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Full text of "Deutsches Wörterbuch"

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l^NIVfiRsrTY  OF 
TORONTO  PRESS 


DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH. 


DRITTER   BA>D. 


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DEUTSCHES 


WÖRTERBUCH 


VON 


JACOB  GRIMM  IM)  WILHELM  GRIMM. 


DRITTER   BAND. 
E  —  FORSCHE. 

LEIPZIG 

VERLAG   VON   S.    lUKZEL. 

18  62. 

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Uruck  von  J.  It.  Iliricbtrltl  iii  (.«Ipilit. 


DRITTES 
NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


ACKERMANN,  Job.,  spil  vom  verlornen  son.  1537;  ein  geist- 

licb  .<[iiel  von  dem  froraen  gottfiirchtigen  mann  Thobia.  1539. 

AGRICOLA,  Job.  Geo.,  bescbreibung  des  birscbes.  Amb.  1617.  4. 

ALBERTINI  landleben  :  Anlonii  de  Guevara,  von  der  beschwer- 

lichkeit  und  verdrusz  des  boflebens,  und  lob  des  feldbaues 

und   landsitzes,   verdeutscbt    von  Aeg.  Alrertim'.    Amberg 

1599  «.  ößer ;    Lucifers  künigreicb  und  seelengejaidt  oder 

narrenbatz  in  acht  Ibeil  abgetbeilt.    Augspurg  l«17. 

aller   (lies:   anmutiger)    weisbeit    lustgarten  sp.  1143.     vgl.  im 

1.  verzächnisse  Lycostbeves. 
alte  weisen,  .«.  buch  der  beisp.  d.  a.  w. 
ANDREAE,  J.  Val.,  adenlicher  zucht  ehrenspiegel.  Stras2burg 
1023.  {mil  pag.  52  —  130  angebunden  an  die  geistl.  kurtzweil). 
sieh  2.  Verzeichnis. 
anweisung   zur   hausbaltung   oder   unlerricbt   an  hausmSgde 
aus  der  erfahrung  zusammen  getragen  von  F.  S.  E.   gedruckt 
in  diesem  jähr.    64  selten. 

ARNOLD,  der  pfingstmontag,  lustspiel  in  Straszburger  raund- 
art.    Siraszburg  1S16. 

AL'GSBL'RGERS  Arnalte :  der  von  seiner  liebsten  übeigebaltene 
Amant,  oder  Arnalte  und  Lucenda.  erstlich  in  griechiscber 
spräche  geschrieben,  nach  solcher  spanisch,  aus  derselbigen 
französisch  und  aus  dieser  vorher  italianiscb,  jelzo  aber 
hochdeutsch  gegeben  durch  A.  Acgsplrger.  Dresden  1642. 

BÄDEKERS  Schweiz.    8.  aufl.    Coblenz  1S59. 

BELLI,  Maria,  geb.  Gontard,  leben  in  Frankfurt  am  Main. 
10  thle.    Frkft!  1S50f. 

bericht,  kurtzer  und  einfeltiger,  von  dem  vogelstellen,  o.  o. 
1626.  dedicalion  tind  vorrede  sind  unterzeichnet :  Rotenberg 
an  der  Fulda,  27  Sept.  1031.  Jüiiax  Cünrad  Aitinger. 

BERLEPSCH,  H.  A.,  die  alpen.    Leipzig  1S61. 

BINK  sp.  24  verdruckt  für  BIRCK,  Tbom.,  s.  1.  Verzeichnis. 

BLL'MALER,  Aloys,  Virgils  Aeneis  travestirt.  3  bände.  Wien 
17S4 — 17S8.     vgl.  das  2.  Verzeichnis. 

BOCK,  teutscbe  speiskammer.  besonders  paginierter  anhang  zu 
seinem  kräulerbuch,  neu  herausgegeben  mit  zusdlzen  von  Melchior 
Sebiz  dem  altern  1580, 1595.  nochmals  übersehen  von  M.  Sebiz 
dem  jüngei-n.    Straszburg  1630.     s.  2.  Verzeichnis. 

RUBEL,  Th.,  haus  und  feldweisbeit  des  landwirlhs.  Berlin  1S54. 

RODE,  Übersetzung  von  Yoricks  empfindsamer  reise.  4  thle. 
Hamburg  1708. 

Bogner  mirakel,  aus  Schmeller. 

BR.VNDES,  Vorlesungen  über  die  nalurlehre.  3  Ible.  Leipzig 
lS30f. 

BRANDIS,  mittheilungen  über  Griechenland.  3  thle.  Leipzig 
1842. 

BREHME,  Christian,  allerhandt  lustige,  trawrige  und  nach 
gelegenheit  der  zeit  vorgekommene  gedichte.  Leipzig  1637. 

RHOSENIL'S,  H.,  technologie.  2  thle.    Leipzig  1821. 

bruder  Rausch  sp.  1761 ;  vgl.  Weimar,  jahrb.  5,  357  ff. 

buch  der  beispiele  der  alten  weisei^  herausgegeben  von  W.  L. 
Holland.    Stuttgart  1860. 

BLLLINGER,  Heinr.,  der  alt  gloub.    (Zürich)  1544. 

CALAGILS,  Andr.,  Susanna,  eine  zumal  lustige  undgarnewe 
cumoedia.    Görlitz  1604.     vgl.  Gödeke  s.  336. 

CALLENBACH,  Franz,  genealogia  Nisibilarum,  des  urallen 
Nisi  Stammhaus,  geburtsbrief,  auf  und  zunehmen,  o.  o.  1715. 

CA.NCRIN,  F.  L..  bergwerke  in  Hessen.  Frankf.  1767;  berg- 
werke  in  der  grafschaft  Hanau.    Leipzig  1787. 

(v.  CANITZ),  nacbrichten  und  belrachtungen  über  die  thatcn 
und  Schicksale  der  reiteroi  in  den  feldzügen  Friedrichs  H 
und  der  neuem  zeit.    2  thle.    Berlin  1S23. 

CAVALLIUS  s.  Grimms  märchen  HL  3.  aufl.  s.  357. 

CELANDER,  der  verliebte  Student.  2  thle.    Hamburg  1713. 

cbarfreitagsprocession  s.  6L'cit.tEB  im  2.  verzcichn. 


CHEMNITZ,  Bogisl.  Ph.  v.,  königl.  Schwedischen  in  Teutsch- 
land geführten  kriegs  1.  theil.    Allenstettin  1648.    2.  theil 

1653.    3.  u.  4.  theil  Stockholm  1855  u.  59. 
CHRYSEFS,  Job.,  bofteufel.    Wittemberg  1545. 
COHN,  s.  Opel. 
COLEIiUS,   Job.,   calendarium  perpeluum,   das  ist  ein  stets 

wehrender   calender   vor   die   hauswirt  u.  s.  h:,  Wittenberg 

0.  j.  auch  Frankfurt  1040. 
COLLIN,  Heinr.  Jos.  v.,  werke.    6  thle.  Wien  1812  f. 
CORROÜL  Aug.,  de  herr  professer.    idyil  aus  dem  Züribiet. 

Winterthur  1857;  de  heiT  vicari.   winteridyll.  das.  1858;  de 

herr  dokter.  herbstidyll.  das.  1860. 
Courage  s.  Simplicissinms  im  1.  verzeichn. 
CRA.MER,  leben  Gellerts.    Leipzig  1774. 
CRUGNER,   Mich.,   aufgewickelter  gebrauch  seiner  elixieren. 

Dresden  1662. 
DAN.NEIL,  J.  Fr.,  Wörterbuch  der  altmärkisch-plattdeutschen 

mundart.    Salzwedel  1859. 
DANZEL,  Tb.  W.,  Gottsched  und  seine  zeit.    Leipzig  '850. 
DENIS,  Michael,  die  lieder  Sineds  des  barden.  Wien  1772. 
denkmale  des  mitlelalters  gesammelt  und  herausgegeben  von 

H.  Hattemer   3  thle.   St.  Gallen  1842  ff. 
Dictys  Crclensis  Verdeutschung  von  Tatius  Alpiscs.  Augsburg 

1540.  folio. 
DOROW,  reminiscenzen.    Leipzig  1842. 
DOVE,  optische  Studien.    Berlin  1859. 

DRASEKE,  glaube  liebe  hoffnung.  Lüneburg  1815.  7.  aufl.  1842. 
DROVSENS  Übersetzung  des  Aristophanes.  3  tbie.  Berlin  1835  f. 
DL'LLER,    neue    beitrage   zur  geschicbte  Philipps  des  grosz- 

inüthigen.    Darmstadt  1842. 
DUSCH.  Job.  Jakob,  vermischte  werke  in  verschiedenen  arten 

der  dichlkunst.    Jena  1754;    der  schoszhund.    Altona  1756. 
Meister   ECKHART,    herausg.    von   Pfeifkeb.     Leipzig   1857. 

Deutsche  .Mystiker,  2.  bd.    c 
EICHENDORF^  graf  Lucanor.    Rcriin  1840. 
die   entlarvte   böse   siebene    d.  i.    kurze  lebensbeschreibung 

einer  liederlichen  und  bösen  frauen.    Leipzig  1719. 
ERKEH,  Lazarus,  bescbreibung  aller  fürnembsten  mineralischen 

ertz  und  bergwerks  arten.    Frankfurt  1580. 
ESCHE.NBERG,    J.   J. ,    deukmäler   altdeutscher   dichtkanst. 

Bremen  1799. 
ETTNER,   vade   et   occide  Cain,  oder  gehe  und  schlage  den 

Cain  todt.    FrankL  u.  Leipzig  1724.    70  seilen  in  8. 
FABRI,  Job.,  christenliche  unlerrichtung.    Dresden  1528. 
FALK,  Job.,  der  mensch  und  die  beiden,  zwei  salin  gedichte. 

Leipzig  1798. 
fastnacbtspicl  von  einem  dölpischen  und  groben  baurenknecht, 

genant  der  Steffel  von  Neuhausen.  1628. 
FEIERABEND  falknerei;  jagd  und  weidwerk;  fischweidwerk 

s.  weidwerk  im  1.  verzeichn. 
FERBER,  W.,  armbrustschieszen.    Dresden  1610. 
FILIDOR   (Jac.   Scbwieger),    die   Wittekinden ,    singe-   und 

frewdenspiel.    Jena  1666.    vgl.  Gödeke  s.  456. 
FORSTER.  Georg,  frische  liedlein.    Nürnberg  1552. 
FÖRSTEMANN,  Ernst,   altdeutsches   namenbuch.    theil  1.  2. 

Nordliausen  1856.  1859. 
FREDERIC  le  grand,  oeuvres.    30  vol.    Berlin  1846  f. 
FREYTAG,   bildcr   a.    d.    deutschen    Vergangenheit.     2  thle. 

Leipzig  1S60;  neue  bilden  1862;  die  brautfahrt.  Leipzig  1847. 
FRISCHLLN,  Nicoderaus,  deutsche  dichtungen,   herausg.  von 

D.  Fr.  Stralsz.    Stultg.  1857.    s.  a.  Glaser. 
FUNCKELLN,  Jacob,  ein  gantz  lustige  und  nutzliche  Iragoedi 

von  dem  rychen  mann  und  armen  Lazaro.  Bern  1551.    vgl. 

GöDEKJE  s.  304. 
GABELKÖVER,  Oswald,  arzneibuch.    Frankfurt  1625. 


DI 


DRITTES  NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


IV 


GEFFCKEN.  J.,  bildercalechismus  des  15.  jalirh.  Leipzig  1S55. 
GERSTENBEKG,  Heinrieb  Wilhelm  von,  vermisclite  schriflen. 

3  bände.  Altona  iSlä;  gedieht  eines  skalden.  Kopenhagen 

t«.  5.  V.  1766. 
geschichtsfreund.  mittlieilungen  des  bist.  Vereins  der  5  orte. 

Einsiedeln  1S44  f.    bis  jdil  IS  bände. 
gesellschaft.    wunderbare,    in  der  neujahrsnacht  sp.  289  siebt 

in  Jkan  Pauls  tcerken  6d.  30.    s.  1.  Verzeichnis. 
GESZNEK,  Salomon,  säinmtliche  Schriften  (berausg.  von  Klee). 

2  tble.    Leipzig  1841. 

GLASER,  Arnold,  phasma:  das  ist  ein  newe  geistliche  nach- 
gehndig  comoedia  ...  im  latein  von  Nicod.  Frischiino. 
Greifswald  1593. 

GLEIM,  Johann  Wilhelm  Ludwig,  lieder,  fabeln  und  romanzen. 
Leipzig  1758. 

GOLTZ.  Bügumil,  jugendleben.    3  thie.    Leipzig  1952. 

GÖSCHEN,  Vorlesungen  über  civilrecht.  3  thIe.  Götting.  1838  f. 

GÖTHE,  das  tagehuch.  {als  handschr.  gedruckl  1861);  chaos 
(zeilschrift,  in  Weimar  gedruckt  1829 — 1831.  2  Jahrg.)  zweite 
nachricht  vom  Ilmenauer  bergbau.  1787. 

GOTTER,  Friedrich  Willielm,  die  mutter,  ein  Schauspiel. 
Leipzig  1790;  die  dorfgala,  ein  lustspiel.  Gothal774;  Schau- 
spiele. Leipzig  1795;  Jeannette,  ein  lustspiel  nach  dem  ab- 
druck  im  2.  bände  des  hamburgischen  Iheaters. 

GOTTHELF,  Jer.  (Bitzius),  gesammelte  Schriften.  23  thIe. 
Berlin  1855  f. 

GOTTSCHED,  Johann  Christoph,  gedichte.  2  Ihle.  Leipzig  1751. 

GREFE,  der  Lüneburger  saline  ausschüeszlicher  salz-debit 
im  fürstenlhum  Lüneburg.    Gottingen  1849. 

GRUTER,proverbia:  Janus  GrutiT,  (loriiegiumethico-politicum. 
Frankf.  1610  ff.  .«.Zacher,  die  deutschen  sprichwörtersamm- 
lungen.    A'r.  ."^4  /f. 

GCEINTZ,  Ch.,  deutscher  Sprachlehre  entwurf.    Ciithen  1641. 

GÜNZEL,  haubtschlüssel  der  tcutschen  und  ilaliänischen 
sprach,  das  ist  vollständiges  wortbuch  aller  teulschen  und 
ilaliänischen  stamm  und  beiwürter,  la  chiave  macstra  della 
lingua  todescha  &  italiana,  per  Giovanm  Alemanni  Sassone. 
Augsb.  1648.  der  deutsche  tlwil  hat  931,  der  italienische  451  seilen, 
die  deutsche  vorrede  ist  unterzeichnet  Joannes  Güntzel,  civis 
noribergensis. 

HAGEDORN,  Friedrich  von,  poetische  werke.  5  thIe.  Ham- 
burg 1800.    gewöhnlich  angeführt  nach  der  ausg.  von  1757  in 

3  bänden,     s.  1.  Verzeichnis. 

HALEM.  G.  A.  V.,  poesie  und  prosa.    Hamburg  1789. 

HALLER,  A.  v.,  Fabius  und  Kalo.    Bern  und  Güttingen  1774. 

HALLM.\NN,  Joh.  Christian,  trauer-  freuden-  u.  schäferspiele. 
Breslau  (1684).  einseln  cilicrt:  Adonis,  Mariamne,  Heraclius, 
Theodorich,  Antiochus. 

H.\LTRICH,  J.,  deutsche  Volksmärchen  aus  dem  Sachsenlande 
in  Siebenbürgen.    Berlin  1856. 

HAMMER,  Mallh..  historischer  rosengarten.    Zwickau  1654. 

HARSDÖHFFER,  Ge.  Phil.,  sonntagsandachten.  Nürnberg  1649. 

HARTIG,  Ichrbuch  für  jüger.    6.  aufl.    Stuttgart  1845. 

HATTEMER,  s.  denkmale. 

HAUGWITZ ,  A.  A.  v.,  prodromus  poeticus.  Dresden  1684. 
daraus  einzeln  cilierl  Soliman,  Maria  Stuarda. 

HAUSMANN ,  versuch  einer  einleitung  in  die  mineralogie. 
Gitltingen  1S28. 

HEBBEL,  Fr..  .Maria  Magdalene,    trauerspiel.    Hamburg  1844. 

HEBEL  bei  Becker:  J.P.Hebel,  festgabe  zu  seinem  100.  ge- 
burlxiage,  herausg.  von  F.  Becker.    Basel  1S60. 

HEBEBER,  Joh.  Mich.,  der  churpfülzische  robiuson  oder  zehn- 
jährige reisen.  1.  theil.  Frankfurt  1746.  2. 1747.  früher  unter 
dem  tuet  Aegyptiaca  scrxilus.  Heidelb.  1610.  (Lessi.nc  9,390), 
wofür  anderwürti  1612  sieht. 

HEIDEB.  dcducl.  Lindau.:  gründliche  ausführung  der  reichs- 
sladl  Lindau,  die  ohnversebens  abgelftsle  und  der  erzher- 
zügin  Claudiae  f.  d.  pcndcnte  lite  cedirte  reichspfandscbaft 
belreflend.  Nürnberg  1643.  der  verf.  tst  Damiel  Heiper.  vgl. 
POtter.  lit.  d.  «taatsrechts  l,  216. 

HEfsE  und  CROPP,  juriHtixchc  abhandlungen.  2  thIe.  Ham- 
burg lH27f. 

HEVNERERG,  Caspar,   erklSrung  der  preuszincken  landtafel. 

K         •   ' 1595. 

Hl  ^S   «ellxitbioiraphie,   berauag.   von  KovAcaics. 

<  i . 
nun  MANN   VON  FALLERSLKPF.N.  «prnden  zur  deuUchen 

litfraturgrucbichte.    2  Ible.    Leipzig  1844. 


HÖRN,  W.  0.  v.,  des  alten  Schmiedjacobs  geschichlen.  3  thIe. 
Frankfurt  1853  f. 

Hl'.MBOLDT,  A.  v.,  über  die  unterirdischen  gasarlen.  Braun- 
schweig 1799. 

IMMERMANN,  die  epigonen.    3  tble.    Düsseldorf  1836. 

JACOBI,  Johann  Georg,  Iris,  ein  taschenbuch  für  1810.  Zürich. 
hierin  s.  203 — 211  gedichte  vort  Boie. 

JACOBI,  Max,  Übersetzung  des  Thucydides.  3  tble.  Hamburg 
1804  f. 

JAH.N,  Otto,  über  den  aberglauben  des  bösen  blicks,  in  den 
berichten  d.  sächs.  gesellschaft  der  Wissenschaften.  1855. 
heft  1.  2. 

JEROSCHIN,  Nicol.  v.,  die  krönike  von  Prftzinlant.  herausg. 
von  E.  Sthehlke.    Leipzig  1861. 

Hans  Jörgel :  komische  briefe  des  Hans  Jörgeis  von  Gum- 
poldskirchen  {von  Jos.  Alois  Gleich).    Wien  von  1832  an. 

JÜNGER,  Joh.  Fr.,  Huldreich  Wurmsamen,  komischer  roman. 
3  Uile.    Leipzig  1781  f. 

KABAJAN,  Th.  G.  v.,  deutsche  Sprachdenkmale  des  xii.  Jahr- 
hunderts.   Wien  1846. 

KARMARSCH,  handbuch  der  technologie.  2  thle.  3.  aufl. 
Hannover  1857. 

KÄSTNER.  A.  G.,  werke.    4  thle.    Berlin  l»41. 

KATZMAIR,  Jörg,  s.  Sciimeller. 

kindermärchen  aus  mündlichen  erzählungen  gesammelt.  Er- 
furt 1787. 

KLEMPIN,  diplomatische  beitrage  zur  geschichle  Pommerns. 
BeHin  1859. 

KNIGGE,  über  den  umgang  mit  menschen.  2  thle.  Hannover 
1788.    3  t heile.  1790  u.  ößer. 

KOBBE,  J.  P.,  geschichte  u.  landesbeschreibung  des  berzog- 
thums  Bremen  und  Verden.    2  thle.    Göltingen  1824. 

KORER,  Tob.,  idea  militis  christiani.  tragoedia  von  d.  ritter- 
niäszigen  beiden  Christof  von  Zedlitz  etc.    Liegnitz  1607. 

KOLRE,   Bremen  u.  V.  sp.  5tl  verdruckt  für  Kobiie,  s.  oben. 

KOSEGARTE.N,  Ludwig  Theobul,  poesieen.  2  bände.  Leipzig 
1798;  legenden.  2  bände.  Berlin  1810;  britlisches  odeon, 
denkwürdigkeifen  aus  dem  leben  und  den  Schriften  der 
neuesten  brittischen  dichter.  2  bände.  Berlin  1800;  die 
inscifahrt.    Berlin  1804. 

KRAFT,  Hans  Ulrich,  reisen  und  gefanpenschaft  aus  der 
Originalhandschrift  herausg.  von  K.  D.  Hassler.  Stuttg.  1861. 

KRETSCHMANN,  Karl  Friedrich,  sämtliche  werke.  6  bände. 
Leipzig  1784  —  1799.  einzelne  stücke  daraus,  die  ihre  eigene 
Seitenzahl  haben,  sind  besonders  angeführt,  z.  b.  die  lu.ttspiele 
die  familie  Eichenkron,  die  belagerung  u.  5.  «■. ;  scherzhafte 
gesänge.    1771. 

KRONBIEGEL,  C.  F.,  über  die  kleidertracht,  sitten  und  ge- 
brauche der  Altenburgischen  bauern.    Altenburg  1793. 

KUHN ,  A,,  sagen ,  gebrauche  und  märchen  aus  Westfalen. 
Leipzig  1859. 

kunstbüchleiii :  ein  schön  neuerfundnes  kunstbüchlin  darinnen 
130  stück  vor  menschen  und  vielie,  von  einem  geborneii 
zigeuner,  anitzo  zum  <lritteninal  gedr.    2  bogen  8. 

LABERS  jagdgedicbl:  Hadamars  vox  Larer  Jagd-  und  drei 
andere  niinnegedichte  seiner  zeit,  herausg.  von  Schmeller. 
Stuttgart  1S50. 

LAFONTAINE,  der  naturmensch.  Halle  1791.  3.  aufl.  1801. 

LAMPE,  bündlein  25  gottseliger  gesänge.  1723. 

das  landhaus.    oomoedie.    Leipzig  1770. 

LANG,  Karl  Heinrich  ritten  von,  memoiren.  2  theile.  Braun- 
schweig 1842. 

LANGE,  S.  G.,  u.  J.  J.  PYRA,  Thyrsis  und  Dämons  freund- 
schafl  liehe  lieder.    Zürich  1745. 

LAPPKNREHGS  Lnuremberg:  Scherzgedichte  von  Jobann 
Laureniberg,  hcrniisii.  von  J.  M.   LArpKNnERC.   Slullgart  1861. 

LAUZE,  Wigand,  leben  und  Ihaten  berrn  Philippi  inagnaninii, 
landgrafen  zu  Hessen,  2  Iheilr  als  2.  und  3.  suppletnenÜKind 
der  zeilschr.  f.  hess.  gesch.  Cassel  lS4lf. 

LAVATERS  aussiebten  in  die  ewigkeil.  3  Ihle.  Zürich  17M; 
ochweizerlieder.    3.  null.    Bern  1768. 

leben  eines  po>*aunent>kiserK,  ans  liebt  gesleiU  von  einem 
linkenpfeifer.    Freiberg  1729. 

LENNKi,  Fr.,  etwas  zum  Ineliru.    4.  aufl.    Mainz  1M6. 

LEOPBECHTING,  K.  v.,  aus  dem  Leebiain.  zur  deutachsn 
sitten  und  sagenk le.    Mimchen  1855. 

LKUCOLEON,  G.ilnmrlite  oder  allerhand  krusehe  lust  und 
liebeslieder.    Frankfurt  1071. 


DRITTES  NHD.  QUELLENVERZEICH.MS. 


VI 


LEYSER,  predigten:  deutsche  predigten  des  13.  u.  14.  Jahr- 
hunderts, herausg.  ton  Herm.  Leyser.    Quedlinburg  1S3S. 

LIEBRECHT,  Übersetzung  von  Basiles  pentamerone.  Bres- 
lau 1S46. 

lieder,  vermischte,  aufs  clavier  mit  meiodien  (ron  Cb.  Kitser). 
W'interthur  1775. 

LINK.  Wenzesiaus,  geb.  zu  Koldilz,  bapst  gepreng  ausz  dem 
ceremonienbuch.    Straszburg  1539. 

LISELOTTE:  briefe  der  herzogin  Elisabeth  Cbarlotte  von 
Orleans,    m  Ranke  französ.  gesch.  band  5.  1S61  p.  280 — 442. 

LOBWASSER  cal.:  Georgi  Buchanani  tragoedia  von  der  ent- 
hauptung  Johannis,  genannt  Calumnia,  ausz  dem  lat.  ins 
teutsche  vertirt  durch  Ambb.  Lobwasser.  15S3. 

LÖHNEYS.  Georg  Engelh.,  griindl.  u.  ausfuhr!,  bericht  von 
bergwerken.    Straszburg  1599  u.  ößer. 

LUCAE,  Fr.,  scblesische  denkwürdigkeiten.  Frankfurt  16S9. 

LYR.\,  F.  W.,  plattdeutsche  briefe,  erzählungen  u.s.  ir.  Osna- 
brück 1S46. 

MANDER.  bundeslieder,  sp.  1537  verdruckt  für  Neander. 

MAL'RITIUS,  Georg,  ein  schöne  comoedia  von  dem  Schul- 
wesen.   Leipzig  1606. 

MEGENBERG.  Konr.  v.,  das  buch  der  natur,  herausg.  von 
Pfeiffer.    Stuttgart  1S62. 

MEGERLE,  Ulr..  gen.  Abraham  a  Santa  Clara,  ganz  neu  aus- 
gehecktes narrennest  oder  curiöse  Werkstatt  mancherlei 
narren  und  närrinnen.  3  thie.  Wien  1751.  s.  auth  AßRinAJi 
A  Santa  Clara  im  1.  Verzeichnis. 

MELA.NCHTHON,  vom  abendmal  des  herrn  {übers,  von  Mich. 
Mecrer).  Wittenberg  1532;  von  anrichtung  der  latinischen 
schul.  Bon  1543;  christl.  erinnerung  von  den  lieben  engein 
übers,  von  G.  Spalatincs.  Wittenberg  1536;  Verlegung  etlicher 
artikel  w eiche  die  v^iderteufer  fürgeben.  Wittenberg  o.  ;.  ; 
oration  vom  landgraf  Friederich,  detüscli  von  Lauteebeck. 
s.  Lacterbeck  im  1.  Verzeichnis. 

MEMUS,  Justus.  vom  bapstum,  eine  newe  seer  schöne  tra- 
gedia  Thome  Naogeorgi,  aus  dem  latin  verdeudscht.  Wlt- 
temberg  1539. 

MERSWIN :  das  buch  von  den  neun  felsen  von  dem  Strasz- 
burger  börger  Rclman  Merswis,  herausg.  von  C.  Schmidt. 
Leipzig  1S59. 

MESSERSCHMID,  G.  Fr.,  spital  unheilsamer  narren  und  när- 
rinnen.   aus  dem  ital.  des  Garzo.ni.    Straszburg  161S. 

MEYER  VON  KNO.NAU:  L.  M.  v.  K.,  ein  halbes  hundert  neuer 
fabeln.    Zürich  1744.    3.  aufl.  1757. 

MEYER,  Heinr..  die  Ortsnamen  des  kantons  Zürich,  im  6.  band 
der  mittheilungen  der  antiquarischen  gesellschaft  in  Zürich. 
Zürich  1S49. 

MORHOF,  D.  G.,  Unterricht  von  der  deutschen  sprach  und 
poesie.    Kiel  16S2.    2.  ausg.    Lübeck  1702. 

MÖRIKE,  E..  Mozart  auf  der  reise  nach  Prag.  Stuttgart  1856 ; 
fischer  Martin  =  idylle  vom  bodensee.     s.  2.  verseidinis. 

MUGLIN,  Heinr.  v.,  Übersetzung  des  Valerius  Maximus  ge- 
schichte  d.  Römer.    Augsburg  1489. 

MÜHLPFORTH,  Heinr.,  teutsche  gedichte.    Breslau  16S6. 

MÜLLENHOFF,  sagen,  märchen  und  lieder  der  herzogthümer 
Schleswig.  Holstein  und  Lauenburg.    Kiel  1845. 

MCLLNER.  A.,  die  schuld,  trauerspiel.    Stuttgart  1816. 

MURNER,  Th..  Vercilii  Maronis  dryzehen  Aeneadischen  bücher. 
Straszburg  1515;  die  niülle  von  Schwindelsheim,  das.; 
andechtig  geistliche  badenfarl.  das.  1514;  von  den  fier 
ketzeren  prediger  ordens  zu  Bern  verbrennt,  das.  o.  j.; 
Schelmenzunft  meist  nach  der  ausgäbe  Halle  1788  ätiert. 

MÜTZELL.  geistliche  lieder  der  evangelischen  kirche  aus  dem 
16.  jahrh.    3  thle.    Beriin  1855. 

NASÜS  (IS'ASZ),  Joannes,  ain  bericht  von  fratris  Joannis 
Nasenesel.  Ingolstatt  1570.  eine  heßige  derbe  slreitfchrift  gegen 
Gtorg  ^igrinus  und  die  Lutheraner;  ein  schöne  tröstliche 
kriegs  vnd  sigspredig.  1572.    vgl.  das  2.  Verzeichnis. 

NEANDER.  Joach.,  glaubens-  und  liebesübung  durch  bundes- 
lieder.   Bremen  1680. 

NEFFLEN.  Job.,  der  vetter  aus  Schwaben.    Ulm  1837. 

NEIDHART  VON  REUEMHAL,  herausgegeben  von  Hacpt. 
Leipzig  1858. 

NICOLAI,  leben  und  meinungen  des  herrn  Magister  Sebaldus 
Nothanker.    3  thle.    Berlin  1773 f.  u.  öfter, 

Ntlrnberger  polizciordnungen  aus  dem  13.  bis  15.  Jahrhundert, 
herausg.  von  J.  Baader.    Stuttgart  1861. 

OPEL  und  COHN,  lieder  des  30jährigen  kriegs.    Halle  1862. 


OTHO,  evaagel.  krankentrost,  erschien  1664;  citiert  nadi  der 
ausg.  Nürnberg  1722. 

OTMAR.  volkssagen.    Bremen  1800. 

OVERBECK,  Christian  Adolf.  Anakreon  und  Sappho  {übersetzt). 
Lübeck  u.  Leipzig  1800. 

PAPE,  Ambr.,  christiani  hominis  sors  et  fortuna.  vom  glück 
und  zustand  eines  rechten  Christen.  Magdeb.  1612 ;  bettel- 
oder  gartteufel.  1586. 

PAULSON.  Conr.,  lebensgeschichte.    Lübben  1724. 

PERTZ.  leben  des  ministers  freiherrn  vom  Stein.  7  theile. 
Beriin  1849—1855. 

PEL'CER,  Casp.,  Widerlegung  des  calvinischen  testaments. 
Wittenberg  1603. 

PFEILSCHMIDT,  .\ndr..  ein  hübsch  und  christlich  spiel  des 
gantzen  buchs  Esther.    Frankfurt  1555. 

postreuter:  der  post  reuter  bin  ich  genandl,  dem  hinkenden 
bothen  wol  bekandt.  1591.    vgl.  Gödeke  s.  401. 

PRAETORIUS,  Joh.,  welt-beschreibung  von  allerhand  wunder- 
baren menschen.  2  thle.  Magdeburg  1665;  gründl.  bericht 
vom  schnackischen  Katzen-Veite,  o.  o.  1665. 

(RAMLER.  Karl  Wilhelm),  lyrische  blumeniese.  2  bände. 
Leipzig  1774 — 1778.  auszer  den  im  1.  Verzeichnis  angegebenen 
irerken  sind  einzeln  noch  benutzt:  öden.  Berlin  1767;  geist- 
liche kantaten.  1760;  Pygmalion.  1768 ;  ode  auf  die  Wieder- 
kunft des  königes  Berlin  den  3ü.  märz  1763  {einzcldruck). 
die  dichlkunst  des  Horaz.    2.  auD.    Basel  1789. 

M.  RAPP,  Übersetzung  des  Plautus.  17  thle,  mit  durchlaufender 
Seitenzahl.    Stuttgart  1838  f. 

des  abenteuerlichen  Jean  Rebhu  continuation.  1680. 

REBHUHN,  Paul,  ein  hochzeitspil  auff  die  hochzeit  zu  Cana. 
Zwickau  1538.  1546;  dramen,  herausg.  von  Hermann  Palm. 
Stuttgart  1859. 

REHFUES.  Ph.  J.  v.,  Scipio  Cicala.    4  theile.    Leipzig  1832. 

Reineke  prosa:  der  listige  Reineke  fuchs,  mdirmals  gedr.  o.  j. 
11.  0.  im  17.  18.  jahrh.    verfaszt  vor  1648. 

REINHOLD,  reime  dich.    s.  Riemer  im  l.  Verzeichnis. 

REUTER.  Fritz,  läuschen  und  riemels.  4.  auQ.  Wismar  1859. 
neue  folge.  Neubrandenburg  1859;  olle  kamellen.  Wismar 
1860. 

REYMER,  Nicol.,  vier  bücher  vom  landmessen.  Nümb.  1583. 

BIETZ,  Joh.  Ernst,  ordbok  öfver  svenska  allmogespräket. 
häft  1.  2.    Lund  1862. 

RITTER,  geschichte  der  Philosophie.  12  thle.  Hamburg  1829  — 
1853;  principien  der  rechtsphilosophie.    Kiel  1839. 

RIV.\NDRI.  Zach.,  promptuariura  exemplorum.  erster  u.  ander 
theil  von  Gotts  erschrecklichem  zorn  und  gericht.  Frank- 
furt 1591. 

Robinson,  der  nordische,  oder  Waldemar  Ferdinand.  3  thle. 
Copenhagen  1749. 

Rockenphilosophie,  die  gestriegelte,  oder  aufrichtige  Unter- 
suchung vom  aberglau})en.    Chemnitz  1705  u.  ößer. 

(ROST.  Johann  Christoph),  der  teufel  an  herrn  Gottsched 
(1755)  in  ScBMiDS  anthologie  der  deutschen  1,213 — 218. 

ROTH,  predigten:  deutsche  predigten  des  12.  u.  13.  Jahrhun- 
derts.   Quedlinburg  1839. 

ROTHMANN.  Idh.  Friedr.,  lustiger  poete.    Hannover  1711. 

SACHS,  Hans,  nur  ein  paarmal  nach  der  ausvahl  von  i.  A.  Göz 
(4  thle.    Nürnberg  1824  f.)  cilierl. 

SACKMANN.  Jobst.  plattdeutsche  predigten.  6.  aufl.  Celle  1859. 

SANDRUB.  Lazar.,  historische  und  poetische  kurtzweii.  Frank- 
furt 1618. 

SCHAMBACH  u.  W.  MÜLLER,  niedersächs.  sagen  u.  märchen. 
Göttingen  1855. 

SCHA.MBACH  kurzweg  meitU  sein  Wörterbuch  der  niederdeut- 
schen mundart    Hannover  1858. 

Schelmeliedle  in  Ernst  Meiebs  schnäb.  Volksliedern.  Berlin 
1855  p.  1 — 72. 

SCHLUCHZER.  J.  J.,  beschreibung  der  natur-geschichten  des 
Schweizerlands.    3  thle.    Zürich  1706 — 8. 

SCHILLERS  bricfwcchsel  mit  Körner.  4  thle.  Beriin  1847; 
briefe  an  Dalbcrg.    Carlsruhe  1819,  auch  1830. 

SCHILTBERGER.  J.,  reisen  in  Europa,  Asia  und  Afrika  von 
1394  bis  1427.  herausg.  und  erläutert  von  K.  F.  Nelman.n. 
München  1859. 

SCHLEGEL,  August  Wilhelm,  poetische  werke.  2  thle.  Heidelb. 
l«lt;  ehrenpforle  für  den  theaterpräsidenten  von  Kolzebue. 
(Berlin   isOii). 

SCHLEGEL,  Friedrich,  gedichte.    Berlin  1809. 


vn 


DRITTES  NHD.  QUELLENVERZEICHNIS. 


Vlll 


SCHLEICHEH.  volkstümliches  aus  Sonneberg  im  Mciniugcr 
oberlaude.    Weimar  1S5j». 

SCHLEIEKMACHER,  monologen.    Berlin  ISOO  u.  üßer. 

SCHMELLER,  München  unter  der  vierherzog-regierung  1397 
— 1403  nach  einer  gleichzeitigen  denkschrift  des  bürger- 
meisters  Jörg  Katzmmh.    München  1S33. 

SCHMELZL,  W'oifg..  Ein  schöne  tröstliche  hystoria  von  dem 
Jüngling  David  nnd  dem  mutwilligen  Goliath.  Wien  1545; 
aussendung  der  zwelf  poten  1542;  dasz  alle  hohe  gewal- 
tige monarchien  von  gott  eingesetzt  und  geordenl  «.  s.  w. 
durch  das  exempel  des  künigs  Samuelis  nnd  Sauli  erklär- 
lich angezeigt  1551;  lobspruch  der  sladl  Wien  154S;  der 
christlich  und  gewaltig  zug  in  das  Hungarland  1556;  co- 
nioedia  der  hochzeit  Cana  Galilee  1543;  conicdi  von  dein 
plintgehiiren  son  1543. 

SCHMID,  Christian  Heinrich,  antbologie  der  deutschen.  3  thie. 
Leipzig  1770 — 1772. 

SCHMIDT.  Albr.,  rosarznei.    Frankfurt  1570. 

SCHMIDT.  Job.  Peter,  fastelabendsamnilungen.  Rostock  1752. 

SCHMIDT,  Jul.,  topographie  der  pflege  Hcichenfels.  Leipz.  1H27. 

SCHMIDT,  Georg  Philipp,  von  Lübeck,  lieder.  Altona  1826. 
auch  nach  der  rcrmehiten  aufläge  von  1S47  cilieit. 

SCHMIDT.  Friedrich  Wilhelm  August,  prediger  zu  Werneuchen, 
kalender  der  musen  und  grazien  für  17!»(i.  1797;  almanach 
der  musen  und  giazien  für  das  jähr  1802.    Berlin  1802. 

SCHOPENHAUER,  Arthur,  parerga  und  paralipomena.  2  Ihle. 
Berlin  1S51. 

SCHRÖER ,  K.  J.,  deutsche  weihnachtsspiele  aus  Ungern. 
Wien  1858  und  nachtrag.    Presburg  1858. 

SCHUBART,  Chr.  Fr.  Dan.,  vaterlandschronik.  Stuttgart  1787 
— 1791. 

SCHUBERT,  G.  H.,  wanderbüchlein.    Erlangen  1823. 

SCIIWARZENBERG,  Job.  von,  gebührliche  werk.  Verdeut- 
schung von  Cicero  de  ofliciis.  1535. 

SCHWENKFELD,  Job.,  stirpium  et  fossilium  Silesiae  catalogus. 
Lipsiae  1600. 

SCRIVER,  Christian,  seelenschatz.  5  thle.  Magdeburg  1681  f. 
4.  aull.  in  2  bdn.  Leipzig  1708  «.  Oßer ;  goldpredigten.  1702; 
Goltholds  zuPallige  andachten.  1709. 

SEIBEBTZ,  urkundenbuch  von  W'estfalen,  3  theile.  Arnsberg 
1839 — 1854. 

SEIBTS  Übersetzung  von  Boz  Bleakhouse.  10  tblc.  Leipz.  1851  f. 

SELNECCER,  .Nicol.,  christliche  psalmen,  lieder  und  kirchen- 
gesenge.    Leipzig  1587. 

SIMROCKS  altdeutsches  lesebuch  in  neudeutscher  spräche. 
Stuttgart  1854. 

Speculum  ecciesiae,  herausg.  von  J.  Kelle.  München  1858. 

SPRENG.  Job.,  Übersetzung  der  Aeneis.  Augsburg  1610  «.  öfter. 

STADE,  Hans  (s.  l.  verzeiclinis),  ist  neu  herausg.  von  Klüpfkl. 
Stuttgart  1859. 

ST.\GE.MA.NN,  Fr.  A.  v.,  historische  erinnerangen  in  lyrischen 
gedicblen.    Berlin  1828. 

(STE.N(iEL)  der  neue  froschmäuseler,  ein  heldengedicht  in 
drei  bücbern.    1.  buch.    Cöln  bei  Peter  Hammer  1796. 

STEPHANIE,  Gottlieb,  d.  jung.,  sämmtliche  Singspiele.  Lieg- 
nitz  1792. 

STILLINGS  lebensgeschichte,  auch  nach  der  ausgäbe  Stuttgart 
1835  eitiett 

(STOCKMA.NN),  leiden  der  jungen  Wertherin.  Eisenach  1775. 

STORM,  Th.,  sommergescbichten.    Berlin  1851. 

Suannus  spurca  loquens:  ein  kurtzweilige  fasznacbtpredig 
vom  docior  Schwärmen  zu  Hummelshagen  auf  Grillenberg 
und  Lappeneck.    {heratisg.  von  Kakaja^  m.  gedr.  zu  Wien  1851). 

TALLAT,  Job.,  v.  Vocbenberg,  arzneibücblein.    Erfurt  1.S32. 

tausend  und  eine  Viertelstunde.    2  Ible.    Leipzig  1738. 

THERANDER,  Huldr.  (Joha:«n  Sommkr),  aeiiigmatographia 
rythmica.  ein  newes  kunstreiches  riltzelbuch  in  tcuiUcbe 
reime  verfasset,  o.  o.  «.  j. ;  emplastrum  Cornclianum,  heil- 
pflaster  auf  die  melancholische  wunden,  iccv  vgl.  GOt)KKK 
«.431. 

TbomsonR  trsuerspiele,  mit  vorrede  ron  Leminc.  Leipzig  1756 ; 
Agamemnon  und  Coriolan,  über*,  von  J.  H.  Schleckl.  Copen- 
bagen  17r>o. 

THRXNHART,  A.,  der  wrinbau  bei  Naumburg.   Naumb.  IM'i. 

THUMMEL,  der  heiligr  Kiiian  nnd  das  licbeKpaar.  Leipzig  Isih. 

TIRULF,  Hans,  bejral  Icaatt  und  «ciliar  lieben  Hflx-kfii. 
Wiilvnberg  I5:i''. 


TUALLES,  Job.,  mausok'um  SchalT-Gotschianum.  ehren-  und 
gedächtnuszkirchlein  des  uhraiten  Scbaff-Gotschen  hauses. 
Leipzig  1616. 

TUCHER,  Andr.,  baumeisterbuch  der  Stadt  Nürnberg.  Stutt- 
gart 1862. 

TÜRK,  kurze  anweisung  zum  davicrspiclen.  1792. 

Unterricht  an  hausmägde  .>;.  anweisimg. 

USCHNEK,  Karl,  iibersetzung  des  Homer.    Berlin  1861. 

USTERI.  dichtungen,  auch  nach  der  2.  au/l.  Leipzig  1853  ciliert. 

VAGTER,  sp.  1168  gleiclwicl  mit  Voctkr,  B;irth.,  ein  kurzes 
nützliches  arzneibücblein  für  alle  krankheilen.  Frankfurt 
1532,  aucli  1605. 

OLdRINUS  VARISCUS  (Jon.  Sommer),  ethographia  mundi: 
besclireibung  der  heutigen  weit  im  glauben,  bekendnisz, 
religion,  wandel  und  sitlen.  4  thle.  Magdeburg  1609  f.  vgl. 
GönKKE  s.  431.     ."!.  auch  Therander. 

Virgilii  opera  mit  teutschen  annierkungen.    Nürnb.  1738.     8. 

VOSS,  Johann  Heinrich,  Übersetzung  des  Propertius.  Braun- 
schweig 1830. 

V.  S.  weltlauf:  alte  newe  zeitung  von  der  weit  laufT,  ge- 
schwinden listen  und  practiken  etc.  gedr.  im  jar  Christi 
1592.    22  blatl  in  4. 

WACHSMUTH,  geschichle  Frankreichs  im  revolutionszeitalter. 
4  thle.    Hamburg  t840  f. 

WACKEHNAGEL,  W.,  Walther  von  Klingen,  Stifter  des  Klingcn- 
thals  und  minnesänger.    Basel   1S45. 

WAGNER,  Heinrich  Leopold,  theaterstücke.  Frankfurt  a.  M. 
1779.  hierin  Evcben  Humbrecht,  eine  bearbeüung  der  kinder- 
mürderin  {s.  1.  verzeichn.)  als  Schauspiel,  und  Macbeth  ein  trauer- 
spiel  in  fünf  aulzügen  nach  Schakespear;  die  reue  nach 
der  that  ein  Schauspiel.  1775;  die  frohe  frau.  Oflfenbach  un4 
Frankfurt  1775;  conliskahle  erzählungen.  Wien  (Gieszen) 
1774;  der  wohlthiitige  unbekannte.    Frankfurt  1775. 

WALLENSTEINS  briete:  gemeint  ist  die  sanimlung  ron  P.  v. 
CnLüMtCKY,  bcilage  seiner  regesten  der  Mährischen  archive  L  1. 
Brunn  1850. 

WEBER,  A.  D.,  über  die  Verbindlichkeit  zur  beweisführung 
im  civilprocesz.    3.  ausg.  von  Heffter.    Halle  1845. 

WEINHEIMER,  Adam,  geistliche  wacht.  Marburg  1642. 

WEISZE,  Christian  Felix,  die  jubelbochzeit,  eine  komische 
oper  in  drei  aufzügen.  Leipzig  1773.  das  buch  erschien  ohne 
den  namen  des  verf.;  Selbstbiographie.  Leipzig  1806. 

WIELANDS  Übersetzung  des  Lncian.    6  thle.    Leipzig  1788. 

Wigalüis  in  prosa,  nach  dem  druck  Franhf.  1564  wiederholl  in 
der  romanenbibl.  band  2. 

WIGAND,  Job.,  bericht  ob  die  newen  W^ittenberger  stäfs  bisz 
daher  einig  mit  den  alten  gelehrt.    Königsberg  1576. 

WILLAMOV,  Job.  Gottlieb,  das  teutsche  Athene.  Berlin  1765; 
dilhyramben.  </ax.  1766;  zwo  öden.  17G5;  dialogische  fabeln. 
Berlin  1765. 

WILWOLTS  VON  SCHAUMBURG  geschichten  und  taten, 
herausg.  von  A.  v.  Keller.    Stuttgart  1859 

WINERS  biblisches  realwörlerbuch.  2  thle.  3.  aufl.  Leipz.  1847. 

WIRSUNt^.,  Christof,  artzneibuch  corrigiert  und  verbessert 
durch  P.  Uffenracii,  beneben  einem  dictionario  dero  un- 
verständlichen Wörter.    Frankfurt  1<119. 

\VITHOF,  J.  P.  L.,  akademische  gedicbte.  2  thle.  Leipz.  1782. 

WOHLGEMUTH,  Ernst,  fünfliundert  frische  und  vergüldete 
bauptpillen.  1669. 

WOLF,  F.  A.,  Übersetzung  der  ersten  horazischen  salire. 
Berlin  1813. 

WOLF,  J.  W.,  hessische  sagen.    Göttingen  1853. 

WOLFF,  P.  A.,  Preciosa,  in  seinen  dramatischen  spielen.  Berlin 
is2:i. 

Wl  ITKE,  A.,  der  deutsche  volksaberglaube  der  gegenwart. 
Hamburg  1860. 

WYLE,  .Nicliis  von.  Iranslalionen,  heraufq.  von  A.  v.  Keller. 
Stuttgart  1861;  frau  glück  im  12.  cap. 

ZARNCKE,  Fr.,  die  urkundlichen  quellen  zur  geschichle  der 
iiniversittll  Leipzig.    Leipzig  |s.'>T. 

ZESEN,  Philipp  v.,  hochdeutscher  Helikon.  Wittenberg  1640; 
roNeiimohnd  d.  i.  in  31  gespr.tchen  erOfnele  wunderschacht 
zum  steine  der  weisen.    Ifaiulturg  1651. 

ZESTERFLETH.  Chr.  v.,  beschreibung  des  Im  henoglhutn 
Rreuuii   bflcgfuen  alten  lande«.    Hamburg  is47. 

/INGERLE,  Ign.  Vinc.  «a^cn,  iii:in-hen  und  ^.,1. .-....•...  :iiis 
TiruL    Innsbruck  1859. 


E. 


Eij  ein  unursprfinglicher,  darum  auch  tchKankender,  unbe- 
slimmler  vocal,  der  in  unsrer  spräche  allxusehr  um  sich  ge- 
griffen und  ihren  trollaut  beeinträchtigt  hat.  venu  im  gothischen 
sedts,  zehn,  zwölf  silben  hintereinander  das  reine,  kräßige  a 
zeigen,  z.  b.  afar  tvans  dagans;  tas  manna  habands  abman; 
abak  atgaggandan  ana  ina,  drängt  bei  uns  in  eben  so  viele 
sich  das  dünne,  blasse  e.  schon  mhd.  sind  Wörter  tcie  edele, 
betelete,  begegenen,  gemegcnet,  erdenete  unselten,  phrasen  vie 
dem  lebene  ergeben ;  der  werlde  gewerldet  wescn ;  des  engeis 
bete  entwerte ;  regenender  nebel ;  ej  enwelle  denne  der  engel 
bejjer  wesen;  allere  dere  ende  dere  erde  und  in  dem  mere 
verrene  häufen  den  mageren  laut,  heute  aber  findet  sich  ohne 
mühe  zusammen:  recht  eben  gelegene  stelle;  er  segnete  den 
genesenen  elenden  menschen ;  eben  erst  errettete  er  den  edlen, 
den  rechten  erben  Eberhart ;  dem  nebenmenscben  ehre  geben ; 
des  engen  weges  gelegenes  ende  entnehmen ;  des  menschen- 
gescliiechtes  ende  erleben ;  vergebens,  er  endete  erst  den 
letzten  jenner.  solche  einlönigkeit  ist  kaum  in  andern  zungen 
möglich,  var  auch  der  deutschen  ehmals  fremd,  trahr  ist,  ge- 
mindert und  ermäszigl  wird  sie  durch  tonfall  und  durch  viel- 
fach abweichende  färbung  der  vcrsehiednen  elaule,  was  dem 
äuge  zu  verschwimmen  scheint,  scheidet  sich  in  der  ausspräche, 
umgekehrt  hat  die  schriß  häufig  zu  viel  unterscheidungsmittel 
unfolijerichlig  angewandt,  wodurch  Schreibung  und  ausspräche 
noch  verworrener  geworden  sind,  einen  undeutschen  erkennen 
vir  vor  allem  daran,  dasz  er  der  nbslufungen  unseres  e  selten 
mächtig  ist.  hinzulrilt,  dasz  der  abstand  des  mhd.  \  von  ei 
uns  verloren  gieng  und  beide  in  einförmiges  ei  verschwommen. 

IcKELSAMER  A  6*  lehrt  das  e,  wie  das  a.  mit  dem  athem  und 
niedergedrückter  zunge  aussprechen,  er  sagt,  disen  laut  geben 
die  geisz  und  schaf  in  irem  geschrei ;  das  kann  aber  blas: 
auf  ein  breites  ä  bezogen  werden,  wie  die  gr.  ß).r//ri  weist, 
wenn  schon  wir  das  geblök  mit  ö  ausdrücken. 

Unbetontem  e  können  alle  möglichen  vocale,  kurze  wie  lange 
zu  gründe  liegen,  ohne  dasz  ihr  unterschied  irgend  nachklingt; 
die  folgende  betrachtung  hat  es  nur  vtit  dem  betonten  laut  zu 
thun. 

Er  ist  wesentlich  aus  zwei  alten  lauten,  dem  a  oder  i  ent- 
sprungen und  darauf  beruht  seine  hauptverschiedenheit.  bei- 
den e  müssen  vermittelnde  diphthongische  laute  vorangegangen 
sein,  die  sich  durch  ai  und  ia  ausdrücken :  nachtrelendes  i 
lautete  den  vocal  a  in  e  tim,  nachtretendes  a  brach  das  i  in 
5,  folglich  stehen  e  und  6  einander  gerade  entgegen,  was  auf 
die  ausspräche  einwirken  muste.  in  der  des  e  ist  ein  nach- 
hält von  dünnem  a,  in  der  des  g  einer  von  dünnem  i,  deshalb 
habe  ich  für  letzteres  den  doppelpunct  eingefültrt,  er  zeigt  den 
gebrochnen  Haut  an,  seinen  gegensalz  durch  etwas  anderes  als 
das  blosxe  e  hervorzuheben  wäre  unnöthig.  *) 

Diesen  unterschied  zwischen  e  und  e  erkennen  alle  mhd. 
diditer  an,  indem  sie  beide  nicht  aufeinander  reimen,  ein  paar 
ausnahmen  abgerechnet;  gramni.  1,132 — 140  sieht  die  ausfüh- 
rung   des   ganzen   Verhalts,     aus  unsrer  heutigen,    die  reinheit 


•)  man  trägt  sehen  diese  nothiteneUge  Verschiedenheit  des  e  und  e  in 
den  ausgaben  lihd.  und  mhd.  detikmäler  tu  bezeichnen,  blieben  niclit 
eintelne  fälle  noch  ungesichert,  ich  würde  auf  unterscheidunfi  dringen, 
wenigstens  der  grammalik  wird  sie  unentbehrlich,  es  scheint  bequem, 
mag  auch  bei  ersten  drucken  qeboten  .sein,  je  aller  eine  h.i.  isl,  sie 
qenau  wiederzugeben,  die  tchärfere  Inulbestimmung  rerleilit  etwas 
buntes;  dann  aber  müsle  auch  dem  meisten*  mangelnden  circumßex 
der  länge  enttagt  werden,  in  gothischem  lexl  enträth  man  seiner 
leicht,  nur  dost  ein  der  Sprachvergleichung  vünschensverthes  eben- 
III. 


der  reime  wenig  beachtenden  dichtkunst  kann  für  den  ricJ.tigcn 
laut  nichts  entnommen  werden,  die  ausspräche  hat  jedoch  den 
unterschied  vielfach  bewahrt,  man  halte  Wörter  wie  heben, 
legen,  überlegen  perpendere,  regen  morere,  bewegen  incilare 
zu  andern  wie  eben,  geben,  gelegen  posilus,  überlegen  superior, 
regen  pluvia,  wegen  rjis;  jene  sind  umgelautet,  diese  gebrochen, 
kein  mund,  kein  ohr  wird  sie  hochdeutsch  vermischen,  alle  der 
reihe  heben  sind  aus  a,  alle  der  reihe  eben  ums  i  entsprossen, 
legen  ist  das  goth.  lagjan,  gelegen  ist  galigan.  Es  fällt  schwer 
das  laulverhällnis  anders  als  durch  vergleichung  auszudrücken, 
beide  vocale  klingen  dünn  und  kurz,  das  erste  e  gedämpß, 
das  zweite  etwas  kräßiger,  im  umlaut  erscheint  die  macht  des 
vocals  geschwächt,  die  brechung  hat  sie  ihm  mehr  gelassen; 
da  laut  und  färbe  einander  innig  berühren,  liesze  sich  sagen, 
dasz  in  e  blau  dem  weisz,  in  6  weisz  dem  gelb  zutrete,  den 
ganzen  unterschied  wird  die  reinere  mhd.  sicherer  als  die  oß 
verdorbne  nhd.  ausspräche  bewähren. 

Gefährdet  hat  diese  vor  allem  verunstaltender  schreibgebraueh  ; 
auszer  dem  einfachen  e  sehen  wir  das  dehn  zeichen  eh,  die 
Verdoppelung  ee  und  die  umlautbezeichnung  ä,  ja  ö  anyeuiandt, 
wiederum  dem  8  zuweilen  gedehntes  äh  verliehen. 

1)  einfaches  e  haben 

a)  für  mhd.  e:  hebe  lollo;  flegel  tribula;  fre\el  prolervta; 
fege  mundo;  gegen  contra;  lege  pono;  rege  ineito;  bewege 
moveo;  schlegel  tudes;  hecbel  peüen  Uni;  edel  nobilis;  rede 
sermo;  esel  asinus;  eile  ulna;  geselle  socius;  schnellen  pro- 
trudere;  schwelle  Urnen;  schwellen  inflare;  stellen  ponere; 
schwemme  rfjluo ;  henne  j/a/Zi na ;  kenne  nosco;  nenne  nomino; 
rcnne  cursilo;  lenne  area;  becker  panificus;  blecke  nudo; 
decke  tego;  hecke  sepes;  ecke  angulus;  lecke  lambo;  recke 
extendo;  schrecke  terreo ;  schmecke  gusto;  Schnecke  Cochlea; 
stecke  figo;  wecke  evigilo;  steppe  acu  pingo;  bette  lectus; 
kette  catena;  kielte  lappa;  leite  argilla;  rette  servo;  vetter 
patruus;  wette  sponsio;  b^tzel  calantica;  bletze  sarcio;  er- 
getzp  rependo;  hetze  venor;  letze  laedo;  netze  rete;  netze 
rigo;  pfetze  i'e//ico ;  quetsche  ^uasso;  setze  pono;  wetze  acuo; 
besser  melior;  essich  acetum;  Hesse  Challus;  elb  genius; 
Elbe  «.  fl.;  held  heros;  e\ievn  parentes ;  schmelze  liqnefacio; 
stelze  fulcrum;  welsch  gallicus;  gerbe  paro  corium ;  verderbe 
perdo;  erbe  heres;  herbst  autumnus;  werbe  exsequor;  mergel 
argilla;  merke  noto;  werder  insuta;  merz  martius;  kerze 
lucema;  hemie  peregrinus ;  hemde  indusinm;  emsig  assiduus ; 
eoge  angustus  ;  eogel  angelus ;  hengst  r^uus;  meage  mulliludo ; 
menge  misceo ;  senge  aduro;  sprenge  spargo;  Stengel  c^ulis; 
enkel  nfpos;  schenke  pincema;  Schenkel /emur;  senke  »irrgo  ; 
schlenkere  motilo;  bendel  ligamen;  behende  agilis;  eilend 
exsul,  miser;  sende  mitto ;  verschwende  perdo;  wende  verto; 
mensch  homo;  lenz  rer;  hecht  lucius;  beste  optimus;  nester 
vitla;  fest  firmus. 


mast  der  bczeichnungen  damit  verloren  geht,  wie  ton  der  rcmacfc- 
lässiijung  des  e  und  e  rfenit^  ich  von  der  des  i  und  j.  sprachen  wilder 
Völker,  selbst  deutsche  rolkxmundarten  darzustellen,  gestaltet  man 
die  scheckigste  iibermäfzig^ie  laulbrteichnung,  nn  allliergrltmchlen 
sprachen  soll  der  nfl  riM;:./>//i'/r'<  'i  nifit'i r^chrifl  kein  haar  gfkiiimmt 
werden,    der  mii'-  i''n,  dafz  man  jedem  tee- 

senllicUen,  durch  -i  unginane  Urkunden  fein 

recht  verschalle,   '  -inmal  hergebracht  werde, 

hat  man  es  zutor  zu  lictjuntcn.  ici-v  .sii/i  die  elende  heulige  schrei- 
bung  gefallen  laut  und  fromm  an  Vir  fvfOiätt,  den  miisfeu  auch 
toriifälligc  uufslellungen  der  ahd.  mhd.  regcl  sturen,  warum  sollten 
ihm  mängel  oiler  unarlen  der  allen  Schreiber  geringere  autorität 
sein  als  der  in  dm  letzten  Jahrhunderten  ? 

I 


E 


E 


ß)  ßr  mhd.  B:  schel  strabus;  her  huc;  schere  tondco; 
bebe  tremo;  eben  planus;  eber  oppr;  gebe  rfono;  lebe  vivo; 
leber  hepar;  nebel  nebula;  rebe  nVis;  strebe  Ju7or;  schwebe 
vagor;  scliwefel  sulphur;  tref  «c/ms;  degcn  gladius;  gelegen 
positus;  pllege  io/eo;  regen  pluvia;  segel  velum;  Steg  t>ia; 
weg  ria;  fleck  macKia;  zweck  fKweus ;  becher  pocu/Hm;  blech 
hraclea;  breche /ranjo;  Lcchn. /I.  ,•  pechpix;  spreche /oquor; 
steche  pungo;  frech  protervus;  zeche  orrfo;  heher  pica  g/an- 
daria;  geschehen  fieri;  sehen  videre;  zehen  decem ;  leder 
conum;  ledig  tacuui;  feder  penna;  gebet  ora/io;  bret  asser; 
meth  viulsum;  trete  ca/co,-  weiter  tempestas;  des,  dessen; 
es  id,"  wes,  wessen  cujus;  besen  scopa;  lese  /ego;  genese 
sanor;  wesen  essentia;  belle  ia/ro;  feil  cu/ii;  hell  clarus; 
quelle  /bni;  quelle  scaturio;  schnell  cc/er;  schwelle  lurgeo ; 
welle  «nda;  ebbe  recessus  maris;  neflfe  nepos;  treffe  /crto; 
Schmer  adeps;  sper  hasla;  queck  t'U'us;  speck  lardum;  esse 
edo;  esse  fumarium;  vergesse  obliviscor;  messe  melior;  ^e- 
eesseü  sede  locatus ;  sesscl  sella;  hehn  galea;  schclm  nec/uani ; 
selb  ipse;  gelb  flavus;  helfe  juvo;  weif  catulus;  befehle  für 
befelche  jtibeo;  feld  campus;  geld  pecunia;  vergelte  rependo; 
selten  rarus;  schelte  iucrepo;  weit  mundus;  zeit  Icntorium ; 
pelz  pellis ;  schmelze  liquefio;  fels  saxum;  perle  margarilu; 
Bern  n.  urfcis;  fern  longinquus;  gern  lubenlcr;  stern  Stella; 
verderbe  pereo ;  kerbe  «ncisura;  Scherbe  /es/a;  werbe  operor; 
werfe  jacio;  berg tnons;  berge  ce/o;  zwerg nanus;  werkopui/ 
zwerch  obliquus;  erde  /erra/  herde  jrex;  herd  focus;  werde 
/lo;  Berla  n.  pr. ;  schwert  ensis;  werth  dignus;  herz  cor; 
schmerz  dolor;  ferse  ca/x;  gerste  hör  de  um ;  senf  sinapi; 
knecht  servus;  recht  jus,  juslus;  schlecht  pravus;  spechl 
picus;  fechte  pujMo;  flechte  p/ecJo ;  sechs  sex,-  Wechsel  vices; 
gestern  heri;  nesl  nidus;  Schwester  soror. 

y)  ßr  mhd.  se  in  schere  forfex;  schwer  jra»ts  y  selig  6ra<us. 

8)  ßr  tnhd.  t  in  echt  =  6haft. 

2)  dehnendes  eh  ist  von  beschränktem  umfang  und  erscheint 
(auszer  in  weh  malum,  ehe  conjugium  und  sehen  videre) 
lediglich  vor  liquiden, 

a)  für  mhd.  e:  sehe  video ;  dehne  tendo;  sehne  desidero; 
wehre  defendo;  zehre  consumo. 

ß)  ßrmhd.t:  hehle  ce/o;  kehle  gw/a;  mehl/arma;  stehle 
furor;  nehme  eapio;  entbehre  cateo. 

y)  für  mhd.  ae  in  fehlen,  genehm  und  mehr  libentcr.  s.  unter 
eben  adp.  9. 

8)  ßr  mhd.  6  in  eh,  che,  weh,  ehre,  hehr,  kehren,  lehren 
und  sehr,  mehr  magis. 

3)  ä  tri'rd  geschrieben 

a)  für  mhd.  e:  quäle  crucio;  schalen  cutem  exuere;  schäl- 
chen  scutella;  gräme  maerorem  offero;  grämlich  morosus; 
dänisch  danicus;  Stäbe  baculi;  schlage  ictus;  nngel  ungues; 
migde  ancillae ;  täglich  djurnüs;  erträglich /iereurfus;  bächertoj; 
däcber  tecia;  lächle  subrideo;  lä<-herlich  ridiciUus;  schwäche 
debilito;  ähre  spica ;  fädmen  ßum  immiltere;  pfäde  se>Hi/ae; 
Schädel  eranium;  bliltler  folia;  glätte  laevilas;  statte  locus; 
gläser  Vitra;  hämmern  malleare;  kämmen  peclcre;  schwämme 
fungi;  tännen  abiegnus;  äffe  ludibrio  habeo;  äpfel  poma; 
näpfc  patellae;  donncrkläpfe  /oni7r«a;  sacke  sacci;  geschmäcke 
gustus;  sächelchen  recula ;  ätze  cibo,  rodo;  platze  loci; 
schätze  thesauri;  älter  senior,  fälteln  plicare,  bälge  folles ; 
Schalke  veteratores;  bünke  scamna ;  schwanke  nugae;  tränke 
polu  reficio ;  brande  litiones;  bände  manus;  wände  parieles; 
kränze  serta;  tanze  chureae ;  kräfle  vires;  schäfte  scipi; 
wächsern  eereus;  wächst  crescil;  sächsisch  saxonictis ;  gä'Sle 
hospites.  schon  1,  4  wurde  angemerkt,  dasz  fühlbarer  umlaul 
die  Schreibung  ä  erlangte,  ungefühller  dem  alten  e  treu  blieb. 

ß)  seltner  ßr  mhd.  ö:  bär  ursus ;  gebären  parere;  schiiuien 
pudore  nf/ici;  rächen  ulcisci ;  erwägen  pnpendere;  diiminern 
dilurescere;  käfer  scarabaeus.  die  Schweizer,  zumal  Maai.er 
vervenden  dies  ä  weit  häufiger  und  schreiben  aber  aper,  laben, 
läsen,  wäsen  m.  t.  w. 

4)  ah  nur  einigemal,  wie  eh  vor  liquiden. 

a)  für  mhd.  e:  wühlen  eligere;  zählen  numerare;  führt 
proßciscilur  {  nähren  nutrire;  lähmen  debililare;  zähmen  do- 
mart;  zahne  ärntrs. 

ß)  für  mhd.  P :  gShren  fermentetcere ;  währen  praetlare, 
durare;  gewähren  concedere. 

i)  n  nur  für  mhd.  e,  nicht  ßr  I« :  schwören  ;urarf;  zwölf 
duodccim;  hnlle  inferi,  orcui;  »chiipfer  creator ;  Schöffe  sca- 
binut;  loÜel  eoebtear;  kloken  balare;  blocken  nudare;  kröte 
bufoi  gOlllinK  — inAd.  getelinc,  all$.  gaduling;  löschen exi/in- 


guere ;  ergötzen  obleclarc.  im  16. 1"  ;7».  häufiger,  manschrieb 
auch  bock  pistor,  höre  bacca,  mör  mar«,  mönsch  homo,  doch 
ist  erlöschen  exslingui  =  iBschen. 

6)  doppelt  ee,  gleichfalls  selten :  klee,  see,  schnee ;  beere 
bacca;  beer  exercitus;  meer  mare;  beel  area.  dies  ee  wurde 
dem  für  mhd.  lani/es  a;  in  leer,  scheere  gebrauchten  nachgeahmt. 
schweer  wich  bald  der  Schreibung  schwer,  obschon  hier  das 
ee  erträglicher  wäre  als  in  beer  und  meer.  neben  beer  dauert 
die  alle  einfache  kürze  in  herherge  und  iierzog.     vgl.  EE. 

Jedem  sprachkenner  leuchtet  ein,  dasz  die  unter  2 — 6  auf- 
gefälirten  schreibiveiscn  fehler  waren  und  wo  möglich  tu  ver- 
werfen sind,  nur  die  erste  bleiben  darf,  woraus  wieder  ein- 
stimmung  mit  dem  mhd.  und  ursprünglichen  laulverhalt  ent- 
spriniji'n  und  dann  die  klarheit  vieler  worlformen  nicht  länger 
schmählich  getrübt  erscheinen  würde.  denn  so  widrig  die 
schwankende,  unsichere  Schreibung  selbst  ist,  verwöhnt  sie  auch 
das  äuge  und  wirkt  schädlich  auf  die  ausspräche,  vom  ö  in 
hülle  werden  glaubenseifrige  theologcit  nimmer  lassen  wollen, 
und  doch  schrieb  I-lther  durchgehends  helle;  gewöhnte  man 
sich  helle  und  helle  (concenlus,  claritas),  wie  mhd.  geschah, 
zu  schreiben  und  zu  sprechen,  so  wäre  hier  alles  in  Ordnung 
und  der  anklang  an  die  heidnische  todesgöttin  offenbar,  wozu 
nutzt  beer  oder  hör  von  her  zu  sondern,  da  sich  her  und 
her  (huc)  auf  dieselbe  weise  scheiden  ?  ä  würde  noch  eher  für 
e  als  für  e  taugen;  statt  e  geschrieben  hat  es  geradezu  die 
echte  ausspräche  verderbt,  unzählichcmal  sieht  man  bänden, 
wänden:  wenden,  enden  gereimt,  Schiller  sagt  von  Teils 
Pfeil  54  i' 

entrann  er  jelzo  krafilos  meinen  hrinden, 
ich  habe  keinen  zweiten  zu  versenden, 

und  manche  leser  werden  sich  anstrengen  senden  anders  zu 
sprechen  als  bänden,  das  doch  ganz  denselben  vocal  hören 
lassen  musz.  hier  ist  der  reim  mcht  falsch,  sondern  die  Schrei- 
bung. In  schlecht  {vgl.  schlicht)  und  geschlecht  {ahd.  gislalili) 
war  schon  die  mhd.  ausspräche  verdorben,  aber  einem  groszen 
häufen  von  unsern  ä  kam  die  gute  ausspräche  des  rechten  e 
abhanden,  z.  b.  älter  sollte  nicht  anders  lauten  als  ellern, 
wächst  nicht  wie  Wechsel,  ja  zuweilen  verkehren  sich  beide 
laute,  z.  b.  wenn  sechs  ein  e,  sachsisch  6  erhält. 

Wie  ahd.  einigemal  ei  für  e  vorkommt  {gramm.  1,  loT)  i.  b. 
steiphini  passibus,  eincho  agricola,  einti  finis,  pflegt  die  schwä- 
bische mundart  e  und  i  vor  ng,  nd  oß  gleich  auszusprechen , 
seihst  Schiller  hat  217'  menge  :  dinge;  l'  menschen  :  wünschen 
{für  winschen)  gereimt,  ganz  aber  widerstrebt  es  dem  hoch- 
deutschen e  =  e  in  a  überzugehen,  wie  plattdeutsch  bare 
ursus,  garste  hordeum  begegnen. 

Von  der  betonung  ist  hier  keine  ausführliche  rede,  doch  zu 
sagen 

1)  das  mhd.  gefühl  der  quanlität  in  vorletzter  silbe  hat  sich 
verloren,  also  auch  jeder  unterschied  zwischen  schwinden  und 
haften  des  e  der  letzten  silbe.  statt  des  mhd.  wein,  wCrn, 
fmden,  warfen  hcistt  es  mit  überall  bleibendem  e:  wählen, 
währen,  finden,  werfen,  nur  die  dritte  person  des  sg.  und 
zweite  des  pl.  pflegt  das  e  aufzugeben,  dem  mhd. 

Stil         stilst         slilt    pl.  stein        stell       stölnl 
entgegen  steht  nhd. 

stehle  stiehlst  stiehlt  stehlen  stehlt  stehlen; 
in  nehme  nimmst  nimmt  nehmen  nehmt  nehmen 
sicherte  die  überladne  Schreibung  mindestens  den  kurzen  voeal 
i  der  zweiten  und  dritten  sg.  schlieszt  die  würzet  auf  d  oder 
t,  so  haßet  auch  in  3  sg.,  2  pl.  das  c  der  letzten  silbe:  mei- 
det, findet,  waltet,  schaltet,  doch  heiszl  es  gilt,  hält  ßr  gillet, 
haltet,  aber  in  2  pl.  geltet,  haltet. 

2)  die  schwachen  praeterita  stoszen  das  e  vor  dem  te  aus, 
erscheinen  also  zweisilbig:  dehnte,  zähmte,  nannte,  heilte, 
salbte;  nur  wurzeln  auf  d  oder  t  hegen  es:  ladete,  schadete, 
hiilete,  flutete,  röthete. 

3)  veiba  auf  el  und  er  »eichen  ab  ton  denen  auf  eni 
und  en . 

wandle    wandelst    wandelt   pl.  wandeln    wandelt    wandeln : 

wandre    wanderst    wandert        wandern    wandert   wandern  ; 

widme     widmest     widmet         widmen     widmet     widmen ; 

ebne       ebnest       ebnet  ebnen       ebnet       ebnen; 

d.  h.  erslere  werfen  das  c  vor  dem  I  und  r  nur  in  1  sg.  ab. 
letztere  aber  vor  m  und  I  durchgehends.  jene  behalten  et  in 
allen  übrigen  personen  und  unterdrücken  dann  das  c  der  flexion, 
während  vor  m  und  ii  daj  c  der  ablettung  nirgends,  das  der 
flexion  immer  dauert.     Hiernach  sind  flexionen  der  tubsl.  und 


E— EBBE 


EBBEN— EBEN' 


adj.  auf  el  er  em  en  nicht  zu  beurtheilen,  denn  wir  sagen 
sowol  hügel  hügels  dat.  pl.  bügeln;  acker  ackers  ackern,  als 
atbem  athems,  segen  segens,  auch  lieber  ebene  planities  als 
ebne,  adjectira  schwacher  form  setzen  überall  der  edle,  magre, 
ebne;  des  edlen  magren  ebnen  u.s.w.' 

4)  dennocli  ist  unsre  poesie  und  selbst  prosa  se  unfrei  nicht 
geworden,  dasz  sie  nicht  den  umständen  nach  das  ausgefallne 
e  oß  herstellen,  das  haftende,  wo  es  ihr  besonders  zusagt, 
aussloszen  dürfte,  die  mhd.  Verhältnisse  wirken  vielfach  nach, 
kein  stichlest,  nimmest,  gibest  wäre  statthaß,  eher  schon  föhrest 
und  unbedenklich  dehnest,  nennest,  heilest,  liebest,  salbest; 
schwerer  dehnete,  niihrete  als  tobete,  salbete.  der  conjunc- 
tirflexion  wohnt  noch  neigung  bei,  das  e  der  flexion  zu  hegen, 
dem  liebst  amas  steht  entgegen  liebest  ames.  wie  dem  liebt 
amat  nothwendig  liebe  amet.  wer  wird  nicht  im  reim  auf 
den  andren  auch  setzen  wandren  und  in  gleichem  fall  wand- 
len  statt  wandern  wandeln?  trer  nicht  zwischen  magren  und 
magern,  üblen  und  Übeln  können  abwechseln?  wiederum  kann 
die  rolle  form  mit  beiden  e :  begegenen,  segeoen,  wo  es  noth 
thäte,  zulässig  sein,  man  hat  nur  zu  beachten  was  reget  sei 
und  was  ausnähme. 

EB,  1.  an,  num,  heute  ob.  diese  dem  golh.  iba.  ibai,  ahd. 
ipu,  ags.  gif,  engl,  if,  altn.  ef  entsprechende  gestalt  der  con- 
junetion  findet  sich  bereits  mhd.  hin  und  wieder.  Parz.  527, 2" 
liest  G  ehe,  ohne  sweifel  ößer  noch; 

eb  er  den  ersterben  muoj.    Ls.  1,  439. 
daj  ist   eb  du  müssest  sterben  und  von  hinnen  faren.    Kei- 
SERSB.  bilger  147*;  du    weist    nit,    eb  der  tod  kümpt  u.  dich 
nimpt.    147'  u.  s.  w.     vgl.  ob. 

2)  eb  priusquam,  für  eh.    Tobler  160* : 

hell  ich  mir  dtorheit  weren  lan, 

eb  si  ins  haar  mir  helle  gnisieri.    trag.  loh.  kl. 

EBBE,  f.  recessus  maris,  gegensatz  der  flut,  kommt  goth. 
ahd.  selbst  mhd.  nicht  vor  und,  was  mehr  auffällt,  ist  auch 
den  altn.  denkmälern  unbekannt,  die  dafür  fiara  (eigentlich 
littus,  trockner  Strand)  gebrauchen,  ags.  aber  gilt  das  m.  se 
ebba,  gen.  J)äs  ebban  {gramm.  3.  384) ;  fries.  gleichfalls  ebba, 
im  ganzen  sg.  unverändert;  nnl.  eb  gen.  ebbe  f.,  kein  mnl. 
beispiel  stiesz  mir  auf;  ddn.  ebbe,  schwed.  ebb.  das  wort 
scheint  von  Sachsen  und  Friesen  ausgegangen  sich  weiter  ver- 
breitet zu  haben,  ahd.  dürpe  man  eppo  oder  eppä,  goth. 
ibja,  ibjü  vermuten,  wurzelhaß  musz  es  mit  eben  planus,  wie 
aequor,  mare  placidum,  mit  aeqnus  noA  verwandt  sein.  ags. 
ebba  steht  zwar  von  efen  ab,  doch  reicht  auch  häbban,  goth. 
haban  an  beafan,  goth.  hafjan,  da  die  begriffe  des  habens  und 
hebens  sich  berühren,  ebba  aus  ebia,  häbban  aus  häbian 
hervorgieng.  auszer  ebba  begegnet  ags.  nepflod,  engl,  neap, 
aeslus  maris  languidior.  für  eine  so  groszarlige  iiaturerschci- 
nung  ziemt  es  sich  namen  fremder  sprachen  anzugeben :  läpp. 
fierva,  deutlich  altn.  fiara;  (inn.  Tuoksi  gegenüber  luode  flut; 
est.  möön  gegenüber  tous  flut;  ir.  traigh,  tracbant,  gal.  traghadh ; 
uelsch  trai,  arwior.  treach  scheint  wieder  Strand,  von  dem  das 
mcer  gewichen  ist;  gr.  avä^QOia,  äfiTiwrts  gegenüber  nXr,fi- 
uvQii  oder  Qax,ia,  Qr/xit}  flut;  mlat.  malina  gegenüber  ledo 
oder  liduna  (Dlcange  4,58.59),  obgleich  einige  die  bedeutung 
umkehren  und  liduna  ßr  die  kleine,  malina  für  die  grosze 
brandung  nehmen,  ledo  mahnt  ans  finn.  luode;  lett.  behgums 
ablauf,  paisums  flut;  russ.  otliv  ebbe,  priliv  flut  =  abgusz 
und  zugusz;  poln.  odlew  und  przyplyw;  böhm.  odtok  und 
pntok  =  recessus  und  accessus.  das  goth.  garunjo  nlrj/u,- 
fii-Qa  Luc.  6,  48  ist  zustrümung,  flut,  aber  nicht  gerade  vom 
meer  gesagt. 

Ebbe  und  flut  werden  häufig,  wie  abströmen  und  zuströmen 
auf  andere  gegenstände  angewandt: 

das  rräuleio  schien  ihn  drum  noch  mehr  zu  lieben, 
wenn  eben  ebb  in  ihrem  blute  war.    Gökingk  2,  179; 
ebb  und  flut  der  aimosphäre 
denk  sichs  jeder  wie  er  kann.    Göthb  4,  387; 

nach  kurzen  ebben  überflutete  die  menge  von  zeit  zu  zeit 
das  haus.  17,  249 ;  abschied  »on  der  ebbe  und  windstille  des 
lebens,  Ton  der  kindlichen  jugend.    J.  Paul  Tit.  2,100; 

was  bebl  meine  seele 
plötzlich  in  die  ebbe  des  gesangs  zurück. 

F.  L.  Stolberg  1,  130; 
denn  ist  es  ebb  iu  schau,  wie  öfters  isi, 
so  zieht  ihr  eure  :>thli'Usen  auf:  schieszi  vor. 

I.ES3ING  2,  209; 
die  hohe  flui  des  reicht)iuni<  ist  zerflosM^n 
und  liefe  ebbe  ist  in  deinem  ichatz.    Scuillkh  4:>3'; 


weil  seine  finanzen  siib  damals  in  der  niedrigsten  ebb«  be- 
fanden. VViELAXD  6,  ist ;  bei  ihm  ist  immer  ebbe  im  beulel. 
EBBEN,  recedere,  ahd.  eppan,  ebban :  firebbita  deferbueial 
indignatio  Graff  1,74;  altn.  fiara:  fiarar,  mare  recedit;  ags. 
ebbian : 

lago  ebbade  syearl  under  svegle, 

mare  recessU  nigrum  sub  caelo.    Cwdm.  85,  12; 

däru  ebbe :  det  begynder  at  ebbe ;  nnl.  ebben :  het  ebt  sterk ; 
de  zee  begint  te  ebben ;  mhd.  eppen :  der  se  undit  und  eppit 
sere    als   da;  mer  tuoL    Levseb  pred.  68, 18.     nhd.  es  wurd 
eben  mittler  zeit,  inlerea  recesserat  mare.   Hass  Stade  ; 
das  wasser  fallt,  es  ebbt.    Brockes  6,  584  • 

doch,  0  der  wunder! 
au  dem  bei^strom,  wo  zum  grab  er 
ebbt,  war  im  siebenten  zehnt 

meines  lebens  der  lenz  Jüngling.    Elopstock  2, 168; 
des  geistes  Duisu-om  ebbet  nach  und  nach.    Göths  12,  43 : 
im  kerker  rank  und  Spaltungen  der  groszen, 
die  ebben  mit  dem  mond  und  fluten: 
in  a  walld  prison,  packs  and  secis  of  greal  ones, 
that  ebb  and  flow  by  ihe  moon.    *;.  Lear  5,3; 

das  menschliche  geschlecht  ebbte  und  flutete.   Hippel  6,  8 ; 
EBBENFLÜT,  f.  aestus  recedens : 

die  eppenflui  im  weiten  meer 
hin  an  leufl  und  kömpi  wider  her. 

Lobwasser  Joh.  enthauptung  D7. 

EBBESTROM,  m.  dasselbe:  die  kraft  des  ebbestroms. 
EBBEZEIT,  f  engl,  ebbing,  ebbe  and  tide. 
EBE.N,  planus,  aequus,  aequalis,  goth.  ibns,  ahd.  Span, 
mhd.  eben,  alts.  ebhan,  mnl.  nnl.  even,  ags.  efen,  engl,  even, 
altn.  iafn,  dän.  jevn,  sehw.  jemn ;  dem  lat.  aequus,  aequalis, 
it.  uguale,  sp.  iguaJ,  fr.  ^gal  verwandt,  wie  equus  dem  iTinoe, 
oder  aqua,  golh.  ahva,  ahd.  aha  in  alten  flusznamen  aSa 
lautet,  ja  man  könnte  i'aos  heranziehen,  für  unser  deutsches 
wort  habe  ich  wb.  1,  6.  22  eine  wurzel  iban  af  ebun  gesucht, 
der  viele  Wörter,  namentlich  alte  partikeln  zufallen,  gerade 
wie  wir  eben  auch  noch  partikelhaß  erkennen,  vgl.  eben  adv. 
und  neben;  doch  die  erste  sinnliche  bedeutung  dieser  würzet 
läszt  sich  vielleicht  entwickeln,  eben  und  planus  enthalten 
den  begrif  des  flachen,  vorhin  wurde  auch  ebbe  und  aequor 
auf  das  flache,  ruhige  meer,  das  nicht  mehr  brandende  {ahd. 
ebanöti  meres,  aequor.  Graff  1,  98)  bezogen;  die  ebbe  ist 
eine  nachlassende,  sanftere  bewegung  als  die  flut  und  geht 
über  in  fut).axia,  windstille,  lat.  hiesz  die  ans  ufer  kom- 
mende welle  venilia,  die  weichende  salacia  und  salacia  mag 
wieder  ebbe  ausdrücken,  in  ab  ist  das  weichende,  sich  lösende 
gelegen,  in  abend  der  weichende  tag,  eben  scheint  das  glatte, 
ausgeglichne  flache,  wie  also,  wenn  iban  complanare  und 
ibns  aus  dem  pari,  ibans  complanatus  zu  deuten  wäre?  das 
gäbe  die  klarste  auslegung  seines  ableitenden  N. 

1)  die  sinnliche  Vorstellung  eben,  TteSivos  dauert  noch  heute 
fort,  das  ebne  land  ist  das  flaciie,  platte  im  gegensatz  zum 
gebirge ;  da  funden  sie  ein  eben  land.  l  Mos.  U,  2 ;  mit  allem 
ebnen  felde.  Jos.  13, 16 ;  diö  sinds  die  über  den  Jordan  giengeu 
im  ersten  monden,  da  er  vol  war  an  beiden  ufern,  das  alle 
gründe  eben  waren.  1  cAron.  13, 15 ;  ein  ebner  weg,  einer  der 
sich  auf  flachem  boden  erstreckt,  nicht  über  berge  und  durch 
tiefen,  aber  auch  ein  fahrbar  gemachter,  eine  ehaussee;  der 
weg  ist  schnureben,  schnurgerade ;  ich  wil  für  dir  her  gehen 
und  alle  höcker  eben  machen.  Es.  45,  2 ;  einen  boden  so  eben 
machen,  dasz  man  darauf  kugeln  müste  (kegeln  könnte).  Rei.'«- 
habd  Werth.  ded.  2, 184 ;  ein  eben  spil,  rechter  tanz«  und  ge- 
mäbete  wiese.  Schmeller  1, 11 ;  haareben  sagt  so  viel  als 
haarscharf,  glatt  wie  ein  haar;  die  sache  ist  nicht  ganz  eben, 
liegt  nicht  im  gleichgewicht,  ist  niclil  im  reinen ;  seine  lebens- 
bahn  war  stets  eben ;  ebner  erde,  zu  ebner  erde  wohnen, 
unten  parterre,  ohne  dasz  man  Irejipen  zu  steigen  hat;  alle 
berge  eben  tragen  (abtragen).    Schcppius  1684  s.  562 ; 

weh  unsers  groszen  herzenlaidl 

uns  ist  auf  dem  fehl  als  peiraid 

rerbrent  henimb  im  gan/en  räum, 

die  mandel  utid  die  Ölbaum, 

und  darzu  auch  die  Weinreben: 

ist  als  Terbrennet  gleich  und  eben. 

H.  Sachs  IH.  1,  51«, 

alles  ist  zu  grund  und  boden  verbrannt,  dasz  es  nun  eine 
frucht-  und  baumlose  flächt  bildet;  die  beiden  werden  Jeru- 
salem den  boden  eben  machen.  Reiszner  Jerus.  2, 162*.  Aus 
ahd.  in  epao,  mhd.  en  eben,  ags.  on  efeu  d.  h.  in  planum 
gieng  unsere  praepositton  neben  hervor,  uiUer  welcher  mehr 
davon  zu  tagen  icin  wird. 

l* 


EBEN 


EBEN 


8 


2)  da  der  scbnurebne  weg  ein  gerader  ist,  hat  eben  auch 
den  sinn  von  reclus  und  par,  mathematisch  ansyedrückt,  eben 
ist  geradlinig,  directus,  eben  gerade  an  der  zai  gleich,  par. 
voc.  Ibeut.  14S2  f5*.  'eben  oder  uneben  zu  ratben'  steht  in 
JoH.  Pet.  Schmidt  fastelabendsamlungen  s.  15S  als  kindersptel, 
das  was  sonst  grad  oder  ungrad  {so  bei  Fischart  n'  152),  paar 
oder  unpaar,  franz.  pair  et  impaire  heisit,  lal.  ludere  par 
inpar.  Borat,  sat.  2.  3,  248 ;  ntan  sagt  auch  ort  oder  eben, 
engl,  odd  or  even.  Schmeller  1, 11.  selten  ist,  sagt  Lessinc 
10,175,  ein  hober  Springer  ein  guter  ebner  tünzer;  meint  er 
einen  der  sich  gerad  hält  ? 

was  ist  mein  armes  leben, 

beim  saoct  Apoll! 

wenn  ich  so  steif  und  eben 

eindunsen  soll  ?    Oterbsck  ged.  79; 

soi  mein  reiter,  halt  mich  eben  (aufrecht), 

wenn  ich  sinke,  sei  mein  stab.    P.  Gsruard  30,10; 

das  ich  mein  oren  spitzt  so  eben, 

als  wöU  man  mir  ein  eefrow  geben.    Murnrr  geuc/im.  6. 

d.  i.  so  gerade  auf  in  die  höhe  reckte. 

3)  unter  den  abstracten  bedeutungen  will  ich  die  von  satis 
magnus,  siemlich  grosx,  ziemlich  voranstellen :  es  niüste  mir 
aber  ein  eben  stedlin  sein,  das  zwölf  oder  fünfzehcn  deudsche 
lueilen  in  der  ringmauer  bette.    Luther  3,  216 ; 

da  warn  vil  hund,  die  in  anzannten, 
im  zuletst  den  korb  entrissen, 

denn  ir  war  sunst  ein  ebner  stosz  (ziemlicher  häufe) 
und  waren  im  auch  viel  zu  grosz.    B.  Waldis  3,  89 ; 
ist  nit  mehr  denn  ein  ebner  stcinworr.    3,92; 
bracht  ein  stück  Oeisch,  war  eben  grosz.    4,  49; 
er  blieb  bestehu,  die  magd  ansach 
ein  ebne  weil,  darnach  er  sprach.    4,  67; 
ein  ebne  weil  daselben  sasz.    4,75. 
ziemlich  lange,  eine  gute  weile,  wie  wir  heute  sagen. 

4)  hieran  reiht  sich  der  noch  häufigere  sinn  von  aptus,  con» 
veniens,  par.    mhd. 

unz  er  ze  rosse  wart  eben.    PUalus  169, 

geschickt  ein  pferd  zu  besteigen,  einem  pferde  gewachsen  war. 
nhd.  es  sei  denn  zeit  und  eben  (passend).    Luther  3, 19 ; 

ein  kränz  sol  sie  mir^machen 

aus  rechtem  wolgeniut, 

den  solt  du  machen  eben  (zierlich,  passend),    bergreien  dS ; 

nein,  es  ist  gar  recht  und  eben.    Logau  2,  43,57; 

meistens  aber  mit  beigefügtem  dativ  der  person,  in  der  mei- 
nung  von  ist  mir  recht  gelegen,  gefallt  mir,  franz.  ine  con- 
vieot : 

es  komt  mir  gar  uneben.    Hdlilerin  46*; 
eh  dasz  der  vater  kam  ins  grab, 
dem  Sühn  ein  reiche  Trauen  gab, 
dem  ritter  wars  nii  eben.     Haupt  6,  60; 
Singer,  du  hast  mir  ein  Trag  auTgeben, 
die  gfellt  mir  wol  und  ist  mir  eben.    Üuland  U  ; 
er  ist  der  Metzen  eben.    340; 

,dein  all  groschen  sein  mir  eben,    fastn.  sp.  110,  23; 
'darumb  gib  mir  dein  tochterlein'. 
'sie  ist  dir  eben,  das  wil  ich  jehen'.     111,  26; 
mach  mir  das  gut  und  darzu  eben.    192,  22; 
drumb  ist  er  dir  und  deinem  sun  eben.    515,  21 ; 
ein  fursprecb  sei  euch  hie  erlaupt, 
der  euch  auch  tüglicb  sei  und  eben.    704,  21; 
ein  solcher  dienst  wer  mir  auch  eben.    732,  29; 
so  wil  ich  zwen  lang  luiten  her  schwingen, 
die  wil  ich  noch  heur  eiin  schefer  geben, 
die  werden  im  zu  zwainen  sackpreiren  eben.    738,  S3 ; 
se  warsz  ich  ain,  der  mir  ist  eben.    750,  19; 

f;ond  ir  ouch  selber  zu  dem  pflüg, 
ugend  welcher  uch  sig  eben.     KosngR  votkst.  00; 
die  tiadt  sollen«  ufgeben, 
«s  war  ine  noch  nit  eben.    Soltau  414; 
leder  redt  was  im  eben  ist.     Riiant  narrentch.  ttO,  20; 
•io  prietier  »oll  Tuhren  ein  englisch  loben, 
so  wird  er  guit  und  der  well  eben. 
(pretbfier  •MKelicsni  digneiur  ducere  vitam, 
SIC  era  accepiu*  plebibui  aiqne  ileu). 

Gaiit.issi  dict.  prov.  Ob*; 
•■  Ul  mir  noch  nit  eben.    II.  Sachs  I,  620*; 
•her  wirl,  woji  ir  im«  h»>rliri({  geben  1' 

•ha»''  "  '  '    r.-.     III.  1,238'; 

da  ;  l,irt, 

«>•'  1.     III.  2,  224'; 

'den  wil  ^^,U  m  «mi  ui»it  «uch  geben'. 

'o«io,  nsio,  usin  jungbug  ist  oiir  eben'.    III.  9,  bi*i 


und  also  lange  der  den  ätheim  im  buiche  bette,  so  mag  er 
das  sine  verkeufen,  versetzen,  versleifen  ader  dragen  sunder 
imands  indrag  war  ime  eben  ist.  weisth.  1, 604 ;  dede  er 
abir  den  merkern  nit  recht  und  ebin  {gefiele  ihnen  nicht  was 
er  thäte),  sie  mochten  einen  andern  setzen,  l,  513 ;  nim  was  dir 
eben  ist.  Fortunatus  l* ;  gedacht,  er  möc.bt  kein  ursach  haben, 
die  ihm  als  eben  wer  als  diese,  buch  d.  liebe  87';  es  ist  dir 
nu  wol  gelegen  und  eben,  und  uns  zeit,  das  du  selbs  kö- 
rnest, denn  gott  gibt  nicht  gnade,  es  sei  denn  zeit  und  im 
eben.  Luther  1,37';  auch  möcht  man  auserwelet  brot  ver- 
stehen, das  es  ein  sonderlich,  eigen,  und  allein  uns  gottes 
kindern  eben  und  geben.  1,80';  es  musz  aber  ein  biscbof 
sein  ein  unstreflicb  man,  der  nur  ein  weib  habe,  wacker, 
sittig,  ziichtig,  gern  berbergen,  gern  predigen,  nicht  ein  wein- 
seufer,  nicht  ein  scheller,  nicht  schendlichs  geniesz  süchtig, 
sondern  iederman  eben,  unstreitig,  nicht  geizig.  2, 122',  frei 
nach  Titus  1,"  wozu  man  Luthers  genaue  Verdeutschung  halte; 
darumb  sagt  Paulus,  schicket  euch  in  die  zeit  und  macht 
euch  eben  icdermann.  4, 128*,  auch  dies  stimmt  nicht  ganz  zu 
Rom.  12, 11 ;  ist  euch  solcher  mein  rat  nicht  eben.  8,  95' ; 
itzund  wolt  ir,  so  mirs  nicht  eben  ist.  Luthers  br.  5, 257 ; 
das  ist  auch  dem  nebesten  eben.  Mich.  Neander  bed.  36' ; 
das  war  aber  jenem  nicht  eben.  Kirchhof  weiidunm.  104' ; 
ihr  möget  freien  wen  ir  wolt,  wann  es  mir  wird  eben  und 
gelegen  sein,  so  wil  ich  auch  freien.  Melander  jocos.  2  n*  474  ; 
es  würde  ihnen  kaum  eben  sein,  wenn  sie  ihre  guter  und 
bequemlichkelten  verlassen  sollen.  Scuiver  seelensch.  1,  456 ; 

ich  was  meim  herren  ein  eben  man, 

da  ich  die  scbelmenstück  hat  tbaii.    Musnsrs  schelmens.  17' ; 

dem  mehrer  theil  war  solchs  nicht  eben.    Er.  Albbrus  68; 

ja  wol,  es  ist  piir  noch  nicht  eben.    161'; 

den  günsen  gohöri  haberstro, 

ein  wolf  ist  inn  zum  nredger  eben, 

bringt  sie  zuletzt  uinb  leib  und  leben,    ganskönig  8'; 

hier  zu  saufen  sei  in  nicht  eben.     Atrer  fastn.  103'; 

es  sei  uns  ganz  und  gar  nicht  eben, 

dasz  wir  ihm  unser  lochier  geben.    209"; 

den  beiden  biililern  war  disz  spiel  gerecht  und  eben, 

sie  konten  ihre  lieb  hier  zu  verstehen  geben. 

Werders  Ar.  7.  21,5; 

Fannia  meint,  hurenleben 

sei  ihr  mehr  als  ehstand  eben.    Logau  1,82,34; 

Duicicola  liebt  ihren  mann,  denkt  nicht  nach  ihm  zu  leben, 

zu  sterben  endlich  unter  ihm,  nicht  vor  ihm,  war  ihr  eben. 

2,  90,  62; 
Jungfern,  wann  man  euch  soll  kaufen,  müst  ihr  geld  zugeben, 
die  nichts  zugibt  bleibt  wol  sitzen,  ist  niemanden  eben. 

3,  26,  15 ; 
Euclio  fand  in  der  bibel,  gebet  so  wird  euch  gegeben, 
wird  gegeben,  war  ihm  lieblich,  gebet,  war  ihm  gar  nicht 

eben.         3,141,25; 
in  dem  leben  wohnet  sterben,  in  dem  sterben  wohnet  leben, 
lasse  dir  das  sterben  lieben,  du  dem  leben  nur  ist  eben. 

3,236,  104; 
salz  im  toJe,  salz  im  leben 
ist  dem  bering  immer  eben.    3,  250,  180. 

6)  par,  aequus  wird  unmittelbar  aequalis,  i'aoi,  schon  die 
Gothen,  während  ihnen  das  starke  ibiis  naSivös  ausdrückte, 
setzten  das  schwache  ibna  für  'i'aoi,  eben  entspricht  also  der 
bedeutung  von  gleich,  und  was  wir  heule  die  gleiche  sache, 
dieselbe,  die  neraliche  nennen,  hiesz  ehmals  auch  die  ebne, 
$0  wie  der  ebne  boden  auch  der  gleiche  ist.  ebensoviel  sagt 
was  gleichviel. 

das  win  mir  ein  ebne  sach.    Tlieuerd.  34, 11; 

80  nimpt  ers  für  ein  eben  sach.    Muh.-4br  lath.  narr  3399 ; 

0  das  ist  mir  ein  eben  ding.  3979, 
entweder  gleichviel,  einerlei  oder  auch  mit  dem  nebensinn  ties 
eignen,  seltsamen,  wie  Chr.  Weise  sich  ausdrückt:  alleia  es 
ist  eine  ebene  sache  mit  ihm  gewesen,  kl.  leute  48 ;  er  ist 
darin  sehr  eben  =^  genau,  eigensinnig  (s.  Frisch  1,213').  dieser 
schrißsteller  hat  ößer:  ein  eben  thiiii  für  einerlei:  mit  hul- 
zuDgen  ists  auch  ein  eben  tliun  (nicht  anders),  erxn.  94;  es 
ist  ein  eben  tbun  um  die  furcht  und  um  die  freude.  371 ; 
um  den  groszsprecher.  398 ;  ein  clieu  tbun  mit  narreiiS- 
possen.  freim.  redn.  038.  Luther  sagt:  sie  haben  auch 
Sprüche  der  scbrift  mit  der  Vernunft  irem  sinn  eben  geina<  bi 
(ausgeglichen).  9,  450;  bette  in  gutl  nicht  so  eben  (gteicU) 
abmalen  lassen.  4,  49';  weil  er  im  lande  sitzet  musz  er 
•ich  inen  eben  machen.  4,  117*;  auf  ebene  (glriehe)  weis. 
KiscHART  ehi.  37.  eben  machen,  vereboen  drückt  auch  aus 
bezahlen,  jetzt  siod  wu*  ebeu  mm  quM,  »inandtr  nichli  mthr 
uhuidtg. 


1 


EBEN 


EBEN 


lÖ 


meinstu.  dasz  dem  cbrisienleben 

beides  ähnlich  sei  und  eben?    Logaü  1, 1S5, 14, 

«0  doch  eben  sotcol  gleich  als  angemessen,  schicklich  bedeuten 
könnte,  wenn  es  späterhin  bei  Kant  heiszl:  einen  gedanken 
klar  und  eben  machen.  S,  98 ;  sich  den  Torwurf  seiner  be- 
tracblung  klar  und  eben  machen.  8, 14  meint  das  verebnen, 
ausgleichen,  klar  und  plan  machen,  der  ehrliche  ebene  mann 
bei  GöTHE  33,  S5  soll  docli  einen  einfachen,  schlichten  bezeichnen  ? 
viele  der  nachher  folgenden  Zusammensetzungen  mit  eben  haben 
den  sinn  von  gleich,     s.  uneben,  nicht  uneben. 

Yon  allen  erörterten  bedeutungen  dauert  heute  nur  die  erste 
und  letzte  fort,  die  zweite,  dritte  und  vierte  sind  erloschen. 

EBE.N,  adv.  ahd.  epano,  mhd.  ebene,  nnl.  even,  die  nor- 
dischen sprachen  bilden  es  nicht  einfach,  goth.  uäre  zu  erwar- 
ten ibnaba.  die  bedeutungen  sollten  eigentlich  schritt  halten 
mit  denen  des  adj.,    gehen  aber  oft  feiner  aus, 

1)  dem  sinnlichen  planus  entspräche  plane,  man  sagt:  er 
hat  eben  gezielt,  eben  getroffen;  das  ich  den  satan  so  eben 
getroffen  und  nicht  gefeilet  habe.  Lcther  3, 43S ;  du  must 
eben  aus,  eben  fürt  gehen,  gerade  aus;  das  mfidchen  geht 
eben,  mit  langsamem,  leisem  tritt. 

mhd.  ir  ros  in  giengen  ebene.    Nib.  72,  4; 
ir  schif  gienc  ouch  ebene.    369,  4; 
ir  ros  stuonden  ebene.    369,3; 
sin  ros  iruoc  in  ebene.    &S7,  2; 

dö  sluogen  die  tu  müeden  tu  manegea  swinden  slac 
den  von  liechelären,  der  eben  und  liefe  wac.    2147,  1. 

einem  eben  treten  müssen,  bedeutet  rücksichten  auf  ihn  nehmen. 
Meistens  aber  gewinnt  dies  plane  die  bedeutung  accurate,  pro- 
prie: 

des  bedenket  iuch  ril  ebene.    Nib.  404,  4; 

vor  dem  tische  mir  eben  wart  (warte  mir  torgfäUig  auf), 

so  bistu  mir  liebe  und  zart.    Dioclet.  7t>l3; 

vernempt  mich  eben!    ring  1,  4; 

meine  wort  die  sült  ir  gar  eben  behalten,    fattn.  762,3; 

will  eben  wissen  bei  einem  har, 

wie  es  stats  get  das  ganze  jar.    Schwarzemberg  120,  1; 

darumb  beschreibt  er  in  diesen  worten  gar  eben  die  art  der 
gnaden  gegen  die  art  der  natur.  Lcther  3,25;  da  sehen  wir, 
wie  fein  und  eben  die  propheten  reden  können.  3,  234 ;  auf 
dem  seihen  schlosz  mag  man  gar  eben  sehen  das  land  Ga- 
laad.  Frank  tcellb.  l'l';  zu  den  er  auch  sagt,  das  si  gar 
eben  selten  vermerken  das  land,  wie  fruchtbar  es  wer.  174* ; 

wie  er  sein  res  ersah  und  gar  zu  eben  kant. 

WgRDEBS  Artost  1,  51; 
0  beld,  sagt  sie,  als  sie  die  sache  nun  gar  eben 
verstanden  bett.       2,  bO; 
sie  läuft  und  weisz  nicht  eben, 
woher  und  wohin  aus.    Flbhiüg  106; 
er  hat  von  kindheii  auf  gar  eben  war  genommen, 
dasz  obn  die  weisheit  eicht  zum  rechten  ziel  zu  kommen. 
fioaPLKS  HO. 

merk  eben !  sagte  man  sonst  für  nota  bene. 

2)  eben,  apte,  accurate  erscheint  seltner  als  das  adj.:  wol- 
lest du  es  wol  einem  apotheker  zu  gut  halten,  wenn  er  einen 
oder  zween  gran  einer  gefährlichen  und  gewaltsamen  arzuei 
zu  viel  gäbe,  mit  dem  vorwand,  man  könnte  es  so  eben 
(genau)  nicht  haben?   Scriver  seienschalz  1,404; 

Heinz  Mist,  sie  fugt  mir  gar  eben,    fastn.  sp.  112,  2; 
0  muiier,  ihr  seid  euch  ear  eben  von  der  erd, 
mir  aber  gar  zu  früh,  acn  g.ir  7u  fiüh  entgangen. 
GBTPaics  2,  3i)(j"; 

doch  das  schwäbische  eaba  drückt  ganz  gewöhnlich  rede,  eon- 
venienter  aus.     Maäi.er  95*  hat  eben  ja,  scilicet. 

3)  ipte  eben  par,  eben  pariter,  aeque. 

wir  warfen  eben  alle.    K*h*jam  denkm.  3,  23; 

(i  vielen  eben  alle 

dri  Inge  volle, 

so  diibe  so  der  regen  tuot,    42,9; 

si  muosen  eben  all« 

dulien  die  helle.    42.  11; 

er  fiiorie  si  eben  .ille 

bin  in  die  hercn  zelle.    43,6; 

des  hie*z  er  im  ein  lolTel  geben. 

die  andern  sprachen:  und  um  eben!    ring3i',Zi; 

ach  gesell,  was  s.-igstu  nur' 

mir  ist  eben  als  dir.    fasln.  $p.  622,  22; 

mit  zweien  wunden  eben  tief.    II.  Sachs  III,  2,39*: 
eine  rede,  so  zur  unzeit  gesciuclil,  reimet  sich  eben  wie  ein 
seitenspiei,    wenn    einer  trawrig  ist,    wer  einen  nurn-n  lerei, 
der  Dicket  scherbea  zusameu,  und  thui  eben  uU  wenn  m*u 


einen  aus  einem  liefen  schlafe  weckt,  Sirach  22,  6.  7 ;  die 
zeit  ist  ein  groszes  werth,  eben  als  ein  angenehmer  gast. 
pers.  baumg.  9,5;  mein  wesen  oder  nicht  wesen  ist  beinahe 
eben  eines.    10, 1 ; 

bin  ich  unten  oder  oben, 
es  gilt  alles  eben  viel,    Opitz  2,  185; 
eine  reizet  eben  wie  die  andern.    Götbe  1,  218; 
du  dich  im  scbwung  iiberschiagsl  und  nach  dem  tödtlichen 

Sprunge 
wieder  stehest  und  läufst,  eben  ob  nichts  war  geschehn. 

1,  361 ; 
ihr  tauget  eben  alle  nichts, 
warum  sollt  ich  was  taugen  ?    4,  324 ; 

unterwegs  sah  sie  sich  hier  und  da  um,  eben  als  wenn  sie 
Werthers  begleitung  vermiste.  16, 150.  in  der  Schweiz  sagt 
man  dem  lüfel  eba  arbeiten  für  teufelmäszig  arbeiten,  in 
den  meisten  dieser  stellen  könnte  eben  mit  gleich  wechseln,  und 
pariter  ac  ist  uns  eben  als  oder  gleich  als.  Gütbes  eben  alle 
begegnet  jenem  mhd.  eben  alle,  pariter  omnes,  meint  aber  nempe, 
scilicet.    man  schreibt  oft  zusammensetzend  ehentief,  ebenviel. 

4)  wie  wir  gleich,  sogleich  von  der  zeit  verwenden  diückl 
uns  aucli  eben  und  so  eben  das  augenblicklich  geschehne  oder 
geschehende,  momentane  aus.     schon  mhd. 

ouch  was  Pninhilt  eben  ze  tische  gegän.    A«6.  565,  4: 
nhd.    Piso,    der,    wie   ich    höre,    eben  bei  dir  sein  soll.    Ew. 
T.  K1.EIST  1, 169 ;   eben    fing   ich   an   mein   herz   zu  erheben. 
Lessing  2, 135 ;  eben  kömmt  die  gräfin  an.    2, 162 ; 

da  komm  ich  zu  ihm,  eben  dasz  er  schach 

gespielt  mit  seiner  Schwester.    2,257; 

so  eben  ist  er  in  Madrid  und  wartet 

nur  auf  den  öffentlichen  tag,  sich  zu 

den  füszen  seines  oberherrn  zu  werfen.    Schiller  276' ; 

es  knistert  eben, 
als  wärs  ein  weiberschuh.    Göthi  7,  65; 
denk  ich  doch  eben,  ich  rede  mit  Josua  oder  mit  Moses. 

40,287; 

eben  schien  sich  ein  neues  Verhältnis  anknüpfen  zu  wollen. 
21,  3S ;  allein  sie  gehl  nicht  etwa  in  ihre  gemacher,  sondern 
gerade  die  treppe  hinunter  in  ihre  wägen  und  ich  finde  mich 
eben  allein  auf  der  strasze.  48,  ls3 ;  Wild  ist  eben  so  wun- 
derlich, so  auszerordentlich  freudig,  fährt  herum,  reicht  nach 
dem  bimmel  als  wollte  er  ihn  herunterziehen.  Klingers  theat. 
2,  309,  wir  sagen :  er  schläft  eben ;  er  will  eben  sterben ; 
ich  wollte  eben  sagen;  eben  ist  er  fort;  eben  wollte  ich 
mich  schlafen  legen ;  eben  bin  ich  damit  fertig  geworden ; 
ich  bin  eben  erst  aufgestanden ;  bin  eben  noch  darüber,  man 
halle  hierzu  das  gr.  i^x^f^a^  Aeltw»',  franz.  je  vais  üire,  sp. 
Toy  k  decir;  it.  6  a  dormire,  fe  por  uscire,  sp.  estd  ä  dorinir. 
esta  por  salir,  will  eben  ausgehen,  wie  diese  feineren  verbalaus- 
drücke unser  eben  ersetzen  hilß,  kann  es  auch  zum  prael. 
gefügt  einigennaszen  den  gr.  aorist  erreichen,  ßrs  futurum 
brauchen  wir  es  kaum,  doch  hört  man  in  ?iiederdeulscltland  : 
geh  eben  hin !  thu  das  so  eben !  iro  uns  üblich  ist .-  geh  jetzt, 
eben  jetzt,  jetzt  eben,  geh  "gleich  hin,  thu  das  sogleich!  be- 
merkenswerlh  steht  das  ags.  efne,  efne  »vä,  efne  nü  ößer  ßr 
ecce ,  ecce  nunc,  also  auf  das  gegenwärtige  einlenkend. 

5)  dem  adj.  eben  stand  die  Vorstellung  des  geraden,  direclen 
zu,  nicht  anders  unserm  adv.,  und  noch  viel  häu/iyer,  die  von 
gerade  rede,  direcle  mit  gelinderen  nebenbedeulunyen.  da  nun 
auch  gerade,  gerade  jetzt,  nunc  ipsum  zeillich  gewendet  wird, 
fällt  auf  das  zuletzt  abgehandelte  eben  =  adutum  hiermit 
volles  licht,  es  versteht  sich,  dasz  in  einzelnen  fallen  fast 
nicht  gesagt  werden  kann,  ob  man  plane,  pariter,  adutum  oder 
direcle  auszulegen  habe,  hier  eine  auswahi  ton  beispielen  für 
eben  =  gerade,  eben  am  selben  tage  gieng  Noah  in  den 
kästen,  i  Mos.  7,13;  eben  am  tage  der  versünunge.  i  Mos. 
25,  9 ;  sie  zogen  aus  . . .  und  begruben  eben  die  erste  ge- 
burt,  die  der  herr  unter  inen  geschlagen  hatte  {vulg.  nur 
sepelieniibus  pritnogenitos).  4  Mos.  33,  4 ;  und  es  begab  sich 
eben,  das  das  selbe  feld  war  des  Boas.  Ruth  2,3;  und  du 
ich  des  morgens  aufstund  meinen  son  zu  sengen,  sihe  da 
war  er  tod,  aber  am  morgen  sähe  ich  in  eben  an  und  sihe, 
es  war  nicht  mein  sun.  i  kön.  3,  2t ;  als  der  künig  eben  sasz 
im  tltor.  Jer.  3S,  7;  eben  im  fünften  jar,  nachdem  Jojochin 
war  gefangen  weggefüret.  Ez.  1,2;  es  ist  eben  das  Ihier  da« 
ich  s;ibe  am  \va3>er  Chebur.  10,  15;  denn  eben  mit  dein 
masz,  da  ir  mit  messet,  wird  man  euch  widj-r  messen.  Luc. 
6,  38 ;  da  suhe  in  ein  magd  sitzen  bei  dem  liecht  und  saho 
eiion  auf  in.  22,  56,  iro  der  leM  amiaaaa  aiTtp,  vulg.  el 
eum  fuiA:i«:t  intuita; 


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EBEN 


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dieweil  du  eben  auch  Jana  heiszt, 
hast  gleich  eben  wie  ich  ein  kleid.    Atrkr  fnsin.  117' 
wird  ein  gelehrter  nicht  die  kunst  zu  werke  legen, 
so  wird  er  eben  sein  wie  wölken  ohne  regen. 

arab.  sprichw.  52; 
eben  darum  bind  ich  dich.  GöntoksOIS; 
von  diesen  Werkzeugen  ist  es  unstreitig,  dasz  sie,  eben  wie 
die  marmorsäge,  eigentlich  selbst  nicht  schneiden,  sondern 
nur  zu  schneiden  scheinen.  Lessi.ng  8,  93 ;  Schickard  konnte 
arabisch  genug,  um  ein  türkisches  manuscripl  von  dieser  art 
so  eb-'n  {so  ziemlich?  nachgerade?)  zu  lesen.  9,66;  nach 
fünfzig  jähren  war  das,  was  Vulcanius  und  Morellus  für  das 
gedieht  des  Paulus  Silentiarius  gethan  halten,  so  völlig  ver- 
gessen, dasz  zwei  der  grOszten  französischen  gelehrten  das 
nemliche  gedieht  noch  für  ein  wahres  räthsel  ansahen,  dessen 
auflösung  der  eine  nur  eben  zu  errathen  wagte.  9,107;  ja 
was  noch  mehr,  gleich  unter  dem  explicit  haben  noch  eben 
folgende  zwei  verse  räum  gefunden.  9,186;  was  der  heilige 
geist  nun  noch  dabei  thun  will  oder  kann,  das  steht  freilich 
bei  ihm :  aber  wahrlich  wenn  er  auch  nichts  dabei  thun  will, 
80  ist  es  ebeu  das.  9,  292 ;  ich  habe  dich  in  der  kirche  ge- 
glaubt,   'eben  da!'  (/d  meme,  gerade  da).   2,135; 

half  ihm  doch  kein  weh  und  ach, 

niust  es  eben  leiden.    (!öthk  1,  17; 

und  wanira  fingst  du  eben  mich*    1, 18; 

kinder  der  klugheil,  o  habet  die  narren 

eben  zum  narren  auch,  wie  sichs  gehört.     1,  143; 

was  dem  enkel  so  wie  dem  ahn  frommt, 

darüber  hat  man  viel  getraumet, 

aber  worauf  eben  alles  ankommt, 

das  wird  vom  lelirer  gewöhnlich  versäumet.    2,264; 

auf  Michael  sinds  *ben  drei  jähre.  10, 135 ; 

das  ernste  kommt  euch  eben  wild  und  düster  vor.     11,244; 
es  ist  doch  eben  so  warm  nicht  drausz.    12,  142; 
als  wärens  eben  plilTcrling.    12,  146; 
und  tragt  sie  eben  in  Einern  lauf 
zum  schiimel  den  Olymp  hinauf.    13,4; 
wir  waren  beihörl  eben  ganz  und  gar.    13,  59; 
kehrt  eben  alles  drüber  und  drunter.    13,60; 
es   ist   eben    eine  von  den  neuesten  erfiudungen.   14, 12 ;    da 
geh   ich    eben  des  abends  hin  und  frage  ihn,    obs  auch  was 
taugt.  14,  84 ;    es  sind  eben  vier,  ein  wagen  voll.  14,  243 ;  da 
mir  das  herz  immer  ein  biszchen  aufgeht,  wenn  ich  sie  sehe, 
blieb    ich   eben.    16,  104;    und    so    haben   sonne   und  mond, 
eben  wie  der  menschengeist,   hier  ein  ganz  anderes  geschäft 
als    anderer    orten.    27,  272 ;    ich  bin  in  einer  recht  wunder- 
lichen läge  und  will  mich  eben  zusammen  nehmen.   29, 106 ; 
das  alles  kennst  und  singst  du  heut, 
und  singst  es  morgen  eben.    5,43; 
sage,  raulter,  bist  dus  eben?  (bist  dus  auch?)    41,298; 
ich  habe  über  diese  sacbe  niemals  nachgedacht,   sondern  sie 
eben  so  gut  sein  lassen.  Göthe  an  Schiller  630;   da  ich  die 
miserable  jahrszeit  und  Witterung  in  allen  nerven  spüre  und 
mich   nun   so  eben  hinhalte.    Schiller  an  Güthe  243.    eben! 
ja  eben !  ja  freilich,  wenn  man  eines  andern  rede  'bestätigt. 

6)  ein    solches   eben    {wie  auch  gerade)    verbindet  sich  zu- 
mal,  wenn   rerneint   wird,    mit  nicht  oder  kein :    eben  nicht, 
nicht  eben,  das  eben  nicht,  eben  doch  nicht;  freust  du  dich 
darauf?  eben  nicht  sehr;  verhalt  es  sich  so?  nicht  eben  ganz; 
das   war   eben    nicht   klug   von    ihm;    sonst  stecken  sie  {die 
fuchse)   eben    nicht   »o   viel  im  baue,    es  sei  dann  stürmisch 
regenwelter.  Döbel  1,  SS";  Lisette  spricht  so  albern  eben  nicht 
Lessimc  1,224;  das  will  ich  eben  nicht  behaupten.    1,307; 
weisz  man  doch  eben  nicht  stets,  was  er  sich  dachte,  der 
Schalk.    GöTBK  1,306; 
da  brauch  ich  nicht  eben 
lief  ins  Wasser  zu  tauchen.    40, 101 ; 
der  fei«  hinab  zerschellend 
lietz  eben  auch  keine  spur.    3,  288; 
und  wenn  der  morgen  kam.  ging  eben  keiner  hin.    7,44; 
r«  braucht«  Dicht  eben  just,  daxz  einer  tapfer  ist,    7,62; 
kann  euch  nicht  eben  ganz  verstehen.     12,96; 
er    war    verreist    und    kam    eben   nicht    wieder.    tO,  136 ;    ein 
neues,  eben  nicht  erfreuliches  Verhältnis.   21,  38 ;  traf  er  euch 
zu  hause?    nicht  eben,    ich  war  sonst  bei  guten  oiiueruden. 
42,  290 ;  man  denke  doch  nicht,  dasz  man  das  schon  an  der 
propuedcutik   de»  berühmten  Wolf  habe  und  hier  also  nicht 
eben  ein  ganz  neues  Feld  einzuMchlagen  sei.    Kakt  4,  7 ;    wer 
damit    begabt   ist,    ist    darum    eben    noch    nicht    ein    weiser. 
10, 260.     die    Verneinung  wird  durch  da»  beigefiiyle  ebeo  (vte 


durch  gerade,  völlig,  ganz)  gemildert  und  diese  adv.  häufen  sich 
auch  gern:  nicht  eben  ganz,  nicht  eben  just,  nicht  eben  völlig. 

7)  vor  demonstrativen  erreicht  ein  solches  eben  die  Vorstel- 
lung selb  oder  selbst,  lat.  idem.  eben  der,  eben  dieser  = 
gerade  der,  gerade  dieser  ist  uns  der  selbe,  dieser  selbst;  eben 
die,  eile  meme,  sie  selbst,  die  nemliche.  Lessinc  1,468.  2, 12»; 
<'ben  da  ==  daselbst  {vergl.  allda  1,  215) ;  eben  dahin  =  nach 
demselben  orte;  ich  beweise  es  eben  dadurch,  damit  ;=  dadurch, 
damit  selbst,  oft  aber  verstärkt  sich  der  ausdruck  durch  beide 
mittel:  eben  derselbe,  eben  daselbst,  das  vorhin  angezogne 
eben  auf  ihn.  Luc.  22,56  läszt  sich  nehmen:  auf  ihn  selbst, 
und  noch  deutlicher  heiszt  es  Luc.  6,  38 :  denn  eben  mit  dem 
inasze,  da  ir  mit  messet,  wird  man  euch  wider  messen,  eadem 
meiisura,  rcp  yao  avr^  fier^up.  eben  die  salbe,  die  er  an 
di'n  thieren  zu  gebrauchen  ptlegte.  fers,  rosenlh.  7, 14 ;  eben 
zu  der  zeit  da  ich  als  eine  junge  frau  hierher  zog.  Güthe 
lü,  135.  es  kann  auch  vor  persönliche  pronnmina  treten:  ich 
eben,  du  eben,  er  eben  =  ich  selbst,  du.  er  selbst,  statt 
einer  und  derselbe  findet  sich  einer  und  eben  der:  als  wenn 
alles  gift  nur  aus  einer  und  eben  der  kröte  spritzte.  Schiller 
150* ;  an  einem  und  eben  dem  tage  werden  Mi-rtha  und  Genua 
frei  sein.    152*. 

8)  nicht  selten  mindert  sich  die  bedeutumj  des  eben  noch 
stärker  und  gewinnt  fast  den  sinn  einer  enclitischen  partikel, 
wie  mhd.  eht,  nhd.  halt  in  die  rede  eingeworfen  wird,  ein- 
zelne der  folgenden  stellen  möijen  freilich,  je  nachdem  man 
sie  ansieht,  eben  =  gerade  {unter  5)  enthalten,  ich  leite  die 
schwächere  bedeutung  von  diesem  gerade  ab. 

es  ist  eben  ein  spruch  der  sieben  weisen.     Göthk  2,  264; 

was  eben  wahr  ist  alieb  orten, 

das  sag  ich  mit  ungeschcutcn  Worten.    2,265; 

eh  nun!  heiraten  wir  eben!    2,272; 

wer  ist  der  kluge,  wer  ist  der  thor? 

wir  sind  eben  srlmtlich  als  wie  zuvor.    3,296; 

und  wie  wir  eben  menschen  sind, 

wir  schlaTen  sämtlich  auf  vulkanen.    3,296; 

dafür  gibt  man  wieder  niemand  recht, 

machts  eben  gut,  machts  eben  schlecht.    4,  321 ; 

man  musz  es  eben  sein  lassen,  es  geht  doch  nicht.  7,  136 ; 
des  engelherzcns,  das  eben  alle  weit  mit  einem  liebevollen 
blick  ansieht.  7,  139 ;  man  wird  eben  keine  stunde  froh. 
8,  208 ;  nun  der  würde  kommen,  und  würde  eben  auch  zu 
thun  finden.  8,219; 

will  sie  sich  nicht  bequemen, 

so  müszt  ihrs  eben  nehmen, 

will  einer  nicht  vom  ort, 

so  jagt  ihn  grade  fort.     10,217; 

genug,  ich  bin  der  neue  eben  überall.    11,239; 
und   mir  gefällt  es  hier  für  diesmal,    lasz  uns  eben  bleiben. 
11,  292 ; 

wie  fangen  wir  <las  an?  wir  gehen  eben  fori.     12,  91; 

mein  guter  herr,  ihr  seht  die  s.ichen, 

wie  man  die  Sachen  eben  xiohi.     12,91; 

du  bist  doch  nun  einmal  eine  hur, 

so  scis  auch  eben  recht.     12,  196; 

was  will  denn  der  auf  unserm  ball? 

ei,  der  ist  eben  überall.    12,  216 ; 

ISszt  sich  die  krankheil  nicht  kuriereu, 

musz  man  sie  eben  mit  hoTnuiig  schmieren.     13,9; 

liebe  kinder,  das  orakel  ist  eben  ein  orakel.  14,  6 ;  man  liesz 
eben  von  beiden  seilen  alles  so  fort  gewähren.  17.326;  ich 
glaube  eben,  dasz  ich  darum  in  dich  vernarrt  bin.  IS,  212 ; 
ich  musz  es  eben  bezahlen,  dasz  ich  eine  Deutsche  bin. 
19,130;  es  ist  eben,  als  wenn  ihr  eine  freireduutu  gübt.  es 
können  alle  stünde  daran  theil  nehmen,  io,  3u7 ;  ein  armer 
junge,  der  sich  eben  brauchen  und  misbrauchen  liesz,  wie 
es  das  spiel  mit  sich  brachte.  21,38;  er  hat  eben  immer 
gemacht,  was  andre  zu  machen  wünschten.  27, 163 ;  du  inust 
dich  eben  in  geduld  fassen.  22,207; 

denn  sie  sind  leicht  zu  verdauen,  man  schluckt  sie  nur  eben 
hinunter.    40,  121, 

wo  wir  auch  sagen:  nur  so  hinunter,  wie  auch  anderemal 
eben  durch  so  oder  nur  vertreten,  oder  damit  verknüpft  wer- 
den ma<j.  verschiedentlich  braucht  (>örHit  eben  in  zwet  oder 
drei  ganz  ahwruhenden  bedeulungen,  z.  b.  21.  38.  Unter  den 
Volksmundarten  scheint  dieser  enclitische  gebrauch  vortliglich 
der  schwäbischen  geliiufig :  i  bin  eaba  so  frei  zu  saga,  ear 
mo.inl  eaba  ko,  mar  iiiuu<iz  euha  vil  xahla. 

b)  rin  der  conjuitclion  su  voraus  gehendes  eben  ist  fHrennl 
tu  schreiben,  nidit  mit  ihr  tutammtntutelten. 


13 


EBEN  — EBENBILD 


EBENBILDEN  —  EBENGENOSZ 


14 


a)  eben  so  ist  similiter,  eben  so  als,  tarn  quam:  er  ist 
eben  so  gelehrt  als  bescheiden ;  du  hassest  mich  eben  so  als 
du  ihn  liebst,  ohne  das  eben  folgt  wie:  er  ist  so  gelehrt  wie 
bescheiden ;  du  hassest  mich  so  wie  du  ihn  liebst ;  besser 
auch  ohne  so:  wie  du  ihn  liebst,  das  umgedrehte  so  eben 
gilt  von  der  zeit:  so  eben  öfnet  sich  die  thür,  commodo 
aperitur  foris. 

b)  man  schrieb  "eben  so  mehr'  nicht  etwa  statt  des  heutigen 
nm  so  mehr,  eo  magis,  sondern  in  der  bedeutung  ron  eben 
so  gern,  irorin  deutlich  das  alle  'also  maere'  (mhd.  wb.  2, 69") 
enthalten  ist :  und  wer  daran  zweivelt,  der  mag  eben  so  mehr 
auch  zweiveln  an  dem  evangelium,  obs  goftes  wort  sei.  Llther 
6,103';  denn  wozu  durften  wir  der  mühe,  das  wir  uns  sollen 
unlerwinden  zu  predigen,  wo  nichts  denn  ein  Tergeblicher 
loser  und  unnützer  thant  were?  eben  so  mehr  schwiegen 
wir  still  und  Heszcn  predigstuel  mit  der  tauf,  sacrament  und 
Schrift  stehen.  6,226";  denn  wo  kein  ander  leben  sein  solt, 
was  wolt  jemand  predigen  oder  zur  predigt  gehen?  eben 
so  mehr  liesz  er  guttes  wort  gar  anstehen,  wie  die  andern 
thun,  die  nichts  uberal  gleuben.  6,245";  wenn  es  bei  diesem 
leben  solt  bleiben,  so  liesze  man  eben  so  mehr  taufe  und 
alles  anstehen.  6,246';  er  wird  ein  bettler,  musz  ein  pfarherr 
werden?  eben  so  mehr  lass  ich  in  ein  handwerk  lernen. 
8,  240 ;  eben  so  mehr  wil  ich  gute  rugsame  tage  haben. 
8,295';  eben  so  mehr  behielte  ich  sie  (die  tausend  gülden) 
bei  mir.  br.  2,  658 ;  ich  wil  e.  f.  gn.  eben  so  mehr  bei  zeit 
dürre  heraus  sagen  was  ich  denke.  3,  473 ;  derwegen  da  man 
in  je  wolt  teutsch  haben,  hab  ich  in  eben  so  mehr  in  teutsch 
wollen  verkleiden,  als  das  ich  einen  ungeschickteren  Schneider 
müsl  drüber  leiden.  Carj.  16';  eben  so  mehr  in  die  höU  ge- 
trabt als  gegangen.  lOO';  weil  es  nun  musz  gestorben  sein, 
will  ich  eben  so  mehr  heut  als  übermorgen  sterben,  sprach 
ein  alter  frommer  bischof.  Otho  krankentrost  lo.  dies  eben 
so  mehr,  mähr  lebt  noch  heute  in  der  Schweis  (Stald.  2, 192) 
und  begegnet  ößer  bei  Jer.  Gotthelf.  auch  bairiscA  (Schm. 
2,  607),  tgl.  das  kärntnische  leisimar  (Fbommans  3,  311). 

e)  eben  so  viel,  man  sagt,  'das  ist  ja  nur  eben  so  viel' 
von  einer  kahlen  entschuldigung. 

d)  eben  so  wenig. 

EBENALT,  coaetaneus.  ebenalter,  gleicli  aller,  voc.  theut. 
14S2  f *.    ahd.  epanalt.  Gbaff  1, 196. 

EBENB.\CM,  m.   ebenus. 

EBENBILD,  n.  effigies,  ahd.  epanpilidi,  mhd.  gbenbilde, 
nnl.  evenbeeld,  ton  dem  einfachen  bild  (2,  8.  9)  dadurdi  ver- 
schieden, dasx  das  vorgesetzte  eben  die  Vorstellung  des  abbil- 
dens  noch  heivorhebt,  5banbilid6t  hiesz  ahd.  con/iguratus,  bild 
ist  figura,  in  con  liegt  das  eben,  man  kann  bild  ./ür  eben- 
bild,  nicht  immer  cbenbild  für  bild  sagen. 

1)  KoNRAü  VON  .Megenberg  von  drei  Seelenkräften  als  drein 
kämmerlein  redend  sagt  5,  2 :  diu  ander  kraft  in  dem  andern 
kfimerlein  diu  aht  und  schätzt  diu  dinch  der  vorenpfangen 
ebenpilde  reht  als  ain  witzigeu  efraw ;  wiederum  11,  13  vom 
ohr:  daj  vorgenant  häutel  ist  vol  natürlichs  lufls  und  der 
luft  nimpt  die  ebenpild  aller  stimme,  ebenbild  ist  also  das 
von  der  seele  empfangne,  in  sie  gedrückte  bild,  das  von  der 
luft  genommne  nachbild  des  lauts. 

2)  denn  welche  er  zuvor  versehen  hat,  die  hat  er  auch 
verordnet,  das  sie  gleich  sein  solteok  dem  ebenbilde  seines 
sons.  fiöm.  8,  29;  welcher  {Christus)  ist  das  ebenbilde  gotles. 
2  Cor.  4,4,  HO  goth.  steht  frisahls  gu|)s;  welcher  ist  das  eben- 
bilde des  unsichtbaren  gottes.  Col.  1,15,  goth.  frisahts  gu))s; 
nach  dem  ebenbilde  des,  der  in  geschaffen  hat.  Col.  3, 10, 
goth.  bi  frisahtai.  der  mensch  ist  gottes  ebenbild:  wirst 
du  doch  immer  aufs  neue  hervorgebracht,  herlich  ebenbild 
gottes!  rief  er  aus,  und  wirst  sogleich  wieder  beschädigt, 
verletzt  von  innen  oder  von  auszen.  Göthe  23,  237 ;  doch 
gott  behüte  einen  jedweden  vor  einem  solchen  göttlichen 
ebenbilde.  Weise  */.  leute  282 ;  die  schöne  muhme,  ihr  eben- 
bild, sasz  auf  eben  dem  schemel.  Göthe  20,  84 ; 

ich  bin  des  fuchses  ebenbild, 
der  iraubcn,  die  zu  hoch  ihm  hangen, 
um  »em  vergebliches  verlangen 
schlau  zu  bemnateln,  sauer  schilt. 

GOTTEH  1,  460; 

jener  weise  hat  gewis  auch  den  risz 
unsers  ehcnbilJs  getroITen.    GCithik  914. 

das  ebenbild  eines  tragen  ist  ihm  sehr  ähnlich  sehen. 

3)  aß  steht  ebenbild  für  beispiel,  Vorbild,  wie  jenes  goth. 
frisahts  tixiäv  und  Tvjioä  war: 


ich  oim  mir  ein  ebenbild 

bei  manchem  lierlein  wild, 

das  springt  auf  grüner  heide, 

got  bbüt  im  sein  gefild.    Uhlaüd  5S2.  bergr.  92,4; 

die  gierten  und  auch  schriftweisen 

den  leien  böse  ebenpild  vortragen.    /'a«<n.  sp.  293, 14 ; 

vatter  und  muoter  und  herschaft  ire  kind  und  underthan  also 
mit  straf,  lere,  worten  und  ebenbild  guter  werk  ziehen.  Gefke.s 
bildercat.  beil.61;  des  nimme  ein  ebenbilde,  das.  117;  gleich- 
wie der  pharisaeus  im  evangelio  und  der  oflenbar  Sünder 
dieses  alles  ein  ebenbild  geben.  Lcther  l,  23l';  nemen  doch 
warlich  ewere  underlhanen  ein  buszexempel  und  ebenbild  von 
euch.  WicKRAM  rollw.  20 ;  darumb  du  dich  mit  höchstem  fleisz 
vor  der  liebe  bewaren  und  hüten  solt,  ein  ebenbild  an  mir 
nemmen  und  dich  disem  gewalt  nimmermehr  unterwürOg 
machen.  Galmy  21;  es  sollen  die  obersten  und  riltmeister 
sich  befleiszen,  dasz  sie  iren  underlhanen,  knechten  und 
dienern  kein  bös  ebenbild  oder  ärgerlichs  cvempel  geben. 
Fronsp.  kriegsb.  3, 15".  heute  veraltet,  man  sagt  bloss  bei- 
spiel geben  oder  nehmen,     vgl.  bild  2, 12  und  ebenspiel. 

EBE.NBILDEN,  conftgurare,  ahd.  gpanpilidün. 

EBEiN'ßlLDLlCH,  figurate:  da  er  ebenbildlich  den  streit 
volbrachl  und  den  feiud  überwunden  hei.  schatzbehelter,  Sürnb. 
1491,  227'. 

EBE.NBILDNIS,  n.  effigies:  ziert  er  seine  gemählde  mit 
den  ebenbildnissen  vieler  mitbürger.    Göthe  39, 146. 

EBE.NBLRTIG,  par  genere:  ist  ein  man  sinem  wibe  nit 
ebenbürtic,  er  ist  doch  ir  vormunt.  Schwabensp.  400, 1 ;  eine 
familie,  deren  glieder  alle  ebenbürtig  sind.  Karts,  180;  eben- 
bürtige richter.    Arnim  2,  319 ; 

erfahrungswesen!  schäum  und  dust! 

und  niii  dem  gelst  nicht  ebenbürtig.    Göthe  41, 100; 

uns  erwählte  königio, 

göiieru  cbenburiigl    41,339. 

uneigentlich  auf  sacken  übertragen: 

leihest  ebenbürtigen  kunstschöpfungen  dauer.    Platei  133; 
unebenbürtige  neuigkeilen.    J.  Fall  mumien  3, 22. 

EBENCHHIST,  m.  consors  sacrorum  christianorum,  heule 
nebenchrist.  zuletzt  begegnet  ebencbrisle  im  ring  25',  7.  vgl. 
Christ. 

EBENDA,  ibidem,  dieses  und  die  folgenden  besser  getrennt 
zu  schreiben,   s.  eben  7.     Maaler  95*  hat  eben  da  dannen. 

EBENDAHER,  indidem. 

EBENDAHIN,  eodem. 

EBENDARUM,  eandem  ob  causam. 

EBENDASELBST,  eodem  in  Joco. 

EBENDER,  EBENDIESER,  ille,  hie  ipse. 

EBE.NE,  f  planities,  ttsSiov,  sl.  planina;  ahd.  epani,  im 
voc.  theut.  1482  f  s'  ebenin  oder  slechtigkeit ;  fläche,  blach- 
feld :  alle  stedte  auf  der  ebene.  5  Mos.  3, 10 ;  und  alle  stedte 
auf  der  ebene.  Jos.  13, 21 ;  denn  er  hatte  viel  viebs,  beide 
in  den  awen  und  auf  den  ebenen.  2  chron.  26, 10 ;  eine  grüne 
ebene  breitete  sich  vor  uns  aus;  iaszt  uns  von  der  ebene 
aufs  gebirge  steigen,  ron  der  fläclit  des  Stroms,  des  mcers 
gebrauchen  wir  nicht  ebene. 

EBENEN,  s.  ebnen. 

EBENER,  m.  lusor  cum  quatuor  tesseribus.  Weimar,  jb. 
1,  329.    Ebner  ist  ein  nom.  propr.  Fro«jia.ii«s  mundarten  4,  201. 

EBENERGESTALT,  s.  ebnergestalt. 

EBENER.MASZEN,  s.  ebnermaszen. 

EBENFALLS,  itidem,  aeque,  was  gleichfalls. 

EBENFALLSIG,  eine  verwerfliche  Fortbildung,  gleich  allen- 
fallsig :  meinem  erlauchten  patron,  dem  vergeistigten  Edmund, 
ebenfallsigen  propheten  von  gottes  gnaden.  Tieck  Cev.  l,  328. 

EBENFERN,  parallelus.  .Maaier  95*  ebenferren,  lineae  pa- 
rallctlae.    He.msch  783,  36. 

EBENFLÄCHIG  heisit  malhematikem  ein  von  lauter  ebenen 
begrenzter  körper. 

EBENGEBURT,  /".  eadem  generis  nobilitas,  besser  wäre  eben- 
burt,  was  dem  ebenbürtig  zum  gründe  liegt:  folgen,  die  man 
bei  turnieren,  ducllen  und  canonicaten  aus  der  ebengeburt 
ziehet.    Hippel  ehe  5,46. 

EBENGENOSZ,  m.,  ahd.  gpanginft;  conservus  (Graff  2, 1226) : 
dabei  uns  am  ersten  zu  verstehen  geben  wirt,  das  ein  ieglich 
reich  nit  wol  ein  ebengenossen  und  gemeiner  erleiden  mag. 
Livius  von  Schöfferlin,  iVaiiiz  1546.  4";  für  einen  guten  freund 
ist  nichts  pessers,  gegen  im  ist  nichts  zu  schätzen,  und  ist 
er  stät.  so  ist  er  wol  ein  ebengenosz.  buch  der  nat.  Weisheit. 
Augsb.  1490.  127*. 


15 


EBENGESANG — EBENMÄSZIG 


EBENMXSZIGEN  —  EBENTEUER 


16 


EBENGESANG,  m.  concentus : 

und  das  ganze  klang 

in  lebend  wirkendem  ebengesang.    Göthe  13,  94. 

EBENGLÄUBIG,  gleiches  glaubens,  wie  ebenbürtig  gleicher 
geburl.    Mosers  verm.  sehr,  l,  281. 

EBENGLEICH,  constmilis.    Henisch  7S3,  S9. 

EBENGROSZ,   aeque  maynus. 

EBENGCLTIG,  ejusdem  prelii. 

EBENGUT,  n.  praedium  rusticum  ?  im  ebnen  feld  gelegne 
meierei,  gegensatx  zur  alpwirtschafl?:  was  nu  folget  im  teil 
U  Mos.  32,  13)  von  dem  gesohenke,  wie  ers  geordnet  hat 
{liegen,  schafe,  kamele,  kühe,  esel),  \st  nicht  viel  von  zu  reden, 
on  das  es  anzeigt,  das  Jacob  ein  ebengut  hübe  gehabt,  das 
er  fflnferiei  geschenk  vorher  schickt.  Luther  4,  180.  vgl. 
ebeobaus. 

EBENHAüS,  n.  pars  aedißcii  quae  est  pleno  pede,  hypogea, 
erdgeschosz.  ich  setze  es  dem  vorausgehenden  ebengut  zu  ge- 
fallen an,  kann  es  aber  nur  mhd.  nachweisen: 

von  dem  ebvnhüse  unz  an  die  rihcn.    Nkidh.  43,  10, 
ton  ebner  erde  bis  zur  first,    bis  zum  kränz  des  daches,    vgl. 
ahd.  girigöt  first,  culmen  sertatum,  girige  serlum  (Graff  2, 42'.». 
430)  und  nhd.  dachreihe  {wb.  2,  665). 

EBE.NHillT.  f.  aequalilas,  Stieier  357:  eine  sonderbare 
ebenheit  des  geistes  und  Charakters.    Hf-Rder  18,  227. 

EBENHOCH,  aeque  altus,  magnus:  die  häuser  sind  eben- 
hoch; 

sind  des  Hehlers  obren  zu?  mache  du  die  band  nur  auT, 
recht  hat  jetzt,  wie  alles  ding,  einen  ebenhohen  kauf. 
I.OGAU  3,  248.  171. 

EBENHÖHE,  f.  aequa  allitudo:  die  gebäude  haben  eben- 
höhe, mhd.  hiesz  ebenhoehe  ein  zur  höhe  der  mauer  gezim- 
mertes gerüste  bei  belagerungen.    mhd.  wb.  1,  697*. 

EBENHOLZ,«,  ebenum,  von  schwarzer  färbe.  Göthe  40, 172. 
5.  ehenhaum.  figürlich  heisil  so  der  neyer  und  ebenholz- 
hündler  ein  sclavenhdndler,  ebenholzladnng  ein  mit  schwarzen 
geladenes  schif 

EBENHOLZEN,  ebeninus: 

rückt  sodunn  den  ebenholznen  scheramel.    Platkn  327. 

EBENIST,  fn.  franz.  ^beniste:  ebenisten,  drechsler,  Schrei- 
ner. HoiiBERG  8, 1,  518';  der  phantasielose  und  engherzige  sati- 
rische kunstarbeiter  und  ebenisl  Boileau.  J.  Paul  oei//i.  1,196. 

ERENLAND.  n.  was  flachland,  regio  plana. 

EBENLÄNDIG,  flachldndig :  rückt  wider  über  die  wasser 
Ticinum  und  Paduin  bis  gen  Piacentia,  do  es  nit  so  eben- 
lendig,  und  mehr  vortheiis  hett  mit  fuszvolk  dann  mit  reu- 
sigem zeii^k  zu  streiten.    Livius  von  Schüfferlin  112*. 

EBE.N.MACHTIG,  aeque  polens.    Spee  Irulzn.  170. 

EBENMASZ,  n.  sywmetria,  proporlio,  ahd.  PpanmAja,  mhd. 
ebenmäje  /. ;  das  cbenmasz  der  giieder  des  leihs;  ein  unre- 
geimüsziger  körper  ohne  ebenmasz  und  gieicliformigkeit.  Kant 
8,  10;  das  herrliche  ebenmasz  deines  geistes.  Bettine  br. 
2,  120 ;  glückseligkeit  in  dem  genauen  ebenmasze  mit  der 
Sittlichkeit  der  vernünftigen  wesen  macht  das  höchste  gut  der 
weit  aus.  Kam  2,  607 ;  sehr  grosze  und  mit  solchen  diensten 
in  gehörigem  ebenmasze  stehende  gegendienste.  Wieuind  7,118. 
$.  masz  und  gleichmasz. 

EBE.NMÄSZIG,  par,  similit,  gleichmäszig,  ein  worl,  das 
Lotheb  nie  gebraucht,  besser  war  ahd.  Ppanm.'jji,  doch  hat 
schon  einmal  .N.  ebenmäjig,  coaequalis  vvd  der  voc.  Iheut. 
1482  fs*  ebenmesziger  acqualis:  und  daizu  Siephanus  der 
itechsle  mit  ebenroäsziger  practik.  Fiscuart //ichch/i.  210' ;  eben- 
onSszige  tyrannei  übeten  sie  auch  zu  Begensburg.  Micrälius 
2,203;  mit  sechs  ebenmöszigen  ochsrn  wenden  und  keren. 
weüth.  2,  32; 

wa«  wehlich  uns  erfreui, 
verwandelt  »ich  gar  leicht  in  elienniiiszigii  leid. 

ROMPLRH  (28- 

gleichwie  Jerobeam  und  wie  Üne<-a  fiel, 

«0  bab  ich  auf  dein  hau»  ein  ebenrnnuzig  ziel 

tum  Unglück  ange.<ei/t.     Wcitit  fr.  rcdn.  223; 

die  mSbung  de«  grünnialhs  erfordert  ehenmitszige  umstünde, 
wie  vor  bei  dem  heu  gedacht  worden.  Homrerc  2, 2C0*;  in 
ebenm3«zigcn  kreiden.    Tiecx  4,  3lib. 

EBENMXsZIG,  parlier,  simililer:  Umael  Sophi  hat  in  »einer 
jagend  ebenina»zig  das  vtehe  gehütet.  Simpl.  $.  34;  welche 
aotwort  zu  überbringen  hiidel  ebenmSszig  gebraucht  wurde. 
pol.  maulnffe  15; 

wann  dte«e*  heute  noch  bei  tag*  toU  ebenmflRzig  such 
g««rh«hn.     L06«u  3,  117,  192  i 


damit  sie  denen,  die  ihnen  also  lebendig  fürgemahiet,  eben- 
mäszig  nachsteigen  und  gleichkommen  mögen.  Butschky  Patm.  5  ; 
die  gebühr  mit  worten  verheischen,  wo  die  gebühr  nidit  eben- 
mäszig  nachfolget.  358;  dein  schreiben  habe  ich  zu  recht 
empfangen  und  daraus  lesende  vernommen,  das  dir  mein 
jüngstes  ebenmäszig  wol  eingehändiget  worden,  kanzlet  378 ; 
Blondellus  hat  diese  grobe  irrlhümer  bemerket,  ob  er  schon 
ebenmäszig  fehlet,  wenn  er  u.  s.  w.  Hahn  2,245;  Libentius 
hatte  seine  erhebung  der  gnade  der  kaiserin  Giselae  eben- 
müszig  zu  danken.  2,250;  auf  welchem  iconcilium)  dielehre 
des  Scotus  ebenmäszig  verdammt  worden.  Lessing  8,  395; 
man  hat  ebenmäszig  gefraget.  Herder  19,  57;  Lerse  eben- 
mäszig unser  tischgeselie.  Göthe  25,  249;  die  Andria  des 
Terenz  ward  ebenmäszig  wie  die  brüdcr  mit  annäherung  ans 
antike  aufgeführt.    31, 149. 

EBENMÄSZIGEN,  ausgleichen,  eben  machen  steht  im  voc. 
theut.   1482  fs'  für  abtilgen,  abwaschen,   poenitere,   emendare. 

EBEN.MENSCH,  m.  alias  homo,  mttmensch,  nebenmensch  : 
dinen  ebenmenscben  nimmer  betrieg.  summa  Johaimis,  ver- 
deutscht durch  br.  Berchtold.  Augsb.  1478, 175';  in  verlurab- 
dung  und  falscher  Verunglimpfung  irs  ebenmentschen.  Rieorers 
Spiegel  der  rhelorik  Freiburg  1493,  2l'. 

EBENKECHT,  opporlunus. 

EBENRECHT,  adv.  opportune:  ebenrerhL,  dich  such  ich  mit 
flisz.  deutscher  Terenz  von  1499  s.  97.  läszt  sich  auflösen  in 
eben  recht. 

EBENBECHT,  n.  aequilibrium,  temperamenlum,  via  media, 
noch  in  der  Schweiz  üblich. 

EBENREICH,  aeque  dives,  potens.    Spee  trutzn.  170. 

EBENUEIS,  n.  arlemisia  abrotanum,  sichtbar  aus  letzlercm 
etitslcUt,  s.  ebrisch. 

EBENS,  adv.  aus  dem  superl.  ebenst,  ahd.  fipanöst  ver- 
kürzt, planissimum,  aplissimum  und  auch  adverbial  gebraucht, 
mhd.  als  er  daj  alebens  redete,  dö  kom  Judas  unde  ein 
michel  her,  gerade  in  dem  augenblick,  da  er  so  redete.  Mo.hb 
anz.  8,  523 ; 

dö  er  in  niene  vorhte 

und  aiebenst  für  sich  worhte, 

daj  begund  jenem  harte  versmähen,    kindh.  Iesu99. 50. 

nhd.  aber  do  ein  mensch  ist,  der  selber  wil  meister  sein, 
und  meinet  man  sol  in  heiszen,  was  im  ebens  füget  und  wie 
es  im  gefalt.  Keisebsb.  par.  der  seien  17*;  ein  mensche,  der 
alle  zeit  sorget  umb  die  kumiicheit  seines  leihes,  das  dem 
bescbeh,  was  im  füglich  und  ebens  ist.  144*.  in  Lanz  staatsp. 
Karl  V.  526  scheint  die  formel  'steif  und  ehest'  fehler  für 
ebenst.    etwas  anders  ist  das  hess.  und  nd.  ibest,  iwest,  iri/nid. 

EBENSATT,  aeque  satur,  fecundus,  pinguis,  von  fruchtba- 
rem land.  weisth.  2,  249  scheint  die  ebensalle  name  eines 
ackers ;  oder  wird  eine  bestimmte  feldarbeit  damit  gemeint? 

EBENSELBIG,  irfen»,  ebenderselbe:  in  ebeuselbiger  zeit. 
BcTSCiiKY  kanzl.  653. 

EBENSOHLIG,  ac^uoe  soleae,  was  eine  ebne  sohle  hat. 
sohle  ist  bergmännisch  der  grund  oder  fusx  des  stnllen. 

EBENSPIEL,  n.  ea-emplum,  ebenbild  «=■  beispiel:  aus  dem 
(dasz  die  schlänge  Evam  betrogen)  folget  nun  uns  allen  ein 
ebenspiel,  da.«z  wir  des  teufcis  erbfeind  ersterben  und  bleiben 
in  evvigkeit.    Pahacelsus  2,  319*. 

EBE.NSTÄNDIG,  constans,  beständig:  die  empfangene  wol- 
thaten  mit  gleichgiltiger  {gleichviel  werttier)  dienstleislung  eben- 
ständig zu  machen.    Butschky  kanzl.  80. 

EBENTEUER  wurde  schon  1.  25  unter  abcnteuer  behandelt, 
hier  mögen  einige  nachgesammelte  stellen  hinzutreten :  du  must 
nicht  so  auf  ebentewer  und  in  den  wind  dahin  beten.  Luther 
5,  5ü*;  das  ich  das  meine  nicht  verseunien  und  allenlhaihen 
auf  alle  ebenicwr  mein  gewissen  entschuldigt  und  unbe-ichwert 
erhalten  wil.  5,280";  wer  mich  nicht  hören  und  folgen  wil, 
der  fare  hin  uf  sein  ebentewr.  6,  22o* ;  Und  es  sich  das  er 
dran  zweivelt,  oder  setzt  es  in  Ungewissen  wahn  und  wagt 
es  auf  ebenteur,  so  ist  das  gebet  nichts.  1,87';  nu  reimet 
sichs  ja  nicht  fein,  das  sie  gleubcn  man  müsse  es  wissen 
und  müge  doch  on  wissen  binden  auf  ungewis  ebentewr, 
also  niusz  iuierdur  eine  lügen  die  ander  geberen  und  sich 
selb*  unternandcr  verraien.  5,  22»';  ich  köiiie  wol  leiden, 
das  sie  mit  d*'i  schrift  nho  gaukellen  und  nurrelen,  wenn 
sie  es  heimlich  bei  sich  selbs  iheten  auf  ir  ebentewr.  5,163'; 
also  das  wer  sotchem  nieiiuni  rat  folgen  wil,  das  der  es 
thue  auf  sein  ebentewer.  f.,  238*;  so  musz  er  i>agen  er  wisse 
es  nicht,   und  thue  es  alles  auf  ebentewer,   gerets  so  gerate 


17 


EßENTEUERX  —  EBER 


EBER— EBNEN 


18 


es.  5,  S59* ;  wollen  sie  aber  das  evangelium  dempfen  und  so 
gar  unbuszfertig  bleiben,  des  mügen  sie  ir  ebenteuvver  stehen, 
wir  predigen  doch  was  wir  wollen.  5,  91* ;  wo  er  aber  über 
den  mittag  auszen  bleibt,  sol  er  sein  ebenteuer  darumb  aus- 
stehen, tceisth.  3,  369.  Luther  hatte  die  form  ebenteuer  für 
das  Kort,  dessen  er  doch  nie  in  der  bibet  sich  bedient,  fest- 
gesetzt und  lange  hielt  sie  an,  bis  endlich  wieder  abenteuer 
die  Oberhand  gewann,  ebenteuer  galt  auch  bei  den  schlesi- 
schen  dichtem  : 

ich  weisz  nicht  wie  ich  doch  dis  ebenteuer  deute. 
Opitz  1,  70; 
bei  diesem  ebenteuer 
war  ganz  der  tag  toU  lust,  die  nacht  voll  freudenfeuer. 

Fllbi.xg  204; 
der  hebe  strenges  ebenteuer.    Hoi«a?(msw.  gelr,  seh.  139. 
EBENTEUERN,   franz.   avanturer:    was  ist  es  nu  wunder, 
das   leichtfertige   schwermer   mit   den  Worten  des  abendmals 
nach  irem  dunkel  gaukeln  und  ebenteuren?  Luther  2,341. 

EBEMEURER,  »/.  avanturier:  dasz  ich  jetzt  schon  bei  der 
familie   ansuchen   kann,    mir   im   Stammbaum  den  beinamen. 
de»    ebenteurers   zu  geben.    Licute.\berg  7, 342 ;   bald  folgen 
ihnen  ebenteurer  und  ritten    Sturz  1,  212. 
EBEMELRISCH,  it.  avventuroso: 

sih,  wer  mag  da  fustelabend  gan, 

das  ist  ein  ebeutürischer  han.    Stricksrs  schlemmet  G5'. 

EBENTEUERLICH :  gott  ist  ebentewrlich  in  den  hohen, 
spricht  der  93  psalm.  Luther  5,2';  hätte  unser  ebenteuer- 
Hcher  Socrates  eine  Aspasia.  Herder  1,127;  die  ebenteur- 
liche  doch  wahrhaftige  historia.    Bürger  20*. 

EBENTECERLICH,  adv.:   wie  ebentewrlich  verkcret  dieser 

keiser   seine  wort.    Luther  5, 1S2';   denn  es  scheinet  zu  un- 

billich   und   ungereimpt,    das   got   das   spiel  so  ebentewrlich 

angreifen  und  sich  so  törlich  zur  sachen  stellen  sol.  6,  232". 

EBENTiEF,  aeque  profundus,  wie  ebenhoch,  s.  sp.  10. 

EBENTISCHLER,  m.  was  ebenist, 

EBENVIEL,   tantundem,   gleichviel:    wenn   das  wasser  gut 
und  helle  ist,  ists  denn  nicht  ebenflel,  ob  man  es  aus  einem 
güldenen  oder  irdenen  gefäsze  trinke?  pers.  baumg.  4,5; 
so  gilt  es  ihr  ebeoTiel, 
ob  man  aur  dem  throne  stirbt, 
oder  in  dem  koth  verdirbt,    pers.  rosenth.  1,  2; 

möglich,  ob  ich  schon  nicht  wüste 
woher?   'auch  ebenviel'.    LEssi.fo  2,  344. 

EBENWEIHE,  f.  festum  circumcisionis,  s.  Scheffers  Haltaus 
68.  69. 

nach  wihenabten  aht  tage, 

den  man  da  heijet  ebenwihe.    altd.  bl.  1, 106; 

an  dem  ebenweichtag  und  an  dem  obristen.  MB.  17, 136 ;  der 
tac  heiszt  der  ebenwih  unsers  herren,  wand  er  ist  als  wol 
gewiht  und  gesegent  von  der  zeswen  siner  megenchrefte  sam 
sin  gehurt.    Scum.  1, 12. 

EBENWETT,  par  pari  repensum,  könnte  auch  blosz  durch 
'eben'  ausgedrückt  sein:  wir  borgen  gern  alle  morgen,  morgen 
machen  wirs  eben  wett.    Garg.  96'. 

EBENWOL,  pariter  und  tarnen,  wie  gleichwol :  die  comitien 
wurden  ebenwol  unterbrochen,  wenn  jemand  von  der  epilepsie 
befallen  wurde;  dem  ehestande  kan  man  den  rühm  eines 
züchtigen  Standes  im  geringsten  nicht  entziehen,  die  keusch- 
heit  hat  ebenwol  daselbst  platz.  Bctschky  Palm.  588;  er  ist 
in  der  groszen  betrübtnus,  all  ebenwol!  ist  er  nit  gritlich. 
El.  vo;*  Orl.  159. 

EBER,  m.  aper,  goth.  ibrs?,  ahd.  epar,  mhd.  eher,  ags. 
eofor,  efor,  das  buchstäblich  entsprechende  altn.  iöfur  ersclieint 
merkwürdig  nur  in  der  bedeutung  von  rex  oder  princeps,  alter 
heldennamen  die  menge  ist  mit  epar  zusammengesetzt  (Föbstem. 
363 — 368)  X.  b.  Epamand,  kühn  wie  ein  eber  =  goth.  Iornan|)s, 
gekürzt  aus  Ibrnanjis,  Ibuman|)s ;  so  bildeten  auch  Aper  und 
Verres  lateinische  namen,  und  ahd.  pt-ro  ursus,  ags.  beorn, 
altn.  biöm  ßgten  sich  zu  mannsnamen  so  häufig,  dasz  wie- 
derum ags.  beorn  t»  den  einfachen  sinn  von  heros  und  vir 
übergieng.  an  Spar,  aper  reiht  sich  sl.  vepr",  böhm.  vepr, 
poln.  wieprz.  voc.  theut.  1482  f5'  erklärt:  eber,  ein  herr  unter 
den  Schweinen,  aper,  verres.  wir  ziehen  eber  wesentlich  auf 
das  Wildschwein  und  haben  für  verres  ein  andres  wort,  b4r, 
ags.  bdr,  engl,  boar,  dem  goth.  bais  gleichslehn  würde,  doch 
vertreten  sich  beide  ausdrücke  und  die  adj.  zahm  oder  wild 
gereichen  zu  näherer  bestimmung.  des  ebers  bisz  oder  hieb  ist 
furchtbar : 

Jon  was  ich  uiht  ein  gber  wild« 

m. 


Idszt  KüR>BKRG  die  frau  dem  blöden  rilter  vorwerfen,  der  sich 
sie  zu  wecken  nicht  getraut  hatte,  MF.  8, 15  ist  ohne  alle  noth 
in  her  wilde  geändert,  vgl.  gramm.  4,  650  und  Haupts  zeitschr. 
2,192.  noch  El.'vox  Orl.  sagt  s.  429:  sie  machen  mich  so 
ungeduldig,  dasz  ich  umb  mich  beisz  wie  ein  eber.  ein  rei- 
terlied  bei  Uhla.nd  378  hat  den  ausruf: 

hin  hinl  weiz,  eber,  wetz! 

wetze  deine  zahne!  an  dieses  wetzen  mahnt  der  name  des  ebers 
wetz,  watz,  wetzber.  Schm.  4,  204.  vgl.  goth.  hva{)o,  a<foöi. 
aber  wenn  zwei  eeleut  einander  lieb  haben  und  uf  einan- 
der also  vergnaft  seind,  das  sie  eeliche  werk  mit  einander 
handien,  nit  anders  weder  als  moren  und  aber  (scrofae  et 
verres),  das  ist  nit  christenlich  gelebt,  sondern  kugisch  (kühisch), 
vihisch,  tierisch,  si  ist  nit  dorumb  dein  fraw,  das  du  ein 
suw  solt  sein  und  das  ir  miteinander  sollend  leben  als  aber 
und  moren,  pforen  ifarren)  und  kug,  süwesch  und  viliisch. 
Keisersb.  posl.  3,  47"; 

und  wie  der  pfaf  iu  seinem  stant, 
und  die  küg  ein  furreo  bant, 
also  erweit  ein  eber  fein, 

der  euch  besteigt  euwere  schwein.   Mlr;«k«  luih.  narr  1450; 
und  dieser  der  vorhin  der  zahmen  eber  hütet, 
nun  auf  bochedles  blut  durchlauchter  Trauen  wüleu 
Gbtpuius  2,  öOS; 

auf  zehn  Schweine  wird  (im  meierhof)  ein  eber  gehalten.  Hoe- 
BEEG  2,  305".  m  den  meisten  mit  eber  gebildeten  kräuternamen 
scheint  eine  entstellte  fremde  form  zu  walten,  man  mäste  denn 
nachweisen,  dasz  den  austrieb  der  rcbe  ein  Volksglaube  wirk- 
lich auf  den  zahn  des  ebers  zurückleitet. 

EBER,  ebehr,  m.  ßr  adebär,  storch  1, 176. 

EBERESCHE,  f.  sorbus  aucuparia,  Vogelbeere. 

EBERGELD,  n.  zu  Unterhaltung  des  gemeindeebers. 

EBERHELM,  m.    mythologie  s.  195. 

EBERKRALT,  n.  epilobium. 

EBERRAUTE,  /".  artemisia  abrotanum,  assimilaiion  des  letzten 
Worts,     s.  aberraute  und  ebrisch. 

EBERSCHAUM,  vi.  spuma,  coitus  apri :  zeit  des  eberschaums. 
lasset  die  moren  nicht  eh  ramlen,  sie  seien  dan  ein  jar,  der 
eber  aber  drei  oder  vier  alt.   Sebiz  feldbau  132. 

EBERSCHWEIN,  n.  aper,  schweineber.    Diefe.nb.  39'.  613": 
er  sei  küener  dann  das  eberschwein.    fastn.  sp.  447, 19 ; 
die  vechten  als  die  eberschwein.    589,23; 


herr  veiier,  ich  hör  an  dem  end 
etwas  prasseln  auf  uns  berein, 
ich  furcht  es  sei  das  eberschwein. 


H.  Sachs  IIL  2, 141«; 


warumb  halten  wir  nicht  die  unvernünftigen  thiere  selig,  als 
die  hirschen  und  eberschweine  in  der  brunst  ?  Lother  8,  22*. 

EBERSPIESZ,  m.  venabulum. 

EBERSWEHR,  f.  dentes  prominentes  aprorum. 

EBERWURZ,  /■.  carlina  aeaulis,  eine  distelblume,  vgl.  mythol. 
1234.    in  LoMCERS  kräuterbuch  chamaeleon. 

EBERZ.\HN,  m.  gemma  rilis,  sprosse  im  winket  der  wnn- 
rebeknospe,  was  man  auch  austrieb  nennt. 

EBERZEICHEN,  n.  forma  aprorum,  ags.  eoforcumbol.  mythol. 
s.   194.  1Ö5. 

EBHEU,  s.  epheu,  hedera. 

ERICH,  s.  eppich,  epheu. 

EBICH,  inversus,  retrogradus,  verkehrt,  siehe  1, 58.  goth. 
ibuks,  von  der  unter  eben  berührten  würzet  iban,  nahver- 
wandt mit  altn.  öfugr  inversus,  sinisler  und  ahd.  apuh  per- 
versus,  sinister.  die  meistersänger  nannten  ein  cannen  retro- 
gradum  ebich.  auch  die  bair.  Volkssprache  kennt  noch  abech 
(Scu».  1,  11),  die  schwäbische  äbig  (Scuxio  5)  in  gleichem 
sinn,  anderwärts  tritt,  wie  oft  geschieht,  t  hinzu:  nachbar 
Grün,  ihr  halt  das  buch  verkehrt  oder  efbicht  Er.vst  Wol- 
gemuths  500  frische  und  vergüldete  hauptpillen.  1669.  man 
wäre  versucht  ebich,  eppich  hinzuzunehmen,  da  die  epheu- 
ranken  sich  auch  rückwärts  schlingeti.  schade,  dasz  ein  so 
schöner,  nölhiger  ausdruck  nur  aus  einzelnen  spuren  zu  er- 
kennen ist  und  in  der  spräche  seine  macht  verloren  hat. 

EBIGER,  fli.  ciconia,  in  Lo.nicerus  kreuterbuch  3tt'.  ent- 
stellt aus  adebar,  edeber. 

EBITZ,  Capsula  granorumpomi,  kernhaus,  grubs  in  einem  apfel 
oder  pirn.  voc.  theut.  1482  f  5'.     ebütz.  Sch«.  1,230.    s.  griebs. 

EBNE,  /■.    s.  ebene. 

EB.NEN,  aequare,  complanare,  goth.  ibnjan,  ahd.  epanön, 
altn.   iafna,    schw.  jcmna:    alles  ebnen  und  schPichten,    glatt 


19 


EBNERGESTALT  — ECHO 


ECHOEN  — ECHT 


20 


machen;  im  voc.  theut.  1482  fs'  ebnen  hobeln,  sliehten  oder 
slechl  machen,  laevigare,  dolore:  den  räum,  weg  ebnen; 
berge  abtragen  und  ebnen ;  ebenen  und  graben  ziehen.  Kirch- 
hof disc.  mil.  22;  schweix.  auch  zimmern,  das  holz  behauen, 
hobeln.    Stald.  1,335. 

ebneten  räum  dem  tani,  und  dehnten  den  zierlichen  Schauplatz. 

Od.  8,  260. 

mhd.  hAr  ebenen,  das  haar  kämmen  und  schlichten: 

fbent  här  und  scheret  hart!  HBiBr,.  3,  78. 
Schwierigkeiten,  anstünde  ebnen,  entfernen;  zukunft  die  er 
mir  ebnen  will.  Tieck  6,  32.  früher  galt  auch  ein  intransitives 
ebnen  =  eben  sein,  competere,  im  Wormser  landfrieden  ron 
1521  liest  man  7,2:  unser  regiment,  welches  dem  beschädig- 
ten ebend. 

EBNERGESTALT,  adv.  ilidem:  da  begegnete  im  ein  alte 
magere  gaisz,  die  rührte  er  ebener  geslalt  mit  dem  rütlein. 
Pbiland.   lugd.  3,216; 

so  cehets  mit  dem  lieben 
auch  ebener  gestnlt, 
»  was  will  der  dapfers  flben, 

der  zaghaft  ist  und  kah? 

LKücoLRorts  GalamelUe  1671  s.  1C3; 

lasset  man  messer  ungenützt  liegen,  Iriszt  sie  der  rost. 
ebener  gestalt  überzeucht  der  rost  aller  laster  unsere  gc- 
danken.  Bütsciiky  Patm.  395;  auch  sollen  die  begrälmus 
todter  leichnani  hinwiederum  den  catholischen  bei  dts  an- 
dern theils  pfarrern  ebenergestalt  zugelassen  werden.  Lucae 
denkw.  366. 

EBNERMASZEN,  pari  modo:  ebenermaszen  gehts  auch  bei 
disen  reformierten.  Fischabt  bienenk.  198";  ich  bin  ebner- 
masze  als  du,  und  vielleicht  etwas  mehr,  weil  ich  jünger  bin, 
gegen  die  Susannam  wegen  irer  schöne  mit  liebe  enzündet. 
Heinr.  Jül.  V.  Br.  s.  53;  ich  ebenermaszen  den  hauptschild 
von  meinem  herrn  vater  auch  ererbet  habe.  Sciiwkinichen 
1,22;  und  bin  ebenermaszen  daheim  gewesen.  1,65;  i.  f.  gn. 
und  meinen  gesellen  gieng  es  ebenermaszen.  l,  134 ;  welche 
ohn  allen  dank  poeten  sein  wollen  und  noch  einestheils  zum 
überflusz  ebenermaszen  wie  Julius  Caesar  seine  kahle  glitze, 
sie  ihre  "  Unwissenheit  unter  dem  lorbeerkranzc  verdecken. 
Opitz  poeterei  s.  7 ;  ebenermaszen  lasz  deine  klngheit  mehr 
in  werken  als  in  worten  bekannt  sein.  Weise  kl.  l.  343; 
ebenermaszen  will  ich  niemanden  zu  diesem  principio  nüthigen. 
curiöse  ged.  127;  ebenermaszen  müssen  wir  unsere  heiwoh- 
nung  bald  liistreichen  bald  traurigen  sachen  leihen.  Butschky 
Patm.  406 ;  ehnermaszen  ward  denn  auch  Leonard  da  Vinci 
berühmt.  Göthe  29,  72 ;  ein  emigrantcnwagen  war  ebener- 
maszen an  einer  anderen  höhe  stecken  geblieben.    30, 142. 

EBNERWEISE,  pari  modo:  ebenerweis  wird  sie  auch  die 
weiber  verlachen.    Fischart  ehz.  76. 

EBNETTE,  f.  planities,  ahd.  epanöti.  ebonotl  (Graff  1, 9S), 
lebt  in  flurbenennungen  fort:  in  der  ebnetten,  auf  der  ebnet- 
ten,  in  der  ebenöt.  hess.  zeitschr.  2,152.  Schweiz,  ebnet  n. 
ToBLER  161 ;  gegen  dem  ebnet  bis  an  den  graben,  weisth. 
1, 129. 

EBRISCH,  begegnet  für  eberesche  und  für  ebreis,  ebenreis, 
obro/anum.  vocab.  theut.  1482  hat  eberwurz  orfer  eberitz  abro- 
tanum  und  so  sagt  man  noch  heute  in  der  Wetlerau. 

EBSCHBAUM,  m.  was  eberesche:  wolan,  Walther  von  der 
Vogelweide  soll  euer  heiliger  sein,  dessen  ebenbild  soll  nicht 
weit  von  unserer  Viehweide  bei  den  ebschbäumen  aufgerichtet 
werden!    Weise  zweifache  puetenzunß,  10  scene. 
EBTEI,  EBTISSLN,  für  ablei,  abtissin  begegnet  oft. 
ECHEN,  s.  achen,  echen.  ^ 

ECHO,  n.  der  wiederhall,  lat.  echo  gen.  echus  nach  rjxci 
i)x,ovt,  mhd.  galni,  widergalm,  wolklingend  gleich  dem  fremden 
namen,  und  die  wir  nicht  brauchten  dafür  hinzugeben,  auch 
den  mythischen  Vorstellungen  der  H^d),  der  waldstimme  des 
Faunut  und  Picus  glich  die  von  waldesantuort,  Waltminni, 
Waltminna,  ags.  Vuduma'r,  nympha  tilvestrts,  altn.  dvergmäl, 
rede  der  zwerge,  elbetuohnet  ruf,  gal.  mactalla,  söhn  des  fel- 
$ens,  ir.  mucalla,  the  pig  of  the  rock,  vgl.  mylhol.  421.  1217. 

gelli  ihm  ein  l.-ini;)!s  erbo  ipoticnd  nach.    Scbilkh  71*: 

und  dai  erbo.  wie  die  nage 

olter  Zeiten  hallet  wieder.    Gdrut  .  . . ; 

wU.  ecbo  doet  de  naplm  baauwen ; 

«cbreib  mir  "'■-    ■"'■•■  ohne  «rheu, 

duit  mAin  I  deinen  «ich  vermAhle, 

dii«t  irh  <l'  Ol  ho  ici.    IIC*«ir9«'; 


dasz  sogar  einer,  der  einem  gleichgültigen  wesen  ähnlich 
sieht,  uns  lieber  wird  als  das  echo  eines  leeren  rufcs.  J.  Paul 
Tit.  2,62.  man  sagt:  er  ist  sein  echo,  ahmt  ihn  nach;  einer 
ist  des  andern  echo. 

ECHOEN,  sonum  repercussu  multiplicare : 

doch  auf  einmal  ein  eelächier  echot  in  den  höhlenräumen. 
Göthe  41,228; 
der   frühling   blitzte    und   funkelte   und  schwätzte  und  tönte 
und   echote   da   drauszen    und  vom   lande  aus  Wäldern  und 
feldern  hinein.    Bügümii.  Goi.z  jugendleben  2,  21. 

ECHS,   /■.    axis,    temo,    für  achs  (1,  1046).     Serranos  aas' 
schreibt  echs,  deichsei,  langholz  daran  die  joch  gebunden  sind, 
nach  Da8YI>odiüs  24l',  wo  achs  und  diechsel. 
ECHSSIL,  m.  temonis  f\inis,  ahd.  silo: 
wa  kuraai,  geseliirr  und  aftersil? 
wa  siriikleücr  imd  cchssil?    Uiiland  720. 
ECHT,  legitimus,  genuinus,  germanus,  purus,  ein  der  alten 
spräche  in  allen  hohen  dialetlen  rttibekanntes  wort,  selbst  heute 
weisz    das   volk    in  der  Schweiz,    in  Baiern,    Sehwaben  nichts 
davon    und   nur   durch  verkehr  mil  der  Schriftsprache  wird  es 
ihm   zugebracht.     Keisersberg,    Luther    brauchen  es  nie,    bei 
Dasvpodius,    Maaler  steht  es  nicht,     es  ist  aus  dem  nd.  vor- 
gedrungen und  schon  dem  Ssp.  im  dreizehnten  jh.  vollkommen 
geläufig:    wo    dieser   echte   not,    echt  ding,    echte  wif,^  echt, 
unecht  boren  setzt,  hat  das  schwäbische  landrecht  ^haft,  ehaftiu 
nut,  ^haft  dinc,  ^lich  wip,  ^lich  geboren,  rechtsdenkmäler  und 
Urkunden    könnten   manchen    einßusz    des   nd.  Sprachgebrauchs 
gewahren  lassen,  Leysers  pred.  47, 16  zu  dem  ehte,    ad  con- 
jugium  zeigen  nur  das  subst.,  wie  es  bereits  im  Heliand  15,  5. 
83,  4  vorliegen  könnte,     ein  mnl.  adj.  ist  mir  zuerst  bei  Potter 
(i  1428)    minnenl.  2,1783.  4,593   im  sinne  von  ehlich  getraut 
aufgestoszen,  dasz  im  teutonista  und  andern  zu  Cüln  gedruck- 
ten vocabularen,  so  wie  bei  Kilian  es  nicht  fehlt  versteht  sich. 
Wie   hat   man   nun   dies   echt  zu  fassen?     zu  ahd.  *ht  habe 
{von  eigan  habere)  gehört  es  nicht,  offenbar  aber  zu  *wa,  ehe, 
yeselz.  es  musz  zusammengezogen  sein  aus  ^haft,  ^hacht,  »ort; 
also   eht;    so   nimmt   auch  Richthofe»!    das   fries.  subst.  äfte 
malrimonium  für  ehehafte,  aus  den  compositen  ('chtelös,  4cht- 
lik,  echtscipe,   fries.  äftläs,  aftHk,  äftscip  hätte  sich  allmälich 
das   scheinbar   einfache   adj.    entfaltet.     Hochdeutsch   führt   es 
Henisch  786, 10  Ott  in  der  phrase  echt  und  recht,  ehrlich  und 
redlich  geboren  sein,  im  laufe  des  n  jh.  mag  es  sich  ausgebreitet 
haben;    auf  das   nd.  zurück  leitet  endlich  auch  das  isl.  ekta. 
schwcd.  äkta,  dän.  egte  legitimus,  die  altn.  spräche  kannte  es 
nicht,     die  nhd.  Schreibung  acht  ist  verwerflich. 
Wir  verstehen  unter  echt 

1)  das  ehlich  geborne :  der  echte  söhn,  gei^enüber  rfem  bastavt ; 
bin  ich  im  echten  ehebelt  geboren.    Schiller  438"; 

ein  braver  kerl  von  echtem  fleisch  und  blut.    Göius  12,105; 
«in  echter  deutscher  mann  mag  keinen  Franzcn  leiden. 

mit  einem  adelsbrief  musz  nie  der  echte  solin 
Minervens  und  Apolls  begnadigt  heiszen  sollen. 
RÖHCER  80* ; 

2)  das   wahre,    aufrichtige:    ein  echter  stoiker;   ein  echter 

freund;  _  .  „ 

wo  soll  man  echte  freundschafl  finden!    Hacbdorjc  2,  33; 
wenn  ihr  ein  könig  zwar,  allein  kein  echter  richier 
von  geist  und  wiiz  und  spräche  seid.    Gökinck2,  97; 
sein  rühm  der  kan  bestehn  und  sein  gcrücht  ist  echt, 
wer  dieses  sagt  was  wahr,  und  dieses  ihut  was  recht. 

Lociu  3,  156,  3;  , 

die  echte  thräno  bleibt  im  äuge  stille  siehn, 

sie  rinnet  nicht  herab,  kein  andrer  kann  sie  sehn. 

3)  das  unverfälschte,  lautere:  echte  Urkunde,  waare,  färbe, 
echter  edelstein,  echtes  gold.  nnl.  echte  waar,  echte  wijn, 
echt  zilver.  dasz  eine  echte  gute  scele  von  dergleichen  fchl- 
griffen  oft  durch  sich  seihst  gleich  wieder  zurück  kouiint. 
Gothe  22,  35 ;  hört  einmal,  wollt  ihr  einen  spasz  haben,  der 
echt  isl?   Lenz  1,279. 

ECHT,  die  mhd.  häufige,  kaum  dem  ahd.  echert,  eher  dem 
gnth.  auft6,  ibai  und  \\>  verwandte  partikel  (mhd.  wb.  1,  412), 
zeigt  sich  bis  auf  heute  in  schweizerischer,  schwäbischer  volk- 
tprache  {Stald.  1,  88.  Tohlkh  lOl.  Scuxin  8),  bei  Kkisersübrc 
und  Hhant.  hier  stellen  aus  jenem:  das  entpllndet  derinettscU 
gar  wül  und  vil  in  im  selber,  der  sin  echt  war  nein,  wie  ein 
•cbnien  und  ein  hagelen  in  im  uf  stol.  bilgcr  si';  im  ist 
«Hein  umb  den  »ack  mil  brot  iß  tun,  den  beschirmet  er  mit 
aller  knifl,  echt  im  der  blib,  su«  hell  er  gute  ruw.  143';  si 
•prfcben,  ich  frog  nil,  wie  es  mir  sus  f rgang,  echt  ich  Dum- 


21 


ECHT  — ECK 


men   gesunt   bin,    frisch   und   slark,    so  hab  ich  eben  gnug. 
211'.    das  voranslehende  echt  hat  die  bedeutung  von  ob,  M'en» 
nur,  das  zwiselien  stehende  die  von  halt,  vol  schueiz.  chunder 
echt?    kommt  er  koI?     s.  hernach  echter. 
ECHT,  f.  proscriptio,  bann,  acht: 

ich  sprich  ein  urteil  hie  mit  recht, 

(Jasz  ein  solcher  sol  sten  in  königs  echt,    fastn.  sp.  309. 

ECHTDEUTSCH,  genuine  germanicus :  echtdeutsche  sprüche, 
lieder. 

ECHTDING,  ECHTEDLNG,  w.  u-as  afterding:  1700  ist  hie- 
seibst  das  sogenannte  echteding  gehalten.  Grot  gesch.  von 
Sortheim  13S ;  jährlichs  zu  dreien  malen,  wie  von  alters  her- 
kommen an  unserm  gerichte,  so  man  nennet  das  echte  ding.  43. 

ECHTEFRAU,  f.  conjux,  ehefrau,  niederdeutsch,  zeitschr. 
für  d.  vuindarten  4,  271,  54. 

ECHTEN,  persequi,  was  ächten  1, 169 :  echten  in  die  acht 
thun.  voe.  theut.  14S2  fs'; 

echten  verhüten  und  verbannen.    Bra.m  narrensch.  71,  8; 
mich  treulos  echten.    Meiisscs  ps.  Kl". 

ECHTER,  verhält  sich  zu  echt,  wie  halter  zu  halt:  so  ist 
es  ein  gröszer  werk  und  gott  angenemer  und  verdienst  me, 
wenn  du  echter  disen  diepstal  gedultiglich  leidst.  Reisersberg 
Marie  himelfarl  13* ;  irt  er  echter  nit  in  der  form  und  in  der 
meinung.  bilger  6';  noch  wiltu  echter  nit  irren.  11';  ist  iemand 
der  din  lieb  thürer  umb  dich  kouft,  woltestu  sie  echter  über 
ein  verkoufen,  worlich,  du  Ondst  nieman  weder  allein  das 
höchst  gut.  51* ;  aber  du  solt  dich  selbs  nit  also  tief  erfaren 
und  ersuchen,  wiltu  echter  nit  verirren.  77';  mit  welchem 
gelt  si  got  sin  himelrich  und  vatterland  ab  müssen  koufen, 
wollen  sie  das  echter  besitzen  mit  got  ewiglichen.  85*;  wem 
du  echter  die  zwirgen  ufschlechst  . . . ;  on  zweifei  es  erlangt 
ein  mensch  gröszer  gnad  und  glori  aus  Verfolgung  weder  aus 
gunst,  wenn  er  echter  die  Verfolgung  recht  bruchen  kund. 
parad.  der  seien  S';  wenn  es  echter  der  will  gottes  ist.  2l'; 
ob  es  echter  müglichen  wer.  37'  und  noch  anderwärts. 

ECHTER,  reus,  proscriptus,  vgl.  ächter  1,170:  nach  weise 
deren,  so  vorzeiten  öffentlich  als  echter  an  die  ratheuser  ge- 
schlagen und  nachmals  verzeichnet  worden.  Lcther  1, 103* ; 
so  in  öffentlichen  lästern  liegen,  unehliche,  echter  und  der- 
gleichen untüchtige  personen.    ÜREYniNG  B4. 

ECHTERDING,  n.  was  afterding  1, 181. 

ECHTERLEIN,  n.  pars  octava  mensurae,  Schweiz,  achterli 
(Stau».  1,  89):  mit  einem  nösel  muscateller  und  einem  echter- 
lein  des   ausgepresten   safts   von   dem  porzelkraut.    Zeches- 

DORFER    2,  69. 

ECHTESTäND,  m.  conjugium,  ehestand.    niederdeutsch. 

ECHTHEIT,  f.  auctoritas,  integritas:  echtheit  einer  schrift, 
eines  gemähldes ;  das  sittliche  gesetz  in  seiner  reinheit  und 
echtheit.    Käst  4,  6. 

ECHTIG,  legitimus,   unechtig  illegitimus. 

ECHTIGEN,  legitimare.    Schottel  349. 

ECHTMÄSZ,  n.  was  echterleia :  ein  echtmasz  nuszßl.  Püttes 

404. 

ECHTWORT,  f.  was  achtwort  1,172. 

ECK,  Tl.,  statt  des  gewöhnlichen  weiblichen  ecke,  die  ein- 
silbige neulralform  mit  dem  gen.  eckes  begehrt  ein  ahd.  ekki, 
f)i/irf.  ecke,  egge,  die  sich  nicht  darbieten,  in  der  bedeutung  ist 
keine  Verschiedenheit.  Dasvpooics  und  Maaler  setzen  überall 
nur  eck  an,  nicht  ecke,  auch  Tobler  193  hat  egg.  Wixsel- 
SASS  gestattet  sich  sogar  der  eck. 

1)  angulus,  cardo:  in  dem  dritten  eck.  Gersdorf  16;  und 
hett  ich  noch  weit  an  das  eck,  da  der  weg  hinein  gieng. 
Götz  v.  Berl.  lebensl.  64;  die  hütten  waren  aus  vier  röhren 
rtereckigt  gemacht,  in  jedem  eck  ein  röhr,  buch  der  liebe 
223, 1 ;  eck  an  den  beuwen,  da  sich  das  gebeuw  kert,  versura. 
Maaler  96';  in  absieht  der  triglypben  über  den  säulen  an 
den  ecken,  welche  nicht  auf  das  mittel  dieser  säulen  fallen, 
sonde.>-n  gegen  den  eck  der  frise  gerückt  sind,  um  den  eck 
nicht  blosz  zu  lassen.  Wisrei-ji.  1,  295  und  vßer  m.;  ein 
kleiner  brunnen  in  einem  ecke  dieses  Vierecks.   2,190; 

und  wenn  ir  munt  nufgeet, 

bei  iedem  orn  ir  ein  eck  steei.    fattn.  sp.  633, 25 ; 

die  streitbar  m.Tchiig  grosi 

mit  löblichen  Trid  und  krieesihaien 

der  weiten  weh  vier  eck  erTüllt.    Wbckusrli:«  352; 

darumb  diser  weh  vier  eck 

sollen  dein  lob  nicht  verschweigen.    567 ; 

der  ort  war  eine  hol, 
mit  einer  quellen  hell  in  einem  eck  begltK^kei.    7(ki; 


ECK— ECKE 

Cimasco  wartt  also  am  eck  iu  einer  gassen. 

WsRDBRs  Ar.  9,  73 ; 


22 


wie  eine  goldene  spinne 
spannst  du  dich  flimmernd  im  eck.    Pcckler  v.  M.  geil.  1,  50; 

deswegen  muste  der  alte  groszvater  endlich  hinter  dem  ofen 
im  eck  essen.  Stillisgs  jugend  S ;  wenn  «in  gröszer  mensch 
ein  dunkel  eck  hat,  dann  ists  recht  dunkel.  Göthe  an  fr. 
von  Stein  2, 184 ;  das  rundel  des  eckes  und  das  darauf  fol- 
gende zimmer.  Göthe4,  lll;  auch  die  welcfie  sonst  ec^e  schrei- 
ben, müssen  in  den  Zusammensetzungen  zweieck  dreieck  viereck 
fünfeck  sechseck  achteck  vieleck  das  neutrum  behalten,  und 
so  heiszls  zur  straszenbezeichnung :  im  scharfen  eck.  im  löwen- 
eck,  im  neuen  eck,  auch  Ortsnamen  wie  Felseck,  Landeck, 
Rheineck  folgen  heute  dieser  analogie,  vielleicht  dasz  hinter 
dreieck  viereck  ein  adjectivisches  ahd.  driekki,  llorekki  liegt? 
die  redensart  über  eck  gehen  wurde  schon  2,  529  belegt,  Simpl. 
K.  242  steht  mit  dem  genitiv :  wie  alles  so  schön  bund  und 
Überecks  stehen  wird.  Fiscbart  n'  72  nennt  ein  spiel  'über 
eck  ins  bein'.  etwas  über  eck  ansehen  (Reindards  ded.  ßr 
Wertheim  249)  heiszt  darüber  wegsehen,  es  nicht  achten. 

2)  jugum  montis,  schmaler  senkrechter  berghang,  in  der 
Schweiz  auch  fortlaufender  hügelrücke,  wonach  mehrere  land- 
striche  das  egg  heiszen,  Vögelis  egg,  ein  berg  auf  dem  sich 
gevögel  sammelte,  oms  egg  omma  gnoh  werda,  hart  mitge- 
nommen werdeti,  sterben.    Tobler  163.     s.  ecke  3. 

ECKAPFEL,  pomi  genus,  sonst  auch  eggeling,  nach  Nemmch 
weisze  wintercalville.     wol  von  ecken  und  kanten  des  apfels. 

ECKBAND,  n.  eisenband  zian  schütz  der  ecke. 

ECKCHEN,  n.  parvus  angulus,  exiguum  spaiium,  Schweiz. 
eggli:  er  wohnt  nur  ein  eckchen  von  hier;  noch  ein  eckchen 
weiter  mit  gehen ;  en  eggli  basz  noha  choh,  sagen  Viehhändler, 
wenn  der  eine  den  preis  fallen  läszt,  der  andre  das  gebot  er- 
höht ^  er  ist  en  eggli  höndera  choh,  um  ein  eckchen  zurück- 
gekommen, wenn  hier  nicht  eggli  ßir  den  zahn  eines  rades  zu 
nehmen;  auf  einem  isolierten  hügel  sieht  er  über  viel  land 
in  eine  weite  ferne,  aber  nur  ein  eckchen  meer.  Göthe 
28,  156;  wenns  möglich  ist  zu  zeichnen,  wähl  ich  mir  ein 
beschränkt  eckchen,  denn  die  natur  ist  zu  weit  herlich  hier 
auf  jeden  blick  hinaus,  aber  auch  was  für  eckchens  hier! 
an  fr.  von  Stein  1,  116.  man  sagt  auch,  von  dem  tuch,  von 
dem  brot  ein  eckchen  abschneiden. 

ECKE,  f  ahd.  ekka,  ags.  ecg.  engl,  edge,  altn.  egg,  woraus 
ein  golh.  agja  folgt  (wie  ahd.  lekkan,  ags.  lecgan,  goth.  lagjan). 
dies  wort  musz  hohes  allers  sein,  zu  ihm  drängen  sich  die 
urverwandten  lat.  acies,  acumen,  gr.  axr,  axis,  axfir,,  lit. 
aszmu,  skr.  afri  acies  ensis,  regelmäszig  verschoben  hätte  goth. 
ahja  zustehn,  vgl.  ahs  spica;  da  wir  aber  neben  acies  auch 
angulus,  russ.  ugol",  böhm.  ühel,  auhel  erblicken  und  die  Vor- 
stellungen ecke  und  winkel  sich  einigen,  so  scheint  der  nasal- 
laut  in  angulus,  skr.  ankura  cuspis,  in  winkel  die  guUural- 
reihen  aus  der  fuge  gerückt  zu  haben,  winkel,  ags.  vincel 
schoben  die  spirans  voran. ,  alle  bedeutungen  greifen  zusammen. 

1)  acies,  mucro,  schneide  der  waffe,  mhd.  wb.  1,  410" : 

er  sluoc  den  videlsre  üf  den  helmehuot, 

daj  des  swertes  ecke  unz  üf  die  spange  wuot.   Nib.  2214,  2; 

dö  iruoc  er  ob  der  briJnne  ein  wäfen  also  breit, 

da;  ze  beiden  ecken  vil  harte  vreislichen  sneii.    1472,  4 ; 

frum  held  und  recken 

nun  ziechi  eur  scharpfe  egken !    fastn.  sp.  461,  32. 

2)  acumen,  cacumen  rupis,  felsenspitze,  vorsprung,  bergab- 
hang :  also  ist  ein  ieglicher  fürst  und  herr  seines  landes  oder 
Volkes  eckstein,  fels  und  grundstein,  wie  solche  weise  in  der 
Schrift  zu  reden  fast  gemein  ist,  das  man  könige  und  fürsten 
nennet  felsen  oder  ecken.  Lcther  5, 158*.  auch  spitze  land- 
zunge,  wie  ahd.  gero  sinus,  lingua  maris  und  ger  spiculum: 
von  der  ecken  an  dem  salzmeer,  das  ist  von  der  zungen, 
die  gegen  mittag  werts  gehet.   Jos.  15,  2. 

3)  angulus,  winkel,  womit  wieder  die  Vorstellung  der  schärfe 
und  des  Schneidens  sich  verbindet,  mathematisch  heiszt  ecke 
(angulus  solidus)  jeder  der  beiden  halbbegrenzten  räume,  wel- 
dien  drei  oder  mehrere  in  sich  selbst  zurückkehrende  winkel- 
ebenen einschlieszen,  nach  deren  anzahl  jede  dieser  zwei  ecken 
eine  drei,  vierflächige  oder  drei,  vierkantige  genannt  wird: 
scharfe  ecke,  scharfer  winkel;  ecke  des  hauses;  binden  an 
die  zwo  ecken  der  wonung.  2  Mos.  26,23;  die  ecke  gegen 
mittag.  4Jtfoi.  34,  3;  bis  zu  der  ecken  am  rosthor.  Jer.  81, 40; 
da  kam  ein  gröszer  wind  von  der  wüsten  her  und  stiesz  auf 
die  vier  «cken  des  hauses.  Hiob  1, 19 ;  und  wenn  du  betest, 
solt   du   nicht   sein,    wie   die  heuchler.    die  da  gerne  stehen 


23 


ECKE  — ECKEN 


ECKENBESCHLAG  —  ECKLET 


24 


und  beten  in  den  schulen  und  an  den  ecken  und  auf  den 
gassen,  auf  das  sie  von  den  leuten  gesehen  werden.  Malth. 
6,5;  wenn  der  unbebülfliche  tänzer  mit  bänden  und  füszen 
80  scharfe  ecken  schneidet,  als  wenn  es  hier  um  eine  geo- 
melrische  genauigkeit  zu  thun  wäre.  Schiller  1125 ;  die  katze 
lauert  in  der  ecke;  das  scheue  thier  schmiegte,  drückte  sich 
in  eine  ecke;  das  bauschen  in  der  stillen  ecke;  in  die  ecke 
der  Stube  gegangen.  Stillincs  jugend  10;  so  war  er  auch 
allerliebst,  wenn  er  sich  mit  einem  buche  in  die  ecke  setzte. 
GöTHE  20, 140 ; 

siizi  bei  (lern  konig  dorl  in  der  ecken,    fastn.  sp.  548,.  19; 

der  liebe  herr  für  allen  dank 

führt  mich  drauf  in  eine  ecken  (:  (lecken).    Göthe2,  194; 

ich  bin  doch  auch  bekannt 

in  allen  dunkeln  ecken  dieses  hauses.    5!cuiller  347 ; 

er  {der  trunkenbold)  kann  keine  ecke  vorbei  kommen.  Lich- 
tenberg 3,  75;  er  war  kein  werk  der  weit,  er  paste  in  keine 
ecke  derselben.  Pestalozzi  7,  260.  sich  um  die  ecke  drücken, 
aus  dem  staube  viachen;  er  ist  um  die  ecke,  zu  gründe  ge- 
richtet, todt,  vorüber,     s.  eck  2. 

4)  o/ü  geht  dies  ecke  in  die  iceitere,  allgemeinere  bedeulung 
von  seile  oder  ort  (ora)  über  und  verbindet  sich  dann  gern 
mit  ende:  mancher  wirft  den  spiellcutcn  einen  thaler  auf, 
den  er  an  drei  und  zwanzig  ecken  zusammengeborgt  hat. 
Weise  erzn.  320 ;  itzt  ist  sie  hauszen,  itzt  auf  der  gassen 
und  lauret  auf  allen  ecken,    spr.  Salom.  7, 12 ; 

ich  wil  mich  ein  weil  nider  secken, 

pisz  man  auf  räumt  in  allen  ecken,    fastn.  sp.  561, 17; 

ich  sah  in  alle  ecken.  Göthe  an  fr.  von  Stein  t,  246 ;  eine 
unserer  kanzleipersoncn  zu  pferde  verlas  an  allen  ecken  der 
Stadt  ein  weitläuftiges  edict.  Göthe  24,  297;  dasz  du  auf  allen 
ecken  einen  zuclitmeister  zu  sehen  glaubst.  8,240;  die  stadt 
an  vier  ecken  anzuzünden.  8,124;  es  brennt  an  allen  ecken  I 
8,  138 ;  das  feuer  faszt,  schon  brennts  an  sieben  enden ; 
zwar  brannte  die  weit  in  allen  ecken  und  enden.  31,  246; 
nur  feuerflammen  erscheinen  an  allen  ecken  und  enden. 
6, 166 ;  des  tages  hört  man  von  allen  ecken  und  enden  jauchzen 
und  schiezsen.  24,  247 ;  schon  leuchtete  die  Stadt  an  allen 
ecken  und  enden.  24,  328 ;  der  Vorhang  fiel  und  der  lebhaf- 
teste beifall  erscholl  aus  allen  ecken  und  enden.  19,207;  im 
hause  fehlts  in  allen  ecken,  in  küch  und  kell  er ;  regierte 
doch  schon  schmaliians  in  allen  ecken.  Fclsenb.  2,  59.  wie 
ecke  steht  auch  ort,  das  gleichfalls  aus  der  bedeutung  von 
cuspis  entsprang,  dem  ende  gegenüber,  und  eigentlich  bietet 
jede  Sache  wie  zwei  ende  auch  zwei  ecken  dar,  vgl.  ende. 

5)  bunt  über  ecke  orfer  über  eck  gehen  (2,  529)  bezeichnet 
wildeste,  tollste  Verwirrung,  die  alle  grenze  (ora)  überschreitet. 
den  angezognen  stellen  mag  noch  eine  aus  Gryphius  1,  9i9 
beigefügt  werden:  in  Livius  haus  gehet  es  ganz  bund  über 
ecke,  mit  kurzem  alle  saclien  sind  in  höchster  Verwirrung. 
Zusammen  hangt  damit  die  schöne  mhd,  redensart  vom  aus- 
schlagenden, gleichsam  über  den  spitzen  zweig  sprieszenden  laub : 

järlanc  gät  da;  loup  über  ecke.    MS.  2,  57'; 
da;  loup  über  ecken  kiuset  man.    2,  58'; 
järlanc  grüenci  loup  über  ecke.    Diut.  1,  110; 
denn    auch    der  frühling    entfaltet    bunteste  färbe,     von  hirten 
hiesz  es  über  ecke  treiben,  vorüber  treiben  {siehe  3): 

ej  müejen  rlnder  vor  mir  lüen, 

die  ich  über  ecke  irihe. 

da;  ich  so  lange  lielibe, 

des  irret  mich  ein  piirre, 

da{  ich  nilit  ensniirre 

mit  den  andern  über  ecke.    Ilelmhr.  366. 

6)  ecke  drückt  endlich  auch  das  cndslück,  den  rand  einer 
sacke  oder  einen  kleinen  räum  aus:  eine  ecke  vom  brot  schnei- 
den; die  ecke,  der  zipfel,  säum  des  kleides,  wie  ghe,  sinus; 
die  ecke  ist  breit  genug,  die  ich  hier  aus  der  kometenkarte 
abgewhnitten.    J.  Paul  Tit.  1,  5 ; 

Fiordixpina  »i«  ein  ecke  naim  begleitet.  Wirdiiiis /Ir.  25, 42  ; 
endlich  fliegen  wir  ob  und  führten  en  {das  pferd)  eine  gute 
ecke  an  der  band.  ]ucundis$.  153;  lauf  ihnen  eine  ecke  ent- 
gegen.   GöTBE  42,  7. 

ECKEL,  TO.  chalybt,  ahd.  echol,  mhd.  ekkel,  von  der  schnei' 
denden  schärfe. 

ECKEL,  i.  ekel. 

ECKEN,  angulare,  eckig  machen,  vgl.  auxccken  1, 84».  et 
begegnet  auch  ein  inirantitivet  ecken  für  tpitt,  eckig  sein : 
ein  eckender  ihurm.  Mbku  br.  t^tti;  mhd.  dir  ecket  läster- 
lich ein  xan.   Lt.  1, 370. 


ECKENBESCHLAG,  m.  firmamentum  marginum:  eckenbe- 
schläge  aus  gold  und  tressen.  J.  P.  jubclsen.  180;  die  präch- 
tigen eckenbeschläge  und  dreifachen  manschetten,  womit  der 
bräutigam  auf  der  orgel  jede  zeile  des  Chorals  versah. 

ECKENHALM,  m.  eriocaulon,  kantenhalm,  fr.  joncinelle. 

ECKENSTEHEK,  m.  cessator,  qui  oras  plalcarum  occupat. 

ECKENWURM,  m.  gonium,  sonst  auch  der  unform,  ein  in- 
fusionslhierchcn. 

ECKEH,  m.  glans  fagea,  ßr  eckern,  s.  ackeran  und  buch- 
eckern.  Alrerus  hat  bucheckern,  glans  fagina;  die  jungen 
Schweine  in  die  herde  oder  in  den  ecker  schlagen.  Seriz 
feldb.  132 ;  grosze  forste  und  wälde,  darin  der  ecker  wachset. 
546.  im  voc.  theut.  1482  f5'  steht  das  wort  weiblich:  eckere, 
als  von  den  puchen,  fagmentum,  fagimenlum.  bringet  uns  usz 
dem  ecker  die  swin.    nambuch  121. 

ECKERCHEN,  n.  scturus,  eiclihömlein,  nd.  ekerken.  s.  eich- 
horn. 

ECKERGANZ,  integer:  ich  habe  mir  neulich  drei  neue 
hemden  gemacht,  dasz  ich  nun  zusammen  habe  sieben  ecker- 
ganze hemden,  darunter  eins  von  klarer  leinwand.  pol.  slockf.  85. 
s.  eichelganz. 

ECKERGESUND,  dasselbe. 

ECKERMONAT,  m.  november,  in  einem  Seligenstädter  kloster- 
zinsbuch  von  1508,  weil  da  die  Schweine  noch  in  der  mast 
liegen. 

ECKERN,  n.  was  ecker:  so  sal  he  so  vil  wer  in  das  eckern 
han  als  drei  ackermenner.  weislh.  3,  455.     der  gen.  zu  ersehen 
aus  eckernshalber  454.     eine  urk.  von  1405  hat  da;  eckirn; 
da  steht  ein  grosze  eichen, 
davon  wir  unser  speise  reichen, 
und  jetzund  voller  eckern  steht.    Waldis  £s.  2,66. 

ECKERNSÄVER,  m.  scarabaeus  melolontha.    Haupt  7, 559. 
ECKEROBER,  m.  im  deutschen  karlenspiel: 

schön  gepaart,  wie  schellendaiis  und  ekerober. 

MüSAKCs  kinderklapper  53 ; 

sich  blähen  wie  der  eckernober  unter  dem  pöbel  der  kleine- 
ren matadore.  Siegfr.  von  Lindenb.  1, 117. 
ECKERSAU,  /".  mastschwein: 

derhalhen  hüt  sich  jederman 

und  fahr  nicht  immer  fort  so  frei, 

wie  s'teufels  dürre  eckcrsäu 

im  eichelnecker  ihren  gwin 

der  kartenbläiter  nehmen  hin.    Bi.'tK  doppeltpiler  30. 

ECKET,  was  eckicht:  dies  kraut  habe  einen  ecketen  Stengel. 
Tahernaem.  561. 

ECKFEILE,  f  lima  angulosa. 

ECKFENSTER,  n.  fenestra  angularis. 

ECKFIRST,  f.  culmen  tecti. 

ECKHAUS,  n.  domus  angularis,  Standplatz  der  eckensteher. 

ECKICHT,  angulosus,  mhd.  eckeht:  grabe  man  eine  runde 
oder  ekichte  weite  tiefe.    Kirchhof  mil.  disc.  167 ; 
Runcus  ist  recht  eckicht  grob.    Logau  1,  173,  32. 

ECKIG,  angulatus,  kantig :  eckige  zahl  im  gegensatz  einer 
runden;  eckige  körpcr,  eckige  Stengel,  eckiger  mensch,  der 
voll  eigenheiten  steckt  und  schwer  zu  behandeln  ist;  er  war 
bis  zum  lächerlichen  eckig.   J.  P.  flegelj.  1, 42. 

ECKKAMMER,  f  camera  angularis. 

E('KKEGEL,  m.  der  auf  der  ecke  steht. 

ECKKÜ.MIG,  difßcilis,  wird  von  einem  ci(jr>isiiuiiijcn,  unbe- 
haglichen kranken  gesagt  und  dann  weiter  erstreckt,  ahd.  chümig 
ist  inßrmus,  aeger  (Grait4,  397)  und  lebt  in  der  Schweiz  fort 
(Stald.  2, 142) :  so  eckkümig  und  wnndernärrisch  krank  sind 
wir,  dasz  auch  bisweilen,  wann  sich  der  arzt  unserer  Ihor- 
heit  gemäsz  nicht  gleichtböricht  stellen  kan,  wir  nicht  glauben, 
dasz  er  geschickt  gniig  sein  könne  uns  zu  helfen.  Piiiland. 
1,692;  war  ich  warhaflig  so  müde,  dasz  ich  weder  obren 
noch  äugen  meiir  mochte  aufthun  zu  hören  oder  zu  sehen, 
und  oft  so  eckkümig  als  ein  laus  im  kindbett.    2, 24. 

ECKLADE,  f  hafnern  ein  geräth  zum  formen  der  eeksimic. 

ECKLADEN,  m.  valvae  angulares,  kramlndrn  im  eck. 

ECKLEIN,  «.  was  eckchen : 

wo  ich  dann  hab  ein  crklein  plosz, 

do  wil  ider  «ein  band  an  wortiicn.    fattn.  .^p.  3s7,  Vi; 

■chfldichen  mein,  !<pringt  nur  fort 

von  Clin  zum  andern  rrkplcin  und  ort. 

Hon.  grsfllfch.  tird.  16»«. 

ECKLET,  angulosus?  das  bein  ist  nicht  über  ein  kreuier 
breit,  etwas  ecktet  und  spalt  sich  selb»  binden.  Paracrlsds 
1,  «03'. 


25 


ECKLOCH  — EDEL 


ECKLOCH,  ti.  loch  an  der  ecke. 

ECKLOCHBAUM,  m.  arbor  terminalis  in  angulo. 

ECKPFEILER,  m.  pila  angularis. 

ECKPFOSTE,  ffl.  poslis  angularis:  dann  hatte  er  sich  gegen 
Jen  eckpfoslen  gesträubt.    Stillisgs  jugend  10. 

ECKPLATZ,  m.  sedes  in  angulo. 

ECKRASEN,  m.  ausgeslochner  rasen  für  die  ecken  der  bö- 
schungen. 

ECKRAT,  m.  consilium  extremum:  in  gefahrlichen  Sachen 
ist  der  eckrat  der  best,  der  mittelrat  ist  nicht  allweg  gut 
Lehmann-  1,  629. 

ECKRIG,  n.  icas  eckern,  eckerich :  als  wenn  eine  gemestete 
laus,  die  ein  Vierteljahr  auf  dem  köpf  in  eckrig  gangen,  zer- 
borstete.    Riemers  reime  dich  30. 

ECKSAAL,  «J.  reslibulum  angulare. 

ECKSÄULE,  f.  columna  angularis. 

ECKSCHAFT,  m.  scapus  angularis. 

ECKSCHANZE,  f.  munimentum  angulare. 

ECKSCHIELIG,  limis  spectans  oculis,  in  die  oder  aus  der 
ecke   schielend:    ja  die  zwen  diebische,    tuckelmeusige,    eck- 

schilige,  bankraumige kuchenboszlern.  Garg.  47'.  Fischart 

häuft    die    treffendsten    ausdrücke    für    sudelkoch    und    sudel- 
köchin. 

ECKSCHRANK,  ni.  serinium  angulare. 

ECKSCHUH,  m.  vas  eckenbeschlag. 

ECKSEMMEL,  f.  semmel  mit  zwei  oder  vier  ecken. 

ECKSPARRE,  m.  canterius  angularis. 

ECKSTAMM,  m.  arbor  angularis:  solche  malelizhacfcstöcke 
für  weidentodschläger  erschrecken  uns  mitten  in  der  gütigen 
natur,  indessen  die  groszen,  die  wahren  eckstämme  und  hrot- 
bäume  des  Staats  deu  eigentlichen  reichsforst  {das  rolk)  aus- 
ästen, abrinden  und  zu  harzscharre  und  bierzeichen  verbrau- 
chen. J.  P.  paling.  1,  49 ;  der  adel  kann  uns  in  allem  über- 
treffen, nur  nicht  in  der  mehrheit,  vollends  da  die  nöthigsten 
Stammbäume  als  eckstämme  ganzer  familien  absterben,  in- 
des das  bürgerliche  gras  sich  selber  frisch  nachsäet,  däm- 
merungen  s.  89. 

ECkST.\NDER,  m.  was  eckpfeiler. 

ECKSTEIN,  ni.  lapis  angularis,  Matlh.  21, 42  y.e<pa/.ri  ycovias, 
goth.  haubij)  vaihstins,  ahd.  houpit  winkiles,  bei  Luther  der 
eckstein ;  wer  hat  ir  einen  eckstein  gelegt?  Hiob  38,6;  hie 
wil  ichs  lassen  mit  den  zweien  heubtstücken  und  ecksteinen 
der  schwermer.    Lcther  3,  366*. 

Ludewigs  eckesieine  mohten  ür  der  müre  risen. 
Gudr.  1394,  3. 
fastn.  sp.  216, 23  von  einem,  der  öfnung  schweres  gewichts  hatte: 
wan  mir  der  ecksiein  ist  enpfalleo. 

ECRSTUBE,  f. 

ECKTHOR,  n.  von  dem  tbor  Ephraim  an  bis  an  das  eckthor. 
2kön.   14.13. 

ECRTISCH,  m.  dreieckiger  lisch,  der  eine  ecke  füllt. 

ECKWEIN,  n.    Garg.  58*. 

ECKWIND,  m.  ventus  cardinalis:  zu  den  vier  eckwinden 
setzen.    Garg.  45'. 

ECKZAHN,  m.  dens  angularis :  eckzähne  klaffen  (im  höllen- 
rachen).    Göthe  41,  324.     vgl.  ecken. 

ECKZIMMER,  n. 

EDEL,  nobilis,  ingenuus,  generosus,  ahd.  edili,  mhd.  edele, 
nnl.  edel,  alts.  edili,  ags.  adele,  engl,  durch  noble  verdrängt, 
fries.  ethele,  golh.  und  alln.  nord.  fehlend,  doch  liegen  adal 
indoles,  edli  natale  solum,  ödal  praedium  nahverwandt.  schwed. 
ddn.  ädel  sind  dem  hd.  entlehnt.  Ulfilas  verdetitscht  svyev^s 
durch  gödakunds,  gutes  geschlechls. 

Seinem  wortsinne  nach  ist  edel  mehr  als  nobilis,  denn  es 
geht  zurück  auf  adal  prosapia  und  berührt  sich  mit  nodal, 
altn.  udal,  ags.  edel  praedium  avitum,  palria;  nobilis  aber 
besagt  nur  ausgezeichnet,  erkennbar,  bekannt,  kund,  goth.  kun{)s 
(ton  kunds  verschieden). 

1)  edel  ist  edelgeboren,  ton  adel,  und  entsprieJit  der  in  dem 
subst.  edeling  enthallnen  Vorstellung,  es  stimmt  auch  zu  ade- 
lich, adlich,  nur  dasz  dieses  auf  den  stand  eingeschränkt  bleibt, 
nicht  die  hernach  verhandelte  allgemeinere  bedeutung  annimmt; 
der  adliche  ist  zwar  edel,  nicht  aber  der  edle  tmmer  ein 
adlicher.  ein  edeler,  ävd'ocoTiöi  ris  evyei-TJg.  Luc.  19,12; 
nicht  >iel  edle  sind  berufen,  ov  7to)J.oi  tvyevsii.  1  Cor.  1, 26, 
es  fehlt  nur  eine  zeile,  um  zu  sehen,  ob  hier  im  goth.  wieder 
gudukundai  stand,  ursprfinglich  gab  es  nur  freie  und  unfreie 
und  der  edle,  ja  der  fürst  hiesz  noch  lange  auch  der  freie: 


EDEL  26 

der  scol  der  edele  unde  der  frige  sin.    DiiasR  14,  27; 
da  Sit  edele  unde  fri.    291, 17 ; 
so  pirt  ir  sd  fri  unt  edel.     pred.  ed.  Kabl  Roth  s.  41; 

dö  er  die  edelen  vrien 

der  vrouwen  rür  eigen  gap.    gute  frau  1764 ; 

diu  edele  und  diu  frie.    Diut.  1,  411; 

du  muost  daz  biute  schouwen,  daz  ich  bin  adelfri. 

Nib.  771, 1 ; 
darzno  ist  si  von  adel  fri.    Altsw.  99,  8 ; 

frühe  aber  setzten  sich  Zwischenstufen  fest  und  der  edle  ragte 
unter  den  freien  vor,  edelmann  stand  dem  freien  bürger  ent- 
gegen, edler  zu.  von  NN  sagt  weniger  als  freiherr.  ßr  die 
anrede  sind  die  tmterschiede  allmälieh  sinnlos  und  nichtssagend 
geworden,  da  man  grafen  und  fürsten  hochgeboren,  edeln  hoch- 
wolgeboren,  freien  wolgeboren,  geringeren  freien  hochedelge- 
boren  gibt,  als  läge  in  dem  letzten  worte  weniger,  eines 
Scherzes  über  den  Ursprung  der  edlen  wurde  1,947  gedacht; 
neubackenem  adel  gebrach  es  auch  nicht  an  spott: 

wo  ein  gemnhiter  brief  und  ausgekaufte  bullen, 
wer  edel  noch  nicht  ist  erst  edel  machen  sollen, 
so  kan  wol  eine  maus  des  adels  sich  vermessen, 
die  einen  solchen  brief  hat  unrersehns  gefressen. 
LoGAii  1,  56,  30. 

einen  von  unzweifelhaftem  adel  pflegte  man  gut  edel  xtt  nen- 
nen, wie  eine  ausgezeichnete  traubenart  gntedel  heiszt:  ich 
konnte  auf  fleisziges  nachforschen  nichts  anders  erfahren,  als 
dasz  er  zwar  gut  edel  von  geburt.  aber  hingegen  so  blutarm 
gewesen,  dasz  er  sich  elend  behelfen  müssen.  Simpl.  2,  129 
(Courage  eap.  4);  ob  der  Moranzani  gut  edl  ist?  Wallex- 
STEiNS  briefe  113  (a.  1625),  ron  gutem  adel,  von  edelstem  ge- 
schlecht, aus  dem  adel  hob  sich  einer  noch  höher  in  den 
stand  der  grafen  und  herren: 

den  lie<:z  ich  reich  und  edel  werden, 

es  ward  ein  halber  graf  daraus.    Lichtwkrs  fabeln  1,2; 

er  sah  gewis  recht  wacker  aus 

und  ist  aus  einem  edlen  haus.    Göthe  12, 13$. 

i'nsem  heutigen  gegensalz  zwischen  bürger  und  bauer  drückte 
also  vormals  auch  edler  und  bauer  aus,  dem  bauer  bleibt 
immer  die  unterste  stelle: 

einr  ein  gpaur,  der  ander  edel,    ring  44",  40; 

also  ist  keiner  von  uns  {bauern)  edel 

und  sein  all  auf  den  dorfen  erzogen,    fastn.  sp,  343,  6; 

auszen  edel  und  innen  ein  bauer.    743,  9. 

drei   stände  zu  scheiden  liegt  der  neueren  anschauung  nätter: 

unsere  nachbarn.  die  Franken,  in  ihren  früheren  zeiten 
hielten  auf  höflichkeit  viel:  sie  war  dem  edlen  und  bürger 
wie  den  bauern  gemein,  und  jeder  empfahl  sie  den  seinen. 

Göthe  40,318; 

schon  im  buch  der  liebe  233,  2  hiesz  es :  wurden  nicht  bei  den 
alten  die  könig  von  den  edlen  zn  königlichem  stammen  er- 
wölt?  ja  nicht  allein  von  den  edlen,  sondern  von  den  dapfem 
und  weidlichen  bürgern  zu  königen  erwölt  worden  sind. 

2)  nocA  richtiger  aber  trennen  wir  von  bloszen  Vorzügen  des 
Standes  die  des  innem  menschen  und  stellen  dem  vornehmen 
sogar  das  edle  in  diesem  sinn  entgegen,  ein  vornehmer  mann 
ist  darum  kein  edler;  dem  vornehmen  ist  eine  äuszere  form 
eingeprägt,  die  ein  edler  mensch  nicht  kennt.  Göthe  sagt 
19,  256  der  edle  mensch  kann  sich  in  momenten  vernachläs- 
sigen, der  vornehme  nie;  er  hatte  die  frage  oft  abgehandelt, 
welch  ein  unterschied  sich  zwischen  einem  edlen  und  vor- 
nehmen betragen  zeige  und  inwiefern  jenes  in  diesem,  dieses 
aber  nicht  in  jenem  enthalten  zu  sein  braucite. 

edel  sei  der  nien>cb, 

hülfreich  und  gut.    Götbe  2,86; 

ein  edler  mensch  zieht  edle  menschen  an, 

und  weisz  sie  fest  zu  hallen.    9,  104 ; 

sieh,  welch  ein  guter  edler  kerl  auch  das .'    Lissiric  2,  331 : 

wem  ein  tugentsam  weih  bescheret  ist,  die  ist  viel  edler  denn 
die  köstlichsten  perlen,  spr.  Salom.  31,  tO.  so  wird  von  edlem 
geist,  gemüt,  von  edler  gesinnung,  ron  edlen  mittein,  trieben, 
handlungen  und  thaten  geredet: 

auf  dem  anilliz  edeles  erbarmen.    Göthi  47,62. 

3)  mit  geringerem  nachdruck  dient  edel  als  stehendes  gün- 
stiges beiworl,  doch  soll  seine  lebhaftere  bedeutung  in  einzelnen 
fällen  ungeleugnel  sein,  der  edle  verständige  pfarrherr  in 
GfjTHES  Herm.  und  Dor.  ist  ein  zierendes  epilheton,  wie  wetm 
es  in  Volksliedern  heiszt 

meinem  edlen  schätz  zu  ehren 

ist  die  jagd  angestellt,    gesellsch.  lied  141. 


27 


EDEL  — EDELFEST 


EDELFRAU— EDELKIND 


28 


ähnliches  gilt  von  Ihieren :  das  edle  ros,  der  edle  hirsch, 
wo  hasiu  denn  den  edlen  hirschen  gelan?    AtRKR  326'; 
ein  edlen  hirschen  stolz,    gesellsch.  lied.  13S; 
edler  vogel,  glürk  auf!  o  wende  den  Oögel.    Göthk  40,37. 

von  pflanzen,  fruchten:  sein  land  ligt  im  segen  des  herrn, 
da  sind  edle  fruchte  vom  himel,  vom  taw  und  von  der  tiefen, 
die  hunden  [hier  unten)  ligt,  da  sind  edle  fruchte  von  der 
sonnen  und  edle  reife  fruchte  der  monden.  b  Mos.  33, 13.  U; 
sie  gehen  hin  und  weinen  und  tragen  edlen  samen.  ps.  126,  6 ; 
edle  äpfel,  yenerosa  poma,  ein  edler  weinstock,  generosa  vitis; 
er  wird  sein  füllen  an  den  weinstock  binden  und  seiner  eselin 
son  an  den  edlen  reben.  lAfos.  49, 11;  mein  lieber  hat  einen 
weinlierg  an  einem  fetten  ort  und  er  hat  in  verzeunet  und 
edle  reben  drein  gesenkt.  Es.  5,  2 ;  schon  vorhin  wurde  der 
traute  gutedel  erwähnt;  edle  nectarsäfle.  Günther  918;  der 
edlen  traube  feuergeist.  Seumes  werke  1835  s.  581;  der  edle 
most  vom  Rhingau.  Gökingk  3, 157 ;  edler  wein,  ein  edles 
getrünk,  Voss  sagt  edlen  rum  brauen,  das  edle  wasscr, 
a^KjTOV  fiiv  vSa>Q,  doch  auch  gebrannte,  köstliche  wasser 
werden  edle  genannt,  der  luft  ist  fast  edel  und  gut.  Frank 
wellb.  197';  edle  metalle.  am  häufigsten  steht  edel  bei  gestein, 
wovon  die  hernach  aufgeführten  Zusammensetzungen  zeugen  : 

was  macht  die  edlen  stein  und  klare  perlen  werth» 
ihr  werth  nicht,  sondern  das,  dasz  man  sie  so  begehrt. 
LoCAU  2,76,90; 

ich  sage,  dasz  ihm  das  am  allermeisten  schmerzet, 
dasz  er  den  edlen  ring  so  mislich  hat  verscherzet. 
Werdkrs  Ar.  11, 14  ; 

es  ist  gold  und  viel  perlen,  aber  ein  vernünftiger  mund  ist 
ein  edel  kleinod.    spr.  Sal.  20, 15. 

Die  edlen  theile  des  leibs,  les  parties  nobles:  die  krank- 
heit  wirft  sich  auf  die  edlen  theile,  kein  edler  theil  ist  ver- 
letzt : 

gerettet  sind  die  edlen  teufelstheilc, 

der  liebespuk  er  wirft  sich  auf  die  haut.    Götbe  41,  331; 

ich  hatte  schon  den  eilenbogen  angesetzt,  ihr  die  übrig  ge- 
bliebnen  wenigen  edeln  vollends  in  den  mastdarm  zu  stoszen. 
Schiller  118*. 

edle  speise;  rockenkleien  ist  ein  edel  futter  vor  die  esel. 
Tabern.  587 ;  rockenkorn  ein  edle  mastung  vor  die  schwein. 
ebend. 

endlich  bei  abstracten  Vorstellungen  oder  zuständen :  es  ist 
ein  recht  edles  stücklein.  Luther  3, 161 ;  die  edle  musica ; 
die  edle  kunst  der  druckerei ;  die  edle  Jägerei,  die  edle  jäger- 
schaft. J.  P.  Hesp.  2,  69.  hier  nun  konnte  die  edle  dichtkunst 
abermals  ihre  heilenden  kräfte  erweisen.  Göthe  22,  90 ;  den 
künstler  zu  loben,  welcher  hierüber  forschend  und  nachden- 
kend einen  theil  seiner  edlen  zeit  anwendet.   44, 164 ; 

den  edlen  müszi^rgang  lehr  ich  hernach  dich  schätzen. 

12,132; 

die  Staaten  sehen  sich  gedrungen  den  edlen  frieden  zu  be- 
fördern. Kant  5,  443 ;  das  edle  grausen,  welches  die  beschrei- 
bung  einer  gänzlichen  einsamkeit  einllöszen  kann.  7,  381. 

EDEL,  adv.  ingenue,  llberaliter :  edel  geboren,  edel  er- 
zogen, edel  entsprossen,  wo  sich  doch  auch  edel  als  nom. 
adj.  cerlheidigen  liesze,  man  pflegt  beide  Wörter  an  einander 
tu  rücken;  er  bat  frei  und  edel  gesprochen;  edel  gehandelt, 
gedacht. 

EDELBEWEGT:  edelbewegte,  plastische  darstellung.  Göthk. 

EDELBLHTIG,  generosus, 

EDELDENKEND.    Ki.inger  11,199. 

EDELDISTEL,  f.  eryngium  alpinum. 

EDELIlHEIST:  su  edeldreist  und  erliiib<>n.   HüRntiR  lü,  it)7. 

EDKLESCIIE,  f.  fraxinus  elatior. 

EDELEHZ,  71.  gold-  und  tilberhaltiges. 

EDELFALKE,  m.  falco  gentitis: 

bin  ich  nicht  an  handen  feit, 
edelfalk  der  koniginf    Kückert  362. 

FOF'  FV'M.E,  f  putredo  uvarum:  unsere  ricslinglrauben 
L  j.ilir  den  börlisten  grad  der  reife  und  dann  eine 

«•'1'  •  icht,  woiliiich  nie  olle  andern  trauben  ilbcrragen, 

10  wird  aui  den  Hheinj/au  gesehrieben  für  die  Frankfurter 
didatkalia  \Hi9  n*  323  i.  4. 

EDELFEST:  der  edelfeile  redliche,  edeifcst  rar  eine  alte 
anrede. 


LDELKK.\U,  f.  femina  nobilis,  besilierin  eines  gutes: 

die  edelflrau  ist  zart  und  fein, 

mein  mensch  ist  wol  so  schön: 

sollt  ich  nur  ihr  leibeigner  sein, 

den  dienst  wollt  ich  versehn.    Haoioor.'«  3, 76 ; 

und  mit  erstaunen  und  mit  grauen 

Sehens  die  riticr  und  edelfrauen.    Schili.rr  70'. 

EDELFR.\ULEIN,  n.  puella  nobilis. 

EDELGAM.\NDEK,  m.   teucrium  chamaedris. 

EDELGEBOREN,  nobili  loco  natus:  was  einem  edelgebor- 
nen  menschen  dus  entsetzlichste  ist,  schände.  Wielano  15,205. 
höchst  seltsam  scheint:  edelgeporn  oder  teufelssun,  prillus  bei 
DiEFENBACH  459'  aus  dem  voc.  theut.  1482  f6';  teufelskind 
it'or  ehmals  beiname  edler  geschlechter,  z.  b.  filii  tiufelonis. 
MB.  12,  85.  87. 

EDELGESINDEL,  n.  turba  nobilis: 

weg,  edelgcsindel,  pfui,  stinkest  mir  an! 

du  stinkest  nach  sirukender  holTart  mir  an.    Borger  35V 

EDELGESINNT,  liberalis. 

EDELGESITTET,  generosus.  i.  E.  Schlegel  3,220. 
EDELGESTELN,  n.  lapis  preliosus,  gemma,  mhd.  getrennt 
edel  gesteine.  JMS.  1,  l';  die  nhd.  Zusammensetzung  Aa<  Dasyp. 
318',  voll  edelgesteins,  gcmmosus;  das  edelgcslein.  Serranus 
synonym,  libell.  54';  vil  golds  und  edelgestcine.  l  kön.  10,2: 
edelgesteine  und  marmelsteine.  1  chron.  30,  2 ;  würze  und 
edelgestcine.    i  chron.  9,9; 

eins  edelgesteins  wird  er  gewar.    Alierus  16; 
die  frucht,  so  ich  vom  edelgstein 
empfangen  mög,  ist  warlich  klein.    16'; 
ja  fand  ich  tausend  edelgestein, 
ich  acht  sie  allzumal  gar  klein,    ebenda; 

ein  tulband  voller  edelgesteine.  pers.  baumg.  4,  5;  rocke 
güldenstück,  mit  groszen  perlen  und  edelgesteinen  breit  ge- 
sticket, pers.  reiset.  1,  9,  gleich  edelstein  männlich  gebraucht, 
denn  es  heiszt:  ein  grober  harter  stein  vermag  wol  einen 
zarten  edelgestein  entzwei  zu  schlagen,  pers.  rosenth.  8,  72 ; 
wenn  ein  edelgestein  schon  in  den  koth  fallt,  bleibt  er  doch 
edel.  8,75;  ist  die  einfassung  nicht  gut,  so  ändere  man  sie 
und  iiutze  den  edelgestein  seiner  lehre.    Herder  9, 132 ; 

auszen  stand  ein  edelgestein,  ein  heller  karfuukel. 
GöTBB  40,  168. 

EDELGESTEINEN,  gemmeus:  der  pabst,  welcher  mit  seiner 
dreifachen  krön  auf  einem  güldenen  thron  von  ihrer  12  ge- 
tragen wurde,  unter  einem  edelgesteinen  himmel,  von  7  car- 
dinälen  erhaben.    Otho  krankentrost  417. 

EDELGESTEINER,  m.  gemmarius.    Fortunat  Lv. 

EDELGESTEINKRAUT,  n.  verbascum  blattaria. 

EDELGEWÄCHS,  n.  wo  sind  denn  absenker  dieser  edel- 
gewüchse  besser  gediehen?   Thümmel  reise  6,302. 

EDELH.\UT,  f.  cutis  nobilis: 

edellcuie  schinden  bauern,  Schreiber  schinden  edelleuie, 
Schreibern  kuminen,  wie  den  gerbern,  buuer  und  auch  edelheuia. 

LocAU  3,  17,  72. 
EDELHEIT,  f.  nobilitas: 

gebrach  dir  ein  geblüie, 

ein  stand  der  edelheit?    Opitz  2, 120. 

EDELHERZIG,  generosus. 

EDELHIRSCH,  m.  cervus  elaphus. 

EDELHOF,  m.  villa  alicujus  nobilit:  wir  ziehen  auf  den 
edelhof  und  stellen  den  edelmann  zur  rede.  GOthb  14,  279  ; 
auf  edelhöfen  und  in  dörfcrn.    19, 119. 

EDELHOTZEL,  f  pomum  duratum:  halbgebackene  edel- 
bulzel.    tröddfrau  \ÜS1  s.  1. 

EPELING,  ni.  t'ir  nubili  genere  naius,  ahd.  edilinc,  mhJ. 
edelinc,  ags.  ädeling,  altn.  ödlingr:  die  edlinge  im  colmischen 
lande  und  die  von  Thorn  waren  zum  Colra  beieinander. 
Waisselius  chronica.  Königsb.  1590.  bl.  143.  ein  scliönes,  durch 
edelmann  verdrängtes  worl.  noch  Maaler  96'  edling,  Jüngling 
von  edlem  l)lut  hür. 

EDELKAMII.LE,  f.  pffrethrum  partkium. 

FltELKEIT,  f  nobihtds.  s.  edelheit: 

die  i!<i  din  vonlrfl.^t  und  tlif  linst 

nn  cijulchoil  mit  ganzer  vesi.    ring  'JJt*,  3S. 

EDELKIND,  n.  puer  nobilis,  in  alten  vocab.  caroillus 
{anliqui  ministros  camillos  dieebant,  alit  dieunl  omnet  pueros 
camillos  appellatos).  Difpenrach  93*.  J.  I'aul  sagt:  der  adel 
icbeokt  in  seiner  Jugend  der  well  fast  nur  bürgerliche  und 
sparMm  ent  später  in  der  »Im  eins  und  das  ander«  fdel- 
kiod. 


29 


EDELKNABE  —  EDELSTEIN 


EDELSTEINER —EDENISGH 


30 


EDELR>JABE,  m.  puer  nobilis. 

EDELKNECHT,  m.  minister  nobilis,  nondum  eques  .- 

ein  junger  edelknecht 
wird  jetzt  zum  erstenmal  beiracliienswerth  geschntzt. 
WiKiASD  Oberon  6,  57. 

Helbling  3,  297.  8,  31  edel  knebt 

EDELKREBS,  m.   der  im  kochen  schwärzlich  bleibt. 
EDELLEHEN,  n,  feudum  nobile:   aas  dem  sechsten  theile 
des  kaufpreises  der  edellehen.   Stolberg  6,  213. 
EDELLEUTE,  pl.  viri  nobiles: 

ich  main,  ir  seit  gewest  pei  edelleuten, 

die  wol  küniien  halsen  und  treuien, 

ir  ihut  keim  paur  nimer  gut.    fastn.  sp.  569,  16 ; 

an  hof  kamen  nur  edelleute,  keine  bürgerliche. 

EDELLOS,    10«    einem   frei    sich    anschmiegenden  gctcand: 
keine  steife  leinwand,  alles  so  lecker  und  edellose  und  doch 
anprobiert,  wie  auf  den  leib  gegossen.  Hippel  lebensl.  4,  436. 
EDELLCGEND : 

des  Talers  tückc 
teuschte  edellügend  die  Jungfrau.    Stolberc  5,  210. 

EDELMANN,  m.  vir  nobilis,  gentiluümo,  gentilhombre,  gen- 
tilhomme,  gentleman,  ehedem  noch  oft  vom  ritter  unterschieden, 
z.b.  tveisth.  1,495,  der  ritter  kommt  selbdritt,  der  edelmann 
selbander  zu  gericht.  Cain  weil  er  der  erstgebome  war  von 
ratter  und  muter  und  der  erste  edelmann,  da  Adam  hacket 
und  Eva  spann.  Mathesics  S2';  ein  bauer  kann  besser  ein 
edelmann  werden  als  ein  edelmann  ein  bauer,  aber  wie  Adam 
(hackt)  und  Eva  spann,  wer  war  allda  ein  edelmann?  Leh- 
mann 157.  noch  spät  schrieb  man  dem  bauer  hölzerne,  dem 
edelmann  zinnerne  teller  zu,  eines  trabanfen  maul  sei  so  ge- 
wesen (schneidet  einer  auf),  dasz  man  ein  ganz  dufzend  zin- 
nerne edelmanns  teller  hinein  werfen  können,  dasz  keiner  an 
den  andern  gestoszen,  viel  weniger  geklappert,  pol.  cvlica  245. 
wäre  ich  ein  edelmann,  so  wäre  unser  streit  bald  abgetban, 
da  ich  aber  nur  ein  bürger  bin,  so  musz  ich  einen  eignen 
weg  nehmen.    Göthe  19, 151. 

EDELMÄNNISCH  drückt  noch  bestimmter  als  adellich  die 
besonderheit  des  edelmannes  aus:  das  faustrecht  war  ein  edel- 
männisches ;  versprechen  ist  edelmännisch,  halten  ist  bäurisch. 
in  gutem  sinn :  das  war  noch  männlich  gesprochen  und  edel- 
männisch, yentlenianly. 

EDELMARDER,  m.  mustela  martes,  baummarder.  Brockes 
6,  238  schreibt  edelmarter. 

EDELMÄSZIG,  quod  nobilem  decet:  demnach  waren  die 
panschen  an  den  ärmelin  auch  edelmeszig  dazu.    Garg.  136'. 

EDELMUT,  «1.  animus  nobilis. 

EDELMÜTIG,  ingenuus,  liberalis : 

Judas,  du  weinest  vor  gram  und  edelmiuigem  zorne. 

Messias  3,  623 ; 
vorwärts,  edelniülge  Troer!    Borger  221'. 

EDELN,  generosius  reddere,  veredlen,  unterschieden  von  adeln, 
nobilitare,  doch  s.  mhd.  wb.  1, 9*, 

ein  anwachs  unsres  menscbheit 
edelnden  hains,  der  Verpflanzung  würdig.    Voss  3,  95; 
wie  gölter  einst  zu  menschen  niederstiegen, 
so  edle  sich  die  menschheit  göttergleich.    Herder  19,10. 

EDELPERLE,  f.  margarita. 

EDELRAUTE,  f.  senecio  incanus  {d.  i.  valde  canus),  duf- 
tende alpenblume,  Tiroler  hirten  tcol  bekannt,     s.  edelweisz. 

EDELROSE,  /.  bei  Fischart  groszm.  130  Verdeutschung  von 
rosenobel.  bei  Rabelais  noble  ä  la  rose. 

EDELSASZE,  m.  incola  nobilis,  adlicher  landsasze. 

EDELS.ÄSZISCH,  edelmännisch:  jedoch  gefiel  ihm  viel  besser 
die  edelsessischc  weis  de  virtute  in  virtulem,  von  eim  schlamp 
zu  dem  andern,  ein  tag  fünfmal  gezehrt  und  ausgelert.  Garg. 
44*.     oder  meint  Fischart  sächsische  weise? 

EDELSINN,  m.  animus  ingenuus: 

alle  lobten 
den  edelsinn  des  grafen  Siegefried.    Tirck  2,  85. 

EDELSINNIG. 

EDELSITZ,  m.  was  edelbof:  zündete  den  edelsitz  an. 
Jucundiss.  138 ;  gerade  in  der  mitte  des  bauptthals  auf  einer 
anhöbe  steht  mein  edelsitz,  am  fusz  eines  bergs,  von  dessen 
spitze  man  eine  trefliche  aussieht  beinahe  über  das  ganze 
land  genieszt.    der  arme  mann  tm  T.  215. 

EDELSTEIN,  m.  gemma,  der  alten  spräche  fremd,  wir  kön- 
nen nicht  ersehen,  wie  1  Cor.  3, 12  Xi&ovs  xiftiovt  gothisch 
lautete,    vielleicht  airknans   stoinans  oder  airkaastainans,    da 


sich  ags.  eorcanstan  darbietet,  airkns  aber  yvr.aioi,  ahd. 
erchan  germanus,  was  zu  edili  stimmen  würde;  dieser  eorcan- 
stan, altn.  iarknasteinn  war  unserm  heidenthum  ein  keiliger 
stein  {mythol.  1167).  Ädelstdn,  ags.  eigenname,  mag  weniger 
edelstein,  als  edler  fels  ausdrücken,  denn  nirgend  steht  ädel- 
stäa  für  gemma,  allen  übrigen  mundarlen  ist  ein  solcher  manns- 
name  unbekannt,  mhd.  erscheint,  wie  edel  gesteine,  auch 
edel  stein  unterbunden 

ja  lühte  ir  von  ir  waete  vil  manic  edel  stein.    Sib.  281,  1, 

erst  in  Boners  prolog  edelstein  als  compositum,  nhd.  wird  es 
häufig,  kamele,  die  würze  und  golds  die  menge  trugen  und 
edelsteine.  2  chron.  9, 1 ;  wer  zu  schenken  hat  dem  ists  wie 
ein  edelstein.  spr.  Salom.  17,  8;  edelstein  und  gold.  Ez.  27,22  : 
gold,  Silber,  edelsteine,  holz,  l  Cor.  3, 12 ;  doch  schwankt  Luther 
zwischen  edelgestein,  edelstein  und  getrenntem  edeV  stein. 
allmdlich  herschte  die  Zusammensetzung  vor.  der  nl.  spräche 
bleibt  edelsten  gleichfalls  unüblich,  sie  sagt  daßr  juweel  wie 
die  engl,  jewel.  das  schwed.  dän.  ädelsten  ist  wieder  ein 
lehnwort. 

EDELSTEEVER,  «i.  gemmarius,  wie  edelgesteiner :  edel- 
steiner. nonnentröster.    Fischabt  groszm.  82. 

EDELSTEINERN,  gemmeus:  edelsleinerner  hausrat.  Horaxens 
episteln  von  Wieland.  Dessau  1782  1, 125 ;  was  steht  nicht  noch 
für  goldnes,  edelsteinernes  glück  ofifen.   J.  P.  Tit.  5,  26. 

EDELSTEINHÄNDLER,  m. 

EDELSTEINSCHLEIFER,  m. 

EDELSTEINWIRKER,  m.  gemmarius.   DiEFEXBiCH  259*. 

EDELSTOLZ:  der  edelstolze  mann.  Göri^g«  1,93;  der 
edelstolze  mut  der  lugend.    3,  8. 

EDELTANNE,  f  pinus  picea. 

EDELTHAT,  f 

an  seine  grösze  denkt,  an  seine  milde, 

an  alle  ed'elihaten  seines  lebens.    Schillir  392*; 

versöhnest  dir  durch  neue  edelthat 
die  herzen  meines  volks.    601*; 

wann  zur  erntezeit  der  saaten, 

da  das  kern  geworfelt  wird, 

ausgestreuter  edelthaten 

reine  frucht  im  siebe  schwirrt.    Bcjrger  12". 

EDELTOCHTER,  f.  filia  nobilis. 

EDELüNGEDULDIG  :  hinter  ihr  steht  Herkules,  edclunge- 
duldig,  eine  kleine  schale  hinhaltend.    Stolberg  7,  207. 
EDELVOGTEl,  /.  praefeclura  nobilis.    Moser  1,  243. 
EDELVOLK,  fl.  turba  nobiiis: 

vernimm,  Pervome,  wir  sind  feen. 

Pervonte  guckt  und  brummt  bei  sich:  ei,  ei! 

um  dieses  edelvolkl    Wiela.no  18,  107. 

EDELWEISZ,  fl.  was  edehraute,  füago  leontopodium.  Schmel- 

LEB    1,  28. 

EDELWEISZKRANZ,  m. 
EDELWILD,  n.  fera  nobilis,  vgl.  edelhirsch. 
EDELWITWE,   /".   vidua  no&i/i's.-     einsame   edelwitwe   auf 
einem  bergschlosz.   J.  P.  Tit.  3, 154 
EDEN,  m.  und  n.  paradisus: 

er  war  der  söhnungsraih,  als  Evens  apfeibisz 

uns  ümb  den  eden  bracht  und  in  disz  elend  stiesz. 

FLEMINGS; 

drum  hat  der  vater  schon  allhier 
ein  eden  ausgegeben.    Stolbirc; 
keine  beere  will  er  pflücken, 
wie  so  lockend  sie  auch  glüht, 
nicht  ein  bliimchen  nur  zerknicken, 
das  in  diesem  eden  blüht.    Bürger  45': 
in  edens  schönster  laube 
besehgt  liebe  dich.    S'; 

auf  den  silbergrund,  den  der  mond  auf  deiaem  weg  anlegt, 
mahle  deine  seele  das  verlorne  eden  der  Jugend.  J.  P.  uns. 
löge  2,  67. 

EDENDUFT,  m.  odor  paradisi :  ein  solcher  edenduft  wallet 
um  folgenden  träum.    3,  SS. 

EDENGARTEN,  m.  /jor(ui  paradisi:  wenn  ein  leser  Klop- 
slocks,  Herders,  Schillers  auf  einmal  aus  ihren  biinmelfreien 
edengärten  auf  den  sklaveninarktplatz  neuerer  Schreiber  ein- 
tritt.   J.  P.  dämm.  43.     GO.>THEi»  1060  sclireibt:  edens  garten. 

EDENISCH,  paradisiacus,  edenisch  betont: 

unter  edenischer  bäum  umschattungen  lehrt  sie  anjeiz«, 
sonst  nur  der  engel  geschufL  Voss  3,  64; 

lüfte  der  nacht  webn.    o  geusz  mir  cdcnische 
irauoierquickung,  svbluiuoier,  herab.    Ovstitct  verm,  ged.  9 


31 


EDENNACHT  — EFER 


EFERN  — EGDES 


32 


EDENNACHT,  f.  nox  paradisiaca:  und  jetzo  stand  diese 
edennacht  mit  allen  um  sie  Längenden  hlülen  und  Sternen 
vor  mir.   J.  P.  Uesp.  3,  234. 

EDENTHOR,  »i.  porla  paradisi:  die  einfältigen  scliildwa- 
chcn  und  Schweizer  von  engein  vor  dem  edenthor.  i.  P. 
aesth.  2,107. 

EDERDON,  was  eiderdaun,  pluma  anatum  mollissima,  altn. 
edrd6n,  dän.  ederduun,  franz.  edredon : 

so  lang  ihr  zartes  feil  auf  flaum  und  ederdon  ruht. 
Wieland  4,  77. 

EDERLEIN,  n.  venula,  was  äderlein :  damit  die  leut  ir  kraft 
in  der  Schüssel  und  schalen  suchten  und  ein  gut  biszlcin 
das  ederlein  erwecket  und  erreget,  wie  noch  das  Sprichwort 
lautet.    Matiiesiüs  10". 

EDERN,  was  ädern,  enervarc:  so  wil  ich  mich  edern  und 
redern  lassen.  Ldtuer  5, 83' ;  io  der  eins  etwan  edert,  es 
kund  nit  wissen  oder  gesagen  was  im  wer  oder  gebrest. 
Keisersb.  bilger  62' ;  io  der  einen  solchen  menschen  darumb 
edert,  das  er  sagen  sol  was  im  gebrest,  so  künd  er  es  nit 
gesagen  was  im  wer,  oder  aber  er  wil  es  nit  sagen.  87'; 
also  besprützet,  wie  einer  den  man  edert  oder  aufs  rad 
stöszt.    Mathesios  74*; 

du  unflai,  das  ich  dich  seit  ederu !    H.  Sachs  III.  3,  13; 
man  dörfl  uns  schinden  und  edern.    Ayuer  14*. 

EDMEN,  siccare,  in  der  luß  trocknen,  wie  transitives  alhmen 
1, 594 :  da  hat  der  silberbrenner  seine  zugerichte  teste  von 
asch  und  pein  hart  gestoszen  und  geedmet  und  abgederret. 
Mathesics  150".     s.  abäthmen. 

EDRICH,  ni.  rumcn,  ahd.  itaruh,  ags.  edroc  drückte  aus 
wiederkäuen,  Alberus  verdeutscht  damit  orexis,  appetitus,  eszbc- 
gierde  und  das  wiederkäuende  thier  iszt  mit  neuer  lust.  orexis 
ist  bei  DiEFENBACH  400  vomilus,  was  sick  gleichfalls  zutn 
wiederkäuen  halten  liesze. 

EE,  sollte  vihd.  ahd.  e,  folglich  gothisches  ai  ausdrücken, 
hat  sich  aber  dafür  nur  in  den  auslauten  klee,  schnec,  see 
und  in  seele  behauptet,  ist  dagegen  sonst  durch  gedehntes  eh 
vertreten:  eh,  reh,  weh,  ehe,  zehe,  gehn,  stehn,  ehre,  hehr, 
kehren,  lehren,  mehr,  sehr,  umgedreht  wird  es  misbraucht 
für  ursprünglich  kurzes  e  in  beere,  beer,  meer  (s.  oben  sp.  4) 
und  für  langes  an  in  leer.  Maaler  schrieb  noch  richtig  ee^ 
eere,  leeren  «.  s.  w. 

Im  blöken  der  Idmmer  findet  man  die  laute  bee  oder  bä 
(1, 1055),  also  ein  ee  oder  ä,  nicht  kurzes  e  (oben  sp.  3).  viel- 
leicht darf  hier  angeführt  werden,  dasz  man  neugeborne  knaben 
a,  mädchen  e  schreien  liesz,  mit  anspielung  auf  die  namen 
Adam  und  Eva :  der  mensch  sobald  der  geboren  wird  beklagt 
die  natur  und  die  ersten  eitern  Adam  und  Evam,  ist  es  ein 
knab,  so  schreit  er  a,  ein  meidlin  e.   Albr.  von  Eybe  42'; 

weil  schwarzes  ihr  nun  meint,  und  weiszes  dennoch  nennet, 
so  sei  euch,  merket  drauf,  zur  strafe  zuerkennet, 
dasz  wenn  ihr  meint  es  soll  das  erst  ein  söhnlein  sein, 
so  wird  es  e  e  e,  wie  mutter  Eva  schrein.    Logau  1,  1,  23, 

EER,  prius.    s.  eher. 
EER,  EERE,  f.  honor.    s.  ehre. 
EEREN,  arare,  s.  ähren,  ehren. 
EEREN,  honorare,  $.  ehren. 
EFEL,  Vi.  nepos,  nefjfe: 

basen,  votier,  efel,  frciud.    Weckherlin  562. 

in  neCTe  itt  mir  sonst  keine  aphaeresis  des  anlauts  vorgekom- 
men, wie  sie  anderwärts  erscheint,  z.  b.  in  ebeger,  cber  für 
nabeg6r,  näher  bohrer,  Assau  für  Nassau,  doch  hat  auch  das 
auslautende  1  etwas  seltsames,  da  wol  niftel,  kein  nevel,  nefel 
für  ncve,  nefife  gilt,  das  wart  verlangt  also  bestätigung.  bei 
Stald.  1,  336  ist  echi  multerbnider,  vgl.  ehni. 

EFER,  aeer,  acerbus,  ahd.  eipar,  eivar  (Gra»f  1, 100),  dem- 
nach mit  langem  6  auszusprechen :  wie  aber  erd  oder  asche 
und  das  fette  und  efcre  wasser  zu  einer  guhr  vermenget  und 
tcmperirt  werde,  das  weisz  gott  allein,  sagt  Pantel.  Matiie- 
siüs 3o'  (2t)*) ;  haben  die  Juden  neben  underm  tauchen  in 
flieHzendem  wasser  »ich  in  salpetcriauge  gebadet  und  zu  ihrem 
peuchen  und  picichen  efere  und  »cherfere  lauge  haben  müs- 
sen. 119*  dos');  denn  wo  süsz  wasser  auf  efere  asch,  erde, 
kalcli  oder  melalliHcli«'ii  Heften  Htchel,  da  nimpt  e^t  derselben 
malcne  schcif  und  efrigkeit  an  sich.  UO'  (lO'i*);  er  {der  ab- 
treiber}  musz  aber  gut  acht  daraut  geben,  dob  der  herd  fleiszig 
abgewemict  und  nicht«  feuchtes  im  gestüb  bleib«  uder  da« 
diu  ascbe  nil  zu  cfer  «ei.   149*.     s.  «siTer 


EFERN,  i7erüre,  replicare,  gannire,  widersprechen,  tanken, 
nicht  zum  vorausgehenden  efcr  gehörig,  sondern  das  ahd.  avarön, 
wofür  bereits  äfern  1,  181. 182  angezogen  wurde :  efferen  oder 
wider  efifereu  oder  aber  widersprechen,  replicare.  voc.  Iheut. 
1482  fe*;  ich  efer,  oblatro,  gannio.  Alberus  diel.  Tt;  wer  die 
Sache  evert,  der  macht  fürsten  uneins.  spr.  Salom.  17,  9 ;  diese 
nachfolgent  antwurt,  die  dan  von  kurze  wegen  ...  an  allen 
orten  furgemelt,  repetiert  und  wider  geefert  sol  gehalten  wer- 
den. Heccolin  ou^cHJsp.  4';  protestationen  und  fürworten,  die 
ich  uf  alle  rede  hernach  vollende  repetiert  gedacht  und  geefert 
wil  haben.  32';  das  keiner  keinen  allen  hasz  oder  neid  rechen 
wolle,  nichts  effern  oder  meuterei  anrichten.  Reutter  kriegs- 
ordn.  66. 

EFEU,  m.  hedera,  s.  epheu. 

EFFECT,  ff»,  nach  dem  franz.  effet,  wird  auch  von  guten 
Schriftstellern  sehr  mit  unrecht  unscrni  erfolg,  Wirkung  oder 
andern  ausdrücken  vorgezogen:  beide  stücke  hatten  den  er- 
staunlichsten effcct  gethan.  Wieland  19,  250 ;  August  betrach- 
tete seine  tochter  als  einen  effect,  den  er  mit  möglichstem 
vortheil  zu  negociieren  suchte.  24, 132 ;  da  musz  ich  sie  noch 
ein  kunstwort  lehren,  mit  dem  weit  zu  reichen  ist.  wenn  sie 
etwas  erblicken,  es  sei  was  es  wolle,  sehn  sie  es  steif  an 
und  rufen,  ach  was  das  für  einen  effect  auf  mich  macht! 
halten  sie  sich  aber  nur  ans  allgemeine,  ach  was  das  für 
einen  besondern  effect  auf  mich  macht  «.  s.  w.    Göthe  14,  23. 

EFFEN,  was  äffen  1, 183 :  wenn  er  dein  bedarf,  kan  er 
dich  fein  effen.  Sirach  13,  7 ;  noch  haben  sie  mit  solchen  iren 
larven  die  fürsten  und  den  feinen  man  keiser  Sigmund  ge- 
nerret  und  geeffet.    Luther  6,320*; 

wie  wenn  ir  aber  mich  wolt  effen 

und  thet  der  schalk  den  lecker  treffen.    Atrer  fastn.  sp.  102'. 

EFFISCH,  was  äffisch  1, 184 :  seine  brief  waren  mit  gre- 
kischer  seiden  ausgenehet,  mit  hebräischem  harras  verbremet 
und  aus  allen  vocabularien  mit  wasserperlin  geschminket,  im 
grund  war  es  eitel  leppisch,  effisch  und  kindisch  namwerk. 
Alberus  wider  Jörg  Witzeln.  G  8*. 

EFLING,  f.  morbus  quidam,  vgl.  afel  1, 181 : 

wann  der  baur  vil  krankhait  hot, 

vorausz  ain,  die  baist  darmvol, 

die  hat  er  gegessen  an  eim  aicben  kol. 

die  ander  haist  die  efling, 

die  hat  er  gössen  an  esterling.    fastn.  sp.  684,  23. 

EFRIGKEIT,  f.  acriludo.  s.  unter  efer  die  stelle  aus  Ma- 
thesius  119'. 

EGAL,  aequalis,  franz.  egal,  ein  sehr  ins  volk  gedrungnes 
wort:  die  pfcrde  sind  nicht  egal,  passen  niefit  zusammen; 
egale  kleider;  ich  wollte  jedem  zu  seinem  rocke  egales  futter 
geben,  aber  ich  sehe  wol,  euer  geschmack  ist  bunt.  Les- 
siNC häufig,  das  ist  mir  egal,  einerlei,  gleichgültig,  ber- 
linisch engal. 

EGARTE,  s.  egert,  egerte. 

EGDE,  f.  occa,  crates  dcnlata,  ahd.  egida,  ekida  (Grafk 
1, 112),  mhd.  egede,  cide  (Diefenbach  «?i/er  erpica  und  sarpa), 
ags.  egede,  egde,  aus  welchen  allen  ein  goth.  agi{)a  folgen 
würde,  von  agjan  quatere,  pungere?  weil  das  werkxeug  die 
erde  rührt,  so  dasz  a6Ja=  ecke  verwandt  erschiene?  zusehends 
entspricht  auch  occa  dem  acies.  es  scheint,  dasz  man  scharfe 
dörner  in  die  egge  flocht:  und  sol  der  selb  forster  dem  raeier 
und  sinen  knechten  die  egdun  helfen  dürncn.  weisth.  1,  308, 
kaum  wäre  hier  egde  das  geeggte  land?;  und  sol  der  wec 
alse  wit  sin,  das  ein  egide  vollen  wit  han  muge  us  und  in 
ze  varende.  1,  665 ;  oder  aber  man  kan  solche  gemelte  erd- 
schollen  mit  einer  guten  scharfen  egde,  mit  vil  langen  eise- 
rinen  zacken  pemachl,  zerschleifen  lassen.  Sbbiz  489.  lebendig 
lautet  der  mhd.  spnich: 

allej  herren,  sprach  der  vrosch, 
gi«  diu  cidü  über  in.    IUlbl.  1,  539, 

als  die  spitzen  oder  dörner  über  das  thier  gehn,  nennt  es  sie 
die  gewaltigen  herren.     s.  egc  und  egge. 

EGDEROS,  n.  equus  erpicarius  d.  i.  irpicarius  von  Wpex, 
rastrtim.  Diefenbach  208*.    ahd.  einfacher  egidiri  ((Jraff  1,112). 

EGDES,  EGDESSE,  f  lacerla,  flftrf.  egidt'hsa  (Grafk  t,  129), 
mhd.  egedfthse,  c^'döhs  Konh.  von  Mec.enb.  274,  nhd.  eidechsc. 
DiKFENB.  314',  nnl.  baagdis,  hagedis  für  agedis,  ags.  ddexc. 
da  dl'bsan  schwingen  heisit,  köniUt  das  schlanke,  muntere, 
raschelnde  Ihterchen,  die  lacerta  agilis,  von  ngi,  egi  motus 
siiHtus  (btyan  movere)  und  dChsan  genannt  sein  und  hier  kiUten 
vir  den  Ubendtytten  Ihtcmdmen, 


33 


EGE  — EGELMEIER 


EGELN— EGERT 


34 


EGE,  f.  occa.    s.  egde,  egge.  Serrascs  qS*. 

was  heur  von  meiden  ist  uberbliben  und  yerlegen, 
die  sein  gespant  in  den  pDug  und  in  die  egen. 
fastn.  sp.  247,  7. 

EGEBITZ,  was  ebitz,  arulla,  griebs,  bulze. 

EGEL,  f.  hirudo,  ahd.  egalä.  sanguisuga,  ,egele.  Diefenb. 
27»':  die  egel  hat  ainen  dreieckoten  munt,  darumb  macht  sie 
ein  dreieckot  wunden.  K.  von  Mecenb.  307,  4 ;  si  sind  auch  ge- 
leich ainem  blutsauger,  aiin  (/.  ainr)  egel,  die  das  blut  nit 
von  ir  gibt  man  reib  si  dann  mit  neszlen  in  der  sunnen. 
Keisersb.  seh.  der  penit.  109*;  die  eigel  (so)  hat  zwo  töchter, 
bring  her,  bring  her,  vulg.  sanguisugae  duae  sunt  filiae  dicen- 
tes  affer,  affer.  spr.  Sal.  30,15;  fabel  von  der  omeiszen  und 
egel  .  .  sprach  zu  der  egel.  Cyrillus  64' ;  bist  ein  rechter 
blStzapfe,  ein  ägel,  der  (/.  die)  der  armen  blüt  und  schweisz 
aussauget,  nit  nachlaszt  bisz  sie  vol  bluts  ist.  Pelr.  83'; 
wann  ein  rind  oder  ein  ander  thier  ein  ägel  verschluckt  im 
trinken,  so  zerknitsch  ein  wandlaus  und  giebs  dem  thier  zu 
riechen,  von  stundan  schüttet  es  die  ägel  von  im.  Herr  feld- 
bau  IIS";  so  ein  thier  eine  egel  in  dem  saufen  mit  hinein 
schlinget.  Zechexdorfer  2.  36 ;  grosze  herren  haben  viel  egeln, 
die  ihn  anhangen  und  ihr  blut  saugen.  Lehmann  21 ;  wer  sich 
nicht  weisz  anzuhenken  wie  ein  egel  an  die  haut.  89;  keine 
egel  so  blutdürstig  als  die  tyrannen.  Lohe.nst.  Arm.  1, 434. 
später  nahm  das  wort,  weil  man  es  mit  igei  erinaceus  ver- 
wechselte, oß  ein  i  und  männliches  gesehlecht  an.  s.  blut- 
egel,  blutigel,  auch  nnl.  echel  m.  der  egel  läszt  nicht  ab, 
er  sei  denn  blutes  voll.   Simrock  1775; 

Wetter,  du  saugst  wie  ein  egel.'  zu  viel  auch  des  guten  ist 

schädlich.      Voss  2,  262; 
der  kaiser  war  nicht  arm,  wenn  nicht  so  viel 
blutigel  saugten  an  dem  mark  des  landes.  Schilleb  33-3*. 

EGEL,  m.  ericius  erinaceus,  ßr  igel,  ahd.  igil,  ags.  igil, 
altn.  iguU,  welche  formen  eigentlich  kein  5  aus  i  hervorrufen, 
belege  ßr  egel  gibt  Diefexb.  207'  und  auch  nnl.  gilt  egel. 
weil  der  igel  etwas  possiges,  lustiges  an  sich  hat,  drücJite  man 
damit  auch  grillen  und  schwanke  aus: 

ich  heb  gar  ein  sellzamen  köpf, 

vil  egel  trag  ich  in  dem  schöpf.    H.  Sachs  II.  2,  9*; 

treibt  so  seltzam  egel  und  grillen.    III.  3,  43*, 
kaum   ists  vom  folgenden  egel  festuca  entnommen;    man  sehe 
eglisch  und  die  Zusammensetzungen  schlafegel  ßr  langschläfer 
und  Schweinegel,     verwandt  ist  lit.  eiys,  Schweinigel. 

EGEL,  f.  aristo,  palea,  festuca,  mit  e,  nicht  6,  ags.  egle 
arisla,  pl.  eglan,  vgl.  den  altn.  mannsnamen  Egill  dat.  Agli, 
auch  ahd.  agaleia  rhamnus,  aglei  (1, 190),  das  wort  ist  nah 
beschlechtet  mit  agen,  ahd.  agana,  goth.  ahana  (1, 189).  festuca, 
ein  egel  oder  stupfel.  Serranus  he*;  wogegen  Dasyp.  73'  agel, 
296*  agel  oder  egel  setzt,  Maaler  12'  agien;  die  kunklat  {das 
was  zum  abspinnen  an  die  kunkel  gebunden  wird)  ist  knöpfecht 
von  eglen  {knoticht,  verworren  von  den  agen).  Keisersb.  bilg. 
hi';  sie  samlen  holz,  hewblumen  und  egelen,  die  omeiszen, 
da  Zucht  eine  ein  hölzlin,  da  ein  ein  stücklin  von  eim  gres- 
lin,  oder  ein  hewblümlin  oder  ein  eglen.  bald  darauf:  hew- 
blSmen  und  aglen.    omeisz  31'; 

er  geht  mit  halbem  wind  zu  segeln. 

im  köpf  so  stechen  in  die  egeln.    H.  Sachs  IV.  3,  9* ; 

wann  sie  stechen  ir  zenkisch  egeln.    5,  378*, 

hier   könnten   wieder  grillen  gemeint  sein,    doch  steht  0.  2,  9*. 
IIL  3,  43*  egel  und  nicht  schwacli formig  egeln.    noch  bei  J  Padl 
Tit.  1, 160  findet  sich :  die  ganze  sumpfige  gegenwart  voll  stur 
zeln  und  egeln,  wenn  er  *damit  spitze  Splitter  meint. 
EGELBäL'M,  m,  Crataegus  torminalts,  elstbeere. 
EGELGHAS,  n.  canetrilum.  Diefenb.  95*.     *.  die  folgenden. 
EGELIN,  n.  egelin  oder  pfenningkraut   HoHbERC  l,  565* 
EGELKRAL'T,  n.    lysimaehia  nummularta^    das  kleine  und 
auch  das  grosze  egelkraut  (bis  torta)  will  leuchte  ort  hüben. 
Sebiz  215.     bei  Stald.  1, 336   ist   egelkraut  drosera,    sonnen- 
thau,   bei  Hohberc  3, 240"  heiszl  es   egienkraut,   natterkraut, 
wundkraut,     alle   diese  pßanzennamen  enthallim  deutlich  egel 
arisla. 

EGELMEIER,  m.  sannio,  vgL  egel  erieiut: 
h.'iderlein,  uimb  hin  das  hufkleid  mein, 
du  miist  mein  egelineier  sein-     H.  8ach«  II.  3,  \f; 
was  wiinders  wird  er  f.ihen  an, 
der  wiinderseliz:im  egelnieier, 
auszuhriiien  solch  la|i|>eiicier, 
die  ir  im  habt  untergelegt.    IV.  9,  9*. 
III. 


EGELN,  titubare,   taumeln: 

ich  bin  ie  hinnen,  er  ist  dausz, 

und  etrelt  also  umb  den  brunnen 

sam  ifiöricht  und  halb  unbesunnen.    H.  Sachs  II.  4,  25*. 

nah  verwandt  scheint  egeln  dormire,  wozu  Schm.  1,  38  schlaf- 
egel, sehlafigel,  langschläfer  und  anegeln,  anigeln  hält,  das 
vom  einschlafen,  prickeln  der  ftnger  und  zehen  gilt;  Tobler 
352*  hat  eggela,  onegla,  vor  kälte  prickeln,  Komb.  Gesseb 
künegeln  von  blau  werdenden  nageln,  Hemsch  35,  4  ainiglen 
von  frierenden  zahnen,     s.  eglicht  und  eilen. 

EGEN,  occare,  lirare,  den  samen  mit  eim  geschirr  bedecken, 
als  da  ist  ein  ege  oder  hurt.  Serra.nds  n2',  hurt,  wie  crates 
zur  bestdtigung  des  bei  egde  von  den  dömem  gesagten. 

der  mit  der  katz  gen  acker  fehrt, 
der  egt  mit  mausen  zu.    Garg.  50'. 

EGERECHEN,  m.  rastrum,  ein  groszer  rechen  mit  eisernen 
zinken  zum  handgebrauch  um  kohl  oder  salatsamen  unterzu- 
eggen,     hei  .\lberds  im  diction.  egrechen  peeten. 

EGERLING,  m.  boletus,  pfifferling.  Diefenbach  78'.  bei 
Nebsich  egerla,  agaricus  deliciosus,  ein  eszbarer  leckerer 
schwamm,     anderwärts  egertling.    Schm.  2,  71. 

EGERSTENACGE,  n.  clarus  pedis,  leiehdom:  Dastp.  35*; 
hüneraug  oder  egerslenaug.  Paracelsüs  61S'.  egerste  ist  eomu 
piea,  egester,  nnl.  aaksferoog. 

EGERT,  EGERDE,  f.  terra  cessans,  verraelum,  brachland, 
ein  wol  uraltes  'wort  von  klarer  bedeutung,  aber  schwer  zu  er- 
ratender gestalt.  die  ahd.  erscheint  nirgend,  denkbar  wäre 
ägartia,  ägertia,  ägerta,  ungezduntes,  ungehegtes,  der  weide  preis 
gegebnes  ackerland;  kürzung  des  k  in  e  erfolgt  auch  in 
eschwinge  stupa  ßr  äsuinga;  oder  will  man  lieber  Agierida, 
ungepflügtes  land?  warum  nur  immer  mit  gi  dazwischen,  und 
nicht  äerida,  arerida?  das  richtigste  scheint,  wenn  ich  eefade 
(s.  ehefade)  hinzunehme,  die  ableitung  von  gerta  tirga  zu  be- 
halten und  auch  hier  durch  ^  gesetzlich  zu  erklären,  die  ägerta 
ist  kein  ungezduntes,  sondern  gerade  ein  gezäuntes  land,  die 
brache  wird  mit  zäunen  umgeben  und  gesondert,  folglich  ist 
ägerta  völlig  was  Sfada.     mhd.  belege  sind  noch  selten: 

körn  säet  ein  bilman, 

do  enwolte  ej  niht  üf  gän. 

ime  erzornete  da;. 

ein  ander  jär  er  sich  verma; 

da;  er;  en  ^gerde  lieje.    Speitogil  MF.  30,10; 

wan  d6  si  ze  himele  für,  d6  quam  Kristus  ir  sglber  zugegen 
mit  allen  heiligen  und  engelen  und  dö  bleip  der  himel  wüste 
und  niman  dar  inne,  also  ein  gerte.  myst.  178,  9,  wo  gerte 
ßr  egerte.     folgende  stellen  machen  bildliehe  anwendung : 

des  Wille  lac  in  egerdon.    Marl.  177,  85,  lag  brach; 

der  beider  tische  stunden  vol, 

wan  man  ir  also  zvleize  |>hlac 

da;  ir  niht  vil  in  fgerden  lac.    Jes.  95.  62, 

die  tische  waren  mit  speise  besetzt,  lagen  nicht  brach; 

er  ist  sd  schentlich  gestalt, 

eben  sam  ein  5gerd  rüch  (nach  PriiFrits  bettenmg). 

wä  im  rücke  unde  buch 

in  der  cheverpiuni  si, 

des  Sinnes  bin  ich  leider  fri.    Helbl.  1, 175. 


nhd. 


so  ir  man  fremdes  feit  tut  pauen 

und  leszi  seins  in  egerten  ligen.    /iiutR.  ip.  144, 19 ; 


die  ihre  weiber  sitzen  lassen  und  auf  die  ägerten  oder  ein- 
statt  schlagen,  man  neeie  sie,  ob  man  wolle,  kriegb.  des 
frides  188 ;  die  weih  und  kind  verlassen  und  auf  die  egarten 
schlagen.  200;  habe  er  all  sein  guter  zerstört,  etlich  in 
frembder  posscsz,  etlich  zu  egerten  baufellig  und  verdorben. 
Frank  cAron.  92^;  damit  die  äcker  mit  denx  closterlaufen  nit 
gar  verlassen  zu  egerten  ligen  mästen  und  die  knecht  all  in 
clOster  liefen,  welib.  36';  daran  stoszt  ein  kleine  insel,  die 
wir  umb  der  vil  egerten  willen  daselbst  umher  die  inseln 
Ton  den  stulen  nenneten  (welche  bedeutung  von  stola  ist  hier 
gemetnt?)  217*;  du  hast  all  kunst  und  studia  zu  egerten  ge- 
legt sprichw  1, 162 ;  disz  gewächs  kommet  in  den  geptUlgten 
ackeren  und  auf  dörren  äderten  herfür.  Muralt  172 ;  es  wächst 
auf  ungebauenen  egerten.  Taber.'vaem.  435 ;  der  wermut  wechst 
gern  auf  den  altcu  mawTtn  und  hofstetten,  desgl.  auch  auf 
den  dürren  egerten  unib  die  dörfer  und  flecken  herumb. 
Taber."».  kräuterb  1588  s.  2.  die  weislhümer  und  urbare  liefern 
das  wort  ößer:  iiem  was  <»uch  egerden  in  den  eschen  gelegen 
sind,  und  «iner  verbut  im  daruf  nit  ze  faren.  wetsth.  1, 128 ; 
'  dirrc  hof  het  oucb  das  recht,  das  er  sul  haben  ahte  rioder, 

3 


35 


EGERTER  — EH 


EH 


36 


die  soUcnt  gon  uf  die  egerdcn  zu  weide.  1,  674 ;  »-in  Bauern- 
gut bestand  im  ersten  esch  aus  9  jugera  agri,  im  zweiten 
aus  11  jugera  agri,  darunter  4'/2  in  tribus  Ijeziis  (bitzen  wb. 
2, 5S),  im  dritten  aus  ü'/a  jug.  agri  und  2  jug.  egcrdan,  woiü 
jioch  3  morgen  wiesen  kommen.  Mones  zeitschr.  5, 164 ;  hern 
Wernhers  kind  von  Egcrden.  habsb.  urbarbuch  336,21.  337,1, 
wo  es  als  bestimmter  Ortsname  aupritt.  auch  im  Chiemsee 
heiszt  eine  niederung  die  schöne  egert.  Sciih.  2,  70.  das  wart 
«ar  alemannisch  und  bairisch,  und,  lebt  noch  heute  in  Kärnten 
fort,  s.  Fromman!»  4,  40,  wo  ögartc  geschrieben  wird,  miltel- 
und  norddeutsche  landstriche  kennen  es  nicht,  sondern  andere 
ausdrücke  dafür,  z.  h.  lehde,  vgl.  eingart,  einstatt. 

EGERTEK,  EGARTER,  m.,  eigner  oder  bewohner  einer  egert. 

EGERTLING,  m.  fungus  campestris.  soliche  schwammen 
hörent  uf  soliche  egerden,  sagt  Keisersberg  irgendwo. 

EGESTERN,  s.  ebgestern. 

EGGE,  /".  occa,  die  jetzige  form,   nahe  an  ecke  reichend : 

der  lanilniann  deckt  den  samen  mit  der  ccrgc, 

und  nur  ein  guter  sommer  reift  die  frucht.    Götub  11,  351. 

auch  egge  männlich  kommt  vor:  hat  er  die  samen  ausgestreut, 
so  ist  der  ackermann  sofort  mit  dem  ehgen  darüber  her, 
sonst  werden  sie  von  den  vögeln  gefressen.  Scriver  seelcnsch. 
1,771,  oder  ist  hier  der  inf.  egen  gemeint?     s.  eide. 

EGGE,  f  limbus,  tuchsaum,  salbend,  seihende,  niederdeutsch 
und  offenbar  ecke,  ora,  margo :  die  predigt  ist  die  kreuz  und 
quere  mit  einer  wollenen  egge  umwunden.  Bödes  Trislram  Sh. 
6,  35  \ 

ihr  vaier  hockt  in  den  stübclicn  und  flicht 

aus  eggen  warme  pantolTeln.    Voss  musenalm.  v.  179S  s.  197. 

EGGEBALKE,  ni.  trabs  occae. 

EGGELING,  m.  itn  dritten  jähr  heiszt  der  barsch  eggeling. 
s.  egii. 

EGGEN,  occare,  was  egen: 

wir  wollen  mehr  wissen 
als  alle  bapisten 
und  auch  als  alle  pfalTen, 
wollen  uns  selbst  die  schrift  auslesen, 
können  doch  nichts  als  ackern  und  öggen. 
Fadingcrlied  von  1626. 

EGGEZAHN,  m.  dens  occae:  so  manche  fahr  eggenzänt, 
stecken  und  hauenschlag,  so  manchen  vierten  halben  albus. 
weislh.  3,  746. 

EGLES,  f.  slellio :  ein  thier  wie  ein  edex  (eidechse),  eglesz, 
ein  gesprenklete  erdspinn.  Serranus  dict.  z  6'.  Dasvpodiüs 
318'  schreibt  egelesz  slellio;  wie  die  rechten  bluteglessen. 
Mathesids  98',  eine  andere  stelle  steht  schon  2, 177. 

EGLI,  n.  perca  ßuvialilis,  im  ersten  jähr  heiszt  er  heuer- 
ling,  hürlig,  im  zweiten  stichling,  im  dritten  egli,  im  vierten 
rechling. 

EGLICHT,  tilubans,  taumelichl :  wann  die  schaf  egiicht  sind, 
so  gib  ihnen  kalchuslaug  und  frisches  wasser  zu  trinken. 
Hohbehg  2,  298*. 

EGLISCH,  difjicilis,  launisch,  absonderlich,  s.  egel  m. 

mein  sinn  selizani,  epiisch  und  wunderlich, 

all  mein  gedanken  diu  sind  sunderlich.    H.  Sachs!,  540'; 

mein  K^and  das  ist  ein  igels  balk, 

darmit  deck  ich  mein  groben  schalk, 

hin  slachlicht  ganz  iglischcr  art. 

halt  allcnihalben  widerpart.    540*. 

EGL'.NG,  f.  occalio,  so  man  die  schrollen  zerbricht  und  den 
samen  bedeckt.    Sebramüs  dict.  95'. 

EH,  eine  noch  in  kein  Wörterbuch  gelassene,  auffordern  oder 
leichtes  staunen  ausdrückende  iuterjection,  die  uns  aus  dem 
französischen  zugeführt  wurde  und  an  die  bedeutungen  von  ei 
und  he  erinnert;  doch  ist  sie  weder  umgestelltes  he,  hei,  noch 
aus  ei  entsprungen,  worauf  etwa  das  nd.  i  oder  ili  deuten 
könnte,  sondern  Schwächung  des  ah  in  eh,  wie  sie  auch  sp. 
und  it.  ah  lautet,  läge  ihr  ei  oder  he  zum  gründe,  so  müste 
sie  schon  früher  als  in  des  vorigen  jh.  zweiter  halfle  erschei- 
nen, ScRHiüTs  idioticon  bemense  {etwas  eher  ausgearbeitet,  aber 
noch  1158  gemehrt)  ed.  Tobler  *.  23  hat  'e  particula  admira- 
tinnis  vel  eh  particula  reprehensionis' ,  zu  Bern  musig  franz. 
•vh  geläufig  sein,  wie  es  auch  oß  Gotthei.k  verwendet,  man 
dürfte  es  bereits  bei  Lessin«  «nd  Wiki.and  vermuten,  nur  ent- 
gehen heispiele.  alle  folgenden  sind  von  GfiTHH,  welchem  zu 
Slratzburg  da$  eh  genug  in  die  ohren  drang,  und  grosientheils 
•tu  den  miUehuUigen,  gewöhnlich  beginnt  damit  eine  antwort 

1)  eh  allein  $Uhend, 

«h!  lant  Aa»  immer  «ein!    7,93; 
eb,  »prich  dco  vaur  an !    7,  40 ; 


der  Söller  kam  mir  vor  —  eh  und  ich  nahm  ihn  an.    7,  52; 
eh,  herre,  was  man  siebt,  das  diicht  ich,  kann  man  wissen. 

7,  107 ; 

ei!  wo  denn?    eh  was  weisz  ich?  da  oder  dort!  14,271; 

es  waren,  die  den  vatcr  auch  gekannt. 

wo  sind  sie  denn  1    eh,  man  hat  sie  verbrannt.    56,  22. 

2)  eh  nein!  eh  non! 

und  gieng  es  nicht?    oh  nein!  im  köpfe  drückt  es  mich. 

7,  103. 

3)  eh  nun !  eh  bien ! 

gefall  ich  dir,  so  gefällst  du  mir, 
du  sagst  es  frei,  ich  ^ag  es  dir. 
eh  nun  !   heiraten  wir  eben  ! 
das  übrige  wird  sich  geben.    2,273; 

es  ist  verteufelt  weil, 
eh  nun,  was  liegt  daran?    der  brief  läuft  seine  zeit.    7,  44; 
zu  was  dient  der  discurs?  eh  nun,  dasz  man  was  spricht. 

7,47; 
warum  ist  er  wol  hier?  eh  nun  sich  zu  vergnügen.    7,48; 

genug,  ich  bin  ein  frauenzimmer. 
eh  nun,  so  geh  doch  mit:  sag  ich  dirs  denn  nicht  immnr? 

7,50; 
eh  nun!  da  lad  ich  mich  einmal  bei  ihm  zu  gast.    7,61; 

SU  gar  keine  {geheimnisse)  ?  eh  nun !  einen  kleinen  hinterhalt. 
8,  236 ; 

wie  gieng  es  dir?  eh  nun!  ich  fastete  ganz  herlich.   11,129; 

eh  nun!  halb  nackt  ist  wol  der  junge  schön.    41,  S5; 

und  ich?    ch  nun, 

du  bleibst  zu  hause  wichtigstes  zu  thun.    41,  111; 

kam  er  in  diesem  augcnblirke. 

ch  nun,  jetzt  war  ich  da.    5C,  60. 

meisteniheils  liesze  sich  ei  statt  eh  setzen,  doclt  liegt  eine  leise 
Verschiedenheit  darin,  ei  klingt  traulicher,  eh  fremder,  ei  hat 
gröszcrn  nachdruck,  eh  ist  dünner,  schwacher,  nd.  i  der  tau- 
send! ist  aber  ei  der  tausend!  nicht  eh  der  tausend,  für,  ci 
lasz  doch,  ci  komm  doch !  würde  niemand  sagen  eh  lasz  doch, 
ch  komm  doch! 

4)  Jetter.  ah!  Fanden,  wollt  ihr  eure  rippen  für  ihn  wagen? 
Soest,  eh  I  Vansen,  sie  nachäffend,  ih  I  ob !  uh !  verwundert 
euch  durchs  ganze  alphahet.  8,  214.  dies  vocalspiel  ahmt 
Ki-inger  9, 123  nach:  D.  sie  war  so  krank.  W.  ah!  Ü.  höchst 
gclährlich  krank.  W.  eh!  Ü.  wir  fürchteten  einige  tage  für 
ihr  leben.  W.  ih!  ähnlich  spielen  Walthers  reime  auf  ä  c 
1  o  ö    75,  25  und  danach  Singenbergs  MS.  1, 125. 

EH,  prius,  vihd.  ^,  wie  rat  magis  für  er,  mer,  wir  haben 
nhd.  eh  behalten,  meh  fahren  lassen,  es  ist  falsch  zu  häkeln 
eh',  da  dem  worte  gar  nichts  fehlt,  und  war  noch  falscher  ehe 
einzuführen,  etwa  wie  wehe  für  weh ! ,  ehe  conjugium  für  mhd. 
ß,  in  welchem  stibst.  der  ausgang  e  doch  noch  erträglicher  ist, 
im  comp,  eh  reichte  aber  das  dehnende  h  3«  bezeichnung  der 
länge  hin  und  bedurfte  hinter  sich  keines  e.  Keisersberg 
schrieb  richtig  ee,  Maaler  ee,  Dasyp.,  H.  Sachs  eh,  Luther 
scheint  den  fehler  che  zuerst  gemacht  oder  doch  befestigt  zu 
haben,  ich  führe  inzwischen  beide  selircibungen  besonders  auf; 
voni  Ursprung  des  worts,  dem  ahd.  mhd.  auch  noch  praepo- 
silionskrafl  beiwohnte,  unter  eher,  man  hüte  sich  nur  eh  und 
ehe  für  den  positiv  von  eher  anzusehen,  sie  sind  eben  so  (jut 
comparalive  als  dieses. 

1)  eh,  prius,  antea: 

mhd.  ir  soldior,  die  mancc  sper 

4  brächen  durcb  ir  niiune  gör.    Pari.  730,  2.1. 

nhd.  und  was  man  liehi  voraus, 

das  musz  ümm  so  viel  eh  aus  unsrer  weil  hinau>. 

'    FLitaiNii  137; 
der  sirick,  daran  ein  dieb  erbieng,  hilft  für  des  liaiiptes  weh 
gebunden  um  dun  kranken  kupl',  o  um  den  hals  viel  eh.- 

I.0ÜAU2,  101,  27; 
Tonsiis  soll  bei  hofe  billirh  geben  vor, 
dennoch  küramnt  Comiis  iiiimor  i-h  empor.    3.  181,48; 
vielloii-ht,  dasz  mancher  eh  die  wnbrbcii  linden  sollte, 
wenn  er  mit  miiidrer  müh  die  wiilirheit  suchen  wollt**. 
Gkli.kiit  1,  112; 
so  sinken  die  nfoiler  der  liefen 
ch,  und  mit  ihnen  hinab  die  p-iradioe  des  Sternes. 
Messias  lU,  106; 

ich  habe  dich  wol  eh  voll  ernstes  geschn,  aber  dann  vvars 
docii  :iiiders.  Klopstock  9,  23t ;  die  Römer  sind  wol  eh  aus 
kluKlieii  groszmütig  gewesen.  9,  310;  die  tapferii  Marsen,  weisil 
du,  waren  wol  eh  etwas  reiterscheu.    10,213; 

ch  haue  sich  der  mann  de*  himmcN  «tun  vorsehn. 
WiKLANo  4.  194; 


37 


EH 


EHBEVOR  — EHE 


3S 


die  freude  wollt  ich  dir 
erst  machen,  und  ging  drum  nicht  eh  m  bette. 
GöKi.NGK  2,  223; 

eh  siehst  da  die  Loire  lurücke  Uieszen.  Schiilkb  459». 
2)  eh.  prius  quam,  unsere  spräche  kann  nach  eh  die  fol- 
gende Partikel  auslassen,  trte  sie  es  auch  nach  bis  darf,  lat. 
ist  quam  nacti  ante,  prius,  franz.  que  nach  avant  unerläszlich ; 
dasselbe  gilt  bei  ehe  und  eher,  schon  mhd.  hatte  die  auslassung 
allenthalben  statt,  i.  b. 

e  ir  sitzens  beginnet.    Parz.  724,  15. 
nhd.  sant  Peter,   der  den  herren  dreimal  verleugnet,   ee  der 
han  zweimal  gekreiet.  Reisersb.  s.  d.  m.  19* ;  wolt  vor  mit  in 
beten,  ee  sie  eszen  (äszen).   10' ; 

eh  man  etwas  tüchtigs  schreibet, 

läuft  iurwar  die  zeit  vorbei.    Flkmisg  416; 

suche  deine  guten  tage.  i 

eh  die  späte  nachreu  klage: 

da  ich  suche  sind  sie  weg.    G6!<ihrr262; 

eh  uns  das  kummermeer 

zum  sichern  friedenshafen  bringt.    266; 

ei  so  laszt  uns.  weil  es  währt, 

eh  man  fahrt  {dahin  fährt) 

unsrer  lust  befleiszen.    914; 

kan  uns  doch  der  himmel  bald, 

eh  die  morgenglocke  schallt, 

in  unsre  grabet  tragen.    924; 

eh  ihr  so  spät  mit  schände  schweigt.    Gkllert  I,  40; 

eh  noch  der  nachmittag  verstrich.    1, 191; 

schwur  dasz  ihn  der  teufel  holen  sollte,  <  oao 

eh  er  für  diesen  preis  dem  arzt  sich  lassen  wollte.   1,209; 

und  eh  ich  noch  von  ihr  den  driuen  kus  erhielt.    1,215; 

vertieft  ich  mich,  eh  ichs  gewollt, 

in  schaurigen  ruinen.    Goiter  1,31; 

eh  uns  des  lebens  freude  flieht.    Göthb  12,  91 ; 

ei,  der  graf  von  Burgund !  das  ist  ein  gescheider  geselle, 
eh  man  die  band  umdreht,  hat  er  regieren  gelernt. 

ScBLRGKLs  ehrenpforte  für  Kotzebue  16. 
3)  eh  als,  prius  quam,  ante  quam,  potius  quam: 

eh  als  der  schöne  morgen 

der  erde  schickt  des  groszen  lichtes  zier.    Opitz  . . . ; 

Diogenes  ist  tod.   wann  dieser  lebte  heute, 

er  leuchtete  sich  tod,  eh  als  er  fände  leute.    Locaü  1,  67,  71 ; 

die  mucken  singen  vor,  eh  als  sie  einen  stechen.  2,127,42; 

du  warst  der  mutter  schmera,  eh  als  du  noch  geboren. 

2,  144,  16 ; 
donner  der  vom  hofehimmel  wird  herab  geschickt, 
tritt  zuvor,  eh  als  man  merkt,  dasz  er  hat  gebUckt. 

2,  233, 141. 

in  folgenden  stellen  ist  eh  lebendiger  comp,  und  das  als  noth- 
«endig : 

das  denn,  hat  es  gott  versehen. 

eh  als  balde  kan  geschehen.    Flehwg434; 

wie  mancher  fragte  sie.  der  lust  zu  freien  hat, 

eh  als  den  besteh  freund  um  einen  treuen  rat. 

LOGAD  1,229,52; 

bei  einer  Venus,  ja,  da  möchte  so  was  gehn ! 

die  gibt  oft  ungestraft  den  göttern  was  zu  spassen, 

und  kann  sich  eh  im  netz  ertappen  lassen 

als  ich.  -  Wir  LAND  10, 144; 

sein  unruhvolles  su-eben 

nach  unserm  thron  erlischt  nicht  eh  als  mit  dem  leben. 
GoTiiR  2,30; 

läszt  sich  eine  weit  eh  als  ein  herz  bezwingen!   2,  352; 

und  sterben  will  ich  eh  als  unter  ihnen  leben.   2,364; 
weil  wir  fest  entschlossen  sind  zu  sterben,  eh  als  jemanden 
die  luft  zu  verdanken  auszer  gott.    Göthe  8,  33.  42,  273. 

4)  eh  dasz: 

mhd.  e  daj  ich  schiede  von  ir  hüs.    Pars.  147,  21. 
vlid.    dein  rüden  schick  mir  an  die  sew, 

ee  das  ich  dir  den  palg  erplew.    Schwarzehbkrg  138,  2; 
es  kan  wer  wasser  trinkt  kein  gut  getichie  schreiben, 
wer  wein  trinkt  kriegt  die  gicht  und  musz  erschrecklich 

schreien: 
es  sei  nun  wie  ihm  wil.    eh  mag  das  lichten  bleiben, 
eh  dasz  ich  soll  so  tier  in  gicbten  hin  gedeien. 
LocAU  2, 121,  7. 

5)  eh  als  dasz: 

nein,  so  wählet  ihr  nicht,   vergesset  eh  die  erobrer, 

als  dasz  ihr  nicht  der  freiheit  getünchte  vergötteret  hinstellt, 

wie  sie  waren.  Klopstocr  2, 170; 

dieses  grauens  anblick 
ertrug  ich  eh,  als  dasz  er  Israel, 
dies  grosze  volk  des  herrn  zum  moloch  führt, 
und  unsre  kinder  diesem  götzen  opfert.    10,  14. 

6)  eh  denn,  prius  quam,   früher  eh  wann: 
enipfieng  ich  wol  aditzoben  srhand, 

eh  wanii  ich  asz  ein  weiches  ei.    H.  Sacis  I,  606*. 


7)  nicht   eh   bis:    was   der  füller  seint,   die  hörent  nlt  ee 
uf,  dan  bisz  es  inen  nümer  schmeckt   Keisebsb.  s.  d.  m.  5'; 
beginne  du 
das  beiige  werk  nicht  eh  bis  ers  verlangt.    Göthr  9,  65. 

in  den  fällen  4.  6.  7  reicht  etwa  bloszes  eh  aus,  die  andere 
Partikel  kann,  tcie  in  2  tcegfallen,  und  in  7  gesagt  «erden 
nicht  eh  ers  oder  nicht  bis  ers;  gehäuft  aber  auch:  nicht 
eh  bis  dasz  ers.  doch  in  3  musz  das  als  oß  bleiben,  in  5 
als  dasz. 

EHBEVOR,  olim,  ehzuvor,  wie  ehe  bevor,  ehe  zuvor,  ehmals. 

EHE,  prius,  die  unorganisch  gedehnte  form  ßr  eh,  heute 
aber  allgemein  durchgedrungen. 

1)  prius,  antea:  das  die  alten  ehe  zuvor  silbere  und  gül- 
dene geschirr  waren.  Mathesics  7o';  wie  groszen  schmerzen 
mir  euwer  scheiden  bringen  würd,  noch  wolt  ich  ehe  reiten, 
da  mich  kein  mensch  nimmermehr  erfahren  müst.  Galmy  163 ; 
ich  hette  mich  ehe  des  tods  versehen.  Frey  garteng.  53' ;  ich 
habe  subtile,  leichte  füsze,  ich  weisz  wie  ich  mich  ehe  dar- 
mit  aus  dem  staube  gemacheL  Lokmans  fab.  21;  den  habe 
ich  auch  wol  ehe  gehabt,  jetzt  habe  ich  ihn  nicht  Klopstocr 
10, 171 ;  verzweifle  noch  nicht,  Mariane,  ehe  soll  der  altar  im 
blute  schwimmen.    Götter  3, 97. 

2)  ehe  priusquam:  denn  ehe  der  herr  Sodoma  und  Go- 
morra  verderbet,  war  sie  wasserreich,  i  Mos.  13, 10 ;  aber  ehe 
sie  sich  legten,  kamen  die  leute.  19,4;  und  ehe  er  aus  ge- 
redt hatte.  24, 15 ;  das  dich  meine  sele  segene  ehe  ich  sterbe. 
27,  4 ;  du  hattest  wenig  ehe  ich  her  kam.  30,  30 ;  ehe  es  ab- 
gehawen  wird,  verdorret  es.  Hiob  8, 12 ;  aber  ehe  der  böte 
zu  im  kam.  2  kün.  6,  32 ;  und  ehe  es  morgen  wird  sind  sie 
nimer  da.  Es.  17, 14 ;  imd  ehe  zwei  jar  umb  sind.  Jer.  28,  3 ; 
ehe  er  sie  heim  holet  Matth.  1, 18 ;  ehe  die  weit  war.  Joh. 
17,  5;  zuvor  und  ehe  aus  einem  läger  aufgebrochen  vrird. 
Kirchhof  mil.  disc.  99 ;  wer  will  mir  das  leben  nehmen,  ehe 
ich  überwiesen  bin?  Weise  kl.  leute  2U;  ehe  sie  ausreden, 
fräuleiu.    Lessisg  1,  594 ; 

ehe  wir  nun  weiter  schreiten, 

halte  still  und  sieh  dich  um.    Göthr  4,  IM. 

3)  ehe  denn,  priusquam  {ahd.  kr  thanne.  T.  1S8,  6) :  ehe 
denn  er  nahe  bei  sie  kam.  1  Mos.  37, 18 ;  und  das  volk  trug 
den  rohen  teig,  ehe  denn  er  versewret  war.  2  Mos.  12, 34 ; 
ehe  denn  sie  das  fett  anzündten.  1  Sam.  2, 15 ;  es  hat  wol 
frucht  ehe  denn  die  sonne  kompt  Hiob  8, 16 ;  lasz  ab  von 
mir,  das  ich  mich  erquicke,  ehe  denn  ich  hin  fare,  und  nicht 
mehr  hie  sei.  ps.  39, 14 ;  ehe  denn  es  aufgehet  Es.  42,  9 ; 
ich  kandte  dich  ehe  denn  ich  dich  im  mutterleibe  bereitet. 
Jer.  1,  5 ;  heute  in  diser  nacht,  ehe  denn  der  hane  zweimal 
krehet  Marc.  14, 30 ;  geschieht  aber  vielmal  mehr  und  ehe 
danns  gut  ist  Kibchhof  mil.  disc  206 ;  ehe  denn  die  bösen 
tage  kommen. 

4)  ehe  wann:  und  siehe  ehe  wann  Joseph  mit  den  raten 
zu  gericht  gesessen.   Atber  proc.  2,  9. 

5)  ehe  und :  alsdann  henken  si  das  geschlacht  bei  den  hin- 
deren füszen  auf,  ehe  und  si  es  gar  schinden.  Frass  veltb.  151'. 

6)  ehe  als:  dasz  sie  ehe  ihren  ehrenschänder  oder  sich 
selbst  ermorden,  als  an  ihrem  manne  untreu  werden  wolle. 
Felsenb.  1, 192 ;  Piso,  der  ehe  sein  leben  verlöre,  als  ein 
laster  begienge.  E.  von  Kleist  1, 169 ;  so  geneigt  ist  man.  ehe 
der  ganzen  weit  den  verstand  abzusprechen,  als  zuzugeben, 
dasz  andere  mehr  sind,  wie  wir.   2, 182. 

7)  ehe  als  dasz:  es  mögen  ehe  tausend  äugen  verblenden, 
als  dasz  man  wolle,  dasz  die  sonne  verfinstert  sein  solle. 
pers.  rosenth.  1,  7. 

8)  nicht  ehe  bis :  nicht  ehe  nachlassen  bis.  Lokman  fab.  26 ; 
onsere  feinde  würden  nicht  ehe  ruhen,  bis  sie  uns  vom  brote 
geholfen.  Felsenb.  3,  222 ;  ihr  anhang  wird  nicht  ehe  zu  bän- 
digen sein,  bis  wir  sie  ganz  vor  den  äugen  der  weit  zu  nichte 
gemacht  haben.  Göthe  8,  32  (42,314  aber  steht:  nicht  eher  — 
als  bis). 

9)  desto  ehe,  eo  prius:  sie  (die  knedäe)  desto  ehe  in  die 
Schlachtordnung  zu  bringen.  Kirchhof  mil.  disc.  150 ;  damit 
sie  {die  eisernen  haken)  desto  ehe  greifen  und  fallen  mögen. 
182. 

10)  wann  ehe,  quando:  und  wannehe  man  den  doerzins 
of  obgemelten  tag  nit  vemugt  noch  entricht  weislh.  2, 301 ; 
wnnnie  2,  525.     siehe  eher  7. 

11)  je  ehe,  eo  priut:  stüszt  er  sie  zu  boden,  und  gemei- 
niglich, je  gröszer  kOnigreiche,  je  ehe.  Ldtbbrs  frr.  2,ft04;  je 
ehe.  je  seliger.   2, 639. 

3* 


39 


EHE 


EHEBAND  — EHEBÜND 


40 


12)  ehe  —  ehe:  ehe  ich  die  königin  verschonen  wollte, 
ehe  wollte  ich  meinen  leiblichen  Tater  verbrennen.  Wieland 
4,  IT.    vgl.  ehemal,  ehemalen. 

EHE,  f.  malrimonium.  das  golh.  aivs  m.  bedeutele  attöv, 
aevum,  aeichen  gr.  und  lat.  Wörtern  es  ganz  enlspr!cht,  das 
ahd.  fiwa  f.  sowol  aevum  als  auch  lex,  gleiüisam  ewige  Ord- 
nung, regel,  recht  und  matrimonium,  ein  von  goU  eingesetztes 
band  zwischen  mann  und  weib.  diesen  letzten  engeren  sinn 
bietet  zuerst  Nouer  dar  gleich  der  Schreibung  5ha  und  ßa 
statt  des  älteren  4\va.  mhd.  dauert  twe  nur  für  die  Vorstel- 
lung von  aevum,  aetemitas,  während  lex,  testamentum,  matri- 
monium immer  i  lauten,  dem  alle  fiexion  schwindet,  das  ags. 
s,  im  sg.  unveränderlich  und  gleichfalls  weiblich,  sagt  aus 
testamentum,  rihle  ae  legitimum  matrimoniutt^.  dem  alls.  m. 
4o,  dat.  iv/d.  steht  nur  die  bedeutung  von  lex  zu,  nicht  von 
matrimonium,  für  welche  das  sp.  20  behandelte  ^bt  gilt;  ebenso 
scheiden  sich  mnl.  iwe  lex,  echt  matrimonium,  fries.  6wa 
und  äfte.  den  nordischen  sprachen  geht  der  ausdruck  für  beide 
bedeutungen  ab  und  erst  später  wurde  ihnen  ekta  in  den  Zusam- 
mensetzungen ektastand,  äktenskap,  iSgleskap  wieder  zugeführt. 

Den  Gothen  war  liuga  yä/uos,  liugan  yafisTv,  lateinischem 
nuptiae  und  nubere  entsprechend,  gajuko  avZvyos,  conjux, 
gatte,  heiv  familia;  ahd.  biwön  conjuges,  ags.  bivan  fami- 
liäres, attn.  hion ;  ahd.  hiwiski,  biiske  familia,  hiwunga  con- 
nubium,  altn.  hiuskapr,  mhd.  hirftt,  nhd.  beirat.  es  läszt  sich 
nicht  verkennen,  dasz  die  kirchliche  weihe  den  ausdruck  6wa 
begünstigte  für  einen  durch  gesetz  und  teslament  geheiligten 
stand,  heirat  blieb  der  wellliche  begrif,  ehe  ward  der  geist- 
liche, diese  Vorstellung  verbreitete  sich  so,  dasz  sie  ailmälich 
auch  den  ursprünglichen  sinn  von  ehe  =  gesetz  untergrabend 
auf  das  Verhältnis  eingeschränkt  wurde,  welches  der  Römer 
durch  matrimonium,  mullerstand  bezeichnete,  die  ehfrau  isl 
hausfrau,  matrona. 

Mrf.  sind  von  dem  urbegriffe  aevum  nur  die  parlikeln  je 
und  nie,  so  wie  das  adj.  ewig,  von  dem  zweiten  begriffe  lex 
nur  die  veraltenden  Zusammensetzungen  ehefade,  ebegaumer, 
ehebaft,  ehelich  und  ebehall  übrig;  alles  andere  fällt  in  die 
Vorstellung  von  conjugium.  was  die  Schreibung  angeht,  so  darf 
man  das  heulige  ehe  nicht  auf  einen  Wechsel  der  beiden  Spi- 
ranten w  und  b  zurückleilen,  wie  er  in  Notkers  eba  für  dwa 
eintrat,  denn  dieses  h  müste  sonst  auch  mhd.  außauchen ;  unser 
ehe  ist  nichts  als  dehnung  für  ee,  mhd.  4,  wie  sie  in  eh,  ehre 
«.  s.  w.  erscheint,  viele  schrieben  also  vollkommen  richtig  eh. 
icjr  bilden  den  gleichfalls  unveränderlichen  schwachen  pl.  eben. 

1)  die  bedeutung  lex,  zumal  testamentum,  die  alte  und  neue 
eh  -»  der  alte  und  neue  band,  begegnet  noch  in  vocabularien 
und  bei  schriftslellein  des  15.  16  jh.  ee  oder  gesetze.  voc. 
iheut.  1482  f5';  die  alt  und  die  neu  ee.  fasln,  sp.  1.1344; 

darümb  in  alt  und  nener  ehe 

baiszi  dise  weit  ain  kunimersee.    Scuwarzenb.  157, 2'; 

als  unser  vatier  Abraham 

anringlich  goiies  ehe  annahm.    156,  1*; 

doch  flndt  man  in  der  neweii  ee 

TÜ  solcher  qufil  der  lugeni  mee.    156,2'; 

der   {ceremonien)   waren    in   der   alten    eh  viel  und  von  gott 
telbs  geholten.    Hctte.n  6, 489. 

2)  ehe,  matrimonium  erklärt  Kant  5,  83:  die  Verbindung 
zweier  personen  verschiedenen  geschlecbts  zum  lebenswierigen 
besitz  ihrer  gescblecbtseigenscbaften.  erste  und  andere  ehe; 
kinder  aus  erster  und  der  zweiten  ehe;  in  oder  auszer  der 
ebe  erzeugt;  heimliche  ehe;  fruchtbare,  kinderlose  ehe;  recht- 
mftszige,  slandesmiSszige,  feste,  keusche  ehe;  eine  ebe  be- 
reden, stiften,  eingeben,  in  die  ehe  treten,  zu  der  ebe  greifen ; 
die  ebe  segnen,  weihen ;  die  ebe  auflösen,  scheiden,  trennen ; 
ein  madeben  zur  ebe  geben,  versprechen,  nehmen :  und  ich 
nam  sie  zur  ehe,  und  sie  zeugeten  mir  sOne  und  töchtere. 
Ex.  2.%  4 ;  so  sie  sich  aber  scheidet,  das  sie  on  ebe  bleibe 
{golh.  anabiuda  qcnai  visan  unliugaidai).    1  Cor.  7, 11 ; 

ihr  wnret  werih  gleich  in  die  eh  zu  ueten.    Gothi  12,152; 

wer  enibehrt  der  ehe, 

lebt  weder  wol  noch  wehe.    SiaiOCK  17S3; 

dieiier  ehe  «cgenlooer  biind, 

dieie  lichucliuu  kruinmeii  iicbenprade.    ScHiLKa  497'; 

wo  du  Ueufrt)  die  frau  d«!m  mann  und  dieier  den  vertcblosien, 

da»  *te  keiner  eb- genossen.  (>htpiiivs  1,  60; 

•rwachine  schicken  «ich  am  besten  tu  der  eh. 

GÜKiiHCii  IIUI; 
leigi  doch  schon  das  weh 
deiner  lollcn  eh. 
wu  T«r*totzoi  liebe  kan.    294; 


dasz  sie  erstlich  mit  gcdanken  die  ehe  biegen,  bisz  sie  ihre 
weiber  gar  zun  bobeu  festen  sparen  und  die  ebe  vollend 
gar  zerbrechen.  Mdsculds  eheleufel  E*;  sie  hat  die  ebe  nicht 
gebrochen,  aber  doch  gebogen; 

albern  ist  menschenhasz,  zweideutig  bleibet  die  reue: 

aber  der  kinder  gequäk  Dickt  die  gebrocheae  eb. 

ScHLBUKL  ehrenpf.  13. 

Alle   Zusammensetzungen   stelle  ich  nach  der  form  ebe  auf, 
wenn  schon  manche  eh  vorziehen,     s.  doppelehe,  unebe. 
EHEBAND,  n.  vinculum  conjugii: 

wie    wenn  der  falsche  mann 

im  lernen  L'ngerlande 

sich  seines  glaubens  abgethan 

zum  neuen  ehebande!    Uürgkr  13'. 

EHEBEREDUNG,  f  pactio  nuptialis:  die  eheberedung  auf- 
gericht.    Kirchhof  wendunm.  312  . 

EHEBETT,  n.  lectus  jugalis:  die  ebe  soll  ehrlich  gehalten 
werden  bei  allen  und  das  ehebette  unbefleckt.  Hebr.  13, 4 ; 
jiingling,  mir  kompt  glaublich  für,  dasz  du  mein  ehebett  mit 
Unzucht  befleckest.  Kibchh.  wendunm.  297*;  aus  dem  ehbett 
soll  man  nicht  schwatzen; 

ein  ebbeib  frölich  und  doch  züchtig.    Wsckbirlin  828 ; 

auch  ein  raub  wars,  wie  wir  alle  wissen, 

der  des  allen  fursten  ehiiches  gemnbl 

in  ein  fievelnd  ehebett  gerissen, 

denn  sie  war  des  vmers  wähl. 

und  der  ahnherr  scbüiiete  im  zorne 

grauenvoller  (lüche  schrecklichen  samen 

auf  das  sündige  ehebett  aus.    Scuillkr  49''; 

und  da  der  kranke  im  pfarrhaus  ankam,  ward  ihm  ein  weites 
ehebette,  das  schon  lange  zeit  als  gast  und  ehrenbette  bereit 
stand,  eingegeben.  Güthe  19,55;  der  alte  fürst  will  sie  in  ein 
verhaszles  ehbett  zwingen.  Arnim  schaub.  1,  157.  mit  dem 
eigennamen  kann  auch  einfaches  bette  den  sinn  des  ehebettes 
haben : 

ob  mir  die  iiiuiter  noch  weilt  in  den  Wohnungen,  oder  ein  andrer 
schon  als  wcib  sie  geführt,  und  Odysseys  bette  vielleicht  nun 
statt  der  lagurgewand  entstellt  von  spinnengeweb  ist.  Od.  lli,  34. 

EHEBETTSCH.iiNDER,  m.  violator  lecti  alieni.  Stieler  1731. 

EHEBEVOB,  antea,  anlequam:  der  ehebevor  Saul  hiesze. 
Simpl.  4,  693;  gib  keinen  guten  ratb,  ehbevor  du  darumb 
gebeten  worden,    pers.  baumg.  4, 24. 

EHEBRECHEN,  adulterium  facere:  du  soll  nicht  ehebrechen. 
2  Mos.  20, 14 ;  morden,  stelen  und  ehebrechen  hat  über  band 
genoinen.  Hos.  4,  2;  der  mann  tödtete  ungestraft  die  ehe- 
brecbende  frau.  Dahlmann  dän.  gesch.  l,  165.  nur  der  ange- 
schobne  acc,  daher  auch  nicht  ehebracb.  zulässiger  wäre  ebe- 
brechte  von  einem  schwachen  ehbrecben  {wie  ratschlagte  von 
ratschlagen),  die  Schweiz,  bibel  setzt  auch  Ez.  23,  37  mit  iren 
gölzcn  band  sie  geebrecbet. 

EHEBRECHER,  m.  adulter:  wer  die  ehe  bricht  mit  jemands 
weihe,  der  sol  des  tods  sterben,  beide  ebebrecber  und  ehe- 
brecberin.  3  Mos.  20,10;  was  ebebrecber?  ich  bin  darumh 
kein  ebebrecber,  wenn  ich  schon  diese  ehe  ein  wenig  gebo- 
gen habe.  Simpl.  K.  141 ;  sollten  alle  ebebrecber  graue  rocke 
tragen,  so  würde  das  tuch  theuer. 

EHEBRECHEREI,  /.  adulterium :  wie  sie  ehebrecberei  ge- 
trieben und  biut  vergossen  haben.    Ez.  23,37; 

man  hält  es  für  gewis,  dasr  jetzt  ehbrecherei 
bei  uns  so  gar  gemein  und  nur  cm  possen  sei. 
LoGAU  2,32,  11. 
EHEBRECHERIN,  f.  adultera. 

EHEBRECHERISCH,  adulterinus :  gehe  noch  eins  hin  und 
bule  umh  das  bulerisch  und  ehebrecherisch  weib.    Hos.  3,  l ; 
der  ehebrecherische  mann.    Weise  kl.  leute  162. 
EHEBRIEF,  m.  pactum  dotale. 

EHEBRUCH,  m.  adulterium:  sie  treibt  ehebruch  mit  steinen 
und  holz.  Jer.  3,  9 ;  das  weih  ist  hegrilTen  auf  frischer  tbat 
im  ehebruch.  Joh.  8,  4;  haben  äugen  vul  ebbruchs.  2/'r<r.  2,14 ; 

bei  denen  tung  und  herz  zum  ehhruch  einig  sind, 
dasz  jedes  wart  das  wird,  isl  wie  ein  hurunkind. 
LoliAU  3,  214. 

EHEBRÜCHEN,  was  ehebrechen:  weilen  er  mit  meinem 
weih  gecbehnirhet 

EHERRCCHIO,  adulterinus :  von  dem  freulin,  das  eehrüchig 
was  worden.    Keisersr.  i.  d.  m.  37*. 

EHERRCCIUSCH,  dasselbe:  da  tödtet  er  das  ebrachitch 
weib.    Fha.'«»  diron.  152*. 

EHEBÜND,  m.  vinculum  matrimonii: 

wie  feste  pflegt  man  jetzt  den  ehbund  lu  verwahren  * 
LucAU  t,  82,  99. 


41 


EHEDEM  — EHEGELD 


EHEGELÖBNIS  —  EHEGESTERN 


42 


EHEDEM,  olim,  antehae,  vordem,  in  welchen  beiden  parlikeln 
die  praeposilionen  dr  und  vor  liegen,  vgl.  eber.     ebedera  wol 
gab   es   einen   vater,    der   seine  tocbter  von  der  scbande  zu 
retten,   ihr   den  ersten  den  besten  stabl  in  das  herz  senkte, 
ihr  zum  zweiten  das  leben  gab.    Lessikc  2, 188 ; 
denn  seht,  ich  habe  selbst 
wol  einen  SiauTeD  ehedem  gekannt, 
der  Conrad  hiesz.    2,  287 ; 
das  glück  des  guten  ahen  voIks  von  ehedem. 

WiKLA.iDS  Horat  sat.  1794.  2,213. 

EHEDES,  antehae,  vordes :  die  von  mir  ehedes  entferntesten 
gefühie  und  zustände.    Göthb  an  fr.  v.  Slein  1, 122. 

EHEDESSE.N,  antehae,  tgl.  vordessen  und  indessen  neben 
indem:  wie  hoch  und  werth  die  sackpfeife  ehedessen  gehallen 
worden.    Simpl.  K.  37; 

ein  Rübezahl,  ein  solches  thier, 

als  zu  Gehofen  ehedessen 

die  küch  im  edelhof  besessen.    Gkllsbt  1,  258. 

EHEDING,  n.  Judicium  legilimum,  echtding,  Haltacs  254. 

EHEFADE,  f.  legilima  sepes,  golh.  fa{)a:  zOne,  die  man 
nempt  vaden  {al.  epfaden),  die  man  macht  die  sät  ze  ver- 
huetend,  süllent  gemacht  sin  zu  der  habersat  an  sant  Walburg 
abend,  tceisth.  1,  8 ;  einung  von  f  vaden,  friden  und  graben.  1, 74 ; 
eine  gute  steile  hat  Frisiüs  1207*.  Maaler  96' :  eefaden,  serva 
praedia,  sind  die  zeun,  wülliche  die  zäigen  von  einanderen 
scheidend,  als  die  kornzälg  von  der  haberzälg  und  die  haber- 
zäig  von  der  braach,  die  sollend  summer  und  winter  beschlos- 
sen sein,  si  gangind  durch  wisen  oder  äcker,  damit  der  zälg, 
die  haft  und  gesäit  ist,  kein  schaden  geschähe,  es  gange  dan 
ein  landstraasz  dardurch,  so  mSsz  der  desse  das  gut  ist,  ein 
thürle  oder  gatter  in  eeren  halten,  vgl.  oben  egert,  egerde. 
Staloer  1.  335,  durch  pfad  verleitet,    setzt  efad,  epfad  n».  an. 

EHEFALL,  m.  casus  malrimonii:  traurigkeit,  die  sich  zu- 
getragen habe  über  einem  ehefall.    Lcther  8, 191". 

EHEFRAU,  f.  marita,  conjux,  ehegemahl:  wer  ein  ehefraw 
findet,  der  findet  was  guts  und  kan  guter  ding  sein  inr  herrn. 
spr.  Sal.  18,22;  ein  leben  ohne  ehefraa,  eaelebs  vila;  jetzt 
war  es  ihr  genug,  sie  durch  eine  Verheiratung  den  ehefrauen 
unschädlicher  zu  machen.    Göthe  17,  287. 

EHEFU.\L'CHEN,  n.  uxorcula.     eefröuwle.    Maalkb  96*. 

EHEFHEI,  eaelebs.    Stieler  558. 

EHEFREUDEN,  pl.  deliciae  eonjugii. 

EHEFRIEDE,  m.  concordia  jugalis:  ehefrieden  stiften. 

EHEFRUCHT,  prolcs : 

wenn  der  Rhein  hielt  Jeizt  gericht« 

über  eh  und  ehrenfrüchie, 

lieber,  welche  feiie  fische 

würden  kummen  drausz  zu  tische*   Locao  1, 120, 14. 

EHEGATTE,  m.  conjux,  gilt  von  mann  und  frau:  nach 
beider  ehgatten  todlichem  abstand.    Gart;.  64*; 

ein  bauer.  der  viel  geld  und  nur  zween  söhne  hatte, 

o»hm  einen  inforniaior  an. 

ich.  sprach  er,  und  mein  ehegaite, 

wir  übergeben  ihm,  als  einem  wackern  mann, 

was  uns  am  liebsten  ist.    Gellert  1,  219, 

der  das  vorl  kaum  für  ein  neutrum  nahm,  teie  folgende  stelle 
mit  ins  f.  überlaufender  ßgung :  ein  ehegatte,  das  von  ihrem 
manne  nichts  als  liebes  und  gutes  bat.  Scriveb  seelenseh.  l,  542. 

EHEG.\TTIN.  f.  uxor. 

EHEGATTLICH,  conjugalis:  was  sollen  wir  der  ehegatt- 
lichen, freundschaftlichen,  ärztlichen  bemüLuogen  gedenken. 
GOTiiE  17,413. 

EHEGAU.MER,  m.  censor,  Sittenrichter,  xuchlmeisler,  von 
gaumen  curare,  in  schweizerischen  örlern  ehmals  eingesetzter 
beaniler.  Maaler  96*;  ein  huldigungsverzeichnis  von  1736  zählt 
in  Biimensdorf  einen  ammon,  5  Hehler,  1  weibel,  2  dorfmeier, 
3  ehgaumer,  1  Schulmeister  auf.  Mones  zeilschr.  5, 107.  da* 
viorl  gehl  auf  4  geselz,  nicht  auf  die  ehe. 

EHEGEBOT,  n.  praecrplum  conjugale.  Fischart  sagt  Plo- 
tarchi  vernnnflgeraäsze  ehegebot. 

EHEGEBUHH,  /.  officium  conjugale:  einer  ehefrau  ampt 
und  ehepeliür.    Fischart  ehz.  45. 

EHEGEüCHULICH,  officiosus:  ebegebQrlich  und  eim  weib 
wol  anslämlig.    ehz.  03. 

EHEGEHLLFIN,  f.  eonjux.    Garg.  68*. 

EHEGELD,  n.  dos,  milyiß:  die  Jungfrau  hatte  2000  thaler 
ehegeld.  Sciiweimche:«  1,114;  von  meinen  sciiwSgern  keine 
ehegelder  erhallen  konnte.  2,26«;  meines  weihes  ehegeld. 
2,  267 ;  dasz  sie  i.  f.  g.  die  bewilligten  12000  tbaler  ehegeld 
auszahleten.    2, 303. 


EHEGELÖB.NIS,  n.  desponsatio.    Schweimcuex  2,  262. 
EHEGELOBTE,  f.  sponsa,  vertobte: 

dein  eheglobte  möcht  ich  wol  sehen.    Atrer  329*. 

EHEGELÜBDE,  n.  votum  conjugale.    Garg.  66*. 

EHEGEMACH,  n.  cubiculum  conjugale. 

EHEGEMÄCHT,  n.  conjux,  ahd.  gimachidi,  par  (Graff  2,  639), 
mhd.  ^gemechide  {mhd.  wb.  2,17*).  Frankf.  reform.  HI.  10, 16. 
V.  4,  2.  5,  3  u.  0. ;  ein  fromm  ehegemecht  ist  ein  sondere  gab 
gottes.  Frank  spr.  2, 106' ;  in  einer  rechtgeordneten  haushal- 
tung  wird  alles  mit  beider  ehgemächt  bewilligung  gleichhällig 
verrichtet.  Fischart  ehz.  13;  die  römische  gesatz  verbieten,  dasz 
die  ehegemächt  zwischen  sich  kein  geschenk  thun  sollen.  61. 

EHEGEMAHL,  n.  und  m.  conjux,  mann  icie  frau: 
fraw  Künigund  ...  sein  eegemahel.    ScewABZBJt«.  149,1; 

{Joh.  von  Leiden  setzte  fest),  der  mann  wer  nicht  an  ein  ehe- 
gemahl gebunden.    Kirchhof  wendunm.  462; 

gleichwie  ein  vogel  girrt, 

wenn  ihm  sein  ehgemahl  vom  garn  erhaschet  wird. 

Flemi.ng  23; 
auch  mir  wards  vor  der  wiege  nicht  gesungen, 
dasz  ich  nur  darum  meinem  ehgemahl 
nach  Palästina  folgen  würd,  um  da 
ein  judenniädchen''zu  erziehn.    es  war 
mein  lieber  ehgemahl  ein  edler  knecht 
in  kaiser  Friedrichs  beer.    Lbssixg  2,  224; 
und  srhafst  du  den  becher  mir  wieder  zur  stell, 
so  sollst  du  der  treflichsie  riiier  mir  sein, 
und  sollst  sie  als  ehgemahl  beut  noch  umarmen. 

SCBILLSS  64*. 

EHEGEMAHLIN,  f.  uxor. 

EHEGE.NEIGT,  inelinatus  ad  eonnubium.    Garg.  66*. 

EHEGENOSZ,  m.  conjux,  mann  und  frau.  auch  adjecliviseh : 
eh  und  bettgenosse  weiber.     Garg.  67*. 

EHEGENOSSIN,  f.  uxor. 

EHEGERICHT,  n.  Judicium  de  lilibus  eonjugalibtis  judieans. 

EHEGESELL,  m.  eonjux,  mann  und  frau : 
ich  schrei  und  klag  grosz  wee  und  not, 
mein  eegesell  der  ist  mir  tod.    Scuwarzk:«b.  127,  2. 

EHEGESELLIN,  f    Stieler  2004. 

EHEGESETZ,  n.  lex  marilalis. 

EHEGESICHT,  n.  os  conjugis:  machen  mehr  die  brautfackeln 
oder  die  leichenfackeln  das  schönste  licht  auf  ein  ehegesicht? 
J.  P.  Fibel  61. 

EHEGESINNT,  »05  ehegeneigt :  beider  ehgesinten  lieb. 
Garg.   67*. 

EHEGESIPPT,  connubio  junelus.    Garg.  68*.    ehz.  20. 

EHEGESPONS,  n.  conjux: 

wenn  du  nicht  umbringst  dein  eheo-e«pons,  elender,  so  bringt 
es  dich  selbst  um.      I'late.'«  258. 

EHEGESTERN,  nudius  tertius,  avanihier.  egestem  pridie, 
egestern  oder  vorderntag,  pridie,  perendine.  voc.  theul.  1482 
f6';  ahd.  Irgestere,  ^geste^e  (Graff  4,  273),  mhd.  ^gö«ter. 
Er.  1239;  ags.  ffirgistrandäg,  engl,  the  day  before  yesterday, 
nnl.  eergisteren;  schwed.  förgär,  i  fürgar,  dän.  forgaars;  gestern 
und  ehgestem.  Göthe  1,  379.  Wie  aber,  sprach  der  gast, 
wenn  ich  ein  liedlein,  darmit  ir  zefrieden,  singen  wärde,  wärs 
nit  so  vil  als  gelt?  der  wirt  liesz  ims  zu.  frischer  knecht  sang 
von  'alten  egestern'  und  fragt,  ob  im  disz  gefiel?  der  wirt 
schfllelt  den  köpf;  denn  da  (vor  der  sitiflut)  ist  das  gedecbtnus 
der  leut  noch  scharpf  gewesen  und  man  hat  lang  gelebet 
darum  so  haben  die  allen  den  jungen  nur  für  gepredigt  und 
von  'alten  ehegestern'  mündlich  bericlil  geihan.  Mathesiüs  104* 
(rgl.  Uhland  618);  diser  {Mosesi  schreibet  warhaflig  von  "den 
alten  ehegestern',  von  erschöpfung  {ersdiaffang)  der  weit.  I6t*. 
von  allen  ehegestern  meint  also  von  allen  gesehichlen,  olims 
leiten,  und  ich  habe  einmal  die  wesIfiliseJien  E.vtersteine, 
Egesterensleipe  als  felsen  aus  grauem  nllerlhum  gedeutet  (CDS. 
657),  Joa.  Gv,ropiüs  hirroglyphica  Ante  1580  fol.  p.  44:  diem 
quartum  elapsum  exlereergisleren  vocant.  den  GriecJien  waren 
ij^&ee  xni  7igcör;v  yej'ovörn  neuliche  beycbenheileit  {Plato  Gorg. 
p.  470),  oi/x  i/,&ei  ovSs  Tt^drjv  {Alhenaeus  p.  397)  gieng  auf 
frühere  zeit,  was  sich  ehgestem  begab,  weicht  auch  über  nuditu 
lerlius  zurück  in  unbestimmte  ferne,  wie  schon  'das  ist  nicht  von 
beule  und  nicht  von  gestern'.  Jacob  sähe  an  das  angesicht  von 
Laban,  und  sihe  es  war  nicht  gegen  im  wie  gestern  und  ehe- 
gestern. 1  Mos.  31,  2 ;  seit  ehegestern.  Felsenb.  4,  2S0.  ähn- 
lich ist  der  stnn  des  ags.  on  a'rdagum,  alls.  an  erdagun, 
prisco  tempore,  dem  kein  ahd.  ana  erlagum  entspricht,  s.  vor- 
gestern    ein  alter  ehegestern,  senex  garrulut.    Stieler  635. 


43 


EHEGESTRIG  —  EHEIIALTE 


EHEHALTIN  —  EHEKOPPEL 


44 


EHEGESTRIG :  der  ehegestrige  tag,  qui  nudius  terlius  fuit. 
EHEGETRAüT,  tnatrimonio  junclus.    Garg.  "4*. 
EHEGLÜCK,  n.  felicitas  conjugii. 
EHEGOTT,  m.    Hymenaeus. 
EHEGRAB,  n. 

und  morgen 
musz  ich  iu  mein  ehegrab.    IIsrdeh  8,  87. 

EHEGRABE,  m.  cloaca,  schuttgraben,  dardurch  man  allen 
wüst  und  Unflat  fergket    Maaler  96*.    Stalder  1,  334. 

EHEGRUBE,  f.  dasselbe,  gesetzlich  vorgeschriebene  ablei- 
tungsgrube  des  unrats,  in  der  Schweiz. 

EHEGÜNST,  f.  favor  conjugalis: 

ein  Smaragd  von  keuschen  sinnen, 

ein  rubin  Ton  ebegunst.    Locau  1,  218,  2. 

EHEGÜRTEL,  m.  agarieus  campestris,  enlslelU  aus  cgertling. 

EHEGUT,  n.  praedium  dotale,  oder  auch  was  ehehof. 

EHEHAFT,  legitimus,  gesetzlich,  rechtmäszig,  mhd.  ehaft 
(wb.  1,  451):  aus  allerlei  ehrbarn  und  ehehaflen  Ursachen. 
Frankf.  ref.  HL  9,  2 ;  weil  die  ursach,  die  sie  anziehen,  nit 
also  wichtig  und  eehaft  sind.  Frank  chron.  392';  ohn  sonder 
not  und  eehaft  Ursachen,  kriegb.  d.  fr.  164 ;  wo  aber  solch 
concilium  aus  ehehafter  Verhinderung  seinen  fürgang  nicht  er- 
reichen möchte.  Melancbth.  4,  52S  ;  ohne  einige  ehehafte  oder 
befugte  billige  ursach.  6, 129 ;  notwendige  und  ehehafte  ge- 
scheften.  Kirchhof  wendunm.  123*;  es  begab  sich  aber  ehe 
denn  sie  zu  der  mahlzeit  giengen,  dasz  aus  ehehaften  Ursa- 
chen ein  gemeiner  rat  must  versamlet  werden.  157';  seiner 
unvermeidlichen  ehehaften  gescheften  halber,  mil.  disc.  211 ; 
so  ehehafte  Ursachen  vorhanden  sein.  231.  aus  diesem  ehe- 
haft  wurde  oben  sp.  20  das  heutige  echt  geleitet,  und  als  es 
aufkam  erlosch  jenes. 

EHEHAFTDING,  EHEHAFTTEIDING,  n.  was  echtding.  Hal- 
TAüs  25.%  die  gleichheit  von  echt  und  chehaft  bestärkend. 

EHEHAFTEN,  pl.  legitima  impedimenta,  justa  causa,  das 
vorige  adj.  mit  dem  ausgelassenen  subst.  Ursachen :  mit  Schwach- 
heit und  ehehaften  also  beladen,  dasz  er  dieses  handeis  nicht 
abwarten  könnte.  Melanchthon  3,  1202 ;  soll  solcher  letzte 
weg  ohne  merkliche  ehehaften  nit  an  die  band  genommen 
werden.  Kirchhof  mil.  disc.  101 ;  meiner  eigenen  ehehaften 
halber.  Scuweinichen  2, 14 ;  aus  ehehaften  wol  entschuldigt. 
2, 108 ;  wenn  diese  Verrichtungen  als  priesterliche  ehehaften 
passieren  können,  pol.  maulaffc  iOb ;  kein  sonderlich  vergnügen 
ist  bei  der  ausnehmung  {der  recruten),  da  die  krüppels  gerne 
dienten,  und  die  schönen  leute  meist  ehehaflen  haben  wollen. 
Göthe  an  fr.  v.  St.  1, 218 ;  den  ehehaften  ein  geneigtes  gehör 
verstatten.    Hippel  ehe  5, 156 ; 

so  lasz  er  ja  sein  weibchen  wieder  mit  agieren, 

sie  hätte  denn,  wir  wollen  billig  sein, 

uns  ehehaflen  anzuführen, 

die  lauter  als  ein  redner  schrein.    Götter  1,83. 

das   »ort   hatte  im  alten  gerichtsgebrauch  noch  andere  bedeu- 
lungen.    Haltaüs  257 — 259. 

EHEHAJTIG,  was  ehehaft:  aus  solcher  chehaftiger  not  hat 
er  wider  mich,  als  einem  gottespriester  gebürt,  zu  streiten 
fürgenomen.  Luther  1, 393' ;  item  welcher  knecht  aus  eheiiaf- 
tiger  Ursachen  begerte  ab  oder  weg  zu  ziehen.  Fronsperc.  1,  32'. 

EHEHÄLFTE,  f.  eonjux,  franz.  moiti^:  mein  liebe  che- 
hälfte,  ma  ch^re  moitiö;  ein  Albrecht  Dürer,  den  mir  meine 
frau  chehälfte  geschenkt  hat,  ist  von  der  gröszten  Schönheit. 
herzog  Karl  Acclst  bei  Merk  1,363;  dieser  willkommen  sei- 
ner weiland  geliebten  ehehäifte  war  dem  flinken  Kurt  ein 
dolchstosz  ins  herz,  die  galle  ergosz  sich,  wie  ein  wehr,  ins 
blut.    MüsÄus  5.  97.     ähnlich  ist  mein  anderes  ich. 

EHEHALTE,  EHEHALT,  m.  famulus,  minister,  diener,  dtenst- 
bote,  dienstmann,  hausgenosz,  der  die  ß,  das  gesetz,  gebot  des 
herm  hält,  ahd.  hicsz  der  priester  ihalto,  goltes  diener,  schalk, 
ganz  wie  Awarto  oder  auch  (walto,  aus  haltan,  waltan,  gistal- 
tan,  warlAn  sprossen  gleichbedeulige  nomina  hallo,  walto, 
gistalto,  warlo ;  cor»  halto  ganz  verschieden  ist  holde,  der 
treue,  huldigende,  ein  andrer  ausdruck  für  das  milde  dientl- 
terhdllnis. 

habt  ir  eehalien.  die  euern  willen  volbringen, 
die  üult  ir  hinz  jar  wider  dingen,    fatln.  »p.  tGH,  8; 

Personen,  die  diengtebehaitcn  sind,  reichtabseh.  von  \bli  i.  %  i ', 
knechte  und  ebehailen.  reichtpol.  ordn.  von  1530.6,2;  des 
srhtilrlner»  gebrOle  ehcli.illen,  gesinde.  Frankf  reform.  l.  49,  S; 
li'ililirh  narung  uml  haui-lifAile,  die  dir  dein  relialt  geMJnnt. 
ijiikK.M  bildcrkalfch.  bctlaijen  &7;  es  kumpt  auch  die  Icut 
an,  dM  IM  mttaMO  waiCutco,  Ae  (niw  vom  mann,  der  ehe- 


halt aus  seinem  dienst.  Frank  wellb.  129';  seine  kinder  und 
hausgenossen  oder  ehalten.  14S';  sollen  einander  dienstlich 
zuspringen  in  aller  not,  so  si  selbs  nit  diensteehallen  haben. 
chronica  360' ;  und  das  weih  verordnet  nach  mittag  das  wider- 
spiel, und  wolt  das  gesind,  die  kinder  und  ehehalten  im  haus 
zwingen,  das  sie  ir  folgten,  unangesehen  was  der  man  ver- 
ordenet  bette,  da  wird  gewis  man  und  weib  nicht  lang  eins 
pleiben,  sondern  mit  einander  haar  und  brot  essen  {sieh 
unter  dem  essen  raufen).  Fischart  bienenk.  14*;  seiner  höfi- 
schen ehehalten  reistäg.  Garg.  64';  sein  eigene  ehhalten,  ja 
weehalten,  die  knecht  und  mügd  betriegen  ihne  darumh.  6S  ; 
gott  eifert  so  gewaltig  über  die,  welche  den  tagelöhnern  und 
ehehalten  ihren  liedlohn  vorenthalten.'  Otho  krankentr.  271; 
kein  ehehalt  ist  so  schlecht,  die  h.  dreifaltigkeit  kommt  zu 
ihm  und  hauset  bei  ihm,  wenn  er  Christum  liebt.  591;  heut 
zu  tage  ist  der  gemeine  brauch,  dasz  es  sich  mit  den  dienst- 
botcn  oder  ehehalten,  als  knechten  und  mägden,  änderst 
nicht  wie  mit  den  mückcn  bei  einem  aas  verhält.  Simpl. 
K.  475 ;  ist  sie  (die  gelegenheit)  zum  guten,  so  werden  auch 
die  ehehalten  und  das  gesinde  darzu  veranlasset,  mdgdelob  16  ; 
einen  dicnstboten  und.  ehehalten,  dem  man  seinen  ordent- 
lichen lohn  gibt,  darf  man  auch  kecklich  zur  arbeit  alles 
ernstes  antreiben.  Hohberg  3, 1.  59*.  das  wort  lebt  noch  in 
Ostreich  und  Baiern,  ist  aber  in  der  Schriftsprache  erlosdien. 

EHEHALTIN,  f  uxor :  ein  mann,  der  allen  fleisz  nur  auf 
die  leibspfleg  legt,  gibt  ursach,  das  sein  ehhaltin  gleicherge- 
stalt  dessen  was  zu  ausbutzung  des  leibs  dienet,  auch  fieiszig 
suchet.    Fischart  ehz.  21. 

EHEHALTUNG,  f  familia,  gesinde:  angesehen,  das  gesun- 
des wasser  der  beste  trank  seines  hausgesinds  ist,  und  das 
lirot,  wclcbs  er  und  sein  ehhaltung  genieszet,  damit  gewirket 
und  geknetet  wird.    Sebiz  15. 

EHEHAND,  f  manus  jugalis :  die  ehehand  geben,  sich  ver- 
heiraten.   Stieler  752. 

EHEHANDSCHELLE,  f.  manica  jugalis:  die  stille  band, 
die  mit  ehehandscbellen  an  eine  fremde  geschlossen  wird. 
J.  P.  Hesp.  1,201. 

EHEHERR,  m.  marilus: 

und  sagt,  ihr  fehlt  sie  weisz  nicht  was, 

und  kömmt  zum  ehherrn  oft  gerannt.    Hagedorn  2, 107; 

wir  legen  nur  ein  gültig  zeugnis  nieder, 

dasz  ihres  ehherrn  ausgereckte  glieder 

in  Padua  an  heiiger  statte  ruhn.    Göthe  12,  157 ; 

spasz  machls  männer  zu  schaun  in  begeisterung.    brauet  den 

ehherrn 

bischof  oder  auch  punsch,  und  sie  dünken  sich  stracks  zu 

verbessern 

alle  gebrechen  der  weit,  ja  sie,dOnken  sich  ordner  des  hauses. 
Voss  Luise  {a.  l.  h.)  3.  2, 170. 

EHEHIN,  olim,  vorhin,  ehmals:  hier  besahen  wir  das  alle 
schlosz,  das  eigentlich  aus  drei,  ehehin  durch  thore  und  Zug- 
brücken von  einander  geschiedenen  theilen  oder  schlösscru 
besteht.    Schubert  wanderbüchlein  42. 

EHEHLNDERNIS.  n.  impedimcntum  matrimonii. 

EHEHOF,  m.  villa  domini  hereditarii. 

EHEHOFSTÄTTE,  f.  area:  wa  ouch  ieman  sitzet  in  dem 
gezwinge,  ...  der  nit  huses  hat  uf  der  ehofstatL,  so  man 
dem  fürgebieten  wil,  findet  in  der  forster  uf  der  hofstatt,  so 
seit  er  im  das  fürgebot,  findet  aber  in  nicht  uf  der  hofstatt, 
so  soll  er  einen  stein  mit  den  henden  oder  mit  den  füszen 
umbkeren,  und  sol  im  damit  gcseit  sein,    weisth.  1,  34. 

EHEHOFTHEiL,  m.  pars  areae:  dasz  auch  dieselben  huober 
denn  mit  dem  forster  in  den  forst  gangenl  und  da  howent 
gerte,  das  inen  notdürftig  ist  allein  zu  den  hofreiten,  die  man 
nemmet  ehoftcil.    weisth.  1, 10. 

EHEHOLZ,  n.  silva  lege  prohibita.    Hai.tads  260. 

EMEHURE,  f  uxor  adultera:  gleichwie  eine  ehehure  viel 
trewer  und  gehorsamer  ist  ...  umh  des  ehebrechers  willen. 
Luther  n,  :i~,'.    Stielkr  s34. 

EHEJOCH,  n.  ;i4<;i<m  matrimonii:  frei  vom  chejoch.  GonKR 
3,  48't. 

EHEKETZEKEl,  f  es  haben  die  leut  vor  der  sindflut  zu 
nahent  in  die  blutfreundschafl  geheirat  und  eheketzerei  an- 
gerichtet.   Mathbsius  9'. 

EHEKIND,  n.  proles  legitima, 

KHKKirr.  m.  miiltha  jugalis:  dasz  man  etwas  anders  als 
gelil  zum  ehekilt  mache,    j.  P.  nachlast  4,  Um. 

KHEKOPPEL,  f  copula  jugaiit:  kraft  zugelassener  beilag 
und  ebekoppel.    Garg.  64'. 


1 


45 


EHEKREUZ  —  EHEMALIG 


EHEMALS  — EHER 


46 


EHEKREUZ,  n.  calamitas  coiijugalis :  er  hatte  sein  schweres 
ehekreuz. 

EHEKRONE,  f.  marita:  seine  {Luthers)  hochschwangere 
ehkron  stund  Tor  dem  bett  mit  nassen  äugen.  Otho  kran- 
kenlrosl  43. 

EHEKRÜPPEL,  m.  homo  conjugio  debilis  redditus:  dasz  du 
wider  deinen  willen  copulirt  worden  wärest,  wie  ein  arme 
Jungfer  an  einen  alten  reichen,  ehekrippel.  Simpl.  K.  bOb ;  der 
armselige  ehekriepel  hier,  der  schon  selbst  erwachsene  und 
verheiratete  kinder  hat,  der  ehster  tage  groszvater  werden 
wird,  den  soll  ein  frisches  mädchen  von  zwanzig  jähren  hei- 
raten. Lessi.ng  2,  4S3 ;  einen  armen,  alten,  schwachen  ebe- 
krüppel  rausz  ich  schon  mehrere  jähre  nur  so  hegen  und 
pQegen.    Göthe  II,  309  ; 

doch  vor  allen  mag  er  necken 

ebekrüppe],  hebesgecken.    Armm  schaub.  2,i8. 

EHELEIBLICH,  legitime  natus:  sein  eheleiblicher  söhn. 

EHELEUTE,  pl.  conjuges:  also  auch  ist  es  mit  den  eeleu- 
ten.  so  nit  mee  dan  ein  böser  regen  oder  hader  under  sie 
kumpf,  das  sie  einist  miteinander  hadern,  so  hond  die  dar- 
nach kein  gut^n  tag  miteinander  nimmer  mer.  Keisersb.  $.  d. 
m.  42';  diese  drei  nacht  wollen  wir  beten,  darnach  wollen 
wir  uns  zusamen  halten  als  eheleute.  Tob.  8, 4 ;  ewige  ehe- 
!eut  und  eins  leibs  genösse.  Garg.  64'.  der  pl.  eeleuter  f. 
eeleute  steht  in  Gefkens  beilegen  s.  57.  64. 

EHELICH,  eonjugalis,  oft  mit  sein  und  werden :  stehet  die 
Sache  eines  mannes  mit  seinem  weibe  also,  so  ists  nicht  gut 
ehelich  werden.  Mallh.  19, 10,  ahd.  thanne  nist  biderbi  zi  gibi- 
wenne ;  den  ehelichen  gebiete  nicht  ich,  sondern  der  herr,  das 
das  weib  sich  nicht  scheide  von  dem  manne.  1  Cor.  7, 10 ;  ver- 
bieten ehelich  zu  werden,  l  Tim.  4,  3 ;  die  essen  und  treiben 
eeliche  werk  öffentlich  auf  dem  platz  on  schäm  vor  allen. 
Frask  weltb.  4*;  aber  er  hat  endlich  ehelich  zu  werden  sich 
belieben  lassen.  Micrälics  3,389;  wie  könte  on  ehliche  saat 
das  land  erbawet  . . .  und  gottes  befehl,  die  weit  zu  mehren, 
vollzogen  werden?  Garg.eb';  in  ehlicher  keuscheit.  66*;  der- 
halben  man  recht  saget,  das  die  kinder  pfandschilling,  Stär- 
kung und  confortatif  der  ehlichen  pflicht  seien.    67'; 

ich  weisz  dergleichen  leute, 

die  lieber  wollen  heule 

als  morgen  eblicb  sein.    Opitz  2,  77 ; 

den  ehsiand  lob  ich  zwar,  nicht  aber  lob  ich  wein, 

der  da  mit  wasser  wil  zu  zeiten  eblicb  sein.    Logau  1,136,88; 

Dubiosa  ist  sehr  schön,  reich,  geschick:  und  sonst  von  gaben, 

nur  der  Juden  hobepriester  künte  sie  nicht  eblicb  haben. 

2,85,31; 
wann  leisten  und  versprechen  nur  eblicb  wolten  werden, 
es  würden  ihre  kinder  vertreiben  viel  beschwerden. 

3, 193,  10: 

die  ministerin  gieng  am  ehlichen  arme  {d.  i.  an  dem  ihres 
gemahls)  an  den  hof.  J.  P.  Tit.  3, 148 ;  ehliche  pflicht  leisten, 
ehliche  treue  halten,  ehliche  liebe  enveisen.  s.  auszerehlich, 
unehlich. 

EHELICHEN,  EHLICHEN,  matrimonium  contrahere,  heiraten: 
wenn  jemand  ein  weib  nimpt  und  ehelicht  sie.  5  Mos.  24, 1 ; 
mein  schwager  wil  mich  nicht  ehelichen.  25,  7.  früher  auch  für 
leyilimieren :  durch  vermählunhg  elichen.  Frankf.  re/l  V.  1, 4; 

und  wenn  er  schon  geehlicht  ist, 
so  halt  ich  ihn  doch^zu  der  Trist 
mein  leblag  nur  Tür  ein  huriikint.    Atrer  204'. 

EHELICHING,  f.  copulatio. 

EHELIEBSTE,  f.  manta. 

EHELIEBSTER,  m.  maritus. 

EHELOS,  caelebs:  ehlos  bleiben,  ein  ehioses  leben  führen : 
dasz  du  doch  nie  geboren,  oder  doch 
nur  ehlos  wenigstens  gestorben  wärst!    Börgkr  51*. 

EHELOSIGKEIT,  f. 

EHELrSTIG,  conjugii  appetens. 

EHFMACHER.  m.  pronubus,  freier,  eheschmied. 

EHEM.ACHEHI.N,  f.  conaliatricula. 

EHEM.\L,  priusquam,  antequam:  eenial  si  in  tempel  ein- 
geen,  weschen  si  sich  all  in  gedachtem  teich.  Fran»  weltb. 
203".     s.  ehemals. 

EHEM.\LEN,  dasselbe:  man  pflanzet  gedachten  bäum  von 
den  nussen  seiner  frucbt,  und  ee  malen  si  ihre  zweig  her- 
für  bringen,  so  musz  man  alle  nacht  sie  aufdecken.  Frank 
vellh.  202". 

EHEMALIG,  pristinus:  wegen  irgend  einer  ehemnhiigen  Ver- 
schuldung. WiELA.ND  2,  57;  ohne  seiner  ehm.ihliu.n  ii.iikungsart 


ungetreu  zu  werden.  2,  109 ;  die  ehemaligen  misvei^iigten. 
2,  109. 

EHEMALS,  antea,  quondam,  sonst,  gebildet  wie  ehedesseo, 
vormals,  nachmals,  mhd.  e  mäles.  Trist.  367, 7.  Dionysius 
hatte  von  Aristipp  vernommen,  dasz  Agathon  ehmals  ein 
Schüler  Piatons  gewesen.    Wielasd  3,  27 ; 

ebmals  winktest  du  mir,  fuhrer  des  schweigenden  abends. 
Stolberg  1,  10; 

ehmals  tappte  er,  nun  man  sollte  es  nicht  sagen,  aber  wahr 
ists,  auf  allen  vieren  nur  so  durch  die  weit  hin.  Göthe  ; 
aus  trümmern  von  dasein  und  Überlieferung  sich  eine  zweite 
gegenwart  zu  verschaffen  und  Friederiken  von  ehmals  in  ihrer 
ganzen  liebenswürdigkeit  zu  lieben.  49,  20.  wie  man  sagt, 
von  beute,  von  gestern,  bemerkensuerth  aucit  im  16  jh.  für 
anlequatn^  bevor:  ich  wil  allen  flisz  ankeren  damit  ich  glich 
ins  land  kuinme,  emals  ich  verschni  {verschneie),  dann  wan 
ich  verschnite,  so  were  nichts  usz  gericht  Chsiels  «ri.  A/art- 
milians  n'  220  s.  280.     vgl.  ehemal  und  das  einfache  ehe. 

EHEMANN,  m.  maritut:  wenn  jemand  erfunden  wird,  der 
bei  einem  weibe  schleft,  die  einen  eheman  hat,  so  sollen  sie 
beide  sterben,  der  man  und  das  weib.  5  Mos.  22, 42 ;  ein 
neuer,  frischer,  frommer,  geduldiger,  eifersüchtiger  ehemann; 

auf  künftiger  ehmann  und  mache  dich  fort!    GüMaER  927; 
er  um  kein  scandal  zu  geben,   vrar  gezwungen  die  rolle  des 
geduldigen  ehemannes  zu  spielen.    Göthe  18.  212. 

EHE.MÄ.NNLICH,  marilalis:  die  ehemännliche  gewalt  Ad. 
Müller  elem.  der  staatsk.  2,  59. 

EHEMANNSROLLE,  f  er  solle  seine  ehmannsrolle  so  lange 
und  so  gut  als  möglich  spielen.    Göthe  18,  305. 

EHEMENSCH,  n.  conjux: 

das  reich  ehemensch  vor  selm  endt 

verleszt  ein  solches  tesiament.    Atrer  fastn.  16'. 

EHEMÖRTEL,  m.  was  ehekitt :  so  wie  dumme  dorfliebhaber 
bei  ihren  brauten  ein  gesangbuch  zum  postiUon  d'amour  und 
ehemörtel  brauchen.    J.  P.  jubeisen.  104. 

EHEN,  ducere  in  matrimonium,  heiraten:  Jerusalem  heiszt 
ein  statt,  die  den  fried  eben  wird.    Reis.xee  1,  4'. 

EHENÄME,  m.  nomen  matrimonii.    Garg.  64'. 

EHENDER,  prius,  Schweiz,  ehnder.  Toblkr  164',  bair.  ender. 
ScHM.  1,3;  hin  und  wieder  auch  in  büchem:  kam  ehender 
als  sie.  Simpl.  K.  315;  ehender  als  ichs  mich  versähe.  Pierot 
1,  215 ;  Hohberc  3,  73' ;  ein  superl.  ehndest  primuni  steht  zur 
seile,  dagegen  mangelt  ein  positiv  ehend,  wie  er  doch  mit  com- 
paralivbedeutung  mhd.  aufzuweisen  ist,  Jsib.  204, 4.  370, 2.  403,  2. 
410,  2. 1563,  2  hat  Lacbxamn  'end'  aus  A.  beibehalten  oder  her- 
gestellt und  sieht  darin  etwas  sächsisches,  thüringisches,  wozu 
das  heutige  auftreten  in  Oberdeutschland  nicht  stimmt,  ein 
öslr.  beispiel  Neidh.  234,  ein  tirolisches  ent,  vor  ent  bei  Haupt 
6, 425.  429.  über  dieses  end  und  ehnder  zu  urtheilen  hat 
nicht  geringere  Schwierigkeit  als  über  eh  und  eher,  vielleicht 
sind  beiderlei  formen  von  ^einander  zu  halten,  end  könnte 
sogar  zum  lat.  ante  und  antequam  fallen,  dann  aber  zum 
altn.  ädr,  idur  prius,  das  schwed.  dän.  nicht  mehr  da  ist. 
end  scheint  nun,  wie  i,  bereits  comparativischer  bedeutung, 
folglich  kein  wahrer  positiv,  ehnder  also  unorganische  forlbil- 
dung  ganz  wie  eher.     i.  eher. 

EHENSCH.MIEDE,  f.  fabrica  connubiorum,  das  schottische 
Grelnagreen.    ärmms  nov.  2,  77.     s.  eheschmid. 

EHEORDNUNG,  f.  lex  de  maritandis. 

EHEP.A.AR,  n.  par  conjugum:  er  hatte  den  pfarrer  de.5  orts 
beredet,  das  ehepaar  aufzunehmen.    Göthe  19,  55 ; 

denn  es  erinnerte  sich  durchs  ganze  leben  das  ehpaar, 
dasz  die  geschickte  band  den  ersten  knoten  geschlungen. 

40,  302. 

EHEPACTEN,  tabulae  nuptiales. 

EHEPF.AND,  n.  pignus  amoris  eonjugalis.  kinder  heitzen 
ehepfänder.  s.  pfandschilling  in  der  vorhin  sp.  45  angezognen 
stelle  FisciiARTS;  ist  ihr  ring  da  an  ihrem  finger  das  ganze 
ehepfand  ?    J.  P.  teufelsp.  1, 12. 

EHEPFLÄNZLEIN,  n.  proles. 

EHEPFLICHT,  f.  debitum  conjugale,  ehliche  pflicht:  ob  sie 
würde  gezwungen  bei  dem  andern  zu  ligen  und  im  die  ehe- 
pDicht  zu  leisten.  Luther  5,  240'.  s.  ehespflicht  und  ehe- 
schuld. 

EHEPLAGE,  f.  molestiae  eonjugii. 

EHER,  prius,  antea,  ahd.  h,  mhd.  ^r,  doch  selten,  meistens 
e,  nhd.  eh  und  eher,  die  apocope  des  r  wie  in  dk  für  dir, 
hie  ßr  hier,  m6  für  laer,  nur  gleicht  diese  letzte  nicht  genau, 


47 


EHER 


EUER— EHESCHATZ 


48 


weil  in  mer  das  r  eomparaliviscli  war,  wie  gotk.  mais,  lat. 
magis,  in  er  aber  hartes,  der  Wandlung  in  s  unausgesetztes  r 
liegt,  der  goth.  comp,  lautete  nicht  ais  (wie  ais  »=  ahd.  ir, 
aes),  sondern  airis  (tcie  framis,  haldis,  hauhis),  geht  also 
zurück  auf  den  positiv  air,  Tiptoi,  mane,  der  comp.  adj.  ist 
airiza,  wo  dtm  air  sichtbar  das  comparativische  iza  zutritt, 
der  nicht  vorrätige  superl.  würde  airist  sein,  das  r  in  air 
entspricht  dem  in  sair,  ahd.  s6r  dolor.  Graff  teuscht  sich, 
venn  er  1,  434  an  air  comparativelemenl  findet,  das  darin  so 
wenig  liegt  als  in  faur,  ahd.  furi,  comp,  furiro,  superl.  furislo; 
jeder  Gothe  fühlte  es  in  mins,  mais,  airis  wie  in  minniza, 
maiza,  airiza.  ahd.  aber,  als  die  adverbia  comp,  paj,  niin, 
4r  ihrer  bezcichnung  verlustig  giengen,  folglich  die  merkmale 
des  Unterschieds  beider  grade  für  er  schwanden,  wird  begreif- 
lich, warum  dieser  form,  und  gleichergestalt  dem  mhd.  6,  bald 
die  bedeutung  von  antea,  bald  von  prius  zustehen  konnte, 
welche  freilich  schon  ihrem  sinn  nach  einander  nahe  liegen, 
weil  das  ehere  in  das  erste,  prius  in  pridem  übergeht,  wie 
dem  mhd.  tr  scheinbar  die  form  von  mfir  gleichstand  und  beide 
sieh  in  i,  mi  abstumpften,  hatte  schon  das  ahd.  eriro  = 
airiza  ein  unorganisch  erweitertes  meriro  ==  maiza  nach  sich 
gezogen,  welchen  mhd.  hre  und  merre  folgte,  während  nhd. 
nur  der  ehere,  nicht  der  elirere  neben  mehrere  besteht,  im 
superl.  der  erste  (ahd.  aristo,  mhd.  Srste)  dauert,  seilen  der 
eheste  vorkommt,  vgl.  ehestens  und  die  nebenform  ehender, 
ehnder.  nnl.  wird  gesteigert  eer,  ecrder,  eerst.  die  stufen 
des  ags.  adverbiums  sind  in  Ordnung  mr  pridem,  mane,  aeror 
prius,  aerost  primum;  alln.  gilt  nur  der  positiv  är  mane,  für 
air,  wie  sdr  für  sair  {gramm.  1,  458). 

Den  oben  bei  eh  und  ehe  vorgetragnen  fällen  treten  auch 
für  eher  zur  seile 

1)  eher,  antea,  prius,  vorher,  ehmals,  sonst :  eher  nimmt  die 
frau  Kichardin  keinen  besuch  an.  Gellert  3, 136  ;  wer  hat  meine 
kleine  schöne  lanze?  ich  traf  wol  eher  den  geier  im  fluge. 
ich  wilis  nidit  fehlen  dies  Römerherz.  Klopstock  8,162;  es 
hat  doch  wol  eher  ein  esel  einem  profeten  einen  guten  rat 
gegeben.  Wieland  II,  181 ;  bin  ich  wol  eher  um  des  vierten 
theils  willen  ausgeritten.  Göthe  8,  78.  man  sagte  je  eher 
je  bülder,  prius  cilius;  wer  eher  kommt,  der  melt  eher. 

2)  eher,  potius,  lieber,  vielmehr: 

alle  die  bei  bofe  dienen,  achten  sich  als  andre  höher. 
kluge  rühmen  als  die  dienste  ihre  freiheit  billich  eher. 
LoGAU  3,261,251; 

ein  Jüngling,  wolgebaut,  schlank,  eher  ein  wenig  zu  grosz. 
Göthe  n,  199 ;  einem  groszen  see,  eher  ein  sumpf  als  ein 
see.  IS,  63;  es  sind  eher  bücher,  die  ich  nicht  wegwerfe,  als 
die  ich  aufliebe.  20,66;  Mignon  hat  sich  diese  beiden  letzten 
tage  eher  verschlimmert.  20,150;  als  der  körper  nach  einigen 
tagen  keine  zeichen  der  fäulnis  von  sich  gab  und  eher  weiszer 
und  gleichsam  durchsichtig  ward.  20,280;  so  kann  mein  buch 
nie  der  vorv*urf  treffen,  dasz  man  darin,  wie  im  Grandison, 
zuviel  thee  consumiere,  eher  zu  viel  starkes  getränk  geht 
auf.  J.  P.  Tit.  2,133;  er  ist  eher  klein  als  grosz. 
S)  eher  als,  priusquam,  antequam: 

eher  todt  als  ungetreu.    Gönthir  236 ; 
auf  die  thore  fünfzig  büschel  reiser  hinschaffen  mit  der  Wei- 
sung  solche   nicht  eher  noch  später  als  zwischen  sechs  und 
sieben  uhr  anstecken  zu  lassen.    Schiller  1096*. 

4)  ehe  —  eher:  und  ehe  sie  sich  in  ihrer  nachmittagsan- 
dacht  stören  läszt,  eher  ISszt  sie  berr  Simonen  und  zehn 
andre  freier  wieder  fortreisen.    Gellert  3, 136 ; 

eb  an  die  ferse  lockien  wir  .selbst  durch  griiszjiche  (baten 
uns  die  Erinnyen  her,  w.-i^ten  es  eher  des  Zeus 

hartes  eericht  arä  rollenden  nid  und  nin  felson  zu  dulden, 
als  ofem  reizenden  dienst  unser  geniiit  zu  enizieho. 
GÖTHI  1,  263. 

5)  eher  —  eh: 

auch  den  tobn,  der  eher  starb,  eh  er  anfleng  hier  tu  leben. 

LocAU  2,  47. 

6)  eher  —  bis:  die  meisten  Schriftsteller  schätzen  niemand 
eher  hoch  und  halten  niemand  eher  für  ein  genie,  bis  er  in 
hundert  bogen  bewiesen  hat,  dasz  er  ein  narr  sei.  £.  von 
Kleist  2,100. 

7)  ag$.  triU  der  conjunction  bvttnne  sr  hinzu,  im  sinne 
ton  paulo  ante,  allt.  bunn  tr  diückt  aus  donee,  bis  dasz, 
dum  modo,  wenn  nur;  nul.  und  nd.  pflegt  aber  häufig  dem 
wann  ein  eer  und  eher  beigefügt  zu  werden,  sowol  dem  be- 
dingenden als  fraqenden:  wanneer  bij  de  noodige  niiddelen 
gebruikt  bad,  leefde  bij  nog;  laat  hij  kuincn,  wanneer  bij  hü; 


wanneer  vertrekt  de  post?  in  Norddeutschland  wird  auch 
von  hochdeutsch  redenden  wann  ehe,  wann  eher,  Üiür.  sdchs. 
wennc^hr  verwendet,  man  kCinte  sich  bei  der  bedeutung  von 
eher  beruliiyen,  erschiene  nicht  altn.  hvSnaer,  hvinaer,  ddn. 
hvornaar,  mit  der  partikel  naer,  dän.  naar,  schwed.  när  ge- 
bildet, welches  naer  doch  prope  nahe,  propius  näher  ausdrückt ; 
die  Zusätze  eher  und  näher  haben  gleichen  anspruch  darauf, 
der  vorangehenden  partikel  nachdruck  zu  verleihen  {vgl.  her- 
nach ehest).  Lessing  oder  Moser  möchte  leiclit  ein  solches 
wannehr  entschlüpft  sein. 

EHER,  n.  spica,  arista.     s,  aber,  ähre. 

EHERECHT,  n.  jus  matrimonii. 

EHERER,  m.  spicarius,  halmleser,  stupfler  (stoppler).  Die- 
fenb.  546*.  goth.  ahsareis?  ahd.  ahiräri,  eheräre,  mhd.  eheraere. 

EHERING,  m.  annulus  pronubus,  trauring:  der  lector  be- 
wies, dasz  ßouverot  sein  ritterkreuz,  schon  aus  babsucht, 
nie  gegen  den  ehering  vertauschen  werde,  welche  absiebten 
er  auch  auf  Lianen  habe.    J.  P.  Tit.  2, 171 ; 

einst  grif  ■M>gar  nach  spanischem  ehering 
habgierig  O.sU'eich.  Platbn  117. 

EHERMALEN,  was  ehemalen:  so  wie  wir  denn  wol  eher- 
malen blutfremden  gethan,  die  uns  gar  nichts  angegangen. 
Felsenb.  4,197. 

EHERN,  spicas  legere,  spicare.  Diefenb.  48*.  176*.  ahd. 
ehirön.    Mones  anz.  4, 367.    mhd.  eheren.   Haopt  2,  228. 

EHERN,  aereus,  aheneus,  ahd.  mhd.  erin,  das  zum  grund 
liegende  uralte  subst.  £r,  goth.  aiz,  lat.  aes,  skr.  ajas  ist  uns 
verloren  und  wird  vertreten  durch  erz;  freilich,  schrieben  wir 
dafür  noch  eher,  es  würde  sich  mit  eher  prius  und  eher 
spica  mischen,  unser  adj.  ehern  ist  nicht  gebildet  wie  höl- 
zern, beinern,  steinern,  sondern  sein  r  gehört  schon  dem  sg. 
des  subst.,  es  steht  also  für  eheren  und  hat 

1)  seine  natürliche  bedeutung :  fünfzig  eherne  hefte.  2  Mos. 
26,11;  und  soll  inen  (den  fünf  seulen)  fünf  ehrnen  füsze 
gieszen.  26,  37 ;  du  soll  auch  ein  ehern  gitter  machen,  wie 
ein  netz,  und  vier  eherne  ringe  an  seine  vier  ort;  ein  ehern 
topf.  3  Mos.  6,  28 ;  mache  dir  ein  ehrne  schlänge.  4  Mos.  21, 8  ; 
von  krügen  und  ehrnen  gefeszen.  Marc.  7,  4 ;  die  eherne  bild- 
seule.    Lessing  1, 141; 

stürmte  das  ehrne  geschosz.    Od.  21,423; 

also  redete  jener,  und  zog  das  geschliffene  schwert  au(, 

ehern,  mii  doppelter  schneid.    22,  SO; 

rannte  Telemachos  schnell  den  ehernen  sper  in  den  rücken. 

22,92; 
ist  denn  der  himmel  ehern  über  mir? 
dringt  meine  jainmerstimme  nicht  hindurch?    Göthk  9,  372, 

wie  ein  ackersmann  um  regen  (bittet),  wenn  der  himmel  ehern 
über  ihm  ist,  und  um  ihn  die  erde  verdürstet.  16, 130.  im 
letzten  beispiel  kann  man  auch  ei:te  vergleichung  sehen. 

2)  bildlich  im  vergleich:  denn  ich  weisz,  das  du  hart  bist, 
und  dein  nack  ist  ein  eisern  adcr  und  deine  stirn  ist  eherne. 
Es.  48,4;  das  eherne  Zeitalter; 

doch  es  schmiedete 
der  gott  um  ihre  stirn  ein  ehern  band.    Göthi  9, 17; 
du  hast  wölken,  gnädige  retterin, 
einzuhiilien  unscliulilig  verfolsite, 
und  .'Ulf  winden  dem  ehrnen  gcschick  sie 
aus  den  armen,  über  das  meer  ...  zu  tragen.    9,25; 
durch  ein  ehernes  geschick.    13,  300; 
mit  den  ehrnen,  frechen  füszen.    0,  51; 
du  weigerst  dich  um>onst.  die  ehrne  band 
der  noih  gebietet.    0,  76; 

0  faase  mich,  gewall,  mit  ehrnen  fOszen.    0,  S71; 
wahrlich  dem  ist  kein  herz  im  ehernen  busen.    40,  M7; 
nach  ewigen,  ehrnen 
groszen  gusetzeii.    2,  87. 

EHERN,  adv.  nein,  sagte  Albano  ebem  und  mit  der  freund- 
lichkeit  eines  leichnams,  welche  nachsterben  bedeutet.  J.  P. 
Tit.  1, 109. 

EHERNHUFIG,  ungula  ahenea  praedilus: 

hieb  das  ebornhufltre  gespann 

abseits  vom  •chlachigotummcl  an.    DBroii  16)*.  168*. 

EHESACHE,  f.  causa  conjugalis. 

EHESCHANDER,  m.  conjuyü  violator:  die  pfaffen,  so  frawen- 
reuber,  eheschender  und  burenjeger  sind.    Luther  8,  517. 

EHESCHATZ,  m.  1)  was  braulschatz,  dos.  i)  kotewort  unter 
ehleuten  für  beide  geschlechler,  wie  ehiiebste,  ebliebster,  be- 
sonders üblich  in  der  zweiten  hälße  des  17  und  trsttn  des 
is  jh.,  heute  heiszt  es  bloss  mein  acbatx! 


^ 


49  EHESCHEIDUNG— EHEST 

du  helfte  meines  herzens, 
mein  ehschatz  gute  nacht! 
vergisz  des  herben  schmencns, 
der  dich  zum  witwer  macht.    Göäthir  1082; 
solin  wir  durch  trou  das  heil  selbst  auf  den  ehschatz  weuen? 
LOHKXST.  Soph.  10,  307 ; 

sobald  der  eheschatz  {die  frau)  den  fusz  ins  haus  setzte,  pol. 
maulaffe  2S9;  ich  aber  tröstete  sie  und  meinete,  weil  es 
heller  mondenschein,  würde  ihr  eheschaU  schon  noch  zurücke 
kommen.  Felscnb.  l,  200 ;  befand  sich  mein  werther  eheschaU 
zwar  wiederum  bei  völligen  kräften  und  sähe  in  ihrem  35  jähre 
noch  so  schön  und  frisch  aus  als  eine  Jungfrau.  1,  285 ;  dasz 
sie  mich  als  ihren  herrn  und  eheschatz  ehren  solle,  ehe  eines 
mannes  3S5;  aber  wieder  auf  meines  unwürdig  gewesenen 
eheschatzes  übeles  verhalten  zu  kommen,  ehe  eines  veibes 
222;  wolle  der  himmel,  ich  könte  so  glücklich  sein  einen 
solchen  herrn  zum  eheschatz  zu  bekommen.  Leipz.  avant. 
2,  57 ;  mit  bitte,  mich  nicht  zu  verschmähen,  sondern  zu  ihrem 
eheschatz  anzunehmen.    2, 167 ; 

als  Doris,  die  freundliche  schöne, 

den  Vorzug  der  freiheit  verlor, 

und  man  ihr  nach  langem  gehöne 

den  häszlichsien  ehschatz  erkor.   HAeKDoas  2,88. 

EHESCHEIDUNG,  /.  divorlium,  repudium:  es  half  nichts 
als  ehescheidung;  die  ehescheidung  wurde  getroffen,  vorge- 
nommen. 

EHESCHEIDUNGSKLAGE,  /. 
EHESCHEIDUNGSSACHE,  (. 
EHESCHEU,  pavens  connubium: 

dennoch  erzählt  man, 
da«z  manch  geistlicher  herr  ebscheu  in  die  zelle  sich  einsehlieszt. 

Luise  a.  l.  h.  3,  2, 129. 

EHESCHEU,  f.  formido  eonnubii. 

EHESCHLIESZUNG,  f. 

EHESCHMID,  m.    Arnims  not.  2, 89.     s.  ehenschmiede. 

EHESCHULD,  f.  debilum  conjugale,  ehepßicht:  so  sol  er 
ir  an  irem  futter,  decke  und  eheschuld  nicht  abbrechen. 
2  .Mos.  21, 10. 

EHESCHULDIG,  quod  conjUgibus  debetur:  in  eheschuldiger 
reinigkeit.    Fischart  ehez.  72. 

EHESEGEN,  m.    1)  benedielio  matrimonii  sacerdoialis. 

2)  suboles  legitimo  matrimonio  nata,  kindersegen :  solle  aber 
frau  Cyrilla  für  ihm  {ante  marilum)  ohne  ehesegen  dahingehen. 
Grypbiüs  1,  836 ; 

und  als  um  ehesegen 

er  nun  zehn  lange  jähr 

dem  himmel  angelegen.    Röckert  433. 

EHESPFLICHT,  f.  matrimonii  vinculum: 

Sylvia  ist  nicht  mehr  hier, 

des  schneeweiszen  leibes  zier 

ist  schon  lengst  zu  grabe  kommen; 

deine  bat  ein^andrer  mann, 

wann  ich  mich  erinnern  kann, 

an  den  schönen  Main  genommen: 

jene  denkt  hieher  mehr  nicht, 

diese  lebt  in  ehespflicht.    Opitz  2,  60  (62). 

das   s   in  ehes  teie  in  liehespflicht,   hochzeitstag,   achtserklä' 
rung,  fehdesbrief  «.  a.  m. 

EHEST  für  erst,  in  der  bedeutung  von  proximus,  adjeeti- 
visch  und  adverbial,  man  vgl.  das  zu  eh  und  eher  bemerkte: 
1  Tim.  3,  14  schrieb  Lütber  'aufs  schirst',  spätere  ausgaben 
setzen  'aufs  ehiste';  bat  ihn  hierüber  ein  bedenken  und  rat- 
schlag zu  machen  und  aufs  allerehest  {es  steht  ehehest)  zu 
fertigen.  Avrer  proc.  1,  U ;  mit  ehesten  schiffen  wieder  nach 
Grünland  schicken,  pers.  reiseb.  3,4;  damit  ich  ehest  dahin 
abfahren  möge.  Opitz  Arg.  2,  23;  denn  kaum  war  meine  trauer 
vorbei,  so  dichtete  ich  schon  tag  und  nacht,  wie  ich  meiner 
letztverstorbenen  gemahlin  wiederum  ehest  ersetzen  wolle. 
ehe  eines  mannes  323 ;  machten  derowegen  eifrige  anstatt  mit 
ehester  gelegenheit  nach  hause  zu  kommen.  Weise  erzn.  464 ; 
ehister  tages  wieder  dahin  segein.  Felsenb.  1,  315 ;  ich  fühle 
dies  Unglück  am  ehesten,  primus;  alle  mittel,  welche  zu- 
gleich am  gewissesten  und  ehesten  zu  diesem  ziele  führen, 
sind  die  besten.  Wieland  2,  260;  denkst  du  nicht  dies  brächte 
die  sach  am  ehesten  zum  schlusz?  9,204;  der  ehster  tage 
{propediem)  groszvater  werden  wird.  Lessing  2,  4S3;  das  ver- 
sprochene buch  hoffe  ich  dir  ehester  tage  zu  schicken.  Göthe 
6'"«  Merk  1,  376  ;  wir  müssen  ehsten  tages  hetzen.  Göthe  15,42; 
ich  will  ihn  ehster  tage  besuchen.  16, 13.  die  neben  ehester 
tage  gültige  formel  ehester  tages  ist  zu  nehmen  wie  allerdings, 
III. 


EHESTAND — EHETAG 


50 


Bchlechterdings,  platterdings,  freierdings  statt  dinge,  nnl.  sagt 
man  eerstdags.     vgl.  ehestens  und  ehestes. 

EHESTAND,  m.  matrimonium :  ehestand,  ehrenstand;  ehe- 
stand,  wehestand;  die  neulich  in  ehestand  kommen  waren. 
8  Mace.  4,  6 ; 

der  ehstand  ist  rar  «it  dem  uhrwerk  zu  vergleichen. 
LoGAC  1, 105,40; 

Picns  nahm  die  dritte  frau,  immer  eine  von  den  alten, 
wolle,  mein  ich,  ein  spital,  schwerlich  einen  ehstand  halten. 

3,38,91; 

Graea  ist  ganz  überhäszlich,  drum  sie  dann  auch  fromm  ver- 
bleibet, 

wo  sie  nur  nicht  mit  gedanken,  wie  man  sagt,  den  ehstand 

treibet.    3,158,18; 

den  irdschen  u-ieb  der  lüsternbeit 

entsündigte  des  ehstands  Schuldigkeit.    Hagedorn  2,  105. 

EHESTANDSBIRNE,  f.  nach  Nemsich  die  graue  herbstbime. 

EHESTANDSFESSEL,  f. 

EHESTANDSFREUDEN,  LEIDEN. 

EHESTANDSKREUZ,  n.  was  ehekreuz:  man  macht  die  mäd- 
chen  vor  der  zeit  alt,  und  sie  kommen  in  das  ehestands- 
kreuz,  ehe  sie  recht  anfangen  zu  leben.    Rabeneb  3,  272. 

EHESTANDSORDEN,  m. 

EHESTENS,  EHSTENS,  proxime,  riächstens:  i.  f.  gn.  aber 
wollen  solches  ehestens  thun.  Schweinichen  1,363;  ich  habe 
nichts  mehr  zu  schreiben  als  dasz  ich  dich  bitte,  die  rest- 
gen,  so  wegen  meiner  müh  aufgelaufen,  ehstens  abzuführen. 
Weise  kl.  leute  96;  schon  eine  wirkliche  mitmacherin  sei, 
oder  sich  doch  bei  diesem  unerlaubten  handwerk  ehestens 
werde  aufdingen  lassen,  ehe  eines  weibes  29;  mein  söhn  wird 
ehestens  hieher  kommen.  J.  E.  Schlegel  2,308;  wir  hoffen 
diese  rede  ehestens  nach  einer  richtigem  handschrift  heraas- 
geben  zu  können.    Klopstoci  12,73; 

gut.   schon  dank  ich  euch,  götter,  ihr  habt  den  glücklichsten 

menschen 
ehstens  fertig :  denn  ihr  gönntet  das  meiste  mir  schon. 
Göthe  1,  357 ; 

ich  will  nun  suchen,  auch  sie  ehstens  zu  sehen.  16,23;  in- 
dem Charlotte  vernahm,  dasz  sie  ehstens  geschieden  werden 
sollte.  17, 111 ;  laszt  sie,  sagte  er,  sie  wird  noch  ehstens  ganz 
nackt  auf  das  theater  treten  und  dann  wird  erst  der  beifall 
recht  vollkommen  sein.  19,  258 ;  sein  programm  wird  ehestens 
gedruckt  werden.   43, 122. 

EHESTES,  ERSTES,  dasselbe:  ich  verheisze  hiermit  ehe 
stes  alle  dasjenige,  was  ich  von  dergleichen  Sachen  bei  han 
den  habe,  in  gewisse  bücher  abzutheilen.    Opitz  poet.  25; 

wie,  dasz  uns  wil  die  zucht  zur  Sicherheit  gelangen! 

dieweil  der  letzte  tag  die  weh  will  ehstes  fangen. 
LoGAD  1,26,90; 
'  Christus  hat  durch  erstes  kummen 

uns  des  leufels  reich  benummen, 

kümmt  er  ehstes  nicht  herwieder, 

kriegt  der  teufel  meistes  wieder.    1, 150,  48 

wer  diese  gift  nimt  unbesunnen  ein, 

wird  ehstes  seeienarm  und  sinnenlose  sein.    2,S1,22. 

EHESTEUER,  f.  dos,  bräutsteuer:  dieweil  da  mit  einer 
andern  zehenfach  und  mehr  zu  einer  ehesteuwer  magst  be- 
kommen. kiRCBBOF  «endunm.  300';  ein  halb  königreicb  za 
einer  ehesteuer  geben,    wegkürzer  10*. 

EHESTIFTER,  m.  nuptiarum  eonciliator. 

EHESTIFTERIN,  f.  nuptiarum  coneiliatrix. 

EHESTIFTUNG,  f.  nuptiarum  conciliatio  und  dann  tabulae 
matrimoniales,  was  ehepacten :  und  sie  namen  einen  brief  und 
schrieben  die  ehestiflung.  Tob.  7,  16;  eine  ehestiftung  auf- 
richten. Weise  eomöd.  pr.  333;  dasz  die  ehestiflung  in  ein 
rechtbuch  geschrieben  wird.  322;  damit  suchen  sie  nur  ge- 
legenheit, die  vorige  ehesliftung  zu  hintertreiben.  313;  eine 
wol  abgefaszte  ehestiflung  mit  dem  neuen  gemahl  aufzurich- 
ten, ehe  eines  weibes  119 ;  setzte  die  ehesliftung  vortheilhaftig 
für  ihn  auf.    120. 

EHESTREIT,  m.  rixa  inter  eonjuges. 

EHESTREITIGKEIT,  f. 

EHESTCNDLEI.N,  n.  horula  conjugalis  d.  i.  tempus  amort 
opportunum,  Schäferstündchen:  wenn  es  auch  einen  strausz 
mit  Steffen  absetzt  und  er  mich  Abel  schlägt,  was  ists  mehi 
als  ein  böses  ehestündlein?   Mosaecs.| 

EHET.\G,  ff»,  dies  matrimonii  intti: 

wenn  ich.  am  ersten  ehetage, 

nicht  in  dem  reizendsten  prospect 

die  ehe  dir  zu  zeigen  wage.    Gökingk  1, 121. 

die  ältere  spräche  scheint  auch  ein  itage  (schwacher  form  wie 
lebtage,  nackettage,  jdmertage  u.  a.  m.)  gekannt  zu  haben  mit 


51 


EHETAGEN  — EHE  WIRT 


EHEWIRTIN— EHR 


52 


dem  sinne  von  echttage.  Haltaus  250.  251.  GonnELF  selxt 
noch  ehtage  ßr  ehverlrag. 

EHETAGEN,  ETAGEN,  spondere  nuptias.    Stalder  1,  336. 

EHETEUFEL,  m.  tnotor  discordiae  inter  conjuges,  dann  auch 
mala  conjux. 

EHETBAUTIN,  f.  ein  allerer  ausdrudc  für  eheliebste:  die 
ehetrutin  Juno.    Fischart  ehz.  34. 

EHETRENNLNG,  f.  was  ehescheidung. 

EHETREUE,  f.  fides  conjugalis: 

eidebrecher,  mencbelmörder, 

Verführer  fremder  ehetreu.    Herder  8,  137. 

EHETROPF,  m.  niiscUus  mariius :  er  liesz  von  einer  ge- 
liebten allezeit  noch  soviel  übrig,  dasz  noch  eine  ehcfrau 
für  einen  ehetropfen  daraus  zu  machen  war.  J.  P.  uns.  löge 
1,68. 

EHEVATER,  m.  pater  legitimus:  mit  welchen  grillen  oft 
die  eheväter  nach  neun  oder  zehn  flittermonatcn  auftreten. 
J.   P,   37.44. 

EHEVERBINDÜNG,  f.  matrimonium. 

EHEVERBOT,  n.  interdictum  matrimonii. 

EHEVERKNÜPFTE,  f.  malrimonio  juncta.    Garg.  67*. 

EHEVERLÖBMS,  n.  sponsalia. 

EHEVERLOBT,   desponsatus : 

mit  ihrem  eheverlobten  ritter.    Athkr  283'. 

EHEVERMÄHLUNG,  f.  matrimonium :  ein  ring,  welcher  mei- 
ner mutter  vom  vater  geschenket  ist  in  der  ehevermchlung. 
buch  der  liebe  in,  2. 

EHEVERSIPPT,  malrimonio  junclus :  zwo  getreue  ehversipte 
hende  förderen  mehr  als  acht  frembde.    Garg.  1b*. 

EHEVERSPRECHEN,  rt.  sponsalia. 

EHEVERTRAG,  m.  pactio  nuptialis. 

EHEVERTRAULICH,  familiaris-:  ehTcrtrauliches  gespräch 
zwisriien  Danischraend  und  Perisadeh.    Wieland  8,  82.  359. 

EHEVERTRAUT,  was  ehegetraut:  von  der  Maria,  Josephs 
ehevertrauten.    Ayrer  proc.  1, 1. 

EHEVOGT,  m.  maritus,  in  dessen  mundium  die  frau  sich 
befindet:  wann  sie  {die  weiber)  sehen,  das  ihnen  ihre  ehvögt 
die  eigensinnigkeit  begeren  zu  weren.  Fischart  ehz.  15;  der 
gekrönte  ehevopt  wurde  von  ihr  {der  fürslin)  mit  so  viel  war- 
mem anstand  empfangen.  J.  P.  Hesp.  2,  44 ;  er  bot  ihm  einen 
beschäler  an,  einen  solchen  ehevogt  eines  roszharems,  wie 
man  wenige  gesehen,    uns.  löge  1,  22. 

EHEVOLK,  n.  conjuges,  ehleute:  do  wir  nun  in  die  statt 
kamen  und  herlierg  hatten  bi  eim  alten  par  evolk,  und  was 
der  man  stokblind.    Plater  32; 

ein  par  böses  ebevolk  «chafl 

unrbu  der  ganzen  nachbarschafl.    Fiscuart  ehz.  28; 
altes  ebvolk,  als  die  jungen,  lieben  auch  nicht  minder, 
wo  ja  nicht  wie  ehgenossen,  dennoch  als  die  kindcr. 
LoGAU  2,  l(i6,  35; 

welches  paar  ehevolk  umb  so  viel  desto  mehr  bedauret  wurde, 
weil  sie  einander  nur  ein  juhr  gehabt  hatten.  Simpl.  K.  139; 
ein  paar  ehevolk.  Hohberg  1,  94.  in  allen  stellen  entspricht 
das  paar  ehevolk  dem  lal.  par  conjugum. 

EHEVOR,  u-as  ehebevor,  zuvor. 

EHEWEIB,  n.  conjux,  ehefrau,  mhd.  iwip,  f'kone.  du  bist 
des  tods  umb  des  weibs  willen,  das  du  gcnomen  hast,  denn 
sie  ist  eines  manncs  eheneib.  1  Mos.  20,  3 ;  ein  eheweib  des 
Lapidotb.  rieht.  4,  4 ;  denn  eine  hure  bringt  einen  ums  brot, 
aber  ein  eheweib  fehet  das  edle  leben,    spr.  Salom.  (i,  26 ; 

gesellen  treue  nicht  besichi, 

ehweibs  treu  über  alles  geht.    Siiroci  n*179l ; 

versprichst  du,  als  christliches  ohwoib, 
freude  mit  ihm  und  kummer,  wie  gott  es  fügt,  zu  ertragen) 

Luise  3,  329. 

EHEWESEN,  n.  res  conjugalet:  wie  dann  auch  das  ehe- 
wesen  aus  lugend  entspringet.    Garg.  69*. 

EHEWERBER,  m.  procus,  freier. 

EHEWERBU.NG,  f.  procatio,  das  freien,  werben  um  ein« 
frau. 

EHEWETTERSCHEIDE,  f  divortium.   J.  P.  jubelten.  123. 

EHEWILLE,  m.  propentio  ad  connubium,  ehelusl:  und  ist 
die  braut  liebe  oder  ehewille  ein  natürlich  ding  von  gotl  cin- 
gepflanzet  und  eingegeben.    Luther  5,  252'. 

EHEWIHT,  mariius,  ehegemalil: 
mein  lieber  hnrr  und  eh^wiri,  insi^st  du 
•in  redlich  wort  von  dt-ineui  weib  Teroebmanl  8cinLu6t9*; 


dasz  sie  ihrem  ehewirte  keine  liebe  bewiesen.  Micrälids  1, 101; 
eine  tugendsame  hausmutter  verwechselt  auch  zuweilen  ihre 
kleider,  damit  sie  allezeit  für  den  äugen  ihres  ehewirts  sauber 
und  rein  erscheinen  möge.  Scriver  seelcnseh.  1, 297 ;  eine  ehege- 
nossin  handelt  ganz  vertraulich  mit  ihrem  lieben  ehewirt. 
1,  710 ;  sasz  mit  ihrem  lieben  ehewirt  am  tische,  ttriic.  doct, 
anhang  143.     s.  wirt. 

EHEWIRTIN,  f  marila :  von  Maria  des  priesters  und  Anna 
feiner  ehewirtin  tochter  geboren.    Ayrer  proc.  2,  2. 

EHEWUNSCH,  m.  volum  conjugale: 

spanne  meinen  schwachen  mann,  spann  ihn  aus  o  himmel,  dochl 

seufzet  iMooris,  und  ihr  mann:  himmel,  ach  zerbrich  mein  joch  I 

LoGAU  3,  164,  52. 

EHEZERTER,  m.  pactum  nuptiale,  ehcverlrag,  von  zerter, 
pactum,  certificatio.     Adelung  setzt  ehezarter. 

EHIST,  Kas  ehest :  die  deutsche  spräche,  von  welcher  etliche 
jähre  her  hofnung  gewesen,  dasz  sie  sonderlich  durch  ver- 
mittelung  poetischer  Schriften,  des  eingemengten  wesens  der 
ausUinder  ehist  möchte  befreiet  und  in  ihre  alte  zier  und 
reinigkeit  wiederumb  eingesetzet  werden,  hat  zu  ihrem  Un- 
glücke gleich  eine  solche  zeit  angetroffen  u.  s.  u>.  Opitz  2, 243 
(246). 

EHLE,  f  ulna,  dehnung  des  üblicheren  eile :  es  werden  die 
tuchleut  nicht  bald  am  daumen  lahm,  dann  sie  lassen  ihne 
neben  der  ehl  nicht  feiren.    Fiscuart  groszm.  90. 

EHM,  EHEM,  ärcumcirca,  e  regione,  führt  Stibler  360  mit 
dem  beisatz  an  'rarum  est!,  sollte  es  nur  verderbt  sein  aus 
um,  bei  Flemipjg  um,  ahd.  umpi? 

EHMELN,  was  das  folgende,  ammeln,  emmcin.  Schm.  1, 54. 

EHMEN,  nulrire,  was  ammen,  ömen  1,  279,  ätzen  von  vögeln 
gebraucht:  die  vogel  paren  sich  und  zeugen  jungen  und  ehincn 
dieselbigen  und  pflegen  ihrer  mit  sonderlichem  fleisz.  Alherus 
ehcbüchlein  1565. 177'.     in  der  Volkssprache  auch  von  hindern : 

nor  bot  se  sich  derbei  ä  bissi  als  gescheemt, 

un  derzwische  rechts  un  liniis  die  liinner  als  geehmt. 

Lkmnig  etwas  tum  lachen.  Mainz  1846  s.  44. 

EHNI,  m.  avus,  Schweiz,  ähni,  mit  den  aufwärts  steigenden 
stufen  urehni,  pfuchehni  (pfuipfuchehni),  guckehni  (stinkehni). 
Stald.  1,  92.     vgl.  Haupts  zeitschr.  1, 23. 

vater,  wo  gehst  du  hin?  nach  Altdorf,  knabe, 
zum  ehni,  willst  du  luiil  ja  freilich  will  ich. 
Schiller  532'. 

EHR,  m.    dornt«««,   könnte  gedehntes  er  scheinen,    Stalder 

1,  338  stellt  sogar  den  bekannten  gegensatz  von  er  und  sie : 
ists  ein  er  oder  sie?  unter  der  Schreibung  eher  auf  das 
hier  gemeinte  er  war  umgekehrt  schon  mhd.  kürzung  von  her, 
her,  was  auch  an  Luthers  häufiges  er  fttr  die  parlikel  her 
gemahnt,  vor  eigennamen  und  titeln  gieng  mhd.  hör  oß  in 
er  über:  er  S'ifrit.  JVJ6.  291,3.  302,1.  er  Hagene.  836,1.  er 
Liudgasl.  169,  3.  er  Gernot.  690,  2 ;  er  Erec  Er.  4586 ;  er 
Kit.  4722;  got  und  er  Gäwein.  Iw.  4865;  da;  senen  hedaht 
er  Iwein.  2962,  wo  auszer  A.  alle  andern  hss.  her  lesen,  be- 
weisend für  die  deulung  ist  der  oblique  casus  ern  bei  Leyser 
8,  34  sern  lobes  =  des  herm,  also  auch  ern  Slfrides,  herrn 
Siegfrieds,  dieselben  formen  dauern  nhd.  fort  m  der  Schrei- 
bung ehr  und  ehrn.  Frisch  1, 228'  hat  beispiele  von  dom- 
herrn  und  ritlern,  und  oß  mit  noch  vorgesetztem  herr,  wie  auch 
herre  her  gehäuß  wurde  {s.  richtsteig  ausg.  von  Huxever  s.  .s38, 
der  nur  nicht  das  zweite  her  für  ein  adj.  hatte  nehmen  sollen, 
wenn  gleich  hfirre  ursprünglicli  superl.  von  her  ivur).  so  hicsz 
es  er  Albrecht  von  Lindenau  ritter;  unser  gu.  herr  er  Caspar 
bischof;  wir  er  Busse  von  Oueriurl;  ich  er  Johan  Friderici 
probst;  «rrtj;  sieht  auch  Frisch  darin  das  pronomen  er,  was 
schon  die  Schreibung  ehr  widerlegt,  'ha',  sagt  ehr  Janolus,  'esel, 
eselskopf,  du  schlieszest  nicht  in  modo  «t  ligura'.  Garg.  157', 
der  nemliche,  der  vorher  ineister  Jaiiotu»  ketszt.  so  attderwarls 
ehr  Kramer,  ehrn  Krauters,  ehr  mugistcr,  ehrn  magistcrs;  es 
ist  Unverstand  schon  dem  num.  ein  obUquet  ehrn,  ehren  bei- 
zusetzen, wie  Borger  48'  thut: 

hierauf  sprang  ehren  Loih  herbei 
mit  brausen  und  mit  vrhn.iirhen ; 

ehre  honor  liegt  deni  ausdruck  unverwandt.  d/in/iVA.  .^..m...; 
erfuhr  frau  in  fer  oder  vcr  6«»  der  anrede,  vgl.  auch  domine 

2,  1235. 

EHR,  priut,  nicht  gekürzt  aus  eher,  sondern  das  alle  <r: 
so  ehr  erspar  ich  mir  ihn  euch  tn  rühmen. 
ernte  gut  alles  gut    2,  1. 
^  tun  «0  eher,  desto  mehr. 


53 


EHRABSCHNEIDER  —  EHRBlETiG 


EttRBIETlGKElT — EHRE 


54 


EHRABSCHNEIDER,  m.  qui  praecidil  altert  honorem,  de- 
trectaior.    Keisersb.  s.  d.  m.  27'.  29'. 

EHRABSCHNEIDIG :  das  im  nit  etwan  entwüsche  ein  eerab- 
schneidig  wörtlin.    Keisersb.  s.  d.  tn.  28*. 

EHRBÄR,  honestus,  decorus,  bei  Kkiskhsbebg  erber,  mhd. 
firbaere,  rtnl.  eerbaar,  vgl.  ehrsam. 

1)  auszeichnendes  epithel  und  titel:  ein  ehrbarer  rath,  kauf- 
mann  {d.i.  kauf  mann  schaß);  kam  Joseph  ?on  Ärimathia,  ein 
erbarer  ratsherr,  welcher  auch  auf  das  reich  gottes  wartet 
Aforc.  15,  43,  goth.  gaguds  ragineis;  ein  ehrbar  rath  iren  statt- 
schreiber  mit  sich  nam.  Kirchhof  tcendunm.  132';  die  ganze 
ehrbare  weit. 

2)  ehrsam,  sittsam,  züchtig :  der  frome  erbar  man.  2  Mace. 
14,37;  die  andechtigen  und  erbarn  weiber.  aposlelg.  13,50; 
die  diener  sollen  erbar  sein,  l  Tim.  3,  8;  was  erbar,  was 
keusch,  was  lieblich,  was  wol  lautet.  Philipp.  4,  8 ;  das  sie 
nüchtern  seien,  erbar,  züchtig.  Tit.  2,  2 ;  ein  erber  man. 
Keisebsb.  s.  d.  m.  25";  erber  lüte.  30';  wäre  angegeben 
worden,  sam  ich  ifg.  verraten  wolte  und  wäre  bei  herzog 
Fridrichen  so  lange  gewesen  und  mit  ifg.  practiken  gemacht, 
welches  denn  niemalen  beschehen,  ich  auch  zu  erbar  dazu 
gewesen.  Schweinichen  1,  34" ;  sein  gang  war  so  erbar,  wie 
eines  neugebackenen  magisters.  pol.  maulaffe  52;  'ihr  auf- 
zug  gefiel  dir  doch  nicht,  will  ich  hoffen?'  so  recht  ehr- 
bar ist  er  nun  wol  nicht,  liebe  Perisadeh.  VVieland  8,  284 ; 
die  schönste  und  ehrbarste  frau  von  ganz  Assisi.  Göthe 
27.  189. 

EHRBAR,  honesle,  modeste:  ehrbar  stolz  ist  neunmal  stolz. 
SiMROCK  184t ;  ehrbar  und  fromm  dringt  durch  die  wölken, 
das  andre  musz  zurückbleiben.    1842; 

und  es  nahte  der  redliche  Hans  mit  dem  weinkorb, 
ehrbar,  zuckle  den  hut  und  redete  zu  der  geselJschaft. 

Luise  1,  487; 

und  wenn  ihr  halbweg  ehrbar  ihut, 

dann  habt  ihr  sie  all  unterm  hut.    Göihe  12,100; 

ein   bette,    darin   der   gedankenstrom   ordentlich  und  ehrbar 
hinströmt.    Claldics  1, 42. 
EHRBARKEIT,  f.  honestas. 

1)  epithel,  anrede  vornehmer  leule: 

darumb  ist  euch  all  erbarkeit 

hold  under  der  ganzen  landschaft.    Theuerdank; 

der  allergrimmste  trotz  darf  sich  nicht  unterstehen 
nach  eurer  erbarkeit  in  den  pallast  zu  gehen. 
Grtphics  1,  ö86. 

2)  honestas  morum:  fleisziget  euch  der  erbarkeit  gegen 
jedermann.  Rom.  12, 17 ;    die  rechtliche  ehrbarkeit.  Käst  5, 37. 

EHRBARLICH,  honesle:  lasset  uns  erbarlich  wandeln,  als 
am  tage.  Rom.  13, 13 ;  auf  das  ir  erbarlich  wandelt  gegen  die, 
die  drauszen  sind.  1  Thess.  4, 12 ;  dasz  jeder  den  andern  ruhig 
und  ehrbarlich  auf  seinem  pferd,  esel,  pudel  oder  stecken 
reiten  lasse,  so  lange  gott  will.    Wieland  bei  Merk  1,  341 ; 

ein  altes  mütterlein  mit  blauer  nase  setzte 
sich  ehrbarlich  auf  ein  gesiül.    Pfeffel5,  73. 

EHRBEFLISSEN,  honoris  Studiosus,     s.  ehrengeflissen. 
EHRBEGIER,  f.  honoris  eupido: 

sein  antlitz  glüht  vor  ehrbegier 

und  herscht  den  sieg  herbei.    Klopstock. 

EHRBEGIERDE,  f.  dasselbe: 

bes.isz  er  habsnchi  oder  ehrbegierde, 

er  wäre  längst  vor  meinem  thron  erschienen.     Scuilur  275*. 

EHRBEGIERIG,  ambitiosus: 

eine  ehrbegierge 
und  schlimme  menschenart  sind  diese  priester.  Schiller  220*. 

EHRBEGRIF,  t».  idea  honoris. 

EHRBELOBT,  honorifice  laudatus. 

EHHBEKALBÜNG,  f.  privatio  honoris. 

EHRBEVVEISUNG,  f.  reverentia:  mit  ehrbeweisung,  vene- 
ranter.    Dasvpodiüs  256*. 

EHRBIETEN,  honorem  offerre,  venerari:  daher  man  lieset 
in  der  schrift,  das  anbeten  oder  ehrbieten  euszerlich  on  un- 
terscheid erzeigt  ist  beide  gott  und  königen.  Luther  2,  227* ; 
hie  hilft  kein  demütigen  noch  ehrbielen.  4,  540*.  urspriinglich 
getrennt,  wie  mhd.  ere  bieten.    Parx.  750, 13.    Iw.  750. 

EHRBIETIG,  venerabundus,  heute  ehrerbietig,  nnl.  eerbiedig, 
ddn.  arbudig.  durch  misverstand  scheint  aus  eerbietig  erbietig 
und  ehrerbietig  geworden. 


EHRBIETIGKEIT,  f.  reverentia,  ehrerbietigkeit.  nnl.  eerbie- 
digheid :  so  fern  sie  sein  wort  in  aller  ehrbietigkeit  annemeu. 
Mathesics  ö'. 

EHRBIETüNG,  f.  observantia,  ehrerbielung :  einer  kome 
dem  andern  mit  erbietung  {so  lesen  frühere  ausg.)  zuvor. 
Rom.  12,10;  weil  man  nicht  lieset,  das  die  apostel  haben 
dem  sacrameut  ehrbietung  gethan,  noch  angebetet  Lutbei 
3,  357'. 

EHRBRUCH,  m.  honoris  violatio: 

es  braucht  ein  böser  mensch  da«  schweren  wie  ein  tuch, 
damit  zu  tlicken  aus  xucht-  ehr-  und  tugendbruch. 
LOGAD  1, 164,  i. 

EHRDRANG,  m.  impelus  honoris. 

EHRDüRST,  m.  sitis  honorum:  dise  sind  alweg  mitten  in 
dem  eerdurst  und  goldhunger,  wie  Tantalus,  eerlos  und  arm 
bettler.  Fhani  paradoxa  59*;  er  konnte  sein  eerdurst  ver- 
helen.  chronicon  27 ;  es  war  kein  eerdurst  oder  bracht  in  dem 
mann.  28. 

EHRDüRSTIG,  honoret  sitiena. 

EHRE,  /.  honos,  deciis,  fama,  bei  Keisersb.  eer,  ahd.  4ra,  mhd. 
he,  alls.  ^ra,  nnl.  eer,  ags.  4r  {besser  ire,  äru),  altengl.  ore, 
fries.  ^re,  altn.  a?ra,  schw.  ära,  ddn.  äre.  das  gebrechende  goth. 
wort  kann  nur  gelautet  haben  aisa,  aiza,  wie  mais,  maiza  ahd. 
mer,  m^ro,  laisjan  ahd.  l^ran,  und  das  wird  bestätigt  durch 
aistan,  ivr^ensad'at.  die  Äestii,  altn.  Eistir  scheinen  goth. 
Aisteis,  reverendi,  honorati  {GDS.  719).  höher  läge  nun  die 
Zurückleitung  des  abstracten  aisa,  £ra  auf  als  und  hr,  das 
glänzende,  leuchtende  metall,  aisa  wäre  splendor,  deeus,  glänz 
und  damit  gewOnne  man  unmittelbaren  bezug  auf  lat.  aes 
und  aestimare  =  aistan.  Keisersbebg  s.  d.  m.  27*  verbin- 
det 'eer  und  glast',  in  aestimare  kann  Tifirj  nicht  enthalten 
sein,  wol  aber  ein  Superlativ  aestimus,  aus  welchem  das  ver- 
bum  sich  entfaltete,  wie  aus  Intimus,  proiimus  ein  intimare, 
proximare,  man  erwäge  aestus  und  aestas.  gr.  alaa  fatum 
{vgl.  fama),  parca  wage  ich  noch  nicht  an  unser  aisa,  in  z« 
knüpfen,  obsc.hon  frau  Ehre  personificiert  wurde  und  ehren 
auch  parcere  bedeutete,  steht  die  form  aisa  sicher,  so  fallen 
alle  vergleichungen  von  air  prius,  wonach  ehre  priorität  atis- 
drücken  könnte,  von  airus  böte,  gleichsam  ehrenbote,  und  vom 
skr.  arg  dignum  esse,  argha  pretium,  arghja  venerandus,  arc 
honorare,  colere,  welchen  r  und  ein  kehllaut  wesentlich  ist, 
dessen  die  deutschen  Wörter  keine  spur  haben. 

Mehr  licht  über  das  wort  spreiten  müssen  seine  alten,  noch 
heute  nachwirkenden  bedeutuiigen.  es  sind  die  von  cultus, 
donum,  reverentia,  dignitas,  persona. 

1)  oben  an  steht  gottes  ehre :  zu  gottes  ehre,  ahd.  in  gotes 
era,  gote  ze  Srön ;  denn  ich  will  den  namen  des  herrn  prei- 
sen, gebt  unserm  gott  allein  die  ehre.  5  Mos.  32,  3 ;  mein 
son,  gib  dem  herrn,  dem  gott  Israel  die  ehre.  Jos.  7,  9 ;  ir 
Völker  bringet  her  dem  herrn  ehre  und  macht.  1  chron.  17, 29 ; 
die  himmel  erzelen  die  ehre  gottes.  ps.  19, 2 ;  machet  die 
thore  weit  und  die  thüre  in  der  weit  hoch,  das  der  künig 
der  ehren  einziehe.  24,  7 ;  die  stim  des  herrn  gehet  auf  den 
wassern,  der  gott  der  ehren  donnert.  29, 3 ;  die  ehre  des 
henn  ist  ewig.  104,  31;  ehre  sei  gott  in  der  höhe  {goth.  \[i\\>as 
in  hauhistjam  gu|)a)  und  friede  auf  erden  und  den  menschen 
ein  wolgefallen.  Luc.  2, 14 ;  friede  sei  im  himel  und  ehre  in 
der  höhe  (vul{)U3  in  hauhistjam).  19, 38 ;  gib  gott  die  ehre 
(gif  hauhein  guj)a).  Joh.  9,  24 ;  dem  herrn  zu  ehren  (du  fraujins 
vuljiau).  2  Cor.  8, 19.  der  Gothe  setzt  für  So^a,  gloria  vulfus, 
kein  aisa,  der  Angelsachse  vuldor,  nicht  äre,  auch  ahd.  war 
woldar  gloria. 

bringt  dem  herrn  der  himmelshcere, 

menscbenkinder,  preis  und  ehre .' 

merk  auf,  herr,  herr,  erhöre, 

erschein,  erscheine  bald  in  deiner  groszen  ehre : 

FLEMIM6  27, 

tn  deinem  glänz;  göttliche  ehre  genieszen,  göttlicher  ehre 
theilhaftig  sein  heiszt  als  gott  geehrt,  gefeiert  werden,  gott 
die  ehre  geben,  erweisen  ist  gottesdienst,  fest,  die  ehre  gottes 
thun,  ihn  feiein,  ihm  dienen : 

ich  will  zu  Solyma  noch  deinen  tempel  schauen 
und  da  die  ehre  thun.    Üpiix  3,  59. 

ehrentag  scheint  anfänglich  futtag  oder  feierlag  zu  bezeichnen, 
was  auch  hochzeit,  huhe,    hehre  zeit  hiesx.     kirchen  slebn  in 
gütte«  ehre,  werden  in  gottes  ehre,   in  dei  honorem,  gloriam 
gebaut     ebenso  in  .Marien,  in  aller  heiligen  ehre : 
die  kircb  &teht  in  saoci  Martins  ehr.    Araia  134'. 

i*  * 


55 


EHRE 


EHRE 


56 


2)  diese  Verwendungen  des  worts  können  schon  dem  hei- 
denthum  nichl  fremd  gewesen  sein,  'des  nieien  fire'  nennt 
WiNLi  MS.  2,  22'  gleichsam  feier,  erscheinung  des  maien,  des 
frühlinggoUcs.  nicht  anders  redete  man  von  'des  herbestes 
^re'.  MS.  2,  ISO',  wie  von  des  meigen,  des  sumers  giiele  und 
kraft,  heule  von  gotles  gute  und  macht,  solcher  Vorstellung 
von  ehre  liegen  auch  die  begriffe  schmuck,  zier,  blute,  glänz 
unmittelbar  nah,  mit  ehre  wurde  ein  gipfel  von  Schönheit, 
werlh  oder  zierde  ausgedrückt,  eine  schöne  frau  heiszt  des 
landes  ehre,  das  ganze  land  feiert  sie,  N.  Boeth.  78  ist  allero 
manno  6ra  pretiosissimum  generis  humani  dccus;  ein  hochver- 
stendiger  weiser  mann,  ein  ehr  aller  Sachsen.  Alberus  s.  10; 

du  ehre  deiner  zeit!    Grtphius  1, 174; 

die  rose  nennt  Weckherun  391  der  blumen  ehre,  noch  tn  an- 
dern stellen  verbindet  er  ehre  und  Schönheit,  leuchten: 

doch  glänzet  ihre  Schönheit  mehr 

und  \>i  sie  selbs  ihr  gröszic  ehr.    349; 

die  äugen  gleich  wie  ein  gesiirn 

mit  ehr  das  aug  und  herz  durchdringen.    360. 

3)  was  kann  aber  das  ehre  geben,  thun,  bieten,  bringen 
ursprünglich  anders  gemeint  haben,  als  dem  gott  gäbe  und 
Opfer  darreichen?    aller  goltesdienst  beginnt  mit  opfer; 

ira  brähiun,  medomhord  manag.    Hei.  115,  13 

steht  deutlich  von  dem  opfer,  der  gäbe  der  reichen  und  in  den 
schönen  namen  ehrenpreis,  ehrenkerze  möchte  man  opferblumen 
erkennen,  warum  sollten  sie  nichl  in  hohes  alter  hinauf  reichen? 
ebrengabe  drückt  pleonaslisch  aus,  was  schon  in  ehre  und  in 
gäbe  liegt,  ehrenwein,  ehrentrunk  werden  zur  ehre,  d.  i.  feier 
dargebracJit  und  können  von  menschen  auf  götter,  von  göttern 
auf  menschen  übertragen  worden  sein,  verehren  heiszl  uns 
noch  heule  schenken,  in  des  Ködiz  von  Smfelo  Ludwig  49,14 
steht  'geschenke  und  §re  nenien'  verbunden. 

4<  sehr  natürlich  wandte  sich  ^ra  aus  dem  begriffe  von  honos 
in  den  von  rcverenlia,  pudor,  weil  wir  scheu,  ehrfurcht  empfin- 
den vor  dem  verehrten  gegenständ,  unera  verdeutscht  impu- 
dentia.  ja  die  schamglieder,  pudenda,  veienda  hieszen  ^rd, 
sieti  dero  ^röno,  unzi  za  er6m  meint  usque  ad  ilia,  das  wo- 
von zu  reden  man  scheu  tragt,  daher  noch  die  redensarl  'mit 
ehren  zu  melden'  für  reverenter,  'dein  wort  in  eliren'  Ina  pace 
dixerim,  ich  scheue  mich  dir  zu  sagen,  'in  allen  ehren'  satvo 
honore  und  ähnliches,  merkwürdig  war  auch  ehre  benennung 
eines  Schleiers  oder  tuches,  mit  dem  man  gesicht  oder  andere 
theile  des  leibs  verhüllte,  die  man  sehen  zu  lassen  sich  scheute: 
die  fniwen  haltend  wisze  sclileiher  uf  gesetzt  und  wiszc  eeren 
angeleit.  Keisersberg  post.  3,  46 ;  hiermit  erklärt  sich  das  schon 
1,  lOTl  angeführte  wort  badehre,  praecinclorium,  bei  Dasyp. 
27*.  319'  ehr  oder  badehr  der  weiber,  caslula,  bei  Maai.er 
badlachen,  sudarium;  ohne  zweifei  galt  auch  mhd.  ere,  ahd. 
era  in  diesem  sinn,  als  innere  empfinduug  drückt  ehre  aus 
pudor,  reverenlia,  scheu  und  schäm:  mit  herzlicher  rew  und 
ehre.  Luther  3,  527 ;  wir  haben  gottes  gebot,  das  heiszt  uns 
die  jugent  zucht  und  ehre  leren,  und  den  alten,  sonderlich 
den  prieslern  ehr  erbieten.  6,  lio';  keiner  der  sich  ihm  hätte 
gleichen  können  an  geslalt,  aufrichtigkeit  und  ehre.  pers. 
rosenlh.  5, 17 ;  nun  wird  man  auch  VVECKHERLiNJscAe  stellen 
fassen  : 

mit  wahrer  busz,  Torcht,  ehr.    194; 

darunder  man  dan  musz  der  naiur  Wunderwerk, 

zwar  oho  verwundrung  nicht,  doch  auch  mit  ehr  anschauen. 

669; 
Rom  «chlosz  mit  ehr  und  furcht  der  Vesta  heiligihum 
in  feste  mauren  ein.  Güntuer  10t»9. 

hier  besagen  ehre  und  furcht  wiederum  dasselbe  und  später 
flössen  beide  in  dem  heuligen  ehrfurcht  zusammen,  einen  kus 
in  ehren  kann  niemand  verwehren  sagt  jeder,  d.  i.  einen 
silltamen,  keuschen,  ehrbar,  ehrhaft  haben  gleichfalls  noch 
den  ttnn  von  schamhaß  und  anständig,  ehrlich  o/?  den  von  ' 
geziemend. 

5)  wie  golt  wird  dem  könig  ehre  geboten  und  gebracht, 
das  mrntchengeschlecht  scheint  seine  göttliche  Verehrung  der 
abgesrhn  zu  haben,  die  es  den  hohen  der  erde  erwies,  heil 
und  ehre  dem  kOnig!  rühm  u;id  ehre  dem  siegerl  6ra  drückt 
in  der  alten  spräche  auch  cornna,  vietoria  und  palma  aus,  wie 
rif  dem  sieger  zu  thetl  wurden:  er  hat  die  ehre  davon  ge- 
lrag' n,  ticlonam  reportant,  er  krhrl  mit  ehre  gekrönt  zurück, 
rr  trügt  der  ehren  kröne,  alle  nahm  sich  dem  herscher  mit 
ehrfurcht,    erkennen  ihm  königliche  ehren  zu,    er  selbst  miszt 


sich  des  reiches  ehre  bei:  als  wir  zu  der  ehr  und  würde 
des  heiligen  römischen  reichs  erwählt  und  zu  regierung  des- 
selben kommen  sind,  sagt  Karl  der  fünfte  im  eingang  des 
Wormser  reichsabschieds  von  1521. 

6)  jedem  stand  aber  soll  seine  ehre  gegeben  und  gclasseti 
werden : 

ehre  dem  wem  ehre  gebührt!    Göthb  12,207; 

ritterliche,  bürgerliche  ehre;  männerehre,  frauenehre;  ehre 
des  alters,  der  krieger,  der  handwerke;  kinder  sind  der  eitern 
ehre :  du  wirst  noch  ehre  an  deinem  söhn  erleben,  die  mutter 
hatte  grosze  ehre  von  ihrer  tochter;  ir  alter  wird  ohne  ehre 
sein.  ps.  3,17;  da  der  ackerman  vor  tisch  ir  eer  und  gelier 
{ahd.  gifuori)  anlastet,  horten  sis  als  ein  spilman  mit  lust, 
freud  und  groszem  gelechter.    Frani  weltb.  2l'; 

und  weit  keins  lassen  für  im  geilen 

und  redt  in  allen  an  die  ehr.    Albkrus  91 ; 

und  hiesz  sie  allsampi  böswichter 

und  redt  ihn  grewiicn  an  die  ehr.    111»; 

todten  die  letzte  ehre  erzeigen,  ihre  leiche  geleilen,  suprema 
solvere. 

7)  persönliche  ehre  des  einzelnen,  existimatio,  famn,  daher 
meistens  mit  zugefügtem  possessiv,  ahd.  lag  in  era  selbst  die 
Vorstellung  persona,  ein  mann  von  ehre,  ehrenmann,  vir 
gravis;  der  ehre  hat,  auf  seiner  ehre  hält,  seine  ehre  wahrt, 
behauptet,  vertheidigt.  es  heiszl  seine  ehre  einsetzen,  ver- 
pfänden, lösen ;  der  jetzt  da  ist  seine  ehre  zu  lösen.  Schil- 
ler 148*; 

folgt  mir,  grnf  Dunois,  ihr  habt  nicht  ehre, 
hier  langer  zu  verweilen.    480"; 

ihr  habt  nicht  ehre  zu  reden,  einem  seine  ehre  nehmen, 
rauben,  abschneiden,  verletzen,  angreifen,  antasten;  retten, 
erstatten,  wiedergeben ;  ehre  gewähren,  anthun,  erweisen,  er- 
zeigen, ehre  und  liebe  erzeigen;  vorenthalten,  verringern, 
seine  ehre  verlieren,  einbüszen,  verscherzen ;  ehre  verloren, 
alles  verloren;  ehre  einlegen,  einernten,  sammeln,  davon 
tragen,  seine  ehre  worin  suchen; 

indes  die  edle  jucrcnd  rings  umher 

sich  ehre  sammelt  unter  Habsburgs  fahnen.    Scbillir  525'; 

sticsz  ihm,  nachdem  er  ihn  aufgefordert  hatte  seine  ehre  ihm 
wieder  zu  geben,  den  degen  durch  den  leib.  1090'.  hierher 
die  betheuerungeii :  bei  meiner  ehre,  auf  ehre,  auf  mein  ehren- 
wort,  auf  ehre  und  gewissen  ;  auf  meine  ehre.  Lessinc  1, 559 ; 
denn  das  i-ü,  bei  meiner  ehre, 
doch  ein  allerliebster  ort.    Göthk  1,  166. 

das  bringt  mir  ehre,  gereicht  mir  zur  ehre,  erhöht,  mehrt, 
mindert  sie ;  übrige  ehre  ist  halbe  schände,  ehre  und  noth 
stehn  einander  als  befriedigender  und  bedürftiger  zustand  ent- 
gegen, man  sagte  etwas  in  noth  und  ehr  zu  brauchen  haben. 
Ringwald  laut.  warh.  27 ;  einen  in  ehr  und  noth  [glück  und 
Unglück)  besuchen.  110.  volle,  hohe  ehre  ist  rühm:  wach  auf 
meine  ehre!  exsurge  gloria  mea!  ps.  57,9;  seine  ehre  blüht, 
wächst,  erbleicht,  geht  unter. 

8)  jungfräuliche  ehre:  sie  hat  ihre  ehre  verloren,  ihre  ehre 
ist  dahin ;  einem  inädchen  die  ehre  nehmen,  rauben,  es  ent- 
ehren, schänden,  wieder  zu  ehren  bringen ; 

bist  du  es,  der  so  mich  in  schände  gebracht, 

so  bring  mich  auch  wieder  zu  ehren.    UCrckr  61'. 

9)  auch  zuständen,  Sachen,  handlungen  wird  ehre  beigeldit : 

wenn  der  blick  an  heitern  tagen 

sich  zur  himmrisblaue  lenkt, 

da  gebt  der  natur  die  ehre.    Götbi  4,  381; 

(In  gibst  dem  blick,  dem  kus  diu  ehre, 

und  wenn  ich  auch  nichl  Suleika  wäre.    5,263; 

dasz  er  die  bösen  dämonen  ablehne,  die  ihn  hindern  könn- 
ten, dem  wahren  die  ehre  zu  geben.  22,  259 ;  ein  junger  manu 
sagte,  es  sei  ihm  lange  nicht  wie  das  erstemal  und  gab  der 
ncnheit  die  ehre.    10,  223 ; 

aus  schwerer  kriegsnoih  rottest  du  das  reich, 
wenn  du  der  Wahrheit  chro  gibst.    Schill»  STl'; 
gönn  ich  ihm  dio  ehre  do«  wori«?    490». 

er  halle  die  ehre  des  siegs;  so  geschah  e^  dast,  alt  M  nun 
zum  trelfen  kam,  Heinrich  allein  mit  seiner  reiterei  die  ehre  de« 
lages  gewann.  Daiilma^n  ddn.  geseh,  1, 217 ;  die  frnu  macht 
die  ehre  des  hnuses  mit  feinem  anstand;  unsere  wirlin  liegt 
in  den  worhen  «ind  ihr  mann  macht  mit  einer  alten  mutier 
und  der  mugd  ganz  artig  die  ehre  des  bauses.  Götuk  16, 260. 


57 


EHRE— EHREN 


EHRExN— EHRENBAU 


58 


10)  in  den  redensarlen  die  ehre  haben,  zur  ehre  gereichen, 
die  ehre  anthun,  das  soll  mir  eine  ehre  sein,  die  ehre  ist 
auf  meiner  seile  und  ähnlichen  erblasst  uns  heute  das  icorl 
zu  leerer  höflichkeit.  fleiszig  einsprechen  und  die  ehre  geben 
(Schiller  118*)  meinl  die  ehre  des  besuchs,  der  einkehr;  sein 
sie  so  gütig  und  thun  uns  einmal  wieder  die  ehre  an.  Lenz 
1,264,  besuchen  sie  uns  bald  wieder,  das  komm  bald  wieder! 
der  Volkssprache ;  die  gaste  sollen  uns  von  herzen  lieb  sein, 
es  ist  nur  schade,  dasz  wir  die  beste  ehre  werden  schuldig 
bleiben,  'die  ehre  wird  des  herrn  vaters  und  der  frau  mutter 
sein'.    Weise  comüdienprobe  224. 

11)  schon  mehrere  der  angezognen  belege  zeugen  von  vorher- 
sehender pluralform,  hier  folgen  andere  dafür:  das  er  in 
setze  unter  die  fürsten  und  den  stuel  der  ehren  erben  lasse. 
1  Sam.  2,8;  und  wil  nidrig  sein  in  meinen  äugen  und  mit 
den  megden  zu  ehren  werden.  2  Sam.  6,  22 ;  mit  ehren  und 
schmuck  wirst  du  in  krönen,  ps.  8, 6 ;  achte  sie  (die  Weisheit) 
hoch,  sie  wird  dich  zu  ehren  machen,  wo  du  sie  herzest. 
spr.  Sal.  4,  8 ;  grawe  bar  sind  ein  krön  der  ehren.  16,  31 ; 
alle  land  sind  seiner  ehren  vol.  Es.  6,  3 ;  kam.  ich  wieder  zu 
meinen  königlichen  ehren.  Dan.  4,33;  und  habt  solche  in 
ehren  {golh.  sverans  habaij).)  Philipp.  2,29;  die  ehesten,  die 
wol  furstehen,  die  halt  man  zwifacher  ehren  werd.  1  riwJ- 
5, 17 ;  was  gott  wil  zu  ehren  machen,  das  machet  er  vorher 
zu  schänden.  Lctber  4,  214';  lasse  meine  feinde  zu  ehren  und 
mich  zu  schänden  werden.  4,  540' ;  die  fraue  sei  der  eine 
sein,  die  zuvor  irem  son  vergunst,  darnach  wetterwendisch 
worden  und  die  dirnen  wollen  zu  ehren  schelten,  br.  5, 717  ; 

an  deinen  ehren 'schelten  wolt.    Hi.>gwald  laut,  icarh.  128; 

ich  weisz  das  er  ist  der  eren  frumb.    Atrkr97'j 

und  wiewol  deiner  lügend  ehren 

umbschwebend  in  der  menschen  mund, 

uns  zwungen  dich  von  herzen  grund 

für  unsre  lürstin  zu  hegehren.    Wecehkrlin  350; 

dein  purpur  ist  aller  ehren  werth.    Göths  1, 190; 

denn  morgen  wirst,  in  allen  ehren, 

das  arme  Gretchen  nicht  bethören.    12,  158; 

bei  jeder  rolle  war  es  mir  zu  muthe  als  wenn  ich  ihn  lobte 
und  zu  seinen  ehren  spräche.  19, 106 ;  hier  gelangt  ein  wol 
denkender  geschäfts  und  hofmann  durch  mancherlei  trübsale 
zu  hohen  ehren.  24, 223.  Aus  mancherlei  redensarlen  seien 
noch  einige  gewählt,  mit  halben  ehren  davon  kommen,  atra- 
menlo  sutorio  absolvi.  in  ehren  halten  heiszl  ehren,  gul  auf- 
heben, unterhalten :  einen  bau  in  ehren  halten,  vgl.  oben  sp.  41 
unter  ebefade; 

obgleich  wir  sehen  müssen, 
dasz  euch  das  liebe  Oorst  für  unsre  Stadt  gefüllt, 
und  dasz  euch  Kegel  mehr  als  wir  in  ehren  hält. 
FL8MiNe68 

(Kegel,  estn.  Keila,  und  Dorst,  darf  und  hof  unwett  Reval); 
dabei  halten  sie  ja  den  beutel  in  ehren!  Götbe  19,5.  zu 
biäutlichen  ehren  schreiten,  hochzeit  hallen :  Rabinze  hat 
zwene  ganz  neue  tafifentrocke,  einen  schwarzen  zu  ehren  (fest- 
lagen) und  einen  blauen,  den  sie  wann  sie  einst  zu  ebren 
schreitet,  den  andern  hochzeittag  soll  anziehen,  pol.  maulaffe 
142.  von  ehren  setzen,  einen  seiner  ehre  entsetzen;  schmach 
an  seinen  ehren,  emiedrigung.  der  ehren,  von  ehren  sein, 
einem  ehre  erweisen :  er  war  nicht  der  ehren,  mir  ein  glas 
wein  zu  reichen ;  über  dieses  war  kein  einziger  professions- 
genosse  der  ehren,  mir  einen  bissen  brot  vorzusetzen.  Felsenb. 
2, 191.  et»  solches  von  ehren  fügt  Spee  als  zierendes  epitheton 
zum  Substantiv,  vielleicht  nach  nl.  weise: 

ach  üebster  mein  von  ehren  I    trufin.  57  (61) ; 

den  bräutigara  von  ehren.    170(187); 

0  geliebter  söhn  von  ehren, 

Jesu,  vielgeliebtes  kind!    244(270). 

12)  die  meisten  folgenden  Zusammensetzungen  sinß  uneigent- 
liche, der  anfangs  lose  genitiv  wurde  angerückt,  ehrenkrone 
ist  die  kröne  der  ehren,  ehrenräuber  räuber  der  ehren,  und 
diese  nachselzung  hat  oß  stärkere  kraft. 

EHREGEKHÖ.NT,  richtiger  ehrgekrönt: 
über  der  gnift  Menelaos  des  ebregekrönten.    Bürger  214'. 

EHREGESÜCH,  n.  für  ehrgesuch: 

entronnen  bin  ich  auf  einmal 
wie  dem  beschwerlichen  ehregesuch.    Hiroer  11,  56. 

EHREIFER,  m.  ambilio. 

EHREN,  arare:  bauernarbeit  ist  am  fröliclisten,  ebren, 
pflügen,  säen.  Llthers  tischr.  339*.  Stieler  23.    j.  Uhren,  eren. 


EHREN,  aereus,  mhd.  erin :  und  der  gerechte  und  glaubige 
soll  unverlassen  sein  in  der  zeit  der  not,  da  schon  der  himel 
ehren  und  sampt  allen  kornkesten  und  speichern  verschlossen. 
Mathesiüs  3'.  Keisersberg  schreibt  noch  erin:  eerin  schiltlin 
gegossen,   s.  d.  m.  15'.     s.  ehern  1. 

EHREN,  honorare,  ahd.  erran,  erian,  Srin,  mhd.  iren,  ags. 
drian.  dem  ahd.  Sren  stand  apszer  venerari  auch  der  sinn 
vereri,  revereri,  parcere,  ignoscere  zu,  merkwürdig  ist  die  Schrei- 
bung kahereta  für  kaerela  (Graft  1, 448)  und  hereandi  für 
ereanti,  erenti  parcitas,  das  sich  bei  Graff  nach  4, 1017  ver- 
irrt hat. 

1)  gott  ehren,  adorare,  colere:  und  der  herr  spricht,  darumb 
das  dis  volk  zu  mir  nahet  mit  seinem  munde  und  mit  seinen 
lippen  mich  ehret.  Es.  29, 13 ;  wer  sich  des  andern  erbarmet, 
der  ehret  gott.  spr.  Sal.  14,  31 ;  dieselben  verachten  dein  ge- 
bot und  ehren  deine  gOtter  nicht.    Dan.  3, 12 ; 

wer  wird  künftig  deinen  kleinen  lehren 

Speere  werfen  und  die  götter  ehren  ?    Schiller  1". 

2)  die  eitern  ehren :  du  solt  deinen  vater  und  deine  mutter 
ehren.  2  Mos.  20, 12 ;  für  einem  grawen  beubt  soltu  aufstehen 
und  die  alten  ehren.  3  Mos.  19, 32 ;  ehre  deine  mutter  alle 
dein  lebenlang.  Tob.  4,3;  du  soit  vater  und  mutter  ehren 
(ahd.  ere  thinan  fater  inti  muoter).  Matth.  15,  4. 19, 19.  Marc. 
7,10  (goth.  sverai  attan  ^einana  jah  ai{>ein  )>einal;  auf  das  sie 
alle  den  son  ehren  wie  sie  den  vater  ehren  (sveraina  sunu 
svasve  sverand  attan).    Joh.  5,  23. 

3)  andere  gegenstände  ehren,  bald  honorare,  bald  omare : 
was  er  aber  geantwort,  weisz  ich  nicht  eigentlich,  er  behielt 
aber  sein  rotzipflich  banneth  (bannet)  auf  seinem  haubt,  und 
ehret  sie  nicht  widerumb  (zog  die  mutze  nicht  ab  vor  ihnen). 
LCTHER  2-,  466; 

gleichwie  einen  grünen  wald 

ein  schön  und  hober  ceder  ehret.    Weceherli;«  359; 

da  wird  die  öffentliche  stimme  das  einzig  furchtbare  sein  und  ein 

olivenkranz  höher  als  ein  purpurkleid  ehren.  Schiller  1179"; 

lieb  und  schweigen  ist  der  bund, 

wol,  ich  will  ihn  ehren  (heilig  bevahren).    Gotter  1,  65. 

4)  ehren,  einem  ehre  machen:  diese  gesinnung  ehrt  den 
mann;  Göthe  und  andere  unser  volk  ehrende  dichter. 

5)  man  verband  früher  die  praep.  für  mit  ehren,  mhd.  fiar 
got  ^ren: 

Machomet,  den  du  hast  geehret 
für  deinen  gott,  derselb  bin  ich.    Atrer309'; 
und  gleichwol  auf  begehr  des  edlen  abgesandten, 
den  ihr  für  obeinib  ehrt,  so  bunden  wir  euch  an. 
FLEai.HG  68. 

6)  sich  ehreb,  höflichkeit  erweisen,  becomplimentieren :  dem 
Meleander  hatten  sie  einen  wagen  vorgezogen,  auf  welchen 
als  er  den  Radirabanes  zu  sitzen  vermahnete,  ehreten  sie  sich 
lang  mit  einander.    Opitz  Argenis  1,  292. 

7)  ehren  hiesz  früher  auch  was  heule  verehren,  begaben, 
beschenken,  man  verehrte  niit  gaben  (s.  ehre  3) :  ehre  den 
herrn  von  deinem  gut  und  von  den  erstlingen  alle  deines 
einkommens.    spr.  Sal.  3,  9 ; 

wer  darvon  armen  lernen 

kan  ehren  eine  gab.    Ri:iGWAtn  geistl.  tieder  96 ; 
der  einen  schreckenberger  ehrt  (gibt,  schenkt) 
und  hat  ein  thaler  wol  verzehrt,    laulere  irarft.  114. 

EHRENAMT,  n.  honos,  ehrenstelle: 

zwar  des  Staates  ehrenämter 
fodern,  sagt  man,  geist.    Voss  4,  259. 

EHRENANGELEGENHEIT,  f.  ehrensache. 

EHRENANLASZ,  m.  occasio  honorum:  in  solchen  elenden 
dörfern,  wenn  sie,  das  jähr  kommt  und  das  jähr  geht,  keinen 
ehren  und  keinen  freudenanlasz  haben.    Pestalozzi  3,  312. 

EHRENARM,  arm  an  ehren. 

EHRENAUSGABE,  f  sumtus  liberalis. 

EHRENBAHN,  f.  via  laudis:  tritt  in  die  ehrenbahn  zurück, 
verlasz  diese  schimpfliche  unthätigkeit.    Fb.  MOller  3,  S6. 

EHRENBaLL,  m.  Chorea  solemnis,  hoehzeitsball  : 
kurz,  wie  ein  schönes  weib  auf  ihrem  ehrenballe, 
schien  sie  die  hebscbafl  jedermanns.    Bürcrr  109*. 

EHRENBAND,  n.  lemniscus  ordinis :  in  Rusziand  wird  nach 
dem  gewinn  einer  Schlacht  das  ganze  beer  mit  ebreabündern 
beschenkt.    J.  P.  nachdämm.  85. 

EHRENBAU,  m.  eumulus  honorum: 

so  steigt  der  ehrenbau,  tu  welchem  das  geblüte 
dir  wo%eborner  herr,  den  ersten  griindstein  legi. 

GtVITiiKR  1072. 


59 


EHRENBELOHNUNG — EHRENFEST 


EHRENFESTIGKEIT— EHRENHAFT 


60 


EHRENBELOHNUNG,  f.praemium. 

EHHENBERG,  wj.  honoris  fastigium:  wer  den  ehrenberg 
ersteigt  und  die  leiter  nicht  nachzieht,  dem  treten  sie  leicht 
die  schuhe  aus. 

EHRENBESITZ,  m.  possessio  honorißca: 

verschmähe  nicht,  o  herrliche  frau, 

des  höchsten  gutes  elireiibesitx.    Göthx41,1S0. 

EHRENBESÜCH,  »?i.  salutatio  honoris  causa. 

EHRENBETT,  n.  sowol  für  gaste,  siehe  ehebett,  aus  Götbk 
19,  55,  als  todesbelt  auf  dem  Schlachtfeld,  man  sagt  nachdriick- 
licher,  auf  dem  bette  der  ehren  sterben. 

EHRENBEZEIGUNG,  f.  honoris  testificatio :  spärliche,  über- 
triebene, beispiellose  ehrenbezeigungen. 

EHRENBILD,  n.  stalua  in  alicujus  honorem  statuta:  wor- 
mit  hätte  sonst  Cloelia  und  Valeria  ein  zu  pferde  sitzendes 
ehrenbild  envorben?    Lohenstein  Arm.  1,201. 

EHRENBILLIG,  meritus :  welche  freikürliche,  ehrenbilliche 
und  haussteurliche  gemeinschaft  [die  ehe).    Garg.  64*. 

EHRENBINDE,  f.  was  ehrenband: 

wer  mit  der  ehrenbinde 

bewegi  sich  stolz  voraus?    Götrs  1, 129. 

EHRENBLÜTE,  f.  virginitas,  blume  der  jungfrauschaft : 

der  mann  hat  mü^isen  sehn  sein  chebette  schwächen, 
der  töcbier  ehrenblüht  in  seinen  äugen  brechen. 
Opitz  3,  268  (262). 

EHBENBOGE,  m.  arcus  triumphalis,  ehrenp forte: 

dein  rühm  baui  dir  ehrenbogen, 

bleib  nur  unserm  wünsch  gewogen.    Günther  901. 

EHRENBOTE,  m.  legatus  honoris  causa  missus. 
EHKENBOTSCHAFT,  f. 
EHRENBÜRGER,  m. 
EHRENBÜRGERRECHT,  n. 
EHRENDANK,  m.  brabeum. 

EHRENDENKMäL,  n.  monumentum  in  honorem  alicujus 
ereclum. 

EHRENDIEB,  m.  calumnialor,  sluprator,  ehrenrduber : 

halt  an,  halt  an!  du  ehrendieb, 

mit  deiner  losen  beute!     Bükker  54*. 

EHRENDIENST,  m.  officium:  einem  den  letzten  ehrendienst, 
die  letzte  ehre  erweisen. 

EHRENERGEBEN,  honori  deditus :  die  lehren  weiser  und 
ehrnergebener  leut.    Fischart  ehz.  78. 

EHRENERKLÄRUNG,  f  lestatio  honestatis,  deprecatio. 

EHRENERWEISLNG,  f.  was  ehrenbezeigung. 

EHRENESSEN,  n.  ich  hätte  eher  an  den  tod  gedacht,  als 
dasz  ich  heute  ein  so  gutes  ebrenessen  aus  dem  pfarrhaus 
erhalten  würde.    Pestalozzi  4,  62. 

EHRENFAHNE,  f. 

schwing.  0  lied,  als  ehrenfahne 

deinen  littich  um  ihr  haupt.    Bürgkr  75'. 

EHKENFALL,  m.  casus  honoris,  feslum: 

du  Christ,  solst  auch  in  ehrenfelln 
dich  bei  den  leuten  frülich  siclln. 

Ringwald  laut.  warh.  113. 

ebrennille  waren  servilia  feudalia. 
EHRENFEIND,  m. 

dein  vater,  einst  mein  ehrenfeind, 
ders  niinmer  hold  mit  mir  gemeint, 
that  vieles  mir  zum  höhne,    üörger  55*. 

EHRENFELD,  n.  ias  feld  der  ehre: 

die  igcsette)  sollen  jetzt  verbieten,  dasz  ich,  dich 

ins  ebrenreld  begleitend,  mich  entsühne.    Göthr  7,  312. 

EHRENFELS,  m. 

wie  mit  rüben  so  mit  meuschenhJilsen 

KIMult  «ie.    den,  dem  sie  die  band  kaum  gab, 

ihn  zu  heben  auf  den  ebrenreUen, 

«turzt  »ie  ruckling«  wieder  lief  hinab.    IÜJhgkr  57'. 

EHRFLNFEST,  n.  solemnia  honori  alicujus  data,  ehrentag. 

EHRENFEST,  hunuralus,  conitans  honore,  fortis,  mannhaß, 
alte  anrede  edler  mdnncr :  gestrenger,  eruvester,  allerliebster 
freund.  Luthkr  1, 138*;  ehrenfeste  nianner.  Pestalozzi  2,281; 
es  ist  mir  lieb,  dasz  ich  dich  so  ehrenfest  linde.  J.  El.  Schlkckl 
3,  360 ; 

und  dacht  nicht  ein»  an»  hiinolreicb, 

tondprn  verhielt  »Ich  ehrenve«i.     Uincwald  tr.  Eck.  K8'; 

doch  bald  gi-wAhni  da»  aiipi'  lirh  nn  dich, 

und  findet  di-inen  lon  wu\    '  n^'cn  slilcn 

gleich  deinem  roik  ahiil.'  '  linilteii, 

twar  ehrenreil,  doch  eiwu  i,.     Wiiland  0,  230  ; 

Stapft  an  Rostuani  haad  gor  ehrenreit  eiobar.    23, 207 1 


das  alte,  stille,  ehrenfeste  leben  des  dorfs.  Pestalozzi  2,258; 
die  stille,  eingeschränkte,  ehrenfeste  ruhe  und  eingezogenheit, 
die  unsere  allen  so  glücklich  machte.    2,  300. 

EHRENFESTIGKEIT,  f  alle  ehrenfestigkeit  im  leben  unter 
uns  aufgehört  hat.    Pestalozzi  2,  276. 

EHRENFEST.MAL,  w.  was  ehrenfest. 

EHHENFLECKE,  m.  inacula  honoris. 

EHRE.NFREUDKj  :  zu  erbarem  und  auch  lustigem,  ja  ehren- 
freudigem leben  gewänen.    Fisciiart  ehz.  37; 

ehrenfreudig,  wachhar  und  rund, 

treu,  nianlich  mit  herz,  band  und  mund. 

Fbo.^sp.  kricgsb.  3,  101'. 

EHRENFROMM,  probus  et  honestus.    H.  Sachs  I,  513. 
EHRENFRUCHT,  f  sieJte  ehefrucht. 
EHRENFURCHT,  f.  reverenlia,  für  ehrfurcht: 
das  wir  es  in  aller  erenfurclit  anneraen.    MKLissusps.  L7'. 

EHRENFÜRST,  m.  honestatis  princeps. 
EHRENGABE,  f.  honorarium. 
EHRENGANG,  m. 

ich  geh  ihn  stolz,  den  schönen  ehrengang.    Herder. 

EHRENGAST,  m. 

EHRENGASTMAL,  n.  was  ehrengelag. 
EHRENGEACHTET,  Äonore  d«g«us,  ehrenwerlh:  ehrngeachter 
herr  schultheisz.    Kirchhof  mil.  disc.  243. 
EHRENGEBÜR,  f.  officium,  quod  decet: 

wider  alle  zucht  und  ebrngebür.    Atrkr  294'. 

EHRENGEDÄCHTNIS,  n.  monumentum  laudis. 

EHRENGEDICHT,  n.  Carmen  in  honorem  alicujus  condilum. 

EHRENGEFLISSEN,  was  ehrbeüissen :  ernsthafte,  ehrenge- 
flissene  männer;  verstündige,  ehrengeflissene  weiber.  Fischart 
ehez.  10. 

EHRENGEHALT,  m.  salarium  honorarium. 

EHRENGEIZ,  m.  statt  ehrgeiz: 

geld-  lust-  und  ehrengeii  macht  dasz  die  ganze  weit 
so  arm  ist  an  gedieg,  und  nichts  von  heil  behält. 
LoGAU  2,  154,  78. 

EHRENGELAG,  n.  epulae  solemnes. 

EHRENGELEIT,  n.  deduclio. 

EHRENGEMÄSZ,  was  ehrenhaft:  auflegung  gnugsamer 
schriftlichen  kundschaft  seines  Verhaltens,  da  die  aufrichtig 
und  ehrengemüsz  lautet.^   Kirchhof  mil.  disc.  265. 

EHRENGEMERK,  n.  monumentum:  durch  genad  und  mille 
ein  ewiges  auf  die  nacbkommene  unvergeszliches  und  erb- 
liches ehrengemerk  und  gedächtnusmal  ihres  sigs.  Garg.  267*. 

EHRENGENOSZ,  nt.  socius  honorum. 

EHRENGEPRÄGE,  n.  forma  honoris:  was  ist  alles  geld 
gegen  das  höhere  ehrengepräge,  womit  der  Staat  einen  men- 
schen zur  Selbstmedaille  umstempelt?    J.  P.  nachddnun.  79. 

EHRENGEPRÄNGE,  n.  pompa. 

EHRENGERICHT,  n. 

EHRENGESANDTER,  m.  was  ehrenbote.  in  der  Schweiz 
gesandter  der  cantone  und  zugewandten  orte  zu  ihren  tag- 
satzungen.    VVieland  4,  49. 

EHRENGESCHENK,  n.  munttj  honori  datum,  xenium.  Maa- 
LER  97*  hat  eerenschenke. 

EHRENGESPAN,  m.  was  ehrengenosz:  wenn  der  enhirt 
Jesus  Christus  sichtigklich  widerkommen  und  inen  den  ehren- 
gespan  und  dank  austheilon  wird.   Mathesius  47*. 

EHRENGEVVAND,  «.  vestis  festa,  festgevand,  threnkleid: 

heule  gerällst  du  mir  sehr,  bausmülterchen.  zierlich  und  einfach 
ist  dein  ehrengowand.  Vo(*  2,  45. 

EHRENGIBEL,  m.  polas,  was  ehrenhimmel. 
EHRENGIFT,  f  was  chrengabe,  ehrengeschenk : 

nicht  zu  vitriichinäbn  ist  wol  die  ebrengift 
der  himmliüchen,  die  blost  gegeben  wird 
und  jeder  nicht  nach  Willkür  uehineu  mag.    Uürger  151*. 

EHRENGIPFEL,  m.  apex  honorum. 

EHRKNGLANZ,  m.  splendor  honorum. 

EIIRKNGMAB,  n.  monumen/iim,   ehrenh&gel. 

EHRKNGRAD,  m.  was  ehreiistalTel. 

KllltKMiRIF,  »1.  atlaclHs  honeslus,  wie  ehrenkus. 

EIIIIKN(;RI'SZ,  m.  salutatio  honorifica. 

EIJREMiÜRTEL,  m. 

EHRENHAFT,  hnnorißcus,  honestus:  in  Egypten  ist  niemand 
ehreiihaftiT  gewesen  als  ich.  pers.  haumg.  1, 25 ;  ehrenhaft 
mag  der  handel  sein.  Götter  S,  182 ;  ich  crsuchle  ihn  ehren- 
haft« fi^eunda  zu  beschützen.    GOmi  27,189.     s.  ehrbaft 


61 


EHRENHAFT  —  EHRENKLEID 


EHRENKÜMG  —  EHRENMANN 


62 


EHRENHAFT,  honorifice: 

da  die  mutier  mit  prächtigem  raantel  und  leibrocjs 
ehrenhaft  mich  gescbmiickt.  Od.  15,  36S. 

EHRENHAFTIGKEIT,  f.  honestas. 

EHRENHALBER,  honoris  gratta:  mit  jedem  schnittchen, 
das  sie  einer  unbescheidenen  nachbarin  ehrenhalber  zutbeilte. 
GöTHE  16,  33.     s.  ehienlhalber. 

EHRENHAND,  f.  manus  dextera,  dann  auch  sedes  honoris, 
die  vorderhand,  ehrenstelle. 

EHRENHANDEL,  m.  honoris  causa,  ehrensache:  ein  un- 
glücklicher ehrenhandel.    Gotteb  3, 182. 

EHRENHAl'S,  n.  palatium  honorum. 

EHRENHIMMEL,  m.  polus,  himmelsgibel  : 

da  dein  verdienst  bereits  am  ebrenhimmel  glänzt. 

GiJ.MHER  1149. 

EHRENHITZIG,  ambitiosus: 

ir  ehrenhitzrg  rumbegird 

siriti  mit  der  sonnen'hitz  ungeiirt.    Fischart  g/.  scftt/" 611. 

EHRENHOLD,  ni.  eaducealor,  fecialis,  praeco,  berold,  aus 
welchem  letzten  es  offenbar  entstellt  ist,  icie  sidt  it.  araido 
neben  sp.  heraldo,  franz.  herault  und  viel  früher  ariman  für 
heriman  findet,  selbst  er  für  her,  später  ehr,  liesze  sich  an- 
schlagen, man  suchte  icol  auch  anklang  an  die  Vorstellungen 
ehre  und  hold,  mehr  unter  herold.  die  älteren  fastnacltt- 
spiele  nennen  den  praec»  einschreier,  ausschreier,  bei  H.  Sachs 
schtcanken  herolt  und  ernhold,  i.  b.  1, 112  ist  zu  lesen :  der 
herolt  tritt  ein,  neigt  sich  und  spricht;  116'  der  ernhold  be- 
schleuszt;  in*  der  herolt  spricht ;  121*  der  herolt  besthleuszt ; 
30'  der  ernhold  tritt  ein,  neigt  sich  und  spricht ;  der  klagend 
ehruhold.  349'  u.  s.  tr. ;  bei  Axüer  ist  ehrnholt  durchgedrungen: 

ehmholt  geht  ein  und  spricht. 

es  kann  sein,  das:  auch  H.  Sachsens  Vorgänger  mitunter  schon 
ernhold  schreiben,  Lctueb  verschmäht  diese  volksmdszige  form 
nicht:  und  der  ernhold  rief  über  laut.  flan.  3,  4.  später  zog 
man  natürlich  wieder  das  gelehrtere  herold  cor,  hier  folgen 
noch  andere  belege  ßr  jenes:  da  im  nu  die  k.  maj.,  die  kur 
und  fürsten  einen  ehrnhold  schickten  und  ein  geleite  gaben, 
als  kam  er  auf  derselben  erfoderung.  Lutheb  1,  441* ;  als  nun 
der  küchenbub  zu  dem  marschalk  kommen  war,  der  ehren- 
hold marschalk  anßenge  zu  reden.  Galmy  221 ;  wo  ein  ge- 
sandter als  ehrnhold,  trommeter,  trommelschleger  . . .  anke- 
meh.  Fbo.nspebg.  1,  43' ;  durch  einen  herold  oder  ehrenhold. 
Kirchhof  mit.  disc.  86; 

ehre  ist  der  tugende  sold, 

spricht  der  alte  ehrenhold. 

della  Tirtu  l'honor  k  soldo, 

diss  il  nostro  recehlo  araido.    GSnzklIU'; 

möchts  je  nur  einmal  fassen 

Jesum  sein  ehrenholu    Spek  g.  t.  303; 

eines  ochsen,  der  gras  iszt  und  der  ehrenhold  seiner  eigenen 
geheimen  geschichte  wird.    Hamann  4,  257. 
EHRENHÜGEL,  m.  lumulus,  grabmal: 

vielmehr  verbrannt  er  den  erschlagnen  held 

und  thürmt  ihm  einen  ehrenbügel  auf.    Bcrgsr  174*. 

EHRENHURE,  f. 

keine  schand-,  ein  ebrenhure  soll  man,  Pornia.  dich  nennen. 
Weil  dich  nicht  verachte  leuie,  sondern  die  geehrten  kennen. 
Lo«iu  2,  81,  8. 

EHRENHÜTER,  m.  cuslos  honoris. 

EHRENHÜTERIN,  /.  die  mutter  war  ihre  wachsame  ehren- 
hüterin. 

EHRENJAHR,  n.  annus  gloriae. 

EHRENKAMPF,  m.  duellum. 

EHUENhERZE,  f.  reronica,  ehrenpreis,  gamander{vgl.  ehre  3) : 

wir  verpHinden  dir  die  herzen, 

dein  befehl  ist  unsre  tust, 

wir  eröfnen  dir  die  brüst 

als  ein  feld  voll  ehrenkerzen.    GcNTaRi  903. 

EHRENKETTE,  f.  catena  honoris  insigne. 

EIIHENRLAGE,  f.  actio  propler  violatam  existimationem. 

EHRENKLECKS,  m.  macula  honoris:  aussieht  dasz  in  einer 
geschlossenen  gcsollschaft  von  spilzbuben  aller  art  die  ehren- 
kleckse endlich  zu  ehrenden  interpunctionszeicben  und  adresse 
gedeihen.    J.  P.  nachddmm.  81. 

EHRENKLEID,  n.  reslis  solemnis,  ehrengeieand :  dasz  i.  f.  gn. 
mir  dies  jähr  30  rth.  wegen  eines  ehrenkleides,  sowol  15  rthl. 
¥or  ein  gemein  bnfkleid  geben  solle.    Schweisiches  1, 119 ; 


man  mag  ein  ebrenkleid  haben. 

RuGWALD  laut.  »ark.  94; 
in  mein  weiszes  ebrenkleid 
ward  gotl  selbst  verhüllt.     Grtphics  1,  162; 
drum  hat  Sophia  diese  stunde 
ihr  ebrenkleid  dir  angeihan.    Gö.tTHER  171; 
man  schneidet  mit  dem  grosren  messer 
dem  nächsten  in  sein  ebfenkieid.    940, 

vgl.  ehrabschneiden  und  R.  A.  711 — 713.    alles  um  so  beziehungs- 
reicher, da  ehre  an  sich  auch  gewand  ausdrückte  (ehre  4). 
EHRENKÖNIG,  m.   EHRENKÖNIGLN,  f. 

triumpb !  des  tages  ehrenkönigin 
erhebt  ihr  hauptl    Bürger  78'. 

EHRENKRÄFTIG,  honores  parans. 

EHRENKRÄNKUNG,  f  violatio  honorU. 

EHRENKRANZ,  m.  Corona  honoris,  zumal  nuptialis :  ir  seid 
mein  rühm  und  trotz,  meine  freude  und  ehrenkranz,  am  tage 
des  herren,  da  werde  ich  euch  erfür  ziehen,  das  ir  meine 
zeugen  sein  müszt  und  meinen  rühm  war  maclten.  Luthei 
6,  54'. 

EHRENKREIS,  m. 

klaub  mir  zusüuim  der  leut  ein  schar 

im  ganzen  land  und  ebrenkreisz.    ätbsr  fastn.  37'. 

EHRENKUS,  m.  osculum  honoris  causa,  honestum: 
so  verehrt  ihm  unsre  grüsze 
und  die  frommen  ehrenküsse.    FLEitxG  43. 

auch  in  unserm  allerthum  bestand  ein  jus  osculi,  die  sitte 
schrieb  vor,   wem  und  von  wem  küsse  gegeben  werden  sollten. 

EHRENLAUF,  m.  progressus  honorum. 

EHRE.NLEER,  honoris  expers. 

EHRENLEHEN,  n.  feudum  honorarium. 

EHRENLEUTE,  pl.  homines  honesli:  das  sind  alles  ehren- 
leute;  er  hette  den  ehrenleuten  übel  gelonet.  Kibcuhof 
wendunm.  302.     s.  ehrenmann. 

EHRENLICHI",  n.  Aonoris  splendor: 

er  kan  die  titel  mästen, 
trägt  stets  den  feisten  auf,  zeucht  stets  herfür  den  besten, 
jedoch  nur  wann  man  da.    der  rücken  sieht  es  nicht, 
der  stirne  steckt  er  für  solch  helles  ehrenlicbt. 
LoGAD  3,  215. 

EHRENLIED,  n.  was  ehrengedicht : 

dies  ehrenlied,  das  erst  nach  blut  und  tod  vergnüget, 
erwartet  alle  schon,  die  wider  Rom  gekrieget. 

J.  E.  SCHLEGBL  1,  374. 

EHRENLINIE,  f.  honoris  linea,  in  der  Chiromantie. 
EHRENLOHN,  m.  virtutis  praemium.    auch  salarium. 
EHRENLOS,  infamis,  gewöhnlich  ehrlos : 

ein  etirenloses  weih,  das  jedem  wird  zu  willen, 

trägt  selten  eine  frucbt,  pflegt  nur  die  brunsi  zu  stillen. 

LooAi;2,  23,  85; 
ebrenlose,  sträfliche  gebilde, 
reger  wollust  brut,  umschwärmen  sie  (die  seele). 

<  Bcrcer99'; 

sprich:  hinterlistig,  niedrig,  ehrenlos, 
nicht  wie  es  eineih  söhn  dfes  Atreus  ziemt.    Scbillbr  233*. 

EHRENLÜGE,  /.  mendacium  honoris  causa,  nothlüge,  vgl. 
ehrlug. 

EHRENMÄDCHEN,  n.   virgo  honesta. 

EHREN.MAL,  n.  l)  monumentum,  denkmal,  ehrendenkmal, 
schöner  ist  das  einfache  mal :  da  doch  Hermann  nicht  nur 
eine  seule  auf  erden,  sondern  sogar  ehrenmale  im  himmei 
verdiente.    Lohexsteis  Arm.  t,  1418 ; 

wird  dir  die  späte  zeit  dein  ebrenmal  zerbrechen* 

Gc.^ruER  1042; 
rei^ebens  hätte  mich  dies  ebrenmal  vergmiget, 
in  dem  sein  werther  rest  an  diesen  ufern  lieget. 

J.  E.  Sculegbl  1, 130; 

nnd  dem  zum  lohn 
ein  ebrenmal  Uarius  setzen  will.    Stolbbb«  4,  M8; 

nicht  in  fragmenten,  sondern  in  prüchtigeB  ehrenmälem. 
Herdeb  2,  332. 

2)  convivium  solemne,  ehrenga'stmal,  ehrenfest: 

das  ritterspiel,  das  rauschende  gepränge, 
der  ebrenmal  und  freudenfesie  menire. 

IJACtDOBX  2,  173^171). 

EHRENMA.NN,  m.  vir  bonus,  probus,  honeslus,  biedermann, 
könnte,  da  es  der  früheren  spräche  abzugehn  scheint,  im  ahd. 
heriman,  mhd.  bereman  gesucht  werden,  das  nicht  altein  den 
krieger,  sondern  den  freien  mann  überhaupt  bezeichnete  (R.  i. 


63 


EHRENMNN  —  EHRENPUNCT 


EHRENRÄUBER— EHRENSCHILD 


64 


292.  293),  ja  selbst  irinan,  iriiiin  käme  in  betracht,  und  hari- 
man  wärt  schon  im  höchsten  alterthum  mögliche  Verderbnis 
aus  irmaD,  armin,  wie  bireaodi  aus  Mnli  (vorhin  sp.  58). 
die  Untersuchung  gekört  aber  anderswohin;  dasz  auch  die 
spätere  spräche  solchen  lautstömngen  geneigt  blieb,  sahen  wir 
in  ebrenbold.  allerdings  bedürße  ehrenmann  dieses  deutever- 
suehs  nicht,  denn  es  folgt  von  selbst  aus  der  Vorstellung  eines 
ehrenhaßen,  ehrenwerthen  mannes,  dem  alle  ehre  zusteht,  und 
kaum  würde  zweifei  daran  sein,  fände  sich  ahd.  man  eruno 
(wie  comman  adales)  oder  mhd.  man  der  ^ren.  die  ältesten 
belege  für  ehrenmann  stammen  aus  der  Schweiz  : 

eer  sig  gott  vorusz  und  in  ewigkeit, 

der  Diirn  erst  versehen  bat 

mit  eim  solchen  eerenman.    /iiufn.  «p.  890,  4 ; 

nit  lang  darnach  zugen  Züricher  und  fünf  ort  wider  einan- 
der, do  es  den  ouch  übel  ergieng,  dan  es  kam  do  mancher 
redlich  eerenman  umb,  under  andren  ouch  der  Zwingli.  Pla- 
TER  77 ;  helle  ich  üch  gfolgel,  so  wer  ich  ein  eerenman  wor- 
den, nit  weisz  ich  schier,  wie  ich  bin.  83  ;  auf  ein  zeit  war 
ein  edelman,  ein  eerenman.  Pauli  seh.  u.  ernst  1522  cap.  (i. 
1555  cap.  356 ;  sicher  mangelt  das  wort  nicht  bei  Keisersberc, 
LcTHER  scheint  es  aber  nicht  zu  brauchen.  Maaler  91'  erklärt 
eerenmann,  der  ein  eerenampt  hat.  Adelung  bildete  sich  ein, 
das  wort  gelte  nur  scherzweise,  wie  itn  leichencannen  bei  Ha- 
cedorn  3, 114 : 

seht,  seht  auf  unsern  ehrenmann, 

den  wir  so  schon  begraben; 

■wer  sonst  kein  beispiel  haben  kann, 

wird  es  an  diesem  nahen, 

als  ob  nicht  auch  lateinisch  vir  bonus  ironisch  stehen  könnte. 
neuere  schrißsteller  verwenden  ehrenmann  sowol  in  eigent- 
lichem sinn  als  ironisch: 

der  ist  kein  tapfrer,  kein  ehrenmann, 

der  den  gebieter  läszt  verachten.    Schiller  491*; 

alle  sind  wir  ehrenmänner, 

alle  trinken  wir!    Voss  4,  251 ; 

mein  vater  war  ein  dunkler  ehrenmann, 

der  über  die  naiur  und  ihre  hcilgen  kreise 

in  redlichkeit,  jedoch  auf  seine  weise 

mit  grillenhafler  mühe  sann.    Götuk  12,58; 

was  hat  unser  ehrenmann  denn  nur  gethan?  59,266;  ehren- 
männer und  wackre  rittersleute.  Fb.  Müller  3,  38.  s.  ehren- 
leute,  ehrenraensch. 

EHRENMANTEL,  m.  velum,  Schleier: 

das  ärgste  weisz  die  weit  von  mir,  und  ich 
kann  sagen,  ich  bin  besser  als  mein  ruf. 
weh  euch,  wenn  sie  von  euren  thaien  einst 
den  ehrenmantel  zieht.    Scuillrr  428'. 

EHRENMARSCHALL,  m. 

EHRENMENSCH,  m.  was  ehrenmann:  du  begerest,  das  er 
ein  erenmensch  wer  und  gut  und  eer  helle.  Keisersberg  post. 
3,91. 

EHRENMITGLIED,  n.    sodalis  honorarius. 

EHREN.MITTEL,  n.  requisitum  honeslum. 

EHRENNÄHBLICH,  honeste  nutriens,  ehrlich  nährend:  er 
schicket  sich  nach  Ordnung  der  natur  zu  einer  ordenlichen, 
ehrennehrlichen,  nachbaurlichen,  gesindfolgigen,  gemeinnutz- 
lichen, handlichen  und  wonbaftlicben  hausbaltung  und  eigcn- 
herd.    Garg.  63', 

EHRENNAME,  m.  dignitatis  nomen:  es  sein  erennamen. 
Keisersberc  omeis  27*. 

EHRENPFAD,  m.   tiia  honorum. 

EHRE.NPFENNING,  m.  moneta  in  honorem  alicujus  cusa. 

EHRENPFORTE,  f.  arcus  triumphalis: 

und  heisz  aufsitzen  donen 
den  huter  meiner  ehrenporten.    li.  Sacb«  IV.  1,27*. 

EHRENPLATZ,  m.  locus  honoratus,  sedet  honorata:  man 
flberliesz  ihm  einen  ehrenplatz.    Göthb  23, 118. 

EHRENPOSTEN,  m.  munut  honorificum.  Dahlnann  gesch. 
der  fr.  rev.  322. 

EHRENPREIS,  m.  veronica,  was  ebrenkerze : 
hie  malet  die  oauir  viulen,  ehrenprcis, 
Je  lang"' JB  lieber,  braun  und  bluw.     WccKUERLin  7:>!>; 
mein  augentrott,  mein  ehrenpreii.    82t ; 
durch  ihrer  arbeit  muh  und  fchweisz 
grünt  deioea  oameoi  ehrenprei*.    GBnthir  005. 

EHRENPUNCT,  m.  causa  in  qua  alicujus  fama  agitur,  poitU 
ä'honnntr :  da  liegt  der  ehrenpunct ;  ist  es  nicht  das  aeni- 
licbe  mit  alicn  chrenpuactco  7    GOths  19,  7. 


EHRENRALÜER,  Hl.  calumniator,  ehrendieb.  Kant  5,105; 
ehrenräuber!  wer  du  auch  bist,  halt,  halt!  Fr.  Müller  3,68. 

EHHENRECHT,  n.  die  nutzbaren  rechte  und  die  ehrenrechte 
der  beiden  ersten  stünde.    Dablmann  fr.  rev.  211. 

EHRENREÜE,  f.  pancgyricus,  lobrcde:  des  Perikles  ehren- 
rede auf  die  im  peloponnesischen  kriege  gefallenen  bürgcr. 
Wieland  24,  324. 

EHRENREICH,  abundans  honoribus:  (das  deutsche  volk) 
jetz  groszthelig,  mill,  gebig,  koslfrei,  unerschrocken,  arbeit- 
sam, hart,  eerenreich,  lobgirig,  rumsücblig.  Frank  weltb.  48"; 
das  volk  wölel  ein  nambaftigen,  eerentreichen,  gerechten,  doch 
betagten  bidermann.    87"; 

für  spöuisch  ding  halt  Mars  quid  juris  etwa  künnen, 
quid  furis  aber  ist  ein  ehrenreich  beginnen. 

LoGAU  1,  134,  77. 

EHRENRETTER,  m.  famae  defemor. 

EHRENRETPUNG,  f.  famae  defensio. 

EHRENRICHTER,  m.  arbiter  in  causis  de  fama.  der  Rhein 
ein  ehrenrichler.    Logaü  1, 120, 14. 

EHRENROCK,  m.  was  ehrenkleid,  Maaler  hat  eerenrock 
toga:  unwürdig  dieses  ehrenrocks  und  Wappens.  Fr.  MIJller 
3,  265. 

EHRENRISZ,  m.  imminutio  honoris,  risz  in  die  ehre,  vgl. 
ehrabschneiden. 

EHRENRUF,  m.  fama:  die  duelle,  ein  edler  rest  der  ritter- 
schaft  aus  einem  verkehrten  begrilÄ  des  ehrenrufs.  Kant 
7,  388 ;  ehrsucbl  ist  nicht  ebriiebe,  sondern  bestreben  nach 
ehrenruf,  wo  es  am  schein  genug  ist.   10,  302. 

EHRENRÜHRIG,  calumniosus,  die  ehre  angreifend:  diese 
(räthe)  grif  i.  f.  gn.  mit  ehrenrührigen  Worten  harte  an. 
Schweinichen  1, 307 ;  demnach  Wenzel  Kreiselwitz  vernom- 
men, dasz  i.  f.  gn.  ihn  mit  ehrenrührigen  worlen  hätte  ange- 
griffen, hat  es  ihn  auch,  wie  nicht  unbillig,  verdrossen.  2,  74 ; 
mit  ehrenrührigen  Schriften  unfürstlich  angetastet.  Kirchhof 
mil.  disc.  89 ;  ob  sie  wol  so  ehrenrührige  und  schändliche 
verse  auf  ihn  geschrieben  hatten.  Opitz  1,2';  auf  eine  ehren- 
rührige und  unzulässige  art  erkennen,  ehe  eines  weibes  22; 
dasz  uns  nicht  gefiel  ehrenrührige  worle  gegen  ihn  zu  gebrau- 
chen, hielt  uns  ab  sein  schneidendes  schwertmaul,  denn  er 
würde  uns  auf  ^in  Schimpfwort  mit  lausenden  begegnet  sein. 
Leipz.  avant.  1, 77 ;  vernichtet  sogleich,  mit  wenigen  ehren- 
rührigen Schmähzeilen,  alles  lob,  was  er  seit  so  vielen  jähren 
dem  schab  gespendet.  Göthe  6, 143;  kuppler  nennt  man  mich, 
und  gibt  euch,  mein  gnädiger  herr,  die  ehrenrührigsten  Schimpf- 
namen. TiECK  3, 186 ;  bis  dabin  galt  es  für  ehrenrührig  bei 
vornehmen  und  in  Städten  wenn  einer  den  andern  Rirken- 
bein  hiesz,  jetzt  ward  ein  ehrenname  daraus.  Dahlmann  dän. 
gesch.  2, 157.  Birkibeinar  waren  im  wald  hausende  ßüchtlinge, 
die  wegen  abgang  der  kleider  ihre  Schienbeine  sich  mit  birken- 
rinde  deckten  (forumanna  sögur  7,  320). 

EHRENRÜHRIGKEIT,  f.^  calumnia:  es  möchte  der  zank 
eine  ehrenrührigkeit  verursachen.    Abele  3,  287. 

EHRENRÜHRISCH,  wie  ehrenrührig:  demnach  der  haupt- 
mann  und  ich  mit  Adam  Landskron  von  Schönau  in  ehren- 
rübriscbe  sachen  und  unvernehmen  kamen.  Schweinichen 
3,  227. 

EHRENSACHE,  f.  honoris  causa:  nach  und  nach  wurde 
dies  zu  einer  lust  und  ebrensache.    Göthe  6, 165. 

EHRENSAL,  m.  aula  honorum: 

in  disiMu  ehrcnsal 
sih  ich,  ich  weisz  nicht  reclii,  was  ich  sih,  für  ein  mal. 
Wkckhrrlin  669. 

EHRENSCHÄNDER,  ni.  calumniator,  slupralor:  dasz  sie 
ehe  ihren  chreiiscliäiider  oder  sich  selbst  ermorden,  als  an 
ihrem  manne  untreu  werden  wolle.  Felsenb.  1,192;  erklfire 
dich  selbst  hii-r  nfrentlich  als  lügner,  ehrcnschänder  und  fal- 
schen Riiklägcr.    Fr.  Müller  3,265. 

EHRENSCHANDERISCH,  calumniosus. 

KnilKNSCIIANDUNG,  f.  calunmia. 

EiUlENSCHATZ,  ffi.  copia  honorum:  vor  einem  schändenden 
Worte  versinkt  der  glänz  und  ebrcnschatz  lan^r  Jahre.  J.  P. 
nachJämm.  79. 

EHRENSCHEITEL,  m.  vertex  honoratut: 

aHxuciicri  t-ui'h  mit  einem  poeten, 

la<itt  d)>n  tii'rrn  in  gednnkcn  ichweifen, 

und  iilli!  ecllun  i|iialii.ii(>n 

auf  euren  fhren.Nclioilol  hdufcU      cöTiii  12,90. 

EHRENSCIIKI.TER,  m.  calumniator. 
ElIRENSCHlLi),  n.  asserlor,  defensor  honoris. 


65 


EHRENSCHILLING — EHRENTANZ 


EHRENTÄNZCHEN  —  EHRENWEICH 


66 


EHRENSCHILLING,  m.  tcas  ehrenpfenning. 

EHRENSCHLAG,  »i. ;  die  maaumittierende  ohrfeige  war, 
so  wie  bei  uns  noch  die  lossprechende  bei  den  handwerkern, 
ein  ehrenschlag  und  that  so  wenig  weh,  als  die  schlage,  die 
die  ritter  bekommen.    Lichtenberg  5,  28t.     s.  ritterschiag. 

EHRENSCHLÄGER,  m.  gladius  honoris  insigne,  für  studen- 
lenschlägereien : 

der  ist  nur  dem  pferdewiehern  hold, 
hunden  nur  und  Jägern, 
der  des  bands  und  Schlüssels  ehrensold 
und  den  ehreoschlägern.    Voss  5,  3. 

EHRENSCHMÄRRE,  f.  cicatrix  honesta.    Stieler  t863. 

EHRENSCHMITZ,  m.  dedecus.    Stieleb  1876. 

EHRENSCHMITZIG,  calumniosns,  ehrbeschmihend :  ehren- 
schraitzige  nacbred.    Kirchhof  trendunm.  270'. 

EHRENSCHMUCK,  m.  honoris  insignia. 

EHRENSCHNAPPE,  f.  imminutio  dignilatis.    Stieler  1893. 

EHRENSCHULD,  f.  debilttni  honoris  causa  eonlradum. 

EHRENSCHUSZ,  m.  ictus  in  honorem  alieujus  eviissus. 

EHRENSCHWERTEL ,  m.  ixia,  gladiolus,  eine  pflanze, 
s.  Schwerte!. 

EHRENSECLE,  f.  statua  in  alictijus  honorem  coUocala. 

EHRENSITZ,  m.  sedes  honoris. 

EHRENSOLD,  m.  was  ehrenlohn.    J.  P.   Tit.  2,175. 

EHRENSPIEGEL,  m. 

Adam,  Eva,  paradies  und  schlang, 

Sodom  und  Gomorras  unier^ang, 

könnt  auch  die  zwo)f  durchliiuiliiigen  frauen 

da  in  einem  ehrenspiegei  schauen.    Götub  13,  128. 

EHRENSPROSSE,  m.  gradus  bonorum:  denn  an  den  thoren 
ist  eine  leiter  mit  den  tiefsten  und  höchsten  ehrensprossen 
angeleget.    J.  P.  uns.  löge  2,  44. 

EHRENSPRLNG,  m.  saltus  honeslus,  ehrentanz,  Stieler 
2106: 

lockres  brot,  ein  kühler  trunk. 
zwischendurch  ein  ehrensprung, 
hält  mich  frohes  muies.    Voss  5,  108; 

der  vater,  der  die  köpf-  und  ohrenhängerei  des  jetzigen  jungen 
Volkes  gegen  die  ehrenspriinge  seiner  kameraden  hielt,  wurde 
an  den  ilustigen)  hauptmann  gekettet.    J.  P.   Tit.  2,  229. 
EHRENST.AFFEL,  /.  was  ehrenstufe,  ehrensprosse. 
EHRENSTAMM,  «j.  stirps  nobilis: 

mein  vaier,  ach,  ein  reichsbaron, 

so  stolz  Ton  ehrensiamme.    Bürger  53'. 

EHRENSTAND,  m.  dignitas: 

das  dacht  ich  also  zu  verhindern. 

sein  ehrenstand  dardurch  zu  mindern.    Atrer  407"; 

nimb  meinen  freund  in  acht,  lasz  ihn  fortuna  treiben 

zu  gröszerm  ehrenstand,    pers.reiseb.2,2; 

immer  folge  der  vermählten  dame 

reichihum,  pomp  und  hoher  ehrenstand.    fiDRGEa96'; 

ich  nahm  getrost,  so  wie  sie  war, 

mein  liebchen  an  die  band, 

und  gab  ihr  vor  dem  traualtar 

der  weiber  ehrenstand.    103'. 

EHRENSTELLE,  f.  locus  honoratus:  er  bekleidet  die  höch- 
sten ehrenslellen. 

EHRE.NSTRAFE,  f.  detrimenlum  eTislimalionis :  in  nnsem 
Staaten  werden  nach  und  nach  die  ehrenstrafen  in  geldstrafen 
umgesetzt.    J.  P.  biogr.  bei.  1, 112. 

EHRENSTRAUSZ,  m.  fasciculus  florum  honori  datus,  bouquet 
d'hunneur: 

und  Phöbus  läszt  bereits  den  bach  der  Castalinnen 
durch  ganz  Germania  mit  reichem  ströme  rinnen, 
der  Pindus  wird  fast  voll,  viel  dichter  sind  voraus, 
und  bändigen  ihr  haar  durch  manchen  ehrenstrausz. 

nachlese  zu  Gcntueb.  1751  (.  141. 

EHRENSÜCHT,  f.  ambitio,  t.  ehrsucht: 

die  pest,  die  ebrensucht  sind  beide  strenges  gifl. 
LocAü  1,  134,  78. 

EHRENTAG,  m.  dies  festus,  ntiptiae,  honestissimus  dies 
alicui.  Maaler  97* :  hielt  einer  vor  jaren  seinen  ehrentag  oder 
hochzeit.    Kirchhof  uendunm.  259*; 

ach  wie  wird  Sophonisb  empfinden  diesen  schlag! 
wenn  sie  beherzt  ihn  fühlt,  so  ists  ihr  ehrentag. 

LoHKüSTKiN  Snphon.  vi,  480; 
ja  dieser  ehrentag  zeigt  vor  sich  selbst  schon  an 
noch  mehr,  als  was  von  uns  geriihmet  werden  kan. 

GC<*THKR  lOöl. 

EHRENTANZ,  m.  saltatio  honoris  eausa  habita:  seinen  iwi- 
schen  das  parallellineal  der  etiquette  eingesperrten  ehrentanz. 
J.   P.   Tit.  2,36. 
III. 


EHRENTÄNZCHEN,  n.  saltatiuncula  honesta,  s.  ehrensprung. 
EHRENTRIETUNG,  f.  rererenlia:  welchs  creuz  noch  heut 
mit  groszer  ehrentbietung  geweiset  wird.  Fra>k  chron.  466*; 
und  dieselbe  göttin  mit  groszer  ehrentbietung  beleitet  (deam 
vectam  bubus  feminis  multa  cum  veneratione  prosequitur). 
Micylls  Tac.  450*. 

EHRENTEMPEL,  m.  honoris  aedes: 
und  er  betritt  auf  den  erhaltnen  sieg, 
den  beiden  gleich,  des  ehrentempels  hallen.    Hagedobm  1,57. 

EHRENTHALBEN,  honoris  eausa,  dieis  eausa: 
herr,  was  ich  ehrenthalben  kan, 
das  thu  ich  euch  zu  lieb  und  gunst.    At8br369*: 

und  er  es  ehrenthalben  nicht  umgehen  hat  mögen.  Schwei- 
kichen  1,  29;  wo  man  ehrenthalben  dieselbe  Stellung  be- 
hauptete.   Göthe  30,  79. 

EHRENTHALBER,  was  das  vorige:   weil  ihr  euch  verbun- 
den gesehen,  ihm  ehrenthalber  ein  ansehnliches  geschenk  da- 
von zu  gehen.    Felsenb.  2, 338.     s.  ehrenhalber. 
EHRENTHAT,  f.  factum  gloriosum: 

die  stille  majesiät  wahrhafter  ehrentbaten.  ■ 
WiiHOFSjed.  1,  2S9; 
ehrentbaten  der  menge.    J.  P.  friedenspr.  2,  34. 
EHRENTHEIL,  n.  pars  rata  honori  data: 
je  kleinre  zahl,  je  gröszres  ehrentheil. 
the  fewer  men,  the  greater  share  of  honour. 

Henry  V.  act  4.  sc.  3 ; 

Menelaus  fügte  sein  ehrentheil,  den  fetten,  gebratnen  rOck- 
grat  hinzu.   Beckers  wettg.  l,  306. 

EHRENTITEL,  m.  honorifica  appellatio,  einem  den  rechten 
ehrentitel  geben,     ironisch  auch  stielte. 

EHRENTOD,  m,  mors  gloriosa,  ehrenvoller  tod. 

EHRENTRUNK,  m.  poeulum  honoris,    s.  ehrtrunk. 

EHRENTÜGEND,  f.  forma  virtute  excellens: 

dasz  wir  unsern  liebsten  gemahl, 

die  ehrentugend,  vest  wie  stahl, 

so  unschuldig  haben  vertrieben.    Atrer  290'. 

EHRENTERLETZDNG,  f.  laesio  honoris,     s.  ehnrerletzung. 

EHRENVERRINGERUNG,  f.  imminutio  honoris. 

EHRENVERSORG,  m.  conditio  honesta:  i.  f.  gn.  gaben  mir 
einen  ehrenversoi^,  dasz  es  mir  an  meinen  ehren  unschäd- 
lich sein  sollte,  welcher  noch  heute  unter  meinen  briefen  zu 
finden  sein  wird.  Schweixichen  1, 191 ;  darüber  mir  ein  ehren- 
versorg erfolget.    2, 148. 

EHRENVOLL,  honorißcus:  ein  ehrenvoller  tag:  ehrenvoller 
abschied: 

gestorben  für  das  Vaterland 
den  ehrenvollen  tod ; 

man  zieht  den  todten  ihr  ehrenvolles  gewand  an.  Göthk  . . . ; 
mit  ihnen  zum  podesta  zu  gehen,  ihm  meine  papiere  vorzu- 
legen, da  er  mich  denn  als  einen  ehrenvollen  firemden  aner- 
kennen werde.  27, 188.     s.  ehrvoll. 

EHRENWACHE,  f.  excuSiae  honorariae:  eine  ehrenwache 
stand  vor  der  thür;  die  häuser  einzeln,  jedes  mit  seiner 
ehrenwache  von  fruchtstämmen.    J.  P.  flegelj.  l,  54. 

EHRENWÄCHTER,  m.  excubitor  honorarius,  custos  honoris : 

wärt  ihr  des  reiches  ächter, 

begann  der  könig  hehr, 

hier  dulden  ehrenwächter 

jetzt  keine  masken  mehr.    Simrock. 

EHRENWÄCHTERIN,  f.  wir  gelangten  glücklich  zu  meiner 
geliebten,  die  mehr  an  den  anstand,  als  an  meine  Zufrieden- 
heit gedacht  und  eine  sehr  häszliche  ehrenwächterin  bei  sich 
behalten  hatte.    Göthe  17,126. 

EHRENWAHN,  m.  opinio  falsa  honorum:  ein  übelverstan- 
dener  ehrenwahn.    Katt  3,  66. 

EHRENWEG,  m.  via  honorum: 

knabe,  dein  ehrenweg  geht  zum  OIrmpus  hinauf. 
Hkrder  10,  109; 

ein  einziger  von  unsern  kriecern  war 

auf  diesen  ehrenwegen  sein  begleiter.    Göthr  7,  322. 

EHRENWEIB,   «.  femina  honesta,    biederweib,    eerenweib, 
femina  primaria,  matrona.    Maalbb  97*; 
du  tugendvolles  ehrenweib! 

EHRENWEICH,  mollis  honore: 

wnlTänweich  und  ehrenfeste 

war  im  kriege  vor  das  beste. 

ehrenweic'li  und  walfenfeste 

ist  im  krieg  jetzund  das  beste.    l.ocAn  1,80,57. 


67 


EHRENWEIN  — EHRERBIETUNG 


EHRERJAGUNG  —  EHRGEITIGKEIT 


68 


EHRENVVEIN,  m.  vtnum  honorarium: 

daselbs  geschah  in  auch  vil  ehr 

mit  ehrenwein,  und  anders  mehr.    Fuchart  g/.  sc/ti/' lOöl; 

geschwind  an  seinen  plan,    der  Terzky  hat 

der  inuiier  ehrenweine  preis  gegeben.    Schiller  351'; 

meine  Studien  jedoch  sowol  als  die  heitere  Unterhaltung  mit 
den  canzlei  und  hausgenossen  wurden  gar  sehr  belebt  durch 
den  ehrenwein,  welcher  von  treflicher  Moselsorte  unserem 
forsten  vom  stadtrathe  gereicht  ward.    Göthe  30, 183 ; 

die  ihr  gesamt  im  palaste  des  funkelnden  ehrenweinos 
hier  beständig  genieszi,  und  mit  anhöret  den  snnger. 

Od.  13,  8. 
EHRENWERK,  n.  opus  honorarium. 

EHRENWERTH,  honore  dignui:  dise  weiber  seind  ehren 
werd,  die  sich  Iren  mannern  unterwürflich  machen.  Fiscbabt 
ebz.  59; 

bei  hof  ist  berllch  leben,  ist  rühm  und  ehrenwerth, 
weil  alles  man  kan  haben,  nur  nicht  was  mim  begehrt. 

LOGAU  2,  213,9; 
so  schimpft  das  leufelsvolk  die  anzahl  meiner  jähre, 
das  aller  bleibt  indes  doch  aller  ehren  werih.    Gümther  1101; 
warum  jetzt,  o  Hermes,  erscheinst  du,  herscher  des  goldstabs, 
ehrenwerth  und  geliebt!  denn  sonst  besuchst  du  mich  wenig. 

Od.  5,  87 ; 

ein  alter,  dem  oheim  ehrenwerther  goldschmied  trift  ein. 
GüTHE  23,  232;  nun  seid  willkommen,  ehrenwerther  herr. 
Arnim  schaub.  1, 117. 

EHRENWILLIG,  vcnerabundus. 

EHRENWORT,  n.  in  doppeltem  verstand, 

1)  /ides,  parole  d'honneur:  sein  ehrenwort  geben,  halten; 
einen  beim  ehrenworte  fassen ;  ich  habe  sein  ehrenwort. 

2)  verborum  honores,  höfliche  redensarlen,  coniplimenle : 
ein  eerenwort  voranhin  sagen,  praefari  honorem,  das  ist  Ur- 
laub neramen,  als  wenn  man  sagt  mit  urlaub,  mit  züchten 
vor  euweren  ecren  ze  reden.  Maäi.er9"';  dasz  gott  sich  dei- 
nen vater  und  dich  sein  kind  nennet,  das  ist  keine  sache, 
die  in  ehrenworten  und  einbildung  bestehet,  sondern  ein  gött- 
licher, rechter  ernst.  Scriver  sec/tnisc/t.  1,  677;  doch  meinte  er, 
es  möchte  bei  dem  wirt  nur  ein  ehrenwort  sein  und  be- 
dankte sich  also  aufs  beste.  Weise  erzn.  129 ;  man  bricht  bald 
ab,  fällt  auf  die  gespräche  und  discurse  und  endlich  auf  ein 
ehrenwort  oder  compliment.  Letbnitz  383.  sprichwörtlich, 
ehrenworte  binden  nicht,  ehrenwort  ist  drum  kein  wahr  wort. 
SlMROCK  1836.  1836. 

EHRENWÜRDIG,  was  ehrenwerth,  üblicher  ist  ehrwürdig: 

ehrenwürdigster  herr,  Agamemnon,  völkerbeherscher! 

BÜRGER  200'; 

ehrenwürdigste  der  parzen,  weiseste  Sibylle  du ! 

GöTHK  41,  200. 

EHRENZEICHEN,  n.  honoris  insigne: 

und  seiner  Treibeit  ungetreu, 

eilt  man  nach  stolzen  ehrenzelchen, 

und  desto  tiefrer  sclaverei.    Gbllkrt  1,48; 

der  hauptzweck  des  feldzugs  war  erreicht  und  Eduard,  mit 
ehrenzeichen  geschmückt,  rühmlich  entlassen.  Göthk  17,343; 
er  hatte  ihrem  söhn,  der  als  soldat  sich  sehr  brav  gehallen, 
ein  ehrenzeichen  verschaft.    17,  384. 

EHRENZOLL,  m.  debilum  honorarium. 

EHRER,  m.  cullor,  Verehrer:  er  meint  er  wer  allein  gotles 
erer.  Keisersb.  ome/x  19';  seiner  abgöttin  Veneri,  deren  eerer 
und  anbetter  er  heimlich  war,  z3  dienen.  Frank  weltb.  122*. 

EHRERBIETER,  m.  observator. 

EHRERBIETERIN,  f.  ohservalrix :  des  gezeug  ist  der  he- 
rürten  irrthuin  oder  aber  vieler  aus  inen  durch  die  univer- 
sitet  zu  Cöln  und  Löven,  als  des  göttlichen  ackers  aller- 
güligste  und  gottfürchtigsle  ehrerbieterin,  nicht  weniger  kunst- 
reiche denn  warliaflige  und  heilige  Verlegung.   Luther  1,  257*. 

EHRERRIETIG,  vcnerabundus,  observaiis,  s.  ehrbictig: 
d<;r  r.'iuhe  anblick  eurer  wnlTen  «cbrerki 
die  /.'irie  jungl'rau.    weicht  zurOck  und  bleibt 
in  ehrerbiciigor  ferne.        Scuillkh  4'J'J'. 

EHRERBIETIG,  reverenter: 

»prerhi  ehrerbietig,  mit  gelattenheit ! 
EHRERRIETIGKEIT,   /.  obtervantia:  jemandem  mit  ehrer- 
bieligkeit  begegnen.  Ka"«t8,  12;  die  eitern  behalten  die  pjljchl 
der   sorgfall,    die   kindcr   die    der   kindlichen   chicrhictijfkcit. 
Fichte  Mllrnl.  4ti.'t. 
EHRERRIP:TL'.NG,  f.  dattelht.    Dampodiu«  257*; 
Kieng  er  mit  freuden  unierwagen 
xur  ebrerbieiung  ibiu  entgegen.    (rotohmeut$l9r  \,9.  FO*; 


man  wird  selten  nachlässig  arbeiten,  wenn  man  genug  ehr- 
erbietung  für  die  weit  hat.  Geliert  1,  35;  die  angenehmsten 
gesellschaflen  sind  die,  in  welchen  eine  heitere  ehrerbietung  der 
glieder  gegen  einander  obwaltet.  Göthe  17,  240.    s.  ehrbietung. 

EHRERJAGL'iNG,  f.  ambitio:  ein  heroisches  gemüth  hat 
diese  eigenschaft  an  sich,  dasz  es  zur  ehrcrjagang  aufgemun- 
tert wird.    Simpl.  K.  109. 

EHRERSTATTUNG,  f.  reparalio  honoris: 

wenn  ein  konig  unrecht  zfirnio, 
musz  er  sich  zur  ehrersiniiung 
zwingen  mit  erniedrigung.    Hrrder  .5, 128. 

EHRETRUNKEN,  honore  ebrius: 

ruhmgekröni,  nicht  ehreirunken 

kehne  Philipp  auch  zurück.     F.  L.  SroLBünr,  1,25t. 

EHRFURCHT,  f.  reverenlia,  veneralio,  ein  erst  spät  aufye- 
kovinmcs  worl,  bei  Keisersberc  und  Luther,  Dasvpodiüs  und 
Maaler  nicht  zu  finden,  die  darin  enlhaltne  Vorstellung  der 
scheu  wohnte  ehmals  schon  dem  einfachen  cra  bei,  als  sie 
üchwand,  wurde  sie  durch  den  zutritt  von  furcht  hergestellt, 
selbst  Henisch  und  Stieler  geben  den  ausdruck  nicht,  erst 
Frisch  1,  218'  stellt  ihn  auf  und  heute  ist  er  in  allgemeiner 
Übung  {doch  vgl.  ehrfürchtigl : 

allein  die  ehrfurcbt  beiszt  mich  schweigen.  Gü.ntiirr  251 ; 
mit  der  wahrhaftesten  ehrfurcbt,  die  gänzlich  von  patholo- 
gischer furcht  verschieden  ist.  Kant  7,  372;  der  natur  ist 
furcht  wol  gemäsz,  ehrfurcbt  aber  nicht.  Göthe  22, 13 ;  sie 
hatten  ihn  alle  als  den  magus  von  norden  mit  ehrriiiThl  be- 
handelt.    2(i,  lü7; 

einen  mann  zu  sprechen  und  zu  kennen. 

den  alle  mir  mit  ehrfurcbt  nennen.    12,93; 

aiifnierksamkeii  verdient  ein  aller  freund, 

ehrfurcbt  gebührt  dem  boten  deines  kaisers.    Schilirh  :i;i5'. 

wie  man  sagt  furcht  vor  dem  tod  musz  es  auch  heiszen  ein- 
furcht  vor  dem  künig,  vor  der  bibel,  nicht  für  den  könig,  für 
die  bibel,  wie  einige  schreiben. 
EHRFÜRCHTEND,  veneiabundus : 

ehrfiirchiend  und  wartend 
blieben  die  wellen  siehn.    Mass.  3,  41  {ausg.  1751.  1760  voll 

ehrfurchi). 

EHRFÜRCHTIG,  timidus,  nicht  reverens:  dieweil  ef  waise 
ist  und  dazu  so  ehrfürchtig,  züchtig  und  friedliebend.  Me- 
i.ANciiTHON  7,  626.     s.  ehrfurchtsam. 

EHRFURCHTREICH,  revei-entissimus : 

Verwirrung,  siumnie  tust  und  ehrfurchtreiche  freuden. 
Haurdorn  2,  103. 

EHRFURCHTSAM,  timidus,  reverens:  ehrfurchtsain  und  de- 
mütig.   Birken  ostl.  lorb.  395. 

EHRFURCHTSAMPELN,  f.  lampades  reverenter  accensae: 

ihr  Sterne  spart  die  silbcrkerzen 

und  zieht  die  matten  strahlen  ein, 

entflieht  ihr  himmlischen  gesiebter, 

es  wird  um  diese  zimmor  lichter, 

vor  welchen  viel  verbundne  herzen 

mit  elirfurchi.sani|)eln  dienstbar  sein.    Gö.ithrr  1126. 

EHRFURCHTSVOLL,    vcnerabundus,    wenn    an   fürsten    ge- 
schrieben wird,  überall  angebracht. 
EHRFURCHTVOLL,  decenter : 

wer  schlaft  so  schon,  so  ehrfurcblvoll  ? 

ich  musz  zu  meinen  henlen  eilen. 

siitsainer  schäfer,  schlafe  wol!    IIauedorm  2,  St. 

EHRFURCHTWIHRIG,  irreverens:  ein  ehrfurchlwidriges  be- 
tragen.   Klingbr  C,  121. 

EHRGEBIG,  honores  largiens :  wir  sind  ehrgebiger,  weil 
ehrsüchtiger.    Hippel  6,  38. 

EHRGERÜHR,  f  officium:  so  empfangen  wir  die  vaterlän- 
dischen verwandten  nach  ehrgebühr.    J.   P.  avslh.  2. 190. 

EHRGEFÜHL,  pudor:  reges,  lebendiges,  feine«  ehrgefühl ; 
ein  mensch  ohne  ehrgefühl ; 

freilich,  das  kmnini  diiher,  wenn  ehrgefühl  nicht  im  bilden 
eines  junglinges  Icbi,  und  wenn  er  nirhi  liolicr  Irinauf  will. 

GuriiK  40,  2ö(i. 

EHRGEIT,  ni.  ambitio,  mhd.  der  ^ren  glt.  Greg.  20S0. 
Maalkh  98'  eergeit,  musz  bald  der  falsdten  form  ehrgeiz 
weichen,     s.  geiz. 

EHRGEITIG,  ambitiotut.  Dasyp.  G2'.  SKRRAt«us  synon.  bb'; 
zCi  gar  eergeitig,  ambitiosns  nimis.    Maaler  98*. 

EHRGErni;kElT,  /.  ambiUo.  Daivp.  «2';  !*ip  zanken  und 
kriegpii  ntt  iiiil  einander  aus  lurn,  neid  oder  rergeiiigkeit. 
Framr  icelth.  13*. 


69 


EHRGEIZ  — EHRLICH 


EHRLICH 


70 


EHRGEIZ,  m.  ambitio.    Hemsch  808,  41.    Stieler  640. 

denen  nachzulallen 
des  Jünglings  frommer  ehrgeiz  war.    Gotter  1,  451 ; 
ihr  habt  vor  seinem  ehrgeiz  mich  gewarnl? 
wars  nur  sein  ehrgeiz,  dieser  nur,  wovor 
ich  zittern  sollte?    Schiller  212*. 

EHRGEIZIG,  ambitiosus.  Gal.  5,  26  schreibt  Ldther  gelrennl : 
eiteler  ehre  geizig,     s.  geizig. 

EHRGEIZIGKEIT,  f.  ambitio:  so  treib  auch  der  künstler 
ehrgeizigkeit,  weish^  Salom.  14, 18  ;  nu  so  inen  das  spiel  mis- 
iinget,  bin  ich  für  inen  der  ehrgeizigkeit  schuldig.  Luther 
1.400';  es  bat  geiz  und  ehrgeizigkeit  bei  sich.   4,65"; 

vergebene  ehrsceizigkeit 

beschemen  auf  dem  rücken  treit.    Kirchhof  tcendunm.  322'. 

EHRGEIZLICH,  ambitiöse:  handelt  alle  sachen  trewlich 
und  freuntlich  und  nichts  eergeizlich.  Melanchth.  hauptar- 
tikel  75. 

EHRGELAG,  n.   tcas  ehrengelag: 

und  jeder  floh  im  ehrgelage 

setzt  an  die  braut  sich  an.    Gökingk  3,  86. 

EHRGEMÄSZ,  decens:  dadurch  wird  die  ehrgemäsze  Selb- 
ständigkeit des  Staats  und  der  familie,  in  die  er  einst  treten 
soll,  dargestellt.    Fichte  reden  on  die  d.  nation  339. 

EHRGEZIEMEND,  decens:  mit  einer  ehrgeziemenden  höf- 
lichkeit.  Weise  kl.  leute  11;  im  ehrgeziemten  ruhmverhallen. 
Simpl.  K.  88. 

EHRGIER,  f.  was  ehrbegier, 
EHRGIERDE,  f.    Klinger  1,  307.  2,  73. 
EHRGIERIG,  ambitiosus: 

ehrgirige  ritler  stehet  ab!    Wecxherli.i  856; 
und  nahm  ihm  darauf  für,  aus  ehrgieriger  räch 
und  eifer  diesem  held  alsbald  zu  fulgen  nach. 
Werders  Ar.  14,12; 

im  strengen  ebrgierigen  alterthum.  Dahlman.n  dän.  gesch.  1, 160. 

EHRGITTIG,  ambitiosus:  das  sind  die  ehrgittige  Sonder- 
linge. Luthers  br.  2,  224  {wo  herausgegeben  wird  ehrgizige). 
Luther  selbst  scheint  zwischen  geitig,  gittig  und  geizig  zu 
schwanken. 

EHRGITTIGKEIT,  f.  behend  erweckt  er  mit  einer  unsin- 
nigen ehrgittigkeit  sein  diener  Johan  Eccium.  Luthers  br. 
1,  511. 

EHRGLUT,  f.  honoris  ardor:  zorn,  ehrglut,  liebeglut  sind 
brausende  dämpfe  der  Jugend.    J.  P.  herbstblum.  3,  3. 

EHRGULDEiS',  m.  was  ehrenpfenniog:  Carolus  donavit  papae 
4000  aureos  medanos,  h.  e.  aureos  sua  et  fratris  imaginibus 
insignitos,  quos  vulgo  vocamus  schenkgülden  oder  ehrgülden. 
Luthers  br.  3,  565. 

EHRH.\FT,  konestus,  pius,  ahd.  mhd.  ^rhaft,  woßr  nhd. 
ehrenhaft  eindrang. 

EHRHAFTIG,  dasselbe:  hat  tugendsame  und  ehrhaftige  leut 
lieb  und  werth  gehalten.    Fro.nsperger  kr.  3,  297*. 

EHRHUNGER,  m.  ambitio  vehemens. 

EHRJAHR,  n.  was  ehrenjahr:  es  ist  umb  ein  kleines  schand- 
stündlein  zu  thun,  darnach  werden  eitel  ehrjahre  folgen. 
Luthers  br.  2,  640.    ■ 

EHRKAUF,  m.  emtio  honoris  causa  facta:  ehrkauf  reukauf. 

EHRKLEID,  n.  was  ehrenkleid: 

sein  schauben  sol  mein  ehrkleid  sein.    Atrer  451'. 

EHRLEISTER,  m.  honoris  palronus: 

zu  der  zeit  halten  wir  erbar  frome  Schulmeister, 
waren  der  Jugend  eerleister.    Schade  pasq.  1,  lüO. 

EHRLICH,  ahd.  erlih,  mhd.  «rlich. 

1)  ansehnlich,  vornehm,  von  leuten:  ratsherrn  und  ehrliche 
leute.  4  Mos.  16,  2;  heubtleute  über  fünfzig  und  ehrliche  leute. 
Es.  3,  3 ;  einen  kostfreien  man  loben  die  leute  und  sagen 
er  sei  ein  ehrlicher  man.  Sir.  31,  28 ;  wenn  du  von  jemand 
geladen  wirst  zur  hochzeit,  so  setze  dich  nicht  oben  an,  das 
nicht  etwa  ein  ehrlicher  denn  du  geladen  sei.  Luc.  14, 8 ; 
lieben  brüder,  mir  kumpt  ein  ehrlicher  gast  aus  Schottland, 
ein  fast  geistlich  und  frommer  man.  Galmy  293;  Hydaspes 
befahle,  man  soll  die  legalen  für  in  kommen  lassen,  der 
unteileufer  der  ansager  fragt,  ob  er  sie  mit  einander  oder 
ein  legation  nach  der  ander  herzu  lassen  solle  ?  es  ward  ihm 
befohlen,  unterschiedlich  und  ordentlich  solle  es  geschehen, 
darzu  die  ehrlichsten  am  ersten,  buch  der  liebe  226,  2 ;  weil 
nun  so  viel  ehrlicher,  weiser  und  gelehrter  leute.  AlberusIO; 
was   einem  ehrlichen  fürsten  wol  ansteht.   Ziükgbef  apophih. 


18, 18 ;   potentaten,  wann  sie  die  gelehrten  ehrlich  und  werd 

halten.    Fischabt  ehz.  59; 

und  wann  schon  das  aller  ehrlich, 

ist  die  ehr  ihm  doch  schwer.    Wsciherlir  598; 

nun  ist  sein  tochter  ein  burgers  kind, 

die  ehrlicher  als  die  bauern  sind.    Atrer  435'. 

in  diesem  sinn  heute  veraltet. 

2)  ansehnlich,  von  Sachen:  begrabe  deine  todten  in  unser 
ehrlichsten  grebern  (vulg.  electis  sepulcris).  1  Mos.  23,  6 ;  die 
ehrliche  pracht  deines  königreichs.  ps.  145,12;  du  bist  mir 
zu  ehren  ihr  schenk  worden,  begerest  du  noch  einen  gröszern 
dienst,  der  ehrlicher  ist,  zeige  mir  es  an,  lasz  mich  sorgen. 
buch  der  liebe  212,  3 ;  der  ehrlichen  nachbarlichen  besuchung 
der  glückhaften  schififart  gesellschaft  zu  gedächtnus,  rum  und 
ehren.    Fischart  gl.  seh.  zu  eingang. 

3)  honeslus,  redlich,  ohne  falsch,  von  leuten:  die  alten  ehr- 
lichen leute.  Es.  9, 15 ;  das  sie  so  willig  sein  gewesen  und 
so  ehrlich  und  ehrnhaftig.  Fro.nsperger  kriegsb.  1, 17' ;  ein 
ehrlicher  mann,  ein  ehrenmann,  biedermann;  ein  ehrlicher 
kaufmann,  der  nicht  triegt ;  ehrliche,  rechtschaffene  mexischen; 
kein  dienstbote  war  ehrlicher  als  er ;  ehrliche  band  geht  durchs 
ganze  land;  ein  ehrlicher  finder,  besitzer. 

4)  honestus,  auf  sachen  angewandt:  ein  ehrlicher  name  geht 
über  alles;  und  die  haben  ehrlichen  namen  hinder  sich  ge- 
lassen. Str.  44,8;  zu  allen  ehrlichen  sachen  und  händelen 
befürdert.  REtiTTER  kriegsordn.  vorrede;  einem  ein  ehrliches 
begräbnis  versagen; 

was  nützlich  öfters  ist,  ist  allemal  nicht  ehrlich. 
LOGAU  1,194,100; 

ein  ehrlicher  handel,  ehrliches  auskommen,  ehrliche  gesin- 
nung;  wie  kommen  sie  zu  diesem  ringe,  herr  wirth?  'ich? 
auf  die  ehrlichste  weise  von  der  weit'.  Lessisg  1,533;  ich 
stelle  dir  die  ehrlichsten,  ehrlicher  besitz,  possessio  bonae 
fidei.  KAtrr  5, 101 ;  ein  ob  zwar  unrechtmäsziger,  dennoch  ehr- 
licher besitz,  possessio  putativa.   5,  419. 

5)  ziemend,  anständig,  oft  mit  dativ  der  person:  wer  ge- 
dültig  ist,  der  ist  ein  kluger  mensch,  und  ist  im  ehrlich,  das 
er  untugent  überhören  kan.  spr.  Salom.  19, 11 ;  ich  gab  einen 
lieblichen  geruch  von  mir  wie  der  weinstock,  und  meine 
blühet  {blute)  bracht  ehrlich  und  reiche  frucht.  Sir.  24,23; 
nachdem  ehrlich,  ziemlich  und  billich,  dasz  sich  ein  jeder 
nach  seinem  stand,  ehren  und  vermögen  trage,  reichspol. 
ordn.  von  1530  §  9 ;  welchs  christlichem  glauben  ein  angenem, 
nützlich  und  heilsam  werk  wird  sein,  deiner  hoheit  aber,  von 
wegen  der  gottseligkeit,  die  du  hierin  beweisest  zu  dienst 
und  förderung  der  heiligen  religion  fümemlich  ehrlich.  Luther 
1,102*;  es  ist  gott  nicht  ehrlich  von  gebrechlichem  leibe  eins 
menschen  geborn  werden,  item  es  ist  Christo  nicht  ehrlich, 
das  in  der  teufel  aus  der  wüsten  füre,  item  es  ist  nicht  ehr- 
lich, das  er  gecreuzigt  ist.  3,356;  das  mag  doch  ja  ein  her- 
lich fein  catorthoma  sein  und  eine  lugend  solcher  berühmh- 
ten  stad  und  weit  berufen  weisen  rat  ehnlich  und  ehrlich. 
5,17';  das  ist  euch  nutz  und  noth  und  gotte,  der  euch  zu 
seim  licht  berufen  hat,  ehrlich  und  loblich.  Luthers  br.  3,  8 ; 

je  gewaltiger  du  immer  bist. 
desto  weniger  stolz  dir  ehrlich  ist. 

VfKiSK  kluge  reden  dSS"; 

darumb  ich  dir  billich  ein  ehrlichs  bottenbrot  schuldig  bin. 
buch  der  liebe  233,  4 ;  die  jungfrauw  die  ehrliche  geschenk  mit 
groszem  dank  annam.  ebenda;  dann  über  kriegsleut  richten 
ist  ehrlicher  als  über  schelm  und  diebe  auszerhalb  des  krieges. 
Reutter  kriegsordn.  68;  si  wissen  kein  underscheid  zwischen 
dem  eerlichen  und  schentUchen.  Fban«  «cW/t.  14';  einer  häsz- 
lichen  ist  es  ehrlicher,  wann  sie  von  wegen  ires  wandeis  ge- 
liebet wird.    FisciiART  ehz.  33; 

und  da  man  ihnen  kurzweil  macht 

mit  tanzen,  jubilirn  und  springen, 

in  schönen  garten  zu  ermcicn, 

ehrlichen  spiln  und  Jungfrau  reien.    Atrer  193' ; 

solchem  ehrlichen  begehren,  wie  billig,  zu  terhengen.  Oprrz 
poet.  1' ;  in  gemein  ist  zu  wissen,  dasz  die  enthauptung  durch 
das  Schwert  ehrlicher  gewesen,  denn  diese  die  durch  das  heil 
geschehen.    Grvphius  1,471; 

doch  seid  ihr  im  ernst  mir  zu  gnaden  erbötig, 

so  will  ich  mir  bitten  zum  ehrlichen  lohn 

für  meinen  hochwürdigen  herren  pardon.    BSrgir  67'. 

6)  alle  diese  bedeutungen  laufen  in  einander,  es  ist  kaum 
anzugeben,  aus  welcher  derselben  eine  sehr  eigenthümliche 
unterer  heutigen   spräche   entsprang,   vonach   wir   ehrlich  für 

b* 


71 


EHRLICH  — EHRSAM 


EHRSAMKEIT  —  EHRWÜRDIG 


72 


tüchtig,  ordentlich  in  bestimmtem  sinn  setzen,  das  ist  ein 
elirlicher  kerl,  der  wirds  schon  ausriclilen,  meint  einen  biuven, 
tüchtitjen,-  er  ist  eine  ehrliche  haut;  es  kanns  kein  ehrlicher 
mensch  genieszen,  da  der  unflat  die  schnauze  drüber  geiiabt 
hat,  GöTiiE  14,  3ü2 ;  wir  haben  schon  was  ehrliches  zusam- 
men durchgeschwatzt.  43. 172 ;  das  soll  was  ehrliches  kosten. 
meistentheils  läszt  sich  dies  eJKlich  vertreten  durch  ziemlieh, 
anständig,  tüchtig,  ordentlich,   rechtschaffen. 

EHFJLICH,  hvneste.  decenter:  und  als  er  nu  hundert  und 
zwei  jar  alt  war,  ward  er  ehrlich  begraben.  Tob.  14,  2 ;  und 
verhülle  seinen  leib  gobürlicher  wejge  und  bestate  in  ehrlich 
zum  grabe.  Sir.  3S.  16;  das  sie  bereit  waren  beide  ehrlich 
zu  leben  oder  ehrlich  zu  sterben.  1  Macc.  4,  25 ;  giengen  im 
die  bflt'ger  entgegen  und  empfiengen  in  ehrlich.  11,  60 ;  las- 
seis alles  ehrlich  und  ordentlich  zugehen.  1  Cor.  14,40;  die 
ehe  sol  ehrlieh  gehalten  werden.  Ebr.  13, 4 ;  das  der  bapst 
uns  lere  das  brot  ehrlich  essen.  Luther  3,  80';  darzu  wil 
ich  euch  zu  verordnen  acht  graven,  die  mir  verwandt  seind, 
auf  das  ir  desler  erlicher  reitent.  Aimon  m4;  er  ward  tref- 
lich,  hoch  und  ehrlich  gehalten.  Alberüs  15;  hierumb  so  allein 
der  ehenam  so  ehrlich  in  die  cwigkeit  erhaben  wird.  Garg. 
64';  es  stehet  dem  mann  gar  ehrlich  und  wol  an.  Fischart 
ehi.  75; 

verleiben  (bewirteten)  die  fuhrleut  ehrlicli.    glüclih.  seh.  1056; 
sei   nicht  hoffärtig,   halt  den  deinen  stand  ehrlich.    Zinkghek 
121,9; 

wer  sich  ehrlich  will  ernähren, 

musz  viel  nicken  und  wenig  zehren ; 

hesser  ehrlich  gestorben, 

als  schandlich  verdorben; 

bei    den   folgenden   redensarten   kann  man  sich  den  in/",  sein 
oder  leben  hinzu  denken:    ehrlich  macht  reich,  aber  langsam 
gehts    her;    ehrlich    wührt  am  längsten,     er  hat  ehrlich  mit- 
gegessen und  mitgetrunken  erklärt  sich  nach  ehrlich  adj.  6. 
EHHLICHKEIT,  f.  houentas: 

wer  zweifelt,  Nailian,  dasz  ihr  nicht 
dio  ehrlichkeit,  die  grosznmt  selber  seid?    Lessing  2,  193; 

in  seiner  stube,  die  kein  andres  französisches  schlosz  hatte 
al§  ein  otaheitisches,  nemlich  fremde  ehrlichkeit,  war  alles 
offen.  J.  P.  biogr.  bei.  1, 138 ;  die  Wahrhaftigkeit  in  erklärungen 
wird  auch  ehrlichkeit,  überhaupt  aber  aufrichtigkeit  genannt. 
Kant  5,  261. 

EHHLIEBE,  f.  ambitio,  famae  pudor. 

EHULIEBENI),  famae  consulens. 

EUHLIEBHABER,  m.  ambitiosus : 

allen  ehrliebhabern  schwer.    Wbckberlin  555. 

EHI'.LIEBHÄBEREI,  f.  und  so  stünden  wir  denn  bei  der 
berufenen  ehrliebbaberei  (poinl  d'honneur)  des  adels.  Fichte 
fr.  revol.  321. 

ElIHLING,  m.  aereus:  darumb  nennet  die  eherne  schlänge 
Ezechias  auch  schmelich  nehistam,  das  ist  ehrling,  als  solt 
er  sagen,  ists  doch  nur  ein  lauter  erz  wie  ander  ei^.  Lbtber 

3,528. 

EHRLÖBLICH,  laudabilis:  vor  dero  ehriüblicben  rällien 
erschein  ich  Belial.    Ayher  proc.  2, 4. 

EHRLOS,  inhoneslus,  infamis: 

die  unjic'hulil  inid  einrollt 
za  dämiirea  mit  eL^I(l^en  zuiigea.    Wkcsukaliii  122; 
l>ildt  Kich  was  auf  ihre  .Schönheit  ein, 
war  doch  so  ehrlos  sich  nicht  zu  schnracn, 
geüchenke  von  ihm  »n/unehmen.    GöTHBi2,  IST; 

einen  menschen  für  ehrlos  erklären. 

EHRLOSIGKEIT,  f.  infamia:  ehrlosigkeit  begleitet  den  lügner 
wie  sein  schatten.    Kant  5,  200. 

EHRLUG,  f  was  ehrenlüge: 

ein  ehrliig  thun  zu  fTölichkeil, 
doch  Dieuiand  zu  scbniach,  schand  norh  leid. 
H.  Sachs  V,  32»'. 

EHRNAME,   m.   wat  ehrenname:    preise  gott  mit  solchen 
ehrnanien  wie  du  gelernet  hast.    per«,  baumg,  7, 15. 
EllRREICH,  icat  ebrcnreich: 

ileii  gaiiu  ehrreielio  lempcj.    WscintRiiit  1B3. 

EHRSAM,  honorabilis,  mhd.  tnam:  ersamen,  weisen,  lieben 
freunde!  Llthkr  7,1*.  2*;  vor  zehn  gelehrten,  die  da  ehrsam 
und  bieder  »ind.    KiorsrocK  12,100;    einem  meisterer  ist  ein 

zu    •' '-  nainc  worden,  ange<iebn  selbiger  von  meixler  ab- 

g>  12, 1.S4;  da-z  wir  uns  einem  würdigen  gesehilft, 

L-i'  Hill   nnleriii'liiiiiri    uiiliiien.    Güthe   49,  !.'>. 


EilHSAMKElT,  f. 

w.is  vor  geschach  mit  «rsamkeit 

wird  nu  verspot  zu  diser  zeit.    Soltad  361. 

EHRSCHAMIG,   verecundus:   ehrschamig,  fromb,  warhaflig. 
Fbonspercer  kriegsb.  1, 175*. 
EHRSCHATZ,  m.  laudemiuni. 
EHRSCHATZIG,  laudemio  obnoxius. 
EHRSUCHT,  /■.  nimia  ambitio: 
wo  bleibt  das  lufigebäude  meiner  ehrsuchl?    Gott br  2,  209. 

EHRSUCHTIG,  ambiliosissimus :  nun  sie  legten  es  mitein- 
ander ab,  wie  sie  den  ehrsüchtigen  kerlen  wollen  zu  schän- 
den machen.  Weise  erzn.  238;  o  tröffe  deine  wunde  da,  du 
ehrsüchtiger  berscher,  tröffe  sie  von  lodesblule!  Klopstock 
9,  357 ;  die  ihorheit  andrer  ehrsüchtiger  schwindelköpfe.  VVie- 
i-ANO  2, 106;  liier  wurden  beschuldigungen  auf  beschuldigungen 
gehäuft,  um  mich  dem  volk  als  einen  ehrsüchtigen  abzu- 
mablen.  2,118;  Feriduns  ehrsüchtiges  gesuch.   8,42». 

EHRSCcnTl(;KElT,  f 

EHRSIICIITSDL.NST,  m.    Brockes  5,221. 

EIII'.SUCIITSKITZKL,  m.    Göki.ngr  1,210. 

EHRTRUNK,  VI.    ein  ehrlrunk  thun.    Hofm.  gesellsch.  146. 

EHRUNG,  f.  adoralio,  Verehrung:  von  der  heiligen  ehrung. 
Lutmeii  6,328';  dann  es  was  darvor  heidnisch  mit  eerung  der 
abgotterei  besudelt.  Frank  weltb.  55*.  tm  sinne  ron  Vereh- 
rung, geschenk: 

nicht  trnr  nichts  und  nicht  alles,  und  auch  von  allem  nicht, 
sol  gab  und  ehrung  nehmen  der,  den  man  an  drum  spricht. 
LoüAU  2,  215,  27. 
EHRVERGESSEN,  pcrfidus: 

du  chrvergeszner  thor!    Weckusrlin  750! 
ehrvergessen  hüben  ihr  seit!    Atrkr  211*; 
dieser  ehrvergessene  vogel.    Weise  kl.  leute  228; 
ein  ehrvergeszner  mann.    Gklleri  3,  ISO  ; 
blickt  drauf  den  ehrvergesznen  mann, 
den  schauer  lilierschleicht, 
dreimal  mit  holen  äugen  an 
und  wimmert  und  uatweicbt.    Höltt  18. 

EIIRVERLETZENÜ,  honorem  laedens. 
EHRVERLETZUNG,  f  was  ebrenverleUung. 
EHRVOLL,  honorificus,  wie  ehrenvoll: 

ach  der  schönen  Luise,    denn  nur  beim  namen  genannt  sein 
wollte  sie,  schlecht  und  recht,  in  edler  bescheidenheil  ehrvoll. 

Luise  a.  l.li.  3,2,6; 
sechs  ehrvolle  gericht  am  oberen  ende  der  tafel.    Voss  2, 120 ; 
wie  diener  der  religion. 
des  münsters  einst  ehrvolle  thürmer.    6,  246. 

EHRWERBEND,  honores  ambicns :  cartel  des  ehrwerbenden 
teutschen  adels.  Weckherlin  840;  ein  junger  ehrwerbender 
kriegsmann.    Zinkgref  343,  7. 

EHRWIDRIG,  honori  contrarius. 

EHRVVFDRIGKEIT,  f. 

EHRWIRDIG,  s.  ehrwürdig. 

EURVVORT,  n.   was  ehrenwort: 

ehrwort  ist  kein  wabrwort  nicht.    Looao  3,246, 160. 

EHRWÜRDE,  /".  dignilas,  revcrentia  :  der  leichnam  s.  Thomae 
wirt  zu  Marparia  aufgehcbt  mit  groszer  eerwürde.  Faank  wtltb. 

1112'.    häußg  als  litel  gebraucht: 

doch  soll  dem  prior  sein  befublen, 

das  sein  ehrwiird  vurschaU'en  wollen, 

das  dio  hvrrn  all  geistlich  sein.    Atkkr  353*. 

fehlerhaß  ehrwürden,  wie  gnaden,  liebdcn  für  gnade,  liebde : 
und  aus  was  für  Ursachen,  wenn  man  euer  chrwürden  bitten 
darf?  fragte  der  sullan.  Wielanü  6,  I2S;  den  groszen  zweck 
müchtig  befördern  helfen,  der  seiner  chrwürden  so  sehr  am 
heizen  liegt.  6, 135.     s.  iiuchwürde,  hochehiwürde. 

EHRWÜRDIG,  venerandus,  oß  anrede  undtitel:  ehrwUi'dig« 
Väter!    ehrwürdiger  mann! 

da  heiszts,  seht  hier  mit  köpf  und  ohnn 

den  herrn,  ehrwürdig,  wolgcburenl    üoth«  2,  281 ; 

0  nein,  «hrwOrdigi-r.  o  nein, 

verdamme  nicht  niuin  leid!    R0rgrr46', 

ach  nein,  ehrwftrdiger,  nrh  nein, 

■prich  dinKe«  wort  nicht  mehr!    47*; 

drnuf  ntitwiiriciosi  du,  ehrwürdiger  pfarrer  von  Grünau; 

wo  Ul  ein  iiaiiie  in  di'ni  w,ililir<'liir(r 

ehrwiirdi){er  aU  eurer  und  der  eurn  I     .Schii.lkr  <Vi4*; 

sie  enlweilien  den  ehrwürdigslen  der  namen.  GorrK«  .*»,  89 ; 
diese»    ('hl'>\uniii<e    iiiaue    haar.    3,103;    ehrwürdige    brauche, 


73 


EHRWÜRDIG  — EI 


£1 


74 


ehrwürdige  überbleibsei,  ehrwürdiges  betragen,  ehrwürdiges 
geheiranis. 

EHRWÜRDIG,  dignissime:  eine  grosze  baumgruppe,  welche 
die  fläche  zu  zieren  ehnvürdig  dasland.    Göthe. 

EHRWÜRDIGEN,  renerar«;  und  die  heidenschaft  wird  ehr- 
wirdigen  deinen  namen,  und  alle  könige  der  erden  werden 
ehrwirdigen  dein  glorien.  Lctber  1,  35* ;  hier  hat  Paulus  den 
Corinthiern  nit  fast  in  einer  groszen  sach  ein  Unterweisung 
geben  ¥on  deswegen,  das  er  wil  das  der  \»?indei,  leben  und 
wesen  der  gemein  durchaus  in  dergleichen  geehrwirdigt  werd. 
Melancrtb.  zu  1  Cor.  11;  sagten,  das  der  heiligen  bildnüs  nit 
zu  erwürdigen,  sunder  als  abgötterei  abzutilken  weren.  Fra.nk 
c/iron.  32o' ;  im  gebetlob  erwirdigt  in !  Melissls  ps.  Jl'.  späler 
ei  loschen,   so  gebräuchlich  würdigen  ist. 

EHRWÜRDIGKEIT, /■.  dignilas:  die  ehrwürdigkeit  derpüicht 
hat  nichts  mit  lebensgenusz  zu  schaffen.    Kam  4.  203. 

EHRWLRM,  flJ. 

es  lebt  mit  tnüh-^amen  geiümmel 

der  luH,  der  geld,  der  ehrwurm  iu  der  weit.    Uhocses  2, 135. 

EHSCHWLNGE,  f.  stupa,  das  grübst  am  flachs,  werk,  ahd. 
äsuinga.     s.  eschwinge. 

ERSTENS,  s.  ehestens. 

EHSTES,  s.  ehestes. 

EHVERHAFT,  malrimonio  junctus:  man  soll  solche  redea 
unter  eliverliaften  kein  stell  finden  lassen.    Fischart  ehz.  25. 

EHVERKNÜPFT,  s.  eheverknüpft. 

EHVERTRAÜT,  s.  ehevertraut. 

£1,  ein  diphlhong,  in  tcelchem  uns  ursprünglich  geschiedne 
l'iule  höchst  nachllieiiig  zusammen  rinnen,  golh.  uiaren  ei  und  ai, 
ahd.  mhd.  i  und  ei,  ays.  i  und  a,  alts.  \  und  e,  alln.  1  und  ei 
genau  gesondert,  noch  heule  bleiben  es  nnl.  ij  und  ee,  nd.,  seine, 
dän.  i  und  e.  damit  wurde  unsre  vierte  ablautsreihe  empfindlich 
geslOrL  nir  ertheilen  beiderlei  ei  mehr  die  ausspräche  von  ai 
als  ron  ei,  welches  ai  sogar  in  einigen  trütlern  oesclirieben  wird 
(1, 199).  oberdeutsche  mundarten  bis  nach  Thüringen  hin  gehen 
dem  aus  mhd.  !  entspringenden  ei  immer  nocli  andere  aus- 
spräche als  dem  ei,  dessen  grundlage  mhd.  ei  war,  erstcres 
nähert  sich  dem  i,  das  andere  dem  ai,  ja  die  schweizerische 
Sprache  hält  i  und  ei  fortwährend-  auseinander,  die  schwäbi- 
sche, bairische  ei  und  ai  oder  hat  statt  des  ai  noch  breitere 
rocale,  nameiillich  oa.  nie  werden  hochdeutsches  mein  und 
ein  auf  oberdeutsch  gleichlaulen,  so  wenig  ols  mhd.  min  und 
ein.  oder  niederdeutsches  min  und  een ;  hochdeutsch  aber  klingt 
weichen  cedere  wie  weichen  möllern,  weisz  albus  wie  weisz 
novi  und  alle  dichter  reimen  beide  ei  aufeinander,  nicht  nur 
Wörter  und  foiwen  werden  dadurch  termiseftt,  sondern  auch 
das  gefühl  der  Unterscheidung  in:ransitirer  und  transitiver  verba 
'lieng  verloren,  mhd.  swigen  tacere,  sweigen  sedare,  nigen 
inctinari,  neigen  inctinare,  blichen  fulgere,  bleichen  cande- 
jäcere  lauten  eins  wie  das  andere  schweigen,  neigen,  bleichen. 
das  nhd.  wörterbucJi  ist  gezwungen  die  Wörter  beider  ei  zu 
mengen,  wie  es  den  unterschied  zwischen  e  und  e  nicht  mehr 
zur  gellung  bringen  kann,  den  doch  die  ausspräche  oß  noch 
merkbar  macht;  diese  mischung  wirkt  zumal  hinderlich  für  die 
zusammenselzungen  mit  ein,  welchen  bald  mhd.  in,  bald  ein 
zum  gründe  liegt,  für  zweifet  zwischen  ei  =  i  und  ei  =  i 
mag  die  oberdeutsche  ausspräche,  oder  der  niederdeutsche  uns 
hier  überlegne  dialect  den  probstein  abgeben. 

EI,  ein  vieldeutiger  ausruf,  der  sich  un  manche  andere  inter- 
jectionen  unserer  so  wie  fremder  sprachen  schlieszl ;  es  sind 
halbe  naturlaule,  die  allenthalben,  ohne  entlehnt  zu  sein,  wie- 
derkehren, doch  können  auch  einzelne  zugeßhrt  und  schnell 
in  brauch  gekommen  sein.  golh.  ahd.  ags.  altn.  begegnet  gar 
kein  solches  ei,  mhd.  erscheint  es  häufig,  wer  steht  daßir  dasz 
lebendigere  aufzeichnungen  ahd.  spräche,  als  wir  besitzen,  es 
dennoch  gewähren  sollten,  wie  nah  liegen  lal.  eia  und  heia 
gerade  in  dieser  doppelgestult  unserm  ei  und  hei,  eia  gleicht 
dem  gr.  eia  und  ia,  dann  aber  kommen  in  anschlug  die  gr. 
klagertife  d,  al,  atal,  und  das  billigende,  lobende  ev,  evye, 
lal.  eu,  euge,  die  buchsläblicli  mehr  an  ahd.  oi,  hoi,  nhd. 
hui,  sl.  oi  gemahnen,  wie  nun  inlautend  aus  eia  rja,  aus 
«',  «•«,  evol  euhoe,  evoe,  evai,  dürfen  auch  anlautend,  mit 
consonantischem  j,  v,  h,  sich  entfalten  ja,  ja,  je,  ju,  ha,  he, 
hei,  vae.  vai,  wfi  und  ähnliche,  den  verhalt  von  eh  zu  ei, 
hei,  he  untersuchten  wir  bereits  sp.  35.  36.  bei  der  einwirkung 
romanisclier  auf  die  mhd.  spräche  liesze  sich  ei,  hei  ßglich 
auf  altfranz.  ai,  hai,  ahi,  auf  provenz.  ai,  hai  zurückführen 
und   der   niangel   dieser   inleij.  im  ahd.  begreifen,     in  Lacu- 


männs  Wolfram  ist  die  Schreibung  ey  festgehalten,  damit  auf 
romanischen  Ursprung  gedeutet,  Parz.  123,  21  steht  sogar  ay, 
133,21  hey;  ay  ist  ==ai,  »3/.  ahi,  ahei(i,  1911.  dieser  manig- 
faltigkeit  der  form  entsprechen  schwankende  bedeutungen,  Da- 
SYPODics  319*  hat  nur  ei,  hem,  interj.  corripientis ;  Maaler 
122'  ei,  ein  stimm  mancherlei  anmutung  oder  anfechtung  an- 
zeigende, ei,  pa,  ein  stimm,  wenn  wir  einen  strafend  oder 
heiszend  schweigen,  ei  steht,  gleich  den  meisten  inlerjectionen, 
immer  zu  beginn  des  satzes  und  ist  der  doppelung  in  eiei 
fdiüg. 

1)  nhd.  konnte  auch  das  lal.  eu  der  bibelstellen  seinen  ein- 
flusz  erzeigen.  Matth.  25, 21.  23.  Luc.  19, 17  ist  euge  serve 
hone  et  tidelis,  euge  bone  serve  bei  Lcther  verdeutscht  ei  du 
firomer  und  getrewer  knecbt,  ei  du  fromer  knechtl,  in  der 
letzten,  golhisch  zugänglichen  stelle  heiszt  es  vaila  güda  skaik! 
wie  noch  nnl.  wel  goede  ende  getrouwe  dienstknecht  I  wel 
ghi  goede  dienstknecht!  dem  sinne  des  gr.  ev  gemäsz ;  ahd. 
wird  umschrieben  giUh  guot  skalk,  freue  dich  guter  kneehl, 
ags.  beo  hüde  |)U  goda  jieov,  geblissa  {»u  guda  |)eova!  wie 
wir  gutheiszend  ei  wo),  ei  recht,  ei  ja  \sol  oder  wol,  wolan, 
recht  so!  setzen,  anderemal,  «0  steht:  ei  weldi  weise  und 
verständige  leute  sind  das !  5  Mos.  4, 6 ;  ei  es  wil  abend  wer- 
den und  die  schatten  werden  grosz.  Jer.  6,4;  ei  ein  irefiiche 
summa!  Zacitar.  11,13;  hat  die  vulgata:  ea  pupulus  sapiens 
et  inielligens!  vae  nobis,  quia  declinavit  dies  et  longiores 
factae  sunt  umbrae ;  decorum  pretium !  die  LXX  geben  tSoi; 
ovai,  in  der  letzten  stelle  wiederum  ohne  ausruf,  wozu  die 
Variante  bei  Luther:  die  trefliche  summa!  auszer  dem  auf- 
munternden, belobeirden  ei  erkennen  wir  also  ein  zeigendes, 
klagendes  und  spöttisches,  offenbar  liegt  in  dem  ei  nur  eine 
erhöhung  des  sinns,  es  kann,  wie  hier  wolan,  sieh  da,  ach! 
eine  menge  andrer  empfindungen  anregen  oder  ausdrücken  helfen. 

2)  wie  in  jenem  ei  du  fromeir  knecht !  finden  sich  auch  mhd. 
ei  gern  vor  dem  vocativ,  den  anruf  hervor  hebend: 

ay  rliter  guot,  wa;  mahtu  sin!    Pars.  123,21; 

ey  kranker  knabe.  wa?  waldes  i  muo;  verswinden 

4ij  diner  baut '.    Tit.  Iu2,  1 : 

ey  Ileiinrich  von  >"ariböu.     Wh.  14,  1; 

ey  tieve!,  wie  duos  des  verband  1    3S,  2 ; 

ey  fürsieu  art,  reiniu  fruhtl    60,21; 

ey  bruoder  tohier,  dat  ich  din 

niit  schaden  ie  sus  vil  engiiit!^  SO,  10; 

ei  (hei),  sprach  er,  edelen  kourman!    Trist.  57,30; 

ei,  sprach  er,  got  der  riebe!    64,  10; 

ei  bernde  magt  und  eren  riebe  frouwe  I    MS.  2.  213*. 

merkwürdig  im  reim  auf  merzi: 

i  übeler  man,  sprach  Isöl,  i!     Trist.  257,  9; 

wie  man  in  ^iederdeutschland  \  für  ei  m  hören  bekommt. 

nitd.    ei  du  feiner  reuter,  edler  berre  mein '.    Uhla.no  39S ; 
ei  du  mein  liebe  Thresel.'    wunderhornS,  151; 
ei  du  mei  lieber  ma !    Ernst  Meier  schw.  t.  40; 
ei  mutler  seht  doch  her!    Fleii.^g  167; 
ei  Kunz,  das  ding  geht  ziemlich  schlecht.    Geliert  1,72: 
ei  Daj.n.  warum  wäre  denn  das  so 
unglaublich  *  Lsssi.tG  2,  201 ; 

ei  freilich,  weise  Daja,  wärs  für  dich 
kein  wunder  mehr.    2,  201; 
ei  mademoisell  Liseite!    2,392; 

ei  Leander,  so  jung,  und  er  hat  sich  schon  ein  mädchen  an- 
gesehen? 1,  465;  ei  lieber,  sei  nicht  böse!  bona  verba,  quaeso ! 
selbst  die  verwundernden  inlerjectionen  ei  du  mein  gott !  ei 
mein  gott!  ei  der  teufel  könnten  hierher  gerechnet  werden. 

3)  die  analogie  zwischen  voe.  und  imperativ  läszt  auch  cor 
lelzterm  ein  ei  erwarten,    dem  noch  so  zur  seile  treten  kann : 

oi  lug  wie  schön  er  ist,  eia  ut  elegant  est.    N^iLca  122*; 

ei.  sprach  Dorile,  so  harret, 

nebmi  euch  doch  bei  uns  die  ruh!    Flciuig  37S: 

ihr  geistlichen,  ei  messet  mir  kein  bösf>4  <on'<ien  bei: 

LOGAC  C    '"  '   ""  : 
ei  lasxt  ihn  nur  tanzen, 
ei  laszt  ihn  nur  .«ein. 
zu  naiht  iiiii<z  er  beten 
und  schlalen  allein,    leunderh.  3,  25  : 
ei  lasz  laufen,  lasz  nur  laufen!    Spk- 
will  dein  blitz  durch  Ungern  gehn, 
ei  so  lasz  doch  nur  der  bohnert 
und  des  knastcrs  schonen.    Gö!<TaiR9I9; 
ei,  la«z  er  sich  den  köpf  mit  wannen  ulohirn  reiben' 
Göiai  7,  104 ; 


75 


EI 


EI 


76 


ei  sage  mir,  du  söhn  der  hölle!    12,  7S; 

ei  sagen  sie  mir  doch!  7,86; 
ei  belehre  doch  deinen  unwissenden  nächsten !  Lessing  1,411; 
ei  sieh!  2,227.437;  ei  sieh  da!  1,469.539;  ei  sieh  doch!  1,563. 
es  ist  uns  geläufig  lu  sagen:  ei  sich,  ei  höre,  ei  bleib  noch, 
ei  komm!  ei  denkt  doch!  Lessing  2, 530;  ei  so  lüge,  dasz  die 
balken  brechen  I ;  ei  so  bleib,  ei  so  geh,  ei  so  schweige,  ei 
so  thus!  ei  lasz  mich  in  ruhe!  der  nachdruck  dieser  ei  könnte 
sich  dem  mhd.  imperativen  angehängten  d  vergleichen :  läjä, 
hilfä,  liuri,  schouwä  (gramm.  3,  290.  291),  wie  die  Griechen  ein 
o)  nachfolgen  lieszen :  iaaov  oi.    Aristoph.  Lys.  350. 

4)  gleichen  nachdrucks  fähig  und  bedürftig  sind  alle  frag- 
«örter :  ei  wer?  ei  wen?  ei  wo?  ei  wann?  ei  wie?  ei  warum? 
ei  wer  verlangt  denn  allzuviel?  Lessing  1,466;  ei  was  sagst 
du?  2,346;  ei  warum  nicht?  ei  warum  nicht  gar!  ei  warum 
bleibt  er  auch  einem  zwischen  den  zahnen  stecken?  1,497; 
ei  was?  2,211.401.403;  ei  wie  so?  2,389.395;  ei  wiegern! 
ei  wie  wolt  ich  so  gern  wissen,  hui  quam  velim  scire!  Maa- 
LEB  122^;  ei  welch  weise  leute  sind  das!    b Mos.  4,6; 

ei  wie  geputzt!  das  schöne  junge  blut!  Göthe  12,  51; 
ei  wie?  ei  wo?  hat  ers  vielleicht  vergraben?  12,  154; 
ei  wie  so  einsam,  wie  so  geschwind?    wunderh.  1,388; 

auch  ohne  sie,  alle  fragen:  ei,  und  sollte  es  dem  major  auch 
so  gegangen  sein?  Lessinc  1,  552;  ei  sie  sind  doch  wol  nicht 
gar  der  alte  Anselmo  selber?  1,502;  ei  das  wäre?  ei  der 
hätte  doch  recht?  dem  ei  vor  interrogativen  gleicht  aber  das 
franz.  eh  in  eh  qui?  eh  quoi?  eh  comment?  eh  pourquoi? 
und  verwandtschaß  zwischen  eh  und  ei  bricht  wieder  durch; 
man  dürfte  selbst  das  lat.  ecquis,  ecquae,  ecquid,  ecquo? 
heranziehen,  die  aus  et  quis  entspringen  sollen,  in  denen 
ecce,  wie  in  ecca,  eccum  stecken  könnte,  vgl.  Luthers  ei  für 
en,  iSov  5  Mos.  4,  6.  ein  mhd.,  weniger  fragendes  als  aus- 
rufendes ei  wie  erscheint  bei  Gotfried  : 

ei  wie  sicher  ich  es  bin, 

der  truhssje  da;  er  in 

ie  getorste  bestän !    Trist.  235,  35, 

d.  i.  ei  wie  gute  ruhe  hätte  ich  davor,  dasz  ihn  der  Iruchsesz 
je  bestünde! 

5)  an  fragendes  ei  reiht  sich  das  entgegnende,  berichtigende, 
.strafende,  ablehnende,  leugnende,  prohibitive,  d.  h.  ablehnung 
und  verbot  kräftigende:  ei  ba!  interj.  corripientis.  Maaler122'; 

ei  possen,  das  ist  nur  zum  lachen.    Götuk  12, 129; 

ei  was!  es  war  ein  gutes  jähr.    Sciiillrr  332*; 

ei  was!  sie  werden  uns  ja  nicht  fressen.    319'; 

ei  nicht  doch!     Lbssinc  1,474.  2,386; 
ei  ja  doch!    2,558;    ei  ja  doch  ja!   1,17;    ei  nein!    abstine, 
parct,  ne  facias: 

will  dich  mit  solcher  list  eindringen, 
ei  nein,  es  wiri  dir  nii  gelingen.    VValdis4,  69; 
da  sprach  das  thier,  ei  nein,  du  irrst!    4,99; 
ei  nein,  die  meinung  es  nit  bat.    Soltau  374; 

ei  ja  wol  nein,  mein  söhn,  sagte  er,  sei  zufrieden,  ich  frisz 
ich  dich  nicht.  Simpl.  K.  59 ;  ei  ich  mag  nicht,  ei  das  soll 
nicht  sein  ;  ei  du  bist  närrisch !  Lessinc  2,  392.  gelindere,  mil- 
dere vnigcgnung  liegt  z.  b.  in  folgenden  stellen :  ihr  son  Ache- 
menes  ersieht  sie,  dasz  sie  weinet,  er  fraget  sie,  inutter  ist 
etwas  Unglücks  fürgefallen?  sie  antwort,  ei,  du  fragest  ver- 
gebens! lief  damit  für.  buch  der  liebe  in,  i ;  sie  fragt  in,  üb 
er  Achenienem  kennte?  er  sagte  ja.  sie  fraget  in  wider,  ob  er 
sein  gefangener  gewesen  wer  und  ihn  gefangen  geführt  bette? 
war  aber  ja.  ei,  sprach  sie,  so  bist  du  doch  unser  knecht 
und  solst  uns  gehorsam  sein.    213, 1 ; 

gehn  bauern  drauf, 
ei,  so  gewinnt  der  kaiser  mehr  holdaten.     Scuilleb  332*; 
nehmet  hin  den  schlerhien  willen,  gehet  nur  ein  klein  beliehen, 
ei  to  wird  ein  jeder  glauben,  dasz  ich  kösilich  ding  geschrieben. 
LocAU  3,238,121. 

6)  noch  merkbarer  ist  die  Wirkung  des  ei  in  betheurungen, 
Verwünschungen,  fiüchen,  wiederum  mit  oft  nachfolgendem  so : 

mhd.  el  wolde  got  der  wäre,  wicr  ez  sülbor  mir  getan! 

mb.  »83,  4 ; 
ei  der  tac  der  di  hiuie  schein, 
da{  iwCrt  dag  den  «lac  truoc, 
diu  mOe^eo  gun<r«i  »in!    iw.  7623: 
ei  sAgich  guot,  sd  helf  dir  got!    Uoo.  4750, 

tro  sAgicb  guot  aus  bu  «-ige  ich  kui>1  hervorgehl  (gramm.  3,213. 
fr.  Arent.  $.  li) ;  nhd.  ei  zum  henkcrl  ei  daHZ  dich,  hombax! 
ei  M  wollte  ich!  ego  vrro  malim!   ei  bo  wollte  ich,  dasz  er 


den  hals  brSche !  ei  so  geh  er  zum  leufel ! ;  ei,  du  wärst  uns 
der  rechte!  Lessing  2,  395  (2,394  o!  mein  blut,  du  wärst  mir 
die  rechte!); 

ei,  war  das  geld  nur  da,  ich  fragte  gern  nicht  mehr! 

GöTBi  7,  85. 

7)  ei,  menn  Verwunderung,  staunen,  kosen,  freude  ausge- 
drückt wird:  ei,  wol  mir  wart,  evax!  interj.  lactitiae.  voc. 
theut.  1482  f7'  {bet  Diefenracii  212'  verdruckt  molmiiwart) ; 
mhd.  ei  wol  mit*  wart!  MS.  1,185',  ei  wol  iuch  wart!  Ber- 
thold 285,  vgl.  gramm.  4, 175. 

mhd.   ei  ich  snch  in  dem  trdne 

ein  frouwen,  diu  was  swangcr.    MS.  2,213'; 
nhd.    ei,  das  war  für  dich  ein  fund !    Lessimg  2,  257; 

ei,  das  ist  ja  vortreflichl  1,407;  ei  das  war  ein  gelehrter 
becker!  1,415;  ei  das  wäre  herlich!  ei  das  freut  mich!  ei 
mein !  amabo^  agedum.  Stieler  881.  es  kann  auch  mit  nach- 
druck bloszes  verwunderndes  ci  stehn:  ei!  Güthe7,  103.  Lessing 
1,  536.  2,  224.    ei  da!    Spek  trutzn.  44. 117. 

8)  schwächer  sind  und  desto  feinere  Verschiedenheit  der  be- 
deutungen  einschlieszend  die  im  geleit  der  partikeln  ja,  wol, 
nun,  freilich,  fürwahr,  wahrlich  außretenden  ei;  von  ei  nein, 
ei  nicht  doch  war  schon  die  rede,  ei  ja,  wenn  ich  sein  ein- 
ziger schuldmann  wäre.  Lessing  2,402;  ei  ja  doch!  ei  wol, 
genug!  2,206;  ei  wol  will  ich;  ei  ja  wol  kommt  er;  ei  ver- 
steht sich  !    ei  und  ob ! 

indes,  indes!  ei  nun! 
das  nemliche  kann  euer  weibchen  thun.    Lessing  1,123; 
ei  freilich,  klüger  hättet  ihr  gethan.    2,  323,  vgl.  2,313; 
ei  wahrlich!  schlimm  genug,  dasz  deiner  sache 
du  nicht  gewisser  wärest.    2,  355. 

ei  desto  besser!  1,421.     ei  nu,  quid  j am? 

9)  doppeltes  eiei,  der  form,  nicht  der  bedeutung  nach  dem 
wehklagenden  atal  ähnlich,  pflegt  bedenkliches  verwundern  aber 
auch  freude  auszudrücken :  ei  ei,  wenn  einer  über  einen  hün  und 
zornig  ist,  inlerjectio  paulatim  percipi  mali,   atat.  Maaler  122' ; 

ei  ei,  wie  scheint  der  mond  so  hell, 

ei  ei,  wo  scheint  er  hin, 

mein  schätz  hat  alle  morgen 

ein  andern  schätz  im  sinn,    wunderh.  3,  U; 

ei  ei  ei,  was  haun  i  guckerlet  («crs(o/en  geblickt) 

ei  ei  ei,  was  haun  i  Ihau! 

i  hau  da  vetter  Michele 

zuam  ladle  eine  glau.    Ernst  Meikr  62; 

ei  ei!  mit  solchen  edlen  gasten 

war  es  ein  bischen  viel  gewagt.    Götue  12,  114; 

ei  ei!  er  denkts  den  menschen  nachzuahmen.  12,203; 
aus  Sachsen  also,  ei  ei,  aus  Sachsen?  Lessing  1,530.  nein, 
mein  hcrr.  'ei  ei !'  2,  443.  l,  306.  562.  Lessing  und  Güthe 
hauptsächlich  haben  den  gebrauch  der  partikel  ci,  in  allen  an- 
wendungen,  verfeinert,  es  gilt  auch  ein  kosendes  eiei !  eiei 
machen,     i.  eia. 

EI,  n.  Ovum,  ahd.  agi,  meistens  ci,  gen.  eies  und  eigcs, 
pl.  eigir,  mhd.  ei  gen.  eies,  eiges,  pl.  eiger,  ags.  aeg  pl.  »"gru, 
engl,  egg  pl.  eggs,  alln.  egg,  schw.  ägg,  dun.  äg.  östr.  hair. 
tritt  das  paragogiscite  plurale  er  schon  in  den  sg.  das  air. 
ScHM.  1,  40.  die  goth.  form  entgeht  mit  Luc.  11, 12,  ich  habe 
addi  vermutet,  das  sich  zu  ei  verhielte  wie  tvuddje  zu  zueierö 
oder  ags.  tvegra  zu  ägia,  altn.  Iveggja  zu  eggja.  ir.  ugh  und 
gal.  ubh  schwanken  zwischen  kehl  und  lipfienluut,  das  lat. 
uvum,  gr.  dov  scheinen  beide  inlautend  eine  mula  ausgcstoszen 
zu  haben,  das  sl.  jaitze,  böhm.  vejce,  puln.  jaje,  jajku  sind 
diminuliva.  im  sanskrit  kein  zustimmendes  woit.  /i/iii.  niuna, 
est.  munna,  läpp,  inoniie,  manne,  ei  steht  zuu-citcn  für  hode, 
z.  b.  widdcrci,  widdvraicr  (Sciim.   1,  40),  ebenso  Ut.  pautas. 

Ein  frisches,  rohes,  ncugelegtes  ei;  ein  altes,  taubes,  leeres 
ei;  laulcrc  eier,  sagt  IWaaler  122',  das  sind  unnütze  eier  ze 
schlüufen  oder  ze  hUnIcn,  welche  die  henn  allein  gemacht 
bat  on  das  fügclen  des  gückels,  itrila  uva;  eier  legen,  ova 
ponere;  der  henuc  eier  unterlegen,  supponere;  die  bcnnc  sitzt 
über  den  eiern;  eier  ausbrüten,  bebrüten;  die  hünicin  sind 
uns  den  eiern  geschloffen,  erst  aus  den  eiern  gekrochen ;  eier 
kleckcn,  aufklopfen,  auf  schlagen  ;  eier  in  dii:  pfaiinc,  in  schiiialx, 
iu  butler,  gcbacknc  eier. 

dein  gu|>crliMns  hünriien  h;it  schon  im  stalle  gekuki>ll, 

eil  und  »uche  das  ci,  eh  dir.«  abhole  di>r  litis.    L«iiia2,  283; 

man  iichliirl^  die  oier  hinnnier, 
l.1szt  den  armen  die  irhalcn  und  glaubt  noch  redlich  zu  thelleii 

Götue  40.  160. 

Redensarten:  si«  gleichen  «ich  wie  ein  ei  dem  nndrm ;  da* 
hun   will    U'>i""-   ■•"■1    als   die   bcDDc;    ei    ist   ei,    sagte  der 


EI  — EIBE 


EIBEN— EICHE 


78 


kiister,  und  nahm  das  gansei ;  bös  ei,  bös  kiichlein ;  besser 
Laib  ei  als  eitel  schale;  man  gibt  nicht  viel  goldcs  um  ein 
ei;  er  wartet  des  eis  und  läszt  die  henne  fliegen;  ungelegte 
eier  geben  ungewisse  küchlein ;  haben  wir  nicht  eier,  so  braten 
wir  das  nest;  wer  eier  unter  den  fflszen  hat,  musz  leise 
luftreten;  ein  faules  ei  verdirbt  den  ganzen  brei;  jedem  ein 
1.  und  dem  braven  Schweppermann  zwei ;  seine  eier  haben 
llzeit  zwei  dotter;  er  gäbe  kein  ei  darum,  nicht  das  geringste, 
•  hd.  da;  enwas  inl  niht  ein  ei;  sich  um  ungelegte  eier 
kümmern ;  mit  jemand  ein  ei  zu  schälen,  ein  hauchen  tu 
iftücken  haben,     frisches  ei,  gutes  ei.    Göthe  2,  301. 

Das  altdeutsche  recht  hat  hübsche  bestimmungen  mit  eiern 
und  über  eier.  war  eine  grenze  irrig  geworden,  so  soll  der 
forstmeister  ein  ei  nemea,  es  da  niederlegen,  wo  sein  ge- 
richt  angeht  oder  aufhört,  so  weit  das  ei  abwärts  läuft,  so 
weit  slöäzt  sein  forstgericht  an  das  urbargericht.  ueisth.  3, 679. 
wann  d*  gehofner  schuldig  ist  2V2  eier  und  will  nicht  drei 
ganzer  eier  geben,  so  soll  er  das  dritte  ei  auf  seine  schwelle 
legen  und  mit  einem  messer  entzwei  hauen :  fallt  das  meiste 
stück  binnen  die  schwelle,  so  ist  er  dem  herrn  um  eine  busze 
verfallen,  fallt  es  aber  vor  die  thür,  so  ist  der  gehofner  los. 
tceislh.  2,  525;  jeder  viertel  landes  gibt  dem  grundherrn  'Vi  ei, 
und  das  achte  ei  soll  die  frau  auf  die  schwelle  legen  und 
der  schultheisz  es  mit  einem  kolter  ifflugeisen)  von  einander 
hauen ;  was  binnen  die  schwelle  fallt,  soll  der  gehöfer  und 
was  darbauszen  fällt,  der  grundherr  haben.  2, 538 ;  auch  so 
geben  wir  Bärmer  unserm  gn.  1.  herrn  eier,  so  sol  des  hofs 
schultheisz  umbgehen  von  haus  zu  haus  und  haben  einen 
korb  und  eine  krauche  (hrug),  so  etliche  hofe  in  Bannen, 
die  geben  halbe  eier.  da  dieselbige  sind,  sol  die  frau  das  ei 
in  die  band  nemen  und  schlagen  auf  das  bord  von  der  krau- 
chen, feilt  das  dotter  in  die  krauchen,  so  soll  es  unser  gn.  1. 
herr  behalten,  behelt  die  frau  das  dotter  in  der  schalen 
(eisc/ia/e),  so  ist  es  der  frauen,  und  soll  damit  bezahlt  haben. 
3,  16,  vgl.  2, 128. 

Sie  suchen  auch  nicht  der  veter  ehre  damit,  sondern  ir 
eigen  tjrannei,  das  sie  uns  mügen  aus  der  schrift  füren,  den 
glauben  vertunkeln,  sich  selbs  über  die  eier  setzen  und  unser 
abgott  werden.  Luther  1,  53S';  hie  leret  das  ei  das  hun,  und 
kachel  den  töpfer.  6,  90* ;  das  ei  leret  das  hun  und  die  saw 
meistert  gott.  6,139';  das  sie  nach  tüchtigen,  verstendigen, 
erfamen  und  geschickten  leuten  umbsehen  und  nicht  narren 
über  die  eier  setzten.    Mathesics  150* ; 

dacht,  ich  hab  viel  hüner  im  haus, 

die  brüten  aus  aiern  hünner  aus, 

ich  kuot  ie  auch  kelber  brüten  aus.    H.  Sachs  II.  4, 68' ; 

wenn  ich  zur  kirchen  ^ieng, 

so  bell  ich  nicht  ein  ei  zutretn.    Ringwald  tr.  £dUi.  J3'; 

bruder,  was  wüst  du  die  unschuldigen  kinder  zeihen?  wenns 
kerl  wären,  die  sich  wehren  könten,  so  wärs  ein  anders, 
was,  antwortet  er,  eier  in  die  pfannen,  so  werden  keine  junge 
draus.    Simpl.  K.  647; 

berein  gerufen  wird  sodann 

die  iihe.  selbst  ihr  mnrchen  zu  erzählen. 

die  gute  mutier  Tängi  beim  ei  {ab  ovo)  die  sache  an. 

WiKLAMD  22, 196. 

EI,  f.  schweizerisch  für  au,  aue  (1,  598.  601)  wie  oberd.  gei, 
gai  für  gau.    Stald.  l,  339. 

EIA,  der  ericeilerte  ausruf  ei,  vgl.  aubeia. 
mhd.   eiä  herre  got  der  guote!    Iw.  IBIO. 
ithd.    eia,  wären  wir  da!;  eia  im  sause!    tBunderh.3,i32; 

eia.  lasset  uns  spazieren!    Speb  {lu/zn.  92  (100) ; 

eia,  stark  und  frerhe  wellen, 

eia  stark  und  stolze  wind!    96(105); 

ei.-i  meine  wasser  srhbifet, 

scbliifei  meine  wnsserlem.    224(245); 

eia,  las>ei  euch  beilin^en, 

grosz  und  kleine  vögelein !    256  (2S3); 

eia,  wie  so  wach  und  froh, 

früh  und  wach  sind  meine  sinnen!    RöacEa  28^. 

vie  mit  jenem  eia  im  sause!  {vgl.  susenina)  iriri  mit  eia 
popeia   eingeschläfert: 

eia  popei»,  was  rnsche.t  im  siroh  !    wundcrh.  3, 424  ; 

eia  pop<;ia,  »chlief  lieber  uU  du.    3,  425. 

EIBE.  f.  laxiis,  ahd.  iwa,  mhd.  Iwe,  ags.  Iv,  engl,  yew, 
ddii.  ibe,  ibenhult,  schvrd.  id,  idegran,  ir.  iuMiar.  gal.  iubhar 
und  iughar,  fianz.  if,  yf.  der  vichscl  zwischen  iuiibar,  iughär 
«ie  zKtscJien  ubh  und  ugh,  orum,   auch  vird  ahd.  iga  neben 


!wa  angegeben,  sdiwed.  id  gliche  dem  addi.  unser  h  in  eibe 
ist  Kie  in  falb,  garbe,  gerben  u.  a.  m.  der  vocab.  14S2  f7'.' 
setzt  an  eib  hedera,  gundreb,  gundram  und  eibe  ebenus,  beides 
falsch.     Hemsch  819, 14  hat  eibe,  armbrust. 

hier,  wo  die  ulme  trauert,  der  eibe  schatten  schrecket. 
Gotter  1,  133. 

EIBEN,  laxeus,  ahd,  mhd.  iwin: 
einen  tisch  mit  eibenen  ftiszen.    Stolbkrc  11,394; 
schliffen  kein  schwert  und  schnellten  nicht  pfeile  von  eibenen 
bogen.    KosKGARTKN  iii«el/aAr(3,4uu. 

EIBENBAü.M,  m.  taxus.    Scb.ndrb  s.  167. 

EIBENLAUB,  n.  frons  taxea,  mhd.  iwinloup.  Parz.  486,7: 
also  setzt  die  beuchelei  räubern  kränze  von  lorbern,  wie  der 
Undank,  ihren  wollhätern  von  eibenlaub  auf.  Lobe.nsteis  Arm. 
1, 1005. 

EIBENREIS,  n.  virga  taxea: 

tollkraut,  eibenreis,  so  mitten 

in  Walpurgisnacht  geschnitten.    BÖReEH303' 

EIBENSCHCTZ,  in.  areubalista.    He.<iisch  819, 18. 
EIBENWALÜ,  m.  silva  taxea. 
EIBE.NZWEIG,  m.  was  eibenreis: 


eibenzweige  abgerissen 

bei  des  m^ondes  finsternissen. 

slips  of  vew 
sliverd  in  the  moons  eciipse. 


ScaiLLEK  572', 


Macbeth  4, 1. 

EIBISCH,  f.  hibiscum,  ißiaxos,  ahd.  ibisca,  allhaea.  Gbaff 
1, 101.    nnl.  heemst.     gar  nicht  mit  eibe  verwandt. 

EIBISCHßALM,  m.  sorbus  aucuparia. 

EICH.AMT.  n.  behürde  zum  eiclien. 

EICHAPFEL,  m.  galla,  gallapfel,  gr.  xrjxis:  nimb  an  s. 
Michelstag  der  eichöpfel  war,  haben  sie  spinnen,  so  kommet 
ein  büs  jähr,  haben  sie  fliegen,  ein  milds.  Fischabt  groszm.  116, 
vgl.  He.mscii  S20,  24. 

EICHßAU.M,  m.  quercut,  gebildet  wie  buchbaum,  da  wir 
doch  die  einfachen  schöneren  Wörter  eiche,  buche  besitzen. 
Sprichwort:  den  eichbaum  vor  die  stadl,  eichenlaub  stinkt. 
SixROCK  1893,  doch  s.  unter  eichenlaub. 

EICHE,  f.  quereus,  ahd.  eih,  mhd.  eich,  nnl.  eek  und  eik, 
ags.  &c,  engl,  oak,  altn.  eik,  schw.  ek,  dän.  eg,  ein  goth.  aiks 
vorauszusetzen.  Dasvp.  202'.  322',  Maaler  122'  schreiben  noch 
richtig  eich,  auch  Schm.  1, 17  aich,  die  fehlerhafte  form  eiche 
erscheint  bei  Luther  und  Hemsch  819,  51  und  mag  nieder- 
deutsch sein,  da  schon  mnl.  eke  steht  {Reinaert  6bl).  urrerwatidl 
ist  lit.  aufolas,  ^et  Szirwid  uziilas,  lett.  ohsols.  die  andern 
urverwandten  sprachen  zeigen  nichts  ähnliches,  doch  vgl.  her- 
nach eichel.  skr.  daru  ist  lignum,  druma  arbor,  gr.  Söov  arbor, 
lignum,  Sovs  sowol  eiche  als  bäum,  und  der  letzten  bedeu- 
tung  entspricht  sl.  drjevo,  russ.  derevo,  goth.  Irin,  ags.  treor, 
engl,  tree,  altn.  trfi,  ddn.  trä,  schw.  träd,  aber  ir.  gal.  daracb, 
welsches  derw  drücken  blosz  eiche  aus.  dem  sl.  dub",  poln. 
dab  gleicht  ßnn.  tammi,  gr.  8iv8oov,  goth.  timbr,  ahd.  zimpar 
materies,  die  Lappen  entlehnten  aik,  haik  ßr  quereus  und 
muor,  muorra  ist  ihnen  arbor,  lignum.  dem  lat.  robur,  sp. 
roble  nähert  sich  ir.  gal.  craobh  arbor.  die  Vorstellungen 
eiche,  bäum  und  holz  laufen  meistens  in  einander. 

Kennzeichen  der  eiche  sind  stärke,  höhe  und  lange  dauer, 
sie  ist  königin  aller  bäume:  und  er  vergrub  sie  unter  eine 
eiche.  1  Mos.  35,  4 ;  bei  der  hohen  eiche,  die  zu  Sichern  stehet. 
rieht.  9,  6 ;  unter  ailen  grünen  bewmen,  unter  allen  dicken 
eichen.  £2.  6,13;  nu  hab  ich  ja  den  Amoriter  vor  inen  her 
vertilget,  der  so  hoch  war  als  die  cedern,  und  seine  macht, 
wie  die  eichen.  Amos  2,  9 ;  ich  breitet  meine  zweige  aus  wie 
eine  eiche.    Sir.  24,  52 ; 

üt  einem  bärge  stuont  ein  eich, 

der  hoehe  üf  in  die  luAe  streich.    Haupt  7,  380; 

madchen,  stark  wie  die  eiche  stehet  noch  dein  dichter. 

Schiller  4'; 
bei^trümmer  folgen  seinen  (des  rcgens)  gössen 
und  eichen  stürzen  unter  ihm.    80*; 
schon  stand  im  nebolkleid  die  eiche 
ein  aufgeihürmter  riese  da.    Göthe  1,  75; 
Luna  bricht  durch  busch  und  eichen.    1,  46; 
übe,  dem  kn.tben  gleich, 
der  distfln  koiirt. 

an  eichen  dien  und  bergesböhn.    2,79;  ' 

die  eiihe  stnrrei  m.ichti^. 
und  eigensinnig  zackt  sich  ast  an  ast.    41,225; 
keine  eiche  fallt  vom  ersten  su-eiche; 
land  der  eichen,  land  der  treue, 
roäauersiammes  reifer  kern.    Siäceianü. 


79 


EICHE  — EICHEN 


EICHE,  f.  probatio  mensurae  aut  fonderis. 

EICHEL,  f.  glans,  ahd.  eicliilä,  mhd.  eichel,  gebildet  wie 
büchel  ton  buclie.  Maai.er  122' ;  nnl.  cckel  und  eikel.  axvlog  f. 
gleicht  fast  zu  sehr,  ohne  laulverschiebung.  da  bencunungen 
des  baums  und  der  frnchl  leicht  zusannnonßllcn,  namentlich  in 
;ßnXnvos  und  juglans,  läge  nah  ricliild  auch  zum  lit.  au^olas 
zu  hallen ;  unseni  übrigen  dialecten  mangelt  das  Kort.  altn. 
gilt  dafür  aldin  n.,  dän.  olden,  schw.  ollon,  Sllon.  lerwandt- 
schaß  des  allgemeinen  namens  für  xa^nös,  frucht,  golh.  akran, 
ags.  äcern,  engl,  acorn,  alln.  nkarn,  dän.  ageren  wurde  1, 173 
abgelehnt,  weil  diesen  formen  der  diphlh.  ai,  ci  fehlt,  dagegen 
eine  mit  akrs,  achar,  acker  gesiicht.  vielleicht  irrig  tind  den 
weg  sperrend,  auf  dem  gelingen  könnte,  ein  so  uraltes  wort  wie 
eiche  in  weiterem  kreise  aufzuweisen,  idenlität  von  glans  {it. 
gliianda,  sp.  lande,  pari,  landea)  und  ßälnros,  dnr.  yakavoi 
zugestanden,  fallen  auch  russ.  zelud ,  böbm.  zalud,  poln.  io\adi 
sichtbar  zu  glans  glandis,  rfen  nasallaut  hat  das  polnische 
vorl.  wie  wenn  allen  ein  anlautender  vocal  entfallen  wäre, 
inglans  ihn  nocli  betvahrle,  also  niclit  aus  joveglans,  Jovis 
glans  entspränge,  sondern  jenem  aufolas,  uzillas,  also  auch 
unserm  eicliel  zur  seile  träte?  dem  lautverschobnen  ch  und  k 
in  eiche,  aiks  und  akran  kämen  lat.  g,  sl.  z,  i,  lit.  sz,  z 
gleich  (ich  ik  ego  az  asz) ;  doch  die  erweiterung  des  hinlern 
theils  von  juglans  und  glans,  wo  auch  sl.  ein  d  erscheint, 
machte  stutzig,  nur  lit.  besteht  gille,  lelt.  sihle  {für  dsihle). 
zu  gunsten  von  Jovis  glans,  Jios  ßnXaros  sprechen  mythische 
gründe  vielfach,  allein  juglans,  iiiix  juglans  reicht  an  den  ein- 
fachen sinn  von  glans,  das  wie  akran  und  aldin  bald  auf  alle 
frucht  geht,  bald  auf  einzelne  arten,  eichein  und  cckern  fallen 
in  der  bedeutung  zusammen  und  zwischen  aldin  und  akran 
könnten  1  und  r  wechseln,  die  weiblichen  eichilä,  puochilä 
hat  man  wol  als  diminutiva  zu  fassen. 

keine  fesie  sind  mehr  der  groszen  götlln  gewidmet, 
die  stall  eicheln  zur  kost  goldenen  wei/en  verlieh. 
GöTiiK  1,  275. 

Megenberg  sagt  343, 19 :  die  aicheln  sint  poes,  die  leiht  sint 
und  da  ain  lüegel  einget,  aber  die  swaeren  und  die  ganzen 
die  sint  guot  {vgl.  eichelganz),  im  Sprichwort  heiszls  braune 
eicheln  sind  die  besten,  in  der  deutschen  Spielkarte  ist  die 
eichel  ein  bild,  woher  die  namen  eiclieldaus,  eiclielober,  eichel- 
künig,  anderwärts  eckerndaus,  eckernober,  eckernkünig:  eichel 
ist  trumpf!  vielleicht  erklärt  sich  daraus  die  belheuerung  'mein 
aichel!'  Abele  3,6.  ScHMELLEn  1,18  {vgl.  mein  eidl  in  eidj. 
eichel  heiszt  aber  auch  nach  dem  latein  glans  penis. 

EICHELBÄNDCHEiN,  n.  culicula  in  glande  penis. 

EICHELDRÜSE,  f  ylandula  penis. 

EICHELESSEH,  m.  ßa?.avofäyos. 

EICHELFARN,  m.  polypodium  dryopleris. 

EICHELGANZ,  ex  asse  integer,  unversehrt,  eckergesund. 
Wai.i  BAFF  führt  es  aus  einer  urk.  von  1431  an.  Stieler  600. 
mein  bruder  und  graf  Siegfried  mit  all  seinen  leuten  frisch 
und  eichelganz.    Fr.  Müller  3,  81. 

EICHELHÄHER,  m.  avena  strigosa. 

EICHELHEHER,  m.    corvus  glandarius. 

EICHELKELCH,  m.  calix  glandis,  eichelnäpfchen. 

EICH  ELLE,  f  ulna  probatoria. 

EICHELMAST,  f  sagina  glandaria:  wir  haben  heuer  bei 
uns  eben  so  schlechte  eichelmast.    Habener  3, 109. 

EICHELMAUS,  f.  myoxus  nilela. 

EICHELMFSCHEL,  f.  chama  caliculala. 

EICHELNÄI'FCHEN,  »i.  was  eichelkelch. 

EiCHELNDICK:  dann  laufen  mir  thrünen  eicbelndick  über 
die  nase.    Fr.  Müller  1, 130. 

EICHELRAND,  m.  margo  glandulae  penis. 

EICHELREICH,  abundant  glande: 

den  eichelreichen  herbst.    Ghtpuius  2,  507. 

F.ICHELSAU,  f.  $u$  glandibus  saginata:  die  eichelsau  ist 
des  sticbs  freu  Fischart  bimenk.  131*,  anspielung  auf  die 
karte. 

EICHELSCHWEIN,  n.  danselbe. 

EICHELSTKIN,  m.    balanitet. 

EICHELTHII'PER,  m.  gmnrrhoea  balani. 

EICHELWEISE,  adv.  ex  asse?    HA.  480. 

EICHEN,  n.  ovum  partum. 

EICHE.N,  quernus,  ahd.  mhd.  eichin:  und  da  er  olt  war, 
girng  er  durch  ein  waid,  da  log  ein  cichbaum,  darin  bet  ein 
bawr  eirbne  keil  geschlagen.  Padli  ich.  u.  erntt  Ibii  e.  «l. 
UO  c.  218.   1&&&  e.  28»; 


EICHEN— EICIIENSCHATTE  80 

der  ein  Zimmermann  war,  ein  tiichiiger  meister.    im  hofe 
lag  ein  eichoner  sUiinm,  er  haue  diesen  zu  trennen 
schon  zwei  tüchtige  keile. hinein  getrieben.    Göthk40, 24. 

EICHEN,  probare,  mensurare,  visieren,  vgl.  ahd.  eichon 
timdicare.  Graff  1, 127.  eichen  aqua  metiri.  Henisch  S21,  Ifl  : 
wie  man  ein  fasz  durch  den  Iriangel  und  quadranten  messen 
und  eichen  kan.  Mathesius  143';  es  wird  im  ganzen  lande 
auch  nur  ^ine  raanier  sein  die  frucht  und  woinmasze  zu 
eichen,  zu  sinnen,  zu  fechten.  Hebel  in  des  adjuncls  stand- 
Tede416.  im  16.  17j7j.  sagte  man  den  bauch  eichen  für  saufen, 
schwelgen,  das  Schweiz,  icha,  ichta  Tobi.er  283',  nnl.  ijken, 
nd.  iken  weisen  aber  jenes  ahd.  eichün  ah. 

EICHENAST,  m.  ramus  quemus. 

EICHENÜAUM,  m.  was  eichbaura :  ich  blieb  als  ein  eichen- 
bauin  stehen  {vor  schrecken,  wie  sonst  als  ein  gehauen  bild). 
I'lesse  1,  69. 

EICHENBESCHATTET,  quercubus  obumbratus: 

lief  in  dem  üppigen  ihal,  vom  rniischcnrien  Tronto  bewässert, 

elchenbesthattet,  und  doch  reich  an  ollven  und  wein 
liegst  du,  0  Stadt.  I'laten  147'. 

EICHENBLATT,  n.  folium  quernum. 

EICHENBOIILE,  f  assis  quernea. 

EICHENROHRER,  m.  chermes  quercuum,  eichensauger. 

EICHENBRET,  n.  was  eichenl.oble. 

EICHENBROSZ,  m.  gemma  arboris  quernea:  eichenbrosz 
zur  arznei  sammeln.    Hohuerg  1,  l2o'. 

EICHENRIJSCH,  m.  virgultum  quernum. 

EICHEN  DICKICHT,  n.  quercelum,  eichicht. 

EICHENECKSTAMM,  m.  stipes  angularis  quemus :  volk,  das 
mit  seinen  eiclieneckstämmen  den  niederwerfenden  stürm  einer 
knechtischen   barliarei  aufliält.    J.  P.  bücherschau  1, 103. 

EICHENFAHN.  m.  was  eichelfarn. 

EICHENFASZ,  n.  dolium  quernum. 

EICHENGABEL,  f.  furca  querna: 

und  er  gleich  einem  kukuk  sclielmisch 

von  dichter  eichengabel  uns  verlacht.    Kr.  .Müllkr  2, 368. 

EICHENHAIN,  m.  quercelum.    Gökingk  1,  38.  IflO. 
•    EICHENHEISTER,  f  quercus  robur.     s.  heister. 
EICHENHOLZ,  n.  Ugnum  quernum. 
EICHENKAMP,  m.  campus  quercubm  circumdatus. 
EICHENKLOTZ,  m.  caudex  quemus. 
EICHENKRAFT,  f  robur: 

sei  ehre  dir,  ehrwürdiges  haupt, 

von  hoher  eichenkralt  umlanbt.    Göthk  41, 148. 

EICHENKRANZ,  m.  corona  querna: 
als  ich  um  deine  lanze  jüngst 
den  eiclienkranz  dir  wand.    Stolbkro  1,  67  ; 

EICHENLAUB,  n.  folium  quernum: 

es  sollen  nnsre  frauen 
vom  ersten  eichKnIaub  am  schonsien  morgen 
geHochien  dir  sie  (die  bürgerkvone)  um  die  stirne  leccn. 
Göthk  9.  t'2'X 

dem  oben  unter  eichbaum  angeführten  Sprichwort  gibt  Luther 
3,  248  folgende  deutung :  wie  man  spricht,  es  ist  ein  eichen 
anschlag,  da  man  sagen  wil,  es  ist  eigen  anschlag,  gleichwie 
man  spricht  eichenluub  stinkt,  da  man  sagen  wil,  eigenloh  stinkt. 

EICHENLAUS,  f  aphis  roboris. 

EICHENLUNGE,  /".  liehen  pulmonarius. 

EICHEN.MASZ?  {die  faslnarhllustigen)  ziehen  eim  sininn 
man  kleider  an,  zieren  in  mit  eichcnniasz,  und  tragen  in  auf 
der  bar  daher,  als  ob  er  gestern  gestorben  wer,  mit  eim 
leinlach  zugedeckt.  Garg.  M".  hieng  man  der  sirohßgur  masxe 
und  gewichte  an  ?     s.  eicbmasz. 

EICHENMISTEL,  f  viscum  quernum. 

EICHENMOS,  n.  muscus  quemus. 

EICHENPFOSTE,  »i.  puslis  quernus. 

EICHENREIS,  n.  virga  querna: 

zwecn  knaben  liefen  durch  den  hain 
und  lasen  eichenreiscr  auf.    IIoltt  47, 

EICHENRIPPE,  f.  Costa  querna: 

»chwilli  das  nicer,  die  brandiing  bricht 
»ch'iumond  sich  am  l'iisz  der  klippiMi, 
«ellist  das  «ctiif  inii  riilinnrippeii 
nullte  unzerschmetieri  nicht.    Schillkn  AOV 

EICIIENROSE,  f  auswttchs  der  eichenbldlter,  in  ./.i/i  ,he 
gallwespe  wohnt. 

EICHENRÜSSELRAFER,  »I.  eurcHlu)  q^rcus. 
EICHENSAUGER,  m.  diermei  qucrims. 
EICHENSCHATI'E,  m.  umbra  qneicuum. 


i 


Sl 


EICHENSCHWAMM  —  EICHMAST 


EICUMASZ  — EID 


82 


EICHENSCHWAMM,  m.   arjaricus  quercinus. 

EICHENSPLN.NER,  m.  phalaena  quercus. 

EICHENSTAB,  m.  baculus  quernus. 

EICHEN'STAMM,  m.  slipes  quercus. 

EICHENSTREICHER,  m.  was  eichenspinner. 

EICHENSTRUNK,  m.  truncus  quercus:  setzte  mich  denn 
auf  einen  abgerissenen  eichenstrunk.    Fb.  Müller  1, 12ft 

EICHENSTlMPF,  m.  caudex  quercus. 

EICHENTISCH,  m.  mensa  quernea. 

EICHENLMSCHATTET,  wie  eichenbeschattet: 
eichenumschattet  sasz  ich  oftroal 
an  deinem  ufer,  o  Rhein.    Plaiex  3'. 

EICHENWALD,  m.  quercelum,  eichwatd: 

durch  der  eichenwälder  bogen 

bist  du  brausend  hingezogen.    Rcckert. 

EiCHENWICKLER,  m.  phalaena  lorlrix. 

EICHENWURM,  tn.  cynips,  gaüwespe. 

UICHENWURZEL,  /■.  radix  quercus:  der  gleichsam  mit 
eichenwurzein  sich  um  den  liebiing  strickte.  J.  P.  Titan  2, 151. 

EICHENZWEIG,  »?i.  ramus  quernus. 

EICHER,  »n.  juslae  mensurae  examinator:  die  geschwornen 
eicher.    weisth.  1,  802. 

EICHFARN,  m.  wie  eichelfam,  eichenfam. 

EICHFASZ,  »I.  doliuin  probatorium,  verschieden  vom  geeichten 
fasz,  dolium  probatum. 

EICHGEBÜHR,  f.  justa  quae  praebentur  examinalori. 

EICHGEWICHT,  n.  pondus  probatorium. 

EICHGRUND,  ni.  convallis  quercuum:  Saul  und  die  men- 
ner  Israel  kamen  zusammen  und  lagerten  sich  im  eichgrunde. 
1  Sam.  17,  2 ;  das  Schwert  des  philisters  Goliath,  den  du 
schlügest  im  eichgrunde.    21,  9. 

EICHHASE,  ni.  boletus  ramosissimus. 

EICHHERMEL,  EICHHERMLIN,  n.  säurus: 
eichermlin  auf  der  dannen  hoch, 
als  wanns  von  einer  zur  andren  floch.    Wickra«  hilg.  B  ix. 

EICHHERR,  ffi.  was  eicher. 

EICHHETTEL,  f.  sciums,  eigentlich  capra  quercus:  sage, 
dasz  du  öfters  auf  den  galgen  rahcn  tanzen  gesehen  hast, 
als  die  rothe  aichhettlen  oder  die  rüthfarbe  wisel.  . . .   s.  13. 

EICHHOLZ,  n.  quercelum,  eichicht. 

EICHHORN,  n.  seiurus.  der  name  dieses  zierlichen,  be- 
henden thierchens,  dessen  sprünge  auf  den  bäumen  allen  in 
die  äugen  fallen,  hat  vielfachen  Wechsel  erfaliren.  ahd.  eichorn, 
mhd.  eichorn.  wb.  1,414",  nd.  ekerken,  ags.  äcvern,  mnl.  encoren. 
Rem.  1S64,  fini.  eekhorcn,  eikhoreo,  inkhoren,  ahn.  ikorni, 
schw.  ekorre,  ickorn.  lat.  seiurus,  allfranz.  escurieu,  franz. 
ecureuil,  it.  schiriuolo,  engl,  squirrel.  einleuchl*^nd  sind  alles 
entstellungen  des  schönen,  naturgetreuen  gr.  axiovoog,  weil 
das  thier  mit  seinem  breiten  schwänz  schatten  wirft,  die  deut- 
schen formen  sollten  den  unverständlichen  ausdruck  neubeleben 
und  die  Vorstellung  von  eiche  schien  für  das  auf  eichen  nistende, 
von  eichein  lebende  geschöpf  wol  geeignet;  von  einem  groszen 
wald  pflegte  man  zu  sagen,  das  eichhorn  springe  drei  meilen 
lang  über  die  eichen  fort,  aber  der  unpassende  gedanke  an 
hörn  gieng  blosz  aus  misverstand  der  endung  orn,  ern  und 
der  falschen  Schreibung  eichhorn  hervor,  das  volk  machte  sich 
den  namen  durch  eichharm,  eichhennelin,  eichheltel,  eichkatze 
deutlicher. 

das  eichhorn  masz  mü  einem  Sprunge 
den  bäum ; 

ein  eichhorn,  das  auf  seiner  fahrt 

von  bäum  zu  bäume  Düchiig  hüpfte.    Vrtmt; 

ja  du  geliebie  tochter,  ich  bin  auch  fröhlich!  so  ft-öhlich, 

als  die  »ingenden  vöpel  im  wald  hier,  oder  das  eichhorn, 

well  hes  die  luftigen  zweige  durchhupft  um  die  jungen  im  lager  I 

Luise  1 ,  304 ; 
0  sie  schwebt  in  der  luft,  wie  das  eichhorn.    Voss  2,237; 
sie  ist  ja  so  scheu  wie  ein  eichhorn.    Göthe  11,17. 
E1CHHÖRNCHE.N,  n.    Göthe  55,  320.  321. 
EICHICHT,   H.    quercelum,    ahd.   eibahi,    daj  smalä  eihahi. 
trad.  fuld.  165.     bair.  aichach.    Schm.  1,18. 
EICHKRANZ,  m.  was  eiehenkranz: 
e<n  eicbkranz  ewig  juogbelaubt 
den  «eui  die  nachwcli  ihm  aufs  haupt.    Göths  13, 131. 

EICHK.\TZE,  f.   EICHKATZCHEN,  n.  seiurus. 

EICHMAST,  f.  pabulum  glandarium: 
srbfiiieie  sieineichfruchi.  eichmast  und  rothe  kornellen 
ihnen  zum  frasz,  das  fuiier  der  erdaufwuhlenden  schweine. 

Od.  10,  212, 

in. 


was  weit  zurückbleibt  hinter 

TtaQ  Q    äxvf.ov  ßäXavöv  t  ißaXev  xclqtiÖv  ze  xoaveirß 
i'Susvai,  ola  aves  ;|^a/«)tt«;»'a^£S  aiev  idovaiv. 

EICH.MASZ,  n.  modus  publice  probalus.  eichmasz  oder 
pindt,  pinca.  toc. /Aeu/.  1482  gl',    pinta,  khmasz.  Diefe.nb.  436'. 

EICHMEISTER,  m.  was  eicher.    Hemsch  821, 18. 

EICHNER,  m.  was  eicher,  eichherr,  eichmeister. 

EICHOCHS,  ni.  lucanus  cervus,  Schröter,  hirschkäfer. 

EICHPFäL,  m.  sudes  quernea. 

EICHPILZ,  m.  agaricus  quercinus. 

EICHSCHÄLCHEN,  n.  libella  exploratoria. 

EICHSCHWAMM,  m.  was  eichenschwamm. 

EICHSIEDEL,  f.  auch  weiset  der  Schöffen,  die  lehenleut 
im  jähr  eine  schaerfahrt  thuen,  wan  die  eichsiedel  dem  ochsen 
umb  das  hörn  gehet,  weisth.  2, 132.  sidel  ist  sonst  sedile, 
bank,  was  sich  hier  kaum  fügt;  es  ist  eine  Zeitbestimmung 
gemeint,  die  schar,  die  frohnfahrt  soll  geschehen  im  hohen 
Sommer,  wann  der  fuhrmann  entweder  dem  ochsen  mit  eichen- 
laub  die  hömer  schmückt,  oder  mit  eichenzweigen  den  ochs 
treibt. 

EICHSTAB,  m.  bacultu  quernus,  entweder  zum  gehen  oder 
zum  eichen. 

EICHTHAL,  n.  vallis  quercubus  insignis: 
(ich  dachte)  im  eichthal  an  mein  Taierland.    Claddios  1, 1 ; 
du,  dieses  eichthals  wiederhall.    UkrderS,  227. 

EICHTR.VUBE,  f  boletus  igniarius,  eichhase. 
EICHVOGEL,  m.  falco  columbarius. 
EICHWALD,  f?i.  was  eichenwald: 
der  eichwald  brauset,  die  wölken  ziehn.    Schiller  349'. 

EID,  m.  jusjurandum,  o^xos,  goth.  aijis,  ahd.  eid,  mhd. 
eit  eides,  alts.  ed,  nnl.  eed,  ags.  ad,  engl,  oath,  altn.  eidr, 
schw.  ed,  dän.  eed,  durch  alle  dialecte  gehend,  genau  zu  un- 
terscheiden von  ahd.  eit  ignis,  mhd.  eit  eites,  ags.  äd.  be- 
rfthrung  scheint  stattzufinden  mit  eidam  gener,  vielleicht  mit 
eidi  nutrix,  mater,  goth.  ai{)ei,  urverwandte  anklänge  sollen 
unter  eidam  hervorgehoben  werden;  in  eid  muss  die  Vorstel- 
lung eines  feierlichen,  heiligen,  festigenden  bandes  enthalten  sein, 
daher  ein  heiliger  {fteyag  ogy.os),  starker,  schwerer,  theurer, 
unverbrüchlicher  eid,  eid  und  pflicht  stehen  verbunden,  es 
heiszt  den  eid  thun,  ablegen,  leisten,  ableisten,  schwören, 
halten  oder  brechen,  falschen;  einem  den  eid  abnehmen, 
ihn  schwören  lassen,  mhd.  den  eit  nemen  und  geben  (/?A.  902), 
altn.  eid  strengja;  einen  des  eids,  heute  einem  den  eid  er- 
lassen; etwas  auf  seinen  eid  nehmen,  mit  eid  bestätigen, 
der  schwörende  ist  durch  den  eid  gebunden,  gehalten,  \er- 
pflichtet,  sobald  die  Wirkung  aufhört,  des  eids  ledig,  los  und 
quitt. 

und  mein  herr  hat  einen  eid  von  mir  genommen,  l  Mos. 
24,37.  50,5;  es  sol  ein  eid  zwischen  uns  und  dir  sein  und 
wollen  einen  bund  mit  dir  machen.  26,  2* ;  so  aber  das  weih 
dir  nicht  folgen  wil,  so  bistu  dieses  eides  quit.  24,  8 ;  wir 
wollen  aber  des  eids  los  sein,  den  du  von  uns  genomen 
hast.  Jos.  2, 17 ;  ich  halte  das  wort  des  königes  und  den  eid 
gottes.  pred.  Sal.  8,  2 ;  dem  Nicanor  aber  liesz  er  den  köpf 
abhawen  und  die  rechte  band,  die  er  zum  eid  ausgereckt 
hatte.  1  A/acc.  7, 47 ;  du  soll  keinen  falschen  eid  thun  und 
soll  gott  deinen  eid  halten  (ahcL  ni  farsueri  tbib,  wanta  thu 
giltis  gote  thinß  meineidä,  goth.  ni  ufarsvarais,  i\t  usgibais 
fraujin  ai|)ans  Jieinans).  Matth.  5,  33 ;  und  gedechte  an  seinen 
heiligen  bund  und  an  den  eid  den  er  geschworen  bat  {goth. 
jah  gamunan  trigg%(js  veihaizus,  ail)is  |)anei  svür).   Luc.  1,  72. 

weil  aber  die  well  leichtlich  schweret  und  mancher  spricht, 
es  ist  besser  eide  schweren,  denn  ruben  graben.  Mathesii;s  ISO'; 

der  den  einmal  gethanen  eid 

will  weder  aus  lisi,  lieb  noch  leid 

verleugnen,  biegen  oder  brechen.    WickhulirSI; 

da  ist  kein  zank  noch  neid, 
kein  argwobn,  kein  beuiig  und  kein  verdeckler  eid. 

Ofiiz  1,  139; 
die  durch  den  krieg  getreten  aus  gotles  eid  und  pflichu 

LoGAO  1,  222, 18; 
aber  ich  sage  dir  an  und  mit  heiligem  eide  beschwör  ichs. 

//.  1,223; 
schwur  den  theuersien  eid.    Göthi  40,  155; 
bei  diesem  lichi,  das  uns  zuerst  begrüszt 
von  allen  Völkern,  die  lief  unter  uns 
schwer  aihmend  wohnen  in  dem  <|ualm  der  stfidte, 
la^zt  uns  den  eid  des  neuen  bundcs  schworen.   Scuillir  531»; 

6 


83 


EIDAM— EIDECHSE 


EIDECIISENNATTER  — EIDGENOSZ 


84 


Ainalia,  deinen  eid  zerbrach  der  allgewaltige  lod.  116*.  Sprich- 
wörter: ein  eid  hebt  den  andern  auf;  andre  diener,  andre 
eide;  gezwungner  eid  ist  gotl  leid;  eid  macht  mündig;  der 
eid  ist  ein  ende  des  haders;  eid  schwören  ist  nicht  rüben 
graben;  wer  einen  eid  bricht  lästert  gott.  die  übliche  be- 
Iheueruugsfomiel  auf  meinen  eidr  auf  mein  eid,  auf  mein  eid, 
berr!  (Keisersb.  j.  rf.  f7i.  3l'.  Ga/my  64.  67),  elliptisch  meiaeii'. 
(ScHM.  l,  27)  wurde  etwan  durch  eupheniismus  verdreht  in  mein 
eichell  (sp.  79).     s.  meineid. 

EIDAM,  m.  gener,  ahd.  eidum,  eidam,  eidem  (Graff  1,156), 
ays.  ädum,  mhd.  eidem  {wb.  1, 414*),  allen  übrigen  dialecten 
mangelnd,  auf  die  goth.  form  wäre  man  gespannt,  das  ganze 
A'.  r.  könnte  sie  nicht  darbieten,  in  diesem  wort  hat  sich  uns, 
fast  wie  in  bräutigam,  volltönender  ausgang  bewahrt,  noch  viel 
vierkwürdiger  wird  es  durch  seinen  Zusammenhang  mit  urver- 
wandten ausdrücken,  tat.  gener,  gr.  yaußoös  lauten  skr. 
gämätri  /ür  jdmätri  (Benfey  2,  201)  neben  gämi  für  jänii 
Schwiegertochter,  Schwester,  von  der  würzet  jam  binden,  wel- 
cher auch  yaueiv  und  tat.  geniinus  zufallen,  lit.  ist  zentas 
gener,  genle,  gentere  Schwägerin,  wie  sich  die  begriffe  schweher, 
schwieger,  Schwager  nahe  stehn.  schwägerinneii  hicszcn  gr. 
eit'dre^eg,  lat.  janitrices,  im  sg.  eivdrrjQ,  janitrix,  welchem 
das  sl.  iatr"v'  cognata  (Miklosich  lex.  203'),  poln.  iatrew, 
böhm.  jatrev,  serb.  jetrva  entspricht,  dem  skr.  jam  ligare  ist 
ju  ligare,  jug  jüngere  zur  seile,  das  ei  von  eirarj]^  gleicht 
dem  von  eidum  =  conjunclus,  cognalus  und  lit.  fent,  gent, 
poln.  iai,  böhm.  jet  dem  eid  in  eidum,  dem  aij)  eines  mut- 
maszlichen  goth.  ai|)ms,  und  aijiei  (woher  finn.  äiti),  eidl  maier 
wird  wiederum  juncla,  conjuncta  ausdrücken,  die  deutschen, 
lit.,  slav.  Wörter  schalten  den  lingualiaui  ein.  folglich  bedeutet 
auch  ai{)s,  eid  ligainen  und  dann  jusjurandum,  setze  man  nun 
etne  würzet  eij)an  aij)  oder  jiukan,  jüngere,  vincere  an,  vgl. 
Haupt  8,  6.  7. 

da  gieng  Lot  hinaus  und  redet  mit  seinen  eidam,  die  seine 
töchter  nemen  sollen.  1  Mos.  19,  J4;  da  sprach  der  dirnen 
Tater  zu  seinem  eidam.  rieht.  19,  5 ;  wer  bin  ich  ?  und  was 
ist  mein  leben  und  geschlecht  meines  vaters  in  Israel,  das 
ich  des  königs  eidem  werden  sei?  i  Sam.  18,18;  Gismund 
mein  eidam  und  mein  söhn,  ich  wünsche  euch  glück.  Gry- 
PHius  1,947;  mein  eidam,  das  stutzerchen.    Lessing  2, 486; 

gotl.'  wenn  ich  doch  dns  mädchen  noch  behalten 
und  einen  solchen  eidam  mir  damit 
erkaufen  könnte.    2,  327. 

der  unßectierte  dat.  pl.  1  Mos.  19, 14  ist  unüblich,  doch  eher 
zu  ertragen  als  eidämmern  bei  Hahn  5,  53 :  das  abgegangene 
haus  Meran  veranlassete  unter  den  eidämmern  viele  Streitig- 
keiten. Heute  verschwindet  das  gute,  alte  wort  beinahe  vor 
den  schleppenden  Zusammensetzungen  Schwiegersohn  und  toch- 
tennann,  aber  schon  Dasypodids,  Maaler  und  Hemsch  führen 
es  nicht  auf.     Albercs  hat  eiden,  gener,  Frank  eidem. 

EIDBREST,  m.  acanthis,  pappus.    Maaler  122'. 

EIDBKL'CH,  m.  perjurium,  violalio  jurisjurandi,  meineid. 

EIDBHCCHIG,  perjurus,  meineidig. 

EIDBUCCHIGKEIT,  f. 

EIDBRLDER,  m.  eodem  juramenlo  obstrictus,  unter  markslein- 
setzern  üblich. 

EIDBÜRGE,  m.  praes,   Sponsor  juralus. 

EIDBCRGSCHAFT,  f. 

EIDE,  /.  occa,  gekürzt  aus  ahd.  egida,  mhd.  egede. 

EIDE,  culmen  spicae,  ecke,  spitze? 

der  halm  ist  hoch,  die  ahre  erosz. 

das  körn  litt  grob  und  puni  rast  blosz, 

indem  die  eiden  von  den  winden 

fticb  meistens  abgerieben  linden.    Drockei  7,221, 

mit  der  anmerkung :  der  landmann  nennet  die  äuszerste  spitze 
der  hülse,  welche  das  körn  einschlieszet,  die  eiden.  Nemmcii 
hat  eien  aristae. 

EIDECHSE,  f.  lacerla,  ahd.  egidi-hs.l,  mhd.  egedChse,  alts. 
pgilhassa  (Diut.  2, 193'),  nnl.  bagediKse,  ags.  Adexc,  ein  alter 
und  verbreiteter  name,  aber  schwerer  deutung.  spätere  formen 
wie  edcch«,  egde«,  eges,  eckes,  ichtc»,  heplissc,  ridochs,  hci- 
dochs  tammell  Diefenbach  314*,  noch  andere  stehn  bei  Stal- 
i>Eii  1,  337,  bei  Nehkich  und  in  der  zeitschr.  für  deutsche  mund- 
urten  4,  53.  64.  171.  beptisse  soll  gar  auf  ebtissin  gehn,  das 
miinnliche  beidochs  sucht  wieder  anders  klar  zu  machen,  dazu 
kommt,  Jasz  hagedixse  mit  alten  benennungen  für  hexe  zu- 
tummenlrifl  {mythol.  002.  003)  und  die  muntere  cidcchsc  leicht 
die    nalur    ciiiit    zauberhaften  Ihicrt  an  siclt  !■■■■■'.      e  das 


verbum  dehsan  dahs  seineni  sinne  nach  sichergestellt,  so  läge 
im  ersten  wort  der  composition  unbedenklich  die  Vorstellung  des 
Schreckens  (agis,  egi) ;  andere  namen  der  lacerta  sind  Springer, 
schiesznatter  und  vierbein,  das  unversehens  aufhüpfende,  dahin 
schieszende  erschreckende  thierchen  hiesze  schicklich  schreckende 
Springerin,  vorausgesetzt  dasz  dübsd  die  schwingende,  springende, 
raschelnde  oder  ähnliches  aussagt. 

die  Schnecken  die  lieidochsen  neiden,  weil  sie  im  zerfall- 
nen  gemäuer  gern  woncn.    Fischart  ehz.  43; 

würm,  kroten,  eigdechs,  Ottern,  schlangen.  Waldis  4,50  (266*) ; 
die  grüne  beidex  tief  in  dornenbüschen  stecket. 
Ovbrbkcks  Virgil  27 ; 
seu  virides  rubum 
dimovere  lacertae.    üorat.  carm.  1,  23. 

EIDECHSENNATTER,  f.  coluber  saurtta,  schiesznatter. 
EIDECHSTÖDTER,  m.  des  duckelmäusers,  heidochstödters, 
hewschreckjägers  (Apollo).    Fischart  groszm.  77. 

EIDEN,  jurejurando  firmare,  ahd.  cidön,  mhd.  eiden. 

1)  jurare:  die  falschen  lerer  auch  drauf  stehen,  schweren 
und  eiden,  bannen  und  Quchen.  Luther  4,267';  solch  volk 
weise  ich  von  mir  zum  richter,  vom  richter  zum  henker,  das 
sie  sich  damit  eiden  und  ander  gerichtsweisen  lösen  oder 
binden.  5,251*;  das  eiden  und  schweren  nicht  sünde  were. 
5,  384* ;  da  viel  verheiszeus,  zusagens,  vertröstens,  schweren 
und  eiden,  das  die  balken  krachen,  geschieht.    6, 164*. 

2)  ad  jusjurandum  adigcre,  vgl.  beeiden,  beeidigen:  also 
han  wir  die  obgenanlen  mennir  geeidt  und  bestalt.  weisth. 
3, 357.  Maaler  122'  hat  eiden,  beim  eid  fragen,  auclorare, 
ad  juramentum  adigere. 

EIDER,  m.  pluma  mollissima:  daheim  labt  er  sich  mit 
süszem  köstlichen  wein  und  pQegt  seiner  morschen  glieder 
in  kissen  von  eider.    Schiller  111*. 

EIDERDAUN,  m.  EIDERDUNE,  f.  dasselbe,  s.  ederdon  und 
daune: 

ob  wir  sanft  auf  eiderdaun 

oder  hart  auf  holz  gesessen.    Gökingk  2,  55. 

schlief  so    sanft   bis  an  den  morgen,    als  wenn  er  in  eider- 
dunen  gelegen  hätte.    Stilungs  Jugendjahre. 
EIDEHDON,  m.  dasselbe: 

ziemts  einem  mann  wie  ich  in  eiderdon  zu  ruhn? 

WlSLAND  18,  67. 

EIDERGANS,  f.  anas  mollissima. 

EIDESABLEGÜNG,  f.  sacr.  pracstitum.  Fichte  naturr.  2, 138. 

EIDESABLEHNUNG,  f.  recusatio  jurisjurandi. 

EIDESANTRAG,  m.  delatio  sacramenti.  Weber  beweisfüh- 
mng  191. 

EIDESENTBÜNDEN,  sacramenlo  liber. 

EIDESERBIETÜNG,  f  oblatio  sacramenti 

EIDESFORMEL,  f.  formula  sacramenti. 

EIDESHELFER,  m.  conjuralor,  consacramenlalis,  ahd.  gieido, 
vgl.  RA.  859. 

EIDESKRÄFTIG,  sacramento  firmatus. 

EIDESLEISTUNG,  f.  praestatio  sacramenti. 

EIDESMANN,  m.  juratus,  geschworner:  eidsman,  der  im 
eid  gesessen  ist.    weisth.  2, 132. 133. 

EIDKSMINDIG,  malurus  aelale  ad  jusjurandum. 

EIDESMl.NDIGKEIT,  f 

EIDESI'FLICHT,  f.  obligatio  sacramento  imposita:  wie  die 
beiden  sich  verwirkt  holten  und  wider  ir  eidespilicht  theten. 
2  Macc.  15,10;  mit  genügsamen  eidespOichten  verfassen  und 
einbinden.    Reutter  knegsordn.  35.     s.  eidpflicht. 

EIDESVERWEIGERU.NG,  f.  was  cidesablehnung. 

EIDESVERWAKNUNG,  f.  monttio  jusjurandum  praecedens : 
sollte  sie  mir  einen  cid  antragen,  so  würde  ich  in  meiner 
gedachten  kälte  um  die  eidesvcrwarnung  anhalten.  J.  I>.  anh. 
zu  Tit.  2,  64. 

EIDESWÜRTE,  pl.  verba  concepta  jnrandi:  er  steigt  die 
stufen  des  altars  hinan,  legt  seinen  degeu  ab,  gibt  mit  einer 
fahne  das  zeichen  und  spricht  die  eideswortc  'wir  schwören' 
u.  s.  w.    Dahlmann  ft.  rev.  335, 

EIDESZISCIHEBUNG,  f  was  eidcsantrog. 

EIDFORMKI,,  f  was  eidcsfonnel. 

EIDGE.NOSZ,  m.  foedere  junctus : 

wisset  fidRciioMen, 
ob  im«  der  sec,  ol»  un-«  tUc  hvraf  «rboiden, 
um!  jt'iU's  Volk  »ich  liir  sich  »olbst  ri'triiTl. 
ku  niimI  wir  tiincs  ki«min<<.»  doch  iiinl  Itliit«, 
und  iinn  licimat  i»i:i  aus  der  <> "     Schill«  559*. 


S5      EIDGENOSSENSCHAFT  —  EIERBRETHOLZ 


EIERBROCKETA —EIERSALAT 


86 


EIDGENOSSENSCHAFT,  f.  Helvelia  foedere  juncla,  con- 
foederalion.  Johans  Stcmpf  nennt  seine  SchtciUer  chronica 
aus  der  groszen  in  ein  handbQchle  zusamen  gezogen,  in  wel- 
cher nach  der  jarzal  begriffen  ist  gemeiner  loblicher  eid- 
gnoschaft  harkummen,  alte  auch  neuwe,  besondere  und  ge- 
meine thaten  bis  auf  das  jar  Christi  1546.  Josias  Simler 
von  Zürich  schreibt  1576  von  dem  regiraent  löblicher  eidgnoschaft 
zwei  bücher.  auch  in  urk.  des  16  jh.  erscheint  die  kürzung 
von  eidgnoszschaft  in  das  wollautende  eidgnoschaft,  das  man 
später  für  eidgenossenschaft  tcieder  aufgab,  so  hat  man  überall 
unserer  spräche  das  recht  verkümmert  anrührende  laute  zu  ver- 
schmelzen. 

EIDGENÖSSISCH,  foederalus :  der  eidgnOssisch  gmesz,  die 
crvfnung  der  tagsatzung. 

EIDGENOSZSCHÜTZ,  m.  sagittarius  helveticus,  noch  ein 
unverkürzt  übel  klingendes  wort: 

weil  daselbs  wern  losiret  ein 

all  eidgnoszschützen,  die  da  sein.    Fischart  gl.  seh.  904. 

EIDHAFT,  jurejurando  adstrictus. 
EIDIGEN,  jurare,  in  der  Schweiz  brätichlich. 
EIDLICH,  juratorius:  eidliches  versprechen. 
EIDLICH,  jurato:   eidlich  erhärten,   eidlich  Tcrsichern,  be- 
kräftigen. 

EIDLOS,  1)  sacramento  solutus:  erraanen  in  seins  ampts 
lind  eids,  sei  er  nun  nit  eidlos  werden,  musz  er  in  allen 
dingen  dem  bapst  beisleen.    Frank  chron.  5lo'. 

2)  injuratus,  unbeeidigt:  ermordung  der  gefangenen  eidlosen 
priester.    Dahlmann  fr.  rev.  463. 

EIDMAN.X,  m.  verderbt  aus  eidam,  gener: 

durchleuchtiger  herr  eidman  mein!    H.  SacbsS,  240'; 

ich  hab  gemeint  ihr  seit  mein  eidmao, 

wolt  andern  weibern  benken  an 

meiner  tochter  ketten  und  ring.   Atrkr  432*. 

EIDOTTER,  m.  vitellus,  dotterei,  s.  dotier:  nim  semelbrot 
und  snit  da;  würfeleht  dorin  unde  menge;  mit  eiertotem. 
von  guter  speise  65 ;  und  menge;  aber  mit  eiertotem  und  tu  ein 
sniaiz  drin  und  gib;  hin.  66 ;  wie  gedächtnis,  phantasie  und 
Wahnsinn  vom  cidotter  des  gehirns  zehren.  J.  P.  Kampanerth.  45. 
EIDPFLICHT,  f.  was  eidespflicht :  denn  das  ist  ganz  ge- 
wis,  das  die  oberkeit  schuldig  ist  aufrur  zu  weren,  weltlichen 
billichen  gehorsam  und  eidpflicht  zu  erhalten.  Mela.ncbthoü 
Verlegung  etlicher  artikel  welche  die  widerteufer  ßrgeben.  Wit- 
tenb.  0.  j.  f2. 

EIDSCHEU,  pavens  jusjurandum. 

EIDSCHWUR,  m.  sacramentum.    Dasyp.  322'.    Maaler  122', 
ein  pleonasmus,  da  eid  und  schwur  schon  dasselbe  aussagen: 
tödten  dürfe  die  schlänge  den  mann,  der  leidige  hunger 
kenne  keine  geseize,  die  noth  entbinde  vom  eidschwur. 

GöiHK  40,  157 ; 
damals  gelobt  ich  mir  in  meiiiem  innern 
mit  furcliibarm  eidschwur,  den  nur  gott  gehört. 
Schiller  544*.'. 

EIDSPRUCH,  m.  dictum  jurejurando  firmalum:  und  fünvar, 
es  hangt  die  ganze  biblia  in  diesem  eidspruch  gottes,  denn  es 
ist  alles  umb  Christus  zu  thun  in  der  biblien.  Lcther  1, 499'. 

EIDTAG,  m.  dies  eonstilutus  ad  jusjurandum.  weisth.  3, 264. 
267. 

EIDVERGESSEN,  saeramenti  oblitus. 

EIllVERWElGERUNG,  f  detrectatio  saeramenti. 

EIDWEIGERND,  sacramentum  recusans:  listen  der  beeidig- 
ten und  eidweigernden  priester.    Dahlmass  fr.  rev.  406. 

EIEI,  vox  admiranlis,  verstärktes  ei. 

EIEL  vox  blandientis.    Schweiz,  ää.    Stalder  1,  82. 

EIEICHEN,  n.  blanditiae,  osculum:  ein  eieichen  geben,  ma- 
chen.   Schweiz,  ääli.    Stalder  1,  82. 

EIE.N,  blandiri:  das  kind  will  die  mutter  eien,  matris  am- 
plexum  desiderat.    Stieler  31. 

EIEN.  pl.  arislae,  s.  eide  p/.  eiden. 

EIERAPFEL,  m.  planla  ovigera,  pflanze  mit  eirunder  fruclit, 
nnl.  eijerappel. 

EIERRAUM,  m.  Solanum. 

EIERBIER,  n.  potus  cerevisiae,  in  quam  ova  excutiuntur. 

EIERBIRNE,  f  pirum  ovalum,  eirunde  edle  birne. 

EIERBLUME.  /.  leontodon  taraxacum,  dotterblume.  altn.  ist 
pggjahlumi  vitellus,  und  das  wird  auch  der  eigentliche  sinn 
des  deutschen  Wortes  sein. 

EIERBOHNE,  f  phaseolus  nanus. 

EIERBREl.  »«.  pulmentum  ex  ovis,  rülirei. 

EIERBRETHOLZ,  n.  evonymus  europaeus. 


EIERBROCKETA,  f.  brotschnitten  mit  eiern  in  butler  ge- 
backen.    TOBLER   165*. 

EIERBROT,  n.  placenta  cui  ova  admixta  sunt :  kinder  drängen 
sich  herzu  und  werden  mit  einem  eierbrot,  auch  einer  sem- 
mel  hoch  erfreut    Göthe  23,  51. 

EIERBRÜHE,  f.  dann  macht  man  ein  niun  eierbrö  darausz, 
und  ist  doch  änderst  nichts  dann  eier.  Keisersb.  s.  d.  m.  4*. 

EIERBRUNNE,  m.  schwefelgesundbrunne,  s.  eienvasser. 

EIERDOTTER,  m.  was  eidotter.  Dastp.  201'.  Maaler  122* 
eiertutter. 

EIERDRCSE,  /.  corpus  luteum,  von  luleus  trübgelb. 

EIERER,  venditor  ovorum,  mhd.  eiersere.  daher  der  eigen- 
name  Eirer,  Airer,  Ayrer. 

EIERFLADE,  m.  was  eierbrot. 

EIERFRESSER,  m.  coluber  ovivorus. 

EIERFRUCHT,  f  Solanum. 

EIERG.ANG,  m.  oviductus. 

EIERGELB,  flavus  instar  ovi,  gilvus. 

EIERGELB,  n.  vitellus. 

EIERGERSTE,  f  hordeum  degluplum  ovis  subaelum. 

EIERHACKE,  f.  widernatürliche  erhühung  der  hacke  des 
sprungqelenks  der  pferde.     s.  piephacke. 

EIERK.ÄSE,  m.  massa  ex  ovis  et  lactecoacta,  Ostreich,  käsair: 
auf  den  charfreitag  jederman  wil  fladen  und  eierkäs  essen. 
Fischart  groszm.  29. 

EIERKIRSCHE,  f.  cerasum  ovalum. 

EIERKLAR,  n.  albumen,  eiweisz.  Maaler  122' :  mit  harz  und 
eierklar  vermischt  verkleiben.  Sebiz  15 ;  legten  ihm  darauf  von 
eierklar  ein  groszes  pflaster.  Kirchhof  wendunm.  224';  mehl, 
eierklar,  him.  Simpl.  2,  242 ;  Hohbebg  1,  232'  und  oß.  altn, 
eggjaklär. 

EIERKREBS,  m.  mit  eiern  unterm  schwänz. 

EIERKREPFEL,  m.  placenlula  ex  ovis. 

EIERKUCHE,  KUCHEN,  m.  was  eierflade,  nnl.  eijerkoek, 
altn.  eggjakaka,  dän.  äggekage, 

wer  allzu  schnell  steigt  über  sich, 
der  feit  gewis  bald  unter  sich, 
gleichwie  ein  eierkuchen.    Soltac  474. 

EIERKÜRBIS,  m.  Cucurbita  ovifera. 

EIERKUTTELN,  eierkaldaunen,  Schweiz,  eierchottia  mit  ge- 
hacktem fleisch  gefüllte  und  gekochte  flädchen.    Tobler  165'. 

EIERLEGEN,  n.  ovatio,  positio,  partits  ovorum,  altn.  eggvarp, 
die  zeit  des  eierlegens : 

Väterchen  kömmt  ja  so  frühe  Tom  schlafl  hat  der  häsziiche 

kater 
wieder  gemaut?  ein  hüneben  beim  eierlegen  gekakelt? 

Luise  1,  239. 

EIERLEGEND,  ovipara,  altn.  eggjasiuk,  dän.  äggesyg: 

auf  trauriger  bahre 
ohne  hals  und  köpf  ward  eine  henne  getragen, 
Kratzfusz  war  es,  die  beste  der  eierlegenden  hennen. 

GÖTHK  40.  12. 

EIERLEN,  nach  eiern  riechen  oder  schmecken.  Stalder  1,  339 ; 
eierla  Tobler  165*. 

EIERLESE,  /".  Schweiz,  eierleseta,  ein  volksspiel.  Tobler  165*. 
6a«r.  eierklauben. 

EIERLINIE,  f  linea  ovata. 

EIERLING,  m.  ein  Strauch  mit  büseheln  runder  beeren. 

EIERMARKT,  m. 

EIERMILCH,  f.  schistum,  wie  Maaler  erklärt:  gescheidnc 
milch,  da  der  ziger  und  die  schotten  noch  in  einanderen  sind. 
altn.  eggjamiolk,  oogala,  dän.  äggemälk. 

EIERMUS,  n.  puls  ex  ovis  et  lade  cocta. 

EIERN,  oraponere:  tierdie  da  airaL  Megesbbrg  30,2. 164,4. 

EIERNAPF,  ffi.  patella  ovorum. 

EIERNUDELN,  pl.  eollyrium  e  lade  et  ovit  eoaetum. 

EIERÖHRLE,  n.  laganum,  genus  placentae  eonditae  ex  oris, 
aurictilaria  forma,  Maaler  sagt  ein  gattung  der  kucblinea 
iplacentularttm). 

EIERÖL.  n.  oleum  ex  ovis  duris  presnm. 

EIERPFANNE.  /".  sarlago  ovis  coquendis. 

EIERPFLAUME,  f  prunus  domestiea. 

EIERPLATZ,  m.  placenta  ex  ovis  confeela,  s.  eierflade. 

EIERRETZEL,  m.  was  eierkrepfcL    Sheler  1524. 

EIERRING,  m.  placenta  orbicularit  tx  ovis  confecta: 

obs  und  Weintrauben, 
welsz  lauferweck  und  airring.    Atrrr  fasln.  7S'. 

EIERSAGK,  m.  oraniim, 

EIERSALAT,  m.  laduca  eui  ova  dura  imposita  tunl, 

6* 


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EIERSCHALE  — EIFER 


EIFER 


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EIERSCHALE,  f.  ovi  piUatnen,  res  vilissima,  nnl.  eijerdop, 
alln.  eggjaskurn: 

gewis,  nicht  eierschalen  erhielt  ich, 
liesz  ich  dich  los.    Götue  40,  22U; 

wenn  ich  bedenke,  dasz  in  dieser  lebensbeschreibung  ein  kleines 
Unglück  immer  die  eierscbale  und  das  eiweisz  eines  groszen 
war.    J.  P.  Hesp.  4, 1G3. 

EIERSCHAUM,  m.  album  ovorum,  zu  schäum  geschlagne  eier. 

EIEKSCHEIT,  n.  was  eierbrot:  es  sollen  auch  des  kindes 
altern  nicht  schuldig  sein  den  gefatlern  eierscbeit  noch  kuchen 
mit  zu  haus  zugeben.  Erfurter  sladtordn.iA  4*.  denken  könnte 
man  auch  an  gescheidne,  yeschiedne  mitch,  eiermilch. 

EIERSCHIER,  n.  was  eierklar. 

EIEHSCHWAMM,  m.  agaricus  cantharellus, 

EIERSEGE.N,  m.  copia  ovorum,  wie  kindersegen. 

EIERSPEISE,  f.  coagulatum  ex  ovis. 

EIERSTOCK,  m.  ovarium. 

EIERSTÜCKRAND,  n.  oearii  cuticula. 

EIERSTÖCKCHEN,  «.  scabiosa  arvensis,  mit  b&schel  von 
rundem  samen,  vgl.  eierling. 

EIERSTOLLE,  m.  oDonum;  einer  hennen  eierstoll.  Sebiz82; 

so  wird,  wa  etwas  werden  soll, 

gwis  aus  dos  Rabelais  magen, 

sein  {seinen)  kuiieln  und  sein  (seitiem)  eiorstoll 

ein  schön  reb  fürher  ragen.    Garg.  9, 

welche  stelle  Abele  4,  4  stiehlt,  für  Rabelais  setzend  Mayrspöcks. 

EIERSTORETA,  f.  eierspeise,  brot  und  der  in  butter  ge- 
backen.   TOBLER  165*. 

EIERSL'PPE,  f.  jus  ovis  mixtum. 

EIERTANZ,  m.,  mit  verbundnen  äugen  zwischen  eiern:  sie 
verweigere  den  eiertanz  zu  tanzen.    Güthe  18, 161. 

EIERTÄTSCH,  m.  placenta  ex  ovis  confecta. 

EIERTEIG,  ni.  farina  ovis  subacta. 

EIERTIEGEL,  m.  frixorium,  eierpfanne. 

EIERTOPF,  m.  eierschale,  nnl.  eijerdop,  mhd.  topf,  schale, 
Schädel.    Herb.  8796. 

EIERTRETER,  m.  homo  circumspeclus,  timidus,  der  wie 
zwischen  eiern  auftritt. 

EIERVVASSER,  n.  aqua  sulphurea,  schwefelw asser,  schwefel- 
gesundbrunne.  Tübler  165',  weil  schwefel  wie  faule  eier  riecht. 

EIERWEISZ,  n.  albumen,  eiweisz,   altn.  eggjahvita  /.  : 
geh  nur.   ich  hole  flachs  und  eierweisz, 
es  auf  sein  blutend  angesicht  zu  legen, 
go  thou.   I'll  feich  some  flax  and  whites  of  eggs, 
10  apply  10  his  LIeeding  face.    Lear  act  3  am  scltlusz. 

EIERWICHSE,  f.  schuh-  und  Stiefelwichse. 

EIERZI.NS,  m.    siehe  ei  und  zinsei. 

EIFER,  m.  fervor,  Studium,  ein  wort,  das  weder  in  der 
alten  spräche  noch  in  verwandten  dialecten  begegnet,  golh.  gilt 
dafür  aljan,  ahd.  ellan,  mhd.  eilen,  altn.  cljan.  von  eifer 
weicht  aber  ahd.  eipar  acerbus,  eiver  amarus  dem  anschein 
nach  ab,  denn  eifer  würde  ahd.  Ivar,  Sbar  lauten,  mhd.  iver, 
wie  für  golh.  tveids  ahd.  zuifal,  zuival  steht,  mhd.  zwlvel, 
doch  mhd.  her  wäre  unerhört,  plötzlich  taucht  im  \hjh.  und 
in  Oberdeutschland  ifer,  eifer  aemulalio,  zelus  auf;  sein  könnte 
dasz  es  schon  im  ii  jh.  Tauler,  Eckhart,  Megenberc  (s.  eiferer) 
darböten,  Diefenbacii  hat  es  635"  unter  zelus  aus  vocabularien, 
Dasypodius  319",  Maaler  122*  säumen  nicht  es  aufzustellen, 
Keisersberc,  Rbam  und  Mühner  gebrauchen  es,  entschiedncs 
recht  erlangt  es  in  nhd.  spräche  durch  Luther,  und  die  bibcl- 
übersetzung  hat  den  [Niederdeutschen  ifer,  den  Niederländern 
ijver,  den  Schweden  ifvcr,  Dänen  iver  zugebracht. 

Solch  ein  autdruck  wird  an  irgend  einer  stelle  unsers  Sprach- 
gebiets vielleicht  in  anderer  gestalt  längst  zu  hause  endlich 
altgemeinere  anwendung  erlangt  haben;  das  altn.  idja  labor, 
Studium,  tchw.  ddn.  id,  altn.  idinn  diligens,  idull  conlinuus, 
idka  exercere,  schwed.  idka,  und  den  Übergang  des  tli  in  ph, 
altn.  {)  in  f  erwogen,  wie  z.  b.  [leugill  u/kT  fctigill  eins  sind; 
Hetze  sich  bcrührung  zwischen  eifer  und  diesen  firmen  ver- 
muten, vielleicht  jenes  ahd.  eibar,  civeri,  unter  annähme  eines 
nban  aif  ibun  damit  vereinbaren,  da  die  bedeutung  des  schaifen, 
herben  der  det  strengen,  angetlrengten,  eifrigen  nicht  weit  abliegt. 
ein  nord.  Ida  cid  und  eiban  aif  müsten  sich  ausgleichen,  aijis 
jusjurandum,  ßr  welcliei  wir  andere  deulung  gewannen,  bringe 
ich  nicht  dazu,  bei  der  uniicherheil,  die  über  alln.  d  und  d 
schwebt,  wäre  endlich  auch  für  ida  cid  ein  Ida  eid  und  bezug 
auf  agt.  4d,  ahd.  cit  fcuer  denkbar,  was  sogleich  noch  mehr 
toll  hervorgehoben  werden. 


1)  eifer  entspricht  dem  gr.  S^Aos  und  d-vfioe,  die  sich  von 
t^'ca  siede,  walle  und  d'vco  brenne,  rauche,  räuchere  herleiten, 
denn  d^fioe  ist  wind,  d'vftoe  rauch,  fumus  und  auch  unser 
zorn  gehört  zu  zehren,  das  vom  feuer  gilt,  wir  sagen  brenn- 
eifrig, brennender,  glühender  eifer,  seinen  eifer  nicht  erkalten 
lassen:  da  wird  der  herr  dem  nicht  gnedig  sein,  sondern 
denn  wird  sein  zorn  und  eifer  rauchen  über  solchen  man. 
5  Mos.  29,  20 ;  herr,  wie  lange  wiltu  so  gar  zürnen  und  deinen 
eiver  wie  fewr  brennen  lassen?  ps.  79,5;  ja  so  spricht  der 
herr,  ich  hab  in  meinem  fewrigen  eiver  geredt.  £i.  36,  5;  am 
tage  des  zorns  des  herrn,  das  ganze  land  sol  durch  das  fewr 
seines  eivers  verzehret  werden.  Zcphan.  1, 18 ;  denn  alle  weit 
sol  durch  meines  eivers  fewr  verzehret  werden.  3, 8 ;  sein 
eiver  enbrand  um  das  gesetz.    1  Macc.  2,  24 ; 

dardurch  man  ihn  vermag  in  eifer  zu  entzünden.    Opitz  1,  7. 

2)  heiliger  eifer,  glaubenseifer :  kom  mit  mir  und  sihe  mei- 
nen eiver  umb  den  herrn.  2  Aön.  10,16;  solchs  wird  thun  der 
eiver  des  herrn  Zebaoth.  Es.  9,  7 ;  der  eiver  umb  dein  haus 
hat  mich  fressen.  Joh.  2, 17  ;  denn  ich  eivere  über  euch  mit 
göttlichem  eiver  (golh.  aljanönds  izvis  gu{)s  aljana).  2  Cor. 
11,2;  ewern  eiver  umb  mich.  7, 7;  hie  spürt  man  unsern 
eifer  umb  Christum.    Frank  wellb.  154'; 

mich  treibt  der  eifer  goltes  lediglich.    Lessing  2,  201. 

3)  t,7]XoTV7iia,   um  den  nebenbuhler : 
des  ifcrs  zit  ist  nit  die  best, 

er  Yörcht  ein  andern  gouch  im  nost.    Bbant  89,  19; 

von  eifer  war  ich  trunken, 

ich  hett  kein  rast  noch  ruh.    H.  Sachs  ed.  Göz  1,59; 

heftig  ich  ihr  nachspürt, . 

auf  das  geirret  würd 

der  schleichend  wolflsch  fuchs, 

mein  eifer  gröszer  wuchs,    ebenda; 

also  blieb  auch  die  fraw  bei  ehr 

und  hett  der  mann  kein  eifer  mehr.    3,  40; 

liesz  hinfort  basz  seinen  eifer  fahren.  Wickram  rollwagen  91 ; 
Arsace  sähe  die  Charicliam  nicht  ohne  sondern  groszen  eifer 
an.  da  Theagenes  die  Charicliam  bei  der  band  führet,  da 
erwuchs  ein  starker  eifer  in  der  Arsace  herz  wider  die  Cha- 
riclia.  buch  der  liebe  109,1;  der  eifer,  so  ich  auf  disz  weiblin, 
die  von  dem  geliebt  wird,  den  ich  liebe,  heftig  geworfen. 
209,4;  damit  die  gegenwärtige  nymfen  keinen  eifer  haben. 
Weckherlin  853;  mein  gemabi  dörft  einen  eifer  wider  euch 
fassen.    Zinrgref  2,128,6; 

wenn  nicht  gequälet  wird  der  mann  von  so  viel  plagen 
des  argwohns,  des  Verdachts,  der  furcht,  der  angst,  der  klagen, 
der  marter  und  der  pein,  so  endlich  gar  ausreiszt 
in  ein  unsiuuigkeit,  und  so  man  eifer  heiszt. 

Werders  Ariosl  30,  1 ; 
doch  eifer  wird  bei  dir  sich  nicht  ereignen  können, 
denn  dieses  ist  ein  trieb,  der  unsre  geister  krankt, 
wenn  etwas  neben  uns  sich  heimlich  will  entspinnen, 
so  dieses  was  man  liebt  un^  zu  entziehen  denkt. 

HoFMANNsWALDAU  Hctdcnbr.  t.  65. 

im  18  jh.  hört  diese  bedeutung  des  einfachen  worles  auf  und 
überall  tritt  eifersucht  an  dessen  stelle. 

4)  Jra,  iracundia :  einen  tollen  erwürget  wol  der  zorn  und 
den  albern  tödtet  der  eiver.  lliob  5,  2 ;  zeucht  sich  an  zur 
räche  und  kleidet  sich  mit  eiver,  wie  mit  eim  rock.  Es.  59, 17 ; 
wo  ist  nu  dein  eiver,  deine  macht?   63,15; 

und  weil  sie  thut  der  eifer  treiben, 
dörfi  sie  sich  dermasz  an  euch  reiben 
mit  bösen  werten,  sehenden  und  schmehen.    Atrir425'; 
gefallen  ist  all  eifer  und  zürn.    433'; 
verkleinening,  falschheit, 
forcht,  noid,  verdrusz  und  eifer.    Wbckuirlin  845; 
voll  eifer,  zorn  und  schmerzen.    294 ; 
der  sich  getrost  auf  guti  und  sich  selbst  siaifea  kan 
und  «ehcii  unverwand  den  Kruninen  eifur  au, 
den  an  der  losen  weit  der  böse  hininiel  übet.    FLRaiNu60;  M 

ich  bin  für  seinem  eifer  und  geschwinden  zorn  nicht  sicher.  W 
prrs.  rosenth.  1, 16 ;  es  soll  ein  küiiig  nicht  allzu  groszen  eifer 
und  grimm  gegen  seine  feinde  spüren  lassen.  8,  2S ;  der  eifer 
überlief  ihn,  dasz  er  etliche  fluche  heraus  sliesz.  Weise 
A7.  l.  20.  wir  sagen,  der  eifer  überniinml,  übermannt  ihn, 
er  Itiszt  sich  von  wut  und  blindem  eifer  hinreiszen.  man 
übersehe  nicht,  dass  in  einigen  stellen,  namentlich  den  aus  Es. 
angefahrten,  eifer  auch  den  sinn  von  macht  und  stärke  empfängt, 
gerade  wie  ihn  ahd.  ellan,  mhd.  eilen  hatte. 

6)  aemulatio,  studium,  in  gutem,  loblidiem  sinn:  ein  reger, 
lebendiger,  redlicher  eifer,  etwas  inil  rifer  treiben,  anhal- 
tenden  eifer  beweisen,  eines  eifer  erwecken,   anfachen,   bc- 


89 


EIFER— EIFERIN 


EIFERMUT  —  EIFEROPFER 


90 


leben,  der  eifer  erwacht,  hört  auf,  läszt  nach,  welche  aui- 
drücke  doch  icieder  auf  die  unter  1  entwickelte  bedeutung  zurück 
deuten :  eiver  ist  fest  wie  die  helle  (vulg.  dura  sicut  infernus 
aemulatio).    hohe  lied  8,  6 ; 

ein  autor  wird  sehr  zeitig  alt: 
au3  eifer  fürs  gemeine  wesen 
empfindet  ers  nur  nicht  so  bald, 
als  die  es  fühlen,  die  ihn  lesen. 

Hagedorn  1,xxtiii,  aus  Gellert?; 

aus  einem  übermasz  Ton  eifer.  Wieland  9,  37 ;  ich  biete  ihnen 
meinen  eifer,  meine  Termittlung,  mein  gebet  an.  Gotter  3, 30 ; 

ich  kenne  eures  eifers  reinen  trieb, 

weisz  dasz  gediegne  Weisheit  aus  euch  redet.    Schiller  417'; 

was  ist  begegnet?  lieber  Tasse,  hat 

dein  eifer  dich,  dein  argwöhn  so  getrieben?    Göthe9,  195. 

s.  amtseifer,  diensteifer,  Wetteifer. 

EIFER,  acer,  acerbus,  amarus,  ahd.  eirer,  eipar  (GRAFr 
1, 100),  siehe  efer  {oben  sp.  31),  Vereinbarung  mit  dem  voraus- 
gehenden eifer  =  iver  wurde  vorhin  versucht:  eifere  lauge. 
LoGAD  2, 126,  34. 

EIFERBLICK,  m.  oculus  indignattts: 

0  schaue  mit  eiferblick 
auf  deines  festes  greuell  Stolberg  4, 135. 

EIFERER,  EIFRER,  m.  tr-Xcmi^g.  schon  bei  Megenberg 
2S6, 16 :  DU  merk,  eifrser,  wie  lieb  du  dein  frawen  habst ;  ein 
iferer  ist  ein  man,  der  sein  frawen  also  lieb  hat,  das  er  nit 
leidet,  das  sein  fraw  iemans  anseh.  Keisersberg  omeis  45'; 
DiEFESBACH  635";  ciferer  seins  weibs,  zelotypus.  Dasyp.  319*; 
eiferer,  der  gerad  das  weib  liebet,  das  auch  ein  anderer  lieb 
hat,  aemulus.  eiferer,  der  kein  gemeinder  an  seinem  geliebten 
dulden  mag,  der  da  förcht  es  schlüffe  ein  anderer  auch  zu 
seiner  bulschaft.  Maaler  122*;  alte  menner  sind  gemeiniglich 
eiferer  gegen  iren  weibern.  Lütbers  lischreden  505*;  Italiener 
sind  grosze,  heftige  eiferer,  lassen  ire  weiber  nit  ausgehen 
unverhüilet.    433' ;    ein  groszer  eiferer.    Bocc.  2, 39' ; 

so  mich  der  ifrer  (ifer?)  dann  bestat, 

so  gang  ich  ir  uf  socken  nach.    Murker  narrenbeschw.  s5; 

man  wird  sands  genug  zu  Nürnberg  und  Hagenau  finden,  gäuch 
in  Niderland,  eiferer  in  Spanien  und  Ällemanien.  Fiscbart 
groszm.  133. 

In  der  bibel  erscheint  aber  die  zu  eifer  1.  2  stimmende  be- 
deutung :  denn  der  herr  heiszt  ein  eiverer,  darumb  das  er 
ein  eiveriger  gott  ist.  2  Mos.  34, 14 ;  aber  Mose  sprach  zu  im, 
bistu  der  eirerer  für  mich?  4  Mos.  11,  29 ;  du  sihest,  wie  viel 
tausent  jüden  sind,  die  gleubig  worden  sind,  und  sind  alle 
eiverer  über  dem  gesetz.  apestelg.  21,  20 ;  und  war  ein  eiverer 
umb  gott.    22,  3. 

an  disem  frischen  ort,  so  lieblich,  grün  und  rein, 

das  wol  für  ein  gemach  kont  taugen, 

da  wir  frei  von  der  eifrer  äugen.    Weckherlix  768. 

Heute  gilt  uns  eiferer  nur  im  sinne,  den  wir  auch  mit  zelot 
verbinden,  nicht  aber  für  einen  eifersüchtigen: 

vor  zorn  der  freiherr  heisz  und  roth 

glich  einer  feueresse. 

und  Trudehen  warf  sich  auf  den  grund, 

sie  rang  die  schönen  bände  wund, 

und  suchte  basz  mit  tbränen 

den  eifrer  (zornigen  vater)  zu  versöhnen.    Bchger  54' ; 

nicht  zweifl  ich  dran,  es  sitzen  neben  euch 
noch  edle  niänner  unter  meinen  ricbtern. 
doch  sind  sie  Protestanten,  eiferer 
für  Englands  wol.    Schiller  413". 

EIFEBGEIST,  m.  ielus:  and  der  eivergeist  enzüudet  in. 
4  Mos.  5, 14.  30. 

EIFERGESETZ,  n.  lex  zelotypiae.    4  Mos.  5,  29. 
EIFERGIFT,  n.  ira  venenata: 

Pbileman  hat  den  eifer  gescbüft  (/.  geschwifl), 
ausgereut  das  bös  eifergifl.    Atrer  433', 

man  könnte  auch  eifer  für  das  adj.  nehmen,  das  bös,  eifer 
gift. 

EIFERHEISZ,  ardentissimus : 

mein  eiferheiszes  beten 
hat  eine  bahn  gesucht,  und  ist  für  dich  getreten 
in  deinen  tcmpcl  hin.  Opitz  3,  59. 

EIFERIG,  ».  eifrig. 

EIFERLN,  f.  xelotypa  hat  Dastp.  319',  et  tollte  aber  ttehen 
eifererin  oder  eifrerin. 


EIFERMUT,  m.  ira,  indignatio: 

doch  nit,  wann  brinnst  in  eifermut, 

dir  stell  mein  sünd  entgegen.    Spee  trutzn.  78  (85); 


die  luft  er  ganz  in  eifermut 
mit  schäum  und  klang  erfüllet. 


137  (151). 


EIFERN,  punire,  zelari,  aemulari,  studiose  sequi: 

1)  Wolke.nsteis  s.  253  (und  das  ist  die  älteste  bisher  auf- 
gefundne  stelle  für  das  wort)  setzt  dazu  den  acc.  im  sinne 
von  innig  lieben,  zornig  strafen: 

er  (gott)  eifert  man  und  freuelein, 
auch  alle  creatur, 
er  wil  der  liebst  gehalten  sein 
in  seiner  höchsten  kur. 

hierher  aus  Lctrebs  tischr.  306' :  damit  du  niemands,  wenn 
dich  der  schimpf  gereuet,  zu  eifern  hast. 

ja,  jedoch  mir  vor  urphed  thut, 

solch  wiltbad  nit  eifern  noch  rechen.    H.  Sachs  V,342*; 

der  könig  eifert  hoch  ihm  angetbanen  spoit.    Grtphius  1,154. 

2)  mit  praeposilionen  oder  intransitiv:  das  er  umb  sein 
weib  eivert,  sie  sei  unrein  oder  nicht  unrein.  4  Mos.  5, 14 ; 
das  er  für  seinen  gott  geeivert  und  die  kinder  Israel  versünet 
hat.  25, 13 ;  ich  hab  geeivert  umb  den  herrn.  1  kOn.  19, 10 ; 
denn  der  grimm  des  manns  eivert  und  schonet  nicht,  spr. 
S'il.  6,  34 ;  das  ist  aber  das  herzeleid,  wenn  ein  weib  wider 
das  ander  eivert  und  schendet  sie  bei  iederman.  Sir.  26,8; 
denn  ich  gebe  inen  das  zeugnis,  das  sie  eivern  umb  gott, 
aber  mit  Unverstand  igoth.  J)atei  aljan  gu|)s  haband,  akei  ni 
bi  kun{)ja).  Rom.  10,  2 ;  die  liebe  ist  langmütig  und  freund- 
lich, die  liebe  eivert  nicht,  die  liebe  treibt  nicht  mutwillen, 
die  liebe  hiebet  sich  nicht  (goth.  fria})va  usbeisneiga  ist,  sels 
ist,  fria{)va  ni  aljanö|),  friaj)va  ni  flauteij),  ni  ufblesada).  1  Cor. 
13,  4 ;  denn  ich  eivere  über  euch  mit  göttlichem  eiver  (aijanönds 
izvis  guj)s  aljana).  2  Cor.  11, 2 ;  eivert  über  die  masze  umb 
das  veterliche  gesetz.    Gal.  1, 14 ; 

ists  billich,  dasz  ein  mensch  selb  wüt  in  seine  glieder 

und  eifer  in  sein  fleisch?    Griphics  1,  375; 

sie  (die  liebe)  zwinget  mich  nach  allen  schätzen 

auch  selbst  mein  blut  hindan  zu  setzen, 

indem,  weil  ich  in  ach  verschwinde, 

ich  leider  eifern  musz  mit  meinem  kinde. 

Grtphius  verl.  gesp.  s.  20; 
und  der  brüder  liebe,  die  freundliche,  duldende,  sanfte, 
die  nicht  eifert,  nicht  spottet,  von  keinem  stolze  sich  aufblähu 
Messias  15,  1070 ; 
es  eiferte  wahrlich  des  anblicks 
jeder  gesittete  mann  zu  solcherlei  greuel  sich  nahend. 

Od.  1,229; 

dasz  nicht  jener  hinfort  dich  mit  eifernder  räche  verfolge. 

5,147; 
du  bist  beglückt,  und  ich  vergessen! 
es  sei.'  die  freundschaf^  eifert  nichL    Wularo  9, 178. 

3)  eifersüchtig  sein: 

ich  weisz  ein,  eifert  umb  sein  weib 

und  sucht  sein  rath  bei  mir.    Atrer  401*; 

mein  alter  man,  der  nimpt  sich  an, 

wil  mir  freud  und  lust  vertreiben, 

mit  eifern  und  grein  macht  er  mir  pein, 

liesz  ers  doch  alles  bleiben.    Ambr.  Ib.  s.  45; 

aber  eifert  mit  mir  wegen  der  groszen  gunst,  die  mein  herr 
zu  mir  trug.  Simpl.  K.  160 ;  wie  kan  jemand  mit  mir  eifern, 
da  ich  doch  dem  frauenzimmer  nichts  nachfrage?   480. 

4)  contendere  cum  aliquo :  eifert  (zankt)  mit  Mysis.  Lessikg 
2,  554 ;  indes  zehntausend  sklaven  seiner  Üppigkeit  in  die  wette 
eifern,  um  unerhörte  und  ungeheure  wollüste  zu  erdenken. 
Wieland  1, 138 ;  auf  einmal  eiferten  nun  die  hüflinge  in  die 
wette,  dem  neuen  günstling  ihre  Unterwürfigkeit  zu  bezeigen. 
3,4t; 

wie  eifern  sie  ihm  liebzukosen.    10, 129 ; 

wenn  um  den  preis  der  tapferkeit  und  stärke 

der  konigsci'be  mit  Messenes  Jugend 

ZU  eifern  wagt.    Gotter  2,  211; 

o  jammervolle  nnitier!   hin  zum  tod 

drängen  sich  eifernd  alle  deine  kinder.    Schiller  515*; 

beide  weiber  eiferten  aufeinander  meine  begierden  zu  ent- 
zünden. 710';  kein  wasser  hält  einen  verliebten  auf,  mit  den 
fischen  eifern  sie  in  die  wette.    Göthk  14,  108. 

5)  sich  eifern:    denn  ich  eivere  mich  schier  zo  tod  amb 

dein  haus.    ps.  6»,  10 ; 

es  eifert  sich  der  neid  um  sachen,  die  sich  lumpen. 
Loeiu  3, 181,  42. 

t.  eincifem,  nacheifern,  wetteifern. 
EIFEROPFEH,  n.   4  Mos.  5, 15. 


91 


EIFERSTARK  — EIGEN 


EIGEN 


92 


EIFERSTARK,   forlissimus : 
er  fasset  seinen  pTeil  mit  eiferstnrken  armen.    Schottsl. 

EIFERSTCCKLEIN,  n.  haben  nicht  alda  etliche  cardinftl 
von  Lotringen  und  Gwise  und  ein  alte  Italienerin  sainpl  irem 
welschen  anhang  disz  catholisch  eiferstücklin  {die  bliithoclizvil) 
redlich  geühet?    hienenkorb  192'. 

EIFERSUCHT,  /.  zelotypia,  invidia,  rivalitas: 

sie  sprach,  ich  darf  nicht  mit  im  reden, 

wann  er  hat  auch  die  oifersucht.    (i.  Sachs  cd.  Göt  3,  63; 

der  steck  in  cifcrsucht  so  sehr 

und  trauet  nii  der  frauen  gCin.    ATRitR404'; 

aus  eifersucht  des  Icbens  sait, 
warf  Chloris  sich  betrübt  auf  ihre  lagcrstalt.    Gellert  1,49; 
mein  fehler,  wie  du  weist,  ist  hitz  und  eifersucht.    3,  406; 
umarmt  vom  argwöhn  hat  der  eifersucht 
das  dasein  liebe  selbst  gegeben.    Götter  1,  66; 

wenn  in  den  aufgehäuften  Zunder 
des  allen  hasses  auch  noch  dieser  blitz, 
der  eifersucht  feindselge  flamme  schlug.    Schiller  50S'; 

der  philoüoph  Hofmann,  wenn  er  weniger  eifersucht  wider 
Wolfen  gehabt  hätte.  Gellerls  leben  von  Cramer  s.  16 ;  Nie- 
buhr  hatte  rn  hohem  grade  altväterliche  eifersucht  für  die 
ehre  seiner  landschaft.  Siebuhrs  kl.  sehr.  1,6;  ehrennamen, 
mit  denen  man  philosophische  Sätze  aus  eifersucht  gegen  die 
geometrie  ausschmückte.    Kant  1,  21. 

EIFERSÜCHTELEI,  f.  invidiola:  ob  er  sie  nicht  manchmal 
mit  kleiner  eifersüchtelei  peinigt.  Göthe  ifi,  60 ;  durch  unbe- 
gründete und  abgeschmackte  eifersüchteleien  verdarb  ich  ihr 
und  mir  die  schönsten  tage.  25, 110 ;  glückliche  wie  verschmähte 
liebe,  eifersüchtelei  und  Versöhnung.    60,  230. 

EIFERSÜCHTIG,  invidus,  aemulus : 

er  ist  aufs  geben  euch  so  eifersüchtig, 
so  neidisch!    Lessing  2,  240; 

und  doch  liesz  ich  mich  fortreiszen,  und  von  wem?  von 
einer  eifersüchtigen,  von  einer  für  eifersucht  wahnwitzigen. 
2, 178 ;  es  möchte  ihnen  auch  schwerlich  gelingen  mich  eifer- 
süchtig zu  machen  ; 

frohlocke  nicht  I 
denn  eifersüchtig  sind  des  Schicksals  mächte, 
voreilig  jauchzen  greift  in  ihre  rechte.    Schiller  367". 

EIFERSÜCHTLER,  m. 
EIFERSVOLL,  incensus : 

was  willst  du,  ruft  er  eifersvoll, 

beim  brunnenirinken?    Hagedorn  2, 108. 

EIFERl'NG,  f.  zelotypia.  Maaler  122*.  Serranus  synon.  56*: 
es  waren  zu  Corinthen  in  der  gemein  Uneinigkeiten,  mishel- 
lungen  und  eiferungen  entstanden.    Melanchthon  zu  1  Cor.  12. 

EIFERWASSER,  n.  beim  goUesurtheil  für  das  angeklagte  weib : 

sie  wolle  sonder  furcht  ein  angefülltes  glas, 
die  Unschuld  darzuihun,  des  eiferwassers  trinken. 
GÖNTUER  1034. 

EIFORM,  f.  ovi  figura. 

EIFÖRMIG,  ovalus,  wie  es  heute  heiszt,  oval,  eirund. 

EIFRER,  m.    siehe  eiferen 

EIFRIG,  fervidus,  eiferig.  wan  got  ist  ein  iferigcr  got. 
Keisersberg  omeis  45*;  Maaler  122';  ich  der  hcrr  dein  gott 
bin  ein  eiveriger  gott.  2  Mos.  20,  5.  34, 14;  das  neidige,  eiferige, 
falsche  und  betriegliche  herz.  Thubneisseb  notgedr.  ausschr. 
vorr.  19;  eiferige  gcucb,  flegmatisch  beuch  (6et  Rabelais  jaloux, 
resveurs).    FiscuAnr  groszm.  48 ; 

mein  geist,  ben,  band  kühn,  eiferig,  getrew. 

WECKUERLtn  280; 

es  ist  ein  tolles  volk,  das  in  dem  Wörterkriege 
als  Türken  um  die  weit  ist  eifriger  zum  siege. 
LoGAU  2,  151,  59; 

einer  der  eifrigsten  leser,  arbeiler,  diener,  bewerber;  der 
eifrige  betrieb ;  auf  das  eifrigste  betrieben.  Göthe  15,  35.  ver- 
stärkt brenneifrig. 

EIFRIG,  ardenler,  mixe,    eifrig  hold  zelotypus.  Maaleb  122*; 

eifrig  lesen,   schreiben,    lernen,  arbeiten;    das  bitt  ich  eifrig. 

Göthe  9,  39 ;  ball,  nicht  so  eifrig! ;  eifrig  im  dienst,  zur  arbeit ; 

donn  die  mancherlei  vögel  de«  mecrs,  und  was  in  Kaystrus 

•üüzem  gCKumiif  rincsuiii  die  asi<(chen  wiesen  durchochiiamiclt, 

»iehuldu  mit  reichlicInMii  ihaii  sich  eiferifr  sprengen  die  (tchuhfrn, 

Vos«,  Virgits  lanilbnu  t,3H5  (riinannir  prnio). 

EIGE,  m.  fOttttsoT,  nur  übrig  in  biereigc  und  weineige 
{weiilh.  3,607),  denen  früher  auch  hauseige  zur  Seite  stand; 
gleicher  vurzel  mtt  dem  folgenden  eigen. 

EIGELR,  gilrus,  nie  eicrgelb. 

EIGEN,  propnus,  i'Sto«,  ahd.  eikan,  eig.m,  mhd.  eigen, 
alU.   igao,  mnl.  egben,   ecbco,   nnl.  eigen,   uyt.  Agea,   engl. 


öwn,  fries.  egin,  ein,  alln.  eiginn,  schwed.  egen,  ddn.  egen 
und  in  zusammenaclzungen  oft  eien,  ein.  unmittelbar  verwandt 
rfcni  anomalen  eigan,  i'xeiv,  habere,  dessen  pari,  praet.  darin 
enthalten  scheint,  was  man  hat,  was  gehabt  wird,  ist  eigen. 
nur  sind  einige  anstände,  die  die  form  gibt,  zu  beseitigen, 
nemlich  ganz  fehlt  ein  goth.  aigan^  i'Sioe,  wofür  svSs,  ahd. 
su&s  gilt,  wol  aber  erscheint  das  golh.  subst.  aigin,  ovaia, 
habe  und  aus  ihm  würde  aigins  folgen;  doch  aber  pflegen  golh. 
participia,  wenn  sie  zum  bloszen  adj.  herabsinken,  ihr  a 
entweder  ganz  aufzugeben,  wie  in  ibns,  lukns,  svikns,  oder  in  i  zu 
schwächen,  wie  fulgins  statt  fulhans,  folglich  aigins  statt  aihans. 
bei  dem  anomalen  aih  aihum  aihans  erklärt  sich  ai  wie  in 
{)aih  ))aihum  Jjaihans,  {iraih  jiraihum  jiraihans.  ahd.  eih  eiguin  • 
eigan  nOthigt  also  ein  älteres  eih  eihum  eihan  vorauszusetzen, 
ohne  welches  sich  nicht  begriffe,  warum  kein  eih  igum  igan 
einträte,  wie  von  dlhan  deih  oder  döh,  pl.  digimi,  part.  digan. 
dasz  aigan  auszerdem  ein  schwaches  part.  aihts,  wie  magan 
mahts  zeugt,  woher  die  subst.  aihts,  mahts  entspringen,  läszt 
sich  nicht  gegen  aihans  einwenden,  denn  diese  anomala  ver- 
mögen doppelte  participia  praet.,  stark  und  schwachgebildete, 
hervorzubringen,  eben  die  Verhärtung  zum  adj.  that  der  par- 
ticipialen  formklarheit  eintrag. 

Eigen  drückt  aus  was  die  possessiva  und  tritt  ihnen,  so  wie 
selbst,  verstärkend  und  nachdrucksam  zu,  s.  selbsteigen,  dem 
praedicat  wird  dieser  nachdruck  mehr  zusagen  als  dem  attribut, 
doch  auch  für  es,  wie  die  folgenden  beispiele  lehren,  oft  ange- 
messen erscheinen.  Luther  läszt  neben  den  possessiven  das  eigen 
gern  unflecliert,  woraus  sich  viele  Zusammensetzungen  erklären. 

1)  eigen,  suus,  sui  juris,  von  sich  selbst:  und  ein  iglicher 
foddert  seinen  knecht  und  seine  magd  wider,  die  ir  hattet 
frei  gegeben,  das  sie  ir  selbs  eigen  weren,  und  zwinget  sie 
nu,  das  sie  ewr  knechte  und  megde  sein  müssen.  Jer.  34, 16 ; 
er  ist  sein  selbst  eigen,  sein  eigner  herr,  du  bist  dein  selbst 
eigen,  dein  eigner  herr,  wie  die  frühere  spräche  'selbst'  durch 
'lip',  die  heutige  durch  'seele'  {vgl.  hernach  unter  5)  und  durch 
'person'  wiedergibt,  kann  auch  zu  person  noch  eigen  treten,  er 
ist  selbst  da,  in  person,  in  eigner  person :  unser  seind  gnug 
hie  inn  uns  zu  erweren,  ob  schon  keiser  Carle  in  eigner  per- 
sone  und  aller  seiner  macht  da  wcre.  Aimon  b  l*.  den  werth 
unabhängiger  Selbständigkeit  erkennt  Logau  lebhaß: 

ist  glücke  wo  und  was,  so  acht  ich  mir  für  glücke, 
wann  ich  mein  eigen  bin,  dasz  ich  kein  diensibar  ohr 
und  wcgverkaufle  pflichi  darf  rocken  hoch  empor 
und  horchen  auf  befehl.    1, 168, 19; 

ich  kunte  sein  mein  eigen 
und  alle  meine  müh  zu  meinem  besten  neigen.    3,228,56; 
,  so  wünsch  ich  mir  kein  gröszer  glücke,  als  allein 
bei  einer  stillen  lebensart  mein  eigner  herr  zu  sein. 
Gkllert  3,  41S. 

in  der  abhandlung  vom  Personenwechsel  s,  29  habe  ich  aus- 
einandergesetzt, dasz  die  possessiva  sich  an  die  Wörter  dich, 
thor  w.  a.  m.  zu  knüpfen  pflegen,  in  gleichem  sinn  thut  es  eigen : 

was  es  {das  herz)  gewollt,  was  es  verlor, 

es  bleibt  zuletzt  sein  eigner  thor.    Götu»  47,  89. 

2)  eigen  von  verwandten,  den  nächsten  angehörigen :  und 
vermaneten,  das  sie  ja  weit  ires  mannes  eitern  ehren  als  ir 
eigen  eitern.  Tob.  10,13;  ward  der  könig  von  seinen  eigenen 
sönen  erschlagen.  1,  24 ;  hüt  dich  auch  vor  deinen  eigen  kin- 
dein. Sir.  32,  26 ;  welcher  auch  seines  eigen  sones  nicht  bat 
verschonet,  sondern  hat  in  für  uns  alle  dahin  gegeben.  Rom. 
8,32;  aber  umb  der  hurerei  willen  habe  ein  iglicher  sein 
eigen  weib  und  igliche  habe  iren  eigen  man.  2  Cor.  7,  2 ;  sie 
sehenden  ire  eigene  schnür  mit  allem  mutwillen,  sie  notzüch- 
tigen ire  eigene  st'hweslern,  irs  valers  töchtere.  Ez.  22,  lt. 
eigne  kinder  und  eitern  strhn  entgegen  den  Stiefkindern,  Stief- 
eltern :  es  ist  mein  eigen  kind,  meine  eigne  tochter.  er  wütet 
gegen  sein  eignes  fleisch. 

3)  eigen  tjon  knechten  und  hörigen,  mhd,  ^ 
ir  man,  dersi  unser  eigen.  Nib.  756,8;  ■ 
nu  M  doch  unser  eigen  Sifrit  der  ir  man.  667,3;  fl 
da{  ich  cigcnmanncs  wtne  soldfl  sin.    765,2; 

diu  eigene  diu  din.    771,4; 
nhd.    der  mann  ist  wacker,  doch  nicht  freien  stand«: 
kein  eigner  manu  kann  richier  sein  in  Schwitz. 
Schillrii  520'; 

ihr  werdet  sie  dnim  nicht 
verachten  weil  sie  eiRne  leutn  sind.    628*. 

damit  er  tins  neme  zu  eigen  knechten.  1  Mo*.  43,  IS ;  nti 
köinpt  der  scbuldhcrr  und  wil  meine  beide  kinder  neinen  zu 


93 


EIGEN 


EIGEN 


94 


eigen  knechten.  1  kün.  4, 1 ;  des  menschen  feinde  sind  sein 
eigen  hausgesinde.  Micha  7,6;  zum  dritten  ist  der  brauch 
bisher  gewesen,  das  man  uns  für  ir  eigen  leut  gehalten  habe, 
weichs  zu  erbarmen  ist.  Lcther  3, 112 ;  ich  bin  dein,  hilf 
mir,  denn  ich  suche  deine  befelh.  ps.  119, 94  lautet  bei  Weckheb- 
Li.N  271  so  bin  ich  eigen  dir.     aber  auch  von  liebenden: 

was  zaget  dein  sinn 
vor  mir,  die  ich  ewig  dein  eigen  nur  bin?    Bübger  34*; 

ich  Tersprach  ihm  dein 
als  meines  eigensten  zu  wahren.    Göthb  10,24; 
lasz  micb  mit  diesem  berzenskus,  mein  eigenster, 
dir  aller  wünsche  sieget  auf  die  stirne  drücicen.    10,  30. 

wie  gotes  eigen  sagte  man  auch  des  todes  eigen,  ein  kind  des 
/ödes:  schrei  einer,  der  mit  uns  zu  schif  getreten,  wir  sind 
Tcrdorben  und  des  todes  eigen,  das  ist  ein  raubschif.  buch 
ier  liebe  202, 1 ;  derselbige  mensch  ist  des  todes  eigen.  Würz 
icundarzn.  152;  der  von  stund  an  des  tods  eigen  oder  ge- 
fangen wird.  FE0SSPERGE8  kriegsb.  3, 149".  oder  hat  man  hier  das 
subst.  eigen  anzunehmen,  des  todes  eigenthum  ?   rgl.  leibeigen. 

4)  von  leib  und  gliedern  des  leibs :  felleten  in  durchs  schwert, 
die  von  seinem  eigen  leibe  komen  waren.  2  chron.  32,  21 ;  got 
aber  gibt  im  einen  leib,  wie  er  wil,  und  einem  iglichen  von 
dem  samen  seinen  eigen  leib.  1  Cor.  15,  38 ;  der  sündiget  an 
seinem  eigen  leibe.  6,18;  wer  gottes  gebot  helt,  der  folget 
seinem  eigen  köpf  nicht.  Sir.  21, 12 ;  ich  muste  im  flehen  mit 
eigenem  munde.  Hiob  19, 16 ;  mancher  kompt  zu  groszem  Un- 
glück durch  sein  eigen  maul.  spr.  Sal.  16,  26 ;  ir  eigen  zunge 
wird  sie  feilen,  ps.  64,  9 ;  den  menschen  feilet  sein  eigen  zunge. 
Sir.  5, 15 ;  lasz  dich  eipen  andern  loben  und  nicht  deine 
eigen  lippen.  spr.  Sal.  27,  2 ;  das  er  mit  seinen  eigen  äugen 
gefangen  werde,  wenn  er  mich  ansihet.  Judith  9, 10 ;  noch 
fehet  man  in  mit  seinen  eigen  äugen.  Hiob  40, 19 ;  ich  will 
mit  meinen  eignen  äugen  in  die  weit  schauen ;  die  afterburt 
die  zwischen  ir  eigen  beinen  sind  ausgangen.  5  Mos.  28,  57 ; 
er  steht,  geht  auf  seinen  eignen  füszen;  das  ich  mich  mit 
eigner  band  erlöset  habe.  1  Sam.  25,  33 ;  mit  eigner  band  ge- 
schrieben, manu  propria,  doch  die  goth.  formet  lautet  blosz 
handau  meiaai  ufmelida,  aber  Eph.  4,  28  heiszt  es  vaiirkjands 
svesaim  handum,  wo  Lcther  schaffe  mit  den  henden,  vulg. 
operando  manibus,  gr.  i^ya^öfieros  rata  x,£oaiy,  eine  var. 
aber  iSiats  einscfialtet ; 

und  dies  geheimnisTolle  buch, 
von  >'osiradamus  eigner  band, 
ist  dir  es  nicht  geleit  genug?    Göthe  12,31. 

vir  sagen  allgemein  auf  eigne  band  leben,  etwas  auf  eigne 
band  thun;  einen  mit  eigner  band  erlegen; 

ich  bin  ein  narr  auf  eigne  band.    Göthe  2,  292; 

wenn  er  mit  ruchlos  frechem  übermuth 

den  eignen  schosz  verletzt,  der  ihn  getragen.    Schiller  462*; 

denn  er  hatte  in  lieb  wie  sein  eigen  herz.  1  Sam.  IS,  1.  3 ; 
sprich  zu  denen,  so  aus  irem  eigen  herzen  weissagen.  Ez. 
13, 2 ;  und  ich  wil  deine  schinder  speisen  mit  irem  eigen 
fleische  und  sollen  mit  irem  eigen  blute,  wie  mit  süszem 
wein  trunken  werden.  Es.  49,  26 ;  welche  er  durch  sein  eigen 
blut  erworben  hat.  apostelg.  20,  28 ;  ja  zu  den  mennern,  die 
auf  der  mauren  sitzen,  das  sie  mit  euch  iren  eigen  mist 
fressen  und  iren  barm  saufen.    2  kün.  18, 27.   Es.  36, 12. 

5)  von  geist,  seele:  weh  den  tollen  propheten,  die  irem 
eigen  geist  folgen  und  haben  doch  nicht  gesiebte.  Ez.  13,3; 
würden  sie  allein  ir  eigen  sele  erretten  durch  ire  gerechtig- 
keit.    14,14.20; 

alle  noth,  die  uns  droht, 

kommt  von  eignem  wahne.    Günther  031; 

ich  war  ihm  theuer 
wie  seine  eigne  seele. 

du  must  dich  in  meine  eigenste  person  hinein  denken.  Wie- 

Uk.SD  27,  240. 

6)  von  land,  haus  und  geräthe:  das  eigne  land,  das  eigne 
gut;  wer  sein  eigen  haus  betrübt,  der  wird  wind  zu  erbteil 
haben,  spr.  Sal.  11,  29 ;  der  geizige  verstöret  sein  eigen  haus. 
15,  27 ; 

sollt  ich  solche  beleldigung  dulden  im  eigenen  hause? 

GöTUK  1,339; 

hier  liegt  mein  eigen  haus,  mein  wald,  mein  teich; 
dir  gehöret  eigen  alles 

was  du  auf  den  feldem  siebest.    Göthi  2, 114; 
immer  noch  wandelte  sie  auf  eigenem  boüen  und  freute 
aich  der  eigenen  saat  und  dea  herlich  nickenden  kornes. 

40,266; 


sie  zwingen  sie  öle  zu  machen  auf  irer  eigen  mülen  und  ire 
eigen  kelter  zu  tretten.  Hiob  24,  U ;  es  ist  besser  geringe 
narung  unter  einem  bretern  eigen  dach,  denn  köstlicher  tisch 
unter  den  fiembden.  Sir.  29,  29 ;  ich  kann  die  beine  unter 
meinen  eignen  tisch  strecken ;  solchen  gebieten  wir,  das  sie 
mit  stillem  wesen  erbeiten  und  ir  eigen  brot  essen  (goth.  ei 
mi])  rimisa  vaurkjandans  seinana  hiaib  matjaina).  2  Thess. 
3, 12 ;  ein  iglicher  bäum  wird  an  seiner  eigen  frucht  erkand 
(us  svesamma  akrana  uskun})s  ist).    Luc.  6,  44 ; 

wer  mir  den  becher  kann  wieder  zeigen, 
er  mag  ihn  behalten,  er  ist  sein  eigen.    Schiller  63'; 
ja  ich  weisz,  wie  behaghch  ein  weibehen  im  hause  sich  findet, 
das  ihr  eignes  geräth  in  küch  und  zimmern  erkennet. 
Göthe  40, '253; 

zogen  im  seine  eigene  kleider  an  (gavasidedun  ina  vastjuni 
svesaim).  Marc.  15, 20 ;  strafe  iren  hochmut  durch  ir  eigen 
Schwert.  Judith  9,10.  man  sagt:  ich  fahre  mit  eignen  pfer- 
den,  in  eignem  wagen,  mit  eigner  gelegenheit,  nieo  vehiculo 
vehor. 

7)  Sprichwörter:  eigner  herd  ist  goldes  werth;  eigen  nest 
hält  wie  die  mauer  fest;  eigen  kohl  schmeckt  wohl;  eigne 
hüner,  theure  eier,  eigne  glocken,  theur  gebeier;  guck  in  dein 
eigen  häfelein ;  sieh  in  dein  eigen  spiel ;  eigner  schade  thut 
wehe ;  durch  eignen  schaden  wird  man  klug. 

8)  redensarten :  er  hat  nichts  oder  wenig  eigenes  zu  ver- 
lieren, ist  arm ;  ein  krieg,  bei  welchem  Schweden  wenig  eige- 
nes zu  verlieren  hatte.  Schiller  969";  auch  die  anderen  reichs- 
fürsten  erhielten  beweise  von  der  dankbarkeit  Schwedens, 
welche  dieser  kröne  ebenso  wenig  von  ihrem  eigenen  kosteten. 
971*.  es  ist,  gehört  mir  eigen,  gehört  mir  eigen  zu,  weil  zu- 
gehören die  Vorstellung  des  gehörens  noch  erhöhl; 

dir  gehöret  eigen  alles.    Göthe  2, 114; 

was  ich  sonst 
vermuthe,  denke  oder  weisz,  gehört 
mir  eigen  zu.    Schiller  272*. 

sich  etwas  eigen,  oder  zu  eigen  machen  ßr  aneignen: 
wann  machte  sich  das  lob  der  lugend  eigen? 
wann  war  es  nicht  des  glückes  folgemagd  ? 

d.  t.  wann  diente,  folgte  das  lob  der  lugend,  eignete  sich  ihr 
an;  alles  was  hier  sechs  zeilen  füllet,  wird  in  dem  griechi- 
schen originale,  welches  sich  Naugerius  eigen  gemacht,  mit 
vier  Worten  gesagt.    Lessing  8,  442 ; 

den  staunt  ich  an, 
und  immer  wieder  an,  und  konnte  mir 
das  glück  nicht  eigen  machen.    Göthe  9,63; 

die  gesetze,  wonach  theaterstücke  zu  schreiben  und  zu  beur- 
tbeilen  seien,  glaubte  ich  mir  ziemlich  eigen  gemacht  zu  haben. 
60,  293 ;  indem  er  selbst  denkt  oder  indem  er  andrer  gedan- 
ken  sich  zu  eigen  macht.  Garves  übers,  von  Cic,  de  off.  1,  30. 
zu  eigen  geben  oder  behalten: 

durch  kein  gclübde  war  das  herz  gefesselt, 

das  sich  auf  ewig  mir  zU  eigen  gab.    Schiller  4%'; 

ich  hatte  ihn  (den  sustand  der  seele)  niemals  fest  halten,  nie 
ZU  eigen  behalten  können.  Göthe  19,  322.  vielleicht  aber  thut 
man  besser  in  allen  angeführten  fällen  des  'zu  eigen'  das 
Substantive  eigen  anzunehmen,  obsclion  der  däliv  des  adj.  ge- 
kürzt sein  könnte. 

9)  eigen  steht  zuweilen  dem  allgemeinen  gegenüber:  das  ist 
meine  eigne  sache,  geht  andere  nichts  an;  in  eigenen  sachen 
bin  ich  etwas  schwach,  ir  aber  beherzter,  dagegen  seid  ir  in 
gemeinen  Sachen  gleichwie  ich  in  eigenen  sachen,  und  ich  bin 
in  gemeinen  sachen  gesinnet  wie  ir  in  ewern  eigen  sachen, 
schreibt  Lutuer  5,  42  an  MelandUhon.  die  eigne  sache  ist  die 
Privatangelegenheit. 

10)  wie  das  private,  privum  drückt  nun  aber  eigen  zugleich 
das  innere,  geheime,  der  natur  und  Sinnesart  eines  jeden  an- 
gemessene, angelegene,  aus  ihr  entspringende  aus,  vgl.  unter 
5  geist,  seele,  person.  man  braucht  ßr  diese  inneren  zu- 
stände und  lagen  gern  den  Superlativ  eigenst,  um  den  aus- 
druck  noch  zu  vertiefen:  jedes  wort  hat  einen  eignen,  natür- 
lichen sinn,  dir  sowol  sein  eigentlicher,  ursprünglicher,  als 
sein  eigenthümlicher,  besonderer  ist; 

aus  beinihnis  kummen  ihrenen,  die  doch  seind  so  hell  und  klar, 
ob  sie  klar,  so  siht  doch  keiner,  was  ihr  eigner  aniasr  war. 
Loc*ü2,  1»1.  97; 

ich  erkannte  in  dem  was  er  sagte  meine  eignen  gedanken ; 
^eine  eigneii  worte  [sui  ipsius)  verdammen  ihn,  zeugen  wider 
ihn ;  ich  erinnere  mich  noch  deiner  eigensten  worte.  WieLA.ND 


95 


EIGEN 


EIGEN  —  EIGENBEWEGÜNG 


96 


27,  218 ;  sein  eigen  worl  nicht  hören  können,  in  groszem  ge- 
rdusche sein ;  so  lauten  seine  eigensten  worle,  ipsissima  verba  ; 
der  eigne  name,  nomen  proprium;    wer  dieser  sei,  ist  vielen 
unverborgen,  ich  schone  noch  des  eigenen  namens.  Gryphids 
1,  361 ;  es  war  meine  eigne  schuld,  mein  eigner  entschlnsz ; 
denn  recht  hm  jeder  eigene  character, 
der  überciDsiimint  mit  sich  selbst.   Scuillbb  366'; 
liebesglut  der  besten  frauen 
und  ein  eigenster  gesaiig.     Götue  41,243; 
denn  der  mutier  sinn  ist  wie  mein  eigenes  wesen.    40,  318; 
sobn,  mehr  wünschest  du  nicht  die  braut  in  die  kammer  zu 

führen, 
dasz  dir  werde  die  nacht  zur  schönen  häirte  des  Icbens, 
und  die  arbeit  des  tags  dir  freier  und  eigener  werde, 
als  der  vater  es  wünscht  und  die  mutter.    40,  273 ; 

ich  finde  es  mir  so  natürlich,  so  eigen,  dasz  ich  es  wol 
schwerlich  je  wieder  aufgebe.  17, 1S8 ;  die  eigensten,  wahren 
triebfedern  auch  nur  einer  einzelen  handlung  zu  entdecken. 
16, 142 ;  sie  ertrug  Aurelicns  hefligkeit  mit  groszer  geduld, 
und  ihr  eigenstes  geschäft  war  Wiiiieimen  zu  schmeicheln. 
19,242;  nach  jenem  lande,  wo  für  jeden  empfänglichen  die 
eigenste  bildungsepoche  beginnt.  37,33;  kunstlicbhaber,  die 
den  allgemeinen  gewinn  als  unlerpfand  betrachteten,  dasz 
ihrer  eigensten  neigung  Sicherheit  und  fordernis  gelobt  sei. 
43,  310 ;  so  manches  was  uns  innerlich  eigenst  angehört,  sollen 
wir  nicht  nach  auszen  hervorbilden.  48,  9 ;  mehrere  freunde 
wiederholten  die  eigensten  ausdrücke.  60,  264 ;  vorstehendes, 
aus  den  eigensten  zuständen  und  treusten  gesinnungen  her- 
vorgegangen.   60,  311 ; 

in  angeborner,  eigenster  gestalt, 

in  his  true,  nalive  and  most  proper  shane. 

second  pari  of  king  Henry  IV.  ad  i  sc.  l; 
nichts  ist  übrig, 
als  dem  gcschlechte,  dessen  rühm  du  bist, 
auch  nocn  in  seinen  eigensten  Verdiensten 
als  muster  vorzuleuchteu.    Schiller  416\ 

es  hält  schwer  diese  bedeutung  überall  von  der  folgenden  zu 
unlerscheiden,  da  beide  in  einander  flieszen. 

11)  eigen  ist  auch  das  besondere,  absonderliche,  eigenlhüm- 
lich  beschaffene  und  geartete,  seltsame:  ah  was  wirstu  hie 
zu  denken  kriegen,  wie  viel  abgütterei  du  liinwieder  geübt 
hast  mit  so  viel  heiligendi^nst  und  unzelichen  eigen  werken. 
Lltder  6,314';  welches  ist  denn  das  eigene  des  miles  veles, 
das  ich  dem  borghesischen  fechter  angedichtet  hätte?  Les- 
siNc  8,43; 

aber  aus  der  schwerbedeckten  enge 
treibet  mich  ein  eigenes  gerichi.    Götue  1,248; 
jeder  edle  Venedigs  kann  doge.  werden,  das  macht  ihn 
gleich  als  knaben  so  fein,  eigen,  bedächtig  und  stolz. 

1,352; 
(kam)  ein  eigner  fall,  worüber  er  sogar 
in  meiner  gegcnwarl  mit  seiner  Schwester, 
mit  andern  sich  berieih,  mich  fragt  er  nie.    9,  200; 

Wilhelm  war  indessen  auf  eine  eigene  weise  beschäftigt.  18,  320 ; 
es  ist  eine  eigne  sache,  schon  durch  die  gehurt  auf  einen 
erhabenen  platz  in  der  menschlichen  gesellschaft  gesetzt  zu 
sein.  19,17;  das  publicum  hat  eine  eigne  art,  gegen  öffent- 
liche menschen  von  anerkanntem  Verdienste  zu  verfahren. 
19,243;  er  war  ein  sonderbarer  mann  und  der  eigensten  ein- 
drücke ßhig.  20,  l'j6;  sonderbare  pflichten  des  Wanderers  habe 
ich  auszuüben  und  ganz  eigene  prüfungen  zu  bestehen.  21, 10 ; 
so  geben  uns  auch  die  eben  der  erzväter  zu  eignen  betrach- 
tungen  anlasz.  24,  211 ;  dieser  vorzügliche,  aber  eigne  mann. 
24, 294.  die  Iredeutung  von  peculiaris,  singularis  kann  sich 
der  von  difßcilis  mtt  üblem  nebensinn  nähern  und  das  beson- 
dere ein  ipunderliches,  seltsames,  bedenkliches  werden,  'das 
int  eine  eigne  saclic,  ein  eigner  Vorfall'  bezeichnet  auch  etwas 
unangenehmes,  'er  ist  sehr  eigen",  empfindlich,  kleinlich. 
F.KiKN,  proprie,  accurate,  eigentlich,  besonders: 

»chaii  mich  nur  gar  eigen  an.    Rimüwald  Ir.  I'.ckh.  N3"; 

und  g»r  eigen  Winsen  wollen,    laut.  vurh.  A5'; 

»o  «(haue,  Aa*t  du  doch  diiiz  werk  für  dich  nur  nicen 

und  in  der  tlllle  ihutt.   ich  wil  iogleirhen  «chwuigen. 
Upitz  1,  167; 

wenn  die  jucrnd  eigen  wünto, 

wa*  da«  aliür  li.ilicn  inüxlc, 

(iparte  nie  die  nici^K-n  lunii*.    Locai    I.  17; 

da*z  Ich  nirlii  in  meinem  buche  niam  Ikt  giiion  Ircunile  denke  1 

weltz  ich  doch  noch  »«Ibst  ni<  ht  ei^on,  wnx  ninn  mir  vuii 
niiiiiii-  H(  hi-nke.    3,  'IXW,  14U; 

wann  der  hausherr,  wann  die  ditibe  wollen  klimmen,  eigen 

WllHlC, 

wdrd  fr  wachen,  tagt  ein  prienifr,  oU  der  bischor  ihn  hc- 
Kruizie.     3,42,13; 


Monis  kennet  kräuier,  steine,  erz  und  vogel,  fisch  und  thiere, 
kennt  den  basen  doch  nicht  eigen,  den  er  trankt  mit  wuiu 

und  biero.    3,  HO,  48; 
Pulla  hat  in  schwarzem  luche  bei  drei  jähren  zugebracht 
um  den  mann;   versiehts  nur  eigen,  dieses  tuch  das  war 

die  nacht.    3, 163,  50  ;i 
Bojardo  ists  gewis,  ich  kenn  ihn  gar  zu  eigen. 

Wbrdkhs  .4r.  1,  73; 
meine  hörerinnen,  die  sich  schon  bisher  ganz  eigen  theil- 
nehmend  erwiesen  hatten.  Götue  26,5;  träte  damit  ans  fcn- 
ster  und  besähe  es  ganz  eigen.  Tieck  5,  40.  in  vielen  dieser 
stellen  gehl  gar  oder  ganz  dem  eigen  voraus,  in  einer  nur,  in 
den  folgenden  so,  wie: 

alle  das  neigen 

von  herzen  zu  herzen, 

ach  wie  so  eigen 

schallet  das  schmerzen!    Göthe  1,03; 

ich  kann  das  nicht  so  eigen  wissen,  so  eigen  sagen; 

sei  kerkermeisier,  sei  der  marterknecht, 

wie  wol,  wie  eigen  steht  dir  beides  an!    9,239. 

EIGEN,  n.  praedium,  bona,  facultas,  eigenthum,  habe,  golh. 
aigin,  ahd.  eigan  (Graff  1,115),  mhd.  eigen,  alts.  fegan,  allu. 
eign  f.  im  rechtlichen  sinne  wird  eigen  als  grund  und  bodeii 
der  fahrenden  habe  entgegengestellt,  erb  und  eigen,  eigen  und 
erbe  oß  verbunden,  einen  andern  gegensalz  bilden  eigen  und 
leben : 

der  uns  nichts  gibet  grosz  noch  klein 
weder  zu  lehen  oder  zu  eigen.    Atrkr  202*. 

wie  mit  dem  adj.  verbindet  sich  auch  mit  dem  subst.  eigen 
das  pronomen: 

ir  wüestet  iwer  eigen.  Parz.  523,  26; 
her  quam  in  sin  eigen  und  die  slnen  enphingen  sin  nit.  mysl. 
1,33,35;  unser  bawren  wollen  der  andern  frembden  guter 
gemein  haben  und  ir  eigen  für  sich  behalten.  Luther  3, 124' ; 
der  teufel  redet  lügen  aus  seinem  eigen.  Melanchth.  im  corp. 
doclr.  Christ,  p.  11; 

ohn  dich  kann  ich  nicht  leben, 

dein  eigen  will  ich  sein.    Hofii.  gesellsch.  Id.  s.  82; 

herzlieb,  ich  bleib  dein  eigen,    s.  109; 

ach  wenn  du  wärst  mein  eigen, 

wie  lieb  solltst  du  mir  sein!; 

diese  vortrefliche  stelle  hat  sich  der  Engländer  sein  eigen  ge- 
macht. Lessinc  6, 169,  wenn  der  sinn  ist,  er  hat  sich  daraus 
sein  eigen  gemacht,  wahrscheinlich  aber  soll  es  heiszen,  er  hat 
sich  die  stelle  zu  eigen  gemacht,  angeeignet,  mit  dem  gen. 
sein,  wie  er  in  gotles  und  des  todes  eigen  steht  (sp.  93). 
umgekehrt  liesze  sich  in  zu  eigen  machen  ein  subst.  annehmen 
und  verstehen  zu  seinem  eigen. 

EIGEN  für  eigenen,  eignen:  die  kriegslcut  aber  namen  \a 
an  und  woltens  mit  im  versilchen,  aber  er  woll  in  nit  zu- 
stehn,  eigen  und  gefallen,  derhalben  erwürgten  sie  in.  Fram» 
Chronik  39'. 

EIGEN  für  engen,  äugen  ostendere  1,  801 : 

damit  vernünfilich  sei  gezeigt, 

was  rechte,  wäre  tugcni  eigt.    Schwarzbkmro  158,  2'; 

befand,  dasz  ihm  die  fraw  ihre  barschaft  und  kleinot  noch 
nit  gar  offenbart  hett,  als  er  sie  aber  mit  fuchslisten  hinder- 
gieng,  dasz  sie  ihm  jetzt  alles  geeigct  und  gezeigt.  Wickbam 
ro//tP.  55*. 

sich  eigen,  sich  zeigen:  dorfte  sich  aber  schäm  halben  gar 
nicht  eigen  noch  dergleichen  thun.  52;  welcher  wiile  und 
neigunge  in  einem  iglichcn  sich  eiget,  sonderlich  wenn  er  ge- 
reizt wird  dazu.  Luther  1,77*;  die  art  reget  und  eiget  sich 
in  einem  jeglichen  dinge,  br.  4,  667.  'es  eigt  sich'  von  einem 
gespcnst  oder  spuk.     s.  eignen  4,   ereigen,  ereignen. 

EIGENAHT,  /.  proprietas,  eigenheiL 

EIGENAHTIG,  pro;)riui,  eigner  art,  eigenthümlich :  ernannte 
es  nach  trcflicher  eigenartiger  bestimmung  dattclförmig  kör- 
nigen quarz.    Göthe  32,  20.     nnl.  eigenaardig. 

EIGENnEllOltlG,  was  eigenhörig,  hörig. 

EIGEMlEWEGLini,  spunle,  ultra:  inaszen  denn  Ariobar- 
zanes  solche  kröne  als  ein  rechlinäsziges  erblhei!  eigenhe- 
weglich  abtrat.  Loiienstein  Arm.  1,  295 ;  daher  Prometheus, 
Einpedocie»  und  Ilernditus  ihre  fürstcnhflte  eipenhcweplicü 
abgenoniinen,  um  in  einer  einsamkeit  der  weltweisheit  unver- 
iiiiidert  aiizuwarten.  1, 981 ;  hoflc  sie,  es  würde  Thusnelde 
nunmehr  ihr  eigenbeweglich  sowol  bette  als  würde  einräumen. 
1, 1402. 

EIGENBEWEGÜNG,  f  motus  propriut,  tpontaneus:  Jio 
cigenbeweguDg  eines  Sterns. 


i?  EIGENBRÖTLER  — EIGENHEIT 

EIGENBKÖTLEK,  m.  qui  rem  familiärem  ipse  curat,  vgl. 
tigenlübner. 

EIGENDS,  proprie,  nominatim,  eigens:  es  ist  eigends  mit 
der  Vernunft  bestellL    Ciaddids  6,  68. 

EIGENDÜNKEL,  m.  arrogantia,  vana  de  se  opinio:  du 
möcbst  lieber  in  alle  Sünde  fallen,  denn  in  dein  eigendünkel. 
Luther  3,432'; 

drinnen  blinder  willen  herscht  und  ein  tauber  eigendünkel. 
LOGAU  1,  180,61; 

bloszer  eigendünkel;    Schiller  361'; 
die  unbescbeidenheit  in  der  forderung  von  andern  geachtet  zu 
werden  ist  der  eigendünkel.    Kamt  5,  300.     s.  dunkel,  selbst- 
dünkel. 

EIGENDLNKELND,  variui:  über  dergleichen  eigendünkelnde 
M-höpfungen  verlieren  «ir  nur  gar  zu  leicht  den  Schöpfer  aus 
ifo  äugen.    Tieck  nov.  krans  2,107. 

EIGENDC.NKEND,  dasselbe:  aber  in  seinen  worten  und 
werken  geschieht  im  von  den  eigenrechtferligen  und  eigen- 
1  unkenden  menschen  »tetiges  widersprechen.    Lctber  1,  3l'. 

EIGENDLNKLER,  m.  sui  admiralione  caplus:  das  sind  die- 
--•Iben  eigendünkler,  die  der  gerechten  seelen  suclien  zu 
ahen.    Lcther  1.  45'.  3,  27. 

EIGENDÜNKLIG,  arrogans:  Eduard  ist  ein  edler  junge, 
doch  etwas  rjsch  und  eigendünklig.  Göthe  57,4;  einen  sol- 
chen beschränkten  und  eigendünkligen  menschen,  an  Zeller 
650.     nnl.  eigendunkelijk. 

EIGENEHRE,  /.  ambilio :  so  gar  hatte  ihn  die  eigenehr  ein- 
genommen.   Philasder  1,  541. 

EIGENEN,  proprium  esse,  competere:  wollen  also  dadurch 
den  menschen  die  werk  und  krefte  zueignen  und  zuschreiben, 
die  der  ewigen  und  allmechtigen  macht  gottes  allein  eigenen 
und  gehören.  .Melaschthon  im  corp.  docir.  ehr.  954.    s.  eignen. 

EIGENER,  m.  dominus,  eigner: 

was  du  thöricht  geraubt,  gib  du  dem  eigener  wider. 
GÖTHK  14,  6S. 

EIGENERWÄHLT,  spontaneus,  selbsterwähll :  eigenerwelte 
tödtung  des  fleisches.  Lcther  3, 36.  aber  mit  adjectivisch 
fiedieriem  ersten  wort:  mit  eigener  erwelter  demut.    3,49'. 

EIGENFINDIG,  ingeniosus,  erfinderisch:  der  redlicher  und 
umb  unser  teutsche  sprach  hochverdienter  Rudolf  Weckerlein, 
welcher,  wie  auch  herr  Isaac  Habrecht  und  andere,  lange  zeit 
vor  dem  sonst  alzeit  lobwürdigen  lurren  Opitzen  die  teutsche 
sprach  mit  zierlicher,  eigenllndiger  reiinenkunst  herlich  ge- 
macht haben.    Puilander  2,  657. 

EIGENFÜSZIG:  krüppel,  die  einen  guten  fusz  schreiben, 
nicht  eigenhändig,  sondern  eigenfflszig.  J.  P.  anh.  zu  Tit.  2,  81. 

EIGENGE.M.\CUT,  sua  ipsius  manu  (actus,  selbstgemacht: 
eigengemachtes  zeug,  gam. 

EIGENGERICHT,  n.  gericht  über  eigenhörige. 

EIGE.NGEW.\LTIG,  sua  ipsius  auctoritate  (actus,  eigen- 
mächtig: es  ligt  mehr  an  deiner  seelen  Seligkeit,  denn  an 
den  tjxannischen.  eigengeweltigen,  frevelichen  gesetzen,  die 
zur  Seligkeit  nicht  not  sind.    Lcther  1,  304*. 

EIGENHÄNDIG,  sua  ipsius  manu  (actus,  scriptus,  earpfus: 

edel  eitern,  seids  gestund!?, 

nichts  ist  unser  eigenhändig, 

alles  unser  ist  geborgt.    FLsai.iG  339; 

sie  pflückt  es  (das  teitdien)  eigenhändig. 

drum  blüht  es  hier  besifiiiüig!    Klamer  .Scrsidt; 

haben  sie  den  brief  an  den  Roberto  nicht  geschrieben?  ist 
es  nicht  ihr  eigenhändiger  naine?  Lessi.nc  7,  20S ;  der  lector, 
unter  die  niemals  eigenhändigeu  menschen  gehörig,  die  alles 
gern  durch  die  dritte,  sechste,  fernste  band  thun.  J.  P.  Tit.  4,  42. 
EIGE.NHEIT,  (.  proprietas,  schwed.  egenhet,  ddn.  egenhed; 
aber  eigenschaft  und  eigenthümliclikeit  sind  auch  proprietas, 
wie  hat  man  diese  drei  uürler  zu  unterscheiden?  eigenschaft 
ist  qualitas,  bescha(fenheit  und  liegt  den  beiden  andern  ab, 
ndlier  stehen  sich  eigenheit  und  eigenthfimlichkeit,  wie  eigen 
und  eigenlhümlich  (ast  dasselbe  aussagen,  wir  verbinden, 
wenigstens  heute,  mit  eigenheit  meAr  die  Vorstellung  von  be- 
sonderheit,  die  auch  Seltsamkeit  sein  kann,  mit  eigenlhümlich- 
keit  die  der  inneren  natur,  hurs,  eigenthömlichkeit  würde  der 
zehnten  bedeutung  von  eigen,  eigenheit  oft  der  elßen  entsprechen, 
den  begri(  der  eigenheit  ent(alten  laiilretche  stellen  bei  Göthe  : 

cigenhriten,  die  werden  schon  haften, 
culliviere  deine  eigenschallen.    2,260; 

er  will   den   innern   kern    ihrer  eigenheit  verderben.    8, 265 ; 
ob   sie   eigenheiten  habe,    die  oft  mehr  zur  trennung  anlasz 
geben   als  üble  eigenschaflen.    17, 114 ;    des  fremden  weiteres 
lil. 


EIGENHEIT — EIGENLIEBIG 


98 


gespräch,  das  er  mit  heiterer  eigenheit  und  bedächtlichkeit 
fortsetzte.  17,  319 ;  wenn  sie  mit  eben  der  naivetät,  eigenheit 
und  Zierlichkeit  etwas  schickliches  auf  dem  theater  jemals 
ausführten.  18,  20S ;  der  knabe  geliel  sich  in  gewissen  eigen- 
heiten, die  man  auch  unarten  zu  nennen  pflegt.  19, 137 ;  ich 
verlange  das  mädchen  wieder  zu  sehen,  das  sich  mit  so 
vieler  eigenheit  an  mich  geschlossen  bat.  20, 82 ;  nichts  ist 
unerträglicher  als  abgeschnittene  eigenheit  an  demjenigen, 
Ton  dem  man  eine  reine,  gehörige  thätigkeit  fordern  kann. 
20, 197 ;  wurden  die  brüder  nach  Terenz  von  Einsiedel  bear- 
beitet aufgeführt  und  so  eine  neue  folge  theatralischer  eigen- 
heiten eingeleitet.  31,  U9 ;  eigenthümlichkeil  des  ausdrucks  ist 
anfang  und  ende  alier  kunst.  nun  hat  aber  eine  jede  nation 
eine  von  dem  allgemeinen  eigenthumlichen  der  menschbeit 
abweichende  besondere  eigenheit.  45, 123 ;  auch  fällt  er  (Sterne) 
mir  ein.  wenn  von  irrthümern  und  Wahrheiten  die  rede  ist, 
die  unter  den  menschen  hin  und  wieder  schwanken,  ein 
drittes  wort  kann  man  im  zarteren  sinne  hinzufügen,  nemlich 
eigenheiten.  denn  es  gibt  gewisse  phänomene  der  mensch- 
beit, die  man  mit  dieser  benennung  am  besten  aasdrückt, 
sie  sind  irrthümlich  nach  auszen,  wahrhaft  nach  innen  und 
recht  betrachtet  psychologisch  höchst  wichtig,  sie  sind  das 
was  das  indiriduum  constituiert.  45,301;  nächst  den  eigen- 
heiten müste  man  die  Influenzen  bedenken,  jene  kann  man 
sich  vorstellen  als  formen  des  lebendigen  daseins  einzelner 
abgeschlossener,  beschränkter  naturen,  und  in  diesem  sinn 
gibt  es  eigenheiten  der  Individuen  so  wie  der  nalionen.  46,  302 ; 
dasz  angeborne  kraft  und  eigenheit,  mehr  als  alles  übrige, 
des  menschen  Schicksal  bestimme.  49, 8.  der  innere  kern 
der  eigenheit,  die  angeborne  eigenheit  sind  wiederum  die  eigen- 
thümlichkeil.    nüid.  eigenheit  schon  mysl.  1, 171. 

EIGENHÖRIG,  was  eigenbehörig. 

EIGENHCLFE,  (.  contra  vim  de(ensio,  selbsthül(e: 

web,  wenn  sich  in  dem  schosz  der  siädie 

der  feuerzunder  still  gehäuft, 

das  Tolk  zerreiszeud  seine  kette 

zur  eigenhüHe  selirecklich  greift.    Schiller  SO". 

EIGENKÖPFIG,  pertinax,  der  seinen  kop(  durchsetzen  will: 
widerumb  bin  ich  auch  nicht  so  eigenköpFig,  das  ich  mich 
nicht  wolt  weisen  lassen.    Luther  l,  2lö'. 

EIGENKÜPFISCH,  dasselbe:  die  sonst  eigenköpüsch  sind 
und  nennen  alles,  was  ir  anfang  nicht  ist,  ferliche  endcrung. 
Melanchth.  Daniel  deutsdi  von  Jo.nas  bl.  167. 

EIGENLÄLFIG,  proprio  motu  currens.  Mege.nrerg  in  seiner 
Verdeutschung  der  sphaera  mundi  nennt  die  plaiteten  eigen- 
läufige Sterne. 

EIGENLEBEN,  n.   vita  proprio:    alles   kommt    darauf  an, 
I  das  eigcnleben  des  auges  und  der  correspondierenden  linger 
zu  der  enUchiedensten  verbündeten  Wirksamkeit  heranzustei- 
gern.    Göthe  50,  41. 

EIGENLEUTE,  homines  proprii,  mhd.  eigenliute. 

EIGENLIEBE,  (.  amor  sui^  Selbstliebe:  vorhin  ertappte  sie 
mich  auf  eitelkeit,  jetzt  auf  eigenliebe.  Lessi^g  t,  5«4;  die 
eigenliebe  läszt  uns  sowol  unsre  lugenden  als  unsre  fehler 
viel  bedeutender,  als  sie  sind,  erscheinen.  Göthe  19,  69 ;  die 
Selbstliebe  eines  über  alles  gehenden  wolwollens  an  sich 
selbst  heiszt  eigenliehe.  Kamt  4, 185.  allein  diese  Unterschei- 
dung, wonach  Selbstliebe  natürlich,  eigenliebe  tadelhaß  sein 
soll,  ist  nichtig,  beide  Wörter  drücken  dasselbe  aus,  wie  eigen- 
dünkel und  Selbstdünkel,  eigenlob  und  selbsllob,  eigenmord 
und  Selbstmord,  eigenrache  und  selbslrache,  eigeuruhm  und 
selbstruhm,  eigensucht  und  Selbstsucht,  eigengemachl  und 
selbstgemacht,  tcenn  also  Hagedorn  1,45  singt: 
die  liebe  zu  uns  selbst,  allein  die  weise  nur, 
ist  freilich  unsre  pOirbt,  die  stimme  der  naior, 

setzt  er  richtig  voraus,  dasz  auch  ton  natur  eingepflanzte 
Selbstliebe  ausarten  könne,  diese  üble  seite  kann  durch  bei- 
wörter  wie  blinde,  taube,  nicht  durch  einen  unterschied  zwi- 
schen selbst  und  eigen  bezeichnet  werden.  Sprichwörter:  eigen- 
lieb ist  ein  dich,  eigenlieb  ist  niemand  lieb,  eigeuliebe  macht 
die  äugen  trübe. 

EIGENLIEBEND:  eigenliebende  verwohnte  menschen,  die 
ihr  wolwollen   werfen,    wohin   es  ihnen   beliebt    Pestalozzi 

12,489. 

EIGENLIEBIG :  ich  muste  mich  dieses  vortheils  begeben, 
der  auch  im  gründe  mehr  eigenliebig,  als  gemeinnützig  ist. 
Kaxt4,  9;  die  eigenliebige  selbstscbätzung  blosze  wünsche  für 
beweise  eine«  guten  herzens  zu  halten.    5,276;    denn  dieses 

7 


99 


EIGENLOB  —  EIÜENRUHM 


EIGENRÜUMIG — EIGENSINN 


100 


vorgeben  verrätb  eine  eigenliebige  betracbtung  des  eigenen 
wertbes.  Fichte  grundz.  261;  bier  verfiel  der  wirlh  auf  eigen- 
liebige aber  dumme  gedanken  von  seinem  biere  und  essen. 
J.  P.  teufelsp.  1, 142 ; 

doch  konnte  nichts  dein  eigenliehges  herz 
mit  wehinuih  rühren.        Tikck  10,  75. 

EIGENLOB,  n.  propria  laus:  man  sagt  eitles  eigenlob  stin- 
ket.   GüTHE  49,  49.     vgl.  eicbenlaub. 

EIGENLÖHNER,  m.  der  eine  zeche  auf  eigne  hani  beireiht, 
einspdnnrr. 

EIGENMACHT,  f.  sua  solius  auclorilas: 
da  führtet  ihr  nus  kiihner  eigenmacht 
den  bogen  weiter  durch  der  zultunrt  nacht.    Scuillkr  24'; 

die  eigenniacbt  des  gemütbes,  den  zustand  seiner  Vorstellungen 
in  seiner  gewalt  zu  baben.    Kant  10, 126. 

EIGENMÄCHTIG,  sua  ipsius  auclorilale  agens:  sieb  also 
dbr  hutuug  eigenmacbtig  angemaszt.    Schwei.nicuen  3,  231 ; 

ob  seine  rasche  hofnung  eigenmnchtig 

sich  diesen  kiihnen  schritt  erlaubt.    Schiller  2S6'. 

kann  in  beiden  stellen  für  adj.  oder  adv.  gelten. 

EIGENMITTEL,  n.  proprium  remedium :  und  bin  icb  nicht 
vom  Podagra,  so  bin  icb  docb  von  dem  weit  gröszern  übel 
des  uninutbs  gebeilt  worden,  und  habe  das  nalürlicbe  eigen- 
inittel  dagegen  gefunden  oder  vielmebr  wieder  deutlich  er- 
kannt, nemlicb  den  leib  zu  ermüden.  Hegener  molkenkur  3, 144. 

EIGENMORD,  m.  mors  voluntaria,  Selbstmord: 
komm  eigenmord  mit  sträng  und  stahl!    Ghtpuius  1,  33S; 
so  büszt  Lucretia  die  räch  im  eigenmord.    Wernikk  15ö; 
Thusnelde  verdammt  den  eigenmord.    Lohenst.  Arm.  1,  5. 

EIGENMÜNDIG,  proprio  ore:  binnen  welcher  zeit  ich  der 
herschaft  meines  bruders  meine  avanturen  eigenmündig  er- 
zehlen  und  davor  ein  gescbenke  von  12  harten  tbalern  an« 
nehmen  muste.    Felsenb.  2, 490. 

EIGENMLTIG,  superbus:  welcher  ebrngeizig,  eigenmütig  und 
hoffertig  ist,  der  fördert  kein  andern.  Fronsperger  kriegsb.  2, 39'. 

EIGENNAME,  m.  proprium  nomen,  engl,  propername. 

EIGENNIESZIG,  was  eigennützig:  wie  die  thun,  die  ir  eigen 
gebellin  halten,  der  für  dis,  dieser  für  das,  und  haben  nichts 
denn  eigennützige,  eigennieszige  gebet,  denen  gott  feind  ist. 
Luther  1,  240*. 

EIGENNUTZ,  m.  privatum  commodum :  niedriger,  schmutziger 
eigennutz ; 

sie  ist  tugendhaft,   'sie  ists 
aus  eigennutz  der  liebe.'    Schiller  269'. 

Keisebsberg  trennt:  suchest  dein  eigenen  nutz  darinnen. 
s.  d.  m.  31*.  34". 

EIGENNÜTZIG,  qui  suis  commodis  inservit :  die  liebe  macht 
eigennützig,  vgl.  uneigennützig. 

EIGENNÜTZIGKEIT,  f  diese  schimpfliche  eigennülzigkeit 
reimet  sich  zu  dem  edlen  character,  den  herr  Wieland  dem 
Guilford  sonst  gegeben  bat,  im  geringsten  nicht.  Lessinc  6, 168. 
auch  Kant  3.  66  hat  das  toort. 

EIGENNUTZLOS,  integer,  uneigennützig :  eigennutzlose  tha- 
ten.  Klincer  4,  53 ;  eigennutzlose  beschäftigung.  Wolfs  mus. 
der  allerth.  uissensch.  1,  20. 

EIGENRACHE,  f  vindicta  propria,  selbstrache: 

doch  ein  hochweiser  ningistrat 

besetzt  das  ihor  und  «perrt  die  Stadt, 

der  eigenrache  vorzukommen.  Li;ssi.'<ig  1,118. 

EIGENRECHTFERTIG,  »e  ipsum  probans:  die  selbweisen 
and  eigenrecbtfertigen  können  nicht  anders  denn  bös  für  gut 
widergeben.  Luthkb  1,  30*.  3, 11*.     ».  eigendünkend. 

EIGENRICHTIG,  obslinalus,  eigensinnig,  eigenrechlferttg  f 
also  werden  auch  andere  werk  des  glaubens  erfunden,  die 
gleich  seind  wie  die  angenommen,  und  kommen  auch  aus 
den  eigenrirhtigen,  plastigen  {aufgeblasenen)  köpten.  Para- 
CEL8D8  1,94'; 

aiftenrichiige  und  unpendige  leut, 

die  gur  kvin  uiidertbeniKkeil 

nit  welent  leisten.    Tulr.missrr  arcltidu.ta  54. 

EIGENRICHTIGE,  f  ubstinatio,  eigenrechtfertigkeit:  so  sich 
aber  min  bruder  us  eigenricblige  überall  nit  will  lassen 
leeren,  »ander  ewiglich  blöd  sin?    Zwi^cii  1,1». 

tIGENItICIlTK.kKIT,  f  dastrlbc :  und  rcihlfertige  den 
gluiibrn  nicht  au»  deiner  eigcnrirbligkeit,  und  was  du  ur- 
tbeile»t,  da»  aus  erfubrenbeil  gescbche.    TARACELSiis  I,  Itu*. 

EKjKNKLHM,  m.  tuimrt  jaclalio,  teUntruhm:  ja,  ich  setze 
voaenn  lube  vbne  eigeunibui  bei.  Luiihnst.  Arm.  I,  2u2 ;  ich 


werfe  hinter  meinen  rücken  alle  eitele  herlichkeit  und  eigen- 
ruhm.    pers.  baumg.  8,13; 

Falsus  ist  ein  guter  redncr,  jedes  wort  ist  eine  blunie 
von  Verleumdung  andrer  leute  und  von  siolzeiii  eigenruliiiie. 
LoGÄU  2,  2;M,  147; 

eigenruhm  kann  selbst  eiuem  Horaz  nur  verziehen  werden. 
Scilll.lER   1234. 

EIGENRÜH.MIG:  obn  eigenrühmige  vergleichung.  Puilakuer 
1, 696. 

EIGENS,  unice,  imprimis,  besonders:  das  inädchen  lieb  ich 
noch  immer  so  rasend  wie  jemals,  mir  hat  sies  ganz  eigens 
angelban.  Güthe  20,  226;  in  seinem  eigens  accentuierten  fran- 
zösisch. 17,317;  dasz  der  mensch  sich  das  am  wenigsten  zu- 
zueignen vermag,  was  ihm  ganz  eigens  angehört.  17, 223 ; 
geübt  genug  zu  solchem  Vortrag,  der  ihm  diesmal  eigens  zart 
und  ausdruckvoll  gelang.  22,132;  eine  ganz  eigens  beschränkte 
selbstigkeit.  30.  227;  verziert  sind  die  Wohnzimmer  mit  kupfer- 
stichen  und  gemiihlden,  eigens  bedeutend  auf  traurige  und 
frohe  vaterländische  ereignisse  hinweisend.  43,  329 ;  er  findet 
sein  grab  in  der  nähe  eines  andern  mehr  bedeutenden,  aber 
mit  ihm  eigens  verwandten  pilgermannes.   45,  259. 

EIGENSCHAFT,  f  proprietas. 

1)  servilus,  kneclitschaß,  dienstbarkeil:  in  dieselben  höf  ge- 
hörtend  ellich  lül  affeil  (?)  in  beiden  kilchenbörinen  mit  eigen- 
schaft.  TscHüDt  1,172;  in  williger  armüt  on  eigenschaft  ztl 
leben.    Frank  chron.  473'; 

und  mich  armen  so  reichlich  Ihet  ehrn, 

mein  eigtischaft  in  freistand  ihei  kehm.    Avrkh  74'. 

2)  eigenheit,  ahd.  eiganscaf,  eiganscaft: 

es  ist  ja  deine  eigenschaft, 

mit  süszor  kraft 

und  gnad  auf  uns  zu  regnen.    WecKHERLtrr  10; 

die  tugent  ist  dein  eigenschaft.    372; 

durch  seiner  gnaden  eigenschaft, 

beherziget  mit  seiner  kraft, 

kan  mir  für  keinem  iibel  grawen.    lls. 

3)  qualitas: 

erster  Adam  kunie  nennen  jedes  ding  nach  eigenschaft, 
dieser  nennt  für  seine  söhne  die,  die  gleich  von  andrer  kriifi. 

LoOAU  2,  206,  67 ; 
eigenheiten,  die  werden  schon  haften, 
cultiviero  deine  eigenschaAen.    Görus  2,263; 

er  hat  viel  gute  eigenschaften ;  er  versäutute  seine  übrigen 
eigenschaften  auszubilden;  in  meiner  eigenschaft  als  erbe, 
als  Vormund. 

4)  mhd.  bedeutete  eigenschaft  auch  eigenlhum,  dominium 
(mhd.  wb.  1,  416'). 

EIGENSCHAFTEN,  franz.  qualifier:  es  seien  eben  in  diesem 
atmosphärischen  räume  gewisse  geheime,  cüncenlrische  kreise 
abgeschlossen,  die  sich  als  besonders  geeigenschaftet  gelegent- 
lich manifestieren.    Göthe  51,  265. 

EIGENSCHAFTLICH,  proprius:  ich  habe  nichts  dagegen, 
wenn  man  die  färbe  sogar  zu  fühlen  glaubt,  ihr  eigenes  eigen- 
schaftliche würde  nur  dadurch  noch  mehr  bethätigt.  Güthe 
56, 149.  merkwürdige  nebeueinanderslellung  der  fast  gleicfibe- 
deutigen  eigen  und  eigenscbaftlich. 

EIGENSCHATZ,  m.  magna  sui  aestimalio:  sich,  wie  unsere 
gerechtigkeit  zu  hochmut  dienet,  denn  eigenschatz  ist  die 
recht  sündig  art  wider  gott.    ZwiNcit  l,  552. 

EIGENSCHÄTZIG :  danach  verfürt  und  fälscht  uns  die  un- 
gliche  der  Vernunft,  richtagen,  schöne,  stärke,  dasz  jeder  eigen- 
nützig und  eigenschätzig  wirt.    Zwincli  1,  360. 

EIGENSCH.\TZUNG,  f.  was  selbstschätzung. 

EIGENSCHMACH,  f.  propria  contumelia:  eigenlob  und  eigen- 
schmarh.    Logau  2, 104,  31. 

EIGENSINN,  m.  M 

1)  animus   dif/icilis,    obslinalus,   früher   schrieb   man  beide       ■ 
Wörter  getrennt: 

eigen  sinn  und  «tolzer  muu    ALSinut  18'; 

ach  «on,  wie  hast  »u  ein  aigen  sin!    SciiiELtEL  k-m.  ><»i  12*: 

es  ist  nicht  eigentinn,  der  kuine  slt^-ne  iriibt.    GAthi  7,  &. 

2)  diffieultas,  pettinacia,  auf  zustande  angewandt: 

des  ^'hlckes  li;iiiischcr  cii;i>nKiiin 
Willi  Viele  M'h;it/e  die-ier  erden 
unwürdigen  lioitzerii  hin.    IIaciüorn  2,  43; 
der  cigensinn  des  »chicksal>.    Guttir  1,5. 

5)  penOulich  für  difßcilis  bnmo :  bat  Raslnel,  als  er  einem 
niUnch,   der  bader  suchte,   vorbei  giciig,   nicht  recht  wo!  ge- 


101 


EIGENSINNIG  —  EIGENTHUM 


EIGENTHUM  —  EIGENTLICH 


102 


saget,  wenn  dieser  eigensinn  recht  wüste,  was  ein  freund  wäre,  [ 
er  sollte  sich  mit  feinden  nicht  bemühen,  pers.  baumg.  4, 19 ; 

dort  steht  ein  eigensinn  ron  der  catheder  auf. 
GB:«TliKB  &42; 

lasz  mich  allein,  du  kleiner  eigensinn!  Klwgers /A«a/.  2,  321 ; 

«ie  sah  den  ring  bei  ihrer  nachbarin, 

den  ihr  gemabi,  der  eigensinn, 

durchaus  nicht  kaufen  wollte.    Gökogk  3,  271 ; 

natürlich  bekam  ich  kalmäuser.  ich  eigensinn,  manchen  schnö- 
den verweis,  manchen  puf.  J.  H.  Voss  briefe  1,  IT ;  Jungfer 
eigensinn.  man  vgl.  abschanm,  einfalt,  hoffart,  unart,  unQat, 
Unverstand,  Ungeduld,  Unschuld. 

EIGENSINNIG,  tnorosus,  difficilis:  nicht  eigensinnig,  nicht 
zornig,  nicht  ein  weinseufer.  Tit.  1, 7 ;  thürstig,  eigensinnig. 
2  Pet.  2, 10 ; 

wer  gar  lu  eigensinnig  ist, 

nach  diesem  münzcours  sich  ni  achten.    Gökingk  1, 15; 

der  selbst  die  ahnung  jeder  lust 

mit  eigensinnigem  ifriitel  mindert.    Göthk  12,80; 

während  die  eigensinnigen  reize  ihrer  Schwester  mir  eine  an- 
genehme Unterhaltung  verschaften.  16.5;  hübsche  äugen,  eine 
eigensinnige  Stirn,  die  sich  manchmal  ein  wenig  hinaufwärts 
faltete.  27,14;  durch  eine  wunderliche  grille  eigensinniger  Ver- 
legenheit suchte  ich  der  feier  meines  geburtstags  jederzeit 
auszuweichen.   32, 154 ; 

die  eiche  starret  mächtig 
nnd  eigensinnig  zackt  sich  ast  an  ast.    41,  225. 

EIGENSINNIGKEIT,  f.  vas  eigensinn :  weisz,  dasz  sie  {die 
anhdnger  der  augsburgischen  eonfession)  zu  zeilen  von  der 
canzel  scharren  und  strafen  so  grob,  dasz  man  ihnen  etwan 
wegen  ihrer  eigensinnigkeit  das  khufenster  zeigt.  Joannes  Nas 
grosie  gloeke  zu  Erfurt  24.     s.  kuhfenster. 

EIGENSTÄNDIG,  conslans,  selbständig:  dasz  ein  unterschied 
zu  machen  sei  zwischen  einer  allgemeinen  Ursache  und  zwi- 
schen einer  eigenständigen.  Philakder  2,  6U ;  ein  eigenständig 
wort,  substanlivum.    Logao  1, 115,  S8. 

EIGENSUCHT,  f.  privatae  utilitatis  eupiditas,   Selbstsucht: 

er  liebt  des  guten  blüt  und  frucht. 

und  hasset  trotz  und  eigensucht.    Voss  5,70; 

uns  theilte  vieirach  gott  die  frucht, 

damit  wir  nicht  zu  eigensucht 

das  menschenherz  erniedern.    5, 19. 

EIGENSÜCHTIG,  eigennützig,  selbstsüchtig. 

EIGENTH.\FT,  proprjj«,  aArf.  eiganhaft:  niemands  gestatten 
s.  f.  gn.  und  im  stift  in  irem  freien  eigenthaften  guet  zu  be- 
trüeben.  Chmel  urk.  Max.  248 ;  seltzamere  und  eigenthaftige 
(/.  eigenthaftigere)  menschen,  und  die  sich  weniger  zu  bauw- 
leuten  schicken,  solle  einer  kaum  auf  erden  fanden  haben, 
denn  was  einer  heut  kaum  angefangen,  hett  der  ander  mor- 
gen wieder  vergessen.    Kirchhof  icendunm.  366*. 

EIGENTHAT,  f.  was  eigenmacht,  eigenmächtige  that:  die 
eigenthalen  des  grafen  Cobbo.    Moser  1,  303. 

EIGENTHÄTIG,  vas  eigenmächtig:  eigenthätlichs  gewalls, 
propria  aucloritaie.    Frankf.  reform.  IL  17, 19. 

ElGENTHfM,  n.,  der  älteren  spräche  mangelnd,  nnt.  eigen- 
dom,  schwed.  egendom,  dän.  eiendom  scheinen  dem  nhd.  aus- 
druck  abgesehen,  ist.  eigindömr  icar  noch  nicht  altn.,  überall 
galt  früher  das  einfache  eigen,  tcnnn  icol  eigenthum  zuerst 
rorkommt  ?  Dieferbach  verzeichnet  es  nicht  unter  dominium 
190',  «ol  aber  unter  proprielas  466',  Dastpodics  hat  es  322*, 
Maaler  nicht,  also  schon  vor  Luther  war  es  vorhanden. 

1)  eigenthum  an  sacken,  sowol  liegendem  grund  als  fah- 
render habe:  nimpstu  einen  fi-emfaden  zu  dir  ein,  so  wird  er 
dir  unruge  machen  und  dich  aus  deinem  eigenthum  treiben. 
Sir.  11,  35;  er  kam  in  sein  eigenthum  und  die  seinen  namen 
in  nicht  auf  ^vulg.  in  propria  venit,  gr.  eis  za  i'8ia,  also 
goth.  in  j)6  sves6na?)  Joh.  1,11.  man  sagt  heute  das  eigen- 
thum des  grundstücks,  des  pferdes,  proprietas  praedii,  equi. 
auf  den  wellen  ist  alles  welle, 
auf  dem  meer  ist  kein  eigenthum.    Schillir  497*. 

5)  eigenthum  an  leulen:  werdet  ir  nu  meiner  stimme  ge- 
horchen und  meinen  bund  halten,  so  solt  ir  mein  eigenthum 
seii>.  2  Mos.  19,  5 ;  und  solt  sie  {die  fremdlinge)  besitzen  und 
ewre  kinder  nach  euch  zum  eigenthum  für  und  für,  die  solt 
ir  leibeigen  knechte  sein  lassen.  3  Mos.  25,  46 ;  dich  hat  gott 
dein  herr  envelet  zum  volk  des  eigenthums.  5  Mos.  7,  6 ;  und 
der  herr  hat  dich  erwelet,  das  du  sein  eigenthum  seiest.  14,  2 ; 
das  wir  sein  eigenthum  würden  {tulg.  in  redemptionera  acqui- 


sitionis,  eis  a7To)jvrQa)aiv  rrs  TreoiTioiTjatcas,  du  frabauhtai 
gafreideinaisi.  Eph.  1, 14.  mein  eigenthum  2  Mos.  19,  5  tat  das 
eigenthum  gottes,  der  gen.  gehl  auf  den  herrn,  das  eigenthum 
der  knechte  gienge  auf  die  eignen,  man  musx  also  sagen  eigen- 
thum über  die  knechte,  an  den  knechten. 

3)  eigenthum  bildlich:  zum  ruhigen  besitz  eines  unange- 
fochtenen eigenthums  von  rühm  und  ansebn  gelangen.  Wie- 
land  24,28;  nach  dem  absterben  erleiden  organische  körper 
Zersetzung  und  ein  theil  derselben  wird  dadurch  eigenthum 
der  leblosen  natur.  Hacsman.n  einl.  in  die  mineralogie.  192S. 
§.  10 ;  eine  Wissenschaft  oder  einen  satz  derselben  zu  seinem 
eigenthum  machen,  sich  aneignen; 

der  berg  der  ist  mein  eigenthum, 

ich  bin  der  knab  Tom  berge,    übland  ged.  1845  <.  27. 

4)  eigenthum  für  eigenthumsrecht : 

und  wie  der  eulen  nachtgewohnte  brut 
von  der  zerstörten  brandstait.  wo  sie  lang 
mit  altverjährtem  eigeuihum  genistet, 
aufniegt  in  düsterm  schwärm,  den  tag  verdunkelnd. 

Schiller  500*. 

5)  eigenthum  ßr  eigenheit: 

sich  selbst  verachten  ist  der  ihoren  eigenthum. 

Gktphii's  1,  6«>8; 
roisgunst  sei  sonst  wie  sie  wil,  dennoch  ist  ihr  eigenihum, 
dasz  sie  immer  mehr  verklärt  als  venunkelt  unsern  rühm. 
LoGAL-  3,  109,  43. 

EIGENTHCMER,  I7J.  dominus,  possessor:  zu  viel  erfahren- 
heit  ist  ihrem  eigenthümer  oft  hinderlich.    Wiei.a!<d  10,  254. 

EIGENTHLMEKIN,  /-.  possestrix. 

EIGENTHÜ-MLICH,  proprius:  dem  ganzen  Israel  als  seinem 
eigenthumblichem  eigen  volke.    Mathesios  3*; 

ja  alle  Völker,  alle  stand 

von  einem  bis  zum  andern  end 

des  erdreichs  ffirhin  zu  verwalten 

solt  eigenihümblich  du  behalten.    Wkckhcrlix  5; 

er  schenkte  dich  mir,  weil  wir  in  einem  alter  waren,  zum 
eigenthflmlichen  knechte.  Lessirc  3,75;  ich  habe  so  nichts 
eigenthümliches.  3,76;  freiwillig  begab  er  sich  aller  vorzöge, 
die  er  eigenthümlich  besasz.  Schiller  798.  eigen  und  eigen- 
thümlich  liegen  einander  nahe,  wie  unter  eigenheit  angegeben 
wurde,  eigenthümlich  eigen  bei  Mathesics  häuß  wie  eigen 
eigenschaftlich  bei  Göthe. 

EIGENTHÜMLICH,  proprie,  Idsil  sich  in  einzelnen  stellm 
schwer  von  dent  adj.  unterscheiden. 

EIGENTHÜMLICHKEIT,  f  proprielas,  s.  eigenheit. 

EIGE.NTHCMSERWERB,  m.  acquisitio  dominii.  in  dieser 
und  den  meisten  der  folgenden,  von  den  Juristen  ausgegangnen 
zf'^ammensetzungen  ist  blosz  der  eigentlich  lose  gen.  angerückt, 
u,      es  lieszen  sich,    ohne  gewinn,    leicht  noch  andere  bilden. 

EIGENTHC.MSHERR,  m.  dominus,  ein  schwerfälliger,  un- 
nützer ausdruck  für  eigner  oder  eigenthümer:  da  man  gott 
für  den  rechten  eigenthumsherm  aller  creaturen  halten  musz. 
Liscov  3, 181.     auch  pers.  baumg.  9, 1. 

EIGENTHÜMSKLAGE,  f  rei  vindicatio. 

EIGENTHUMSLOS,  prtuper,  unbemittelt:  den  ihm  bekannten 
eigenthumslosen  ein  eigenthum  zu  verschaffen.  Fichte  sittenl. 
398. 

EIGENTHUMSRECHT,  n.  jus  dominii. 

EIGENTHUMSUBERTRAGUNG,  f.  translatio  dominii. 

EIGENTHUMS\TRLUST,  m.  amissio  dominii. 

EIGENTHUMSVERTRAG,  m.  vertrag  wodurch  einer  den  an- 
dern nicht  zu  verletzen  verspricht.    Fichte  naiurrechl  2,  8. 

EIGE.NTLICH,  proprius,  eigen,  mhd.  eigenlJch,  z.  b.  sin  eieen- 
Ikhej  (eignes)  kint.  Ir.  kr.  438,  doch  steht  eigentlich  schon  mysl. 
183,  2 :  auch  ist  eigentlich  {seltsam,  etwas  besonderes),  das  sidt 
der  keiser  seht*  rüstet  und  nicht  gegen  den  Türken.  .Melancb- 
tho.i  an  Faber  ep.  2.  eigentlicher  name  für  eigenname.  eigner 
name,  nomen  proprium:  was  aber  die  nomina  propria  oder 
eigendlichen  namen  der  gi'itter,  raänner  und  weiber  betrift. 
Opitz  poeterei  30.  der  eigentliche  sinn,  verstand,  die  eigent- 
liche meinung;  der  architect  arbeitete  tag  und  nacht,  und 
zwar  tag  und  nacht  im  eigentlichen  sinne.  Götbe  17,  27t ;  ich 
wüste  noch  nichts  eigentliches  von  Lamons  handeL  Wieuno 
13,  34 ;  der  eigentliche  verwurf  {gegenständ}  dieser  abbandlung. 
Kant  8,237. 

EIGE.NTLICH,  proprie,  aceurate:  da  verbeugt  gott  zehen 
blagen  über  das  Egipten  ?and,  als  in  dem  andern  buch  Molsi 
ezodi  an  dem.l.V.  eigent'.ch  geschnben  stot.  Keisersb.  s.  d.  m.  i' ; 
aber  in  den  schulen,  da  sol  Man  eigentlich  davon  reden.  5*'; 

7* 


103 


EIGENTLICH  —  EIGENWILLIG 


EIGENVVILLIGKEIT  —  EIGNEN 


104 


werde  auch  morgen  seine  heiligkeit  ersuchen,  und  mich  des 
tags  wenn  ein  consislorium  wideruinb  sol  angestelt  werden, 
eigentlich  erkünden.  Luther  1,  224' ;  ich  habe  lassen  erkun- 
den und  eigentlich  erfaren.  3,27';  auf  das  man  die  wort 
Christi  deste  eigentlicher  hette.  3,495;  kundt  sich  Sisimethres 
nit  mehr  enthalten,  denn  er  nun  aller  sachcn  eigentlich  he- 
richl  war.  buch  der  liebe  22S,Z;  was  die.  verricblung  gewesen, 
weisz  ich  nicht  eigentlich.  Schweiniciibn  1,  113;  vuii  niüniglich 
einiglich  eigentlich  ewiglich  zu  loben  und  /.u  ehren.  Weckheri.i:« 
dedtcation  xu  den  geisU.  (jed. ;  weitläuftigrr  und  eigentlicher 
zu  schreiben  hat  mich  nicht  allein  die  enge  der  zeit,  sondern 
auch  sonsten  allerlei  ungelegenheit  verhindert.  Opitz  poeterei  l'; 
lieber  vatter,  bericht  mich  doch  eigentlich  wie  ich  die  sach 
▼erstehen  solle.    Sinipl.  K.  75; 

dartimb  .sie  ihn  auch  mehr  aU  zwei  und  dreimal  fragt, 
damit  ihr  alles  Ja  werd  eigenilich  gesagt.    Werdkk.s  Ar.  2,59; 

von  seinen  kricgesgesetzen  will  ich  anrühren,  dasz  er  seinen 
Soldaten  gar  eigentlich  vorgeschrieben,  wie  sie  bei  dem  nn- 
grif  der  Hunnen  sich  verhalten  sollen.  Haiin  2,27;  es  liegt 
nicht  eigentlicher  darinne,  als  die  prümissen  in  einer  con- 
clusion  liegen.  Lbssinc5,  3;  ich  weisz  es  ganz  eigentlich,  ich 
habe  es  an  meine  cahinettliüre  geschrieben.  2,389;  hindurch 
wird  auch  alle  veriniilung  abgeschnitten,  ob  sich  nicht  unter 
den  zu  Heims  verdamnilen  ketzcreien,  deren  keine  eigentlich 
benennet  wird,  die  kctzerei  des  Berengarius  wirklich  mit  be- 
funden. 8,  3b7;  der  pallast  kann  dort  [wo  er  irirklicli  ist)  nicht 
eigentlicher  verbrennen,  als  er  \i\eT(imgrundiisse)  stehet.  10, 124 ; 
in  dazu  eigentlich  bestimmten  Zusammenkünften.  10,  360  ;  desto 
besser  für  den  künig,  oder  eigentlicher  zu  reden  für  den  Staat. 
WiELAND  7,  230  ;  vielleicht  mochten  es  ihrer  vier  gewesen  sein, 
ich  kann  es  so  eigentlich  nicht  sagen.  11,  303;  ein  so  begabter 
geist  blickt,  nach  eigentlichst  orientalischer  weise,  munter 
und  kühn  in  seiner  weit  umher.    Göthe  6,113; 

ich  macht  ihm  deutlich,  dasz  das  leben, 
zum  leben  elgeniiiih  gegeben, 
nicht  soll'  in  grillen,  |th<iniasien 
und  spinlisiererei  eoifliehn.    4,  54. 

EIGENTRACHT,  f.  was  eigensinn:  deshalb  ich  nit  us  eigen- 
tracht,  gfecht  oder  kib  ützid  ze  schriben  genOtiget  wird.  Zwingli 
2,20. 

EIGENTRIEB,  m.  was  eigensucht: 

laszt  eigeniriebe  schweigen, 

die  liebe  ward  geboren.    Platem  52. 

EIGENVERLAG,  m.  Selbstverlag:  buchhändler  haben,  wie 
Holländer,  alle  mögliche  giundsälze  im  laden,  iheiis  als  Sor- 
timent, Iheils  als  eigenverlag.  i.  P.  freilieilbüchl.  US.  dasein- 
fache Verlag  drückt  den  gegensalz  zu  Sortiment  hinlänglich  ans. 

EIOENWEISE,  arrogans:  und  allzeit  die  eigenweisen  ein- 
reden und  widersprechen  den  warhaftigen,  gerechten,  auf  das 
sie  ire  reden  zu  nichle  machen.  Luther  1,  28'.    engl,  selfwise. 

EIGE.NWEISHEIT,  f.  dem  kitzel  der  eigenweisheit  wider- 
stehen.   Cl  At'DIUS   7,  26. 

EiGENWERklSCH,  operibus  pietalem  timulans,  gegenüber 
dem  aus  dem  glauben  rechtfertigen:  hie  handeln  nu  die  törich- 
ten menschen  febriich  und  sonderlich  die  eigenvverkischen 
heiligen.    Luther  l,  234'. 

EIGENWILLE,  m.  arbilrium,  conlumacia,  an  eigensinn  und 
eigendünkel  grenzend:  so  es  mehr  ein  faulheit  und  freier 
eigenwille  ist.  Luther  5,12';  ohne  liehe  nimmt  das  mensch- 
liche herz  leicht  einen  hang  zur  traurigkeil  und  zum  cigeu- 
willen  an.    Gellert; 

und  dir  allein  beugt  sich  mein  eigenwille.    Platkn  94. 

EIGENWILLIG,  arbitrariut,  eontumax:  wenn  jemand  einen 
eigenwilligen  und  ungehorsamen  son  hat,  der  seiner  vater  und 
mutier  stim  nicht  gehorcht  und  wenn  sie  in 'züchtigen,  inen 
nicht  gehorchen  wil.  5  Mos.  21, 18;  «ihel  man  einen  ehehrecher, 
reuber,  Iflgener,  «o  ist  es  nicht»  sonderlichs,  «o  er  ein  köst- 
lich paternoster  tragen  kan,  ein  eigenwillige  fasten  halten, 
oder  etwa  ein  besondern  heiligen  ehret.  Litiikb  1,16«*;  und 
wann  dise  eigenwillige  ketzer,  ro  auf  dem  evangelio  eigen- 
willig beharren,  disz  nllex  nit  glauben,  so  ist  die  sarh  allklar, 
ne.  h»ben  iro  «peck  hinweg  und  man  wünscht  in  nil  ein 
schimlig«  klo<tterleiblin.  Fi.schaht  biefirn/^.  62';  darumh  ists  ein 
grotze  thorheit  an  disen  eigenwilligen  ketzern,  das  sie  mit 
irem  einigen  ichlüsnel  vermeinen  alle  ding  klar  zu  haben.  70*; 
zeigt  sieb  der  kaiser  in  uoemiUdlicher,  eigenwilliger  tblltigk«it 
GOthi  «tSOt; 


von  diesen  trotzig  herrischen  gemüthern 

•■sich  meistern  lassen,  von  der  gnade  leben 

hochsinnig  eigenwilliger  vasallen, 

das  ist  das  harte  Tiir  ein  edles  herz.    Scbillsr  456*. 

EIGENWILLIGKEIT,  f  conlumacia. 

EIGENWILLISCH,  uas  eigenwillig:  die  eigenwillische,  junge 
und  alte  leute.    Hincwai.d  tr.  Eckh.  A6'. 

EIGENWITZ,  m.  pelulantia,  Vorwitz:  wir  können  uns  alle 
bittere  trüb.sal  süsze  machen,  wenn  wir  uns  aller  eigenliebe, 
eigenwillens,  eigenwitzcs  begeben  und  uns  an  gottes  Vorsorge 
genügen  lassen.    Scrivkr  selensth.  2,  7. 

EIGENWITZIG,  petulans: 

und  sei  nicht  bald  in  deinem  mut 
ein  eigenwiizig  klügling  gut. 

PuiLANOKR  2,  750  aus  Ringwalds 
soldatentchrbrief. 

EIGENWOL,  n.,  das  eigne  wol,  im  gegensalz  zum  gemein- 
wol. 

EIGNEN,  mlal.  appropriare,  it.  appropiare,  qualificare,  franz. 
approprier,  qualifier. 

1)  proprium,  aplum  esse,  convenire,  in  der  iUeren  spräche 
oft  mit  gebühren  verbunden :  darumb  wil  e.  eh.  f.  gn.  als 
einem  christlichen  fürsten  eignen  und  gebüren,  bei  seiner 
Seelen  heil  solchen  misbrauch  der  messen  in  e.  eh.  gn.  kir- 
chen  abzubringen.  Luther  2,  3',  ebenso  im  schreiben  der  Uni- 
versität Wittenberg  bei  Melanchthon  1,468;  wie  einem  ehr- 
lichen manne  eigent  und  gebürt.  Reotter  Änej/so»'''»- 30;  ^^i''- 
wol  damit  die  ehr,  so  den  allen  und  ehrbaren  eignet,  auch 
das  schweigen,  so  an  den  weibern  und  jüngsten  wol  stehet, 
nit  gescholten.    Kirchhof  wendunm.  209'; 

wer  spöiilich  fragt,  demselben  eii;net, 

das  im  cjn  gleich  antworl  begegnet.    Wai.bis  4, 38  (255*); 

mit  Verlust  des  guten  namens  einen  guten  freund  erkaufen 

eignet  nicht  den  weisen  leuten.    Looau  1.  185,  77; 

schämet  euch,  dasz  ihr  euch  dessen  gerühmel, 

was  euch  nicht  eignet  und  was  sich  nicht  ziemet.    3,212; 

den  höchsten  zu  loben,  den  nechsten  zu  lieben 

sind  stücke,  draul'  Christen  sich  eignet  zu  üben.     2,  172.  71 : 

was  einem  getreuen  vormunde  zusteht,  eignet  und  gebührt, 
heiszt  es  in  dem  hannoverschen  tutorium;  gerechtsame,  die 
ihnen  vor  allen  andern  puissancen  ganz  alleine  von  rechts- 
wegen  zustehet,  eignet  und  gebühret.    Felsenb.  4,  258 ; 

wem  eignet  gott  ?  was  ist  das  für  ein  goti, 

der  einem  menschen  eignet?  der  für  sich 

musz  kämpfen  lassen?    Lessing  2,  261; 

nur  der  körper  eienet  jenen  mächten, 

die  das  dunkle  scliicksal  flechten.    Schill(r72*; 

musz  all  sein  fühlen  sich  doch  selbst  verdammen, 

weils  seiner  seele  eignet, 

when  all  that  is  wiihiii  him  does  condemn 

itself,  for  being  ihore.    Macbeth  5,  2. 

geeignete  falle  sind  passende,  schickliche,     s.  ungeeignet. 

2)  proprium  reddcre,  dicare:  und  David  war  unter  den 
kindern  Israel  auserkorn,  wie  das  fette  am  opfer  gott  geeigent 
war.  Sir.  47,  2 ;  denn  unsere  herschafl  haben  inen  die  hölzer 
alle  allein  geeigent.  Luther  3,112';  das  derselbig  glaube  on 
alle  werk  gcwislich  uns  Christum  also  eignet  und  gibt,  wie 
er  glaubt.    Luthers  br.  2,  375 ; 

8«  eign  ich  dich  zu  meiner  lieben  braut.    Wiila.-«o  22,  209; 

da  er.  Lida,  dich  mit  sanCler  neigung 

mir,  dem  lange  sehnenden,  geeignet.    Götus  2,  110; 

GaliricLs  geheim  vermögen 

hat,  gcmasz  dem  willen  gottes, 

sie  dem  paradies  geeigimt.    5,275; 

was  im  lebensgnnge 
dem  gulten  seine  gauin  fosAeliid  eignet.    9,345; 
von  wannen  er  sich  eignet  sehr 
gut  exoinpcl  und  gute  lehr.     13,  128; 
und  cignuio  das  goitgesandte  wonnehild 
mit  starken  armen  meiner  lieherrulltcn  brusl.    40,380; 
ein  förmlich  dociimeni,  der  kirrhe  das  zu  eignen, 
du  legst  es  vor,  ich  wjIU  mit  (Voudnn  unterieichneil.   41,295; 

was  könnte  mich  von  dir  si;heiden !  von  dir,  der  ich  auf  ewig 
geeignet  bin.  21, 10 ;  viel  könnt  ich  mir  vom  besiegten  feinde 
damals  selber  eignen.  Tieck  ges.  nov.  10,  330;  hier,  mein  lieber 
guter  ('hristian  Otto,  eigne  ich  dir  wieder  etwas,  vier  befllein 
auf  einmal.    J.  P.  Ilesp.  4, 170.     vgl.  zueignen,  aneignen. 

3)  sich  eignen,  coneenirc,  decert,  wie  1 : 

o  Weisheit,  ja,  was  küII  irlis  leugnen  1 

noch  wird»  dem  bangi-n  herieii  schwer, 

•Ich  delnsin  iirangen  dienii  zu  eignen.    G«mi  1,  480 1 


105 


EIGNER  — EILAXD 


EILÄNDCHEN  — EILEN 


106 


so  hast  du,  feiger,  ganz  zum  sclaven  dich  geeignet  (ergeben)  ? 

sie  erkundigt  sich  nie  nach  neuer  märe,  sie  spähet 

sorglich  den  wünschen  des  manns.  dem  sie  sich  eignete, 
nach.    GöTH«  1,261; 

doch  hoff  ich,  wo  nicht  allen, 

aber  mancher  zu  g>,t'alien, 

der  ich  mich  wol  eignen  (hingeben)  möchte, 

wenn  sie  mich  las  huar  Yerllöchie.    41,26; 

nur  weil  es  dem  dank  sich  eignet, 

ist  das  leben  schäuenswerih.    56,70; 

wie  sich«  eignet  und  gebühret.    Hippel  lebensl.  1,  ISO. 

4)  ein  ^an:  andres  sich  eignen  bedeutet  apparere  und  ist  zu 
nehmen  vie  sich  ereignen  ßr  mhd.  eröugen,  ahd.  ougan,  golh. 
augjan,  tcofür  vir  vorhin  auch  noch  nhd.  eigen  rer:eic/ine/rn  ; 

Ton  aberelauben  früh  und  spat  umgarnt, 

es  eignet"  sich,  es  zeigt  sich  an  und  warnt.     Göthb41.3I4. 

'es  eignet  sich',  es  erscheint,  kündigt  sich  etwas  geisterhaß  an, 
i.  b.  wenn  ein  sterbender  seinen  abtoesenden  verwandten  und 
freunden  durch  einen  ruf,  einen  ton,  ein  gerdusek  den  augen- 
blick  seines  verscheidens  anzeigt,  vgl.  allg.  anz.  der  Ikulsdien 
1846  n'  355  S.  4609. 

EIGNER,  m.  dominus,   eigenthümer: 
weisz  wol,  dasz  ich  über  manches  dennoch  eigner  bleib 
und  bin.    Logau  2, 15S,  98; 

des  eigners  schrein,  wenn  über  bord 

ihr  nach  der  beute  springt.    Göii5gk2,  25: 

aber  die  wagen,  umhüllt  mit  leppichen,  standen  den  eignem 

in  dem  gezelt.  //. '2,  777; 

denn  sonst  möchten  sie  scheu  abirren  Tom  lauf,  und  dem 

schlachifeld 
uns  unwillig  enttraeen,  des  eigeners  stimme  vermissend. 

5,234; 
auch  die  krippen,  gelullt  Ton  zersiümmelten  leichnamen, 

sab  ich. 
und  die  gesehnen  zerschlug  ich  und  tilgte  die  gaul  und 

den  eigner.   Voss  Orid  39,94; 

der  acker  traurt,  der  eigner  flieht.    Voss  4,  210 ; 
er  kann   nicht   aufhören   eigner  seiner  selbst  zu  sein.    Kaxt 
5,  387. 

ElGNERl.N,  f.  domina,  besitzerin:   ich  kannte  die  eigneinn 
schon  seit  der  ostermesse.  J.  P.  anh.  zu  Tit.  1,  64 ;  Beaumar- 
chais  hat   aus  einem  mantel  alter,   füsze,   reize,   taille,   nei- 
gungen  der  eignerin  prophetisch  errathen.    biogr.belust.i,lli. 
EIGNUNG,  f.  dedicatio,  widmung. 

EIL,  f.  feslinalio,  setzen  oberdeutsche  Schriftsteller  ßr  eile, 
wie  nnL  ijl:  in  der  eil,  curriculo,  in  eil  geschriben.  Dast- 
poDiL's  319' ;  in  groszer  eil,  arbeit  in  eil  gemacht,  das  in 
iiner  eil  geschieht,  one  zurüstung  und  vorbedenL  Maaler 
122*;  so  si  die  reis,  welche  gar  an  der  eil  ligt,  im  sinn 
haben.  Frank  weltb.  loo';  also  das  in  die  eil  und  flucht  nit 
bessere  kriegsleut  seind.  1S3';  daran  die  Schneider  zwar  auf 
die  eil  arbeiteten.  Simpl.  K.  128.  selbst  Geliert  schreibt  4, 149 
in  der  eil,  Kli.ncer  9,  252  es  hatte  eil,  solche  eil.     ».  eile. 

EILAND,  n.  insula,  leidet  doppelte  deutung.  entweder  steht 
es  ßr  euland,  üuland  {wie  eigen  für  öugen),  auland,  und  wäre 
das  altn.  eyland,  ddn.  öland  und  ejland,  ags.  iglond,  nl.  eiland, 
die  sämtlich  auf  ey  insula,  schwed.  ddn.  ö,  ahd.  ouwa,  nbd. 
aue  zurückgehn,  wie  aue  selbst  wasserumßosseties  land  be- 
zeichnet {vgl.  die  fries.  inseln  Wangeroge,  Spikcröge  ti.  s.  w.) 
oder  unser  eiland  wäre  gekürzt  aus  einlant,  was  mhd.  tnsula 
ausdrückt,  gleichsam  allein  und  abgeschnitten  tn  der  flut  lie- 
gendes land.  da  sich  nun  kein  ahd.  ouwalant,  mhd.  öuwelant 
darbietet,  bleibt  nichts  übrig  als  unser  nhd.  eiland  ßir  erborgt 
aus  der  nl.  oder  nordischen  form  oder  ßr  entstellt  aus  mhd. 
einlant,  das  vielleicht  selbst  aus  eilant  verbildet  wurde,  zu 
erklären,  das  wort  ei,  ovum  kommt  nicht  in  betracht,  wenn 
schon  der  dotter  wie  eine  runde  msel  im  eiweisz  schwimmt. 
eiland  hat  DiEFe.tBACB  unter  insula  nur  aus  nl.  oder  cölni- 
schen  vocabularien,  Dasyp.  und  Maaler,  selbst  IIe!<zler  geben 
es  noch  nicht,  wol  aber  Hemscii  835, 39,  ohne  zweifei  auch 
aus  nl.  quelle;  zu  verwundern  ist  sein  abgang  bei  Luther. 
im  17  jh.  verbreitete  es  sich  und  war  den  dichtem  des  18  mit 
seinem  wullaut  willkommen,  unterm  volk  konnte  es  den  her- 
sehenden ausdruck  insel  nicht  verdrängen,  bei  pLEHUtc  sollte 
man  eiland  erwarten,  da  es  Olearids  pers  reiseb.  2, 3  hat, 
ich  suchte  vergeblich  danach. 

um  reusen  in  das  schili 
zu  legen,  das  ringsum  den  Strand 
von  tiahen  eilandeii  um^'ab.    Ew.  to*i  Kliist  1,  80; 
wie  oder  zögerst  du  von  de«  Albion 
eiland  herüber?    Klopstock  1,  7; 


von  Britanniens  stolzem  eiland.    daselbst; 
ihn  in  dem  eiland  sah  ich  der  wehmut  thränen  vergieszen. 

Od.  4,  556; 

{TraunToU  donnerte  dort  an  des  eilands  küste  die  brandung. 
*  5,402; 

und  umher  sind 
viel  eilande  bewohnt  und  nachbarlich  nebeneinander.    9,  23: 
so  schöne  läge  hat  dies  eiland  nie 
gesehn,  seit  eigne  forsten  es  regieren.    Schuler  417*. 

EILÄNDCHEN,  n.  parva  insula:  eiländichen.  pers.  reiseb.  2, 3. 

EIL.LNDER,   m.    incola  insulae:    aus  den  geseUen,    die  er 
seinen  eiländern  gab.     Stolbebc  8,  439. 

EILBAUM,  m.  Hex.    Mecesberg  325, 10,  nach  dem  lat.  wort. 
Nemsich  hat  eilen  für  betula  alnus,  eller. 

EILBOTE,  m.  cursor,  curier:  eilboten  giengen  hin  und  her. 
Schiller  36S*.  3S6'  setzt  daßr  die  eilenden. 

EILBOTSCHAFT,  f    schw.  iibud,  ddn.  iilbud. 

EILE,  f  festinatio,  ahd.  51a,  mhd.  ile:  und  sie  gieng  bald 
hin  mit  eile  zum  könige.  Marc.  6,  25 ;  zur  weltlichen  narung 
ist  jederman  itzt  jach  und  eile  mit  seinen  kindern.    Lctber 
4,440*,  wo  jedermann  der  dativ  und  eile  das  subsl.  ist;  dar- 
umb  nil  ichs  itzt  auf  ein  eile  hie  lassen.  2, 161* ;  ob  sie  (die 
öden)  schon  auf  der  eile  weg  gemacht  sind.  Opitz  poet.  62 ; 
was  new  ist  angenem,  wird  widrig  in  der  eile, 
wann  ihm  nicht  gut  und  nutz  gibt  kraft  und  länger  weile. 
LOGAO  3, 113,  67  ; 

schnell  mit  unanstündger  eile 
mich  unbereiiet.  ohne  anwalts  hülfe 
vor  ein  noch  nie  erhört  gericht  gestellt.    Schiilb»  407»; 
also  sprach  er  und  horchte,  man  hörte  der  stam|>renden  pferde 
fernes  getöse  sich  nahn,  man  hörte  den  rollenden  wagen, 
der  mit  gewaltiger  eile  nun  donnert  unter  den  ihorweg. 
GöTHB  4U,  243 ; 

diesen  gebeut  er  dir  jetto  hinweg  zu  senden  in  eile. 

Od.  5, 112. 

die  ältere  spräche  läszt  gern  dem  eile  den  artikel  oder  ein 
adj.  vorausgehen :  in  der  eile,  auf  der  eile,  an  der  eile,  auf  die 
eile,  in  einer  eile,  in  aller  eile,  es  hat  keine  eile  damit,  in 
gröszter  eile,  man  sehe  die  unter  eil  gegebnen  stellen,  s.  eilen. 
EILEBEUTE,  m.  ein  imperativiscJter  name  Es.  8, 3  :  und  gieng 
zu  einer  prophetinne,  die  ward  schwanger  und  gebar  einen 
son,  und  der  herr  sprach  zu  mir,  nenne  in  Rauhebald.  Eile- 
beute, xäJLeaov  ro  ovoua  avtov  TaxsoK  (nn').evaov,  Ostcos 
Tcoovöusvoov,  vulg.  voca  nomen  ejus  Accelera  |pulia  detrahe, 
Festinä  praedari.  Göthe  41,  273 /f.  gesellt  dem  Uabebald  eine 
Eilebente  und  einen  Haltefest, 

EILEN,  festinare,  properare,  ein  vorhersehend  hochdeutsches 
worl,  dem  es  mühe  kostet  auf  den  grund  zu  schauen,  goth. 
keine  spur  davon,  Ulfilas  setzt  sniumjan  d.  i.  schleunigen. 
ahd.  ist  illan  =  ilian,  llan  sehr  häufig  ßir  festinare,  tendere, 
ardere,  moliri  (Graff  1,226 — 31),  mhd.  ilcn;  alts.  Mlan  kommt 
nur  einigemal  vor,  ags.  engl.  mnl.  alln.  mangelt  es,  nnl.  ijlen, 
scAir.  ila,  dän.  ile  scheinen  aus  dem  hochdeutsch  eingeführt, 
dagegen  findet  sich  ein  uns  gebrechendes  subst.  mit  kurzem  i, 
ags.  il  m.  callus,  planta  ^pedis,  pl.  ilas,  fries.  ili  oder  il 
callus,  altn.  il  f  planta  pedis,  pl.  iljar,  norir.  il,  welche,  wie 
schon  Ihre  1,  9S4  sah,  unserm  verbum  nah  verwandt  sein 
mögen,  merkwürdig  steht  neben  ihnen  alta.  ilki  m.  pes  (Sveinb. 
Egilssob  436"),  nonp.  ilk  (Aases  193*1  planta  pedis  und  hier 
überrascht  die  einstimmung  des  lappischen  juolke,  juolgge, 
finnischen  jalka,  est.  jalg  pes.  sichtbar  sind  diese  formen  ii 
und  ilki  fast  identisdi,  letzteres  entweder  erweilerung  oder  er- 
steres  kürzung,  Übergang  der  Vorstellung  des  fuszes  in  die  des 
eilens  ergäbe  sich  leicht,  eilen  heiszl  seine  füsze  wenden, 
drehen  oder  anstrengen,  brauchen,  im  fuszstapf  ist  alsogleich, 
e  vestigio,  Schweiz,  fuszwarms,  auf  der  stelle  (Stalde«  1,407); 
sich  füeszen  heiszt  eilends  gehen  (Schmelleb  1, 572),  einem 
füsze  machen,  einen  zur  eile  treiben,  die  angst  beflügelt  den 
eilenden  fusz.  Schiller  62*;  eilenden  fuszes.  GöruE  41,206. 
ob  nun  1  ßtr  i  unorganisch  entsprang  oder  beide  vocale  im 
ablaut  stehend  die  formet  ilan  eil  ilum  rechtfertigen,  bliebe 
noch  problcm.  sonst  (über  diphth.  s.  46)  hatte  ich  andern  weg 
einschlagend  ahd.  illan,  illan  zum  golh.  iddja  iri(  gehalten; 
wirklich  gibt  Luc.  8,  4,  ro  die  vulg.  properarent,  Lcther  eileten 
setzt,  Ulfilas  gaiddjedun,  doch  für  itOfEvta&nt.  allein  dieser 
erklärung  stände  auszerdem  manches  entgegen,  so  sehr  auch 
die  auxiliarverwendung.  die  wir  gleich  bei  eilen  gewahren 
werden,  mit  der  von  gehen  zusammenträfe. 
1)  intransitives  eilen, 

a)  eilen,  schnell  gehen,  fliegen  u.  s.  w.,  frühe  kommen,  bei 
DiEib.'tBACB  347*   manicare   oder   manitare,    ein   bei  Düca.ice 


J07 


EILEN 


EILEN 


108 


fehlendes,  von  niane  gebildetes  mlat.  wort:  Abraham  eilet  in 
die  hiitten  zu  Sara.  1  Mos.  18,  6 ;  wie  ein  vogel  zum  strick 
eilet,  und  weisz  nicht  das  im  das  leben  gilt.  spr.  Sal.  7,  23 ; 
da  nun  viel  volks  beieinander  war  und  aus  den  stedten  zu 
im  eileten.    Luc.  4,  8 ; 

Taule  stunden,  eilet  doch, 
eilet  doch  ihr  faulen  stunden!    GtJNiiiRR  282; 
und  eilt  so  Treudig  in  die  see.    Grllkrt  1,58; 
der  zorn  bringt  ihn  zu  schnellen  schriucn, 
er  eilet  nach  der  nahen  stadt.    1,  71; 
wo  willst  du  klares  bächlein  hin  so  munter? 
du  eilst  mit  rrohem  leichtem  sinn  hinunter.    Göthe  1,  207; 
du  eilest  mit  gelasznem  mut  zur  müle, 
und  weist  nicht  was  ich  juuges  blut  hier  fühle,    das.; 
kleiner  elfcn  geistergrösze 
eilet  wo  sie  helfen  kann.    41,3; 

0  so  eile  denn  schif  mit  allen  günstigen  winden!    1,  .101; 
und  er  eilete  fort,  um  mittag  gelangt  er  nach  hofe.  40,106; 
eileie  nun  in  das  land  und  gebiet  der  fnakischen  männer. 

Od.  6,  8. 

Sprichwort,  eile  mit  weile,  feslina  Icnte.  s.  davon  eilen,  fort 
eilen,  bin  eilen,  nach  eilen,  enteilen. 

b)  oft  folijt  auf  eilen  'und'  mit  dem  die  eigentliche  handlung 
enthaltenden  verbum,  deren  schnelle  und  fürderung  nur  durch 
eilen  gehoben  wird:  eile  und  menge  drei  masz  semelmel, 
knete  und  backe  kuchen.  er  aber  eilet  und  lief  zu  den  rin- 
dern und  holet  ein  zart,  gut  kalb  und  gabs  dem  knaben, 
der  eilet  und  bereitets  zu.  1  Mos.  18,6.7;  eile  und  errette 
dich  daselbs.  19,  22 ;  und  eilet  und  gosz  den  krug  aus  in  die 
trenke.  24,  20 ;  und  sie  eileten  und  legt  ein  iglicher  sinen 
sack  abe.  44,11;  eilet  nu  und  ziehet  hinauf  zu  meinem  vater. 
45,  9 ;  eilet  und  kompt  hernider  mit  meinem  vater.  45, 13 ; 
und  das  volk  eilete  und  gieng  hinüber.  Jos.  4, 10 ;  eileten  sie 
und  machten  sich  früe  auf.  8,14;  darum  eilet  und  seid  nicht 
faul  zu  ziehen,  rieht.  18,  9 ;  eilet  David  und  lief  vom  zeug 
gegen  dem  philister.  1  Sam.  17,  48  ;  das  weib  aber  hatte  da- 
heim ein  gemestet  kalb,  da  eilet  sie  und  schlachtets.  28,24;  eile 
und  mache  dich  behend  von  Jerusalem  hinaus,  apostelg.  22, 18. 

eilet  und  löschet 

und  rettet  das  haus!    Götos  11,152. 

das  'und'  wird  selbst  entbehrlich  und  ausdrucksvoll  weggelassen : 
mit  diesem  eibat  er  sich  die  Schlüssel,  eilte,  fand  die  puppen. 
Göthe  18,  ll;Tn/id.  51e  du,^  var,  liebe!  Kehr.  2796  (wo  ich  das 
aufgenommne  vor  der  lesart  var  nachsetze),  denn  gerade  so 
bleibt  nach  gehn,  stehn,  faren  «.  s.  w.  gern  die  copula  weg 
{gramm.  4,  950) ;  eilen  ist  hier  überall  beinahe  bloszes  hilfswort. 

c)  seine  aiuciliare  natur  bestätigt  auch  ein  folgender  inßnitiv 
oder  conjunctiv :  eilet  solchs  zu  thun.  2  chron.  24,  5 ;  meine 
Sterke  eile  mir  zu  helfen,  ps.  22,20;  eile  gott  mich  zu  er- 
retten. 70,2;  mein  gott  eile  mir  zu  helfen.  71,12;  haben  wir 
desto  mehr  geeilet  ewer  angesicht  zu  sehen.  1  Thess.  2, 17 ; 
ich  eile  deinen  befehl  zu  vollziehen; 

war  verwirrt  und  wollte  sich  retten  und  eilte  zu  (liehen. 

GöTiiB  40,99; 
was  ich  so  sehr  nicht  zu  erzählen  eile, 
eilt  ihre  raajestät,  wie  mir  geschienen, 
noch  weit,  weil  weniger  tu  hören.    Schiller  282". 

die  ahd.  mbd.  spracht  liesz  den  inf.  bald  ohne,  bald  mit  zi, 
ze  folgen : 

mit  werken  fliu  rehtdn  sd  tlet  sie  gislihten.    0. 1.  23,28; 

ili  ij  io  irfullcn  mit  mihilemo  willen.    11.9,66; 
lle  mir  ze  hSlfenne!    iV.  pt.  71,2; 

dö  hiej  »1  ilen  gengen, 

ein  ammen  gewmnen.    Dicikk32,20; 

dö  llien  si  der  friunde  desie  m6  bejagen.    Nib.  168,  2; 

den  Ute  man  d6  toufen  und  gnp  im  einen  namcn.    660, 1 ; 

durch  goi  ile  mir  ze  sagen.    Dietr.  7289. 
ahd.   konnte   auch   die   conjunction    da;  oder  ohne  sie  blotier 
conjunctiv  gesetzt  werden: 

lltun  lAr  bl  nötin  ihaz  ti  nan  steinötln.    0.  III.  22,34; 
ioh  ilit  fr  gigihi^     0.  I.  1,  32; 
mhd.  Ilüen  si  vuorcn  (d.  i.  vOercn).    Kehr.  11900. 
*dasz'   hat  gleichfalls   Lcther:    eilet   da«   wir  gehen!    eamut 
quam   citissime '.    2  Sam.  15,14;    eilet   das   Haman   tbue   was 
Esther  gesagt  hat.    Rtlh.  5,  h. 

d)  LcrncH  verbindet  'auP  oder  'zu'  mit  eilen :  ein  iglicher 
eilet  auf  »ein  haus,  llaygai  1,  •• ;  dnrumh  ist  c»  ein  schweres 
wesen  zu  unsern  zeiten,  das  man  viel  mettsen  heit  und  nur 
auf  messe    stiften    eilet.    LtTiiea  1,  *l*;    welch«'  auf  mensch- 


lichen trost  eilen.  8,323';  hat  mein  fusz  geeilet  zum  betrug? 
Hiob  31,  5 ;  wie  ein  vogel  zum  strick  eilet,  spr.  Sal.  7,  23 ; 
wie  die  adeler  eilen  zum  asz.    Habacuc  1,  8. 

e)  unpersönlich,  es  eilt,  eilt  mir,  hat  eile  damit:  es  wird 
ihm  nicht  eilen.  Schiller  188'.     vgl.  Lcthers  mir  ist  eile. 

2)  transitives  eilen  für  accelerare,  antreiben,  anstrengen  er- 
scheint weder  ahd.  noch  mhd.,  und  nur  bei  schlechten  nhd. 
Schriftstellern: 

nun  sind  die  stett  also  geteilt, 

das  kcins  das  ander  irt  noch  eilt.    Tiicrmeisser  arc/it<fuxa  8 ; 

eür  königlich  majestat  ich  bitt 

wöll  den  beklagten  nur  nit  eilen.     \vri'.r298'; 

sie  eilt  ihn  zu  dem  lauf  und  eilt  ihn  in  dem  zeit. 

,  Wkrders  Ar.  1,  17  ; 

denn  alsobald  als  sie  den  köpf  zur  erden  brachte, 
eilt  er  die  federn  sehr  der  tliegciid  alt,  und  nahm 
gar  weile  räder  rümb,  und  auf  die  erde  kam.     4,24; 
die  rüder  eilet  er  umb  so  viel  mehr  geschwind, 
dasz  näher  kommen  er  und  sie  erkennen  künd.     11,  34. 

s.  beeilen,  ereilen,  übereilen. 

3)  reflexives  eilen,  mit  dem  acc.  sich,  stall  des  ahd.  mhd. 
gen.  sin  (ijromfn.  4,  33.  35) :  auch  ie  mehr  ich  mich  eilete  und 
beflisse  den  leuten  aus  den  äugen,  mir  aber  aus  dem  geläth- 
ter,  gespött  und  gcfahr  zu  entkommen,  ie  mehr  ich,  wie  man 
sagt,  in  die  brühe  gerathen.    Philander  1,  49  (52) ; 

der  eilte  sich  hinweg,  durch  diese  schrift  verbunden. 
Werders  Ar.  2,  15; 

ich  eilte  mich,  was  ich  konnte;  du  hast  dich  nicht  genug 
geeilt; 

kupferstich  und  holzschnitt  thun  sich  eilen 
ihn  allen  weiten  mitzutheilen.    Göthe  2,220; 
doch,  wie  sie  auch  sich  eilen  kann.    12,208; 
drum  eilt  euch  wieder  zu  genesen.    13.80; 

hier,  bei  genauer  betrachtung,  scheint  es  als  wenn  jeder  schal- 
punct  sich  eile,  die  nächsten  aufzuzehren.  55,  320 ;  wir  wollen 
uns  eilen,  dasz  wir  in  die  better  kommen.  Klingers  th.  4,  224 ; 

so  eil  dich  Franz!  ich  glaube  gar,  du  weinst. 

Körner  Zriny  5, 1.  vgl.  beeilen. 

EILEN,  dolere,  salivam  movere,  in  der  Volkssprache  einiger 
gegenden  vom  wässern  oder  abstumpfen  der  zahne  gebräuch- 
lich, weil  es  ein  verwandtes  gefühl  ist,  wann  sie  sich  nach 
speise  sehnen,  hungern,  oder  saure  speise  gebissen  haben,  die 
Zähne  werden  eilend,  wesleiwäldisch  eil,  stumpf  (ScnsiiDT  s.  51), 
und  diesem  eilen  sieht  wiederum  schwed.  ila  zur  seile:  det 
ilar  i  landen,  dens  subito  dolore  corripitur,  det  ilar  i  tündema, 
die  Zähne  wässern,  was  man  bedenklich  von  il  turbo,  procella, 
ahn.  cl,  isl.  jel  ableitet,  denn  kein  verbum  ela  entspricht, 
allein  genau  wie  neben  il  planla  pedis  ilki  erscheint  auch  ahd. 
ilgi,  ilki  fames,  Stridor  dcnlium  (Diut.  1,  250)  und  in  schwä- 
bischer Volkssprache  ilgern  obstupescere  (Diefenbach  390')  vom 
wässern  der  zahne:  nun  wir  sehen  taglich,"  wann  ein  mensch 
das  ander  sieht  sur  ding  essen,  das  im  sein  zen  ilgern.  Ober- 

UN  728; 

mn-  Ilgern  dzän.    Mörin  33; 

und  dem  sein  zea  gen  in  gnr  ser  ilgen. 

KosKMBLÜTs  Spruch  iJon  Nürnberg  99; 

welches  ilgen,  ilgern  anderwärts  umgesetzt  wird  in  iglen  (Stald. 
2,68): 

mins  bruders  tod  der  iglet  mich.    Rusrs  Adam  2921 ; 

das  thuot  mich  iglen  und  verdricszen.    Heini  300, 

vgl.  igeln,  cgeln  (oben  sp.  34)  von  der  dem  zdlinestumpfen 
ähnlichen  empfindung  des  prickelns  vor  kälte,  alln.  tenn  honom 
teygjaz.  Scem.  136*.  an  das  engl,  ail  dolere  ist  wol  nicht  zu 
denken,  welches  eher  auf  ags.  äidlian,  languere,  aegrotare,  exole- 
scere,  ahd.  aritalan  (Grafk  1,1541  zurückgeht;  viel  mehr  für 
sich  hat  die  ableitnug  von  eilen  festtnare,  da  dem  ahd.  Ulan 
ausdrücklich  die  bedeulung  von  ordere,  fervere  zusteht  (Graff 
1,  226) :  die  zahne  glühen,  brennen  d.  i.  schmerzen,  entschei- 
dend scheint  eben,  dasz  für  beide  Wortanwendungen  die  doppel- 
form il  und  ilki,  eilen  und  ilgern  sich  entfaltete,  ja  dast 
glrichmdszig  gesagt  wird  'mir  ilgert',  'mir  ilgern  die  zühne* 
und  'mir  eilt  es"  für  ich  habe  eile,  es  dürfte  von  wässernden 
Zähnen  auch  heiszen,  dasz  sie  rinnen  und  laufen,  womit  wie- 
der der  nrsfiiün<iltche  sinn  des  eilcns  erreicht  würde. 
F.ILKN,  n.  fcftinalio: 

sclil.1ni;elt,  ihr  blitze, 
mil  wiiUiondcm  eilen.    Göthe  It,  195; 
li'JM!  Will,  schon  lieht  michs  duhin  in  schwankendem  eilen. 

1,819. 


109 


EILEND  — EILFERTIG 


EILFERTIGKEIT  —  EILSCHRITT 


110 


EILEND,  properans,  eitus,  der  unfleelierte  nom.  ist  ofl 
schwer  vom  adv.  zu  unterscheiden:  und  eilend  liesz  sie  den 
krug  ernider  auf  ire  band,  l  Mos.  24, 18 ;  gebe  eilend  zu  der 
gemeine,  i  Mos.  16,46;  jaget  inen  eilend  nach.  Jos.  2,5; 
kom  zu  uns  erauf  eilend.  10,  6 ;  da  lief  sie  eilend  und  sagts 
irem  mann  an.  ridit.  13, 10 ;  und  sie  kamen  eilend,  vulg.  et 
venerum  festinantes,  goth.  qemun  sniumjandans.  Lue.  2,16; 
steig  eilend  ernieder,  rulg.  festinans  descende,  goth.  snium- 
jands  dalajj  atsteig.  19, 5 ;  ein  kurze  und  eilende  zuberei- 
tunge,  das  Cbristus  kerne.  Lctheb2,  226;  etlicbe  hitzige  und 
eilende  (fertidi)  menschen.  Llthers  br.  4, 560 ;  die  Ens,  ein  fast 
groszer  und  eilender  flusz.    Fra.ne  iceltb.  32'; 

eilend  gieng  er  zum  wald,  ßrj  P  Xuev  eis  vlrjr. 

Od.  5,  475, 

was  wieder  gleichviel  ist  jenem  'eilte  und  gieng'  oder  dem 
schaeiz.  'gieng  gen'  {gramm.  4,  97) ; 

und  ich  verkannte  sie  nicht,  ergrif  die  eljende.  Götbe  1,264; 
denn  Zwiespalt  war  mir  im  herzen, 

ob  ich  mit  eilenden  rossen  das  dorf  erreichte.    40,247; 

es  ist  zu  spät,    indem  du  deine  werte 

verlierst,  ist  schon  ein  raeilenzeiger  nach  dem  andern 

zurückgelegt  von  meinen  eilenden, 

die  mein  gebot  nach  frag  und  Eger  uragen.    Schiller  36S»; 

eilende  wölken,  segler  der  lüfte, 

wer  mit  euch  wanderte,  mit  euch  schifte!    425'; 

sein  herz,  das  gern  die  eilenden  töne  ohne  Störung  aufsog. 
J.  P.  Hesp.  2,  94 ;  ja,  so  ruhig  und  unbekannt  und  heiter  will 
ich  mein  eilendes  leben  führen.  Tit.  2,  59 ;  die  eilenden  lei- 
densstationen.   jubeisen.  59. 

EILEND,  festinanler,  ahd.  Ulanto,  mhd.  ilende :  es  geschach 
eilend.  2  cAron.  29,  36 ;  und  gebet  eilend  bin,  vulg.  et  cito 
cuntes.  Matth.  2S,  7;  und  dasz  alles  eilend  schnell  vorbei- 
gebe I    ScHiLLEß  1073*.     besse^■  sieht  vom  adj.  ab  das  folgende 

EILENDS,  festinanler,  Maaleb  123':  Ariocb  bracht  Daniel 
eilends  hinauf  für  den  könig.  Dan.  2.  25 ;  da  ergrimmet  der 
könig  und  gebot,  man  soll  eilends  pfannen  und  kessel  über 
das  fewT  setzen.  2  Macc.  ',  3 ;  bab  ich  mich  bedacht  die  sach 
nit  langer  zu  verachten  und  eilendes  von  dannen  verruckt 
Hl'ttex  5,29;  gingent  sie  eilents  aus  dem  sal.  Aimon  ei'; 
aber  er  stund  eilents  auf.  s2";  dasz  du  dich  so  eilends  be- 
reit hast  meinem  willen  ein  genügen  zu  thun.  Galmy  42; 
Galmy  sich  rüstete  eilends  in  Britannien  zu  reiten.  291 ;  er 
lief  eilends  wider  zu  haus.  Wiclba«  roUw.  73;  eilents  abge- 
fertiget.    Kirchhof  icendunm.  105'; 

das  jungfräulein  musz  ich  ban 

eilends  und  geschwinde.    Hofi.  gesellsch.  lied.  s.  SO; 

trägt  eilends  schilf  zu  häuf 

und  altes  moos  zur  lagerstatt.    W'iKLi.tD  23,  2S ; 

doch  der  stürm, 
der  eben  jetzt  im  anzug  ist,  und  der 
auch  mich  gezwungen,  eilends  hier  zu  landen.   Scuilleb  539* 

als  ein  officier  zu  pferde  eilends  herankam.    Göthe  18,312. 
EILER,  m.  festinator,  properator.    voc.  theut.  1482  gl'; 

niemals  sei  zu  rasch 
indem  du  aus  dem  wagen  steigst,  denn  sonst 
siöszt  Unglück  leicht  dem  eiler  zu.    Tiecc  10, 146. 

EILF,  undecim,  goth.  ainlif,  ahd.  einlif,  mhd.  einlif,  einlel^ 
eilif,  eilf,  nnl.  elf,  nd.  eleve,  ölwe,  ölwen,  ags.  endleofan, 
engl,  eleven,  alln.  ellifu,  schw.  ellofva,  eifva.  ddn.  elleve.  rer- 
mulungen  über  diese  zahlbildung  stehen  GDS.  246.  tcenn  Les- 
sing 2,  41)0  sagt  eine  halbe  minute  auf  eilfe,  so  erscheint  hier 
noch  der  pl.  des  Zahlworts,  eilf!  eine  büse  zahl.  Schiller  337*. 
das  mhd.  hat  zuveilen  die  cardinalzahl  statt  der  ordinalen,  z.  b. 
Sit  mlnen  eiüf  jären,  seil  meinem  eiißen  jähr.  Trist.  430,  23, 
wie  in  ir  zwelif  jären.  Gudr.  199,1;  je  eilf,  undeiii.  für  eilf 
dringt  allmdlich  auch  in  der  schriß  die  nd.  form  elf  durch. 

EILFEK,  m.  undenarium  vinum  generosum  anni  1811,  gebil- 
det wie  dreier,  fünfer,  zehner,  zwanziger,  also  mhd.  eiolifserer 

als  im  schmucken  hnin  und  haus 
festlich  eilfer  uberHosz.    Götue  4,  169; 

nun  muste  denn  wol,  im  angesiebt  so  vieler  rebhügel,  des 
eilfers  in  ehren  gedacht  werden.  —  ferner  hat  denn  auch  der 
eilfer  die  haupteigenschaft  des  treflicben,  er  ist  zugleich  küst- 
lich und  reichlich.    43,  256. 

EILKFULEI,  undeeim  generum,  wäre  mhd.  einlifer,  eilfer  leige. 

EILFEUTIG,  properans,  festinans  und  adv.  festinanler: 

wie  dasz  ich  doch,  mein  herr.  so  blind  dein  leiden  flieh  ? 
wie  dasz  ich  nicht  mit  dir  eilfertig  dahm  zieh  ? 
wo  du  durch  angst  und  kreuz  wirst  in  den  himmel  gehn. 
Grtfbius  2,  401 ; 


ein  eilfertiger  aufbruch.  pers.  rosenlh.  5, 16 ;  sie  reiseten  auf 
das  eilfertigste  in  ihr  land.  Weise  kl.  l.  378;  die  eilfertige 
Schäferin  ist  die  erste  schäfererzählung  Joh.  Christ.  Rosts 
überschrieben  ;  die  bewegungen,  weiche  die  allmälich  erwachen- 
den rauher  machten,  nölhigten  Psychen  sich  aufs  eilfertigste 
zu  verbergen.  Wiela-isd  1,  49 ;  sie  verlieben  sich,  wie  es  scheint, 
sehr  eilfertig.  12,94;  ihr  würdet  nicht  so  eilfertig  mit  euren 
urtheilen  sein.    Güthe  16,  00 ; 

vor  tages  anbruch  hätten  beide  lords 
eilfertig  und  geheimnisvoll  die  Stadt 
verlassen.  Schiller  445'. 

EILFERTIGREIT,  f.  properatio:  die  vorkommenden  fehler 
wird  meine  beinahe  ganz  unglaubliche  eilfertigkeit  entschul- 
digen müssen.  Rabener  1, 14S;  er  bat  einen  wichtigen  gehei- 
men aufirag,  der  die  gröszte  eilfertigkeit  erfordert,  Schiller  659*. 

EILFFACH,  undecuplus,  was  eilfmal  genommen,  übereinander 
gelegt,  eilfmal  enthalten  ist. 

EILFJÄHRIG,  vndecim  annorum:  ein  eilfjähriges  madchen. 

EILFLUG,  m.  volatus  repentinus:  der  eilOug  der  zeit. 

EILFMAL,  undecies. 

EILFMALIG,  undeäes  repetilus. 

EILFTE,  undecimus: 

was  zehne  oti  zu  suchen  fleiszig  sind, 

dasz  es  der  eilfte  doch  nicht  fiodt.    G(;ntber  956. 

ein  et^hemismus  ßr  penis  war  der  eilfle  finger,  daume: 

si  enbran  als  ein  zunder 

von  der  angesihte, 

da;  dem  tutnben  wihte 

der  eilfte  vinger  was  ersworn.    fragm.  41* ; 

item  ein  dieb,  der  einem  manne  sein  bersteile  ijugumentum 
plaustri)  afstellet,  dat  man  (man  ihn)  daer  over  krieget,  sali 
bei  op  dat  herstelle  mit  seinem  bueke  gaen  liggen  und  steken 
seinen  eilften  dumen  vor  dat  stelle,  bisz  so  lange  er  bi  enen 
schmit  kompt  und  stellet  enen  andern  nagel  dafür,  buten  des 
fuhrmans  schaden,    weisth.  3,  70 ; 

unklug  schob  er  den  kleinsten  der  zehen  finger  ins  riugchen, 
nur  der  gröszte  gehört  würdig,  der  eilfte,  hinein. 

Göthe  in  den  ungedrucklen  epigrammen. 

EILFTEHÄLB,  decem  cum  dimidio. 
EILFTEL,  n.  undecima  pars. 
EILFTENS,  mdecimo. 

EILFÜHRE,  /.  zum  unterschied  von  der  geteöhnliehen  fracbt- 
fohre. 

EILGEBOT,  n.  was  eilbotschafl : 

dasz  ich  ein  eilgebot 
des  königs  treu  erfülle,  wie  der  gaitin  ziemt.   Göths  41.1*0. 

EILGEWOHNT,  assuelus  ut  festinet: 

die  jähre  fliehen 
mit  eilgewohnten  flügeln.    Siro:«  Dach. 

EILGUT,  n.  waaren  die  mit  eilfuhre  oder  eilzug  der  eisen- 
bahn  befördert  werden. 

EILIG,  festinus,  properus,  ^  relax,  ahd.  ilic,  mhd.  ilec:  eilige 
nachricht,  meidung,  eilige  bitte;  die  sache  ist  eilig;  hinter 
den  fünf  hauptpuncten  der  scbalenwerdung  entstehen  aber- 
mals eilige  nachscbalen.    Götbe  55,  328 ; 

eilig  warst  du  und  frisch,  zu  markte  die  fruchte  zu  tragen. 

1,  297 ; 
nicht  so  eilig,  liebes  kind!    11, 17; 

Reineke,  sagte  der  könig,  ihr  seid  mir  so  eilig,  warum  das! 

40,96. 
EILIG,  eito,  repente,  ahd.  iligo: 
hier  ist  ein  safi,  der  eilig  ü^nken  macht.    Göthe  12,  44; 
eilig  trat  ich  herbei  und  schritt  zum  werke.    40,79; 
eilig  legt  er  ihnen  darauf  das  blanke  gebisz  an.    40,283; 
rollte  der  wagen  eilig  und  liesz  das  pflasier  zuräcke.   daselbst; 
eilig!  dasz  in  laub  und  gangen 
sich  ein  garten  offenbare.    41,34; 
thuts  ihm  so  eilig,  herr  constabel?    Schiller  SSO*, 
nun,  nun,  was  gibts  so  eilig?    517". 

man  sagt  auch :  er  thut  immer  so  eilig,  er  bat  es  immer  sehr 
eilig. 

EILIG,  aädut,  aeerbut.  Diefe-nbacu  9',  ton  stumpfen  zahnen, 
s.  eilen,  dolere  und  eglicUl. 

EILIGKEIT,  f  mhd.  ilecheit:  am  letzten  wagen  entzündele 
sich  eine  versäumte  radachse  unter  der  unnützen  eiligkeit. 
J.  P.  niumien  3, 18. 

EILMARSCH,  m.  eursus  citalus:  im  eilmarsch  aufbrechen. 

EILPOST,  f.  eursus  publici  vehieulum  cilatius. 

EILSCHRITT,  m.  gradus  cilatus:  im  eilschritt  vordringen. 


Itl 


EILUNG  — EIMER 


EIMER  — EIN 


112 


EILUNG,  f.  festtnatio,  Studium,  ahd.  tlunga.  Maaler  123*. 
Serrands  diel.  b6'.    jelit  veraltet. 

EILWAGEN,  m.  was  eilpost,  schnellpost. 

EILZINS,  f«.    in  schneller  prugresaion  auftaufender  zins. 

EILZUG,  m.   auf  eisenbahnen,  Schnellzug. 

EIM  für  einem,  wie  mhd.  eiiiie  für  eineme:  ps  war  sein 
gröszte  freud,  so  er  sich  mit  eim  hadern  mocht.  buch  der 
liebe  238,1;  denn  zorn  eim  menschen  keine  fröliche  färb  in 
seinem  angesiebt  geberen  thul.  234,4;  was  soll  eim  ein  todter 
mana?  mtles  fugiens  denuo  pugnabit.  Fiscbart  groszm.  Ol; 
wann  aus  eim  todien,  su  wirt  faul, 
kan  eiwas  anders  werden.    Gary.  9; 

und  so  überall  häufig  im  16  jh.  bei  Keisersberc,  Hans  Sachs, 
Fischart  und  andern,  doch  von  Luther,  wenigstens  in  der  bibel, 
so  wie  heute  durchgängig  gemieden,  heim  steht  aber  für  bei 
dein,  nicht  für  bei  einem,  das  die  volksprache  in  beinem  kürzen 
kann. 

EIMER,  m.  situla,  amphora,  uma,  ahd.  einpar  gl.  cass. 
77, 16  und  gleich  darauf  11, 16  ampri,  andere  glossen  bei  Graff 
3, 149  geben  eiinpar,  einpar,  eimber,  eimer  mit  dem  pl.  ein- 
par, eimpir,  eimpri  (gl.  nions.  338  hydrias),  was  alles  auf  ein 
neutrtim  führt,  dem  aber  'schon  der  sg.  eimpri  gebühren  kann, 
wie  N.  deutlich  eimberi  urna,  gen.  eimberines,  dal.  eimberine, 
acc.  pl.  eimberiu  hat.  mhd.  läszl  sich  aus  dem  dat.  einher 
lu:  3312  und  dem  nom.  ein  ember  frauend.  225, 18  das  ge- 
schlecht nicht  entnehmen,  aus  Reinh.  932.  935.  940.  942  erhellt 
ein  m.  eimer.  alls.  hat  die  heherolle  von  Essen  tian  Smber 
honegas,  die  von  Frekenhorst  tue  embar  hanigas,  also  neutra. 
nnl.  emmer,  früher  eeiner,  m.  ags.  dmber  ;;/.  ämbras  leg. 
Ines  70, 1,  sonst  auch  ümbor,  6mber  m.  schwed.  ämbar  n., 
nurweg.  embär,  amber.    gr.  aficpoQevs  m.    lat.  amphora  f. 

eimpar  von  peran,  /ragen  zu  leiten  empfiehlt  der  gegensatz 
von  zuipar  und  das  gr.  wort,  welchem  deutlich  cpiQto  zum 
gründe  liegt,  wie  dem  lat.  gerula  gero,  unserm  biril,  bahre 
heran ;  lat.  amphora  wurde  entlehnt,  sonst  hätte  es  amfera 
zu  lauten,  ob  aber  die  Deutschen  ihr  einpar  aus  amphora 
hernahmen?  afifOQEvs,  fmbar,  eimpar  stehen  so  vollkommen 
lautverschoben  wie  a/ufi,  ymbe,  umbi,  ccfifia,  bai,  peide 
(1,  1362)  oder  anlautend  fi^co,  baira,  piru.  den  ersten  theil 
des  gr.  ausdrucks  mag  man  aus  avä,  besser  aus  äfitpi  deuten; 
ein  zweiöhriges  gefdsz  hiesz  auch  äfifoni?,  au^corls  und 
afifcjrit  zweiöhrig;  wenn  hier  der  begrif  von  nfifi  auf  die 
zweizahl  ßhrte,  warum  soll  die  deutsche  Vorstellung  sich  nicht 
an  die  einzahl  ließen  ?  mit  dem  eimer  schöpfte  üne  hand, 
den  zuber  trugen  zwei  hände,  unter  zuber  ist  näher  zu  be- 
sprechen, ob  auch  es  lehnwort  war,  oder  sein  deutsches  zui 
enthält;  doch  gesetzt,  nicht  eingeräumt,  beide  ausdrücke  wären 
erborgt,  was  hinderte  mit  ihnen  gleichwol  nachher  noch  den 
gedanken  an  ein  und  zwie  zu  verknüpfen?  in  einpar  ist  die 
zahl  unverkennbar  und  darum  wird  ags.  flmber,  6mber,  alts. 
imbar,  nnl.  eemer  recht  geschrieben  sein;  schon  goth.  könnte 
ainbar  bestanden  haben. 

noch  eine  bestätigung  der  zahlen  in  solchen  wOrtem.  ahd. 
galt  für  amphora  auch  einslibt  oder  einslicbin  (Graff  G,  783), 
hier  ist  der  zweite  theil  nicht  so  klar  wie  in  einpar,  die  zahl 
im  ersten  hingegen  unverkennbar ;  das  gemeinte  gefdsz  musz 
wiederum  nur  äinen  grif,  din  ohr  gehabt  haben,  diesem  ein- 
sliht  gegenüber  stand  aber  ein  noch  nicht  hinreichend  aufge- 
helltes pisl^ht,  pisliht,  lanx,  bilanx  mit  der  Vorstellung  des 
zwiefachen,  doppellen,  da  bis,  bi,  a/ufl  und  afifca  sich  be- 
rühren, vgl.  Haupts  zeitschr.  6, 189. 

H'ir  verstehen  heute  unter  eimer  das  enthallende  und  ent- 
haltene, 

1)  ein  rundes  gefätx,  situla,  von  holx,  blech,  porsellan  mit 
einem  beweglichen  grif  zum  anhängen  und  tragen,  s.  brunnen- 
eimer,  feuereimer,  llscheimer,  melkeimer,  scüOpfeimcr,  was- 
sereimer. 

durch  der  binde  lange  keito 
um  die  weil« 

fließt  der  eimer,  hoch  im  bogen 
spritzen  quellen  wasserwogen     Schillir  78'; 
denn  zwei  eimer  hiengen  daran,  ihr  hallet  in  einen, 
wein  ich  wtrumi  euch  gesetzt  und  wurt  hernieder  gefabrcD. 

GdrutW,  1V5; 
et  wird  waster  ao«  aeinem  eimer  flieszen  und  sein  »nmc 
wird  ein  groaz  waaaer  werden.  A  Mos.  24,7;  ehe  denn  der 
aiUiern  »Iri^k  wegkomme  und  die  gülden  quelle  verlaufe,  und 
der  eimer  zulerhe  iautrinnei  um  hörn  und  da."»  rad  zuhrethc 
am    burn.   pted.  6al.  12,  0 ,   aihe    die  beiden  sind  geacbl  wie 


ein  tropf,  so  im  eimer  bleibt  und  wie  ein  scherflin,  so  in 
der  wage  bleibet.    Es.  40, 15. 

2)  ein  masz  ßr  getränk  und  flüssigkeiten,  amphora:  ein 
eimer  hier,  wein,  honig;  denn  zehen  acker  Weinberges  sollen 
nur  ^inen  eimer  geben,  und  ein  malder  samens  sol  nur  imen 
scheffel  gehen.  Es.  5,10;  nun  hatten  die  zu  Babylon  einen 
abgolt,  der  hiesz  Bei,  dem  muste  man  teglich  opfern  zwelf 
maller  weizen  und  vierzig  schafe  und  drei  eimer  wein».  Bei  2 ; 
als  nun  die  bauern  ihre  gravamina  nicht  nur  an  dutzenten, 
sondern  an  schocken,  wispein  und  eimern  abmaszen.  Weise 
pol.  näscher  66. 

EIMEB,  f.  favilla,  meist  im  pl.  eimcren,  beisze  asche.  voe. 
theut.  1482  f7*.     Schambach  nd.  wb.  54.     vgl.  ammer  1,279. 

EIMEKCHEN,  n.  parva  situla,  nnl.  emmertje. 

EIMEKKASZ,  n.  dolium  continens  amphoram. 

EIMEHIG,  amphuram  continens,  vgl.  fuderig* 

der  VVelnschling  und  der  l.ärdasglas, 

ein  jeder  sauft  ein  eimrigs  f;isz, 

kan  dennoch  nüchtern  bleiben.    Uhlano  612; 

ein  eimerig  fasz  vol  ist  eben  so  reich  und  vol  als  das  fuderig. 
Frank  sprichw.  2, 150';  dreieimeriges  fasz. 

EIMEMKETTE,  f.  catena  umae. 

EIMEBKUNST,  f.  machina  hydraulica. 

EIMEIiLEIN,  n.  was  eimerchen,  amphorula,  umula,  afupo- 

QlSlOV. 

EIMEHTRÄGEB,  m.  Wasserträger,  lixa,  wäre  ahd.  einpar- 
poro,  worin  der  begrif  des  trayens,  wie  in  a/ifo^eafo^oe  = 
afifOQea  fi^cov  zweimal  läge. 

Eimerweise,  gleichsam  amphoratim. 

EIN,  goth.  ains,  ahd.  mhd.  ein,  alts.  in,  nnl.  een,  ags.  An, 
engl,  one,  alln.  einn,  schw.  dän.  en,  lat.  unus,  altlat.  oenus, 
oinus,  franz.  prov.  un,  port.  um,  it.  sp.  uno,  ir.  aon,  welsch 
un,  armor.  unan,  preusz.  ains,  lit.  vienas,  lett.  veens,  gr; 
eis  für  ivs,  i'vs  (wie  h^s^oe,  exdreQOs  für  ^re^og,  ixärsQoe) 
fem.  fiia,  episch  i'os,  i'a.  ftin  gemahnt  an  fiövos  und  ans 
alte  afios,  afios  für  eis,  was  ovSafios  =  ovSeis  bestärkt, 
die  formen  der  übrigen  urveiwandten  sprachen  sind  GDS. 
239—41  angegeben  und  besprochen,  zunächst  liegt  uns  das 
lat.  unus,  dessen  u  sich  zum  ai  in  ains  verhält  wie  das  in 
communis  zu  gamains  und  auf  oenus  zurückgeht,  wie  punio 
und  poena,  munio  und  moenio  zeigen,  buchstäblich  triß  der 
goth.  nom.  sg.  ains  zum  preuszischen,  das  in  vienas,  veens 
vorschlagende  v  gleicht  der  ausspräche  des  engl.  one.  Bopp, 
welcher  skr.  ßka  aus  Verbindung  des  fragenden  ka  mit  einem 
angenommnen  pronominalslamm  ß  envachsen  läszt,  ßhrt  unus 
und  ains  auf  das  skr.  demonslrativum  ena  hin ;  es  früge  sich, 
was  in  dem  wort  ursprünglicher  sei,  der  begrif  der  einzahl 
oder  des  pronomcns?  da  die  übrigen  zahlen  kaum  aus  pro- 
nominen  hervorgehen,  scheint  rathsam  auch  'ein'  nicht  daher 
zu  leiten,  eher  umgekehrt  pronomina  aus  ihm  abßieszen  zu 
lassen,  denn  seine  berühruny  mit  dem  pronomen  ist  sichtbar 
genug,  die  würzet  schwindet  aber  im  dunkel  der  vorzeil,  be- 
achtenswerth  sind  folgende  analogieti.  zuerst  zwischen  den  bil- 
dungen  ains,  jains,  meins,  jjcins,  seins,  nhd.  ein,  jen,  mein, 
dein,  sein,  unter  welchen  jains  meisten  anspruch  auf  skr.  fna 
hätte.  sodanA  berührt  sich  form  und  auch  gehalt  der  partikeln 
ein,  in,  an,^  ohne,  ahd.  äno,  goth.  inuh,  yr.  dv  eir  iri  sie  is 
ivs  ävev  avä,  einheit  ist  zugleich  inheit,  abgcschlossenhrit ; 
im  gang  der  Untersuchung  soll  noch  mehr  licht  darauf  fallen. 

Es  scheint  zwar  empfindlicher  übelstand,  dasz  die  ahd.  mhd. 
Partikel  In  nhd.  zu  ein  wurde  und  nun  mit  dem  suhlwort  ein 
verrinnt,  goth.  sind  inn  und  ain  geschieden,  ahd.  \n  und  ein, 
und  nocli  nd.  treten  in  und  en,  schw.  in  und  en,  ddn.  ind 
und  en  sauber  von  einander  ab,  unser  heutiges  eingang  «nd 
einfalt  lauteten  mhd.  tnganc,  einvalt,  weiteres  davon  unter  der 
Partikel  ein.  teure  jedoch  die  efien  geäusserte  Vermutung  höheren 
Zusammenhangs  zwischen  der  partikel  und  dem  zahlwort  nicht 
leer,  so  könnte  in  dem  fehler  seihst  ein  nachgeßhl  uralter 
verwandtschaß  wirken. 

Wir  haben  nun  von  brdeutung  und  gebrauch  der  einzahl 
selbst  auszugchen  und  dann  zu  erwägen,  welche  adjeclirische 
und  pronominale  Vorstellungen  aus  ihr  entspringen. 

Gleich  andern  tahlwörtern  und  den  meisten  pronominen  h'it 
sie  adjertivische  natur,  ist  also  biegbar,  des  geschlechts,  numetu^ 
und  der  Steigerung  fähig. 

Der  eigentliche  begrif  ron  ein  ertnUß  nur  den  sg.,  keinen 
dl.  noch  pl.,  wie  umgedreht  die  sweizdhl  dem  dl.  anheim  fallt, 
alle  übrigen  zahlen  den  pl.  fordern,  ulto  den  sg   'lusichliesxen. 


113 


EIN 


EIN 


114 


«ol  aber  bildelen  mit  dem  zahltcorl  ausgedrückle  pronominal- 
vorstellungen  ehmals  auch  plurale,  schon  im  ahd.  einero 
gihuellh,  ags.  änra  gehifüc,  unusquisque  tritt  der  gen.  pl.  vor- 
aus und  mhd.  tcar  der  pl.  des  unbestimmten  artikels  nicht 
seilen  im  gebrauch,     von  andern  pluralfaUen  im  verfolg. 

Die  heutige  flexion  von  ein  unterliegt  der  gramm.  4, 496 
gestellten  reget,  nach  icelcher  nom.  sg.  m.  und  n.,  gleich  den 
possessiven,  sobald  substantiva  zugesellt  sind,  alles  kenmeichens 
entbehren,  während  das  f.  eine,  meine,  deine,  seine  sich  be- 
hauptet, merku-ürdig  hat  die  Schweizersprache  in  solchem  fall 
dem  neulrum  eis,  den  possessiven  mis,  dis,  sis  =  eines,  meines, 
deines,  seines  erhalten,  was  zum  schw.  elt,  milt,  ditt,  sitt, 
dän.  et  mit  dit  sit,  also  altn.  eitt  mitt  {)itt  sitt  stimmt;  ßr 
unser  ein  kalb,  mein  kalb  heiszt  es  noch  eis  cbalb,  mis  chalb 
u.  s.  K.  das  könnte  jene  zwischen  einzahl  und  possessiv  wahr- 
genommne  ähnlichkeit  bestätigen  helfen,  allein  und  selbständig, 
ohne  geleitendes  nomen,  darf  sowol  das  zählende  als  pronominale 
ein  die  männliche  und  neutrale  flexion  einer  und  eins  anwenden. 

Unsere  gegenwärtige  nhd.  spräche  scheut  sich  dagegen  die 
flexion  der  obliquen  casus  zu  beeinträchtigen  und  zu  kürzen, 
mhd.  wurde  häufig  eime  ßr  einem,  eigentlich  Überrest  des 
volleren  eineme,  ahd.  einemo  gesetzt  und  noch  jüngere  bei- 
spiele  sind  unter  dem  wort  eime  angeführt,  nicht  anders  galt 
neben  dem  acc.  m.  einen  auch  mhd.  ein  und  solche  ein  oder 
einn  erscheinen  bis  ins  16  jh.  häufig,  Lcther  in  der  bibel 
festigte  das  ungekürzte  einen,  man  müste  aber  dem  sprach- 
gebrauche Keiseesbergs  absehen,  wie  er  zwischeti  eines  und 
eins,  einem  ttnd  eira,  einen  und  ein  unterschied. 

Bei  demselben  Keisersbebg  fällt  die  hin  und  wieder  dem 
pronominalen  dal.  sg.  f.  ertheilte,  gleichsam  scliwache  form 
einem  auf,  z.  b.  ob  man  eim  mög  zu  essen  geben,  dasz 
er  musz  einem  nachlaufen  (ob  man  einem  könne  ein  zauber- 
mittel  zu  essen  geben,  dasz  er  einer  frau  nachlaufen  müsse?) 
omeisz  43' ;  man  spricht  gewonlich,  wenn  einer  an  einem  {an 
einer  frau)  hangt,  wie  ist  der  also  blind,  wie  ist  die  also 
blind?  welll.  lewe  55';  wenn  einer  von  siben  trachten  nicht 
meer  dan  drei  mundfoli  von  einem  isset.  s.  d.  m.  u'.  der 
stellen  inhalt  gestaltete  eine  zusammenziehung  von  'einer  iedern', 
woraus  sich  rn  erklären  würde,  anzunehmen,  man  vergleiche 
die  unter  er  beigebrachte,  von  Megenberg  o/l  angetcandle  aber 
schwache  flexion  des  substantivisch  stehenden  pronomens  er 
und  sie. 

Von  der  schwachen  form  der  einzahl  wird  sonst  unter  B,  1 
gehandelt  und  auch  da  ein  früher  üblicher  Wegfall  der  flexion 
besproclien  werden. 

Das  neutrum  eins,  mhd.  eine;  erfordert  so  vielfache  bemerkun- 
gen,  dasz  es  nöthig  geschienen  hat  ihm  seine  eigne  stelle  im  aipha- 
bet einzuräumen,     auch  einte  ßr  eine  ist  besonders  aufgestellt. 

Von  Steigerung  der  zahlen  wird  gramm.  3,  634 — 46  gehan- 
delt, alln.  einn  zeugt  den  Superlativ  einastr,  schwed.  enaste, 
ddn.  ene?le,  uns  gilt  nur  adverbiales  einst,  und  adjectivisch 
bilden  wir  erst,  erste  anomal;  nicht  unmöglich  wäre  anein- 
anderrühren  der  alten  stamme  «m  ein  und  erst,  vgl.  unter 
lelzlerm  wort. 

A)  grundzahl  ein.  sie  hat  den  ton  und  mag  mit  dem 
acutus  bezeichnet  werden. 

1)  wie  in  eilf=einlif  geht  uns  auch  in  den  reihen  zwanzig 
bis  neunzig  die  einheil  voraus:  einundzwanzig,  einunddreiszig 
—  einundneanzig:  bis  an  den  ein  und  zwenzigsten  tag  des 
monden.  2  Mos.  12, 18 ;  das  sind  ein  und  dreiszig  könige. 
Jos.  12,24.     mhd.  konnte  noch  gebogen  werden: 

einej  unt  zueinzic  jdre.    Diut.  3,  88; 

ich  hän  ein;  und  drijec  tilsent  man.    £(irI4406; 

ich  hän  zwei  und  drijec  lüsent  man.    4606. 

den  hunderten  und  lausenden  lassen  wir  eins  nachfolgen: 
hundert  und  ^ins  (101),  tausend  und  ^ins  (1001),  tausend  und 
eine  nacht,  ebenso  dreiszig  weniger  ^ins  (29),  hundert  we- 
niger eins  (99). 

2)  überflüssiges  ein  steht,  im  ßrmlichen  zälilen,  auch  vor 
hundert  und  tausend,  es  klingt  pedantisch,  dasz  wir  z.  b.  das 
jähr  1141  aussprechen  eintausend  einhundert  einundvierzig,  wo 
tausend  hundert  einundvierzig  hinreichte,  wie  ftanz.  mille  cent 
quarante  un,  denn  nur  das  ein  bei  i\en\%  ist  hier  wesentlich ; 
früher  hätte  man  gesagt  eilfhundert  einundtierzig,  wie  noch 
heute  achtzchnhundert  achtundfunfzig.  schon  I.utber  4  Mos. 
2.  24  bietet  ein  hundert  dar,  unmittelbar  voraus  geht  aber  blosies 
hundert,     in    andern   fällen   gilt   einfaches  hundert,    tausend, 

III. 


die  ja  an  sich  schon  den  zur  einheit  gefaszten  begrif  einer 
fnenye  bezeichnen;  für  hundert  jähre  alt,  hundertmal,  tausend- 
mal trird  nicht  leicht  jemand  sagen  einhundert  jähre,  einhun- 
dertmal, eintausendmai. 

3)  bleibt  der  redende  unsicher  bis  wohin  die  zahl  von  der 
einheit  aufsteige,  so  fügt  er  dem  ein  die  partikel  'oder*  bei 
und  läszt  die  höchste  wahrscheinliche  zahl  folgen,  z.  b.  ich 
bleibe  einen  oder  zehn  tage  aus  will  sagen:  niciit  über 
zehen,  bestimmt  aber  die  eintretende  zwischenzahl  nicht,  ich 
zahle  einen  oder  drei  gülden  stellt  dahijt,  läszt  die  wähl,  ob 
einer,  zwei  oder  drei  gezahlt  werden. 

mhd.  swer  der  si  sorgen  Tri 

bite  «In  tac  oder  dri!    MSR.  3,233*; 
ieclicher  nam  in  die  hant 
ein  sper  oder  zwei.    Mauritius  976; 
nicht  anders:  rwö  naht  oder  dri.    Er.  1874. 

nAd.  zwair  daumein  lang  oder  dreir.  Megeseebg  332,2;  ain 
meil  oder  zwuo  oder  mer  oder  minner.  103,  2 ;  ein  man  der 
ein  frawen  hat,  die  im  nit  lieb  ist,  er  hat  sonst  ein  huren 
oder  zwo.  Keisersbebg  brösaml.  84*;  ein  vogel  den  man  in 
ein  keffi  thut,  ist  im  zum  ersten  ungewon  und  schwer,  er 
blitzt  hJnder  und  für  und  heiszt  darein,  wan  er  aber  ein  tag 
oder  Tier  darin  ist  gewesen,  so  thut  er  nime  so  wild,  bäum 
der  Seligkeit  m' '^  ein  jar  oder  drü.  schimpf  u.  ernst  1522 
6/.  43;  e.  k.  f.  gn.  wolle  dem  armen  mann  järlich  ein  gül- 
den oder  funfzehen  zu  geben  gnädiglich  Terschaffen.  Lctbers 
br.  5,  302;  bleibt  er  aber  einen  oder  zween  tage.  2  Mos.  21,21; 
ein  morgen  oder  drei.    Bocc  2,  5" ; 

die  alt  mit  im  in  die  kammer  scblich 

und  sperrt  die  tt)ür  hinter  im  zu, 

die  ganz  nacht  bisz  an  morgen  fru 

mit  (Einern  gülden  oder  acht 

fiir  und  für  ein  geklengei  macht, 

als  ob  ir  wer  ein  grosze  sum.    II.  Sacbs  II.  2, 106*; 

da  nimm  für  deinen  guten  willen 
der  beutel  ^inen  oder  zwei.    L8ssi:«g  2,  330; 

sahen  wir  ohngePahr  einen  bauren  oder  zehen.  Simpl.  K.  94. 
Aus  diesem  ein  tag  oder  drei,  ein  stück  oder  vier,  ein  thaler 
oder  sechs  hat  nun  die  Volkssprache  mit  gekürztem  und  ein- 
verleibtem oder  gemacht  ein  tager  drei,  ein  stücker  rier,  ein 
thalerer  sechs,  gleich  als  sei  hier  eine  unerhörte  flexion  der 
Substantive  im  spiel,  womit  sich  auch  Schneller  {mundarten 
Baiems  s.  223)  mühe  gibt,  ebenso  ein  ellener  acht,  ein  wo- 
chener  neun,  ein  stunder  zwei,  ein  maszer  sechs,  ein  pfunder 
neun,  ein  zentnerer  fünf,  ein  löffeler  Tier  u.  s.  ».,  was  alles 
nicht  unbeholfen  lautet,  fehlerhaft  aber  ist  die  ausdehnung 
dieser  form  auf  offenbare  plurale,  wenn  gesagt  wird  ein  häu- 
serer  drei,  ein  kinderer  vier,  da  sinnlos  wäre  auf  die  einzaJil 
einen  pl.  folgen  zu  lassen  und  niemand  sich  ausdrücken  könnte : 
ein  häuser  oder  drei,  es  darf  also  nur  heiszen  ein  hauser  drei, 
kinder  vier,  die  in  der  zeitschr.  ßr  d.  mundarten  2,  253 — 57. 
3, 128  gelieferten  beispiele  und  erklärungsversuche  sind  hier- 
nach zu  beurtheilen.     s.  auch  Schleichers  Sonneberg  s.  60  und 

HlLDEBRA^DS   Volksl.    S.  216. 

4)  in  ein  und  ein  halbes  pfund  zählt  das  zweite  ein  nicht 
und  ist  leerer  arlikel,  denn  durch  halb  ist  schon  alles  nöthige 
bezeichnet,  pondus  cum  dimidio,  une  livre  et  demie.  wird 
jedoch  auf  die  frage,  wie  viel  kostet  das?  geantwortet  'einen 
thaler',  so  entspränge  zweifei,  ob  hier  zählendes  einen  oder 
der  artikel  einen  gemeint  sei,,  da  im  sg.  thaler  selbst  die  Vor- 
stellung der  einheit  liegt,  die  warte  Matth.  10,  29  ovxi  8vo 
aroovd'ia  aaaaolov  TXcoi.tlTai;  nonne  duo  passeres  asse 
Tcneunt?  goth.  niu  tvai  sparvans  assarjan  bugjanda?  ahd. 
enonu  ja  coußt  man  zuenS  sparon  mit  scazzö,  überträgt  Luther  : 
kauft  man  nicht  zwen  Sperlinge  umb  einen  pfennig?  wo  sich 
einen  wieder  ßr  die  zahl,  oder  einen  ßr  den  artikel  nehmen 
liesze,  betonen  entweder  einen  pfennig  oder  einen  pfennig. 
gleiche  unsicherheil  waltet  über  Göthes 

zwei  spätren  und  ein  Schneider 
die  fielen  von  dem  schusz.    2,  277, 

im  gegensatz  zu  den  zwei  spalzen  wäre  im  Schneider  zu  recht- 
fertigen, aber  auch  ein  Schneider  würde  passen,  den  nach- 
druck  auf  die  bedeutung  dieses  appellativs  gelegt,  für  die 
stelle  Luc.  12,  25,  welcher  ist  unter  euch,  ob  er  schon  darum 
sorget,  der  da  künde  eine  eile  lang  seiner  grösze  ansetzen? 
genügte  bloszes  'ellenlang',  folglich  attch  eine  eile  lang,  der 
text  hat  Ttrjxin'  iva,   vulg.  cubitum  unum,  gnth.  aleina  aina. 

5)  die  zählende  eigenschaß  des  ein  trird  gehoben  durch  das 
gelett  anderer  zahlen, 

8 


115 


EIN 


EIN 


116 


a)  mhd.  ej  gelinget  dime  dicke  aa  zwein.    /ui.  6619; 

zwßne  sint  6incs  her.    6636; 

was  einer  weisz,  erfabren  tausend ;  aus  zwein  ^ins  machen ; 
uiach  ej  aiij  zwain  stucken  flaisch  din  stuck.  Megenberc 
387, 27 ;  er  fände  zelien  für  eine  im  ort.  Güthe  11, 6 ;  die 
galgen  müsten  dichter  stehen,  man  findet  ja  kaum  aller  zwei 
meilen  einen.  Lessinc  1,305;  der  so!  fünf  ochsen  für  einen 
ochsen  wider  geben  und  vier  schaf  für  ein  schaf.  2  Mos.  22, 1 ; 
was  ist  euch  besser,  das  sicbenzig  menner  über  euch  herrn 
seien  oder  das  ein  man  über  euch  herr  sei?  rieht.  9, i;  wiltu 
so  wollen  wir  drei  hütten  machen,  dir  eine,  Mosi  ^ine  und 
Elias  eine.  Mallb.  17,  4 ;  fünf  sind  gefallen  und  einer  ist,  und 
der  ander  ist  noch  nicht  komen.  offenb.  17,10;  so  jemand 
mit  der  zungeu  redet,  oder  zween,  oder  aufs  meiste  drei, 
eins  umbs  ander,  so  lege  es  einer  aus.  1  Cor.  14, 27 ;  mit 
einem  äuge  gibt  er  und  mit  sieben  äugen  sihet  er  was  er 
dafür  kriege.  Sir.  20,  14 ;  und  sähe  abcnual  in  meinem  träum 
sieben  ehern  auf  einem  halme  wachsen,  l  Mos.  41,  22 ;  zwo 
hosen  eines  luchs;  beide  hal  ganz  die  tcirlning  der  zweizahl : 
es  waren  zwei  weiber,  einer  mutter  töchter.  Ez.  23,2; 
beide  mir  leibliche  brüder  von  diner  mutier  geboren, 
schwächer  als  das  schöne,  den  sinn  mit  bloszen  dualen  er- 
reichende 

avxoxaaiyvTjTw,  tio  fiot  fua  yeiraro  fi^rrjQ.    IL  3, 238. 

einer  von  uns  beiden  (ugkara  aiiis) 
musz  die  zelle  meiden.    Götiie  12,  G6. 

b)  von  ein  hängen  die  genilive  anderer  zahlen  ab:  einer 
der  sieben,  ein  der  zwölfe,  golh.  ains  })ize  tvalibfi;  ahd.  ein 
thero  sibono.  0. 1.  4, 59 ;  der  zweifer  einer.  Megenberg  457, 19 ; 
eins  der  dreie.  nicht  anders  wenn  praepositionen  den  gen. 
vertreten :  ^iner  von,  unter  den  zwölfen,  man  vgl.  C,  1  den 
zutritt  anderer,  namentlich  pronominaler  genilive. 

c)  subslantiva,  die  von  adjecliven,  zumal  comparativcn  ab- 
hängen, haben  die  grundzahl  bei  sich:  eines  tages  alt,  6ines 
daumen  breit;  ir  solt  aber  ein  solch  lamb  nemen,  da  kein 
feil  an  ist,  ein  menlin  und  eins  jars  alt.  i  Mos.  12,5;  um 
einen  tag  früher,  eines  scbriltes  niiher,  einer  band,  um  eine 
band  breiter;  der  tag  wird  lieute  um  einen,  morgen  um  drei 
mückenathem  kürzer,  wj/irf.  eines  loches  näher,  /arj.  161, 15 ; 
dicker  eines  dümen.  Wai.th.  17,  6.  fällt  aber  das  gewicht  auf  die 
substantivvurstetlung,  so  mag  auch  ein  zum  artikel  herabsinken. 

6)  auch  Wörter  der  menge  und  Vielheit  starken  den  begrif 
der  einzahl:  viele  sind  gefangen  worden,  t^iner  entrann;  ^iner 
blieb  aus,  alle  übrigen  kamen  um ;  einem  soll  es  offenbar 
werden,  die  menge  faszt  es  nicht ;  einer  ists  der  allerhöhest. 
Sir.  1,8;  wir  sind  alle  eins  maiins  söne.  l  Mos.  42,11;  ich 
sach  alle  werlt  in  ainem  rock.  Megenberg  4,9;  einer  von 
allen;  ^in  für  allemal; 

einen  zu  bereichern  unter  allen 

musle  diese  götierweli  vergehn.     Schiller  22'; 

aber  ist  *ine  im  ganzen  land, 

die  meiner  iraiiien  ('iretel  gleicht, 

die  meiner  Schwester  das  Wasser  reicht?    Götiie  12,191; 

du  fiengst  mit  einem  heimlich  an, 

bald  kommen  ihrer  mehre  dran.     12,197; 

die  weit  ist  jelzo  voller  narren 

und  darum  bin  ich  ^iner  mit.    Güntiirr  921, 

einer  von  den  weltnarren,-  es  wäre  ja  auf  einen  nicht  ange- 
kommen, den  wir  mehr  todt  geschlagen  hätten.  Lessing 
1, 304,  nicht  auf  öinen  mehr. 

1)  noch  mehr  thun  es  verneinende  und  ausschlieszende  Par- 
tikeln: nicht  ^iner  kann  es  sagen;  ich  konnte  nicht  einen 
bissen  essen ;  und  hett  nicht  einen  menschen  mögen  linden, 
der  in  beim  hett  mögen  laden.  Keisersb.  s.  d.  m.  33';  nicht 
^iner,  nicht  ein  mann  wurde  gerettet;  ich  traue  unter  ihnen 
Dicht  Einern;  er  hatte  nicht  einen,  nur  t^inen  feind;  nicht 
mehr  als  6ine  behauptung;  ich  kann  nicht  mehr  als  an  einem 
orte  zugleich  sein.  Lessing  1, 3u0 ;  Ksau  sprach  zu  seinem 
valcr,  hastu  denn  nur  einen  scgen?  1  Mos.  27,  38  ;  aufs  höchste 
können  sie  nur  von  einer  (der  töchter)  vater  sein.  Lessing 
2,  43S ;  nur  einer  nicht ;  weder  du  noch  einer  war  zugegen ; 
doch  einer  wäre  zu  nennen;  au^zer  einem,  bis  auf  einen. 

mhd.   i*-- ••  ■■•••'■•■  fiin  ich  unbereil 

iriiiwo.     I'art.  114,  8; 

l.öt  'i  mir 


man  hörte  nibt  wan  6in  geschrei.    7110. 
it^id.    ja  freundlich  musz  er  thun  mit  allen  Schäferinnen, 

doch  eine  musz  sein  berz  vor  andern  lieb  geiviunen. 
Gbllkht  3,  319; 

ich  wollte  dasz  dir  auch  nicht  äine  gtinstig  bliebe!    3,406; 

gib  mir  nur  noch  6incn  ku.s!    Günther  273; 

süsze  freundin,  noch  öinen,  nur  öinen  kus  noch  gewähre 

diesen  lippen.  Gotuk  1,322; 

unsichtbar  wird  einer  nur  im  himmel 

und  ein  heiland  wird  am  kreuz  verehrt.    1,244; 

und  in  ihrem  schmerz  verlassen 

war  nur  eine  traurge  brüst.    Schiller  79*; 

da  gibts  nur  öin  vergehn  und  verbrechen.    322'; 
von  diesen  drei 

religionen  kann  doch  öine  nur 

die  wahre  sein,    Lkssinu  2,  274; 

ich  habe  deinen  vater  Nathan,  und 

noch  äinen,  einen  noch  hierher  besielh.    2,353; 

hier  hat  noch  einer  mit  zu  sprechen.    2,  356. 
die   Partikel   mag    aber   auch  wegbleiben  und  in  gedanken  er- 
gänzt werden,   statt  'nur  iin  wort'  heiszt  es  blosz  'ein  wort': 

ach  Schäferin,  öin  wort.'    Gbllkht  3,  306; 

Nathan,  auf  öin  wort,  öin  wort!    Lbssing  2,  360; 

ich  musz  eure  freude  durch  ^in  wort  unterbrechen.  Götiie 
18,6;  doch  der  spruch  '^in  wort,  ein  mann''  ist  anders  zu 
fassen  und  vielleicht  besser :    ein  w6rt,  ein  mann ; 

ein  wort?  ein  mann.    Lbssing  2, 308.  309. 
schon   mhd.    bestehn   solche  zweifei   des  Verständnisses,    wenn 
es  heiszt: 

daj  si  mir  öinen  irahen  da  van 

mit  ören  niemcr  mugen  versagen.     Trist.  123,38; 

daj  si  Troje  unz  an  den  grünt 

mit  ir  Hure  brande, 

noch  in  des  riches  lande 

liej  eine  siüize  niht  bestän.    tr.kr.  363, 

dürfte  man  auch  den  hauptton  auf  traben  und  stütze  legen 
mit  vorausgehendem  unbestimmtem  artikel. 

8)  ein  drückt  das  eins  gewordne,  vereinte,  verflieszende  aus : 
ein  leib  und  eiti  geist,  ein  glaube,  eine  taufe,  ein  gott  und 
vater  aller.  Eph.i,i — 6i;  darumb  wird  ein  mann  seinen  vater 
mid  seine  mutter  verlassen  und  an  seinem  weihe  hangen  und 
sie  werden  6in  fleisch  sein,  l  Mos.  27, 38 ;  mann  und  weih 
ist  ein  leib.  Gellert  3,  261;  wir  sind  ^in  leib  und  eine  seele 
beständig  gewesen.  Lessing  2,  388 ;  der  ganze  wald  war  eiu 
rauher.  Schm.  1,64;  alles  war  ein  herz  und  eine  liebe;  wir 
waren  din  ohr,  lauschten  alle  aufmerksam ;  er  war  eine  wunde, 
vulnere  totus  erat;  es  ist  alles  ein  feuer,  continens  est  ßamma; 
in  einer  Viertelstunde  waren  alle  häuser  eine  Qamme;  alles 
war  ^in  wasser,  omnia  ponlus  erat. 

9)  hieran  reiht  sich  das  zu  den  praepositionen  in,  aus,  zu 
und  mit  tretende  ein :  da  antwortet  alles  volk  mit  einer  stim, 
una  voce.  2  Mos.  24,  3 ;  alle  sprachen  aus  einem  munde ;  mit 
einem  worte.  Gellert  3, 222.  4, 198 ;  er  kommt  in  ^inem 
Sprung,  in  einem  lauf,  in  einem  athem  (1,  592),  vgl. 

auch  nur  um  eines  athems  schwere.  Schiller  287*; 
stärker  mit  bloszem  gen. :  eins  laufens  lauf!  eins  brennens  brinn  ! 
er  ist  mit  einem  äuge,  einem  blauen  äuge  davon  gekommen, 
in  einem,  an  »iinein  fort,  an  einem  stücke  fort,  uno  lenore, 
continuo:  Dionysius  hatte  seinem  hofe  ein  fest  gegeben,  wel- 
ches drei  monate  in  hinein  fort  dauerte.  Wiblanü  2,265;  er 
spielt,  stänkert,  pocht  und  kriecht,  das  geht  in  einem  fort. 
Götiie  . . . ;  es  geht  in  einem  hin,  wird  auf  dieselbe  weise  an- 
gesehn}  es  regnet  in  t;inem  zu. 

10)  aus  dem  neutr.  i\a  und  den  praep.  in,  über  entspringen 
die  adverbia  in  t5in,  in  unum,  mhd.  cn  ein,  über  ein,  eodem 
modo: 

ahd.  i{  ist  gidiagit  ol  in  öin  s<Slp  so  holphantes  bein.  0.  I.  1,16; 
m/i(i.  ir  hendc  enphicien  üf  ir  knie, 

in  ein  verklummen  wirea  sie.    Diut.  1,413; 

mehr  belege  im  mhd.  «'6.1,417*;  nhd.  das  sie  alle  in  gemein 
und  in  ein  den  einigen  leib  Christi  nemen.    Luther  3,  73*; 

nur  di»  inode  wil  en  haben,  das  die  loul»  gnr  in  t^iii 

«ich  sullii  kleiden  und  gcberdvn,  oder  gar  nicht  monscheii  sein. 

Louau  3.  8l,:(«t: 
ein  gilter  fk-eund,  ein  reiner  wein  und  dann  ein  klares  glas, 
die  waren  iicchiit  in  öin  bei  mir.    2,  37,  .18; 

«ie  kleiden  »ich  über  ein  {mas:),  eodem  modo  vestUi  sunt; 
•ic  denken,  stimmen  über  ein,  idem  senliunt.  man  schreibt 
aber  heute  überein  und  täszt  den  ton  nieder  auf  ein.  vgl.  bet 
dem  Wort  eiuaudcr  die  ausdrucke  mit  ein,  wider  ein,  unter  ein. 


117 


EIN 


EIN 


HS 


B)  adjectiviscke  Vorstellung  en. 

1)  obgleich  die  xahl  ein  überall,  wo  sie  nicht  pronominal 
wird,  adjectirische  natttr  hat,  gibt  sich  diese  doch  besonders  zu 
erkennen,  wenn  der  vortretende  bestimmte  artikel  die  schwache 
form  nach  sich  zieht. 

mhd.  der  eine  man.  Parz.  425,  19. 
im  15. 16  jh.  fßegen  Reisersberg  und  andere  mehr  auch  nach 
dem  artikel  dem  nom.  und  acc.  unfiectiertes  ein  zu  geben:  und 
der  ein  hett  ein  hanen  abgenummen  und  gebraten,  s.  d.  m.  19*; 
da  warent  zwo  junkfrauwen.  Macharius  fragt  sie  was  ir  leben 
wer?  da  sprach  die  ein:  wir  zwo  seind  funfzehen  jar  bei- 
einander gewesen  und  hat  keine  die  ander  nie  betrübt  mit 
einem  wort.  42*.  seit  Luther  ist  aber  die  flexion  wieder  in 
ihr  recht  gesetzt:  der  eine  ist  nicht  mehr  vorhanden.  1  Mos. 
42, 13 ;  den  einen  wider  soitu  nemen.  2  3los.  29, 15 ;  auf  der 
einen  seilen  der  wonung.  36,31;  der  eine  mann  rettete  das 
Vaterland;  der  einen  frau  Schönheit  verdunkelte  alle  übrigen; 
der  eine  satz  scheint  unangreifbar;  die  eine  stelle  verstehe 
ich  nicht;  das  eine  ist  noch  zu  sagen;  von  der  einen  ge- 
wohnheit  konnte  sie  sich  nimmer  los  machen; 

der  iine  winkel,  der  nach  auszen  zu 

ist,  wie  du  siehst,  ein  wenig  offen.    Göthk  12,73; 

das  eine  wort  wollte  er  nicht  zurücknehmen; 
dies  wort,  dies  wort,  dies  eine  wort 
war  bell  mir  und  verderben. 

A.  Vi.  ScBLBGBL  im  musenolm.  58; 
dieses  eine  ward  mir  wol  vertrauet.    Göthe  1,219. 

2)  leicht  aber  tritt  der  sinn  ron  unus  über  in  den  von  solus, 
ucnos,  olos  und  wird  dann  auch  des  pl.  fähig;  olos,  o'ir] 
kann  dem  i'os,  i'a  für  eis,  uia  nicht  fem  liegen,  steht  darum 
auch  dem  unus  und  ains  näher.  ÜLnus  verdeutscht  Marc. 
2,  26  ovä  ovx  ^eartv  cpaysiv  st  /irj  ro7s  ieoevoiv  ))anzei 
ni  skuld  ist  matjan  niba  ainaim  gudjam;  gleich  als  stände 
tiörois  ieoEvai,  solis  sacerdotibus.  hier  ist  der  Übergang  aus 
ei  ur;,  jenem  mhd.  niwan,  wan  (yl,  7)  in  das  adjectirische 
iolus  deutlich,  ustauh  ins  ana  fairguni  bauh  sundri)  ainans, 
ava^EQEt  avTOVa  eis  ooos  vipr^/.in'  y.ax  iSiaif  fiovovs. 
Marc.  9,  2 ;  ni  J)anaseibs  ainohun  gasehvun  alja  lesu  ainana, 
ovxeri  ovSeva  sWov  a)J.a  tov  rrjaovv  fiovov.  gothisch  also 
immer  in  starker  form  ohne  artikel.  ahd.  wallet  schwaches 
eino  (Graff  1,309),  mhd.  eine  vor,  obzwar  auch  starkes  ein 
^  dieselbe  bedeutung  von  solus  begegnet: 

wir  zwei  beliben  eine.    Iw.  331 ; 

als  ab  ich  in  einen  sach.    703; 

iu  habt  ej  eine.    853; 

da;  er  dar  eine  wolde  komen.    914. 
nicht  selten  tritt  verstärkendes  al  hinzu: 

er  reit  al  ein  gein  Wunders  not.  Parz.  432,  30. 
nhd.  haben  wir  den  gebrauch  des  einfachen  worts  in  diesem 
sinn  verloren  und  die  Zusammensetzung  allein  (1, 216),  der 
sogar  alle  flexion  entzogen  wird,  dafür  eingeführt:  ich  bin 
allein,  er  blieb  allein,  ich  fand  ihn  allein  ßr  mhd.  ich  bin 
eine,  er  beieip  eine,  ich  vant  in  einen,  desgleichen  in  den 
Partikeln  allein,  nicht  allein. 

3)  noch  weniger  hat  sieh  heute  die  andere  dem  mhd.  eine 
beiwohnende  bedeutung  solitarius,  einsam  und  verlassen  erhal- 
ten, sie  lag  ebenfalls  in  dem  gr.  olos,  wer  allein  ist,  der 
steht  hilflos,  baar,  gleichsam  nackt  und  blosz,  was  unsere  eom- 
posita  mutterallein  und  mutternackt  {gramm.  2,  556.  572)  be- 
leuchtet, muotereine  ist  das  aus  dem  mutterleib  gekommne 
kind,  nackt  wie  es  geboren  wurde,  allein  bei  der  mutter  lag. 
muoter  scheint  der  gen.,  denn  dieser  casus  fügte  sich  zu  eine 
wie  zu  expers : 

alles  mincs  tröstes  des  bin  ich  eine  besiän.    iVifr.  2266,4; 

dö  wart  diu  wilde  Teine 

der  vorhte  blöj  und  eine.    tr.  kr.  802, 

kaller  furcht  baar  und  ledig; 
nu  lange  stät  diu  beide  val 
si  hat  der  sne  geraachei  bluomen  eine.    MS.  1,7S'.  99*; 
den  palas  vini  ir  eine: 
weder  grü;  noch  kleine 
vint  ir  niht  daj  da  lebe.    Parz.  561,  17, 
ihr   ßndet   ihn  öde,    ohne  ein  lebendiges  geschöpf.     dies  eine, 
ohne  etwas,  erinnert  unmittelbar  an  die  praep.  änc,  goth.  inuh, 
gr.   avev.     altn.   ta   Tcra  earere  liesxe  sich  durch  mhd.  eine 
wesen  wiedergeben. 

4)  abgeleitet  von  der  zahl  sind  die  adjectiva  einig,  mhd. 
eiaec,  ahd.  einago,  goth.  ainaha ;  einsam  u,  a.  m. 


O  Übergänge  ins  pronomen. 

Aus  der  einzahl  entfalten  alle  sprachen  pronominalbegriffe, 
denn  in  der  nalur  der  sache  beruht,  dasz  die  lebendige  Vor- 
stellung der  einheil  sich  zu  abstractionen  des  indioiduums 
schwäche,  sei  es  im  unveränderten  worle  selbst,  sei  es  unter 
Suffixen  und  praefixen;  sehen  wir  doch  die  leibhaßen  Wörter 
mann  und  homo  gleichfalls  pronomina  werden  und  aus  diesem 
man  durße  die  ältere  spräche  unmittelbar  in  andere  pronomina 
übertreten,  wechselsweise,  in  manigfaller  abstufung,  entsprieszen 
der  grundzahl  unter  einflüssen  der  negation  und  anderer,  vor- 
züglich fragender  pronomina  die  Vorstellungen  ullus,  aliqws, 
quispiam,  quisquam,  quidam,  idem;  ihren  gipfel  aber  erreicht 
endlich  die  abschwächung  in  dem  zum  unbestimmten  artikel 
gediehnen  'ein',  das  sich  dadurch  im  ganzen  umfang  der  spräche 
vervielfältigt.  Vorbereitungen  auf  diesen  artikel  waren  längst 
schon  bereits  die  goth.  pronominalbildungen  ainshun,  niainshun 
Igramm.  3,  32),  ainhvarjizuh  (3,  38),  ahd.  einhuedar,  einhuelih, 
einerogihuelih,  hauptsächlich  aber  die  bald  verneinenden,  bald 
wieder  positiven  dohein,  nohhein,  dihein,  nehein,  mhd.  dehein, 
enhein,  woraus  unser  kein,  der  gegensatz  von  ein  entsprang. 
Partikeln,  die  anderemal  'ein'  hervorheben  {A,  7)  erscheinen  hier 
als  Ursache  seiner  Schwächung;  das  nachdrückliche  ne  homo, 
non  homo,  nimanna  sank  zum  abstracten  nemo  und  niemand 
herab,  wie  niemand  dem  jemand  wird  auch  nuilus  =  ne  unulus 
dem  ullus  vorangegangen  sein,  auf  ähnliche  weise  ist  gr.  eis 
in  oväeis  und  sie  Sxaaros,  a/xös  in  ovSauös  enthalten,  wie 
die  besondere  betracJitung  aller  solcher  pronominalbildungen 
ins  liclU  zu  setzen  hol;  hier  reichte  es  hin  auf  den  stand- 
punct  zu  führen,  von  welchem  aus  die  abschwächung  des  ein- 
fachen Zahlworts  angesehen  werden  musz. 

1)  seine  kraß  beginnt  sich  zu  mindern,  sobald  andere  genitire 
als  zahlen,  namentlich  sobald  pronominale  von  ihm  abhängen, 
auf  welche  dann  das  gewicht  der  Vorstellung  samt  dem  haupl- 
ton  überziehen  kann,  alles  was  sich  mit  dem  pronomen  ver- 
bindet pflegt  pronominale  geltung  anzunehmen,  in  solchen  fällen 
bleibt  auch  goth.  ains,  lat.  unus,  gr.  eis  stehen  und  der  ur- 
sprüngliche zahlbegrif  mag  sich  bald  heben  bald  senken,  sinkt 
er,  so  nähert  er  sich  dem  von  quidam,  quisquam. 

a)  unsere  spräche  liebt  den  genitiv  vorausgehen  zu  lassen, 
in  den  meisten  folgenden  stellen  geht  er  gr.  lat.  und  goth. 
nach,  ganz  geläufig  sind  unser  einer,  euer  einer,  ihrer  einer, 
betont  unser  einer,  euer  einer,  jemand  von  uns,  von  euch: 
siehe  Adam  ist  worden  als  unser  einer,  tös  sk  i$  rifiäiv. 
1  Mos.  3,  22 ;  ewer  einer  ist  der  teufel,  goth.  izvara  ains,  «| 
vfiöiv  sls.  Joh.  6,  7,  hier  haßet  auf  der  sohl  stärkerer  nach- 
drttck  euer  einer; 

glaub  unser  einem,  dieses  ganze 

ist  nur  für  einen  gott  gemacht.    Göthk  12,  89. 

mhd.  ir  einer: 

wie  dirre  sluoc,  wie  jener  stach, 
ir  einer  wart  erslagen.    Iw.  1037, 

ßr  dies  ir  einer,  eorum  aliqüis  können  noch  heute  dichter  ihr 
einer  statt  des  in  der  prosa  geltenden  ihrer  einer  setzen,  be- 
lege folgen  unter  ihr;  nicht  anders  der  einer  ßr  deren  einer, 
eorum,  quorum  aliquis:  welcher  mensch  ist  unter  euch,  der 
hundert  schafe  hat,  so  er  der  eines  verleuret,  fraliusands 
ainamma  |)ize.  Luc.  15,  4  mit  unverkennbarem  begrif  der  ein- 
heit;  der  {eorum)  zeige  mir  doch  einen.  Iw.  1941;  vellt  dein 
muot  auf  der  ainj.  Megenberg  463,  28 ;  ahd.  dero  si  einiu  ist. 
N.  Cap.  9.  von  dem  neutr.  eins  bei  solchen  pronominalgeniliven 
näher  unter  eins,  schwächer  sind  die  genitire  der  possessiva 
neben  Substantiven:  seiner  jünger  einer,  ains  fiizö  sipunjö  is. 
Marc.  13, 1.  Luc.  1, 1.  Joh.  12,  4 ;  da  liesz  gott  der  herr  einen 
tiefen  schlaf  fallen  auf  den  menschen  und  er  entschlief  und 
nam  seiner  rieben  eine,  ftiav  Ttöy  nt.evocäv  avxov.  l  Mos. 
2,21; 

doch  man  sagt 
zugleich,  dasz  Saladin  den  lempeiherm 
begnadigt,  weil  er  seiner  brüder  einem, 
den  er  besonders  lieb  gehabt,  so  ähnlich  sehe. 
Lsssi.<<c  2,  201, 

wo  der  relativsatz  das  einem  schwerer  macht,  sehr  o/I  auch 
nach  bloszem  Substantiv:  ahd.  thSrö  gomon&  ein.  0.1.3,17; 
gomonö  ein.  11.7,5;  mhd.  der  frouwen  einiu.  Wigal.  5515; 
nhd.  und  siehe  da  kam  der  obersten  einer  von  der  schule, 
arns  j)izft  sj  napögafadf.  Marc.  5,  22;  der  Jünglinge  einer. 
l  Sam.  25,11;  und  es  begab  sich  auf  der. tage  einen,  var|) 
j)an  in  ainamma  |)ize  dag*.  Luc.  8,22;  trat  er  in  der  schifff 
eins,  in  ain  ))ize  skip^,  ets  Sv  ich'  Ttloicor,    rulg.  in  unaiii 

8* 


119 


EIN 


EIN 


120 


navem.  5.  3.  man  darf  hier  bald  ein  betonen,  bald  gelinderes 
ein,  irgend  ein  annelwien. 

mhd.  der  vensier  eine;  ofTen  was 

gein  dein  boumgarieu.    Parz.  553,6; 

nhd.    ADilreas  der  apostcl  ein.     Ringwai.d  evang.  M 4' ; 

es  ist  der  ersten  nonnen  eine  und  ein  ehrlicii  niatron.  Luthers 
br.  5,290;  der  gröszten  narren  einer;  die  alte  wolle  davon 
schleichen,  aber  Theagenes  erwüschel  Arsace  band  auch  eine 
{eine  der  hände  der  Arsace,  die  rechte  oder  linke),  buch  der 
liebe  213,  3. 

b)  folgt  der  gen.  nach,  so  verbleibt  dem  ein  mehr  kraß: 
ahd.  üüer  minero  jungerün.    N.  ps.  3, 1. 

mhd.  dö  sprach  6in  der  recken.    Nib.  1732,  1; 
nhd.  es  ist  besser,  das  ^ins  deiner  gelied  verderbe,  ains  li|)iv6 
jjeinaiz^.  Matth.  5,  29  ;  einen  ewer  brüder  lasset  hei  mir.  1  Mos. 
42,  33.    schwächer  ist :  mache  mich  als  einen  deiner  tagelöner, 
sve  ainana  asnje  jjeinaize.    Luc.  15, 19. 

c)  den  gen.  vertreten  praeposilionen  init  gleicher  Wirkung  auf 
das  Zahlwort:  wer  nu  eines  von  diesen  kleinesten  geboten  auf- 
löset, goth.  aina  anabusnß  |)iz6  minnistdnö.  Afa^A.  5, 19;  eine 
von  den  reben.  Gellert  3,417;  einer  von  meinen  freunden. 
4, 148 ;  eine  von  den  Schwärmerinnen.  Lessing  2,  349 ;  einer 
aus  unsrer  mitte ;  ich  führe  dich  zu  meinen  töchtern,  wähle 
dir  eine  unter  ihnen. 

2)  im  gegensatz  von  ein  und  ander,  unus  altcrum,  alteri, 
unus  alterve  walten  ursprünglich  zahlbegriffe,  unsere  spräche 
pflegt  ander,  zuweilen  auch  ein  mit  dem  bestimmten  artikel  in 
schwacher  form  zu  setzen:  ahd.  öjer  dinemo  in  daj  ander. 
iV.  Cap.  25. 

mhd.  der  dinge  verköret  sich  vil, 

daj  6in  dem  ändern  schaden  wil.    Iw.  6664; 

Schiänatulander 

ist  da;  äine,  da;  ander  ich.    Parz.  440,  19; 

nhd.  äinen  ze  der  rehten  seilen  und  den  andern  ze  der  lenken. 
Megenb.  80,10;  zwai  wajjer,  der  äinj  haij  ist  und  daj  ander 
kalt.  103,  20 ;  man  brucht  genieinlicb  eins  für  das  ander.  Kei- 
sERSBERG  i.  d.  tn.  36";  nieman  kan  zweien  herren  dienen,  ent- 
weder er  wird  einen  hassen  und  den  andern  lieben,  jabai 
tijaij»  ainana  jah  an|)arana  frij6|).  Matth.  6,  24 ;  und  sol  drei 
boden  haben,  einen  unten,  den  ändern  in  der  mitte,  den 
dritten  in  der  höhe.  1  Mos.  6, 16  ;  fünfzig  schleuflin  an  iglichem 
teppi'ch,  das  einer  den  ändern  zusamen  fasse.  2  Mos.  26,  5 ; 
damit  man  die  teppich  zusamen  hefte,  ^inen  an  den  ändern. 
26,6;  wenn  er  dazu  schweigt  von  einem  tage  zum  ändern. 
4  Mos.  30,15;   eine  hiesz  Ärpa,   die  ander  Buth.    Ruth  1,4; 

bring  6inr  dem  ändern  ein  starken  trunk, 
weins  soll  ir  haben  heint  genunk.    li.  Sachs  1,473^; 
und  die  wellen  ne('hien  besser 
6incn  in  den  ändern  stosz.    Fleming  363; 
ich  habe  dieses  band  um  Phyllis  hals  gesehen, 
in  wahrheil,  Galaihee,  die»  ist  ein  schlimmer  streich, 
allein  du  irrst  dich  wol,  ^ios  sieht  dem  ändern  gleich. 
Gellkrt  3,  383; 

dieses  ist  die  dine  mflbe,  dieses  ist  die  andere  mühe.  3,  209 ; 
einen  um  den  ändern.  4, 141 ;  der  iine  hat  seine  frau  ver- 
säumet, der  ändere  hat  sie  brache  liegen  lassen.  Lessing 
2,  433 ; 

du  must  ihm  Uns  fürs  andre  rechnen.    2,  355 ; 

ja  die  blonde  gleichet  ort  der  braunen, 

iine  reizet  eben  wie  die  andern.    Göthb  1,218; 

t^iner  kommt  nach  dem  ändern;  ich  sehe  dincn  tag  verstrei- 
chen wie  den  indem,  man  vergleiche  den  artikel  einander, 
unus  alium. 

Treten  aber  die  conjunctionen  'und',  'oder"  unmittelbar  zwi- 
schen beide  Zahlwörter,  so  mindert  sich  leicht  ihre  bedeutung 
und  wird  pronominaler,  dem  lat.  aliquis  =  alius  quis  ver- 
gleichbar: 

mhd.  ein;  und;  ander  niuo;  ich  klagen.    Parz.  91,  9; 

nhd.  ein  und  der  andre,  einer  oder  der  andere  mag  es  wissen, 
d.  t.  irgend  einer,  irgend  jemand,  irgend  wer;  für  eins  und 
fürs  andre  hcvorge  ich  nichts,  für  keim  von  beiden;  su  fürchte 
ich  doch,  dasz  sie  eins  und  das  andere  (d.  i.  allerhand)  voo 
meiner  frau  geschenkt  bekAmint.  Gei.teRT  3,  212 ;  würde  es 
ihnen  vielleicht  lieber  gewesen  sein,  wenn  meine  frau  sie  beide 
h.ittr  würfeln  lassen,  damit  die  meisten  oder  die  wenigsten 
äugen  sie  dem  einen  oder  dem  andern  zur  frau  gegeben 
bAtten.  I.kssikc  2, 309 ;  die  frage  scheint  verfänglich,  doch 
m&clile  sieb  ein  und  andres  darauf  erwiedero  lassen.   Göthk 


10,  246 ;  bald  schlang  sie  sich  zwischen  den  zacken  groszer 
krystalle  hindurch  und  brachte  ein  und  den  andern  edelstein 
mit  sich  ans  licht  hervor.  15,217,  in  welchem  letzten  beispiel 
auch  die  künung  des  einen  <n  ein  die  geschwdclite  zahl  an- 
zeigt ; 

von  meinem  hof  erkannt  ich  ein  und  andern.    41,62; 

wüste  doch  ein  und  andrer  vielleicht  im  kreis  hier  zu  sagen. 
•  40,178; 

ich  weite  du  hast  nicht  die  absieht  eins  oder  das  andre  zu 
vollenden.  18,4.  einigemal  sieht  hier  auch  die  starke  form 
von  ander. 

3)  griechisch  gehl  das  fragende  pronomen  rii,  ri  über  in 
unbestimmtes  rls,  ri,  ganz  wie  wir  wer,  was,  irgend  wer, 
irgend  was,  etwas  verwenden,  dies  unbestimmte  wer  bleibt 
jedoch  pronomen  und  kann  nie  adjectivisch  einem  subst.  bei- 
gesellt werden,  während  das  unbestimmte  e'm'sowol  pronominal 
als  adjectivisch  gilt;  anders  ausgedrückt,  wer  erscheint  nur 
neben  dem  verbum,  ein  aber  neben  vcrbum  und  substanlivum, 
es  ist  pronomen  und  adjectivum.  ävd^Qcjnöi  Tis,  y^inj  rts 
läszl  sich  verdeutschen  ein  mann,  eine  frau,  irgend  ein  mann, 
irgend  eine  frau,  aber  durch  wer  nur  mit  ausgelasznem  subst. 
wer,  irgend  wer  =  einer,  irgend  einer,  jemand,  gothisch 
diente  sums  pronominal  und  adjectivisch,  mannfi  sums  oder 
manna  sums  übertrug  av&QcoTiös  in,  qinönö  suma  oder  qinö 
suma  yvt'Ti  rn,  dem  sums  konnte  noch  ains  vorangehen :  jah 
ains  sums  juggalau{)S  laistida  afar  imma,  xai  elsrn  veaviaxos 
r^xokovd'ei  avrt^,  vulg.  adolescens  auteni  quidam  sequebatur 
eum.  Jtfarc.  14,  51,  wo  ains  die  rolle  von  eis,  sums  die  von 
TIS  spielt.  Luther  hat:  und  es  war  ein  Jüngling,  der  folgte 
im  nach,  eine  zeit  lang  galt  noch  ahd.  sum  und  sumaiih, 
mhd.  sum  und  sümelich  (Haupt  1,  579),  bis  es  endlich  erlosch 
und  das  unbestimmte  ein  volles  übergewicht  erlangte,  engl, 
besteht  noch  some  fort. 

Wir  werden  hernach  sehen,  dasz  der  das  nomen  geleitende 
unbestimmte  artikel  schon  früher  verbreitet  war;  seltner  zeigt 
sich  ahd.  und  auch  noch  mhd.  das  unbestimmte  pronomen,  von 
dem  hier  zu  handeln  ist.  ahd.  bidiu  chad  einer,  ideo  dixil 
aliquis.    N.  ps.  43,25.     wenn  es  mhd.  heiszt: 

im  endet  ie  ze  vuo;  ein  tac 

da;  einer  in  zwcin  geriten  mac.    Iw.  2134, 

so  hat  dies  einer  neben  zwein  noch  den  nachdruck  der  zahl, 

obschon    es    auch   irgend    einer   verstanden  «erden  mag.  fast 

alle  mild,    auftauchenden  beispiele  stellen  das  pronomen  dicht 

vor  relativsätze: 

ich  bin  einer,  der  nie  halben  tac 

mit  ganzen  fröiden  hat  vertriben.    Walth.  42,  7; 

fenuoge,  dcns  ir  triwe  jach, 
urn  einen,  der  zem  künege  sprach.    Parz.  412,  12; 
ich  diende  eim,  der  hei;et  got.    447,25; 
eine;,  hei;et  sorge,  volget  im  unz  in  sin  grap.    Niion.  68,35; 
er  und  einer,  nennet  man  den  Jungen  Willeher.    74,2; 
eine;,  hei;et  Karies  tal.    kaiserchr.  14967. 

in  allen  solchen  fällen,  könnte  man  sich  denken,  ist  ein  aus 
dem  Zusammenhang  der  rede  leicht  zu  entnehmendes  substan- 
livum weggeblieben  und  eben  darunt  dem  Zahlwort  stellvertre- 
tende d.  i.  pronominale  bedeutung  zu  theil  geworden,  im  nom. 
aber  ungekürzte  flexion  verblieben,  einer  will  sagen  so  viel 
als  ein  mann,  einen  ist  einen  mann,  einej  ist  ein  ding  oder 
ein  ort.  einen  senden  kann  auch  ausdrücken  einen  boten 
senden  oder  was  sich  den  umstanden  nach  zu  ergänzen  eignet, 
der  mhd.  spräche  war  nur  die  ellipse  noch  nictU  so  geläufig 
und  sie  setzte  lieber  das  nomen  zu  dem  unbestimmten  artikel 
statt  diesen  selbständiges  pronomen  werden  zu  lassen,  nocli 
bei  meister  EckiiART  heisxt  es:  ein  man  der  häte  ein  igele. 
171, 17 ;  da;  ein  man  was.  623, 14 ;  einen  menschen  zeigete. 
623, 1^;  nu  mühte  ein  mensche  sprechen.  685, 28.  686, 7 ; 
wo  aucli  hätte  können  gesagt  sein  einer  oder  einen,  wa;;  mnn- 
nes  bistu?  624,15  entspricht  unserm  heutigen  was  für  einer, 
was  für  ein  mann  bist  du?  mhd.  stand  auch  der  bestimmte 
artikel : 

wan  «wer  den  man  erkennen  sol, 
da  h(Frot  langer  wilo  zuo.    Iw.  4192, 

um  eini'n  recht  kennen  zu  lernen,  bedarf  es  langer  zeit,  da- 
gegen bei  Mkcknukrc  352,  32  war  ain  man  well  oder  inüg  <^ 
wohin  einer  wolle  oder  möge,  wohin  man  wolle  oder  möge. 

Zahlreiche  belege  lauen  keinen  iweifel  über  die  hochdeutsche 
Verwendung  dieses  pronomtns  einer  «ine  eines  -^t  aUquu  aluiua 


121 


EIN 


EIN 


122 


ahquid  seit  dem  14.  15.  16  jh.  und  Adelung  {lehrgeh.  1,  692) 
schwebt  im  inllium,  wenn  er  es  für  gemein  oder  niederdeutsch 
erklärt. 

weone  si  ainem  in  sein  siechen  äugen  sebeot.  Megenberg 
9, 29 ;  wie  im  ain;  in  den  orn  pauk.  11, 17 ;  der  donr  ist 
mangerlai,  wann  oft  gillt  er  sam  der  ainem  ain  plätern  voller 
luftes  auf  dem  baupt  zerslüeg.  92, 31 ;  si  gelaubent  auch 
wenik,  wie  ainr  aujwendik  der  stat  auf  dem  veld  verr  bin 
dan  möht  ains  lurns  höhen  gemejzen.  106, 17 ;  daj  ander 
pidem  ist,  da;  diu  erd  schotelt  snell,  sam  da  ainr  den  an- 
dern mit  den  henden  schütelt.  108,14;  wan  si  wegt  ir  zungen 
sü  snell  daj  ain;  dunkel,  si  hab  drei  zungen  und  hat  doch 
neur  ain.  262,7;  gleicher  weis  tuont  etleich  laut,  die  so  snell 
sint  mit  irr  urtail,  da;  si  zebant  ain;  verurtailent.  274,6;  e; 
spricht  auch  Isidorus  von  derlai  snuor  ainer,  da;  si  nie  ver- 
laidigt  mobt  werden  von  dem  feur.    278, 15. 

mau  sagt  von  einem,  der  hie;  Gauterus.  gesta  Roman,  ed. 
Keller  cap.  58 ;  einer  kam  von  den  sinnen,  schimpf  u.  ernst 
1550,31  (1555,189);  einer  kam  zu  einem  pbilosopho.  117  (zu 
einem  ph.  kam  einer.  151) ;  einer  bett  gelobet  zu  s.  Jacob  zu 
gehen.  186  (gelobt  u.  verheiszen  het  einer.  254);  einer  ward 
krank,  der  het  zu  viel  getrunken.  205  (krank  war  einer,  der 
hett  z.  g.  274) ;  einer  der  hielte  haus  mit  einer  melzen.  353 ; 
einer  der  het  wider  seinen  berrn  gethan.  367.  die  von  Pfeiffer 
ausgezognen  erzdhlungen  im  selentrost  liefern  keine  solche  ein- 
gdnge  mit  'einÄr*. 

ee  das  f  iner  ein  band  umbkert.  Keisersberg  veltl.  lewe  55* ; 
einer  kan  etwan  vers  in  dem  Iraum  machen,  omeis  36*;  so 
einer  ein  auszug  {eine  ausflucht)  sucht,  wan  man  in  straft, 
so  er  unrecht  hat  gethon.  Sünden  des  munds  2' ;  so  sich  einer 
selbs  lobt.  2';  als  man  ir  vil  hie  findet,  da  einer  kum  dreier 
pfening  wert  guts  hat,  der  iszt  me  schleck  dann  mancher, 
der  jars  hundert  gülden  gelts  hat  zu  verzeren.  4";  das  erst 
stück  wider  ordenung  der  Vernunft  ist,  da  einer  fürkümpt  die 
zit  der  noturft.  4';  bat  einer  ein  heimliche  krankheit,  da; 
sul  er  entdecken,  und  so  eins  krank  ist,  so  mag  man  im  zu 
essen  geben,  aber  so  einer  stark  ist,  umb  XXIil  jar  ist,  und 
kein  arbeit  thut,  wan  du  das  siehst,  so  ist  es  certitudo  suf- 
llciens,  es  sei  dan  das  er  ein  heimlichen  bresten  an  seinem 
leib  hab  und  dir  es  sag,  ein  gesind  sol  es  sagen.  6*;  wenn 
einer  foll  bretzeln  würt,  foller  kuchen,  foller  bering  und  des 
blunders,  davon  gond  die  dempf  auf  in  das  baubt.  8';  und 
betracht  den  schaden,  die  einem  aus  dem  frasz  ze  banden 
got.  12";  einer  bat  einist  Jobannes  ein  einsiedel  {Johannem 
eremitam),  er  solt  got  bitten  für  in,  das  im  das  feber  ab- 
gieng.  n';  das  ist  ein  gewis  zeichen  ewiger  verdamnis,  so  es 
einem  in  Sünden  wol  gat.  18*;  es  ist  bös  sein  wider  ein 
künig,  dann  er  bat  lange  arm,  reichet  weit,  anders  ist  es, 
da  einer  wider  ein  schlechten  menseben  ist.  18';  desbalben 
{im  zerlegen  des  bratens)  seind  die  Walben  fast  subteile  lüt 
und  seind  über  uns  in  dem,  etwann  waren  wir  über  sie  und 
betten  uns  geschampt,  das  wir  eim  ein  lügin  zugesagt  sollen 
haben,  aber  ietzundan  streichen  wir  den  kutzen  und  seind 
eins  leders.  19';  wenn  du  hörst  das  einer  gott  lestert.  19'; 
man  hört  gar  bald  wenn  einer  ein  Schwab  oder  ein  Beier 
ist.  19';  einer  sasz  einist  in  eim  Wirtshaus  spilen  und  verlor 
was  er  hatte.  20';  aber  da  einer  wo!  kan  reden  und  ein 
scbalk  ist  und  unfrum.  20";  der  da  eim  ein  güldin  nimpt 
wider  seinen  willen  ist  ein  dieb.  22';  und  eim  nummen  ein 
schwürlin  entwust  (icew«  jemand  nur  ein  kleiner  schwur  enl- 
ivischl).  23*;  so  du  weist,  das  einer  geselsdiaft  bat  mit  eim, 
der  ein  scbalk  ist.  26';  hinderred  ...  zu  dem  ersten  geschieht 
es  usz  guter  meinung  einem  zu  lieb,  es  zu  underweisen.  26*; 
so  einer  dich  lobet  und  understot  dir  schaden  zu  ze  fügen, 
oder  wenn  du  ein  wilt  verfüren,  als  so  du  die  frawen  lobest, 
darumb  das  du  sie  verfellest.  32*;  solich  liebleller  (ic/imeic/Wer, 
die  einem  zu  liebe  reden)  findet  man  zu  bof,  dann  die  herren 
mögen  einen  nit  hassen  der  sie  lobet.  32*.  on  solchen  stellen 
und  zahllosen  andern  ersieht  man  recht,  wie  natürlich  und 
ungezwungen  die  keisersbergische  rede  flieszt,  das  'einer'  ist 
ihm  ganz  geläufig,  aber  er  läszt  bald  'er',  bald  das  unbestimmte 
'es'  darauf  folgen,  oder  gebrauclit  gleich  'eins',  wovon  unter 
diesem  worl  dte  beispiele  zu  lesen  sind,  neben  einer  verwendet 
er  auch  noch  das  volle  'ein  man'  oder  'ein  mensche ,  oder  das 
blosze  'man',  dem  dann  wieder  'einer*  nachtntt:  so  man  einen 
menschen  lobet,  der  on  das  geneiget  ist  zti  hoflart,  da  gibt 
einer  im  ursacli,  das  Üppigkeit  der  boffan  in  im  ufgat.  32'; 
hier  hätte  umgekehrt  stehen  können:  so  einer  einen  lobet  ... 


da  gibt  man  im  ursach;  doch  zuerst  wird  lieber  bestimmt, 
hernach  unbestimmt  geredet,  ieman,  unser  jemand,  scheint 
Keisersberg  nicht  zu  setzen  oder  müsle  es  selten  thun. 

Hier  sind  auch  stellen  aus  Lcthers  bibel  und  aus  späteren 
Schriftstellern:  denn  wird  einer  seinen  bruder  aus  seines  vaters 
haus  ergreifen.  Es.  3,  6;  zh  der  zeit  wird  die  berlichkeit  Jacob 
dünne  sein  . . .  denn  sie  wird  sein,  als  wenn  einer  getreide 
einsamlete  in  der  ernde.  17,  5;  und  ob  einer  entllöbe  für  dem 
geschrei  des  Schreckens.  24, 18 ;  es  schmidet  einer  das  eisen 
in  der  zangen.  44. 12 ;  so  du  einen  nacket  sibest,  so  kleide 
in.  58,  7 ;  als  wenn  man  einen  aus  einem  tiefen  schlafe  weckt. 
Sir.  22,  7 ;  so  einer  stirbt  und  hat  nicht  kinder.  Matth.  22,  24 ; 
da  er  noch  redet,  kam  einer  vom  gesinde.  Luc.  8,  49,  wo  gr. 
eqxExai  rts,  in  der  vulg.  nichts  als  venit;  es  sol  auch  einer 
nicht  zween  rocke  haben.  Luc.  9,  3,  wo  gr.  und  lat.  gar  kein 
pronomen  gesetzt  ist. 

macht  auch  einem  die  zeit  oTl  kurz. 

darauf  wird  auch  oß  einem  heisz.    U.  .Sachs  I,  473' ; 

bring  einer  eins  dem  andern  rumb!    Uula.'«o  589; 
• 

was  soll  eim  ein  todter  mann?  Fiscbart  groszm.  61;  so  machts 
man  auf  die  wehr  und  in  die  becher,  die  einen  umbbringen. 
Garg.  88";  speit  ein  ban,  es  möcht  einer  hau  ein  schiffeiein 
gefürt.  89*;  es  schluckt  sich  besser  als  camelshaar  und  katzen- 
baar,  das  musz  von  eim  schwieren  und  gieren.  89";  ja  so 
säur  und  theur  ist  jetzt  der  wein,  dasz  man  in  eim  nmsz 
spielen  und  singen  ein.  90";  es  durst  einen  wann  ers  an- 
sieht. 91* ;  der  macht  kein  kolocompasz,  wie  dünn  knite  und 
knoll,  der  eim  im  bauch  roll.    91'; 

dem  will  ich  einen  bringen, 

der  an  der  seilen  sitzt, 

wie  kan  ichs  als  erschlingen, 

ich  hab  furwar  ein  ritz.    93' ; 

was  soll  ein  mann,  der  nicht  mit  eim  raufen  und  saufen 
kan?  ich  baw  eben  so  mär  mit  eim  (s.  oben  sp.  13),  als  ich 
mit  im  sauf.    94'  und  häufig. 

beispiele  aus  dem  17.  18  jh.:  einer  fragte  einen,  xeilver- 
treiber  s.  511;  der  junge  muste  im  einen  säbel  nachtragen, 
der  so  schrecklich  aussah,  dasz  einem  von  dem  ersten  an- 
blicke hätte  mögen  der  köpf  vor  die  füsze  fallen.  Weise 
eizn.  194 ;  so  bald  sich  eines  im  hause  klaget,  so  verbiete 
ich  ihm  das  essen.    Gellebt  3,  225 ; 

an  einem,  den  man  hebt,  wird  auch  ein  fehler  schön. 

3,  318 ; 
man  kann  sich  an  einem,  der  nicht  zuhört  nicht  besser  rächen, 
als  wenn  man  ohne  aufhören  plaudert.  4, 140 ;  die  Ursache 
ist  ja  so  menschlich  als  eine  sein  kann.  4, 168 ;  es  gibt  eine 
gewisse  art  einem  zu  sagen,  dasz  man  ihn  liebt,  welche  be- 
zaubernd ist.  4,194;  macht  man  das,  was  einem  so  einfällt? 
Lessi.ng  1,  527 ;  so  was  erinnert  einen  manchmal,  woran  man 
nicht  gerne  erinnert  sein  will.  1,  552 ;  ein  so  unsinniges  testa- 
ment,  als  nimmermehr  einer,  der  im  tollhause  an  der  kette 
stirbt,  hätte  machen  können^   2,  482 ; 

bei  Zeiten  sich  nach  einem  umgeseho, 
der  mit  uns  um  die  wette  leben  will, 
kennst  du  noch  keinen?    2,353; 

sie  machen  einem  ja  ganz  bange,  rief  die  sklavin.  Wielasd 
3,  222 ;  das  einzige,  was  einen  dabei  in  Verwunderung  setzt, 
ist.  8,166;  sie  macheu  einem  ja  recht  bange.  11,215;  darnach 
sich  einer  aufführt,  darnach  wird  einem.    Göthe  II,  i*»; 

dieser  glieder  frohe  pracbt 

harret  einer  in  der  stille.    ...; 

drinnen  gefangen  ist  einer! 

bleibet  hauszen,  folg  ihm  keiner!    12,67; 

'wie  nennst  du  dich*'  die  frage  sclieini  mir  klein 

für  einen  der  das  wort  so  sehr  ver.ichiet.    12,  7U; 

gleich  hör  ich  einen  auf  dem  gange. 

'mir  ists  nicht  möglich  ihn  zu  sehn.' 

der  arme  knabe  w.irtct  lange. 

der  darf  nicht  ungetrösiel  gehn.    12,  92; 

da  liegt  schon  einer  todt!    J2,  196; 

redst  du  von  einem,  der  da  lebet)    ScHtLLia67*. 

wie  einen  der  muhe  kriegesbesen 

fegt  und  schüttelt  von  on  zu  ort.    321*; 

da  fragt  niemand  was  einer  glaubt.    322'; 

zum  exenipel,  da  hack  mir  einer 

von  den  riinf  fingern,  die  ich  hab, 

hier  an  der  rechten  den  kleinen  ab.    327*. 

^ach  allen  diesen  betspieten  wird  sich  nun  der  heulige  ge- 
braucli  des  pronomens  und  sein  unterschied  von  andern  aus- 
drücken  ergeben,     einer  verhält  sich  zu  irgend  einer   wie  ein 


123 


EIN 


EIN 


124 


mann  zu  jemand,  d.  h.  die  bei/ugiing  von  irgend  usqnani  und 
je  unquam  verleiht  noch  eine  allgemeinere,  die  unhesUnnntheil 
steigernde  ausdehnung  auf  räum  ttnd  zeit,  statt  das  thul  einem 
wol,  das  maclil  einem  heisz,  das  wird  einem  sauer  laszl  sich 
auch  sagen  das  thut  einem  manne  wol,  macht  einem  manne 
heisz,  nicht  aber  jemand  oder  irgend  einem,  irgend  wem. 
märchen  und  erzählung  beginnen :  es  war  ein  mann,  könig, 
lischer,  es  war  einer ;  da  würde  unschicklich  sein  viit  jemand 
anzuheben,  jemand  ist  hingegen  an  seiner  stelle,  wo  das  un- 
gewisse hervor  gelwben  werden  soll,  namentlich  nach  con- 
junelionen:  ich  glaube  nicht,  dasz  jemand  geiiummcn  ist;  es 
fragt  sich,  ob  jemand  davon  wcisz;  doch  kann  überall  für 
jemand  auch  das  blosze  einer  stehen,  die  partikel  je  fflegte 
sich  in  den  positiven  ausdruck,  wie  in  den  negativen  einzu- 
drängen, unserm  niemand,  mhd.  niemen,  ahd.  nioman  stand 
das  einfachere  goth.  ni  mannn,  ni  mannahun  zur  seile,  ohne 
zulhat  von  aiv.  doch  hat  bei  Luther  das  jemand  für  einer 
schon  groszen  umfang  geiconnen,  in  stellen  wo  Keisersberc 
nur  das  letztere  kennt,  die  rede  ist  am  bestimmtesten,  wenn 
nichts  als  man  gesetzt  ist  {vorhin  sp.  121),  sie  wird  unbestimmt 
durch  ein  mann  und  noch  unbestimmter  durch  jemand;  nicht 
selten  steht  die  wähl  zwischen  diesen  ausdrücken  frei,  z.  b. 
man  ruft!  einer  ruft!  jemand  ruft!;  ich  höre  rufen,  einen 
rufen,  jemand  rufen,  oft  kann  auch  nach  dem  nur  im  nom. 
stehenden  man  in  einen  orfer  in  das  persönliche  pronomen 
übergetreten  werden :  was  man  nicht  weisz,  macht  einem  nicht 
heisz;  was  ein  manu  {oder  einer)  nicht  weisz,  macht  ihm 
nicht  heisz.     s.  auch  mensch  und  leute. 

Unser  wer  ist  unbeholfner  als  das  gr.  zls  und  ich  habe 
wen  gesehn,  ich  habe  es  wem  gesagt  weit  ungebräuchlicher 
als  einen,  einem;  wir  kommen  ihm  ditrch  vorgesetztes  irgend 
zu  hilfe,  und  irgend  wen,  irgend  wem  erreicht  den  sinn  von 
jemand,  die  ahd.  spräche  konnte  ein  s6  voraus  gehen  lassen, 
die  mhd.  swer,  swes,  swem,  swen  von  dem  bloszen  interro- 
gativ unterscheiden  und  mit  swer  die  bedeulung  von  wenn  einer 
erreichen,     das  nähere  ist  unter  dem  worle  wer  zu  erörtern. 

Nicht  unerwähnt  bleiben  darf  hier  die  nähe  positiver  und 
negativer  ausdrücke,  seitdem  die  einfache  negation  gewichen 
war  und  nur  als  praefix  neben  nomen  oder  pronomen  fort- 
dauerte, mhd.  dehein  war  bald  irgend  ein,  bald  kein,  d.  i. 
enbein,  nehein,  weil  unbestimmte  wie  fragende  rede  die  nega- 
tion setzen  oder  auslassen,  noch  heute  darf  uns  der  gegen- 
salz zwischen  ein  und  kein  mitunter  schwinden  und  der  spruch 
'eins  ist  keins',  'einer  ist  keiner'  sich  so  bestätigen,  ein  red 
ist  kein  red.    Keisersb.  omeisz  20'.     die  verse 

ist  keiner  hier,  der  spricht  zu  mir?    Uuland  586; 
ist  keiner,  der  sich  hinunter  wagt?    Schiller  G3*; 
könnten  auch  bestimmt  beginnen  ist  einer?  y  a-t-il  quelqu'un? 

sagt  menschen,  ists  kein  glück, 

sein  Schicksal  nicht  zu  wissen?    Gellert  1-,  87, 

tst  es  nicht  ein  glück?  3,231  schreibt  er:  keine  andere  ge- 
fäiligkeit  habe  ich  ihm  nicht  erzeigt  und  der  gute  mann  hat 
mich  doch  genöthigt  diesen  ring  anzunehmen,  eine  andere 
gefdiligkeit  würde  dasselbe  ausdrücken,  oder  umgekehrt  Güthes 

trank  nie  einen  trojiTcn  mehr.    12, 143 
auch  heiszen  dürfen  nie  keinen,  wie 

man  sieht,  dasz  er  an  nichts  keinen  antheil  nimmt.    12,  183. 

Lcther  sagt:  ja  er  war  so  schön  als  kein  bawm  im  garten 
güttes.  Ez.  31,  8,   das  ist  mehr  'sonst  keiner'  als  sonst  einer. 

bedenk,  ich  war  dir  so  gewogen, 

als  keiner  ist  und  werden  k.itin.    GÜNTUEa  315; 

er  hnt 
ihr  einen  valcr  aurgebundon,  wird 
er  keinen  brudcr  für  sie  linden?    Lkssing  2,  35<i, 

ticlilbar  führt  hier  die  frage,  das  kein  herbei,  es  könnte  eben- 
wol  gefragt  werden  einen  brudcr?  aber  der  fragende,  unsicher, 
ob  ihm  bejahende  oder  verneinende  antwort  zu  theil  werde,  fragt 
gern  mit  kein  wo  er  ja  erwartet,  bekannt  ist  die  formet  des 
ungeduldig  seine  frage  steigernden  rauclilustigen :  hat  einer 
Khwanim?  hat  keiner  schwamm?  hat  einer  keinen  schwamm? 
hat  keiner  keinen  schwamm?  hat  keiner  keinen  schwamm 
nicht?  keiner  wird  zu  fragendem  nicht  einer,  mehr  mich 
unter  kein. 

4)  vergleichendet  so  und  wie  gesellen  sieh  zu  einer  im 
sinne  ton  Inlit  und  qualit,  der  hauptton  ruht  dann  jedesmal 
auf  der  conjunction,  und  s6  einer,  lalit  ist  unterschieden  von 
$o  ^ioer,  $i  quit. 


I       a)  S(i  einer  war  ich,  talis  fui;   so  einer  will  uns  hier  gc- 
I  setze  vorschreiben ! ;   so  einen  suchen  wir  gerade ;    s6  einem 
'gehorcht  man  gern;  du  must  eine  schöne  nehmen,  die  reich 
j  ist  und  gut,  so  eine  wird  man  nimmer  satt.    Göthe  11,  9 ; 
I  denn,  gute  frau,  erinnert  euch 

au  eur  verruchtes  leben, 
s6  einer  wird  im  himmelreich 
kein  plaizchcn  eingegeben.    Borger  49*. 

I  Meistentheils  folgt   aber  unmittelbar  das  nomen  und  ein  wird 
I   zum  bloszen  artikel, 

I  rt)  t'or  dem  substanliv:  so  ein  kerl,  so  ein  narr;  so  ein 
erfolg  wurde  erzielt;  so  eine  menge  kann  ich  nicht  aufzeigen. 
Keisersberc  setzt  hier  'also  ein':  wa  also  ein  gerumpel  ist, 
das  leg  den  seien  nit  zu  {schreib  den  geistern  nicht  zu),  omeisz 
43*.  später  aber  gilt  'so  ein'  und  in  Norddeutschland  son  kerl, 
sonne  sache: 

im  glück  ist  dies  mein  grösztes  glücke, 

dasz  so  ein  freund  es  mit  genieszt.    Günther  172; 

so  wiszt  einmal,  ich  bin  verliebt 

und  zwar  in  so  ein  kind, 

das  mir  erst  lust  zu  lelicn  gibt, 

so  schwer  die  zeiien  sind.    313; 

endlich  gerielhen  sie  in  s6  eine  spielhitze,  dasz  der  fremde 
passagier  alle  sein  vorräthiges  geld  verspielte.  Leipz.  avan- 
turier  2,  35 ;  dieser  mann  predigte  auf  so  eine  art  wie  Petrus 
und  Paulus  in  ihren  episteln.    2, 137 ; 

gebt  ihr  für  ihre  ganzen  tage 

so  einen  lag  als  der?    Lbssing  1,90: 

nun  wahrlich  so  ein  kerl  kann  weiber  lüstern  machen.    1, 115 ; 

gewis,  s6  eine  jagd  war  mir  nicht  lächerlich.    1, 124; 

must  ich  der 
gefahr,  so  einen  vaier  zu  verlieren 
das  arme  raädchen  opfern?    2,340; 

ich  bin  so  ein  thor  nicht.    2,  457 ;   so  einen  narren.  1,  373 ; 

hältst  du  mich  für  s6  schwach,  für  so  ein  kind, 
dasz  solch  ein  fall  mich  gleich  zerrüiten  könne? 

Göthe  9,  196; 
da  find  ich  so  ein  kästchen  wieder.    12,  148; 
ach  lieber  goit!  was  s6  ein  mann 
nicht  alles  alles  denken  kann!     12,  169; 
wo  so  ein  köpfchen  keinen  ausgang  sieht, 
stellt  es  sich  gleich  das  ende  vor.    12,  176 ; 

glauben  sie,  dasz  s6  eine  creatur  einen  character  hat  ?  19,198. 
ß)  vor  dem  adj.  hat  die  conjunction  den  sinn  von  tarn  und 
das  ein  kann  ihr  sowol  vorangehen  als  auch  folgen,  mhd. 
findet  sich  hier  wieder  also  für  so  und  nach  dem  ein : 

ein  also  scbcene  böchzit.    Ite.  35; 

und  mugt  ein  also  biderben  man 

wol  gwinnen,  obes  iu  got  gan.    1927; 

ouch  wundert  mich  ie  ra6re, 

daj  ein  also  vrumer  man 

so  starke  misseiuon  kan.    4062; 

diu  ibt  versagen  klinde 

eim  also  süejeii  munde.    7900. 

nhd.  erscheint  das  so  vor  dem  ein:  wie  lange  wiltu  solchs 
reden?  und  die  rede  deines  mundes  s6  einen  stolzen  niut 
haben?  //to6  8,  2;  wb  ist  so  ein  mechtiger  gott,  als  du  gott 
bist?  ps.  77,14;  abter  wie  kostlich  sind  für  mir  gott  deine 
gedanken?  wie  ist  ir  so  eingrosze  summe?   139,17; 

der  schönen  in  den'  armen  liegen, 

wenn  drauszen  nord  und  regen  pfeift, 

macht  so  ein  inniglich  vergnügen, 

dosgleichcn  niemand  recht  begruifl.    Güntbir  199; 

.so  ein  verliebier  Ihor  veruufl 

euch  sonne,  niond  und  ane  siernc 

zum  Zeitvertreib  dem  liebelten  in  die  luft.    Götuk  12,147^. 

sisi  eine  der  grö^tien  bimmelsgaben 

so  ein  lieb  ding  im  arm  zu  haben.    12,  152; 

billig  ist  es,  sagte  er  zu  sich  selbst,  dasz  so  ein  treflicher 
mann  auch  trofliche  weiberseclen  an  sich  ziehe.  20, 44.  ge- 
wöhnlich stünde  nichts  im  wege,  das  ein  auch  nach  dem  so 
zu  setzen :  einen  so  stolzen  mut,  einen  so  mechtigen  gott. 

b)  schon  Keisersiierc  ttnd  Lcther  ziehen  dem  so  ein  vor 
e  i  n  s  o  I  c  h  e  r.  da  aus  letzlerni  belege  allenthalben  vor  äugen 
liegen,  bringe  ich  ihrer  aus  erslerm:  darumh  wa  zehen  oder 
zwölf  an  einem  tisch  sitzen,  wa  ein  solicher  darunter  i>il,  das 
hörst  du  gar  bald,  weltl.  lewe  55';  wenn  einer  foll  brelzelen 
wtirt,  foller  kurhen,  foller  bering  und  des  lilunders,  davon 
gond  die  dempf  auf  iu  das  haubt  und  würt  die  Vernunft  ge- 
irret und  dunkel,  das  ein  solicher  mensch  sie  nit  bruchen 
mag.  s.  (/.  m.  h'  ;  «her  ein  mensch,  der  da  zimlich  isnet,  wenn 
er  an  dem  morgen  erwachet  uml  jibgetoiiwei  iiat,  so  be- 
gegnen im  die  ding  so  dar  und  lauter  und  in  einer  .solicher 


1 


125 


EIN 


EIN 


126 


feiner  ordenung,  das  er  ein  ganzen  tag  sunst  nicht  finden 
möcbte.  9';  aber  da  einer  wol  kan  reden  und  ein  schaik  ist 
und  unfrum,  da  ist  schedlicher  ding  nicht  auf  erdreich,  daa 
ein  solicher.  20';  von  einem  solichen  schreibt  sanct  Augustin. 
22";  ein  solichen  lügner  h;isset  iederman,  und  wen  einer 
schon  ein  lügner  ist,  noch  dennacht  so  hasset  er  die  andern 
lügner,  die  seines  leders  seind.    25*. 

In  den  meisten  fällen  kann  ein  solcher,  ein  solches  irecA- 
seln  mit  bloszem  solcher,  solches,  ohne  den  unbestimmten  ar- 
likel,-  seil  dem  iS  jb.  [oder  früher  schon?)  kommt  auch  mit 
nachgesetztem  artikel  das  dem  'so  ein'  näher  stehende  'solch 
ein'  in  brauch,  vielleicht  nach  dem  engl,  such  a,  oder  auch 
nach  welch  ein : 

solch  ein  mädchen  wünsch  ich  mir, 

solch  einen  engel.    Lkssijtg  1,  17; 

wie  ist  der  gedanke  Inbeii'l, 

solch  ein  etiler  bleibt  uns  nah.    Göthe  1,  163; 

0  glücklich,  wer  von  seinen  gaben 

solch  einen  vonheil  ziehen  kann.    12,57; 

o  könntest  du  in  meinem  Innern  lesen, 

wie  wenig  vaier  und  söhn 

solch  eines  ruhmes  werih  gewesen!    12,58. 

metrische  rücksichten  entscheiden,    ob  das  ein  vorausgehe  oder 

folge : 

ein  solcher  mann,  ein  groszer  hofmann  sein, 
schlieszi  das  lob  oder  tadel  ein?    Lessijic  1,  102. 

vor  dem  ein  bleibt  aber  solch  immer  unflectierl.  man  pflegt 
heule  solch  einer  dem  so  einer,  solch  ein  dem  so  ein  bei 
folgendem  subst.  vorzuziehen  und  nur  bei  folgendem  adj.  so 
neben  solch  zu  verwenden,  doch  sollte  es  auch  in  jenem  fall 
zugelassen  bleiben. 

c)  noch  seltner  erscheint  die  analoge  Verbindung  der  Par- 
tikel wie  mit  ein,  engl,  how  a,  man  hätte  zumal  in  frage 
und  ausrvf  nach  ihr  zu  suchen:  wie  einer  bin  ich  denn? 
qualem  me  esse  putas? ;  wie  eine  grosze  mühe  du  dir  doch 
gibst!  quantam  operam;  es  ist  nicht  zu  sagen,  mit  wie  einer 
innigen  liebe  sie  an  ihm  hieng,  quam  lenero  amore;  zu  mei- 
nem haus  wünsche  ich  mir  auch  den  garten,  aber  wie  einen?; 
o  wie  ein  groszer  sprung!  o  wie  ein  kühler  trunk!;  ei  ei, 
wie  eine  grosze  nas  ist  das!  zeitvertreiber  s.  5S;  ei,  wie  ein 
kleines  näsel  ist  mir  das!  s.  59;  ach  wie  ein  schöner  feder- 
busch!    Simpl.  K.  440; 

0  wie  ein  fröhlichs  wesen!  ühland  601. 
bemerkensaerth  sind  stellen  Keisersbergs,  wo  zwischen  wie  und 
ein  andere  Wörter  treten :  da  kam  er  zu  einem  mislhaufen, 
er  legt  sich  darauf  und  bleib  da  ligen.  da  es  tag  ward,  er 
leinet  sich  uf,  da  kam  einer  und  sach  in  und  sprach  zu  im 
'sich  Zunftmeister,  ligen  ir  da?'  er  antwurt  'o  wie  bin  ich 
ein  Zunftmeister!'  s.d.m.9*;  wie  wer  aber  das  ein  ding,  da 
einer  foll  ist  und  da  in  erst  hungert?   10*. 

d)  statt  wie  ein  pflegen  wir  'welch  ein',  analog  dem  solch 
ein,  oder  'was  für  ein'  zu  setzen,  in  den  letztangezognen  stellen 
würde  stehen:  was  für  ein  Zunftmeister  hin  ich!  was  für  eine 
Sache  wäre  das?;  was  sie  für  einen  linden,  oniets  40'.  Lcther 
schreibt:  wenn  dieser  ein  prophet  were,  so  wüste  er,  wer 
und  welch  ein  weib  das  ist,  die  in  anrüret,  t«  xai  TtOTUTir] 
r,  yvti^.  Luc.  7,39;  was  für  eine  tochter?  Lessisg  1,373; 
was  für  ein  spitziges  kinn !    l,  379 ; 

0  was  ist  dein  vater  für 

ein  mann!    Lessing  2,  346; 

was  bin  ich  denn  für  eine?    Bürger  49*. 
und  wie  neben  solch  ein  bloszes  solch,  darf  auch  neben  welch 
ein  bloszes  welch  stattfinden: 

welch  Schauspiel!  aber  ach!  ein  Schauspiel  nur! 

Göthe  12.  33: 
welch  ein  gefühl  must  du,  o  groszer  mann, 
bei  der  Verehrung  dieser  menge  haben  I    12,  57. 

in  den  Windungen  der  rede  kann  so  ein  den  sinn  von  wie 
ein    empfangen :   in   so    einem    schlechten   zustande  auch  die 

gekleksten  decorationen  waren,   so  könnt  er  sich  doch 

der  empfindung  nicht  erwehren,  dasz  er  die  glücklichsten 
augenblicke  seines  lebens  in  der  nähe  eines  ähnlichen  trüdel- 
krams  gefunden  halte.    Göthe  18, 170. 

5)  endlich  gewinnt  e  i  n,  gleich  dem  gr.  eTg  uin  fr  und  tos 
la  i'ov  zuweilen  den  sinn  von  idem  eadem  idem,  weil  der 
eine  zugleich  derselbe,  der  nemliche  ist.  ahd.  beispiele  hat 
GRirr  1, 310.     mhd. 

die  troume  sint  pSde  ^in.    Diut.  3,99; 

sin  rede  und  ir  lachen 

was  gezilt  mit  öinen  sachen.    Part.  152,25. 


nhd.  ist  ein  ding.  Keisersr.  s.  d.  m.  14",  dieselbe  sache;  warum 
soll  ich  ewr  beider  beraubt  werden  einen  tag?  vulg.  cur  utro- 
que  orbabor  ülio  in  uno  die?    iMos.  27,  5S; 

es  klopfet  ja  der  lod  mit  einem  bein 

an  die  pallnst  und  wolkenhohe  Schlösser 

und  armer  leut  sorglose  huttelein.    Weckberlin  ^7, 

wo  eodem  das  aequo  pede  ausdrückt; 

werther  freund,  du  immer  einer,  hast  nur  immer  dis  ermessen. 

LoGAU  3,  85,  4S; 
eines  schickt  sich  nicht  für  alle.    Göthe  1,  72; 

ein  herz  und  eine  seele ;  wir  wohnen  beide  unter  einem  dache ; 

und  ihr  herz  ward  entzückt  zum  hellen  gesang:  wir  glauben 
all  an  6inen  gott!  Voss  Luise  1,363. 

diese  pronominalbedeutung  flieszt  unmittelbar  aus  der  einheit 
und  gewöhnlich  steht  auch  'ein  und  derselbe',  unus  idemque 
verbunden. 

D)  unbestimmter  artikel. 

Da  seinem  begriffe  nach  das  pronomen  überhaupt  die  stelle 
des  nomens  vertritt,  hätte  es  eigentlich  neben  dem  nomen  nicht 
zu  erscheinen,  geschieht  dies  dennoch,  so  soll  dadurch  die 
Vorstellung  des  nomens  näher  bestimmt  und  verstärkt  werden, 
die  kraft  des  nomens  ist  aber  nicht  allein  in  seinem  begrif, 
sondern  auch  in  seiner  gcstalt  enthalten  und  das  von  auszen 
beigesellte  pronomen  wird  auf  beides  gerichtet  sein,  die  flexion 
und  zugleich  den  sinn  des  nomens  hervorzuheben. 

Die  einführung  des  artikels  musz  in  mächtigem,  unhemm- 
barem  trieb  der  neueren  spräche  gegründet  sein,  denn  wir  be- 
gegnen ihm  in  deutscher  wie  in  romanischer  zunge  fast  zu  der 
nemlichen  zeit,  so  dasz  gegenseitig  herüber  und  hinüber  auf 
seinen  festwurzelnden  gebrauch  eingewirkt  worden  sein  mag. 
doch  ins  slavische  und  litauische  ist  er  nicht  gedrungen. 

Alle  alten  sprachen  bedurften  noch  keines  artikels,  es  war 
ihnen  nichts  daran  gelegen  das,  was  er  ausdrücken  soll  zu 
bezeichnen  und  ihre  pronomina  sparten  sie  für  lebendigere  fälle 
auf.  dasz  a^xrow  ifcöyrjos,  gallus  cantavit,  hana  hrukida 
soviel  aussagen  als  'der  hahn  krähte'  unterliegt  keinem  zweifei; 
ob  sie  auch  bedeuten  können  'ein  hahn  krähte'  kam  nicht  in 
belracht,  denn  wie  das  männliche  geschlecht  aus  der  gestalt 
des  nominativs  folgte  ja  die  einheit  aus  dem  gebrauchten  sin- 
qulaiis  und  gesetzte  pluralformen  würden  den  begrif  der  mehr- 
heit  bezeichnet  haben.  Nachdem  aber  das  demonstrativum  sich 
als  geleiter  und  stütze  des  nomens  geltend,  altmälich  unent- 
behrlich machte,  mochte  es  zugleich  der  bedeulung  etwas  von 
seiner  natur  mitlheilen.  in  'der  bahn'  lag,  genauer  zugesehn, 
nicht  nur  gallus,  sondern  ille  gallus,  der  Vorstellung  war  noch 
leise  ein  räumlicher,  jenen  ausdrücken  der  älteren  spräche  ab- 
gehender bezug  hinzugetreten,  wie  wir  die  hestimmtheit  durch 
eine  partikel  'der  hahn  da'  3«  steigern  pflegen,  so  überflüssig 
ein  solches  'da'  meisleniheils  scheint,  muste  die  vorzeit  auch 
des  demonstralivs  vor  dem  nomen  entraten  können. 

Den  gegensatz  zu  dieser  aufgenommnen  bestimmung  des  no- 
mens hätte  nun  freilich  das  unarticulierte  nomen  bilden  dürfen 
und  bildet  ihn  oft.  allein  die  spräche  gieng  weiter  und  be- 
diente sich  der  schon  für  pronominalbegriffe  dienendfn  einzahl 
ausdrücklich,  um  sie  als  unbestimmten  artikel  jenem  bestim- 
menden an  die  seile  zu  stellen,  dem  'der  hahn'  trat  jetzt  'ein 
hahn'  gegenüber,  gleichsam  der  abstraction  des  demonstrativums 
auch  die  der  einzahl. 

Beide  artikel  entsprangen  nicht  gleichzeitig  auf  einmal,  viel- 
mehr dem  unbestimmten  war  der  bestimmte  lange  vorausge- 
gangen, jener  ist  eben  erst  duvdi  diesen  bedingt.  '  ihr  gesetz 
Idszt  sich  im  allgemeinen  so  ausdrücken:  der  unbestimmte 
steht,  wenn  ein  nomen  in  die  rede  eingeßhrt  und  zuerst  er- 
wähnt wird,  der  bestimmte,  wenn  es  als  bekannt  vorauszusetzen 
ist  oder  seiner  wiederholentliche  meidung  geschieht,  damit  eine 
demonstralion  eintreten  könne,  musz  der  gegenständ,  auf  wel- 
chen sie  geht,  bereits  vorliegen,  er  wird  aber  als  neu  und  be- 
stimmbar deutlich  durch  die  einzahl  hervorgehoben,  die  Stel- 
lung des  nomens  ohne  artikel  scheint  ßr  sinnliche  begriffe  an- 
gemessen, der  fiiibestimmte  artikel  für  allgemeine  und  abstrac'e, 
der  bestimmte  für  concrete.  Es  ist  nicht  in  abrede  zu  stellen, 
dasz  durch  diese  doppelte  articulation  die  neueren  sprachen 
practisch  an  klarheit  gewonnen  und  ihre  geschwächte  oder 
verlorene  flexion  theilweiae  ersetzt  haben,  so  dasz  sie  nim- 
mer wieder  darauf  vertiehten  könnten;  der  alten  spräche 
wohnte  frischeres  bewtutsein  der  formen  bei,  die  ihnen  leicht 
mittel  an  hand  gaben  bündig,  wenn  auch  minder  scharf  auszu- 


127 


EIN 


EIN 


128 


dnuken,  was  wir  heute  umschreiben,  überhaupt  jedoch  hat  der 
unbestimmte  artikel  viel  geringem  umfang  als  der  bestimmte, 
schon  deshalb  weil  er  nur  auf  den  sg.  geht,  am  deutlichsten 
aber  vergegenwärtigt  man  sich  vorlheile  und  nachtheile  beider 
artikel  bei  enigegenhaltung  des  prosaischen  und  poetischen  Stils, 
im  gedieht  wird  der  unbestimmte  artikel  sehr  zurück  treten  und 
dem  unartieulierten  ausdruck  weichen,  in  der  prosa  musx  es 
willkommen  sein,  die  artikel  bald  fahren  lassen,  bald  setzen 
zu  können,  man  sehe  wie  Pindar  oder  Horaz  und  wie  Caesar 
und  Livius  auf  deutsch  gegeben  werden. 

Die  gothische  spräche  zeigt,  gleich  der  griechischen,  schon 
vielfache  anwendungen  des  bestimmten,  sie  zeigt  noch  keinen 
einzigen  entschiednen  fall  des  unbestimmten  artikels,  dessen 
späterer  Ursprung  daraus  folgt,  wenn  wir  Matlh.  8,19  lesen: 
jah  duatgaggands  ains  bokareis,  so  bleibt  hier  Ulfilas  völlig 
im  gleise  des  gr.  elg  yoa/iftareve  und  lat.  unus  scriba,  welche 
den  einzelnen  aus  dem  häufen  hervortretenden  schriftgelehrten, 
ausheben,  wie  auch  alle  nachherigen  Verdeutschungen  an  dieser 
einzahl  festhalten,  ahd.  im  Tatian:  ein  buochari  gieng  thö 
zuo,  ags.  {)4  geneala;hte  him  4n  b6cere,  northumbr.  and 
töcvom  in  udvutta;  während  uns  Luthers  und  es  trat  zu 
im  ein  schriftgeiehrter  den  eindnick  des  bloszen  artikels  ge- 
währt, ains,  ein  und  An  stehen  hier  wie  sonst  sutns,  sumer, 
sum  oder  wie  ains  sums,  elg  Se  rig    Marc.  14,  47. 

Ebensowenig  zeigen  die  ältesten  ahd.  ags.  und  altn.  denkmäler 
den  unbestimmten  artikel  und  erst  allmälich  taucht  er  in  den 
späteren  auf.  ahd.  erscheint  er  nicht  bei  Kero,  nicht  im  Isidor 
und  Tatian,  ein  bedeutet  ihnen  nur  unus  als  wirkliche  einzahl, 
oder  solus  und  quidam,  man  könnte  sagen,  weil  sie  allzu- 
genau ihren  lat.  texten  folgen,  heiszt  es  Matlh.  5, 19  einaj 
fon  thfin  minniston  giboton;  5,  30  ein  thinero  lido;  6,27 
eina  eiina,  so  wird,  wie  im  gr.  und  lat.  text,  die  wirkliche 
einzahl  ausgedrückt,  siu  gibirit  sun,  pariet  filium  Matth.  1, 26, 
sie  wird  einen  söhn  gebären;  thiorna  in  reve  habet,  virgo  in 
utero  habebit,  1,22,  eine  Jungfrau  wird  schwanger  sein;  truh- 
tines  engii,  angelus  domini.  1,24,  des  herren  enget;  stemna 
ruofentes,  vox  ciamanlis,  3,  3,  eine  stimme  eines  predigers ; 
giwdli  von  bariron  olbentono,  vestimentum  de  pilis  camelorum, 
3, 4,  ein  kleid  von  camelhaaren.  bei  Otfried  und  Notker 
hingegen  sind  die  fälle  des  unbestimmten  artikels  unverkennbar, 
obschon  noch  minder  durchgreifend  als  bei  den  mhd.  dichtem, 
hier  folgen  heispiele  aus  Otfried  :  ein  man  IV.  17,  31.  einan 
man  III.  20, 1.  ein  ediles  man  IV,  35, 1.  ein  wib  1. 16, 1.  II.  14,13. 
lil.  10,1.  eina  huarrön  111.17,8.  ein  kuning  111.2,3.  eines 
kuninges  I.  4, 1.  ein  sculdheijo  III.  5,  5.  ein  ewarto  I.  4,  2. 
ubar  einan  lantsß  III.  6.  5.    ein  bürg  1. 11,  23.    zi  eineru  bürg 

II.  14,  5.  in  einan  garton  IV.  16, 1.  ubar  einan  klingon  IV.  16,  2. 
zi  einemo  gisä^e  11.14,6.  einan  saban  IV.  11,13.  eina  geislön 
11.11,9.  ein  gifuari  II.  14, 43.  ein  githingi  IV.  8,  4.    einaj  wuntar 

III.  23,  3.  NoTKER  aber  verdeutscht  adstilisse  mihi  supra  ver- 
tirem  visa  est  muiier,  war  sah  ih  ein  wib  stän  übe  mir. 
hoeth.  5;  at  si  quem  profanum  nobis  biandiliae  vestrae  detra- 
lierent,  aber  infuorlint  ir  mir  einen  vreden  mit  iwerino  zarte.  8 ; 
l'anlinum  consularem  virum,  Pauiinum  einen  gorislichen  ze 
consuie.  20;  ne  Alhinum  consularem  virum,  nio  Albinum 
einen  %amo  lu-ren  man.  20 ;  majestatis  crimen,  eines  man- 
nes  houbetsculde.  25  u.  s.  w.  er  erklärt:  abacus  ist  ein  de- 
scriptio,  da;  chit  ein  bilde  an  einemo  brete  aide  an  einero 
pagina,  ganz  schon  in  heutiger  weise. 

Für  die  abhandlung  des  nhd.  unbestimmten  artikels  stehn 
beleije  auf  allen  blättern,  zuerst  soll  dargelegt  werden,  wie  er  vor 
tuhstantiven  erscheint,  dann  wie  vor  adjecliven  und  pronominen. 

1)  der  unbestimmte  artikel  beginnt,  der  bestimmte  folgt:  eine 
stimme  erschallt,  die  stimme  verhallt;  ein  vogel  singt,  ich 
höre  den  vogel  singen ;  ein  tag  wird  anbrechen,  an  dem  ich 
Rlerhe,  der  tag  meines  todes  bricht  an ;  ein  ktinig  herschte 
im  land,  der  könig  hört  auf  zu  berschen. 

e«l  unuK  locui  Homburh  dicins.    lot.  ged.  337 ; 

<>inan  kuning  wei^  Ih,  heig^et  fr  llludwlg. 
ilirr  kirninr^  mit  kiiono,  i>ang  lioth  Tröno; 
in  (iagon  eines  kuninges  wa*  ein  Awarto.     0.1.4,1.2; 

rin  mirre  wil  ich  in  nluwen, 

ila;  «eil  von  grrtjen  iriuwen.    Part.  4,9; 

ein  rlifr,  der  pcliTPi  wa« 

iinilc  et,  an  ilf  ri  linochen  la».    Iw.  21 ; 

r\n  vnicr  «inem  kinde  rief.    IxAi-ngr.  1, 1; 

«•in  kiinec  wa»  ze  Troie.    <r.  *r.  32.'»; 

ein  herre  ia  l'armenie  wn«      Trinl.  H,h; 


ßj  saj  ze  Prankriche 

ein  -herre  hiderbe  und  guot.    guote  fr.  21 ; 
ein  buoch  lit  ze  .4rle.     1. 
nhd.    es  war  ein  könig  in  Thule, 

§ar  treu  bis  an  das  grab, 
em  sterbend  seine  biile 
einen  goldnen  becher  gab; 

es  war  einmal  ein  könig,  der  könig  hatte  sieben  söhne ;  eine 
witwe,  die  hatte  zwei  töchter. 

dieser  artikel  kommt  dem  unter  C  sp.  118  vorgetragnen  pronomen 
sehr  nahe  und  ist  deutlich  aus  ihm  entsprungen,  der  leben- 
dige zahlbegrif  schwächte  sich  in  den  von  irgend  ein,  gr.  zle, 
lat.  quidam,  ags.  sum.  Apulejus  sagt:  erant  in  quadam  civi- 
tate  rex  et  regina,  ihm  genügt  die  Unbestimmtheit  von  civitas 
und  ist  erlassen,  sie  auch  vor  rex  und  regina  auszudrücken, 
wie  wir  sagen  müssen:  in  einem  reich  war  ein  könig  und 
eine  königin.  ags.  erscheinen  sum  cyning  und  in  cyning 
gleichbedeutig  und  auch  engl,  können  noch  some  king  und  a 
king  einander  vertreten.  Ruodlieb  1, 1  hebt  an  mit  quidam 
vir.  was  nun  hier  den  etngängen  des  märchens  oder  des  liedes 
entnommen  wurde,  Idszl  sich  leicht  auf  alle  gcdichte  und  das 
anheben  jeder  rede  anwenden,  nur  dasz  es  oß  schwer  fällt  zwi- 
schen leiserem  artikel  und  etwas  stärkerem  irgend  ein  zu  un- 
terscheiden, z.  b.  in  GüTiiES  gedieht  auf  Scimli.ek  : 

wenn  einen  menschen  die  naiur  erhoben, 
ist  es  kein  wunder  dasz  ihm  viel  gelingt. 

2)  die  Vorstellung  von  ein  und  irgend  ein  liegt  an  steh 
schon  in  dem  sg.  des  subst.  selbst  und  ihr  äuszerer  zusalz 
kann  nur  gelinden,  unerheblichen  nachdruck  geben,  wie  aus 
völlig  parallelen  pluralen  offenbar  wird,  welchen  kein  artikel 
vorzutreten  braucht,  es  heiszt:  stimmen  erschallen,  die  stim- 
men verhallen;  königc  berschen  in  diesem  land,  der  könig 
folgt  seinem  vater;  geschichten  will  ich  euch  erzählen,  die 
sollt  ihr  gerne  hören;  bücher  liegen  zu  Arles,  die  liesz  der 
könig  niederschreiben,  so  wenig  solche  plurale  eines  beige- 
fügten 'viele'  oder  'mehrere'  bedürfen,  hat  auch  das  latein  und 
jede  andere  des  unbestimmten  artikels  entratende  spräche  nüthig 
vor  dem  sg.  die  leblose  einzahl  auszudrücken,  auszer  wo  der 
sinn  begehrt,  dasz  die  Unbestimmtheit  durch  vorgeschobnes  qui- 
dam erhöht  werde,  wir  sagen :  ein  dieb  ist  furchtsam,  ein  löwe 
ist  stark,  aber:  diebe  sind  furchtsam,  löwen  stark;  einen 
knecht  zu  strafen  oder  knechte  zu  strafen  ist  erlaubt,  zwei 
singulare  hintereinander  kommen  wieder  einem  pluralis  gleich 
und  bedürfen  des  artikels  nicht,  der  den  einfachen  sg.  begleitet, 
wir  sagen  er  nahm  einen  schild,  hingegen  er  nahm  schild 
und  sper;  er  hatte  ein  haus,  aber  er  hatte  haus  und  garten, 
obschon  auch  gesagt  werden  dürße  ein  haus  und  einen  garten ; 

ein  bauschen  und  ein  gnrtchen  vor  der  siadt.    Göthr  12,162; 
ein  priestcr  und  ein  gott  ist  hier  zugegen.    Schillf.r  442'. 

3)  bei  Substantiven,  die  den  sinnlichen  begrif  einer  umje- 
schiednen  masse  enthalten,  ist  der  unbestimmte  artikel  unzu- 
lässig, eben  weil  in  ihnen  nichts  einzeln  außritt  und  nur  von 
einem  theil  ihres  ganzen  die  rede  sein  kann,  weshalb  sie  die 
ältere  spräche  häußg  in  den  genitiv  setzte,  der  dem  heutigen 
partitivarlikel  des  französischen  entspricht,  es  sind  nament- 
lich die  Vorstellungen  der  elemente  und  stoffe,  die  in  der  regel 
kein  ein  vor  sich  dulden:  wasser  trinken,  feuer  schlagen, 
luft  schöpfen,  erde  graben,  auftragen,  hrunnen  in  den  mund 
gieszen,  wind  machen,  zug  machen,  gerüusch  machen ;  regen 
strömt,  Schnee  fallt;  nebel  steigt;  gras  mühen,  körn  schnei- 
den, heu  machen ;  silber  schmelzen,  gold  verarbeiten,  eisen 
schmieden,  eisen  ist  schwer ;  wachs  bleichen,  in  wachs  drücken, 
mit  öl  salben,  tränken,  mit  honig  bestreichen ;  blut  lassen, 
milch  trinken,  fleisch  kochen,  brot  essen,  hier  brauen,  wein 
keltern  ;  tuch  scheren,  leder  gerben  und  alle  ähnlichen,  hier 
wird  eben  so  wenig  der  französische  unbestimmte  artikel  ver- 
wendet, sondern  der  parlitive  boire  de  l'eau,  battre  du  feu 
u.  t.  w.,  während  es  auch  mhd.  hiesi  waj^ers  trinken,  bräles 
c^yen,  nemlich  etwas,  einen  theil  der  ungetrennl  gedachten 
mäste,  sobald  man  ihn  aber  sieh  gesondert  denkt,  mag  der 
unbestimmte  artikel  eintreten:  ein  glas  wasser  trinken,  einen 
bissen  brot  essen,  ein  stUck  leder  gerben,  einen  rauch  auf- 
gchn  lassen,  eine  flauune  hervorbringen,  ein  feuer  geht  auf, 
es  ist  em  schnee  gefallen;  besonders  der  sniat  von  zartheil 
und  gesrhmaik  wie  eine  milch.  GöniK  2H,  VI'*,  in  solchem 
ttnn  sieht  denn  auch  mhd.  ein  wajjer  trinken,  mit  einem  brunnen 
twnhen,  sich  M  ein  gras  legen,  «ro^Ar  belege  gramm.  4, 44t 
getammelt  und. 


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ein  leider  man  ist  swserer  bi 

guoien  wiben  dun  ein  bli.    Fkeid.101,  22; 

meint  eine  bleimasse  im  einzelnen,  es  könnle  auch  gesagt  seiti 

danne  bli,  als  blei,  wie  wir  uns  heute  ausdrücken. 

und  ein  frisch  gesalzenes  fleisch  befand  sich  im  tröge. 
GöTUE  40,  60, 
d.  i.  ein  stück  fleisch,  etliche  zerstachen  die  hostie,  es  flosz 
alsbald  ein  blut  in  groszer  menge  herfür.  Micralius  3,435, 
d.  i.  blutstropfen.  wir  essen  eine  milch.  Gellekt  3,  407,  eine 
schale  milch,  einen  kafife  kochen,  in  Ulrichs  frauendienst 
342,  5  liest  man  selbst: 

an  eine  sunn  min  h'p  dd  sa;, 
des  vrosies  min  ich  gar  vergaß, 

nicht  sowol  an  die  sonne,  nach  unsrer  arl  zu  sprechen,  als 
an  einen  sonnigen  platz,  auf  oberdeutsch  pflegt  es  zu  heiszen : 
ich  bitt  um  ein  wasser,  ich  will  ein  hier  tinnken,  ein  wachs 
darauf  streichen,  mit  absehen  von  der  masse  und  dem  yedan- 
ken  an  den  theil,  dies  ein  hier  trinken  hält  die  mitte  zwi- 
schen hier  trinken  und  bieres  trinken,  boire  de  la  biere;  so 
schwankt  der  nusdruck  um  bibere  cerevisiam  wieder  zu  geben, 
und  was  wird  damit  erreicht?  nichts  das  der  lat.  rede  Zusam- 
menhang nicht  ohne  weiteres  besagt  hätte. 

jeiz  hält  ich  eben  gleich  ein  durst.  II.  Sachs  1,466', 
durst  und  hunger  sind  sinnliche  Vorstellungen,  die  der  ab- 
straclion  nahe  slehn,  und  wie  wir  hunger,  durst,  lust,  furcht, 
sorge  haben  ohne  artikel  setzen,  heiszt  es  auch  franz.  avoir 
faim,  soif,  envie,  peur,  soin,  und  kein  partitivartikel  findet 
hier  statt. 

4)  bei  vergleichungen  pflegen  wir  stofarligen  Substantiven 
gleichfalls  den  artikel  zu  versagen:  er  ist  kalt  wie  eis;  sie 
glühte  wie  feuer;  schwarz  wie  kohle,  weisz  wie  schnee,  weiszer 
als  schnee;  rolh  wie  blut,  rüther  als  blut;  hart  wie  eisen, 
schwer  wie  blei,  härter  als  eisen,  schwerer  als  blei;  wie  blei 
liegt  der  schlaf  in  uns.  Schiller  134";  hart  wie  holz;  sanft 
anzufühlen  wie  sammet;  süsz  wie  honig,  gelb  wie  wachs. 
doch  läszt  sich  küren:  weisz  wie  ein  schnee,  gleichsam  wie 
ein  gefallener,  kalt  wie  ein  eis,  wie  ein  stück  eis.  mhd. 
swarz  als  ein  kol; 

wij,  lüier  sara  ein  is.    En.  236,  31 ; 

wij  alsam  ein  snß.    Trist.  12S15 ; 

wijer  danne  ein  sne.    15829; 

wart  rot  sam  ein  bluot.    Ac/ir.  2S20; 

süej  als  ein  mete.    Pantal.  2G4; 

die  beiden  man  hie  vallen  sach 

vor  den  Christen  als  ein  snie.    Turl.  Wh.  23'. 

wo  aber  einzelne  gegenstände,  Ihiere,  pflanzen  in  vergleich 
kommen,  versteht  es  sich,  dasz  der  artikel  stehn  musz :  furcht- 
sam wie  ein  hase,  scheu  wie  ein  reh;  er  brüllte  wie  ein 
lüwe,  schlich  leise  wie  ein  fuchs;  röther  als  eine  rose;  schlank 
wie  eine  gerte. 
mhd.  wii  er  wenken  als  ein  eichorn.    Parz.  G51, 13 ; 

liebler  var  gar  unverkrenket, 

als  ein  ämeije  gelenket.    806,26; 

swankel  als  ein  ris.    806, 17 ; 

vint  als  einem  wolfe.    Bb!<.  421. 
doch  nachdrücklicher  stand  auch  der  bestimmte  artikel: 

die  zebricbe  ich  sam  da;  huon.    Rul.  115, 16; 

semfte  sam  dnj  lanip.    142,  10; 

schlitc  hiwen  si  sam  den  swam.    218,  32; 

ej  ist  niht  krump  also  der  böge.    Parz.  805, 14; 

grüene  also  der  kie.  iie!>.  399; 
da  solche  gegenstände  als  allgemein  bekannt  voraustusetzen 
sind,  auch  heute  wäre  noch  zu  sagen  gestattet:  er  schlich 
davon  wie  der  fuchs,  gleichsam  wie  der  wolbekannte  Reinhart,- 
er  hinkt  wie  der  teufel,  worunter  wir  uns  ein  bestimmtes  wesen 
vorstellen;  er  lief  wie  der  wind;  es  stinkt  hier  wie  die  pest 
u.  a.  m. 

Für  eine  menge  von  andern  vergleichungen  wird  man  immer 
den  unbestimmten  artikel  gebraucht  finden :  sich  drehen  wie  eine 
windmüle,  knarren  wie  ein  rad; 

aufgeblasen  wie  ein  scblaucb.    II.  Sacus  I.  417'; 

greifen  wir  nicht,  wie  ein  mülwerk,  flink 

in  einander  auf  wort  luid  wink?    ScuiLLBn  3l7' ; 
ihr  sprecht 

wie  ein  friedländischer  rciiersknccht.    323": 

.steht   stumm    und    starr   wie    eine    bildscule.    142*.     es  wäre 
unnöthiy    bcispiclc   zu  häufen.     Auch  diese  gleichnisse  können 
die  unter  2  milgclhtille  uahinchmung  heilaligen,   da^z  do  sg. 
III. 


mit  und  der  pl.  ohne  ein  auf  gleichem  fusz  stehen,  denn  es 
heiszt :  sie  blüht  wie  eine  rose  und  sie  blühen  wie  roseit; 
wehre  dich  wie  ein  mann  und  wehret  euch  wie  niänner! 

5)  ich  vei zeichne  hier  noch  andere  fälle,  die  weiter  zu  beob- 
achten und  zu  vermehren  für  unsere  articulation  lehrreich  sein 
wird,  wir  sagen  heute  eine  zur  frau,  zum  weih,  einen  zum 
mann  nehmen,  mit  bestimmtem  artikel,-  mhd.  mit  unbestimm- 
tem, zeiner,  zeime : 

siüend  e^  noch  an  miner  wal, 

so  nsem  ich  die  schoeneq  zeiner  Trouwen.    Bu«.  398; 

der  deheiner  günde  ich  ba; 

miner  lieben  muoter  zeiner  snüere.    403; 

heule:  zur  Schwiegertochter,  ahd.  füre  eina  chenun  neheina 
mer  gewinnet.  N.  ps.  44,  9 ;  und  ohne  artikel :  zi  htun  er  mo 
quenun  las.  0. 1.  4,  2. 

Herbrand  komm,  die  Jungfrau  empfach, 
die  gib  ich  dir  zu  einem  weib.    Atrkr  238'. 

wol  aber  hat  das  unpersönliche  ehe  stets  den  bestimmten :  und 
ich  nam  sie  zur  ehe.  Ez.  23,  4 ;  und  sollen  keine  witwe  zur 
ehe  nemen.  44, 22 ;  lege  dich  zu  deines  bruders  weib  und 
niin  sie  zur  ehe.  1  Mos.  38,  8 ;  zu  der  ee  gekauft  und  geno- 
men  hat.    RA.  421; 

das  ein  iglich  man  ze  rehier  e 

»olde  koiifen  sihen  wibe 

ze  sines  einen  übe.    üorotf  1241 ; 

der  herre  hatte  zuo  der  e 

ein  tugeHthafte  frouwen.    Biut.  1,346. 

es  ist  eine  frage  und  es  ist  die  frage  unterscheiden  sich  wie 
quaestio  proponenda  und  proposita;  das  ist  keine  frage,  non 
est  proponendum;  das  ist  nicht  die  frage,  id  non  agitur ;  da 
erhub  sich  eine  frage  unter  den  Jüngern,  ioh.  3,  25 ;  weil  es 
aber  ein  frage  ist  Yon  der  lere  und  von  den  werten,  apostelg. 
18, 15 ; 

to  be  or  nor  to  be,  that  is  the  qnestioa. 

sein  oder  nicht  sein,  das  ist  hier  die  frage. 
schwed.    att  rara  eller  icke  vara,  det  är  fragan. 
mhd.  ohne  allen  artikel: 

nu  ist  vräge,  wes  ich  tumber  ger.    Ben.  316. 
vgl.   nu    het   ich   gerne   vrAge.    Iw.  6305.      unser  ein   mittel 
finden   braucht   den   artikel,    das   franz.   trouver  moyen  läszt 
ihn   aus.     wir   sagen    einen    eid    leisten,    wenn  er  angeboten, 
den  eid  leisten,  wenn  er  gefordert  wird,  franz.  heiszt  es  prSter 
serment.     ebenso  steht  das  franz.  prendre  exemple,  sans  dire 
mot   unserm   ein   beispiel   nehmen,    ohne  ein  wort  zu  sagen 
gegenüber,    statt  des  heutigen  es  ist  vrinter,  es  wird  sommer, 
es  ist  tag,  nacht,    zog  man  mhd.  das  geleit  des  artikels  vor: 
ej  ist  ein  winder.    Bsjc.  426; 
e;  was  in  eime  meien.    Gudr.  1571,3; 
sid   er  in   herebergönten   ze   einemo   mdnode   furereison  ne 
lä5e.  N.  Cap.  16.     in  dieser  construction  pflegt  sich  häufig  der 
pl.    des  artikels  einzufinden,    s.  hernach  unter  13.     u'ir  setzen 
aber:  einen  winter,  einen  wfnter  lang,  ein  jähr,  ein  jahir  lang 
walten ;  eine  zeit  lang,  eine  zeit  her  und  ähnliches, 
mhd.  der  liebte  tac  wart  ir  ein  naht.    Iw.  1326; 
er  läje  die  naht  ein  tac  sin.    2136; 

in  den  adverbien  unterscheidet  sich  winters,  sommers,  früh- 
lings (doch  niemand  sagt  herbstes),  von  eines  winters,  som- 
mers, frühlings,  herbstes;  tags,  nachts,  morgens,  abends  fo7i 
eines  tags,  nachts,  morgens,  abends,  der  unbestimmte  artikel 
klingt  hier  bestimmter  als  das  bare  subst.,  sichtbar  ist  er  dann 
nocli  mehr  als  artikel  und  bedeutet  quodam  die,  quadam  nocte 
u.  s.  w.  eins  morgens,  l'arz.  446,  6;  ftf  ein  zit,  tempore 
quodam.  myst.  2, 625, 32.  Ebenso  verhält  et  sich  oft,  wenn 
ein  zu  abstracten  Wörtern  tritt,  einem  freude,.kuinmer,  her- 
zcleid  machen  redet  allgemein,  das  hinzugefügte  ein  meint  den 
bestimmten  fall,  wir  sagen  einem  mut  machen,  mut  einspre- 
chen, aber  ein  herz,  zumal  bei  zutretendem  adj.  einen  neuen 
mut,  ein  frisches  herz  machen :  sprach  dem  Eurialo  einen 
mut  zu.  pol.  colica  25 ;  jemanden  einen  neuen  mut  machen. 
Haun  2, 10  Sonst  schlieszen  die  abstracta  liebe,  gute,  tugend, 
reue  und  ähnliche,  wenn  ihnen  kein  adj.  vorhergehl,  das  ein 
aus  oder  gestatten  es  nur  ßr  den  bestimmenden  einzelnen  fall : 
genadc  erweisen  ist  gnädig  sein,  eine  genade  erweisen  meint 
die  besondere,  man  sagt  es  ist  noch  eine  gerechtigkeit,  gleich- 
sam die  räcitende  hand  einer  persönlich  gedachten  f  es  ist  noch 
eine  gercclitigkeit  in  der  weit.  Lessi.nc  2, 4SI,  noch  injend 
eine,  irgendwo  eine,  folglich  mit  stärkerem  ausdruck  als  dem 
des  ijcwöhnlichen  artikels. 


131 


EIN 


EIN 


132  ' 


6)  nach  der  parlikel  nie  pjlegl  mhJ.  das  ein  vor  devi 
tubtf.  zu  unterbleiben: 

nie  keiser  wnrt  so  richc,  der  wolde  haben  wip, 
im  zxuie  wol  ze  ininiie  der  rieben  küne);inne  lip. 

A'jfe.  50,  3 ; 
ich  wipn  nie  Ingesinde  groejer  milte  ie  gepflac.    42,  4; 
daj  was  berihiet  also  wol 
als  ein  bette  beste  sol, 
da;  nie  kiinec  bejjer  gwan.    Iw.  1215; 
daj  irh  nie  «choener  kint  gesach.    316; 
da;  nie  keiscr  ba;  gesireit.    Waltu.  15,  S5; 
so  weij  ich  von  wärhcit  danne, 
da;  nie  manne 

an  liebe  ba;  geschach.    110,11; 
nie  krisienman  gesach  so  jxmerliche  schar.    124,23; 
da;  ich  nie  wip  mit  rede  verlos.    .MS.  1,  66*; 
nie  riiier  wart  so  tiurc.    Otto  hart  622; 
nie  man  des  wilden  waldes  vorst 
An  akes  niac  guhouwen.    (r.  kr.  HS; 
ob  nie  man  lepie  iiiör  denn  ich.    188; 
nie  man  so  rehte  wise  wart.    356; 

und  nicht  anders  fehlt  auch  den  romanischen  sprachen  der 
unbcslimmte  arlikel  in  derselben  tage  nach  ja  und  Jamals,  es 
hftszl  ja  rois,  ja  Chevaliers  und  noch  heute  Jamals  rol,  Jamals 
Chevalier  ne  fiil;  Jamals  hoinme  n'a  tant  fall;  Jamals  abellle 
ne  iii'a  plque.  engl,  no  klng,  no  man,  aber  not  a  king,  not 
a  man.     eii«  spanisches  beispiel: 

nunca  fuera  cavnllero  de  damns  tan  bien  servido, 
cuiiiu  fuera  Lanzarotc,  quando  de  Ijretana  vino. 

nhd.  aber  tritt  das  schleppende  ein  dazwischen:  nie  stritt  ein 
kalser  glücklicher,  nie  ward  ein  rllter  so  theuer,  nie  wurde 
ein  riller  von  flauen  so  wol  bedient,  nie  that  ein  mann 
soviel,  nie  hat  mich  eine  blene  gestochen,  nur  die  gefestigte 
zusammenscizuny  niemand  liesz  kein  ein  tn  ihre  milte.  aus- 
nahmsweise unterdrückt  wol  aucli  ein  dichter  den  arlikel  nach 
nie  im  verse. 

kein  und  dehein  findet  sich  gewöhnlich  schon  mhd.  nach 
dem  nie  beibehalten : 

wer  roufei  mich  da  nie  kein  här 

gewuühs  inne  an  iiiincr  hant.    Parz.  1,  26; 

da;  er  nie  keinen  valsch  geriet,    tr.  kr,  683; 
obgleich  man  es  entfernt  denken  könnte,     im  vers 

si  enlihen  nie  einen  slac.  Iw.  7217 
liegt  auf  einen  der  stärkere  nachdruck  des  Zahlworts,  nie  kein 
begegnet  oß  bei  Lutheu:  mit  newen  stricken,  damit  nie  keine 
rrbeil  gescheiten  ist.  ricJtt.  16, 11 ;  es  ist  nie  kein  scherinesser 
auf  mein  heulit  komen.  10,17;  ah  das  ich  were  timbkomen 
tind  mich  nie  kein  uiige  gesehen  helle!  lliob  10,18;  habt  Ir 
auch  je  mangel  geliabt  ?  sie  sprachen,  nie  keinen.  Ahc.  22, 35. 
dies  kein  behauptet  ganz  den  sinn  von  ein. 

7)  nach  sem,  werden  oder  andern  Wörtern  auf  welche  der 
nomi-atic  folgt,  kann  der  arlikel  ausfallen :  er  Ist  künig,  wird 
künlg  geboren,  herscbt  als  könlg;  sie  ist  Jungfrau,  als  Jung- 
frau gestorben ;  sie  ist  seit  gestern  braut,  er  ist  jetzt  bräu- 
ligam ;  er  ist  noch  kind,  das  kind  Ist  walse ;  braut  .stehn, 
gevdiier  stehn  (2,331),  wache  stehn;  zeuge  sein;  als  edelinann 
geboren,  als  betller  gestorben ;  er  soll  bürgermelster  werden, 
pfarrer  geworden  sein;  er  war  lange  zeit  mitglled  des  raths; 
sie  ist  Schauspielerin ;  er  ist  liebhaber  von  lobak.  dagegen 
zieht  man  vor  in  andern  fällen  das  ein  beizusetzen :  er  ist 
ein  mann,  ein  redner,  ein  gelehrter,  ein  freund  de.s  hauses, 
ein  Schäfer,  ein  g.'irlner,  ein  Schuhmacher;  du  bist  ein  böte 
des  friedeoe,  ein  kind  des  todes. 

musz!  dertvisch !  derwisch  musz? 
kein  mcnücii  uiu.sz  müssen,  und  ein  derwisch  müsle? 
Lkssinu  2,  207; 

du  bist  edelmann,  geistlicher!  scheint  dringlicher,  mahnender 
gesprochen,  es  fällt  stärkeres  gewicht  auf  den  gehalt  des  wortes 
als  treun  ihn  der  beigefügte  arttkel  verallgemeinert:  du  bist 
ein  rdelmann,  ein  geistlicher,  treten  zwei  subslantiva  neben- 
einander, to  wird  der  arlikel  absorbiert:  er  Ist  hirle  und 
nachtwücbler  im  dorf;  Ilaos  Sacb»  war  scbuhuiucber  und 
dicbler. 

S)  fast  wie  vor  jenem  edelmann  beurtheile  man  den  stehen- 
den oder  fehlenden  artikrl  vor  volksnamen.  es  heiszl  sowol 
er  i«t  F.ngl.1nder,  .Spinijcr,  Franzose,  Jndc  als  er  ist  ein  Eng- 
länder u.  i.  w.,  franzmitrh  laut  sieh  nur  sagen  11  est  Anglain, 
Fr.jn\-ai»,  ohne  un,  trwieyrn  stehen  musz  c'est  im  Franyal*, 
Anglaift,    wie    nach    unterm    es    i^l    nuthucndig    ein   Fiaiizuse. 


Engländer,  eben  weil  durch  ce  und  es  die  vurstellung  etwas 
unpersönliches  und  allgemeines  annimmt.  die  gewöhnliche 
nachdrucklose  bezeichnung  hat  immer  Ich  bin  ein  Hesse,  Sachse, 
Schwab,  doch  im  pl.  wir  sind  Hessen,  Sachsen,  auch  Les- 
si.NG  pflegt  überall  den  artikel  vorausgehen  tu  lassen: 

eiil  Jude  wie  ein  Jude.    2,270; 

dasz  Itecha  eine  Christin  ist.    204; 

dasz  sie  eine  Christin  geboren  sei.    295; 

wer  ist  siel   eine  Christin,  die 

in  meiner  kindheit  mich  gepllegt.    348; 

sei  keinem  Juden,  keinem  Muselmann 

zum  trotz  ein  Christ.    313; 

ihr,  das  weisz  ich,  seid  ein  Wallon, 

ihr  ein  Welscher,  man  horts  am  ton.    Schillkr  327'. 

oblique  casus  fordern  den  artikel  wesentlich: 

war  einer  Deutschen  nur  vermählt.    Lkssing  2,359; 
sie   nennen  sich  eine  Britin!    Schiller  190*.     mhd.  beispiele 
sind  unhdufig: 

der  (gßr)  von  eime  liiunen  zuo  im  dar  tif  gescho;;en  wart. 

Nib.  1954,  3; 
er  was  genant  Hartman 
und  was  ein  üuwTre.    Iw.  29; 
und  ist  ein  Liuhtenburgonois.    Hei.ir.  Trist.  74; 
Sit  ir  ein  Beheim  oder  ein  Wint.    Hetmbr.  776. 

9)  persönliche  eigennamen  haben  oß  den  bestimmten  arlikel 
neben  sich,  wovon  2,  998 — 1003  gehandelt  wurde,  seltner  den 
unbestimmten,     ein  paar  mhd.  beispiele  liefert  NEiOHiBT : 

mir  schadet  Gngclbolt 

und  dfr  ineier  .Mangolt 

und  ouch  ein  Ourtikart.    ßsn.  391. 

Durnkart  ist  Durlnchart,  könnte  also  noch  einen  bezug  ent- 
halten auf  Thüringen  und  dem  bloszen  Durinc  nahe  kommen, 
neben  welchem  volksnamen  das  ein  begreiflich  erschiene,  die 
andere  stelle  lautet: 

dar  umbe  wil  si  aber 

ein  Engelmär  vertriben.    442, 

mit  verachtendem  nebensinn,  dieser  EngelmAr  it-ar  vorher  schon 
im  lied  und  in  andern  verschiedentlich  genannt,  erhöhenden 
hat  es  bei  meister  Uumelant  MSH.  3,55': 

wa;r  ich  in  künsten  wise,  also  l'lato  was, 
ein  Arisiotiles  unde  ein  meister  Ipocras, 
üalenus  undc  ein  Socrates,  die  wiseu. 

die  darauf  folgenden  namen  stehn  unarticuliert. 

Vor  nhd.  eigennamen  hat  ein  die  bedeutung  von  talis,  her- 
absetzend oder  auch  erhebend:  dasz  unser  junge  nicht  etwa 
zum  duckmiSuser  wird,  zu  so  einem  Weisungen.  Götuk 
42,  258,   vgl.   so  ein   sp.  124 ; 

läuft  eine  fiirsiin  Ebolf  gefahr, 

umsonst  und  utierhori  zu  seufzen!    Schiller  261*; 

0  wie  viel  mehr  ist  mir  zu  glauben  dann 

erlaubt,  dasz  eine  Gboli  verleumdet!    280'; 

zu  einem  Nero  und  liusiris  wirft 

er  ihren  namen.    279'; 

wo  der  nebenbuhler  Gustavs  einen  Thurn 

und  einen  Arnheim  vor  sich  fand!    342'; 

mir  könnt  es  wenig  helfen  meines  glucks 

mich  über  einen  Artiheim  zu  bedienen,    ebenda. 

erhöhend:  so  lange  ein  Lotlchen  In  der  weit  ist,  werden 
Ihre  llcbeserklärungen  nicht  viel  zu  bedeuten  haben.  Gellert 
3,52; 

auch  mir  hat  einst  von  einem  Carl  geir.iuint, 

dems  feurig  durch  die  wangcn  lief,  wenn  man 

von  frciheit  sprach.    Scuillkr  279*; 

der  freundschafi  arme  flamme 

fiilit  eines  Posa  herz  niciu  aus. 

das  schlug  der  gunicn  munschlicit    30.')* : 

das  kann  ein  Lessing  nlchl  geschrieben,  ein  (idihe  nicht  ge- 
dichtet haben,  doch  ist  vorzuziehen  ohne  artikel  Lessing, 
Göthe.  noch  weniger  empfieUlt  sich  der  oberdeutsche  gebrauch, 
ohne  allen  nachdruck  bei  jeder  nennung  zu  sagen:  ein  Les- 
sing, ein  Gt^lhe,  ein  Schiller  und  edler  klingt  der  blosse  eigen- 
name,  wie  ihn  Luther  überall  setzt:  Saul  hat  tausend,  David 
zehnlausend  erschlagen,  von  beiden  fdllen  des  artikels  unter- 
scheidet sich  das  stärkere  ein  im  sinne  irgend  ein,  ein  ge- 
wisser: ich  habe  einen  N.N,  des  namens  NN  gekannt; 
ich  li.ilie  seihst 

wol  einen  Si^mfen  cliedcm  gokaniil, 

der  Coniad  liic^z.    Lkssin«  2,  til. 

10)  für  den  unbestimmten  artikel  vor  dem  voeativ  des  blo- 
szen subilantieunis  itvhcn  nur  einige  mhd.   bciipiclt  zu  gebot. 


i 


133 


Em 


EIN 


134 


genide,  ein  frouwe  Minne,  sprich  i    MS.  2,54*; 

genäde,  ein  küniginnei    Walths«  118,29, 
icie   der    dichter   seine   geliebte  anredet,    vielleicht  lassen  sich 
noch  andere  belege  dieser  formet  hinzufügen. 

willeliomen,  Guniher,  ein  helt  li;  Burgondelant ! 
liib.  2299,  3. 

neben  svbst.  und  adj.  werden  die  fälle  häufiger  sein,  man  sehe 
hernach  unter  15. 16  die  fälle  des  voranslehenden  oder  folgenden 
adj.,  nhd.  stellen  bieten  sich  kaum  dar: 

Jesu  Christ,  des  vaiers  glänz, 

ein  liecbt  der  armen  heidenl  gib.    Ringwild  erang.  C2*. 

hier  sei  angemerkt,  dasz  in  der  kanzleisprache  ausdrücke  icie 
Obrigkeit,  ralh,  amt,  gericht,  und  die  fremden  magistrat,  senat 
statt  des  bestimmten  den  unbeslimmten  arlikel  pflegen  anzu- 
nehmen, vorzüglich  trenn  ihnen  noch  adjecliva  vorausgehen : 
ein  rath,  ein  weiser,  hochweiser,  hochlöblicher  rath,  eine 
hohe  Obrigkeit,  eine  hohe  landesregierung: 

gotl  gmsz  mir  ein  erbern  weisen  rat, 

ein  erbern  rat  nicht  alleine. 

darzu  ein  ganze  gemeine.    Uhlamd  10. 

an  ein  eidgnoschafl.    442; 

lob  und  dank  mag  er  sagen 

einr  ganzen  eiiignoschari.    KoKaKv.shist.rolksl.S6; 

das  heiszet  uns  ein  rhat  dir  klagen.     H.  Sacbs  5,  254'; 

was  bat  ein  rhat  beschlieszen  ihnn? 

ein  rhat  der  bat  geurteili  blosz  u.  s.  w.    275*. 

davon  liesze  sich  auch  der  vocaliv  bilden :  ein  rath !  ein  amt ! 
s.  unter  15.  gleich  jenem  'eine  hohe  obrigkeit'  scheint  auch 
GöTHE  ZU  setzen  'eine  christliche  gemeinde'.  56, 224.  an  Kestneril. 

11)  überall  geht  der  hochdeutsche  arlikel  dem  subst.  voran, 
kann  nie  hinter  ihm  folgen,  beispiele  des  nachgesetzten  artikels 
sind  nur  in  der  ahn.,  insgemein  zu  Suffixen  geneigten  spräche 
anzutreffen,  seitdem  ihre  prosa  dem  arlikel  sich  bequemte, 
durfte  soKol  einn  madr,  ein  kona  als  inadr  einn,  kona  ein 
gesagt  werden,  ganz  wie  im  latein  quidam  vir  und  vir  quidam 
zulässig  ist.  Samt.  170. 1S3  steht  z.  b.  madr  ein,  170  at  firdi 
einom,  200  einn  dag.  schwed.  und  dän.  darf  man  nicht  weiter 
danach  suchen,  da  sich  die  nachgesetzte  einr.ahl  mit  dem  sufßx 
des  bestimmten  artikels  mischen  würde,  in  Otfrieds  stelle 
IV.  24,  21 :  wir  eigun  kuning  einan,  anderan  niheinan  steht  die 
einzahl,  nicht  der  artikel.  desgleichen  II.  4,  98.  wenn  aber 
Opitz  1, 156  sagt :  bei  meiner  guten  freunde  einem,  ist  dies 
wieder  kein  artikel,    sondern  irgend  einem,  quodam. 

12)  es  fragt  sich  nach  ein  vor  dem  subslanliviscli  stehenden 
infinitiv. 

a)  die  wirkliche  einzahl  drückt  wahre  einheil  oder  handlung 
aus:  es  ist  ein  thun;  es  geht  in  einem  laufen  hin;  alle  äpfel 
fielen  in  einem  schütteln  nieder;  ein  steigen  und  der  gipfel 
war  erklommen. 

6)  der  artikel  begleitet  die  Vorstellung  von  beginn  und  con- 
tinuität  des  zustands,  der  handlung: 

mhd.  darzuo  was  mir  ein  trüren  leit.    Parz.  337,  15; 

des  begunde  ein  trüren  rüeren 

Parzival  durch  Iriuwe.    821,22; 

dö  gieng  ej  an  ein  reren.    Eckenliet  110; 

ald  ej  gät  an  ein  sterben.    137; 

daj  se  ein  sterben  niht  vermeit.    Parz.  128,22; 

€j  muoj  DU  an  ein  scheiden  gin.    331,  2; 

hie  huop  sich  ein  slriten.    Im.  1020; 

ein  braten  und  ein  sieden 

huop  sich  in  dem  gevilde.    tr.  kr.  16212; 

sich  huop  da  michel  ringen 

unde  ein  brehten  unde  ein  toben.    16409. 
nhd.  herr  Müller  gieng  im  scherze 

ein  wetten  mit  mir  ein.    Opitz  2,  46; 

das  war  ein  toben,  war  ein  wüihen.  Götue  1,211; 
nun  gieng  es  an  ein  rufen,  laufen ;  an  ein  scheiden  und 
abschied  nehmen ;  das  war  ein  schreien,  ein  toben,  ein  lär- 
men; das  war  ein  fJüstem,  zischeln;  nun  giengs  an  ein 
erzählen,  an  ein  fragen,  an  ein  plaudern,  an  ein  küssen ;  es 
gieng  dahero  an  ein  erzehlen.  Pierot  2, 294 ;  ich  komme,  wenn 
es  an  ein  tanzen,  nn  ein  spielen  geht ;  er  blieb  nicht  aus, 
wenn  ein  saufen  anhub.  mit  vorangestelltem  adj. :  gieng  es 
an  ein  gewaltiges  nOthigen.  Felsenburg  l,  124.  in  oberdeut- 
scher Volkssprache  auch:  das  war  ein  treibens,  tobens,  sprin- 
gens.  es  Idszt  sich  dazu  auch  der  bestimmte  artikel  denken, 
doch  ist  der  unbestimmte  hier  ganz  an  seiner  stelle,  ahd. 
würden  oß  gerundia  entsprechen. 

c)  vor  andern  infiniliven  verhält  sich  der  arlikel  wie  vor  den 


übrigen  Substantiven:  ein  leben,  ein  essen,  ein  trinken,  ein 
andenken  u.  s.  w. 

13)  sp.  112  wurde  davon  ausgegangen,  dasz  seiner  natur  nach 
dem  Zahlwort  der  pluralis  gebreche,  wo  es  aber  in  die  be- 
deutung  von  quidam  ausschlägt  und  fast  artikelhaß  wird,  kann 
er  ihm  allerdings  zustehen,  wie  ahd.  und  mhd.  beispiele  lehren. 

las  ih  iu  in  alawär  in  einSn  buachon,  ih  wei;  war.    0. 1. 1,S7; 
uapiun  thär  ibie  liuii  einö  brüiloufli.    II.  S,  3; 
oub  zalta  in  thiu  sin  guati  bi  einö  brütloufti.    IV.  6, 15; 
Was  ij  ouh  giwisso  fora  einen  östorön  so.    III.  6,13; 
i;  ward  er  iu,  äna  wän,  zi  einen  gibugtin  gidän.    15,9; 
tha;  deta  ih  bi  einen  ruachon.    IV.  1,33; 
so  er  thö  zi  eiaia  duron  quam.    18,5; 
ther  enget  bi  einen  libon  sprah  tbö  sär  zen  wibon.    V.  4. 36: 
Sr  was  offeno  mit  tribus  pueris  in  camino  ignis  (Irin  chinden 
in  demo  ovene  des  fftris)  unde  tougeno  mit  Machabeis  (einen 
wigmannin).  N.  ps.  36,  28,  d.  i.  gewissen  kriegem. 
mhd.  eine  liute,  biejen  HebrÄi.    kaiserchr.  11225; 

einiu  liute,  heijent  .\rima$pi.    DiKaeR  366,  24; 

Littouwen  eine  sint  genant,    livl.chr.325; 

zu  einen  ziten  daj  geschach.    En.  (Mütl.)  1020; 

in  einen  ziten  ej  geschach.    Flore  147; 

ej  was  in  einen  ziten,  dö  ttou  Helche  erstarp. 
A'»6.  1083,  1 ; 

ze  einen  sune wenden.    32,4; 

zeinen  pQngesten.    /<r.  33; 

zeinen  stunden.    3361; 

zeinen  pfinzten  da;  geschach.    Parz.  281,  18; 

zeinen  ziten  dö  ich  bie  für  sie  fuor.    460,  4; 

dö  muose  in  misselingen 

Ton  einen  alten  schulden,    klage  114; 

da;  wart  zeinen  ern  getan 

froun  Cunnewärn  der  künegin.    Parz.  336,  2S; 

sin  rede  und  ir  lachen 

was  gezilt  mit  einen  sacben.    152,35; 

wan  da;  ich  mich  einer  dinge 

sere  bi  in  beiden  schäm.    uS.  2,  146'; 

in  einen  listigen  siten.    Sib.  670,  4. 

nhd.  anwendungen  kommen  nicht  mehr  vor,  denn  xh  »örlem, 
die  nur  im  pl.  begegnen,  wie  eitern,  leute,  ostern,  fügen  wir 
niemals  eine. 

13\  bisweilen  unterbleibt  nach  dem  artikel  das  subst.,  als 
bekannt  vorausgesetzt  oder  mit  euphemismus.  beispiele  werden 
unter  eins  vorgetragen,  fälle  der  auslassung  nach  artikel  und 
adjectiv  folgen  gleich  unter  14.  dem  acc.  einen  bloszen,  weiten, 
braven,  gescheiden  entspricht  der  acc.  einen  lassen,  einen 
fahren,  gehen,  streichen  lassen,  emittere  crepitum: 

das  ich  zurisz  hosen  und  schuch 

und  den  köpf  voller  beulen  siiesr, 

auch  oftmals  einen  faren  liesz. 

froschmevseler  mS*  (1,  14). 

einen  senden,  entsenden  kann  heiszen  einen  boten,  oder  auch 
einen  pfeil,  wir  sandten  ihm  darauf  wieder  eine,  nemlich  kugel. 
ich  hab  ihm  einen  (schlag)  versetzt,  eine  (ohrfeige)  gestochen. 

14)  unbestimmter  artikel  vor  adjecliven.  steht  er  vor  dem 
bloszen  adj.,  so  ist  nach  dem  Zusammenhang  das  subst.  leicht 
hinzuzudenken:  ein  armer,  ein  blinder  (mann);  einan  altan, 
kümigan.  0.  111.4,5;  was  wünschest  du  dir?  eine  weisze, 
eine  rothe  (rose,  blume);  ein  ganzes,  halbes  (glas);  er  bekam 
einen  braven,  einen  tüchtigen  (schlag);  einen  weiten  (sprung) 
geben  {sich  aus  dem  staub  machen);  einen  bloszen  schlagen 
oder  legen ;  einen  gescheiden  (streich)  machen  und  ähnliche 
ellipsen  mehr.  Bemerkenswerth  ist  das,  meistens  mit  voller 
flexion,  substantivisch  gesetzte  neutrum :  er  fordert  ein  weniges, 
ein  vieles;  ich  wollte  zwar  ein  vieles  zu  ihrer  defension  an- 
führen, allein  wer  weisz  ob  mit  meiner  treuherzigkeit  dank 
zu  verdienen  sei.  Felsenburg  vorrede;  es  mangelt  noch  ein 
beträchtliches,  ansehnliches;  fehlt  nur  ein  unbedeutendes;  er 
hatte  ein  erkleckliches,  unglaubliches  zu  zahlen ;  verliebte  ich 
mich  nicht  ein  kleines  in  ihre  absonderliche  eigenschaften. 
Jucundissimus  212;  es  geschah  ein  groszes;  es  macht  ein 
ganzes  aus;  es  liesze  sich  noch  ein  mehreres  beibringen; 
das  ist  ein  anderes ;  so  findet  man  mehrere  stellen,  welche 
auf  ein  talkartiges  hindeuten  ...  an  den  ablösungen  läszt 
sich  ein  glänzendes,  festes  beobachten,  das  man  für  nephrilisch 
ansprechen  möchte.  Güthb  51, 12 ;  ein  rhombisch  tafehirtigcs. 
51,  49.     hier  dirße  für  ein  oß  auch  etwas  gesetzt  werden. 

15)  schon  in  der  älteren  spräche  erscheinai  hin  und  wieder 
adj.   und   subst.   zusammen  nach  dem   ein.     ein   annaj  wib. 

9* 


135 


EIN 


EIN 


136 


0.  II.  14,  94 ;  samo  so  i;  ein  ruclih  toum  whre,  velut  Tumidae 
caligationis  incredibilis  hahcretur  aura.  i\.  Cap.  19 ;  dock  unter- 
bleibt auch  der  arlikel,  x.  b.  6fan  hühaj  ki-rzstal.  0.  II.  17, 18. 
viel  häufiger  mhd. 

ein  wi^er  pruiino  pi  Rom« 

springil  vili  seöno.    tncrigarlo  126; 

ej  wuohs  in  Burponden  ein  schceno  magedin.    Aib.  2,  1; 

Kriemhilt  was  si  geheijen  und  was  ein  schoene  wip.   2,3; 

rehie  alsam  ein  schellec  haso.    Part.  1,  19; 

wie  strte  ist  ein  dünne;  is?    3,  S; 

di  fQere  ein  Inngej  more  mite.    3,  27 ; 

da;  ist  ein  Treiudiu  zeche.    5,  21 ; 

ir  was  sin  kraft  ein  ganze;  her.    131,  20; 

er  mac  goies  riier  gerner  wesen 

dann  ein  beirogener  klostennün.    Gregt  1363. 

auftnerksatnkeit  verdienen  die  fälle  des  vocalivs: 

sine,  ein  guldin  huon)  ich  gibe  dir  wei;e.    Neidiiaht  40,1; 

ein  clbische  ungehiure  ! 

sprach  si,  du  sist  verwäjen.     GA.  3,  75; 

iroesi.  ein  söe;e  minne,  mich, 

Sit  ich  helfe  suoche  an  dich!    MS.  1,  198*; 

ach  genäde,  ein  smiic  wip, 

ach  genäde,  ein  ktineginiic  '. 

ach  genäde,  ein  siieje  frowe  min, 

ach  genäde,  ein  süejer  li|)!     1,  201"; 

daj  bedenke,  ein  schaene;  wip!    2,  183'; 

lache,  ein  rösevarwer  miintl    1,10'; 

ich  sach  iiich  ein  älicniiückelin  begän, 

ein  lumber  gouchl  daj  ist  noch  nngerochen.    1,81*.  3/F.  309 

(ICO  das  ein  weggeworfen  wird). 
nu  swiget,  eine  hübsche  magei!    Uhland  127. 

nicht  selten  nimmt  aber  auch  der  arlikel  die  milte  zwischen 
adj.  und  subst.  ein: 

ouwc  wie  süeje  ein  arebeit!    Waitu.  119,  24; 

getriwe  und  ellcnhafl  ein  man 

was  Keie.     Parz.  2%,  22; 

s6  waer  er  küen  ein  man.    Nib.  1993,  SC;  - 

so  rehie  süejen  einen  leich.    Trist.  13325; 

wo!  zebliiiwen  ein  man.    Brit.  12449; 

offenbar  ein  vieni.  MS.  2,  228; 
noch  mehr  belege  wurden  gramm.  4,  417  gesammelt,  sivhlbar 
gleicht  diese  construction  der  englischen  good  a  man,  great  a 
land  oder  der  schwedischen  und  dänischen,  gramni.  l,  435. 
heutzutage  gehn  wir  ihrer  verlustig,  doch  vgl.  manch  ein, 
solch  ein  unter  21.  nhd.  überall:  ein  aller  mann,  ein  volles 
masz,  ein  schwerer  träum,  ein  gutes  herz,  ein  ganzes  heer; 
eines  zarten  kindes,  eines  schnellen  laufes;  einem  vollen 
glase,  einem  rothen  tuche;  einen  guten  abend,  eine  kleine 
geduld,  eine  schöne  frau; 

zu  nacht  trieb  mich  die  fantasei 

in  ein  schwere  melancholei.    M.  Sachs  I,  417'; 

kluge  schönheil,  nimm  die  busze 

eines  armen  sonders  an.    GCMTnER934; 

Tür  was  drein  gehl  und  nicht  drein  geht 

«in  prachtig  wori  zu  diensten  steht.    Göthr  12,  96; 

es  crl)en  sich  geseiz  und  rechte 

wie  ein«  ewge  Krankheit  (ort.     12,  97 ; 

doch  zu  verjiin^'en  gibis  auch  ein  natürlich  mittel, 

allein  es  steht  in  einem  andern  buch 

und  ist  ein  wunderlich  capitcl.    12,  120; 

mein  vater  hinterliesz  ein  hübsch  verinögen.    12,  162; 

ihr  habt  ein  schön  geläute,  meistet  Mrt.    ScHitLM  517*; 

ein  unTernfinflge»  vich.    daselbst; 

ein  gchwere«  ungewitter  ist 

im  anzug.  UV. 
beitpiele  des  voeativs  mnngeh,  sie  müsten  sich  detin  noch  in 
den  anreden:  ein  liochlrihliches  aint!  ein  hochweiser  ruih! 
finden,  schweizerisch  steht  für  ein  noch  eis,  es  d.  i.  eins :  es 
artig»  chindli,  es  liebes  cliindli,  vgl.  oben  sp.  113.  Zu  bemer- 
ken ist  weiter,  dasz  unsre  heutige  prosa  wie  den  bestimmten 
$0  auch  den  unbestimmten  arlikel  von  dem  dazu  gehörigen 
adjecliv  und  Substantiv  durch  andere  zwischeneintretende  Wörter 
zu  trennen  vtrmiig.  es  heisxt:  ein  uns  allen  theurer  freund 
kehrte  gestern  zurfick;  das  ist  eine  noch  von  vielen  umstün- 
den ahhängige  Voraussetzung;  so  war  das  benehmen  eine» 
an  hcrr  und  geist  armen  menschen,  zumal  bei  parliripirn : 
ein  den   i        '       •  irilchen  widerstand  leistender  gegner; 

eine    dei  ;    leiile    getinii  enl«iprechende  wähl; 

ein  von  j der  hlndl  lieisz  ersciinler  tag;  ein 

mit  nusgestirhten  bliimen  gesrliiiilli  kies  beet ;  er  lagerte  sich 
an    einer   dem    nahen    berg  eiitspnidelnden  (juelle;    in  einer 


unaufliörlich  bewegten  zeit,  der  schriß  eines  anatomcn  ent- 
nehme ich  folgende  Schilderung :  die  brustdriise  war  in  eine 
rundliche,  mehr  als  kindeskopf  grosze,  sehr  bewegliche,  flach- 
knotige  massc  verwandelt,  über  welche  eine  nicht  mehr  in 
fallen  legbare,  bläulich  gefärbte  haut  verlief,  fügungen,  die 
früher  unmöglich  gewesen  wären,  wie  sie  es  noch  den  meisten 
übrigen  sprachen  sind,  heule  aber  uns  gär  nicht  mehr  auffallen. 

161  das  adj.  bekommt  die  hinterslelle: 
ahd.  ein  man  fruatör.    0.  it.  12,  1 ; 

ein  man  alter.    I.  15,  1. 
mhd.  der  häi  in  sincr  zSsewen  hant 

oio  swert  par;  {bares,  btoszes).    Diemir  74,29; 

6i  mohi  ein  herze  trürige j  freude  lären.    Gudr.  1309,  4 ; 

üf  einen  bcrc  höhen,    /"«ndi/r.  154,  37 ; 

an  eine  wise  lanjje.    MS.  2,  5.5'; 

eine  tohier  guote  {bonum).    Mar.  158,  26- 

eine  stimme  grimme,    trt'yal.  2042; 
und  wiederum  auch  im  vocativ: 

nu  wache,  ein  rittet  höchgemuot!    MS.  1,90*. 

wie  schon  mhd.  das  adj.  seltner  nachlrill  als  vorangehl,  wer- 
den sich  für  jenes  nhd.  wenig  stellen  darbieten,  ein  geisliiches 
lied  beginnt: 

ich  weisz  mir  ein  blümloin  hübsch  und  fein ; 
und  Luther  singt 

von  einer  Jungfrau  rein  und  zart; 

auch  Platen  setzt  einigemal  das  adj.  nach,  u,,/,,,,  ■■i.ue  ßexion. 
wenn  wir  sagen  eine  mark  fein,  ein  gülden  rheinisch,  eine 
mark  liibiscli,  so  ist  hier  das  wirkliche  Zahlwort,  nicht  der 
arlikel  gemeint. 

17)  mehrere  adjective  nebeneinander: 
mhd.  ein  edeliu  schoene  frowe.    Wai.th.  46,  10; 

ein  stark  küener  in;in.    khige  202; 

ein  gfä  wise  man.    Pari.  127,21; 

ein  strenge  scharpf  gerich.    330,  10; 

ein  reine  siclec  wip.     .MS.  1,S4'. 
nachgesetzt : 

ein  messe  schinne  unde  lanc.    Amis  1464. 
das  subsl.  in  die  mitte  genommen : 

ein  gräwer  pricster  alt.     Pari.  435,  26; 

ein  sneller  helt  gnot.    Nib.  2210,  2; 

ein  trüebej  wölken  unde  die.    a.  Heinr.  155; 

ein  ragende;  här  rtiojvar.    fi».  433; 

alsam  ein  grisiu  li'ihe  grä.    ir.  kr.  10739; 

ein  schceniu  frouwe  puot.    Buk.  390; 

ein  ziere  wäfen  breit.    A'ift.  896,  1, 
wo    die   flexion   dem   ersten    adj.  bleibt,    dem  zweiten  entgeht. 
die,<ien   günstigen  Wortstellungen  lassen  sich  keine  nhd.  an  die 
seile  setzen: 

auf  einem  klar,  glaslautcrn  slram.    II.  Sachs  i,'4tV; 
wir  pflegen  heute  zu  sagen:'  ein  grauer,    alter  priesfer,    eine 
greise,  graue  taube,  eine  schöne  gute  fiau;  nachgesetzt:    ein 
priestcr  grau  und  alt,  eine  taube  greis  und  grau. 

18)  beiderlei  artikcl  zusammen : 
mhd.  ein  da;  schoenstc  gras.    Iw.  334; 

einen  den  liebesten  man.    1315; 

einen  den  küenistcn  man.    Bit.  7746 

ein  der  schämest  man.     Wigal.  995; 

ein  der  tiursie  man.    3721 ; 

ein  diu  hirliste  lugent.    MS.2,  175'; 

ein  dn;  beste  wort.    %  142'; 

Cr  hie;  werben  eine  die  besicn  von  den  riehen,    fiiidr.  8, 3; 

ein  die  nllersrhacnsie  frouwu.    Ai.TswKnT  22,  26. 

nhd.  erloschen,  wir  müssen  adj.  und  subst.  in  den  gea.  pl. 
oder  mil  der  praeposilion  setzen:  «ine  dof  schönsten  fraucu, 
eine  von  den  schönsten  frauco,  ^o^  4|er,;Sckil|qstea  münncr, 
eins  der  besten  worle  n.  s.  w.  ..  ..  , 

19)  unbestimmter  artikel  und  pofsessittum : 

mhd.  Owislitirg  int  ni\  iini  geheij.tn, 

die  üiiliu  ein  ain  .siiclaun.    /ln/ic4S3; 
er  tach  oinan  siiion  mAc  gevalleii  in  da;  bhiot. 
A'ift.  4053,  2; 

d,it  sando  im  ein  sin  nriundin.    I\tn.  13,  II; 

d<5  soll  Olli  h  i\A  iiereiio  «In 

;er  ni^»»«!  ein  >in  k.ippelAn.    87,  7  { 

ein  diu  liir>i<'  TiirkuniäU.     121,8; 

den  {denen)  ktimt  ein  min  gait  le  hA*.    n:i,  21; 


137  EIN 

ich  Tuor  da  her  durch  ein  sia  lant.    329, 18; 

da;  ein  sin  belfaere 

in  ir  lande  woere.     665,  27 ; 

sus  seile  jener  Tri'Stande, 

ein  sin  laniman  w»re  d.i.     Trist.  100,  14; 

ich  giebe  R  doch  ze  wäre 

ein  min  lii  von  miner  hant.    370,29;' 

er  und  ein  sin  diene^inian.     WigaL  220,31; 

er  fuorie  ein  sine  lobier.    Flore  429 ; 

mir  half  ein  iuwer  laniman.    g.  frau  1225; 

so  sprichei  ein  sin  nähgebür.    MF.  29,  23; 

da  von  sprach  mei<ier  Ovidius 

in  einem  sineni  buorhe  al>us.    Renn.  11449; 

uns  schribet  nieister  Vicgilius 

in  einem  sinem  buoi-be  aisus.    17334; 

(in)  einer  siner  houbetsiat.    tr.  kr.  44121. 

nhd.  heisfiiele  zeigen  sich  noch  hin  und  wieder:  und  ist  dieses 
pracliciert  »onien  durch  einen  seinen  fürnebrasten  ratli.  Me- 
LAvcHTHoN  9.  SSO;  in  einem  ilirem  wundöl.  WCbtz  prael.  52; 
da  aber  berzug  Bulejslaf  diesen  Suentipolk  als  einen  seinen 
nntertbanen  acblele.  Micrälius  2,  22".  doch  auch  diese  ge- 
füge aiisdrncksweise  geben  wir  jelzl  mit  dem  gen.  pl.  einer 
seiner  Stiefsöhne,  eine  seiner  freundinnen,  wiewol  ungenau,  da 
der  sg.  und  das  poss.  nicht  nvtliwendig  auf  mehrere  schlieszen 
lassen.  Fleming  s.  415  diehlete  'auf  eines  seiner  besten  freunde 
geburtstag',  aber  in  etwas  rerschiednem  sinn  gestallet  er  sieh 
auch  s.  414  zu  sagen  'auf  eines  seinen  namenstag',  hier  wird 
sein   auf  den  besungnen,  dort  auf  den  besingenden  bezüglich. 

20)  ein  vor  zahlen  bei  nümlioflmacliung  oder  beslimmung  einer 
qrüsze  und  Vielheit:  da»  kann  leicht  noch  ein  drei  oder  vier 
jähre  dauern;  es  musz  noch  ein  vierzehen  tage  anstehen;  es 
mag  leicht  ein  zehen  thaler  mehr  kosten,  ein  fünf  thaler  we- 
niger eintragen;  wir  wollen  immer  noch  ein  acht  tage  damit 
warten ;  der  kurfürst  zu  Sachsen  hat  für  sein  land  und  leute 
an  zivenzig  Juristen  genug,  dargegen  musz  er  wol  ein  acht- 
zehenhundert  pfarherrn  haben.  Lutbers  lischreden  1,14;  da 
hab  ich  ein  vierzig  rechte  Appenzeller  ochsen  zusammenge- 
kauft. GöTHE  11.11;  ein  achtelscentner  dieses  schwerspaths 
habe  ich  aufgepackt.  27,  175;  dieser  redeyebrouch  mahnt  an 
den  sp.  114  erörlerlen  und  es  scheint  beinahe  gleichviel  zu  sagen 
ein  jähr  oder  drei  warten  und  ein  drei  jähre  warten,  dort 
aber  zählt  das  ein,  hier  ist  es  blosser  arlikel,  dort  folgt  hinler 
dem  ein  das  subst.,  hier  folgt  die  zahl,  dort  ist  das  oder 
unentbehrlich,  hier  kann  es  auch  fehlen,  man  pflegt  auch  dem 
mehr  und  minder  den  arlikel  rorausgehn  zu  lassen:  es  ist  ein 
mehr  von  zwanzig  gegen  zwölf,  ein  minder  von  fünf  gegen  sieben, 
sagen  liesze  sich  vielleicht,  dasz  durch  das  ein  ausgedrückt 
verde  ungefähre  annäherung  an  die  gemeinte  zahl  oder  erreichung 
derselben:  es  soll  noch  ein  acht  tage  damit  anstehen;  es 
kommt  auf  ein  zehen  thaler  nicht  an,  d.  h.  ungefähr  acht 
tage,  auf  ungefähr  zehen  Ihaler,  nicltl  darüber  hinaus;  er 
musz  nan  wol  ein  neunzehen  bis  zwanzig  jähre  alt  sein,  d.  i. 
gegen  neunzehn  oder  zwanzig;  wärest  du  doch  ein  zwei  stun- 
den früher  gekommen.  Adeh;.'«c  schreibt  hier  'eine',  was  als 
pl.  zu  fassen  wäre  und  dem  'einige'  nahe  stünde  (s.  einig  7), 
doch  ist  wenigstens  der  heutige  Sprachgebrauch  entschieden  für 
'ein':  ein  eimer  zwanzig  wein.    Schiller  131*; 

gute  freunde  ziehen  fort 

wol  ein  hundert  nioilen.     Götbe  1,  135; 

das  reich  ist,  trotz  ein  vierzig  landfrieden,  noch  immer  eine 
mördergrübe,  8,  39 ;  doch  kann  ich  heimlich  ein  zwanzig  reiter 
zu  euch  stoszen  lassen.  8, 86 ;  laszt  ein  fünfzig  ausrücken 
bis  an  die  müle.  8,  94; 

und  klapperte  sie  {die  thür)  ein  hundert  jähr, 
ich  riegelte  sie  nicht  ;u.    47,  M. 

21)  näher  in  belrachl  kommt  die  Verknüpfung  des  *in  mit 
andern  pronominen.  es  ist  sehr  fiblich  zu  setzen  'ein  jeder' 
stall  des  bloszen,  ganz  dasselbe  aussagenden  jeder,  'eines  jeden* 
statt  jedes,  'einem  jeden'  stall  jedem,  'einen  jeden'  statt  jeden 
und  wir  sehen  im  gen.  und  dal.  die  schwache  flexion  rfaron 
abhängen,  denn  im  nom.  jeder  steckt  das  ursprüngliche  -er 
ron  iegeweder,  nicht  die  starke  form,  auf  diesen  unorgani- 
schen, mhd.  pnch  unbekannten  Sprachgebrauch  mag  das  lat. 
unusquisque  einfiusz  gehabt  haben,  in  welcliem  aber  unns  das 
lebhafte  pronomcn,  kein  lebloser  arlikel  ist;  vielleicht  trug  auch 
ein  fehlerhaftes  franz.  'un  chacun'  für  chacun,  in  dessen  schlusz 
bereits  ;in  enthalten  ist,  zur  verbreittmg  unseres  ein  jeder  bfi. 
schon  I.cTHER  sehreibt:,  also  treiben  sie  gewalt  mit  eins  jedem 
hause    und    eins  jedem  erbe.    Micha  2, 2,   wo  er  doch  jedem 


EIN 


las 


auf  hause  und  erbe  zieht,  nicht  auf  eins ;  Mallh.  25, 15  da- 
gegen :  einem  jedem  nach  seinem  vermögen,  späterhin  hat 
der  ausdruck  feste  wurzel:  ein  jedweder  von  euch.  Opitz 
geisll.  lieder  s.  251 ; 

so  liesz  ihn  an  dem  flusz 

ein  jeder,  samt  dem  kus.    FLKii:<e403; 

ein  leder  traue  seinem  sinne, 

wer  Amor  sei,  und  wie  und  was.    515; 

lieb  haben  (steht)  eim  jederu  frei.    lusl.  geselUch.  1657  s.49; 

ein  jeder,  der  dies  wunder  liest, 

zieh  sich  daraus  die  gute  lehre.     Geliert  1,61; 

ein  jeder,  der  mich  kennt, 

spricht:  welcher  Sonderling!    Lissixe  1,  45; 

ich  freute  mich  bei  einem  jeden  schritte 

der  neuen  blume  die  roll  tropfen  hieng.    Götrs  1,  3. 

weit  öfter  begegnet  freilich  bei  diesem  dichter  das  ungefesselle 
jeder: 

doch  ist  es  jedem  eingeboren.    12,60; 

das  ist  der  ewige  gesang, 

der  jedem  an  die  ehren  klingt, 

den,  unser  ganzes  leben  lang, 

uns  heiser  jede  stunde  singt.    12,80; 

dem  Volke  hier  wird  jeder  lag  ein  fest, 

mit  wenig  witz  und  viel  behagen 

■dreht  jeder  sich  im  engen  zirkelianz 

wie  junge  katzen  mit  dem  schwänz.    107. 

wenig  Wörter  sind  in  unserer  spräche,  der  form  und  dem  ge- 
brauch nach,  so  mishandelt  worden  wie  das  wort  jeder. 

Gleiche  eonsIrucJion  widerfuhr,  doch  schon  früher,  durch 
vorgeschobnen  arlikel  den  pronominen  jedermann  und  jeglicher: 

mhd.  eim  iegelicbea  man.    /lo.  2491; 

nu  jach  des  ein  iegelich  man.  3371. 
nhd.  also  sol  man  thun  einem  jederman,  der  seins  bruders 
haus  nicht  erbawen  wil.  5  Mos.  25,  9 ;  er  gab  den  weinberg 
den  hütern,  das  ein  iglicher  für  seine  fruchte  brechte  tau- 
sent  silberlinge.  hohelied  8, 11 ;  und  der  mensch  gab  einem 
iglichen  vieh  seinen  naraen.  l  Mos.  2,20;  und  alles  was  auf 
erden  kreucht,  das  gieng  aus  dem  kästen,  ein  iglichs  zu  sei- 
nes gleichen.  8, 19  und  zahllose  mal.  ein  jedermann.  Opitz 
geisll.  lieder  s.  96.  auch  Keisersberg  omeis  U':  ein  grosz- 
mütige  seel,  die  mag  under  einer  ieglicher  hut  verliorgen 
sein,  gotgeb  wie  die  hut  ist,  sie  sei  weisz  oder  schwarz, 
doch  unarliculiert  12':  da  ward  Antonio  fürbracht  ein  beses- 
sener mensch,  der  vras  gebunden,  wann  er  iedermann  fressen 
wolt  und  ball  wie  ein  hund ;  und  so  in  viel  andern  stellen,  die 
nl.  bibel  hol  ebenfalls :  gaf  enen  iegelicken  vee  zijnen  naem ; 
gink  ut  der  arken,  een  iegelic  tot  zijns  ghelijken  u.  s.  w. 

Ebenso  schleppend,  obgleich  seilen,  tritt  dieser  arlikel  vor 
mancher:  ein  mancher  fauler  tagdiebe  würde  nicht  gern  ein- 
mal ein  bein  aufgebebt  haben.    Simpl.  K.  720; 

doch  dasz  ein  mancher  sich  noch  mehrers  unierwind.    733; 
beidemal  in  später  zugesetzten  stellen,     es  scheint  schwäbisch, 
weil  auch  Möbiee  dichtet: 

da  ward  vieles  gelacht  und  gekost,  da  schlang  sich  ein  mancher 
arm  um  einen  geschmeidigen  leib  und  rauscht  es  von  küssen. 
idylle  vom  Bodensee  s.  43. 

besser  klingt  mit  dem  ein  dazwischen  manch  ein  arm,  manch 
ein   liebliches   kind;    engl,   many   a   man.    s.  unter  15.     das 
allgemein  gangbare  ein  solcher,   solch  ein  scheint  dem  franz. 
un  tel  abgesehn :    ein  solcher  mann  wurde  noch  nicht  gebo- 
ren;   solch   ein  fund  ist  unbezahlbar;    einen  solchen  freund 
hast  du  noch  nicht  gehabt ;  einem  solchen  abenteuer  bist  du 
nicht  begegnet;  ein  sollich  schwarz  omeisziein.  Keisersb.  omm 
14';    wisset  ir  nicht,   das  ein  solcher  man,   wie  ich  bin,   er- 
raten künde?  1  Mos.  44, 15;  ir  solt  aber  ein  solch  lamb  nemen, 
da  kein  feil  an  ist.  2  Mos.  12,5;  wer  ein  solchs  macht  oder 
einem   andern   davon    gibt,    der   sol  von  seinem  volk  ausge- 
rottet werden.    30,  33 ;    und   ob  ein  solch  as  fiel  auf  samen 
den  man  geseel  hat,  so  ist  er  doch  rein.  3, 11,  37.    das  solch 
ohne   arlikel  überwiegt  aber  bei  Lcther.     in  denselben  stellen 
findet  sich  nl.  een  sulk  man,   een  sulk  lam,   een  snike,  een 
sulk  aes.     solch  ein  mann,  solch  ein  glück  entspricht  wieder 
dem  engl,  such  a  man,  such  a  fortune.    gleichviel  mit  ein  solich 
15/  ein  semlich  omeisziein,  ein  semlicher  mensch.  Keisersberg 
omeis  15*.    welch  ein  glück,  welch  ein  unglück!  qnalis.     ein 
so  groszer  mann  I  umstdlbar  in  so  ein  groszer  mann  I 
herr  dorior,  das  ist  schön  von  euch, 
da<z  ihr  uns  heute  nicht  verschmäht, 
und  linier  dieses  volk^gedr.'lng, 
aU  ein  >o  hoibgel.ilirler.  pchi.    Göthr  12,55: 
so  ein  bramnrbas  und  eisenfrcsscr.    Schillkr  ."525'. 


i39 


EEV 


EIN 


140 


was  für  ein,  aitirufrnd  oiler  fragend,  kaini  die  stelle  von  welch 

ein  vertreten,  «ie  seiion  ap.  125  ffeatiijl  iil, 

Wiis  wird  es  fur  ein  irunklein  sein?  If.  ^^«chs  I.  4(>6*; 
der  .»chöne  Lnipe  nn-nstli !  wa«  fiir  ein  fem  pc^ichi, 
und  Wüs  für  au;;«.'!!  Ii.il  er  iikIii!     Gkllkkt  I,  199; 

die  grälin?  was  für  eine  griilin?    Lessi.sg  2,162; 

ch  ich  einniiil  wcisz, 
was  für  ein  Snniren  euer  vaier  denn 
gewesen  isi !    2,  287  : 

was  für  ein  lundsmnnn  bist  du  jnger?    Schillb«  32T; 
w.'is  ist  da«  fiir  ein  linnen, 
als  wuiin  die  biencn  scinvnrinen? 

heisxt  es  aber  blosi  so  einer,  solcii  einer,  welch  einer,  was 
für  einer,  ohne  suhstanlivum,  so  ist  einer  nicAr  als  arlikcl, 
das  vollere  fironomen. 

fioch  andere  yronominaUieijriffe,  indem  sie  substantivisch 
werden,  selbst  adverbia  und  plirasen  nehmen  den  unbestimnilen 
artikel  an :  ein  etwas,  ein  unuussprechiitlies  etwas  nahm  mich 
ein;  ein  etwas.  Bkockes  2, '0;  ein  grün  verwirrtes  etwas. 
2,294 ;  ein  ich  weisz  nicht  was  1, 101  nach  dem  franz.  un  je 
ne  sais  quoi; 

ein  unaussprechlich  süsz  ich  weisz  nicht  was.    BnocKKs2,  39; 

ein  fingcnchin  ich  weisz  nicht  was.     5,63; 

«ind  lasz  ihm  Ton  den  Charitinnen 

ihr  reiizend  ein  ich  weisz  nicht  was 

in  alle  wort  und  mietien  rinnen, 

denn  schonhcit  ohne  dies  ist  glas.    GÖ!4Thrr238; 

wenn  man  ein  das  ist  wahr  gesagt.    Brockes  2,  294. 
ich  habe  es  ein  paar  mal  wiederholt;  ein  drei,  viermal  sagen 
müssen ;    ein  etlicli  mahl  beklagt.    Rt!«GWALD  laut.  warh.  65  ; 
ein  etlich  mundvoll.    66. 

22)  endlich  sei  hier  noch  der  kürzung  des  unbestimmten 
arlikels  gedacht,  wie  das  engl,  one  als  artikel  die  geslull  a 
annimmt,  war  es  natürlich  dasz  auch  unser  im  artikel  seines 
tons  verlustige  ein  weiteren  Verdünnungen  unterlag,  so  macht 
die  bairische  volksprache  aus  ain,  aines,  ainer,  ainem,  aincn 
unbetontes  en  oder  e,  es,  er,  ein,  en,  worüber  Schmf.i.ikrs 
mundarlen  §.  769  nachzusehen  sind,  den  schweizerischen  brauch 
gibt  Stalder  landesspr.  s.  89.  90.  91  an,  zu  Bern  hört  man  ne 
maa,  ne  dochter,  nes  chind  für  ein  mann,  eine  tochter,  ein 
kind.  die  tnhd.  dichter  gestatten  keinerlei  kürzumj  des  ein, 
im  vorigen  jh.  hat  Klopstoc»  sie  einzuführen  gesucht  und  selbst 
in  feierlicher  ode  nes,  ner,  nem,  nen  für  eines,  einer,  einem, 
einen  gebrauehl: 

und  so  machten  sie  ihn  zunem  gott.    2,  156; 
ich  war  die  schuldige,  folgt  ich, 

gleich  Der  sllavin,  ihr  nach.    7,5; 

denkt  euch  den  kupferstich  von  einem  gem.^hlde,  der  ähnlich 

w,ire  Der  gallischen  dolmeischung  aus  dem  dichter  Acbäas. 

7,320; 

macht  ihr  Im  Staat  die  rernunrt  zuner  göttin,  so  hcITe  der 

arzt  euch, 
wenn  er  dies  schwere  vermag,  wieder  zu  der  Vernunft. 

7,  324 ; 
auch  in  der  gelehrtenrepublik  und  in  den  grammalischen  ge- 
sprochen liest  man  einigemal  ne  für  eine,  in  zunem  gott, 
luner  göttin  scheint  er  das  geringfügige  durch  die  kürzung 
auszudrücken,  doch  folgten  Klopstocüs  beispielc  kaum  andere, 
selbst  Voss  und  Bürger  nicht. 

die  stellen  klug,  wo  sie  zur  weide  gehn, 
ne  Vorhut  aus.     Scuillrr  517'. 

der  niederdeutschen  volksprache  sind  diese  n,  ne,  nes,  ner,  nein 
ganz  geldußg,  t.  son,  sonne  sp.  124  und  noch  stärker  ist  die 
gänzliche  uieglassung  des  ein  in  mal  für  einmal  (s.  dieses 
wort),  ähnlich  ist  das  neapol.  na  vota  für  una  volta,  etwas 
anderes  aber  die  kürzung  des  cineiiie  in  eiiiie  {sp.  113)  und 
die  des  bestimmten  arlikels  in  am,  zum,  beim,  im  für  an  dem, 
zti  dem,  bei  dem,  in  dem,  gerade  diese  althergebrachte  Ver- 
engung scheint  der  des  ein  hinderlich,  obschon  sich  zun»  und 
beim  von  zunem,  beinern  untersdiieden,  unterm,  hinterm  ton 
unternem,  hinternem. 

EI.N,  n.  rei  unica,  eni,  natura,  wesen:  den  tr6st  gotcs 
in  die  sele  drücken,  daj  gi  koincn  inüge  in  ir  einige;  ein. 
EcknART  39C,  37; 

Lrin  nien>ch  mir  hplfen  mag  auf  erden. 

nur  du  allein,  du  hmt  mein  einiget  ein.   .4m6ra«er /b.  <.  270; 

ein  recht  verdn«*zlich  greite«  ein.    liHorKt»  2,  430; 

ein  lolchei  lu«t  und  werhAellose*  ein.    3,672; 

ieder  fur  teio  einzig*  ein.    4,  Sit; 

ich  halte  dich,  mein  einiir  ein. 

G.  An.'^oLU  gritil   lubcüfunktn  lOii<>.  209. 


EIN,  mit  der  praeposition  i  n  unmittelbar  verwandte  Par- 
tikel, von  dem  ursiirung  beider  kann  jedoch  ausführlich  erst 
unter  in  geredet  werden,  hier  nur  folgendes,  die  goth.  prae- 
position lautet  in,  das  adv.  inn,  die  altn.  praep.  \  (=x  in), 
das  adv.  inn,  ahd.  wäre  ein  unterschied  zwischen  der  praep. 
in  und  dem  adv.  in  möglich,  ist  aber  noch  unbezeugt.  das 
mhd.  adv.  schwankt  zwischen  in  und  In,  jenachdem  es  auf  bin 
hin  sin  oder  auf  min  din  sin  reimt,  die  praep.  hat  immer 
in,  Laciimann  hat  auch  iVffc.  235,  4.  250,  4.  3ii3,  4.  821,  4  dafür 
in  angesetzt,  nicht  bewiesen,  die  Schwankung  aber  gleicht  der 
zwischen  drin  «iirf  drin  tribus,  küncgin  und  künegin.  Mecen- 
BERG,  der  für  i  ei,  für  ei  ai  schreibt,  gibt  der  partikel  immer 
in,  nie  ein.  nhd.  behauptet  die  praep.  in,  das  adv.  ein,  für 
die  praep.  ein  wüste  ich  nur  aus  Riemers  pol.  colica  s.  31 
anzuführen:  was  er  unterdes  befohlen,  das  war  nunmehr  ein 
der  liand ;  allein  s.  243  liest  man :  in  der  band  geblieben  und 
jenes  scheint  schlecht  nach  einhändigen  gebildet,  nd.  und  nl. 
steht  für  beide,  praep.  und  adv.,  nur  in. 

Jenes  inn  liesze  sich  mit  in  vereinbaren  nach  den  zwischen 
brinnan  und  branjan,  rinnan  und  irnan  u.  5.  w.  aufgewiesenen 
analogien  {GÜS.  8541,  noch  eigentlicher  entspräche  der  Wechsel 
zwischen  künegin,  künegin  «nd  küneginne  (^romm.  2, 319.  320), 
der  zugleich  den  verhalt  von  in  aufklarte,  auch  mhd.  und 
uhd.  sind  von  der  form  inn  die  Wörter  innen,  innig  und  In- 
nung übrig  geblieben. 

Man  hält  zu  in  das  gr.  ir,  zu  ein  aber  eis,  is,  dialectisch 
ivs,  doch  steht  beiden  gr.  ausdrücken  praeposittonskrafl  zu, 
während  unser  ein  blusz  adverb  ist.  auch  wohnt  dem  iv  die 
Vorstellung  der  ruhe,  dem  eis  die  der  bewegiing  bei,  welche 
unserer  praep.  in  beide  zustehn.  gleichwol  bleibt  die  höhere 
beiührung  aller  dieser  partikeln  unleugbar. 

Shd.  ein  findet  sich  stets  in  nahem  bände  mit  andern  Wörtern, 

1)  mit  der  partikel  aus:  ein  und  aus,  vgl.  aus  und  ein. 
th.  1,  819 ;  weder  ein  noch  aus,  aus  noch  ein  wissen,  nescire 
iiuorsum  cat,  intro  an  foras ;  gleich  dem  jüngsten  leiden- 
schaftlichen menschen,  der  nicht  wo  ein  noch  aus  weisz, 
rannt  icii  die  gassen  hin  und  wieder.    Göthe  23,  131 ; 

dann  niemand  weisz  wo  ein  noch  aus.    41,  57. 
keinen  bescheid  wissen,    in  unruhe  sein,    sich  nicht  zu  helfen 
wissen,   aus  der  haut  fahren  mögen. 

2)  mit  andern  partikeln,  denen  sich  ein  anfügt:  darein  und 
gekürzt  drein,  herein  und  umgedreht  einher,  hinein  und  ge- 
kürzt nein,  worein,  sie  stehn  sämtlich  an  ihrer  stelle  beson- 
ders abgehandelt. 

3)  mit  dem  acc.  sg.  verschiedncr  Substantive,  namentlich 
jähr  ein :  und  diese  gcbete  florieren  jähr  aus,  jähr  ein  bei 

ihr.  Geliert  3,145;  jähr  ein,  jähr  aus  steckt  er  in  tiefen 
schulden;  ich  plage  mich  jähr  ein,  jähr  aus; 

da  wurden  erst  die  söline  klug 

und  gruben  nun  jähr  ein.  jähr  aus 

des  Schatzes  luiiner  mehr  heraus.    BfiRSRR  77*. 

biinmcl  ein : 

I.1SZ  mein  schreien  kr.iflig  sein, 

dasz  es  dringe  liimmel  ein.    Opitz  ..., 

wie  er  sonst  sagt  himinel  an,  vgl.  himmelwärts, 
feld  ein :  er  kam  mit  ihm  feld  ein,  quer  feld  ein ; 

vom  ii.ihcn  l;irni  empor  gescheucht, 
lüld  ein  und  aus,  heri;  ab  und  nn 
ge.Htiruiigt,  verfülgl,  doch  uiiiTreicht 
ereilt  da.s  wild  des  aiigers  |iluii.     UCrcrr  70'. 

herg  ein :  der  hasc  lief  berg  ein ;  wir  steigen  berg  ein,  irie 
sonst  berg  au,  berg  auf. 

wald  ein:  wir  wenden  uns  wald  ein; 

den  |iilgi'iiM.  wvlilien  du  siehst  auszor  wegei  wollen 
und  irrig  gehn  wald  ein.    Upitz... 

noch  andere  sind  denkbar,  boden  ein,  grund  ein,  land  ein, 
thal  ein,  wofür  t'i  kii.as  dala|)  und  sonst  ze  tal,  wie  ze  b?rge. 
ufl  heiszt  es  volter:  ins  feld  hinein,  in  grund  und  boden 
hinein,  bis  in  den  iiiinmel,  bis  in  die  wölken  hinein. 

4)  sehr  häufig  ist  die  überall  trennbare  Zusammensetzung 
mit  verbis,  d.  h.  denen  sich  die  partikel  nur  in  indirecter  rede 
praefigiert,  in  dirtcter  aber  getrennt  nachsetzt,  i.  b.  eingeben, 
r"n;.  daKZ  icii  eingehe,  pari,  eingehend,  eingegangen,  praes. 
ich  gehe  ein,  imp.  geh  ein !  oft  ist  dann  noch  neben  dem 
ein  die  praep.  in  mit  dem  verbum  ausgedruckt,  s.  6.  in  das 
haut  eingehen,  in  die  saiten  eingreifen,  der  feind  hr.irh  in 
die  Ktadl  rill,  statt  welcher  pleonasmen  dem  latein  entweder  die 
praep.  neben  dem  verbum,   oder  die  tusammensettung  mit  der 


141 


EINACKERN  —  EINANDER 


EINANDER 


14^ 


parhkel,  wodurch  die  praep.  unuölhig  wird,  genügt:  ire  in 
dnmuai,  ingredi  domum. 

51  gani  untrennbar  sind  iusammenselzungtH  mit  dem  nomen: 
einband  einbrucb  einbusze  eindringling  einfahrt  einlall  ein- 
flusz  eingäbe  eingang  eingusz  einhält  einkebr  einklang  einkünfte 
einniäiker  einnähme  einrede  einsatz  einsiebt  einscblag  ein- 
scblusz  einschnitt  einspräche  eintrag  eintritt  einwand  einge- 
weide  einwohner  und  die  adjeclira:  eindringlich  eingedenk 
einheimisch  einsichtig  einstimmig,  verscltiedenllich  haßet  noch 
die  organische  form  auf  in:  inbegrif  (neben  einbegreifen)  in- 
brünstig inland  inländisch  inheimiscb  inmärker  ingeweide  In- 
wohner inzicht  u.  a.  m.,  wofür  belegslellen  ivi  I  erfolgen. 

6)  nach  dem  was  schon  sp.  73  und  112  bemerkt  wurde,  mengen 
diese  Wortbildungen  sich  mit  den  von  der  eiuzahl  herzulei- 
tenden, z.  b.  einauge  einbaum  einback  einander  einäugig  ein- 
falt  einrällig  einhändig  einbeit  einhellig  einmütig  einseitig  ein- 
tägig eintönig  u.  a.  m.  mehrmals  können  beide  formen  diciit 
nebeneinander  treten,  z.  l.  einhändig  unimanus  und  einjiän- 
digen  tradere  in  vianus;  einarlig  unius  generis  und  einarten 
ingignere;  einback  semel  coclus,  einhacken  incoquere ;  ein- 
bändig unius  copulae  und  einband  involucrum;  einzah!  nu- 
merus singularis  und  einzahlen  numerando  indere;  ja  zwei- 
felhaft möchte  scheinen,  ob  einstimmig  unisonus  nicM  von 
einstimmen  concinere,  eonsonare  hetstamme.  hier  zeigt  sich 
wieder  berührung  zwischen  ein  unus  und  ein,  in,  in  {sp.  112). 
ahd.  mhd.  sondern  sich  ein  tmd  in  (in),  in  einzelnen  schrißen 
Keisebsbergs  hol  das  Zahlwort  ein,  die  partikel  yn,  z.  b.  rnbil- 
dung,  ynnemen.  Fbisiis  und  Maaler  bewahren  ebenfalls  das 
richtige  gefühl  ßr  den  unterschied  beider  Wörter,  indem  sie 
die  zahl  ein,  die  partikel  eju,  also  einfalt,  einhellig,  aber  eyn- 
brocken,  eynbrünstig  schreiben,  nur  ist  yn  und  eyn  verwerf- 
lich und  üliel  gewählt,  um  das  mhd.  in  auszudrücken.  Dasy- 
poDiLS  umgekehrt  unterscheidet  eyner,  eynäugig  ton  eingang, 
eintrag ;  welche  Verwirrung  I  übrigens  werden  auch  tat.  com- 
posita  mit  in,  das  bald  unsrer  partikel,  bald  privativem  un 
entspricht,  mitunter  zweideutig. 

EINACKERN,  inarare,  körn,  dünger,  unkraut  unter  die  erde 
ackern,  unterackern. 

EINAMBERN,  ambra  odorum  facere:  die  Springbrunnen 
spritzten  eitel  eingeamberl  wasser  aus.  Lohe.nstei.n  Arm.  1, 644. 

EINANDER,  unbiegbare,  aber  woUauiende  und  bequeme  Ver- 
knüpfung des  subjects  ein  mit  dem  obliquen  casus,  d.  h.  dem 
ursprünglich  vom  verbum  des  subjects  abhängigen:  der  eine 
liebt  den  andern,  der  eine  sagt  dem  andern  =  sie  lieben 
einander,  sie  sagen  einander,  gewöhnlich  mit  Vorstellung  der 
gegenseiligkeil,  so  Jasz  einander  auch  inricem,  mutuo  bedeutet. 

I)  wir  dürfen  släil  der  veiknüpßen  immer  auch  die  lose, 
volle  form  gebrauchen :  einer  oder  der  eine  ist  des  andern 
freund,  einer  liebt  den  andern,  gibt  dem  andern,  so  lat. 
alter  alterius.  alter  alleruin.  alter  alteri  oder  alius  alius, 
alius  alium,  alius  alii;  it.  Tun  l'altru,  sp.  el  uno  el  otro, 
prov.  l'us  l'uutre,  franz.  Tun  lautre,  dat.  l'uno  al  altro ;  bühm. 
jeden  drubebo,  jeden  druhemu,  poln.  ieden  drugiego,  ieden 
drugiemu  u.  s.  w.  altböhm.  findet  sich  auch  druh  druhu.  diese 
neueren  sprachen  wechseln  mit  dem  pronomen,  während  die  lat. 
alter  oder  alius  im  subject  und  obliquen  casus  behielt,  so  findet 
sich  auch  gr.  eh  iva,  z.  b.  1  Tliess.  5,  11  eh  rbv  ii-a,  ganz  wie 
lit.  viens  viena  oder  kitts  kitia  =<  alter  alterum,  letl.  zits 
ziltu,  neben  weens  ühtru.  welsch  y  nuill  y  Hall,  unus  alte- 
rum, vom  ir.  a  cheile,  aruile,  alailiu  gleich  nachher,  armor. 
ann  eil  bag  egile  =  Tun  et  l'autre.  mehr  liegt  uns  an  den 
deutschen  brauch  zu  beobachten,  der  golhische  ist  erst  in  den 
episleln  klar  geworden:  anjjar  anjtaris.  Eph.  4,25;  anjiar  an- 
Jiar.'ina.  hiiliy>p.  2,  3.  1  Thess.  5,  11,  in  der  letzten  stelle  also 
gegen  das  tis  i'%a  des  texles,  so  dasz  an|)ar  an|)arana  dem 
Golhen  geläufiger  war.  ahd.  im  sul>j.  ein,  nicht  mehr  andar, 
das  oblique  andar  fleetiert:  ein  andarun,  ein  andaremu.  bei 
N.  oß  im  pt.  ein  andere,  ein  anderiu,  ein  anderen,  zuweile» 
auch  mit  ßectiertcm  ein:  einemu  andermo,  ;)/.  einero  anderro 
und  einen  anderen,  alts.  findet  sich  llel.  \ih.  IT  ni  mag  that 
man  udrumu  giseggian,  nicht  kann  das  ein  mann,  jemand 
dem  andern  sagen  für  in  udrumu,  wie  es  mlul.  hiesz:  man 
manne  galt  für  einer  dem  andern,  ags.  pflegt  him  betveonan. 
goth.  du  sis  missö,  mhd.  under  zwischen  gesetzt  zu  werden, 
engl,  aller  gilt  eacb  olher  d.  i.  jeder  den  andem,  wie  ulln. 
hvor  annan,  dal.  bvor  üdrum,  neutr.  hvert  annal;  schw.  hvar- 
annan,  dän.  hinanden.  nnl.  elkander  und  nialkander,  d.  i. 
Biallic,  manlic,  gleich  jenem  alts.  man  für  ca. 


2)  es  lag  nah  ein  an  andar  zu  schieben  und  die  flexion  von 
ander  fahren  zu  lassen,  mhd.  gilt  fast  allerwärts  unveränderliches 
einander,  woßr  es  keiner  belege  bedarf,  wer  getrennt  ein  sinn- 
loses ein  ander  schreibt,  weisz  nicht  wie  es  um  diese  form 
beschaffen  ist.  schon  im  sanscrit  wurde  anja  4-  anja  x«  an- 
jonja  verschmolzen  und  im  gr.  a/J.r)uay,  d/J.ij/.oii,  ak'f.r^kovs 
musz  ä).).os  doppelt  stecken,  das  zweite  oblique  wort  flectierl; 
ein  nom.  äJJ,r,).oi  wäre  so  unmöglich,  als  ein  ahd.  nom,  einan- 
dere, was  nur  im  acc.  gelten  kann,  auch  das  ir.  cheile,  acheile, 
alaile  enthält  eine  dunkle  Verschmelzung,  eile  entspricJit  dem 
lat.  alius  und  bezeichnet  gleich  dem  sl.  dnigi  zugleich  einen 
freund  oder  gesellen,  in  alaile,  welschem  ilali  seheint  wieder 
zweimal  alius  enthalten. 

3)  die  versclimelzung  einander  hatte  zur  folge,  dasx  verbum 
und  pronomen  aus  dem  sg.  in  den  pl.  übergieng.  wie  neben 
jenen  gr.  gl.  a/J.rXcav,  aÜJ\).Qii,  aiXr.)Mvi  kein  sg.  mehr 
erscheint,  begegnen  schon  ahd.  die  angeführten  pl.  formen, 
während  es  im  gesonderten  und  vollen  ausdruck  heiszt :  einer 
kennt  den  andern,  der  eine  folgt  dem  andem,  zwingt  das 
gleichsam  den  adverbialbegrif  mutuo  annehmende  verbundne 
einander  zum  pl.:  sie  kennen  einander,  folgen  einander. 
mhd.  da;  si  nienc  niohien 

einander  eotwicbeo.     Iw.  4945 ; 

si  wären  der  schilte 

einander  hurte  milte.    7132; 

si  tuooi  doch  sus  einander  we.    Pari.  2t>4,  30; 

unser  Täir  gebruoder  faiejen. 

die  nihts  einander  lie;ea.    324,  14; 

einander  liefens  an.    Sib.  212,  2; 

y\\  güetlicbe  einander  dö  fuorten  si  Ton  dan.    1248,  2. 
nur  ausnahmsweise  dauert  die  flexion  fort: 
nieien  blüeie  und  ouch  ir  göete 
sint  eioandern  wol  gelich.  ~  MS.  1,  31" ; 
«nd   hier  wäre  auch  ein  andem  zu  schreiben  verslallet,     ton 
diesem  einandern  tauchen  nhd.  noch  beispiele  in  Oberdeutsch- 
land, zumal  in  der  Schweiz  auf,  wie  Maaler  99'  lehren  kann  ; 
Keisersberg  und  Lltheb  haben  nur  unveränderliches  einander 
in    der   bedeulung   des   dal.    und   aee.,    die*  sielt  leicht  unter- 
scheiden lassen. 

also  hangt  ie  eins  an  dem  andern  und  bitten  einander, 
'lieber,  hilf  mir,  das  ich  einen  genedigen  berren  hab'.  s.  d.  m. 
15*;  verantwurten  und  bescliirment  einander,  ie  einer  den 
andern.  15",  wo  dem  verschmolznen  ausdruck  nachdrucksam  der 
volle  hinzugefügt  ist;  das  gute  und  trewe  einander  begegcn, 
gerecbtigkeit  und  friede  sich  küssen,  ps.  85, 11 ;  sie  wuchem 
und  übersetzen  einander.  Ez.  22.  I2;  und  beider  künige  hen 
wird  denken,  wie  sie  einander  schaden  tbun.  Dan.il, '2';  und 
küsseten  einander.  Tob.  9,8;  wenn  freunde  einander  feind 
werden,  so  bleibet  der  gram  bis  in  den  tod.  Str.  37.  2 ;  auf 
den  tag  wurden  Pilatus  und  Herodes  freunde  mit  einander, 
denn  zuvor  waren  sie  einander  feind.  Luc.  23, 12 ;  auf  das 
auch  ir  einander  lieb  haliet.  JoA.  13.  34;  und  als  wir  einander 
gesegneten,  traten  wir  ins  schif.  apust.  gescJt.il,  6;  wider  die 
wollen  wir  einander  getreulich  bebulfen  und  beratben  sein. 
ordn.  des  reicfis  von  1512  §.2;  wir  sind  einander  unentbehr- 
lich geworden;  wollt  ihr  einander  haben?;  einander  um- 
fabcn,  umannen. 

Wenn  zwei  subjecte  nebeneinander  sieben,  darf  das  verbum 
auf  eins  derselben  bezogen  in  den  sg.,  oder  auf  beide  bezogen 
in  den  pl.  gesetzt  werden : 

mhd.  dö  gewan  einander  künde  ril  manec  riier  unde  meit. 

Mb.  54ü,  4 ; 

d<'r  wiri  und  lier  G.iwein 

w.iren  einander  liep  genuoc.  I«.  Till: 
in  der  ersten  stelle  halle  es  auch  gcwunnen,  in  der  zweiten 
was  heiszen  dürfen,  nhd.  so  dasz  blüe  und  frucbt  einaniler 
allzeit  nit  entweichen  kan  und  immer  zu  blüet  und  frücht 
gefunden  wird.  Fbas»  weltb.  16',  wo  wiederum  können  für 
kann  zulässig  gewesen  wäre,  der  sg.  gibt  jedem  der  beiden 
gleichen  theil,   der  pl.  faszt  sie  zusammen. 

4)  es  fragt  sich  nach  der  häufig  mit  dem  einander  verbund- 
nen  praeposilion.  ahd.  kunnte  auf  zwiefache  weise  verfahren, 
die  praep.  sowul  in  die  mitte  zwischen  ein  und  andar,  als 
auch  vor  ein  gesetzt  werden,  den  ersten,  der  biegbaikeit  des 
anilar  entsprechenden  fall  belegen  folgende  beispiele:  ein  widar 
andt-remi).  /><«<.  2,  2^»';  ein  ingagan  andreino.  §1.  Doc;  endi 
hreofun  ein  zi  autlreniu.    Itid.  49.  14 ; 

Kitli  «ui  ZI  andrciiiu.     U.  IV.  12,  i:t:  V.  10. '>4; 
ein  .'•Uer  andereuio  giang.    0.  ill.  IT,  ij, 
ein  grfgea    aaderui«.    ü.  Aiisi.  Il3. 


^ill$ 


EINANDER 


EINANDER 


144 


den  zweiien  fall  bezeugt  zumal  Nutkilr:  zeinanderen.  ps.  11,  3; 
diu  du  iD  eiuuaderiu  geüubten  habest.  Boeth.  177 ;  die  gedoh- 
tenen  ringe  in  einandere.  Cap.  täl.  doch  liefern  auch  schon 
die  älteren  ylossen:  untar  einandrcmu,  ingagan  einandrenio. 

Mhd.  und  nhd.  findet  der  erste  fall  nur  statt,  wenn  beide 
vorle  unverknüpß  stehen,  der  zweite  dagegen,  wenn  sie  in  ein- 
ander veiknüpß  sind,  es  heiszt  also  der  eine  sah  zum  an- 
dern, sie  sahen  einer  zum  andern,  aber  sie  sahen  zu  einan- 
der [stellen  angezogen  th.  1, 453).  Die  letzte  uns  hier  allein 
angehende  construction  musz  nach  den  einzelnen  praepositionen 
genauer  behandelt  werden,  man  kann  sie  verbunden  oder  ge- 
lrennt schreiben,  doch  scheint  jenes  ricliliger,  da  einander  au/^ 
gehört  hat  nominal  zu  sein  und  adverbial  geworden  ist,  folg- 
lich auch  von  der  parlikel  nicht  mehr,  regieit  werden  kann. 

a)  aneinander,  es  seind  die  menschen,  sehen  irs,  die  sich 
also  aneinander  henken  in  Losen  Sachen.  Keisersb.  s.  (/.  m. 
14*;  soiiehe  fule  rotten  henken  sich  aneinander.  15*;  ein  stolz 
herz  ist  dem  hcrrn  ein  grewel  und  wird  nicht  ungestraft  blei- 
ben, wenn  sie  sich  gleich  alle  aneinander  hcngen.  spr.  Sal. 
16,5;  und  ich  wil  die  Egjpter  aneinander  heizen.  Es.  19,2; 
un*d  war  ein  rauschen  von  den  flügeln  der  thiere,  die  sich 
aneinander  küsseten.  Ez.  3,13;  aber  sie  werden  doch  nicht 
aneinander  halten.    Dan.  2,43;  sich  aneinander  reiben; 

der  schmerz  schlug  meine  zahne  knirschend  aneinanJcr. 

Schiller  . .. 
mehr  nocit  i,  31S. 

6)  aufeinander,  und  hallen  sich  zusammen  als  weren  sie 
ufeinander  geschmidet.  Keisebsu.  s.  d.  m.  15*;  felsen  liegen  auf- 
einander ;  lange  reihen  folgen  aufeinander ;  die  krieger  drangen 
aufeinander,     vgl.  l,  636. 

c)  auseinander,  alles  stob  auseinander;  das  beer  geht  aus- 
einander ;  ich  weisz  nicht,  wie  ich  mit  ihm  auseinander  komme ; 
die  fugen  sprangen  auseinander,     vgl.  1,  850. 

J)  beieinander,  mhd.  der  jüger  biten  wart  bleinander  niht 
lanc.  iVj6.  874,  4.  nhd.  in  clöstern  oder  sunst  in  gemeinden, 
da  vil  menschen  beieinander  wonen,  da  weisz  man  wol  was 
murmlen  ist.  Keisebsb.  s.  d.  m.  16';  wir  bleiben  beieinander 
wohnen;  beieinander  schlafen;  die  gesellschaft  ist  nicht  mehr 
beieinander;  denn  ire  habe  war  zu  grosz,  das  sie  nicht  künden 
beieinander  wonen.  1  Mos.  36,  7 ;  kiihe  und  beren  werden  an 
der  weide  gehen,  das  ire  jungen  beieinander  ligen.  £6.  11,  7. 
vgl.  1, 1367. 

e)  durcheinander,  alles  läuft  durcheinander;  man  rennt 
durcheinander;  und  gut  also  durcheinander,  als  die  maden 
in  einem  kes.  Keiseksb.  s.  d.  m.  9* ;  das  plappert  durcheinan- 
der, dasz  man  kein  wort  versteht; 

nun  zu  sehen  das  alles,  auf  mancherlei  wagen  und  karren 
durcheinander  geladen,  mil  Übereilung  f;ulliichtet. 
GÖTHK  40,  239; 
bücher,  kleider  und  hausgeralh  lag  durcheinander  geworfen. 

f\  füreinander,  leben  und  sterben  füreinander ;  ihre  herzen 
sciilugea  füreinander; 

nie  hat  zwei  schönre  herzen  die  naiur 
gebildet  nireinander.    Schiller... 

g)  gegeneinander,  die  kämpfer  slehn  gegeneinander;  gegen- 
einander halten ;  vergebe  ihnen  golt,  der  sie  und  mich  und 
den  fürstcn  einst  gegeneinander  stellt.    Schiller  190'; 

lockie  die  ncugicr  nicht  den  menschen  mit  heHigen  reizen, 
»agt!  erfuhr  er  wol  je,  wie  schön  sich  die  weltlichen  dinfje 
gegeneinander  verhallen?     Gütiie  40,  237; 

stehen  wie  felsen  doch  zwei  mäuner  gegeneinander!    40,27.5. 
h)  hintereinander,   hintereinander  sein;  hintereinander  her; 
und  so  mustc  der  Braune  die  vielen  spöttischen  wurio 
ll^oiereinaoder  veruehiuen  und  koanlc  vor  schmerzen  nicht 
reden.    Götuk  40,  31. 

i)  ineinander.  z«o  kelen  von  feinem  golde  mit  zwei  enden, 
aber  die  gelicd  ineinander  hcngend.  2  Mus.  28, 14 ;  und  die 
thör  im  tempcl  war  vicreckct  und  war  alles  artig  ineinander 
gefügt.    Et.  41,21; 

wenn  im  unenMlHiii'n  fl.KK-Dx! 

•Ich  wiederhi'l  /:, 

das  t.iiisendj 'I: 

•ich  krallig  iiiL ..;  iiliohzt.    (juTUB...; 

flu  Wo  sich  nemlich  kaiholiken 

und  Protestanten  ineinauUer  fchicken.    2,  22'i. 
füget  eure  liünde  ineinander! 

k>  miteinander,  Schweiz,  mittenand.  alle  miteinander,  wie 
alle  zusammco;  der  erst  mensch  Adam  int  durch  den  frasz 
»erfurel  worden,  dardurcb  wir  alle  miteinander  verfnrt  »ein 
worden.  ktisKftf«.  s.d.m.y-,  »u  er  im  doch  die  luiliinandci 


wol  heilen  möcht.  8';  ein  mensch  sol  nicht  allein  lugen,  das 
er  der  schedlichen  blättern  ahkuinme  und  sie  meide,  sunder 
er  sol  darzu  fechten,  das  er  ir  aller  miteinander  abkumme. 
daselbst;  also  liengen  sie  an  miteinander  zu  betten.  U";  so 
kompt  denn  und  lasset  uns  miteinander  rechten.  Es.  1, 18 ; 
ein  kleiner  knabe  wird  kelbcr  und  junge  lewen  und  inastvieh 
miteinander  treiben.  11,6;  und  alles  fleisch  miteinander  wird 
sehen,  das  des  herrn  inuiid  redet.  40,5;  ich  wil  auf  dem  ge- 
lilde  geben  tennen,  buchen  und  buchsbawm  miteinander. 
41,19;  aber  die  gelzenmacher  müssen  allesampt  mit  schanaeii 
und  höhn  bestehen  und  miteinander  schamrot  hingehen.  45, 16 ; 
lasz  sich  versamlen  und  komen  miteinander  erzu  die  beiden 
der  beiden.  45, 20 ;  alsdenn  werden  die  jungfrawen  Irolich 
am  reigen  sein,  dazu  die  junge  manschaft  und  die  alten  mit- 
einander. Jer.  31, 13;  mugen  auch  zween  miteinander  wandeln, 
sie  seien  denn  einsunlernander?  Arnos  3,  Z;  da  sie  so  redeten 
und  befragten  sich  miteinander.  Lttc.  24, 15;  es  ist  schon  ein 
feil  unter  euch,  das  ir  miteinander  rechtet.    1  Cor.  6,  7 ; 

wo  ist  denn  heut  ihr  (der  anemone)  schmuck  ?    ihr  wollust- 
volles h.iupt  ? 
und  miteinander  sie?   sie  ist  schon  abgeleiht.    Flrhing  135, 

sie   miteinander,    ihre   ganze  gestall  zusammen;   der  deutera- 
gonisl   konnte    derselben   (personen)   gar    wol   mehr  als  eine 
vorstellen,    wenn  sie  nur  nicht  miteinander  zugleich  erschei- 
nen  durften,    aber   miteinander  zusammen  spruchen  in  dem 
ganzen  drania  deren  nicht  mehr  als  zwei.    Lessi.ng  6,313; 
sie  müssen  miteinander  Tort.    Götub  1,200; 
Lehalie  du  dein  ganzes  gliiok 
und  deine  siege  miteiiiauderi    Göki.>(;k  1,  15, 

d.i.  alle  zusammen,  samt  und  sonders; 

da  mag  denn  schmerz  und  genusz, 

gelingen  und  verdrusz, 

miieinander  wechseln  wie  es  kann. 

nur  rastlos  hethaligt  sich  der  mann.    Götur  12,  88. 

miteinander  gehen,  es  miieinander  wagen,  miteinander  essen. 

/)  nacheinander,  verncment  sie  kürzlich  nacheinander.  Kei- 
seksb. s.  d.  wi.  2';  durumb  so  wil  ich  dise  drei  fragen  nach- 
einander verantwurten.  3';  also  sollu  sieben  tage  nachein- 
ander teglich  einen  bock  zum  sündopfer  opfern.  Ez.  43,  23 ; 
er  trank  sieben  gläser  nacheinander ;  wir  verlieszen  alle  nach- 
einander das  haus. 

TU)  nebeneinander,  nebeneinander  gehen,  stehen,  liegen, 
schlafen. 

n)  übereinander,  übereinander  legen,  stoszen,  werfen ;  wir 
weifen  es  übereinander,  als  mau  schiichicisten  wirft  in  ein 
sack.  Keisersb.  s.  d.  m.  u';  alles  fiillt,  stürzt  übereinander; 
übereinander  klagen,  sich  beschweren ; 

der  sl.'imme  ni.Tchti(,'es  dröhnen, 
der  wurzeln  knarren  und  g.iliniMi! 
im  fürchterlich  verworriieu  lalle 
übereinander  krachen  sie  alle.    Göthk  12,  207. 

o)  umeinander,  sich  umeinander  kümmern;  das  dieselhigen 
alle  umb  einander  reden.  Es.  14, 10,  d.  i.  einer  nach  dem  an- 
dern; die  knoten  umeinander  schlingen. 

p)  untereinander,  alles  untereinander  werfen,  mischen, 
mengen ;  der  pObel,  die  schünde  des  menschlichen  geschlechts, 
mag  untereinander  zürnen.  Lessing  2,  374 ;  sie  stritten  lebhaft 
untereinander. 

q)  voneinander,  wir  schieden  traurig  voneinander;  ihr  sidit 
voneinander  getrennt  werden ;  da  der  streng  richter  die  giiien 
und  bösen  voneinander  scheiden  wirt.  Keisersb.  s.  d.  m.  U'; 
wer  reiszt  uns  voneinander? 

r)  voreinander,    voreinander  gehen,  stehen,  laufen : 

diu  ros  nach  Stichen  Iruogen  di<i  riehen  kOnegcs  kint 
beide  füreinander,  saiu  si  wiuiu  cio  wiiit.    Nib.  184,  2. 

s)  widereinander,  die  vier  winde  unter  dem  hiinmel  stür- 
meten  widernandcr  auf  dem  gioszen  mecr.  Dan.  7,2;  sie 
slrillen,  redelcn  widereinanticr;  die  obern  zä  Jerusalem  mur- 
melten widereinander.    Keiskrsii.  s.  d.  m.  17* 

<)  zueinander,  guth.  du  sis  missö. 
m/id.  sui  wa«  In  luoeinandcr  gfir.    Iw.  1013; 

dA  ir  ing«>indu  ziioein.tnder  drnnc.    Nib.  207,3; 
man  bat  si  zuoeinander  an  dem  ringe  stAn.    M8,  3; 
es  kommt  auch  zeinander  und  zuozeinander  vor.     wit  stehen 
alle  zueinander;  hielten  beslilndig  zueinander. 

diese  beispiele  des  praepositionalen  einander  lassen  $uh  be- 
trächtlich vermehren,  die  alte  praepositionskraß  blickt  suwetlen 
niirh  viir,  erscheint  aber  auch  andieinal  gunx  in  die  bedeuhing 
des  advcibs  aufgilutl,  namentlicli  in  miteinander  -^^  tusammen. 


145 


EINA.NDER  —  EINARBEITEN 


EINAR3I  —  EINBALSAMEN 


146 


5)  diese  abslraction  bezeugt  wol  auch  der  bisweilen  eintre- 
tende gänzliche  wegfall  des  tcortes  ander,  so  das:  nur  die 
praeposition  neben  dem  ein  verbleibt,  so  liest  man  bereits  in 
dem  Uiüringischen  gedieht  von  Elisabeth,  das  im  ersten  band 
der  diuliska  ausgezogen  ist: 

die  alle  wolden  siogen 
wider  ein  in  kriges  wis.    349; 
mit  ein  si  aber  gingen.    366; 
mit  ein  si  sich  berieden.    406; 
ir  bende  enpbielen  üf  ir  iioie, 
in  ein  verdummen  wären  si.    413; 

jedesmal  zu  beginn  des  terses,  ßr  widereinander,  miteinander, 
ineinander,  weshalb  ich  auch  widerein,  mitein,  inein  schreiben 
würde,    noch  höher  hinauf  reicht  die  gewähr  für  mhd.  under  ein : 

wan  si  begunden  under  ein 

ir  rouot  verstricken  und  ir  lip.    tr.  kr.  726; 

si  künde  werren  under  ein 

mit  bazze  werde  liute.    1260; 

diu  was  verworren  under  ein.    1404  und  öfter  noch, 
ßr  untereinander;    ohne  zwei  fei   wird  das  gedieht  von  Karl- 
meinet bald  weitere  belege  liefern,  da  sich  schon  in  einem  der 
bisher  bekannten  bruchstücke  die  zeile  findet 

dus  drungen  die  zwöne  up  ein  =  auf  einander; 
sogar  das  ahd.  0. 1. 1, 16  enthaltene 

ij  ist  gifuagit  al  in  ein  selp  so  helpbantes  bein 
liesze  sich    auslegen   ineinander,    wenn   es  nicht  wie   das   ge- 
wöhnliche und  oft  vorkommende  mhd.  enein,  die  parallele  von 
enzwei,    endriu   zu  nehmen   und   zu   deuten   ist   in   eins,   in 
ein  stück. 

Jene  mhd.  ein  ßr  einander  weisen  sich  aber  auch  bei  nhJ. 
schrißstellern  des  15.  16.  jh.  auf: 

wir  fürchten  das  der  tod  uns  schaid 

und  bald  ausz  lieb  wird  macben  iaid. 

liesz  uns  gott  ^Iso  bie  bei  aio  (=  bei  einander) 

und  bet  sein  himel  durt  allain. 

zumcd  aber  bei  Erasmgs  älberds: 

also  was  sie  (die  thiere)  iingeo  mit  ein, 

das  seit  in  gelten  in  gemein.    25; 

ein  low,  ein  wolf  und  ein  esel, 

die  hatten  sich  verpflichtet  mit  ein, 

und  wehen  beichten  in  gemein.    35'; 

da  wurden  sie  mit  ein  zu  rat.    52'; 

da  sie  mit  ein  den  rat  genamen.    71. 

zwei,  Kronenberg  und  Königstein, 

die  liegen  forn  nit  ferrn  von  ein  =  von  einander.  86*; 

¥on  ein  gestoszen  ==  von  einander  steht  bei  Kaxzow  2, 167. 

b)  offenbar  liegt  in  dem  einfachen  oder  praepositionalen 
einander  oft  nichts  als  eine  hebung  oder  Stärkung  des  persön- 
lichen pronomens:  wir  geben  uns  einander  das  versprechen, 
ihr  sollt  euch  einander  daran  erinnern,  sie  haben  unter- 
einander beraten  besagt  nur  nachdrücklich  was  in  uns,  euch, 
sie  ausgedrückt  ist. 

EINÄNGSTIGEN,  compellere  aliquem  ut  bibal,  eibum  capiat, 
gegensalz  von  abängstigen,  zu  dem  es  sich  verhält  wie  ein- 
nöthigen  zu  abnöthigen. 

EI.NANKERN,  ancoras  jacere,  gleichviel  mit  ankern,  anker 
werfen : 

streicht  segel,  ankert  ein,  wir  haben  überwunden.   Opitz  2, 121; 

wenn  vorsiebt  sich  durch  mich  (die  klugheit)  beim  Sturmwind 

ankert  ein. 
LoBE.tsTEiN  Epich.  45,  492. 

EINANTWORTEN,  tradere  in  manus,  überantworten:  ein 
schlosz  dem  klager  einantworten,  landfr.  von  1521.  11,1;  sei- 
nen gebührenden  antheil  einantworten  und  folgen  lassen. 
Frank f  reform.  V.  8,15;  und  alsbald  sollen  sie  unsern  neu- 
erweiten zehen  Vorstehern  einantworten  und  überreichen  den 
gemeinen  kästen.  Llther  2,267';  und  hat  im  die  obgemeld- 
ten  stell,  so  er  inhett,  einzuantworten  versprochen.  Me- 
iJkxcHTHOS  oration  von  landgr.  Fridrichen,  deutsch  von  Lau- 
terbeck bl.  15 ;  hab  darauf  alles  so  ich  zu  kaufen  vermocht  umb 
halb  gelt  einantworten  müssen.  Thcrneisseb  nothg.  ausschr.  1, 9 ; 
aus  heimlicliem  groll,  das  ich  mein  hab  und  gut  nicht  ihme 
eingeantwort.  2,  77 ;  der  künig  von  Frankrich  soll  alle  stell 
dem  pabst  gehörig  im  wider  inantworten.  Stumpf  262*.  ge- 
gensalz  ausantworten,  aus  der  hand  geben. 

El.NARBEITEN,  1)  labore  compensare,  durch  arbeit  beschaf- 
fen, einbringen:  das  laszt  sich  einarbeiten,  ein  vergessenes 
stück  in  den  aufsatz  einarbeiten. 

2)  sich  einarbeiten,  labori  assuescere:  ich  habe  mich  schwer 
in  die  sache  eingearbeitet. 
Ul. 


EINARM,  ffl.  unimanus,  gebildet  wie  eiaauge,  einbein  u.a.m. 

EINARMIG,  adj.,  er  kehrte  einarmig  aus  dem  kriege  heim ; 
einarmiger  leuchter,  einarmiger  anker  u.  s.  w. 

EINARTEN,  ingignere,  ingenerare,  fast  nur  im  particip  in- 
genilus,  eingepflanzt  üblich :  diese  neigung,  welche  der  mensch- 
lichen natur  eingeartet  zu  sein  scheint.  Käst  5, 417 ;  die  .Ame- 
rikaner scheinen  eine  noch  nicht  völlig  eingearlele  hunnische 
race  zu  sein.  10,  30 ;  die  Lappen  sind  in  dieses  klima  ein- 
gearleU  10,  34.  eingearlele  anmut.  Pbiu^.nder  1, 3'  und  s. 
unter  einbeisz. 

EIN.\RTIG,  unius  indolis,  uniformis:  einartiger  Ursprung, 
einartiges  kunstwerk. 

ELNÄSCHEN,  incendere,  in  asche  verwandeln,  mlat.  incinerare: 
er  geht  noch  täglich  fort,  Gradivus  der  verheerer, 
verderbt  was  er  nicht  mag,  äscht  städt  und  dörfer  ein. 

Fleii.ng  71, 

in  allen  ausgaben,  auch  würde  äschert  dem  vers  widerstreben. 
EINÄSCHERN,  dasselbe: 

niarter,  quäl, 
einäschern,  morden,  spot.    VVkckherli:«  612; 
wir  äschern  ganze  statt  und  ihre  kirchen  ein.  Opitz  2, 109; 
einäschern  stat  und  Stadt,  dasz  wir  aus  heiszer  ascben 
aufblasen  neue  glut  und  blut  mit  blut  abwaschen. 

Griphius  1,  305; 
ew.  ist  nicht  unbekannt,  dasz  ich  sehr  viele  von  meinen  ge- 
dichten  eingeäschert  habe  und  dasz  ich  noch  mit  keinem 
ganz  zufrieden  bin.  Hagedorx  1,  .xsi ;  bischof  Wido,  unter 
welchem  der  dom  mit  den  dazu  gehörigen  gebäuden  einge- 
äschert wurde.  Moser  2, 91.  lixivia  coquere :  garn  einäschern, 
durch  bestreuen  mit  asche  zubereiten,  vgl.  abäschen,  abeschern. 
figürlich:  du  höherer  funke  wirst  in  meinem  herzen  für  sie 
forlglimmen,  wenn  es  thiünen  überschwemmen  oder  unglück 
zusammendrückt  oder  der  tod  einäschert.  J.  Pacl  uns.  löge  3, 
4;  das  wissenschaftüche  licht  verkalkte  seine  edlen  melalle 
und  äscherte  sie  zu  papiei^eld  ein.  Katzenberger  1,  5. 
EINATHEMBAR,  spirabiUs. 

EINATHMEN,  spiritu  ducere,  durch  athemholen  einziehen, 
nnl.  inademen :  ich  alhme  süsze  luft  ein ;  ich  stieg  nach 
eingeathmeler  abendstille  von  meinem  bäum  herab.  Bettlna 
tageb.  85.    s.  ausathmen.' 

ELN.\TZE.\,  liquore  corrodente  inserere,  incidere: 

sondern  ewer  aug  und  hand 

die  poeten  musz  ergözen, 

dasz  sie  ewer  macht  und  stand 

der  Unsterblichkeit  einözen.    Wecshkrlix  356; 

der  ewigkeit  portal  (propylaeo)  einetzen.    557. 

EINAUGE,  m.  unoculus. 

EINÄUGE,  adj.  ahd.  einougi:  dasz  kein  esel  den  andern 
sacktrager  heisze  oder  einer  des  andern  spotte,  als  gesehe 
si  (die  weit)  als  die  jetzig  und  die  alt  sei  plind  gewesen,  so 
si  doch  einäg  gegen  uns  ist  gewesen.    Frank  guldm  arch  102'. 

EINÄUGELN,  inoculare,  dem  bäum  ein  äuge  einsetzen. 

EINÄUGEN,  dasselbe:  sie'  bat  ihn  mir  andere  gedanken 
einzuäugen,  die  aber  schon  bei  mir  in  blute  standen.  Hippel 
lebensl.  1, 132. 

EINAÜGENBLICKFLIEGE,  f.  rollende  wecker  sind  wir,  die 
sogleich  ausgeschnarret  haben,  nicht  eintagfliegen  sondern 
einaugenblickQiegen.    J.  P.  anh.  zu  Tit.  1, 5. 

EIN.\UGIG,  unoculus:  der  einäugige  ist  unter  den  blinden 
könig;  einäugiges  pferd.  »m/A.  1,  446.  465.  2, 775.  einäugiger 
bahn.  3,635;  einöigig.  Brant  19,90;  es  ist  dir  besser,  das 
du  einäugig  zum  leben  eingehest.    MatlL  18, 9.    golh.  haihs. 

EINÄUGLEIN,  «.   kinderm.  u'.  130. 

EINAUGSTE.N,  messem  facere,  einernten,  nnl.  inoogsten. 

ELNBACK,  m.   panis  semel  coctus,  gegensatz  von  Zwieback. 

EINB.\CKEN  1)  tncoquere,  schwed.  inbaka,  dän.  indbage: 
dem  kuchen  war  ein  ring  eingebacken;  der  könig  liesz  in 
das  brol  geld  einhacken ;  eingebackue  äpfel,  hühner. 

2)  iuhaerere,  festbacken,  vgl.  backen  2,  nnl.  iubakken:  dat 
deeg  bakt  in ;  de  hären  bakken  er  in ;  mülsteine  von  der 
feinkörnigsten  art,  in  welche  grosze  geschiebe  mit  eingebackea 
sind.    GöTHE   60, 15t. 

EI.NBALLE.N,  involvere,  it.  imballare,  franz.  embalier.  Maa- 
LER  123*,  waaren,  kisten  einballen ;  ich  lag  in  der  ecke  des 
sophas  ganz  in  finsternis  eingeballt.    BETTi.tA  briefe  1, 162. 

EINB.\LLIG,  ad  unam  plantam  pedis  aptus :  einbällige  schuhe, 
Stiefel,  die  man  nicht  wechseln  kann. 

EINBALSA.MEN,  balsamo  illinere,  dann  condire,  mortuos 
pollinijere,  nnl.  inbalsemen,  it.  inbalsamare,  franz.  enbaumcr: 

10 


147 


EINBALSAMIEREN  —  EINBAUM 


EINBECKEN  —  EINBERGEN 


148 


liegen  der  Üppigkeit  ob,   scbmiuken   und  balsamcn  sich  ein. 

LuuE.NST.  Arm.  1,  522 ; 

und  duftet  lieblicher,  als  wenn  schasmin  und  ros 
und  liliendull  es  eingebalsamt  halle.    Wiblano. 

vgl.  mhd.  balsemen. 

EINBALSAMIEREN,  mhd.  balsamieren :  ihre  pbilosophie  ist 
todt,  freilich  mit  hüben  Sentenzen  einbalsamiert,  aber  doch 
todt.    Leisewitz  im  Jul.  v.  Tar.  1,  3. 

EINBAND,  m.  tegumentum,  gilt  vorzugsweise  von  büchern: 
gleichsam  der  einband  des  alten  testanienls  ins  neue  (d.  i. 
die  bekehmng  der  Juden),  i.  P.  Fibel  181;  {der  gemeine  mann) 
den  man  sechs  tage  lang  im  abgerissmea  einbände  {alltags- 
xeug)  gesebn.  74.    nnl.  inband. 

EINBÄNDIG,  unius  viiiculi,  copulae,  von  dinem  bände,  im 
gegcmals  zu  zweibändig,  von  zweien  banden,  in  der  gerichts- 
salzung  für  den  cavlon  Hern  vom  jähr  1761  heiszl  es:  die 
vorige  Satzung,  dasz  die  gescbwister  ihre  geschwisler  mit  aus- 
schlusz  der  mutter  erben  sollen,  musz  allein  verstanden  wer- 
den von  den  geschwistern  von  beiden  banden,  oder  die  von 
dem  gleichen  vater  und  der  gleichen  mutter  geboren  sind. 
denn  wo  nur  geschwisler  von  einem  band  vorbanden  sind 
oder  die  dem  abgestorbenen  blosz  von  dem  vater  her  zuge- 
Ihan  wären,  da  soll  wie  billig  des  abgestorbenen  mutter  im 
erbe  vorgehen,  einbändige  geschwisler  sind  also  hulbgeschwister. 
einbändige  gcschwister,  sagt  eine  aargauische  Verordnung  vom 
22  Chrislmonat  lb03,  werden  gleichwol  zum  bebuf  der  erb- 
versteuerung  den  zweibändigen  völlig  gleichgehalten,  ein  und 
zweibändige  geschwisler.    aargauisches  geselz  vom  28  mat  1857. 

EINBANSE.N,  frumenta  reponere  in  horreum,  das  getraidi' 
in  die  bansen  bringen. 

EINBAR,  Concors,  einhellig,  mhd.  einbaere  {wb.  1,  423'),  ein 
schon  von  Stieler  370  für  selten  erklärtes  worl: 

beide  wollen  einbar  scherzen.    Dirkem  Guelfis  37. 

EINBABEN,  vereinbaren.    Rädlein  1,217'.    Stieler  370. 

EINBABLICH,  concorditer:  dessen  hoch  berümbte  edle  Iba- 
ten  über  alle  die  viererlei  stammen  sich  einbarlicb  ausstrecken. 
Fischart  bienenkorb  221'. 

EINBARUNG,  f.  concordia,  vgl.  Vereinbarung:  wie  sie  dann 
in  anmutiger  einbarung  der  gemüter  zwanzig  jähr  zusammen 
gelebel.    Hofmannswaldau  heldenbriefe  s.  92. 

EINBAU,  ni.  inaedificalio,  das  bauen  und  gebaute,  ein  dem 
Hauptgebäude  oder  einem  andern  ort  eingebautes  stück;  bau 
am  ufer  in  den  flusz  hinein;  der  einbau  der  bienen  in  den 
bäum,  der  schwalben  unterm  dach. 

EiNBAUCIIEN,  lintea  lixivia  macerare.  Stieler  82  schreibt 
einbeicben  d.  i.  einhauchen. 

EINBAUEN,  inaedificare,  instruere,  considere,  anbauen,  ver- 
bauen :  hier  haben  bienen  eingebaut;  dort  wird  noch  eingebaut ; 

ein  jeder  scheut  sich  nun  in  dich  (De^itschland)  zu  bauen  ein, 

weil  mehr  kein  mensch  in  dir,  nur  lauter  teiifel  sein. 

LoGAU  1,63,  52; 

hier  scheint  die  Wissenschaft  auT  ewig  einzubaun, 

das  berschendc  latein,  die  anmut  Griechenlands 

kan  hier  von  ihrer  zunft  nicht  wenig  meister  schaun. 

GÜNTHER  513; 

wo  der  rührendste  gegenständ  von  unnützen  schönen  tiguren 
80  eingebaut  {verbaut,  zugebaut)  war,  dasz  das  äuge  lernte, 
das  herz  aber  nichts  dabei  empfand.  Tieck  Sternbald  1,  50 ; 
er  ist  von  lebensarl  und  sitlen  so  eingebaut,  dasz  es  uns 
schwer  wird  ihn  auch  nur  zu  erratben.  Tieck  15,  351 ;  flieiie 
mich  nicht,  weil  mich  immer  ein  schallen  umzingelt,  der  sich 
täglich  verdunkelt,  bis  er  endlich  als  eine  kleine  nacht  mich 
einbaut.  J.  P.  Hesp.  1,152;  Klolilde  und  Victor  giengcn  enger 
und  wärmer  aneinander  gedrückt  unter  dem  schmalen  Sonnen- 
schirm, der  beide  gegen  den  flüchtigen  regen  einbaute.  3,  218; 
die  ruhe  der  lugend  baue  wie  mit  einer  brüst  sein  herz  ge- 
gen den  frost  und  stürm  seines  neuen  lehens  ein.  2,114; 
ein  verhack,  in  den  sich  der  aulor  gegen  die  kritischen  an- 
fiillc  einbauet,     leufelspap.  1,  xxi.    vgl.  aubauen. 

EINBAUERN,  in  cavea  tncludere:  die  armen  {vögel),  ein- 
gebauert  seufzen  sie  um  freihciL  Klikcer  1, 199 ;  an  einem 
orte  eingebauert  »ein.  1, 2U0;  bat  sich  endlich  der  flalter- 
geisl  fesseln  lassen?  ist  er  eingebauert?  1,  3H0;  fühlst  du, 
kaiser  von  Indostan,  nicht,  dasz  dich  dein  bersciisüchliger 
vizir  ibruin  mit  ihnen  {den  vögeln)  einbuucrt,  dasz  die  kraft 
deine»  geintes  vcrniodre?    6,69. 

EINBAUM,  m.  rym6a  t  cava  arbore  fabricala,  aus  iinem 
tlück  gezimmert.  Sciim.  I,  CG.  Stald.  1, 339.  Mr.  einbtiumel. 
Höret  1,177. 


ELNBECKEN  heiszt  kupferschmieden  den  draht  im  rande 
eines  beckens  unterschlagen. 

EINBEDINGEN,  conditioni  addere,  simul  pacisci:  wir  glau- 
ben am   besten   zu   tbun,   wenn   wir   annehmen,   als   ob  sie 
(Danae)  niemals  unlcrbrochen  worden    sei   und  sie  so    lange 
forlreden  lassen    als  es    ihr   beliebt,    einbedungen,    dasz   wir 
nicht  verbunden  sind  ihr  länger  zuzuhören,  als  sie  uns  inter- 
essieren wird.    Wieland  3,297;  mit  einbedungen,  dasz  er  sich 
auch  der  gäbe  der  sprachen  bemächtigen  müste.    14,283; 
die  fürslin 
blieb  standhaft,  weil  sie  lieble:  liebe  war 
in  ihre  lügend  wörtlich  einbedungen.    Schiller  269'; 
ob  auch  das  bild,  womit  er  sie  (die  hriefe)  begleitet, 
in  diese  freiheil  einbedungen  worden.    2b6' ; 

es  kann  noch  in  den  kauf  einbedungen  werden,  s.  aus- 
bedingen. 

EINBEERE,  f.  Solanum  quadrifolium  baccifenim,  herba  Pa- 
ris, nach  Lonicerüs  ISO'  weil  es  ein  einzigs  beerlin  bringt. 
bei  Stieler  119  uva  versa,  doronicum.  schwed.  ist  en  f.  und 
enträd  juniperus. 

EINBEEREN,  haccas  tendiculis  inserere,  beeren  in  die  doh- 
nen  oder  sclilingen  zum  Vogelfang  hängen. 

EINBEFEHLEN,  mandato  injungere,  vgl.  anbefehlen. 

EINBEGREIFEN,  simul  comprehendere,  die  alte  schuld  nicht 
mit  einbegriffen,    vgl.  inbegriffen. 

EINBEHALTEN,  retinere,  zurück,  innebehalten. 

EINBEIN,  m.  unipes:  du  elender  krüppel,  warum  sollen 
einbeine  das  nicht  thun? 

EINBEINIG,  einbeinige  und  einarmige  geister.  Arnim  2,207; 
wie  soll  der  einbeinige  Jean  Paul  das  biographisch  copieren 
in  gemeiner  scblechler  prosa?    J.  P.  uns.  löge  3,9. 

EINBEISZ,  m.  condimentum:  daraus  ich  nachsinnend  ge- 
schlossen, dasz  die  warheit,  insonders  von  hohen  suchen,  so 
selten  als  wildbert,  und  in  jedermanns  herberg  nicht  zu  fin- 
den, oder  doch  mit  falschem  vermisch  und  einbeisz  so  ver- 
billerl,  so  verwürzt,  so  verpfeffert  scie,  dasz  ihro  der  rechte 
geschmack  und  eingeartele  anmut  schwerlich  mag  abgewon- 
nen werden.    Philander    in    der  Zueignung   des   ersten  theils. 

EINBEISZEN,  mordicus  prehendere,  nnl.  inbijten. 

1)  einen  bisz  in  etwas  thun:  isz  keck,  beisz  ein!;  das  salz, 
der  pfeffcr  bat  eingebissen. 

2)  contrahere,  einziehen :  die  lippen  einbeiszcn,  verbeiszen ; 
sonst  sollen  sie  jar  und  tag  ratschlagen,  messer  stürzen,  zeen 
blecken,  maul  einbciszen  und  sauer  sehen.    Luther  5,  51. 

3)  auf  einen  einbeiszcn,  gegen  einen  auffahren,  um  sich 
beiszen. 

4)  sich  einbeiszcn,  fest  beiszen,  verbeiszen,  von  Hunden 
und  blulegeln:  die  sich  wie  blutegel  in  seelen  einbeiszcn. 
Schiller,  bildl.  junge  eheleule  müssen  erst  sich  einbeiszcn, 
einleben. 

EINBEISZEN,  EINBEIZEN,  macerare  sale,  liquore  erodente: 
die  kleine   eingebeizte   äl,   anguillades  d  /a  saulce.    Fischart 
groszm.  15 ;  fenchel,  anis  und  kümmig  müssen  vorher  in  einem 
guten  starken  weinessig  eingepaiszt  werden.    Hohberg  1,  253'; 
und  nembt  auch  ein  halb  pftind  krebsfeist, 
dasselb  in  scbiicckenblut  einbciszt.    Atrkr  fasln.  41'; 
das  alles  hilft  Jeizt  nur  dem  argwöhn,  der  ihn  beiszt, 
sich  in  sein  wundes  herz  noch  tiefer  einzuheizen. 

WuLAND  22,  273. 

EINBEIZUNG,  f.  maceratio:  aus  dem  aufgetrockneten  kml- 
tendill  macht  man  durch  die  destillatiun  und  einbeizuug  auch 
ein  beilsams  gedistilliert  öle.    Takernämontanus  s.  86. 

EINBEKENNEN,  confileri,  bekennen:  der  niissethäter  bat 
alles  eiubekannt,  wie  eingestanden. 

EINBEKO.M.MEN,  aecipere,  nancisci,  einnehmen:  bis  dasz 
sie  {die  stadl)  der  keiser  endlich  durch  verräterei  einbekaai. 
Melanchthon  oration  von  landyr.  Friderich,  deutsch  von  Lau- 
TKnuECK  bl.  14;  weil  er  alle  festen  örter  in  der  insul  Rü- 
gen einbekommen  habe.  Micrälics  2,  I6U ;  ihm  {dem  feind) 
den  durchzug,  pas  und  also  piuviand  und  alle  andere  nut- 
lurft  einzubekommen  wehren  und  abstricken  möge.  Kirch- 
iidK  mtl.  disc.  99;  maclile  auch,  dasz  sie  eine  wackere  feslung, 
ohne  Verlust  einiges  mannes,  mit  herlicbem  accurd  einbe- 
küiiien.    Simpl.   K.  433. 

EINBEREITEN,  apparare:  in  einem  groszcn  kessel  f inbe- 
reitet.   Kkiskrsii.  haslem  dd  1*. 

EINBERGEN,  monlibut  claudere,  eingebcrgtes  land,  regio 
montibus  nrcumvatUta.    Stiklkr  104. 

EINBERliEN,    was    bergen,    nn/.   iiibrrgeii,    door  bergen   in 


149 


EINBERICHTEN  —  EINBILDEN 


EINBILDEN 


150 


eene  plaals  breiigen,  goeJeren  inbergen.  praet.  barg  ein,  pari. 
eingeborgen.   ' 

EI.NBERICHTEN,  was  berichten:  das  amt  hat  einberichtet, 
in  seinem  bericIU  gemeldet;  sobald  ich  günstige  antwort  habe, 
werde  ich  sie  e.  h.  einberichten  oder  selbst  bringen.  Merk  l, 
167 ;  warum  wird  uns  überhaupt  nicht  von  den  pastoren  jedes 
eingepfarrte  ehepaar,  das  über  drei  jähre  beisammen  geschla- 
fen, einberichtet,  damit  mans  scheide  zu  rechter  zeit?  J.  P. 

EINBERUFEN,  imperare:  die  iandstände  einberufen,  ein- 
fordern. 

EINBESCHEIDEN,  was  bescheiden  5,  einberufen,  einbeor- 
dem:  er  ist  hierher  einbeschieden  worden. 

EINBESCHEREN,  was  bescheren  5:  es  ist  mir  einbeschert 
worden. 

EINBESCHLIESZEN,  was  beschlieszen  tmd  einschlieszen. 

in  eine  finsternis,  als  eine  nisiutifr  frlait 

liesz  er  sich  einbescblieszen.    VVeceuerlim  61; 

in  dem  dritten  Stockwerk  sind  die  Jungfrauen  hart  einbeschlos- 
sen. Philandeb  1, 128  (132) ;  in  der  festin  einbeschlossen  blie- 
ben.   Amiidis  381. 

EINBETEN,  1)  precibus  miliare:  als  dann  gehn  sie  in  die 
sinagog,  beten  den  sabbath  ein.    Frank  wellb.  145'. 

2)  precando  Iribuere:  Falks  grosze  erziehungskunst  bestand 
in  nichts  weiterem,  als  das  reine,  thätige  christenthum  sei- 
nen Zöglingen  vorzuleben,  einzuleben,  einzusingen  und  ein- 
zubeten.    hannöv.  mag.  1847  s.  5t. 

3)  precando  alicui  somnum  gignere:  die  kinder  einbeten, 
in  den  schlaf  beten. 

EINBETTELN,  l)  mendicando  colligere,  gvld  erbelleln ;  hier 
kann  er  einen  brocken  Weisheit  wieder  auskramen,  den  er 
sich  erst  gestern  einbettelte.    Lessisg. 

2)  precario  viam  sibi  palefacere:  Kessel,  der  sich  zum  hofe- 
meister  einbettelte.  Schweinichkn  2, 360 ;  er  wüste  sich  in 
die  stelle  einzubettein. 

EINBETTEN,  parare  lectum:  er  ist  alda  eingebettet;  eine 
elende  kleine  Schachtel  voll  baumwolle,  in  der  nette  fläsch- 
chen  wolriechenden  wassers  fast  von  der  länge  der  zaun- 
königinnen eingebettet  standen.  J.  P.  Hesp.  2, 169 ;  der  bäum, 
den  du  mit  allen  wurzeln  in  die  grübe  einbettest.  Bettisa 
briefw.  m.  e.  k.  243;  sich  bei  den  Schweinen  einbetten,  una 
cum  poreis  cubare.    Stieler  137. 

EINBEUGEN,  in  reclam  viam  fleclere,  einlenken :  die  zügel- 
lose Phantasie  kann  immer  noch  einbeugen,  aber  die  regel- 
lose nähert  sich  dem  Wahnsinn.  Kant  10, 1S9 ;  kann  er  so 
schön  aus  dem  weg  des  genialischen  glucks  in  den  des  häus- 
lichen einbeugen,  so  ist  er  wenig  verschieden  von  mir  selber. 
J.  P.  vgl.  abbeugen. 

EINBEUGUNG,  f.  inßexio :  jedes  geschöpf  war  ein  pol,  der 
unsere  nadel  zu  abbeugungen  und  einbeugungen  lenkte.  J.  P. 
uns.  löge  3,  76 ;  weder  durch  zaghafte  einbeugung  noch  durch 
vermessene  ausschweifung.    Stolberg  7,  38. 

EINBEULEN,  ictibus  luberosum  reddere:  einen  schadhaften, 
ein  und  ausgebeultea,  verlöcberten  und  zerschäbten  kessel. 
Tiece  ges.  nov.  3, 165. 

EINBEUTELN,  in  crumenam  deniillere,  in  den  beutel  slecken. 

EINBEZEUGEN,  was  bezeugen,  in  der  gerichtssprache. 

EINBEZIRKEN,  was  bezirken. 

EINBICKEN,  s.  einpicken. 

EINBIEGEN,  was  einbeugen,  und  richtiger. 

ELNBILDE.N,  dies  heute  so  gangbare,  unentbehrliche  wort 
begegnet  mhd.  und  ahd.  noch  gar  nicht,  obgleich  das  einfache 
pilidön,  mhd.  bilden  längst  bestand,  bilden,  sahen  w-ir  2, 13, 
bedeutet  effingere,  formare  und  die  substantiva  effigies,  figura, 
forma,  imago  treten  unmittelbar  daneben.  Diefenbacu  hat 
unter  imaginari  nur  bilden,  kein  einbilden,  Fbisius  und  Maaler 
gewähren  aber  einbilden  oder  nach  ihrer  Schreibweise  eynbilden. 
es  wäre  zu  vermuten,  dasz  nl.  inbeeiden,  schwed.  inbilla,  dän. 
indbilde  erst  von  uns  auf  diese  sprachen  übergegangen  sind, 
früherhin  wissen  sie  nichts  davon,  auch  in  der  englischen 
entspricht  nichts,  wie  ihr  selbst  das  einfache  bild  mangelt. 

1)  der  seltne  unpersönliche  gebrauch  taucht  zuerst  bei  Kei- 
sersberg  auf:  was  mir  an  einem  morgen  nicht  inbildet,  das 
find  ich  da  nach  nicht,  s.  d.  m.  9'  und  gewis  noch  vßer  in  stel- 
len, die  künftiger  aufmerksamkeit  nicht  entgehn  werden,  was 
mir  morgens  nicht  wie  ein  bild  vor  der  seele  stehet,  finde  ich 
hernach  den  ganzen  tag  über  nicht,  man  sagte  demnach: 
mir  bildet  in,  mir  bildet  ein,  in  mir  entsteht  ein  bild. 

2)  häufiger  ist  das  transitive  einbilden,  gleichsam  einprägen. 


imprimere,  vor  äugen  stellen,  ein  bild  von  der  sache  hei  einim 
andern  entspringen  und  sich  festsetzen  lassen,  schon  frühe  bei 
Eckbart:  aber  daj  hat  got  im  alleine  behalten,  swd  er  sich 
in  bildet,  daj  er  da  sine  nature  und  allej,  daj  er  ist  unde 
geleisten  mac,  ze  male  dar  inne  erbilde  ohe  den  willen.  6S, 
23.  die  mysliker  mögen  den  ausdruck  eingeführt  haben,  später 
wird  er  oft  von  Luther,  doch  nicht  in  der  bibel  gebraucht:  das 
sie  die  beichtveter  mit  eim  eid  verbinden  und  zwingen,  das  sie 
dieselben  (lügen)  mit  allen  treuen  aufs  fleiszigst  und  on  aufhören 
dem  volk  sollen  einbilden,  l,  56';  denn  uns  den  waren  glauben 
stets  verkündigen  gibt  uns  ein  ursach  gott  umb  seine  gnad 
zu  bitten  und  denselben  waren  glauben  einbilden  und  in 
uns  bestetten.  3,111;  denn  wenn  seine  gnade  in  uns  nicht 
eingebildet  wird,  so  bleiben  wir  stets  fleisch  und  blut.  da- 
selbst; das  musz  ich  mit  einem  groben  gleichnis  einbilden. 
3, 148 ;  so  fem  {die  gebot)  einem  iglichen  von  natur  sind  ein- 
gebildet und  in  sein  herz  geschrieben.  3,  168;  das  wil  er 
{gott)  uns  einbilden.  4,  214';  was  gott  zusaget  und  gelobt, 
kan  man  uns  nicht  gnug  einbilden.  4,  23i';-  wenn  man  nu 
solchs  künd  dem  armen  volk  einbilden.  4,397';  den  einfelli- 
gen  aufs  deutlichste  einzubilden,  was  da  heisze  nicht  tudten. 
4,400*;  lebendige,  trefliche  und  reiche  wort,  die  alles  und 
alles  fassen  und  einbilden.  5,44';  sonderlich  sollen  prediger 
den  leuten  und  Schulmeister  den  knaben  und  eitern  den 
kindern  solche  gedanken  von  jugend  auf  einbilden,  da  sie 
wol  lernen,  welche  stende  und  empter  gottes  Leiszen.  5, 182' ; 
die  prediger  können  alle  diese  stücke  wol  reichlicher  aus- 
streichen und  den  leuten  einbilden,  was  Schadens  und  nutzs 
sie  hie  schaffen  können.  5,185";  das  ist  ja  ein  feiner  lieb- 
licher Spruch,  den  man  den  kindern  wol  sol  einbilden.  5, 336" ; 
darumb  sollen  wir  solchs  wol  lernen,  auch  unsern  kindern 
und  gesind  fleiszig  einbilden.  5,  338";  diese  lere  zu  bestettigen 
und  einzubilden,  gibt  er  allhie  zwei  exempcl.  5,  393' ;  solchs 
wil  s.  Paulus  in  die  Christenheit  wol  einbilden.  5,476';  ich 
habe  aber  herzog  Georgen  mit  solchen  feindseligen  namen 
wollen  abmalen  und  den  fromen  leuten  einbilden.  6,7';  auf 
das  der  from  fürst  ja  allein  das  höchst  exempel  der  grawen 
beschornen  heiligkeit  der  weit  einbildete.  6,  to";  das  man  nu 
in  {Christum)  lerne  so  einbilden,  das  er  uns  zu  gut,  hülf  uml 
Irost  ein  herr  ist.  6, 7l'.  denn  sie  haben  die  aufcrslehung  viel 
fester  eingebildet,  denn  kein  bawer  seine  ernde  auf  dem  felde. 
6,81';  denn  er  wil  diesen  artikel  allein  nach  seiner  Substanz 
rein  und  lauter  einbilden,  das  der  einige  man  Christus  sol  sein 
ein  Ursprung  und  anfenger  des  lebens  oder  der  auferstehung. 
6,234';  darumb  haben  sie  solche  Sprüche  der  jugend  wollen 
einbilden  und  damit  vermanen,  dasz  ein  iglicher  sein  selbs 
oder  der  seinen  hüte.  6,  251";  darumb  sollen  wir  uns  solches 
wol  lernen  einbilden,  das  wir  des  glaubens  ja  gewis  werden.  6, 
263";  die  grammatica  den  kindern  wol  einbilden.  7,  20'.  aber 
auch  anderwärts:  sollen  diese  reformation  mit  fleisz  lesen,  ihnen 
wol  einbilden,  in  guter  gedächtnus  haben.  Frankf  reform.  l. 
5,1;  sondern  dis  sol  man  hie  auch  wissen  und  sonderlich 
dem  jungen  und  groben  volk  wol  einbilden  das  s.  Paulus 
gesprochen  hat.  Mela.\chthon  im  corp.  doctr.  ehr.  p.  745 ;  die 
mutter  gottes  Maria  ward  der  wält  vil  mee  ingebildet  dan  ir 
sun.  Bcllisger  1, 3;  wie  Aganice,  welche  die  Verursachung  der 
finsternus  wol  verstund,  inen  {den  thessalischen  weibem)  ein- 
bildete, dasz  sie  den  mon  weggenommen  habe.  Fischabt  ehz. 
77;  mein  son,  wer  hat  euch  solche  vermessenheit  eingebil- 
det? Amadis  124.  auch  im  1' jh.  noch: 
der  schwer!  da  für  die  tochter  sein 
und  glaubt  was  sie  ihm  bildet  ein.    Atrer  435'; 

so  wird  mir  eingebildt 
die  eitelkeit  der  weit.    Opitz  1, 130; 
ich  fand  in  ihr  dich  so  gebildet  ein.  .  .  .; 
denn  wiss,  ich  bilde  dich  mir  da  so  heftig  ein, 
das  du  dir  auch  selbselbst  nicht  knnst  so  ähnlich  sein.  3,236; 
wenn  entweder  ein  unverständiger  oder  deine  eigene  gedanken 
dich  rühmen  und  dir  grosze  dinge   einbilden,    pers.  rosenth. 
8,  39 ;    dem  will  ich  stracks  ratben,  die  wolbedachten  regeln 
seinem  gemüthe  wol  einzubilden.    Weise  kl.  l.  vorrede,      im 
18;/i.  erlischt  die  anwendung,  nur  schreibt  noch  Lessinc  6, 117: 
ich   will   ihnen   unterdessen   nicht   einbilden,   dasz   alle   bei- 
behaltene stücke  von  gleichem  werthe  sind ;  die  mythologie  der 
Griechen,  durch  die  gröszten  künstler  in  sichtliche  leicht  ein- 
zubildende {einzuprägende)  gestalten  verwandelt.  Göthe  26,  I44. 
3)  allmälich  überwiegt  aber  das  reflexive  sich  einbilden,  ef- 
fingere  animo,    im  späteren  latein   imaginari    aliquid,    franz. 
s'imaginer,  se  figurer  und  zwar  in  mehrfacher  bedeutung, 

10* 


151 


EINBILDEN  —  EINBILDHAUEN 


EINBILDISCH— EINBILDUNGSKRAFT       152 


o)  gedenken,  sich  vorstellen,  in  gedanken  vorstellen  (gleich- 
sam eine  gestall  vor  attgen);  im  selbs  einbilden  orfer  vorbilden, 
fingere  animo:   das  weib  begunt  im   oft  einbilden  die  grosze 
scbraach.    Tschcdi  1, 121 ; 
das  all  eur  beger  werd  erfüll, 
wie  ihrs  euch  selbst  hubi  eiugebilt.    Atrer  139'; 
dasz  die  Türsten  über  menschen  und   nach   rechten  herscher 

sein, 
doch  nicht  ewig,  möchten  fürsten  ihnen  täglich  bilden  ein. 

LoGAC  1,40,  49; 
schuh  halb  länger  als  der  fusz,  wozu  solln  sie  nüizo  sein? 
iungrern  solln,  ihr  wiszl  wol  was?  lacht  nicht!  ihnen  bilden  ein. 

2,231,131; 
was  bilden  wir  uns  ein?    Grtphids  1,48; 

bilde  dir  slrax  darbet  ein,  er  wird  dich  nicht  beständig  lie- 
ben, peis.  rvsenih.  8,12;  als  ein  reisender  vor  einer  clause 
vorbei  gieng  bildete  er  sich  ein,  einen  hund  bellen  zu  hören. 
pers.  baumg.  4,16;  hier  nahe  bei  ist  ein  klein  häuslein,  die 
thüren  sind  fest  zugeschlossen  und  ich  bilde  mir  ein,  der 
hausvater  sei  nicht  daheim.  4, 17 ;  das  konnte  ich  mir  ein- 
bilden, dasz  sie  mir  widersprechen  werden.    Gellert  3, . . . ; 

so  bilde  dir  erhaben  ein, 

lust  sei  nicht  lust  und  pein  nicht  pein.    1,  182; 

gestern,  brüder,  könnt  ihrs  glauben  i 

gestern  bei  dem  sali  der  truuben, 

bildet  euch  mein  schrecken  ein, 

kam  der  lod  zu  mir  herein.    I.kssingI,  64; 

fragt  man  mich  aber,  was  man  sich  für  eine  Vorstellung  von 
denselben  zu  machen  habe,  so  musz  ich  sagen,  dasz  ich  mir 
sie  vollkommen,  wie  die  angeführte  stelle  des  Horaz  von 
seinem  Ligurin,  einbilde.  4,23;  wie  vertrügt  sich  dieses  ent- 
scheidende all  mit  dem  obigen  or,  or?  kann  man  sich  einen 
handgreiflichem  Widerspruch  einbilden?  5,24;  denn  das  bilde 
man  sich  ja  nicht  ein,  dasz  diese  aus  complimcnlen  zusam- 
mengesetzte nation  auch  das  für  complimente  halte,  was  ge- 
wissermaszen  zur  Verkleinerung  ihrer  nachbarn  dienen  kann. 
6,192; 

man  bilde  sich  einmal  ein  junges  mädrhcn  ein, 
das  sich  von  fetter  milch  die  backen  rund  gegessen. 

Kost  scUäfercriählunijcn  57; 
das  habe  ich  mir  gleich  eingebildet.    Schiller  192';    dasz  er 
von  allen  bekanntschaflen  unsers  prinzen  sogleich  besitz  ge- 
nommen haben  werde,  kijnnen  sie  sich  leicht  einbilden.  736'; 

ich  bin  der  bogen,  bildet  ihr  euch  ein. 

den  man  nur  spannen  dürfte  nach  gefallen?    Scuiller. 

h)  da  gedanken  und  innere  Vorstellungen  sich  leicht  leuschen 
und  überheben,  empfangt  das  wort  den  nebensinn  von  wahn, 
trug  und  hochmut:  er  bildet  es  sich  ein,  wdhtU  es,  betrügt 
sich;  er  bildet  sich  etwas  ein,  bildet  sich  viel  ein,  ist  hoch- 
mülig i  was  bildet  sich  der  mann  alles  ein!; 

laszt  uns  ja  uns  selbst  nicht  lieben, 

bild  ihm  niemand  zu  viel  ein, 

will  er  »ich  nicht  selbst  betrüben.     Opitz  1,76; 

viel  kondien  wahren  rühm  der  Weisheit  wol  erlangen, 

sie  bilden  ihnen  es  nur  gar  zu  leichtlich  ein, 

dann  wo  kann  irgend  doch  ein  guter  meister  sein 

in  künsten,  die  er  erst  zu  lernen  angefangen?     1,  34S; 

verwecne,  mache  nicht,  dasz  man  dich  aus  musz  lachen, 

leg  deinen  hochmut  hin  und  bilde  dir  nicht  ein. 

Flehing  645; 

sie  bilden  sich  grosze  klugheit  ein,  was  sie  aber  reden,  hat 
oft  weder  bände  noch  füsze.  pers.  rosentk  7,  20 ;  dunst  ver- 
breiten, wobei  man  nichts  deutlich  beurtheilen,  aber  desto 
mehr  sich  einbilden  kann.    Kant  7, 172.    s.  eingeliildet. 

e)  in  guter  oder  übler  mcinung  heiszt  sich  auf  etwas  einbil- 
den oüc/i /'roA,  stolz  auf  etwas  sein:  und  ich  will  kein  ehrlicher 
mann  sein,  wenn  ich  mir  nicht  eine  rechte  freude  darauf  ein- 
gebildet habe.  Lessinc  1,393;  &\i  hat  wolerzogne  kinder  und 
kann  sich  etwas  darauf  einbilden;  sie  bildet  sich  viel  auf  ihre 
Schönheit  ein;  worauf  hast  du  denn  dir  etwas  einzubilden? 

EliMtlLDKK,  m.  qui  nimiam  de  se  habet  opinioneni,  fanlast, 
vgl.  bilder  firtor:  solche  einbilder  sind  wir  menschen  in  allen 
uDsern  werken,  wir  schreiben  uns  immer  mehr  zu,  als  wir 
niemalen  gekonnt  oder  gewesen.    Sitnpl.  K.  s.  92. 

EI.MilLllKKKI,  f  was  ciubildung:  fantasj  (</.  i,  fantasei)  oder 
inbtlderei.  Kkiser«!!.  bilger  s*;  vor  solchen  eitlen,  gragen  ein- 
bildereien und  üppigem  prachtleben.  Simpl.  K.  s.  30.  grng  ist 
steif,  starr;  er  bat  sich  aber  au»  einbilderci  und  zur  naclinfTiing 
de«  Scaliger  Jiilium  CaeHarem  geschrieben.    Lkibnitz  2,  497. 

EINE{ILhKhI.SCH,  imayinanus,  fantastisch:  dasz  er  aber 
allzu  hitzig  und  einbilderisch  gewesen.  LeiBNiTZ  2,  499.  üb- 
licher eintiildisch. 

ELNBILDHAL'EN,  ein  übUi  wort  ßr  einbauen,   einprägen, 


einbilden:  wenn  wir  ihre  letzten  tage  ins  herz  hinein  mahl- 
ten, einbildhauten.    Hippel  lebensl.  3,  2. 

EINBILDISCH,  qui  sibi  nimium  tribuit,  eingebildet:  ein 
einbiidischer  geck.  pers.  baumg.  4,14;  es  will  aber  diese  car- 
tesianische  vernünftelung  der  heutigen  delicaten  weit  nicht 
ein,  als  welche  die  zeugung  obbenennler  sternförmiger  eis- 
stüblein  haltet  vor  allzu  einbildisch.  Scheüchzeb  1,4;  er  ist 
so  stolz  und  einbildisch.  Simpl.  K.  s.  272 ;  den  einbildischen 
Hansen.  Pierot  1, 165 ;  ich  möchte  doch  wissen,  sagte  sie  zu 
einer  freundin,  was  diese  jungen  gecken  an  der  einbildischen 
Timandra  sehen,  dasz  sie  sonst  für  niemand  äugen  haben  als 
für  sie?  Wieland  1,99;  Agathon  weisz,  dasz  ich  weit  von 
der  thorheit  entfernt  bin,  auf  die  Vorzüge,  die  ich  der  natur 
und  dem  glücke  zu  danken  haben  kann,  einbildisch  zu  sein. 
3,337;  feigherzig,  einbildisch,  selbstisch,  rachgierig.  15,150; 
noch  weisz  ich  mittel,  die  den  stolz  eines  einbildischen  Starr- 
kopfs so  hübsch  niederbeugen  können.  Schiller  124';  das 
kann  sich  der  einbildische  herr  der  weit  noch  zueignen. 
Göthe  16,237;  er  werde  überall  sehr  distinguiert  und  das 
mache  ihn  einbildisch.  18,  261 ;  die  aber  auch  dafür  auf  sich 
und  die  ihrigen  etwas  einbildisch  ist.  25,336;  die  einbildischen 
waren  gewis  ihn  zu  verwirren.  26,265;  einige  einbildische 
mahler  ja  Schmierer.  35,  381 ;  weil  ich  auch  nicht  einmal  ein- 
bildisch genug  war  zu  glauben,  man  wolle  einige  notiz  von 
mir  nehmen.   48, 182. 

EINBILDLING,  m.  sui  admiralor.    Stieler  149. 

ELNBILDSAM,  imaginarius,  vergl.  bildsam: 

und  laszt  uns,  nullen  dieser  groszen  summe, 
auf  eure  einbildsamen  krnfie  wirken, 
and  let  us,  ciphers  to  this  great  accorapt, 
on  your  imaginary  forces  work. 

King  Henry  V.  zu  eingang. 

EINBILDUNG,  f  figuratio,  figmpnlum,  nnl.  inbeelding,  schw. 
inbillning,  ddn.  indbiidning.  bei  Diefenbach  unter  imaginaliu 
nur  bildunge,  bei  Maaler  123'  einbildung.  inbildung.  Keisersb. 
bilger  8'. 

1)  darstellung,  Vorstellung :  nichts  gründliches  von  ihnen 
mag  geschrieben  werden,  aus  mangel  der  zeichen  und  ein- 
bildung ihrer  form  und  gestalt.  Forer  fischbuch  13';  und 
sagen,  das  die  absterbung  und  busz  nicht  an  solchen  aus- 
wendigen cercmonien  sei  gelegen,  sondern  stände  in  beken- 
nung des  gemüts  zu  gott  und  ....  in  einbildung  des  gött- 
lichen zorns  über  die  Sünde.  Fiscoart  bienenk.  200';  wenn 
man  uns  eine  gewisse  einbildung  der  freiheit  liesze,  so  würde 
dieses  unsre  dienstbarkeit  angenehmer  machen.  J.  E.  Schle- 
gel 6,34;  nnd  würde  dieser  zug  für  sich  betrachtet  die  ein- 
bildung des  Zuhörers  beleidigen,  so  war  er  durch  das  vor- 
hergehende vorbereitet  oder  wird  durch  das  folgende  gemildert. 
Lessing  6,392;  vielleicht  mochte  dasjenige  kupfer,  welches 
mir  aus  denen,  die  ich  vor  mir  gehabt  hatte,  am  lebhaftesten 
in  der  einbildung  (in  gedanken)  geblieben  war,  nach  einem 
nicht  umgezeichneten  bilde  gemacht  sein.   8, 107. 

2)  leere  und  falsche  Vorstellung,  phantasie:  allein  er  ver- 
bessert dadurch  nicht  den  Plinius,  sondern  seine  eigene 
falsche  einbildung.  Lessing  6,  44(i;  wer  nach  angenehmen 
emplindungen  dürstet  und  der  mittel  beraubt  ist  sich  wirk- 
liche zu  verschafTen,  ist  genölhiget  sich  mit  einbildungen  zu 
speisen.  Wielano  1,96;  ja,  wenn  du  mit  deinen  einbildungen 
dazu  kömmst.  Lessing;  überlegen  sie,  dasz  wenn  sie  mich 
dadurch  nur  von  den  quälen  der  einliildung  befreien,  diese 
eingebildeten  quälen  doch  quälen,  und  für  die,  die  sie  em- 
pfinden, wirklich  quälen  sind;  auf  diese  weise  war  er  zeit- 
lebens ein  schein)  in  der  einbildung.  Götiie;  er  steckt  vol- 
ler triiume  und  einbildungen ;  seinem  natürlichen  muth  kam 
der  andüchtige  schwung  seiner  einbildung  zu  hülfe.  Schil- 
ler 936*. 

EINBILDUNGSKRAFT,  f.  die  einbildungskraft  ist  zer- 
streut. Lessing  1,201;  einbildungskraft  ist  das  vermögen, 
einen  gegenständ  auch  ohne  dessen  gegenwart  in  der  an- 
schauung  vorzustellen.  Kant  2, 141 ;  es  ist  die  bildungskraft 
unter  dem  namen  der  einbildungskraft  bekannt.  Ficiites 
nachgel.  uerke  1, 44S.  Fichte,  Schei.i.inc  und  andcie  mehr 
gebrauchen  das  wurl  in  ueilem  sinn  und  verstehen  darunter 
alle  erjeugung  von  Vorstellungen,  auch  den  unwillkürlichen 
und  durch  die  sinne  erregten,  man  sagt,  er  hat  eine  leb- 
hafte einbildungskraft,  iro  das  bloste  einbildung  oder  phan- 
tasie genügte,  die  phantasie  ist  eine  kraft,  ein  vermügen  der 
»tele  und  et  scheint  überflüssig  sie  jedesmal   ausdrücklich  so 


153      EI>BILDUNGSVTRMÖGEN  —  EINBINDEN 


EINBINDENADEL  —EINBLATTIG 


154 


SU  benennen,  ebenso  könnten  die  philosophen  der  schleppenden 
ausdrücke  denkkraft  und  denkTermögen  groszentheils  antraten. 

EINBILDUNGS VERMÖGEN,  n.:  so  lange  die  nrtheilskrafl 
noch  im  suchen  ist,  schwebt  das  freie  einbildungsvermögen 
zwischen  entgegcngeselztem.  Fichte  Sittenlehre  217.  hiervon 
gilt  das  eben  bei  einbildungskraft  gesagte. 

EINBINDEGELD,  n.  viunera  lustrica,  geld  da»  dem  täuf- 
ling  oder  pathen  eingebunden  tcird,  eingebinde. 

EINBINDEN,  illigare,  intolcere,  schw.  inbinda,  ddn.  indbinde, 
nnl.  inbinden : 

1)  garne  einbinden,  an  stdbe  und  reif  befestigen,  in  der 
Jägersprache ;  perlen,  ehrenzeichen  und  bildlich  lob: 

dann  bind  ich  dir  drei  schnüren  perlen  em.    Gellrrt  1, 192; 
ich  binde  dir  kein  lob  aus  blöder  Schwachheit  ein. 
Gi:.>TueB  390. 

2)  geld  zum  gescbenk  einbinden :  leute  die  viel  einbinden, 
werden  oft  zu  kindtaufen  gebeten.  Hippel  br.  13,  26.  Schmeller 
1, 181. 

3)  segel  einbinden,  rollen  und  an  die  rahe  festigen. 

4)  buchen  einbinden,  in  leder,  linnen,  pappe, 
b)  bäume  in  stroh  einbinden. 

6)  den  kelch  einbinden :  und  hatten  teuer  im  ennel,  wenn 
sie  den  kelch  wider  einbunden,  stoien  sie  die  patena  und 
legten  den  teller  an  die  stet.    Lcther  6,  88'. 

7)  das  weisze  tuch,  womit  sie  sich  den  köpf  eingebunden 
hatte.  ÄBMM  2, 209  ;  den  kranken  arm  einbinden,  in  binde  tragen. 

SJ  sehr  häufig  einem  einbinden,  einschärfen,  injungere,  etiam 
alque  etiam  mandare:  der  mann  band  uns  das  Jiart  ein.  t  Mos. 
43,3,  tulg.  denunciavit  nobis  sub  attestatione  jurisjurandi; 
soll  dem  zeugen  eingebunden  und  auferlegt  werden.  Frankf. 
re/^orni.  L  34,  U.  VIII  15,1;  als  ein  mensch,  der  etwas  beschei- 
det, daneben  mit  einbindet,  was  man  im  nachthun  sol.  Lctber 
1,331';  sie  bunden  mir  auch  ein,  unter  wegen  nicht  zu  pre- 
digen noch  zu  schreiben.  1,  456*.  briefe  l,  605 ;  wo  der  pfarr- 
herr  nicht  rechtschaffen,  so  hilft  das  einbinden  nichts,  das 
er  sol  handeln,  wie  ers  gegen  gott  wisse  zu  verantworten. 
4,317';  weil  er  eben  die  wort  spricht,  so  oft  als  irs  thut, 
ist  dennoch  mit  eingebunden,  das  mans  oft  thun  sol.  4,428'; 
sihe  solchs  wil  inen  .Moses  eintreiben  und  einbinden.  4,459'; 
diese  grosze  wichtige  Sachen  sind  den  bischoffen  mit  hohem 
fleisz  befohlen  und  mit  eingebunden.  Melanchthon  im  corp. 
doctr.  ehr.  p.  270 ;  dan  si  wurden  änderst  mit  mir  gehandlet 
han  und  fürnämlich  ingebunden,  ich  solle  mich  der  univer- 
sitet  underwirflich  machen.  Plater  101 ;  und  band  ihm  ein 
in  sein  gelübd  und  pflicht  in  welche  herberg  er  ziehen  soll. 
Göz  vos  Bebl.  lebensb.  100;  zu  einem  schultheiszen  machen 
und  ihm  den  stab  überliefern,  in  eidspflicbt  ermanen  und 
einbinden.  Fronsperger  kriegsb.  1,1';  item  es  sol  ein  jeder 
hauptmann  eim  jeden  rottmeisler  bei  seinem  eid  auflegen  und 
einbinden.  1,  2l';  welchergestalt  die  wach  meniglichen  einge- 
bunden ist  in  den  bestallungen  und  artikelbriefen.  3,113"; 
solchen  versamleten  knechten  wird  darneben  mit  ernst  heftig 
eingebunden,  undersagt  und  befohlen.  Kirchhof  disc.mil.  60; 
auch  wie  man  den  artikelsbrief  und  eidespflicht  verlesen  nnd 
ernstlich  einbinden  sol.    REoriER  kriegsordn.  10 ; 

zwingt  uns  nicht  dis  zu  ihun,  was  uns  die  lieb  einbindet. 
Grtpuids  1, 119; 
du  bandest  ihm  ja  ein, 
Adam,  so  bald  du  iszt,  mu>tu  des  lodes  sein. 

Hamasm  zu  Ofm poeterei  2h2; 

die  herrn  medici  thun  die  müszigkeil  des  lebens  einbinden. 
Abele  4,2;  es  musz  ihnen  {den  dienstbolen)  der  gehorsam 
►•ingebunden  werden.  Hohberc  1,191";  er  will  sagen  lassen, 
dasz  niemand  zu  hause  sei,  zum  unglück  aber  hat  sich  Ciarice 
schon  von  dieser  ungestümen  gesellschaft  am  fenster  sehen 
lassen,  er  bindet  ihr  also  nur  ein  den  besuch  abzukürzen. 
Lessing  4,359;  nachdem  ihr  Pantalon  das  schweigen  einge- 
bunden. 4,431;  einem  eine  lehre  einbinden.  Hippel  8,147; 
er  erklärte  Wilhelmen,  wie  das  früulein  ihm  eingebunden,  für 
die  verlassenen  sorge  zu  tragen.    Göthk  19,  56 ; 

dös  ober  bindis  in  boiibn  ei, 
er  soll  doch  fei  niunoirü  sei 
und  nlli  leut  schoi  groiszn 

WKriKHT«  geil,  in  Nümb.  mundart  246. 

auf  welche  sinnliche  handlang  geht  nun  dies,  wie  vir  sehen, 
namentlich  bei  der  etdesablage  im  gericht  (Haltaus  290  hat 
noch  mehr  belege)  und  im  beer  vorkommende  einbinden?  auch 
1  Mos.  43,  3  entspricht  eine  atleslatio  jurisjurandi.  nicht  xu 
übersehen  ist  das  'mit'  oder  'daneben'  einbinden,  als  wäre  es 


dem  eigentlichen  hergang  noch  hinzugetreten,  mhd.  noch  kein 
solches  inbinden,  auch  fehlt  einbinden  in  diesem  sinn  bei 
Schmeller,  Stalder,  Höfer.  sehr  ähnlich  scheint  auflegen, 
und  beide  könnten  dem  lal.  imponere,  injungere  nachgebildet 
sein,  beim  schwur  wurden  finger  und  arme  aufgelegt,  doch 
von  den  schwörenden  selbst,  hier  aber  wird  denen,  die  ver- 
pflichtet sein  sollen,  aufgelegt  und  eingebunden,  fast  dasselbe 
musz  aber  das  "binden  in  den  eid',  "in  die  pflicht'  sein,  wofür 
belege  2, 33  gegeben  wurden,  wol  auch  das  'auf  die  seele'. 
l  Sam.  25,29  steht:  und  wenn  sich  ein  mensch  erheben  wird 
dich  zu  verfolgen  und  nach  deiner  seelen  stehet,  so  wird  die 
seele  meins  herrn  eingebunden  sein  im  bündlin  der  leben- 
digen, vulg.  erit  anima  domini  mei  custodita  quasi  in  fasci- 
culo  viventium. 

EINBINDENADEL,  f.  bei  den  sehuhmacliem,  zum  aufnähen 
der  absätze. 

EINBINDUNG,  f.  illigatio,  in  mehrfacher  bedeutung,  z.  b.  ein- 
bindung  des  eides ;  einbindung  des  bannes,  verhängen  des  banns  : 
dasz  durch  einbindung  des  geistlichen  bannes  dergleichen  schäd- 
liches erdengeschmeisz  untergegangen  sei.    Abele  3,  268. 

EINBISAMEN,  moscho  illinere:  in  dem  eingebisaraten  ge- 
mache. LoHENST.  Arm.  1, 153 ;  aufgeputzte  locken  und  einge- 
bisamte  weiber.    1,  524. 

EINBISCHEN,  sopire  infantem  bisch  susurrando,  vgl.  einsusen. 
EINBITSCHELN,  ELNBITSCHEN,  s.  bitschen  2,  51  und  ein- 
büscheln. 

EINBITTEN,  rogare  ut  intret:  da  sie  auf  Joabs  anschiftung 
Absolon,  den  bösen  buben,  wider  einbat.   Mathesics  132'; 

aus  dessen  pforte  kam  Alcina  raus  geritten, 

umbringt  vom  schönen  hof  und  hochgeehrtem  Staat. 

empfieng  Ruggieren  sie  und  freundlich  ihn  einbau  ' 
Wkroers  Ar.  7,  9 ; 

ich  trat  in  meine  garienthür, 

drei  freunde  kamen,  auch  wol  vier, 

ich  bat  sie  höflich  zu  mir  ein 

und  sagte,  sie  sollten  willkommen  sein,    Göthk  47,  76. 

vgl.  ausbitten  und  hereinbitten. 

EI.NBITTEB.N,  amari  aliquid  admiscere,  schwächer  als  ver- 
bittern.   Stieler  130. 

EINBLASEN,  nnl.  inblazen,  schw.  inbläsa,  dän.  indbläse: 

1)  inspirare:  und  gott  der  herr  machet  den  menschen  aus 
dem  erdenklosz  und  er  blies  im  ein  den  lebendigen  ödem  in 
seine  nasen.  l  Mos.  2,  7 ;  die  allerkiügsten  unter  inen  {den 
heiden)  sprechen,  es  sei  ein  gültlich  eingeben,  und  schlieszen, 
das  noch  nie  kein  groszer  man  sei  worden  aus  eigenen  kref- 
ten,  sondern  aus  einem  sonderlichen,  heimlichen  einblasen 
oder  eingeben  der  gülter.  LtrrHER  6, 157" ;  das  ist  nicht  ge- 
meiner Vernunft  noch  schlechter  menschlicher  nalur  werk, 
sondern  musz  sein  eins  Hercules  oder  Davids  tugent  von  gott 
eingeblasen.  6,  I6u' ;  solchen  kürpern  bliesen  die  heiligen  engel 
ganze  ballen  schüner  bücher  ein.  J.  F.  teufelsp.  l,  xii.  wir 
sagen  aber  nicht,  wie  einen  inspirieren,  einen  einblasen,  son- 
dern einem  einblasen.  sc/ion'kEisERSBERG  hdslein  ff 2'  das  sie 
die  alten  zessenmacherin  verfüren  und  in  einblasen. 

2j  insusurrare  in  aurem,  suggerere:  wenn  auch  nur  zwei 
weiblein,  welche  wasser  trügen,  eine  der  andern  einbliese 
'das  ist  Demosthenes!'  Opitz  poeterei  s.  73.  Bodmebs  ausg. 
s.  68  {alle  ausgaben  lesen  einer  der  andern,  wo  einer  kaum 
eine  bedeuten  kann) ;  ihrem  mädchen  hatte  sie  eingeblasen. 
Pierol  1,385;  dies  kommt  nicht  von  dem  jungen  her,  dies 
hat  man  ihm  eingeblasen.  Klinger  1,  460 ;  wer  blies  dir  das 
Wort  ein?    Schiller  HO*. 

3)  flando  subvcrtere:  kartenhäuser  einblasen. 

EINBLÄSER,  m.  suffiator,  franz.  soufBeur:  ein  Wickelkind 
ibt  gleichsam  der  einbläser  und  balgtreter  der  kinderwärterio. 
J.  P.  Hesp.  2,  95 ;  vorhelfer  und  einbläser.    Fibel  135. 

ELNBLÄSEREI,  /.  suffiatio.  Mephistopheles  ruß  aus  dem 
souffleurluche : 

von  hier  aus  bolT  ich  allgemeine  gunst, 

eiiiblasercien  sind  des  leufels  redekunst.    Göthi  41,83. 

EINBLASUNG,  f  suggestio:  durch  einblasung  böser  leute 
das  schlimmste  glauben.    Scriver  t,  542. 

EINBLATT,  n.  ophioglossum.  leilschr.  für  d.  mundarten 
4, 166.     bei  Nehmch  parnassia  und  convallaria  bifolia. 

EINBLÄTTERIG,  uuius  pagtnae,  folii:  warum  darf  auch  uns 
eine  einzige  gute  beobachtung  und  regel  verloren  geben,  blosz 
weil  sie  einem  dickschweren  werke  eingekerkert  niedersinket, 
oder  in  einem  einblätterigen  verflattert?  J.  Pauu 

EINBLATTIG,  fioiOfviXos:  pflanze  mit  einblattigem  kelche. 


155 


EINBLÄÜEN  —  EINBRECHEN 


EINBRECHEN — EINBREMSEN 


156 


EINBLAL'EiS,  EINBLÄÜEN,  caerulea  eolore  inlingere,  inficere. 
vie  cinknuen  und  einküuen. 

ELNBl.El'EN,  verberibus  inculcarc:  das  {C'orlslad)  seinen 
rülzen  einlilewe.  Luther  3,  81 ;  als  in  den  büchern  Mosis  schier 
nichts  SU  viel  gedacht  und  eingehlewet  wird,  lischredcn  lö'; 
eitel  tandiner  den  kindern  einbleuen.  Frask  spr.  41 ;  einbicwen, 
crassa  docere  Minerva,  ich  1er  Deiszlich,  ich  kew  es  eim  für, 
blew  ein,  sag  für.  Aliierus  ;  die  unbegreiflichsten  Satzungen 
nachbeten  zu  lehren  und  sie  Schülern  einzubläuen.  Hamann 
4, 129 ;  üb  sie  ihm  die  nothwendigkeit  des  gehcimnisses  ein- 
geschärft und  eingebläul?    7, 150. 

ELMtLlCK,  m.  inluitus:  da  uns  mehrere  cinblicke  in  diesen 
zustand  eröfnet  wurden.  Güthk3I,40;  die  kennlnis  der  orga- 
nischen nalurcn,  der  einblick,  wie  die  allgemeinen  gesetze 
bei  versciiieden  beschränkten  naturen  wirksam  sind,  die  ein- 
sieht zuletzt  u.  s.  w.  55,  257. 

EINBLICKEN,  inlucri,  einen  blick  wohin  Ihun. 

EINBLINDEN,  seulen  in  einer  blinde  oder  blende  aufstellen. 
s.  blinde. 

EINBLITZEN,  fulgurare  in  aliquem,  auf  einen  losblitzen: 
wie  der  hauptmann  mit  dem  wachsenden  stürme  auf  ihn  frucht- 
los einblitzte.  J.  P.  Tit.  3, 182. 

EINBLOCKEN,  Irunco  immitlere,  zur  strafe  in  den  block 
stecken. 

EIN  BLÖKEN,  balando  suggerere,  überlaut  einfiel  fcn. 

EINBLLMIG,  unum  florem  emitlcns. 

EINBLUMPFEN,  illabi,  einplumpen:  zum  ersten  fleuch  von 
im  mit  deinen  gedenken,  wenn  dir  solche  ding  von  im  ins 
herz  inblumpfen,  die  dir  seind  ursach  böser  ding,  lug  das 
du  si  nit  seiest  after  wegen  ziehen,  als  ein  katz  ein  seicb- 
tuch  hin  und  her.    Keisersberg  sieben  scheiden  b. 

EINBLÜMUNG,  f.  piclura  florum:  gallericn  und  umbgeng, 
welche  auf  beiden  seilen  mit  schönen  historien,  emblematis, 
einblümungen,  devisen,  medeien,  zeichen  und  geschichten  auf 
gut  Michclangelisch,  Holbeinisch,  Stimmerisch,  Albrechtdurc- 
risch,  Luxmalerisch,  Bockspergerisch,  Joszammisch  bemalet 
waren,  wie  der  königin  haus  zu  London.    Garg.  27!»'. 

EINBLL'TEN,  sanguinem  introrsum  fundere:  nun  sprichstu, 
soll  ich  also  schweigen  und  mein  leiden  und  getrcng  nie- 
mands  klagen,  das  mag  ich  nit  erzeugen,  ich  sag  aber  dir, 
das  nit  bessers  ist  denn  also  inblueten  und  in  im  selber 
lernen  absterben.  Keisersberg  parad.  der  seelen  24 ;  so  dir 
ein  Schwester  ein  hert  oder  schmachwort  zuredf,  du  wüstest 
dich  wol  zu  verantworten  oder  ir  desgleichen  widcrdrusz  thun, 
du  schweigest,  bluetest  in,  es  musz  in  dir  sterben,  du  bist 
ir  dester  freundlicher.  47.  ein  trefliches  wart,  slill  in  sich 
bluten  und  schweigen,  der  gegensalz  ausbluten,  das  aber  auch 
bedeuten  kann  fertig,  zu  ende  bluten,  verbluten. 

EINBOHREN,  tcrebrare,  schw.  inborra,  dän.  indbore:  der 
käfer  bohrt  in  das  holz  ein,  der  bötticher  in  das  fasz,  der 
sper  in  die  schlafe,  die  worte  in  das  herz; 

leben  um  leben  tauschend  siege  jeder 

den  dolrh  einbolirend  in  des  uiidern  brüst.    ScniiLKR  . . . 

EINBOHRIG,  setnel  terebratus:  einbohriges  loch. 

EINBOIEN,  infanlem  cunis  agitatis  sopire,  eitiwicgcn.  Räd- 
i.Ein  sprachsch.  1,  218'. 

EINBRACHT.SWEISE,  per  modum  delationis:  so  aber  unser 
gut  meinung  in  den  dingen  von  euch  anders  ausgelegt  und 
inbrachtsweise  spottlich  dargeben  wirdet,  müssen  wir  das  mit 
dem  zeitlauf  gewerden  lassen,    urk.  von  1400  bei  Haltaus  lülO. 

EINBRATEN,  l)  intransitiv,  im  braten  einschrumpfen:  die 
krammetsvögel  sind  ganz  cingebraten. 

2)  transitiv,  in  futurum  usum  ossäre,  inassare. 

ELNBRAUE.N,  in  futurum  usum  coquere:  auf  den  somnier 
einbrauen  ;  diese«  cingebrüule  gleichnis.    Tieck  gcs.  nov.  5,  .19. 

ELNBRECHEN,  irrumpere,  irruere,  infnngere,  nnl.  inbrekcn : 

1)  intransitiv,  von  naturerscheinungen :  die  nacht  bricht  ein, 
nox  imminet,  wälircnd  et  vom  lag  heisil  der  tag  bricht  an 
(1,  290),  vgl.  d.  viylh.  708.  712,  ebenso  sullle  der  spTuchijvbrauch 
den  anbrechenden  morgen  vom  einbrechenden  abend,  anbre- 
chende morgeudammerung  von  einbrechender  abenddammerung 
unlertcheiden,   et  wttd  jedoch  nicht  genau  beobachtet: 

K«ize  dich  hier,  denn  du  tchcinnt,  kraftlo»  vnn  der  hiize  des 

wegei 
nicht  viel  weiter  fu  können,  bevor  cinbrcclie  der  abend. 

Vo»«  2.  308 ; 
wir  »eben  mitt^rnachi  «len  iiiiiiap  (ilipr/u-hn. 
ei  pflegt  der  Untergang  «lein  morgen  einzulirerhen. 

Upiti  1,  12, 


d.  h.  sonnoiuntergang  bald  auf  den  morgen  zu  folgen;  der 
abend  war  eingebrochen.  Klincer  7, 170 ;  die  dämmerung  war 
schon  eingebrochen.  Tieck  4, 152.  Stembald  2, 156.     dagegen 

die  nacht  bricht  an. 

'ja  und  wir  wollen  fort'.    Göthb  12,  107 ; 

mit  der  frühe  des  einbrechenden  morgens,  vian  sagt  hef- 
tige kälte  war  eingebrochen,  doch  die  wärme  bricht  wieder 
an,  zu  bezcichnnug  des  heftigen  oder  allmdlichen  beginnens; 
der  wintcr  bricht  mit  macht  ein; 

bricht  slurm  und  donncrwcttcr  ein.    Gökingk  1,  199; 
das  jähr  bricht  an;  die  künftig  einbrechenden  stunden.  Gry- 
ruius  1,  59. 

2)  krankheit  und  seuche  bricht  ein ;  die  pest  ist  schon  an 
zehn  orten  eingebrochen ; 

die  gichi  bricht  grob  genug  bei  wem  sie  ankümrat  ein. 
LoGAU  2,  124,  25. 

3)  der  dieb,  der  räuber  bricht  ein :  wenn  ein  dieb  ergriffen 
wird,  das  er  einbricht,  und  wird  drob  geschlagen,  das  er 
stirbt,  so  sol  man  kein  blutgericht  über  jenen  lassen  gehen. 
2  3fos.  22,  2;  das  äuge  des  ehebrechers  hat  acht  auf  das  tun- 
ktl,  im  (instcrn  bricht  er  zun  heusern  ein,  des  Inges  verber- 
gen sie  sich  mit  einander.    Hiob  24,  10. 

4)  der  feind,  der  falsche  lehrerbricht  ein:  mann  bei  mann 
bart  zusammen  hallen,  dasz  der  feind  nicht  so  leicht  ein- 
brechen könne.  Kirchhof  mil.  disc.  156;  der  feind  war  mit 
Übermacht  in  das  land  eingebrochen;  unsere  reuter  brachen 
mutig  in  den  feind  ein;  aber  es  gehet  also,  wie  ich  vorge- 
sagt habe,  wo  die  falschen  lerer  räum  kriegen  und  einbre- 
chen, das  man  der  rechten  lere  erstlich  sat  wird.  Luther  6,  211'. 

5)  thierc  brechen  ein :  ein  wolf  brach  in  den  schafstall 
ein;  wilde  Schweine  brechen  in  das  kornfeld  ein;  ein  gleich- 
nis vom  hungrigen  löwen,  der  auch  in  wuibehülete  gebege 
einbricht.    Göthe  .... 

0)  ereignissc,  dinge  brechen,  treten  ein :  die  gerichte  goltes 
brechen  ein ;  ich  glaub  nimmer  anders,  weder  das  in  beich- 
ten und  predigen  hat  man  euch  entschlafet  (einschlafen  lassen, 
eingeschläfert)  und  nit  darein  geredt,  darumb  seind  die  ding 
ingebrochen,  die  sonst  nimmer  ingebrochen  weren,  das  kumpt 
daher  und  sunst  niencn  von.  Keisersb.  s.  d.  m.  32*.  doch 
könnte  auch  gemeint  sein  zerbrochen,  zu  grund  gegangen. 

7)  einbrechen,  rumpi :  das  eis  bricht  ein;  wer  sich  auf 
dünnes  eis  wagt,  bricht  ein; 

wenn  sie  (die  brücke)  nicht  einbricht  unter  eurer  schuM. 
Schiller  552* ; 

die  nugcn  brechen  ein.  Fleming  12, 
wir  sagen  heute  nur  brechen ;  ich  bin  bald  bei  gott,  sagte  der 
greis  mit-  einem  glänz  der  liebe  auf  dem  vom  leben  erkäl- 
teten und  unter  den  jähren  einbrechenden  gesiebt.  J.  P.  Ttt. 
2, 2U5;  Kleist  singet  seinen  frühling  mit  oft  einbrechenden 
gedanken.    Herdek  16,177,  oder  was  meint  hier  einbrechen?; 

wio  unter  dir  der  trügerische  firn 
ciiibri*;lit  und  du  hiniit)siiikst,  ein  lebendig 
bcgi-iibiicr  in  die  schauerlioho  grufl.    Scuillkr  5.32*. 

8)  intus  erumpere,  hervorbrechen:  im  granit  einbrechende 
oder  vielmehr  enthaltene  und  sich  durch  venvitterung  daraus 
ablösende  theilc.    Göthe  32, 141. 

9)  transitiv,  inlerrumpcre,  franz.  interrompre,  in  die  rede 
einfallen,  unterbrechen :  Zeno  brach  RhcmetaIccn  ein,  dieses 
wäre  ein  allzu  scharfes  urlhel.  Lohenst.  i4rm.  1,  S6;  die  für- 
stin  Ismene  ward  von  einem  geheimen  triebe  gleichsam  ge- 
zwungen Thusnelden  einzubrechen.  1,  323.  undeutlich,  ob  Rhe- 
metalcen  und  Thusnelden  acc.  oder  dat.  sein  soll. 

lü)  infringere,  effringcre,  erbrechen,  niederreiszen :  die  tbür, 
das  fenster  einbrechen,  auftircchen ;  ich  wil  Samaria  zum 
Steinhaufen  im  fehle  machen,  die  man  umb  die  Weinberge 
legt  und  wil  ire  steine  ins  thal  schleifen  und  zu  grund  ein- 
brechen.   Micha  1,  0; 

der  .'ilift  veticr  ist  ohne  xweircl 

HO  ciiipr  mit  dem  man  di«  itiüren  einbricht?   KArnkr  3,248. 

II)  einbic(jen:  der  könig  zog  mil  den  rüstigsten  grafen  und 
den  wegkundigsten  gebiigsjägem  in  den  groszen  Schwan- 
wüld.  er  selbst  gieng  voran,  weil  er  an  den  bedeutendsten 
punrten  zweige  eingebrochen  hatte.    ARüim  kroncnw.  1,  S2S. 

EINhIlEISKN,  nodts  constringere.  belege  wurden  schon  i,3M 
beii]ebriicht.     Maai.br  führt  es  las'  auf. 

EINItlll  ITKN,  ejpandrre,  iler  weit/gerber  breitet  die  ent- 
banrlen   lelle  ein,  /n/t  \te  in  den  dscher. 

KINBREMSKN.  was  bremsen  4. 


157 


EINBREjN'NEN  —  EINBRINGEN 


EINBRINGEN — EINBROCKEN 


158 


ELNBREiS'iNEN,  nnL  inbranden,  schw.  inbränna,  dän.  ind- 
brände:  1)  transitiv  inurere:  dem  misselhäter  mit  glühendem 
eisen  ein  mal  oder  zeichen  einbrennen; 

dasz  unser  blut  ihm  wird  ein  brandmal  brennen  ein. 
LoHissT.  iftroA.  34,  203; 

rothe  dQcher  stellen  gleichsam  eine  befestigte,  eingebrannte 
frohe  morgenröthe  dar.    J.P.  jubeisen.  61. 

2)  meh!  einbrennen,  farinam  butyro  lostam  cito  admiscere; 
das  futter  einbrennen,  einbrühen;  den  Schweinen  (ihr  futter) 
einbrennen. 

3)  bleche  einbrennen,  verzinnen. 

4)  fässer  einbrennen,  schwefeln. 

5)  sich  einbrennen:  wie  glühend  brannt  er  sich  dadurch 
in  seines  freundes  seele  ein.  J.  P.  Tit.  2, 164.  der  kaffe  brennt 
sich  ein  heiszt  aber,  er  wird  durcli  brennen  kleiner  und  leichter, 
vgl.  einkochen. 

6)  einbrennen,  zusammen  brennen,  incendio  consumi:  war, 
wie  im  durchziehen  zu  sehen,  das  Städtlein  ganz  eingebrannt. 
ScBWEiMCHEs  1, 101 ;  solches  haus  durch  die  feuersbrunst  ein- 
gebrannt war.  2, 277 ;  es  wurden  sechs  galeren  eingebrannt 
{niedergebrannt).  Opitz  Argenis  2,  3S9.  die  frühere  spräche 
würde  fordern  wären  in  gebrunnen. 

EINBRINGEN,  inferre,  imporlare,  nnl.  inbrengen: 

1)  fruchte  zur  scheune  einbringen:  wenn  ir  das  einkomen 
vom  lande  eingebracht  habt.  3  Mos.  33,  39 ;  so  erbeite  im  nu 
seinen  acker,  du  und  deine  kinder  und  knechte,  und  bringe 
es  ein.  2Sam.  9, 10;  und  die  in  [den  most)  einbringen,  sollen 
in  trinken  in  den  vorhöfen  meines  heiligthums.  Es.  62, 9 ; 
ir  seet  viel  und  bringet  wenig  ein.    Baggai  1,6; 

dein  sommer  ist  dabin,  dein  herbst  ist  eingebracht. 
Wkckukblin  715. 

dann  in  «eiterer  antcendung  ertrag,  nutzen:  das  gut  bringt 
viel  oder  wenig  ein,  ertrugt  viel  oder  wenig;  die  stelle  bringt 
mir  nichts  ein;  das  unternehmen  brachte  nicht  einmal  die 
kosten  ein. 

2)  gefangene  einbringen:  die  Soldaten  brachten  drei  Spitz- 
buben gefangen  ein; 

ein  junger  tempelherr  den  wenig  tage 
zuvor  man  hier  gefangen  eingebracht 
und  Saladin  begnadigt  hatte.    Lessing  2,  195. 

3)  heiratsgut  ins  haus  bringen:  die  frau  hat  ihm  ein  groszes 
vermögen  eingebracht; 

ein  weib,  das  stolz  aufs  eingebrachte 

den  manu  sich  gern  zum  sclaven  machte.    Lkssing  1,  S6; 

ich  will  mein  eingebrachtes  !  Arnim  Halle  und  Jerusalem  s.  113. 
115.  man  sagt  'die  frau  kann  auf  ihr  eingebrachtes  gehen', 
d.  i.  es  verlangen,  sie  geht  auf  ihr  eingebrachtes. 

4)  ein  verrenktes  glied  wieder  einrichten,  einbringen.  Braln- 
scHWEiG  chirurgia  102. 

5)  wie  schon  Luther  2  Sam.  9, 10  sagt  'es  einbringen',  ohne 
bezug  auf  ein  vorausgehendes  nomen,  heiszt  es  auch  andere- 
vtal  unbestimmt,  im  sinne  von  nachholen  und  ersetzen,  gut 
machen : 

die  finken,  die  im  lenz  nicht  singen, 

die  bringens  auf  den  herbst  dann  ein.    Logau  1,  162,95; 

ich  habe  die  gute  gelegenheit  versüumt,  ich  will  es  schon 
wieder  einbringen,  nachholen,  oder  'alles  einbringen': 

fremde  kleider  schimpfen  uns;  weil  sie  aber  so  gemein,, 
niusz  alleiiie  sein  ein  narr,  wer  es  nicht  wil  miete  [so)  sein, 
frommer  sinn  in  fremder  irachi  bringet  alles  wieder  ein. 

LoGAt)  2,  154,  79; 
ob  aus  langmut  er  sich  seumet,  bringt  mit  scharf  er  alles  ein. 

3,  27,  24 ; 
man  klagt,  dasz  unser  leben  pflegt  gar  zu  kurz  zu  .sein, 
die  ewigkeit,  schweig  stille!  bringt  alles  wieder  ein. 

3,99,7; 
es  ist  ein  art  der  räche,  zur  zeit  geJublig  sein, 
goil,  der  Verleumdung  hasset,  bringt  alles  stailich'  ein. 

3,  238,  103. 

i'der  'etwas  einbringen':  das  wird  schon  etwas  einbringen; 
jeder  muste  vielleicht  wie  noch  jetzt  in  den  klöstern  etwas 
einbringen.  Moser  2,  93.  oß  aber  ttekt  auch  der  gegenständ 
au.i<iedrückl :  die  wirt  werden  sorghiltig  sein,  wie  sie  ihr  gelt 
und  schuld  von  den  Studenten  einbringen  (einlreibtn).  Fischart 
yroszm.  64  ; 

und  sich  ver-iurhen  auf  all  weg, 

dusz  er  die  »chand  einbringeu  mot(.    Garg.  2S4'; 


wir  versichern  sie,  dasz  unser  chach  .\bas  reichlich  einbringen 
soll,  was  dem  Leo  nicht  anstehen  können.    Grvphics  1,4; 

dann  sucht  man  einzubringen 
was  vor  aus  noih  versäumt.    1,  444 ; 

wenn  da  in  mir  lehren  wirst,  werd  ich  aller  noth  enigeben, 
auch  einbringen  was  bisher  meine  trägheil  hat  versäumet. 

2,416; 
diese  waar  ist  nicht  die  beste,  die  im  gadeo  vomen  leii, 
dieses  pferd  ist  nicht  das  beste,  das  man  frei  zu  markte  reit, 
eure  brüste  feil  zu  bieten,  bringt  euch  keinen  kaufmann  ein. 

^LoeAD2,237, 168; 
mein  enget,  lasz  dich  nicht  verlangen, 
die  freude  bringt  das  warten  ein.    Gellsrt  ... 

61  einbringen  ist  in  der  gerichtssprache,  die  sich  dann  auch 
weiter  erstreckte,  vorbringen,  proferre:  in  den  weisthümern 
heiszt  es  häufig  'eingebracht',  'wurde  eingebracht',  'mit  einge- 
bracht'; es  würde  dann  durch  den  cammerrichter  mehr  oder 
weniger  Schriften  einzubringen  gemäsziget.  cammerger.  ordn. 
von  1521.  29, 10 ;  bisher  haben  die  hüben  also  gehandelt,  das 
sie  uns  irrthum,  mit  schein  der  warheit  verdeckt,  haben  ein- 
bracht. LcTHER  1,  347 ;  wie  denn  fast  alle  Schriften,  die  von 
Christi  reich  reden,  von  dem  mit  einbringen,  das  er  gott 
und  mensch,  sterben  und  auferstehen  sol.  3, 1S6*;  und  bringet 
das  sonderlich  mit  ein,  das  gott  nicht  freundlich  sei.  4,22*; 
fast  auf  solche  form  werden  alle  klagen  des  profosen  mit 
sehr  heftigen  scharpfen  worten  eingebracht.  Kirchhof  mil.  disc. 
244;  so  nicht  allhier  gedacht  oder  einbracht  sei.  Reutter 
kriegsordn.  34 ;  die  klage  so  herzog  Friedrich  hätte  eingebracht. 

SCBW£I!(ICBE5    1,365; 

wir  sahen  Ilispahan  vor  unsern  äugen  liegen, 
die  königliche,  die,  wie  man  mir  bringet  ein, 
von  hundert  pforten  soll  genennet  worden  sein. 

Flsii.<«c  206; 
auch  so  bringt  man  ernste  Sachen 
füglich  an  und  ein,  durch  lachen.    Logac  2,  23,  S2; 

nach  so  langer  zeit  wurde  kundschaft  eingebracht,  dasz  die 
Spanier  abermals  mit  einer  reich  beladenen  silberflotte  zurück 
nach  Europa  segeln  wollten.  Felsenb.  u  69 ;  die  eingebrachten 
Sätze  eines  rechtsgelehrten.    Rabe.ner  2,  207 ; 

wir  werden  unsern  alten  witz  nicht  sparen, 

den  wir  in  langen  jähren  eingebrachu    Sc-hillkr  58S*. 

7)  einbringen,  hineirtbringen,  einschlagen,  einzwängen:  ich 
kann  den  nagel,  den  finger  nicht  einbringen ;  es  kostet  mühe 
ihm  die  arznei  einzubringen ;  das  gleub  ich  nicht,  ihr  aber 
bringt  mirs  lang  nicht  ein.    Ri.ngwald  erang.  Q  3*. 

8)  bergmännisch,  die  ertung  einbringen,  einen  getriebenen 
ort  bis  zu  einer  bestimmten  stelle  treiben;  die  teufe  einbringen, 
mil  einem  Stollen  tiefer  eindringen. 

ELNBRINGEN,  «.  illalio,  relatio,  zumal  ton  der  ersten,  drit- 
ten und  sechsten  bedeutung  des  verbums:  sie  hatte  beinahe 
gar  vergessen,  wie  grosz  ihr  einbringen  war.  Rabener  2,  263. 
4, 207 ;  diese  {kosten)  würden  ohne  ausnähme  jedesmal  von 
dem  einbringen  einer  jeglichön  Vorstellung  abgezogen.  J.  E. 
Schlegel  3,  255. 

EINBROCKE,  /.,  was  eingebrockt  ist:  du  kannst  nun  deine 
einbrocke  essen. 

EINBRÖCKELN,  infriare,  einkrfmeln:  das  {allerlei  Zärtlich- 
keiten) weisz  ich  ihm  alles  so  gut  einzubrückeln.  Höskr  pa/r. 
ph.  4.  56. 

EINBROCKEN,  intcrere,  nnl.  inbrokken:  es  war  aber  ein 
prophet  Habacuc  in  Judea,  der  halte  einen  brei  gekocht  und 
brot  eingebrocket  in  eine  tiefe  schüssel.  von  dem  Bei  zu  Babel 
32*  und  sprich  also,  wer  mich  solchen  mörderischen  geistern 
zugesellen  und  einbrocken  wil,  das  er  mir  solchs  one  war- 
heit und  nicht  als  ein  redlich  man  zusage.  Llther  2,463'; 
sie  mögens  ausessen,  brocken  sie  zu  viel  ein.  br.  4,  383,  das 
oß  wiederholte  Sprichwort  gründet  sich  schon  auf  das  tereu- 
zische:  tute  inlrivisti,  tibi  omne  exedenduin  est.  Pkorm.  U. 
2,4;  wer  das  einprucken  zahlt,  dem  schenkt  man  die  milclu 
Fischart  bienenk.  113'; 

wenn  einer  will  hofferlig  sein 

und  nicht  mehr  hat  zu  brocken  ein.    KiRCBHor  weiidiinm.  42' ; 

wann  wir  aber  darunib  in  der  Eutychianer  zunft  sollen  ein- 
gciiritcket  werden.  Casp.  Peucer  Widerlegung  des  calvinischen 
tfstaments.    Wiltenb.  1603  s.  83  ; 

wem  hat  Verleumdung  nicht  ein  raordstück  eingebrockei! 

Grtphivs  1,  27 ; 
warum  *  dasi  Carol  rrisxi,  was  er  uns  ein  liest  brockeo. 

t.2»3j 


159 


EINBRÖTÜNG— EINBÜRGERN 


EINBÜRGERUNG  —  EINDÄMMEN 


160 


vie  kuint  es,  dasz  die  lasi  der  noth  die  weh  so  drucket! 
'sie  isset  jetzund  aus,  was  sie  vor  eingebrocket.    Lociu  1,26; 

dasz  er  die  niahlzeit  zuvor  etliche  stück  brot  einsteckte,  dasz 
er  das  brot  zum  einbrocken  nicht  bezahlen  dürfte.  Weise 
erzfi,  115 ;  die  mährte  ausessen  müssen,  die  sie  eingebrocket 
haben.  C.  F.  Weisze  lustsp.  3,  277 ;  wie  das  eingebrockt,  isz 
auch  mit!  Fr.  Müller  3, 177;  der  wirds  euch  nun  einbrocken 
beim  kaiserlichen  gesandten.  Klinger  3,  6S;  könnt  er  nachher 
nicht  zum  fürsten  gehn  und  da  für  alle  unsere  freunde  die 
giftigsten  suppen  einbrocken?  J.P.Hesp.  2,118;  aber  dir  hab 
ich  eine  hübsche  schwarze  suppe  eingebrockt!  Siebenkees  1,  66; 
aber  eine  hübsche  suppe  wird  da  für  den  beiden  eingebrockt. 
uns.  löge  2, 175. 

ELNBRÖTL'iNG,  f.  der  Übergang  des  göttlichen  leibs  in  das 
brot:  zum  andern  sei  die  einbrüdunge  des  leibs  Christi  sein 
wider  die  ganze  heilige  schrift.    Luther  3,  4S3.  484. 

EINBRL'CH,  m.  nach  den  bedeutungen  des  einbrechens, 

1)  einbruch  der  nacht,  der  dunkelheit.    Gotter  3,  538. 

2)  einbruch  der  pcst.    3)  des  diebs. 

4)  einbruch  des  feinds  und  des  fremden:  Friesland  hat 
unter  allen  provinzen  am  wenigsten  von  dem  einbruche  frem- 
der Völker  gelitten.  Schiller  779 ;  so  oft  es  auch  an  den 
grenzen  dieses  Staatskörpers  gestürmt  hatte,  so  war  doch 
sein  inneres  von  jedem  fremden  einbruch  verschont  geblieben. 
936 ;  nur  musz  er  den  pfif  nicht  bis  zum  einbruch  in  meine 
grundsätze  treiben.    185. 

5)  einbruch  des  eises;  so  ist  zwischen  uch  und  uns  ge- 
festet ein  grosz  mechtig  geschult,  magnum  chaos,  ein  sumpf 
oder  inbruch.    Keisersb.  postill  3,  4l'. 

6)  einbruch  machen :  so  könig,  fürsten,  adel,  stedte  und 
gemein  selbs  anßengen,  der  sach  ein  einbruch  machten.  Luther 
l,24S';  doch  {das  sie)  daneben  etliche  messe  fallen  lassen 
und  seuberlich  mit  der  zeit  ein  einbruch  machen,  so  viel  sie 
künnen  und  sich  leiden  wil.  2,101';  einbruch  thun,  violare 
legem.    Haltaüs  291. 

EINBRL'DER.N,  in  »it^merum  fratrum  referre. 

EINBRÜHEN,  aqua  fctvente  pcrfundere:  eingebrühter  kohl ; 
eingebrühtes  futter;  man  brühet  den  Schweinen  ein;  wasche 
einbrühen;  vgl.  anbrühen. 

EINBRÜNST,  /■.  ardor,  heute  Inbrunst,  vgl.  einbrennen  6. 

EINBRÜNSTIG,  ardens,  fervens,  inbrünstig:  einbrünstige 
begird  der  eer,  avaritia  gloriae.  Maaler  123',  einen  einbrün- 
stigen hasz  elwar  zu  tragen,  ßagrare  odio  alicujus;  minder 
einbrünstiger  bülen,  lenius  aestuare.  Arsace  wird  krank  von 
einbrünstiger  lieb,  einbrünstige  unkeuschheit.  buch  der  liebe 
209,2;  einbrünstige  liebe.  234,3;  einbrünslig  in  gott  versenkt. 
kluge,  alte  reden  lOb* ;  schrien  und  riefen  einbrünstig  zu  gott 
umb  hülfe,    pcrs.  reiscbeschr.  2,  2. 

EINBRÜNSTIGLICH,  ardenler.    Maaler  123'. 

EINBUßEN,  gegensalz  von  aushüben,  vgl.  erhüben. 

EINBÜCHSTABIEREN,  wie  einlesen,  buchstabieren,  lesen 
lernen,  man  sagt  aber  auch  sich  einbuchslabieren,  sich  her- 
beimachen. 

EINBÜCHT,  f.  mßexio:  absprung  der  nase  von  der  rich- 
tung  der  stirn,  einbucht  an  der  nasenwurzel.    Kant  10,  332. 

EINBÜCK,  m.  einbuck  der  kluft,  recessus.  Maaler  123', 
einbug  ? 

ELNBUCKEN,  bei  den  schneidern,  einen  säum  umlegen  und 
einbrechen,  einbiegen. 

ELNBUCKEN,  iuclinare:  die  pkanlasie  kann  sich  leicht  zum 
witz  einbücken.    J.  P.  aeslh.  2, 46. 

EINBEULEN,  blanditiis  se  in  amorem  alicujus  insinuare, 
sich  einbuhleo,  einschmeicheln.    Stieler  259. 

EINBL.MME.N,  concincre,  doch  stärker,  s.  hummen: 

mir  die  festlichen  gläser  gespült  und  das  gro.sze  des  vatcrs, 
das  int  helle  gekling  cinbunimt,  wie  die  glucke  vom  kirchthurm. 

VOK«  1,  166. 

EINBCNDELN,  in  fascieulot  eolligere. 
EINBCREN,  imporlare: 

ieizund  h.ili  ich  gebürct  ein 

die  milcli,  dnrzu  den  kromat  mein.    ÄTait  fattn.  68*. 

EINBCRGER.N,  in  civium  numerum  adsciscere;  eingebür- 
gerte» »ort,  lerbuin  cui  cititas  data  est;  »ich  einbüi>;t'rn,  con- 
tidrre  in  civttate:  so  hüchsl  erfreulich  sie  (die  f<ibelungcn) 
sind,  wenn  man  sich  in  ihren  kreis  recht  einbürgert  und  alles 
vertraulich  und  dankbar  aufnimmt,  so  wunderlich  erscheinen 
sie,  wenn  man  sie  nach  einem  maszslabe  iniszt,  den  man 
oieiuaJs  bei  ibuco  anHchlagcu  sollte.    Güruii  0, 112 ; 


doch  wenn  du  dich  einbürgern  wolltest  hier  vielleicht, 
so  sollst  du  wissen  was  gebricht.    Ilati.i  123'. 

EINBÜRGERUNG,  /.  einbürgerung  oder  naturalisierung  frem- 
der benennungen.    Leiii.mtz  471. 

EINBÜRSTEN,  ingerere  pectine  setaceo:  ein  öl,  eine  salbe 
einbürsten;  schuhwachs  einbürsten. 

EINBÜSCHELN,  fasciis  invohere,  s.  einbitscheJn,  einwindeln. 
EINBÜSCHELÜNG,   /.    einwindlung :    meine  tochter  in  der 
fürstlichen  einbüschlung.    Simpl.  vogelnesl  2, 19. 

EINBUSEMEN,  in  sinum  recipere,  adoptare,  legilimare,  nnl. 
inboezeinen,  in  den  busen  stecken,  uneigentlich  in  sich  auf- 
nehmen. 

EINBUSZE,  f.  jaclura:  er  hat,  leidet  viel  einbusze;  zum  be- 
hufe  der  gemächlichkeit,  aber  mit  einbusze  aller  einsieht.  Kant 
2,523;  die  einbusze  der  kraft  eines  körpers.  8,147;  kurz  vor 
der  minute  seiner  irdischen  einbusze.  J.  P.  Kampanerlh.  20 ; 
die  einbusze  eines  groszen  ruhraes  war  gemacht.  Dahlhann 
ddn.  gesch.  1,117;  die  einbusze  zweijähriger  Stiftseinkünfte. 
1,  428.  ehliche  einbusze  heiszl  die  minderung  des  Vermögens 
eines  ehgatten  zum  besten  der  errungenschafl.     vgl.  zubusze. 

EINBÜSZEN,  amittere:  und  ist  ir  narung  durch  gemein 
hindurch  so  abgcwegen,  das  sie  alle  tag  aufgeht  und  kaum 
ein  böse  woch  einbüszen  können,  ich  geschweig  das  sie  ein 
bös  jar  dulden  sollen.  Frank  ««•//&.  47*;  in  diesem  kriege  muste 
VVigmann  mit  dem  leben  einbüszen  (=  büszen).  Micbalius 
2,183;  das  leben  einbüszen;  seinen  ehrlichen  namen; 

was  ich  hett,  thet  ich  langst  einbüeszcu.    ktnza.  fasln.  81*; 

ich  hab  nicht  zu  einbücszen  und  zehren.    81'; 

ich  büesz  nur  ein  kein  pfennig  gwinn.    90'; 

dasz  er  auch  wol  sein  heldenbUit, 

den  sig  zu  kaufen,  ein  darf  büszen.    Wbckhbrlin  456; 

dasz  in  dem  himmel  viel  ideen  sollen  schweben 

und  bilder,  glaube  nicht;  dann  Plalo  büszet  ein, 

der  reine  wille  nur  des  höchsten  ist  allein 

das  muster  und  die  art  der  dinge  so  hier  leben. 

Opitz  1,  344; 
hast  du  dir  schon  alliie  sonst  können  nichts  erwerben, 
dein  eignes  und  dich  selbst  fast  drüber  eingebüszt, 
sei  dennoch  unbetrübt.    Fleming  107; 

da  Job  hett  alles  cingebüszet 
was  ihm  ergötzlich  war.    Locau  1,  31 ; 
spielen  soll  ergeizung  sein, 
dieses  wil  mir  noch  nicht  ein,  - 
wie  dasz  der  der  einbüszt  viel 
glauben  kan,  es  sei  ein  spiel.    1,116,94; 

muste  das  jähr  260  ihlr.  einbüszen.  Schweinichen  2,153;  wie 
stehets,  herr  bürgenieister,  haben  sie  ihren  Organisten  einge- 
büszl?   ja  er  ist  gestorben.    Weise  kl.  leute  206; 

büszt  sie  das  zweilemal  ihr  junges  leben  ein.    Gillrrt  1, 187; 

Mirtill  war  oft  bei  Amarillen 

und  liesz  um  dieser  nimphe  willen 

fast  jeden  tag  die  herd  allein, 

kaum  sah  man  noch  den  faulen  Milax  hirten  sein, 

drum  büszt  er  manches  slück  von  seinen  scharen  ein. 
Bist  schäfercrzälilumjen  55; 

weil  alle  maximen  gefahr  laufen  ihre  besliinmthoit  und  festig-  ;J 
keit  einzubüszen.  Kant  6, 181 ;  eine  kraft  hat  eingehüszi.  8,  69 ;  n| 
und  so  ößcr  ohne  angäbe  des  gegenständes,     vgl.  zubflszen. 

EINBUTZELN,  involvere,  velare,  in  der  Wetterau,  sich  ver- 
mummen, tief  einhüllen,  vgl.  einbüscheln  und  butze,  hutzeln. 

EINBÜTZEN,  insueie.  Maaler  123',  vgl.  bützeii  2,  504. 

EINCARCERIEREN,  includcre  in  carcercm,  it.  incarcerare, 
einsperren .  dasz  man  ihn  noch  bei  den  obren  nimmt  und 
eincarceriert.    Fr.  Müller  2,  45. 

EINCASSIEREN,  pccuniam  exigere,  eigentlich  in  die  casse, 
kiste  bringen,  it.  incassare:  schulden  eincassieren. 

EINDAtMIEN,  tegere,  das  haus,  den  stall  cindachen. 

EINDACHTIG,  «lemor,  eingedenk,  nnl.  indachtig:  ir  seid 
wol  eindechtig,  liehen  brüder,  unser  erbeil  und  mühe.  1  Thess. 
2, 9 ;  gehab  dich  wol  und  sciiglich  im  lierrn  Christo  Jesu, 
und  sei  mein  gegen  gott  eindechtig.  Luther  1,  15o*;  das  er 
vielmehr  seiner  vorigen  einsalzunge  eindechtig  die  nienner 
erwecke  zu  predigen,  so  es  doch  an  uiennern  nicht  gebricht. 
2,"'; 

der  Sünden  nicht  eindechtig  sein.    Hincwalo  laut.  wnrh.  433. 
s.  andächlig,  bcdilchlig,  gedächtig,  verdächtig,  vorbedächlig. 

EINÜACHüNG,  f  locus  Iccltn:  de»  winters  hat  man  an 
etlichen  orten  stalle  und  eindüchungen,  darunter  sie  [die 
ochsen)  sich  begehen.    lloHutRü  2, 26«'. 

EINIt.i^MMEN,  aygere  cinyere,  coercere,  einen  deich  eiiuläiu- 
,  Micn,  eiiuüM/u«,-  sich  ciudäuimen,  continere  st:  Wall  konnte 


1 6 1         EINÜÄMMER  —  EIXDENKM  ACHUNG 


EINDEÜCHEN — EI>T)RECHSELN 


162 


sich  nicht  länger  eindämmen  {zurückhalleti,  [ieng  an  zu  reden). 
J.  P.  flegelj.  4,  2.     einige  schreiben  eindämmen. 

ELNDÄMMER,  m.  coercitor:  wahrlich  mehr  als  einen  ein- 
dammer  der  erJflecken  und  teiche.    Herder. 

EINDÄMMERN,  placide  obdormiscere,  einschlummern,  eigent- 
lich im  dämmer,  im  Zwielicht  einschlafen: 

heimlich  in  mein  rlmmerchen  verschlossen 

lag  im  -mondenschein, 

ganz  von  seinem  schauerUcbt  umflossen, 

und  ich  dämmert  ein. 

träumte  da  von  vollen  goldnen  stunden.   Göthk  1,79.48,40; 

eingedämmert  von  erwartungen  banger  Sehnsucht  und  ängst- 
licher hofnung.  Tieck  4, 317.  transitiv  sopire,  einschläfern : 
schlaf  überfällt  sie.  die  wilde  musik  hört  auf.  ganz  sanfte 
musik  läs2t  sich  hören  und  dämmert  sie  ein.  Klisgers  th. 
3,  239. 

EINDÄMMUNG,  f.  coercilio. 

EINDAMPFEN,  inhalare,  wie  ausdampfen  exhalare. 

EINDÄ.MPFEN,  1)  in  vaporem  soki:  lasz  die  wasser  alle 
auf  einem  warmen  öfelin  verriechen  und  eindenipfen.  WilRiz 
practica  415. 

2)  sedare,  compescere,  dämpfen,  stillen:  den  lockvogel  ein- 
dämpfen, in  verhängtem  käßch  still  machen ;  des  frühjahrs  nun, 
wenn  sie  (die  ßnken)  anfangen  zu  singen,  musz  man  sie  ein- 
dämpfen, entweder  in  eine  finstere  kammer,  wo  sie  angenehme 
luft  empfinden  und  derer  drauszen  fliegenden  vögel  ihre  stimme 
hören,  oder  aber  ich  mache  hierzu  eine  besondere  dämpfe, 
nemlich  von  brettern  einen  kästen.    Döbel  2,  235*. 

3)  suffocare,  bedampfen,  icas  bedeutet  eine  eingedämpfte 
nase?  der  dritte  aber  hat  eingetempfte  oder  flache  nasen, 
wie  die  Histrier.  Thcrxeisser  prob,  der  harnen  76.  tampho 
ist  ahd.  catarrhus  und  eine  verschnupße,  rerstopße  oder  flie- 
szende  nase  könnte  gemeint  sein,  trenn  nicht  das  nebenstehende 
flach  den  sinn  von  eingedrückt  fordert. 

EI.NDARM,  m.  homo  macilentus,  ein  hagerer,  der  gleichsam 
nur  einen  dorm  zu  haben  scheint,    wetterauisch. 

EINDÄR.MIG,  adj.  ein  hagerer,  eindärmiger  geselle,  er  sieht 
eindärmig  aus. 

EINDECKEN,  integere,  zudecken :  das  kind  warm  eindecken  ; 
den  weinstock  gegen  den  frost  mit  erde  eindecken,  auch  was 
eindachen,  die  scheune  eindecken,  decken. 

EINDEICHEN,  iras  eindämmen,  einteichen :  eingedeichtes 
land;  die  Stör  (»n  Holstein)  trat  über  ihre  eingedeichten  ufer. 

EINDEITIGEN,  arcessere,  coniocare,  einberufen  ? 

alsdann  können  wir  zwischen  uns  beden 

von  diesen  dingen  weiter  reden, 

wie  ich  euch  wieder  deitig  ein.    Atrer  450'. 

f&r  eindegedingen,  eintegedingen,  eintädingen,  vgl.  austhedigen 

1,  996  und  betheidigen  1, 1701,  vertheidigen. 

EINDENK,   memor,    eingedenk.    RIdlein  1, 218'.    Stei-vbacb 

1,  245 : 

bist  du  so  meiner  gunst,  so  indenk  meiner  zehren  * 
Grtpbics  307; 

sol  seiner  ankunfl  eindeuk  sein.    Ringwild  taut,  warft.  149; 

wolst  unser  beiden  eindenk  sein,    evang.  ¥'*. 

hennebergisch  indenk,  5.  Fbojisianss  deutsche  mundarten  3, 139 
und  hernach  eingedenk. 

EINDENKEN,  meminisse,  eingedenken,  nnl.  indenken :  dar- 
umb  wenn  du  deine  gäbe  auf  den  altar  opferst,  und  wirst 
alda  eindenken,  das  dein  bruder  etwas  wider  dich  habe. 
Matth.  5,  23 ;  zu  welchem  eindenken  sie  sonst  vielleicht  nimer 
kernen  für  angst  und  furcht,  die  sie  dem  menschen  zu  beichten 
haben.  LtJTBER  l,  S19';  ich  hab  inen  gesagt  und  sie  eindenken 
gemaclit  deiner  hende  werk.  3,  25,  wofür  aber  1,  43'  steht  ein- 
denkend gemacht;  e.  k.  f.  g.  wollen  eindenken  sein  des  an- 
fangs. 6r.  2, 113;  und  zweifeln  wir  nicht,  euch  sei  eindenkend 
{wie  sonst:  wissend),  das  wir  die  Sachen  hiebevor  mit  den 
fürnehmsten  unsrer  landschaft  rath  gehandelt.  Melanchtuo.n 
7, 5.  reflexiv,  sich  eindenken,  hinein  denken,  in  eine  sache 
denken,  animum  intendere  ad  uliquid:  ich  habe  mich  in  deine 
läge  vollends  eingedacht,  versetzt,  versenkt,-  in  die  italienische 
opemform  und  ihre  vortheile  hatte  ich  mich  recht  einge- 
dacht.   GöTUE  31, 10. 

EINDENKIG,  was  eindenk:  das  er  der  verrüterei,  so  ich 
begangen  hab,  nit  indenkig  sei.    Aimon  ps*. 

EINDENKMACHL'NG,  f.  revocatio  in  memoriam:  einem  un- 
glücklichen wäre  die  eindenkmachung  des  fergangnen  Übels 
schmerzhaft.    Loberst.  Arm.  1, 207. 

m. 


EINDEÜCHEN,  s.  einleuchen,  eintauchen. 

EINDEUTIG,  unius  notionis:  eindeutiges  wort,  im  gegensalx 
XU  zweideutig,  vieldeutig:  wir  haben  nur  den  abstoszenden 
pol  igestank),  nicht  einmal  den  anziehenden,  denn  duft  ist 
zu  optisch,  geruch  zu  zweideutig  und  wolgeruch  erst  ein- 
deutig.   J.  P.  aeslh.  2,  23  {ausg.  1S04  S.  292). 

EINDEUTIGKEIT,  /".  jeder  weisz,  dasz  er,  sobald  er  aus 
einem  zweideutigen  salze  nicht  klug  werden  kann,  eindeutig- 
keit  darunter  zu  suchen  habe.    J.  P.  aesth.  2,  20  (s.  287). 

EINDEUTSCHEN,  germanice  verlere,  verdeutschen :  wie  nun 
Ariost  und  Tasso,  Shakespear  und  Calderon,  als  eingedeutschte 
freunde,  uns  doppelt  und  dreifach  vorgeführt  werden.  Göthe 
6,  239.     ex  könnte  auch  sagen  sollen  in  Deutschland  eingeführte. 

EINDICHTEN,  infingere,  wie  andichten  afftngere. 

EINDICHTEN,  conslipare,  dicht  stoszen  oder  drücken:  das 
kraut  im  fasz  eindichten. 

EINDICHTUNG,  f  densatio,  coaretatio:  dasz  ich  die  vor- 
arbeiten eines  bedeutenden  werks  nicht  in  der  ausdehnung, 
sondern  in  der  eindichtung  wieder  Torgenommen  habe.  Göthb 
an  Zelter  4, 171. 

EINDICKEN,  condensare,  verdicken:  einen  saft,  eine  flüs- 
sigkeit  verdunsten  und  dick  werden  lassen. 

EINDIENEN,  servitii  nomine  amplecti:  du  hast  mir  dreiszig 
jähre  redlich  gedient,  das  kann  wol  einen  fehler  mit  ein- 
dienen.   TiECK  5, 109. 

EINDIGERIEREN,  einverdauen :  dem  blut  wird  alles  das  zu- 
gerechnet, das  zusambt  der  feuchte  auch  geferbt  und  dick 
oder  eindigeriert  ist.    Thlrxeisser  prob,  der  harne  s.  2s. 

EINDIGNEN,  inarescere,  eintrocknen,  vgl.  ausdignen  aus- 
trocknen. 

EINDIMPFEN,  obscurare,  ealigare: 

mein  gsicht  ist  eingedumpfen.    Melisscs  ps.  B7'. 

vgl.  eindämpfen,  bedampfen,  das  eindimpfen,  bedimpfen  vor- 
aussetzt, dimpfen  und  dumpf,  dampf  ist  dunst  und  nebel. 
EINDINGEN,  mehrdeutig, 

1)  simul  pacisci,  einbedingen :  es  wurde  eingedungen,  dasz 
auch  die  kinder  an  den  vortheilen  theil  haben  sollen. 

2)  das  gericht,  die  schöppen  eindingen,  Judicium  constituere, 
durch  frage  des  richters  und  antwort  der  schöppen.  Haltacs 
291.  292.  wie  sich  ein  vorsprecher  ins  recht  eindingen  soll, 
es  sei  welcher  partei  es  wolle.    Rectter  kriegscrdn.  46. 

3)  sich  wohin  eindingen : 

hier  ist  ein  scbif  verbanden 
nach  Cvdnus  kalter  flut,  in  dis  dingt  er  sich  ein. 
Opitz  3,  48  (46), 

alle  ausgaben  lesen  düngt     vgl.  ausdingen. 

EINDÖCKELN,  involvere  fascii»,  stragulis,  gleich  einer  docke 
einwinden :  eine  fromme  mutter  döckelt  ihr  kind  in  seinem 
schlafbettlein  ein.    Otho  1033. 

EINDÖLPELN,  stolide  intrare,  wie  ein  tölpel  eintreten :  da 
kam  ein  solcher  kerls  eingedölpelt  und  liesz  sich  mit  hoher 
Vergnügung  respectieren.    Weise  A/. /e«/«  322. 

EINDORRE.N,  tnar«cere:  ein  ganz  eingedorrtes  männchen ; 
das  eingedorrte  krankengesicbt  J.  P.  uns.  löge  2, 128 ;  der  käse 
ist  eingedorrt; 

soll  auch,  wenn  alles  wird  nach  seinem  tod  erkrachen, 
dein  bisher  bliihend  stamm,  um  den  die  himmel  wachen, 
eindorren.  v         Grtphics  1, 645. 

EINDÖRREN,  tonefacere:  obst,  blätter  eindörren,  man 
schreibt  heule  eindürren. 

EINDRANG,  m.  irruptio,  impressio,  nnl.  indrang:  der  ein- 
drang des  feindlichen  heers  fand  an  dem  obem  thor  statt. 
abstract,  desto  mehr  verlor  sie  an  eindrang,  tiefe  und  be- 
stimmtheit.    Herder  16,  274 ;  mit  kraft  und  eindrang. 

EINDRÄNGEN,  intnidere,  scliw.  intränga,  ddn.  indtrange: 
ich  hätte  nicht  an  die  stelle  der  achlung,  die  sie  verdiente, 
eine  neigung  eindrängen  sollen,  die  sie  ijreder  erregen  noch 
erhalten  konnte.  Göthb  20,  SO.  sich  eindrängen  =-=  eindringen  : 
er  drängt  sich  überall  ein;  die  flut  drängt  sich  durch  den 
weichenden  dämm  ein ;  die  magische  natur  drängt  sich  mit 
strOmea  ein  ins  herz.    J.  P.  Hesp.  l,  US ; 

den  zudringlichen, 
der  zwischen  söhn  und  vaier  unberufen 
»ich  einzudrängen  nicht  erröihet.    .Schiller  2.'4'. 

EINDRÄUE.N,  minis  inculeare,  minari :  die  ir  falsche  menscfa- 
Hche  lere  euch  eindrauen  und  eintreiben.   LtrraERS  br.  1,  393. 
EINDRECHSEL.N,  intornare,  tomando  aptare,  inserere. 

11 


163 


EINDREHEN  -  EINDROHEN 


EINDRUCK  —  EINDRÜCKEN 


164 


EINDREHEN,  intorquere,  nul.  indraaijen :  den  krahn  ein- 
drehen; das  notligeschicke  hatte  die  Oberhand  über  ihn  be- 
kommen und  die  band  seiner  tapferkeit  eingedrehet.  pers. 
haumg.  5,  2.  sich  eindrehen,  einschleichen :  denn  es  ist  Paulo 
eben  gangen,  wie  es  uns  itzt  auch  gehet  durch  unsere  rotten, 
nachdem  das  evangelium  durch  uns  wider  an  lag  bracht  ist, 
und  sie  selbs  haben  erstlich  von  uns  gelernt,  das  sie  in  unser 
erbeil  trelten  und  sich  eindrehen,  da  {da,  wo)  das  evangelium 
angangen  und  durch  uns  räum  gemaciit  ist  verderben  also 
was  wir  recht  gepflanzt  und  geleret  haben,  damit  das  sie  wollen 
unser  meisler  sein.    Luther  6, 211*.     vgl.  ausdrehen. 

EINDRILLEN,  1)  circumagendo  inforare,  ein  loch  eindrillen, 
nnl.  indrillen.     2)  soldalen  einüben,  s.  drillen  6. 

EINDRINGEN,  inirare,  penelrare,  nnl.  indringen. 

1)  in  einen  ort  oder  räum,  wie  das  lat.  intrare  mit  bloszem 
acc. 

wann  du  mit  kluger  macht  das  blawe  fcld  eindringest, 
und  durch  ein  schwaches  holz  den  stürm  und  wollen  zwingest. 
Opitz  Hugo  Grulius  s.  285. 

2)  mit  in,  an,  auf:  der  feind  ist  in  die  stadt  eingedrungen; 
keine  luft  dringt  in  die  stube  ein; 

das  weiter  nach  dem  stürm  hat  sich  schon  aufgeklärei. 
ach,  wünsch  ich,  hntt  es  doch  bis  in  die  nacht  eewäbret, 
so  dränget  ihr  vielleicht,  wie  nun,  bei  sonnenscnein 
mit  eurem  mückenschwarm  nicht  in  mein  zimmer  ein. 

Camtz  109; 
ihr,  die  ihr  wähnt  auf  nie  Leirclner  spur 
bis  in  die  grotte  der  natur, 
kühn  wie  Prometheus  einzudringen.    Gottir  1,  281 ; 

diese  zeilen  sind  in  mich  eingedrungen  wie  ein  erster  friih- 
lingsregen.  Bettise  fcrte/'w.  2,23;  er  {Waller  Scott)  weisz  den 
manigfalligen  historischen  stof  deutlichst  aufzufassen,  er  dringt 
in  die  bedeutung  des  gehaltes  ein.    Göthe  46,  226 ; 

denn  die  künde  war 
auch  in  des  klosters  mauern  eingedrungen.    Schiller  503'; 
dasr  der  wind  anhauch  und  die  kraft  der  sonne 
ungehemmt  eindring  an  die  zarten  träublein.    Voss. 

3)  sich  eindringen  für  eindrängen :  denn  da  etliche  falsche 
bücher  sich  mit  eingedrungen.  Ga/.  2,  4;  denn  die  ubertretter 
oder  falschen  heiligen  künlen  sich  meisterlich  zu  den  herrn 
oder  fürsten  eindringen.  Lltiieh  6, 149' ;  denn  ich  bin  nicht 
wie  die  sich  selbs  zu  predigern  machen  und  eindringen. 
6,  22l';  die  historisch  poetischen  taufnamen,  die  sich  an  die 
stelle  der  heiligen  in  die  deutsche  kirche  eingedrungen.  Göthe 
26,  27 ;  wie  noch  manche  gedanken  sich  einzudringen  pflegen. 
29, 337 ;  die  undulation  hat  viel  Widerspruch  gefunden,  die 
Polarisation  bat  sich  eingedrungen  und  steht  für  sich.  55, 81 ; 
ich  werde  mich  nicht  in  ihre  geheimnisse  eindringen.  Schiller 
739' ;  zu  groszer  beunruhigung  der  dortigen  Staaten  hatte  sich 
diese  beschwerliche  macht  in  Italien  eingedrungen.  906';  die 
lebendigen  kräfte  aus  dem  gebiete  der  mathematik,  worin  sie 
sich  eingedrungen  haben,  hinwegzuräumen.  Kant  8,  84.  ja 
Lother  stellt  auch,  auszer  diesem  reflexiven  fall,  den  acc.  zu 
transitivem  eindringen:  einen  pfarrherrn  eindringen.  4,31»'; 
das  ein  rat,  on  wissen  und  willen  ires  pfarrherrs,  keinen 
Prediger,  kirchen  oder  schuldiener  Urlauben  oder  verstoszen 
sollen,  viel  weniger  einen  andern  an  Jenes  stat  eindringen. 
6,  352*. 

4j  parlicipia  enlralen  des  sich  vollends :  den  eindringendsten 
einOusz  auf  das  gemüt  haben.  Kant  4,  282 ;  der  begrif  der 
pflicht  ist  kräftiger,  eindringender.  5,  378  ;  beide  sprachen  ein- 
dringende Worte;  macht  Flandern  zur  grafschaft  und  seinen 
eingedrungenen  eidam  zum  ersten  grafen.    Tieck  4,136; 

doch  vor  eingedrungnen,  sein  sie  am-h  begabt  mit  sinn  und 

wiiz, 
die  er  nicht  erkennt  als  meister,  springt  er  nicht  empor  vom 

sitz.    Platem  272. 

EINDRINGLICH,  vehement,  gravis:  eindringlichere  reden 
hielt  kein  andrer. 

EiNDRiNGLICM,  graviter:  sprach  eindringlich. 

EINDRlNCiLING,  m.  (jui  se  inlrudU:  er  sei  nur  als  ein- 
dnngling  anzusehn  und  zu  behandeln.  GDthe  26,56;  da  wir 
obige  Worte  völlig  als  fremde  eindringlinge  in  dieses  werk 
eingeklemmt  und  zur  entschiedensten  unihfttigkeit  verdammt 
sahen.  58,227;  die  härte  der  eintreibung  sämtlicher  gefalle 
durch  jene  eindringlinge.    Daiu.makm  dan.  gesrh.  1,  31S. 

EINDRINGUNG, /;  tmiptio:  die  gewaltsamen  eindringungen 
itr  beere.    IhyrkL  10,114. 

EINDROHEN,  heutige  form  für  eiodräuen,  t.  androhen,  be- 
droliea. 


EINDRUCK,  m.  impressio,  nnl.  indruk,  schw.  intryck,  ddn. 
indtryk,  beide  letztere  dem  nhd.  worte  nachgebildet. 

1)  sinnlieh,  eindruck  des  fuszes  auf  die  erde,  der  band, 
des  fingers ;  des  siegeis  in  das  wachs,  anders,  und  passiv 
zu  nehmen,  eindruck  des  cies  durch  die  band,  eindruck  des 
kopfes  durch  den  fallenden  fels. 

2)  eindruck  der  kälte  auf  das  wasser,  der  wärme  auf  das 
eis,  der  schwere  auf  den  bodeii,  der  Schönheit  auf  das  äuge, 
der  liebe  auf  das  herz,  des  mädchens  auf  den  jüngling,  der 
lehre  auf  den  schüIer;  der  natur  auf  die  sinne;  der  ereig- 
nisse  auf  die  handlungen.  geistig  genommen  schon  bei  Eck- 
hart indruk  des  engeis,  hiinels.   75,  31.  34.  83, 11.  553,  26. 

3)  es  heiszl,  eindruck  inachcn,  faire  une  impresston,  das 
macht  guten,  üblen,  groszen,  geringen,  angenehmen,  widrigen, 
peinlichen  eindruck ;  alle  Vorstellungen  blieben  ohne  eindruck ; 

ah,  ich  musz  mich  schämen,  sultan! 
'dich  schämen?  dasz  ein  judeiimndchen  auf 
dich  eindruck  machte,  doch  wol  nimniennehr*. 
Lbssinc  2,310; 

die  nähe,  des  schönen  kindes  muste  wol  in  die  seele  des 
jungen  mannes  {eines  mahlers)  einen  so  lebhaften  eindruck 
machen,  dasz  ihm  nach  und  nach  auf  dem  wege  vom  äuge 
zur  band  nichts  verloren  gieng.  Göthe  17,  219 ;  der  eindruck 
haftet,  bleibt,  dauert,  schwindet,  erlischt,  venvischt  sich;  es 
war  der  eiste  bleibende  eindruck,  den  ein  weibliches  wesen 
auf  mich  gemacht  hatte.  24,  267 ;  mir  hinlerliesz  seine  rede 
einen  tiefen  eindruck;  ich  nehme  davon  einen  fühlbaren  ein- 
druck mit ;  es  geschah  unter  dem  eindruck  dieser  worte,  dasz 
sich  alle  versöhnten,  gröszere  rücksicht  auf  den  sinn  des  worts 
liegt  in  folgender  stelle:  seiner  würdig  scheint  es  mir,  dasz 
er  sein  leben  hingab,  um  durch  das  grosze  dieses  todes  einen 
unauslöschlichen  eindruck  seiner  selbst  in  das  herz  seiner 
Spartaner  zu  graben.  Schiller  772*,  obwol  graben  genau  ge- 
.sprochen  kein  drücken  ist. 

4)  alle  bisher  gegebnen  beispiele  des  Wortes  eindruck  flieszen 
aus  dem  verbum  eindrücken,  dagegen  der  eindruck  eines  bildes 
in  das  buch  gehört  zu  eindrucken,  ganz  wie  abdruck  aus- 
druck  nachdruck  umdruck  zu  abdrucken  ausdrucken  Umdrucken. 
der  abdruck  des  buchs  erfolgt  durch  abdrucken,  der  abdruck 
des  siegeis,  der  pistole  durch  abdrücken ;  der  ausdruck  des 
buchs  beruht  im  ausdrucken,  fertig  drucken,  der  ausdruck  des 
worts  im  ausdrücken ;  der  nachdruck  des  werks  geht  auf  nach- 
drucken, der  nachdruck  der  rede  auf  nachdrücken,  wenigstens 
hat  unsere  mundarl  diese  kleinlichen  unterschiede  eingeführt  und 
hält  sie  aufrecht. 

EINDRUCKEN,  einen  holzslock,  eine  kupferplcUte  in  ein  unter 
der  presse  befindliches  buch  drucken. 

EINDRÜCKEN,  imprimere,  nnl.  indrukken,  schw.  intrycka, 
ddn.  indtrykke. 

1)  in  etwas:  der  hirsch  drückt  seine  ballen,  das  pferd  sei- 
nen huf  (dem  boden)  ein ;  der  riese  drückte  seine  band,  seine 
linger  dem  harten  felsen  ein;  sie  drückte  ihre  fingerspitzen 
dem  wasser  ein ; 

du  drückst  den  tod  tief  ihren  Schädeln  ein.   C.  E.  von  Kleist  ; 

die  biene  drückt  ihren  Stachel  ein;  butter  in  das  fasz  ein- 
drücken ;  das  Siegel  (dem  wachs)  eindrücken ;  das  drückte 
sich  meiner  seele  ein,  in  mein  herz  ein ;  eine  feder  drückt 
eine  kraft  in  einen  körper  ein.  Kant  8,53;  was  in  Afrika 
der  haut  des  negers  die  sonne  eindrückte.  10,48;  eine  Ur- 
sache die  den  pluneten  ihre  kreisbewegnng  eindrückt.  6,106; 
dasz  die  matene  der  seele  gewisse  Vorstellungen  und  bilder 
eindrücke.  8, 22 ;  das  licht,  welches  nur  eine  eingedrückte 
bcwegung  ist  H,  317 ;  fabeln,  die  dem  kinde  eine  wabrheit 
recht  tief  eindrücken  sollten.  Göthe  45,296;  diese  {Schau- 
spieler) würden  an  ho  iinsdiätzbaren  lebendigen  darslellungen 
weit  mehr  lernen,  sie  würden  sich  das  rechte  der  kuiist  weit 
reiner  eindrücken.  49,170; 

sie  (/(i</(i)  purterio  da«  lange  haar, 

he>pr»ni;ie  tliis  gesichi  mit  mucken  {nnuunrs,  fiiinnptlnxiriirhfn}, 

die  lii-b«  be.sh<r  einintlruckun.    Joh.  Uku.  .Scuaiors 

tt  1730)  travcslirrte  Aenrii,  im  morgenbt.  tS09  nr.  52. 

2)  elidere,  frangere:  dem  vogei  den  köpf  eindrücken;  wer 
von  seinem  gold  und  silber  niemand  zu  willen  ist,  dein  wird 
güld  und  kilber  den  köpf  eindrücken.  per.<t.  rusenth.  8,  2 ;  das 
ei,   die  eierscbale  eindrucken ;  eine  fensterscheibe  eindrucken. 

3)  eompnmere,  die  äugen  eindrücken,  tuJrücktn : 

der  iJiiiRer  dnicki  ilii!  augeii  «in 

,,,..1   -.1.1...   .1...   ...ii,.„   .„„,..     (,,.THr  (>•,  '.'•C: 


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165 


EINDRÜCKLICH— EINER 


EINER  — EINERLEI 


166 


kummer  hatte  ihm  die  wangen  eingedrückt ;  er  hatte  Ton  kin- 
desbeinen  an  eine  eingedrückte  brüst ;  meine  seele  wurde  ein- 
gedrückt, wenn  ich  gen  himmel  sah.  J.  P.  Hesp.  2,248;  er 
muste  zusehen,  wie  die  kokette  Weidmännin,  der  die  sanfte 
Clara  zu  still,  zu  bescheiden,  zu  gutmütig  und  offenherzig 
war,  alle  diese  offenen  blumen  verdrehen,  eindrücken  und 
abschneiden  wollte,  heiml.  klagelied  16 ;  das  masz  eindrücken, 
volldrücken;  alsdenn  sollet  ir  antwort  kriegen,  ein  voll  ein- 
gedruckt und  uberheuft  masz.  Lcther  6,5";  das  kraut  im 
fasz,  das  heu  auf  dem  wagen  eindrücken,  fest  drücken,  man 
darf  auch  auslegen:  die  äugen  in  den  köpf,  das  kraut  in  das 
fasz,  das  heu  in  den  Kagen  drücken,  eingedrückt  (serres)  in 
die  Ordnung  der  schlacht  stehen  wir  gewurzelt  im  boden,  ver- 
bunden wie  brüder.    Klinger  2, 159. 

EINDRÜCKLICH,  franz.  impressif:  man  hat  uns  die  ge- 
schichte  gelehrt,  ich  habe  nicht  so  viel  daraus  behalten,  als 
ich  wol  gesollt  hätte,  nur  einzelne  begebenheiten  sind  mir 
sehr  eindrücklich  gewesen.  Göthe  17,  70 ;  diese  art  sich  deut- 
lich und  eindrücklich  zu  machen.  25, 145 ;  eine  grosze  charte 
botanique  machte  mir  die  familienverhältnisse  der  pflanzen 
augenfälliger  und  eindrücklicher.  31,255;  ein  jugendlich  seliges 
wahnleben  spiegelt  sich  unbewust  eindrücklich  in  dem  jüngling 
ab.  49, 19 ;  dasz  symbolische  handlungen  alles  eindrücklich, 
ehrwürdig  und  feierlich  machten.  Herder  1, 156 ;  mir  würde 
jenes  virgilianische  mistrauen  eindrücklich  sein.  2, 191.  vgl. 
ausdrücklich,  nachdrücklich. 

EINDRUCKSVOLL,  eine  eindrucksvolle  persönlichkeit. 

EINDRÜCKÜNG,  f.  impressio :  wegen  ungleicheit  des  lufts, 
gelegenheit  des  landes  und  anderer  elementischer  eintruckunge. 
Thcrneisser  beschr.  aller  erdgewächse  14 ;  durch  die  macht  einer 
ernstlichen  eindrückung.  Leibn.  2,  316 ;  die  eindrückung  der 
theile  der  sich  stoszenden  körper.    Kast  8, 179. 

EINDLTS'STEN.  gegensatz  von  ausdünsten. 

EINEBENEN,  EBNEN,  complanare,  aequare:  hügel  einebnen ; 
umb  zwei  ur  lief  er  ein  stürm  an  bi  einer  zersprengten  und 
eingeebenten  maur.    Fba.\k  chron.  246'. 

EINEGGEN,  inoccare. 

EINEIFERN,  aemulari,  goth.  inaljanön,  jr a^a^jy^ow,  wie 
wir  eifer  dem  aljan  entsprechen  sahen,  vgl.  1  Cor.  10,  22.  Kei- 
sersberg  verbindet  öfter  etkumen,  etkumig  werden  mit  iferen 
und  iniferen :  usz  dem  schmerzen  entspringt  dan  ein  etkum, 
ein  iniferen,  ein  inmaseren.  ehr.  bilger  137*.  *.  aneifem,  etkum 
und  etkumig. 

EINEINZIG,  verstärktes  einzig :  Isaak,  der  eineinzige.  Hippel 
4,  427 ;  endlich  must  ich  Ännchen  selber  bitten  umzukehren : 
'es  musz,  es  musz  doch  sein!'  dann  noch  einen  eineinzigen 
kus,  aber  einen,  wies  in  meinem  leben  der  erste  und  letzte 
war.    der  arme  mann  im  T.  85. 

EINEN,  unire,  einigen,  vereinen,  früher,  sich  eines  einen : 
sie  der  maid  zuhöret,  aber  sich  ires  rats  nit  einet.  Bocc.  87 ; 
wir  sind  eng  geeint; 

wenn  freude  mit  der  wehmut  sich  eint.    Klopst.  2,  296 ; 
wenn  geist  mit  mut  ihr  einet.    7, 17. 

EINENGEN,  coanguslare,  eoereere:  den  bach  engt  der  an- 
gehäufte sand  immer  mehr  ein;  die  leute  wohnen  eingeengt 
in  einem  bauschen ;  furcht  und  schrecken  engten  ihm  das 
herz  ein ;  angeborne  vorurtheile  konnten  seinen  blick  ein- 
engen; dasz  sie  selbst  noch  schulden  haben,  deren  abbe- 
zahlung  sie  einengt.    Göthe  20,  20  ; 

da  die  dummen  eingeengten 
immerfort  am  stärksten  pochten.    5,  98. 

EINER,  unus,  ullus  wird  hier  nochmals  aufgeßhrt,  um  her- 
vorzuheben, dasz  die  männliche  ßexion  für  die  pronominale, 
unbestimmte  bedeutung  auch  auf  frauen  erstreckt  werden  darf, 
ganz  wie  das  unpersönliche  man  oder  jemand  und  niemand 
(früher  ie  man,  nie  man)  zugleich  von  frauen  gellen,  eine 
frau  sagt,  gerade  wie  ein  mann:  das  könnte  einer  übel  neh- 
men =  ich  könnte;  das  darf  einem  leid  than  =  mir;  das 
bekümmert  einen  =  mich,  das  gefällt  einem,  schadet  einem 
u.  s.  w.  drückt  also  nicht  nur  aus  einem  mann,  mir  einem 
mann,  sondern  auch  einer  frau,  mir  einer  frau.  in  diesem 
sinn  sind  mehrere  der  sp.  122  angezognen  stellen  zu  verstehen: 
sie  macheu  einem  ja  ganz  bange,  rief  die  Sklavin,  wie  einen 
der  rauhe  kriegsbesen  schüttelt,  sagt  die  marketenderin  bei 
Schiller  ;  man  denke  sich  'menschen'  hinzu,  und  alles  wird 
deutlich,  s.  eins,  wo  die  noch  weiter  gehende  ausdehnung  der 
neutralen  flejcion  auf  männer  und  weiber  erörtert  wird. 


EINER,  m.  gen.  einers,  gleichsam  unarius,  wenn  man  so 
sagen  dürfte  nach  analogie  von  ternarius,  quinarius,  denarius. 
das  deutsche  wort  aber  ist  gebildet  wie  dreier,  vierer,  fünfer, 
Sechser,  zehner,  eilfer,  zwölfer,  zwanziger,  dreisziger  u.  s.  w., 
mhd.  wären  einai-re,  drisere,  zehenjere,  zweinzigaere  zu  erwarten, 
woßr  es  an  belegen  gebricht,  die  zahlen  von  1  bis  9  sind 
lauter  einer,  die  von  lo  bis  19  zehner  u.  s.  w.,  in  489  ist  die 
9  ein  einer,  die  8  ein  zehner,  die  4  ein  hunderter,  am  Würfel 
ist  einer  das  as: 

zwei  vierer  wünschest  du,  und  du  verlanget  zwei  einer, 
der  beste  wurf  im  bret  bleibt  darum  dennoch  —  keiner. 

Lessing  1,  25. 
vgl.  einser. 

EINERBEN,  hereditate  propagare  oder  propagari:  das  ist 
ihm  eingeerbt;  das  erbt  ihm  ein;  so  sehr  auch  die  kleinste 
heftigkeit  den  kindern  schadet  und  einerbt.  J.  P.  37. 43 ;  siebt 
nicht  jeder  eingeerbte  könig  die  liebe  seiner  unterthanen  als 
die  feste  seines  thrones  an?   Kli.nger  1,  301.     j.  anerben. 

EINERBILDEN,  was  einbilden,  einprägen:  da  muo;  zem 
Ersten  ein  angedenken  und  ein  merklich  inerbilden  zuo  ge- 
hoeren,  als  dem  schuoler  zuo  der  kunst.  Ecehärt  549,  37.  vgl. 
einerziehen. 

EINERLEI,  unius  generis,  nnl.  eenerlei,  nac.'i  dem  was  unter 
allerlei  und  anderlei  gesagt  wurde  zu  beurtheilen;  von  der 
grundbedeutung  des  subst.  soll  unter  lei  gehandelt  werden,  dasz 
es  weiblich  war,  ergibt  das  vorstehende  einer. 

1)  der  organische  gebrauch  gieng  aus  von  den  neben  ein- 
ander unverknüpft  stehenden  genitiven  einer  leige,  worin  ur- 
sprünglich der  zahlbegrif,  frühe  aber  auch  schon  der  unbe- 
stimmte, artikelhafle  enthalten  war.  der  zahl  einer  leige  trat 
zweier  leige,  drier  leige  zur  seile,  doch  bereits  Berthold  sag't 
s.  137  einer  leige  tugent  (eine  gewisse  lugend),  diu  heijet  stae- 
tekeit,  und  Megenberg  verschiedentlich :  e;  ist  ainr  lai  unk,  die 
vliegent.  264,  27 ;  und  fleugt  ainer  lai  tarant,  aber  niht  aller 
lai.  283,  29 ;  e;  ist  noch  ainr  lai  tierl,  die  haijent  würm. 
286,  27;,tcie  wir,  nur  nicht  mehr  im  gen.  sagen,  es  gibt  eine 
art  tbiere,  franz.  une  esp^ce,  sorte.  gerade  so  hiesz  es  mit 
anderm  wort:  einera  slahta  natera  (gramm.  3,76),  une  sorte 
de  viperes.  nhd.  ersclieint  dies  unbestimmte  einerlei  seilen: 
im  kauf  oder  irgend  einem  handel  einerlei  (aliquam)  untrew 
oder  tücke  zu  beweisen.  Lcther  4,  402' ;  des  nehesten  weih 
oder  gut  begeren  und  einerlei  weise  (aliquo  modo)  darnach 
zu  stehen.  4,406*;  wer  einerlei  verlesset,  der  sol  es  hundert- 
feltig  wider  haben.   3,  295 ; 

ohn  einerlei  gebrechen.    Rixcwald  erang.  Dd6*; 

weil  der  gemeine  entweder  nichts  entzogen  oder  durch  einerlei 
weg  abgedrungen.  Dreydisg  B  2 ;  Henricus  declarierte  öffentlich, 
wie  er  nicht  gesonnen  sei  die  einkünfte  und  freiheiten  der 
kircbe  auf  einerlei  weise  {ullo  modo)  zu  kränken.  Hahn  3, 145. 
auch  besteht  das  entsprechende  keinerlei,  nullius  modi  unein- 
geschränkt fort,  in  unserm  heutigen  einerlei  dagegen  sehen 
wir  die  unbestimmte  vorstellu.ng  wieder  entfernt  und  überall  die 
nachdrückliche  der  einzahl  hergestellt;  beide  Wörter  hängen  wir 
stets  aneinander,  vielleicht  lebt  noch  in  der  Volkssprache  hin 
und  wieder  einerlei  =  aliquis. 

2)  einerlei,  unus  idemque,  tritt  gewöhnlich  einem  tubst.  zur 
seile:  wer  es  doch  nummen  von  einerlei  speisen.  Keisersbebc 
s.  d.  m.  n*;  sihe,  es  ist  einerlei  volk  und  einerlei  sprach  unter 
inen  allen.  1  Mos.  11,  6;  es  hatte  aber  alle  weit  einerlei  zungen 
und  spräche.  11, 1,  vulg.  erat  autem  omnis  terra  labii  unius 
et  sermonum  eorundem ;  es  ist  einerlei  träum.  41, 26 ;  einerlei 
gesetz  sei  dem  einheimischen  und  dem  frembdiingen  (so). 
2  Mos.  22,  49 ;  es  sol  einerlei  recht  unter  euch  sein.  3  Mos. 
24,  22;  und  war  einerlei  masse  und  einerlei  räum  beider 
Cherubim.  1  kün.  6,  25 ;  auch  kam  gottes  band  in  Juda.  das 
er  inen  gab  einerlei  herz.  2  chron.  30, 12 ;  er  macht  aber  aus 
einerlei  thon  beide  gefesze.  weish.  Sal.  15,  7 ;  denn  sie  waren 
alle  zugleich  mit  einerlei  ketten  der  finstemis  gefangen.  17, 18; 
aber  alle  gliedcr  nicht  einerlei  gescheft  haben  (li{)jus  allai  ni 
])ata  samö  taui  haband).  üüm.  12, 4;  habt  einerlei  suin  unler- 
nander  (t)ata  samü  in  izvis  missü  fra])jandans).  12, 16 ;  das  ir 
allzumal  einerlei  rede  füret.  1  Cor.  1, 10 ;  und  haben  all  einer- 
lei geistliche  speise  gcssen  und  haben  alle  einerlei  geistlichen 
trank  getrunken  (Jah  allai  {lana  saman  mat  ahmeinan  mati- 
dedun,  jah  \>a.U  samä  dragk  abmein6  drugkun).  i  Cor.  10,3.4; 
nicht  ist  alles  fleisch  einerlei  fleisch.  15,  39 ;  ein  leib  und  ein 
geist,  wie  ir  auch  berufen  seid  auf  einerlei  hofnung  ewers 
berufs  (ain  leik  jah  ains  abma,  svasvt^  atla|)üdai  siju))  in  aina 

11* 


167 


ELNERLEI  —  EINERNTEN 


EINERSEITS  —EINFÄDELN 


168 


vin  la{)6nais  izvaraizös).  Eph.  4,  4 ;  wer  das  sacrament  auch 
einerlei  gestalt  isset.  Luther  3,  529';  einerlei  spis,  unver- 
raiscbt,  darunder  nichts  ist,  cibus  simples.  Maaler99';  einer- 
lei speise  und  keine  arzenei,  das  macht  die  kinder  unsterb- 
lich. Weise  kl.  l.  34 ;  allein  sie  bleibt  bei  einerlei  spräche 
(geht  nicht  ab  von  dem  vas  sie  sagte).  Felsenb.  4, 168.  er  hat 
nicht  einerlei  rede,  von  einem  doppelzüngigen,  statt  dieses 
einerlei  vor  dem  subst.  ziehen  wir  jetzt  vor  das  selbe,  ein  und 
dasselbe. 

3)  einerlei,  ohne  subst.  gleichviel :  beide  treume  sind  einer- 
lei, lldos.  41,25;  bei  den  Römern  ist  tugend  und  tapferkeit 
einerlei.  Wieland  1, 149 ;  mir  ist  alles  einerlei,  versetzte  Philine, 
nur  musz  ich  auch  diesmal  erfahren,  dasz  männer  immer  rm 
Widerspruche  mit  sich  selbst  sind.  Götbe  19, 15 ;  dann  glauben 
sie  was  sie  wollen,  es  ist  ohnedem  jetzt  ganz  einerlei.  20, 94 ; 

wie  einer  denkt,  ist  einerlei, 

was  einer  thut,  ist  zweierlei.    3,273; 

und  was  die  menschen  meinen, 

das  ist  mir  einerlei.    3,  258; 

und  wo  die  freunde  verfaulen, 

das  ist  ganz  einerlei.    4,344; 

die  busze  bleibt  bei  allen  Sünden  einerlei. 
Rost  schäfererzähl.  61. 
mit  ausfallendem  verb.  subst. 

es  ist  arabisch  aber  was  der  herr 

hinein  geschrieben,    'einerlei!  nur  her."    Lessing  2,  327  ; 

liebe  verschenkt,  egoismus  leiht  —  einerlei  vor  dem  throne 
der  richtenden  Wahrheit,  oh  auf  den  genusz  des  nächstfol- 
genden augenblicks  oder  die  aussieht  einer  märlyrerkrone, 
einerlei  ob  die  Zinsen  in  diesem  leben  oder  in  einem  andern 
fallen.  .Schiller  756'; 

er  lege 
die  erste  band  an  diesen  rohen  stein, 
ob  er  vollende  oder  unterliege,  ihm  einerlei.    294'; 

'kind,  waschen  must  du  dich',  es  kommt  von  den  blumen, 
antwortete  Apollonia.  ^einerlei',  sagte  die  frau,  'du  must  dich 
waschen'.    Arnim  kronenw.  1, 101. 

4)  einerlei  substantivisch  gefaszt,  assiduitas,  hier  könnte  nicht 
gleichviel  gesetzt  werden: 

alle  bäche  rauschen  hier  ein  ewigs  einerlei.    Zacuariä; 
das  ewge  einerlei,  das  ich  für  sie  empfand.  VVibland  9, 178; 
so  SUSI  auch  küsse  sind,  wenn  wir  Tibulle  hören, 
so  baszt  doch  die  iiatur  ein  ewig  einerlei.    10, 150; 

doch  alles  einerlei 
ermüdet  zuletzt.    4,  38; 
und  in  dem  buntsten  einerlei 

von  sinnenrauscb  den  geist  herum  zu  drillen.    18, 198; 
und  reiz  und  manigfaltigkeit 

in  dieses  einerlei  von  müh  und  kummer  streut.    Götter  1,22; 
du  wirst,  mein  freund,  für  deine  sinnen 
in  dieser  stunde  mehr  gewinnen 
als  in  das  jahres  einerlei.    Göthk  12,  75. 

wie  unter  3  'ist',  könnte  auch  hier  zu  verstehen  sein  das  einer- 
lei d.  h.  das  einer  art  'seiende',  den  gen.  einerleis  zu  bilden 
wäre  hart. 

5)  der  spräche  gewalt  thut  aber  Lessixg,  wenn  er  einer  lei 
für  ein  adjecliv  nimmt  und  nun  gar  schwach  ftectiert:  die 
möglichkeit,  dasz  die  unendliche  zahl  der  endlichen  wesen 
gleich  anfangs  in  den  vollkommensten  Zusammenhang,  deren 
sie  fähig  sind,  {habe)  gebracht  werden  können,  gibt  Leibnitz 
nicht  allein  zu,  sondern  reitet  sie  auch  gegen  den  Vorwurf 
des  immer  einerleien.   9, 166. 

EINERLEIHEIT,  f.  summa  consensio,  id<mtität :  als  das  ge- 
gentheil  des  nichtirh,  dessen  Charakter  manigfaltigkeit  ist,  mit- 
bin als  völlige  absolute  einerleiheit.  Fichte  best,  des  gel.  11; 
vorlbeii  des  englischen  volkes,  das  die  ungeheure  national- 
schuld  blosz  bei  sich  selber  geborgt  hat,  und  das  bei  dieser 
einerleiheit  von  Schuldner  und  gläubiger  recht  blUhen  kann. 
i.  P.  ddmm.  1, 23. 

ELNEHLEILEBEN,  n.  das  einerleilebcn  hat  mich  wie  ein 
schleichend  fieber  um  die  schone  zeit  gebracht.  Behine  br.  i,  vi. 

EINERNTEN,  messem  faeere,  nnl.  inoogslen :  frtlrhte  ein- 
ernten; dank,  undank  einernten;  wenn  du  dein  land  einem' 
lest,  soitu  . . .  nicht  alles  gnaw  aufsamlen.  3  Mos.  19,  9 ;  du 
soll  dich  zu  meinen  knaben  halten,  bis  sie  mir  alles  ein- 
geerntet haben.  Hulh  2,  21 ;  wie  ich  wol  gesehen  habe,  die 
da  mühe  pflügcten  und  unglUck  secten,  und  ernten  sie  auch 
ein.  Hiob  4,  9 ;  denn  sie  seen  wind  und  werden  ungewiiier 
eioernten.  ihtea  8,  7 ;  er  s5te  wind  aus  und  erntete  stürm 
ein ;  der  dafOr  lob,  beifali  und  ein  gescbenk  einerntete.  GOrai 
18, 29« ; 


wir  sän  auf  Wahrheit  aus  und  ernten  zweifei  ein.    Dusch; 

zu  stolz 
dank  einzuernten  wo  ich  ihn  nicht  säte.    Lkssing  2,  . . . 

ELNERSEITS,  ex  una  parte,  gegensatz  von  anderseits :  das 
gepäck  streift  bald  einerseits  an  die  felsen,  und  wenn  das 
thier,  um  dieses  zu  vermeiden,  sich  gegen  die  andere  seile 
zieht,  so  schwebt  die  last  über  dem  abgrund.    GiiTnE  23,  47. 

EINERZIEHEN,  was  anerziehen:  im  ganzen  sollte  man 
einem  menschen  nicht  die  lügenden  seines  künftigen  Standes 
oder  alters  einerziehen.    J.  P.  lit.  nachl.  4,  265. 

EINES,  s.  eins. 

EINESELN,  ut  asino  imponere: 

wenn  ihm  die  kOnste  gleich  recht  eingeeselt  sind. 
WiEDEMAN  not).  39. 

s.  eseln. 

EINESSEN,  l)  prandendo  inserere,  einen  mit  einessen,  so 
dasz  für  ihn  zu  zahlen  erspart  wird;  oder  auch  die  portion 
eines  andern  mit  verzehren. 

2)  glutirc,  devorare,  in  sich  essen,  fressen:  ich  musz  das 
einessen,  verschlucken;  intr.  inessen,  wie  ein  wasser  inisset. 
Keisersrerg  bilger  137";  der  schmerz  hei  in  mich  ingefölet 
und  ingossen  (eingefressen).    137*;  im  inessen.    145*. 

EINESTHEILS,  ex  una  parte,  gegensatz  anderstheils,  an- 
derntheils. 

EINEXERCIEREN,  5.  einüben, 

EINFACH,  Simplex,  das  worl  erscheint  weder  ahd.  und  mhd., 
noch  ist  es  bei  Frisius  und  Maaleb  m  finden,  Luther  6«- 
dient  sich  seiner  nicht,  zuerst  hat  es  Dasvpodius  22.5*.  Hemsch 
843,3,  im  16  ;7i.  beginnt  es  umfang  zu  gewinnen;  es  musz 
von  dem  subst.  fach  ausgegangen  sein,  ursprünglich  einfächig 
bedeutet  haben,  das  nach  analogie  von  zwivach,  viervach  schon 
lange  üblich  gewesen  sein  mochte,  den  sinn  von  einlällig  über- 
nahm einfach  um  so  mehr,  als  jenes  üble  nebenbedeutung  empfienrj. 

1)  von  leuten:  ein  schlichler,  einfacher  mann;  es  sind  red- 
liche einfache  leute;  ein  einfaches  landinädchen ;  ein  ein- 
facher Soldat,  tat  simple  soldat;  ein  armer  einfacher  lands- 
knecht  leidet  groszen  hunger.  Wickram  rollw.  29.  man  setzte 
aber  den  einfachen  knecht  dem  doppelsüldner  entgegen,  der 
doppelte  löhnung  erhielt:  mit  den  übrigen  doppelsüldnern  unJ 
einfachen  knechten,  das  seind  die  kein  hämisch  oder  rüslucg 
tragen.  Kirchhof  mil.  disc.  113.  vier  grafen  des  deutschen 
reichs  hieszen  ehmals  die  einfachen  oder  einfachgrafen.  HAH.t 
2, 153,  PiGHiDS  im  Herc.  prodicius  p.  60  nennt  sie  quatuor  im- 
perii  comiles  hereditarios. 

2)  einfach  gegensatz  des  doppelten :  einfacher  und  doppelter 
adler;  einfache  und  doppelte  flinle;  einfaches  und  doppeltes 
hier;  einfache  und  doppelle  blume;  einfache  und  doppelte 
reihe;  einfaches  und  doppeltes  zeug;  einfacher  und  doppelter 
faden,  man  sagt  den  faden  einfach  oder  doppelt  nehmen, 
nimm  zweifach  was  einfach  zu  lang  ist.  Hemsch  843,6,  weil 
die  doppelung  kürzt,  einfache  zahl,  die  durch  eine  Ziffer  aus- 
gedrückt wird. 

3)  einfach,  schlicht,  ungekünstelt: 

indem  mir  also  nichts  gemein 

mit  wankelmütigen,  verkehrten, 

noch  mit  weltweiseii,  hochgelehrten, 

belleisz  ich  mich  einfach  zu  sein.    Wkckberlim  118; 

in  schlicht 
einfacher  sitte  bin  ich  aufgewachsen.    Scbilles  ...; 

mein  leben  war  sehr  einfach  und  ich  bin  selten  in  die  Ver- 
suchung gerathen  zu  versuchen.  Göthk  19, 133;  einfache,  gute 
kost ;  einfache,  saubere  kleidung ;  das  Schauspiel  bat  die  ein- 
fachste handlung.  die  sacüe  ist  ganz  einfach,  die  sache  ist 
einfach  die  u.  s.  w.;  das  ist  einfach  nicht  wahr;  ich  werde 
ihn  einfach  abweisen. 

EINFACHEN,  loculare,  in  sein  fach  bringen:  zuletzt  sind 
noch  richtig  eingefacht  unterzubringen  das  rüthsel  u.  s.  w. 
J.  P.  Vorschule  der  aesth.  2, 150.  dies  einfachen  iräre  mhd.  In- 
fachen, also  von  einfachen,  vereinfachen  unlersdiieden. 

EINFACHERIG,  aus  dtm  pl.  von  fach  gebildet,  nlto  nur  etn 
fach  habend,  wie  man  von  Samenkapseln  sagt. 

EINFACHHEIT,  f  simplicitas:  des  lebens,  der  «ilte,  der 
speise  u.  s.  w.    liebe,  ^üte  und  einfurhheit.   Kli<<cers  th.  4, 131. 

EINFÄCHIG,  EINF\CHIG,  simples,  wahrscheinlich  früher 
gebildet  als  einfach,  so  vil  in  einer  gemein  von  den  ein- 
fai'bigrn  glideren,  nun  von  den  zQsamen  gelegten  gltderen. 
Gersdorf  3. 

EINFÄDELN,  ßlum  per  acum  immitlere,  gleich  anfüdeln, 
auffädeln,  uusfadeln  ^üriu»;  von  fikdeiulen,   weichet  aus  d*m 


i 


169 


EINFÄDELN  -  -  EINFAHREN 


EINFAHRER  —EINFALLEN 


170 


diminutivum  fädenile  entspringt;  edler  ist  die  volle  form  ein- 
fadmen,  einfädmen.  die  älteren  vocabulare  gehen  nur  fädmen, 
nicht  fädeln,  figürlich,  etwas  anstißen:  spitz  einfädeln;  hr. 
Orgon.  lasz  mich  nicht  so  viel  reden,  mein  kind,  es  möchte 
mir  schädlich  sein.  fr.  Orgon.  aber  wenn  sie  mit  der  frau 
Schwägerin  reden  und  etwas  heimlich  einfädeln  sollen,  so 
haben  sie  diese  sorge  nicht.  Gellert  3,  209 ;  mein  vater  trieb 
zwar  die  handlung,  hatte  aber  wenig  mittel,  weswegen  er  alles 
sehr  genau  einfädeln  muste,  denn  bei  einer  solchen  starken 
familie  wurden  auch  starke  ausgaben  erfordert.  Felsenb.  3, 147 ; 
sie  weisz  ein  verliebtes  gespräch  vortreflich  einzufädeln.  Les- 
sisG  . . . ;  nachdem  diese  richter  drei  tage  allzeit  bis  in  die 
späte  ffacht  zu  werke  gegangen  waren,  so  hatten  sie  auf  den 
Vorschlag  des  schreiers,  der  auch  allein  der  ausführer  dessel- 
ben sein  konnte,  es  so  eingefädelt.  Klopstock  12, 306 ;  sie 
haben  unter  sich  verabredet,  zu  einer  ausländischen  gelehr- 
tenrepublik  überzugehen  und  allda,  sofort  nach  beiderseitiger 
ankunft,  gar  manches  einzufädeln  und  anzuzetteln.  12,  307 ; 
lern  ein  andermal  die  sache  besser  einfädeln.  Fa.  Müller  2, 103 ; 

einen  liebeshaodel 
gut  einzufädeln,  fein  zu  drehn.    Gotter  1,77; 

leute  wie  sie  begreifen  kein  anderes  wolwollen  als  höfliches 
oder  einfädelndes.  J.  P.  Hesp.  1,72;  wenn  vrir  das  alles  so 
verständig  einfädelten.    Fibel  153. 

EINFADEMEN,  EINFÄDMEN,  die  ältere,  bessere  form  des 
vorigen:  ja  dise  alle,  sag  ich,  kan  sie  fein  artig  ausz  der 
schrift  holen  und  einer  jeden  nadel  einen  faden  einfademen. 
.Fischart  bienenk.  146"; 

lademe  wisder  den  lebensdrat  ein !    Lohki^st.  Agr.  97. 

vgl.  fadmen,  ahd.  fadamon.  gegensatz  auffädmen,  die  faden 
lösen. 

EINFÄHEN,  icas  einfängen,  amplecli,  recipere:  das  sein 
fürstl.  gn.  bewilligen  wöll,  solhen  obgemelten  hof  mit  seinem 
einfang  und  hofstat  für  die  beruerten  prandler  umb  ein  grönd- 
zins  einzufahen.  Cumel  urk.  Maximilians  s.  359;  der  euszer 
mensch  nicht  glaubt  dann  das  er  mit  den  euszern  sinnen  be- 
greift und  mit  einem  vernünftigen  ausrechnen  einfahet  Frank 
weltb.  vorr. 

EINFAHREN,  invehere,  ingredi,  ahd.  in  faran,  vihd.  in  varn, 
nnl.  invaren,  dän.  indfare. 

1)  intrare,  eingehen : 

fuar  er  ihö  in  thia  worolt  in,  Ilaz  tbaz  wastweldi  sin. 

0.1.  23,9; 

fararoäs  aviur  thara  zi  in,  hina  in  iro  lant  in.    III.  23,  2S; 

faret  in  thia  bürg  in!  IV.  9,  9; 
dar  die  liute  in  unde  Ö5  fuoren.  N.  ps.  68, 13.  man  hüte  sich 
ahd.  infaren  =  entfahren  damit  zu  verwechseln,  nhd.  zum 
Schacht,  in  die  grübe  einfahren ;  zum  Schornstein  ein  und  aus 
fahren,  man  sagt  das  holz  ist  eingefahren,  eingelaufen,  hat 
sich  im  trocknen  zusammengezogen,  vgl.  eingehen. 

2)  invehi,  vom  einfahrenden  wagen :  in  den  hof  einfahren, 
eben  ist  er  eingefahren;  ein  wagen  fährt  ein.  Klinger  1,475; 
ich  höre  einfahren.  9, 154.  da  nun  der  donner  als  ein  teagen 
<-edacht  wurde,  heiszt  es  treffend:  der  donner  ist  eingefahren, 
hat  eingeschlagen ;  im  felsengewinde,  in  das  zuweilen  tief  ein 
donnerkeil  einfuhr.  J.  P.  7"i/.  4,52;  weil  das  Sonnenlicht  der 
Untersuchung  Völker  wie  den  diamant  still  durchflieszt,  indes 
das  electrische  der  factionen  zerschmetternd  einfährt,  freiheits- 
büchl.  111.  auch  vom  einlaufenden  schif:  das  schif  ist  glück- 
lich in  den  bafen  eingefahren. 

3)  irrumpcre,  irruere,  einbrechen,  losfahren :  ich  verfügte 
mich  gleich  in  ihre  (der  diebe)  zunft  und  half  bei  nacht  ein- 
fahren, wo  ich  zukommen  möchte.    Simpl.  K.  634 ; 

da  fuhren  zehn  husnren 

wie  teufel  auf  mich  ein!    Göeingk  1,  246; 

er  fuhr  dergestalt  mit  drohungen  auf  sie  ein,  dasz  sie  bald 
aus  furcht  mehr  versprachen  als  man  verlangt  hatte.  Beckers 
«eltg.  8, 139. 

4)  transitiv:  invehere,  den  wagen,  das  getraide  einfahren; 
der  knecht  soll  heu  einfahren;  heute  wollen  wir  einfahren, 
pferde  einfahren,  zum  wagen  abrichten:  Jagen,  pferde  kaufen, 
tauschen,  bereiten  und  einfahren.  Göthe  17,  36 ;  denn  gear- 
beitet musz  doch  einmal  werden  {am  bau  Deutschlands)  und 
von  wem  wird  es  feuriger  geschehen,  von  einer  schon  einge- 
wöhnten, eingefahrenen  nachkommenschaft?  J.  P.  nachdämm. 
70;  gut  eingefahrne  pferde.  Maaier123'  hat  aber  in  anderm 
intransilitan  sinn :  einfaren,  ab  der  weid  füren,  nac/t  dem  lat. 


dispescere,  a  pastione  deducere,  sejungere,  heimfahren,  im 
gegensatz  von  ausfahren  mit  dem  vieh.  das  thor,  die  thür 
einfahren,  einstoszen. 

EINFAHRER,  m.  der  bergmann,  welcher  einfahren  musz,  der 
die  gruben  beaufsichtigt. 

EINFAHRT,  /.  introitus,  ingressus, 

1)  vom  intransitiven  einfahren,  mhd.  Invart  (tob.  3,  254*),  der 
eingang,  einzug: 

wolan,  fürslin  fromb  und  zart, 

selig  sei  nu  dein  einfart!    Weckherliä  353; 

Asteris,  nicht  sehr  grosz.    da  empfängt  mit  doppeller  einfart 

schiffe  der  port.  Od.  4,S46.  Xttuves  aficpiSvuoi. 

die  einfahrt,  das  thor  des  hauses;  die  einfahrt  des  Schachtes. 

2)  vom  transitiven  einfahren: 

morgen  ist  fröliche  einfahrt  {der  ernte)  durch  alle  thore  der  bürg. 

Klopstock. 

EINFAHRTSPFENNIG,  m.    Moser  2,  218. 
EINFALL,  m.  nach  den  bedeutungen  des  einfallens, 

1)  ruina,  einsturz:  der  einfall  des  alten  hauses,  der  mauer; 
noch  ehe  aber  hätten  wir  uns  des  himmels  einfall  versehen. 
Felsenb.  4,211; 

und  bebte  gleich  der  weiten  bau  und  veste, 

so  zaget  er  bei  ihrem  einfall  nicht.    Hagbdosn  1,  13; 

bergmännisch,  dem  hintersten  gange  drohet  einfall. 

2)  irruptio,  incursus:  mhd.  inval,  pl.  Invelle.  Eckbart 
476, 26.  556,  27.  31 ;  nhd.  der  einfall  des  feindes ;  Pompejus 
bat  die  stat  belagert  und  gewonnen  und  im  einfall  etliche 
tausent  Juden  erschlagen.  Reiszner  2,  74" ;  dieser  plötzliche 
einfall  eines  zahlreichen  heers  versetzte  das  ganze  land  in 
furcht,  einfall  des  raubthiers  in  eine  heerde ;  einfall,  nieder- 
lassen der  Vögel  auf  den  herd,  s.  anfall  3.  einfall,  einbruch, 
eintritt  der  nacht.  Maaler  123*;  einfall  der  regenzeit;  einfall 
des  lichts :  die  richtung  des  einfalls  der  lichtstrahlen.  Kant  3, 78. 

3)  einfall  der  klinke,  der  schnalle,     s.  einsaat. 

4)  subita  cogitatio,  ein  plötzlicher,  schneller,  kluger,  guter, 
glücklicher  einfall;  ein  alberner,  übler,  närrischer,  wunder- 
licher, seltsamer  einfall ;  du  hast  einfalle  wie  ein  alles  haus ; 
mhd.  daj  ein  mensche  nummer  tiefen  inval  gehabe  von  dikei- 
nen  gedanken.   myst.  250, 17 ; 

und  die  gefaltne  slirn,  des  Schreckens  finstrer  sitz, 
vom  einfall  aufgeklärt,  wird  keinen  scherz  verderben. 
Lessing  1,  172; 

auf  diesen  brief  folgt  eine  kleine  sinnschrift,  wovon  dieses 
der  einfall  ist.  3,212;  allein  der  einfall  hiezu  entsprang  aus 
dem  veränderten  umstände,  dasz  den  vater  eben  dasselbe  Un- 
glück betroffen  habe  als  die  kinder.  6,  420 ;  der  einfall,  sich 
an  die  stelle  der  tänzerin  zu  setzen,  war  ihr  erst  in  dem 
augenblicke  gekommen,  da  sie  ihn  ausführte.  Wieland  1, 217 ; 
was  sagst  du  zu  dem  einfall,  den  ich  habe,  dich  an  diesen 
platz  zu  setzen?  1,222;  hattest  menschenverstand  und  ein- 
falle nicht  wie  jeder.  Göthe  an  Breitkopf  bei  Jah5  207 ;  es  war 
ein  bloszer  einfall  von  mir ; ' 

0  der  einfall 
war  kindisch,  aber  göttlich  schön.    Scbillib  245*. 

EINFÄLLEN,  mhd.  in  vallen,  nnl.  invallen,  schw.  infalla, 
dän.  indfalde,  in  zahlreichen  bedeutungen. 

1)  collabi,  corruere:  es  war  als  wollte  der  himmel  ein- 
fallen ;  das  haus,  der  ofen,  das  alte  gemäuer  ist  eingefallen ; 
figürlich  von  frauen,  wenn  sie  entbunden  werden:  das  haus 
fällt  ein,  der  ofen  fällt  ein,  das  baus  kracht,  knackt; 

80  bald  wird  ein  geschrei  aus  Adelsdorf  erschallen, 
das  kleine  Vogelhaus  sei  plötzlich  eingefallen. 
GCntusr  663, 

vgl,  deutsche  mythol.  s.  Uli,  es  ist  einfallen  des  schwangern 
leibs  gemeint,  ebenso  von  gesicht  und  wangen:  ihre  wangen 
eingefallen.  Kircbhof  wendunm.  363' ;  seine  äugen  fielen  ein ; 
nnl.  met  ingevallene  oogen,  mit  eingesunknen  äugen,  dän.  ind- 
faldne  kinder  {altn.  kinnfiskasoginn),  mager  og  indfalden  i 
ansigtet,  mager  und  eingefallen;  nnl.  zijne  kaken  (kinnbaeken) 
zijn  geheel  ingevallen.  seine  jungen  rosenwangen  wurden  so 
bleich  wie  eine  stirn  und  das  gesicht  fiel  wie  eine  taste  unter 
der  zersprungnen  saite  ein.  J.  P.  Tit.  3, 156 ;  leichonschleier, 
die  eingefallne  reize  bedecken,  lil.  nachl.  4,  67.  das  brot  ist 
beim  backen  eingefallen,     vgl.  eingehen  6. 

2)  relabi,  recidere,  mlat.  recidivare,  franz.  r^cidiver,  zurück- 
fallen: Conrad  laborierte  am  fiebcr,  und  ob  er  gleich  damals 
gesund  wurde,  fiel  er  dvcb  bald  wieder  ein  and  erkrankte 
im  lager  bei  Lavello.   Hauk  4,234. 


171 


EINFALLEN 


ELNTALLEN —EINFALT 


172 


3)  incidere,  meist  von  ualurerscheiuungen :  die  nacht  fällt 
ein,  wie  bricht  ein,  bei  Maaler  123'  die  nacht  falt  ein,  cadunl 
ttmbrae;  ich  komme  mit  einruliender  nacht,  la  nuit  tombant, 
sehu).  natten  iufallcr,  die  nacht  bricht  plötzlich  ein; 

welch  eine  damniruiig  follt  nun  vor  mir  ein.    Göthk  9,  179; 

in  seinen  späten  frühiing  fallt  statt  des  nachwinlers  sogleich 
der  ganze  reife  Vorsommer  ein.  J.  P.  flegelj.  l,  24 ;  wenn  in 
der  letzten  epoche  regen  einfiel.  GöTnE24, 192;  es  war  wieder 
regenwettcr  eingefallen.   Tibck  15,  69 ; 

bald  Talk  zur  unzeit  regen  ein.    Gottrr  1,  8S; 

bei  eingefallener  sehr, harter  kälte,  pers.  reiseh.  1,15;  kälte, 
die  im  herzen  oft  neben  zu  groszer  fremder  wärme  einfällt. 
J.  P.  TiV.  1,  6;  die  lichtstralen  fielen  nur  sparsam  ein;  durch 
ein  astloch  fiel  licht  ein;  meine  äugen  sogen  das  einfallende 
licht,  desgleichen  von  pest  und  krankheil:  nit  lang  hernach 
fiel  aber  ein  pestilenz  ein.  Pi.ater  84;  wenn  es  aus  einer 
Überfüllung  herkommen,  so  feilt  der  gebreche  geschwinder 
und  gahlinger  ein.  Uffenbach  rosbuch  2,  248.  von  andern 
ereignrssen :  ostern  fallen  heuer  spät  ein ;  kurz  zuvor  ehe  die 
schöne  Pythia  den  besagten  versuch  machte,  war  das  fest  der 
Diana  eingefallen.  Wieland  2,  30 ;  in  eben  dieser  zeit  fiel  eine 
allgemeine  trauer  ein.  Göthe  19,  246 ;  denn  es  ist  gar  schwer 
bei  der  rechten  warheit  bleiben  und  festhalten,  wenn  so  viel 
ergernis  und  ketzereien,  so  vil  zwitracht  einfallen.  Melanch- 
THON  Unterricht  wider  die  lere  der  widerteufer,  übers,  von  Jonas 
bl.  2 ;  Af  dem  allerminnesten,  daj  in  gefallen  {sich  ereignen) 
mac.    EckiiART  644, 1; 

das  ich  kain  mangel  furcht  einfallen.    MsLissusps.  Ml*. 

die  klink'e,  schnalle  fallt  nicht  gut  ein,  s.  einfall  3.  es  fällt 
ein,  gehl,  kommt  ein,  von  einkünften  und  gefallen,  s.  ein- 
gefäll. 

4)  irrumpere,  irruere:  der  feind,  der  räuber  ist  eingefallen, 
ins  lager  eingefallen;  sind  die  Polen  eingefallen  und  haben 
das  land  sehr  verwüstet.  Micräijus  2, 193;  fielen  auch  zu  dem 
pfarrherr  ein  mit  gewalt.  Luther  3,34;  darnach  fielen  sie 
zu  dem  guten  bruder  Heinrich  ein.  daselbst;  der  band  fällt 
in  einen  (fällt  einen  an).  Keisersb.  post.  2,95;  wollet  auch 
nicht  ansehen  die  sehender  so  wider  mich  einfallen.  Para- 
cELSüs  1,60"';  die  wilden  thiere  sind  eingefallen;  die  vögel 
fallen  auf  den  hcrd  ein ;  das  federwildbret  fällt  ein,  wenn  es 
zu  seinem  nachtlager  fliegt. 

6)  subire,  in  den  sinn,  in  die  gedanken  kommen:  mir  fällt 
ein;  was  fällt  dir  ein?  was  ist  dem  manne  nicht  alles  ein- 
gefallen !  die  ältesten  belege  hat  wieder  Keisersberg  :  und  sagt 
solche  ding,  die  du  im  heimlich  vertruwet  hast,  und  wie  es 
infalt,  das  sagt  er.  s.d.m.9';  darunib,  wenn  sie  (die  bösen 
gedanken)  kummen  und  infallcn,  so  sol  es  (der  mensch)  sich 
Ott  damit  bekümmern  und  sich  ander  ding  annemmen.  19', 
da  jedoch  beidemal  der  persönliche  dativ  mangelt,  lieszc  sich 
einfallen  auch  für  incidunt,  invadunt  nach  3  nehmen,  es  wirt 
mir  einfallen,  ich  wird  daran  gedenken,  memincro.  Maaier 
123' ;  Gabriotto  sprach,  mir  feilt  ein,  was  das  freundlich  er- 
bieten der  jungfrawen  bedeuten  wil,  denn  mich  warlich  bc- 
dünkt,  ein  aufsalz  darin  verborgen  lig.    buch  der  liebe  252,  3 ; 

Helen  mir  wider  ein  meins  vatcrn  wort.    Sciiirlzl  Io6«pr.  66; 

ein  haus  zu  bauen  f;illt  ihm  ein.    Gkllirt  1,88; 
und  so  fiel  mir  ein 

euch  kurz  und  gut  da«  iiiesser  .-m  die  kehle 

zu  setzen.  Lkssüic  2,  339; 

endlich  da  ihm  keine  Minerva  mehr  einfiel,  rief  er  mit  lachen 
aus,  ich  wollte  wetten,  dasz  nun  keine  Minerva  mehr  in  der 
ganzen  bibliothek  sei.    Güthe  18,  27C ; 

verdurhi;  zur  rechten  zeit  fallt  einem  nie  was  ein.    7,78; 
heute  wollte  ihm  auch  gar  nichts  einfallen;  lasz  dir  das  nicht 
einfallen  =  untersteh   dich  nicht.';   das  sollte  mir  einfallen! 
s.  beifallen. 

6)  einem  einfallen,  tn  (Ue  rede  fallen,  ihn  unterbrechen: 

int  was  von  mir  geschehn, 
flcl  ihm  der  oidrder  ein.  so  hat  mir«  chach  befohlen. 

Grtphius  1, 112; 
mein  Herr,  flel  ihm  der  vater  ein, 
0  deokco  sie  doch  nicht  dasz  ich  tu  hart  verfahre. 

Grllirt  1,202; 
nein,  flel  der  alle  hiuig  ein.    1,220; 
so?  Helen  hier  die  andern  ein.    1,245; 
ja,  flel  nie  ihm  lebhaft  ein,  ich  bekenne,   dasz  ich  lictie  wie 
ich  nie  geliebt  babe.   Wiklaxd  1, 2((3;  wie  kuiufflen  sie  aals 


Puppenspiel?  fiel  ihm  Wilhelm  mit  einiger  bestüivung  ein. 
GüTUE  IS,  193.  schwcd.  nej,  inföll  hon,  jag  kan  ej  tro  det. 
vgl.  fiel  mir  ins  wort,    l'ierot  2,  321. 

7)  ähnlich  ist  einfallen,  dazwischen  fallen,  doch  ohne  dat., 
oder  mit  der  praep.  in,  gilt  hauptsächlich  von  tönen,  musik 
und  tanz:  hier  fällt  die  musik  ein,  hier  fallen  posaunen  ein, 
die  uhr  fällt  ein,  dumpf  fiel  die  glücke  ein ;  nun  fiel  ein 
andrer  reigen  ein ; 

doch,  Daja,  wenn  ich  euch  nun  sage,  dasz 
ich  selber  diese  sait  ihm  anzuschlagen 
bereits  versucht?  'was?  und  er  tiel  nicht  ein!' 
Lrssing  2,  292; 

bei  einfallender  musik.  Göthe  24, 148 ;  das  unsichtbare  eher 
fiel  in  die  letzten  worte  mit  ein.  20,  257 ;  der  hinimel  ruht 
küssend  und  liebend  an  der  erde,  wie  ein  vater  an  der  mut- 
ier, und  ihre  kinder,  die  blumen  und  diu  schlagenden  herzen 
fallen  in  die  Umarmung  ein  und  schmiegen  sich  an  die  mut- 
ier. J.  P.  Hesp.  2, 246 ;  stimmen  die  in  schönem  tagen  hannu- 
nisch  in  die  unsrigen  einfielen,  biogr.  bei.  1,  75 ;  wenn  Mon- 
tagne  die  ^  etwas  selbstsüchtige  freude  darüber  bezeigt,  dasz 
seine  alterhinfälligkeit  zugleich  in  die  seines  Vaterlandes  ein- 
falle (damit  zusammenfalle),  nachdämmerungen  70.  nnl.  zoodra 
men  an  deze  noot  koint,  muet  de  basstem  invallen,  sobald 
man  an  diese  note  kommt,  fällt  die  basstimme  ein. 

S)  zu  bemerken  ist  der  beigefügte  accusativ,  also  transitive 
bcdcutung :  er  stürzte  aus  dem  fenster  und  fiel  sich  den 
Schädel  ein ;  das  kind  kann  sich  leicht  den  köpf  einfallen ; 
nnl.  het  kind  viel  de  hcrsens  in.  böse  neigungen,  wo  man 
die  stiegen  einfällt  (die  treppe  beim  herabfallen  zerbricht). 
FisciiART  groszm.  41;  nnl.  liij  viel  den  vloer  in,  oder  darf 
man  verstehn:  die  treppe  hinein,  hinab  fallen?  vgl.  einlaufen. 

EINFÄLLEN,  dies  wäre  die  eigentliche  transilivbedeulung, 
erscheint  aber  selten: 

was  er  verspricht  einfeilt  er  nicht.    Ri.ik-.wald  geisll.  tieder  7t>, 

soll  doch  hcigzen  stürzt  er  nicht  um,  läsit  er  nicht  einfallen  ? 
es  liesze  sich  auch  sagen  holz  einfallen  und  ähnliches. 

EINFALLER,  m.  den  Schieferdeckern  eine  schmale  schiefer- 
platte zum  dachdecken  in  den  dachkehlen. 

EINFALLHAKEN,  m.,  der  in  die  schlagscheibe  der  uhr  ein- 
fällt. 

EINFÄLLIG,  einfallend,  einfelliger,  d/ipi«/a<iPMS.  voe.theut.{''. 

EINFALLSCHNALLE,  f.  an  repctieruhren.     s.  einfall  3. 

EINFALLSPUNCT,  m.  durch  welchen  der  stral  einfällt. 
Fichte  grundl.  der  wissenschaftslehre  374. 

EINFALLSWINKEL,  m.  des  strales.    Göthe  59,78. 

EINFÄLSCHEN,  adulterini  fietive  aliquid  ingerere,  i.  b.  ge- 
schnittnen  steinen  künstlemamen  eingraben. 

EINFALT,  Simplex,  nnkoog,  goth.  ainfal))s,  ags.  Anfeald, 
alln.  einfaldr,  ahd,  einfall,  inhd.  einvalt,  :.  b. 

der  einvahc  Marke.    Trist.  343,  19- 
mit  cinvaltem  muoie.    Iw.  7692. 

nhd.  heute  erloschen  und  durch  einfältig  so  wie  einfach  rer- 
drängt,  doch  noch  bei  Frisiüs  1213*  und  Maaler  99*  erhalten, 
wo  man  liest  homo  simplex,  einfalt  und  schlächt;  munditiis 
Simplex  mulier,  in  der  kleidung  schlächt  und  einfalt; 

die  burea  einf.ilt  etwan  waren.    Brant  narrensch.  82,  1 ; 

die  hofnung  und  der  gloub  sind  so  thünn  und  einfall,  das 
si  sich  nit  lassen  teilen  halb  uf  gut  und  halb  uf  die  heiligen. 
Conrad  Schmids  antwurt  uf  etlich  widerred.  (Zürich)  1522  C 
DiEFENBACU  hat  Unter  simplex  nur  einfallig,  cinfellig,  kein 
einfalt  mehr,  Dasypodius,  Henisch  nur  einfältig,  das  alte, 
edle  wurt  sollte  aber,  gegen  die  schleppende  ableitung,  wieder 
aufgenommen  werden,  zumal  das  analoge  manigfalt  fortdauert, 
ihm  und  dem  sinn  von  einfällig  hat  das  vorgedrungne  einfach 
geschadet,  doch  sind  auch  heute  noch  einfach  und  einfältig 
nicht  ganz  gleichbedeuttg ,  jenem  steht  duplus,  diesem  duplex 
zur  Seite,  für  ciiifarher  faden,  einfaches  hier  läsil  sieh  nicht 
einfältiger,  einfältiges  sagen. 

EINFALT,  f  simpltcilas.  dem  goth.  Binfalt)ei  entspricht  ahd. 
cinfulll,  wie  aus  manacfalt  gebildet  wird  manacfaltl ;  mhd.  be- 
gegnet nicht  cinvelle,  sondern  cinvalte,  i.  b. 

einvalie  zimi  der  minnc  wol.    Trist.  425,  10; 
von  der  oinvalte  mdi.     Bari.  179,40; 

woraus  einfall  sidi  kürzte,  nnl.  eenvuud  ist  neutral,  tckw. 
eofald  weiblich. 


173 


EINFALT  — EINFÄLTIG 


EINFÄLTIG  —  EINFÄLTIGLICH 


174 


1)  integritas,  animi  candor,  Schlichtheit,  Unschuld:  aber  sie 
piengen  in  irer  einfalt  und  wüsten  nichts  umb  die  sache. 
2  Sam.  15, 11 ; 

Unschuld  und  einfaU.    \Veckhebli5  122 ; 
wen  in  der  einfah  reinen  seien 
die  lügend  sich  pflegt  zu  verbalen.    415; 
der  Worte  göldner  glänz  hat  gift  zu  seinem  gründe 
und  operment  steckt  drin,  es  schadet  zum  gesunde, 
es  sterbt  die  einfalt  hin,  erweckt  ein  solcbes  klug, 
dafür  ein  keuscher  sinn  entsalz  und  grauen  trug. 
LoGAC  2,  66 ; 

die  glückliche  einfalt  seiner  jugend.    Wieland  7, 134 ; 

mit  des  herzens 
ektfah  vereint  sich  die  einfalt  des  gesanees. 

Klopsiock  1,  220; 

göithcher  mann,  du  würdigst  uns,  kehrest 
ein  bei  uns,  verachtest  die  niedrige  hüite  der  einfalt 
und  der  dürftigkeit  nicht.    Messias  14,  "23 ; 

bei  der  ersten  einfalt  der  stücke,  da  die  komödien  beinahe 
nur  als  reden  müssen  geschienen  haben.  J.  E.  Schlegel  3,  85; 
welche  Vollkommenheit  dem  menschen  im  stände  der  rohen 
und  im  stände  der  weisen  einfalt  angemessen  sei.  Kant  1, 106 ; 
die  einfalt  der  bedürfnisse.  4, 350 ;  den  geschraack  in  seiner 
einfalt  erhalten.  7,  4t8 ;  einfalt  gegensatz  von  Verschmitztheit. 
10,  9;  der  weise  ist  bei  seiner  einfalt  gar  nicht  einfältig. 
10,  225 ;  dem  systera  dadurch,  dasz  ich  zur  gattung  aufsteige, 
einfalt  zu  verschaffen  suchen.  11, 499 ;  so  viel  einfalt  bei  so 
viel  verstand,  so  viel  gute  bei  so  viel  festigkeit.  Göthe  16, 24 ; 
die  herzliche  einfalt  und  biederkeit,  die  seiner  nation  eigen. 
46,  328 ;  jene  hohe  einfalt,  ohne  welche  Homer  nicht  mehr 
Homer  bleibt.    Bürger  138"; 

und  was  kein  verstand  der  verständigen  sieht, 

das  übet  in  einfalt  ein  kindlich  gemüt.    Schillkr  8S*; 

habt  ihr  nicht  selbst  mich  aus  dem  frieden 

der  rohen  einfaU  aufgeschreckt?    Gottkr  1,  446; 

kirchenlieder,  woran  sich  die  gute  einfalt  erquickt.  Klinger 
12, 172. 

2)  aus  dieser  Vorstellung  sluße  sich  leicht  die  der  untcis- 
senheit,  dummheit  und  albernheit  ab:  er  hat  es  aus  einfalt 
gelhan;  der  mensch  besitzt  eine  unglaubliche  einfalt; 

was  lieb  ist,  weisz  ich  nicht,  doch  schreib  ich  hier  darvon, 
was  hilfts  ?  Unwissenheit  ist  meiner  einfalt  lohn. 

Flb>i:4G  152; 
wo  man  den  wiiz  verstand,  die  einfalt  tugend  nennt. 

Rosi  Schäfererzählungen  13; 

die  liebe  heilige  einfalt,  sancta  simplicitas !  Lessing  1,395; 
0  der  einfalt  I  Lenz  1, 132 ;  er  ist  die  einfalt  selbst. 

EINFALT,  m.  homo  stultus,  wie  man  sagt  der  unart,  der 
Ungeduld  u.s.k.:  die  herren  schauen!  wann  sie  also  einen 
einfalt  mit  der  Spitzfindigkeit  des  studierens  trillen.  Abele 
2, 308.     s.  einfaltspinsel. 

EINFÄLTELN',  diminutiv  des  folgenden,  in  kleine  falten  legen. 

EINFALTEN,  plicare,  interplicare,  implicare,  in  fallen  schla- 
gen, legen : 

doch  eiagefaltet  sitzt  die  uobewegliche, 
nur  endlich  rührt  sie  auf  mein  dräun  den  rechten  arm. 
Göthe  41,  136. 
EINFALTIG,  EINFÄLTIG,  simplex,  mhd.  einvaltec,  nnl.  een- 
voudig.  sehw.  enfaldig,  dän.  enfoldig. 

1)  einfach,  dem  vielfachen  und  doppelten  gegenüber:  das  y, 
welches  ist  dem  andern  eiofeltigen  i  am  laut  gleich,  so  vil 
das  teutscb  lesen  belangt.  Ickelsamer  (/ramm.  As';  das  heiszt 
gott  teilen  in  viel  götter  und  im  viel  räum  geben,  wiewol  er 
in  sich  selbs  wol  einfeltig  bleibt.  Luther  4,  31l' ;  eine  einfäl- 
tige tonstruclion.  Kant  6, 47 ;  ein  einfältiges  gesetz.  6,  50 ; 
mein  geheimnis  ist  das  einfältigste  ding  von  der  weit    Wie- 

LAXD    13,  110. 

2)  sehlicht,  redlieh,  unschuldig,  doch  bleibt  in  manchen  der 
folgenden  stellen  die  bedeutung  des  einfachen  und  schlichten 
schwer  zu  unterscheiden:  hab  ich  doch  das  gelhan  mit  ein- 
felligem  herzen  und  unschuldigen  henden.  l  Mos.  20,  5 ;  der 
herr  behütet  die  einfeltigen,  wenn  ich  unterlige,  so  hilft  er 
mir.  ps.  116,6;  wenn  dein  wort  offenbar  wird,  so  erfrewet 
es  und  machet  klug  die  einfeltigen.  119, 130 ;  wenn  dein  äuge 
einfeltig  ist,  so  wird  dein  g^anzer  leib  liecht  sein  (jabai  nu 
augö  J)ein  ainfal|)  ist,  iay  ovr  o  6fd-a).fi6s  aov  anlovi  f;, 
im  gegensatz  zu  unsel,  3iorr;^öi).  Matlh.  6,22;  ein  züchtiger 
der  törichten,  ein  lerer  der  einfelligen.  i?öm.  2,  20;  über  ewcr 
einfeltigen  stewre,  wo  der  lexl  «tt/ötjjt*  rfjs  xoivcovias,  golh. 
in  ainfal})ein  gamaindu|)ais.  2  Cktr.  9, 13 ;  kein  einfeltiger  rede, 
denn  das  gott  geredt  bat.  Llther  4,2';    auch  ist  ir  reuterei 


so  einfältig  on  allen  pracht.  Frank  weltb.  103' ;  man  wolt  kein 
sacrament  anders  dan  den  tauf  und  das  nachtmal,  und  darzu 
dieselbige  sehr  schlecht  und  einfeltig.  Fischabt  bienenk.  65"; 
die  einfaltige  redlichkeit.  Logaü  1, 145, 28 ;  wenn  sie  krank 
werden,  sich  durch  die  einrältigsten  hausmittel,  mit  nicht 
mehr  mühe  als  die  tbiere  helfen.  Liscov  707 ;  wenn  man  sich 
mehr  um  subtile  und  unnütze  grillen,  als  um  einfältige  und 
dabei  heilsame  Wahrheiten  bekümmert.  724;  ich  will  ein  ganz 
einfältiges  exempel  geben,  welches  beide  fälle  erläutern  kann. 
Lessing  8,  142;  dieses  argument  ist  so  einfältig  und  natür- 
lich. Kant  2,  455 ;  das  erhabene  musz  einfältig,  das  schöne 
kann  auch  geputzt  und  geziert  sein.  7,  382 ;  das  stille,  ein- 
fältige leben  des  landmanns.  10, 164 ;  einfältig  ist  der,  wel- 
cher nicht  viel  durch  seinen  verstand  auffassen  kann,  aber 
er  ist  darum  nicht  dumm,  wenn  er  es  nicht  verkehrt  auf- 
faszt,  10,217;  die  rührende  freude  der  einfältigen  natur.  Wie- 
land 1,78.80;  die  einfältigen  Wahrheiten,  welche  das  allge- 
meine gefühl  erreichen  kann.  3, 192 ;  erkenntnis  der  natur 
und  ihrer  majestätisch  einfältigen,  weisen  und  wolthätigen  ge- 
setze.  3,  214 ;  die  tarlarische  horde  hatte  von  ihren  voreitern 
eine  sehr  einfältige  religion  geerbt  sie  kannten  weder  tempel 
noch  priester.  6,  244 ;  die  einfaltige  und  lautere  Weisheit  des 
christenthuras.  6,  263 ;  im  schosze  der  freiheit  und  der  ein- 
fältigen mäszigung.  7,47;  ihre  nahrung  ist  eben  so  einfällig 
(ciftj  simplices).  ebenda;  vielleicht  ahndete  mir,  dasz  eine  zeit 
kommen  würde,  wo  mir  dieses  einfältige  handwerk  nützlicher 
wäre  als  alle  brotlosen  künste.  8,  352 ;  einfältig  im  vortrage, 
natürlich  in  der  ausführung.  Herder  1, 116 ;  die  alte,  einfäl- 
tige treue  ward  von  list  und  betrug  verschlungen.  Klinger 
10,  214.  man  wird  heute  in  den  meisten  fällen  einfach  dem 
einfaltig  vorziehen;  nur  da  wo  ihm  der  sinn  des  redlichen, 
guten  beiwohnt,  musz  es  bleiben. 

3)  in  üblem,  auch  vom  Zusammenhang  (üihängigen  sinn  dumm, 
albern:  schon  mhd. 

man  sol  die  huoie  keren 

an  irriu  wip  und  an  diu  kiel, 

diu  so  einvaltec  slnt, 

dar  si  eins  alten  wibes  rät 

gebringen  mac  ze  missetät.    Im.  2896. 

nhd.  ein  einfaltiger  mensch ;  das  war  eine  einfältige  rede,  der 
einfältigste  grund  den  man  hören  konnte ;  höre  auf  mit  dem 
einfältigen  geschwätze; 

den  heiland  kreuzigt  ihr  aufs  neu 
mit  solchem  kecken  spotte, 
'ja  doch,  da  geschah  ihm  recht, 
weil  sich  der  einfaltige  Knecht 
das  erstemal  kreuzigen  lassen". 

A.  W.  SCBLBGKL  im  musenalmanach 
für  1S02  s.  55. 

auch  von  dem  was  ungelegen  kommt:   ein  einfaltiger  husten! 
Götter  3, 134,  wie  man  sagt  der  alberne,  dumme,  böse  husten ! 
EINFÄLTIG,  adv.  simpliciter,  einfach:  Germania  ist  etwan 
gewesen   ein   rauch,   unbeuwig,   fruchtlos   land,   mit   grobem 
Volk  besetzt,  welche  sich  einfeltig  von  dem  vihe  also  nöreten 
Frank  teeiit.  42*;  also  kurz  und  einfältig.  Lessing  2, 162;  ein 
faltig  war  Adams  sommerhütte  gebauet  Fr.  MCller  1,  57; 
die  Sitte  dieser  weit,  einfältig  fromm,  begehrt 
des  auszenscheines  nicht    GotiEB  2,  439. 

EINFÄLTIGEN,  aequare,  vereinfachen:  das  all  unschlechle 
und  manigfaltigkeit  geschlichtet  und  geeinfeltiget  werden.  Kei 
SERSBERG  bUger  3. 

EINFÄLTIGKEIT,  f.  simplicitas,  einfaehheit:  darumb  sihe 
zu,  das  dich  deine  einfeltigkeit  nicht  betriege  und  in  unglück 
bringe.  Sirach  13, 10 ;  das  wir  in  einfeltigkeit  und  göttlicher 
lauterkeit  in  der  weit  gewandelt  haben  (in  ainfal{)ein  jah 
hlutrein  gu|)s).  2  Cor.  1,12;  das  ir  reich  seid  in  allen  dingen, 
mit  aller  einfeltigkeit  (in  allai  ainfal{)ein).  9, 11 ;  in  einfeltig- 
keit ewers  herzen.  Eph.  6,  5 ;  dieselbige  einfeltigkeit  der  lere. 
Luther  3, 152';  denn  er  ist  nicht  ein  gott  der  zweispeltigkeit, 
sondern  der  einfeltigkeit  3,  2S5;  wenn  sich  die  kunst  nicht 
angemaszet  hätte,  die  natur  ihrer  freiheit  und  rührenden  ein- 
fältigkeit zu  berauben.  Wielano  1,  8t  hevie  einfalt  oder  ein- 
faehheit 

EINFÄLTIGLICH,  simpliciter,  mhd.  «invaltecMche :  also  ein- 
faltiglich  und  schlecht  soit  du  dein  heicht  thiin  und  nüt  ver- 
schweigen. Keisersbebc  s.  d.  m.  16';  gibt  jemand,  so  gebe  er 
einfeltigllch.  Rom.  12,  S ;  einfeltiglich  hah  ichs  gelemet,  mil- 
diglich  teil  ichs  mit  weish.  Sal.  7, 13 ;  obs  wol  einfeltiglich 
beschrieben  ist  Lltbeb  6,  286* ;  ein  denkstein,  der  zier  habe 
oder  einialtiglich  gehauen  sei.    Klopstock  12,  8). 


1 75         EINFALTSPINSEL  —  EINFÄSCIIEN 


EINFASSEN-    EINFEUCHTEN 


176 


EINFALTSPINSEL,  m.  hotno  stuUus,  dummkopf:  darf  man 
aber  nicht  wissen  was  es  werden  wird,  ein  abendlied  oder 
ein  morgenlied?  'dummkopf!'  ein  Lusziied?  'einfaltspinsel!' 
Lessinc  1,  291;  lasz  den  einfaltspinsel  los!  Armm  schaub. 
2,  336 ;  wir  kundschaften  unter  den  thicren  einer  klasse,  wor- 
unter es  so  gut  als  unter  uns  genies,  gute  offene  köpfe  und 
wahre  einfaltspinsel  geben  musz,  nichts  aus  als  letzte,  höch- 
stens extreme.  J.  P.  Siebenkecs  3,  85.  der  petecanus  piscator 
heisst  einfaltspinsel,  wassertölpel.     s.  pinsel. 

EINFALZEN,  siriare,  falzen,  einßigen. 

EINFANG,  m.  ambitus,  umgebimg,  ein  friedigung,  umfang, 
mhd.  invanc  (üb.  3, 210') :  ein  zirkel  oder  einfang  zwischen 
zweien  hagen  mag  einander  mit  posaunen  ein  zeichen  geben, 
was  im  land  sei.  Frank  lüW/fr.  80';  dis  bad  ligt  in  eim  lusti- 
gen einfang.  Münster  487 ;  darum  so  musz  er  durch  der  natur 
examen  gehen,  welche  natur  die  weit  ist  und  all  ihr  einfang. 
PARACELStJS  1,  25' ;  s.  aucli  die  unter  einfahen  ausgezogne  stelle, 
in  dem  Wasserbau  immissarium,  wo  das  wasser  eingefangen 
wird.     s.  befang. 

EINFANGEN,  includere,  recipere,  dän.  indfange,  vgl.  einfahen. 

1)  das  wild,  rebhüner,  feldhüner  einfangen ;  der  eingefangne 
wolf  heult  erbärmlich ;  zwei  der  entflohenen  spitzbuben  wur- 
den wieder  eingefangen ;  das  entlaufene  pferd  wieder  ein- 
fangen ;  die,  spinne  fängt  mucken  ein. 

2)  die  segel  fangen  den  wind  ein ;  die  brüst  fängt  den  athem 
ein; 

die  lippen  ziuerten,  die  volle  brust  weit  mehr, 
der  aihem  ward  inii  schlucken  eingefangen, 
für  hilze  glühten  ihre  wangen,    . 
sie  rief,  Amiul  ach  geh!    Kost  schäfererz.  51. 

3)  mauer  oder  flusz  fangen  land  und  Stadt  ein:  gegen  mit- 
ternacht  wird  dies  land  mit  dem  flusz  Peuce  eingefangen. 
Frank  wellb.  57";  die  statt  ist  durch  Agrippam  enveitert  und 
mit  der  mauer  heraus  gefaren  weiter  eingefangen,  welche  zu- 
gab die  neuwslatt  hiesz.  179';  das  kleiner  Asia  {Asia  minor) 
wirt  mit  dem  mör  mare  mediterraneum  genant  eingefangen 
und  umbgürtet.    3'; 

ja  dise  altberümbte  statt, 

so  die  Limmat  eingfangen  hat 

mit  etlich  schönen  weiten  brücken.    Fischabt  gl.  seh.  126; 

die  hurten  werden  von  felbern  ruten  geflochten  und  mit  leisten 
umb  und  umb  eingefangen.  Hohberg  1,  61";  die  eisgrube  wird 
mit  einem  mäuerlein  eingefangen.  1,  62' ;  ein  herrlich  gezelt 
mit  vil  kammern  und  gemachen,  wend,  mauern  und  tbürmcn 
eingefangen  und  unibgeben.  Fbonsp.  kriegsb.  >3, 192" ;  äcker  oder 
änger  einfangen,    mhd.  wb.  3,  210'. 

4)  den  gepochten  und  gereinigten  zinnstein  einfangen,  ihn 
tom  her  de  in  den  trog  aufnehmen. 

5)  abstractionen :  inzwischen  ist  das  verdrieszliche  gerücht 
schwerlich  wieder  einzufangen.  J.  P.  komet  1,15;  der  tropf, 
siebt  man,  sollte  blosz  aus  den  zwei  eingefangnen  nachricli- 
ten  der  zwei  amtwerberinnen  den  ganzen  übrigen  rechtsgang 
erraten.  Hesp.  2,  61 ;  als  ich  in  Heiligengut  abslieg,  so  war  es 
von  höchster  importanz,  dasz  ich  mich  sogleich  an  die  dorf- 
jungen wandte  und  namentlich  an  die  schwein  scliaf  und 
günshirlen  darunter,  um  durch  personen  unter  ihnen,  welche 
zu  compilaloren  der  im  dorfe  zerstreueten  quellen  tüchtig 
waren,  mir  die  nölhigsten  einfangen  zu  lassen.    Fibel  10. 

6)  sich  einfangen,  sich  einbeiszen,  mit  den  fangen,  von 
hunden  und  raubthieren. 

EINFANGESCHALFEL,  f.  zum  einfangen  des  zinnsteins. 

ElNFANGliNG,  /".  inclusio.  hohen  fraisgerichlen  ist  nicht 
sowol  mit  der  einfangung  als  beerbung  der  inquisiten  gedient. 

EINFAHBIG,  EINFÄKBIG,  unicolor,  ahd.  einfaro,  mhd.  ein- 
»ar:  was  nu  bund  von  dem  einferbigen  vich  keine,  das  solle 
sein  [Jacobs)  lohn  sein,  des  ward  Laban  fro  und  hatte  die 
natur  für  sich,  das  von  einferbigen  nicht  viel  bundc  natür- 
lich komcn.  aber  Jacob  half  der  natur  mit  kunst,  das  die 
einferbigen  viel  bunde  trugen.  Luthers  glosse  zu  1  Mos.  30, 32  ; 
der  einfarbige,  der  unfarbige  stein  will  nichts  sagen.  Göthe 
30,  250  (mit  solchem  unterschied  des  umlauls  und  nichtumlauls 
in  beiden  Wörtern);  ein  feiner,  elegant  und  einfürbig  geklei- 
deter fremder.    J.  P.  Tit.  1, 1«.     man  sagt  einfarbiges  zeug. 

EINFAKBIGKEIT,  f  oder  buntheit.    Göthe  20,201. 

EINFASCHEN,  involvere  fasciis,  einhüllen:  die  neuangebau- 
ten betllein  {blumenbeete),  nachdem  sie  aufgegangen,  musz 
man  oftmals  besichtigen,  was  etwan  nicht  recht  eingesteckt 
oder  enlblfuzet  int,  mit  aufürhültung  einer  gtiten  erden  wieder 
verfaülliMi  und  gleichsam  einf;i»chen.    HoiinFRC   I,  63«*. 


EINFASSEN,  includere,  cingcre,  recipere,  vgl.  einfuhcn. 

1)  ein  beet  mit  buchsbaum  einfassen ;  weiden  fassen  die  flur 
ein;  wiese  von  dichtem  gebüsch  eingefaszt ;  den  brunncn  faszt 
ein  gelünder  ein ;  fallthür  in  der  wand  eingefasset.  irrg.  der 
liebe  264; 

flecken, 
nur  eingcTaszt 
VOM  zäun  und  hecken.    Staxford  «n  GöKi?ir.K  1,230; 

ein  kleid,  einen  hut  mit  band  einfassen ;  die  schuhe  sind  noch 
nicht  eingefaszt ;  sie  fasztc  das  tuch  mit  spitzen,  mit  perlen  ein ; 

er  faszt  ihn  (den  hut)  gar  mit  schnüren  ein.   Gbllbrt  1,45; 
auf  der  decke,  glaub  ich, 

ein  schattenrisz  mit  perlen  eingefaszt.    Sciiillbr  289'. 

steine,  edelsteine  in  gold  einfassen;  eingefaszle  steine  zum 
leibrock.  2  Mos.  2.5,  7 ;  eingefaszle  rubin  und  bunde  steine. 
1  thron.  30,  2 ;  bilder  in  rahmen  einfassen ;  einsi  bildnus  ein- 
fassen in  gold.  Maaler  123';  kunsteifer,  der  statt  der  gemählde 
die  mahler  selber  in  gold  eingefaszt.  J.  P.  komet  3, 197 ;  du 
verdienst  in  gold  eingefaszt  zu  werden. 

2)  einen  bienenschwarm  in  den  stock  oder  korb  einfassen 
hier  in  fässer,  wein  in  flaschen  einfassen,  nnl.  den  wijn  in- 
vaten,  dann  auch  flaschen  einfassen: 

wenn  er  euch  beedn  nur  schmecken  ihut, 

so  fasz  ich  euch  ein  Quschcii  ein.    Avrk.r  fastn.  33*; 

getraide  in  sacke  einfassen ;  wir  haben  heute  eingefaszt,  ge- 
traide  geholt;  das  tuch  in  die  lasche  einfassen ;  helle  er  kein 
brieftaschen,  darin  er  ihn  {den  brief)  einfasset,  so  wolt  er  ihm 
eine  leihen.  Avrer  proc.  2,  9 ;  das  kehricht  ordentlich  einfas- 
sen und  nicht,  der  faulen  art  nach,  in  die  ecken  sammleu. 
unterr.  für  hausmdgde  s.  9 ;  das  kehricht  zum  einfassen  zu-  l 
sammen  streifen,  s.  29;  einen  einfassen,  den  arm  in  eines 
arm  legen :  fassen  sie  mich  ein,  oder  blosz  fassen  sie  ein ! 
geben,  reichen  sie  mir  den  arm!  sie  giengen  eingefaszt  (arm 
in  arm),  verschieden  von  anfassen,  aber  gleichviel  mit  unter- 
fassen: fasz  mich  unter!  oder  mit  einklinken. 

3)  anwendungen.  darumb  das  man  gerüst  und  geschickt 
bleibe  gottes  wort  zu  handeln,  das  der  leib  eingefasset  bleib 
und  im  zäum  gehalten  werde  und  dem  geist  räum  lasse. 
LtJTUEH  2,  462' ;  weil  das  recht  musz  und  sol  einfeltiglich  mit 
dürren  kurzen  Worten  gestellet  werden,  kann  es  gar  nicht  alle 
zufelle  und  hindernis  mit  einfassen.  3,  318' ;  gott  aber  gibt 
uns  kein  wort  noch  gebot  für,  da  er  nicht  ein  leiblich  euszei- 
lich  ding  einfasse  und  uns  fürhalle.  3,  378 ;  gleich  einem 
mahler,  der  eines  menseben  gestalt  zuvor  in  seine  sinnen  wol 
einfassen  musz,  ehe  er  denselbigen  auf  das  tuch  entwerfen 
will.  Gryphius  2, 195;  Zeusel  faszte  mit  einem  weiten  lachein 
wie  mit  einem  bucbdruckerstock  seine  höfische  Verachtung 
gegen  den  groben  mann  ein.   J.  P.  Hesp.  2,  56. 

EINFASSUNG,  /".  margo,  limbus:  das  beet  hat  eine  schöne, 
das  gewand  eine  reiche  einfassung;  die  ganze  einfassung  der 
christlichen  liturgie.    Herder  20,  99. 

EINFASZBAND,  n.  band  zum  einfassen. 

EiNFASZGEW.\CHS,  n.  pflanze  zum  einfassen  wie  buchsbaum. 

EINFÄTSCHEN,  was  einfäschen,  einwindeln.  Henisch  84S,  61 
und  Stieler  438  einfelschen. 

EINFAULEN,  imputrescere :  das  du  denn  anfohest  in  dineiu 
gemüt  in  zu  fulen  in  dich  selber  und  dennoch  nit  usz  brichst. 
Keisersb.  bilger  137';  mich  het  geschmirzt  und  der  schmerz 
het  in  mich  ingefület  und  ingesseu.  137*.  die  äpfel  faulen 
ein,  der  bäum  fault  ein,  nach  innen  zu.    Stieler  446. 

EINFÄU.STIG,  unimanus.    Henisch  1024, 14. 

El.NFECHSEN,  importare,  einbringen,  einernten.  Schh.  J,S08. 
VüNRUN  sagen  Vorarlbergs  s.  32. 

EINFEIIMEN,  sues  agere  in  silvam  ad  saginam,   s.  fehme. 

ElNFtlLEN,  lima  incidere,  nnl.  invijlen,  der  gefangne  feilte 
die  kette,  die  Stäbe  des  feuslers  ein.    Stikler  457. 

EINFESSELN,  compede  includere,  constringere  : 

die  wahrheil  wird  uns  wol  so  bald  noch  nicht  )!(>raubt, 
indem  wir  ihren  fusz  mit  stark  und  fuslun  scIiIuskou, 
die  kcu  ist  mehr  aiü  stahl,  wol  einzufcsseln  wissen. 
Gß:«TimR  C.V»; 

endlich  »prang  die  knospe  der  zeit  und  gab  die  eingefesselte 
ewigkeit  mit  einem  gewaltigen  klänge  frei,   Tieci  9,  345. 

EINFFSTEN  soll  nach  Stieier  472  investire  im  lehnn-rlit 
ausdrücken,     nnl.  inveslen  ist  einsetzen. 

EINFETfEN,  pingue  facert,  adipe  iltincir. 

EINFErCHTFN.  humectare.  vgl.  anfeuchten,  befeuchti-n  :  <mu 
regengusz  hatte  den  boden  eingefeuchtet ;  anspritzen  und  ein- 
feucbteu. 


177 


EINFEUERN  —  EINFLEISZEN 


EINFLICKEN—  EINFLIESZEN 


178 


tlNFELEEJN,  ligna  reponcre  in  fornace,  accendere,  tgl.  an- 
:^tecken,  eiuschüren:  der  knecht  soll  nicht  so  stark  eiufeuern. 
figüilicli,  HO  wut  und  Verzweiflung  oft  die  herzüaftigkeit  ein- 
feuert. Hippel  lebensl.  1, 254 ; 

der  süüdeu  glui  (hat)  diese  brunsl  erreget, 
diefreisiadi  eingefeun  und  frei  in  grausi  (asclie)  gelegei. 
Grtpuiüs  2,  86. 
EINFECRIG,  uie  eiobrünslig,  inviurec.    myst.  294, 18. 
ElNFICKEiN,   inftgere,    eondere  in  crumenam.    Stieler  4Si. 
il.  infiwrare. 

EINFINDEN,  sich,  praeslo  esse,  eonvenire  in  unum,  sieh  ein- 
stellen, an  den  bestimmten  ort,  zur  gesetzten  stunde,  ein  ge- 
füges,  der  altern  spräche  noch  abgehendes  frort;  die  leute  fan- 
den sich  bei  tagesanbruch  zeitig  ein ;  eine  lustige  gesellschaft 
hatte  sich  in  der  herberge  eingefunden ;  das  niädchen  ver- 
blühte und  keine  liebliaber  wollten  sich  einfinden;  ich  werde 
mich  mit  der  bezahlung  einfinden ;  das  fieber  fand  sich  am 
dritten  tage  richtig  ein ; 

die  flau  fand  zur  gesetzten  stunde 

die  oacbt  durauf  >ich  mit  dem  grabscheit  ein.    Gellkrt  1,210; 

kaum  baue  mit  den  morgensiundea 

sein  erster  schlaf  sich  eingefunden.     Hageoorm  2,  t>7 ; 

in  einem  thil,  wo  den  verjungien  bain 

der  fiübling  schmückt,  ein  klarer  bacli  benetzet, 

fand  l'hrllis  sieb  zur  iiiuntem  Doris  ein 

die  sieb"  bereits  ins  grüne  hiogesetzeu    2,77; 

berede  dich,  wir  beide  hätten  uns 

auf  einem  bali  mit  masken  eingefunden.     Scbillrr  253'. 

EINFITZEN,  acum  inforare,  ein  Ohr  in  die  nadel  bohren,  feilen. 

El.NFLECHTE,  f.  crates,  storea,  intextura:  da  sitzen  sie 
{die  Türken)  in  ein  ring,  sind  ir  vil,  doch  nit  blosz,  sonder 
mit  undergebreilem  teppich,  brettern  oder  einflechten  von  bin- 
zen  oder  gerten.  Frank  ife//6. 104';  ein  knochenknorrig  rützel 
nach  w  arsageriscber  einflecht.  Fiscaiar  Garg.  2S3*.     s.  flechte. 

EINFLECHTEN,  impleclere,  intexere:  einflächten,  in  einan- 
deren wicklen.  Maaler123';  wusch  sich  und  salbete  sich  mit 
köstlichem  wasser  und  flöchte  ir  har  ein  und  setzet  eine  hauben 
auf.  Judith  lO,  3 ;  sie  bestreich  sich  mit  küstlichem  wasser  und 
flöchte  ire  bar  ein,  in  zu  betriegen.  16, 10 ;  blumen  in  das 
haar,  ringe  in  den  hart  einQechten;  gerten  in  den  zäun,  oder 
auch  den  zäun  einflechten,  figürlich,  er  flocht  seiner  rede 
lieder  ein ;  es  sind  dem  buch  zu  viel  nebengeschichlen  ein- 
geflochten; es  ist  beiläußg  eingeflochten; 
Caleisius  beschwerts,  liurius  sagis  aus, 
die  sie  sich  hat  bemübi  in  meineid  einzunecliten. 

LoHK.tsTsiN  Agripp.  7,  199; 
weil  der  Sicambrer  wolstand  in  dieser  Völker  erh^iltung  ein- 
geflochten wäre.  Armin.  1,1014;  wenn  sie  die  Gatten  oder 
Cherusker  mit  in  krieg  einflechten  wolten.  2,916;  der  alimä- 
liche  verfall  der  erde  ist  in  die  folge  der  abanderungen,  welche 
ihre  Vollkommenheit  anfänglich  bewirkten,  eingeflochten.  Kam 
9,  7 ;  in  eine  gesellschaft  eingeflochten  werden.  7,  421.  sich 
einflechten:  der  brombeerstrauch  breitet  seine  stachlichle 
zweige  also  aus,  dasz  sie  zwischen  alle  umbstehende  bluineu 
und  bäume  sich  einflochteten  {so).  Lokmans  fab.  22;  ohne  dasz 
der  matbematiker  sich  in  dieses  geschäft  dürfte  einflechten 
lassen.    Kant  8, 490. 

EINFLECKEN,  macula  imbuere:  das  gewand  einflecken. 

EINFLEISCHEN,  humanam  speciem  induere,  mlat.  incarnare, 
man  musz  schon  ahd.  infleiscan  gesagt  haben,  ags.  onflaescan, 
da  sich  die  subst.  infleiscnissa,  ags.  onfla^cnesse  ßr  incar- 
natio  finden.  Diefe.nbacb  291*  bringt  es  nicht  bei.  heule  ist 
nur  eingefleischt,  incamalus  gebräuchlich:  das  wort,  so  fleisch 
worden  ist,  oder  wie  wir  deutlicher  reden  möchten  das  ein- 
gefleischte worl.  Luther  3,  373 ;  würden  sie  mich  einen  höllen- 
brjnd,  einen  eingefleischten  teufel  genannt  haben.  Lessing  1, 390 ; 
er  muste  es  bis  zu  der  apathie  bringen,  deren  ein  eingefleischter 
genius  nur  immer  fähig  ist.  Wiela.nd  28, 154 ;  bedenkt,  dasz 
dieses  mädeben  kein  madeben,  sondern  ein  eingefleischter  satan 
ist.  GöTiiE  15,54;  Attilia  eine  recht  eingefleischte  plebejerin. 
33,208(201»;  es  war  mir  köstlich  einen  recht  eingefleischten 
Versailler  in  der  fremde  zu  sehen.  27,150;  kurze  Schilderung 
eines  eingefleischten  dilettantismus.  44,  269  ;  man  sagt  er  habe 
die  Kömer  vortreflicb  dargestellt,  ich  finde  es  nicht,  es  sind 
lauter  eingefleischte  Englander,  aber  freilich  menschen  sind 
es.  45,42;  ich  bin  ein  schon  ziemlich  alter,  eingefleischter  be- 
rufsmann.  Pestalozzi  3,  42 ;  sie  ist  ein  eingefleischter  teufet 
4, 3.     s.  abfleischen,  befleischeu,  entfleischen,  zerfleischen. 

EiNFLEISCUUNG,  f.  incamalio.  äriELER  504.  mhd.  In- 
vleischunge. 

EINFLEISZEN,  dili^enUr  persequi,  einstudiereH :   denn  ein 
Ul. 


stathalter,  so  er  seinem  herm  gehorsam  ist,  wirkt,  treibt  und 
einfleiszet  eben  dasselb  werk  in  den  unterlhanen,  das  der 
herr  selb  einfleiszet.    Luther  1, 26S'.     s.  befleiszen. 

EINFLICKEN,  l)  insuere,  läppen  einflicken,  op  figürlich,  worte 
einflicken;  das  ist  eine  später  eingeflickte  stelle;  ich  hoffe, 
meine  Clio,  die  noch  allemal  ein  wort  bei  dir  zu  sprechen 
gehabt,  werde  meine  nachlässigkeit  in  etwas  entschuldiget  und 
mich  in  vorige  gunst  wieder  eingeOicket  haben.    Camtz  63. 

2)  sich  einflicken,  insinuare:  in  die  gastmäler,  applicare  se 
ad  conviria.  Maaler99*;  sich  zuthun,  sich  darbieten  und  ein- 
flicken einem  zu  dienen,  so  weit  es  müglicb  ist,  die  bend 
under  die  fuesz  legen.  123*;  sich  höchstes  fleisz(es)  in  des 
königs  freundschaft  einzuflicken.  Tacics  bei  Fronsp.  3,231"; 
welche  tafeln  fast  zu  klein  werden  wolten,  derowegen  musten 
einige  sich  bei  den  andern  einflicken  (einrücken).  Felsenb.  4,  38. 

3)  für  inserere,  einschieben:  bekriegen  auch  den  kömg  aller 
fischen,  indem  dasz  sie  allenthalben  ire  zän  einflicken.  Fober60'. 

EINFLIEGEN,  involare,  nn/.  invliegen :  die  tauben  sind  ein- 
geflogen; käfer  fliegen  durch  das  fenster  ein  und  aus;  den 
eingeflognen  vogel  fangen. 

El.NFLlEHEN,  fugere  in  locum  tulum:  eingeflohene  guter. 
Andrea  bussposaune  Ms'.     s.  einflüchten. 

EINFLIESZEN,  infiuere,  sanft  etwan  einbin  rinuen,  i7/a&t. 
Maaler  123*,  fini.  inflieten,  schw.  inflyta,  dän.  indflyde.  Lessixc 
6,535  einflüszen. 

1)  die  Lahn  flieszt  in  den  Rhein  ein ;  die  Schweizerseen  sind 
klar  und  fast  durchsichtig,  da  reine  alpenbäche  in  sie  einflieszen ; 

dem  Amor  ist  der  wein  auch  ziemUch  eingeflossen, 
so  dasz  er  gani  und  gar  gemUt  und  sinn  begossen. 

Opitz. 

2)  figürlich,  einflieszen,  spectare,  perlinere:  das  flieszt  hier 
ein,  huc  perlinet;  will  ich,  ungeachtet  es  hier  nicht  einflieszt, 
hinzusetzen.  Fichte  nachg.  tcerke  3,  124.  einflieszen  lassen, 
immiscere,  mentionem  facere:  er  liesz  hier  und  da  einflieszen, 
erwähnte  beiläufig;  ein  wort  davon  mit  einflieszen  lassen; 
will  manchmal,  wos  past,  Statistik  und  dergleichen  einflieszen 
lassen.  Tieck  9,  246 ;  wenn  es  gelcgenheit  gibt  dich  um  etwas 
zu  bitten,  da  mag  man  seinen  dank  mit  einflieszen  lassen. 
Betti.ne  briefe  1, 145. 

3)  einflieszen  für  eingehen,  einlaufen:  wie  sparsam  auch 
die  geldbeiträge  einflössen.  Schiller  1068*;  auch  ist  manches 
alte  und  neue  bei  mir  eingeflossen.    Göthe  an  Knebel  241. 

4)  einflieszen,  einflusz  haben,  tim  habere,  mit  den  praepo- 
sitionen  auf  oder  in,  jenadidem  der  einflusz  äuszerlicher  oder 
innerlicher  ist. 

a)  mit  auf:  blosz  insofern  die  dichtkunst  auf  den  Charakter 
einflieszt,  kann  sie  auch  auf  seine  einzelnen  Wirkungen  ein- 
flusz haben.  Schiller  1133;  jener  vorsatz,  meine  innere  natur 
nach  ihren  eigenheiten  gewähren  und  die  äuszere  nach  ihren 
eigenheiten  auf  mich  einflieszen  zu  lassen.  Göthe  26,  150; 
alle  menschen,  die  auf  einander  wechselseitig  einflieszen  kön- 
nen. Kant  4,  421 ;  weil  ich  in  dieser  sinnenweit  nicht  wirken 
kann,  ohne  auf  andere  einzuDieszen.  Fichte  Sittenlehre  316 ; 
die  bildner  wollen  auf  dieses  {das  volk)  einflieszen.  reden  an 
d.  d.nat.iU;  Dosz  so  schön  auf  Fibels  leben  ein.  i.  P.Fibel 
26;  ein  guter  Wouwermann  beiszt  in  der  mablersprache  ein 
gut  gemahltes  pferd,  dessen  beschauen  auf  die  Schönheit  des 
künftigen  füllen  einflieszet.  Tit.  1,  43;  die  stadtgeistlichen, 
welche  mit  ganz  andern  mittein  auf  das  versteinerte  stadt- 
volk  einzuflieszen  haben,    dämmerungen  s.  143. 

b)  mit  in:  dasz  die  geistigen  naturen  in  die  seelen  der 
menschen  einflieszen  können.  Ka.nt  3,  65 ;  ihre  fahigkeit,  ihr 
temperament,  ihre  denkart  schien  in  ihr  amt  gar  nicht  ein- 
zuflieszen. Schiller  1039*;  in  unser  urtheil  über  die  Schön- 
heit des  menschlichen  baues  kann  die  Vorstellung  der  würde 
der  menschheit  zwar  einflieszen,  aber  alsdann  hört  es  zugleich 
auf  ein  rein  ästhetisches  urtheil  zu  sein.  1110*;  dasz  die  Philo- 
sophie einfliesze  in  das  leben.  Fichte  reden  a.  d.  d.  nal.  148 ; 
ihr  verlangt  ja,  freunde,  dasz  alles  was  gedanke  und  begei- 
sterung  will,  in  das  wirkliche  leben  einflieszen  soll.  Tieci 
nov.  kr.  4,  27. 

5)  die  ältere  spräche  nahm  auch  einflieszen  transitiv  mit  dem 
acc. :  wie  nu  Adam  oder  Antichristus  ain  ursach  ist  aller  ding, 
als  der  sie  einfleuszt  und  ihn  disen  willen  macht.  Fra!<k  parad. 
163*,  vgl.  franz.  influer  quelqu'un  und  unser  steifes  beeinflussen. 

EINFLIESZEN,  n.  actus  influendi:  wir  sind  durch  den  teufel 
beraubet  unsers  Ursprungs,  das  ist  gottes,  von  welches  ein- 
flieszen wir  Sollen  grünen  und  wachsen.    Lctheb  3, 17*. 

12 


179 


EINFLÖSZEN—  EINFOLGLICH 


EiiNFORDERN  —  EINFÜGEN 


180 


EINFLÖSZEN,  instillare,  einßieszen  machen.  Stiei.er  515. 

1)  dem  kranken  einige  tropfen  wein  einQöszen;  bis  sie  die 
äugen  ein  wenig  wieder  aufschlugen  und  ich  ihnen  die  arznei 
einflöszen  konnte.  Lessing  2,  75 ;  und  mir  haben  sie  einen 
liebestrank  eingeflöszt.    Gotter  3,  31)9. 

2)  begierden,  ehrgeiz,  liebe,  furcht,  hasz  einflöszen; 
doch  thut  der  wein  durch  eingeflöszien  wiiz 

im  aller  erst  die  grösiien  wunderwerlte.    üackdorn  2,  93; 

der  mismuth,  den  mir  deine  widersetziiclikeit  efnflöszt.  Götter 
3, 161 ;  ich  bethörle  des  alten  lochter  mit  dem  wahne,  dem 
vater  junges,  kräftiges  leben  einzuflöszen.  Klinger  2,  l»t5 ;  sie 
flöszte  mir  Verachtung  ein. 

EINFLÜCHTEiN,  1)  fugere  in  locum:  die  Vögel  flüchteten 
ein.     nnl.  invlugten. 

2)  transitiv,  in  tulum  deferre:  die  bauern  flüchteten  das 
vieh  ein.    schw.  infljtta,  dän.  indflytte. 

EINFLUG,  m.  involatus,  das  ein/liegen,  auch  der  ot',  wo 
einge flogen  wird:  einflug  der  tauben,  bienen,  flugloch;  merke 
im  frühling,  wo  der  schwarzspecht  in  einen  holen  bäum  nistet, 
wenn  nun  die  brutzeit  vorbei  ist  und  er  ausfleucht  nahrung 
zu  suchen,  so  treib  einen  harten  quast  in  die  öfnung  des 
einfluges.    Mdsaeds  2, 108. 

EINFLÜGELIG,  fiovömsQOS. 

EINFLÜSSIG,  influens.    mhd.  Innüjjic.    Eckh.  212,11. 

EINFLUSZ,  m.  nnl.  invioed,  nach  den  bedeulungen  des  ein- 
flieszens, 

1)  osliutn,  mündung:  einflusz  des  Rheins  in  das  meer;  derocean 
wird  durch  den  einflusz  aller  bäche  und  ströme  voll.  Kant  9, 13. 

2)  das  was  einftieszl  oder  einyeflösit  wird:  die  regen  lockten 
dem  luftkreise  noch  mehr  nasse  einflüsse  ab.  9,53;  sie  ist 
aber  mit  allerhand  einflüssen  (einflöszungen)  was  (etwas)  ge- 
stärkt worden.    Schweinichen  3,  254. 

3)  vis,  auctorilas,  impulsus.  invluj  gotis.  myst.  142, 14.  des 
himelsinfluj.  Eckhart  87, 18.  influ;  der  gnaden.  87,22.201,32. 
sin  göllicher  influ;.   614,  24.  634, 10. 

a)  ohne  praeposüion:  sein  einflusz  steigt,  hat  aufgehört; 
guten  oder  Übeln  einflusz  haben ;  wenig  oder  keinen ;  einflusz 
des  gestirus,  aspiratio,  sideratio.  Maai.er  124'' ;  zukünftige  ding 
weissagend  aus  einflusz  des  hiuimels.  Frank  mW«/*.  192';  wenige 
beispiele  sind  zureichend  um  zu  zeigen,  was  worte  überhaupt 
für  einflüsse  haben.  Klopst.  12, 95 ;  nehmet  an,  keine  Sub- 
stanz wirkte  in  die  andere  und  empfienge  von  dieser  wech- 
selseitige einflüsse.    Kant  2,  213. 

b)  mit  auf:  er  möchte  vielleicht  einwenden,  dasz  alle  diese 
Vorzüge  der  Franzosen  auf  das  wesentliche  des  trauerspiels 
eben  keinen  groszeu  einflusz  hätten.    Lessing  7,  48. 

c)  mit  in:  dasz  alle  Wissenschaften  einen  einflusz  in  die 
poesie  haben.  Günther  vorr.  s.2;  es  ist  noch  immer  das  ein- 
zige, welches  wir  von  dieser  malerie,  deren  einflusz  in  die 
ganze  gelehrsamkeit  ganz  unbeschreiblich  ist,  haben.  Lessing 
3,259;  gesundheit  ist  ein  gut,  welches  in  alles  einflusz  hat. 
Garve  111  Cic.  de  off.  3,  219 ;  hier  können  wir  uusern  lesern 
einen  umstand  nicht  länger  verlielen,  der  in  diese  ganze  ge- 
Bchichte  keinen  geringen  einflusz  hat.  Wieland  1,  31 ;  nur 
einen  umstand  können  wir  nicht  vorbeigehen,  weil  er  einen 
merklichen  einflusz  in  die  folgenden  begebenheilen  unsers 
beiden  halte.  3,  68 ;  durch  diese  menge  von  Sprechern  bekam 
das  vülk  einen  gefährlichen  einflusz  in  die  öfl'entlichen  be- 
rathungen.    Scuiller  869'; 

croüz  i«t  sein  eiiidusz  in  den  bor  und  selbst 

m  die  geschufie  des  niinisierii  grusz.    Stolbiro  3,  36. 

EINFLUSZLOS,  nullius  auctoritatis. 

EINFLUSZHEICH,  majcimimotnenli:  warum  sollte  man  leug- 
nen, dasz  dem  einzelnen  Staatsbürger  ein  höherer  kunstbesilz 
oft  unbequem  sei.  weder  zeit  noch  zustand  erlauben  ihm 
treflichc  werke,  die  einfluszreich  werdrii  könnten,  dem  künst- 
1er  80  wie  dem  liebhaber  öfter  vorzulegen.    Göthe  39,  326. 

EINFLÜSTEKN,  insuturrare :  was  zögerst  du?  flüstert  er 
ihm  ein. 

EINFLCSTEHUNG,  f.  clandeslinum  consilium. 

EINFLUTEN,  inaeiiiittre;  der  damin  bricht,  das  mccr  flutet  ein. 

EINFULGEN,  insequi,  consequi,  weniger  gebraucht  alt  das 
tntsprechende  nnl.  involgcn. 

EINFOLGLICH,    consequenler ,    ergo,    itaque.     Stieler  535: 
einfülglicb    ist  gewis,    dasz  Lotharius  bald  ordentlicher,    bald 
auszerordrntlicberweise  praelaten  eingesetzt.    IIaiin  1, 178  ; 
einfolglicb  «ie  viel  Uiigcr  wnhrcri.    Vrocebi  1,249; 
cioroigiich  i»i  sein  werk  dir  uns  vergebeot.    3,  litt; 


er  müsse  es  einfolglicb  so  aufnehmen.  J.  P.  teufehp.  2,  Gl. 
man  zieht  heule  das  einfache  folglich  vor.     s.  auch   fulgbar. 

EINFORDERN,  exigeie,  nnl.  invorderen :  geld,  schuld,  zoll 
einfordern;  ich  borgte  ihm  40U00  gülden,  als  ich  sie  einfor- 
derte, hielt  er  mir  das  geld  ein.    Klinger  1,  278. 

EINFORIEREN,  s.  emfurieren. 

EINFOR.MEN,  informare,  in  formam  redigere. 

EINFORMIEREN,  tnfurmare,  bilden:  dann  wo  misgewecbs 
sind,  da  ist  die  arznei  erschrocken,  dasz  sie  nicht  lindet  ein 
bequemen,  nach  rechter  natur  eingefonnierten  menschen.  I'a- 
RACELSus  cAtr.  sehr.  406. 

EINFÖRMIG,  uniformis, 

1)  einhellig :  einförmig  sein  mit  gote.  Keisersd.  volk.  mensch 
E  6 ;  nichts  musz  sich  in  den  Charakteren  widersprechen,  sie 
müssen  immer  einförmig,  immer  sich  selbst  ähnlich  bleiben. 
Lessing  7,152;  alle  diese  verschiednen  schönheilen  sind  den- 
noch einförmig  und  genau  mit  einander  verwandt.  VVithofs 
gedichte  (1782)  1,274;  die  allgemein  einförmige  ausbreitung 
des  kirchenglaubens.  Kant  6,  278 ;  in  der  einförmigsten  gleich- 
heit  mit  sich  selbst.    Wieland  l,  252. 

2)  eintönig,  nitnis  simplex,  languidus:  einförmige  landschafl ; 
das  gelön  wurde  immer  einförmiger.  Wieland  1,  247 ;  die  ein- 
förmigen freuden  einer  einzigen  mit  romanhafter  treue  in  ge- 
rader linie  sich  fortschleppenden  leidenschaft.  2, 175;  das  allzu 
einförmige  in  den  beschäftiguugen  seines  geistes.    3,  215 ; 

nichts  als  den  kuhreiliii  und  dßr  herde^locken 
einrörmiges  geläut  vernehni  ich  hier.    isciiiLLER  525'. 

EINFÖRMIG,  ttni/brmt/er;  einförmig  beschleunigte  bewegung. 
Kant  8, 198. 

EINFÖRMIGKEIT,  f.  uniformitas. 

EINFREIEN,  innubere,  einheiraten:  in  ein  geschlechl,  in  ein 
haus  einfreien ;  er  hat  sich  in  das  bäckcrhandwerk  eingefreit. 

EINFRESSEN,  devorare,  perrodere,  einessen, 

1)  transitiv,  das  Ihier  friszt  sein  futter  hastig  ein ;  ich 
musz  hier  den  staub  einfressen,  rnil  liem  alhem  einztrhen. 
figürlich,  von  unangenehmen  dingen :  nun  musz  er  eine  über- 
mäszige  bosheit  einfressen.  Weise  enn.  17;  inust  du  sthmäli- 
worte  einfressen,  kl.  leule  272;  ich  sparete  keine  mühe  den 
Eliam  wegen  seiner  verjüngerung  aufs  alleremplindlichste  zu 
schrauben,  welches  er  aber  ohne  besondere  passion  zu  zeigen 
ciufrasz.  Felsenb.  2,309;  es  daurete  mich,  dasz  der  kerl  von 
diesen  purschen  so  viele  schnupffliegen  einfressen  muste. 
2,  368 ;  ärger,  verdrusz  einfressen ; 

ja  friisz  ich  nur  von  groben  ihoren 

nicht  so  viel  scliiinpr  und  unrecht  ein.    Günthkh  94; 

das  'von'  tu  den  beiden  letzten  stellen  bedeutet  gleichsam  von 

oder  aus  ihrer  hand. 

2)  sich  einfressen,  es  sich  wol  schmecken  lassen;  die  madeu 
haben  sich  eingefressen,  bildlich,  wenn  der  liebeswiirni  sich 
in  die  Zirbeldrüse  des  gehirns  einfriszt.    Gotter  3,  385. 

3)  intransitiv,  rodere:  das  Scheidewasser  friszt  hier  ein,  hat 
eingefressen,  doch  setzt  Luther:  und  solts  mit  fewr  verbren- 
nen, denn  es  ist  tief  eingofressen.  3  Mos.  13,  55,  wie  es  heiszl 
der  apfel  ist  vom  wurm  eingefressen,  der  schade  hat  oder 
ist  schon  tief  eingefressen. 

EINFRIEDEN,  cingere,  sepirc,  vgl.  befrieden. 

EINFRIEDIGEN,  dasselbe,  befriedigen: 

rechts,  v»o  die  hecke  das  feld  einfiiedigie.    lAiise  1,  140; 
dasz  nicht  die  edleren  spröszIinRe  glut  und  Trost 
aussnug  und  Sturmwind,  stehii  si«  in  heiliger 
zuchigiirien  dJiininning  euigefriedii,'!.    Vos-  3,  94. 

EINFRIEDIGUNG,  f.  sepimmtum. 

EINFRIEDUNG,  f  dasselbe:  in  gewissen  abständen  \on  den 
dörfern  in  einer  waldstätte  einfriedungen  bereiten,  darin  er 
sicher  ein  jähr  wohnen  möge.    Dahlmann  dan.  gesch.  I,  160. 

EINFRIEREN,  congelascere,  fest  frieren,  vom  wasscr  und 
dem  was  drinnen  ist :  der  kahn  fror  auf  dem  ström  ein ;  dem 
flschenden  wolf  war  der  schwänz  eingefrttrm ;  fuhr  auch  wol 
»ciilittschuh,  wozu  die  eingefrorenen  festungsgraben  die  beste 
gelegtuiheit  verschafteii.    Götuk  26,  331.     vgl.  befriereii. 

EINFROSCHLNG,  f  mulalto  in  ranas.    Wikland  20,  247. 

EINFUCHTELN,  cnse  feriendo  Iradere:  den  Soldaten  wurde 
diese  Warnung  eingefuch'elt. 

EINEIIG,  m.  unilas,  cohaeretUia,  eiuftig.  Frisiis  1103*,  MAAi.tn 
100'.    vol.  fug, 

EINFC(iEN,  aptart,  inserere,  Hnl.  invoegeu:  du  brcl,  die 
thür  in  die  wand  einfügen;  dem  hause  feiister  einfügen;  er 
fügt«  »eiueu  wurteu  oucit  die  bemerLuiig  ein; 


i 


181 


EINFÜHR  —  EINFÜHREN 


EIKFÜHREIi  —  EINFÜRST 


182 


es  musz  sich  zierlich  fTigen 
furcht,  eifer,  wunderung  bei  seinen  reden  sein.    Logad  3,225; 

der  boden  war  mit  schlangen  und  fischen  Ton  stein  einge- 
füget  {eingelegt).  Opitz  2,  263.  Voss  schreibt  Od.  21,  236  die 
\\o\  einfügenden  flügel,  doch  ztrischen  intransilivem  fugen  uiid 
transitivem  fügen  läszt  sich  kaum  unterscheiden,  mhd.  galt  nur 
Tüegen,  ahd.  fuogan. 

ElNFtJflH,  f.  inveclio,  gegenüber  der  ausfuhr,  nnl.  invoer  n. 
Maaler  123*:  weine  sind  bei  der  einfuhr  zu  verzollen;  die 
einfuhr  dieses  jahrs  ist  geringer  als  die  des  vorigen. 

EINFÜHRBAR.  imporlabilis. 

EINFCHRBARKEIT,  f. 

EINFLHRE.N.  ahd.  in  fuoran,  mhd.  In  vüeren,  nnl.  invoeren, 
schw.  införa,  ddn.  indföre. 

1)  inrehere,  importare,  wnaren.  wein,  getraide:  der  bau  wer 
dörret  das  hew,  wills  am  drillen  tag  einführen.  Frey  garteng. 
35;  hier  das  heu  einführen  zu  sehen  ist  die  gröszle  lusi. 
GöTHE  29,  57 ;  und  wirst  im  alter  zu  grab  körnen,  wie  garben 
eingefürt  werden  zu  seiner  zeit.  Hiob  5,26.  gleichviel  wäre 
transitives  einfahren. 

2)  introducere,  von  leuien :  einen  ins  haus,  geschlecht,  amf, 
in  land  und  sladt  einführen ;  der  herr  der  gott  wolt  einen  man 
setzen  über  die  gemeine,  der  für  inen  her  aus  und  ein  gehe 
und  sie  aus  und  einfüre,  das  die  gemeine  des  herrn  nicht  sei 
wie  die  schafe  on  hirten.  i  Mos.  27.17;  und  füret  uns  von 
dannen,  auf  das  er  uns  einfüret  und  gebe  uns  das  land,  das 
er  unsem  vetern  geschworen  hatte.  5  Mos.  6,  23 ;  ffirestu  Israel 
aus  und  ein.  2  Sam.  6,2;  als  Paulus  itzt  zum  lager  einge- 
fflret  ward,  apost.  gesch.  2t,  37 ;  da  er  einfüret  den  erstge- 
bornen  in  die  well.    Hebr.  l,  6  ; 

als  füFütin  will  ich  sie 
einführen  in  die  hofburg  meiner  Täter.    Schiller  496'; 
wie  ehrenvoll  ist  dieses  «rat,  wie  ganz 
dazu  geeignet  ihren  söhn  im  tenipel 
des  ruhmes  einzufuhren.    256*; 
willst  du  dich  nun.  um  uns  hier  einzuführen, 
als  Zauberer  oder  teulel  pruducieren?    Gotus  12,212; 

indem  er  mich  in  verschiedenen  Ortschaften  und  familien  ein- 
iührte.  25,343;  ich  ward  in  manche  familie  eingeführt  48,187. 
ebenso  sich  einführen,  se  introducere.  der  dal.  statt  des  acc. 
nach  in  Idszt  sich  vertheidigen,  nicht  empfehlen. 

3)  abstractioncn.  hastu  nicht  gesehen,  wie  sich  Ahab  für 
mir  bücket?  weil  er  sich  nu  für  mir  bücket,  wil  ich  das 
Unglück  nicht  einfüren  bei  seinem  leben.  \  kön.  21,29;  das 
weib  aber  ward  verfüret  und  hat  die  ubertrettung  eiogefüret. 
1  Tim.  2, 14;  möcht  dadurch  auch  in  meinen  und  allen  landen 
ein  schaden  einfüren,  der  schwerlich  möcht  widerbracht  wer- 
den. LcTHER  1,209';  obgleich  es  dem  philosophen  sehr  schwer 
wird,  begriffe,  deren  objeclive  realilät  nicht  eingesehen  wer- 
den kann,  einzuführen.  Kam  2,  377.  hier  scheint  der  dal.  nach 
der  praep.  eher  an  seiner  stelle.  1,  86*  schreibt  Ldther  :  und 
nicht  einfürc  uns  in  die  Versuchung  oder  anfechtungen,  Matth. 
6, 13  verdeutscht  er:  und  füre  uns  nicht  in  Versuchung,  goth. 
jah  ni  briggais  uns  in  fraistubnjai,  xni  fir]  eiaeityxrjs  rjl^f^^ 
«'s  Ttei^aauöv,  vulg.  et  ne  inducas  nos  in  temptalionem. 
das  manuale  cnratorum  {von  Jon.  Ulr.  Surgam,  ßi/si/eac  1502 
fci.  80')  gibt:  und  nil  lasz  uns  ingefurt  werden  in  Versuchung. 
der  goth.  dat.  nach  in  hat  guten  grund  {gramm.  4,  811).  vir 
.Ta(>en  gesetze,  Sitten,  gebrauche,  trachten,  Wörter  neu  ein- 
führen ;  ein  gwonhrit  wider  aufbringen  oder  einfüren.  Maaler 
123';  etwas  neuws  einfüren  und  anrichten,  inducere  aliquid, 
ebenda;  gschwind  und  subtil  einfüren  und  bescblieszen.  ebenda; 

eine  neue  Ordnung 
der  dinge  fuhrt  sich  ein.    .Schiller  389". 

4)  einführen  steht  dem  anführen  nah  und  »er/rai  «  ehmals 
in  mehrem  bedeutungen, 

a)  introducere,  anführen,  beibringen,  eilieren :  ein  person 
in  einem  gspräch  einfüren  oder  anziehen,  inducere  loquenlem. 
Maaler  123*;  auch  wirt  etwas  vom  heiligen  sacraroent  des 
altars  eingefürt.  Schwarzenberc  150, 1 ;  da  der  herr  Christus 
eben  diesen  halben  vers  einförl  wider  die,  die  am  jüngsten 
tag  werden  sagen  eia  herr!  Luther  1,21*;  wil  er  darnach  den 
ganzen  körper  mit  sacken  voll  unnützer  fragen  einführen,  br. 
2,  222;  bald  hernach  vtird  die  sache  an  ir  selbs  mit  sich 
bringen  mehr  Sprüche  aus  der  schrifl  einzufüren.  Jonas  6« 
Ldtiier  6,388;  was  ist  noth  viel  Sprüche  oder  Zeugnisse  der 
Schrift  einzufüren?  Melaxciitbos  im  curp.  doct.  ehr.  119;  so 
wnllcn  die  ketzer  einfüren  {behaupten,  einwenden),  das  es  eitel 
«liTenwerk  sei.  Fischart  bienenk.  167*;  wie  ich  von  denselben 


ein  und  ander  exempel  neben  fernem  bericht  in  meiner  per- 
sianischen  reisebeschreibung  mit  einführe,  pers.  rosenlh.  8,  67. 

b)  anführen,  commandieren,  wenn  man  nicht  auslegen  will 
educere  in  aciem:  gibt  ein  fürsichtiger  oberster  zuvor  befehl, 
welcher  hauptmann  das  erst  glied,  welcher  die  andern  nach- 
folgenden glieder  machen,  welcher  die  kurzen  wehren,  vor- 
dersten oder  blutfähnlein  einführen,  welcher  die  überig  Ord- 
nung, also  auch  die  letzten  fähnlein  einführen  solle.  Kirchhof 
mil.  disc.ihl;  nechst  den  dreien  vordersten  gliedern  wird  ein- 
geführt ein  glied  kurzer  wehren  und  schlachtschwert.    153. 

c)  anführen,  betriegen :  mit  schmeichlen  und  liebkosen  ein- 
füren und  hindergon.   Maaler  123*. 

5)  verleiten,  verführen:  einen  einfuren,  etwar  zu  treiben 
und  reizen.    Maaler  123*. 

6)  einem  einführen,  einflösien,  beibringen :  merkte  er,  dasz 
sie  gnad  begerlen,  des  war  er  auch  geneigt  ihnen  widerfahren 
zu  lassen,  dann  biszweilen  die  uberv»-undenen  dem  feind  ein 
barmherzigkeit  einfuhren,    buch  der  liebe  219,  2. 

EINFÜHRER,  m.  invector,  introduetor,  citator:  einführer 
böser  exempel.  Ziskcr.  apophth.  26,9;  aber  die'schrift  aus- 
zulegen und  zu  handeln  für  sich  hin,  und  zu  streiten  wider 
die  irrigen  einfürer  der  schrift  ist  er  zu  geringe,  das  lessei 
sich  on  sprachen  nicht  thun.  Luther  2, 475* ;  noch  ehe  ich 
mich  zu  dem  dienste  seines  einführers  in  die  weit  entschlosz. 
Lessisc  10,  207;  der  kölermeister  in  einem  starken  schlag  oder 
gehau  hat  zwei  kölerknechte,  welche  die  meiler  richten,  zwei 
einführer  und  einen  jungen.    Döbel  8,  62". 

EINFÜHRERIN,  f.  introduclrix :  und  ist  {der  wahre  glaub) 
die  rechte  wegzeigerin  und  einführerin,  herz  und  haupt,  an- 
fang  und  eingang  zu  allen  lügenden  und  heiligkeit,  ja  zu 
gott  Selbsten  in  obristen  thron.  Joa-n."«.  Nas  wamungsengel  12. 

EINFÜHRUNG,  f.  nach  den  bedeutungen  des  einführens: 
einfUrung  (anführung)  des  Spruches.  Schwarzenberg  150,  2 ; 
dasz  wir  aber  unser  gesundheit  und  krankheit  nicht  verges- 
sen, wollen  wir  euch  einführung  {anführung,  anleitung)  geben, 
dasz  der  mensch  die  selbige  nicht  ererbet  vom  ersten  samen. 
Paracelscs  2,  69*;  einführung  neuer  gesetze,  sitten. 

EINFUHRVERBOT,  n. 

EINFUHRWAÄRE,  f.  res  importandae. 

EINFUHRZOLL,  m, 

EINFÜLLEN,  implere,  nnl.  invullen,  sehw.  infylla,  ddn.  ind- 
fylde,  gewöhnlich  mit  ausgelassenem  casus, 

i)  einfüllen  d.  i.  wein  oder  wasser  giesxen,  schütten  in  das 
glas  oder  fasz:  füllet  ein!  wie  füllet  an!  infundile.';  einfül- 
len, suppe  auf  den  teuer  schöpfen,  wie  auffüllen ;  einfüllen, 
kam,  getraide  in  den  sack. 

nun  will  ich  werla  wider  nein, 

mir  sie  {die  flasche)  noch  einmal  füllen  ein.    Atrkr  386*. 

2i  einfüllen,  mit  etwas:  das  glas,  den  bauch  mit  wein,  den 
sack  mit  körn,  das  kind  mit  speise  oder  trank :  die  ire  beuch 
mit  dem  guten  wein  wol  einfüllten.  Bocc.  159 ;  die  bauren, 
taglöner  und  schlächt  volk  zu  Calicul  nören  ihre  kinder  also, 
die  mutier  seugen  si  bei  drein  monaten,  geben  in  darnach 
kü  und  geiszmilch  und  wescben  oder  baden  si  nimmer  nicht, 
auch  uit  einich  mal,  sunder  legen  si  geäszt  und  eingefüllt  {es 
steht  eingefült)  in  den  sand  und  lassen  si  also  ligen  in  seiner 
(d.  t.  ihrer)  multer  {moder,  schlämm)  und  kal,  von  morgens 
bisz  abends.  Franr  weltb.  202*;  mauern  mit  holz  und  stein: 
derwegen  ist  von  nöten,  dasz  die  eingeschossenen  mauern 
oder  ander  wehren  mit  holz,  stein  . . .  eingefüllet  und  ver- 
steckt werden.    Fronsp.  krtegsh.  1, 124*. 

EINFURCHEN,  imporcare,  einackern,  mit  furchen  umziehen  : 
von  gram  eingefurchte  wangen. 

EINFURIERE.N,  collocare,  einquartieren,  einlogieren,  auf  gut 
deutsch  einlegen,  franz.  enfourrer:  und  wo  ich  einen  jeden 
einforieren  werde,  vor  gut  neraen.  Reutteb  kriegsordn.  31. 
castrametari.    Stieler  412. 

EINFURIERER,  »1.  collocator,  einquartierer,  quartierbesleller : 

und  sehet,  es  kömpt  gleich  von  Venus  ein  posiierer, 
der  gnlilue  llesperus.  der  stcmen  einfurierer, 
der  meldet,  ihr  soll  fort.    Opitz  2,  68, 

dieselbe  Vorstellung  wie  viel  sprachgewandter  und  reiner  aus- 
gedrückt von  VVoLKRA«: 

und  da;  in.-)n  durch  die  wölken  sach 

dös  man  der  naht  ze  boten  jach, 

manegen  stSrn.  d^r  balile  gienc, 

wand  tr  der  naht  bcrbirgc  vienc.    Part.  63S,  8. 

EINFÖRST,  m.  monarcha,  souverain.    Maaler  99*. 

12  ♦ 


183 


EINFURT  —  EINGANGSLIED 


EINGANGSORT  —  EINGERINDE 


184 


EINFURT,  /".  introitus,  dem  reim  zu  gefallen  für  einfart, 
vgl.  anfurt: 

sah  ich  an  der  rathauseinfUrt 
ausgehauen  in  stein 
das  geschöpr,  von  dem  du  Schweinrurt 
sollst  benamet  sein.    Höckert  ges.  ged.  4,284. 

EINFUSZ,  m.  unipes:  da  bekam  uns  ein  kerl,  der  hatte 
das  andere  bein  in  der  schlingen,  ich  frogle  den  gesellen, 
warumb  er  so  thörichl  handelte  und  das  gesunde  bein  in  der 
schlingen  trüge?  ja,  sagte  der  einfusz,  mein  lieber  herr,  ihr 
sagt  gar  recht,  aber  wenn  ich  das  bein  aus  der  schlingen 
thue,  so  laufe  ich  in  einer  halben  viertel  stund  die  ganze 
weit  aus.  des  abenleurl.  Jan  Rebhu  conlinuation  1680  s.  80. 
vgl.  Km.  n*  71. 

EINFÜSZIG,  unum  pedem  Habens.    Frank  wellb.  139*. 

EINFÜSZLER,  m.  nachdem  ich  einen  handlungstractat  mit 
den  streitbaren  kranichen,  riesen,  aweiköpflern,  einfüszlern 
geschlossen.    Fr.  Müller  1,  311. 

EINFUTTEHN,  panno  insuere,  il.  infoderare,  franz.  enfourrer : 
wie  seine  füsze  in  flanell,  so  war  sein  herz  wann  eingefut- 
tert in  kaufmännischen  familienstolz  und  in  die  erinnerungen, 
dasz  vater  und  groszvater  grosze  häuser  gemacht.  Kl.  Schmidt 
kom.  dicht.  284. 

EINFÜTTERN,  pascere,  cibare:  gut  eingefütterte  pferde; 
denn  das  ist  hundemuih,  der  eingepeitscht  mit  ruihen 
und  eingefüitert  mit  des  hofmahls  brocken  wird. 

BÜRGER  102*. 

EINGABE,  f.  lilerae,  schriftliche  eingäbe,  vorslelltmg. 

EING.\BELN,  furca  excipere,  aufgabeln. 

EINGÄHNEN,  oscitantem  facere :  die  eingähnende  langeweile 
zu  beleben.    Schiller  698'. 

EINGANG,  m.  introitus,  aditus,  ingressus,  mhd.  inganc,  nnl. 
ingang,  schw.  ingang,  ddn.  indgang. 

1)  eingang  des  hauses,  des  zimmers,  zeltes,  der  laube,  des 
hafens,  der  Stadt:  der  eingang  und  seine  thür  inwendig  zu 
dem  allerheiligsten.  2  c/iron.  4, 22;  und  sihe,  der  könig  stund 
an  seiner  stet  im  eingnng.  23, 13 ;  zeige  inen  die  weise  und 
muster  des  hauses  und  seinen  ausgang  und  eingang.  Ez.  43, 11. 

2)  eingang  des  waldes,  des  gebirges,  des  thales,  des  lagers. 
eingang  des  mundes,  orißcium. 

3)  dein  ausgang  und  eingang  mit  mir  in  das  beer  gefeit 
mir  wol.  1  Sam.  29,  6 ;  der  herr  behüte  deinen  ausgang  und 
eingang.  ps.  121,  8;  ir  wisset,  lieben  brüder,  von  unserm  ein- 
gange zu  euch,  rfjv  ei'ooSov  rjixäv  rrjv  ngos  Vfiäs.  1  Thess. 
2, 1 ;  erster,  zweiter  eingang,  nemlich  der  Schauspieler  auf  die 
bühne  heiszt  bei  Gryphiüs  was  heute  auftritt;  ich  habe  den 
eingang  {zutritt)  bei  einer  gewissen  Diana  Bonori.  Schiller  159". 

4)  figürlich,  in  der  fasten,  im  eingang  des  glenzen,  vere 
ineunte.  Forer  ßschb.  38*,  denkt  man  sich  aber  den  lenz  per- 
sönlich, so  gehört  die  stelle  zu  3;  nach  eingang  {antritt}  un- 
serer regierung.    reichsabsch.  von  1521  pr.; 

drum  war  ihr  sterbenstag  ein  eingnng  zu  den  frcuden. 

Grtphius; 

beim  eingang  in  dies  leben.    Wieland  23,  116. 

5)  der  eingang,  die  fährte  oder  spur  des  wildes. 

6)  der  eingang,  die  einfuhr  der  waaren ;  beim  eingang,  ein- 
treffen der  post;  gleich  nach  eingang  der  nachricht. 

7)  eingang  der  rede,  des  buchs ;  die  predigt  hat  einen 
schonen  eingang;  ein  weit  hergeholter  eingang;  nach  gemach- 
tem kurzem  eingang;  das  hab  ich  wollen  zu  einem  eingang 
in  Mose  reden.    Lütheb  3, 170'. 

8)  man  sagt,  die  bitte  oder  Vorstellung  findet  keinen  ein- 
gang, kein  gehör,  es  wird  nicht  darauf  eingegangen;  die  Ver- 
leumdung, der  argwöhn  fand  keinen  eingang;  Hvitfeld  ist  zu 
loben,  weil  er  dem  verdachte  in  ermangelung  von  beweisen 
keinen  eingang  gibt    Dahlm.  ddn.  gesch.  1,  422. 

EINGÄNGIG,  accessibilis :  um  eine  geheimnisvolle  lehre  ein- 
gängig zu  machen.    GOthe  6,  60. 

EINGÄNGLICH,  adv.  hatte  ich  nun  an  ihm  die  gegcnwart 
eines  ungeheuren  wissens  zu  bewundern,  so  war  ich  doch 
auch  neugierig  zu  vernehmen,  wie  er  das  einzelne  an  die 
Jugend  methodisch  und  einganglich  überliefere.  Göthk31,203. 

EINGÄNGLICHKEIT,  f.  die  eingänglichkeil  ihrer  rede.  Fichtb 
tlaattl.  147. 

EINGANGS,  inilio,  anfangs :  gleich  eingangs.  LksIiüc  1, . . . ; 

oft  auch  beihAret  der  wolhmt 

gleich  eingangs  einet  Jünglings  brüst.    Wecibirlin  444. 

EINGANGSGELÜ,  n.  portorium. 
EINGANGSLIED,  n.  eanticum  quod  praemittilur. 


EINGANGSORT,  m.  locus  introeundi: 

und  eiwn  hundert  schritt  vom  eingangsorie 
zeigt  sich  im  l'el.sen  eine  marnioriil'orie. 

ÜRiKs  Ilujardo  I.  13,24. 
EINGANGSTHOR,  n. 
EINGANGSWEISE,  exordii  loco. 

EINGANGSWORT,  n.  wo  diese  eingangsworte  nicht  stehen, 
hat  man  kein  recht  ein  besonderes  gemählde  anzunehmen. 
Lessi.ng  6,  486. 

ElNGAltT,  f  hat  Höfer  1, 177  ßr  locus  solitaMus.  z.  b.  das 
haus  liegt  in  der  aingard,  welcher  wortform  es  doch  an  be- 
gründung  fehlt,  s.  egerl  sp.  34.  auch  aus  eiland  wurde  ein- 
land,  doch  s.  einstatt. 

EINGADKELN,  fascinare:  mut  einschwelzen  und  eingaukeln. 

Garg.  12;   wurmsamenkat  auf  zigeinerisch  eingaukelen.    192"; 

abends  gauki  ihr  bild  dich  ein.    Göthe  1,  50. 

EINGEBÄREN,   ingignerc:    also    wirket  dick  und  vil  guter 

ding  gewoncn  ein  ingeberen  und  ouch  ein  innerlich  geschick- 

lichkeit  des  gemütes.    Keisersberg  bilger  76"; 

es  sei  nun  dasz  in  dir  die  weit  sich  eingebar, 
es  sei  dasz  du  in  ihr  dich  selber  siellest  dar. 

KöcKKRT  weish.  des  brahmanen,  buch  4, 19. 

EINGEBEN,  nnl.  ingeven,  schw.  ingifva,  ddn.  indgive, 

1)  ein  heilmittel  eingeben,  zu  schlucken  geben,  medicamen- 
tum  praebere,  nnl.  ecn  geneesraiddel  ingeven ; 

der  härm  {d.  i.  harn)  sei  gleich  wie  er  sei, 

so  wer  ich  mich  der  nrznei, 

gib  ich  nicht  ein,  so  siei  mein  pflüg, 

drümb  niusz  purgiern  haben  lug.    Schwarzenbkrg  137, 1 ; 

wer  nie  gesegelt  hat,  will  nicht  beim  rüder  sein, 

wer  keinen  arzt  nicht  gibt,  der  gibt  auch  keinem  ein. 

Opitz  2,  29; 

ihr  ärzte  schweigt  und  gebt  ihm  gar  nichts  ein.  Gellert  1, 130 ; 
sie  gaben  ihm  zweimal  ipecacuanha  ein,  worauf  es  besser 
wurde;  die  eingegebne  arznei  brach  er  alsbald  wieder  von 
sich ;  s.  einnehmen. 

2)  inspirarc,  suggerere:  darumb  wenn  im  die  selben  ge- 
denken misfallen,  das  ist  ein  zeichen,  das  sie  im  der  teufel 
in  gibt,  und  der  mensch  hat  kein  schuld  daran.  Keisf.rsrerg 
s.d.m.  19';  und  Joab  gab  ir  ein,  was  sie  reden  soll.  2  Sam. 
14, 3 ;  denn  dein  knecht  Joab  hat  mirs  geboten  und  er  hat 
solches  alles  deiner  magd  eingegeben.  14,19;  der  salan  gab 
David  ein,  das  er  Israel  zelen  liesz.  IcAron.  22,1;  alle  schrift 
von  gott  eingegeben  {goth.  all  bukA  gudiskaizAs  ahmaleinais, 
Tinaa  yQafrj  d'sonvsvaroe,  vulg.  omnis  scriptiira  divinitus 
inspirata).  2  Tim.  3, 16 ;  du  gabst  mir  den  gedanken  ein  ; 

0,  sprichst  du,  welche  Sittenlehre 

gibt  euch  der  geist  der  schwermulh  eini    Gellert  1,  170; 
jedoch  der  argwöhn  gab  dem  jungen  schäfer  ein  {sugociaü), 
es  könnte  Chloris  leiclii  zu  eigenmitzig  sein. 

Rost  schäfererzdhlungen  37. 

3)  tradere,  eoncedere  locum,  einräumen:  alsdenn  soll  ir 
widerumb  keren  in  ewr  land,  das  euch  Mose  der  knecht  de-« 
herrn  eingegeben  hat  zu  besitzen.  Jos.  1, 15 ;  und  kamen  in 
Egypten  zu  Pharao  dem  könige,  der  gab  im  ein  haus  ein  und 
narung  und  gab  im  ein  land  ein.  1  tön.  II,  18;  und  gab  inen 
Weinberge  und  dorfün  ein.  Jcr.  39, 10;  wie  lang  zog  er  Abra- 
ham auf  und  die  andern  veter,  ehe  das  inen  das  veiheiszen 
land  eingegeben  ward.  Ldther  4,  337*;  die  scböneste  wohnung 
eingeben.    Opitz  iir;;.  2,  296; 

du  hast  luis  eingegeben 
Wesiindien,  o  Mars,  wo  andre  leuie  leben.    Opitz  1,108; 
hier  geh  ich  ihm  zwei  siübchcn  ein.    Gkllirt  1,130; 
dieser  gab  das  schönste  zimmer 
seines  hauses  ihnen  ein.    Langbeins  ged.  die  neue  Eea; 

da  der  kranke  im  pCarrhaus  ankam,  ward  ihm  ein  weites  ebe- 
belte  eingegeben.    Göthr  19,  55. 

4)  tradere.  einreichen:  ein  gesuch,  die  exercilien  eingeben. 
EINGEBER,  m.  is  qui  locum  IradiL  landfr.  ton  1521.  13, 1 ; 

tonst  auch  monitor,  hortator. 

EINGEBERIN,  f.  quae  suggcrit. 

EINGEBILDET,  i)  opinu<u.i;  ohne  diese  eingebildete  Ord- 
nung. Lessinc  5,  25 ;  dasz  der  Deutsche  nichts  wundeHirheres 
thun  konnte,  als  sich  in  seinen  millellündischcn  kreis  einzu- 
8rhr.1nken,  eingebildet  {persuasus),  dasz  er  von  eignem  ver- 
railgcn  zehre.  Göthe  45, 141;  seinen  ersten  eingebildeten  söhn. 
20,111.  2)  rtrro(?an*,  inio/enj .•  der  eingebildete  mensch! ;  hiiren 
sie  doch  was  ihre  Minna  für  ein  eingebildetes,  alberaes  ding 
war.    Lessinc  1,541.     5.  einbilden. 

EIN(iEBINDE,  n.  donum  haptismale:  besuchten  wir  die  Wöch- 
nerin, überreichteu  unser  eingehinde.   ehe  eines  weibes  16 ; 


185 


ELN  GEBOREN  —  EINGEDENK 


EINGEDENKSAM— EINGEHEN 


186 


das  juDge  volk.  es  bildet  sieb  ein, 

sein  taurtag  sollte  sein  schöpruDgstag  sein. 

möchten  sie  doch  zugleich  bedenken, 

was  wir  ihnen  als  eingebinde  schenken.    Göthi  2,  247. 

EINGEBOREN,  unigenitus,  ftovoyevije,  goth.  ainabaur,  nur 
in  der  skeiretns,  die  stellen  joh.  1,  14.  18  entgehn  uns,  ahd. 
einporan  (Graff  3, 142),  mhd.  einborn  («6.  1, 140*),  ddn.  een- 
baaren,  nnl.  einiggeboren,  ags.  aber  äncenned,  engl,  only  be- 
gotten,  alln.  eingetinn,  schic.  enfodd  (in  der  alten  bibel  eendei: 
eine  berrligkeit  als  des  eingeboren  sons  vom  vater.  Joh.  l,  14 ; 
der  eingeborne  son,  der  in  des  vaters  scbosz  ist; 
uns.  den  Sündern,  den  verlornen, 
gab  er  seinen  eingebornen.    Fa.  Schibgkl. 

hätte  man  das  alte  einboren  als  heiliges  «ort  behauptet,  so 
würde  es  sich  von  dem  folgenden  unterscheiden. 

EINGEBOREN,  ingenilus,  innatus,  nnl.  ingeboren,  vgl.  ein- 
gebären. 

1)  im  lande,  im  ort  geboren,  indigena:  er  ist  eingeboren, 
kein  fremder,  eingezogner. 

2)  von  natur  eingepflanzt :  denn  der  nam  vater  ist  von  natur 
eingeborn  und  natürlich  süsze.    Lcther  1,  6S'; 

doch  ist  es  jedem  eingeboren, 

dasz  sein  geruhl  hinauf  und  vorwärts  dringt.    Göthk  12,  60; 

natur,  hier  bildetest  in  leichten  träamen 

den  eingebornen  enget  ausi    12,  140: 

eingeboren  auf  dem  grund  seines  herzens  wächst  die  schöne 
blume  der  Weisheit  hervor.  18, 129 ;  auch  der  eingeborne  trieb, 
die  herkunft  und  das  ende  der  dinge  zu  erfahren  zeigte  sich 
frühe  bei  dem  knaben.  20, 13S ;  so  sind  Hakanen  die  Verhält- 
nisse unsres  Sonnensystems  von  anfang  an  gründlich  einge- 
boren. 21,  192;  die  fäbigkeit  war  eingeboren,  fleiszig  geübt. 
22, 140 ;  der  eingeborenste  begrif,  der  nolhwendigste  von  ur- 
sach  und  Wirkung  wird  in  der  anwendung  die  veranlassung 
zu  unzähligen  sich  immer  wiederholenden  irrthümern.  50,123; 
weil  die  umnebelte  Vernunft  . . .  von  dem  eingebornen  sitt- 
lichen gefühle  weniger  in  schranken  gehalten  wird.  Schiller 
751";  war  nicht  Peter  ihm  idetn  prinzen)  als  seinem  pole,  wie 
einem  niagnete,  als  ein  gegenpol  eingeboren  und  eingeschmol- 
zen.   J.  P.  körnet  1,  97. 

ELNGEBORENSCHÄFT,  f.  indigenalus.  Lohe-nstew  Armin. 
2,  722. 

EINGEBUNG,  f  suggestio,  inspiralio :  dan  der  erst  mensch 
Adam  ist  durch  den  frasz  verfüret  worden,  da  er  \*-ider  das 
gebot  gottes  des  herren  in  dem  paradeis  durch  eingebnng  des 
teufeis  den  apfel  frasz.  Keisersb.  s.d.m.Z';  die  christenlich 
kirch.  hat  hüt  gebetten,  das  wir  mit  seiner  hilf  mügen  fechten 
wider  die  laster  und  wider  die  bösen  eingebnng  und  Versu- 
chung des  teufeis.  daselbst;  und  wo  es  {die  träume)  nicht 
kompt  durch  eingebnng  des  höhesten,  so  halt  nichts  davon. 
Sirach  34,  6 ;  niemand  lernt  begreifen  denn  durch  eingebung 
vom  heiligen  geist.  BEniNA  tageb.  163 ;  da  sie  ihren  beruf  aus 
einer  art  von  höherer  eingebung  gewählt  hat  Gotter  3,15; 
wir  müssen  beide  eine  eingebung  haben,  denn  ich  behalte 
sonst  ebensowenig  verse,  als  sie  welche  machen.  3, 356. 
EI.NGEBURT,  f.  jus  indigenae,  indigenoL 
EINGED.XCHTIG,  memor,  kos  eindächtig:  er  wird  meiner 
Zukunft  {ankunft)  eingedächtig  sein.    Aimon  1'. 

EINGEDENK,  memor,  memoria  fixus,  bald  ohne  casus  ein- 
gedenk sein,  werden,  bleiben,  bald  mit  zugefügtem  genitiv,  bald 
unpersönlich,  mir  ist  eingedenk,  memini:  lieben  freunde  und 
ganzer  umbstand!  ich  will  euch  nochmals  vermanen  ingedenk 
zu  sein  die  bescheen  fragen,  weisth.  3,  445 ;  do  bin  ich  wol 
ingedenk  das  etlich  zu  mir  sagten,  botz  marter,  ist  der  rock 
noch  nit  gemacht?  Plater27;  sie  wurden  eingedenk,  was  sie 
fürter  wollen  anfahen.  buch  der  liebe  \99,  2;  ist  dir  nicht  ein- 
gedenk die  handlung  unsers  gesellen  Bruno?  235,4;  wo  wir 
ichls  vom  frieden  redten,  so  würd  er  uns  nit  erhören,  wann 
er  aber  der  gütthat,  so  ime  Reinhart  bewisen,  ingedenk  sein 
würde,  das  mücht  im  sein  herz  erweichen.  Aimon  xi';  Petrus 
war  noch  eingedenk  wie  es  im  mit  dem  iandsknechte  kürz- 
lich gangen  war.  Frey  garteng.  40' ;  wollest  du  zu  aller  zeit 
ir  in  deinem  andächtigen  gebet  ingedenk  sein.  Galmy  299; 
ward  er  des  gefangenen  knechts  ingedenk.  Kircbhof  ««»dunm. 
53' ;  wollen  sie  gegen  einem  jeden  in  gutem  eingedenk  sein. 
mil.  dise.  65; 

mit  recht  verhallen  sich  die  herren  kleiner  Staaten 

so  wie  die  groszcn  potentaien, 

doch  sind  die  kitigsten  jeder  zeit 

mit  recht  auch  eingedenk,  in  Worten  nnd  in  thaten, 

der  uovollkommaen  ahnhchkeit.    Uackdou  2, 124; 


doch  dasz  stets  eingedenk  ihm  sei, 

die  Treiheit  sei  ein  goldner  schätz.    BcRGKm20*; 

ich,  chromatischer  prüfungen  eingedenk.  Götbe  31,  231.  nicht 
zu  übersehn  ist  der  in  der  ersten  stelle  deutlich  beigefügte  acc. 
statt  des  gen.,  vie  man  noch  heutzutage  hört :  ich  bleibe  das 
wol  eingedenk  statt  dessen,  ähnliche  arcusatire  gelten  bei  an- 
sichtig, eingeständig,  überdrüssig  u.  a.  m.  am  seltensten  er- 
scheint eingedenk  attributivisch  : 

winket  den  eingedenken  gemahlinnen,  dasz  sie  die  jungfran 
siegreich  futirea  zum  loranz  raubenden  ebegemach. 
Voss  3,  116. 
s.  eindenk. 

EINGEDENKSAM,  nachdrückliche  erweiterung  des  torigen. 
EINGEDRÜCKTHEIT,  f.  impressio:  in  wirt  aber  wol  gegeben 
ein  gelkhe;  bilde  einer  ingedrukelheit.    Eckbabt  70,  40. 

EINGEF.KLL,  n.  reditus,  meistens  im  pt.  eingefalle,  ein- 
künfte:  wan  das  ingefei  nit  zur  zeit,  wie  der  schöffen  erken- 
net, geliebert  werde ;  wan  solche  ingefei  nit  gelieberl  werden. 
weisth.  2,  232.     s.  gefall,  gefalle  und  einfallen  3. 

EINGEHÄUSIG,  unius  capsulae,  thecae,  von  obst  und  uhren : 
eingehäusige  taschenuhr.     s.  gehäuse. 

EINGEHEN,  vielbedeulig,  meist  intransitiv. 

1)  intrare,  leiblich  eingehen,  goth.  inngaggan,  innafgaggan, 
inngalei])an  (gramm.  4.805);  ahd.  in  gangan,  nidit  mehr  in 
gilidan,  obgleich  noch  A;  gilidan,  zuo  gilidan  und  in  gileitan 
indueere  fortwähren;  ngs.  in  gangan,  nicht  in  gelidan;  altn. 
innganga.  nicht  innlida;  mhd.  in  gän;  nnl.  ingaan;  schtr.  inga, 
dän.  indgaa.   wie  gaggan  und  lei))an  sich  unterscheiden  s.  gehen. 

a)  das  blosze  verbum:  gehet  ein'  intrale!  entrez!;  er  gehet 
hier  aus  und  ein;  du  bist  lange  hier  ruhig  eingegangen;  er 
kam  uneingeladet  eingegangen;  ich  bin  heute  himdert  und 
zwenzig  jar  alt,  ich  kan  nicht  mehr  ans  und  eingehen.  5  Mos. 
3J,2; 

der  ein  get  ans,  der  ander  get  ein.    fasln.  400,  6; 
so  kam  der  künig  ingegangen, 
er  wart  von  stund  wol  empfangen. 

ÜA.ts  DER  Bcurlkr,  hönigslochter  10*; 

Merten  der  bawer  geht  ein  und  spricht.  H.  Sachs  II.  4,  6*; 
Ehrnholt  geht  ein  und  spricht.    Ayrer  109"; 

geh  ein  und  tröste  sie,  du  thor!    Göthk  12,  176. 

hinzu  zu  denken  bleibt:  in  das  haus,  in  den  hof,  in  die 
stu*be  «.  s.  w.     vgl.  eintreten. 

b)  gewöhnlich  folgen  praep.  und  ein  casus :  alle,  die  zu 
seiner  Stadt  thor  aus  und  eingiengen.  l  Mos.  23,10;  da  nu 
Joseph  zum  hause  eingieng.  43,26;  da  man  zum  fiscblhor 
eingehet.  2  ehron.  33, 14 ;  gehet  zu  seinen  thoren  ein  mit  dan- 
ken !  ps.  100,  4 ;  denn  man  gehet  zu  ir  ein,  wie  man  zu  einer 
huren  eingehet.  Ez.  23, 44 ;  es  ist  dir  besser,  das  du  ein 
kröpel  zum  leben  eingehest.  Marc.  9,43.  ^a//A.  18,  9;  wie  er 
zum  hause  gottes  eingieng.  Luc.  6, 4 ;  bis  an  den  tag,  da 
Noe  zu  der  archen  eingieng.    Matth,  24,  38 ; 

zu  Jenem  hause  ^ehei  ein,  dort  wohnt 

der  Stanfacher,  ein  vater  der  bedrängten!  ScRiLLt«  .S20". 

gehet  ein  durch  die  enge  pforten !  Matth.  7, 13 ;  ich  bin  die 
thür,  so  jemand  durch  mich  eingehet  Joh.  10,  9 ;  Eulenspiegel 
gieng  durch  das  fenster  ein ;  lasz  mein  vater  und  mein  mut- 
ier bei  euch  aus  und  eingehen,  l  Sam.  22,  3 ;  ich  gehe  bei 
ihm  aus  und  ein,  gehöre  zu  seinen  genauen  bekannten;  mhd. 

du  will  gewalteclichen  gän 

ze  minem  herzen  üj  und  in.    Walth.  55,  10; 

der  für  inen  her  aus  und  ein  gehe.  5  Mos.  27, 17 ;  die  ganze 
zeit  aber,  welche  der  herr  Jesus  unter  uns  ist  aus  und  ein- 
gegangen, apost.  gesell.  1,  21 ;  denn  darumb  sind  sie  unter  die 
schatten  meines  dachs  eingegangen.    1  Mos.  19,  8. 

2)  bildliche  anwendung  des  gehens:  das  jähr  geht  ein,  be- 
ginnt {doch  fand  hier  oß  personipeation  statt) ;  zn  eingehendem 
mai,  mhd.  ze  In  g^nden  meien ; 

heute  gebt  ein  altes  abe,  gehet  ein  ein  neues  jähr. 
LOCAD  2,  174,  83; 

am  freitag  oder  vorfest  nachmittag  essen  sie  {die  Juden)  nit 
bisz  der  sabbath  eingangen  ist.    Fräs«  veltb.  145*; 

gelebt  hett  wir  on  alle  not, 

dann  durch  die  sünd  gieng  ein  der  tod.   Schwarzirierg  98,2; 

was  zum  munde  eingehet,  das  verunreiniget  den  menschen 
nicht.  Matth.  15,11;  sihe  den  wein  nicht  an,  das  er  so  rot  ist 
und  im  glase  so  schon  stehet,  er  gehet  glat  ein.  tpr.  Sal.  23, 31 ; 

wie  wol  er  gerne  darmgichi  bringt,  noch  geht  er  lieblich  ein. 
LoGAO  2,  8,  24 ; 


i87 


EINGEHEN 


EINGEHEN — EINGEISTEN 


II 


es  geht  bei  ihm  zu  einem  ohre  ein  und  zum  andern  wieder 
aus ;  das  sei  euch  kund  gelhan,  und  lasset  meine  wort  zu 
ewren  ohren  eingehen,  apost.  gesrh.  2, 14 ;  der  faden  wil  nicht 
ins  Öhr  der  nadel  eingehen ;  er  richtete  sich  nach  den  schwächen 
des  pubhcums,  es  gieng  geld  ein.  Göthb  19, 10t ;  grosze  bei- 
trage sind  eingegangen;  der  finger  geht  nicht  in  den  hand- 
schuii,  der  fusz  nicht  in  den  Stiefel  ein;  der  degen  geht 
sdiwer  aus  und  ein. 

3)  ine  schon  die  eben  angeiognen  stellen  ein  glatt  oder  lieb- 
lich vor  dem  eingehen  dargaben,  wird  häufig  mit  einem  sol- 
chen beisatz,  doch  auch  ohne  ihn,  eingehen,  wie  eingang  finden, 
abstract  für  probari,  accipi  geseilt:  darauf  stehen  sie  so 
störrig  und  knorrig,  das  inen  nicht  kan  eingehen,  was  man 
inen  sagt  oder  singet.  Luther  6, 130' ;  denn  sie  {diese  lehre) 
ist  inen  zu  wunderlich,  das  sie  inen  nicht  kan  eingehen. 
ebenda;  aber  das  heiszt  nicht  gottes  wort  recht  geliandlet, 
wenn  es  so  kalt  und  faul  eingehet,  das  man  nicht  davon  er- 
wermet  und  gebessert  wird.  6,  288" ;  des  endechrists  eingang 
sol  geschehen  durch  Wirkung  des  bösen  geistes,  der  nur  mit 
liegen  und  falscher  auslegung  der  schrift  eingehet.  1,423'; 
wills  uns  denn  nicht  einmal  eingehen  {einleuchten)^  br.  2,372; 
die  lateinische  spräche  geht  ihm  schwer  ein ; 

dieses  geht  mir  besser  ein, 

das  du  ireflich  tnul)  rausi  sein.    Opitz  2,  200; 

dasz  du,  liebe,  blind  solst  sein, 

wil  mir  gar  nicht  gehen  ein.    Flsning  179; 

die  warbeit  selbst,  die  alles  kan  durchsäszen 
was  manchen  säur  eingeht.    Grypuius  403; 
geht  dieses  lieben  gleich  bei  andren  bitter  ein, 
soll  mir  um  liebe  doch  lieb  auch  das  bittre  sein. 
L0GAü2,  135,  84; 

was  den  Israeliten,  so  wie  uns,  am  allerschwersten  eingehen 
muste  zu  glauben.  Sguiller  1019*;  was  aber  dem  sinne  der 
Weslländer  niemals  eingehen  kann,  ist  die  Unterwürfigkeit 
unter  seinen  herren  und  obern.  Göthe  6,  S6;  die  noth,  die 
die  Staaten  zu  der  entschlieszung,  so  schwer  es  ihnen  auch 
eingebt,  zwingen  musz.    Kant  4,302; 

dös  ding  is  grod  su  ungscheit  niet, 

es  geihi  mir  selber  ei.    Grübbls  gedickte  1, 179. 

4)  das  geht  mit  ein,  drein,  wird  einbegriffen,  soll  mit  bezahlt 
sein,  auch  in  übelm  sinn,  das  dringt,  schleicht  mit  ein:  und 
was  wil  folgen  aus  diesem  artikel,  denn  das  menschen  lere 
uiicr  gottes  wort  sei  und  der  bapst  über  gott,  und  alle  der 
greuel,  der  da  neben  mit  eingehet.    Luther  1,426. 

5)  auf,  in  etwas  eingehen,  sich  darauf  einlassen,  inquirere 
in  aliquid,  inirare  in  aliquam  rem:  und  Philine,  die  auf  alles 
eingieng,  pasle  ihnen  {den  arien)  gleich  bekannte  melodien 
an.  Göthe  18,196;  einen  plan,  in  den  man  mit  soviel  Über- 
legung eingegangen  war.  19, 32 ;  wenn  sie  auf  seinen  Vorschlag 
eingehen  mögen.  Tieck  ges.  nov.  2,  21 ;  ich  kann  auf  diesen 
Vorschlag  nun  und  nimmermehr  eingehen. 

ü)  die  negative  beJcutung  erklärt  sich  wie  die  des  lat.  perire, 
exire  und  interire,  intermori,  in  sich  gehen  wird  zu  krümmen, 
wflken,  schwinden,  aufhören,  vergehen,  abgehen,  dem  aufgehen 
der  blume  steht  eingehen  und  vergehen  entgegen,  dem  angehen 
ausgehen : 

wenn  aller  bluroen  Tolk  wird  sein  gegangen  ein, 
ahdann  wird  unser  band  noch  frisch  am  leben  sein. 

Flehing  41 ; 
und  so!  djg  hohe  fest  nicht  gclin  im  himmel  ein, 
so  lange  ^Jupiter  der  höchste  gott  wird  sein.    66; 
mit  deinem  tode  sol  mein  leben  gehen  ein.    107; 
ich  habe  keine  lust  zu  eingen  solchen  snchen, 
die  mehr  nicht  als  ein  wnhn  und  bloszer  vorwilz  sein 
und  mit  dem  künsiler  «elbst  zu  letzte  geben  ein.    108; 

was  wol(  Egjpien  sein 
mit  aller  seiner  pracht,  der  nunmehr  gangen  einf    13S, 

ro  entweder  allem  seinem  oder  die  nunmehr  zu  lesen  ist,' 

ll.iboU  mauren  sind  versunken, 
S'iliis  werke  gieiigcn  ein.    325; 

anjetzt  fallt  Troja  euch  erst  «in. 
mir  flel  ei  damaU  schon,  a\*  l'eleiis  grimmer  wagen 
■•■' "''in  andre«  (ch,  den  lleclor  niinie  iruK*'", 

'  •  re  last,   von  der  er  fast  zerbrach. 
^  Troja  ein.    Opitz  1,223; 
ili'iti  ^-riLirlilniii  bleibt,  0  gott, 
und  K'-bt  cwi^hrb  nirht  ein.    p«.  1S5; 
doch  gehen  aiirli  dio  r.edern  cini 
die  faulen  kieferbretier  weichen, 
kein  eiche  wird  hier  ewig  sein.    Grtniiuii  2.  i  i 
nun  tie  idU  »eil)  auf  der  gruben  gehl,  wird  <vi  .hhIiis  vtul 

iiiclii  Ncin, 
als  dasi  jedarman  in  ihr,  «le  auch  kOrzlich  5elboi  geln  ein. 

LobAU  2,  4ti ; 


wann  keine  thorheit  mehr  wird  sein, 

80  wird  dio  menschheit  gehen  ein.    2,  106,36; 

«u  Sparta  war  es  gut  ein  alter  mann  zu  sein. 

0  Sparta  ist  fürlängst  der  weh  gegangen  ein.    3,  202,  62 ; 

die  sonne  der  tugend, 

die  blume  der  Jugend 

gehl  unter  und  ein.    GBntbsr  933. 

als  die  geschwollnen  wolkenklumpen  im  weiten  blan  eingien- 
gen.  J.  P.  Ilesp.  1,  240 ;  sie  läszt  drei  bis  vier  stunden  von 
ihrer  andacht  eingehen  ;  die  einzelnen  willen  müssen  in  dem 
groszcn  willen  eingehen.  Claudius  8,  67;  dasz  die  züufte  und 
alle  einrichtungen,  die  damit  zusammenhängen,  eingehn  wer- 
den. TiECK  j.  Uschi.  1,118;  die  griechischen  stunden  auf  der 
schule  sollen  eingehn.  auch  dies  eingehen,  gleich  dem  unter 
1,  verbindet  sich  oß  mit  lassen:  man  läszt  die  herrlichen 
bäume  jetzt  eingehen,  hat  den  garten,  viele  gruben  im  berg- 
bau  eingehen  lassen ;  o  laszt  eine  solche  anstalt  nicht  ein- 
gehen ;  das  eingehenlassen  niittelmäsziger  anstalten.  Heynes 
br.  an  Joh.  Müller  s.  200 ;  die  Zeitschrift  eingehen  lassen. 

7)  nah  hiermit  verwandt  ist  die  Vorstellung  des  sich  zusam- 
men, einziehenden,  einkriechendcn,  verengenden  und  mindernden 
Stoffes :  das  tuch  geht  im  wasser  ein,  läuß  ein,  ist  um  eine  halbe 
eile  eingegangen;  die  wolle  ist  beim  spinnen,  das  körn  beim 
malen  eingegangen ;  die  strumpfe  werden  noch  eingehen,  man 
achte  auf  das  beigeßgte  zu :  die  Strümpfe  gehn  zu  füszlingen 
ein,  werden  zu  füszlingen;  die  straszen  zu  pfaden;  sollten 
auch  die  kurzem  und  sichrem  landstraszen  darüber  zu  pfaden 
eingehen,  wie  sie  durch  Wildnisse  führen.    Lessinc  6,  373. 

8)  transitives,  sinnliches  eingehen,  wie  man  lat.  inirare 
domum,  silvam  sagt,  begegnet  im  15.  16.  17  jh.  noch  hin  und 
wieder:  sobald  und  ir  die  stat  ingond,  simul  ac  intraveritis 
urbem.  Keisersb.  post.  pass.  B  5,  ganz  wie  ahd.  Matlh.  10, 12 
thannc  ir  ingangct  tha;  b(ls ;  hat  er  nicht  verschmähet  des 
Simonis  haus  einzugehen.    Bdtschkt  kanilei  735; 

und  als  ich  stund  in  den  gedrechten, 

welche  straszen  ich  wolt  eingan.    II.  Sachs  I,  635% 

welchen  weg  ich  einschlagen  wollte;  doch  heutzutage  versagen 
vir  uns  diese  ausdrucksweise  und  gestatten  solches  eingehn 
nur  für  die  abslracten  anwendungen  des  lat.  inire:  das  ich 
diesen  frieden  also  ingangen  bin,  hab  ich  mer  umb  ewerl, 
dan  umb  meinet  willen  gethan.  AimonBi';  einen  bund,  ver- 
trag, eine  wette,  bedingungen,  eine  heirat,  die  ehe  eingehen ; 

nicht  uns  sind  wir  (fruuen)  geboren, 
auch  nicht  zur  einsamkeit,  wir  sind  danin  erkoren 
gesellschart  einzugchn.    Logau  2, 12,  37  ; 
wer  sein  selbst  kan  fiijflich  sein, 
geh  kein  andre  pQichten  ein.    3,  207; 
der  reiche  gieng  des  armen  bitten  ein.    GiiLiai  1, 168; 
Ilenricus  muste  denen  an  der  Werre  stehenden  Sachsen  alles, 
was  sie  begehret  hatten,  eingehn.    Hahn  3,  49 ; 

das  giengen  sie  in  ewigkeit  nicht  ein!    Wikland  1D,  166; 
des  richters  ernst  geht  keine  klausein  ein.    10,  167; 
sie  war,  gieni;  Amadis  nicht  ein, 
dahin  gebracht  sich  selbst  zu  amüsieren.    . . . ; 

er  freute  sich  so  sehr  auf  einen  knahen,  dasz  er  alles  ein- 
gieng, was  sie  von  ihm  verlangte.  Göthe  20,  98 ;  ein  wagstück 
eingehen.  Klinger  5,  256.  6,10;  erinnere  dich  des  bundcs,  den 
unsere  herzen  an  seinem  grabe  eingegangen.  4, 155.  diese 
ausdrücke  unterscheiden  sich  von  dem  eingehen  auf  etwas,  wo- 
durch blosz  der  versuch,  nicht  der  abschlusz  bezeichnet  wird; 
ich  gehe  darauf  ein  besagt  ich  will  mich  darauf  einlassen, 
ich  gehe  es  ein  aber  ich  habe  mich  dazu  verpflichtet,  der 
frühere  gebrauch  des  gen.  statt  des  acc.  ist  heute  veraltet,  man 
sagte  eines  dinge»  eingehen,  groszes  krieps  eingehn,  er  wolt 
des  kampfes  iiit  eingen,  wir  konten  des  nit  eingehn,  in  wel- 
chen letzten  stellen  der  gen.  auch  ron  nicht  abhängen  darf 

EINGKHÖB,  f  apparalus,  zubebör:  dasz  Lucifer  die  festung 
der  bellisdien  wohnung  mit  aller  seiner  zu  und  eingehöre 
besessen.    Avreb  proc.  1,  II. 

EINGKHOHKN,  pertinerc  in  locum  aliquem,  vgl.  angehören. 

EINGEHUNG,  f  sponsio,  conventio:  die  cingebung  der  ehe, 
des  bundes  u.  $.  w.    vgl.  eingeben  8. 

EINGKIGEN,  fidihus  sopire,  mit  geigenspiel  einschläfern. 

EliNGEISTEN ,  inspirare:  eingeistet  wort  reden.  Kran« 
tprirhw.  2,119;  der  trösler,  der  heilig  geisl,  wird  euch  alle 
ding  leiefi,  ja  euch  eingeisten  und  erinnern  alles  so  ich  euch 
gesagt  hab.  veltb.  ll!t"  {vgl.  Joh.  14,261;  also  fomiieret  gnll 
den  ersten  menschen  luid  eingeistet  in  sein  nngosirhl  ein 
lebendigen  geisl  und  nllieiii  dex  lebens.  chronica  0* ;  ungeacht, 


189 


EINGElSTERxN —EINGEWEIDE 


EINGEWEIDE 


190 


das  sie  {die  sclirip)  vun  gott  eingegeistet  ist.  Fischart  bienenk. 
35* ;  so  was  eigenes,  ursprüngliches  und  eingegeistetes.  Heedeb 
20,  309.  ein  unbeholfnes,  nach  deuüiclikeit  ringendes  und  darum 
wieder  aufgegebnes  toort.  hätten  wir  noch  das  dem  goth.  gaisjüu 
enliprediende  geisen,  welchem  geist  eitlslainmt,  so  dürften  uir 
auch  eingeisen  für  imfiirare  sagen,  eingeisten  ist  ungescJtickt, 
wie  inspiritare  wäre.  Gütue  hat  ein  anderes  eingeisten  ge- 
bildet im  sinne  von  sich  geistig  oder  in  den  geist  eines  ver- 
setzen :  mit  welcliem  glück  er  {Talma)  sich  in  eine  tyrannen- 
seele  einzugeisten  trachtete.    46, 164. 

EINGEISTEKN,  sagt  Wieland  irgendwo,  der  analogie  von 
begeistern  und  entgeistern  folgend. 

EINGEISTUNG,  f.  ßr  inspiratio :  so  nahet  sich  die  lyrische 
gattung  der  eingebung  oder  eingeistung  am  nächsten.  Herder 
n,  193. 

ElNGELAl'BT,  foliis  leclus,   in  laub  gehüW. 

EINGELEIBT,  s.  einleiben. 

ELNGELEITEN,  s.  einleiten. 

EINGEN ATU BT-,  natura  indilus:  etliche  geschöpfte  sind, 
die  den  samen  ihrer  mehrung  in  ihnen  haben  eingebildet, 
eingemischt  und  eingenaturet.    Paracelsus  1, 120". 

EINGENOMMEN,  occupalus,  caplus,  für  oder  gegen  etwas, 
s.  einnehmen. 

EINGE.NOMMENHEIT,  propensio  aul  offensio,  vorgefaszte 
neigung  oder  abneigung. 

EINGERBEN,  verberibus  inculcare:  es  ist  ihm  eingegerbt 
worden. 

EINGEBICHTE,  n.  nennen  die  Schlosser  ein  stück  in  den 
schlossern,  das  zum  einschnitt  der  Schlüssel  pasl.    s.  einrichten. 

EINGESCHENkE,  n.  poculum  quod  infandi  solebal  sociis 
opißcii  peregrinantibus,  s.  ausgeschenk. 

EINGESCHNEIDE,  n.  minulal,  Txe^ixojuua,  geschneilel :  und 
weil  die  werte  so  gut  waren,  liesz  ich  mir  wieder  das  seil 
an  die  hörner  werfen  und  gaben  ifgn.  mir  aufs  jähr  an  barem 
gelde  und  allenthalben  das  eingeschneide,  wie  in  der  vorigen 
bestallung  begritfen,  nur  dasz  ich  keinen  tisch  bei  hofe  hatte. 
ScnwEiNicHES  3,  JOS.  es  war  eiiie  zubusze  der  eigentlichen 
besoldung,  wahrscheinlich  aus  fleischabfällen  in  der  küche  be- 
stehend, und  wurde  nicht  nur  dienern,  sondern  auch  witwen 
ausgesetzt.  Weinhold  im  schles.  wb.  s.  87*  hat  geschneite,  einge- 
schneite, geschlinke,  lange,  herz  und  eingeweide.    s.  das  folgende. 

EINGESCHN EITEL,  n.  insicia,  ab  eo  quod  insecta  caro, 
farcimen,  Scbm.  3,  501  hat  geschnätzel  quisquiliae,  3,  497  ge- 
schnait,  geschnaitelwerk. 

EINGESCHNEIZE,  EINtlE.SCHNEIZEL,  n.  das  vorige,  auch 
weil  man  daraus  ein  ragout  hackte,  ein  solches  misdigericht: 
Siebenkees  liesz  stellen  in  die  zweite  ecke  des  tisches  ein  ein- 
gescbneizei,  eine  vollständige  musterkarle  der  fleischbank.  J.  P. 
Siebenk.  ],36;  wir  setzten  uns  nieder  zu  zwei  oder  drei  gangen 
mit  historischem  eingeschneizel  von  reiseanekdoten.  Hesp.i,  166. 

EINGESCHBÄNKT,  circumscriptus,  dann  imbecillis,  was  be- 
schränkt, franz.  borue,  s.  einschränken. 

EINGESCHRÄNKTHEIT,  /".  circumscriplio,  angustiae,  bor- 
niertheit:  es  sei  mehr  eigensinn  und  übler  humor,  als  einge- 
schränktheit des  Verstandes.    Göthe  16,44.69. 

EINGESESSEN,  incola. 

EINGESITZEN,  incolere:  wo  ein  mann  bei  frembden  leuten 
eingesitzt.    Agbicola  spr.  140.     s.  einsitzen. 

EINGESTÄNDIG,  confessus,  geständig:  und  wenn  es  der 
lierr  kapilän  eingeständig  ist.  Lessing  2,  413 ;  er  war  das  nicht 
eingeständig,     über  deti  acc.  s.  eingedenk. 

EINGESTÄNDNIS,  m.  confessio. 

EINGESTEHE.N,  conßieri,  coticedere:  das  gestehe  ich  ein; 
freiwillig  eingestehen;  nach  den  eingestandenen  tegeln.  Les- 
sing 10,  58 ; 

mich  immer  trid  der  hasz  der  thai.  ich  musz 

sie  eingesiehn  und  kann  den  schein  nicht  reuen.  Schiller  42<j*. 
s.  gestehen,  zugestehen. 

EINGESTBICHEN,  una  linea  inductus,  eingestrichen,  ganz 
verschieden  von  eingestrichen,  interlilus,  detersus.  die  einge- 
strichene octave  frt  der  musik.  TCrks  kurze  anweisung  zum 
clavierspielen.   1792  §.  4. 

EINGETELFELT,  diabolietu,  in  poleslcUe  daemonis  : 
du  bist  doch  sonst  so  ziemUcfa  eiageteufeh.    Götur  12,  ITC. 
vgl.  verteufelt. 

EINGEWEBE,  «.  inlextura,  vgl.  einweben. 

EINGEWEIDE,  n.  exla,  viscera,  die  inwendigen  glieder,  die 
inneren  weichtn  Iheile  dtr  brusl  und  des  bauciis,  herz,  mage. 


lunge,  leber,  niere,  milz  und  gedänn,  wofür  es  in  allen  sprachen 
manififalte  namen  gibt,  das  unsrer  spräche  eigne  geweide  und 
ingeweide  hat  sich  ahd.  nocli  niclit  aufgezeigt,  besteht  aber 
schon  mhd.  : 

under  der  rippe  scerme 

hanget  da^  sredarnie, 

ein  weichiuwaniba, 

diu  douwet  daj  geweide.    Diut.  3,  40, 

und  hier  bezeichnet  es  deutlich  die  zu  verdauende  speise,  nicht 
den  verdauenden  Uieil  des  leibs,  doch  ßr  diesen  nehmen  es 
andere  stellen: 

eieswä  an  im  erschein 

daj  ingeweide  berdurch.    pass.  K.  122,  77  ; 

unz  im  begunde  lugen 

hindurch  sin  ingeweide.    466,  33; 

da  von  (dfin  stich)  im  da;  geweide 

sich  üi  di'in  übe  schütte.  Jeroschin  152*; 
er  (der  stür,  sturio)  hat  ingewaid,  aber  daj  ist  gar  ciain  nach 
seiner  groej.  Megemierg  257,3;  die  klainen  (slangen)  habent 
ir  vergift  in  dem  ingewaid.  260,5;  bei  Schilderung  des  mensch- 
lichen leibs,  so  viel  ich  sehe,  braucht  er  das  wort  nicht.  Die- 
FENBACH  unter  exta,  intestinum,  viscus  hat  aus  späteren  citaten 
ingeweid,  ingwaid,  inwied,  Dasvpodics  104'.  319'  eingeweid, 
Maaleh  99*  eingweid,  Luther  schreibt  eingeweide.  nnl.  zeigt 
nur  der  grüningische  dialect  geweide  und  ingeweide  stall  des 
üblichen  ingewant. 

Für  die  ableitung  bietet  sich  kaum  etwas  anderes  dar  als 
weiden  pascere  und  venari,  der  ausdruck  musz  vun  jdgern  und 
hirten  ausgegangen,  ursprünglich  also  nur  auf  die  inwendigen 
glieder  der  gefällten  thiere  zu  beziehen  sein,  i«  magen  und 
gedänn  fand  sich  das  gedsz  oder  geweide  des  thiers  und  wurde 
beim  zerlegen  herausgenommen,  wie  die  stelle  des  zuerst  an- 
geführten gedichls  und  die  verba  ausweiden,  ausweidnen  be- 
stätigen, weidnen  entspricht  dazu  der  ahd.  ncbenform  weidin6n 
(Graff  1,  775).  es  war  natürlich  das  wort  auf  alles  heraus- 
genommne,  also  auch  auf  herz,  lunge,  leber,  die  an  sich  kein 
geweide  enthielten,  und  sodann  vom  thierischcn  leib  auf  den 
menschlichen  zu  erstrecken,  ingeweide,  eingeweide  hies:  all- 
mälieh  überhaupt  exta,  intestina,  vgl.  weide. 

Die  ältere  spracJie  besasz  andere  benennungen.  goth.  hair])ra, 
viscera,  ahd.  herdar,  a:t).äyxva,  vielleicht  auf  früherer  laul- 
stufe  mit  hairto  und  cor  verwandt,  vgl.  praecordia,  nsotxäoSia, 
böhm.  osrdj,  wie  auch  in  viscus,  OTif.äyxvov  der  gedanke  an 
das  herz  vorwaltet,  ags.  iesendas  und  innodas  viscera,  jenes 
noch  der  aufklärung  bedürßig,  dies  das  ahd.  innödi,  innodili, 
anderwärts  innädiri  (ingeäder),  innuovili  =  altn.  innilTi,  ags. 
innilfe,  schw.  inelfvor,  aber  gebildet  wie  driscuovili  Urnen  und 
altn.  daudifli  morticinium.  daneben  altn.  idr.  ahd.  innidüm, 
nd.  ingedömte.  merkwürdig  wie  die  meisten  dieser  ausdrücke, 
interanea,  intestina,  iintoa,  Cynara  das  innere  bezeidinen, 
esta  vom  ausnehmen,  ausweiden  entnommen  scheint,  manche 
Wörter  der  volksspradie  sind  hier  übergangen. 

1)  thierisches,  eszbares,  opferbares  eingeweide:  ir  solts 
eicht  roh  essen  noch  mit  wasser  gesotten,  sondern  am  fewr 
gebraten,  sein  heubt  mit  seinen  schenkein  und  eingeweide. 
2  Mos.  12,  9 ;  und  soll  alles  fett  nemen  am  eingeweide  und 
das  netze  über  der  lebber.  29, 13 ;  aber  den  wider  soltu  zu- 
legen in  stück  und  sein  eingeweide  waschen  und  Schenkel. 
29, 17 ;  das  eingeweide  aber  und  die  schenke!  sol  man  mit 
wasser  waschen.  3  Mos.  t,  9 ;  und  wusch  die  eingeweide  und 
Schenkel  mit  wasser  und  zündet  also  den  ganzen  widder  an 
auf  dem  altar.  8,  21. 

2)  menschliches  eingeweide,  oft  blosz  ßr  das  innerste  hers : 
und  er  stach  in  damit  in  den  wanst,  das  sein  eingeweide 
sich  auf  die  erden  schüttet.  SSani.  20, 10;  du  aber  wirst  viel 
krankheit  haben  in  deinem  eingeweide,  bis  das  dein  einge- 
weide für  krankheit  craus  gehe  von  tage  zu  tage.  2  c//roi». 
2t,  15 ;  mein  eingeweide  sieden  und  hören  nicht  auf.  Hiob 
30,  27;  hat  sich  erhenkt  und  ist  mitten  entzwei  gehorste» 
und  alle  sein  eingeweide  ausgeschüU  apost.  gesch.  1,18;  ni 
))reihanda  jus  in  uns,  i|]  [ireihanda  in  hair{)ram  izvaraim,  non 
angustiamini  in  nobis,  angusliainini  autem  in  visceribus  vestris. 
2  Cor.  6, 12,  bei  Ldtuer  geschwächt,  unserthalben  dürft  ir  euch 
nicht  engsten,  das  ir  euch  aber  engstet,  das  thut  ir  aus  herz- 
licher ineinung;  das  er  im  durch  den  mantel  ein  grosze  wund 
in  leib  randt,  also  dasz  er  den  spiesz  im  wider  aus  denn  leih 
zuckt,  das  das  inngeweid  Reicharten  in  sein  schosz  fiel  und 
das  man  im  die  lung  und  leber  dardurch  sähe  ...  da  nu 
Reichart  wider  zu  iin  selber  kom,   er  stund  auf  sein  füsz, 


191 


EINGEWEIDE —EINGEWÖHNEN 


EINGEZOGEN  —  EINGRABEN 


192 


tliet  sein  inngeweid  wider  in  den  leib  und  fasset  sein  schwert. 
Aimon  nä';  dasz  jetzunder  auch  bei  dem  inngeweid  des  herren 
Clirisli,  weil  die  andern  gotteslesterung  bei  den  andern  glie- 
dern Christi  nun  etwas  gebreuchlich  und  all  sein,  gefluchet 
und  geiestert  wird,  fluchleufel  1564.  B  5*  (vgl.  bocks  oder  butz 
leber  und  lung!    Ih.  2,202.279.280); 

wan  heimlich  ich  in  iDeinetn  einpewaid 

Ton  schwerer  pein  und  hiid  gequälet.    Wsckhbrlin  53; 

wo  du  {teufet)  was  küfiftig  on  erklärt 

durch  einer  juogrraun  eingeweide.    Gripuius  1,60; 

da  warr  ich  in  ein  eckcheu  mich, 

die  eingeweide  brannten.    Göthk  2,  195; 

Schüler:  die  eingeweide  brennen  mir!    13,162; 

es  schwindet  mir,  es  brennt 

mein  eingeweide. 

nur  wer  die  Sehnsucht  kennt 

weisz  was  ich  leide  I  19,  67  : 
er  ist  brav  und  gut,  aber  es  zerreiszt  mir  mein  inneres  ein- 
geweide, ich  kann  nicht  gerecht  s«in.  16, 149 ;  gott  sei  dank, 
dasz  mir  von  diesen  Zugvögeln  künftig  keiner  mehr  iiiipo- 
niert,  wenn  er  mir  im  norden  von  Rum  spricht,  keiner  mir 
die  eingeweide  mehr  erregt,  denn  ich  habs  doch  auch  ge- 
sehn. 27,  239 ;  sind  eure  eingeweide  auch  eisern,  wie  eure 
kleider?  rührt  euch  mein  Jammer  nicht?  42,187;  der  kalte 
barbar  ohne  eingeweide.  Ardiri'jhcUo  1,  92 ;  der  freund,  den 
sie  in  ihren  eingeweiden  tragen.    Claudius  8,  49. 

3)  auch  für  das  innersle  anderer  gegenstände,  namentlich 
der  erde,  gleich  dem  lat.  viscera  oder  franz.  entrailles :  un- 
tersuchten das  eingeweide  des  dasigen  gebürges  und  fanden 
verschiedene  arten  steine.    Felsenburg  l,  185 ; 

des  scbrocklichen  gebirgs  grundfest  und  eingewaid. 
Wkckhbrlin  61 ; 

wie  lang  zerfleischt  mit  eigner  band 

Germanien  sein  eingeweide!    Uz  1,28; 

das  feuer  hat  die  geschmolzenen  eingeweide  (der  erde)  her- 
vor geschüttet.  Herder  3, 16 ;  so  sehr  uns  in  den  eingeweiden 
der  erde  alles  noch  als  chaos,  als  trümmer  vorkommt.  3,57; 
(der  Ätna),  der  Jahrhunderte  Verheerung  in  seinen  eingeweiden 
sammelt  Klingeb  l,  30t;  die  eingeweide  der  erde.  10,211; 
ihm  ist  vergönnt  die  eingeweide  des  inquisitionsgebäudes  zu 
Valladolid  zerstören  zu  helfen.  Götiie  45,263;  der  bequeme 
erbe  ist  das  eingeweide  des  groszvaterstuhles.  J.  P.  Hl.  nachl. 
4, 37 ;  du  wirst  gaffen,  du  wirst  äugen  machen !  wart  und 
wie  man  handschriften  nachmacht,  würfet  verdreht,  Schlösser 
ausbricht,  und  den  koffern  das  eingeweide  ausschüttet.  Schil- 
ler 108*;  bis  die  verderblichen  folgen  des  lusus  die  einge- 
weide des  Staat«  angefressen  haben.    Wieland  7, 151. 

EINGEWEIDEGESTALT,  f.  wenn  man  von  günstigen  göt- 
tern,  durch  vügelflug  und  eingeweidegestalt,  treuen  rath  zu 
erhalten  glaubte.    Götbe  45,  212. 

EINGEWEIDELEHUE,  f. 

EI.NGEWEIDESCHLAGADEB,  f. 

EI.NGEWEIDEWÜRM,  m.  wenn  so  zuweilen  die  eingeweide- 
würmer  des  ichs,  erbosung,  entzückung,  liebe  und  derglei- 
chen wieder  herumkriechen  und  nagen  und  einer  den  andern 
friszt.    J.  P.  TU.  3, 171. 

EINGEWIN.NE.N,  occupare,  eapere,  einnehmen:  sie  überredet 
in  mit  vielen  wurteii  und  gewan  in  ein  mit  ircm  glatten  munde. 
spr.  Sal.  7, 21 ;  auf  das  nicht  das  wild  thier,  so  eure  Vor- 
eltern verspert  haben,  möcht  durch  ewer  Unachtsamkeit  also 
ledig  werden,  das  es  durch  Sachsen  schleiche  und  ganz 
deudscb  land  eingewiune.  Luther  2,  211* ;  aber  ein  viel  gröszer 
exempei  wäre  e.  k.  gn.,  als  die  gleichsam  mitten  in  deudschen 
landen  der  gröszten  heubter  eins  ist.  das  wurde  viel  leut 
stillen  und  eingewinnen.  3, 139.  br.  2,  675 ;  und  dise  bestehen 
allermeist  aus  geizigen  schindfesseln  und  greulichen  bluthim- 
den,  welche  mit  miet  und  gaben  den  stui  eingewonnen  und 
darüber  vil  aufrurs  und  blutvergieszens  erweckt  haben.  Fischart 
6iCTi<-nA;.  213*.  verhalt  sich  tu  gewinnen  wte  einnehmen  xu 
nehmen,  einbekomwen  lu  bekommen,  vgl.  abgewinnen,  an- 
gewinnt'n. 

KINGKW'I.NNKH,  m.  exaclor,  eingewünner.    Maalkr  124*. 

tl.NGEWOHNEN,  assuesrere.  das  pari,  eingewohnt  assuetus 
mischt  sich  vitt  eingewohnt  inhabitalus  von  einwohnen :  irji 
kann  hier  nicht  eingewöhnen ;  ich  werde  bei  meinem  pfurrer 
imiiM-r  lic»Hi^r  eingewohnter.    Leipt.  avaiit.  1,  57. 

KINGEW  ÜHNEN,  attutfacere :  die  Sciileunerschcn  werden  ihn 
wahrscheinlich  auf  alle  weise  zum  öftern  geHchenk  seiner  besuche 
emiuiilcrt  haben,  da  er  zumal  dadurch  auch  den  filrslcn  ein- 
gewöhne. J.  P.  He$p.  3, 19 ;  das  thier  niusz  sich  erst  ciiigi-wOhiien. 


EINGEZOGEN,  solitarius,  reconditus :  ein  eingezogner  mann ; 
er  lebt  ganz  eingezogen,  zurückgezogen,    s.  einziehen. 
EINGEZOGENHEIT,  f.  vita  solilaria. 
EINGIESZEN,  infunderc,  iinl.  ingielen. 

1)  dem  kranken  arznei.  eingeben,  ipenn  er  leicht,  einOöszen, 
wenn  er  schwer  einnimmt,  eingieszen,  einschütten,  einbringen, 
wenn  er  ohnmächtig  da  liegt;  in  die  nasenlöcher  eingieszen; 
doch  heiszt  es  auch  einem  tiiier  eingieszen,  einschütten; 

ihr  gösset  meinen  wundun 

der  hol'nung  bulsam  ein.    Gottkr2,  355. 

2)  Wasser,  wein,  hier,  öl  eingieszen,  einschenken;  kannen 
aus  und  ein  zu  gieszen.  i  Mos.  4,7;  die  (söne)  brachten  ir 
die  gefesz  zu,  so  gosz  sie  ein.  2&ön.  4,5;  einen  becher  ein- 
gieszen, füllen,     giesz  ein  disen!    Garg.  241*. 

3)  bihHich,  weil  er  deu  nicht  kennet,  der  in  gemacht  und 
im  die  seele,  so  in  im  wirkt,  eingegossen  und  den  leben- 
digen ödem  eingeblasen  hat.  wcish.  Sal.  15, 11 ;  er  lacht  von 
freuden,  seine  hend  zusammen  gelegt  reckt  er  gen  himel 
sprechende,  herr  Jesu,  Crist,  ewigklich  seistu  gelobt,  das  du 
unserm  keiser  ein  sölich  geuiüt  diesen  unglücklichen  krieg 
zu  enden  ingosscn  hast.  Aimon  A6*;  ich  hub  dir  mit  disein 
streich  furcht  ingegossen,  uie  sonst  eingeflöszt,  eingejagt ; 
Weisheit  . . .  kann  ihm  ein  anderer  nicht  eingieszen,  sondern 
er  musz  sie  aus  sich  selbst  herausbringen.  Kant  10, 212.  auch 
'es  eingieszen':  wüste  sich  biszweilen  in  aller  gedult  nach 
meinen  fragen  so  artlich  zu  regulieren  und  mit  mir  zu  ver- 
fahren, dasz  er  mirs  auch  nicht  besser  hätte  eingieszen  kön- 
nen. Simpl.  K.  70. 

4)  implumbare,  mit  blei  eingieszen ;  eisenstangen,  klam- 
mern in  den  stein  eingieszen ;  darumb  so  müssen  wir  an  der 
opinion  und  dem  gutbedunkcn  der  h.  röm.  kirchen  fest  ein- 
gegossen und  vernagelt  pleiben  wie  ein  götz  an  seiner  seulen. 
Fischart  bienenk.  170'. 

EINGITTEUiN,  clalhris  circumdare,  vergittern. 

EINGLÄUBIG,  wuus  ßdei. 

EINGLÄUBIGKEIT,  /".  uuitas  ßdei:  hier  sammelten  sich  die 
reste  griechischer  und  römischer  Verdienste  und  so  vieler 
geistreicher  Christen,  deren  eigenheiten  aus  der  kirche  ausge- 
stoszen  worden,  weil  auch  diese,  wie  der  islam,  auf  eiugläu- 
bigkeit  los  arbeiten  inuste.    Göthe  6,  46. 

EINGLEICHEN,  aequare:  nach  sitten  und  thealerconven- 
tionen  und  nach  und  nach  aufgeflickten  Statuten  natur  und 
Wahrheit  zu  verschneiden  und  einzugleichen.  Götue  33,  28L 

EINGLEITEN,  illabi:  in  die  kehle  eingleiten; 
weit  süszcr  denn  einglciiender  lionig. 

EINGLIEDERN,  in  membra  redigere,  membralim  instruere: 
dessen  sache  so  wenig  das  leere  fach  der  titulatur  oder  spe- 
culation  war,  dasz  er  vielmehr  im  ganzen  alles  ganz  herlich 
einzugliedern  verstand.  Hippel  9, 19 ;  es  ist  ein  verzweifelter 
versuch,  ungeübte  Lürger  und  bauern  schleunig  zum  streit 
einzugliedern.    Ulk.  Hegner  3, 98. 

EINGLIEDBIG,  unius  membri. 

EINGLITSCHEN,  was  eingleiten :  husch,  ist  das  luftige  ge- 
sindel  in  den  köpf  des  speculanten  hin  eingeglitscht.  Tieck 
ges.  nov.  4, 179.  * 

EINGRABEN,  infodere,  nnl.  ingraven,  schw.  ingrUfva,  ddn. 
indgrave. 

1)  ohne  casus:  so  mag  er  daselbs  eingraben,  und  wa  ein 
edelgestein  gefunden  wirt,  so  nimpt  in  der  künig  für  sich. 
Frank  weltb.  204* ;  ich  will  erst  tiefer  eingraben. 

2)  mit  dem  acc.  und  praepositionen :  geld,  schätze  (in  die 
erde)  eingraben  ;   leichname  eingraben ; 

wie  oft  hat  dein  bewehries  fch^ert 
fliii  martialisclion  buchstaben 
(die  bluiroih)  dciiii'ii  naiiicii  werth 
in  des  feinds  stolze  haut  eingraben.  Wicehkrlin  977 ; 
grabet  in  die  junge  rinde, 

ichufer,  eure  lliiinincn  ein.  Hoik  in  Kiiyaers  vermiiichirn 
liedrrn  mit  mcl.  aufs  klavier.  W'iiilrrlhur  l"75. 

noch  vielleicht  kein  mensch  blieb  in  so  linstere,  kalte  rin- 
losigkeit  eingegraben,  welchen  nicht  irgend  eine  seele  durch 
anwärmendes  kleines  werthhalten  gerettet  hatte.  J.  P.  nachd.  78. 

3)  sich  eingraben :  der  maulwiirf  grabt  sich  in  die  erde 
ein ;  du  sitzest  in  deine  büchcr  eingegraben ; 

vergebens  lockt  man  Ihn  zur  schlachl,  er  grAbi 
«ich  lief  und  liulia  nur  im  lugor  ein.    Schillkr  342*; 

aber  man  möchte  sich  doch  lieber  auf  der  stelle  tödteu,  nU 
erst  nach  einem  langen  leben  sich  so  iiumcn  und  Ihatcolus 
in  die  lucngc  eingraben.    J.  1*.  Ttt-  4,  97, 


193 


EINGRABEN — EINGRÜN 


EINGRUND — EINHALTEN 


194 


4)  mit  aee.  und  daliv,  inseulpere,  dem  bäum  namen  ein- 
graben; dem  marmor  die  inschrift; 

bat  meiner  gfaitern  etwa«  eingraben  {einen  tauber), 
da«  wir  all  mit  ir  zschaffen  haben.     H.  Sachs  II.  4,5'; 
dieser  blutigen  kröne,  die  meiner  schlafe  sich  eingrub. 

JfeMia«  10,  74; 
grabt  dem  jungen  buchenbaine 
eure  scb.ifennnen  ein, 
tief  dem  herzen  soll  die  meine, 
scbäfer,  eingegraben  sein.    Boik  im  musenalm.  17741.211; 

allen  ist  eingegraben,  dasz  es  götter  gibt,  omnibus  quasi  in- 
seulplum  est  esse  deos.    Cie.  HD.  2,  4. 

bl  e/fodere,  eruere,  auficählen:  der  maulwurf  gräbt  den  boden 
ein;  Wasserfalle  graben  das  lockere  erdreicli  und  noch  nicht 
genug  gehärtete  felsarten  ein  und  waschen  sie  aus.  Ka.nt  6,  90. 

Ei.NGRAStN,  1)  gramine  obducere:  der  grabhügel  ist  ein- 
gegrast, begraset,  beraset;  der  nun  gilt  eingegraste  (feslge- 
vaciisne),  vom  volk  bestätigte  regierungserbe.    Ka-nt  5,481. 

2)  sich  eingrasen,  wie  sich  begrasen,  rom  vieh. 

EINGREIFEN,  nnl.  ingrijpen,   schw.  ingripa,  dän.  indgribe. 

1)  eoire,  die  schraube,  das  rad,  der  kämm  greift  nicht  ein, 
fdlU  nicht  ein ;  nnl.  de  kämmen  van  het  molenrad  zijn  te 
kort,  om  goed  in  te  grijpen;   die  stimmen  griffen  nicht  ein. 

2)  manum,  digitos,  pedes  inserere,  rapere,  pellere:  in  das 
rad,  in  die  leier  eingreifen; 

in  meine  satten  greif  ich  ein.  Göth«  1,  200; 
die  finger  greifen  ein,  wenn  beim  clacierspiel  eine  hand  die  andere 
bedeckt;  und  hart  greift  in  diese  singstimme  das  geläute  ein. 
J.  P.  biogr.  bei.  1,  23 ;  die  klauen  der  thiere  greifen  in  den  boden 
ein.  es  heiszl  auch,  ohne  casus:  der  hirsch  greift  ein  {mil 
seiner  fährte),  der  leithund  greift  ein  (mit  seiner  nase).  im 
rechtsausdruck,  manus  inferre  in  bona  allerius.  Haltaüs  295. 
31  figürlich,  tenlare,  vim  habere,  inlerpellare,  ein flusz  haben: 
je  mehr  sie  das  haus,  die  menschen,  die  Verhältnisse  kennen 
lernte,  desto  lebhafter  grif  sie  ein,  desto  schneller  verstand 
sie  jedea  blick.  Göthe  17.69;  lasz  uns  freudig  und  munter 
in  das  eingreifen,  was  die  münner  unvollendet  zurück  ge- 
lassen haben.  17,175;  in  allen  haus  und  handwerksgeschäften 
grif  ich  tüchtig  ein.  23,174;  rücksichtslos  begann  er  in  die 
rechte  seiner  nachbarn  einzugreifen,  auch  mit  dem  dalic,  scha- 
den, abbruch  ihun:  er  grif  seinen  nachbarn  in  ihre  rechte 
ein,  greif  mir  nicht  in  mein  eigenthum  ein;  greif  ihm  nicht 
in  seine  rede  ein,  unterbrich  ihn  nicht ;  diese  eonstruction  war 
ehmals  üblicher: 

jenes  soll  der  Deutschen  grenze  sein, 

darüber  griffe  man  nicht  dem  Franzosen  ein.    Opitz  1,  26; 
was  greift  der  ehr 

der  groszen  seelen  ein?    Grtpuics  1, 122. 

handelnd,  fördernd,  hemmend,  hindernd  eingreifen, 

4)  participia.  ein  weit  eingreifender  plan,  eingreifende  masz- 
regeln,  Unternehmungen;  eine  immer  üppige  Vegetation,  ein- 
greifend wo  sie  nur  irgend  vermag.  Göthk  28,'  21.  Pestalozzi 
6,  325  sagt :  tief  eingegriffene  gefühllosigkeit,  d.  i.  soldie,  die 
tief  eingegriffen,  um  sich  gegriffen  hat. 

EINGKEIFIG,  d.  i.  eingreifig,  also  nicht  zum  vorigen  ein- 
greifen gehörend,  unter  forstleuten,  was  mit  iinem  grif  lu 
umspannen  ist,  z.  b.  eingreifiger  bäum,  der  form  entspricht 
nnl.  eengreepig,  drückt  aber  aus  einsilbig,  monosyllabus,  denn 
für  silbe  wird  nnl.  gesagt  lettergreep. 

EINGRENZEN,  circumsaibere,  deßnire,  ddn.  indgrjndse, 

mit  not  und  spot  umschränken  und  eingrenzen. 
Weckhkblim  lll : 

sie  können  unmöglich  zu  den  männem  gehören,  die  diese 
liebenswürdige  hälfte  des  menschlichen  geschlecbts  nur  allein 
in  die  Schönheit  eingrenzen.    Klopstocr  11, 193. 

EINGRIF,  ni.  ddn.  indgreb.  1)  immissio,  der  eingrif  in  das 
rad.  in  die  schraube. 

2)  vis  illata:  eingrif  in  fremde  rechte,  in  fremdes  eigen- 
thnm.    eingrif  thun. 

3)  irruptio,  einfall :  derTeutschen  eingrif.  Aventiü  1566  bl.  125. 

4)  iuterruplio,  einfall  in  die  rede:  dieser  eingrif  setzte  sie 
eine  kleine  Unordnung,    nach  einigem  stillstände  fuhr  sie 

»rt.    Hippel  lebetisl.  3,  73. 

EINGISIFFIG,    violenter:   unbedachtsam   und   eingrifiig  ge- 
edet.    Bltsciiky  kanzl.  111. 

EINGItÜ.N,  semperviridis,  sonst  ingrün  und  singrün,  die  man 
ehe.     nnl.  ingruen. 

EINGHC.N,  n.  rinco  minor,  pertinea,  bei  Maai  er  99*  chante- 
daphne,  124*  eingrien  vinca,   pervinca  (verdruckt  unica,  peru- 
III. 


niea);  bei  Denzleb  eingrün  clematis ;  üblicher  sind  Ingriin, 
Singrün,  immergrün,  sempervivum.  Dcrbeim  hat  s.  89  auszer 
eingrün  igrüli,  igrilli,  hübsche  entstellungen  aus  ingrünli,  in- 
grünlein. 

EINGRCND,  m.  devotio,  andacht.    Deszleb  88*. 

EINGRCNDEN,  fundare  in  loco: 

du  hast  dein  wahres  wort  im  bimmel  eingegründet. 
Opitz  ps.  89. 

EINGRCNDIG,  penilus,  aus  dem  gründe:  recht  and  ein- 
gründig  (andächtig)  beten.    Pestalozzi  12,  32. 

EINGCRTELN,  cin^ere. 

EINGÜRTEN,  dasselbe,  nnl.  ingorden. 

EINGÜSZ,  m.  infusio,  sowol  das  eingieszm  ah  das  einge- 
gossene: 

da  ihr  mit  süszen  lusts  eingusz 

durch  das  gesiebt  das  herz  vermehret.    Wscehbrlin  588. 

EINGUSZTHIERCHEN,  n.  animalculum  infusorium. 

EINHABEN,  lenere,  possidere,  inhaben,  inne  haben,  nnl.  in- 
hebben:  das  land  haben  jetzt  wieder  die  Türken  ein;  die 
gar  ein  groszes  feld  einbetten.  Pontus  3;  die  sein  königreich 
einhatten.  53;  wer  für  ihnen  das  land  eingehabt,  ist  insge- 
mein unbekant.  Micbälics  l,  2 ;  nnl.  de  vijand  had  reeds  drie 
schansen  in.  auch,  ich  habe  den  nagel  noch  nicht  ein ;  ich 
musz  erst  den  Stiefel  ein  haben. 

EINHABER,  m.  possessor.  Stieleb  725.  dän.  indhaver,  inde- 
haver. 

EINHABUNG,  /.  hielt  mit  ihme  wegen  einhabnng  der  fran- 
zösischen länder  eine  unglückliche  schlacht.    Micbälics  l,  73. 

EINHÄCKELN,  was  einhacken  2:  die  ruhen  ausgraben, 
schellea,  einhacken  und  einhäckeln,  so  viel  man  ins  haus 
bedarf.    Hohberg  l,  137'. 

EINHACKEN,  nnl.  inhakken: 

1)  rostro,  dente  tundere:  der  specht  hackt  ein; 

da  reiz  ich  sie  den  wurm  zu  packen, 

die  spitzen  zahne  einzuhacken.    Scuiller  66*. 

2)  immiscere  concidendo :  Qeisch  einhacken. 
EINHÄFTLEN,  infibulare,   s.  einheftein. 

EINHAGELN,  1)  grandinare  in  locum:  es  hat  hier  stark 
eingehagelt. 

2)  grandine  frangere:  es  hat  fensterscheiben  eingehagelt. 

EINHÄKELN,  infibulare,  inßgere,  inserere  se:  die  Ihür  ein- 
häkeln ;  sich  wie  katzen  einhäkeln. 

EINHAKEN,  uncum  inßgere,  nnl.  inhaken:  hier  ist  einzu- 
haken :  den  nachen  einhaken. 

EINHALB,  ex  uno  lalere,  mhd.  cinhalp  (wb.  1,  616"),  gegen- 
über dem  anderhalp:  einhalb  geschwisterig.  Frankf.  reform. 
V.  3.  §.  3.  4.  5. 

ELNHALLEN,  insonare,  consonare: 

theilt  er  die  stimmen  umher,  und  mit  einmal  flössen  harmonisch 

liebliche  saiien(öne  zu  wollustaihmender  Ooten 

süszem  gesang  und  dem  laute  des  sanft  einhallenden  Waldhorns. 
<  Luise  3,  781, 

tn  den  ersten  entwürfen  steht  einfallenden. 
EINHALT,  m. 

1)  argumentum,  summa,  id  quod  continelur,  heute  der  Inhalt, 
dän.  indhold,  nnl.  inhoudt :  wir  wollen  den  einhält  hie  kürz- 
lich wiederholen.  Scriveb  seelensch.  1, 463 ;  der  einhält  (des 
Schreibens)  war.  Simpl.  1,  359,  wo  K.  536  inhalt ; 

du  drehest  sie  mit  gewalt, 

dann  sie  haben  nicht  den  einhall. 

Glasir  phasm.  frisM.  3, 3. 
s.  einhalten  5. 

2)  vituperatio,  vorhält,  Vorwurf,  tadel,  Widerspruch:  dieser 
scharfe  einhält.  Lohenst.  Arm.  2,  372.    vgl.  einhalten  7. 

31  inhibitio,  cessalio:  die  göttin  des  maszes  und  einballs 
ist  Nemesis.  Hebder  19, 173.  einhall  thun,  eohibere.  rcpn- 
mere,  steuern:  wenn  man  denselben  (icümierN)  niciil  also 
balden  ernstlichen  einhält  thun  werde.  Abele  3,152;  dem 
übel  musz  einhall  gethan  werden,  eh  es  um  sich  friszt.  \Vie- 
lasd  8,  287;  dem  kämpf,  aufruhr  einhall  thun;  wird  dem  men- 
schen nicht  schnell  einhält  gethan,  so  stiftet  er  groszes  unheil ; 
einem  so  geRihrlicben  nachfulger  in  zeilen  einhält  thun.  6, 1S2. 
EINHALTEN,  in  mehrerlei  sinn, 

1)  intransitiv,  cessare  currendo,  loquendo,  eanendo  u.  s.  w. 
also  h.llt  im  strengen  wettel.iufcn 
der  renner  etwas  ein,  der  bald  den  schnellen  haufeB 
als  fliegend  Uberholi.    Grtpuils  1,  144; 
er  bläst  auf  der  bellen  scbalmei,  h.llt  ein  und  höret. 
Kleist  2,2«; 

13 


195 


EINHALTEN  —  EINHALTUNG 


EINHÄMMERN — EINHAUEN 


196 


hat  PhTlIis  mich  gerührt,  so  soll  mich  itzt  —  'halt  ein '. 
liebst  du  die  Phyllis  nicht,  so  will  ich  uaireu  sein'. 
Geliert  3,  394; 

wolan,  ihr  zähren,  so  hallet  ein!  Gökingk  1,'243; 
hier  hielt  Agathon  eine  zeitlang  ein.  Wieland  1,  56 ;  hier  hielt 
er  ein,  um  den  trostvollen  einOüssen  räum  zu  lassen.  1,295; 
hier  hielt  der  ehrwürdige  greis  ein.  3,  152;  Nurmahal  hielt 
bei  diesem  absatz  ein  wenig  ein.  6,  205 ;  hier  hielt  seine 
hoheit  eine  ziemliche  weile  ein.  7,139;  halt  ein,  o  wandrer, 
und  stehe  still !  auch  einhalten  mit  dem  blasen,  weinen, 
reden  u.  $.  w. 

2)  transitiv,  inhibere,   eohibere,  reprimere: 

der  zephvr  halt  den  ödem  ein  und  horchet.    Pfeffel  6,  174, 
und   horchet  =  um   zu   horchen,    wie  vorhin  und  höret  = 
um  zu  hören,  und  stehe  still  =  um  still  zu  stehn; 

der  fe-isellose  geist  hält  seinen  flug  noch  ein, 
um  deiner  wenigstens  im  scheiden  wenh  zu  sein. 
Götter  2,477; 

die   feinern    federwerke,   die    das   grosze   hingezogne  rad  ein 

wenig   einhalten,    dasz    es  nicht  in  Schnelligkeit  überspringe. 

Fr.  Müller  2,  93.     man  sagt  auch  sein  wasser  einhalten,  nnl. 

zijn    water   inhouden,    im  gegensatz   zu   sein   wasser   lassen. 

sehr  nah  liegt  diesem  einhalten  das  anhalten. 

3)  seri'are,  observare:  sein  worl,  versprechen  einhalten  =± 
halten;  die  zeit,  den  tag  einhalten,  gelreu  hallen:  eine  be- 
stimmte tagesstunde  ist  ihm  nun  einmal  verdriesziich,  selten, 
dasz  er  sie  einhält.  Göthe21,  98;  Vicilleville,  der  befürchtete, 
dasz  er  wegen  des  langen  weges  und  der  betreibung  des 
geldes  in  der  zeit  nicht  würde  einhalten  können,  nahm  diesen 
Vorschlag  nicht  an.  Schiller  1081*;  ostern  und  Michael  waren 
zinstag  und  jammertag,  nie  konnte  sie  zeit  und  stunde  ein- 
halten. UippEi.  lebensl.  3,  Sil ;  der  rechtsfreund,  der  wol  wüste 
was  eine  citation  war,  hatte  die  tagefahrt  eingehalten.  4, 299 ; 
wenn  sie  nur  die  versprochenen  elegien  nit;ht  so  iiothwendig 
brauchten !  denn  ich  weisz  nicht,  wie  ich  damit  einhalten  soll. 
GöTHE  an  Schiller  154. 

4)  occupare,  possidere,  einhaben:  festungen,  so  noch  vom 
feind  eingehalten  und  besetzt  (sind).  Kirchhof  mi/.  d/sc.  197; 
so  er  (Saturn)  den  himmel  einhält.    Fischart  groszm.  59. 

5)  continere,  enthalten,  in  sich  halten,  nnl.  inhouden: 

ir  künt  selbst  denken,  lieben  hcrrn, 

dasz  niemand  unrecht  leidet  gern, 

80  halient  auch  die  recht  nicht  ein, 

dasz  Tiirsten  solin  tyrannisch  sein.    Albkrus69; 

und  was  sonst  bievon  mehr  einhelt 

die  heiige  scbriTt  hin  und  her. 

Glaser  p/iasm.  frischlin.  3,3; 
das    sie  (die  philosophie)  unter  vielen  herlichen  anweisungcn 
auch  eine  von  ehelicher  unterrichtung  einhält.  Fischart  ehz.  2. 
vgl.  einhält  1. 

6)  retinere,  zurückhalten,  beinahe  die  zweite  bedeutung: 

jederman  hat  zu  haus  innen  zwei  gar  ungegleichte  grisie, 

einen  doctor.  einen  narren,  die  mit  seinem  brot  er  mriste. 

wil  er  nun  nicht  vor  sich  sehn  und  den  narren  hallen  ein, 

wird  er  aU  der  doctor  mehr  au  der  thür  und  Censter  sein. 

LoGvu  3,  13,  15; 

ich  borgte  ihm  40000  goldgulden,  als  ich  sie  einforderte,  hielt 

er  mir  das  geld  ein.  Kli.nger  1,  278 ;   seine  besoldung  wurde 

eingehalten. 

7)  einem  einhalten,  objicere,  einwerfen,  vorhalten,  vorrücken, 
vorwerfen:  denn  sie  haben  iren  fürsten  flugs  eingehallen. 
Spalatin  bei  Luther  5,36';  das  man  dem  (s.  l.)  heim  land- 
grafnn  ja  wol  einhielte,  das  s.  f.  gn.  gemach  thät.  Luthers 
br.  3,336;  darauf  ward  mir  eingehalten,  es  wäre  durch  die 
meinigen  beschehen.  Schweimchen  2,18;  diese  so  erkennen 
werden,  dasz  ihr  ihnen  die  warheit  einhaltet.  Oimtz  Arg. 
1,206;  dasz  ich  ihm  einhielte.  1,312;  aber  ihr  werdet  mir 
einhalten.  1,  489 ;  damit  er  alles  was  ihm  eingehalten  würde 
auf  einmal  zu  nichte  machte.  1,  699 ;  es  musz  dem  gesinde  die 
widersätzlichkeit  bei  straf  eingehalten  und  verboten  werden. 
HoHBBRC  1,  191'.     vgl.  einhält  2. 

8)  mit  einem  einhallen,  zuhalten,  sieh  heimlich  verstehen, 
mit  einer  weibsperson  einhallen.    Hädlein. 

9)  sich  einhalten,  dnmi  manere,  nicht  ausgehen:  weibcr 
mOsxen,  wann  der  mann  nicht  anwesend,  sich  daheim  einhal- 
ten. Fihchart  ehz.  12 ;  gestern  sind  wir  hier  angelangt,  der 
gesandte  ist  unpasz,  und  wird  sich  also  einige  tage  einhalten. 
GöTiie  16,  9t. 

FINHALTUNG,  f.  vie  einhält  2:  wann  sie  nicht  zufQrderst 
■0  wo!  eines  als  des  andern  theiles  ursachfn  und  einbaltun- 
feo  erwogen  haben.  Opitz  Arg,  2, 16,  auch  Luhenst.  Arm.  I,3ö4. 


EINHÄMMERN,  malleo  intundere,  pertundere,  mit  dem  ham- 
mer  einschlagen,  zerschlagen,    ddn.  indhamre. 
EINHANDELN,  mercari,  emere,  nnl.  inhandelen : 
einhandelnd  ablasz  gebt  die  schuld  dem  Sündenbock, 
oder  dem  büszenden  niöncb.     Voss  3,270; 

der   lakai,    der   das   podagra   einhandelt  und  aufgreift.    J.  P. 
holzschnitle  10, 160. 

EINHÄNDIG,  unimanus,  mancus,  altn.  einhendr:  T^r  ein- 
hendr. 

EINHÄNDIG,  manui  inseitus:  wird  mir  ein  stück  einhändig 
gemacht,  mit  dem  selben  hab  ich  gut  acht.  Fronsp.  kriegsb.  3, 95'. 

EINHÄNDIGEN,  schw.  inhändiga,  dare  in  manum :  einen 
brief  einhändigen ;  meines  herren  brieflein  ist  mir  wol  einge- 
handiget.   BüTscHKY  kanzlei  84; 

auch  dir  erz  und  gold  einhändigen.    0(1.22,58; 
das   Werkzeug,    das  er  zu  handhaben  hat,    ist  ihm  eingehän- 
digt,   sogar   die    art    und  weise,  wie  er  sich  dessen  bedienen 
soll,  findet  er  vorgeschrieben.   Göthe  22, 160.    s.  aushändigen. 

EINHANGEN,  inesse,  inhaerere,  mhd.  in  hangen. 

EINHANGEN,  n.  die  under  gote  swebent,  die  hänt  ein  In- 
hangen in  got.    Eckhart  99,  22. 

EI.NHÄNGEN,  inserere,  suspendere,  nnl.  inhangen,  schw.  in- 
hänga,  ddn.  indhünge:  Ohrringe  einhängen;  tliüren,  fenster, 
glocken  einhängen;  bergmännisch,  mit  dem  seil  in  die  grübe 
einhängen,  niederlassen;  dazu  hab  ich  die  fragen  hiebei  (am 
ende  des  briefs)  eingehänget.    Melanchthon  3,  174. 

2)  intransitiv  impendere,  mhd.  in  hangen:  dasz  seine  ver- 
edelte seele  in  einem  zerknickten  körper  lebe,  der  schon  tief 
ins  grab  einhänge.    J.  P.  Hcsp.  l,  74. 

EINHÄNGIG,  ab  uno  lalere  pendens:  einhängiges  dach. 

EINHÄNGIG,  impendens,  insertus. 

EINHARKEN,  impectinare:  der  magister  schwur  unterweges. 
aus  ihm  (dem  Zöglinge)  jeden  tag  so  viel  auszujäten,  als  jener 
{der  mitlehrer)  einharke.    J.  P.  Tit.  1, 107. 

EINHASCHEN,  capere,  einfangen:  das  entlTognc  vöglein 
wieder  einhaschen. 

EINHASPEN,  EINHASPELN,  innectere.    Stieler  785. 

EINHAÜBEN,  calantica  vestire,  namentlich  die  braut,  vgl. 
nubere  einhüllen,  goth.  liugan,  woher  unter  die  haube,  in  die 
hauhe  bringen,  verheiraten: 

haubt  das  entkränzte  haupt  mit  llor  unil  perlen  ein. 
LouENSTEiN  btiimen  93; 

den  falken  einhauben,  falconi  oculos  legere. 

EINHAUCH,  m.  inspiratio:  sie  flüsterte  ihm  (so  leise,  dasz 
er  ihren  einhauch  für  die  stimme  seines  guten  genius  hielt) 
den  gedanken  zu.    Wieland  3,  9.     vgl.  anhauch. 

EINHAUCHEN,  inspirare,  vgl.  einkucheo. 

1)  einem  andern  etwas  einblasen: 

und  verstummest  mitten  im  preis  um  dich  her?  eott  hauch«« 
dir  Unsterblichkeit  ein!  danke  dem  herlichen T 
Klopstock  1,  164; 
auf  dasz  er  aassing  allen  gesang.  den  du 
ihm  eingehaucht  hast.     Voss  3,  77  ; 
mut  hätte  dir  sein  anblick  eingelinuchi.    Gottir2,  291; 
der  liebste  hat  mir  leben  eingehaucht.    Rückkrt  389. 

2)  spiritu  ducere.  einathmen:  ich  hauche  die  dufte  ein. 
EINHAUEN,  incidere,  schw.  inhugga,  ddn.  indhuggc: 

1)  ein  zeichen  in  einen  bäum,  ein  bild  in  einen  fels  ein- 
hauen;  buchstahen,  ninen  einhauen;  ein  loch  ins  eis  ein- 
bauen : 

der  Steinmetz  h.iui  zwei  herzen  in  den  stein 

und  diese  schriTi  vom  küsier  ein.    Gillrut  1,  278. 

2)  excidere,  das  thor,  die  thorflügel  einhauen,  fores  securi 
excidere. 

3)  vieh  schlachten  und  einhauen,  zerhauen  zum  aufbewahren. 

4)  einhauen  in  den  feind,  die  reiler  rückten  vor  und  hieben 
ein;  stürmt  alle  zum  einhauen! 

5)  einhauen  in  die  speise,  stark  essen:  der  haut  tüchtig 
ein.     mit  der  sensc  einbauen  iu  das  gras,  in  die  wiese. 

6)  calumniari,  rodere,  einen  verleumden,  verhauen: 

ich  weisz  den  keiser  der  bscheidenhoil 

wenn  sie  mich  schon  wult  einbauen 

dasz  er  mir  nichts  bös  ihut  zutrauen.    Atrir96'; 

darum  wird  sein  das  be.<te  mir, 

dasz  ich  komm  selbst  der  keiserln  fUr  (turor), 

und  hau  sie  bei  dem  koiser  ein, 

wie  ^ie  ihu  «in  bulerin  »ein.    2tl3'; 

du   must   deinem    nechsten   freundlich  zusprechen,   durh  ihn 
beinilicb  einbauen.  Puilandbr  1,  &U ;  acb,  was  vor  ein  »chlim- 


197 


EINHÄUFEN — EINHEIMISCH 


EINHEIMS  — EINHEIT 


198 


mer  hiind  hat  mich  bei  der  generalität  eingehauen!  da  wird 
meines  verMeibens  nicht  lang  sein.    Simplic.  K.  787. 

EINHÄLFEN,  «n  acervos  congerere,  coacercare. 

EI.NHAUIG,  quod  semel  singulis  annis  tondelur:  einhauige 
wjesen.  die  nur  einmal  heu  geben. 

El.NHÄLTTIG,  unius  capitis,  einköpfig,  nnl.  eenhoofdig: 
der  einhäuptige  adler;  dasz  die  einheuptige  regierung  die 
beste  sei.  Slobei  scharpfsinnige  sprüch  verd.  durch  Geo.  Frö- 
iicn  1550  s.  277;  die  auch  selbst  im  herzen  die  einhäuptige 
herschaft  {monarchie)  verfluchten.    Lohenst.  Arm.  1,  6. 

EINHÄUSIG,  s.  eingehäusig. 

EINHEBEN,  inserere:  thüren,  fenster  einheben;  den  vom 
wind  herabgeworfnen  laden  wieder  einheben;  eine  form  ein- 
heben, bei  den  buchdruckem,  die  druckform  in  die  presse  legen, 
gegensatz  von  einsenken,  auch  für  erheben:  ohngeachtet  der 
koffer  fast  zu  staub  und  asche  worden,  waren  die  briefschaften 
darinnen  unversehrt  geblieben,  mithin  hatten  wir  noch  ein 
schönes  capital  einzuheben.    Felsenb.  4,  215. 

EINHECHSEN,  subnervare,  vom  ahd.  hahsinön,  mhd.  hehsen 
für  hehsenen  {wb.  1,  612'),  später  hessen,  einhessen,  die  fusz- 
nerven,  in  der  Jägersprache  die  hinterläufe  des  erlegten  wildes 
einschneiden,  um  sie  zu  verschränken. 

EINHECKEN,  impungere:  (welche  fische)  starke  spitz  und 
dorn  haben,  mit  welchen  sie  giftige  wunden  einhecken.  Fober 
45*.    s.  hecken. 

EINHEFTELN,  infibulare:  ich  heflelte  mich  in  mein  zeit 
ein.    GöTHE  30,  2S3. 

EINHEFTEN,  inßgere,  insuere,  schw.  inhäfta,  dän.  indhefte, 
nnl.  inhechten:  wenn  du  sieben  locke  meines  heubts  flöchtest 
mit  einem  flechtband  und  heftest  (d.  t.  heftetest)  sie  mit  einem 
nagel  ein.  rieht.  16, 13 ;  bogen,  blätter  einem  buche  einheften. 

EINHEGEN,  sepire,  einfriedigen,  einzäunen:  den  garten, 
acker  einhegen;  die  herde  einhegen. 

EINHEILEN,  1)  consanescere,  coire,  zuheilen:  die  wunde 
heilt  ein,  verwächst. 

2)  mit  verwachsen  lassen,  die  kugel  mit  einheilen. 

EINHEILIGEN,  consecrare,  einweihen,  einsegnen,  nnl.  in- 
heiligen. 

EINHEIMEN,  invehere  in  horreum,  s.  einheimschen : 
in  scheuern  eingeheimt  die  rarbenlosen  garben.   Kcckbrt  37. 

EINHEIMEN,  sich,  heimisch  werden  :  einige  (pflanzen)  schwim- 
men bis  ins  meer,  erreichen  das  jenseitige  gestade  und  heimen 
sich  in  einer  landsfremden  erde  ein.    Hebels  schalzk.  29. 

EINHEIMISCH,  domesticus,  vemaculus,  intestinus,  bei  Steis- 
HöwEL,  Keisersberg  U.a.  inheimisch,  nnl.  inheemsch:  es  sei 
ein  frembdling  oder  einheimischer  im  lande.  2  Mos.  12, 19 ; 
er  sei  einheimisch  oder  frembder  unter  euch.  3  Mos.  16,  29 ; 
wer  einheimisch  ist  in  Israel  (vulg.  omnis  qui  de  genere  est 
Israel),  der  sol  in  laubhütten  wonen.  23,42;  diese  Satzung 
sol  euch  gleich  sein,  dem  frembden  wie  des  lands  einheimi- 
schen. 4  Mos.  9,14;  die  einheimischen  im  lande.  Ichron.  S,  21; 
einheimisch  übel,  intestinum  malum.  Maai.eb  125*;  einhei- 
mische thiere  oder  pflanzen ;  einheimische  spräche ;  inheimi- 
sche ausbeute  in  diesen  gründen  geseifet.  Opitz  2,  267 ;  ein- 
heimische gefühle,  begrifife;  ein  in  einer  Wissenschaft  einhei- 
mischer begrif.  Kam  5, 10 ;  so  scheint  mir  das  menschenge- 
schlecht  aus  ruhigen,  bürgerlichen,  einheimischen  menschen 
und  aus  jenen  zu  bestehen  die  den  Zugvögeln  gleichen.  Tieck 
3,  37.  in  diesem  einheimisch '  liegt  allerdings  die  Vorstellung 
des  heimatlichen,  ruhigen,  traulichen,  friedlichen,  zahmen  im 
gegensalz  zu  dem  fremden  und  wilden,  ich  fühle  mich  ein- 
heimisch heiszt  zugleich  froh  und  glücklich,  es  lacht  den  men- 
schen alles  an,  wenn  er  aus  der  fremde  ins  valerland  zurückkehrt. 
Im  15.  16  jh.  war  sehr  geläufig  zu  sagen  einheimisch  sein 
oder  bleiben  für  tu  hause  sein,  einheimisch  werden  für  nach 
haus  kommen ;  edler  lautet  das  ahd.  heimi  wesan,  heim  quöman 
und  unser  heutiges  daheim  sein,  heim  gehen,  auch  meidet 
LoTiiEB  jenes  in  d«-  bibel.  uf  ein  zit  als  Nedius  nit  inhei- 
misch was.  Steinhüwel  bei  Wackern.  Ib.  1057,22;  und  ist 
alles  bofgesind  mit  im  hinaus  gezogen,  also  das  niemand  ist 
einheimisch  blieben,  denn  allein  zwen  koch  und  der  Schneider. 
seh.  u.  ernst  1555  cup.  203.  1550  cap.  45;  nu  ist  m.  Philipps 
itzt  nicht  einheimisch.  Luthers  br.  5,  557 ;  also  dasz  er  das 
ganze  jähr  nicht  viel  über  zwen  monat  in  allen  seinen  häu- 
sern,  deren  er  drei  gehabt,  einheimisch  sein  kunt.  Götz  vos 
Beul.  12 ;  es  war  der  abt  auch  nicht  einheimisch.  Schweini- 
CHEN  1,  Wi.  seltner  wird  die  redensart  im  17. 18  jh. :  wo  ich 
mich  nicht  selbst  betriege,  so  ist  dies  sein  haus  und  es  mag 


leicht  sein,  dasz  er  einheimisch  sei.  ich  wil  anklopfen.  Gry- 
PHiDS  1,879;  Stieler  820  hat  einheimisch  praesens  »n  aedibus  ; 
ob  er  sich  selbigen  morgens  in  seinem  quartier  wollte  ein- 
heimisch finden  lassen?  irrg.  der  liebe  A16;  um  eure  männer 
einheimisch  zu  halten,  müszt  ihr  die  küche  und  euch  zu  klei- 
den verstehen.  Hippel  ehe  5,  241 ;  man  thut  wol,  bei  einem 
auszerordentlichen  glücksfall  sich  eine  Zeitlang  einheimisch  zu 
halten.  5,  273.  ßr  im  lande  sein  galt  dies  einheimisch  sein 
nicht  leicht  ohne  ausdrücklichen  zusatz,  wol  aber  sagt  später- 
hin Schiller  ohne  anstand:  der  geist  des  aufruhrs  schien 
hier  einheimisch  zu  wohnen.  840*.  man  vergleiche  überhaupt 
heim,  heimisch,  anheimisch  und  das  folgende. 

EINHEIMS,  adv.  domi:  da  teilten  die  brueder  das  reich 
under  sich,  bald  danach  haben  sie  es  selhs  mit  streit  ter- 
mischet  und  einheims  krieg  erweckt.  Frank  chron.  152'.  weit 
ößer  gebraucht  er  anheims  oder  anheimsch  (1,  373).  da  weder 
ahd.  noch  mhd.  ein  adv.  anaheimes,  inheimes  stattfindet,  so 
liegt  es  nahe  beide  nbd.  wortformen  ßr  verderbt  aus  anheimsch 
(welches  vorkommt)  und  inheimsch  zu  erklären,  welchen  wie- 
derum das  volle  anheiinisch,  inheimisch  vorausgegangen  sein 
könnte,  zu  erwägen  sind  dabei  die  verba  anheimschen  %md 
einheimschen. 

EINHEIMSCHAFT,  f.,  eine  nur  in  Lohensteixs  Arm.  1, 1160 
begegnende  Wortbildung. 

EINHEIMSCHEN,  invehere  domum,  hemfUhren,  nickt  bet 
Dastpodics,  Maaler,  Hesisch,  zuerst  bei  Sheler  S20,  der  ein- 
heimsen und  heimischen  schreibt,  Stalder  2, 35  gibt  heim- 
schen.  Schneller  2, 198  heimsen,  einheimsen,  heimbschen. 
die  ableitung  von  dem  adj.  einheimisch  liegt  nahe,  wozu  stimmt, 
dasz  gleich  dem  adj.  auch  das  verbum  der  früheren  spräche 
abgeht;  sobald  einheimisch  für  im  hause  befindlich  gesagt  wurde, 
war  es  natürlich  einheimischen  ßr  ins  haus  einßhren  zu  bil- 
den und  gleich  dem  adv.  einheims  zeigt  sich  die  form  ein- 
heimsen, zwar  hält  Scbmeller  mit  gutem  schein  hinzu  das 
alln.  heimta  recuperare,  attrahere,  welchem  schw.  hemta,  hämta, 
nor«.  hemta,  henta,  dän.  heute  entsprechen,  schreibt  demnach 
heimszen;  doch  die  nord.  verba  auf  ta  haben  hochd.  zen, 
nicht  szen  zur  seile  (gramm.  2,  217 — 19)  und  den  mangel  eines 
mhd.  heimezen  begriffe  man  kaum. 

es  ergeben  sich  nur  wenig  belege:  wiewol  ich  mehr  ein- 
heimschte  und  meinem  mann  zu  verschlemmen  zubrachte  als 
sonst  meiner  zehne.  Simpl.  2,  219 ;  erblickt  er  unvermuthet 
noch  einen  einsamen  schönen  apfel  an  einem  zweiglein  und 
heimbst  ihn  auch  noch  ein.    Hebels  haus  freund  s.  327. 

EINHEIMSEN,  s.  das  vorhergehende: 

es  ist  die  zeis  jetzt,  wo  im  ofnen  land 

allwärts  geerniet  wird  und  eingeheimst.    Uhlands  Ernst  s.  119. 

EINHEIRATEN,  innubere,  in  ein  land,  haus  oder  geschlecht 
heiraten:  hatte  sich  in  ein  bauerwesen  der  herschaft  Putbus 
eingeheiratet.    Arndts  leben  4. 

EINHEISCHEN,  citare  in  jus,  einfordern,  nnl.  inhijschen. 
Haltacs  296.  ) 

EINHEIT,  /".  unitas,  ein  erst  seit  dem  vorigen  jh.  in  schwang 
gekommner,  frülier  noch  nicht  hergebrachter  ausdruck.  ahd. 
sagte  man  für  unitas  einhafti,  einsamina,  einacheil,  einigheit, 
mhd.  einecheit,  Keisersberg  und  Luther  brauchen  weder  ein- 
heit  noch  dreieinheit  für  trinilas,  sondern  einigkeit  und  drei- 
einigkeit  oder  dreifaltigkeit ;  Frisics  1403',  Maaler  100'  geben 
unitas  durch  einfug  und  einigkeil,  Dasypodiüs  263'  durch  einig- 
keit; selbst  bei  Henisch,  Stieler,  Frisch  findet  sich  kein  ein- 
heit  und  Adelung  stellt  es  als  ein  worl  'der  ntueren  welt- 
weisen' auf,  es  ist  nichts  dawider  einzuwenden  und  glaublich, 
dasz  Leibnitz  und  Wolf  angefangen  haben  sich  seiner  zu  be- 
dienen, nach  dem  hd.  bildeten  sich  mtl.  eeoheid,  schw.  enhet, 
dän.  eenhed.  dreieinigkeit,  dreifaltigkeit  zieht  auch  heute  der 
Sprachgebrauch  dem  abstracteren  dreieinheit  vor.  doch  soll  nicht 
ausgeschlossen  sein,  dasz  schon  früher  etnzelne  Schriftsteller 
einheit  und  dreieinheit  verwandt  haben,  Diefenbach  unter 
unitas  liefert  cinbeit  aus  dem  vocab.  remm  und  in  unserm 
wb.  2, 137»)  ist  dreieinheit  aus  einem  buche  beigebracht,  das  in 
die  Schweiz  und  das  jähr  1549  zurückgeht. 

1)  juovne,  die  eins,  einzahl,  auch  in  der  grammalik  die 
einheit,  numerus  singtUaris,  gegenüber  der  mehrheit,  nurn. 
pluralis.  die  göttliche  einheit.  die  einheilen  der  natur,  die 
monaden,    einheit  der  person,  x.  b.  zwischen  erblasser  und  erben. 

2)  die  ideelle  einheit;  drei  einheilen  des  .Aristoteles.  Güthe 
24,  169;  die.  einheit  der  erfabrung  als  Systems  nach  empi- 
rischen gesptzen.  Ka.tt  7,22;  die  einheit  im  draina. 

13* 


199 


EINHEITLICH  —  EINHELLIG 


EINHELLIG— EINHER 


200 


3)  die  einstimmung,  einiijung,  eintrachl:  so  entfernte  sich 
Wilüelra,  indem  er  mit  sich  selbst  einig  zu  werden  strebte, 
immer  mehr  von  der  heilsamen  einheit  und  bei  dieser  Ver- 
wirrung ward  es  seinen  ieidenscbaften  um  so  leichter.  Göthe 
19,  142;  indes  wir  andern  wol  auch  nicht  zu  tadeln  sind, 
wenn  wir  den  sinnlichen  menschen  in  seinem  umfange  und 
thätig  in  einheit  zu  bringen  suchen.    19,  S3S ; 

'wer  will  der  menge  widerstehnT 

ich  widerstreb  ihr  nicht,  ich  lasz  sie  gehn. 

sie  schwebt  und  webt  und  schwankt  und  schwirrt 

bis  sie  endlich  wieder  einheit  wird.    Göthe  3,  248. 

EINHEITLICH,  unifomiis:  diesen  sectionsversamlungen  gibt 
der  Jacübinorclub  einheitliche  haltung.    Dahlm.  fr.  rev.  460. 
EINHEIZEN,  calefacere. 

1)  ohne  casus,  du  sollst  schnell  einheizen;  es  musz  früh 
eingeheizt  werden ;  in  den  windofen  einheizen ; 

zu  Meinz  eines  ihumherrn  magd 

woli  früh  einheizen,  eh  es  lagt.    H.  Sachs  IV.  3,66*, 

2)  mit  aec,  den  ofen  einheizen;  ein  kalkofen,  der  einge- 
heizt war.    Kant  9,  46. 

3)  figürlich,  die  eingeheizte  flamme  ihres  nicht  natürlichen 
gefühls.  Stolberc  7,283;  das  fieber  heizte  Januaren  so  sehr 
ein.  J.  P.  Hesp.  1,  32 ;  wenn  wir  unser  herz  für  irgend  ein 
weibliches  eingebeizt  haben.    2,  210. 

4)  einem  einheizen,  einem  warm  machen,  hart  zusetzen, 
ihm  schwere  fragen  oder  aufgaben  stellen :  da  wollt  ihr  geist- 
lichen herren  dem  examinanden  schon  so  einheizen.  J.  P. 
fiegelj.  1,42; 

sie  {die  mädchen)  hatzn  scbo  an  gscbehn  eU 

nau  eierst  goar  an  dumma.    Wbikbrts  nümb.  ged.  t.  78. 

vgl.  einhitzen. 

EI.NHEIZER,  m.  calefaclor,  calfacter,  vgl.  2,  601. 
EI.NHELFEN,  auxilium  ferre,  succurrere, 

1)  an  einen  ort  helfen,  dem  ausgestoszenen  wieder  in  die 
Stadt,  in  das  land  helfen :  hat  der  viscunt  von  Meiland  höch- 
sten Qeisz  angelegt,  wie  er  seinem  fürsten,  dem  vertribenen 
herzog  Ludwigen  widerumb  möchte  inhelfen.  Stdmpf  2,450'; 
einem  aus  dem  wagen  gefallnen  wieder  einhelfen. 

2)  opem  suggerere: 

jeder  flnger  an  der  band 

hat  sein  masz  und  seinen  stand, 

I'eder  hilfi  dem  andren  ein, 
einer  wil  sein  eigen  sein.    Logad  1,  213,  88; 
ein  freund  der  freund  sein  soll,  soll  namhaft  gleichwol  sein, 
dauD  deines  freundes  rühm  hilft  deinem  namen  ein. 

1,  225,  31 ; 
was  dient  ihm  dann  vernunfl?  sie  hilft  ihm  dahin  ein, 
dasz  er  kan  mit  Vernunft  recht  unvernünftig  sein.  2,39,47; 
wann  die  menschen  giengen  blosz, 
war  sie  (die  scliönheil)  vielmals  nicht  80  grosz. 
schmuck  und  kleider  hellen  ein, 
machen  aiimut,  geben  schein.    2,  87,  42. 

3)  subminislrare  alicui  quae  oblilus  est,  sufflieren,  dem  ge- 
ddchtnis  durch  vorsagen  zu  hülfe  kommen. 

EINHELFER,  m.  unser  Souffleur  ...  ich  glaube  nicht,  dasz 
es  einen  vollkommenem  einhelfer  gibt.    Göthe  19, 172. 

EINHELLEN,  consonare,  überein,  in  eins  zusammenstimmen : 
sie  riiften  ime  mit  einhellenden  stimmen.    Ficrabras  C2. 

EI.NHELLIG,  unisonus,  eonsonus,  ahd.  einhölli  (Gbaff  4,  859), 
mhd.  einhellic  (wb.  1,  685"),  Voss  schreibt  einhällig,  ton  einhall. 

1)  mit  einhelliger  stimm  sprachen  sie.  Aimon  A4';  sie 
schrien  alle  mit  einhelligen  stimmen,  xi;  ruften  mit  einhel- 
ligen stimmen.  t3*;  nach  einhelliger  gegebener  stimm  der 
cardinalen.    Kircbbof  wendunm.  372'; 

eur  wähl  und  einhellige  stimm.    Atrer  60*; 
wahre  musik,  eiabflilig  an  wolklang  stets  und  bewegung. 
Luise  a.  l.  Ii.  seile  195. 

2)  das  ir  eines  sinnes  seid,  gleiche  liebe  habt,  einmQt'ig  und 
einhellig  seid  (samasaivalai,  samafra})jai).  Philipp.  1,2;  Holun- 
der, ein  fein  einhellig  volk  von  wegen  der  ungeferbten  sitten. 
Fraük  Q;  durch  einhellige  umbfrag  mit  recht  ledig  erkennet. 
KiRCHiio'r  mil.  disc.  212;  einhellige  antwort  geben.  239;  die 
einhellige  ermahnung  seiner  guten  freunde,  pers.  rosenth.  5, 19; 
das  einhellige  gefühl  des  ganzen  menschlichen  geschleclits. 
WiELANO  I,  287;  die  einhellige  aussage  der  geschichtschreiber. 
2,  276;  die  ideen  knnnen  dem  verstände  zum  canon  seines 
ausgebreiteten  und  einhelligen  gebrnuchs  dienen.  Kant2,  3ü0; 
alle  hierin  mit  der  moral  einhellige  staalsklugheit.  5,  449. 

3)  einet  einhellig  werden,  eonvenire:  die  artikel,  der  man 
einhellig  und  verglichen  ist.  Jonas  bei  Mklakchtuon  2,369. 


EINHELLIG,  uno  ore,  concorditer :  da  sie  nu  solchs  ein- 
hellig mit  einander  theten.  2  Macc.  13, 12;  die  gemeinen  richter 
einhellig  erkannten.    Galmy  314; 

darunib  ruft  gotl  einhellig  an.    Soltaü  323; 

was  fiir  freudenreiche  posten 

kommen  aller  orten  her, 

welche  gar  einhellig  sagen, 

die  Franzosen  sind  gescbl;igen.    519; 

selbst  durch  sich  überzeugt,  dasz  er  mil  gutem  grund 

einhellig  stracks  verdammt.    Grvpmius  1,50; 

machten  sie  in  einhellig  wieder  gut.  Kirchhof  wendimm.  104*; 
einhellig  zum  keiser  erkoren.  Zinkcr.  56,5;  ist  einhellig  be- 
schlossen worden,  pers.  rosenth.  1,  5 ;  verse,  welche  ihm  die 
ungclegenbcil  zuzogen  von  den  poeten  seiner  zeit  einhellig 
zu  ihrem  schutzgotl  erwiihlt  zu  werden.  Wieland  6, 158 ;  man 
versicherte  ihn  also  einhellig  des  gegentheils.  6,221;  ward  er 
einhellig  und  ohne  einen  nebenbubler  zu  haben,  an  dessen 
(des  gebliebenen)  platz  gfeslellt.    7,175; 

die  snche  gieng  im  göiierrathe 
einhellig  durch.    5,  214. 

EINHELLIGKEIT,  f  unanimilas:  einhellikeit  in  der  gemein. 
BRANT99, 136;  einbelligkeil  bei  jung  und  alten.  VVickram  pi/(/er 
58 ;  fasien,  welche  das  conclave  zur  einhelligkeit  der  wähl  und 
des  urtheils  zwingen.  J.  P.  fastenpr.  55 ;  bei  den  ordentlichen 
gericbten  wird  einhelligkeit  der  richter  gefordert.  Dahlm.  dän. 
gesch.  2, 195. 

EINHELLIGLICH,  unanimiter:  ranten  sie  einhelliglich  auf 
Alard.  Aimon  g2;  redeten  die  fürsten  und  grafen  einbellig- 
klich.  d;  einhelliglich  nach  dem  richter  zu  schicken  nicht 
lang  verzogen  ward.  Galmy  268;  die  heirn  zu  band  einhel- 
liglich meineten.  243;  alle  sämptlich  grosz  und  klein  einhel- 
liglich einen  ernsten  eid  tbun.  Revttek  kriegsordn.  62; 
weil  uns  das  hofgsind  und  senat 
einhelliglich  erwehlei  hat.    Atrkr  39". 

EINHELLIGUNG,  f  consensus:  und  zwar  diese  auslegung 
ist  nicht  durch  menscblichs  gründelen  und  fündelen  aufkom- 
men, sonder  durch  ein  allgemeine  einhülligung  der  ganzen 
weit  aufgenommen.  Garg.  125*;  mit  des  mebrertheils  cinhei- 
ligung  (so)  zum  burgermeister  gewehlet.  Kirchhof »eni/unm.  155*. 

EINHEMMEN,  in/i«7;ere,  einhalten:  ein  Wagenrad  einhemmen, 
rotam  sufflaminare. 

EINHENKELIG,  unius  ansäe. 

EINHENKEN,  s.  einhängen. 

EINHER,  die  bildung  dieses  adverbs,  wie  des  ihm  ähnlichen 
einhin,  hat  einige  Schwierigkeit,  man  weisz,  dasz  schon  mhd. 
die  freie  nebencinanderslellung  der  parlikeln  her  abe,  hin  abe, 
bgr  ftf,  hin  öf,  her  öjj,  hin  ö;  sich  in  ein  festeres  abhCr,  ab- 
bin, üfliSr,  öfliin,  öjber,  öjhin  umdrehen  liesz,  ohne  merk- 
liclien  Wechsel  der  bedculung.  im  15.  16  jh.  war  der  spracli- 
gebrauch  noch  mehr  geneigt  dem  her  und  hin  die  hinterstelle 
zu  geben  und  dehnte  sich  zugleich  weiter  aus,  namentlich  wurde 
statt  des  mhd.  hör  5n  und  hin  in  (das  mhd.  wb.  1,  688".  689*. 
748'.  750  setzt  sie  mit  in  und  mit  in  an)  auch  gesaqt  einher 
und  einhin.  vihd.  ist  kein  solches  in  her,  in  hin  vorzuweisen, 
späterhin  veralteten  abber  abbin  auflier  aufliin  ausber  ausbin  und 
wichen  wieder  dem  herab  hinab  herauf  hinauf  heraus  hinaus; 
doch  drehbar  blieben  hernach  tn  nachher,  herum  in  umher, 
heran  in  anher,  herein  in  einher,  herbei  in  beiher,  obgleich 
letztere  mil  anders  bestimmter*  bedeulung ;  überall  wird  das 
zweite  oder  hintere  worl  stärker  betont,  hier  ist  von  einher 
näher  zu  handeln. 

1)  einher  =  herein  tj(  'hier  herein',  wie  einhio  ■»  hinein 
'dort  hinein',  in  beiden  also  liegt  intro  und  die  nebenbeslim- 
mungen  huc  oder  illuc  geben  den  unterschied,  das  lal.  intro 
wird  für  beide  begriffe,  herein  und  hinein  gerecht,  vocabulare 
des  iti  jh.  verdeutschen  es  eher  durch  einhin  als  durch  einher, 
doch  verba,  denen  einher  beigefügt  steht,  lassen  über  das  iniro 
keinen  zweifei.  bei  Plater  heiszt  et  s.  b.  t.  91:  ob  villicbl 
die  thumbberrcn  wider  inher  kemmen,  d.  i,  hier  herein;  bei 
Keiskrshkrc  im  schif  der  penitenz  2o' :  so  sie  (die  u-asser  der 
Sünde)  einher  tropfend,  d.  i.  herein;  nur  sind  to  entsdtiedne 
belege  für  die  bedeutung  huc  intro  selten. 

2)  einher  «  heran,  wie  die  einfachen  partikeln  in  und  an 
oft  verftieszen,  müssen  auch  heran  und  herein,  onber  und  ein- 
her leicht  susammrnfirflnssen  sein  und  einher  begann  blosies 
nahen  ohne  den  begrif  des  eingehens  auszudrücken,  schon  Kki- 
sbrsbkrc:  seind  drei  gesellen,  die  da  neben  inber  traben. 
(.  d.  m.  21*;   ein  schlang   die  beiszel  eins  heimlich  und  gat 


201   EINHERBERGEN  — EINHERPRAKGEN 


EINHERfRÜNKEN  —  EiNHERWATEN   2Ö2 


krmn  inher  und  isset  erd.  29'.  heute :  er  kommt  einher  ge- 
gangen, schleicht  einher  will  mehr  sagen  her,  heran  als  her- 
ein und  wir  setzen  herein,  sobald  inirare,  irrepere  bestimmt 
gemeint  sind,  da  nun  aber  die  hier  hauptsächlich  in  betrachl 
kommende  Vorstellung  des  nahens  und  sich  bewegens  meisten- 
theils  in  dem  verbum  selbst  etuhulicn  int,  verlinht  thr  das  lu- 
gesetite  einher  oder  heran  schwuny  und  nachdruck,  toie  die 
ganze  reihe  der  alphabetisch  folgenden,  aber  unerschüpften 
composita  verdeutlichen  wird,  in  welchen  freilich  auch  die 
bedeulung  herein  nicht  überall  ausgeschlossen  sein  soll,  nur 
vor  deuten,  lästern,  scLalttu  und  wüten  liegt  die  beiregung 
versteckt,  läszt  sich  aber  ictchl  hii:tu  denken,  mit  dem  vor- 
tretenden dahin  und  daher  verhält  es  sich  auf  ähnliche  weise, 
diese  veiba  mit  einher,  einhin,  daher,  dahin  sind  eine  wahr- 
nehmbare eigenlhiiviliciikett  hochdeutscher  spräche. 

El>HEHBEHGEiV,  ^inhcrberpen.  coUocare  hospitio,  einlo- 
gieien,  eiiifurrirren :  eurer  horhverwunderlichen  weibiichea 
Schönheit  [ist)  ein  münnlicher  geist  eingeherbergt  worden,  vos 
Birken,  Marqenis  23. 

ELNHEliBltALSEN,  cum  fremilu  ferri,  heran,  dalierbrausen: 

so  Schier  wei-z  l'hnrso  ein  mohrenheer  zu  jagen, 

wenn  er  auf  g^uliinein  sichelwjgen 

eintier  brüusi  üben  feld  der  :>cblucht.    Freilicrath. 

EINHEKBSTEN,  rxndemiare,  vgl.  schw.  inhösta,  ddn.  ind- 
höste :  also  hat  auch  die  natur  ihre  fässer  selbst  gebunden, 
in  denen  die  feuchte  {hun}oyes)  sein  sollen,  so  im  menschen 
gewimlet  und  geherbstet  werden,  das  seind  vasa  naturae.  so 
nun  also  die  feuchte  in  eim  fasz  ist,  wie  dann  von  der  natur 
also  eingewimiet  und  eingeherbstet  u.  «.  ».  Paracelscs  1,295'; 

b.'ilil  geh  ich  in  die  reben 

und  herbste  U-aubeo  ein.    Göiu%  an  Friederike. 

EINHERDELTEN,  interpretari,  daherdeuten:  und  deutet  uns 
also  einher  sein  giftige  lügen  und  lesterungen  für  güttiicben 
verstand.    Luther  3,  375'. 

EliNHEHDItINGEN,  irruere,  bei  Maalek  125*  einher  tringen, 
dapfer  daliär  trucken. 

Ei.NHEKFAHKEN,  irruere,  daherfahren :  ist  es  nicht  ein 
grosze  vermessenheit  von  inen,  das  sie  so  tiiurstig  einher- 
faren  und  alles  mit  dem  köpf  hinaus  wollen  füren,  gleich 
als  soll  inen  gott  weichen?    Lcther  2,407'; 

wie  einst 
der  gott  in  hrperborische  Waldungen 
Ton  J'Tihos  lörberhaupt  mit  lonreich 
h.Tllen'dem  schwanenge^pann  einherfuhr.    Voss  3, 171. 

EINHERFALLEN,  invadere,  irruere,  herfallen,  hereinfallen  : 
welche  als  unQetige  sew  on  glauben,  on  Terstand  einher  fallen. 
Lcther  3,  269. 

EINHERFLIEGEN,  advolare,  her,  heran  fliegen. 

ELN'HERGAUKEL.N.  praestigias  agere:  wenn  schon  die  alten 
dichter  die  träume  öfters  auf  schwachen,  ungewissen  füszen 
einhergaukeln  lassen.    Lessinc  8, 233. 

EINHEKGEHE.N,  inccdere,  wandeln:  das  du  einher  gehen 
solt  in  dem  hund  des  herrn  deines  gotles.  b  Mos.  29,12; 
herr,  da  du  einher  giengest  vom  felde  Edom,  da  erzittert  die 
erde,  der  hinimel  trof.  rJc//£  5,  4 ;  und  gieng  einher  und  weis- 
saget. 1  San.  19,  23 ;  ich  gehe  schwarz  einher,  vulg.  maerens 
incedeham.  Hiob  30,  29 ;  ich  gehe  einher  in  der  kraft  des 
herrn.  pj.  71,  16;  der  einher  gehet  in  demut.  Co/.  2, 18;  geht 
einher,  liehen  freunt!  fastn.  2H'3,  b ;  solange  der  himmel  ruhig 
über  uns  einhergehl.    Ki ühcer  11,161.     vgl.  hereingehen. 

ELNHEHHLNKE.N,  claudicwdo  incedere: 

schau,  wie  «Ion  aufsiarrender  pfalTen  chortanz 
um  des  aligotis  opferaliar  einherliinivi.    Voss  3,  238. 

EINHEHHIPFEN,  insilire,  exsilire,  daherhüpfen. 
ELNHERIRREN,  vagari: 

jetzt  irrt  er  {der  schmetlcrlinri)  kalt  und  freudenleer 
im  schönsten  bhimeubeei  einher.    Gottik  1,  442. 

EINHERKOMMEN,  incedere.  adtenire: 

komb  einher,  Sara,  komb  herein!    IL  Sachs  III.  1,  8'; 
als  er  durch  die  Schöpfung  einherkam,  «ah  er  die  eagel 
auf  den  sonnen.  Uessias  8,  270. 

EINHERLÄSTERN,  audacter  ealumniari:  und  lestert  so  fre- 
Telich  einher.    LtTiiER  3,  hi. 

EINHERLAUSCHEN,  dam  irrepere,  heran,  hereinschleichen: 
einzeln  sind  wir  durch  verschiedene  thore  einhergelauscht 
Weisze.     5.  lauschen. 

EINHERLENKEN,  fleetere,  dirigere:  rosse  einher  lenken. 

ElNHERl'RANGEN,  superbire,  daherprangen. 


EINHERPRUNKEN,  dasselbe. 

EINHERRAUSCHEN,  strepere,  instrepere.    Maaler  125"; 

wie  eihinde  des  meers  aus  ihren  sitzen  gerissen 
ruuscheu  sie  boch  unaufhaUsam  einher.    Klopstock; 

hörst  du  den  rächer,  der  im  stürm  einherrauscht.  Klincer  1, 87. 

EINHERRISCH,  lyrannicus:  die  einherrische  gewalt  eines 
über  alle  erhabenen  hauptes  der  kirche.  Beckers  weltg.  6,  41. 

EINHERROLLEN,  volvi,  ferri:  einherrollender  donner. 

EINHEItSAUSE.N,  cum  fremitu  incedere. 

EINHERSCHAFT,  f.  monarchia:  so  ist  er  der  erste,  der 
die  einherschaft  wieder  anräth.    Göthe  32,  254. 

EINHERSCHER,  m.  monarcha. 

EINHLRSCHALTE.N,  ad  arbitrium  agere. 

EINHEKSCHIEBEN,  appropinquare,  heranrücken: 
wenn  der  schreckliche  grimmende  brillende  low  wird  einher- 
schiebea.     Gktphics  1,  734. 

EINHERSCHLAGEN,  illidi,  ferri: 

hast  du  die  welle  gesehen,  die  über  das  ufer  einherschlug? 

Göthe  1,  384. 

EINHERSCHLEICHEN,  irrepere:  das  alter  aber  schleicht 
einher,  eh  ers  gewahr  wird.  Henisch  851,  73 ;  der  greis  schleicht 
am  Stabe  einher. 

EINHERSCHLENDERN,  lente  vagari. 

EINHERSCHNIRREN,  cum  strepitu  incedere: 

das  du  so  feindlich  einherschnurrst.    Waldis  176*. 

EINHERSCHREITEN,  incedere,  ingredi. 

EINHERSCHRITT,  m.  incessus:  mit  dem  drallen  einher- 
schritt.    Kosegartex. 

EINHERSCHWANKEN,  nulare. 

EINHERSCH\V.\NZEN,  caudam  mor endo  incedere :  wie  papa- 
geien  einherschwänzen.    Fr.  MCller  2,  20. 

EINHERSCHWEBEN,  /«6rari,  ferri: 

über  den  hohen  gefilden  des  stemes 
schwebt  er  einher.  ifessias  20,  583. 

EINHERSCHWIMMEN,  natando  accedere. 
EINHEBSEGELN,   velis^  fern. 

EINHERSPREIZE.N,  divaricare:   einen  hären,  der  auf  zwei 
beinen  nach  dem  dudelsack  einher  sich  spreizt.  Klisgeb  II,  32. 
EINHERSPRINGEN,  insilire. 
EINHERSTAPFEN,  firmo  pede  incedere: 

der  edle  bräutgani,  rwar  ein  wenig  steif  und  schwer 
stapft  an  Rosettens  band  gar  ehrenfest  einher. 
WiBLA.fD  22,  267. 

EINHERSTOLPEN,  rustiee  irruere: 

schaw,  dort  ihut  er  gleich  einherstölpen.     H.  Sachs  II.  4,6'. 

EINHERSTOLZIERE.N,  magnifiee  incedere: 

denn  es  grasten  von  ihm  dreilausend  siuien  im  marschlnnd, 
muuerstuten,  einherstolzierend  mii  zierlichen  füllen. 
DüaGiR  233*. 
EINHERSTCRMEN,  irruere. 
EINHERTANZEN,  l)  saltando  incedere. 
2)  saltando  adducere:  tanze,  Siona,  triumph  einher !  Klopst. 
1,180. 

EINHERTRABEN,  tolulim  incedere: 

dena  man  trabt  damit  {mit  dem  schweif)  zu  schwer 
und  zu  unbequem  einher.    iUsKnoR.'«  2,  32. 

EINHERTRAGEN,  afferre,  dahertragen: 

nu  sih  ich  wol, 

da^z  irh  auch  soll 

mein  lölTel  einher  tragen.    Garg.  88*; 

8L  Christoph,  der  mein  gepück  kräftig  einher  trug.  Göthe  23, 48. 
EINHERTRETE.N,  incedere,  {vgl.  einhintreten) :  die  töchter 
tretten  einher  im  rcgiment.  l  Mos.  49,  22;  deinen  feinden 
wirds  feilen,  aber  du  wirst  auf  ircr  höhe  einher  tretten. 
6  Mos.  33,  29 ;  die  töchter  Zion  tretten  einher  und  schwenzen 
und  haben  köstliche  schuch  an  iren  fdszen.  Es.  3, 16;  wer 
ist  der  ...  der  einher  trit  in  seiner  groszen  kraft?  63,1; 
und  der  herr  wird  einher  tretten  als  die  weiter  vom  mittage. 
Zachar.  9, 14 ;  hütet  euch  für  den  schriftgelerten,  die  da  wollen 
einher  tretten  in  langen  kleidern  {goth.  j)aim  viljandam  gaggan 
in  hveitaim  vasijüiu).  Luc.  20,46;  sieh  einmal,  wie  hochmütig 
und  trotzig  dein  hahn  einher  tritt    Lessing  1,164; 

freudig  trei  ich  einher,  von  deinem  liedc  verkündet. 
GöTHi  1,  320. 
EINHERWACKELN,  vaeillitre. 
EINHERWANKE.N,  nutare. 
EINHERWATEN,  vadare: 

und  waten  lief  durch  «umpf  und  moor, 
durch  Schilf  und  dorn  einher.    Üörcir  112*; 


203      EINHERWATSCHELN  —  EINHINFÜGEN 


EINHINFÜHREN  —  EINHOF 


204 


wenn  die  höbern  collegien  in  beminschuhen  und  bemmketten 
einherwaten.    J.  P.  lit.  nachl.  4,  89.     vgl.  das  folgende. 

EINHERWATSCHELN,  analis  in  modum  incedere. 

EINHEHWEHE.N,  spirare: 

{Jene)  luD  des  ersten  mais,  die  vom  Wasserfalle 
lieblich  einherwehu    Klopstock  2,  88. 

EINHEHWÜTEN,  furere: 

denn  ihr  wütet  einher.    Klopstock  2,  22. 

EINHERZIEHEN,  incedere:  zeucb  einber  der  warheit  zu 
gut.  ps.  45,5;  man  sihet  gott  wie  du  einberzeucbst.  68,25; 
es  feret  daher  der  lewe  aus  seiner  becke  und  der  verstörer 
der  beiden  zeucht  einber  aus  seinem  ort.  Jet:  4,  7 ;  dasz  der 
edle  mann  so  schwer  einberziebt  .  . .  und  uns  gar  so  sehr 
den  Professor  zeigt.    Klinger  11, 18. 

EINHERZIG,  Concors,  würde  ahd.  ^inberzi,  einbirzi,  mhd. 
^inbgrze  sein. 

EINHEßZIGEN,  beherzigen.    BdtscBkt  kanzl.  724. 

EI.NHERZIGKEIT,  f.  eoncordia:  wie  auch  die  kleinen  reiche 
durch  einherzigkeit  berlicben  aufwachsen  und  gewaltiglicb 
rechend  und  sigend.    Fbonsp.  kriegsb.  1, 175\ 

EINHESSEN,  s.  einhechsen. 

ELNHETZEN,  persequendis  feris  assuefacere,  von  hunden, 
figürlich  aber  auch  excilare,  wie  anhetzen. 

ElNHEüCHELN,  sich,  simulando  benevolenliam  alicujus  col- 
ligere : 

zu  dem  ist  offenbar,  wie  er  sich  Rom  verpllicbt, 
wie  er  durcb  gaben  sich  bei  Cäsarn  eingeneuchelt. 
ilAi.LMANN  Mariamne  31; 

solche  ketzer  (die  jesuilen),  die  sich  in  unser  geliebtes  Vater- 
land eingeschlichen,  einpracticiert,  eingebeuchelt,  eingezwungen 
und  eingedrungen,  flugschriß  des  Christ.  Crüciger  1620,  Bi. 
s.  einlügen,  einschmeicheln. 

EI.NHEÜEN,  foenum  colligere:  das  murmeltbier  heuet  ein, 
trägt  gras  und  krduter  in  seine  hole  für  den  Winterschlaf. 

EINHEUERN,  habitationem  conducere  (Frisch  1,  449'),  s.  ein- 
miethen. 

EINHIEB,  m.  caedes,  einhauen:  es  kam  zum  einkieb ;  alles 
das  sind  flatternde  troddeln  von  dem  goldnen  Schwerte  Apol- 
lons,  welche  den  schwang  und  den  scharfern  einhieb  hem- 
men.   Bürger  182'. 

ElNHl.MMELN,  migrare  in  caelum.    Stieler  841. 

EI.NHIN,  intro,  eigentlich  illic  inlro,  umgestelltes  hinein, 
mhd.  hin  in,  wie  bei  einher  gewiesen  wurde.  Frisiüs  schreibt 
einbin  726'.  727",  ebenso  Maaler  125*.',  doch  236'  inhin ;  auch 
Dasypodius  104'  inhin  neben  hinein,  intro  ich  gehe  hinein, 
gang  inhin,  das  letzte  klingt  ihm  volksmäszig,  erstres  schrifl- 
geniäsz.  so  ist  denn  auch  inhin,  einhin  bald  wieder  dem  hin- 
ein gewichen  und  bei  Luther  in  der  bibel  gar  nicht,  sonst 
aber  verschiedentlich  zu  finden  ;  in  der  Schweiz  haftete  es,  wie 
die  folgenden  coniposita  lehren,  am  längsten  und  mit  aufrecht 
gebliebner  bedeulung  von  hinein,  während  einher  überwiegend 
den  sinn  von  daher  empfieng.  Stalder  2,  70  deutet  das  heutige 
ine,  eine  der  Volkssprache  aus  einhin,  Tobier  285*  scheidet 
zwischen  ina  herein,  ini  hinein,  jenes  ist  zu  bezweifeln,  alle 
mit  einbin  zusammengesetzten  verba  stchn  denen  der  Schrift- 
sprache mit  hinein  zur  seile,  ihre  aufnähme  ins  wb.  rechlfcr- 
ligl  schon  der  parallelismus  zwischen  einber  und  einhin,  zwi- 
schen her  und  bin,  dann  aber  der  ältere  Sprachgebrauch. 

EINHINBRECHEN,  irrumpere,  einbrechen,  hinein  brechen: 
einhin  bnichen  ze  stälen.    Maaler  125*. 

EINHINHRINGEN,  inferre.    Maaler  125*. 

EINHINDRINGEN,  penelrare:  einhin  Iringen.  Maaler  125': 
von  dem  ausbin  und  einhin  iringen.    H.  Siciis  III.  1,  123*. 

EINHINDRÜCKEN,  inirudere:  gewalligklich  einbin  trucken 
und  den  feind  anfallen,  impressionem  facere.    Maaler  125*. 

EINHINEILEN,  improperare,  schnull  hinein  gon.  Maaler  125*. 

EIMII.NESSEN,  ingerere,  devorare,  hineinessen.  Tobler  285*. 

EINHINFALLEN,  ingruere:  auf  den  markiplalz  einhin  fallen, 
u  in  forum  projiccre.    Maaler   125*.  Stieleh  421. 

EINHINFAHHEN,  inirare,  introtre:  inmitten  in  zeug  einhin 
faren,  i«  media  arma  ruere.  Maaler  125*;  duruinb  wissen 
»olche  klcITcr  viel  wa«  böse  oder  guter  wille  ist  und  faicn 
frei  einhin  Lltheb  1, 77*;  und  wir  faren  cinliin,  machen  flugs 
ein  gritet  und  arlikel  daraus.    6, 102'. 

EINHINFLICKEN,  intuere:  sich  einhin  flicken,  z&  einer 
rott  thun.    Maalki  125*. 

EINHINFLIESZLN,  tubinfiuere.  Maaler  126*.  Hknirch  1154,  3S. 

ELNHINFCGEN,  adjungere,  hineinfügen.    Stibikm  679. 


EINHINFÜHREN,  introducere.    Maaler  125*. 

EINHINGEHEN,  immeare,  ingredi.    Maaler  125*. 

EINHINGRABEN,  hinein  graben.    Evering  1, 173. 

ELNHINJUCKEN,  corripere  se  intro:  einhin  wütschen,  sich 
schnall  hinein  machen.    Maaler  125'. 

EINHINKRIECHEN,  inserpere.    Maaler  125'. 

EINHINLASSEN,  immittere:  dasz  si  keinen  frömbden  nit 
einhin  lasse  oder  keinen  annemme.    Maaler  125'. 

EINHINLAUFEN,  influere.    Maaler  125'. 

EINHINLEGEN,  indere.    Maaler  125'. 

EINHINLEITEN,  inducere:  wasser  einhin  leiten  oder  lücblen, 
aquam  deducere.    Maaler  125'. 

EINHINLL'GEN,  introspicere,  hineingucken.    Maaler  125*. 

EINHINNISTEN,  inlernidificare :  zwischend  einhiu  nisten, 
dazwischen  hinein  nisten.    Maaler  125*. 

EINHINPLAUDERN,  garrire,  in  den  tag  hinein  schwätzen: 
das  ist  alles  der  prediger  schuld,  das  man  das  fasten  so  ein- 
hin plaudert  und  seinen  rechten  brauch,  masz,  frucht,  ursacb 
und  end  ninier  anzeigt.    Luther  1,  244*. 

EINHINPLUMPEN,  jnMere,  corruere,  hineinplumpen :  sibe, 
solchs  haben  die  papisten  nie  bedacht,  plumpen  einhin  und 
machen  eitel  werkbeiligen  im  bimel.  Luther  5,324*;  so  sind 
denn  die  leute  toll  und  plumpen  einhin,  o  bie  wonet  gott, 
da  sihet  und  greifet  man  die  wunder  und  zeichen,  können 
nicht  rechen,  das  der  teufel  eben  darumb  thut  die  leute  zu 
betriegen.    5, 453*. 

EINHINREGNEN,  impluere,  hineinregnen.    Maaler  125*. 

EINHINREIBEN,  infricare,  hineinreiben.    Maalkr  125'. 

EINHINRINNEN,  influere,  hincinrinnen.    Maaler  125*. 

EINHINHUFEN,  introvocare,  hineinrufen.    Maaler  125'. 

EINHINSÄEN,  inspergere:  etwas  in  einer  red  einhin  säien 
und  allenthalben  mit  lassen  laufen.    Maaler  125*. 

EINHINSCHEINEN,  introlucere,  hineinscheinen.  Maaler  125'. 

EINHINSCHICKEN,  immittere,  hineinschicken. 

EINHINSCHLAGEN,  einschlagen:  einandere  die  bend  bieten 
und  dapfer  einhin  scblaben,  interjungere  dextras.  .Maaler  125'. 

EINHINSCHLEICHEN,  inserpere,  tllabi:  sanft  etwar  einhin 
rinnen,  zfihin  (hinzu)  schleichen.    Maaler  125'. 

EINHINSCHLIEFEN,  inserpere:  also  zerribet  sich  auch  die 
lähme  beulen  und  scbleuft  einhin.   WtJRZ  s.  190. 

EINHINSCHLUCKEN,  iugurgitare.    Maaler  125'. 

EINHINSCHWIMMEN,  innatare.    Maaler  125'. 

EINHINSEIN,  conditum  esse,  eingebracht  sein:  das  gut  ist 
schon  einhin,  das  körn  ist  schon  eingeschnitten,  geschnitten, 
messis  condita.    Maaler  125*. 

EINHINSETZEN,  interponere,  intercalare,  hineinsetzen. 

EINHINSPINNEN,  nendo  immiscere:  das  spinnet  er  immer 
einhin,  das  er  zu  dem  schönen  text  koinpt,  damit  er  be- 
schlieszen  wird.    Luther  6,  26"'. 

EINHINSTEHEN,  intersislere,  zwischend  einbin  ston.  Maaler 
125'. 

EINHINSTOSZEN,  intruderc,  hineinstoszen. 

EINHINSUPFEN,  resorbire.    Maaler  125'. 

EINIHNTHUN,  immittere,  hineinthun. 

EINHINTKETEN,  introgredi,  doch  einhin  trülten  wie  ein 
kriegsniann,  incedere,  mit  der  bedeulung  des  einhertretens. 
Maaler  125'; 

dazu  all  vögel  bett  gebeten, 
tbeien  zusnmen  einhin  treuen. 

B.  Waldis  2.76(12«'). 

EINHINTRKIREN,  cogere,  eintreiben,  hineintreiben,  hintreiben. 

EINHINTRINKEN,  imbibere.    Maaler  125'. 

EINHINWAGEN,  andere:  und  wugtens  also  plumpsweise 
einhin.    Luther  3,  268. 

EINHINWERFEN,  injiccre,  hineinwerfen.    Maaler  125*. 

EINHINZIEHEN,  immigrare,  einziehen,  in  ein  haus  ziehen 
darin  ze  bleiben.    Maaler  125*. 

EINHINZÖCKEN,  illicere.   Maaler  US*. 

EINHIRNIG,  Simplex,  simplicis  ceiebri:  eiuliiiiuvi ,  imi.nii^e 
leute,  ohne  holfart  und  einbildung.    pcl.  maulaffe  7». 

EINIHTZEN,  calefaccre:  eine  kleine  von  raiuh  kobNcbwarze 
und  eingehitzte  Stube,  prrs.  reiseb.  i,  4 ;  gieng  ich  mit  ihm 
in  ItcsiigteH  bUuslein,  in  welchem  ein  baur  eben  die  stub  eiu- 
hitzte.    Simpl.  K.  uoh.     s.  einheizen. 

EINHOItE,  m.  fiovoQX^t  der  nur  eine  hode  hat. 

EINIIODK;,  unitestis. 

EIN  HUF,  m.  praedium  solilarium,  allein,  einsam  liegender 
I  hof,  vgl.  einöd. 


205 


EINHOLEN  —  EINHCLFE 


EINHÜLLEN  — EINIG 


206 


EINHOLEN,  nnl  inhalen,  das  eneartele,  verlangte,  verfolgte 
holen. 

1)  solemni  pompa  dedueere:  den  nahenden  forsten  einholen, 
ihm  feierlich  entgegengehen ;  der  einziehende  sieger  wird  meilen- 
weit eingeholl  und  in  die  Stadt  geleitet;  nnl.  de  vorst  werd 
door  de  gansche  burgerij  ingehaald;  wir  halten  so  viel  mit 
einholen  der  vornehmen  gaste  zu  thun.  Göthe  24,291.  ftf 
erhaben  unde  in  geholt.    Eckhart  '9,  4. 

2)  assequi.  capere,  erreichen  und  fangen,  fassen,  weidmän- 
nisch von  wilden  sauen:  die  hunde  holen  sie  ein  und  packen 
sie.  Döbel  1,  24' ;  der  fliehende  feind  wurde  am  abhang  de« 
waldes  eingeholt  und  versprengt; 

er  läuft  und  höh  herr  Glimpfen  ein.    Gillht  1,  71; 

die  braut  isi  dir  gesiolen, 

fort,  fort,  sie  einzuholen.    Bdrgir  54'; 

isls  der  im  nachen  den  ihr  sucht?   reit  zu  I 

wenn  ihr  frisch  beilegt,  höh  ihr  ihn  noch  ein.   Schiilkr  51s  ; 

wenn  die  englische  allgemeine  Weltgeschichte  und  ihr  deut- 
scher auszug  einmal  die  zeit  so  nahe  eingeholt  haben,  dasz 
sie  das  jähr  dieser  übergäbe  vornehmen  und  erzählen.  J.  P. 
Hesp.  l,  195. 

3»  colligere,  eognoseere:  holz  aus  dem  wald,  fruchte  aus 
dem  feld  einholen,  nnl.  turf  en  hout  inhalen;  befehle,  stim- 
men, gutachten,  ein  urtheil.  nachrichten  einholen:  ohne  be- 
sondere verhaltungsbefehle  einzuholen.  Wiela.>»d  2, 109  ;  kund- 
schafl  einholen. 

4)  recuperore,  das  voraus  geeille,  versäumte,  verlorne  wieder 
einholen :  der  läufer  holt  den  vordusgeschrittenen  wieder  ein ; 
ein  Schüler  holt  nun  den  andern  wieder  ein ;  ein  andrer  weg, 
auf  welchem  die  poesie  die  kunst  in  Schilderung  körperlicher 
Schönheit  wiederum  einholt,  ist  dieser,  dasz  sie  Schönheit  in 
reiz  verwandelt.  Lessisg  6,499;  wir  wollen  alles  einholen, 
was  wir  ihnen  und  manchmal  der  guten  Aurelie  schuldig  ge- 
blieben sind.  Göthe  20, 106 ;  was  du  bei  voller  mannkraft 
verfehltest,  wirst  du  an  der  krücke  nicht  mehr  einholen. 
Schiller  314';  freilich  stehts  nun  in  meiner  macht  nicht 
mehr,  die  Vergangenheit  einzuholen.    143'; 

der  flüchtge  vorsaiz  ist  nicht  ein/uholen, 
es  gehe  denn  die  rasche  ihat  gleich  mit.    574*; 
nnl.  ik  zal,  hetgeen  ten  achteren  is,  weder  zoeken-in  te  halen. 

5)  t'ni  forstwesen,  einen  wald  einholen,  vermessen. 
EINHOLEN,  incavare,  wie  ausholen  excavare. 
EINHOLUNG,  f  pompa:  des  geleites.    Göthe  24,303. 
EINHÖRIG,  uno  aure  surdiis:  besonders  thatens  einhörige 

leute,  die,  dabei  taub  auf  dem  zweiten  obre,  alles  nur  mit 
halbem  hörten.    J.  P.  flegelj.  1, 32.   KaUenb.  2,  99. 

EINHORN,  1)  n.  monoceros,  unicornuus,  ahd.  einhurno  m. 
mhd.  einhürne  m.  ags.  änhjTue  deor :  seine  freidigkeit  ist  wie 
eins  einhorns.  Aldos.  23,22;  errette  mich  von  den  einhörnern. 
ps.  22,  22 ;  da  werden  die  einhörner  sampt  inen  erunter  müssen. 
Es.  34,  7;  seltsam  aber  ist  der  gen.  pl.  aufs,  den  sich  Lutbeb 
gestattet:  seine  hörner  sind  wie  einhörners  hörner.  5  Mos. 
33, 17 ; 

ein  hörn  dem  einhorn  auf  das  hirn.    Wkcibbbii«  518; 
einhörner,  löwen,  hund.    92. 
2)  ein    aus  dem  hörn  des  thiers  oder  in  homgesiait  verfer- 
tigter becher: 

noch  indenk  jener  nacht, 
da  wir  in  lauter  lust  und  wonne  fast  versunken 
die  blum  des  besten  weins  aus  gold  und  einhorn  trunken. 
Grtphics  2,  59, 

man  vergleiche  die  in  ellendklaa  und  greifenklau  eingefasxlen 
trinkgefdsze. 

EINHORNFISCH,  m.  balistes  monoceros. 
EINHÖRNIG,  unicomis,   iin  hörn  habend, 
EINHORNK.XFER,  m.  scarabaeus  Hercules. 
EINHORNML'SCHEL,  f.  turbo  terebra. 
EINHORNTEUFEL,  m.  lophius  vesperlilio. 
EINHOTZELN,  EINHUTZELN,   corrugari,   gleich  gedörrte» 
hutzeln  einschrumpfen: 

Maria  und  Joseph!  wie  hoizelt  ihr  ein, 
mein  sixchenl  es  musz  euch  was  angethan  sein. 
BErger  66>. 

EINHUFIG,  solidungulus,  solidipes,  von  thieren  mit  unge- 
spaltnem  huf. 

EINHCLFE,  f.  subministratio,  suggestio:  die  pflegetochter 
war  von  ihr  genau  abgerichtet  zur  einhQlfe,  wo  irgend  eine 
erinnerung  ihr  fehlte.    Arnim  2,  51, 


EINHÜLLEN,  inrolvere,  telare,  dän.  indhylle,  meist  mit  der 
praep.  in  und  dem  acc.  der  sache. 

1)  den  arm  in  den  mantel  einhüllen;  das  gesicht  in  den 
Schleier ; 

indem  stiegt  ihr 
vom  pferd,  und  überreichtet  mir  das  kind 
in  euern  mantel  eingehüllt.    L8ssi:«g  2,  324  ; 
dein  grauer  zartgewehier  Schleier 
hülJt  sie  in  leichte  schatten  ein. 

BoiB  an  den  abend,  im  mus.  alm.  1770j 

warum  hast  du  nicht 
ins  priesterrecht  dich  weislich  eingehüllt?    GöiH«9,71; 
man  büUt  vergebens  sich  in  seine  Unschuld  ein. 
WuLAHD  10,277; 

ohne  dich  hüllt  alles 

sich  in  schwermuth  ein.    Gottkr  1,235; 

und  eine  dunkle  freistait  hüllt  uns  ein!    2,286; 

*o  Jesu  Maria,  erbarme  dich  mein!" 

drauf  hüllte  sein  brechendes  äuge  sich  ein.    Börgii  35" ; 

der  khalife  hüllte  sich  in  Verstellung  ein.  Klfsger  5, 314 ;  abends 
kam  Victor  in  S.  Lüne  an  und  hüllte  sich  in  die  laube  des 
Pfarrgartens  ein.  J.  P.  Hesp.  4, 150 ;  wer  alles  über  sich  ergehen 
läszt  und  sich  etwa  in  sein  bewustsein  einhüllL  Fichte  phil. 
journ.  5,  16. 

2)  eingehüllt,  verborgen,  verdeckt,  unenifaltet:  die  Jugend, 
die  so  reich  an  eingehüllten  kräften  ist  Göthe  18, 120 ;  die 
wege  und  mittel  anerkennen,  wie  sie  {die  Vegetation)  den  ein- 
gehülltesten zustand  zur  Vollendung  nach  und  nach  zu  be- 
fördern weisz.  50, 50 ;  ich  beschirme  deine  eingehüllte  seele. 
J.  P.  Heip.  2,  238 ;  wenn  ihm  auch  Klotilde  den  eingehüllten 
wünsch,  sie  in  Maienthal  zu  sehen,  versagt.  3, 124 ;  worte 
leise  und  eitgehüllt  einem  ins  ohr  flüstern.    Klikceb  10,  233. 

3)  einhüllende  arzneimittel. 

EINHÜLSEN,  indere  folliculis,  gegensatz  von  aushülsen: 
als  sie  sich  in  ihre  dicksten  kleider  eingehülset.  J.  P.  Fibel  32. 

EINHCREN,  pudicitiam  prostituendo  obtinere :  in  den  dienst 
hat  sie  sich  eingehurt.   Stieler  835. 

EINHUSCHEN,  momento  intrare,  vanescere:  sie  huschte  ein, 
entwischte  den  äugen. 

EINIG,  gleich  dem  einfachen  'ein'  mehrdeutig,  die  goth. 
spräche  kennt  nur  zwei,  den  übrigen  abgehende  formen  ainaha 
und  ainakls,  kein  ainags,  aineigs,  irte  es  dem  ahd.  einac, 
einte,  mhd.  einec,  einic,  alts.  fnig,  nnl.  eenig,  ags.  änig, 
aenig,  schwach  änga,  engl,  any  entspräche,  altn.  besteht  gar 
keine  solche  bildung,  sehw.  und  dän.  enig  scheinen  unserm 
einig  oder  nd.  enig  nachgeahmt,  wie  fi.ovay,6s  von  (lin-oe, 
unicus  von  unus  sind  ainaha  und  einac  Verstärkung  von  ains 
utld  ein.  ainaha  ist  lautverschobnes  unicus,  während  dtirch 
die  tenuis  und  media  der  übrigen  die  regel  gestört  erscheint, 
vgl.  gramm.  2,  310.  , 

1)  ÜLFiLAS  setzt  ainaha  m.,  ainohö  f.  für  fiovoyevrjs  von 
söhn  und  tochler  der  menschen  Luc.  7,  12.  8,  42.  9,  38,  wird 
es  wahrscheinlich  auch  JoA.  ,3, 16. 18  vom  söhne  gottes  gesagt 
haben,  die  vulgata  hat  aber  im  ersten  fall  unicus,  im  an- 
dern unigenitus,  verleiht  also  diesem  technischen  sinn,  nicht 
anders  verdeutscht  Luther  m  jenen  stellen:  ein  einiger  son 
seiner  mutter,  eine  einige  tochter,  mein  einiger  son;  tn  den 
Johannesstellen:  seinen  eingeboren  son,  des  eingeboren  son 
gottes.  durch  diese  Verengung  des  ausdrucks  wird  dem  texl 
etwas  aufgetragen  oder  vielmehr  benommen,  auch  anderwärts 
steht  von  menschenkindem  nur  einig,  nicht  eingeboren:  nim 
Isaac  deinen  einigen  son.  l  Mos.  22,2;  du  hast  deines  eini- 
gen sons  nicht  verschonet.  22,12;  und  die  war  ein  einiges 
kind  und  er  hatte  sonst  keinen  son  noch  tochter.  richL  11, 
34;  denn  ich  war  meines  vaters  son,  ein  zarter  und  ein 
feiniger  für  meiner  mutter.  spr.  Sal.  4, 3 ;  trag  leide,  wie 
umb  einen  einigen  son.  Jer.  6,  26 ;  ich  wil  inen  ein  trawren 
schafl'en,  wie  man  über  einem  einigen  son  hat.  Arnos  8, 10 ; 
wie  man  klagt  ein  einiges  kind.  Zach.  12,10;  der  hat  nur 
ein  einige  -tochter.  Tob.  6, 12 ;  weil  ich  ein  einiger  son  bin. 
6,16;  du  hast  dich  erbarmet  über  diese  zwei  einige  kinder. 
8  18;  ein  einigen  son  eines  alten  maus.  Lctheb  3,129*;  er 
verliel  im  jähre  lis6  und  liesz  einen  einigen  söhn  nach,  ßar- 
tholomaeum.    Micbälios  3,305; 

mir  geben  so  ein  bösen  lohn 

und  mir  mein  einigen  söhn  umbbringen.    Atbkb  184  ; 

nie  keine  mutter  war  Wr  freuden  so  entzücket, 
wann  sie  ihr  einin  kind  und  lieben  söhn  erblickeu 
Wbrdkrs  Ar.  1,  53; 


207 


EINIG 


EINIG 


208 


ich  habe  nur  diesen  einigen  söhn  gezeuget,  pers.  rosenih.  6, 3 ; 
derselbig  hett  mit  seinem  weih  ein  einige  tochter.  wegküner 
22.  allmälich  trat  einzig  an  die  stelle  dieses  einig,  obicol  es 
in  der  dichlersprache  noch  fortdauert. 

2)  goltes  einheit  tcird  auf  griechisch  dureh  eis  {nicht  durch 
fiövoi),  lat.  durch  unus  (nicht  unicus)  gegeben,  auch  gulh. 
heiszt  es  aija  ains  guj).  Marc.  10, 18.  niba  ains  gu|).  Luc. 
18, 19.    frauja  ains  ist.    Marc.  12,  29.    ags.  erscheint  4n  ^lallh. 

19,  17.  Marc.  12, 29.  äna  Marc.  10, 18.  Luc.  18,  19,  niemals 
aenig.  Luther  läszl  einig  ju:  der  herr  unser  gotl  ist  ein 
einiger  herr.  5  Mos.  6,4;  auf  das  sie  dem  einigen  gott  des 
himels  dienen  möchten.  Jud.  5, 7 ;  niemand  ist  gut,  denn 
der  einige  gutt.  Matth.  19, 17.  Luc.  18, 19.  Marc.  10, 18 ;  der 
herr  unser  gott  ist  ein  einiger  gott.  Marc.  12,29;  sintemal 
es  ist  ein  einiger  gott.  Rüm.  3,  30 ;  und  das  kein  ander  gott 
sei  on  der  einige.    1  Cor.  8,4;    gott   aber  ist  einig.    Gal.  3, 

20.  diese  schleppendere  ausdrucksweise  wurde  nülhig  seit  das 
zum  arlikel  erniedrigte  zaldwort  seinen  nachdruck  einbüsile, 
doch  vgl.  einigkeit  und  dreieinigkeit  ßr  einheit  und  drei- 
einheit.  hier  sind  noch  spätere  beispiele  für  einig  von  gott: 
hör  Israel,  dein  gott  ist  einig.  Frank  weltb.  ISO";  der  einige 
gott.  Lessing  10,  26.  27 ;  gott  ist  einig  in  seinem  wesen,  ein- 
fach in  seiner  Substanz.  Kam  6,  41 ;  ohne  solchen  begrif 
könnt  ihr  nicht  auf  ein  einiges  verständiges  urwesen  schlie- 
szen.  7,  370.     einzig  wäre  hier  unverstattet. 

3)  sehr  oft  aber  hat  einig  die  bedeutung  von  unicus  oder 
unus,  wo  wir  heute  einzig  verwenden  und  ihm  meistcntheils 
auch  der  unbestimmte  arlikel  vorangeht:  aber  der  arme  hatte 
nichts  deno  ein  einiges  scheflin.  2  Sam.  12,  3 ;  wem  jagstu 
nach?  einem  todten  hund,  einem  einigen  floch?  (oTiioco  xpvX- 
Xov  ivöt;)  iSam.  24,15;  ja  sie  möchten  wol  on  das  durch 
einen  einigen  ödem  fallen,  weish.  Salom.  11,21;  Abraham 
war  ein  einiger  man  {sh  tJv).  Ez.  33,  24 ;  denn  du  vermagst 
nicht  ein  eioigs  har  weisz  und  schwarz  zu  machen  igolh.  ain 
tagl).  Matth.  5,  36 ;  ein  einiges  werk  hab  ich  gethan  und  es 
wundert  euch  alle  (goth.  ain  vaurstv).  Joh.  7,21;  wiewol  sie 
mit  alle  irer  kunst  nicht  vermocht  hellen  dem  bapst  ein 
einig  berlin  zu  krümmen.  Luther  i,  4';  umb  des  einigen 
Scheins  und  namens  willen.  3,  5l';  gleichwie  etliche  jüden 
meineten,  gott  bette  Adam  also  gemacht,  das  sein  einige  per- 
son  zugleich  ein  maus  und  weibsbilde  were.  3,65;  wereerein 
einig  man  gewesen,  helle  er  mügen  davon  gehen,  so  ist  er 
mit  weih  und  kind  beladen.  4,109';  aber  doch  ist  mit  dem 
allen  noch  nicht  so  viel  gegeben,  als  mit  diesem  einigen 
wort,  die  liebe  ist  gott  selbs.  6,46';  die  liebe  ist  der  keines, 
sondern  das  einige,  unaussprechliche  gut  und  allerboliestcr 
schätz,  der  da  heiszt  gott  selbs.  ebenda;  denn  wie  viel  sind 
ir  wul,  die  im  (gott)  einmal  für  ein  einige  wolthat  danken? 
6, 56' ;  denn  das  ist  der  einigste  und  höheste  gottesdiensl, 
trawen  und  glauben.  6,  66' ;  das  der  einig  recht  brauch  der 
bUcber  ist.  Fbank  wellb.  vorr.;  Reinhart  gieng  hinfür  und 
nam  ein  einigen  pfennig.    Aimon  F2'; 

und  redet  nu  ein  cinicbs  wort,    fasln,  sp.  3S7,  24; 

kein  auf  erden  mir  bas  gefallen  thut, 

du  bist  mein  tierz  und  einiges  blut.    Ambr.  Ib.  i.  82,42; 

kein  andrer  man  mir  werden  sol, 

als  ir  mein  eioigs  liebelcin.    Atrkr  174'; 

sie  Ist  allein,  nicht  zu  vergleichen, 

ein  einige  volkommenheit.    Weckukrlin  347 ; 

einiger  trost  meiner  sehlen.    401; 

ich  suche  nunmehr  nichts,  kein  einig  zeichen  mehr. 
Werders  i4r.  5,  35; 
ich  wil  aus  dem  Waltber  von  der  Vogelweide  einen  einigen 
ort  setzen.    Opitz  poclerei  t.  15; 

so  wird  CS  ihm  bald  werden  kimd, 

dasz  sonst  kein  einigs  glied  an  einer  schönen  fran 

als  nur  der  mund  ihn  wieder  könne  küssen.    FLKiiNal78; 


{llolticin),  du  einig»  aller  landen 

in  Aletnannicn  bist  unverrückt  bestanden. 


197; 


da»  ehr  weisz  nur  vom  fried  und  sonst  kein  einig  sinn. 
LOCAU  1,  179.  67 ; 
soll  dann  ein  einiger  scbSfer  so  müchtig  sein?  Birken  Mar- 
genit  28 ;  »o  eine  sorgfältige  mutier  würde  sie  auch  dem 
einigen  hinterlassenen  pfände  ihrer  gesegneten  liebe  gewesen 
sein.  CAXrrz  180;  mau  sieht  leicht,  dusz  man  von  diesem 
wahren  und  einigen  wrge  auf  eine  doppelte  art  abweichen 
kann.  Lessinc  4,153;  wenn  er  zu  dieser  vermeinten  einigen 
quelle  nun  selbst  kommt.   10,  251 ; 

bist  du  dtr  einige,  der  nicht  wüte,  dasz  unsere  herscher 
Jesus,  den  gOtilicben  manu,  an  dem  kreute  todtcien  I 
Mewiasll,  1504; 


alles  übrige  ist  Oacbes  gewüsch,  ohne  einen  einigen  allge- 
meinen blick.  GÖTHE33, 117;  hier  hast  du  deinen  Götz,  deinen 
ersten,  einigen,  ewigen  Götz  mit  innig  bewegter  seele.  Herder 
an  Gölhe  in  den  br.  an  fr.  von  Stein  3,  271. 

4)  da,  wie  schon  mehrere  der  angezogenen  beispiele  lehren 
und  die  verwandlscha/t  zwischen  ein,  unus,  sli  und  olos 
ftövos  bestätigt,  der  begrif  des  einen  übertritt  in  den  des 
alleinstehenäcn,  einsamen,  so  sehen  wir  auch  mit  einig  die 
Vorstellung  von  solus  verbundeti.  sie  ist  einig  und  tbut  doch 
alles,  wetsh.  Salom.  7,  27 ;  ich  war  einig  und  verlassen,  jeder- 
man  meinet,  es  wer  mit  mir  aus.  Luther  3,305;  er  musz 
ainig  sein  [einsam  leben).  Keisersb.  steten  Schwerter,  am  schluszi 

solt  K'li  nun  von  dir  scheiilen, 

so  wll  ich  einig  bleiben.     Ambr.  Ib.  t.  236,  10; 

Weisheit  gar  oA  ganz  einig  stai, 

da  lorheii  groszen  Zulauf  hat.    Frbidank  1539  27'; 

si  hiesz  all  weh  do  von  ir  gon 

und  bleib  guiiz  bei  itn  einig  ston.    Mornkr  yeuchm.  1519  d 2' ; 

dasz  er  sich  ehiich  möcht  verweiben, 

oder  ledig  und  einig  bleiben,    il.  Sachs  IV.  1, 113*; 

da  was  allcnihalbcn  par  und  par, 

der  mensch  aber  ganz  einig  war.    Wickrav  irr.  bilg.  xii; 

und  verwundert  sich  ser,  dasz  er  also  einig  daher  reit.  Hugo- 
schapler  51;  als  sie  sich  nuu  aller  einig  bei  dem  rilter  ver- 
nam.  Galmy  31;  sobald  ich  zu  im  kam,  er  mich  ganz  einig 
auf  ein  ort  führet.  268;  als  nu  die  fraw  ganz  einig  blieb, 
erst  anfing  ir  leid  gott  zu  klagen.  303;  bin  ich  doch  gar  einig 
auf  der  wiesen.  Wickram  roltw.  57';  als  sie  jetzund  an  ort 
und  end  kommen  waren,  da  sie  sich  einig  wüsten,  buch  der 
liebe2-il,2;  eines  tages  sich  begab,  dasz  Kosamunde  in  einem 
garten  ganz  einig  spazieren  gieng.  238,  l ;  von  ungeschicht 
sich  begab,  das  der  Jüngling  ganz  einig  was,  allein  sein  lieb- 
ster gesell  Reinhart  bei  ihm  sasz.  233, 3 ;  als  sie  nun  von 
Rosamunde  sich  einig  und  verlassen  sähe.    234,  3 ; 

ich  will  zu  nacht  einig  allein 

mich  setzen  in  ein  kleines  schif.    H.  Sachs  V,230'. 

weil  ich  das  luch  im  geben  han 

einig  allein  in  ineiin  gewaudladen.    IL  2,  37*. 

ÄJer  sehen  wir  meistens  noch  die  Verstärkungen  ganz,  gar, 
aller,  allein  und  verlassen  hinzu  getreten,  vgl.  hernach  das 
adverbiale  einig  und  die  bereits  dem  einfachen  ein  beiwohnende 
idee  der  einsamkeit  und  Verlassenheit  [sp.  117).  späterhin  ist 
dieses  einig  dem  klangvolleren  einsam  gewichen. 

6)  unmittelbar  an  einig,  verlassen  reiht  sich  das  seltnere 
einig  mit  dem  sinne  von  entblöszt,  beraubt,  expers,  wie  ihn 
wiederum  schon  das  einfache  ein  (sp.  117)  gewährte,  ein,  allein, 
solus  ist  auch  blosz  und  baar,  ein  klang  an  ohne  (sp.  112), 
einig  klingt  an  änic,  ohnig. 

es  mocht  hellen  viel  oder  wenig, 

ich  ward  damit  des  pfairen  einig  {ledig).    Walois  Esop  4.  17, 

er  hätte  genauer  reimen  dürfen  weinig: einig  oder  wenig :enig, 
vorher  1, 26  war  ihm  onig  zum  reint  auf  honig  gut.  dies 
privative  einig  ist  uns  völlig  ausgestorben. 

6)  desto  häufiger  gilt  ein  ihm  entgegenstehendes  einig  für 
Concors,  consenliens,  gleichfalls  oß  mit  dem  genitiv  der  sache: 
weil  man  des  alsdann  rütbig  und  einig  würde,  reicbsabsch. 
von  1512.  4,19;  haben  aber  der  rechnung  nicht  einig  werden 
mögen.    Scuweimchek  3,231; 

und  weil  wir  der  wähl  einig  sein.  Atrer  128*; 
Nurmahal  verschafte  sich  den  anblick  dieser  Sklavin  und  fand 
sie  in  allen  stücken  so  vollkommen,  wie  sie  es  zu  ihrer  ab- 
sieht wünschte,  dasz  sie  des  bandeis  mit  den  eigcnthüinern 
sogleich  einig  wurde.  Wieland  8, 449;  der  prinz  würde  wahr- 
scheinlich mannbar  gewurden  sein,  bevor  man  eines  Schlusses 
hatte  einig  werden  können.  12,166;  sie  wurden  beide  des 
Schlusses  einig,  dasz  alles  zusammen  nur  ein  blendwerk  ge- 
wesen sei.    11, 199; 

der  köiiig  will,  schon  ist  man  handels  einig, 

ich  bin  der  creatur  verkauft.    Schiller  2ü3*; 

herr  Beding,  wir  sind  feinde  vor  gcricht, 

hier  sind  wir  einig.    52y; 

sie  solle  es  bei  einer  putzinachcrin  versuchen,  die  jetzt  eben 
eine  gehüllin  brauche,  man  sei  mit  der  frau  einig  geworden, 
sie  gehe  täglich  so  viele  stunden  bin.  GOtmb  24,  284.  man 
tagt  einige  eheleule,  einige  geschwisler,  einige  gesellen ;  einig 
and  vergnügt  leben,    vgl.  eins. 

7)  die  einzahl  verlor  sich  in  unbettimmleres  ein,  die  wor- 
ttellung  unus  in  die  von  ullus,  gerade  so  vtusle  nun  auch 
einig,  unicus  geschwächt  werden  in  die  bedeutung  von  quidam 
und  aliquis,  injend  ein. 


209 


EINIG 


EINIG  — EINIGEN 


210 


o)  am  nächsten  der  einzahl  steht,  wenn  die  bestimmte  zahl 
nicht  angegeben  werden  kann  oder  soll,  der  unbestimmt  zählende 
oder  mitzählende  pl.  einige. 

a)  ohne  andere  zahlen  :  er  ist  schon  einige  jähre  (quelques  ans) 
todt,  er  bat  nur  um  einige  thaler,  das  kind  bekam  brot  und 
einige  äpfel  dazu,  ich  kann  nur  einige  wenige  tage  bleiben, 
in  diesem  einige  liegt,  icas  schon  der  pl.  ausdrückt,  mehr  als 
eins,  folglich  zwei  und  auch  drei,  denn  drei  jähre,  thaler, 
äpfel  gehen  immer  noch  für  einige;  von  blosz  zweien  wird  ein 
paar  gesagt,  eben  so  sicher  scheint,  dasz  auf  fünf  und  alle 
weitem  zahlen  einige  nicht  mehr  erstreckt  werden  darf,  zweifei 
haßet  lediglich,  ob  es  auch  noch  vier  begreifen  könne?  Vcrs 
serb.  wb.  erklärt  nekolika  d.  i.  einige  durch  manje  od  pet, 
weniger  als  fünf,  schlieszt  also  vier  nicht  aus.  ich  weisz  nicht, 
ob  das  lat.  aliquot  weiter  gehl,  bei  Fobcellim  heiszt  es:  aliquot 
sunt  plures  quam  unus  aliquis,  quot  sint  nihil  refert.  dann 
aber  wäre  es  gleichviel  mit  plures,  was  nicht  anzunehmen  ist. 

ß)  wird  einige  andern  zahlen  beigeßgt,  so  meint  es  zwei, 
drei,  vier  darüber:  einige  und  zwanzig  jähre  sind  verstrichen, 
d.  i.  zwanzig  und  einige  mehr,  wenn  sich  nicht  bestimmen 
Idszt,  der  kürze  halben  oder  um  zu  mildem  unausgedrückt 
bleiben  soll,  wie  viel  einzelne  den  zwanzigen  noch  hinzu,  er 
ist  einige  und  sechzig  jähre  alt,  an  demselben  weinstock  wur- 
den einige  und  vierzig  trauben  gebrochen,  oder  auch  mit  aus- 
bleibendem 'und'  einige  zwanzig  jähre,  einige  vierzig  trauben. 
die  gröszere  zahl  läszt  sich  ebenwol  voraus,  die  unbestimmte 
nachstellen,  dann  aber  wird  das  und  unerläszlich :  zwanzig 
und  einige  jähre,  vierzig  trauben  und  einige,  diese  redeweise 
gleicht  der  sp.  114  behandelten,  wo  der  einzahl  eine  durch  oder 
verknüpße  höhere  zahl  folgt,  über  welche  nicht  hinausgegangen 
werden  darf,  so  dasz  die  wähl  zwischen  ihr  und  jeder  niederen 
frei  steht,  nur  wird  dort  von  der  einzahl  ausgegangen,  wäh- 
rend hier  in  dem  pl.  einige  schon  mehrzahl  liegt,  in  beiden 
fällen  bleibt  die  mindere  zahl  unbestimmt,  dort  aber  sind 
überhaupt  blosz  l — 10  im  spiel,  hier  niedere  und  höhere  zahlen. 

im  lalein  sehen  wir  aliqui  gerade  so  verwandt:  helleborum 
potabis  faio  aliquos  viginti  dies.  Plautus  Menechm.  5.  5, 47  ; 
comesto  aiiqua  quinque  folia.  Cato  RR.  156 ;  esse  aliqua  folia 
quinque.  Varbo  RR.  1,  2 ;  ut  quadringentos  aliquos  milites  ad 
verrucam  illam  ire  jubeas,  in  einer  stelle  bei  Nomüs.  fran- 
zösisches quelque  vor  den  Zahlwörtern  bleibt  unveränderlich: 
quelque  vingt  juges,  einige  und  zwanzig  richter;  il  y  a  quelque 
cinquante  ans  depuis,  es  ist  einige  fünfzig  jähre  her.  diesem 
'quelque'  scheint  Lessixg  ein  auffallendes  aber  doch  im  pl. 
stehendes  'einige'  nachzubilden:  die  zusätze  bestehen  in  einige 
sechzig  Zeilen  zu  ende  des  chores  nach  dem  ersten  aufzuge. 
4,  319 ;  noch  vor  einige  dreiszig  jähren  fanden  wir  Deutsche 
ebensoviel  geschmack  daran.  7, 2S0,  gleichsam  in,  es  sind 
einige  sechzig,  zeilen ;  vor,  es  sind  einige  dreiszig,  jähren. 
deutscher  klänge  beidemal  'einigen',  wie  bei  WiMiELMAS.v  3, 2'41: 
in  einigen  zwanzig  Jiguren.  ohne  anstosz  ist:  um  die  jähre 
einige  sechzig.  Lessixc  4,  25.  Kapp  verdeutscht  jene  worte 
des  Plautus:  ein  zwanzig  tage  schluckst  du  mir  helleborus, 
was  aber  nicht  ausdrückt  zwanzig  und  einige  darüber,  sondern 
nur  zwanzig  oder  gegen  zwanzig,     vgl.  sp.  127. 

b)  einige,  quidam,  erträgt  keinen  sg.,  sondern  musz  da  durch 
ein  oder  jemand  vertreten  werden,     der  pl.  aber  steht 

a)  allein,  also  pronominal:  einige  sagen,  einigen  thut  es  leid. 

ßi  neben  adjeetiven:  einige  wenige  behaupten;  einige  an- 
dere haben  vermutet;  einigen  kühnen  gelang  es. 

y)  neben  Substantiven :  einige  leute ;  einigen  menschen  vnri 
es  schwer. 

8i  neben  subst.  und  adj.:  einige  weise  männer;  bei  einigen 
widrigen  anlassen;  in  einigen  unerwarteten  Killen;  es  war 
das  verdienst  einiger  schöner  frauen  in  der  Stadt. 

£1  substantivisch,  mit  vorausgehendem  pron.  und  adj. :  und 
auch  das  geschieht  bei  kindern,  die  man  für  sich  aufwachsen 
läszt,  viele  bleiben  ganz  roh,  einige  bilden  sich  zum  erstaunen 
selbst,  wie  aber  diese  glücklichem  einige  nichts  gegen  den 
nutzen  und  die  nothwendigkeit  der  erziehung  beweisen  u.  $.  w. 
Lessinc  10,312. 

c)  einige,  altqui,  irgend  einige  kann  sowol  im  pl.  als  auch 
im  sg.  gesetzt  werden. 

a)  im  pl. :  aber  )ver  ist  noch  der  lebend  ie  gewesen,  dem  nicht 
einlebe  tadel  oder  laster  zugemessen  werden  mOcht?  itinion  vorr.f 

ich  habe  keine  Iu5i  zu  eingen  solcnen  sachen, 
die  einen  leichten  schein  bei  gleichen  leuicti  machen. 
FLuai.-ic  108; 

III. 


ß)  im  sg. :  man  sol  die  Christen  leren,  das  die,  so  da  ver- 
neinen einigen  gemeinen  artikel,  für  halsstarrig  in  irem  irrthuin 
recht  genant  werden.  Luther  1,17';  das  unsere  heiligkeit  von 
im  und  alle  seinem  leben  herkome,  nicht  von  mir  noch  eini- 
gem menschen.  6,74";  und  {ich)  wil  kurz  nichts  wissen  von 
meinen  noch  einiges  menschen  werken.  6,69';  das  kanst  du 
nicht  leugnen  noch  einiger  papist.  6,83*;  und  war  wider  mein 
herz,  einigen  frommen  priester  belästigen  oder  betrüben.  Hctten 
5, 420 ;  wo  sieht  man  auch  einleben  zornmütigen,  den  der 
zom  nit  so  fast  meistert.  Aimon  vorr. ;  es  weisz  Reinhart 
meher  von  Streits  Übung  wan  einicher  ritter  der  ganzen  weit. 
92";  davor  sei  gott,  dasz  mich  einiges  frawenbild  dahin  bringen 
soll.  Ca/my  194;  dasz  zu  keinen  zelten  einiger  bischof,  prälat 
oder  thumher  ohne  der  landesfürsten  benilligung  erwehlet 
worden.  Miciüiuos  5,  225 ;  die  andern  drei  folgten  ihm  ohn 
einigen  anstosz  nach.  Carp.  235*;  Taubmann  wolle  nicht,  dasz 
einiger  mensch  durch  seine  reden  angestochen  oder  genaget 
werden  solle.    Brandts  bericht  s.  20 ; 

die  (Jungfrau)  sonst  nicht  hett  in  ihrem  leben 

einigen  mann  dörfen  nemen.    Atrer  204"; 

gehl  hin.  ihr  liebes  paar,  den  weg  der  ewigkelt, 

gehl,  gehl,  es  ist  gewjs  ohn  einige  gefehre.    Opjtx  2,  68; 

es  würde  auch  schwerlich  einige  silbe  von  mir  in  das  öffent- 
liche licht  kommen  sein.  Hoffjia>sswaldad  vorr.;  ist  dir  wol 
jemand  unter  den  königen  von  Persien  bekam,  in  deren  lande 
nicht  zu  einiger  zeit  eine  Verwüstung  sich  begeben  habe?  pers. 
baumg.  1,  14;  Carolus  verbot  bei  strafe  einem  .Normannen 
einiges  leid  zuzufügen.  Hah.\  1,  263 ;  ohne  einigen  nachschusz. 
Lessing  4,  473 ;  wofern  ja  einige  ausnähme  zu  gunsten  der 
blosz  contemplativen  geister  zu  machen  wäre.  Wieland  2, 228  ; 
zu  einiger  Vergütung.  2,232;  aus  furcht  des  todes  oder  sonst 
einiges  dinges  seinen  platz  veriassen.  Clacdids  5,  83;  dasz  sie 
weder  an  leibe  noch  vermögen  einige  kränkung  erdulden  sol- 
len. GöTHE  8,240;  nun  denke  dir  einen  bürger,  der  an  jene 
Vorzüge  nur  einigen  anspruch  zu  machen  gedächte,  durchaus 
musz  es  ihm  gelingen.  19,152;  ich  begreife  nicht,  sagte  der 
arzt  nach  einiger  pause.  20,296;  alles  übrige  ist  flaches  ge- 
wäsch,  ohne  einen  einigen  allgemeinen  blick,  ohne  verstand, 
ohne  kennlnis.  33, 117 ;  ein  oflicier,  der  der  Schlacht  beigewohnt 
und  einigen  plan  davon  hätte  aufzeichnen  können.  37,  127. 
ich  habe  einige  aussieht,  scheu,  furcht,  einigen  theil  daran; 
es  geschieht  nicht  ohne  einiges  bedenken,  vor  persönlichen 
Wörtern  pflegt  man  das  einfache  ein  oder  irgend  ein  vorzuziehen. 
EINIG,  nnice,  tanlum:  so  ist  auch  Hiarnes  bei  ihnen  einig 
und  allein  dessentwegen  zum  kOnigreiche  kommen.  Opitz 
poelerei  15; 

es  ist  einig  gott  bekannt.    Sia.  Dacb  A4'; 

es  ist  der  einig  wahre- got.    Wkckherli!«  105; 

dis  ungeformte  band  ist  einig  übrig  noch.    FLcaiNG  40-, 

sie  einig  ist  mein  höchstes  gut. 

dich  einig  setz  ich  allen  für.    473; 

dort  seh  ich  beide,  nein,  (loch  ja .'  o  werih  zu  preisen, 

die  einig  sich  geireu  in  unsrer  noih  beweisen. 
Grtphics  1.  102; 
meine  äugen  sind  einig  auf  meine  lieb  gerichtet,  pers.  rosenth. 
5,  4  ;  es  ist  auch  darum  einig  und  allein  dem  ohnmächtigen 
teufel  von  gott  zugelassen  also  herum  zu  schleichen.  Simpl. 
K.  449;  sofort  das  jähr  darauf  hob  es  .Morhof  in  seinem 
polybistor  aus  dem  ganzen  fellerschen  catalogus  einig  und 
aliein  aus.  Lessing  9,  474 ;  mein  einig  geliebter.  HerdebS,  70; 

lasz  r.iliren.  herz,  die  Ungeduld, 

zur  ruhe  iiiu-t  du  kommen, 

und  wirr  dii  h  in  die  vnierhuld, 

das  einig  bringi  <ltr  frommen.     ScHi^tCRKDOir. 

heule  herschl  vor  einzig,  einzig  und  allein. 

EINIGEMAL,  aliquoties,  nnl.  eenigzins,  schw.  nSgonsin, 
nagon  gäng,  dän.  nogensinde,  nogen  gang;  ich  bin  einigemal 
gefallen,  d.  i.  zwei,  drei,  viermal,  manchmal  aber  kann  auch 
mehrere  mal  ausdrücken. 

EINIGE.N,  t4»ire,  einen,  vereinen,  vereinigen.  Serranos  cc6*. 

1)  liebende  einigen;  gläubige  einigen;  sünd  und  gnade 
einigen ;  die  parteien  einigen. 

21  sich  einigen:  es  hall  schwer  sich  in  principien  zu  eini- 
gen. Kant  10,68;  sich  mit  seinem  gewissen  einigen.  Klingeb 
3, 1S5;  mit  dem  schlusz,  der  in  antiker  manier  gedichtet  ist, 
kann  ich  mich  nicht  einigen  {nicht  einverstanden  sein).  Tieck 
nor.  kr.  4,  296 ; 

schworst  ja  bei  der  fürt  am  Maine 

«hch  zu  eingen  dem  vereine 

alier  vaterherrhclikeii.    ScHERiKnooRr. 

14 


2 1 1      EINIGERLEI — EINIGUNGS VERWANDT 


EINIMPFEN  —  EINKAUFEN 


212 


EINIGERLEI,  ullius  modi,  generis,  im  16  jli.  tneislens  ge- 
schrieben einicberlei:  spricht  der  herr  Jhesus,  ir  sollenl  nicht 
umb  einicherlei  schweren  {Mattli.  5,  34  4as  ir  allerding  nicht 
schweren  soll,  gr.  oXo>s,  vulg.  omnino) ;  wo  einer  den  an- 
dern schuldigt  umh  einicherlei  unrecht.  2  3/oj.  22,  9;  an  eini- 
gerlei  ding  das  von  feilen  gemacht  ist.  3  3/os.  13,  49;  dawider 
sollen  nicht  gellen  einicherlei  auszug,  privilegia  und  Freiheiten. 
Luther  1,103';  mit  irer  keinem  einicherlei  gemeinschafl  haben. 
8. 178 ;  wolt  er  je  meinem  ritter  etwi  schmach  anlegen  und 
in  mit  einicherlei  unterstehen  zu  strafen,  müste  er  warlich 
die  hend  mit  erst  an  mich  legen,  buch  d.  liebe  240,  2 ;  ir  solt 
keineswegs  gedenken,  dasz  ich  meiner  person  halb  einicherlei 
entsetzens  hab,  denn  ich  den  tod  in  keinerlei  weg  (liehen 
wolt.  ebenda:  ohne  welchen  {grund)  kein  arz  einicherlei  weder 
rathen  noch  entralhen  sol.  Paracelsüs  1,712";  wo  du  mich 
in  einigerlei  weg  sehen  würdest  zu  viel  oder  zu  wenig  tbun 
oder  lassen.  Ga/my  47;  wolle  er  keinem  menschen  einicberlei 
rede  gestatten.  Kirchhof  wendunm.  104";  mit  einigerlei  Steuer 
oder  sonst  anlagen  zu  thun  nicht  verpflichtet.  Schweimchen 
1,  390 ;  wo  sich  befinden  wird,  ob  ihr  durch  einigerlei  mittel 
werdet  beweisen  können,  dasz  wir  diese  tbat  begangen  haben. 
Gryphils  1,887.  im  18  ;/i.  veraltend,  man  sagt  heute:  in 
einiger  art,  weise,  auf  einige  art  oder  weise. 

EIMGERMASZEN,  qmdammodo:  zehn  monate  hat  A.  hin- 
gebracht, ehe  er  sich  einigermaszen  trösten  konnte.  Habenkr 
2, 263 ;  wenn  kenner  in  nachstehendem  liede  Hausens  bild 
einigermaszen  erblicken  wollen,  so  würde  den  Westländer 
dieser  versuch  ganz  besonders  erfreuen.    Göthe  6, 130. 

EIMGERWEISE,  dasselbe:  einicher  weise  oder  ursach. 
Luther  3,  93'. 

EINIGKEIT,  f.  unitas,  concordia,  mhd.  einecheit,  s.  einbeit. 
dann  mag  er  steigen  auf  den  andern  bühel,  der  heiszet  einig- 
keil oder  einiges  leben.  Keisersb.  predigen  teutsch.  Auysb. 
l.i(i8.  8*;  und  die  tochter  des  königes  gegen  mittage  wird 
komen  zum  könige  gegen  mitternacht  einigkeit  zu  machen. 
Dan.  11,  6 ;  und  sol  zwischen  uns  guter  friede  und  einigkeit 
sein,  l  Macc.  13,40;  und  seid  lleiszig  zu  halten  die  einigkeit 
im  geist.  Eph.  4,3;  hie  müssen  sie  selbs  aus  bechcr  und 
wein  ein  newe  einigkeit  und  wesen  machen.  Luther  3,499'; 
von  gotes  ewigkeit,  einigkeit,  drifaltigkeit.  ScnwAnzENB.  154,  2; 
wie  noch  aus  der  einigkeit  der  zungen  anzeigt  wird,  dann 
noch  heut  reden  dise  bede  Völker  ein  zung.  Frank  we///).  30* ; 
Steffens  grundzüge  gaben  genug  zu  denken,  inderti  man  ge- 
wöhnlich mit  ihm  in  uneiniger  einigkeit  lebte.  Göthe  31,  254. 
Keisersberc  braucht  einigkeit  auch  für  allcinsein,  abgeschie- 
denheil, cinsamkeit:  weller  mensch  in  ein  wall  got  oder  in 
einigkeit  wil  sin.  bilger  57*;  er  sucht  einigkeit  der"  stat  in 
weiden,  in  bergen.    5S'. 

EINIGKLEIN,  s.  enkel. 

EINIGLEN,  ELMGELN,  hebescere:  die  werden  wintertrollen 
{herlinge,  uvae  austerae)  genant,  von  denen  den  sünen  die 
zeen  einiglen.  kriegsb.  des  frides  210.  s.  iglen,  eilen  oben 
sp.  108.  Es.  18,  2  heiszl  es :  die  veter  haben  heerlinge  gessen, 
aber  den  kindern  sind  die  zene  davon  stumpf  worden. 

EIMGLICH,  unice: 

schaw  doch  an  meine  seel,  dir  einiglich  geliebet. 

,  WeCSUKHLIN  92. 

EINIGESSINNS,  quodam  sensu,  modo,  ullo  modo,  einiger- 
maszen, en  quelque  fagon,  nnl.  eenigzins :  und  wolt  glatt  nit 
geslehn,  dasz  im  das  schwert  der  oberkeit  cinigs  sinns  solte 
zu^tehn.  Fischart  bienenk.  tl* ;  so  ist  kein  zeitlich  pein  noch 
marter,  die  mit  der  pein  des  fegfewers  einigs  sinnes  zu  ver- 
gleichen sei.    115*.     s.  einssinns. 

EINIGUNG,  f.  unio,  ahd.  einunga,  mhd.  einunge,  s.  einung. 
wir  machten  mit  dem  künig  einigung  und  bündnis.  Frank 
vellb.  221*.  heute  ist  Vereinigung  üblicher,  in  folgender  stelle 
aber  bedeutet  es  secefsio  in  locum  secretum,  solitudo,  von  einig 
allein,  wie  mhd.  vereinen  allein  sein  ausdrückt  {wb.  1,424'): 
nu  hette  der  bapst  einen  Bitten,  da«  er  »ich  oft  vereinet  und 
«ein  Rebet  sprach,  das  thet  er  aber  {Herum)  und  da  er  an 
der  einigung  wai,  da  höret  er  ein  stimme  jeinerlicben  schreien. 
Lern  kr  «,  500*. 

EINKiL'NGSIMilEF,  m.  lilerae  t.  pactum  unionis:  Sdllen 
unsere  r3te  mit  inen  srhiieszen  und  die  einigungbrief  darüber 
aufrichten,    urk.  Maximilians  i.  86. 

ElNIGüNGSFOItMEL,  f. 

EINIGUNGSVEHSLCH,  m.  unionis  experimenlum. 

EIMGLNGSVEKWANUT,   unioni   addtctus :    das   kricgsvolk 


durch  zuthuung  der  einigungsverwandfen  stende  in  Franken 
angenomen  worden,  staatsp.  Karl  des  5.  s.  528;  im  groszen 
krieg  zwischen  dem  keiser  Carolo  dem  fünften  eins  und  der 
evangelischen  einigungsverwandten  anderestheils.  Kirchhof 
ivendunm.  256'. 

EINIMPFEN,  in."fcrere,  einem  bäume  das  äuge  eines  edleren 
einimpfen ;  kindern  die  blättern,  pocken  einimpfen ;  mir  war 
eine  art  von  sittlicher  krankheit  eingeimpft.  Göthe  24,107; 
dasz  solche  verirrungcn  als  bedeutend  fördernde  neuigkeiten 
gesunden  gemüthern  eingeimpft  werden.  46,  273 ;  gefühl  und 
geschinack  einimpfen.  Gotter  1,113;  einer  adelichen  familie 
bürgerliches  blut  einimpfen.  Ki.inger  1,  469;  einem  Zweifel 
über  seine  bestimmung  einimpfen.  3,33;  der  die  lateinische 
dogmatik  den  kindern  eingeimpft  hatte.  J.  P.  Fibel  3;  die 
ministerialiscbe  auf  habsucht  eingeimpfte  p/acht.  Tit.  2,  36. 
s.  impfen,  ahd.  impitön. 

EINIMPFUNG,  f.    einimpfung  der  pocken.    Göthe  24,  51. 

EINIST,  s.  einst. 

EINJAGEN,  subito  inferre,  nnl.  injagen,  schtc.  injaga,  dän. 
indjage : 

so  jage  dis  geheiii 
dir,  der  du  sterblich  bist,  ein  ernstes  schrecken  ein. 

Ghyphius  2,  486; 
du  jagst  mir  schauer  ein.     Gottkr  2,  123; 

was  ihr  mir  da  für  eine  angst  einjagtet I  Schimer  13t';  jeder 
mensch,  den  ich  ansehe,  jagt  mir  ein  schrecken  ein.  Lenz 
1,213;  kann  ihm  mein  anblick  zorn  einjagen?  Klincers  Ih. 
2,'365;  den  Verehrern  der  recbtgirinhigkeit  ist  es  leicht,  ihrer 
herde  ein  frommes  schrecken  einzujagen.    Kant  6,  310. 

EINJÄHRIG,  anniculus,  mhd.  einja!rec,  nnl.  eenjarig:  ein- 
jähriger stier;  einjährige  dauer;  unter  vorbehält  einjähriger 
kündigung,  d.  h.  die  ein  jähr  vorher  erfolgen  musz. 

EINKACHELN,  was  einheizen,  in  die  kachcl  legen :  beute 
ist  tüchtig  eingekachelt. 

EINKÄFICHEN,  avem  in  cavea  includere: 

nachrief  es  flugs  ein  papagei 

in  einer  neuen  bücherei, 

wo  auf  der  grazien  nltar 

der  schwaizer  oingekhfigt  war.    Borger  93'. 

EINK.\LKEN,  1)  calce  macerare,  der  gerber  kalkt  die  feile  ein. 

2)  calce  durare,  der  dachdecker  die  ziegeln. 

EINKAMM,  m.  der  am  balkenende  ausgeschnittene  zapfe  zum 
einkämmen. 

EINKÄMMEN,  1)  peclendo  unguere  crines,  öl  in  die  haare 
kämmen,     auch  die  haare  aus  dem  gesteht  kämmen. 

2)  asseres  s.  trabes  jüngere,  breter,  balken  einzapfen. 

EINKAMMER,  f.  curia  unius  ordinis. 

EINKARGEN,  pecuniam  sordide  corradere.    Stieler  930 : 

wer  seinen  reichihum  hat  mit  wucher  eingekargei. 
WiKDRMANN  mal  64; 

das  zusammengescharrte,  eingekargte  gut  musz  er  zuletzt 
wieder  im  Stiche  lassen. 

EINKÄSTELN,  arculis,  cistellis  includere,  einpacken: 

bei  manchen  musz  sie  rechts,  bei  manchen  linkweris  gchii, 
bei  andern  musz  die  schrifl  gar  einpekästelt  siehn. 
WiKDf.BAt  Jan.  15; 

ich  will  meine  madonnen  und  seestücke  recht  behutsam  ein- 
kästeln.   Thümmel  reise  6,  77. 

EINKASTEN,  cista  includere,  miat.  incastare,  franz.  en- 
chasser:  ein  gcrippe  in  der  grösze  des  eingekasteten  modells. 
Göthe  35,  332. 

EINKAllCHEN,  was  einhauchen.  nENzi.ER  88'.    s.  kauchen. 

EINKAUEN,  EINKÄUEN,  pmemandere,  praemansum  in  oj 
ingerere,  inculcare:  kleinen  kindern  den  Zwieback  einkauen; 
ich  musz  imer  solch  unterscheid  diser  zweier  reich  {des  himm- 
lischen und  weltlichen)  einblewen  und  cinkewen,  eintreiben 
und  einkeilen.  Luther  6, 154*;  dasz  er  nun  wol  längst  schon 
alles  wieder  ausgeschwitzt  haben  wird,  was  du  ihm  damals  so 
mühselig  einkaucn  thatst.  Siegfr.  v.  Lindenb.  I,  57.    s.  vorkauen. 

EINKAUF,  m.  memlio,  nnl.  inkoop,  sehw.  inköp,  ddn. 
indkiöb:  er  macht  gmsze  einkaufe,  reist  fern,  des  besseren  ein- 
kaufs  wegen,    der  einkauf  bezeichnet  auch  die  eingekaufte  sacke. 

EINKAI'FEN,  emrre,  nnl.  inkopen,  schw.  inkOpa,  ddn. 
indkiöbe,  gegenüber  dem  verkaufen,  vendere. 

1)  walfeil  orfer  theuer  einkaufen;  die  frau  kauft  alles 
selbst  auf  dem  markt  ein ; 

eur  eingekauftes  haar  kann  auch  ein  kind  erkennen. 
CRTruiim  1,  313. 


213 


ELNKÄL'FER  —  EINKEILEN 


EINKEILUNG  —  EINKLANG 


214 


2)  sich  in  ein  armeniiaus  einkaufen ;  daraus  man  schier 
ahnemraen  möcht,  das  er  den  ketzern  schmeicheln  will  und 
mit  honigbeschmiertea  worteu  sich  bei  inen  eiDkaufen.  Fischart 
ütenenk.  170*. 

EINKÄÜFEK,  m.  emlor. 

EINKÄLFEREI,  f.  einkäuferei  in  geistliche  prübenden.  An- 
drea buszpos.  f3. 

EINKÄLFERIN,  f.  emtrix. 

El.NKAUFGELD,  «.  das  ßr  erwerbung  des  bürgerrechts  zu 
entrichten  war.    Mose  zeilschr.  8,  3. 10. 

EINKAUFSPREIS,  m. 

ELNKEHLE,  f.  1)  colliciae,  der  einwärts  laufende  winket, 
gleichsam  die  kehle,  rinne,  wenn  zwei  ddcher  zusammenslosien. 

2)  das  loch  durch  welches  vögel  oder  fische  ins  nelz  dringen 
und  nicht  wieder  heraus  können.    Döbel  2, 179. 

EIN  KEHLEN,  slriare  dolabra  cymea.  Stieler  914.  ein  dach, 
eine  seule  einkehien,  mit  rinnen  versehen. 

EINKEHLSTEI.N,  n».  dachziegel  zur  einkehle. 

EINKEHR,  /■.  6m  Deszler  m.  diversorium  oder  deversorium 
solchen,  die  deminutio  dem  diminutio  vorziehen,  hospitium,  nnl. 
inkeer. 

1)  gaslhaus,  herberge,  einkehren :  den  einkehr  nemmen,  ein- 
kehren, abtreten;  kamen  wir  abends  in  einen  finsteren  und 
langen  wald,  darinnen  kein  Wirtshaus  noch  einkehr  zu  er- 
sehen, franz.  Simpl.  1, 112 ;  und  doch  hatte  ich  aussieht  unter- 
wegs auf  die  angenehmste  einkehr.  Göthe  30,  210 ;  es  ist  hier 
viel  einkehr.    bildlich, 

wer  darf  es  wagen, 
dem  glück  und  was  ihm  folgt  die  einkehr  abzuschlagen  ? 

Hagboobn, 

weil   man   sich   das   glück  als  leiblieh  xu  den  menschen  ein- 
kehrend dachte. 

2)  einkehr  in  sich  selbst,  beschauliches  nachdenken,  nnl. 
tot  inkeer  komen,  iemand  tot  inkeer  brengen. 

EINKEHREN,  divertere,  mhd.  in  kferen,  nnl.  inkeeren.  das 
pari,  praet.  bildete  die  allere  spräche  noch  gern  ohne  ge. 

1)  in  ein  haus :  herr,  keret  doch  ein  zum  hause  ewers 
knechls  und  bleibet  über  nacht  1  Mos.  19,  2 ;  die  giengen  hin 
und  kamen  in  das  haus  einer  huren,  die  hiesz  Rahab,  und 
kereten  zu  ir  ein.  Jos.  2,1;  da  sie  nu  bei  Jebus  kamen,  fiel 
der  tag  fast  dahin  und  der  knabe  sprach  zu  seinem  herrn, 
lieber,  zeuch  und  lasz  uns  in  diese  stad  der  Jebusifer  ein- 
keren  und  über  nacht  drinnen  bleiben,  rieht.  19,11;  Zachee, 
steig  eilend  ernider,  denn  ich  musz  heute  zu  deinem  hause 
eiukeren  (goth.  in  garda  {)einamma  skal  ik  visan,  iv  ic^  oXxqf 
oov  Sei  fi8  ftsivai).  Luc.  19, 5 ;  da  sie  das  sahen,  murretea 
sie  alle,  das  er  bei  einem  sünder  einkeret  (J)atei  du  fravaurhtis 
mans  galai|)  in  gard  ussaljan,  ort  itaQO.  dfiaQ^coX^  avSql 
siaf,).d^v  xaraXiaai).  19,7;  heiszt  das  nicht  wol  einkehrt? 
S.  Julian  bestell  uns  die  herberg.  bienenk.  78';  auf  meiner 
Wanderschaft  bin  ich  zu  einem  alten  manne  eingekehreU  pers. 
Tosenth.  6,  3 ; 

aber  kehrten  sonst  die  enget 

nicht  in  solchen  hütten  ein?    Gökmgk  1,62; 

in    Göttingen    bei   der  kröne   eingekehrt    Götbb  31,  96;    da 
kehrst  zu  viel  ein,  gehst  zu  viel  in  die  schenken. 

2)  in  sich,  bei  sich  einkehren,  secum  esse,  bei  sich  be- 
trachten, nnl.  inkeeren  in  zijnen  eigenen  geest;  ie  m6  dd 
ingek^ret  unde  vergejjener,  ie  m6  du  disem  näher  bist  Eci- 
hart  7,  40 ;  das  die  kraft  inwendig  in  mark  und  gebein  sich 
einkehre  und  versammel.  Frank  weltb.  lOO';  der  glänz  der 
heuser  ist  alles  einkert  [inwendig)  wie  bei  uns  auskert  {aus- 
wendig).  141*. 

3)  einkehren,  beim  reden  einhalten,  abbrechen:  Carlson  blieb 
auf  einer  stelle  stehen  und  fragte  hundertmal,  was  es  wäre, 
mein  mann  wollte  es  ihm  sagen  und  kehrte  doch  bei  jedem 
würte  wieder  ein.    Gellert  4,  232. 

4)  transitiv,  einwärts  richten:  also  solde  der  mensche  ent- 
wichen allen  sinnen  und  inkiren  alle  sine  krefte.  Eckhart 
7,24. 

EINKEHHHAUS,  n.  diversorium,  hospitium,  Wirtshaus, 
EINKEHRIG,   medttabuudus :    stillet  dich  und  machet  dich 
inkerig  zfi  dir  selber.    Keisersr.  bilger  72'. 

EINKEILEN,  cuneare,  schw.  inkila,  ddn.  indkile :  eintreiben 
und  einkeilen.  Llthkr  6,154  [s.  vorhin  einkauen);  hier  war 
fülle  ineinander  gedrungener  realitäten  vorhanden,  die  ich 
nnmöglirh  in  die  allzuengen  pallisadea  des  Aristoteles  und 
Batleu.x  rinkeilcu  konnte.  Scauxüa  102' ;  nun  fieog  er  an  sein 


System  von  grund  aus  in  meine  seele  einzukeilen.  Bettisa 
briefe  2, 126 ;  er  sasz  mit  den  beinen  in  gepäck  eingekeilt 
J.  P.  uns.  löge  1,  74 ;  pOöcke,  pfale,  nägel  einkeilen. 

EINKEILL.NG,  f  gomphosis,  bei  den  ärzten,  des  kindskopfes 
in  das  hecken,  der  zahne  in  den  kiefer. 

ELNKEL,  singulus,  simplus.  Sticler  369,  aber  sonst  gar 
nicht  und  wol  nur  dem  nnl.  enkel  nachgebildet,  dies  aber, 
gleich  dem  schw.  enkel,  dän.  enkelt,  entspricht  merkwürdig  dem 
yoth.  ainakls  solus,  solilarius,  vidavö  ainakla.  1  Tim.  5, 5. 
s.  einzel. 

EINKELLERN,  in  cella  vinaria  reponere,  nnl.  inkelderen* 
die  Haschen  sind  schon  eingekellert     s.  kellern. 

EINKERBEN,  slriare,  nnl.  inkerven: 

ein  irinkgeschirr,  das  noch  nicht  abgenützt, 
auf  dessen  decke!  sei  'Philemoo'  elngekerbet. 

HA6ED0RX  2,  101; 

besonders  dieses  einkerben  der  balken,  (fieses  einschneiden 
von  gewissen  einfachen  figuren.  Göthe  21, 24 ;  eine  schuld 
einkerben,  auf  dem  kerbstock  einschneiden. 

EINKERKERN,  in  carcerern  includere,  mlal.  incarcerare: 
den  Verbrecher  einkerkern;  ein  unschuldiger  wurde  einge- 
kerkert; die  seele  ist  in  den  leib  eingekerkert;  weil  eine 
gute  beobachtung  und  regel  in  einem  zu  dickschweren  werke 
eingekerkert  niedersinkt;  dieses  in  dem  busen  lange  einge- 
kerkerte leiden.  Klinger  7,  95;  die  grazie  eingekerkert  in  dem 
schweren  putz  des  hofes.  J.  P.  Tit.  2,  98 ;  das  eingekerkerte 
(mit  einer  binde  verhüllte)  äuge.    Hesp.  3,  37. 

EINKETTELN,  was  das  folgende,  doch  nur  von  kettchen. 

EINKETTEN,  mlat.  incatenare,  franz.  enchainer:  die  thür 
einketten,  mit  eingehängter  kette  verschlieszen;  die  Qeisch- 
statuen,  worein  unsere  geister  eingekettet  sind.  J.  P.  Hesp. 
1, 120. 

EINKIELEN,  in  culmum  erigi,  in  den  kiel  oder  halm 
schieszen :  der  weizen  musz  gesahert  werden  (s.  Sch«.  3, 216},- 
ehe  dann  er  einkielet    Hohberg  2,  35'.     s.  kielen. 

EINKINDSCHAFT,  f  nnio  prolis.  Hexisch  852, 15.  Frisch  1, 222'. 
Oberlis  292,  gleichsam  die  einigung  der  kinder  in  einer  familie. 
von  J.  Padl  allzuoft  bildlich  gebraucht,  aus  vielen  stellen  nur 
wenige:  ein  solcher  stand  am  gasthoffenster  stiftet  eine  ein- 
kindschafl  einer  jeäen  drunten  spielenden  stadtjugend.  paling. 
1,  95;  es  geht  eine  heterogene  einkindschaft  von  kindera 
zweier  eben  vor,  bei  welcher  beide  verlieren.  Hesp.  4, 3 ;  seine 
einkindschaft  ins  fürstliche  haus.  4, 146 ;  die  herlich  vollführte 
Verbrüderung  und  einkindschaft  des  knaben  und  Jünglings  in 
dinem  gesiebt  Tit.  2,  208 ;  Boutenvek  findet  das  romantische 
sehr  in  einer  ungriechischen  einkindschaft  des  ernsten,  ja 
tragischen  und  komischen,    aesth.  1, 113. 

EINKITTEN,  ferruminare,  mit  kitt  in  etwas  festigen,  dän. 
indkitte. 

EINKLAGBAR,  exigibilis:  einklagbare  forderung. 

EINKLAGEN,  per  litem  ex\gere,  dän.  indklage. 

EINKLAMMERN,  uncis,  manibus,  pedibus  etc.  includere,  dän. 
indklamre :  die  subjectiven  privatbedingungen  des  urtheils,  wo- 
zwischen  so  viele  andere  wie  eingeklammert  sind.  Kant  7, 153 ; 
sich  in  den  gegenwärtigen  augenblick  einklammern,  wie  wenn 
er  allein  wäre.  Pestalozzi  5, 13 ;  die  eintagüiege.  die  sich  daran 
eingeklammert.  J.  P.  Kamp.  37  ;  so  wie  man  kapaunen  und  gänse 
in  enge  behällnisse  zum  fettwerden  einklammert  teufelsp. 
1,  21 ;  das  baret  unter  den  arm  einklammern.  Arnim  kronenw. 
1, 68.     s.  anklammern. 

EINKLANG,  m.  concentus,  zweifelhaß  ob  mhd.  einklanc  oder 
inklanc,  ob  einheit  erklingender  stimmen  oder  ihr  in  einander 
klingen,  vgl.  hernach  einklingen,     der  Übergang  aus  dent  klang 
und   laut    in   bildliche  einstimmung  und  harmnnie  macht  sich 
von   selbst:    ein    werk,    das    sich  dem  himmlischen  einklange 
der  Vollkommenheit  nähert    Herder  1,  ICS ;  die  vögel  kan  ich 
mit  vil  inehrer  bequemlichkeit  im  gehauer  singen  hören,  ohne 
ander  dorfpieken  (blöker)  einklang.    Butscuky  kanzl.  438; 
sein  ohr  vernimmt  den  einklang  der  natur.    Götuk  9,  107; 
ist  es  der  einklang  nirht,  der  aus  dem  busen  dringt, 
und  in  sein  herz  die  weit  zurücke  schhugl!    12,  13; 
gib  dasz  in  den  grosien  einklang 
deiner  siimnien  jedes 

menschenherz  h.iruioiiisch  schmelze.    ROckbrt  8; 
sieh,  o  blöder,  auf  und  nieder, 
sieh  mit  nii-inem  sinn  den  bau 
und  den  einklang  ihrer  glieder.    BÖReiR  74*; 
der  einklang  der  Mimme  aus  meoschlicber  bmsu 
KöutiA  1, 174  s 

14* 


215 


EINKLÄNGIG  —  EINKLINGEN 


jede  trauerglocke  Irift  leicht  ihren  einkiang  an.  Fixlein  229 ; 
0  schweige  nicht,  iasz  deine  stimme  einkiang  in  meine  leiden 
sein.  KiiNGER  2,207;  die  kleine  glückliche  gesellschaft  konnte 
diesen  abend  zu  keinem  freien  einkiang  gelangen.    4, 140. 
EINKLÄNGIG,  misonus,  congruens. 
EINKLANGSVOLL: 

un<l  jede  blnie  duflei  ewgen  frühling 
dem  .Tbgeschiediien  von  dem  ra.sennügol 
in  einklangsvollein  sir.ihlendufie  n.ich. 
KOKINKR  1,201. 

EINKL.\PPEN,  1)  intr.  congruere:  es  klappt  nicht  ein,  fügt 
sich  nicht,     mit  der  hand  einklappen,  einschlagen. 

2)  tr.  inserere,  aptare,  einfügen,  ineinander  legen :  ein  mes- 
ser  einklappen;  ein  ausgebildetes  gesicht  mit  einem  feinen 
munde,  welches  auf  einem  etwas  schiefen  torso  stand,  der 
wieder  seinerseits  auf  eingcklappten  kniewinkeln  beruhte. 
J.    P.   flegelj.   1.66. 

EINKLAPPIG,  unius  valvae,  also  mit  ^in,  nicht  wie  das 
vorausgehende  verbum  mit  \a  gebildet. 

EINKLAUBEN,  colliyere,   einsammeln,  einpflücken: 

schau,  die  biichlein  lieblich  sausen 

klar  mii  lauter  i^ilberschein. 

schau  die  biencn  ernsilich  hausen, 

rauben,  klauben  honig  ein.    Spek  trvttn.  101  (93). 

s.  au<;klauhen. 

EINKL.M'IG.  unius  ungulae. 

EINKLEBEN,  gluline  inserere:  hlütter  einkleben,  s.  ein- 
klcibcn. 

EINKLEIBEN,  illinere,  einstreichen,     bauernregel: 

den  habeni  eingekleibi. 

das  körn  (die  gersie)  eingestäubt. 

d.  h.  haher  soll  bei  nassem  weiter  in  feuchten,  körn  hei  heiterm 
in  Iriicknen  boden  gesät  werden,  so  dasz  die  erde  am  haber 
klelil.   am  körn  stäubt.    Bökel  haus  und  feldweisheit  s.  1?6. 

EINKLEIDEN,  iuvestire,  nnl.  inkleeden,  ddn.  indkläde,  in 
neues  iiewtind.  zum  erstenmal,   kleiden. 

1'  die  braut  wird  ins  hochzeitliche  gewand,  die  leicl^e  ins 
lodtenhtMnd,  der  priesler  ins  feierliche  amikleid,  der  rccrut 
in  die  uniform,  die  nonne  in  den  schleier  eingekleidet: 

il.isz  nu'hi  irpend  im  volk  der  Achairinnen  eine  mich  tadle, 

1)|{  uneingekleidei  der  mann  von  so  groszer  besitzung. 

Ud.  1!).J47, 
rtTe(>  anei^ov,  denn  oTttlQOv,  wie  sonst  yoQos,  ist  leichen- 
kleid; 

«ie  erblicken  mit  schauern 

den  furchierlichen  goii  der  schlachten 

dC'.  in  lonendC'*  erz  ein^ekleidfl. 

sii  h  um  ilen  simois  zahllos  verbreitet.    Schiller  224', 

wn  bei  Earipides  764  nur  ;i;rtAx«ff7r«  jiqrjS.  eines  gottes  ge- 
wand iiil  immer  feierlich. 

21  fuiürlicli,  .seine  gedanken  in  worte  einkleiden ;  einen  ver- 
trag als  Schenkung  einkleiden;  alles  seufzen  war  in  ein  zögern- 
des aihmen  eingekleidet.  J.  P.  Hesp.  3.77;  bei  dem  verstor- 
benen Biiffon,  von  welchem  mad.  Necker  berichtet,  dasz  er 
zuerst  sich  wie  zur  galla  und  darauf  erst  seine  bemerkungen 
eingeklei.let.    fleiielj.  1, 142. 

EINKLEIDUNG,  f 

1)  mutaliu  vestis  solennis,  consecratio:  die  einkleidung  eines 
priesters.  einer  nonne,  eines  Soldaten ;  die  feierliche  belehnung, 
investitiira.    Hai.taos  296. 

2)  einkleidung,  Verhüllung,  auch  bemäntelung. 
EINKLEINEKN,    imminuere,    mindern:    ohne    zu  bedenken, 

da«z  die  Völker  sich  einkleinern.    J.  P.  dämm.  25. 

EINKLEISTEHN,  was  einkleben. 

EINKLEM.MEN,  coarclare,  comprimert,  nnl.  inklemmen,  dän. 
indklemme. ' 

1)  die  hand,  den  fingen  einklemmen;  ein  eingeklemmter 
briich ;  der  leichnam  war  in  dem  gePdngnisse  des  grabes  ein- 
geklemmt, per»,  baumg.  9,9;  er  liesz  einen  kleinen  pavillun 
zwischen  die  höchsten  felsen  einklemmen.    KLtNCER  6, 15. 

2)  er  klemmte  ihr  herz  zwischen  furcht  und  angst  ein. 
Klincer  10, 174 ;  man  hat  die  gerechtigkeit  in  die  geietzbücher 
eingekleiimiL    J.  P.  lit.  nachl.  4,  138. 

EINKLENKEN,  injungere,  inserere: 

jedoch  kein  falichcil  ich  einklenk.    H.  Sacrs  11.  2,5*. 
ahd.  inklenkan  0.  l  07,  60  ist  enlklenken.  lösen. 

EINKLETTEBN,  irrepere  scandrndo :  der  dieb  klettert  durch 
ein  loch  oben  am  dach  ein.    nnl.  inklimiiien. 

EINKLINGEN,  intonare,  contonare,  s.  einkiang.  mhd.  klingen 
lo,  in  etwas  fiiiLlingen,  in  dtc  satten  klingen. 


EINKLINKEN  — EINKOMMEN  216 

nu  Tristan  der  begunde 
einen  leich  da  läjen  klingen  in 
von  der  vil  stolzen  vriundin 
Grälandes  des  schoenen.    Trist.  91,  25. 

EINKLINKEN,  nnl.  inklinken,  dän.  indklinke.  1)  tr.  repagulo 
claudere  fores,  die  tliür  mit  der  klinke  einfügen,  gegensatt  auf- 
klinken, aperire;  nnl.  ecnen  nagel  inklinken. 

2)  tr.  einen  einklinken,  or«i  in  arm  fügen,    nd.  inklinken. 

SCHAMBACH    91*. 

3)  intr.  das  schlosz  an  der  tbür  klinkt  nicht  ein,  fügt  sich 
nicht.     !'(//.   klinke. 

EINKLIHKEN,  ciepitu  sopire: 

von  kellen  lieblich  eingeklirrt, 

schlaf  ich,  bis  friih  die  peitsche  schwirrt, 

der  arbnii  sijszen  Schlummer.    Voss  4,  52. 

EINKLOPFEN,  pulsando  intrudere:  einen  nagel  einklopfen, 
einschlagen ;  die  wund  ciuklopfen. 
EINKLOSTEHN,  clauslro  includere: 
aber  selbstisch 
eiiigeklüsterl 
spinnt  die  puppe.    Platbn  18'. 

EINKLUCKEN,  fcnHicnrfo  j'n^rore;  dereine  Dasche  burgundcr 
vor  dem  köpf  hat  und  sie  einklucken  läszt.    Rahel  3,  368. 

EINKNA)^LEN,  insonarc,  increpare:  mit  der  peitsche  ein- 
knallen; kanonenslüsz  {gegen  das  betlbret),  der  in  das  hür- 
rohr  der  länzer  (der  mause)  einknallte.    J.  P.  Uesp.  2, 11. 

EINKNEHELN,  constringcre,  einen  mit  schnüren  einknebeln. 

EINKNEIFEN,  comprimere,  dän.  indknibe: 
die  mein  liebt  mir  für  schuheinkneifen.    fastn.  sp.  134,  10; 
das  kinn  unterwärts  wie  eingekniffen.    Winüelm.  4,  209 ;    der 
mann  halte  schattige  schwarze  augenbraunen,  sein  mund  schien 
ein  geheiinnis  einzukneifen.    Arnim  kronenw.  1,  83 

EINKNEIPEN,  dasselbe,    s.  kneipen. 

EINKNETEN,  condepsere,  schw.  inknäda:  teig,  butter  ein- 
kneten. 

EINKNICKEN,  inflectere,  infringere:  eine  blume,  einen  halm 
einknicken ;  eingeknickte  eierschalen. 

EINKNIEN,  genuflectendo  infringere,  cavare :  der  stein  vor 
dem  bilde  war  ganz  eingekniet. 

EINKNÖPFEN,  glaVulos  itiserere,  nnl.  inknopen :  den  rock 
einknüpfen,  zuknüpfen. 

EINKNÜPFEN,  inncctere:  ein  band  dem  haar,  geld  in  den 
Zipfel  des  tuchs  cinknüpfen;  der  sie  in  das  wesen  seiner 
epopöe  mit  einknüpfte.  Herder  14,122;  er  fieng  darauf  an 
stellen  zu  lesen,  sprach  dazwischen  und  knüpfte  anmerkungen 
und  erzählungen  mit  ein.  Götiie  20,  2ll.  es  einem  einknüpfen, 
wie  einbinden,  angclcgentlirli  emj^fcbten:  die  mirs  sehr  einge- 
knüpft hat,  ihnen  von  ihretwegen  alles  mögliche  freundschaft- 
liche zu  sagen.    Bode  bei  Merk  1,  201. 

EINKOCHEN,  incoquere,  nnl.  inkoken,  schw.  inkoka,  dän. 
indkoge :  bis  zur  hiilfte  einkochen ;  es  musz  eingekocht  und 
verdickt  aufbewahrt  werden,     intr.  das  wasser  kocht  ein. 

EINKÖDEBN,  inescare,  wie  anködern,  beim  Vogelfang:  sie 
hatte  zwanzig  fallen  mehr  eingeködert.    J.  P.  Fibel  6s  (98). 

EINKOMMEN,  mhd.  in  komen,  nnl.  inkotnen,  schw.  inkomma, 
dän.  indkonime,  aliweicitend  vom  lat.  invenire,  dessen  Iransitivbc- 
dculung  mehr  an  unser  bekommen  orfer  einhekommen  reicht. 

1)  inirare,  einziehen:    und  die  sonne  war  aufgegangen  auf 
erden,  da  Lot  gen  Zoar  einkain.  lA/os.  19,  23;  die  stcdte,  da 
wir  ein  komen  sollen,  h  Mos.  1,22;  da  sie  zu  Bethlehem  ein- 
kainen,  reget  sich  die  ganze  stad  über  inen.   Ruth  l,  19 ;  das 
gesetz  aber  ist  neben  ein  koiuen,  Tta^eiafjld-st:  Rom.  5,  20 ; 
er  (der  leufel)   sähe  mein  herz  wol,    da  ich  zu  Woruibs  ein- 
kam, das,  wenn  ich  bette  gewust,  das  so  viel  teufel  auf  mich 
gehalten   betten,   al»   ziegel   auf  den  dilchern  sind,    were  ich 
dennoch    mitten    unter   sie    gesprungen  mit  freuden.    Luther 
2,79".  br.  2,  i:»l>:    es    ward  ileui  bawreu  verdrieszen,    dasz  er 
mit   dem    hcw   nil  ciiikonimen  konnte.    Frey  garteng.  35;    iu 
diesem    soiumer  wird  von  wegen  der  sonne  trucken  einkotn- 
men  {trockenheit  ctulrcleii).   FisciiAiir  prosjni.  30;  wenn  ihr  in 
die  Stadt  Schiras  einkiuiiinen  wollet,  ihr  vorher  allen  staub,  den 
ihr  auf  der  reise  gesamtulet  habt,  abwischcL  pers.  baumg.  9, 11 ; 
Varillus  ist  das  jähr,  sein  will  ist  immer  rund, 
dasz  morgen  wiiiier  siehei,  wo  heute  sommer  stund. 
nur  wann  ciu  Schaltjahr  ist,  kümint  warben  wo  mit  ein, 
sdiut  wll  ein  jede  stund  ein  eigne  Inge  sein. 

Lkuau  2,  76,  88; 

weil  der  wetterldser  drinnen  {tu  »eihnachtrn)  in  die  weit  ist 
kummcn  ein.    3,  73,  OT; 

wer  ein  fremde«  Und  kUmi  ein.    8, 171,  M; 


217 


EINKOMMEN 


EliNKOMMENSTELEK— KINKRIECHEN       218 


als  Conrad  der  dritte  ...  in  die  Stadt  eingekommen  war. 
J.  E.  Schlegel  4,305;  will  nu  ausreilen.  meld  er  sich,  wenn 
ich  einkomme.  Siegfr.  v.  Lind.  1,  222.  heute  hereinkommen, 
wiederkommen,  ankommen,  einziehen. 

2)  einkommen  eingehen,  einlaufen  in  die  casse,  in  die 
Sammlung:  es  kommt  viel  geld  ein,  zinsen  sind  eingekom- 
men, alte  schulden  kommen  ein,  briefe  kommen  ein,  oder 
unpersönlich:  es  kommt  noch  viel  ein,  kommt  nichts  ein. 
auch  in  einigen  ähnlichen  fällen:  es  kommt  die  nachincht  ein; 
die  meidung,  botschaft  kam  ein ;  endlich  kam  doch  auch  ein- 
mal etwas  frohes  von  dort  ein.  Heynes  fcr.  an /oA.  .Wü//erl05; 
der  ist  wol  einkommen  feliciler  marilatus  est.  Denzler  8S', 
wie  vir  sagen :  die  ist  wol  angekommen ;  mit  einer  bitte, 
klage,  beschwerde  einkommen.  bemerkensicerth  scheint  fol- 
gende vDortfüguny :  ich  rat  aber,  das  man  der  cardinal  we- 
niger mache,  oder  lasz  sie  den  bäpst  von  seinem  gute  neren, 
ir  were  übrig  gnug  an  12  und  ein  iglicher  helle  des  jars 
tausent  gülden  einzukomen.  Lctber  1, 294*,  d.  i.  einzunehmen 
oder  die  bei  ihm  einkommen  würden,  s.  einkommen  n.  gtrade 
so  Rollemiagen  : 

<1hs  pfnüein  faszt  wider  ein  mut, 

beklugi  sich  doch  seiner  armut, 

weil  er  wenig  hell  eiazukomraen 

und  sein  junkherr  das  best  genommen,    froschm.  J3'. 

3)  ganz  veraltet  ist  einkommen  mit  dem  gen.  der  sache  im 
sinne  von  sich  erholen:  und  wollen  sich  bei  den  Christen 
wi'der  heilen  und  ihres  Schadens  einkummen.  Frank  vellb. 
ist';  murreten  on  underlusz  wider  in,  was  inen  mangelte, 
des  wollen  si  an  im  einkummen.  chronica  1531.  43'  und  Oßer; 
des  Schadens  bin  ich  einkommen,  damnum  mihi  reparalum  est. 

4)  desto  häufiger  steht  einkommen,  trie  einfallen,  beikom- 
men, mit  dem  dat.  der  person  und  ausgelasznem  in  den  sinn, 
in  die  gedanken,  in  mentem  renire,  sutcurrere  oder  bei  aus- 
gedrücktem subst.  für  incidere,  zustosz-en : 

weiiverliebie  klagen  so,  himmelbuhlern  kümmet  ein 
jene  zeit,  da  immer  lenz,  nimmer  nie  wird  wimer  sein. 

LoGAC  2,95,  89; 
mein  herz,  was  kommt  dir  ein?    Gc>cthkr  1054; 
dem  fremden,  den  ihr  vorzieht,  kams 
nie  ein,  den  fremden  vorzuziehn.     Klopstock  2,  36; 

in  allen  gesellschaften  gibt  er  ungescheut  vor,  sie  wären  der 
einzige,  der  sich  einkommen  liesze,  ihn  in  seinem  rechte  zu 
hindern.    Rabener  3,  76 ; 

was  kömrot 

mir  denn  auch  ein.  so  kurz  vor  meinem  abiritt 

auf  einmal  ganz  ein  andrer  sein  zu  wollen?  Lessi:«g  2,330; 

dem  beiden  in  der  kunst  zu  breiten 

kams  ein,  w.is  gibt  der  geiz  nicht  seinen  sciaven  ein! 

von  Frankreichs  witzigen  den  witzigsten  zu  schnellen.   1,32; 

es  scbeini,  die  reue  kommt  ihm  ein.  Götbk  7.80; 
wie  sollte  mir  einkommen,  dasz  der  mir  seine  dienste  an- 
bieten würde.  8,  91.  42, 116.  33S;  warum  verfolgt  ich  nicht  den 
jjedanken,'  der  mir  mehr  als  einmal  einkam.  14,  236;  was 
kommt  dir  ein?  42,  191 ;  nein,  ein  so  gesuchter  gedanke  kann 
höchstens  einem  eiskalten  commentator,  nie  aber  dem  Euri- 
pides  eingekommen  sein.  Schiller  235';  sich  den  gedanken 
einkommen  lassen.    Kant  8,  56. 

5)  znueilen  für  niederkommen,  in  das  kindbetl,  indiewochen 
kommen:  die  frau  ist  mit  Zwillingen  eingekommen.  Rädlei.*« 
1,  224*. 

6)  bergmännisch  für  zusammenkommen,  aneinander  stoszen : 
die  örter  sind  eingekommen,  mit  ortung  eingekommen,  d.  i. 
mit  den  gegeneinander  getriehnen  örtern. 

EINKOMMEN,  n.  reditus,  quaestus,  das  icas  einkomml  oder 
eingekommen  ist:  er  hat  jährlich  ein  groszes,  ein  geringes  ein- 
kommen; wenn  ir  das  einkomen  vom  lande  eingebraciil  habt. 
3  Mos.  23,  39 ;  wie  ein  einkomen  der  Scheunen  und  wie  ein- 
komen der  keller.  A  Mos.  18,30;  über  drei  jar  soitu  ausson- 
dern alle  zehenden  deines  einkotncns.  5  Mos.  14,18;  neben 
dem  einkomen  des  Weinbergs.  22,  9 ;  so  wird  er  deinem  samen, 
den  du  auf  den  ackcr  geseet  hast,  regen  geben  und  brot  von 
des  ackers  einkomen  nnd  desselbigen  volle  genüge.  Es.  30,23; 
die  edelleul  mit  der  geistlichen  zehend  und  pfründen  oder 
vil  mer  mit  deren  einkummen  und  auflieben  {vgl.  Ih.  1  jp.66') 
zu  begaben.  Frank  irp//6.  36";  But«chbach  ist  ein  feine  lästige 
Stadt  und  hat  vier  herrn,  den  landpnifen,  beide  herrn  von 
Solnis  und  den  von  Königslein,  und  leder  hat  sechs  tausent 
gülden  daselbst  inkuninicns.  Albercs  t>om  6asi7isAcn  E2'; 

hat  er  tausend  gülden  ein  j^ir 

einkumniens,  es  kleckt  nit  lurwar.    If.  Sacbs  III.  3,  71', 

in  welchen  beiden  letzten  stellen  man  den  nachgesetzten  gen.  merke. 


EINKOMMENSTEUER,  f 

EINKÖMMLING,  m.  advena,  alienigenn,  nnl.  inkomeling: 
frembden  einkömlingen  sollen  die  zehen  Vorsteher  treuliche 
förderung  thun.  LirrHER  2,265*;  inen  denselben  tribut  oder 
geschosz  die  Polen  gleich  als  den  einkömmlingen  und  fremb- 
den auflegen.  Micylls  Tacilus  450';  es  seind  zwar  die  reben 
oder  weiuwachs  von  den  römischen  einkömlingen  in  teutsch 
landen  zuerst  aufbracht.  Lycostbenes  Psellionorus  lustg.  s.  508 ; 
hart  ist  es,  wann  ein  weib  eines  einkömmlings  {zuhalters)  ge- 
wohnet, sich  darvon  abzugewöhnen.  ...  s.  97 ;  wir  einkömm- 
linge  nimmermehr  vermeinet  dieses  orts  menschen  anzulrefifen, 
die  so  treflich  wol  unterrichtet  wären.  Felsenb.  1.107;  halle 
ich  als  ein  elender  einkömmling  noch  die  gröszte  ursach  zu 
zweifeln,  ob  ich  der  schönen  Sophie  gegengunst  erlangen 
würde.    1,  438. 

EI.NKOMST,  f  reditus :  klostergüter  und  einkomsten.  Andrea 
buszpos.i3.m3.  scheint  nach  dem  nnl.  iniiomst,  sc/iiP.  inkomst, 
ddn.  indkomst.    £.  einkunft  und  einkommen. 

EINKÖMG,  m.  monarcha:  der  wille  des  einkönigs  duldete 
nur  Stalthalter.    Dablmaniv  dän.  gesch.  1,  69. 

EINKÖPFIG,  was  einhäuptig.    Lohenst.  Arm.  1, 1081. 

EINKOPPELN,  dän.  indkoble,  was  einfriedigen,  besonders 
zur  riehtreide ;  dann  vom  binden  der  hunde:  die  hunde  ein- 
gekoppelt I  blast  ab  !    Körner  2,  253. 

EINKOPPELL'NG,  f  aufhebung  der  gemeinheiten  und  der 
einkoppelungen.    Dahlmaxn  diu.  gesch.  l,  133. 

EI.NKORN,  n.  Iriticum  monococcum,  eine  arl  dinkel.  Moxe 
zeitschr.  6,  326.    Frisch  1, 199*. 

EINKÖRNEN,  illicere  projectis  granis.  Stieles  122,  vgl.  an- 
körnen und  körnen. 

EINKÖRNIG,  unius  grani. 

EINKÖRPERN,  mlat.  incorporare,  franz.  incorporer,  einver- 
leiben: mich  hat  der  dämon  der  liebe  auf  die  entdecfcung 
gebracht,  dasz  ich  selbst  ein  eingekörperter  dämon  dieser  art 
sei.  Wieland  27, 110;  um  diese  eingekörperten  wesen  von  an- 
dern menschen  kennbar  zu  machen.    Herder  13, 164. 

EINKRACHEN,  cum  fragure  ruere:  das  eis  krachte  ein. 

EINKR.\FTIG,  richtiger  inkrüflig.  J.  P.  aesth.  1,  67  hat  ein- 
kräftigkeil  des  genies. 

EINKR.\HEN,  cantando  initiare,  nnl.  inkraaijen : 
zoo  dra  de  wakre  haen  den  roidnacht  Innekraeil.    Vorosl. 
vgl.  ankrähen. 

EINKR.\LLEN,  1)  ungulas  injicere,  die  krallen  einschlagen: 
dieses  ganze  einkrallen  in  die  heiligen  bilder  und  wünsche 
seines  herzens  empörte  seinen  geist.   J.  P.  Tit.  2,  ISO. 

2)  subducere,  einziehen,  zurückziehen. 

EINKRAMEN,  l)  mercari,  emere,  einhandeln :  seht  da,  mein 
herr,  da  kramet  ein  ein  herliches  schöns  armband.  Ayrer112'; 
merke  was  du  merken  kanst,  krame  ein  was  dir  am  besten 
taugt,  pol.  feuermauerkehrer  cap.  27.  2)  exposilas  merces  repo- 
nere,  einpacken;  auch  desinere  merces  vendere. 

EINKHAPFEN,  inßbulare.    Stieler  1027. 

EINKRATZE.N,  irradere,  insealpere. 

EI.NKREISEN,  cogere,  includere  in  circum,  dän.  indkredse : 
das  wild  einkreisen,  das  gebüsch  umgehen,  in  dem  es  sich 
außält.     mhd.  in  kreiden. 

blicke  waren  ein  goldenes  netz,  das  von  fern  mich  umstellte, 
werte  kamen  dazu,  kreiseten  näher  mich  ein.    RCckkrt  266. 

etwas  anders  ist  einkreisen,  irrepere  im  voc.  theul.  1482  f  8'  für 
einkresen,  vom  mhd.  kresen  repere. 

EINKREMPEN,  plicare,  die  echthochdeutsdie  form  wäre  krem- 
pfen  {tgl.  einkrümpfen) :  den  hut  einkrempen;  er  legte  seinen 
bogen  in  die  quere  hin  oder  kremple  ihn  in  sedeciino  ein. 
J.  P.  uns.  löge  3, 129 ;  die  vier  wände  kremplcn  seiner  treibenden 
seele,  die  in  die  erde  und  in  den  hiiniuel  hinein  wachsen 
wollte,  Wurzel  und  gipfel  ein.  Tit.  2.  224 ;  ein  hufmeister  kann 
das  weiteste  löwenherz  zu  einem  schläfrigen  daclisherzen  ein- 
krempen. uns.  löge  1,  68.  das  nnl.  inkrimpen  ist  stark  und 
drückt  eindichten  aus. 

EINKRIECHEN,  irrepere,  nnl.  inkruipen,  voc  Iheut.  1482  f  8*. 

1)  hinein  schlüpfen :  der  dachs  kriecht  in  seinen  bau  ein ; 
wir  sind  auf  die  hohen  gipfel  gestiegen  und  in  die  tiefen  der 
erde  eingekrochen.    GüTHmn  fr.  v.  Stein  I,  334. 

2)  sich  verengen,  eingehen,  einschrumpfen :  die  wolle  kriecht 
ein ;  die  sonne  kroch  jetzt  ein  zu  einem  einzigen  rolhen 
strahl.  J.  P.uns.  logeZ,  153;  die  vergangenheil,  die  zum  puncte 
der   gegenwarl  einkroch,   holzschn.  196;   sonst  übrigens  wird 


219 


EINKRIEGEN  —  EINLADEN 


EINLADEND —EINLASSEN 


220 


die  deutsche  spräche  sogar  durch  die  gröszle  gastfreiheit  gegen 
fremdlinge  niemals  verarmen  oder  einkriechen.  Hesp.  vorr.  vii. 
tlNKHlEGEN,  capere,  in  se  recipere,  nnl.  inkrijgen. 

1)  einnehmen: 

dasz  er  sie  hat  bestritten, 

die  hauptstait  eingekriegt.    Opitz  1,  2. 

2)  induere,  ich  kann  die  Stiefel  nicht  einkriegen,  vgl.  an- 
kriegen. 

3)  einholen,  beim  laufen  einkriegen,    vgl.  kriegen. 
EINKRITZELN,  leviler  inscalpere. 

EINKRÜME,  f.  micae  intrilae,  schw.  inkrom,  einbrocke. 

EINKRL'MELN,  tnicas  interere,  brot  in  wein,  bier,  milch 
krümeln;  isz  dein  eingekrümeltes  aus!    Stieleb  1ü44. 

EINKRUMEN,  dasselbe,  vgl.  einbrocken: 
was  einer  hat  selbs  gekroiiimei  ein, 
das  er  das  auch  aus  esz  allein.    Waldis  Esop2,  23; 

brot  haben  sie  nicht  essen  wollen,  wenn  man  aber  in  fleisch- 
brühe  etwas  klein  einkrümet,  essen  sie  es.   pers.  reiseb.  3,  4. 
EINKRÜMMEN,  incurvare,  inßeclere,  dan.  indkrumme: 

dann  seh  ich  ihren  bhck,  eiu  lächeln  grüszt 
den  eingekrümmten  geist,  und  alles  ist 
vergessen.  Tikck  10,  114; 

ein    entwischter   tollhüusler,    der  alles,    in   einer  versteckten 
ecke  eingekrümmt,  vernommen.    J.  P.  Nepomukkirche  122. 
ELNKRCMPFEN,  corrugare: 

ein  entseelte  leich 
gelehnt  an  diese  maur,  von  Tnule  blau  und  bleich, 
verstelltes  todtenbild,  mit  eingekrürapften  lippen. 
GRyl>Hius  1.  235. 
EINKUCHEN,  inspirare,  schweizerisch  für  einhauchen.  Maa- 
LER  125*.    s.  einkauclien  und  das  einfache  hauchen  und  kauchen. 
ELNKUFFERN,  includere  ut  in  cista,  franz.  encoffrer:  seit- 
dem sie  dich  zwischen  vier  mauern  eingekufifert  haben.  Wie- 
LANO  8,  8. 

EINKCHLEN,  frigida  conspergere.    Stieler  920. 
EINKUNFT,  /.  redilus,  einkommen,   ertrag: 
eurer  einkunrt  bestes  war 
irew  bei  untergebner  schar.    Logau  2,243; 

ihr  zum  geschenk  bringt 
jeglicher  was  er  vermag:  wer  land  hat,  garten  und  feldfrucht, 
und  wer  vieh,  von  der  herd  einkunfl.     Luise  3,  2,  437. 

meist  im  pl. :  er  hat  beträchtliche,  ansehnliche  einkünfte ;  die 
einkünfte  des  landes,  reichs  steigen. 

EI.NKGRZEN,  contrahere,  kürzer  machen,  nnl.  inkorten:  an 
manchen  stellen  vermehrt,  an  andern  eingekürzt  oder  geän- 
dert.   Lessisc  10,207. 

EINKCTSCHEN,  carpenlo  includere,  vehere:  Christian  be- 
sänftigte ihn  und  beschwichtigte  jeden  zweifei  der  einge- 
kutschten.   TiECK  nov.  kr.  2,  32. 

EINKL'TTEN,  cucullo  investire. 

ELNLADEN,  onera  imponere  in  navem,  cistam  u.  s.  w.,  praet. 
lud  ein,  nnl.  inladen,  ddn.  indlade: 

wann  ßibo  trinket  bier,  das  heiszt  er  schlämm  geladen, 
wann  Itibo  innket  wein,  das  heiszt  er  abeladen. 
er  ludet  immer  ein,  er  ladet  immer  abe, 
und  wird  es  immer  thun,  es  sei  dann  nicht  im  grabe. 
LouAU  3,  94,  92; 
dnim  wer  stets  vergnügt  will  sein, 
lad  ihm  gut  gewissen  ein. 
well  hat  keine  beszre  last 
als  den  reinen  wolbewust.    3,312; 
waaren    ein    und   ausladen,    während   dem    aufladen   abladen 
gegenüber    steht,     man  sagt  den  bienenschwarm  einladen,    in 
den  korb  fassen. 

EINLADEN,  invitare,  praet.  ladete  ein,  wofür  aber  fehlerhaß 
lud  gesagt  wird,  nnl.  mangelt  dies  wurt,  man  sagt  nooden, 
freundlich  nüthigen,  auch  schw.  ddn.  entspricht  diesem  nhd. 
einluden  nichts,  das  richtige  schwache  praet.  sieht  noch  zu- 
wetlen:  nach  Pirna  ladete  mich  ein  guter  freund  ein.  Rare- 
NEB  6,166;  Lucullus,  bei  welchem  sich  Pumpejus  und  Cicero 
zum  essen  einladelen.  Winkelman.n  2,  4i»3 ;  das  unrichtige  starke 
bei  den  meisten : 

und  lud  uuT  sein  erbaut  gerüste 

den  kunfigen  i»g  die  burger  ein.    Güllkrt  1,223; 

die  »tillc  der  nacht  und  de*  wandelnden  mondet 
«anfte  »rhimmer  luden  ihn  ein,  «ich  weiter  und  weiter 
in«  labrrinih  zu  verlieren. 

Uei>iat  13, 275.  vgl.  2,640.  4.616.  5, 422 ; 

Hippias,  den  die  anmulh  einer  schütien  üDniiiicrnacht  zum 
»paziergang  einlud.  Wieiakd  1,82;  er  endigte  damit,  da«z  er 
den  Agalbon  einlud.  2, 212 ;  wenn  dieser  fürst  durch  seine 
leulteligkeit  jedermann  zu  gleichem  vertrauen  einlüde.  7,  138 
und  sehr  oft {  man  lud  uns  frnmdlirh  zum  ehscii  ein; 


lädt  (für  ladet)  er  zum  sitzen  mich  ein,  steht  ich  für  heute 
mich  weg.    Gotuk  1,  401 ; 

eingeladene  gaste  für  eingeladete.  die  Verwechselung  war  aber 
schon  mhd.,  s.  die  beiden  einfachen  laden. 

EINLADEND,  ad  se  invilans,  was  anmutet,  lockt,  reizt: 
einladende  schatten,  einladende  aussieht. 

EINLADUNG,  f.  oneris  impositio:  bei  der  einladung  ein, 
bei  der  ausladung  aus.    Branuts  Taubmann  s.  46. 

EINLADUNG,  f.  invitatio. 

EINLADUNGSSCHRIFT,  f.  programma,  prolusio.  Göthk 
45,  307. 

EINLADUNGSZETTEL,  m.  worauf  die  namen  der  einzula- 
denden gaste  geschrieben  sind.    Tiiümmei,  2,  235. 

EINLAIjE,  f  quod  inclusum,  collectum  est:  einlage  in  einen 
brief,  in  die  casse,  lotterie;  vierzehen  tag  zu  einer  einlag  zu 
lassen,    reichscammerger.  ordn.  von  1521.  33,  9. 

EINLAGER,  EINLAGER,  n.  obslagium,  s.  HA.  020:  da  ich 
daim  ins  einlager  ziehen  müssen.  Sciiweiniciien  2, 191 ;  ein 
mann,  der  sich  zum  einlager  verschrieben  hat.  .Müser  I,  60. 
anderemal  aber  auch  blusz  cinquarlierung.  das  sich  einlegen : 
sagt  aus  einer  furie,  'ich  wollt  dasz  die  einlager  eins  aufhörten  I' 
'der  teufet  solle  die  einlager  wegführen !'  Schwei.mcue.n  2,  84. 

EINLAGERN,  früher  EINLAGERN,  collocare  apud  aliquem. 
einlegen,  einquartieren :  daher  ew.  liebden  ursach  genommen 
haben  etliche  dero  kriegsvulk  in  groszer  anzal  zu  ros  und 
fusz  in  unser  erzstift  einzulagern,  schreiben  des  kurf  GEBUARr 
von  Cöln  30  Jan.  1583 ;  den  fremden  lange  genug  in  Deutsch- 
land eingelagert  gewesenen  Völkern.  J.  P.  Hesp.  vorr.  vi  und 
oft  figürlich:  Eschenburg,  welcher  gleichfalls  nur  alles  in 
drama  und  in  epos  eintheilt  und  in  das  letztere,  die  ganze 
lyrische  herde  einlagert,    aesth.  2, 145. 

EINLÄNDER,  m.  indigena,  sonst  Inländer.  Tieck  tischler  1,  62. 

EINLÄNDIG,  wie  das  folgende:  einländiger  krieg,  innerer. 
Schweimchen  2, 122. 

EINLANDISCH,  was  inländisch :  einlendisch  schreibt  Ser- 
BAFCüs  dict.  K2*.  Rädlein  1,  224".  Stei.nbach  1,967;  von  den 
einländischen  Überzügen.    Garg.  261'. 

EINLANGEN,  l)  transitiv  tradere,  gelangen  lassen,  einreichen : 
unter  dein  vorwande,  dasz  er  und  seine  freunde  mit  verschie- 
denen urtheilen,  die  bisher  von  werken  des  genies  gefallt 
worden,  nicht  zufrieden  wären,  langte  er  nicht  blosz  seine 
läuterungcn  desfalls  bei  dem  publico  ein,  sondern  errichtete 
selbst  ein  tribunal.    Lessing  8,  204. 

2)  intransitiv,  venire,  eintreffen,  eingehen  Stibler  1068 : 
sobald  der  befehl  einlangt,  geben  sie  mir  unter  der  band 
nachricht.  Rabener  3,95;  doch  bleiben  die  briefe,  wie  sie 
damals  einlangten  und  noch  vorhanden  sind,  immer  bedeu- 
tend und  belehrend.    Göthe  31, 46.     s.  anlangen. 

EINLAPPEN,  1)  calumniari,  denigrare,  gleicitsam  einen  in 
läppen  schneiden,  zerfetzen:  er  ist  bei  dem  fürslcn  sehr  ein- 
gelappt, verleumdet,  angeschwärzt.    Stieler  1070. 

2)  an  der  grenze  haben  sich  wölfe  sehen  lassen,  einem 
Oberförster  gelang  es  sechs  einzuJappen  und  vier  davon  zu 
erlegen,    dorfzeitung  1850  s.  266'. 

3)  die  uhr  ist  eingelappt,  sagt  der  uinmacher  von  einer  in 
den  radzähnen  hängen  gebliebnen  spindel.     s.  läppen. 

EINLASSE.N,  intromitlere,  nnl.  iulaten,  schw.  iiilata,  ddn. 
indlade: 

1)  einen  in  das  zimmer,  haus,  in  die  Stadt  lassen, 

mhd.  Iierre,  herre,  Id  mrch  in, 

wan  ich  din  gesindu  bin.     Haupt  1,513; 

süe^iu  Gyburc,  U  mich  In.     IKh.  90,  2; 
in  läjens  dicke  bAien.    02,  '23; 

ich  slt^n  vor  der  tür  klopfende  undc  heilende,  wer  mich  tn 
IM,  mit  dem  wil  ich  haben  eine  dbentwirtschaft.  Eckuart 
27, 40 ;  dA  slfit  er  unde  heilet  unde  wartet,  wen  er  bereit 
vindet,  der  im  M  tuo  und  in  in  lA.  28,  3.  nhd.  daruinh  das 
sie  in  nicht  wollen  einlassen.  2Aü».  15, 16;  und  be^'erte,  mau 
solle  in  einlassen,  so  wolt  er  keinen  schaden  lliiin.  1  Macc. 
1,31;  aber  die  in  der  stad  Joppe  lieszen  in  nichl  ein.  10,75; 
darnach  zog  er  für  Gnza,  aber  die  von  Gaza  wollen  in  nicht 
einlassen.  11,  61 ;  wolle  ehe  mein  lebeuhing  nicht  mehr  pre- 
digen, ehe  ich  Mos<:ii  wider  einlassen  wult  und  (Christum  las- 
sen uns  aus  dem  herzen  rciszen.  Luther  .1,  too';  nicht  an- 
der« meint,  er  soll  eingelassen  werden.  Ihcc.  'i.  Oft*;  mag  es 
gesein,  so  luszt  mich  ein,  denn  in  kurz  ein  groszer  srhnee 
gef.illen   ist  und   noch  stäl«  sdineiet.  'J'j';  'l's  mM.i.||.-ii  lUszt 


221 


EliXLASSO  —  EINLAÜF 


EINLAUFEN — EINXAÜTIG 


222 


» 


den    liebhaber   nicht  ein;    niemand  soll  am  thor  eingelassen 
werden;  den  feind  nicht  einlassen; 

als  eine  solche 

laszt  mich  ein  in  eure  folge.    Göthb  41,  144. 

2)  flüssiges,  luft,  hitze,  kälte  einlassen:  mundschenke,  lasz 
wein  ein,  und  sauft  lustig!  pers.  baumg.  4,6;  den  ström  in 
den  canal  einlassen;  das  lecke  schif  läszt  wasser  ein  durch 
alle  fugen;  tn  salzverken  leird  die  soA/e  eingelassen,  aus  der 
siedepfanne  in  die  wdrmepfanne ;  die  kälte,  hitze  nicht  ein- 
lassen; das  verschlossene  fenster  läszt  keine  frische  luft  ein. 

3)  der  gerber  läszt  die  hlöszen,  d.  i.  die  enthaarten  feile 
in  den  äscher  ein. 

4)  tuch  einlassen,  eingehen,  sich  verengen  lassen;  es  ist 
noch  nicht  eingelassen. 

5)  schrauben,  klammern  einlassen  und  nji7  6/ei  rer^iwzen/  in 
die  beide  Ständer  war  eine  nuth  [ahd.  nuot)  eingelassen.  Pierot 
2,306;  den  riegel  einlassen,  vorschieben;  granitpfosten,  worin 
die  latten  des  geheges  eingelassen  werden  sollen.  Götbe  51,161. 

6)  sehr  oß  sich  einlassen,  ingerere  se, 

a^  ohne  praep.:  dasz  herr  von  Mairen  sich  einlassen  würde, 
die  Wahrheit  auf  diese  art  auszumachen.  Kant  8,  75 ;  haben  sie 
gesehen,    dasz  ich  mich  nicht  einlassen  will.    Lessing  l,  388. 

b)  in.  sich  einlassen  in  ein  gehüder,  rixae  se  committere. 
Maaler  125*;  nit  lang  zuvor  hat  sich  Peregrinus  in  ein  feur 
willig  eingelassen.  Frank  iceltb.  23"';  sollte  mich  in  keines 
andern  herren  dienste  einlassen.  Schweimchen  l,  296 ;  doch 
man  sich  in  dergleichen  lustige  possen  nicht  einlasse.  Pierot 
1,  53 ;  hier  also  blieb  nichts  übrig,  als  sich  zu  jener  über- 
irdischen und  gewissermaszen  platonischen  Sehnsucht  hinzu- 
wenden, nicht  weniger  ins  allegorische  sich  einzulassen.  Göthe 
29,  219 ;  bei  vorzeigen  seiijer  gemählde,  seiner  neuesten  lieb- 
haberei,  in  die  er  sich  ohne  die  mindeste  kenntnis  einge- 
lassen hatte.  31,214;  sich  in  eine  Untersuchung  einlassen. 
Kant  8, 113 ;  eigentlich  brauchte  ich  mich  nun  gar  nicht  thätig 
in  diesen  handel  einzulassen.  Kli.«(ger  10,  235 ;  sobald  er  sich 
in  beweisen  und  vernünfteln  einläszt,  ist  er  weg.  1,9";  ich 
mag  mich  in  den  streit  gar  nicht  einlassen. 

c)  auf.  ich  lasse  mich  auf  die  sache,  auf  die  frage,  auf 
die  klage  nicht  ein;  sich  voreilig  darauf  einlassen. 

d)  über,  so  hat  es  der  herr  d.  Kraft  vor  einiger  zeit  für 
werth  gehalten,  sich  umständlicher  darüber  einzulassen.  Les- 
BiNG  4,  88 ;  so  wenig  ich  mich  darüber  einlassen  will.  Herder 
2, 130 ;  werde  ich  mich  etwas  über  die  sitten  der  alten  Römer 
einlassen.    Stolberg  8,  395.     vgl.  sich  auslassen. 

e)  wider,  du  must  selber  bekennen,  dasz  du  thörlich  ge- 
than,  dich  gegen  so  viel  lausenden  {in  krieg)  einzulassen. 
buch  der  liebe  221, 1 ;  rechtschafifene  lerer,  die  sich  wider  des 
teufeis  unwarheit  und  triegerei  mit  predigen  und  beten  ein- 
lieszen.    Mathesics  66*. 

/)  mit.  weil  ich  mit  ihrer  tochter  mich  einliesz  mit  liebe. 
ScHWEi.NicHEN  1,  344 ;  wenn  ich  mich  mit  ihr  ehelich  einzu- 
lassen belieben  trüge.  Pierot  l,  370 ;  er  hat  sich  mit  dem 
mädchen  (zu  weit,  zu  lief)  eingelassen ;  die  frau  liesz  sich 
mit  einem  fremden  bursch  ein ;  eh  ich  mich  mit  dem  ganzen 
ding  einlasse.  Tieck  1,406;  versicherte,  der  gute  oheim  hätte 
besser  gethan,  sich  mit  dem  könige  nicht  einzulassen.  Göthe 
24,116;  lassen  sie  sich  mit  Altenburg  nicht  ein.  Göthe  bei 
Scholl  170 ;  es  hat  sich  noch  niemand  mit  ihm  auf  diese 
wafifen  eingelassen.    Kant  8, 112. 

die  beleije  zeigen,  wie  verschiedentlich  zweierlei  präpositionen 
auf  person  und  sache  nebeneinander  gehen. 

ELN'LASSER,  m.  qui  introeundi  copiam  dedit:  der  einlasser 
und  enthalter.    erkl.  des  landfr.  von  1522.  §.  11. 

ELNLASZ,  m.    1)  intromissio :  in  das  thor,  in  die  bürg, 

mir  gibt  mein  amt  und  rang  zu  jeder  stunde 
einlasz  beim  herzog.    Schiller  398'. 

2)  posticum,  das  nebenthor,  die  kleine  pforle  zum  einlassen 
keiszl  an  einigen  orten  der  einlasz. 

3)  bei  goldschldgern  ein  dünner  stab,  durch  dessen  öfnung 
der  ausgeschmiedete  gold  oder  silberzahn  gesteckt  wird. 

EINLASZKARTE,  f. 

EINLASZOFEN,  m.  in  den  sehmelzwerken. 

EINLAUBEN,  foliis  legere,  in  laub  und  bldtter  hüllen. 

EIN'LAUF,  m.  incursus,  incursio,  schtc.  inlopp,  ddn.  indlöb: 
der  einlauf  des  Schiffes,  des  wildes  in  den  wald,  einer  mei- 
dung; des  feindes:  die  einleuf  der  Tenmarkischen,  einfalle 
der  Ddnen.  Frank  cAron.  1531.  127*.  in  stutereien,  der  freie 
einlauf  des  beschälers  unter  die  Stuten. 


EINL.\DFEN,  inairrere,  nnl.  inloopen,  schw.  inlöpa,  ddn. 
indlöbe. 

1)  der  Ousz  läuft  in  das  meer  ein,  das  schif  in  den  hafen, 
das  pferd  in  den  stall;  der  hengst  lauft  ein,  wenn  er  frei 
unter  die  stuten  gehen  und  sie  nach  gefallen  bespringen  kann ; 

in  guter  Ordnung,  wie  die  säw  zum  thore  laufen  ein. 
kLigt  Deutschland,  dasz  die  krieg  in  ihr  gefiJhret  sein. 
LOGAD  2,  136,  89. 

2)  einlaufen  braucht  Atrer  oft  vom  auftreten,  auslaufen  vom 
abtreten  der  Schauspieler. 

3)  botschaften,  nachrichten,  meidungen,  klagen  laufen  ein: 
sein  jüngstes  {schreiben)  ist  mir  wol  eingelaufen.  Bütschkt  i-anz/. 
810;  es  sind  gestern  abend  sehr  spät  wichtige  nachrichten 
von  der  christlichen  armee  hier  eingelaufen.  Fr.  Möller  3,  29 ; 
zum  gröszten  glück  war  schon  vor  einigen  tagen  das  diplom 
eingelaufen.   J.  P.  7(11,82.     geld  und  gut  lauf  etin: 

und  mangelt  ihm  sonst  nichts,  als  dasz  es  alles  gut 
zu  zehlen  nicht  vermag,  das  iheils  durch  bloszes  winken 
sich  findet  über  nacht,  theils  durch  des  degens  blinken 
mit  summen  laufet  ein.  Logad  2,  15,  38. 

4)  intervenire,  mit  einlaufen,  mit  unterlaufen: 

wann  unter  redlich  thun  schon  argwon  mit  lauft  ein. 

80  scheint  es  nicht  mehr  gut,  bei  hofe  lange  sein.    2,109,50; 

in  gewissen  materien,  absonderlich  da  der  wille  und  willkör- 
liches  thun  der  menschen  einläuft.    LEieNrrz  471. 

5)  sich  verengen,  eingehen,  zusammenlaufen:  die  wolle  läuft 
im  wasser  ein;  wenn  die  van  der  Kabeische  kunst  und 
naturaliensammlung  sieben  tausend  und  zwei  hundert  drei 
stücke  und  nummern  stark  ist,  so  werden  wir  wol,  da  der 
selige  für  jedes  stück  ein  ganzes  kapitel  haben  will,  die  ka- 
pitel  etwas  einlaufen  lassen  müssen.  J.  P.  flegelj.  1,  19 ; 
hier  ist  deine  Schwester,  sagte  Gaspard  und  reichte  ihm  das 
zweite  (medaillon),  dessen  züge  zu  einer  unkenntlichen  ver- 
alteten gestalt  einliefen.  Tit.  l,  35.  bei  den  buchdruckem  läuft 
eine  schrift  ein,  irenn  sie  weniger  räum  einnimmt  als  in  der 
handschrift  oder  in  einem  frühern  druck. 

6)  transitiv,  wie  intrare, 

mein  schif,  das  wind  und  meer  an  manchen  fels  getrieben, 
lauft  den  vergnügungspori  mit  vollen  segeln  ein. 
Günther  5<52; 
oder  auch  wie  infringere:  die  thür  einlaufen;  die  mahner  laufen 
ihm  bald  das  haus  ein ;  er  hat  sich  das  herz  eingelaufen,  ein- 
gerennt,  se  currendo  rupit.    Denzler  89".    Rädlein  1,  224*. 

EINLÄUFIG,  EINL.\UFTIG,  soliragus,  singuläris,  ags.  &Q- 
hleäpig,  später  änlepig,  altengl.  noch  weiter  gekürzt  in  alpi: 

Leir  ferde  to  there  sae 

mid  ane  alple  swein,  mit  einem  einzelnen  diener. 

Tuorpes  analecta  ags.  161,  30; 
a,  quod  ihe  voi,  ich  wille  the  teile. 

on  alpi  Word  ich  lie  nelle  (kein  einzig  wart  tcitl  idi  lägen). 
Wrights  dict.  1,  59. 

nhd.  auch  wisen  wir,  dasz  der  einleftige  kein  recht  ensal  han 
in  der  marke,  dan  wasz  ei;  gnaden  von  den  merkem  hat. 
weisth.  1, 515 ;  die  einleiftigen  oder  ungeerbten  imme  dorf 
unde  marke.  1,  517.     vgl.  RA.  313  und  hernach  einlützig. 

EINLAUGEN,  macerare  lixivia.  Stieler  1103.    nnl.  inloogen. 

EINLAUSEN,    fastn.  sp.  239,6. 

ElNLAüT,  unisonus,  gebildet  wie  kleinlaut:  der  hof  lebt 
sehr  still  und  einlaut. 

EINLÄUTEN,    campanae   sonilu  initiare,    nnl.  inluiden:    es 
wird  eben  eingeläutet,  man  hat  schon  eingeläutet;    das  fest, 
die  messe  einläuten ;  so  es  schier  tunkel  werden  will,  leuten 
si   den    sabbath  mit  angezündten  liechtem  ein.    Frank  weltb. 
145*;    dieweil   man   sie   {die  fasten)  doch  auf  den  aschermit- 
woch   mit   äschen   anfangt,    darein   sich  ver  Zeiten  die  busz- 
würkende  menschen  gar  legten,   heut  aber  nur  für  ein  pfen- 
ning  eschen  auf  den  köpf  gestreut  empfangen,  j%  alsdan  gar 
ordenlich  cingelitten  wird.    Fisgbart  bienenk.  151*;  ein  mesz, 
ein   metten,   ein   vesper  wol  an  und  eingelitten,   sind  schon 
halb  gesungen  und  uberstritten.  Carg.  246';  in  zeite,  die  ihre 
angeführten  bymnen  eingeläutet  haben.  Herder  16,  32;  sobald 
die  nacht  eingeläutet  wird.    Göthe  29,  232 ; 
eh  auf 
der  bleichen  Hekaie  der  käfer 
im  holen  bäum  erzeugt,  die  müde  nacht 
mit  seinem  schläfrigen  gesums  einläutet.    Schillir  S68^; 

die  lerche  fuhr  als  Ouvertüre  des  tages  hoch  ins  himmelgrau 
hinauf  und  läutete  das  trommetenfest  des  morgens  ein.  J.  P. 
Hesp.  3,  202.     ü6er  das  pari,  eingelitten  mehr  unter  läuten. 
EI.NLAUTIG,  unisonus,  eintönig,  monoton:  der  nonsens,  eine 


223 


EINLEBEN  — EINLEGEN 


EINLEGEN 


224 


frostige,  malte,  einlaulige,  einförmige  art  vom  ausdrucke. 
Keiske  rorr.  zu  Thucydides. 

EI^'LEBEN,  assuescere  vitae  generi:  ich  musi  erst  hier,  am 
neuen  orte  einleben. 

EINLEBEN,  sich,  tempus  cl  otium  ponere  in  aliqtia  re,  sich 
hinein  leben,  eintcobnen,  wol  erst  im  iSjk.  gebildet  und  nach 
uns  das  dän.  iudleve  sig:  hätten  beide  Sutsos  tiefer  in  die 
geschichle  und  in  die  dichtkunst  der  hellenischen  vorzcit  sich 
eingelebt,  wie  ungleich  bedeutendere  dichter  würden  sie  sein. 
Brandis  milth.  über  Griechenland  3, 193 ;  Göthe  lebte  sich  ein 
in  Winkelmann,  war  in  ihm  lebendig  zu  hause. 

EINLECKEN,  lambendo  deglutire.  Stiei.er1106:  geschäumtes 
hönigs  etlichemal  ein  wenig  eingeleckt  reinigt  die  brüst.  Ta- 
BERNAEMONTAXüs  309.  sich  eiuleckcn,  der  bar  leckt  sich  bei 
Münchhausen  in  die  honigbeschmierte  deichsei  ein. 

EINLEGEGABEL,  f.  furca  pHcatilis,  gabel  zum  einbiegen, 
umlegen. 

EINLEGEGELD,  n.  was  einlage. 

EINLEGEH.\KEN,  wi.  nasus :  mein  säugamm  gar  weiche 
dütten  hat,  und  wann  sie  mich  seuget,  truckt  sich  mein  ein- 
leghaken hinein,  wie  in  ein  bulter.    Garg.  247'. 

ELNLEGEhELLE,  f.  zum  einlegen  des  gemenges  in  den 
glashdfen. 

EFNLEGELÖFFEL,  m. 

EINLEGEMESSER,  n.  culler  pHcatilis :  du  reine  seele,  an 
jedem  bekannten  hause,  an  jedem  theuern  garten  und  thale  wird 
ja  der  schmerz  (des  abschitdes)  sein  einlegemesser  schleifen. 
J.  P.  Tit.  1, 166. 

EINLEGEN,  nul.  inieggen,  schw.  inlägga,  dän.  indlägge,  in 
vielen  bedeutungen,  bei  welchen  man  sich  häufig  den  ausge- 
lassenen acc.  hinzuzudenken  hat. 

1)  leute  einlegen,  in  das  haus  oder  quartier,  in  die  Stadt, 
in  haß  und  gefdngnis:  es  sind  Soldaten  eingelegt;  den  wider- 
spenstigen wurde  besatzung  eingelegt ;  dasz  die  bürger  dem 
eingelegten  kriegsvolk  kein  Ursache  zu  zank  geben.  Kirchhof 
diso.  mil.  33 ;  der  wolt  in  einlegen  und  erhungern,  wendunm.  409*; 

wo  i>i  Gisippus  der  los  man? 

ich  wüh  in  gleich  einlegen  lan.    H.  Sachs  III.  2,7'; 

aber  er  wurde  treulos  und  meineidig  an  mir  und  an  sei- 
nem söhn  und  verriete  mir  den  bubn,  dasz  in  der  bischof 
von  Bamberg  eingelegt  . . .  der  bub  ward  darob,  wie  gemeldt, 
verraten,  gefangen  und  eingelegt.  Götz  von  Berl.  101 ;  bei 
seinem  kranken  söhn,  den  man  sogleich,  nachdem  die  ruhe 
hergestellt  und  der  brund  gelöscht  war,  in  das  schlosz  ein- 
gelegt hatte.  TiECK  ges.  nov.  4,  243.  das  kind  einlegen,  zu 
bette  bringen,  schlafen  legen;  sich  einlegen,  krank  zu  bette, 
sich  legen,  vgl.  einliegen;  der  lodte  wird  eingelegt,  in  den 
sarg,  in  das  grab. 

2)  einem  etwas  zum  geschenk  einlegen,  wie  einbinden. 
schwäbisch,  das  Chrisikindle  hat  eingelegt,  das  Christkindle 
einlegen  lassen ;  der  hase  hat  (die  geschenkten  eier)  eingelegt, 
wie  es  heiszt  eier  legen;  frau  Ursula  liesz  ihr  heimlich  ihr 
patenkettlein,  so  derselben  eine  fürstliche  person  eingeleget, 
holen.    ScBivER  seelensch.  1,  482 ; 

so  senden  wir  dir  zu  dies  eingelegte  band.    Flexinc  67.88. 

3)  feuer  oder  holz  einlegen,  in  den  ofen  zum  heizen:  es 
ist  heute  kühl,  ich  habe  ein  bischen  einlegen  lassen ;  in  den 
häusern  zur  brandstillung :  allenthalben  fewr  einlegen,  Vulca- 
num  fpargere  lotis  tectis.  Maaler  125*;  der  guardian  wollte 
in  mehr  als  hundert  liauscrn  durch  eine  eigene  eriindung 
feuer  einlegen  lassen.    Schiller  1ü95.     vgl.  anlegen. 

4)  der  Schneider  legt  ein,  schlägt  ein,  er  musz  das  zeug, 
tuch  so  nähen,  dasz  inwendig  noch  davon  bleibt,  um  das  kleid 
einmal  weiter  machen  zu  können;  der  buchbinder  legt  ein, 
fügt  bldller  ein ;  briefe  einlegen,  in  andere  falten ;  geld  in  den 
brief  einlegen;  der  ziminerniann  legt  balkeu  ein  in  die  mauer; 
der  tischler  legt  ein,  fügt  feines  hvlz  in  grobes,  buntes  in 
einfarbiges  oder  andere  zierral  ein:  eingelegte  arbeit;  wenn 
iDUD  den  fuszboden  mit  perlen  einlegt.  Wielanu  12,  264 ; 
figürlich,  die  arl>eit  (dte  gedichte)  de«  herrn  Unzer  ist  einge- 
legte arbeil  mit  ihrem  chinesischen  Schnickschnack  auf  thec- 
krelen  und  tuiletlenkilstchen  wul  zu  gebrauchen.  Götue  33,  62  ; 
eingelegte  arbeit  und  handzeichnungen,  die  sie  (die  kinder) 
mit  den  fingern  auf  ihr  butlerbrut  gravierten.  J.  P.  Tit.  2,  70. 
das  me«gcr,  die  klinge  einlegen,  in  die  scheide  biegen,  ein- 
klappen.  krüulcr,  bhiiiien  in  bücher  zum  trocknen  einlegen ; 
der  graf  wünschte  von  der  buchi-  eingelegte  zweige  und  was 
»on^t  noch  zu  genauerer  kcnnliiiH  li»'iir;ii'<'n  knrine,  besonders 


aber  wo  möglich  einige  lebendige  pflanzen.  Göthe  33, 230. 
samen,  wurzeln  einlegen,  in  die  erde;  reiser,  reben  einlegen, 
einsenken,  vgl.  ablegen. 

5)  speise  und  trank  einlegen,  zur  Wässerung,  beize,  gährung, 
aufbewahrung  ttnd  verkauf:  Stockfische,  in  wasser,  beringe, 
fleisch  in  salz,  gurken  in  essich;  hier,  wein  in  fdsser,  in 
keller;  hundert  krüge  wein  einlegen;  so  will  ich  euch  bitten 
mir  das  bauschen  drunten  im  dorfe  zu  räumen,  das  schon 
eine  gute  weil  leer  steht  und  da  wolt  ich  mir  ein  eimer 
zwanzig  wein  einlegen  und  wirtschaften  in  meinen  allen  tagen. 
Schüler  131*.     auch  fruchte  einlegen,  in  die  scheune  führen; 

ich  ruf  manchem  fniincn  den  wein, 
der  nie  kein  legt  in  keller  ein.    Murnkr  sclielm.  7'; 
daher  sie  alle  juhr  an  körn,  obs,  öl  und  wein, 
als  ihrer  arbeit  lohn,  ein  solches  gut  einlegen. 
Wrckuerlim  254. 

6)  bergmännisch,  einlegen,  das  gemenge  in  den  schmelzhafen 
schütten;  wie  man  silber,  erz,  eisen,  blei  und  zihn  zusamen 
thul  im  ofen,  das  man  ein  fewr  drunder  auflilase  und  zer- 
schmelz  es,  also  wil  ich  euch  auch  in  meinem  zorn  und 
grim  zusamen  thun,  einlegen  und  schmelzen.    Es.  22,  20. 

7)  den  sper,  die  lanze,  gleve,  glene  einlegen,  in  die  hand 
fassen,  unter  den  arm  schlagen  und  gegen  den  feind  reiten : 
haupiman  Nienenaii,  der  legt  die  giän  ein.    Garg.  25**; 

und  mit- dem  wone  rennt  er  gegen  mich 

mil  eingelegier  lanze.    Wikla.nd  22,  23; 
mil  eingelegier  lanze  sprengt 
der  alte  gegen  ihn.    Chr.  Stolbkru  1,72; 

etliche,  so  zu  den  schranken  verordnet  waren,  ordneten,  dasz 
je  vier  und  vier  zusammen  rennen  sollen,  als  sie  nun  zu 
beiden  seilen  eingeleget  hallen,  die  acht  ritter  mil  manlichem 
gemül  zusammen  rannten,  btich  der  liebe  242,  4.  hiernach 
scheint  figürlich  das  einlegen  für  sich  kämpflich  einlassen  in 
folgenden  stellen  zu  nehmen:  das  sie  sich  mit  dem  Luther 
in  disputalion  begeben  und  einlegen  sollen.  Luther  2,218'; 
bis  das  der  rechte  feldheubtman  kerne  und  sich  mit  der  Sün- 
den, tüd  und'teufel  für  uns  einlegte  und  gewönne.  3,176'; 
sich  dapfer  einlegen,  incumbere  in  causam.  Maaler  125*;  sich 
wider  den  rat  einlegen,  tendere  adversus  auctoritatem  senatus. 
126* ;  sich  wid£r  eines  fräfenheit  einlegen,  inlerponere  se  audaciae 
alterius.  126';  welchs  zu  verantworten  er  die  schüler,  dasz  er 
sich  mil  ihnen  einlegen  sollte,  zu  jung  angesehen.  Albrecbt 
an  Melanchlhon  s.  196 ;  warumb  wolt  sich  der  mensch  wider 
golt  einlegen  und  ihm  sein  ordinatz  verachten?  Paracelsus 
2, 415*,  welches  letzte  einlegen  doch  blosz  opponere,  wider- 
setzen ausdrücken  könnte; 

mit  nachbarn  .  .  euch  aus  verbittrung  einzulegen. 
RiNuwALD  Eckh.  G4*; 

leg  dich  ohn  not  mit  niemand  ein.    laut.  warh.  373. 

8)  geld  und  opfer  einlegen,  in  den  kästen,  in  die  büchse: 
und  Jesus  setzet  sich  gegen  den  gotteskaslen  und  schawet, 
wie  das  volk  geld  einlegte  und  viel  reichen  legten  viel  ein 
und  es  kam  ein  arme  widwe  und  legte  zwei  scherflin  ein, 
die  machen  einen  heller.  Marc.  12,41.42.  Luc.  21,1.3;  und 
da  sie  das  geld  eraus  namen,  das  zum  hause  des  herrn  ein- 
gelegt war.  2  chron.  34, 14 ;  das  es  frei  ist,  milch  bulter  eier 
kese  fleisch  zu  essen  auf  alle  tage,  es  sei  sonntag  oder  frci- 
tag,  fasten  oder  advönt,  und  darf  niemand  butlergelt  einlegen 
oder  brief  dazu  lösen.  Luther  2,109*;  in  eine  lollerie  ein- 
legen., GöKiNGK  3,  279   gleichviel  mit  einsetzen. 

9)  einlegen,  im  gegensalz  von  auslegen,  ist  zurücktragen, 
heimtragen,  einpackeri  der  uaaren: 

heb  auf  dein  Jinim,  leg  wider  ein.    fasln,  tp.  29t,  18; 

legt  ein,  der  markt  ist  aus,  schlieszt  krnm  und  Inden  zu. 
Grtpmius  2,  3t>8; 

forsten  werden  IXirsion  sein, 

praler  müssen  legen  ein  (einpacken).    LocAU  2,  245; 

die  groston  miigen  giltig  sein 

und  hoheit  doch  nirhi  logen  ein  (turücktetten,  aufgeben),, 

3,  109,  41 ; 

weil  ich  gerne  gebe  zu  und  hin  n-ci  mit  srhonken, 

wird  man,  dasz  die  war  gur  suhlorhi,  lolchilich  wollen  denken. 

giiicn  wird  doch  alles  gut,  bösen  böse  sein, 

guien  log  ich  alles  nu>',  hosiMi  nllos  ein.  3,  102,  2. 
er  hat  sich  verlauten  lassen,  es  würe  nichts  hinter  mir,  wenn 
ein  rechter  kerl  mir  auf  die  haube  griffe,  inüsle  ich  einlegen. 
causenmaeher  72 ;  ach,  sie  können  mit  ihrem  krame  da  nur 
einlegen  (einpacken),  ich  werde  mich  nicht  nach  ihnen  richten. 
J.  E.  Schlegel  2,  57.     heute  ungebräuchlich. 

10)  ans  diesem  letzten  einlegen  versieht  sich  etwa  die  sehr 
verbreitete  abstraction  ehre  oder  schände,  rühm  oder  «pull  cin- 
icgea  d.i.  davontragen,  heimtragen,  mrrri--"  ■  ..,/.•./,..<,,..,« 


225 


ELNLEGEN  —  EINLEIBEN 


EINLEIBEN  —  EINLENKEN 


226 


sich  von  dem  einlegen  der  lanze  erklären  ?  was  doch  nur  vor- 
bereitung  zum  kämpf  ist,  nicht  dessen  erfolg  bezeichnet,  seid 
slilie,  und  erkennet  das  ich  gott  bin,  ich  wl  ehre  einlegen 
unter  den  Leiden,  ich  wil  ehre  einlegen  auf  erden,  ps.  46,  U ; 
wenn  die  menschen  wider  dich  wüten,  so  legest  du  ehre  ein. 
76, 11 ;  sihe,  ich  wil  an  dich  Zidon,  und  wil  an  dir  ehre  ein- 
legen. Ez.  2S,  22;  wir  wollen  auch  ehre  einlegen  und  die 
Leiden  umb  uns  her  angreifen.  1  Macc.  5,  57  ;  aber  du  soll 
sehen,  das  unser  verachter  gott  sol  auch  einmal  ehre  ein- 
legen an  dir  und  au  deinem  gott.  Luther  3,251;  o  wiich 
einen  spott  haben  sie  da  eingelegt,  br.  2,  61 ;  denn  es  will 
sich  nicht  so  lassen  anfahen,  das  wir  unehr  einlegen  möchten. 
5, 15 ;  der  son  gotfes  will  selber  ritter  an  inen  werden  und 
ehr  an  inen  einlegen,  wie  an  Pharao  im  roten  meer.  Mathesiüs 
93';  Schande  einlegen,  fe/r.  44*.  102" ;  spott.  ungr.  S/nip/.  132; 

der  hauptmann  mit  sein)  beer, 
der  uns  heut  hilfi  einlegen  ehr.    ATBBa  33'; 
beuiel  und  scheuue  war  gefegt 
und  hatten  keine  ehre  eingelegt.    Göthe  2,  284; 

dasjenige  (stück),  womit  er  die  gröszte  ehre  einzulegen  glaubte. 
IS,  265;  führt  mich  als  bartscherer  bei  dem  Lerrn  nur  ein 
und  ihr  werdet  ehre  mit  mir  einlegen.   23,  HO. 

11)  wort,  bitte  einlegen,  meint  es  vorlegen,  deprecari,  com- 
mendare,  oder  mit  einlegen,  nebenbei  bitten  ?  oder  dazwischen 
legen,  interponere,  intercedere?  s.  nachher  12.  wir  wollen 
Götzen  ansprechen  für  uns  ein  gut  wort  einzulegen.  Göthe 
8, 124.  ein  wort  42, 161.  ein  gutes  wort.  42,  399 ;  für  sie  ein 
gutes  wort  bei  meinem  oheim  einzulegen.  21,  200.  man  sagt 
aber  auch  ein  rechtsmittel  einlegen,  interponere,  etwas  im  weg 
rechtens  einlegen,  er  hat  appellation  eingelegt. 

12)  sich  einlegen,  sich  zu  bette  legen,  ins  kindbett.  Schwei- 
MciiEN  3.  212 ;  sich  zwischen  zwei  andre  einlegen,  sich  in  die 
segel  legen: 

auf  nordwiad,  lege  dich  in  unser  segel  ein!  FLKai.tcSS; 
abwarten,  wo  es  mit  dem  regen  hinwill,  der  sich  heute  nacht 
eingelegt  {eingestellt)  hat.  Gütre  an  fr.  v.  St.  1,  269.  bergmän- 
nisch, anfangen  zu  schürfen :  die  leute  haben  sich  an  einem 
gebirge' eingelegt,  weidmännisch,  der  hund  legt  sich  ein,  zieht, 
bei  schnellem  vorwärts  eilen,  die  hängeleine  straf  an.  Maaleb 
126'  hat  aber  auch  sich  zwüschend  ein  gespan  einlegen,  inter- 
cedere, und  gespan  ist  ihm  175'  streit,  Fbisios  718*  sich  dar- 
zwüscLend  einlegen. 

EINLEGER,  wi.  nach  den  bedeutungen  des  einlegens,  zumal 
nach  der  vierten,  im  allgemeinen  schwer  zu  bestimmen,  von 
Fischart  groszm.  78  werden  guffenspitzer  {nadelmacher),  ein- 
leger,  bronnenfeger  nebeneinander  genannt,  einleger  ist  aber 
auch  bei  gärtnern  die  eingelegte  wurzel  oder  pflanze,  die  senk- 
rebe.  vgl.  ableger. 

EINLEGERECHNUNG,  f.,  die  der  Schichtmeister  über  den 
bergbau  aufstellt. 

EINLEGESCHÄLFEL,  f  was  einlegekelle. 

EINLEGESTL'L,  m.  sella  plicalilis. 

El.NLEHREN,  docere,  eine  unnüthige  Verstärkung  des  ein- 
fachen lehrens  und  mit  dem  dat.  der  person:  fasse  die  kraft 
auf,  die  ich  dir  eingeboren  und  eingelehrt  Labe.  Klincer  2,  51; 
ein  System,  das  ihnen  erst  war  eingelehrt  worden.  Tieck  ges. 
nov.  1,5;  ob  sie  {die  tugend)  eingelehrt  oder  ob  sie  ange- 
boren werde?  Klixger  6,122.     j.  einlernen. 

EINLEIBEN,  incorporare,  concorporare,  nnl.  inlijven,  Maaler 
126*  züsamen  leiben,  aus  zweien  oder  vilen  eins  machen,  con- 
fundcre  in  unum  corpus:  das  die  beiden  miterben  seien  und 
mit  eingeleibel  und  mitgenossen  seiner  verheiszung.  £p/».  3,6, 
bündiger  bei  Ulhuis  visan  J)iud6s  gaarbjans  jah  galeikans 
jah  gadailans  gahaitis  is,  wo  galeikans  avaamua  übersetzt. 
galeika  ist  der  avaoco/nog,  der  eingeleibte,  von  leik  otöfia, 
leib;  und  der  pfaf  crinanet  zu  der  tauf  und  leibet  dem  ketzer 
ein  das  leiden  Christi,  es  war  mir  wunderlich.  Luther  3, 419 ; 
durch  das  wort  werden  wir  Christo  eingeleibt,  das  alles  was 
er  hat  unser  ist.  6,192*;  das  wir  durch  die  laufe  im  einge- 
leibt sind.  6,231';  also  sol  man  die  taufe  auch  ansehen  in 
goites  namen  einpeleibt  und  ganz  und  gar  mit  demselben 
durchpangen.  6,  2S3';  und  ist  aus  diesem  bcfehl  Christi  die 
ganze  weit  nnd  zuletzt  auch  wir  herzugeholet  und  seiner 
braut,  der  Christenheit,  eingeleibel.  6,354*;  wenn  sie  nichf 
der  kirchen  eingeleiht  und  mit  ihr  einig  sind.  br.  4,  572; 
darnnib  müssen  die  kindlein  der  kirchen  eingeleibel  werden, 
MELANCHTH05  im  corp.  doctr.  ehr.  322;  zu  Niciasburg  seien 
bei  achthundert  brüder  in  den  widertauf  eingel<-iht  und  zu- 
111. 


sammen  geschworen.  Frank  wellb.  49';  so  gar  hat  uns  die 
natur  in  den  bund  des  frids  eingeleibt  und  verpflicht.  kriegsb. 
des  fr.  43;  Saul  ist  auch  eine  solche  gottlose  schlacke,  da 
er  jung  war  und  durch  die  beschneidung  dem  volk  gottes 
eingeleibel  ward.    Mathesiüs  112*; 

einleibt  ihn  ins  bürgergeschlecht.    H.  Sachs  IT.  2,95'; 

sih  an  die  klainen  kinJlein, 

die  lauft  und  noch  unschuldig  sein 

Christo  dem  faerrn  eingeleibt.    Schuslzl  lobsjyr.  112; 

solle  nicht  diese  edle  sladt  würdig  sein,  dasz  nicht  nur  ich 
und  meines  gleichen,  sondern  auch  die  besten  und  höhesten 
geraüter  sicL  mit  allem  dem,  was  iLnen  gott  verlieLen,  bei 
derselbten  einzuleiben  und  ibr  gunst  zu  erwerben  möglichen 
fleisz  und  sorge  trügen?  Opitz  torr.  zu  Hugo  Grot.  s.  281; 
was  von  Welschen  in  unsere  statt  durch  heurat  und  freund- 
schaft  eingeleibt.    Zinkgref  397,12; 

wenn  (wem?)  Föbus  macht  ein  herz  aus  tüchtigem  geblüte, 
dem  leibt  er  gleichfalls  ein  ein  lebendes  gemüte. 
Flbhi.'hg  95. 

oft  auch  figürlich:  welcher  brieve  oder  Privilegien  inhalt  nnd 
meinung,  als  weren  sie  von  wort  zu  wort  in  gegenwertige 
brieve  eingeleibt  und  verfaszt,  wir  für  ausgedrückt  hallen. 
Luther  l,  104* ;  hierin  findeslu  gleich  ein  begrif  der  auser- 
lesenen hislorien  eingeleibt.  Frank  c/*ron.  1531  auf  dem  titel; 
dise  haben  grosze  freiheit  von  bäpsten  in  geistlichen  rechten 
eingeleibt,  weltb.  44';  in  eins  all  sein  gebot  eingeleibt.  124'; 
wie  dann  auch  den  artikelsbriefen  eingeleibt.  Redtter  kriegs- 
ordn.  vorr. ;  nach  laut  des  eides,  so  den  decreten  eingeübt. 
Fisch  ABT  bieuenk.  211*.    noch  Stieler  1132,  später  einverleiben. 

EINLEIBUNG,  f.  incorporatio,  einverleibung :  also  ist  dieses 
sacrament  in  brot  und  wein  empfahen  nicht  anders,  denn  ein 
gewis  zeichen  empfahen  dieser  gemeinschaft  und  einleibung 
mit  Christo  und  allen  heiligen.  Luther  1,202*;  Hebron  ist 
teutsch  so  viel  als  gemeinschaft,  Vereinigung,  einleibung. 
Reiszner  Jerus.  1,  98*. 

EINLEIDEN,  innerlich,  in  sich  leiden :  der  hat  recht  inge- 
blut  und  ingelitlen.    Keisersb.  bilger  88'. 

EINLEIERN,  l)  sopire  lyra  canendo.  2)  assuescere  lyrae: 
das  rausten  wir  jungem  aber  büszen,  die  wir  von  Jugend  auf 
uns  in  jene  rhythmik  eingeleiert  hatten.    Göthe  31,  22. 

EINLEIMEN,  glutine  inserere,  nnl.  inlijmen,  schw.  inliroma, 
dän.  indlime:  blätter,  breier  einleimen. 

EINLEITEN,  inducere,  introducere,  einßhren,  ahd.  inleitan 
(Graff  2, 185),  schw.  inleda,  dän.  indlede,  nnl.  inleiden :  und 
ward  von  Jason  und  der  ganzen  Stadt  herlich  empfangen  und 
eingeleitet  mit  fackeln  und  groszem  triumph.  2  Macc.  4,  22;  dis 
ist  aber  sein  meinung  als  wir  beten  im  valerunser,  und  nicht 
uns  einleit  in  versuchen.  Luther  2,33*;  in  alle  warheit  ein- 
leiten, adducere  ad  veritatem.  Maaler  126';  als  herzog  Her- 
man  die  groszen  in  den  haiu  der  gütter  Tanfana  einleiten 
liesz.  Louenstein  Arm.  1,  7;  es^lüszt  sich  bemerken,  dasz  ein 
jeder  den  weg,  auf  welchem  er  zu  irgend  einer  kennlnis  und 
einsieht  gelangt,  allen  übrigen  vorziehen  und  seine  nachfolger 
gern  auf  denselben  einleiten  und  einweisen  möchte.  Göthe 
6,  213 ;  ehe  sie  mich  lossprechen,  soll  mich  nichts  von  dem 
wege  entfernen,  auf  den  sie  mich  einleiten.  15,168;  und  (ich) 
verehre  das  Schicksal,  das  mein  bestes  und  eines  jeden  bestes 
einzuleiten  weisz.  18,  107;  indem  du  erst  in  deinen  älteren 
tagen  dasjenige  zu  treiben  anfängst,  wozu  man  von  jugend 
auf  sollte  eingeleitet  sein.  21, 52 ;  Zachariä  speiste,  durch 
seinen  bruder  eingeleitet,  mit  uns  an  Einern  tische.  25,179; 
das  gespnich  wollte  sich  anfangs  nicht  einleiten.    17, 186 ; 

so  ist  denn  dieser  stürinevolle  reichslag 

zum  guten  ende  glücklich  eingeleiteu    Scbilkb  661*. 

den  truckenen  brunn  ausreumen  und  demselben  einen  frischen 
kwall  einleiten  {frische  quelle  zußhren).    Butschily  kanzl.  51». 

EINLEITER,  m.  introductor:  der  heilige  geist  ein  inleiter 
ist  in  die  ^wikcit.  Eckhart  78,  21;  die  gelehrten  einleiter  ins 
N.T.    Wolfs  anal.  1,48. 

EINLEITUNG,/",  introductio,  n»/.  inleiding:  schon  seit  vielen 
Jahren  schrieb  man  in  Deutschland  nach  Klopstocks  einleitung 
sehr  läszliche  hexameter.  Göthe  30,272;  die  anslellung  der 
Jagemann  und  ihre  einleitung  aufs  tbeater  macht  meine  gegen- 
wart  höchst  nöthig.    an  Schiller  269. 

EINLENKE.N,  i)  was  einrenken,  lusatum  membrum  reponere. 
figürlich :  die .  folgen  sind  zu  bedeutend,  die  dieser  Vorfall, 
wenn  er  nicht  eingelenkt  würde,  der  ganzen  gegend  zuziehen 
dürfte.    Hippel  lebensl.  2, 307. 

15 


227 


EINLENKUNG  —  EINLEUCHTEND 


EINLICH  — EINLOGIEREN 


228 


2)  curru  flectendo  rectam  viam  inire:  mit  dem  wagen  ein- 
lenken ;  als  dieser  mann  gegen  den  acker  einlenkte.  Gotthelk 
erz.  3,  402;  rechts  einlenken;  die  pferde  einlenken,    figürlich, 

Curd,  Curd,  das  geht  so  nicht,  lenk  ein!    LE.ssi.t&2,  334; 

mit  einem  blick  lenk  ich  ein 

bei  dem  kühnen  eingebildien  thoren.    Götiik  13, 100; 

selbst  bei  der  Übertretung  dient  mir  dies  blatt  statt  eines 
gebietenden  genissens  und  ich  lenke  wieder  ein.  21, 11 ;  in 
der  rede  einlenken,  von  einem  abschweif  zurückkehren;  lenk 
aufs  vorige  noch  ein  wenig  ein.  Klingers  Ih.  4,  203.  vgl.  ein- 
liuken. 

EINLENKüNG,  /.  inflexio:  brauchen  sie  keine  einlenkungen. 
Lkssinc  1,406;  die  frommen  wünsche  und  einlenkungen  der 
unterirdischen  machten  das  haus  glücklich.    Hippel  S,  12. 

EINLERNEN,  1)  discere,  percipere,  schw.  inlära: 

0  zwingen  sie  die  nie  beneizien  äugen 

noch  zeitig  tbranen  einzulernen.     Schiller  255*; 

das  monodram  Proserpina  wurde  mit  madame  Wolf  einge- 
lernt. GöTHB  32,89;  wir  beide,  lieber  freund,  haben  uns  in 
diesen  genusz  eingelernt.  Tieck  7,  88  ;  ein  eingelernter  lügner 
{der  lügen  eingelernt  hal).  Klinger  1, 461 ;  ein  eingelernter 
Jäger. 

2)  docere,  einlehren  und  wiederum  mit  peisvnlichem  dativ: 
und  wie  heiszt  denn  die  formel,  die  er  dir  eingelernt  hat? 
Schiller  723';  dasz  sie  immer  willig  wnren,  mir  nach  und 
nach  das  walzen  und  drehen  einzulernen.  Göthe  25,280; 
die  newlonische  phraseologie,  alle  alternden  physiker  sind 
darin  von  Jugend  auf  eingelernt.  60,  26.  hiernach  lassen  sich 
auch  die  unter  1  gestellten  participia  deuten. 

EINLESEBRET,  n.  bei  den  webern  ein  schmales  bret  mit 
löchern,  durch  welche  die  ketten fäden  auf  den  scherrahmen 
geleilet,  d.  i.  eingelesen  werden. 

EINLESEGESTELL,  n.  das  gestell,  in  welches  die  züge  zum 
musterweben  eingelesen  werden. 

EINLESEN,  eolligere,  nnl.  inlezen, 

1)  fruchte,  krduter  einsammeln :  ahd.  so  daj  obaj  in  gelßsen 
wirL  N.  ps.  78, 1.  nhd.  allerhand  kräuter,  welche  sie  bei  vollem 
mondenschein  und  für  aufgang  der  sonnen  mit  der  linken 
band  eingelesen  hatte.    Opitz  2,283; 

sie  lesen  überall  die  besten  blumen  ein, 
dasz  mein  gewünischtes  grab  kan  desto  schöner  sein. 

2,  162. 

2)  bei  den  webern.  die  fäden  und  züge  einziehen,  einsam- 
meln,    s.  einlesebret. 

3)  sich  einlesen,  in  ein  buch  zurecht  finden  durch  fortge- 
setztes lesen. 

EINLEUCHTEN,  illucere,  nnl.  inlichten,  dän.  indlyse.  ahd. 
inliuhtan  (Graff  2,  149)  steht  aber  für  antliuhtan  und  mhd. 
In  liuhten  ist  ohne  beispiel.  nhd.  zeigt  sich  die  eigentliche 
bedeulung  zumal  in  dem  pari,  einleuchtend,  sonst  steht  das 
wort  gewöhnlicli  abstracl  im  sinne  von  palescere,  perspicuum 
esse,  apparere: 

und  da  verlauten  wolle,  meint  der  patriarch, 

dasz  euch  nur  darum  .Saladin  begnadet. 

weil  ihm  in  eurer  mien.  In  eurem  wcsen 

so  was  von  seinem  bruder  eingeleuebtct.    Lissing  2,221; 

wie  viel  weniger  wird  er  den  kUnstlern  entwischt  sein,  in 
deren  verständiges  äuge  alles,  was  ihnen  vortheilhaft  werden 
kann,  so  schnell  und  deutlich  einleuchtet?  6,410,  hier  be- 
kunden die  Worte  'in  das  äuge'  noch  den  ursprfmglichen  ge- 
halt;  da  mir  die  deulung  davon  sogleich  einleuchtete.  9,305; 

auch  hatte  der  ritter  das  glück  den  nvmfen  einzuleuchten. 
Wieland  5,  76, 

in  die  äugen  zu  fallen,  zu  gefallen;  noch  weniger  wollten 
ihnen  anfangs  die  fremden  Schauspieler  cinlcut^ten.  29,  327 ; 
ihr  werdet  euch  au«  meinen  ersten  römischen  briefen  eimr 
Meduse  erinnern,  die  mir  damals  schon  so  sehr  einleuchtete 
{gefiel),  jetzt  nun  aber  mir  die  gröszte  freude  gibt.  Götiik 
39,40;  es  leuchtet  ihm  wenig  ein,  will  ihm  durdiaus  nicht 
einleuchten. 

Stiei.er  1155  hal  ein  transitives  einleuchten :  er  ist  übel 
eingeleuchtet  worden,  cum  objurgatione  inlromissus  est,  rich- 
tiger schiene  ihm  ist  eingeleuchtet  (wie  heimgeleuchtet)  wor- 
den, im  gegentatz  zu  ausleuchten,  was  man  sehe. 

EINLELCHTENI),  perspicuut,  in  die  äugen  fallend,  leuch- 
tend, diln.  indlysende:  gott  sucht  uns  innerlich  mit  sriin  ein- 
leuchtenden liccht  und  wort.  Kram»  chrun.  2*;  ein  einleuch- 
tender, im  äuge  springender  »atz. 


EINLICH,  früher  sowol  simplex  als  solus.  ahd.  cinith.  Graff 
1,  318.  also  musz  sich  das  weib  des  mannes  geberden  einlich 
(einstimmig)  stellen,  das  sie  nit  säur  sehe,  wann  er  frölich, 
und  nit  lach,  wann  er  traurig  ist.    Alberus  ehbüchlin  B  4*. 

EINLICHEIT,  f  soliludo,  vaslitudo,  einode.  voc.  theut.  1482 
f8'.    jetzt  anszer  gebrauch. 

EINLIEBELN,  insinuare  in  gratiam  alicujus,  einschmeicheln, 
beliebt  machen:  die  kupplerin  hat  ihn  bei  der  Jungfrau  ein- 
gelieblet.  Stieler  tl58;  sein  gutes  aussehen  liebelt  ihn  überall 
ein;  er  weisz  sich  allenthalben  einzuliebeln.    ebenda. 

EINLIEßEN,  dasselbe:  sollte  nicht  diese  edle  Stadt  würdig 
sein,  dasz  die  besten  gemüther  sich  bei  derselben  einzulieben 
und  ihre  gunst  zu  erwerben  möglichen  fleisz  und  Sorgfalt 
trügen?  Opitz;  unib  hierdurch  sich  beim  Augustus  einzulieben 
und  der  Römer  freundscliaft  zu  erlangen.  Lohenstein  Arm. 
1,7;  bei  welchem  letztern  sich  herzog  Hermann  dergestalt 
einlieble,  dasz  «.  s.  w.  1,  1249;  ich  will  mich  durch  demütigen 
fuszfall  bei  ihm  einlieben.  Hallxann  Heraclius  2t.  s.  sich  lieben. 

EINLIEFERN,  afferre,  miltere,  nnl.  inleveren,  ddn.  indleverc, 
schw.  inleverera,  in  diu  hände,  zur  stelle  liefern:  die  verlang- 
ten Waffen  wurden  richtig  eingeliefert; 

wer  zeisignesier  sucht,  der  nehme  sich  den  stein, 
und  llefre  stets  an  mich  die  leeren  nester  ein. 
Rost  schäfererz.  42, 

in  solchen  nestern  soll  sich  ein  unsichtbar  machender  oder 
kislen  üfnender  stein  finden,  vgl.  US.  n'  85.  Monk  anz.  8,  539. 
Haupt  3,  361. 

EINLIEGEN,  jacere  in  loco,  nnl.  inliggen,  wozu  man  ein- 
legen vergleiche. 

1)  kriegsvolk  liegt  ein,  liegt  an  dem  ort;  es  liegen  noch 
zwei  regimenler  ein,  das  übrige  beer  ist  abgezogen,  gefangne 
liegen  ein ;  schleuszt  sie  zwischen  zwo  mauren  und  läszt  sie 
alda  so  lang  leben  als  sie  können,  gleichwie  man  zu  AntorC, 
Gent  und  andern  orten  hat  sehen  mögen,  das  ettich  acht 
oder  zehen,  etlich  zwenzig  und  dreiszig  jar  lang  eingelegen 
waren,    bienenk.  204*. 

2)  der  kranke  musz  einliegen ;  die  frau  liegt  ein,  im  Wochen- 
bett, mhd.  kindes  inne  ligen.  Hemscr  853, 17  erklärt  einligen 
durch  'nicht  ausgehen',  wie  wir  auch  einsitzen  verwenden. 
einliegen,  zur  miethe  wohnen. 

3)  das  fleisch  liegt  ein,  im  salze;  das  hier  liegt  ein,  im 
keller. 

4)  die  lanze  liegt  ein,  ist  schon  eingelegt. 

5)  der  brief  liegt  ein,  ist  eingeschlossen,    s.  einlege. 
EINLIEGER,  m.  der  miethsmann.    StI've  landg.  128.  134. 
EINLIF,  s.  eilf.    Seb.  Helber  34  stellt  noch  auf:  'einlif  oder 

eiir. 

EINLING,  m.  singulus,  gebildet  wie  zwilling,  drilling:  ein 
paar  Zwillinge  müssen  als  ihr  eigenes  widerspiel  zusammen 
einen  einling,  iHn  buch  zeugen,  einen  treflichen  doppelroman. 
J.  P.  ßegelj.  1, 114. 

EINLINKEN,  collabi,  corrugari,    aus  dem  pari,  zu  folgern: 

der  bauch  voll  fallen  und  eingelunken, 

sein  unterthan  wer  gar  versunken,    froschmeuseler  U,  4,4. 

vgl.  einlenken. 

EINLIPPIG,  unius  tanlum  labii,  gilt  von  der  blumenkrone, 
on  welcher  der  obere  oder  untere  einschnitt  fehlt. 

EINI.ISPELN.  insibilare,  eiiiftüstern. 

EINLOREN,  laudare,  commendare :  aber  es  sei  ferne,  dasz 
Thusnelde  dein,  welchem  sie  das  leben  zu  verdanken  hat, 
den  Selbstmord  einloben  solte.  Loiiknst.  i4rm.  l,  76;  jede 
seiner  beischlaferinnen  aber  war  sofgf.iltig,  ihren  söhn,  derer 
dreiszig  er  mit  ihnen  gezeugt  halle,  ihm  zum  nachfolger  einzu- 
loben.  1,  222;  diese  singende  fmiien  hiitlen  allem  ansehen 
nach  diesen  aller  Zuschauer  nugen  und  herz  raubenden  Jung- 
frauen noch  beweglicher  die  liebe  eingelobt.  1,  tl2s  ; 
warum  linl  dich  Oispin  so  vielmnl  schon  erhoben  T 
er  wird  dtiin  lob,  um  sich  der  weit  selb.si  einzuloben. 

r.ELLERT  2,  16. 

er  wird  dein  lob,  dein  lobredner,  spricht  drin  lob  aus;  weil 
er  es  den  leutcn  sehr  cinlobic.  Ficutk  Berl.  nwnalsschr.  21,475. 

EINLOCKKN,  illicere,  alltcere,  Henisch  Sb3,70,  nnl.  inlokkcn, 
schw.  inlocka:  einlockcn,  bctriegen,  verstricken,  voe.  IheuL 
1482  f»'.    t.  anlocken. 

KINLÖFFKLN,  cochlentim  haurire,  edere:  die  speise  ein- 
löffeln ;  s.  die  unter  ausscheffeln  angezogne  stelle  Luthem«. 

EINLOGIEREN,  coltocare  hospilio,  cinguaiiicren.  s.  ein- 
losiercn. 


229 


ELN'LÜSCHEN  —  ELNMACHExN 


EINMACHER  —  EIMIAL 


230 


EINLÖSCHEN,  calce  macerare. 

EINLÖSEN,  reditnere,  nnl.  inlossen,  schv.  inlösa,  ddn.  ind- 
löse,  das  haßende  wieder  frei  machen:  gefangne  einlösen, 
pfänder  einlösen,  geschenke  einlösen,  zunickkaufen:  als  man 
tennulet,  dasz  so  grosze  wegrerehrte  guter  Ursache  solcher 
melancholei  sein  möchten,  hat  man  den  schönsten  säbel  und 
die  schale  umb  eine  summe  geldes  wieder  eingelöset.  pers. 
reiseb.  4,  44 ;  er  soll  sogleich  den  ring  wieder  einlösen,  den 
er  heute  früh  versetzt  hat.  Lessing  l,  583 ;  das  urtheil  ein- 
lösen (die  gerichtskoslen  tragen?):  der  referent  quälte  sich 
und  das  geriebt  mit  einem  schweren  verwickelten  handel,  und 
zuletzt  fand  sich  niemand  der  das  urtheil  einlösen  wollte. 
GöTHE  26, 132. 

EINLOSIEREN,  einlogieren.  Hemsch  853,  21:  war  bei  einem 
griechischen  bischof  einlosieret.    Zinegbef  16, 17. 

EINLÖTHEN,  ferruminando  firmare,  viit  blei  rergieszen. 
ELNLOTSEN,   natem  per   brevia  expedire,    nnl.  inioodsen, 
schw.  inlotsa,  ddn.  indlodse: 

dagegen  ich  ein  reisemüder  mann, 
der  nach  den  stürmen  ruhe  sucht  und  frieden, 
der  sehnlich  wünscht,  nach  manigfachen  fährden, 
zum  port  des  ehstands  eingelotst  zu  werden. 

Uhlands  ged.  auß.  5  s.  474  ; 

figürlich,  in  zeit  von  drei  tagen  war  der  schätz  aus  dem  holen 
bäume  wolbehalten  ins  enge  gäszchen  eingelotset.  Mcsaels  4,  SO. 

EINLUDELN,  laufpulver  auf  die  pfanne  schütten,  s.  ludein. 

EIN  LÜGEN,  1)  menliendo  persuadere,  einem  etwas  einlügen. 

2)  sich  einlflgen,  mendaciis  aditum  sibi  parare: 

das  ist  ein  schalk,  ders  wo!  versteht, 

er  lügt  sich  ein,  so  lang  es  gebt.    Götbi  ... 

EINLULKEN,  insugere,  einsuckeln.  Stieler  1185.    s.  lulken. 
EINLULLEN,  canendo  sopire,  nnl.  inlullen,  schw.  inlulla: 

allranlich  eingelullt  von  süszen  Sängerinnen.    Wiklamd  10,317; 

dann  ist  die  seele  voll  und  eingelullt  der  schmerz. 

PLATE.t  88'; 

du  lullst  ihn  ein  in  lauter  wiegeniräume.    167'; 

bypothesen  sind  Wiegenlieder,  womit  der  lehrer  seine  schüler 
einlullt.  GöTHE  22,  252  ;  es  waren  wolthätige,  beruhigende,  ein- 
lullende niomente.  48, 121;  sie  möchten  mich  in  eine  verächt- 
liche Weichlichkeit  einlullen.    Tiecr  11,  35. 

EINLUMPEN,  pannis  obseri,  verlumpen:  aber  wie  ich  ein- 
gelumpt bin.  das  ist  unbeschreiblich.    Weise  erzn.  342. 

EINLÜTZE,  singulus,  ahd.  einluzzi  (Graff  1,  318),  keij  ein- 
luzziu,  capra  agrestis;  mhd.  einlütze,  einlitze: 

,    trilisch  gefaszt  in  ainlitz  lung.    Wolxe.^stki:*  j.  229; 

die  dönr  (donnerschläge)  machent  die  ainlützen  schäf  enver- 
fend  (verwerfend)  ir  fruht.  d4  wider  gehoert,  daj  man  si  zuo 
ainander  samene  under  ain  dach.   Megenberg  154,  28. 

EINLÜTZIG,  EINLITZIG,  dasselbe:  ausz  etlichen  stucken 
Weingarten  und  besundern  gütern  und  aiK  etwe  vil  ain- 
lützigen  ackern.  3/ß.  13,  462  (a.  1447).  tceisth.  1,49L492;  ein- 
litzig  leben.  Fiscuaht  ehz.  505.     später  veraltet. 

EI.NMACHEN,  condire,  nnl.  inmaken. 

1)  todte  einbalsamieren:  si  machen  ihre  verstorbnen  mit 
wachs  ein  und  begrabens  in  die  erden.    Frans  weltb.  189'. 

2)  obst,  fruchte,  raispeln,  kraut,  höhnen  einmachen.  Dasy- 
PODics  und  Fhisiüs  verdeutschen  condire  durch  geschmackt  ma- 
chen, Hekisch  853  aber:  etwas  mit  gewürz  geschmach  machen, 
oder  in  ein  geschirr  ordentlich  ainmachen,  mit  salz,  kümmich, 
essich  einmachen,  einmachen  sülzen ;  wesentlich  ist  also  das 
einlegen,  einthun,  einmachen  ins  gcfdsz  zur  aufbewahrung  oder 
schmackhaßmachung  und  einmachen  berülirt  sich  mit  einlegen  5, 
wie  auch  die  Schweden,  neben  krjdda,  iulägga  für  condire 
setzen,  eingemachtes  bedeutet  uns  eingeniacitte  fruchte,  vgl. 
confect  von  conficere,  wo  gleichfalls  facere  im  spiel  ist. 

sind  dieses  eure  rrüchi,  o  nymfen,  die  ihr  tragt? 

'ja  schaut,  die  gnad  ist  unser  gottheil  zugesagt, 

sie  wachsen  eingemacht',   an  schmack  nicht  desto  schlimmer. 

Grtphius  1,  709; 
hier  noch  manches  eingemachtes 
unter  gläsern,  wol  beacht  es.    REckert  227. 

3)  teig  oder  kalk  einmachen,  einrühren. 

4)  ferner  so  hat  mir  meine  Schwester  und  Jocheim  von 
Salzau  eine  cession  gethan,  weil  er  im  Bilkischen  schuldwesen 
gcld  zu  empfahen  hatte,  solches  geld  einmachen  und  ihre 
rata  zu  meinen  banden  zu  nehmen.  Scbwbi.iichem  3, 162.  kaum 
bloszet  einnehmen,  einziehen,  sondern  einschlagen,  einpacken, 
einwickeln,    wie   Stielbr    1199   eimnacben   involvere,   servare. 


eustodire  hat.     hier   sind   die  rahmen,   bewahren  sie  sie  bis 
ich  komme,  die  bilder  einzumachen.  Güthe  an  fr.  v.  St.  1,  37. 

5)  feuer  einmachen,  wie  anmachen :  ich  habe  wieder  fensler, 
kann  wieder  feuer  einmachen.    Göthe  an  fr.  v.  St.  l,  95. 

6)  eingemacht  bei  Scheltwörtern  soll  wol  eingebeizt,  ein- 
gesalzen ausdrücke!) :  du  eingemachter  eselskopf!  Weise  erzn. 
12;  du  bist  so  ein  eingemachter  narre,  so  ein  Stockfisch, 
nimm  mirs  nicht  übel,  mein  söhn,  so  ein  überstudierter  pickel- 
hering.'LESSisG  1,  278;  ein  eingemachter  theorist  ist  der  ganze 
kerl.  TiECK  nov.  kr.  4,  65.  doch  vgl.  ausgemacht  1,  915  und 
ausmachen  2  ßr  coquere,  conficere. 

EINMACHER,  m.  conditor.   He.nisch  853,  39.  Stieler  1199. 

ELNMACHGLAS,  n.  er  macht  seinen  incommensurabeln 
magen  zum  zweiten  einmacbglas  eines  jeden  eingemachten. 
J.  P.  lit.  nachl.  4,  95. 

EINMACHGUHKE,  f.  eine  gurke,  die  sich  besonders  zum 
einmachen  in  salz  oder  essich  eignet. 

EINMACHKIRSCHE,  f  kirsche  zum  einmachen,  wie  back- 
kirsche  zum  backen  dienlich. 

EiNMÄHDIG,  ira;  einhauig,  gegensatz  zu  dreimähdig  2, 1387. 

EINMÄHEN,  insecare,  einhauen,  in  das  gras,  in  die  feinde 
einmähen,  ■  o/so  mit  anderm  ein  ah  das  vorausgehende. 

EINMÄHIG,  was  einmähdig:  die  einmähige  niese  voll  gelbes 
gras  und  abzugsgräben.    J.  P.  uns.  löge  2, 10. 

EI.N.MAHNE.N,  nomina  exigere,  nnl.  inmanen,  schw.  inmana, 
ddn.  indmane :  geld,  schulden  einmahnen.  Hemsch  853,  40 ; 
wenn  einer  seinem  nehestcn  etwas  borget,  der  sols  im  er- 
lassen und  sols  nicht  einmanen  von  seinem  nehesten  oder 
von  seinem  bruder,  denn  es  heiszt  das  erlaszjar  dem  herm, 
von  einem  frembden  magstu  es  einmanen.  5  Mos.  15, 2.  3 ; 
der  bann  ist  nirgend  zu  gebrauchet,  denn  das  man  zinse 
und  schuld  hat  dadurch  eingemahneL  Luther  5,85*;  die  so 
ir  ausgelihen  gut  widerumb  einmanen.  Melanchthok,  ob  die 
Christen  vor  gericht  handeln  mügen;  damit  ich  das  versessene 
deputat  von  herzog  Friedrich  einmahnen  konnte.  Schweimches 
2,9;  zins  und  anderes  eingemahnet.  3,148.    rjL  ausmahnen. 

EINMÄHNER,  m.  exactor:  betrachte  den  steten  einmahner 
seines  zolles  leib  (den  tod),  wie  ungestüm  pQegt  er  täglich 
von  uns  zu  lodern?    Opitz  2,297  (Amsterd.  2,135). 

ELNMAHNUNG,  f  exactio:  wegen  einmahnung  ihfer  schulden 
halber.    Schweixichen  3, 11. 

EINM.ÄHREN,  miscere  massam  farinaceam,  einteigen,  back- 
mehl  mit  Sauerteig  und  wasser  zur  gährung  mischen,  auf 
dem  lande  pflegt  man  zu  einem  geback  abends  vorher  einzu- 
inähren,  damit  der  teig  nachts  gehe,  d.  h,  gdhrend  sieh  hebe, 
kuchenteig  mit  hefe  einmischen  nennt  man  anmachen,  einma- 
chen, einmengen  oder  anstellen,     s.  mähren. 

EINMAL,  nnl.  eenmal,  schw.  en  gang,  dän.  engang,  franz. 
une  fois,  »7.  una  volta.  schon  gramm.  3,  232  ipurde  bemerkt, 
dasz  weder  ahd.  noch  mhd.  ein  zu  dem  acc.  mal  gesetzt  er- 
scheine, goth.  hiesz  es  mit  dem  dat.  ainamma  sin|)a,  altn.  einu 
sinni ;  ahd.  mit  dat.  pl.  einaz^ra,  einzSm  mälum,  einzen  malen, 
ößer  mit  der  praepositiun  zi  einemo  male,  zeinemo  male; 
mW.  ze  einem  male,  zeinem  male  oder  genilivisch  eines  mäles. 
aiicA  im  14.  15  jh.  zeigt  sich  noch  kein  einmal,  bei  Eckhart 
steht  ze  einem  male  58,  27.  61,  25.  71, 10.  186, 10  oder  eines 
HO,  28.  29.  138,  11.  einest  206,  i.  bei  Botxer  eis  mdls  2, 1. 
91,  75.  bei  Megenberg  ains  mals  55, 19.  lOl,  29.  auch  Kei- 
sersberg  scheint  einest  vorzuziehen,  bilg.  20*.  6l'.  176'.  209*. 
j.  d.  m.  43*,  oder  noch  ößer  eins  mals  bilg.  157*.  16l'.  omeis  44*. 
s.  d.  m.  S*.  11*.  29'.  34*.  38';  doch  taucht  hin  und  wieder  ein  mal 
auf,  z.  b.  omeis  17'.  s.  d.  m.  5'.  42*,  unverkennbar  mit  unter 
schieden  der  bedeutung.  Luther  hat  in  der  bibel  beinahe  durch- 
gehends  acaisativisches  ein  mal  und  nur  1  Pelr.  3,  20  haßete 
eins  mals;  seitdem  beginnt  einmal  vorzuhersehen,  einsmals 
seltner  zu  werden,  einst  in  engerm  sinn  zu  gellen,  man  sehe 
eines,  einest,  einsmals  an  ort  und  stelle  nach,  dies  einmal 
gegenüber  einsmals  darf  als  ein  vortheil  der  heutigen  spräche 
angesehen  werden,  die  vollständige  flexion  sollte  lauten  gen. 
eines  mals,  dat.  einem  male.  acc.  einmal,  doch  den  dat.  sehen 
wir  hernach  gekürzt  gleichfalls  zu  einmal. 

Wie  das  blosze  ein  aus  seiner  bestimmten  bedeutung  über- 
trat in  unbestimmte,  wird  auch  das  zählende  einmal,  mit  ver- 
tust des  tons,  zu  irgend  einmal,  je  einmal. 

A)  einmal,  semel,  rirta^. 

1)  der  blosze  acaisaltv:  einmal  (gethan  oder  gesagt)  ist 
keinmal  («t  noch  nicht  zu  rechnen,  sondern  erst  mehr  als  Ein- 
mal);   wer   Einmal   gelogen  hat,   lügt  öfter;    ei  Einmal  gehet 

15* 


231 


EINMAL 


EINMAL 


232 


hin!  saußeufel  G3';  ich  sage  es  einmal  und  nicht  mehr;  er 
behauptete  es  mehr  als  einmal ;  nur  einmal ;  nicht  Einmal, 
nicht  ein  einziges  mal;  im  jar  nummen  ein  mol.  Keisersb. 
omeis  n';  ^in  mal  essen  ist  pöttlich,  wer  zwiret  iszt,  der 
ist  em  mensch,  wer  drü  mal  iszt,  der  ist  ein  vich.  »er  vier 
mal  iszt,  der  ist  ein  teufel,  und  wer  fünf  mal  iszt,  der  ist 
des  tüfels  muter  genant,  s.  d.  m.  b" ;  du  soll  auch  mit  keinem 
zornigen  hadern,  noch  der  man  mit  siner  frauwen,  noch  die 
frawe  mit  irem  gemahel,  dan  so  ir  ein  mal  anfahel,  der  hader 
hört  darnach  nummer  uf  und  ist  weder  rüg  noch  rast  darbei. 
42*;  ein  mal  im  jar,  oTia^  rov  iviavrov,  semel  per  anntim. 
i  Mos.  30,10;  lasf  alle  kriegsmenner  rings  um  die  stad  her- 
gehen ein  mal,  semel  per  diem.  Jos.  6,3;  ich  bin  drei  mal 
gesteupet,  ein  mal  gesteiniget,  ter  virgis  caesus  sum,  semel 
lapiJatus.    2  Cor.  11,25; 

öinmai  nur  in  nnserm  leben 

ist  das  höclislc  gluck  gegeben.    Götuk  3,  75; 

doch  liüsierlo  bort  ich  im  loben  nicbt  Einmal 
nennen,  eben  so  wenig  als  Krekelborn.    40,  S5; 
wenn  man  sie  einmal  nur  eesebn, 
ach,  immer  musz  man  nach  ibr  gebn.    1,20S; 
einmal  in  die  nacbt  gerissen 
bleibt  sie  ewig  mir  geraubt.    Schillkr  .^4^ 

2)  noch  einmal:  kompt  noch  ein  mal  er  auf,  vulg.  ascen- 
dite  adhuc  semel.  rieht.  16,18;  ah,  ziirne  nicht  herr,  das  ich 
nur  noch  ^in  mal  rede,  dar  XaXrjoco  k'xi,  ana^,  vulg.  si 
loquar  adhuc  semel.  1  Mos.  18,  32 ;  wenn  ich  der  hcnne  ihre 
nahrung  vermehre  und  gebe  ihr  noch  einmal  so  viel  zu  fres- 
sen als  ich  pflege.  Lokmans  fab.  12 ;  wann  er  dich  und  uns 
alle  schon  noch  einmal  {heute  bdonl  n6ch  einmal)  und  aber 
Einmal    so  heszlich  und  scheuszlich   machet.  Ayuek  jiroc.  3,  l ; 

denn  l'hyllis  kömmt  noch  iHnmul  wieder.    Gellert  1,  81 ; 
versuchst  dus  noch  Einmal.    Schiller  64*; 
noch  Einmal,  Robert,  eb  wir  scheiden, 
komm  an  Elisens  klopfend  herz. 

K'ir  sagen  allgemein :  noch  Einmal  willkommen ;  noch  einmal 
lesen,  denuo  legere;  noch  Einmal  überlegen,  ilerutn  cogilare, 
schtceiz.  noch  einist;  erst  im  vorigen  jh.  hat  sich  rfa/'ür  noch- 
mals eingeführt,  wovon  an  seiner  stelle  weiter  zu  handeln  ist. 
mit  mehrmals  verhält  es  sich  anders. 

3)  (Einmal  für  allemal,  ein  für  allemal,  einmal  für  alle,  une 
fois  pour  toules,  dän.  een  gang  for  alle,  nachdrucksam  und  ent- 
schieden v)ie  das  lal.  ut  semel  dicam :  denn  einmal  für  ullemul, 
die  so  genaue  erkundigung  musz  entweder  davon,  dasz  man 
ihren  bitten  willfahren  will,  oder  dasz  man  ihnen  von  freien 
stücken  etwas  gutes  zu  erzeigen  geneigt  ist,  herrühren.  Leipz. 
avant.  1,  209 ;  kömmst  du  schon  wieder  mit  deinem  albernen 
zeuge?  einmal  für  allemal,  du  sollst  nicht  sagen,  dasz  sie 
mit  dem  grafen  durchgegangen  ist.  Weisze  kom.  opern  3,  20 ; 

ich  sag  euch,  mit  dem  schönen  kind 

gebts  ein  für  allemal  nicbi  geschwind.    Götue  12,  130; 

nur  über  ein  kleines  müdcben  wurde  geklagt,  dasz  sie  ohne 
gescbick  sei  und  im  hause  nun  ein  für  allemal  nichts  thun 
wolle.  17, 179 ;  Wilhelm  behauptete  nunmehr  ein  für  allemal, 
dasz  sie  sich  gleichfalls  an  die  übrige  gesellschaft  anschlieszen 
sollte.  19,  61 ;  ich  will  es  nur  rasch,  ein  für  allemal  heraus- 
reden. 22,  54 ;  bis  er  ein  für  allemal  den  entscblusz  faszt  zu 
erklären,  das  rechte  sei  was  ihtn  gemäsz  ist.  2U,  27 ;  einmal 
für  alle.  Niebuhr  2, 40().  nicht  zu  loben  ist  die  Umstellung 
bei  Klinger  1,118:  über  diesen  punct  habe  ich  mich  für  ein 
und  allemal  erklart. 

4)  Einmal  und  das  andere  mal,  öin  und  das  andere  mal, 
einmal  und  das  andere  begegnen  so  in  dreifachem  ausdruck. 
nicht  anders  einmal  über  das  anderemal,  ein  über  das  andere 
mal,  Einmal  über  das  andere,  hier  belege  für  die  letzte  for- 
met: da  aber  der  graf  in  solcher  Stellung  liegen  blieb  und 
mir  Einmal  über  das  andere  die  band  kussele.  irrg.  der  liebe 
247;  sehr  fleiszig  sind  gedichte  aus  Müllers  vei  suchen  einge- 
rflckL,  der  einmal  über  das  andere  ein  gruszer  mann  geschul- 
Un  wird.    GuTHE  33,  66. 

5)  Einmal  oder  zweimal,  ^in  oder  zweimal,  einmal  oder 
zwei,  die  letzte  tteise  tteht  z.  b.  Nehem.  13,  20,  Sirach  32, 10 
und  im  buch  der  Itebe  212, 1 :  liesz  Arsace  t'hariciiam  einmal 
oder  zwei  zu  ihr  fordern,  sie  unterliegt  nach  sp.  II l  der  Ver- 
dichtung in  ein  mäler  zwei;  einmal  oder  zehen  tst  «»  ein 
mäler  zehen,  wobei  der  ton  von  ein  weg  und  auf  mal  zieht, 
daher  auch  weitere  kfuzung  en  maier  zwei,  nmaler  zwei  mog- 
lt(h  wnd,     einmal  oder  nliLhe.    Schui'Imus  »51. 


6)  Einmal  steht  für  erstens,  primum.  Locaü  schreibt  in 
seiner  vorrede:  ich  gedenke  nur  etwas  weniges  vom  reiinen- 
musze,  einmal,  dasz  die  endungen  der  reime  zusammen  stim- 
men ...  nachmals  u.s.w.;  und  wagte  mich  daran  mit  dop- 
peltem eifer,  einmal  weil  ich  nach  meiner  Überzeugung  spre- 
chen konnte,  und  sodann  weil  ich  mich  in  jüngeren  jähren 
in  eben  demselben  traurigen  fall  befunden  hatte.  Götue  17, 60  ; 
denn  Einmal  liegt  sie  {die  kirche)  in  ewigem  streit  mit  dem 
Staat,  über  den  sie  sich  erbeben,  und  sodann  mit  den  ein- 
zelnen, die  sie  alle  zu  sich  versammeln  will.  26,  41.  folgt  aber 
kein  nachmals,  hernach,  dann,  sodann,  so  wird  einmal  den 
sinn  von  kurz  oder  ein  für  allemal  (s.  31  erhalten:  einmal, 
ibr  ganzes  thun  und  lassen  war  dermaszen  possierlich,  när- 
risch u.  j.  w.  Simplic.  K.  174 ;  einmal,  es  galt  mir  endlich 
gleich,  mit  was  für  vorlheilen,  mit  was  für  griffen  ...  ich 
prosperierte.    Courage  cap.  18. 

7)  auf  einmal,  ifäna^,  elsüna^  auf  einen  schlag,  tuul 
d'un  coup,  besonders  nach  zahlen,  drei  auf  einmal,  sieben  auf 
einmal;  und  schlug  dreihundert  auf  einmal.  Ichron.  12,11; 
und  gewann  alle  diese  könige  mit  irem  lande  auf  einmal. 
Jos.  10,42;  also  fielen  diese  sieben  auf  einmal.  2  Sam.  21,9; 
wer  verkercts  weges  ist,  wird  auf  eirnnal  zufallen,  spr.  Sal. 
2S,  18 ;  darnach  ist  er  gesehen  worden  von  mehr  denn  fünf- 
huudert  brüdcrn  auf  einmal,  vulg.  simul,  goth.  suns,  weil  in 
auf  einmal  auch  die  vorslvllung  des  plölzlichen  liegt,  l  Cor.  15,  G. 

auf  6inmal  lieb  und  hasz  besitzen  mciiit.-n  mm. 

Wkckiikri  IN  273; 

baut  zu!  so  komm  icb  doch  der  quäl  auf  i'-ininal  los. 
Ukllkkt  1,  200: 

denn  wer  nicht  doppelt  ist,  kann  nur  an  öinem  ort 

uul' einmal  sein.    Wiklahd  17,  25S; 

ibr  habt  vielleicbt  auf  diumal  alle  recht.     10,249; 

auf  einmal  sieht  er  hoch  im  saal, 

sieht  sitzen  himderi  gaste.     Göthe  1,182; 

auf  dinmal  so  anders.  45,82; 
der  Strohhut  hieng  ihr  am  arm,  und  so  hatte  ich  das  ver- 
gnügen sie  beim  ersten  blick  auf  einmal  in  ihrer  ganzen  an- 
mut  und  lieblichkeit  zu  sehn  und  zu  erkennen.  25,  344 ;  als 
nun  aber  gar  der  behaglich  ausgestreckte  auf  eiumal  in  ein 
lautes  lachen  ausbrach.  25,  350 ;  wenn  wir  auf  eiumal  aus 
einem  ruhigen  dache  eine  flamme  gewaltsant  ausbrechen 
sähen.  25,359;  als  sie  aber  auf  einmal  das  fremde  gesiebt 
erblickte,  that  auch  sie  einen  lauten  schrei  und  lief  davon. 
25,  361.  der  wolf  ist  mächtig  ein  kalb  auf  einmal  auf  eine 
mahlzeil  zu  verzehren. 

8)  mit  einmal  für  mit  eimmal  d.  i.  mit  einem  mal,  goth. 
ainannna  sinj)a,  diese  fehlerhafte  kürzung  begegnet  kaum  vor 
dem  t8  jh.,  sie  bedeutet  was  das  vorige  auf  Einmal :  und  so 
wie  sie  {die  gezwungnen  deutungen)  sich  selbst  unter  einander 
aufreiben,  so  fallen  sie  alle  zugleich  mit  einmal  weg,  sobald 
man  auf  den  grund  jener  Voraussetzung  gehet.  Lessinc  8,234  ; 
die  groszen  erhndungen  thaten  sich  mit  einmal  hervor.   Win- 

KELMANN   3,  218  ; 

ciii/oln  geht  nach  cinan<UT  hinein,  nicht  alle  mit  einmal, 
«/A«  Tt^ofivTjaTiroi  iatk&sxe,  /urjS'  atta  nnt^eg. 

Od.  21,  230 ; 

da  steht  Ulan  denn  mit  einmal  dumm  und  siiimui. 
GOKIHUK  1,  l.'>4: 

man  warf  tausenderlei  fragen  mit  einmal  auf.  Wieian»  ll,2o.s; 
als  sich  in  ihr  das  durch  frühern  Unterricht  empfangene  mit 
eiumal  zu  entwickeln  schien.  Götue  17,217;  wie  sollte  sie 
aber  jede  bofnung  mit  einmal  aufgeben!  17,364;  so  tiel  das 
werk  mit  einmal  über  den  häufen.    37, 269 ; 

(loch  grado  diese  leiiten  tage 

liel  er  mit  einmal  mir  aufs  herz.    2,  223; 

ei  sieh  doch,  .schön !  für  doino  wunden 

ist  die  arznei  mit  einmal  güTunden.    45,89; 

da  srhosz  er  hervor  und  schnappte  mit  einmal 

auch  iincli  mir,  da  lühr  ich  zusammeu  und  filif  ai  (liehen. 

40,11«. 

9)  zu  einem  mal,  tnhd.  zeinem  male,  begegnet  selten:  denn 
das  er  gestorben  ist,  das  ist  er  der  sünde  gestorben  zu  einem 
mal,  iipana^.    Hörn.  6, 10. 

B)  einmal,  o<ini,  aliquando, 

1)  quodam  tempore,  der  gangbare  nusdmrk  für  unbe.Klimmle 
zeit,  die  erziihlttng  beginnt:  es  war  einmal  ciii  könig ;  eiirmnl 
lebte  ein  mann,  was  aber  auch  ivegUleitnn  kmin  und  im  latei- 
nischen märchen  gewöhnlich  fehlt:  eraiit  rex  et  regina,  im 
franmsisihin  ebenfalls  ifvsettt  wird:  il  elait  une  fuis  un  roi 
et  une  reine,  einmal  da  hicsx  im  ilencdict  zc  Irinken  bringen. 
Kti^iiisii.  vmeh  U'; 


233 


EINMAL 


EINMAL — EINMASERN 


234 


mein  vater  einmal  ein  kälblin  hett.    Atrrh  53*; 
es    hatte    einmal    ein  könig  sich  auf  die  jagd  begeben,    pers. 
rosenth.  3,1;  es  war  einmal  ein  kind.    Göthe  8,18; 

märchen  sagt  'es  war  einmal'.    41,  271; 

ich  schosz  einmal  eine  katz  am  zäun.    1, 172. 
Gellebts  erzdhlungen  ziehen  einst  dem  einmal  vor,    doch  er- 
scheinl  es  hin  und  wieder: 

ein  äffe  sah  ein  paar  geschickte  knaben 

im  brei  einmal  oie  dame  ziehn.    1,  156; 

der  eine,  der  gern  siegen  wollte, 

sann  einmal  lange  nach,    ebenda; 

Till  Eulen^piegel  zog  einmal 

mit  anilern  über  berg  und  thal.    1,  IM; 

als  ich  einmal,  so  fängt  mein  autor  an 

nach  seiner  weise  zu  erzählen, 

in  einer  kirche  sasz.    1,  214. 

wir  unterscheiden  freilich  zwischen  eins!  wirf  einmal,  jenes  hat 
uns  nur  die  bedeulung  von  olim,  in  einmal  aber  schimmert 
noch  seviel  durch,  ehmats  lag  doch  dieser  sinn  auch  in  einst. 
s.  einst. 

2)  einmal  geht  zwar  hauptsächlich  auf  die  Vergangenheit,  kann 
aber,  wie  einst  und  olim,  auch  die  zukunß  ausdrücken:  ich 
komme  spät,  doch  ich  komme  einmal;  bald  einmal;  ihr  sollt 
euch  wundern,  wenn  das  einmal  geschieht;  ob  sichs  einmal 
zutragen  wolt,  das  ich  zu  euch  kerne,  et  neos,  si  quo  modo 
tandem.  Rom.  1,  10 ;  ich  werde  einmal  plötzlich  über  dich 
komen  und  dich  vertilgen,  semel  ascendara  in  medio  tui. 
2  Mos.  33,  5,  wo  dem  semel  plötzlich  entspricht,  einmal  zum 
futurum  gehört  i  es  wird  im  der  wanst  einmal  vol  werden. 
Hiob  20,  23 ;  denn  es  sol  sich  auch  einmal  alle  weit  für  mir 
fürchten.    Ez.  32,32; 

ich  denk  ich  halte  sie  einmal 

und  biisze  meine  lust.    Göthe  1,  20. 

3)  nach  dem  itnp.  hat  einmal  den  bittenden,  zurufenden, 
aufmunternden  sinn  des  lat.  heus  und  quaeso  {vgl.  bald  1, 1081) : 
hör  einmal!  komm  einmal  her!  setze  dich  einmal!  denke  dir 
einmal!  wie  wir  auch  doch  verwenden:  höre  doch!  komm 
doch  her!  setze  dich  doch!  oder  beide  Wörter  häufen:  höre 
doch  einmal  u.  s.  w. 

süsz  liebchea!  'laszt  einmal  I'    Götue  12,  165; 

bedenk  doch  nur  einmal!    1,168; 
sehen  sie  einmal,   ob  es  sich  der  mühe  verlohnt  den  frisch- 
ling   zu   schieszen.    Rabener  2,  74;    reichen    sie    einmal  den 
teuer  her!;  geben  sie  einmal  acht!  im  hinlergrund  liegt  immer 
die  blassere,   eigentliche  bedeutung  von  semel. 

i)  ähnliches  einmal  neben  dem  praesens,  wo  man  es  wieder 
mit  doch  vertauschen  könnte,  voraussetzend  und  einräumend: 
es  ist  einmal  wahr,  certe,  profecto ;  es  ist  einmal  so ;  Anton, 
was  hat  er  einmal  zu  lärmen  ?  Götter  3, 165 ;  das  ist  mir 
einmal  unbegreiflich.  Göthe  57, 226 ;  wo  ein  bedürfnis  das 
urtheilen  nothwendig  macht,  da  ist  eine  maxime  nöthig,  nach 
welcher  wir  unser  urlheil  fällen,  denn  die  Vernunft  will  ein- 
mal befriedigt  sein.  Ka.m  1, 125 ;  es  ist  einmal  ungewis,  ob. 
3,  350;  es  ist  einmal  (damit)  nicht  so  gut  bestellt.  4,99. 
darum  verbinden  sich  auch  beide  partikeln:  eine  beschränkt- 
beit  der  Vernunft,  die  doch  einmal  nicht  von  ihr  zu  trennen 
ist.    Ka.nt  6,228; 

nein,  ich  spiele  länger 

die  miimmerei  nicht  mit.    er  musz  es  doch 

einmal  errahren.    Lkssing  2,  234; 

hat  der  alte  hexeomeister 

sich  doch  einmal  weg  begeben.     Götub  1,  237; 

ich  besasz  es  doch  einmal, 

was  so  köstlich  ist.    1,  111; 

du  bist  doch  nun  einmal  eine  hur, 

so  seis  auch  eben  recht.     12,  196. 

5)  nun  einmal  lag  eben  vor.  hier  sind  noch  andere  bei- 
spiele,  ohne  doch :  ich  übersende  euch  nu  einmal  den  armen 
Sorgenvol.  Rehiichn  A/ag  des  annen  niunrics  s.  3;  beide  stimm- 
ten darin  überein,  dasz  da  das  stück  nun  einmal  auf  das 
deutsche  theatcr  solle,  dieser  hintergrund  für  unsere  vorstel- 
lungsart  am  besten  werde.  Göthe  19, 106;  da  die  groszen  nun 
auch  einmal  menschen  sind.  24,  308 ;  ansern  gasten  würde  es 
bei  uns  nicht  woler  sein,  sie  sind  nun  einmal  das  alte  gc- 
liäude  gewohnt.  26,17;  ich  bin  nun  einmal  so.  dies  nun 
einmal  bezeichnet  das  geschehene,  eingetretene,  beschlossene, 
abgethane  und  weist  auf  semel  zurück. 

6)  endlich  einmal:  hörst  du  endlich  einmal?;  sei  nur  end- 
lich einmal  still! 


7)  nicht  einmal,  ne  quidem:  das  er  wüste,  wie  seine  kinder 
sich  schendlich  hielten  und  hette  nicht  ein  mal  säur  dazu 
gesehen.  1  Sam.  3, 13 ;  dasz  er  mich  nicht  einmal  bemerkte. 
Gotter  3,  23  ;  er  verleumdete  mich  und  du  sagtest  nicht  ein- 
mal ein  wort  da  wider;  das  alles  sagst  du  mir  und  wirst 
nicht  einmal  rotb? 

8)  einmal  —  einmal  =  modo  —  modo,  bald  —  bald: 

einmal  ist  sie  munter,  meist  betrübt, 
einmal  recht  ausgeweint.    Göthk  12,  174; 

er  ist  einmal  so,  einmal  anders,  wetterwendisch. 

9)  auf  einmal,  gleichviel  mit  einmal  unter  1  und  verschieden 
von  dem  unter  A,  7  behandelten  auf  einmal :  es  war  ein  für- 
nem  man,  ein  Zunftmeister,  ward  auf  einmal  {quodam  tem- 
pore) bestäubt  mit  wein  und  mocht  nit  heim  kummen.  Kei- 
üERSB.  s.  d.  ff».  9* ;  auf  einmal  da  wäre  ein  ritter,  der  het  ein 
frauwe.  scA.  t<.  enisn550  cap.  344;  auf  einmal  war  ein  maier, 
der  malet  die  allerhüpschsten  Jesusknehlen.  cap.  359;  ganz  wie 
man  auch  sagte  auf  eine  zeit,  öf  ein  ztt.    Eckhart  625,  32. 

10)  die  wegnähme  des  tons  von  ein  hatte  zur  folge,  dasz  es 
völlig  ausfallen  konnte  und  nichts  als  mal  zurückblieb,  in  der 
Volkssprache  erscheint  in  allen  von  1 — 8  aufgezählten  fällen 
häufig  bloszes  mal;  eine  noch  stärkere  aphaeresis,  als  die 
sp.  139  behandelte,  welche  von  dem  ein  mindestens  das  a  be- 
hielt, dies  mal  für  einmal  begegnet  auch  bei  schriflslellem,  die 
jenes  n  für  ein  meiden: 

wenn  ich  mal  ungeduldig  werde, 

denk  ich  an  die  geduld  der  erde.    Götub  2,  306; 

ich  will  euch  erzählen  ein  märchen,  gar  schnurrig. 

es  war  mal  ein  kaiser,  der  kaiser  war  kurrig.    Bübgeh  66*. 

wenn  nun  das  märchen  vom  fischer  anhebt:  dat  wör  mal  ens 
en  fischer  un  sine  fru,  so  wird  hier  das  vor  dem  mal  untei- 
drückte  en  nochmals  pleonastisch  durch  ens  =  einmal  aus- 
gedrückt, die  fries.  mundart  verwendet  ris  ßr  ien  ris,  einmal, 
im  neapol.  na  vota  mangelt  nichts  als  der  anlaut.  übrigens 
mag  dies  mal  zum  probstein  ßr  den  unterschied  zwischen 
dinmal  und  einmal  gereichen,  ein  fällt  nicht  weg,  folgliih 
weist  mal  auf  geschwächtes  einmal,  aus  diesem  gründe  erscheint 
nochmals  (sp.  231)  für  noch  einmal,  noch  eines  males  fehlerhaft. 

EINMALEINS,  adv.  aliquando,  dermaleins,  dermaleinst, 
pleonastisch,  da,  wie  eben  bemerkt  umrde,  in  einmal  und  eins 
=  einst  ganz  dasselbe  enthalten  ist:  wie,  wenns  mit  der  zeit 
ein  mal  eins  inen  auch  mit  irer  kirchengewalt  und  weihe  als 
gehen  würde.  Luther  6,  82',  hier  steht  zur  Verstärkung  auch 
noch  das  gleichbedeutige  mit  der  zeit. 

E1N.MALEI.NS,  n.  tabula  pythagorica :  einmal  eins  ist  eins ; 
nnl.  eenmaaleen ;  auch  in  Hans  Bock  rechenbuch.  Sümb.  1544 
das  einmalein,  doch  seil  Adam  Riese  (f  1559)  gilt  das  einmaleins  : 

ein  jeder  lobe  was  er  will, 

vom  einmaleins  da  halt  ich  viel.    Weise  com.  probe  124; 

man  gefällt  sich  selten  in  dingen,  die  man  so  inne  hat  und 

übersieht,  wie  etwa  das  einmaleins.    Lichtenberg  1,  295. 

EINMALEINSGESCH.\FT,  n.  negotium,  argentaria,  geldge- 
schäß  :  übrigens  war  ilun  Libuni  in  seinen  einmaleinsgeschäflen 
und  noch  mehr  in  den  vielfältigen  bändeln  mit  der  fuszgicht 
fast  unentbehrlich  geworden.  Kt.  Scu%ibt  kom.  dichtungen  285. 

EINMALEN,  copiam  farinae  congerere,  körn,  getraide  in 
Vorrat  malen,   dän.  indmaale. 

EINMALHEBER,  m.  vicissitudinarius,  i.  e.  vicem  praebens 
vel  vicem  alterius  gerens.  t-oc. //ieuM482  f  8*.  Diefesbach  618*. 

EINMALIG,  quod  semel  factum  est :  sein  einmaliges  erschei- 
nen gieng  spurlos  vorüber;  diese  einmalige  erinnerung  fruch- 
tete wenig,     richtiger  wäre  einmallich,  einmalich. 

EINMÄNNIG,  unum  capiens  virum:  ici»  miethele  ein  ein- 
männiges  boot  (mit  einem  schiffer).  Göthe  30, 175;  erforderte 
schnell  eine  einmännige  stube  und  dergleichen  abendmahlzeit 
(zimmer  mit  iinem  bell  und  essen  für  einen  mann),  i.  P.  ßegel}. 
1,  97 ;  der  reisehofmeister  begleitete  darauf  seine  kleine  ein- 
männige fürstenschule.    paling.  2,  76. 

E1N.MANNISCH,  dasselbe:  ein  eiiunännisches  bette ;  cinmän- 
nisclier  kübel,  der  nur  einen  knappen  aus  der  grübe  schaffen  kaiut. 

EIN.M^VRLNIEREN,  franz.  mariner,  gebratene  ßscke  in  essich 
und  öl  einmachen. 

EIN.MARKEN,  was  eingrenzen.    HeniscH  853,  44. 

L1NM.\RSCH,  m.  inyressus  militum,  das  einrücken. 

EIN.MARSCHIEREN,  ingredi,   einrücken,  von  heerscharen. 

tlNMASERN,  maser  ist  tuber,  geschwulsl,  knote,  Verhär- 
tung, einmasern  demnach  intuberare,  wie  die  analogie  von 
extubcrare,  prulubcrare   zu  bilden  gestallel.     das   seltne  »Ott 


235 


EINMASZ  — EINMUNDEN 


EINMÜNDEN  —  EINNÄHEN 


236 


bietet  nur  Keisebsbbrg  dar:  usz  dorn  schmerzen  entspringt 
dann  ein  etkuni,  ein  iniferen,  ein  inmaseren,  das  du  denn 
anfubest  in  deinem  gemut  in  zu  fulen  in  dich  selber  und 
noch  dannocbt  nit  nszbrichst.  bilger  137',  man  vergleiche  ein- 
eifern, einfaulen  und  elkum.  Graff  2,  875  hat  ahd.  maserün, 
exluberare,  einmasern  musz  bedeuten  sich  verhärten,  verknoten, 
hier  von  innerlicher  geschuulsl. 

EINMASZ,  n.  decrementum  in  metiendo,  abgang  beim  ein- 
messen. 

EINMASTER,  m.  navis  uno  malo  artnata,  vgl.  dreimaster. 

EINMASTIG,   uno  malo  inslruclus. 

EINMAüEBN,  muro  claudere,  schw.  inmura,  dän.  indmure : 
ein  kind,  ein  lebendes  wesen  einmauern  {mylhol.  1096) ;  eine 
nonne  lebendig  einmauern ;  einen  balken  mit  einmauern ; 

docb  donnertöne  schütt  auf  den  verhaszien 
der  vieler  dörfer  leben  eingeinaurt, 
und  nimmer  satt  bei  goldgefullten  kästen 
auf  höhern  wucher  laurl!    Voss  4,  10; 
und  immer  mich  bei  büchern  einzumauern, 
da  würd  ich  doch  mit  recht  wol  ausgelacht? 
GöKiNGK  2,  1S5; 
ein  weitmann,  der  im  civilisationsverderben  versunken  ist  oder 
vielmehr   eingemauert   dasteht,    Pestalozzi  6,  195;     er   hörte 
nur  worltrost  und  das  todesurtheil,  dasz  die  geduldige  seele 
noch   immer    eingemauert   sei   in  die  tiefste  hole  des  lebens 
(d.  t.  blind  sei).  J.  P.  TU.  3, 136 ;  er  wur  zwischen  zwei  kleine 
dämchen  eingemauert,    uns.  löge  2, 119. 

EINMEISCHEN,  fervente  aqua  perfundere  loslum  hordeum. 
EINMEISZELN,    caelo   incidere:    der   name   ist  noch  nicht 
auf  den  marmor  eingemeiszelt. 

EINMENGEN,  immiscere,  nnl.  inmengen,  schw.  inmänga: 
lustig  eingemengt.  Garg.  115' ;  teig  einmengen ; 

und  er  gebot,  dasz  eiligst  der  kunstberübmte  Hefästos 

erde  mit  flut  einmengt  und  menschliche  stimm  ihr  enheilte. 

Hesiod  von  Voss  haust.  61 ; 
mengje  deinen  fusz  in  frembdes  werk  nicht  ein.    Opitz  1,349; 
er  mengt  sich  in  alles  ein;  warum  mengtest  du  dich  in  das 
gespräch   ein?;   beide  mengten  sich  wieder  in  die  gegenwart 
ein.    J.  P.  flegelj.  1, 117. 

EINMENGSEL,  n,  admistio:  ein  unnöthiges  einmengsei. 
EINMESSEN,  nnl.  inmeten,  schw.  inmäla. 

1)  ad  mensuram  infundere:  wein,  hier  einmessen,  zumes- 
sen ;  körn  einmessen,  d.  h.  in  die  kanne,  in  den  sack  : 

alhie  ein  trünklein  wein  ich  hab, 

der  keiner  thet  mirn  einmessen.    Atrek  385'; 

2)  minuere  metiendo,  vgl.  einmasz. 

EINMETZGEN,  was  einschlachten:  sich  nicht  einmetzgen 
lassen.    Gotthelfs  Uli  218. 

EINMIETIIE,  f.  conduclie  habitalionis. 

ELNMIETHEN,  conducere  habilationem :  es  konnte  mir  nichts 
glücklicher  begegnen,  als  dasz  Griesbachs  ebendaselbst  ein- 
gpiniethet  hatten  und  bald  nach  mir  ankamen.  Göthe  31, 100. 
reß.  sich  einmiethen:  der  teufel  des  neides  miethet  sich  im 
herzen  ein.   J.  P.  holzschn.  155. 

EINMISCHEN,  jmmwcere,  einmengen:  ein  statt  von  xxv  tausent 
feurstett  oder  beusern  besetzt  mit  eingemischten  lustgärten. 
Frame  weltb.  22S';  den  körper  C  mische  ich  hiebei  nicht  ein. 
Kam  8,58;  sich  in  ein  kriegshandel  einmischen  und  einOicken. 
Maales  126*:    die  eingemischte  Wahrheit.  Lessing  8,133; 

80ll  ein  ergetzlich  kus 
sein  besser  angewehrt  als  auf  des  pabstes  fusz, 
»0  musz  ein  lililich  wori,  so  musz  ein  freundlich  kürmeln 
bei  suszen  schmntzerleiu  dem  lachein  und  dem  murmeln 
sich  anig  mischen  ein.    Locai;  2,14; 

freund,  da  jeder  sich  jetzt  freut,  dasz  mit  dieses  wiuters  frosten 
auch  des  langen  krieges  eis  werde  schmelzen,  und  den  lüsten 
nechtten  fruhlings  sich  die  zier  auch  dos  fricdens  mischen  ein. 

2,45,70; 
welch  ein  conceri!  die  kleine  grille 
mischt  leise  zir|>end  auch  sich  ein, 
und  von  dem  fröhlichen  gehrUile 
des  Viehes  bebt  der  nahe  hain.    Dom  im  musenalm.  1770. 

EINMONATLICH,  uniut  mensis:  cininonatliche  frist,  gefan- 
genschaft. 

EINMÖNDIG,  dasselbe.    Ölingers  grammalica  82. 

EINMUMMELN,  ceiare,  einhüllen. 

EINMUMMEN,  dasselbe:  sich  einmummen  gegen  die  kälte; 

in  sklarenkleiiler  du,  und  ich  nun  l.itine 
in  einen  |iur|iurmaiiiel  eingeniuuiinl.     .Scbillir  ... ; 
die  rothe  wang  halb  «iiigemuniint  im  rauchwerk.    Vou  ... 
EIN.MLNDEN,  mandufare,  zu  munde  ßhren :  er  kann  statt- 
lich einmundeo,  ovidisstme  comesse  novit.    Stikler  130B. 


EINMÜNDEN,  inßuere,  confluere:  da  wo  die  Mosel  in  den 
Rhein  einmündet,  vgl.  ausmünden  efflucre. 

EINMÜNDIG,  uno  ore:  sie  all  schreiben  aimündig  so. 
Reüchlin  verst.  11';  der  meinung  waren  die  bürger  alle  und 
einmündig  sprachen  sie.  Hugoschapler  17 ;  die  herzogin  die 
frauwen  zu  ring  uinb  fragen  thet,  alle  einmündig  urtbeilten. 
Galmy  149;  die  dri  länder  gabend  einmündig  ir  antwort. 
TsciiuDi  1,271;  alle  antworteten  einmündig  'geld,  geld,  geld*. 
der  mit  den  Seltenheiten  dieser  well  beschäftigte  parnassus, 
durch  Molandern.  Hamb.  1698  s.  63. 

EINMÜNDLNGS WINKEL,  m.  winkel,  unter  dem  ein  flusz  in 
den  andern  einmündet. 

EINMÜ.NZEN,  cudere  in  numos,  gold,  silber,  kupfer  ein- 
münzen, in  münze  verwandeln,  alte  thaler  cinmünzcn,  in 
neues  geld  vermünzen: 

ein  kluger  fürst  der  münzt  sie  ein 

und  thut  ein  tijchiigs  kupfer  drein.    Götub  13, 111. 

EINMUT,  f.  in  doppeltem  sinn, 

1)  concordia,  einlracht,  ahd.  mhd.  einmuot : 

dir  nur  ist  es  bekannt,  mit  was  vor  cinmut  wir  damals. 

du,  mein  vaier,  und  ich,  und  der  geist  die  erlösung  besctilossen. 

Messias  1,90,  wo  die  ersten  aufgaben  was  für  lesen; 
kein  unedler  mehr  war,  zu  eniweihn  der  heiligen  einmui. 

4,1237,  wo  1751:  der  heiligen  bun J  zu  entweihen; 
siehe,  wir  waren  mit  herzlicher  einmut  in  unserer  hütte 
an  dem  tempel  versammelt.    19,  917. 

2)  obstinalio,  pervicacia:  welche  affect  und  einmut  der  got- 
losen  in  psalmen  oft  werden  anzaigt.  Frank  trunkenheil  1531  E'. 
später  veraltet,  wie  einmütig  2. 

EINMUTEN,  nomen  suum  deferre,  petere  magisterium,  bei 
den  handwerkern.    Stieler  1300. 

EINMÜTIG,  ahd.  einmuoti,  ags.  5nm6d,  mhd.  einmüete,  ein- 
müetic 

1)  unanimis,  Concors,  einträchtig:  die  rede  Ruperts  von 
allen  seinen  gesellen  gelobet  ward,  ihm  einmütig  gewonnen 
gaben.    Galmy  169; 

0  dasz  ihr  möget  allezeit 

einmütig,  in  sunst  keinem  streit 

dan  in  dem  liebes  streit  nur  leben.    Weckhkrlin  457; 

beschlossen  sie  einmütig.  Lokman  fab.  34;  dasz  das  meiste 
Volk  einmütig  ihm  zugefallen,  pers.  rosenth.  1,  8 ;  bei  der 
theilung  ward  ich  einmütig  dem  hauptmann  der  räuber  zuer- 
kannt. Wieland  1, 46 ;  er  schien  ihnen  allen  so  unstreitig 
der  wackerste  und  beste  aus  ihrem  mittel  zu  sein,  dasz  sie 
ihn  einmütig  zu  ihrem  anführer  erwählten.  7, 158 ;  als  Ver- 
fasser einmütiger,  gegen  verketzerung  und  Schwärmerei  eifern- 
der Schriften.  Gökingks  leben  Nicolais  55.  in  einigen  dieser 
stellen  kann  oder  musz  einmütig  ein  adv.  sein. 

2)  obslinatus,  pervicax,  morosus,  animi  aeger,  ganz  wie  dem 
ags.  dnmAd  ähnliche  bedeutung  beiwohnt,  der  einmütige  ist 
auch  eigensinnig,  hartnäckig,  gerade  so  wurde  ahd.  einherti 
constans  zu  austerus,  rig^dus: 

glück  zu,  mein  lieber  Parmeno, 

was  Ibust  du  so  einmütig  do7    H.  Sachs  V,  2t5', 

so  unmutig,  verdrossen; 

aber  mein  herr  und  auch  mein  Schwester 

kamen  mit  mir  zu  streiten  gester, 

das  ich  also  einmütig  wer, 

das  ist  mir  heut  fürkomtnen  schwer.    Atrbr56'; 

in  solchen  einmütigen  (schwermütigen)  gedanken.  gespenst  18. 

EINMÜTIGKEIT,  f.  concordia,  eintracht. 

EINMÜTIGLICH,  unanimiter,  mhd.  eininüeteclkhe:  beschlos- 
sen sie  doch  einmütiglich.    KiRcuHor  wendunm.  254*. 

EIN.MYHRHE.N,  wie  einbalsamieren:  der  ist  balsamieret  und 
eingemyrrliet.    Otho  147,  vgl.  die  gemyrrhten  leiber  329. 

EINNÄCIITIG,  unam  noctem  natus,  altn.  einnxttr. 

EINNAGELN,  clavo  infigere:  die  Icicbc  einnageln,  mit  in 
den  sarg  gesdilagnen  nageln; 

ich  bin  in  dunkeln  mauern  eIngeoRgelt.    Tiece  2, 141. 
das  ahd.  innagilan  tf(  a6er  entnageln,  aufnageln,  pandere. 

EINNAGEN,  inrodere.  voc.  theut.  U%i  iV :  mause  nogen  die 
schwelle  ein.  sich  einnagen :  der  liamster  hat  üit  h  in  die 
kiirngarlie  cingenagt.     figürlich,  der  einnugende  gram. 

EINNÄHEN,  insuere,  nnl.  innaaijen. 

1)  läppen  ins  kleid,  bl.'ltter  ins  buch  einnähen,  einheften; 
geld  zwischen  das  futter  einuttben:  er  [dtr  pilger\  sol  auch 
ein  teil  gells  vernegt  haben,  ob  er  das  gelt  im  secAel  ver- 
lür,  da*  er  sich  denn  mit  dem  verncglen  eroere  und  tiiubriag. 


237 


EINNAHME  —  EINNEHMEN 


EINNEHMEN 


238 


er  sol  vil  gelts  im  seckel  Laben,  nit  nnmmen  ein  wenig  . . . 
uf  das  er  sich  daruf  verlassen  möge,  ob  im  das  ingenegt  ge- 
stolen  würd.  Keisebsb.  bilger  81*;  du  soll  das  gelt  innegen 
in  den  hut  der  gedult,  in  den  mantei  der  lieb  und  in  den 
sack  des  gloubens.  S9',  vgl.  einTernähen.  Vatermörder  wur- 
den in  einen  ledernen  schlauch  eingenäht  {insuU  cuUeo)  den 
wellen  fibergeben.    RA.  697. 

2)  enger,  küner  nähen:  das  kleid  rnnsz  unten  eingenäht 
werden. 

EIN.\.\HME,  f.  alleren,  wie  rervandlen  sprachen  fremd,  bei 
Dasvp.,  Frisics,  Maaleb  noch  nicht  da,  bei  Hemsch  853.  SM 
nur  für  die  iiceile,  nicht  für  die  erste  bedeulung,  in  icelcher 
es  auch  Lcther  nidil  kennt. 

1)  occupatio,  expugnatio :  einnähme  einer  Stadt,  bürg,  festung, 
eines  landes ;  die  einnähme  geschah  stürmender  band,  kostete 
viel  blut. 

2)  aceeptum,  reditus :  alle  ausgäbe  und  einname  anschreiben. 
Sir.  42,  8 ;  nach  rechnung  der  ausgab  und  einoam.  Philipp. 
4, 15 :  seine  ausgäbe  übersteigt  weit  die  einnähme ;  er  hat 
noch  geringe  einnähme. 

EIN.NAHMEBL'CH,  n.  codex  acceptorum,  rediluum.  einnam- 
Luch.    Heniscb  S54,  54. 

El.NNAMlG,  unum  gerens  nomen. 
EIN.NASCHEN,  /i<;unre.- 

ei,  ei.  der  ungesunden  fruchi! 

was  hast  du  feuischland  eingenaschet!    Koiplir  169. 

EINNÄSSEN,  madefacere.  Stieler  1333 :  vom  heutigen  platz- 
regen  wurden  wir  ganz  eingenäszt ;  dieser  landregen  wird  das 
feld  einnässen.     vgl.  einnetzen. 

EIN.NATUREN,  ingenerare:  belonet  ihm  die  demselben  ein- 
genaturte  tugendbeharrlichkeit.  to5  Birie"«  OL  o. ;  so  hat  gott 
ihm  dennoch  solche  merksamkeit  und  empfindüchkeit  einge- 
naturet.  Praetorics  Storchs  und  schu;albentcinterquarlier  A  2. 

EINNEHMBAR,  was  einzunehmen  ist:  äk  festung  ist  nicht 
einnehmbar.  imprenable. 

EINNEHMEN,  capere,  occupare,  accipere,  reeipere,  sumere, 
nnl.  innemen,  schw.  dän.  mit  anderm  wort  intaga,  indtage. 

1)  speise  und  trank  einnehmen,  zu  sich  nehmen;  sein  abend- 
brot,  frühstück  einnehmen; 

doch  vom  weiienbroi, 
das  er  freundlich  bot. 
nahm  sie  nicht  den  kleinsten  bissen  ein.    äörai  1,246; 

nach  eingenommnen)  mahl  zu  bette  gebn ;  der  unmäszig  ein- 
genomme  wein  machte  ihn  bald  trunken. 

2)  arzn"ei,  gift  einnehmen,  schlucken,  trinken:  man  mut- 
maszete,  dasz  er  gift  eingenommen  hätte.  E.  von  Kleist  2, 149. 
mit  ausfallendem  acc,  das  kind  nimmt  nicht  gern  ein ;  dieser 
doctor  läszt  viel  einnehmen ;  der  kranke  brach,  was  er  ein- 
nahm, gleich  wieder  aus ;  nieswurz,  die  enthaltet  einen  men- 
schen vor  groszem  schaden,  so  ein  arzet  einem  die  vorbe- 
reitet hat.  und  sol  die  sunst  nicht  einnemen.  Keisebsb.  s.  d.  m. 
23*.  figürlich,  er  musz  viel  einnehmen,  verschlucken,  sieh  ge- 
fallen lassen,  spott,  höhn,  ärger  gelassen  tragen:  sie  würden 
nicht  die  geringste  Spötterei  über  mich  dulden,  und  doch 
würden  sie  täglich  die  bittersten  einzunehmen  haben.  Lessing 
1, 593 ;  ich  rüste  mich,  von  meinem  herm  . . .  den  verweis 
geduldig  einzunehmen.  Klincer  1,52;  schaden,  kummer  ein- 
nehmen, damnum,  dolorem  capere. 

3)  geld  einnehmen,  accipere,  reeipere,  /ür  sich  und  andere: 
da  sie  nu  gen  Capernaum  kamen,  giengen  zu  Petro  die  den 
zinsgroschen  einnamen  und  sprachen,  pflegt  ewer  meister 
nicht  den  zinsgroschen  zu  geben  ?  Matth.  17,  24 ;  er  hat  jähr- 
lich tausend  thaler  einzunehmen ;  er  zählt  alle  summen  nach, 
die  er  einnimmt  häufig  wieder  ohne  den  acc,  viel  einzu- 
nehmen haben,  lieber  einnehmen  als  ausgeben,  einnehmen 
und  nicht  wiedergeben,  auch  weiter  angewandt,  fruchte  ein- 
nehmen; kom  einnehmen; 

gibt  Clara  einen  kus,  soll«  viel  gegeben  sein? 

so  oft  sie  einen  gibt,  so  nimmt  sie  einen  ein. 
LoGAi;  3,  94,  93. 
hierher  gehört  auch  der  bekannte  ausdruck  die  buldigung  ein- 
nehmen,   feierlich  in  empfang  nehmen,    z.  b.  bei  Habn  1,  273. 
274.  290 ;    nahm   unser   nunmehriger  ältester  und  regent  die 
sogenannte  buldigung  ein.    Felsenb.  3,  250. 

4)  herein,  herunternehmen:  die  {aufgehängte)  wasche  ein- 
nehmen, lintea  eolligere,  componere;  die  segel  etnnebmeD, 
einziehen. 

5)  leute  einnebmrn,  bei  sieh,  ins  haus,  schif  u.  s.  w.  auf- 
nehmen, reeipere:  einen  zur  mietlie  einnehmen ;  fremde,  gaste 


einnehmen;  mit  einem  wagen  halten  und  die  flüchtigen  ein- 
nehmen,   ehcn  eines  weibes  157; 

die  hölle  nahm  mehr  {seelen)  in  die  ewige  nacht  ein. 
Messias  5.  75 ; 
als    der  Schiffer  stille  hielt,    um  noch  jemand  einzunehmen. 
GöTHE  18, 189 ;    reiter   und    pferde  ins  schif  einnehmen ;    der 
fahnnann  weigerte  sich  noch  einen  mehr  in  den  nachen  ein- 
zunehmen ; 

anmutig  thal!  du  immer  grüner  hain! 
nehmt  freundlich  mich  in  eure  schatten  ein. 
GöTHE  2,  141; 

das  hans  konnte  nicht  alle  sich  zudrängenden  menschen  ein- 
nehmen; wenn  ich  dich  nun  in  meine  horden  einnähme,  sage 
mir  doch,  wer  sollte  alsdenn  meine  armen  schafe  gegen  dich 
beschützen?   Lessing  1,161; 

miuen  zwischen  noih  und  sünde  stehen  wir.  weil  wir  hier  sein, 
bis  UDS  Jesus  unser  mittler  nimt  zu  eneeln  mitten  ein. 
LOGAU  2,  199,  22. 

6)  ort  und  raom  einnehmen,  occupare,  possidere,  tn  hesili 
nehmen,  besetzen :  laszt  uns  hinauf  ziehen  und  das  land  ein- 
nemen, denn  wir  mügen  es  überweldigen.  4  Mos.  13,  31 ;  und 
sie  schlugen  in  und  seine  söne  und  alle  sein  volk  bis  das 
keiner  über  bleib  und  namen  das  land  ein.  21,  35 ;  sihe  da, 
ich  habe  euch  das  land,  das  da  für  euch  ligt,  gegeben,  gehet 
hin  und  nempts  ein.  5  Mos.  1,  8 ;  solch  land  namen  wir  ein 
zu  derselben  zeit.  3, 12 ;  der  wird  komen  und  wird  im  ge- 
lingen und  das  königreich  mit  süszen  werten  einnemen.  Dan. 
11,  21 ;  und  der  herr  war  mit  Juda,  das  er  das  gebirge  ein- 
nam.  rieht.  1, 19;  stehe  auf  und  nim  ein  den  weinberg  Naboth 
des  Israeliten,  l  kön.  21,  5 ;  und  es  ward  dem  Holoferni  an- 
gesagt, das  die  kinder  Israel  sich  rüsteten,  und  wie  sie  die 
klippen  am  gebirge  eingenommen  betten,  iudilh  5, 1 ;  aber 
der  künig  flöhe  in  seine  bürg,  da  nam  das  volk  die  gassen 
ein  und  wollen  die  bürg  stürmen,  l  Macc.  11,  46 ;  die  festung 
wurde  eine  woche  lang  belagert,  endlich  erstürmt  und  einge- 
nommen. Lcther  sagt  auch  ein  volk  einnemen  für  dessen 
land  und  gebiet:  höre  Israel,  du  wirst  beule  über  den  Jordan 
gehen,  das  du  einkomest  einzunemen  die  Völker,  die  gröszei 
und  sterker  sind  als  du,  vulg.  ut  possideas  nationes  fortiores. 
b  Mos.  9,1;  das  ir  gröszer  und  slerker  Völker  einnemet,  denn 
ir  seid.  11,  23 ;  denn  diese  Völker,  die  du  einnemen  wirst,  ge- 
horchen den  tagewelem  und  Weissagern.   18, 14. 

Christus  hat  seinen  sitz  im  himmel  eingenommen,  Jesus 
Christ  musz  den  himel  einnemen  {im  h.  wohnen)  bis  auf  die 
zeit  da  er  widerbracht  werde,  apostelg.  3, 2t ;  ja  steckt  nu 
panir  auf  die  mauren  zu  Babel,  nemet  die  wache  ein.  Jerem. 
51, 12 ;  nach  des  königs  tode  nimmt  sein  nacbfolger  den  thron 
ein;  die  mauer  nimmt  im  garten,  der  schrank  im  zimmer 
einen  zu  groszen  räum  ein ;  dichtes  gewölk,  dunkel  nahm 
den  räum  des  himmels  ein;  der  mann  nimmt  seine  rechte 
stelle  ein ; 

treues  herze,  du  zeuchst  abe 

aus  der  weit  und  gehst  lu  grabe, 

ein  zu  nemen  Treud  und' ruh. 

die  der  himmel  richtet  zu.    Locau  1,182,09; 
du  bist  von  binnen, 

einzunemen  ehr  und  gut,  das  durch  allsein  nicht  rer^lit. 

3,41,10; 

und  das  Verzeichnis  seiner  bücher 

nahm  an  dem  lebenslauf  allein 

drei  bogen  und  drei  seilen  ein.    Gbllbbt  1, 116; 

meine  handlungsgeschäfte  nahmen  fast  den  ganzen  lag  ein. 
GöEiNGKS /e6pn  Nicolais  ;.  17;  die  krankheit  nahm  endlich  den 
ganzen  leib  ein;  benuischende  getränke  steigen  zu  köpfe, 
nehmen  den  köpf  ein,  die  sinne  gefangen,  das  starke  hier 
hatte  die  schwachen  köpfe  schon  etwas  eingenommen,  pol. 
maulaffe  187 ;  der  köpf  ist  mir  ganz  eingenommen,  die  ganze 
strasze  einnehmen  sagt  man  von  einem  bclrunknen,  der  von 
einer  seile  der  strasze  zur  andern  taumelt. 

7)  einnehmen  bedeutete  sonst  auch  zu  sinne  n^men,  eapieren, 
verstehen,  bedenken,  überlegen,  percipere:  e.  keis.  maj.  kur 
und  fürstliche  gnaden  wollen  wol  einnemen  und  bedenken, 
das  meine  bücher  nicht  alle  einerlei  art  sind.  Lltker  1,443*; 
wollet  darnmb  Heiszig  und  mit  ernst  auf  einen  jeden  articul 
besondem  hoch  achtung  geben  und  dieselbigen  wol  einnem- 
men.  KiRCUHor  mü.  disc  235;  dann  wie  ich  die  darüber  ver- 
faszte  und  verlesene  zeugensage  einnemme  und  gegeneinander 
auf  die  wage  lege.  263;  das  solche  hohe  sachen  von  unser 
armen  und  engen  vemunft  nicht  machten  eingenommen  wer- 
den. Hingwald  tr.  Eckh.  Kl*;  diese  wort  die  jünger  nicht 
rocht  nahmen  ein.  erang.  E  2* :  nahmen  den  augenscbein  ein ; 


239 


EITJNEHMEN  —  EINNEHMUNG 


EINNESTELN  — EINÖDE 


240 


dieses  nehmet  neiszig  ein, 
laszt  es  eure  wiirnung  sein.    Opitz  3,  135; 
wir  umbständ,  als  wir  wol  die  sachcn  nahmen  ein 
und  funden,  wie  er  sagt,  es  alles  war  zu  sein. 
Wkrders  Ariost  21,  64. 

ungewöhnlich  isl  sieb  eines  einnehmen  für  etwas  vorgeben : 
also  muste  er  ininitlen  seiner  naininen  sich  dennoch  einer 
kälte  einnehmen.  Opitz  Arg.  2,  442,  wo  annehmen  verständ- 
licher wäre. 

S)  einen  einnehmen,  anziehen,  entzücken,  locken,  reizen, 
capere:  DavU  sprichel,  got  ist  bi  allen  den,  die  in  lockent 
und  in  in  nenient.  Eckhart  102,  30 ;  eine  rede,  ob  sie  schon 
lieblich  und  das  herz  einnehmen  kan.    pers.  rosenthal  4,  6. 

es  ist  das  hohe  haar  der  schönen  Gasilenen, 
durch  welcher  treriichkeii  ich  einj^cnominen  bin. 

FLsaiNC  017; 
auch  Inklen  nimmt  dies  kind  bei  wilder  anmut  ein. 

Gbllrrt  1,  57; 
doch  nichts  nahm  unsre  Phyllis  ein, 
mit  flnstrer  stirne  sprach  sie  nein!    1,  80; 
ihr  laszt  euch  hei  der  schönen  melden, 
ihr  kommt  und  seht  und  nehmt  sie  ein.    1,  100; 
Jesmin  sah  Sylvien,  das  beiszt  sie  nahm  ihn  ein.    1,101; 
ein  ding  mag  noch  so  närrisch  sein, 
es  sei  nur  neu,  so  nimmts  den  pöbel  ein.    1,  117; 
sobald  du  dieses  glaubst,  so  nimmt  kein  glück  dich  ein. 

1,181; 
doch  keine  redensart  nahm  unsern  knaben  ein.    1,203; 
denn  laszt  ein  weib  schön,  wie  Cytheren,  sein, 
wenn  sie  die  blättern  hat,  so  nimmt  sie  nicht  mehr  ein. 

1,123; 
mag  man  gleich  stumm  und  hirnlos  sein, 
man  sei  nur  schön,  so  nimmt  man  ein.    3,  107: 
was  ich  hier  sah,  nahm  mich  ein.    Gottkr  3,31; 
du  getielst  mir,  deine  Unschuld  nahm  mich  ein. 

WiKLAND  12,  114. 

9)  einen  einnehmen,  occupare,  nach  6,  liebe  und  liasz, 
freude  und  trauer,  sorge,  zweifei,  angst,  furcht  und  schrecke 
nehmen  eiff,  bemächtigen  sich  des  menschen  oder  seines  ge- 
mfUs : 

welch  freudig  schrecken  nimmt  mich  ein.'    Grllkrt  1,228; 
nimmt  dich  die  Zärtlichkeit  nur  erst  Tollkommen  ein.    3,314; 

statt  der  schrecke  nimmt  mich  ein,  terror  occupat  arlus,  sagte 
man  auch  ich  nehme  schrecken  ein,  nehme  ihn  in  mich  auf: 
nun  kondt  die  Oriana  nicht  allein  der  arbeit  und  mühe,  so 
sie  gehabet,  sondern  auch  des  eingenommen  Schreckens  hal- 
ber nicht  von  dem  ort,  da  sie  Arealaus  fallen  lassen,  auf- 
stehen. Amadis  359 ;  unvermutlich  eingenommen  schrecken. 
Simpl.  2,278;  ist  sein  gehirn  mit  liebessorgen  eingenommen. 
pers.  rosenth.  ."i,  4 ;  drei  von  ganz  unterschiednen  gemülsre- 
gungen  eingenommene  personen.  Felscnb.  i,  20' ;  die  mit  vor- 
urtheilen  eingenommene  weit  ist  unbillig.    Haiieneb  3,321; 

von  schrecken,  furcht  und  schmerzen  eingenommen 
sieht  kaum  der  wanderer,  dasz  er  der  noih  entkommen. 
Lrssinc  1,  125; 

dieser  gedanke  war  für  ein  völlig  eingenommenes  herz  zu 
schrecklich,  als  dasz  sie  ihn  sogleich  hätte  verbannen  können. 
WiELA!«D  1,311;  dasz  Dionysius  in  wenig  stunden  ganz  von 
ihm  eingenommen  war.    3, 23. 

10)  für  oder  wider  jemand  einnehmen,  praeoecupare :  es  ist 
sonst  meine  gewohnbeit  nicht,  mich  beim  ersten  anblick  für 
jemand  einzunehmen.  WiELAPto  2,74;  die  Athener  sind  mehr 
als  irgend  ein  andres  volk  in  der  weit  geneigt,  sieb  plötzlich 
mit  der  äuszersten  lebhafligkeit  für  oder  wider  etwas  ein- 
nehmen zu  lassen.  2,  90 ;  sie  gicngen  mit  so  vieler  Schlauheit 
zu  werke,  dasz  es  ihnen  nach  und  nach  glückte  ihn  {den 
Dionysius)  gegen  Piaton  und  Dion  ciiizunehinen.    2,  2S3. 

f^l.NNKHME.ND,  permulcens,  blandus:  nicht  so  reizend  zu 
seio,  wollt  ick  dich  bitten,  nicht  so  sehr  einnehmend,  so  sehr 
rührend  zu  sein,  wie  du  bist  WiEiAnn  10,75;  weil  die  Über- 
zeugung überaus  sinnlich  und  daher  lebhaft  und  einnehmend 
isU  Ka^t  6, 74.  suwe\len  auch  fortit,  occupans :  vric  viel  <lie  par- 
teilichkeil gewaltiger  und  einnehmender  sein  könne,  als  die 
n.icklp  stärke  der  Wahrheit.   Kant  8,  99. 

KIN.NKII.MKH,  m.  exactor.  Skm.  HeLiiKR37;  einnehmer  des 
Zolls,  der  »teuer  u.  t.  w. 
^  EIN.NEHMlIN(j,  f.  cj-pugnalto,  bei  Fnisius  einnemuiiing,  bei 
Hbnisch  einnemung;  ein  bild,  auf  welchem  die  einnehniuiig 
der  gruszcn  cliinesischfii  niaiier  abgebildet  war.  Wki«b  mn 
19;  die  einnehtnung  einer  «ladL    Hahn  3,183. 


El^fNES'^^l,lN,  inßbulare:  wol  mir  das  ich  heute  mich  hart 
hab   eingenestelt    Ldtrer  8,222';    das   im  ganzen  land  kein 
sauberer   büblin   zu   finden  als  ich,   wie  ich  eingenestelt  hie 
stehe.  Carj.  136";  bis  er  sich  gar  ausgerüst,  eingenestell,  ge- 
fegt 173' ;  uneingenestelt  233'.     vgl.  aufnesteln. 
EiNNETZEN,  madefacere,  einwässern,  besprengen: 
da  fund  er  gar  los  badgesind, 
einfeitig  er  sich  niiler  setzet, 
die  unicrmeid  im  nicht  cinnetzci, 
kein  wasser  bracht  der  bodenkncclit. 

H.  Sachs  IV.  3,  88'; 
wir  müssen  durch  den  Strudel  setzen, 
mein  schiramel,  must  die  fusz  eiiinetzen.' 
tBundcrhorn  2.  88. 

EINNICKEN,  dormitare:  was  auf  unserer  hereinfahrt  vom 
balle  geschehen  ist,  habe  ich  noch  nicht  erzählt,  es  war  der 
herlichste  Sonnenaufgang,  der  Iröpfelinle  wald  und  das  er- 
frischte feld  umher!  unsere  gesellscliafterinnen  nickten  ein. 
GöTUE  16,37;  auch  wenn  sie  am  abend  lesen  und  zwischen- 
durch einnicken  und  wieder  aufwachen.    52,  65 ; 

schon  sinkt  der  abend,  und  die  kr.^he  fliegt 

dem  dohlenwimmelnden  gehölze  zu, 

einnicken  alle  freudigen  gcscliöpfe 

des  tags,  indes  die  schwarzen  hausgcnosscn 

der  traurgen  nacht  auf  ihren  raub  ausgehen.    Scbilufr  569" ; 

wie  alle  wünsche  dieses  lebens  vor  euren  tönen  so  einnicken. 
TiECK  ges.  nov.  4,  268. 

EINNIETEN,  clavulo  vincire:  solches  iobjeclicglas)  aus  de.r 
hülse,  worein  es  der  künstler  eingenietet  hat,  herauszubre- 
chen.   GöTHE  52, 154. 

EINNIPFEN,  obdormi.icere,  einnicken,    s.  nippen  und  nicken. 

EINNISTELN,  nidum  aliquo  loco  ponere,  considcre,  inhaererc : 

wo  du  einnisteist  in  ein  haus.    H.  Sachs  F,  463*. 

gewöhnlich  sich  einnistein :  diese  (mönchsorden)  nistelten  sich 
häufig  ein.  Wiedeman  dec.  21;  bewundern,  dasz  die  gerech- 
tigkeit  auch  sogar  bei  den  barbarn  sich  eingenislelt  hatte,  wcstf 
Robinson  95;  jene  rotte  fängt  an  sieh  einzunistein.  Liscov 
s.  55;  ferner  nistelt  sich  auch  der  aberglaube  bei  einem  volke 
ein.  Hanann  4,  405;  über  eine  Vorstellung  brüten,  die  sich 
immer  tiefer  einnistelt.  Kant  10,  278 ;  damit  sich  dergleichen 
gesindel.  nicht  einnistele.  oeuvres  de  Frddäric  le  grand  ^0, -216  ; 

aber  bald  umsiarrt,  wie  distcin, 
uns  ein  hart,  und  sorgen  nistein 
sich  in  unsre  herzen  ein. 

lUioRNRRicn  trinkt,  für  Jünglinge. 

EINNISTEN,  da.iselbe: 

das  dieser  erbfeind  aller  Christen 

in  (las  heilig  l.ind  sol  einnisten.    Ayrrr355*; 

es  ist  fein,  dasz  ein  frembdling  sich 

kan  in  ein  gutes  haus  einnisten, 

und  mit  dein  fuchssrhwanz  listiglich 

ausbutzci  füniglich  die  kiisten.    WKCxaRRLiN  416; 

wo  die  liebe  wil  einnisten,  da  trägt  die  musik  zu  neste. 
WiEDEHAN  Juni  5;  wann  das  lumpending  die  liebe  einmal 
reclil  einnistet  mägdelob  59 ; 

die  knris  nisten  sich  ein  mit  schmeicheln  und  Ifigen 
wie  tilzlnus,  sind  nicht  heraus  zu  kriegen.    Göthx  13,  71 ; 

erst  hält  ich  sie  sollen  verthiut  machen,  mich  einnisten,  essen 
und  trinken,  d;inn  meine  worte  anbringen.  11,17;  (Philine) 
freute  sich  über  alle  ma.szen,  dasz  sie  so  klug  gewe.sen  sei 
vorauszugehen,  das  terrain  zu  recognoscieren  und  sich  ein- 
zunisten.   19,  80. 

EINNISTER,  m.  damit  ihr  land  von  solchen  ausländischen 
einnistern  möchte  gesäubert  sein.    Wiedeman  jan.  4. 

EINNüTHEN,  was  das  folgende,  mit  gewall  aufdringen: 

und  welchen  Ich  nicht  lieken  kan, 

dciiselhcn  wil  man  mir  eiiinöton.    Atrk*  fattn.  76*. 

EINNÜTHIGEN,  o/;/r«rfere  uJ  capiatur,  edahir,  bihatur:  wel- 
chen sie  vergebens  einige  gcschenke  einnölhigten.  Lohrnst. 
Arm.  1, 1260 ;  einem  speise,  wein  einnöthigen.  vgl.  aufnö- 
thigen. 

KINNUTSCHELN,  sugere,  insugere.    Stibik«  1196. 

EI.NditSTEN,  poma  decerpere.    .Stieler  1877. 

ElMlUE,  f  deserlum,  sotitmlo.  da  in  öde  selbst  tclwn  die 
Vorstellung  der  verlassenheil  Itegl,  scheint  hn  pleonasliteh  vor- 
tutreli-n,  auch  ipU  gnih.  nur  au|iiiln,  Ann  ninnu|)ida.  abd. 
begegnet  ni-brn  dem  weiblichen  üdi  |l>RAr»  1, 150),  eiiiAdt  auch 
«in  neutialvs  eiuüli  (Gnaik  I,  334),  uiit  mhd.  ntben  cintüde  f. 


241 


EINÖDE  — EINPAARIG 


EINTACKEN— HINPFEFFERN 


242 


das  neulrum  eincpte,  einute,  den  belegen  des  mhd.  vb.  1,  424. 
425  ist  beizufügen  Renn.  20964—69.  myst.  112,19.  Ecrhart 
464,  39,  ICO  einöle  und  549, 18,  wo  einoede.  auch  alls.  schwan- 
kend an  theru  enödi  Hei.  31,  2.  enodies  ard.  33,  22.  ags.  on 
J»am  änäde.  cod.  exon.  122, 12.  123, 24.  on  äniede.  471, 24. 
mag  auch  ahd.  und  mhd.,  da  vo  6t  geschrieben  sieht,  ein  ab- 
leitungssuffix  zu  ein  getreten  sein,  die  übrigen  formen  gestat- 
ten nur  susammensetzung,  sei  es  mit  öde  rastilas  oder  mit  od 
gut;  ags  wird  äneäde  zu  bessern  sein,  nhd,  hat  sich  das  f. 
festgesetzt.  Schmeller  1,  66  verzeichnet  die  ainet  neben  die 
ainüd,  mit  der  bedeulung  eines  allein  stehenden  bauerhofes, 
vgl.  od  und  öde.  vegen  rencandtschaß  ton  ödi  und  ösan 
Hetze  das  folgende  einösen  d.  i.  inoesea  auch  an  inoede  den- 
ken,  dem  jedoch  die  ahd.  Schreibung  einddi  uiderstreilet. 

da  das  selb  brüderlin  immermeder  also  gezanket  must  baben, 
gedacht  es  binden  narh,  du  will  ausz  dem  doppel  {dem  ge- 
fährlichen spiel,  nicht  wie  2, 1260  erklärt  wird,  aus  der  zän- 
kischen menge)  und  in  ein  einöd  goo,  das  du  es  abkuroesL 
5.  rf.  ni.  43';  die  sich  geben  haben  in  die  ruhe  einod  der  dür- 
ren wüste,  bilqerl'';  er  fand  in  in  der  wüsten,  in  d^r  dürren 
einöde,  da  es  heulet.  5  Mos.  32, 10 ;  die  für  hunger  und  kunier 
einsam  Dohen  in  die  einöde.  Hiob  30,3;  das  er  füllet  die 
einöden  und  wildnis.  38,  27 ;  gibst  sie  zur  speise  dem  volk 
in  der  einöde.  ps.  74,  14;  sie  erzürneten  in  gar  oft  in  der 
wüsten  und  entrüsteten  in  in  der  einöde.  'S,  40;  und  sie 
würden  lüstern  in  der  wüsten  und  versuchten  gott  in  der 
einöde.  106, 14 ;  aber  die  wüsten  und  einöde  wird  lustig  sein. 
Es.  35, 1 ;  das  ich  weg  in  der  wüste  mache  und  wasserström 
in  der  einöde.  43, 19 ;  denn  man  wird  ewer  altar  wüste  und 
zur  einöde  machen.  Ez.  6,  6;  das  land  ist  für  im  wie  ein 
lustgarte,  aber  nach  im  wie  ein  wüste  einöde.  Joe/ 2,  3;  und 
geleitet  sie  durch  eine  wilde  wüsten,  das  sie  gezelt  aufschlu- 
gen in  der  einöde.  weish.  Sal.  11,2;  so  ligend  gemeinlich  die 
armen  hirtlin,  die  bi  den  puren  an  den  einödinen  dienent. 
Plater  13;  an  diser  einödi.  Wirra»  pi/^er  39 ;  in  die  einöde 
weichen,  die  weit  fliehen;  dies  haus  ist  eine  wahre  einöde; 
was  macht  ir  hie  in  der  einöd?  Atrer  9*; 
gesonderte  [ifade  gehen  zum  hohen  ziel, 
einige  krümmen  sich  durch  einöden.    Klopstock  2, 104; 

aber  ihr  bauet  unter  uns  keine  hütten  mehr,  gebt  uns  eure 
einöde,  dasz  wir  wissen  für  welches  Vaterland  wir  sterben 
müssen.    12,  2S9. 

EINÖDE,  deserlus,  inntllus:  o  wie  ein  penelopisch  sehnen 
im  einöden  bett,  o  wie  schwere  träum  hat  sie  von  ihm !  Garg. 
73*;  zun  wilden  und  einöden  orten.  Thlrneisser  arcAirforer»  4S ; 
dasz  also  ihr  feld  ganz  einöd  verlassen.    Wkckhkrli:«  367 ; 
zudem  war  der  alian  hoch  und  weit  unterschieden 
von  dem  einöden  ort  und  wüsienei  danieden. 

Werders  .Ar.  5,  50; 
mein  knecbt  führte  ihn  an  das  einüdisie  ort  des  walds. 
Simpl.  K.  135;  wenn  aber  Rom  gleich  nach  dieser  eroberung 
ziemlich  einöde  ausgesehen.  Mascou  1,366;  in  einöden  Wild- 
nissen wie  ein  gespensl  umher  irren.  Wieland  l,  235 ;  die 
nächtliche  stille  einöder  schatten.  16,293;  hier  in  dieser  ein- 
öden stille  lasz  uns  mit  unsrer  seele  einen  bund  machen.  33, 155 ; 
der  in  den  winkeln  einöder  wüsten  die  raben  nährt,  arm.  m. 
im  Tockenb.  35; 

der  (lüchiigen  mewe  vergleichbar, 
.  die  um  furchtbare  busen  der  weit  einöden  gewässer 
tische  sich  Tängt.  Od.  5,  52; 

wie  aus  wus(  einöder  Verwilderung  aufstieg 
Ordnung  und  zier.  Voss  2,  S3. 

EINÖDER,  m.    homo  solitarius,  einsiedel.    Hemsch  846,  37. 

ELNÖDIG,  deserltts:  zwar  wehlen  sich  manclie  aus  einem 
stillen  geist  stille  und  einödige  örter.    Simpl.  K.  82, 

EINOHR,  m.  oder  n.  unam  habens  aurem.    Stieler  138«. 

EINÖHRIG,   unam  aurem  habens. 

EINÖLEN,  oleo  inungere,  eine  thür,  ein  scblosz,  leder  einölen. 

EINORDNEN,  disponere,  Sachen  in  die  für  sie  bestimmten 
fächer  einordnen. 

EINORDNL'.NG,  f.  rorr.  xu  Käittels  sinnenfrüchten. 

EINÖSEN,  inanire,  vacuare,  folgt  aus  dem  nachstehenden 
Substantiv,  die  einfachen  ösan,  cesen  Sinti  ahd.  mhd.  bekannt 
genug.  _  s.  erösen. 

EINÖSUNG,  f.  exinanitio,  devastatio:  welches  dann  nnsers 
reich»  endlicher  undergang  und  eiaOsuog  sein  mflste.  PHiL&nn. 
1,  29  (33). 

EINPA.\RIG,  unius  paris,  jugi:  alle  keusche,  einpaarige  thier- 
geschlechler  leben  länger,  als  die  ohne  ehe  leben.  Herder  3, 21C. 
III. 


EI.NPACKEN,  nnl.  inpakken,  schw.  inpacka,  dän.  indpakke, 

1)  includere  in  cista:  die  glaswaare  ist  sorgfaltig  einzu- 
packen. 

2)  colligere  sarcinam,  vasa:  einpacken  und  abreisen,  den 
plunder  zusammen  binden,  einschlagen,  aufbrechen.  Hemscb 
854, 19 ;  es  ist  grosze  mühe  für  reisende  täglich  aus  und  einzu- 
packen, oft  bildlich  und  spöttisch  für  lacile  abire,  disceder^  sich 
fortmachen,  abziehen,  sich  packen :  du  kannst  einpacken !  apage! ^ 

pack  ein  mit  deinen  Siebensachen.'    GC.'itheb  944; 


pack  ein.  park  ein,  du  tumme  weit, 

ich  schreibe  wie  es  mir  gefnllt 

und  achte  nicht  dein  iböricht  hassen. 


1107 


der  mache  sich  geschickt  bei  zeiien  einzupacken, 
soll  ihm  die  schwane  nicht  von  mancher  Dusche  knacken. 

418: 
denn  alle  andere  regungen  der  tapferkeit,  gelehrsamkeit,  ehr 
und  geldbegierde  müssen  einpacken,  wo  die  liebe  ihre  schönen 
waaren  den  äugen  ausgelegt.  Menavtes  rer/ieWetce/»  2.  8;  wo 
du  mit  deiner  überleihen  kunst  nicht  beizeiten  einpackest,  so 
soll  dein  sonst  krummer  rücken  unter  meinem  spanischen 
röhre  zu  einer  geraden  linie  werden,  dasz  alles  just  auf  ein- 
ander passen  soll,  als  wenn  der  Schlichthobel  dazu  wäre  ge- 
brauchet worden,  causenmacher  56;  ich  will  meinen  verdrusz 
einpacken  und  davon  ziehn.    Klincer  l,  127. 

3)  einpacken  im  gesang,  umwerfen,  herauskommen,  it.  im- 
pacciare,  auch  im  reden,  disputieren  nicht  fortkommen,  stocken. 

4)  einfassen,  einlegen :  so  sah  er  sehr  freudig  ihre  band 
in  seinen  arm  einpacken.    J.  P.  flegelj.  3, 124.     s.  anpacken. 

5)  sich  einpacken :  das  weiter  wird  kalt  und  scheint  gün- 
stig zu  werden,  wir  wollen  uns  recht  einpacken.  Gütbe  an 
fr.  t.  St.  3.  21. 

EINPACKER,  m.    Leasing  10,127. 

EINP.\ PIEREN,  inrolrere  charta,  in  papier  einschlagen,  den 
luchbereHerti  heiszl  so  das  einlegen  der  späne  zwischen  die 
tücher.  die  in  die  presse  kommen. 

EINPAPPEN,  was  einkleistem. 

EINPASCHEN,  retitas  merces  dam  importare,  einschwärzen, 
einscJimuckeln :  wir  haben  schon  dort  auf  das  einpascben 
dieses  contrebanden  punctes  alle  aufraerksamkeit  erregt.  Göthe 
59,  128;  ich  wurde  für  einen  Hebräer  angesehen,  der  wol 
Juwelen  oder  Rrabanter  spitzen  einpascben  könnte.    Sediie. 

EINPASSEN,  nnl.  inpassen,  schw.  inpassa,  ddn.  indpasse. 

1)  apie  inserere,  einen  Schlüssel,  riegel  einpassen. 

2)  aptum  esse:  der  riegel  past  nicht  ein. 
EINPASSIEREN,  introire,  dän.  indpassere:  es  sind  heute  viel 

fremde  einpassiert,  es  müssen  noch  drei  wagen  einpassieren. 
EINPATSCHEN,  pulsare:' 

und  beide  hören  sich  aus  einer  vollen 
parterrecloak  bejubeln  und  beklatschen, 
schämt  euch  ihr  bessern,  auch  mit  einzupat<>chen. 
GöTUK  56,  82. 

EINPAUKEN,  verberibus  inculcare,  einprügeln. 
EINPEITSCHEN,  sculica  ificulcare,  schw.  inpiska:    peitscht 
diesen    welschen    hunden    respect    für    einen    graukopf   ein. 
Schii.ier  174'; 

denn  das  ist  bundemuih,  der  eingepeitscht  mit  ruihen 
und  eingefüttert  mit  des  hofmahls  brocken  wird. 

UÖRGER  102". 

EINPELZEN,  inserere,  einpfropfen:  einen  fiirslen,  dem  er 
auf  einmal  einen  Stammhalter  einpelze,    i.  P.  komet  \;n. 

EINPF.XLEN,  palis  sepire,  schw.  inpäla,  ddn.  indpäle :  die 
wir  von  einer  zur  andern  gelangten  und  nicht  eingepfählt 
waren.    Fichte  nachg.  werke  2, 180. 

EINPF.VNDEN,  impignorare,  verpfänden  in  eines  hand: 

ich  pfnnde  dir  mich  ein  tu  sagen  werthen  dank, 
tu  n'ihmen  deine  kraft  durch  einen  lobgesang. 
FLRaiK6  17. 

EINPFARREN,  sacris  alicujus  loci  assignare:  damit  gieng 
die  reise  fort  nach  dem  eingepfarreten  dorfe  zu.  pol.  maulaffe 
126 ;  ähnlichkeiten,  die  sie  zu  einer  in  zwei  körper  eingepfarr- 
len  seele  machten.  J.  P.  SieftenA.  1,  31;  weil  er  den  deutschen 
reichskörper  so  hoch  anschlug,  als  war  er  die  darin  einge- 
pfarrte  reichsseele.  Tit.  1, 165 ;  herzen  halb  eingepfarrt  in  got- 
tes  kirche  und  halb  in  des  teufeis  kapelle.  Ttt.  4,  39 ;  der 
Schulmeister  halte  vieJ  von  seinem  ausgeräumten  ameublement 
in  meine  slube  einpfarren  dürfen,  weil  die  seinige  geweiszet 
wurde,    uns.   logt!  2, 66. 

EINPFEFFER.N,  pipere  eondire,  nnl.  inpepereo,  mit  pfeffer 
einmachen. ,  figürlich,  eingepfefferte,  heiszende  spotigedichle. 
nnl.  ik  zai  hem  dat  wel  dubbel  inpeperen. 

16 


243 


EINPFEIFEN  —  EINPFROPFEN 


EINPFROPFÜNG  —EINPRÄGEN 


244 


EINPFEIFEN,  imibilare,  nnl.  inpijpen,  vgl.  einblasen,  ein- 
hauchen, den  gärtnern  ist  einpfeifen  die  rinde  junger  zweige 
ablösen  zur  foripflanzung  von  Sträuchen  und  gewachsen.  Stielkr 
143"  hat  einpfeifen  introitum  alicujus  cantu  libiaruni  Honorare. 

EINPFEHCHEN,  seplo  includere.  s.  pferch,  schafe  einpfer- 
chen, eingepferchte  hcrde;  als  die  nationen  bei  sich  so  zu 
sagen  eingepfercht  waren.  Göthe  46, 129 ;  die  Englander  haben 
die  freiheit  der  ganzen  erde  auf  eine  enge  insel  einpferchen 
wollen.  J.  P.  friedenspr.  30;  du  kannst  tausend  dumniheiten 
in  einen  kleinen  räum  einpferchen,  wie  der  schdifer  die  hcrde. 
Bettmk  tageb.  168 

EINPFEHDIG,  unius  equi:  kaum  war  ich  aus  meinem  zwei- 
rädrigen, einpferdigen  fuhrwerk  gestiegen.    Gütiie  28,  65. 

EI.NPFLANZEN,  innerere,  iiigigncre.  Hemsch  854,  21,  nnl. 
inpianten,  schw.  inplanta,  dän.  indplantc:  bäume,  Sträuche 
einpflanzen,  einsetzen,  sehr  oft  bildlich,  es  ist  dem  menschen 
von  natur  eingepflanzt,  insitum;  was  einem  die  nalur  einge- 
pQanzet.  Lokmans  fab.  17 ;  dabei  ihr  eine  gollgeiassene  demut 
im  herzen  einpflanzen  könnet.  Weise  kl.  leute  162;  das  von 
ihrer  seligen  rautler  und  mir  derselben  eingepflanzte  christen- 
thum.  Pierot  1,  226 ;  ihrem  {der  kindcr)  herzen  des  vaters 
werte  einpflanzen.  Klinger  2,146;  die  partikeln  des  Satur- 
nusringes  erhalten  sich  durch  die  eingepflanzte  umdrehungs- 
bewogung  in  freischwebendem  zirkeilaufe.    Kant  8,  314. 

EINPFLANZUNG,  f.  fiel  dem  ehemann  zu  füszen  und  bat 
mit  aufgewundenen  bänden,  sich  doch  dieser  wider  die  natür- 
liche einpflanzung  abscheulich  laufender  unthat  zu  enthalten. 
Abele  4, 262 ;  zur  einpflanzung  der  Vaterlandsliebe.  Göthe 
33, 108. 

EINPFLASTERN,  slralis  saxis  sepirc  und  inscrere  slralo. 

EINPFLÖCKEN,  paxitlo  infigere,  schw.  inplugga.  Stieler 
199;  die  bäume,  die  man  zu  röhren  oder  pumpen  durch- 
bohren soll,  liegen  auf  einer  nuetrahm  eingepflockt  und  be- 
festiget. HonnEBG  1,72';  bisweilen  werden  noch  zwei  andere 
schnür  neben  diesen  eingepflöckt.  1,  5S6';  maschine,  in  die 
ich  32  Zähne  eingepflöckt.    J.  P.  Icufelsp.  2,  257. 

EINPFLL'CKEN,  decerpere,  vellere,  nnl.  inplukken,  schw. 
inplocka. 

EINPFLÜGEN,  inarare,  nnl.  inploegen,  schw.  inplöja,  ddn. 
indplöie. 

EINPFRENGEN,  coarctare,  imprimere,  einengen,  einzwängen, 
nnl.  inprangen:  wollen  gott,  der  himmel  und  erden  erfüllt, 
einpfrengen  in  ein  notstal.  Frank  wellb.  79";  da  ist  das  raör 
eingepfrengt  ongefer  vier  meil  breit  zwischen  bergen.  186'; 
die  zwischen  mauern  eingepfrengte  bronnenquelle.  Hohberg 
2,  454*.    wäre  goth.  innpraggjan  oder  innpraggan. 

EINPFRIEMEN,  perforare  stilo.    Stieler  1450. 

EINPFROPFEN,  1)  tfiserere  surculum,  nnl.  inproppen,  dän. 
indproppe:  denn  so  du  aus  dem  ölbawm,  der  von  natur  wilde 
war,  bist  ausgehawen  und  wider  die  natur  in  den  guten  öl- 
bawm gepfropfet,  wie  viel  mehr  werden  die  nalürlichen  ein- 
gcpfropfet  in  iren  eigen  ölbawm?  IlOm.  11,24,  wo  der  golh. 
ausdruck  intrusgjan,  inscrere,  iyxEtTQit,eiv  und  inlrisgan  xev- 
r^ii^etv  lautet; 

der  proszen  ahneYi  fälle  {lode.<:fällc), 
erseizei  sie  durch  euch,  d.isz  ihr  an  jener  stelle 
sollt  andre  |iro|>fen  ein.    FLRir.NG  154; 

kinder,  wie  mnn  redet,  saugen 

lugend  aus  der  rnuiter  brüst, 

euch,  so  viel  mir  ist  licwust, 

siebt  die  lugend  nus  den  .-lugen 

von  der  mutier  eingeiiropri 

und  genehrt  durch  lenre, 

weil  ihr  das  gebore 

vor  derselben  nie  verslopfl.    Tscherminc  305, 

der  sich  tvie  Fleming  des  strenghd.  anlauts  enthält;  man  nen- 
nete  den  bischof  incardinatum,  weil  ein  solcher  fremder  prie- 
»ter  bei  der  neuen  kirche  gleichsam  incardiniert  und  eiiige- 
pfropfet  wurde.  Hamm  1, 272 ;  meine  gnädigen  eitern  haben 
mich  nicht  gezeugt,  um  bürgerliche  bastarte  in  ihre  familie 
einzupfropfen.    IIabener  4,  254 ; 

mich  selber  mein  Ich,  mich, 
dem  aller  lasier  mnnigrarhc  keime 
80  eingepfropft  »Ind.     Scuillrk  575"; 

einem  eingeschränkten  verstände  regel  vollauf  darbieten  und 
gleichsam  einpfropfen.  Kant  2,155;  die  durch  lange  erfahrung 
eingepfropften  begrifTe.    8,  369. 

2)  man  \aql  auch  den  weiser  einpfropfen,  eine  Scheibe  aus 
viiHtm  litrnrnitoek  mit  «eiserzelle  und  brul  in  einen  weistr- 
loten  stock  ttlttn. 


3)  einen  krug  oder  eine  flasche  einpfropfen,  fest  zustopfen, 
von  der  Wurzel  unter  pfropfen. 

EINPFROPFÜNG,  f.  dasz  sonne  und  licht  solche  ein- 
pfropfunaen  {der  hautfarbc)  venichten  können.    Kant  10,  87. 

EINPFL'NDIG,  libralis.    Stieler  1452. 

EINPFITZEN,  nnl.  inpulten,  bergmännisch,  wasser  mit  dem 
pfützeimcr  einschöpfen,     vgl.  auspfützen. 

EINPICIIEN,  picare,  mit  pech  bestreichen  oder  befestigen, 
vgl.  auspichen. 

EINPICKE.N,  rostro  tundere,  der  specht  pickt  in  das  holz, 
der  spatz  in  die  traubcn  ein ;  eingestickt,  eingeflickt,  einge- 
pickt.   Garg.  115*. 

EINPILGERN,  peregrinando  inirare. 

EINPINSELN,  penicillo  indere,  pingere. 

EINPISPERN,  was  einflüstern. 

EINPISSEN,  immingere,  ins  bett  pissen,  bei  Stiblkb  ein- 
pischen. 

EINPLATSCHEN,  EINPL.XTSCIIEN,  schwankend  mit  pl  und 
bl,  bald  ohne,  bald  mit  umlaul  geschrieben,  s.  bletschen  und 
platschen,  die  bedeulung  ist  1)  irruere,  proruere,  prorumpere, 
procumbere,  mit  dem  nebensinn  des  plumpen  oder  unvorsich- 
tigen: er  bletschet  ein  unbedacht  in  alle  sachen  wie  ein 
feiföllcrlin.  Keisersb.  sieben  scheiden  fl'4';  der  ablosz  behüt 
dich  ouch  nit  vor  dem  wider  inpletschen  und  fallen  in  die 
vorigen  sünd,  nein,  nit  überal.  bilger  107'.  tfir  sagen  heule 
lieber  herein,  darein  piaischen. 

2)  transitiv  einplätschen,  festschlagen,  zusammenschlagen, 
wenn  dies  platschen  nicht  vielmehr  zu  platt  gehört  und  platl- 
schlagen  ausdiilckl:  es  gibt  eine  menschenclasse,  welche  blosz 
überall  zu  existieren  brauchte,  um  das  ganze  leben  in  eine 
kahle,  platte  beide  von  Lüneburg  zu  verkehren  und  einzu- 
plätschen.    J.  P.  dämm.  2,  32. 

EINPLATZEN,  prorumpere,  proruere,  einbrechen,  vorbreehen, 
dem   vorausgehenden  verwandt,    im  voc.  theut.  1482   fs'  steht: 
einfallen,  einplalzen,  verstorn,  prorumpere ;  wo  der  feind  ein- 
geplatzt were.  Diclys  verd.  von  Tatius  Alpinus.  Augsb.  1540.  36' ; 
der  herr  wird  bald  einplalzen 
mit  seinem  richiersiab.    Ringwald  tr.  Eckh.  0  4*; 

mein  tag  wird  über  alle  menschen  rein  (rf.  t.  herein)  platzen. 
evang.  R  4' ;  wie  aber  i.  f.  gn.  ferner  sahen,  dasz  über  300 
personen  waren  und  mit  50  schützen  zuvor  ins  losameot  ein- 
plalzen und  stracks  vor  i.  f.  gn.  zimmer  traten,  niemanden 
rauf  noch  runler  lassen  wollen,  da  entfiel  i.  f.  gn.  das  herz. 
ScinvEiNicnEN  1,  82.     s.  platzen,  bersten. 

EINPLAUDERN,  garriendo  persuadere,  einschwätzen : 
den  konf,  den  Saladin  mir  schenkte,  war 
mein  alter?  ist  ein  neuer,  der  von  allem 
nichts  weisz,  was  jenem  elngeplaudcrt  ward. 
Lessing  2.  285. 
EINPLUMPEN,  1)  irruere,  irrumpere,  was  einplatschen,  die 
strengere  form  ist  plumpfen,  s.  oben  einblumpfen :    wenn  dir 
solche    ding   von   im  ins  herz  einblumpfen.    Keisersb.  sieben 
scheiden  fr4'; 

in  das  grcwlich  mecr  cin|)Iumpren.    II.  Sachs  IV.  1,124^; 

sein  glück  wollte,  dasz  gerade  jetzt  die  bewegungon  dcsfeindes 
mit  balletlen  und  galloppaden  in  sein  gehör  einplumplen. 
J.  P.  llesp.  1, 10 ;  wenn  andere  redeten,  plumpte  er  ein. 

2)  wie  man  plumpen  ßir  pumpen  sagt,  heiszt  es  auch  eiu- 
plumpen  für  einpumpen,  nnl.  inpompen. 

EINPÖKELN,    muria  condire,    einsalzen,  engl,  pickle,    noffc 
nicht  bei  Hemsch  und  Stieler:  ich  Wollte  dasz  die  leute,  die 
pbilosopben  wie  man  sie  lieiszl,  zum  allgemeinen  besten  ein- 
gepökeil würden.    Moser  ;)(j/r.  ph.  1,309; 
begcistning  ist  keine  heriiig.swanrc, 
die  man  einpökelt  auf  cliitgi>  j.iliic.    Göthe  1,  30t; 

mich  haben  sie  lebendig  geschunden  und  mit  pfefTer  einge- 
pökelt, ihc  hunde!  Klingers  Ih.  2,270;  alle  in  schminksal- 
peler  cingepökelle  damcngesichler.    J.  P.  uns.  löge  2,  li». 

EINPÖKLERISCH:  der  schwulstcinpökleriscbe  musensohn. 
Platen  279. 

EINPOLTEHN,  cum  strepilu  iutrare: 

wi«  nun  coro  inusik  ciiipoltertu,  gleich  unvorschona 
iiulicriu  ir.iuuiig  d.ilior  und  br.iiitiiialil. 

/.ui.u-(i. /. /i.  8.  2,380. 

EINPOSAL'NEN,  tnil  der  posaune  anblasen. 

EINPRACTIZIEREN,  schw.  inpniktiscra,  einschmuckrln. 

EINPRÄGEN,  imprimere,  insculpere,  bei  Stihlkr  1470  ein- 
pregen,  dän.  indpräge,  schw.  inprägla:  dort  in  der  despolie 
wttren  nur  statt  der  köpfe  {den  tnünttn)  rümpfe  einiuprflgen. 
J.  P.  dämm.  46     meitlem  figürlich  : 


245 


EINPRALLEN  —  EINRAMMEN 


EINRATH— EINRÄUMEN 


246 


so  präge  dir  es  iizund  ein.    Gellebi  1,  ö5; 
und  präg  er  ihnen  ja  das  christentbum  wol  ein.     1,  219; 
öer  terapel,  der  pailast,  das  grabmal,  jener  hain, 
freund,  alles  prägt  dem  geist  geheimes  staunen  ein. 
Gotter  2,  41. 

EINPRALLEN,  einschreien,  s.  brallen: 

wie  mans  in  das  holz  einpralll, 

dergleichen  es  herwider  schallt.    Etbrirg  3,570; 

wie  sies  nun  in  das  holz  einprallen, 

also  ihut  es  herwider  schallen.    3,  612. 

ELN'PRASSELN,  cum  fragore  ntere. 

EINPREDIGEN,  inculcare  sermocinando.  Stieler  1470,  nnl^ 
iopreken,  ddn.  indpräke : 

um  nicht  lächerlich  zu  sein 

predigt  er  (der  schwaitzverltislige)  den  ffichsen  ein, 

auch  den  ihren  abzulegen.    {Jacedorn  2,  32; 

wie  man  späterhin  die  furnanslalten  und  ihre  Übungen  uns 
als  uneriäsziiche  und  als  die  höchsten  lügenden  einpredigeu 
wollte.    TiECK  ges.  nov.  1,  23. 

ELNPREISEN,  einschnüren,  s.  breisen  und  einbreisen: 

ein  duizet  roier  nestel  dir, 

darmit  soliu  dein  leib  einpreisen,    H,  Sachs  II,  4,00"; 

und  macht  den  hals  sich  einpreisend  oder  zusammenziehend 
und  schlieszend.  Thlrneisseb  erdgew.  136;  ihre  zuckcrballen 
(brüste)  hatte  sie  hinlässig  eingepriesen.  Simpl.  vogclnest  2, 12. 
EINPRESSEN,  eonslringere,  comprimere,  nnl.  inpersen, 
schw.  inpressa,  ddn.  indpresse:  in  die  presse  legen  und  drücken. 

bricht  der  alte  groll 
gleichwie  des  feuers  eiiigeprestc  glut 
zur  ofnen  Qamme  sich  entzündend  aus.    Schiller  4S9'; 
ist  das  jähr  ein  bild  des  lebens 
in  dem  eingepresien  kreis 
seines  auTund  nieder  schwebens.    Rcckert  241, 

euer  strenger  blick  tödtet  die  worte  auf  meiner  zunge  und 
prest  mein  leiden  in  meiner  brüst  ein.    Klinger  1,  346. 

EINPRORIEREN,  einpassen. 

EINPRL'GELN,  p/0315  inculcare:  der  hasz  gegen  die  ihm 
eingeprügelte  religion.    Rabe.ner  4, 136. 

EINPUDERN,  pulvere  farinaceo  conspergere,  schw.  inpudra, 
Jan.  indpudre. 

EINPLFFEN,  was  einschlagen. 

EINPUMPEN,  aquam  anllia  infundere,  nnl.  inpompen.  s.  ein- 
plumpen. 

EINPUPPEN,  in  nympham  vertere:  die  ausgewachsne  raupe 
puppt  sich  ein,  verpuppt  sich; 

um  dich  in  platonscher  liebe 
hirngespinsten  einzupuppen.    Platem  19S. 

EINPURZELN,  corruere:  weil  die  ehrenpforte  einpurzelfe 
J.  P.  uns.  löge  1,  26. 

EINQU.\RTIEREN,  collocare,  wodurch  das  deutsche  einlegen, 
einlagern  fast  verdrängt  ist,  schw.  inqvarlera,  ddn.  indqvartere : 

allein  es  ist  noch  mehr,  das  diesen  Proteus  zieret 
und  auT  die  hohe  bauk  der  weisen  einquartieret. 
I.OCAU  3,  217 ; 
sich  im  gebüsche  einquartieren.    Pierot  1,  23. 

EINQUARTIERUNG,  f.  das  dorf  hat  starke  einquartierung. 

EINQUARTIERUNGSKOSTE.N. 

EINQUELLEN,  viacerare,  einwässern,  einweichen.  Stieler 
1492 :  der  same  geht  eher  auf,  wenn  er  eingequellt  wird. 

EINQUETSCHE.N,  elidere:  die  band,  den  linger  einquet- 
schen, figürlich,  er  quetschte  den  orgeltasten  den  choral  XC 
ein  oder  ab.  J.  P.  uns.  löge  3, 126;  alle  lebendige  speckkam- 
mcrn,  wo  fetllagen  den  geist  wie  scbneekluinpen  die  hütle 
einquetschen.    Ihsp.  1, 172. 

EINQUIRLEN,  tudicula  miscere:  auch  fühlte  er,  wie  sehr 
es  unter  seiner  würde  sei,  sich  länger  in  dieses  bürgerliche 
quodlibet,  ohne  es  zum  narren  zu  haben,  mit  einquirlen  zu 
lassen.    J.  P.  Hesp.  4, 162. 

EINRADIG,  unius  rotae. 

EINRAFFEN,  corripere,  diripere,  bei  Stieler  1497  auch  ein- 
rappen:  laub,  bidtter  einraffen; 

und  wer  viel  glaubt,  viel  irrthumb  mit  einr^id. 
arab.  sprichic.  2. 

EINRAHMEN,  pieturam  eingcre:  ein  eingerahmtes  bild. 
EINRAM.MEL.N',  fistuca  adigere:  pßile  einraiumeln.  Heilhans 
Thuc.  572; 

ihr  sprecht  von  gold,  wir  hatten  viel  gesammelt, 

in  reis  und  holen  helmlich  eingerammelt.    Göthi  41, 117. 

EIMlAMMEN,  dasselbe,  dän.  indramme:  ich  bin  mit  zwan- 
zig hunderten  auf  dem  daiume  gewesen,  den  sie  nicht  ver- 


meiden können,  habe  dort  junge  zugespitzte  tannen  einge- 
rammt und  so  den  tod  im  sande  verscharrt.  Klopstoc»  9, 215 ; 
(das  bürgerliche  leben),  in  dem  sich  der  eipeditionsratli  von 
mensch  . . .  herum  treibt,  bis  ihn  der  fallbock  des  pflasterers 
(lod)  auf  den  morastigen  drehplatz  einrammt.  J.  P.  Hesp. 
3,64. 

E1NR.\TH,  m.  consilium,  adjumenlum,  beiralh:  die  weit- 
leuftigkeit  dieses  werks  hat  zu  seiner  aufbauung  yieler  bei- 
hülfe bedürft,  und  also  die  nothdurft  erfodert,  die  füllsteine 
und  quaderstücke,  hülfliches  zuthun  und  einrath,  so  gut  es 
verbanden,  zu  suchen  und  mit  zu  gebrauchen.  Scbottelics 
haubtsprache  169. 

EINRATHEN,  consilium  dare:  sonsten  helfen  zuzusehen  und 
einzuralhen  anbefohlen.  Schweimches  2,207;  habe  ihm  in 
seinen  sachen  einratlien  helfen.  2,314;  dem  von  Salaau  in 
seinem  schuldwesen  helfen  einratlien.  2,  319 ;  und  also  zum 
besten  allenthalben  einrathen  helfen.  3,  220 ;  nachdem  ich 
innen  worden,  dasz  sehr  viel  leule  in  der  art  wol  zu  leben 
heftig  irreten,  als  habe  ich  für  nothwendig  erachtet  ihrem 
wahnc  zu  helfen  und  einzurathen,  damit  sie  bevoraus  rühm- 
lich leben.  Opitz  1,293;  helfet  einrathen.  Argenis  1,  iiO ;  dasz 
er  die  Stadt  Cäsarea  fürstlicher  zu  erbauen  eingerathen. 
LoHE.'^ST.  Artn.  l,  43 ;  um  das  leben  zu  retten  was  schimpf- 
liches zu  beginnen  einräthet.    1, 1324  ; 

Planus  ist  ein  tapfrer  kijnde  gegen  abend  in  dem  schalen, 
dann  daselbst  wird  seiner  grösze  um  ein  groszes  eiugeratben. 
LoGAU  3,  52,  72; 

er  wird  sich  unterstehen  einem  jedem  theologo  sein  Interesse, 
seinen  stand,  sein  geruhig  leben,  sein  weih  und  kind,  sein 
ansehen  und  je  so  etwas,  das  ihm  seine  opinion  zu  behaup- 
ten einrathen  möchte,  vorzumahlen.    Simpl.  K.  400; 

raih  eip,  was  meine  wähl  jetzt  sucht.    Göntbkr  178; 

ists  nicht  ein  guter  geist,  der  ihnen  einräth  auf  mittel  zu 
denken?    Göthe  S,  30.  42,272. 

EINRATHEN,  n.  consilium  'auf  einrathen",  ron  1650 — 1750 
eine  sehr  übliche  formel  ßr  anrathen  oder  anstißen:  auf  des 
Rutilius  einrathen.  Lohe.nst.  Arm.  1,935;  auf  seiner  gemahlin 
einrathen.  Haus  1,  42.  auf  Adalardi  einrathen.  1, 114.  auf  sein 
einrathen.  1, 150.  auf  einrathen  seiner  unterthanen.  2,  9.  auf 
seiner  gemahlin  einrathen.  2,  203.  auf  einrathen  des  eiemiten 
Petri.  3,  40.  auf  einrathen  der  bischöfe.  4,  207  ;  auf  einrathen 
vieler  erfahrner  mannen  Felsenb.  1,2;  auf  einrathen  eines 
erzverruchten  bösewichts.  1,  82 ;  auf  einrathen  der  Olympia. 
irrg.  der  liebe  255;  auf  einrathen  vertrauter  freunde,  pol.  stockf. 
311;  bei  dem  auf  sein  einrathen  gefaszten  vorsatz.  RC.nao  1,86. 
später  heiszt  es  auf  anrathen,  auf  den  rath. 

EI.NRÄTHIG,  was  beiräthig:  wie  dir  dann  meine  rathe  hierzu 
werden,  ihrer  verwandtnus  nach,  einrälhig  sein  können.  Heinr. 
JüLiLS  347;  ror  gericht  fragt  man  den  beweiszeugen,  ob  er 
einem  oder  dem  andern  theite  in  dieser  sacke  vorher  ein  oder 
beiräthig  gewesen? 

EINR.ATHUNG,  f.  was  einrath  «nd  einrathen ;  auf  einrathung 
meines  wirtes.  westf.  Robinson  199;  aushelfliche  einrathung 
begehren.    Ri;tschky  kanzl.  3S2. 

EINRÄUCHER.N,  fumo  inficere:  fleisch  einrüuchern,  ein  zim- 
mer  einrauchern. 

EINRÄUMEN,  EINRÄUMEN,  nnl.  inruimen,  «cfc».  inrymma, 
ddn.  indrömme. 

1)  inferre,  in  einen  räum  stellen,  die  stubc,  das  zimroer 
einräumen,  nach  dem  auskehren  alles  darin  ordentlich  stellen 
und  setzen:  so  soHen  die  bettstätten  mit  einem  kehrwisch 
ausgekehret,  auch  unter  solchen  mit  sägspänen,  rotbgerberloh 
oder  Schnee  aufgerieben  und  die  fenster  mit  der  kammer- 
Ihür,  dasz  die  hift  durchstreichen  kann,  offen  gelassen  wer- 
den, letztlich  aber  ist  alles  wieder  ordentlich  einzuräumen 
und  an  sein  gehöriges  ort  zu  legen  oder  zu  stellen,  vne  der 
hausgebrauch  zeiget.  Unterricht  an  hausmdgde  t.  12.  diesem 
einräumen  geht  ein  ausräumen  vorher. 

2)  lucum  eedere:  wenn  dein  bruder  Terarmet  und  verkeufl 
dir  seine  habe  ...  so  sol  man  rechen  (rechnen)  von  dem  jar, 
da  ers  hat  verkauft  und  dem  verkeufer  die  übrigen  jar  (d.  f. 
reliquis  annis)  wider  einreuraen,  das  er  wider  zu  seiner  habe 
kome.  3  Mos.  25,25 — 17;  die  statt  dem  könig  einräumen. 
buch  der  liebe  219,4;  dem  gottlosen  Cham  reumel  er  die 
mittagslender  ein.  Mathesius  12';  ich  räume  dem  gast  mein 
haus  ein ;  sie  räumte  ihm  einen  platz  in  ihrem  bett  ein, 
einen  platz  in  ihrem  herzen; 

16* 


247  EINRÄUMEN  —  EINREDEN 

mein  herz,  dein  teinpel,  herr,  ward  von  nur  so  versaumei, 
dasz  aucti  dem  Lösten  gulsl  ich  solches  ein^eraumei. 
Wkckukhlin  31S. 

3)  spatium  iniplere,  occupare,  einnehmen:  sie  hat  einen 
slcisz  so  breit,  dasz  sie  eine  ganze  seile  am  tische  mit  ein- 
reumete.    Schock  sluJ.  leben  H3. 

4)  figürlich  concedere,  fatcri:  einen  satz  einräumen.  Stieler 

1S35; 

er  räumt  das  laster  ein.    Gellert  1,242; 

ihr  schönen,  hat  eurh  nie  von  einer  lust  geirnumt, 

die  euer  niund  oll  dem  mit  ungestüm  versagt«, 

der  es  sie  wachend  zu  erbiiten  wagte, 

und  die  ihr  ihm  oft  träumend  eingeriiimt? 

Host  schäfererz.  48. 

EINRAUMIG,  occupatus:  eines  andern  herschaft  uns  ein- 
rauinig  zu  machen.    Garg.  210*. 

EINHAUNEN,   insusurrare,    inspirare,    zuraunen:    weil   ihr 

schliefen  und  nicht  glaubten,  als  er  euch  sein  wort  eiuraunet. 

kriegsb.  des  fr.  48 ;  so  dem  heiligen  geiste  und  seineiu  aniple 

und  einraunen  beharrlich  widersprochen  haben.  Matuesius  108* ; 

merke  sich  wol  mein  tränier  Tiiuotheus  was  dem  versländni» 

jetzo  die  kumm  einraunet.    Luise  a.  l.  h.  16(). 

j.  einrünen. 

EINRAÜSCHEN,  inaesluare,  einfluten.  Stieler  1537 :  auch 
rauschet  nicht  eben  die  ganze  Volksmenge  auf  den  menschen 
ein.    J.  P.  36,  28. 

EINRECHE.N,  converrcre  agrum. 

EINRECHE.N,  inferre  rutionibus,  einrechnen:  und  soll  sein 
tagloba  von  jar  zu  jar  mit  ciurechen.    3  Mos.  25, 52 ; 
drum  wer  aiih.-ingt  allen  zechen 

ist  auch  kiihnlich  einzurechen  ^ 

in  die  tolle  wilde  zunTt.    Louau  1,32; 
freien  ist  nur  einzurechen  in  den  zedel  derer  dinge, 
die  zu  kenneu,  die  zu  bandeln  man  auf  irew  und  glauben 
ginge.    2,  lt)7,  42. 

EINRECHNEN,  dasselbe,  nach  der  jetzt  herschendcn  form, 
vgl.  rechnen,  »in/,  inrekenen:  drei  tage  sind  mit  einzurech- 
nen; das  brol  ist  eingerechnet;  zehrungskosten  mit  einge- 
rechnet. 

EINREDE,  f.  inlerpellalio,  zwischenrede,  einspräche,  einsage. 

1)  interfalio:  ich  hab  geschwiegen  und  in  nicht  einrede 
than.    Luther  1,  2s'. 

2)  oblocutio,  einwand,  Widerspruch,  daher  ohne  einrede, 
sine  mora:  er  kann  keine  einrede  ertragen;  inred  ufnemen,' 
Widerspruch  annehmen.  Brant  nancHSc/i.  111, 27  ;  ohne  alle  ein- 
rede; 

die  priester  pllcgt  man  stracks  ohn  einred  einzulassen. 
Gnrpuius  1,  67 ; 
und   neiim   keine  einrede  von  denen  an,   die  sich  verständig 
stellen   möchten.    Tieck  4, 280 ;    tribunicische  einreden.    Nie- 
BUUR  2,  501. 

3)  vor  gericht  exceptio,  recusatio :  auf  klage  erfolgt  einrede. 
EINREDEN, 

1)  einem  etwas  einreden,  persuadere :  wen  im  der  bös  geist 
sie  (dise  gedanken)  iu  redet,  so  musz  er  {der  mensch)  eben 
thun,  als  ob  ein  ander  mensch  unfletige  ding  redet.  Keisersb. 
i.  rf.  m.  19*;  hab  ich  mirs  einreden  und  gefallen  lassen  diesen 
cataloguiH  oder  rcgister  durch  den  druck  auszugeben.  Luther 
1,3*;  der  mönch  aber  redet  ihnen  ein  mut  ein,  animuvi  facit. 
Garg.  251";  redet  ir  taglich  die  guten  lehren  holdselig  ein, 
miMvs  avifl  TiOKÖP  TüJv  Xöycov  tovi  agiorovi.  Fischaiit 
ehi.  75 ;  ich  habe  hierwidcr  nichts,  nur  für  ein  muster  eines 
vollkommnen  epigramms  möchte  ich  mir  das  ding  nicht  ein- 
reden lassen.  Lessinc  8, 438 ;  andern  die  noch  unbestimmt 
waren,  suchte  er  eine  liebhaberci  einzureden.  Götue  lu,  248. 
steht  kein  ace.  daneben,  to  hat  einreden  den  sinn  von  zureden, 
begütigen : 

ja  wenn  er  ihr  einredet,  dräuwet  sie  ihm.    Albkrus  0'; 

mault  er  aus  grimm,  redt  sie  ein  im.    Fiscuart  ehi.  65; 
80  sehr  ihm  auch  der  überinüthige  Southampton  durch  winke 
einredete.    Tieck  not»,  kr.  l,  MO. 

2)  einreden,  interpeilare,  dazwischen  reden,  einwenden:  er 
hörte  ibn  ruhig  an  und  redete  nicht  ein.  gewöhnlich  mit  dem 
nnn  von  ubloqui,  cnntradicere:  eint  andvni  prociirator  ein- 
reden, cumniergcr.  ordn.  1527  §.  7 ;  wo  nicht  der  abgotl  wird 
abgclhan,  musz  ich  göttlicher  lehre  und  christlicher  Seligkeit 
za  gut  mir  da*  lausen  eine  nothige,  dringende  und  unver- 
meidliche Ursache  sein  e.  k.  f.  gn.  wie  den  bupst  otTentlich 
anzuta»len,  solchem  furneinen  frolich  einzureden.  Luthers 
br.  3,111;  ein  burgcrniei!>lrr  tyrannischer  arl,  drrhalbcn  im 
niemand  nichts  fiiireden  dürft.    Wickrah  roltw.  Vi: 


EINREDER  — EINREISZEN 


248 


ich  red  als  ein  geschöpf  nicht  meinem  schöpfer  ein. 

Canitz  16; 
ich  musz  meinen  söhn  wieder  hüben,  aber  rede  mir  nicht 
ein,  wenn  ich  ihn  zu  Iheuer  erkaufe  I  Lessi.ng  2, 113;  in  dieser 
art  von  wolthüligkeit  war  sie  ganz  grausam  und  liesz  sich 
gar  nicht  einreden,  weil  sie  fest  überzeugt  war,  dasz  sie  vor- 
Irefiich  handle.    Göthe  17,  263. 

ELNREDER,  m.  oblocutor :  wider  die  einreder  und  schelter. 
Luther  3,  24l\ 

EINREUERLICH,  suasorius.    Stieler  1546. 

ELNREDU.NG,  /.  suasio,  zurede:  diese  gesch&ifte  einre- 
dungen brachten  sie  endlich  so  weil,  dasz  sie  sich  zwar  nicht 
der  traurigkeit,  jedoch  der  verzweifelung  entbrach.  Lohenst. 
i4rm.  1,  288. 

EINREGNEN,  impluere:  es  regnet  ein,  impluil;  es  regnet 
in  die  stube  ein. 

ELNREIBEN,  infricare,  infriare,  schw.  inrifva,  dan.  indrive. 

1)  salbe  einreiben,  öl  einreiben,  salz  einreiben. 

2)  Zucker,  brot  in  milch,  wein  einreiben. 

3)  figürlich,  einschärfen,  eindrücken :  damit  er  seines  sones 
ewig  und  göttlich  bilde  wider  in  unser  sterbliche  leibe  ein- 
reibe.   Matuesius  114"; 

Philetas  rieb  dis  selbst  dem  groszen  Griechen  ein. 

Gkyphius  1,  333; 
ci  ich  wils  ihm  ein  noch  reiben,  dieses  ding  musz  sein 

gerochen.     Louau  2,  15,41; 
man  lacht  mich  llebiich  an,  man  nimt  mich  willig  ein, 
geh  unien  ich  gleich  zu,  liald  wjl  ich  oben  sein, 
wann  ich  nun  also  Iraw  und  wil  recht  ein  mich  reiben, 
so  pllegt  man  mich  heraus  für  s.iw  und  hunde  (reiben. 
3, 167, 71  (der  tecin  von  sich  selbst). 

3)  einem  etwas  vorwerfen,  unter  die  nase  reiben:  womit  er 
mir  meine  weichherzigkeit  einriebe.  Stmpl.  K.  648  (in  den  an- 
merkunyen  var.  aus  ÜGK) ;  das  soll  ihm  eingerieben  werden, 
das  soll  er  schmecken,  fühlen. 

ELNREICHE.N,  1)  bei  der  bchörde eingeben,  überreichen:  eine 
bittschrift,  ein  gesuch,  eine  klage  einreichen;  wir  wirte  sind 
angewiesen,  keinen  fremden,  wes  Standes  und  geschlechts 
er  auch  sei,  vier  und  zwanzig  stunden  zu  behausen,  ohne 
seinen  namen,  heimat,  characler,  hiesige  geschafto,  vermut- 
liche daucr  des  aufenthalts  gehörigen  orts  einzureichen.  Les- 
siNC  1,  529 ;  diese  heilsordnung,  dasz  sich  inädcheu  bei  uns 
allemal  wie  gesuche  bei  fürsten  in  duplicalen  einreiclien 
müssen  (indem  sie  nie  allein  zu  einem  freunde  gehen  dürfen). 
J.  r.  [Icsp.  3, 192 ;  ich  schenkte  eine  summe  der  kirche  Lam- 
bertus  und  stiftete  hiermit,  dasz  jeder  Frimann  sein  leben 
einreicht,  wenn  er  alt  ist.    Tieck  gcs.  nov.  3,  254. 

2)  das  pferd  reicht  ein,  wenn  es  im  gehen  die  vorder füsie 
mit  den  hinlerfüszen  erreicht  und  verletzet. 

EINREIFEN,  cingere  circulo :  eingereifle  faszdaube.  J.  P. 
Siebenk.  1,  76. 

EINREIFEN,  pruina  legi:  das  feld  ist  ganz  eingereift. 

EINREIHEN,  1)  inserere,  implicare,  an  einem  faden  zusam- 
men ziehen,  fälteln:  neben  den  ewigen  Jungfrauen,  die  wciszer 
sind  als  eingereihte  perlen.    Sturz  1,  77. 

2)  tft  die  reihe  stellen,  einordnen. 

EINREIHIG,  unius  lanlum  ordinis. 

EINREISEN,  incidere,  insurgere:  bekennen  wir  got  in  diseui 
lichte,  •  daj  muo;  eigen  sin  und  ingezogen  dne  allej  iniUen 
dekeiner  geschaffener  dinge.  Eckhart  83,  29.  ein  spater  ver- 
schwindendes wort,  Stalder  2,  269  hat  hinein  reisen  für  einleiten, 
hineinlciten,  wobei  man  erwäge  was  zu  dem  einfacJien  reisen 
gesagt  wird,     bei  Stieler  1589  ist  einreisen  nidits  als  introire. 

EINREISZEN,  «in/,  inrijtcn, 

1)  transitiv  scindere,  demoltri:  ein  tuch,  ein  gewand  ein- 
rciszen,  ein  haus,  eine  wand,  mauer  einreiszeii :  und  wil 
ewre  stedte  wüste  machen  und  ewrs  hciligthums  kircheii  ein- 
reiszen.  3^»:«.  26,  31;  und  das  haus  wird  eingerissen  werden. 
1  kön.  0,  8 ;  und  reisz  ein  die  mauren  zu  Jerusalem.  2  chrun. 
26,23;  und  funden  einen  guten  rat,  das  man  in  dien  altar) 
ganz  einrciszen  sol.  1  A/ucc.  4,  45;  zog  in  der  beiden  land  und 
reisz  die  gölzenaltar  ein.  5,  68 ;  gebot  die  mauren  umb  her 
wider  einzurciszcn.  6,02;  die  kugel  risz  das  fleisch  ein;  die 
Hut  bat  den  dämm  eingerissen ; 

ein  trojunlüch  pfurd  •choinei  unser  ft'iede  .«ein, 
tieckei  voller  groll,  reikzei  viel  verfaRtung  ein. 

Lobtu  2,63,  55; 
dm  hniK  bleibt  iin<>r«rhülteri  mrhf'n, 
d«i  kiiid  hört  auf  Hich  tu  errioiiii, 
•s  wuiucht  es  wieder  neu  lu  »«ihuii 
uud  reisil  e«  bald  mit  wiUen  ein.    Gkllkrt  1, 19; 


249  EINREISZEN  — EINHEITEN 

acb,  rangt  sie  heftig  an  zu  scbrein, 

hört  auf  (tu  bauen),  und  reiszi  den  plunder  ein!  1, 185. 

2)  Irans,  incidere ,  insculpere ,  einhauen,  einritzen:  eine 
wunde  in  das  fleisch  einreiszen  ;  ein  loch  in  das  gewand; 
der  mit  dem  griffel  eingedrückte  umrisz,  wie  ihn  die  alten 
mahler  [in  fresken)  einzureiszen  pflegten.    Niebühb  2, 134. 

3)  intransiliv,  irrumpere,  einbrechen,  das  gewässer,  das 
wilde  thier,  die  seuche  reiszt  ein,  gleichsam  über  den  dämm 
und  zäun,  und  dann  oft  figürlich:  sihe,  so  wird  der  herr 
über  sie  komen  lassen  starke  und  viel  wasser  des  Stromes, 
das  sie  über  alle  ire  beche  faren  und  über  alle  ire  ufer 
geben  und  werden  einreiszen  in  Juda  und  schwemmen  und 
über  her  gehen,  bis  sie  an  den  hals  reichen.  Es.  8, 7.  8 ; 
sihe  ein  starker  und  mechtiger  vom  herrn,  wie  ein  hagel- 
slurnt,  wie  ein  schediich  weiter,  wie  ein  wassersturm,  die 
mechtiglich  einreiszen,  wird  ins  land  gelassen  mit  gewalt. 
28,  2 ;  da  musz  man  tag  und  nacht  aufsehen  und  wehren, 
das  nicht  die  wölfe  einreiszen,  dazu  musz  man  leib  und 
leben  iiuch  dran  setzen.  Llther  2,375';  gleichwie  die  Sa- 
duceer  und  ire  jünger  zu  Christus  zelten  solch  gift  unter 
gottes  wort  geseet  und  bereit  weit  eingerissen  hatten.  6,226'; 
das  nicht  widerleufer  in  unser  kirchen  eingerissen.  MELANcniH. 
im  corp.  d.  ehr.  105;  wie  auch  die  abgötterei  bei  den  beiden 
mit  Unverstand  einrisz.  Mathesics  44';  ein  solcher  aberglaub 
auch  unter  die  beiden  und  endlich  in  die  römische  kirche 
sehr  eingerissen  ist.  120' ;  wegen  einreiszen  der  pest  habe 
von  Liegnilz  weichen  müssen.  Schweiniches  3,214;  das  übel, 
die  noth  reiszt  unauflialtsam  ein.     vergl.  ausreiszen. 

4)  inlr.  rumpi,  scindi:  grund  und  boden  risz  an  dieser 
stelle  ein;  die  mauer  wird  bald  einreiszen,  einbrechen;  das 
zeug  reiszt  leicht  ein ;  das  eis  reiszt  oben  ein ;  die  thür  reiszt 
ein,  hat  einen  risz;  das  loch,  der  spalt  reiszt  noch  weiter 
ein ;  in  absieht,  sie  (die  trennung)  nicht  gröszer  einreiszen  zu 
lassen,  als  die  nothwendigkeit  erfodert.    Lessixg  10,  271. 

5)  reflexiv,  sich  einreiszen :  von  wegen  der  vielfeiligen  hoch- 
beschwerlichen Spaltung,  irrung  und  misvertrawen,  welches  sich 
allenthalben  im  heiligen  reiche  eingerissen,  slaatsp.  Karl  V.  s.  467 ; 
von  diesem  soll  ir  also  verneinen,  das  die  conjurationes  erst- 
lich entstanden  sind  in  Babylonia  und  im  selbigen  reich  je 
länger  je  weiter  sich  eingerissen.  Pabacelsls  2,  286';  das 
auch  die  sorg  etwas  gröszern  zufalls  oder  des  tods  seihest  sich 
oftermals  einreiszen  wolt.    Thlrxeisser  piob.  der  harnen  19; 

das  gesprech  hat  sich  schier  eingrissen.    Atrer  72*. 

6)  unpersönlich,  es  reiszt  ein,  meistens  mit  beigefügtem  weit 
oder  weiter,  lale,  latius  serpit,  propagalur :  auf  das  es  nicht 
weiter  einreisze  unter  das  volk.  apostelg.  i,!';  darnach  wirds 
weiter  einreiszen,  das  sie  müssen  alle  gottlosen  todschlahcn. 
Luther  3,  45;  da  reiszet  es  denn  ein  und  werden  gewaltige 
herren.  4,  45' ;  bis  aller  adel  mer  dann  gnfigsam  gestraft  war, 
do  risz  es  sich  ein,  und  liesz  der  toll  böfel  bei  disem  nit 
bleiben.  Frank  chron,  216'.  dies  einreiszen  läszt  sich  den 
umständen  nach  aus  3  oder  4  erklären,  je  nachdem  das  schreck- 
liche naht  oder  der  risz  zunimmt. 

7)  heutzutage  verwendet  man  einreiszen  doch  nicht  blosz  von 
gefahr,  misbrauch  und  risz,  sondern  auch  von  umgreifender 
neuemng :  die  sitte  reiszt  ein,  invalescit,  nimmt  überhand; 
der  baumwollene  verdienst  ist  gewöhnlich,  wo  er  neu  ein- 
reiszt,  sehr  gut.  Pestalozzi  3,  28 ;  um  diese  zeit  rissen  die 
schottischen  tanze  ein. 

EINHEISZL'NG,  f. 

1)  scissio,  demolilio:  die  einreiszung  der  mauer. 

2)  propagatio :  wider  fernere  einreiszung  (böser  getcohnheit) 
einen  ricgel  vorschieben.    Leibmtz  154. 

EINHEITEN,  mhd.  in  rlten.  /ir.  6087.  Wh.  21,  29.  nnl. 
inrijden,  schw.  inrida,  dnn.  indride. 

1)  equo  invehi,  introire:  da  er  zu  Jerusalem  einreit  am 
palmentage.  Lltiier  5,68';  als  nun  der  herzog  zu  Vennes 
einreit.  Ca/my  258;  konipt  der  fürst  eingeritten.  Petr.  lOi'; 
der  fürst,  der  den  unlerthanen  zuvor  gesagt,  er  wolle  ein- 
reiten.  Neander  menschensp.  65';  und  fragt  ine,  welchen 
weg  sie  eingeritten  weren.  Amadis  352;  das  jauchzen  mehrte 
sich,  als  er  in  die  Stadt  selbst  eingeritten  war.    Schiller  828'; 

denn  Jesus  zur  propheien>lnilt 

auf  ihm  ist  eiiigeritien.    (>ötme  5,267; 

er  rill  im  stolzen  kaiserschlosz 

am  zwölften  ahend  ein.    I'PRrFKL  4,  100; 

dasz  irli  mit  meinem  zuge 
mii  schönen  pferden,  dienorn.  r.ilkenjägem 
einreiu  Tiick  3,  27. 


EINREITEN  —  EINRIEGELN 


250 


bemerkensweith  der  beigefügte  acc.  ohne  praep.:  als  wir  den 
vorigen  wald  eingeritten  waren,  pol.  feuermäuerkehrer  30, 
in  der  stelle  aus  Amadis  ist  aber  welchen  weg  so  viel  als  auf 
welchem  weg.     einreiten  und  leisten,    tjurg.  191'.    R.i.  620. 

2)  einem  einreiten,  entgegenreilen :  da  doch  hergegen,  wenn 
sie  solchs  ein  weil  getrieben,  ihnen  der  Cornelius  Melancho- 
licus  so  stark  einreiicl  und  über  den  hals  kommt,  dasz  er 
weder  mit  phantasia  noch  theologia  mehr  zu  vertreiben. 
ganskönig  vorr.  7';  wenn  die  noth  zu  thür  und  fenstern  ein- 
reitet.   Simpl.  K.  475. 

3)  einreiten,  über  den  kaufen  reiten :  die  thür,  das  eis  ein- 
reiten. 

EINREITEN,  n.  inlroilus  solennit:  kaiserlicher  maj.  einreiten 
in  Augsburg. 

EINREITUNG,  f.  Christi  einreilung  zu  Jerusalem.  Kirchhof 
wendunm.  375'.    Neander  menschensp.  73'. 

EINRENKE.N,  luxatum  membrum  in  sedem  suam  reponere, 
einlenken :  den  fusz,  die  hüfte  einrenken ;  er  untersuchte  die 
Schulter  und  da  in  dem  orte  kein  wundarzt  vorhanden,  renkte 
er  sie  selbst  mit  groszer  geschicklichkeit  ein.    Armm  2, 187. 

EI.NRENN,  f.  instillatio  ?  nimb  newes  wachs,  terpentin  &c., 
renns  in  die  gebrannte  löcher  und  hornkluft,  reits  in  kein 
wasser,  ob  auch  die  einrenn  dem  pferd  aus  dem  brand  und 
hornkluft  heraus  komme.    Secter  379. 

EINRENNE.N,  1)  instillare,  rinnen,  fiieszen  machen,  ein- 
träufen.     s.  das  vorhergehende  Kort. 

2)  tncurrere,  schw.  inränna,  dän.  indrende:  einem  einren- 
nen, was  einreiten  2,  wider  einen  rennen:  ihr  wollet  .Martino 
Luthero  schreiben,  dasz  er  doch  dem  Philippo  mit  gewalt 
einrennen  und  die  frommen  fürsten  vor  ihme  warnen  wolle. 
Bausgärtser  bei  Melanchthon  2,  372.  heute,  auf  einen  ein- 
rennen :  mit  diesem  deiche  kommen  sie  auf  mich  eingerannt 
und  ich  soll  mich  nicht  anders  als  den  hut  in  der  band 
gegen  sie  vertheidigen  können?    Lessinc  10,231. 

3)  cum  impetu  effringere  :•  eiae  thür,  ein  fenster  einrennen. 
EINRICHTEN,  nnl.  inrigten,  schw.  inrätta,  dän.  indrelle. 

1)  ei»  verrenktes,  krankes  glied  einrenken,  wieder  recht 
machen:  der  knoche,   das  bein  ist  wieder  eingerichtet. 

auch  rieht  der  wermut  oft  den  magen  wider  ein.    Roüpler  153. 

2)  inslituere,  ordnen :  sein  haus,  sein  leben ;  ich  kann  dich 
nicht  bei  mir  behalten,  denn  ich  bin  noch  nicht  darauf  einge- 
richtet; sein  geschäft  oder  gewerb  einrichten;  ein  gut  einge- 
richteter Staat,  eine  gehörig  eingerichtete  Wirtschaft;  in  der 
Stadt  ist  ein  arbeits  und  ein  krankenhaus  eingerichtet ;  ach, 
es  ist  für  den  armen  nirgends  nichts  eingerichtet,  bis  man 
ihn  ins  spital  nimmt.  Pestalozzi  2, 137.  den  Vortrag  nach 
den  Zuhörern  einrichten;  ein  auf  gewisse  weise  eingerich- 
teter beweis.     Kant  8, 109 ;   ich  will  es  schon  so  einrichten ; 

die  weit  hat  ihre  witz  in  fabeln  einirerichtei. 
I.OGAu  3,  249,  175. 

3)  den  sehn,  die  tochter  einrichten,  ausstatten,  ausrichten. 

4)  sich  einiichten:  man  sehte  sich,  man  richtete  sich  ein. 
Göthe  21,  51;  ich  sollte  mich  auf  längere  zeit  einrichten. 
26, 19 ;  es  ist  nichts  schändlicheres  in  der  »elt,  als  sich  auf 
lügen  und  märchen  einzurichten.  20, 108 ;  sich  hübsch,  häus- 
lich einrichten. 

5)  weidmännisch,  das  wild  einrichten,  einstellen,  umstellen, 
mit  dem  hohen  zeuge  einschlicszen. 

6)  in  der  mathematik,  brücbe  einrichten,  ihnen  gleiche  nen- 
ner  geben. 

EiNRICHTIG,  austerus,  rigidus,  gestreng,  eigensinnig,  ahd. 
einrihti  rigidus  (Graff  2,418),  mit  ein,  nicht  wie  das  vorher- 
gehende mit  in  zusammengesetzt :  als  ein  einrichtige  frouwe 
irem  man  gehorsam  ist,  wenn  es  ir  in  irrr  lun  und  kupfist. 
Keisersr.  bilger  8*.     später  veraltend. 

EINRICHTSAM,  dispositus.    Stieler  1502. 

EINRICHTUNG,  /. 

1)  die  einrichtung  des  ausgefallenen  anns,  fingers. 

2)  institulio,  ordo:  die  einrichtung  des  hauses,  des  ge- 
schäfts;  es  ist  gar  keine  einrichtung  hier,  keine  Ordnung; 
ich  mache,  treffe  meine  einrichtung;  und  ist  es  meine  ein- 
richtung, dasz  alle  Übertreibungen  des  lächerlichen  so  fähig 
sind?  I.ESSINC  1,576;  da  man  nicht  gleich  ^infangs  auf  den 
empfang  so  vieler  gaste  die  einrichtung  gemacht  hatte.  Göthe 
20,  2S9;  die  ganze  einrichtung  (mit  dem  gerät)  wird  verkauft. 

EINRIEGEI.IG,  vnius  pessuli. 

EINRIEGELN,  pestulum  obdere:  sie  hat  sich  eingeriegelt, 
in  ihre  stube  verschlossen  ;  es  ist  eingeriegelt  und  verschlossen 


251 


EINRIESELN — EINRÜHREN 


EINRÜMPFEN— EINS 


252 


EINRIESELN,  lene  ivipluere,  iiiflucre,  bei  den  bcrieselungen 
läsit  man  das  wasser  auf  die  wiesen  einrieseln. 

EINKINGELN,  intorquere:  einen  weidenstab  einringeln,  das 
haar  einringeln. 

EINUINGEN,  claudcre  annulo.    Stieleb  1650. 

EIMUN.NE,  f.  canal,  wodurch  etwas  einrinnt,    vgl.  cinrcnn. 

EINHI.NNEN,  influere,  schw.  inrinna,  ddn.  indrinde:  das 
einrinnendc,  eingeronnene  wasser.  in  eignem  sinn  steht  es 
ßr  festrinnen,  stehn  bleiben,  xurückkommen,  verarmen: 

derbalb  bin  eingeninnen  ich, 

das  die  kaiz  ist  mein  bestes  vich, 

und  steck  in  nrmut,  groszer  schuld.    H.Sachs  III.  1,237'; 

damit  auch  in  geldscliuld  einriiineu.    I,  524*. 

ScHMELLER  3, 104  hat  zuiückrinnen  für  lurückkommen. 

EINRISZ,  m.  fissura,  irrufilio :  das  sie  (eure  prcdiger)  auf- 
sehen auf  den  listigen  einrisz  des  tcufcis  durch  eitel  ehre. 
Luther  3, 153.  6r.  3,  5 ;  das  niücht  ein  anfang  und  höser  ein- 
risz werden,  die  andern  gcsetz  alle  aufzuheben.  5,  22l';  Un- 
kosten, weicher  auf  ergänzung  der  schaden,  einrisz  und  ver- 
schwemtnung  solcher  güs  und  anläuf  gehet.  Sebiz  10 ;  denn 
eine  gans  were  beriimpt,  weil  die  gänse  das  capitoliuin  zu 
Rom  wider  der  feinde  gewaltsamen  und  heimlichen  einrisz 
geschützet  hatten.  Huldr.  Trerander  heilp/laster  auf  die  melan- 
cholische wunden.  1005.  aS'. 

EINRITT,  m.  equeslris  pompa,  das  einreilen.  nnl.  inrid : 
ein  und  vorritt.  Ganj.  n';  gröszer  als  der  rund  napf  vor 
dem  dorn  zu  Speir,  weiciicn  mnn  zu  jedes  bischofs  einritt 
mit  wein  füllt  und  gute  ariTie  schiucker  sich  redlich  darum 
raufen  läszt.  237' ;  wie  sich  der  junkher  vom  meer  so  dapfer 
gebraucht,  deswegen  in  seinem  einritt  ein  jeder  sagt,  ja  wie 
ein  löblicher  guter  rilterl    Amadis  99. 

2)  der  ort  des  einreitens:  da  begegnet  ihm  zu  einritt  des 
thals  ein  jung.    201. 

EINRITZEN,  leviter  incidcre,  schw.  inrita,  dän.  inridse:  die 
haut  einritzen,  latlowieren;  seinen  namen  in  die  rinde,  in  ein 
glas  einritzen. 

EINKÖHRIG,  mius  tubi. 

EINROLLEN,  involvere,  nnl.  inroilen,  dd».  indrolle:  ein 
bild  einrollen,  geld  einrollen ;  haarlocken  einrollen ;  die  ein- 
gerollte,_au/3ero///e  fahne. 

EINRÖSSEN,  macerare  linum.  andere  schreiben  für  rossen 
rösten  und  rötzen.    Schm.  3, 138. 

El.NRüSSER,  m.  was  einspänner:  der  keiser  kann  nicht 
so  frei  sein  als  ein  prediger,  welcher  ist  wie  ein  einrösscr, 
er  kann  sich  bald  wenden,  das  kann  ein  regent  mit  seinem 
folgenden  zuge  nit  thun.  Luthers  tischr.  344*.  Schmeller 
3, 137  hat  ainrösser,  ainrüsser,  ainrüsler. 

EINRÖSSUNG,  f.  maceratio  Uni. 

EI.NROSTEN,  rubiginem  trahere,  nnl.  inroesten :  das  schlosz, 
die  scheide,  der  degen  in  der  scheide  ist  eingerostet;  der 
alte  hasz  war  endlich  eingerostet; 

dieser  brauch  ist  eingerostet.    RficiEnr  228. 

EINRÖTZL'.N'G,  f.  maceratio  Uni:  die  einrötzung  soll  im 
julio  oder  augusto  geschehen,  weil  die  wasser  noch  von  der 
sonnen  stral  erwärmet  seind.    Hohberg  2,  4h*. 

EINRLCKEGEBCHR,  /.  kosten  des  inscrats. 

EINRLXKEN,  nnl.  inrukken,  schw.  inrycka,  ddn.  indrykke. 

1)  inlr.  ingredi:  zu  zweien  eingerückt!;  das  beer  ist  lang- 
sam eingerückt;  die  feinde  rücken  immer  tiefer  ein  »»  das 
land;  in  die  steile  des  einen  rückt  ein  andrer  ein;  die  nacht 
mit  gewalt  einrückte,    med.  maulaffe  560. 

2)  Irans,  interere:  in  die  öffentlichen  blätter  einrücken 
lassen;  eine  stelle  in  ein  buch  einrücken  lassen;  rücke  das 
noch  mit  ein. 

3)  Zeilen,  worte  im  schreiben  oder  selien  einrücken,  spalio 
a  margine  interjecto  intcrius  recipere,  einxiehen. 

EINRUDERIG,  iimplici  remorum  ordine  inttruüut,  einru- 
deriges  schif. 

EINRLDERN,  inremigare,  nnl.  inroeijen,  in  den  hafen,  in 
die  bucht  einrudern. 

EINRLFEN,  vocare  in  locum,  einberufen,  nnl.  inroepen. 

EINRLHHEN,  immitcere,  admiscere,  nnl.  inroeren:  eier, 
roehl,  kalk,  pulver  einrühren ;  tingcrilhrte  eier  heiszvn  auch 
bloti  'eingerührtes',  die  ekeln  cbinapulvcr,  die  er  mir  diilzcnd- 
weisc  eingcrtibrt  hat.  Tiiümmels  reise  5,  9».  fiiürlich,  einem 
etwas  einrühren,  schaden,  vtrdrutt,  unheil  $U/len,  gleichsam 
durch  beigemndUu  gtfl. 


EINRCMPFEN,  corrugari:  die  blätter  sind  lang,  schmal 
und  eingerümpft.    Tabernaemont.  319. 

EINRUNDEN,  rolundare,  abrunden:  das  land  ist  nun  besser 
eingerundet. 

EINRÜNEN,  bei  Luther  für  einraunen:  bis  so  lange  du 
mit  gnaden  mich  sprengest  und  weschest  und  also  mir  ein 
gut  gewissen  machst,  das  ich  höre  dein  heimlich  einrünen. 
I,  32'.  3, 14. 

EINRUNZELN,  rugari:  das  alte,  eingerunzelte  müttereben ; 
die    entfärbten    eingerunzcltcn   arme.     J.  P.  biogr.  bei.  1, 87. 

EINRUPFEN,  carpendo  colligere:  blumen,  federn  einrupfen; 
die  lämnier  rupften  gierig  das  gras  ein. 

EINRUSSELN,  iufodere,  abscondere ,  einwülchen :  Heide- 
linus thut  hinzu,  dasz  wenn  sie  (die  schwalben)  sich  in  die 
holen  stamme  am  meer  verbergen,  sie  sich  unter  dürres 
laub  und  moos  einrusseln.  PRAETontus  storch  und  schwalben 
wintcrq.  300.  es  gehört  aber  kaum  zu  rüssel  rostrum,  be- 
deutet eher  einhuschen,  huscheln  und  sollte  lauten  ein- 
ruschrln? 

EINRUSSEN,  fuligine  legere,  die  wand,  der  Schornstein 
ist  ganz  eingeruszt. 

EINRÜSSIG,  kurz  angebunden,  gleichsam  einspännig?  vgl. 
einrösser: 

er  feirct  nicht  mit  sein  gedankcn, 

ist  einrüssig,  ihut  gern  zanken,    .\vrer  360'. 

EINRÜSTEN,  inslruere,  ausrüsten:  das  iezumal  der  könig 
in  Rüsche  Clermault  lig,  allda  sich  auf  allen  fall  einzurüsten. 
Ganj.   20S'. 

EINRÜTTELN,  agitando  constipare,  einschütieln :  die  arznei 
musz  eingerüttelt  werden. 

EINS,  f  die  einzahl,  verschieden  von  dem  sp.  139  aufge- 
führten n.  ein,  res  unica,  näher  stehend  dem  m.  einer  sp. 
166;  eigcntUch  das  folgende  n.  eins,  woraus  sich  wieder  ein 
f.  bildete,  wie  man  heule  namen  der  zahlen  gern  weiblich 
anzusetzen  pflegt:  man  sollte  es  der  ersten  eins  nicht  an- 
sehen, dasz  sie  so  viel  gilt,  als  zehn  millionen  der  letztern. 
Lichtenberg  3,47;  er  hat  die  eins  bekommen,  in  der  censur. 
deutscher  wäre  zu  sagen  das  eins  als  die  eins. 

EINS,  flcctierte  neulralform  der  einzahl,  golh.  ainata,  ahd. 
eina;,  mhd.  eine;,  Schweiz,  eis  (obenfsp.XiZ),  altn.  eitt  für 
eint,  schw.  elt,  ddn.  eet.  den  übrigen  dialecten  entgeht  die 
flexion.  zwischen  eines  und  eins  findet  kein  unterschied  der 
bedeutungen  statt,  nachtheilig  mischt  sich  nhd.  eines  mit  dem 
gen.  sg.  eines,  der  reines  S  hat,  wahrend  der  nom.  aus  einesz 
verdünnt  wurde. 

1)  wir  zählen  eins,  zwei,  drei,  mhd.  eine;,  zwei,  driu,  also 
mit  lauter  neulr al formen ,  denn  driu  ist  deutliche  flexion  des 
nom.  pl.  n.,  und  zwei  entspricht  dem  ahd.  zuei,  welches  mil 
dei  für  diu  parallel  lauft,  wie  denn  auch  vieriu,  funfiu  forl- 
gezdhll  wird,  heule  fühlen  wir  in  zwei  kein  n.  mehr,  da 
wir  es  auch  das  männliche  zwen  und  weibliche  zwo  vertreten 
lassen,  umgekehrt  ist  unser  ursprünglich  männliches  drei  aufs 
f  und  n.  erstreckt  worden,  die  schwäbische  Volkssprache  zählt 
bis  auf  heute  noch  richtig  oins  (oin),  zwoi,  drui.  der  Gothe 
kann  nicht  anders  gezählt  haben  als  ainata  (oder  gekürzt  ain), 
Iva,  jirija.  das  in  cilf  enlhallne  ein  blieb  stets  unflectiert, 
goth.  ainlif,  ahd.  einlif,  während  in  tvalif  volles  Iva  eingieng, 
ahd.  zuelif  demnach  zueilif  lauten  sollte.  allen  zehnem  von 
zwanzig  bis  neunzig  entziehen  wir  nhd.  das  neutrale  s  und 
sagen  ein  und  zwanzig,  ein  und  dreiszig  bis  ein  und  neun- 
zig, während  es  von  hundert  an  wieder  zutritt:  hutidert  und 
eins  —  tausend  und  t-ins.  es  heiszl  eins  vom  hundert  ab- 
geben,  wie  zwei,  drei  vom  hundert,  doch  aucli  eins  von 
zehen,  zwanzig,  früher  gab  man  auch  zafilend  den  zchitern 
volles  eins,  ein  gewisses  karlenspiel  hiesz  eins  und  dreiszig, 
trente  et  un,  z.  b.  bei  H.  Sachs  I,  51S'. 

desgleichen  das  Kpil  eins  un<l  liunderl 

hat  mir  den  beute!  oft  geblundurt.    V,  357', 

für  hundert  und  eins,  wie  wir  sagen  eins  von  hundert,  eins 
Vom  hundert,  eins  über  hundert,  eins  mehr  oder  weniger, 
daj  der  phärt  sich  muusten  legen 
4ins  und  »cchzig  vun  den  siegen.    Hing  $.  242; 
mhd.  (ijncj  und  zweinzic  jAre.    Diut.  3,  RS; 

ich  hin  ^inj  und  dri{ec  Idsont  man.    Karl  4406.  4606. 

nicht  anders:  cinfital  eins  macht  eins,  eins  ist  keins,  6ins 
macht  keins.  Lrhma?(?(  199;  es  ist  eins  =  es  hat  i^ins  ge- 
schlagen, mit  dem  schlag  eins,  auf  den  schlag  eins  koininen. 
eins  auf  dem  wüifel,  canis :  du  hast  iiua  geworfen. 


253 


EINS 


EINS 


254 


es  war  die  an  zu  allen  Zeiten, 

durch  drei  und  eins,  und  eins  und  drei 

irrthum  stall  wahrheil  zu  verbreiten.    Göthk12,  130. 

Bemerkenstrerlh  ist  die  formet  eins  zwei  drei!  ßr  lauber- 
haße  schnelle,  mie  man  die  hand  umdreht,  itie  man  die  drei 
zahlen  hintereinander  ausspricht  ist  es  schon  geschehen: 
fi^uensleute  wissen  ^ins  zwei  drei!  rat,  Kissen  sic^  augen- 
blicJilich  zu  helfen; 

wofern  ich  nicht  in  öins  zwei  drei,  wie  aus  der  tasche, 

euch  ohne  Zauberei  ein  liebchen  hasche.    Wiblajid  18,  267 ; 

dann  lehret  man  euch  manchen  tag, 

dasz,  was  ihr  sonst  auf  ^inen  schlag 

getrieben,  wie  essen  und  trinken  frei, 

eins  zwei  drei!  dazu  nöthig  sei.    Götbs  12,95; 

tatafa,  ^ins  zwei  drei !  und  damit  fertig.  Lenz  1, 103.  diese 
formet  findet  sich  nd.  ausgedrückt  en  twe  dre,  oder  auch  ins 
twins  drins !  d.  i.  einmal  zweimal  dreimal. 

2)  statt  des  substantivischen  ein  {sp.  139)  begegnet  gleicher- 
weise eins : 

kein  lebendiges  ist  ein  ^ins, 
immer  ists  ein  vieles.    Götbs  3,%; 

du  bist  ihr  ^ins  und  ihr  alles;  Jesus  ist  unser  ^ios  und 
alles; 

denn  Jammer!  ihr  eins  und  ihr  alles  war  hin, 

die  kub,  die  bisher  sie  ernähret.    Ri:i<GKR  65*; 

bedenket,  lieber  herr,  hier  grast 

so  mancher  armen  witwe  kuh, 

ihr  6ins  und  alles  spart  der  armen !    'O'. 

3)  adjectiviscbes  eins  bezeichnet  das  zugleich  geschehende, 
im  momenl  zusammenfallende:  kriegen  und  rasen  ist  eins; 
reden  und  fluchen  war  bei  ihm  eins  {wenn  er  redete,  fluchte 
er  auch).  Kli>ger  3, 155 ;  knallen  und  fallen  war  öins ;  ihn 
sehen  und  ihn  lieben  war  eins ;  ihn  erblicken  und  ohnmäch- 
tig zu  boden  sinken  war  eins,  solchen  inßnitiven  pflegt  aber 
die  oberdeutsche ,  erzählende  Volkssprache  höchst  lebendig  den 
nom.  der  person  zu  gesellen:  der  schullheisz  den  feldraesser 
sehen  und  seine  amsel  loben  ist  eins  gewesen.  Neffles  vetler 
aus  Schtcaben  91 ;  ich  das  sagen  und  mein  weih  schneeweisz 
werden  ist  eins  gewesen.  169;  sie  das  sagen  und  zwölfe 
auf  der  uhr  schlagen  ist  ^ins  gewesen.  229 ;  er  mich  tanzen 
sehn  und  mir  ein  ohrfeign  steckn  war  eins.  Ast.  Bccher 
porciunculabüchl.  69;  denn  die  miedl  den  neuen  schnürriem 
sehen  und  meine  predig  vergessen  wird  ein»  sein.  Ain- 
derlehre  s.  38 ;  schön  welter  sein  uads  tanzen  wieder  an- 
gehn  ist  eins,  charfreilagsproc.  114.  bei  Keisersberg,  ko 
ich  darauf  wartete ,  ist  mir  noch  kein  beleg  begegnet,  den 
nominaliven  gleidit  der  bei  Fischart  :  da  Kampfkeib  disen 
Tortheil  ersähe ,  er  vom  pferd ,  zeucht  von  ledei ,  hernach 
laufst  nicht  so  hast  nicht,  stach  und  hieb  in  den  dick- 
sten häufen.  Garg.  231*,  doch  nicht  neben  dem  inf.  und 
ohne  folgendes  das  war  eins,  statt  des  inf.  erscheint  erzäh- 
lende rede  vor  dem  eins:  als  er  ja  gesagt,  sei  sein  ja  und 
der  schusz  eins  gewesen.  Reinhard  werlheim.  deduclion 
2,  205,  icas  sich  leicht  umsetzen  liesze  in:  sein  ja  sagen  und 
der  schusz  fallen  sei  eins  gewesen,  aber  den  romanischen 
sprachen  ist  auch  solche  anxcendung  der  infinitire  geläufig, 
nur  mangelt  wieder  der  nom.  des  subjects:  y  el  dezir  eslo, 
y  el  darle  con  la  punta  del  cuchillo  todo  fue  uno.  Don 
Quixote  4,  50 ;  e  il  dir  questo  e  il  tomarsi  dentro  e  chiuder 
la  finesfra  fu  una  cosa.  Bocc.  decam.  2,5;  e  il  dir  le  parole 
e  l'aprirse  e'l  dar  del  ciottolo  nel  calcagno  a  Calandrino  fu 
tutt  uno.  8,3;  avoir  quelque  soupcon,  se  mettre  en  colere, 
se  lever  de  furie,  ce  ne  fut  qu'une  mesme  chose.  Scarron 
romant  comique  1651  p.  30.  doch  mögen  sich  auch  franz. 
beispiele  eines  dem  inf.  vorangehenden  moi,  lui,  eile  anführen 
lassen,  wie  aber  dem  fue  uno,  fu  tutt  uno  ein  fu  una  cosa, 
fut  une  chose  zur  seile  steht,  findet  sich  auch  für  war  ein« 
gesetzt  war  ein  ding ,  wozu  beispiele  th.  2, 1160  gegeben  sind. 

4)  nicht  anders  drückt  eins  das  einerlei  aus,  wo  mhd.  al 
ein  ohne  flexion  zu  stehen  pflegt  {wb.  1,  417') :  mir  ist  alles 
^ins,  sie  mögen  machen  was  sie  wollen;  mhd.  man  und 
wip  mir  ist  al  ein.  I'arz.  116,26; 

vhd.  es  ist  mir  alles  eins, 

ob  ich  geld  hab,  oder  keins; 

^ins  ist  mir  ihr  liuld  und  hassen, 

Zriiiltia  sei  wer  sie  sei, 

ich  bin  froh,  dasz  ich  bin  frei.    Pliuüc  496; 

bei  mir  i«a  beides  tlm,  zu  lieben  und  zu  schweigen. 

blLLERT  3,  313; 


was  sonst  auch  ein  ding,  ein  thun  heiszt ,  vergl.  einerlei. 
dem  gen.  einerlei  entspricht  eines  dings :  wie  es  mir  allbereit 
eines  dings  war,  ob  es  mit  ehren  oder  Unehren  geschehe. 
Simpl.  Courage  cap.  18. 

5)  neben  personen,  gleichviel  welches  geschlecJits ,  und  dem 
terbum  subst.  bedeutet  das  praedicierende  neutrum  eins  so 
viel  als  identisch,  einig,  einstimmig,  ersclteinl  aber  natürlich 
nur  im  nom.  oder  acc. 

a)  identisch:  ich  und  der  vater  sind  eines,  iycj  xai  6 
Tiaxr^q  iv  iauev,  ego  et  pater  unum  sumus,  goth.  ik  jah  atla 
meins  ain  siju,  nii/  dem  verbum  im  dl.,  dessen  die  gr.  erste 
person  unfähig  ist,  ahd.  ih  inti  ther  fater  ein  birumes.  Joh. 
10,  30;  das  sie  eines  seien  gleichwie  wir,  Tra  aaiv  iv  xad'dfs 
xai  T]u£ls,  ut  sint  unum  sicut  et  nos,  ei  sijaina  ain  svasv^ 
vit,  ahd.  tha;  sie  sin  ein  sosö  wir  birumes.  17,  II ;  auf  das 
sie  alle  eines  seien,  ahd.  tha;  sie  alle  ein  sin.  17,21;  mhd. 
so  wil  dft  uns  ein  spise  sin,  diu  uns  mit  dir  einej  mache 
und  uns  dlne  natüre  in  gie5e.  myst.  376,  8 ;  der  mache  uns, 
lieber  herre,  eine;  unde  teil  uns  disse  Schatzes  ein  vil  w6nic 
mite.  379,  33; 

nhd.  eins  bist  du  mit  der  allgemeinen  wonne!    Schilleb  475*; 
der  wundersam  aus  vielen  eins  gewordnen  bürg. 

GöiBK  41,209; 
nur  mit  meinem  fleisch  und  blut  ist  sie  eins  geworden. 
Kunger  2, 117' ;  der  mann,  der  seinem  fleische  so  lange  wol 
gethan  hatte,  dasz  zu  Zeiten  sein  geist  mit  demselben  eins 
geworden  zu  sein  schien.  6, 5.  icir  sehen  also  hier  goth. 
ain,  ahd.  ein,  mhd.  einej,  nhd.  eins  verwendet. 

b)  einig:  eins  sein,  conrenire.  Dasvpodics  319*;  üneins 
sein,  discordare;  mügen  auch  zween  mit  einander  wandeln, 
sie  seien  denn  eins  untereinander?  AmosZ,Z;  und  ich  ward 
mit  ir  dins  umb  funfzehen  silberlinge  und  anderhalben  homer 
gerslen.  Hosea  3,  2 ;  du  wirst  ja  nimer  eins  mit  dem  sched- 
lichen  stuel.  ps.  94, 20 ;  darnach  wurden  sie  mit  einander 
eins.  Susanna  14;  wenn  brüder  eins  sind  und  die  nachbarn 
sich  lieb  haben.  Sir.  25, 2 ;  wo  zween  unter  euch  eines 
werden  (consenserint).  Matlh.  18,19;  und  da  er  mit  den  er- 
heitern eins  ward  umb  einen  groschen.  20, 2 ;  bistu  nicht 
mit  mir  eins  worden?  20,13;  die  Juden  sind  eins  worden 
dich  zu  bitten,  apostelg.  23,  20 ;  und  wurden  mit  uns  iias. 
Gal.  2,  9  ;  da  zwei  menschen  wol  eins  seind  mit  einander,  und 
du  machest  har  uf  har,  sagst  von  eim  iedem  böses,  uf  das 
das  die,  die  da  vor  eins  warent,  lineins  werden.  Keisebsb. 
5.  d.  m.  46' ;  das  du  mit  allen  menschen  eins  seiest,  omeis 
87'; 

und  wie  er  mit  dem  wirt  würt  ainsz, 

das  scbol  uns  dünken  gar  ain  clains.    fastn.  sp.  787,34; 

iez  sind  si  eins  und  verriebt.    S93,  13; 

zwen  giengen  hin  und  wurden  eins.    H.  Sachs  1,525'; 

darin  bin  ich  mit  dir  eins,  constat  hoc  mihi  tecum.  Maaleb 
lOO';  die  burgermeister  selbs  warend  nit  fast  wol  eins,  ne 
inter  eonsules  quidem  ipsos  salis  conveniebat.  lOO';  weil  die 
ausleger  gar  nicht  eins  sein.  Mathesiüs  56* ;  letzlich  wurden 
sie  so  schön  mit  ihnen  eins,  dasz  sie  aller  ihrer  notteln 
und  fladen  mächtig  wurden.  Garg.  19S';  als  die  churfürsten 
nicht  eins  werden  konten.  Zinkcr.  apophth.  Z,  ' ;  sie  werden 
eins  mit  einander  eine  probe  zu  thun.  Lokman  fab.  2t;  ich 
bin  in  diesem  fall  mit  euch  eines,  dasz  die  fürsten  gelehrte 
leute  vonnöthen  haben.    Schcppius  939; 

wir  zankten  uns  einmal  und  wurden  wieder  ^ins. 

Gkllert  3,389; 
so  glühet  fröhlich  heute, 
seid  recht  von  herzen  eins.    Götme  1,  130, 

der  erste  druck   im  teulsehen  Merkur  1776  febr.  123  hat  abet : 

ihr  seid  nun  eins  ihr  beide 
und  wir  mit  euch  sind  6ins; 

man  ist  darinnen  6ins.  Kant  8,85;  und  man  ist  stolz  und 
mit  sich  eins.  Claodius  2,  61 ;  nur  über  die  zeit,  wann  dies 
geschehen  .sollte,  war  ich  nicht  eins.  Leisewitz  im  Jul. 
v.   Tar.  1,  1. 

c)  o/T  ßgt  sich  zu  diesem  eins  der  gen.  der  sache: 
so  werden  sie  des  koufes  öisz  (:geisz).    Biant  61,  29; 

da  kam  die  dochter  mit  den  gewaschenen  tOcbem  und  wur- 
den des  kaufs  eins.  sdi.  und  ernst  1555  cap.  255.  1522  eap. 
217.  1550  cap.  tS7 ;  also  beide  der  sache  eins  wurden.  Boec. 
1,12';  denn  sie  wurdens  eins,  das  sie  kernen  in  zu  klagen. 
Hiob  2,11;  des  artikels  ist  alle  weit  eins.  I.lther  5,25t'; 
sofern  wir  sonst  der  saclicn  ^ns  werden   und    bleiben,   bis 


255 


EINS 


EINS 


256 


(las  gott  weiter  schicke  nach  seinem  willen.  6, 113* ;  habe 
auch  gar  keine  hufnung,  das  wir  der  lere  sollen  eins  wer- 
den. 5, 73' ;  der  herzog  mit  seinen  rätben  der  sach  eins 
wurde.  Galmy  277 ;  also  wurden  sie  der  sach  t^ins.  Wickrah 
roUw.  49; 

wir  wölln  vielleicht  des  kaufs  ^ins  werden.  Atrkr  fastn.  W; 
man  wurde  des  handeis  ^ins.  Wihland  7, 334 ;  so  dasz 
Slrobylus  und  die  beiden  Vorsteher  endlich  des  Schlusses 
^ins  wurden  ...  zu  rathe  zu  gehen.  20,  99 ;  endlich  wurden 
sie  der  rede  eins,  jeder  sollte  einen  wünsch  thun.  Hebkl 
schatzk.  170. 

d)  der  gleichlautende  acc.  kann  eintreten  neben  dem  inf. 
oder  abhängen  von  machen :  lasz  uns  wieder  eins  sein  und 
bleiben;  dasz  er  könige  uneins  und  wieder  eins  mache, 
machet  sie  wieder  eins ,  die  er  zuvor  uneins  gcuiachet. 
LuTHtR  tisehr.  271';  eins  machen,  reconriliare.  Dasvpodius 
319';  es  war  ein  ritler,  der  het  zwen  jaghund,  die  warn  im 
lieb  und  bet  viel  freud  von  ihnen,  aber  si  hotten  die  arl, 
wenn  sie  zusamen  gebunden  waren  und  gefesziet,  so  warn 
sie  fast  wol  eins  mit  einander,  aber  sobald  sie  aufgelüset 
und  ledig  waren,  so  wollen  sie  einander  selber  zerzerren 
und  betten  das  gewild  nicht  angesehen,  da  riet  man  ihm, 
das  er  sie  also  soll  eins  machen  «.  s.  w.  seh.  und  ernst 
1550  cap.  348;  ich  woll  sie  beide  {die  drzte)  mit  eim  sol- 
chen feucbttrockenen  Schwallen  und  quallfen  wol  eins  machen. 
Garg.  53';  der  teufel  bat  schon  die  frommsten  ehleute  un- 
eins gemacht. 

e)  die  unter  b  —  d  vorgetragne  bedeutung  von  eins  ==  einig 
zeigt  sich  mhd.  noch  gar  nicht,  musz  aber  aus  der  nahelie- 
genden von  eins  =  unum  unter  a  entsprossen  sein,  und  oft, 
z.  b.  in  der  stelle  bei  Güthe  1,130,  läszt  sich  kaum,  welche 
gemeint  sei,  entscheiden,  wenn  aber  das  nculrum  für  den 
begrif  der  einheil  passend  erscheint,  schickt  es  sich  weniger 
XU  dem  des  einig  werdens ;  die  eines  sinnes  sind,  die  sich 
über  etwas  einigen  oder  vereinbaren ,  sind  darum  nicht  eins 
geu^orden. 

G)  nach  praepositionen  findet  dies  eins  nur  seilen  statt, 
namentlich  nach  auf  und  in :  das  geht  auf  eins  hinaus ;  oder, 
welches  auf  eins  hinaus  läuft.  Kant  6, 150 ;  das  rinnt  alles 
in  eins,  lat.  in  unum ; 

ecee  quam  bonum, 
bonum  et  jucundum, 
habitare  Cralres, 
Iratres  in  uiiuin ; 
ein  edles  paar  in  6ins  verschmolzener  seelen. 

Wirlands  Uheron  12,  57; 
die  tausendfältigen  gcdankcn  vieler 
verschicdner  menschen,  die  im  lehen  sich 
und  in  der  meinung  widersprachen,  iusti 
der  dichter  klug  in  öins.    Götqk  9,  228. 
von  äuszerm  drang  unangefochten 
bleibt,  freunde,  so>in  äins  verflochten. 

an  fr.  v.  Stein  3,  4.S9. 
eine  ausführliche  acte  ward  aufgesetzt,   die  ganze  zerstreute 
partei   in    ^ins   zu  verbinden.    Schiller  1057';    in  (-ins  weg, 
iort,  üblicher  in  einem. 

die  ältere  spräche  »öge  vor  in  din,  en  din  unßecliert 
(gramm.  4,  273  und  oben  sp.  116).  man  unterscheide  aber  dies 
auf  eins  von  auf  eins  t=  auf  einmal. 

1)  persönliches  eins,  im  sinne  von  quis ,  aliquis, 
drückt  wiederum  in  seiner  Unbestimmtheit  alle  geschlechter  aus. 
gramm.  4,  273  ff.  wurde  als  durchgreifender  zug  unserer  spräche 
hervorgehoben,  dasz  die  neutra  es,  das,  dies,  jedes,  manches, 
alles  zugleich  von  dem  männlichen  und  weiblichen  geschlecht 
gelten  können;  dasselbe  musz  ßr  eins  behauptet  werden,  ohne 
dasz  man  nöthig  hätte,  mit  Zarnckk  (zu  Hhant  s.  300')  cinflusz 
des  ohnehin  fast  erloschenen  neutralen  ijenus  des  Wortes  mensch 
dabei  anzunehmen,  alles  schlüft  noch  im  hause,  eins  wacht 
noch,  keins  wacht  mehr  Idszt  sich  gleich  passend  für 
alle  leute ,  jemand ,  niemand  sagen ,  und  kein  einzelnes  ge- 
tehlecht  ist  dadurch  bezeichnet,  von  der  beschränkteren  aus- 
dehnung  des  männlichen  einer  auf  frauen  war  sp.  105  die 
rede  und  sie  gleicht  der  des  männlichen  wer  quis;  die  des 
neutralen  eins  gehl  noch  weiter  und  kann  sich  auf  mdnner 
»ie  frauen  erstrecken. 

a)  allein  stehend:  schweren  ...  warbeit  gehßrt  darztl  ... 
und  zu  dem  dritten,  das  eins  ein  zinilirbe  sacbe  schwer  und 
nil  ein  unzimlich  ding.  Kkisf.rsiikrc  s.  d.  m.  21' ;  nun  fragstu, 
i»t  M  aber  allwig  lucNiiml,  ho  eins  also  den  kutzen  streicht? 
•l';    so  eins  unretht    gethnn  ball,    rbrnda ;  ila  siln-t  sie  von 


fcrren  den  Theagenem,  dann  was  eins  liebt,  das  kennet  es 
bald  am  gang,    buch  d.  liebe  20S,  4 ; 

ei  was  sol  eins  von  Unglück  sagen»    Avrkh  23'; 
es  ist  besser  zwei  dann  eins,  fallt  eins,    so   hilft    ihm  sein 
gesell  wieder  auf.    Lehmann  99; 

.sie  lieble,  was  er  lieb  gewann, 

was  eines  wollte,  wollten  beide.    Gbllbrt  1,  90; 

wenn  mir  etwas  fehlet  so  hungere  ich.  und  so  bald  sich 
eines  im  hause  klaget,  so  verbiete  ich  ihm  das  essen,  bis 
es  mich  versichert,  dasz  es  sich  vollkommen  besser  belin- 
det.  3,225;  das  ist  das  ganze,  sehen  sie,  und  ich  denke, 
da  ist  nichts  worüber  sich  eins  so  erzürnen  sollte.  VVielanu 
11,69; 

wie  reizend  unser  sultan  Ist! 

wie  schön  er  liegt!  bald  würd  eins  lüstern.    48,258; 

um  nur  zu  sehen,  was  eins  für  ein  gesicht  dazu  schneid! 
GöTHE  11,48; 

nun  sag  mir  eins,  man  soll  kein  wunder  glauben.    12,  118; 
gell  eines  bin,  und  nehme  ihr  die  maske  ab.    14,55; 

doch  merk  eins  nur  des  bösen  lisl, 
wo  noch  zum  ungeluck 
am  bock  ein  weiszes  hrirchen  ist, 
alsdann  ade  geuick.    ISühukr  24*; 

wenn  eins  kommen  sollte,  si  quis  veniat;  es  ist  eins  an  der 
thür.  Schleicher  Meiningen  61;  nu  seh  eins  an!  die  heu- 
tige spräche  zieht  diesem  eins  oß  das  bestimmte  einer,  eine 
oder  jemand  vor. 

b)  hier  auch  belege  für  den  acc.  io  der  eins  etwan  edert. 
Keisersberg  bilger  a2'  (oben  sp.  31) ;  ein  schlang  die  beiszet 
eins  heimlich  und  gat  krum  inher  und  isset  erd.  s.  d.  m. 
29';  es  seind  die,  die  da  eins  anlccblen  und  nit  desto  min- 
der dichtend  und  gedenken  tag  und  nacht,  wie  sie  scbadsn 
wellent  zufügen.  48';  so  du  eins  lobest  und  es  niminet  es 
nit  also  uf,  so  du  durch  dein  loben  eines  bringst  zu  hoffart, 
oder  das  sie  dir  geiieiget  würt  in  unküscheit,  wie  wol  du 
das  nit  meinst,  das  du  ursach  geben  will,  so  würt  es  tod- 
sünd.  32'  (hier  folgt,  nach  freiem  Wechsel,  bald  es,  bald  sie, 
wo  die  anwendung  auf  eine  frau  zweifellos  ist);  eben  als 
wan  man  ein  hündlin  immermeder  bi  den  oren  zupft,  was 
thut  man  änderst  weder  das  man  in  (den  hund)  bewegt  zu 
zorn,  das  er  eins  beiszen  spl?  42";  schelten,  leslern  ... 
zum  ersten  geschieht  es  in  strafs  weis,  da  du  eins  strafest, 
und  das  ist  nit  sünd.    36'; 

die  weit  ist  solcher  zwiiracht  voll, 

das  man  eins  uf  der  zungen  trag 

witer  dann  uf  eim  hangenden  wag.    Drant  7,  17. 

das  haus  ein  frciheit  ist, 
macht  eins  keck,  wie  den  han  sein  raist.     Kischart  ehz.  4S; 

habt  ihr  elwan  eins  (jemand,  ein  unehliches  kind)  in  der 
irre  herum  laufen?  Weisze  lustsp.  3,191;  hast  du  eins 
(jemand)  über  den  weg  laufen  sehen?;  wenn  man  nicht 
sagen  kann  wie  lieb  man  eins  lial,  so  scheinls  man  wolle 
sich  mit  bösem  helfen,  wenns  im  guten  nicht  fort  will. 
GöTHE  an  fr.  v.  Stein  1, 162. 

c)  nach  dem  gen.  pl.  persönlicher  pronomina  (vgl.  sp.  118) : 
mhd.  der  künec  oder  Kriemhili,  ir  einej  dnj  ist  tot.    Nih.  2174,2 

läszt  unbestimmt,  wer  von  beiden  dem  tode  verfalle  und  wie- 
der folgt  daj.  lihd.  davon  weisz  unser  eins  nicht;  unser 
eins  bat  so  wenig  zeit  zu  weinen ,  als  leider  zu  beten. 
GöTHE  10,132; 

wenn  unser  eins  am  spinnen  war.    12,  187, 

jenes  sagt  die  postmeisterin ,  dieses  sagt  Lieschen;  unser 
einem  ist  das  gar  nicht  anzumuten; 

der  schnuppen  mied,  wie  unser  eins  die  peal.  Gott»  1,  315 ; 
eben  so  euer  eins,  ihrer  eins,  und  wiederum  unser  keios: 
ich  mein  es  soll  unser  keins  so  schnöd  an  im  selber  sein, 
es  vertruwete  des  einem  ganzen  rat.  Keisersb.  s.  d.  m.  22*. 
ai<c/(  der  andern  eins :  nimm  ein  gicichnis  bei  einer  niötler, 
die  so  vil  kind  bat  und  under  denen  ist  ein  rschengrtidelin, 
das  ist  ir  ein  dorn  in  den  äugen,  es  thüg  was  es  woll,  so 
schilt  sie  es  stets,  so  es  aber  der  andern  eins  thüt,  das  dia 
hat  gelbun,  so  Iccblel  sie  und  küsset  es  und  schilt  das  nit 
darumh.    30*. 

d)  neben  ander  und  all  haftet  der  tahlbegrif  noch  stärker 
(s/).  119);  eins  wie  das  andere,  eins  um  das  andere,  ein« 
nach  dem  andern,  wo  heule  lieber  bestimmt  gesagt  wird  emer 
wie  der  andere ;  eins  unibs  ander,  eins  über»  ander.  MaaliiR 
lOü'; 


257 


EINS 


Ems 


258 


eh  Jungfer  mochl  und  Junggeselle  sich  weiland  hei  den  Sacis 

paaren, 

iiiust  eines  vor  des  andern  stärke  durch  einen  sondren  kämpf 

erfahren. 

wer  überwand,  war  berr  im  banse.    Locau  3,  123,  *23; 

sie  werden  eins,  den  bund  mitzunehmen,  und  tragen  ihn  eins 
umbs  ander  auf  den  schultern,  pers.  rosenth.  1,  6 ;  die  spec- 
tatores  lachten  noch  abscheulicher  denn  vorhin ,  weil  eins 
das  andere  über  das  theater  abgeschmissen.    Juncundiss.  201  ; 

wir  ziuerien  eins  für  des  andern  Sicherheit.    Wikla.'^d; 

wie  könnte  eins  ohne  das  andere  diesen  geist  herumtragen? 
Klingee  Ih.  2,259;  es  ist  ein  lächerliches  eins  für  das  an- 
dere (quid  pro  quo).  Ficutk  über  die  fr.  rerol.  22;  mich 
bedeucht  gut  gethan  sein,  das  wir  eins  für  all  einer  sönen 
{sühne)  an  in  gesinnen.  Aimon  \'h'.  in  diesen  stellen  allen 
steht  ein  ohne,  ander  mit  artikel,  sie  dürfen  ihn  aber  auch 
beide  haben:  das  eine  um  das  andere,  wie  mhd. 

daj  eine  was  frö  Junö.    ir.  kr.  1194; 

daj  ander  was  frö  Pallas.    119S 

aufgezählt  wird,    gramm.  4,  277. 

S)  eins  für  ein  ding,  eine  sache,  etwas. 

a]  im  nom.  steht  mhd.  einej,  bei  meist  ausfallendem  rela- 
tiv,  unmittelbar  vor  heijet,  mit  der  bedeutung  von  ein  ort, 
ein  ding  {gramm.  3,  4  iind  oben  sp.  120) : 

einej,  Leijet  rotundä.    Kaiserchr.  172; 
einej,  heijet  sorge.    Neide.  6S,  35; 
eiuej,  hei;et  swarzer  zobel.    Belmbr.  1349; 
einej,  daj  heijet  werre.    Renn.  21673 ; 

oder  auch  in  andern  fällen:  eine;  als  ein  ahsendrum.  Helmbr. 
597,  ein  ding  wie  das  ende  von  einer  achse;  welche  aus- 
drucksweise heute  veraltet  ist.  wenn  wir  allerdings  noch 
sagen:  eins  ist  wahr,  sicher,  ausgemacht,  eins  macht  mich 
bedenklich,  so  enthält  eins  nur  den  unbestimmten  neutralbegrif. 

b)  desto  geläufiger  ist  uns  der  gerade  mhd.  selten  vor- 
kommende acc,  merkwürdig  Nib.  342  Holzm.  • 

daj  si  ze  schirme  tragen 
einej,  heijet  tarnkappen,' 

ICO  der  letzte  acc,  durch  einej  angezogen,  gleich  diesem  von 
tragen  abhängt,  das  heute  oft  gebrauchte  'noch  eins'  kann 
sich  nun  auf  ein  voraus  gehendes  oder  leicht  hinzu  zu  den- 
kendes n.  beziehen:  ach  will  ich  sprechen,  noch  eins,  Chri- 
slianchen,  nur  noch  eins,  nicht  für  mich,  für  ihren  lieben 
freund  (d.  h.  noch  ein  mäulchen).  Gellert  4, 163;  geschwind 
noch  eins  (ein  gldschen).  Lessisg  1, 511 ;  wiewol  anderemal 
unbestimmtes  etwas,  noch  ein  ding,  encore  une  chose  gemeint 
wird :  noch  eins !  Lessisg  1, 522.  527.  »ir  verbinden  aber 
solches  'eins'  mit  sinnlichen  verbis,  und  besonders  gern  im 
imp.  oder  inf.  derselben,  der  Zusammenhang  läszt  auf  der 
stelle  erraten,  was  eigentlich  unter  dem  unbestimmten  prono- 
men  zu  verstehen  ist. 

eins  t  h  n  n ,  id  agere.  ist,  das  dir  wirt  geholten  ein  rut 
üblicher  krankheit ,  die  dir  bülzin  und  dornen  ist ,  so  tbun 
(==  thu)  eins,  und  mach  aus  der  bülzin  rute  ein  güldine. 
Keisersb.  6i7^er  74' ;  zu  dem  ersten  tbun  eins ,  krach  die 
selben  krebs.  209';  wenn  der  bapst  einem  sein  sigel  geben 
hat,  damit  zu  versigeln  die  urteilbrief  oder  andere  brief, 
und  er  thet  eins,  und  versiglele  damit  falsche  brief,  wer 
derselb  nit  ein  feischer?  ja  er,  warlich.  s.  d.  m.  22';  thun 
(=  i]tu)  nummen  eins ,  und  lug  was  zu  der  sach  dienen 
wöl  und  was  nutz  bringen  mag  und  keinen  schaden.  26'; 
du  weist,  das  ein  person  unrecht  thut  oder  gethon  hat, 
soltest  du  im  das  sagen  und  strafen,  er  nem  es  von  dir  nit 
für  gut  auf,  snnder  für  übel,  oder  er  bessert  sich  nicht 
darab.  und  du  thust  eins,  und  sagst  es  zu  einem  fründ 
der  selben  persony  zu  irem  vettern,  öhem  oder  mümlin,  wie 
es  denn  ist,  und  sagst  im  das.  26' ;  er  {der  einsidel  Moises) 
was  gewesen  ein  groszcr  mörder  ...  da  thet  er  eins ,  und 
trug  den  brüdern  nasser  zu  iren  zellen.  30';  zu  dem  ersten 
soll  du  eins  thun  und  warnemen,  das  du  also  ein  schmalen 
hausrat  hast.  34';  wenn  nun  der  gouverneur  positiv  siebet, 
wo  ihn  der  feind  attaquiren  will,  so  kann  er  noch  eins  thun. 
Oeuvres  de  Fr^dirie  le  grand  30,382.  «ir  sagen  noch  heute: 
thu  eins,  geh  hin  und  bitte  ihn  um  Verzeihung;  ich  will 
eins  thun,  und  nächstes  jähr  nach  England  reisen. 

eins  geben,  bekommen,  einen  streich,  schlag:  so  sich 
zimpt,  das  du  deine  kind  magst  mit  ruten  hüuvvcn,  die  tochler 
111. 


mit  der  knnklen  schlahen  und  dem  bösen  knaben  eins  an  den 
backen  geben,  das  er  umb  trümlet  [turmelt),  so  zimpt  sich 
auch  das,  das  einer  mag  mit  wortea  strafen,  schelten  und 
lestern.    s.  d.  m.  35' ; 

ich  torst  dir  wol  eins  auf  das  maul  geben,    fastn.  sp.  172,  22; 

eins  hinter  die  obren,  auf  den  rücken  geben;  wenn  ich  ihm 
doch  eins  auf  den  katzenbuckel  geben  dürfte !   Lessi.sg  1, 513. 

künt  sie  da  aber  freuntlich  mit  mir  leben, 

ich  kunt  ir  eins  ins  eserlein  geben,  fast«.  371, 11  i-erg/.  1,5S6. 

eins  versetzen,    langen,    verabreichen,    rei- 
chen, messen,  auswischen: 
hie  ist  er  hie! 
ich  will  ihm  eins  versetzen.    Lkccoleoä  Galamelite  137 ; 

er  versetzte  ihm  eins  ins  gesiebt;  hatte  Florindo  das  glück, 
dasz  er  dem  unbekannten  eisenfresser  eines  in  den  arm 
verset2;|e.  Weise  erzn.  28;  der  verstehts  unrecht  und  langt 
mir  eines  mit  seinem  sähe!  über  den  rechten  arm.  73 ; 
einem  eins  mit  dem  säbel  auswischen; 

im  wart  einej  durch  sin  tuoc  gemejjen, 

des  widerslages  het  er  gar  vergejjen.    MSH.  3,  214*; 

sie  wollen  den  fröschen  eins  reichen,   froschmeuseler  3.  2, 2. 

hastig  zog  er  sein  schwer!,  ihm  eins  zu  versetzen. 
GÖTBE  40,  9. 

eins  anhängen,  deutet  sich  nach  1,368:  sie  mochten 
mir  auf  der  straszen  aufpassen  und  mir  eins  anhängen. 
ErrxEBs  «nip.  doct.  653;  als  ich  ohngefehr  die  schönste  ge- 
legenheit  fand,  meinem  närrischen  lehrmeister  eins  anzu- 
hängen. Pierot  1, 10 ;  sein  unerträglicher  bochmuth  machte 
denselben  sogleich  bei  allen  anwesenden  verhaszt,  dasz  wir 
beschlossen  ihm  eines  anzuhängen,  es  möchte  gehen  wie  es 
wolle.    1, 160. 

eins  bringen,  zubringen,  ausbringen  wurde 
schon  2,  386  belegt  und  meint  den  becher,  den  krug,  das  glas 
zubringen,  wobei  die  anrede  erfolgt:  es  gilt  dir  eins!  t.  b. 
Alberus  34; 

es  gilt,  gut  bruder,  eins! 

madama,  ich  bring  euch  eins!    Philahd.  lugd.  5,  289. 

eins  trinken,  saufen,  zutrinken,  zusaufen: 
der  allhier  liegt,  ist  wol  tod,  halte  sonsten  längst  gerufen: 
ist  dann  niemand  nimmer  da,  der  mir  eines  zugesuffen  ? 

LoGAü  3,238,  115; 

und  solle  da  mit  seinen  blutsfreunden  eines  herum  trinken. 
Weise  erzn.  266 ;  trinken  einander  eins  zu.  Ettsebs  heb- 
amme  20 ;  wir  wollen  auf  des  onkels  gesundheit  eins  trin- 
ken. Stcrz  2,330;  wir  trinken  eins.  Götbe  13,19;  bis  das 
essen  fertig  wird,  wollen  wir  eins  trinken.  8,  23.  42,  35.  269 ; 
sie  stehn  auf  und  trinken  noch  eins.  8, 40.  42,  50 ;  stopft 
noch  eins  ein!    Garg.  94'. 

eins  tanzen,  springen:  tanzen  eins  mit,  dasz  ihnen 
die  kappe  wackelt.  Weise  ertn.  323 ;  wir  wollen  eins  tanzen 
und  eins  trinken.  Kli.ngers  th.  3, 229 ;  da  wollen  wir  eins 
springen ! 

eins  pfeifen,  blasen,  fiedeln,  geigen,  auf- 
spielen: 

mhd.  pfif  mir  einej,  daj  ich  kan.    Diut.  2,86.    Ls.  3,  411, 

pfeif  mir  ein  stück,  dasz  -ich  tanzen  kann;  spiele  eins  auf! 
fiedle  eins!  mache  eins  auf!  blas  eins  daher!  nd.  piep 
eins.  Hedewig!  'piep!'   Voss  2,237.    in  andern  sinn: 

ich  woll  ihr  eins  auf  der  geigen  machen. 

fasln,  sp.  322,  24.  326,  20.  7b9,  27.  771,  27. 

solle  einmal  eines  geigen.    Scbdppics  912. 

eins  singen,  ein  lied:  wer  singt  uns  eins?  Garg.6&'; 
bisweilen  singen  wir  eins,  bisweilen  tanzen  wir  eins.  Schlam- 
pampe 1,  64 ;-  singt  doch  eins  I  Göthk  8, 189 ;  sing  eins,  dasz 
die  zeit  vergeht!  ll,  102. 

eins  schwatzen,  plaudern:  ich  schwatze  eins  mit. 
Lessing  1,393;  und  dann  setzten  sie  sich  mit  einander  auf 
einen  Strauch  und  schwatzten  eins  so  lang  der  tag  wäre. 
WiELASD  11,223;  beim  wein  saszcn  und  eins  discurierten. 
ZiNGERUi  hausm.   2,44;    lasz    uns    eins   plaudern!    GOtbb 

7,122; 

und  wie  sein  bruiler  wnischi  und  sprach, 
dürft  er  auch  w.ijschcn  eins  hernach.    56,  21. 

eins  lügen,  vorlUgen:  er  hat  wieder  eins  gelogen; 
lügen   sie  mir  eines  auf  eigne  rechnung  vor.    Lbssi.ng  2,168. 

17 


259 


EINS 


EINS 


260 


eins  mit  rauchen, mit  spielen,  mitmachen:  ich 
rauche  eins  mit;  zündete  ihr  die  pfeife  an  und  reichte  sie 
ihr,  die  sie  auch  nahm  und  der  conipagnle  zu  ehren  eins 
mitmachte.  Ettnehs  unw.  d.  345;  eins  mitmachen  lieiszt  auch 
miltamen. 

eins  schlafen:  gut,  gut,  berr  wirt,  es  wird  sich  mor- 
gen schon  alles  wol  schicken,  wir  wollen  jetzt  eines  darauf 
schlafen,    franz.  Simpl.  2,  313. 

eins  lachen:  ich  wollte ,  du  lachtest  eins  mit.  Klin- 
gers th.  3,  310. 

eins  schimpfen,  scherzen: 

kum  ich  xu  ir  und  wil  eins  schimpfen, 
so  krümpt  sie  sich  und  wjrt  sich  rinipfen, 
und  sagt  sich  krank  und  macht  sich  schwach. 

fastn.  sp,  771,  13. 
eins  lieben,  eins  küssen: 

denn  in  den  ersten  tagen, 
wenn  dir  das  mädchen  keimt,  da  liebt  sie  eins  zum  spasz. 

GÖTUB7,  46; 
und  dann  an  meine  brüst  gedrückt 
und  weidlich  eins  geküst.    1,  20. 

eins  toben,  wüten:  wolan,  beut  wollen  wir  eins  toben ! 
du  gehst  mit  »uf  die  jagd,  du  bist  ein  guter  Jäger.  Klingers 
Ih.  3, 150. 

das  grosze  deckelglas ! 
he!  mädchen,  llink!  mit  diesen  flngerhüten 
macht  man  ja  kaum  die  llppen  nasz. 
der  tag  ist  schön,  wir  wollen  heut  eins  wüten. 

Wie  LAND  Juno  und  Ganymed  v.  256. 
gottlob,  dasz  ich  ein  junge  bin, 
mit  hosen  angethnn, 
der  seinen  frohen,  freien  sinn 
eins  wüten  lassen  kann!    Ovbrbece245. 

wir  müssen  beute  eins  lustig  sein,    franz.  Simpl.  1,  57. 

eins  knirschen:  doch  ich  bin  zu  stolz  mich  unglück- 
lich zu  denken,  knirsche  eins  mit  den  zahnen,  und  lasse 
den  kahn  gehen ,  wie  wind  und  wellen  wollen.  Lessing 
12,  508. 

eins  wagen,  versuchen: 

ihr  sagt  dann  was  ihr  wiszt  von  ihr, 

oder  ich  werd  eins  mit  euch  wagen.    Atrrr  418"; 

und  mein  berr  kriegsrath  würde  gar  nicht  übel  thun,  wenn 
sie  sich  ermannten  und  eins  nach  Hamburg  und  Wandsbeck 
versuchten.    Claudius  bei  Merk  2,  91. 

eins  fragen:  ach  mein  keiner  ich  musz  eins  fragen. 
H.  Sachs  I,  473*. 

eins  hören,  hören  lassen:  nun  nun,  ihr  mist- 
scbröter,  hört  eins,  das  euch  der  blickars  reut!  Garg.  134'; 
die  laute  kam  und  wurde  mir  praesentiert  mit  befelch,  ich 
sollte  eins  hören  lassen.    Simpl.  K.  277. 

Ohne  Zweifel  gibt  und  gab  es  solcher  lebendigen  ausdrücke 
noch  manche  andere,  wenn  sie  auch  als  gemein  und  volks- 
mdszig  gemieden  und  nicht  verzeichnet  werden,  die  beige- 
brachten mhd.  belege  zettgen  für  hohes  alter,  analogie  zwi- 
schen diesem  eins  und  dem  gleichfalls  vor  verba  tretenden 
g;,  es  (gramm.  4,  333  if.)  leuchtet  ein  und  wie  gesagt  wird  es 
wagen  und  eins  wagen,  müssen  alle  es  auf  eins,  alle  eins 
auf  es  in  gleicher  Stellung  weisen,  in  eins  das  folgende 
eins,  temel  zu  mutmaszen  wäre  teuschung  und  wird  durch 
die  mhd.  Schreibung  eine;  allein  widerlegt ;  höchstens  Idszl 
sich  zugehen,  dasz  einzelne  Schriftsteller  die  nahe  liegenden 
bedeulungen  verwechselt  haben  können,  eins  schimpfen ,  noch 
eins  stopfen  liesze  sich  leicht  nehmen  für  einmal,  noch  ein- 
mal, ähnlich  dem  neutralen  acc.  eins  ist  freilich  der  männ- 
liche einen  ,  weibliche  eine  mit  ellipse  des  subst.  (oben  sp. 
134,13');  doch  klingt  eins  geben,  eins  bringen  frischer  als 
einen  oder  eine  geben,  bringen. 

EINS,  semel.  ahd.  eines  suuor  ih,  semel  juravi.  Isid. 
81,1»; 

bigan  druhilo  einea  redindn  giauiso  mit  th^n  th^ganon. 

0.  lii.  12,  I. 

mhd.  wir  wurden  eines  gebom,  wir  muo;cn  andirslunt 
Tenareo.    Karajan  denkm.  15, 15 ; 

dat  ich  sin  tchoenei  houbei  noch  eines  mäe^c  »<>h<>n. 

Nib.  lUO»,  2    UU); 
mit  hAher  tilmme  buobeoi  an 
und  »ungen  eioei  uude  zwir.    Tri$t.  290,  10. 

ags.  4nei,  altengl.  ones,  engl.  once.  mnl.  ^ns ,  nrf.  eens, 
in*,  nnl.  eens.  über  den  unterschied  vom  vorausgehenden 
üu»  «■  ahd.  ein«i  kvin  aUo  kei»  xwtifel  obtetUUn. 


nhd.  eins  erscheint 

1)  für  aliquando,  olim  hauptsächlich  noch  im  15.  16.  jh., 
selten  später: 

ich  kam  dir  eins  auf  meins  vater  dillen, 

do  lagen  epfel,  ruben  und  pirn.    fastn,  72,  14; 

ich  eilt  eins  zuo  meitn  puolen.    331,  16; 

ich  puolt  eins  wol  ein  jar  umb  ein, 

pis  sie  mir  eins  zilt  in  ein  fasz.    332,  32; 

mir  öfnei  eins  mein  puol  ir  gaden.    338,  19, 

ich  puolt  umb  eine  eins  wol  zwir.    340,  24; 

er  pat  mich  eins  mit  im  heim  gan.    543,  31 ; 

ich  sach  in  eins  die  kirch  durcbgutzen.    544,8; 

neur  eins  da  gieng  ich  von  dem  wein.    731, 17; 

eins  bekomme  ich  kundschaft.  Schweinichen  3,170;  wenns 
glück  eins  von  mir  weichet,  pers.  rosenth.  1, 18 ;  man  bat 
eins  den  weisen  man  gefraget.    8,  112 ; 

thu  meine  brunst  eins  stillen.    Hoff>.  gesellschaflsl.  s.  119; 

hier  weiche  das  gericht  eins  der  barmherzigkeit. 

Wkrdkrs  Ar.  3,62. 

allmälich  galt  dafür  einst  oder  einmal,  bei  Canitz  las  die 
erste  ausg.  s.  153 

was  aber  war  sein  lohn?  er  brach  eins  seine  knochen, 

wo  die  spätere  s.  295  einst  gibt.  Luther  3,  438'  behält  noch 
dermaleins  neben  dermaleinst  Sir.  6,  3,  Petr.  202*  steht  schon 
dereins  für  dermaleinst,  dereinst,  mehr  belege  sind  2,1019 
verzeichnet.  Keisersberc  bilger  38"  gewährt  der  tag  eins  ßr 
einst,  an  einem  der  tage,  wie  dermaleins,  dermaleinst  her- 
vorgieng  aus  der  male  eins,  der  male  einst,  in  dereinst,  der- 
einst male  zu  ergänzen  ist. 

2)  eins  für  semel  ist  alleinstehend  ungewöhnlich,  neben 
aber,  und  nicht,  zumal  neben  noch  hat  es  sich  länger  be- 
hauptet. 

so  viel  zeit  hat  er  nicht, 
dasz  er  seh  eins  darnach,  ob  sie  noch  brenne  licht, 
ob  sie  entschlummert  sei.    Flkiing  162; 

80  kere  die  kunkel  aber  eins  {noch  einmal)  umb  und  zeuch 
ein  anderen  locken  von  der  gotheit.  Keisersb.  bilger  52*; 
mit  disem  andern  stürm  ist  aber  eins  die  bepstische  messe 
mit  aller  irer  pracht  und  gottesdienst  zu  boden  gestoszcn. 
Luther  2, 15' ;  deiunach  ich  aber  eins  unversehens  dazu  kam. 
Schweinichen  2,  70. 

ich  sasz  im  ganzen  jar  nicht  eins  gericht. 

RiNGWALo  Ir.  Eckli.  G7', 
und  dacht  nicht  eins  ans  himmelreich.    K8"; 
sie  denkt  nicht  eines  an  dasz  ihre  schwelgerei 
der  bloszen  schwelgerei  und  krankhclt  mutier  sei. 

Opitz  1,58; 

ich  habe  dich  nicht  eins  gemerket.  Lokman  fab.  13 ;  er  kann 
nicht  eins  gehen,  geschweige  tanzen. 

und  kouft  ein  kleinot  noch  eins  als  gfit.    Diocletian  7824; 

gehe  noch  eins  hin.  Hosea  3,1;  du  wirst  noch  eins  so  viel 
bosheit  durch  in  empfahcn ,  als  du  im  guts  gethan  hast. 
Sir.  12,  6  ;  wol  dem  der  ein  tugentsam  weib  hat ,  des  lebet 
er  noch  eins  (var.  einest)  so  lange.  26, 1 ;  der  den  giund 
noch  eins  so  buch  auffürct.  50,  2 ;  koui  wider,  lieber  Luther, 
und  suche  noch  eins  Johannem  den  teufer  in  der  könige 
höfen.  Luther  3,  333 ;  denselhigen  Licchtcnberger  noch  eins 
auszulassen.  2, 4U5';  sage  ich  noch  eins.  3,619';  so  musz 
ich  zuletzt  noch  eins  anhalten.    6r.  5, 185; 

dasz  man  sie  noch  eins  kempfen  liesz.    ALBiRija  75; 

wolan  zurück  auf  unsern  plan, 

es  gilt  noch  tinn,  du  inust  basz  dran!    76*; 

in  zwei  tagen  hat  der  könig  i.  f.  gn.  noch  eins  gefordert. 
Schweinichen  1, 37 ;  die  ganze  schuld  vergehen  musz ,  und 
wer  sie  noch  eins  so  grusz.  Fischart  bienenk.  loo';  noch 
eins  so  gut.  Friedrich  sauft.  D2';  noch  eins  so  frisch. 
Simpl.  K.  336 ;  Joseph  miiste  dein  alten  seinen  träum  noch 
eins  erzehlen.    Simpl.  Joseph  cap.  3 ; 

ungebeten  was  mjn  gihet. 

wird  noch  eins  so  selir  gcliebel.    Butschkt  kantl.  170; 

der  bl.itter  srhmtick,  der  allgemach  verfleugt, 

entcheiiiet  nun  noch  eins  hu  pr.-ichtig.    Ukullincim  0«d.  48; 

und  aolte  gleich  der  naid  noch  eins  so  hönisch   xchreiben. 
Lange  Thinis  u.  Dämon  25; 

der  denkende  künstler  ist  noch  eins  so  viel  werlh.  LBsaiNO 
2,117;  in  ihm  erkannte  sogleich  der  reclitsrhafne  mann,  waa 
ihm  da«  Ihealer  aocü  eins  >o  tbeuer  ni;uh<-n  müsse.  ft,370; 


261 


EINS  — EINSACKEN 


EINSÄEN  — EINSAM 


262 


so  schön,  dasz  vater  Zeus  für  Ganvmed  ihn  hält,' 
dasz  Junons  groszes  aug  noch  eins  so  feurig  spielet. 

WlELA.ND  5,  192; 

sie  schien  dadurch  sogar  noch  eins  so  schön  geworden. 

Oberon  6,  28 ; 

denn  war  er  gleich  auch  an  verstand 
noch  eins  so  reich.    Gökimgk  1,  265; 

wol !  der  krieg  hat  euch  unzugänglicher  für  kleine  eindrücke 
gemacht,  aber  das  grosze  greift  noch  eins  so  tief.  Dyana- 
sore  5,  293 ; 

mir  willkommen  noch  eins !  viel  glucks,  herr  pfarrer  von  Seidorf. 

Luise  ausg.  l.  h.  95 ; 
wol    dem    der  ein  tugendsam  weib  hat!    des   lebet   er   noch 
eins  so  lange.    Göthe  42, 17  (aus  Sirach  26, 1).     nd.  gebraucht 
man  ens,    ins    wie   das    hd.  gekürzte   mal:    kumm    ens  her! 
komm  mal  her!    komm  eins  her!    Stieler  368.    vgl.  einst. 

3)  gleich  dem  einmal  (sp.  232J  verbindet  sich  auch  eins  mit 
praeposilionen 

a)  auf  eins,  auf  einmal : 

herr,  herr,  wer  wird  vor  dir  in  seinem  thun  bestehen  ? 

wir  müssen  allesamt  auf  eins  zu  scheitern  gehen. 

Flbmimg  25; 
das  zeichen  ist  nicht  gut,  in  dem  ich  bin  geboren, 
weil  Volk  und  reich  und  ich  auf  eins  zu  trümmern  gehn.  115; 

ein  harter  stürm,  der  guter  und  menschen  auf  eins  in  den 
abgrund  versenket.  Butschky  Patm.  713;  wenn  wir  auf  eins 
seine  personen  nicht  blosz  sprechen  sehen,  sondern  auch 
hören,  was  sie  sprechen.    Lessing  6,  449  ; 

so  bleibt  nichts  übrig, 
als  fort  auf  eins  mit  lieb  und  eifersucht, 
away  ai  once  wiih  love  or  jealousy.    Othello  3,  3. 

b)  mit  eins,  mit  einmal:  du  entgehest  heute  mit  eins 
allen  nachstellungen.     Lessiug  2, 137 ;    lieber   alles  mit  eins. 

2, 149 ; 

schon  hielten  wir 
ihn  für  verloren,  als  aus  rauch  und  flamme 
mit  eins  er  vor  uns  stand,  im  starken  arm 
empor  sie  tragend.    2,  195; 

so  hängt 
sich  freilich  alles  besser  an.    so  lernt 
mit  eins  die  ganze  seele.    2,  346; 

unsere  einbildungskraft  musz  alle  gleich  schnell  überlaufen 
können,  um  sich  aus  ihnen  mit  eins  zusammenzusetzen, 
was  in  der  natur  mit  eins  geschehen  wird.  6,473;  nun  eben 
wollte  ich  noch  eine  frage  ihun  ...  als  mit  eins  ein  ritter, 
das  visier  weder  auf  noch  nieder  geschoben ,  in  den  kampf- 
platz  gesprengt  kömmt.  10,  233 ;  mit  eins  erblickte  ich  ein 
wunderschönes  mädel,  sauber  wie  milch  und  blut ,  das  mit 
zwei  andern  davon  schlenderte,  der  arme  mann  im  T.  278 ; 
{die  Originalurkunden  zu  einem  freudenfeuer)  alle  mit  eins 
durch  den  Schornstein  jagen.    Lichtenberg  4,98; 

und  nie  hat  hvdraköpfger  eigensinn 

so  bald  den  sitz  verloren  und  mit  eins, 

so  soon  did  loose  his  seat,  and  all  at  once.    . 

hing  Henry  v.  1,1. 

c)  nnter  eins,  zusammen,  auf  einmal:  unter  eins  verkau- 
fen, mit  einander;  wer  sich  staffelweise  {aus  seinen  schulden) 
herausschraubet,  der  nimt  die  angewohnheit  der  Sparsamkeit 
an  sich,  und  wird  unter  eins  seinem  gemüte  und  seinem 
gute  recht  geschaffet.    Butschky  Patm.  344. 

es  ist  klar,  dasz  die  praepositionen  besser  zu  einmal,  worin 
das  subst.  mal  enthalten  ist,  passen,  als  zu  eins,  auf  einst, 
mit  einst  könnte  niemand  sagen,  weil  einst  die  bedeutung  von 
semel  verloren  hat. 

EINSAAT,  f.    sementis,    nnl.    inzaat,    der    bedeutung    nach 
gleichviel  mit  aussaat,   da  das  aus  der  hand,    aus  dem  sack 
gesäte  zugleich  in  die  erde  gesät  wird.     vgl.  einfall. 
für  ernte  sowol  wie  für  einsaat.    Voss  Aratos  266. 

EINSÄCKELN,  in  den  sdckel  nehmen,  zumal  geld,  oder  auch 
in  den  beutel.  Frisch  2, 141' ;  er  säckelt  gern  ein,  steckt  gern 
ein,  ist  geldgierig,  diebisch;  der  klingelbeutel  gebt  in  der 
kircbe  um  und  säckelt  ein; 

was  unsern  nfarr  beirift,  weil  er  von  unserm  paar 

kein  Iraugela  eingesnckelt  hatte, 

auch  über  dies  noch  eine  grosze  laue 

der  strengen  orthodoxen  war, 

so  las  er  Nickel  den  planeten  {das  capitel). 

Kl.  Schiidt  kom.  dicht.  59. 

EINSACKEN,  nnl.  inzakken,  vgl.  aufsacken. 

1)  tn  den  sack  stecken ,  schütten,  z.  b.  getraide  einsacken, 
sacken;  sapperment,  ich  sackte  ein,  dasz  es  eine  lust  war. 
WlELAKD  11,  213 ; 


und  hat  nicht  obren  gnug,  die  lobsprüch  einzusacken. 

GÖNTHHR  409; 
du  hast  so  viel  schon  aufgepackt, 
und  doch  nichts  rechtes  eingesackt.    Göths  41,285; 

in  seiner  kurzen  amtsfübrung  sackte  er  ohne  schäm  ein  alle 
rückständigen  ehepfänder  vom  geringsten  werth.  J.  P.  Hesp. 
2,  67. 

2)  im  15.  16.  jh.  oß  für  rauben,  plündern,  fr.  saccager: 
was  sie  an  gelt,  Silbergeschirr,  hausrat,  frucht  und  anderm 
zu  ros  und  wägen  fortbringen  können ,  alles  eingesackt  und 
geraubt.    Reinhard  werth.  ded.  1, 266.     vgl.  aussacken  1, 942. 

3)  sich  einsacken,  sich  ins  gewand,  wie  in  einen  sack 
hüllen : 

Diana  sackt  sich  ein  und  Venus  geht  zu  blosz.  Opitz  2,  428, 
nach  dem  ausonischen  nee  bis  cincta  Diana  placet,  nee  nuda 
Cythere;  büszer  sacken  sich  ein,  stecken  sich  in  grobe  sacke; 
vgl.  Sackleinwand. 

EINSÄEN,  inserere,  sementem  feuere,  was  aussäen,  nnl. 
inzaaijen. 

EI.SSAGE,  /■.  interpellatü),  inlercessio,  oblocutio,  einrede,  ein- 
spruch,  nd.  insage,  nnl.  inzage:  ob  nun  wol  herzog  Friedrich 
viel  einsagen  eingewendet.  Schweinichen  2,  45;  wie  nahe  aber 
auch  die  hoheit  der  consuln  der  königlichen  stand,  so  war 
doch  wenigstens  der  patricische  stand  gegen  misbrauch  der 
nemlichen  macht  viel  besser  gesichert,  zuerst  durch  des 
collegen  einsage,  dann  durch  die  jährige  dauer.  Niebchr 
1,  582 ;  so  war  die  einsage  {der  Iribunen)  oft  nötbig  um  einen 
einzelnen  der  aushebung  zu  entziehen.    1,683. 

EINSAGEN,  obloqui,  nnl.  inzeggen:  und  das  alles  widef 
das  einsagen  der  jüden,  die  nicht  wollen,  das  Maria  ein 
Jungfrau  mutter  sei.  Luther  1,94*;  und  wa  er  mutwillig 
die  geschrieben  recht  bricht,  so  ist  er  ein  tyran  und  man 
solle  im  einsagen  und  in  strafen.  Agricola  sprichw.  1548 
s.  77.  Fleming  in  den  poet.  wäldem  irgendwo :  jemanden 
werthen  dank  einsagen  für  sagen,    s.  einreden. 

EINSÄGEN,  serra  incidere,  nnl.  inzagen,  dän.  indsave : 
eingesägte  blocke;  er  schob  das  hölzerne  gitterfenster  zurück 
und  fand  in  dessen  gleise  seinen  namenszug  eingesägt.  J.  P. 
Hesp.  1,95;  er  konnte  heule  mit  dem  finger  ein  groszes 
kreuz  in  die  luft  einsägen.    Fixlein  167. 

EINSALBEN,  inungere,  dän.  indsalve,  einölen:  dasz  sie 
vor  ihrem  ende  noch  oder  vielleicht  zu  anzeigung  desselben 
eingesalbet  worden,  pol.  colica  86 ;  das  haupt  des  königs 
wird  eingesalbt,    gesalbt. 

EINSALZEN,  salire ,  nnl.  inzouten,  schw.  insalta,  dän. 
indsalte :  eingesalznes  fleisch,  eingesalzne  fische,  bei  Fischart 
Garg.  53'  eingesalzte  Ochsenzungen;  man  mueste  ein  rechter 
eingesalzener  kalbskopf  sein,  wenn  mab  sich  den  köstlichen 
vorschlagen  widersetzen  wolle.  Weise  Jephtha  l,  5 ;  salzt  das 
getüch  ein.  Garg.  74' ;  einander  den  speck  dapfer  einsalzen.  77'. 
oft  in  den  fastnachlsspielen : 

das  eingesetzt  wer  vund  geknoten, 

als  der  im  ein  bech  darüber  het  gössen.    789,  7 ; 

der  Gerdraut  einsalzen.    640; 

darümb  so  musz  ich  sie  einsalzen 
hin  pis  nach  der  ösierlichen  zeit.    640, 10; 
darümb  musz  ich  sie  salzen  ein 
bis  ir  der  oker  wirt  gehenket  ein.    640,24; 
'  darümb  ich  sie  einsalzen  musz, 
bis  der  dirn  wirt  des  nachihungers  pusz.    641,25; 
so  woll  wir  die  jungen  maid  einsalzen, 
die  lieuer  sein  über  pliben, 
die  man  oft  gen  niarht  hat  iriben. 
die  musz  wir  sjizen  in  ein  lunnen, 
seit  das  in  der  man  ist  zurunnen.    722, 11—15. 

vgl.  einsulzen. 

EINSAM,  iolus,  solilarius,  dies  schöne  wort  gebriekt  der 
alten  spräche,  goth.  gilt  daßr  ainakls  (5.  einkel,  einzel), 
ahd.  begegnet  nur  das  subst.  einsamina  für  unitas  N.  ps. 
91,11;  nnl.  eenzam,  schw.  ensam,  dän.  ensom  scheinen  erst 
von  uns  entliehen.  Luther  hat  den  ausdruck  zwar  verbreitet, 
nicht  aufgebracht,  denn  Diefenbach  sammelt  54l'  schon  einige 
frühere  fälle,  Frisics  hat  1223  einsam,  nach  ihm  Maaler  lOO', 
Dastpodius  nicht. 

1)  wie  in  jin  die  Vorstellung  der  einheil  und  eintraehl  liegt, 
kommt  auch  einsam  in  diesem  sinne,  und  verbunden  mit  einig 
i'or:  alle  aufgericht  zu  lestern  die  einige,  einsame  christliche 
warbeit  Luther  3,285';  daher  kein  eergeiz  oder  sunderer 
anmul  bei  in  ist,  sunder  leben  einsam  und  einig,  on  alle 
entpörung  oder  zank.    Frank  wtllb.  235*; 

17* 


263 


EINSAM 


EINSAMEN  — EINSASZE 


264 


einigkeii  der  eltero  und  kiiiil, 

ein  fried-  und  einsam  hiiu.'^gcsind, 

ein  Triedsara  freund-  und  nachburscbaR, 

da  wooet  goti.    Etbring  1,  713; 

wer  ehieut,  die  da  zanken  viel, 

mit  lügen  einsam  niacbun  wil, 

domit  er  sie  mehr  thui  verhetzen.    2,402; 

wenn  sich  nachbarn  vertragen  fein 

und  mit  einander  einsam  sein.    3,210. 

2)  unus  aber  geht  über  in  soliis,  allein^  und  einsam  ist 
alleinlebend,  solilarius,  von  leiden  und  thieren:  da  ich  solclis 
höret,  zureisz  ich  meine  kleiden  und  meinen  rock  und  reuft 
mein  heublhur  und  hart  aus  und  sasz  einsam.  Esr.  9,  3.  4 ; 
die  für  hunger  und  kumer  einsam  flohen  in  die  einöde.  Hiob 
30.3;  denn  ich  bin  einsam  und  elend,  jis.  25,16;  ein  got, 
der  den  einsamen  das  haus  vol  kinder  gibt.  68,  7 ;  ich  wache 
und  bin  wie  ein  einsamer  vogei  auf  dem  dache.  102,  8 ;  und 
ist  kein  einsamer  in  seinen  gezeiten.  Es.  14,31;  denn  die 
paiast  werden  verlassen  sein  und  die  menge  in  der  stad  ein- 
sam sein.  32, 14 ;  sihe  ich  war  einsam  gelassen,  wo  waren 
denn  diese?  49, 21 ;  ich  aber  bin  verlassen  einsam.  Baruch  4, 19  ; 

und  die  edlen  nicht  kennen, 

die  so  einsam  hier  unten  sind.    Klopstock  1,S1; 

wäret  ihr  auch  bei  uns,  die  ihr  mich  ferne  liebt, 

in  des  Vaterlands  schosz  einsam  von  mir  verstreut.    1,72; 

ich  allein  musz  einsam  trauern.    Schiller  61*; 

einsam  nähr  ich  meine  wunde.    Göthe  1,63; 

doch  musz  ich  hier  gefangen  sein 

und  musz  mich  einsam  quälen.     1,  190; 

wer  einsam  sitzt  in  seiner  kammer 

und  schwere  bittre  ihränen  weint.    Novalis  2,  25; 

und  weilte  in  dem  garten  lieber, 

als  drauszen  einsam  und  alleine 

im  hochbelaubien  lindenhuine.    Musabus  kinderkl.  62; 

einsam  bin  ich,  nicht  alleine, 

denn  es  schwebt  ja  süsz  und  mild 

um  mich  her  im  mondenscheine 

dein  geliebtes,  theures  bild. 

P.  A.  Wolfs  Preciosa  1823  s.91; 
und  inmitten  dieser  Sommernacht  ein  einsames  kind,  einsam 
bis  ins  innerste  mark.  Bettine  lageb.  49  ;  und  einsamer,  wenn 
du  auf  dem  kalten  erdboden  fühlest,  dasz  dein  herz  an  keine 
brust  anschlägt  als  nur  an  deine.    J.  P.  TU.  2,  86. 

3)  hervorzuheben  ist  die  bedeulung  caelebs,  viduus:  die  ein- 
same, die  nicht  gebirt.  Hiob  24,  21 ;  du  unfruchtbare,  die  du 
nicht  gebirest  . . .  jauchze  die  du  nicht  schwanger  bist,  denn 
die  einsame  hat  mehr  kinder  weder  die  den  man  hat,  spricht 
der  herr.  Es.  54, 1 ;  das  ist  aber  eine  rechte  widwe,  die  ein- 
sam ist.    1  Tim.  5,  5 ; 

gleichwie  ein  vogel  cirrl, 
wenn  ihm  sein  ehgemahl  vom  gern  ernaschet  wird, 
der  stets  sein  einsam  sein  ruft  aus  auf  allen  bauen. 

Fleüing  23. 
vgl.  ledig  und  einzeln. 

4)  einsam  auf  zustände  und  ürler  angewandt  bedeutet  still, 
geheim,  öde:  sihe  die  nacht  niQsze  einsam  sein  und  kein 
jauchzen  drinne  sein.  Hiob  3,  7 ;  denn  der  heuchler  versam- 
lung  wird  einsam  bleiben.  15,  34 ;  denn  die  feste  stad  musz 
einsam  werden  {vereinsamen).  Es.  27, 10 ;  ein  einsamer  ort, 
ein  recht  einsames  (heimliches)  plätzchen ; 

wo  seine  fürsien  wohnten, 

nun  einsam  elend  ist,  , 

und  räuberische  flamme  friszt 

was  geiz  und  pltinderung  verschonten.    Hz  1,  145; 

bis  er  gerächt  der  Helena  angst  und  einsaine  seufzer, 

riaaa&ai  'EXitnqi  ogfirj/iaiä  re  arovaxäe  re.  //.  2, 690 ; 

lasi  mich,  Johannes,  ach  lasz  mich  im  einsaniea  sterben! 
Mesnias  6.  544 ; 
kann  er  lachen,  wenn  seine  Leonorc  im  einsamen  weint? 
Schiller  145*;  alle  verstolnen  einsamen  stunden.  GOtiie 
18,23;  thaten  dem  einsamen  stillen  vergnügen  eintrag.  18,32; 
das  Volk  kennt  nur  die  offene  lafel  der  fürsten,  aber  nicht 
ihre  einsame  unvcrdaulichkeit.    J.  F.  herbslblumine  3, 183. 

6)  einsam,  einzig,  einzeln,  vereinzelt:  errette  meine  socie 
vom  §chwert,  meine  einsame  von  den  hunden,  LXX  rrjv  fiovo- 
yev^  fiov,  vulg.  unicam  mcam.    pt.  22,  21.  35, 17 ;    - 

von  einsamen  lampen 

halb  durchdämmert.    Jf ei«ias  6,  238 ; 

10  schleicht  umher  das  einsame  gerQcht.  STOLiKna  14.46; 
jeder  eigcnthümliche  stii  ist  gut,  so  bald  er  ein  einsamer 
bleibt  und  kein  allgemeiner  wird.  J.  l'.  grönl.  pruc.  ix ;  die 
sittliche,  unsterbliche  gestalt  musz  der  mensch,  wie  gott  den 
Adam,  aus  seinem  erdenkloMz  mit  einsamen  kräften  ausbilden. 
aetth.  1, 104, 


EINSAMEN,  inserere,  einsäen,  einpflanzen :  was  die  natur 
für  mark  und  kern  der  dinge  bat  unsern  ädern  eingesünit, 
das  tragen  wir  herbei.    Louenst.  Arm.  2,  867. 

EINS.\MIG,  unius  grani. 

EINSAMKEIT,  f.  nnl.  eenzamheid,  schw.  ensamhet,  dän. 
censomhed. 

1)  früher  unitas,  cuncordia,  comntunio :  eheieute,  so  sich 
in  stäler  einsamkeit  des  lebens  zu  betragen  verglichen. 
FisciiART  ehz.  2. 

2)  solitudo: 

wir  füllen  uns  mit  leerer  einsamkeit.    FLSiiKä  103; 

niemand  will  ichs  offenbaren 

als  der  stummen  einsamkeil.    G6NTacji249; 

wie  manchmal  mag  der  thninenwein 

in  einsamkeit  dein  labsal  sein!     160; 

wo  mich  die  einsamkeit  mit  sorgen  radebrecht.     1U99, 

wenn  ich  aus  diesen  einsamkeiten 

zu  goltes  schar  hinüber  geh.    Klopstock  7,  294; 

in  die  weh  weit 

aus  der  einsamkeit, 

wo  sinnen  und  safte  stocken, 

wollen  sie  dich  locken.     Göthr  12,83; 

wandle  zwischen  freud  und  schmerz 

in  der  einsamkeit.     1,  111 ; 

wer  sich  der  einsamkeit  ergibt, 

ach  der  ist  bald  allein.     18,219; 

einsamkeit  steckt  in  gcfahrlichkeit.    Lehmann  188. 

EINSAMLICH,  solilarius:  der  ort  ist  sehr  einsamlich,  sel- 
ten dasz  ein  hofbedienle  quer  durchläuft.    Betti.ne  br.  2, 19. 

EINSAMMELN,  colligere,  nnl.  inzamelen,  sc/im»,  insamla, 
dän.  indsamle,  holen,  eintragen,  einfiütren.  die  biencn  sam- 
meln honig  von  den  blumen  ein,  die  ameisen  körner;  sechs 
jar  soltu  dein  land  beseen  und  seine  fruchte  einsamlen. 
2  Mos.  23, 10 ;  so  wil  ich  ewrm  lande  regen  geben  zu  seiner 
zeit,  frücregen  und  spatregen,  das  du  einsamlest  dein  ge- 
treide,  deinen  most  und  dein  öle.  5Mos.  11, 14;  du  wirst  viel 
Samens  ausfüren  auf  das  feld  und  wenig  einsammelen.  28,  38  ; 
darumb  so  samlet  ein  den  wein  und  feigen  und  ole.  Jer. 
40, 10 ;  die  zu  seiner  zeit  den  beinstein  einsambieten.  Micräliüs 
1,27.    geld,  beitrage,  stimmen,  kenntnisse  einsammeln; 

zwar  der  kühne  sänger  (heldensänger) 
sammelt  lorbern  ein.    Lkssiiiig  1,40. 

EINSAMMLER,  m.  collector:  die  einsamler  der  erdfrüchte. 
ßuTSCHKY  Palmos  737. 

EINSAM.MLUNG,  f.:  das  fest  der  einsamlung  im  ausgang 
des  jars.    2  Mos.  23,  26. 

EINSAPPEN,  subito  captivum  ducere,  einwischen: 

die  Schergen  oft  ein  buler  erschnappen, 
bei  nacht  mit  ihm  gen  loch  einsappen. 

H.  Sachs  IV.  2,  120. 

mhd.   ist   sappen   erwischen,    haschen,   packen   und  gilt   vom 
baren : 

da;  in  ein  bSr  sappcl    Hklbli.ng  8,868; 

so  iuch  die  b€rn  sappen!    13,  162. 
vgl.  Schmeller  3,  275. 

EINSARGEN,  loculo  condere,  sepelire.  Stieler  1682 :  deren 
abgeleibten  körper  morgen  in  ihr  zubereitetes  truhkämmcriein 
eingesarcht  werden  sol.    Butschkv  canzl.  905; 

und  er  sieht  die  schönen  glieder 

eingesargt  in  einem  schreine, 

will  hinzu,  doch  immer  wieder 

schwanken  unter  ihm  die  steine.    Platkn  12'; 

langst  eingesargte  geschicchtcr  wcrki  it  nu(.     ixi'; 

sich  so  lebendig  einzusargen 

das  Ist  wahrhalitg  auch  kein  spnv/. 

KOTZBBUK  litam.  .v/>ii'ii'  .),  .>:t. 

sehr  oft  figürlich  bei  J.  Padl  für  eimchlieszen,  einsperren : 
ein  lebendiger  eingesargter  staar.  Tit.  2, 104 ;  die  Schnecke 
surgle  sich  in  ihr  haus  und  bett  mit  geifer  ein.  uns.  löge 
2, 167 ;  Victor  sargte  sich  an  jedem  tage  in  sein  zimincr  ein. 
Hesp.  2, 113 ;  der  namc  wird  in  den  thurinknopf  eingesargt. 
Fixl.  200;  im  frieden  bewegen  krüftc  sich  an  krallen  nur 
höher,  keine  wird  eingesargt,  dämm.  63;  sollte  er  aber  mit 
seinen  fünf  sinnen  beträchtliche  kenntnisse  aus  allen  grenz 
und  hauplstäilten  einfassen  und  einsargen,  lil.  nachl.  4, 167. 

EINSASZE,  ni.  l)  incola:  dasz  sich  die  Golhcn  drinnen 
mit  der  einsaszen  volk  gestärket  haben.  Micrälius  1,  S6;  soll- 
ten sie  uns  auch  durch  einen  hiihern  sohl  unser  ausl.tn- 
disches  schifsvolk  zu  entziehen  suchen,  so  würde  es  «■!  iilnnn 
sein,  wenn  wir  und  utisre  einsaszen  nicht  hiiireiclitrn. 
•chifTe  zu  besetzen  und  ihnen  tu  widerstehen.  Jacoui- 


265 


EINSATZ  — EINSAUGEN 


EINSAUGEN — EINSCHANZEN 


266 


des  Thucydides  band  1  s.  131 ;  dasz  die  alten  bürger  Ton  den 
einsaszen  überwältigt  und  ennordet  wurden.    Niebuhr  1, 104. 

2)  der  ziiiwierviann  nenni  so  den  balkeneinschnitt,  in  den 
ein  anderer  gefügt  tcird,   tgl.  gersasze. 

EINSATZ,  m.  quod  pouitur,  iviponitur,  nach  den  verschied- 
nen  bedeutungen  des  einsetzens, 
1)  der  fische  in  den  teich. 

3)  der  pflanzen  in  das  land. 

3)  der  gewicbte,  schachteln,  topfe,  schusseln,  becher. 

4)  einsatz  für  die  pferde:  'einsatz  oder  anstreich'.  nim 
guten  Weinessig  etc.  knete  es  wol  durcheinander  und  streich 
solches  dem  gaul  auf  die  nieren.  Pister  415;  so  das  pferd 
laufen  soll,  so  setz  irae  zu  nachts  darvor  ein  auf  allen  vieren 
mit  nachfolgendem  einsatz,  nimb  foenum  graecum  etc.  lasz 
es  wol  sieden,  das  es  dick  werde,  mach  ime  einen  stand 
darvon,  das  es  mit  allen  vier  füeszen  die  ganze  nacht  dar- 
innen stehe.  Secter  0 ;  wenn  du  das  ros  von  oberzelleu 
beiden  kelsuchten  schon  geärzneiet  hast,  so  magst  du  ime 
noch  wol  nachfolgender  gestalt  ein  einsatz  machen,  nimb 
scbifbech  etc.  darnach  uberstreich  im  den  köpf  darmit.  36; 
essich,  meel,  gepulverten  Schwefel,  daraus  mach  ein  einsatz, 
den  schlag  im  umb  den  köpf.  3S ;  mach  einen  einsatz  nach 
dem  gemeinen  gebrauch,  darin  lasz  es  (das  pferd)  drei  tage 
stehen.   336.     vgl.  einschlag  6. 

5)  einsatz  in  das  spiel,  in  die  wette,  zum  pfände,  daher  oß 
hypolheca,  uas  man  versetzt,  verpfändet,  z.  h.  frankf.  reform. 
111.12,8.  geringer,  hoher  einsatz:  der  einsatz  (die  einlage) 
beträgt  durch  alle  kiassen  zwanzig  thaler. 

6)  einsatz,  tcas  einsetzung.  institutio :  sein  ampt  nach  gött- 
lichem einsatz  verrichten.    Hömgers  narrensch.  269. 

EINS.^TZBECHEH.  wj. 

EINSATZGEWICHT,  n. 

EINSATZHERR,  m.  exsecutor.    Frisch  2,154'. 

EINSATZSCHACHTEL,  f. 

EINSATZSCHCSSEL,  f. 

EINSATZTHÜR,  f. 

EINSATZL'NG,  f.  missio  in  possessionem,  einsetzung:  zu 
des  ächters  gütern  mit  würklicher  einsatzung  und  auch  gänz- 
licher Vollstreckung  erlangter  recht  verholfen  werden,  erkl. 
des  landfr.  von  1522.  21;  einsatzung  des  abendmahls,  im 
16.  17  jh.  oft  für  einsetzung. 

EINSAUEN,  maculare,  besauen. 

EINSÄUERN,  fermentare,  den  teig,  das  brot  einsäuern. 

EINSALTEN,  polare,  in  sich  saufen,  nnl.  inzuipen,  schw. 
insupa:  wir  haben  solchen  giftigen  hasz  von  jugent  auf  ein- 
gesoffen. Ldther  8,76";  dasz  du  dich  toll  und  voll  einge- 
soffen, ist  sündlich.    Albrecht  fluchabc.  s.  2S ; 

sechs  glas  mit  wein 
sauf  niichier  ein, 

das  mag  kopfweh  Terireiben.    Garg.  87*; 
ein  küDstler  war  nechst  hier,  der  suf  nur  wasser  ein, 
gab  wieder  doch  heraus  gebrant  und  rothen  wein. 

LoGAü  2,104,32; 
Porus  suf  für  gute  freunde  mancherlei  gesundheit  ein. 

3,  198,  39. 

EINSAUGADER,  f.  was  saugader. 

EI.NSALGEN,  insugere,  nnl.  inzuigen,  schw.  insuga,  dän. 
indsuge. 

1)  die  erde  saugt  den  regen,  der  schwamm  das  wasser,  die 
haut  das  öl  ein. 

2)  mit  mund,  nase,  ohr,  äuge:  den  saft  der  traube;  die 
milch  der  mutier; 

das  frische  nasz  wird  treulich  eingesogen,    üagedorm  2, 101; 

die  ersten  Daschen  wurden  still  von  der  gesellschaft  einge- 
sogen. J.  P.  «nj. /opel,  116;  die  kühle  luft  einsaugen,  trinken; 
die  luft,  die  ich  hier  einsauge,  ist  für  mich  der  Lethe.  Klinger 
2,  384  ;  sog  dieser  blödsinnige  fürst  den  weihrauch  ein,  den 
ihm  Österreich  und  Spanien  streuten.    Schiller  907; 

ach,  wie  sie  jedes  wort  aus  meinem  miind  mit  lusi 
einsogen!  Gott«»  2,  113; 

Liane  hatte  jeden  laut  schmachtend  eingesogen.  J.  P.  Tit. 
2,  235 ;  die  äugen  saugen  das  licht  ein. 

3)  figürlich, 

wie  gut  das  tadelkind  die  lehren  eingesogen. 

GÖRTaER  498; 

argwöhn  und  stark  eingesognen  verdacht.  Bctschkt  Palm.  691 ; 
seine  aus  der  hatur  eingesogenen  grundsätze.  Wiela.nd  7, 141 ; 


doch  sog  ich  an  der  besten  mutler  busen 
bewuaderuDg  des  Schöpfers  ein.    Gottkr  1,1; 
verirauen  sog  er  nicht  im  kerker  ein.    Uhlakos  Ermt  s.  27. 
4)  sich  einsaugen :  der  käfer  saugt  sich  in  die  rose  ein ; 

erlaubt  sogar  dem  furchtsam  kühnen  blick 

sich,  bienen  gleich,  in  hals  und  busen  einzusaugen. 

WiKLA.ND. 

EINSAUGEN,  bibendum  dare,  praebere,  saugen  lassen:  sie 
ist  seine  mutter,  sie  hat  ihn  unter  ihrem  herzen  getragen, 
mit  ihrer  milch  alle  die  adelichen  lugenden  ihm  eingeseuget. 
Bccu.NEBS /ros<sc/ir.  lliHenft.  1644  s.  3 ;  die  arme  mutter  säugte 
dem  kind,  das  sie  stillte,  ihre  krankbeit  mit  ein. 

EINSÄUMEN,  oram  consuere,  praetexere,  ein  kleid,  ein  tuch 
einsäumen. 

EINSÄUSELN,  1)  Irans,  sopire.    2)  intrans.  leniier  slrepere. 

EINSALSEN,  1)  sopire,  Stikler  1698: 

nahm  ein  röbrlein  wolgescbnitten, 

spielei  seiuen  wässerlein, 
sie  zum  schlafen  th.it  erbiueo, 

wollt  sie  süszlich  sausen  ein.    Spbe  226. 

2)  instrepere,  sonare: 

jeui,  wo  der  wind  in  die  glut  einsauseie,  siellt  er  den  dreifusz 
sami  dem  verschlossenen  kessel.    Luise  1,  266. 

EINSCHABEN,  carptim  indere:  käse  einschaben. 

EINSCHACHEHN,  mercari,  emere :  alle  kleider  einschacbem. 

EINSCHACHTELN,  Capsula  claudere:  er,  der  ihnen  sonst 
nicht  viel  gegönnt  hat,  der  sie  geplagt,  eingeschachteil  gehal- 
len jähre  lang !  Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  321 ;  jene  crzählungen, 
bei  welchen  eine  begebenheit  in  die  andere  eingeschachtelt, 
ein  interesse  durch  das  andere  verdrängt  wird.  Göthe  15, 144 ; 
3er  freund,  mit  meinem  söhne  zugleich  {in  einer  portchaise) 
eingeschachtelt.  31, 110 ;  und  so  geht  ein  närrisch  mühsames 
leben  immerfort,  wie  das  märchen  der  tausend  und  einen 
nacht,  wo  sich  eine  fabel  in  die  andere  einschachtelt,  av 
Sc/ii//er   534. 

EINSCHACHTELUNG,  f.  das  System  der  einschachtelung 
kommt  uns  begreiflich  vor.    Göthe  23,  269. 

EINSCHACHTELUNGSLEHRE,  f.  wird  freilich  einem  höher 
gebildeten  gar  bald  widerlich.    Göthe  50,  64. 

EINSCHACHTE.N,  infodere.    Stieler  1702. 

EINSCHAFFEN,  ingiynere,  anerschaffen,  praeL  einschuf,  nnl. 
inscheppen:  golt  hab  im  anfang  auch  gold  und  silber  in 
kluft  und  geng  und  in  llieszende  wasser  gesprochen  und  ein- 
geschaffen. Mathesiüs  5*;  vorm  falle  erkandt  er  {Adam)  aus 
eingeschafner  weisheil  aller  thier,^  kreuter  und  creatur  natur 
und  eigenschafl.  8';  obgleich  dem  gemüte  sowol  furcht  als 
hofnung  und  freude  eingeschaffen  ist.  Bctschkv  Palm.  862 ; 
gott  bat  mir  diesen  trieb  eingeschaffen.    Stillisgs  leben  105. 

EINSCHAFFEN,  afferre,  herbeischaffen,  hereinschaffen,  praet. 
einschafte:  also  auch  den  heiligen  Chrysostomum,  der  bös- 
lich zu  Constantinopel  vertrieben  ward,  hal  der  bapst  wider 
eingeschaft.    Lcther  1, 157* ; 

wil  in  sein  sonst  leeres  sChifchen 

den  bailast  vor  schaffen  ein.    Logad  3,  171,  22. 

EINSCHÄLEN,  integere,  mit  einer  schale  oder  decke  ver- 
sehen, verschalen,  in  Dinglers  polytechn.  joum.  6  jahrg.  1825 
hep  5  ein  aufsatz  über  schief  stehende  brücken  und  kanalge- 
Kölbe,  dann  über  das  einschalen  und  wölben  selbst. 

EINSCHALIG,  una  testa  Hiunilus:  eiuschalige  mnschel, 
Schnecke. 

EINSCHALTEN,  inlerealare,  einrücken:  einen  tag  in  der 
Zeitrechnung  einschalten;  eine  zeile  einschalten; 

der  (knabe),  eingeschaliet  fröhlichen  mädchenreihn. 

Voss  lloraz  od.  U.  5. 21 
(quem  si  puellarum  insereres  choro); 
zu  dem  ende  licsz  er  pfble  einrammeln  und  solche  mit  den 
ranken  aus  dem  weinberge  durchflechten,  auch  zwischendurch 
steine  und  ziegel  mit  einschalten.  Heilmans  Thueyd.  573 ;  ein 
seufzer  mit  bedacht  eingeschaltet.    Lichtenberg  3, 123. 

EINSCHALTUNG,  f.  iutercalalio :  wöchentlich  kämmten  zwar 
bekehrte  damen  diese  gefährlichen  «inschaltungen  (pferdehaare) 
völlig  heraus.    J.  P.  teufelsp.  1,  93. 

EINSCHALTUNGSWEISE,  intercalatim :  inquam  pflegt  nur 
einschaltungsweise  zu  stehen.  Grotefenos  gr.  tat.  gramm. 
1, 178 ;  es  kann  hier  nur  cinschallungsweise  berührt  werden 
J.  P.  Tit.  1, 186. 

EINSCHANZEN,  circumvallare : 

jelzi  schanzen  wir  uns  ein. 
ziehn  wall  und  mawren  für.    Orirz  1,  50; 


267    EINSCHARBEN— EINSCHENKEN 

und  als  er  endlich  dies  elvsitini  gefunden, 

dns  rings  umher  mit  wald  und  leisen  eingeschanzt. 

WlELAND. 

EIMSCHARBEN,  olus  mimitim  inscindere,  vgl.  Scharben, 
Scharben  und  Sciim.  3,  397. 

EINSCHÄRFEN,  inculcare,  scharf  anempfehlen :  da  sie  nicht 
Tersüuinlen,  den  schauspielern  oft  den  hauptpunct  einzuschär- 
fen, dasz  es  ihre  pflichl  sei,  laut  und  vernehmlich  zu  spre- 
chen. GöTUK  19, 188 ;  Verminderung  der  bedürfnisse  sollte  wol 
das  sein,  was  man  der  Jugend  durchaus  einzuschärfen  und 
woiu  man  sie  zu  starken  suchen  sollte.  Lichtenberg  1,  222 ; 

dasz  ich  hier  mich  auf  will  werfen 

dir  die  lehren  einzuschärfen, 

nimm  auch  das  nicht  allzu  scharf.    RCckrrt  230. 

EINSCHÄRFER,  m.  er  ist  geselzerklärer  und  einschärfer. 
Fichte  frani.  rev.  384. 

EINSCHARREN,  infodere:  ein  todtes  thier  einscharren ;  es 
gibt  thiere,  die  das  fleisch  einscharren,  das  sie  noch  nicht 
gefressen  haben ;  geld  einscharren,  sich  einscharren  in  das 
Stroh,  in  das  bette,  in  die  erde:  der  maulwurf  scharrt  sich 
in  die  erde  ein ;  die  frucht  kann  man  in  einen  häufen  waizen 
einscharren.  Tabernaemontanüs  860 ;  mir  fieng  schon  an,  ehe 
ich  mich  noch  zu  bette  legte,  etwas  Übels  zu  träumen,  doch, 
da  ich  mich  hineingelegt  hatte,  kam  die  princessin,  schar- 
rete  sich  bei  mir  ein  und  klagte  mit  weinenden  äugen.  Fel- 
senb.  4,463;  kurz,  er  lag  fast  die  meiste  zeit  in  seiner  stroh- 
bucht, bis  ihn  der  hunger  und  durst  plagte,  da  er  denn 
zuweilen  aufstund,  ein  stück  verschimmeltes  brot  abbrach, 
ein  wenig  auf  und  abspazierte  und  sich  endlich  wieder  ins 
Stroh  einscharrete.  irrg.  der  liebe  194;  der  aber  bedenken 
trug  sich  in  das  bette  einzuscharren.  212.  s.  verscharren, 
zuscharren  und  hernach  einscherren. 

ELNSCHATTEN,  inumbrare,  beschatten:  ich  schaute  furcht- 
sam nur  auf  die  eingeschlummerte,  eingeschatlete  erde  nieder. 
J.  P.  jubeisen.  199;  die  bände  ausstreckend  gegen  den  (von  der 
Sonnenfinsternis)  eingeschatteten  himmel.    Fixl.  63. 

E1.NSCHAU,  f  intuitus,  inluitio,  einblick:  wlsMche  inschowe. 
pass.  üf.  669,  27 ;  freie,  nebellose  einschau  in  die  natur;  ein- 
scbau  in  die  Verhältnisse  eines  landes. 

EINSCHAL'EN,  intueri,  inspicere,  Steinbach  2,  392:  die 
tugend,  deren  mängel  die  Selbsterkenntnis  uns  nie  hinreichend 
einschauen  läszt.    Kant  5,  283 ; 

wag  in  das  heiligihum  nicht  tiefer  einzuschauen. 
Gotter  1,  145. 
vgl.  anschauen,  durchschauen. 

EINSCHAUFELN,   pala  indere,  getraide  einschaufeln;  erde 
einschaufeln ;    einen  todten  einschaufeln,  mit  erde  zudecken. 
EINSCHAUKELN,  oscillando  sopire: 

diese  gondel  verglich  ich  der  sanft  einschaukelnden  wiege. 

GöTiig  1,  350. 

den  luchbereilern  heisxt  aber  ein  tuch  einschaukeln  es  schwingen 
und  falten. 

EINSCHAUUNG,  f  was  einschau:  so  wären  sie  es  werlh, 
wenn  man  ihnen  nun  nachsagte,  nicht  dasz  sie  sich  blosz 
von  ihm  verführen  lassen,  sondern  dasz  sie,  bei  eigener  ein- 
scbauung  der  handschrift,  sich  freierdings  der  nemlichen 
oscitanz  schuldig  gemacht,  die  ich  an  Gultscheden  bewun- 
dere.   Lessinc  10,  332. 

EINSCHEIDEN,  vagina  eondere:  in  pappe  eingescheidet  zu 
stecken.  Wielano  21,256;  blumen  in  ihren  knospen  einge- 
scheidet, noch  in  der  scheide  haftend;  in  gichttaffent  einge- 
scheidet, eingehüllt;  in  ein  Schlammbad  eingescheidet.  J.  P. 
Kampanerth.  50. 

EINSCHEIN,  m.  splendor  qui  intrat :  von  der  barmonie  des 
ganzen,  von  diesem  cinklang,  darf  ich  sagen  einschein?  Stol- 
BERC  10,  284. 

FIINSCHEI.NEN,  illueere,  nnl.  inschijnen :  der  allmechtig 
got  wolle  seine  glorien  in  unsern  herzen  lassen  einscheinen 
und  ausleuchten  in  die  ganze  weit,  sendbrief  Andr.  von  Carol- 
iladl.  Wttlenb.  1521,  am  ende;  die  sonne  scheint  ein,  dringt 
ins  gemach ;  wo  die  sonne  einscbeinet,  die  fenster  zumachen. 
unterr.  an  hausmdgde  t.  11. 

EINSCHENK,  m.  pincertia,  ein  cinscbenk  oder  tischdiener 
•ein,  ad  eyathof  stare.    Maai.er  126*. 

^l\x<  iii.\KKLICHT,  monopodtus.    .Stieleb  1786. 

I  K  KN,  infundcre,  nnl.  inschenken,  ichv.  inskäoka, 

isk  '   skanka  i. 

It  wa*ser,  weio,  bier,  milch  einschenken,  cingiesten.  an 
einigen  orten  heistt  et  auch  ton  der  tiugmdcn  mmUer,    datt 


EINSCHENKEN  —  EINSCHERZEN 


268 


sie  dem  kind  schenke  oder  einschenke,  becher,  kannen,  scha- 
len aus  feinem  golde,  da  man  mit  einschenke.  2  Mos.  25,  29. 
37, 16 ;  du  schenkest  mir  vol  ein.  ps.  23,  5 ;  denn  der  herr 
hat  einen  becher  in  der  band  und  mit  starken  wein  vol  ein- 
geschenkt. 75,  9;  wo  sind  rote  äugen?  neralich  wo  man  beim 
wein  ligt  und  konipt  auszusaufen  was  eingeschenkt  ist.  spr. 
Sal.  23,30;  denn  der  herr  hat  euch  einen  geist  des  harten 
Schlafs  eingeschenkt.  Es.  29,  lO;  wehe  dir,  der  du  deinem 
nechsten  einschenkest  und  mischest  deinen  grim  darunter. 
Habac.  3, 15 ;  der  wird  von  dem  wein  des  zorns  gottes  trin- 
ken, der  eingeschenket  und  lauter  ist.  offenb.  U,  10;  und  mit 
welchem  kelch  sie  euch  eingeschenkt  hat,  schenket  ir  zwi- 
veltig  ein.  18,6;  das  hiesz  'einem  gleich  einschenken'  es  mit 
gleichem  vergelten.  Wertheimer  deduction  1,  262,  vgl.  einträn- 
ken ;  einschenken  bis  oben  dasz  die  mucken  darüber  schwim- 
men kunten.  Phii.andeb  2,  212,  vooiu  man  die  anmerkung 
weisth.2  vorr.  iv  halte; 

dort  ward  das  u-aubenblut  aus  kriigen  eingeschenkt. 

GÖNTaKR  6l3; 
du  schenkst  den  furchen  ein, 
damit  die  acker.  wie  sie  sollen, 
durchaus  gewächsig  sein.    Opitz; 
wir  wollen  nur  auf  freude  denken, 
nicht  unterlassen  einzuschenken, 
bis  dasz  ihr  trunken  worden  seid.    3,  17; 
ein  groszer  becher  wird  Amorn  und  Cviheren 
und  Dindoneiien  und  ihren  rauniinculis  zu  ehren 
so  oft  geleert  und  wieder  eingeschenkt, 
bis  endlich  rausch  und  schlaf  ihn  zwingen  aufzuhören. 

Wikla.nd4,  157; 
er  schenkt,  vermutlich  sich  besser  zu  fassen, 
von  perlendem  vin  de  Brie  ein  mächtiges  pasglas  sich  ein. 

4,  176. 
'er  musz  einschenken'  will  sagen  schenke  sein,  dienen. 

2)  lauter  einschenken,  reinen  wein  einschenken  heisU  die 
Wahrheit  sagen,  nicht  verhelen:  damit  ich  dir  rein  bier  ein- 
schenke,   herz.  H.  Julius  s.  53; 

heiligsier  vaier,  es  bleibt  dabei, 

dasz  man  ihn  einschenk  lautern  wein.    Atrkr  151*; 

ich  weisz  auch  eins  das  mir  in  meiner  Jugend  begegnet  ist, 
und  das  euch,  ob  ich  gleich  nur  die  reine  Wahrheit  dabei  ein- 
schenkte, wunderbarer  vorkommen  würde,  als  alle  die  eurigen 
(abenteuer).  Musaeus  5, 101;  du  kennst  den  mann,  schenk  mir 
nur  rein  ein !    Klingers  th.  3, 119. 

3)  einschenken  ist  aber  auch,  wie  brauen,  einrühren  und 
einmischen,  böses  und  verderbliches  bereiten,  übel  mitspielen, 
in  einem  kirchenlied: 

verderbte  well,  wie  bittre  gaben 
schenkst  du  nicht  unserin  becher  ein?; 
ihn  (ihnen)  den  Willkomm  so  einschenkt. 

froschmeuseter  III.  1,  16; 

ich  wüste  aber  wol,  von  wem  mir  solches  eingeschenkt  wäre 
worden.  Schweinichen  2,336;  demnach  der  herr  bauptmann 
sich  an  dem  vorgehenden,  so  mir  eingeschenkt  war,  nicht 
genügen  liesz.  3,17t;  weil  ich  mich  im  angesicht  entfärbte, 
gedachten  sie,  ich  hätte  einen  vcrdrusz  oder  schämte  mich, 
weil  mir  der  baur  so  artlich  eingeschenkt.  Simpl.  K.  715; 
vielleicht  könnt  ihr  ihm,  weil  er  ietzo  nicht  da  ist,  ein  braves 
einschenken,  dasz  er  sich  eine  weile  damit  behelfen  kan. 
causenmacher  96;  wir  schenkten  den  streitenden  tapfer  ein 
und  schoneten  ihr  nicht.  Pierol  2, 110.  sich  etwas  einschen- 
ken, sich  etwas  schlimmes  holen,  z.  b.  eine  krankheit. 

4)  noch  andere  anwendungen :  liesz  auch  nicht  ab  mit  Wor- 
ten und  Schriften,  schenkte  mir  so  viel  guter  worl  ein,  ich 
solle  nur  demüliglich  schreiben.    Luther  3,332'; 

edler  Call!  so  glücklich  dich 
viele  tausend  llrennun  preisen, 
wenn  du  deinem  Friederich 
einschenkst  aus  dein  nuell  der  weisen. 
liOKi.NbK  1,  49; 

das  vergnügen  wird  dem  menschen  nur  in  tausend  lillipuli- 
schcn  augenblicken  eingeschenkt.    J.  I\ //«/).  1, 116. 

5)  beim  ballsptel  ist  einem  einschenken :  den  ball  zum  fort- 
tchlagen  in  die  höhe  werfen. 

EINSCHEREN,  eine  art  holz  zu  verbinden,  verscheren.  Kar- 
MARscH  technol.  wb.   Wien  1837.  2,  203. 

EINSCHFHREN,  infodere,  ist  aus  dem  parlicip  tu  folgern: 
die  eingexrhorrcnen  oder  begrabenen  ieiclien.  Prabtorius  well- 
beschr.  1,  342. 

EINSCHEUERN,  in  horreo  reponere:  getraide  einscbcuem. 

EINSCHERZEN,  was  einschmeicheln,  wo  ein  beleg  aus  Gtrg. 
iOi*. 


269 


EINSCHICHTEN — EINSCHIESZEN 


EINS  CHIESZEN  —  EINSCHLAFEN 


270 


EINSCHICHTEN,  ordine  digerere,  einlegen,  einschalten:  wie 
zitterten  meine  bände,  als  ich  sie  nun  unbeschädigt  in  meine 
Sammlung  einschichten  konnte.  TbCnmels  reise  6,  211 ;  hier  will 
ich  zum  besten  anderer  geistlichen  einige  eitraseiten  über  die 
falsche  bauart  der  kirchen  einschichten.    J.  P.  uns.  löge  3,  78. 

EINSCHICHTIG,  tcas  eintragend,  ledig,  verwitwet,  vgl.  ein- 
bändig, einschichtig,  simples:  ainschichtiger  glaub.  Berthold 
VON  Chiemsee  3,  8.  jedem  einschichtig  in  die  obren  gellen  =s 
eimetn.    Leopbecbtisg  Lechrain  s.  90. 

EINSCHICKEN,  transmittere,  einsenden,  überschicken,  nnl. 
inschikken.  Maaler  126'  hat  einschicken  insinuare,  was  wol 
sein  soll  sich  in  etwas  schicken :  ich  lege  hier  zwei  gedichte 
bei,  die  gestern  für  den  almanach  eingeschickt  worden  sind. 
Schiller  an  GOthe  325. 

EINSCHICKLICH,  congrttens,  eonveniens.    Stieler  1776. 

EINSCHIEBEN,  inlruderc,  immittere,  nnl.  inschuiven,  schw. 
inskulTa. 

1)  in  den  mund  schieben :  dA  si  da;  krftt  bete  in  geschoben. 
pass.  K.  2S7,  34 ;  ein  art  ist  zu  Straszburg  von  kleinen  fisch- 
lin,  die  heiszt  man  ungemengt  fischlin,  seind  also  klein,  das 
ein  bawT  etwan  zweihundert  auf  einmal  einseheubt  {es  steht 
einscheibt)  mit  einem  schniltlin  brots.  schimpf  und  ernst  Ibbb 
cap.  2S6,  ohne  iweifel  lesen  auch  ältere  ausg.  so,  die  über- 
haupt den  Urtext  verwischende  von  1550  cap.  217  hat  'unge- 
mengte  oder  ungminte  vischlin'  und  ßr  einseheubt  'isset'; 
er  kann  gut  einschieben,  tüchtig  essen. 

2)  brot  in  den  backofen  einschieben ;  das  gezahlte  geld  (in 
den  beutet)  einschieben,  einstecken ;  nit  ein  halbe  taffete  bändl 
einschieben.    Megerle  Judas  1,283.284. 

3)  balken  einschieben,  tignum  immittere:  dasz  fast  nicht  ein 
balken  vergessen  war,  wo  er  solte  eingeschoben,  wie  er  solle 
bekleidet  oder  gemahlet,  Vie  er  solte  behobelt  und  beschnitzet 
werden.    Weise  erzn.  3. 

4)  den  riegel  einschieben,  vorschieben,  eine  leiste  ein- 
schieben,    eingeschobne  stellen. 

5)  leute  in  die  reihe  einschieben,  unberechtigte  zwischen 
berechtigte:  sind  unfleiszige  leute  und  untrewe  diener  oder 
schieben  die  irigen  ein.  Mathesius  15l';  eingeschobne  kinder, 
liberi  insitivi,  verschieden  von  untergeschobnen; 

was  Ärgerst  du  dich  über  fnlscblich  erhobne  i 

wo  gab  es  denn  nicht  eingeschobne?    Götue  2,  2G0. 

6)  sich  einschieben:  weil  ein  düstrer  Zwischenraum  sich 
unsem  hofnungen  eingeschoben  hatte.  GötheIO,  89;  sich  als 
mittelsperson  zwischen  widersprechende  Charaktere  einzuschie- 
ben.   TiECR  7,75;  sich  in  eines  freundschaft  einschieben. 

EINSCHIEBESSEN,  n.  Zwischengericht,  entremet.  J.P.  Fixlein 
154  und  oß;  Flachsenßngen,  das  alle  deutschen  kreise  wie 
ein  einschiebessen  durcbschieszet.    jubeisen.  154. 

EINSCHIEBEB,  m.  quod  immitlitur:  in  der  blendlaterne 
steht  das  licht  in  einem  drehbaren  einschieber. 

EINSCHIEBSEL,  n.  quod  inserilur:  man  wird  betrachtungen 
dieser  art  meist  wie  einschiebsei  ansehen.  Kant  4, 102 ;  die 
geschichtserzählung,  wie  wir  sie  sorgfältig  von  allen  einschieb- 
sein getrennt  haben.  Göthe  6, 178 ;  die  Jferen  kleider  eines 
menschen  flöszen  mir  trauer  ein,  weil  sie  an  das  leiden  er- 
innern, die  das  arme  einschiebsei  darin  musz  ausgestanden 
haben.  J.  P.  uns.  löge  2,  65 ;  es  sei  ein  glück  für  ihn,  dasz  die 
fürstin  das  tolle  einschiebsei  der  uhr  gar  nicht  aufgestöbert 
habe.    Hesp.  3, 109. 

EINSCHIEBUNG,  f.  willkürliche  einschiebung  (von  begriffen 
in  eine  schluszreihe).    Kant  7, 372. 

EINSCHIESZEN,  nnl.  inscbieten,  schw.  inskjuta,  dän.  in- 
skyde. 

1)  Ir.  brot  einschieszen,  einschieben,  massam  inferre  fumo. 

2)  tr.,  lormentis  disjicere,  thor,  mauer,  sladt  einschieszen : 

drauf  schickien  wir  ein  irompeier  nein, 
ob  sie  Prag  wollen  geben  ein 
oder  ob  wirs  sollen  einschieszen* 

GöoHi  d.  dicht.  1,  718'. 

3)  tr.,  bei  den  vebem,  Irajicere,  injicere,  durchsdiieszen, 
einweben,  bei  den  buclibindem,  papier  einschieszen,  mit  papier 
durchschieszen. 

4)  tr.,  geld  einschieszen,  tuppeditare:  er  half  den  dringend- 
sten bedürfnissen  durch  ein  paar  millionen  ab,  die  er  aus 
eigenem  vermögen  einschosz.    Dahlmann  franz.  rev.  147. 

5)  tr.,  eine  Ointe  einschieszen,  zum  schieszen  geschickt 
machen,  sich  einschieszen,  se  exercere  jaculando  und  dann 
oft  figürlich,  sich  einüben:  in  die  correcturzeichen  halt  er 
sich  langst  eingeschossen.  J.  P.  ßcgelj.  4, 125 ;  die  letzten  haben 


sich  auf  gar  nichts  anders  eingeschossen,  teufelsp.  1,  58 ;  ein 
fremdes  fach,  in  das  er  sich  durch  das  vorige  nicht  im  min- 
desten eingeschossen,    komet  3, 140. 

6)  intr.  illabi,  irrumpere,  vergere,  einsinken:  und  das  ge- 
schieht so  lange,  als  durch  menschen  predigen  die  wort  ge- 
sagt werden,  on  mitwirken  und  innerlich  einschieszen  gottes. 
LcTHER  1,26*.  3,8';  der  eisenstein  liegt  meistens  söhlig  oder 
flotzweis.  an  einigen  orten  findet  man  dennoch  aber  dasz  er 
einscllieszet  und  auf  dem  köpf  stehet  Cancri.hüs  6er(/ic«-ite46; 

im  ionern  hier  ein  paradiesisch  land, 

da  rase  drauszen  Qut  bis  auf  zum  rand. 

und  wie  sie  nascht  gewaltsam  einzuschieszen. 

gemeindrang  eilt  die  lücke  zu  verscblieszen.     Göthk  41,321; 

aus  einer  gesteinart,  deren  wände  fast  ganz  perpendicular  in 
die  erde  einschieszen.  16,  247 ;  die  schiefe,  gegen  das  land  zu 
einschieszende  richtung  {der  felsen).  51, 156 ;  ich  nenne  mit 
fleisz  weder  die  tage  meiner  reise  noch  das  thor,  wodurch 
ich  zu  Hof  einschosz.    J.  P.  Hesp.  4, 167. 

7)  intr.  labi,  eingehen,  mager  werden:  er  schieszt  ja  über 
sein  lamentieren  ein  wie  soldatentuch.    J.  P.  Tit.  1, 176. 

8)  furcht,  abscheu,  ekel  schieszt  mir  ein,  ich  werde  davon 
ergriffen:  mir  ist  solche  forcht  von  iretwegen  ingeschossen, 
das  alles  mein  geblüt  sich  gegen  inen  entsetzt,  ylimon  Dl'; 
auch  sie  werden  den  tod  nicht  unter  einem  bilde  vorgestellt 
haben,  bei  welchem  einem  jeden  unvenneidlich  alle  die  ekeln 
begriffe  von  moder  und  Verwesung  einschieszen.  Lessing  8,250. 

EINSCHIFFEN,  nnl.  inschepen,  schw.  inskeppa,  dän.  ind- 
skibe. 

1)  tr.  imponere  in  naves :  waaren,  leute,  Soldaten  einschiffen. 

2)  sich  einschiffen,  conscendere  navem:  sich  auf  ein  meer 
einschiffen.  Klinger  9,54.     mhd.  sagte  man  anschiffen: 

ze  Misenburc  der  riehen  da  scbiflen  sie  sich  an. 
Nib.  1317,  1. 

3)  tn(r.  einschiffen,  liart^  intrare:  in  den  hafen  ein- 
schiffen. 

EINSCHIFSMOBGEN,  m.: 

reisefreuden  während,  wie  des  einschifsmorgens, 
wie  der  ersten  hoben  sterneDnächte.    Götuk  2,  75. 

wenn  keine  kürzung  aus  einschiffens  würde  einschifs  auf  ein 
nomen  einschif,  ingressus  in  navem  führen,  das  sonst  nicht 
vorkommt. 

EINSCHIFFUNG,  f.  impositio,  eonscensio  in  navem. 

EINSCHIFFUNGSORT,  m.   EINSCHIFFUNGSZEIT,  f. 

EINSCHILDIG,  gregarius,  gemeiner,  schlechter  soldat,  mhd. 
^inschilt  riter.  Helbl.  2,  282.  347.  579.  585.  Karlmeinet  57,  62. 
noch  in  den  vocabularien  bei  Diefenbach  269.    s.  einspännig. 

EINSCHI.NDELN,  scandula  contegere:  und  ihr  werdet  zwi- 
schen euren  eigenen  breitem  eingeschachtelt  und  eingeschin- 
delt.   Hebels  hausfr.  183. 

EINSCHIRREN,  trie  anschirren,  jumen/aparare;  eingschirren 
und  die  ros  in  karren  stellen,  rhedam  equis  jüngere.  Maaler 
124'.  figürlich,  wie  alle  .  . .  ein  postzug  um  den  andern  nach 
dem  hof-  und  adreskalender  an  die  Spieltische  eingeschirret 
wurden.    J.  P.  Hesp.  2, 172. 

EINSCHLACHTEN,  mactare  ad  domesticum  usum :  einen 
ochsen,  gänse  einschlachten ;  ich  habe  viel  eingeschlachtet 
zum  heuligen  tage.  Arnim  schaub.  2,  66.  einen  verwandten  ins 
haus  nehmen,  um  ihn  zu  beerben,  einzuschlachten,  Schweiz. 
einzumetzgen.  den  feind  einschlachten,  zusammenhauen.  Stik- 
LER  180L 

EINSCHLAF,  m.  somnus:  er  wachte  nach  meinem  einschlaf 
noch  zwei  stunden.    Hippel  lebensl.  2, 138. 

EINSCHLÄF,  m,  tvdlenkleid:  den  kranken  ihre  bette,  den 
todten  ihren  cinschläf  rauben,    franz.  Simpl.  1,  539. 

EINSCHLAFEN,  obdormiscere,  nnl.  inslapen,  vgl.  entschlafen. 

1)  somnum  capere:  und  er  schlief  wieder  ein  und  im  treu- 

met  abermal.  1  Mos.  41,  5 ;  wie  er  aber  über  disen  gedankea 

einschlefL    Mathesius  80'; 

denn  betend  steht  sie  auf  und  singend  schläft  sie  ein. 
GiLLciiT  1,65; 

in  den  gedanken  schlief  ich  ein.    1,214; 

0  wegen  der  gefabr  schlaf  immer  ruhig  ein.    S,  S3i ; 

es  lächelt  der  see,  er  ladet  zum  bade, 

der  knabe  schlier  ein  am  grünen  gesiade.    Schrli*  516*. 
über  dem  lesen  einschlafen. 

%)  mori:  und  im  herrn  drüber  einschlafen.  Mathcsiiis  6'; 
ist  er  daselbst  im  92  jähr  seines  allers  selig  eingeschlafen. 
MicRALius  2, 284 ;  von  gott  erbitten  ein  sanftes  einschlafen 
mit  Slephanu.    BuTSCHki  I'atmos  43; 


27 1   EINSCHLÄFEN  —  EINSCHLÄFERUNG 


EINSCHLÄFERUNÜSMITTEL  —  EINSCHLAG  272 


hier  ruht  l.al.-i);e,  die  schöne. 

Triih  cniiüilet  von  dem  kiimmcr 

dieser  waiirahrt  schlier  sie  ein.    Gottkr  1, 105. 

3)  lorpere:   die   fQsze  schliefen  ihm  ein;   der  arm  ist  mir 
eingeschlafen. 
1)  figürlich, 

und  in  der  weite 

schlnn  nach  und  nach 

der  felsenhach 

und  das  gelnute 

der  herden  ein.    Gökingk  1,  175; 

die  eingcschiafne  räche.  GorrER  2,3;  nun  ist  die  natur  in 
ihrem  herzen  eingeschlafen.  3,  83 ;  auch  wahrheilen  schlafen 
ein  und  wollen  zu  Zeiten  wieder  aufgeweckt  sein.  Klinger 
11,  336 ; 

weh!  vom  arm  des  Talschen  nfanns  umwunden 
schlief  Luisens  lugend  ein.    Schiller  5*'; 

wie  eine  biene,  in  eine  eingeschlafene  tulpe  eingeschlossen. 
J.  P.  Hesp.  1, 121 ;  dasz  aufgewachte  Völker  in  einem  jähre 
mehr  historischen  stof  und  folglich  mehr  historiker  erzeugen, 
als  ein  eingeschlafcnes  Afrika  in  einem  Jahrhundert.  2,222; 
ja,  du  gute,  so  musten  ja  im  köpfe  mit  wünschen  und  mit 
sorgen,  im  kranken  lechzen  nach  der  geliebten  seele  alle 
deine  freuden  einschlafen.  3, 100 ;  die  nach  langem  einschlä- 
fern eingeschlafene  Nikolais  bibliothek.  Levana  vorr.ym;  die 
Sache  ist  eingeschlafen,  ruht,  wird  nicht  weiter  verhandelt. 
EINSCHLÄFEN,  sopire: 

so  wird  dein  edler  muth 
doch  nie  nicht  eingeschinft.    Opitz  2,  20; 

wie  ein  süszer  wein, 
der  uns  erquickt  und  schlaTt  die  sinnen  ein.    3,  23; 
so  wann  ein  guter  arzt  bis  an  das  fleisch  will  schneiden, 
schlärt  er  den  kranken  ein.    3,215; 

die  schöne  nachtigal 
fleugt  über  seinen  köpf,  verfährt  (l.  verliiliri)  so  manchen  schal 
und  schläft  den  milden  ein.  I-'i-kiiing  73; 

hunger  haben,  miide  sein 
würzt  die  speise,  schläft  wol  ein.    Logaü  3,  93,  89; 

kraft  welcher  ringe  Timolaus  jederman  einschlafen  und  alle 
Schlösser  öfnen  wolle.  Lohenst.  Arm.  1, 99 ;  dasz  sie  sich 
von  den  herschcnssüchtigen  Römern  nicht  einzuschlafen,  son- 
dern des  Drusus  sieghaften  waffen  zu  widersetzen  ursach  hin- 
ten. 1,328;  der  scepler  und  die  einschläfende  rute  (sovmifera 
virga)  zeigeten  auf  den  Mercurius.  Argenis  1,  425 ;  in  das  ein- 
geschlüfle  gewissen  Sauls  donnert  der  heir  mit  dieser  gewal- 
tigen himmelslimme  Saul,  Saul,  was  verfolgest  du  mich? 
Otho  1170; 

stärkt  der  schönen  dulderin 
matt  schlagend  herz,  und  schläft  den  äuszern  sinn 
unmerklich  ein.  Wikland. 

heilte  veraltet  und  dem  einschläfern  gewichen. 

ELNSCHL.\FEKER,    m.  sopilor,    der  einen  in  schlaf  bringt. 
WlELASD    8,  348. 

EINSCHLÄFERIG,   wie  einmännisch,   von   einem   bett,   das 
nur  einen  faszt. 

EINSCHLÄFERN,  sopire:   das  kind  einschläfern;   einschlä- 
fernde musik;  wenn  der  tod  heran  kommt  und  uns  einschlä- 
fert, pers.  baumg.  9,  5 ;  die  heuligen  einwohner  dieses  landes 
sind  in  der  faulheit  eingeschläfert.    Winkelhann  3,  51 ; 
er  lag 
schon  tief  in  seiner  wollust  blumenihal, 
und  schlaTerie  nur  sich  mehr  durch  diese  gründe 
zum  tod  ein.  Klopstock  9,  132; 

darft  ich  sie  denn  nicht  mit  einschläfern  helfen?   8,124; 

und  jetzt,  nachdem  ein  wundcr^verk  des  himmcls 

bis  heule  mein  geheimnis  hat  beschiiizt, 

des  argwohns  hello  blicke  eingeschläfert.    Schillrr  359'; 

zeit  und  einsamkeit,  die  unsere  cmpfindungen  einschläfern. 
Gotter  3,  10;  deine  eingeschläferte  lugend  soll  erwachen. 
Klincer  6, 60 ;  die  heidnische  inusik  wurde  in  den  gotles- 
dienst  aufgenommen,  um  die  phanlasie  und  die  sinne  zu  he- 
•chäftigen,  während  man  den  verstand  absichtlich  einschlä- 
ferte.   Scni.osiHii  ireltg.  4,  560. 

EINSCHLAKKIIN,  was  einschläferig:  einichlüfemcg  bett. 

EINSCHLÄFEHLNG,  f. 

wvichcr  umsonst  elnschlfifhingen  ihm  und  Seligkeit  luningi. 

ilciftitu  12,  32; 

tu  gesunder  einsrhläfrrung  seiner  niajesläl  wird  jemand  im 
kOnigreirh  nufgesiirlit,    ihm  die  getrhirlile  seines  landes  vor- 


zutragen, und  dieser  findet  sich  in  der  person  des  Danisch- 
mende.    Göthe  33,  55. 

EINSCHLÄFERUNGSMITTEL,  n.    Wiei.and  15,  66. 

EINSCHLAG,  m.  nnl.  inslag,  schw.  inslag,  ddn.  indslag, 
nach  den  bedeulungen  des  einsqhlagens. 

1)  des  blitzes: 

behüte  stadt  und  dorf  vor  einschlag  und  vor  brand  ! 

Erfurt  und  die  ZÄUNKMAMNIN  von  P.  Cassel  s.  CI. 

2)  des  regens  und  schnees  durch  das  dach. 

3)  den  Webern  heiszt  einschlag  der  in  den  anfzug  einge- 
schossene, eingeworfene  faden,  nd.  inslag,  inschlagg  (Stürejc- 
BDRG  95*),  nnl.  inslag  (3  Afos.  13,48  inslach): 

fest  am  bäum  ist  die  web,  und  der  rohrkamm  scheidet  den 

aufzug, 

mitten  hindurch  wird  geschossen  mit  spitzigem 'schiflein  der 

einschlag 

aus  der  entwickelnden  band.    Voss  Ovid  nr.  26,  52; 

der  ewigen  wcberin  meistcrstück. 

sie  hals  von  ewigkeil  angezettelt, 

damit  der  ewige  meisiermann 

getrost  den  einschlag  werfen  kann.    Götur  3,100.  50,58; 

wenn  Adlcrkant  (?ad/er  Kant)  in  sein  gcspräch,  was  gut 

und  edel  ist,  mit  feinem  einschlag  webte.    Gökingk  2, 177 ; 

jener  Sinnenreiz,  von  welchem  man  behauptet,  dasz  er  ge- 
wissermaszcn  den  einschlag  unsers  lebens  ausmacht.  Tiece 
not'.   6,  80. 

den  grnnd  des  gewcbes,  der  tela,  bildet  der  aufzug,  aufschlag 
oder  Zettel,  lal.  stamen,  wofür  man  auch  werft,  wurf,  kette 
sagt,  in  den  aufzug  wird  nun  der  einschlag,  lat.  subtegmen, 
siibtemen  quer  eingeworfen,  mit  andern  ausdrücken  der  ein«- 
trag,  einwurf,  einschusz.  Conrad  von  Würzburc  setzt  da;  warf 
stamen,  und  wevel  subtegmen  {tr.  kr.  25639.  31539.  33862). 
dieser  einschlag  bewährt  die  eigentliche  kunst  und  das  ge- 
schick  des  webenden,  tuch  tind  zeugmacher  stritten  sich  ehmals 
um  den  rechts  oder  links  einschlag. 

4)  einschlag  des  kleides,  sinuata,  replicata  pars  vestis,  ein- 
schlag, umbiegen  beim  nähen. 

b)  einschlag  des  weins,  medicamen  vini,  was  in  den  wein 
gehängt  wird,  um  ihm  färbe  und  geschmack  zu  geben,  gewöhn- 
lich linnene  oder  papierene,  mit  schwefel  überzogne  streifen : 

mir  schmeckt  der  klare  safl,  mir  schmeckt  das  reine  nasz, 
das  ohne  kcller  frisch,  das  gut  bleibt  ohne  fasz, 
drum  nicht  die  nymphen  crsi  mit  Ceres  dürfen  kämpfen 
wer  meister  drüber  sei,  das  nichts  bedarf  zum  dämpfen, 
weils  keinen  schwefcirauch  noch  sonsten  einschlag  hat. 

LOGAU  1,  51; 

das  gerslenbrot  ist  sehr  gut,  wann  ein  wein  uberschwefelt 
ist  und  nach  dem  einschlag  stinket.  Tabernaemontanüs  ä.  783; 
weineinschlag,  condimentum  vini  sulphuratum.  Stieler  1821. 
nah  damit  berührt  sich 

6)  einschlag  für  salbe:  nimb  hauswurz  und  abermals  des 
obgenanten  schmeers  und  mach  ein  einschlag  daraus.  Sedtkr 
336;  mache  ihme  (dem  ros)  ein  einsciilag  mit  salz  und  eiern 
und  schlag  ihm  denselben  warm  ein.  Tabernaem.  5S7;  allerlei 
einschlage  und  anstrich  {salben,  die  man  den  pferden  in  die 
hufe  streicht,  um  frühe  ermüdung  zu  verhüten  oder  um  den 
huf  zu  härten).  Hohberg  2,  193'.';  einschlag  der  pferde,  cnta- 
plasma  ßmarium  equorum.  Stieler  1821;  darzu  gosz  er  was- 
ser,  rührte  es  weidlich  untereinander,  gab  ihm  darnacii  mit 
einem  nossel  brantewein  den  einschlag.  Weise  erzn.  iKi.  rql. 
einsalz  4,  einschlagen  5  «nd  Umschlag. 

7)  einschlag  des  nageis  in  das  holz,  oder  leder. 

8)  einschlag  eines  briefes  in  den  andern,  eines  hefls :  wahr- 
scheinlich hat  Unger  sie  nach  seiner  löblichen  gewohnheit 
durch  einschlag  geschickt  und  sie  liegen  ich  weisz  nicht  wo. 
Göthe  an  Schiller  222;  fahren  sie  fort  mir  von  zeit  zu  zeit 
unter  Collas  einschlag  zu  schreiben.    357. 

9)  einschlag  der  band  in  die  andere,  handschlag.  da  man 
vertrage  und  gelübde  durch  handschlag  festigte  {RA.  605),  so 
könnte  einschlag  frühe  schon  den  sinn  von  einigung  oder  ge- 
löhnis  erhallen  haben.  Eckhaht  73,  3«  von  der  bereilsrhafl  des 
sündigen  menschen  'ze  der  einunge  und  ze  der  gltrheil'  redend 
fuhrt  74,3  fort:  als  vil  er  sich  gelidigel  ht''l  mit  guoten  wer- 
ken die  wile  er  in  tolsünden  was,  als  verre  tuol  er  einen 
gellfhen  Inslac  mit  gole  sich  ze  vereinende,  oder  kal  man 
insinr  hier  bind  für  neigung,  streben,  annitherung.  einschlagen 
nach  etner  seile  hin  sn  nehmen  ?  Sl^  vergi/,<et  lier  sines  Vor- 
wurfes nM\  deine  lilA7,en  tnslage  gotitcher  inwirkunge.  mysl. 
1,  225,  27.     dies  ist  das  lütestt  vorkommen  unseres  «orls. 

10)  im  17.  18  jh.    erscheint   einschlag    oß  in  der  bedeulung 


273 


EINSCHLAG  —  EINSCHLAGEN 


EINSCHLAGEN 


274 


von  anschlag,  consilium,  machinae:  er  gab  den  hauptleuten 
hin  und  her  guten  einschlag,  kriegsrälh  und  lehr.  Jac.  Vogel 
ungr.  schlackt.  Jena  1627  p.  31 ;  unmüglicLe  und  also  thürichte 
einschlage.  Philander  2,  SSO;  sie  gab  ihnen  auch  zu  dessen 
glücklicher  behandiung  einschlag.  Lohenst.  Arm.  2, 1334 ;  gab 
des  Conons  weib  ihrem  mann  den  einschlag.  zeilvertreiber 
s.  9;  Honorius  verrichtete  die  sentenz  und  gab  zugleich  denen 
Mailändern  einschlage,  dasz  sie  den  kaiserlichen  befehlen  wider- 
stunden. Hahs  4, 13S ;  es  wird  der  frau  Olympia  an  gnlen 
einschlagen  nicht  ermangeln,  irrg.  der  liebe  2ö9;  worauf  sie 
ihm  den  einschlag  gab  bei  ihrem  vetter  zu  hören  «.  s.  w.  406 ; 
die  grösze  unserer  liebe  bewog  uns  nun,  dem  erhaltenen  ein- 
schlage feierlichst  nachzukommen.  Leipz.  arantnrier  2,  122; 
so  redete  Amalia  damals  und  machte  mir  allerhand  einschlage, 
dasz  ich  sie  entführen  und  mich  mit  ihr  in  geheim  trauen 
lassen  solle.  2,160;  er  gab  mir  verschiedene  einschlage,  die 
aber  alle  auf  wind  hinausliefen,  der  reisende  avant.  Bremen 
1745  i.  125. 

11)  einschlag,  grübe,  furche:  ein  neuwer  einschlag,  ein 
furhen  oder  lange  grub,  weinrüben  oder  böum  zu  pflanzen 
gemacht,  sulcus.  Maaier  126'.  in  seifenwerken,  gruben,  die 
zinnslein  unter  dammerde  liegen  haben. 

12)  Keidmdnnisch,  was  dem  hirsch  vom  erdboden  in  den 
scJialen  hängen  bleibt. 

13)  forstmännisch,  ein  in  Schonung  und  ruhestand  gesetztes 
Waldrevier. 

141  die  gebiUir  'woßr  die  aufläder  die  frachtslücien  in  die 
niederlage  der  empfänger  schaffen  viüssen.'  Leipziger  außäder- 
ordnung  s.  7. 

EINSCHL.\GEGäR.N,  n.  ••  der  sträng  des  einschlagegaros. 
GöTHE   23,  64. 

EINSCHLAGEMESSER,  n.  culter  plicatilis,  taschenmesser, 
dessen  klinge  sich  einschlägt ;  oder  etwa  nach  einschlagen  an- 
ders zu  erklären  ? 

EINSCHLAGEN,  nnl.  inslaan,  schw.  inslä,  dän.  indslaa, 
überall  mit  dem  organischen  slaan,  slä,  slaa,  wie  es  golh.  ahd. 
slbhan,  mhd.  slahen,  sldn  entspricht,  nur  bei  Keisersberg, 
Dasypodics,  Fbisiüs,  Maaler  ist  noch  einschlahen,  inschlahen, 
später  allmälich  einschlagen  geschrieben,  alle  bedeutungen  des 
schlagens,  folglich  des  einschlagens  gehn  von  einer  bewegung  der 
hände  oder  füsze  aus  und  werden  dann  weiter  erstreckt,  dem 
einschlagen  steht  das  ausschlagen  oft  gegenüber  oder  zur  seile. 

1)  der  blitz  schlägt  ein  in  einen  bäum,  in  ein  haus,  man 
dachte  sich  den  blitzstrahl  in  gotles  band,  die  ihn  schleudert 
und  sl.  Perun  steht  nebrn  prati,  ferire.  das  unpersönliche  es 
schlägt  ein,  hat  eingeschlagen  weist  zurück  auf  persönliches 
gott  schlägt  mit  seinem  strahle  ein.  o/I  in  flächen:  da 
schlage  das  weiter  ein !  da  soll  ja  das  donnerwetter  einschla- 
gen! oder  elliptisch  nur:  welter!  blitz!     figürlich, 

will  auf  wiir! 
bijiz  auf  bliiz.' 
schlag  auf  schlag! 
,    obs  auch  einschlagen  mag?    Giürv  im  rassischen 

musenalm.  ton  179S  s.  SO; 
ihrer  mgend  blitz  und  schein 
schinget  uosern  .sinnen  ein, 
reizt  uns  hände,  reizt  uns  selten.    Simon  Dach  T'; 
wenn  Ich  roll  giieien  gsellen  ee  zum  weine, 
mit  schwerem  herzen  ge  Ich  haini. 
das  weuer  schlecht  oft  eine  (d.  i.  die  frau  zürnt). 

meistertieder  hl.  23  n.89; 

der  zweite  beisze  schmerz  schlug  vom  himmel  in  sein  leben 
ein.  J.  P.  Tit.  3, 178.  nah  lag  es  seit  erfindung  der  geschülze 
XU  sagen:  die  bomben,  kugeln  schlagen  ein. 

2)  auch  regen  und  schnee  rühren  vom  golt  her,  hinter  dem 
unpersönlichen  pluit,  ningit  liegt  Jupiter,  der  regen  und  schnee 
schlägt  durch  das  dach,  durch  die  fenstemtzen  ein.  die  flamme 
schlug  in  das  haus  ein;  wenn  die  flammen  nicht  gerichts 
empor  steigen,  sondern  sich  gebreitet  dem  lande  einschlagen. 
Opitz  1, 34.    erst  schlägt  die  flamme  ein  und  hernach  wieder  aus. 

3)  der  raubvogel  schlägt  mit  den  klauen  ein  m  das  wild, 
schlägt  seine  klauen  ein ;  um  seine  herschsüchtigen  klauen 
nachher  desto  sichrer  einschlagen  zu  können.  Gütbe  an 
Sehiller  222. 

4)  der  bergmann  schlägt  mit  der  haue  ein  in  den  grund, 
schlägt  seine  haue  ein:  ein  bergwerk  anfahen  und  inslain. 
«eisth.  2,  796 ;  und  wo  die  Aserischen  (rom  stamm  Äser)  gehen 
oder  schürfen  und  einschlagen,  werden  sie  eisenstein  und 
kupfererz  treffen.  Matuesids  2';  bei  bergleuten,  denen  ein- 
schlagen   zntreglichcr   ist    denn  umbschlagen.    23";    ja  öfters, 

III. 


obgleich  der  erforsch^r  eine  dreifach  zusammengewundne  ruthe 
hält,  (die)  im  abgehen  sich  zerdrahet,  so  schlieszen  sie,  da 
müsse  metall  verdeckt  liegen,  schlagen  sofort  ein.  schürfen 
und  fahren  fort,  es  gehe  nun  die  Witterung  oder  nicht.  Ettners 
unw.  doct.  3 ;  der  bergmann  ficng  an  den  landmann  zu  be- 
lehren, dasz  er  recht  habe  hier  einzuschlagen.  Güthe  18,14S; 
liesz  sich  ruhig  in  den  Schacht  seines  eignen  blumenslrauszes 
einschlagen.  J.  P.  Hesp.  1, 166.  hierher  läszl  sich  wol  eine  stelle 
nehmen,  wo  der  vater  seinem  unlhdtigen,  verschwenderischen 
söhn  vorhält: 

ich  aber  bab  bei  meineo  tagen 
die  sach  an  örtern  eingeschlagen, 
ich  wer  sonst  zu  der  hab  nii  liurameD. 

H.  Sachs  1,226'. 
doch  s.  'zu  den  orten  einschlagen'  unter  26. 

5)  einschlagen  mit  der  band  in  des  andern  hand,  seine 
hand  einschlagen,  zeichen  des  Willkommens  und  begegnens,  vor 
allem  des  abgeschlossenen  handeis :  einschlahen,  verheiszen, 
die  hend  bieten,  dare  dexteras.^  Maaler  126';  du  hasls  ihm 
verheiszen  an  gottes  statt,  mit  eingeschlagener  hand,  du 
wollests  hinfüro  nimmer  thun.  Albrecbt  ßuchabc.  18 ;  schlag 
ein,  wenn  du  willst ! ; 

will  du  das  thun,  so  schlag  mirs  ein!     H.  Sachs  III.  3,12; 
gesagt,  gethan,  Luciane  schlug  ein.  Götbe17,  257;  topp,  herr 
bruder!    sagte  er,   indem  er  mir  die  hand  hinreichte,   in  die 
ich  wacker  einschlug,  komme  er  meinem  mädel  nicht  zu  nah. 
25,  352 ; 

irgend  ein  jüngling  besitzt  dies  herz,  und  die  wackere  band  hat 
eingeschlagen  und  schon  dem  glücklichen  treue  versprochen. 

40,  301. 
tgl.  handscblag. 

6)  fallsüchtige  schlagen  den  daumen  ein  in  die  hand,  so 
dasz  er  ihnen  mnsz  ausgebrochen  werden  (2,948):  zwei  jung- 
fern,  die  zu  gewisser  zeit  niedergefallen  ...  die  daumen  ein- 
geschlagen haben.  Ett.ners  hebamme  212 ;  die  ärmlein  liegen 
ausgestreckt  oder  gekrümmt,  die  händlein  sind  mit  eingeschlag- 
nen daumen  feste  zu.    S5l. 

7)  was  sagt  aber  einschlagen  aus  in  folgender  stelle,  wo 
vom  anrichten,  auftragen  der  speisen  die  rede  ist? 

(speisemeUter.)   'laszi  scblahen  ein,  werft  teller  auf! 
borst  nicht?  geh  fort,  und  darnach  sauf. 
[minifier  1.)    'ihr  herrn,  nu  wollet  scblahen  ein, 
nu  huit  herumb,  werfls  all  herein!' 
(weil  man  einscblechi  und  wider  essen  bringt,  mag  man 

pfeifen  lassen). 
Rebhum  hochzeit  zu  Cana  1546  act  4  sc.  5. 

meint  es  das  hereinreichen  der  speisen  aus  der  küche  in  den 
Speisesaal?  oder  das  aufdecken,  aufschlagen  der  tisctitücher? 
vgl.  unter  S  und  19.20.  huit  herum!  ist  ein  ausruf,  gleich- 
sam pl.  von  hui,  hoi !  man  sagte  auch  das  essen  aufschlagen 
für  anrichten  (I,  952). 

8)  dem  pferde  einschlagen,  es  schmieren  oder  salben,  wie 
auch  salben  in  der  allen  spräche  einen  dat.  bei  sich  hat  (gramm. 
(4,  693),  an  sich  bezeichnet  hier  einschlagen  das  winden  der 
salbe  in  ein  tuch,  das  umschlagen:  und  alle  abend  schlag 
ibrae  {dem  pferd)  ein  mit  kühkot  und  wasch  ihm  die  bein 
mit  Spülwasser.  Secter  9 ;  darmit  schmier  dem  pferd  das 
geuder  wol,  so  nnrds  lind,  schlag  ihm  ein  mit  roszürch  (Schm. 
4,  285)  und  Schmer  an  einander  gemacht,  das  zeucht  ihm  das 
verböllen  aus.  9;  man  darf  den  türkischen  rossen,  waferr  sie 
auf  recht  türkisch  beschlagen,  nimmer  einschlagen,  und  wer 
sie  lang  gut  behalten  wil,  der  habe  fleisz,  das  sie  alle  zeit 
auf  gfit  recht  türkisch  beschlagen  werden.  13;  schlugen  ihnen 
mit  kulimist  ein  und  salbten  die  huf  mit  gi°iten  homsalben. 
93;  nimm  wullkraut,  zerknitschs  zwischen  zween  steinen  und 
Schlags  dem  pferd  ein.  Tabersaemom.  958;  künig  Dejotarus 
schlägt  den  pferden  ein  oder  bind  den  geiszen  den  hinkenden 
elenbogen.    Fischart  Garg.  185*.     s.  einschlag  6. 

9)  mit  dem  fuder  einschlagen  ins  «asser,  das  nider  ein- 
schlagen, rudern,  auch  das  rüder  schlägt  ein,  plätschert :  der 
Jüngling  sang  in  die  einschlagenden  rüder.  Klincer  10, 127 ; 
der  boden,  von  dem  fusze  der  schlanken  tänzerinnen  nach 
fröhlichem,  einschlagendem  tacte  berührt.    10,  27. 

10)  der  hahn  schlägt  ein,  beim  losdrücken  der  büehse,  des 
gewehrt : 

jenem  schlug  der  hau  nii  ein.    Hacpt  3,  350, 
es  gieng  nicht  los. 

11)  es  schlägt  ein,  gleichsam  in  seine  art  oder  schlägt  wur- 
xel  ein,  wächst,  gedeiht,  geräth,  nahverwandt  mit  anschlagen  3, 
ausschlagen  4,    irie  sich   anschlag  mit   einschlag  10   berührt, 

IS 


275 


EINSCHLAGEN 


ralh  mit  geralhcn :  liaber  and  gerste  schlugen  heuer  nicht  ein, 
gcriethen  nicht;  das  kind  schlägt  gut  ein,  gedeiht;  welche 
kunst  noch  heutzutag  die  hauren,  wann  sie  einschlüge,  sich 
ireflich  zu  nutz  machen  und  viel  heu  und  fultcr  darhei  er- 
sparen würden.  Sitnpl.  K.  37 ;  ein  kaufmann,  dem  seine  han- 
delsspeculalionen  gut  einschlagen.  Kant  6,  208 ;  die  sorgrai- 
ligc  aussonderung  der  ausartenden  geburlen  von  den  ein- 
schlagenden. 10,  27 ;  die  Witterungen  wollen  nicht  mehr  ein- 
schlagen. 9,  4 ;  ich  kann  ihm  eine  (Schauspielerin)  empfehlen, 
die  gewis  einschlagen  wird.  Lessing  12, 183 ;  wer  darf  sagen, 
dasz  er  an  der  freude  verzweifle,  solange  noch  arbeiten  lohnen 
und  hofnungen  einschlagen?  Sciiii.i.er  310* ;  besonders  da 
Tischbein  nicht  so  einschlug,  wie  ich  holte.  Güthe  29, 106  ; 
noch  in  meinem  leben  ist  mirs  nicht  gelungen  einem  guten 
freunde  was  zu  gut  zu  thun,  allemal  wenn  mir  etwas  ein- 
schlug und  ich  glaubte  ihn  glücklich  zu  machen,  so  ward 
mir  der  ausgang  vergiftet.  Lenz  1, 122 ;  dem  viehe  schlagen 
daher  so  viele  menschliche  handlungen  augenscheinlich  besser 
ein.    J.  P.  teufelsp.  1,  65. 

12)  einschlagen,  vieh  in  die  weide  und  mast  einschlagen. 
SciiMELLER  3,439;  Schweine  einschlugen,  in  die  mast  treiben, 
einlhun,  vgl.  das  ausschlagen,  aufthun  der  stut  1,  952.  weid- 
männisch, hunde  einschlagen,  sie  zu  einem  ins  futler  geben, 
der  sie  unterhalten  musi,  vgl.  RA.  352.  bienen  einschlagen, 
ihren  schwärm  in  den  korb  bringen. 

13)  einschlagen,  einfriedigen ,  einen  zäun  oder  hag  darum 
machen,  praelendere  sepem  segeli,  den  samen  einschlahen. 
Maaler126';  es  muste  allerhand  milch  und  werkgeschirr  ge- 
kauft werden,  und  da  man  viel  weide  zu  wiesen  einschlug, 
auch  heu  und  stroh,  um  mehr  mist  zu  machen,  der  arme 
vtann  im  T.  15. 

M)  getreidc  einschlagen,  in  sacke  einmessen,  fleisch  in 
fässer,  tonnen  einschlagen,  zur  aufbewahrung ;  vor  Zeiten  hat 
man  gepflegt  die  «bgestorbene  beiden  in  fasser  einzuschlagen. 
Garg.  32* ;  in  kindermärchen  werden  misselhäter  in  fässer  ein- 
geschlagen bergab  gerollt,     vgl.  20. 

151  häuser,  wände  einschlagen,  niederbrechen;  thüren  und 
fenster  einschlagen ;  dem  fasz  den  boden  einschlagen,  gleich- 
viel mit  ausschlagen,  der  hagel  schlug  die  Scheiben  ein ;  er 
schlug  sich  den  köpf  an  der  wand  ein;  einem  arm,  bein, 
Zähne  einschlagen,  der  eingeschlagne  zahn  fällt  in  den  mund 
hinein,  der  ausgeschlagne  aus  ihm  heraus,  einem  die  nase 
einschlagen  hiesz  einen  platt  setzen.    Licutenbehc  5,  268. 

16)  cier  einschlagen,  in  den  teig,  in  die  briihc  schlagen. 

17)  impingere,  einen  nagel,  haken  in  den  bäum,  an  den 
pfostcn  «1(7  dem  hammcr  einschlagen,  einen  pfal  in  die  erde. 

18)  trajicere,  einschlagen,  den  einschlag  in  den  zellel  wer- 
fen, s.  einschlag  3:  jener  höchsten  Weisheit,  die  alle  gestal- 
ten annimmt,  und  auch  das,  was  uns  thüricht  scheint,  auf 
ihren  webestul  einschlagen  kann.    Tieck  ges.  nov.   7,  341. 

19)  implicare,  beim  nähen  einschlagen,  um%chlagen;  ein 
kleid  einschlagen,  fälteln,  ein  blatt  des  buchs  beim  lesen 
einschlagen,  zum  zeichen,  kuchen  in  papier,  in  ein  tuch 
einschlagen,  guter  einschlagen,  mit  stricken  umwickeln,  wenn 
sie  ins  vtagnzin  aufgewunden  werden,  vtygl.  einschlag  14. 

20)  involvere,  wurzeln  ausgehobner  bäume,  ausgesetzter  pflan- 
zen einschlagen,  mit  frischer  erde  bedecken;  den  wein,  die 
rehen  einschlagen,  viles  legere;  ruhen  einschlagen,  in  den  sand 
zum  aupiewahren.  hierher  könnte  auch  das  einschlagen  kran- 
ker glieder  unter  8  gezogen,  werden. 

21)  einen  brief,  ein  buch  einschlagen,  epislolam  inclusam 
mtltere.    s.  einschlag  S. 

22)  einen  weg,  den  rechten  oder  falschen,  einschlagen,  in- 
greäi:  den  weg  der  gute  einschlagen,  den  gütlichen  weg  nicllt 
einschlagen.  Haltaus  300;  indessen  glaube  ich  doch  eben  da- 
durch, dasz  ich  nicht  sofort  den  gcwöhnli«listen  weg  einge- 
schlagen bin,  manches  auf  eine  neue  art  gewandt  zu  haben. 
MiisER  6,  VII ;  man  muste  also  allerhand  scharen  von  knechten 
errichten  und  den  weg  einschlagen,  worauf  man  nachgrhends 
zu  den  stehenden  beeren  gekoiiiiuen  ist.  6,  xiv;  indem  sie 
einen  der  güngu  einschlugen,  die  zu  dem  tempel  führten. 
WiFi.A?(ü  3,  367  ;  diesen  weg  bin  ich  eingeschlagen.  Kant  2, 6; 
alle  wcgc  die  man  bisher  eingeschlagen  ist.  3,  302 ;  man  denke 
nicht,  dasz  . .  .  hier  nicht  ein  ganz  neues  feld  einzuschlagen 
•ei.  4,  7 ;  weil  jeder  ein  gäszcheu,  an  das  er  gelangen  kann, 
einschlägt,  (jöriie  29,  274 ;  niiiiin  du  jenen  weg,  ich  will  diesen 
einsdilagen.  Tieck  10, 108. 

23)  verytre,  lendere,  divetUre,  die  vorige  bedeutnng  infran- 


EINSCIILAGEN  —  EINSCHLEICHEN        270 

sitiv  gefaszt,  einkehren:  in  den  rechten  weg  einschlagen  == 
den  rechten  weg  einschlagen;  es  schlugen  auch  Sisimethri 
hunderterlei  gcdanken  ein,  das  sähe  man  an  seinem  ange- 
sicht  wol.    buch  der  liebe  224,  3 ; 

.«schlag  nur  mit  freuden  zu  ihm  ein.    Albrhus  U;i»; 

wo  nur  der  geist  geschlossen  hat  zu  wohnen, 

ila  werden  aurli  die  anilor  beid  persohiieii 

der  goiilieit  sclilagen  ein.    Kingwald  evang.  T.  8"; 

weil  zum  einschlagen  in  einen  guten  Icbenswandel  nicht 
mehr  zeit  ist.  Kant  6,233;  der  dessen  gefühl  ins  melan- 
cholische einschlägt.  7,395;  sobald  das  frauenzimmer  in 
diesen  gcschmack  einschlägt.  7,  408 ;  von  dahin  einschlagen- 
den dingen.  8,190;  diese  oder  jene  menschliche  ins  prac- 
tische  einschlagende  eigenschaft.  10,117;  ich  bin  jetzt  mit 
einem  groszen  werke,  das  in  die  griechische  literatur  ein- 
schlägt, beschäftigt.  Lessinc  12,140;  Lessing  kommt  auf 
zwo  Situationen,  die  hierin  einschlagen.  IlERüEn  13,80;  ich 
habe  alle  einschlagenden ,  hierher  passenden  stellen  genau 
gelesen;  da  so  viel  umstände  mit  einschlagen,  tot  circum- 
stanliis  convenientibus.    Frisch  2, 190*. 

24)  die  dinte  schlägt  ein,  schlägt  durch  das  papier:  die 
färbe  schlägt  ein ,  ist  eingeschlagen ,  schlägt  in  den  grund 
und  wird  dadurch  matt;  es  war  als  wenn  man  ein  einge- 
schlagenes bild  mit  In-nis  überzieht.  Göthe  an  Schiller  424. 
die  kälte  schlägt  ein  in  die  wand,  ins  haus,  wie  sie  bei 
thauweltcr  ausschlägt. 

25)  die  blättern,  das  friesel  schlagen  ein,  werfen  sich  nach 
innen,  treten  zurück;  sie  hatte  ein  geschwer,  man  hat  sie 
so  oft  zu  ader  gelassen ,    dasz   das   geschwer   eingeschlagen, 

i'st  in  wenig  tagen  gestorben.    Elisareth  von  Orl.  127. 
•  26)  einstellen,    unterlassen,  einschränken:    ich    hah  ainest 
nenn  predigen  darvon  gethon  zu  den  reuweren  (ad  poenilen- 
liarios)  zu  Straszburg,   aber  ich  musz  es  ielz   zu  den  orten 
einschlahen.    KEiSERSUEac  hdslein  fl"!'.     vgl.  4. 

Es  ist  nicht  leicht  so  manigfallige ,  sich  oft  widi  strebende 
bedeutungcn  zu  einigen,  intransitive  gelten  neben  transitiven, 
sobald  diesen  ihr  casus  entzogen  wird:  mit  dem  haminer 
(ahd.  hamaru)  einschlagen  =  den  hammer  einschlagen.  24. 
25.  20  schlugen  vm  ins  negative,  man  begreiß,  warum  im 
umschriebenen  praet.  bald  bin,  bald  habe  verwandt  wird:  ich 
bin  und  habe  den  weg  eingeschlagen. 

EINSCHL.\GEH,  »?i.  fossas  agens,  ein  schürfender  bergmann. 

EINSCHLÄGERIN,  /.  schweigen  ist  ein  schäm  einschlaherin 
und  forcht  der  verlasznen  menschen.    Keisersii.  predigen  13ü'. 

EINSCHLAGFADEN,  m.  sublemen,  bei  den  webern.  s.  ein- 
schuszfaden. 

EI.NSCHL.\GIG,  speclans ,  perlinens  ad  aliquid,  bezüglich: 
einschlägige  sachen,  umstände,  behörden ;  erschöpft  man  auch 
alle  von  den  einschlägigen  sprachen  gebotenen  mittel.  Diez 
vorr.  zum  roman.  wb.  iv. 

EINSCHLAGSCHIENE,  f  zum  einlegen  der  bleche  beim 
verzinnen. 

EINSCHLAGSEIDE,  f  stärkere  nähseidc  für  den  einschlag. 

EINSCHLANGELN,  inserpere,  irreperc. 

EINSCHLAl'PEN,  lambere:  die  hunde  schlappen  den  brei 
ein,  wie  es  heiszt  ausschlappen. 

EINSCHLÄUFEN,  induere,  das  transitivum  zu  einschliefen 
»Hrfi(i,  aus  schlöufen  Maaler  356'  2»  folgern,  mhd.  In  slou- 
fen:  da;  d&  den  nackenden  in  scioufest.  Gricshaber  170*; 
ein  rlcher  man  wart  in  gescloufet  in  purper.  32* 

EINSCHLEFEN,  s.  einschleifen.  » 

EINSCHLEICHEN,  irreperc,  praet.  schlich  ein,  ahd.  in- 
sl'ichan  (doch  das  bei  Grafk  6,  784  beigefügte  insleih  themo 
bruader  ist  inisleih,  entgieng),  Maaler  und  andere  Schweizer 
schreiben  srhleicken :  denn  da  elliihe  falsciie  brüder  sich  mit 
eingedrungen  und  neben  eingeschlichen  waren ,  golh.  altjian 
in  [lize  ufsliupandani^  galiugabrA])r6,  |)aiei  innufsliipun.  Gal. 
2, 4 ;  denn  es  sind  etliche  menschen  neben  eingeschlichen. 
Judd  4;  nun  ist  unser  relligion  nit  wie  die  heidnischen  die 
blind  ingeschlichen ,  das  man  nit  weisz  wcdier  sie  kuraen. 
Mei.anchtiiün  anrichlung  der  lat.  schul.  Bonn  1.')13.  4.  A.t*; 
so  wen!  ihr  also  fein  mit  maszen  die  bundgrcwlichc  thaten 
des  Pantagruels  einschleichen  lassen.    Garg.ii'; 

ach  wein,  du  liist  mir  vii'l  tu  liub, 

du  Kchlclchsl  mir  ein  gh-ichwic  ein  diob, 

(irumb  lasz  ich  vügluin  sorgen.    W; 

welche  widerteufernun  auch  stillschweigend»  bei  ihnen  ein 
geschlichen.    KiRcniior  wmdunm.  46S'; 


277        EINSCHLEICHEN  —  EINSCHLEPPEN 

man  liebt  dich,  Paula,  nicht  nach  riechen, 

der  bock  ist  Lei  dir  ciogeschlichen.    Logau  3,  225,  42; 

doch  diese  brat  schleicht  sich  zu  allen  Zeiten  ein. 

Gbllekt  1,  105; 
drum  schleicht  in  meinen  schlichten  sinn 
kein  blöder  wahn  sich  ein.    Götter  1,  239; 

damit  kein  ungesundes  essen  mit  einschleiche,  ehe  eines 
mannes  453;  das  lasier,  die  krankheit  schleicht  sieb  ein; 
eingeschlichne   druckfeliler. 

EINSCHLEICHEN,  dam  inlroducere ,  insinuare ,  praet. 
schieichte  ein,  ahd.  insleichan,  ingasleichan  (Grajt  6,785): 
Curolus  II.  starb,  nit  on  argwon  eingcnuminens  gifts  von 
Sedechia  einem  judon  im  zubereit  und  eingeschlcicht.  Fra.nk 
chron.  ni' ;  denn  als  Eck  und  Curactiolus  von  Rom  ein  bull 
bracht  batten,  darinnen  Luther  verdammet  war,  und  meinten 
dieselbige  einzuschleichen.  Mela>chtbo.\  leben  Lnlkers  übers, 
von  BiTTEB  bl.iO;  giftige  und  vergebene  lere,  die  der  teufe! 
in  die  reine  lere  des  evangelii  einschleicht.  Matuesids  66"; 
bis  die  gelehrten  den  deutschen  potentaten  die  lehre  aufs 
newe  eingeschleicht,  die  unter  kaiser  Valente  auf  die  bahn 
kommen.    Lehman.n  l,  6S4; 

ich  glaub  das  Venus  und  ihr  kind 

selbst  hie  bei  disen  reien  sind, 

und  sclileichen  disen  liebschmerz  ein.    Atrkr410*. 

heute,  bei  verwischlem  unterschied  zwischen  I  und  e\,  zu  grund 
gegangen. 

ELNSCHLEICHUNG,  f.  clandestinus  inlroilus,  schweizerisch 
einschleitkung,  z.  b.  bei  Stettler  2, 154. 

EINSCHLEIERN,  velare,  dän.  indslöre:  eine  süsze  düm- 
merung  hatte  schon  die  ganze  schlummernde  natur  einge- 
scbleiert.    Wieland  1,  243 ; 

weil  du  die  kunst  gelernt  hast,  deine  laster 

in  schöne  worie  einzuschleiern.    VViela.^d  übers,  ton  Horatens 

sat.  1794.  2,215; 
einsmals  erstieg  der  kleine  held 
das  heiligihum  der  klösterlichen  mauern, 
ach!  wie  so  manches  hübsche  kind 
wird  eingeschleirt  sein  leben  zu  vertrauern. 

Kl.  ScuaiDT  kom.  dicht.  54; 

einer  von  den  eingeschleierten  stand  auf.  Tieck  9,235;  im 
schönsten  gebrochnen  eingeschleierten  äuge  der  verlornen 
liebe.    J.  P.  uns.  löge  3,  60. 

EI.NSCHLEIFEN,  tornando  indere,  pari,  eingeschliffen, 
nnl.  inslijpen,  da«,  indslibe:  buchstaben ,  namen,  bilder  ins 
glas  einschleifen. 

EINSCHLEIFEN  sich,  irrepere,  furtim  intrare,  pari,  einge- 
scbleift :  soll  sich  auch  kein  kriegsmann  auszerhalb  des  lägers 
zwerch  durch  das  feld  oder  aber  über  die  schanzen  und  zur 
wacht  sonders  verordnete  plälz  nicht  einschleifen,  sondern 
sollen  sich  der  rechten  straszen  gebrauchen.  FRO.NSPERcXrjejs/). 
3, 2l';  oder  da  sie  {die  betlier)  sich  mit  beschwerung  der 
underthanen  einschleifen  woiten,  zum  land  ausjagen.  Kirch- 
hof ic^ndunm.  34l';  dasz  nit  allen  fürvvitzigen  und  unruhigen 
menschen  bei  ihnen  sich  einzuschleifen  gestattet  werde,  mil. 
disc.  97;  die  neue  heuchlersect  und  brandschürer,  die  ge- 
nanten Jesuiter,  so  sich  für  hofprediger,  für  beichtväter  ... 
hin  und  wider  dargeben  und  einschleifen.  Fischart  bienenk 
192';  intravit  ut  vulpes,  er  hat  sich  wie  ein  fuchs  einge- 
schleift, hat  geregiert  wie  ein  low  und  ist  gestorben  wie  ein 
hund.  20(i';  als  ein  simoniacns,  das  ist  der  sich  mit  geld 
eingeschleift  hette.  21&';  ein  fremder  beide  theil  in  ungenad 
bä  der  herschaft  pringt  und  sich  dafür  einschleift,  ehz.  538 ; 
dinero  sich  allerlei  los  gesindlein  in  die  dörfer  einzuschlei- 
fen pfleget.  Haltacs  300.  dies  sich  einschleifen  scheint  unser 
heutiges  sich  einschleppen,  nnl.  inslepen,  dän.  indsläbe.  wir 
sagen  noch  waaren  einschleifen,  einschleppen,  eigentlich  auf 
der  schleife,  traha,  einbringen.  Maaler  schreibt  schleipfe 
und  schleipfen.  zwischen  sieifen  und  slepen  schwankte  schon 
das  passional  K.    264,  60.   190,  50.  467,  68. 

EINSCHLEIFEN,  innectere ,    in  eine  schleife  knüpfen,  ein- 
binden:  ein  buntes  band,  das  wird  von  vorne  eingeschleifet 
uud  banget   hernach    über  den    beiden  schultern  bis  auf  die 
füsze  herunter,     aber  folgende   stelle  gibt  halbniederdeutsches 
:a8chlefen: 

von  köpf  bis  zu  den  sohlen 
will  ich  die  junpfermracht  der  kleider  wiederholen, 
das  kopfgen  ist  so  schon  verwunden  und  verheft  (aufgestützt), 
in  golu  und  silberwerk  sehr  arliR  eingeschleri. 

junijfernanatomie  bei  IUcukl  sat.  Schriften. 

EINSCHLEPPEN,  invehere,   imporlarc,  nnl.  inslepen,  praet. 
insleepte,  frühe  schon   vurkummende  nebenform   für  einschlei- 


EINSCHLELDERN— EINSCHLINGEN       278 

fen,  wie  eben  unter  diesem  wort  gesagt  wurde  und  bei  den 
einfachen  schleifen,  schleppen  näher  entwickelt  werden  soll, 
man  sagt  verbotne  waaren,  ansteckende  krankheiten  ein- 
schleppen, heimlich  einbringen;  ein  schif  einschleppen,  viil 
dem  tau  in  den  hafen  ziehen. 

ELNSCHLEüDERN,  jaculando,  vibrando  immiltere:  steine 
einschleudern. 

EINSCHLICHTEN,  ordine  disponere:  in  der  Schachtel  lie- 
gen eine  mandel  braminische  nasen  eingeschlichtet.  J.  P. 
teufelsp.  2,  ISO.  sich  einschlichten.  StieLer  1849  von  Schmeichlern. 

EINSCHLIEFEN,  irrepere,  nnl.  insluipen :  das  es  ein  flie- 
szendes  sälblin  und  nit  dick  werde,  damit  es  desto  besser 
einschliefen  könde.    Seuter  201.     vgl.  einschlüpfen. 

EINSCHLIESZEN,  includere,  nnl.  insluiten,  scliw.  innesluta, 
dän.  indslutte. 

1)  wohin  einschlieszen :  einen  in  das  zimmer,  in  das  haus, 
in  die  kammer;  geld  in  den  kästen,  in  die  lade;  kleider  in 
den  Schrein;  wein  in  keller;  thiere  in  den  stall;  den  leich- 
nam  in  den  sarg;  den  geliebten  in  die  arme. 

2)  ms  gebet,  in  den  frieden  einschlieszen:  ich  will  ihn 
alle  tage  in  mein  gebet  einschlieszen;  wo  wird  unser  vater 
jetzt  liegen,  Helfchen?  und  schliesz  ihn  mit  in  dein  abend- 
gebet  ein.  J.  P.  Fibel  24  (34) ;  Preuszen  wurde  in  den  frie- 
den mit  eingeschlossen,  auch  mit  dem  dativ:  herr,  ich 
bitt  euch  fleiszig,  mich  in  ewerm  gebet  einzuschlieszen. 
Amadis  124 ; 

die  königin  Isabeau  soll  in  dem  frieden 

mit  eingeschlossen  sein,  wenn  sie  ihn  annimmt. 

Schiller  467'. 

3)  ohne  wohin,  weil  es  sich  von  selbst  versteht:  darum 
sols  der  priester  besehen  und  wenn  er  das  mal  sihet,  sol 
ers  einschlieszen  siben  tage.  3  Mos.  13,  50.  54;  den  Ver- 
brecher einschlieszen  [in  eisen  und  band} ;  das  geld  ein- 
schlieszen ;  den  feind  einschlieszen  (in  die  sladl). 

4)  womit  einschlieszen:  den  garten  mit  einem  zäune;  die 
bürg  mit  wall  und  graben;  mit  den  armen  einschlieszen, 
umschlieszcn : 

und  schlosz  mit  ihrem  arm  mich  ein.    GöEi.tei  2,  69. 

5)  wovon  eingeschlossen  sein: 

dicht  von  felsen  eingesc-hlossen, 
wo  die  stillen  bächleln  gehn, 
wo  die  dunkeln  weiden  sprossen, 
wünsch  ich  bald  mein  grab  zu  sehn. 

Tieck  nach  mahler  .Mijller. 

6)  das  worin,  womit,  wovon  eingeschlossen  wird,  kann 
als  einschlieszendes  in  den  nominativ  gesetzt  werden:  die 
mauern,  felsen,  berge  scblieszen  ein; 

und  marmor  schlosz  ihn  ein.    Geliert  1,260; 
ihre  arme  schlössen  ihn  ein. 

7)  sich  einschlieszen:  schliesz  dich  in  dein  kümmerlein 
ein  und  bete ;  sie  hui  sich  eingeschlossen  und  will  niemand 
sprechen ; 

hier  schlosz  sie  sich  mit  ihm  in  ihre  kammer  ein. 

Gbllert  1.  '265; 
{der  könig)  ist  in  der  fürchterlichsten  laune, 
er  hat  sich  eingeschlossen.    Schiller  304"; 

die  leserinnen,  die  sich  in  alle  bücher  und  nianner  einzu- 
schlieszen wissen,  und  denen  einerlei  ist,  wa?  sie  lesen  oder 
heiraten.  J.  P.  Hesp.  3, 4 ;  ich  werde  mich  auf  den  bcsun- 
dern  fall  hier  einschlieszen  {einschränken)  müssen,  auf  wel- 
chen es  eben  hier  ankömmt.  Lessi.ng  5, 4 ;  als  diese  {als 
schöne  kunst)  scblieszt  sie  {die  mahlerei)  sich  nur  auf  die- 
jenigen siebtbaren  gegenstände  ein,  welche  angenehme  em- 
plindungen  erwecken.    6,  5t2. 

8)  intransitiv,  das  schlosz  scblieszt  ein,  fällt  gehörig  ein, 
auch  blosz:  scblieszt. 

EI.NSCHLIESZLICH,  adv.  includendo,  einbegriffen. 

EI.NSCHLINGEN,  innectere,  circumplicare,  verschlingen,  vgl. 
sehw.  inslunga,  dän.  indslynge:  perlen,  koralien  einschlingea, 
auf  eine  schnür  ziehen;  der  einschnitt  auf  dem  runden  tische, 
die  eingeschlungnen  namen.  Tieck  13,  22t ;  die  herligkeit  die- 
ses triebs,  der,  wie  die  liebe,  die  einsamen  ich  alle  zu  einem 
geisterbunde  einschlingt.    J.  P.  naehdämm.  77. 

EINSCHLLNGEN,  glulire,  vorare ,  für  einschlinden,  mhd. 
\a  slinden,  also  durchaus  verschiedn  vom  vorausgehenden 
einscblingen: 

schlang  sie  ein  wie  ein  weiches  ei.  froschmeuseler  III.  1,13; 
die  wahnsinnige  Porcia,  welche  den  tod  mit  glüenden  kohlen 
einschlingt.    Louenst.  Arm.  2,  459 ;  hatte  ich   mit   dem   vielen 

18* 


279        EIiNSGHLlTZEN  —  EINSCHLÜPFERN 

wein  doppelte  courage  eingeschlungen.  Felsenb.  1,31;  vielen 
gifl  einschlingen.  3,443;  abschiurpfet  und  einschlinget.  Ett- 
NERS  med.  tnaulaffe  915;  es  bleibt  allezeit  ein  laster,  durch 
die  ausschweifungen  eines  liederlichen  lebens  den  tod  in 
seinen  eignen   kürper  einzuschlingen.   J.  £.  Schlegel  ö,  385 ; 

den  spötier  treffe  feuer, 

die  erde  schling  ihn  ein.    Gotter  3,  509; 

jetzt  eile,  söhn,  hinweg  dich  zu  begeben, 

sonst  spürt  der  Ogtr  dich  und  schUngt  dich  ein. 

Griks  Ar.  Hol.  17,43; 

die  gruft,  der  letzte  einschlingcnde  Strudel.  J.  P.  Kampanerlh. 
68;  er  trat  ans  fenster,  drehte  es  hart  auf,  schlang  den 
nordwind  ein.    J.  P.  Ilesp.  2, 1S6. 

EINSCHLiTZEN,  inscindere,  findere. 

EI.NSCHLL'CKEN,  deglutire,  nnl.  inslokken,  dän.  indsluge: 
der  gierige  wolf  schluckte  das  lamm  ein;  die  unersättliche 
flamme  droht  das  halbe  dorf  einzuschlurken ;  der  fisch 
schluckt  die  angcl  ein;  ein  ganzes  ei  einschlucken;  pillen, 
staub  einschlucken; 

bei  hofe  lernt  man  merken,  dasz  die  die  besten  sein, 

die  sonst  nichts  thun  noch  künnen,  als  schlucken  aus  und  ein. 

LOGAU  1,  178,56; 
der  Sperling  liesz  sichs  aur  den  stocken 
des  Weinbergs  recht  vortredich  schmecken, 
und  schluckte  schnell  die  besten  beeren  ein.    Gbllert  1,253; 
aber  noch  schöner  ist  der  dame  kaiserin 
gurtcl.    die  schnalle,  die  ihn  einschluckt,  kostete, 
kostet  sie  wenig,  eine  halbe  Lombardei. 

i.  N.  Götz  im  musenalm.  1773  s.  47, 
tiie  es  lat.  heiszl: 

laterum  junciuras  fibula  mordet.    Aen.  12, 274. 
fibula  mordaei  refugas  a  pectore  Testes 
dente  capit.    Sidonius  carm.  2,  397. 
ostricolor  pepli  textus,  quem  Ubula  torto 
mordax  dente  rorat.    5,  18. 
audacem  retegit  mammam,  laxumaue  coercens 
mordet  gemma  sinum.    Claudian.  i  in  Prob,  et  Ol.  88. 

post  terga  reducias 
uberibus  proprior  mordebat  fibula  vestes.    in  Eutrop.  2, 184 ; 
wo  ist  der  Wrangell  'fort  ist  er.'    so  eilig? 
'es  war,  als  ob  die  erd  ihn  eingescbluckt.'    Schiller  368^; 
aber  so,  mein  lieber,  gucken 
in  die  weh  wir  kaum  hinein 
und  sind  fröhlich,  ach,  so  schlucken 
uns  die  gräber  hunig  ein.    Gökingk  2,  56 

man  sagt,  er  hat  viel  einzuschlucken ,  wie  einzufresscn,  ein- 
zustecken, einzunehmen,  zu  ertragen,  musz  sich  die  vorwürfe 
gefallen  lassen. 

EINSCHLUMMERN,  lene  obdormiscere ,  nnl.  insluimeren, 
schw.  inslumra,  dän.  indslumre,  in  Schlummer  fallen;  wie 
wir  aus  schlafen  schläfern  bilden,  hatte  dte  ältere  spräche 
neben  schlummern  auch  das  einfache  slöraon  oder  sliuraon. 
vor  müdigkeit  einschlummern;  er  ist  sanft  eingeschlummert, 
verschieden  ; 

unsre  sorgen  grosz  und  klein 

schlummern  alle  mit  uns  ein. 

einige  verwenden  einschlummern  auch  transitiv  für  sopire, 
einschläfern ;  wunders  genug,  dasz  ein  jüngling  mit  der  kraft 
für  alles  was  grosz  ist  begabt,  diese  kräfte  mit  einem  liebes- 
liedcben  einschlummert.  Leisewitz  Jul.  v.  Tor.  2,  5;  ist  dies 
der  belli,  den  ich  mit  kahlem  geschwatze  einschlummre? 
Klinger  1,239;  ein  einschlummerndes  lied.  7,223;  die  her- 
licben  psalmen,  unter  denen  mich  ihre  sonorische  stimme 
jeden  abend  einschlummerte.  Tuühmels  reise  4,158.  vgl. 
eindämmern. 

EINSCHLÜPFEN,  subrepere,  einschliefen,  bei  Stieler  ein- 
•cblupfen : 

als  aber  groll  und  neid  der  Gotben  eingeschlOprei 
in  den  ▼erlockien  geint,  da  war«  um  uns  geschehn. 

Hallia.in«  Tlieodorich  s.  10; 

die  maus  schlüpfte  in  ihr  loch  ein;  die  einschlilpfende  ge- 
legenheit  baschen;  er  hat  sich  in  deine  gunst  eingeschlüpft, 
$e  iniinuavil.     der  gegensalx  ist  entschlüpfen. 

ELNSCHLtPFKN,  tnneclere,  einwinden,  einbinden,  in  eine 
ichleife  oder  schlupfe  winden:  warumb  iiiukz  dir  das  haar 
aifto  lang  über  die  schultern  herabhangen  als  einem  weibe? 
warum  la»t  du  et«  nicht,  su  du  es  langer  tragen  wollest, 
auf  teutacfae  weise  überm  köpf  einschlüpfen,  als  bei  uns  der 
brauch  ist?  Piiii.A<tiieR  2,  74,  mit  riuksichl  auf  das  sucvische 
obliquare  crinem  nodoque  subslringere. 

FI.NSCHLCPFEHN,  trrepere,  frrquentalivum  des  ersten  rin- 
ftcLIüpfcn:  ein  gewonheit,  die  bei  etlichen  eingeschlüpferl  ist. 
Hi'nen  h,  474.     Schade  pasq.  3,  IS. 


EINSCHLÜRFEN  —  EINSCHMELZE  N   280 

EINSCHLÜRFEN,  sorbere,  nnl.  inslorpen,  gegensalz  von 
ausschlürfen,  doch  schlürfen,  sorbere  (vgl.  einsüifeln)  ist  nicht 
recht  hd. ,  weder  in  den  allem  Wörterbüchern,  noch  bei  Hk- 
Niscii;  zuerst  gibt  es  Stieleh  1851  und  Friscd  2,203',  früher 
erscheint  es  nur  in  niederrhein.  vocabularen  wie  beim  teuto- 
nista  inslorpen  of  suipen,  iiisorberc,  bei  Apherdian  182 
schlorpfen  und  bei  andern  von  Diefenbach  543"  verzeichneten. 
ScHOTTEL  1403  schreibt  schlurfen  sorbere  longo  Iractu.  schlür- 
fen berührt  sich  mit  schlerfen,  s.  abschlerfen,  anschlerfcn. 
kaum  war  der  unmäszig  eingeschlurfte  wein  durch  einen 
vier  oder  fünfstündigen  schlaf  ein  wenig  ausgetrieben  wurden, 
SO  hürte  ich  ihn  auf  seinem  nahe  an  dem  meinigen  stehen- 
den lager  nicht  änderst  als  einen  grimmigen  baren  brummen. 
ehe  eines  weibes  229', 

was  schlurfst  aus  dumpfem  moos  und  triefendem  g*estein 
wie  eine  kröie  nabrung  ein?    Götuk  12,  172; 

mit  jedem  alhemzuge  schlürfe  ich  die  erinnerung  jener  Selig- 
keiten ein.  16,  78 ;  hier  will  ich  auf  und  ab  die  süsze  luft 
einschlürfen,  die  ihre  schöne  wange  gekühlt  Fb.  Müller 
3,  130 ; 

der  arme  thor  '.  die  lehren  kitzeln 

sein  stolzes  herz,  erhitzen  ihm  das  blut, 

er  schlürft  sie  ein.    Gotter  1,379; 

magnetisch  braust  im  glase 

der  wein,  und  perlt. 

schlürft  ein,  und  süszer  wirbel 

durchdröhn  uns  bis  zur  zirbcll    Voss  4,  119; 

unter  ihm  droht  Charybdis,  und  schlurft  das  dunkle  gewässer, 

dreimal  strudelt  sie  täglich  hervor  und  schlurfet  auch  dreimal 

fürchterlich!  o  dasz  nimmer  du  dort  ankommst,  wenn  si«  eln- 

schlurfi!    Od.  12,  106. 
EINSCHLUSZ,  m.  inclusio,  conclusio. 

1)  einschlusz  der  festung,  obsid 

2)  einschlusz  eines  gefangenen. 

3)  einschlusz  des  briefes,  des  geldes :  ich  lege  ihnen  hier 
einen  brief  von  Voss  bei,  der  eben  an  mich  in  einschlusz 
gekommen  ist.    Schiller  an  Gölhe  304.     vgl.  einschlag. 

4)  mit  einschlusz,  was  einschlieszlich :  mit  einschlusz  der 
frauen  und  kinder  verlieszen  gegen  hundert  die  Stadt. 

EINSCHLUSZZEICHEN,  n.  parenthesis.  Gueinz  deutsche 
Sprachlehre.     Cölhen  1641  s.  125. 

EINSCHMALZEN,  adipe  excoquere :  die  wolle  einschmalzen. 
EI.NSCHMAROTZEN,  sich,  parasilando  irrepere. 
EINSCHMAüCHEN,  suffumigare,  nd.  insmöken : 

er  selbst  gefällt  sich  doch!  schmaucht  ihn  mit  weihraucli  ein, 
und  seid  gewis,  er  wird  erkenntlich  sein.     Wirlamd  9,  50. 

EINSCHMECKIG,  mere  saporus:  einen  eitner  weiszen,  gu- 
ten ,  einschmeckigen  weins.  weislh.  2,  429.  447 ;  mit  ein- 
schmeckiger  würzen.  2, 430.  wie  ein  bedeutet  auch  inerus 
solus  und  dann  purus,  ungemischt. 

EINSCHMEICHELN,  blanditiis  commendare,  vgl.  dän.  ind- 
smigre,  früher  selten  begegnend  und  den  Wörterbüchern  uli- 
gehend:  ich  trink  nicht  dann  durch  procuration,  man  musz 
mir  in  {d.  h.  den  wein)  einreden  und  einschmeicheln,  ist 
besser  als  giesz  man  mirs  ein.  Garg.  84*.  85';  ich  sauf 
nicht,  man  schmeichel  mirs  dann  ein  und  scherz  mir  ihn 
ein.  101".  heute  fast  nur  reflexiv ,  sich  einschmeicheln :  die 
katze  schmeichelt  sich  ein ;  Philine  wüste  sich  nun  täglich 
besser  bei  den  damen  einzuschmeicheln.  Göthe  18,  302.  im 
pari,  einschmeichelnd,  blandus:  unterwürfig  und  einschmei- 
chelnd gegen  sie,  so  lange  sie  des  beistandes  der  kOnigin 
beduiften,  vernachlässigten  sie  dieselbe,  sobald  u.  s.  w. 
SCIIILI  ER   10.i2'.  "* 

EINSCIIMEICHELL'NG,  f.  es  ist  eine  vergebliche  ein- 
schmeichelung,    dea   ieser   um   Verzeihung   zu   bitten.    Kant 

6,14. 

EINSCHMEICHLICH,  blandiens,  blandus 

EINSCHMEISZEN,  effringere,  perfringere,  sowol  einsMagen 
als  einwerfen,  nnl.  insmijten : 

wird  topfbret,  tisch  und  bank  mit  Quchen  eingetchmitten 

Günther  467; 
ich  will  von  keinem  grusze  wi»ien, 
aU  ihr  die  fonsicr  eingeschmissen!    GOth(  12,  105; 

er  wollte  anklopfen  an  der  thüre  und  sie  nicht  einschmeiszen. 
56,  220.  das  Wort  hat ,  gleich  dem  einfachen  scbnieiszen,  «1- 
was  gemeines  und  unedles  gegenüber  schIngiMi  oder  werfen, 
einschlagen  und  einwerfen,  nnl.  lasit  sich  insmocl  auch  vom 
donner  sagen,  wo  wir  nur  einschlug  verwenden. 

EINSCHMELZEN,  praet.  schmolz  ein,  liquttcert ,  liquandn 
sohl,  nnl.  insniciten,  schw.  insiualta,  d'ln.  intinclte:  der 
blitz   fuhr   in   die  kirchc  und  die   glocke   schmoll  ein ;    dai 


28 1        EIX5CH3IELZEN— EINSCHMÜCKEX 

clairobscur  ist  an  der  vordem  seile  eingeschmolzen.  Götbe 
43.100;  die  bevöikerung  soll  damals  von  etlicben  siebzigtau- 
send auf  zwanzigtausend  eingeschmolzen  sein.  Stolbebc  S,  336; 
eine  ganze  alte  bibliothek  schmilzt  zu  einem  buche  ein.  J.  P. 
herbslblumiiie  3,125;  wir  schmolzen  ein  zu  einem  glühenden 
punct.  Hesp.  4, 1S3 ;  und  ich  junges  kind  fühlte,  dasz  ich 
einschmelzen  müsse  in  diesen  geist.    Betti-na  lageb.  ."sS 

EINSCHMELZE.N,  praet.  schmelzte  ein,  liquefacere,  liquando 
solvere,  Uquando  immiscere:  weil  aber  Hie  betrüglichen  Serer 
den  Tattern  in  das  silber  viel  l.lei  eingeschmelzt  hatten. 
LoiiENST.  Arm.  1,602;  um  sie  (Liane)  nach  der  proselylen- 
macherei  und  reformiersucht  für  seine  eigne  guszform  ein- 
zuschmelzen. J.  P.  TU.  3,54;  ihre  über  den  ganzen  adres- 
kalender  ausgebreiteten  titel  —  entschuldigen  sie  es,  wenn 
ich  sie  alle  in  den  einzigen  einschmelze,  verehrtester !  frei- 
lieitsbüchlein  67.  da  wir  aber  das  gefühl  für  den  mhd.  unter- 
schied zwischen  smelzen  smalz  und  smelzen  sraalzte  verloren 
haben,  ist  kein  wunder,  dasz  heute  auch  schmolz  transitiv, 
schmelzte  intransitiv  verwendet  wird,  z.  b.  ob  sie  nun  diesen 
grund  zuerst  einschmolzen  und  die  färben  auf  die  andre 
seile  brachten  und  nochmals  einschmolzen.  Göthe  43, 101 
statt  einschmelzten. 

EINSCHMETTERN,  fractum  sonare:  die  nachtigall  schmettert 
ein  in  den  gesang  der  vögel; 

lauijauchzender  glückwunsch 
tönte,    da  geig  und  trompet  und  hörn  und  der  polternde 

brummbas 
wild  mit  betäubendem  hall  elnschmeiierten.    Luise  3,  907. 

EINSCHMIEDEN,  incudere,  mhd.  in  smiden. 

t)  zusammen  schmieden,  eisenstücke  einscbniieden. 

2)  iri  fesseln  schmieden : 

mein  daumen,  arm.  dazu  den  bals 

het  si  mir  ein  geschmit.    Wolke.'<stei.s  s.  267; 

an  kettinen  legen,  in  stock  einschmiden.    Maaler  126*; 

schmiedet,  schmiedet  sie  ein, 

die  wenigen  verzagten,  die  wir  liengenl 

schleppt  die  sciaven  in  hain, 

den  eiren  dus  oprer  zu  bringen  i 

Krrtschianrs  Rhinguiph  s.  15; 

warum  musz  ich  eingeschmiedet  werden?  Lessixg  2,54;  die 
kette  der  dinge,  in  die  du,  wie  alles,  eingeschmiedet  bist, 
Klingeb  5,362. 

EINSCHMIEGEN,  incurvare,  insinuare,  schw.  insmyga,  dän. 
indsmyge,  mhd.  in  smiegen,  von  einem  pferde: 

ej  enwas  niender  in  gesmogen.     Trist.  16S,  28; 
din  ougen  sint  dir  in  gesmogen  {eingefallen). 

Fbibebcs  Trist.  5105. 

nhd.  du  sitzest  ganz  eingescbmogen,  angebogen,  eingekrümmt. 
sich  einschmiegen,  leise  eindringen; 

oder  am  fenstergesims,  wo  wenige  sonne  sich  einschmiegt. 

Voss  3,  12S ; 
{Gallia),  die  von  Roms  aflersprach  und  religion  umklirrt 
*  blutig  aus  der  Willkür  fessel  sich  erhub,  und 

nach  den  saturnalien  noch  fröhnender  sich  einscbmiegt. 

3,  274. 

statt  einschmog,  eingescbmogen  wird  auch  schwach  flectierl 
einschmiegte,  eingeschmiegt : 

hat  sie  doch  bei  mir  sich  eingeschmieget, 

dasz  mir  ist  als  hall  ich  sie  pewiegei.    Rcckert  391. 

vgl.  schmiegen  und  anschmiegen,  schmucken  und  einschmücken. 

EINSCHMIEREN,  illinerej  inungere,  nnl.  insmeren,  schw. 
insmörja,  ddn.  indsmöre. 

U  mit  vi  und  feit  einreiben,  schmeidigen :  ein  schlosz  al>- 
brechen,  einschmieren  oder  anschlagen  müssen,  pol.  stockf  iiö. 

2)  einem  etwas  einschmieren,  z.  b.  dem  kinde  brei  in  den 
mund.  teräclitlich,  einem  etwas  verdeutlichen:  da  es  gut  ist, 
der  Jugend  nicht  alles  gar  zu  sehr  einzuschmieren.  Lichtex- 
BEBG  8,  160. 

3)  in  die  erde  schmieren,  mit  erde  beschmieren:  die  kar- 
toITeln  dürfen  nicht  eingeschmierL,  nicht  bei  nassem  weiter 
geleiit  werden,    hannöc.  anz.  1846  s.  590. 

EINSCHMÜCKEN,  incurvare,  verwandt  mit  einschmiegen. 
mhd.  in  smücken: 

sin  {des  tewen)  grimmekeit  wart  also  swach, 

da;  er  den  zage]  in  smucte  (einzog), 

sin  houbet  er  oider  bucie.    pass.  K.  304,  bi. 

nhd.  das  pet  {gebet)  ist  eng  und  eiDgeschmückt  gemacht  wor- 
den.  MELAXciirHü.N  1  Cor.  u. 


EINSCHMUGGELN  —  EINSCHNEIDEN       282 

EINSCHMUGGELN,  was  einschwärzen,  s.  das  einfache  wort. 

EINSCHMURREN,  corrugari,  einschrumpfen:  mit  krankheit 
geplagt  und  eingeschmorren.  Frank  31;  kalt  eingeschmorren 
leut.  kluge  reden  1565.53';  solche  wunden  sind  tölsch,  braun 
und  schmunen  gemeinlich  ein.  Würz  practica  288 ;  die  me- 
dicina  galenica  unterhaltet  die  sonst  einschmurrende  gestalt 
der  adem  in  einer  erforderlichen  ausdehnung.  Schecchzeb 
2,190;  domit  die  malen  sich  häufet  und  von  der  naturlichen 
werme  also  gebrent  und  getört  wirt,  das  sie  danron  inschmor- 
ret.  Seitz  lustseuche  s.  17 ;  wann  der  mutterhals  verstopft,  be- 
schlossen und  eingeschmoren  (/.  geschmorten)  ist.  Wibscxc  arz- 
neibuch.  Neustadt  a.  d.  Hardt  1597.  514.  das  einfache  schmurren 
gewährt  Stalder  2,  337.  doch  das  pari,  geschmorren  begehrt 
einen  inf.  schmirren,  nach  analogie  von  wirren  geworren,  kirren 
gekorren.  schirren  geschorren. 

EINSCHMUTZEN,  snrdibus  foedare,  kleider,  wasche. 

EINSCH.NALLEN,  ßula  firmare:  der  scbüler  schnallt  seine 
bücher  mit  dem  riemen  ein. 

EINSCH.NAPPEN,  nnl.  insnappen.  1)  micare:  das  schlosz 
schnappt  ein;  die  thüre,  die  so  leise  einschnappte.  Götbe  24,  S3. 

2)  caplare :  der  fisch  schnappt  luft  ein. 

EINSCHNATTEN,  insäTidere:  wie  man  zwei  ganz  wider- 
werlige  propfreiser  in  einen  ast  pQeget  einzuschnatten,  also 
dasz  sie  bittere  und  süsze  fruchte  zugleich  herfür  bringen. 
Bltscbky  Palm.  406. 

EINSCHNAUBEN,  naribus  ducere. 

EINSCHNECKEN,  sich,  se  abscondere,  wie  eine  Schnecke 
verkriechen: 

schneckte  sich  ein  holer  stein 
etwa  dort  im  winkel  ein  ? 

CzEPKO  Coridon  und  Phylli*  msp. 

EINSCHNEIDE,  f.  ein  Werkzeug  der  drechsler  mil  nur  einer 
schneide,     gegensalz  zweischneide. 

EINSCHNEIDEN,  incidere,  nnl.  insnijden. 

1)  einen  schnitt  in  etwas  machen:  der  diamant  schneidet 
in  glas  ein;  seinen  namen  in  den  bäum,  in  die  wand  ein- 
schneiden; mit  dem  messer  in  das  Qeisch,  in  den  leichnam 
einschneiden. 

2)  demetere,  wenn  ir  aber  ewr  land  erntet,  soll  irs  nicht 
gar  auf  dem  felde  einschneiten,  auch  nicht  alles  gnaw  auf- 
lesen, sondern  solts  den  armen  und  frembdlingen  lassen. 
3  Mos.  23,  22 ;  im  herbst,  da  man  einschneit  und  einfüret 
allerlei  fruchte  und  geniesz  des  landes.  Lcther  3, 175' ;  und 
backeten  und  schnitten  ihr  getreide  ein.    Mathesids  8'; 

das  körn  mir  auf  dem  feld  verdürb, 

wann  ich  hab  noch  nicht  eingeschnitten.    H.  Sacbs  II.  4,73*; 

dieweil  do  betten  wir  mit  Sitten 

umb  den  galgen  gar  eingeschnitten 

und  wern  die  ecker  leer  und  glat.    JV.  3,25'; 

korn    einschneiden.    Pierot  2,  299.     man  zieht  heute  vor  körn 
schneiden. 

31  sohlen  einschneiden,  sch\eszscharten  einschneiden ;  breter 
einschneiden,  in  tabulas  desecare:  in  Schubladen  und  fächern 
auf  eingeschnittenen  mit  tuch  überzogenen  brettern.  Götbe 
7, 210. 

4)  einschneiden  in  die  suppe,  stücke  brots  einmengen,  dann 
auch  die  suppe  einschneiden : 

jez  bei  er  e  biirübti  sach, 

kei  frau,  kei  brot,  kei  dach  und  fach, 

und  niemes  schnidt  em  dsufipen  i. 

wart  bürstli,  dir  musz  ghulfe  si.  Hkbkl  s.  234. 
einem  einschneiden,  wie  einem  einrühren,  unheil  stißen:  er 
würde  mir  eine  solche  suppe  einschneiden,  daran  ich  mehr 
als  einen  tag  würde  zu  essen  linden,  ehe  eines  weibcs  20; 
ich  merkte  gar  bald,  was  er  dem  unglücklichen  mann  für 
eine  suppe  einzuschneiden  gemeinet  wäre.  229.  kraut  ein- 
schneiden, zum  Vorrat. 

5)  figürlich,  um  sich  duit:h  die  wunden  der  rene  und  de- 
muth  den  schwur  der  rückkehr  tiur  lugend)  tiefer  einzuschnei- 
den. J.  P.  Ti/.  2, 125;  die  sterbenden  haben  trockne  äugen,  sie 
wissen  es  nicht,  wie  ihre  lallende  zunge  einschneide  in  die 
weit  aufgerissenen  herzen.  4,30;  tiefer  noch  schnitt  der  un- 
bürgerliche grundsatz  in  die  verletzten  gemüther  ein.  Oahln. 
fr.  rev.  90. 

6)  inlr.,  das  glas,  messer  schneidet  ein ;  der  weg  schneidet 
hierein  oder  wird  eingeschnitten,  durcA5cAni«en ;  hinter  langen 
nebeln  auf  der  einschneidenden  landslrasze.  J.  P.  die  stricke, 
bänder  schneiden  ein,  ist  hinzugcßgl  in  den  arm,  in  das 
ileiscb,  so  wird  das  verbum  transitiv. 


283 


EINSCHNEIDER— EINSCHOPPEN 


7)  sich  einscliiieiden,  ton  schnittwaaren,  die  durch  den  ein- 
zelnen verkauf  am  masz  verlieren :  das  band  schneidet  sich  ein. 

ELNSCHNEIDEU,  tn.  seclor,  incisor, 

EINSCH.NEIDEK,  tn.  einschneidiger  bohrer. 

El.NSCH.NEIDESÄGE,  f. 

EINSCHNEIDIG,  unam  aciem  Habens,  nur  auf  einer  seile 
schneidend. 

EINSCHNEIEN,  nivibus  obruere,  schtv.  insnöa,  ddn.  indsnoe : 
pfad  und  weg  sind  eingeschneit ; 

sie  denken  wol  mit  solchen  blüineleien 

die  lieiszcn  teuTel  einzuschneien.    Götiik  41,327. 

unpersönlich,    es   schneit  ein.     inlr.  da  hielten  wir  nun  und 
konnten  einschneien  (nivibus  obnti).    Wasunger  krieg. 
EINSCHNITT,  m.  incisiv,  dän.  indsnit,  kerbe. 

1)  einschnitt  des  fleisches,  der  leber.  einschnitt  des  leihs, 
taille. 

2)  einschnitt  eines  blatte,  des  holzes,  einer  schachte!. 

3)  eines  bergs,   lücke. 

4)  einschnitt,  geschuittnes  gclraide :  den  einschnitt  des  jahrs 
in  der  nächsten  Stadt  zum  veriiauf  ausbieten.  Hippel  8, 117 ; 
einen  guten  einschnitt  haben. 

5)  einschnitt  des  verses,  caesur:  wie  muste  diese  leben- 
dige interpunctation  der  spräche  einschnitt,  modulation  und 
nachdruck  geben.    Herder  1, 157. 

6)  figürlich,  zwei  neue  einschnitte  des  Schicksals.  J.  P.  Hesp. 
4, 107. 

EINSCHNITTIG,  was  nur  einmal  ini  jähr  geschnillen  wird, 
einschürig,  einschnittige  wolle. 

EINSCIINITZ,  m.  quod  insculpilur. 
EINSCHNITZELN,  leviter  insculperc. 
EINSCHNITZEN,  insculpere,  incidere: 
es  ist  ja  kaum 
im  wald  ein  bäum, 
auf  dessen  weicher  rinde 
man  nicht  von  mir 
bald  dort  bald  hier 
was  eingcschnitzet  linde. 

Leucoleons  Galamelite  1671  «.  140; 
und  schnitzt  zu  Hermensdorr  an  den  heriihniicn  seen, 
was  du  geworden  bist,  in  allen  eichen  ein.    Camtz  203. 

EINSCHNORREN,  was  einschnurren,  nnl.  insnorren :  die 
speisen  und  arzneien,  die  man  mir  taglich  gab,  meinen  zu- 
sammen geschrumpelten  raagen  und  cingeschnorrtes  gedärm 
wieder  zu  recht  zu  bringen.    Simpl.  K.  159 ; 

als  wie  ein  hutzel  eingeschnorrt.    AriiER  25*. 

EINSCH.NUPFEN,  naribus  dticcre,  vgl.  einschnauben :  viel 
taback  einschnupfen ;  den  süuerling  einschnupfen.  Ettners 
med.  maula/fe  829;  einer  erbsen  grosz  davon  einschnupfen. 
Belli  Frankfurt  2, i;  kopfweh,  welciies  er  dadurch  zu  lindern 
suchte,  dasz  er  den  dunst  von  kaEfee  einschnupfte.  Lichten- 
berg 5,  65. 

EINSCHNÜREN,  aslringere,  constringere,  schw.  insnöra,  dän. 
indsnüre :    ein  mädchen  einschnüren ;  die  brüst  einscimüren ; 
und  sie  {Klara)  ficng  an  sich  einzuschnüren.    Thümmels  reise 
3,372;  die  stiefeln  einschnüren,     oft  figürlich, 
da  wird  der  geist  euch  wol  dressiert, 
in  spanische  stiefeln  eingeschnürt.    Göths  12,95; 

es  schnürt  einem  das  herz  ein,  wenn  man  so  einen  häufen 
die  gassen  hinab  marschieren  sieht.  8, 240 ;  einschnüiende 
Umgebungen.    Pestalozzi  6,  51 ; 

denn  eingcschniine  schulcultur 

baszt  glicderfrcie  weltnaliir.     Üürger  93*. 

EINSCHNURFEN,  corrugari,  einschrumpfen:  will  gleich  der 
magen  einscbnurfen.  Schneller  3,490;  trauben,  die  in  der 
bitz  einscbnurfen.    Hohrerg  1, 351*. 

EINSCHNURREN,  1)  dasselbe,  s.  cinschnorren :  da  waren 
wickelkinder,  die  ihre  laken  vergolden,  eingescbnurrte  mülter- 
chen,  die  ihnen  die  mUcken  wehrten.    Schiller  120'. 

2)  slrependo  inrolare:  käfer  schnurren  ein  und  aus. 

31  cin.srbnurren,  einbelleln,  zusummenbelleln.    s.  schnurren. 

EINSCHÖPFEN ,  haurire  in  vasculum  etc.:  wasscr  ein- 
RchOpfen;  mit  dem  lOfTel  punsch  cinschOpfen ;  luft  cinschiipfen, 
gewühnlteh  schöpfen. 

EINSCHOPPEN,  ingerere,  infuleire,  nnl.  insrhoppen :  ein- 
sluszen  und  darmit  füllen,  farcire.  Maaler  12i>';  inil  köst- 
lichen und  Übermächten  speisen  füllen  und  einsrhoppeii  Pelr. 
1(1';  wolle  ins  ohr  cinsclioppen;  etliche  auch  an  eineui  ochsrn 
in  die  eine  «eitcn  eingeschoppct,  aliqui  et  jumenlum  'n  aver- 
sam partein  infulserunt.  f'rontin  ron  Tachjs  3,  i:«,  4  bei  Fronsp. 
3,  260*.     $.  anschuppen,  ausschoppen. 


EINSCIIRAMMEN— EINSCHRÄNKUNG      284 

EINSCHRAMMEN,  leviter  vulnerare,  einritzen,  den  namen 
in  die  wand  einscbrammen.     s.  schramme. 

EINSCHRAMMUNG,  f.  deformatio.    Stieler  1866. 

EINSCHRÄNKRAR,  quod  circuviscribi  polest:  das  ich  ist 
gesetzt  zuvörderst  als  absolute  und  dann  als  einscliränkbure, 
eintr  quantität  fähige  realitftt.    Fichte  grundl.  60. 

EINSCHRÄNKEN,  nicht  nnl.,  aber  von  uns  entlehnt  schw. 
inskränka,  dän.  indskränke.     .?.  beschränken. 

1)  eigentlich  cancellis  circumserihere,  in  schranken  schlieszen, 
einschlieszcn:  das  gcricht  ist  eingeschränkt,  m  schranken  ge- 
hegt: die  ritter  kämpfen  eingeschränkt,  in  den  schranken  des 
Zweikampfs,   des  turniers. 

2)  dann  sinnlich  von  anderm  einschliesien,  umfassen,  zurück- 
halten: 

ach,  schrenke  mich  mit  deinen  armen  ein. 

LOHKNSTKIN  /6r«Ä.  108,  26; 
das  eiiitreschrcnkie  blut  ist  zu  der  (locht  bereit, 
und  dringt  durch  wang  und  haut.     (Jü.mmkr  812; 
denn  ringsum  schriiHken  ihn  die  felsen  ein, 
die  himmelhoch  den  enjren  pas  vermauern.    Schiller  540'; 

da  der  Nil  .  . ,  sich  die  ufer  eingeschränkter  flutbetten  auf- 
warf. Kant  9,  9 ;  ufer,  welche  den  ström  fassen  und  ein- 
schränken konnten.  9, 10 ;  unter  dem  groszen  abeiulbiininel, 
den  keine  wölke  einschränkt.  J.  P.  Ilesp.  3,  227 ;  hast  du  golt 
in  einer  gestalt  gesehen,  so  hast  du  ihn  in  dieser  gestalt  ein- 
geschlossen und  erngesclirünkt  gesehen.  Klinger  6,300;  die 
belagerten  sind  nun  auf  brot  und  wasser  eingeschränkt,  zurück- 
gebracht. 

3)  abstract,  einengen,  coercere,  cohibere.  Stieler  1733.  1914, 
auch  in  das  rechte  masz  und  Verhältnis  setzen:  das  recht, 
die  macht,  gewalt,  kühnheit  eines  andern  einschränken,  in  die 
schranke  weisen ;  seine  habe,  sein  vermögen  ist  jetzt  sehr  ein- 
geschränkt {ermäszigt) ; 

mag  man  andrer  renten  mehren, 
schr.'inke  selbst  die  meinen  ein. 
meinen  schlaf  soll  das  nicht  stören.    GöKincs  1,65; 

diesen  ganzen  Zeitraum  von  sieben  monaten  hat  hcrr  Wieland 
in  die  dauer  seines  trauerspiels  einzuschränken  gewust.  Les- 
sing 6,166;  ein  gesctz  durch  welches  die  lagen  der  liisterne 
gegeneinander  eingeschränkt  (d.  h.  ermessen,  in  ihre  schranke 
gesetzt}  werden.  Kant  8,  250 ;  ihn  zu  ermahnen,  seine  über- 
triebene thäligkeit  einzuschränken.  Tieck  4,233;  seine  ver- 
theidiguhg  sieht  sich  auf  das  letzte  mittel  eingeschränkt. 

4)  vorzüglich  gilt  einschränken  t'om  einengen  der  begriffe: 
alle  manigfaltigkeit  der  dinge  ist  nur  eine  eben  so  viclföltige 
art,  den  begrif  der  höchsten  realität  einzuschränken.  Kamt 
2, 447 ;  es  sei  nun  Ungeduld  oder  verdriesziiche  laune  oder 
ein  wirklich  eingeschränkter  begrif  daran  schuld.  3,  304 ;  die 
Schonung,  welche  Richelieu  den  eingescbränkicn  begriffen  sei- 
ner Zeitgenossen  schuldig  war.  Schiller  921'.  daher  einge- 
schränkt, borniert,  das  gcgentheil  von  erweitert,  weiter  schauend : 
wir  sind  gewohnt  denjenigen  eingeschränkt  zu  nennen,  dessen 
talen'e  zu  keinem  groszen  gebrauche  zulangen.  Ka.nt  7,153; 
ein  stumpfer  und  eingeschränkter  köpf.  2,155;  dasz  ein  ein- 
geschränkter köpf  mit  diesen  allgemeindeutschbibliotheka- 
rischen  Qachzügicrn  schon  zufrieden  sein  kann.  J.  P.  Levana 
vorr.  VIII ;  die  eingeschränkte  cmpfänglichkeit  meines  Verstan- 
des. Götter  3,  27;  ein  bonmof,  das  für  die  eingeschränkte 
person  zu  fein  war.  3,  302 ;  der  gemeinspruch  verdient  einge- 
schränkt zu  werden.  Lichtenrerg  1,280;  die  nalur  zeigt  ihrem 
eingeschränkten  beobachter  nichts  als  einen  Urheber,  der  ihn 
weil  ülierlrift.    4,  38. 

5)  sich  einschränken,  schranke  setzen, 

a)  knapp  leben:  ^wir  müssen  uns  einschränken;  er  lebt 
ganz  eingeschränkt,  ohne  aufwand;  eingeschränkte  läge,  res 
coniractae: 

nicht  dasz  sie  just  so  sehr  .sich  einzuschrAnken  hat, 

wir  kannten  uns  weit  ehr  als  andre  re^en, 

mein  vaicr  hinterliesz  ein  hübsch  vermögen.    Göthr  12,  162. 

b)  darauf  allein  schränkte  sich  dieser  gesetzgeber  nicht  ein. 
Schiller  102T';  ich  habe  mich  bis  jetzt  darauf  eingeschränkt, 
den  begrif  der  aniniit  aus  der  griechischen  fabel  zu  ent- 
wickeln. 1109';  du  kamst  und  ich  sagte  dir  kurz,  und  ich 
schränkte  mich  recht  ein  dabei,  wie  du  mir  wcrth  seist.  Bkt- 
TiNK  br.  1,  100. 

EINSCHRÄNKUNG,  f.  nach  allen  bedeutungen  des  einschrän- 
ken«: olle  Verneinungen  sind  blosr  eiiisrhränkungen  (tcJiranken) 
einer  grOszeren  und  endlich  der  hörhsirn  reaiii.'it.  Ka*it2,  447; 
wenn  ich  die  cinschiäiikung  ansehe,  in  welcher  di''  Knlfl'-  des 


285 


EINSCHRAUBEN  —  EINSCHREIEN 


EINSCHREIER— EINSCHÜPPEN 


286 


menschen   eingesperrt   sind.    Güthe  16, 14 ;    über   den  innern  i 
trieb    sich    der   einschrcinkung   willig  zu  ergeben.    16,  38 ;    in 
dieser  hütte,  dieser  einsamkeit,  dieser  einschrankung.  16, 9S; 
einen  mit  einschrankung  loben ;  die  sache  leidet  gewisse  ein- 
schränkungen;  es  ist  nur  unter  einschrankung  wahr. 

EI.NSCHKäLBEN,  cochlcam  verlendo  infigere,  einzwängen, 
schw.  inskrufva,  dän.  indskrue:  aber  beati  credentes,  wers 
nicht  glaubt,  dem  wirds  nicht  eingeschraubt  (auf  der  foUer?) 
Gary.  32'; 

die  köpfe  schr^ubien  sie  uns  ein 

und  schmissen  dann  mit  prügeln  drein. 

Wkllkr  lieder  des  iOjährigen  kriegs  s.  39 ; 

einem  die  daumen  einschrauben;  und  nun  vollends  in  diese 
Peinlichkeit  die  heitern  Verhältnisse  eingeschraubt,  die  uns 
sonst  über  die  peinlichen  empor  halten  sollen.  J.  P.  Tit. 
3,  174 ;  mit  eingeschraubten  anwendungen.  kl.  bücherschau 
1,156;  sich  wie  ein  korkzieher  einschrauben.  Siebenk.  3,222. 
EINSCHRECKEN,  terrere, 

1)  weidmännisch,  das  wild,  die  vögel  einschrecken,  durch 
schreck  ins  garn,  in  den  herd  treiben,  buchstäblich,  einspringen 
viachen,  einsprengen.  Döbel  2,  240.  5.  schrecken  und  er- 
schrecken. 

2)  einen  in  schrecken  versetzen,  einschüchtern,  einem  schrecken 
einjagen : 

und  dieses  böhmsche  land,  um  das  wir  fechten, 
das  hat  kein  herz  für  seinen  berrn,  den  ihm 
der  Waffen  glück,  nicht  eigne  wähl  gegeben, 
mit  murren  trägts  des  elaubens  tvrannei, 
die  macht  hats  eingescbreckt,  bei-uhigt  nicht. 

SCHILLKR  363'; 

drauf  Rodomoni,  den  stolz  und  hochmut  blenden: 
der  himmel  nicht,  noch  du,  schreckt  so  mich  ein, 
dasz  ich,  was  mit  gewalt  steht  zu  erlangen, 
von  andern,  als  mir  selber  sollt  empfangen. 

Gries  Ar.  Rot.  27,  83; 
ihre  Verwunderung  über  meine  kühnheit,  wie  sie  es  nannten, 
zeigte  mir,  wie  eingeengt  und  eingeschreckt  der  stolze,  feurige 
Spanier  ist.    Klmcer  4,  86.     vgl.  einschüchtern. 
EINSCHREIBEGEBCHR,  f. 

EINSCHREIBEGELD,  n.  das  einschreibegeld  zu  verwahren. 
Weise  poelenzunß  6. 

EINSCHREIBEN,  inscribere,  nnl.  inschrijven,  scä»."  inskrifva, 
dän.  indskrive. 

1)  den  namen  einschreiben :  ich  habe  meinen  Hamen  ein- 
geschrieben, eingetragen ;  ihn  einschreiben  lassen ;  er  ist, 
steht  eingeschrieben ; 

man  lasse  mir  die  last  {zu  dichten), 
die,  wo  sie  wenig  bringt,  noch  weniger  doch  kost, 
sie  wird  mir  nutzer  sein,  als  inägden  zu  gefallen, 
als  eingeschrieben  sein  in  frevlen  raubebund. 

LoGAU  1,  3,  97; 
durch  diese  bleibt  ihr  lob  den  herzen  eingeschrieben. 
Canitz  s.  196. 

2)  das  bild,  die  sache,  den  hergang  dem  gedächtnis  ein- 
schreiben, sich  einschreiben: 

aber  ich  hofte  mein  bild  noch  fest  in  des  freundes  erinnrung 
eingeschrieben,  und  noch  schön  durch  die  liebe  verklärt. 
GöTHK  1,  315; 
ein  name  wird  vergessen,  dem  gedächtnis 
schreibt  solch  ein  bild  sich  unauslöschlich  ein.    9,361; 

alles  hab  ich  mir 
gesagt  und  ins  ged.ichiuis  eingeschrieben 
wie  ich  sie  rühren  wollte  und  bewegen.    Schillsr  426*. 

3)  krieger,  schüler,  lehrlinge,  Studenten  einschreiben,  in 
ein  gesellschaft,  bruderschaft  oder  rott  einschreiben.  Maai.er 
126'.    es  sind  schon  hundert  freiwillige  eingeschrieben. 

4)  einnahmen,  ausgaben  einschreiben,  xu  buche  tragen. 

5)  vor  gericht  einschreiben : 

ir  zwen  ecprecher  mit  euren  weihen, 

man  wiri  euch  alle  fiere  einschreiben 

bisz  von  heut  über  acht  tag.    fastn.  328,22: 

und  vil  schand  von  euch  eingeschrieben.    18,30; 

darumb  in  dise  brief,  ich  sag, 

sind  eingeschrieben  euer  plag.    25,  17. 

EINSCHREIBIG?  eine  waarenrechnung  von  1585^ in  Rosmels 
hessischer geschichte  5,  m  verzeichnet:  ein  dutzend  zweischrei- 
liig  pergamcnt  12  häute  3  gülden,  ein  dutzend  einschrei- 
liig  pergament  12  häute  l'/j  gülden,  die  einschreibige  haut 
itebl  um  die  hälfte  niedriger  als  die  ztceischreibige,  kann  sie  nur 
uuf  einer  seile,  die  andere  auf  beiden  seilen  beschrieben  werden? 

EINSCHREIEN,  l)  clamare  in  aures:  das  wort,  welches 
man  nit  von  auszcn  kan  einschrieen,  sonder  es  musz  in  uns 
selbst  gefunden,  gelert  imd  entpfunden  werden.  Fräs«  parad. 
43';  tauben  obren  eiaschreien. 


2)  clamando  ruere:  so  viel  ich  weisz,  hat  man  keins  der 
geschmackvollen  zierlichen  komödienhäuser,  ja  keine  einzige 
doch  nur  leicht  gestützte  löge  in  trümmer  blasen  und  ein- 
schreien können.    Tieck  nov.  kr.  4,  94. 

EINSCHREIER,  m.  praeco,  insusurrans.  Stieler  1933.  fastn. 
sp.  283.  330. 

EINSCHREITEN,  ingredi,  gemessen  eintreten,  nnl.  inschrijden, 
schw.  inskrida,  dän.  indskride, 

1)  sinnlich,  der  fusz  schreitet  ein ;  der  priester  schreitet 
feierlich  ein ;  die  scböfifen  kamen  eingeschritten ;  bewafnete 
musten  einschreiten. 

2)  bildlich,  intercedere,  das  gericht,  der  Staat,  die  Obrig- 
keit, die  öffentliche  macht,  die  Waffengewalt  schreitet  ein. 

EINSCHRITT,  m.  ingressus,  introitus,  eingang.  eintritt:  der 
einschritt  des  heers,  der  gewafncten.  die  eiposition  prägnant, 
der  einschritt  gefällig.    Göthe  33,  233. 

EINSCHROTEN,  1)  rinum  demiltere  in  cellam,  ein  fasz  wein 
einschroten,  in  den  keller  rollen. 

2)  frumentum   frendere,    getraidc  tn  vorrat  schroten  lassen. 

EINSCHRL'MMEN,  corrugari:  dasz  ein  gras  dorret  ausz 
und  wird  klein,  schrummet  ein.  Paracelsüs  l,  628".  s.  ein- 
schrumpfen. 

EINSCHRUMPFELN,  dasselbe,  unhochdeutsch  einschrumpeln, 
nnl.  inschrompelen: 

die  Winterrosen  schmn>peln  ein, 

kein  kraut  ist  frisch,  kein  kraut  ist  grüne, 

die  sonne,  die  vor  ihnen  schiene, 

hat  aufgehöret  hier  zu  sein.    Fleming  444. 

EINSCHRUMPFEN,  dasselbe,  wieder  mit  der  nebenform  ein- 
schrumpen,  nnl.  inschrompen :  wird  die  haut  alt,  so  schrumpft 
sie  ein.   Lebxaxn  167; 

die  Stirnen  sonder  fleisch,  die  eingeschrumpften  wangen. 
Grtphiüs  1,  170; 

krümme  und  winde  ich  mich  zusammen,  wie  eine  einge- 
schrumpene  schlänge,  pers.  rosenth.  5, 17,  wo  die  spätere  ausg. 
wie  eine  eingeschrumpfte; 

schrumpfte  so  sehr  die  Schönheit  ein,  von  der  eiterung  todbleich, 
schwindend,  ein  schleichend  gespenst?    Klopst.  2,  163; 

anstaunung,  maulaufsperre,  fröhnung  und  räucherei,  als  welche 
den  geist  nur  kleinlaut  machen  und  ihn  dergestalt  austrock- 
nen und  ausdürren,  dasz  er  zuletzt  gänzlich  einschrumpfet. 
12,85;  ihr  vom  mangel  eingeschrumpfter  magen.  Wieland 
7,  48 ;  sein  eingeschrumpfter  geldbeutel ;  die  eingeschrumpfte 
Vergangenheit.    J.  P.  biogr.  bei.  1, 119  ; 

und  sie  sagen,  zur  cicade 

sei  er  gar  nun  eingeschrumpft.    Rüceert  1. 

EINSCHRUNDEN,  dehiscere,  spaltig  werden:  von  der  hitze 
einschrunden.  Stieler  1916,  für  einschrindeo,  vom  ahd.  scrin- 
tan,  hiscere,  fatiscere. 

EINSCHUB,  ffl.  quod  immittilur,  inseritur,  interjtcilur : 

1)  der  einschub  des  brots  in  den  ofen. 

2)  eines  beamten  in  die  r^ihe,  mit  unlerbrochner  Ordnung. 

3)  was  einschiebsei:  das  schwindelnde  gastmal,  um  das  du 
ihn  durch  einschub  des  gehenkten  gebracht  hast.  ThCssiels 
reise  5,  304 ;  in  leichten,  faszlichen  opern,  die  als  einschub 
immer  willkommen  sind.  Göthe  32,26;  bis  zuletzt  eine  rohe 
ausgäbe  hinter  dem  rücken  des  autors  veranstaltet  worden, 
hierüber  beklagt  er  sich,  besonders  über  fremden  einschub, 
wahrscheinlich  um  sich  gegen  die  verränglichsten  stellen  zu 
verwahren.   38,  239. 

EINSCHÜCHTERN,  pavefacere,  ineuiere  parorem,  einen  scheu, 
ängstlich  machen,  schwächer  als  einschrecken :  da»  kind  war 
ganz  eingeschüchtert,  verschüchtert;  ich  lasse  mich  nicht  ein- 
schüchtern. 

EINSCHÜCIITERUNGSVERSUCHE. 

EINSCHUHEN,  calceare,    nnl.  inschooijen,  was  anschuhen. 

EINSCHULEN,  condocere,  condoeefacere,  abrichten,  sehul- 
gerecht  machen :  ein  pferd  einschulen,  dressieren ;  angewandt 
auf  menschen,  oft  mit  ühelm  nebensinn:  er  hatte  seinen  hnf- 
staat  so  eingeschult,  dasz  alles  wie  ein  uhrwerk  gieng.  Klincer 
6.  77 ;  nach  diesem  einfachen  grundsatze  {des  blinden  gehor- 
sams)  habe  ich  die  unterthancn  meines  erhabenen  herrn  ein- 
geäfhnll.  7.89;  wenn  der  schuster  Sindbad  vor  dem  böse- 
wicht  Hindbad  sich  selber  zu  einem  hofnarrcn  abzurichten 
und  einzuschulen  sucht,    i.  P.  bücherschau  1, 167. 

EINSCHUPPE.N,  mit  der  scJiüppe  einlhun.  einsammeln,  z.b. 
sand,  gctraide  einschüppen,  wie  schuppe  selbst,  unhockdeulsch . 
s.  einschaufeln. 


287 


EINSCHÜR  —  EINSCHÜTZEN 


EINSCHL'R,  f.  locus  unde  iynis  accetuiilur  reficilurque,  auch 
blosz  die  schür.    Schneller  3,  397. 

EINSCHIIREN,  ignem  excitare,  reficere,  eigentlich  den  brand, 
das  brennholz  einschieben,  einstoszen: 

will  seha.  obsn  denn  nit  Tröiert, 

ob  nit  die  inad  soll  schürn  ei?    Grübkl  1,  207; 

und  Wenns  mer  wörd  in  winter  zkoli, 

so  schür  i  wider  ei.    2,  4. 

bildlich,  einem  einschüren,  ein  brändlein  schüren,  unheil  be- 
reiten. Schneller  3,  397,  une  einem  einheizen,  einfeuern. 
s.  schüren  und  anschüren. 

El.NSCHÜRIG,  quod  semel  singulis  annis  tondetur:  einschü- 
rige  niesen,  einschürige  schafe;  ^inscbürige  und  zweischürige 
wolle,     s.  einschnittig. 

El.NSCHL'RZEN,  innectere,  bei  sattlern  und  riemern  vom  draht. 
EINSCHÜSSELN,    indere   patinis,    in    die    Schüssel    legen. 
Stieler  1946. 

EINSCHUSTERN,   detrimentum  faccre.    Stieler  1938,   ein- 
büszen,    weil  büszen  anflicken  ist  (2,  572),    also  zusetzen,  wie 
schustern  für  schuhflicken,    verschustern  für  schlecht  machen, 
verflicken  sieht.    Schneller  3,  34t.     nd.    he  mot  alle  jur  in- 
schostern,  zubüszen,  stücke  ansetzen,  kommt  nicht  aus.    brem. 
wb.  4,  667 ;  en  dag  inschostern,  einen  tag  einbüszen,  verlieren. 
Stürenbürg  95*.  von  einer  hausfrau  und  wirtscltapcrin  heiszt  es  : 
ihr  äuge,  das  das  volk  in  seiner  arbeit  stärkt, 
verachtet  staub  und  dampf  im  felde  wie  in  küchen, 
und  sucht  bei  früher  zeit  die  winkel  durchzukriechen, 
dis  musz  auch  jede  thun  und  nicht  zu  hcriich  sein, 
sonst  schustert  sie  gewis  mit  ihrem  junkßr  ein. 

GÖNTilKR  447. 

in  etwas  anderm  sinn  drückt  einschustern  auch  aus  einar- 
beiten, einflicken  und  sich  einschustern,  sich  einfügen,  einge- 
wöhnen: 

dös  Word  ka  hexawerk  nit  sei, 

mer  schoustern  si  (wir  schustern  sich  d.  i.  uns)  scho  endli  ei, 

past  af,  dös  ding  geiht  prächti.    Weikbrts  nürnb.  ged.  251. 

EINSCHÜSZ,  m.  was  einschieszt,  eingeschossen  wird,  dän. 
indskud. 

1)  bei  wassermülen,  das  aufs  rad  einströmende  wasser. 

2)  bei  Webern,  der  einschlag. 

3)  was  in  eine  gemeinschaßliche  cassc  eingeschossen,  beige- 
tragen werden  musz. 

EINSCHUSZFADEN,  m.  bei  webcrn. 

EINSCHLTTEKASTE,  m.  infundibulum.  am  cinschültekasten 
oder  trichter  der  müle  hängen  schellen,  die  sobald  das  einge- 
schüttete kom  ausgebeutelt  ist,  erklingen  und  die  mülknappen 
ermahnen  frisch  einzusehülten,  vgl.  pol.  maulaffe  s.  194. 

EINSCHÜTTELN,  excutiendo  injicere:  das  mädchen  sasz 
unterm  bäum,  der  wind  schüttelte  ihr  die  bluten  ein  in  den 
schosz ;  Zucker  auf  den  kuchcn  einschütteln ;  mehl  einschüt- 
leln,  einheuteln.    - 

EINSCHÜTTEN,  mitlere,  infundere,  nnl.  inschudden. 

1)  dem  vieh  einschütten,  vorschütten,  fulter  in  die  krippc 
werfen ;  getraide  einschütten,  in  den  trichter.  aber  auch  in 
Speicher  eingesciiütt,  frumentum  conditum.  Frisiüs  285;  ein- 
schütten, behalten,  condere.    Maaler  126*. 

2)  flüssiges  eingieszen :  schütt  ein,  ein  külen !  der  war  bad- 
warm, es  war  mir  als  tränk  ich  meiner  mutier  milch.  Garg. 
242*;  ein  grosz  torcularpocal  her,  da  iren  zwen  zu  beiden 
Seiten  die  iefzen  wie  kornseck  einzuschütten  spannen.    100'; 

genug,  sie  wird  sehr  krank,   der  mann  wendt  alles  an, 

was  man  von  männern  fordern  kann, 

eilt,  ihr  zu  rechter  seit  die  pulver  einzuschütten. 

ÜELLERT  1,  91; 

das  kind  schien  sehr  krank,  es  bat  den  vater,  dasz  man  ihm 
aur  nichts  mehr  einschütten  möchte.  Güthe  20, 295.  auch 
einem  pferde  den  trank  einschütten. 

3)  figürlich,  die  meisten  vor  Pestalozzi  schlugen  vor,  nur 
recht  viele  kenntnisse  einzuschütten.    J.  1*.  Levana  74. 

4)  für  verschütten :  auch  die  geführ  nicht  achten  einge- 
scbültel  und  unter  ruinen  begraben  zu  werden.   Sturz  2,  70. 

EINSCHÜTTIG?  solche  kurze  röhr  sein  sehr  nütz  und  gut 
under  die  einschüttigen  oder  nahenden  knecbt  und  sonder- 
lich, wo  sie  nit  mit  hämisch  verwart  sein.  Fronspkrc  kritgtb. 
1, 123*.     vgl.  einspannig. 

EINSCHÜTZEN,  pignus  cogere  stabulo,  includere,  gewöhn- 
lich blosz  schützen,  nnl.  nd.  schütten,  fries.  skctla.  ein- 
zelne Mchrifltleller  brauchen  die  niederdeutsclie  form  auch  im 
hochdeutschen,  z.  b.  Vimkk  Jarif.  der  Verwaltung  Gioszbrilanieni 
125.  120.     mehr  unter  dem  einfaclien  worl. 


EINSCHWÄGERN  — EINSCHWÄTZEN      288 

EINSCHWÄGERN,  afftnitale  jüngere,  durch  schwdgerschaß 
einschieben:  denn  oh  wol  die  gesalbten  bischoffe  ire  brüder 
und  Vetter  mit  einschwegern  und  einmengen  wollen.  Matue- 
siüs  88*.     vgl.  einveltern. 

EINSCHVVÄRMELN,  diminulivum  des  folgenden:  wenn  er 
{Lavaler)  sich  und  den  freund  in  solche  empündungcn  süsz 
einschwürmclf.   Stolberg  im  deutschen  mus.  1776  s.  46. 

EINSCHWÄRMEN,  von  bleuen  examinare,  schwärmend  in 
den  neuen  korb  einflicgen.  dann  figürlich  von  schwärmenden, 
begeisterten,  tobenden  menschen.     s.  schwärmen. 

EINSCHWÄRZEN,  colore  atro  inficere,  denigrare, 

1)  eigentlich,  leinen  geräth  einschwürzcn,  einschmutzen,  lin- 
teamina  usu  deformare,  sordidare,  wie  man  sagt  schwarze 
Wäsche;  kupferstecher  schwärzen  ihre  platten  ein. 

2)  mcrces  vetitas  imporlare,  einpaschen,  einschmuggeln,  in 
welchem  sinn  es  zwar  kein  älteres  wb.  hat,  selbst  Stieler  und 
Frisch  nicht;  doch  gewähren  es  oberdeutsche  Schriften  bereits 
im  17  jh.  (Schneller  3,  549  schwerzen,  durchschwerzen,  ver- 
schwerzcn)  und  unterm  volk  ist  in  Baiern,  Schwaben,  in  der 
Schweiz  schwerzeu  allgemein  bekannt  für  schmuggeln  (schwerza. 
Torler  403'k  über  den  Ursprung  der  benennung  s.  beim  ein- 
fachen wort,  unter  den  neueren  Schriftstellern  hat  es  sich  im 
eigentlichen  und  figürlichen  verstand  sehr  verbreitet :  er  (Jones) 
kannte,  schätzte,  liebte  seinen  orient  und  wünschte  dessen 
productionen  in  Allengland  einzuführen,  einzuschwärzen.  wel- 
ches nicht  anders  als  unter  dem  Stempel  des  alterthums  zu 
bewirken  war.  Göthe  6, 111 ;  er  selbst  hatte  sich  wol  gehütet 
dieses  werk  (den  Messias)  anzuschaffen,  aber  unser  hausfreund 
schwärzte  es  ein  und  steckte  es  der  mutier  und  den  kindern 
zu.  24,123;  zum  Ibore  fuhren  wir  glücklich  heraus,  indem 
wir  uns  in  den  wagenzug  eines  unbekannten  regimenls  ein- 
schwärzten. 30,  46 ;  das  ist  das  kunslstück  solcher  gesellen, 
dasz  sie  jedes  wahre  reine  Verhältnis  misachlend  ihre  Schlech- 
tigkeiten in  die  lästige  nachsieht  einer  gewaltigen  convenienz 
einzuschwärzen  wissen.  31, 123 ;  zugleich  war  die  absieht  ge- 
wisse geologische  Überzeugungen  in  die  Wissenschaft  einzu- 
schwärzen.   32, 13 ; 

hier  hab  ich  einst  den  Orpheus  eingeschwärzt, 
benutz  es  besser,  frisch!  beherzt!    41,  135; 

um  anch  dieses  roth  zu  intercaliercn,  einzuschwärzen,  wie  er 
es  früher  mit  deili  grünen  und  weiszen  gelban.  59,  269 ;  weil 
der  teufel  in  die  besten  gefülile  eitelkeit  einschwärzt.  J.  P. 
Ww/).  2,  94;  alle  rubricatoren,  die  überhaupt  in  alles  schwarze 
ihr  roth  einschwärzten.  Fibel  Si;  wie  Rahrd  in  Halle  kirchen- 
gescbichte  las,  um  seine  dogmatik  einzuschwärzen.  biogr.  bei. 
1, 152 ; 

dasz  sich  uns  keine  zeiiung  hier 
einschwärz  als  zuckerdüte.    Köckkrt  366. 

EINSCHWATZEN,  EINSCHWÄTZEN,  persuadere,  einschwe- 
fzen.  Maaler  120'':  du  wirst  mir  das  nicht  einscbwelzen,  nun- 
quam  tam  commode  dices,  ut  istud  mihi  persundeas ;  einem  un- 
liebliche speisen  einschwetzen.  Denzler  90';  der  eim  schwachen 
elwan,  wans  not  thut,  ein  mut  einschwetzen  und  eingaukelen 
kan.  Giirg.  12;  die  nanien  (Ehrentrut,  Engellrut)  sollen  eim 
die  woiber  schier  einschwetzen.  107*;  den  sechsten  versprach 
sie  bei  der  herschaft  einzuschwatzen.  Philandeb  1,533;  dasz 
ihr  euch  ein  solich  vermeint  gewissen  lassen  einschwUtzeu. 
gesprdch  von  pdpstischen  ehehalten.  Ingoist.  1609  s.  13 ; 

so  pflegt  man,  was  man  wil,  den  kindern  einzuschweizen. 
Grtpiiius  1,  294; 

wer  srhwStzi  dir  grame  lügen 
und  süsze  warlioit  ein?    I.oiisnstrin  Ibrah.  05,450; 

sein  crwehltcs  oder  von  andern  zugeführtes  und  eingeschwatz- 
tes  Unglück  (der  ehegatte).  ehe  eines  weibes  389 ;  leider  sucht 
er  uns  nur  auch  öfters  gef^lrbles  glas  für  edelsteine  und 
witzige  antithesen  für  gesunden  verstand  einzuschwatzen.  Les- 
siNC  7,12;  der,  welcher  uns  jede  zärtliche  emplindung  für 
sein  einträgliches  pastorat  oder  dergleichen  lieber  für  heiligeji 
eifer  um  die  sache  potles  eiiisrhwatzen  möchte.  10,130;  wer 
wollte  einem  raschen  knaben,  weil  er  dann  und  wann  noch 
füllt,  den  gäugeUyagen  wieder  einschwätzen?  10, 2S9.  vgl. 
aufschwatzen,  ausschwatzen. 

EINSCHWATZEN,  sich  ins  geschwdtt,  in  die  rede  einmengen, 
daran  betheiligen:  kameraden,  ihr  habt  viel  von  euren  aben- 
teuern gekosel,  die  zum  llieil  wundersellsam  genug  klingen, 
doch  will  mich  bedüiiken,  der  wein  h;ilie  zuweilen  mit  ein- 
geschwal/.!.    Mlsaeus  5, 101. 

EINSCHWÄTZEH,  m.  persua$or. 


289       EINSCHWÄTZERIN  —  EINSEGNEN 


EINSEGNUNG  —  EINSEHEN 


290 


EINSCHWÄTZERIN,  f.  persuastüx. 

EINSCHWÄTZIG,  qui  persuadet,  blandus:  auch  warumb  soll 
anders  das  holdselig  weiblich  geschlecht  also  . . .  liebäugiig, 
einschwetzig,  milt,  nett,  glatt,  schön  und  zart  erschaffen  sein? 
Garg.   66'. 

EINSCHWEBEN,  impendere,  imminere,  herein,  einher  schwe- 
ben, nnl.  inzweven.  mhd.  in  sweben :  da  der  vater  sinen  sun 
gebirt  in  dem  inresten  gründe,  da  bat  ein  insweben  disiu 
natftre.  Ecrdart  65, 5,  vgl.  ahd.  suepen,  pisuepen,  etnicare 
(Graff  6,  856).  bei  Campe  und  denen,  die  ihn  ausschreiben, 
steht  ein  falsches  einschweben,  sopire,  das  nirgend  vorhanden 
ist  und  aus  misverstandnem  ahd.  insueban  =  intsueban,  mhd. 
entsweben  hcrvorgieng,  vgl.  entschweben,  ausschweben,  ver- 
schweben. 

EINSCHWEFELN,  sulphure  infieere,  dän.  indsTOvle,  schwefeln. 

EINSCHWEIFEN,  involrere,  einwinden,  alln.  sreipa,  jcAip. 
insvepa,  dän.  indsvöbe,  doch  mehr  gefolgert  nach  dem  Iransiliten 
ausschweifen  1, 965,  als  im  lebenden  Sprachgebrauch  aufzu- 
weisen, s.  das  folgende  und  Umschweifen,  umherschweifen. 

EINSCHWEIFUNG,  f  einlenkung :  nach  diesen  aus  und  ein- 
schwcifungen  ward  per  decretum  festgesetzt.    Hippel  8,  229. 

EINSCHWEINEN,  tabescere,  wie  ausschweinen. 

EINSCHWEINLNG,  f.  tabes,  phtbisis:  so  macht  das  keck- 
silber  ein  geschwer  an  der  lungen,  davon  dan  inschwinung 
kompt.    Seitz  histseuche  s.  21. 

EINSCHWELGEN,  glutire,  heluari,  nnl.  inzwelgen. 

EINSCHWEM.MEN,   flumine  invehere:    holz  einschwemmen. 

EINSCHWENKEN,  inlorquere:  das  beer  schwenkt  ein; 
schwenkt  ein ! ;  Seidlitz  liesz  seine  schwadronen  einschwenken. 
(VON  Camtz)  thaten  der  reulerei  in  den  feldzügen  Friedrich  IL 
theil  1  s.  66 ;  links  einschwenken,  oeuvres  de  Frederic  le  yr. 
30,  302.     gegensatz  abschwenken. 

EINSCHWEREN,  inulcerare,  mhd.  swem,  nnl.  inzweren,  es 
ist  tief  eingeschworen,  het  is  tot  op  het  been  ingezworen. 

EINSCHWEREN,  onerare,  ingravare,  beschweren,  mhd.  swa&- 
ren :  wildbret  einschweren,  steine,  gewichte  darauf  legen. 
ScHMELLEB  3,546;  kraut  im  fasse  einschweren;  weintröstern 
durch  ein  eisern  gatter  gereitert,  in  bedungen  eingeschwert 
und  wasser  daran  gegossen,  gibt  gute  glauren  (lauer,  lal. 
lora.)    HoHBERG  1, 133'. 

EINSCHWIMMEN,  innare,  innatare.  Stieler  1979,  nnl.  in- 
zwemmen  :  ich  bin  eingeschwommen ;  die  enten  schwimmen  ein. 

E1.NSCHWI.NDEN,  tabescere,  altenuari,  dän.  indsvinde: 
wie  eingeschwuriden.  schleclit  gewebter  ehrgeizl 
illweavd  ambiiiou,  how  mach  art  ibou  sliruuk! 
Henry  W.  1.5,4; 
tritt  Yon   der  erde  in  den  leeren  aether,   hier  schwebe  und 
siehe   sie   zu   einem   fliegenden   gebirge   einschwinden.    J.  P. 
Hesp.  2, 249 ;    ach,   herr   hofmedicus,   ich  schwinde  lästerlich 
ein.  4, 151 ;  die  (sortes)  von  Cäre  werden  erwähnt,  wenn  sich 
mit   ihnen    das   wunderzeichen   zutrug,    dasz   sie   einschwan- 
den.   NiEBCHR  1,566;    ein  Jahrhundert   schwand  ein  vor  den 
gigantischen  jahrmillionen.  wunderb,  gesellsch.  6*1 ;  gaben  (der 
neuen  heiviat)  ihren  namen  Engelland,   während  dagegen  der 
Angelname  auf  der  halbinsel  einschwand.  Dahlh.  dän.  gesch. 
1, 16.     vgl.  schwinden,  verschwinden. 

EINSCHWINGEN,  involare,  insilire,  dän.  indsvinge :  die 
Vögel  schwingen  ein,  lassen  sich  rasch  nieder;  der  reiter  schwang 
sich  ein  [in  den  saltel,  auf  das  pferd). 

EINSCHWÖREN,  sich  ins  amt,  ins  armenrecht  einschwören. 

EINSECHTIG,  s.  einzechtig. 

EINSECRELN,  s.  einsäckeln. 

EINSEELE.N,  animam  indere,  wie  beseelen.  Stieleb  1992; 
diese  drei  dinge  sind  dem  samenkom  von  der  natur  eingeseelt, 
eingegeisterl  und  eingekörpert  Czepko  ein/,  zum  heil,  dreieck.  ms. 

EINSEGELN,  appellere,  nnl.  inzeilen,  dän.  seile  ind:  in 
die  Elbe  einsegeln. 

EINSEGNEN,  consecrare,  benedictionem  impertiri,  einweihen, 
nnl.  inzegenen. 

1)  kinder,  sterbende  einsegnen;   verlobte,  eheleute  einseg- 
nen: sie  sind  schon  eingesegnet; 
solch  einen  enget 
otin  alle  mangel 
zum  mädctien  haben, 
(1.18  hiesz  ein  mädcben  haben?  — 
beiszt  eingesegnet  sein,  und  weih  und  hausstand  haben. 

Lkssing  1,  17; 
soll  Ich  der  mönche  fromme  brüderschafl  hieher 
berufen,  dasz  sie  nach  der  kircbe  altera  brauch 
das  seelenamt  verwalte  und  mit  beilgem  lied 
riir  ewgen  ruh  einsegne  den  begrabeoen!    Schiller  513*. 
Ui. 


2)  sich  einsegnen,  precari,  sich  segnen,  den  segen  über  sich 
sprechen:  nach  allen  Verrichtungen  können  die  dienstmägde  in 
gottes  namen  in  ihre  kammer  gehn,  sich  abziehen,  das  licht, 
wo  sie  eines  mit  bekommen,  fleiszig  auslöschen  und  sich  her- 
nach bedächtltth  einsegnen,  nicht  mit  den  kleidern  in  das  bette 
fallen,  wie  die  faulen  lendlosen  mägde  zu  thun  pflegen,  unierr. 
an  hausmägde  35. 

3)  die  kirche,  das  neue  haus,  das  fest  u.  s.  w.  einsegnen: 
der  hausvater  nimpt  ein  kelch  mit  wein  in  die  band  und  segnet 
den  sabbath  ein.    Frank  weltb.  145. 

EINSEGNUNG,  f  benedictio:  die  einsegnung  des  priesters 
kann   bedeuten  sowol  die  von  ihm  ausgetheilte  als  empfangne. 

EINSEHEN,  nnl.  inzien,  schw.  inse,  dän.  indsee,  lat.  pro- 
videre  (s.  einsehend), 

1)  insptcere,  ich  will  das  buch  erst  einsehen,  meAr  als  an- 
sehen; ich  habe  die  stelle  wiederholt  eingesehen  und  sie 
lautet  ganz  anders ;  nach  eingesehenem  briefe.  Götbe  18,  68. 

2)  introspicere,  einblicken: 

tief  zu  andren  sehen  ein. 
ihme  selbsien  fremde  sein, 
taug  mit  nicbien.    Logao  3,210; 

dies  waren  die  gedanken, 
wenn  du  in  satans  lisi  und  tiefen  eingesehen. 

Christ.  Crtphics  poet.  icälder  2, 191.    • 

3)  perspicere,  intelligere:  darumb  hie  einzusehen  ist,  dasz 
wir  leute  aufziehen,  weil  wir  kunten,  und  doch  das  unser 
thun  für  unser  nachkomen.    LüThers  br.  2,491; 

schilt  nicht  den  unbestand  der  guter, 
du  siehst  dein  eigen  herz  nicht  ein, 
veränderlich  sind  die  gemüier, 
so  musten  auch  die  dinge  sein.    Gellert  1,89; 
woher  ist  dies  gebäud  entstanden* 
ist  auszer  ihm  wol  jemand  noch  vorhanden, 
'der  es  gemacht?  ich  sehs  nicht  ein.    1,  150; 
dn  bist  vergnügt,  dich  liebet  dein  Mäcen, 
wer  weisz  wie  er  die  menschen  einzusehn?    Hageoobx  1,79; 

E.  hatte  auf  seinen  reisen  die  gemüter  der  menschen  voll- 
kommen einsehen  gelernt.  Rabeneb  "2,44;  einsehen,  als  höherer 
grad  zu  dem  vorstellen,  wahrnehmen,  kennen,  erkennen,  ver- 
stehen, etwas  durch  die  Vernunft  erkennen  und  einsehen. 
Kant  1,  393 ;  da  ich  zur  moral  nichts  weiter  brauche,  als  dasz 
sich  freiheit  doch  wenigstens  denken  lasse,  ohne  nöthig  zu 
haben  sie  weiter  einzusehen.  2,  25 ;  ich  kann  diese  erschei- 
nung  als  eine  einfache  erfahrung  niemals  durch  Zergliederung 
auf  eine  andere  bringen  und  sie  daher  wol  erkennen,  aber 
nicht  einsehen.  3, 108 ;  die  Wahrheit  der  aufgestellten  behaup- 
tungen  vermag  ich  gar  nicht  einzusehen ; 

sie  haben  recht,    sie  müssen,   dasz  sie  können, 

was  sie  zu  müssen  eingesehn,  hat  mich 

mit  schauernder  bewuqderung  durchdrungen.    Schiller  279*. 

4)  attendere,  animadvertere,  providere,  wer  einen  fehler  wahr- 
nimmt, bemerkt,  ist  auch  in  der  läge  ihn  anzumerken,  xu  rügen 
und  zu  ahnden :  der  himmel  wird  schon  einsehen,  es  an- 
sehen, einschreiten  und  rächen,     s.  das  folgende. 

EINSEHEN,  n. 

1)  inspeclio,  das  einsehen  des  briefs,  buchs,  der  betreffen- 
den stelle,     auch  der  einblick  in  eine  sacke: 

ihr  (icei6er)  steigt  ja  sonst  nicht  gern,  wenn  rnSnoer  folgen 

wollen, 
damit  nur  diese  nicht  ein  einsehn  kriegen  sollen. 
Gö.MUEB  828. 
feie  es  im  frechen  scherze  heiszt,  wenn  sich  eine  zu  hoch  auf- 
hebt,   oder   wenn   einer  den  hintern  «eist:    'ihr  herren,   habt 
ein  einsehen !' 

2)  intelligentia :  er  hat  nicht  genug  einsehen,  gewöhnlicher 
sagt  man  aber  heute  einsieht,  einsichten. 

3)  animadversio,  nota,  rüge:  es  wird  auch  noch  ein  anders 
einsehen  über  sie  kernen,  das  sie  die  frembden  so  unfreund- 
lich hielten,  weish.  Sal.  19,  14  d.  i.  sie  sollen  darauf  ange- 
sehen, gestraß  werden  ;  damit  i.  k.  maj.  mit  klagen  verschonet 
seien  und  bleiben  möchten  und  zu  ernstem  einseben  nicht 
ursach  bekämen,    quellenschr.  zur  gesch.  Schlesiens  2,  78. 

4)  in  dieser  letzten  bedeutung  erscheint  gern  die  genitiv form: 
das  die  notdurft  erfoddern  wolt  mit  wolzeitigem  bedenken  ein- 
sehens  zu  thun,  damit  solchem  schreiben  und  lere,  so  zu  aufrur 
dienen  soll,  furkommen  werde.  Luthers  br.  2,335;  gebür  im 
insehens  zu  haben,  wie  und  wer  zu  hirtcn  gewelet  werde.  Schadk 
pasq.  2,20;  dasz  gott  im  liiinmcl  dercnwegen  ein  einsehens 
haben  sollen.  Heinbaro  Werth.  deduct.  1,  247 ;  bat  er  selbs  ein 
einsehens  darüber  haben  wollen.  Zi!(kcr.  apophtk.  5, 22 ;  ein  ein- 
sehens haben.  Ifland  dram.  werke  3,  98.    gerade  so  heiszt  es  ein 

19 


291 


EINSEHEND  — EINSEN 


EINSENDEN — EINSETZEN 


292 


Sehens  (1,458),  ein  aufsehens  (1,734),  ein  aufbcl)ens  (1,687),  an- 
ein  gefailens  und  in  vielen  ähnlichen  fällen  ein  lachens,  prah- 
lens,  Stechens,  Schreibens,  wie  schon  oben  sp.  133  angemerkt 
u-urde.  es  isl  noch  unermiltell  tcovon  solche  -ns  abhängen,  die 
ettcan  auf  ahd.  -nnes  zurücJigehen  ;  der  unbestimmte  arlikel  kann 
sie  nicht  veranlassen,  vielleicht  scheint  die  ellipse  eines  subst. 
anzunehmen,  aber  welches?  vgl.  auch  ein  leids  thun  fcei  GSthe 
1, 184,  wo  das  nicht  leides,  acc.  n. 

EINSEHEND,  intelligens,  prudens  =  proridens,  einsichtig: 
das  volk  ist  nicht  allemal  einsehend  genug  einen  unterschied 
zwischen  dem  lehrer  und  seinen  lehren  zu  machen.  RAnEXER 
1, 102 ;  ein  einsehender  lichter.  3,  60 ;  ein  weniger  vernünftiger 
und  einsehender  mann.  3, 208.  248 ;  ein  einsehender  und  schätz- 
barer mann.  Kant  2,  573;  weiches  zu  thun  Hume  viel  zu  ein- 
sehend war.  3, 185 ;  der  aufmerksame  und  einsehende  reisende. 
10, 39.     heule  ungebräuchlich,     s.  nachsehend,  scharfsehend. 

EINSEHER,  m.  inspeclor:  einsäher,  der  ein  ding  fleiszig 
besieht.  MäalerIOO';  ein  einseher,  Superintendent,  episcopos, 
landshauptman  und  Oberhaupt.  Garg.  269'.     s.  aufsehen 

EINSEHUNG,  f.  inspectio,  animadversio :  du  wollest  i.  maj. 
solchs  mit  unterthenigkeit  anzeigen  und  i.  maj.  darauf  unter- 
theniglich  bitten,  den  dingen  nochmals  einsehung  zu  thun. 
Luther  1, 134' ;  derhalben  wol  hochnötig  diese  fleiszige  ein- 
sehung zu  thun.  Augsb.  conf.  bei  Luther  6,  369'  und  im  corp. 
docir.  ehr.  21. 

EINSEICHEN,  Iptio  eonspergere.    Stieler  1998. 

EINSEIFEN,  sapone  inungere,  nd.  insfipen,  nnl.  inzeepen, 
schw.  insäpa,  ddn.  indsäbe:  der  hart  war  nur  halb  eingeseift. 

EINSEILEN,  illaqueare:  der  wird  sie  wol  einem  andern 
teufel  einseilen.    Zinkgr.  380,  2. 

ELNSEIN  für  inne  sein,  wie  einhaben  ßr  inne  haben:  ich 
bin  es  ein,  bin  es  inne,  habe  es  mir  leiblich  oder  geistig  ganz 
angeeignet;  ich  war  es  ein,  totus  in  Ulis  eram;  er  sah  so 
lang  zu,  bis  er  es  ein  war.  auf  diesen  in  Oberhessen  gang- 
baren ausdruck  macht  schon  Christian  Heinrich  Schmid  auf- 
merksam im  Journal  von  und  für  Deutschland  1792  s.  53*. 

EINSEITIG,  fiov67t?.Evoos,  nnl.  eenzijdig,  sehw.  ensidig, 

1)  una  tantum  parle  declivis:  einseitiges  dach,  einhängig. 
einseitige  kopfschmerzen,  die  nur  eine  seile  angreifen. 

2)  in  der  rechtssprache  unilaleralis :  einseitiger  vertrag, 
durch  den  sich  blosz  ein  Iheil  verbindet  etwas  zu  leisten. 

3)  non  ab  omni  parte  ponderans:  Vielseitigkeit  bereitet 
eigentlich  nur  das  element  vor,  worin  der  einseitige  wirken 
kann,  dem  eben  jetzt  räum  genug  gegeben  ist.  Göthe  21,50; 
einseitiges  urtheil,  einseiliger  bericlit ;  jeder  einseitige  Vortrag, 
er  sei  noch  so  vollständig,  noch  so  methodisch  gefaszt,  kommt 
uns  traurig  und  steif  vor.  86,  211 ;  alle  einseitigen  abrichtungs- 
künste  des  menschengeschlechts.  Pestalozzi  3,95;  alles  ein- 
seitige übergewicht  einer  einzelnen  kraft  führt  zur  aufgedun- 
senheit  ihrer  ansprüche.    13, 5.     s.  allseitig,  vielseitig. 

EINSEITIGKEIT,  f  Judicium  non  salis  accuratum.  Stieler 
2003:  ja  es  ist  jelzo  die  zeit  der  einseitigkeiten.  wol  dem, 
der  es  begreift.    Göthe  21,  50. 

EINSEITS,  ex  una  parte,  gebildet  wie  anderseits,  fehlerhaft 
schreibt  Rompler  s.  169  einsseits,  andersscits. 

EINSEN,  unius,  d.  i.  alicujus,  für  eines,  taucht  hin  und  wieder 
in  alemannischer  gegend,  ainsen  in  bairischer  auf  und  fordert 
beachtung.  die  älteste  bisher  wahrgenommne  stelle  begegnet  in 
Murners  Verdeutschung  der  inslituten,  Basel  1519  4.  bl.  23' :  wer 
ungewillig  einsen  vogtij  getragen  hat,  den  sol  man  nit  zwin- 
gen des  selbigen  sorger  zu  werden,  dann  in  der  Übersetzung 
von  I'etrarcht  Iroslbüchern  1559  6/.  215':  andere  haben  gesagt, 
dasz  das  einsen  vatterland  allein  sei,  da  im  wol  sei  und 
gern  sei.  in  Fischarts  Dominicus  und  Franciscus  15714.  C3': 
einsen  bindcrnus  ist  des  andern  fürdernus;  ebenda  Hl': 

ich  meint,  man  soll  aus  einxcn  ler 
beweiten,  das  e«  unfrrcchi  wnr, 
so  leten  sie  solch  »cbnacken  zsnmen 
und  wollen  draus  ein  ler  verdammen. 

zu  einsen  sondern  gebrauch,  strasxb.pol.  ordn.  a.  1C28  app.  p.  42 ; 
m  Jon.  L.  Talitz  ton  Lichtensee  kurzweiligem  reitqespan.  Wien 
und  Lucem  1617.  12  {auch  ü/m  1655)  «.  131 :  als  einsen  haus- 
fraw  abends  zu  Sommerzeit,  da  der  mann  über  fcld  war,  ein 
wasserbad  machte ;  in  Romplcrs  ton  Löwknhai.t  gebüseh  1047 
$.  6:  zudem  so  gibt  es  einsen  namen  ein  srbeinbares  an- 
sehen, wan  er  sich  zeitlich  von  einer  hohen  faculiat  schreibt; 
endlich  in  Simplicitsimi  ratslübel  I'lulnnis  1683  cap.  15  t.  2U : 
deine  antwort  erinnert  mich  an  die  antworl  einsen  meiner 


beampten.  in  allen  diesen  schrißen  und  in  andern  kann  es 
noch  öfter  aufstoszen.  bair.  ainsen  führt  Schmeller  1,64 
aus  einem  vocabular  von  1618  und  aus  andern  nicht  näher 
belegten  stellen  des  16. 17jfc.  an.  ihm  entspricht  auch  kain- 
8  e  n  nullius. 

Diese  einsen,  ainsen  gemahnen  an  unser  dessen  für 
des,  wessen  für  wes,  deren  für  der,  um  so  stärker,  da 
ihnen  im  schweizerischen  dialcct  einsi  und  dessi  zur  seile 
stehen,  wofür  belege  unter  einsi  folgen.  Idszt  sich  dessi  dem 
uralten  gothischen  relativen  j)izei  oder  dem  {)izuh,  einsi  viel- 
leicht dem  ainishun  vergleichen?  man  darf  auch  jenens  für 
jenes  (Schm.  1,65)  und  dens  für  dessen  {mundarten  §.746. 
748)  anschlagen,  der  werlh  dieser  anomalien  für  die  geschickte 
unsrer  spräche  steigt,  wenn  wir  auch  die  lat.  unius,  illius, 
ejus,  hujus,  cujus,  alius  erwägen,  deutungen  des  suffixes  kämen 
noch  zu  früh. 

EINSENDEN,  mittere,  einschicken,  nnl.  inzenden,  sdiw.  in- 
sända,  dän.  indsende :  bericht,  briefe,  waaren  einsenden,  über- 
senden, in  den  Zeitungen  erscheinen  täglich  meidungen  über- 
schrieben 'eingesandt',  zu  bezeichnen,  dasz  sie  nicht  von  der 
redaction  ausgehen;  davon  hat  man  einen  undeutschen  pl.  auf 
s  gebildet:  diese  albernen  eingesandts.  Gutzkow  ritter  vom 
geist  2,  353 ;  darum  so  viele  eingesandts  in  der  zeitung.  3, 171. 

EINSENDER,  m.  transmissor :  der  einsender  hat  sich  nicht 
genannt,     gern  ohne  artikel:  einsender  versichert. 

EINSENGEN,  inustulare:  die  kohle  hat  ein  loch  in  das 
kleid  eingesengt. 

EINSENKEN,  demitlere,  schw.  insänka :  1)  einen  zweig, 
pfal,  eine  ranke  einsenken ; 

den  anker  hat  der  Noah  eingesenkt.    Opitz  3,  188; 

und  komm  ich  jemals  wo  dazu 

die  wurzeln  einzusenken.    Hückbrt  236; 

also  siehn  hochwipfliche  eichen  der  berge 
eingesenkt  mit  groszen  und  weithin  reicheniden  wurzeln 

Voss; 

L.  fuhr  den  weg  über  den  noch  blühenden  gottesacker  ein- 
gesenkter tage.    J.  P.  Tit.  3,  84. 

2)  todte,  leichen,  sarge  einsenken,  in  die  grüß  senken : 

willst  du  mich  einsenken  sehen  ?    Gottrr  3, 118, 

3)  das  haupt,  das  äuge  einsenken, 

ein  guoten  köpf  in  schlaf  einsenken.    Friscrlin  116; 
ihr  ruhiges  nur  in  fromme  rührung  eingesenktes  äuge.  J.  P. 
Hesp.  3, 187. 

4)  schrauben  einsenken,  einlassen, 

5)  figürlich, 

wird  ihre  lugend  nicht  den  kindern  eingesenkt, 

so  ist  es  wie  ein  träum,  an  den  man  sehnlich  denkt. 

Flehimg  48; 
und  hat  zu  dieser  glut  den  zunder  eingcsenkct. 

Günther  602; 
so  willen  auch  die  zügellosen  triebe, 
die  uns  nniur  mitleidig  eingesenkt.    \5i. 

6)  sich  einsenken,  versenken:  wenn  sein  innerer,  wie  ein 
cherub  geflügelter  mensch  gerade  die  erlaubnis  hatte,  sich  in 
weiche  phantasien  einzusenken.  J.  P.  llesp.  1,  250.  s.  senken, 
absenken,  verdenken. 

EINSENKER,  m.  was  absenker,  ablegen 

EI.NSER,  m.  für  einer,  wie  man  auch  das  f.  eins  bildete, 
mit  aufnähme  der  neutralßexion  in  das  wort,  einige  schreiben 
einzer:  die  vier  tarokkOnige,  unter  denen  noch  dazu  der  lei- 
dige einzer,  nur  mit  drei  tarokcn  besetzt  ihm  entgegen  drohcte. 
Kl.  Schmidt  kam.  dicht.  353;  aber  der  regierungsadvocat,  der 
eben  den  einzer  abtrumpfte,  erinnerte  u.  s.  w.  356. 

EINSETZEISEN,  n.  eisenplalte  zum  einsetzen. 

EINSETZEN,  impoHcre,  colhcare,  ahd.  insezan,  nnl.  inzetlen, 
schw.  insütla,  ddn.  indsütte,  an  einen  ort,  an  eine  stelle  setzen. 

1)  den  könig  auf  den  thron,  in  das  Innd,  den  priester, 
richlcr  in  die  würde,  in  das  amt :  aber  ich  habe  meinen 
könig  eingesetzt  auf  meinen  heiligen  berg.  ps.  2,  6 ;  ich  bin 
eingesetzt  von  ewigkeit  von  anfang  vor  der  erden,  spr.  Sal. 
8,23;  er  setzt  könige  ab  und  wieder  ein.  Dan.  2,21;  befahl 
im  seinen  son  in  das  königreich  einzusetzen.  1  Macc.  6, 15 ; 
denn  ein  iglicher  hoherpriester  wird  eingesetzt  zu  opfern  und 
gaben.  Ilebr.  8,2;  eine  Zeitlang  wurden  päbste  und  bischöfe 
vom  deutschen  könig  eingesetzt ;  den  boten  einzusetzen  soll 
ein  Stab  gestellt  werden,    weisth.  2,  525. 

2)  den  erwerber  von  grund  und  boden  in  das  land  einsetzen, 
wie  ursprünglich  der  besitz  durch  leibliches  sitzen  auf  dem 
grvndstück   ergriffen   wurde,     ein   volk  wird  in  ein  Linil,    der 


293 


EINSETZEN 


ELNSETZEN — EINSICHT 


294 


eigner  in  ein  haus,  in  eine  wohnung  eingesetzt:  und  ich  wil 
euch  wider  einsetzen,  da  ihr  vorhin  wonetet.  Ez.  36,11;  und 
»il  sie  wider  einsetzen.  Zach.  10,  6.  vertriebne,  verbannte 
werden  aufs  neue  eingesetzt,  der  vater  setzt  seinen  söhn  ins 
erbe  ein.  man  sa^l  aber  zu  erben  icie  zu  könig,  zu  richter 
einsetzen : 

also  hast  du  dein  volk  einsetzend  in  ihr  land 

gesegnet  und  Termehret.    Wkckhbrlix  160; 

sie  aber,  fuhr  sie  fort,  setzt  ich  hiermit  zum  erben 

von  allen  meinen  güiern  ein.    Gkilert  1, 155; 

und  setzte  diesen  freund,  ders  würdig  war,  zum  erben 

von  zwanzig  tausend  ihalern  ein.    1,  196. 

aus  deiner  Schwester  wird  was  schönes  werden!  der  Junker 
wird  sie  prellen,  wies  die  leute  immer  machen:  es  ist  eine 
schände,  dasz  ihn  dein  vater  so  einsetzt  (t»  das  vermügen). 
Müllers  Siegwarl  2,  267.  auch  der  gläubiger  wird  in  die  guter 
des  Schuldners  eingesetzt,  einer  in  sein  theil  an  der  sache 
eingesetzt. 

3)  einsetzen,  gefangen  setzen,  einsperren,  einstetken :  darzu 
hab  ich  auch  allhie  nichts  gethan,  das  sie  mich  eingesetzt 
haben.  1  Mos.  40, 15 ;  diesen  setzet  ein  in  den  kerker  und 
speiset  in  mit  brot  und  wasser  des  trübsals.  Ikön.  22,27; 
legeten  hende  an  sie  und  setzten  sie  ein  bis  auf  morgen, 
denn  es  war  ilzt  abend,    apostelg.  4,  3 ; 

ich  werde 
gefangen  eingesetzt  und  frei  erklärt 
und  ohne  mir  bewust  zu  sein,  warum 
ich  beides  werde.    Schiller  299". 

einsetzen  kann  auch  bedeuten  einlegen,  zu  sich  ins  bett  legen, 
sich  beilegen,  zulegen.  Ha.ns  Sachs  singt  in  der  icittenber- 
gischen  nachligall  II.  1,  S6*: 

zu  heiraten  er  {der  pabst)  verboten  hat 
mönich  und  pfalfen  bei  dem  ban, 
doch  mögen  sie  wol  huren  hao, 
frommen  leuten  ir  kinder  letzen 
und  frembde  eheweiber  einsetzen. 

4)  thiere  einsetzen,  einlegen,  einschlieszen,  in  den  käfich, 
stall,  koben,  teich:  ich  verwunder  mich  hie  mehr,  dasz  du 
die  Vögel  also  einsetzest,  die  doch  weit  und  breit  under  dem 
himmel,  ihrem  vatterlande  flogen.  Pelr.  5S*;  die  fiscbteiche 
und  Vögel  einsetzen  erfunden  haben,  was  hat  sie  änderst 
darzu  beweget  dann  wollust,  dann  Schleckerei?  59"; 

und  eben  hab  ich  in  den  weiher 

zwei  lacbsforellen  eingesetzt.    Göci.ngk  1,  201 ; 

ein  schweinlein  einsetzen,  zur  masl;  gänse  einsetzen,  ein 
pferd  einsetzen  bedeutet  aber  ansciiirren,  einspannen: 

so  ich  das  ros  einsetzen  wil 

do  het  es  verlorn  den  aftersil.    fastn.  sp,  5C5,  35. 

5)  das  thier  setzt  seine  klauen  ein,  in  die  erde,  das  raub- 
thier  seine  krallen  in  das  fleisch;  figürlich,  so  hat  Nigritius, 
der  greif,  bei  uns  seine  krallen  auch  mit  eingesetzt?  causen- 
macher  151.  die  zahne  einsetzen  wird  sovool  von  gierig  fres- 
senden thieren  als  menschen  gesagt: 

halt  einer  wol  gekämpft,  der  frasz  auch  nachmals  frei 
und  salzte  wacker  ein,  dasz  zäbn  und  schwarte  knackte. 

Opitz  1,  101; 

und  trie  der  zahn  eingesetzt  wird,  kann  es  auch  heiszen  dasz 
er  einsetzt :  die  zahne  setzten  ein,  der  zahn  der  zeit  hat  ein- 
gesetzt nicht  unähnlich  ist  die  stimme  einsetzen,  oder  blosz 
'einsetzen',  einfallen  mit  der  stimme:  es  ist  falsch  eingesetzt 
worden,     vgl.  ansetzen. 

6)  Sachen  einsetzen,  bäume,  pflanzen  einsetzen,  .wie  aus- 
setzen, steine,  edelsteine  einsetzen  in  gold,  in  den  ring,  in 
die  kröne:  künstlich  stein  su  schneiten  und  einzusetzen,  i  Mos. 
31,5;  eddelslein  schneiten  und  einsetzen.  33,33.  thüren, 
fensler,  glas,  Scheiben  einsetzen:  sie  bawelen  das  schafthor 
und  setzten  seine  Ihür  ein.  läppen,  stücklein  ins  tuch  ein- 
setzen, brot  in  den  ofen  einsetzen,  metall  zum  schmelzen 
in  den  tiegel  einsetzen,  häute  einsetzen,  zum  gerben  in  die 
grübe,  die  (verrenkte)  Schulter  wieder  einsetzen,  einrücken, 
einrenken. 

7)  waaren  einsetzen,  merces  servandas  Iradere;  geld  ein- 
setzen int  glückspiel;  ins  lotto  einsetzen;  ein  pfand  einsetzen, 
versetzen ;  seine  fahrende  hab  einem  andern  einsetzen.  Frankf. 
reform.  II.  17, 14 ; 

dein  pfand  das  du  mir  set7C$t  ein, 
verscoeim  die  frist,  so  bleibt  es  mein. 

ScaWAIZB.iaiKB  122,  2 ; 


die  zehrung  bezahl  vor  mir, 

oder  setz  mir  den  maniel  ein.    Wickram  roUw.  8"*; 

seine  ehre  einsetzen,  verpfänden,  einen  demantring,  welchen 
die  mutter  unter  der  menge  ihres  gcschmeides  nicht  vermis- 
sen konnte,  zog  sie  von  der  band  und  setzte  selbigen  bei 
ihm  zum  andenken  ein.  pol.  slockf.  259.  einsetzen  heiszl 
daher  aufs  spiel  setzen,  wagen:  gut  und  blut  fürs  Vaterland 
einsetzen;  alle  kraft  einsetzen; 

und  setzet  ihr  nicht  das  leben  ein, 

nie  wird  euch  das  leben  gewonnen  s«in.    Scbillir  330^ 

eini  gegen  das  andere  setzen:  wenn  ältere  personen  recht 
pädagogisch  verfahren  wollten,  so  sollten  sie  einem  jungen 
manne  etwas,  was  ihm  freude  macht,  weder  verbieten  noch 
verleiden,  wenn  sie  nicht  zu  gleicher  zeit  ihm  etwas  anderes 
dafür  einzusetzen  hätten.  GOtue  25,  65.  es  frisch  einsetzen 
heiszl  es  tapfer  wagen: 

rüst  euch,  es  kann  nit  änderst  sein, 

o  ich  wil  es  frisch  setzen  nein, 

mich  wehrn  wie  ein  redlicher  mann.    Atrer  397'. 

8)  einsetzen,  instituere,  anordnen:  ein  acker  einsetzen, 
mancipare  agrum.  Dasypodics  319*;  Christus  hat  das  abend- 
mal eingesetzt;  die  kirche  hat  die  gelübde  eingesetzt  Gotteb 
3,  66 ;  nu  sol  und  kan  der  gottlosen  misbrauch  gottes  Ord- 
nung und  einsetzen  (institutum)  freilich  nicht  brechen  noch 
enderrk  Li;tuer  3,  361* ;  es  sind  allzuviel  feiertage  und  be- 
hörden  eingesetzt ;  so  steig  ich  von  meinem  fürstensitz  herab 
und  setze  die  tugend  darauf  ein.    Klingeb  11, 297 

9)  sich  einsetzen,  in  den  tca^n,  in  das  schif:  dasz  ich 
gleich  den  besten  reisebeschreibern  einen  hintern  habe  und 
damit  mich  zu  einer  recht  vernünftigen  reise  einsetzen  kann. 
J.  P.  teufelsp.  1, 1.  sich  fest  setzen :  je  mee  denn  die  verbil- 
dung  (einbildung)  mit  gedenken  geübt  und  hin  und  har  be- 
wegt und  gegerbt  wirt,  je  fester  und  sterker  sie  sich  insetzt 
und  tiefer  gründet.  Kebersberg  eschengrüdel  dö";  es  ist  von 
menschen  gesetzen  und  Ordnung  also  gemacht  und  hat  sich 
mit  der  zeit  so  tief  eingesetzt,  das  man  meinet,  solch  geist- 
licher stand  sei  in  der  schrift  gegründet.  LtrrHER  1,  37o';  ein 
könig  wird  auf  tod  und  leben  angeklagt,  da  kommen  gedan- 
ken  in  umlauf,  Verhältnisse  zur  spräche,  welche  für  ewig  zu 
beschwichtigen  sich  das  königthum  vor  Jahrhunderten  kräftig 
eingesetzt  hatte.    Göthe  30,  272. 

EINSETZER,  m.  l)  institutor:  vrie  die  wort  laaten  des  ein- 
setzers,  das  ist  Christi.    Lcthes  3,  413*. 

2)  ein  dünnes,  eingesetztes  brel. 

EINSETZLING,  m.  tiviradix. 

EINSETZLÖFFEL,  m. 

EINSETZNAPF,  m.    Leipz.  avant.  1,148. 

EINSETZUNGSWORTE,  verba  institutionis. 

EINS],  unius,  alicujus,  die  schweizerische  form  des  alemanni- 
schen einsen,  zwar  weder  bei  Stalder  noch  Tobler  verzeichnet, 
durch  stellen  bei  Frisids  und  Maaleb  hinlänglich  gesichert: 
mer  dann  einsi  plus  quam  ttnius.  Fbisiüs  1402*;  sich  nach  und 
nacli  einschlöufen,  sich  durch  geschwinde  mittel  zuschicken 
und  einsi  gunst  zu  erlangen  undierston,  insinuare  se.  Frisics 
70S',  Maaler  126*;  sich  an  einen  ergeben  oder  in  einsi  ge- 
walt  kommen,  tn  jus  ditionemque  alicujus  concedere.  in  einsi 
meinung  venvilligen,  concedere  in  sententiam  alterius.  Frisios 
275*.  Maaler  219' ;  einsi  meinung  sein,  einsi  meinung  wissen, 
aditipulari,  scire  sententiam  alicujus.  Maaleb  287*;  volgen, 
nach  einsi  willen  thun.  Fbisils  896*.  Maaleb  472*;  von  uns 
selbs,  on  einsi  hilf  thun,  nosiro  Marie.  Fbisids  804',  und  ttoch 
anderwärts,  was  hier  anzugeben  überflüssig  wäre,  wie  nuH 
dem  einsen  dessen,  entspricht  dem  einsi  dessi,  z.  6.  constat 
de  hac  re,  man  ist  dessi  eins,  constat  inter  omnes,  wir  sind 
dessi  all  eins.  Fbisils  315*.  .Maaleb  100* ;  neben  dessi  erscheint 
aucA  desse:  atque  id  omitto,  desse  wil  ich  gesdivngen.  Fbisils 
133*.  Maaleb  89'.  es  versteht  sieh,  dasz  bei  beiden  auch  die 
gewöhnliche  form  eines  und  des  vorkommt,  man  sollte  nach- 
spüren, in  icelchem  landstrich  diese  ausdrücke  heute  noch  fortleben. 

EINSICHT,  f.  intelligentia,  Judicium,  nnl.  inzigt,  schw.  in- 
sigt,  dän.  indsigt 

1)  der  einblick:  nach  einsieht  des  briefs,  der  Verhandlun- 
gen; die  einsieht  in  ein  thal,  in  eine  gegend;  der  Genfer 
see  wird  hier  von  den  Walliser  und  Savoyer  gebirgen  eng 
eingeschlossen,  die  steil  herabgeben,  die  einsieht  ins  Wallis 
ist  ahndungsvoll  und  die  Schweizerseite  mit  Weinbergen  sorg- 
fältig und  fröhlich  genützt.  Götbe  an  fr.  v.  St.  1,  264 ;  darauf 
suchte  sie  die  manuscnpte  vor  und  vergönnte  dem  begierigen 

19* 


295 


EINSICHTIG  —  ELNSIEDELSCH 


EINSIEDEN— EINSINGEN 


296 


nicht  nur  einsieht  davon,  sondern  auch  abschrifl  zu  nehmen. 
GöTUE  21, 1S9. 

2)  ein  mann  von  bildung  und  einsieht,  von  reifer  einsieht  ; 
mit  tiefer  einsieht  begabt;  er  urtheilt  nach  bester  einsieht; 
aus  mangel  an  einsieht  urlheilte  er  falsch;  nichts  kann  den 
einsieliten  nachtheiliger  sein,  als  sogar  blosze  gedanken  ver- 
fälscht mitzulheilen.  Kant  2,  563;  deine  gründlichen  einsich- 
ten  in  die  bewirtschaftung  und  besonders  in  der  Verbesserung 
der  feldgüter.    Güthe  19,  t47,  mit  wechselndetn  casus. 

3)  man  sagt  einsieht  nehmen  und  einsieht  haben :  habt  also 
einsiehten !    J.  P.  flegelj.  f,  14. 

ELNSICHTIG,  ititelligens,  prudetis:  denn  fremdes  beurtheill 
niemand,  ehe  er  zu  hause  einsichtig  ist.  Göthe  üO,  24 ;  ein- 
sichtige kunstliebe.  43,  318  ;  durch  Wissenschaft  oder  auch  nur 
durch  erfahrung  in  die  sache  einsichtige  münner  zu  rathe 
ziehen.  Garves  übers,  von  Cic.  de  off.  1,113;  ein  recht  ein- 
sichtiger mensch. 

EI.NSICHTLICH,  intelligibilis,  deutlich:  und  zwar  sollte 
dieser  hohe  gewinn  einem  jeden  geistreichen  menschen  fühl- 
bar und  einsichtlieh  sein.    Göthe  44,  222. 

EINSICHTVOLL,  EINSICHTSVOLL,  jenes  schreibt  Hagedorn 
in  der  voirede  zum  ersten  band  s.  xx,  letzteres  aber  ist  die 
herschende  form. 

EINSICkERN,  sensim  cessare  stillando,  substillare:  in  den 
sand  einsickern,  die  nässe  sickert  ein ;  nun  bog  sieh  der 
regenbogen  eines  heilern  lebens  über  die  einsickernde  sünd- 
flut  herüber,  welche  bisher  dem  ehepaar  schon  bis  an  die 
herzgrube  gestiegen  war.  J.^  Siebenkäs  1, 150  (211).  vyl.  sintern, 
sickern,  Siegern,  siefern. 

ELNSIEBEN,  cribrando  indere:  zucker  einsieben. 

EINSIEDEL,  m.  eremila,  waldbruder,  klausner,  ahd.  ein- 
sidilo,  mhd.  einsidele,  einsidel,  gebildet  wie  lantsidilo,  lant- 
sidele  :  einsidel  oder  cleusner,  heremila,  anachoreta.  voc.  Iheul. 
14S2  f7';  es  begab  sich  einist,  das  ein  einsidel  besucht  den 
andern.  Keisersberg  s.  d.  m.  lO';  wann  die  einsidel  {für  ein- 
sideln)  kunten  die  propheten  all  auswendig,  ll';  und  da  er 
lange  weil  im  wald  umbgangen  was,  zuletst  sieht  er  über 
sieh  und  ersieht  ein  einsidels  (für  einsideln)  heusgin  fast 
eraltet.  Aimon  v4';  vermeint  er  wer  ein  heiliger  einsidel. 
z3';  gern,  sprach  der  einsidel,  ich  wil  mit  euch  teilen.  l!ug- 
schapler  1 ;  so  wil  ich  ein  einsidel  oder  manch  werden,  buch 
der  liebe  273,  4 ;  denn  sie  (die  Türken)  haben  auch  einsidel 
und  mönchen.  Jonas  bei  Luther  6,46'/;  man  lieset  in  vitis 
patrum  von  S.  Antonio  und  etlichen  andern  groszen  heiligen 
einsideln.  6,  470';  des  einsidels  lied.  Weckuerlin  843;  Diü- 
nysius  der  einsideL    Opitz  1,  26 ; 

also  musz  ich  auch  jetzt  ab  vom  Rinaldo  springen 
und  auT  Angeiicam  nun  meine  stimme  bringen, 
die  ich  gelassen  hab,  als  sie  Rinaldo  llesz, 
indessen  aber  gleich  auf  den  elnsiedel  stiesz. 

WüRDERS  Ariost  8,  29; 
und  der  einsiedel  sprach  ihm  also  seinen  segen.  '15,  28. 
noch  im  Simpl.  cap.  6 — 12  der  einsidel,   allmälich  aber  wich 
diese  form  der  fortbildung  einsiedler,  und  nur  ausnahmsweise 
bedient   man   sich  noch  der  einfacheren,    z.  b.  dann  wies  der 
einsiedel  Leonoren  ein  lager  an.    Tiecks  Sternb.  1,  305. 

EI.NSIEDELEI,  f.  tedes  eremitae,  klause,  solitudo:  einsie- 
deleien.  Gothe  44,  236.  figürlich,  eine  gewisse  einsiedelei  seines 
innern  beschinnt  er  wacker  durch  eine  gewisse  unbelesenheit. 
J.  P.  bücherschau  1, 109. 

EiNSIEIlELICH,  solilarius,  für  einsiedellich:  die  groszen 
namen  von  irem  heiligen  ein^iddelichen  leben  haben.  Lotiier 
6,  153*. 

ELNSiEDELICH,  solilarie:  aU  laug  wir  bei  einander  seind, 
to  will  ich  nit  einsidlich  leben.    Aimon  B4'. 
EINSIEDELISCH,  dasselbe. 

EINSIEDELLEßKN,  n.  vila  solitaria:  man  list  wol  von  etli- 
chen,  die   in    irer  blüenden  jugent  ein  einsidelleben  an  sich 
genommen  hnben.    Keisersbergs  predigen  Augsb.  1508.  8*. 
ELNSIEDKLN,  tolilariam  vitam  agere: 

einitiedetnd  auf  de»  Ätna  höhen  haust 
ein  froinriier  kj.iuvner,  von  uraltem  her 
der  grei»  gcn.-mat  des  bergt.    Schillkr  608*; 
•ie  (ind  unschuldig,  der  loll  elntiedelnde  vSter. 

Luite  ausg.  l.  h.  $,  167  { 
ja,  tief  dauerte  mich,  hültlof  emsiedelnde,  euer!    «.  IA8; 
ein  irAg  elnuiedelnder  nhu.    Vo««  anderituio. 
EINSIEnELSCIl,   »ai   elnuiedeliüch :   also  fürt  er  ein  cin- 
ai(lel»«li  leben.    KBisKtttBao  Marie  himtlfart  17'. 


EINSIEDEN,  1)  incoquere,  einkochen:  obst,  kirschen  ein- 
sieden; brühe,  suppe  einsieden,  dicker  kochen;  süsze  Sachen 
einsieden.  Megerles  Jurfas  1, 179;  ledcr  einsieden  :  eingesotten 
leder.    Garg.  117'. 

2)  inlr.   incoqui,  arescere: 

su|>pc  kocht  und  siedet  ein, 

braten  will  verbrennen.    Götbk  1,  153. 

EINSIEDLER,  f7i.  1)  eremila,  wäre  mhd.  einsidelare,  was  nicht 
vorkommt,  schon  Dasypodiüs  319',  Henisch  846,  56  setzen  dem 
einsidel  einsidler  zur  seile,  und  im  Simpl.  K.  59,6  erscheint, 
im  18j'A.  verdrängt  es  den  alleren  ausdruck; 

viel  einsiedler  der  gruft  deckt  die  vergessung  auch. 
Klopstock  7,  18; 
aber  legte  nicht  der  graue  einsiedler  Spener  dem  tiefern  ein- 
siedler (dem  in  einsamer  grüß  ruhenden  fürsten)  eine  doppelle 
Jugend  (porlraite  aus  der  Jugendzeit)  auf  die  gesunkne  brüst? 
J.  P.  Tit.  2,  85. 

2)  in  Baiern  ein  einsam  liegender  landbauer,  s.  einGder. 

3)  einsam  hausende  vögcl,  käfer,  krebse  heiszen  auch  ein- 
siedler, corvus  eremila,  turdus  eremila,  scarabaeus  eremila, 
Cancer  parasUicus. 

EINSIEDLERIN,  f.  klausnerin: 
wen  ihr  erhobt,  bcgeisiertci,  oft  sann  der  auf  ein  bündnis, 
aber  unl^son$t,  ihr  bliebt  einsiedlerinnen.    Klopstock  2,  20. 

EINSIEDLERISCH,  solUarius:  der  einsiedlerische  vogel, 
die  eule; 

unten  am  throne  sasz  einsiedlerisch,  finster  und  traurig 
seraph  Abdiel  Abadoniia.    J/esvi(w  2,  627  ; 

diese  begriffe  sind  keine  grillen  einsiedlerischer  weltbeschauer. 
\ViEt.AND  7, 114 ;  ob  der  mensch  von  natur  ein  geselliges  oder 
einsiedlerisches  thier  sei.  Kant  10,  365 ;  er  hatte  die  fehler  der 
einsiedlerischen  jugend.   J.  F.  Tit.  1, 154. 

EINSIEDLERLEBEN,  n. 

EINSIEFERN,  exarescere,  humorem  amittere.  Stieler  1653, 
vgl.  einsickern,     nnl.  inzijpen  ist  inslillare. 

EI.NSIEGEL,  m.  Schweiz,  isigel,  zugäbe  an  fleisch,  überhaupt 
lästige  Sache.  Stalder  2,  321.  374.  Tobler  423'.  vermutlich 
nichts  als  eine  der  vielen  entstellungen  des  toortes  ßr  einge- 
weide,  eingeschlinge. 

EINSIEGELN,  sigillo  indudere:  geld  einsiegeln,  den  brief, 
die  .^ehachlel. 

EINSILBE,  f.  unica  syllaba:  die  herzliche  beredsamkeit, 
wo  eine  einsilbe  oft  mehr  gilt  als  ein  prahlendes  allerseits 
nach  stand  und  würden.    Hippel  Icbensl.  1,  324. 

EINSILHICHT,  monosyllabus :  wenn  du  findest  ein  einsil- 
biehles  geijietswort  (impcraliv),  als  zum  cxempel  trag  dein 
leiden,  so  denke  nicht,  dasz  ich  die  apostrofe  vergessen. 
Nedmarks  luslwäldchen  vorrede; 

miiu  machet  sich  die  lust  aus  diesem  einirachtsglücke 
einsilbicht,  auch  nur  selten,  kund.     Hagedorn  2,38; 

eben  weil  die  prosodie  keine  einsilbichte  füsze  erkennet. 
Lessing  9,  306. 

EINSILBIG,  dasselbe,  adj.  und  ade. :  ich  erwarte  ihren  be- 
fehl  durch  unser  einsilbiges  Lottchen.  Rabener  6,  108 ;  ihr 
wollt,  dasz  ich  mit  dem  stolz  eurer  triuniphatoren  nur  leise 
und  einsilbig  von  meinem  siege  reden  soll.  Klopstock  8, 196  ; 
ein  kalter  einsilbigermann.  12,137;  diese  kalte  einsilbige  ver- 
schbssenheit.    Gotter  3,  9. 

EINSILRIGKEIT,  f. 

EINSINGEN,  dän.  indsynge,  1)  crebra  cxereilatione  cnnlare 
discere:  ein  lied  einsingen;  wann  sie  (die  sapphtschen  gesänge) 
nicht  mit  lebendigen  stiintnen  und  in  musicalisehe  instrumeule 
eingesungen  (d.  i.  zu  m.  inslrumenlen  gesungen)  werden  Opitz 
poeterei  61;  sich  einsingen,  sich  in  den  gendinj  einüben. 

2)  canendo  tradere,  inferre: 

selbst  dem  düstcrghitigien  tnrtarus 

•ang  seine  (des  Orjdieun)  leler  ergötzen  ein. 

VViLLAHow  poel.  sehr.  43; 

wem  könnt  os  da  gelingen, 
Terenzcns  hoino  sum  dun  siulzen  beizubringen? 
die  musen  verlören  die  müh  es  ihnen  einzusingen. 

WiKLANo4,  77; 
•ie  sangen  dir  in  todespein, 
sangen  labungston  dir  ein.    IUrdkr  3,  8S. 

3)  cantibus  sopire: 

er  scbirtfi '  »o  recht,  ihr  lufigon  zarten  jungen, 

ihr  hobt  ihn  treulich  eingesungen!    Görus  12,77; 

Tom  netkon  imd  vom  ro^ensiock  ' 

•Ost  angehnuchet,  eingesungen 

von  tautcnd  hcimcheii.    Gokinck  1,83; 

meines  weibcben«,  diis  den  junfirn 

eben  iixt  bat  eiugesuugon.    2,  59 ; 


297 


EINSINKEN—  EINSITZEN 


EINSITZEN  — EINSMALS 


298 


so  werden  weinende  kinder  toti  der  liebenden  mutter  zum 
schlaf  eingesungen.  Tieck  ges.  nov.  4,268;  fürsten,  schon  in 
der  wiege  von  huldigungen  eingesungen.  J.  P.  Fibel  115;  als 
endlich  Chariton  den  Säugling  mit  einem  wiegeniiede  einsang. 
Tit.  2,  54 ;  Älbano  bildete  sich  ein,  mit  diesen  dithyramben 
sei  seine  weinende  seele  ganz  eingesungen.  3, 156.  vgl.  ein- 
lullen, einwiegen. 

EINSINKEN,  labi,  nnl.  inzinken,  schic.  insjunka,  ddn.  in- 
synke. 

1)  die  sonne  sinkt  ein,  berge  sinken  ein;  o  wenn  abends  die 
sonne  einsank,  wie  ein  berg.  J.  P.  Tit.  2,  S6 ;  bis  die  nacht  ein- 
sank (lierein  sank)  und  ihre  kühle  verbreitete.  Ardinghello  1, 11. 

2)  ins  meer,  in  die  flut  einsinken,  versinken  ,•  schifife  sanken 
ein  ;  dächer,  häuser  in  die  glut. 

3)  in  den  boden,  in  die  erde  niederstnien,  niederfallen: 

wenn  einst  ich  lodi  bin,  wenn  mein  gebein  zu  staub 
Ist  eingesunken.  Elopstock  1,  40; 

ich  sinke  zu  verwesen  ein 
und  werde  wieder  erde.    7.261; 

er  zitterte,  erblaszte  und  einsank  (für  sank  ein).  Pestalozzi 
2,  361 ;  vor  ermuttung  und  schwäche  er  fast  einsank.  2, 15 ; 
ich  sterbe  vor  hunger,  sagte  jetzt  das  kind,  und  wollte  fast 
einsinken.  3, 414 ;  dieses  bild  seines  lebens  stand  vor  ihm, 
als  er  am  schrecklichen  ort  vor  euch  einsank.  2,363;  der 
vogt  war  fast  athemlos  und  zum  einsinken  erschöpft.  2, 18 ; 
bis  zum  einsinken  ergriffen,  sah  ich  nicht  was  um  mich  her 
und  mit  mir  vorgieng.  2, 240 ;  meine  zu  weiche  seele,  die 
schon  unter  drei  frohen  minuten  einsinkt.  J.  P.  Hesp.  2, 111. 

41  seine  äugen  sanken  ein;  die  eingesunkne  wange.  Götter 
1, 169 ;  seine  kniee  sanken  ein ;  er  sank  ein  in  die  arme  des 
Schlafs. 

5)  der  boden,  die  mauer,  die  wand,  die  Scheidewand  sinkt 
ein: 

Jetzt  oder  nie.    wir  sind  allein, 

der  eiikette  bange  Scheidewand 

ist  zwischen  söhn  und  vater  eingesunken.    Schiller  255'. 

EINSINKUNG,  /".  die  einsinkungen  der  obersten  erdrinde. 
Kant  9.  30. 

EINSINNIG,  tinanimtis,  Concors,  einmütig:  denn  wir  seind 
sunst  allenthalben  gern  einmütig  und  einsinnig.  Melanciithon 
sendbrief  an  einen  karlheuser.  Willenb.  1524.  bl.  2 ;  so  wurden 
sie  mit  einander  einsinnig  {eines  sinnes).    Salinde  122. 

EINSINNIG,  obslinalus,  eigensinnig,  auf  einem  sinn  behar- 
rend :  da  aber  je  diese  einsinnige  leut  sich  nicht  hieran  ver- 
nügen  wollen.  Amadis,  achtes  buch.  Frankf.  1573.  vorr.  an 
den  leser  Al'. 

EINSINNIGKEIT,  f.  obslinatio :  wenn  er  von  derselben  sei- 
ner einsinnigkeit  abweiche  und  sich  wiederum  bekerele,  werde 
er  beflnden  und  erkennen, '  das  solchs  aus  einem  löblichen 
exempel  viel  heiliger  veter  beschche.    Lctuer  2,  429*. 

EINSINTERN,  wie  einsickern :  in  den  schiffen  sind  brun- 
nen,  in  welchen  das  einsinternde  wasser  sich  sammelt.  Forster. 

EINSITTEN,  usu  venire,  invalescere  und  Irans,  novum  morem 
inducere:  damit  auch  der  catechismus  dem  gemeinen  volke 
sonderlich  eingesiltet  und  bekannt  werde,  visilationsabsdiied 
von  1541,  bei  Haltaus  301. 

EINSITZEN,  insidere,  sedere  loco. 

1)  der  kranke  musz  einsitzen,  kann  nicht  atisgehnf  die 
kindbetlerin  sitzt  ein,  liegt  im  Wochenbett,  vgl.  einliegen;  er 
sitzt  bestandig  ein,  ist  ein  Stubenhocker. 

2)  einsitzen,  tcohnen :  ich  hör  wol,  wir  sollen  und  müssen 
einer  ieglichen  ein  slüblin  bawen,  da  sie  einsäsz.  Keisersb. 
(pinnenn  e5';  in  der  Stadt,  im  land  einsitzen:  das  Thomas 
nicht  da  (in  Nümterg)  einsasz.  Lltiier  3,127';  umb  gunsl 
bitten  dort  einzusitzen.  3, 48 ;  das  gott  den  endchrist  nicht 
Widder  einsitten  lasse,  br.  2, 169 ;  jetzt  bist  du  mein  mann 
und  dessentwegen  hab  ich  dich  in  die  guter  einsitzen  lassen, 
dasz  du  mir  pariren  solst.  Weise  erzn.  9.  daher  häufig  ein- 
gesessen, im  land,  gau,  gerichl,  im  gut  sesihaß,  ansässig: 
die  eingesessenen  des  ambts  und  gogericbts.  weislh.  3, 76 ; 
Ton  geburt  und  eitern  ein  ingesessener  Teutscher.  Pbilaxder 
1,133;  ihre  colonie  theilte  also  die  Wohnungen  wol  nicht  mit 
volskischen  eingesessenen.    Niebürr  3,  275. 

3)  einsitzen,  sich  einsetzen,  in  den  vagen,  in  das  schif: 
der  wagen  fährt  vor,  lasz  uns  einsitzen; 

sie  siizen  ein,  der  wagen  fleugt.    Wieiand  17,  lOS; 
sitzet  nur  ein,  und  getrost  vertraut  mir  den  leib  wie  die  seele. 
GöTHK  40,303; 


einen  blinden  passagier  in  den  wageu  einsitzen  bssen;  dasz 
er  wie  unsinnig  weglief,  aufpackte,  anschirrte,  einsasz,  fort- 
jagte. J.  P.  Hesp.  4, 167.  zu  schif  eingesessen,  franz.  Simpl. 
1,  203.  man  sagt  auch  transitiv,  den  stuhl,  den  sessel  ein- 
sitzen, das  kissen  darauf  platt  drücken,  vgl.  durchsitzen. 

4)  einem  einsitzen  gilt  von  dem  Vogelfänger,  dem  sich  der 
gelockte  vogel  auf  die  falle  setzt: 

ein  Togler,  dem  die  vogel  einsitzen  söllent. 
^BADi  pasq.  2, 138 ; 

die  kupplerin  sagt  von  dem  jüngling: 

er  ist  sein  tag  von  seinem  haus 

so  weil  nie  als  jetzt  gllogen  aus, 

ist  ein  Jungs,  unbesunnens  kalb 

und  hat  fürwar  sein  witz  nit  halb. 

ach  wenn  mir  der  einsitzen  soll, 

}imb  sein  gelt  ich  ihm  kaufen  wolt 

Fiordila,  die  schöne  fraueu.    AinKufastn.i*; 

der  geck  mir  gleich  jetzt  recht  einsasz, 

und  eben  wie  dem  hund  das  gras 

sol  ihm  disz  sein  bulen  bekommen.    85'. 

ähnlich,  wo  das  Wespennest  einmal  unserm  reiche  einsitzet 
Weise  freim.  redner  73. 

5)  figürlich,  nach  2,  etniroAnen,  insidere,  festsitzen,  sich  fest- 
setzen :  got  ist  ein  insitzen  in  sich  selber.  Eckbart  96,  33.  97, 1. 
vgl.  einstehen;  und  sol  von  nu  anheben,  wenn  er  (Christus) 
einsitzt.  Lcther  3.,  1S8' ;  so  were  der  geist  nicht  eingesessen. 
3,  49 ;  wie  man  leider  im  bapstum  gethan,  und  alles  lassen 
einreiszen,  was  der  tcufel  gewolt  hat,  und  nu  er  eingesessen 
ist,  sich  nicht  wil  lassen  austreiben  noch  einiges  stücklin 
einreumen.  6, 150';  es  ist  das  gesetz  des  bapstes  zu  tief  ein- 
gesessen, das  wir  die  alten  »schleuch  und  fasz  nicht  künnen 
alle  beseit  thun.  2,99*;  dieser  artikel  ist  der  heubtartikel, 
und  das  er  ja  wol  einsäsze,  ist  er  gar  durch  viel  capitel  und 
nahend  durchs  ganz  geistlich  recht  imer  an  und  angezogen. 
1,  355' ;  ein  eingesessener  magenschmerz.  J.  P.  Fibel  44 ;  ein- 
gesessenes übel,  malum  inteteratum;  eingesessene  meinung, 
opinio  insita. 

6)  was  meint  einsitzen  in  folgender  stelle? 

redlichkeit,  du  must  nicht  messen 

alle  waar  mit  deiner  ehie, 

wirst  sonst  haben  eingesessen, 

dasz  dir  viel  am  facit  fehle.    Logac  2, 185,42. 

EINSITZIG,  unius  sedis:  einsitziger  wagen;  einsitzige  Ver- 
sion.  J.  P.  10, 154. 

EINSMAL,  aliquando,  eine  tadelhaße  form,  die  sich  bei 
Götüe  40,  50  findet : 

einsmal  folgt  er  mir  auch  im  Jülicher  lande, 

und  leicht  zu  bessern  in  einsmals  oder  einmal,  vielleicht  nur 
ein  druckfehler  ist,  denn  nachher  heiszt  es  richtig 

einmal  lag  ich  versteckt.    40,  7S: 

einmal  trau  ich,  zum  letztenmal  noch.    40,  83. 

der  Verstoss  scheint  doch  schoti  all,  denn  auch  im  pers.  rosen- 
thal  1,  5.  8.  9.  2,  6.  32.  Lokmans  fab.  21.  22.  30  sieht  einsmahl, 
neben  einmahls  rosenth.  1, 1.  35  und  öfterem  einsmahls.  s.  einst- 
mal. 

EINSMALEN,  z.  b.  in  Stillisgs  jugend  2,  45.  Klixcebs  Ih. 
3,  288,  gleich  verwerflich,  für  einen  malen,  s.  einstmalen. 
EINSMALS,  gen.  von  ein  mal,  mhd.  eines  mäles,  bezeichnete 
1)  ursprünglich  so  viel  als  auf  Einmal,  mit  einem  mal,  plötz- 
lich, nach  Maaler  100'  einsmals,  mit  einanderen,  als  in  eim 
streich,  in  einer  arbeit,  de  repente,  tenore  uno:  das  wirst  du 
hören  nach  und  nach,  ich  kan  es  nit  als  einsmals  sagen, 
nicht  alles  auf  einmal.  Keisersb.  omets  44";  wenn  ich  nit  be- 
scheidenheit  hielt  in  dem  predigen  und  wölt  all  tag  zwo  oder 
dri  predigen  thun  und  min  houpt  einsmols  überladen,  so  ver- 
derbt ich  mich,  bilger  157*;  das  er  ouch  nit  si  ein  fantast, 
ein  nerrescher  bilger  deren  einer,  die  de  on  Vernunft  und  on 
bescheidenheit  einsmols  in  den  dienst  gottes  bletschen.  16«' ; 
das  gemüt  mag  nicht  zwei  ding  gedenken  eins  mals,  als  we- 
nig ein  ding  mag  sein  dreieckecht  und  viereckecht.  s.  d.  m. 
U*;  so  er  im  doch  die  miteinander  wol  heilen  möcht  und  ir 
aller  abkem  eins  mals.  8*;  das  wer  ein  lange  weite  materi, 
icb  kan  es  nicht  alles  eins  mals  ausrichten.  29*;  da  so  vil 
heuwschrecken  waren  in  Egypten,  do  käme  ein  wind  von 
nidergang  der  sonnen  und  warf  sie  all  eins  mals  in  das 
meer.  34' ;  das  seind  fier  blatem  oder  sfind,  die  du  eins  mals 
thuest,  du  schneidest  im  sein  eer  ab,  du  Ouchest  im,  du 
heiszest  in  böses  thon  und  dreust  im.  39' ;  und  üengen  mit- 


299 


EINSMALS  — EIN  SO 


ELNSOHLIG  —  EINSPÄNNER 


300 


einander  einsmals  ein  jämmerlichs  weinen  an,  da  bort  man 
nichts  anders  denn  o  vatter,  o  tochter!  buch  der  liebe  2iiO,  2; 
er  sagte,  wie  er  viel  einsmals  (auf  einmal)  ausgericht,  erst- 
lich U.S.W.  213,4;  die  Persen  ruckten  desto  heftiger  auf  die 
ßiemmier  dar,  als  ob  sie  sie  wollen  einsmals  gefangen  nera- 
men.  220, 4 ;  sibe  da  machte  er  sich  einsmals  (repente)  auf 
und  lauft  wie  ein  unsinniger  dem  aitar  zu.  228,2;  Laurette 
sprach,  nicht  wollet  einsmals  also  erschlagen  sein,  sondern 
entdecket  mir  euwer  anliegen.  240, 4 ;  da  sah  er,  dasz  aus 
einem  wald  aufwischten  alle  vögel,  so  darinnen  waren,  er 
sprach,  da  iigt  ein  zeug  verbürgen,  das  erkenn  ich  an  den 
vögeln,  das  sie  einsmals  aufwischen,  schimpf  und  emsl  1555 
cap.  52;  dann  ob  schon  er  in  der  eil  antwort  fordert  und 
stell  sich,  als  woll  er  einsmals  auf  der  post  zu  der  Hugo- 
nolen  predigten  laufen,  ist  ihme  doch  nicht  ernst.  Fischart 
bienenkorb  133' ;  da  ward  ir  plau  vor  den  äugen,  das  hinderst 
theil  des  hals  warm,  der  rückgrat  kalt,  einsmals  rotprecht. 
Garg.  82' ;  warlich,  das  kan  jetzund  so  einsmals  (so  auf  ein- 
mal, so  schnell)  nicht  sein.    236*; 

ein  man  soll  nicht  ein  Sturmwind  sein, 
der  im  baus  einsmals  als  werf  ein.    ehz.  15; 
soll  nicht  einsmals  als  wölln  lemmcn, 
sonder  allgmach  das  bös  hinncmmen.    16. 

1«  allen  diesen  beispielen  enthält  einsmals  die  wirkliche  ein- 
zahl,  es  kommt  aber  allmälich  auszer  gebrauch  und  wird  durch 
auf  einmal,  mit  einem  mal  vertreten. 

2)  wie  einmal  in  einmal  gierig  auch  einsmals  in  einsmals 
über  und  empfieng  wiedemm  den  sinn  von  aliquando,  quondam, 
olim  : 

mhd.  nü  kam  er  eines  mäles  hin.    Engelh.  5840. 

nhd.  die  etwa  nicht  gleubten,  da  gott  eins  mals  harret  und 
gedult  hatte  zu  den  zeiten  Noe.    1  Petr.  3,  20 ; 

einsmals  darnach  Unfalo  sasz 

in  seinen  gedanken.    Teuerdank  29,  1; 

einsmals  da  kam  im  das  gescbrei.    90,4; 

einsmals  wolt  er  Je  werden  innen.    H.  Sachs  IV.  3,59*; 

einsmals  gedacht  er.  zu  probieren.    Waldis  143'; 

ich  hett  einsmals  ein  nachbauren.  ßocc.  1,15';  herr,  ich  wüst 
nicht  wohin  einsmals.  1,16";  vcrhoffet  auch  einsmals  reich  zu 
werden.  Wickham  rollw.  37 ;  wie  er  einsmals  die  weinkanden 
zu  oft  gelaret  hett.  Kirchhof  wendunm.  114';  zog  einsmals 
ein  junger  Student  nach  Paris.  136';  dieselbig  frau  regt  eins- 
mals iren  mann  an  geste  zu  laden.   211'; 

wann  er  gehet  durcb  ein  ibor,  duckt  sich  N;inus  immer, 
denn  er  sah  sich  einsmals  grosz  abends  in  den!  Schimmer. 
LocAU  2,  184,  39; 

sie  wetteten  einsmals  um  eitlen  thaler.  Jucundiss.  133;  eins- 
mals bekam  ich  lust  meine  eitern  zu  besuchen.  135;  eins- 
mals sah  meine  mutier  in  den  spiegel  und  fragte  mich,  ob 
ich  nicht  eine  schöne  mutler  hätte?  Rabener  2,16;  endlich 
führte  er  mich  einsmals  lief  im  baine  des  Apollo  in  eine 
grolle.  WiEiAND  2, 15;  hier  geschah  es  einsmals,  dasz  sie  von 
einem  ungewitier  überrascht  wurden.  3,  218  ;  wie  Daemonion, 
den  die  göttin  Dina  einsmals  bezauberte.  11,67;  einsmals  als 
Eberhard  den  bcrg  herunter  kam  und  die  untergehende  sonne 
betrachtete.  Stii.lincs  Jugend  5 ;  einsmals  war  sie  besonders 
wül  bei  laune.    Musaeus  kindcrklapper  4; 

da  nnn  begab  sichs,  dasz  einsmals 

ein  lumpenliexchen  auf  den  hals 

in  kell  und  banden  sasz.    ÜCrceb  24^; 

einsniiils  der  k.iiser  Konrad  war 

dem  guten  siadilein  bosc.    25'; 

ein^maU  ertiiieir  der  kleine  held 

das  beiligthum  der  klösterlichen  mauern. 

Kl.  Schmidt  kom.  dichlufigcn  54; 
eiusmaU  kam  ein  todler  aus  Mainz  an  dio  iil'orte  des  bimmels. 

Luise  l,MH; 

ich  will  den  gedanken  nur  auf  sich  selbst  beruhend  hinstel- 
len, duHz,  wie  einsmals,  in  viel  spüterer  zeit,  der  gesannnle 
plebejische  stand  M.  Manlius  als  seinen  patron  anerkannte, 
>o  in  seiner  ersten  enUlehung  die  könige  patrone  der  ge- 
meinde waren.  Nieduiib  1, 454.  allein  auch  dieses  einxmaU 
weicht  heule  dem  einmal  oder  dem  einst,  und  iW  oß  in  einst- 
mals verderbt  wurden,     vgl.  desmals,  ehmals. 

tl.N  .SO,  talii  ?  tuliler?  sp.  123. 124  wurde  so  ein,  so  einer,  nd. 
»ün  in  dieser  bedcutung  aufgeführt,  die  Oslreichisclie  volkspraehe 
hat  ein  so,  ein  »o  ein  und,  weil  a,  an  für  ein  steht,  nso, 
die  bairitche  aiso  und  näselnd  acsu,  aeosu  (Scum.  3,162. 


183),  die  schweizerische  eso,  aso  (Tobler  172'),  auch  die  thü- 
ringische, fränkische  es 6,  gleichsam  verstärktes  so,  taliter 
Schmeller  ftndet  den  ausdruck  schwer  zu  deuten  und  führt  ihn  auf 
also  zurück,  wogegen  doch  jenes  aenso  und  die  folgenden  formen 
streiten:  ein  so  ein  geistlicher  herr,  wie  ich  bin,  wird  noch 
um  ein  zwairing  glaubn  vermeritirn.  Schwabe  nmeH/uAz  s.  54; 
aber  itze  weis  ich  ihm  dfeign,  weil  er  ein  so  ist.  s.  75.  frei- 
lich erscheint  es  daneben  auch  für  taliter:  ich  hab  die  frau 
bebamm  um  rath  gfragt,  weil  mir  nur  seit  dem  erchtag,  wie 
ich  bin  vom  kindtautsstritzl  haim  kumen,  als  woselbst  die 
gchrtist  junfer  auch  präsent  gwesn,  ein  so  ist.  «.56;  dies  nit 
mit  der  zunipft  (zunß)  halten  wölln  und  nur  ein  so  in  der 
stille  hairalich  ins  bandwerk  pfuschen,  wie  die  pönhasn.  s.  67; 
die  sich  ein  so  vermaschkerirt  bahn,  dasz  mer  gmaint,  sei 
einer  mit  guelen  starken  wadeln  versechn.  s.  103.  es  lästt 
sich  nicht  bezweifeln,  dasz  man  es  hier  für  also  nahm,  wie 
auch  das  persönliche  ein  so  ausgelegt  werden  könnte  ein  sol- 
cher, ein  also  beschaffener.  Schmei.ler  183  bringt  'ain  solch 
ainer'  bei,  was  jenem  "ein  so  ein'  ganz  nahe  tritt,  das  engl. 
such  ist  nicht  nur  talis,  sondern  auch  taliter,  tali  modo. 

EINSOHLIG,  EINSÖHLIG,  unius  soleae:  cinsohlige  schuhe. 

ElNSÖHNEiN,  reconciliare  Rädlein  231*,  bei  Stieler  2057 
einsönen  insinuare,  nd.  insonen,  insunen  Störenbdrc  96": 

bis  dasz  ich  eingesehnct  hab 

mein  frau  mutier  bei  ihrem  gemahl, 

und  wenn  er  herler  wer  als  stahl, 

wil  ich  doch  nicht  von  im  ubian, 

bis  er  sie  wieder  niramet  an.    Atrer  288'. 

steh  mit  aufwartung  einsönen,  benevolentiam  alicujus  bencßciis 
allicere.  Stieler.     s.  einsühnen  und  aussöhnen. 

EINSOMMERN,  aestati  assuescere:  wir  sahen  die  Jahrszeiten 
sich  wälzen,  wir  sommerten  und  winterten  uns  gleichsam  in 
die  well  ein.    Herder. 

EINSÖMMEHN,  niessem  facere.    Stieler  2060. 

EINSPALEN,  mcmbrum  fractum  reponere,  einrenken,  eigent-, 
lieh  nur  armum,  denn  spale  ist  das  it.  spalla,  franz.  epaule, 
lat.  spatula,  OTiad'Tj:  die  beinbrüch  sollen  gebunden  werden 
alle  tag  zweimal  und  nicht  eingespalet,  sonder  mit  den  eisenen 
ringen,  die  auf  die  schrauf  gestellt  werden,  die  zu  beschrei- 
ben hie  nicht  endeckt  mag  werden.  Paracelsus  chir.  sehr. 
49' ;  denn  so  das  glid  recht  eingespalet  wirt  und  in  der  tem- 
peralur  behalten,  so  heilets  der  mumia  des  glides  ehe.  zu, 
dann  allen  kreutern  möglich  ist.    347'. 

EINSPÄNEN,  beim  pressen  der  tuche  die  späne  einlegen. 

EINSPANNEN,  nnl.  inspanuen,  schw.  inspänna. 

1)  equos,  boves  jüngere,  anspannen:  die  kleine  liesz  ein- 
spannen und  fuhr  über  land.  Güthe  21,  143;  zugvieh  ein- 
spaimen; 

der  soldat  zäumt  ab,  der  bauer  spannt  ein, 
cb  mans  denkt  wirds  wieder  das  alte  sein. 
SciiiLLKR  329*; 

an  ihrem  Iriumphwagen,  vor  welchem  sonst  mehrere  truple 
eingespannt  waren.    J.  P.  uns.  löge  1, 170.     figürlich, 

und  kunt  si  in  recht  einspannen, 

als  ander  trauen  tuon  iren  mannen,    fastn.  sp.  327,  lö; 
loser,  das  du  nicht  gedenkst,  dasz  ich  in  der  reimenschmiede 
immer  älwa  tag  für  tag,  sonst  in  nichts  nicht  mich  erii).ude, 
wisse,  dasz  mich  mein  bei-uf  eingespannt  in  andre  schranken. 

LouAU  3,  147,59; 
icb  habe  der  naiur  zwar  niemals  trotz  geboten 
und  spanne  meine  vers  in  keine  ressehi  ein. 

CuKisT.  .GRTPUiuspoct.  Wälder  1,  375; 

weil  ihre  herschenssucbt  in  gar  zu  enge  schranken  eingespun- 
net  wäre.  Lohenstein  Arm.  2, 1294 ;  weil  der  bischof  in  der 
Stadt  Neisse  den  lutherischen  gottesdiensl  druckte,  auch  sehr 
enge  cinspannele.  LucÄ  denkw.  357 ;  sich  in  eine  enge  freund- 
schaft  mit  den  lästern  einspannen.    Butscbky  kamt.  883 ; 

ihr,  ihr,  dort  auszen  in  der  wolt, 

die  naseo  eingespannt!    Schiller  12'.', 

eingezogen,  nicht  so  hochgelragen,  nicht  so  aufgeworfen ! 

2)  extendere,  aufspannen:  tuch,  leinwaod  in  rahmen  ein- 
spannen. 

3)  einen  bach,  llusz,  tcich  durch  schliesxung  der  schleusten 
einspannen,  einschränken. 

EINSPÄNNER,  m.  einspänner,  junctor,  der  fuhrknethl.  hen- 
nebergisch  auch  benennung  einer  hure,  die  die  männer  gleieh- 
sam  einspannt?  s.  die  vorhin  aus  fastn.  sp.  ii',  lü  angefüJirl« 
stelle,  iider  soll  es  nur  ausdrücken  geringe,  gemeint  dtrntt 
Fhumman.-^s  deutsche  mundarten  3, 139. 


301 


EINSPÄNNER  —  EINSPERREN 


EINSPICKEN  —  EINSPITZEN 


302 


EINSPÄNNER,  m.  einspänner,  currus  unijugtis,  dann  der 
mit  einem  solchen  icagen  fahrende  fuhrniann,  geringer  fuhr- 
mann.  halbbauer. 

EINSPÄNNIG,  unius  spiihamae,  palmi,  einer  spanne  gross  ? 
80  soltu  es  nit  so  grosz  achten  an  einem  schiitzbruch,  als 
Aber  an  einem  einspännigen  brach.    Würtz  practica  243. 

ECSSPÄ.NNIG,  gregarius,  ein  einspenniger  knecht,  das  ist 
ein  gemeiner  kriegsmann,  nit  groszes  ansehens  oder  nammens. 
Frisiüs  614*.  Maaler  100*;  das  ir  unserm  getrewen  Hansen 
Milegk  den  seid  wie  andern  cinspennigen  knechten  . . .  aus- 
richtet und  bezalet.  Chmel  urk.  Maximilians  s.  8  (a.  1493); 
in  der  weil  ist  mein  gn.  herr  enwegk  gezogen  und  (sind)  mir 
die  ainspanigen  allain  fünfzehn  guldin  reinisch  aufgeschlagen 
und  die  fueszknecht  neun  guldin  reinisch.  s.  32S  (o.  1509J;, 
die  einspennigen  und  die  so  unter  yier  gerust  pferd  haben. 
reichsabsch.  von  1507  §.  4;  einspännige  knecht.  landfr.  von 
1521.  15;  Cicero,  aus  den  einspennigen,  geringes  reuterstands 
geboren,  ist  durch  treffenliche  kiin?te  und  ehr  bis  zum  bur- 
germeislerampt  kommen.    Petr.  115*; 

bin  da  ein  einspenniger  knecht.    H.  Sachs  IV.  2,  33'; 

am  hof  ist  ein  einiäpenniger  knecht, 

hat  mir  abkauft  vor  dem  ein  pferd.    äyrer  1S5*; 

marschalk,  kämerling-  und  einspennig, 

auch  kanjerboten  nit  gar  wenig.    Thurxeisser  archidoxa  33; 

mein  herr  vor  den  drommetern  auch  drei  einspänniger  reiten 
hatt.  ScBWEixicHEN  1,  357 ;  den  dritten  tag  schickten  i.  f.  gn. 
mir  von  Heidelberg  einen  einspänniger.  1,166;  und  lieszen 
(i.  kf.  gn.)  einen  einspänniger  mit  mir  reiten.  1,167;  jedoch 
ritten  fünf  einspenniger  mit  mir.  1,181;  als  bitten  wir,  sie 
wollen  bei  unserm  hofe  die  einkehr  belieben  und  bei  Über- 
bringern dessen,  unserem  einspänniger,  den  tag  dero  ankunft 
sicherlich  hinterbringen  lassen.  Bctschsy  kanzl.  513;  unter- 
dessen hielt  ein  einspänniger  und  wartete  auf  schleunige  ab- 
fertigung.  Weise  kl.  leute  15.  im  IS  jh.  stirbt  das  irort  aus. 
die  stellen  lehren,  dass  ein  einzelner  reiler  oder  marställer  zu 
verstehen  sei,  der  sum  geleit  mit  gegeben  wurde  und  bestel- 
lungen  ausrichtete,  einspännig  {allmälich  auch  substantivisch 
einspänniger)  hiesz  er,  Keil  ihm  nur  ein  pferd  zustand,  an 
sich  sollte  einspännig  nur  auf  einen  fuhrmann  gehen,  scheint 
aber  von  dem  einzelnen  reiter  insgemein  zu  gelten,  vgl.  ein- 
schildig,  das  gleichfalls  gregarius  übersetzte,  heute  gilt  ein- 
spännig von  vagen,  die  nur  mit  einem  zugthier  bespannt  sind, 
einspännig  fahren,  bildlich  auch  von  einschläferigen  betten; 
einspännige  liebe  sagt  i.  P.  Hesp.  1,212. 

EiNSPÄNNN.\DEL,  f.  zum  festigen  der  eingespannten  zeuge. 

EINSPEICHERN,  was  aufspeichern,    nnl.  inspijkeren. 

EI.NSPEIEN,  inspuere,  nnl.  inspuwen,  inspugen:  ich  will 
ihrer  freilich  auch  nicht  sparn  und  fewer  zu  ihn  einspeien 
wie  ein  drach.    Albercs  wider  Jörg   Witzeln  K3'; 

o  herzliebe  tochier.  ausschlag 

solo>^  danken  aus  dem  herzen  dein, 

welche  dir  speit  der  teufe!  ein.    H.  Sachs  IV.  3, 14*; 

in  den  sand  einspeien,    s.  einspitzen. 

EINSPEIUNG.  /■.  die  böse  einspeiung  des  teafels  ziehet  eine 
böse  gemüthsneigung  nach  sich.    Hohberc  3, 120'. 

El.NSPEEZIG  heiszen  ähren,  an  denen  die  kömer  nur  ein- 
zeln in  einer  hülse  sitzen,    einspelziger  balg,  gluma  univalris. 

ELNSPERREN,  includere,  das  ahd.  insperran  ==  intsperran 
ist  umgekehrt  recludere,  aperire. 

1)  menschen  einsperren,  kriegsgefangne,  wahnsinnige,  unar- 
tige kinder  einsperren ;  der  mensch  war  vom  nehelgewölke 
auf  die  erde  eingesperrt  und  geschieden  vom  bimmel.  J.  P. 
Hesp.  2,248. 

2)  thiere  in  kefiche,  stalle  einsperren. 

3)  Städte  einsperren,  einschlietzen :  worauf  sie  eine  landung 
thaten,  sich  meister  vom  felde  machten  und  die  Stadt  mit 
einer  dreifachen  mauer  einsperreten.  Heiljianxs  Thucydides 
132;  auf  diese  art  wart  Platäa  eingespcrret.    273. 

4)  figürlich,  weil  die  gelegenheit  zu  dieser  arbeit  nicht  mehr 
in  80  engen  schranken  eingespcrret  gewesen.  Olearics  vorr. 
xur  pers.  reisebeschr. ;  die  einschränkung,  in  welcher  die  thä- 
tigen  und  forschenden  kräfte  des  menschen  eingesperrt  sind. 
Göthe  16, 14 ;  sie  sagte  ihm,  wie  weh  ihr  bisher  diese  tief  in 
ihre  seele  eingesperrten  fragen  gethan.   J.  P.  Hesp.  2,  209. 

5)  sich  einsperren,  sie  sperrt  sich  den  ganzen  tag  in  ihre 
Stabe  ein ; 

mein  sehwester  und  all  ihr  geferten, 

die  sich  zu  dir  ind  statt  nein  sperien.    Atiir386'; 


zwischen  dieser  erhabenen  arbeit  (der  stadt),  in  die  sich  die 
menschen  mit  ihrem  kleinen  leben  nisten,  sperren  sich  auch 
deine  kleinen  tage  ein.    J.  P.  Hesp.  2,  24. 

EINSPICKEN',  infigere,  inserere:  dasz  er  zwischen  drei 
reiter  allezeit  einen  Charaaver  oder  Friesen  zu  fusze  ein- 
spickte, welche  von  unten  zu  den  römischen  pferden  oder 
reitern  gleichsam  unvermerkt  den  kurzen  degen  in  leib  stieszen. 
Lobensteix  Arm.  2, 252 ;  zwischen  alle  diese  häufen  waren 
noch  cretische  schützen  und  balearische  schleuderer  einge- 
spickt, welche  die  ersten  und  besten  in  der  weit  sind.  2, 1184. 

EINSPICKNARDISIEREN,  mit  spica  nardi  wolriechend  ma- 
cJien:  (die  ehefrau).  henkt  järlichs  ir  kleider  in  die  merzen- 
sonn, salzt  das  getüch  ein,  lavandelierts  und  einspicknardisierts. 
Garg.  74'. 

EINSPIELEN,  dan.  indspille.  1)  gleichsam  alludere:  das  tolle 
tibi  dictum  in  Horaz  ist  nimm  es  auf  oder  zu  herzen,  was  in 
einen  ganz  andern  ideenkreis  einspielt.  Wolfs  analecten  1, 192. 

2)  ludendo  introdueere :  wil  Rom  durch  ihn  {Varus)  in  unser 
Vaterland  der  \\'armen  länder  alischeuliche  laster  einspielen? 
Lohenst.  Armin.  1,  IS ;  kurz  darauf  fühlte  er  sich  (sibi)  eine 
gewisse,  aber  ihm  ganz  fremde  bewegung  in  sein  herze  ein- 
spielen.   2,  44. 

3)  sich  einspielen,  ludendo  irrepere,  insinuari: 

nein,  nein!  soll  dieses  gelten, 
die  allerbeste  kunst  zu  tilgen  und  zn  schelten, 
wodurch  sich  damcn  sonst  fein  spielen  ein,  mit  list 
bezaubern  einen  sinn,  der  sonst  noch  hatte  Trist? 
LoGAü  2,  37,  11; 

fumemlich  aber  hatte  die  sich  in  die  heftigste  liebe  am  ersten  ein- 
zuspielen gewohnte  eifersucht  ihm  fürgebildet  t^.  s.  w.  Lohexst. 
2,131;  sintemal  die  Ursache  eines  aufruhrs  zuerst  eine  klei- 
nigkeit  wäre,  hernach  aber  spielten  sich  wichtige  sachen  mit 
ein.  2,  989 ;  weil  N.N.  sich,  bei  des  hcrren  vatern  unabhelf- 
lich  ersehenen  unpäszlichkeit,  in  diese  amtstelle  eingespielt. 
Bi;tschkv  kanzl.  638; 

er  dachte,  wie  er  sich  bei  ihr, 
der  Witwen,  möchte  mit  manier 
einspielen  ohn  verweilen.    CA?iiTz224; 
in  ihren  äugen  brennt  ein  lieblich  lodernd  feuer 
und  spielt  electrisch  sich  in  seinen  busen  ein. 
WiKLA^D  23,  237. 

4)  sich  einüben:  die  uhr  soll  sich  erst  einspielen,  hat  sich 
noch  nicht  eingespielt;  tüchtige  mitglieder,  die  sich  in  kurzer 
zeit  in  einander  einspielten  und  einsprachen.  Göthe  31,18; 
die  oper  ist  noch  nicht  recht  eingespielt. 

EINSPILLEN,  in  der  bienenzueht.  die  körbe  einspillen,  mit 
honig  speisen,  füttern,  geil  und  fruchtbar  machen,  scheint  dem 
gegensalz  des  abspillens,  ermattens  verwandt.     $.  spille. 

EINSPINNEN,  sehw.  inspinna,  dän.  indspinde, 

1)  nendo  implieare:  dem  flachs,  in  den  flachs  haare  ein- 
spinnen. 

2)  filis  involvere:  die  spinne  hat  die  fliege  völlig  einge- 
sponnen, bildlich,  ich  musz  erst  ein  paar  monate  geschrie- 
ben haben,  bis  ich  den  leser  so  eingesponnen  habe,  dasz  ich 
ihn  werfen  kann,  wie  ich  nur  will.  J.  P.  uns.  löge  8 ; 

als  ich  es  mit  ihr  begonnen 

und  ihr  netz  mich  eiugesponnen, 

wenn  sie  manchen  kus  mir  lieh, 

ob  sie  liebte,  wüst  ich  nie.    R(:ccrrt  107. 

3)  sich  einspinnen,  filis  invohi:  die  raupe,  der  seidenwurm 
spinnt  sich  ein,  um  in  edlerer  gestalt  aufzufliegen;  der 
abend  halte  sich  schon  in  schatten  und  nebel  eingespon- 
nen. J.  P.  Hesp.  1,  21 ;  diese  blumenlose,  gleichsam  in  die  seide 
des  fliegenden  sommers  sich  einspinnende  erde.  4, 127 ;  Alban 
spann  sich  tief  in  seine  sonntagsträume  ein.  Tit.  2,75;  weil 
jeder,  wenn  es  nur  halb  practicahel  ist,  sich  gern  mit  der 
Schwester  seines  freundes  einspinnt  in  eine  chrysalide.  1,132. 

EINSPITZEN,  1)  gleichsam  acuminare,  heule  blosz  spitzen: 
die  ahle,  nadel,  den  Stachel  einspitzen. 

2)  sich  einspitzen :  {Maria  ist  des  christlichen  heers  spitze, 
euimen  aciei)  also  inspftzen  und  inrichten  sich  alle  Iieiligen 
nnd  alle  ongel  in  den  spitz  Mariam.  Keisersberc  bilger  34*; 
also  das  der  mensch  mit  siner  betrachtung  durch  sin  ver- 
stentnus  und  Vernunft  ie  höher  uf  gat  und  sich  inspiizet  ie 
me  und  ie  höher  in  sin  vemunft  uf  Iribet  zu  got.  8t*;  wenn 
das  het  die  art  der  verstentnus  an  ir,  ie  me  man  sich  in- 
spitzt durch  Vernunft,  ie  luterer,  ie  heiterer,  ie  scherpfer,  ie 
höher  si  würd.    ebenda. 

EINSPITZEN,  EINSPCTZEN,  inspuere,  obruere  sputis.  She- 
LER  2083.     wetterauisch  einspeizen. 


303 


EINSPITZIJNG  —  EINSPRECHEN 


EINSPRECHEN  —  EINSPRUCH 


304 


EINSPITZUNG,  f.  acutninalio,  acumen:  die  sint  schedlich  ir 
eignen  sele,  dasz  sie  den  anmut  irer  sele  stumpfen  und  abbre- 
cben  die  inspitzung  der  Vernunft  in  gott.  Keisersb.  bilger  155*. 

EINSPORNEN,  calcaribus  indere :  der  sich  bemühte  seinem 
pferde  neuen  muth  einzuspornen.    Tieck  nov.  kr.  1,  4. 

EINSPHACH,  EINSPUACHE,  unam  lanltim  linguam  loquens, 
was  mhd.  einspi-aeche  zu  lauten  hätte:  er  wurde  gefragt,  was 
er  kö.nte?  seine  antwort  war,  'ich  rede  meine  sprachen,  latein, 
französisch,  italienisch,  spanisch  und  böhmisch',  . . .  sähe  aus, 
wie  einer  dems  ins  dach  regnet,  der  obrisl  antwortet  ihm, 
'die  atzein  können  auch  schwätzen,  aber  die  losen  vügel  auch 
sonst  nichts  anders  als  das  geld  vertragen',  und  damit  hatte 
der  gute  keri  seine  abferligung.  hätte  er  alier  darneben  auch 
puiver  schmecken  können  und  auf  den  uothrali  die  band  mit 
an  den  degen  zu  legen  getraut,  welches  viel  (Einsprach er 
geschwind  lernen,  so  wäre  er  bei  diesem  heim  willkommer 
gewesen,  wann  er  gleich  ein  par  sprachen  weniger  gekönt. 
Simpl.  Iculscher  Michel  cap.  2  s.  682. 

EINSPRACHE,  f.  1)  inspiratio,  eingebung :  hat  uns  gott 
versprochen,  uns  ihre  (der  religion)  lehren  durch  eine  unmit- 
telbare einspräche  einzuflöszen?  Gellert  5,80;  eine  nicht 
ganz  unvernehraliche  einspräche,  dasz  ich  getrost  sein,  dasz 
ich  aus  diesem  vorfalle  muth  schöpfen  und  nicht  immer  in 
kummer  versinken  sollte.  8,  lOS.  vgl.  Gellerts  leben  von  Cramer 
*.  99.  nnl.  ik  neig  bei"  cor,  daark  op  gods  inspraak  wacht; 
oaar  de  inspraak  van  bei  geweten. 

2)  interpellalto,  einspruch,  widersprach :  Gracchus  bat  den 
Octavius  seine  einspräche  zurückzunehmen.  Beckers  wellg.  3,  SS ; 
ich  erhielt  die  einspräche  früher  als  ihr  alle.  Tieck  Cev.  1, 192. 

EINSPRECHE.N,  nnl.  inspreken, 

1)  mhd.  invilare  in  se,  in  domum:  got  ist  bi  allen  den,  die 
in  lockent  und  in  in  nement  und  in  in  sprechent.  EcKH.^RT 
102,  30 ;  dd  sol  si  wider  in  gen  in  des  valers  vernunftikeit, 
da  si  in  also  himelischer  art  ist  ingesprochen.    212,  3. 

2)  nhd.  intr.  diverlere,  einkehren,  gleichsam  einen  in  seinem 
hause  begrüszen,  da  anreden,  grüszen  auch  ein  besuchen  ist. 
diese  hübsche,  der  hd.  mundarl  eigenlhütnliche  redensart  ist 
$chon  bei  Opitz  zu  finden,  der  irgendwo  sagt:  als  ich  bei 
meiner  freunde  einem  im  durchreisen  einsprach ; 

verschmähl 
mein  hütilein  nicht  zu  angenehmer  ruh, 
sprecht  auf  ein  feur  und  warmes  fuszlind  eini 
GiiTPHilis  1,  635; 
ich   musz   auch   bei    dem    grafen  noch  einsprechen.    Lessing 
2,132;  die  herren  befanden  sich  auf  dem  rückwege  und  weil 
68  zum  abendessen  noch  zu  früh  war,  so  schlug  der  braune 
vor,  ein  viertelstündchen  im  rathskeller  einzusprechen.  Siegfr. 
von  Lindenberg  2, 19 ;  die  vielen  menschen,  die  theils  zum  be- 
suche, theils  geschäftswegen  einspiachen.  Götiie  18,  282 ;   ge- 
bildete reisende  sprechen  ein.  29,  90 ;  wo  eine  cavaliersgnade 
einspricht,    kommt  mein  bürgerliches  vergnügen  in  gar  keine 
rechoung.    Schiller  182'; 

nun  fiigie  sichs,  dasz  drei  bojarcnkindcr 

die  der  verfulgung  ihres  czars  entnohn, 

bei  meinem  herro  zu  Sambor  eiiigcsjirochen.    003'; 

sprechen  sie  doch  einmal  bei  mir  ein!  sprechen  sie  bald  wieder 
ein !  ähnlich  sind  vorsprechen  und  zusprechen,  doch  streng 
genommen  unterschieden:  der  einsprechende  tritt  in  das  haus, 
der  vorsprechende  bleibt  vor  dem  haus  an  der  Ihür,  der  zu- 
sprechende nimmt  etwas  zu  sich,  sjieise  oder  waare. 

3)  einem  einsprechen,  eingeben,  wie  einspräche  1:  da;  von 
ftjen  In  wirt  gesprociien,  da;  ist  ein  grob  ding,  sprich  ü; 
herfi;!  da;  ist,  bevint  da;  diz  in  dir  ist.  Eckhart  2ü7,  20; 
du  soll  war  nenien  was  got  dir  einspricht.  Keisersbehc;  gol 
zeucht  etwan  einen  menschen  durch  bich  selber,  on  all  mit- 
tel, mit  einem  innerlichen  einsprechen,  predigen**;  nil  wider- 
stand seioem  einsprechen  innerlich,  nit  stiausz  dich  wider 
seine  emianungea.  seelenpar.  94'.  häufiger,  einem  zusprechen, 
IrOstend  einßöizen:  ich  sjtrach  ihm  trost  ein;  sie  wollen  mir 
Siels  einen  muth  einsprechen.  GKLLEiir  ...;  ein  krieKsmann 
bat  80  sich  Selbsten  nicht  viel  kräfte,  wo  man  ihm  nicht  ein 
herz  in  den  leib  einspricht,  fers,  baumg.  1,33;  einem  geduld 
einsprechen.  Gotte*  1,252;  doch  sprach  er  ihnen  muth  ein. 
GOtre  19,  219. 

4)  dazwischen  reden  .- 

wahrend  <l<!r  vatcr  vcr^iitigi  »nm  nilii'.'r     .ilnii.liifnfrhon 
raucht,  und  eio  won  eio»|inch  von  ^   l  in -itukiit  und  der 
zoituii>  .     Luis,   I,  57.'! ; 

aber  dasz  du  so  unnütz  einsprachst,  so  uubesunoeo,  werde 
ich  dir  nicht  vergessen.   Tieck  ges.  nov.  4,208. 


5)  inlei-pellare,  contradicere,  einspräche  thun: 
einsprachen  da  die  sieben  brüder. 
gar  traurig  sprachen  sie  drein.    IIkkobh  8,  IS; 
herr,  antwortete  der  edle 
feldherr,  mir  isis  unerträglich, 
dasz  ein  mann,  der  in  den  kleidern 
wo!  oinecken,  aber  keines 
tropfen  bluis  blutllecken  hat, 
dasz  der  mann  vom  feldziehn  sprechen, 
und  dem  könig  und  dein  fehllierrn 
unverschämt  einsprechen  darf.    Cid  xli  ; 

allein  hiegegen  sprach  der  gemeinderath  ein.  Dablmanm  fr. 
rev.  450. 

0)  intercedere,  zu  eines  gunslen  einsprechen:  als  durch 
einen  gewissen  halbgeschmack  die  lustige  person  vertrieben 
ward,  und  obgleich  geistreiche  köpfe  für  sie  einsprachen,  den- 
noch weichen  muste.    Götiie  20, 195. 

7)  einem  einsprechen,  versprechen  ist  unüblich: 
drum  sprachen  sie  ihm  auch  mit  wareti  ^vürten  ein, 
als  goties  irewein  knechi  ihm  künftig  irew  zu  sein. 

Opitz  4,  300, 

8)  sich  einsprechen,  s.  einspielen  4. 

EINSPRECHER,  m.  inlerj.cllator,  coniradictor. 

EINSPRECIiUNG,  f.  inspiratio,  was  einspräche:  die  christ- 
liche kirch  aus  einsprechung  des  heil,  geistes.  reichsabsch. 
von  1530  §.  38;  das  die  christliche  kirche  aus  einsprechung 
des  heiligen  geists  und  guten  Ursachen  geordent  habe.  Luther 
5,  290*;  evangelia  und  einsprechung  des  heiligen  geists  machen 
sie  [die  papislen)  zweierlei,    ebenda. 

EIISSPRENGEN,  einspringen  machen,  dän.  indspränge, 

1)  aqua  aspergere,  linnen,  wasche  einsprengen. 

2)  sale  aspergere,  fleisch  einsprengen. 

3)  minulim  inserere:  eingesprengtes  erz;  eingesprengtes 
eisen.    Kosmos  1, 135. 

4)  frangere,  disrumpere:  felsen  mit  puiver  einsprengen. 

5)  was  heiszt  eingesprengtes  tuch?  Schweisiche.n  3,  78. 
meliertes,  gesprenkeltes  (wie  dan.  graat  indsprängt  kladc)  ?  oder 
gewässertes,   decaliertes  (decali)? 

6)  das  wild  einsprengen,  was  einschrecken. 

7)  intransitiv,  mit  dem  pferde  einsprengen,  irruere  in  hostem. 
ELNSPRIESZEN,   inolescere:    gras    zwischen    dein   gestein, 

moos  am  dach  eingesprossen. 

EINSPRINGE.N,  insilire,  nnl.  inspringen, 

1)  der  hengst  springt  ein,  bespringt  die  stute.  nd.  inspringen, 
anfangen  zu  galoppieren.    Stürenucrg  96*. 

2)  das  thier  ist  eingesprungen,  ,in  die  gestellte  falle. 

3)  in  haus,  slube,  wagen  oder  schif  einspringen :  er  sprang 
schnell  ein  ins  haus;  darauf  grif  man  das  schif  mit  solchem 
ernst  an,  dasz  wir  uns  unterstunden  ein  jeder  zuerst  ein- 
zuspringen, denn  es  die  kiiegsordnung  bei  denen  mallesein 
also  vermag,  dasz  der  erste  so  einspringt,  zehen  krönen  be- 
käme.   JoH.  .Mich.  Heberer  orfer   pfälzischer  Robinson.  1,  148. 

4)  die  feder  in  der  uhr  springt  ein,  springt  nicht  ein. 

5)  eine  frage  springt  quer  ein,  s.  querfrage. 

6)  ein  glas,  eine  scheibe  springt  ein,  rumpitur,  frangilur; 
das  glas  ist  eingesprungen,  hat  einen  sprang;  die  wand,  luauer 
ist  daumenweil  eingesprungen. 

EINSPRITZEN,  KINSPRCTZEN,  injicerc,  schw.  inspruta,  ddu. 
indspröite, 

1)  Wasser,  öl,  salbe  einspritzen, 

2)  einen  einspritzen  damit,    das  ohr,  die  kehle  einspritzen. 
3|  leinwand,  wüsche  einspritzen,  einsprengen. 
EINSPRITZIJ.NG,  f.  ctysler.     figürlich,   die  metallische  ein- 

spritzung  mit  geld  preste  die  ädern  auseinander.  J.  P.  Fibel  4S ; 
nach  der  metallischen  einspritzung  seines  beuteis.  jubets.  21. 

Ei.NSPIiOSSEN,  was  einsprieszen,  einwachsen :  da  faren  sie 
(Christi  glieder)  wie  die  unüberwindlichen  beiden,  in  ihrem 
gott  verhaft  und  eingesproszt,  ein  geist  mit  gott,  ihimcnu 
fort.    Frank  paradoxa  8*. 

EINSPRUCH,  m. 

1)  nach  einsprechen  2  einkehr,  besuch:  der  wirt  hat  viel 
einspruch,  zusprach,  es  kehren  viele  bei  ihm  ein;  lief  zu  mei- 
nem bcichtvater,  dem  ich  schon  lange  einen  einspruch  ver- 
sprochen.   IIamamh  an  Jarobi  4,  3,  22t. 

2)  tnterpellalio,  obloeutio,  einspräche: 

wie,  du  verlobcut  dich  schon  luin  zwciienmall  dasi  nicht  der 

ernte 
brAuilgam  bei  dem  altar  sich  teig«  mit  hindermlnra  einnpruch  ! 
(ioTHK  Kl,  33.'*: 
warum    unmöglich?    sie    wollen   doch   nicht  einspruch  thun? 
TiecK  14, 295 ;   hUlle  Fingerling  nicht  einspruch   gethan,   der 


305 


EINSPRÜDELN  —  EINST 


EINST 


306 


gute  Berthold   wäre   mit  zu  dem  bilde  gezogen.    Ab-mm  kro- 
nenrc.  1, 1S9. 

EINSPRÜDELN,  1)  imbullire:  eine  reine  quelle  sprudelte 
in  den  trog  ein ;  der  wein  sprudelt  ein. 

2)  transitiv,  Champagner,  den  er  nicht  eingosz,  sondern 
einsprudeite.    Hippel  lebensl.  1,  352. 

EINSPRUNG,  m.  actus  insiliendi:  wie  der  blitz  nur  beim 
einsprung  und  beim  absprung  zerschmettert  J.  P.  freiheilsb. 
116;  ein  fortlaufendes  poem  mit  einsprüngen  und  episoden. 
Herder  13,  30 ;  die  ihiergürten  haben  einspränge  im  zäun  für 
das  wild.    Döbel  1, 121. 

EINSPRÜSSIG,  tom  hirsch,  der  nur  Anen  sprossen  am  ge- 
veih  hat.     Adelcsc  gibt  einsprüsselig  von  sprüssel. 

EINSPÜNDE-N,  obturare:  das  späniein  wieder  in  den  spalt, 
wie  es  ausgeschnitten  worden,  eindrucken  und  einspünden. 
BcTSCHKY  Palm.  576;  woher  diese  kälte,  worin  die  menschen, 
wie  die  erdschnecken  im  froste,  in  ihrem  gehäuse  sich  ein- 
spünden?   J.  P.  friedenspr.  29. 

EINSSINNS,  itllo  modo,  aliquo  modo,  wie  keins  sinns,  nullo 
modo,  nuUalenus.     s.  einigessinns. 

EINST,  semel,  aliquando.  da  für  beide  begriffe  das  geni- 
tivisehe  eines  und  die  Zusammensetzung  einmal  bestand,  so 
war  es  überflusz  noch  dazu  ein  scheinbar  superlativisches  einest, 
einst  zu  bilden,  das  alln.  adv.  einasta  drückt  solum,  unice, 
nicht  semel  aus.  inzwischen  weist  schon  ahd.  N.  einest  semel, 
neheinfst  nunquam  au/"  (jromni.  3,  227.  GraffI,  327|  «nd  niÄd. 
schwanken  beide  formen  (mhd.  wb.  1,  420'),  Nib.  lOOS,  2  liest 
Lachm.  noch  einst,  Holzm.  1077,  2  noch  eines,  im  reim  steht 
einest :  kleinest  i.  b.  Ls.  1,  3S4 ;  zu  diesem  einest  könn'.e  die 
analogie  von  crest  und  änderest  verleitet  haben,  in  der  Schwei- 
zersprache begegnet  einist,  anderist,  zweinist,  keinist,  müngist, 
einist  über  anderist,  einist  wie  anderist;  in  der  bairischen 
ainest,  aest  (Schm.  l,  05),  unsere  spräche  überhaupt  pflegt  auch 
in  andern  fällen  bald  t  dem  s  hinzuzufügen,  bald  abzustreifen, 
auch  engl,  mundartlich  und  altengl.  onste  ßr  once,  ones. 

Wie  dem  sei,  bei  Keisersberc  herscht  noch  volles  einist, 
einest  und  fast  nur  im  bilger  taucht  eines  auf,  in  Luthers 
bibel,  die  einmal  begünstigt,  zeigen  sich  einest,  einst  und  eines : 
werdet  irs  noch  einest  thun.  Seh.  13,  21 ;  ich  habe  einst  ge- 
schworen, ps.  89,  36  ;  gehe  noch  eins  hin.  Hos.  3, 1.  auch  in 
seinen  übrigen  schrißen  wechseln  einest  und  einst,  atlmdlich 
erlangte  überall  die  letzte,  gekürzte  wortgestalt  die  Oberhand. 

I)  semel.  also  auch  ist  es  mit  den  eeleuten,  so  nit  mee 
dan  ein  böser  regen  oder  hader  under  sie  kumpt,  das  sie 
einist  mit  einander  hadern,  so  hond  die  darnach  kein  guten 
tag  miteinander  nimmer  mer,  sie  seien  loch  wie  jung,  wie 
hübsch  sie  wollen.  Keisersb.  5.  d.  m.  42';  die  zum  jar  nur 
einist  beichten,  brösaml.  6t*;  Erasrao  wil  ich  nicht  ursach 
geben  ichts  wider  mich  fürzunemen,  und  ob  er  einst  oder 
zwier  an  mich  setzte,  wil  ichs  im  zu  gut  halten.  Lcther 
2,  269';  wenn  er  einst  oder  zwei  {wie  sp.  231  einmal  oder  zwei) 
Tennanet  ist.  8, 174' ;  o  du  edler  ritler,  du  bist  heiliger  den 
die  mutter  gottes  selber,  dan  si  hat  Christum  nur  einest  ge- 
tragen, du  wirst  in  nun  vürhin  alle  tag  tragen  din  laben  lang. 
Plater  41 ;  ich  wolt  eins  lugen,  was  ir  theten.  Schade  pasq. 
2,73;  ich  sitz  hie  und  zel  mein  gelt  einst,  das.;  ir  zürnt 
aber  einst.    77; 

man  wuosch  es  ainest  in  dem  jar.    ring  34%  30; 
ein  kau  den  mäsen  gern  nocli  gat, 
wann  sie  einst  angebissen  bat.    BRi.tT  33,  4S; 
gar  kura  ein  wund  wider  genist, 
die  me  dan  einst  uf  gbrocnen  ist.    84,  13; 
ein  freund,  der  einst  deo  glauben  bricht, 
dem  stellt  man  furder  keinen  glauben.     Waldis  Esop  22*. 
dies  alles  kann  allmälich  später  nur  durch  einmal  ausgedrückt 
werden,     die  jüngsten  beispiele  des  allein  stehenden  einst  =■ 
semel  treffen  sich  wol  bei  Bbocies: 

so  überlegt  einst  die  bescbaffenheit.  1,147; 
mein,  sage  mir  doch  einst.  1,  415. 
hinter  noch  und  nicht  hielt  sich  einst  etwas  länger:  so 
kann  auch  ein  cardinal,  wenn  er  noch  einst  so  gelert  were, 
irren.  Luther  1,132';  da  sprach  er,  ist  es  gottes  wille,  und 
sind  deine  wort  war,  so  sprich  es  noch  einest.  6,  502' ;  sage 
ich  noch  einst.    8, 157'; 

mir  gnüget,  wenn  ich  nur  noch  einst  die  lelche  schau. 
G«TPHiDs  Verl.  gesp.  46; 
der  einsiedel  wolle  nicht  einst  (ne  quidem)  nach  ihm  fragen. 
pers.  rosenth.  1, 31 ;   ja   es   auch   nicht  einst  an  sich  merken 
will.  Lokmans  fabeln  3C;   die  äugen  stehen  ihnen  manchmal 

lU. 


so  voll  Wasser,  dasz  sie  ihren  Jesum  nicht  einst  erkennen 
können.  Scriver  1,537;  wir  sorgen  für  das  zeitliche,  auf  das 
ewige  aber  wird  nicht  einst  gedacht.  Bltscbky  Palm.  345;  in 
Sachen  unsere  Seligkeit  betretfende  lassen  sie  es  dahin  schlen- 
tem  und  denken  nicht  einst  an  gottes  wort.  461.  heute  noch 
einmal,  nicht  einmal,  blosz  in  der  geschdftsspraehe  lassen  sich 
zuweilen  solche  noch  einst,  nicht  einst  vernehmen. 

2)  aliquando,  olim,  Vergangenheit :  ich  hab  darnach  gelesen 
Ton  Piatone,  der  was  einist  bei  den  leuten  {in  der  weit  auf 
reisen),  und  iedennan  sagt  Ton  seltsamen  dingen,  die  er  in 
den  anderen  landen  hett  gesehen.  Keisersberc  s.  d.  m.  5'; 
also  sasz  einer  einist  bei  dem  wein,  der  sprach,  es  ist  kein 
hell,  kein  tüfel,  noch  kein  seel,  was  die  pfaffen  sagen,  das 
ist  alles  erlogen,  die  seel  stirbt  mit  dem  leib.  9*;  ich  lag 
einist  ein  nacht  in  einem  closter,  da  gieng  ich  im  garten. 
10';  es  begab  sich  einist,  das  ein  einsidel  besucht  den  an- 
dern. lO' ;  einer  sasz  einisl  in  eim  wirtshaus  spilen  und  ver- 
lor vTas  er  bette.  20* ;  dasselb  kind  was  dem  vatter  lieb  und 
einist  da  gieng  es  im  nicht  nach  seinem  sinn.  21';  ein  erber 
man  thet  seinen  sun  zu  einem  Schulmeister  und  kam  einist 
und  fragt  in  wie  er  sich  anliesz.  25* ;  dise  zwen  vers  schreib 
Augustinus  über  seinen  tisch  und  einist  aszen  vil  bischöf  bei 
im,  die  bei  er  geladen.  27';  es  ward  emer  einist  gefraget, 
wie  es  kern,  das  er  alt  wer  ze  hof  worden?  da  antwurt  er, 
ich  hab  mich  geduckt  und  hab  gelacht,  das  hat  gemacht,  das 
ich  zu  hof  alt  bin  worden.  31';  das  selb  brüderlin  ...  gieng 
einest  zu  einem  brunnen,  wolt  wasser  schöpfen.  43";  und 
begab  sich  einist,  das  der  künig  hinweg  was.  brüsamlin  52*; 
wiltu  disen  {hut  der  gedult)  koufen,  so  wise  ich  dich  uf  den 
jormerkt,  von  dem  ich  einest  geprediget  hab.  bilger  61*;  wir 
lesen  doch  einest  was  ein  armer  man.  176';  einist  sprach 
man  einem  herr,  und  seinen  sünen  den  jungen  junkheren, 
wa  ist  der  junkher?  ietz,  so  sie  alt  und  graw  seind,  so  musz 
man  inen  junkherr  sprechen,  wa  ist  der  junkher?  du  magst 
wol  ein  alter  herr,  ein  alter  narr  sein,  brüsamlin  51* ; 
mir  ofnet  einest  eine  ir  gaden.  fastn.  259,  26; 
sie  eilt,  bis  sie  gar  spat  einst  ein  berberge  nimbt 
in  einem  baus,  allda  Urunell  eleich  auch  hinkümpu 
WtRDiRs  Ar.  3,  75 ; 


wie  mit  der  katzen  es  sich  oflermals  begiebet, 
als  ihr  mit  ihrer  maus  zu  scherzen  einst  beliebet. 


4,22; 


die  nachtigall  sang  einst  mit  vieler  kunst.    GKLLitTl.SQ; 

ein  zeisig  wars  und  eine  nachtigall, 

die  einst  zu  gleicher  zeit  vor  Dämons  fenster  biengen.    1,41 

einst  machte  durch  sein  ganzes  land 

ein  könig  den  befehl  bekannt.    1,75; 

einst  sasz  sie  mit  dem  mann  zu  tische.    1,  83; 

ein  kluger  mahler  in  Athen 

liesz  einen  kenner  einst  den  Mars  im  bilde  sehn.    1,135; 

so  sag  ichs  euch  und  jedem  ins  gesiebt, 

dasz  ich  einst  einen  hund  hei  Haag  gesehen  habe.    1, 157; 

die  nachtigall  sang  einst  ihr  göttliches  gedieht, 

zu  sehn,  ob  es  die  menschen  fühlten.    1,217; 

ich  genosz  einst,  o  ihr  todten,  es  mit  euch.    Klopstoci; 

einst  war  ein  schönes  weib,  genannt 

Lucreiia  die  keusche.    Gotter  1,32; 

jener  lorbeer  wand  sich  einst  um  hülfe.    Schill««  21'; 

einst  hatt  ich  einen  schönen  träum.    Götbk  12,  215. 
Gellert  sieht   noch   einst   dem  einmal,    Göthe  schon  einmal 
dem  einst  i-ory  zwischen  ein  und  zweisilbigem  wort  zu  wählen 
ist  den  dichtem  willkommen,  sie  könnten,  was  sie  nicht  mehr 
thun,  neben  einst  auch  einest  gebrauchen. 
3)  olim,  zukunß: 

wenn  einst  ich  todt  bin,  frennd,  so  besinge  mich! 

Klopstock; 
da  sollst  du  einst  den  namen,  wenig 
fubreten  ihn,  des  gerechten  fuhren I    derselbe; 
nur  der  himmelsfunke  lodert 
einst,  geläutert,  zur  verberlichiuig.    Börgck  15'; 
schwankend  zwischen  jetzt  und  einst.    RCcksrt  21S. 

dereinst  und  dermaleinst  verwenden  wir  heule  mehr  von  künf- 
tiger als  von  vergangner  zeit,  dereinst  hätte  keinen  sinn, 
wenn  es  nicht  aus  dermaleinst  entsprungen  wäre,  wie  schon 
sp.  266  unter  eins  angegeben  ist,  es  steht  ßr  das  volle  der 
male  einst  {temporum  aliquando)  ==  der  tage  einst  [dierum 
aliquando),  was  auch  in  dertagcinst  hätte  zusammengezogen 
werden  können;  in  dem  voranstehenden  'der'  liegt  nichts  unorga- 
nisches, es  ist  der  richtige  gen.  pl.  des  pronomens.  die  formen 
dermaleinst,  dermaleins  sind  aber  wollautender  und  noUiwendig 
älter  als  dereinst,  dereins,  die  das  mal  unterdrücken,  wie  um- 

20 


307         EINSTÄBEN  — EINSTANDSRECIIT 


EINSTANDSZEIT  —  EINSTECKEN 


308 


gedreht  in  mal  ßr  einmal  das  ein  unterdrückt  wird,  der 
häufige  gebrauch  solcher  adi:  führte  verschmelzende  kürzungen 
herbei,  auf  eine  oder  die  andere  weise,   vgl.  einander. 

EliSSTABEN,  bei  den  Inhgerbern,  das  leder  warm  gar  ma- 
chen, von  dunkler  wunel,  vielleicht  für  einstauen. 

EINSTALLEN,  stabulo  recipere,  collocart,  ddn.  indstolde, 
vgl.  mlat.  installare,  frani.  installer: 

dasz  alsdann  der  Trühling  einstall, 
wann  der  scliuee  von  den  bergen  fall. 

Fischart  grottm.  2S, 

nach  le  printemps  est,  lors  que  lea  nciges  tomheut  des  monts, 
aber  viel  lebendiger,  der  einziehende,  eiureilcnde  frühling  stallt 
seine  rosse  ein; 

ibr,  ihr  ein|;estallien  ihiere, 

h.iiicht  ihhi  [dem  neitgebornen  kind)  warmen  aihem  zu, 

dasz  es  keine  kälte  rühre.     Fleming  296: 

als  Christus  eingestallt  die  mutter  angelacht. 

ScuLTgTU.s  6«  LK.s!<i.-4e  8,  2C6; 
danimb  liesz  er  in  aller  stille  sein  pferd  einstallen  und  sich 
sein  schiaflager  zeigen,  pol.  colica  324;  so  gieng  er  selbsten, 
nachdem    er  sein  pferd  in  einen  gasthof  eingeslallet,   heraus 
auf  die  gasse.    trrj;.  der  liebe  419; 

wie  du  gern  die  krieger  schmähest, 
beiige  lempel  selbst  entweihest, 
res  und  krieger  ein  dort  stallest. 

TiicK  get.  nov.  10,  288. 
vgl.  einstellen  1. 

EINSTAMMELN,  s.  ausstammeln. 

EINSTÄMMIG,  unistirpis,  aus  iinem  stamm:  einstämmiges 
holz,  einstämmige  bulken. 

EINSTAMPFEN,  inculcarc,  solidare,  nnl.  instampen,  schw. 
instampa,  dän.  indstampe. 

1)  Irans,  einen  pfal  einstampfen,  kraut  einstampfen,  pfeffer 
einstampfen  {sloszen);  bücher  einstampfen,  zerstampfen; 

ja  seinen  Racine  einstampfen  in  schmutz,  den  keiner  im  stand 
zu  erreichen.    Platkn  316". 

2)  intr.  das  pferd  stampft  in  den  boden  ein ;  Zesara,  in 
den  sand  emstampfend  und  fluchend.    J.  P.  Tit.  2, 115. 

EINSTAND,  m.  l)  inlroitus,  inilium,  eintritt,  antritt  und 
dann  was  beim  feierlichen  eintritt  in  den  dienst,  in  das  amt, 
zur  aufnähme  in  einen  verein  gegeben  und  entrichtet  wird,  ein 
Irunk,  ein  schmaus  oder  eine  geldabgabe^  seinen  einstand  geben 
oder  setzen;  der  einstand  kam  ihn  hoch  zu  stehen;  wann 
gibst  du  deinen  einstand?;  'du  Hans,  geh,  lauf  und  bring 
ihm  (dem  in  dienst  genommncn  jungen)  den  libcreirock  und 
leg  ihm  den  bernhäuter  an  und  lauf  du  mir  nit  damit  davon' 
darauf  liesz  er  einen  streichen  und  sagte  'diesen  schenk  ich' 
dir  zum  einstand,  schieb  ihn  ein,  dasz  er  nicht  schimmle, 
so  gilt  er  übers  jähr  sieben  groschen.'  franz.  Simpl.  1, 4G ; 
nachdem  wir  nun  beide  den  einstand  gnug  angesofTen.  1,47; 
die  bildhauerkunst  hatte  mir  gleich  mit  der  peitsche  einen 
freundlichen  einstand  gegeben.  WiELAnns  Lucian  1,  13;  ich 
hielt  für  Schuldigkeit,  selbst  mit  aufupferung  meines  gefühls 
diesem  treflichen  kreise  von  menschen  meinen  einstand  ab- 
zutragen. GüTHE  20,  40 ;  ungeachtet  alles  wolwollens  gelangte 
ich  doch  nicht  ohne  einstand  zur  sachc.  24,  200  ;  der  gedanke  an 
einem  fremden  orte  zu  Winterszeit  einstand  [lehrgeld)  geben 
zu  müssen  machte  mich  nicht  trübe.  2S,  43;  so  hatte  ich  auch 
vom  leben  manche  kleine  Unannehmlichkeiten,  wie  man  denn, 
wenn  man  den  ort  verändert  und  in  neue  Verhältnisse  tritt, 
immer  einstand  geben  musz.  25,  54 ;  hier  schick  ich  einige 
gedrängte  blätter  als  nacbricht  von  dem  einstände,  den  ich 
hier  gegeben.  28,  25;  wir  freuten  uns  beide  daran,  als  an 
dem  einstand  unserer  Verbindung.  28,  72.     vgi.  abstand. 

2)  sponsio,  praeslalio  fidei,  der  einstand  für  etwas;  auch 
einstand  für  einen  Soldaten,  s.  einsteher. 

3)  im  deutsehen  recht  relraclus,  der  einstand.  HoiniERc 
3,1,31*;  ob  der  Verkäufer  ohne  irrung,  Zuspruch  und  ein- 
stand seiner  freunde  und  verwandten  zu  alieniercn  macht 
habe,    daselbst  i.  13. 

41  stand  im  gleichgetoickl,  von  der  wage.  ScBM.  8,  644.  f.  ein- 
stehen S. 

EINSTANDMÄDCHEN,  n.  schweix.  einslandmeitli,  das  mäh- 
rend krankheil  oder  sonstiger  enlbehrung  der  eigentlichen  magd 
in  den  dienst  einsieht. 

EINSTANDMAHL.  n.  coena  aditialis.    Denzier  00*. 

EINSTANDSHECHT,  n.  }us  retrar4us,  näherrecht,  vorkauf, 
das  recht  der  blulsfreunde  in  die  bedingungcn  des  yeschlus- 
senen  Verkaufs  eines  grundslücks  einzustehen  und  et  dafür  an 
$i€k  SM  nrAmen.  Hohhkro  1, 17.     man  nennt  auch  lo  das  geld, 


welches  der  Stellvertreter  im  kriegsdienst,  der  einsteher  zu  be- 
ziehen hat. 

EINSTANDSZEIT,  f.,  binnen,  welclier  eingestanden  werden 
musz. 

EINSTÄNKEHN,  foelore  inficere,  mit  gestank  erfüllen:  die 
Stube  mit  tabaksdatnpf. 

EINSTAPFEN,  infigere  pedes,  nnl.  instappen. 

EINSTATT,  f.    siehe  egerte  oben  sp.  34,  einhof,  einüd. 

EINSTÄUBEN,  pulvere  conspergere,  einpudern:  anstatt  des 
zeither  gebrauchten  haarstaubs,  stäubete  die  fürstin  Ada  ihr 
haar  mit  gemalenem  golde  ein.  Lohe.hst.  Arm.  2,83;  weil 
man  es  (das  kleine  haus  des  sarges)  täglich  durch  verklei- 
nerndes einstäuben  geräumiger  einrichtet  für  einen  neuen  gast 
von  wurm.  J.  P.  Fibel  hi;  ihr  seht  aus  wie  ein  junger  schöner 
kerl,  der  rolhe  backen  halte,  wenn  er  nicht  von  mehl  ein- 
gestäubt wäre.  Arni.1i  schalt.  2,  99;  das  kurn  einstäuben. 
s.  einkleiben,  einstieben. 

EINSTECHBOGE,  m.  der  buchdruckern  zur  richtschnur  dient. 

EINSTECHEN,  infigere,  praet.  stach  ein,  schw.  insticka,  dän. 
indstikke, 

1)  löcher  einstechen,  in  leder,  papier,  holz;  zeichen,  buch- 
staben  einstechen  in  die  haut,  tatouer. 

2)  die  erde  einstechen,  einschaufeln. 

3)  die  nadel,  den  draht  einstechen,  tief  ins  fleisch  ein- 
stechen ; 

der  Walfisch  vom  h.iken  eingestochen 

läszt  sich  mJt  einem  naciieii  zichn.    Opitz  4,  365. 

4)  intr.  incidere,  pungerc:  einstächends  neuw,  wenn  der 
mon  nit  scheint,  silens  luna.  Maaler  127*.  vgl.  stächend 
pungcns  383*,  weil  die  mondsichel  sich  zu  zeigen,  mit  den  hör- 
nern zu  stechen  beginnt,  daher  luna  cornuta  =  nova. 

5)  in  die  see  stechen,  vcla  in  allum  dare. 
EINSTECHOBT,  m.  nennen  Schuhmacher  einen  stächet,   eine 

ahle  (cuspis)  zum  einstechen  und  nähen  der  lederstücke,    s.  ort. 
EINSTECKEN,  praet.  steckte  ein,  immiltere,  nnl.  insteken. 

1)  condere,  den  degen,  das  schwert  einstecken,  auch  mit 
ausgelassenem  acc.  blosz  einstecken:  du  kannst  ruhig  wieder 
einstecken;  und  sol  alles  fleisch  erfaren,  das  ich  der  herr 
mein  schwert  hab  aus  seiner  scheiden  gezogen  und  sol  nicht 
wieder  eingesteckt  werden.    Es.  21,5; 

und  ch  die  zwen  einsieckien  gar, 

da  palget  dort  ein  ander  par.    H.  Sachs  I,  506'; 

er  reiszt  den  degen  aus  der  scheide, 

und  o,  was  kann  verwegner  sein, 

kurz,  er  besieht  die  spitz  und  schneide, 

und  steckt  ihn  langsam  wieder  ein.    Grli.irt  1,  62. 

das  luch  einstecken,  in  die  lasche;  steine  auflesen  und  ein- 
stecken; das  buch  zumachen  und  einstecken;  brot  einstecken 
und  sich  auf  die  reise  machen ;  geld  und  geschenke  ein- 
slecken; wer  wäre  so  eigennützig,  um  das  geschenk  eines 
ganzen  himinels  einzustecken?  J.  P.  Hesp.  1,114;  habe  sonst 
kein  kind  mehr,  wünsch  mir  auch  keins  mehr,  das  mädel 
ist  just  so  recht,  mein  ganzes  vaterherz  einzustecken.  Schil- 
ler 209';  die  diebe  stecken  ein. 

2)  früher  auch  für  insererc,  einsetzen,  reponere,  von  edel- 
sleinen : 

vil  cdele  gesieine 

liej  er  stecken  al  dar  in, 

die  alsani  .siernen  soldun  sin 

und  mit  gelilchte  brunnen.    pass.  K.  2S0,  7. 

3)  conjicere  in  carcerem :  er  liesz  ihn  alsbald  einstecken, 
gefangen  setzen;  gleich  bin  ich  ein  ketzer  und  werde  einge- 
steckt. GöTHB  8, 176 ;  wer  den  bruder  einstecken  läszt,  gibt 
pantomimisch  zu  verstehen,  dasz  er  die  Schwester  nicht  mag. 
10,  107;  es  halte  ihn  zwar  nichts  ab  den  betretenen  einzu- 
stecken und  in  Verwahrung  zappeln  zu  lassen.  28,213;  unser 
einziger  trost  ist  die  wache  oder  polizei,  die  uns  einstecken 
soll.    TiEC«  ges.  nov.  2,17h;  diebe  werden  eingesteckt. 

4)  aliaU  injicere  metum,    spcm,   animum,  gteifi'^-im  m  'Ue 

lasche  schieben,  einflössen: 

ich  wil  dem  dötschen  ein  sorg  einstecken. 

11.  Sachs  III.  3,42': 

man  kann  gleich  als  bilde  einem  gleubigen  ein  hofnung,  als 
einem  forchlsamcn  ein  forcht  einstecken.  I'elr.  »!»':  mein 
nii'inung  int  nit,  das  ich  euch  mit  woricn  ein  her»  einstecken 
wiill,  ich  weisz  wol  das  wort  einen  vcrzaglen  nit  keck  machen. 
Livius,  Schiifferlin  112*.     vgl.  einjagen,  einsloszen. 

6)  tolrrarr,  ertragen  müssen,  sich  gefallen  lassen:  weil  Ich 
meinen  fehler  fühlte,  schwieg  ich,  gab  nach,  und  steckte  die 
verweise  ein.    Rkisrins  lebensb.  30;    gleichwol   war   ich   auf 


309 


ELNSTECKKAMM  —  EINSTEIGEN 


EINSTEIGEN  —  EINSTELLEN 


310 


meinen  bruder  ganz  ungehalten,  dasz  er  es  dahin  gebracht 
solche  verweise  seinetwegen  einzustecken.  Plesse  3, 88 ;  ebenso 
steckte  Melina  mit  vergnügen,  als  kammerjunker  oder  kam- 
merherr,  die  grobheiten  ein,  welche  ihm  von  biedern,  deut- 
schen männern,  hergebrachtermaszen,  in  mehreren  beliebten 
stücken  aufgedrungen  wurden.    Göthe  18,  249 ; 

sie  wird  mich  zwar,  wenn  sies  erfährt, 

wol  eincu  Schwätzer  schelten, 

allein  das  steck  ich  ein.    Musaeus  kinderkl.  121. 

tgl.  einnehmen,  einfressen  u.  $.  w. 

6)  einstecken  heiszt  auch  schmutzige  wasche  in  die  bülte 
stecken,   nd.  insteken. 

EINSTECKKAMM,  m.,  ein  kämm  zum  einstecken,  feslsteeken 
der  haare. 

ELNSTECKSCHYNTRT,  n.  nennen  die  buchbinder  ein  dünnes 
breites  holz,  womit  die  bogen  vor  dem  heften  in  einander  ge- 
steckt werden. 

EINSTEFTEN,  EINSTIFTEN,  infibulare:  sondern,  weil  viel 
daran  gelegen,  ward  er  (der  latz)  nicht  eingesteftet,  sondern 
wol  angeheftet.  Garg.  lU'.  steft  für  Stift  begegnet  schon  ahd. 
(Graff  6,613). 

EINSTEHEN,  instare,  nnl.  inslaan,  mhd.  Instan. 

1)  gut  ist  über  elliu  dinc  ein  instan  in  sich  selber  unde 
sin  instan  da;  enthaltet  alle  creatüren.  Eckhart  96,  24 ;  got 
ist  ein  einvaltic  instan,  ein  insitzen  in  sich  selber,  ein  ieclichiu 
Creatore  nach  der  edelkeit  ir  näture  so  si  me  insitzet  in  sich 
selber,  so  si  sich  me  Ö5  blutet,  ein  einveltic  stein  als  ein 
tupstein,  der  bewiset  niut  me  denne  daj  er  ein  stein  ist. 
aber  ein  edelstein,  der  groje  kraft  hat  in  dem  daj  er  hat 
ein  instan,  ein  insitzen  in  sich  selber,  in  dem  selben  reket 
er  iezet  daj  houpt  üf  unde  luoget  üj.    96,  33 — 97,  5. 

2)  ir«e  tat.  instare,  bevorstehen:  einstehendes  jähr,  im  ein- 
stehenden lenz,  apri!,  mal;  einstehende  messe.  Simp/.Ä.  893; 
die  einstehende  gehurt  Homers  zu  feiern.    Gotbe  39,  47. 

3)  die  wage,  die  zunge  der  wage  steht  ein,  neigt  sich  zu 
keiner  seile: 

auf  des  glückes  groszer  wage 

siebt  die  /unge  selten  ein.    Götub  1,  144. 

4)  einstehen,  in  die  reihe  oder  in  der  reihe  eintieten: 
wenn  er  will,  so  mag  er  einstahn.    H.  Sachs  V.  342'; 

dasz  im  (golt)  die  heiligen  von  irer  dulia  etwas  mittheilen 
solln,  und  in  mit  einstehen  lassen.  Fischart  bienenk.  1S6'; 
legt  eure  beschwerden  gegenüber,  laszt  sehen,  ob  sie  mit 
diesem  herzen  hier  einstehen,  ob  ich  gemeine  sache  mit  euch 
machen  soll.    Klincer  2, 42.     vgl.  abstehn  für  abtreten. 

5)  einstehen,  stillstehen,  zurückbleiben:  ein  muthwillig  der 
meisten  blätter  beraubter  bäum  wird  im  wachstbiun  einstehen 
und  absterben. 

6)  einstehen,  sein  amt,  seinen  dienst  antreten.  Frisch  2, 327^, 
s.  einstand  1. 

7)  für  einen  einstehen,  im  amt  oder  dienst,  im  kauf,  in 
seine  stelle  treten,     s.  einstand  2.  3. 

8)  gewähr  leisten:  ich  kann  nicht  dafür  einstehen;  stehet 
für  die  folgen  ein!;  wie  man  aber  Verletzungen  und  krank- 
heiten  in  der  Jugend  noch  überwindet,  weil  ein  gesundes 
System  des  organischen  lebens  für  ein  krankes  einstehen  und 
ihm  zeit  lassen  kann  auch  wieder  zu  gesunden.  Güthe  26, 120; 
wo  ich  der  verehrliche  gutsherr  bin  und  für  allen  schaden, 
der  geschehen  kann,  einstehen  musz.   Tieck  j.  Uschi.  2, 158. 

Die  beiden  letzten  bedeutungen  kommen  dem  eingestehen, 
confiteri  [sp.  189)  zunächst,  denn  der  eingestehende,  bekennende 
steht  für  seine  aussage  ein,  bekennt  sich  dazu;  die  formen 
beider  verba  gehen  überall  auseinander,  nur  im  pari,  praet. 
eingestanden  fallen  sie  zusammen,  man  vergleidie  gestehen 
und  stehen,  deren  beider  pari,  gleichfalls  gestanden  lautet. 

EINSTEHER,  m.  vicarius,  der  für  einen  soldat  auf  die  ganze 
dauer  von  dessen  dienstpßichtigkeit  eintritt. 

EI.NSTEHLEN  sich,  irrepere,  insinuare  se,  sich  einschleichen : 
mit  einer  beredsamkeit,  die  auf  eine  unwiderstehliche  art  sich 
in  die  seelen  einstahl.  Wiela>d  6, 100;  der  sich  in  diese  pla- 
tonische republik  einstiehlt.  Herder  2,  275 ;  alle  Zugänge  zu 
seinem  vertrauen  hatte  er  ausgespäbl  und  sich  unvermerkt  in 
seine  gunst  eingestohlen.  Scuiller  713;  sich  heimlich  in  den 
tanz  einstehlen; 

wie  ein  dieb  hast  du  dich  eingestohlen, 

dich  in  meine  liebe  kühn  gcdruagt.    Kö*meb  4, 13. 

EINSTEIGEN,  inscendere,  nnl.  instijgea,  sctiw.  instiga,  ddn. 
indstige. 


1)  0/7  blosz  einsteigen,  wo  leicht  zu  eigänzen  ist  ins  baus, 
in  die  kammer,  ins  bad,  in  den  wagen : 

will  di  einsteige  laun, 

aber  muost  mer  nix  daun.    tchelmeliedle  109; 

der  einmal  einsteigt,  der  musz  das  bad  ausbaden.  Gorp.  209*; 
ich  will  erst  zahlen,  eh  ich  einsteige;  auf  der  leiter  ein- 
steigen. 

2)  »711/  beigefügtem  ort:  die  diebe  stiegen  durchs  dach,  durch 
den  Schornstein,  zum  fenster  ein; 

vor  euch  steig  ich  nimmer  zum  bad  ein,  denn  es  beschämt 

mich, 
dazusiebn  so  entblöszt,  schönlockigen  mädcheo  im  antlitz. 

Od.  6,  221 ; 

auf  was  ander  end  hin  wolt  sonst  ein  solche  unerschöpfliche 
lieh  und  lust  kinder  zu  tragen  ...  in  ihr  herz  eingestiegen 
sein?    Garg.  66'. 

EINSTEINEN,   lapidibus  cingere,  mit  steinen  einfriedigen. 

EINSTELLEN,  nnl.  insteilen,  eollocare, 

1)  thiere  einstellen,  vgl.  einstallen,  wie  sich  stall  mit  stellen 
berührt,  vorzugsweise  pferde: 

fuhr  die  geseilscbaft  auf  Bennfelden. 

da  sie  dieselLig  nacht  eiasiellieu.    Kiscbakt  gl.  seh.  1013; 

er  stellte  spät  bei  nacht  ein  und  ritt  morgens  wieder  früh 
weg.  Millers  Siegwart  3,  642 ;  jeder  fremde  wird  ausgefragt, 
wo  er  einstelle?  Schiller  159";  Wilhelm  stellte  sein  pferd 
in  einem  gasthofe  ein.  Göthe  20,  6 ;  es  war  schon  spät,  als 
ich  in  Sesenheim  mein  pferd  einstellte.  26, 10.  vieh  einstellen 
zu  mast  und  fütterung :  ich  stell  mir  ein  saugschweinchen 
ein.  J.  P.  uns.  löge  3, 149 ;  fische  einstellen,  einsetzen,  in  den 
teich,  ins  wasser.    weimar.  jb.  4,  430. 

2)  weidmännisch,  das  wild  einstellen,  es  mit  gam  und  netz 
umstellen. 

3)  leute  einstellen,  anstellen:  derhalben  sind  der  rath  zu 
Äldenburg,  auch  e.  k.  gn.  schuldig  zu  webren  falschen  pre- 
digern,  oder  je  dazu  helfen  oder  leiden,  das  ein  rechter  pre- 
diger  daselbst  eingestellt  werde.  Llther  2, 107*.  6r.  2, 192 ; 
wie  s.  Paulus  für  seine  kirchen  sorget  und  spricht  2  Cor.  II, 
ich  habe  euch  zur  rechten  braut  eingestellet  und  Christo  über- 
antwortet. 6,357";  bei  i.  kais.  maj.  anzuhalten,  dasz  Jm  fräu- 
lein  wieder  gen  Liegnitz  vum  markgraf  eingestellt  würden. 
Schweisicbes  1,  289 ;  dafern  die  commissarien  f.  gn.  geisler 
[geisein)  aufs  schlosz  einstelleten  . . .  und  wurden  darauf  die 
vorgenannten  drei  personen  aufs  schlosz  eingestellet.    2, 120. 

4)  Sachen  einstellen,  an  gehörigen  ort  stelleti:  wie  jene 
mönch  zu  Frankfurt  kein  lutherisch  bücher  in  ihr  kloster 
wollen  einstellen  vor  ängsten,  sie  würden  ketzerisch.  Garg.  6 ; 
bücher  einstellen,  in  die  reihen  und  fächer ;  für  Lebauts  wis- 
senhungrige seele  wars  gleichviel,  ob  sie  in  ein  siegel,  oder 
in  ein  gemmen-  oder  ein  pistolencabinet  eingestellt  wurde. 
J.  P.  Hesp.  t,  140.  geld  einstellen,  zustellen,  einhändigen: 
ward  den  angenommenen  <rittmeistem  und  hauptleuten  durch 
mich  einem  jeden  sein  wartgeld  auf  einen  monat  eingestellet. 

SCBWEIKICHEN    1,  184  ; 

wann  das  gesiirne  fällt, 
und  jetzt  der  müde  tag  der  nacht  ihr  recht  einstellt  (inrüdigibt). 

Opitz  1,247  (260); 
wer  schlimm  ist  darf  sich  borgens  unterwinden, 
stellt  aber  nichts  aus  armui  wieder  ein.    p*.  72, 

stellt  nichts  zurück. 

5)  da  jedes  stellen  ein  hinstellen,  zur  ruhe  stellen,  stehn 
oder  liegen  lassen  ist,  entfaltet  sich  leicht  der  begrif  des  auf- 
gebens,  außcbens,  abschaffens,  sein  lassens,  unterwegen  lassens, 
vgl.  abstellen :  so  bäte  ich  noch  eins,  i.  f.  gn.  wollten  es  ein- 
stellen [damit  aufhören).    Schwei.mchem  1,  309 ; 

0  Corinib, 

scbaue  wol  zu  was  du  ihust, 

meide  des  gelüstens  lust, 

stelle  deine  götter  ein, 

die  zu  wenig  göitiicb  sein.    Opitz  3, 134; 

ihr  geizigen  stellt  hofuung  ein.    1,  223  (233) ; 

sie  stell  ihr  herbes  weinen 
und  langes  klagen  ein.    Gktphiiis  1,  117; 
el,  ei!  hat  dan  der  tod  den  Rappoltstein  gefäUet, 
so  werden  billicb  nun  die  sachen  ein^estället, 
die  sonst  erfreulich  sein.    Roiplrr  loi ; 
du  folgest  mir  hernach,  drum  stall  das  weinen  ein!    12t; 

nicht  das  ich  mein  schreiben  an  dich,  da  es  dir  angenehm, 
einstellen  solte.  Bltschry  Arani/.  67 ;  seine  fehler  vermeiden 
und  einstellen.  657;  da  sie  gegeneinander  das  entstandene 
mistrauen  verwaaderten,   sich  deswegen  betrübten  und  der- 

20  ♦ 


311 


EINSTELLEN  —  EINSTEN 


EINSTEiNS  —  EINSTIMMEN 


312 


gleichen  hinfüro  einzustellen  baten,  pol.  slockf.  282;  welcher 
Ifrierliche)  zug  aber  nach  verlierung  ihrer  freiheit  gänzlich 
ist  cingestellet  und  abgeschaffet  norden.  Ettsers  unw.  docl. 
621 ;  befahl  auch  diese  Verwegenheit  einzustellen,  oder  er 
wolle  uns  etwas  anders  weisen.    Fclseiib.  1, 148 ; 

wio  ihöricht  ist  ilein  hochmuih  in  geberden  I 

0  jiingling,  Jüngling,  stell  ihn  ein.     H\Gl'.DOR^c  2,  64; 

ach  enge!,  spricht  die  frau,  stell  deine  klagen  ein. 
Grli.ert  1,  *J2; 

so  ist  bei  nacht  und  tage 

ihr  er<t  und  Icizie«  wort  die  jämmerlichste  kinge. 

o  Phillis,  stelle  doch  die  leeren  scnfzer  ein, 

der  schnien  musz  nicht  bcweini,  dir  musz  geholfen  sein. 
Host  schäfererz.  17 ; 

wollt  ihr  also  eure  reise  einstellen  und  bei  mir  bleiben? 
TiECK  Stemb.  l,  60 ;  der  domhau  in  Berlin  ist  eingestellt,  die 
arbeiten  an  der  Rheinbrücke  in  Kehl  sind  nicht  eingestellt 
worden,  man  sagt  niishräuche,  Zahlung,  Untersuchung,  for- 
schung  einstellen,  auch  intransitiv :  der  wind  stellt  ein,  legt 
tich,  hört  auf. 

G)  sich  einstellen  entspricht  dem  sich  einfinden:  Toucque- 
dillon,  sobald  er  zu  Clermaburg  wider  ankommen,  stellt  er 
sich  bei  dem  könig  Picrochol  ein.    Carq.  263'; 

gott  wöll  behüten  nlle  junge  gesellen! 

kommen  wir  einmal  zusammen  im  fall, 

will  mich  dankbarlicb  gegen  ihnen  einstellen. 

llom.  getellsch.  tieder  s.  204; 

dasz  sich  i.  f.  ga.  aufmachen  wollten  und  bei  tag  und  nacht 
gen  Liegnitz  aufs  haus  einstellen,  auch  von  dannen  nicht 
verrücken.  ScnwEisicHEN  1,  83 ;  so  sollten  wir  i.  f.  gn.  ent- 
schuldigen, dasz  sich  i.  f.  gn.  nicht  einstellten.  1,  289 ;  herzog 
Heinrich  sollte  sich  in  j.  k.  maj.  gehorsam  geben,  und  wohin 
i.  f.  gn.  gewiesen  sich  einstellen.  2, 130 ;  der  ochse  saget  zu, 
dasz  er  sich  einstellen  wolle.    Lokmans  fab.  5 ; 

darf  ich  mir  noch  ein  glück  zum  letzten  ziel  erlesen, 
so  stell  im  scheiden  sich  kein  schrecken  ein. 
Hacedorm  1,  29. 

-man  sagt,  der  winter,  die  külte  hat  sich  früh  eingestellt,  d.  h. 
ist  zur  stelle,  praesto  est;  krankheiten,  sorgen,  grillen  stellen 
sich  ein,  regen  sich;  das  gliedcrreiszen  stellte  sich  wieder  ein. 

EINSTELLIG,  unius  loci,  einstellige  zahlen  nennt  man  die 
einfachen  von  1  bis  9,  weil  sie  geschrieben  immer  nur  6ine 
stelle  einnehmen,  während  10  u.  x.  w.  zwei  stellen  fordert. 

EINSTEMMEN,  infulcire,  statuminare,  ddn.  indsterame. 

1)  die  arme  einstemmen,  in  die  seile  setzen :  das  weih 
stand  da  mit  eingestemmten  armen,  fultis  brachiis,  und  zankte. 

2)  den  erzgang  in  die  teufe  einstemmen,  eindringend  festigen. 

3)  mit  einem  eisen  einstemmen,  festigen,  stützen,  vernieten. 
EINSTEN,  adverbiale  forlbildung  von  einst,  olim.    wie  sich 

der  gen.  eins  mundartlich  in  einsen  und  einsi  erweiterte,  noch 
leichter  konnte  das  superlativisch  gefaszlc  einst,  schon  nach 
analogie  der  ahd.  adv.  scönistin  pulcherrime,  liopostin  caris- 
sime  oder  des  mhd.  siebenten,  septimo  myst.  1,  395, 14,  die 
schwache  fiexion  ansetzen,  sonst  pflegt  solchen  formen  noch 
das  demonstrativum  voranzugehen:  des  ersten  primo,  des 
schiersten  citissime,  des  langen  und  des  breiten,  lange  latequr, 
des  gleichen  pariter;  doch  für  einsten  hat  sich  bisher  kein  des 
einsten  dirgebolen.    einsten  drückt,  wie  einst,  beide  zeiten  aus, 

1)  Vergangenheit:  einsten  kam  Baslinna,  wie  ein  rehe,  ge- 
sprungen,   pol.  Stockfisch  277 ; 

als  einsten  Phöbus  von  dem  himmel 

czwungen  seinen  abschied  nahm.    Hagedorn  2,  75; 
wenn  nicht  mein  ewige«  gedirbt  der  nachwclt 
durch  manches  einsten  unbekannten  nnmen, 
den  jetzt  der  pöbel  ehret,  dunkel  würde. 

Lakge  Thirsif  und  Dämon  5. 

merkwiirdig  steht  im  Harnisch  von  Fkckenland  s.  42  und  132 
noch  einsten  für  noch  einmal,  wie  sonst  noch  ein»,  noch 
einst  und  bei  Abele  3,  296  unter  einsten,  irte  unter  eins 
(»/).  261)  fiir  auf  einmal:  haben  sich  nicht  diese  wunderzei- 
chen im  nechstverflosscnen  jähr  mit  zittern  und  webklagen 
unter  einsten  begeben? 

2)  zukunß:  einen  geschriebenen  christianismus  weit  ich 
auch  gern  einsten  (einmah  übersehen.  Luther  3,415*;  auch 
lasz  ich  in  bitten,  das  er  mir  einsten  freundlichen  schrieb. 
ebenda;  das  die  tochter  sich  noch  einsten  dcmUtigc.  3,435*; 

und  nieh  den  lii;bnn  lag  ko  manche*  gutes  mal, 
bis  ila»i  man  einsten  fangt  im  Teuer  «inen  al. 
FtaaiNG  .M; 

ScHiutR  tn  einem  leiner  fhihtlen  gedichte  braucht  einst  und 
ciottca  Mbtneinander  : 


ha,  wenn  er  einsten  zum  manne  gereift, 
wenn  einst  die  schlafenden  keime  gereift  I    2'; 
einst,  so  hör  ich  das  orakel  sprechen, 
einsten  hascht  Saturn  die  braut.    2'. 

EINSTENS,  wenn  es  schon  so  früh  erschiene,  hatte  die  ana- 
logie der  mhd.  gAhcns,  verrens  für  sich,  mit  besserem  fug 
schlägt  man  die  der  nhd.  adv.  erstens,  zweitens,  anderns, 
drittens  «.  s.  w.,  meistens,  mindestens,  wenigstens,  bestens, 
schönstens  und  der  heutigen  schwachen  genitive  willens,  bogens, 
funkcns  statt  der  mhd.  willen,  bogen,  funken  an;  wie  hätte 
sich  einsten  des  einstens  entschlagcn  sollen?  es  bezeichnet 
wiederum 

1)  das  olim  der  vergangenheil: 
als  den  tyrannen  Dionvs 

ein  Schmeichler  einstens  glücklich  pries.    Gkli.krt  1,100; 

floh  einstens  nach  verlorner  schlacbt.    1,246; 

einstens  hinter  Pyrrhas  rücken 

sprang  die  weit  aus  felsenstücken.    Schiller  10*; 

und  die  blumen,  die  ich  in  die  quelle 

meines  trüben  baches  einstens  warf, 

samml  ich  hier  aus  seiner  silherwelle, 

nun  da  ich  dich  ewig  liehen  darf. 

Werther  an  Lotten,  tcutsch.  merk,  augiisl  1775  s.  97 ; 
einstens,  als  sie  kaffee  trinket, 
spricht  die  jüngste.    Gotter  1,  49; 

nachdem  ich  mich  lange  dergestalt  bemüht,  trat  er  einstens 
hinter  mich  und  sagte  'mehr  papier!',  worauf  er  sich  sogleich 
entfernte.    Göthe  25, 156. 

2)  olim  der  zukunß: 

dasz  für  den  wucber,  den  du  treibst, 
du  einstens  ungestrafet  bleibst.    Grllert  1,65; 
sterb  ich  einstens  vor  der  zeit.    3,423; 
einstens  ihres  alters  schütz.    Stolbrru  14. 19S; 
denn  er,  nicht  ich,  musz  einstens  dort 
dafür  zur  rede  stehn.    Gösikgk  3,  78. 

EINSTHEILS,  ex  una  parte,  partim,  gegensatz  von  andern- 
theils :  so  haben  es  einstheils  (sc.  leute)  gar  für  kein  kraut 
gehalten.  THun.NEissER  wirk,  aller  erdgewdchse  s.  9.  vgl.  theils 
und  eintheils. 

EINSTICKEN,  acu  pingere:  gewand  in  welches  gold  ein- 
gestickt ist;  eingestickte  blumen. 

EINSTIEBEN,  inspergi:  es  stiebt  unaufhörlich  schnee  ein ; 
es  ist  viel  staub  eingestoben,     nnl.  instuiven. 

EINSTIFTEN,  inslituere,  ursprünglich  eins  mit  einsteften, 
einheften,  denn  stiften  fundare  war  anfangs  ein  sinnliches 
heßen,  festigen :  wo  unser  einer  den  andern  in  die  hofmarch 
wolt  einstiften,  ehe  nun  er  den  stiftet,  soll  er  das  an  die 
herschaft  und  nachbarschaft  bringen,  so  ver  ihnen  das  ge- 
meint oder  gefällig  ist,  soll  alsdann  die  stift  ihren  fürgang 
gewinnen;  wer  es  ihnen,  der  hofmarchsherschaft  nit  gemeint 
oder  gefällig,  soll  keiner  darüber  eingestiftel  werden  bei  ho(- 
marchsstraf.    weisth.  3,  641.  642. 

EINSTIG,  futurus,  was  dereinstig,  dermaleinslig :  bei  deiner 
einstigen  heimkehr;  nach  des  leibes  einstiger  auferstebung. 

EINSTIMMEN,  nnl.  instemmen, 

1)  accinere,  concinere,  seine  stimme  su  einer  andern  hören 
lassen :  einer  hub  an  zu  singen,  die  andern  stimmten  ein ; 
ich  mochte  nicht  in  das  freudcngeschrei  einstimmen ;  wenn 
ein  Sperling  zwitschert,  stimmen  mchrcio  bald  ein;  uUe 
stimmten  in  das  fromme  lied  ein ; 

dan  stellt  er  undcrwoil  ein  frölichs  siiminwcrk  an, 
und  licsz  auf  sciienspil  ein  suszes  lied  erklingen, 
auch  lebhaft  mit  dem  mund  die  lieder  iergcnd  sini:cn, 
so  urihoilt  er  zugleich  und  stimmte  seihs  mit  ein. 

KOMPI.KR  115; 

et  sangen  drei  (frauen)  und  eine  spielt  allein 
ein  instriimeni,  ganz  fremd  in  iinsern  guuen, 
doch  zum  getange  siimiut  es  lieblich  ein. 

Grirs  Uitjardo  1,  8.  7. 
figürlich, 

stimmen  dichter  ein  {singen  einttimmig).    Schillrr  10*; 
sanfter  t6ni  die  klage, 
stimmt  ein  herz  mit  ein.    Gottrr  3,530; 
hsrmonie  zu  sondern,  die  so  einstimmt, 
meidet,  wer  weisz,  welcher  zweck  »le  vorband. 
KLorsroct  2,  bO; 

freilich  brauchst  du  in  diesem  augenblick  die  liebe  nichl  zu 
spielen,   da   sie  so   gelegen  in  mein  eignes  spiel  einstimmt. 

K1.IMCKR   2,  359. 

2)  früher  aueh  für  anstimmen : 

man  »limmci  mir  kein  horhrcitbed  nicht  «in. 

der  Achi'ron  wird  selbst  mein  brftuigam  «em.     Oriri  l,tt*7; 


I 


3 1 3  ELNSTIMMEX  —  EINSTIMMUNG 

auch  ander  insirumeni  allda  gar  wenig  feiren, 
sie  machen  da  die  lufl  erklingen  öherall 
mit  süiier  barmonie  und  eingesiimmiem  schall. 
Wkbders  Ariosl  7,  18, 

obgleich  die  letzte  stelle  auch  concinere  meinen  kann. 

3)  eoncordare,  assentiri,  beislimmen,  sustimmen,  beifallen, 
einem  oder  mit  einem :  umb  des  neuen  menschen  willen,  der 
dem  alten  auch  feind  ist  utid  also  mit  gottes  gericht  ein- 
stimmt. LcTHER  1,  40';  ingleichen  stimmet  auch  Strabo  mit 
dem  Laetantius  und  andern  in  diesem  ein.  Opitz  poeterei  4; 

du  seist  dem  vaier  gleich,  da  sagt  der  vater,  nein, 
die  Dioiier  saget,  ja.    der  mutier  stimm  ich  ein. 

LocAü  2,  107,  40 ; 
so  geht  es  glücklich  an,  so  folgt  des  höchsten  segen, 
so  stimmt  dem  anfang  auch  das  end  und  mittel  ein. 

Cbrist.  GarPHics  poet,  wälder  1,  379; 
Aesopus  sagts,  Fontaine  stimmt  mit  ein.  Gsllert  1, 149; 
so  stimmen  wir  in  seinen  tod  mit  ein.    GöKi.tCK  3,  247, 

in  seinen  wünsch  bald  zu  sterben;  aber  darin  können  wir 
nicht  mit  ihm  einstimmen,  dasz  Diön  dieser  geschickte  arzt 
für  sie  gewesen  sei.  Wieland  2,  259 ;  ich  kann  mit  dir  nicht 
einstimmen.    Kmnger  5,  206. 

4)  eingestimmt,  consonus,  harmonisch: 

wie  frei  von  vorunheilen 
sein  geist,  sein  herz  wie  olTen  jeder  lügend, 
wie  eingestimmt  mit  jeder  Schönheit  sei.    Lxssiitg  2,  241. 

5)  Irans,  einstimmen,  consonum  facere:  nur  ruhiges  lehren 
und  ruhiges  sterben  waren  das  tönen,  womit  dieser  höhere 
Orpheus  (Jesus)  menschlhiere  bändigte  und  felsen  zu  Städten 
einstimmte.    J.  P.  dämm.  16. 

EINSTIMMIG,  unisonus,  simplex,  nnl.  eenstemmig,  im  ge- 
gensal:  zu  zweistimmig,  vielstimmig. 

E1NSTI.MMIG,  consonus,  vas  nnl.  instemmig  wäre,  wenn 
das  tcorl  gilt:  einstimmige  begriffe,  Torstellungen,  gegenüber 
den  widerstreitenden;  die  bewegungen  der  himmelskörper 
einstimmig  machen.  Kakt  8,  265;  die  taum  zu  athem  ge- 
kommenen bürger  fügten  sich  wieder  einem  zustande,  dem 
ihre  physischen  kräfte  nicht  gewachsen  und  ihre  sittlichen 
nicht  einstimmig  waren.  Göthe  32, 103 ;  wenn  du  diese  brief- 
blätter  einstimmig  findest  mit  den  ernstesten  fichtengehirgen 
auf  hohem  standpunct,  so  gedenke  dabei  meiner  Umgebung, 
wo  eben  gewitter  weit  ausgedehnt  von  den  bergen  bis  hinab 
ins  land  blitzen,  donnern  und  abregnen,  an  Zelter  411;  sie 
sehen,  dasz  ich  mit  ihren  bemerkungen  völlig  einstimmig  bin. 
an  Schiller  184 :  dasz  sie  mit  meinen  ideen  einstimmig  und 
mit  der  ausführung  derselben  zufrieden  sind,  erfreut  mich 
nicht  wenig.  Scbiller  an  Göthe  21 ;  wohin  nur  dein  äuge 
bückt,  der  einstimmige  fleisz  aller  wesen,  das  geheimnis  der 
kräfte  zur  Verkündigung  zu  bringen.  Schiller  314*;  über  des- 
sen nichtswürdigkeit  die  geschichtschreiber  beider  parteien 
miteinander  einstimmig  sind.  859' ;  bis  hieher  glaube  ich  mit  den 
rigoristen  der  moral  vollkommen  einstimmig  zu  sein.  1118*. 

EINSTIMMIG,  communi  sententia:  das  hohe  blutgericht 
bricht  einstimmig  den  stab  über  des  delinquenten  leben.  Fr. 
Müller  3,  364; 

im  imhum 
Find  alle  ricbterböfe  dieses  landes, 
die  mir  dies  recht  einstimmig  zuerkannt.    Schiller  417'. 

EINSTIMMIGKEIT,  f.  consensus:  indem  es  die  sache  der 
entschiednen  majorität,  ja  beinahe  der  allgemeinen  einstim- 
migkeit  ist.    Fichtes  anw.  zum  sei.  leben  322. 

EINSTIMMUNG,  f.  concentus,  consensus,  assensus,  nnl.  in- 
stemraing:  ich  schnitzte  noch  über  dem  letzten  worte,  als 
mir  ein  liebliches  getöne  unterschiedener  querpfeifen  und 
wolklingender  musik  zu  obren  kam.  mich  zwang  die  begier 
diejenigen  zu  erkennen,  welche  der  einstimmung  wegen  ent- 
weder der  musen  söhne  oder  auch  die  musen  selbst  zu  sein 
schienen.  Opitz  2,  248 ;  er  behauptet  vielmehr,  dasz  die  ganze 
lehre  Christi  nichts  enthalte,  was  mit  der  moral  und  mit  der 
natürlichen  weltweisheit  streite,  oder  mit  ihr  in  keine  ein- 
stimmung könne  gebracht  werden.  Lessi^g  4,  55 ;  da  er  nichts 
ohne  die  einstimmung  des  prinzen  unternehmen  konnte.  Wie- 
LASD  3,67;  wenn  ich  meine  triebe  und  meine  vemunft  nicht 
völlig  habe  in  einstimmung  bringen  können.  Göthe  20,197; 
Wallfahrer,  indem  sie  uns  zur  einstimmung  in  ihre  frommen 
zwecke  beriefen.  48,115;  wie  sollte  ich  zu  fremden  gedanken 
einstimmung  hoffen  können?  an  Zelter  6,115;  es  ist  kein  ge- 
ringer vortheil  für  mich,  dasz  ich  wenigstens  auf  der  letzten 
strecke  meiner  poetischen   laufbahn   mit  der  kritik  in  ein- 


EliNSTIPPEN— EINSTOSZEN 


314 


Stimmung  gerathe.  an  Scliiller  i6~ ;  wie  sehr  wir  einstimmung 
mit  der  Vernunft  über  die  einstimmung  mit  dem  verstand  er- 
heben. Schiller  1137";  die  einbildungskrafl  erscheint  hier  in 
ihrer  ganzen  fessellosigkeit  und  dabei  in  der  schönsten  ein- 
stimmung mit  der  idee.  1245*;  der  satz  der  einstimmung 
(principium  ideiKitatis).    Käst  1,  89. 

EINSTIPPEN,  intingere,  eintauchen,  eintunken,  ist  unhoch- 
deutsch, StCresbcrg  96",  und  sollte  einstupfen,  einstüpfen  d.  i. 
einstoszen  lauten:  nun  muste  ich  ruhig  sitzen  bleiben,  kaffee 
trinken  und  wo  möglich  meinen  Zwieback  einstippen.  BoGcm. 
GoLZ  jugendleben  1,  209 ;  ins  dintenfasz  einstippen,  man  hört 
auch  einstippen  ßr  knixen,  die  knie  einbiegen. 

EINSTIPPELSE,  EIiSSTlPSEL,  n.  emfcamma,  tunke:  bei  dem 
braten  werden  einstippeise  in  salzirlein  (scutellis)  aufgesetzt. 
Docemii  übers,  von  Comenii  janua  aurea  oder  eröfnele  güldene 
sprachenthür.    Hamburg  1648  §.  566. 

ELNSTMAL,  olim:  dasz  der  uranfängliche  sich  in  die  tiefen, 
in  denen  wir  stecken,  die  er  durchschaut  und  umfaszt,  einst- 
mal begeben  habe.  Göthe  19,  320  und  auch  in  andern  aus- 
gaben, z.  b.  der  von  1806  3, 184,  doch  ist  diese  form  so  un- 
gewöhnlich als  einsmal  {sp.  298). 

EINSTMALEN,  olim?  unbelegL 

EINSTMALS,  olim:  Timoleon  wurde  einstmals  vor  gericht 
gefordert.  Kaitt  8, 8.  weil  hier  die  oß  verhandelte  partikel 
zuletzt  auftritt,  folge  eine  Übersicht  aller  ihrer  gestalten :  1)  eins. 
2)  einst.  3)  einsten.  4)  einstens.  5)  einmal.  6)  mal.  7)  ein- 
mals.  8)  einsmals.  9)  einstmals.  10)  ehemal.  11)  ehemals. 
12)  vormaL  13)  vormals.  14)  ehedes.  15)  ehedessen.  16)  ehe- 
dem. 17)  vordes.  18)  vordessen.  19)  vordem.  20)  dermaleins. 
21)  dermaleinst.  22)  dermaleinsten.  23)  tiermaleinstens.  24)  der- 
eins.  25)  dereinst.  26)  dereinsten.  27)  dereinstens.  von  diesen 
gehn  1 — 9  auf  Vergangenheit  und  zukunft,  10  —  19  nur  auf  Ver- 
gangenheit, 20 — 27  nur  auf  zukunft.  einsmal,  einstmal,  der- 
einstmal scheinen  Verwilderung  und  bleiben  ausgeschlossen. 

EINSTÖßERN,  frequentatives  einstieben,  vgl.  stöbern,  wie 
man  unpersönlich  sagt  es  stöbert,  pulveres,  nives  volitant, 
gilt  auch  es  stöbert  ein,  es  hat  ins  zimmer  eingestöbert. 

EINSTÖCKEN,  in  carcerem  conjicere,  in  stock  und  block  legen. 

EINSTOCKIG,  unius  tabulali:  einstockiges  haus,  das  nur 
iinen  stock  hat. 

EINSTOPFEN,  inferctre,  schw.  instoppa,  dän.  indstoppe: 
federn  einstopfen,  taback  in  die  pfeife  einstopfen ;  er  stopft 
unmäszigspeisen  in  sich  ein,  vgl.  einschoppen. 

EINSTÖREN,  irrumpere,  vgl.  aufstören,  ausstören. 

EINSTÖRLEN,  inftgere.  Stieler  2174.  vgl.  aufstörten,  aus- 
störlen,  seltne,  noch  nicht  gehörig  aufgeklärte  Wörter. 

EINSTOSZEN,  incutere,  discutere,  intrudere,  ingerere,  nnl. 
instooten,  schw.  instöta,  dän.  indstöde. 

1)  die  wand,  die  mauer,  die  thür  einstoszen,  brechen;  von 
thüreinstositn  reden.  Pi«ro<  1,399;  dem  fasz  den  boden  ein- 
stoszen ; 

verwirfst  du  diesen  auch  den  deine  hand  gebaut  1 

und  stöszt  der  meister  selbst  sein  meisterstück  jetzt  ein  ? 

MCHLPFOKT  s.  41. 

2)  sich  den  köpf,  das  äuge,  die  nase  einstoszen ;  sich  einen 
Splitter  in  die  haut,  hand,  den  degen  in  den  leib  einstoszen ; 
sich  ein  loch  einstossen. 

3)  das  Schwert  einstoszen  (in  die  scheide),  einstecken :  mhd. 
Abraham,  dii  soll  da;  kint  nit  slahen,  stö;  din  «wert  in! 
Mose  anz.  8,  515 ; 

nhd.  nun  stoszet,  held,  eur  schwert  ein !    fastn.  sp.  457,  32 ; 
ir  herren,  stoszt  nun  die  schwert  ein!    462,  3. 

4)  einem  mut  oder  fureht  einstoszen,  ganz  wie  einstecken, 
incutere:  eim  ein  ding  oft  sagen  und  einstoszen,  einpleuwen, 
einem  hofnung  und  forcht,  ernst  und  fleisz  einstoszen.  Maa- 
LER  127*; 

und  sollst  auch  disen  allen  stoszen  ein  herz  ein. 
fastn.  sp.  637,  5; 

dasz  man  ihnen  ein  schrecken  einstosz  und  jage.  Froüspebcer 
kriegsb.  3,  20l\ 

6)  dem  pferde  die  sporn  einstoszen,  in  den  leib;  es  war 
dieselbe  stärke,  womit  er  Psyches  flügelpferde  den  zügel  straf 
hielt  und  das  spornrad  einstiesz.   J.  P.  TK.  2.  21. 

6)  die  gerber  stoszen  das  leder  ein,  in  die  kufe;  die  färbe 
einstoszen,  in  fässer  packen  (in  hlaufarbwerkcn). 

7)  kraut  und  rüben  einstoszen,  minutim  concidere;  die 
bntter  einstoszen,  fest  ins  fasz  stoszen. 

8)  einen  pQock,  pfal  einstoszen,  einschlagen  in  die  erde 


315 


EINSTOSZERIN— EINSTREUEN 


EINSTREUEN  —  EINSTUDIEREN 


316 


EINSTOSZERIN,  f.  lena,  kupplerin,  die  dirnen  uud  huhler 
in  die  kammer  (fornix)  einslüszt,  da  zusammen  briiifil:  du 
alte  kupplerin  und  einstoszerin,  du  feindin  aller  erberkeit. 
WiBSUNG  Calislui  h2. 

EINSTKAHLEN,  irradiare,  strahlen  einwerfen:  die  sonne 
strahlt  ein,  das  einslraLlende  Sonnenlicht,  bildlich,  je  mehr 
uns  auf  einmal  diese  menge  von  nützlichen  ideen  eiustrahll. 
Hippel  5.  205. 

EINSTK.\HLUNG,  f.  nicht  so  paradox  als  wenn  Jacob 
Böhme  bei  erblickung  einer  zinnernen  Schüssel  durch  ein- 
strahlung  Jovis  über  das  Universum  erleuchtet  wurde.  Götiie 
27, 137. 

EINSTREICHEN,  illinere,  nnl.  inslrijken,  schw.  instryka, 
ddn.  indstryge. 

1)  dem  kinde  brei  mit  dem  löfifel  einstreichen,  in  den  mund: 
tnhd.  so  macht  im  diu  swCster  ein  müeselln  und  strichet  im 
eht  in,  so  ist  sin  hevelln  klein  stn  megelln,  und  6;  ist  vil 
schiere  vol  worden,  sA  pttpelt  e;  im  her  wider  öj,  s<i  strichet 
eht  sie  dar.  s6  kümt  danne  diu  nuiome,  diu  tuot  im  da; 
s^lbe.  so  kümt  danne  diu  amme  und  sprichet  'o  we  mins 
kindes,  da;  enbei;  hiute  nihts!'  diu  strichet  im  danne  als  ie 
von  erste  in.  Bertiiolt  416;  du  bist  an  inen  (an  vater  und 
mutter)  gehanget  als  ein  apfel  an  einem  bäum,  was  du  bist, 
das  bistu  von  inen,  si  haben  dir  bappen  in  gestrichen.  Kei- 
SERSBERG  omeis  81*;  wenn  du  ein  jung  kind  best,  das  du  will 
spisen  und  die  bapp  in  der  pfannen  gewermst,  vvoltestu  denn 
dem  kiud  die  bapp  usz  der  pfannen  instrichen,  so  verbran- 
test  du  das  kind.  aber  wenn  du  die  bapp  zu  dem  ersten  in 
dinem  mund  versuchst,  ob  si  zu  heisz  oder  zu  kalt  si  . . 
denn  magstu  die  bapp  dem  kindlin  instrichen.  bilger  142'; 
wenn  du  sihest  das  einer  dich  lobet,  so  haltet  er  dich  für 
einen  narren  und  für  ein  kind,  das  man  mit  bappen  geschweigt, 
er  will  dir  bappen  inslreichen,  oder  er  will  dir  eselsoren  ma- 
chen und  aufsetzen,  s.  d.  m.  35";  wie  man  kind  geschweigt 
mit  beppen  und  mit  dem  linger  inen  die  bapp  instreicht. 
brüsamltn  52";  also  auch  hie  musz  ich  euch  fein  binder- 
schleichen und  wie  eim  kind  das  mus  einstreichen,  ich  geh 
es  sonst  dem  hund.  Garg.  21*;  sind  dann  stillfridsame  und 
sittsame  leut,  so  kan  ich  inen  das  mus  auch  süsz  einstrei- 
chen. 107';  kühn  Günther  380: 

da$z  dir  der  ersiu  brei  den  bunger  eiogesu-jcben, 
der  sich  auch  Weisheit  sehnt, 

für  da$3  dir  mit  dem  ersten  brei  der  hunger  tingeslrichen 
uurde. 

2)  mit  Ol,  salbe,  baisam  einstreichen:  das  haar  mit  öl; 
strich  schlaf  {schlafe)  und  puls  mit  balsam  ein.    Güntuuii  431. 

das  dach,  die  ziegeln  mit  kalk  einstreichen ;  mit  kitt  die 
fugen  einstreichen,  aber  auch  öl,  baisam,  kalk,  kitt,  lehm 
einstreichen,  in  das  haar,  in  die  fugen. 

3)  geld  mit  der  hand  in  die  andere  oder  in  den  beulet  ein- 
streichen, pecuniam  delergere: 

ich  Zähe  im  die  prenninge  dar, 

er  streich  si  gar  iu  siue  bant.    feldbauer  125; 

der  hunger  wurde  bei  den  Griechen 

hinaus,  das  reichihurn  eingestrichen. 

der  huoger  wird  bei  unsern  tagen 

hiaein,  das  relchthum  ausgeschlagen.    Logau  1,  119,6; 

der  nur  einstrich,  nie  gab  aus, 

bat  ailfaier  sein  enges  haus.    2,  237,  ItiO ; 

das  bauptgeld  bleibet  stebn, 

ihr  streicht  die  Zinsen  ein.    Tscherninc  69; 

streicht  euer  geld,  das  ihr  mir  bietet,  ein 

und  lernt  von  mir  die  pQicbt  gewissenhaft  zu  sein. 

GiLLiRT  1,  170; 
wie  geld  io  sack,  so  striche  man  in  köpf 
auch  Wahrheit  ejn?    Lessinc  2,  275. 

4)  wen»  die  schlotter  mil  der  feile  eintchnilte  machen,  nennen 
ite  dat  einstreichen. 

5J  weidmännisch,  lercben  einstreichen,  mil  dem  netze  fangen. 

6)  die  haare  einstreichen,  wie  einkiimmen,  zurückstreichen. 

7)  inlr.  die  rebhüner  stretcben  ein,  latten  ticlv  haufenweise 
auf  die  felder  nieder. 

EINSTREITEN,  disputando  pertuadere  alicui,  tireitend  ein- 
reden, einditpulieren :  ich  laste  mir  das  nicht  einstreiten; 

und  Epicur  bat  falsch,  uns  dieses  elnzusireiion. 

(iCxTiiEK  720; 
mir  slreiui  ka  nentch  nit  ei, 
da«z  I*  nit  röcht  hob  gntacht.    GaDaiL  1, 6. 
t.  auAstreiten. 

EINSTREUEN,  intpergere,  inlertpergere,  nnl.  instrooijen, 
tckw.  ioatrO,  da».  iodiUrO«. 


1)  samen  einstreuen,  sand  einstreuen;  dem  vieh  stroh  ein- 
streuen, was  ein  pleonusmus  ist;  laub  einstreuen;  salz  ein- 
streuen. 

2)  bildlich,  verse,  Sprüche,  bibelstellen  einstreuen ;  anmer- 
kungeu  einstreuen.    Lichtenüerg  1,264; 

doch,  freund,  in  diese  saat  von  kuinmer 

ist  auch  vergnügen  eingestieut.     Gotier  1,  226; 

er  begnügt  sich,  einen  kleinen  verdacht  einziistreueji.  Ramler 
dichtk.  des  Horaz  114 ;  die  Überbringerinnen  werden  erzählen 
können,  dasz  uns  bisher  manches  gute  mit  eingestreuten  Übeln 
widerfahren.  Gütue  an  fr.  v.  Stein  3,432;  winke,  die  ich  so- 
gleich hie  und  da  einstreuen  will.    J.  P.  Fibel  103. 

3)  e/Titücndcn,  opponcre:  du  wirst  mir  Tilleicht  einstreuen, 
dasz  in  der  ganzen  weit  nicht  mehr  ein  solcher,  als  dieser 
gcdultige  Job  anzutreffen.  Butschky  kanzl.  654;  sie  wird  mir 
hingegen  einstreuen,  er  habe  nicht  lange  genug  gelebet.  866; 
du  dürflest  mir  zwar  einstreuen.  SS8;  wofern  ihr  euch  unter- 
fahet  mir  anderweit  einzustreuen  u.  s.  w.   899. 

4)  blustes  einstreuen  hcisil  schon  einem  verdacht  erregen, 
etwas  in  den  köpf  setzen,  verleumden,  das  hat  dir  der  leufel 
eingestreut,  eingegeben. 

EINSTREUUNG,  f  1)  inlerspersio,  einstreuung  von  lob  und 
tadel,  von  gedichten. 

2)  calumnia:  die  cinstreuungen  seines  günstlings  thateu 
also  ihre  ganze  Wirkung.    VVielands  Agalhon  .%  223. 

EIN.STR1CH,  m.  nach  den  bedeutungen  des  einstreichens, 

1)  einstrich  des  breis,  öls :  dieweil  mancherlei  köpf  seind 
under  den  arzten,  einem  schmeckt  der  einstrich,  einem  an- 
dern salben,  dem  dritten  ein  wundtrank.  Faracelsus  cAir. 
sehr.  343*. 

2)  einstrich  des  geldes. 

3)  einstrich,  einschnitt  in  den  hart  des  schlüsseis.  s.  vor- 
strich, miUelbruch. 

4)  im  bergbau,  ein  im  freien  schachtraume  eingefügter,  festigen- 
der, abspreizender  Stempel,     s.  das  folgende. 

EINSTRICKROHLE,  f  querholz  über  dem  Schacht. 
EINSTRICKEN,  1)  illaqueare,  räuber  und  diebe  einstricken, 
mit  stricken  fesseln,     bildlich,   einen  verstricken,  fesseln: 

mit  euch  in  dieses  garn  das  herz  auch  einzustricken. 
LoHKUsTEhij  blumen  15(1. 
2)  acubus   intexere,    einen    rothen  faden  einstricken ;    eine 
neue  ferse  einstricken;  buchstabcn  einstricken. 

EINSTRÖMEN,  inßuere  rapidius,  nnl.  instrooinen,  sdiw. 
instrümma,  ddn.  indstrümme. 

1)  die  Qut  strömt  unauflialtsam  ein ;  das  licht  strömt  ein ; 
Victor  schob  auf  dem  dachboden  sein  bettchen  vor  eine  inüü- 
dung  des  einströmenden  mondes.    J.  P.  Hesp.  1, 187. 

2)  die  menge  strömt  ein ;  die  einströmenden  menschen. 

EINSTRÖMU.NG,  f   1)  inundalio,  einströmung  des  wassers. 

2)  bildlich,  wie  sollten  deine  sinne  allein  bei  den  entzücken- 
den einströmungcn  ihrer  gegenwart  unempfindlich  bleiben. 
Wieland  27,  t58. 

EINSTRÜMPFEN,  curtari,  truncari,  conlrahi,  marcetcere, 
strumpf  ist  gleichviel  mit  stumpf.  Schmeller  3,  640.  686:  oder 
auch  das  geädcr  zu  kurz  wird  und  einstrumpft.  Seuter  325 ; 
einstruinpfen  der  nerven  erzeugt  krampf.  Wirsong  150.  s.  das 
folgende. 

EINSTRUPFEN,  dattelbe,  marcere.  Maaler  127' ;  disc  kalte 
liebe  macht,  dasz  ein  mensch  instrupft,  evangelia  mil  Kei- 
sersbebgs  auslegttng.  Straszb.  1517.  bl.  67';  sind  dann  die  brüst 
ganz  rot  und  eingestrupft.  Sebiz  89,  am  rande :  rot  einge- 
schrupfle  brüst;  durumb  dasz  der  ausgang  der  berinutter  eiu- 
geslrupft,  eng  imd  von  'schmerzen  wegen  geschwollen  \M. 
Röszi.iNS  hebammenbüchlin  35';  verschmachten  imd  strupfen  ein 
vor  staub  und  gestank.    Frame  niurtae  encomion  45*. 

EINSTRUPFUNG,  f  contractto:  es  bringt  sonst  schwere 
schweinung  und  einstrupfuug  des  güders,  wann  es  zu  laug 
über  sich  gebunden  bleibt.    Würtz  146. 

EINSTÜCKELN,  minulim  assuere,  in  kleinen  tlitken  ein- 
fügen: das  heiszt  eingestürkelt,  eingeflickt! 

EINSTÜCKEN,  assuere,  stücke  einfügen:  ein  alück  leug  ein- 
Btücken,  pleonasUsch. 

EINSTUDIEREN,  1)  cditcere,  sehtp.  insludera,  ddn.  iodstu- 
dere,  einlernen: 

habt  euch  vorher  wol  praoparicrt, 

pnrngr.-iphos  wol  einftudieri. 

daniii  Ihr  nachher  be^tner  seht, 

dasz  or  nichts  sagt,  aK  was  im  buche  steht.     GAthi  12,  97  ; 

der  Schauspieler  si'<'i<">t  •'»ine  rollen  fleistig  ein. 


317 


EINSTÜNDIG  —  EINSTWEILEN 


EINSTWEILIG — EINTÄFELN 


318 


2)  sich  einstudieren,  diligcnler  se  exercere:  sich  in  einem 
fache  einstudieren.    Heyne  an  Joh.  Müller  s.  198. 

3)  einstudiert,  eingelernt,  absolutus:  der  einstudierteste 
heuchler.    Kli.nger  9, 134,  vgl.  ausstudiert 

EINSTCNDIG,  unius  horae.  Ölinger  grammatica  82;  ein- 
stündige predigt;  einstündiges  coUeg,  das  vöelienllich  einmal 
gelesene. 

EINSTUNKEN,  offercire,  ausfidlen.  Maaler  127*,  schon  ahd. 
instunkün  infercire.    Graff  6,  694. 

EINSTUPFEN,  inlundere,  vgl.  ahd.  stupfan  Graff  6,  659  und 
Stupfen  6«  Scbmeller  3,  651,  eigentlich  mit  dem  finger  ein- 
stupfen,  wofür  sich  heute  das  nd.  einstippen  vordrängte,  wie 
für  tupfen  tippen,  nd.  dippen:  wolan,  hin  ist  hin,  leget  euch 
ifl  die  sach,  mit  dem  elenbogen  ins  kat,  stupfet  ein,  sprecht 
nach,  das  ir  wolt  zufriden  sein,  was  der  richter  spricht,  euch 
wegern  nicht,  stupfen  und  einstupfen  war  symbol  der  einwil- 
ligung,  vgl.  RA.  604  und  topp  d.  i.  tupf,  stupf     vgl.  eintüpfen. 

EINSTÜRMEN,  irruere,  nnl.  instormen,  schw.  instorma,  dän. 
indstorme:  auf  ihn  stürmt  alles  ein;  sie  schrien  aber  laut 
und  hielten  ire  obren  zu  und  stürmeten  einmütiglich  zu  im 
ein.  apost.  gesch.  7,56;  mit  eim  buch  von  guten  werken  will 
ich  zu  ihn  einstürmen  und  ubem  häufen  rumpeln,  älrerds 
wider  Jörg  Witzel  M '' ;  stürmeten  scharenweise  mit  einem 
lauten  feldgeschrei  auf  sie  ein.  Heilman.vs  Thueyd.  503;  mit 
groszem  geschrei  unter  die  Thracierinnen  einstürmend.  Wie- 
I.AND  1,35;  in  den  bacchantischen  walzer  mit  einzustürmen 
hielten  sie  weit  unter  der  würd  ihrer  goltheiten.  Kl.  Schmidt 
kom.  dicht.  3t4;  du  stürmst  auf  deine  gesundheit  ein;  nur 
immer  mit  einzeln  beispielen  auf  mich  einstürmen.  Lessing  8, 19 ; 

da  so  viele  morde  der  freier 
nicht  ihn  zu  warnen  vermocht  und  wild  auf  sein  leben  er 
einstürmt.    Voss  Od. 
EINSTURZ,  m.  ruina:  das  haus,  die  mauer  droht  einsturz; 
wo  nicht  schleunig  geholfen  wird,  steht  der  einsturz  der  brücke 
bevor;  in  den  gruben  entstehen  nicht  selten  einstürze. 
EINSTÜRZEN,  nnl.  instorten,  schw.  instörta,  dän.  indstyrte. 

1)  intr.  corruere,  collabi:  es  that  einen  krach  und  das  haus 
stürzte  ein;  der  ofen  ist  eingestürzt;  wenn  die  berge  brechen, 
die  alten  klüfte  einstürzen. 

2)  intr.  irruere,  alles  stürzte  mit  gewalt  auf  ihn  ein;  neues 
auf  mich  einstürzendes  entzücken.    Friedr.  Müller  1, 19. 

3)  Irans,  praecipitare :  die  grundfesten  wankend  machen 
und  einstürzen.  Kant  9,  8 ;  eine  mauer  einstürzen.  Heiljianns 
Thuc.  892; 

er  nimmt  den  dolch  und  stürzt  ihn  gierig  ein.    Pfeffel  3,58. 

4)  Irans,  glulire,  in  sich  stürzen :  es  stürzen  ihn  {den  wein) 
säuische  schlemmer  ohne  masz  und  geschmack  zum  rächen 
ein.  BcTSCHKT  Palm.  328 ;  sie  stürzten  ein  glas  nach  dem 
andern  ein,  bis  der  krug  leer  war. 

5)  Irans,  infundere,  schnell  eingieszcn  : 

er  liesz  sich  ein  gefäsz  von  lauterm  golde  reichen, 
der  eingestürzte  wein  wirft  perlen  um  den  rand. 

i.  E.  SCBLEGEL  4,  24. 

6)  sich  einstürzen : 

sprang  und  stürzte  sich  ins  wasser  ein.    Locad  2,  TS,  97. 

7)  eingestürzt,  verfallen,  eingefallen:  ein  blasses,  einge- 
stürztes gesiebt.    J.  P.  Tit.  2,  83. 

EINSTUTZEN,  illidere,  von  stutzen,  frequentalivem  stoszen  : 
in  Weiszenheim  am  berg  werden  noch  immer  die  bürger  ein- 
gestutzt, am  aufgang  des  hauses  'vor  dem  stein'  versammeln 
sich  die  im  abgelaufenen  jähr  neu  eingetretenen  bürgen,  welche 
nun  in  ihre  bürgerrechte  feierlich  eingesetzt  werden  sollen, 
je  vier  männer  fassen  einen  jungen  bürger  an  bänden  und 
füszen,  der  bürgermeister  packt  ihn  am  nacken  und  stöszt 
ihn  auf  den  stein,  der  dumpfere  oder  hellere  ton  beim  auf- 
stoszen  wird  prophetisch  gedeutet  auf  die  gediegenheit  des 
jungen  bürgers.  Riehl  die  Pfdlier  s.  325.  ähnliches  stutzen  galt 
auch  sonst  beim  hänseln. 

EINSTUTZEN,  curtare:  bäume,  zäune  und  hecken  ein- 
stutzen, dann  auch  kleider  einstutzen  wie  aufstutzen,  ihnen 
neuen  zuschnitt  geben:  wie  ich  dort  ankam,  hätte  ich  mich 
nicht  um  alle  weit  in  einem  deutschen  kleide  zeigen  mögen, 
ühnerachlet  ich  die  meinigen  in  Stille  (?),  wo  man  doch  die 
modc  täglich  aus  der  quelle  erhält,  so  ziemlich  einstützen 
lassen.    Moser  2,222  {frühere  ausg.  der  palr.  ph.  2,352). 

EI.NSTÜTZEN,  was  einstemmen,  die  arme  einstötzen,  vgl. 
aufstützen. 

EINSTWEILEN,  inlerea,  ad  tempus,  unterdessen,  inzwischen, 
eine   vor  dem  J8  jh.  unerhörte,    auch  noch  nicht,  bei  Stieler, 


Deszler»  Stei.nbach,  Frisch  verzeichnete,  zuerst  bei  Adelcng 
erscheinende  Wortbildung,  der  sie  gemein  und  oberdeutsch  nennt. 
weilen,  beiweilen,  bisweilen,  derweilen,  dieweilen,  unterweilen, 
zuweilen  liefern  analogie,  doch  hat  die  Verknüpfung  mit  einst 
etwas  steifes  und  seltsames,  da  weilen  ungefähr  dasselbe  aus- 
sagt was  einst,  dem  man  hier  die  bedeulung  von  aliquando 
einräumen  musz:  bleib  einstweilen  hier,  bis  ich  zurückkomme, 
en  attendant  man  retour;  thu  einstweilen  diese  leichte  arbeit, 
die  schwere  soll  nachfolgen;  einstweilen  bin  ich  zufrieden, 
auf  besseres  wartend;  einstweilen  ist  das  werk  aufgeschoben. 
s.  einsweilen,  einsweils. 

EINSTWEILIG,  ad  tempus  durans,  interimistisch:  einst- 
weiliger besitz.  Kast  5,  60 ;  das  gesetz  soll  nur  einstweilige 
geltung  haben. 

EINSUCKELN,  sugere,  einsaugen,  vgl.  einsutzen. 

EINSUDELN,  foedare,  einschmutzen,  versudeln,  bei  Stieleb 
2053  aucfi  einsülen,  weiszzeug  einsülen,  eingesülte  herade. 

EINSÜHNEN,  was  einsühnen :  nun  weite  er  ihme  gerne 
gönnen,  das  er  wider  bei  mir  eingesüenet  würde.  Tbcrneisser 
nothg.  ausschr.  2,  51.     vgl.  einlheidigen. 

EINSÜLEN.  s.  einsudeln. 

EINSULZEN,  EINSÜLZEN,  sale  condire,  einsalzen:  drei 
Schüssel  eingesulzler  hundsfüsz.  Fjschart  groszm.  108 ;  einge- 
sulzten  compost  kochen.  Kirchhof  «fenJunm.  ist';  diemyroba- 
lanen  mit  zucker  und  honig  einsülzen.  Taber.naemo.stanüs  1328. 

EINSÜMPFEN,  stagnum  ßeri,  versumpfen :  die  wiese  sumpft 
ein. 

EINSÜMPFEN,  madefacere,  macernre,  einwässern:  die  zie- 
gelerde, thon,  lehm  einsümpfen,  einfeuchten,  erweichen. 

EINSUPFEN,  EINSUPPEN,  sorbere,  eigentlich  insorbere, 
supfen  wie  supfe  ist  die  strenghochdeulsche  form,  wie  sie  bei 
Dasyp.  und  Frisics  waltet,  die  weichere  mundart  zieht  suppe, 
Suppen  vor:  Cleopatra  greif  an  die  rechte  seilen  ires  haupts 
und  nam  von  dem  kränz  ein  grosz  berlen  und  leget  es  in 
den  essig,  da  zergieng  es  und  ward  ein  teigiin  oder  müslin 
daraus,  dasselbig  suppet  sie  ein.  seh.  und  ernst  1555  cap.  CO, 
wo  1550  cap.  220  dasselbe  supfet  sie  ein ;  kuchenschellen- 
wasser  in  die  nasen  eingesupt  reinigt  das  haupt.  Tabehnae- 
«ONTASCs  p.  99,  wo  andere  ausgaben:  rautensaft  in  die  nasen 
eingesuppet  ist  ein  gute  arznei  wider  das  hauptwehethum. 
394;  etliche  den  saft  der  rauten  in  die  nasen  einsupfen.  397; 
amelmeel  mit  einem  weichgesottenen  ei  eingesupt  dient  wider 
das  blutausspeien.    614. 

EINSURFELN,  EINSÜRFELN,  dasselbe:  daraus  machen  sie 
euch  ein  compost,  oder  wie  maus  zu  Löwen  nennt,  ein  bro- 
dium,  das  wird  so  stark,  das  es  den  ketzern  das  herz  ab- 
stoszen  möchte,  wann  sie  nur  ein  löffel  voll  darvon  einsur- 
feln.  Fischart  bienenk.  59";  laszt  uns  wider  eingieszen,  ein- 
tonnen, eintrüchtern,  einsurfeln.  Garg.  84*;  dann  wie  er  kein 
tropfen  on  ursach  einsurfelet,  also  spei  er  keinen  on  ursach. 
lll';  underdesz  mein  saftiger  herr  von  Bruchmatt  eingosz  und 
einsurfelet.  152";  die  erst  brüh  von  lattich  on  salz  einsür- 
felen  oder  trinken.    Sebiz  81.     s.  surfein. 

EINSÜSZEN,  dulcedine  imbuere,  indulcare.    Stieler  2242. 

EINSUTZEN,  EINSUTZELN,  was  einsuckeln,  einlutschen: 
solche  wasser  dienen  zur  nahrung  des  kindes,  dasz  es  die- 
selbe einsutze  mit  dem  mund  und  abschlinge.  von  zufallen 
der  kindbetterinnen.  i^ürnb.  1687.  s.  263.    vgl.  Sch».  3,  302. 

EINSWEILEN,  interea,  so  schreibt  W'ieland  in  briefen  bei 
Merk:  und  dliran  soll  mir  einsweilen  genügen.  1,129;  für  die 
ausgelegten  22  fl.  bitte  mich  einsweilen  zu  debitieren.  2,  69 ; 
nehmt  einsweilen  mit  dem  guten  willen  vorlieb.  2,130;  so 
thue  du  einsweilen  das  beste.  2, 156;  an  deinen  verheiszungen 
will  ich  einsweilen  so  festhalten  als  menschenmöglich.  2,177; 
meine  mutter  Ist  im  himmel,  mag  diese  einsweilen  in  diesem 
Jammerthal  ihre  stelle  vertreten.  Stilling  2,  47.  dieselbe 
Schreibweise  findet  sich  gleichzeitig  noch  bei  andern,  ist  aber 
allmälich  dem  einstweilen  gewichen. 

EINSWEILS,  dem  man  nur  bei  Stieler  2475  begegnet,  ist 
noch  tadelnswerther  und  nach  analogie  von  dieweils  für  die- 
weil,  dieweilen  versucht,  das  f.  weil  kann  weder  den  gen.  weils 
haben,  noch  den  männlichen  gen.  von  ein  mit  sich  verbiiidi'n. 

EINTACHTIG,  unius  ellychnii,  eindocJilig:  eintächtige  kerz, 
so  nur  ein  lachten  bat,  lucerna  simplex,  bei  .Maaier  luo'  ver- 
druckt eintächige  kcrz.  tacht  scheint  hochdeutscher  als  dacht, 
docht  (Graff  5,  379). 

EINTAFELN,  tubuläre:  saal  und  zimmer  eintäfela;  bei  sol- 
chem eintäfelu  der  kenntnisse.    Leibnitz  378. 


319 


EINTÄGIG  —  EINTEUCHELN 


EINTEÜCIILUNG  —  EINTIIRONEN 


320 


EINTÄGIG,  unius  diei.  Ölinger  grammatica  s.  82;  eintä- 
giges kind;  eintägige  feier. 

EINTAGSI'LIEGE,  f.  ephemera:  wir  eintagsfliegen.  J.  P. 
dämm.  11;  der  mensch,  die  eintagsQiege  über  einer  welle  zeit 
braucht  überall  uhren  und  datumzeiger  zu  abmarkungen  am 
ufer  des  zeitenstroms.  Siebeuk.  3,  577 ;  eintagsfliege  am  Johan- 
nistage.   RücKERT  244.     s.  haft  und  uferaas. 

EINTAGSGESCHÖPF,  n. 

EINTAGSTHIEHCHEN,  n.  EINTAGSWESEN,  n. 

EINTANZEN,  1)  sattalionem  exercere,  einen  tanz  einüben; 
sich  eintanzen,  sich  in  den  tanz  einüben. 

2)  saltando  everlere,  im  tanz  einsloszen,  umwerfen. 

EINTAPPEN,  gravi  pede  incedere,  labi;  sie  hat  eingetappt, 
virginilateni  delibavil.    Stieler  2257,  ist  gefallen. 

EINTASCHEN,  bei  den  färbern,  rohe  seide  zum  kochen  in 
leinene  laschen  stecken. 

EI.NTAUCHEN,  intingere,  immergere,   nnl.  induiken, 

1)  semmel  in  wein,  brot  in  hier  eintauchen ;  der  ists,  dem 
ich  den  bissen  eintauche  und  gebe.  Joh.  13, 26 ;  die  fedcr 
eintauchen;  die  fackel  in  blut  eintauchen;  die  hSnde  in  was- 
ser  eintauchen ; 

itzo  wallet  nicht  mehr  das  gewand  der  schlafenden  erde 

in  viel  bunten  abwecliseluden  Tarben,  den  kindern  der  juiinu  ; 

sondern  nun  hat  es  die  nacht  in  siebenfäliige  schalten 

bis  an  den  säum  eingetaucht,  und  hat  den  schleier  der  Iraner 

über  die  wiesen  und  garten  geworfen. 

Zacuariä  die  tageszeiten  (Rostock  1757)  s.  103. 

2)  intr.  eintauchen,  immergere,  versinken:  er  tauchte  ein, 
versank;  die  sonne  taucht  ein,  geht  unter. 

3)  sich  eintauchen,  einsenken  in  die  flut.  vgl.  einteuchen. 
EINTAUCHER,  m.  bei  papiermachem  der  bültgeselle,  Schöpfer. 
EINTAUMELN,    intrare    vacillando,    nnl.   intuimelen:    der 

trunkenbold  kommt  eingetaumelt. 

EINTAUSCHEN,  commutare:  von  den  wilden  gold  gegen 
Spiegel  und  bänder  eintauschen;  bücher  gegen  bilder  ein- 
tauschen ; 

auch  Rezia,  »citdem  sie  von  Amanden 

den  namen  eingetauscht.    Wisland  22,261; 

kenntnisse  tauscht  ich  für  gefühle, 

schwermfiihgen  ernst  für  frohe  spiele, 

für  neidenswerthe  träumerein 

Wahrheiten,  die  mich  kranken  ein.    Gottrr  1,  442 ; 

und  doch  möcht  ich  die  äugen  mit  seinen  blinden  eintauschen 
(vertauschen),  das  nicht  mehr  zu  sehn.    Klingers  th.  2,  207. 
EINTE  für  eine  erscheint  als  anomalie 

1)  schweizerisch  in  der  Verbindung  mit  ander:  das  einte  und 
andere.  Lavater  auss.  in  die  ewigkeit  1773  1,  134;  es  wäre 
mir  in  eint  und  anderm  freilich  nicht  kommlich  gewesen. 
Pestalozzi  2,  322;  der  einte  dem  vogt  5  und  der  andere 
7  gülden  schuldig  war.  3,297;  du  bist  in  dieser  sache  am 
einten  aug  blind  und  mit  dem  andern  siehst  mehr  als  da 
ist.  3,  305 ;  hingegen  macht  das  eint  und  andere  im  beneh- 
men gegen  die  gute  sache  einen  sehr  widrigen  eindruck.  4,  275. 
doch  die  meisten  neueren  schrißstcller  enthalten  sich  dieser 
form,  da  wo  Plater  49  steht  der  ein  sun  —  der  ander,  hat 
Baldinqers  ausgäbe  nach  neuerer  handschriß  s.  107  der  einte. 

2)  Wernike,  also  ein  Niederdeutscher  aus  der  zweiten  hdlße 
des  njh.  sagt  s.  61 

die  eint  ihm  ein  stück  gold  zusteckte, 

die  eine  von  drei  weibern.  man  hört  aber  noch  heute  hin 
und  wieder  der  hundert  und  einte,  zum  hundert  einten  mal 
statt  der  hundert  und  erste,  zum  hundert  und  ersten  mal; 
es  ist  in  der  einten  stunde  statt  ersten. 

hier  scheint  einte  falsch  gebildet  nach  zweite,  dritte,  vierte 
u.  s.  w.,  da  doch  unsere  ordinal  form  der  einzahl  erste ;  ähn- 
liche abirrung  war  änderte  für  andere  (1,313),  bei  eint  und 
ander  könnte  man  vielleicht  eintweder  anschlagen. 

EINTEICHEN,  s.  eindeichen  sp.  161. 

EINTEIGEN,  1}  miscere  massam  farinaccam,  mehl  einteigen, 
einmdhren ; 

ich  esz  ein  selig  brot  mit  scbweisz  zwar  cingeteiget. 
Loükv  1,  51,  4. 

2)  sich  einteigen,  altius  se  demittere  in  massam,  sich  lief 
in  etwas  einlassen  und  im  teig  stecken. 

EINTEUCHELN,  inducere  aquam  aliunde,  das  eintcurhien, 
eintüchlen  de»  wassers,  induclio  aguarum.  Fnisius  «S5*.  Maai  er 
12«*;  här  teuchlen,  durch  die  teuchel  leiten.  FHisitis  97(1*. 
Maaler  400*.  Stali>kr  1,  235  hat  tüchcln  leiten,  tUcliei  canal. 
alles  wol  nach  dem  lat.  ducere  und  ductile,  wie  aus  a(]uae- 
dactus  mnl.  hageducht  gebildet  wurde,  s.  teuchel,  dcuchel 
2, 1030.     unverwandt  dem  folgtnden  eiateucben. 


EINTEUCHLUNG,  f.  inductio,  eintüchlung.  Maaler  127*. 

EINTEUCHEN,  immergere,  inlingerc,  da  die  Vorstellungen  des 
lauchens  und  färbens  einander  begegnen,  das  zu  färbende  wird 
eingetaucht,  aus  ahd.  intuchun  innatabant  =  immersi  fuerunl 
(Graff  6,  367)  folgert  sich  intiochan  oder  inlöchan,  intouh, 
intuchun,  intochan,  welchem  noch  das  nnl.  induiken  indook 
pari,  indüken  entspricht,  ebenso  musz  das  einfache  liochan, 
mhd.  tiechen  oder  lochen  bestanden  haben,  betochen  mit  bluote 
ist  gefärbt  von  blut,  getaucht  in  blut.  aus  dem  starken  verbum 
wurde  das  gleichbedeutende  schwache  tauchen  geleitet,  ags.  ist 
deih,  dedg  färbe  ==  tauche,  deigan  tingere,  engl,  die,  und 
auch  hier  Idszl  sich  auf  ein  starkes  verbum  scblieszen,  vgl. 
tug»t  variatur  bei  Graff  5,  369.  nah  verwandt  ist  tunken 
(s.  eintunken),  aber  ganz  verschieden  ahd.  diuhan  premere. 

die  folgenden  seltnen  nhd.  belege  halten  noch  das  eu  der 
starken  form  fest,  fleclieren  aber  schwach:  wie  gar  ist  nichts 
allenthalben  nicht  mit  vilcn  gallen  cindeucht  und  geferbt 
Frank  25 ;  das  gemüt  sei  eingedeucht  und  verwicklet  mit  leib- 
lichen banden.  68,  doch  beidemal  sollte  eingeteucht  geschrie- 
ben slehn; 

des  Stirn  durch  uner  eingeteucht 

mit  schamrot  sie  belaist(!).    McLissDsp«.  N8'. 

EINTEUFELN,  diabolo  imbuere: 
du  bist  doch  sonst  so  ziemlich  eingeteufelt.    Göthi  12,176. 

EINTHALB,  EINTHALBEN,  ex  una  parte,  mit  eingeschobnem 
t  wie  in  meinthalben  u.  s.  w.  cinthalben  an  des  tisches  ort. 
tr.  kr.  21679. 

EINTHALERIG,  unius  thaleri:  iinthaleriger  kassenschein, 
wie  fünrthalcrig,  zehnthalerig. 

EINTHEEREN,  ptce  liquida  illinere. 

EINTHEIDIGEN,  reconciliare,  für  eintagedingen,  einthädin- 
gen:  so  eine  darin  (im  eebruch)  ergriffen  ward,  schneid  ir 
der  mann  das  haar  ab  und  entblöszet  sie  vor  allen  iren  nach- 
pauren  und  freunden,  schliig  sie  die  ganz  gasz  für  und  für, 
niemand  weder  gestalt,  reichthuinb,  freund,  alter,  gnad,  mocht 
sie  meer  einthedingen  (d.  h.  in  die  gemeinschaß  aufnehmen, 
einen  mann  finden  lassen,  Tac.  sagt  non  forma,  non  aetate, 
non  opibus  maritum  invenerit).  Frank  weltb.  43'  {die  spätere 
ausg.  von  1567,  43*  einthädingen) ;  der  bischof  von  Menz  kompt, 
wil  den  {vertriebnen)  bischof  (llerman  zu  Bamberg)  wider  ein- 
thädingen und  der  geistlicheit  angnem  machen,  deutsche 
c/iroHiA  1530, 141* ;  ob  sie  ihn  widerumb  bei  mir  versünen  oder 
einteidigen  möchten.  Tiiürneissers  nothgedr.  ausschr.  2,  13; 
eine  stelle  aus  Ayrer  450*  schon  sp.  161  angezogen,  später 
veraltend,     s.  austheidigen,  betheidigen,  vertheidigen. 

EINTHEILBAR,  quod  distribui  polest:  setzen  wir  die  absolute 
totalität  der  realität  als  eintheilbar.  Fichte  grundl.  der  w.  l.  59. 

EINTHEILEN,  distribuere,  disponere,  nnl.  indeelen,  schw. 
indela,  ddn.  inddele. 

1)  mit  bloszem  acc,  die  felder  eintheilen ;  die  thiere,  die 
kräuter  eintheilen ;  die  tage,  seine  zeit  gut  eintheilen ;  eine 
rede,  predigt  eintheilen;  sein  geld  eintheilen,  eigentlich  gut, 
genau  eintheilen,  sparsam  ausgeben,  auch  von  andern  dingen: 
es  ist  nicht  viel  mehr  da,  wir  müssens  eintheilen. 

2)  mit  der  praep.  in :  den  garten  in  beete,  felder  einthei- 
len ;  alles  in  drei  theile  eintheilen ;  den  zirkel  in  grade,  die 
pflanzen  in  arten  eintheilen;  das  volk  in  fünf  klassen; 

kumm,  klimm,  hcrr  Jesu,  kumm,  mach  Ordnung  und  theil  ein 
die  schal  in  deine  lusi,  die  bock  ins  tcufel.s  pein. 

LoGAU  1,209,  68; 
der  Sperling  iheill  sein  kurzes  leben 
in  zwitschern  und  in  lieben  ein.    Hagidorn  3,  35. 

EINTHEILIG,  unius  partis,  ein  öinUieiliges  buch,  nnl.  een 
deelig. 

EINTHEILS,  ex  una  parte,  partim,  ßr  cinstheils  oder  blosses 
Iheils:  so  sind  denn  alle  euszere  werke  opfer  der  gerech- 
tigkeit,  einteils  ganz  verbrandte,  einteils  aus  einsetzung,  ein- 
teils  aus  zufclliger  andacht.    Luther  1,  34'. 

EINTHEILUNG,  f.  divisio:  die  bestimmung  eines  bcgrifs 
in  anschung  alles  möglichen,  was  unter  ihm  enthalten  ist, 
sofern  es  einander  entgegengesetzt  ist,  hciszt  die  lugische 
eintheiUmg.    Kant  1,  4H2. 

EINTHEILUNGSGRUND,  m.  die  tribus  des  Romulu«  von 
denen  der  späteren  zeit  sowol  der  zahl  als  dem  cintheilungs- 
griinde  nach  verschieden.    Schlosser  wellg.  3, 15». 

EINTHEILUN(;SSUCHT,  f  die  einlheilungssucht  eines  grund- 
abstrarien  phihisophen,    Kant  1,24. 

EINTHIIONEN,  mlal.  inlbronizare,  mgr.  itf&^ovilttv,  auf 
den  thron  setzen,  erheben: 


321 


EINTHUN 


EINTHUN—  EINTONNEN 


322 


wie  ?  die  ich  .so  geliebt,  die  ich  in  meinem  herzen 

als  meine  Königin  und  göltin  eingeihront, 

sie  bat  die  grausanikeit  mit  meiner  quäl  zu  ^^rberzen  ? 

\Vl2LA.\D   17,  2b7. 

E1NTHCN=  ein  thun,  einerlei,  gleichviel,  schaäb.  ei  thue: 
es  ist  ein  thun,  ob  du  kommst  oder  nicht,  ob  du  gehst  oder 
reitest,     nd.  een  den.  Stüre.nbcbg  45*.    tcie  sonst  ein  ding: 
nur  diesem  ists  ein  ding 
wie  ihn  die  weit  auch  nennt.    Lessing  1,  45. 

EINTHÜN,  indere,  »in/,  indoen,  ein  natürliches,  edles  wort, 
das,  wie  andeie  Zusammensetzungen  mit  thun,  heute  für  ge- 
mein gilt.  Adelüsg  nimmt  dabei  überall  'niedrige  sprech- 
arten' an. 

1)  capere  et  includere,  einfangen,  einsperren,  eng  einbe- 
schlieszen,  drcumcludere.    Maaler  127'. 

mhd.   der  winder  bat  die  bluomen  in  getan.    MS.  1,  2'; 
\t  ist  ein  ros  freislich, 
din  vater  hat  ij  in  getan, 
i;  ne  dorfie  be^^er  nie  gegän 
under  neheiner  stuote.    Alex.  348; 
Jane  vihtet  in  hie  niemen  mite, 
der  leu  enwerde  in  getan.    Iw.  6697. 

so  noch  heute  das  vieh  einthun,  in  den  stall  bringen;  die 
giinslin  einthun.  Ziskcr.  2,79;  einen  dieb  einthun,  ge/an^en 
nehmen  ; 

den  schenkein  schlug  man  fessel  an, 
er  ward  in  eisen  eingethan.    Opitz  .  .  .; 
die  dirne,  denkt  er,  steht  mir  an, 
zwar  scheint  sie  wild,  doch  hab  ich  schon  wildere  eingethan. 

WiELASD  5,  75. 

einen  einthun,   in  ein  bockshorn  zwingen,    in  angustias  com- 

pellere.   Maaier  127';  den  feind  einthun,  einschlieszen.    das.; 

ich  lasz  mich  einthun  und  verbergen,   weisz  selb  noch  nicht 

wo     Luther  1,454'.    br.  1,588; 

ach  meine  jungfraun  sind  gefänglich  eingethan.    Opitz  ...; 

ich  merk  wo],  das  bald  herr  Tristranl 

den  adel  wird  einthon  im  land.    H.  Sachs  III.  2,  43", 

einschränken,  zurücksetzen;  bruder  Jan  Onkapaunt,  der  wer 
ein  rechter  jagdenteufcl,  der  könn  die  teufel  einthun.  Garg. 
239',  einsperren,  einslecken;  die  gute  witfrau,  die  den  narren 
eingethan  (zu  sieh  ins  haus  genommen  halle).  Wickram  rollw. 
94'; 

mein  wiindsch  ist  einig  der,  mit  ruh  da  wohnen  können. 

wo  meine  freunde  sind,  die  gleichsam  alle  sinnen 

durch  starke  Zauberei  mir  haben  eingethan, 

so  dasz  ich  ihrer  nicht  vergessen  will  noch  kan. 
Opitz  1,  140, 

eingethan,  eingenommen,  gefangen  genommen;  wie  man  sihet 
den  schatten  dem  menschen  nachfolgen,  also  auch  wird  man 
die  liebkosenden  hoffreunde  stets  den  höfen  der  könige  nach- 
folgen sehn,  als  welchen  sie  durch  den  resonanz  ihres  siiszen 
lohes,  mit  dem  sie  ihnen  die  obren  kitzeln,  die  herzen  fangen 
und  einthun.  Bctschky  Palm.  6;  die  von  natur  stark  genug, 
aber  mit  forcht,  schrecken  und  angstlicher  schäm  eingethan, 
ersterkt  oder  geschwecht  ist.  Thurseisser  pro6.  rfw/iarnen  97. 

2)  imporlare,  condere,  einbringen,  heimbringen,  etnten:  das 
körn  ist  eingethan,  die  rüben  stehn  noch  im  felde;  wein, 
hier  einthun,  einlegen,  in  den  keller.; 

schürz  dich,  Gretlin,  schürz  dich, 
du  must  mit  mir  darvon, 
das  kern  ist  abgeschnitten, 
der  wein  ist  eingethon.    Garg.  92'. 

3)  das  Schwert  einthun,  einstecken,  in  die  scheide  thun: 
so  sal  der  vurspreche  heischen  urlaup,  das  sie  ire  sweirde 
in  duen.    weislh.  2, 212. 

4)  irie  thun  oß  geben  heiszl,  ist  auch  einthun  eingeben, 
einräumen:  das  des  königs  haubtieute  mit  einem  groszen 
beer  in  Galilea  komen  waren  die  land  einzunemen,  die  im 
der  könig  eingethan  hatte.  1  Macc.  II,  63 ;  gleichwie  ein  mensch 
der  über  land  zog,  rufete  seinen  knechten  und  thet  inen 
seine  guter  ein.  Malth.  25, 14 ;  die  land  und  pflege  am  meer,  die 
lins  sonderlich  eingethan  haben  die  .^^nuIfi.  LirnER  2,  5t';  es 
haben  e.  eh.  gn.  newlich  dem  rat  zu  Wittenberg  das  barfüszer 
kloster  daselbs  eingethan  für  die  kranken.  3,391.  br.  3,176; 
darumb  in  (den  ehstand)  auch  gott  für  allen  stenden  aufs 
reichlichste  gesegnet  hat,  dazu  alles  was  in  der  weit  ist  dar- 
auf gewand  und  im  eingethan.  4,401*;  und  über  das  er  uns 
alles  geben  und  eingethan  hatte.  4,413';  mit  allem  das  uns 
gott  eingethan  und  geben  hat.  5,422*;  gott,  der  uns  alle  j 
creaturen    geben   und   eingethan    hat,    und    alle  jar  so   viel  I 

Hl. 


wachsen  leszt.  daselbst;  welchen  die  fürsten  wüste  feldinar- 
ken  eingethan,  das  sie  solche  mit  sächsischen  bawTen  bega- 
leten.  Micrälics  3,308;  ich  aber  i.  f.  gn.  unterthänig  ansprach, 
das  sie  mir  den  Bernhardiner  garten  miethungsweise  einthun 
wollen.    ScBWEiMCHEN  3,139; 

also  wird  ein  groszer  man, 

dem  Christus  hei  vil  eingethan, 

gestraft.    Rincwald  tr.  £cWi.  G7*; 

der  hat  sein  guter  einem  man 

auf  trewen  glauben  eingethan.    evangel.  Ccl'; 

wiszt,  dasz  kein  mensch  sein  leid  und  heulen  lassen  kan 

beim  tode,  wo  ihm  zeit  und  fug  wird  eingethan. 
Opitz  1,  189; 

dem  du  dein  wohnhaus  eingethan.    ps.  84,  2. 

heute  wenig  im  gebrauch,  doch  sagt  noch  Stüve,  wesen  und 
verf.  s.  43:  länderei,  welche  dann  dem  Inhaber  einer  rath- 
stelle  im  dorfe  eingethan  wird. 

5)  da  man  einthun  für  eingeben  verwandte,  lag  es  nah  ihm 
auch  den  sinn  von  eingeben  =  suggerere  beizulegen: 

durch  ein  berühmtes  lob,  das  kein  mensch  geben  kann, 
als  dem  es  Crnthius  zu  vor  hat  ein  gethan.    Flexi.ng  108. 

6)  sich  einthun,  sich  schlieszen,  bergen: 
dioneiscbe  taube,  entflobn  dem  gespann  .4frodites, 

sieh,  ihr  gellügelter  söhn  zielt  mit  dem  pfeile  nach  dir. 
meinst  du,  dasz  er  nicht  irifi?  o  komm,  eh  gelähmt  dir  die  stolze 
schwing  ist,  thue  dich  ein,  flauernde,  mir  in  den  sch«sz. 

RCCEEBT  265. 

man  sagt,  die  vögel,  hüner  thun  sich  ein,  unter,  wenn  sie 
den  falken  erblicken,  s.  abthun,  anthun,  aufthun,  austhun, 
bethun,  beithun,  umthun,  unterthun,  vorthun,  wiederthun, 
zutluin,  zuvorthun.  , 

EINTHCREiN  oder  die  flügel  einthüren  heiszt  den  wind- 
müllern  schindellhüren  in  die  flügel  setzen,  damit  der  mnd 
desto  stärker  einfasse. 

EI>'THCR.MEN,  turri  includere,  in  den  thurm  gefangen  setzen  : 
nach  deiner  gefangennehmung  hat  man  mich  auch  ein  wenig 
einthürmt.    Kcrz  sonnenwirth  s.  313. 

EINTHüRMUNG,  f.  jetzt  muste  das  kind  die  geschichte  ton 
dieser  einthürmung  umständlich  erzählen.    Pestalozzi  3, 419. 

EIMIPPEN,  fehlerhaft  für  eintüpfen. 

EIMIEFE.N,  1)  deprimere,  cavare,  vertiefen,  verließ  arbeilen. 

2)  intr.  allius  deseendere:  der  Splitter  hat  sehr  ins  fleisch 
eingetieft,  ist  tief  eingedrungen.    Stieler  2279. 

EINTOCRELN,  inrolvere,  einwinden,  einkleiden,  wie  eini 
locke:  solche  reine  windelein,  darein  Christus  eingetöckelt 
ist.    Mathesics  122'. 

EINTÖLPELN,  stolide  incedere.    Stieler  2282. 

EINTON,  m.  unitas  soni:  ein  leiser  wind  schauerte  durch 
den  einton  des  baches.  Dyanasore  1,  239 ;  die  natur  wollte 
Übereinstimmung,  nicht  einton.  3,267;  der  dinton  des  silben- 
maszes.    J.  P.  aesth.  2, 108. 

EliNTONEN,  1)  mit  der  -stimme  einfallen :  sogar  der  waflen- 
lose  bürger  tönt  in  die  mis-  und  schreitöne  {det  kriegs)  ein. 
J.  P.  37, 147. 

2)  einstimmen,  eoneordare:  zauberruthen,  womit  man  an 
das   herz   des   menschen  schlagen  müsse,   wenn  es  einti^nen 

soll.     KUSGERS   th.   1,  4. 

EINTÖNIG,  unius  voeis,  varietnte  voeis  earens,  uniformis, 
monoton:  in  der  eintönigen  einsamkeit.  J.  P.  Fibel  223;  «in- 
töniger  gesang,  mondesglanz,  tiefe  schatten.  Bettixa  tagebuch 
$.  26; 

der  Zwerghaushalt  raisfiel  mir,  der  eintönige.    Röceibt  IM; 

und  hör  im  wind  und  in  der  woge  wallen 

ein  lied  eintöniger  melancholien.    301; 

doch  dem  lischer  ziehn  die  tage 

mit  dem  dumpfen  wellenscbhige 

arm  vorüber  und  eintönig.    Lbmad  neuere  ged.  23. 

EINTÖNIG,  consonus:  jede  saite  ihrer  enipfindungen,  die 
mit  ihrem  zwecke  eintönig  war.    Herder  2,  317. 

EINTÖNIGKEIT,  f.  una  eaque  ingrala  vox,  einförmigkeit : 
einlönigkeit  des  liedes,  des  lebens. 

EINTÖNIGKEIT,  concentus,  harmonia:  eintOnigkeit  schien 
den  Griechen  nirgends  zu  gefallen.    Herder  17, 192. 

EINTü.NNEN,    in    dolio,    orca  reponere :    fische  eintonnen ; 
eingetonnet  fleischniauen.    Garg.  53';  wein  eintonnen-, 
gebt  uns  wein  von  Medoks  hügel, 
wein  mit  singen  eingetonnet.    Voss  4,  11. 

figürlich,   in   die  kehle  gieszen:    laszt  uns  wieder  «ingieszen, 
eintonnen,  einträcbtern,  einsurfeln.    Garg.  84*. 

21 


323 


EINTRABEN  —  EINTRÄCHTLICII 


EINTRACIITSBATJD  —  EINTRAG 


324 


EINTRABEN,  1)  lolulim  incedere,  ingredi,  einher  schreiten, 
einlrcten : 

kein  erdenpnnz  ja  nicht  so  schön  als  ihr  eintrabeu 

liOHBKRC  3,478*  in  einem  gedieht  an  die  blumen; 
da  ir^bt  ich  gen  ticr  liniien  hand 
ein  holzweg  ein  mir  unbekant.    H.  Sachs  I,  535'; 
wie  ich  zu  einem  dorf  einirab.    IV.  3,  62*. 

2)  trans.  einen  einreiten,  zu  boden  reiten:  und  wie  wol 
wenig  guls  trostes  in  dieser  Sachen  auf  ihn  zu  setzen,  so 
vernehmen  wir  doch,  dasz  er  sich  nicht  unschicdlich  erzeigt 
und  sonderlich  doct.  Ecken  in  etlichen  dingen  flugs  einge- 
traht  hab.    Melanciitiion  2, 291 

EINTRACHT,  m.  subtegmen:  wenn  an  einem  kieid  eines 
aussatzes  mal  sein  wird,  es  sei  wüllen  oder  leinen,  am  werft 
oder  am  eintracht  (in  staminc  aiit  subtegmine,  iv  (nr^uovi  ij 
iv  xo6)CT]).  3  Jlfo5. 13, 48 ;  und  sol  das  kleid  verbrennen,  den 
werft  oder  den  eintracht.  13,  52 ;  so  sol  ers  abreiszen  vom 
kleid,  vom  werft  oder  vom  eintracht.  13,  56.  vgl.  cintrag, 
einschlag,  alle  mit  ein  =  in. 

EINTRACHT,  f.  concordia,  unitas,  mit  ein  =  din,  nnl.  ecn- 
dragt,  schw.  endrägt:  brüderliche  eintracht;  eintracht  stiften, 
herstellen ;  nach  friede  und  eintracht  streben ;  eintracht  bringt 
macht;  eintracht  tragt  ein; 

der  schönen  liebe  sei  das  neue  leben, 

der  eintracht,  der  Versöhnung  seis  geweiht.    Schiller  ...; 

und  mit  dem  frieden  zieht  geselliges 

verlraun  und  holde  eintracht  lächelnd  ein.    500'; 

bringe  meine  verworrnen  gedankcn  zur  eintracht.  Kmnger 
4,  131.  ein  grundgeseti  der  stadl  Bremen  von  1534  hiesz  'die 
neue  eintracht'.  Kobbk  Bremen  und  Verden  l,  229.  traclit  in 
diesem  voorte  ist  gleich  dem  einfachen  tracht  von  tragen,  und 
drückt  ans,  dasz  zwei  überein,  cnein  tragen,  einer  wie  der  andere. 

EINTR.ÄCHTERN  ßr  eintrichtern  infundere.    Garg.  84*. 

EINTR.ACHTIG,  Concors,  mhd.  eintrehtec  (mhd.  tvb.  3,  79'), 
nnl.  eendragtig,  schw.  endräglig,  ddn.  ecndrftgtig  {mit  dem  hd. 
umlaul  aufgenommen) :  sihe,  wie  fein  und  lieblich  ists,  das 
brüder  eintrechtig  bei  einander  wonen.  ps.  133, 1 ;  und  wil 
euch  ein  eintrechtig  herz  geben.  Ez.  11, 19 ;  der  doch  sich, 
sein  weih  und  sein  meid,  drei  in  eim  hause  nit  eintrechtig 
gemachen  kan.   Albr.  t.  Evbk  2"; 

allweg  sollen  eheleut  bei  ein 

sich  lieb  han  und  eintrechtig  sein.    Kirchbof  wendunm.  325'; 

nach  eintrachtigem  rath  und  guten  willen.  Dahlmank  ddn. 
gesch.  2,  76.  man  sagte  auch  eines  einträchtig  für  eines  ge- 
wahr: wie  er  dann  auch  bei  der  finstcrn  nacht  gethan,  dasz 
dieser  sachc  niemand  von  der  nachbarschaft  einträchtig  wer- 
den können.  Harsuörfers  mordgesch.  550 ;  welches  endlich 
Lur.ian  durch  fremde  äugen  ist  einträchtig  worden.    554. 

EINTRÄCHTIG,  concorditer:  sihe  der  propheten  reden  sind 
eintrechtig  gut  für  den  könig.  2  chron.  18, 12,  vgl.  1  kön.  22,13; 
es  ward  auch  eintrechtig  von  allen  beschlossen.  2  Afacc.  15,  36; 
ward  iu  einer  Versammlung  einträchtig  festgesetzt.  Daiilm. 
ddn.  gesch.  1,  450. 

EINTR.\CHTIGKEIT,  f.  concordia:  die  christliche  einfeltig- 
keit  und  eintrechtigkeit.  Li:tuer  3, 152';  mit  viel  urteilen  und 
afterreden  macht  man  nichts  besser,  sondern  mit  demütigem 
gebet  und  demütiger  eintrechtigkeit.  4,  373';  ein  buch  von 
der  eintrechtigkeit.  Albr.  vo?«  Eybe  2';  der  auserwehlte  ritler 
der  mächtigen  göttin  eintcächtigkeit.  Weckherli.n  858;  die 
einträchligkeit  in  der  richtung  und  Stellung  der  planetischen 
kreise.    Kam  8,  2C4.     mhd.  eintrchtekeit  {wb.  3,  7'/). 

EINTRÄCHTIGLICH,  concorditer:  samleten  sie  sich  ein- 
trechtiglich  zu  häuf.  Jos.  9,  2;  sich  in  die  Ordnung  zu  schicken 
eintrechtigiich.  1  cAron.  13,32;  das  sie  alle  sollen  des  herrn 
namen  anrufen  und  im  dienen  cintrechtiglich.  Zephania  3, 0 ; 
da  die  evangelislen  vom  ersten  teil  des  sacramenls  eintrech- 
tigiich  schreiben,  auch  fast  mit  einerlei  Worten,  Luther  8,  T.t'; 
ich  wil  lieber  auf  dem  text  stehen,  den  Zwingel  und  Oeco- 
lampad  zwitrechtiglicb  sprechen,  denn  auf  dem  den  Christus 
»elb»  eintrechtiglich  spricht.  3,  48» ;  jedoch  weil  alle  historicn- 
Bcbreiber  disz  einträchtiglich  bezeugen.  FiscnART6i(nenA.  215*; 

einirichliglich  mit  muad  und  herzen  froh  und  f^ei. 

W(CKHB«LIN  94. 

EINTRÄCIITLICH,  eoncordilrr:  sihe  der  propheten  rede 
kind  einlrecbtlich  gut  für  den  kOnig.  1  kün.  22,  t3;  wenn 
brüder  cintrachtlich  bei  einander  wohnen.  HirrEL  Itbcnsl.  1,100. 


EINTRACHTSBAND,  n. 

mit  brüst  und  geist  vermählt  in  eintrachtsbanden  liegen. 

GÖNTUEH  695. 

EINTRACHTSGLÜCK,  n. 

man  machet  sich  die  lust  aus  diesem  einlrachtsglflcke 
einsilbigi,  auch  nur  selten,  kund.    Uagkdoh?)  2,38. 

EINTRACHTSVOLL, 

ein  täubchen,  dem  ein  schusz  den  treuen  galten  stürzt, 
fleucht  schüchtern  hin  und  her,  girrt  unter  nacht  und  holen 
und  ist  ein  ebenbild  der  eintrachisvollen  seelcn. 
GÜNTUEi«  763. 

EINTRAG,  m.  1)  subtegmen,  sublemen,  trama,  was  ein- 
tracht ni. :  das  garn  so  in  den  wäfel  getrcit  und  eingewäben 
wirt.  Maaler  127';  der  zettel  ist  gut,  aber  der  inlrng  sol 
nicht  (laugt  nicht).  Keisersb.  brüs.  69;  das  alte  wib  was  ein 
intrag  spinnen.  Terentius  1499  45*;  der  eintrag  eines  wups. 
Calepini  diclionarium  undecim  linguarum.  Bisileae  1616  p.  1487 ; 
ich  und  mein  weib  sind  die  ganze  zeit,  so  wir  bei  einander 
gewesen,  nicht  einig,  sondern  wie  ihr  wisset,  allezeit  zwei- 
spaltig gewesen  und  mag  eines  den  wurf,  das  ander  den  ein- 
trag gethan  haben  (was  vorhin  bei  Luther  werft  und  eintracht 
heiszt).  heut  aber  wie  ein  fewer  in  unsenn  hause  aufgieng, 
waren  wir  unserer  Sachen  fein  eins,  begerten  zugleich  der 
thüren  und  liefen  mit  einander  heraus,  riefen  einmüliglicheo 
fewrio,  fewrio,  leschel,  Icscbel!  Meia.\deb  jocoseria  2,  508 
n'  405 ;  euch  ist  wol  wissende,  das  der  eintrag  unseres  Icbens 
gewebet  wird  nach  belieben  des  höchsten  anfängers  und  Ur- 
hebers.   Bdtschey  kanzl.  881 ; 

der  cintrag  war  von  garn,  der  boden  war  von  zwirne. 
Gkllkrt  3,  383; 
wie  dicht  an  der  brüst  des  schöngngürteten  weibas 
fleugt  das  hin  und  her  geworfene  eilende  webschif, 
wenn  sie  den  eintrag  mit  faden  bewebt.    Stolbkrc  12,386; 

er  webt  wahres  und  falsches  so  verhenkert  durcheinander, 
dasz  man  zettel  und  cintrag  unmöglich  mehr  von  einander 
trennen  kann.  VVieland  bei  Merk  2, 104 ;  die  Schönheit  des 
gewebes  hängt  vom  gleichen  auftreten  dos  webegeschirres  ab, 
vom  gleichen  schlag  der  lade,  wie  auch  davon,  ob  der  eintrag 
nasz  oder  trocken  geschieht.  Göthe  23, 65.  vgl.  eintragen. 
2)  eintrag,  damnum,  injuria,  impedimentum,  vielleicht  eine 
ßgur  des  vorigen,  insofern  der  eintrag  dem  zettel  entgegen 
tritt,  in  die  quere  kommt,  man  sagt  eintrag  thun,  schaden, 
abbruch  thun  wie  den  eintrag  thun,  subtemen  injicere.  in  einer 
Urkunde  des  dorfes  Gambach  in  der  Wciterau  vom  ;".  1468 : 
der  pastor  oder  pherner  sulle  sich  des  nit  underziegen  und  cme 
dhein  intrag  thune;  in  einer  riedelschen  urk.  von  1489  «'«e- 
derum  intrag,  beeinträchtigen,  schaden  scheint  aus  eintracht 
=  eintrag  gebildet,  nicht  aus  eintracht  concordia,  und  mit 
trachten  gar  nicht  verwandt,  ohn  eintrag  oder  Verhinderung. 
cammerger.  ordn.  von  1521  §.  30 ;  die  Juden  sollent  ire  Syna- 
gogen rüwigklich  on  irrung  und  eintrag  mögen  halten.  Reucu- 
LiN  angcnsp.  1,  6; -meinelhalben  soll  dir  kein  eintrag  geschehen. 
Frey  garteng.  59 ;  niemand  wolle  eintrag  darein  thun.  Witzen- 
bürger 3,  21 ; 

on  all  cintrcg  und  widcr.span.    H.  Sachs  IIL  1, 102^; 

der  wcrd  uns  einen  eintrag  than.    III.  1, 154*; 

die  wahre  tugend  leidet  auch  bei  den  gefährlichsten  gelegen« 
heilen  nicht  den  geringsten  eintrag.  ehr  eines  mannes  384 ; 
ich  wundere  mich  nun  nicht  mehr,  dasz  dieser  junge  mensch 
mir  so  viel  eintrag  thut.  J.  E.  Sciii.ecel  2,335;  das  wird  dir 
keinen  eintrag  thun ;  diese  Vorgänge  sollen  meiner  liebe  we- 
nig eintrag  thun;  lehre  mich  deine  kunst,  Kassim.  ich  gebe 
dir  mein  wort,  dasz  ich  dir  keinen  eintrag  thun  will.  SVie- 
LAKD  8,  271 ;  vielleicht  wüiden  die  staatshausliältcr  finden, 
dasz  manche  ihrer  besorgnisse  wegen  des  eintrags,  den  frem- 
der fleisz  dem  einheimischen  bringen  soll,  ungegrüiidet  sind. 
Garve  anm.  zu  Cic.  off.  3,199;  die  Zerstreuungen  der  Jugend 
thulcn  dem  einsamen  stillen  vergnügen  eintrag.  Gothe1'>,32; 
so  erkannte  ich  freilich,  dasz  ich  bei  dctn  versuch  auf  die 
cinheit  der  zeit  und  des  orts  verzieht  zu  thun,  auch  der  hohern 
einheit  ...  einirag  gelhan  halle.  26,201;  war  es  srhwer  tu 
sagen,  ob  der  historischen  Wahrheit  oder  den  pruclischen 
zwecken  des  lehens  mehr  eintrag  geschehe.  Savicnt  kl.  sehr. 
4, 108. 

8)  cintrag,  quaetlus,  herum,  ertrag,  einnahmt,  gant  das 
entgegengesetzte  ton  der  vorigen  bedeutung :  die  kaufleut  haben 
ein  Sprichwort,  es  verdirbt  keiner,  er  kiinnc  dann  nit  rechnen, 
das    ist    die    in    mehr   darlegen,   daii    ir    rinlng    ist    und  nit 


325 


EINTRAGEGABEL  —  ELMRAGEN 


EINTRAGEN — EINTRAMvEN 


326 


I 


rechnen,  das  es  also  nit  in  die  leng  thoa  wQrt  noch  kan. 
Fbank  sprichw.  1,32*;  sparen  ist  ein  groszer  zol  und  eintrag. 
1,  46 ;  und  ist  ja  kunst  ein  solcher  eintrag,  das  kein  rent 
und  zins  auszeren  kan.  Weise  kluge  reden  14* ;  der  gottseligen 
ausgeben  ist  ein  eintrag.  147';  als  ein  esel  eines  bauers  ver- 
reckt war,  so  setzte  er  des  todten  esels  köpf  in  seinen  Wein- 
garten allen  schaden  zu  verhüten  und  dasz  ein  ander  den 
eintrag  der  fruchte  nicht  beneiden  solle,  pers.  baumg.  5,  5. 
Frischlix  nomencl.  432  gibt  eintrag  foenus. 

4)  eintrag  in  das  buch,  register,  in  die  rechnung,  liste. 

5)  eintrag  der  erze,  gläser  in  den  ofen. 
EINTRAGEGABEL,  f.  zum  einlegen  der  gläser  in  den  kühl- 

ofen. 

EiNTRAGELÖFFEL,  m.  zum  eintragen  des  erzes  in  den 
Schmelzofen. 

EINTRAGEN,  inferre,  imporlare,  nnl.  indragen,  schw.  in- 
draga,  dän.  inddrage. 

Ij  die  bienen,  ameisen  tragen  ein : 

Ton  buchweizen  umblüht  im  gesums  eiairagender  bienen. 

Voss  Luise  1,  134; 
du  trügest  sie  (die  fivchte  vieler  iceisen)  nach  art  der  bienen  ein. 

Gi^:<TUBR  721 ; 
die  ameisz  .  .  .  trägt  im  sommer  ein, 
dasz  sie  zur  Winterszeit  kan  ubne  mühe  sein. 

pers.  rosenth.  7,  20: 
wer  im   sommer  nicht   mit   den  bienen  eintragen  mag,    der 
kan  im  winter  nicht  auftragen,   wer  nichts  erwirbt,   der  ver- 
dirbt.   Otho  krankentrost  3S6. 

2)  sihe  ich  v^il  euch  brot  vom  himel  regenen  lassen  .  . . 
des  sechsten  tages  aber  sollen  sie  sich  schicken,  das  sie 
zwifeltig  eintragen,  weder  sie  sonst  teglich  samlen.  2  Mos. 
16,5;  holz  eintragen,  ins  haus  tragen; 

hier  pflegt  das  schniitervolk  die  garben  einzuiragen. 

Chr.  Grtpbics  j)oe(.  välder  1,298; 

das  ir  keine  last  traget  durch  die  thor  zu  Jerusalem  ein  am 
sabbathtage.  Jer.  17,  27 ;  und  etliche  aus  inen  waren  über  das 
gerete  des  ampts,  denn  sie  trugens  gezelet  aus  und  ein. 
1  chron.  10,  28 ; 

während  die  magd  des  mahlet  gerät  und  die  festlichen  gläser 
eintrug,  samt  dem  gedeck  von  schöngewebetem  driUich. 

Luise  1,  92. 

3)  erz,  glas  in  den  ofen  eintragen,  den  ofen  beschicken. 

4)  eintragen,  einwerfen,  weben,  voc.  theut.  1482  fs',  vgl. 
eintrag,  eintracht;  mhd.  intragen: 

valsch  wefel  in  triuwen  warf.    Benner  44S0; 

wird,  die  euch  soll  unterrichten, 

können  recht  die  werfte  schlichten, 

wiril  die  schütz  (der  einschusz?)  euch  läufig  sein, 

tragt  ihr  saubre  faden  ein.    Grtphius  2,  73. 

5)  dem  viehe  eintragen,  ihm  zur  gewöhnlichen  zeit  sein 
futler  in  krippe  oder  trog  bringet*,  ein  kind  eintragen,  durch 
tragen  und  schaukeln  in  schlaf  bringen. 

6)  in  das  buch,  Verzeichnis  eintragen ;  v^örter  sammeln  und 
eintragen ;  wenn  man  viel  selbst  denkt,  so  findet  man  viele 
Weisheit  in  die  spräche  eingetragen.  Lichtenberg  1,  326 ;  bil- 
der  vNurden  so  viel  möglich  als  bildet  eingetragen.  Herber 
1,158; 

schau  das  buch  wird  aufgeschlagen, 

in  das  alles  eingetragen, 

warum  weit  und  fleisch  zu  fragen.    Grtphius  2,  259. 

7)  andere  anwendungen :  ej  mac  sinlich  Ingetragen  sin. 
Eckhart  553,26;  solche  wütende  weise  hat  der  böse  geist 
eingetragen  und  leszt  es  eine  brüderschaft  heiszen.  Lcther 
1,  207' ;  geben  sie  für,  was  sie  also  durch  bepstliche  gewalt, 
der  irren  mag,  eintragen,  hab  die  christliche  kirche,  die  nicht 
irren  mag,  eintragen.  1,  345' ;  liebes  kind,  wenn  du  nicht  ge- 
winnen kanst,  so  trage  hadder  ein.  3,  451,  vgl.  die  folgende 
beJeulung, 

8)  eintragen,  was  antragen  4  und  anbringen,  anklagen,  ver- 
leumden, übel  anschreiben: 

ihr  seid  beim  keiser  also  eintragen, 

dasz  alls  nicht  gilt  was  wir  ihm  sagen,    .\trkr  97'; 

der  mich  mit  lügen  s.tgen 
beim  keiser  also  hat  eintragen.    265'; 
hab  ichs  beim  keiser  eingetragen, 
als  ob  sie  ihr  ehe  brocben  betu    271*; 
ich  will  den  lecker  selbst  verklagen 
und  beim  keiser  dermaszen  eintragen.    371*; 

nicht  gut  eingetragen  {angeschrieben)  sein.  Zingeble  kin- 
derm.  2,  5. 

9)  einem  eintragen,  schaden,    eintrag  thun,  s.  eintrag  2: 


aber  wir  teufel  wollen  dem  orden  so  viel  eintragen  und  in 
hindern,  als  wir  künnen.  Albercs  barf.  alcoran  §.404;  wann 
mein  man  unterweiln  mit  mir  nit  wol  zu  friden  oder  zornig 
ist,  so  bitte  ich  in  freundlich  für  den  zorn,  oder  weich  dem 
selben  mit  stillschweigen,  bisz  ich  die  zeit  ersehe  mich  zu 
entschuldigen  odder  im  einzutragen.  Albercs  ehbüchlein  B4'; 
da  Cybele  {das  kammerweib)  hörete,  dasz  sie  geschwister  weren, 
freuwete  sie  sich,  gedacht,  jetzund  mag  meine  fraw  seiner 
liebe  wol  pUegen  und  wird  Chariclea  ihr  nichts  eintragen. 
buch  der  liebe  210,3;  sol  in  ihrer  band  und  in  ihrem  ge- 
walt sein,  ohn  männigliches  eintragen.   269,  3. 

10)  eintragen,  ertragen,  gewinn  tringen :  sie  sind  zu  keiner 
Sachen  nütz,  denn  das  sie  nur  har  eintragen.  Luther  8, 305'; 
zuinalen  dieses  nicht  sonders  grosze  ehre  eintragen  kan. 
Brandts  bericht  von  Taubmann  s.  50 ;  eintracht  trägt  ein.  Leh- 
MANx  1S7;  das  amt,  der  dienst  ti-ägt  wenig  ein;  geh.  rath 
Wolf,  mit  welchem  einen  tag  zuzubringen  ein  jähr  gründ- 
liche belehrung  einträgt.  Gütbe  31, 137 ;  denen  schon  die  kir- 
chenordnung  aufgegeben  hatte,  fromme  und  fleiszige  arme 
etwa  zu  einem  eintragenden  baugütlein  zu  befördern.  StCve 
leesen  und  Verfassung  der  landgemeinden  135;  meine  gefallig- 
keit  hat  mir  nur  verdrusz  eingetragen. 

EINTRAGEND,  nullius  consors,  der  keinen  theilgenossen  oder 
mitträger  im  besitz  des  gutes  hat,  ledig,  verwitwet,  eintragen- 
der mensch.  Mo>e  zeilschr.  6,  369.  ganz  verschieden  roB  dem 
unter  eintragen  10  angeführten  eintragend. 

EINTRAGER,  m.  hüttenarbeiler,  der  erz  einträgt. 

EINTRAGESCHAIFEL,  f.  was  eintragelöffel. 

EINTRÄGLICH,  fructuosus,  utilis :  eine  Veränderung,  welche 
der  Sittenlehre  sowol  als  den  Wissenschaften  gleich  einträg- 
lich ist.   Kant  9, 23 ;  ein  einträgliches  amt. 

EINTRÄGLICHKEIT,  /.  ulilitas. 

EINTRAGSFADEN,  m.  filum  subtegminis. 

EINTRAMEN,  tignum  immittere.    Stieler  2300. 

EINTRÄNKEN,  dare  bibere,  ein  von  alters  her  bis  auf  heute 
bei  uns  beliebtes  wort,  um  bildlich  Vergeltung  und  räche  aus- 
zudrücken, wie  man  auch  sagte  einschenken  und  trank  schen- 
ken {vgl.  Reinhart  icv),  eirje  frische,  lebendige,  von  Adelcsc 
'gemein'  gescholtne  redensarl: 

mhJ.  sin  tumplicher  muot 

Wirt  im  da  in  getrenket.    Neidhaht  50,  32 ; 

ich  getrenke  in  in  den  spot.    Ulrichs  Wh.  183*; 

4;  wurde  im  getrenket  in 

von  dem  örsten  amplicke.    Renn.  17007. 
nhd.    und  meint  er  wöU  im  eintrenken, 

was  im  ein  ander  verne  hat  getan,    fastn.  sp.  349, 17 ; 

und  meint  er  wöll  im  dann  eintrenken 

was  er  im  vor  eim  jar  hat  getan.    754,  18; 

wan  mich  mein  man  het  oft  geschlagen, 

das  will  ich  im  des  nachts  einu-euken.    369,23; 

das  war  im  alles  eingetrenkt.    Ring  42',  16 ; 

ich  bit  got,  das  ich  mög  ewern  tod  vor  meinem  ende  den 
Verrätern  indrenken.  Aimon  ne';  aber  es  sol  euch  einge- 
drenkt  werden,  os';  ich  glob  dir,  es  sol  dir  wol  eingedrenkt 
werden.  Fierabras  B  i ;  das  er  {galt]  schlechts  dieselbige  (gi/l 
des  todes  und  der  hülle)  durch  Christum  aus  unserm  leib 
und  seele  nemen  und  dem  teufel  und  tod  alle  zumal  ein- 
trenken wird,  das  im  der  bauch  davon  zureiszen  musz.  Luther 
6,269';  und  ward  ihm  übel  eingetrenkt,  dasz  er  sich  unter 
den  adel  hatte  gemenget.  Albercs  7 ;  wie  lang  denken  sie 
nun  daran,  wann  in  unrecht  geschehen  ist,  wie  trenken  sies 
nun  so  redlich  einander  ein?  Petr.  107';  ich  meine,  es  ward 
ihm  eingetrenkt    Wilzenbürger  176; 

und  dir  die  hundesQiegen  dein 

wol  wissen  einzutrenken.    Kincwäld  laut.  »arh.  31; 

koinb  her,  lasz  dir  wider  eintrenken!    Atibr394*; 

was  gilts,  ich  wil  dirs  eintrenken.  416*; 
wie  ich  nun  fröhlich  und  guter  dinge  gewesen,  wird  mir  mein 
freude  eingetränket.  Schweinicuen  2,41;  nein  man  musz  die 
leichtfertigen  vögel  zuvor  rechtschafifen  quälen  und  ihnen  ein- 
tränken, was  sie  an  diesem  reuter  verdient  haben.  Simpl.  K. 
95 ;  und  wann  unserer  mehr  zu  pferd  gewesen  wäre,  so  würde 
den  Franzosen  ihre  frecbheit  übel  eingetränkt  sein  worden. 
Springinsfeld  eap.  18 ; 

mit  müh  erworbne  braut!  nun  spare  keine  küsse, 
und  tränk  ihm  den  verdrusz  des  langen  wartens  ein! 
Gi;!iTBBR  600; 

er  hat  auch  dem  könige  von  Burgund  in  seinem  eigenen  lande 
einzutränken  gesucht,  dasz  er  Clodowigs  freundscUaft  der  sei- 

21* 


327 


EINTRÄNKEN— EINTREFFEN 


EINTREFFEN  —  EINTREIBEN 


328 


nigen  vorgezogen.  Mascou2,  31;  gleichwol  verdrosz  mich  seine 
schleichende  feindseiigkeil  und  ich  tranlite  sie  ihm  in  der  vor- 
rede ein.  Reiskens  Icbensb.  117 ;    aber  ich  will  es  ihm  schon 
indes  auf  eine  andere  weise  eintränken.  Lessinc  12,  530;  und 
seid   ein   besserer   edehnann    und    sollt   ihm  das  eintränken 
und  sollt  es  nicht  dulden!  Schilleb  156';  dem  wirds  in  jener 
weit  sauer  eingetränkt  werden.    Stillincs  wanderschaß  10; 
die  sonne  wag  uns  tausend  sejren  schenken, 
das  wissen  wir  und  dankens  herzlich  ihr, 
doch  weisz  sie  auch  es  wieder  einzutränken 
und  sengt  und  brennt  oft  desto  basz  dafür.    DErcer  55'; 

liimmcl  und  hölle,  was  erblick  ich!  gott,  wie  wird  mir  mein 
politisches  geschwätz  eingetränkt  werden!  Thümmels  reise 
3,545  vgl.  556;  er  hat  mirs  eingetränkt!  Lenz  1,  2ül;  was 
sie  mir  gewis  wieder  eintränken  werden.  Tieck  9,  2S7 ;  das 
gelehrte  reich  sollte  sich  einen  recensiergrammatiker  halten, 
der  jedem  jaurnale  mit  rechter  sprachpolizei  boshaft  ein- 
tränkte. J.  P.  aesth.  3,  38 ;  wart  amimann,  ich  will  dirs  ein- 
tränken {dasz  du  meinen  geliebten  hast  hängeti  lassen).  Hebel 
schalzk.  150. 

ScHAMBACH  91*  Verzeichnet  nd.  indrcnken:  toif,  ek  wil  et 
dek  indrenken!  bezieht  es  doch  zu  eng  auf  schldyc,  da  es 
für  jedwede  Vergeltung,  ursprünglich  wol  von  gewaltsam  ein- 
gegosznem  (vgl.  Simpl.)  oder  besser  von  dargereichtem  bitterem 
trank  gilt.  nl.  scltw.  dän.  entsprechende  ausdrücke  finde  ich 
nicht  angemerkt. 

Übrigens  hat  eintränken  auch  noch  die  bedeutung  von  über- 
schwemmen: alle  wasserenger  von  der  Schwalmsteinmül  bis 
auf  Dallkürchen  seint  eingetränkt  gewesen,  als  wanns  ün 
See  gewesen  wer.  Scumeller  1,  493.  den  Schmelzern  hciszt 
eintränken  derbe  crze  in  flüssiges  biet  werfen,  damit  sie  desto 
eher  in  flusz  kommen. 

EINTRÄUFELN,  instillare:  baisam  einträufeln  auf  die  wunde ; 
schulden  einträufeln,  nur  allmälich  bezahlen.  RXdleis  232*. 
vgl.  eintriefeln  und  eintropfein. 

EINTRÄUFEN,  dasselbe,  nnl.  indritipen. 

EINTRÄL'MEN,  obdormiscere,  fr.  s'cndormir:  er  muste  das 
innere  steppenfeuer  auf  das  kopfkissen  betten  und  in  sein 
einiräumcn  mischte  sich  der  hohe  donner.   J.  P.  Tit.  1, 150. 

EINTRECHEN,  excitare,  incendere,  ein  altes,  seltnes  worl, 
mhd.  trechen  schieben,  Irudere,  hetrechen  zuscharren,  bedecken, 
legere.  Stai.d.  1,293.  Scan.  1,471:  das  in  ganzem  Rom  (zu 
gewisser  zeit)  kein  feur  hab  mögen  eingtrochen,  aufgeschlagen 
oder  anzündet  werden.  Frank  chronica  113".  gleichviel  mit 
eintrechen  ist  das  Schweiz,  auftrechen,  aufschüren,  anschüren, 
hier  scheint  ein  stufenweises  eintrechen,  aufschlagen  und  ent- 
zünden gemeint. 

ELNTREFFEN.  treffen  bedeutet  fertre,  eintreffen  also  da 
treffen  wohin  gezielt  wurde. 

1)  eintreffen,  convenire,  advenire,  zutreffen:  die  Weissagung 
trift  ein,  der  träum,  wie  er  erschien,  traf  ein;  es  ist  gerade 
80  eingetroffen,  wie  du  voraus  sagtest;  es  ist  anders  einge- 
troffen ;  die  rechnung  musz  auf  heller  und  pfenning  eintreffen ; 

was  dcui  ein  wenig  wasscr  In  einem  starken  wein? 
wer  redlich,  mag  zu  zelten  gleichwol  auch  listig  sein, 
wenn  nur  sein  ziel  zum  besten,  zum  argen  niclit,  irifl  ein. 

LoGAÜ  3,  43,  19 ; 
kleider  machen  Icute.    trift  es  richtig  ein, 
werdet  ihr,  ihr  Schneider,  goues  pfuscher  sein.    3,81,35; 
bei  dir,  mein  bräuturam,  trifi  recht  das  Sprichwort  ein, 
wer  um  das  glücke  buhlt,  der  musz  der  tupend  fixiu. 

GünruKR  459; 
o,  dacht  ich  überlaut,  wie  glücklich  trift  es  ein.    735; 
so  Irin  die  fabel  völlig  ein.    Gellkrt  1,05; 
mir   klang   eben    das   ohr  von  etwas,   bei  dem  du,   wenn  es 
einirift,  nicht  lachen  wirst.    Klopstock  10,275;    so  hat  (statt 
i»t)  also  doch  unsere  Prophezeiung  eingetroffen,   dasz  dieses 
band  nicht  lange  dauern  werde.    Schilleh  an  Göthe  398. 

2)  eintreffen  mit  etwas,  übereintreffen,  zusammentreffen, 
eongruere:  wo  sie  (die  gleichnis)  nicht  anzeigen  und  wol  da- 
mit eintreffen,  so  stehen  sie  wie  der  beiz  auf  seinen  crmcin. 
LvTaeR  3,476  {vgl.  emporhalten) ; 

wie  treffen  mit  dem  Widerschein 

der  KchOtiernden  rubinen  ein 

die  in  dem  schoitz  Kf'hiiuncn  fruchte!    Grtphiui  1,223; 

aber  so  trift  das  vermögen  nicht  mit  meinem  willen  um. 

Chr.  Grtphius  pvet.  wdlJer  1,372, 
das  glück  ist  iin?<Tf'  ht  nnl  hlind, 
wenn  nichi  .'  ,  sind. 

wi»«  oft  hsl  '  '.fi, 

wie  oft  mit  h  ,    it,i|    Lrmino  1,  S3. 


3)  an  einem  ort  eintreffen,  anlangen,  ankommen:  der  er- 
wartete böte,  die  post  ist  nicht  eingetroffen;  der  fürst  traf 
abends  zur  bestimmten  stunde  ein.     vgl.  sich  einfinden. 

EINTREFFEN,  n.  exitus:  das  wunderbare  eintreffen  des 
traums. 

EINTREFFL'NG,  f.  convenientia,  znsammenstimmunq :  ge- 
naue einlreffung  der  wichtigsten  salze  mit  andern.  Kam  4, 224. 

EINTREIBEN,  nnl.  indrijven,  schw.  indrifva,   dän.  iuddrive. 

1)  cogere  pecus,  heimtreiben,  in  den  stall  treiben,  gegensalz 
von  austreiben :  es  ist  noch  hoch  lag  und  ist  noch  nicht  zeit 
das  vieh  einzutreiben,    l  Mos.  29,7; 

so  kumm,  und  lasz  uns  widcrumb 

eintreiben.  Avrkr  1*; 

treibt  fein  bei  Zeiten  ein!    Gelikrt  3,  407; 

und  ich,  ach  Sylvia,  und  ich  treib  noch  nicht  ein.    Rost. 

Iheil  1,  1138  wurde  ein  andrer  gleichbedeutiger  ausdruck  des 
hirtenlebens  erläutert,  zu  baren  treiben  hiesz  das  vieh  heim 
in  den  stall  zur  krippe  treiben. 

2)  wie  dies  aber  im  heutigen  unverstandnen  zu  paaren  treiben 
die  abstracte  bedeutung  überkam  einnöthigen,  in  die  enge  treiben, 
geht  auch  eintreiben  in  denselben  sinn  von  cogere  und  es 
wurde  dabei  nicht  mehr  an  vieh,  noch  an  stall  gedacht:  und 
am  siebenden  tage  sagt  ers  ir  (Simson  seinem  weibe  das  rdtselj, 
denn  sie  treib  in  ein.  rieht.  14, 17 ;  Paulus  aber  ward  ie  mehr 
kreftiger  und  treib  die  jüden  ein.  apostelg.  9,  22 ;  also  lesen 
wir  von  Paulo  und  von  Apollo,  wie  sie  die  jüden  eintrieben. 
Luther  2,  327";  gott  hat  es  aber  alles  darunib  getlian,  das 
er  die  jüden  damit  zwingen,  fassen  und  eintreiben  wolle. 
3,  166;  man  kan  den  teufel  nicht  besser  eintreiben,  denn 
durch  sein  eigen  wort  und  bekcnlnis.  3,  516 ;  wir  sind  geist- 
lich, der  ander  häuf  ist  die  weit,  sind  so  aufgeblasene  leule 
worden,  das  man  ehe  einen  keiser  helle  eingetrieben,  denn 
einen  schebichlen  münch.  4,9«';  daher  hatten  auch  die  pfaffcn 
und  münche  könige  und  fürslen  so  eingetrieben  und  über- 
redet. 4,  43l' ;  sie  (die  Schwärmer  und  roltengcister)  wollen  ein 
wenig  disputieren  treiben  und  die  leule  mit  plaudern  und 
dijnen  eintreiben,  das  man  dieweil  nicht  sehen  sol  noch  hören, 
wie  ungegründet  ding  sie  fürgeben.  5,  4S9';  wiewol  nicht  müg- 
lich  ist,  das  man  dem  teufel  und  seinen  rotlengeistern  das 
maul  also  stopfen  könne,  das  sie  aufhören  und  stillschwei- 
gen, doch  ists  gnug,  das  man  sie  so  eintreibet  und  ir  ding 
verlegt,  das  sie  es  mit  keinem  schein  können  erhalten.  5,513*; 
namen  auch  daraus  solche  macht  und  recht,  alle  andern 
Christen  einzutreiben  und  zu  zwingen.  6,91';  das  die  magisl- 
rollen  zu  Löven  weder  diese  noch  irgend  ein  ander  sect  ein- 
treiben oder  umstoszen  können.  8,  3S1';  der  (pabst)  sie  [die 
fürsten)  alle  nur  mit  winken  und  einem  (inger  erschreckte 
und  eintreib,  tischr.  243';  so  oft  er  dem  künige  schach  bot, 
vorsetzte  ich  ihn  mit  der  königin,  trieb  ihn  ein  und  gewann 
ihm  all  sein  baar  geld  ab.   pers.  rosenth.  7,  20 ; 

ich  trieb  ihr  blödes  herz  mit  höchslum  unrecht  ein. 
LouKMST.  Ann.  2,  14S5; 

wie  "tapfer  Basilius  einen  Gollien,  der  ein  eifriger  Verfechter 
des  arianischen  inlhutnbs  gewesen,  eingetrieben.  Mascou 
1,  492;  dasz  die  kaiser  immer  ein  fremdes  volk  brauchen 
musten,  das  andere  einzutreiben.  2,131;  ein  erlaubtes  und 
kräftiges  mittel,  die  tboren  einzutreiben.  Liscov  277;  ich 
weisz,  dasz  sie  durch  dergleichen  reden  das  volk  eintreiben 
wollen.  Heiimanns  Thuc.  Sil ;  beweisen  sie  ihm  ja  lieber 
jenes,  als  dasz  sie  dieses  leugnen  sollten,  denn  sie  mrichien 
sonst,  vielleicht  noch  heute,  durch  den  augenschein  einge- 
trieben werden.  Lessinc  1,  354 ;  ich  halle  mich  nicht  sollen 
eintreiben  lassen.  Schiller  194*.  diese  ausdrucksweise  ist  aber 
heute  unhäufig. 

3)  t»«  eignem  sinn  steht  eintreiben  auch  für  ins  bette  nöthigrn. 
zu  bette  bringen,  was  doch  dem  abendlichen  eintreiben  des 
Viehes  gleicht:  die  kinder  eintreiben,  schlafen  legen; 

ich  hotte  mich  zwar  eingetrieben, 
doch  war  mein  linrzo  waclu-nd  hJiobco, 
obgleich  der  iniido  cörpcr  »clilii-f. 

üriTZ  3,  18  (nach  hohrtinl  5,  2). 

4)  einen  pfal,  nagel,  keil  eintreiben,  intrudere,  adigere,  in 
den  lioden,  ins  holz  treiben,  zwingen,  schlagen:  es  h.llt  schwer 
den  keil  in  den  harten  fels  ein/ulietbi-n ;  pllock  .luf  plloi  k 
wurde  eingetrieben;  einen  nagrl  in  den  bnuin  cinlrrtbeu;  da 
ich  vorher  gar  den  kämm,  als  wenn  ich  ein  pfrrd  anputzte, 
in  «eine  haare  eingetrieben  bulle.  J,  P.  tenftUp.  1,42;  gciber 


329 


EINTREIBEN — EINTRETEN 


EINTRETEN — EINTREUGEN 


330 


treiben  die  feile  ein,  walken,  bereiten  sie.  oß  figürlich,  ich 
luusz  immer  solch  unterscheid  dieser  zweier  reich  einblewen 
lind  einkewen,  eintreiben  und  einkeilen.  Lctdeb  6, 154'.  :u- 
iiial  mit  deni  dat.  der  person:  einem  den  Übermut,  stolz  ein- 
treiben, wie  austreiben: 

ob  du  ein  gringeo-  Itanst  erlegen, 

soliu  dich  drum  nit  bald  erwegen 

an  einen  gröszem  dich  zu  reiben, 

sunst  wird  er  dir  den  geil  eintreiben.    Wilois  177"; 

warumb  ist  der  mann  rauch  geschaffen,  dann  das  er  inen  iden 
weibern)  mehr  wärm,  lust  und  kitzel  einreibe  und  eintreibe? 
Gurg.  66'.  am  häufigsten  unbestimmt:  es  einem  eintreiben, 
fast  wie  eintränken  oder  auch  Tcrtreiben,  austreiben :  aber  dem 
pfaffen  trieb  ers  wieder  ein,  vergalt  es  ihm.  Wickbasj  rollw.  16 ; 

gedacht,  ich  wil  dirs  wol  eintreiben, 

sott  dich  bald  nit  mehr  an  mich  reiben.   WotGKXDT£!sop  117- 

die  beiden  gelehrten  glupten  einander  an,  des  festen  ent- 
schlusses,  sichs  bei  nächster  gelegenheit  einzutreiben.  Siegfr. 
V.  Lindenb.  1,  220 ;  wart,  wart,  will  dirs  nun  eintreiben ! 
gezüchtigt  musz  sie  sein  nach  aller  Ordnung.  Fb.  Müller 
1,146.  es  ist  nicht  sicher,  aus  welchem  sinnlichen  eintreiben 
diese  redensarl  hervorgieng,  Goithelf  braucht  sie  im  sinn  von 
inculcare:  so  einer  sollte  man,  wenn  man  sie  nicht  fort- 
jagen wolle,  doch  wenigstens  eihtreiben,  dasz  sie  nach  golt 
schreien  lerne,  erzdhlungen  4,  69 ;  wol,  denen  treibt  man  es 
ein,  die  müssen  es  büszen.  4,  t2,  ein  sächliches  eintreiben, 
kein  persönliches  ist  darunter  zu  versteifen,  ein  solches  incul- 
care gälte  auch  für  folgende  stellen :  wider  etliche  jünger  der 
andern  aposteln,  die  da  wollen  neben  dem  evangelio  auch 
das  gesetz  Mosi  eintreiben.  Ldther  1,  505' ;  wer  solchs  übel 
nicht  austreibet,  so  er  kan,  der  wird  geacht  für  gott,  als  hab 
ers  zugericht  und  eingetrieben.  2,186';  der  imer  da  hinaus 
wil,  das  er  ein  newe  lere  eintreibe,  die  im  nicht  befohlen 
ist.  3,  57;  solche  weise  haben  die  lieben  apostel  und  veter 
gehalten,  diesen  artikel  beide  mit  worten  und  warzeichen  ein- 
zutreiben. 6,246';  damit  gar  unzeliche  abgölterei,  so  durchs 
bapsthum  in  die  kiichen  eingetrieben,  teglich  mehr  und  mehr 
ausgetrieben  werde.    6, 4S5'. 

5)  an  dies  inculcare  reiht  sich  die  bedeutung  von  exigere, 
einfordern,  worin  auch  wieder  ein  cogere  liegt,  lat.  cogere 
pecuniam  wie  exigere.  geld  eintreiben,  schulden  eintreiben, 
gleichsam  wie  die  herde  eingetrieben  wird,  die  dem  land 
auferlegten  abgaben  werden  mit  gewalt,  aufs  härteste  einge- 
trieben; ein  minister,  der  auf  der  sonne  laternensteuer  ein- 
getrieben hätte.  J.  P.  Tit.  2,40;  der  schulz  muste  die  hul- 
digung  des  benachbarten  Umkreises  eintreiben.    2,  97 ; 

wer  gelder  eingetrieben 

durcbbebt  die  nacht  Yor  dieben.    Plaie.'<  Sl ; 

ich  erkenn  euch,  ernste  mächte, 

strenge  treibt  ihr  eure  rechte, 

furchtbar,  unerbittlich  ein.    Schiller  61*. 

6)  intr.  der  kahn  treibt  in  die  bucht,  das  scbif  in  den 
hafcn  ein,  eintreiben  wie  einfahren,  auch  der  transitive  aus- 
druck,  stürme,  winde  trieben  das  schif  in  den  bafen  ein, 
liesze  sich  nach  1  verstehn,  da  sich  das  alterthum  schiffe  als 
rosse  dachte. 

EINTREIBER,  m.  in  mehrßichem  sinne  des  eintreibens,  x.  b. 
geldeintreiber,  exactor. 

EINTREIBLICH,  exigibilis:  eintreibliche  schulden. 

EI.NTRETEN,  ingredi,  den  fusz  in  etwas  setzen,  mhd.  in 
treten,  nnl.  intreden,  schw.  inträda,  dän.  indträde. 

1)  «n/ro»re,  tn/rare .•"tritt  nur  ein  !  tretet  ein,  intrate,  entrez ! ; 
kam  Jesus  und  trat  mitten  ein.  JoA.  20, 19;  kompt  Jesus  und 
Irit  mitten  ein.    20,  26;    der  könig  tritt  ein,   ist  eben  einge- 
treten ;    als  sie  eintrat,   waren  aller  äugen  auf  sie  gerichtet ; 
sie  kommt  eingetreten;  eine  schöne,  junge  frau  kam  auf  das 
lied  eines  sAngers,  wie  tanzend,  eingetreten,  pers.  baumg.  3,4; 
die  Personen  auf  der  bühne  treten  ein  {engl,  enter),     häufig 
mtl  näherer  beslimmung  durch  praep.  und  casus :    in  den  saal, 
in  das  zeit,  in  die  kirche,  in  das  schif  eintreten;  wenn  dein 
fusz  zur  stad  eintrit,  wird  das  kind  sterben.  1  könl  14,12; 
tritt  ein  zu  dieser  schwelle.    Uhla.nds  jcrf.  125; 
ein  fremdling  tritt  er  in  sein  elgenihum, 
das  längstverlaszoe  ein.    ScmLi«R336'. 
er  trat  ein  heisit  auch  er  trat  einher,  daher,     von  Ihieren  wird 
eintreten  nur  gesagt,  wo  auch  treten  gilt,  oder  in  der  Ihierfabei, 
wo  sie  in  menschlicher  rolle  gedacht  sind,     weidmännisch,  das 
wild  hat  tief  eingetreten  {tiefe  spur  gemacht).'' 

■1)  gern   sieht   eintreten   da,   wo  alle  personifiealion  waltet. 


namentlich  bei  tag,  nacht,  monat,  jähr,  sommer,  winter,  ostern, 
zeit,  neues  licht,  Sonnenfinsternis,  tod :  im  hohen  sommer  tritt 
der  lüg  schon  um  zwei  uhr  morgens  ein ;  bei  eintretendem  tag 
reisten  wir  ab;  meinen  eintretenden  geburtstag  wollte  man 
feiern.    GörnE  31,115; 

die  nacht  tritt  ein.  nach  welcher  Heva  ruft 
schon  jenen  tag,  als  sie  den  garten  liesz.  Crtphics  2,  294 ; 
wenn  die  nacht  eingetreten,  irrg.  der  liebe  295;  neumond 
tritt  erst  nächste  woche  ein,  der  monat  ist  mit  wind  und 
regen  eingetreten ;  ostern  treten  heuer  spät  ein ;  der  sommer  ist 
immer  noch  nicht  eingetreten;  die  zeit  wird  schon  emtrelen; 
bald  darauf  trat  theure  zeit  und  hungerjahre  ein;  die  uner- 
messene  reihe  eingetretuer  jähre ;  unenvartet  trat  der  tod  ein. 

3)  nah  liegt  die  anwendung  auf  andere  erscheinungen  der 
zeit  und  des  lebens:  es  ist  grosze  hitze,  strenge  kälte  ein- 
getreten; bei  eintretendem  frost  oder  warmem  weiter;  wich- 
tige ereignisse  traten  ein;  was  mir  hier  bei  dem  nun  ein- 
tretenden laub  gefallt.  Lichtenberg  7,  317 ;  ich  merkte  zuerst 
mein  eintretendes  alter  an  der  abnähme  des  gedächtnisses. 
1,  17.  da  auch  krankheiten,  seuchen,  fieber  und  plagen  als 
persönliche  wesen  gedacht  wurden,  versteht  es  sich  dasz  sie 
eintreten,  in  das  land,  m  die  Stadt  treten,  ereignisse,  fälle, 
umstände,  hindernisse  Aünnen  eintreten;  wenn  der  fall  ein- 
treten sollte,  si  casus  inciderit. 

4)  krieg  oder  friede  treten  im  lande  ein;  heil  und  glück 
ist  in  unser  haus  eingetreten ; 

heiige  Ordnung,  segensreiche 

himmelstochier, 

die  herein  von  den  geßlden 

rief  den  ungesellgen^wilJen, 

eintrat  in  der  menschen  hatten.    Schillbr  79'. 

5)  wie  vor  dem  äuge  reisender  die  landschaß  sicli  zu  be- 
wegen scheint  und  ein  bild  dem  andern  folgt,  tritt  es  gleicli- 
sam  an  dessen  stelle  ein:  wir  stiegen  höher,  schöne  seean- 
sicht,   feld  und  obslbau  fahrt  fort,  mehr  wiesen  treten  ein. 

GöTHE   43,  ISO. 

6)  in  einen  räum  eintreten,  den  noch  kein  ßtsz  betreten 
hatte,     schön  sagt  Walther  114, 19 

so  hän  ich  euch  im  Til  nähen 

in  mime  herzen  eine  stat  gegeben, 

da  nocii  niemau  in  getrat. 

an  eines  stelle  treten,  ein  amt,  ein«n  dienst  antreten,  heisit 
überhaupt  eintreten,  in  einen  mönchsorden,  in  eine  gesell- 
schaft  eintreten. 

7)  der  bas  tritt  ein,  fällt  ein,  in  die  andern  instrumente. 
das  neugeborne  kind  tritt  ins  leben  ein,  in  die  mrklichkeit ; 
schalenpuncte,  welche,  sobald  sie  in  die  Wirklichkeit  einge^ 
treten,  sich  zu  vergröszern  nicht  ablassen.  Götoe  55,  327 ;  i» 
der  geschäßsspraeJie  misbräuchlich  vertrage,  die  ins  leben  ein- 
treten ;  in  das  recht  eines  andern,  eines  verstorbnen  eintreten ; 

der  pfarrer  selbst  irat  in  den  anschlag  ein.    Pfbffel  4,  42; 
ich  aber  soll  aus  schuld  ,in  busze  treten  ein, 
'  damit  für  höll  und  tod  sei  heil  und  himmel  mein. 
LoüAü  3,  26, 19 ; 
in  eine  klage  eintreten.  Pestalozzi  i,  221 ;  ich  kann  nicht  ins 
umständliche    eintreten  {in  die  einzelnen  umstände  eingehen). 
4,  263.     der   älteren   spräche   war   noch  ein  bloszcr  acc.  statt 
der  praep.  gestattet:  nachdem  sie  geseheo,  dasz  er  solche  ge- 
falir  eintretten  soll.    Amadis  387. 

8)  für  einen,  für  etwas  eintreten,  wie  einstehen,  sieh  ver- 
bürgen, gewähr  leisteti,  eines  stelle  vertreten. 

9)  transitiv  eintreten,  calcare,  conculcare:  kraut  eintreten, 
festtreten ;  die  wurzeln  um  die  bäume  herum  eintreten ;  maul- 
wurfshaufen  auf  den  wiesen  eintreten;  plumpe  füsze  traten 
ein  blumenbeet  ein;  die  treppe,  den  fuszboden  eintreten; 

sie  sehen  wol  das«  jetzt  von  vielen  schönen  siädten 
noch  kaum  der  name  lebt,  sie  selbst  sind  eingetreten, 
verheert  und  ausgebrannt.  Opiti  2, 105. 

sich  einen  dorn  eintreten,  in  hohem  grase  gebend  trat  er 
sich  einen  nagel  in  den  fusz  ein ;  die  schuhe,  pantoffeln  ein- 
treten, einwärts  treten. 

EI.MRETL'iNG,  f.  ingressio :  von  bekehrung  und  eintretung 
des  rechten  weges  dazu.    pers.  baumg.  buch  9.  überschriß. 

ElMREL"GEiN,  inarescere,  nd.  indrögen,  indrügen,  nnl.  in- 
droogen,  auf  treuge  aridus,  ags.  dryge,  nd.  drügc,  nnl.  droog 
zurückgehend,  von  dem  verhalt  zu  trocken  unter  den  einfachen 
Wörtern : 

das  n)ark  des  ganzen  rctchs  ist  jetzt  ganz  eingetreugt. 
WiKDtiAM  fcbr,  31. 
$.  abtreugen,  auflreugen,  austreugen. 


331 


EINTRICHTERN  —  EINTÜNCHEN 


EINTUNKE  —  EINTVVEDER 


332 


EINTRICHTERN,  infundere,  mit  dem  trichter  eingiesxen: 
die  wissenscliaften  lassen  sich  nicht  eintrichtern ;  was  er  weisz, 
wurde  ihm  alles  eingetrichtert.     $.  einlrächlern. 

EIMRIEFEN,  inslillari,  verschieden  von  einträufen  inslillare. 
s.  auftriefen,  austriefen, 

EINTRIFT,  f.  pascuum,  jus  pascendi:  die  eintrift  von  einer 
sichern  anzahl  Schweine.    Müser  2, 189. 

EINTRINKEN,  imbibere,  nnl.  indrinken,  schw.  indricka,  ddn. 
inddrikke:    wider   das   klopfen    des  herzens  soll  man  sauer- 
anipfersaft  eintrinken.    Tabernaemont.  S28 ; 
und  trinket  durch  den  wein 
viel  tausend  thränen  ein.    Opitz  1,7; 

vergaszen  sie  doch  nicht  sie  aufzuhehcn,  worniit  ihr  das  cin- 
getrunkene  wasser  zum  halse  heraus  schicszen  konte.  Lohenst. 
Arm.  1, 1291 ;  ihre  zwiebeln  wären  fast  so  geschickt  alle  fär- 
ben, als  das  wachs  jede  gestalt  anzunehmen,  und  die  schwämme 
die  feuchtigkeiten  einzutrinken.    1,1395; 

das  erdreich  prüft  die  last  des  eise.«  und  der  garbe, 

und  irinkl  bald  reif,  bald  scbnee,  bald  thau  und  regen  ein. 

GÜNTUEA; 

schmilz!  es  harren  bifimchen  dein, 

die  für  mndcheabusen  blühen, 

trinken  deine  labung  ein.    Uverbkck  15; 

wüsten  trinken, 
wenn  die  bächlein  winken. 
gern  die  bächlein  ein.     Ih; 

der  sprachlose  wonneseufzer,  von  der  hrust  in  schnellen  ziigen 
eingetrunken.  J.  1'.  Hisp.  3,  89 ;  dürft  ich  in  diesem  zimmer, 
in  dem  kreis  deiner  äugen  leben,  mit  dir  die  ^ine  luft  ein- 
trinken. Klingers  th.  3,167;  keine  klagen  soll  dein  ohr  ei'n- 
trinken.    3,  411. 

EINTRITT,  m.  ingressus,  aditus. 

1)  mit  bezug  auf  den  ort,  der  eintritt  in  das  haus,  den 
sal,  die  kirche,  das  klostcr,  das  schif: 

das  bedeutet  verdrusz,  so  sagen  bedenkliche  leutc, 
wenn  beim  eintritt  ins  haus,  nicht  fern  von  der  schwelle,  der 
fusz  knackt.  Gothk  40,320; 
der  eintritt  ins  land :  der  gefürchtele  eintritt  der  Englander 
in  die  Normandie  zog  die  königliche  armee  nach  dieser  pro- 
vinz.  ScHiii.ER  1059.  der  eintritt  in  das  besitzlhum;  der  ge- 
freiten kinder  eintritt  in  die  guter.    Frischm.n  nvmcncl.  433. 

2)  mit  beiug  auf  den  eintretenden: 

deines  lieblichen  eintritls 

werden  sich  freuen 

die  penalen  des  bauses.    ScHitLER  499'; 

.  beim  eintritt  der  nacht,  des  Jahres,  des  sommers,  der  stren- 
gen kälte,  des  friedens. 

3)  eintritt  heiszt  auch,  wie  einstand,  das  bei  der  aufnähme 
in  eine  schule,  in  einen  verein,  für  den  platz  im  Schauspiel 
zu  erlegende  geld :  der  eintritt  beträgt  zehn  gülden ;  den  ein- 
tritt in  die  comOdie  bezahlen.  Kant  4, 121 ;  er  bat  freien 
eintritt  (enlrde.) 

4)  der  erste  theil  eines  festlichen  tanzes,  franz.  entree,  pre- 
miere  partie  d'un  ballet:  unter  den  balleten  und  masque- 
radea  ist  ein  geringer  unterscheid,  jene  sind  weitläuftiger 
und  haben  gar  viel  abthcilungen  und  eintritte.  Moriiof  »n<cr- 
riclit  6'\.     oder  meint  dies  eintritte  aiiftrilte,    scencn  (1,705)? 

5)  man  saqt  den  eintritt  nehmen,  thun. 
EINTRirrSFÄHIG,  dignus  qui  recipialur. 
EINTRITT.SI.ELD,  n.  was  eintritt  3. 
EINTRITTSZI.M.MER,  n.  antichambre. 
ELNTROCKNEN,    arescere:   der    sumpf   trocknet   allmülich 

ein;  die  färbe  trocknet  ein;  nur  sein  dintcnfasz  war  einge- 
trocknet. J.  P.  Siebenk.  4,  44. 

ELNTRÖPFELN,  instillare:  baisam  in  die  wunde,  arznei  in 
den  lüITel ;  wiewol  ich  doch  in  die  neueste  (gescliichle)  ein 
wenig  pikante  Zukunft  eingetropfeil  wUnschu.   J.  I*.  37,  35. 

EINTROPFEN,  instillare  und  instillari,  unpersönlich:  es 
tropft  ein. 

EINTUMPFEN,  dtsidere,  eorruere,  einsinken,  sich  senken, 
neigen,  vertiefen,  ein  alles,  unhiufiges  wort,  wozu  ahd.  tuin- 
philo  gurges,  nhd.  lüinpfel,  das  schwell,  tumpf  tinbuij,  tüinpli 
nngung,  vemeigung,  tünipfen  neigen,  fc»fj;cn  (STAi,r>Kn  1,  32(i): 
wann  der  eitcr  wenig  geht,  die  wunden  aber  rintuinpfct  und 
blaw  wird  und  gar  zu  schnell  zufellt.    WPnz  302. 

EI.NTCNCHEN,  indueere,  incrustare,  mit  tünche  überziehen, 
fettigen :  es  scheint,  als  habe  man  die  mittelbilder  erst  her- 
beigebracht, an  die  wand  befestigt,  und  sie  daselbst  cinge- 
tüncht  und  die  Obrigc  flnrhe  umher  gemahlt.  GOtiir  38, 190. 
ladelhaß  für  da$  folgende  eintunken :  wenn  es  gleich  mit  wasser 


begossen   oder   devnselben   eingelünchet  wird.    Rcinike  fuchs. 
Rostock  1()50.  s.  84. 

EINTUNKE,  f  embamma,  brühe,  sauee,  in  die  man  brot 
oder  fleisch  taucht.  Dasypodius  61*;  es  werden  auf  mancher- 
lei weis  salsen  und  eintunken  daraus  gemacht.  Tabernaemon- 
TANÜS839;  den  14  merzens  hat  der  kaiser  mir  über  der  init- 
tagstafel  zwo  eindunken  zu  kosten  gegeben.  Ferdinands  I.  tafel- 
reden übers,  von  David  Schirmeb.  Dresden  1674  s.  195.  221. 
s.  tunke,  einstipsel. 

EINTUNKEN,  intingere,  eintauchen,  vgl.  oben  einteuchen, 
ahd.  tunchön,  dunchön  (Graff  5, 195).  die  Verwandtschaft  des 
lat.  tingere  forderte  den  goth.  anlaut  |),  ahd.  d,  aber  schon 
das  ags.  deägan  zeigt  d,  welchem  ahd.  t  enlKpricht.  gleich- 
wol  halten  ältere  schriftsteiler  noch  d  fest,  oder  schwanken 
zwischen  media  und  tenuis.  Frisids  schreibt  725'  eintunken, 
692'  eingetunkt,  469*  dünken;  Maaler  123*  eindunken,  124*. 
eingetunkt.  Keisersrerg  bilger  15*  ingedunkt  in  den  hellischen 
swcbel ;  der  mit  mir  eintunkt  die  band  in  die  schusseln,  bibel 
von  1483  .Wa»/i.  26,  23 ;  des  federspiels  aasz  in  rautensaft  ein- 
dunken. falknerei  bi^ ;  dürre  holzwellen  in  bech  zuvor  einge- 
tunkt. Kirchhof  disc.  mil.  44;  die  königin  liesz  ^yri  todlen 
leichnam  under  den  erschlagenen  suchen,  seinen  köpf  ab- 
hauwen,  in  ein  fasz  voll  bluts  oftmals  eintunken,  wendunm.1'; 
die  feder  eintunken.  Rabeser  2,  46;  ich  dachte  der  schlag 
würde  mich  rühren,  als  ich  ihr  die  feder  eintunken  muste. 
ThCmmels  ms€  3,  472 ;  ich  kann  trotz  allen  oslermessen  und 
fatalien  in  nichts  eintunken.  i.P.uns.  loge3,4S;  das  bedenke 
aber  jeder  der  eintunkt  I  {jeder  aiHor).  freiheitsb.  100;  wenn 
ich  gern  eintunken  und  vollends  den  verdrieszlichen  umstand 
hinzu  erzählen  wollte.  Hesp.  1, 14 ;  damit  sie  etwas  warmes 
trinken  und  einmal  eintunken  könnte,  ehe  die  beistünde  und 
die  trauung  angiengen.  Siebenk.  1,23;  jetzt  setzt  er  sich  hin, 
um  zu  seinem  dritten  capitel  einzutunken.  Tit.  3, 164 ;  war 
ich  ein  ziehender  vogel  gewesen,  ich  hätte  mich  niedergelas- 
sen und  meinen  schnabel  eingetunkt.  Arnim  1,4;  trank,  tunkte 
ein  und  fütterte  Annen,    kronenw.  1,428. 

EINTÜPFEN,  intingere,  degustare.  Stieler  2258.  in  die  dinte 
cintüpfen,  steht  nahe  zu  cinstüpfen.  weidmännisch,  der  suche- 
hund  tupft  ein,  trenn  er  die  nase  auf  den  boden  drückt,  ein- 
tüpfen,  mil  der  hand  einschlagen,  topp  sagen. 

EINTUSCHEN,  sopire,  einschläfern,  stillen?  Maaler  411' 
hat  tusch  dich!  comprime  te  (Frisius  274'  tütsch  dich);  ein 
aufriir  tuschen  scdilioncm  comprimere,  wozu  unser  vertuschen, 
insgeheim  stillen  gehört,  tuschen,  tuschen  aber  gleicht  dem 
mhd.  ti'ijen  (:Ci;en)  tacere,  quiescerc  MSII.  1,92',  vcrborgen- 
Ikhe  tftjen.  tr.  kr.  16599;  ahd.  döjan  stillen,  säugen  0.  I. 
11,  41,  noch  mehr  dem  nd.  induusken  einschlafen,  einschlum- 
mern bei  StLrenburg,  indusscln  bei  ScuANBAcn,  wie  man  auch 
hd.  eindusseln  hört.  Stalder  l,  320  verzeichnet  lus,  düus  still, 
1,  330  dusem  dämmerig,  finster,  still,  1,  331  tuszen,  duuszen 
lauern,  schleichen;  Scumeller  I,  401  duszeu  rfamnirr«,  schlum- 
mern; 1,  460  tuschen  verheimlichen ;  IIüfer  1,  170.  171  dus, 
dusinig,  leise,  still,  trüb;  die  nd.  media  fordert  strenghd. 
tenuis.  theil  1, 1235.  1241  wurden  bedösen,  bedüsseln,  bedühen 
aufgestellt  und  zweifelhaß  gedeutet,  auch  für  sie  müste  t  gellen, 
alle  diese  Wörter  bedürfen  näherer  aufklärung  und  vielleicht 
sonderung. 

ElNTtTSCHEN,  was  eintunken,  gegensalx  von  austütschen. 
Stieleh  12G3.  der  gute  mensch  hat  freilich  in  das  hasenfetl 
tief  geniitig  eingetülscbt  (ist  ein  hasenfusz).    Weise  erzn.  41. 

EINTWEDER,  alteruier,  einer  von  zweien,  und  zumal  irit 
neutrum  als  blosze  conjunclion,  allerutrum;  später  verengt  in 
entweder,  wie  eilf  in  elf.  diesem  atisdruek  entspricht  nichts 
golh.  noch  ahd.,  doch  wo  ahd.  dewedar  ullus  auftaucht,  «dre 
auch  eindcwädar  denkbar.  •  das  t  in  eintweder,  entweder  ist 
also  kein  bloszes  einschiebsei  wie  in  meinthalb,  anderthalb, 
sondern  aus  deweder  ullus  zu  erklären,  die  contraction  wan- 
delte cindewüder  i«  eiutwüder.  wie  aber  jeder  die  beJeutung 
von  omnis  annahm,  wird  auch  eintweder  für  quicungue  und 
cunctus  gebraucht,  von  enwl'der  va  ncwl'der  nullus  ist  et  genau 
tu  sondern. 

So  geläufig  uns  heute  entweder  ist,  das  mhd.  eintweder  er- 
ieheinl  seltner,  hier  folgen  beispiele  des  pronomens : 

der  eintwfldcr;  niüejt  ir  nemcn.    Warnung  1601.3169; 

der  einiwfider;  iiiöbie  sin.    Kr.  1194; 

un.icr  eintweder  den  andern  leii.    Airi.  79, 19, 
«0  Lachm.  mil  D  cnlwcdr,  schon  verengt; 

unser  ciniwcders  «dl.    Ut«.  Tritt.  18«. 


333 


EINTWEDERS  —  EINÜNG 


belege  der  conjunclion : 

eintweder  in  nirat  der  tot.    Warnung  3262; 

eimweder  nein  oder  j4.    Parz.  "25, 16.   G  einweder; 

einiweder  rerre  od  nähen  bi.    Trist.  65,  8; 

einiweder  abe  oder  an.    384,  25.  385,23; 

üf  dem  der  wunnecliche  kneht 

da  $piite  mit  der  künigin 

einiweder  umbe  vingerlin 

od  umbe  senfte  biuje.    tr.  kr.  15898; 

einiwfider  wirt  Ton  mir  getan  u.  «.  u.    22348; 

ich  wil  es  einlwSder 

schaden  vähen  oder  Tromen.    Lanz.  1290; 

einiweder  gevanrgen  oder  tot.    gute  frau  795 ; 

eintweder  —  oder.  Ecehart  550, 35.  fastn.  sp.  nachlese  s.'iSS. 
nhd.  ieigl  sich  das  pronomen  bei  Frisids  TS'  und  Maaler  100*, 
sotcol  ßr  alleruter  als  neuier,  da  der  jjosilive  sinn  in  den 
negativen  umschlägt,  wie  bei  dem  zu  gründe  liegenden  deweder 
und  bei  dehein:  eintwederer  alleruier;  an  eintwederein  ort, 
neulrobi;  auf  eintwedere  seilen,  in  neulram  partem ;  wenn  es 
eintwederer  wil,  si  uter  volet.  stellen  aus  Urkunden  und  der 
heutigen  bairischen  volksprache  bringt  Scbmeller  1,  67,  vgl. 
Stalder  1,  341.  342.  ein  beispiel  der  conjunclion  begegnet  in 
den  klugen  weisen  reden  146*:  eintweder  sie  sterben  oder 
u.  s.  w.  seit  LcTHER  aber  reiszt  entweder  ein,  wie  unter  dieser 
form  gezeigt  werden  soll. 

ElS'TWEDERS,  unsicher,  ob  die  neutralßexion  im  nom.  oder 
gen.  {ein  mhd.  eintweder;  oder  eintweders  viüsle  entscheiden) 
verbindet  sich  als  conjunclion  mit  oder  stall  des  heutigen  un- 
fleclierlen  entweder:  in  der  arznei,  da  musz  einer  die  arznei 
Lei  dem  gewicht  nemen,  als  pillule,  eintweders  drü  oder  fünf 
oder  siben  oder  neun,  also  sol  einer  im  selber  auch  setzen 
ein  masz  in  essen,  in  trinken,  und  sol  das  bei  dem  gewicht 
thun  und  nicht  mer.  Keisersb.  s.  d.  m.  ll' ;  wie  vil  gon  armer 
menschen  auf  disem  erdreich?  da  solt  ich  sagen  von  den 
regtnten  (?  regem,  d.  i.  sacculariis),  als  ich  vil  davon  gesagt 
hab,  das  man  sie  eintweders  dauszen  solt  lassen  vor  der 
statt,  oder  aber  wann  sie  hinnen  seind,  das  man  sie  dann 
nem  in  den  spital.  12';  da  sprach  Augustinus,  eintweders 
hören  uf  den  lüten  ir  eer  abschneiden,  oder  ich  wil  dise 
zwen  vers  abwüschen,  die  ob  meinem  tisch  stond.  27";  der 
herr  sprach,  eintweders  du  bist  ein  narr  oder  du  bist  mir 
nicht  getrüw.  34';  da  v\irt  manich  falsch  urleil  gefeilet,  eint- 
weders usz  freuntschaft  oder  hasz.  41' ;  eintweders  —  oder. 
Dictys  Crelensis  verdeutscht  von  Marcds  Tacids.  Augsb.  1540. 
32';  wann  eintweders  der  Luther  sich  überreden  liesz  oder 
ich  dahin  kommen  müst.  Hltten  5, 10 ;  do  der  meister  dessen 
innen  ward,  sprach  er,  Platere,  pluribus  internus  minor  est 
ad  singula  sensus,  studier  einlwäders  oder  trib  das  hand- 
werch.  Plater  51;  zuletzt  noch  bei  Weckherlis  861: 
eintweders  zu  verändern  oder  zu  verlieren. 
EINÜBEN,  diligenter  exercere:  ein  spiel,  musik  einüben; 
die  mannschaft  einüben ; 

ein  bekümmert  trostlos  betrübter, 

in  aller  hartseel  eingeübter.    H.  Sachs  I,  391", 

wo   ein   auch   der  unbestimmte   artikel  sein  könnte,     sich  auf 
etwas  einüben,  er  ist  darauf  nicht  eingeübt. 
EINLNDDBEISZIG: 

kan  auch  ein  spil,  heiszt  einunddreiszig, 

das  hab  ich  oft  geschriben  fleiszig. 

dergleichen  das  spil  eins  und  luiDdert 

hat  mir  den  beuiel  oft  geblundert.    H.  Sachs  V,  357»; 

unter  den  spielen  Garg.  164*.'  aufgezählt:  der  einunddreiszig 
{gen.  pl.,  nemlich  spielen),  noch  in  Schmidts  fastelabends- 
samlungen  s.  159  sind  die  karlen spiele :  marlsch,  rümpfen, 
trumpfen,  einunddreiszig,  hundertundeins,  die  schanz,  krumme 
neun  u.  s.  w.  genannt,  über  ein  spiel  zweiunddreiszig  s.  Eres 
liederhorl  s.  380.  381. 

EINUNDZWEINZIG,  einundzwanzig:  wenn  einer  von  siben 
trachten  nicht  mer  dan  drei  mundfol  von  einem  issct,  das 
thut  einundzweinzig  mundfol,  und  fciszel  {pinguescil)  dabei. 
Keisersb.  s.  d.  m.  u'.  einundzvvanziger,  obrigkeit  zu  Slraszburg. 
EFNUNG,  f.  unio,  foederalio,  ahd.  einunga,  mhd.  einunge. 
1)  einigung,  Vereinigung,  zunß,  eintracht:  der  stain  hat  die 
kraft,  da;  er  frid  und  ainung  machet  zwischen  den  läuten. 
Megenbebg  258,  6; 

ab  niemaM 
werdet  ihr.  durch  der  einung  geheimnis, 
jede  liefe  des  herzens  erschauern.    Klopstock7,  20; 
nur  lieb  ist  aller  kirchen  cinung, 
der  tempel  und  moskeen  auch.    Voss  4,222; 


EINÜNG — EINVERLASSEN  334 

misfällig  und  zu  groszem  ärgernis 
ersah  aus  euren  briefeu  pabst  Johann, 
dasz  ihr  mit  kirchenfeinden  einung  pQegt. 

Uhlafjds  Ludwig  134; 

stelle  dir  nur  das  wasser,  das  öl  vor,  so  wirst  du  eine  einig- 
keit,  einen  Zusammenhang  ihrer  theile  finden,  diese  einung 
verlassen  sie  nicht,  auszer  durch  gewalt  oder  sonstige  be- 
slimmung.  GötheIT,  49;  auch  die  einzelnen  patricier,  glieder 
einer  weit  minder  zahlreichen  einung,  gegen  die  plebejer  im 
vorlheil.    Niebdhr  1, 476. 

2)  Satzung,  vertrag,  worüber  man  sich  vereint  hat :  dominus 
nosler  debet  facere  einungam  in  oppido  et  villis  de  agris, 
praediis,  pascuis,  silvis  et  via  communi.  «r^.  von  1239  weislh. 
3,  344;  die  allen  einungen  mit  Ostreich  wurden  erneuert. 
Kaske  reform.  1,  372. 

3)  namentlich  die  angesetzte  busze,  mulcla:  i;  si  an  einunge, 
i;  si  an  des  feldis  schützen  zuo  setzene.  Griesheim  von  Franz 
Roth  und  Euler.  Frank f  iShS.  9,18;  wanne  ein  arm  man  eine 
einunge  verliusil,  als  sie  die  gemeinde  hat  gesazt  und  die- 
selben einunge  verscenet  unde  verrihtit,  als  ein  reht  ist.  9, 39.  40. 
in  den  weislhümem  begegnet  oß  der  einung,  wie  schon  ahd. 
die  weibliche  bildung  -unga  mit  der  männlichen  -unc  wechselt: 
so  bessert  er  den  einung,  als  recht  ist,  es  sige  nachles  oder 
Uigcs.  weislh.  1,  334 ;  das  bessert  man  mit  dem  einunge. 
1,335;  der  einung,  der  halbe  einung.  Mo.ne  zeilschr.  3,158. 
vgl.  Obermx  296.    Haltacs  305 — 307. 

EINUNGSBRIEF,  m.  pactum  confoederalionis. 

EINUNGSKÜNSTLER,  m.  E.  es  war  ein  ehrentitel  der 
Chemiker,  dasz  man  sie  Scheidekünstler  nannte.  Ch.  das  <hut 
mau  also  nicht  mehr  und  thut  sehr  wol  daran,  das  ver- 
einigen ist  eine  gröszere  kunst,  ein  gröszeres  verdienst,  ein 
einungskünstler  wäre  in  jedem  fache  der  ganzen  weit  will- 
kommen.   GöTHE  17,  52. 

EINL'NGSVERWANDTE,  EINUNGSSTÄNDE  hieszen  die  durch 
den  Schmalkalder  bund  vereinten  Protestanten,  z.  b.  wo  chur 
und  fürsten  sampt  den  andern  einungsverwandten  auch  also 
gi'sinnt  wären,  wollt  sich  kön.  würde  zu  England  mit  ihnen 
vergleichen.  Melaschthox  2, 1008 ;  wiewol  der  keiser  mit  den 
einungsverwanten  stenden  so  vil  gehandelt.  Lacze  leben  Philippi 
magnanimi  i,i;  die  religionseinungsverwanten.  2,11;  gelübde 
thun,  in  dreien  monaten  wider  inen  und  die  anderen  einungs- 
slcnde  nicht  zu  dienen.    2,  41. 

EINüRBEN,  coalescere?  rachgier  ist  in  der  thierischen  na- 
tur  eingeurbet.  Gotthelf  im  schuldbauer  352;  den  leichlsinn 
konnte  sie  nicht  lassen,  der  war  eingeurbet.  ges.  schriflea 
8,  312.  die  bedeutung  von  einverwachsen,  eingefleischt  Idszt  sich 
rathcn,  das  wort  aber  sonst  nirgends  aufweisen,  mit  Alb.  von 
RCtte  es  aus  urbar  zu  erklären,  scheint  unralhsam.  Staldkr 
2,  424  hat  ürbsi  griebs,  arulla,  was  vielleicht  weiter  führt. 

EINURNEN,  urna  condere: 

warum  dein  fromm  gebein,  verwahrt  im  tode 

die  leinen  hat  gesprengt  ?  warum  die  gruA, 

worin  wir  ruhig  eingeurnt  dich  sahn, 

geöfnet  ihre  schweren  marraorkiefern  ? 

why  thy  canonizd  bones,  hearsed  in  death, 

have  burst  their  ■cereraents  ?  why  ihe  sepulchre, 

wherein  we  saw  thee  quietly  inurnd, 

hath  opd  bis  ponderous  and'  marble  jaws  ?    Hamlet  1,4; 

seitdem  wir  nicht  mehr  so  glücklich  sind  die  reste  eines  ge- 
liebten gegenständes  eingeurnt  an  unsere  brüst  zu  drücken. 

GöTHE  17,  204. 

EINVERDACEN,  digercre,  verstärktes  verdauen,  in  sich  ver- 
dauen :  ich  kann  das  nicht  einverdaucn. 

EINVERGRABEN,  infodere: 

und  ich  sollte  nicht  mucken  ? 

nirircnd  es  einvergraben!    ileRDRR  II,  140. 

EINVERHÖLEN,  dasselbe: 

küch  und  keller  sind  die  gräber,  drein  man  tief  hat  elnverhölei, 
groszer  herren  volle  beutet,  die  daselbst  sind  abgeseeiet. 
LoCAi;  3,  181,  45. 

EINVERLASSEN,  intro  admillere,  verstärktes  einlassen,  ahd. 
in  farlajan,  mhd.  in  verlä;en: 

den  ich  mit  sorgen  In  verliej.    Wolframs  lieder  4,  15; 

8us  wart  er  fn  verlajen.    Parz.  183,  3 ; 

aldä  der  tn  verläjen  wart.    653, 1 ; 

swenne  si  in  dar  in  verlie.    Greg.  2133; 

der  arme  der  wart  in  vertan.    G.\.  2,  427,  558; 

ein  in  verläsen  wart  im  kunt.    MS.  1,90'; 
entsprechend  dem  ftj  vprlä;cn,  öf  verlä;en,  an  verM;en: 

al  weindc  wart  er  üj  verlän.    Wh.  105,  17. 


335 


EINVERLEIBEN 


EINVERLEIBTSEIN  —  EINVERSTÄNDNIS      330 


von  allen  diesen  in  der  spräche  wol  begründeten  wörlem  sloszen 
keine  nhd.  beispiele  mehr  auf,  tvahrscheinlich  weil  sich  allmd- 
lich  für  verlassen  die  bedeitlung  relinquere  festgesetzt  halte, 
mit  Kelcher  sich  ein  und  aus  nicht  vertrug,  desto  häufiger 
ist  das  mhd.  unerhüile  nhd. 

EINVERLEIBEN,  nach  incorporare,  concorporare  und  über- 
nommen ins  schw.  infurlifva.  Keisehsberg  und  Luther  brau- 
chen es  noch  nicht,  J)iEFENBAcn  unter  incorporare  gibC  inliben, 
cinleiben  (oben  sp.  225),  kein  einverleihen,  zuerst  stellt  Hkxiscii 
852,  70  einleibcn  und  einverleiben  nebeneinander,  die  ältesten 
belege  sclieinen  folgende:  dasz  sie  nicht  wider  ihre  vorge- 
schriebene puncten,  dem  articulsbrief  einverleibt,  straucheln. 
KiRcuHOF  wendunm.  104*; 

wann  ir  (weiber)  im  haus  ganz  gdissen  bleibet 

und  euch  es  gleiclisaiii  einverleibet.    Fiscuari  ehz.  49  (548) ; 

drumb  die  kl;ig  und  peiiiion 

oder  je  einverleibis  begeni.    Atrer  fastn.  46'. 

tm  17  jh.  häufen  sich  die  stellen  : 

mensch  ficne  er  an  nu  sein,  doch  thut  er  got  sieis  bleiben, 
mit  seiner  alimacht, kraft  dein  fleisch  einzuverleiben. 

Wrckueklin  312; 
in  welche  sich  mein  herz,  und  deren  herz  in  mir, 
durch  brunst  der  wahren  lieb  entzündet,  einverleibet.    646; 
mit  der  warheil  schmuck  dein  wort  einzuverleiben.    692; 
und  sich  einander  selbst  wie  gleichsam  einverleiben, 
ist  also  lobenswerth,  dasz  sich  ein  freund  verspricht 
dem  andern  hold  zu  sein  hier  durch  der  feder  iillicht. 

Opitz  2,49; 
ich  will  dich  einverleiben 
durch  diese  meine  fausi  der  unvergänglichkeil.    2,  154; 

in  die  bibliotheken  einverleibet,    poeterei  73; 

vergebens  ist  uns  nicht  die  leber  einverleibet, 
sie  sie  ist  unser  gott,  der  uns  zum  liehen  treibet. 

Fleming  155  {weiter  s.  bolisl) ; 
du  wirst  zu  jeder  zeit  berühmt  sein  auoii  durch  mich, 
denn  wer  an  mich  gedenkt,  der  denkt  zugleich  an  dich, 
ich  weisz,  der  rausen  schar  wird  künftig  von  mir  schreiben 
und  wird  dich  hin  und  her  recht  löblirh  einverleiben. 

ROMPLRR  121 ; 

dasz  ncmlich  gute  leut  hochrflhmlich  von  ihm  schreiben 
und  der  gedäcbtnus  ihn  steiwnhrend  einverleiben.    122; 

Wörter,  die  nicht  ferner  als  icrgend  nur  in  einem  platz  des 
Teutschlands  gäng  und  gäbe  sein,  hab  ich  vermieden,  um  so 
vii  desto  leichter,  weil  ich  nie  keinem  platz  gar  lang  eigend- 
lich  einverleibt  gewäsen.    s.  19  der  vorr.  zum  gebüsch; 

dannenher  ich  einverleibe 
diesen  hebt,  nach  himmelsrecble, 
in  der  götter  alt  geschlechte.    Logau  1,15; 
o  that,  die  weit  in  erzi  und  cedern  billich  schreibt, 
und  wie  sie  immer  kan,  dem  alter  einverleibt.    1,84,47; 
er  hat  sieh  gesäumt  dasz  gepaaricn  in  orden 
80  langsam  Chloriudis  ist  einverleibt  worden.    2,38,43; 
wenn  Poirglottus  zwar  im  neuen  bücbersaal, 
in  actis,  und  wo  sonst  es  nöthig  scheint,  die  zahl 
versprochner  srhriften  längst  bat  lassen  einverleiben, 
und  doch  bis  dato  nicht  will  einen  bogen  schreiben. 
GiJ.XTiiER  404; 

dannenhcro  solle  von  kaiser  Heinrich  dem  zweiten  das  rud 
dem  thiirmeinzischen  wapen  sein  einverleibt  worden.  Zinkcr. 
2,  27 ;  dasz  derer  andenken  nicht  in  die  gcdäcbtnuskirchen 
unserer  herzen  einverleibet  sein  und  bleiben  solle.  Bütschkv 
kanzl.  871 ;  die  ehre,  in  des  herrn  freundschaft  einverleibet 
zu  sein.  38 ;  durch  ihre  feder  ist  ihr  name  . . .  der  ewigkeil 
einverleibet.  J'atmos  920 ;  weil  ich  Christo  in  der  taufe  ein- 
verleibet worden.  82;  zudem  hat  mir  der  himmel  ein  solch 
geblütc  einverleibt,  welches  hitze  genug  Lei  sich  fiihrcl.  pol. 
ttockf.  47 ;  würdig,  der  familie  eines  Aichytas  einverleibt  zu 
werden.  Wieund  3,  349;  die  unglücklichen  Scheschianer, 
thcils  unter  hundert  fremde  Volker  vertheilt,  thcils  stückweise 
den  angrenzenden  Staaten  einverleibt.  7,  373 ;  die  rede  ist  vom 
Thucydides  dem  zweiten  buche  seiner  geschichte  einverleibt 
worden.  24,  321 ;  er  sehnte  sich,  dieses  verlassene  wesen  an 
kindesstatl  seinem  herzen  einzuverleiben.    Gothe  18,183; 

int  dir  denn  »o  da»  nebelten  g/inilich  einverleibt, 

da»z  ohne  tadeln  du  keine  lippe  regen  kannii?    41,20^; 

warum  Bellte  man  leugnen,  dasz  dem  einzelnen  slaaUhürger 
ein  bfiberer  kunstbcsilz  oft  unbequem  sei?  sind  aber  der- 
gleichen (chaize  einer  Öffentlichen  anslall  einverleibt,  so 
ti.  s.  V.  39,834  ;  um  unsenn  gcd.'ichtnisse  etwan  einzuverleiben. 
Liciir^üBERC  1,  CS ;  dieser  grundsatz  isl  dem  wesen  der  Ver- 
nunft pinvcrJpibt.  Käst  4,223;  das  gewissen  isl  nirlit  etwas, 
was  er  sich  selbst  macht,  sondern  es  i«t  seinem  wesen  ein- 
verleibt. 6,  272 ;  den  trieb  der  allgemeinen  menüchenliebe  hat 


golt  unser  aller  seelen  einverleibt.  Campe  kinderschr.  8,113; 
verleibe  ...  kleine  bände  grüszcrn  ein.  J.  P.  Tit.  1,26;  die 
einem  fremden  leichnam  leben  und  seele  einverleibten,  leufelsp. 
1, 128.  die  beispiele  weisen,  dasz  sowol  der  persönliche  dat., 
als  die  praep.  in,  selten  mil  hinzugefügt  werden ;  am  besten 
wirkt  das  wort,  wenn  es  sinnliche  beziehung  auf  den  leib  hat, 
wie  bei  Fleming  155,  Götiie  18, 183,  unüberlegt  und  ein  Wider- 
spruch ist  Campes  der  seele  einverleiben. 

EINVEKLEIBTSEIN,  n.  sein  schöner  rüstiger  körper  isl 
ganz  wie  für  das  einvcrieibtsein  mit  dem  mcere  eingerichtet. 
TiECK  ges.  not».  1, 47. 

EINVERLEIBUNG,  f  e.  gnifl.  gn.  geruhen  der  einverlei- 
bung  meines  söhnleins  in  das  reich  der  gnaden  Christi  bei- 
zuwohnen. BuTScuKY  kanzl.  613;  einvcrleibung  schneller  be- 
wegter theile  {in  den  kämet).    Kant  8,  284. 

EINVERI.EIRUNGSANTRAG,  m.   antrag  auf  einvetleibung. 

EINVERLEHUJNGSVORSCHLAG,  m. 

EINVERMAUERN,  muro  claudere,  immurare:  so  sol  ich 
denselben  niinen  sun  invermuren  also  vaste  und  also  sicher- 
lich, dasz  er  allermüngklichen  unschädlich  si.  urk.  von  1336 
bei  TscHüDi  1,  344.    vgl.  Haltaus  304.  305. 

EINVERNÄHEN,  insuere:  wenn  dir  einer  ein  schmoch  er- 
büt,  ein  wort  oder  was  das  ist,  und  du  müchlst  in  eben  also 
wol  wider  mit  dem  schmoch  bezalen,  so  sollu  es  nil  thun, 
sunJer  schwigen  und  das  liden,  so  best  du  din  sele  geben 
für  dinen  frünt,  das  heiszt  'invernegl  gelt  haben'.  KEisERsitERC 
bilgcr  87'.  88*. 

EINVERNAHME,  f.  interrogatio :  sc.  maj.  sehe,  nach  vor- 
gängiger einvernähme  der  universilätssenale,  dem  giltachten 
des  ministeriums  entgegen.  Hamburger  corresp.  1847  n*  300 
aus  München,     s.  einvernehmen  n. 

EINVERNEHMEN,  percipere,  audire. 

EINVERNEHMEN,  n.  perceplio,  conjunclio,  gratia,  einver- 
sländnis:  mit  einem  in  einvernehmen,  gutem  einvernehmen 
stehen,  sich  verstehen,  wol  stehen;  sich  ins  einvernehmen 
setzen,  verständigen; 

ist  wo  wer,  der  widerspricht, 

dasz  die  l'ierinnen  nicnt 

mit  der  fraw  von  Gnidus  sinnen 

einvernemen  haben  können?    Logau  1,14. 

EINVERS,  «1.  ich  bemerke,  dasz  es  dem  dichter  keinen 
vortheil  schaft,  dasz  man  seine  streck-  und  (^inverse  nicht  als 
^ine  Zeile  drucken  lassen  kann.    J.  P.  flegelj.  1, 131. 

EINVERSCHAFFEN,  imporlare,  invehere,  herein  schaffen : 

ich  gah  auszhiii  auf  mein  dürfclein, 

dasz  ich  vcrschaf  die  crndc  ein.    Gengrnbacb  329. 

EINVERSCHANZEN,  circumvallare,  verschanzen: 

das  erdreich  in  das  meer  gepflanzet 
und  es  mit  manchem  wasserfliisz  .  . .  einvorschantei. 
Weckiirri.in  1Ü2. 

EINVERSEELEN:  sich  dem  chrislenthume  einverleiben  und 
cinverseelen.    Hippel  lebensl.  3, 140. 
EINVERSPERREN,  includere: 

hier  ist  nichts  denn  finstre  nacht 

blinde  schatten,  schwarze  holen, 

da  die  einversperrten  seelen 

kaum  nicht  werden  umgebracht.    Fleming  297. 

EINNTR-S FANDEN,  consenliens,  consonus:  einverstanden 
sein,  conscntirc;  welch  ein  kraftvoller,  bedeutender  gang! 
welches  rollen  der  äugen!  welch  ein  wurf  der  gliederl  wie 
einverstanden  und  harmonisch!  Kiingkr  3,  165;  wenn  die 
menschen  gerechter  und  mit  ihrem  eignen  besten  einverstand- 
ner  wären.  5,60;  die  Schweizer  hielten  sich  für  freie,  bie- 
dere, kräftige,  cinverstandnc  männer.    12,  260 ; 

ihr  wart  mit  ßnbinglon,  dem  bochverrSther 

und  seinen  mordgcselinn  einverstanden.    .Schillkr  413'; 

ihr  solltet 
mit  dieser  beispiellosen  harinonie 
jetzt  in  dorsclhen  mcinung  cticli  begegnen 
und  doch  nidii  einvorsiaiulcn  »ein  I    274*. 

sich  einverstanden  erklären  mit  einer  mastregel;  einverstan- 
den, damit  einverstanden,  gewöhnliche  formet  de$  beiinils  hei 
abstimmunqrn.     s.  cinverslchcn. 

EINVERSTÄNDIG,  dasselbe. 

EINVERSTÄNDIGEN,  rem  componerc;  >i.i.  .  ,i.... -...,. u.Ken. 
concordare:  sollte  man  nicht  etwa  .sp.tlerbiii  über  den  grund- 
satz sich  cinverständigen?    Fichte  ded.  plan  121. 

EINVERSTÄNDNIS,  n.  consrnsu^.  tinslmmung:  mit  einem 
in   geheimem   einvcrstäiidnis  ntehen;    was  er  bisher  ron  den 


337 


EIN  VERSTEHEN — EINWÄHLIG 


EINWÄHREN  —  EINWEBEN 


338 


I 


menschen  gedacht  hatte,  konnte  er  mit  der  erzählung  seines 
Vaters  nicht  in  einverständnis  bringen.  Klinger  4,  44 ;  die 
menge  der  gedanken  und  empfmdungen  erdrücken  mich,  weil 
ich  sie  nicht  zum  einverständnis  bringen  kann.   4,  62. 

EINVERSTEHEN,  i)  una  comprehendere :  dich  einverstanden, 
te  incluso,  comprehenso;  ein  unmittelbarer  schlusz,  der  zwar 
nicht  ausdrücklich  bezeichnet  wird,  aber  doch  stillschweigend 
mit  einverstanden  werden  musz.    Kant  1,  463. 

2)  sich  einverstehen,  concordare,  einverstanden  sein : 

darüber  hast  du  selbst  mit  ihm  so  oft 
dich  einverstanden.    Lessikg  2,  262; 

aber  dann,  mein  werlhester  herr  Sturz,  raüsten  wir  uns  noch 
über  den  mahler  der  grazien  einverstehn.  Lavater  bei  Sturz 
2,  307 ;  wird  es  nicht  überflüssig  sein,  mich  über  diesen  zweck 
ihrer  Studien  selbst  vorher  mit  ihnen  einzuverstehen.  Schiller 
1002';  da  die  geringe  zahl  der  Senatoren  es  ihnen  leicht  machte, 
sich  miteinander  einzuverstehen.  1020".  s.  einverständnis. 
EINVERWACHSEN,  finniler  inolescere,  increscere: 

sie  wähnt  sichs  von  gott  geheiszen, 

troiz  Verblutung  oder  schmerz, 

von  dem  meinigen  zu  reiszen 

ihr  ihm  einverwachsnes  herz.    Bijrger  43». 

EINVER\V.\HREN,  includere:  wie  iiir  denn  einverwahrt  aus 
solcher  ihrer  schrift  weiter  vernehmen  werdet.  Mela.vcutuos 
1,  270. 

EINVERWICKELN,  itnplicare :  diejenigen  glückselig,  welche 
in  keine  unruhe  mit  einverwickelt  werden.  BcrscnKV  Palm.  S36. 

EINVERZl.MMERN,  trabibus  includere:  also  dasz  ich  den 
vorgenanten  minen  sun  inverzimbern  sol.  s.  die  unter  ein- 
vermauem  angezogne  Urkunde. 

EINVETTERN,  insinuare.  se  in  alicujus  cognalionem  seu 
amicitiam,  sich  ßr  einen  vcUer  ausgeben,  viit  retler  um  sich 
werfen,  sich  vertraut  und  beliebt  machen:  er  weisz  sich  überall 
meisterlich  einzuvettem.  Stieler  532;  verstärkt,  sich  ein velter- 
micheln ; 

dein  lob,  gedruckt  mit  baskerwillischen  lettern, 
soll  lesen  heid  und  Christ  und  Jud  und  muselmann. 
so  denk  ich  mich  bei  dir,  prinzessin.  einzuvetiern. 

Kl.  ScmiDT  kom.  dicht.  212. 

vgl.  anvettern,  ausvettern,  bevettern  und  einschwägern. 
EINYIERE.N,  inquadrare,  von  der  quadralura  circuli: 

wie  dasz  ein  zirkel  wol  sei  eckicht  einzuviercn 

hat  groszen  zank  und  streit.    Opitz  Hugo  Grul.p.  328. 

vgl.  abvieren. 

EINWACHSEN,  inolescere,  increscere,  nnl.  inwassen,  schw. 
inväxa,  dän.  indvoxe :  der  nagel  ist  ins  fleisch  eingewachsen ; 
du  bist  mir  ins  herz  eingewachsen ;  gras  wuchs  in  die  stein- 
ritzen ein.  o/l  bildlich,  als  uns  manigfeltiglichen  fürkomen 
ist,  wie  biszher  an  den  halsgerichten  unser  und  unsers  Stifts  . . . 
durch  übersehen  und  Unwissenheit  vil  und  mancherlei  ubung, 
misbrauch  und  gewonheit  eingewachsen,  die  dem  rechten  nit 
gemesz.  t'orr.  der  bambergischen  halsgerichlsordn.  von  1507 ; 
dieweil  sie  noch  jung  sind  und  meinen  lügenden  werden  im 
alter  selber  einwachsen.  Keisersberg  seelenparadis  195';  es 
ist  die  disputation  so  weit  eingewachsen,  das  doctor  Martinus 
hat  gesagt,  er  halt  derselben  extravaganten  keine  für  gnug- 
same  beweisung  so  groszer  Sachen.  Luther  1,110';  wie  sich 
dieselh  irrung  und  zweiung  an  etlichen  orten  im  reich  deud- 
scher  nation  erhaben  und  eingewachsen.    5,99'; 

der  allen  ehrfurcht  eingewachsnen  trieb 

und  des  gehorsams  heilige  gewohnheit 

soll  ich  versagen  lernendeinem  namenl    Schuler  367'. 

EINWAGE,  f.  minutio  ponderis:  zwei,  drei  pfund  einwage 
auf  den  zentner. 

EINWÄGEN,  1)  pendendo  inserere:  mandeln,  rosinen  in  den 
sack  einwSgen ;  erzproben  werden  eingewogen,  in  den  Hegel  ; 
du  wegest  dein  gold  und  silber  ein,  warumb  wegestu  nicht 
auch  deine  wort  auf  der  goldwage?  Sir.  28,  29.    ».einwiegen. 

2)  pendendo  minui:  es  wägt  sich  alkmal  etwas  ein. 

EINWÄHLEN,  exoptato  accidere,  erwünscht  sein:  und  war 
allenthalben  {über  der  kOnigin  schwangerschaß)  grosze  freudc 
verspüret,  es  wäre  denn,  dasz  es  des  königs  bruder,  dem 
Jean  B.  Gasion  nicht  cingewehlet  hätte,  der  die  kröne  zu 
gewinnen  dachte.    Wieoeman  febr.  59.     s.  einwünschen. 

EINWÄHLIG,  1)  unanimiter  electus:  ein  einwelliger  bischof. 
TscHL'Di  1,  594 ;  bis  an  einen  einwelligen  und  gewaltigen  römi- 
schen künig.    Vimer  urk.  von  132S. 

2)  Concors,  unanimis:  mit  einwehligem  radc.  urk.  von  1414 
bei  Haltaus  308. 
III. 


EINWÄHREN,  auctoritale  publica  inducere  in  fundum,  in 
weren,  ins  gut  ein  währen.    Haltacs  308. 

EINWALKEN,  subigere  fullonica,  dän.  indvalke,  1)  thran 
in  das  leder  einwalken. 

2)  das  tuch  einwalken,  dichter  und  kürzer  machen. 

EINWALLEN,  incoquere,  einkochen,  einsieden,  nnl.  inwellen : 
thue  sie  in  einen  kessel  und  lasz  wol  ein  wallen  oder  sieden. 
Thurneisser  magna  alch.  44.     vgl.  aufwallen. 

EINWÄLTIGEN,  tmmi7/ere  in  possessionem,  einen  eines  guls 
gewallig  machen. 

EINWALZEN,  cylindro  aequare,  comprimere:  die  saat  ein- 
walzen ;  die  strasze,  das  straszenpflaster  einwalzen. 

EINWÄLZEN,  involvere.  voc.  theut.  1482  gl',  ddn.  indvälte : 
steine  vom  berg  einwälzen,  niederwälzen. 

EINWAND,  ni.  objeclio,  opposilio,  einwurf:  keinen  einwand ! 
nihil  audio;  erst  schien  man  gleicher  meinung,  dann  aber 
folgte  einwand  auf  einwand;  was  halfen  alle  vorgebrachten 
einwände?    s.  einwendung. 

EINWANDELN,  incedere,  intrare,  Stieler  2501 :  wenn  der 
morgen  einwandelt.    J.  P.  Hesp.  1,  4. 

EI.NWANDERER,  m.  immigrator,  advena. 

EINWANDERN,  immigrare,  advenire,  schw.  invandra,  dän. 
indvandre :  bei  jemand  einwandern,  einkehren. 

EINWANDERUNG,  f.  immigralio,  gegensatz  von  auswan- 
derung. 

EINWÄRMEN,  calefacere,  einheizen :  wer  mit  grünem  holz 
einwärmt,  der  macht  mehr  rauch  als  hitz.    Lehmaxs  1H4. 

EINWÄRTIG  sollte  dem  auswärtig,  extraneus  gegenüber  stehen, 
ist  aber,  wie  intraneus,  ungebräuchlich,  doch  hol  Haltads  1033 
inwärtig,  in  loco  praesens. 

EINWÄRTS,  introrsum,  nnl.  inwaarts,  schw.  invertes,  dän. 
indvortes.  einwärts  gehen,  introrsum  ßectere  pedum  digilos, 
es  gilt  ßr  bäurisch  die  füsze  einwärts,  ßir  hübsch  sie  aus- 
wärts zu  setzen,  das  jähr  geht  einwärts  =  gegen  den  winter, 
das  jähr  geht  auswärts  ==  gegen  den  sommer,  weshalb  ein- 
wärts den  herbst,  wie  auswärts  den  frühling  bedeutet.  Schmeller 
1,117.  4,161.  auswärts  kehren,  ire  peregre, .  einwärts  kehren, 
tre  domum: 

nun  wil  ich  wider  einwärts  kehren.    Atrer /axtn.  90*; 
jetzt   floh   ich   waldeinwärts   (m   den  wald  hinein).    Schiller 
709';  landeinwärts,  feldeinwärts  (in  das  feld),  woßr  einfacher 
waldein,  landein,  feldein  steht,    wer-an  einer  kirche  wohnt,  darf 
nur  die  leute  beobachten,  die  am  tage  die  einwärts  gehenden 
Winkel  derselben  stehend  einnehmen.    Lichtesberg  1,  323 ; 
feldeinwärts  flog  ein  vögelein.    Tikck; 
wandt  ich  mein  licht  und  liesz  es  einwärts  funkeln. 

RÖCKERT  165. 

Haltaus  310  verzeichnet  einwürtsbrauch  ßr  landesbrauch  und 
1033  inwertseigen,  ein  zumal  in  Baiern  und  Osterreich  gang- 
barer rechtsausdruck,    vgl.  R,A.  562  und  Schmeller  4, 161.  162. 

EINWÄSSERIG,  s.  die  zu  einweidig  angeßhrte  stelle. 

EINWÄSSERN,  madefacere,  macerare,  nnl.  inwateren :  fische, 
flachs  einwässern; 

das  gute  mensch  thut  recht,  wer  kann  gewohnheit  bessern  ? 
sie  hat  es  im  gebrauch  den  Stockfisch  einzuwässern. 

GÖNTBER  452; 

hört  meine  beichte,  aber  nachts  leidet  es  der  finstere  nicht, 
dasz  ich  die  Wahrheit  sage,  er  kommt  gewis,  er  holt  mich, 
vater,  räuchert  mich,  wässert  mich  ein  gegen  den  teufel.  J.  P. 
Tit.  5, 156 ;  ein  niederfallende  sündflut  wässerte  den  pastor 
Sturm  aus  versehen  ein.    lil.  nachl.  4, 185. 

EINWEBEN,  intexere,  nnl.  inweven,  schw.  inväfva,  ddn.  ind- 
väve:  buchstaben,  blumen,  bilder  einweben: 

nimm  dieses  tuchl  ich  habs  mit  eigner  band 
für  dich  gestickt  in  meines  kummers  stunden 
und  meine  beiszen  thränen  eingewoben.    Schiller  442*. 

oft  bildlich:  die  fehler  in  dem  grundrisz  dieses  gedichtes  sind 
noch  tiefer  als  des  Johns  fransen  in  das  werk  selber  einge- 
woben. Haller  46 ;  o  du,  in  deren  seele  die  meinige  ganz 
eingewebet  war.  E.  von  Kleist  l,  166;  so  wie  alle  Substanzen, 
feuer,  wasser,  erde,  wovon  kleine  portionen  unsrer  körper- 
lichen natur  eingewebt  sind,  auszer  derselben  in  ungeheuren 
massen  existieren.  Garve  anm.  zu  Cic.  off.  2,  30 ;  in  die  weit- 
läuftige  und  wenig  fesselnde  erzählung  werden  kleinere  an- 
ziehende eingewoben ;  der  prosa  lieder  einweben ; 

sie  (die  freundschaß)  ward  von  gott  mir  lugeschickt, 

um  meinem  mühevollen  leben 

die  wonnesiunden  einzuweben, 

die  mich  auf  meinem  weg  erquickt.    PFEFriL. 

22 


339 


EINWECHSELN  —  EINWEIHEN 


EINWEIHUNG  —  EINWERFEN 


340 


EINWECHSELN,  commulare,  schw.  invexla,  dän.  indvexle: 
geld,  ducaten  einwechseln ;  gefangne  einwechseln,  auswechseln. 
das  pfand  einwechseln,  einlösen,  pignus  reinere.  Stieler  2526. 
neue  balken  einwechseln,  slall  der  allen  einfügen. 

EINWEDER,  xuu-eilen  für  eintweder  geschrieben. 

EINWEG,  m.  ingressus,  gebildet  wie  ausweg,  beiwcg,  be- 
gegnet bei  Jeroschin  {Pf.  179),  doch  später  nicht  mehr.  Calepin 
402  hat  aber  das  adv.  einwegs,  von  stund  an,  flugs,  gählingen, 
de  repente. 

EIiNWEG,  einen  weg,  wie  it.  tuttavia,  franz.  toutefois,  doch, 
dennoch.    Stald.  2, 439.    Sch».  4, 45.     s.  allweg. 

EINWEBEN,  inflare,   nnl.  inwaaijen, 

1)  intr.  frische  luft,  kühiung  weht  ein. 

2)  Irans,  flando  evertere:  der  wind  hat  zwei  fenster  eingeweht. 

EINWEIBEREI,  f.  monogamia :  die  Vielweiberei,  welche  Mo- 
hammed erlaubte,  ist  schwerlich  geeignet  eine  gröszere  Sittlich- 
keit als  die  einweiberei  zu  begründen,  hannov.  mag.  1846  5.419. 

EINWEICHEN,  madefacere,  macerare,  nnl.  inweeken,  ein- 
wässern :  brot  in  wein  einweichen ;  fische,  fleisch  einweichen, 
in  die  weiche  legen;  die  ruthe  einweichen,  in  essich  einwei- 
chen, damit  sie  besser  streicht: 

ich  will  gehn  die  niten  einweichen, 

dem  win  sein  haut  gar  wol  durchstreichen. 

H.  Sachs  111.  3,  7T; 
doch  kompt  die  zeit,  die  es  vergleicht, 
und  ist  ir  rut  scharf  eingeweicht.    Kirchhof  wendunm.  384', 

räche  wartet  schon  auf  sie,  man  sagt  'dem  soll  eine  ruthe  ein- 
geweicht werden';  die  groszen  künstlichen  Waschmaschinen 
{kaffeegeseUschaßen),  in  welchen  ganze  familien  auf  einmal 
sehr  gut  eingeweicht,  gehandhabt  und  gewalkt  werden.  J.  P. 
heiml.  klagelied  9 ;  wir  musten  heimkehren,  vom  regen  tüch- 
tig eingeweicht,  durch  und  durch  nasz,  madidi  tanquam  mures, 
vgl.  baden  12. 

EINWEIÜIG,  pascui  particeps:  auch  hat  man  geweist  von 
alters,  dasz  alle  die  im  eid  gesessen  (Iheilhaber  der  eidlich 
beschwornen  grundgemeinschaß  sind),  einwesserig  und  einwei- 
dig  seien  {eines  wassers  und  einer  weide  genieszen  sollen), 
veislh.  2, 134. 

EINWEIHEN,  inaugurare,  consecrare,  schw.  inviga,  dän. 
indvige ;  das  nnl.  inwijden  ist  weiter  abgeleitet,  und  gegrfmdet 
auf  ein  subst.  wijde,  fries.  witha,  ahd.  wlhida,  goth.  veihi{)a, 
würde  also  ahd,  lauten  wihidön,  inwthidön. 

1)  ein  haus,  eine  kirche,  statte  einweihen :  welcher  ein  new 
haus  gebawet  hat  und  hats  noch  nicht  eingeweihet.  5  Hos. 
20,5;  also  weiheten  sie  das  haus  des  herrn  ein.  ikün.  8,63; 

dieweil  der  fürst  dieselbe  stall 

den  musis  eingeweihet  hat.    Alberus156; 

einen  altar  einweihen,  aram  consecrare.  von  dingen,  die  man 
zum  erstenmal  braucht,  heiszt  es  dasz  man  sie  einweihe :  ich 
habe  heute  das  buch  eingeweiht,  zuerst  hineingeschrieben,  den 
neuen  rock  eingeweiht,  ihn  zuerst  getragen. 

2)  den  priester,  die  nonne  einweihen,  zum  priester,  zur 
nenne  einweihen : 

was  weiht  den  priester  ein  zum  mund  des  herrn  I 

das  reine  herz,  der  unbeneckte  wandet.    Schillsr  442'; 

den  kOnig  einweihen  sagt  man  nicht,  nur  weihen,  brautleutc 
einweihen : 

eingeweiht  . . .  vor  dem  traualtar.    Gökingk  3,  61. 

3)  figürlich,  sie  durften  im  nicht  helfen,  dann  sie  auch 
Tilleicht  mit  schlegen  weren  eingeweihet  worden.  liocc.  1,41'. 

4)  einen  in  etwas  einweihen,  initiare. 

a)  früher  gewöhnlich  mit  in  und  dem  dat. :  mich  in  den 
geheimnissen  der  orphiscben  philosopbie  einzuweihen.  Wie- 
LASD  2,9; 

wer  hStto  sich  auf  meiner  sch.ircrtrift 

zu  mir  gesellt,  das  kindsche  hirtenni.idchcn 

in  königlichen  dingen  einzuweihn?    Schillkr  466'; 

der  geist,  wenn  er  einmal  in  den  geheimnissen  einer  höheren 
Wollust  eingeweiht  worden  ist  689*;  zwei  statthalterinnen, 
unter  deren  äugen  sie  erwachsen  war,  hatten  sie  in  den 
maximen  nach  und  nach  eingeweiht,  nach  welchen  dieses 
eigentbOmliche  volk  am  besten  regiert  wird.  795';  wer  konnte 
et  besser,  als  die  in  den  irrgflngen  dea  lebens  schon  einge- 
weihten!   GßTnB  17,  377. 

b)  heule  lieber  mit  in  und  dem  ace. :  einen  in  die  gcheim- 
nisse  der  kunst,  de«  handwerks  einweihen ;  du  hast  tni<  h  in 
deine  kalte,  in  deine  h.lrle  unbarmherzig  eingeweiht.  Gning 
18,133;  weihte  er  sich  zuerst  in  die  öffentlichen  gcscbafle 
ein.    DAiiLii*<ni  fr.  rev.  lOtk. 


c)  andere  praeposilionen :  die  Jugend  des  hofes,  durch  sie 
von  dem  zwange  der  alten  sittc  befreit  und  zur  ungeliunden- 
heit  eingeweiht.  Schiller  1052';  es  läszl  sich  bemerken,  dasz 
ein  jeder  den  weg,  auf  welchem  er  zu  irgend  einer  konntnis 
gelangt,  allen  übrigen  vorziehen  und  seine  nachfolger  gern 
auf  denselben  einleiten  und  einweihen  möchte.  Göthe  6, 2t3. 

EINWEIHLING,  m.  initiandus:  recht  so,  junger  einweih- 
ling.    TiECK  ges.  nov.  2, 187. 

EINWEIHUNG,  /.  consecratio :  und  die  fürsten  opferten  zur 
einweihung  des  altars.  4  Mos.  7, 10  ;  die  einweihung  des  altars 
hielten  sie  sieben  tage.  2  chron.  7,  9 ;  hielten  einweihung  des 
hauses  gottes  mit  freuden.  Esr.  6, 16 ;  einweihung  der  mauren. 
Ne/icm.  12,  27 ;  ein  psalm  zu  singen  von  der  einweihung  des 
hauses  Davids,   ps.  30, 1. 

EINWEISEN,  introducere,  inducere,  nnl.  inwijzen,  schw.  in- 
visa,  ddn.  indvise;  in  das  gut,  in  grund  und  boden,  in  den 
besitz,  in  das  amt  einweisen,  einführen :  die  werden  am  jüng- 
sten tag  in  die  ewige  herlichkcit  eingeweiset  werden.  Mathe- 
SIUS115';  diese  person  ist  in  meine  guter  eingewiesen.  T»or- 
NEissEB  nothg.  ausschr.  3, 159 ; 

Pinea  darf  gar  nöthig  heller, 

will  verpfänden  ihren  keller, 

den  zu  weisen  endlich  ein, 

dem  sie  möchte  saumig  sein.    Logaü  2,130,57. 

EINWELKEN,  flacccscere,  zerwelken,  hinwelken:  die  blume 
welkt  ein ;  Klolilde  setzte  jetzt  ihr  einwelkendes  herz  seltner 
dem  druck  der  hofserviettenpresse  aus.   J.  P.  Hesp.  2,  218. 

EINWENDEN,  schw.  invända,  ddn.  indvende. 

1)  die  im  wort  liegende  sinnliche  bedeulung  introrsum  ver- 
tere  begegnet  nicht,  nnl.  steht  dafür  inwentelen,  eenen  steen 
inwentelen,  einen  stein  umwenden,  seine  anszenseile  nach  in- 
nen wenden,  mhd.  in  wenden,  das  pferd  ein,  heran  lenken, 
umwenden: 

nu  wendet  gegen  in !    iV»6.  2230,  3, 
in  welchem  in  man  einen  dat.  pl.  für  in  gesehn  hat. 

2)  gewöhnlich  drückt  uns  einwenden  aus-^onlra  dicere,  oppo- 
nere :  dawider  wiire  manches  einzuwenden ;  was  willst  du  ihm 
einwenden?;  kein  wörtchen  einwenden; 

der  mahler  wandte  vieles  ein.    Gellert  1,  135; 

wende  mir  nichts  ein. 
was  du  sagen  willst,  crraih  ich.    Schiller  .  . .; 

WO  doch  hoffentlich  deine  ehre  nichts  einwenden  wird.  187*. 

3)  in  der  gerichtssprachc  heiszt  einwenden  excipere,  exceptionem 
opponere,  auch  ein  rechtsmiltel  gegen  das  urlheil  einlegen. 

4)  auch  sonst  für  einlegen,  in  günstiger  meinung :  wir  ver- 
sehen uns  zu  gott,  er  werde  gnade  eingewendet  und  ihnen 
barmherzigkeit  erzeiget  haben.  Otho  krankentr.  835 ;  was  man 
der  frauen  in  die  küchen  verehret,  das  ist  per  se  und  mag 
noch  so  hingehen,  die  kan  schon  so  ein  gutes  wörtlein  bei 
ihrem  herrn  einwenden.    Simpl.  vögeln,  cap.  17  s.  321. 

EINWENDIG,  internus,  innerlich,  nnl.  inwendig,  wie  auch 
nhd.  durchgedrungen  ist. 

EINWENDIG,  adv.  intus,  gewöhnlich  inwendig:  auswendig 
ein  lamb,  einwendig  ein  abfaim,  auswendig  ein  engel,  ein- 
wendig ein  pengel.  .Megerle  Judas  1, 300 ;  auswendig  verguit, 
einwendig  aber  bitter.    1,  302. 

EINWENDIGKEIT,  f.  interius,  mhd.  inwendecheit:  Iraip  sie 
in  inwendrkeit  der  wüesti.    Grieshaber  5*. 

EINWENDUNG,  f.  conlradiclio,  objectio,  schw.  invändning, 
ddn.  indvending,  nd.  inwennige  (Schamrach  92'),  was  einwand, 
einrede,  Widerspruch:  keine  cinwendung!  ich  will  es  haben; 
es  erfolgten  lange  einwcndungen  gegen  alle  vorschlage. 

EINWERBEN,  1)  divertere,  einkehren,  in  der  alten  bedeu- 
lung von  huj^rban  (Graff  4,1229): 

wer  in  die  grosze  sindi,  die  weit,  wil  werben  ein, 
musz  üherall  zu  haus  und  allen  alles  st<in. 

LoiiAi'  2,  116,88. 
2)  sich  einwerben  lassen  ss  anwerben,  nomen  dare  mililiae: 

kam  aiirh  niif^'eznpon  ins  Md 
der  all)!  Tiirüi  i'riccllioh  mit  nnmen 
vom  Miigdehiirger  Sachsen  siammen, 
und  UesT.  sich  lii'im  konig  oiiiworben, 
er  wolt  mit  siegen  oder  sierhen. 

froüchmeufeler  III.  2,  S. 

EINWERBER,  m.  der  um  aufnähme  in  einen  verein  naeh- 
tuehl.    Statuten  des  Vereins  der  leipziger  buchhdndler  §.  7. 

EINWERFEN,  injicere,  nnl.  inwerpen. 

1)  in  etwas  werfen:  der  weher  wirft  die  spule  ein,  vgl. 
eintragen ;  feiier  einwerfen :  wer  warf  dn<  fcuer  ein  T ;  wo 
ctwan  durch  verwarlosiing  des  fouwers  oder  durch  das  weiter 


341 


EINWERFEN—  EIMVICKELN 


EINWICKELN — EINWIEGEN 


342 


und  die  einwerfenden  fewer  an  einem  ort  angezündt  wird. 
Fbo.nspebg  Ariegifr.  1, 130';  kugeln,  bomben  (in  die  sladl)  ein- 
werfen ;  der  fischer  wirft  die  angel  ein ;  den  aniier  einwerfen, 
am  land  oder  gestad  ankeren.  Maaler  12';';  er  steckte  an 
sein  kerder  und  warf  ein  sein  schnür.  Steisböwels  £sop  86' ; 
gift  einwerfen :  denn  das  ist  nicht  ein  köstliche  keuscheit, 
die  stille  rüge  hat,  sondern  die  mit  der  unkeuscheit  zu  feld 
ligt  und  streitet,  on  unterlasz  austreibet  allen  vergift,  den 
das  Qeisch  und  böser  lust  einwirft.  Lctuer  1,  263' ;  den  plun- 
der  geschwind  mit  löffeln  einwerfen  (in  den  mund).  Garg. 
4b';  kübel  und  seil  einwerfen,  wenn  der  schürf  so  tief  wor- 
den, dasz  man  zur  ausforderung  der  berge  einen  baspel  setzen 
musz.    RöSLEB  speculum  metallurgiae  D"; 

laszt  uns  die  gast  einwerfen  ins  vielgeruderte  meerschif. 

Od.  20,  3ö2 ; 
ein  weiszes  schnupftuch  einwerfen  (in  den  kreis),  zeichen  der 
hülfe  und  retlung. 

2)  etwas  einwerfen,  frangere,  evertere:  die  fenster  aiit  stei- 
nen einwerfen ;  die  wände,  dächer  einwerfen ;  einem  das  äuge 
einwerfen ;  der  wind  warf  die  hütte  ein ; 

kllppen  stürzt  zusammen 
und  werft  den  grund  der  hart  belleckien  erden  ein. 
Grtphicjs  1,  396; 

drewete  ihm  jnit  Stegen  einwerfen  oder  gefängnus.  Philand. 
lugd.  3, 163 ;  dem  rechtlosen  wird  der  ofen  eingeworfen,  ein- 
geschlagen.   RA.  529.  729. 

3)  objicere,  daztcischen  werfen,  widersprechen,  einwenden: 
du  kanst,  wer  wirft  was  ein? 

so  gut  als  feldherr  siehn  und  auch  ein  boftuana  sein. 

Gß.NTUiuR  730; 
Dorindens  junger  ehegaite, 

den  sie  so  lieb,  wie  sich,  und  wol  noch  lieber  halle  — 
'noch  lieber»'  wirft  der  snöuer  ein 
und  lachet  höhnisch,  doch  er  lache.    Gbllert  1,263; 

ein  solcher  phiiosoph,  wie  ich  meine,  wirft  mir  vielleicht  ein, 
dasz  ich  dies  zwar  sage,  aber  nicht  erweise.  Klopstock  11,211; 
meine  schon  eingeworfene  frage.  Lessing  10,  94 ;  so  wäre  gegen 
den  kantischen  satz  einzuwerfen.   J.  P.  aesth.  1, 142. 

4)  worte  einwerfen,  inlerjicere:  welche  spräche  hat  solche 
weise  oder  art  zu  reden,  das  sie  zwischen  zweien  worten, 
die  an  einander  gehören,  einen  solchen  häufen  worle  und 
solche  eine  predigt  einwerfe?   Lother  3,71. 

5)  hofnung,  furcht,  Unwillen  einwerfen,  injicere,  einflöszen: 
ja  welches  uns  nit  ein  geringe  hofnung  einwirft,  Frank  chronica 
vorr.  a  6' ;  sie  (die  nachl)  laszt  keinen  unwilleo  zwischen  ihnen 
(den  ehleuien)  einwerfen.    Garg.  70*. 

6)  die  karten  einwerfen,  sich  an  etwas  beiheiligen:  und 
wann  ich  den  morgenstern  jemals  gehört  oder  dessen  melodei 
auf  meiner  sackpfeifen  aufzumachen  vermocht,  so  wäre  ich 
aus  der  hütten  gewischt,  meine  karten  mit  einzuwerfen.  Simpl. 
K.  6L 

7)  m  der  rechtssprache  conferre :  die  tochter  musz  die  von 
ihrem  vater  erhaltene  dos  in  dessen  erbschaft  einwerfen,  sich 
anrechnen  lassen.  Hcgo  heutiges  rüm.  recht  1826  5. 150.  daher 
einwerfung  =  collalion. 

EINWESLICH,  unus,  mhd.  einwesende. 

EINWESLICHKEIT,  f.  unilas.  Gefkex  zehn  geböte,  beil.  t.  187. 

EINWETTEN,  subjugare,  einspannen,  mhd.  inweten:  wel- 
ches kalb  ein  bauer  metzgen  wil,  das  laszt  er  blitzen  und 
gumpen  uf  den  matten,  aber  die  er  behalten  wil,  die  müszen 
ingewetlet  werden  in  pflüg  und  müszen  arbeiten,  aber  die 
ingewettet  seind  under  das  joch  Christi,  das  seind  die  men- 
schen, die  er  beladet  mit  krankheiten.  Keisersb.  s.  d.  m.  18'; 
ochsen  oder  rinder  einwätten.  Maaler  127' ;  submittere  tauros, 
scilicet  in  jugum  aut  admittere  ad  sobolem  propagandam, 
einwetlen  oder  lassen  laufen,  gl.  zu  Virg.  ecl.  l,  46  t»  Virgil. 
opp.  ed.  Egenolph  1597; 

als  ob  ich  da  mein  Jugend  soll 
verzeren  mit  fasten  und  betten 
und  mich  gleich  in  ein  joch  einweiten.    RKBaA;«.t  461. 

nocA  6ei  Benzler  einwetlen,  einsetzen,  mittere  sub  jugum,  später 
nur  in  der  volksprache  iibrig,  Stald.  2,  437.  438.  Scan.  4, 195. 

EINWICREL.N,  inrolvere,  nnl.  inwikkelen,  schw.  inveckla, 
ddn.  indvikle. 

1)  sinnlich,  das  kind  einwickeln,  wickeln;  haare,  locken 
einwickeln,  in  papier;  in  flachs  oder  werk  einwickeln;  den 
finger  in  ein  tucb,  die  band  in  den  inantel  einwickeln;  die 
bäume  mit  stroh  einwickeln;  also  tund  die,  die  sich  also 
hört  einwickeln  in  disen  kuder,  das  si  darin  verderben  ewig- 
klich,   eben   aU   ain   hun   tut,   das  sich  in  kuder  venTickelt 


und  nit  meer  daraus  kan  komen.  Keisersb.  ;ptnneriR  e5'; 
aber  wan  er  (der  iget)  gefangen  wirt,  so  sieht  man  nit,  weder 
hend  noch  füsz  noch  haubt,  sol  ich  also  reden,  es  ist  alles 
ingewicklet,  ingezogen  und  verborgen,  und  wenn  du  in  in  die 
hend  nimmesl  und  vor  dir  hast,  so  ist  es  ein  kugel.  s.  d.  m. 
13';  und  der  himel  wird  eingewickelt  werden  wie  ein  brief. 
Es.  34,  4 ;  und  der  himel  entweich,  wie  ein  eingewickelt  buch. 
offenb.  Joh.  6, 14 ;  da  ich  das  meer  mit  wölken  kleidet,  und 
in  tunkel  einwickelt  wie  in  windeln.  Uiob  38, 9 ;  und  das 
schweisztuch  nicht  bei  die  leinen  geleget,  sondern  beseits  ein- 
gewickelt an  einen  sondern  ort.  Joh.  20,  7  ;  du  tust  dir  un- 
recht, dann  ich  sich  dich  ingewickeit  in  dasselb  leben  zu  dem 
andern  mal.    Terentius  1499.  162'; 

doch  wickeis  in  ein  brieflein  ein.    Atrer  139*; 
meine   ganze   seele  wickelte   ein  weicher  leichenschleier  ein. 
J.  P.  Besp.  4, 183. 

2)  abstract,  legere,  velare:  also  der  schalkhaftig  mensch, 
wenn  der  gebosset  hat,  da  sihest  du  das  werk  und  erwüschest 
in  daran  und  wenn  du  in  gefangen  hast,  vo  verbirgt  er  es, 
machet  so  vil  entschuldigung  und  wicklet  es  also  in,  das  du 
nichts  mer  kanst  reden.  Keisersb.  s.  d.  m.  13' ;  wer  das  erst  gsatz 
hat,  der  hat  die  andern  allzumal  eingewickelt  (implicite)  in  der 
warheit.  Fra5k  weltb.  134*;  daher  rührt  der  feierliche  ernst, 
die  finstre  eingewickelte  miene,  die  man  keinem  minister  ver- 
zeiht. Stcrz  2,134;  ein  keim,  in  dem  alle  theile  noch  sehr 
eingewickelt  verborgen  liegen.    Ka.nt  2,  621. 

3)  einwickeln,  verwickeln,  implicare:  das  er  nit  eingewickelt 
ist  in  todsünd.  Keisersb.  seelenparad.  80';  das  Carlstad  den 
Luther  mit  dem  bapst  einwickele.  Lcther  3,  81 ;  nu  aber  sorge 
ich,  sie  (die  empOrung)  möcht  an  der  herschaft  anfahen  und 
die  priesterschaft  mit  einwickeln,  br.  2, 144 ;  also  hat  er  Ur- 
laub von  seinem  herren  begeret,  damit  derselbe  nicht  auch 
in  diesem  krieg  eingewickelt  würde.    Fhonsperg  3, 154' ; 

wo  der  zustand  knechtisch  ist,  wil  die  zunge  herrisch  sein, 
wird  sie  nicht  aus  knechtschaft  aus,  wird  sie  mehr  sich  wickeln 

em.    LoGAü  2, 209,90. 

EINWIDMEN,  indere:  so  ist  doch  das  aus  der  natur  ein- 
gewidmet, also  dasz  es  in  der  natur  ist.    Paracelsds  1,  918*. 

EINWIEGEN,  was  einwägen. 

EINWIEGEN,  cunis  agitatis  sopire,  einschläfern,  einluUen, 
noch  nicht  bei  Stieler,  zuerst  bei  Frisch  2,  447*. 

1)  im  eigentlichsten  sinn,  das  kind  in  schlaf  wiegen,  man 
sollte  denken,  ein  solches  wort  sei  immer  in  der  spräche  ge- 
wesen, die  Slaven  haben  es  überalt,  z.  b.  böhm.  ukoljbati, 
illyr,  uljuljati,  im  allrussischen  Igorliede  heiszen  die  helden 

pod  U'ubami  poviii, 
pod  scbelomu  vzleliejani, 
unter  trompeten  eingewindelt, 
onier  helmen  eingewiegt. 

unser,  erst  im  13  jh.  entsprungnes  Volkslied  'so  viel  Stern  am 
himmel  stehen'  enthält  die  stelle: 

aur  dem  kirchhof  will  ich  liegen, 
wie  ein  kindlein  in  der  wiegen, 
das  die  lieb  thut  wiegen  ein, 

nach  andrer  lesart:  das  ein  lied  thut  wiegen  ein. 
so  würd  es  mich  anjeizt  bei  aller  qual  vergnügen, 
dein  kostbar  Uebespfand  mit  liedern  einzuwiegen. 
Gc.iTHKR  742; 

denn,  da  ich  mich  umsähe,  hatte  der  kinderdieb  (der  äffe) 
das  fromme  kind  so  geschickt  aus  als  angezogen,  selbiges  in 
seine  wiege  gelegt,  sasz  auch  darbei  und  wiegte  es  so  emst- 
haftig  ein,  als  hätte  er  kein  wasser  betrübt.   Felsenb.  1,  252. 

2)  einwiegen  überhaupt  in  schlaf,  zur  ruhe  bringen: 

weck  auf,  berr,  wenn  mich  sorg  und  Sicherheit  einwiegt. 
GRiruius  2,  392; 

was  halfs  den  von  Wallenstein,  herzogen  in  Friedland,  dasz 
ihm  prophezeit  worden,  er  werde  gleichsam  mit  saitenspiel 
zum  könig  gekrönet  werden?  weisz  man  nicht,  wie  er  zu 
Eger  eingewieget  worden?    Simplic.  K.  314; 

geld 
sprengt  Schlösser  auf,  kann  wall  und  bürg  ersteigen, 
'Wiegt  Wächter  ein,  macht  knecbt  und  mägde  schweigen 

Uagedorm  2,  171; 
faszt  dann  den  stab,  der  einwiegt  und  erwecket, 
der  die  verstorbnen  führt  zu  Leibes  stillem  Strand. 

Schiller  40'; 
dasi  dort  sie  einwieg  unser  sanft  geläuie.    Kdckert  94; 
in  liebeszauber  ist  sein  midcben  eingewiegt.    Körnir  3,207; 
und  selbst  das  glücke  wiegt  er  (der  schlaf)  ein. 
zu  neuen  üreuden  es  zu  wecken.    Götui  13, 197  f 

22* 


343 


EINWILDEUN  —  EINWINDEN 


EINWINTERN  —  EINWOHNEN 


344 


dort  wippten  sie  durch  wein 
und  stolzen  siegsgesang  und  sanften  scherz  ihn  ein. 

Gotter  2,  U; 
auch  schon  die  rechtlichsten  von  seiner  (des  dorfpfancrs) 

herdo  lagwn 
Ton  arbeit  eingewiegt,  die  leichtern  Schlummer  macht, 
als  alles  opiura,  vom  Indus  hergebracht. 

Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  2G2; 
sanft  in  ruh  eingewiegt  lächelt  der  ocean.    Voss  3,  273. 

S)  bildlich  für  beruhigen,  beschwichtigen:  der  auf  alle  Hand- 
lungen derselhen  ein  scharfes  augc  habe  und  sich  durch  vor- 
gefaszte  gute  inoinungcn  nicht  zu  vil  versichern  noch  einwie- 
gen lassen.  Butschkv  I'alm.  400;  hunger  und  niangel  traten 
an  die  stelle  des  überllusses,  womit  man  ihn  eingewiegt  hatte. 
Schiller  "ü"; 

grausamer  freund,  du  hast  die  stille  wohnung 
doch  endlich  ausgespäht,  und  kommst  mit  lisl, 
mit  glatten  worien,  mit  verstelhing.  mich 
erst  einzuwiegen.  Götuk  10,322; 

in  schauerliches  schweigen  eingewiegt  sein.  Klixcer  1, 326; 
Albano  versetzte,  aber  erbittern  ist  doch  besser  als  einwiegen. 
J.  P.  Tit.  2,  43. 

EINWILDEUN,  sj7i!eiccre,  horrcscere,  verwildern:  dort  hat 
die  natur  grosze  weite  strecken  ausgebreitet,  wo  sie  unbe- 
rührt und  eingewildert  liegt,  dasz  man  sich  kaum  getraut 
auf  sie  loszugehn  und  ihr  einen  kämpf  anzubieten.  Güthe 
23, 155. 

EINWILLIG,  Concors,  unanimis.  vocab.  ine.  teulon.  Diefen- 
BACII  626'. 

Ei.NWILLIGEN,  conscntirc,  nnl.  inwilligen,  ddn.  invilge. 

1)  intr.    der  so  lange  jähre  sich 

deiner  krähen  hat  erwehret, 

lernet  iizt  beständig  sein, 

willigt  deinem  willen  ein, 

der  ihm  seinen  umbgekehret.    Opitz  2,  74; 

der  vater  willigt  in  die  heirat  des  sohnes  ein. 

2)  transitiv,  bncilligen,  verwilUgen,  zugeben:  welches  ich 
torjetzt  einwillige.  Kant  2, 459 ;  ich  würde  entweder  dieses 
wenige  wissen,  oder  wenn  man  es  nicht  einwilligte,  zufrieden 
sein  gar  nichts  zu  wissen.  3,  56 ;  nachdem  alles  bisherige 
eingewilligt  worden.  4,  217 ;  weil  man  nicht  präsumieren  kann, 
er  habe  mehr  umsonst  eingewilligt,  als  den  bloszen  gebrauch 
der  Sache.    5, 108. 

ElNVViLLFGEM,  m.  adslipulalor,  in  der  urhundensprache. 

EINWILLIGEIUN,  f.  fcmina  assenücns. 

EINWILLIGKEIT,  f.  concordia:  denn  im  gefall  über  alle 
masz  wol  die  einwilligkcit  der  geschwister.  Keisersberg  scelen- 
par.  22". 

EINWILLIGUNG,  f.  consensus:  seine  einwilligung  geben, 
erlheilen,  verweigern,  vorenthalten. 

EINWIMLEN,  vindcmiare.  s.  das  folgende  und  die  unter 
einherbsten  angezogne  stelle  des  Paracei.sls. 

EINWLMMEN,  dasselbe,  wimmen  ist  gekünl  aus  windemcn, 
ahd.  windemon  (Graff  1,  899).  Dasvpodius  schreibt  wimmen, 
Frisius  und  Maaler  aber  wümmen,  DiEKExnAcn  690*  wymcn, 
bei  Stalder  2,  445  auch  wcmmen.  in  der  Schweiz  noch  allge- 
mein bräuchlich. 

EINWI.NUELN,  involvere  fasciis:  ir  ziecht  ewer  kinder  auf 
auf  das  allenveichcst  und  mit  zarter  auch  linder  speis  und 
windlet  sie  ein  in  weiche  tüchlin.  die  gcschwenk  Bebclii 
1558  g2'; 

eingewindelt  weit  und  breit.  Herder  4, 103; 
aus  unserm  mutterlcibc  heraus,  der  uns  eingewindelt  hillt 
und  halten  musz,  bis  wir  zur  reife  kommen.  Hamann  (in 
Jakobi  4,3,225;  der  erstgeborne  eingewindelte  siiugling.  J.  P. 
jubeis.  19t ;  der  mond  windelt  uns  in  ein  nasses  badgewand 
TOD  wölken  ein.  herbstbl.  3,227;  das  langweilige  einwindeln 
{des  zopfs)  an  Jedem  morgen ;  mit  dem  eingewindelten  hohen 
marschailstactstab.  lit.  nachl.  4,  87.    s.  cinHiscben,  einwickeln. 

EINWINDEN,  involvere,  intmquere,  nnl.  inwinden,  schw. 
invinda,  ddn.  indvinde,  ahd.  inwintan  (Graff  1,  751),  mhd.  der 
ingewunden  van,   die  eingerollte  fahne; 

den  lichamen  er  in  want 
in  dai  wiillin  tuoch  ze  hant.    Darl.  302,  21. 
nkd.  al«  er  sie  merket  »chlafen, 

■lehl  er  rar  leit  und  tachi  auf  von  ihr  aua  dem  bcii 
und  winJl  die  klcidcr  ein,  und  eh  rr  »ic  anthci 
geht  er  zum  zeit  hinaui.    Wkiders  Ar.  10, 10; 

wenn  ich  endlich  diese*  wegen  noch  in  eine  mOnchnkutte  ein- 
gewunden. J.  P. /pu/ir/ip.  2,  53 ;  den  anker  einwinden,  aufuin- 
den;  ihre  {der  raupe)  stunde  kommt  und  roaltigkcit  des  lodcs 


befällt  sie,  sie  stemmet  sich  an,  sie  windet  sich  ein,  sie  hat 
das  gespinst  zu  ihrem  todlengewande  schon  in  sich.  Herder 
3,  276. 

EINWINTEKN,  1)  es  wintert  ein,  hiems  ingruit;  vorarl- 
bergisch bim  iwintera,  Haupt  11, 172,  im  Spätherbst,  wann  der 
Winter  anbricht,  einbricht,  vgl.  einwärts. 

2)  einwintern,  einfrieren:  wenn  alte,  eingewinterte  herzen 
schnell  in  der  wärme  der  freudenthrünen,  wie  gcfrornes  obst, 
auflhauen.    J.  P.  jubeis.  178. 

3)  tr.  Schafe  einwintern,  bis  zum  winter  halten,  vgl.  über- 
wintern, sich  einwintern,  s.  die  stelle  Herders  unter  ein- 
sommern. 

EIN  WIRBELN,  epistomio  aptare,  in  den  wirbel  fügen:  das 
fcnster  gut  einwirbeln,  dasz  es  sich  nicht  schief  ziehe. 
EINWIRKEN,  EINWIRKEN,  schw.  invirka,  ddn.  indvirke. 

1)  inicxere,  einwehen:  goldfaden,  bilder  einwirken;  einge- 
wirkte decken;  nach  einem  von  Ragnar  Lodbroks  töchlcrn 
eingewürkten  raben.  Stolberc  10,175;  an  kleinen,  lebhaften 
und  rührenden  Wendungen,  die  in  die  prosa  eingewürkt  waren. 
Herder  1,  77. 

2)  indepsere:  man  pflegt  auch  fenchelsamen  in  den  brol- 
teig  einzuwirken.    Tabernaemontanus  148. 

3)  cfßcere,  vim  habere  ad  aliquid,  abstraction  von  1:  got 
wirket  äne  mitel  und  dne  bilde,  ie  me  du  dne  bilde  bist, 
ie  me  du  sines  inwirkcnnes  cnpfenclicher  bist.  Eckhart  7,39; 
lipiichiu  dinc  sint  öjwürkende,  geisllichiu  dinc  siiU  Inwür- 
kende.  101,15;  er  wirkt  auf  ihn  mächtig  ein,  hat  grosze  ge- 
wall auf  sein  inneres;  persoiien,  deren  Urbilder  nicht  selten 
sind,  sobald  kunst  und  Wissenschaft  in  das  leben  einwirkt. 
Güthe  36, 181. 

EINWIRKEND,  efficiens,  wirksam:  die  religion  ward  ihm 
auch  vernünftiger  und  einwirkender  beigebracht.  Millers  Sieg- 
wart 1,134. 

EINWIRKSAM,  dasselbe:  einwirksame  Verhältnisse.  J.  P. 
aeslh.  1, 161. 

EINWIRKU.NG,  f  efficienlia,  vis:  die  einwirkung  der  sonne 
auf  die  erde,  des  lichts  auf  die  färbe;  nur  durch  die  einwir- 
kung in  gewisse  Werkzeuge  kann  die  seele  ihre  kiäfte  äuszern. 
Garve  zu  Cic.  de  off.  3,  219 ;  durch  jede  einwirkung  wird  das 
einwirkende  ding  modiliciert.    Lichtenberg  1,  97. 

EIN  WIRREN,  implicarc:  die  männer  können  alles,  aber 
das  leichte  selten,  sie  wirren  leichter  zehn  processe  als  zehn 
haare  ein.   J.  P.  uns.  löge  2,  85. 

EINWISCHEN,  1)  intr.  furtim  intrare,  einschlüpfen:  in  das 
haus  einwischte,    unw.  doct.  305. 

2)  tr.  tergendo  indere:  öl  einwischen,  einreiben. 

EINWITTERN,  lempcstate  gigni:  in  einem  portal,  das  in 
den  felsen  eingewillert  ist.  Göthe  IG,  211.  bergmännisch,  durch 
das  weiter  hinein  gebracht  werden,  eingcwitlertes  erz,  das 
unterirdische  dünste  ins  gestein  bringen. 

EINWÜCHENTLICH,  EINWÖCHIG,  unius  hebdomadis. 

EINWOHNEN,  habitare,  inhabitare,  incolere,  nnl.  inwonen. 

1)  intr.  inesse,  immanere :  ich  won  ein  oder  besitze.  Dasv- 
podius 37' ;  grad  über,  wo  wir  einwohnen.  Hippel  lebensl.  4, 200 ; 

voll  stiller  chrrurcht  ahnd  er  die  göttlichkeil, 
die  menschen  einwohnt.    Voss  3,  13 

s.  einwohnend. 

2)  tr.  bewohnen:  anfenklich  ward  disz  teil  der  well  allein 
von  vier  Völkern  cingcwont.  Frank  wellb.  i*;  das  Ungerland 
cinwonen  ictz  die  Sciaven,  Huni,  Cuni  cet.  26' ;  disz  land, 
welchs  etwa  ist  von  den  Rrucleris  eingewonel.  61';  da  ers 
(disz  teil)  eingenummen  und  under  sich  hat  bracht,  dorzu 
mit  seinem  volk  besetzt  und  eingcwonL  8t';  die  zehen  in- 
seln  Canarie,  sibeu  seind  eiiigwonet,  die  drei  ligen  wüst. 
212';  ein  neuwe  weit  ztl  sehen  und  einzüwonen.  22l'.  heulr 
nicht  mehr  in  gebrauch. 

3)  sich  einwohnen,  assuesrere  habitaculo,  sieh  uisissuj 
machen,  wohnung  aufschlagen:  wir  haben  uns  hier  schon 
eingewohnt ; 

vcrgaszeit  du,  wo  du  dich  eingewöhnet, 

d.isz  ohne  zäum  hier  der  Nuraider  jagt?    ScitiLMii  38*; 

je  mehr  er  {der  Icser)  sich  mit  den  linmleliiden  personen 
familiarisiert  und  in  dem  Schauplätze,  auf  wtlrhem  »ie  wir- 
ken, eingewohnt  hat.  774*;  ich  halte  mich  in  dem  »rhlosse 
«o  eingewohnt.  Tikck  5,71;  man  wohnte  sich  in  die  repu- 
blik ein.     Daiiiiann  fr.  rev.  374. 

4)  da  wohnen  habitare  nahe  verwandt  ist  mi:  gewöhnen 
attuacere,   berühren   sich  auch  einwohnen  und  ciogcwuhnen, 


345 


EINWOHNEND  —  EINWOLLEN 


ELNWOLLEN—  EINWURF 


346 


wie  schon  sp.  191  vermerkt  wurde,  im  part.  prael.  fallen  beide 
Wörter  auch  dem  sinne  nach  zusammen : 

ist  dieser  schmerz  so  eingewohnt  zu  haus, 

dasz  er  auf  lieine  stunde  sich  entfernei?    Götue  10,294; 

dasz  wir  uns  dort  als  lang  eingewohnt  befinden.  Tieck  ges. 
nov.  1, 175. 

EINWOHNEND,  inhabitans,  immanens:  die  einwohnende 
gnade  gottes ;  es  wäre  noch  viel  zu  sagen,  wie  man  sich  im 
hause  mit  dem  wirte  und  mit  andern  einwohnenden  purschcn 
vertragen  solle.  Weise  pol.  academ.  19 ;  und  bringst  seinen 
einwohnenden  glück.  Herder  4, 46 ;  wo  wir  die  färben  als 
dauernd,  als  den  kürpern  wirklich  einwohnend  ansprechen 
konnten.  Göthe  52,  277 ;  wodurch  in  ihnen  die  melodien  ein- 
wohnend wurden.    Tieck  9,  350. 

EINWOHNER,  m.  incola,  tin/.  inwoner,  scAtc.  invänare,  dän. 
indvaaner,  beide  von  uns  entlehnt,  zuerst,  meines  Wissens,  bei 
Jeroschin  (iy.  179),  doch  wäre  ein  älteres  inwonaere  möglich; 
desto  häufiger  begegnet  es  bei  Luther  und  seit  ihm  allent- 
halben :  und  alle  einwoner  der  stedte.  1  Mos.  19,  25 ;  ich  bin 
ein  frembder  und  einwoner  bei  euch.  23,4;  ir  habt  mir  Un- 
glück zugericht,  das  ich  stinke  für  den  einwonern  dises  lands. 
34,  30 ;  alle  einwoner  Canaan  wurden  feig.  2  Mos.  15, 15  u.  s.  w. 
Keisersberg  wird  schreiben  inwoner,  bei  Dastpodics  37',  auch 
noch  Rädleix  erscheint  inwoner  und  einwoner  hintereinander ; 
mit  den  innwohnern  freundlich  sei.    H.  Sachs  IV.  1,15'. 

Der  Sprachgebrauch,  scheidend  zwischen  einwohner  und  be- 
wohner,  verwendet  jenes  von  dem  festangesessenen,  dieses  von 
dem  wechselnden  wohner.  es  heiszt  einwohner  des  reichs  oder 
landes,  der  Stadt,  des  fleckens,  dorfes,  dagegen  bcwohner  des 
Schlosses,  kloslers,  hauses,  zimmers,  der  stube.  die  haus- 
bewohner  wechseln,  der  durchreisende  fremde  oder  gast  ist 
auch  nur  bewohner  des  zimmers,  Aei«  einwohner;  der  gefangne 
ist  bewohner  des  kerkers,  ein  auf  lebenszeit  eingeschloszner 
Sträfling  könnte  einwohner  genannt  werden,  das  wild,  die 
Vögel,  die  fische  sind  bewohner  des  waldes,  der  luft,  des 
Wassers,  weil  sie  bald  da,  bald  dort  hausen,  man  sagt  alle 
bewohner  der  erde,  womit  der  allgemeine  aufenthall  ausge- 
drückt wird;  der  unterweit  oder  hülle  würden  einwohner  zu- 
kommen, es  versieht  sich,  dasz  die  poesie  durch  diese  bestim- 
mungen  ungebunden  und  beide  Wörter  zu  vertauschen  berech- 
tigt ist.  auch  leuchtet  ein,  dasz  die  verba  wohnen  in  dem 
ort  und  bewohnen  den  ort  freier  als  die  beiden  subslanliva 
gesetzt  werden  können. 

EINWOHNERIN,  f  incola,  nnl.  inwoonster. 

E1NW0HNERSCH.\FT,  f 

E1NW0HNERZ.\HL,  f 

ELNWOH.NüNG,  f  inhabitatio:  von  der  külen  düftigen  in- 
wonung  des  ertrichs.  fasln,  sp.  1302;  inseln,  an  brunnen  be- 
feuchtigt, feiszts  erdbüdens,  waldig,  derhalb  zu  einwonung 
der  menschen  fügsam.  Frank  «•?//&.  71*;  dasz  in  unserer  weit 
noch  drei  viertel  sind,  deren  wir  keine  einwohnung  haben 
{wohin  wir  noch  nicht  gekommen  sind?).  Pabac'elsis  1,120"; 
das  Pelasgicum  durfte  nicht  bewonet  werden,  gleichwol  machte 
der  notfal,  dasz  man  dasselbe  zu  einer  wonung  räumete.  ich 
glaube  nicht,  als  ob  die  nachmahgen  Unglücksfalle  die  Stadt 
einer  groszen  Versündigung  wegen,  die  man  mit  dieser  ein- 
wonung begangen  hätte,  betroffen.  Heilmanns  Thucyd.  193 
{ov  yag  Sia  rrjv  na^dvo/nov  irotxriati'  al  ^'/nyooal  yevi- 
a&at  rfi  Ttokei.  2,17);  das  gemüth  der  menschen  hat  sich 
die  gottheit  vorbehalten  zu  ihrer  einwohnung.  Herder  IS,  2 jO ; 
die  einzelnen  kenntnisse,  die  ich  ihnen  beibrachte,  schienen 
mir  nicht  den  innern  Zusammenhang  und  die  feste  dauernde 
einwohnung  zu  erhalten,  die  sie  wesentlich  bedurften.  Pesta- 
lozzi 5,  70;  die  miethe  des  hauses  vor  ablauf  der  bedungenen 
zeit  der  einwobnung  dem  miether  aufkündigen.  Kants  rcchls- 
lehre  1798  s.  168. 

EINWÖLBE.N,  ineamerare:  eingewölbte  sonnen  und  monde. 
Herder. 

EINWOLREN,  EINWÖLKEN,  nubibus  inducere:  einen  ein- 
gewilketen  got.    Luther  8,176'; 

doch  wird  dein  antliiz  auch  sieb  traurig  wölken  ein. 
LoHs:«STKlM  Ai-m.  1,  1129; 

warum   wölkte  die  verstorbnen  menschen  ein  so  süszer  und 
so  spielender  todtentraum  ein  ?   J.  P.  t4fis.  löge  3,  89. 

ELNWOLLEN,  nnl.  in  willen,  ein  kiäßigcr,  fast  nur  ttn- 
periOnlich  stehender  ausdruck,  dem  sp.  1S7  unter  7  behandelten 
eingeben  wollen  entsprechend,  wobei  also  immer  geben, 


nnl.  gaan  in  gedanken  zu  ergänzen  ist;  meistentheils  wird 
der  salz  durch  nicht,  nie,  nichts  verneinend  oder  durch  das 
geleit  von  schwer,  kaum,  mühsam  halbverneinend,  der  ur- 
sprüngliche sinn  dieses  eingehens  scheint  von  einem  trank  ent- 
nommen, 'es  will  mir  nicht  ein'  meint  es  gehl  mir  nicht  durch 
die  kehle  hinunter,  ich  mag  es  nicht,  wem  diese  deutung  zu 
lebendig  ist,  der  könnte  auch  auslegen  '«  geht  mir  nicht  in 
den  köpf,  sinn,  zu  sinne',  den  folgenden  belegen  werden  sich 
viele  hinzufügen  lassen,  und  wU  mir  gar  nicht  ein,  das  ich 
mich  so  gar  solt  ergeben  auf  die  blosze  gnade.  Luther  6,43"; 
dasz  du  so  gar  nicht  sollest  drumb  wissen  was  er  thu,  wil 
mir  nicht  ein.    buch  der  liebe  215,  2 ; 

man  sagt  woi,  in  dem  meien 

da  sind  die  brünlejn  gsund, 

ich  glaubs  nicht,  bei  mein  treuen, 

es  schwenkt  elm  nur  der  round, 

und  thut  im  magen  schweben, 

drumb  wii  mirs  auch  nicht  ein: 

ich  lob  die  edlen  reben, 

die  bringeji  uns  gut  wein.    Garg.  84'; 

oder  wann  mirs  schlafen  nicht  ein  wolt,  legt  ich  mich  an 
ruken  und  zalt  die  fürfliegende  vögel.    247"; 

doch  sei  ihm,  wie  ihm  sei.   er  mag  ein  goit  verbleiben, 

ich  wil  das  grute  kind  nicht  aus  dem  himrael  treiben. 

lieb  ist  ein  groszes  ding,   disz  wil  mir  nur  nicht  ein, 

dasz  er  ein  kleiner  knab  und  blind  dar2u  sol  sein. 
Fleii.ng  151 ; 

das  will  mir  auch  nicht  ein, 

es  solle  besser  sein 

ein  weibesbild  begraben, 

als  faocbzeit  mit  ihr  haben.    TsCHttRiNC  342; 

spielen  sol  ergetzung  sein, 

dieses  wil  mir  noch  nicht  ein, 

wie  dasz  der  der  einbüszt  viel,  . 

glauben  kan,  es  sei  ein  spiel.    Logau  1, 116,  94; 

künste,  die  zu  hof  im  brauch, 

wolt  ich,  dünkt  mich,  können  auch. 

wann  nur  eine  mir  wolt  ein, 

nemhch  unverschemt  zu  sein.    1, 161,  91 ; 

wie  wil  doch  dieser  (der  Vernunft)  ein, 

dasz  gott  ohn  ort  und  end,  und  well  aus  nichts  sol  sein  ? 

2,  77,  95 ; 

wer  sagt,  dasz  Schlesier  nicht  allzu  höflich  sein  ? 

0  schmeich-  und  heuchelei  wil  ihnen  nur  nicht  ein.    3,14,56; 

dieses  wollte  mir  schwer  ein.  Lessi.ng  5, 4 ;  ich  musz  ge- 
stehen, dieser  tadel  bat  mir  nie  so  recht  eingewolit.  Lich- 
tenberg 3,  236 ; 

geschieht  wol,  dasz  man  einen  tag 

weder  sich  noch  andre  leiden  mag, 

will  dir  nichts  nach  dem  herzen  ein.    Göthk  2, 196; 

wollte,  wo  nicht  gar  ein  rabbi, 

das  will  mir  so  recht  nicht  ein, 

doch  Ferdu/i,  Motanabbi, 

allenfalls  der  kaiser  sein.    5, 102; 

dasz  er  ein  narr  sei,  das  wollte  mir  nicht  ein.  Pestalozzi 
5,  84 ;  das  will  mir  doch  bei  alledem  nicht  ein.  Tieck  13, 329 ; 
aber  dieses  wollt  ihm  eb^n  nicht  ein.    J.  P.  Hesp.  1, 156. 

EI.NWUCHERN,  fenore  lucrari,  fenerari,  nnl.  inwoekeren, 
nd.  in  waukern.  Schambacb  92':  aber  die  wollhäter  mit  klei- 
nen eigennützigen  absiebten,  die  sind  es  wertb,  mein  söhn, 
dasz  sie  undank  statt  erkenntlichkeit  einwuchern.  Lessins 
r,  143;  als  ich  ein  goldstück  eingewuchert  hatte,  küst  ich  es 
und  weinte  vor  freuden.  Tieck  3, 34.  Schambach  nimmt  es 
intransitiv:  wo  de  kaumule  {kühmaul,  unkraul)  is,  da  waukert 
se  ak  vele  in,  wie  auch  wuchern  intr.  steht. 

EINWCCHSIG,  unius  incrementi:  einwüchsige  pflanze,  die 
nur  einen  trieb  oder  wuchsring  hat;  einwüchsiges  volk ;  eine 
einwüchsige  nation,  wie  Engländer  und  Franzosen  sind.  Ger- 
viNüS  mission  der  Deutschkatholiken  s.  82. 

EINWÜHLEN,  infodere,  nnl.  inwoelen:  der  maulwurf  wühlt 
in  die  erde  ein ;  er  war  der  reisegeßhrle  des  gepuderten 
Schmetterlings  und  sab  seinem  einwühlen  in  seine'  blumen 
zu.  J.  P.  Hesp.  1,106;  die  frflhiingslüfte,  die  sich  flatternd  in 
meinen  wagen  einwühlten,    biogr.  bei.  1,  20. 

EINWUNSCHE.N ,  adoplare ,  wie  in  steifer  rechtssprache 
wol  auch  anwünschen ,  ahd.  zuogiwunscan ,  ags.  gevyscan, 
mhd.  si  wunsketc  ir  ze  kindcn.  kaiserehr.  1482.  bei  der 
adoption  überreicht  der  einwünschende  dem  andern  etwas  vom 
gewehr.    Mascod  2,  336. 

EINAVÜNSCHUNG,  f  adoptio :  daselbst  erneuerte  er  die 
einwünschung,  so  er  bereits  vor  acht  jähren  zu  Pontpierre 
gemacht  hatte.    Mascod  2, 199. 

EINWURF,  m.  1)  objectio,  conlradiclio,  einwand,  einwendung, 
einrede :   einwürfe  machen,  vorbringen,  widerlegen ;    einwurf. 


347 


EINVVÜRFIG  —  EINWURZELN 


EINWURZELUNG — EINZECIIT 


348 


d.  i.  ein  objecliver  grund,  ein  für  wahr  gehaltenes  erkenntnis 
für  falsch  zu  halten.  Kam  1,  414 ;  ein  siegreicher,  ein  vergeb- 
licher, nichtiger  einwurf;  er  ward  durch  unsere  einwürfe 
(Iroslyründe)  von  der  traurigkeit  abgewendet.  Opitz  Arg.  1, 522 ; 
darum  keinen  einwurf  mehr,  liebe!    Schiller  198*. 

2|  einschlug  des  gewebes,  subtegmen.     s.  einschlag. 

EINWÜRFIG,  inlerjective,  beiläufig: 

Turpious  wil  allhier  die  ding  all  übergehen, 
dieweil  sie  sein  bereits  für  eiwas  zeit  geschehen, 
cinwürfig  hat  er  nur  den  kam()r  der  beiden  beiden 
und  ritterlichs  gcspräch  nachrichtiich  wollen  melden. 
Wkrdkrs  Ar.  23,  173. 
EINWÜRGEN,  aegre  deglulire,  devorare:  der  junge  würgte 
ein  stück  hartes  brots  ein.     s.  würgen. 

EINWURZELN,  radices  agere,  nnl.  inwortelen. 

1)  der  bäum  wurzelt  ein,  ist  tief  eingewurzelt,  aber  auch 
bat  eingewurzelt,  wurzel  geschlagen. 

2)  da  der  bäum  feststeht  (skr.  aga,  naga)  und  mylhcn  von 
plötzlicher  Verwandlung  der  menschen  in  bäume  reden,  so  liegt 
nah  eingewurzelt,  »je  versteinert,  auf  solche  anzuwenden,  die 
gähes  entsetzen  lähmt  und  an  den  boden  fesselt: 

nun  stand  das  volk  vor  entsetzen 
eingewurzelt.    Messias  8,  424 ; 
Johannes 
und  die  mutter  des  groszen  geopferten,  beide  vor  jammer 
eingewurzelt,  beide  verstummt  und  thränenlos  beide.    9,  lüG ; 
aber  wurden  sie  nicht  entfliehn?  nicht,  wenn  vor  entsetzen 
sie  einwurzelten,  schnell  sich  verhüllen?    Klopstock  2,  ISl; 

ihre  füsze  wurzeln  mitten  in  einer  schreckhaften  bewegung 
ein.  Wieland  1, 203 ; 

da  bin  ich  nun  allein, 

und  stehe  nocn,  mit  ofnem  aug  und  munde, 

als  wurzelt  ich  in  zauberischem  gründe, 

wie  ein  gebannter  ritier,  ein.    9, 170; 

Sizt  blieb  wie  eingewurzelt  stehen.    9,  193; 

'lebt  wol!  ruft  sie,  mein  gnädger  herr, 

so  räch  ich  meine  schmachl' 

ganz  eingewurzelt  stehet  er 

und  gaft  ihr  staunend  nach.    Wbiszb  kom.  opern  1, 123; 
kurz,  wer  vorüber  geht, 

steht  eingewurzelt,  steht 

und  miszt.    Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  62; 

Wilhelmen,  der  nichts  zu  sagen  und  nichts  zu  thun  wuszte, 
sondern  wie  eingewurzelt  in  den  boden  da  stand.  Göthe 
18,  323.    vergl.  anwurzeln. 

3)  weiter  drückt  bildliches  einwurzeln  aus  festwachsen,  sich 
festigen,  ausbreiten  in  weise  der  pflanzen:  ich  sähe  einen 
tollen  eingewurzelt  {vulg.  vidi  stultum  fitma  radice)  und  ich 
fluchet  plötzlich  seinem  hause.  Hiob  5, 3 ;  du  hast  für  im 
die  ban  gemacht  und  hast  in  lassen  einwurzeln,  das  er  dns 
land  erfüllet  hat.  ps.  80, 10 ;  ich  hab  eingewurzelt  bei  einem 
geehrelen  volk.  Sirach  24, 16 ;  durch  die  liebe  eingewurzelt 
und  gegründet  werden  (goth.  in  fria|)vai  gavaurtidai  jah  ga- 
sulidai).  Eph.  3,17;  die  tugend  seinem  herzen  ingeleibt  und 
ingewurzelt  gewesen.   Aimon  vorr.  / 

wo  bei  ungschickten  wurzelt  ein 

verachtuiig  gous,  nütn  darnach  klein. 

Kirchhof  wendunm.  258'; 
uazehlbare  irrthumb    sein   auch  noch  bei  vilen  eingewurzelt. 
324*; 

dann  essen,  trinken,  schlafen  und  baden 

bringen  den  leuten  diesen  schaden, 

und  wo  er  also  wurzelt  ein, 

Win  je  langer  je  groszer  die  pein.    Atrkr  fastn.  44'; 

wodurch  sie  (die  Holländer)  jemehr  und  mehr  einwurzeln 
und  ihren  fusz  in  diesem  lande  festhalten  können.  Olearius 
Orient,  intuln  $.  152 ;  wo  die  böse  lüste  einwurzeln,  so  kön- 
nen sie  anders  nicht  ausgetrieben  werden  als  mit  gcwalt. 
pers.  haumg.  7,1;  unterdessen  wurzelte  gicichwol  wider  den 
Marbod  ein  bitterer  basz  ein.  Louenst.  Arm.  2,  12sl;  er 
erlebte  die  zeit,  da  alle  seine  kinder  in  disem  boden,  den 
er  zu  ihrem  Vaterland  erwählt  hatte,  gleichsam  eingewurzelt 
waren.  WigLANb  8, 463 ;  menschen ,  die  nicht  ein  eingewur- 
zeltes gefühl  von  chrfurcht  vor  jenem  frühen  alter  der  weit 
mitbringen.  Liciitekberc  4,  260 ;  tief  eingewurzelter  altscheu. 
Götter  3, 4 ;  damit  wurzelte  er  nur  noch  tiefer  in  ihr  ver- 
trauen ein.  J.  F.  Tit.  3, 88 ;  blieb  aber  Liane  zurück ,  so 
war  CS  Kcin  schwur,  vor  keiner  gewalt  aus  dem  Vaterland 
der  ewigen  braut  zu  weichen,  sondern  einzuwurzeln  vor 
ihrem  krankenklostcr.   3,  20L 

4)  selten  steht  es  transitiv:  gott  bat  die  erde  dahin  ge- 
worfen, gebirge  fe<»t  darauf  ringewunelt.  Klincer  7,47;  es 
•cbeiot  dasz  Rom  durch  geiscin,  besatzuogen  und  schrecken 


eine  unaustilgbare  gewohnheit  der  furcht  einwurzelte,  welche 
allen  lockungen  widerstand.    Niebuur  3,  724. 

EINWURZELUNG,  f.  die  tiefe  einwurzelung  des  banges 
zum  bösen  in  die  willkür.    Kant  6, 195. 

EINWURZEN,  was  einwurzeln:  all  wunden  so  oben  zuge- 
neilt  werden  ohn  eingewurzten  grund.    Paracelsüs  1, 1120*. 
EINWURZEN,  condire.    Stieleb  2587. 
EINZ,  unicus,    entweder   grundlage  von  einzig  oder  daraus 
gekürzt : 

was,  Oskulane,  was?  hat  dir  ein  einzer  kus, 
den  ich  doch  von  dir  stahl  mit  deinem  halben  willen, 
als  du  dich  hattest  um  verwand  nach  Telesillen, 
hat  dir  derselbe  kus  erwecket  den  verdrusz?    l-'LKaiNC  659; 
ja  Treilich,  freilich  gar  und  ganz 
all  äugen  ihut  beschlieszen  I 
verlöschet  allen  schein  und  glänz, 

kein  einzen  strahl  laszt  schieszen!    Spbk  80, 

wo  die  ausq.  von  1841  einzeln  hat,  der  sinn  aber  uniciini, 
nicht  singulum  verlangt,  doch  das  wort  selbst  erscheint  durch 
beide  belegslellen  nicht  ausreichend  gesichert,  weder  die  ältere 
spräche  noch  Wörterbücher  bestätigen  es.     vgl.  einzel  und  einzig. 

EINZACKEN,  incidere,  dentare,  s.  auszacken. 

EINZAHL,  f.  numerus  singularis. 

EINZAHLRAR,  solvendus. 

EINZAHLEN,  solvere:  das  geld,  die  geldsumme,  den  satz 
beim  spiel  einzahlen. 

EINZÄHLEN,  numerare,  mimero  comprehendere.  Stirler  2249 : 
seine  dürre  hohle  band,  in  die  ich  die  verschleuderten  gold- 
stücke  ein  zählte.    Thümmel  4,535.     2)  commendare: 

komm  reiche  mir  die  treue  vaterhand, 

dann  dein  beTehl  Ist  ganz  mir  eingczehlet, 

mein  herz  hat  ihn  erkoren  unverwand.    Opitz  ps.  s.  239. 

EINZAHLUNG,  f 

EINZAHNEN,  dentare,  zahne  einschneiden,  auch  für  in- 
serere:  nach  meinem  tod  so  wird  ich  gesetzt  werden  zu 
einem  houbt  in  dem  tempel,  ich  wird  werden  der  eckstein 
bei  der  muren,  wenn  in  mich  werdenl  ingezant  und  ver- 
einiget in  einem  gloub  die  zwo  wand,  Juden  und  beiden. 
Keisersb.  post.  2,  48.     vgl.  verzahnen. 

ELNZAHNIG,  fiovöSovs: 

aus  so  gräsziichen,  einzahnigcn 

lippen!  was  enihaucht  wol 

solchem  furchtbaren  greuelschlund.    Götbk  41,195. 

EINZÄNGELN,  vulsella  prehendere. 

EINZANKEN,  insectari,  loszanken:  der  minister  las  den 
auf  Tasso  einzankenden  kraftprosaiker  Alpbonso  (/.  Antonio) 
so  gut  weg.    J.  P.   Tit.  3, 188. 

EINZAPFEN,  nnl.  intappen, 

1)  cerevisiam,  vinum  expromere  e  dolio. 

2)  trabem  injungere:  wenn  im  haus  die  hauptbalken  nicht 
eingezapft  sind,  so  hat  der  bau  kein  bestand.  Lehmann  186 ; 
der  gang  war  mit  dicken,  oben  sowol  als  unten  eingezapften 
seulen  verwahret.    Leipz.  avant.  l,  27. 

EINZAURERN,  arte  magica  indere,  nnl.  intooveren;  denen 
giften ,  SU  in  speis  oder  trank  genossen  oder  sunst  einge- 
zaubert wurden.  TnuRNEissER  infl.wirk.iü^;  nicht  eigentliche 
lelehrsamkeit,  aber  talente  musz  ein  scliuüehrer  haben,  um 
leicht  und  doch  gründlich  seinen  licblingen  die  Wissenschaft 
eiozüzuubern.  Herder  ;  Napoleons  bemühen  ist  nicht  das 
kaiserthum  den  nationen  einzuzaubern,  wie  es  das  fünfzig- 
jährige bestreben  des  August  war.    Stein  bei  Perti  3,  45. 

ELNZAUCHEN,  contrahere,  obnubere ,  einziehen,  einzucken, 
nur  bei  Stiei.er  2603  angeführtes  wort.     s.  zauchen. 

EINZÄUMEN,  infrenare,  nnl.  intoomen:  das  pferd  staiupfl 
cingezitumt  vor  dem  thor. 

EINZÄUNEN,  obsepire,  includere:  wie  soll  denn  hie  die 
menschcit  ausgedehnet  oder  die  gotthcit  eingezeuuet  werden. 
Luther  3,  459 ;  gots  wort  musz  sich  selbs  versiegeln  mit  dem 
das  es  herzen  und  nieren  fasset  und  einzäunt.  Frank  de 
vanitate  125*;  ohne  sich  übrigens  in  die  schranken  eines 
theatcrstücks  einzuzäunen.    Schiller  102*; 

und  snhe,  wie  sie  driihnn  nn  dem  sirnnde 
einzäunten  garitMi,  bauten  biusertbure.    Kückirt  87; 

ins  vorträumen  hinein,  was  so  verschieden  vom  cngrrn  naih- 
triitimen  ist,  da  die  Wirklichkeit  dieses  cinzSunt.  J.  P.  flegnj. 
1, 13S;  das  schöne  Heck,  da»  gemeindegut  war,  und  das  der 
gerichtshaltcr  zum  garten  einiiuncn  und  umarbeiten  lasten. 
GÜTHK  15,  2s. 

EINZECHT,  singularis,  unicut,  mhd.  cinxeht  (wb.  1,425*). 
AutiiuAcu   dorfg.  4,3.    Schmkllk«  1,  (iU.      wullle    dem    guld- 


349 


EINZECHTIG— EINZEL 


EINZELARBEITER  —  EINZELING 


350 


schmid  allerlei  krummgebognes  Silbergeschirr  und  einzechte 
schnallen  verkaufen.  Hebel  ichatzk.  s.  339.  Schmeller  1,  66. 

EINZECHTIG,  dasselbe:  einzechtige  schqalle,  zu  der  die 
andere  fehlt. 

EINZECHTL[CH,  dasselbe:  einzechtlicher  forste,  monarcha. 
toc.  theut.  1482  f7*;    einzechtlich  lied,  sang  eines  menschen. 

DiEFENGACH    51S\ 

ELNZECHTLICH,  adv.  sigillatim.  Diefksbach  586*.  besser 
einzehten.    gramm.  3,  95. 

EINZEHIG,  unius  digili  pedis. 

EINZEHREN,  absumi:  der  wein  in  den  fässern  zehrt  ein, 
mindert  sich  durch  Verflüchtigung. 

EINZEICHNEN,  inscribere :  diejenigen  so  mit  ernst  Christen 
wollen  sein  und  das  evangelium  mit  band  und  mund  be- 
kennen, mflsten  mit  namen  sich  einzeichen  {für  einzeichnen, 
ieie  offen  für  ofnen).  Luther  3,  278 ;  früh  oder  spät  kömmt 
ihr  {der  guten  handlung)  lohn,  der  dort  oben  zeichnet  sie  ge- 
wis  in  sein  buch  ein.  Götter  3,  48 ;  sich  einzeichnen,  seinen 
namen  einschreiben. 

EINZEILICHT,  unius  versus:  die  einzeilichten  Sinngedichte. 
Lessing  8,  443,  der  aber  einzeiligt  schreibt. 

EINZEILIG,  dasselbe,  nach  der  heutigen  form,  gegensatz 
zweizeilig,  vielzeilig. 

EINZEL,  singulus ,  ein  wort,  dessen  geschickte  noch  nicht 
genug  aufgehellt  ist  und  das  sich  mehrfach  veränderte,  ahd. 
begegnet  es  gar  nicht,  eben  so  uenig  alts.  und  ags.,  den  begrif 
drückt  die  ahd.  Zusammensetzung  einluzi  (sp.  229)  aus,  golh. 
erscheint  das  unzusamntengesetzte  ainakls,  nnl.  enkel  {sp.  214 
einkel),  neben  welchem  nd.  entel  auftritt  {gramm.  3,770). 
k  und  t  tauschen  sonst  in  deutschen  dialecten  nicht,  und  jenem 
ainakl  ein  alts.  ental ,  ahd.  einazal  an  die  seile  zu  setzen 
bleibt  gewagt;  vielleicht  gewährte  dem  einazal  das  adv.  einazem 
{gramm.  3, 11)  stütze  und  ßr  das  nhd.  einz  wäre  ahd.  einazi 
möglich,     der  sinn  von  unicus  rührt  an  den  von  singulus. 

auch  mhd.  hersdit  einlütze  vor,  einzel  taucht  selten,  aber 
sicher  in  zwei  stellen  auf: 

der  riebet  einzele  schaden.    Trist.  9,5; 
mit  einzelen  brenden.    488,12; 
9,  5  gibt  eine  hs.  enzele,  wie  gleichfalls  tm  passional  und  bei 
Jeroschis   verdünnt   wird,    belege   folgen   unter   enzeL     man 
erwäge  auch  das  adv.  einzelingen. 

nhd.  einzel  mangelt  in  den  ältesten  Wörterbüchern,  Dastpo- 
Dics  hat  ßr  singulus  ietlichs  besunder,  Frisics  ieder  besun- 
der,  einer  allein,  auch  bei  Hemsch  kein  einzel,  das  bei  Stie- 
ler zuerst  verzeichnet  ist,  es  war  durch  Ldthers  bibel  längst 
befestigt,  dessen  frühere  Schriften  noch  oß  verengtes  enzel 
setzten :  also  dienete  Jacob  umb  Rahel  sieben  jar  und  dauch- 
ten  in  als  werens  einzele  tage,  so  lieb  hatte  er  sie.  1  Mos. 
29,  20 ;  es  sol  kein  einzeler  zeuge  wider  jemand  auftreten. 
5  Mos.  19, 15 ;  ich  wil  mit  dir  sein ,  das  du  die  Midianiter 
schlagen  soll,  wie  einen  einzelen  man.  rieht.  6, 16 ;  es  ist  ein 
einzeler  und  nicht  selbander.  prediger  Sal.  4,8;  auch  wenn 
zwei  bei  einander  ligen,  wermen  sie  sich,  wie  kann  ein  ein- 
zeler warm  werden?  4, 11;  die  zwo  seulen,  das  einzele  meer. 
Jer.  52,  20. 

aus  Opitz,  bei  dem  sich  wol  einzel  findet,  ist  keine  stelle 
zur  hand,  Flemikc  sagt  irgendwo  in  den  poetischen  wäldem 

ein  eiozier  an  der  zahl; 
genug  beispiele  bieten  Logaü  und  GCxther:   von   einem   ein- 
zelen freunde  meiner  reimen.    Logaü  1, 19,  59 ; 

duppler,  nicht  ein  einzler  mund 
gibt  der  warheit  ihren  grund.    1,31,  6; 
von  jedem  liesz  ein  einzles  fahren.    1,237,97; 
für  ein  einzles  das  man  thut, 
so  es  ist  zu  nennen  gut, 
kann  man  zeben  böser  stücke 
rechnen  ab  und  ziehn  zurücke.    3,90,70. 
GCsTUER  braucht  es  in  der  bedeutung  von  unieus: 

hier  ward  ein  lieb  und  einzler  söhn 

der  mutier  ausgetragen.    53; 

mein  kind,  verschone  mich,  denn  auch  ein  einzler  kus 

bat,  wo  ich  was  getban,  das  man  vergehen  musz, 

den  unvollkommneo  real  schon  völlig  abgetragen.    985. 

zwölf  jähre  vergiengen  mir  wie  ein  einzeler  tag.  Weise 
freim.  redner  708  erinnert  an  die  aus  1  Mos.  29, 20  ange- 
zogne stelle;  Stieler  369  hat  ein  einzeler  mensch,  einzele  buch- 
staben.  Späterhin  und  bis  auf  heute  halten  vorzüglich  Les- 
sing und  RCceert  die  untadelhafte  form  fest,  jener  minde- 
stens  in   seinen   früheren   Schriften:    mit    einzeln   beispieien. 


8, 19 ;  ein  einzler  fingen  8, 47 ;  reisen  einzler  personen. 
8,71;  alle  die  einzeln  beispiele.  8,76;  von  dem  einzlen 
falle.  10,91;  den  einzeln  Sätzen  eine  etwas  andere  Ordnung 
geben.  10, 133 ;  dem  einzeln  menschen.  10,  309 ;  jeden  ein- 
zeln menschen.  10,310;  einen  jeden  einzeln  Juden.  10,314; 
eines  einzeln.    10,  316 ; 

das  einzle  welkt  geschwind.    Rccibrt  27; 
Vernichtung  weht  dich  an,  solang  du  einzles  bist, 
0  fübi  im  ganzen  dich,  das  unvernichibar  ist.    32; 
der  einzle  strahl.    81; 
ich  sehe  jeden  einzlen  faden  schlagen, 
ich  höre  geben  jede  einzle  spule.    135; 
ob  auch  ein  einzles  funkeln 
durch  unsre  hatten  geht?    176; 
wenn  ihr  denn  als  einzle  gUeder 
in  die  heimat  fahret.    182; 

und  wie  im  aug  die  einzlen  färben  starben.    301; 
doch  alles  einzle  immer  kleiner.    316; 
nur   bricht  hin  und   wieder  'einzeln'  durch,     ßr  'einzeF  zeu- 
gen  die   nachfolgenden    ableilungen    und   Zusammensetzungen, 
s.  einzeln. 

EINZELÄRBEITER,  m. ,  der  auf  eigne  hand  und  unzünflig 
fertigt. 

EINZELÄUSG.\BE,  f.  die  aus  einem  ganzen  werk  ßr  sich 
gedruckt  erscheint:  dieser  {Melzi)  versichert  auch,  eine  ein- 
zelausgabe  des  ersten  buches  des  Ägostini  {es  ist  von  dessen 
fortsetzung  des  Orlando  innamoraio  die  rede}  von  1407,  ohne 
zweifei  1507,  gesehen  zu  haben.  Gries  vorr.  zu  seiner  übers. 
von  Bojardos  verliebtem  Roland  s.  33. 

EI.NZELBETRIEB,  m.  cura,  Iractatio  singulorum. 
EI.NZELDRUCK.  m.  was  einzelausgabe. 
EINZELEIGE.NTHUM,  n.  gegensatz  von  gesamteigenthum  oder 
gemeingut.      besser  sagt  man   sondereigen,   sondereigenthum. 
EINZELER,  m.    auriga  unum    equum  jungens.     zu  Frank- 
furt   ein   fuhrmann ,    der  die  zu  wasser  angekommnen,    nicht 
unter   drei    centner   schweren  frachtgüter  abfährt  und  zußhrt, 
aber   nur   mit    einem    geschirre  und  pferde.      ausnahmsweise, 
wenn   das   fahren    durch  die  willerung  erschwert  ist,    wie  bei 
Schnee  und  glalteis,    darf  der  einzeler  auch  mit  zwei  pferden 
fahren,    aber    eins  vor   das  andere  gespannt,     in  den  Frank- 
furter nachrichlen  vom  j.  1729  liest  man  unter  den  gestorbnen : 
Noe  Ackermann,  einzeler,   alt  80  jähr;   1732  Johannes  Zim- 
mermann,   einzeler,   alt  85  jähr,    vgl.  Maria  Belli  leben  in 
Frankfurt   1, 101.    2, 13.      diese    einzeler    gelten    ßr    tüchtige, 
handfeste   leule,    wie    das   von   ihnen  erreichte  hohe  alter  be- 
stätigt,    das  gemeine  volk  macht  aus  einzeler  heinzeler,  hau 
zeler,  tm  bürgercapilän  1,  2  steht  geschrieben  hahnzeler. 
EINZELERSGAÜL,  m.  das  grosze,  starke pferd  eines  einzelers. 
EINZELF.^LL,  m.  singularis  casus,  einzelner,  besonderer  fall. 
EINZELFLUG,   m.    die   geschichte   ist   keine   ausgleichung 
zwischen   glück    und  werth ,    obwol    eine  langsame  zwischen 
gesamtgang  und  einzelGug. '  J.  P.  dämm.  20. 

EINZELFREIHEIT,  f.  freiheit  der  einzelnen  person,  persön- 
liche freiheit. 

EINZELGEMEINDE,  /.  die  ßr  sich  besteht,  auszerhalb  der 
gesamlgemeinde :  verhältnismäszig  kleine  einzelgemeinden. 
Stüve  iresen  der  landg.  291. 

EINZELGESCHICHTE,  /.  hisloria  particularis,  im  gegensalz 
zur  gesamtgeschichte. 

EINZELGEW  ALT,  f.  monarchie,  alleinherschaß. 
EINZELGLIED,  n. 

EINZELHAFT,  /.  gesondertes  gefdngnis'ßr  jeden  einzelnen, 
absperrung. 

EINZELHANDEL,  m.  mercatura  singularum  rerum,  detail- 
handel.     bei  Stieler  754  aber  monopolium. 

EINZELHAUS,  n.  domus  solüaria,  abgelegnes,  allein  ste- 
hendes haus. 

EINZELHEIT,    f.    res   singula,    bei  Stielbr  369,   Rädlei5 
234'  einzelkeit,  was  ein  vorausgehendes  einzelicheit  fordert:  die 
unersättlichen    menschen    beweinen   die    einzelheit   der  weit, 
weil   ihre  he^schenssuch^  in   gar    zu   enge   schranken  einge- 
spannet  wäre.    Lohenst.  Arm.  2, 1294. 
EINZELING,  singularis,  singulus. 
mhd.   des  Bfnes  vlieje  und  sin  vldj 
der  enist  an  keiner  stat  sd  grdj, 
man'enmüge  dervon  gegiezen 
mit  einzelingen  vliejen.     2Vü(.  488,4; 
da  von  doch  gesunden 
was  ein  einzelinc  jär.    erlösung  2288. 

heute  nur  in  volksmundarten ,  namentlich   der  Wetterau:    das 


351 


EINZELINGEN  —  EINZELN 


EINZELN  — EINZEUGEN 


352 


haus  steht  einzeling  =  abgesondert  und  einsam;  der  einze- 
linge  mann,  der  einzelne. 

EINZELINGEN,  singulalim. 

mhd.  wil  cz  sich  einzelingen  undcr  sine  füeze  .«mucken. 

HS.  2,  205'. 
nhd.  in  disz  werk  setzt  gott  einen  knöpf  züsamen  alles 
des  das  er  in  den  andern  geschöpften  einzlingen  zerteilt  und 
gewirkt  hat.  Keisersb.  bilg.  2S';  darumb  ich  eines  und  des 
andern  tugcnd  und  laster  einzelingen  anzurühren  vorbeigehe. 
Philand.  lugd.  5, 54.     heule  verallet. 

EINZELKAMPF,  m.  monomactna,  pugna  singularis. 

EINZELHEIT,  /.  siehe  einzelheit. 

EINZELLEBEN,  n.  vila  individua,  solilaria. 

EI.NZELLICII,  singularis,  oft  geschrieben  cinzelich,  einzlich, 
einzehlich,  einzelig  wie  /"«r  adellich  adelich,  adelig:  da  kum- 
men  gemeinklich  so  vil  tausent  unib,  als  auf  der  andern 
Seiten  einzülige  personen.  Frank  weltb.  1S4';  erstlich  hat 
man  mit  cinzeligen  thieren  allein  kriegt,  kriegsb.  des  fr.  74 ; 
deuten  etliche  auf  sonder  einzelige  personen.  141.  Diefen- 
BACH  536'  hat  aus  dem  voc.  ine.  teut.  ainzelliger  singularis. 
heute  veraltet,     s.  einzlich. 

EINZELLICH,  singulalim,  sigillatim:  die  leot  in  häusern 
ein  jeden  einzelich  zu  berichten.  Luthers  br,  5,^26;  man 
soll  zugleich  gott  fürchten  und  vertrawen,  nicht  einzelich 
nacheinander,  tischr.  llo';  wir  wollen  die  sach  alle  einzelig 
nacheinander  aufthun.  Frank  parad.  8 ;  erschlug  alle  römi- 
schen, so  er  im  land  einzelig  hin  und  wider  ankam,  chro- 
nica 33*.  282';  nicht  einzelich  oder  stückweis.  Frankf.  re- 
form, l.  AT, 1;  ein  wespe,  die  einzelig  fleugt.  Alberüs;  stiegen 
die  Römer  erstlich  in  groszer  still  und  cinzelig  über  die 
mauren.  Kirchhof  mil.  disc.  15;  muste  auch  je  eine  rotte 
nach  der  andern  einzelig  hinüber  ziehen.  105;  bis  sich  der 
ein  oder  ander  einzelig  bekehret.  Simpl.  vögeln.  2, 15.  heute 
durch  einzeln  verdrängt. 

EINZELN,  singulus  für  einzel  licsze  sich  auffassen  wie 
albern  für  alber.  es  gibt  aber  noch  einen  andern  weg  der 
erklärung  ,  schon  Luther  bietet  es  neben  einzel  dar,  doch  in 
der  volleren  gestalt  von  einzelen :  einzelen  nach  einander  wil 
ich  sie  für  dir  ausstoszen.  2  Mos.  23,  30 ;  ausrotten  einzelen 
nach  einander.  5  Mos.  7,  22 ;  ich  bin  unfruchtbar,  einzelen, 
vertrieben ,  vcrstoszen.  Es.  49,  21 ;  denn  ich  rief  im ,  da  er 
noch  einzelen  war.  51,  2.  in  allen  diesen  stellen  scheint  das 
Wort  adj.  und  nur  einige  litten  auch  adverbialbedeutung.  wie 
wenn  dahinter  ein  mhd.  einzelin  läge,  dessen  auslautendes  in 
sich  nhd.  zu  en  verdünnt,  gleich  dem  mhd.  gttldin ,  cicliin, 
nhd.  gülden ,  eichen  ?  spätei-  wurde  auch  das  e  ausgestoszen 
und  einzeln  gesagt,  ein  wirklich  aufgefundnes  mhd.  einzelin 
würde  jeden  zweifei  heben,  auch  im  17.  jh.  wird  sich  ein- 
zelen oder  einzeln  aufweisen  lassen,  seil  dem  18.  begann  es 
häufiger  zu  werden  und  das  einfachere  einzel  zu  verdrängen: 
die  seltensten  römischen  münzen  sind  den  seltenen  büchern 
zu  vergleichen,  die  sich  einzeln  gemacht  haben.  Winkelmann 
3,  XXIII ;  jeder  evangelist  einzeln.  Lessinc  10, 102  ;  ein  ein- 
zelnes volk.  10,310;  einzelne  plieder.  10,312;  sein  einzel- 
nes, jeder  einzelne  mensch.  10,328;  einzelne  singuli.  10,316; 
mit  den  ersten  einzelnen  drucken.  12,496;  einzeln  wird  es 
keiner  auf  sich  kommen  lassen  wollen.  12,507.  bei  Klop- 
STOCK,  Wieland,  Göthe  ,  Schiller,  Voss  herscht  entschieden 
einzeln  und  einzel  wird  nicht  weiter  verwendet. 

Beide  formen  bezeichnen 

1)  von  menschen  oder  thieren  das  allein  und  für  sich  auf- 
tretende: ein  einzelner  mann,  der  einzelne  mensch,  das  ein- 
zelne thier  im  gegensatz  zu  der  menge: 

im  erenzenloDen  sich  zu  flndcn 
wird  gern  der  einzelne  verschwinden.    Götbi  3,  89; 
der  einzelne  mann  enidiehet  am  leichtfilcn.    40,248; 
als  er  sich  aber  versichert,  der  bar  sei  einzeln  gekommen. 

40,22; 

einzelne  leute,  die  sich  von  dem  groszen  häufen  getrennt 
haben ;  eine  macht,  die  auch  dem  mächtigsten  forsten,  wenn 
er  einzeln  slaad ,  überlegen  war.  Schiller  881'.  einzelne 
leute  sind  auch  unverheiratete ,  die  sich  noch  nicht  gesellt 
haben,  einzelne  ehieutc  sind  kinderlose.  in  solchem  iinne 
galt  auch  ahd.  einluzi,  mhd.  cinlUtzc,  engl,  singic. 

2)  ton  leblosen  gegenständen  die  abgelegnen  und  zerstreuten  : 
einzelne  häuser,  äomut  sparsae;  einzelne  Liiuinc,  sparsam 
üehende; 

hmei.  Im  Oden  von  Flandern  ini  eine  wQsie,  darinnen 
liegt  ein  eiiiroInT  husch,     linriit  40, st. 


3)  einzeln  ist  das  unter  der  mehrheit  hervorgehobne :  ein 
einzelnes  glied  am  leib,  ein  einzelner  finger  an  der  band; 
eine  einzelne  aus  der  menge  erschallende  stimme,  einzeln 
das  unmittelbar  auf  einander  folgende :  jedes  einzelne  wort, 
das  er  sprach,  wurde  vernommen,  ins  einzelne  gehen,  bis 
ins  einzelne  verfolgen. 

4)  einzelnes  geld,  numuli ,  kleine  münze,  im  gegensalz  zu 
groszen  und  ganzen  stücken:  ich  habe  kein  einzelnes  geld, 
nichts  einzelnes  bei  mir  und  niusz  erst  wechseln  lassen. 

5)  man  könne  nicht  genug  eilen,  mir  eine  einzelne  und 
unumsdiriinkte  gewalt  zu  übertragen.  Wielands  Agalhon 
5,  76 ;  ein  einzelnes  urlheil,  Judicium  singulare.  Kant  2, 104 ; 
der  einzelne  kämpf,  was  einzelkampf. 

6)  im  einzelnen,  was  das  folgende  adv.:  ich  werde  es  im 
einzelnen  beweisen;  die  ausbreitung  der  cuitur  im  einzelnen. 
Göthe  26,  320 ;  die  ähnlichkeit  der  Ihicrc  untereinander  und 
mit  dem  menschen  ist  in  die  augcn  füllend  und  im  allge- 
meinen anerkannt,  im  besondern  schwerer  zu  bemerken,  im 
einzelnen  nicht  immer  sogleich  darzuthun^  55,  199.  hier 
stehen  die  bedeulungen  uiiiversim,  separatim  und  singulalim 
nebeneinander. 

setzet  immer  voraus,  dasz  der  mensch  im  ganzen  das  rechte, 
will,  im  einzelnen  nur  rechnet  mir  niemals  darauf.  Schiller  92». 

EINZELN,  adv.  singulalim.  mhd.  finzeln,  ßnzelin  bei  Je- 
roschin  s.  147  und  alenziln  s.  118 ;  alenzeln  livl.  chron.  4854. 
5833  lassen  sich  als  dat.  pl.  von  einzel,  enzel  nehmen;  doch 
das  nhd.  adv.  einzeln  darf  gleich  den^  adj.  aus  einzelin  ent- 
sprungen sein:  einzeln  nennen,  einzeln  aufzahlen; 
leider  sahen  wir  noch  genug  der  armen  vorbeiziehn, 
koniucn   einzeln  erfuhren,  wie  biiier  die  schmerzliche  flucht 

sei.    GöTiiB  40,238. 

EINZELN,  parliculatim  solvere,  erogare.  Stieler  369.  s.  ver- 
einzeln. 

EINZELNHEIT,  f.  res  sola  per  se,  icas  einzelheit,  einzelnes, 
singula:  gewisse  örtliche  einzelnheiten.  Göthe  17,317;  alles 
kunstreich  dargestellt,  so  dasz  die  einzelnheilen  deutlich  in 
die  äugen  fielen.  21,70;  wie  vortheilhaft  es  sei  ein  gutes 
muster  vor  sich  zu  haben,  welches,  wenn  man  nicht  dessen 
einzelnheiten,  sondern  die  methode  betrachtet,  nach  welcher 
es  angelegt  ist,  auf  die  verschiedensten  fälle  angewendet  wer- 
den kann.  26,321;  einzelnhciten.  46,178;  einzelnheiten,  die 
ich  niederlegte  in  hofnung,  dasz  sie  sich  einmal  irgendwo 
lebendig  anschlieszen  würjlen.  55,  326.  in  dieser  Zusammen- 
setzung allein  konnte  einzeln  durchdringen,  während  alle  übri- 
gen das  einfache  einzel  bewahren. 

EINZELSCHRIFT,  f. 

EINZELSTAND,  m.  caelibalus:  nu  sein  auch  ellich  men- 
schensatzung,  welche  on  sünd  nit  künden  gehalten  werden, 
wie  der  undctig  einzelstand,  welchen  der  hapst  wider  gel 
gepeut.  Melanciithon  kurzer  begrif  der  erneuten  christenlichen 
leer.  1524.  bl.  8.     vgl.  einzeln  1. 

EINZELSTIMME,  f.  solo  im  gesang. 

EINZELT,  singulus,  Idszt  sich  nur  fassen  als  kürzung  von 
einzeucht  =  cinzelich :  wann  eim  sein  narung  an  ein  kerb- 
holz  geschnitten  ist  und  mit  eim  cirkel  ausgeinessen,  das  er 
blosz  zu  leben  hat  und  sich  des  galgens  orwert,  wan  er  nit 
über  dieselbe  schnür  und  cirkel  hat,  so  spricht  man,  es  sei 
im  einzelt,  bei  ciin  quinllein  dar  gcwegen.  Frank  sprich«. 
1,  37*.  bei  demselben  schrißsteller  fand  sich  anderwärts  jenes 
einzelich. 

EINZELTIIAT,  f.  factum  singulare. 

EINZEI.VOHTIIKIL,  «i.  einzelinteresse. 

EI.NZELWEIJER,  ni.,  der  die  Weberei  auf  seine  hand,  nicht 
im  verein  mit  andern  betreibt.    Mones  zeilschriß  9, 13t 

EINZELWEIS,  singulalim.     Rädi.ein  234*. 

EINZELWESEN,  fi.  schreibt  J.  P.  in  der  Levana  sehr  oft 
für  individuum; 

wenn  irh  die  «voll  mich  denken  lerne, 

so  hlnihl  sie  rioind  doch  int'iiiiMii  kerne, 

in  oiiizelwescii  k.-ilt  zerirOinineri, 

wo  kelne.H  sich  des  andern  kümmert.     Lknad  FauM  180. 

EINZER,  s.  einser. 

EINZEHREN,  raptitare.    Stielrr  2310,  hinein  xerren. 

EINZEUGEN,  l)  parare,  herbeischaffen:  solcher  ordinal  und 
habiliis  und  andres  nirhres,  so  zu  der  coniödia  gehörig,  iiiust 
auf  der  roiisorlen  Unkosten  eingrzeuget  werden.  Adam  Pusch- 
«ANN  in  lloffmanns  spenden  2, 15. 

2)  lestari,  bezeugen :  viele  werden  es  ilinen  einzfiigen,  das» 
ihre    licder  sie  erbauet  haben.    IIii'pel  7,  2I0;    so  haben  die 


353 


ELNZEÜGUNG  —  EmZlEHEN 


EINZIEHEN 


354 


Ditinarscher  geschlechter  den  ausheimischea,  welcher  bestän- 
diges Zeugnis  von  seiner  ehrlichen  geburt,  herkommen,  han- 
del  und  wandel  einzeugen  liesz,  zu  einem  vetter  angenom- 
men.   NiEBÜHR  1,  341. 

EINZEUGUNG,  f.  die  lübische  witwe,  wenn  sie  des  man- 
nes  handlung  fortsetzen  will,  musz  gerichtlich  über  ihre  fahig- 
keit  und  der  kinder  Zustimmung  zeugen  beibringen,  das 
heiszt  einzeugung.    Heise  und  CnJpp  jur.  abh.  bd.  1. 

EINZICHT,  f.  inzicht,  criminatio,  beschuldigung,  mhd.  la- 
ziht:  8ol  bereden  zen  heiligen  mit  sinen  zwein  vingern,  daj 
er  der  inziht  unschuldic  sl.  Augsb.  stadtr.  s.  49.  nhd.  ob 
er  Petrus  dieser  einzieht  gestündig  seie  oder  nicht.  Spee 
g.  tugendb.  92. 

ELNZIEHEN,  den  verwandten  sprachen  abgehend,  entfallet 
reiche  bedeulungen,  deren  beide  ersten  intransitiv,  alle  übrigen 
transitiv  sind,  buchsläblidi  entspricht  ziehen,  golh.  tiuhan, 
ahd.  ziohan  dem  lat.  ducere,  empfängt  aber  in  den  meisten 
Zusammensetzungen  den  stärkeren  sinn  von  trahere. 

1)  ingredi,  inirare,  in  ein  land,  eine  Stadt,  ein  haus  ein- 
ziehen: der  könig  zieht  ein  ins  reich;  der  frühling  kommt 
ins  land  eingezogen ; 

der  frühling  zieht  mit  dir  in  thor  und  gassen  ein. 
GcNTUSR  736; 

nach  desselben  mund  sollen  aus  und  ein  ziehen  beide  er 
und  alle  kinder  Israel  mit  im  und  die  ganze  gemeinde.  4  Mos. 
27, 21 ;  und  werdet  verstüret  werden  von  dem  land,  da  du 
einzeuchst.  5  Mos.  28,  63 ;  und  dich  der  herr  dein  gott  segene 
im  lande,  da  du  einzeuchst.  30, 16 ;  und  es  begab  sich,  da 
sie  einzoch.  Jos.  15. 18.  rieht.  1, 14 ;  und  er  zoch  aus  und 
ein  für  dem  volk.  1  Sam.  18, 13. 16 ;  das  er  mir  holz  gebe 
zum  hause,  da  ich  einziehen  sol.  Neh.  2,  8 ;  machet  die  thore 
weit,  das  der  könig  der  ehren  einziehe,  ps.  24,  9 ;  laszt  ein- 
ziehen durch  die  thore  der  fürsten.  Es.  13,  2 ;  so  sollen  durch 
das  thor  dieses  hauses  einziehen  könige.  Jer.  22,  4 ;  wenn  er 
zu  deinen  thoren  einziehen  wird,  wie  man  pfleget  in  ein 
zurissen  stad  einzuziehen.  Ez.  26, 10 ;  und  als  er  zu  Jerusa- 
lem einzoch,  erreget  sich  die  ganze  stad.  Mallh.  21, 10 ;  in 
die  ruw  gottes  einziehen  mit  absagung  sein  selbs  in  aller 
still.  Fra.ik  wellb.  124';  mit  hellen  häufen  einziehen.  Hau.n 
2, 140 ; 

die  freiheit  wohnet  nicht  in  allen  seelen, 

zieht  sie  lei  einem  ein, 

so  kao  er  sich  mit  recht  zu  diesen  zehlen, 

die  etwas  mehr  als  menschen  sein.    CA.'fiTZ  211 ; 

alle  laster  der  erleuchteten  weit  zogen  in  Circassien  ein. 
Klincer  10,  214 ;  morgen  ziehen  wir  in  das  neue  haus  ein ; 
wir  leben  von  den  kranken  fremden,  die  bei  uns  einziehen. 
ThOmmel  6, 179.  in  folgender  stelle  ist  es  mehr  einherziehen 
als  einziehen : 

o  Rudoir,  Rudolf,  königlicher  ahn! 
so  zieht  dein  enkel  ein  auf  deines  reiches  boden. 
Schiller  552*. 

2)  penetrare,  eindringen:  das  wasser,  der  regen  zieht  in 
den  erdboden,  das  fett  in  die  haut;  das  öl  ist  ins  papier 
eingezogen,  die  feuchte  luft  ins  zimmer;  bestreich  das  leder 
mit  thran  und  lasz  ihn  über  dem'feuer  einziehen. 

3)  sugere,  trahere,  einsaugen,  wasser  einziehen,  gierig 
schlürfen  : 

der  reiter  schaut  sein  ros  mit  innigem  vergnügen, 
wie  es  die  flut  einzieht  in  lustgedehnten  zügeo. 

Le.<(au  neuere  ged.  262; 

der  dürre  boden  zieht  den  regen,  der  schwamm  zieht  das 
wasser,  die  nässe  ein,  das  löschpapier  die  dinte ;  lasz  uns 
frische  luft  einziehen,  schöpfen ;  du  darfst  gottes  luft  nicht 
mit  mir  einziehen.  Kli.ncebs  th.  2,  318 ;  wie  gern  zog  sie  den 
duft  der  biumen  ein; 

kommt  und  versuchet  meine  Irauben, 

zieht  meiner  veilchen  baisam  ein  !    Göeirgk  3,  39. 

4)  relrahere,  xurücksiehen :  den  athem  einziehen,  einhalten! 
die  pngcr  einziehen,  nicht  schwüren  wollen;  die  ohnmächtige 
zieht  den  daumen  ein;  den  hals,  die  Schulter  einziehen, 
zucken;  Thusnelde  zohe  die  acbsein  ein  und  sagte.  Lohe>-st. 
Arm.  1,  299 ;  Mecenas  zohe  die  achseln  ein  und  vermeldete. 
1, 700 ;  die  Schnecke  zieht  ihre  bömer  ein,  der  igel  seine 
stacheln,    t.  die  unter  einwickeln   angeführte  stelle  Keisebs- 

BERCS; 

sonit  zieh  ich  meinen  köpf,  als  wie  die  Schnecken,  ein. 

CiNiTz  271 ; 
111. 


die  zunge  ausstrecken  und  wieder  einziehen;  der  hund,  mit 
eingezognem  schwänz,  entlief;  die  ausgesteckte  fahne  wird 
eingezogen ; 

zogen  sie  ein  die  segel,  taria  fiev  OTtü.ayro.    11. 1,  433 ; 

der  Wirt,  der  kaufmann  hat  das  ausgehängte  schild  eingezo- 
gen, will  sein  geschäß  nicht  weiter  treiben;  den  bogen  ein- 
ziehen, losspannen,  zum  auflegen  des  pfeils?    mhd. 

swie  sie  heten  in  gezogen 

mit  künste  manegen  stärken  bogen.    Wh.  18, 19  vgl.  375,9 

das  gewehr  einziehen;  die  pfeife  einziehen,  zeichen  von  be- 
schämung  und  Verlegenheit:  die  schriftklugen  kundten  nicht 
. . .  widerlegen  und  zogen  ein  mit  ihrer  pfeif.  Ringwald  evang. 
Ff 2',  gelindere  saiten  aufspannen;  sie  haben  die  pfeife  hesz- 
lich  eingezogen.    Melander  jocoseria  1  n*  347. 

5)  includere,  in  das  gefängnis,  in  den  stall  ziehen:  den 
schuldigen,  verdächtigen,  flüchtigen  gefänglich  einziehen,  ge- 
fangen  nehmen  und  einsperren;  darauf  der  richter  angemel- 
det hatte,  es  wäre  gut  dasz  ich  weg  wäre,  denn  diese  stunde 
hätten  sie  den  befehl  bekommen,  mich  wegen  der  1600  floren 
und  der  Schuldner  halber  alda  einzuziehen,  wären  derhalben 
selber  froh,  dasz  ich  mich  aus  dem  staube  gemacht.  Scbwei- 
NicHEX  1,  277; 

euer  majestät  kan  sich  basz  rechen 
und  sie  erstlich  lassen  einziehen, 
darmit  sie  der  su-af  nit  entQiehen.    Atrer  405*; 
gerichtlich  zieht  er  bald  des  weibes  ebmann  ein. 
Gkllert  1,  239; 

Stiegen  im  Wirtshaus  ab,  zogen  unsere  pferde  ein.  Plesse  1,  64. 

6)  inserere,  immitlere,  einßgen,  einsetzen:  den  faden  ein- 
ziehen, in  ein  nadelohr  ziehen  oder  auch  mit  Stichen  durch 
ein  sCück  zeuges  ziehen,  s.  einzug;  eine  schwelle  einziehen, 
festigen;  den  balken  einziehen,  in  eine  mauer  oder  wand 
fügen,  setzen;  Scheiben  einziehen,  in  den  rahmen;  da  dem 
glaser  alle  und  jede  alte  Scheiben  ohne  ausnähme,  sobald 
er  nur  neue  an  deren  stelle  einzieht,  eigenthümlich  zufallen. 
THtJJiMEL  5, 187 ;  zum  vierden  möctiten  sie  das  mit  einziehen 
{einschalten,  ein  flechten).  Ldtbeb  4,305*;  dasz  er,  in  seinen 
predigten,  viel  underschiedene  gleichnussen  von  natürlichen 
dingen  eingezogen.    Spangenberg  lustg.  vorr. 

7)  in  breve  cogere,  verengen:  das  hemd  ein  wenig  einziehen, 
durch  eine  naht  enger,  kürzer  machen;  die  manschetten  ein- 
ziehen ;  goldschmiede  ziehen  das  metall  ein ;  es  ist  mir  aber 
dis  buch  unter  den  henden  gröszer  gewachsen,  denn  ich  ge- 
dacht hab,  und  musz  es  ein  wenig  einziehen,  bis  ich  oder 
die  unsern  ein  andermal  davon  schreiben.  Luther  6,103'; 
die  hebreische  spräche  ist  an  ir  selber  sehr  kurz  und  ein- 
gezogen, drumb  nennet  sie  vil  unterschiedliche  ding  oftmals 
mit  einem  wort.  Mathesics  97' ;  solcher  erinnerungen  etliche 
der  fürnemesten  in  gewisse  vergleichungen  zusammen  tragen 
und  kurz  einziehen.  Fischart  ehz.  2 ;  auf  welches  meine  ein- 
gezogene (kurze)  rede  mehrentheils  gerichtet  sein  wird.  Hof- 
mannswaldao  begräbnisged.  s.  74;  denn  Johannis  anrede  war 
immer  einfältig  und  kurz  und  wurde  immer  von  tag  zu  tag 
einfältiger  und  kürzer,  bis  er  sie  endlich  gar  auf  die  worte 
einzog  'kinderchen  liebt  euch!'  Lessing  10,  42.  gehört  hierher 
auch  folgende  stelle:  so  will  ich  sampt  den  meinen  unser 
gebet,  nach  gottes  befehl,  auch  einziehen.  Luther  5,  273',  oder 
meint  es  zurückziehen?  nicht  weiter  beten,  für  die  schlechte 
Sache.     Zeilen  beim  schreiben  einziehen  heiszt  was  einrücken. 

8)  colligere,  einsammeln,  einholen:  ich  komme  mein  aus- 
stendig  geld  voUend  einzuziehen.  Wickram  ro/iw.  54;  er  konnte 
nicht  alle  schulden  einziehen,  die  meisten  giengen  verloren; 
künde,  kundschaft,  nachricht  einziehen ;  geschichten,  märchen 
einziehen ; 

die  arbeit  war  umsQnst,  wan  ich  mich  wolle  mühen, 

den  wexel  diser  wäli  geschwätzig  einzuziehen 

und  all  ihr  änderung.    du  weist  es  vor  genug.    Roipler  123, 

was  sich  auch  ßr  einflechten  (unter  6)  nehmen  liesze; 

zog  schwank  und  märchen  ein,  die  jung  und  mägde  brachten. 

GifflTiiBR  499; 

aus  beglaubigten  Zeugnissen  sichere  kenntnisse  einziehen. 
Kant  9,  95 ;  kenntnisse  über  etwas  einziehen.  Klinger  10, 160 ; 
erkundigung  einzichn  und  sich  wechselsweise  berichten.  Gütbb 

25,  343. 

9)  tollere,  relrahere,  publicare,  zurücknehmen,  in  vergan- 
tungen oder  auctionen  werden  einzelne  stücke  eingezogen,  gar 
nicht  ausgebolen :  von  heute  vorgekommenen  1237  kisten  wurden 

23 


355 


EINZIEHEN 


EINZIEHER  — EINZIG 


356 


319  eingezogen,  375  zurückgekauft  und  543  wirklich  verkauft. 
Weserzeitung  1854  n*3304;  guter  zum  besten  des  Staats  ein- 
ziehen, conßscieren;  Stifter,  klöster,  lehcn,  anstaiten,  schulen 
einziehen;  freistellen,  Stipendien  einziehen;  man  hat  ihm 
seine  besoldung  eingezogen. 

10)  omitlere,  supprimere,  einstellen,  abschaffen:  allen  auf- 
wand einziehen ;  " 

der  Wirt  sein  bulerei  einziehen, 

das  sunst  niemand  wirt  innen  mehr.    H.  Sachs  III.  2, 171'; 

hülfe  und  beistand  einziehen,  nicht  weiter  leisten: 

so  zeuch  mir  nun  den  beistand  auch  nicht  ein. 
Opitz  ps.  p.  44; 

den  kOnigen  gebüret  gehorsam,  welcher  ihnen  solchen  einzcut 
[so  für  einzeucht),  der  verdamt  sich,  weil  er  sich  dem  willen 
gottes  entgegen  sezt.  Butschky  828.  den  viehstand  einziehen 
{eingchn  lassen  oder  heiszt  es  veikleinern  ?)  J.  F.  Fibel  189; 
ämter,  stellen  einziehen,  nicht  beibehalten;  er  zieht  alle  be- 
dienten bis  auf  zwei  ein. 

11)  sich  einziehen,  in  mehrfachem  sinn:  das  tuch  ziehet 
sich  ein,  wenn  es  zu  nasz  ivird,  geht  ein,' 

nach  baden  sol  man  keltc  fliehen, 
so  ihut  sich  kraft  wider  einziehen. 

Kelter  alte  schwanke  s.  30; 

Ton  dem  daj  die  gaist  sich  in  ziehent  von  der  glider  müeden. 
Mecenberg  8,  23   vgl.  einzug  3. 

du  brennst  für  lieb  und  bist  doch  blasz,  Pyrinna  mich  bedankt, 
der  brand  zeucht  sich  von  ausze«  ein  auf  seinen  miitclpuuct. 
LoGAU  3,  185,69; 

er  hätte  wol  gern  das  ganze  land  geadelt,  muste  sich  aber 
darauf  einziehen  (beschränken),  dasz  er  die  restierenden  unade- 
lichen  zu  ralhen  machte.    J.  P.  doppelheerschau  166. 

12)  das  pari,  eingezogen,  dessen  schon  sp.  192  gedacht  wurde, 
ist  hier  noch  genauer  zu  erwägen;  hat  man  es  aus  der  ersten 
oder  der  vierten  bedeulung  zu  erklären  ?  der  eingezogne  ist 
gleichsam  in  die  ruhe  und  stille  des  hauses  eingezogen,  oder 
hält,  gleich  der  Schnecke,  seine  fühlhörner  eingezogen;  man 
darf  aber  auch  ohne  bild  auslegen:  sich  einziehen  ist  =  in 
tich  kehren,  sich  einschränken,  die  auszenwell  meiden,  hdus- 
Itch  und  geistig,     das  wort  gilt 

a)  von  Personen:  ein  frommer,  stiller,  eingezogner  mensch; 
eine  häusliche,  eingezogne  frau;  ein  sittsames,  eingezognes 
raädchen;  schon  mhd.  was  s6  sere  in  gezogen,  injich  ge- 
kehrt.   ECKDART  13,  29. 

tihd.  fleisch  und  auch  hlut, 

das  sieb  darnach  (nach  dem  kämpfe)  ein  ziehen  thut, 

wird  durch  das  creuz  still  und  geschmogen 

und  durch  die  busz  fein  eingezogen.    11.  Sachs  IV.  I,  36'; 

wenn  die  heupter  bisweilen  eingezogener  weren,  so  nemen 
die  unterthanen  ein  exempel  der  meszigkcit  darvon.  Mathe- 
sius  49*;  den  tag  lig  er  still,  in  groszer  stille  und  geheim, 
etwan  in  einem  wald  oder  thal,  einig,  eingezogen.  Fronsp. 
kriegsb.  1. 123' ;  etlicher  seiner  diener  fromm,  eingezogen  und 
züchtig.  Kirchhof  wendunm.  57';  was  erliarer,  züchtiger,  ge- 
schickter und  eingezogener  macht.  Fischart  ehz.  34 ;  er  ist 
in  seinen  reden  jetzt  weit  eingezogener,  als  man  mir  ihn 
sonst  beschrieben  hat.  Lessing  1,419;  ein  tugendhaftes  und 
eingezognes  frauenzimmer.  Habener  3,  113 ;  wir  heiraten 
lieber  ein  eingezognes  mädchen.  Hippel  5,210;  sie  ist  von 
dieser  stunde  an  so  brav  und  eingezogen  worden,  dasz  hof- 
fartshaiber  ihr  kein  mensch  mehr  etwas  vorzuwerfen  hatte. 
Pestalozzi  3,  294. 

b)  von  zuständen,  still,  mdszig,  sittsam,  einsam,  zurück' 
gezogen:  mit  stillem  eingezogen  pemüte.  Luther  3,  403  ;  unser 
natur  ist  dcrmaszen  erbar,  discret  und  eingezogen,  dasz  sie 
sich  nicht  allein  läszt  beschlagen  mit  der  nottnrft,  sondern 
auch  dasz  sie  der  überflüssigkeit  nichts  nachfraget.  Alrer- 
Tisus  de  conviviit  8 ;  die  andern  viigel  aber  waren  ab  irer 
(der  eule)  sitligkeit,  stütem  eingezogenem  leben  verdrüssig 
worden.  Kitcnuor  weudunm.  62;  dieweil  des  ölbnuins  fruchte 
Tun  den  alten  gemeiniglich  zu  der  zeit  aufgesetzt  wurden, 
wann  sie  gar  schlechte,  eingezogene  mahlzeiten  hallen  wollen. 
SrAitCENReiic  lustg.  vorr.;  je  eingezogener  und  politischer  die 
Sitten  werden.  IIenokr  1,  i:)7;  ich  freute  mich  über  die  ein- 
gezogenen stunden,  die  mir  weder  von  freunden  noch  frem- 
den, noch  sonst  einer  geselligen  Zerstreuung  verkümmert  wur- 
den.   GüTHB  49,  I8.V 

c)  eingezogen,  gekürzt,  nach  7. 


EINZIEHER,  m.  könnte  mancherlei  bedeuten,  in  folgender 
stelle  drückt  es  den  cinnchmer  aus,  der  die  gefalle  einzieht:  die 
Pachter  und  einzicher  der  königlichen  einkünfte.  VVieland 
6, 144.     vgl.  einzüger. 

EINZIEHUNG,  /.  einer  nachricht,  pfründe  «.  s.  w. 

EINZIFFEHIG,  unius  notae,  also  unter  den  arabischen  zahlen 
die  von  1  bis  9,    unter  den  lateinischen  aber  i,  v,  x,  l,  c,  d,  m. 

EINZIG,  unicus,  eine  unorganische  und  insofern  unnölhige 
bildung,  als  bereits  das  sie  ausdrückende  wart  einig  vorhanden 
war;  auch  zeigt  keine  der  verwandten  mundarlen  etwas  ähn- 
liches, d.  h.  es  gibt  weder  ein  alts.  entig,  nnl.  eentig,  noch 
ein  ags.  äntig,  engl,  onty,  so  wenig  als  ein  ahd.  einzlc.  auch 
behauptete  sich  noch  lange  zeit  einig  in  der  bedeutung  von 
unicus,  wie  sp.  207  dargelegt  wurde,  seitdem  es  aber  zugleich 
den  sinn  von  Concors  (sp.  208)  und  den  geschwächten  von  aiiquis 
{sp.  209.  210)  annahm,  begann  für  unic^^s  die  Verstärkung  einzig 
um  sich  SU  greifen,  vielleicht  gieng  ihr,  wie  oben  gemulmaszl 
ist,  einfaches  einz  voraus;  wahrscheinlicher  wurde  sie,  wie 
einzel  (sp.  349),  adverbialem  einzcn,  einzigen,  ahd.  einazem, 
mhd.  einzigen,  zeinzigcn,  beinzigen  (mhd.  wb.  1,  42ö')  abge- 
sehen, adjcctivisches  einzic  taucht  ou/' tet  Eckhart:  were  der 
wurf  einzic,  165,  22  und  möglich  schon  früher  anderswo,  auch 
setzt  das  etwas  ältere  einziclich  bereits  einzic  voraus,  dessen 
Ursprung  also,  gleich  der  Schwächung  von  einic,  über  die  nhd. 
zeit  hinauf  reicht,  sahen  wir  doch  vorhin  auch  einzel  siugulus 
den  sinn  von  unicus  empfangen  und  wiederum  schwankt  die  be- 
deulung von  einzig  nach  mehrern  seilen.  Luthers  bibel  ver- 
wendet nur  einig,  niemals  einzig,  beide  Wörter  drücken  be- 
scbränkung  auf  die  einheit  aus. 

1)  einzig  begleitet  gern  die  possessiva,  zumal  bei  persön- 
lichen Vorstellungen:  mein  einziger  söhn,  deine  einzige  tochter, 
sein  einziges  kind,  unser  einziger  freund; 

dasz  könig  l'hiiipp  seinen  cinzgcn  solin 

an  seiner  knechte  schicchiesien  verkaufte.    Schiller  244'; 

lieb  kind!  mein  artig  herz!  mein  einzig  wcsen!    Göins  2, 12. 

um   allen  nachdruck  auf  einzig  zu  sammeln,    unterbleibt  auch 

das  subsl. :   mein  einziger '    du  bist  doch  mein  einziges !    sie 

blieb  seine  einzige ; 

ich  war  sein  einziger,  an  dem  er  alles  wandle. 
Flemimg  229, 

WO  man  lesen  möchte  'den',  doch  geben  alle  atisgaben  'dem'. 
sodann  auszerhalh  des  personenverhältnisses :  sein  einziges  ver- 
langen ist  zu  sterben ;  mein  einziges  vergnügen  ist  geige  zu 
spielen;  das  wiegen  gefiel  dem  kleinen  niägdclein  dermaszen 
wol,  dasz  wir  selbst  unsere  einzige  frcude  daran  sahen.  Fel- 
senb.  1, 235 ;  dieser  streich  war  also  mein  eintritt  in  eine 
solche  lebensart,  worüber  der  tcufel  in  der  hölle  seine  ein- 
zige freude  haben  mag.    2,  307. 

2)  ohne  possessivum  bezeichnet  es 

a)  das  eine,  alleinige:  'auch  nicht  viere?  (schafe)  fragte 
der  wolf  weiter  und  der  schäfer  schüttelte  den  köpf,  'drei, 
zwei?'  nicht  ein  einziges,  fiel  endlich  der  bescheid.  Lessing 
1, 100 ;  alle  einwohner,  bis  auf  einen  einzigen,  kamen  an  der 
pcst  um ;  die  orangen,  die  ich  bei  seile  gebracht  hatte,  die 
nun  die  einzigen  noch  übrigen  waren.    Gütue  16,  33 ; 

ein  einzig  wib,  zu  der  ich  hofl, 
setzt  mir  ein  bad  zu  dick  und  oft. 

Muriner  geuchm.  Hasel  1519  b3*  (Scheible  t.OOt); 

es  sol  ein  ieder  gouch  festeklich  gluuben,  sobald  in  ein 
frouw  nur  ansehe,  lach,  oder  ein  einzig  gilt  woit  gibt,  das 
si  im  von  herzen  holt  si.    et"  {Scheible  s.  918); 

der  mahler  nimmt  sein  bild,  und  sagt  kein  einzig  wort. 

Gkllkrt  1,  Itü; 
ein  einzig  mittel  ist  auf  erden.    1,  108; 
ein  einzig  wort  enthält  mein  ganzes  glück.    GOthk  9,343; 

das  einzige  ob,  worauf  ich  sehe.  Lessing  1,  217 ;  er  grif  die 
gemeinde  an  wie  einen  einzigen  mann.    Pestalozzi  2, 2S9 ; 

das  ganze  grosie  Gricchonlnml  bat  jetzt 

die  uugon  auf  mich  einzige  gerichtet.    Schillu  33t'; 

ihr  or.<ttor  blick  crspari  ihm  schon  din  wähl. 

das  bort  cntschcidt,  ein  vinzigs  Ificheln  ziehet, 

noch  eh  er  sich  besinnen  kann, 

und  retseil  ihn  an  ihren  bilden  an. 

Wiilahd  urth.  dt*  Ptiri*  539. 

/))  das  vorragende,  übermdehtige,  allein  vermögend«,  unver- 
gleichliche: 

du  vnrehrlest  noch  mehr  die  wcrlhon  rcxie  de«  bilden« 
einziger  kUnslIcr,  die  stet«  Ich  in  d.T  wi«rk«inH  hotaohl. 
GOTB«  1.277;     , 


357 


EINZIG 


ELNZIGERLEI  —  EINZUG 


358 


nichts  vorenthalten,  was  ihm  von  den  sonderbaren  gesängen 
und  bekenntnissen  des  einzigen  wesens  bekannt  geworden 
seL  20, 170 ;  von  diesem  einzigen  gemüth.    20, 169  ; 

ergrif  das  herz  mit  einziger  gewalt.    9,69; 

ich  grüsze  dich,  du  einzige  pbiole.    12,42; 

sie  wollten  frei  und  einzig  (allein  gebietend)  sein. 
Schiller  307'; 

ist  denn  die  ^one  ein  so  einzig  gut?  456'. 
c)  das  besondere,  eigenthümliche,  unbeschreibliche:  er  hat 
eine  einzige  art;  sie  sprach  das  mit  einer  einzigen  miene; 
ach  der  liebe,  der  einzige  klang,  wenn  die  absätzchen  auf 
den  boden  aufschlagen!  Göthe  19,170.  eine  muschel,  helix 
perversa,  heiszt  auch  'die  einzige',  nein,  das  ist  doch  einzig 
(sonderbar) ! 

3)  veraltete  bedeulungen  sind 

a)  die  von  allein,  einsam,  abgesondert: 

kah  und  einzig  ligeo.    Mcr:<er  geuchmatl  n4'; 

da  sagt  der  herr,  es  ist  nicht  gut,^ 

das  der  mensch  einzig  wohnen  thut.    Wickra«  irr.  bilg.  12; 

ein  kloster,  welches  einzig  im  feld  läge.    Vollwagen  50. 

b)  die  von  einig,  aliquis,  ellich:  dis  sind  die  fürnembsten 
stück  von  einzigen  dingen  für  gemeine  leut  zu  brauchen. 
Albertus  magn.  tceibergeheimnüs.  Frankf.  1569  p.  151;  weil  er 
die  geschlichte  tafel  meiner  seelen  ganz  lär  und  ohn  einzige 
zuvor  hinein  gedruckte  bildnussen  gefunden.  Simpl.  K.  61 
nach  ADGK;  als  einzige  seines  regiments  auf  fütterung  ge- 
west.  94,  wiederum  ADGK;  gleichwie  neben  dem  Spielplatz 
auch  einzige  Schacherer  und  Juden  zu  stehen  pflegen.  287, 
nach  ADG; 

ich  darf  mich  gar  nicht  kehren 

an  einzig  utigemach.    P.  Gebuard  27,  8. 

4)  einzig  wird  durch  den  Superlativ  noch  erhöht:  dasz  das 
menschengebild  am  vorzüglichsten  und  einzigsten  das  gleich- 
nis  der  gottheit  an  sich  trägt.  Göthe  17,  293;  die  ersten  und 
einzigsten  nachrichten  der  Urgeschichte.  24,  204 ;  gute  nacht, 
engel.  einzigstes,  einzigstes  mädchen,  und  ich  kenne  ihrer 
viele,  an  Auguste  Stolberg  8.  eine  andere  erhOhung  des  worts 
s,  eineinzig. 

5)  wie  vorhin  gesagt,  verwandle  die  frühere  spräche  den 
dat.  pl.  einzigen  neben  den  praep.  ze  und  bl  zu  adverbial- 
begriffen und  zeinzigen,  beinzigen  drückte  aus  singulatim. 
davon  ist  noch  ein  Überrest  bei  Mcrseb,  wenn  es  in  der  geuch- 
matl f2'  (bei  Scheible  s.  927)  heiszt:  so  oft  ich  uf  ein  gülden 
kum,  lasz  ich  ein  ring  machen  an  ein  ketten,  denn  wo  ich 
das  nit  thette,  so  ging  mir  das  golt  zu  einzigem  usz  den 
henden. 

EINZIG,  adv.  unice. 

1)  häufig  zur  Verstärkung  von  adjectiven: 
ja  wir  kommen,  wir  begleiten 

mit  dem  wolklang  der  gesänge 
fröhlich  im  verlauf  der  zeiten 
diesen  einzig  schönen  tag.    Göthb  2,35; 
und  von  deinen  einzig  treuen  lippen 
langbewahrter  liebe  baisam  koste.    2, 110; 
um  einen  groszen,  einzig  klugen  mann.    9, 135; 
die  musik  ist  einzig  herlich.    Bettine  br.  2, 124. 

2)  neben  dem  verbum:  ich  denke  ich  weisz  es,  was  meiner 
tochter  in  ihren  itzigen  umständen  einzig  ziemet.  Lessimg 
2,  181; 

nimm  dich  in  acht  vor  ihren  schönen  haaren, 
vor  diesem  schmuck,  mit  dem  sie  einzig  prangt. 

Göthr  12,215; 
wie  du  lebest  und  bist,  so  trag  ich 
einzig  im  herzen, 
theuerstes  mädchen,  dein  bild. 

WiLB.  ÜLZKN  im  götting.  musenalm.  1786. «.  127. 
2)  häufung  von  einzig  und  allein: 

sie  redete  den  blöden  schäfer  an, 

sie  sagt  ihm,  dasz  er  unter  allen 

ihr  einzig  und  allein  gefallen.    hosT  schäfererz.  22; 

mond,  du  freund  der  reinsten  triebe, 

schleich  dich  in  ihr  k.-iinmerlein, 

sage  ihr,  dasz  ich  sie  liebe, 

dasz  sie  einzig  und  allein 

mein  vergüügen,  meine  freude, 

meine  lust,  mein  alles  ist. 

(au«  dem  tied  guter  mond  du  gehtt  so  stille). 
damit  er  nicht  einzig  und  allein  aus  eben  dem  umstände  ab- 
gesondert scheine,  zu  dessen  beglaubigung  sie  ihn  anwenden. 
Lessinc  10,  69. 

4)  zuweilen  drückt  einzig  abstractes  nur  aus :  er  behauptete 
das  einzig  um  recht  zu  haben;  es  geschah  einzig  deswegen. 


einzig  dafür;  seine  wurzel  ist  einzig  mit  wenig  faselo  amb- 
geben.    Tabern'aemont.  749. 

5)  auch  fürs  adv.  gilt  Steigerung:  einzigst  geliebt,  einen 
beleg  des  comp,  liefert  Göthe  44,  11:  noch  immer  so  kräftig 
gerührt  von  dem  groszen,  und  o  wonne,  noch  einziger,  aus- 
schlieszender  gerührt  von  dem  wahren,  als  ehemals. 

EINZIGERLEI,  ulliusmodi,  für  ernigerlei,  wie  einzig  3' : 
dasz  sie  weder  durch  verheiszung,  sie  mit  dem  leben  darvcn 
zu  lassen,  noch  durch  einzigerlei  marter  hierzu  gezwungen 
werden  kunten.    Simpl.  K.  96.   ADGK. 

EINZIGKEIT,  f  gleichwie  Homers  einzige  griechische  Ilias 
nicht  zweimal  da  sein  kann,  also  dächte  ich,  könnte  auch 
nur  ein  einzigesmal  die  eine  . . .  Verdeutschung  . .  .  vorhan- 
den sein,  diese  einzigkeit  nird  mir  nun  zwar  vielleicht  in 
sich  wol  zugegeben.  Bürger  183'.';  dies  einzige  beispiel 
müste  schon  wegen  seiner  einzigkeit  wegfallen.  Wolfs  übers. 
der  ersten  horazischen  satire.    Berlin  lsl3  s.  11.  " 

EINZIGLICH,  unice,  mhd.  einzecüche :  einziglich  deswegen, 
unice  ob  eam  causam. 

EINZIGMäL,  semel  tantum: 

das  schwarze  schelmenaug  dadiein, 

die  schwarze  braue  drauf, 

seh  ich  ein  einzigmal  hinein, 

die  seele  geht  mir  auf.    Gotub  1, 19. 

man  darf  aber  auch  die  Wörter  trennen:  ein  einzig  mal. 

EINZING,  solum,  unice:  so  wellen  wir  dir  dieselben  drei- 
tausent  drewhundert  guidein,  und  darzu  ander  suma  gelt,  so 
du  bisher  auf  unser  gescheft  ainzing  ausgeben  hast,  . . .  v\ider 
zu  bezalen  verordnen,    urk.  Maxim,  s.  102  a.  1496 ; 

da  wil  ich  in  nit  einzing  zupfen, 

sunder  die  schwingfedern  ausrupfen.    H.  Sachs  III.  3,  22*. 

EINZLNGELN,  cingere,  includere:  die  Stadt,  den  feind  ein- 
zingeln. 

EINZLNSEN,  pensionibus  frui.    Stieler  2652. 
EINZIRKEN,     inserere,    altribuere,    einverleiben:    welchem 
königreiche  auch  diese  grafschaft  eingezirkt  gewesen.    Birkex 
OL.  110. 

EINZISCHELN,  insusurrare,  einflüstern. 
EINZLECHT,   singulatim,  einzeln:    weil  sie  {die  peitschen) 
nicht  einzlecht  hiengen.    ungr.  Simpl.  10. 
EITS'ZLICH,  singularis,  einzeln,  auch  unieus: 

meinen  sun  ihet  beschweren  hart 

die  einzlich  wonung.    Wicsrax  irr.  bilg.  85; 

ja  wer  hat  ghört  und  glesen  darvon, 

dasz  jemals  eim  einzlicben  mann 

das  glück  so  oft  gwend  hat  den  rück.    Atrkr  30*; 

dann  weil  das  ganze  reich  thut  stan 

auf  mir  als  einzlicben  person.    190'; 

in  dieser  einzlicben  halben  stund.    335'; 

wenn  nur  das  einzlich  Letn  nit  wer, 

dasselbig  get  mir  übel  ein.    402'; 

SO  möchte  ich  unangesehener  singularis  und  einzlich  {lestis 
singularis).  Atrer  proc.  1,9;  wan  ich  ein  einzlicben  solchen 
bürgen  von  dir  hett,  als  ich  dir  zween  setze.  1, 12 ;  darneben 
ihnen  ein  einzlichs  gebot  gegeben  hat.  1,16.  s.  einzellich, 
einziglich. 

EINZLICH,  singulatim:  da  doch  ihrer  einzlich  so  viel  man 
kaum  waren  als  der  unser  tausent.  Tob.  Kobeb  idea  mit. 
Christ.  1607.  E3. 

EINZÖLLIG,  unius  pollicis. 

EI.NZüCK,  m.  secessus  mentis  a  corpore,  enlzückung:  als 
ich  me  gesprochen  han,  were  der  mensche  alsA  in  eime  in- 
zucke  als  Sanctus  Paulus  was  unde  weste  einen  siechen  men- 
schen, der-  eins  suppelins  von  ime  bedorfte,  ich  ahte  verre 
be;;er,  da;  du  liegest  von  minne  von  deme  zucke  unde  dien- 
dest  dem  dürftigen  in  merre  minne.    Eckhabt  553,  39. 

EINZUCKERN,  inducere  saccharo: 

die  röihsten  lippen  musz  mein  bonigseim  besüszen 
und  den  zinohermund  mit  lächeln  zuckern  ein. 

LoHB.NSTEiM  bluin.  83; 
welche  ihre  liebe  für  unvollkommen  oder  nicht  für  genung 
eingezuckert  hielten.  Armin.  1,  731.    s.  überzuckern,  verzuckern. 
EI.NZUG,  m.  nach  bedeutungen  des  einziehens, 

1)  ingressus,  inlroitus:  ich  kenne  aber  deine  wonunge,  dei- 
nen auszug  und  einzug  (vulg.  egressum  et  introitum  tuum) 
und  dein  toben  wider  mich.  Es.  37, 28 ;  der  könig  h&lt  seinen 
feierlichen  einzug. 

2)  Irama,  wie  einschlag  und  aufzug.  vielleicht  gehört  hier- 
her folgendes:  die  heiligen  veter  haben  an  dem  spruch  [l  Mos. 
2J,  18)  alle   bücher  gehabt,    was  die  schrift  fassen  wil,   das 

23* 


359 


EINZÜGER  — EIS 


EIS 


360 


fasset  sie  alles  auf  einen  baufon,  das  man  nicht  darf  viel 
auszüge,  sondern  mehr  einzüge  niinthen.    Luther  4, 122*. 

3)  das  eimiehen,  sich  zurückziehen:  der  einzug  der  fühl- 
hörner;  der  einzug  der  seeie:  der  slAf  ist  niht  anders  wan 
ain  einzng  der  sele  auf  sich  selber,  also  spricht  Plinius. 
da;  versten  ich  also,  da;  der  sljf  sei  ain  einzug  der  werk 
der  aujwendigen  kreft  der  s^l.  diu  werk  sint  beeren,  sehen, 
smecken  und  der  andern  sinne  werk,  und  der  einzug  kümpt 
?on  dem,  da;  die  gaist  betrüebt  sint  oder  sich  inziehent  von 
der  glider  mücden.  Megenberc  8, 18 — 23.  diesem  schönen 
Worte  einzug  gen.  einzuges  kann  das  vorhergehende  einzuck, 
gen.  einzuckes,  innere  entzückung  unmittelbar  nahe  liegen, 
wie  sich  von  ziehen  zucken  herleitet. 

4)  schweizerisch,  einzug  haben,  unterschlauf,  heimliche  auf- 
nähme finden,  einen  verdächtigen  ort  besuchen,  auch  den  platz 
dazu  hergeben.    Gotthelf  10,  339. 

EINZÜGER,  m.  schweizerisch  l)  rentbeamter,  der  die  ab- 
gaben und  gefalle  einzieht.  2)  neu  einziehender  hausbewohner. 
vgl.  einzieher. 

EINZÜGLING,  m.  advena.  dann  si  vi!  inzügling  und  bur- 
ger angenommen  haltend,  die  one  alles  stöuben  und  strafen 
die  Stadt  Zürich  schantlich  übel  zuredtend.    Bullincer  2, 397. 

EINZWÄNGEN,  vi  adigere:  die  engen  Stiefel  einzwängen; 
wie  ich  mich  zuletzt  in  den  geborgten,  abgetragenen  grauen 
rock  einzwängte  und  die  kurzen  ürmel  mir  das  abgeschmack- 
teste ansehen  gaben.    Göthe  25,  349 ; 

dieser  cefällt,  weil  straf  er  den  gaul  einzwänget  im  zügel. 
Voss  Tibull  1,  5,  11. 

EINZWTIGEN,  inserere,  einpfropfen.    Stieler  2657. 

EINZWEIGUNG,  f.  es  ist  gnug,  wenn  ein  jeder  beizzweig 
drei  oder  vier  äugen  auszerhalb  der  einzweigung  mag  haben. 
Sediz  328. 

EINZWINGEN,  adigere,  wie  einzwangen :  einem  das  essen 
und  trinken  einzwingen,  einnvthigen;  wiewol  etliche  sich 
selber  hierzu  antragen  und  den  leuten  ihre  träume  fast  ein- 
zwingen.   Opitz  poeterei  8;  haare  in  papier  einzwingen: 

der  eine,  dessen  amt  der  locken  aufputz  war, 
entreiszet  dem  papier  sein  eingezwungnes  haar. 
Zachariä  1, 108; 

SO  sind  mir  allerlei  kenntnisse  spielend  beigebracht  worden, 
die  sonst  dem  knaben  eingezwungen  werden.  Käst.ners  werke 
1841.  4,193;  ohne  dasz  dichter  dieselben  einzwingen  durften. 
Herder  1,  80. 

EINZWITSCHERN,  minuriendo  accedere,  einschmellem :  die 
nachtigail  sang  und  der  sperling  zwitscherte  mit  ein. 

EIREN  für  eiern,  eine  so  gut  wie  bauren,  mauren,  feiren 
für  bauern,  mauern,  feiern  berechtigte  form,  H.  Sacus  x.  b. 
schreibt  eirenschmalz  II.  4,15*;  Megenberc  airn  für  eiern 
{oben  sp.  86). 

EIRER,  m.  mhd.  eieraere,  eierhändler. 
EIRUND,   ovatus,   wofür  wir  das  schönere  romanische  oval 
brauchen. 

EIRUND,  n.  oi?o/o  forma. 
macht  .  . .  fast  ei^  eirund.    Brockrs  3,  582; 
frei  und  heiter  zeigt  sieb  des  kopfes  zierliches  eirund. 

GöTUK  40, 285  und  290 ; 
jedem  eindnick  unem|i(anglich  aber 
blieb  verschleiert  sein  (des  spiegeis)  geschllfncs  eirund. 

^  l'LATEN  332». 

EIS,  n.  glacies,  ein  mit  fester  einstimmung  durch  alle  dia- 
lecte  laufendes  wort,  ahd.  ags.  altn.  fries.  mhd.  mnl.  Is, 
tchw.  18,  dän.  iis,  nnl.  ijs,  engl,  ice,  der  goth.  form  würden 
wir  erst  in  lliob  38,  29  gewahren,  sie  kann  nur  gelautet  haben 
eis.  unmittelbar  verwandt  scheint  das  mit  eis  die  Vorstellung 
des  glanzes  wie  der  härte  Iheilende  eisen,  und  hinzugenommen 
das  vorläufig  schon  unter  ehre  ip.  54  besprochne  ais,  erz,  er- 
reichen wir  die  formet  cisan  ais  isum  =  leuchten,  ^glänzen, 
aus  welcher  vielleicht  auch  der  ahd.  eigenname  Iso  flosz. 
während  goth.  ais  in  ahd.  ür  übergehl,  haben  As  und  -is  auch 
in  andern  Wörtern  »  behauptet;  das  ir.  eirr  schnee,  frott,  eU, 
gal.  eirc,  welsche  eira,  arm.  erc'h  zeigen  dennoch  r. 

Autzer  dieser  merklichen  berührung  ^halten  sich  alle  übrigen 
urverwandten  sprachen  fern  und  bilden  eigne  kreise,  lil.  ledas, 
tett.  leddus,  altsl.  ruis.  led",  bohm.  serb.  lad,  poln.  lud 
stoizen  an  russ.  cbülodnyi,  bühm.  chladny,  poln.  chlodny 
kühl,  folglieh  an  lit.  szaltas,  unier  kalt,  goth.  kalds  •=  tat. 
gelidus,  weUhrm  gelu  und  glaries  für  gelacies  unmittelbar 
tufallen.     glacies  ist  das  it.  ghiaccio,  diaccio,   ftanz.  glace; 


sp.  hielo,  yelo  geradezu  lat.  gelu,  und  dies  das  skr.  gala 
frigus,  aqua,  kühles  wasser,  das  gefrorne.  einem  dritten  kreise 
gehören  an  finn.  jää,  est.  jäa,  jiä,  wotjak.  ijä,  läpp.  Jen, 
jägna,  wozu  altn.  jökuU  mons  glacialis ,  ags.  gicel  sliria 
stimmen,  das  im  engl,  icicle  fortlebt,  den  vierten  bilden  gr. 
XQvos,  xov/ioe  (altn.  hriin  pruina,  nnl.  rijm),  woher  xavarahca 
glacio  und  xovaraXlos,  dessen  begrif  wieder  härte  und  glänz 
ausdrückt,  da  Wörter  der  wäi-me  und  kälte  oft  sich  einigen 
{vgl.  was  unter  backen  und  brunne  gesagt  ist),  so  kann  die 
vermutete  würzet  eisan  ais  von  weitem  umfang  und  tiefem  sinn 
sein,  mit  eise  schauer,  schrecke,  dem  es  einige  vergleichen, 
das  aber  aus  egise  entspringt,  hat  eis  gar  nichts  zu  schaffen. 
Bedeutungen  tmd  redensarten. 

1)  das  wasser  gefriert  zu  eis;  sein  blut  gerann  zu  eis; 
der  tlusz  geht  mit  eis;  ist  mit  eis  belegt;  das  eis  glänzt, 
blinkt,  ist  hell  und  lauter;  mhd. 

lüter  als  ein  is.    Wigal.  114, 19 ; 
das  eis  brückt,  baut  eine  brücke  (2,  416) ;  das  eis  steht,  stellt 
sich,  thürmt  sich ;  das  eis  trägt  den  mann,  den  wagen ;  starrt, 
klebt,  hängt  am  ufer; 

und  ein  verewigt  eis  umringt  das  kühle  thal. 
Hai.ler  ged.  s.  31; 

es  friert  eis  und  stein,  wie  man  gewöhnlicher  sagt  stein  und 
bein: 

fror  es  nur  nicht  lauter  eis  und  stein.    Bürger  55». 

2)  das  eis  thaut,  schmilzt,  kirrt,  knirrt,  knistert,  knackt, 
kracht,  bricht,  geht  auf;  das  eis  kommt,  geht  davon ;  das 
alte  eis  kommt  zum  thauen;  der  ström  wird  frei  von  eis: 

es  lacht  der  mai! 

der  wald  ist  frei 

von  eis  und  reifgehänge.    Göthr  1,  232. 

3)  das  eis  glänzt,  leuchtet  in  der  sonne,  schimmert  von 
ferne;  ist  hart  aufzuhauen;  glatt  und  schlüpfrig,  ahd.  häli, 
mhd.  hajle: 

ist  ein  man  auf  hälem  eis, 

der  go  vil  gmach,  so  ist  er  weis.    Hing  40*,  37; 

wan  so  ein  paur  wil  lern  statweis, 

so  gel  er  gar  auf  eim  halen  eis,    fastn.  349,  13; 

wenn  einer  ümblaufl  in  narrenweis, 

so  get  er  gar  auf  eim  häien  eis.    754, 14; 

wer  tanzen  wil  auf  hrilem  eis, 

dem  selben  zusluprt  gar  gern  ein  fusz.    1012,  10. 

4)  unter  das  eis  geben  heiszt  untergehen,  verschwinden : 
warum  seit  ir  ausgangen  und  kommet  allein  wieder,  jotzund 
musz  ich  gedenken,  mein  Theagenes  sei  unter  ein  eis  gangen. 
buch  der  liebe  204,  3 ;  so  gieng  endlich  auch  diese  gute  alte 
landessitte  unter  das  eis.    Pestalozzi  2,  250. 

5)  das  eis  brechen  heiszt  lange  gehemmtes,  stockendes  frei 
machen  und  lösen:  Christus  musz  den  Verdiensten  das  eis 
brechen  (loshelfen).  Fisciiart  bienenk.  106';  man  musz  den 
ersten  stein  legen,  das  eis  brechen.  Lehmann  21 ;  Georg 
Rodolf  Weckherlin  hat  ein  groszes  stuck  am  eis  gebrochen, 
als  er  im  1618  jar  die  zwei  bücher  seiner  öden  und  gesünge 
zu  Stutgarteo  ausgehen  lassen.  Rompler  worr.  s.  10 ;  wenn  im 
winter  ein  fuhrmann  das  eis  bricht,  das  weder  tragen  ninh 
brechen  will,  so  ist  ihm  gut  nachfahren.  OTHu.*raHÄ.t'n/r.  551 ; 
das  eis  ist  endlich  gebrochen,  wenn  nach  kälte  und  schweigen 
freundlicher  verkehr  und  Unterhaltung  in  gang  kommen. 

6)  einen  aufs  eis  leiten,  führen  bedeutet  ihn  verrälerisch  in 
gefahr  bringen  ttnd  kann  aus  der  fabel  von  Rcinhart  und  Isen- 
grim  erklärt  oder  auch  blosx  von  dem  schlüpfrigen  eis  ver- 
standen werden,  auf  dem  der  arglose  unversehens  strauchelt 
und  XU  boden  fällt: 

ey.  durch  waj 

w'iliu  viirbaj 

mich  Ol  ein  is  hie  leiten  t    pass.  K.  682,  80; 

da{  in  die  niu;t!n  alle  wis 

hreten  geleitet  df  ein  is.    tili.  ehr.  C501 ; 

mit  schmeirhclri  heiichlischer  vte.'i* 

in  gern  tu  Türen  auf  ein  eis.    II.  Sacus  V,  29*; 

sich  selbut  horcden  man  sei  weis, 

führt  andre  mit  sich  auf  ein  eis.    RiRcnnor  wendunm,  135*; 

dasz  satanas  mich  hier  aufs  eis  tu  führen  wähnet, 

ist  klar  genug.  Wiklamp  18,  87. 

7)  vom  schmelzen  des  ciscs  entnommen: 
crl«'iichien  npincn  »inn,  enirOnden  ihm  ein  hcisi, 
dadurch  in  ihm  zerschmollt  der  ».ighcii  knjio-i  on. 

LüGtu  2,  II ; 
n-eund,  da  Jeder  sich  Jetzt  n-eut.  da^z  mit  dmiins  winter*  n-Atien 
■ucb  des  laogeo  kriege«  eis  werde  scbmolioa.    3,  45,  *o. 


361 


EIS  — EISBÄR 


EISBART  — EISCH 


362 


I 


8)  vom  erbleidtenden  haar  des  alters,  man  sagt  eisgrau  wie 
schneeweisz ; 

weil  du  schwach  wirst,  aller  greis, 
weil  dein  kaltes  haupt  beschneiet, 
weil  der  maiten  glieder  eis 
schon  das  ende  prophezeiet: 
weil  du  wägst  das  letzte  lot, 

denk  an  gott!    Tschbrning /ruh/.  238; 
spät  in  dem  sommer  des  lehens 
sind  wir,  sie  fliehen  zu  schnell 
die  stunden,  brauche  sie  frölich, 
uns  macht  das  alter  zu  eis. 

Kabscuin  ged.  1792  s.  75; 
wie  hat  des  alters  eis  sein  schwarzes  haar  bereift. 
C.  F.  Wkisze; 

das  eis  des  alters.  J.  P.  uns.  löge  3, 168 ;  er  ehrte  am  Jüng- 
linge das  sanet  Elm  oder  Helenenfeuer,  wie  am  greise  das 
eis.  Tit.  1, 157 ;  ehrgeiz  und  zorn  des  greises,  welche  beide 
unter  dem  eis  seiner  haare  fortarbeiteten.    3, 122. 

9)  überhaupt  von  kälte,  fieberkälte,  todeskälte: 

welch  kalter  schauer 
befällt  mich;  Daja,  meine  stirne,  sonst 
so  warm,  fühl,  ist  auf  einmal  eis.    Lessi.^g  2,  204; 

das  eis  seiner  Ironie.  J.  P.  Tit.  3,  77 ;  nie  starrte  ein  solches 
eis  der  stirne  und  äugen  über  krampfhaften  lippen.  Hesp. 
1,  221 ;  er  brach  das  eis  des  todes  wieder  mit  kalten  bänden 
entzwei.    Tit.  5, 119  ; 

lieben  wollt  ich  wie  vordessen, 

könnt  ich  eines  nur  vergessen, 

das,  wie  es  in  mir  sich  rührt, 

mir  das  herz  mit  eis  umschnürt.    Rcckert  104; 

wol,  wenn  ins  eis  des  klügelnden  Verstandes 

das  warme  blut  ein  bischen  muntrer  springt.    Schillkr  12*; 

an  deinem  eis  kann  ichs  nicht  aushalten;  ja,  sagte  Philine, 
e«  müste  eine  recht  angenehme  empfindung  sein  sich  am 
eise   zu  wärmen  (vom  beifalt  des  publicums).    Göthe  18,  208. 

10)  Sprichwörter:  auf  dem  eise  ist  nicht  gut  gehen;  wenn 
dem  esel  zu  wol  wird,  geht  er  aufs '  eis  tanzen ; 

mhd.  der  herrea  hulde  ist  sam  ein  is, 
darumbe  ist  er  niht  vollen  wis, 
swer  üf  die  beide  biiwet  hö.  ilSII.  3,  66* ; 
ich  hän  üf  ein  is  gebüwen.    spiegelt.  161,5: 

wer  aufs  eis  will  bauen,  der  darf  kein  küchen  ins  haus 
machen.  Lehmann  71;  Ueisz  bricht  eis  (falsch  reimend,  zu 
der  zeit  entsprungen,  wo  man  auch  eisz  schrieb) ; 

die  baut  auf  schwaches  eis 
und  ist  nicht  scepters  werth,  die  weil  sie  scepter  traget, 
was  werther  hält  als  sich.  Grtphius  1,  4oS; 

^an  musz  die  leiite  im  zäum  und  zwang  halten,  sonst  wenn 
man  er  omnes  (herm  Omnes)  umbsonst  nerete,  würde  er  zu 
mutwillig  und  gieng  aufs  eis  tanzen.  Lcther  4,  220* ;  die 
pfaffen  aber  freuen  sich  hoch  über  des  Witzeis  lere  und  er 
ist  ir  vermeinter  messias,  der  sie  erlösen  wirt  zu  pOngsten 
uf  dem  eis.    Albercs  wider  Witzel  B  3'. 

11)  eis,  opus  dulciarium  glaciatum. 
s.  glatteis,  unserfraueneis. 

EISABKCHLUNG,  f.  dasz  der  Rheinwein  tei  seinen  krüften 
kein  die  edlen  eingeweide  angreifendes  feuer  yeibirgt,  also 
keine  wasservermischung,  wie  die  meisten  andern  weine, 
nicht  bedarf,  wie  wol  es  ihm  sowol  diese  vermengung  als  die 
eisabkühlung  zu  vertragen  an  kräften  nicht  mangelt.  Loejes- 
STEiN  Arm.  2,  300. 

EISÄCHTIG,  glacialis:  das  überfrorep  oder  eisächtig  hoch- 
meer,  glacialis  oceanus.    Frisics  605*.    Mjuler  128*. 

EISAMMEK,  f.  emberiza  mustelina. 

EISANDRANG,  m.  Impetus  glaciei.    gebildet  wie  blutandrang. 

EISAPFEL,  m.  franz.  pomme  de  glace,  eis  in  apfelgestalt 
zubereitet. 

EISBAD,  n. 

EISBAH.N,  f.  planities  glaäata,  nnl.  ijsbaan,  schw.  isbana : 
indem  ich  mich  zum  Schlittschuhlaufen  entschlosz  und  es  in 
kurzer  zeit  so  weit  brachte,  als  nölhig  ist,  um  eine  frohe 
und  belebte  eisbahn  mit  zu  genieszen.  Gütbe  26, 121 ;  übri- 
gens führte  er  seinen  Victor  mit  keinem  pedantischen  inarsch- 
reglemenl  auf  die  eisbahn  und  stechbahn  des  hofes.  J.  P. 
Hesp.  1,  230.     schon  Stiei.er  82. 

EISBALKE,  m.  der  schräge  balke  des  eisboeks. 

EISBANK,  f.  scamnum  glaciei,  schwimmendes  groszes  eisstück. 

EISBÄR,  m.  ursus  marilimus,  nnl.  ijsbeer,  tchw.  isbiürn; 
dann  ein  brummiger,  mürrischer  mann: 


als  mir  ihr  äuge  nicht  mehr  schien, 
wollt  ich  in  die  gehölze  fliehn, 
wollt  ich  wild,  wie  der  eisb.nr  sein, 
da  sollten  gras  und  erlenrinde 
*  für  immer  meine  nabrung  sein. 

KRKTSCHMA.N.f  im  musenolm.  1773  $.8; 

die   schöne  beguine  wachte  ganze  und  halbe  nachte  an  dem 
krankenlager  des  alten  eisbären.  Kl.  Scbmidt  kam.  dicht.  275. 
EISBART,  fTJ.  barba  glacialis: 
der  beschneite  hornune  stehet 
und  su-eicht  seinen  eisbart  auf.    Fleiirg  45. 

EISBAU.M,  m.  was  eisbalke. 

EISBEDECKT,  glacie  obsitus:  eisbedeckte  wiese,  die  vor 
dem  froste  überschwemmt  stand ; 

bis  an  der  gleischer  eisbedeckten  fusz 

erwartet  ich  und  fand  bewohnte  hüuen.    Schillkr  527'; 

drum  machten  wir  die  eisbedeckte  erde, 

den  harten  stein  zu  unserm  pfühl.    3S2*. 

EISBEHANGEN,  wie  eisbedeckt: 

Moscoviens  bär  mit  eisbehangnen  haaren 
dürstete  Friedrichs  blut.    ScHt;BARi  2,  407. 

EISBEHARNISCHT,  desgleichen: 

eisbeharnischte  stirne.    Brocees  1,  270. 

EISBEIFUSZ,  m.  artemisia  glacialis. 

EISBEIN,  fl.  OS  ischium,  hüflbein,  nnl.  ijsbeen,  schv.  isben, 
entstellt  aus  ischbein,  wieman  jetzt  auch  nnl.  ischheen  schreibt : 
ein  eisbein  wird  ein  halb  theil  von  dem  schlösse  genannt,  wann 
aber  beide  noch  beisammen,  so  heiszt  es  das  schlosz.  Tänzer 
s.  11,  vgl.  Weimar,  jb.  3,  346.     auch  eisknochen  hat  Frisch  1,  224". 

EISBEPäNZERT : 

Wonne!  dort  hebt  sich  die  ke«e  der  eisbepanzerten  alpen. 
meine  locken  umweht  reinere,  himmlische  luft.    Salis  105. 

EISBERG,  m.,  mons  glacialis,  das  vorhin  angeführte  altn. 
jökull.  bildlich,  rund  auf  die  wälder  hatten  sich  stille  eis- 
berge  aus  wölken  gelagert.  J.  P.  Hesp.  3,  216 ;  Flamin  wurde 
ein  eisber.g.  4,  95 ;  vom  morgenroth  der  Jugend  glühet  uns 
der  eisberg  der  menschenfreundschaft  lügend  an. 

EISBERGSTCCK,  n.  frustum  glaciei : 

hier  aber  war  was  besseres  noch,  musik, 
recht  ausgesucht,  um  seihst  ein  eisbergsiück 
aus  dem  gebiet  der  frostigen  stoa 
zum  lockersten  Stutzer  aufzuthaun. 

Kl.  Scruidt  kom.  dicht.  175. 
EISBLICK,  m.  ein  blick  kalt  wie  eis:  eisblick  wird  der 
weisze  Widerschein  der  langen  eisfelder  am  gesichtskreise  ge- 
nannt. Forster;  damit  ihr  um  euer  Sterbebette  statt  des 
gierigen  eis-  und  erbblickes  ängstliche  venveinte  äugen  an- 
treffet, die  das  erkaltende  leben  erwärmen.    J.  P.  38,  53. 

EISBLINK,  m.  repereussio  glaciei,  sehw.  isblinfc.  Karl  Lappes 
werke  1840  1, 14 ;  der  witz  gibt  gleich  dem  eise  zufällig  wärme 
und  zufällig  licht  oder  eisblink,  wenn  man  ihn  zur  ebene  ab- 
plattet.   J.  P.  aeslh.  2,  48. 

EISBLOCK,  m.  frustum,  irvncus  glaciei:  die  stri5mung  war 
nicht  hoch  und  stark  genug,  um  alle  in  den  wiesen  liegen 
gebliebne  eisblöcke  fort  zu  nehmen,  figürlich,  wie  du  mit 
einem  solchen  eisblock  und  eisbock  (oon  ehmann)  leben  willst 
J.  P.  Fibel  184. 

EISBLÜME,  f.  gefromer  dunst  an  den  fensterscheiben. 
EISBLUT,  n.  kaltes  blut: 

wie  manches  seltsam  abenteuer 

dem  eisblut  neues  lebensfeuer  (verschaft). 

Zachariä  hintert.  sehr.  1781  s.  79. 

EISBOCK,  m.  aries  glaciem  cohibens.    bildlich  wie  eisblock. 
EISBRECHER,  m.  was  eisbalke,  eisbock. 
EISBRUCH,  m.    1)  fractura,    ruptura  glaciei,    der    losbrach 
des  eises.    bei  H.  Sachs  I,  421*  wirft  der  sommer  dem  winter  vor: 
•        durch  dein  eisbrüch  vil  leut  ersaufen. 

2)  foramen,  ein  bruch  im  eise,  in  einer  eisßäche.  auch 
das  ins  eis  gehauene  loch,  um  welches  sich  die  fische  sam- 
meln.   MoNES  Zeitschrift  4,  81. 

3)  der  bruch,  das  brechen  der  äste  und  bäume  unter  der 
last  des  daran  hangenden  beim  fallen  gefromen  regens  oder 
Schnees,  vgl.  duftbruch,  schneebruch. 

FISCH>  deformis,  turpis,  foedus,  ein  seltnes,  nicht  leicht  zu 
beurtheilendes  wort,  das  allein  HENiscn  861,  60  aufstellt  und 
als  sächsisch  bezeichnet,     in  Laurexbergs  seherzged.  13  steht: 

dat  em  gniwde  vor  den  eisken  schlimmen  schmack, 
der   arznei    nemlich.     doch  die  folgenden  belege  stammen  von 
einem   hd.   freilich    aus  Holstein   und    einem    aus  der  Lausitz 
gebürtigen  Schriftsteller:   ein   kind,   als  es  von  seinem  vater 


363 


EISCH  — EISCHEN 


BISCHER— EISEN 


364 


wegen  einiges  Versehens  war  mit  der  rulhe  heimgesucht,  wurde 
nach  dem  abtritt  desselben  von  seiner  mutter  im  scherz  ge- 
fragt, üb  niclil  der  va\er  ein  eischer  mann  wäre,  ob  es  ihn 
auch  noch  lieb  hätte?  worauf  es  das  erste  verneinte,  das 
andere  bejahte.  Scriver  seelenschatz  1,627; 
poti!  in  der  woclie  zweimal  llciscb 

und  fesiiags  braten  gar, 
gelt,  gutes  herz,  das  war  nicht  ci<:ch, 
das  niöchtst  du  wol,  nicht  wahr? 

GoiTL.  Wu.  BuBUNJis  ged.  149. 
im  brem.  ivb.  1, 8  steht  aisk,  häszlich,  garstig,  ohne  erläu- 
ternde beispiele ;  im  holst,  idiot.  1,27  bemerkt  ScutirzE,  es 
werde  nur  zu  unartigen  hindern  gesagt,  doch  höre  man  auch 
ungezogene  kinder  sich  des  ausdrucks  gegen  zu  nachsichtige 
und  verziehende  eitern  bedienen  'aische  vader,  moderl'  bis 
diese  jener  eigenwillen  thun,  was  ganz  zu  Scri\eks  stelle  stimmt, 
auch  Stüresbcrg  3'  gibt  aisk,  eisk,  häszlich,  unsauber,  man 
denkt  dabei  stets  an  alaxos  schände,  ataxQos  schändlich, 
schmachvoll  und  schreibt  wol  darum  ai,  wofür  der  nd.  mundart 
mehr  ei  oder  e  zusagen  würde.  Schambach  verzeichnet  6'  aisrh 
häszlich,  schlecht,  unartig :  aisch  water  scÄ/ec/i/es  wasser,  en  aisch 
weg,  ein  schlechter  weg,  du  aische  kind,  du  böses  Icind,  hingegen 
55'  eisig  grauen  erregend,  letzteres  ist  offenbar  das  alls.  egeslic, 
um/,  eislijk,  ijsselijk,  mhd.  eislich,  ahd,  ekislih,  von  welchem 
also  jenes  aisch  oder  eisch  fern  zu  halten  wäre,  so  nahe  die 
Vorstellungen  schändlich,  häszlich,  scheuszlich,  greulich  einander 
treten  könnten,  nd.  ist  'dat  eisk'  ein  euphemismus  für  wolf, 
das  böse  oder  schreckliche  thier.  ganz  unverwandt  ist  ein  bei 
Stieler  32  aufgestelltes  eischlich  purulentus,  entstellt  aus  eisz- 
lich,  was  man  sehe. 

EISCH,  m.  postulatio,  appellatio,  forderung,  nnl.  eisch  :  naar 
den  eisch,  nach  verlangen;  een  eisch  doen,  etwas  verlangen. 
bairisch,  aisch  begern,  frist  fordern;  aisch  geben  fiist  geben; 
aisch  suchen,  sich  rechts  erholen  bei  einem  oberhof  Schmeller 
1, 123.  da  dem  rechtlichen  gesuch  die  bewilligung  zu  folgen 
pflegte,  so  erklärt  sich  wie  der  ausdruck  zugleich  das  verlangte 
und  gewährte  bezeichnet,     s.  das  folgende. 

EISCHEN,  poscere,  petere,  rogare,  exigere,  ahd.  eiscun 
(Graff  1,  493),  mhd.  eischen  iesch  und  eischen  cischele  {mhd. 
üb.  1,  425),  alts.  escon,  nnl.  eischen  eischte,  ags.  äscian,  ge- 
wöhnlich aber  mit  Umstellung  äcsian,  Axian,  engl,  ask,  fries. 
äskia,  altn.  askja,  schw.  äska,  dän.  äske,  ein  goth.  aiskjan 
liesze  sich  erwarten,  oder  gar  ein  redupUcierend-es  aiskan  aiaisk 
nach  jenem  mhd.  eischen  iesch.  urverwandte  anklänge  lägen 
in  poscere  poposci  und  postulare  für  poscularc,  t»  deren  an- 
laut  eine  partikel  verborgen  scheint,  zumal  wenn  man  die  mhd. 
zusammenziehung  vreischcn  vricsch  =  vereischen  veriesch  er- 
wägt; doch  käme  selbst  altn.  oska  optare,  schw.  önska,  dän. 
önske,  ahd.  wunscan,  ags.  vyscan  als  erweiterte  form  in  betracht. 

Dies  alte,  unsere  spräche  durchdringende  wort  verderben 
wir  nhd.  durch  ein  vorgeschobnes  h  in  heischen,  wofür  einige, 
z.  b.  Frisids  1026*.  1030*  sogar  höuschen  schreiben  {vgl.  hein- 
zeler,  hanzier  für  einzier  u.  a.  m.),  vielleicht  wirkte  die  nähe 
von  heiszen,  jubere,  mandare,  imperare  dazu  mit.  der  vocab. 
theul.  14S2  a6'  hat  noch  aischen  oder  vordem,  aischen  oder 
rufen,  laden,  scfwn  Luther  setzte  heischen  ßr  cischcn.  um 
so  mehr  verdienen  beispiele  der  haßenden  echten  gestalt  vor- 
gelegt zu  werden  : 

so  aischt  sie  erst  auf  ain  neues  futer.  fastn.  732,  7, 
to  begehrt  sie  von  neuem  futter;  die  bibel  von  1483  hat  iMos. 
23, 15  das  land,  das  du  eischest,  ist  vierhundert  gewicht  Sil- 
bers werd,  rulq.  terra,  quam  postuias,  qiiadringenlis  siclis 
argenti  valct;  Marc.  6,22:  eisch  von  mir  was  du  wilt  und 
ich  gib  CS  dir,  petc  a  me,  quod  vis,  et  dabo  tibi,  »o  Luther: 
bitte  von  mir  was  du  wilt,  ich  wil  dirs  geben ;  und  hab  nit 
gesehen  den  gerechten  verlassen  und  seinen  samen  aischen 
das  brot.  Henb.  Ammam«i  psalterion  37,  25.  andere  belege  bei 
ScHMELLeR  1, 123. 

EISCHEN,  n.  ein  kleine»  fiten:  ich  »ah  bald,  dasz  die 
eisen  de»  mcistcr  Jacob  zu  stark  waren,  er  richtete  wenig 
auB  und  mucbtc  dem  kindc  groszc  schmerzen,  ich  bat  er 
möchte  nur  eine  aciitelstundc  warten  und  inne  hallen,  ich 
lief  darauf  in  die  Werkstatt  und  machte  vom  feinsten  stahl  ein 
eitclicn  (feci  un  ferrolino  d'acciaio  llnissimo).  GOthk  31, 137. 
dtete  form  i$l  fehlerhaft  und  drückt  an  sich  kleines  eis,  nicht 
kleines  ciücn  aus;  to  hört  man  auch  hufeiscbco  ßr  hufeisen- 
chen und  eiolein  für  ciscnicin.  ähnlich,  aber  drutliclier  ist 
fadchen  ßr  fitdemcben,  brriscben,  liröslein  für  brOsenchen, 
brOtcDlein,  Clele  (t'tisius  57u')  für  Ofenle.    vgl.  eisen  ferreut. 


EISCHER,  m.  petitor,  bitter,  begerer,  enordrer.  voc.  theut. 
1482  ae'. 

EISCHHEIT,  f.  gebildet  von  eisch  häszlich :  o  meine  keusch- 
heit,  keuschheit!  schrie  die  Äbtissin,  'cischheil,  eischheit!' 
sagte  die  novitiatnönne.    Bodes  Tristr.  Shandy  7,  73. 

EISCHLICH,  defurmis:  eischliche  vettel,  spinfurnjcium.  Stie- 
ler 32.     s.  eisch  am  ende. 

EISCHUNG,  /■.  postulatio. 

EISDECKE,  f.  tegmen  glaciale,  das  bedeckende  eis,  die  eis- 
decke  eines  flusses,  baches,  sees,  teiches.  bei  einem  eisfall 
bildet  sich  auf  dem  boden  eine  das  gehn  erschwerende  eisdecke. 

EISDOHN,  m.  asterias  glacialis. 

EISDHUCK,  m.  druck  von  aufliegendem,  deckendem  eis.  der 
eisdruck,  d.  h.  des  beim  fallen  an  ästen  und  bäumen  gefrie- 
renden regens,  kann  in  wäldcrn  wie  an  Obstbäumen  viel  schaden 
thun. 

EISDRUSE,  f.  gcfrorner  quarz,     vgl.  eisendruse. 

EISEBENE,  /.  planities  glacialis:  höher  hinauf  eine  cis- 
ebene  ansteigen.    Arnim  kroncnw.  1, 112. 

EISEICHE,  f.  quercus  robur. 

EISELWUBM,  m.  oniscus  asellus.  Heniscu  866,  66.  LoNi- 
CERUS  kreuterbuch  332'.     s.  assel  1,  587. 

EISEN,  horrere,  expavescere.  Diefenbach  243*.  voc.  theiä. 
1482  gl',  ahd.  egisun,  mhd.  eisen;  nd.  it  aisede  mi,  es  graule 
mir.    brem.  wb.  1,  8. 

EISEN,  mhd.  Isen,  in  mehrfachem  sinn, 

1)  coagulare,  gefrieren  machen,  in  eis  verwandeln:  und  so 
derselbige  Spiritus  kompt  in  das  wasser,  so  eiset  ers,  coagu- 
lierts.    Paracelsus  2,87"; 

entsetzen  eist  dein  blut.    Koskcartens  ged,  (Grays  barde) ; 

zu  eisen  mir  das  warme  blut, 

die  dunkle  locke  mir  zu  blassen.    Ann.  von  Drostb  ged.  s.  199. 

2)  eisen  =  aufeisen,  anscisen,  glaciem  caedere,  removere: 
wasser  offen  zu  behalten  und  zu  eisen.  Kirchhof  mi/.  disc.  38. 

3)  intr.  gelari,  sich  mit  eis  belegen,  gefrieren,  ahd.  Isen 
(Graff  1,485):  es  hat  diese  nacht  geeist; 

und  der  Bober  eiset  nicht, 

Zephyrus  beseelt  das  land.    Tscherning  (1642)  s.  29, 

es  eist  mein  safl.    Kosegartbn  (schwanengesang). 

EISEN,  n.  ferrum,  goth.  eisarn,  ahd.  Isarn,  später  isan,  bei 
N.  isen,  mhd.  isen,  alts.  isarn,  nnl.  ijzen,  ags.  Isern,  iren, 
engl,  iron,  altn.  jarn  für  iarn,  schw.  dän.  jern,  in  welchen 
nordischen  formen  rn  haßet,  das  s  der  ersten  silbe  unterdrückt 
scheint  {wie  in  lat.  coena,  pomum  für  coesna,  posnuitn).  sie 
sclilieszen  sich  aber  ans  ir.  iaran,  iarran,  iarun,  welsche  haiarn, 
arm.  houarn,  was  desto  mehr  bedeutet,  da  wir  auch  zwischen 
eis  und  keltischem  eirr,  eira  einstimmung  wahrnahmen,  für 
eisarn  bleibt  also  auch  die  für  eis  angenommne  würzet  glaub-' 
lieh ;  wie  der  kristallstein  wörtlich  aus  gefrornem  wasser  ent- 
sprang, konnte  auch  der  glänz  des  metalls  auf  eis  zurückge- 
führt werden,  abgelegen  sind  die  übrigen  ausdrücke  urver- 
wandter sprachen,  lat.  ferrum,  it.  ferro,  sp.  hierro  (vgl.  doch 
ir.  iarran),  franz.  fer;  gr.  oiSrjQoe,  sl.  ieljezo,  poln.  ielazo, 
böhm.  zelezo,  lit.  gelezis,  lett.  dselse  und  finn.  rauta,  läpp. 
ruoute,  ruovde,  vgl.  lat.  rudus. 

Bedeutungen. 

1)  eisen,  das  metall:  a)  gold,  silber,  erz,  eisen,  zin  und 
blei.  4  Mos.  31,  22 ;  silber,  gold,  ei-z,  eisen.  Jos.  22,  8 ;  hun- 
dert tausent  centner  golds  und  tausent  mal  tausent  cenlner 
Silbers,  dazu  erz  und  eisen  on  zai.  1  f/iror».  23, 14 ;  die  füsze 
und  zee  eins  teils  thon  und  eins  teil  eisen.  Dan.  2,41;  ein 
land  des  steine  eisen  sind,  da  du  erz  aus  den  bergen  bawcst. 
5  Mos.  8,  0 ;  eisen  bringet  man  aus  der  erden  und  aus  den 
steinen  schmelzt  man  erz.  Iliob  28,2;  er  achtet  eisen  wie 
stro  und  erz  wie  faul  holz.  41, 18.  zeilaller  von  gold,  silber 
und  eisen;  unsere  zeit  von  eisen,  mit  der  zeit  wurde  das 
eisen  dieser  heile  (in  den  fasces)  aus  silber  gemacht.  Win- 
KELiiANN  5,88.  die  regeln  sind  das  eisen,  womit  man  das 
gold  hervorhebt.  J.  P.  grönl.  proc.  2,  6.  in  diesem  strich  schicszl 
eisen  (t-j/.  eisenschüssig),  in  diesem  sumpf  schlügt  eisen  nieder, 
setzt  eisai  an. 

b)  harte,  festigkeit,  dauer,  tchwere  des  cisens :  der  mann 
iit  von  ei-Hcn;  sein  herz  war  von  eisen;  Epiktct  und  andere 
Stoiker,  aus  eisen  gebildete  mannen  J.  P.  Tit.  3, 13S ;  er  ist 
nicht  von  eisen,  läszt  sich  durch  bitten  erveichen;  da  er  die 
Zuneigung  gewahrte,  liesz  er  «ich  auch  merken,  dasz  er  nicht 
»on  eisen  wäre.  pol.  storkf  200.  eisen  schwimmt  nirhl,  tinkt 
unter;  da  schwom  da»  eisen.   2kön.  6,0.     eisen  ruslvU 


365 


EISEN 


EISEN 


366 


c)  der  strausz,  gaukler  und  prahler  fressen,  rerschlingen 
eisen : 

6r  dunket  sich  so  rsje, 

er  get  an  froun  Gepun  bant. 

seht,  waj  er  isens  iraeje.    MS.  2,  75'; 

hei  wa;  ir  isens  äjet, 

do  ir  üf  dem  hengste  säjet.    Helmbr.  1749; 

ob  sich  der  ungefüege  man 

ouch  isen  e^jen  liünde.    Sigenot  14. 

*,  eisenfresser,  eisenbeiszer. 

d)  eisen  graben,  schürfen,  schmelzen,  schmieden,  häm- 
mern :  eisen  zeugen,  erzeugen,  es  aus  den  eisenerzen  oder 
eisensteinen  gewinnen;  man  soll  das  eisen  schmieden  wann 
es  glüht;  der  hartnäckige  mann  wüste  nur  zu  wol,  dasz  es 
einen  gewissen  moment  gibt,  wo  allein  das  eisen  zu  schmie- 
den ist.    GöTHE  17,  399; 

wir  schaffen  s  eisen, 

sie  schmieden  ketten.    41, 141, 

2)  verarbeitetes  eisen  au  jper,  schwert,  haue,  pflugschar, 
hußeschlag,  fessel,  geräth. 

a)  und  das  eisen  seines  spieszes  hatte  sechs  hundert  sekel. 
1  Sam.  17,  7.  vgl.  spereisen ;  scharfes,  schneidendes,  stumpfes 
eisen ; 

wo  vom  geschrei  und  TOm  geklirr  der  eisen 

die  lufl  erbebt.  Scuillkb  32'; 

wo  des  Aeaciden  mordend  eisen 

dem  Pairoklus  schrecklich  opfer  bringt.    114'; 

blanke  spiesze  führen  jene, 

diese  flechten  schnelle  faden, 

dasz  man  glaubt,  in  ihren  schlingen 

werde  sich  das  eisen  fangen.    Göthb  2,  108. 

das  schwert  heiszt  das  kalte  eisen : 

des  groszen  balgens  dich  enthah, 
das  man  dir  wider  nicht  das  dach 
mit  emem  kaUen  eisen  flick, 
und  runder  fliehen  eilich  stück. 

Ri.^GWALD  l.  tearh.  119; 
der  inen  nach  ampts  gewall 
mit  strick,  rad  oder  eisen  kalt 
musz  ihre  büberei  vertreibn.    1S2; 

da  erschrack  ich  vor  dem  kalten  eisen  {dem  gezognen  bloszen 
degen).  Weise  erzn.  81;  dasz  er  hiermit  ein  kaltes  eisen  von 
sich  gab,  welches  ihm  in  wenig  wocben  den  lebensfaden  ab- 
kürzen würde.    Felsenb.  1, 164. 

b)  das  heisze  eisen  ist  die  geglühte  pßugscbar,  vomeres 
igniti  {RA.  913.  914),  wie  schon  den  Skythen  ein  heiliger  pßug 
glühte  (Herod.  4,  5) ;  tnhd.  daj  heije  isen  tragen,    s.  pflugeisen. 

c)  bergmännisch,  schlegel,  eisen  und  ein  tüchtiger  bammer. 
GöTHE  21,40. 

d)  fuchsen,  Wolfen  legt  man  eisen.    Göthe  14, 189 ; 

wie  im  eisen  der  fuchs 

lagt  ein  alter  höllenluchs.    12,  67. 

e)  Pferde  werden  mit  hufeisen  beschlagen, •  eine  herberge, 
vermutlich  schmiede,  wo  man  einkehrte,  um  neuen  beschlag  zu 
erhalten,  hiesz  'zu  den  abgeritten  eisen',  fastn.  sp.  793, 14. 
sehr  häußg  aber  ist  die  euphemistische  anwendung  auf  gefal- 
lene dimen,  von  denen  es  heiszt,  dasz  sie  ein  eisen  ver- 
loren, abgeworfen,  abgetreten,  abgeren  nt,  ver- 
rennt haben: 

do  sprach  einer,  der  mir  s^s  gunt, 

ich  nett  ein  eisen  abgerant.    fastn.  248, 30 ; 

do  kom  einer,  der  mir  vil  guts  gant, 

und  sprach  'sie  hat  ein  eisen  abgerant'.    702,31; 

die  auch  ein  eisen  hat  verrennt.    H.  Sachs  I,  514*; 

ob  ich  schon  hab  ein  eisen  abgrcndt.  Atrer  437'; 
ein  jungfraw,  die  uf  der  reise  nach  dem  Venusberg  ihren 
mutwilligen  röslein  ein  eisen  abgerennt.  facet.  facetiar.  420; 
darfst  nit  gedenken,  dasz  dein  weih,  dein  tochter  wider  züch- 
tiger zu  haus  komm,  sie  wirt  gewislicb  ein  nagel,  wo  nit  ein 
ganz  eisen  an  disem  reien  verrent  haben.  Petr.  28';  da  von 
einem  jungfrawenmägdlin,  das  ein  eisen  abgeworfen  hat  und 
einem  andern  vertrawet  ward,  der  sie  für  eine  jungfrauw 
nam,  die  rede  war.  Lctoers  tischr.  313';  item,  weil  man 
damals  niemand  inn  (=  in  den)  orden  stiesz,  schmisz  und 
risz,  als  etwann  gestampfte  frawen  und  jungfrawen,  die  etlich 
eisen  abgeworfen  hatten.  Garg.  272';  'eisen  abwerfen'.  166* 
unter  den  spielen  n*  22t  angeführt;  dieses  aber  war  ein  ge- 
wisses zeichen,  dasz  sie  ein  eisen  oder  etliche  verloren  halte. 
Philand.  1,392;  in  ihrem  dorf  halte  man  diejenige  für  ein 
hur,  welche  noch  in  ihrem  ledigen  stand  ein  eisen  abgetre- 
ten.   AnEiE  3, 123. 


NocA  öfter  begegnen  andere  von  den  hufeisen  und  der  spur, 
die  sie  eindrücken,  entnommene  redeweisen.  einem  in  die 
eisen  sehen  heiszt  bei  Stieler  372  proximis  vestigiis  ur- 
gere,  d.  i.  alle  seine  Iritte  und  schrille  belauschen,  die  fusz- 
spur  des  reiters  verfolgen:  man  lugt  dir  zu  fast  auf  die  eisen. 
Keisersberg  Spinnerin  e3';  man  sieht  im  auf  die  eisen,  has 
im  Pfeffer  Ee  6' ;  lugten  einander  uf  die  eisen,  seh.  und  ernst 
1550  cap.  16 :  wann  ein  vater  ein  frommes  kind  wil  ziehen, 
sol  er  im  alzeit  auf  die  eisen  sehen  und  die  freie  luft  kei- 
neswegs verstatten.  Bctschkt  kanzl.  353.  Keisersberg  sagt 
auch  omeisz  23*:  das  ist  der  eng  weg,  da  ein  mensch  im 
selber  uf  die  isen  luget  was  er  thü  {auf  sich  selber  acht  hat); 
und  nochmals  23*:  was  seind  die  füsz  der  seien  dan  die  be- 
gird?  die  soltu  strafen  und  dir  selber  uf  die  isin  lugen, 
nic/i/ anders  einem  i n  den  eisen  liegen,  sein,  sitzen: 
Nero  käme  dahin,  das  er  sein  mutter  beschlief  und  zu  letst 
tödten  liesz,  als  die  im  in  eisen  lag  und  seinen  willen  auf- 
hielt {hemmte).  Frank  deutsche  chronik  21*;  drumb  setzete  ihm 
der  könig  durch  Nürnberg  und  Schwaben  nach,  lag  ihm  im- 
mer in  den  eisen  {folgte  ihm  auf  dem  fusz  nach).  Micrälics 
5,295;  alleine  der  feind  lag  uns  tag  und  nacht  in  eisen. 
LoHENST.  Arm.  1,  475;  ich  versteckte  aber  zweierlei  starke 
hinterhalte,  davon  einer  bei  erfolgendem  ausfall  alsbald  in 
die  Stadt  drang,  der  ander  den  fluchtigen  in  eisen  lag  (nach- 
setzte).  1,485; 

vor  allen  aber  musz  der  Teuische  sich  recht  weisen, 
die  feinde  sind  ihm  jetzt  fast  t.-iglich  in  den  eisen. 

Cbrist.  GRTPHiuspoef.  wäld.  2.  364; 
sind  aber  den  Croaten  immer  in  den  eisen.  Bommel  8,  453 ; 
wenn  die  Athenienser  sich  zurückzogen,  so  saszen  sie  ihnen 
in  den  eisen  {verfolgten  sie)  und  schoszen  mit  wurfspieszen 
unter  sie.  Hermanns  Thucyd.  274 ;  weil  sie  dem  feinde,  so- 
bald er  wich,  in  den  eisen  saszen.  502;  die  feinde,  welche 
ihnen  in  den  eisen  saszen,  machten  ihnen  den  Übergang 
vollends  schwer.  1022.  gleicKviel  ist  gehen,  stehen,  tra- 
ben in  die  eisen:  er  ist  mir  stets  als  der  ärgste  feind 
in  die  eisen  gangen,   pers.  baumg,  1,  6 ; 

er  wird  mit  seinem  beer  mir  in  die  eisen  gehn. 

Chr.  GRTPHiLspöef.  icaW.  1,128; 

du  aber  wollest  ihm  mit  seinem  eignen  säbel 

recht  in  die  eisen  gehn.  2,  198; 

so  gehts,  wer  allzu  viel  wil  haben 

thut  ihm  selber  in  die  eisen  traben  (stellt  sich  selbst  nach*) 
Wai-dis  Esop  3,  72  6/.  171* ; 
da  nun  die  papislen  , , ,  leicht  zu  erachten  betten,  das  dieser 
kriegsmann  (Vogelsberg)  ihnen  sehr  in  die  eisen  traben  (hinter 
ihnen  her  sein)  wurde.  Sastrowes  herkommen  2, 169 ;  dem 
feind  auf  die  eisen  nachsetzen.  Wallersteiss  briefe  s.  68 
(a.  1627). 

f)  fessel,  kette:  sie  zwungen  seine  füsze  im  stock,  sein 
leib  muste  in  eisen  ligen.  ps.  105, 18 ;  die  da  sitzen  musten 
im  finsternis,  gefangen  im  z,wang  und  eisen.  107, 10 ;  in  block 
und  eisen;  in  eisen  legen  und  schlagen;  wollen  wir  ihn  in 
die  eisen  slahen  lassen.   Wickram  rollw.  29'; 

und  leszt  etwan  den  herrn  fahen, 

im  thurn  in  die  eisen  schlahen, 

bis  das  er  im  sein  schuld  bezal,    H.  Sachs  III.  3,  71'; 

bis  die  schirganten  den  alten  narrn 

mit  sich  gführt  haben  in  die  eisen.    iVTRKR446'; 

was  man  für  schreiet  leut  und  gsind 

hie^umben  auf  der  gassen  lind, 

das  soll  wir  führen  in  die  eisen.    447*; 

Brune  sprac  'ic  bebbe  liever  in  de  risere  (in  den  freien  wald), 

dan  hier  te  ligghene  int  isere.    fleinaert  3-170 ; 

alsdan  sollen  die  nachpauren  den  stock  zuschlagen  und  davon 
gehen,  und  so  ihme  gott  verhelfen  würde,  das  er  aus  dem 
eisen  kommen  würde  in  die  reiser,  alsdan  sollen  die  nach- 
pauren weiter  kein  schuld  haben,  weisth.  2,  307 ;  besser  in 
den  reisern,  dann  in  den  eisern,  kluge  weise  reden  1565,  299", 
hier  hat  sich  noch  die  alte  form  eisern  ßr  eisen  bewahrt. 
in  die  eisen  stehen  will  sagen  sich  fesseln  lassen:  dasz  er 
entweder  den  sclaven  zahlen  oder  in  seine  eisen  stehen  muste. 
Heberers  leben  2,  22*4,  vgl.  einstehen,  eintreten  ßr  einen. 

g)  eisen  bedeutet  noch  mancherlei  aus  eisen  geschmiedetes 
geräth,  z.  b.  das  eisen  vor  der  thür,  zum  eintritt  in  den  wagen, 
das  eisen  an  kleidern,  stadtordnungen  des  16  ;A.  verboten  den 
frauen  grosze  eisen  und  Wülste  unter  dem  rock  zu  tragen, 
altes  eisen  heiszt  unnützes,  nicht  weiter  brauchbares  geräth : 
y^avi  aiqifoi,  alte  Jungfer,  die  nun  unter  das  alle  eisen 
gerechnet  wird.  fac.  facet.  393;  sich  ins  alte  eisen  geben. 
PaiLA.>(D.  lugd.  5,  323 ;  und  doch  wollte  ich  lieber  nicht  allein 


367 


EISEN  —  EISENBAHNNETZ 


diesen  einen  versikel,  nicht  allein  den  ganzen  Marcus,  niclrt 
allein  alle  vier  evangelisten,  sondern  gerade  zu  das  ganze 
neue  lestament  mit  sammt  der  Offenbarung  unter  das  alte 
eisen  werfen,  als  mir  erlauben,  einem  einzigen  orte  darin  so 
mitzuspielen,  als  sie  dem  versikel  des  Marcus  mitzuspielen 
sich  erdreistet.    Lessing  10, 93. 

j.  aderlaszeisen,  armeisen,  brandeisen,  brecheisen,  brenn- 
eisen,  brummeisen,  bügeleisen,  erdeisen,  feuereisen,  fuszeisen, 
grabeisen,  guszeisen,  halseisen,  handeisen,  hebeisen,  hufcisen, 
kemeisen,  kräuseleisen,  münzeisen,  pflugeiscn,  reibeisen,  roh- 
eisen,  rohstabeisen,  rftseisen,  rosteisen,  Schmiedeeisen,  schrot- 
ejsen,  speereisen,  stabeisen,  thüreisen,  webereisen. 

EISEN,  ferreus,  sollte  den  buehstaben  nach  bedeuten  von 
eis,  nicht  von  eisen,  welches  eisenen,  mhd.  tsenin,  tsnin  oder 
eisern,  goth.  eisarneins,  ahd.  isarnin,  mhd.  Iserin  forderte. 
eisen  ferreus  gleicht  also  dem  eislein,  eischen  für  eisenlein, 
eisenchen,      der   fehler   ist  aber  uralt,   denn  schon   Otfried 

schreibt  1. 1,  70 : 

zi  nuzze  grebit  man  ouh  thär  6t  inti  kuphar, 
joh,  bi  thia  meina,  isind  steint, 
unter  welchen  eisensteinen  er  sich  sicher  kein  eis  vorstellte, 
sein  metrum  hätte  ihm  leicht  gestattet  SsninÄ  zu  setzen,  was 
in  keiner  hs.  ist.  die  häußgen  composila  mit  eisen  scheinen 
das  unorganische  adj.  herbeizuführen,  das  sich  bei  Dasydo- 
DiüS  72',  Serranüs  h5',  Frisius  556*,  Maaler  129'  findet,  welche 
letztem  doch  eisin  setzen.  Luther  schwankt  zwischen  eisen 
und  eisern,  führt  doch  in  der  bibel  dieses  durch,  nur  ps. 
107,16  findet  sich  eisene  rigel,  mit  der  Variante  eiserne;  so 
ist  nu  ir  ander  bestes  stücke  der  Spruch,  welchen  Ecolam- 
pad  rümet,  er  sei  seine  eisene  maure.  3,358';  so  ists  ge- 
wislich  auch  falsch,  das  dis  seine  eisene  maure  sei,  denn 
ich  glaubs  fast  schwerlich,  mich  dünkt  sie  sei  papiren,  möchte 
aber  vieleicht  eisene  färb  haben,  daselbst,-  drumb  ist  fürwar 
dieser  spruch  der  allersterkste  grund  und  ein  rechte  eisene 
maure.  482;  diese  steinherzen  und  eisene  seelen.  8,63';  deren 
etlich  eisine  ring  durch  das  underlepfs  haben  hangen.  Frane 
weltb.  17';  grosze  und  köstliche  gebew  het  ein  zimmerman 
gemachet  und  gar  manchen  eisnen  und  hülzern  nagel  ver- 
schlagen, seh.  u.  ernst  1555  cap.  439  (1550  cap.  237  eisinen 
und  hülzenen) ;  die  eisene  thür.  buch  der /tefte  273,  3 ;  eisene 
Stangen.  274, 1 ;  ein  eisen  anbosz.  kluge  weise  reden  29' ;  und 
nim  ein  eisenen  pfannenstiel.  Sedter  124;  und  Christus 
zuschmeiszet  sie  mit  seinem  eisenen  scepter.  Mathesids  98*; 
so  er  gefangen,  mag  er  allein  mit  eisenen  kolben  getödtet 
werden.  Forer  201';  das  viert  thier  hat  grosz  eisene  zän. 
Reiszser  Jerus.  2,  73' ;  eisne  zän.  2,  83' ;  man  dient  lieber  in 
güldenen  als  eisenen  ketten.    Lehmann  143; 

in  schweren  eisnen  banden.    Rompler  14; 

der  abgerrättet  hals  musz  cisne  joch  ertragen.    31 ; 

ein  eisens  joch  dir  auf  den  hals  zu  legen.    89; 
und  schlieszt  sie  wie  die  hund 

an  eisne  kälen  an.    152; 

die  eisne  zeit  ist  unter  leuten,  die  göldnc  zeit  ist  bei  gerichten. 
LocAU  3,  136,  100 ; 
eisene  kugel,  eisenes  herz.  Spee  <;.  (u^endö.  297.  437 ;  in  einer 
eisenen   ruthen.    Hl.     später   weicht   dies    eisen    überall  dem 
eisern,     s.  auch  eisenen. 

EKSENABLAGEBUNG,  f.  eisenerzlager,  abgelagertes  eisen. 
EISENACHSE,  f. 

dhauf  rollte  Hebe  schnell  die  räder  her, 

schob  sie  des  wagens  eiscnachsen  an.    06io»  166V 

EISENADER,  f  vena  ferri. 

EiSE.NABBEIT,  f.  sowol  das  arbeilen  als  da*  gearbeitete, 
gefertigte. 

EISENARTIG,  ferrugincus. 

EISENARZNEI,  f  potio  ferro  medicata. 

EISENALTLÖSÜNG,  f.  solutio  ferri. 

EISENBAD,  n.  *so  die  fraw  gebadet  hat  in  alaunbad,  eisen- 
bad  oder  salzbad.    Röszlins  hebammenbüehlin  bl.  20. 

EISENBAHN,  /.  orbita  ferrea,  it.  strada  ferrala,  franz.  chemin 
de  fer,  engl,  railroad  =»  schienenbahn,  schw.  jcrnbana,  jernväg, 
ruii.  feljeznaja  dorüga,  poln.  kolöj  fclazna,  shv.  icljezaica 
u.  f.  v. 

EISENRAHNABBEITER,  m.  unterm  volk  cUenbabner. 

EISENBAHNKAHRT,  f 

EISKNMAIINGKSELLSCHAFT,  f. 

EISENBAHNHOF,  m. 

EISENBAHNNETZ,  n.  die  wie  fdden  tint$  nelxes  sich  aui- 
breilende  Verbindung  von  eitenbahnen. 


EISENBAHNWAGEN  —  EISENDOCKE   368 

EISENBAHNWAGEN,  m. 
EISENBAHNZUG,  m. 
EISENBAND,  n.  vinculum  ferreum: 

und  wie  mit  ciscnbanden  bleibt  die  seele 

ins  innerste  des  busens  dir  geschmiedet.    Götbk  9,  6. 

EISENBÄNDIGER,  m.  domitor  ferri,  faber: 

selbst  Vulcan,  der  eisenbändger, 

reicht  uns  seine  gulierhand.    Körmer  1, 114. 

EISENBART,   m.    alcedo  piscator,    eisvogel.     beruht  wieder 
auf  Verwechselung  von  eis  mit  eisen. 
EISENBAUER,  n.  cavea  ferrea: 

das  cisenbaur,  worin  er  lag, 

wird  aufbewahrt  bis  diesen  tag.    BGrgir  2&*. 

EISENBAUM,  m.    1)  sideroxylon,  ein  hartholziger  bäum. 
2)  hebeisen,  vectis^  ferrea. 
EISENBEEBE,  f  Crataegus  torminalis. 
EISENBEISZER,  m.  circulator,  jactator,  gaukler,  prahler: 

mhd.  zu  ßerne  wire  du  ein  isenbi;, 
zu  fliehen  siH  dir  hie  der  fiij, 
din  schando  wil  sich  meren. 

Hagf.ms /tcldcnbuch  2,  352; 
nhd.    ich  bin  der  eisenbeiszerkncchi. 

MuRJiKR  Schelmenzunft  9*  {Schcible  832) ; 

eiszenbeiszer  thun,  als  wollen  sie  allen  menschen  in  einem 
streich  die  obren  abschlagen.  Wickram  rollw.  51 ;  man  hat 
sein  hochmut  gelegt,  es  hat  ein  leutfresser  einen  eisenbeiszer 
gefressen.  Frank  sprichw.  1,  160';  die  im  eisenbeiszer  Mars 
verirret  sind.  Fischart  groszm.  69;  dieser  spitzknecht,  eisen- 
beiszer oder  lotterbuben  gebrauch,  art  und  sitten  ist  nichts 
werth.  Fronsperg  1, 111*;  also  haben  auch  die  pflüge  auf  dem 
feld  und  der  arme  baursman,  gegen  welchen,  wie  auch  den 
alten  mütterlein,  die  im  hanf  und  flachs  gesessen,  die  eisen- 
beiszer insonderheit  ihre  groszmütigkeit  stattlich  scheinen  las- 
sen, in  seiner  feldarbeit  nicht  sicher  sein  können.  Reinhard 
werth.  ded.  1,243";  da  lag  der  frefle  eisenbeiszer,  dtr  so  we- 
nig darnach  gefragt,  wann  es  musquetenkugel  hagelte,  als 
wann  es  linde  Schneeflocken  gerisselt  hätte.  Simpl.  vogelnesl 
2,  23  s.  471.     s.  eisen  1,  c  und  eisenfresser. 

EISENBERG,  m.  mons  ferri,  ferraria,  eisengrube. 

EISENBERGWERK,  n.  ferraria. 

EISENBESCHLAG,  m.  firmamentum,  legumentum  ferreum. 

EISENBLECH,  n.  lamina  ferrea: 

was  sie  an  eiscnblech  und  waffen  Iragen, 
stürzt  krachend  auf  den  boden  bald  und  bald. 
Griks  Bojardo  2,21. 

EISENBLUME,  f.  flos  ferri,  weiszer  tropfstein,  der  zuweilen 
auf  eisensteinen  erscheint,  auch  cisenblüte,  eisenbcschlag  ge- 
nannt. 

EISENBLÜTE,  f.  das  vorige. 

EISENBOHBER,  m. 

EISENBAND,  m.  magnes :  wie  ihn  (den  magnct)  auch  etliche 
von  seiner  eigenschaft  siderium,  und  etliche  Teutschen  die 
(so)  cisenbrand  nennen,  das  er  das  eisen  an  sich  zeucht. 
Matdesius  142*. 

EISENBRAUN,  die  braune  mahlcrfarbe. 

EISENBRAUT,  f.  sponsa  ferrea,  ensis: 

nun  lasz  das  licbchen  singen, 

dasz  hello  funken  springen! 

der  hochzcitinorgen  graut. 

hurrah,  du  oiseiibraut!    Körnkr  1,  HO. 

EISENBBECHE,  f  osmunda  lunaria,  mondraute,  ein  stark 
zusammenziehendes  wundkraut. 

EISENBRECHEND,  gebildet  wie  halsbrechend:  nach  rechter 
kriegsart  soll  man  den  feind  nimmer  in  die  euszerst,  eisen- 
brechend  nolh  setzen  und  in  verzwcifclung  bringen.  Garg. 
254',  denn  noth  bricht  eisen. 

EISENBRUCH,  m.  ferri  fodina,  eisengrube. 

EISENBRUCH,  f  braccae  ferreae,  mfid.  Isenbruoch: 

des  was  der  held  sA  gar  bnhiiot 
mit  seiner  eisenpruoco  vil  guol, 
dag  man  ira  nicui  enmocht  getuon.    ring  63',  37. 

EISENDECKE,  f. 

ihn  img  Rajard  auf  seiner  oisendork««, 
60  ichrecklich  war  noch  nie  oiii  riitcritmann. 
Gm»  B<^ariio  1,11,27. 

EISENDOCKE,  f  verbena?  nb  darunter  docke  pupa  zu  ver- 
ttehrn  ist,  ahd.  hcisit  die  verbena  einfacher  Isama,  lüanlna 
(Grafk  1, 49t),  DiBFENBAcn  615'  kol  vertipedium  iscadeckc  und 
eiterdock. 


369 


EISENDRAIIT— EISENFRESSER 


I 


EISENDRAHT,  m.  filum  ferreum,  bei  Diefenbacb  544*  eisen- 
drat  spacus.  spatusf    scKusterdraht. 

EISENDKAHTZIEHER,  m. 

EISENDKECHSLER,  m.  in  Eupen  bei  Achen  ganz  geläufig. 

EISENDRÜDEL?  auch  so  weisen  wir  zu  recht,  das  niemand 
kein  eisendrudel  oder  aichen  reifstangen  in  der  allment  hawen 
soi.    iceisth.  1,  453. 

EISENDRUSE,  f.  was  eisdruse,  kristalliscli  anschieszendes 
eiseneri,  finn.  hölmä,  ferrum  rudum  noiidum  casum,  malrüc  ferri. 

EISENEN,  ferreus,  die  organische,  dem  ahd.  isanin,  mhd. 
iseuin  entsprechende  form:  welches  menschen  prust  mag  so 
eisenen  gesein,  welches  herz  so  steinen?  Albr.  von  £tbs  43'. 
vgl.  eisenin.  k  • 

EISENERDE,  f.  terra  ferri  parliculis  viixla.    Kant  9,  32. 

EISENERZ,  n.  ferri  slricturae,  rudtis. 

EISENERZEUGUNG,  f.  geuinnung  des  eisens  aus  den  eisen- 
erzen  oder  eisensteinen  durch  schmelzen. 

EISENFARBE,  f.  ferrugo,  color  ferrugineus.  bergmännisch 
heiszt  auch  so  eine  feite,  lockerige,  schwarz  glimmernde  masse. 

EISENFÄRBIG,  ferrugineus,  hellgrau. 

EISENFAUST,  f  pugnus  ferreus:  er  sah  darin  (in  der  leiche 
vor  ihm)  eine  eisenfaust  dunkel  glühen,  die  nach  unserm 
herzen  greift.    J.  P.  Tit.  1, 1S8. 

EISENFEIL,  n.   EISENFEILE,  f.  scobs  ferri  dclimala. 

EISENFEILIG,  n.  dasselbe.  Kant  2, 222.  besser  eisenfei- 
licht,  früher  auch  eisenfigelüt :  ob  es  aber  wer  von  eisen- 
ligelot,  so  sperr  das  aug  etwas  auf  und  heb  darfur  ain  mag- 
netenstain,  der  zeuhet  das  an  sich.  Bbau.nscuweig  cAtrur^ia4S. 

EISENFEILSPÄNE,  pl.  dasselbe. 

EISENFEILÜNG, /■.  dasselbe.  Thübneisser  »najn.  a/cA.  2,188. 

EISENFEST,  perdurus:  eine  eisenfeste  tugend.  Rabeneb 
1,  ls9;  eisenfeste  natur.    Fb.  Müller  3,372; 

hescbleicbt  micb  die  entsetzliche  Versuchung, 
die  mir  das  haar  aufsu-äubt,  mir  in  der  brüst 
das  eisenfeste  männerberz  erschüttert?    Schiller  559*. 

auch  fest  durch  Zauberei,  unverwundbar,  und  verstärkt  stahl- 
eisenfest :  eidlich  ausgesaget,  dasz  Lisemo  stahleisenfest  wäre. 
Salinde  106. 

EISENFESTIGKEIT,  f. 

du  {flehte)  sollst  den  bochbetagteD  eichen 
an  eisenfestigkeit  auf  keine  weise  weichen. 

Railers  umarb.  von  Logau  2, 631. 

EISENFLANDACH,  n.  squama  ferri.  Diefenbach  549*,  fun- 
kelnde eisenschuppe,  vgl.  Plinius  34, 15,  46.  Hemsch  1126, 12 
hat  fianden,  geneist  die  von  glüenden  eisen  springen,  1126, 65 
aber  Dawdach,  fischschup,  squama. 

EISENFLECKE,  m.  macula  ferri :  er  kundschaftete  auch  in 
ihrem  herzen  einen  fatalen  eisenfleckeu  oder  eine  pocken- 
schramme  und  warze  aus.  J.  P.  Siebenk.  3, 15 ;  dasz  sie  mit 
allen  eisen-  und  rostflecken  ihrer  prasis  nachher  ihre  maske 
der  irreligiösen  theorie  beklexen  konnten,  jubeis.  125.  nacii 
Stieler  497  auch  duritia  ligni  und  nubes  maculosa. 

EISENFLECKIG. 

EISENFLETZ,  w.  pavimenlum  ferreum,  eisenlagerstdtle :  der 
stamm  Äser  habe  eisenfletz  und  kupferstöck  gehabt.  Matbesics  3*. 

EISENFLUSZ,  m.  was  eisenblume ;  auch  der  flusz  des  schmel- 
zenden eisens. 

EISENFRESSER,  m.  was  eisenbeiszer :  da  stehet  der  Spruch, 
wer  nu  ein  eisenfresser  ist,  der  beisze  im  eine  scharten. 
LcTHEE  3,  74;  das  den  zornigen,  trotzigen,  stolzen  eisen- 
fressern  die  zeen  so  stumpf  sollen  werden.  324';  als  seien 
sie  damit  die  rechten  eisenfresser.  329';  solche  mechtige 
eisenfresser  und  hellenbrecher.  490 ;  wolt  es  doch  dem  bösen 
eisenfresser  bapst  Julius  nicht  gelingen.  4,433';  die  unver- 
zageicn  beiden  und  mannhaftigen  eisenfresser,  die  jetzt  don- 
nern und  wettern,  so  dazumal  nichts  denn  ah  und  awe  sin- 
gen kundten.  5,47*;  die  groszen  eisenfresser  und  scharrhan- 
sen  zu  hofe.  411*;  das  es  kriegen  die  eisenfresser,  den  es 
nie  gedacht  ist.  413';  »il  er  aber  gar  ein  eisenfresser  sein, 
als  die  giganten  berg  auf  einander  tragen  und  gott  den  him- 
mel  stünnen  wollten.  Kirchhof  tcendu«m.  32*;  Silvie  erschrack 
und  meinte  es  wäre  ein  eisenfresser,  der  ihren  liebsten  auf 
ein  paar  kugeln  ins  freie  feld  hinaus  fodern  wolte.  Weise 
*/.  leute  14;  hatte  Florindo  das  glück,  dasz  er  im  dritten 
gange  dem  unbekanten  eisenfresser  eines  in  den  arm  ver- 
setzte, erzn.  28 ;  solch  sein  cortell  trug  Solande  an  die  zehen 
eisenfresser  mündlich  vor.  pol.  tlockf.  246 ;  eingebildeter  eisen- 
fresser. Felsenb.  1,  31 ; 
111. 


EISENFRESSERISCII  —  EISENHAMMER      370 

mir  verrückt  der  eisenfresser 
Mars  den  vorsatr.    TscB«H.M!tG /rüAWnj  199; 
du  Türkenwürger,  komme  mir, 
machst  du  mein  feines  tuch  zu  niebte? 
noch  flieszt  der  wein,  noch  werd  ich  nasz, 
gevatier  hilf  und  wirf  das  glas 
dem  eisenfresser  ins  gesiebte.    HiCKDORs  3,  124; 
so  ein  bramarbas  und  eisenfresser, 
will  einnebmea  alle  feste  schlösser.    Schiller  325'; 
das  ist  ein  grobian,  ein  wahrer  eisenfresser!    Körner  3,173; 
da  scheitert  meine  kunst.   ein  rechter  eisenfresser.'    3,337. 
.  EISENFRESSERISCH,  prahlerisch. 
EISENFREUDE,  f.  ensis,  vgl.  eisenbraut: 
was  klin'st  du  in  der  scheide, 
du  helle  eiseofreude, 
so  wild,  so  schlachienfroh! 
mein  schweri,  was  klirrst  du  so?    Körper  1,109. 
EISENFRISCHEN,  n.  bergmännisch,  das  frischen  des  eisens. 
EISENFRISCHSCHLACKE,   f.,    sclilacke   die   beim  frischen 
des  eisens  entsteht. 

EISENFUNKE,  ni.  scintilla  ferri,  beim  schmieden  des  eisens 
sprühender  funke. 

EISENGANG,  »«.  vena  ferri. 

EISENGANS,  f  roheisetiblock,  der  gefrischt  werden  soll. 
EISENGART,  m.  alcedo,  eisenbart.    s.  Frisch  1,  223*. 
EISENGEHALT,  »7i.  bonitas  fem. 

EISENGELÄNDER,  n.  lorica  ferrea:  treppe  mit  eisenge- 
iänder. 

EISETfGERATH,  n.  vasa  ferrea. 
EISENGERÄTHSCHAFT,  f  dasselbe. 
EISENGERIPPE,   n.    compages   ferrea:    lauben,   um  deren 
eisengerippe   sich   weiche  zweige  fein  sanftes  haar  um  haar- 
nadeln  wickelten.   J.  P.  Uesp.  1,  65. 

EISE?^GESCHIRR,  n.  eisengeräth.    Stieler  1769. 
EISENGESCHMACK,  m.  sapor  ferrugineus. 
EISENGIESZER,  m.  fusor  ferri.     EJSENGIESZEREI,  f. 
EISENGILBE,  /.  ochra  ferri  flava. 

EISENGITTER,  n.  elalhri  ferrei,  im  voc.  theut.  1482  f7' 
gerra  (gerrae  sind  crates  vimineae): 

kein  eisengitter  schützt  vor  ihrer  list.    Schiller  406'; 

gefangner  mann  ein  armer  mann, 

durchs  schwarze  eisengitter 

starr  ich  den  fernen  himmel  an.    Scbcbart  2,  55. 

EISENGLANZ,  m.  mica  ferrea: 
bein  fackeln  und  laiernen 
ein  roit,  gewafnet  ganz, 
*         von  Waffen  gab  von  fernen 

gar  breiten  eisenglanz.    Spbe  44  (42). 

EISENGLAS,    n.    ferri  strictura    vitrea,    glasartig   sprödes 

eisenerz. 

EISENGLEICH,  ferro  similis: 

des  winters  harte  faust  mit  eisengleicbem  eis 
gewafnet.  Wkckherli.n  788. 

EISENGLIMMER,  m,  was  eisenglanz,  eisenmann. 

EISENGRÄBER,  m.  fossoV  ferri. 

EISENGRAÜ,  ferrugineus,  eisenfarbig,  mhd.  Isengrd.  vgl. 
eisgrau. 

EISENGRAUPE,  f.  metallum  calciforme,  «olfram,  kömiger 
thoneisenstein,  eisenkem    kemeisen. 

EISENGREIN,  mhd.  Isengrin,  name  des  wolfs  in  der  thier- 
fabel,    ahd.    Isangrim    ein    häufiger    mannsname    (Förstemans 

1,  807),  mhd.  ein  bauemamc.  Diut.  2,  89.  fastn.  sp.  39S,  18. 
also  magstu  die  red  varieren,  wann  du  will  sagen,  eini  stehe 
ein  ding  übel  an,  'wol  hüpft  der  alt  narr',  'Eisengrein,  veraet 
(versette,  verlier)  kein  zani'    Frank  sprichw.  2,47*. 

EISENGRUBE,  f  ferrifodina. 

EISENGLLTE,  /".  ewige  abgäbe.    Sch«.  1, 120. 

EISENGUSZ,  m.  fusio  ferri  und  vasa  fusa. 

EISENGUSZWAARE,  f.  vasa  ferri  fusa. 

EISENHAKE,  »7i.  uncus,  uncinus  ferreus,  nach  dem  voc. 
theut.  1482  gl'  ferrum  in  modum  falcis  curvatum. 

EISENHALTE,  f.  vinculum  ferreum,  ahd.  isanbalta  (Gbaff 
4,  906).     im  voc.   Üteut.  14S2  gl*  eisenhalt  oder  poi   (boie 

2,  229),  pedona  oder  halseisen. 

EISENUALTER,  m.  brandes,  et  dicitur  faber  qui  tenet  ferrum. 
vuc.  theut.  1482  g2*.  Diefenbach  80*,  wo  für  brandes  vermutet 
wird  brontes,  eyclop. 

EISENHALTIG,  f  ferri  particulas  continens. 
EISENHAMMER,  m.    l)malleus  ferreus.    2)  offiana  ferraria  : 
schon  Ml  der  ihür  sollst  du  den  busen  hören, 
der  wie  ein  eisenhammer  pocht  (rj//.  poclihammer). 

Goii.-<(.K  liedcr  zvieier  liebenden  ».  6  ; 

24 


371     EISENHAMMERSCHLAG  — EISENKLETTE 


EISENKLOBE  —  EISENPINNCIIEN 


372 


der  herr,  der  spricht  zu  Fridolin: 

'must  gleich  zum  eisenhamiuer  hin."    Schillbr  6S'; 

'unglücklicher,  wo  kommst  du  her!' 

'Tom  eisenhammer'.    'nimmermehr!'    69". 

s.  hammer. 

EISENHAMMERSCHLAG,  m.  ramenta  fcrri. 

EISENHAND,  f.  manus  ferrea,  ferro  armala. 

EISENHANDEL,  tn.  mercatura  ferraria. 

EISENHÄNDLER,  m.  ferrarius. 

EISENHART,  ferreae  duritiae:  ein  eisenhartes  herz,  eisen- 
harter mann. 

EISENHART,  m.  eisenschüssiger  goldsand. 

EISENHART,  f.  verbena,  eisenkraut.  Lonicerüs  kreulerbuch 
167*.    verbena  mas  communis.    Schwenkfeld  stirp.  Sil.  216. 

EISENHÄRTE,  f.  ferrea  durilies. 

EISENHÄRTER,  m.  temperator  armorum.    Maaler  128'. 

EISENHELM,  m.  1)  galea  ferrea.  2)  ein  holzstiel  in  den 
eisernen  merkzeugen  der  bergleule.     s.  axthelm. 

EISENHELMGELD,  n.,  von  den  bergknappen  dem  sleiger 
XU  entrichten. 

EISENHERZ,  n.    1)  cor  ferreum.   Stieler  830.    2)  verbena. 

EISENHOLZ,  n.  sideroxylon. 

EISENHORT,  entstellt  aus  eisenhart,  verbena. 

EISENHOSE,  f.  was  eisenbruch  f. 

EISENHLT,  m.  1)  pileus  ferreus,  galea,  mhd.  Jsenhuot: 

vünde  ich  veile  ein  isenhuot, 
der  Tür  liegen  wxre  guot, 
und  einen  schilt  vür  schelten, 
die  wolt  ich  tiure  gelten. 

Frbidank  170,  14,  vgl.  Haupt  5,  405. 
nhd.  setzt  auf  euren  stehlein  eisenhut.    fastn.  196, 15. 

die  eisenhüte  haben  sie  an  den  füszen,  das  schwort  auf  dem 
köpf,  Schild  und  krebs  hangen  auf  dem  rücken.  Luther  1,  262'; 
gleiszen  wie  ein  eisenhut.  Frey  garteng.  36;  reim  dich  eisen- 
hut! Garg.  6.  2)  aconitum,  sonst  auch  Sturmhut,  narren- 
kappe,   von  gestalt  der  blume.     s.  das  folgende. 

EISENHÜTLEIN,  n.  aconitum  napellus:  blaw  eisenhütlin 
mannlin  bat  den  namen  von  der  gestalt,  dieweil  die  bhimen, 
wann  sie  offen  seind,  ganz  und  gar  sehen  wie  ein  eisenhut 
oder  Sturmhaube.  Lonicerüs  181*.  vom  aconitum  napellus  unter- 
scheidet sich  aconitum  cammarum,  blaw  eisenhütlin  weiblin. 

EISENHÜTTE,  f.  officina  ferraria: 

und  eilt  in  des  gewissens  ruh 

den  eisenhütten  heiter  zu.    Schiller  68'. 

EISENHCTTENVVESEN,  n. 

EISENEIN,  ferreus,  mhd.  isenln:  wann  der  herr  hat  euch 
genommen  und  hat  euch  ausgefürt  von  dem  eisnin  ofen  Egipt 
{vulg.  vos  autem  tulit  dominus  et  eduxit  de  fornace  ferrea 
Aegypli).    hiios.  4,20  bibel  von  1483.  86'; 

des  eisenin  feinds  thürn.    Weckubrlin  629. 

EISENJOCH,  n.  jugum  ferreum: 

auch  ich  habe  dir  gehuldigt 

und  dein  eiseojoch  geküst.    RiUFSBisin  geä. 

EISENKALK,  tn. 

EISENKAMMER,  f.  promptuarium  ferrarium. 
EISENKASTE,  m.  arca  ferrea. 

EISENKERN,  m.  nucleus  seu  ßos  ferri:  dazu  hat  er  mtts- 
sen  eisenkem  oder  kernstahel  haben.  Mathesius  80*.  5.  kern- 
eisen. 

EISENKETTE,  f.  catena  ferrea: 
die  eisenkett  entklirrte  mir 
an  meiner  ruderbank.    Holtt. 

EISENREULE,  f.  clava  ferrea: 

ein  mächtig  schrein  erhebt  der  feind  nunmehr 
und  eilt  aur  den  Kinaltio  loszuhrechen 
mit  seiner  cisenkeul,  und  irili  ihn  quer. 
indem  er  ihm  den  scbild  am  .-irrii  zerschmettert. 
Grks  üojardo  2,  2,  23. 

EISENKIES,  m.  glaria  ferruginea,  eisenhaltiger  kies. 
EISENKIESEL,  m. 
EISENKISTE,  f.  arca  ferrea: 

der  eisenkisten  hab  ich  mehr.    Göthk  41,  216. 

EISENKITT,  tn.  gluten  ferri. 
EISENKLAMMER,  f.  ansa  ferrea: 

gleichwie  der  leim  und  einenklammer 

zwei  holier  hart  zwingt  an  cinaniier.    Kiacnnor  »efuttinm.  46*. 

EISENKLETTE,  f.  verbena,  ahd.  I^anchleta. 


EISENKLORE,  m.  relinaculum  ferreum,  decipula  ferrea: 
allein  indes  er  diesen  ah{;clban, 
trift  ihm  Argest  mit  seinem  eisenklohen 
das  hiuierhaupt.    Ghies  Bujardo  t,  1,  78; 
bald  manr  ich  mich  am  eisenkloben.    Kimds  gedickte. 
EISENKLOSZ,  m.  rasenslein,  ortstein,  leseslein. 
EISENKLOTZ,  m.  clava  ferrea.    Gries  Bojardo  2,7,57. 
EISENKNECHT,  wi.  schmales  eisenstück  auf  dem  ambosz  zum 
ausschmieden   der  kupfeibleche.     auch  der  eiserne  knecht  ge- 
nannt,    bei  Frisch  l,  223'   ist   eisenknecht  der  immer  in  der 
badslube  bleibende  knecht. 

KISENKOPF,  m.  caput  durum,  ferreum. 
EISENKÖPFIG,  hebes: 

ich  will  mit  eisenköpTgcn  nnrrn  rcrliandcln, 
I  will  converse  with  ironwiited  fouls. 

hing  lUchard  IIF.  act  IV.  sc.  2. 
EISENKRAFT,  f. 

Frankreichs  stolze  adler  sahst  du  ziliern, 
sahst  des  wüihrichs  elsenkrari  zersplittern, 
die  sich  frech  die  halbe  weit  bezwang. 

KöHMER  teier  u.  schwert  7. 
EISENKRAM,  m.  tetiuis  mercatura  ferraria:  Paulus  bei  der 
purpurkremerin    in    ihrem    seiden    und    eisenkram    einkeret. 
Mathesiüs  5*.     aller  eisenkram.    Stielbr  1027. 
EISENKRÄMER,  m. 

EISENKRANK,  nnl.  ijzerziek,  von  schiffen.    Bobrik  260. 
EISENKRAUT,  verbena,  Mecenberg  424,  3.    vgl.  eisendocke, 
eisenhart,    eisenhut,   eisenklette.      ahd.    isarna,    isaiiina,    gr. 
aiSr^nlris  und  leQoßoTnvij,  lat.  hcrba  pura,  auch  ferraria. 
EISENKUCHEN,  m.  placentula  inier  ferra  calida  cocta. 
EISENKUR,    f    curatio  ope   fcrri:    der  heutige  beifull  war 
eine  eisen-  und  stahlkur  für  seinen  muth  gewesen.  J.  P.  uns. 
löge  3, 16 ;  der  krieg  ist  die  stärkende  eisenkur  der  mensch- 
hcit.    friedenspr.  44. 
EISENLAST,  f.  onus  ferreum,  catena: 

du  aber  schnellst  mit  wulbcnaminien  bänden 
die  dicht  geringic  eisenlast  entzwei.    Scut;BART. 

EISENLETTE,  m.  argilla  ferrea,  eisenhaltiger  leite. 

EISENMAL,  n.  macula  ferri:  eisenmal  oder  eisenschüssig 
art  ist  gilblicht  und  rötlicht.  Mathesiüs  99'.  rostßeck  im 
linnen.    Frisch  1,  223'. 

EISENMALIG,  EISENMALICIIT,  maculosus  ferro:  denn  es 
sollte  ein  reinlich  käste  sein  für  leinen  geräthe  drein  zu 
legen,  da  nicht  eisen  durchgeschlagen  das  geräthe  eisenmalicht 
machte.    Luthers  br.  5, 162. 

EISENMANGEL,  m.  ferri  egestas. 

EISENMANN,  m.  1)  venditor  ferri.  voc.  theut.  1482  g2'. 
2)  lapis  minerae  ferri  similis,  schwarzer  und  rother  eisen- 
glimmer:  wann  aber  der  goltschlich  eisenman  hell  oder  kiesig 
wer,  so  müst  der  ersllich  in  allweg  geröstet  werden.  Lazarus 
Erker  beschr.  aller  mineralischen  erzt.  Frankf.  1580.  49*.  vgl. 
unter  mann  dei-  rolhe  mann. 

EISENMARMOR,  m.  basaltes. 

EISENMASSE,  f  massa  ferri. 

EISENMÄSZIG,  ferreus: 

ein  eisenmäszigs  jocli 

an  dem  wir  uns  beniiihen, 

das  kreuzholz  rorizuziuheii, 

den  ungehauiea  bloch.    HaaPLBn  141. 

EISENMAUER,  f  murus  ferreus,  ahaieus. 

EISENMEISTER,  m.  kerkermeister  der  im  eisen  sittenden. 
SCHM.   1,120. 

EISENMENGER,  m.  eisenmischer.    ein  bekannter  eigenname. 

EISEN.MOLKE,  f.  serum  ferreum?  übrigens  härtet  der  krieg 
nicht  viel  stärker  aus  als  der  friede,  denn  dieser  gibt  dem 
landmann,  secmann,  handwerksniann  eisenmolken  länger  tu 
trinken,  als  die  kurzen  mit  schwelgereien  unterbrochnen  stra- 
patzen  einiger  kriegsjahre  dem  Soldaten.  J.  P.  dämm.  60.  vgl. 
eisensäufer. 

EISENMOCKE,  /■.  Culex  ferreus,  fliegende,  verwundende ikwirl : 
er  sah  dise  eisenmucken  für  rosbrämcn  an.    Garg,  233*. 

EISENNUSZ,  f.  blutstein. 

EISENOCHER,  m.  ferrum  ochraceum. 

EISENOFEN,  m.  fornax  ferraria.    kinderm.  n*  «7. 

EISENPFORTE,  f.  eisenthor,  eisenthür: 

und  dieser  labyriiiih  soll  ein  gebeimnis  mir 

vernchlie.izen  t' Kuine  uinoiiprorie  loll 

sich  nur  dem  köuig  öflicn  I    WiiLAHt)  W.  M. 

EISENPINNCIIEN,  n.  diminutiv  des  fulgtniten:  ein  hirt  mit 
»einen  schuhen,  die  mit  ciscnpinnirben  luni  /.wecklein  auf 
türkischer  weise  beschlagen  waren.  Matukmus  iii".  hJ.  plinn- 
cben,  pliniilcin. 


373 


EISENPINxXE  —  EISENSINTER 


EISENSPALTEREI  —  EISENZUNGE 


374 


EISENPINNE,  f.  clavus  ferreus,  eisenpfiock,  hd.  pfinne. 
Stieler  1426. 

EISEN  PLATTE,  f.  lamina  ferrea. 

EISENPHOBE,  f.  Judicium  fern  candentis.    RA.  913. 

EISENRAHM.  m.  ferrum  ochraceum  inquinans.    s.  eiserrahm. 

EISENRAHMIG,  wie  eisenmalig,  vgl.  mhd.  harnaschrdmic. 

EISENREICH,  ferax  ferri. 

EISENREICHTHUM,  m. 

EISENRIEGEL,  m.  pessulus  ferreus. 

EISENRING,  m.  annulus  ferreus : 

helmstücke,  schiide,  panzer,  eisenringe 
nahm  jedes  schwert  mit  jedem  schlag  der  hand. 
Gbies  Bojardo  2,  25, 5. 

EISENROST,  m.  ferrugo.    mhd.  rost. 

EISENRGST,  m.  crates  ferrea.    mhd.  röst. 

EISENSALZ,  n.  eisenvitriol. 

EISENSAND,  m.  arena  ferrea. 

EISENSAÜ,  /.  kupferhaltiges  eisenstück,  das  man  beim 
schmelzen  nicht  verschlacken  läszt,  sondern  scheidet :  wie  man 
auch  die  kupferigen  eisenseu,  die  im  schmelzen  werden  und 
oftmals  Silber  halten,  scheiden  kann.  Liz.  Erker  29'.  man 
gebraucht  auch  die  Verkleinerung  eisensäule,   eisensäulein  n. 

EISENSÄUFER,  m.,  ein  kranker,  der  eisen-  oder  stahltinciur 
trinkt :  über  mangel  an  eisenfressern  und  überflusz  an  eisen- 
säufern.    J.  P.  anhang  zu  Tit.  2,  6. 

EISENSCHÄDEL,  m.  was  eisenkopf. 

EISENSCHAUFEL,  f.  bacillum,  pala  ferrea.  Diefbnbach  65". 

EISENSCHEIßE,  /.  ein  Werkzeug  der  markscheider. 

EISENSCHICHT,  f.  slrictura  ferri. 

EISENSCHIMMEL,  m.  equus  colore  ferreo,  wenn  das  pferd 
mehr  schwarz  als  weisz  ist. 

EISENSCHLACKE,  f.  scoria  ferri. 

EISENSCHLAG,  m.  ramenta  ferri,  sonst  hammerschlag. 
auch  heiszt  so  ein  eisenschüssiger  Jaspis. 

EISENSCHLICH,  m.  vena  ferri  occulta,  tgl.  goldschlicb. 

EISENSCHMELZE,  f.  was  eisenhütte. 

EISENSCHMELZHÜTTE,  f. 

EISENSCHMID,  m.  faber  ferrarius,  in  den  alten  vocab. 
mulciber. 

EISENSCHMIEDE,  f.  ofßcina  ferraria. 

EISENSCHMIEDEKUNST,  /. 

EISENSCHMILG,  m.  ferrugo,  eisenrosl.  Thürheisser  magn. 
akh.  2, 129. 

EISENSCHNABEL,  m.    J.  P.  Levana  1, 167, 

EISENSCHNEIDER,  m.  in  der  münze.    Frisch  1,  223'. 

EISENSCHRANKE,  f.  cancelli  ferrei:  die  hohen  eisenschran- 
ken der  nothwendigkeit.    J.  P.  Tit.  4, 192. 

EISENSCHRÖTER,  m.  malleus  ferrum  secans.  in  den  vocab. 
lametator  von  lamina,  lameila  und  dann  lamentator,  plorator, 
nach  seltsamer  Verwechselung.   Diefesbach  316'.   voe.  theul.  USi 

gl*-  q5'. 

EISENSCHÜSSIG,  mit  eisenoxyd  durchdrungen:  eisenschüs- 
sig wasser.  Mathesics  78*;  alle  gilbichte,  braune  und  eisen- 
schüssige, durchwitterte  bergarten,  oder  die  in  den  gebirgen 
von  dem  kalten  witterungsfeuer  durchbrant  sind,  die  halten 
zum  tbeil  silber,  zum  theil  keins.  Laz.  Erker  4*;  und  sind 
fast  alle  brünlein  durch  das  ganz  Frickthal  bis  gen  Seckingen 
eisenschüssig.  Thcrseisser  von  wassern  s.  194;  eisenschüssig 
kupfererz.    Schwenkfeld  stirp.  Silesiae  378. 

EISENSCHUSZ,  m.  dis  wasser  fürt  in  sich  eisenschusz 
und  etwas  cobalts.    Thcbneisser  von  wassern  195. 

EISE.NSCHWANGER,  eisenreich,  eisenerzeugend: 
7U  wandern  in  dies  eisenschwangre  land.    SiOLBKaG  15, 19. 

EISENSCHWÄRZE,  f.  was  eisenmal,  eisenrahm,  atramentum 
ferrarium. 

EISENSCHWEIF,  m.  was  eisenglimmer.  ebenso  bleischweif. 
mhd.  grüener  sweif.  feldbauer  39.  381.  eisenschweiflg.  Frisch 
1,  223'. 

EISE.NSCHWEIN,  n.  hystrix,  Stachelschwein,  nnl.  ijzerverken. 

EISENSCHWENDEL,  m.  meister  !sen'swendel.  MSB.  3, 312". 

EISENSCHWER,  gravis  ut  ferrum. 

EISENSCHWERE,  f.  grave  pondus: 
und  unter  eines  joches  eisenschwere 
bog  er  vereinend  ihren  siarren  sinn.    Schiller  489'. 

EISENSCHWUNG,  m.  vibratio  ensis: 

wer  sich  zuerst  erkühnt  zum  eisenschwunge, 
ob  Karl  der  greis,  oh  Agramant  der  junge. 

Grus  Ar.  Rot.  39,  8. 
EISENSLNTER,  m.  tophut  ferreus. 


EISENSPALTEREI,  /.  bei  Neustadt-Eberswalde. 
EISENSPÄJVE,  was  eisenfeilspäne. 
EISENSPAT,  m.  ferrum  spathosum. 
EISENSPIEGEL,  m.  eine  art  eisenstein. 
EISENSPITZE,  f.  aculeus  ferreus. 
EISENSPITZIG:  eisenspitzige  hörjier. 
EISENSTAB,  m.  bacillum  ferreum,  vgl.  stabeisen : 

dann  rast  er  um  sich  mit  des  raubthiers  angst. 

das  an  des  gitters  eisenstäbe  schlägt.    Schiller  539'; 

er  war  mit  einem  eisenstab  versehn, 

sein  ganzer  leib  mit  feinem  stahl  umschlossen. 

GaiEs  Bojardo  1,  13,3; 

den  kirchenhügel  glitten, 
gelenkt  vom  eisenstab, 

in  zephyrleichten  schütten 

wir  pfeilgeschwind  hinab.    Mattbissos  23. 

EISENSTEIN,  m.  minera  ferri  lapidea,  eisenhaltiges  geslein. 
ahd.  Isin^r  stein,  pl.  isinfe  steinä  in  der  oben  angeführten 
stelle  Otfrieds. 

EISENSTEINGANG,  m. 

EISENSTEINGRUBE,  f.  melallum  ferrarium. 

EISENSTEINIG. 

EISENSTEINMESSER,  m. 

EISENSTEINZECHE,  f.,  zeche  wo  eisenstein  gebrochen  wird. 

EISENSTÜCK,  n.  frustum  ferri. 

EISENSTUFE,  f.  frustum  lapidis  ferrei.    Frisch  1,  223' : 

da  ritt  in  seines  zornes  wut 

der  graf  ins  nahe  holz, 

wo  ihm  in  hoher  öTen  glut 

die  eisenstufe  schmolz.    Schiller  68'. 

EISENSÜMPF,  m.  palus  ferruginea,  gebirgssumpf  mit  eisen- 
schüssigem wasser. 

EISENTE,  f.  anas  glacialis,  eine  taucherart. 
EISENTHEILCHEN,  n.  particula  ferri. 
EISENTHON,  m.  argilla  ferruginea. 
EISENTHOR,  n.  porla  ferrea: 

die  schwarze  Zwietracht  hatte  kaum 
des  krieges  eisenthore  aufgesprengt. 

WiELA."<D  sat.  des  Horaz  1, 129. 

EISENTHÜR,  f.  fores  ferreae: 
ihn  däucht  er  hör  im  schlosz  die  schweren  Schlüssel  drehn, 
die  eisenthür  geht  auf. 

EISENTHURM,  m.  turris  ferrea: 

allein  der  eisenthurm,  worin  er  sie  verschlossen, 
wehrt  mir  den  Zugang,  ihr  die  flucht.    Oberen  5,  41. 

EISENTINCTÜR,  f.  tinctura  Martis. 
EISENTON,  m.  sonus  gravis  ferri. 
EISENTRUHE,  f.  arca  ferrea: 

das  ich  in  altverfallenen  ruinen 

verborgen  hielt  in  einer  eisentruhe.    Platen  172*. 

EISENVERKÄUFER,  m.  ferrarius.    voc.  theut.  1482  f7'. 

EISENTITRIOL,  m.  vitriolum  Martis. 

EISENWAARE,  f.  ferramenta. 

EISENWASSER,  n.  aqWa  ferrala. 

EISENWEIN,  m.  firüher  war  der  streit  mit  den  eitern, 
gleichsam  diese  poetische  härte  für  Lianen«  nerven  noch 
eisenwein  gewesen,  die  nachher  im  weichen  wasser  der  ent- 
sagung,  herbstruhe  und  andacht  schmolzen.    J.  P.  Tit.  4,  20. 

EISENWERK,  n.  l)  ferramenta:  Zilla  gebar  den  Thubal- 
kain,  den  meister  in  allerlei  erz  und  eisenwerk.  1  Mos.  4,  22 ; 
Dan  und  Jauan  und  Mebusal  haben  auch  auf  deine  merkte 
bracht  eisenwerk.  Ez-  27, 19 ;  die  esse  prüfet  das  gelötet  eisen- 
werk, also  prüfet  der  wein  der  freveln  herzen,  wenn  sie  trun- 
ken sind.    Sir.  31,  31 ; 

quereisen,  riegel,  schrank,  verspcrrung,  eisenwerk. 
Weckherlin  245; 

meine  groszmutter  hatte  ein  märchen  vom  magnetenberg,  die 
schifife,  die  zu  nahe  kamen,  wurden  auf  einmal  alles  eisen- 
werk» beraubt,  die  nägel  flogen  dem  berge  zu.  Göthb  16, 59. 

2)  ofßcina  ferraria,  was  eisenhammer:  er  hatte  diesen  ort 
gekauft,  um  in  der  gegend  bedeutende  eisenwerke  einzurich- 
ten.   GGtrb  25,  331. 

EISENWÜRZ,  f.  eentaurea  scabiosa.  in  der  Ostmark  und  in 
Kärnten  kommen  landstriche  unter  dem  namen  Eisenwurz  vor. 
archiv  ßr  öslerr.  geschichtsquellen.  1848  hefl  4.  s.  87.  91. 

EISENWURZEL,  f  dasselbe  kraut. 

EISENZACKE,  f.  dens  furcae  ferreus. 

EISENZEUG,  fl.  ferramenta. 

EISENZüNGE,  f. 

nur  eisenzung  und  nur  bombardenstimme 
vermöchte  kund  zu  ihua,  was  hier  gejcbehn. 
Gmis  Bojardo  2,  24,  10. 

24* 


375 


EISENZWINGE  ~  EISERN 


EISERN  — EISERRAHM 


376 


EISENZWIiNGE,  f.  relinactdum  ferreum,  eisenring  um  einen 
Stab. 

EISER,  n.  ferntm.  mhd.  gall  neben  tsen,  gen.  Isens,  auch 
die  form  her,  gen.  5sers  {tiihd.  u'b.  1,  757),  entsprungen  aus 
ahd.  tsarn,  Isern,  gen.  Isarnes,  tsernes,  durch  Unterdrückung 
des  n.  gerade  so  gilt  nnl.  ijzer.  nhd.  hat  sich  xwar  dieses 
eiser  verloren,  liegt  jedoch  sum  gründe  dem  adj.  eisern,  so 
wie  einzelnen  Zusammensetzungen. 

EISERAPFEL,  m.  pomum  duracinum.    Stieler  1878. 

EISERICH,  f7i.  verbena:  des  eisenkrauts  oder  eiserichs 
haben  wir  zwei  unterschiedliche  geschlecbt.  Tabernaeiont.  380. 

EISERN,  ferreus,  nicht  zu  fassen  wie  beinern,  steinern, 
bolzern,  vielmehr  wie  silbern,  ledern  von  silber,  leder,  folg- 
lich herzuleiten  von  dem  eben  besprochnen  eiser.  mhd.  lautet 
es  Iserin  oder  schon  Isern,  nnl.  ijzeren.  allmälich  verdrängte 
dies  von  älteren  Schriftstellern  fast  nur  unfleclierl  gebrauchte 
eisern  die  folgerecht  aus  dem  subst.  eisen  flieszende  form 
eisenein,  eisnen,  eisenen,  wie  das  gekürzte  eisin,  eisen,  anders 
ausgedrückt,  wir  bilden  unser  heutiges  adj.  nicht  aus  dem  gel- 
lenden subst.  eisen,  sondern  aus  dem  veralteten  eiser.  goth. 
entsprang  aus  dem  vollen  eisarn,  ahd.  aus  Isarn  das  adj. 
eisarneins,  tsarnln.  Keisersberc  und  andere  ältere  schrift- 
'steller  halten  iserin,  eiserin,  iseren,  eiseren  fest,  bald  aber 
schwand  der  letzte  vocal. 

Bedeutungen. 

1)  im  eigentlichen  sinn:  denn  allein  der  könig  Og  zu  Basan 
war  noch  übrig  von  den  risen,  sein  eisern  bette  ist  alhie  zu 
Rabbath  der  kinder  Ammon,  neun  eilen  lang  und  vier  eilen 
breit  5  Mos.  3, 11 ;  euch  aber  hat  der  herr  angenomen  und 
aus  dem  eisern  ofen,  nemlich  aus  Egypten  gefüret.  4, 20 ; 
und  wird  ein  eisern  joch  auf  deinen  hals  legen.  28,48;  du 
hast  das  hülzene  joch  zubrechen,  so  mache  nu  ein  eisern 
joch  an  jenes  stat.  Jer.  28, 13;  sompt  dem  ehrnen  und  eisern 
gerete.  Jos.  6, 19.  24 ;  wenn  du  die  Cananiter  vertreibst,  die 
eisern  wagen  haben  und  mechtig  sind.  17, 18 ;  aber  das  volk 
drinnen  füret  er  eraus  und  leget  sie  unter  eisern  segen  und 
zacken  und  eisern  keile.  2  Sam.  12,31;  und  Wte  im  eisern 
horner  gemacht.  1  kön.  22, 11 ;  kamen  zu  der  eisern  thür. 
aposlelg.  12, 10 ;  und  er  wird  sie  regieren  mit  der  eisern 
ruten.  offenb.  19,15;  in  eine  feste  bürg  mit  eitel  eisern  mauren 
befestigeL  Luthers  schrißen  3,  360 ;  ich  hab  noch  ein  iserin 
färb.  Keisersb. //i/i/.  36' ;  ein  brinnender,  glüender  iseren  strol 
(slral).  145' ;  drugent  leitern,  hemer,  eiserin  geiszfüsz  und 
spitz  eisen,  darmit  sie  die  mauren  zerbrechen  möchten.  Aimon 
x3*;  ein  eiserne  thür.  buch  der  liebe  273,2;  eiserner  hafen 
und  irdener  topf  sind  ungleiche  gesellen ; 

da  bäckelt  den  zipfel  ein  eiserner  zacken.  Göthk  1,  231. 
im  deutschen  recht  heiszt  es  'eisernes  vieh  stirbt  nicht'.  R.\. 
593  oder  auch  'eiserne  kuh',  böhm.  zelesna  krava;  diese  rosse 
müssen  als  eisern  gedacht  werden,  der  Inhaber  muste  immer 
für  ein  wolbestehendes  sorgen.  Niebuhr  3,  407 ;  diese  thiere 
{die  ketzer)  sind  eisernes  vieh,  das  sich  aus  dem  christlichen 
schafstall  nie  verlieren  soll.  J.  P.  teufclsp.  2,  7.  'der  eiserne 
tod*  sind  kugeln :  so  wil  ich  auch  meiner  mutter  söhne  einen 
(=  mich  selbst)  bei  euch  aufsetzen,  einen  graben  ausfüllen 
und  an  der  eisern  pestilenz  sterben !  {soldateneidschwur), 
das  Schlachtfeld,  wo  Schwerter  gezuckt  werden  und  kugeln  fliegen, 
nennt  Klopstock  1,  3  das  eiserne  feld ; 

doch  floh  uns  das  glück, 

wir  wichen  zurück 
aus  dem  schweriergedrftng,  aus  des  strehes  glut, 
wir  verloren  im  eisernen  spiele.    Körner  1,  lUO. 

was  meint  die  'eiserne  thür'  in  folgender  stelle: 
wellicher  mann  nn  allem  ort 
wol  uberhorn  und  .«eben  knn, 
der  henket  eisern  ihfire  an 
und  bat  ein  frei,  rrolich  gemiit.    FI.  Sachs  IV.  3,  US', 

hängt  die  ihn  hemmende  thür  an  die  wand  und  geht  frei  ein- 
her? uralt  ist  der  gegensatz  eines  goldnen  und  eisernen  Zeit- 
alters: wenn  man  die  itzige  eiserne  Zeiten  ansihct.  BirrscBtv 
377;  bei  itzo  eiserner  zeit    878; 

wie  ei»ern  sind  dorh  ohne  dich  die  leiten, 

0  Jugend,  holde  fuhrerin!    IIicidorn  8,  lüO; 

«ei  »nvh  «ergntigt,  und  lasz  dnt  wilde  glück 

die  teilen  inehr  al«  eisern  machen.    Vi  1,55; 

gold.  ach  wftrest  du  nicht,  wir  genössen  de*  goldenen  allen, 
du  nur,  leidige*  gold,  brachtest  di«  eiserne  xcit. 
Ilamh.  mutenatm.  1708; 
aber  die  zeit  ist  eisern  und  macht  jede  klage  zu  schänden. 
Bkttira  br.  1, 167.     hierin  liegt  schon  eine  figur. 


2)    noch    häufiger   sind   andere   bildliche   anwendungen,    wo 
eisern  für  hart,  fest,  unerbittlich  steht: 
nimmer  ja  war  auch 
mir  da»  herz  im  busen  ein  eisernes.    Od.  5, 191; 
sie  hat  wahrlich  ein  eisernes  herz  in  dem  busen.    23,  172, 
{Ov/ibs  ivi  azrjd'eaat  aiSrjQsos,  aiSrigeos  iv  fQSai  d'v/ioe); 
je  mehr  mein  herze  kloiiri,  je  eiserner  wirst  du. 
LouENSTKiN  blum.  41; 
nicht  ein  plärrender  Säugling,    ein  ächzender  siechling,   son- 
dern ein  eiserner  mann  zu  sein.   J.  P.  Tit.  3, 115 ; 
mit  eisernem  arme 
fasset  der  tod,  und  eisern  wird  des  sterbenden  secic. 

Messias  16,  161 ; 
wie  greifts  auf  einmal  durch  diese  freuden 
mit  eisernen  banden  der  hölle  durch.    Götiik  14,48; 

müste  ich  nicht  eine  eiserne  stirne  haben,  wenn  ich  es  der 
unglücklichen  selbst  vorschlagen  sollte?  Lessinc  2,  20;  was 
hat  der  Verfasser  mehr  gebraucht,  sie  zu  schreiben,  als  eine 
stirne,  welche  zur  schäm  zu  eisern  ist?  3,204;  somnus  ferreus. 
Virgil. 

schlaf  dort, 
dort  den  eisernen  schlaf.    Messias  6,  ISS ; 

aber  liegt  fern  im  engen  hause,  schläft  schon  den  eisernen 
schlaf.  Schiller  141*;  die  eiserne  noth  =  das  eiserne  band, 
weil  noth  ein  band;  ich  beuge  mich  unter  die  eiserne  nolh- 
wendigkeit  Gotter  3,99;  Genua  ist  die  spindel,  um  welche 
sich  alle  seine  gedanken  mit  einer  eisernen  treue  drehen. 
Schiller  146'; 

so  wende  dich 

zu  goit.    'ach,  eisern  war  für  mein  gebet 

sein  himmel'.  Klopstock  9,  76; 

mich  deucht,  schon  wird 

der  himmel  eisern  und  voll  dürr  umher  das  land  I    10,  67 

{bei  Homer  ;j«Axcos  ovQavos) ; 
entsetzen 

war  die  eiserne  stimme  des  rufenden.    16,  531; 

eisernes  dumpfes  geprassel.  //.  17,  424, 
bei  Stolberg  12, 183  eisern  getöse  {atSrjQeios  oQx<ftayS6s). 
hobst  du  da  nicht  deine  band  zum  eisernen  eid  auf?  Schiller 
142';  du  betrübst  deinen  freund  durch  dein  eisernes  still- 
schweigen. Klopst.  10, 166;  KnoU  allein  zeigte  ein  grimmiges, 
eisernes  lächeln.  J.  P.  ßegelj.  1,  78 ;  eiserner  fleisz,  eiserne 
gesundheit,  eiserne  geduld;  eisernes  capital  (nac/t  1) ;  eiserner 
bestand  an  mundvorralh  bei  Soldaten; 

'wol,  sprach  ein  edler  rath,  es  sei!" 

und  gab  ibr  oben  drein 

ein  eisern  (immerwnhrendes)  Privilegium, 

zu  bexea  frei  und  frank  herum.    Ücrgkr  25*. 

8)  eisern  machen  heiszt  so  viel  als  fest  machen  gegen  schwert 
und  kugel,  gegen  hieb  und  schusz,  oder  auch  gegen  giß,  sonst 
gefroren  machen,  woraus  sich  wieder  Zusammenhang  zwischen 
eisen  und  eis  ergibt:  es  musz  aber  einer  von  denen  rechten 
sein,  weil  er  sich  und  die  ganze  compagnic  eisern  gemacht. 
Ettners  unw.  doct.  653;  und  wann  die  Widersacher  nicht  wären 
gefroren  gewesen,  sie  hätten  das  ihrige  schon  bekommen. 
683.  alln.  hardgiörr,  hart  gemacht,  einen  eheniann  eisern 
machen  meint  auch  ihn  treu  und  beständig  gegen  die  frau 
erhallen.  Hipi^el  5, 126,  wobei  vielleicht  an  die  Vorstellung  des 
eisernen,   immerwährenden  viehes  zu  denken  ist. 

EISERN,  frequentativum  von  eisen,  horrere: 

ich  eisre  mich  so  lang  ich  will, 
musz  ich  doch  zum  ziel. 

Aug.  IIocbncr  im  weimar.Jb.  2,  21. 

EISERNALTERHAFT,  nach  dem  eisernen  alter  aussehend: 
für  unsre  schönen  geister  merke  ich  noch  dieses  an,  dasz 
Theokrits  hirten  in  ihrer  breiten  spräche  oft  solche  unarka- 
discbc  und  eisernalterhafte  dinge  sagen,  die  selbst  unter  dem 
tone  dieser  Vierlander  Idylle  (de  winterawend)  sein  würden. 
Voss  im  inhalte  seines  musenalm.  1777. 

EISERRAHM,  n.  ferri  macula  begegnet  in  der  1472  aus  dem 
alten  gedieht  verfasiten  prosa  des  Wigalois:  fübrcten  in  da 
er  das  eiserrahm  von  im  zöge.  s.  19;  der  ritter  wart  ver- 
wapnct  und  wasser  dargebracht,  mit  dem  er  das  oiserrnhin 
von  im  zöge.  i.  41 ;  da  er  entwapnet  ward  und  das  cisrrralim 
von  im  gezogen,  s.  55;  graf  Adam  zohe  da»  eiserrahm  von 
im.  *.  100 ;  als  er  nua  ward  entwapnet  und  das  eiserrahm 
von  im  gezogen.  105.  in  Wirnts  gedieht  entspricht  kein  aus- 
druck,  wol  aber  scheint  der  prnsator  einigemal  den  darin  vor- 
kommenden vers  'dfl  schulte  er  sin  Isengewant',  was  doch  das 
blosze  ablegen  der  rüstung  meint,  ins  aug*  gefastt  und  mis- 
verslanden  tu  haben. 


EISESBLICK— E1SGEBI>'DE 


EISGEBIRGE  — EISICHT 


378 


EISESBLICK,  m.  blick  kalt  wie  eis: 

wenn  ihr  mich  anschaut  mit  dem  eisesblick, 

schlieszt  sich  das  herz  mir  schaudernd  zu.    Schiller  42'^ 

EISESFELD,  n.  grosze  eis  fläche,  gletscher: 

durch  der  Surennen  furchtbares  gebirg, 
auf  weit  verbreitet  öden  eisesfeldern, 
wo  nur  der  heisre  lämmergeier  krächzt, 
gelangt  ich  zu  der  alpentrift,  wo  sich 
ans  Uri  und  vom  Engelberg  die  hirten 
anrufend  grüszen  und  gemeinsam  weiden.    Schiller  527*. 
vgl.  er  schreitet  verwegen 
auf  feldern  von  eis, 
da  pranget  kein  früUing, 
da  grünet  kein  reis.    516'. 

EISESKLAMMER,  f. 

es  glänzt  der  eicbenwald  in  eisesUammern. 
Le!<au  neuere  ged.  79. 

EISESTHCRM,  m.  thurmartiger  gletscher: 
0  mich  Solls  nicht  wundern, 
wenn  sich  die  feisen  bücken  in  den  see, 
wenn  jene  zacken,  jene  eisesihürme. 
die  nie  auAbauten  seit  dem  schöpfungstag, 
von  ihren  hohen  kulmen  niederschmeizen.    Schillkb  539^ 

EISESWÄLL,  m. 

da  zogen  sie  hinüber 
zum  schwarzen  Berg,  ja  bis  ans  Weiszland  hin, 
wo,  hinler  ewgem  eiseswall  verborgen, 
ein  andres  volk  in  andren  zungen  spricht.    Schiller  529*. 

EISEWIG,  m.  hyssopus  vulgaris.  Schwe.nkfeld  stirp.  Siles. 
284.  zeilschr.  f.  d.  mundarlen  4, 166,  Nemsich  hat  aber  auch 
eisenweich  mit  der-  bedeulutig  verbena,  eisenkraut,  so  dasz  die 
herleitung  aus  ysop,  isop  noch  bedenken  hat: 

hier  steht  riechender  lavend^l, 

da  gesunde  saturei, 

eiswig.  polei,  narde,  quendel, 

tausendschön  und  allerlei.    Fleii!«;  371 ; 

kein  klee,  kein  eiswig,  keine  nelken.    461. 

EISFAHRT,  f.  1)  die  fahrt  auf  dem  eise:  ziemlich  müd 
und  ausgelüftet  von  der  eisfahrt.    Göthe  an  Lavater  15. 

2)  u-as  eisgang,  losbruch  des  eises. 

EISFALL,  m.  der  beim  fallen  gefrierende  regen,  so  dasz 
alles  im  freien,  icie  der  boden,  mit  einer  rinde  von  glatteis 
überzogen  wird,  so  ein  eisfall  fand  letzten  november  in  meh- 
reren gegenden  Deutschlands  statt  und  richtete  in  tcäldem,  wie 
an  Obstbäumen  und  reben  groszen  schaden  an. 

EISFELD,  n.  eisbedecktes  feld:  wie  hieng  der  himmel  toII 
berge  aus  duft,  voll  eisfelder  aus  licht.  J.  P.  Hesp.  3,  216  ;  der 
Sturmwind  schlug  die  gieszbäche  des  himmels  und  die  zer- 
staubten eisfelder  an  die  fenster.  4, 118.  figürlich,  blosz  ein 
paar  glühende  augenblicte  zischen  und  erli3schen  auf  dem 
eisfeld  des  lebens.  2,22;  er  hofte  sogar,  er  vermöge  vielleicht 
dieses  so  quälend  ans  eisfeld  des  lebens  angefrorne  vater- 
herz durch  seine  liebe  abzulösen.  Tit.  1,6;  warum  ackern 
und  säen  denn  immer  die  prediger  auf  dem  eisfelde  der  bio- 
szen  Sittenlehre?  dämm.  Üb,  und  oft  noch. 

EISFISCHEREI,  f,  das  fischen  unter  dem  eise  zugefromer 
teiche. 

EISFLÄCHE,  f.,  wie  sie  sich  winters  bei  gefromen  seen 
bildet:  die  grosze  eisfläche  zwischen  Wittenbergen  und  Bil- 
1  erbeck  war  schon  diesen  morgen  zertrümmert.  Hamburger 
correspondent. 

EISFREI,  vaeuus  glacie,  frei  von  eis:  der  teich  ist  noch 
eisfrei ;  der  flusz  ist  wieder  eisfrei  geworden  «=  hat  weder 
eine  eisdecke  noch  führt  er  treibeis  mehr. 

EISFREUDEN:  heut  ist  conseil,  also  bin  ich  von  allen 
dichterischen  und  eisfreuden  getrennt.  Göthe  an  fr.  von  Stein 
2, 15.    s.  frohe  eisbahn  und  eislust. 

EISFUCHS,  m.  canis  lagopus. 

EISGA.NG,  m.  ruptae  glacJei  in  flumine  incursus.  eisgänge 
sind  am  gefährlichsten  bei  strömen,  welche  in  einem  weilen 
laufe  aus  wärmeren  gegenden  kälteren  zuflieszen,  da  sich  das 
eis  des  oberen  laufes  früher  in  bewegung  setzt  als  das  des 
unteren:  eisgang  des  Rheins.  Göthe  2,57.  bildlich,  insofern 
wird  von  einem  krieg  oft  der  eisgang  eines  volks  durch  kanonen 
nicht  sowol  angesagt  als  hervorgebracht.   J.  P.  dämm.  84. 

EISGEBÄRE.ND: 

vom  glühenden  ost 
bis  zum  eisgebärenden  nord.    Scbcbart  ged.  1,  444. 

EISGEBINDE,  n.  vinculum  glaciei:  der  winter  belegte  die 
wellen  mit  eisgebinde. 


EISGEBIRGE,  n.  mons  glacialis: 

ich  sehe  dich  im  wilden  eisgebirg 
verwirrt  von  einer  klippe  zu  der  andern 
den  fehlsprung  tbun.    Schiller  532* ; 
ach,  schon  verrückt  sichs !  formlos  breit  und  aufgethOrmt 
ruht  es  in  osten,  fernen  eisgebirgen  gleich.    Göthe  41,252; 

eisgebirge  der  ewigkeit.   J.  P.  Fixl.  19. 

EISGEFILDE,  n.  campi  glaciales :  die  eisgefilde  RuszIands ; 
empor  durch  eisgefilde  drang 
ich  sonder  pfad  und  spur.    Matthjssoh  78. 

EISGEKÜHLT,  glacie  frigefactus:  dieweiln  sich  ir  f.  gn. 
oftmals  so  vil  und  hoch  bemühet,  sonderlich  aber  in  der 
Schlacht  dennaszer  erhitzt,  darnach  allemal  den  eisgekülten 
wein  darein  getrunken,  welches  eistrank  i.  f.  gn.  sehr  gelie- 
bet. Mansfeldische  histori,  Schlacht  u.  herliche  victoria  in  Ungern. , 
Nürnberg  1595.  4.  E4. 

EISGLOCKE,  /".  ein  stück  des  prunklafelgeräths. 

EISGRAU,  canus,  mhd.  isgrä,  die  höhere  stufe  des  alters 
bezeichnend:  wie  es  seinem  groszen  alter  und  eisgrawen  köpf 
gemesz  war.    2  Macc.  6,  23 ; 

rürsiu  mich  mit  dem  eisgrawen  hart, 

so  stirbe  aber  ich.    Uhlano  254; 

darnach  schickt  sie  auch  trutziglich 

nach  einem  eisgrawen  allen.    H.  Sachs  II.  2,31*; 

hat  der  tod  die  alte  eisgrawe  männer  angegriffen.  Albertixüs 
narrenhatz  313;  eisgrawer  hart.  Harnisch  283;  eisgraue  bare. 
Bltschky  kanzl.  866;  der  eisgraue  alte  hauswirt  nebst  seiner 
ebenfalls  eisgrauen  alten  hausebre.  irrg.  der  liebe  51;  mein 
eisgrauer  aufwarten    ehe  eines  weibes  ...; 

sie  leben  gebückt,  gekrümmt,  eisgrau, 

starräugig  noch  kaum  ihr  sieches  leben.    Klopstock  1,  263; 

denn  auch  auf  Schriften,  welche  das  nebenwerk  besser  thun, 
aber  keinen  neuen  Inhalt  haben  und  immer  nur  altes  bis 
zum  eisgrauen  hinauf  wiederkäuen,  auch  auf  solche  Schriften, 
sag  ich,  kann  und  wird  die  nation  niemals  stolz  sein.  12,  253; 
sie  [die  felseninschriß)  wäre  von  eisgrauen  Zeiten  her.  12,401; 
der  eisgraue  mann  hatte  blatt  und  eichel  in  der  band.  12,  405 ; 
meine  guten  engel  fliehen  von  mir,  weichen  alle  die  heiligen 
vom  eisgrauen  mörder.  Schiller  116";  eisgrauer  lügner  du! 
129";  dasz  mich  der  böse  feind  in  meinen  eisgrauen  tagen 
noch  wie  sein  wildpret  herum  hetze.  1S3';  als  es  finster  ge- 
worden war,  vermehrte  ein  eisgrauer  nachbar  die  gesellschaft. 
TiECK  Slernb.  1,42;  vier  priesler  stehn  im  weiten  dorn  der 
natur,  der  eisgraue  winter  u.s.w.  i.  P.  uns.  löge  1,41;  der 
ich  von  einem  so  eisgrauen  adel  bin.  flegelj.  2, 4.    vgl.  eisengrau. 

EISGRAUBÄRTIG,  barba  canus.    Callenbach  puer  3. 

EISGRIF,  m.  eine  scharfe  zacke  des  hufeisens,  zum  ein- 
greifen in  das  eis. 

EISGRUBE,  f.  fovea  ad  conservanda  glaciei  frusta.  bild- 
lich: das  alter  oder  grab  ist  selber  eine  eisgrube.  J.P.Fibel 
1,143;  genieszest  du  aber«  doch  deine  warme  jugend  unge.- 
scheuet  vor  der  im  hintergrunde  wartenden  eisgrube  des 
alters,  in  welcher  du  durch  immer  wachsende  kälte  noch 
einige  zeit  aufbewahrt  wirst.  Siebenk.  3,  8  ;  eisgrube  der  künf- 
tigen erinnerung.    Tit.  2, 124. 

EISHAND,  /■.  eisige  hand:  vollends  im  lieber  strecken  die 
eishände  der  geisterfurcht  sich  nach  dem  irren  menschen  aus, 
J.  P.  Levana  1, 167. 

EISHAUCH,  m.  halilus  glacialis: 

80  umgab  sie  nun  der  winter 

mit  gewaltgem  grimme,  streuend 

seinen  eisbauch  zwischen  alle.    Göthb  5, 135. 

EISHAUE,  /".  ligo  glacialis. 

EISHAUPT,  fi.  cacumen  montis  glacie.  teetum. 

EISHIMMEL,  m.  siehst  du  nicht,  dasz  diese  wohnung  von 
krystali  ist  und  dasz  alle  wände  so  durchsichtig  sind,  wie  der 
eishimmel?  Musaels  volksm.  s.bl;  war  ich  einer,  z.  b.  ein 
haifisch,  so  könnt  ich  unter  dem  eishimmel  des  nordpols  her- 
vorbrechen.   J.  P.  anh.  zu  Tit.  2,  20. 

EISHOLZ,  n.  das  holz  soldier  bäume,  an  denen  man  den 
jahrwuchs  nicht  erkennt. 

EISHOLZEICHE,  f.  quercus  robur. 

EISHÜLLE,  f  umhüllendes,  bergendes  eis.  bei  dem  eisfalle 
im  notember  1858  wurden  die  trauben,  welche  im  Rheingau  noch 
an  den  stocken  hiengen,  von  einer  eishülle  überzogen,  durch  die 
sie  geschützt,  waren,  bis  sie  später  gelesen  werden  konnten. 

EISICHT,  glacialis, 

schau,  wie  der  liebe  blitz  des  Siegers  eisicht  herze 
wie  Schwefel  zündet  an.    Lobknstein  Suphon.  31,903. 


379 


EISIG  — EISNACH 


EISNACUT  — EISSCIIÜH 


380 


EISIG,  dasselbe,  nnl.  ijzig: 
er  stiesz  sie  hinaus  in  der  Gnstersten  nacht 
bei  eisigem  regen  und  winden.    Börobh  61*; 
heitres  Lugano!  du  lachtest  uns  pilgern  des  eisigen  Gotlhards, 
wie  nach  orkanen  der  port  schillern  im  abendroih  lacht. 
Matthisson  241 1 
zapfen  sieht  man  eisig 
an  den  dachern  stocken.    PLAiEr«  22; 

wo  die  eisige  luft  mir  den  alhein  an  den  haaren  zu  reif  an- 
setzte.   Betti.ne  tageb.  120. 

EISKALT,  gelidus.  Maaler  12S*,  nnl.  ijskoud:  eine  eiskalte 
wange ;  der  verstorbene  ist  bereits  eiskalt ;  hu,  wie  das  eis- 
kalt durch  meine  ädern  schauert.  Schiller  212';  eine  gestalt 
wie  diese  ziehe  den  Vorhang  von  deinem  bette,  wenn  du 
schläfst,  und  gebe  dir  die  eiskalte  hand.  213*;  ein  so  ge- 
suchter gedanke  kann  höclistens  einem  eiskalten  commen- 
tator  eingekommen  sein.  235";  wie  an  einem  eiskalten  metall 
muste  deine  warme  hand  ankleben.  J.  P.  Tit.  1,  34.  wie  man 
sagt:  kalt  trinken,  baden  heiszt  es  auch:  fiel  ihm  ein,  dasz 
er  eiskalt  trinken  wolle.  Piero/ 1,  410;  darum  badete  er  Som- 
mer und  Winter  eiskalt.    J.  P.  Tit.  2,  92. 

EISK.\LTE,  f.  gelu. 

EISKEGEL,  tn.  glacies  cono  simiiis,  wenn  die  form  kegcl 
die  richtige,  ursprüngliche  ist,  denn  früher  kommt  auch  vor 
iskachel,  iskekel,  iskikel,  ishichel  (Diefenbach  553*.  685*),  was 
mit  jokel,  ichel,  alln.  jökuU,  ags.  gicel  zusammen  hängt :  die 
gesiebter  des  fürsten  und  der  ohnmächtigen  setzten  wie  Sal- 
petersäure und  salz  sein  herz  fast  zu  einem  eiskegel  um. 
J.  P.  uns.  löge  3,  6. 

EISKELLER,  m.  was  eisgrube:  ich  hab  es  ihm  schon  ver- 
sprochen, sagte  Albano,  den  mitten  in  seinem  frühling  zwei 
eiskeller  anwehten.    Tit.  5,  60. 

EISKIRREN,  n.  sonilus  glaciei.    Stieler  960. 

EISKLIPPE,  f.  scopulus  glacialis. 

EISKLUFT,  /.  rima  glaäalis,  risz  in  baumstämmen  bei  hef- 
tigem frosl. 

EISKLÜFTIG,  hiatum  ortum  habens  a  gelu.    Frisch  1,  224*. 

EISKNOCIIE,  m.  was  eisbein. 

EISKRAUT,  n.  mesembryanthemum  crystallinum,  nnl.  ijskruid. 

EISKRUSTE,  f  crusta  glacialis:  eiskruste  des  ausländes. 
J.  P.  Hesp.  1, 194 ;  der,  der  sich  aus  laune  Melchior  nannte, 
verbarg  unter  einer  phlegmatischen  eiskruste  eine  gleiche  glut 
und  war  ein  Hekla.    3,  45  (65). 

EISLAND,  n.  regio  glacialis:  sie  wollen  im  winter  erfrie- 
ren, mögen  im  summer  nit  mer  on  solen  gon  und  machen 
ain  bollwerk  umb  das  haupt,  als  wollen  si  in  das  eisland 
faren.  Keisersberg  siben  scheiden  ee6*.  hiernach  hat  Island, 
mhd.  Islant,  engl.  Iceland  den  namen,  wir  schreiben  und  sprechen 
heule  falsch  Island. 

EISLÄNDISCH,  borealis:  in  den  kalten  und  eisländischen 
thcilen  von  America.    Becber  narr,  weish.  3. 

EISLAST,  /.  beim  eisfall  brechen  äste  und  bäume  unter 
der  eislast. 

EISLAUF,  m.  per  glaciem  decurrendi  exercitatio. 

EISLÄUFER,  m.  die  Holländer  schätzt  er  (Klopstock)  gleich 
nach  den  Deutschen,  weil  sie  ihre  tyrannen  verjagten  und 
die  besten  eisläufcr  sind.    Stcrz  1, 186. 

EISLEBEN,  n. 

EISLEBENSLIED  ist  das  schöne  gedieht  GOthes  1,  74 
sorglos  über  die  fluche  weg 

beim  ersten  druck  im  teutschen  Merkur  1776  febr.  $.  128  über- 
schrieben. 

EISLEIN,  n.  ßr  eisenlein,  s.  eischen. 

EISLICH,  ahd.  egislih,  f7i/id.  eisl'ich  horribilis,  deformis, 
distortus,  erscheint  noch  in  den  vocabularicn  bei  Dieie^bacii 
170'.  187*.  280*,  lebt  aber  im  nnl.  ijselijk  bis  auf  heule,  s.  oben 
eiscb  und  eisen  horrere. 

EISLUFT,  f  aura  glacialis. 

EISLUST,  f  was  eisfreude:  das  bat  die  eislust  Tor  allen 
andern  körperlichen  bewegungeo  Toraus.    GOtub  22, 102. 

EISMASSK,  f  massa  glaciei.    Götiik  16,  246. 

EISMEER,  n.  mare  glactale. 

EISMONAT,  n.  januanus:  lud  ihn  Albertus  im  eismonat 
auf  ein  friibslück  im  klostcrgarten  ein.  Musaeus  vo/Asm.  1,  55; 
fruchte,  die  auch  erst  im  eismonat  meines  Icbens, .  wie  die 
Venusbrust  (eine  btrne)  im  physischen  reifen  und  gelben. 
J.  P.  jubelten.  131. 

EISNACH,  n.  leii'num  paluttre,  tonst  auch  alinach,  Olsnicb, 
wilder  tppich. 


EISNACHT,  f.  Ottomars  seele  war  ein  polarland,  das 
sengende,  lange  tage,  lange  eisnächte  durchstrichen.  J.  P.  uns. 
löge  2, 105. 

EISNADEL,  /".  stiria:  vermutlich  sind  es  kleine  in  der 
dortigen  region  schwimmende  eisnadeln.  Lichtenberg  7,9;  in 
jedem  jähr  schieszen  neue  eisnadeln  am  liierarischen  eis-  und 
musenberg  oben  an.  J.  P.  anh.  zu  Tit.  1,  24. 

EISNEBEL,  m.  nebula  glacialis.     s.  frostrauch. 

EISNETZ,  n.  groszes  netz  bei  der  eisßscherei. 

EISOP,  m.  hyssopus,  isop,  mhd.  ispe  (wb.  1, 757*),  vgl.  eisewig. 

EISPALAST,  m.  wie  in  einem  durchsichtigen  eispalast  wohn- 
haft.   J.  P.  Fibel  17 ;    daher   ist  die  messiade  dieser  groszen 
seele  ein  schimmernder,  durchsichtiger  eispalast.  aesth.  2, 158 ; 
die   weiszen    Schlösser  in  der  grünen  ebene  waren  zu  schil- 
lernden eispalästen  »nd  sonnentempeln  verklärt.  jubelsen.H; 
und  wohnt  er  droben  auf  dem  eispalast 
des  Schreckhorns  oder  höher,  wo  die  Jungfrau 
seit  ewigkcit  verschleiert  sitzt.    Scuillbr  523*. 

EISPANZER,  f».  lorica  glacialis:  auf  was  weise  sollen 
denn  die  Vögel,  so  von  natur  nur  mit  einem  dünnen  feile 
verwahret  seind,  mit  dem  vollständigen  winter,  der  mit  so 
groszen  schneewällen  verschanzet  ist  und  mit  so  festen  cis- 
panzern  angelhan,  sich  wagen  dürfen  in  einen  kämpf  zu  lassen. 
Praetorids  Storchs  und  schwalbenwinterquartier  s.  377.  die 
Vorstellung  des  winters  als  eines  eisriesen  und  seines  kampfs  mit 
dem  sommer  und  den  geschöpfen  des  sommers  isl  eine  uralte. 

EISPFAL,  m.  obex  cohibens  vim  glaciei. 

EISPFEILER,  m. 

EISPOL,  m.  polus  glacialis:  so  so!  tönt,  dasz  der  eispol 
bebt  und  der  löwe  unterm  Süden  vor  furcht  heult.  Hah» 
aufruhr  zu  Pisa  165; 

ja  vom  äuszersten  Westfriesland, 
die  nach  dem  cispol  schaun.    Scuillkr  450*. 

EISPUNCT,  m.  punctum  gelalionis,  gefrierpunct. 
EISRAHME,  m.  ein  kalter  see,  den  ein  dichter  eisrahmen  ein- 
faszt,  kracht  und  flutet  zu  meiner  rechten.  Hirzel  Eug.  br.  2, 254. 
EISRINDE,  f  was  eiskruste. 

EISSCHAUDER,  EISSCHAUER,  m.  horror  glacialis:  er 
stürzte  anfangs  in  das  plongierbad  des  eisschauders.  J.  P.  Tit. 
1,93;  in  einem  schneidenden  eisschauer  wurden  alle  warmen 
gedanken  und  nerven  des  lebens  hart  und  starr.  Hesp.  3,  259. 

EISSCHEMEL,  m.  scabellum  i.  e.  frustum  glaciei,  cisscholle: 
die  selben  zeit  fiel  ein  eisschemel  aus  den  wölken  umb  sant 
Johans  tag  im  summer,  der  was  15  schuch  lang  und  6  schuch 
dick.  Steinhöwels  chronik  Frankf.  1531  20';  wir  sehen  ctlich 
zwischen  den  flammen  der  begirden  gleich  ein  eisschemel  der 
biisz  und  leid  umb  die  sünd  tragen  und  empfinden.  Pdr.  24*; 
es  sind  mehr  wägen  (mit  getraide)  da  gefahren,  dann  gefahren 
sind  zu  jeden  jaren  der  eisschemel  im  Rheine  grosz,  wann  im 
früling  der  westwind  blost,  alle  kästen,  Speicher,  schütten 
und  gebien  (bühnen)  lagen  voll.    Garg.  60'.     s.  eisschöbbel. 

EISSCHMARRE,  m.  stiria,  eiszapfe:  so  ist  er  {Christus) 
geboren  worden  im  winter,  da  die  isschmarren  an  den  dechern 
hiengen.  Keisersberg  xv  staffeln  25*.  den  alten  'modus  Liebinc' 
oder  das  mhd.  beispiel  von  'des  sn^wes  sun'  (Hadpt  7,  378) 
erzählt  Pauli  in  schimpf  und  einst  lb22  cap.  209.  1550  cap.  283. 
1555  cap.  251:  in  dem  winter  bin  ich  in  dem  garten  gangen 
und  buh  an  dich  gedacht  also  mit  groszcr  begird,  das  ich 
bin  bei  dir  gewesen  und  hab  ein  eisschmarren  von  dem  lach 
da  herab  genommen  und  hab  in  gcssen,  und  ist  das  kind 
daraus  wurden,  des  zu  einem  zeicbcn  so  heiszt  es  Glacies, 
Eisschmarrc ;  und  hernach :  ach,  wo  hast  du  den  eisschmar- 
ren hingelhan,  un.scr  kind?  ältere  ausgaben  5c<zen  isschmarren. 
s.  hernach  eiszapfe  und  über  schmarre  vorläufig  Schmeller  3, 472. 

EISSCHOR  BEL,  m.  was  eisschemel  und  entweder  aus  sca- 
liellutn  oder  aus  eisschölbel  ton  eisscholbc  entstellt,  in  Büdinger 
hexenaclen  von  1633  wird  ausgesagt,  der  teufet  sei  'kalt  ge- 
wesen wie  ein  eisschöbbel'.    VVolfs  mythol.  zeilschr.  2,  63. 

EISSCHOLBE,  f  gleba  glacialis,  vgl.  ahd.  sculpä  jGRArr 
6,480).    noch  heule  in  der  Wetlerau  eisscholbe,  dim.  cisschölbel. 

EISSCHOLLE,  f  frustum  glaciei,  früher  auch  m..  wie  ahd. 
RCüllo  und  scollA  vorkommen :  siehe  hier  klebt  inem  und  dein 
geist  angefroren  an  die  eisschulle  und  dort  deckt  die  nacht 
alle  hinler  einander  ruhende  hiininel  auf.    J.  P.  Hesp.  1,  274. 

EISSCHROLLE,  m.  dasselbe:  gleidiwic  wann  einer  mil  einem 
ausgchähllen  eisschrolleii  wasser  achöpfle.  Simpl.  Sprttnjintf 
cap.  &  f.  26.    SciiN.  3,  609. 

EISSCHUH,  m.  solea  ferrata,  ichlUlsckuh :  auf  den  cia- 
•chuhen  geloffen.   ZiNiCRBr  S,S7(. 


381 


EISSPALTE— EISZAPFE 


EISZAPFEN  WORTE — EISZE 


382 


EISSPALTE,  f.  hialus  in  glacie,  eiskluß:  klaffende  eisspal- 
ten  des  lebens.  J.  P.  Hesp.  2, 168 ;  flügel  über  die  eisspalten 
des  lebens.  Tit.  1, 8 ;  wie  die  krjstalisucher  auf  den  alpen 
sich  gegen  den  stürz  in  eisspalten  durch  aneinanderhinden 
decken.  Siebenk.  1, 120 ;  schritt  über  eisspalten  und  kletterte 
über  felsenstücke.    Arsiji  kronenw.  1, 113. 

EISSPATZIERIG,  per  glaciem  currens:  das  gesind  ist  ... 
geschwetzig,  ausfrägisch  aus  dem  haus  und  im  haus  trag, 
baurenstolz,  eisspatzirig,  schlauderig.    Garg.  69'. 

EISSPIEGEL,  1)  speculum  glaciale:  das  licht  des  mondes 
glimmte  die  östlichen  berge  hinauf,  die  die  sonne  in  eis- 
spiegel  gegossen  hatte.  J.  P.  Hesp.  3,  84,  2)  zuckerguii,  zueker- 
eis,  ein  backwerk. 

EISSPIESZ,  m.  stiria:  die  heiszesten  wellen  seines  enthu- 
siasmus  setzten  sogleich  vor  des  bibliothekars  gesiebte  eis- 
spiesze  an  {begannen  zu  gefrieren).    J.  P.  Tit.  2, 133. 

EISSPITZE,  f.  1)  stiria:  meine  satyrischen  eisspitzen. 
J.  P.  Hesp.  2,  54.     2)  was  eisgrif,  im  Hufeisen. 

EISSPORN,  m.  aculeus  ferreus  a  lapsii  tenens  m  glacie 
eunlem :  die  auf  dem  eise  ohne  eissporen  tanzen.  Leiermatz 
lustiger  correspondenzgeist.  1668  s.  218. 

EISSPRIESZEL,  m.  weidmännisch,  die  enden  am  hirsch- 
getceih  über  den  augensprossen.  Döbel  1, 17"  schreibt  eissprüs- 
sel,  andere  eisprüsel.  welchen  sinn  halle  hier  eis?  jröre  die 
ähnlichkeil  mit  einer  stiria  gemeint?  man  musz  lieber  entstel- 
lung  aus  augsprieszel  voraussetzen  (s.  dieses  wort),  so  dasz 
augsprosse  dem  franz.  andouiller,  augsprieszel  dem  suran- 
douiller  entspräche,  engl,  antler  und  surantler. 

EISSTAND,  m    glacies  firma:    bis  Wittenbergen  ist  festes 
eis.    über   den    eisstand   hier  oben  ist  noch  keine  ,ändening 
zu  berichten.    Hamburger  correspondent. 
EISSTECHER,  m.  was  eisspom. 

EISSTEIN,  m.  spathum  lamellosum,   eisähnlicher  kalkspat. 
EISSTROM,   m.    eismasse,    einem   ströme   ähnlich.     Göthe 
16,  246.  248. 

EISSTÜCK,  fi.  frustum  glaciei:  die  eisstücke  des  todes  über- 
decken und  heben  die  brustkrankheit.    J.  P.  Kamp.  63. 

EISTAFEL,  f.  was  eisschemel :  als  bei  dem  allmälichen 
untersinken  der  eistafel  stücke  davon,  die  schärfer  wie  glas 
waren,  ihm  das  gesiebt  und  die  bände  zerschnitten.  Fales 
Johannes  ton  der  Ostsee  1, 160. 

EISTAUCHER,  m.  colymbus  glacialis. 
EISTHAL,  n.  vallis  glacialis.     man  unterscheidet  gletscher, 
eisthäler,  schneeberge. 

EISTHAU,  m.  rox  gelidus:  er  fühlte  nicht  den  eisthau  der 
dämmerung.    J.  P.  Hesp.  1, 153. 

EISTRANK,  m.  oder  n.    siehe  eisgekühlt. 
EISUMFANGEN,  glacialus:  deine  liebe  fühle  ich  noch  warm 
in  diesem  eisumfangnen  herzen.    Wielaxd  26, 118. 
EISUMSTARRT,  glacie  rigens: 

nach  dem  eisumstarrten  pol.    Platkn  36. 
EISVOGEL,   m.   alcedo,   nnl.   ijsvogel,    schw.  isfagel.     gilt 
auch  ron  einem  schlauen,  listigen  menschen:    er  als  ein  ver- 
schmitzter  weit   und   eisvogel,   flick  (/.  flück)  auf  stück  und 
tück,   der  etwan  auf  dem  eis,   wann  der  Rhein  übergefrom, 
gemacht   war  worden.    Garg.  2ll';    welches  alles  Kampfkeib 
genaw  war  nam,  als  ein  durchtribener  eisvogel.    230*. 
EISWASSER,  n.    Stieler  2444. 
EISWELT,  f. 

der  hohen  eisweit  reine  porpurglut.    Matihisso!«  12. 
EISWERMCT,  m.  artemisia  glacialis,  alpenbeifusz. 
EISWIND,  m.  boreas,  nordwind.    Stieler  2464. 
EISWINKEL,  m.    angulus  glacialis:    die   kalten  nord-  und 
nordwestwinde  in  Nordamerika  kommen  aus  dem  groszen  eis- 
revier   her,   das   sich   bisher  aller   durchfahrt  widersetzt  hat 
und  das  der  eigentliche  noch  unbekannte  eiswinkel  der  weit 
zu  nennen  wäre.    Herder  3,  50. 

EISWOGE,  f.  unda  glacialis:  gerade  hinten  (im  Chamouni- 
thal)  endigt  ein  spitziger  berg,  von  dessen  beiden  seilen  eis- 
wogen in  den  hauptstrom  hineinstarren.    Götbe  16,  247. 

EISZACKE,  m.  stiria:  er  schüttet  den  reifen  auf  die  erden 
wie  salz,  und  wenn  es  gefreuret,  so  werden  eiszacken,  wie 
die  spitzen  an  den  stecken.    Str.  43,  21. 

EISZAPFE,  m.  dasselbe:  bleiben  henken,  wie  eiszapfen  an 
eim  dach.  Garg.  247*;  es  habe  einmal  eines  Schiffers  früu  an 
ihren  mann  so  herzinniglich  gedacht,  und  in  solchen  geden- 
ken habe  sie  einen  eiszapfen  vom  röbrkasten  abgebrochen 
und  verschluckt,   also   dasz  sie  blosr  von  dieser  oinbildung 


durch  hülfe  des  eiszapfens  schwanger  worden  und  ein  artiges 
schönes  weiszhäriges  knäbchen  an  die  weit  gebracht.  Weise 
erzn.  23  (s.  oben  eisschmarre) ;  liesz  sie  mir  abennal  eine  so 
grosze  kaltsinnigkeit  blicken,  dasz  ich  beinahe  selbst  drüber 
in  einen  eiszapfen  verwandelt  worden  wäre,  ehe  eines  mannet 
120;  du  eiszapfen,  willst  nicht  einmal  ein  paar  meilen  zu 
fusz  gehen!  Kotzebce  dram.  sp.  3,  206.  schlechter  ist  die 
starke  form,  die  sich  aber  schon  bei  Seb.  Helber  37  findet: 
dasz  er  wie  ein  eiszapf  dabei  stehe.  J.  P.  Fibel  18,  anderemal 
aber:  mein  finger  ist  ein  eiszapfen  und  kein  finger. 

EISZAPFENWORTE :  wenn  ein  mann  harte  eiszapfenworte 
ausstöszt  (frigide  dicil).    J.  P.  Katzenb.  1,  28. 

EISZE  oder  EISZ,  m.  (zuweilen  n.)  ulcus,  £)j(Oi,  geschwür,  ein 
früher  gangbares,  seil  dem  vorigen  jh.  fast  erloschnes,  nur  in 
oberdeutscher  volksprache  fortlebendes  wort,  welchem  gr.  olSos, 
oiSrjfta  geschwulst,  gährung  urverwandt  liegen;  die  goth.  form 
wäre  aita.  ahd.  e\i,  gen.  eijes  (Graff  1,  541),  mhd.  eij,  eijes 
(wb.  1,  42S"),  nhd.  aber  zwischen  starker  und  schwacher  form 
schwankend,  eisz  eiszes  oder  eisze  eiszen,  welcher  oblique 
casus  dann  auch  in  den  nom.  vordringt;  hierzu  tritt  die  un- 
stäte  Schreibung  eis  und  eissen  für  eisz  und  eiszen,  ais  aissen 
für  aisz  aiszen,  wodurch  mischung  mit  eis  glacies,  das  wie- 
derum fälschlich  eisz  geschrieben  wurde,  entsprang,  diesem 
Wirrwarr  auszuweichen  ist  überall  in  den  folgenden  stellen  das 
richtige  sz  hergestellt,  gewähr  leisten,  auszer  den  vocabula- 
rien  bei  Diefenbacb  276'.  625*,  Dasvpodics  262*.  292'.  393*. 
Frisiüs  1396'.  Maaler  128".  Hesisch  861,  62.  867, 1.  Denzler 
873*.  Stieler  31.  Friscu  1, 16"  und  die  idiotica  von  Schneller 
1,116.  Höfer  1, 14.  StalderI,  93.  Tobler  29' (tro  äsza).  Scbmid 
161 ;  meliceris  erklärt  Dasvpodics  133* :  ein  triefender  eisze  oder 
blätterlin  an  den  eilenbogen,  knüen  und  gleichen  des  leibs, 
und  Serrands  o3'  schreibt  das  aus.     vgl.  bluteisz. 

schlier,  eiszen,  huosten,  flusz,  toubsucht.    fasln.  864,35; 

und  thaten  dise  bösewicht  under  disen  worten  mich  mit  tre- 
meln  also  schlahen,  das  mine  arsbacken  ganz  voll  wurden 
eiszen  und  geschweres.  Wyle  tülschungen  im  gülden  escl;  es 
ist  mit  uns  gewesen  gleich  als  umb  einen, "  der  ein  eiszen 
oder  ein  geschwer  hat,  der  da  gleffet.  Keisersberg  brösamlin 
64*;  sobald  der  aiterbutz  aus  dem  aiszen  gezogen  wird,  so- 
bald hallet  er  zu.  siben  scheiden  . . . ;  vor  disen  vieren  be- 
hütet dich  gedult,  wenn  si  dennen  zucket  die  wurzel  und 
den  eiterbutzen  usz  dem  eiszen  des  raügens  (mühens),  das 
ist  die  trurikeit.  bilger  60*;  denn  so  lidel  ein  mensch  ge- 
dültiglichen  den  flieten  (phlebolomum)  in  dem  gescbwer  oder 
eiszen.  68*;  wenn  man  dir  ein  phlaster  über  ein  eiszen  leit, 
so  wirkt  got  under  dem  phlaster.  85* ;  er  (lob)  was  voll  blot- 
tern  und  eiszen.  213';  und  die  esel  triben  im  (dem  lob)  die 
feind  hinweg  und  liesz  im  gott  nummen  ein  bös  weib  und 
blagt  in  darzu  mit  blatern  und  eiszen.  s.d.m.lZ*;  aber  wenn 
einer  ein  eiszen  hat,  so  lang  der  butz  dar  in  ist,  so  lang 
eitert  er  immermeder,  züchst  du  aber  den  butzen  herausz, 
so  höret  er  uf  eitern.  29';  ein  hund  leckt  eim  die  zehen 
und  wunden,  als  Lazaro,  der  foll  eiszen  und  geschwer  was, 
dem  leckten  sie  den  wüst  ausz  und  das  allerschnödest.  34*; 
wan  die  butzen  herausz  kummen,  so  eitert  der  eisz  nümme 
und  Schwirl  nit  herausz.  43';  da  han  ich  den  eiszen  aller 
menschenlereren  berürt.  Zwisgli  1,77;  do  hat  ich  ein  eisz 
an  eim  bein,  ich  denk,  es  weri  ouch  pestelenz.  Plater  66; 
wahrscheinlich  hat  die  Zürcher  bibel  von  1525  —  29  Luc.  16,20 
gleichfalls  'voller  eiszen'  statt  Luthers  'voller  schweren';  eben 
solche  gestalt  \wie  mit  schlier)  hat  es  mit  andern  eiszen, 
den  furunculis,  allein  das  sie  milter  seind.  Wirsünc  arznei- 
buch  608 ;  disen  eiszen  hat  niemand  dörfen  rögen  (rügen). 
Frank  chron.  513';  deren  keiner  den  eisz  oder  geschwer  der 
kranken  kirchen  anrüret.  518';  wirt  gut  sein  diesen  aisz  und 
treck  nit  zu  rüren.  paradoxa  46 ;  wann  man  ain  aisz  zuheilt, 
bricht  es  an  ainem  andern  auf.  lob  der  torh.  128 ;  ist  es  nit 
schand  rauden  (scabiem),  eisz  und  dreck  mit  purpur,  seiden 
und  Scharlach  zu  decken?  Petr.  17*;  welche  eiszen,  ie  me 
man  sie  kratzet  und  jucket,  ie  heftiger  sie  hitzen,  wüten  und 
toben.  183';  solches  warm  gemacht,  über  einen  aisz  oder 
geschwulst  gelegt.  Seuter  409 ;  wassereppichsaft  leg  über 
bäulen,  schlier,  eiszen  oder  dergleichen  geschwer,  es  zeitigt 
sie  bald  und  reinigt  sie.  Tabermaemott.  375;  mit  honig  ver- 
treibt es  die  heiszen  giftigen  eiszen  oder  schwarzen  blatern. 
Forer  fischh.  20 ; 

auch  kamen  vil  aisz,  trüs  und  peuln.    H.  Sachs  I,  456'; 


383 


EISZE— EITEL 


EITEL 


384 


und  die  so  Übels  thun,  sorgen  stetes,  man  verweisz  ihnen 
die  siind,  als  einer  der  einen  eisz  oder  geschwer  oder  stharpfes 
zipperlein  hat,  sorgt  man  rür  ihn  an.  Joannes  Nas  warnungs- 
engel  102;  was  geits,  man  wird  euch  den  eiszen  auftbuu. 
Corp.  216';  turteilaubenbiut  heilet  das  geronnen  blut  und  den 
eiszen  inn  äugen.  Sebiz  118 ;  das  heiszet  den  eiszen  recht 
gerüret.  Philanoer  1,228(233);  wann  man  sich  eines  aiszes 
oder  geschwers  besorgt.  Hohherg  1,258*;  für  die  apostem, 
aiszen  und  geschwer,  auch  andere  geschwulsten.  1,  303".  wie 
den  eiszen  rüren,  berüren,  anrüren,  heiszl  es  auch  einem  den 
eiszen  aufstechen,  aufhauen,  auslassen,  sinnlich  und  figürlich. 
ahd.  eijprßsta  ist  senecto,  wuudkraul,  heilkraut,  heilallerwelt. 

LuTBER  enthält  sich  des  sicher  althergebrachten  ausdrucks 
eisz  und  setxt  dafür  Hiob  2,  7.  Luc.  16,  20  schwere  (d.  i.  schwäre), 
Adelung  und  Campe  nehtnen  ihn  gar  nicht  auf  und  die  heu- 
tige sehrißsprache  duldet  ihn  höchstens  in  den  zusamnien- 
setxungen  bluteisz  und  spitzeisz;  allerdings  Iduß  unsere  an 
reinhallung  der  Zischlaute  nicht  mehr  gewöhnte  ausspräche  gc- 
fahr  eisz  und  eiszen  mit  eis  und  eisen  zu  mischen,  da  doch 
ahd.  und  mhd.  eij,  eijen,  von  Is,  iscn  genau  abstanden, 
übrigens  hat  sich  eij  und  eisz  bisher  nur  in  hochdeutscher 
mundart  gezeigt,  ahd.  erscheinen  sogar  die  vielleicht  verwandten 
eigennamen  Ei;o  und  Ei;4  (Förstek.  372) ;  aus  eijo  ein  golh. 
aita  zu  folgern  bleibt  doch  überkühn,  zumal  Ulfilas  Luc.  16, 20 
banjö  fuUs  gewährt,  von  banja,  altn.  ben,  versehrung. 

In  der  wurzel  hängen  ei;  und  eijo  unverkennbar  zusammen 
mit  eit  ignis  und  eiter  venenum,  weil  wunde  und  gift  bren- 
nen; von  der  gestörten  lautverschiebung  soll  unter  eiter  die 
rede  sein,  der  eisz  eitert  hiesz  es  in  einer  der  ausgehobnen 
stellen,  möglicherweise  verwandt  wäre  auch  das  ags.  Ste,  lolium 
und  avena,  buchstäblich  =  ahd.  ei;ä,  nemlich  avcna  fatua, 
wilder,  lauber  haber,  wie  Georg.  1, 154  steht 

inrelix  lolium  et  steriles  dominantur  avenae, 
unnützer,  gleichsam  verbrannter,  verderbter  haber,  Unkraut, 
das  engl,  oat  drückt  wieder  avena  sativa  aus.  näher  an  die 
Vorstellung  ulcus  rückt  altn.  eitill,  m.  glandula  in  ligno,  lapi- 
dibus,  also  Stockung,  Verhärtung,  drüse.  für  unverwandt  halte 
ich  das  oben  behandelte  aus  egislih  entspringende  eislicb,  turpis, 
deformis. 

EISZEN,  ulcerare,  aisz  werden,   voc.  thcut.  1482  a6*. 

EISZLE,  n.  ulcusculum:  eiszle  oder  geschwärle.  Maaler128'. 

EISZLEIN,  n.  dasselbe:  da  ist  aber  lob  uf  der  ban,  den 
der  teufel  füllen  der  bösen  eiszlin  oder  blötterlin  gefiilt  het 
und  mocht  nieonen  bleiben.  Keisersb.  omeis  44';  und  ward 
er  foUer  kleiner  eiszlin  von  der  scheiticn  an  bis  zu  der  solen 
usi.   59*. 

EISZIG,  ulcerosus:  aisziger  oder  geschweriger,  papulosus 
i.e.  plenus  ulceribus.  voc.  Iheut.  1482  a6';  eiszig  sein,  ulcc- 
rari.  Altensteic  vocab.  91. 

EITEL,  vacuus,  inanis,  cassus,  ahd.  ital,  alts.  tdal,  nnl. 
ijdel,  gekürzt  ijl,  ags.  Idel,  engL  idle.  das  schw.  dän.  idel 
scheinen  von  uns  entnommen,  unverwandt  aber  ist  das  altn. 
idull  conlinuus,  frcquens,  idka  solere,  frequentare,  die  oben 
sp.  87  zu  unserm  eifer  gehalten  wurden,  es  müste  denn  ge- 
lingen auch  eifer,  welches  allerdings  auch  brand  bedeutet,  mit 
eit  und  def  Jen  wurzel  in  Verbindung  zu  setzen,  ich  will  erst 
die  bedeulungen  unseres  eitel  angeben  und  dann  eine  ausle- 
gung  der  wurzel  versuchen. 

1)  leer,  xtvöe.  ahd.  Atagfi  forlie;  Itaid.  T.  3,  53.  divites 
dimisit  inanes.  Lue.  1,  53,  die  reichen  liesz  et  leer  ausgehen, 
goth.  gabignandans  insandida  lausans; 

tbie  ödegun  all«  flrlia;  6t  ilM.    0.  I.  7, 18; 
lö  quSment  Romini  ouh  ubar  thaj,  nfiment  thaz  lant  allaj, 
,  Job  ouh  ttiäs  giflijent,  i;  iiala;  M^ent'    Hl.  25,  16, 

lie  räumen  aus,  veröden  das  land. 

mhd.  gesacb  im  ttel  die  bant 

und  da{  swCrt  zebrochen.    Erec  9270; 

wir  enlft^eni  itelhende  (mit  leeren  hdnden) 

Diemer  wider  gekären.     Trist.  180,  12; 

mit  Iteler  bant.    pau.  JL  210,93; 
mit  gen.  der  tache: 

gewcfeni  itcl  undo  bldt.    (r.  kr.  20380 ; 

diu  beide  (or»)  gap  «r  von  im  ult 

und  wart  ir  Itel  unde  bar.    39863; 

•wie  ai  ttel  gin  des  komes.  Kahajan  denkm.  95,  II ;  da;  grab 
llel  war  Roth  pred.  06;  der  Ital  Übir  daj  vCll  g4t,  dör  gAt 
•iogiode.    MoNE  ans.  4,  368  ; 

dat  »w«rl  nio  llel  wider  kam  (Irrt  autijirnq), 
•w*  i|  alueo  twanc  bia  oam.    Jkboicbin  17'; 


min  wort  kuniet  nummer  Itel  heim,  ij  enbrenge  frucht  in 
den  die  i;  enphAn.  myst.  106,4;  eitel  oder  unfruchtper,  in- 
fecundus.  voc.  theul.  1482  gl',  mnd.  die  idele  wagen  sal 
rftmen  dem  geladenen.  Ssp.  2,  59.  Gusl.  stat.  101,  25.  m 
pass.  K.  2S6,  89  wird  mit  Itel  va;  gescholten,  etwa  wie  wir 
sagen  ein  Windbeutel;  Keisersberc  im  schif  der  penilenz  11'.* 
DO/1  dem  lären  lägel  redend,  das  die  Schiffer  der  sirene  hin- 
werfen, dasz  sie  damit  spiele  und  das  schif  vorüber  lasse, 
fügt  hinzu,  so  betriege  der  böse  feind  einen  jüngling :  so  wir- 
fet  er  im  für  ain  Iure  iägel,  elwan  ain  hübsche  creatur,  aiu 
weibspild,  die  da  l5r  ist,  eitel  und  wan  und  vol  üppigkait. 
gleich  nachher  folgt:  lär,  wan  und  vol  Üppigkeit;  die  erde 
was  eitel  und  lere,  bibel  von  1483  1  Mos.  1,  2  {bei  Luther 
wüst  und  1er).  das  sind  die  ziemlich  seltnen  nhd.  belege  für 
eitel  «=»  leer,  in  unserer  Schriftsprache  hat  sich  diese  bedeu- 
lung  ganz  verloren,  unter  dem  volk  hört  man  noch:  'es  ist 
mir  so  eitel  in  dem  magen'  für  so  leer;  besser  einen  dotier 
als  die  eitle  schale.    Simrock  1G79. 

2)  blusz  orfer  bar,  rf«e  schon  in  einigßn  der  eben  angeführ- 
ten beispiele  dem  Itel  zugesellt  waren,  da  sich  das  leere,  ledige 
dem  bloszen,  nackten  nähert,  man  sagte:  'das  brot  eitel 
essen',  wenn  kein  fleisch,  'das  fleisch  eitel  essen',  wenn  kein 
brot  dabei  war,  heute,  das  blosze  brot,  das  blosze  fleisch, 
lat.  merum  pancm,  meram  carnem  cJere;  'das  brot  eitel 
essen'  =  ohne  buller;  und  wenn  ihr  kein  brot  habet,  so 
freszt  ihr  das  fleisch  eitel.  Filidors  (Schwiegers)  Ernelinde 
s.  14;  eitel,  schlecht  brot  {trocken  brot).  Luther  3,  74;  in 
Leipzig  hört  man  sprechen  eikel  brot; 

nicht  bett  das  eitel  brot.    froschmeus.  Ni'; 

appetit  zu  einem  stücke  eiteln  brote.  pol.  stockf  92.  ebenso 
'eitel  wasser,  eitel  wein'  =  wasser  ohne  wein,  wein  ohne 
Wasser:  wa;;er  mit  wein  oder  mit  ej;eich  gemischt  lescht 
den  durst  mir  wan  eitel  wajjer.  Mecenberg  353,  9  ;  e;  sprc- 
chent  auch  etleich,  da;  gemischter  wein  mh  trunken  mach 
wan  ungemischter  . . .  aber  diu  trunkcnhait  wSrt  niht  so  lang 
sam  von  eitelm  wein.  353,  23.  ähnlich  franz.  prendre  le  th6 
tout  nu  =  ohne  milch,  der  bekannte  nhd.  eigenname  Eilel- 
wein empfängt  dadurch  seine  deutung.  ein  statt  in  Galilea, 
bei  nahe  ein  eileler  fels  =■  nackter.  KiRCHHOr  dise.  mit.  14; 
wan  ich  bin  ein  eitel  lai.    Vindlkr  bei  Haupt  9,  114, 

ein  bloszer  laie;  unter  eitel  heiligen  auf  erden  leben.  LtrrBER 
3,46';  ich  gleube,  das  da  sei  ein  heiliges  heufiin  und  ge- 
meine auf  erden  eileler  heiligen,  unter  einem  heubl  Christo. 
4,412';  der  eitle  buchstab,  der  blosze  buchstab:  mhd.  lilera 
occidit,  Spiritus  aulem  vivificat,  der  itel  buchstap,  der  ne  fur- 
dert  niemen,  aber  der  geist  unseres  herren,  der  erkuket 
den  mennischen.  Mone  on:.  8,  513;  der  eitle,  bare,  pure  hasz: 
nachdem  er  die  Florentiner  aus  eitelm  hasz  verbannet  und 
verflucht.  Fischart  bienenk.  208*.  diesem  eitel  ==  blosz  werden 
wir  nachher  unter  dem  adv.  viel  häufiger  begegnen. 

3)  unmittelbar  verwandt  ist  eilel  =  lauter,  rein,  merus,  wie 
es  sich  eben  schon  bei  wasser  und  wein  {merum  vinum)  fassen 
liesz,  eilel,  lauter  gold,  «lerum,  solidum  aurum.  Denzleb  9l' ; 
eine  braupfanne  mit  eitlen  harten  thalern.  Mosaecs.  es  war 
ein  reicher  herr,  der  het  ein  grosze  sach  vor  dem  babst  zu 
schafl'en,  und  nicht  ganz  eitel  recht  {nicht  ganz  klar  recht), 
seh.  und  ernst  1555  cap.  301.  noch  in  einer  späteren  stelle  ist 
die  bcdcutung  rein  und  lauter  zu  erkennen: 

das  süsze  gift  der  liebe  schleicht, 
wie  ciiel  nektar,  glatt  und  leicht, 
ins  herz  hinab.    Wikla.no  9,  l'.)3. 

es  heiszt  eitle  lügen,  mera  mendacia.  In  Urkunden  des  U.  ih  jh. 
findet  sich  den  eigennamen  gräflicher  und  adlicher  geschlechter 
verschiedentlich  ein  'itel'  oder  'eitel'  vorgesetzt,  z.  b.  unter  den 
grafen  von  Zollern  herschl  der  name  Fridrich  oder  Fritze,  da 
erscheint  denn  auch  Ital  Fritz  von  Zolre  («lon.  zoller.  I,  356. 
407.  o.  1402. 1407.  KlOpfbl  Schwab,  bund  1,  20.  105).  dem  haus 
Ravensburg  waren  die  namen  Weif  und  Hund  hergebracht. 
Weif  von  Stein  genant  Italwelf  (Püpuoker  urk.  n*  32  s.  0«), 
Itelwülf  von  Stein  (Anshblm  3,  307),  Eitel  llundbisz  von  Ita- 
vcnsburg  war  um  1334  landvogt  von  Schwaben  {ein  gedieht  des 
Ls.  3, 121  macht  daraus  Jlumpisz) ;  auch  etncn  wetlerautsrhen 
Eilel  Hund  von  Holzhausen /n/ir<  Senkkndkiiü  je/.  3,  371.  llnM- 
MKL  5,  409  an.  Eitel  Schutiiic  von  Hcrgcn  (KlCitel  schwib. 
bund  I,  91  und  in  wetterautschen  urk.).  Han«  llel  Hosheiin 
(Chkel  reg.  Hup.  610);  riller  Itel  Wei.HC  {daselbst  2351);  ilcl 
Att»it  (henntb.  urk.  II.  51,  4) ;  Eitel  LOwvnslciu  (Hummkl  b,  413) ; 


385 


EITEL 


EITEL 


386 


Eitel  Leo  (Cbmels  Maximilian  s.  3S3) ;  Italhans  filius  Johannis 
dapiferi  (Plpikofer  urk.  p.  69)  und  sicher  noch  anderwdrls. 
dies  praefix  soll  doch  tcol  den  reinen,  ungemischten  stamm  be- 
zeichnen und  scheint  unter  mehrern  söhnen  oft  nur  einem  und 
dem  ältesten  zu  gebühren,  bei  Senkenberg  /.  c.  heiszl  es  in  der 
alten  chronik:  sonderlich  einen  söhn,  den  nannte  er  dem 
geschlechle  zu  ehren  Eitelhund,  zu  vergesz  des  namens  von 
Holzhausen,  solch  ein  brauch  musz  aber  alt  hinauf  reichen, 
obwol  er  unangemcrkt  blieb,  Föbsteka.n.n  s.  772  hat  die  eigen- 
namen  Idalcar,  Idalberga,  Itlefrid  aus  früherer  zeit;  man  wird 
dies  Ital,  gleich  den  praejixen  ala,  halp  u.  a.  m.  als  wichtig  für 
die  Unterscheidungen  der  geschlechter  ansehen  dürfen,  nähere 
ausführung  gehört  nicht  hierher,  wenn  es  fastn.  sp.  516, 14 
ironisch  heiszt: 

so  ist  der  preutigam  ein  eitel  kern, 

fleiszig  alheg  in  sein  Sachen, 

mag  verslanden  werden,  ein  tüchtiger  stamm. 

4)  auffallender   scheint  eitel  als  häufiges  epithel  der  nacht: 

ich  gieng  bei  eitler  nacht. 

die  nacht  die  war  so  linster, 

dasz  ich  kein  stich  mer  sach.    Uhland  6S3.  Ambr.  Ib.  s.  377; 

aber  wir  müssen  allein  dar 

reiten  bei  eitler  vinsier  nacht.    Teuerdank  29,23; 

schwere  träum  bei  eitler  nacht.    $prs!«gs  Aeneis  367' ; 

darnach  bei  eiteler  nacht  man  in  in  ein  marmelsteinis  grab 
legte.  Bocc.  1535  fol.  1,  8',  wo  die  gewöhnlich  gebrauchte  octav- 
ausg.  ton  1588  1, 18"  blosz  liest :  in  der  nacht  man  in  u.  s.  w., 
das  original  aber:  poi  la  vegnente  notte;  nam  die  kuh  in 
dem  stall  und  füret  sie  bei  eitler  nacht  einen  guten  theil 
weges  auf  Collen  zu.  seh.  und  ernst  1555  cap.  137.  (1550  cap.  320 
bei  eitlicher  nacht) ;  meineten  nicht  anders  man  wolle  sie 
bei  eitler  nacht  für  gericht  und  zum  tod  füren,  buch  der 
liebe  217,  3;  und  grif  die  nechste  wagenburg  an  bei  eitler 
nacht.  Tacics  bei  Fronsp.  3,257';  derhalben  ist  kein  wunder 
das  Luther  gut  unverholen  in  disem  jar  schreibet  und  be- 
kennet, wie  er  bei  eiteler  nacht  vom  teufel  sei  uberdisputiert 
worden  die  mes  und  priesterei  gar  abzuthun.  Jon.  Nas  das 
fünft  hundert  der  evang.  warheit.    Ingoist.  1570  bl.  416* 

wolt  eh  bei  eitler  nacht  davon.  Atrer  394'; 
nachdem  sie  zu  ihren  zechen  die  eitele  und  finstere  nacht 
Terordnet.  Kornmanj»  mons  Veneris  s.  329 ;  als  ein  überaus 
schönes  weib  zu  Alexandro  bei  eitler  nacht  kam  bei  ihm  zu 
schlafen.  Lehman  2,  308 ;  auch  ist  der  pfarrer  von  Lengfurt 
bei  eitler  nacht  mit  weib  und  kind  auf  einen  stutz  aus  dem 
dorf  gejagt  worden.  Reinhard  werlh.  ded.  1, 251 ;  haben  bei 
eiteler  nacht  mit  brennenden  lunten.  bloszen  wehren,  hellen- 
parten  und  groszem  geschrei  in  die  häuser  eingestürmbt. 
1,  254 ;  und  wurde  ich  noch  bei  eiteler  nacht  in  groszer  eil 
zu  dem  kranken  abgeholet.  Simpl.  K.  1025 ;  und  mich  bei 
eiteler  nacht  aus  dem  wald  gemacht,  über  hecken  und  stan- 
den geloffen,  franz.  Simpl.  1,37;  die  thäter  alsobaiden  und 
zwar  bei  eiteler  nacht  aufhenken  lassen.  Abele  gerichtsh. 
1,  391.  mit  dem  18  jh.  hört  diese  anwendung  auf.  was  will 
aber  die  eitle  nacht  sagen?  man  könnte  an  serena  nox  {Virg. 
Geo.  1,  426)  denken,  widerspräche  nicht  schon  der  ersten  stelle 
inhalt,  der  sinn  fordert  entweder  intempesta  nox,  ungestüme 
nacht,  oder  finstere,  lichtes  leere.  Stieler  22  und  nach  ihm 
Frisch  1, 224*  erklären  bei  eitler  nacht,  mulla  nacte,  wozu 
sich  nehmen  liesze  aus  Brant  85, 143 : 

TOD  eim  bad  in  das  ander  füren 
TOD  itel  kelt  in  itei  hiu, 

wir  würden  heute  sagen,  aus  groszer,  entschiedner,  barer 
kälte  in  grosze,  entschiedne,  bare  hitze. 

5)  heute  verwenden  wir  eitel,  im  sinne  des  mhd.  gemeit, 
von  einem  der  sieh  seiner  Vorzüge  freut  und  ihrer  bewust  wird, 
und  vielleicht  dürfte  schon  in  jenem  'eitel'  ror  eigennamen  der 
nebensinn  des  stolzen,  frohen  gesucht  werden,  die  frau  ist 
eitel  auf  ihre  schönen  bände,  stolz  darauf;  er  ist  eitel  auf 
»eine  pferde,  froh  sie  zu  haben;  eine  eitle,  üppige  frau;  ein 
gutes,  eitles  mädchen ;  wo  die  Vorstellung  des  leichten,  leeren, 
unnützen  kaum  nachklingt.  Göthe  sagt  26,  337 :  konnte  man 
ihm  nachsehen,  dasz  er  sich. seine  persönlichkeit,  seine  Ver- 
dienste sehr  lebhaft  vorempfand,  so  war  kein  umgang  wün- 
schenswerther  zu  finden,  da  mich  nun  überhaupt  das  was 
man  eilelkeit  nennt,  niemals  verletzte,  und  ich  mir  dagegen 
auch  wieder  eitel  zu  sein  erlaubte,  d.  h.  dasjenige  unbedenk- 
lich henorkehrte,  was  mir  an  mir  selbst  freude  machte,  so 
kam  ich  mit  ihm  gar  wol  überein,  wir  lieezen  uns  wechsels- 

III. 


weise  gelten  und  schalten,  an  dieses  unschuldige,  gleichsam 
berechtigte  eitle  grenzt  aber  umschlagend 

6)  die  abstraclion  der  ersten  bedeulung,  eitel  im  nachlhei- 
ligen  sinn  von  inanis,  vanus,  unnütz,  falsch  und  vergeblich: 
mhd.  Itel  und  schalchaftic  myst.  lOi,  30 ;  Uelej  lachen.  319,  2. 
nhd.  ein  eitler  mann,  thor,  narr,  Schwätzer,  tropf;  ich  sitze 
nicht  bei  den  eiteln  leuten  und  habe  nicht  gemeinschaft  mit 
den  falschen,  ps.  26,  4 ;  aber  der  herr  weisz  die  gedanken  der 
menschen,  das  sie  eitel  sind.  94, 11 ;  es  ist  alles  ganz  eitel. 
pred.  Sal.  1,  2 ;  so  lange  dein  eitel  leben  weret.  9,  9 ;  und 
weichet  nicht  dem  eiteln  nach,  denn  es  nützet  nicht,  weil  es 
ein  eitel  ding  ist.  1  Sam.  12,21;  sind  in  irem  lichten  eitel 
worden.  Rom.  1,  21 ;  lasset  uns  nicht  eiteler  ehre  geizig  sein 
ni  vairjiaima  flautandans).  Gal.  5,  26 ;  wiltu  aber  wissen,  du 
eiteler  mensch,  das  der  glaube  on  werk  tod  sei?  Jac.  2,20; 
so  sie  doch  nichts  sind,  eitel  sind,  thoren  sind,  Sünder  sind. 
Luther  3,  24 ;  wer  sich  einen  menschen  erkennet,  der  weisz, 
das  er  nichts  ist  und  eitel  ist  für  gott.  3,  30 ;  ist  Christus 
aber  nicht  auferstanden,  so  ist  ewer  glaube  eitel.  1  Cor.  li,  17 ; 

aus  hochfart  und  eiteler  eer.    Teuerdank  .  . .; 

des  eiteln  hofs  stolz,  wiiz  und  rat-    WKCKHBRLi.f  115; 

und  wan  ja  der  musen  kunst 

nicht  gar  eitel  und  umbsunst.    380; 

darf  derowegen  niemand  für  ganz  eitel  halten,  was  gedachte 
Zonaras  und  Cedrenus  und  wir  aus  ihnen  von  etwa  derglei- 
chen buch  erwähnen.  Gryphics  1,3;  sie  belohnen  uns  mit 
eitelem  undank.  Bltschkt  Palm.  865;  es  misgönne  ja  keiner 
dem  andern  seinen  höheren  stand,  dann  oft  dasjenige  so  wir 
hoch  halten,  anders  nichts  als  ein  eiteler  abgrund  ist.  86 ;  es 
leben  die  meineidigen,  Stadt-  und  landverräther  in  eiteler 
schand  und  spotte.  359 ;  sein  herz  war  mit  eitelen  gedanken 
erfüllet  und  sein  leib  von  hitze  verbrannt,  pers.  baumg.  1, 32 ; 
diese  meine  sorge  war  gar  nicht  eitel,    ehe  eines  matTnes  324 ; 

die  eiilen  sorgen,  leeren  schrecken, 

die  sich  der  kleinmuth  unterm  monde  schaft.    Gott»  1,107; 

der  fürstentafeln  eitlen  überflusz 

froh  zu  entbehren.    1,3; 

zu  einer  zeit,  wo  das  Studium  der  natur  als  eitel  und  profan 
gänzlich  vernachlässiget  wurde.  Wieland  6, 265 ;  das  leben 
ist  eine  höUe  und  der  tod  auch,  doch  vielleicht  ist  der  tod 
Vernichtung —  eitler  trosll  dieses  klopfende  herz,  diese  angst, 
dieser  schauer,  alles  widerspricht  dir.  BhkWE  der  freigeist  s.  iSl ; 
eitle  versuche,  die  ohne  zu  wissen  was  man  eigentlich  zu 
thun  hat  blindlings  unternommen  werden.  Ka.nt  2,45;  eitele 
grundlose  philosophie.  3, 190 ;  die  Voraussetzung  ist  eitel  und 
vergeblich.  8, 110 ; 

hier  athmet  er  ruhe, 
von  dem  leeren  geräusch  der  eitlen  besuche  gesondert. 

Zachariä  poet.  sehr.  (1772)  2,48; 
es  war  ein  eitler  segen!    Göthk  10, 18; 
euer  markten  ist  nur  eitel^ 
nehmt  zurück  den  ganzen  beutel 
oder  macht  die  fünfzig  voll.    11, 169; 
nicht  wahrlich  solches  eitle  konnte  mir 
zu  sinne  kommen  in  dem  Laus  des  todes.    Schillik  602*; 
dich  hat  der  eitle  rühm  bewegt.    67'; 
nein,  Mortimer,  euch  blendet  eitle  furcht.    411*; 
so  ist  des  geistes  ruf  an  mich  ergangen, 
mich  treibt  nicht  eiües,  irdisches  verlangen.    452*; 
edler  greis,  noch  immer  gefallen  dir  eitele  reden.    IL  2,796; 
und  eiteles  schwauen  ist  unrecht.    Od.  4,  837  ; 

ein  gerücht,  als  wollten  die  Dänen  mit  aller  macht  in  Sachsen 
einbrechen  war  eitel.  Dahlmann  ddn.  geseh.  l,  40;  was  ist 
eitler  als  ein  junges  frauenzimmer?  seufzte  die  muhme.  'ein 
altes'  erwiederte  die  nichte.    Hegner  5,  309. 

Fragt  es  sich  nun  nach  der  würzet,  so  scheinen  eitel  und 
eit  ignis,  pyra,  ahd.  ital  und  eit  aus  einer  und  derselben  su 
flieszen,  welclier  idi  auch  ahd.  itis,  ags.  ides  nympha,  femina 
überweise,  in  ahd.  form  könnte  auf  idan  cid  itum,  in  go- 
thischer  auf  eidan  aid  idum,  splendere,  ordere  geraten  und 
das  skr.  idh,  indh  urere,  gr.  ai'&o  hinzu  gezogen  werden 
{vgl.  was  unter  eiter  angemerkt  ist),  hierzu  würden  sich  die 
drille  und  fünfte  bedeulung  von  eitel  leicht  ßgen,  schwerer 
die  privativen  1.  2  und  6;  doch  bietet  das  buchstäblich  an- 
klingende goth.  gamaid,  ahd.  giraeit  von  meidan  maid  midum, 
ahd.  mltan  meil  milum  auch  für  die  begrifsübergänge  auf- 
fallende analogie.  goth.  gamaids  ist  tit^^os,  ahd.  gimeil  easstts, 
hebes,  mhd.  gemeit  aber  laetus,  superbus  {wie  eitel  5),  ahd, 
in  giroeildn  =x  incassum,   eis  xevöv,  ags.  on  tdel,  ahd.  Ita- 

25 


387 


EITEL 


EITEL 


388 


lingun,  it.  invano,  franz.  envain.  deutlich  steht  lat.  vanus 
privativ,  tcie  eitel  1.  2.  6,  gimeit  aber  beides,  sowol  privativ 
als  positiv,  gerade  wie  eitel,  nur  gewinnt  auch  vanu3  seine 
Position,  sobald  wir  das  altn.  tsedd  pulcher,  splendens  erwi- 
gen,  unser  wän  spes,  golh.  vfns,  nhd.  wahn  pßegt  sich  eben 
mit  leer  su  verknüpfen,  an  sich  selbst  aber  ist  wahn  schon 
leerer,  eitler  wahn,  falsa  spes.  der  vierten  bedeutung  von  eitel 
kann  das  ags.  'on  vanre  niht'  {in  finstrer  nacht)  Beov.  1398 
(1409)  und  'niht  van  under  volcnum'.  1295  (1306)  vollen  auf- 
schlusz  gewähren,  welchen  sinn  meiden  ursprünglich  halte, 
wird  unter  diesem  worte  gelehrt,  die  phasen  unseres  eitel  er- 
geben sich  erst  daraus,  dasz  das  helle  umdreht  ins  dunkle, 
leere,  das  frohe  ins  vergebliche.  Göthk  lenkt  also  aus  dem 
rechten  weg  {26,  338)  wieder  in  den  unrechten,  wenn  er  schlieszt  : 
wir  Deutschen  misbrauchen  das  wort  eitel  nur  allzuoft,  denn 
eigentlich  führt  es  den  begrif  von  leerheit  mit  sich  und  man 
bezeichnet  damit  billigerweise  nur  einen  der  die  freude  an 
seinem  nichts,  die  Zufriedenheit  mit  einer  hohlen  existenz 
nicht  verbergen  kann,  nicht  leere,  sondern  schein,  glänz, 
lauterheit  war  die  Urbedeutung,  das  mhd.  gemeit,  seinem  sinne 
nach,  ursprünglicher  als  das  goth.  gamaids,  ahd.  gimeit.  vgl. 
auch  üppig. 

EITEL,  n.  vanitas:  denn  gott  wird  das  eitel  nicht  erhören 
und  der  allmechtige  wird  es  nicht  ansehen  {vulg.  non  ergo 
frustra  audiet  deus).  Hiob  35,13;  wie  habt  ir  das  eitel  so 
lieb  und  die  lügen  so  gerne?  {vulg.  quid  diligitis  vanitatem). 
|>j.  4,  3;  das  zeitliche  leben  ist  nichts  denn  ein  eitel.  Luther 
3, 17 ;  eine  flgur,  ja  ein  eitel  und  triegerei.  3,  24 ;  es  ist  alles 
eitel  und  ein  lauter  eitel.  299*;  aber  die  weit  fragt  nichts 
darnach,  fort  imer  fort  mit  irem  eitel  und  frevel.  301 ;  das 
jenen  so  ein  eitel  oder  nichts  ist.  368';  oder  hat  er  darumb 
das  brot  zum  eitel  oder  zum  gespenst  des  leibs  gemacht? 
daselbst ; 

lieben  herren,  wie  so  sehr  habet  ihr  das  eiiel  lieb! 

LoGAU  2, 239,  ns  (nach  ps.  4, 3) ; 
Deutsche  müssen  ja  gar  from  und  ohn  alles  eitel  sein, 
weil  sie  nach  der  eitelkeit  ziehn  in  Fninkrcich  erst  hinein. 

3,  104,  16. 

dieser   substantivische  gebrauch  hat  hernach  wieder  aufgehört. 

EITEL,  adv.  solum,  blosz,  lauter,  nur,  der  zweiten  bedeu- 
tung des  adj.  entsprechend,  ganz  wie  wir  blosz,  die  Schweden 
blott  und  bara  setzen;  in  sehr  häufiger  anwendung,  die  doch 
zahlreiche  belege  fordert,  weil  dadurch  noch  das  adj.  beleuchtet 
werden  kann,     ich  unterscheide 

1)  eitel  vor  Substantiven  ; 

iwär  iwer  tugenilicher  munt 

soll  iiel  (nichts  als)  zuciier  €jjen.    llxvTr  10,271; 

daj  er  wart  iiel  sweij.    Diocl.  1314, 

dasz  er  iin  blut  wurde;  6g  sint  eitel  wefp  {nur  weiber).  Me- 
CENBERG  254, 19 ;  und  schicket  do  vil  pferd  wider  heim,  doch 
niemand  erberg,  dann  eitel  knecht  (als  nur  knechte).  Rozmital 
153;  darnach  kamen  wir  in  ein  stat,  heiszt  Saris,  sitzen  eitel 
jaden  darin  {nichts  als  Juden).    166 ; 

das  die  frauen  wänen,  es  wöll  eitel  honig  regen  (regnen). 

fasln,  sp.  344,  14 ; 
das  er  uns  gibt  eitel  eselsfeigen  ze  Tressen.    350, 17; 
und  soll  zwal  jar  eitel  bolzöpfel  essen.    308,20; 
ich  wjl  euch  eitel  (lauter.  niclU*  als)  warheit  sagen.    734,4; 
und  wollen  euch  eitel  warheit  sagen.    769,  19; 

ich  bab  biszhar  itcl  kudcr  gespunncn.  Kbisersb.  bilg.  49'; 
»i^  schwüren  lausent  aid  sie  spünnen  eitel  flachs  und  wann 
sie  es  an  dem  liecht  besehen,  so  ist  es  hanf,  ain  arm  ding, 
es  wirt  zwilcb  darausz.  spinnerin  eC';  so  hast  du  wol  ain 
ganzen  häufen  kuder  gespunncn,  dennocht  schwürest  du  ainen 
aid,  er  wer  eitel  flachs.  f3';  das  in  darnach  kain  habermi°is 
meer  will  schmacken,  noch  aier  oder  was  man  in  gibt,  allaia 
es  roSsz  eitel  schleck  sein,  ja  denn  betten  si  auch  gern  was 
neuwes  auszgieng  {was  frisch  gewachsen  ist),  als  birlin,  kirs- 
lin,  denn  zurkererbsen,  und  denn  sprechen  sie,  'mein  miitter 
hat  mir  es  kauft',  es  ist  als  eitel  gickerlis  geckerlis.  has  im 
Pfeffer  cc7';  dasz  er  mag  greifen  zu  Emmel  in  die  herdc 
und  mag  holen  idel  kuhe  und  hornlos  ochsen  und  sunst  kein 
ander  vihe.    weisth.  2,  363. 

die  machten  beide  Isaac  und  Rebeca  eitel  herzeleid.  t  Mos. 
tS,U;  and  war  eitel  segrn  des  herrn  in  allem,  was  er  hatte 
so  baaM  und  zu  felde.  39,  6 ;  eitel  menlin  eins  monden  alt 
und  drOber.  4  Hat.  8, 89 ;  da  eitel  dürre  und  kein  wasser 
war.  b  Mo%.  8, 16 ;  iowendii  war  das  ganze  baut  eitel  cedern. 


ikön.  6,18;  der  narren  mund  speiet  eitel  narrheit.  spr.  Sal. 
15,2;  es  sind  eitel  risen.  Jer.  5,16;  du  wärest  gezieret  mit 
eitel  {nichts  als)  gold  und  silber.  Ez.  16,3;  sein  stuel  war 
eitel  fewrflammen.  Dan.  7,9;  der  teich  sähe  wie  eitel  blut. 
2  Macc.  12, 16 ;  also  ist  nu  hie  kein  knecht  mcr,  sondern  eitel 
{lauter)  kinder  (svaei  ni  t)anasei))s  is  skalks  ak  sunus).  Gal. 
4,  7 ;  obgleich  die,  den  es  befolhen  und  daran  gelegen  ist, 
wider  sie  eitel  banne  regeneten  oder  hagelten.  Luther  1,18*; 
eitel  Sünde.  3,  5' ;  lasz  es  wol  für  der  weit  etwas  sein,  aber 
für  gott  ist  es  eitel  greuel,  wo  Christus  nicht  da  ist.  tischr. 
1,33.  verstärkt  mit  lauter:  darum  sind  wir  auszer  und  ohne 
Christo  eitel  lauter  narren,  l,  82,  wo  sich  beide  Wörter  auch 
adjectivisch  fassen  lieszen. 

ist  nur  eitel  haut  und  knochen  an  im  {nichts  als).  He5- 
keberger  beschr.  Preuszens.  Königsb.  1584.  239 ;  ward  von  Por- 
senna  gefragt,  warum  sie  eitel  jungfraun  und  kein  Jüngling 
erweit  hett?  Livius,  Sc/iö/ffWtn  27" ;  und  das  schif  da  zu  trüm- 
mem  gieng,  als  were  es  eitel  gläser  {nichts  als  glas)  gewe- 
sen. Bocc.  1,57';  zu  nacht  träumet  uns  von  eitel  widerwer- 
tigkeit  {nichts  als  böses),  seh.  und  ertist  1555  cap.  154.  1522 
cap.U^.  1550  cap.  130;  die  allerschönsten  badsluben  von  eitel 
marmelstein  seind  zu  Alkeir.  Frank  wellb.  16';  und  ihn  gott 
das  himmelbrot  und  ein  ganzen  monat  lang  eitel  wachtel  zu 
nieszen  gab  {vgl.  4  Mos.  11,32).  162';  sagten,  si  {die  insel) 
hiesz  Marinina,  und  wer  mit  eitel  weibern  besetzt.  221* ;  als 
weren  ire  berg  eitel  metall  oder  edelgestein.    222'; 

es  Ist  da  nichts  dann  eitel  busz, 

derhalben  feilt  er  euch  zu  fusz. 

Alberus  wider  Witzel  M3*; 

es  verdrosz  in  wol,  dasz  seine  gast  nichts  zu  essen  hatten 
denn  eitel  zungen.  Alberus  Esop  9';  bat  eine  wurzel  von 
eitel  zaseln.  Tabernaemont.  107;  ein  häuf  mehrertheil  von 
eitel  Holländern  gesamlet.  Kirchhof  wendunm.  HO';  ein  fähn- 
lein  eitel  hackenschützen,    mil.  disc.  99 ; 

über  das  wasser  ist  ein  brück 

gebawt  von  eitel  qiiaiierstein.    Fskbsk  armbrusttch.  F4'; 

kein  man,  sunder  nur  eitel  frawen.  iL  Sachs  1,517*; 
das  wol  eitel  angel  darinnen  sein  sollen.  Neander  sei.  abst. 
13;  da  regnets  dann  eitel  glück.  Garg.  75*;  eitel  schlangen, 
eitel  fewr.  224';  umb  disz  geschütz  geben  wir  nicht  ein  kreuz, 
dann  es  sein  eitel  piivilegia.  bienenk.  10"';  da  kam  sie  zum 
schätz,  da  das  gold  innen  war,  und  fand  eitel  frösch  drinnen. 
Helvicus  1,1J4;  füllete  den  krug  wider  mit  eitel  honig.  116'; 

sein  geheinlein  soll  hienieden 

ümm  sich  haben  eitel  frieden.    Fleming  340; 

und  aller  dürrer  Strauch  müst  eitel  trauben  geben. 

LoGAU  1,  HO,  61; 
die  stille,  fi-ome  zucht,  die  eingezogenheit, 
die  rede,  wann  sie  schweigt,  bring  eitel  lieblichkeit. 

2,  12,38; 
welchs  eitel  grillen  waren,    mückenkrieg  110,319; 
die  grafin  gebar  zwölf  kindlein,  eitel  knaben.    deutsche  tagen 
2,233;  eitel  männer  und  weiber.  Fuchsmundi  ^20 ;  Völker  und 
königreiche   sein  eitel  wasserwogen,    die  leichter  brausen  als 
stillschweigen.    Bdtschky  Palm.  795; 

nicht  dasz  ich  hier  das  wort  der  wollust  rede 

im  grobem  sinn,  die  ist  unleugbar  eitel  land.    Wiiland9,54; 

in  eitel  lust  und  praubt.    22,20,  statt  lauter,  vgl.  23,322; 

und  was  wir  thun  ist,  wie  es  ihnen  war, 

voll  muh  und  eitel  Stückwerk.    Götue  9,  32; 

ja  wol,  eitel  possen!    14,304; 

behüte  gott!  wie  sonst  das  zeugen  mode  war 

crklilren  wir  für  eitel  possen.    41,  104; 

Wahrheit  redet  er  nie  und  eitel  lügen  ersinnt  er.    40, 187. 
2)  eitel   vor   adjectiven,    ohne  nachfolgendes  subsL,   nur  m 
der  älteren,  nicht  mehr  in  der  späteren  spräche: 

sucht,  tugent,  eitl  rain.    Wolkinstbin  i.  IM; 

ain  T.irb  von  oiil  grün.    *.  160; 

hör,  liebste  fraii,  mich  deinen  knecht. 

'*io^  hejciit  dos  naohi.s  das  lang  goprechll' 

nicht  anders,  rr.iii,  denn  eitel  gut. 

'sag  an,  waj  dir  sei  zu  miit'.    fUndgr.  1,334,20; 

smni  hrn,  und  äugen  eiio!  fein.    1,336,24; 

nUo  dnn  die  minneclicheu  z.irt 

dtirzu  ^icng,  die  itcl  rein.    Kkllims  erzähl.  647,8; 

ein  blüinlin  zart  und  itel  fin.    Ficuaho*  arck.  3,219.230; 
da   Salt   dir  erwelen   vierzig  ritlere,    von   deoselbigen   mIIu 
zwanzig  kleiden  itcl  wisz.    altd.  bl.  1, 141. 

8)  eitel  vor  adjectiven,  welchen  ein  subst.  nachfolgt:  eitel 
UDgeaeurt  bruL  2  Mos.  13, 30 ;  sind  es  doch  eitel  nackctc  leut« 


389 


EITEL  — EITELKEIT 


EITELKEIT  —  EITELSUGHT 


390 


und  keine  krieger.  Judith  5,  25 ;  eitel  falsche  triegerei.  Luther 
3,  26';  eitel  falsche  wort.  3,  46;  aus  den  schönen  engein 
eitel  schwarze  teufel  werden,  tischr.  1,  33 ;  er  hat  geschworn, 
keinen  man,  dann  eidel  jung  ritter  mit  im  zu  bringen.  Aimon 
ke';  eitel  streitbar  fuszknecht.  Frank  tceltb.  163';  also  ist 
die  an  ir  selben  gut  natur  . . .  eitel  gute  gäbe  und  creatur 
gottes.  de  vanilate  118';  eitel  fremde  und  ausländische  leute. 
KiBCHHOF  disc.  mil.  9 ;  gar  alle  schwämme  sind  eitel  über- 
flüssige feuchtigkeit  der  erden,  der  bäume,  der  faulen  hölzer 
und  anderer  faulen  dingen.    Tabernaemokt.  1520; 

wer  dann  hat  die  beule? 
eitel  fremde  leute.    Logau  2,  1S9,  69; 
eitel  gut  ding,  eitel  gut  ding 
tragen  die  mägdlein  in  busen. 

sieben  lächerliche  geschndlz.  fliegendes 
blau  um  1620; 
nur   eitel  kleine  rencontres  vorfielen,    nord.  Robinson  1, 149 ; 
da  war  eitel  wirksame  thätigkeit.    Stilli.ng  3,  93 ; 

weiter,  sagte  der  dacbs,  nun  kommt  das  märcben  Tom  hasen! 
eitel  leeres  gewäsche!  Göthe  40, 11. 

Diese  belege  lassen  alle  fälle  des  adverbialen  eitel  Über- 
sehauen,    man  bemerkt 

a)  dasx  es  dem  adverbialen  lauter  analog  ist.  da  nun  lauter 
UTsprünglieh  und  bis  auf  heule  limpidus,  lucidus,  purus  be- 
deutet, vird  auch  eitel  etwas  ähnliches  ausgesagt  haben  und 
die  vorhin  gewonnene  herleitung  erlangt  desto  mehr  stärke, 
beide  tcörter  können  einander  vertreten  und  wir  finden  sie  sogar 
einigemal  gehäuft,  allmälich  hat  jedoch  unsere  spräche  lauter 
vorgezogen  und  bedient  sich  des  eitel  seltner. 

b)  beide  gleichen  auch  dem  adv.  blosz  darin,  dasz  diese 
drei  Wörter  die  lebloseren  conjunctionen  nur  und  nichts  als 
(mhd.  niwan,  wan)  zu  ersetzen  vermögen,  zuweilen  auch  ihnen 
hinzutreten,  nur  eitel,  nur  lauter  =  nur  =  eitel,  doch  eitel 
und  lauter  lassen  sich  nicht  wie  blosz,  allein  und  nur,  lat. 
tantum,  solum  zu  'nicht'  gesellen,  dem  ein  'sondern'  folgt, 
wir  sagen  nicht  allein,  nicht  blosz,  nicht  nur,  keineswegs  aber 
nicht  eitel,  nicht  lauter  in  solchem  sinn,  insofern  sind  eitel 
und  lauter  frischer  als  blosz.     doch  sehe  man  eitels. 

c)  eitel,  das  adv.  und  adj.,  bindet  sich  gern  mit  Wörtern 
des  glanzes:  eitel  gold  und  silber,  eitel  flamme,  eitel  edel- 
stein,  eitel  pracht  und  verräth  auch  dadurch  seine  abkunft. 

d)  im  zweiten  fall,  vor  dem  adj.,  hal  eitel  aber  nicht  die 
bedeutung  nur,  sondern  eine  den  sinn  des  folgenden  adj.  er- 
höhende kraft,  eitel  weisz  ist  ganz  weisz,  schneeweisz,  eitel 
fein  ausgesucht  fein,  ganz  fein,  wie  man  nd.  hört  idel  god, 
idel  braf  für  ganz  gut,  ganz  brav,  dies  ganz  nähert  sich  der 
bedeutung,  die  eitel  auch  vor  Substantiven  hat,  er  ward  eitel 
schweisz,  eitel  blut  =  ganz  blut;  eitel  haut  und  knoche  = 
ganz  knöchern, 

e)  im  dritten  fall  vor  adj.  und  subst.  läszt  sich  eitel  bald 
durch  nur  oder  blosz,  bald  durch  ganz  erklären,  eitel  leeres 
gewäsche  =  blosz  oder  ganz  leeres. 

EITELDARM,  m.  ventriculus  inanis,  nnl.  ijdeldarm,  leer- 
darm,  einer,  der  immer  hungrig  ist. 

EITELEHRE,  f.  vanus  honor:  zu  falscher  eitelehre.  Luther 
3,  25 ;  in  der  eitelehre.  3,  50 ;  es  ist  manch  streit  verloren, 
der  sonst  gewonnen  were,  wenn  die  eitelehre  gethan  hette. 
3,  329 ;  da  begund  in  auch  die  eitelehre  anzufechten.  5, 452'. 

EITELHAFT,  ranus:  wofern  diese  (/rosO  gründe  euch  nicht 
gefallen,  so  verwerfet  sie  deswegen  nicht,  sondern  habt  sie 
für  ein  andermal  zum  hinterhalt  und  zwar  so  lange,  bis  die 
zeit  euch  solchen  von  nnmuth  eitelhaften  sinn  auszer  sinne 
bracht.    Rctschst  kanzl.  898. 

EITELHEIT,  f  vanitas:  also  setzt  uns  auch  der  teufel  für 
die  nichtigkeit  und  eitelheit  des  evangelii.  Melanchthos  2  Cor.  11. 
auch  Melisscs  bietet  diese  form  dar.     s.  eitelkeit. 

EITELING,  EITLING,  m.  homo  ambitiosus:  Schwächlinge, 
eitlinge.    Dyanasore  3,  43. 

EITELISCH,  inanis:  lügen  und  eitelische  gedanken  spin- 
nen.   Reinike  fuchs.    Rostock  1650  s.  f83. 

EITELKEIT,  f.  1)  vanitas,  ftaratörr^i,  nach  der  sechsten 
oder  etwa  fünften  bedeutung  des  adj.  eitel,  mhd.  itelkeit.  myst. 
319, 10.  Keisersbebg  sagt  statt  eitelkeit  wanheiu  wandelten 
irer  eitelkeit  nach  und  wurden  eitel  den  beiden  nach.  2  kön. 
17,15;  habe  ich  gewandelt  in  eitelkeit,  oder  hat  mein  fusz 
geeilet  zum  betrug?  Hiob  31,5;  ich  wandte  mich  und  sähe 
die  eitelkeit  unter  der  sonnen,  pred.  Sal.  4,  7 ;  denn  in  eitel- 
keit kompt  er  und  im  finsternis  feret  er  dahin.  6,  4;  denn 
nach   anderm   gedenken,   das   ist  auch   eitelkeit  und  jamer. 


6,  9 ;  denn  wer  weisz  was  dem  menschen  nütz  ist  im  leben, 
so  lange  er  lebet  in  seiner  eitelkeit,  welches  dahin  feret  wie 
eine  {so)  schatten.  7,  1 ;  so  sage  ich  nu,  das  ir  nicht  mer 
wandelt,  wie  die  andern  beiden  wandeln,  in  der  eitelkeit  ires 
Sinnes  {goth.  gaggand  in  usvissja  hugis  seinis).    Eph.  4, 17 ; 

dienst,  ämpter,  glück  und  herrlicbkeit 

trit  ich  zu  grund  als  eitelkeit.    Wecehehli!«  412; 

(ein  gemüte)  das  aller  eitelkeit,  die  der  gemeine  mann 

für  grosze  sacben  hält,  geu-ost  entsagen  kan.    Opitz  1,143; 

dein  bimmel  bat  noch  gröszre  schätze 

und  Wollust  sonder  eitelkeit.    Gcmuer  16; 

ihr,  die  ihr  götter  heiszt  und  seid, 

ihr  grosz  und  starken  dieser  erden, 

auch  ihr  gehört  zur  eitelkeit 

und  müszt,  wie  wir,  zur  asche  werden.    148; 

die  eitelkeit  wird  selbst  zur  eitelkeit  gemacht.    520; 

hebt  mit  mir  auf,  denn  gern  sich  selber  lesen 

und  gern  im  Spiegel  sehn,  ist  beides  eitelkeit. 

Geliert  1,211; 
ein  solcher  kennt  die  eitelkeit  der  würden, 
iu  die  das  glück  zu  selten  kluge  steckt.    Hagedorn  1, 12; 

weil  die  eitelkeit,  die  an  den  endlichen  naturen  haftet,  be- 
stündig an  der  Zerstörung  {des  weltbaues)  arbeitet.  Kaxt  8,  327 ; 
um  mich  von  der  eitelkeit  der  theurgie,  in  die  er  mich  so 
verliebt  gesehen  hätte,  desto  besser  überzeugen  zu  können. 
Wielasd  2,  22 ; 

ah,  wegen  einer  that!  nur  ihr,  ihr  sollt 

sie  wissen,  nehmt  sie  aber  mit  ins  grab. 

uocb  hat  mich  nie  die  eitelkeit  versucht, 

sie  jemand  andern  zu  erzählen.    Lsssi.ng  2,  323; 
wer  ist  von  eitelkeit  so  frei, 

um  nicht  für  seinen  glauben  gern  zu  werben?  Scbillkr  281'; 

um  da  durch  predigt  uml  gesang 

so  lieb  als  wem,  die  eitelkeiten! 

obn  roth  zu  werden,  zu  bestreiten !    Göu.fGK  1,  71. 

2)  splendor,  pracht: 

die  meerwunder  ihr  gesiebt 

ab  solcher  eitelkeit  ergötzen.    WECKBEHLüf  56S. 

3)  vacuitas,   leere: 

vor  eitelkeit  die  dünnen  {tonnen)  klungen, 

all  hauptreif  waren  abgesprungen.    Waldis  3,94.  p.  192'. 

EITELKEITSLIERE,  /.  rerum  inanium  amor. 

EITELLÖTIG,  levis  ponderis :  es  seind  die  blawen  enten  mit 
ewern  fabeln  und  eitellötige  fallaciae.    Paracelsds  1,  78l'. 

EITELMACHERI.N,  f.  mhd.  itelmecherinne,  eine  frau,  die 
mit  blick,  rede,  gewand  männer  an  sich  ziehL  Bebthold  389. 
454  und  in  Göbels  ausgäbe  1,  35    vgl.  vorr.  vi. 

EITELMüT,  m.  levitas  animi :  ich  ehrte  die  grenzen  meines 
geistes  und  kein  eitelmut  stolzen  erforschens  risz  mich  hin 
zu  ihrer  Überschreitung.  Dyanasore  2, 164 ;  die  froheit,  die  der 
mensch  nur  ferne  vom  geräusche  des  throns,  der  ruhmsuchl 
und  des  eitelmuts  findet.    4,  54. 

EITELN,  als  einfaches  verbum  erloschen,  dauert  nur  in  ver- 
eiteln, allh.  galt  ttalan,  aritalan,  Ajaritalan,  ags.  idiian  und 
äidlian.  nnl.  sagt  man  noch  ilen  =  ijdelen,  eitel  sein,  Kilia:t 
hat  es  auch  im  sinn  von  evacuare,  den  pot  ijdelen,  leeren. 

EITELREDIG,  vaniloquus,  ruhmredig. 

EITELRUHM,  m.  vana  gloria.   Stieler  1638. 

EITELS,  adv.  solum,  tantum: 

doch  ist  die  schulde  nicht  eiiels  dein.    altd.  bl.  1,405, 
also  ein  beispiel  der  unter  eitel  adv.  b)  geleugneten  abstraction. 

EITELSCHÖN,  pulchritudinis  ftuidae.  Stieler  1754,  eine  un- 
gewöhnliche, aber  gute  Zusammensetzung,  in  welcher  der  ur- 
sprüngliche sinn  von  eitel  durchscheint. 

EITELSINN,  m.  wenn  jedes  gelingen  übermütigen  eitelsinn 
zeugt.    Dyanasore  3,  78. 

EITELSIN.MG,  vanus,  ambitiosus:  der  eitelsinnige  Mnrat, 
Beckers  weltg.  14,  SSO. 

EITELSTOLZ : 

und  war  so  stolz  ob  ihrer  Schönheit  lichte, 
wie  man  noch  nie  gesehen  einen  pfau, 
der  eitelstolz,  wenn  man  ihm  lob  bereitet 
den  bunten  schweif  der  sonn  entgegen  breitet. 
Gbiss  Bojarao  1, 29, 5. 

EITELSLXHT,  f. 

weltsinn  und  die  well, 
die  wenn  man  sie  selbst  begreift 
und  mit  Zangen  hält  und  kneift, 
wie  ein  bläslcin  doch  verzischt, 
wie  ein  räucblein  hin  verswindt, 
und  die  eiielsucht  sich  lindt 

im  verderben  hölientief.    Schottblics  in  einem  gedieht 
vor  Glasenapps  evang.  weinberg.  Wolfenb.  1651.  8. 

25* 


391 


EITELTÖNEND  —EITERBEIN 


EITERBEULE  — EITERN 


392 


EITELTÖNEND,  vanisonus: 

ein  toilier  klumpen  ist  dein  herr, 

du  bist  ein  elteitönend  erz.    Börckk  42'. 

EITELWORT,  n.  vaniloquium.  reichsabsehied  von  1515.  3,1. 
die  lusammenselzung  ist  aber  oß  nicht  von  dem  einfachen  wart 
lu  unterscheiden :  du  wirst  mir  eitel  worl  verheiszen,  steht  im 
buch  der  liebe  212,  4. 

EITEN,  ardere  und  transitiv  eoquere,  im  (euer  brennen, 
lebten,  wie  eit  ignis,  ahd.  und  mhd.  (GRArr  1, 152,  mhd.  wb. 
1,  427*),  scheiden  sich  aber  von  eitel  wie  vom  laut  der  abtaut, 
eit  ignis,  citan  ardere,  tlal  splendens.  noch  in  einem  weis- 
thum  von  1485.  3,485:  der  ulner  {eulner)  halben  weisten  sie, 
das  die  ulner,  die  in  der  mark  gesessen  sein,  irer  sei  vil 
oder  wenig,  die  mögen  alle  jare  und  eins  iglicben  jars  drei- 
zehen  male  aiden  ire  dopfen  oder  aulen  und  nit  rae,  und 
soln  die  aiden  mit  liegendem  urbolz,  und  wnn  sie  ire  uln 
oder  dopfen  geaidt  bau,  und  können  sie  dan  nit  verkaufen 
in  der  mark,  so  mögen  sie  die  ufladen.  auch  im  weisthum 
über  die  mark  Rodheim  vom  j.  1454  heisxt  es:  item  sollen  die 
eulner  eiden  mit  keinem  grünen  holz,  sonder  mit  dorrera  und 
wintschlegem  bolz,  eiten  würde  ags.  ädian,  golh.  aidjan  ge- 
lautet haben  und  entspricht  dem  gr.  ai&etv,  skr.  indh  für 
idh. 

EITER,  n.  und  m.  pus,  venenum,  ahd.  eitar,  mhd.  eiler, 
alls.  6lar  oder  ettar,  nnl.  etter,  ags.  Stör  und  aller,  allengl. 
alter  (VVricht  1, 125*),  alln.  eitr,  norweg.  eitr,  schw.  eller,  dän. 
edder.  da  eiter  und  gift  brennen,  liegt  die  Verwandtschaft 
mit  eit  ignis  vor  äugen  (selbst  pus  puris  scheint  an  purus, 
vielleicht  an  7cv^,  zu  rühren),  obgleich  ags.  dlor,  aller  von 
Ad  pyra,  rogus  abslehn  und  die  verdoppelte  consonanz,  wie 
man  annehmen  musz,  mit  gekürztem  vocal  auffällt,  das  zend. 
älar  ignis  und  lat.  fiter,  schwarz  gebrannt  von  feuer  enthalten 
sogar  beide  silbcn.  schob  sich  nun  die  media  des  ags.  &i 
fort  in  die  tenuis  ätor,  so  darf  nicht  befremden,  dasz  auch 
die  tenuis  des  ahd.  eit  weiter  rückte  'in  die  asp.  eij  ulcus, 
welches  oben  derselben  würzet  zugesprochen  wurde,  folglich 
gleichen  einander  die  geschobnen  linguallaute  des  ags.  ätor, 
alin.  eitr,  ahd.  eij  vollkommen,  wie  sich  auch  die  begriffe 
pus,  santes,  tabum,  ulcus  unmittelbar  berühren,  merkwürdig 
finden  wir  bereits  im  ahd.  mtdan  meit  mitum,  mhd.  miden 
meit  milen  ähnliche  laulstörung,  nochmals  in  heiler  und  heisz. 
hiernach  wäre  also  auch  a'Cd'co  verwandt  mit  olSoe. 

Unter  eiter  versteht  man  sowol  das  entzündele,  in  fdulnis 
übergehende  blut,  als  das  thierische  gift,  zumal  der  drachen 
und  schlangen  (vgl.  Parz.  481, 11.  13),  nicht  aber  den  in  kräulern 
und  mineralien  enthaltnen  gißslof  (doch  s.  eitergift).  es  heiszt 
flieszender,  voller,  dicker,  weiszer,  schwarzer,  reifer,  stinken- 
der eiter,  gerade  wie  auch  vormals  eisz  gesagt  wurde;  es 
setzt  eiler,  beginnt  zu  schwären;  den  eiler  zur  reife  bringen, 
pus  maturare,  den  eiter  ausdrücken,  der  drache  speit  eiler, 
die  schlänge  gift ;  alln.  eitri  fnaesta,  mit  eiter  um  sich  blasen ; 
der  eiter  greift,  friszt  um  sich. 

ein  Qeiszig  weih  ist  ein  kröne  ires^annes,  aber  ein  un- 
fleiszige  ist  ein  eiler  in  seinem  gebeine.  spr.  Sal.  12,4;  ein 
gOligs  herz  ist  des  leibs  leben,  aber  neid  ist  eiter  in  beinen. 
14,30;  eiler  gehet  in  meine  gebeine.  Habac.  3,16;  das  sich 
das  eiter  herauszer  setzet.  Bracnschweig  26;  sie  bett  aber 
vielmal  die  harten  tchwärn  mit  gebraten  zwibeln  aufgeweicht 
und  den  eiter  herausgezogen.  Kirchhof  tcendunm.  120';  druckt 
im  aus  der  wunden  den  eiter.  203* ;  flehtet  und  wütet  wie 
das  eiter  in  den  feinen.  MGt.MATtN  geisel  7;  ein  bOses  Wund- 
mal, darunter  ein  gefährliches  und  vergiftiges  eiler  steckt. 
Lebmam  2, 145 ;  wollte  das  aiter  aus  dem  geschwSr  und  zei- 
tigen aiszen  heraus  saugen.    Megerlb  2,18; 

meines  leibs  und  gaisis  beul,  aiter  und  gestaok. 

WlCEHKÜLIN  151 ; 

ich  bin  an  solchen  wunden  krank, 
die  »ich  nicht  siillen  lassen, 
di«  faules  eiter  und  gestank 
mit  grosxer  abicheu  fassen.    OriTX  S,  168; 
ihm  reicht  man  kein  gebisamt  gift, 
das  dracbeneiier  (ibertriri.    GkTPUios  1,380; 
in  ihren  ädern  (lieitzt  ein  unverfRlscht  geblüte, 
dann  kein  erblich  Kifi  von  siechen  TAinrn  »chlnirhl, 
da»  kummer  nicht  »erjrnlli,  kein  fremder  wem  bf-feuret, 
kein  geile*  euer  fault,  kein  weJKcher  koch  vrrsnuret. 
ÜALKa  ged.  37. 

EITERAUGE,  n.  oculus  pui  movens,  eiterndes  äuge. 
EITERREIN,  n.  ot  put  eoUtgent,  eiternder  knoche:  das  eiter- 
beio  mit  einem  zftnglein  ausgezogen.    Sbutbi  306. 


EITERBEULE,  f.  tumor  purulentus:  von  den  fuszsolen  bis 
aufs  heubl  ist  nichts  gesundes  an  im,  sondern  wunden  und 
Striemen  und  eiterbeulen.  Es.  l,  6 ;  regnete  eiterbeulen  über 
geinen  leib.  Fr.  Müller  2, 12  ;  eiterbeulen  schneiden,  vfnen. 

EITERBILDUNG,  f  puris  fomialio. 

EITERBISSIG,  mordax,  virulentus:  Hiob  hatte  einen  höl- 
lenrigel  daheim,  eine  eilerbissige  haderkatz,  die  ihn  verhöhnet 
in  seiner  Jammeraschen.  Oino  krankentrost  933;  also  dasz  der 
abgesandte  nicht  so  eiterbissig  empfangen  wurde,  als  ich  mir 
wol  eingebildet,  obzwar  ich  auch  nicht  glauben  kan,  dasz  er 
eben  auch  so  gar  ein  angenehmes  und  köstlich  botenbrot 
gekriegt  haben  wird.    Simpl.  stolzer  Melcher  s.  852. 

EITERBLÄSCHEN,  n.  pustula. 

EITERBLASE,  f.  vomica,  eiterbeule,  pfotz. 

EITERBLATTER,  /.    dasselbe. 

EITERBUTZE,  m.  matrix  puris.  hierfür  sind  schon  1,  590 
unter  butze  stellen  und  erldulerungen  gegeben  worden:  wenn 
sie  {die  geduld)  dennen  zucket  die  wurzel  und  den  eiterbutzpn 
usz  dem  isen  (i.  eiszen)  des  mugens,  das  ist  die  Irurikeil. 
Keisersberg  fciZjer  60*;  sobald  der  eilerbulz  au»  dem  eiszen 
gezogen  wirt.  sieben  schwert.  cc5';  wo  der  eilerbulz  eigner 
liebi  (der  Selbstliebe)  stecket,  da  ist  der  grund  aller  falsch, 
disi  falschi  liebi,  der  kime  musz  mit  groszer  arbeil  und  stetem 
flisz  abgepfetzet  und  uszgerület  werden,  parad.  der  seien  2* ; 
es  gat  bar  ausz  dem  eilerbutzen  eigner  liebi.  31*;  wiltu  das 
der  eilerbulz  der  betrübung  und  des  unfriden  nit  mer  in  dir 
eiter  und  ufbrech,  so  must  du  alle  wurzelen  der  betrübung 
ausz  deinem  herzen  zerzerren.  71*.  bei  Nemnich  ist  eiler- 
bulz, oaterbalze,  eilerbolze  benennung  der  ribes  grossularia, 
wol  nach  dem  aussehen  der  beere,  vgl.  auch  1, 1044  auterbutz. 

EITERECHT,  purulentus :  dieser  saft  soll  auch  gut  sein  zu 
den  verwundlen  und  eilerechlen  orten.  Tabernaem.  1451 ;  sol- 
ches Wasser  machet  die  eiterichten  schaden  sauber  und  trucken. 
822. 

EITEREISEN,  n.  ferrum  quo  pura  secantur:  nimb  ain  aiter- 
eisen,  schneid  ihm  (dem  rosse)  am  schusz  hinein,  bis  blut 
von  ädern  heraus  gehet.    Sedter  130. 

EITEREBZEÜGUNG,  f  was  eiterbildung. 

EITERFARBIG,  mhd.  eitervar. 

EITERFINNE,  /.  was  eiterblalter. 

EITERFLUSZ,  m.  ulcus  manans :  alle  die  eiterflüsse  haben 
und  die  an  den  todten  unrein  worden  sind.  4  Mos.  5,  2 ;  der 
ein  eiterniisz  und  aussalz  habe.    2  Sam.  3,  29. 

EITERFHASZ,  m.  fressender  eiter. 

EITERGALLE,  f  oxyreuma,  o^vQeyfiia.    Diefenbach   404*. 

EITERGIFT,  n.  aconitum,  gißkraut.  Oberlin  299.  im  voc. 
rerum  ed.  Wackernagel  steht  eitergift  für  virus. 

EITERGESCHWÜLST,  f  abscessus,  apostema. 

EITERHAFT,  venenatus. 

EITERHARN,  m.  mictio  purulenta. 

EITERIG,  wie  eilericht,  eilerecht:  ein  pfotz,  eiterig  blater. 
Dasypodius  293*;  it  aber  der  tritt  alt  und  eiterich,  auch  böse 
flaisch  darinnen.    Seuter  344. 

EITERISCH,  dasselbe:  eiteriscber  schleim.  THORNEissBRno%. 
ausschr.  16. 

EITERKRAUT,  n.  origanum,  da;  auf  dem  veld  wehset,  da; 
haijet  örkraut,  und  haigent  e;  etleich  aiterkraut,  aber  e; 
hai;t  pilleich  ürkraut,  wan  e;  ist  den  siechen  örn  guot.  Mbgb*(- 
BERG  301,  20.  Nemnich  hat  unter  origanum  keinen  dieser  na- 
men,  wol  aber  das  aus  dem  lat.  wort  entspringende  organ  und 
orant. . 

EITERMASSE,  f.  matsa  puris. 

EITERMÄSZlG,  puri  similis :  wenn  die  stude  ein  weisze 
und  eitrrmllszige  zunge  hat.    Uffbnbach  2,  211. 

EITERMILCH,  /.  lac  corruptum,  gißige  milch: 

und  verbuhlie  modeammen  sSugen 

sie  mit  eitermilch  aus  giflgem  ului.    Münchhaosin. 

EITERN,  put  colligerf,  eiler  absetzen: 

mhd.  des  kOneges  wunde  geiiert  was.    Part.  481,  5. 

nkd.  aber  wenn  einer  ein  eiszen  bat.,  solang  der  butz  darin 
ist,  solang  eitert  er  immcrmeder,  zftrhslu  aber  den  butzen 
herausz,  so  höret  er  uf  eitern.  Keisersberg  t.d.m.i^*;  wan 
die  butzen  hernusz  kuminen,  so  eitert  der  eisz  nümme  und 
schwirt  nit  herausz.  43*;  von  wrlrhrni  streich  im  die  band 
ahnam  und  eiteret  Brant  bei  Steinhdwel  Esop  \39 ;  die  wunde 
eitert,  bat  geeitert;  die  wunde,  du  geschwilr  tum  eitern 
bringen. 


393 


EITERMISSEL  —  EM  EISZ 


EmTISZARTIG  — EKEL 


394 


EITERNESSEL,  f.  urtica  urens,  brennessel.  man  hat  nicht 
nölhig,  ein  ursprüngliches  eitnessel  amunehmen,  da  auch  in 
eiler  die  brennende  kraft  enlhallen  ist.  Mecesberg  423,  U 
sagt:  Urtica  haijet  nejjel.  dag  kraut  ist  dreiriai.  ainz  haijet 
die  tot  negei,  diu  prent  niht  und  ist  doch  gestalt  sam  ain 
nejjel.  diu  ander  haijt  die  kriechisch  ne^el,  diu  ist  klainer 
und  prent  vester  wan  diu  gemein  nejjel.  diu  dritt  ist  diu 
gemain.  früh  aber  schon  vurde  daraus  heiternessel  gemacht 
{mhd.  icb.  2,  332'),  wie  aus  eischen  heischen,  obwol  heiter  sich 
XU  heij  verhalten  könnte  wie  eiter  zu  eij. 

ElTERPOCKEiN,  variolae  purulentae. 

EITERRECHSüNG, /:  empyema.  Diefesbach  201*,  ^^jrv??.**«, 
d.  i.  eiter  und  gesehwür.  der  glossator  sah  aber  darin  etwas 
von  mvct)  und  setzte  aiterrechsung,  was  eiterauswurf  bedeutet, 
von  ausrechsen,  auswerfen,  ausspeien,  ahd.  öjgirahsinan. 

EITERRUFE,  f  Scabies  purulenla.  Pi.nter  423,  vgl.  ahd. 
hriub  scaber,  leprosus,  hriubi  und  hruf  Scabies,  lepra. 

EITERRUHR,  f.  dysenteria  purulenta,  rühr,  bei  der  blut  mit 
Hier  abgeht. 

EITERSACK,  m.  vomica. 

EITERSÄLBLEIN,  n.  terpentinsalbe.    Stieler  1«7S. 

EITERSTAR,  m.  Cataracta  purulenta,  milchstar. 

EITERSTOCK,  m.  was  eiterbutze,  feste  eitermaste,  ventri- 
culus  furunculi. 

EITERTRIEFEN,  n.  lippitudo,  triefauge. 

EITERUNG,  f  purulentatio :  es  zur  eiterung  bringen. 

EITERUNGSMITTEL,  n. 

EITERVOLL,  maliliosus : 

eiTersucht  kocht  gifl 
im  eitervollen  herzen.    Lissing  2,  504. 

EITER\\TISZ,  subßavus,  weisz  wie  eiter:  wenn  aber  etwas 
eiterweisz  ist  an  der  haut  seines  fleischs.  3  Mos.  13,  4 ;  dar- 
nach an  demselben  ort  etwas  weisz  aufferet,  oder  rötlich 
eiterweisz  wird.    13, 19. 

EITERWEISZ,  n.  Scabies:  bleibt  aber  das  eiterweisz  also 
stehen  und  frisset  nicht  weiter.    3  Mos.  13,  23. 

EITERWURZ,  f.  was  eiterkraut. 

EITERZIEHEND,  suppurans. 

EITLICH  für  eitellich,  wie  adlich  für  adellich,  gleichviel  mit 
eitel,  s.  das  unter  eitel  4  angezogne  'bei  eitlicher  nacht' i/o» 
'bei  eitler  nacht'.     Stei:«bach  1,  335  schreibt  eitelig. 

EITOFEN,  m.  fomax,  caminus,  feuerofen,  brennofen,  ahd. 
eitofan  (Graft  1, 176),  mhd.  eitoven  (mhd.  wb.  2,  455'),  führen 
auch  noch  spätere  vocabulare  fort.  Diefenbach  243';  nicht 
mehr  Dastpodics,  Frisics,  Hesisch,  so  dasz  es  als  erloschen 
betrachtet  werden  musz. 

EITSCHE,  f.  rana  bufo,  was  auke  1,  816,  ajjs.  yce;  ver- 
schiedentlich auch  eutsche,  ütsche,  itsche,  ütze.  Wolfs  zeitschr. 
für  mythol.  1,  36. 

EITSTEIN,  m.  könnte  buchstäblich  feuerstein,  pyrites  aus- 
sagen, wobei  dahin  gestellt  bliebe,  welcher  stein  zu  verstehen 
sei.  Diefekbacb  86'  hat  cacabre  aitstein,  bernstein,  was  doch 
zunächst  agstein,  agtstein,  achates  (1, 190)  »nein/,  es  gibt  aber 
einen  Ortsnamen  Eitstein  oder  Heitstein,  im  bairischen  walde, 

so  daj  ir  siie  und  ir  sin 

was  gelich  der  marcgrävin, 

diu  dicke  vonoie  Heitstein 

über  al  die  marke  schein.    Parz,  404, 1, 

«0  wol  noch  auf  das  leuchten  des  steins  in  die  ferne  ange- 
spielt ist,  eine  lesarl  aber  Aitstein  gibt,  heute  lautet  der  name 
Haidstein  (Hacpt  11,  49),  heit  für  eit  kann  Eisprüngen  sein 
wie  heischen  ßr  eischen.  Förstema."«»  2, 129S.  1299  hat  nichts 
entsprechendes. 

EIVOLK,    n.    aves,    das    aus    eiern  entspringende  volk,    wie 
man    a^is    und  ovum,    oicovoi  und  (oöv  zusammenstellt ;    ich 
versuchte  auch  adebar,  odeboro  (1, 176)  mit  dem  gemutmaszten 
goth.  addi  ovum  zu  vergleichen,     oben  sp.  76  entschlüpfte  der 
fehler,  dasz  dem  ovum,  addi  keine  skr.  form  zur  seile  stehe, 
sie   lautet   bekanntlich   anda  n.    und  bedeutet  sowol  ovum  als 
testiculus.     andaga,    ovo   natus,    eigeboren   ist  also  der  vogel, 
ein  ausgezeichnet  treffendes,  dichterisches  worl. 
lauf^  aus  ihr  kleinen  götter, 
ihr  eiToIk,  Papbos  rühm,  bringt  Trische  mTrtenblätter. 
FtBMIMG  159  (161). 

EIWEISZ,  n.  album  ovi,  vjl.  eierweisz:  wenn  ich  bedenke, 
dasz  in  dieser  lebensbeschreibung  ein  kleines  Unglück  immer 
die  eierscbale  und  das  eiweisz  eines  groszen  war.  J.  P.  Hesp. 
4, 163. 


EFWEISZARTIG,  im  ehymus  sind  alle  mehligen  nahrungs- 
beslandlheile  schon  in  zucker  und  die  übrigen  in  eiweiszähn- 
Itche  Stoffe  verwandelt. 

EIWEISZGEBILDE,  n. 

EIWEISZHÄUTCHEN,  n.  der  vater  sagte,  einen  Stiefel 
woll  er  mit  einem  eiweiszhäutchen,  statt  pfundleder,  eben- 
sogut besohlen  als  den  jungen  zum  bauersmann  einrichten. 
J.  P.  fleqelj.  t,  60  (42). 

EIWEISZSTOF,  m.  dem  eiweisz  ähnlicher,  in  pflanzen  eni- 
haltner  slof. 

EKEL,  m.  fastidium,  taedium,  nausea,  eins  der  auffallend- 
sten Wörter  unserer  spräche,  heute  feststehend  und  besonders 
im  adj.  zu  feinen  Unterscheidungen  ausgeprägt,  war  es  ehmais 
unerhört,  tritt  auch  in  den  übrigen  deutschen  sprachen  fast 
nirgends  auf  man  spricht  das  anlautende  e  durchweg  lang, 
und  die  frühere  Schreibung  eckel  ist  darum  zu  verwerfen,  wie 
sich  auch  zuweilen  eikel  findet:  ein  eickel  und  abschew.  Rol- 
LENHAGE.t  wundevb.  reisen  86.  Hemsch  787,  17  eickel  neben 
eckel.  schon  aus  diesem  grund  Idszt  sich  weder  goth.  agius 
difßcitis,  agiö  molestia,  noch  auch  agis  horror  heranziehen, 
so  nahe  die  Vorstellung  des  grausens  oder  greuels  anschlösse, 
überdies  wird  agis  im  ahd.  egiso  zu  mhd.  eise,  was  von  ekel 
absteht. 

ersten  anhält  zu  gewähren  scheint  nun  eine  vereinzelte  stelle 
des  mhd.  Reinhart  80,  wo  frau  Pinte  zu  Schanteclir  sagt: 

der  riche  got  beschirme  dich, 
mir  gät  über  erklicb  {al.  berklich), 
mir  grüwet  so, 

was  etwa  heiszen  musz  mich  überfährt  ein  Schauder,  mir  grauet; 
wozu  kommt,  dasz  Frisics  859*  und  Maaler  lOS*  erken  nauseare 
verzeichnen,  die  Zürcher  bibel  von  1530  ps.  107, 18  omnem 
escam  abominata  est  anima  eorum  verdeutscht  'es  erkelt  irer 
seel  vor  aller  speis',  6«  FROMXA.t.N  5,  222  aus  dem  Unlerinn- 
thal  'erken,  scheu,  schüchtern  sein  etwas  zu  nehmen'  ange- 
geben ist  und  SiALDER  noch  aus  der  lebenden  volksprache  1,  441 
'gergeln'  d.  i.  geergeln  ßr  ekeln,  2,  512  'erggelen,  verdrieszen' 
anführt,  vergleicht  sich  das  engl.'  it  irks  me,  es  ärgert  mich  ? 
Wrigbt  ».  597  kennt  ein  altengl.  irkle  to  trouble,  und  ein 
adj.  irk  slow,  tedious,  Jamieson  gibt  irk  to  tire,  lo  become 
weary,  irk  indolent,  vfobei  auch  das  ags.  earg  iners,  unser 
ahd.  arac,  arc  erwogen  werden  darf,  ist  aber  zu  glauben, 
dasz  aus  erklich  un^er  eklich,  aus  ergeln  ekeln  entspringe? 
zumal  in  erken  nauseare,  in  erkung  nausea  das  1  fehlt  und 
kein  eken,  ekung  auftaucht. 

scheine  ich  also  die  vormals  angenommne  gleichslellung  von 
erklich  und  eklich  selbst  wieder  in  zweifei  zu  ziehen,  so  kommt 
auch  noch  eine  weiter  einleuchtende  analogie  in  betraeht.  ekel 
ist  in  andern  oberdeutschen  mundarten  deutlich  heikel  oder 
haikel  (ScHMELLBR  2, 165.  HörER2, 19.  Scbiiid  269),  oucA  Stieler 
730  gewährt  ausdrücklich:  hekeler  homo  difficilis,  morosus, 
es  ist  gar  ein  hekeler  mensch,  nausealor  est,  ganz  wie  wir 
hernach  unser  adj.  ekel  gebraucht  sehen  werden,  ja  Adeld:«c 
hat,  ohne  an  ekel  zu  denken,  häkelig  eingetragen  und  bei  ekel 
zwar  häkel  als  synonynt  angeßhrt,  buchstäbliche  Verwandt- 
schaft beider  Wörter  nicht  angenommen,  wie  sich  freilich  hakel 
auch  ßr  häkeiicb  difficilis,  morosus  halten  liesze.  eikel,  ekel 
und  heikel,  hekel  verhalten  sich  aber  wie  eischen  unid  hei- 
schen, eit  und  heit,  die  herleitung  von  ekel  aus  erkel  könnte 
daneben  bestehen,  zumal  bei  erklich  die  lesart  herklich  vor- 
bricht, syncope  des  r  ereignet  sich  sonst  genug,  z.  b.  aus  morser 
wird  moser,  aus  marder  mader,  aus  kerder  köder,  es  wäre 
landschaftliche  abweichung,  dasz  die  Schweizer  erkel,  andere 
Stämme  ekel,  Schwaben  und  Baiem  heikel  sagen,  doch  setzt 
Stalder  1,  93  auch  ein  äken,  zum  ekel  wiederholen  an.  viel- 
leiclit,  dasz  uns  noch  aufschlüsse  über  die  würzet  bevorstehen, 
man  denkt  zunächst  an  ahd.  Srchan,  herchan  genuinus,  dessen 
bedeutung  sehr  umschlagen  müste  um  den  sinn  von  morosus 
zu  erreichen.  Das  veraltete  nl.  ekel  aeuleus,  ekelen  stimulare 
{Diut.  2,  229'.  Hoffüaxns  gloss.  belg.  25)  liesze  sich  nur  hinzu- 
halten insofern  Stimulus  allenfalls  incitamentum  vomilus  wäre, 
vernehmbar  klingen  aber  das  poln.  eklid  sif  nauseare,  ckliwo^6 
nausea,  fastidium,  böhm.  oskliviti  nauseare,  osklivost  nausea, 
osklivy  fastidiosus  an  den  laut  kl  tn  ekel,  und  könnten,  da 
diese  Wörter  gerade  den  übrigen  sprachen  abgehen,  von  uns 
erborgt  sein;  es  käme  darauf  an,  seit  wann  sie  im  gebrauch 
sind.  Kühnste  ableitung  wäre  die  von  eiche,  nd.  eke  (brem. 
wb.  1,  299),  nnl.  eiker  schif,  wie  nausea  von  navis. 

Eher   als   im  15  jh.  ist  nun  nhd.  ekel  noch  nickt  geßnden 


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EKEL 


EKEL 


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(«.  ecbelen  6«  Diefenbach  376'),  im  18,  seil  Luther,  greift  i 
es  um  sich  und  wird  von  Henisch  7S7, 17  aufgenommen,  wäh- 
rend es  Dasvpüdius  noch  nicht  kennt}  seltsam  dasz  Keisers- 
BERG  keine  gestalt  darbietet,  weder  erkel,  noch  ekel,  eikel. 
ni.  ekel  und  bekel,  doch  seilen,  Kilian  schreibt  ackel,  eckel  ; 
ins  nd.  sind  einzelne  ableitungen  und  Zusammensetzungen  wol 
aus  dem  hd.  entnommen,  gleich  dem  schw.  eckel,  dän.  ekkei,  ekel. 
Das  substantivische  ekel  drückt  aus 

1)  nausea,  vavria,  sinnlichen  Widerwillen  und  abscheu,  lumal, 
wie  das  griechische  worl  ausdrückt,  im  schiffe  seefahrender,  bis 
zum  erbrechen:  einen  ekel  vor  etwas  haben,  nnl.  eenen  ekel 
aan  iets  hebben ;  darumb  wird  euch  der  berr  fleiscb  geben,  das 
ir  esset,  nicbt  einen  tag,  nicht  zween,  nicht  fünfe,  nicht  zeben, 
nicht  zwanzig  tage  lang,  sondern  einen  inonden  lang,  bis  das 
euch  zur  nasen  ausgehe  und  euch  ein  ekel  sei,  vulg.  donec 
exeat  per  nares  vestras  et  vertatur  in  nauseam.  4  Mos. 
11,  18 — 20.  das  ist  jenes  'mir  gdt  über  erklicb',  mir  stüszt 
auf,  wie  es  abergl.  L,  51  heiszt :  so  man  (in  den  undernach- 
ten)  gen  metten  get,  so  der  mensch  ein  runzt  (ruclal)  und 
get  über  sich,  so  stirbt  er  des  jars  nicht ; 

der  hat  ein  ekel  (ur  dem  allen 

was  ihm  geschähe  zu  wolgefallen.    froschmeuseler  F  S^ ; 

ihr  eckel  ist  so  grosz,  dasz  weder  speis  noch  trank 

kan  ihnen  nützlich  sein.    Wbckusrlin  245  {ps.  107,18); 

doch  kommt  mir  ein,  dasz  auch  die  süszien  sacben 

durch  oAen  brauch  bisweilen  eckel  machen. 

ScuöNBORN  bei  Gryphius  2,  501 ; 

auch  zucker  bringt  eckel  durch  steten  genusz.    Günther  259; 

die  erste  schiffart  zeugt  den  eckel  vor  der  see.  ders.; 
dasz  als  er  folgenden  tages  eine  {der  besehmieTlen  birnen) 
abgeschlagen  und  essen  v^ollen,  ihm  ein  heftiger  eckel  zuge- 
standen. Weise  erzn.  409.  man  sagt:  das  erregt  mir  ekel, 
ich  esse  mit  ekel,  Widerwillen;  ekel  machen,  bringen,  ver- 
ursachen, vertreiben. 

2)  geistigen  Widerwillen:  und  meine  seele  wird  an  euch 
ekel  haben,  et  aborainabilur  vos  anima  mea.  3  Mos.  26,  80; 
darumb  das  ire  seele  an  meinen  Satzungen  ekel  gehabt  hat. 
26,  43 ;  du  solt  einen  ekel  und  grewel  daran  haben,  abomi- 
nationi  Labebis.  5  Mos.  7,  26 ;  darumb  hatte  er  einen  ekel 
wider  Israel.  1  kön.  11,  25 ;  oder  hat  deine  seele  ein  ekel  an 
Zion  ?  Jer.  14, 17 ;  es  mag  leicht  etwas  an  frembdem  gebrauch 
im  ein  eckel  machen.  Kirchhof  wendunm.  204* ;  dasz  ich  von 
ihrer  gegenwart  einen  eckel  bekam,  pers.  rosenlh.  2,  27 ;  alles 
was  ich  zuvor  an  ihr  verwunderte  und  liebele,  war  in  einen 
eckel  verwandelt.  5, 10 ;  bekommt  einen  eckel  zum  Studium. 
ScBOCH  slud.  leben  B. ; 

auch  die  deutschen  Kastalinnen 

sind  ein  eckel  meiner  sinnen.    Fliiino441; 

es  ist  ein  Wechsel  aller  sachen, 

auf  schein  kommt  plitz,  auf  tag  folgt  nacht, 

ein  nasses  leid  auftrucknes  lachen, 

auf  woUust  das  was  eckel  macht.    500; 

sobald  nun  die  pfeile  des  mächtigen  knaben 

den  kindischen  eckel  gebändiget  haben.    GUnther  929; 

dasz  die  liebe  niemals  sättige  und  also  keinen  eckel  erwecke. 
Menastes  gal.  well  2,  9 ;  ohne  zweifei  hatten  meine  zwei  letz- 
tern Verfolger  bei  dem  traurigen  Verhängnisse  ihrer  Vorläufer 
einen  eckel  geschüpfet  mir  weiter  nachzueilen.  Felsenb.  1, 49 ; 
weil  ich  dennoch  einen  starken  eckel  bei  mir  verspüre,   mit 
einem  frauenzimmer  solches  Schlages  ins  ehebettc  zu  steigen. 
3,437;  die  einwohner  aber  haben  von  alters  her  einen  groszcn 
eckel  vor  dem  namen  eines  dorfs  gehabt.  STiLLiNGs;u(/efld  1, 1; 
wir  unser  herz  von  ekel  leer, 
so  wQrde  bald  ein  wollusimeer 
aus  jedem  hugel  in  uns  Uieszen.    Hallir  114; 
der  Patriarch  braucht  mich  zu  allerlei, 
wovor  ich  groszen  eckel  habe.    Lcssi.ig  2,  320 ; 

ein  starker  schall  war  mir  zuwider,  krankhafte  gegenstände 
erregten  mir  ekel  und  abscheu.  GOtbe  25,  251 ;  gott  sei  mein 
zeuge,  ich  verabscheue  euch,  ich  habe  einen  rkel  an  euch, 
und  das  herz  gällt  mir  im  leibe,  wenn  ich  euch  anschaue. 
Schiller  960*;  er  ist  mir  zum  ekel,  abscheu,  ganz  zuwider, 
wtdersltht  mir.  Kant  sagt  10, 158 :  der  ekel,  ein  anreiz  sieb 
de«  genossenen  durch  den  kürzesten  weg  des  speisekaoals 
n  entledigen  (sich  zu  erbrechen)  . . .  weil  es  aber  auch  einen 
gaUtesgenuiz  gibt,  der  in  der  mittheilung  der  gcdankm  be- 
steht, das  gemüth  aber  diesen,  wenn  er  uns  aufgedrungen 
wird  und  doch  für  uns  nicht  gedeihlich  ist,  widerlich  findet . . . , 
10  wird  der  inslinct  seiner  los  zu  werden,  der  aoalogie  we- 
len,  gleichfalls  ekel  geiuaal. 


3)  den  gegenständ  des  ekels  und  Widerwillens  selbst,  die 
sacht  oder  auch  die  person: 

aber  die  vielküni^tliche  (spinne) 
überzieht  mit  grauem  ekel 
die  sitberblatter.    Göthk  56,  4. 

von  einem  widrigen  menschen  heiszt  es  'der  ekel!'  ähnlich  dem 
persünltch  gebrauchten  der  unflut,  abschaum,  eigensinn  u.s.w. 

4)  synonyme:  ahd.  unwilio,  unwillido,  wullido,  wullunga; 
Unlust,  urlust;  majleidi  (verleidete  speise),  nhd.  maszieidigkeit, 
altn.  leidstafr,  engl,  loathing;  alln.  vidbiodr,  ic/ito.  motbjudande, 
ddn.  modbydelighed ;  alln.  veigja,  nd.  walginge ;  schw.  vämmjelse, 
dän.  väminelse  u.  a.  m. 

EKEL,  adj.  1)  faslidium  afferens,  ekelerregend,  abscheu- 
lich, widerstehend,  nicht  vor  dem  17  jh.  im  gang. 

a)  sinnlich: 

ich  bin  verduttet  ganz,  dasz  ich  auch  kan  vergessen 

das  grauerlicbe  brot  und  eckle  kost  zu  essen.     Fleming  22; 

denn  der  frau  mutter  pietz  war  mir  zu  eckel.  Schelmufsky  5 ; 
dasz  das  süsze  wasser  gar  stinkend  und  mit  eckein  wünnern 
angefüllt  wurde.  Felsenb.  1,  89 ;  bis  diese  eckele  gruft  voll- 
kommen zugefüllet  ist.  1,  174 ;  anfangen  musten  leder  und 
andere  noch  eckelere  sachen  zu  ihrer  speise  zu  suchen.  1,  334 ; 

der  speisen  ekle  menge. 

die  fesseln  scherz  und  freude  nicht.    Uz  1,21; 

ich  trinke  nicht  stets  äincn  wein. 

das  möchte  mir  zu  eckel  sein.    Lissing  1,82; 

ein  frauenzimmer,  das  denket,  ist  eben  so  eckel  als  ein  mann, 
der  sich  schminket.  2, 166 ;  das  ekle  gewürm,  von  der  fäul- 
nis  gezeugt.  Klinger  2,327;  des  todes  ekle  kälte.    2,440; 

bergab  gleitet  der  weg, 
ekles  scliwindeln  zögert 
mir  vor  die  stirne  dein  zaudern.    Göthk  2,68; 

um  dir  des  grabes  Vorgeschmack  im  ekeln  moder  zu  bereiten. 

8,276; 

und  setzt  die  ekle  schaudervolle  speise 
dem  vater  bei  dem  ersten  mahle  vor.    9,  18; 

eine  so  starke  würze,  dasz  selbst  schale  und  ekle  brühen 
davon  schmackhaft  werden.    18,  86 ; 

wie  sich  die  doppelzwerggestalt 

so  schnell  zum  eklen  klumpen  ballt.    41,41; 

begierig  du  auf  Icichen,  ekle  leiche  selbst.    41,192; 

nun  zaudert  sie  und  will  den  düstern  ort, 

des  schlechten  leichnams  ekles  haus  nicht  lassen.    41,323; 

der  ein  bildnis  seines  erhabenen  monarchen  an  einem  eklen 
verächtlichen  ort  aufhängen  wollte.   42, 151 ; 

den  hart  hinunter  flosz  in  eklem  scbwalle 
der  geifer,  der  aus  mund  und  nase  rann, 
wie  maus  am  tollen  bund  erblicken  kann. 

GaiES  Bqjaräo  2, 18,  47 ; 
du  ekler  sprösziing  aus  des  vaters  lenden, 
du  lump  der  ehre,  du  mein  abscheu! 
ihou  loathed  issue  of  thy  faihers  loins. 
thou  rag  of  honour,  thoii  detested!    UichardlU.  actl  sc.  3. 

b)  abstracl:  in  einigen  tagen  lief  folgender,  verzweifelt 
eckele  brief  bei  mir  ein.  Felsenb.  2, 129 ;  ein  eckler  aufent- 
halt  für  einen  Soldaten.  Lessing  2,  91 ;  hier  endlich  thut  der 
träumer  seine  erste  frage  an  den  gcnius,  denn  noch  hat  der 
genius  beständig  allein  gesprochen,  und  der  träumer  hat,  wie 
es  sich  in  einem  eckein  collegio  für  beide  schickt,  vermut- 
lich unterdessen  —  geschlafen.  6,  lü6;  o  mein  hcrr  hof- 
kavelier'  sie  sind  mir  so  ekel,  dasz  ich  sie  kaum  ausstehen 
kann.  C.  F.  Weisze  kum.  opern  1,  53 ;  da  macht  ihr  den  ehr- 
lichen leuten  die  mädcl  ekel.  Lenz  1, 157 ;  der  mensch  war 
mir  ekel.  Dyanasore  2, 143 ;  blick  auf  zu  den  Sternen,  wenn 
die  weit  dir  öd  und  ekel  wird.    Siegwart  2,375; 

vom  leibe  mir,  ekles  weibsgescblocht!    Götub4I,48; 

unsre  fabrikliteralur  und  unser  ekles  bücherwesen.  Meru 
briefsaml.  1,  4S3 ;  der  zweite  theil  enthält  nichts  als  eine 
stumpfe  Psychologie,  lang,  ekel  und  einförmig.  Herder  bei 
Merk  2,  8 ;  ekel  und  widrig  ist  das  alter,  in  das  die  liebe  der 
kinder  nicht  lächelt  . . .  zerschneide  den  faden  des  eklrn 
lebens!    Klinger  2, 184; 

im  taumel  haben  wir  v(<riaiischi 
mii  eklem  rothwelsrh  der  Gnronne 
die  spräche  Teuis,  ilcr  lioMnn  wunne. 

ScuENKENooRr  gcd.  (beichtt  28  ocf.  IHU). 

3)  fattidiotui,  tkel  empfindend. 

a)  sinnlich:  er  ist  sehr  ekel,  iszt  nicht  alles,  tsl  tn  kahl 
seiner  speise  eigensinnig  und  Ucker,  was  sonst  auch  wählerisch, 


397 


EKEL  —  EKELGESCHMACK 


EKELGERUCH— EKELN 


398 


kürisch,  bekörisch  heiszt;  wer  da  eckel  ist,  der  musz  man- 
ches guten  bissens  entrathen.    Melasder  jocoseriai  n*377; 

kein  elepbante  kan  so  scheu  und  furchlsam  tbun, 
-wenn  er  die  maus  erbbckt,  als  mancher  sich  erschüliert, 
sobald  sein  eckler  mund  den  stank  der  körper  wittert, 
die  um  ein  gotiesbaus  io  ihren  kamraern  rubn. 
GE.'^TUKR  677; 
zu  eckel  wird  nicht  satt.    Haller  113. 

6)  abstracl  für  pertaesus,  difficilis,  morosus,  verdrossen, 
eigen:  und  sonderlich  wir  Deutschen  sind  des  heben  heiligen 
Worts  gottes  so  eckel  und  überdrüssig.  Fr.  Dedeeind  viiles 
Christ,  vorr. ;  und  wiewol  sie  damit  {mit  dem  buche)  gar  eckel 
gewesen,  habe  ich  es  doch  endlich  aus  herrn  d.  Dorschaeus 
bibiiothec  geschrieben  bekommen.  Hakxank  anm.  zur  poeterei 
s.  94; 

verdammt  der  eckle  richter 

mein  unschuldvolles  blatt.    Drollingkr  105; 

und  wann  sein  eckel  herz  nicht  göldne  fessel  halten, 

wird  mitten  im  genusz  sein  feuer  bald  erkalten. 
Hallkr  124; 

wie  kannst  du  demnach  verlangen,  o  ekeler  und  eigensin- 
niger Longin,  dasz  herr  prof.  Philippi  sich  nach  deinen  kri- 
tischen grillen  richten  solle?  Liscov  181;  lasz  demnach, 
0  theurer  Philippi,  die  ekele  weit  die  nase  rümpfen,  eben- 
daselbst; Klopstock  12, 137  erzählt  eine  geschichte  überschrieben 
'die  ekle  nase',  von  einem  kalten,  einsilbigen  mann,  der  in 
einem  kleinen  stübehen  die  originalwerke,  in  einem  groszen 
saale  die  arbeiten  der  nachahmer  bewahrte,  jene  nannte  er 
'seine  blumen'  und  diese  'seine  verfaulten  topfe',  kam  einer 
zu  ihm  und  tcollte  seine  bücher  sehen,  so  hatte  ers  bald  weg, 
wohin  er  ihn  führen  müste,  es  begab  sich  selten  dasz  er 
jemanden  ins  stübehen  führte,  gewöhnlich  gieng  er  mit  den 
leuten  in  den  saal,  machte  links  und  rechts  die  deckel  auf 
und  liesz  hinein  riechen;  der  Äügel  und  der  Sachse,  die  Bri- 
tannien eroberten,  haben  viel  schätze  hinterlassen,  ekler,  aber 
auch  dummer  kaltsinn  hat  sie  vergraben.  12,  156;  weil  der 
ekle  geschmack  der  launenhaften  Alabanda  nichts  einheimi- 
sches schön  genug  fand.  Wieulnd  6,  203 ;  die  adlichen  sind 
sehr  ekel  in  dergleichen  Sachen.    Lessing  2,  409 ; 

vergieb  dem  ekeln  stolz,  der  gern  nichts  wagen  möchte, 
als  was  ihm  rühm,  und  Bern  die  alte  hoheit  brächte.   3, 336. 

c)  zumal  ist  es  delicatus,  zart,  woßr  sich  schon  frühe  be- 
lege finden :  du  zarte  eckele  frucht !  Lütber  3,  363' ;  ich  glaube, 
das  Schwaden  himmelbrot  sei,  so  eckel  ists,  wenn  man  mit 
einem  finger  davon  nascht,  so  ists  verdorben,   lischr.  2, 16 ; 

lasz  den  eckein  frauen 

vor  dem  dampfe  grauen.    Gö^hkr  919; 
so  sprich  dann,  ekler  geist,  weist  du  in  Deutschland  keinen, 
der  sich  vom  pöbel  trennt  und  edel  schreibt? 

J.  E.  SCBLKGBL  4,  87; 

weil  verschiedne  mitglieder  dieser  Zünfte,  bei  bereichening 
der  spräche,  eben  nicht  ekler  wähl  sein.  Klopstoce  12, 199 ; 
ein  mann  unverheiratet,  äuszerst  heikel  in  der  wähl  des  Um- 
ganges.   SriLLisG  4,  47 ; 

sie  sind  vielleicht  in  der  wätil 

nicht  allzu'ekel.    Wiblakd  4,  30; 

wie  liesze  sich  träumen,  in  einem  mädchen  wie  dies 

die  ekelste  spröde  zu  finden.    4, 117; 

dahingegen  eine  kältere  nachkommenschaft  mit  eklem  zahn 
an  den  werken  ihrer  meister  und  lehrer  herumkostet.  Göthe 
37,  62 ;  welch  unternehmen,  dem  ekeln  geschmack  des  kenners 
genüge  zu  leisten,  ohne  dadurch  dem  groszen  häufen  unge- 
nieszbar  zu  sein.  Schiller  1232*.  eine  ekle  färbe  nennt  man, 
die  leicht  ßeckt  oder  leicht  verschieszl,  nicht  lange  hält. 
EKEL,  adv.  fastidiose: 

ich  soll  und  musz  doch  eben  nicht 

des  Standes  wegen  eckel  freien.    Felsenb.i,lQO; 

es  würde  ein  wenig  eckel  klingen,  wenn  ich  diese  apostrophe 
weiter  treiben  wollte.    Lessixg  4,  9. 

EKELBEGUIF,  m.  fastidiosa  informatio:  so  war  er  {Diderot) 
es  denn  auch,  der,  wie  Rousseau,  von  dem  geselligen  leben 
einen  ekelbegrif  verbreitete.    Göthb  26,  65. 

EKELESSEN,  n.  cibus  nauseam  movens.    Stieler  894. 

EKELGEISTER,  spiritus  abominandi.  HetiiscH,  der  diesen 
ausdruck  787,  40  beibringt,  musz  ihn  an  irgend  einer  stelle 
gelesen  haben,  er  fällt  also  wol  schon  ins  16  jh,  und  gemahnt 
an  das  alts.  l^tbawihti,  leide,  böse  geister, 

EKELGESCUMACK,  m.  sapor  nauseosut.   Stiilu  187L 


ERELGERUCH,  m.  odor  foedus:  wenn  sie  ekelgeruch  auf 
das  rauchfasz  streute,  hätte  sie  die  zibim  und  ohira  damit 
aus  der  wüste  forträuchem  können.   Mcsäcs  volksm.  1,  268. 

EKELHAFT,  fastidiosus :  das  ist  mir  ekelhaft;  ekelhaftes 
wasser,  ekelhafte  speisen,  ekelhafter  geruch;  garstige,  ekel- 
hafte dinge ;  ekelhafte  kranke.  Göthe  25,  237 ;  ein  ekelhafter 
mensch;  ekelhafter  prahler!    Klinger  3,289. 

EKELHAFT,  fastidiose:  Lamettries  ekelhaft  lachendes  ge- 
siebt   J.  P.  Hesp.  1,  76. 

EKELICH,  EKLICH,  fastidiosus,  wozu  man  das  vorhin  an- 
geführte mhd.  erklich  halte,  die  Schreibung  ekelig  ist  zu  verwer- 
fen, wie  adelig,  tadelig,  mälig  für  adelich,  tadelich,  mälich,  «n 
welchen  allen  das  eine  der  aneinander  stoszenden  1  weicht. 
eine  ekliche  sache,  ekliche  Verrichtung,  ein  eklicher  mensch. 
in  einem  1554  gedichteten  meistergesang  von  H.  Sachs  (cod. 
berol.  germ.  fol.24  p.  483)  heiszt  es: 

zu  Bamberg  war  ein  schmide, 
der  gerne  bei  dem  weine  sasz, 
und  wann  er  dan  heim  käme 
er  egiich  und  rumorisch  was. 

er  hat  davon  viel  ehre  gehabt,  aber  wenn  er  davon  spricht, 
ist  ihm  noch  immer  eklich  zu  mut,    Arnim  kronenw.  1,  70. 

EKELKUR,  f.  ihre  {der  zeit)  kurmethode  ist  gewöhnlich 
die  ekelkur.    J.  P.  dämm.  100. 

EKELMACHER,  m.  nauseosus.    Stieles  1193. 

EKELN,  nauseare,  taedere,  fastidire, 

1)  meistens  unpersönlich,  mit  dem  dat.  der  person,  wie  auch 
bei  mir  grauet,  grauset,  stöszt  auf  u.  o.  m.  steht:  und  den 
Egj-ptern  wird  ekeln  zu  trinken  des  wassers  aus  dem  ström. 
2  Mos.  7,  18 ;  denn  es  ist  kein  brot  noch  wasser  hie,  und 
unser  seele  ekelt  über  dieser  losen  speise.  4Afos.  21,  5;  und 
rieht  im  sein  leben  so  zu,  das  im  für  der  speise  ekelt.  Hiob 
33,  20 ;  und  sandte  inen  genug,  bis  inen  dafür  ekelt,  ps. 
106, 15 ;  das  inen  ekelt  für  aller  speise  und  wurden  todkrank. 
107,  18 ;  und  wil  mit  inen  umbgehen,  wie  mit  den  bösen 
feigen,  da  einem  für  ekelt  zu  essen.    Jer.  29,17; 

es  eckelt  mir  für  mir.    Flbmirg  113; 

uns  armen  ist  die  thorbeit  süsze, 

doch  ihnen  ekelt  nur  dafür.    Gsllbrt  1,  203; 

er  iszt,  ihm  ekelt  schon,  er  trinkt,  ihm  schmeckt  kein  wein. 

2,  12 ; 
doch  mir  eckelt  mich  bei  diesen  elementen  länger  aufzuhal- 
ten. Lessing  7,  208 ;  wer  wird  durch  mittheilung  und  freund- 
schaft  die  sphäre  seines  lebens  zu  erweitern  suchen,  wenn 
ihm  beinahe  des  ganzen  lebens  ekelt.  12,  377;  du  begreifst 
nicht,  wie  sehr  mir  vor  diesen  schönen  herren  ekelt.  Wieland 
1, 184 ;  wo  uns  vor  den  ergetzungen  der  sinne  ekelt    2,  276 ; 

ihm  ekelt  vor  dem  aufenthalt, 

der  einen  gott  im  fluge  halten  würde.    4,200; 

mir  ekelt  vor  dem  widerlichen  anblicke.  25,  95 ;  soll  ich  ihm 
ein  anderes  Dortchen  aufsuchen?  das  müste  just  ein  Dort- 
chen  sein  und  doch  würd  es  ihm  vor  ihr  eckein.  Stillings 
Jugend  1,61;  wie  musz  einem  Jüngling,  der  sie  gesehen  hat, 
der  hofweiber  ekeln.  Leisewiti  Jul.  v.  T.  4,  4  ;  fletsche  deine 
gefräszigen  zahne  mir  nicht  so  entgegen!  mir  ekelts.  Götbb 
12,  233 ; 

mir  ekelt  lange  vor  allem  wissen.    12,  88; 

mir  ekelt  vor  der  speisen  dunst.    Götter  1,465; 
mir  ekelt  vor  diesem  tintenklecksenden  seculum.  Schiller  106*. 
die   belege   zeigen,    dasz   die  sache  sowol  im  gen.  als  auch 
nach  den  praep.  ab,  von;  für,  vor;  ob  steht:  mir  ekelt  dieser 
speise,  ab  dieser  speise,  von  ihr,  für  ihr,  vor  ihr,  ob  ihr. 

2)  zuweilen  statt  des  dat.  ein  acc.  der  person:  und  ekelt 
mich  ir  {ihrer).  3  Mos.  26,  44 ;  so  eckelte  Eibensteinen  den- 
noch um  so  viel  weniger  vor  ihr.  irrg.  d.  liebe  78 ;  aber  die 
fürsten  ekelt  vor  unsrer  waldschlacht,  vor  Siegmars  Schlacht 
Klopstoce  9,  236 ;  schmeichelt  jemand  einem  mäcenaten  der- 
gestalt, dasz  diesen  sogar  davor  ekelt,  so  wird  er  auf  drei 
tage  unter  die  nachtwächter  gebracht   12,  54 ; 

du  verkennest  den  kOnstler, 
den  vor  den  spassen  nur  ekelt  und  glückliche  scherze  nur 

freaea.    12,186; 
wenn  vor  des  Junkers  bette 
mich  nicht  geekelt  hätte.    B6rger  54'. 

3)  ausser  solchen  unpersönlichen  fügungen  kann  auch 
a)  das  subject  im  nom.  slehn: 

wurde  das  volk  murren  wider  gott, 

ecklet  ob  seinem  himmelbrot.    H.  Sachs  IV.  1,  41*; 

tbue  nicht  ecklen  noch  geizig  schlinken. 

meitlerl.  Bert.  ht.  fol.  23  M*  213; 


399 


EKELNAME— EL 


EL— ELB 


400 


der   magen    ekelt,    empfindet   ekel;    anreizung   des   ekelnden 
magens.    Scbuppics  16S4.  s.  607. 

b)  der  gegenständ  des  ekels  im  nom.: 

der  Zepter  ekelt  ihm,  wie  dem  sein  hirtenstab.    IIallkr  30; 

er  grabt  aus  uns  selbst  guter  aus, 

die  iiimmer  ekeln,  nimmer  felilen.    116; 

uns  eckelt  der  genusz,  sobald  die  notdurfl  fehlt.  149; 
auch  flosz  ihm  zuweilen  {heim  essen)  wieder  aus  dem  mund, 
das  eckelle  da  nu  seinem  söhn  und  seiner  schnür.  Stillincs 
iug.  2,  8 ;  auf  traurige  tage  folgten  jammervolle  nachte,  die 
weit  eckelte  mir.  Sturz  1,190;  mich  ekelt  die  weitere  nach- 
abmung  dieser  ironischen  nachäffung.  J.  P.  aesth.  l,  201 ;  mich 
ekeln  diejenigen  unserer  politiker,  die  ihre  Staatsheilungen 
mit  schminke  und  frisur  treiben.    Niebdhr  leben  2,316. 

c)  mit  ekeln  verbindet  sich  ein  abhängiger  salz: 

nun  der  bescbeidenheit  genug, 
denn  sie  nur  immerdar  xu  hören,  wo 
man  trockene  vernunA  erwartet,  eckelt.    Lissing  2,  273. 

4)  sich   ekeln   vor   etwas ;    ich    ekle   mich   wenn   ich   den 
menschen  sehe. 
s.  anekeln,  beekeln. 

EKELNAME,  m.   cognomcn  infame,   scheltname,    spilzname, 

beiname,  oname,  mhd.  äname: 

sin  rfihter  name  was  Riwaiin, 

sin  änarae  was  Kanölengres.    Trist.  10,  3. 

nd.  auch  torneitsname.  für  ekelname  schreibt  Schütze  3,160 
ökelname,  das  bremer  wb.  1,  300  ekername,  was  umgesetztes 
erke  sein  könnte,  doch  schw.  öknamn,  dän.  ögenavn,  altn. 
auknefni  leiten  deutlich  auf  auka,  addere,  fornmannasügur 
3,  133  heiszt  es:  mun  ek  nft  auka  nafn  J)itt  ok  kalla  |)ik 
Thorstein  uxafut,  ähnliches  steht  3,  203.  unser  ekelname  schiene 
also  aus  diesen  nordischen  formen  entstellt,  oder  beide  benen- 
nungen  hätten  nur  zufällige  ähnlichkeit.  Adelung  dachte  auch 
an  ausecken  und  hohnecken,  ekelname  liefert  zuerst  Stieler 
1326;  witzlinge  pflegten  aus  Übermut  oder  um  ihre  herzhaf- 
tigkeit  zu  beweisen,  den  geist  oft  zu  eitleren,  aus  schäkerei 
bei  seinem  ekelnamen  (Rübezahl)  zu  rufen  und  auf  ihn  zu 
schimpfen.  Müsaeus  2,  32 ;  ich  will  den  geist  bei  seinem  ekel- 
namen rufen,  mag  er  mich  bläuen  und  zausen,  wie  er  lust 
hat  2,  63 ;  für  eine  jede  kunst,  für  ein  jedes  handwerk  hat 
die  weit  einen  sprtznamen,  ja  für  das  edelste  und  beste  einen 
ekelnamen  gefunden.  Göthe  11,  291. 
EKELPILLE,  f.  pillula  faslidiosa: 
ihre  (der  spliuerriclucr)  ekelpillen  schlucken.    Gotter  3,238. 

EKELREDE,  f.  sermo  nauseosus.    Stieler  1540. 
EKELWEICH :  die  ekelweiche  preisaufgabe  der  französischen 
academie.    J.  P.  freiheitsb.  136. 

EKLUNG,  f.  faslidium,  nausea,    bei  Maaleb  108*  erkung: 

disz  Sprichwort  man  den  naschern  spricht, 

und  ist  den  scbleckmeulern  gedieht, 

den  man  nichts  rechtes  kochen  kann, 

in  aller  speis  stets  eklung  han.    Eterüic  1,  490. 

EKRALT,  n.  hedera:  und  der  hetr  fürbereit  ein  ckraut  und 
es  stieg  über  das  haupt  Jone  {vulg.  et  praeparavit  dominus 
dcus  hederam)  und  Jonas  ward  erfrewet  über  das  ekraut. 
bibel  von  1483  Jonas  4,  6.  Luther  setzt  kurbis,  nach  Hiero- 
nymus  bedeutet  das  hebr.  wurt  ricinus,  wunderbaum. 

EKSTER.N,  vexare,  einen  absichtlich,  mit  fieisz ,  extra 
(ScHM.  1, 132)  ärgern,  quälen,  wol  erst  im  vorigen  jh.  aufge- 
bracht.   SciiLEicuEB  Meiningen  66. 

EL,  häufige  auf  ursprüngliches  al,  il,  ul  zurückgehende  und 
im  zweiten  dieser  fälle  umlaut,  insofern  er  möglich  ist,  wir- 
kende ableitung;  doch  kann  auch  ein  i  der  dritten  silbe  sich 
das  a  der  zweiten  assimilieren,  emigemal  wird  das  e  aus- 
gestoszen:  karl,  kerl  für  ahd.  charal,  buhl  für  puhil,  seele 
für  ahd.  siula,  golh.  saivala,  gewöhnltch  vor  dem  -lein  der 
Verkleinerungen,  die  nähere  erörlerung  dieser  el  fällt  der  gram- 
matik  anheim,  hier  nur  ein  umrisz. 

A)  al  liegt  dem  el  zum  gründe 

1)  in  den  m.  und  n.  adel,  fasel,  geisel,  hagcl,  nabcl,  nagel, 
nebel,  •atl«l,  schwefel,  segel,  sessel,  sladel,  vogel,  wiinpel, 
Wipfel,  zagrl,  zweifei. 

2)  tn  den  f.  achsel,  angel,  deichsei,  fackel,  gäbe),  gurgel, 
basel,  kugel,  senmiel,  wachte],  würzet. 

S)  in  den  adj.  dunkel,  eitel. 
4)  in  de»  vtrbii 

a)  n.tgelo  (ahd.  Dsgalan  für  osgalian),  segeln  (altd.  digalaD 
fir  •«laiiaii). 


h)  adeln,  betteln,  vereiteln,  gaukeln,  bandeln,  sammeln, 
stammeln,  Togeln,  wandeln,  wurzeln,  zweifeln. 

B)  ul  liegt  unter 

\)  in  den  m.  angel,  apfel,  Schnabel,  Stiefel,  teufeL       • 
2)  in  den  f.  gugel  (cucullus),  schindel,  tafel. 
doch  trat  schon  frühe  ul  tn  al  über,  oder  wurde  tu  ol  ge- 
schwächt. 

C)  il  waltet 

1)  in  den  m.  bendel,  beutel,  bleuet,  büschel,  deckel,  engel, 
ermel,  esel,  flegel,  Hügel,  gürtel,  hebel,  himmcl,  kegel,  kessel, 
kiesel,  knebel.  knüttel,  kübel,  lOfiTel,  meiszel,  mündel,  riegel, 
sclieffel,  Schlegel,  Schlüssel,  Schwengel,  sprengel,  Stempel, 
Zügel. 

2)  tn  den  f.  distel,  eichel,  fessel,  geisel,  nessel,  Schüssel, 
sichel,  Spindel,  windet. 

3)  in  dem  adj.  edel  (ahd.  edili),  frevel  (fraviti),  übel. 

4)  in  den  neutralen  diminutiven  äuglein,  bändlein,  büch- 
lein,  f91tlein,  fräulein,  herzlein,  häuslein,  kindlein,  mägdlein, 
männlein,  mäntlein,  nönnlein,  röcklein,  stäblein,  stänglein,  tüch- 
lein,  vöglein,  Zünglein  u.  s.  w.,  vgl.  2,  615.     mehr  unter  -lein. 

5)  in  den  verbts 

a)  deren  el  schon  im  nomen  stedct:  kitzeln,  meiszeln, 
meucheln,  riegeln,  würfeln,  zügeln  u.  s.  w. 

b)  deren  el  verkleinert:  älteln,  Pdlteln,  frösteln,  grübeln, 
hätscheln,  hüsteln,  lächeln,  kränkeln,  kräuseln,  röcheln,  schmei- 
cheln, schnitzeln,  sptnteln,  streicheln,  träufeln,  tröpfeln,  witzeln 
u.  s.  w. 

D)  man  merke, 

1)  alle  diese  el  sind  nur  Überreste  aus  dem  groszen  vorrat 
unserer  allen  spräche,  wie  ihn  gramm.  2,  98 — 121  unerschöpfend 
aufstellt,  vgl.  Graff  1,  5 — 29. 

2)  da  der  laut  i  überhaupt  minderung  einer  in  a  ruhenden 
kraß  und  fülle  ausdrückt,  verwandte  ihn  der  sprachgeist  natur- 
gcmäsz  zur  diminution,  die  schon  allein  durch  i  bezeichnet 
werden  kann  (gramm.  3,  683),  am  liebsten  aber  im  geleit  von 
1  und  k  (ch)  sich  geltend  macht,  ebenso  ßglich  erscheinen 
auch  kleine,  der  menschenhand  bequeme  Werkzeuge  in  der  form 
eines  el,  das  früher  il  war:  flegel,  löfl'el,  meiszel,  riegel,  schlegel, 
Schlüssel  u.  s,  w. 

3)  die  oberdeutsche  mundart  bildet  viele  diminutiva  auf  bloszes 
el,  das,  scheint  es,  ehmals  ili  war  (kindel,  häusel,  fässel  = 
ahd.  chindili,  hftsili,  fejjili),  wo  es  nicht  umlaulzeugend  ist 
(anel,  mannet)  jenen  Organismus  verletzt,  es  heiszt  aber  platt- 
deutschem misbrauch  und  einflusz  allzu  viel  nachgegeben,  wenn 
auch  ausgezeichnete  schrißsleller  hochdeutsche  neutra,  denen 
niemals  ein  pl.  auf  s  gebührt,  damit  versehen :  verschiedene 
junge  herrn  und  fräuleins.  Gkllkrt  4,197;  wenn  alle  mäd- 
chens  so  sind,  wie  ich  mich  fühle.    Lbssinc  1,  538 ; 


alles  da  lustiger,  loser  gieng, 

sof  und  spiel  und  mädels  die  menge. 


Schiller  322', 


freilich  in  eines  holkschen  Jägers  munde,  (schwäb.  pl.  mädle, 
Schweiz,  meitli,  6atr.  diendln,  östr.  dearndln,  dearndaln;  nd. 
mäkcns,  deeren»,  n/.  mcisjes). 

ELB,  m.  genius  (mythol.  411)  habe  ich  statt  des  unhoch- 
deulschen  elf  hergestellt,  welches  man,  des  eignen  Wortes  unein- 
gedenk,  ohne  Überlegung,  dem  engl.  eU  nachgebildet  hatte ;  elf 
klingt  in  unsrer  spräche  so,  als  wollten  wir  kalf,  half  anstatt 
kalb,  halb  sagen,  zu  geschweigen,  dasz  die  form  elf  den  Zu- 
sammenhang mit  Elbe  und  elbisz  stört,  clfenbein  (ebur)  aber 
den  schein  eines  elbiscben  beins  annähme!  ableilungen  wie 
Zusammensetzungen  clbisch,  Elbegast,  Eibenstein,  Eiberich, 
Elblin  sind  gewähr  genug,  nur  vermag  ich  den  sg.  elb  nicAl 
ausdrücklich  zu  belegen,  da  der  nihd.  pl.  elbe  auch  von  dem 
sg.  alb  (1,  200)  rühren  könnte  und  die  golh.  form  doch  wol 
albs  pl.  nlbcis,  ahd.  alp  pl.  alpt,  clpt  lauten  würde;  vielleicht 
dasz  sich  ein  tg.  elbi,  später  clbe  erzeugte  und  zuletzt  in  elb, 
wie  hirte  in  hirl  gekürzt  wurde,  solch  ein  sg.  elbe  kann  denn 
leicht  für  schwach  genommen  und  dazu  der  pl.  elbcn  gebildet 
worden  sein,  heutige  Schriftsteller  setzen  ohne  weiteres  im  sg. 
clfe,  pl.  elfen  an;  Adklumc,  der  neuen  wie  alten  poesie  abge- 
neigt, trägt  das  wort  überhaupt  gar  nicht  ein.  Wiksam  in 
seinem  Albr.  von  llalberstat  6,  9  schreibt  (iblh,  62") 

die  elben  und  auch  die  elbinnAn, 
desgleichen  all  waitorgutttnuau, 

der  Urtext  würde  wol  elbe  und  elbinne  darbitten,  man  tn' 
stand  später  darunter  die  guten  oder  bösen  holden  (mythol.  \Qil), 
die  zehrenden  elben.  Stiblb«  318 ;  dr.  Marlinu«  sagte  viel  von 


401 


ELB  — ELBE 


ELBEN  — ELBISZ 


402 


Zauberei,  Ton  berzgespann  und  elben.  Luthers /JscAr.  218" ;  die 
elbeo  zu  und  abbringen.  E.  G.  Fübsteman.n  kl.  sehr.  1,103 — 106  ; 
in  einer  wocbenstube  soll  man  nicht  lügen,  man  soll  aucb 
nicbt  die  leute  durcbzieben,  es  ist  nicht  gut,  die  elben  spielen 
bald  mit  den  kindern.  Weise  frcim.  rediier  747.  in  dem  über- 
setzten midsummeniighls  dreavi  heiszt  es  2, 1  ein  elfe  kommt 
für  enter  a  fairy,  elfenkönigin  für  fairy  queen, 

so  zanken  sie  zu  nller  elfen  schrecken, 
die  sich  geduckt  in  eicheln.ipfe  stecken, 
,but  ihey  do  Square,  that  all  their  elves,  for  fear, 
creep  into  acorn  cups,  and  hide  them  there. 

oft  «eisz  man  nicht,  ob  männliche  oder  weibliche  elben  ije- 
meint  sind: 

da  tanzeien  die  elfen  ihre  reihen 

darnach  im  hain.    Eölii  auf  den  tod  einer  nachtigall ; 

schleppt  die  sciaven  in  hain, 

den  eiren  das  opfer  zu  bringen ! 

Kretschia.^'s  nhimjnlph  1769  j.  15 ; 

vollbringt  der  elfen  schönste  pllicht, 

gebt  ihn  zurück  dem  heiigen  licht.     Göthe  12,252; 

kleiner  elfen  geistergrösze 

eilet  wo  sie  helfen  kann.    12,251; 

es  ist  der  elfen  leichie  schar, 

hilft  hier  kein  widerstand.    Uhlands  ged.  s.  357. 

ELB,  helvus,  hochgelb,  anders  als  das  vorausgehende  elh 
(dessen  e  aus  a  erwuchs),  mit  e  auszusprechen,  ein  uralte!, 
heute  nur  noch  unter  schweizerischen  und  bairischen  hirten  auf- 
tauchendes wort,  ahd.  elo,  flectiert  elawer,  n.  elana;,  mhd.  el 
\wb.  1,42S*),  nahverwandt  mit  gelo,  nhd.  gelb,  in  beiden  ent- 
sprang das  b  aus  w  oder  o,  die  bcrührung  mit  lat.  helvus 
und  gilvus  ist  augenscheinlich,  elbes  schaf,  elbe  wolle,  von 
luhbrauner  färbe.  Schneller  1,  48,  bei  Stalder  I,  94  älb  ge- 
schrieben. GoTTHELF  erzähl.  4,  24  ron  den  groben,  ländliclien 
regenmdnteln :  geschmackvoll  mögen  die  v»eiten  elben  rocke 
mit  den  groszen  knöpfen  und  die  niedern  breiten  hüte  nicht 
atisgesebn  haben.  Frisiüs  und  Maaler  überliefern  den  aus- 
druck  nicht,  auch  nicht  Tobler.  vgl.  elbling,  elbkatze. 
ELBCHEN,  n.  ein  kleiner  elb: 

weine  nur,  so  wirst  du  schmelzen, 

bald  ein  leichtes  elfchen  sein.    Ublands  ged.  360; 

ein  elfchen  im  walde  schlief.    Mörikbs  ged.  75. 
ELBE,  /.  nympha,  mhd.  elbe: 
von  der  elbe  wirt  entsehen  ril  maniger  man.    ilS.  1,  .50', 
wo  doch  die  Heidelberger  hs.  liest:  von  den  elben;  entsehen 
meint  bezaubert,    zauberhaft  angeblickt,     der  Volksglaube  liesz 
diese  elben  nachts  bei  mondschein  im  grase  tanzen: 

der  elfen  schöne  königin 

halt  ihren  ringeltanz  beschlossen, 

und  sanft  auf  blumen  hingegossen 

schlief  jede  kleine  tänzerin.    Wislands  Aurora.  17ft4  s.  9; 

der  elfen  beere  schweifen 

durch  feilt  und  wiesenplan, 

es  deuten  silberstreifen 

dem  Schäfer  ihre  bahn.    Matthissojj  (1S02)  127; 

die  elfe  hat  gefallen 

am  jugendlicTien  spiel,    üblaüds  ged.  242; 

äaselbsl  s.  359  lautet  eine  Überschrift  'die  elfen'  und  dasz  weib- 
liche geister  zu  verstchn  sind,  folgt  aus  'erste',  'zweite'  und 
kommt  herbei,  ihr  luflgen  Schwestern! 
ELBE,  f  jein  deutscher  hauptstrom,  Römern  Albis,  Griechen 
UXßts  oder^lßios  genannt,  und  männlich  gesetzt,  erst  spä- 
tere brauchen  Albia,  Alba  (Försteman^j  2,  45),  lautete  so  der 
ahd.  name?  mhd.  galt  Elbe,  ein  goth.  Albi  {wie  [)ivi,  mavi) 
oder  Albja  (icie  balja)  liesze  sich  mutmaszen.  alln.  elf  und 
elfa,  aUgemei]^  für  fluvius,  immer  weiblich,  der  umlaut  zu 
fassen  wie  in  xlt  genus,  kynd  natura,  mynd  effigies;  schw. 
elf  pl.  elfver,  dän.  elv  pl.  elve.  mit  umgestellter  liquida  er- 
scheint poln.  Laba  f,  bühm.  Labe  aber  n.  Verwandtschaft  mit 
alb  =  elb  wurde  1,  200  angenommen.  Mahn  in  seinen  Unter- 
suchungen geogr.  namen  (Berlin  1859)  s.  19 — 27  legt  Elbe  kel- 
tiscli  aus. 

der  glänz  des  lobs  imd  ehren  schein, 
welcn  nicht  abwescht  noch  Elb  noch  Rhein. 

Waidis  3,09  6/.  201"; 
hier  wo  der  Eiben  ström  das  Kuckusufer  netzet. 
GcnTiiER  547, 
welche   schwache  flexion   fehlerhaft  ist;    dieser  grosze  ström, 
der  gericbls  für  euch  mit  solchem  strudeln  und  prausen  her- 
auf steiget,  ist  die  Elbe,  so  von  ihrer  geburtsstadt  den  hohen 
alben,   die  wir  über  uns  haben,   den  namen  bekommen  hat. 
Opitz  2,264; 
oftmals  foiliTt  die  Elb,  In  des  herbstnachlsturmes  begleilung, 
mit  bochbrandender  Hut  zornig  ihr  altes  gebiet.    Vqss  3, 121. 
III. 


ELBEN,  pasccre,  auf  der  albe  weiden :  ich  sol  auch  jer- 
leichen  32  bawptrindcr  und  vier  ros  in  dieselben  alben  auf- 
nemen  und  darin  ungeverleich  mit  meinem  vich  an  zins  elpen 
lassen.  Sahbitrger  urk.  von  1453  in  Chsels  notizenhlalt  4,  27. 
s.  albe  und  bei  Stalder  1,  97  alpen,  älpeln,  bei  Scbsieller 
1,  47  abiilbelu. 

ELBE.NBORN,  m. 

gieng  zum  gepriesenen  quelle,  der  nachbarlich  unten  am 

waKiberg 
rieselte,  lauter  und  frisch,  wie  am  lilicnblaite  der  frühibau, 
elfenborn  in  der  sag  umwohnender  hirlen  benainei. 
denn  rings  fabelte  man,  mit  ellinnen  tanze  der  hergclf 
dort  nach  leiser  musik  im  sprossenden  grase  der  mainacht. 
Luise  a.  L  h.  27. 
ELBENKÖNIG,  m.  rex  geniorum: 
mit  diesem  wort  reicht  ihm  der  elfenkönig 
ein  irinkgeschirr  von  feinem  gold  gedreht.    Oberon  2,  46. 

ELBENKÖNIGIN,  f. 

da  zeigt  sich  ihr  im  traumgesichte 

die  ellenkönigin  in  ihrem  rosenlichte.   Ofceron  10,10; 

da  säuselte  des  rascns  gnin, 
wie  wenn,  behend  und  leicht, 

im  tanz  die  elfcnkönigin 

die  zanen  halme  beugt.    MiTTflisso.i  s.  146; 

ihr  elfen  auf  den  höhn, 

ihr  elfen  an  den  seen, 

zum  ihaubeperlten  grün 

folgt  eurer  königin.'    151. 
ELBENREIHEN,  m.  chorea  geniorttm,  nympharum: 

und  mit  schatten  der  jimgfraun 

tanzt  er  mondlichen  elfenreihn.    Voss  3,  45 

ELBENSCIL\n,  f.  eohors  geniorum: 

die  lufige  elfenschar  sinkt  tönend  ein.    An.  Gn'än  ged.  332. 

ELBENTANZ,  m.,  schw.  elfdans: 

m^idchen,  komm  zum  elfentanze, 

komm  im  mond  und  stcrnenglanze.    Uh(.a?(d  ged.  359. 

ELBENTRÖTSCH,  m.    mythol.  412. 

ELBEB,  m.  eine  traubenart,  wird  aus  Albaner  gedeutet. 
MoNE  Zeitschrift  3,250.     s.  elbling. 

ELBFABB,  semmelfarb.    Frisch  1,  224*. 

ELBHALS,  m.  ziege  mit  blaszgclbem  hals.  Schmeller  1,  48, 
von  elb,  gelb.     s.  elm. 

ELBIN,  f.  nympha,  mhd.  elbinne,  in  der  kölnischen  mund- 
art,  die  half  für  halb  sagt,  elfinne  (Frommann  2,312'):  'und 
das  heilige  lager,  auf  dem  Theude  geboren  ward?  'das 
schmücke,  als  ob  du  eine  elfin  erwartetest'.  Klopstoce  10, 210; 
an  die  elfin  des  gartenhügcls.    Voss  3,  231 ; 

wo  nixen  und  feen 

und  elfinnen  gehn.    4,  201. 

ELBISCH,  mente  alienatus,  captus,  der  von  den  elben  ent- 
sehen, eingenommen,  wahnsinnig,  sinnverwirrl  geworden  ist. 
DiEFENBAcn  225*  hat  fantasta  clbischcr,  aus  voc.  theut.  1482  g  l', 
vgl.  elvesce  wühle,  gl.  Jun.  340.  Schweiz,  älbscb.  Stald.  1,  94. 
mhd.  dich  hat  geriten  der  mar, 

ein  elbischc;  äs, 

du  solt  daj  ubele  getwäs 

mit  dem  kriuze  vertribcn.    t;.4.  3,  60 ; 

ich  sihe  wol,  daj  du  ethisch  bist.    3,  75; 

'ein  elbische  ungehiure' 

sprach  si  'du  sis  verwäjen ! 

du  mohtest  mich  wol  lä^en 

binte  mit  gemache  leben',    daselbst; 

die  vrowen  raseien  vor  in  da 

in  ethischer  anschowe.    pass.  H.  97,  15. 

darnach  nam  er  ein  weisze  ameiszen  wider  den  elbischen 
mülesel.  BCschings  wöch.  nachr.  1,  59.  das  engl,  elltsh  be- 
deutet noch  heute  geisterhaft. 

ELBISCH,  albinus,  überelbisch  transalhinus.  Steixbach  1, 335. 

ELBISCH,  ELBSCH,  gleichviel  mit  elb,  gelb.  Staldkb  1,  94 
älbsch,  bei  ScnjiiDT  id.  bem.  8'  älpsch. 

ELBISZ,  m.  olor,  n/gnus,  ahd.  alpij,  elpij,  mhd.  elbe;,  0175. 
ylfet,  altn.  alpt,  wozu  merkwürdig  altsl.  lebed',  poln.  lab^dz, 
böhm.  labut,  serb.  labud  stimmen,  gerade  wie  zu  Elbe  sl.  Labe. 
da  nun  der  schwan  ein  geisterhafter  vogel  ist,  enget  als  sdiwdne 
erseheinen,  feen  und  meerfrauen  ein  schwanhemd  tragen,  so 
gewinnt  das  uralte  band  zwischen  elb,  Elbe  und  elbi;  desto 
mehr  haltbarkcit.  cignus  hai?t  ain  elbi;  oder  ain  swan.  Mece!«- 
BERG  174,  8.  das  schöne  wort  ist  uns  heule  erloschen,  findet 
sich  aber  noch  bei  Frisics,  der  360'  elbsch,  915'  ölbsch  ßr 
elbsz  schreibt.  Maaler  100*  gibt  elbsch  und  elbschen  gsang, 
cygni  canor.  Diefehbacb  118*  verieichnel  elbi;  noch  aus  ein- 
zelnen glossaren. 

26 


403   ELBKAHN  — ELEFANTENKNOCIIEN 


ELEPANTENLAUS  —  ELEMENT 


404 


ELBKAH.N,  m. 

ELBKATZE,  f.  tnuslcla  putorius,  Ulis,  vielleicht  nach  der 
färbe  des  felis,     t.  elbtbier,  elienkatze. 

ELBLEIN,  n.  vas  elhchen. 

ELBLING,  ELBLIN'GEB,  m.  vas  eiber.  *.  Frisch  1, 224*.  in 
Bronners  u'eiHfcau  55 — 64  heiszt  der  clhWng  eine  gemeine  traube, 
die  sich  oß  an  hausyiebeln  in  den  dörfem  findet.  vieUeichl 
nthrl  der  name  doch  von  der  fahlen,  gelblichen  färbe. 

ELBOGE,  m.  cubitus,  ags.  elboga,  engt,  elbow,  alln.  albogi, 
olbogi,  ddn.  albue  {schw.  aber  armbäge).  Adelung,  »n  dieser 
gekürzten,  undeutlichen  form  die  ursprüngliche  erblickend,  stellt 
das  Wort  danach  auf  und  erklärt  ellonbogcn  für  gemein,  ober- 
deutscli.  dies  ist  umgekehrt  die  echte,  auf  hochdeutsch  vor- 
hersehende form,  deren  abkunfl  unter  olle  entfaltet  icerden 
soll.  nd.  gilt  freilich  cllebagc,  nnl.  elleboog  und  einzelne 
nhd.  schripsteller  schwanken  in  die  Verkürzung,  bei  Dasypo- 
Ditjs  319*  elcnbügen,  bei  Serhanus  o  3'  meliceris,  ein  triefender 
eisze  oder  bieterlein  an  den  elbogen ;  Bahener  4,  196  schreibt 
ellbogen  und  Güthe  24,  90  :  meine  kleine  nachbarin,  mit  der 
ich  ellbogen  an  ellbogen  sasz;  25,  249:  es  begegnete  ibm 
nicht,  dasz  er  sich  irgendwo  angelehnt  oder  seinen  ellbogen 
Buf  den  lisch  gestemmt  hätte ;  der  prosaist  hingegen  hat  die 
ellebogen  gänzlich  frei.  6, 115.     f?ie/ir  unter  ellenboge. 

ELBHICHT,  m.  wird  zuweilen  statt  elbling  gehört. 

ELBSCH,  s.  elbisch  und  elbisz. 

ELBSCHIF,  n. 

ELBSCHIFFEB,  nj. 

ELBSCHIFFAHHT,  f. 

ELBSTBAND,  m.  er  holte  vom  elbstrande  eine  nit  ge- 
ringe erbschaft.    Mestwert  fluchteufel  61. 

ELBSTBOM,  m.    Stieler  2213. 

ELBTHIEB,  n.  was  elbkatze,  Ulis. 

ELBLFEB,  n.  ripa  Albis. 

ELBWEIDE,  f.  Salix  viminalis,  wie  sie  am  ufer  der  Elbe 
wächst  oder  dahin  gepflanzt  wird. 

ELBZOLL,  m. 

ELCH,  s.  elk. 

ELDEBZE,  f  cyprinus  phoxinus,  sonst  auch  elderse,  elterse, 
eldrize,  gewöhnlicher  elrilze,  irlitze,  bambele.  IlEMScn  869,  43. 
Frisch  1,225';  soll  nach  Nemnicii  auf  schw.  ärlitsfisk,  auf 
norw.  ekeritse  heiszen,  wonach  in  der  ersten  silbe  elv  flusz 
läge  und  elderze  aus  elherze,  clbritze  entstellt  sein  könnte: 
von  fischen,  fobren,  hechten,  eldertzen.  Bartisch  augendienst 
254.  HonnERG  3,  30"'  schreibt  der  eidritz,  ist  ein  gemeiner 
und  kleiner  fleischlisch,  der  nicht  grosz  wird,  soll  alle  vier 
Wochen  laichen. 

ELEFANT,  m.  elephas,  ahd.  clefant  und  helfant,  ags.  ylpend 
«nd  verkürzt  ylp,  pl.  jlpas  (wie  auch  Holzmann  für  elefanten 
passend  ilfen  setzt),  altn.  aber  fill ;  mhd.  helfant  (wb.  1,  66o'), 
so  auch  bei  Mecenrerg  134,13  und  späteren:  vil  helfant  hond 
mit  aincm  wald  genug,  dar  inne  si  waiden.  Keisersberc  sieben 
scheiden  Bl'; 

mit  dem  geschenkten  helefanden.    Atrrr  216*. 

später  klärte  sich  wieder  der  vocalanlaut,  Luther  schrieb  ele- 
phant  1  Mace.  1,  IS.  3,  34  u.  s.  w.  man  deutet  iki<fni  aus  dem 
skr.  ibhas,  il>ha  mit  vortretendem  semitischem  artikel  el,  so 
dasz  den  Griechen  ein  orientalisches  alibhas  vo^elegen  habe, 
umgekehrt  sei  aus  koptischem  ebu  mit  suffigiertem  artikel  r 
das  lat.  ebur  entsprungen,  mich  dem  thier  auch  das  elfenbein 
benannt,  gleichwol  scheint  hierdurch  noch  nicht  alle  bcrüh- 
Tung  mit  lO.afos  abgeschnitten,  verschieden  ist  golh.  ulbandiis, 
ahd.  olpenti,  ags.  olfend,  alln.  ulfaldi  camelus,  welches  aus 
aleph  rind,  bos  lucnnus,  indischer  ochse  hervorgieng  und  dem 
lit.  verhiudas,  poln.  wielbiiid,  böhm.  velblaud  entspricht,  namen 
der  grotzen  thiere  laufen  oß  ineinander. 

Ei.EFANTENAUGE,  n.  nennt  man  ein  6«  starker  gescltwulst 
hervortretendes  äuge. 

ELEFANTEN  FELL,  n. 

de«  ncKer»  xrhild  int  einfl  npanne  dick 

und  ganz  gemacht  nu«  eleranicnTRlIe.    Grii*  Jln/nrrfo  1, 16, 4ß. 

ELEFANTENGEHIPPE,  n.  in  der  thal  kleidet  er  die  elefan- 
tengerippe  der  gfitterlehre  aus  norden  in  lebendige.«  fleisch. 
J.  V.  büdiertchau  i,  149. 

ELEFANTENKALB,  n.  natus  ex  elephanto: 

irRiri  nirlii  %o  mn^iig  nnf, 

wi«>  clRrantcnkiillier.     GOriii  12,231. 

ELEFANTENKNOCHEN,  m. 


ELEFANTENLAUS,  f.  anacardium,  ein  indischer  bäum  mit 
nierenartiger  nusx. 

ELEFANTENMARK,  n.  hätte  sie  nicht  als  Fürstin  verlangen 
können  z.  b.,  dasz  man  ihr  eine  Zaunkönigs  und  clefanten- 
marksuppe  auftrage?    J.  P.  Fibel  2t  (29). 

ELEFANTENMEISTER,  m.   3  Jtfacc.  5,  4.  pcrs.  rosenlh.  8, 119. 

ELEFANTENTREIBER,  m. 

ELEFANTENZAHN,  m. 

den  andern  ritlern  cih  er  weit  voran 

und  läszt  sein  groszes  hörn  mit  stürm  erschallen, 

es  war  ein  ganzer  elefantenznhn. 

er  bläst,  dasz  rings  die  bcri;e  vriderliallen., 

ÜRtEs  Bujaräo  1,  14,  62. 

im  allen  Rolandslied  233,  4 : 

nölnnt  blies  aber  olivanten, 
die  beiden  er  an  rante, 
er  sluoc  si  ze  tat, 
er  durreit  daj  wal. 

ELEGISCH,  miserabilis :  die  scndung  der  elegien  hat  mich 
in  elegischen  umständen  nach  dem  gewöhnlichen  sinne,  das 
heiszt  in  erbärmlichen  angetroffen.    Göthe  an  Schiller  64. 

ELEMENT,  n.  der  Golhe  setzte  Stabs  für  cnoi^eTov  und 
ahd.  drückte  wenigstens  rönstap,  puohstap  elementum,  puob- 
stapA  elementa,  lilerae  aus,  altn.  stafr  für  sich  schon  buch- 
stab  und  mit  stafr  werden  vielfache  abstracte  bedeutungen  ge- 
bildet igramm.  3,  525).  leie  Stabs  mit  stamm  und  slojan,  staua 
verwandt  scheint,  könnte  es  auch  an  stöma  ifTtöaraais  reichen, 
wozu  noch  ahd.  ungistuomi,  nhd.  ungestüm  gehören,  so  dasi 
Stoma,  stuomo  den  ruhenden  stof  ausdrückten,  den  unruhigen, 
regen  würden  goth.  stuhjus,  ahd.  stuppi,  stoup,  unser  staub, 
die  sich  von  stiuban,  stieben  cierc  leiten,  treffend  bezeichnen, 
und  auf  eins  dieser  deutschen  Wörter  musz  das  franz.  etoffe, 
estoffe  zurückgeführt  werden,  woher  wir  unser  stof  wieder  ent- 
nahmen. Schwerfällig  ist  die  mhd.  versuchte  Zusammensetzung 
zuhtsal  für  element  (Kelle  sp.  eccl.  s.  180).  wie  viel  alte, 
einfache  Wörter,  die  sich  ungebraucht  verloren  und  verdun- 
kelten, hätte  die  geistige  bildung  unsrer  spräche  aus  sich  selbst 
greifen,  entfalten  und  reichlich  verarbeiten  können,  wäre  sie 
mit  besonnenheit  verfahren,  um  sinnliche  Wörter  für  abgezognt 
anwendungcn  auszuprägen;  in  den  meistfn  fällen  genügte  ihr 
der  fremden  bcnennung  träge  aufnähme,  so  stoszen  wir  bereits 
tnhd.  auf 

diu  vier  elementa.    Er.  7593, 

und  Mecesrerg  68,  27  sagt  von  den  vier  elementen ;  Keisers- 
rerg  im  narrenschif  Straszb.  1520  bl.  95*:  sie  saul  mit  den 
vier  Schlangenköpfen  seint  die  vier  element,  von  denen  der 
leib  zusamen  ist  gesetzt.  Stieler  374.  375  schlägt  vor  urge- 
inenge  oder  urwesen,  wiei/i<  sogar  auf  jenes  selbst  das  lat. 
elementum  zurüdczuleiten. 
element  bedeutet  uns  also 

1)  diese  vier  grundsloffe:  das  ich  weisz  wie  die  weit  ge- 
macht ist  und  die  kraft  der  element.  weish.  Sal.  7, 17 ;  die 
element  giengen  durch  einander,  wie  die  seilen  auf  dem 
psalter  durch  einander  klingen.  19, 17 ;  die  element  aber  wer- 
den für  hitze  schmelzen.    2  l*etr.  3, 10 ; 

doch  disos  nidrig  dement 

thut  er  auch  wo!  vcrsortten.    \V«ciiiiiriin  257, 

nacft  ps.  113,  6  'der  auf  das  nidrige  sihet  in  himel  und  erden'; 

wer  torocbt  finden  wolt, 
was  doch  an  dement  tin*l  jähren 
nicht  grOndlich  auch  Imk.mt  simu  soll, 
der  mdst  ein  newe  weit  crlahren.    5is ; 

horch,  liobo  din^rc  lehr  ich  dich, 

vier  clt^nienic  galten  sich.    lii;RCRR41'; 

hochgcfcicrt  seid  nllhinr, 

dement  ihr  alle  vier!    CörnR  41,  178; 

zwecklose  kraft  unliändKcr  demente!    41,259; 

immer  wilder  dränKln  heran. 

die  elemento  fassen  .sich,  die  tobenden.     11,258; 

■el  ruhig,  freundlich  dement!    12,116; 

denn  die  demente  hassen 

das  gebild  der  menschenhand.    Scuili.kr  78'; 

0  Unvernunft  des  blinden  demnnts!    540*. 

2)  das,  wodurch  leben  bedingt  wird,  quo  vita  continelur,  deli- 
tiae :  wasser  ist  das  dement  derlische;  das  ist  sein  element 
[sein  leben,  sein  vergnügen);  jetzt  ist  er  in  seinem  eleniente 
{i.t.esse);  der  hof  ist  sein  wahres  dement;  er  war  jetzt  in 
seinem  element.  Stilling  S,  Hl ;  zum  erstenmal  seit  langer 
zeit   fand   sich  Wilhelm   wieder  in  seinem  eicincnte.    Göthe 


405 


ELEMENT  —  ELEMENTGLAS 


ELEMENTISCH  —  ELEND 


406 


19,  72 ;  SO  waren  von  der  ersten  Jugend  an  die  küche,  die 
TorraUkanuner,  die  scheunen  und  büden  mein  eleoient.  20,  4* , 

nahrung  edler  geister, 

aller  sorgen  meister, 

du  mein  element ! 

was  man  jeizo  knaster  nennt, 

komm  und  lasz  die  müden  sinnen 

wieder  ruh  gewinuen!    Gckther  917; 
doch  nichts  erschreckt  den  muth  der  ente, 
sie  schwimmt  beherzt  in  ihrem  elemente.    Gkllert  1,133; 
zieh  sie  aus  ihrem  sumpf,  sie  stürzen  doch  behend, 
den  fröscben  gleich,  aufs  neu  sich  in  ihr  eleiuent. 

Jou.  Ad.  ScHLecKL  fabeln  242. 

3)  auf  einzelheiten  bezogen:  dieser  mann  ist  ein  wirksames 
element  in  unserm  kreise;  sie  war  das  lustige  element  im 
hause ; 

da  sach  ich  mir  behende, 

zu  einem  fenster  naus, 

ein  schönes  elemente 

in  einem  groszen  haus. 

lied  des  16  jh.  ueimar.  jb.  4,  237,  der  landsknechl  ersieht  in 
einem  gegenüberstehenden  hause  ein  schönes  mädchen. 

\)  die  anfangsgründe,  aber  auch  die  hauplslücke  einer  icis- 
senschaft:  er  wüste  nichts  von  den  elementen  der  mathcma- 
lik;  er  steht  noch  bei  den  elementen;  nicht  ein  element, 
nicht  das  geringste,  nicht  ein  sldubchen: 

ich  halle  sie  (urwahr  auf  erden 

nicht  eines  elemeutes  werth.    Gcnthkr  163; 
wozu  menschen«    menschen  sind 

für  sie  nur  zahlen,  weiter  nichts,    musz  ich 

die  elemente  der  monarchenkunst 

mit  meinem  grauen  schüler  überhören  ?    Schillsb  307'. 

5)  element  wird  :u  fluch  und  hetheuerung :  das  ist,  beim 
element,  eine  schwere  sache.  Gryphics  1,722;  beim  element, 
wir  hätten  schier  das  nöthigste  vergessen,  l,  725 ;  beim  element, 
herr  dun  Sylvio,  erwiderte  Pedrillo,  ich  glaube  sie  träumen. 
WiELASD  11,  67 ;  beim  element,  da  wird  nichts  draus,  Jungfer 
Schmergelina !  11, 131 ;  beim  element,  das  ist  sehr  gnädig.  11, 131 ; 

wen  lockst  du  hier?    beim  element.' 

vermaledeiter  rattenfängerJ 

zum  leufel  erst  das  insirument, 

zum  teufel  hinterdrein  den  sängerl    Götbe  12,  194; 

wird  ja  doch,   beim  element,    etwas  profilieren.    Fr.  Mllleb 
2,60;  Clement!  über  den  Juden I    E^GEL  diamanl  111; 
element! 
was  wollen  diese  amazonen  uns?    Hki.nr.  v.  Kleist  1,123; 

zum  element!  Lenz  1,  SS;  weiter  element!  1,277;  potz  tau- 
send element,  was  machst  du  da!  Stieler  375;  dasz  dich 
gottes  element  schände!  kotz  element!    vgl.  2,279. 

ELEMEMARBUCH,  n.  über  elementarius. 

ELEMENTAHCLASSE,  f.,  abcscitule. 

ELEiME.NTAKFEL'EB,  n.  ignis  sublilissimus :  Rabette  kam 
mit  dem  theezeug  und  einer  flasche,  worin  für  den  haupt- 
mann  tlicemark  und  elementarfeuer  war,  arrac.  J.  P.  2'j/. 
3,  17 ;  die  mutter  gicng  und  brachte  in  der  einen  band  das 
extrapostblut  und  elementarfeuer,  aber  in  der  andern  ein 
dickes  manuseript.    ßeqelj.  1,  70  (103). 

ELE.ME.NTARGEISTER,  von  der  vierten  classe.  \Viela.M) 
23,  330. 

ELEMENTARISCH,  quod  sensihus  percipi  nequit. 

ELEMEMARKE.NNTMSSE,  rudimeiUa  literarum. 

ELE.MENTARLEHREH,  wi.  praeceptor  elementarius. 

ELEMENTARSCHULE,  f. 

ELEMENTARUNTERRICHT,  m.  instilutio  elemenlaria. 

ELEMENTE.N,  fluchen  lehren,  beelemcnlen:  ich  will  dich 
elementen,  man  soll  dich  sacramenten!  ÄcBtcoiA  spr.  493 
und  daraus  Stieler  375. 

ELEMENTENGEIST,  m. 

er  sah 
sich  schon  gekrönt  und  unumschränkten  meister 
der  ganzen  weit  der  elementengeistcr.    Wiela!<d. 

ELEMENTENKRIEG,  m.  elementenkrieg  in  der  dichtkunst. 
J.  P.  nachdämm.  72. 

ELEMENTER,  m.  ein  Scheltwort:  sagen  wir  doch  auch  but- 
terseele,  mondscheinmensch,  aprilsnarr,  Hans  in  allen  gassen, 
elementer,  brausckopf,  basenfusz,  fuchsbalg  u.  dgi.  m.  Tieck 
nov.  kr.  4,  49. 

ELEMENTGLAS,  n.  der  platonische  Italiener  guckt  nicht 
«0  lüstern  nach  des  busens  lilgen,  und  wenn  er  tod  und 
ewigkeit  mit  den  ausdrücken  seiner  Zärtlichkeit  verwebt,  so 
verwebt  er  sie  damit,  anstatt  dasz  in  den  deutschen  ge- 
dichten  das  verliebte  und  das  fromme,  das  weltliche  und  das 


geistliche,  wie  in  dem  ruhigen  elementglase,  in  ihrer  ganzea 
klaren  abstechenden  Verschiedenheit  neben  einander  stchn.  Les- 
sing 6,  2S1. 

ELEMENTISCH,  hiesx  es  früher  und  deutscher  1)  anstatt 
elementarisch:  das  wasser  ist  in  gott  nicht  auf  elementische 
art,  wie  in  dieser  weit,    Jac.  Böhme  Aurora  s.  111. 

2)  fon  element,  dem  fluch,  abgeleitet  drückt  es  aus  ver- 
wünscht, verflucht:  du  elementsche  hur!  m  ac/en  rom  ;.  1578; 
die  elementische  lieb.  Fuchsmundi  338 ;  eine  elementische 
böse  Sache,  causa  pcssima.  Stieler  375;  und  war  nicht  un- 
holdselig zu  sehen,  ohn  wann  er  mit  dem  wa^en  besteckt, 
da  schrie  er  kelzerjammer  und  wol  so  sehr,  als  die  nörd- 
lingischen  fuhrleut  elementisch  fluchen.    Garg.  111*; 

seht,  wie  ist  unsre  Wunderfein  so  elementisch  schön! 
LofiAU  1.  177,  49. 

ELEMENTLICH,  elemenlaris :  elementlich  ding,  das  zu  den 
elementen  gebort,  oder  das  von  elementen  zusamengesetzt  ist. 
voc.  theul.  14S2  gl'. 

ELEME.NTSBETHEURER,  m.  dirarum  jactalor :  namen  war, 
mit  was  betrug  und  beschisz  dise  elementsbelheurer,  safra- 
nierer,  latwergenvergülder,  wurzelbeizer  und  trankferber  umb- 
gehen.    Garg.  189*. 

ELEMENTSGANG,  m.  bergmännisch,  ein  zwar  kein  erz, 
aber  doch  flösse,  spath,  blende  enthaltender  gang,  in  welchem 
man  mineralische  elemente  oder  grundstoffe  sieht.  Frisch  1, 224*. 

ELEMENTSGLT,  verteufelt  gut:  und  noch  vil  andere  car- 
dinalmäszige  lugen  mit  schwänzen,  die  den  pfaffen  und  mön- 
cben  in  iren  predigten  desto  besser  elementsguts  geschirr  za 
machen  zu  pas  kommen,    bienenkorb  195*. 

ELEMENTSLOS,  improbissimus :  aber  ein  Unglück  hat  darzu 
geschlagen,  dann  wie  wir  ihn  {den  ausgenommnen  und  gefeg- 
ten magen)  zu  trucknen  an  den  zäun  gehenkt,  ein  elements- 
loser rab  ihn  hat  herab  gezuckt  und  verschluckt.    Garg.  42*. 

ELEMOST,  euphemisjnus  für  element,  wie  sappermost,  sap- 
perment  für  sacrament: 

es  ist  warlich  beim  elemost 

mir  gar  zuwider  der  unkost.    Frischlins  Rebecca  p.  135. 

ELEN,  ELEND,  n.,  besser  m.  cervus  alces,  es  ist  übel, 
dasz  dieser,  allem  anschein  nach,  Slaven  abgesehne  name, 
unsem  heimischen,  welcher  ahd.  elah  oder  elaho,  mhd.  eich, 
alln.  elgr,  schw.  elg  lautete  und  zum  lat.  alces  stimmte,  ver- 
drängt hat.  sl.  ölen,  jelen,  lit.  einis  bedeutet  hirsch,  doch 
das  elend  heiszt  sl.  los,  poln.  \oi,  nur  bühm.  begegnet  ein 
wieder  von  uns  zurückgeholles  elent  für  alces,  neben  los.  auch 
nnl.  gilt  eland,  franz.  elan,  sp.  elan.  ganz  weichen  ab  lajtp. 
sarv,  ßnn.  hini,  lit.  bredis,  lelt.  breedis  gen.  breescha,  wozu 
ich  den  namen  des  hirsches  Brichemer  in  der  altfranz.  thier- 
fabel  verglichen  habe.  5  Mos.  14,  5  verdeutscht  Ldther  hirs, 
rehe,  püffel,  Steinbock,  tendlen,  urochs  und  elend  (vulg.  cer- 
vum,  capream,  bubalum,  tragelaphum,  pyargum,  orygem, 
camelopardalum),  xaur^)MnnnSa).ii  hält  man  für  g'iraffe. 
bei  Frisils  71",  Maaler  100*  liest  man  eilend,  ellendthier. 
Döbel  handelt  1, 18  vom  elendhirsch  und  thier.  da  der  na- 
türlichen ähnlichkeit  des  elens  mit  dem  hirsch  die  der  namen 
entspricht,  darf  auch  e/.afos  zu  elaho  gehalten  werden;  aus 
der  Verderbnis  des  Wortes  erklärt  sich  von  selbst  die  abergläu- 
bische Vorstellung,  das  thier  leide  an  der  epilepsie  oder  sei 
sie  zu  heilen  vermögend,  man  sehe  elendsbaut,  elendsklaue, 
elendskoller  und  vielleicht  elendeis. 

ELEND,  n.  exilium,  caplivitas,  miseria.  ahd.  elilenti  ßr 
alilanti,  alls.  elilendi,  zu  einem  goth.  aljalandi  gaben  die  uns 
verbliebnen  stellen  keinen  anlasz,-  schon  Notser  zieht  elelende 
zusammen  in  eilende,  mhd.  gewähren  ältere  denkmäler  zwar 
noch  elelende  oder  daßr  enelende,  doch  herscht  eilende  vor 
(mhd.  wb.  1,  937*j.  «Ad.  elend  ßr  eilend,  nnl.  hat  sich  eilende 
behauptet,  ags.  elelende,  bald  auch  eilende,  engl,  ausgestorben, 
altn.  mangelnd,  doch  schw.  elände,  dän.  elende  erst  von  uns 
angenommen. 

1)  Urbedeutung  dieses  schönen,  vom  heimweh  eingegebnen 
Wortes  ist  das  wohnen  im  ausländ,  in  der  fremde,  und  das 
lat.  exsul,   exsilium,    gleichsam  extra  solum  stehen  ihm  nahe. 

a)  das  elend  bauen,  mhd.  da;  eilende  büwen  heiszt  in  der 
fremde,  im  fremden  land  wohnen,  zu  den  1, 1172  gelieferten 
belegen  hier  noch  andere: 

so  ziehen  wir  durch  die  welschen  lani, 

das  ellent  müssen  wir  bawen.    Uula.no  799; 

so  laszt  ein  zeit  in  ziehen  hin, 

die  land  hin  und  wider  beschswen, 

das  eilend  versuchen  und  bawen.    H.  Sachs  IH.  2,333'; 

26  ♦ 


407 


ELEND 


ELEND 


408 


damit  er  nicht  so  in  der  irre  ewiglich  das  elend  hawen  müsse. 
Luther  5,267';  ich  aber  rausle  das  elend  bauen.  Schweini- 
CHEN  1,  271 ;  haus  und  hof  verlassen  und  das  elend  bauen. 
Otbo  lirankenlr.  704 ; 

welcher  das  elend  Itawon  wil, 
der  arbeit  weiii^r  und  fcier  viel 
und  geh  ortnials  sjiazicrcn, 

parodie  des  allen  liedcs  bei  Uuland  798; 
so  will  ich  dir  mit  treuem  herzen 
die  ganze  lebcnszeit  voriraun, 
und  als  ein  Christ  mit  klugem  scherzen 
das  elend  dieses  lebens  buun.    Göntukr74; 
indessen  weil  ich  noch  mein  nasses  elend  bauen 
und  durch  viel  crcuz  und  noih  mein  leben  schleppen  musz. 

57'J; 

dasz  ich  mit  dir,  mein  kind,  disz  elend  bauen  könne.    625; 
jedoch  wer  fragt  nach  dem,  wenn  nur  die  ircuc  braut 
das  eleud  in  der  zeit  mit  uns  vcnräglicb  buui.    7;^4 ; 
sie  mag  das  elend  baun  und  unsern  boT  verlassen.    1013; 
mit  meinem  ebgemabi  musz  icb  das  elend  bauen. 
Mknamtrs  1,  lh4; 

auf  welcher  insel  ich  nun  mein  elend  ins  fünfte  jähr  gebauet. 
fol.  stockf.  326 ;  folglich  mustc  Wala  an  zwei  orten,  als  erst- 
lich bei  dem  Genfcrsee  und  dann  auf  dem  dosier  Hermon- 
stiers  nach  einander  bauen.  Haii.n  1, 122.  allmälich  erlischt 
der  redensart  anwendung ;  im  fromtnen  sinn,  da  man  unser 
dasein  als  verbannuni)  aus  dem  paradies  ansah,  hiesz  das 
elend  bauen  nichts  als  hienieden  leben,  wie  schon  0.  11.6,26 
die  folge  des  apfelbisses  verkündet: 
DU  büen  anderaj  lant. 

in  gleicher  meinung  hiesz  auch  das  elend  räumen  so  viel  als 
aus  der  weit  scheiden,  sterben: 

die  meiner  zeit  hier  raumbien  das  eilend. 

PÜTERicu  bei  Haupt  6,  40. 

nhd.  gott  hat  ihn  aus  diesem  elende  abberufen,  zu  sich  ge- 
nommen =  ihm  die  wohnung  im  himmel  angewiesen. 

b)  ins  elend  gehen,  fahren,  wandern,  fliehen,  in  die  fremde, 
in  die  Verbannung: 

e  icb  mein  bulen  wolt  faren  lan, 

e  woli  ich  mit  ir  ins  elend  gan.    Uhlakd  122; 

so  gsegn  dich  gott,  mein  feines  lieb, 

ietz  far  icb  ins  eilende.    77  ; 

uf  den  nachgenden  frieling  zoch  ich  mit  zweien  bricdi'en  wider 
usz  dem  land,  als  wir  der  multer  wollen  gnaden,  do  weinet 
si  und  sprach,  das  gott  miesze  erbarmen,  'das  ich  do  dri 
sün  musz  Sachen  (sehen)  in  das  eilend  gan !'   Plater  33 ; 

alsdenn  so  will  ich  gern  von  euren  äugen  gehen 
wohin  mich  meine  scbmach  ins  elend  geben  lieiszt. 
pul.  stockf.  359 ; 

ist  ins  ewige  eilend  (ewige  Verbannung)  gen  Leon  in  Frank- 
reich verschickt.    Heiszneb  Jerusalem  2,  95' ; 

der  Eudocia  fusz  musz  ins  elend  gebn.    Güntbbb  1020; 

ja  selbst  die  kaiserin  wird  gleich  ins  elend  gebn.    1034; 

dessen  überwies  ihn  (den  Verres)  Cicero  dergestalt,  dasz  er 
endlich  ins  elend  gehen  muste.  Hagedorn  1,  33;  sein  licb- 
lingssohn  war  nicht  bei  ihnen,  er  war  vor  dem  gcriclit  ins 
elend  gewichen.  Nieblhr  2,  298 ;  der  angeklagte  muste  ins 
elend  gehen.  2,  337 ;  in  das  elend  wandern,  exilio  condemnari. 
IIah.i  1,111; 

erinnert  sie  sich  noch,  wie  gestern  bei  dem  tanze 
ihr  ungerecbier  spnicli  mich  aus  der  reibe  siiesz, 
ja  aus  der  cammer  selbst,  als  wenn  ich  ihrem  glänze 
ein  aostosz  wurde  sein,  ins  clcuil  wandern  hiesz? 
Canitz  212(356); 

sie  hatten  sicli  entschlossen  ihr  vaterliches  crbgut  dem  inullah 
preis  zu  geben  und  arm  in  urm  mit  einander  ins  elend  zu 
wandern.  Wiki.a^id  8,  332 ;  er  ist  gellohen  vom  vater  ins  elende 
und  in  ein  frcnibde  land  konien.  Lutmkr  4,  3s';  verlieszen 
die  meisten  bürger  diesen  gleichsam  kerker  und  nothstall  und 
flohen  ins  weite  elend,  um  andern  leuten  das  brut  aus  den 
bänden  zu  suchen.    Ijsch  meklenb.  yihrh.  17, 214 ; 

du  fliehst  auf  abenibcur  ins  elend  zu  den  cternen. 
Lkssimc  1,  17U. 

e)  im  elend  sein,  bleiben,  lassen,  zubringen,  streifen, 
•rbwAnnen :  und  sind  die  Juden  damit  unser  lierrn  in  un- 
UTin  eigen  lande  und  in  irem  elende.  Lltiikm  8,  7b';  bin  das 
jähr  Über  nicht  drei  tage  ciiihciiiiiHch  gewesen,  also  meinen 
allen  herm  vater  im  elende  müssen  silzen  lassen,  suwul  alle 
mein  gcschwislcr.    Schwf.imcmem  i,  i'i ; 


ich  far  in  fremde  land  d.ibin, 

wo  ich  im  eilend  bin.    L'ulamd  131; 

wer  deinem  ralb  gefolgt,  war  in  dem  elend  blieben. 

Grtpuius  1,  19; 
weil  icb  in  fernem  elend  bin.    2,  33S  (ly/.  Parz.  771,  14  unz 

veii-e  inj  eilende) ; 
aus  dem  läger  zu  hause  schied, 
Tcirquinium  licsz  im  elend.    Avhkr  68' ; 

in  Magdeburg  als  ein  thumbhcrr  im  elende  zubringen  muste. 
MiciiÄLiGS  2,196;  sie  wcisz  mich  in  wüsten  irren  und  im 
elend  herumschwärmen.    Schiller  132'; 

streifen  nicht  bcrliche  männer  von  bober  gcburi  nun  im  elend  ? 

GöTUK  40,  281. 

d)  ins  elend  schicken,  versenden,  jagen,  dringen,  treiben, 
sloszen,  verweisen :  auf  ein  zeit  in  einer  Stadt  hellen  die 
jungen  rälh  die  alten  rathsherren  vertrieben  in  das  elend, 
das  sie  das  regiment  allein  hellen,  seh.  und  ernst  1555  cap.  50 ; 
da  er  auch  ins  elend  ward  versloszen.  Luther  6,  l';  ich  bring 
wieder  lierfur  die  cliristenlichen  warhcil,  die  man  ins  elend 
verschickt  und  weiter  dann  die  Indianer  von  hinnen  wohnen, 
ausgetrieben  halle.  Hütten  5, 21S ;  Johannes  in  das  eilend 
dahin  (»lucA  l'atmos)  verschickt.  Frank  weltb.  ly';  dasz  die 
edel  gerechligkeit  ins  elend  gedrungen,  bei  niemand  mehr 
behauset  wird.    Fronsp.  kriegsb.  1, 180* ; 

sag  an  mein  lieber  weiitmnnn, 
wo  hast  du  deine  Jagdhund  hingeihan? 
'ich  habe  sie  versendi 

nach  einem  jagbaren  birsch  in  das  elend  {in  die  weile)'. 

wvidspr.  17 ; 

doch  wünsche  ich,  dasz  er  nicht  vil  schöne,  sonderlich  die 
vilsyllabige  und  zusammengesetzte  und  vereinigle  wort  von 
einander  abschneide  oder  jämmeilich  zusammenquelsche  oder 
gar  verbanne  und  in  das  eilend  uml  die  ewige  Vergessenheit 
ver§losze.  VVeckiierlin  vorr.  zu  den  weltL  ged. ;  in  das  elend 
verweisen.    Opitz  1  vorr.  5"; 

ist  wer,  den  .\bas  nicht  ins  elend  bat  vertrieben  * 
Grtpiiius  1,  105; 

den  bat  der  feinde  grimm  ins  elend  bin  verjagt.    2,  307 ; 

sie  wurde  ins  elend  gejagt.  Wielasd  30,  245 ;  ins  ausländ, 
in  der  altdeutschen  spräche  elend  genannt,  zu  schicken.  Kam 
5, 175 ; 

0  lieber  söhn,  wie  öde  licszcst  du 

das  vaierlicbe  haus  zurück,  als  dich 

des  bruders  trotz  ins  elend  ausgestoszen!    Sciiillbii  23S'; 

c)  aus  dem  elend  heimkehren,  führen,  holen :  ich  wil  euch 
aus  dem  elende  Egypti  füren.  2  Mos.  3,  17 ;  gott  helle  uns 
allen  gleicherweise  aus  diesem  sundlichen  uiadenisack  zu  faren, 
als  aus  dem  elend  in  unser  recht  heimel  und  Vaterland. 
Luther  6,  35u' ;  seit  die  kunst  wider  aus  dem  elend  cinkom- 
men.    Fischart  groszm.  3 ; 

der  gcisl  ist  döm  befohlen, 
der  uns  ins  Vaterland  will  aus  dem  elend  holen. 
Gnirniius  1, 157; 

durch  wen  und  von  wannen  er  aus  dem  elende  wieder  in 
sein  Vaterland  zurückgekommen  sei.    Lessinc  8,461. 

f)  Otfrieu  von  unsrcr  himmlischen  heimat  und  dem  mühe- 
vollen irdischen  leben  redend,  vielleicht  mit  anspielung  auf  steh 
selbst,  bricht  in  die  worte  aus  1. 18,  25 : 

wolagä  clilenti,  barlo  histu  herti, 

ih  haben  i;  lüntan  mir,  ni  fand  ih  liebes  wilit  in  iliir! 

ein  heutiger  dichter  singt: 

wo  dem  einen  roson  lachen, 

sieht  der  andre  dürren  sand; 

jedem  ist  das  elend  linsier. 

jedem  glaiui  sein  vaierlaiid.    UHL«*ins  ijed.  350. 

g)  man  sagte  ehtnals,  das  elend  [die  fremde)  schKigl  ihm 
unter  die  äugen,  ungefähr  wie  noch  heule,  manch  scharfer 
wind  ist  ihm  ins  gesiebt  gefahren,  unter  der  nase  her  gc- 
slrichen.  Keiskrsiikrc,  einen  vulkscheri  von  dem  Scliwiih  auf 
reisen  vortragend:  denn  wirt  er  ztl  schänden  und  schleciit 
im  das  eilend  linder  uugen  und  die  schinucheit,  er  schnmpt 
sich,  das  er  nit  weisz  wie  er  die  krebs  essen  xol,  und  beeilend 
(/ic;urfi»icr<|  sich  selber  und  gedenkt  denn  iicuii  in  sin  land, 
'vveresl  du  doheim  in  dinem  Schwobenland,  so  srlzl  man  dir 
nit  krebs  für  zii  essen  oder  des  blunderstl'  rhmll.  hilijrrUtl' ; 
M.  Sachs  eoH  einer  Imscn  frau,  dte  ihrem  mann  mltan/rn  und 
iu  ihren  vci wandten  gegangen  war,   die  nc  aber  ubcl  anfuhren: 


409 


ELEND 


ELEND 


410 


das  eilend  schlug  ir  under  dougen, 
hegen  zu  irem  frommen  man.    1,  525'; 

Ayrer  von  einem  in  der  well  umfahrenden  landsknecht  : 
di'is  elend  schlegt  mir  under  daugen, 
nlso  unihzietien  wird  nicht  taugen, 
o  wer  ich  hei  der  frauen  mein, 
wolt  ich  krieg  krieg  lassen  sein '.    fasln.  122'. 

2)  da  nun  fremde  und  veibannung  weh  Ihun  und  unglück- 
lich machen,  nahm  elend  nach  und  nach  den  begrif  von  miseria 
an  und  der  ursprüngliche  trat  vor  diesem  endlich  ganz  zurück  : 
also  so  vil  mer  du  gott  dem  herren  dein  eilend  an  den  tag 
legest,  so  vil  mer  erbarmet  sich  gott  über  dich.  Keisersberg 
s.  d.  m.  14";  sehen  da,  diser  erkant  sein  eilend  und  eigne 
sünd.  30' ;  darumb  das  der  berr  dein  elend  erhöret  hat.  1  Mos. 
16, 11;  siben  tage  soltu  ungeseurt  brot  des  elends  essen  (vulg. 
afflictionis  panem).  5  Mos.  16,  3 ;  und  der  herr  erhöret  unser 
schreien  und  sähe  unser  elend,  angst  und  not.  26,  7 ;  wirstu 
deiner  magd  elend  und  wirst  deiner  magd  einen  son  geben. 
1  Sam.  1,  11 ;  und  umb  das  abendopfer  stund  ich  auf  von 
meinem  elend,  und  zureisz  meine  kleiden  Esra  9,  5 ;  als  der 
ich  Tol  Schmach  bin  und  sehe  mein  elend.  Hiub  10, 15 ;  herr 
sei  mir  gncdig,  sihe  an  mein  elend,  fs.  9, 14 ;  sihe  an  mei- 
nen jamer  und  elend.  25, 18 ;  ich  wil  dich  auserwelet  machen 
im  ofen  des  elends.  Es.  4S,  10;  brich  dem  hungerigen  dein 
brut,  und  die  so  im  elend  sind,  füre  ins  haus.  58,  7 ;  sie 
müssen  ir  brot  essen  in  sorgen  und  ir  nasser  trinken  im 
elend.  Ez.  12, 19 ;  wolan  nu,  ir  reichen,  weinet  und  heulet 
über  ewer  elend,  das  über  euch  komen  wird.  Jac.  5,  1 ;  er 
höret  ir  seufzen  und  elende.  Lctuer  3,  19';  gott  meinen 
Jammer  und  elend  befehlen  müssen.  Schwei.mcue.'»  1,280; 
das  was  meins  elents  ein  anfang.    Plateb  4; 

tröst  sie  in  irem  elende.    Ubla.^o  121 ; 
ich  eine  tocbier  bin  des  königs  Ton  Galitzen, 
der  so  viel  Unglücks  hat  und  elend  müssen  schwitzen. 
WthDBRS  Ar.  13,  4; 

wie  ein  groszer  trost  ist  es  cheleuten,  wann  sie  gottcs  Ord- 
nung gefolget  haben,  wofern  kreuz  und  elend  einschleichet. 
ErrMißs  hebamme  292; 

doch  drückt  kein  elend  ihn?    Gellert  2,  29; 

gott  liesz  so  manchen  seiner  frommen 

in  dies  gefübl  des  elends  kommen 

und  stund  ihm  mächtig  hei.    2,  170; 

des  pfeiles  starker  gift  drang  ihm  durch  nerr  und  blut. 

der  Schäfer  halte  nun  ein  elend  an  dem  leibe, 

wovon  ich  selbst  nicht  ungerührei  bleibe. 

Rosi  gchäfererz.  41 ; 
0  könnte  ich  sie  für  ihr  elend  ganz  zu  gefühl  machen !  Brawe 
der  freigeist  189;  in  meinem  elend  gleichsam  ausreifend  ver- 
lor ich  mich  endlich  selbst  und  war  der  Verzweiflung  nahe 
gebracht.  Pestalozzi  9,  257;  die  leute  stecken  im  tiefsten 
elend;  es  ist  ein  rechtes  elend  (ein  rechter  jammer),  dasz  du 
nicht  boren  willst ;  du  must  daraus  nicht  so  ein  elend  machen, 
es  so  schlimm  auffassen; 

da  er  kein  elend  hat,  will  er  sich  elend  machen. 
GÖTHB  7,  9; 

als  der  könig  den  baren  in  seinem  elend  erblickte, 

rief  er,  gnädiger  gott !  erkenn  ich  Braunen  *    40,  31 ; 

sprich,  dasz  auf  diesem  groszen  rund  der  erde 

kein  elend  an  das  meme  grenze.    Schiller  246*. 

3)  der  pl.  ist  von  diesem  worte,  wie  von  vielen  abgezognen, 
unüblich,  doch  setzt  Luther  1,  40*  wir  sind  alle  in  tiefen 
groszen  elenden;  auch  in  Klingers  /A.  4.  207  begegnet:  hülfe 
in  den  vielen  elenden,  die  uns  bedrücken.  Schiller  324' 
legi  dem  kapuziner  in  den  mund: 

und  alle  die  gesegneten  deutschen  länder 
sind  verkehrt  worden  in  elender, 

was  die  schon  in  der  älteren  spräche  vorkommenden  pl.  klein- 
öter  und  gcfilder  rechtfertigen. 

4)  die  fallende  sucht,  das  böse  wesen,  franz.  le  haut  mal, 
heiszl  auch  'das  elend',  der  zustand  belrunkner  frauen,  wenn 
sie  zu  weinen  anfangen,  'das  trunken  elend':  etliche  weinen 
das  trunken  elend,  als  die  kellerin,  so  sie  foll  weins  werden. 
Keiseüsb.  s.  d.  m.  y*;  wenn  sie  voll  seind,  so  scind  sie  am 
geistlichsten  und  beweinen  ir  sünd,  ja  das  trunken  elend. 
seh.  und  ernst  1522  cap.  245.  1550  cap.  212.  1555  cap.  282 ;  weil 
mann  und  weib,  gesellen  und  töchter  dem  tanzplutz  zueiicten, 
bis  auf  etliche  alte  weinbeiszer  und  betagte  mütterlein,  die 
sitzen  blieben,  davon  jene  von  ihrem  bauerswesen  und  alten 
gescbicbten  discurierten,  diese  aber  das  trunken  elend  bcwei- 
neten.  Simpl.  Vogelnest  1,  4  s.  274.  vgl.  Stalder  1,  342  und 
'das  nasse  elend  bauen'  unter  ],  a. 

5)  elend,  vulva,  praecipue  caprae.    Tobleb  166*. 


ELEND,  exsul,  miser,  ahd.  elilenti,  eilende,  mhd.  eilende. 

1)  dem  mhd.  eilende  wohnt  noch  ganz  gewöhnlich  die  be- 
deutung  des  lat.  estorris  bei,  das  sich  von  terra  {d.  i.  trocknes 
land)  wie  elilanti  von  lant,  exsul  von  solum  herleitet: 

die  eilenden  geste  vorhten  Prünhilde  nit.    Xib.  427,  4 ; 
die  stolzen  eilenden  die  seitens  Volkere  dank.    1772,4; 
was  ™3C  gehelfen  Eizeln  unser  eilender  tot?    2130,4; 

daj  er  eilende 

wäre  in  dem  lande.    Greg.  1200; 

als  ein  eilender  kneht.  1236. 
denselben  sinn  weisen  auch  noch  frühere  nhd.  denkmäler:  dar- 
umb habt  lieb  die  eilenden,  vNann  auch  ir  selb  wart  frembd 
in  dem  land  Egipt  (vulg.  et  vos  ergo  araate  percgrinos,  quia 
et  ipsi  fuistis  advenae  in  terra  Aegjpli).  bibel  von  14S3,  5  Mos. 
10, 19,  wo  Lcther  zweimal  setzt  frembdlinge ; 

ach  ich  eilend  betrübter  man, 

nun  bin  ich  ferr  in  fremdem  land.    ühla.id  777; 

ich  armer  eilender  bilger.    778; 

es  sei  hie  niden  vor  der  bürg 

ein  eilender  bilgercin.    779; 

ellendenherbergc  hiesz  an  manchen  orten  ein  gasthaus,  der 
ort,  wo  fremde  einkehren,  bei  Dexzler  ists  schon  nosocomium : 
als  ich  eben  den  fusz  zur  thür  aussetzte,  kamen  vier  dur- 
stige {kecke)  kerls  auf  mich,  'ach,  mein  herr,  wir  sind  eilende 
Sänger  und  musicanten,  bitten  umb  einen  viaticum,  weil  wir 
heut  noch  nichts  gessen  haben'.  Philasder  "2,  233.  das  will 
sagen  fremde,  ausländische,  liesze  sich  freilich  auch  scAon 
nehmen  für  arme.  B.\dlein  236'  setzt  .nocA  elender,  lauds 
vertrieben,  nicht  mehr  Steisbacb.  im  ISj/j.  ist  der  ursprüng- 
liche wortverstand  geschwunden,  wenn  Göthe  im  Reineke  40, 102 
schreibt 

elend  sind  wir  und  fremd  in  jedem  anderen  lande, 

so  folgt  er  seinem  original: 

schole  wi  nu  ton  in  en  ander  lant, 
dar  wi  elende  unde  vromde  weren  ? 

und  man  mag  bezweifeln,  dasz  er  hier  mit  elend  eine  andere 
als  die  gewöhnliche  bedeutung  verband. 

2)  weil  der  fremde,  gefangne,  landesverwiesene  verlassen  und 
bedürftig  ist  und  wie  der  arme  (1,554)  mitleid  erregt,  captivus 
den  sinn  des  it.  cattivo,  frans,  chetif  annimmt,  wird  begreiflich, 
dasz  auch  elend  vollends  in  die  meinung  von  gering  und  schlecht 
auswich,  zumal  durch  die,  gegen  den  brauch  unsrer  spräche, 
hier  vereinfachte  Schreibung  der  hauptton  ganz  auf  die  erste 
Silbe  geworfen,  im  verdunkelten  lend  geschwächt  war  (ahd. 
elilenti,  mhd.  eilende,  nhd.  elend),  schon  das  mhd.  eilende 
begann  nicht  allein  fremd,  sondern  auch  in  weiterer  ausdeh- 
nung  entfremdet,  beraubt  und  blosz,  dann  arm,  armselig,  gering 
und  schlecht  auszudrücken  {mhd.  wb.  1,  937),  woran  sich  der 
spätere  Sprachgebrauch  schlosz: 

und  sprach  guilicbs,  mir  ist  elend, 

das  ich  ein  solchs  sol  vahen  an.    EtBin  ed.  Keller  191 1 

het  wir  nit  weib,  die  "uns  trost  geben, 

so  het  wir  gar  ein  elends  leben,    fastn.  67S,  1 ; 

und  sehen  ein  eilend  anblick, 

vil  krankheit  springen  ouch  dar  usz.    Brant  102,  20; 

also  wenn  du  betrachtest  durch  den  tod,  das  dir  die  sonn 
wirt  undergon,  und  dir  die  äugen  werden  brechen,  bleich 
und  eilend  wirst.  Keisersb.  s.d.m.  34';  was  lani,  krum  und 
eilend  ist,  ei,  sprichst  du,  es  gibt  ein  guten  luünch  in  ein 
closter  oder  ein  nunn.  36';  denn  du  hilfest  dem  elenden 
volk.  2  Sam.  22,  28 ;  elender  nacht  sind  mir  viel  worden, 
vulg.  noctes  laboriosas  enumeravi  mihi.  Uiob  7,  3 ;  und  die 
hofnung  der  elenden  wird  nicht  verloren  sein  ewiglich,  ps. 
9,  19;  die  elenden  sollen  essen,  das  sie  sat  werden,  vulg. 
edent  pauperes  et  saturabuntur.  22,  27 ;  denn  ich  bin  arm 
und  elend.  40,  IS;  gott  du  labest  die  elenden  mit  deinen 
gütern.  68,  U ;  reche  den  elenden  und  armen,  spr.  Sal.  31,  9  ; 
die  elenden  und  armen  suchen  wasser.  £s.  41,17;  du  elende, 
über  die  alle  weiter  gehen.  54,  9 ;  ich  bin  ein  elender  man, 
ego  vir  videns  paupertatcm  meam.  klagt,  ier.  3,  l ;  und  ich 
hütet  der  schlachtschafc,  umb  der  elenden  schafe  willen, 
propter  oves  pauperes  gregis.  Zacli.  11, 7 ;  noch  die  hellen 
flammen  der  Sterne  kundten  die  elende  nacht  liecht  machen. 
weish.  Sal.  17,  5 ;  denn  er  hat  seine  elende  magd  angesehen, 
respcxit  humilitatem  ancillae.  Luc.  1, 48 ;  ich  elender  mensch, 
wer  wird  mich  erlosen  von  dem  leibe  dieses  todes?  infelix 
ego  bomu !  golh.  vainags  ik  manna !  Rom.  7,  24 ;  da  wandten 
sich  die  elenden  leute  zu  der  flucht.  LLriitR  3, 130';  darauf 
der   elende  Münzer   nichts   wüste  zu  reden.    3,  131;    und  so 


411 


ELEND— ELENDEN 


ELENDFREI  —  ELENDSINSEL 


412 


kindisch  {wird  mit  dem  ablasi)  umbgangen,  das  ^i  für  ein 
anzal  gplt  ein  anzal  seel  gebeu  haben,  und  etwan  ein  eilende 
arme  zii.  Fha>k  tceltb.  129" ;  das  eilend  bläggen,  balalus  aegri. 
Maaler  IOO';  ach  ich  eilends  weib,  me  miscram!  101';  o  ich 
elendes  mensch!  (ruß  Susanna  aus).  Heinr.  Jul.  vü.\  Br.  66; 
jene  sänger,  bei  Phii.ander,  als  sie  nun  'eines  her  singen' 
solllen,  entscituldiylen  sicli,  dasz  sie  nicht  könnten,  'wir  haben 
ja  gesagt,  dasz  wir  eilende  sänger  seien,  das  sehet  ihr  nun 
im  werk,  dann  wir  können  nichts'.  Phil.  2,  234,  mit  Übergang 
aus  der  ersten  Wortbedeutung  in  die  zweite ^ 

endlich  der  eilenden  $char 

durch  seine  gleiszncrci  licirogen.    Wickubrlik  37; 

mit  weinen,  mit  geseufr  und  mit  verrückter  spracho 

sagt  dieses  junglrawlein  her  ihr  elende  sache. 
Werders  Ar.  13,  31 ; 

possen,  Ton  einem  elenden  pritschmeister  erdacht.  Weise  kl- 
ieu/e  287;  es  ist  wol  ein  elendes  Ihun,  wenn  man  nicht  überall 
zugegen  ist.  Ett.ners  unw.  doct.  751 ;  es  ist  wol  ein  elend 
Ihun,  wann  man  ein  weih  hat  und  scherzet  ein  wenig  mit 
einer  andern,  so  wird  man  immer  angefochten.  220 ;  sie  lehnen 
ein  leiter  an,  steigen  ins  haus,  da  sehen  sie  die  elendeste 
in  ihrem  blute  liegen.  947 ;  vor  mich  war  es  desto  elender 
(schlimmer).  Felsenb.  2,84;  elender  kerl,  slümper;  elende 
Zeiten ; 

erringt  er  sieb  in  müh  ein  elend  glück  durch  ranke! 
Gellert  2,  28; 

aber  ist  es  denn  wahr,  dasz  euch  löwen  ein  elender  krähender 
bahn  so  leicht  verjagen  kann?  Lessing  1,131;  ich  elender! 
Wohin  kann  ich  flüchten?  überall  ist  abgrund.  Bhawe  frci- 
geisl  181 ;  meine  gebeine  sind  hol.  ein  elendes  fieber  hat  das 
mark  ausgefressen.  Güthe  S,  155.  42,  214.  441 ; 

die  muttcr  gaben  wir  verloren, 

80  elend  wie  sie  damals  lag.    12,  163; 

kaum  zu  tragen  war  der  druck,  als  mein  vatcr  auch  elend 
{sehr  krank)  zu  werden  anfieng.  19,  310 ;  dem  ich  fast  nichts 
dafür  geben  konnte  als  zwei  elende  worte.  i.P.fleyclj.  1,12; 
wenn  sie  wissen,  dasz  schon  in  einem  jähr  der  ganze  alte 
körper  wegthaut,  blosz  elende  16  pfund  fleischgewicht  ausge- 
nommen, uns.  löge  1,  57;  es  war  mir  wie  bei  einer  guten 
tragödie  zu  muthe,  wo  ein  unbekannter  elender  unsre  ganze 
theilnahme  an  sich  rciszt.    Tieck  7,  97. 

Eine  menge  solcher  stellen  wäre  noch  anzuführen,  iti  allen 
reichen  die  bedeutungen  des  armen,  unseligen,  bösen,  schlim- 
men, schlechten,  kranken,  geringen,  tinbedetitcnden,  erbärm- 
lichen aneinander,  zusammenfassen  licszen  sie  sich  in  dem 
fremden,  aber  bei  uns  eingeführten  worte  miserabel. 

ELEND,  adv. 

die  der  türkische  hund 

eilend  erwürgt  in  diesem  krieg.    Soltau  317; 

die  Sache  ist  elend  ausgefallen;  er  hat  sich  dabei  elend  be- 
nommen ;  zuweilen  gieng  er  aber  den  hellen  waidstreifen 
nach  und  zog  fuszhohe  bäumchen  aus,  um  sie  einige  schritte 
davon  wieder  elend  einzupflanzen  zu  einem  gärtchen.  J.  P. 
Fibel  19;  saugt  sich  elend  voll  kenntnisse,  ohne  im  stand  zu 
sein,  nur  einen  tropfen  wieder  aus  sich  zu  drücken.   37. 

ELENDEIS,  n.  ?  das  unglaublich  grosz  urthicr,  welches 
den  Gargantua  trug  und  im  groszen  forst  mit  seinem  schwänz 
alle  bäume,  stock  und  standen  vom  nidcrsten  liebstückel  an 
bis  zum  cederbaum  hinauf  niderschlug.  Garg.  145'.  cap.  19. 
hernach:  welches  als  der  Grandbuchier  sähe,  sprach  er  'sehe, 
wie  fein  schickt  sichs,  dasz  auf  disein  fclledeis  mein  söhn 
gen  Paris  reis'.  146'.  bei  Kabelais  blosz  une  jument  la  plus 
enorme  et  la  plus  grande  que  fut  onques  veue.  dies  könnte 
nun  mit  elend,  dem  namen  der  alces  zusammenhängen,  die 
it.  la  grand  bestia,  sp.  granbeslia,  portug.  grambesta  heiszt. 
unverkennbar  ist  aber  clendcis  gleichviel  mit  ahd.  illitlso,  was 
bei  Gbaff  1,  238  und  DiErENBACU  277*  hiena  vel  puto  glossiert, 
puto  ca  muslela  putorius,  Ulis,  Schweiz,  täs,  läsen  (Stalder 
1,  2B9),  worin  das  deis  von  clendeis  und  fclledeis  deutlich  vor- 
tritt, htnzukommt,  dasx  Fischart  dasselbe  ungeheuer  147'  auch 
noch  ulkthier  nennt,  der  iltis  wiederum  ulk,  ulke  heiszt,  da- 
neben teiifelskind.  et  laufen  hier  mythische  Vorstellungen  unter 
verwechselte  worte;  Idszt  sich  aber  das  lüs  und  deis  tu  deisen 
3,  (IM  halten?     s.  clk,  elbkatze,  ellenkatze. 

ELENDEN,  exulare,  peregrinari,  ins  elend  gchn,  ahd.  elilcn- 
lün,  ellendon,  mhd.  eilenden :  disc  ding  spricht  Jacob  dein 
bnidrr,  ich  hub  geellendel  bei  Laban  und  bin  da  gewesen 
bi»  an  disen  heutigen  lag,  bibel  von  1483  I  Mos.  32,  4.  vulg. 
•pud  Laban   percgnoatus  suin   et  fui   usquc  in  pracscnlcm 


diem,  Luther  ich  bin  bis  daher  bei  Laban  lange  auszen  ge- 
west;  wir  sein  kuinmen  zu  eilenden  in  deinem  land.  47,4. 
vulg.  ad  pcregrinandum  in  terra  tua  venimus,  Luther  wir 
sind  komen  bei  euch  zu  woncu  im  lande;  aber  sie  (i/ic/rHc/i/eJ 
werden  euch  zu  einem  essen,  dir  und  deinen  knechten,  dei- 
ner dicrn  und  deinen  lönern  und  dem  fremden,  der  da  eilen- 
det bei  dir.  3  Mos.  25,  6.  vulg.  advenae  qui  fieregrinanlur 
apud  te,  Luther  dein  freiiibdiingcr  bei  dir;  ewcr  sün  werden 
eilenden  in  der  wüst  vierzig  jar.  4  Mos.  14,  33,  vulg.  erunl 
Vagi  in  deserto,  Luther  sollen  hirten  sein  in  der  wüsten ; 
da  giengen  mein  muelter  und  Schwester  eilenden  uiiib,  das 
sie  bald  niemand  behalten  dorft,  bis  zuletzt  behielts  herr 
Sendlinger.  Jörg  Katzmairs  gedenkbuch  ed.  Schmkller  §.  105 
s.  34 ;  Lycurgus  gicng  stracks  in  die  insel  Creta  und  cllendet 
da  sein  Icbenlang  willigklich.  Frank  chron.  16'.  man  sagte 
auch  sich  elenden :  da  ist  aber  sin  heiiigej  gebeine,  dar  sich 
manich  man  und  wip  bin  clendet  durch  der  sele  willen. 
Leyskrs  predigten  85,  23.  dies  gute  worl  erlosch,  seit  die  be- 
deulung  von  fremd  für  eilend  außörte;  aus  dem  zweiten  eilend 
=  m(scr  entsprang  sich  elenden,  steh  bekümmern.  Denzler  92' 
und  beelenden  (1, 1242). 

ELENDFKEF,  revocatus  ab  cxilio.    Stieler  558. 

ELENDIG,  viiser,  eine  nachdrückliche  fortbildung  von  elend : 
der  weg  in  dieser  weit  war  elendig.  4  Esr.  7,  12;  was  hilft 
es,  dasz  in  einer  gesellschaft,  wo  deine  majestät  auch  ist, 
dir  ein  groszes  lob  zugeeignet  werde,  da  inzwischen  die  elen- 
dige unlerthanen  über  dich  seufzen,  pers.  baumg.  l,  29 ;  wenn 
sie  sich  unglückselig  erkennen,  sie  hingegen  mich  elendig  nen- 
nen wird.    Bütschky  kanzl.  863. 

ELENDIG,  adv.  misere: 

sonder  hat  geliebet  ehr  und  zucht, 

drob  ins  eilend  gnommon  die  nucht, 

und  drob  so  ellendig  verdorben.    AtRKR  258'; 

der  esel  ist  elendig  und  schmerzlich  verrecket,  pers.  baumg. 
5, 5 ;  zog  mit  einer  frauen  und  ältestem  söhn  elendig  aus  der 
weit,    beschr.  oricnt.  ins.  152. 

ELENDIGEN,  vexare:  es  wäre  sein  groszes  glück,  dasz 
er  mit  criticis  nicht  sehr  geelendiget  würde,  ped.  schulfuchs  252. 

ELENDIGKEIT,  f.  miseries:  ich  kenns,  als  ob  er  die  cllen- 
dikeit  usspüen  {ausspeien)  wolt  usz  dem  geinüt.  '^erentius 
deutsch  1499.  48'  (Eunuch) ;  in  der  elendigkeit  eines  zweck- 
losen, willenlosen  lebens.    Pestalozzi  2,  244. 

ELENDIGLICH,  mtserc,  ellendigklich.  Frisius  683'.  825*  (bei 
Maaler  101'  verdruckt  ellendcnklich) :  und  wo  gefangene  ligen 
in  Stöcken  und  gebunden  mit  stricken  elendiglich.  Uiob  36,  8 ; 
elendiglich   und  kummerhaft  ergangen.    Schweinichen  2,156; 
solstu  so  gar  elendiglich 
dein  könig  und  herrn  mit  peitschen  schlngun? 
Avhkr  347*; 

er  liesz  ihn  elendiglich  verhungern.  Habener  4, 156 ;  prächtige 
feste  und  immer  abwechselnde  luslbarkeiten,  über  deren  er- 
lindung  sich  alle  witzige  köpfe  von  Scheschian  elendiglich 
erschöpften,  verschlangen  uncrmeszliche  summen.  Wieland 
6, 196 ;  wie  manche  katze  warf  er  in  die  ofenglut,  liesz  sie 
darin  elendiglich  verbrennen,  und  tadelte  ihn  Jemand  drum, 
sprach  er  mit  lachen  'ei  was  schadts?  wer  weisz,  obs  keine 
hexe  war'.    Musaeus  kinderkl.  105; 

nein,  soll  ich  nicht  elendiglich  vurgehn, 

so  musz  ivh  Tort,  ich  innsz  mich  iliätig  zeigen.    Göthe  7,313; 

wird  deswegen  nach  seiner  bekehrung  elendiglich  aufgehangen. 
J.  P.  tcufelsp.  1,  64. 

ELENDS6AND,  n.  vinculum  miseriae :  das  hiinmlisclic  para- 
dies  ist  unser  erbtheil,  wir  haben  die  elends-  und  heküin- 
merungsbande  auf  der  erden  an  unsern  füszen.  pers.  baumg. 
4, 13. 

ELENDSBLUT,  n.  daphne  mezereum. 

ELENDSFETT,  n.  man  sagt  von  einem  kümmerlich  lebenditi : 
er  scbinelzi  arme  ritter  in  elendsfett. 

ELENDSFINDEB,  m.  canis  famiUans. 

EI.ENDSGOLLEH,  *.  elendskoller. 

ELENDSHACT,  f.  alulae  alcinae.  bei  Mklakpek  jocoseria  I 
n*  342  ein  teorlfpiel  mit  elcndshaul  und  elende  haut.  t.  elends- 
koller. 

EI, ENDSINSEL,  /.  insula  deserla:  o  wie  gar  zu  unvornich- 
liglirh  handeln  die  väler,  welche  ihre  söhne  in  Italien,  in 
Frankreich  schicken,  als  ob  sie  diesi'lben  auf  eine  elend«- 
insel,  so  von  aufrichtigen  inenschcnsiilen  verlasncn  und  von 
wilden  thicrcu  bcwubnel  winl,  >crwci>^(ii.  llursciuY  i'uim.  27 


413 


ELENDSKLAÜE — ELFERN 


ELFJÄHRIG — ELLENBOGE 


414 


ELENDSKLAUE,  f.  alcis  mgula :  ein  ring  mit  einer  elends- 
klau.  ScHWEiMCHEN  3,  2S9 ;  stewret  und  grübelt  in  zänen  . . . 
mit  eim  rechscbenkei,  der  aus  einer  kalten  pasteten  sich  wie 
der  papst  seinen  ellendskloen  zu  küssen  darf  bieten.  Garg. 
163';  eingefaszte  ellendkiawen  und  greifklawen.  271*.  über 
greifklauen  s.  die  anm.  zu  Ruodlieb  s.  232. 

ELENDSKOLLER,  tn.  und  n.  koller  aus  elendshaul  gemacht: 
einer  des  scbultheiszen  mantel,  but  mit  federn,  ellendsgoller 
und  anders  seinen  dienern  zugeworfen,  mit  wegzuführen  be- 
fohlen. Beinhard  werlh.  ded.  2, 189  (a.  1C07) ;  ein  grauer  hut, 
ein  koller  von  elend.  Simpl.  K.  615 ;  kauft  ich  mir  ein  statt- 
liches elendgoller,  ein  gut  hirseben  par  hosen,  einen  rotbge- 
fütterten  reitmantel.    franz.  Simpl.  1,  206 ; 
was  wollt  ihr  da  für  wunder  bringen ! 
er  trägt  ein  koller  von  elenshaut, 
das  keine  kugel  kann  durchdringen.    Schilier  323". 

ELENDSKRAGE,  m.  soll,  nach  Campe,  ein  verband  heiszen, 
den  die  Kundärzte  beim  stcinschniU  anlegen,  warum  ?  bleibt 
unbekannt. 

ELENDSOFEN,  m.    nach  Es.  48,10: 
in  unsers  lebens  elendsofen.    Hagedorn  nachtr.  zu  th.  4  s.  118. 

ELENDSTIHER,  ELE.NDTHIER,  n.  alces:  wimmere  nicht 
wie  ein  elendsthier.    Claudius  4,  69. 

ELENDSWURZEL,  f.  eryngium  campestre,  sonst  mannstreu 
genannt. 

ELF,  ELFE,  s.  elb,  elbe. 

ELF,  undecim  für  eilf,  das  dem  elf  weicht,  wie  dem  eilf 
einlif  wich,  von  den  elf  äugen  steht  schon  1,  SOG,  vom  elften 
finger  oben  sp.  110 : 

ab  sin  elf  ougen  knmbt  er  nit.    Brant  54,  33. 
der  zehend  weisz  nit  wie  sich  der  elft  nert.  Fkask  parad.  99. 

EUFENBEIN,  w.  ebur,  gekürzt  aus  elefantbein,  doch  schon 
mhd.  gilt  helfenbein  Parz.  233,  3.  tr.  kr.  19988,  wvil  auch 
helfant  für  elfant.  man  darf  auch  der  ags.  kürzung  ylp  für 
jflpcnd  und  ylpenbän,  ebur,  eingedenk  sein;  nnl.  ebenwol 
elpenbeen.  helfenbein  herschl  noch  das  16.  i'  jh.  durch :  helfen- 
bein, ebttr.  Maaler21S';  instar  eboris,  wie  helfenbein.  Alberus; 
noch  bei  Deszler,  Rädleiv,  Steixbach  nur  helfenbein; 

und  ir  die  stirn  her  gleiszet  fein 

sam  ein  durchgrabens  helfenbein.    fa&tn.  265,  7; 

Ton  helfenbein  ein  glatte  stirn.    Wbcehkrlin  443 ; 

in  einem  schif 
von  cederbolz  und  helfenbein.    568; 
die  arme  helfenbein.    Flesing  1.54; 

er  kann  in  helfenbein, 
in  purpur  und  scharlat  niemals  so  ruhig  sein.    Grtpbics  1,18; 

herr,  dieser  lilien  pracht, 
des  halses  elfenbein  sind  nur  geborgte  saclien.    1,249; 
ihr  bocberfreute  stirn  war  reinstes  helfenbein. 

Werders  .4r.  7,  11 ; 

die  Schulter  von  blendendem  helfenbein  leuchtend.  Lessing  6, 65. 
doch  Luther  zieht  vor  elfenbein  und  so  fast  alle  späteren: 
bracht  gold,  silber,  elfenbein.  1  kün.  10, 18 ;  sein  leib  ist  wie 
rein  elphenbein  mit  saphiren  geschmückt,  hohelied  5, 14 ;  deine 
rüder  von  eichen  und  deine  benke  von  elfenbein.  Ez.  27,  6. 
ELFENBELNBEBUCKELT : 

und  seiner  band  hinab  zu  staub  en(flel 

das  elfenbeinbebuckelte  gezäuro.    Bj^rger  165*. 

ELFENBEINEN,  ebumeus,  mhd.  helfenheimn.  Trist.  427,  26. 
Tund.  00, 15.    helfenbeinin  Maauer  21S".    nnl.  elpenbeenen  : 
mit  elfenbeinenem  zepier.    Voss. 
ELFENREINEBN,   dasselbe:   helfenbeinerne  schnlter.    Les- 
8INC  C,  65;  aus  einem  helfenbeinernen  schranke.  Tieck13,  91; 
dein  elfenbeinerner  hals.    Kungers  th.  4, 191 ; 
der  stuhl  ist  elfenbeinern, 
darauf  der  kaiser  sitzt.    HEckert  172. 

ELFENBEINKAM.M,  m. 

ELFENBEINSCHIMMERND : 

seinen  bänden  entfielen  die  elfenbeinschimmernden  zügcl. 
Stolberg  11, 177. 

ELFENREINSCHWARZ,  n.    *.  beinschwarz. 

ELFER,  m.  undenarius.     s.  oben  sp.  109. 
•  ELFERPROBE,  f.  ein  verfahren  nut  hülfe  der  elfzahl,  welche 
um  eins  gröszer  als  unsere  grundzahl  ist,  rechnungen,  die  mit 
decimalzahlen  ausgeführt  worden  sind,  zu  prüfen. 

ELFERN,  EILFERN,  ein  kartenspiel,  wie  es  scheint:  frau 
Schnips,  nein,  mariage!  frau  Zange,  o  geh  sie  doch!- eilfern 
ist  hübsch.   Weisze  kam.  opern  2, 128. 


ELFJÄHRIG,  undecim  annorum. 

ELFMAL,  undecies. 

ELFRÜBEL,  m.  für  elefant.    Stieler  375,  wie  zu  verstehn  ? 

ELFTEL,  n.  undecima  pars. 

ELFTE.NS,  undecimo. 

ELGER,  hebes,  von  zahnen: 

die  alten 
sieb  hüten  solin  vor  pfirsingkern, 
dasz  ihn  die  zeo  nicht  elger  wem.    ErRi.fG  1,  53. 

vgl.  ilgern  und  eilen  {oben  sp.  108). 

ELGER,  m.  fuscinula  ad  capiendas  anguillas,  also  el-ger, 
äl-ger,  nnl.  elger,  aalgeer:  stellt  den  setzbären,  sc'hosz  die 
fischergere,  die  tridenten,  die  dreizänig  elger.  Gor«/.  179";  zum 
Aschen  prauchet  man  die  fischergeren  oder  trisacheJ,  die  elger. 
Sebiz  563. 

ELK,  m.  alces,  ahd.  elah,  elaho,  mhd.  ölch: 

dar  nach  sluoc  er  schiere  einen  wisent  und  einen  filcb, 
starker  üre  viere  und  einen  grimmen  schelcb.    A'»6.  880, 1. 

da  noch  der  ur 

durch  deutsche  wälder 

gieng  und  der  elk.    RCchrt  69. 

vgl.  ulkthier  Garg.  147*  für  elendeis,  und  elen,  elend.  Stieler 
375  schreibt  eich,  und  Megenrerc  141, 10  älch. 

ELLE,  f.  ulna,  co/.if7],  lit.  alkune,  elkune,  lett.  elkons, 
golh.  aleina,  ahd.  elina?  eüna,  elna,  mhd.  eline,  eine,  eile, 
nnl.  el,  eile,  ags.  ein,  ace.  eine,  engl,  eil,  altn.  alin.  gen. 
älnar  {nicht  Oln,  was  alnus,  der  bäum),  ddn.  alen.  Frisics  1397\ 
Maaler  101"  schreiben  ein,  Lctiier  eile,  Denzler  eilen,  schlechter 
ist  das  in  Sachsen,  Schwaben,  in  der  Wetlerau  u.  s.  w.  ver- 
breitete ehl,  ehie  {s.  d.),  das  n  war  dem  worte  wesentlich  und  eile 
aus  eine  entsprungen,  da  die  masze  ausgehen  von  arm,  hand, 
fingern  oder  fusz,  so  musz  aleina,  ein,  eile  zuerst,  gleich  den 
tat.  und  gr.  Wörtern,  auch  den  leiblichen  Unterarm,  XsvxcöXevoi 
also  weiszelnig  bedeutet  haben  und  von  da  auf  das  masz  er- 
streckt worden  sein,  frühe  verwöhnte  man  sich  aber  ellenboge, 
was  eigentlich  nur  die  biegung  des  Unterarms  ausdrückt,  für 
diesen  selbst  anzuwenden  und  dem  einfaclien  eile  lediglich  die 
bezeichnung  des  maszes  zu  lassen,  in  dunkel  ruht,  welcher 
Wurzel  aleina,  ulna,  co)Jvt]  zufallen;  ist  skr.  aratni  dasselbe 
wort,  so  könnte  sich  auch  unser  arm  damit  berühren,  die 
westlichen  sprachen  haben  aber  einmütig  das  r  mit  1  vertauscht. 

eile  dient  häufig  für  angaben  der  länge,  breite,  dicke,  weite, 
höhe  und  tiefe:  im  teutonista  ulnatim  van  eilen  tot  eilen; 
funfzehen  eilen  hoch  gieng  das  gewesser  über  die  berge, 
l  Mos.  7,  20 ;  du  soll  auch  einen  tisch  machen  von  fornholz, 
zwo  eilen  sol  seine  lenge  sein,  und  ein  eile  seine  breite  und 
anderthalb  eilen  seine  höhe.  2  Mos.  25,  23 ;  da  trat  erfür  ein 
rise  mit  namen  Goliath,  sechs  eilen  und  einer  handbreit  hoch. 
1  Sam.  17,  4  ;  ein  iglicli  rad  war  anderthalb  eilen  hoch.  1  kön. 
7,  32 ;  wer  ist  unter  euch,  der  seiner  länge  eine  eile  zusetzen 
müge?  Matth.  6,27,  golh.  mag  anaaukan  ana  vahstu  seinana 
aleina  aina?  ahd.  mag  zuogiouchün  zi  stnero  giwahsti  eina 
elina?  drei  eilen  tuchs,  tria  hrachia  vel  ulnas  panni.  auf 
einer  platte,  die  kaum  eine  eile  ins  gevierte  haben  wird. 
GöTHE  25,  252. 

die  eile  dauert  länger  als  der  kram,  mit  gleicher  eile  wird 
dir  gemessen,  mit  kurzer  eile  kann  man  viel  messen,  nach  der 
langen  eile  messen ;  einen  mit  der  eile  messen,  einem  den 
rücken  bläuen.  Kindlebes  slud.  lex.  70 ;  an  den  längsten  eilen 
ausmessen.  Schweimchex  1,  249 ;  unsere  sache  stände  übel, 
wollte  gott  die  strafen  mit  der  eile  unserer  sönden  messen ; 
einige  machen  ihre  eignen  ansichten  zur  eile.  Claudius  3,  8 ; 
dem  teufel  etliche  eilen  mühe  sparen.  Ettmers  chymicus  1098  ; 
botz  hundert  tausent  elen  an  enden  I  Garg.  94*.    wetterauisch, 

wie  viel  ubr  ists? 
'drei  auf  der  ehl, 
wanns  schlagt,  so  zähl!' 

ELLENBOGE,  m.  cubitus,  ahd.  elinpogo  m.  aber  auch  elin- 
poga  f,  denn  in  glossen  bei  Haupt  3,  465*  steht  in  elinpogün 
slnö,  in  ulnas  suas,  wie  auch  Dasvpodiüs  45'  die  elboge, 
zierd  der  elboge  gewährt,  Fbisius  348'  die  ellenbogen,  cubi- 
tale  ein  zierd  der  eilenbogen,  bicubilalis  in  die  lenge  zwo 
ellenbogen  156",  Maaler  100*  klammert  bei  ellenbogen  'der' 
ein,  Idszt  aber  die  andern  stellen.  Keisersberc  setzt-  das  wort 
männlich:  da  liesz  in  {den  Juden)  gott  der  berr  zu  fliegen 
einen  groszen  häufen  vögel,  die  flugen  nummen  zwen  ellen- 
bogen hoch  von  der  erden,  das  sie  die  wol  möchten  fahen. 
s.  d.  m.  16';  welcher  kan  sich  selber  eins  ellenbogen  lenger 
machen?   narrensch.  139'.     diese  männliche  form  herschl  bei 


415  ELLENBOGE  — ELLENBOGENSPERRIG 


ELLENBOGENSTEURERIN  —  ELS 


416 


weitem  vor  und  gilt  ohne  zweifei  auch  hei  Lltiieb,  iciewol  sie 
aus  5  Mos.  3, 11  nicht  erhellt,     im  teutonisla  cllcnboeghe. 

Schon  unter  eile  ist  gesagt,  dasz  ellenboge  ursprünglich  nur 
das  gelenk,  die  biegung  der  ulna  ausdrückt,  worauf  man  sich 
stützt,  wie  cubitus  ro»  cuhare  gebildet  wurde,  genauer  le- 
stimmt  ist  es  das  hakenförmig  umgebogne  ende  der  eile  des 
Vorderarms,  gleich  eile  und  ulna  kann  auch  ellenboge  und 
cubitus  ein  masz  bezeichnen;  in  der  vorrede  zu  Aimon  a3' 
heiszt  es  von  einem  riesen:  das  er  zwei  hundert  elenbogen 
liocii  gewest  sein  solt,  vorausgeht  a  3'  von  einem  mann  fünf 
eleu  liocIi;  Fhank  weltb.  18S'  spricht  von  lauter  arabischem 
gold,  sechs  elenbogen  lang,  vier  breit;  bisz  das  wasser  fünf- 
zehen  elenbogen  hoch  über  alles  crdreich  gicng.  buch  der 
liebe  289,  2 ;  Og  der  könig  zu  Basan  pranget  in  seinem  eiser- 
nen bette,  welches  neun  gemeiner  leut  elenbogen  lang  und 
vier  den  breil  war.  Matiiesids  78';  fuhren  einer  wol  hundert 
ellenbogen  hohen  pforte  zu.    Lohensteim  Arm.  2,  860. 

ob  ellenboge  auch  von  dem  menschlichen  fuszgelenk  ge- 
braucht wurde,  kann  ich  noch  nicht  sagen,  das  thierische  wird 
dadurch  bezeichnet  und  kaum  nur  an  den  vorderfüszen :  es 
tragen  sich  oft  krankhciten  oder  mängel  zu  an  einem  ros, 
als  da  seiud  spatten,  elenbogen,  leist,  uberbein,  allerlei  gallen, 
darzu  man  das  fewr  miisz  brauchen.  Seuter  67;  schir  das 
liar  sauber  von  den  ellenbogen  und  hebe  ein  gluet  daran, 
dasz  die  ellenbogen  wol  warm  werden  und  reib  den  senf 
darüber  des  tags  zweimal,  so  werden  die  ellenbogen  weich 
und  fallen  löcher  darein,  daraus  gehet  gelbes  wasser.  301; 
liindt  den  geiszen  den  hinkenden  elenbogen.  Garq.  185'  und 
bekannt  ist  der  name  Katzenclenboge,  schon  MB.  2'J',  270 
(a.  1110)  Cazenellinbogo ;  mhd. 

so  ist  daj  üjer  lop  nach  eren, 

sam  des  von  Kaizencllcnbogcn.    VValther  81,6, 

die  grafen  hieszen  nach  einem  berg,  dessen  name  wie  Hundcs- 
nicke  u.  a.  m.  von  einer  ähnlichkeit  mit  der  thierischen  geslalt 
entnommen  war.  vgl.  Förstemann  2,  466,  wo  wiederum  die  form 
Elinpi)gA.     solche  Wörter  begegnen  in  mehr  als  einer  gegend: 

ein  bad  bei  Eger  zuom  einbogen,    fastn.  1262, 
auf  böhmisch  loket.    in  der  tischzuclit  oder  hofzucht  wird  vor- 
geschrieben : 

leg  dich  nit  auf  dein  elenpogen.    meistert,  f.  23  n'  212; 

wer  neben  dir  zu  tisch  ist  gsessen, 

den  irre  nit  mit  den  clbogen.    li.  Sachs  1,430^; 

aber  höhn  ist:  küsz  mir  den  elcnbogen!    Garg.  94*. 

es  spricht,  wen  ich,  der  prophct  Ezecbiel  (13,  18),  wee 
denen  die  kiisselin  ncgen  und  legen  under  die  ellenbogen. 
Keisersb.  s.  d,  m.  3l';  we  die  ir  verschlieszent  die  kiisselin 
under  einem  ieglichen  ellenbogen.  Schade  pasq.  3, 18 ;  die  da 
kiisselin  zusamen  negent  under  alle  ellenbogen  der  hend. 
Gefren  beilagen  34;  du  scholl  auch  wijjen,  da;  diu  zwai 
inauslein  an  den  armen  pci  den  clnpogen  niht  wunden  geleiden 
mügen.  Mecexberc  20, 17 ;  viel  haben  fuchs-  oder  katzenaugen, 
die  bei  nacht  so  wol  sehen  als  bei  tag  und  seind  am  clen- 
bogen  blind.  Lehmann  65 ;  thu  halt  das  beste,  begehret  er 
dasz  du  schweren  solt,  so  schwere  'bisz  über  die  einbogen'. 
Avrer  proc.  1,  7  $.  150,  ähnlich  der  gangbaren  redensart,  die 
fingcr  lecken  'bis  an,  bis  über  die  ellenbogen';  du  bist  auch 
einer  von  denen,  wenn  man  sie  das  ganze  jähr  lang  auf 
bänden  trägt  und  am  neujahrsubend  einmal  unsanft  nieder- 
setzt, da  'klagen  und  jammern  sie  ihren  blutigen  ellenbogen' 
{klagen  sie  bitterlich),  morgenblalt  1S53  n'  2  s.  38 ;  ich  hatte 
schon  den  ellenbogen  angesetzt.  .Schiller  118';  aus  der  karte 
wissen  wir,  dasz  wir  in  dem  winkel  eines  ellenbogen»  sitzen. 
Tun  wo  aus  der  kleinere  theil  des  Wallis  die  lUione  hinunter 
sich  an  den  Genfer  see  anschlieszt.    Güthe  16,  251 ; 

da  silcsz  er  an  ein  mifdchen  nn 
mit  seinem  ellenbogen.     12,  51 ; 
(C-ib-it  den  andorn  «tillen  wink 
mildem  cllciibugcn.    41, '28; 

einen  mit  dem  ellenbogen  ansloszen,  forlscbicbcn,  am  ellen- 
bogen erwist  ben  u.  s.  w. 

F.I.LKNItOC.KNiJKLKNK.  n. 

tl.LKMMXiKNLKlST,  m.  am  hintern  Schenkel  ungewöhn- 
liche dirke,  davon  das  pfcrd  endlieh  lahm  wird.    Pikter  421. 

KM.KNnOGF.MtÖllHF,  f. 

ELI.KMUlGK.NSrKHitW;,  sich  hoffärtiq  spreizend:  gesrbweig 
auf  reicbslagen  und  iioniigern  unsere  Hnmmethiitige,  seiden- 
kappige,  goldrappirige,  gi-lbringige,  befederte,  hochlrappende, 
eicnbugcnsperrige,   saucrblickcndc,   bckuccUtctc,  niaulesciige, 


fützenbehelmle  hoffrätzicin  und  hagjünkerlein.  Garg.  47'.  1500 
liest  elonbesperrige. 

KLLENBOGEISSTEURERIN,  f.  quae  cubitum  marili  fulcit, 
schönes  wort  für  ehefrau:  führe  ein  hausschwalm  {schwalbe) 
heim,  die  ihm  ein  gcsellin  sei  in  der  nolh,  seins  berzens  ein 
Sessel,  seim  leib  ein  küssen  und  clenbogcnsteurerin,  seins 
unniut  ein  geig  u.  s.  w.    Garg.  69'. 

ELLENBIIKIT:   ellenbreiles  biet. 

ELF.EMKX^H:  von  elnlioiien  kranchslielden.    Garg.  40*. 

ELLENKATZE,  f.  wiederum  mustcla  putorius,  iltis,  s.  clb- 
katze,  elendeis. 

ELLENLANG,  alln.  älnarlangr: 

als  irauermann  folgt  sein  herr  söhn 
mit  ellenlangem  Höre.     IIackdokn  3,  115; 

ja  nach  meiner  uhr.  sie  denken  etwa  ich  habe  keine,  weil 
ich  kein  ellenlanges  zeichen  für  die  beutelschncider  heraus- 
hängen lasse.    Lessing  2,  40t. 

ELLEN.MASZ,  n.  mensura  cubitalis:  Ileinricus  dictus  elema;. 
Arnsb.  urk.  n'  3S8;  ein  sehr  gut  ellenmesz.  Wickram  rollw. 
30;  ich  will  dir  das  ellenmesz  über  die  uhren  schlagen,  weg- 
kürzer 12'.  13. 

ELLENSCHMÄLERER,  m.  der  die  eile  kleiner  macht:  elen- 
schmeler,  diebische  becken.    Fischart  groszm.  88. 

ELLENSCHAFT,  m.  ansa  s.  baculus  ulnae,  ellstecke:  als 
ein  elnschaft  fornen  sieht  sinewel.   von  guter  speise  23  s.  0. 

ELLENTIEF.  Cleopatra  mag  knie-  und  ellentief  das  pflaster 
ihrer  üppigen  gastziiumer  bestreuen.    Butschky  l'alm.  870. 

ELLENWAAilE,  f.  ausschnillwaare. 

ELLENWAARENHÄNDLEH,  m. 

ELLENWEISE,  ad  ulnam,  nach  der  eile. 

ELLER,  f  avia,  proavia  für  ellermutter,  zuweilen  Hebamme: 
dann  ich  behalte  vor  mein  cign 
den  beiz  von  l'iilers  cller  wegen, 
wil  sagn  ich  hab  ihn  ihr  gebracht.    Giliiusius  99; 
nun,  nun,  ich  wils  der  eller  sagn.    100. 

ELLER,  f  almis,  erle,  schon  ahd.  dreht  elira  sich  um  in  erila 
(Graff  1,  241.  262) ;  elira,  eller  steht  näher  zu  alnus,  ags.  alor, 
aler,  engl,  alder,  altn.  öln  und  zu  eise;  man  musz  ermitteln, 
welche  landstriche  die  eine  oder  die  andere  form  hegen,  berühmt 
ist  das  'äleri  stat  in  frutectuiu'  bei  Thietmar  2,  23,  woraus  ein 
n.  elcri  gen.  eleris  folgt,  erle  scheint  jetzt  im  hd.  geläufiger, 
doch  eller  nicht  unbezeugt:  seine  ellern  (cllergrund)  widerumb 
zu  Weingarten  machen.    Frankf.  reform,  o,  7,  2. 

ELLERBACH,  f.  euer  vetter  hat  ihm  den  tod  geschworen 
und  zweimal  an  der  ellerbach  aufgelauerL  Fr.  Mijller  3,  316. 

ELLERBAUM,  m.  alnus,  im  teutonisla  elderenboeni,  neben 
erlen  und  cisenboem :  blättcr  von  einem  ällerbaum.  Hohberc 
3,  209'. 

ELLERRÜSCH,  m.  erlenbusch,  elscnbusch. 

ELLERGRUNI),  m.  alnetum. 

ELLERN,  alninus: 

cllern  holz  und  roihos  haar 
sind  auf  gutem  gninde  r.ir. 

ELLERNSCHWAMM,  m.  agaricus  alnrus. 
ELLERMUTTER,   f.  avia,   proavia,   altemutlcr,  groszmutler. 
s.  äitermutter. 

ELLERVATER,  m.  assimiliert  aus  cltervater,  altvater,  z.  b 
in  Melanpers  jocoseriis  1  n*  178. 

ELLNIG,  ELLENIG,  cubitalis,  z.  b.  drciellnig  trium  ulnarum : 

die  trcttm  lier  nach  irer  nn 

in  schöniui  kleidern  wcisz  und  zart, 

fein  langsam  mit  eim  sannen  tritt, 

rjreiclnig  ist  ein  joder  schritt.     l''Hisrni.iN  ed.  Strausz  s.72. 

ELLSTECKE,  m.  baculus  ulnae,  schweizerisch. 
ELM,  f.  für  elb,  wie  ahn  für  alb,  schwalme  fttr  schwalbe, 
»t'ciszc    taube   mit    braungelbem  hals,    auch  eine  art  gelblicher 
thon.    ToBi.ER  106'. 

ELRITZE,  f.  was  clderze.  Hoiiberc  3,  296',  auch  in  Schlesien. 
ELS,  alibi,  aliter?    oder  alles  omnino,  prorsus? 
auch  «ichst  du  iimli  den  biihel  eis 
zu  ring  uinb  den  stnizigen  fols.    II.  Sacbs  I,  236*; 
als  ich  lang  Ktiind  und  snch  niirn-crl, 
ersach  ich  ein  spitzigen  TuU 
im  gipfi'l  des  gcbirge.s  eis.    I,  25t'; 
alle  Kclirien  unih  lillf  nuT  ni  goil, 
sich  irn»  leben»  verwngi'ti  fU, 
'  das  schir  zersiicKZ  sich  an  cim  f<'ls.    111.2,246'. 

wahrscheinlich  noch  öper  und  deulltcher.  in  der  zweiten  an- 
geßhrten  stelle  steht  gedruckt  Eis,  als  wäre  es  des  gebirges 
name,  das  doch  vorher  schon  als  der  Zirelberg  bei  SckwatM 
bcictchnet  ist. 


417 


ELSASZ  — ELSTER 


ELSASZ,  nicht  m.,  sondern  n.,  wie  es  auch  von  Seb.  Münster 
bis  auf  GöTHE  25,  318.  26,  79  stets  gebraucht  wird,  ganz  Elsasz, 
tractus  argenloratensis  Dasvp.  469',  Elsasz  voc.  14S2  g2'.  schon 
frühe  begegnet  Elisaj,  Helisaj,  Alisalium,  neben  Alisalia,  Elesacia 
(FöRSTEMANN  2,52 — 54);  die  lat.  spräche  war  geneigt  länder- 
namen,  nach  terra  und  regio,  weiblich,  die  unsere,  nach  land 
oder  gau,  neutral  zu  setzen,  Alsatia  drehte  sich  in  Alsalium. 
undeutsch  scheint  dennoch  diese  lateinisch  vermittelte  form, 
denn  aus  sizan  entspringt  keiti  saj,  sitz,  wol  aber  saje  incola. 
Elsäje,  ahd.  Elisajo,  incola  peregrinus  hiesz,  aus  irgend  wel- 
cher Ursache,  der  bewohner,  Elisäjonö  lant  das  land,  wie  sich 
mhd.  Elsäjenlant  MS.  2,  51*.  Helbl.  3,  210  findet,  gekürzt 
Elsäjen  (wie  Hessen,  Schwaben)  Helbl.  4,  738,  mit  wegfallen- 
dem lant,  oder  als  dat.  pl.,  auch  dies  Elisäjon  steht  bei  Förste- 
MA.ss  s.  53.  stall  Elsäje  sagte  man  nachher  Elsajsere,  Elsässer, 
von  jenem  Elsaj,  Elsasz  ableitend. 

ELSE,  f  betula  alnus,  eller,  erle,  böhm.  olse,  volse,  poln. 
olsza,  lit.  elksnis: 

rings  von  eisen  und  haseln  und  breiien  eichen  uinsäuscit. 
Schmidt  von  Wkrneuchb.n  s.  146; 
hinter  den  Berliner  höhn 
fangl  der  morgen  schon  so  schön 
durch  die  eisen  an  zu  dämmern.    $.  53. 

dieser  aus  dem  statischen  zu  uns  übergegangne  name  sollle 
schon  deshalb  dem  heimischen  erle  und  eller  nachstehen,  weil 
er  sich  mit  den  folgenden  eise  mengt. 

ELSE,  ELSEN,  f.  clupea  alosa,  was  alse.  eisen  maifiscb. 
Mo.NE  zeitschr.  4,  77.  92 ;  zuweilen  eis  n. : 

goldtisch  an  zal,  desgleich  eschling, 

der  elzen  manche  drinnen  ging.     Wieram  irr   bilg.  E3; 

es  liesz  sich  fangen  da  der  blawling  mit  dem  eis, 

der  prasse,  wirger,  siör,  die  neunnug  und  der  weis, 

lampreien.  hiiceln,  hechi,  migling  und  adelfelgen, 

putz,  kuiieln,  norrenlisch,  nbuhäupter  sunipt  den  schwölgen, 

Karauschen,  sprüizemahl,  die  (juapp  und  menreslaus, 

die  kamen  all  im  meer  in  groszcn  hauten  raus. 

Werokrs  .4r.  6,  36; 
am  Ufer  klappen  schon  das  baupt  der  nackten  eisen. 
GöKi.NCE  2,  135, 

wenn  darunter  die  fische  und  nicht  vielmehr  bäume  zu  verslehn 
sind. 

ELSE,  ELS,  f.  artemisia  absintbium,  was  alse,  alsem :  sonst 
wird  der  werniut  mit  andern  nanien  in  teutscber  sprach  eis 
oder  elz,  wiegenkraut  und  feldweimut  genannt.  Tabernaemox- 
TANUS  15SS  s.  2 ;  eisen  und  elz.  Lomcerds  1S4" ;  welcher  boden 
bittere  kräuter  viel  bringt  als  beiden  oder  klein  pfrimmen, 
elz  oder  eisen,  der  ist  dörr.  Sebiz25;  wärmut  oder  elz.  59. 
Hemsch  877,  56.     s.  bück,  bücke. 

ELSE,  ein  frauenname,  vielleicht  Ilisa  (Förstem.  1,  774)  oder 
aus  Elisabeth  gekürzt,  in  der  gemarkung  des  dorfes  Oppenrod 
bei  Gieszen  ein  flurname  'in  der  faul  Elsenwiese',  welcher  an 
die  kluge  Else -ennner«,  die  sich  faul  ins  körn  sclilafen  legte, 
statt  es  zu  schneiden,  leicht  aber  könnte  eise,  der  bäum  ge- 
meint sein,  zu  L'nterftorstadt  heiszt  die  gegend  an  der  höhe 
hinter  Friedberg  'der  Eis  ihr  loch',     s.  Eislein. 

ELSEBAüM,  m.  rhamnus  frangula,  schwarze  erle. 

ELSEBEERE,  f.  Crataegus  torminalis  oder  prunus  padus. 
in  einem  briefe  Lutders  3, 12S  mespila  minuscula,  teutonice 
clsbeer.     bei  Seiüz  auch  elschplen  für  eisbeeren. 

ELSEBEERBAUM,  m.  sorbus  torminalis,  was  elsebaum. 

ELSENBITTER,  bitter  wie  wermut. 

ELSENGRUND,  m.  erlengrund: 

schöpften  kühle  luft  im  elsengrund. 

SCHIIOT  vo?!  Wbrnkcchk!«  187. 

ELSEN.MOOR,  n,  erlensumpf: 
der  kibiiz  heckt  im  elsenmoor.    Sciiiidi  von  Wkän.  72. 

ELSE.NSEGEN,  f.  sagena  capiendis  clupeis.  More  zeitschr. 
4,90. 

ELSENTEICH,  m.    Schmidt  von  Werneuchen  253. 

ELSLEIN,  n.  summ  summarum  das  kreuz  ist  ein  rechts 
Elslein  umb  und  umb,  und  der  korlink  in  allen  ceremonien. 
FiscHAHT  bienenk.  177*. 

ELST,  f  alnus,  erle,  ehe:  weiden,  lindbast,  ilmen,  ifen- 
holz  oder  rüstbäwm,  erlen  oder  eist.    Sebiz  3, 

ELSTER,  /".  pica,  s.  agalaster  1,189.  egersfe  3,34,  alster: 
man  hat  der  alster  ein  ei  enttragen.  GAhTNERf  dict.  prover- 
bialia  49";  es  ist  kein  alster,  sie  hat  etwas  bunds.  79*.  113"; 

bei  jedermnn  an  allen  orten 

konien  sie  von  der  weisheil  schweizen, 

gleichwie  die  elsiern  und  die  hetzen  (hclier).  U.  Sachs  II.  2,  91*  • 
Ul. 


ELSTERAUGE  — ELTERNGEBÜHR    418 

die  alster  tanzt  in  fremden  federn,    moriae  encomion  s.  l.  et  a.; 

ein  elster  dunkt  sich  stolz  und  klug, 

sie  etzet  sehr  und  trieb  viel  mancherlei  geschwetz, 

hub  an  und  tanzet  mit  ihrem  elsierschwaiiz, 

den  schlug  sie  ofle  nieder. 

und  hub  ihn  auf  bald  wieder.    Hofsann  gesellsch.  l.  s.  255; 

in  curta  lunica  saltat  Saxo  quasi  pica.    Garg.  118'; 

ein  landsknecht  spinngt  daher  im  kiu^en  rock  wie  ein  alster. 
Gärtner  6S'; 

der  elster  renkt  den  steisz  und  läszi  das  hüpfen  nicht. 

GEntukr  972. 

ELSTERÄÜGE,  n.  was  egerstenauge  3,34:  unglückliche  Ver- 
hältnisse und  elsteraugen  haben  mich  geplagt.    Arnim  2,  324. 
ELSTERBUNT,  mhd.  alstervech.    Helbli.ng  8,  3S6. 
ELSTERLACHEN,  n.  der  entscheidende  ton,  der  ihm  eigen 
ist,  seine  verunglückte  discantslimme,  sein  musiver  witz,  sein 
elsterlachen,    vertrieben    nur   zu    bald  jedes  merkinal  voriger 
Zufriedenheit  aus  unser  aller  gesiebtem.  Thümmels  reiie2,211. 
ELSTERSPECHT,  m.  buntspecht.  Stieler  2065: 
für  sich  in  stiller  Ireude 
bat  lieb  das  frohe  vögelein, 
die  lereh  auf  öder  heide, 
der  elsterspecbt  im  hnin. 

ScuMiDT  VON  Wkrnbocub»  s.  56. 

ELTE,  f.  was  alte  1,  267 :  so  gat  hinweg  die  elte  der  Sün- 
den. Reisersberg  bilger  69*;  die  geiszen  werden  von  wegen 
der  elte  unfruchtbar  und  untrühaft.  Forer  5S';  diese  regel 
ist  von  wegen  irer  elte  und  des  waren  grunds  mit  nichten 
zu  verachten.    Thur.neisser  infl.  Wirkungen  144. 

ELTECHS,  m.  miislela  putorius.  Mecenberg  nach  dem  druck 
von  1482,  die  ausgäbe  Pfeiffers  157  liest  eltes,  illis.  auch 
Stieler  8S9  hat  eltes  neben  iltis.     s.  eiendeis. 

ELTER,  m.  oder  n.  altare  (1,265): 
din  elter  dreget  allet  dat  heilichdum.    Marienlieder  12,36; 

schlug  den  kelch  unde  das  consecriert  gedrank  von  dem  elter 
herabe,  das  es  gar  verschot  ward.  urk.  von  1491  in  Stöbers 
Alsatia  1852  s.  93. 

ELTERLEIN,  n.  alrophia  infantum,  auszekrung.    s.  älterle. 

ELTERLEüTE,  pl.  von  altermann,  aldermann,  ralhsherr, 
ältester  im  rath. 

ELTERLICH,  elterliche  liebe,  parentum  amor;  mit  elfer- 
lichen äugen  (parentum  oculis)  blickt  der  elephant  auf  ein 
inenschenkind.    J.  P.  herbstbl.  3, 179. 

ELTERLOS,  orbus:  als  es  gemeiniglich  allen  elterlosen 
waisen  zu  gehen  pfleget.  Felsenb.  2, 177 ;  der  elterlose  waise. 
Gotter  3,  56. 

ELTERMUTTER,  f.  avia.  Klisger  1,  398.  s.  ältermutter, 
ellermutter.  auch  flurname.  so  heiszt  in  der  gemarkung  von 
Stammheim  in  der  Wetterau  am  walde  zwischen  diesem  dorfe 
und  Unterflorsladl  eine  einsame  gegend  die  eltermutter. 

ELTERN,  parentes,  ahd.  eltiron,  altiron,  alts.  eldiron,  nd. 
oldern,  nnl.  ouderen,  /leu/e'ouders,  fries.  aldera,  ags.  yldran, 
engl,  aber  parents,  altn.  foreldrar,  schw.  föräldrar,  dän.  foräldre. 
goth.  berusjüs  von  bairan,  wie  parentes  ==  parientes  von 
parere,  wie  alan,  altn.  ala  auszer  alere  auch  parere  ausdrückt, 
zu  alan,  alere  gehört  alt  und  eitern,  eitern  sind  also  die 
geboren  und  erzeugt  haben  und  auferziehen,  sehr  oft  steht  ßr 
eitern  'vater  und  mutier,  im  skr.  der  dual  gurö,  d.  i.  vene- 
randi,  graves  (wörtlich  goth.  kaurjai).  Ulfilas  setzt  auch 
fadrein,   fadreina  für  eitern,    welchem  ahd.  fatarln  entspräche. 

gesegnet  sei  dein  weih  und  deine  eitern.  Tob.  9, 10 ;  es  ist 
niemand,  der  ein  haus  verlesset  oder  eitern  oder  brüder 
u.  s.  w.  Luc.  18,  29 ;  die  erbsünd,  die  wir  bar  haben  von  un- 
sern  eitern  Adam  und  Eva,  die  von  dem  öpfel  geschleckt 
haben.    Keisersberg  s.  d.  m.  16'; 

weisz  ich  durch  dich  nur  versorgt  das  haus  und  dieJIcbenden 
eitern.    Götui  40,  337. 

man  gebraucht  eitern  ebenwol  von  thieren: 
das  nest 
der  vögeln,  die  mit  lieb  der  eher  lieb  belohnen. 
Weckiiehlin  225, 

deutscher  hätte  er  geschrieben  vögel  und  eitern. 
ELTERNEDEL,  genere  nobilis: 

hast  deinen  sinn  ergetzet 
mit  dem  worüber  olt  ein  elteruedler  lacht, 
doch  das  den  edlen  ziert  und  einen  edel  macht, 
der  sonst  nicht  edel  ist.    Opitz  2, 18. 

ELTERNFREUDE,  f.  an  den  kindem,  wie  mutterfreude. 
ELTEHNGEBÜHR,  f.  was  elternpflicbt. 

27 


419 


ELTERNGLÜCK  — EMESZ 


EMMER  — EMPFAIIEN 


420 


ELTERNGLCCK,  n. 

ELTERNLIEBE,  f.  parentum  inliberos,  liberorum  in  patenies 
amor. 

ELTERNLOS,  orbus,  es  ist  kein  gnoid  da,  dieses  für  besser 
XU  halten  als  eiterlos,  man  sagt  ehrlos  und  ehrenlos  u.  s.  w. 

ELTERNMÖRDER,  m.  parricida. 

ELTERNPFLICHT,  f.  officium  parentum. 

ELTERNPLACKER,  m.  vexator  parentum.    Stieier  1459. 

ELTERNSEGEN,  m.  benediclio  parentum. 

ELTERNSORGE,  f. 

ELTERVATER,  m.  avus,  proavus,  abavus,  ellervater:  Sig- 
hard  Wittekinds  ellervater.    Micrälius  1,155; 

bis  (iasz  sich  denn  zur  zeit  die  ȟsie  zeit  erweist, 
die  eltervaier  euch,  euch  eliermnttcr  heiszt. 
LouAU  1,  8,  17. 

ELTBITZE,  f.  siehe  elderze,  eirilze. 

ELZ,  s.  eise. 

EM,  eine  sparsam  erscheinende,  meist  dunkle  und  versteckte 
ableitung ;  in  den  Substantiven  atham,  eidam,  brosame  noch 
von  a  geleitetes  m,  sonst  aber  gescliwdcbt  in  atliem,  erdbidem, 
odom,  bald  ersetzt  durch  e  n  in  boden,  brosen,  busen,  faden, 
gaden.  schwerer  zu  fassen  in  beim  ,baum,  träum,  sauni,  galm, 
halm,  heim,  qualm  und  vielen  andern,  verha  früher  noch 
bidmen,  fadmen,  heute  fast  nur  athmen,  widmen. 

EM  erzeugt  sicli  vor  lippenlaulen  aus  en  (gleich  lat.  im  aus 
in,  gr.  ift.  aus  eV),  empf  aber  aus  cntf,  doch  nicht  überall 
und  nothwendig,  es  scheint  blosz  zufall  und  gewohnhcit,  dasz 
sich  in  einzelnen  vörtern  entweder  empf  oder  enlf  einführte 
und  festsetzte,  inlautendes  b  oder  p  ist  häufig  nach  ra  ge- 
schwunden :  um,  imme,  amt  u.  s.  w. 

EMREHREN,  s.  entbehren. 

EMREISZEN,  j.  enbeiszen. 

EMBERITZE,  EMBRITZE,  f.  emberiza,  ammer,  ämmerling. 
Maaler  tot',     emmeritz  m.  passer  spermologus. 

EMBD,  n.  siehe  emde. 

EMRIETEN,  s.  entbieten. 

EM  BS,  s.  emse. 

EMHSIG,  *.  emsig. 

EMßOR,  s.  empor. 

EMDE,  n.  cbordum,  grummet,  aus  ämSt  (Graff2,  G53)  uomÄt, 
wie  grummet  aus  gruonmAt,  mhd.  ömet,  uomet  {mhd.  wb. 
2,21'),  Uasvpodius  42' Aat  embde,  Maai.er  lOl',  Henisch  877,  II, 
Denzler  1G8  schreiben  embd,  Stai.der  1,  99  ämd,  emd,  es  ist 
die  schweizerische,  schwäbische  form,  die  bairische  lautet  amat. 
ScnMELLER  1,53:  ein  fuoder  höwes  oder  emdes.  Schreiber 
freih.  urk.  1,  550  (a.  1309);  unser  wisen  sond  ingeschlagen 
werden  bis  das  embd  darus  kompt.  weisth.  1, 130 ;  der  sol 
jerlich  aim  vogt  ain  fuoder  höw  und  ain  fuoder  embt  usz 
der  wis  füeren.  1,  211 ;  unter  der  farenden  hab  wird  verstan- 
den wein,  körn,  hafer,  roggen,  heuw,  iimbd.  1,  291 ;  item  eim 
jeglichen  kirman  sol  sin  empt  bcfrid  sin  unz  sant  Gallentag. 
1, 418 ;  die  spate  matten  übermäien,  auf  das  man  emde  oder 
aumel  mache.  Sebiz  59;  kom  schneiden,  meycn  gras  und 
embd.    Tuur.neisser  archidoxa  10. 

EMDEN,  secare  chordum,  grummet  malten,  machen,  unper- 
sönlich, es  ämdet  sich  wol,  übel,  wenn  das  nachheu  wol  oder 
übel  ausgibt.  Stalder  1, 100.  auch  die  wiese  emden  :  welicher 
aber  sine  wisen  nit  embden  wil,  mag  sie  wol  usweiden. 
uieisth.  1, 130. 

EMEIS,  formica,  so  auf  dem  titel  des  Keisersbergisciten 
buehs  oben,  im  buch  selbst  allenthalben  omeisz,  ommcisz. 
t.  emse  und  ameise. 

E.MEN,   was  ammen,   füttern,    dtzen  (1, 279),    ehmen   {oben 
tp.  52),   noch  heule  in  der  V/'etterau  üblich,    wo  man  es  auch 
intr.  von  wunden  gebraucht,  die  wunde  emt,  ätzt,  eitert: 
und  Vien  sich  aU  die  jungen  Tögcl  emen, 
die  weit  aufginen  und  vil  bcge'rn.    fasln.  C40,  22. 

EMESZ,  m.  n.  /or«<m,  vineulum,  hat  sich  in  der  Wetterau, 
*uf  dem  Vogehberg,  am  fieckar  in  der  gestalt  von  cinsz, 
ioux,  emei  erhallen  und  ist  zuerst  von  WErcAfii)  1,  547  unter 
jocbteeix  verzeichnet  worden,  welche  Zusammensetzung,  gleich 
dem  einfachen  worl,  den  ledernen,  jetzt  gewöhnlich  eisernen 
ring  unten  am  doppeljoche  ausdrückt,  durch  welchen  die  deichsei 
geht  und  festgehalten  wird,  vermutltch  ist  das  anlaulende  e 
nur  betont,  nicht  eigentlich  lang,  dieser  merkwürdige  ausdruck 
scheint  ganz  das  ahd.  bei  Graff  1,251  nur  als  dunkles  adj. 
aufgeführte  rma^  Cma^  und  leitet  zu  folgender  betrachtung.  wie 
steh  aus  lat.  jOgum  fin  jügi«  con/inuui,  perjieluus,  oujstr.  jnga 


die  bedeutung  aetas,  mundi  aetas  entfaltete,  scheint  auch  tnna^, 
ursprünglich  jugum,  lorum,  dann  vielleicht  acvum,  aus  ihm  ßosz 
emaji  assiduilas,  ßmajic  perpetuus,  sedulus,  Cmijis  scmper 
(vgl.  amez  Stalder  1, 100)  und  urverwandt  liegen  lit.  amzis 
aevum,  aeternitas,  ir.  aimsir,  welsches  amser  tempus,  endlich 
auch  skr.  amasa  (Bopps  glossar  le',  vgl.  gramm.  1, 491,  doch 
bei  BöHTLiNGK  1,  371  unverzeichnet)  und  aniati  tempus.  emajic 
pluostar  glossiert  geradezu  juge  sacrilicium,  nach  Servius  in 
Virgil.  Aen.  3,  537  augurium  quod  ex  junctis  jumenlis  liat. 
ein  welterauisches  bauemwort  musz  uns  den  sinn  von  ema^ 
erschlieszen  und  den  Zusammenhang  zwischen  joch,  band  und 
zeit  belhätigen.  correption  oder  proJuction  des  u  m  jugum, 
jugis  macht  kein  hindcrnis,  aber  mit  tempus  könnte  temo  ver- 
wandt sein  (mylh.  751).  in  jocliemesz  bedeutet  jedes  einzelne 
wort  was  beide  zusammen,  man  erwäge  die  ahd.  namen  Amajo, 
Emijo,  Amaja,  Emija,  Emejrät  bei  Förstemann  1, 79.  80.  5.  nach- 
her emsig. 

EMMER,  m.  averra  (?)  Diefenracti  60*.  Maaler  lOl'  ist  = 
ammer  (1,  278),  ahd.  araar. 

EMMERLING,  m.  was  ämmerling,  ammer,  embritze : 

ich  wllls  des  königs  kemmcriing 

sagen,  sprach  der  weisz  enimerh'ng.     II.  Sachs  1.426'; 
der  Stieglitz,  cmmerling,  der  hanlling.    ürockks  4,57; 
ringsum  amsel  und  fink  und  cmmerling.    Voss; 
nur  der  cmmerling  zirpt  oben  im  erlenstraueh.    Salis  56. 
EMPAN,    invideo :    nun   aber  empan  ich  nit  dem  obersten 
gott  Jovi    die   geisz   zur   seugammen,   weil  mich  zwo  höflich 
göltin    mit    iren  brüsten  haben  geseuget.    Frank  paradoxa  6. 
mhd.  enban  und  in  gleichem  sinn  erban  (wb.  l,3l'.  32'). 
EMPEREN,  s.  entbehren. 

EMPFAHEN,  accipcre,  excipere,  concipere  verhält  sich  zu 
empfangen  wie  fahen  zu  fangen,  und  klingt  uns  als  seltnere, 
ältere  form  heute  feierlich  und  dichterisch,  nur  besteht  sie 
lediglich  fürs  praesens,  denn  das  prael.  empfie  ist  längst  er- 
loschen, mhd.  enpfAhen  und  enphdhen,  zuweilen  auch  em- 
pfähen.     nnl.  nur  onfvangen. 

1)  persönlich  aufnehmen,  den  herrn,  den  gast,  den  boten  ins 
land,  die  braut  ins  haus:  und  die  priester  und  die  eltislen 
giengen  eraus  in  friedlich  zu  einpfahen.  1  Macc.  7,33;  und 
Onias  empfieng  ewern  boten  ehrlich.  12,  8 ;  ihn  mit  gebogenen 
knien  empfahen  thet.  Galniy  254;  und  feilet  mein  reicii  auf 
keine  denn  auf  mein  tocliter,  nun  bitte  ich  euch  aber  und 
begere,  dasz  ihr  mein  tochter  empfahen  und  ihr  euwer  leben 
bekennen  und  ihr  huldct  und  schweret  als  euwer  frauwen. 
buch  der  liebe  268,  1 ;  einen  freundlich  mit  kus  empfahen, 
excipere  osculo; 

die  jauchzend  dich  cmpfahn.    E.  vom  Klkist  1,18; 
aber   auch   eine   person   als   gewährung  und  gäbe  in  empfang 
nehmen :  ich  empfahe  dich  als  bürgen,  als  abgetretnen  knecht ; 
und  zur  sühne  sollt  ihr  Beilin  mit  seinem  gcschlechic, 
ja  mit  allen  verwandten  auf  ewige  zelten  empfahen. 
GÖTHB  40.  109. 

2)  häufiger  gäbe,  geschenk,  lohn,  segen,  namen,  Irost  em- 
pfahen:  da  ich  auf  den  berg  gegangen  war,  die  steinern 
tafeln  zu  empfahen.  5  Mos.  9,  9 ;  der  wird  den  segen  vom 
herrn  empfahen.  ps.  24,  5;  das  ich  nicht  mehr  mag  das  speis- 
opfer  ansehen  noch  etwas  angcnemc  von  ewern  henden  em- 
pfahen. Malcachi  2,  13;  daruinb  werden  sie  empfahen  ein 
herlichs  reich  und  eine  schone  kröne  von  der  band  des  herrn. 
weish.  Sal.  5,17;  du  wirst  noch  eins  so  viel  busheit  durch 
in  empfahen.  Sir.  12,  6;  denn  wer  da  bittet  der  empfehet. 
Hatth.l,H;  der  wird  eines  propheten  hdin  einpfahen.  10,41; 
und  alles  was  ir  billel  im  gebet,  so  ir  pleiibet,  so  werdet 
irs  empfahen.  21,  22;  wer  das  reich  goltes  nicht  empfehel 
als  ein  kindlin,  der  wird  nicht  hinein  komen.  Marc.  10,  15 ; 
es  ist  niemand  der  ein  haus  verlesset  . .  .  der  es  nicht  viel- 
fellig  wider  empfahe.  Luc.  is,  30  ;  und  wer  da  schneit  [schneidet] 
der  empfehet  lohn.  Joh.  4,  36;  das  saget  er  aber  vim  dem 
heiligen  geist,  welchen  empfahen  sollen  die  an  in  gleubten. 
Job.  7,  39 ;  den  geisl  der  warheit,  welchen  die  weit  nicht  kan 
empfahen.  14,  17 ;  gebt  mir  auch  die  macht,  das,  so  ich 
jemand  die  liende  auflege,  derselbige  den  heiligen  «feiüt  em- 
pfahe. apost.  gcsch.  8,  19;  »o  werdet  ir  einpfahen  die  gab« 
des  heiligen  geistc».  2,  88;  Vergebung  der  sündc  empfahen. 
10,43;  und  hell  sich  nicht  an  dem  heubl,  aus  welchem  der 
ganze  leib  durch  gelciik  und  fugen  liandreichung  empfelid. 
C'üi.  2, 19;  einen  newen  namen  gesthriebcn,  welchen  niemand 
kenni't,  tlenn  der  in  empfehet.  offenb.  1, 17 ;  beitpieU  in  menge 


421 


EMPFAIIER  —  EMPFANGEN 


EMPFA>GEN  —  EMPFÄNGEN 


422 


liefert  Maaler  lOl'.';  die  jungfraw  von  der  tröstlichen  red 
Philomene  etwas  liera  eiiipfalien  tliet.  buch  der  liehe  240,2; 
der  alte  ritler  nicht  wenig  unmuls  über  des  jungen  ritfers 
rede  empfaben  thet.  246,  2 ;  Sem,  der  das  priesterlhum  em- 
pfahen  solte.    Micrälils  1,  37  ; 

die  eid  und  pdichi  haben  geihan 

werden  emplahen  ihren  lohn.    Soltau  462; 

Teutschland  empfacht  dardurch  weder  ge$pöt  noch  schmach. 
Weceheili<i  S49; 
frischen  luft  za  empfahen.    Simpl.  3,363; 

er  empläht  den  heiligen  geisl.    Messias  15,  1052; 

komm  den  lohn  zu  emnrahn,  den  diese  güie  des  herzens, 

diese  geduld  dir  envarb.    16,  114; 

wenn  wir  sterben,  empfahen  wir  so  I    17, 'S4; 
wenn    ich  meine  pflicht  thue  und  dafür  einen  wol  abgemes- 
senen unterhalt  empfahe.    Göthb  16,204; 

sage  mutler.  bist  dus  eben, 

meinen  dank  noch  zu  empTahn, 

was  du  für  des  jungliiigs  leben 

mit  dem  galten  einst  geihan?    41,29S; 

wenn  Heinrich  in  dem  arm  der  schönen  Gabriele 

nach  einer  edlen  thai  der  liehe  lohn  emprähi. 

wer  zweifelt  da>z  da  nicht  die  l'nrbe  seiner  seele. 

auf  einen  basiart  übergeht.    Tuümibl  2,  51. 

3)  empfahen  concipere,  ein  kind  empfahen,  sdwanger  werden. 
Maaier  101*. 

EMPFAHER,  m.  acceplor,  exceplor:  empfaher  eiries  zolls. 
Maaler  loi' ;  empfaher  einer  Schenkung,  buch  der  liebe  200,  3. 
heule  empfanger. 

EMPFAHIG,  capax,  aptus,  idoneus  ad  accipiendum :  drumb 
soll  er  warlich  auch  am  meisten  fragen  und  sehen,  ob  der 
mensch  der  botscbaft  auch  empfehig  were.  Luther  1,  66' ;  das 
keine  person  da  ist,  die  der  taufe  empfehig  ist.  6,84*;  das 
sie  aber  nicht  jedermann  zu  nutz  komen,  ist  nicht  der  sacra- 
ment,  sondern  des  schuld,  der  ir  nicht  recht  brauchet,  das 
er  irer  kraft  möcht  empfehig  werden.  6,  283';  so  ist  auch 
die  liebe  nicht  das  mittel,  dadurch  wir  solches  empfahig  wer- 
den. Melanchthon  T,  22.  wir  lassen  uns  heute  an  fähig  ge- 
nügen und  unterscheiden  davon  kein  empfahig.    s.  empfanglich. 

EMPFÄHLICH,  dasselbe,  ßr  empfahelich,  empfänglich:  je 
mehr  sie  (die  rebe)  saft  in  sich  sauft  und  des  Stocks  em- 
pfalich  isu  Fbank  laster  a2;  je  mer  du  seines  einwirkens 
empfiilicher  bist,    paradoxa  HO. 

EMPFAHUNG,  f.  acceptio,  empfang,  empfangnahme :  in 
empfahung  derselben  gaben.  Ga/fwyl98;  Japhet  aber  und  Sem 
hat  er  (gotl)  in  empfahung  königlicher  würde  gleich  gemachet. 
MicRÄLiGS  1,  37.     Stieler  1540  hat  noch  empfahungsredc. 

EMPFALLEN,  excidere,  mhd.  enphallen,  schreibt  Luther 
verschiedentlich,  doch  in  der  bibel  zuletzt  nur  entfallen :  wenn 
ich  sie  angriffen  habe  zu  bessern,  sind  sie  zurück  gelaufen 
und  mitten  im  werk  mir  empfallen.  1,  8S';  das  ist  nicht  ein 
fester  man,  der  sich  so  stark  dünket,  das  ers  nicht  fülen 
wolle,  so  im  ein  guter  freund  empfellet.  5,  497';  wer  den 
trost  nicht  hat,  der  kan  sich  sonst  nicht  trösten,  noch  frö- 
lich  sein,  sondern  so  viel  im  des  worts  empfellet,  so  viel 
empfellet  im  auch  des  trestes.  5,  500' ;  es  empfalt  mir,  mens 
effluit,  es  empfalt  im  das  herz,  cadit  Uli  animus.  Maaler 
lOl';  dise  ding  sind  mir  empfallen,  mihi  isla  exciderant. 
ebenda,-  gleich  als  sei  es  Christo  empfallen,  oder  hab  im 
träumet.  Frank  laster  bi;  diser  stell  sich  vor  so  greulich, 
als  het  er  schon  die  lutherischen  all  ufgefressen,  itzt  ist  ihm 
schon  das  herz  empfallen.  Alberus  wider  Wilzel  M  7',  aber  L  7' 
steht  entfallen;  so  einer  den  fischern  wider  empfelt,  sollen 
sie  sich  vergraben.  Eurer  39'.  mhd.  enpfallen,  nnl.  ontvallen. 
sie  warf  den  lip  üf  die  banc, 
als  er  ir  enpfallen  waer.    Helbl.  1,  1207. 

EMPFANG,  m.  acceptio,  nnl.  ontvang. 

1)  der  feicHiche  empfang  des  königs;  es  ist  schon  alle 
anstalt  zu  einem  glänzenden  empfang  gemacht  norden ;  sollte 
man  der  tochter  nicht  verstalten  ihren  segen  in  der  elter- 
lichen Wohnung  in  empfang  zu  nehmen?    Götter  3,71; 

erfreut  ein  wirtlicher  empfang  die  gäsie, 

behend  verlischt  der  übel  tief  gefühl.    Göthe  11,  366. 

2)  der  empfang  des  geldes,  die  einnähme:  wie  nun  der 
empfang  grosz  ist,  also  wird  auch  die  rechnung  der  ausgaben 
nicht  schlecht  sein.  Aldertikus  hirnschleifer  s.  22;  er  leugnet 
den  empfang;  die  Zahlung,  die  bittschrift  in  empfang  nehmen. 
vgl.  entfang. 

EMPFA.NGEN,  was  empfahen.  während  mhd.  enpfilhcn  für 
das  praesens  vorgezogen  wurde,  im  praet.  enplie  und  eoplienc 


schwankten,  Luther  dem  praes.  noch  empfahen  liesz,  dem 
praet.  empßeng  gab,  ist  später  die  form  empfangen  auch  im 
praes.  herschend  geworden,  empfahen,  wie  gezeigt  wurde,  nur 
ausnahmsweise  in  gebrauch  geblieben,    s.  entfangen,  entpfangen. 

1)  persönlich:  und  sie  füret  in  in  ires  vaters  haus,  da  in  aber 
der  dirnen  vater  sähe,  ward  er  fro  und  empfieng  in.  rieht. 
19,  3 ;  und  sie  kereten  zum  Raguel  ein  und  Raguel  empfieng 
sie  mit  freuden.  Tob.  7, 1 ;  da  kamen  zu  ihnen  die  Nabatheer 
und  empliengen  sie  freundlich.  1  Macc.  5,  25;  und  als  die 
jungfraw  Marcebille  von  dem  pferd  empfangen  {ihr  von  dem 
Pferd  herunter  geholfen)  ward,  buch  der  liebe  17*;  ir  sollt 
empfangen  sein  vor  gottl  äyrer  23S',  gruszformel,  der  man 
das  bekannte  'gote  uude  mir  willkommen'  vergleiche; 

und  meiner  (rnei«  raler)  starb  an  gliederpein, 
ihn  hatten  bauern  grob  empfangen, 
verseizi  der  hunerdieb.    IJackoor.<«  2,  138; 
aber  mit  zärtlichem  liebesblick 
empfangt  ihn  fräulein  Kunigunde.    SchillriTO'; 
ja  ich  gehe  mit  euch,  sobald  ich  die  kriige  den  freunden 
wiedergebracht  und  noch  mir  den  segen  der  guten  erbeten, 
kommt!  ihr  müsset  sie  sehen  und  mich  von  ihnen  empfangen. 

Göthe  40,  3ü9. 

mit  ausfallendem  acc:  er  empfängt  heule,  jeden  montag, 
nimmt  leute,  besuch,  gesellschaß  an. 

2)  sächlich:  verflucht  seist  du  auf  der  erden,  die  ir  maul 
hat  aufgethan  und  deines  bruders  blut  von  deinen  henden 
empfangen.  1  Mos.  4, 10 ;  denn  die  Rubeniter  haben  ir  erbteil 
empfangen.  Jos.  13,  8 ;  und  da  Hiskia  die  brieve  von  den  boten 
empfangen  hatte.  2  kön.  19, 14 ;  und  zu  mir  ist  komen  ein 
heimlich  wort  und  mein  obre  hat  ein  wörtlin  aus  dem  selben 
empfangen.  Hiob  4,  12;  du  hast  gaben  empfangen  für  die 
menschen.  ps.  6S,  19 ;  gab  im  die  handschrift  und  emplieng 
das  geid  von  im.  Tob.  9,  6;  da  nu  erbei  kam  die  zeit  der 
fruchte,  sandte  er  seine  knechte  zu  den  weingartnem,  das 
sie  seine  fruchte  empfiengen.    Malth.  21,  33. 

3)  oß  abstract:  und  im  träum  empfieng  er  befelh  von  gotl. 
iVa//A.  2,  22;  doch  ich  wol  einen  wahn  hab  empfangen.  Luthers 
br.  1,  518 ;  als  sich  eines  tags  begab,  däsz  er  mil  seinen  ge- 
sellen in  das  frauwenzimmer  gieng,  da  sie  nicht  wenig  freud 
empfiengen.  buch  der  liebe  245,.  3 ;  davon  der  könig  etwas  Un- 
willens empfieng.  243,  1;  der  könig  von  des  narren  worten 
nicht  grosz  gefallen  empfieng.  256,  3 ;  der  ritter  ein  groszen 
schrecken  empfieng.  244,  1;  was  ubels  sie  umb  ire  bosheit 
empfangen  haben.  292,  3 ;  umb  deswillen  er  sich  ein  wenig 
entsalzte,  aber  gar  bald  wiederumb  ein  herz  empfieng.  16,  l ; 
er  empfieng  eine  solche  liebe  zum  kinde.  4,4;  bald  empfieng 
er  des  ein  rew.  Frank  wellb.  91';  jämmerlichen  schmerzen, 
schrecken  und  zagen  empfangen.  Avrer  proc.  1,  l ;  darüber 
sie  grosze  schmerzen  empfieng.  Schweixichex  3,  249;  groszen 
nutzen  empfangen,  pers.  rosenth.  3,  27 ;  empfieng  ich  einen 
solchen  appetit,  dasz  mir  das  maul  ganz  voll  wasser  wurde. 
Simpl.  K.  162  nach  CK,  der  aufgenommnc  texl  hat  'empfand'; 

fröhlich  kommt  ihr  und  heiter,  man  sieht,  ihr  habet  die  gaben 
unter-die  armen  verthcih  und  ihren  seeen  empfangen. 

GoTHK  40,  244. 
einigemal  kann  auch  bloszes  empfangen  gesetzt  und  der  gegen- 
ständ ausgelassen  sein :  nachdem  ir  von  uns  empfangen  habt, 
wie  ir  sollet  wandeln  und  gotte  gefallen.  1  Thcss.  4,1;  ich 
merke  sehr  wol,  dasz  mich  gesellschaft  aufheitert,  ich  ver- 
gesse mich  da,  oder  vielmehr  mein  köpf  empfangt  anstatt  zu 
schaffen  und  ruht  daher.  Lichtenberg  1,23;  ich  gieng  durch 
zauberörter  kalt  und  ohne  empfangendes  gefühl.  Klingei 
2,  310.     s.  dai  folgende  empfangen. 

4)  empfangen,  prolenx  concipere :  und  legt  die  siebe,  die  er 
geschelet  hatte,  in  die  trenkrinnen  für  die  herde,  die  da  komen 
musten  zu  trinken,  das  sie  empfangen  sollen,  wenn  sie  zu 
trinken  kcmen.  l  Mos.  30,  38 ;  also  empfiengen  die  herde  über 
den  sieben  und  brachten  sprenkjiche,  Deckete  und  bunde. 
30, 39  vgl.  41 ;  der  tag  müsse  verloren  sein,  darinnen  ich 
geborn  bin,  und  die  nacht  da  man  sprach,  es  ist  ein  menlin 
empfangen.  Hiob  3,3;  bistu  der  erste  menseb  geborn?  bistu 
vor  allen  bügeln  empfangen?  15,7;  sihe,  meine  mutier  hat 
mich  in  Sünden  empfangen,  ps.  51,7;  ehe  denn  er  in  mut- 
terleibe empfangen  ward.  Luc.  2,  21 ;  darnach  wenn  die  lust 
empfangen  hat,  gebiert  sie  die  sünde.    Jac.  1,15; 

ich  hab  ...  in  Sünden  grob  empfangen, 
durch  denken,  reden    ihun  sund  über  sünd  begangen. 
Wrckhrrlin  321. 

EMPF.iiNGEN,  EMPFENGEN,  accendere,  sich  empfengen, 
accendi,   sich   entzünden:   bei   seinem  grabe  stunden  kerzen, 

27* 


423 


EMPFANGEN  —  EMPFANGSCHEIN 


EMI»FANGSEHRE  — EMPFEHLEN 


424 


wenn  man  die  auslescht,  so  cnipfcngten  sie  sich  selbst  wider. 
ÄLBERDS  der  barfuszer  Eitlensp.  n'  2s9 ; 

und  wie  sich  ofi  ein  fewr  eiiipfeiigt 

von  einem  Tunken,  ilnsz  wie  stroh 

ein  ganze  statt  brennt  liechter  loh.    Albbrcs  Esop  110'; 

dun»  auch  capere,  radices  capere:  wurzeln,  wann  sie  die 
pflanzen,  schneiden  sie  die  in  kleine  stücklein,  stecken  die 
stück  in  die  erden,  das  einpfengt  sich  dann  und  breitet  sich 
über  die  erden  her.  Hans  Stauen  v3.  vgl.  angehen,  tcelcbes 
eben  so  von  dem  [euer  u/irf  der  tcurzel  gill. 

EMPFANGEN,  n.  ich  wäre  sehr  begierig  gewesen,  den  ein- 
druck,  den  ihr  Hermann  auf  meine  Stulgarler  freunde  getnacht 
hat,  zu  beobachten,  an  einer  gewissen  Innigkeit  des  enipfan- 
gens  hat  es  sicher  nicht  gefehlt,  aber  so  wenige  menschen 
können  das  nackende  der  menschlichen  natur  ohne  Störung 
genieszen.    Schiller  an  Gölhe  362. 

EMPFANGER,  m.  qui  accipU,  was  empfaher,  ahd.  inphan- 
gare  N.    nnl.  ontvanger: 

daher  wiri  sein  herz  ein  empfanger, 

und  von  bosheit  und  unheil  schwanger.    Wsckherlin  24. 

EMPFÄNGER,  »i.  dasselbe:  der  crapfänger  des  geldes,  des 
bhefs ; 

es  ist  der  fromme  sängcr, 

der  sang  des  heilands  sieg, 

zu  dem  er,  ein  enipfanger 

der  palm,  Im  tod  entstieg.    RCckbrt  194. 

EMPFÄNGERIN,  f. 

EMPFÄNGIG,  capax,  idoneus  rei  sentiendae,  ahd.  antfengi : 
wenn  wir  auf  dem  haar  der  kometcn,  der  gröszesten  wärme 
und  killte  gleich  einpfängig,  durch  die  weilen  regionen  des 
himmels  schiffen  könnten.  Herder  3,12;  so  musz  ja  dieser 
ginn  auch  empfängig  sein  der  begriffe  des  schönen.    19,  72. 

EMPFÄNGLICH,  dasselbe,  nnl.  ontvankelijk: 

1)  empfenglich  gut  hiesz  das  dem  todfall  oder  besthaupl 
vnler  liegen  de :  ein  iglicher  dingman,  der  besthaubtig  und  em- 
pfcngliche  guter  in  des  klosters  gericht  liegen  hat.  weistli. 
2,  ni;  sie  sollen  weisen  auf  diesen  dingtag  alle  jars,  wie 
manch  empfenglich  gut  mehr  ermelt  dosier  da  habe.  2, 172. 

2)  empfänglich  ist  auch  der  eines  gutes  fähige:  item  wann 
jemand  beklagt  würde  von  Sachen  wegen,  so  er  der  über- 
wunden sein  leib  und  gut  verwürkt  hell,  und  ausz  forcht 
solcher  verschuldler  straf  sich  selbs  ertödt,  des  erben  sollen 
in  disem  fall  seins  gufs  nit  vehig  oder  empfenglich  (Gobler, 
bonorum  neuliquam  capaces),  sondern  solch  erb  und  guter  der 
oberkeil  heitngefallen  sein.  Carolina  art.  135.  Haltaus  312  hat 
stellen  über  empfänglich,  ad  accipiendum  habilis,  paratus.  man 
sagte  ein  leben,  ein  schlosz  empfenglich  tragen  und  herbringen. 

3)  empfänglich,  acceptus,  acceplabilis :  du  verkündest  uns 
gute  und  enipfangkliche  tnär  (die  wir  gern  empfangen),  Stein- 
HÖWEL  Esop  11S7,  in'. 

4)  im  heutigen  sinn:  die  Vernunft  des  moralischen  beweises 
{d.  i.  ßr  ihn)  empfänglicher  machen.  Kant  7,  368 ;  das  herz 
ist  das  ihrer  millheilungen  empfängliche  organ.  Wjeland 
27,155;  dazu  sind  Vorbereitungen  nöthig,  um  des  lichls  em- 
pfänglich zu  w  erden.    3ü,  245 ; 

ist  dies  nur  der  kleinsten  kraft  empfänglich, 
die  das  herz  hinein  zu  segnen  strebt, 
o  so  weisz  ich,  dasz  os  nnvurgänglich, 
unvergänglich  dir  am  busun  lebt.    Uühukr  SO*; 

konnte  sich  ihm  ein  schönerer  (stof)  anbieten,  als  ein  zart 
und  lebendig  fühlender,  seiner  ergiesznngen  empfänglicher, 
ihm  freiwillig  entgegen  eilender  fürsteiisohn?  Schiller  702*; 
du  bist  doch  für  gar  nichts  emiifänglichl 

EMPFÄM;L1CHKEIT,  f.  die  eingeschränkte  empfängliclikeit 
meines  Verstandes.  Götter  3,  27 ;  die  cmpfänglichkeit  der  be- 
griffe.   GOkinchs  leben  Nicolais  s.  142. 

EMPFANGNAHME,  f.  aceeplio,  für  Inempfangnahme. 

EMPFÄNGNIS,  f.  conceptio,  nnl.  oulvangeni» :  die  cmpfängnis 
eines  kindes.  pers.  rosenth.  7, 20 ;  es  war  einer  von  den  seufzcrn, 
die  sich  nicht  verleugnen  lassen,  ich  sah  ihm  von  seiner  cm- 
pfdngnis  an  zu,  wie  er  sich  aus  ihrem  schiinen  buscn  allge- 
mach empor  arbeitete.  Wiei.anü  II,  2h*j  ;  ein  geiniit,  in  wel- 
chem die  saat  eines  groszen  Schicksals  aii«gi*s.1el  worden,  das 
die  enlwickelung  dieser  cinpfängnis  abwarten  musz.  Götiie 
17,217;  meine  gebeine  ZRrfliefizen  in  einem  bewustsein,  wofür 
dein»"  «eelo  kt-in*-  pinpfftnpnis  hat.    Klincers  th.  4,  150. 

I  "*     I  m;,  f,  salutatio  advenae:  nach  den 

ge"  iHznngen.    Göthe  22,  04. 

LMi  r  A  K.^iiK^t  iiri  Mtil'NG,  f.  lubellae  acceptum  Utlanles. 

EMPFANGSCHEIN,  m.  dasselbe. 


EMPFANGSKHRF,  f.  sogleich  ward  ein  beschlusz  gefaszt, 
welcher  die  empfangsehre  des  köiiigs  beschränkte.  Dahlman.i 
fr.  rev.  103. 

KMPFANGSFEIERLICHKEIT,  f. 

EMPFANGSRKDE,  f. 

EMPFANGSTAG,  m. 

EMPFA.NGUNG,  f.  aceeplio:  zu  besserer  glaubnis  der  em- 
pfangung (des  geldes).    Saltnde  140. 

EMPFANGZIMMER,  n. 

EMPFAREN  =  entfahren:  das  eheleute,  die  erst  zusamen 
kommen,  bald  untereinander  uneins  werden,  ehe  eins  das 
ander  recht  kennet,  da  empfeit  eim  unteiweilen  ein  worl, 
welchs  im  doch  bald  leid  werden  möcht.  Alberüs  ehebüclt- 
lein  ß3'. 

EMPFEHL,  m.  commendatio,  fr.  recommandation,  höflich- 
keilsbezeugung:  ich  bitle  meinen  gehorsamen  und  schuldigsten 
emp/ehl  zu  vermelden.    Ettners  hcbamme  i.  33; 

du  wirst  seilen  glücklich  sein,  bleibt  dir  nur  wenn  ich  sterbe, 
mein  naine  zum  cmjiruhl  und  meine  zucht  zum  erbe. 

i.  E.  SCHLKGKL  1,  332; 

macht  ihr  meinen  empfehl !  Lessing  1,  521 ;  meinen  empfehi 
an  alle  freunde.  12,  177 ;  meinen  empfehl  an  die  ihrigen. 
12,  504.  530 ;  tausend  empfehle  an  unsern  lieben  commissions- 
rath.  Rabeners  fcr.  272;  meinen  empfehl  an  ihre  frau  liebsle. 
Nicolai  Scbaldus  Nothanker  1,  54;  die  bolschafter  hällens 
ihnen  abgeschlagen  sich  bei  ihrer  republik  dortiger  aufnähme 
halben  zu  bemühen,  weil  sie  sich  jetzo,  da  sie  an  die  Deut- 
schen gesandt  würden,  ganz  und  gar  nicht  auf  solche  em- 
pfehle einlassen  konnten.  Klopstock  12,  396 ;  sagts  euern 
damcn,  bringt  meinen  empfehl !  Fr.  MIjller  3,  59 ;  überbringe 
der  Versammlung  daselbst,  nebst  meinem  empfehl,  folgende 
Vergleichsvorschläge.    ThCm.mel  4,  29  ; 

beTördrung  geht  euch  nach  empCohl  und  gnnst. 

prufernient  goes  by  letter  and  alTüction.    Othello  1,  1; 

kein  fürstlicher  empfehl  an  meinen  herrn  ? 

no  princejy  commendations  to  mv  king? 

Henry' VI.  first  pari  5, 3. 

EMPFEHLE,  f.  dasselbe:  es  soll  mir  nicht  darauf  ankom- 
men, ihnen  eines  nach  der  art  der  abcbücher  binden  zu 
lassen  und  mit  einer  schriftlichen  empfehle  zuzuschicken. 
Lessing  3,  445. 

EMPFEHLEN,  commendare,  dcmandare,  prael.  empfahl,  wofür 
einige,  z.  b.  Moser  orfer  Nicolai  {Sebaldus  2,  114)  fchlcrhaß 
empfohl  schreiben,  imp.  empfiehl,  nicht  empfehle,  wie  den- 
noch einreiszt,  z.  b.  oß  in  Lichtenbergs  briefen,  selbst  bei 
Götiie  35, 101.  das  worl  ist  mhd.  selten  {steht  Nib.  2102),  weder 
ahd.  noch  goth.  vorhanden,  da  aber  goth.  anafilhan  auch  com- 
mendare ausdrückt,  könnte  aus  anfehlen,  das  jedoch  ahd.  und 
mhd.  ebensowenig  erscheint,  enifehlen  und  empfehlen  verderbt 
sein.  nnl.  kein  onlvelcn,  neben  bevelen  und  aanbevelen.  be- 
fehlen und  empfehlen  mögen  oß  einander  vertreten,  nur  drückt 
empfehlen  niemals  mandarc  aus,  ist  also  schwächer  als  be- 
fehlen, die  fastnachtspicle,  KEisEiisnKKC,  Nici.As  vu.n  Wyle 
und  die  bibel  von  14S3  gewahren  empfcihen  verschiedentlich, 
Dasypodius  hat  128"  demandare  cnipfelhen,  Frisics  2:.6.  3S5 
unter  commendare,  demandare  nur  befelhen,  doch  Maaler  101* 
einpfelhen,  die  späteren  setzen  beide,  bei  Luther  kommt  em- 
pfelhen  nicht  vor,  immer  befelhen. 

1)  den  leib  der  erde  empfehlen,  terrae  commendare,  wie 
befehlen  «janrfarc  (1,1251),  begraben; 

ein  teil 
da;  ward  man  so  zc  band  begraben, 
da;  was  dem  pharrnr  im  schaden, 
dcj'  .iiiili'r  teil  der  muosic  zichuii 
dun  üscl,  der  nit  niocbt  gulla-ben 
und  in  emplclhcn  do  den  r.iluMi, 
da;  was  den  wolfoii  ano  schaden,    ring  9\  13. 

2)  in  die  bände,  die  gunst,  die  gnade  empfehlen :  valer, 
ich  euiphlh  meinen  geist  in  dein  heiide,  in  muniis  tuus  cmn- 
mendo  spiritum  meum.  11H3  Luc.  23,46,  ico  Luther  ich  bcfeih 
meinen  geist;  man  -fängt  sein  Icstament  gewöhnlidi  damit 
an,  dasz  man  seine  seclc  gott  empfiehlt.  LicuTENBKac  1, 152 , 

SU  einpLilil  er  gott  die  sccio, 

nahm  abschied  von  seinen  freuiidon 

und  emplleiig  das  sncranieni.     llrnnKiis  rVrf  65; 

schlechter  kerl,  empfehle  dich  gott!  denn  du  bist  de»  Inde.^. 
(iOthe  35, 101 ;  sie  slrecklen  ihre  waffen  und  empfahlen  sich 
in  unsere  gnade;  aber  ich  cmplilch  mich  dir  tinil  deiner  trew. 
WtLR  «n  rfer /.KCre/ia ;  (der  allerhöchst  gethrönlr),  in  welche« 
ewige  valertreue  wir  uns  empfehlen.  UurscHnT  kaml.  72;  die 


425  EMPFEHLEN— EMPFEHLUNGSSCHREIBEN 

wir  uns  in  dero  freundbrüderliche  gunsten  empfehlen.  90; 
die  gölter  wlirden  ihre  ehre  nur  in  thörichte  haude  empfohlen 
haben.   J.  E.  Schlegel  2,  561 ; 

und  beid  empfahlen  sich  durch  märchen  sehr  zu  gnaden. 

BORGER  101*. 

3)  in  dem  slück  'von  der  bäume  blättern'  (altd.  wäld. 
1, 144 — 148)  bedeutet  'wem  es  empfohlen  wird'  immer  wem  es 
zu  tragen  geboten  wird,  wer  das  bestimmte  blatl  oder  laub  als 
heimliches,  verschwiegnes  zeichen  an  sich  stecken  soll,  ge- 
schrieben steht  bald  enlfolen,  bald  empholen  und  das  kleine 
denkmal  fällt  ins  15  jh. 

4)  in  ähnlichem  sinne  brauchen  wir  empfehlen  /'iir  anem- 
pfehlen, ans  herz  legen,  anralhen,  einbinden:  ich  enpfilch  es 
dir  selb  zu  betrachten.  Keisersberg  volk.  mensch  f;  seine 
Wundärzte  empfohlen  ihm  nichts  eifriger  als  ruhe  und  geduld. 
Lessinc  6, 1 ;  ich  habe  den  auftrag,  ihnen  die  äuszerste  be- 
hutsamkeit  zu  empfehlen.  Götter  3,26;  ich  empfehle  dir 
stillschweigen. 

5)  einen  freund  oder  angehörigen  dringend  empfehlen,  wobei 
gern  gesagt  wird  'sich  en^pfohlen  sein  lassen',  wie  lat.  com- 
mendatum  sibi  habere : 

meisler,  heber  meisler  mein, 

lal  euch  meinen  berrn  empfolhen  sein,    fasln.  504,21,  und 

das  will  ich  mir  empfolhen  lassen  sein.    484,  18; 
lasz    dir   meinen   söhn   bestens   empfohlen  sein!    er  ist  wol 
empfohlen,    steht    in  voller  gunst,    commeiidatissimus  est,    ist 
übel  empfohlen,  schlecht  angeschrieben: 
die  ganze  riesenschar 

war,  noch  vom  Blaubart  her,  nicht  wol  bei  ihr  empfohlen. 

WlRLAND  4,  15. 

6)  sich  empfehlen  ist  höflich  grüszen,  ich  lasse  mich  ihm 
empfehlen,  lasse  ihn  grüszen;  diese  höflichkeit  geht,  wie  der 
grusz,  einer  weiteren  bestellung  voraus:  lauf  hin  zu  NN,  sage, 
ich  liesze  mich  empfehlen  und  mich  erkundigen,  wie  er  sich 
befinde,  er  solle  doch  das  versprochne  schicken. 

')  da  man  vorzugsweise  beim  abschied  die  gunst  eines  an- 
dern erbittet,  so  drückt  sich  empfehlen  geradezu  abgehen,  weg- 
gelin  aus:  ich  will  mich  ihnen  empfehlen  :=  verabschieden ; 
empfiehl  dich!  entferne  dich; 

nein,  denn  sie  fängt  schon  an  sich  bestens  zu  empfehlen. 

Gkllkrt ; 
nun  denn,  so  empfehle  ich  mich  ihnen.  Göthe  14,185;  Philine 
sang  ein  liedchen,  welches  dem  ankömmling  nicht  zu  beha- 
gen schien,  er  empfahl  sich.  18, 167 ;  wenn  aber  zuletzt  das 
sein  mit  dem  scheinen  sich  zu  empfehlen  anfängt  und  der 
schein  noch  flüchtiger  als  das  sein  ist.    22,  40 ; 

natiirlich,  dasz  ich  mich  nach  jenen  schönen  thaten, 

so  gut  wie  ihr,  durchs  fensterloch  empfahl.    Bühqkr  HO', 

ja  man  pflegt  sogar  den  letzten  abschied  aus  dem  leben  ge- 
meinhin mit  den  Worten  zu  bezeichnen  'er  hat  sich  empfohlen', 
ist  gestorben,  mundo  valedixit. 

8)  sich  empfehlen  von  speisen  oder  waaren,  fr.  se  recoin- 
mander:  Weintrauben  empfehlen  sich  durch  ihr  aussehen, 
dieser  sammet  empfiehlt  sich  durch  hohe  und  reine  färbe. 
aber  auch  von  handlangen:  sein  benehmen  in  dieser  sache 
empfiehlt  sich  von  selbst,  bedarf  keines  lobes. 

EMPFEHLEND,  se  commendans,  gratus:  sein  äuszeres  hat 
etwas  empfehlendes,  viel  empfehlendes;  den  werth  dieser 
eigenschaften  erhöht  eine  empfehlende  gestalt. 

EMI'FKHLENSWERTH,  commendubilis,  rühmenswerth. 

EMPFEHLENSWÜRDIG,  preiswürdig. 

EMPFEHLUNG,  f  commendatio :  er  bedarf  keiner  empfeh- 
lung;  dieser  sache  mangelte  es  nicht  an  empfehlung  von 
allen  seilen,  allgemein  aber  ein  ausdruck  leerer  höflichkeit,  und 
zwar  eines  höheren  grades,  als  der  durch  complinient  bezeugten, 
man  läszt  dem  geringen  mann  ein  complinient,  dem  vorneh- 
meren eine  empfehlung  sagen,  das  detttsche  grusz  klingt  trau- 
licher und  ist  daher  nicht  auf  den  niederen  einzuschränken, 
sondern  gilt  auch  dem  gleichstehenden,  ich  machte  meine 
empfehlung  heiszt  aber  auch  ich  verabschiedete  mich,  yieng  fort. 

EMPFEHLUNGSBRIEF,  m.  literae  commendaticiae,  empfeh- 
lungshriefe  sclireihen,  abgeben. 

EMPFEHLUNGSSCHREIBEN,  n.  ich  habe  ihm  ein  empfeh- 
lungsschreiben  versprochen.    Rabeneb  6, 190 ;    mein  übel  war 
ihm  mehr  als  ein  empfehlungsschreiben.    GOtbk  ...; 
geben  sie 
mir  eine  bitischrift,  ein  empfehlungsschreiben 
an  meinen  vaier.    geben  sie!  man  spricht, 
sie  gehen  viel.  Schiller  262'. 


EMPFEHLUNGSWÜRDIG  —  EMPFINDEN      426 

empfehlungswCrdig. 
empfehlungsvvürdigkeit,  f. 

E.MPFINÜRAR,  sensibilis,  fühlbar,  tpohmehmbar,  dann  auch 
fühlend,  empfindend: 

doch  welche  lust,  o  freund,  erfüllt  mein  bebend  herz, 
eriiplindbar  dem  allein,  der  mit  gerechtem  schmerz 
für  Bern  in  thranun  Uosx.  Lesslxg  3,  337; 

wie  empfindbar,  wie  warm,  wie  thiitig  sich  dieser  junge  grübler 
{Jerusalem,  vgl.  Göthe  26, 155)  auch  wirklich  erhielt,  wie  ganz 
ein  mensch  er  unter  den  menschen  war,  das  wissen  seine 
übrigen  freunde  noch  besser  als  ich.  10,  2 ;  die  gröszte  tapfer- 
keit  wird  sich  alsdann  immer  als  die  empfindbarste  mensch- 
heit  zeigen.    Herber  13,  48. 

E.MPFlNDB.\RhElT,  f  eben  diese  empfindbarkeit,  wenn  sie 
ein  Vorzug  der  Griechen  wäre.    Herder  13,  43. 

EMPFISDELEI,  /".  nimia  sensuum  moUities :  empfindelnde 
erzieher,  ob  sie  gleich  noch  so  sehr  gegen  empfindelei  eifern. 
Kam  4,  200 ;  aus  theilnehmender  empfindelei  einer  affectierten 
humanität.  5, 170 ;  man  hat  muthige,  man  hat  zärtliche  rüh- 
rungen.  der  hang  zu  den  letzleren  heiszt  empfindelei.  7,126; 
freiheit  der  empfindung  ohne  empfindelei.    Stillisg  4, 168 ; 

ich  weisz  nichts  von  romanenschwung 
und  hass  emplindelei.     Gottkr  1,238; 

sie  liesz  sich  im  vorigen  sommer  mit  einem  gewissen  herrn 
in  empfindelei  ein.  Kllnger  1, 170 ;  Minchen,  bauen  sie  auf 
meine  unerschütterliche  treue.  Stachel,  empfindelei !  Kotzebue 
dram.  sp.  3,  243. 

EMPFINDELN,  animi  sensibus  nimis  indulgere:  roman- 
schreiber  und  empfindelnde  erzieher.  Ka.nt  4,200;  empfin- 
delnde liedleinchen.  Siegfr.  von  Lindenberg  2,  300 ;  was  wir  bei 
den  alten  dichtem  empfinden,  glauben  wir  in  Rom  mehr  noch 
als  zu  empfinden,  selbst  anzuschauen  . . .  aber  es  ist  nicht 
blosz  der  empfindelnde  gedanke  zu  stehen,  wo  dieser  oder 
jener  grosze  mann  stand,  es  ist  ein  gewaltsames  hinreiszen 
in  eine  von  uns  nun  einmal  als  edler  und  erhabener  ange- 
sehene Vergangenheit.  Göthe  37,  35 ;  durch  sollst  du  mir  jetzt 
gerade,  ohne  drüber  zu  empfindein.  Fr.  Müller  3,177;  aber 
nicht  lange  erapfindelt!  Klinger  1,158;  das  liebe  herz,  das 
sich  fort  empfindelt  und  zutappt,  dem  köpf  zu  opfern.  Niebdub 
leben  Niebuhrs  1,  61. 

EMPFINDEN,  senlire,  percipere,  aArf.  infindan,fflA(f.  enphinden 
(wb.  3,319'),  alls.  antfindan,  ags.  onfindan;  kein  goth.  andfin{)an, 
kein  nnl.  ontvinden.  neben  dem  nhd.  empfinden  früher  auch  zu- 
weilen entfinden,  Dasypodiüs  und  Maaler  schreiben  empfinden. 
fehlerhaftes  praet.  empfund  statt  empfand  hin  und  wieder  im 
vorigen  jh.  das  wort  ist  heute  entschieden  hochdeutsch  und 
tief  verbreitet,  mit  fühlen  erscheint  es  oft  gleichbedeutend, 
nur  ist  tms  jetzt  fühlen  sinnlicher,  empfinden  geistiger  und 
abstracter.  es  heiszt,  du  sollst  die  schlüge  schon  fühlen,  die 
Wirkung  dieser  worte  empfinden,  das  gefühl  der  schmerzen 
ist  mehr  leiblich,  die  empfindung  der  schmerzen  innerlich; 
ich  fühle  deine  band  und  empfinde  behagen,  sie  zu  streicheln; 
doch  beachtet  der  Sprachgebrauch  solchen  unterschied  auch  nicht, 
in  folgenden  stellen  setzt  Klopstock  beide  verba  völlig  gleich: 

denn  sie  fühlet  noch  nicht  für  ihn,  was  für  sie  er  empfindet. 

1,33; 
wer  an  dem  frühlingsmorgen  der  neugeborenen  freiheit 

meine  freuden  empfand, 
der  allein  und  kein  anderer  fühlt  den  innigen  schmerz  auch, 

welcher  jetzo  die  seele  mir  trübt.    2,  188; 
Philo  empfand  des  unsterblichen  schrecken,  wie  menschen 

emplioden, 
was  unsterbliche  thun.    er  fühlt  es  im  mächtigen  angrif 
schauervoller  und  schneller  als  je  ein  mensch  es  gefühlt  hat. 

Messius  6,  321. 
l)  die   alte  spräche  verband  mit  empfinden  wie  mit  fühlen 
den  genitiv :  martyres  inphunden  döro  wajjero.  N.  ps.  80,  8 ; 
ne  infindent  tero  richon  lide  des  frosles  nicht  na?  num  frigus 
hibernum  pecuniosorum  membra  non  senliunt?   Bth.  120. 

mhd.  und  als  er  der  tötwunden 

rehte  het  enpfunden.    Iw.  1051; 

dö  der  hgrre  Hagne  der  wunden  enphant.    Nib.  1989,  1 ; 

dd  der  dßgen  trinc  der  wunden  enphant.    2000,  1 ; 

also  der  küene  Wolfhari  der  wunden  dö  enphant.    2234,  1; 

sit  ich  diner  minne  enphant.  Parz.  76,  25. 
nhd.  dise  anfechtung  ist  natürlich,  das  geschlecht  des  geflügels 
empfindt  dis  feures.  Nie.  v.  Wvle  tränst.  Lucretia;  aber  die 
muler  erkennt  die  sach  und  not  ires  sones  gar  vil  anders 
weder  ich,  wenn  es  berurt  ir  das  herz,  sie  empfindet  sein 
inwendig,  das  tut  es  mir  nit.  Kkisebsb.  selenp.  12ä' ;  ie  geist* 


427 


EMPFINDEN 


EMPFINDEN  —  EMPFINDER 


428 


lieber  imand  ist,  ie  mer  und  volkominenlicher  er  der  sunde 
empfindet.  Melanciith.  br.  an  die  Römer  9,  30 ;  che  das  grün 
holz  recht  der  hilz  empfindet,  weise  kluge  reden  102* ;  hastu 
dein  in  dieser  nacht  empfunden?  (hai  tu  sentita  stanotle 
cosa  niuna?)  oder  was  gebricht  dir?  Bocc.  2,141;  des  hungers 
empfinden,  famem  senlire.  Maaler  101*;  ich  meine  nit,  dasz 
der  konig  in  seinem  herzen  je  rechter  lieb  empfunden  habe. 
buch  der  liebe  91,  2  ; 

ich  bin  wund  mit  Tergirtem  sner, 

desselben  warhaR  ich  enlplind.    H.  Sachs  III.  2,4S'; 

hat  empfunden  keiner  armut.    IV.  1,1G*; 
lasz  uns  deiner  gunst  und  gulikeit  entfinden.  Melissüs  ps.  B  3*; 
im  f.ill  die  kalte  luft  in  etwas  wird  versperret, 
emplindt  der  warm  hernach,  so  schwolt  sie  sich  und  zerret 
bis  sie  den  ort  zerbricht,  der  sie  gefangen  hält. 

HuMPL^KH  5S. 

allmälich  tritt  aber  der  acc.  überall  ein. 

2)  sinnliches  empfinden:  ich  empfinde  den  rauch,  fercipio 
svfßlum.  Alberds;  der  grosz,  hoch  berg  Olimpus  ist  darin, 
darauf  weder  luft  noch  regen  empfunden  wirt.  Frank  wcllb.  82'; 

alsbald  ein  neues  kind 

die  ersie  luft  enilindt. 

so  hebt  es  an  7.u  weinen.    Logau  2,05,90; 

Thraso  preiste  seine  wunden, 

die  er  im  gesiebt  cinplunden.     1,S7,G0; 

empfanJeu  den  klang  der  liedcl  in  ihren  obren.  Harnisch  ans 
Fl.  128 : 

doch  hub  es  {dax  pferd)  auf  der  stunde 
sich  wieder  auf,  als  es  die  sporen  nur  empfunde. 

Wbrükks  .4r.  1,63; 
als  der  fi-anzösisch  held  des  wassers  meng  empfunde, 
da  kam  mit  schwimmen  er  berauszcr  auf  die  stunde.    11,40; 

webe  dem,  der  dich  erblickte 

und  der  liebe  widerstand, 

den  dein  Mclieln  nicht  entzückte. 

der  dein  äuge  nicht  empfand.    Gottkr  1,  103. 

3)  geistiges  und  abstractes  empfinden :  reines  glück,  grosze 
freude  empfinden;  lust,  verlangen,  Sehnsucht,  lielie  empfinden  ; 
so  bald  er  es  empfunde  {innerlich  gewahr  würde).  Keisersb. 
omeis  75*;  ich  empfand  damals  die  höchsic  wonne;  ich  em- 
pfand den  segcn  gottes ;  in  dem  reinen  und  gottgefälligen 
ehestand  hat  er  gar  züchtig  gelebet  und  ein  gesegnetes  haus 
empfunden,  sowol  an  nahrung  und  brot  als  an  kindern. 
Brandts  berichl  von  Taubmann  34 ;  ruchlose  menschen  sagen,, 
dasz  sie  bishcro  die  kraft  des  h.  geistes  nicht  empfunden,  es 
würde  auch  bei  ihnen  nicht  stehen,  dasz  sie  selbige  künftig 
empfunden.  Scriver  spc/en/r.  1, 195;  dasz  er  weder  gute  worle 
noch  ein  gnädig  gesiebt  emiifand  (erfuhr),  pcrs.  roscnth.  1,15; 
die  Witwen,  die  alte  unvermögende  leutc  ...  empfinden 
{erfahren)  ihre  {der  reichen)  güligkeit.  7,20;  indem  der  herr 
»OD  dem  jagen  kam,  eine  kleine  müde  empfand  (sich  ein 
wenig  müde  fühlte).  Bocc.  2,  51 ;  er  empfand  ein  zittern  in 
allen  gliedern; 

ich  cmpllnde  fast  ein  grauen, 

dasz  ich,  IMalo,  für  und  für 

bin  gesessen  über  dir.    Opitz  2,  211 ; 

eines  andern  pcin  entfindcn;    Logau  2,  81,  7; 
furcht,  schrecken,  hasz,  reue,  unruhe  empfinden;  empfunden 
sie    die  ernste  gottes  strafe,    wcish.  Sal.  12,  2C ;    er  empfand 
reue  und  gewissensbisse ; 

eh  ich  die  noth  erkannt,  cmpfund  ich  diesen  stich. 
Grtpiiius  1,  73; 

er  hatte  die  bitterste  nolh  zu  empfinden ; 

wahrlich,  dem  ist  kein  herz  im  ehernen  busen,  der  jetzo 
nicht  die  noth  der  menschen,  der  (imgciriebnon  cmplindet. 

GuTHK  40,  207; 
halle  schon  das  liebe  kind  empfunden 
lief  in  meiner  brüst.     1,  79; 

Lotte  schwieg  und  Albert  schien  ihr  schweigen  empfunden 
tu  haben.  16,150;  Ottilie  hatte  schnell  die  ganze  Ordnung 
eingesehen,  ja  was  noch  mehr  ist,  empfunden.  17,  G6:  sie 
empfand  eine  ewige  trennung  und  ergab  sich  drein.  17, 104 ; 
wie  in  einem  stück  zu  viel  geschehen  kann,  so  kann  auch 
darin  zu  viel  empfundene«  ausgesprociinn  werden.  45,  25; 
'kannst  du  den  lioiner  lesen?'  ich  kann  lesen  und  ich  meine, 
dasz  ich  den  Homer  empfinden  kOnne.  Wiki.and  1,  C2 ;  das 
kann  nur  ein  mann,  nur  ein  weih  emptindi-n.  drohend:  du 
sollst  es  schon  noch  empfinden,  was  dti  gethaa.hasl,  senliei, 
qutd  feeerit!;  ich  will  es  ihn  empfinden  lassen,  er  toll  mich 
nttht  umtontt  betrogen  haben. 

41  einigemal  sieht  cmpliDdcn  ohne  gegenständ,  inlran$Uiv, 
ßr  liebe  fühlen: 


vergessen  wirst  du  dich,  sobald  du  wirst  empfinden. 
Gkllert  3,  325. 
Sylvia.      du  glaubst  ich  gräme  mich,   o  glaub  es  nur.  du  inst! 
Giildilice.  nun  kommt  der  augenblick.  da  du  empfinden  wirst. 
Sylcia.       ich  sollt  emplinden  ?  nein  !  doch  wird  er  wieder  kommen  ? 
Galadice.  nun  ist  es  ausgemacht,  dein  herz  ist  eingenommen. 

3,  326 ; 

dein  herz  ist  kalt,  du  fühlst  nicht  unsre  freuden, 

du  hast  der  himmel  herlichkeft  gesehn, 

die  reine  brüst  bewegt  kein  irdisch  glück, 

0  könntest  du  ein  weib  sein  und  emplinden!   Sciiillkr  475"; 

ich  empfinde  nichts  für  ihn,  ich  liebe  ihn.nicht.  ich  empfinde 
für  die  schöne  natur,  habe  gefühl  für  sie. 

5)  etwas  wol  oder  übel,  hoch  empfinden  =^ aufnehmen  (1,606): 
diese  worte  cmpfund  der  könig  ganz  übel.  pers.  rosenth.i,l; 
so  empfund  auch  Til)erius  des  Asinii  Gaiii  unbesonnene  frage 
sehr  übel.  BiiTscnKV  Patni.  792;  AIcibiades  empfand  es  sehr 
hoch,  dasz  ihm  sein  anschlag  auf  die  junge  Danae  mislungen 
war.  WiEi-AND  3,  21^7 ;  er  argwohnte  dasz  — ,  war  aber  viel 
zu  sehr  mit  sich  und  seinen  absiebten  beschäftigt,  als  dasz 
er  es  hätte  übel  empfinden  sollen.    Götue  17, 162 ; 

bluten,  blumen  wol  empfunden 
bleiben  ewig  immortellcu.    4,  127. 

6)  sich  omptiuden  heiszl  was  sicli  fühlen,  in  der  alten  spräche 
wieder  gern  mit  dem  gen.:  was  soll  aber  ain  solich  mensch  It'in, 
der  sich  also  cmpfund?  Keisersr.  schifderpeniten:  8';  fieng 
das  volk  an  sein  selbs  zu  empfinden  und  zu  stolzieren.  Frank 
weltb.  163";  Nero  regiert  wol,  weil  (solange)  er  Senecam  vor 
äugen  und  die  mfilcr  an  der  band  hell,  er  empfand  aber 
immerzu  ie  mehr  und  mehr  sein  selbs.  chronik  21' ;  und  sie 
(die  fürslen)  sich  in  der  silberkammer  etwas  empfinden 
(merken,  dasz  ihr  schätz  wieder  bei  gelde  ist).  KiRCHHOf 
wendunm.  34'; 

ich  frag  des  nit,  thu  mir  das  kund, 

ob  dein  baucr  mag  haben  wind 

und  wie  er  sich  im  leib  emplind?    II.  Sachs  V,  355*; 

SO  aber  das  röhr  den  dritten  Iheil  oder  nicht  so  viel  geladen 
ist  und  sich  des  pulvers  empfindet,  so  hat  es  dannoch  den 
stein  oder  kugel  weit  zu  treiben.   Fhonsperg  kriegsb.  2,173'; 

0  sie  war  euch  zu  mächtig,  des  Jünglings  betende  seele, 
sie  empfand  sich  zu  sehr,  sich  von  der  Unsterblichkeit  hassern 
ihre  kröne  rauben  zu  lassen.    Messias  18,200; 

ihre  nachslcllungen  treiben  mich  endlich  aus  dem  geheiligten 
schulzorte,  wo  ich,  seitdem  ich  mich  selbst  empfand,  von 
bildern  der  götter  und  beiden  umgeben  mich  ein/ig  beschäf- 
tigt halte  ihnen  ähnlich  zu  werden.  Wielanü  1,53; 

wol  sei  ihm  doch,  wenn  er  sich  selbst  cmplindet! 
GöTHK  4,  103; 

mir  ist  aufgefallen,  dasz  in  einer  groszcn  Stadt,  in  einem 
weilen  kreis,  auch  der  ärmste,  der  gciingste  sich  empfindet, 
und  an  einem  kleinen  orte  der  beste,  der  reichste  sich  nicht 
fühlen,  nicht  athem  schöpfen  kann.  29,87;  dasz  wenn  wir 
uns  früher  an  den  gegenständen  empfanden,  freud  und  leid 
auf  sie  übertrugen,  wir  nunmehr  bei  gebändigler  selbstigkeit 
ihnen  das  gebührende  recht  widerfahren  lassen.  31,210;  das 
gcwahrwerdcti  der  moralischen  kraft,  die  im  glauben  ankert 
und  so  in  stolzer  Sicherheit  mitten  auf  den  wogen  sich  em- 
pfinden wird.  48,  29.  steht  ein  adj.  oder  parlicip  daneben,  so 
bestimmt  dieses  den  sinn :  stelle  diese  gründe  deiner  Vernunft 
vor,  so  wirst  du  dich  grösziich  getröstet  empfinden.  Butschky 
anzl.  890;  der  major  empfand  sich  zwiespältig.  Göthe  22, 115; 
empfand  er  sich  am  eigentlichen  behagen  verkürzt.    22, 107 ; 

wie  durch  ein  schöpferisches  werde! 

schnell  umgcstiinint  empfand  mein  wescn  sich.     UOrgrr  III*. 

£.  anempfinden,  aufempfinden,  ausempfinden,  durcheinpfinden, 
iniienipfinden,  nachempfinden,  voremplinden,  cnlfinden. 
EMI'FINDtN,  n.  sensus,  gefühl: 

dnn  niemand,  herr,  vermag  «o  wol  als  du 
mein  leiden  und  empliiideu, 
nui'h  meines  geists  und  herzens  angst,  unruh, 
noch  meines  feinds  list  und  lursaiz  ergrunden. 

^  Wkckiikkliii  im  : 

mein  cr»t  empfinden  war  des  himmeff  glück.     .ScHiLLit  39.V; 
0  mein  cmpliiidon  nennen  keine  worle.   498*. 

EMPFINDEND,  fühlend:  ist  es  nicht  so,  meine  emplindende 
Bella?  Schiller  145* ;  den  hoch  und  fein  empfindenden  priuzrn. 

GöTHK   14,  AI. 

KMI'FINDKR,   m.     immer   der   innige    rmpfinder,    nie   der 
tiefe   auidcnkcr.    Lavatb«  bei  COthc  4S,  152;    der  Itcfsle,    in- 


429 


EMPFL\DLER  —  EMPFINDLICH 


EMPINDLICH— EMPFns'DLICHKEIT        430 


nigste,  schnellste  empfinder,  ergreifer  Homers.  48, 153 ;  ich 
glaube,  dasz  der  inslinct  im  menschen  dem  geschlossenen  ur- 
theil  vorgreift  und  dasz  daher  manches  von  minder  gelehrten 
aber  dabei  genauen  empfindem  offenbart  sein  mag,  was  das 
geschlossene  raisonnement  noch  bis  jetzt  nicht  erreichen  und 
»erfolgen  kann.    Lichtenberg  1,  64. 

EMPFl.NDLER,  m.  siehe  emplindeln:  Tähnleinweise  zogen 
sie  hinab  nach  den  Wohnungen  des  orcus,  schäfer  und  barden 
und  empfindler  und  kritler.  Sturz  l,  212 ;  ob  das  ihrem  ver- 
schlossenen gemüle  nicht  schünsprache  des  emptindlers  dünke. 
Dyanasore  1,  304 ;  der  falsche  spötter  wird  uns  mit  seinen 
ansprächen  auf  überhebung  viel  widerlicher  als  der  falsche 
emphndler  mit  seinen  bescheidenen  auf  erweichung.  J.  P. 
aestli.  1. 169. 

EMPFLNDLERIN,  f.  sie  werden  eine  buhlerin  suchen  und 
eine  empfindlerin  finden.    Scbiller  147'. 

EMPFINDLICH,  sensibilis,  dehnt,  gleich  dem  lateinischen 
vort,  sich  in  passive  und  aciive  bedeulung,  galt  ehmals  mehr 
von  Sachen,  später  mehr  von  personen. 

1)  pereipibilis,  franz.  perceptible,  was  in  die  äugen,  in 
die  sinne  fällt:  emphintlich  experimenlalis.  Diefe.sbach  218'; 
wie  wol  ich  und  jederman  sich  billich  soll  verwundern, 
dasz  man  diesen  artikel  nicht  für  die  allergewisseste,  em- 
pündlichste  warheit  hell.  Luther  1,  405';  pferd  und  meuler 
sind  nicht  geschaffen,  dasz  sie  selten  begreifen  die  ding,  die 
nicht  empfindlich  sind.  3,  7;  wiederumb  diese  leibliche  ge- 
meinschaft  kan  nicht  sichtbarlich  noch  empfindlich  sein.  3,  74; 
Christus  habe  nie  kein  zeichen  gethan  es  sei  denn  sichtbar- 
lich oder  empfindlich  da  gestanden.  3,  5ö0*;  mein  fleisch  wird 
wesentlich,  leiblich,  empfindlich,  mündlich,  fleischlich  unter 
der  gestalt  des  brots  genommen  und  gegessen.  Fischart 
bienenk.  80*;  man  könnte  einwenden,  dasz  an  diesem  Her- 
kules die  theile  vielleicht  nicht  empfindlicher  und  schwül- 
stiger als  an  dem  farnesischen  vorgestellt  worden.  Wiskel- 
iiANs  3, 197 ;  dasz  sich  die  Verbesserung  der  kunst  mit  einem 
starken  ausdrucke  und  mit  einer  empfindlichen  andeutung 
der  theile  an  ihren  figuren  angefangen  habe.  3, 21S ;  eine 
empfindliche  andeutung  der  gelenke  und  muskeln.  3,  219 ; 
um  den  gesuchten  ausdruck  und  die  empfindliche  andeutung 
zu  erhalten.  3,221;  des  Anaxagoras  sonne,  welche  die  schüler 
wie  ihre  meister  für  einen  stein  hielten,  wider  alle  empfind- 
liche augenscheinlichkeit.  3,  418 ;  da  nun  die  weisze  färbe 
diejenige  ist,  welche  die  mehresten  lichtstralen  zurückschicket, 
folglich  sich  empfindlicher  machet.  4,  49 ;  die  besten  ausgaben 
des  Boileau,  des  Pope  beweisen,  dasz  die  schönsten  stellen 
durch  historische  erläuterungen  allererst  empfindlich  werden 
und  ein  vollkommenes  licht  gewinnen.  Hagedor.x  1,  viii;  alle 
einfalle  bekommen,  wenn  mit  der  natürlichen  artigkeit  der- 
selben noch  die  harmonie  des  sylbenmaszes  verknüpft  ist, 
einen  besseren  nachdruck  und  eine  viel  empfindlichere  an- 
nehralichkeil.  J.  E.  Schlecei.  3,  80 ;  die  erderschütterung,  die 
im  Innern  des  landes  nicht  empfindlich  war.  Käst  9,  41 ;  die 
kenntlichkeit  der  einzelnen  slerne  ist  sogar  dem  sehrohre 
nicht  mehr  empfindlich.  8,  257  (a.  1755).  empfindliche  kälte, 
heftige,  fühlbare. 

2)  fühlend,  zärtlich,  empfänglicli :  da  nun  das  wenige,  mehr 
oder  geringer,  den  unterschied  unter  künstlern  machet  und 
das  wenige  unmerkliche  ein  Vorwurf  denkender,  empfindlicher 
geschöpfe  ist.  WintEi.MAxx  1,243;  jeder  wer  eine  empfind- 
liche Seele  besitzt.  Lessing  3, 138;  und  wenn  mich  alle  Orakel 
für  den  weisesten  erklärt  hätten,  wäre  es  möglich  ich  würde 
den  rühm  des  empfindlichsten  mit  verlust  aller  meiner  Weis- 
heit dafür  eintauschen.  3,303;  er  war  ein  dichter,  kein  wun- 
der dasz  er  gegen  die  Schönheit  ein  wenig  zu  empfindlich 
war.  6,  285;  durch  beide  {geselze  und  silien)  sind  die  ge- 
müther  milder,  sanfter  und  gegen  pflicht  und  anstand  em- 
pfindlich geworden.    Gabve  Cic.  de  off.  1,135; 

Cednr  von  sanfiera  herzen  und  gleirh  nrnpHndlich  der  frcude 
und  der  traungkeit.  Uessins  15,419; 

das  weib  ist  empfindlich,  der  mann  empfindsam.  Kant  10,  345; 
er  überliesz  sich  der  begeislerung,  in  welche  dieses  raaje- 
siatisclie  Schauspiel  empfindliche  Seelen  zu  setzen  pflegt. 
Wieland  1,27;  niemals  hatte  ihn  ein  weibliches  äuge  erblickt 
ohne  die  schuld  ihres  geschlechu  zu  bezahlen,  welches  für 
die  Schönheit  so  empfindlich  gemacht  zu  sein  scheint.  1,  31 ; 
ergieszungen  eines  für  ihn  allein  empfindlichen  berzens.  2. 1S5 ; 
Sebaldus   kam    dadurch   in   einen   stand   der  ruhe,   der  ihn 


wieder  zum  genusse  des  lebens  empfindlich  machte.  Nicolais 
liothanker  3,  83 ; 

der  liebe  tändeleien, 
die  ein  empfindlich  herz,  so  klein  sie  sind  erfreuen. 

GöTBC  7,  7; 
es  ist  ein  närrisch  ding  um  ein  empfindlieh  herz.  7,64; 
bei  deinem  lebhaften,  empfindlichen  character.  10,  93 ;  dabei 
ist  sie  für  alles  schöne,  wahre,  zarte  empfindlich  und  un- 
glaublich bescheiden.  29,  39 ;  nie  waren  sie  für  ihre  Verfas- 
sung empfindlicher  gewesen.  Schiller  784";  wenig  empfind- 
lich für  den  wahren  rühm,  lieszen  sie  ihren  ehrgciz  entschei- 
den. 809';  der  herzlose,  für  den  rühm  allein  empfindliche 
Conde.    997'; 

wer  gegen  geld  und  Schmeichelei 
und  adelsbrier  und  Ordensbänder 
und  pferd  und  wagen  und  gewander 
empfindHch  ist,  ist  niemals  TreS.    Gökingk1,35; 

von  jeher  bin  ich  für  schöne  natur  empfindlich  gewesen  {habe 
dafür  empfunden).  Tieg»  9,  275.  Klopstock  setzt  dazu  noch 
den  alten  gen.,  die  andern  gegen  und  für. 

3)  dies  empfindlich  steigert  sich  aber  zu  reizbar,  irrilabilis, 
stomachosus  und  in  einzelnen  der  eben  angezognen  belege  mag 
schon  ein  solcher  Übergang  stattfinden:  er  ist  ein  empfind- 
licher, zu  Unlust  und  zom  geneigter  mann ;  du  bist  aber  auch 
empfindlich,  tcas  man  thue  reizt,  verletzt  dich,  bringt  dich  auf. 
ich  freue  mich  die  beispiele  vermehren  zu  können,  welche 
die    furcht   vor   Verleumdungen    einem   empfindlichen   geiste 

^minder  schrecklich  machen,  dessen  stärkste  triebfeder  die 
ehre  ist.  Lessing  8,  380.     empfindlich,  zornhaft.  Rädlein  236'. 

4)  empfindlich,  von  Sachen  gebraucht,  ist  auch  blosz  das, 
vas  empfunden  tcird,  «ol  oder  übel, 

a)  ich  verursache  ihm  damit  eine  empfindliche  freude  (une 
joie  sensible);  dasz  ihnen  der  zweite  theil  von  Sebaldus  Noth- 
anker  nicht  minder  gefallen  hat,  als  der  erste,  macht  mir 
empfindliches  vergnügen.    Nicolai  bei  Merk  1,  73. 

b)  eine  empfindliche,  schmerzhafte  botschaft;  wie  sehr  dies 
Julien  empfindlich  gefallen.  Bodes  Tristr.  Sh.  4, 69 ;  deiner 
Schwester  fällt  der  tod  ihres  mannes  sehr  empfindlich,  sie 
wird  auch  einsehen  lernen,  dasz  er  zu  ihrem  glück  gestorben 
sei.  Güthe  an  fr.  von  Stein  3,  308.     ein  empfindlicher  verlust. 

EMPFINDLICH,  adv.   sejisibililer. 

1)  ßhlbar,  merkbar:  daraus  werden  rechte  Christen,  die 
Christum  erkennen  und  empfindlich  schmecken.  LcthebI,  8i'; 

ein  kus,  es  is4  wol  wahr,  von  schön  und  kleinen  munden 

ihut  oft  erapliudlich  wol.  Gdktbkk  445; 

des  Cleons  spanisch  röhr,  der  rächer  seiner  ehre. 

gab  einem  läslerer  emplindlieh  unierricht.    Hxcedorn  1,94; 

an  den  colossalischen  köpfen  ist  dieser  schwung  noch  deut- 
licher gezogen  und  empfindlicher  angegeben.  Winkelmans 
4,  203;  meine  freunde  können  mir  niemals  empfindlicher 
schmeicheln,  als  wenn  sie  meinem  alten  vater  in  seiner  schlech- 
ten kleidung  eben  die  achtung  bezeigen,  die  man  einem  an- 
gesehenen greise  von  stände  schuldig  ist.  Rabener  3,  283 ; 
von  meiner  kindheit  an  konnte  man  mir  nicht  empfindlicher 
schmeicheln,  als  wenn  man  mich  im  scherze  kleines  fräulein 
hiesz.    3,  332 ; 

sie  scherzt  empfindlich  und  doch  fein.    Lissing  1,  75. 

2)  gereizt,  bitter,  acerbe:  er  antwortete  empfindlich. 
EMPFLNDLICHKEIT,  f.  sensus.  Maaler  1«2".   mhd.  icb.  3,319*. 

1)  wahrnehmbarkeit:  durch  das  angesicht  wird  die  gegen- 
wertigkeit  in  der  schrift  bedeutet  oder  die  empfindlichkeit 
eines  dings.  Luther  1,  2o';  auch  wirt  die  erkcntnus  der  ver- 
dampten  eigentlich  nit  ein  glaub  genennet,  sonder  es  ist  ein 
erfarenheit  und  empfintlichkeit  der  pein.  .Meunchth.  l  Cor.  12 ; 

dises  leids  emplindlicbkeii  zu  singen.    Wecehkilin  603. 

2)  gefuhl,  empfdnglichkeit,  zärtliche  empfindung :  du  empfin- 
dest das,  dasz  du  mer  liebe  hast  in  deinem  herzen  und  dein 
herz  me  berürt  etwan  ein  hündlin,  oder  ein  üpfel  oder  ein 
ander  ciain  ding,  wann  aber  ein  seniliche  empfintlichkeit 
gegen  got  wer,  so  werest  du  dester  besser.  Keisersbebg  omeis 
75' ;  als  wir  lesen,  was  ein  jiinkfraw,  die  auf  ein  zeit  in 
irem  gebet  was.  und  on  iren  anschlag  und  fürnemen  kam 
ein  semliche  Inbrunst  und  liebe  in  der  empfintlichkeit  zu  got, 
das  ir  das  herz  zersprang.  75';  was  bistu  für  eine  art  von 
menschen,  dasz  du  keine  empfindlichkeit  der  liebe  durch  so 
fröhlichen  gesang  bekommest,  pers.  roscnth.  2,  24 ;  es  stehet 
nun  bei  ew.  maj.,  was  die  gesamten  anvenvandten  vor  eine 
empfindlichkeit  aus  diesem  todesfalle  tragen  (welche  gefühle 
sie  an  den  tag  legen)  sollen.  Weise  freim.  redner  595;   eine 


431 


EMPFINDUNG  —  EMPFINDSAM 


EMPFINDSAMKEIT  —  EMPFINDUNG        432 


glückliche  emprindlichkeit  entwickelte  frübzcitig  alle  krüfle 
seiner  seele.  Wieland  7, 151;  seine  zuneignng,  seine  empfinil- 
liclikeit  breitet  sich  über  die  ganze  nalur  aus.  13,  129;  da 
ich  meinen  adel  in  der  empfindlicbkeit  meines  hcrzens  suche. 
J.  E.  Schlegel  5,  229 ;  der  einfail  vergnügte  unsern  witz,  aber 
die  ausführung  des  einfalls  empört  unsere  ganze  empfind- 
lichkeil  (unser  gefühl).  Lessing  7, 161.  'ohne  empfindlicbkeit 
liegen'  heiszl  bei  Ettner  unw.  doct.  224  ohne  lebenszeichen, 
übne  empfindung,  wie  wir  heute  sagen. 

3)  wieder  übergehend  in  reizbarkeil:  auch  derjenige,  dem 
allbereit  die  hitze  vergangen  und  die  empfindlicbkeit  abge- 
leget,  hätte  durch  ihre  gesellscbaft  müssen  zur  liebe  wieder 
angezündet  werden,  pers.  rosenthal  2,  28 ;  hier  kamen  mir 
jene  Übungen  gut  zu  stalten,  durch  die  ich  meine  empfind- 
licbkeit abzustumpfen  versucht  hatte,  ich  konnte  der  (chirur- 
gischen) Operation  beiwohnen.    Göthe  25,  299. 

EMPFINDUNG,  m.  was  empfindler:  der  nicht,  wie  viele 
unserer  heutigen  empfindlinge,  mit  verzerrtem  weinerlich  aus- 
sehn sollenden  gesiebte,  achselzuckend  und  ein  fruchtloses 
lamentabile  intonierend  da  stand,  sondern  stracks  bereit  war 
kräftige  hülfe  zu  leisten.    Siegfr.  von  Lmdenb.  4,  2ü0. 

EMPFINDI.OS,  ohne  empßndting.    Rädlein  236'. 

EMPFINDNIS,  f.  sensus,  empßndung:  so  es  in  der  seilen 
stech,  so  musz  es  in  der  lungen  sein,  so  die  empfindnus 
lege  in  den  regionibus  der  lebern,  so  musz  (cital  abhanden); 
darumb  auch  die  lerer  sagen,  die  theologei  sei  mer  ein  er- 
farung  und  empfindnus,  dann  ein  kunst.  Frank  parad.  142'; 
götzen  oder  bihler  die  kein  empfindnus  habend,  sensu  cassa 
simulacra.  Maaler  102";  sie  erstaunte  darüber,  dasz  ihr  {in 
dem  jetzt  wieder  gelesenen  buche)  so  viel  bilder  belebt,  so 
viel  klagen  herzrührend,  so  viel  empfindnisse  aus  der  seele 
herausgezogen  zu  sein  schienen,  über  die  sie  vorher  wegge- 
lesen hatte.  Nicolai  Seb.  Noth.  i,  196 ;  welche  gattung  von 
empfindnissen  ich  werde  wählen  müssen  ...  zorn?  sorge? 
gram?  furcht?  Schiller  113*;  es  ist  aber  dergestalt  geordnet, 
dasz  der  mangel  an  sprachen,  Verbindungen  und  bekannt- 
schaften  u.  s.  w.  so  vielerlei  bindernisse  sind,  unsre  empfind- 
nisse auszer  unsrer  sphäre  mitzutheilen,  dasz  sie  oft  eine 
völlige  Unmöglichkeit  ausmachen.   Yorilis  empfinds.  reise  1,  20. 

E.MPFINÜSAM,  mollis,  facile  moUiores  sensus  concipiens, 
zum  erstenmal  gebraucht  von  Bode,  der  in  der  vorrede  zu 
Yoricks  empfindsamer  reise  (1768)  erzählt,  dasz  Lessing  es 
ihm  als  Übersetzung  von  sentimental  empfohlen  habe.  Lessings 
etijne  worte  ebendaselbst  lauten:  'es  kömmt  darauf  an,  wort 
durch  wort  zu  übersetzen,  nicht  eines  durch  mehrere  zu  um- 
schreiben, bemerken  sie  sodann  dasz  sentimental  ein  neues 
\»ort  ist.  war  es  Sterne  erlaubt  sich  ein  neues  wort  zu  bil- 
den, so  musz  es  eben  darum  auch  seinem  Übersetzer  erlaubt 
sein,  die  Englander  hatten  gar  kein  adjectivum  von  sentiment, 
wir  haben  von  empfindung  mehr  als  eines,  empfindlich,  em- 
pfindbar, empfindungsreich,  aber  diese  sagen  alle  etwas  an- 
ders, wagen  sie  empfindsam!  wenn  eine  mühsamereise 
eine  reise  heiszt,  bei  der  viel  mühe  ist,  so  kann  ja  auch 
eine  empfindsame  reise  eine  reise  heiszen,-  bei  der  viel  em- 
pfindung war,  ich  will  nicht  sagen,  dasz  sie  die  analogic  ganz 
auf  ihrer  seile  haben  dürften,  aber  was  die  lescr  vors  erste 
bei  dem  v\ürte  noch  nicht  denken,  mögen  sie  sich  nach  und 
nach  dabei  zu  denken  gewöhnen',  die  Franzosen  haben  sen- 
timental aus  dem  engl,  übernommen,  nnl.  sagt  man  senliinen- 
tcel,  scliw.  kilnslosam,  isl.  tilfinningasamr,  beides  nach  unserm 
empfindsam,  das  sich  schnell  einführte  und  von  Adelung  (1774) 
aufgenommen  wurde:  edle  handlungen,  mit  welchen  unsere 
empfindsamen  Schriften  so  viel  um  sich  werfen.  Kant  4,  279 ; 
das  weih  ist  empfindlich,  der  mann  empfindsam.  10, 345 ; 
die  mühe,  die  sie  {die  ellcrn)  anwenden,  die  ihrigen  gegen 
das  glück  eines  guten  namens  empfindsam  zu  machen,  damit 
•ie  alles  was  demselben  schädlich  ist,  sorgfältig  vermeiden 
rnßgen.  Gellertt  leben  vnn  J.  A.  (-rakkr  (1774)  s.  H;  sein  gegen 
»eine  freunde  so  empfindsames  herz.  i.  93;  die  süszen  träume 
Ton  bessern  weiten,  in  welche  sich  einpfindsatiie  secU-n  so 
gerne  zu  wiegen  pflegen.  VVieland  I,  274  {A'jathon  nach  auig.  2 
toninz);  die  spiele  der  empfindsamen  Jugend.  Götz  yed.  2, 118; 

auf  das  empHndtame  volk  bal>  ich  nie  wn»  gcli.-ibon. 
tiöTlIK  1,4U2; 

der  cmpflndsaiD^te  mann  von  allen  männem.  14,  IS;  mein 
print  ixt  »on  so  zärtlichen,  ituizerst  einpfindsnmeii  nerven. 
14, 18 ;  die  vorzUglicbslcn  glückscligkeiteii  eniplindsamer  seelen. 
II,  31 ;   alle  manierea  einer  sieb  empfindsam  ziereinlm  fräii- 


lein.  16,  255 ;  suchte  wenigstens  seine  tafel  von  der  empfind- 
samen würze  frei  zu  halten.  26,184;  der  erste  zum  bedürf- 
nis  empfindsame  mensch.  39,342;  er  halte  sich  mit  einem 
zärtlichen,  frommen,  empfindsamen,  aber  dabei  kränklichen 
mädchen  verlobt.  Stillincs  Wanderschaft  s.  111;  so  war  er 
doch  kein  empfindsamer  böte.  s.  14 ;  unsere  lieben  unmün- 
digen und  mancher  mündige  haben  sich  so  herzlich  in  das 
wort  empfindsam  verliebt,  dasz  sies  mit  empfindend,  welches 
sich  zu  jenem  wie  suhject  zum  object  verhält,  venvecbseln, 
dasz  sie  von  empfindsamen  seelen  schwatzen  wie  sprachkun- 
dige leute  von  empfindsamen  begebenheiten.  Siegfr.  von  Lm- 
denb. 4,  231 ;  die  fürstin  hatte  das  empfindsame  gesiebt  mit 
der  reisekleidung  weggelegt.  J.  P.  Hcsp.  2,  44 ;  das  kann  ich 
nicht  von  dir  leiden,  dasz  du  die  nachte  verschreibst  und 
nicht  verschläfst,  das  macht  dich  melancholisch  und  empfind- 
sam. Bettine  br.  1,53;  ich  bab  grad  keinen  empfindsamen 
respect  vor  der  natur.   1,  58. 

E.MPFINDSAMKEIT,  f  so  wie  die  rechte  seile  vor  der 
linken  den  vortbcil  der  bewegkraft  bat,  so  hat  die  linke  ihn 
vor  der  rechten  in  ansebung  der  empfindsamkeit.  Kant  3, 119; 
empfindsamkeit  ist  ein  vermögen  oder  eine  stärke,  den  zu- 
stand sowol  der  lust  als  der  unlust  zuzulassen,  oder  auch  vom 
gemüthe  abzuhalten,  dagegen  ist  empfindelei  eine  schwäche. 
10,  255 ;  die  empfindungsfäbigkeit  aus  stärke  (sensibilitas 
stbenica)  kann  man  zarte  empfindsamkeit,  die  aus  schwäche 
des  subjects  dem  eindringen  der  sinneneinflüsse  nicht  hin- 
reichend widerstehen  zu  können,  zärtliche  empfindsamkeit 
nennen.  10,159;  in  dingen,  die  eine  geübte  empfindsamkeit 
erfordern.  Wieland  13,  245;  triumph  der  empfindsamkeit. 
Göthe  14,  wo  das  wort  öfter,  s.  57  empfindsamkeiten  vor- 
kommt; und  seine  kräfle  in  lugend,  wolthätigkeit,  empfind- 
samkeit zerfiieszcn.  33,  29 ;  da  mag  sie  {die  kunst)  aus  rauher 
Wildheit  oder  gebildeter  empfindsamkeit  geboren  werden,  sie 
ist  ganz  und  lebendig.  39,  349 ;  du  scheinst  jetzo  zufriedner 
mit  dir  zu  sein,  wolklang,  wie  du  warst,  als  du  dich  deines 
Verlustes,  nur  nicht  mit  empfindsamkeit,  erinnertest.  Klopstock 
gramm.  gespr.  101;  meine  hypochondrische  empfindsamkeit 
geht  sehr  weit.    Lichtenberg  7,  310. 

EMPFINDSAMKEITSKRANKHEIT,  f.  als  der  dichter  den 
Werther  geschrieben,  um  sich  wenigstens  persönlich  von  der 
damals  berschenden  empfindsamkeitskrankheil  zu  befreien. 
Göthe  45,  318. 

EMPFINDSELIG:  der  persiflierende  kältling  trägt  nur  den 
umgekehrten  mangel  des  empfindseligen  zur  schau.  J.  P.  aetth. 
1, 171. 

EMPFINDUNG,  f  sensus,  steht  zwar  schon  bei  Stieler  484, 
nicht  bei  Henisch,  ist  aber  doch  erst  in  der  zweiten  hdlße  des 
vorigen  jh.  recht  in  gang  gekommen  und  von  gefühl  wie  em- 
pfinden von  fühlen  zu  unterscheiden,  in  empfindung  liegt  etwas 
geistiges,  was  dem  sinnlichen  gefühl  abgeht,  die  empfindung 
ist  subjectiver,  das  gefühl  ohjectiver;  oft  aber  sind  beide  wörler 
gleichviel,  er  liegt  da  ohne  empfindung,  hat  keine  empfin- 
dung mehr;  die  empfindung  des  licbts,  des  Schmerzes;  eine 
stärkere  empfindung  verdunkelt  die  geringere;  er  ist  voll 
lebhafter  emplindungen,  kann  seine  empfindungcn  nicht  ver- 
bergen; es  ist  eine  angenehme,  unangenehme  empfindung; 
er  spricht,  liest  mit  empfindung; 

mir  ^.ib  die  nalur  cinpllnchmg  zur  lugend, 
aber  miichiltfor  war,  die  sie  zur  liebe  mir  gab. 
Klupntock  I,  20; 

das  homerische  xaja  yQt'ra  xal  xaTa  d'vfwv  hat  Voss  ver- 
deutscht 

in  des  bcrzens  geist  und  empfindung. 

n.  1,193.  4, 163.  5,677  u.«.».. • 

alle  tboriieiten  dieser  abgescbinarklen  gerken  auszustehen, 
welche  die  sprnrbc  der  empfimliing  reden  wollen  und  nirhts 
fühlen.  Wieland  1,183;  unsre  iieiligen  emplindungen.  (lörnt 
14,18;  die  zärtlicbsfe  emplimliing  in  einer  laube.  14,19;  der 
mann,  dessen  liebe  ganz  in  geistigen  einpfindungen  srbwebl. 
14,  03;  von  der  feinsten  empfindung,  dem  schärfsten  wilze. 
10,  13;  ich  sasz  ganz  in  mahleriscbc  empfindung  vertieft. 
10,19;  noch  nie  war  meine  empfindung  on  der  nalur  rollrr 
und  inniger.  1«,  57  ;  die  einpfinilungrn  die  mein  herz  lieslümien. 
Ifi,  81 ;  welch  eine  bimmlisrbe  em|ifindung  isl  es  seinem  her/en 
zu  folgen.  20,00;  sie  sprach  gut  tmd  wusir  dem  was  M' 
durch  empfindung  immer  lieileiiiung  t\\  geben.  Jfi,  is;. 
empfindung  läs/.t  »ich  nicht  besrhieilnn.  Stillincs  «.i»/if- 
tchnß  71;    er   versank    ganz  von  empfindung.    t.  126;    vnler, 


433       EMPFINDÜNGSBEZEUGUNG  —  EMPOR 

ihre  gnade  entflammt  meine  ganze  empfindung.  Schiller  187'; 
welche  spraclie  wirst  du  jetzt  führen,  empfindung?  auch 
coquetten  sinken  in  ohnmacht.  201*;  das  fräulein  war  schön 
und  zur  empfindung  geschafifen.  "Ol';  die  härte,  womit  man 
jetzt  und  immer  gegen  die  Protestanten  verfahren,  habe  schon 
längst  seine  empfindung  empört.  848";  die- Wirkung  eines  ge- 
genständes auf  die  vorsteüungsfahigfceit,  sofern  wir  von  dem- 
selben afficiert  werden,  ist  empfindung.  Kant  2, 59 ;  wenn 
eine  bestimmung  des  gefühls  der  lust  oder  unlust  empfin- 
dung genannt  wird,  so  bedeutet  dieser  ausdruck  etwas  ganz 
anderes  als  wenn  ich  die  Vorstellung  einer  sache  (durch  die 
sinne)  nenne,  denn  im  letzteren  falle  wird  die  Vorstellung 
auf  das  object,  im  ersteren  aber  lediglich  auf  das  subject 
bezogen  und  dient  zu  gar  keinem  erkenntnisse.  7, 47 ;  die 
empfindung  der  eigenen  unwürdigkeit.  8,  222 ;  die  abgeleitete 
beziehung  heiszt  empfindung,  gleichsam  insichündung.  nur 
das  fremdartige  wird  gefunden,  das  ursprünglich  im  ich  ge- 
setzte ist  immer  da.  Fichte  grundlinien  349 ;  keine  leute  sind 
eingebildeter  als  die  beschreiber  ihrer  empfindungen^  Lich- 
TENBEBG  1,  164;  uuserc  höchsten  empfindungen  sind  gleich 
den  Paradiesvögeln,  die  sich  selten  mehr  vom  boden  erhe- 
ben, so  bald  sie  auf  ihn  gesunken  sind.    J.  P.  jubeis.  28. 

EMPFINDUNGSBEZEUGUNG,  /.  unsre  dramatischen  dichter 
und  romanschreiber  erzählen  uns  nichts  als  empfindungsbe- 
zeugungen.    Lichtenberg. 

EMPFiNDUNGSDRANG,  m. 

E.MPFINDUNGSFÄHIGREIT,  f.  Garve  xu  Cic  de  off.  1  *.  307. 
314  327.  2, 122. 

EMPFINDUNGSFÜLLE,  f. 

zieht  sich  auch  meiner  brüst  emptindungsfülle 
einsam  zurück  vom  laui  umrauschien  läge. 

WiLH.  vo:i  HuiBOLDT  Werke  C,  617. 

EMPFINDÜNGSGERECHT :  die  ganze  nachricht  macht  uns 
Ton  ferne  argwöhnisch  gegen  den  mann,  der  Lessingen  so 
gern  etwas  unterschob,  was  ihm  selbst  empfindungsgerecht 
war.    Gervinds  neuere  nat.  literalur  (1849)  1,  329. 

E.MPFINDUNGSGRILLE,  f. 

was  sonst  die  brüst  mit  lust  und  schmen  dnrcbdriDget, 

sind  süsz  und  eigen  nur  empfindungsgrillea. 

WllH.  VOfI  HCIBOLDT  7,  455. 

EMPFINDUNGSKRÄFT,  /.    Garve  zu  Cic.  off.  2,  28. 

EMPFINDUNGSLALT,  m.  brauchen  einige  für  interjeelion. 

EMPFINDUNGSLOS,  sensu  vacans:  unsere  empfindungslose 
lebensart  erstickt  das  genie,  wenn,  die  sänger  freier  Zeiten 
es  nicht  erwärmen.    Göthe  33,  36 ; 

eropfindungslose  herzen.    Gotter  1,  3S4. 

EMPFINDUNGSVERMÖGEN,  n.  was  empfindungskraft. 

EMPFINDUNGSVOLL:  ich  habe  dieser  danie  so  viel  von 
ihren  geistreichen  und  empfindungsvollen  stücken  erzählt. 
GöTUE   IS.  264. 

EMPFINDUNGSWEISE,  f. 

EMPFINDUNGSWERKZEUG,  n.  die  Zerrüttung  der  empfin- 
dung^werkzeuge.    Wieland  6, 126. 

EMPFINDUNGSWTRTH:  echt  ästhetisch  didactisch  könnte 
man  sein,  wenn  man  mit  seinen  schüIern  an  allein  empfin- 
dungswerthen  vorüber  gienge  oder  es  ihnen  zubrächte  im 
moment,  wo  es  culminiert  und  sie  höchst  empfanglich  sind. 
Göthe  49,  86. 

EMPFINDUNGSZWECK,  m.  mathematische  bestimmungen 
des  Organs  werden  kennen  gelernt  und  zu  empfindungs-  und 
schilnhpjtszwecken  gebraucht.    Gütbe  44,  2S5. 

EMPFLIEHEN,  s.  entfliehen. 

EMPFREMDEN,  s.  entfremden. 

EMPINDEN,  s.  entbinden. 

EMPLÖSZEN,  s.  entblöszen. 

EMPOR,  in  allum,  in  allo,  sursum,  entspringt  aus  ahd.  in  por, 
in  pora,  mhd.  en  bor  d.  h.  dem  acc.  oder  auch  dat.  des  subst.  bor 
fastigium,  summilas  (2,  238),  und  das  alle  p  blieb  durch  den 
engen  anschlusi  an  die  praep.,  wobei  sich  auch  n  in  m  wan- 
deile, geschützt,  dies  empor  kann  nun  zwar  als  ausruf,  ohne 
verbum,  begegnen,  t.  b.  wenn  es  heiszt  em]toTl  empor  die  äugen  I 
die  hiindel,  wozu  jedoch  immer  ein  pari,  geschaut,  gerichtet, 
gehoben  ergänzt  werden  mag,  mit  empor  bilden  sich,  wie 
mit  daher,  dahin,  einher,  einhin,  heran,  berauf  «.  s.  w.  eine 
menge  ttneig entlicher,  um  des  lonvotlen  o  willen  von  den  dich- 
tem gesuchter  Verbalzusammensetzungen,  die  nicht  erschöpfend 
verzeichnet  werden  können,  es  kommt  darauf  an  die  gangbarsten 
und  eingewohnteslen  zu  übersehen,  früher  galt  die  partikel  noch 
III. 


EMPOR—  EMPORDRÄNGEN 


434 


ßr  los,  wie  sie  sich  auch  heule,  gleich  den  meisten  übrigen 
Partikeln,  in  directer  rede  {gramm.  2,  879)  abtrennt,  da,  «pö 
noch  andere  Wörter  mehr  hinzu  treten,  die  sich  doch  der  com- 
position  nicht  einverleiben  lassen,  wird  die  partikel  fühlbarer 
vom  verbum  abstehen,  z.  b.  unsere  fahne  weht  hoch  empor, 
das  banner  hoch  empor  halten,  wie  mhd. 

wahter  du  hüet  höh  enbor!    MS.  1,90»; 

ein  garbe  stuont  üfreht  enbor.    Rudolfs  weltchr.; 

oder  bei  Logaü  2, 108, 47 : 

mancher  meinet,  ehr  und  würde  scheine  nicht  an  ihm  hervor, 
wann  sie  nicht  steh  ausgestellet  auf  der  hoffart  berg  empor; 

oder  bei  Opitz  ps.  104,  2 : 

das  Wasser  ist  an  des  geiäfels  statt, 
das  er  empor  umb  seine  kammern  hat. 

die  ironische  Verwendung  des  mhd.  enbor  ror  adjecliven  (mhd. 
wb.  1, 150. 151)  ist  ganz  ausgestorben,  im  16.  17  jh.  steht  oft 
fehlerhaß  entpor  geschrieben. 

EMPOR,  n.  und  f.,  der  höhere  sitz,  das  vorhergehende  adv. 
substantivisch  genommen:  oben  auf  dem  empor  in  der  kirche. 
Auerbach  dorfgesch.  1,  345  (326) ;  beim  tiers  etat  ists  leicht  dahin 
zu  bringen,  dasz  sie  auf  jedem  stuhl,  auf  jeder  empor  ent- 
schlafen. J.  P.  uns.  löge  3,  SO ;  in  meiner  empor  in  der  kirche. 
teufelsp.  t,  140;  von  jeder  empor  schauten  weiberköpfchen 
herab.  Nepom.  kirche  121;  ich  gestand,  ich  hätte  mich  leicht 
in  meiner  betteempor  erhalten,    biogr.  bei.  1, 146. 

EMPORARBEITEN,  sich,  in  die  höhe,  zu  einer  höheren  stufe 
hinaufarbeiten:  noch  nicht  zur  völligen  meistersebaft  empor- 
gearbeitet.   Göthe. 

EMPORBAUEN,  in  altum  aedificare. 
EMPORBÄUMEN,    sursum   erigere,    aufbäumen:    die    rosse 
bäumten  sich  empor. 

EMPORBEBEN,  wie  emporzittem: 
dasz  die  wehmul  mir  emporbebt  in  dem  anklang  der  empfindung. 

VOSS. 
EMPORBLÄHEN, 

dann  auch  die  decke, 
die  von  elastischen  dunen  des  polannistenden  eiders 
luftig  empor  aus  der  enge  sich  blähete. 

Luise  a.  l.  h.  199  (3,2,605). 
EMPORBLASEN,   tn   die  höhe  blasen:  der  wind  bläst  das 
dürre  laub  empor;  federn  emporblasen,  in  die  luft  blasen. 

EMPORBLEIBEN,  sublimem  ferri,  oben  bleiben:  viele  ertran- 
ken,  einer   blieb  noch  lange  empor,     figürlich,    tn  ehre  und 
anseheti  bleiben. 
EMPORBLICKEN,  oeulos  tollere.    Götter  3,535. 
EMPORBLÜHEN,  surgere,  efflorescere: 
ein  höfling,  der  die  pbaniasien 
von  ihrer  laun  erforscht,  und  listig  sie  gewitfnt, 
wird  schnell  durch  sie  empor  zum  günstling  blühen. 
GÖKIMGK  l,l62. 

EMPORBRAUSEN,  effervescfire:  das  emporbrausende  christas- 
leere christenthum.    Lavater  bei  Göthe  33,  98. 

EMPORBRECHEN :  dasz  die  efeuranken  mit  ihrer  umbwin- 
dung  sich  emporbrechen.    Lohenst.  Arm.  2,  75L 

EMPORBRINGEN,  inducere,  aufbringen:  einen  empor,  in 
die  höhe  bringen ; 

wein,  den  die  bosheit  ausgedacht, 

des  Wassers  rühm  emporzubringen.    Hagedorn  3,  46. 

EMPORBRÜLLEN,  magna  voce  rlamare,  außrüllen. 

der  ebrne  kriegsgott  aber  brüllt  empor.    Bcscrr  168'. 

EMPORBCRGEN,  was  emporbauen: 

uralt  müsie  man  gestehen 

sei  das  hier  emporgebürgte, 

hätten  wir  nicht  selbst  gesehen 

wie  sichs  aus  dem  boden  würgte.    Göthe  41, 13S. 

richtiger  schiene  ohne  umlaut  emporburgen,  wie  burigen  2, 537. 
EMPORDAMPFEN,  exhalari. 

EMPORDANKEN,  diis  graliam  referre,  dem  Himmel  danken : 
entzückt  dankt  er  empor.    Wieland. 

EMPORDONNERN: 
es  donnert  aus  dem  schlummer  mich  empor.    Schiller  ... 

EMPORDRANG,  m.  impetus :  er  wäre  mit  brausendem  empor- 
drang hingekommen.    Stilli<(C  358. 

EMPORDRÄNGE.N,  sursum  pellere,  sich  empor  drängen: 
indem  hochschlagend  von  entzücken 
ihr  herz  empor  sich^druugi,  an  seines  sich  zu  drücken. 

Wie  LAND. 

28 


435 


EMPORDRINGEN  —EMPÖREN 


EMPÖREN— EMPORFLAMMEN 


436 


EMPOBDRINGEN,  urgere,  prorumpere: 

wer  noch  zum  gipfel  der  Dole  roni  ufer  des  Lemans  empor- 
drang, 
eh  Tor  paneiwuih  und  krieg  einlrncht  und  Sicherheit  nohn. 
Mattuisson  (1802)  265. 

EMPOREILAND,  n.  außauchende  insel:  dieses  blumige 
empureilaod  umkreisete  er  den  ganzen  tag.  J.  P.  uns.  löge 
1,59. 

EMPOREILEN,  sursum  properare: 

eilet  empor,  ersilinge,  schwebt  den  triumpfflug! 
Klopstock. 

EMPÖREN,  excilare,  außringen,  aufregen,  mhd.  enboeren, 
mit  langem  vocal,  Wilh.  316, 15.  Neidh.  23,  IS,  wie  schon  bor 
auf  kör,  trör  reimt  [gramm.  1,  206),  keine  aus  dem  vorher- 
gehenden empor  =  enbor  zu  leitende  bildung,  sondern,  wie 
andere  verba,  mit  en  >—  ent  zusammengesetzt,  obwol  dem  sinne 
nach  auch  ein  emporheben,  erheben,  im  voc.  Iheut.  1482  g-1* 
steht  enporen,  aufheben,  levare,  erigere. 

1)  am  seltensten  erscheint  intransitives  empören  für  excitari, 
effervescere :  die  herzogin  die  rede  sobald  nicht  vernommen 
halt,  alles  ir  geblüt  von  groszen  freuden  empören  thet,  ir 
herz  von  freuden  sich  aufbäumet.  Galmy  83,  wofern  nicht  zu 
lesen  ist  sich  empören.  X.  W.  Schlegel  bildete  den  hexa- 
meter  : 

wieder  zur  ebene  rollte  der  frech  empörende  steinblock, 
{der  sich  immer  aufrichtende,  hebende). 

2)  transitiv  excitare,  tollere,  aufrühren,  erheben: 

die  boi-ichart  liebt  kein  mensch,  die  traurigkeit  empöret 
{erregt,  erweclu).  Opitz  1, 172  (179); 

wenn  Nauwach  das  pandor 
läszt  hören  und  mit  iiim  den  künstlichen  lenor, 
da  wacht  mein  Opitz  auf,  dasz  er  des  künstlers  stimmen 
so  hoch,  wo  über  uns  der  leier  Sternen  klimmen 
durch  seinen  ersten  preis  die  deutschen  vers  empört. 

Fleming  59; 
der  wilde  Main  schosz  hin.  was  war  er  als  nicht  zahm 
der  ungelehrte  Rhein,  als  nur  mein  Opitz  kam 
und  liesz  den  schönen  ton  erst  linim  den  Bober  schallen, 
so  sagt  man,  hab  es  ihm  so  überwol  gefallen, 
dasz  er  sein  schillichi  liaupt  hat  dreimal  hoch  empört, 
und  dreimal  laut  gejauchzt.    75; 
bis  die  silberne  Diane 
zu  dem  leichten  wagen  kehrt, 
und  am  blanken  himmelsplane 
ihr  gestirntes  häupt  empört.    373; 
doch  jach,  wie  windeswirbel  fährt 
und  ruhrig  laub  und  staub  empört.    Oörgbr  52*; 
so  rier  sie  und  empörte  mut  und  kraTt 
in  jeglichem.    167'; 

beute  dürstend  und  blui  empört  er  die  segcl.    Koskgartkk; 
diese  schwerter,  die  wir  hier  empören.    Rickkrt  133; 
wie  sie  jetzt  die  Taust  empören 
im  gebrauch  aus  alten  tagen.    Lbnau  neuere  ged.  31 ; 

diesen  von  Sehnsucht  empörten  busen.    J.  P.  Hesp.  3,  68. 

3)  zumal  excilare  ad  rebellandum,  in  aufruhr  bringen :  die 
kritische  pbilosophie  empörte  ihn.  Kant  3,  405 ;  die  langsame 
Vernunft  kann  den  empörten  wilz  nicht  mehr  begleiten.  10,18; 

so  nehmet  diesen  trank,    'o  nein,  der  schmeckt 
abscheulich,  er  empört  mir  die  natur'.    Göthr  9,223; 
er  sprach,  mein  tisch  empört  dir  nicht  das  blut.    11,129; 
wie  oft  lull  ich  mein  empörtes  blut  zur  ruhe.    16, 10 ; 

weder  das  ganze  volk  ist  mir,  dem  verhaszten,  empörst. 

Od.  16, 114; 
weil  keine  lust 
das  matte  blut  in  euch  empöret.    Gottkr  1,222; 
•chw.'irmerein,  die  deinen  geist  empören.    2,  8; 
ihr  beitler  aus  Arabiens  wüsiencin, 
die  weder  acker,  pllug  noch  brui  gekannt, 
bis  euch  empört  ein  uochverntichtes  haupt. 

TiKCKs  (ienoveva  i.  30. 

4)  häufig,  «ich  empören,  sich  auflehnen,  erheben,  turgere, 
rebellare:  das  will  ich  auch  Ihun  aller  dieser  bösen  gemeine, 
die  sich  wider  mich  empöret  hat.  4  Jtfoj.  M,  25;  die  empö- 
relen  »ich  wider  Mose.  16,  2 ;  ein  man  vom  gebirge  Epiiraim 
mit  namen  Seba  hat  sich  empöret  wider  den  könig  David. 
2  Sam.  20,  21 ;  und  seine  kucditc  empörcten  sich  und  machten 
einen  bund.  2  *ön,  12,20;  und  die  kinder  »erden  «ich  em- 
pören wider  ire  eitern  und  inen  zum  todc  helfen.  Matth. 
10,  21.  Marc.  13, 12  {uhd.  inti  anaslantant  kind  in  iro  eldiron) ; 
deno  es  wird  »ich  empören  ein  volk  über  da«  ander  (arslenlit 
Ibiol  widar  thiotu).  Matth.  21,7;  daher  kompt,  da«  «ich  kein 
aufrßr  empören  (erheben)  Ion.  Kuajj«  wtltb.  103*;  wie  mögen 


sich  dann  krieg  erheben  und  entbören?  kriegsb.  des  fr.  56; 
sich  aus  klugheit  erheben  und  entbören.  156;  wurden  sie 
alle,  die  sich  desselben  tags  gegen  den  ritter  empöret,  nider- 
gelegt.  Galmy  138 ;  das  meer  emhöret  sich.  Petr.  107* ;  weil 
Archelaus  zu  Rom  war,  hat  sich  alles  land  eniböret.  Reiszner 
Jerus.  2,94*;  die  Juden  haben  sich  gegen  das  römisch  reich 
enibört.  2,  106';  denn  wenn  sich  die  mechtigen  wider  den 
son  gottes  entpörn.    Matiiesius  86*; 

ein  bäum  so  oft  und  viel  des  andern  äste  reibt, 
dasz  durch  erbiizung  sich  der  liechte  loh  empöret. 

Opitz  1,  41; 
die  sonne,  wann  die  nacht  sich  aus  der  see  empört, 
ßhrt  schamroth  unterhin  und  konipt  doch  morgen  wieder. 

2,460; 
wie  sich  durch  die  ganze  Stadt 
ein  geschrei  von  jauchzen  hat 
schnell  erhoben  und  empöret.    3,84; 
zwar  weisz  ich  nicht  woher  dein  kummer  sich  empöre. 

TSCUBRNINQ  227; 

kein  grnsleih  kann  sich  so  klein  enipörn, 

das  sie  nicht  meisterlich  wachsen  horri.    (a.  1665); 

die  hitze  ist  in  gott  ein  liebliches  wärmen,  ein  ausgang  des 
iichts,  der  sich  aus  dem  licht  empöret.   Jag.  Böhms  Aurora; 

ein  matter  blick,  der  aus  den  blauen  äugen  brach, 

ein  busen,  welcher  sich  aus  Ungeduld  empörte, 

die  sagton  dem  genug,  der  hier  im  busche  lag. 
Rost  schdfererz.  47 ; 

vom  bloszen  gndanken  empört  sich  jedes  haar 

aur  ihrem  kopte.  Wirland  4,  15; 

fürwahr,  empörte  Jonas  sich, 

das  weih  speit  wie  ein  drache.    Bürger  49"; 

so  wie  der  tön  aufruhr  sich  empörete,  klirrten  die  fenster 

ringsum,   dröhnte  die  stub  und  summt  im  klaviere  der  nach- 
klang.   Luise  a.  l.  h.  3, 2, 307 ; 
die  schoitschen  Völker 

empören  sich  und  drohen  abzuziehn.    Scbillcr  454*; 

die  metapbysik  bat  keinen  giund  sich  wider  die  anziehung 
in  die  ferne  zu  empören.  Kant  1,80;  dieses  ist  der  punct, 
dawider  die  gegner  am  meisten  sich  empören  werden.  8,87; 
die  verriunft  empört  sich  gegen  den  irrthum. 

EMPÖREND,  eigentlich  sich  hebend,  exsurgens,  gewöhnlich 
aber  für  das  gemüt,  die  gedanken  aufbringend,  nefandus,  hor- 
rendus:  wenn  der  jugendliche  quell  brausend,  empörend, 
über  gefels  sich  den  weg  suchte.  Bettine  br.  2,305;  ein  die 
menschheit  empörendes  lasier.  Kant  5,  298 ;  dasz  einmal  ein 
zeitpunct  eintreten  wird,  da  die  zeit  selbst  aufhört,  ist  eine 
die  einbildungskraft  empörende  Vorstellung.  6,401;  das  ist 
empörend,     vgl.  empört. 

EMPORENTZÜCKEN,  sursum  rapere: 

bis  dasz  euch  empor  entzücke 
Sterblichkeit  zur  owigkcit.    Locao  1,  35. 

EMPÖRER,  m.  rebellator,  aufrührer. 
EMPORERGIESZEN,  in  altum  eff andere: 

es  (daa  blut)  hub  sich  und  wurde 
feuriger  und  von  dem  hoch  aufschwellenden  herzen  ergosz  sichs 
in  die  mienen  empor.  Klopstock  .  . . 

EMPORERHEBEN,  exallare,  schon  ahd.  inpor  arhafit.  Rraff 
3,158;  nhd. 

der  uf  erhebt  was  hoch  enibor 
glich  als  der  ceder  Lybani.    Brakt  111,54; 
erhöbet  ewer  haupt  empor!    Wrcihrrun  104; 
erhöbet  er  nur  seinen  wünsch  empor.    82. 

EMPÖRERISCH,  rebellans,  seditiosus,  aufrührerisch:  empö- 
rerische Schriften  verbreiten. 

EMPORFAHREN,  in  altum  fern,  tolli:  es  wehret  noch  eine 
kleine  zeit,  das  sie  {die  diener  des  tcufels)  empor  faren  und 
so  fest  sitzen,  als  künd  sie  niemand  aus  dem  stuel  beben. 
Luther  6, 186*; 

und  fuhr  zu  goitcs  woIkODsitze 

als  freier  gcist  empor.    GökingcS,  91; 

l.enore  fuhr  um<  morponsroth 

«nipor  aus  schweren  träumen.    BSroir  IS*; 

ersrhierken  und  emporfahren. 

EMPdRKLAMMEN,    sursum  flagrare,    auffiammen,    in   die 

höhe  flammen : 

denn  es  ist  nahe  daran,  da  wieder  emnor  ihr  gerecht  flammt. 

UOrcrr  230-: 

flammen  raketen  omnor  im  gehöli  und  pra««elnd«  Rchw.trmer. 
Xw»«o  /.  fc.  3,2,211; 

diese  majestiilische  slndt!  mein!  und  darüber  empor  lu  Däm- 
men, gleich  dem  königlichen  tag.    Sciiillkr  lOi'. 


437   EMPORFLATTERN— EMPORHEBEN 


EMPORHELFEN— EMPORPOSAUNEN   438 


EMPORFLATTERN,  sursum  volilare:  das  feuer  flattert  am 
dach  empor; 

sieb,  plötzlich  flattert  ein  täubchen 
aus  einem  asilocb  empor.    £.  to.i  Klbist. 

EMPORFLEHEN,  supplicare: 

beim  Apoll, 
zu  welchem  du  empor,  o  Kalchas,  flehst.    Bcrseb  143*. 

EMPORFLIEGEN,  evolare: 

der  spiesz  flog  über  in  empor.    Sprbjigs  4en.  361'; 

da  horch!  ein  süszer  liebeston 

kam  leis  empor  geflogen.    Borger  63*; 

sein  kleines  lied  wird  nicht  empor 

verwegen  fliegen  an  des  donnrers  wagen, 

es  säuselt  um  der  freundscbaft  ohr.    Gottes  1,4; 

und  kämpfend  fliegt  sein  herz  empor, 

als  ob  es  endlich  bräche.    1,  356. 

EMPORFLIESZEN,  in  alium  effluere. 
EMPORFULLEN,  hoch  auffällen: 

füllen  die  facher  empor  und  flechten  sich  blumige  Speicher. 
Voss  Virg.  Georg.  4, 250. 

EMPORGEHEN,  in  allum  ferri,  emporschweben:  recht,  recht, 
recht,  recht,  das  galt  und  gieng  empor.  Lcther  3,143';  was 
arges  in  der  ganzen  weit  empor  gehe,  seiestu  ursacher,  auf- 
bringer und  Stifter.    Petr,  94*. 

EMPORGIESZEN,  uas  emporergieszen : 

denn  sie  fühlet  sich  ganz  und  gieszt  entzückung 

in  dem  herzen  empor,  die  volle"  seele, 

wenn  sie,  dasz  sie  geliebt  wird, 

irudken  von  liebe,  sicbs  denkt.    Klopstock  1, 106. 

EMPORGREIFEN,  sursum  lendere  manus: 

wie  das  kind  nach  dem  regenbogen  emporgrif.    Voss. 

EMPORGRCNEN,   sursum  vtrere: 

dort  ist  ein  feigenbaum,  der  grosz  und  laubig  emporgrünt. 

Voss. 

EMPORHäLTEN,  sursum  teuere:  der  da  himel  und  erd 
und  alle  ding,  die  darin  begriffen  werden,  treit  und  enbor 
haltet.  Keisersberg  seelenpar.  4';  unser  gemiit  ist  geleiche 
als  ein  weicher  pelz,  es  sei  dann  das  derselb  stets  mit  den 
ermelen  embor  gehalten  werde,  sunst  falt  er  allwegen  ernider 
Hgl.  eintreffen  2).  predigten  Augsb.  1510  lO' ;  und  die  weil 
Mose  seine  hende  empor  hielt,  siegte  IsraeL  2  Mos.  17,  11; 
eine  art,  die  ire  äugen  hoch  tregt  und  ir  augenlied  empor 
hell.    spr.  Sal.  30, 13 ; 

einer  gab  von  der  leiier  die  abgeschnittene  traube 
seiner  winzerin  hin,  die  schmeichelnd  ihr  körbchen  empor- 

hiell.     Voss; 

eine  meinung  emporhalten  (sie  aufrecht  hallen,  ihr  geltung 
verschaffen).  Kant  8,16;  und  nun  vollends  in  diese  Peinlich- 
keit die  heiteren  Verhältnisse  eingeschraubt,  die  uns  sonst 
über  die  peinlichen  emporhalten  sollen.   J.  P.  Tit.  3,  174. 

EMPORHALTUNG,  f.  aufreehthaltung :  die  emporhaltung 
eines  mathematischen  beweises.    Käst  8, 113. 

EMPORHAUCHEN,  sursum  exhalari: 

ein  matt  urodüsiernder  nebel 
haucht  vom  boden  empor.    Voss. 

EMPORHEBEN,  attollere,  exlollcre,  erigere:  also  wurden 
die  Midianiter  gedemüliget  und  hüben  iren  köpf  nicht  mer 
empor,  rieht.  8,  2S ;  und  hebest  deine  äugen  empor  wider 
den  heiligen  in  Israel.  Es.  37,23;  und  wenn  die.thier  sich 
von  der  erden  empor  hüben,  so  hüben  sich  die  reder  auch 
empor.  Ez.  l,  19 ;  Jesus  aber  hub  seine  äugen  empor  (goth. 
uzuhhöf  augöna  iup).    Joh.  11,4t; 

ee  das  ich  in  {den  krug)  wolt  heben  enpor, 

ee  beleih  ich  da  ungeirunken  gar.    fastn.  565,4; 

und  hebt  empor  sein  dicken  kränz.    Sprksgs  Aen.  371"; 

so  höbet  ewer  haupt  empor.    Wbckhkrlik  104; 

eh  als  der  freitag  kürat.  kürat  dinstag  immer  vor, 

weh  spannt  zuvor  ins  Joch,  eh  himmel  hebt  empor. 
LosAU  2,  205,  63  ; 
da  wandle  sich  Petrus, 

hub  sich  empor,  und  schaute  gen  himmel.    Jfe«n<u  6, 574 ; 

wie  mit  geisisgewalt 

hebet  die  gestalt 

lang  und  langsam  sich  im  bett  empor.    Göthe  1,248; 

pinienkerne  giengen  gar  merkwürdig  auf,  sie  hüben  sich  wie 
in  einem  ei  eingeschlossen  empor,  warfen  aber  diese  haube 
bald  ab.  29,  48 ;  ich  bin  ein  zusammengedrückter  wurm,  der 
sich  nicht  mehr  emporheben  kann.  Kunger  1,  9 ;  der  neuge- 
wählte künig  ward  auf  den  schullern  des  volks  empor  gehoben. 


E.MPORHELFEN,  allerare,  aupielfen:  der  die  nidrigen  er- 
höhet und  den  betrübten  emporhilft.    Hioh  5, 11 ; 

auch  deine  herkunn  half  dür  nicht  empor?    Schillik  239*. 
EMPORHORCHEN,  auscultare,  aufhorchen: 
ich  hielt  den  aihem  an  und  horchte  scharf  empor.    Wieland. 

EMPORHCPFEN,  exsullare,  aufhüpfen: 

es  hüpfen  die  säneer  des  waldes 
fröhlich  empor.    Z^achariä; 

funken  von  wölken  hüpften  am  horizont  empor.  J.  P.  Besp.  165. 

EMPÖRISCH,  seditiosus,  empörerisch,  irie  neben  aufrühre- 
risch aufrührisch :  in  summa,  es  sollen  die  aufruhr  etliche 
Studenten  von  Erfurt,  die  an  ihnen  selbst  empörisch  sein, 
erweckt  haben.  Beyer  bei  Melanchthon  1, 490.  auch  Stieler 
1467  schreibt  empörisch. 

EMPORMUCHZEN,  plausu  clamoribusque  vulgi  efferre:  und 
ihr  emporgejauchzte  ephemeren  eines  tages,  ihr  belustiger 
müsziger  knaben,  ihr  gaukler  um  biumen  und  mädchea  und 
Auren!    Stürz  1,  211. 

EMPORKEICHEN,  anhelando  ascendere: 

zuletzt,  so  schwach  sie  ist,  keicht  sie  mit  müh  empor 
auf  eines  felsens  stirn.  Wikla.nd  23,  35. 

EMPORKEIMEN,  sursum  germinare,  außeimen. 

EMPORKIRCHE,  f.  podium,  «cas  empor:  altar,  kanzel,  tauf- 
stein, emporkirchen.  Felsenb.  2,73;  von  einer  einfüllenden, 
baufälligen  emporkirche  erschlagen.  Leipz.  avant.  1,  HO.  *.  bor- 
kirche  2,  283. 

EMPORKLIMMEN,  enili: 

sie  klimmt  am  dornigen  felsen  empor.    Borger  61*. 

EMPORKO>LMEN,  escendere,  emergere,  auf,  in  die  höhe 
kommen :  wer  ser  pranget,  der  verdirbt  drüber,  wer  sich  aber 
drücket,  der  kompt  empor.    Sir.  20,11; 

da  kommen  dan  entbor  meerhund  und  schwein. 

Wbckuehli.'«!  24"); 
^ann  einer  meint  er  lerne  noch,  so  kümt  .sein  witz  empor. 

LoGAU  3,  140, 16 : 
Consus  soll  bei  hofe  billich  gehen  vor, 
dennoch  künimet  Comus  immer  eh  empor.    3,  181,48; 

wir  mögen  unter  dem  schütz  von  eitern  und  verwandten  em- 
porkommen.   Göthe  26,  312. 

EMPORKÖM.MLING,  tn.  homo  notus,  parvenu,  der  schnell 
zu  reiththuin  ujid  ehren  gelangt  ist. 

EMPORKRÄUSELN,  in  altum  crispare:  der  wind  kräuselt 
wölken  von  staub  empor. 

EMPORKRäUSEN,  turbine  in  allum  ascendere: 

flammenrauchstaub  kraust  empor.    Göthk  U,  257. 

EMPORKRIECHEN,  sursum  repere:  epheu  kriecht  in  dem 
gemäuer  empor:  Schnecken  krochen  am  zäun  empor. 

EMPORKUNSTELN,  ninüa  arte  educare:  die  scliafe  gleich- 
sam zu  wolläckern  emporkünsteln,  hannöv.  mag.  1S44  s.  334. 

EMPORLÄCHELN,  subridendo  oculos  levare,  lächelnd  auf- 
blicken. 

EMPORLAUFEN,  saltando  currere:  es  seind  auch  etlich 
darzu  bestell,  die  die  ganzen  nacht  wie  die  unsinnigen  entbor 
laufen.    Frask  vellb.  12l'. 

EMPORLINGE.N.  sursum,  kopfüber:  si  bletschen  darein  und 
überstürzen,  als  da  man  ainen  emborlingen  die  siegen  über 
abwirfet,  der  selb  fallt  nit  hinab  von  ainer  Staffel  zu  der  an- 
deren, sonder  ainsmals  überstürzt  er  oben  hinab.  Keisebsbebg 
siben  Schwerter  bb  3*. 

EMPORLODER.N,  inßammari,  auflodern:  der  blödeste  mensch 
ist,  wenn  viel  phantasie  unter  seinen  thaten  glimmt,  der  herz- 
hafteste, wenn  sie  emporlodert.    J.  P.  uns.  löge  3, 14. 

EMPORLUPFE.N,  sursum  levare: 

wie  schaudert  ihr  die  haut, 
da  sie  emporgelupft  und  durch  die  luft  getragen 
sich  fühlt.  W1RLA.1D  22,  231. 

EMPORMÜSSEN,  cogi  ut  surgal:  ich  musz  empor,  AöA«r 
auf! 

EMPORPOCHEN,  pulsando  excilare: 
mein  ruf 
zum  königsthron  pocht  wie  ein  gläubiger 
aus  meinem  Schlummer  mich  empor.    Schiller  2-56*. 

EMPORPOSAUNEN,  tubis  exallare:  thörige  anschlüge  wur- 
den durch  eigennützige  häufen  zur  patriotenklugheit  empor- 
posaunt.   Stürz  1,  242. 

28* 


430     EMPOllPUELLEN  —  EMPOllSClIIMMERN 

FMPORPKELLEN,  suisum  resullare :  einem  balle  gleich,  so 
vun  der  höhe  hernieder  geworfen  wird,  welcher,  wofern  er 
nicht  gar  lu  übel  fällt,  prellet  er  wieder  empor.  Bütschky 
I'iilm.  609. 

EMPORPÜTZEN,  exornare,  aufpulien: 
seis  erlaubt  uns  anzupaaren 
eurem  reichen  jugendnor, 
unil  wir  putzen  reifer  waaren 
lulle  nachbarlich  empor.    Goth«  41,  27. 

EMPORQUALMEiN,  in  allum  vaporare,  aufqualmen. 

EM PüH(jU ELLEN,  scalurire,  aufquellen: 

vom  erdenbrot  erhält 

ein  niedres  Teuer  sich,  des  körpers  leben, 

ein  edleres  quillt  aus  der  iraub  empor.    U«RD«r. 

EMPORHAFFEN,  sursum  rapere:  sich  emporraffen,  resur- 
gere,  aufraffen. 

EMPORRAGEN,  eminere: 

der  an  gewalt  doch 
weil  vor  menschen  und  götiern  emporragt. 

EMPORRANKEN:  die  rebe  rankt  am  ulmbaum  empor. 

EMPÜRRAÜSCHEN,  sursum  slrepere,  aufrauschen: 
da  rauscht  das  dürre  laub  empor, 
und  sieh,  ein  alter  kriegeskiiecht         „...,.„ 
wanki  durch  den  eicheuwald  daher.    Holii  4S. 

EMPORRECKEN,  erij;ere,  in  die  höhe  recken: 

reckt  irgend  dan  der  Mars  den  stuukopf  auch  embor, 
und  schüttelte  den  spiesz.  wie  damals  oft  geschehen, 
sc  liesz  insonderheit  auch  der  sich  tapfer  sehen, 
der  herr  von  Kappollstein.  Rohpi.kr  10b; 

wann  ich  mein  eigen  bin,  dasz  ich  kein  dienstbar  ohr 
um  wegverkaufte  pllicht  darf  recken  hoch  empor 
und  horchen  auf  befehl.      Logau  1,  16S,  19. 

EMPORREICHEN,  exlendere,  porrigere. 

EMPORREIFEN,  malurescere :  die  römischen  antiquilaten 
liefern  characteristische  darstellungen  einer  groszen  republik, 
die  schnell  zu  männlicher  kraft  emporreifte.  Wolfs  mus.  der 
alterlh.  «'.   56.  ,.  j 

EMPORREISZEN,  sursum  rapere:  vom  verwünschen  wurde 
man  zu  schnell  ins  beweinen  emporgerissen.  J.  P.  ßegelj.  1,  7. 

EMPORRICHTEN,  erigere,  aufrichten: 
und  nun  stand  er  emporgerichtet  und  schaute  verderben. 

Messia«  b,  432 ; 

und  der  alte  stamm  gekantet  fügt  sich 
ruhend  bald  und  bald  emporgerichtet 
einer  in  den  andern.    Göthb  U,  260. 
EMPORRINGEN,  enili: 

nein,  bald  ringet  der  geist  aus  der  dumpfen  betaubung 
wieder  empör  des  verpesteten  anhauchs.    Voss. 
EMPORROLLEN,  evolvere  und  inlr.  ferri,  volvi:  die  empor- 
rollende flamme  röthete  sein  blasses  gesiebt.  Thümmel  3,3Sy. 
EMPORHÜCkEN,  erigere,  hinaufrücken. 
EMPORULFLN,  clamorem  tollere: 

lerraend  ruft  das  hausgelieder 

ihr  vom  weiher  dank  empor.    Borcsr  3  . 

EMPORSÄLSELN,  alle  susurrare : 

und  ein  mapischer  hain  säuselt  um  mich  empor.    IIölit  82. 
EMPORSCHAFFEN,  creare,  aufschaffen: 

unser  Schöpfer,  der  uns  aus  staube  zu  menschen  eroporschuf. 
UessMS  10,  836. 

EMPORSCHALLEN,  tublime  sonare: 
und  wie  schallet  empor,  hoch  im  himmel  empor 
und  im  staub  ihres  zurufs  wonnemelodie.    Klopstoci; 
aus  allen  Völkern  schall  empor 
gesang  zum  uugenaniuenl     Voss. 
EMPORSCHAUEN,  sursum  aspicere,  aufschauen. 
EMPORSCHAUERN,  emporiittern. 
EMPORSCHÄFMEN,  sursum  spumare,  aufschäumen. 
EMPOHSCIIEL'CHEN,  txcitare,  aufscheuchen. 
EMI'ORSCHKr.NE,  /.  pars  horrei  superiur,  auch  porschoune. 
EMPORSCHIEREN,    erigere,    extollere    und    extolii:     heule 
•cbeubct  er  empor,  morgen  liegt  er  darnieder,    alter  sprudt, 
ei  ist  aber  vielleicht  schwebet  tu  »eisen,    nach  1  Macc.  2,  63. 
EMPORSCHIESZEN,  lurgere,   »ucereieere,   aufschienen,  in 
die  höhe  sehietsen: 

dat  blut  tcbiesit  wie  eia  (trom  den  hals  empor. 
WiCLAND  22,  11&. 

EMPORSCHIMMERN,  emicare: 

und  di«  frei«  «eul«  »rhimracrt 
zu  der  hfthern  ««"»'<"'  chor 
imner  berlicber  empor. 


EMPORSCIILAGEN— EMPOBSPRINGEN     440 

EMPORSCHLAGEN,  extolii,  erumpere,  in  die  höhe  schlagen : 
und  sein  herz  schlug  sichtbar  empor.    Messias  7,  672; 

ihr  herz  schlägt  feuriiie  seufzer, 
hohe  gedanken  zu  gott  empor.    Zacuariä  2,  129; 
sein  blutend  herz,  als  sucht  es  mich, 
schlug  dreimal  hoch  empor.    Hölti  s.  190; 
schlug  sie  ihre  geistvollen  äugen  empor.    Stillinc  4, 164 ; 
lauft  doch  jeder  die  flamme  zu  sehn,   die  verderblich  empor- 
schlägt.    ÜöiuB  40,  237. 

EMPORSCHLEICHEN,  repere: 

er  schlich  empor  zu  Nettchens  busen.    Gön.-«ci  2,  222. 
EMPORSCHMEICHELN,  adulationibus  eniti:    er  hatte  sich 
aus    dem    pöbelstaub    zu    einem   ersten   günstling   emporge- 
scbmeichelt.    Schiller  122'. 

EMPORSCHWEREN,   sublime  ferri:   der  mensch  wird  zu 
Unglück   geborn,   wie   die    vögel   schweben  empor  zu  fliegen 
(vulg.  bomo   nascitur  ad  laborem  et  avis  ad  volatum).    tliob 
5,  7,   wo    sich  empor  auch  näher  mit  fliegen  verbinden  Idszt; 
ihre   Widersacher  schweben  empor,   klagl.  Jer.  l,  5 ;    und  die 
Cherubim    schwebten    empor.    Ez.  10,15;    heute  schwebet  er 
empor,  morgen  ligt  er  darnidder.    1  Macc.  2,  63 ; 
geht  hin  in  alle  weit  und  lehret  alle  Völker, 
geht  hin  in  alle  weit  und  leeret  alle  Völker: 
der  teufel  schaffet  disz,  gott  schafie  jenes  vor, 
noch  lieget  goties  wort,  des  teufeis  schwebt  empor. 

Logau  1,  102,23; 
unsere  feinde  schweben  empor  und  snouen  der  armen, 
die  den  göttlichen  mann  verehrten.   ,Messias  12,319; 
jach  erhebst  du  dich  von  meiner  seite,    _ 
schwebest  bis  zur  wolkendeck  empor.    Bürger  99  ; 
schwebe  bei  dem  klänge  süszer  lieder 
deine  seel  ins  paradies  empor!    101"; 
mein  geist  fängt  an  empor  zu  schweben, 
mir  wird,  in  schmelzendem  gefühl, 
zum  feenmärchen  dieses  leben, 
die  weit  zum  marionettenspiel.    Gökingk  3,  153. 

EMPORSCHWELLEN,  intumescere,  aufschwellen : 

Philo  schwoll  empor  (redete  hochmütiq) :  'er  sterb,  er  sterbe!'^ 
'^^essias  6,  477 ; 

wie,  mit  giften  geweidet,  ein  drache  der  wildnis  im  lager 
harret  des  hirten  und  hoch  von  verderblichem  grimm  empor- 

schwillt.    Bürger  23o'; 

als  nun  weich  und  sauber  das  hochzeitbeite  geschmückt  war, 
und  zwei  trauliche  kissen  sich  lilienweisz  aneinander 
debneten,  lihenweisz  auch  die  luftige  deck  emporschwoll. 

Luise  3,  2,  bil; 
noch  nicht  hatte  die  lichte  getrotzt  blaudunkeler  brandung, 
oder  den  winden  emporschwellende  segel  gespannt. 
Voss  Tibult  1,  4,  38. 

EMPORSCHWELLEN,  inflare: 

ja  kein  tief  aihem  schwellt 
die  lassen  bälg  empor.    Louknstki.i  51,  114; 
denn  die  ehrsucht  schwellte  das  herz  ihm  empor. 
Messias  7,  630. 

EMPORSCHWIMMEN,  enatare,  supematare,  surnager,  nager 
ä  la  ßeur  d'eau.  Rädlein  237':  iederman  will  embor  schwim- 
men und  niemans  undergon.  Keisersb.  see/c«paro</.  2o  ;  man 
sieht  die  lägelin  clürlichen  enbore  schwimmen,  f  icrufcr.  It  i ; 
welche  zu  end  grosze  körb  haben,  welche  embor  schwimmen. 
Forer  98';  auf  s.  Andrestag  nimm  ein  glas  voll  wasser,  komt 
ein   feucht   nasz  jähr,   so    laufts  über,    wird  ein  dürres,    so 
schwimmts  oben  enlbor.    Fiscbart  grosim.  120 
EMPORSCHWINGEN,  sursum  agitare: 
ihr  setzte  Iris  sich  zur  zeit,  und  nahm 
das  lenkgezäum  und  schwuug  die  peitsch  empor. 
Borger  162'. 

sich  emporschwingen:  zum  herscher,  zum  thron; 

und  heiter  schwang  ihr  geist  zum  himmel  sich  empor. 
Gottkr  3,  5r5; 

da  schwingt  »ichs  übern  Rhein  empor 

und  bricht  den  dUstern  wolkenflor.    Uulano«  geü.  W. 

EMPORSEHEN,  wie  emporschauen. 

EMPORSEHNEN,  sich,  aufwdrls  sehnen: 

die  tugend  ist  ein  wahn  bei  dem  der  niedrig  gieog 
und  nicht  entpor  sich  sehnt.    Logau  3,  218. 

EMPORSITZEN,  sublime  tedere: 

die  «lirn  iit  »onM  der  thron,  drauf  ehre  sitzt  empor, 
was  hat  für  ehre  der,  der  haare  henkt  rtn»or  t 
Lor.AU  t,  43,  Ol 

EMPORSPRIESZEN,  progerminare,   in  die  höhe  wachsen. 

EMPORSPRINGEN,  prostUre,  aufspringen: 

■0  komen  wir  auch  utid  M"-itm"'n  ••"i.or.    fastn.  »;..  419.7  ; 


441    EMPORSPRITZEN— EMPORTRAGEN 


EMPORTREIBEN  —  EMPTER 


442 


der  aufschöszling  des  glucks,  der  aus  der  tiefe  empoi^e- 
sprungen  ist.    Klisgeb  11,239; 

springt  oft  plötzlich  ein  schwärm  von  gründlingen  hinter  der 

wölke 

fliehendem  schatten  empor.    Voss. 

EMPORSPRITZEN,  emicare,  aufspritzen;  blut  aus  der  wunde; 

anders  nicht,  als  wenn  mit  beschädigtem  bleie  die  röhre 
platzt,  und  gewallig  empor  aus  zischender  öfnung  das  wasser 
spritzt.  Voss. 

EMPORSPROSSEN,  wie  emporsprieszen : 
stirb,  propheiisclier  greis,  stirb  I  denn  dein  palmenzweig 
sproszte  liing  schon  empor.  Klopsiock  1,99; 

denn  er  gedeiht  und  sproszt  empor, 
wie  auf  der  wies  ein  schlankes  röhr.    Borger  hl*. 

EMPORSPRUDELN,  was  emporquellen. 
EMPORSTARREN,  oculis  (ixis  sursum  tueri: 

hält  ich  dich  nicht  und  starrte  mein  hülfe  verlangendes  äuge, 
einziger  fels,  nach  dir  nicht  empor.    Messias  14,  881. 

EMPORSTÄüNEN,  stupere,  aufstaunen: 

der  hob  und  niedre  pöbel 

vernimmt  und  staunt  empor.    Voss  5,  212. 

EMPORSTEHExN,  eminere,  surgere:  die  haare  standen  ihm 
empor,     mhd.  dag  ej  binden  stuont  enbor.    Helbl.  1,  336. 
EMPORSTEIGEN,  ascenderc,  aufsteigen: 

steigt  die  sonn  empor.    Goitkr  1,  14; 

steigt  unser  bühnchen  auch  aus  seinem  schutt  empor.    1,83; 

frischblutend  steigt  die  längst  vergebne  schuld 

aus  ihrem  leichtbedeckten  grab  empor.    Schiller  408'. 

EMPORSTELLEN,  erigere,  aufstellen,  hoch  stellen: 

denn  wer  jetzt  kleinen  schein 
erwählet,  soll  hernach  empor  gestellet  sein.    Opitz. 

EMPORSTOSZEN,  sursum  ferri :  die  quellen  eins  arms  dicke 
einporstoszen.    Ettneb  med.  maulaffe  830. 
EMPORSTRÄÜREN,  allollere: 

entsetzen  sträubt  sein  graues  haar  empor.    Gotter  2,  174 ; 
ein  rasender  mit  wild  emporgesträubtem  haar.    2,  455; 
oder  der  hund,  dem  der  rücken  mit  schlangengewühl  sich 

eraporsträubt, 
der  drei  zungen  und  drei  bellende  häupier  erhebt. 
Voss  Lygdamus  4,  S7. 

EMPORSTREBEN,  enili,  aufstreben:  er  blickte  mit  empor- 
strebendem haupt  umher  und  ruderte  einer  flachen,  buschigten 
stelle  zu.    GüTHE  17,  332. 

EMPORSTRECKEN,  sursum  tendere:  die  bände,  arme. 
EMPORSTRUDELN,  sursum  bullire. 

EMPORSTUBE,  f.  ich  sitze  hier  in  der  emporstube.  J.  P. 
uns.  löge  2,  63. 

EMPORSTÜRMEN,  sursum  irruere  und  auch  transitiv  agitare: 
gleich  dem  psalme  der  andacht 
stürmst  du  Seelen  zu  gott  empor.    Voss; 
mit  leiser  Qöten  sanftem  klageton 
zur  raserei  sie  (die  seele)  iizt  emporzuslürmen. 

KosEGARTEs  in  Schillers  musenalm.  1800  s.  197. 

EMPORSTÜTZEN,  erigere,  fulcire. 
EMPÖRT,   a)  emporgehoben: 

aber  so  schön  sie  ist, 
so  empört  auch  ihr  herz  deinem  gesange  schlägt. 

Klopstock  1, 109; 
auf  leichten  flöszen  gieng  der  kühne  feldherr 
bei  nachtzeit  über  den  empörten  ström.    Körner  2, 109. 

b)  iratus,  irritalus,  entrüstet,  aufgebracht :  empört  über  diese 
bandluDg ; 

gebietet  eurem  wild  empörten  blut.    ScaiLLsa  426».. 
EMPORTHEILEN,  supeme  findere: 
und  wie  er  sitzt  und  wie  er  lauscht, 
theilt  sich  die  Out  empor.    Götuk  1, 185. 
EMPORTHÜRMEN,  alte  erigere: 
mitten  in  einem  verruchten,  emporgethürmien  gedanken. 

Messias  5,  442 ; 
und  die  zinne  des  glänzenden  tempels,  sie  thürmt  sich  empor. 

7,  575 ; 
Hesperus  meer,  meere  des  monds  und  der  erd,  ihr 
sanner.    allein  wie  erhebt  sichs  im  Bootes, 
0  wie  ihürmt  es  empor.'  hochwogig 

donnerts  am  felsengestad .'    Klopstoce  1, 177. 

EMPORTRAGEN,  sursum  efferre:  da  kam  die  sindOut  vierzig 
tage  auf  erden  und  die  wasser  wuchsen  und  liuhen  den  kästen 
auf  und  trugen  in  empor  über  der  erden,  l  Mos.  7, 17 ;  noch 


wil  in  dennoch  unser  gn.  h.  ganz  empor  tragen  (in  seiner 
gunst).    Galmy  67; 

der  häufen  nahte  sich  wütend, 
trug  die  flammen  empor  und  irrte  mit  suchendem  äuge 
durchs  labyrinth  der  bäum  und  der  nacht.    Messias  6,35; 

als  aus  rauch  und  flamme 
mit  eins  er  vor  uns  stand,  im  starken  arm 
empor  (Iwch)  sie  tragend.       Lessi.^k  2, 195. 
mhd.  da  innes  loblich  truoc  enbor 

zwei  hiufel  tratz  eben  gedraet.    Helbl.  1, 1110; 

dirre  arm  höchreriic  michel  pin 

treit  gar  vil  schüeler  nu  enbor.    Renn.  16566. 

EMPORTREIBEN,  sursum  agere. 

E.MPORTRETEN,  surgere,  prodire,  auf  eine  höhe  treten: 
und  Abiathar  trat  empor,  bis  das  alles  volk  zur  stad  aus- 
kam.   1  Sam.  15,  24. 

E.MPÖRUNG,  /.  rebellio,  seditio,  aufruhr,  aufregung :  wenn  ir 
aber  hören  werdet  von  kriegen  und  empörungen,  so  entsetzet 
euch  nicht.  Luc.  21,  9 ;  denn  wir  stehen  in  der  fahr,  das  wir  umb 
dise  beutigen  emporung  verklaget  möchten  werden,  apostelg. 
19,40;  da  nu  die  empürunge  aufgeböret.  20,1;  da  sie  auch 
ire  berschaft  allenthalben  befestiget  und  kein  feind  sich  gegen 
sie  grimmens  oder  embörung  dürft  merken  lassen.  Kirchhof 
tven (/unm.  386*;  und  entstund  eine  entbCrung  under  den  Juden. 
Reiszner  2, 106* ; 

durch  entpörung  Schwachheit, 

durch  Schwachheit  der  tod.    WgccnERLiN  690; 

Leibnitz  brachte  di^  menschliche  Vernunft  durch  die  Verkün- 
digung eines  neuen  gesetzes  in  emporung.  Kam  8,  36 ;  wie 
ich  mich  gestern  von  dir  risz,  in  der  fürchletliehen  emporung 
meiner  sinne,  wie  sich  alles  das  nach  meinem  herzen  drängte. 
GöTUE  16,160;  ihr  blut  war  in  einer  fleberbaften  emporung. 
16, 182 ; 

dieser  keusche  schnee  der  au 

nährt  nicht  schlangen  der  bethörung, 

dieses  stille  bimmelblau 

nicht  gewittrische  emporung.    REckbrt  94  (408) ; 

mit  der  stimme  der  emporung 

könnt  ich  furchtbar  'sie  ist  mein!* 

gegen  alle  menschen  schrein.    Bürger  75* ; 

weilet  ja  schon  unmutig  am  vielgeruderten  schilTe, 

welches  der  winternde  stürm  aufhalt  und  des  meeres  emporung. 

//.  2,  294; 
hier  selbst,  im  friedenssitze  meines  reichs, 
blies  er  mir  der  emporung  flammen  an.    Schiller  .  . . 

EMPÖRÜNGSGEIST,  m.  der  lebenadel  muste  in  einem 
mörderischen    faustrecht   seinen    empörungsgeist    ausbluten. 

ScniLLER. 

EMPORWACHSEN,  excrescere,  surgere:  und  die  dornen 
wuchsen  empor  und  ersticktens.  Marc.  4,  7 ;  wo  sie  als  das 
schönste  hofnungsvollste  kind  glücklich  emporwuchs.  Göthe 
32, 183 ;  segen  über  dich,  dasz  du  hoch  emporwachsest  im 
lande.    Klinger  1,  39. 

EMPORVVERFEN,  jacere  in  sublime,  aufwerfen:  das  sie 
sich  empor  werfen.  Lcther  4,  35* ;  gott  wirft  Ismael  empor 
im  lande,  das  er  regiert.    4^137'. 

EMPORWINDEN,  in  altum  trahere,  aufwinden: 

als  von  dem  ersten  entsetzen  sich  Abbadona  emporwand. 
Messias  9,  590. 

EMPORWTRBELN,  sursum  volutari: 

hoch  auch  wirbelt  empor  ein  gedüft  wirbelndes  Weihrauchs. 

Voss. 

EMPORWOGEN,  sublime  fluctuare: 

sie  (die  brüst)  wogt  empor,  wie  flut  der  see.    Borger  91'. 

EMPORWÜHLEN,  fodiendo  excilare,  aufwi^len: 

wie  die  meerflut 
brüllt  um  den  hohen  strund,  wann  der  kommende  süd  sie 
emporwühlu    Voss. 

EMPORZIEHEN,  sursum  trahere,  in  die  höhe  zielten: 

ich  wolt  den  schnöden  schalk  empor 
pei  seim  har  gezogen  han.    fasln.  414,  27; 
die  wärmde  zeucht  empor,  was  vor  der  frost  verdeckte. 
Logaü  1,197, 10; 

den  ertrinkenden  aus  dem  wasser  emporziehen. 
EMPORZITTERN,  wie  emporbeben: 
vollherziges  lautes 
nennet  sie  mich,  und  schwer  zittert  der  busen  empor.    Voss. 

EMPTEN,  inserere,   ahd.  impitön,  heule  impfen.    Hbnisch 

881,  4!1. 

EMPTER,  ni.  insitor,  impfer.    ebenda. 


443 


EMPTUNG  — EMSIG 


EMSIG  — EMSIGLICH 


444 


EMPTUiNG,  f.  insitio,  mit  einem  aug  des  baums,  inoculatio. 
ebenda  881,  55.    Frischlin  nomencl.  272. 

EMSE,  f.  formica,  ameise,  wenig  andere  tcürter  schwanken 
gleich  diesem  in  gestalt  und  Schreibung,  man  vgl.  das  unler 
ameise  1,  277  gesagte,  ämse  wurde  schon  an  seiner  stelle  ver- 
xeichnet.  Kkisersbergs  schriß  führt  den  titel  'die  emeis', 
inwendig  aber  und  in  den  blattüberschriflen  heiszl  es  omeisze, 
ommeisze,  onmeisze,  welches  lelzlcre  sich  an  Boners  anbeije, 
ambeij  sMiesit.  Luther  schreibt  spr.  Sal.  6,  6  emmeisse 
d.i.  emmeisze,  30,25  aber  eirameise;  Eyering  1,121  emesin, 
2,616  oineisin;  andere  kürzen  in  emese,  emse,  embse,  imse, 
imme  (was  an  biene  mahnt),  nd.  mundarten  geben  ernte, 
emmet,  empt,  ags.  emette,  engl,  ant,  woraus  folgt,  dasz  emse 
aus  emsze,  mhd.  ameije  hervorgieng,  s.  auch  gramm.  2,  221, 
Froiiiia.n>s  mundarten  5,  454 — 45S  und  emsig.  Hollenhagen 
setzt  embsz,  embs: 

gleichwie  die  embsz  in  ihrem  stände, 

auf  den  beumen  und  nuT  dem  lande, 

bei  gringem  gu»  in  frieden  gehet,    froschm.  G6'; 

welcher  doctor  hat  seinen  gart 

für  der  kleinsten  embseii  bewart?    ES'; 

denn  als  ich  las,  es  wer  ein  land 

für  alters  India  genant, 

darin  sehr  grosze  embsen  weren, 

die  sich  mit  eitel  gold  beschweren.    M2'. 

LocAO  emse  (j.  emsenhaufe).  Stieler  44,  und  Göthe  41, 139 
ameisen  im  chor  einführend,  noch  imse: 

ihr  imsen  alle, 

rührig  im  Schwalle 

schafl  uns  metalle!    140; 

prgroäen,  imsen,  dSumerlinge 

und  andre  tbätig  kleine  dinge.    15t. 

EMSENHAUFE,  m.  formicetum: 

wol  indessen  dem,  der  dort  lacht  und  schaut  die  emsenhaufen 
drinnen  um  das  eitle  nichts  kriechen,  steigen,  dringen,  laufen. 
LoGAü  l,8,ölp.  180. 

EMSENHAüPT,  n.,  wörtlich  ameisenhaupt,  so  scheint  aber 
eine  schnelle,  hastige  naht  mit  groben  Stichen,  oder  befesligung 
mit  Stecknadeln,  die  man  ameisenköpfen  verglich,  genannt  wor- 
den zu  sein:  und  werdent  geheftet  und  geneiet  nach  ir  not- 
durft  und  nicht  mit  emeiszenhaupter(n),  das  seind  dis  gemai- 
nen heften,  als  etlich  sprechent.  Braonschweic  chirurgia  72. 
diese  deutung  musz  sich  noch  bestätigen. 

EMSIG,  jugis,  assiduus,  sedulus,  ahd.  ßmajlc,  gmijtc  (Grafk 
t,  155),  mhd.  emejic  (mhd.  wb.  1,  429'),  den  stamm  fanden  wir 
oben   sp.  419    in    emesz   jugum,    zweifei    walten    kann  über  C 
oder   e,    das   a   in    emajtc   scheint  e  zu  fordern,    wicwul  den 
Umlaut   auch  das  letzte  5c  zeugen  darf,    vgl.  altn.  amr  labor, 
die  Schreibung  ärasig  enschcidet  nichts,     glaublich  ist  der  name 
der  fleiszigen,  wimmelnden  ameise  unmittelbar  verwandt,  nicht 
aber  emsig  aus  dem  thier,    sondern  emsig  und  ameise,   emse 
beide  aus  jenem   subst.  fimaj  herzuleiten.     Frisiüs  742,   nach 
ihm  Maaler  102"  utid  Hemscb  877,37  sagen  treffend:  emsig  und 
iemenverend,  als  wenn  es  släts  unter  dem  joch  were,  jugis. 
weib  und  kint  zu  erneren 
und  deine  reichtum  mcren 
durch  emsige  arbeite. 

meisterg.  cod.  berol.  23  »'88; 
emsiger  und  guter  haushalter,  assiduus  dominus.  Maai.er  102' ; 
ist   an    euch  mein  embsigs  bitten  und  begeren.    Galmy  129; 
liesz  sie  doch  mit  embsigen  bitten  nicht  ab.  Kirchhof  wendunm. 
309';  durch  stettigs  und  embsigs  anhalten  ward  ihm  letzlich 
zugelassen  eine  reis  dahin  zu  Ihun.  Amadis  113;  die  Greken 
sollen   sie  (die  ameiszen)  vom  fleiszigen  suchen  nennen,   als 
die   on   muszen    oder  unmüszig  sein  und  stets  ir  arbeit  ob- 
ligen,  wie  wir  ein  fleiszigen  menschen  ein  emsigen,  der  emsig 
und  fleiszig  sein  bcfolbne  arbeit  verrihtcl.    Mathesius  21'; 
er  ist  je  lontt  erobsig  und  gschwind.    Atrik  75' ; 
auf  datt  sich  emb«ig  alle  leut 
zu  «einem  dienit  erweisen.    Weckherlin  211; 
tie  kan  die  warheit  nackt  nicht  leiden, 
drurob  ist  lie  emiig  lie  cu  kleiden.    Locau  1,  53,  13; 

herr  Esau  war  so  embsig  auf  das  wiidpret  Wbise  eomüd. 
pr.  141 ;  indem  gleich  darauf  der  sciavenwUrter  kam  und  zusah, 
was  wir  machten,  da  er  uns  aber  ganz  emszig  antraf,  so 
gieng  er  bald  wieder  seiner  wcge.  I'lesse  3,383;  der  Hol- 
under ist  TOD  einer  ordentlichen  und  emsigen  gcmilthsart. 
Kart  7,430; 

mein«!  ihenre  wird  lo  em*ig  tchAn 
Bit  dem  korbe  dort  am  arme  «lehn. 

ScuaioT  VU.1  Werniuchen  108; 


allemsig  müszt  ihr  sein, 

ihr  Wimmelscharen  (von  ameisen).'  Göthe  41,  139; 
so  still  wars,  dasz  er  das  wühlende  arbeiten  emsiger  thiere 
unter  der  erde  verneiunen  konnte,  denen  tag  und  nacht  gleich 
sind.  17, 142 ;  er  ist  mehr  ein  emsiger  als  ein  fleisziger  beob- 
achter  zu  nennen,  er  blickt  überall  um  sich  her  und  seine 
unruhige  thütigkeit  verbreitet  sich  über  die  ganze  natuilehre. 
53, 248 ;  so  eines  mannes  tiefer  sinn  und  emsige  weise  ist 
eigentlich  das  was  uns  auferbaut.    an  Zelter  6, 115. 

EMSIG,  ÄMSIG,  jugiter,  sedulo,  assidue,  alul.  6ma;igo  : 
emsig  ergreifen,  arreptare,  emsig  dem  spil  obligen,  operam 
assiduam  dare  ludis,  er  krieget  emsig,  assiduus  bella  geril. 
Maaler  102';  embsig  kommen,  frequentare.    Hemscu  877,61; 

wir  sin  in  wiiocher,  eignem  nutz  gar  blind, 

darniit  thuond  wir  uns  empsig  neren.    trag.  Juh.  B8; 

darauf  werden  i.  f.  gn.  emsig  ermahnet  davon  abzulassen. 
Schweimchkn  1,  89;  war  mein  liebes  weib  emsig  darüber  be- 
trübt. 2, 167 ;  machte  uns  böse  Sachen,  dakz  alle  schulden 
aufwachten  und  wir  emsig  gedrungen  wurden.  1,  323;  lief 
empsik  uf  die  büne.    Eulensp.  cap.  53  p.  78; 

wir  treuen  kummeraden 
stehn  als  für  einen  mann,    die  srbieszen,  jene  laden, 
wir  wechseln  emsig  ümra.    Fleming  111, 

wo  1642  emsing,  doch  1685,114  emsig; 

sein  blut  ruft  emsig  räche, 
ob  [obschon)  seine  lippen  stumm.    Grtpuius  1,83; 
wie  hurtig  hätte  mich  ihr  äuge  nicht  verführt ! 
wie  emsig  hätt  ich  nicht  darinnen  buchstabiert.' 

Rost  schäfcrcrzälilungen  68 ; 
lieblichen  nektar  dem  mischkrug  ämsig  enLschöpfend. 

/{.  1,  597 ; 
eine  kleine  biene  (log 
emsig  hin  und  her  und  sog 
süszigkeit  aus  allen  blumcn.    Gleims  fabeln  13; 

er  suchte  ämsiger  und  ämsiger.    Göthe  19, 200 ;    er  wünscht 
meinen  söhn  recht  emsig  zu  unterrichten.    19,  247 ; 
im  hafen  regt  sich  emsig  schon  die  fahrt.    9,  333; 

mit  schwächeren  thieren  der  eine 
wünschte  langsam  zu  fahren,  ein  andrer  emsig  zu  eilen. 

40,  239 ; 
niemals  tadi  ich  den  mann,  der  immer,  thätig  und  rastlos 
umgeirieben,  das  ineer  und  alle  siraszen  der  erde 
kühn  und  emsig  befahrt  und  sich  des  gewinnes  erfreuet. 

40,  278 ; 
Wäsche  trockneten  emsig  auf  allen  hecken  die  weiber. 

40,285. 

EMSIGE,  /".  assiduitas.    Maaler  102*,  ahd.  emajtgl. 
EMSIGEN,  sich,  befleiszigen,  bemühen: 

der  auf  viel  an  ein  weib 
sich  emsiget  zu  sein.    Lohkmstbin  Ibrah.  72,  31. 

EMSIGKEIT,  f  assiduitas:  ich  mirs  auch  in  sinn  genum- 
men  hab  in  solcher  emsigkeU  und  schärpf  zu  bleiben,  so 
ich  hie  Christus  exempel  hab,  der  auch  seine  Widersacher 
aus  scharfer  emsigkeit  nennet.  Luthers  br.  1,  507 ;  tragen  si 
ketten  am  hals  oder  arm,  bedeut  den  gewalt  und  empsigkeit, 
die  si  haben  in  Verzückungen.    Frank  weltb.  108*; 

sein  Volk  mit  seinem  lob  und  mit  lieb  seine  brüst 

kan  seine  cinbsigkeii  erfüllen, 

dan  keiner  zeit  noch  stund  verlusi 

hat  jemals  müsziglich  beihöret  seinen  willen. 

Weckherlin  424; 

die  anhaltende  thStigkeit  die  man  emsigkeit  nennt.  KA^T 
10,  85. 

EMSIGLICH,  assiduus: 

einpscbleichs  lernen  dag  ist  guol.    Ring  24',  5. 

EMSIGLICH,  assidue,  jugiter:  ir  brüst  sollen  dich  trenken 
in  eim  jegklichen  zeit  und  du  wollüstige  dich  emsigklich  in 
irer  liebe,  et  amore  ejus  delectare  jugiter.  spr.  Sal.  5, 19  in 
der  bibel  1483,297*,  wo  Luther:  und  ergetze  dich  allwege  in 
irer  liebe;  die  kamen  mit  iren  weihen  und  kinden  emsiglich 
dazu.    Livius  von  ScnOrrERLiN  i; 

freundlich  und  mild, 

zart  reines  bild, 

mich  freut  sunst  nichts,  allein  dein  t&cbiig  geberd  und  weit, 

darumb  ich  mich 

hnb  cmiilglirh 

an  dir  ergeben  zu  loben,    gattenhauer  und  rrutertiedlin  n' H!t ; 

der  höchst  hm  emsiglich  hernb  von  seinem  herligthiimb 

sein  angosichi  genoigot.    Weckuirlin  210; 
ein  drittes  kommt  wol  emsiglich, 
am  ende  fehlet  kcint.    üuihk  I,  150; 
nicht  so  ornst  wie  dus  verstanden, 
aber  sich  zum  schönsten  feste 
emsiglich  betbliigeod.    11,204; 


445 


EMSIGLICUEN  — EN 


EN— ENDCHRIST 


446 


I 


alle,  vorgebeugt  den  jugendlichen 

rüstigen  leib,  beschleunigen  flugs  die  reise, 

rudernd  emsiglich.    sie  sind  zur  stelle.    Platk»  326'. 

EMSIGLiCHEN,  assidue:  und  gedacht  emsziklichen,  wie  er 
seinem  meister  möcht  widergelten.  Steinhöwels  Esop  14S7 
bl.  104;  der  jung  sich  fertig  machet,  zu  dem  marschaik  in  den 
garten  kam.  den  er  seiner  embsiglichen  warten  fand.  Galmy  225. 
EMSLEIN,  n.  formicula.  Hexisch  64,  8.  emeszlein  64,  29. 
amesziin  bei  Matbesics  hist.  Luth.  95'. 

EN,  nach  verßachung  einer  menge  ursprünglich  geschiedner 
bildungen  und  ßexionen  heutzutage  der  allerhäufiijste  «ort- 
ausgang  in  unsrer  spräche,  im  nomefi  liegt  ihm  altes  am, 
im,  um,  im,  6m,  ^m,  an,  in,  un,  on,  ün,  5n  zum  gründe, 
im  verbum  am,  im,  um,  em,  im,  6m,  ant,  önt,  ent,  an, 
6n,  en.  ton  alten  bildungen  her  leitet  sich  degen,  eisen, 
hafen,  hagen,  morgen,  ofen,  regen,  segen,  waffen,  wagen, 
zeichen;  doch  rabe,  ferse,  heide  {paganus\,  wölke  legen  das 
ihnen  gebührende  n  ab,  wogegen  schwache  masculina  ein  unor- 
ganisches en  in  den  nom.  sg.  ziehen:  bogen,  magen,  kno- 
chen  u.  s.  w.  unter  den  adjeclivbildungen  fallen  hierher  eben, 
eigen,  offen,  trocken,  trunken,  welche  meist  participial  er- 
scheinen, sodann  alle  participia  praet.  starker  verba  und  zahl- 
reiche ableilungen  der  Stoffe  dornen,  golden,  leinen  u.  s.  w. 
von  den  Zahlwörtern  sieben  und  zehen. 

EN,  die  negalion  vor  dem  verbum.  wie  sie  entsprang  und 
mhd.  an  die  stelle  des  ahd.  ni  getreten  ist,  wurde  gramm. 
3,  711.  ■;12  erörtert,  im  14  jh.  erscheint  sie  ziemlich  oft,  auch 
im  15  hauptsächlich  vor  sein,  können,  wollen,  wissen,  tbun  und 
einigen  andern  geläufigen  Wörtern  (Schm.  1,  68),  i'Are  spur  reicht 
noch  in  den  beginn  des  16  hinein,  namentlich  zu  Keisebsbebg. 

so  aber  solich  nit  enist.    Schadb  pasq.  2, 173 ; 
das  ich  nit  enkan 

das  Tolk  vertreiben  und  den  man.    Mdb.^krs  Aeneis  A3'; 

Esziingen  do  nit  enliesz, 

mit  vil  richsteten  zusiiesz. 

Job.  Lknz  Scliicabenkrieg  ron  1499.  43'; 

wan  mange;  spricht  'ach,  wie  ain  guot  predig  der  herr  heut 
tet!'  so  fi^g  ich  'wa;  hat  er  gesait?"  e;  antwürt  'warlich 
ich  enwaij  I '  Megesberc  118,  26 ;  fraw,  das  enwelle  got,  das 
ich  das  tuo !  gesta  Rom.  ed.  Keller  73;  der  umb  iegliche  mis- 
tat,  er  well  oder  enwell  (relit  nolit)  einen  pfenning  muosz 
geben,  das.  138 ;  ich  enweisz  nit  den  menschen  den  ii:  sagt. 
bibel  1483  Marc.  14,  71,  vulg.  qaia  nescio  hominem  istum  quem 
dicitis,  bei  Luther,  ich  kenne  den  menschen  nicht ;  und  als 
er  schneiden  solt  und  die  schär  nicht  enfand,  ward  er  über 
sich  sehen  und  auf  die  büni  klopfen  mit  den  henden,  ob  er 
die  schär  nicht  horte.    Steishöwels  Esop  106; 

wiewol  si  binden  nit  ensahe 

zwen  schlangen,  die  ir  ilten  nahe.    Mdbkers  Aeneis  Yl'; 

ein  mensch,  der  von  andern  dingen  siech  wirt,  also  das  er 
unreine  und  pöse  kost  geessen  hat  oder  ze  vil  Schleims  in 
dem  magen  bat,  das  soltu  also  erkennen,  so  enlust  in  nicht 
7U  essen  und  im  wült  und  verleuft  etwen  die  kost,  die  er 
geessen  hat.  versehung  eines  menschen,  A'ümt.  1489  55';  ich 
enweisz,  ich  gloub  dann,  das  er  Pamphilam  lieb  gehebt  hat. 
Terenz  1499.  74' ;  aber  ich  enweisz  den  namen  des  menschen, 
lll';  damit  er  allenthalben  vertriben  wirt  und  enneiszwen 
getrungen,  zuduchl  suchen  bei  gott.  Keisebsbebg  parad.  der 
Seelen  4* ;  so  man  uns  als  vil  zu  verston  gibt,  das  wir  glau- 
ben, man  halt  enneiszwen  groszes  und  erliches  von  uns.  12*; 
damit  gewinnt  er  so  vil  zu  schaffen,  dasz  er  steinen  leib 
enneiszwen  verachtet  und  unwerd  haltet.  153';  merk,  wenn 
du  dich  hie  im  leben  diner  sünd  schämest  zu  bichten  vor 
dinem  bichlvalter,  solt  ich  das  müszen  sagen  und  bichten 
dem  pfaffen?  enlniwen  ich  enthun.  6«7ger21*;  nit  ist  gedult 
ein  Wurzel  aller  tugent  oder  ouch  ein  behüterin  aller  tugent 
gerad  von  ir  selber,  als  do  ist  gütliche  lieb,  aber  eneiszwie 
tiberzwerchs  her.  61';  das  im  solche  Übung  enneiszwenn  licht 
werden.  76'  und  gewis  noch  öfter,  diese  enneisz  für  enweisz 
sloszen  das  w  aus  (gramm.  3,  72.  713),  oder  assimilieren  es  dem 
n  und  man  begreiß  die  auch  den  anlaut  en  wegwerfenden,  in  ober- 
deutscher volkspraehe  bis  auf  heute  haßenden  naiszwer,  naiszwie, 
naeszwie  (Scbm.  2,  693.  4, 184. 185),  schwäb.  näumer,  näumis, 
naha,  nabis  (gramm.  3,  72.  73),  oß  mit  dem  wieder  positive  färbe 
gewinnenden  sinn  des  franz.  je  ne  sais  quoi,  ich  weisz  es  nicht 
zu  sagen,  auszerordentlich,  egregie,  eximie.  im  alln.  nakqvar, 
nockr,  schw.  nagon,  ddn.  nogen  erkannte  ich  bereits  3,  72  die 
negationspartikel,  Uppströ«  hat  neulich  nacqvat,  nägot,  noget 
auf  ein  supponiertes  golh.  ni  vait  hva  zurückgeßhrt ;  dies  an- 


lautende n  also  wäre  die  letzte  nordische  spur  des  alten  ne. 
ALBEBt:s  unter  dem  worte  ent,  wohin  sie  nicht  gehört,  ßhrt  die 
redensarl  an  'ich  enthu',  non  faeiam.  in  solchen  ausdrücken  ver- 
glimmt unsere  edle  einfache  verbalnegation,  statt  welcher  wir 
uns  mit  dem  nachscldeppenden  'nicht'  behelfen  müssen. 

E.N  für  ein.  da  schon  ahd.  6  in  gewissen  fällen  an  die 
stelle  des  ei  trat  {gramm.  1,  93.  94),  nd.  überall  en  ßr  ein 
gilt,  kann  es  nicht  befremden,  dasz  die  Verdünnung  hin  und 
wieder  auch  nhd.  vordrang,  eintweder  ist  dem  entweder  ganz 
gewichen,  während  sich  einzel  gegenüber  enzel  behauptete, 
nachlässige  oder  trauliche  ausspräche  leidet  im  unbestimmten 
artikel  en  statt  ein. 

E.NBEiSZEN,    manducare,    bibere,    cibum  potumve   capere, 
ahd.   inpijan  (Graft  3,  229),   mhd.  enbijen  {wb.  1,  t94),    ags. 
onbitan.    tn  einem  alten  Hede  bei  ühlaüd  821  von  der  Joluinnes 
minne,  d.h.  dem  sogenannten  abschiedstrunk : 
wer  ir  immer  enbi^e, 
den  mach  got  sälig  mit  allem  flise. 
vgl.  imbisz. 

ENBIXNEN,  j.  entbinnen. 

E.ND,  s.  ende. 

END,  ausgang  der  participia  praes.  (gramm.   1, 1007). 

ENDABSCHEID,  m.  senlentia  ultima: 
das  war  im  rath  der  endabscheid.    froschmeuseler  Gg5. 

END.\BSICHT,  f.  consilium,  propositum,  ziel,  zweck:  die 
endabsicht  der  natürlichen  dialectik  der  menschlichen  Ver- 
nunft, Käst  2.  508 ;  sie  fragte  ihn  in  aller  Unschuld  und  ge- 
wis ohne  endabsicht.   Hippel  8, 274. 

END  .AUSSPRUCH,  m.  sententia  ultima,  endurlheil:  die  nun 
alle  voll  zweifelhafter  erwartung  ihres  loses  auf  den  schönen 
genius  blickten,  dem  der  endaussprach  anvertraut  ward. 
Klinger  11,  25. 

ENDBAUM,  m.  grenzbaum?  so  jemand  einen  endbaum 
(rar.  indbaum)  hawen  würde,  sol  der  dem  hofsherren  ver- 
fallen sein  5  mark,  in  der  Hart  weisen  sie  einen  underbaum 
vor  5  Schilling,  doch  wenn  er  seinen  willen  brauchen  wolle 
und  einen  bessern  hawen,  weisen  sie  denselben  gleich  einem 
endbaum.    weisth.  2,  620. 

ENDBESCHEID,  m.  was  endurtheil.    Stieler  1749. 

ENDBESCHLUSZ,  m. 

ENDBESCHREIBUNG,  f.  definüio.  Jon.  ScHEmERS  kehr- 
wisch. 1664  S.  20.21. 

ENDBEUGUNG,  f.  ßr  flexion  steht  in  der  lat.  märkischen 
grammatik  ron  1774  s.  2. 

ENDBRET,  n.  äuszerstes  bret  an  den  enden  eines  sägeblockt, 
einer  Schubkarre,     s.  endelbret 

ENDBUCHST.\BE,  m.  vocis  litera  exirema,  <aislaut:  wenn 
unser  gedächtnis  und  unser  namenzug  auf  der  erde  ausgewischt 
ist  bis  auf  den  letzten  endbuchstaben.  J.  P.  biogr.  bei.  1, 135. 

ENDCHEN,  n.  particula  ultima,  nnl.  eindje,  wird  zumal 
von  dem  letzten  stück  oder  stumpf  eines  lichts,  seils,  fadens 
gebraucht:  der  tod  deutete  a«f  ein  kleines  endchen,  das  eben 
auszugehen  drohte,  kinderm.  n'  u ;  alles  war  finster,  nur  ein 
endchen  licht  an  die  mauer  geklebt;  man  sagt,  'der  hans- 
wurst  koset  wie  ein  endchen  licht',  sein  scherz  fällt  leicht 
um;  wir  waren  so  schläfrig,  dasz  wir  kaum  die  lichter  aus- 
geputzt hatten,  ausgenommen  das  endchen,  mit  welchem  mein 
bruder  uns  vorleuchtete,  so  trabten  wir  auch  schon  über  den 
langen  gang  unserer  schlafkammer  zu.  Thühmel  4,  45;  er  war 
ein  Junggeselle  und  ein  gutes  endchen  über  die  Jugendjahre 
hinaus.  Siegfr.  von  Lindenb.  1, 163  (155) ;  acht  und  sechzig, 
gnädiger  herr,  aber  ich  gedenke  noch  mein  endchen  zu  leben, 
wenn  es  gottes  wille  ist.  Stürz  1,245;  ich  hatte  zwar  noch 
ein  endchen  taback.  Wieland  15, 129 ;  es  war  noch  ein  end- 
chen [Stückchen]  weges  zurück;  um  durch  die  ritzen  und 
klüfte  der  wolkenballen  einen  kleinen  zipfel  besonnter  erde, 
einen  schmalen  uferzug  und  ein  endchen  see  zu  gewinnen. 
Götre  43,121;  und  mit  grobheit  grollend  das  endchen  tau 
nach  dem  hauen,  der  ihrer  Jämmerlichkeit  zu  nahe  tritt. 
Seche;  ich  hielt  den  zuhörern  den  schwänz  so  in  meiner 
band  hin,  wie  ein  endchen  köpf.  J.  P.  liL  naekL  4, 87.  vgl. 
eckchen  sp.  22. 

ENDCHRIST,  ENDECHRIST,  fTi.  antichristus,  ahd.  anti- 
Christo : 

der  aniichrisio  nil  pi  demo  altflante.    Mutp.  48; 
mhd.  kum  endekrist,  du  rehter  gouch.'    MS.  2,  137'; 
wa;  sümest  du  dich  endekrist, 

da|  du  oibt  kamst!    dun  darft  nibl  mdre  btien  dekeine  (Hat 

147» 


447 


ENDCHRISTISCH —ENDE 


ENDE 


448 


tüid.  ich  will  mii  Clirisio  halten, 

den  ondchrist  von  mir  schalten, 

und  gsäch  er  noch  so  sur.    Uiilakd  897; 

in  der  geschrift  limlt  man  gar  Tein,  . 

■wie  der  endchnsi  sol  zeichnei  sein 

mit  dem  kreuz,  hör  ich  sagen.    928; 

diese  ist  die  allerschediichst  anfechtung  und  wird  der  zeit 
des  endechrists  zugeeigend.  Luther  1,  8ti';  papisten  und  des 
endechrists  vettern.  3,  46 ;  der  uns  aus  dem  grewiichcn  ünster- 
nis  des  endechrists  erlöset.  3, 103 ;  der  bapst  als  ein  tyran 
und  endechrist  3, 435' ;  hie  sihestu  recht  den  cndechrisl  sitzen 
im  tempel  gottes.  6,91*;  und  sind  die  bcpst,  die  sie  {die 
salzungen)  gmacht  haben,  des  teufeis  boten  und  sind  wäre  enti- 
chrisU  Schade  pasq.  3,184;  entclirists  boten  und  junger.  91; 

so  ist  der  erst  des  endchrists  kncchl.    Mdrner  «chelmenz.  5*; 

solcbs  hat  der  grosze  Talsch  prophet 

der  bapst,  der  endchrist  uns  gelehrt.    Albkrus  E«op  79'; 

damit  rümpt  er  {Wüzel)  sich  groszer  kunst, 

das  er  erlang  des  endchrists  gunst.    contrafactur  \y; 

dann  den  bapst  ein  endchrist  und  die  geistliche  des  end- 
christs trabanten  zu  schelten  ist  ein  sünde  widder  den  hei- 
ligen geist.  wider  Wiliel  L4'.  man  zog  die  falsche  forvi  vor 
im  glauben,  der  antichrisl  solle  am  wellende  erscheinen,  noch 
Stieler  266  hat  endechrist. 
E.NDCHRISTISCH: 

sie  namen  das  gcld  mit  häufen  ein, 

es  mag  gar  wol  endechristisch  sein.    UuLAriD928; 

es  ist  ein  unchristlich,  ja  endchristisch  exeinpel,  das  ein  armer, 
sündiger  mensch  im  lesset  seine  fiisze  küssen.  Ldther  1,301*; 
denn  das  bapsthum  gewislich  das  rechte  endchristisch  regi- 
ment  oder  die  rechte  widerchristische  tyrannei  ist.  3,  512 ;  aber 
der  endechrist  musz  endechristisch  sich  halten.  6,  91*;  da  sind 
die  widerteufer  aufs  ncwe  und  wütcfl  noch  imer  mit  zu  die 
endchristische  allen  erzwiderteufcr,  die  durch  ir  eigen  werk 
sich  getauft  haben  und  noch  teufen.  6,276';  anrufung  der 
heiligen  ist  auch  der  endechristischen  misbreuche  einer.  6,513*. 

ENDE,  n.  finis,  ora,  golh.  andeis  m.,  ahd.  enti  m.  n.,  mhd. 
ende  m.  n.,  alts.  endi  m.,  nnl.  einde  n.,  ags.  ende,  engl. 
end,  alln.  endir,  endi,  m.,  schw.  ände  m.,  ända  f.,  dän.  ende. 
auch  unser  nhd.  ende,  nnl.  einde  apocopieren  oft  den  vocal- 
auslaut.  dem  pl.  geben  wir  heute  unorganisch  enden  {wie 
betten,  hemden  für  bette,  henide),  Luther  behielt  wenigstens 
in  der  bibel  das  richtige  ende,  nahe  liegt  das  einstimmende 
skr.  anta,  wonach  man  gulh.  an|)eis  erwarten,  ahd.  endi  dem 
enti  vorziehen  sollte;  wahrscheinlich  verwandt  sind  die  Par- 
tikeln ante,  avri,  welche  die  richlung  vor  und  gegen  aus- 
drücken, und  wozu  auch  unser  ent  gehört,  die  Urbedeutung 
des  Worts  scheint  spitze,  ecke,  äuszerstcs,  wie  sich  aus  dem 
ahd.  andi  und  andin  frons  ergibt,  das  bei  Graff  1, 363  fehler- 
haft von  endi  finis  gesondert  steht  und  altn.  enni  lautet,  dies 
enni  weist  wiederum  auf  golh.  anjii  oder  anjieis,  ganz  wie 
kunnr,  munnr  neben  golh.  kunj)s,  mun|)s  treten,  es  müssen 
$ich  also  die  begriffe  an|)i  frons  und  andeis  finis,  ahd.  endi 
frons  und  enti  finis,  alln.  enni  frons,  endir  finis  allmälich 
geschieden  haben,  anfangs  aber  gehören  sie  zusammen.  Sciiam- 
BACH  hat  sowol  enne  als  wenne  für  ende,  wende,  licht  auf 
ende  werfen  zwei  andere  Wörter,  ort  =  golh.  nzds,  ags.  ord, 
altn.  oddr  so  wie  ahd.  prort  ==  golh.  bruzds,  ags.  brord, 
alln.  broddr,  die  gleichfalls  cuspis,  spitze  ausdrüclien;  in 
endipruril,  enliprurtan  (Graff  3,  3K})  erscheinen  sogar  enti 
und  prort  verbunden,  von  andrer  seile  musz  enden  auch  mit 
wenden  verglichen  werden,  höher  aufwärts  können  selbst  lat. 
finis,  welsches  pen,  irisches  ceann,  5/.  konitz  verwandt  liegen, 
allen  diesen  Voraussetzungen  wird  näheres  eingehen  auf  die 
bedeutung  zu  stalten  kommen,  über  die  wurzel  soll  einiges 
bei  dem  verbum  getagt  werden,  beachten swerlh  ist,  dasz  in 
der  grammatischen  Wortfügung  unsre  spräche  diesem  ende  die 
davon  abhängigen  genilive  vorausgehen  zu  lassen  pflegt,  ihm 
telbtl  die  letzte  stelle  anweist,  beispiele  gab  ich  bei  Haupt 
t,  275. 

L  ende  bb  duszersle  spitze,  axie,  aciet.  diese  Vor- 
stellung ruht  deutlich  in  jenem  ahd.  andi  oder  andio,  alln. 
eooi  frons, 

er  wa$  Ao  roiches  at  ente 

im  midebrandtlied  ist  2U  übersetzen  er  war  immer  an  der 
spitze  des  rolks  oder  des  kämpft,  in  fronte  pugnae.  noch 
heute  heitten  uns  die  tacken  det  hirsehgeweihes  enden,  die 
unlertten  augiprofscn,  die  obersten  eisyprftsscl ;  gablcr  ist  ein 


Hirsch,  der  nur  ein  ende  an  jeder  stange,  zehenender,  der 
fiinfc  auf  jeder  seile  hat.  des  hirsches  schwänz  nennen  wir 
blume,  mhd.  hiesz  er  auch  ende: 

den  hrnien,  dA  der  rucke  stiej 

über  lanken  geln  dem  ende.    Trist.  74, 23, 

denn  am  unlcrn  ende  des  thierischen  leibs  ragt  der  schwans, 
am  obei'en  ende  das  hörn,  dem  insect  stehen  fühlhörner  und 
Stachel  an  des  kopfes  spitze,  das  ende  der  band  bilden  die 
finger,  das  der  finger  die  ndgel.  insgemein  sehen  wir  ende 
das  duszersle  {exlremum,  i'axa-cov),  bald  oberste,  bald  un- 
terste, köpf  oder  schweif  bezeichnen,  jeder  sinnliche  gegenständ 
hat  zwei  enden,  z.  b.  die  brücke  einen  köpf  und  schweif 

zehen  eilen  waren  von  dem  ende  seines  liinen  flügels  zum 
ende  seines  andern  (vulg.  a  summitate  alae).  l  kön.  6,21; 
denn  der  weit  ende  sind  des  heim  {vulg.  domini  enini  sunt 
cardines  terrae).  1  Sam.  2,  8;  und  bedeckt  alle  ende  des  meers 
(cardines  maris  operietl.  tliob  36,  30.  das  worin  eine  sache 
oben  oder  unten  ausgeht,  heiszl  ihr  ende,  ebenso  das  was  zu- 
letzt von  ihr  übrig  bleibt,  der  trum  {vgl.  endchen) :  das  ende 
eines  lichts,  fudens,  seils,  sciiiftaues,  stabs,  balkens.  Schweiz. 
das  endi,  der  duszersle  rand  an  der  breiten  seile  eines  gewo- 
benen zeugs  {Stald.  1,  3431.  die  enden  an  den  faden  sind 
filorum  capila,  an  des  fadens  ende  knüpft  die  nähterin  den 
knoten,  am  ende  des  gewandes  iiängt  der  säum,  der  gfre, 
den  fliehenden  greift  man  am  ende,  am  zipfel  seines  klcids; 
viel  kommt  darauf  an,  dasz  man  ein  ding  beim  rechten  ende 
nimmt.  Wieland  19,236;  teuer  wurmgcwebe  im  schnecken- 
blut  gefärbt  (rf. ».  purpur),  um  damit  sich  zu  verhüllen,  roth 
und  weisze  ende  (wangen?)  desto  schwerer  zu  behängen. 
BüTSCHKY  Palm.  42 ;  zween  cherubim  zu  beiden  enden  des 
gnadenstuels.  2  Mos.  25,18;  und  solt  an  einem  iglichen  tep- 
pich  fünfzig  schleiifiin  machen  an  iren  orten,  das  sie  anein- 
ander bei  den  enden  gefüget  werden  {vulg.  quinquagenas 
ansulas  corlina  habebit  in  utraqiic  parte  ita  inscrtas,  ut  ansa 
contra  ansam  veniat  et  altera  alteri  possit  aptari).  2  Mos. 
26, 10.  diese  Vorstellung  beider  enden  erscheint  aber  auch  ab- 
stracl  angewendet:  beide  enden,  Sinnlichkeit  und  verstand 
müssen  vermittelst  der  einbildungskraft  zusammenhängen. 
Kant  2,656;  wenn  meine  leidenschaft  sünde  ist,  so  mögen 
die  enden  von  lugend  und  laster  in  einander  Qieszen.  Schiller 
153' ; 

wie  mochte  sie  {natur)  die  beiden  letzten  enden 
des  menschlichen  geschlechtes,  mich  und  ihn 
durch  ein  so  heilig  band  zusammen  zwingen?    246*. 

Sprichwort,  es  wird  kein  ende  und  kein  stiel  daraus,  es  gerdlh 
nicht,  mislingl.     vgl.  endel. 

II.  ende  =  locus,  aus  dem  begrif  der  spitze,  gleichsam 
des  puncls  entspringt  der  des  orls,  des  festen  puncls.  ahd. 
ort  war  cuspis,  acies,  ora,  margo  (Graff  1,  469),  mhd.  ort  ist 
spitze,  ende,  aber  auch  schon  stelle,  platz,  im  nhd.  ort  er- 
lischt die  erste,  bleibt  nur  die  letzte  bedeutung.  das  ahd.  enti 
cuspis,  ora  empfieng  bereits  örtlichen  sinn  und  Mallh.  25, 21 
egressus  inde  sccessit  in  partes  Tyri  et  Sidonis  sehen  wir 
verdeutscht:  thanan  arstantanti  fuor  in  thiu  enti  Tyri  tl 
Sidonis,  die  partes,  die  fUQTj,  sind  platze,  örler.  nhd.  er- 
scheinen 'ort  und  ende'  häufig  neben  einander  als  gleichbe- 
dcutige,  sich  verstärkende  alliteration,  'von  allen  orten  und 
enden'  meint  undique,  ex  omni  parte,  von  allen  seilen  her. 
zuweilen  aber  klingt  auch  noch  die  Vorstellung  eines  abgele- 
genen, zur  seile,  in  der  ecke,  am  rande  liegenden  ortet  durch, 
was  dem  ursprünglichen  sinn  von  spitze,  winkel  entspricht: 

als  baldc  man  gcsscn  hat, 

der  keisor  gicng  an  der  siat 

zuo  dem  uszseizcl  eilende 

und  Tuurt  in  an  ein  ende  [zur  seile).    Diocl.  8674; 

ir  siili  Ulis  geben  ausx  der  hend, 

so  wullun  wir  treten  an  ein  end 

{ihr  sollt  uns  enllatsen,  so  wollen  wir  beiseile,  irgendwohin 
gehen),    fasln,  sp.  854, 19 ; 

er  nam  «io  bei  der  hcnde, 
bei  ihr  schneeweiszcn  hand, 
Tuori  sie  des  walds  ein  ende, 
da  er  ein  beillin  Tond. 

alles  lied  t.  b.  in  Hon.  pet.  190; 
da  nam  er%  boi  der  hnnd, 
Itihrct  sie  an  ein  end. 
da  er  ein  wirtahau^i  fand.    Garg.  92*. 

gleichsam  tu  ende  des  «aldes,  abseitt.  dieser  nebenlon  tchliliil 
auch  in  einseinen  der  folgenden  belege  an,  deren  meitle  doch 
mit  ende  nichtt  als  ort  und  sltUe  ausdrücken: 


449 


ENDE 


ENDE 


450 


ich  bin  gewest  an  manchem  end 

und  bab  versucht  gar  vilerlei.    Schwakzknbkkc  150,  2; 

du  solt  auch  in  disem  gebott  wissen  zu  eren  das  heiligtumb 
der  wirdigen  heiligen,  heilig  ende  und  statt  {loca  et  sedes) 
gots  und  der  heiligen,  spiegel  des  Sünders  {um  1470)  bei  Gefren 
beil.  52;  sein  kloster,  das  gar  an  einem  lustigen  ende  was. 
Bocc.  1535.  lo' ;  so  sie  beldest  mochte,  sich  an  das  ende  füget, 
da  er  elJende  jung  Lorenz  begraben  lag.  94';  was  du  an 
einem  ort  hOrest,  so  schwetzest  es  an  anderm  end.  Keisebsb. 
s.  d.  m.  3' ;  das  hond  die  Römer  etwan  gespürt,  man  must 
öffentlich  essen  und  zu  den  zeiten,  do  man  essen  solt,  mit 
offenen  thüren,  und  an  etlichen  enden  was  terbotten,  das 
man  nit  me  trachten  solt  haben  dan  ufgesetzt  was  bei  einer 
pen.  5*;  andere  herren,  die  nit  an  demselben  end  herrn 
weren.  Recchlü»  augensp.  34';  desselben  flecken,  ends  oder 
orts  aigen  oberkait.  ebenda;  und  die  kinder  Dan  sandten 
aus  iren  geschlechtern  von  iren  enden  fünf  streitbare  men- 
ner.  rieht.  18,  2 ;  so  wollet  ir  vom  churfürsten,  dem  es  gebürt, 
als  der  ende  oberherren,  leiden  was  zu  leiden  sei.  Lcther 
4,  314'.  6r.  3,  266 ;  was  die  spital  zu  Erfurt  und  andere  ende 
ausstehend  haben,  br.  5,  798 ;  sage  mir  nur  die  warheit,  wer 
hat  dich  an  das  ende  (dahin,  an  den  ort)  gebracht?  Bocc. 
1,308';  in  solchem  seinem  leid  er  in  der  statt  an  ein  wild 
end  kam,  da  er  ein  hole  ersähe,  darin  er  desselbigen  nachts 
zu  herbergen  meint.  2, 206' ;  es  würd  in  kurzer  frist  ein 
schön  lustlich  hus  ufgericht  an  ort  und  end,  da  vormaln  ein 
ungeschaffen  hus  ist  gestanden.  Schade  pasq.  3,68;  zwölf 
meil  darvon  ligt  s.  Thomas  leibhaftig  an  eim  öden  end.  Frank 
tceltb.  204';  sie  wolle  sich  an  ein  ende  (dahin,  eo  locorum) 
wenden,  da  sie  dem  allmächtigen  gott  andächtiglich  möchte 
dienen,  buch  der  liebe  40,3;  wolte  er  mir  folgen,  so  ritte  er 
beizeit  an  andere  ende  und  stett,  da  man  es  ihm  besser 
erbiete  denn  hie.  89,  2 ;  und  als  er  fand  die  statt  und  ende, 
da  er  vermeinet  sicher  zu  sein.  92, 1 ;  darzu  haben  wir  ein 
grosze  und  lange  reise  zu  thun,  sollen  wir  an  ort  und  end 
kommen,  wie  wir  hoffen.  199,2;  als  sie  jetzund  an  ort  und 
end  kommen  waren.  237,2;  keiner  künde  nicht  gesagen  oder 
wissen,  an  welchem  ende  der  grafe  zuletzt  gewesen  oder 
blieben  war.  264,  3;  und  was  auch  nicht  ein  wunder,  ob 
diese  hochzeit  etwan  frembde  daucht,  denn  an  solchem  ende 
also  köstliche  hochzeit  gar  ungewöhnlich  seind  zu  haben. 
265,  4 ;  es  begab  sich,  dasz  ir  hauswirt  einen  groszen  al  in 
einem  trog  an  eim  heimlichen  end  behalten  hatte,  auf  dasz, 
ob  ihm  etwan  ein  guter  freund  zu  haus  käme,  dasz  er  ihm 
darmit  ehre  anthet  und  ein  gut  essen  haben  möchte.  286,1; 
(das  kraut)  vertreibet  die  geschwulst  an  den  heimlichen  enden 
(locis,  partibus  secretis)  der  weiber.  Tabernaemont.  385;  hitz 
im  Orient,  kühl  im  occident  und  gäuch  an  allem  end  (allent- 
halben). FiscHART  grossm.  139;  er  hett  dich  an  keim  end 
(nirgendwo)  besser  antreffen  können,  ehi.  69; 
in  einer  stund  hat  er  gemacht 
Unglück  an  lausend  enden. 

Hof«,  gesellsch.  l.  s.  278; 
gedachte  er  solches  an  ort  und  end  (dahin)  zu  notihcieren. 
Simpl.  2,  70 ;  er  wäre  an  ort  und  ende  hingangen,  da  viel 
gelds  und  gut  gelegen.  2,  93 ;  in  was  ort  und  ende  er  auch 
sei.  BcTscHKY  Aanz/.  10;  an  was  ort  und  ende  mich  auch  das 
gelücke  zu  führen  gewohnet.  29.  ums  end,  da  herum,  in  der 
nahe.  Schm.  1,  75 ;  am  ende  bleiben,  im  orte.   1,  76. 

Meisteniheils  ist  in  diesen  beispielen  die  Vorstellung  des  ortet, 
wie  angedeutet  wurde,  zu  einem  bloszen  pronominalen  und 
adverbialen  begrif  geworden,  der  sich  an  zwei  fällen  ganz  be- 
sonders erzeigt. 

1)  mhd.  begegnet  oft  der  gen.  sg.  'des  endes'  (gramm.  3, 129), 
nhd.  noch  in  des  endes,  wes  endes  (IV,  1.  2)  und  in  den  Zu- 
sammensetzungen endesbezeichnet,  endesgefertigt;  sonst  aber 
steht  lieber  der  gen.  pl.  'der  ende,  der  enden,  vieler  enden, 
aller  enden':  der  enden  und  in  aller  still.  Luther  3,415; 
weil  unsicher  und  sorglich  sein  will,  der  enden  (ibi,  da,  dort) 
mit  diesen  büchem  umbzugehen.  ebenda;  sofern  im  der  enden 
zu  bleiben  vergünnet.  3,421;  wolle  sich  ewer  einer  der  enden 
behausen,  ebenda;  so  wil  er  solch  einkommen  wieder  gang- 
haftig  machen  oder  ander  ende  (anderweit,  nlibi)  versichern. 
br.  5,  797;  der  ende  da  (da,  wo)  der  andern  unterhalt  ver- 
ordnet.  5,798; 

der  end  viel  schöner  tauben  schweben.    Spuria  II,  37* ; 

erwürgt  haimlicher  enden  (locis  occultis).    Nilissus  ps.  D  4'; 

uf  dich  zu  lenden 

args  und  bös  mancher  enden  (muUifariam).    H5'x 
111. 


halt  an  und  sich  dich  ümm,  ob  irgends  aller  enden 
noch  was  zu  finden  sei,  das  deine  oual  kan  wenden. 

pLKir.'HC  661; 
aller  end  her  kamen  sie  zusammen.    Göthe  56,  86; 
wenig  habt  ihr  meiner  gedacht,  indes  ich  im  lande 
vieler  orten  und  enden  die  sorglichste  wache  gehallen. 

40,  147 ; 

er  führte  den  satz  aus,  dasz  wer  seine  leidenschaften,  nei- 
gungen  . . .  nicht  zu  verbergen  wisse,  in  der  weit  zu  nichts 
komme,  sondern  aller  orten  und  enden  gestört  und  zum 
besten  gehabt  werde.   25,  34 ; 

klein  ist  anfang  aller  enden, 

doch  mit  groszem  musz  es  enden.    Rqcekrt  226. 

s.  allerends  1,  222  und  vgl.  goth.  allandjö,  ahd.  enteö  joh 
wenteA  (gen.  pl.). 

2)  weit  häußger  der  dat.  pl.:  die  blätteren,  die  lang  zeit 
an  allen  enden  (ubivis  locorum)  geweret  hond.  Keisersberg 
I.  d.  m.  3';  und  ist  angest  und  not  an  allen  enden,  hdslein 
ddl';  das  das  haus  Baal  vol  ward  an  allen  enden.  2  kön. 
10,21;  und  sie  kamen  zu  im  von  allen  enden  (nävrod'sv, 
undique,  alla^rü).  Marc.  1,  45;  machstu  gesund  an  allen  enden 
(Ttntnaxov,  ubique,  and  all).  Luc.  9,  6 ;  gleichwie  ich  an  allen 
enden,  in  allen  gemeinen  lere,  l  Cor.  4, 17 ;  zum  andern  hat 
er  sich  erboten  in  eigener  person  zu  Augsburg  oder  an  an- 
dern enden  ursach  seiner  lere  und  schrift  anzuzeigen.  Lctber 
1,111';  nit  das  ich  den  thalmud  wolle  gut  machen  an  den 
enden  da  er  zu  verwerfen  ist.  Reüchlis  augensp.  10";  herr 
Tristrant  ist  ein  küner  held,  als  er  an  manchen  enden  in 
harten  streiten  oft  erzeiget  hat.  buch  der  liebe  84, 1 ;  er  hat 
an  manchen  enden  erzeiget,  dasz  er  grosze  und  manliche 
thaten  thun  darf.  85,1;  wolt  ihr  die  sach  selbst  befinden, 
so  reitet  mit  dem  hofgesinde  in  den  wald  jagen,  so  es  denn 
nacht  wird,  so  lasset  das  hofgesind  an  den  enden  (ibi)  und 
gehet  ir  mit  mir.  88,2;  also  waren  sie  an  den  enden  gar 
nahend  zwei  jar.  92,  l ;  wein  von  teutschen  landen  und  sonst 
von  manchen  enden.  266, 1 ;  und  gedachte,  dasz  sein  weih 
grosze  schand  triebe  und  ietzund  vielleicht  an  solchen  enden 
wer,  des  sie  unehr  hett.  273,  2 ;  zu  Hibernia,  zu  Britannien 
und  an  andern  enden.    289,  2 ; 

Mattheus  schreibt  am  fünfzehenden, 

wie  Jesus  ausgieng  von  den  enden  (ittinc) 

und  entwiche  also  darvon 

entgegen  Tiro  und  Sidon.    H,  Sachs  II,  1,72", 

ti'Oiu  man  die  oben  angezogne  ahd.  Übertragung  von  ilatth. 
15,  21  halte,  in  welcher  umgedreht  ende  vor  Tyrus  und  Sidon 
gesetzt  steht;  die  Griechen,  die  sich  (zu  Olympia)  von  allen 
enden  versammelet  hatten.  Fischart  ehz.  70;  und  wird  (der 
honig)  an  denselben  enden  sehr  grosz  geacht.    bienenk.  243; 

Victoria  fleugt  nach  mit  palmen  in  den  bänden, 
geflügelt  weis»  wie  schnee,  ganz  blosz  an  allen  enden. 

Opitz  1,103; 
ich  bin  ein  junger  laffe, 
der  immer  nur  an  beiden  enden  (extremen)  schwärmt, 
bald  viel  zu  viel,  bald  viel  zu  wenig  thuU    Lbssijig  2,  339; 

an  allen  orten  und  enden  der  Christenheit.  10,  217;  es  ist 
vielmehr  der  fehler  aller  barbarischen  Jahrhunderte,  dasz  ihre 
schriftsteiler  an  beiden  enden  (extremen)  ausschweifen  und 
eben  so  oft  Schwätzer  als  wortsparer  sind,    10,370; 

0  könnten  meine  saiten  die  kinder  Teuts 

von  allen  enden  wecken!    Dk^is  im  Göttinger  mutenalm. mo ; 

noch  ein  mittel,  das  den  krieg  unvermeidlich  an  allen  enden 
anblasen  wird.  Göthk  8,  183;  feuerflammen  erscheinen  an 
allen  ecken  und  enden.    6, 166 ; 

berufe  nicht  die  wolbekannte  schar, 
die  strömend  sich  im  dunsikreis  überbreitet, 
dem  menschen  tausendf.iltige  gefahr 
von  allen  enden  her  bereitet,    12,61; 

dann  freute  ich  mich,  wenn  das  willkommene  zeichen,  nun 
sei  es  gelungen,  von  allen  enden  widertOnte,  19,  129;  an 
einem  vulcanischen  hügel,  er  dampfte  aus  allen  enden,  28,22; 

aber  du  übest  verrath  an  allen  orten  und  enden.    40,  147; 

feuerwerke  de«  abends  von  allen  orten  und  enden 

leuchten  und  knallen.    40,265; 

denn  sie  rufen  zusammen  aus  allen  enden  die  jagend 
wie  das  alter.    40,  263 ; 

und  so  bab  ich,  bezüglich  auf  den  theil  der  erde,  den  ich 
beobachtet,  immer  regelmäszigkeit  und  folge  und  zwar  über- 
einstimmend an  raehrcm  orten  und  enden  gefunden,  51, 189  j 

29 


451 


ENDE 


ENDE 


452 


weil  es  an  allen  enden  fehlt,  an  Schiller  216;  an  allen  orten 
und  enden  strömte  der  übcrflusz  herbei.  Schiller  869;  es 
brennt  an  allen  enden. 

3)  ende  und  ort  gleichen  sich  auch  in  einer  adverbialen 
redemarl.  man  sagte  "auf  ein  ende',  genau,  gründlich,  end- 
lich, apprinu: 

mhd.  daj  muoste  er  gar  von  gründe 

bij  üf  ein  ende  kiinaen.    tr.  kr.  61t)7; 
dajs  alle  müesten  leisten 
ir  willen  üf  ein  ende.    7433; 

gerade  so  anderwärts  'ftf  ein  ort'  und  beide  wOrler  verknüpß : 
gar  üf  ein  ende  und  ort.    Karajans  TKiCBftga  «.  10  anm.  3. 
nhd.  und  erforschet  auf  ein  end 
was  die  Schöpferin  für  suchen 
in  das  weligewölb  gelegt, 
wie  die  feste  sich  bewegt.    Rohplkr  86; 

bös  auf  ein  end,  insigniter  improbus.  Schmeller  1,77;  der 
dauphin  versteht  die  landkarte  auf  ein  end.  Elis.  von  Or- 
leans 194. 

die  ausdrücke  von  1 — 3  lassen  recht  erkennen,  wie  analog 
sich  die  begriffe  des  ortes  und  des  endes  sind. 

III.  ende  =  finis.  sieht  man  weniger  auf  die  spitze 
und  bestimmte  stelle  eines  gegenständes,  als  auf  den  verhalt 
seines  anfangs  und  beginns  zu  seinem  ausgang  und  aufhören, 
so  entspringt  die  all  er  üblichste  Vorstellung  des  endes.  an  und 
für  sich  betrachtet  sind  räum  und  zeit  endlos,  beginnen  weder 
noch  hören  auf;  alles  aber  im  räum  befindliche  musz  einen 
anfang  und  ein  ende  haben,  alles  in  der  zeit  erscheinende 
anheben  und  endigen,  der  zeit  kommen  keine  sinnlichen  örter 
und  stellen  wie  dem  rauiue  zu,  nur  puncte  ihrer  abstracten 
erscheinungen,  auf  welche  es  doch  natürlich  ist  die  räumlichen 
begriffe  des  anfangs  und  endes  anzuwenden. 

A)  räumliches  ende,  Tieoas,  grenze,  terminus. 

1)  das  ende  der  weit,  der  erde,  wo  well  und  erde  auf- 
hören, der  Volksglaube  nahm  an,  dasz  die  weit  zuletzt  mft 
bretern  verschlagen  sei.  heische  von  mir,  so  wil  ich  dir  die 
beiden  zum  erbe  geben  und  der  weit  ende  zum  eigenthum 
{vulg.  et  possessionem  tuam  terminos  terrae,  bei  Notkek  ende 
dero  erdo).  ps.  2,8;  vom  wasser  an  bis  an  der  weit  ende. 
Sirach  n,  23;  denn  er  sihet  die  ende  der  erden  (fines  mundi 
intuetur).  Hiob  28,  24 ;  sein  blitz  scheinet  auf  die  ende  der 
erden  (lumen  illius  super  terminos  terrae).  37,3;  von  einem 
ende  des  hitnels  bis  zum  andern.  5  Mos.  4,32;  von  einein 
ende  der  erden  bis  an  das  ander.  13,  7 ;  denn  sie  kam  vom 
ende  der  erde  {ahd.  fon  ente  grdu).  ilatlh.  12,42;  von  dem 
ende  der  erden  bis  zum  ende  der  himel  (golh.  fram  andjam 
air|)«is  and  andi  himinis).  Marc.  13,27;  bis  an  das  ende  der 
erden,    apostehj.  l,  8. 

2)  das  ende  des  landes,  seine  grenze:  das  land  hat  ein 
ende,  wo  das  meer  beginnt;  der  Hhein  ist  nicht  das  ende 
Deutschlands;  hie  Sueviae  linis.  Tac.  Germ.  45;  vgl.  alln. 
endimörk,  extremi  limiles. 

3)  das  ende  der  Stadt,  des  dorfes,  der  häuser:  und  da  sie 
kamen  hin  an  der  slad  ende.  1  Sam.  9,27;  er  wohnt  ganz 
am  ende  des  dorfs; 

und  am  ende  der  Stadt  begann  das  feuer.    Göthe  40,240; 
am  ende  der  häuser: 

als  er  nun  hinaus  gegangen, 

wo  die  letzten  h.iu^er  sind.    Götqk  1,  251 ; 

am  ende  des  sales  war  ein  erker  angebracht  um  die  aussieht 
zu  genieszen. 

4)  und  ist  sein  ende  an  der  zunge  des  salzmeers.  Jos. 
18,19;  und  gehet  erab  an  des  berges  ende.  18,16;  hütet 
euch,  das  ir  nicht  auf  den  berg  steiget,  noch  sein  ende  an- 
rürel.  2  Mos.  19,12;  eine  hole  die  er  hat  am  ende  seines 
ackers.  1  Mos.  23,9;  das  fruchtbare  feld  bat  ein  ende,  wo 
der  Band  beginnt;  in  diesem  lande  starren  felsen  ohne  ende 
{hören  sie  nicht  auf);  wir  fßren  fort  grgeii  den  nidergang 
VII  tag  und  künden  der  insel  Cuba  niendcrt  kein  end  faren. 
Frank  welth.  222';  am  ende  des  steilen  pfads,  bevor  es  ab- 
wärts gieng,  stand  eine  bank  zum  ausruhen ;  gegen  das  ende 
bin  begann  die  bahn  rauh  und  schwierig  zu  werden; 

der  gebi  den  gang  tu  eode,  und  ofnet  einn  iruh. 
Ciuaik»o  ged.  313. 
(.  bauptende,   sladtende,   nordende,  ostende,  südende,  west- 
ende, unende. 

B)  teilliehe I  ende,  rtloe,  xiel. 

1)  Untergang  der  weit,  weitend««,  verschieden  von  jetumräum- 
lichtn:  an  deuio  ende  dtro  wctUc.  N.  ;,j.  13,  7;  Ihaj  ist  eoti 


thSro  w5roUi.  T.  76;  es  ist  aber  geschriben  uns  zur  Warnung, 
auf  welche  das  ende  der  weit  komen  ist  (vulg.  in  quos  fines 
seculorum  devenerunt,  eis  ove  tä  reXr]  rcüv  aUövoiv  xarriv- 
jrjxev).    1  Cor.  10, 11. 

2)  tod  des  menschen,  finis  vitae,  wie  schon  skr.  anta,  ahd. 
enti  mors  ausdrücken :  comperto  fine  Augusti,  auf  die  nach- 
rictU   von   Augustus   tod.     mhd.  unz   an  da;  ende  min.    Nih. 
155,4,  bis  zu  meinem  tod;  unz  an  den  ende.  2168,4;  unz  an 
ir  endes  zit.  6,  3 ;  unz  an  ir  endes  zil.  6,  3,  pleonastiscii,  da 
schon  in  ende  das  ziel  liegt  (vgl.  endziel); 
bewar  uns  an  dem  ende, 
«ö  uns  der  geist  verlät.    Waltu.  78,  6; 
im  bete  der  recke  Hagne  den  grimmen  ende  getan. 

Mb.  2001,  4, 
wie  sonst  steht  den  grimmen  tot.    460,2.  1360,4; 

da  von  der  starke  Volkör  dd  den  ende  da  gewan.    2224,4; 
dö  er  an  sinem  ende  lac.    gule  frau  263. 

nhd.  er  liegt  am  ende,  am  tode,  im  sterben,  Schweiz,  er  liegt 
im  end,  in  den  letzten  züfien  (Stai.d.  1,343);    es  geht,  nahet 
sich  mit  ihm  zum  ende;  ich  gehe  zu  ende,  ich  sterbe; 
auch  starben  vil  des  jehen  ends.    H.  Sachs  I,  75'; 

so  geht 
der  mensch  zu  ende.    Schiller  472"; 

die  ringen  nach  der  bahre 
und  nehmen  unverhoft  ein  schnell  und  schrecklich  end. 
Grypuiüs  1, 17; 

man  versieht  sich  stündlich  seines  endes,  wartet  ihm  das 
ende ;  er  halle  ein  sanftes,  schweres,  hartes  ende ;  meine 
seele  müsse  sterben  des  lods  der  gerechten,  und  mein  ende 
werde  wie  dieser  ende.  4  Mos.  23, 10 ;  du  menscliciikind,  nu 
kompt  das  ende  über  dich.  £j.  7,  3;  er  betete,  beithlete  vor 
seinem  ende ;  goU  straft  solche  eerabschneider  harliglich  und 
zum  dickerninal,  das  sie  ire  zungen  nit  mögen  bruchen,  das 
sie  ire  sünd  beichten  und  rüwent,  so  sie  des  aller  notfurf- 
ligslen  weren  an  iiein  end.  Keisersb.  s.  i.  m.  29*;  Schweiz. 
zum  end  laufen,  einen  sterbenden  ausringen  sehen;  das  end- 
zeiclien  läuten,  für  sterbende  die  glocke  anziehen;  eine  arme 
frau  Kollep  wurde  dieser  tage  in  der  Saane  todt  gefunden, 
weil  man  sie-  für  eine  Selbstmörderin  hielt,  wollte  die  geist- 
lichkcit  ihr  nicht  ins  end  läuten  lassen,  neue  Zürcher  zeitung 
1856  n*  105.  formelhaft  war  die  Verstärkung  durch  'letztes': 
nun  weisz  manniglich,  dasz  ich  den  hüben  an  seinem  letzten 
ende,  als  er  schon  den  strick  am  halse  gehabt  hat.  gemahnet 
und  gebeten  zu  widerrufen.  Gu/mj/249;  also  vor  aller  iiicuge 
des  Volks  auf  sein  letzt  ende  genommen  hat,  dasz  der  sach 
nit  änderst  sei.  250;  dieweil  ich  von  manniglich  vernimm, 
dasz  der  schandlich  bub  darauf  gestorben  und  solches  auf 
sein  letztes  ende  behalten  hab.  265 ;  die  weil  er  die  ding  auf 
sein  letztes  end  behalten  hat.   281 ; 

es  nahet  ewer  letztes  end.    H.  Sachs  III.  1,  178*; 

tinsrer  strafen  ende  wollen  wir  erleben, 

wolln  den  süiiden  ende  dennoch  niininer  geben, 

lassen  letztes  ende  drüber  eiiilier  schweben.    Locau  3,60,  IS. 

3)  thierischen  tod  drückt  nicht  leicht  ende  aus,  obgleich 
weidmännisch  vom  hirsch  verenden  gesagt  wird,  die  fabel 
darf  aber  den  thiercn  ende  zuschreiben. 

4)  alles  was  sich  in  der  zeit  eieignet,  hat  wie  einen  anfang 
so  auch  ein  ende:  das  ende  des  jahrs,  des  frühlings,  som- 
mers, des  monats,  der  wochc;  ich  komme  erst  ende  Septem- 
bers oder  anfang  octobers ;  die  langen  tage  haben  nun  ein 
ende;  es  geschieht  erst  am  ende  der  zeit. 

5)  von  allen  dingen  heiszt  es  ein  gutes  oder  höse»  ende, 
ein  guter  oder  böser  ausgang:  end  gut,  alles  gut.  Lehmann 
195 ;  end  bös,  alles  bös.  Orno  krankentrost  7 ;  das  ende  be- 
denken, respicere  finem ;  dasz  wir  unserer  arbeit  kein  ende 
sahen.    Felsenb.  4, 237. 

C)  'am  ende'  hat  den  sinn  des  tat.  ad  ultimum,  denique, 
tandem,  unseres  zuletzt  und  gleicht,  wie  endlich,  manchmnl 
einer  bloszen  in  die  rede  geworfenen  lebloseren  parltkrl,  oft 
mit  zutretendem  vielleicht  oder  doch : 

fl  ist  ein  lob  oh  allem  lohi-, 

der  nn  dem  ende  rtthte  luot.     Hin.s/>.  «i«i.  lU; 

dein  beiz  würde  mich  am  ende  siebenmal  mehr  kosten.  Lii- 
SING  1,  162.      GöTHB  gebraucht  es  häufig: 

denn  'ihr  nindchon  Mcibt  am  «mlo  doch  die  bi'trognrn' 

tagte  der  vaiiir,  wenn  iiuch  Irirhicr  ilii*  muiirr  ««  nnhm. 
uml  «o  bin  ich  denn  nuch  am  ende  l.ntrognn '.    du  ii)rn««t 
nur  zum  tcheinc  mit  nur,  weil  du  zu  ni«hon  gcdoaktU 

1,  Ä>  i 


453  ENDE 

ia.  das  eebt  nicht  so  leicht,    'am  ende  gibt  sichs  doch' 

7,  104 ; 

ich  soll  ihn  noch  wol  gar  am  ende  fragen 

wie  tugendhaft  sie  ist?    7,  105; 

und  lasz  mich  der  gelegenheit,  dfm  glück 

auch  ihren  theil  an  deiner  bildung  geben, 

du  hast  sie  doch,  und  bists  am  ende  doch.    9,  105; 

(der)  etwas  zu  suchen  scheint,  das  wir  nicht  kennen, 

und  er  vielleicht  am  ende  selbst  nicht  kennt.    9,  107; 

nicht  so  geschwind!  dort  hinten  kommen  zwei, 

sie  sind  gar  niedlich  angezogen  .  .  . 

sie  gehen  ihren  stillen  siliiiit 

und  nehmen  uns  doch  auch  am  ende  mit.    12,50; 

ihr  durchstudiert  die  grosz  und  kleine  weit, 
>  um  es  am  ende  gebn  zu  lassen, 

wies  gott  gefällt.  12,99; 
und  am  ende  werden  wir  sterben  oder  uns  ergeben.  8,105; 
er  fieng  an  mehr  über  kunst  zu  sprechen,  denn  er  war  am 
ende  doch  ein  üeutscher,  und  diese  nation  gibt  sich  gern 
rechenschaft  von  dem,  was  sie  tbut.  19, 177;  sollte  der  haus- 
herr  das  alles  nicht  sorgfaltig  zusammen  bringen  und  zusam- 
men Lallen,  weil  am  ende  der  genusz  nur  rorübergehend  ist. 
19,195;  es  ihäte  noth,  ich  verrichtete  alles  selbst,  und  am 
ende,  wenn  man  sich  darauf  einrichtete,  müste  es  auch  geben. 
20,  39 ;  am  ende,  sagte  sie,  ist  es  das  beste,  die  gesellschaft 
bleibt  beisammen.    24,  312 ; 

der  klage 
gibt  man  wenig  gehör  und  sie  ermüdet  am  ende.    40,  132; 

am  ende  ist  es  wahr,  was  du  mir  aufbindest;  am  ende  ists 
einerlei,  ob  es  so  oder  so  gemacht  wird;  wir  erwarten  un- 
sern  freund  schon  so  lange,  am  ende  kommt  er  gar  nicht. 
BltschiiY  setzte  dafür  im  ende :  wolthütigkeit  ist  der  magnet, 
welcher  die  dankbarkeit  an  sich  ziehet  und  im  ende  ist  sie 
die  frucht  der  christlichen  liebe.  Patm.  119.  nnt.  sagi  man 
'in  het  einde',  franz.  enfin. 

C)  eine  menge  von  redensarten  wird  mit  ende  gebildet, 
wobei  sich  räumliches  oder  zeitliches  nicht  von  etnander  son- 
dern lassen,  die  eilf  ersten  enthalten  intransitive,  die  übrigen 
transitive  Vorstellungen. 

1)  mhcL  daj  ist  ein  ende.    Reinh.  1769 ; 

min  lip  ist  hie,  so  wont  bi  ir  min  sin, 

der  wil  von  ir  niht,  dSst  ein  ende.    Waltb.  44,18; 

döst  ein  ende:  swa;  si  mir  getuot, 

so  mac  si  wol  verwaenen  sich.    73,13; 

da;  ist  ein  ende,  ej  ist  also.    74,  11; 

niender  vinde  ich  triuwe,  d&H  ein  ende, 

da  ich  sie  doch  gedienet  hän.    MS.  1,68*; 

wan  ich  wil  sterben  und  genesen 

mit  ir,  da;  ist  ein  ende.    Ir.  kr.  28S31; 

das  steht  fest,  das  ist  sicher,  ausgemacht,  wahrscheinlich  nach 
der  ztoetten  bedeulung  von  ende  =  fester  punct,  und  nicht 
etwa  iu  erklären  das  ist  unbestritten,  darüber  ist  aller  streit 
was  einen  gen.  der  sache  fordern  würde,  diese  ausdrucksweise 
scheint  späterhin  erloschen,  doch  gleicht  ihr  die  folgende. 

2)  das  ist  das  ende,  dabei  bleibt  es  stehen,  bewendet  es 
damit  ist  es  aus,  hört  es  auf:  und  ist  dieses  das  ende  vom 
liede,  wenn  sie  es  theten  oder  erleubten,  so  were  es  recht. 
Luther  4,383";  da  sol  mirs  bei  bleiben,  das  sei  das  ende 
vom  liede  sein.  5,70';  das  ende  vom  liede.  Harnisch  278; 
das  ist  das  ende  vom  liede  I  Lessisg  2,  539.  bei  einigen  um- 
gedreht: und  dies  war  dazumal  das  lied  vom  ende.  Weisi 
erzn.  203;  und  das  ist  das  lied  vom  ende.  467;  hiermit  ist 
das  lied  vom  ende.  Weisze  lustsp.  3,192;  lied  vom  ende. 
3,  250 ;  das  ist  also,  ihr  dienstmägde,  das  lied  vom  ende  und 
eurer  untreu.  Unterricht  für  hausmägde  s.  61.  man  sagt  auch: 
das  ende  vom  weg,  nd.  dat  enne  von  weg.    Schambach  56*. 

3)  das  ist  ohne  ende,  hört  nicht  auf:  der  narren  zal  ist 
on  end,  vil  seind  deren,  die  den  weg  des  heils  verlassen  und 
gond  den  grasigen,  lustigen  weg.  Keisersb.  s.  d.  m.  28*.  'kein 
ende'  nach  persönlichen  Wörtern :  narren  und  kein  ende !  kerl 
und  kein  endel  bei  Schambach  56' kerel  un  kein  enne-  riten- 
split  [reiszenspleisz)  un  kein  enne.  174".  potz-geck  und  kein 
endel  Lessi.ng  1,  550;  Shakspeare  und  kein  ende!  Göthe 
45,38;  doch  krilik  und  kein  ende!  LEssi!«c  7.  43.  gleichsam, 
es  will  damit  nicht  aupiören,  kehrt  immer  wieder. 

4)  ahd.  mhd.  i%  ist  ein  ende,  hört  auf,  läszt  nach,  dö 
chäm  sunchevir,  dös  ende  ne  was  {vulg.  venit  locusta  et 
brucus,  cujus  non  erat  numerus).  N.  p*.  104,  34,  bei  Llther: 
da  kamen  hewschrecken  und  kefer  on  zal,  wie  sich  zal  und 
zil  nahe  liegen,  das  zahllose  ist  auch  unendlich,  es  wimmelte 
von  diesen  käfern.     irer  scbetze  ist  kein  ende,  ir  land  ist  vol 


ENDE 


454 


rosse  und  irer  wagen  ist  kein  ende.  Es.  2,7;  seines  könig- 
reicbs  wird  kein  ende  sein.  Luc.  1,  33.  irir  sagen  noch  nhd. 
des  Ungeziefers  war  kein  ende;  des  volks  ist  kein  ende;  des 
geschwätzes  ist  kein  ende ;  war  des  hin  und  wieder  ziehen» 
kein  ende.  Göthe  24,  310.  am  liebsten  im  verneinenden  satz, 
doch  auch:  und  da  alle  der  kriegsleute  ein  ende  war.  b  Mos. 
2, 16 ;  des  geschwätzes,  zankes  ist  nun  ein  ende,  wie  mhd. 
lieje  eht  sis  ein  ende  sin.    MS.  1,  74'. 

den  gen.  vertreten  praepositionen :  und  gond  ausz  einer  lügin  ■ 
zehen  lügin,  ie  eine  über  die  andern,  und  ist  kein  end  daran. 
Keisersberc  s.  d.  m.  13*;   wenn  wils  denn  ein  ende  sein  mit 
solchen  wundern?  Dan.  12,6;  es  ist  nun  mit  dem  krieg  ein 
ende. 

5)  zu  ende,  am  ende  sein:  der  feldzug  ist  zu  ende;  das 
buch  ist  zu  ende,  schlieszt  damit  oder  auch  ist  ausgelesen; 
das  regenwetter  ist  zu  ende ; 

die  schönen  tage  in  Aranjuez 

sind  nun  zu  ende.    Schiller  243*; 

ich  bin  zu  ende  (bin  fertig  damit).    Lessing  2,  278; 

je  früher  mein  portrait  zu  ende  (fertig)  ist.  Kunger  1,456; 
das  geht  zu  weit,  meine  geduld  ist  am  ende.  Schiller  644*; 
ich  bin  mit  dem  geld  am  ende,  habe  alles  ausgegeben,  auch 
das  geld,  das  brot  ist  zu  ende. 

6)  mhd.  es  wirt  ein  ende,  ganz  wie  es  ist  unter  4 : 

so  ist  nieman  der  mir  sage, 

wenne  ein  ende  werde  niiner  klage.    MS.  1,  68*. 

nhd.  bis  das  ein  ende  ward  alle  des  geschlechts.  4  Mos.  32, 13; 
bis  das  ir  ein  ende  würde.  5  Mos.  2, 15 ;  so  laszt  doch  sehen 
und  versuchen,  wie  es  mit  im  ein  ende  werden  wil.  weish. 
Salom.  2, 17 ;  sihe  drein  und  schilt,  das  des  brennens  und 
reiszens  ein  ende  werde,  ps.  80, 17 ;  des  lärmens  wird  jetzt 
ein  ende,  will  gar  kein  ende  werden. 

7)  zu  ende,  ans  ende  kommen,  fertig  Verden: 

wer  möhtes  alles  zende  komen, 

wa;  Wunders  Lanzelet  begienc.    Lanz.  9428; 

und  dise  rede  sagende, 

der  ich  bin  zem  ende  komen.    Engelh.  5419; 

ich  wolle  sonst  bald  mit  dir  zu  ende  kommen  sein.  Galmy 
321 ;  dasz  uns  got  durch  ander  weg  helfen  mag,  dardurch 
wir  {mit)  unserm  begeren  ohn  sorg  zu  ende  kommen,  buch 
der  liebe  247, 1 ; 

so  ist  nunmehr  der  feinde  beer 
mit  seinem  namen  in  den  staub 
und  zu  dem  end  gekommen.    WECKUERLi.f  29; 

war  ich  bedacht  mir  ein  hübsches  logis  zu  miethen  und  ich 
kam  auch  damit  bald  zu  ende.    Plesse  1,  74 ; 

komm  mit  deinem  märchen 
nur  bald  zu  ende!   wirds?    Lessixc  2,278; 
nun  bist  du  ans  ende  gekommen.    Götbe  40,  146, 

mit  deinen  losen  worlen  /  der  weg  war  lang,  wir  sind  nun 
ans  ende  gekommen ;  ich  kann  mit  dieser  arbeit  nicht  zu 
ende  kommen. 

8)  zu  ende  laufen:  der  faden  läuft  zu  ende;  die  zeit,  die 
stuqde  lief  schnell  zu  ende,  lief  ab,  verlief; 

ob  denn  und  wie  das  werk  zu  ende  könne  laufen. 
Grtphiüs  1,  315; 

der  weg  läuft  hier  zu  ende. 

9)  zu  ende  gehen :  das  licht  geht  zu  ende,  ist  fast  ausge- 
brannt; der  Vorrat,  der  wein  geht  nns  zu  ende,  geht  uns 
aus;  als  es  mit  meiner  barschaft  zu  ende  gieng,  liesz  ich  sie 
es  merken.  Güthe  23,  8t ;  es  geht  mit  ihm  zum  ende,  er  stirbt. 

10)  zu  ende  neigen :  der  tag,  die  sonne  neigt  zu  ende ; 
das  hier  im  fasz  neigt  zu  ende;  unser  geld  neigt  zu  ende; 
mein, leben  neigt  zu  ende,     eben  so  sich  neigen. 

11)  ein  ende  haben : 

mhd.  hie  hat  da;  msr  ein  ende.    Nib.  2316,4; 

dö  diu  naht  het  ende  und  der  tac  erschein.    749,  1 ; 
e;  hat  nu  alle;  ende  ao  uns,  sorge  unde  leit.    934,  2; 
da;  anegenge  ist  selten  guot,  da;  bopse;  ende  hat. 

W'ALTH,  oo»  o" ; 

diu  not  »Ol  schiere  ein  ende  hän.    Pars.  468,7; 

wan  ^;  muo;  doch  min  s«nediu  not 

mit  dem  töde  ein  ende  hän.    Iw.  4237; 
nhd.    wenn  hat  die  piibrei  (b&berei)  ein  end*    fasln,  sp.  188,7; 
im  Algcw,    da    das   brot  ein  end  het.    Keisersb.  omeis  16*.'; 
und   dise   plagen    der  blättern  hont  nun  acht  oder  neun  jar 

29* 


455 


ENDE 


ENDE 


456 


mit  uns  gewert  und  wirt  noch  lang  kein  end  nit  haben. 
».  d.  m.  2* :  wollen  die  lose  wort  kein  ende  haben  ?  Hiob 
16,  3 ;  die  wort  Hiob  Laben  ein  end.  31,  40 ;  die  Schwerte  des 
feindes  haben  ein  ende.    ps.  9,  7 ; 

unJ  wenn  die  reiche  das  gut  venert, 

so  bat  die  lieb  ein  ende.    L'uland  261; 

sieh  eim  mädeli  nur  uf  daugen, 

darfst  sicbäli  glauben, 

so  lang  es  daugen  nit  wend, 

hat  die  lieb  noch  kein  eud; 

hier  hat  die  gebahnte  strasze  ein  end,  und  fängt  der  sand 
an.  'eines  dinges  ein  ende  hdn'  hiesz  tnhd.  es  sicher  wissen, 
auskunfl  darüber  haben: 

des  mag  ich  niht  ein  ende  hin.    Pari.  397, 11, 
vgl.  da;  ist  ein  ende  unter  1. 

12)  ein  ende  nehmen: 

mhd.  nu  bat  gar  ein  ende  genoraen  der  gemach.    Nib.  2195,2; 
daj  guot  ende  nie  genam.    Waltu.  ö3,  12; 
und  Jämerliche  ir  ende  nam.    En.  36,  11; 
dö  da;  weter  ende  nam.    Iw.  999; 
gar  schiere  ein  ende  nam  der  tanz.    Part.  641, 1; 

nhd.  er  wird  ein  ende  nemen  und  sein  zweig  wird  nicht  grünen. 

Hiob  15,  32;    und   sollen   ein  jemerlich   ende  nemen.    Arnos 

8, 10 ;  denn  die  ungerechten  nemen  ein  bös  ende,  weish.  Sal. 

3,19;    denn  der  ungerechten  bosheit  nimpt  ein  ende.  14,31; 

schon   hat  der  tag  sein  ende  genommen;   unser  brot  nimmt 

bald  ein  ende; 

da  nam  ein  end 
ir  regiment  und  priesierthum.     II.  Sachs  I,  75*; 
man  trinkt  in  die  runde  schon  dreimal  und  vier, 
und  noch  nimmt  der  krug  nicht  ein  ende  (versiegt  nicht). 

GöiHK  1,227; 

dasz  solche  spiele  mit  bändeln  und  verdrusz  ein  schreck- 
liches ende  nahmen.  24,  76 ;  mit  schimpf  und  schände  wird 
der  streit  ein  ende  nehmen. 

13)  ein  ende  geben,  einem  ding  ein  ende  geben: 

mhd.  mir  ist  lieber  da;  min  lip 

bescheidenliche  ein  ende  ggbe, 

dan  da;  ich  lästerlichen  lebe.    Greg.  1893; 

da;  dtn  froeiicbe;  sanc 

ein  vil  riwic  eude  git.    Er.  8163 ; 

wand  er  bcese;  ende  git.    Walth.  123,  2; 

diu  gir  nach  grö;em  guote  vil  bcese;  ende  git.   Nib.  1494,2; 

die  beten  deme  langen  tage 

mit  manegem  riterlichen  slage 

nach  ärea  eude  gegeben.   Iw.  7345; 

nhd.  der  tod  warlichen  bald  meinem  trawren  ein  ende  geben 
wird,  buch  der  liebe  257,  4 ;  ich  bin  also  hart  venvundet,  dasz 
ich  mit  dem  leben  nicht  darvon  komme  und  ich  werde  bald 
end  geben  und  nicht  lang  für  basz  leben.  268,1;  mit  dem 
Wernhart  seiner  red  ein  ende  gab.  Galmy  129;  mit  solchen 
Worten  seiner  red  ein  ende  gab.  18 ;  seiner  red  ein  ende  gab. 
alte  weisen  124*.  sehr  oft  drückt  dies  'ende  geben'  aus  nicht 
lange  schwätzen,  eilen,  fortmachen: 

du  narr,  gib  end!    H.  Sachs  II.  2,  37'; 

du  blas  zu  und  gib  end!    Haupt  8,  537; 

gib  flucks  end  und  mach  nit  vil  wort!    Atrer  389'; 

leg  duz  den  siein  fürs  loch,  gib  end, 

o  beweriein,  sei  nun  behend!    Albkrus  £sop  100*; 

wie  wol  der  dieb  gab  weidlich  end  [schnell  davon  lief), 

war  er  ihm  doch  viel  zu  behend.    146'. 

heute  in  allen  bedeulungen  erloschen. 

14)  ein  ende,  einem  ding,  mit  einem  ding  und  eines  dings 
ein  ende  machen,  ein  ende  daraus  machen: 

mhJ.  der  anegenge  machen  kan 

der  kan  wol  ende  inachen  und  an  ende.    Walthbr  78,  20. 

nhd.  verscbrib  im  der  kunig  und  versprach  im  ain  ganz  end 
zu  machen,  so  weit  er  zu  im  reiten  gen  Nürnberg.  Katzmairs 
denkschrifl  147 ;  wenn  wolt  ir  der  rede  ein  ende  machen. 
Ilwb  1%,  2;  der  herr  wird*  ein  ende  machen  umb  meinen 
willen,  pt.  138, 8 ;  ich  bah  des  gesangs  ein  ende  gemacht. 
Ks.  16,10;  denn  ich  wiU  mit  allen  beiden  ein  ende  machen. 
Jer.  30, 11 ;  denn  er  wirds  plötzlich  ein  ende  machon  mit  allen 
die  im  lande  wonen.  Zeph.  l,  18 ;  und  {der  herr)  wird  sein 
(des  boshaßigen)  ein  ende  machen  durch  die  erschvinung  sei- 
ner zukunfL  2  Thess.  2,  8 ;  ich  selbs  wil  die  birten  strnfen 
und  wils  mit  ihnen  ein  ende  machen.  Melamciitii.  im  cvip. 
doelr.  601;  viel  blöde  machen  ende.  Fehenb.  4,274; 
0  gou,  0  gou,  mach  ende !    m  einem  Hede  GiiiiAiot  • 


Friedrich  sprang  auf,  schlug  in  die  bände  und  wollte  des 
bravorufens  kein  ende  machen.  GruHE  23,  38 ;  und  damit  wir 
des  Wesens  ein  ende  machen.  57,130;  ich  will  eurem  roman 
ein  tragisches  ende  machen.  Götter  3,  95 ;  mache  der  sache 
ein  ende!; 

jetzt  macht  ein  ende,  Schwester!    Scrillkr  428*. 

15)  an  ein  ende,  zu  ende  bringen: 

mhd.  ich  bring  d;  an  ein  ende,  sprach  da;  edel  wip.  Nib.  2306,1; 
du  hast  6;  nach  dinem  willen  zo  einem  ende  brähl.  2307,3; 
des  soll  ir  mir  getrüwen,  ich  bring;  iu  an  ein  endo. 

Gurfr.  210,  3; 
ich  wil;  an  ein  ende  görne  bringen.    759,4; 
der  himiliske  vaier  guoler, 
der  wolle  dö  sine  lauuier 
chumTiiger  dinge 

an  ein  ende  bringen.    Maria  193,  27 ; 
da;  ich  dis  iventiure 
mac  üf  ein  ende  bringen,    tr.  kr.  311 ; 

nhd.  sei  stille  meine  tochtcr,  bis  du  erferest  wo  es  hinaus 
wil,  denn  der  man  wird  nicht  rügen,  er  brings  denn  heute 
zu  ende.  Ruth  3, 18 ;  so  ihr  meines  rats  pflfgen  wollet,  so 
wollen  wir  morgen  zu  tag  die  sach  nach  unserm  willen  zu 
end  bringen,  buch  der  liebe  239,2;  derhalben  ist  mein  bitt, 
du  wollest  zuiu  ende  bringen,  damit  mir  der  heillose  ritter 
ausz  meinen  äugen  komm.    254,  4 ; 

dies,  und  was  sonst 
noch  noih  thut,  wollen  wir  mit  gottes  gnade, 
nach  mnsz  und  ort  und  zeit  zu  ende  bringen.    Sciiilikr  SST; 

sie  geben  der  tante  unbedingte  vollmacht,  diese  sache  zu 
ende  zu  bringen.  648*;  ich  kann  das  buch  nicht  zu  ende 
bringen,  ähnlich,  zu  ende  lesen,  das  licd  zu  ende  singen 
u.  a.  m. 

16)  ein  ende  gewinnen: 

mhd.  gewinne  ich  iemer  dfls  ein  ende.  MS.  1,74*; 
der  ouch  sin  ende  aldä  gewan.  Part.  28,2; 
nu  gewan  da;  krachen  ende.    568, 15; 

nhd.  machet,  das  die  Versuchung  so  ein  ende  gewinne,  das 
irs  kiind  ertragen.    1  Cor.  lO,  13. 

17)  ein  ende  hören: 

das  meidlin  stund  neben  der  wende, 
es  höret  der  red  ein  ende.    Uuland  247; 
der  knab  stund  unter  einer  linden, 
er  hört  der  red  ein  ende.    261, 

d.  i.  hörte  xu  von  an  fang  bis  xu  ende. 

18)  ein  ende  finden:  der  last  kein  ende  finden;  sie  konnten 
des  tanzes  lange  kein  ende  finden,  hörten  nicht  auf  xu  tarnen} 
er  fand  das  ende  seiner  erzählung  nicht.- 

19)  ein  ende  kiesen :-  mhd. 

der  riterlichen  ende  kös 
von  einer  tjosic,  diu  in  sluoc.    Part.  91,  26; 
der  werlichen  ende  kds 
mit  rehter  manlicher  g6r.    111, 18; 
der  werlichen  ende  kös.    Geo.  1259; 
wie  et  auch  hiesx  den  tut  kiesen. 

20)  ein  ende  warten,  sehen :  und  als  Clemens  diesen  dingen 
allen  ein  ende  gewartet  hatte,  da  ersihet  er,  dasz  er  noch 
keine  sporen  anlKitt  buch  der  liebe  19,2;  ich  sehe  meinem 
prucesse  unter  keinen  vier  monaten  ein  ende.  Lessi.ng  12,94. 
üblicher  ist  abseben :  ich  sehe  das  ende,  ein  ende  gar  nicht 
ab;  er  sah  die  zeit  ah,  wo  er  kommen  konnte. 

IV.  ende  =  teopus,  consilium,  xiel,  tweek,  absieht,  so 
häufig  dem  lal.  flnis  diese  bedeutung  einwohnt,  so  wenig  zeigt 
sie  sich  ahd.  und  mhd.,  erst  nhd.  kommt  sie  namentlich  bei 
LurnER  t;or  und  scheint  dann  eben  Verdeutschung  des  lal.  aus- 
drucks :  zum  dritten,  das  es  frucht  bringt,  denn  das  ist  das 
ende  und'  füriiemlich  ampt  der  che.  1, 171 ;  danimb  fasse  es 
aufs  allereinfeltigst  also,  das  dis  der  taufe  krafi,  werk,  nutz, 
frucht  und  ende  ist,  das  sie  selig  mache.  4,42-/;  ob  gleich 
das  ende  solcher  werke  ganz  göttlich  und  zugelassen  werr. 
5,117';  wo  der  Stifter  nicht  ist,  da  kan  das  ende  nicht  sein. 
ebend'i ;  weil  ir  den  Stifter  verwerfet  und  dringet  doch  auf 
das  ende,  ebenda;  das  ende  menschlicher  siilziingen  tarn  runde; 
darumb  sie  eingesetzt  sind).  5,  lls*;  d.is  ist  das  ende,  dazu 
er  unser  herr  ist,  das  er  uns  aus  des  Irufel.H  gpwalt,  tod 
und  aller  not  helfe.  6, 7l';  denn  ge«flligiirh  li'licn  ist  nicht 
de«  menschen  ende,  dazu  er  gcschiilfen  ist,  sondern  nur  f\n 
mittel,    aber  das  fürnrmbslc  ende,  darumb  er  gesilKitTm,  iu 


457 


ENDE  — EXDEL 


ENDEL  — ENDELOS 


458 


das  einer  den  andern  von  gott  lehre,  tisehr.  170';  denn  das 
ist  ir  (der  salzungen)  ende,  dazu  sie  sollen  eingesetzet  wer- 
den. 273';  zeiget  mir  einen  Juristen,  des  ende  sei,  das  er  die 
rechte  warheit  lerne.  396'.  doch  alle  diese  stellen  entstammen 
nicht  LcTHEBS  bibel,  sondern  nur  seinen  übrigen  schriflen,  die 
bedeulung  scheint  auch  in  die  übrige  spräche  bis  auf  heute 
nicht  gedrungen,  wir  gebrauchen  dafür  ziel,  zweck  oder  die 
Zusammensetzung  endziel,  endzweck,  nicht  das  einfache  ende. 
Blosz  in  den  folgenden  adverbialen  ausdrücken  ist  allerdings 
ein  ende  im  sinn  des  lat.  finis  ßr  absieht  und  siel  enthalten, 
sichtbar  aber  liegt  ihnen  der  sp.  451  erörterte  raumbegrif  unter. 

1)  des  endes,  ursprünglich  da,  dahin,  eo  trat  über  in  die 
bedeutung  von  ideo,  eo  fine,  eo  consilio,  darum,  desicegen, 
deshalb:  eine  stunde  hernach  stieg  auch  Eberhard  herab, 
gieng  und  hatte  einen  haken,  um  rasen  damit  abzuschälen. 
er  gieng  des  endes  oben  an  den  wald.  Stilli.ng  1, 116 ;  ihm 
hatte,  ich  weisz  nicht  was  an  dem  braunen  manne  gefallen, 
das  ihm  zu  einer  nähern  bekanntschaft  iust  machte,  er  hatte 
sich  des  endes  schon  über  der  mittagstafel  bei  einigen  leuten 
erkundigt,  wes  geistes  kind  der  braune  mann  sei.  Siegfr.  von 
Lindenb.  2,  4. 

2)  wes  endes,  veshalb,  weswegen :  wes  endes  er  dann  seine 
band  in  den  beutel  steckte.    Bodes  Tristr.  Sh.  3,  70. 

3)  zu  dem  ende,  ad  etim  finem,  deshalb:  zu  dem  ende 
(in  der  absieht)  erzählte  ich  ihm,  was  sich  ereignet  hatte; 
ich  that  es  zu  dem  ende,  um  ihm  allen  argwöhn  zu  beneh- 
men ;  die  maier  werden  zu  unterschiedlichem  ende  bestellt. 
HoHBERC  2,  250* ;  ich  suchte  mich  zu  bereden,  dasz  er  diese 
komödie  nur  zu  dem  ende  gespielt  habe,  um  mich  von  der 
eitelkeit  der  theurgie,  in  die  er  mich  so  verliebt  gesehen 
hatte,  desto  besser  überzeugen  zu  können.  Wieland  2, 22 ; 
anstatt  zu  verlangen,  dasz  sich  die  umstände  nach  uns  rich- 
ten, oder  ihnen  zu  diesem  ende  gewalt  anthun  zu  wollen. 
3,  20 ;  es  werden  auch  für  jede  Stadt  und  jeden  der  kleinen 
bezirke,  in  welche  die  provinzen  zu  diesem  ende  abgetheilt 
worden,  besondere  aufseher  angeordnet.  7,221;  er  war  itzt 
im  begrif  ihn  in  einen  kleinen  käficht  zu  stecken,  den  er  zu 
diesem  ende  bei  sich  trug.  11,  47 ;  zu  dem  ende.  Kant  5, 295 ; 
man  wolle  die  arbeiten  beschleunigen,  zu  dem  ende  gelder 
aufnehmen.  Göthe  17,143.  wenn  Fiscbart  im  bienenk.  sagt: 
dasz  gott  uns  strafet  zur  warnung  und  besserung  und  zu 
andern  dergleichen  enden  mehr,  welche  allzulang  weren  zu 
erzelen,  so  ist  hier  die  bedeutung  von  zwecken  und  absichten 
unverkennbar. 

4)  zu  welchem  ende,  quem  in  ßnem,  warum? 
zu  welchem  end  enehl  ich  seine  proben  hier, 

da  sie  euch  wol  so  voll  bekand  doch  sein  al<  mir? 
Wkbders  Ar.  11.  5; 

ein  fremder  arzt  hatte  sich  den  ruf  auszerordentlicher  hei- 
lungen  erworben,  zu  welchem  ende  ihn  viele  kranke  aufsuch- 
ten ;  warum  und  zu  welchem  ende  . . .  diese  form  ihnen 
gegeben.    Kant  7,  249. 

5)  es  heiszl  auch  zu  was  ende?  Rädleix  237'.  Frisch  1,226*. 
nnl.  tot  wat  einde  zegt  gij  dat?  zu  was  ende  sagt  ihr  das?; 
von  wem  und  zu  was  ende  erbaut.    Wielasd  19,  5 ; 

euch  kann  ichs  wol  entdecken,    'zu  was  ende? 
erlassen  sie  mirs,  lieber  prinz'.    Scuillkr  268*. 

auch  hierzu  läszt  sich  eine  ähnliche  ältere  stelle  aus  Fiscbart 
anführen:  auf  was  ander  end  hin  (quem  in  ftnem  alium)  wolt 
sonst  ein  solche  unerschöpfliche  lieb  und  Iust  kinder  zu 
tragen  ...  in  ihr  herz  eingesligen  sein?    Garg.  66'. 

ENDEID,  m.  juramentum  litis  decisorium,  ausschlagseid. 
Stieler  364.    Rädlein  237'. 

END  EL,  m.  ein  frühe  schon  untergegangnes  wort,  das  im 
altn.  endill  regulus  maritimus,  gigas,  in  den  uralten  namen 
ahd.  Orentil,  ags.  Earendel,  altn.  Örvandill  erseheint  und  in 
mehrern  Zusammensetzungen  den  ersten  theil  bildet,  dabei  ist 
besonders  zu  merken,  dasz  gerade,  wie  sich  enden  und  wenden, 
enleö  und  wenteö  berühren,  ahd.  endilmeri  und  wendilmeri 
oceanus  abwechseln ,  der  mhd.  eigenname  Endelhart  neben 
Wendelburc,  Wendelgart  vortritt,  jenem  enlil,  ende!  in  Orentil, 
Earendel  ein  vandill  in  Örvandill  und  Geirvandill  zur  seite 
steht,  ahd.  die  namen  Wentil,  K^rwentil  begegnen  (Förstemann 
1,  487. 1254).  endel  gehört  sichtbar  zu  ende,  enthält  aber  keine 
diminution,  sondern  ist  gebildet  wie  hendel,  hebel,  distel 
u.  s.  w.,  musz  also  einen  am  ende  stehenden  gegenständ  aus- 
drücken, wie  jener  nordische  endill  den  zu  ende  des  landes 
hausenden  seekönig.     diese  betrachtungen  scheinen  mehr  einem 


Wörterbuche  der  alten,  als  der  heutigen  spräche  angemessen; 
doch  leben  die  nachfolgenden  composita  in  der  nd.,  zum  theil 
nnl.  mundart  fort,  und  dasz  sie  auch  hochdeutsch  sein  dürßen, 
bezeugt  ahd.  endilmeri,  Orendil,  und  mhd.  Endelhart.  MS. 
1, 177*.  tn  einzelnen  könnte  freilich  endel  nur  aus  ende  erwei- 
tert sein,  wie  in  kindelbett,  Fichtelberg  u.  s.  w.  (gramm.  2,  540). 
ENDEL,  ein  solches  adj.,  mit  der  bedeulung  ullerior,  war 
schon  ahd.  und  mhd.,  denn  i;  entilüstä,  ultimum,  drückte  ahd. 
das  lat.  antes,  extremi  antes,  OTi^oi  afiTtdßMv,  die  vor- 
dersten oder  hintersten  reihen  im  Weinberg  aus  (Gbaff  1, 358) : 
mhd.  minne  ist  getriben  unde  gejaget 

in  den  endelösien  ort.    Trist.  309,  7, 

an  den  äuszerslen  ort,  was  noch  im  mhd.  wb.  1,  431'  fehler- 
haft unter  endelos  steht,  aber  gebildet  ist  wie  vorderust,  hin- 
terost.  die  goslarschen  berggeselze  cap.  14  {nach  Schaüman.ns 
ausg.  s.  283)  enthalten  die  beslimmung :  beneden  dem  waghen- 
wege,  de  under  der  warpen  neghest  hengeit,  von  der  endei- 
sten groven  an  in  dem  osten,  went  an  de  endeisten  groven 
in  dat  westen.  der  positiv  erscheint  im  nd.  adv.  endeis : 
enen  nagel  endeis  in  den  balken  slaan,  tn  das  äuszersle  ende, 
zu  ende  des  balken  (brem.  wb.  1,  307).  ganz  ähnlich  ist  der 
ahd.  Superlativ  entaröst,  entröst  von  entaro.  statt  jenes  entilüstd 
für  antes  orfer  auch  antiae  (die  vordem  Stirnhaare)  begegnet 
auch  das  subst.  andilöd,  entilod,  im  dat.  aj  oder  ij  andilöde, 
d.  t.  fomen,  und  auch  das  i;  t-or  entilosta  könnte  die  praep. 
a;  sein,  obgleich  sich  ij  /ür  daj  besser  fügt,  alle  diese  aus- 
drücke fehlen  freilich  nhd.  und  sind  hier  nur  erlduterungs- 
weise  aufgeführt. 

E.NDEL,  ffl,  ßr  enel,  ehni,  avus: 

herzliebstec  endl,  nun  grüsz  euch  gott.' 

G.  Macritics  comödie  vom  graten 
WaUer.  1606.  G4'. 

ENDELBRET,  n.,  was  endbret,  nd.  endelbred.  br.  wb.  1, 307. 

ENDELDARM,  m.  intestinum  rectum,  culus,  mastdarm,  arsch- 
darm.  nnl.  endeldarm,  schw.  ändtarm,  dän.  endetarm.  Stlren- 
BCRG  47'. 

ENDELHOCK,  n.  eine  an  des  ackers  ende  gebundne  garbe, 
nnl.  hoek  ist  eigentlich  ecke,  spitze,  bündel.  wenn  solcher 
endelhocke  weniger  als  zehen  waren,  konnte  der  zehnte  nicht 
aus  ihnen  gezogen  werden,  weshalb  sie  auch  freihocke  hieszen. 
br.  wb.  2,  645. 

ENDELHOLZ,  n.,  das  auf  dem  iinen  ende  liegt,  endelholt 
dragt  swar,  endelholz  trägt  schwer.    Stürenbcrc  47*. 

ENDELICH,  Studiosus,  fervidus,  expeditus,  ahd.  entilih,  mhd. 
endelich,  der  aufs  siel  losgeht,  rüstig,  mhd. 

des  muoj  ich  din  endelicher  dienest  sin.    ilS.  1,  178'; 

nhd.  die  anschlege  eins  endelichen  {vulg.  cogitationes  robusti) 
bringen  überflusz,  wer  aber  allzu  jach  ist,  wird  mangeln. 
spr.  Sal.  21^5;  sihestu  einen  man  endelich  (virum  velocem) 
in  seinem  geschäft,  der  wirjl  für  den  königen  stehen.  22,29; 
dem  faulen  ist  die  zeit  lang,  dem  endelichen  ist  sie  zumal 
kurz,  kluge  weise  reden  218';  sind  nicht  fehrlicher  zeit  gnug 
itzt,  die  wol  bedürfen  einer  redlichen,  endelichen  rüstungen 
in  allen  orten?  Lctheh  5,304';  endeliche  band  macht  reich. 
Henisch  890,  29;  endelich  sein,  summo  studio  contendere. 
Steinbach  1,  341.     mehr  unter  endlich. 

ENDELICH,  adv.  fervide,  cito,  Henisch  890, 19 :  Maria  aber 
stund  auf  in  den  tagen  und  gieng  auf  das  gebirge  endelich 
zu  der  stad  Jude,  vulg.  cum  festinalione,  /lera  anovSiji, 
golh.  sniumundö.  Luc.  1, 39.  setzen  es  neuere  dichter  noch 
nach  dieser  stelle? 

die  Taulheit  hielt  es  nicht  mit  dem  geschwinden  volke, 

und  zog  so  endelich  als  eine  trübe  wölke.    Gc.nthkr  493; 

und  mit  den  letzten  sonnenblicken 

trabt  euch  mein  ritter,  endelich. 

wohin  ihn  pflicbt  und  neugier  führten.    Wibla.nd  21,  58. 

*.  endlich,     befremdend  ist  die  nnl.  Schreibung  entelic,  intelic 
in  Potters  minnenloep  s.  209. 
ENDELN,  alid.  entilön? 

1)  zttet  blätter  oder  flecken  zeug,  luch  an  ihren  enden,  den 
faden  auszen  um  die  enden  herumschlingend  zusammennähen. 
Schheller  1,  77,  der  damit  Überwindung  (sonst  überwindlich, 
überwendlich)  nähen  vergleicht,  berührungen  mischen  enden 
und  wenden  brechen  allerwärts  durch. 

2)  cunctari,  tardare,  zaudern,  tändeln.    Stibler  377. 
ENDELOS,   infinitus,    ags.   endeleas,   engl,    endless,   mhd. 

endelos:  indem  der  bauer  sein  endeloses  gesuch  an  mann 
bringt.   Kla»eb  Schmidt  kom.  dicht.  120.     gewöhnlicher  endlos. 


459 


ENDELOSZ  — ENDEN 


ENDEN— ENDERT 


400 


EN'DELOSZ,  n.  ßitis,  inleritus,  Schicksal: 

ist  keine  erdenraacht  so  grast, 

tuhh  alles  doch  sein  endelosz.    Götiib  13,  5. 

ENDELSTEIN,  m.  lapis  angularis,  eckslein.  br.  wb.  1,  307, 
vgl.  Wendelstein. 

ENDELSTIEGE,  f.  Cochlea,  wendelsUege,  Wendeltreppe. 

ENDEN,  ^fiire,  ein  entsprechendes  i}oth.  verbum  erscheint 
nicht,  man  dürße  sowol  transitives  andjan,  als  intransitives 
andjün  erwarten,  da  nun  tandjan  und  vandjan  zurückgehen 
auf  (indan,  vindan,  musz  auch  für  andjan  ein  starkes  indan 
oder  inj)an  vorausgesetzt  werden,  welcher  aller  doch  keine  spur 
da  ist;  gleichwol  besteht  in  hd.  mundart  bis  auf  heute  netten 
wenden  das  starke  winden,  tieften  schwenden  das  starke  schwin- 
den, rerfer  zinden  noch  inden.  in  dem  subsl.  ende  erkannten 
wir  die  bedeutung  von  spitze  und  ecke  als  die  ursprüngliche, 
wonach  auch  einem  solchen  indan,  freilich  ganz  unsicher,  der 
sinn  von  eminere,  ragen  beizumessen  wäre,  man  vgl.  winden, 
dessen  vervandtschaß  auch  über  inden  aufklären  könnte. 

ahd.  zeigt  sich  fast  nur  ention,  später  enton,  sowol  transitiv 
als  intransitiv,  denn  das  auf  eine  einzige  stelle  bei  (iraff 
1,  359  gestützte  entan  hätte  bessere  gewähr  nölhig  gehabt,  doch 
leistet  sie  das  rückumlautende  mhd.  enden  ante,  welches  von 
enden  endete  absteht,  nhd.  kann  diese  Unterscheidung  nicht 
mehr  fortdauern,  alts.  endiön,  endün,  nnl.  einden ;  ags. 
geendian,  geendigan.  altn.  enda,  schw.  ända,  dän.  ende. 
s,  beenden,  verenden,  vollenden. 

l.  transitive  bedeutungen. 

1)  enden,  aufhören  lassen: 

mhd.  nu  ende,  wende  disen  pln.    MS.  1,  189', 

was  von  der  gemeinschaft  beider  Wörter  zeugt. 

nhd.  gib  mir  ruhe  und  ende  meine  qual;  ich  will  deinen 
rweifel  enden; 

nein  ich  will  dich  nie  vergessen, 

enden  nie  die  liebe  mein, 

wenn  ich  sollte  unterdessen 

auT  dem  todbeit  schlaTen  ein.    im  lied  so  viel  stern  am  h.  sl. ; 

doch  ende  bald,  Thalia,  den  gesang, 

kein  mnrchen  schickt  sich  gar  zu  lang.    Hagsdor!«  2, 107; 

wo  beginn  ich,  und  ach  wo  end  ich 

des  ewigen  preis  ?    Klopstoc«  1,  155. 

2)  enden,  vollenden,  vollbringen,  ausßhren:  er  wolle  im 
entgegen  ziehen  und  die  Sache  mit  gottes  hülfe  enden.  2  Macc. 
13,13;  und  wenn  sie  ir  Zeugnis  geendet  haben,    offenb.  11,7; 

wolt  ir  die  rede  enden  (erßllen).    fasln.  614,29; 

das  enden  wir  und  machen  kein  frist.    415,  27; 

und  wird  dem  teufel  wehren  wol, 

dasz  er  sein  list  nicht  enden  sol.    Ldthrr  8,345'; 

welchs  tods  wird  ich  enden  mein  leben?    11.  Sachs  III.  2,281; 

ilzt  folget  ihr.    ihr  endet  itzt, 

worauf  sich  Amor  längst  gespitzt.    FLE«tT«G369; 

kaum  daxz  der  zofe  band  den  langen  anputz  endet. 

Zachariä  1,  134; 
mein  tagewerk  ist  noch  nicht  ganz  geendet.    Gökingk3,212; 
vorbei,  geendet  ist  der  krieg.    Schili.p.r  57*; 
niemand  als  du.  der  ihn  mit  rühm  geführt, 
»oll  diesen  krieg,  den  fiirchterlichen,  enden.    382*; 
der  nriesier  7ur  gemein  sich  wendet, 
die  heiige  handlung  segnend  endet.    CS'; 
welcher  weise  soll  ich  es  enden?  o  habt  mich  entschuldigt. 

GÖTHR40,  33; 

das  war  ihr  «chicksal !  sie  hats  geendet  (vollbraclil).    10, 117 ; 

dich  soll  schauen  mein  blick,  wann  die  endende  stunde  genaht  ist, 
dich  soll  halten  luit  absterbendem  drucke  die  band. 
Vosü  Tihutt  \.  1,.^9, 

die  endende  stuode,  tuprema  hora,  die  das  leben  endende, 
abschneidende,  einigemal  waltet  zweifei  zwischen  2  und  1, 
z.  b.  die  stellen  Hagedornr  und  Ki.üpstocks  können  auch'  den 
sinn  des  Vollendern  haben,  sonst  aber  »lehn  einander  beide 
bedeutungen  gerade  entgegen,  die  pein  enden  heiszt  sie  nicht 
fortsetzen,  die  arbeit  enden  sie  fortsetzen. 

3)  enden,  aushalten,  ertragen:  idi  kanos  nicht  langer  enden. 
Weinhui.!*  tchlti.  «b.  1''. 

4)  enden,  verbringen,  zubringen:  die  zeit  mit  viel  kurz- 
weiliger red  enden  tbeten.    buch  der  liebe  252,  H ; 

wollen  wir  denn  ohne  freud 

enden  uniirc  Junge  zeit?    Urm  2,  205. 

»)  e»  mit  einem  enden,  zu  ende  bringen,  fertig  machen: 
und  schleunig  will  das  ichick«nl  mit  uni  ^-nden. 

Scilll.LtR  3M'; 


munterte  sie  auf,  mit  einem  feinde  zu  enden,  der  sich  selbst 
aufgegeben  habe.    878*. 

6)  enden  heiszt  den  böttichern  die  faszdauben  oben  und 
unten  {zu  beiden  enden)  stemmen:  das  fasz  ist  über  den  gahren 
geendet,  wenn  es  an  einer  seile  hoch,  an  der  andern  tief  steht. 

II.  reflexives  enden. 

1)  von  der  grenze:  aber  von  mitternacht  ist  die  grenze 
Manasse  am  bach  und  endet  sich  am  niccr.  Jos.  17,9;  dar- 
nach neiget  sie  sich  . .  .  und  endet  sich  am  Kiiiathhaal.  18,14; 
und  endet  sich  am  .lordan  und  wendet  sich  zum  abend.  19, 33. 34 ; 
und  an  denselben  endet  sich  die  grenze  der  kinder  Dan.  10,  47  ; 
klein  Aphrica  endet  sich  im  niedergang  an  Numidia,  gegen 
aufgang  an  Cyrenaica.  Fha.nk  weltb.  4';  facht  an  da  sich  die 
vierte  ondt.    Thuhneisser  archidoxa  83. 

2)  von  Wörtern,  ausgehen:  die  wort,  die  sich  in  osus  enden, 
in  dem  latin,  die  gond  auf  ein  sam  zetütsch,  lobsam,  min- 
sain,  scheltsam.  Keisersb.  s.  d.  m.  36'.     heule,  sich  enden  auf. 

3)  t»  der  zeit: 

verschinen  zeit  nii  widerget, 
auf  erden  nichts  in  wescn  stet, 
auch  was  sich  endt  und  uns  entweicht 
Wirt  wol  behalten  irriuiu  ver^cleicht.     SciiWARZKNRFno  IM,  2 : 
ach  leben  bislu  lodt?    ie  kan  ilenn  goit  sich  enden, 
der  anfang  anfangslos,  das  end  ohn  end  und  wenden? 

Fleming  12; 
ach  wie  viel  beiden  werden 
durch  dich  noch  untergehn,  eh  dieser  krieg  sich  end? 
Werders  ^Ir.  11,  27; 

da  hat  sich  die  sterbsucht  geendt  und  gewendt.  Megerlr 
Judas  1,  325. 

III.  intransitives  enden. 

1)  sterben:  ich  werde  bald  enden  und  fühle  es  schon  voraus ; 

sie  hat  geendet 
seht  einen  enget  scheiden.    Schiller  486*. 

2)  zu  ende  sein,  aus  sein,  außören :  hier  endet  das  buch ; 
die  Vorlesung  endete  schnell;  die  predigt  soll  in  dreiviertel 
stunden  anden; 

das  blühen  will  nicht  enden.    Uolands  ged.  49; 

und  eh  der  könig  noch  geendet  {zu  sprechen).    Schiller  57* ; 

ist  es  dahin  gekommen, 
endet  die  furcht  so  sclincll  und  der  gehorsam?    547*; 

der  enkcl 
des  groszen  Karls  fängt  frisch  zu  ringen  an, 
wo  andrer  menschen  kin<ler  inuthlos  enden.    251'; 

so  endete  Abdallah  an  dem  hofe  des  sultans  (hörte  sein  Ver- 
hältnis auf).    Klincer  7, 199. 

3)  örtlich,  hier  endet  Deutschland  und  beginnt  Frankreich. 

4)  aushallen,  dauern,  wie  I,  3:  Ictzlich  war  es  den  knechten 
in  der  kälte  zu  enden  nicht  möglich.    Schweinichen  1,  iio. 

5)  unpersönlich,  wie  I,  5 :  es  wird  bald  mit  ihm  enden ; 
verlorner  mann,  so  musz  es  mit  dir  enden!    Schiller  546'. 

ENDEH,  m.  corniger  cervus:  sechlonder,  achtender; 

diese  schenket,  die  behender 

Hoben  durch  den  schnee, 
als  der  hirsch,  der  zwnnzigender, 

als  des  berges  reh  ?    bciiiLLRR  52*. 

ENDER,  ffl.  finitor,  effector.  Stibler  376,  heute  endiger. 
vgl.  gesichtsender,   sorgcnender. 

ENDEH  für  ehnder,  ehender  sp.  46.  Frommanjc  5,  214.  217. 
255.  505. 

ENDERGEBNIS,  n.  summa. 

ENDKRIN,  f.  eonciliatrix,  versöhnerin.    Stibi.er  376. 

ENDERISCII,  alienus,  mirus,  fremd,    befremdlich,  seltsam, 
ungeheuer,     aus    ander  abgeleitet,    ahd.  endirsk  für  andarisc, 
barbarus.     Graff  1,  385,    goth.    aljakuns.     heute  dauert  ober- 
deutsch nur  der  sinn  von  seltsam,  unheimlich,  unrichtig: 
die  ain  ist  •nderisch, 
die  ander  ist  >o  pouerisch.    weim.jh,  2,  101; 

mir  ist  so  cnterisch,  ich  bin  nicht  gsotten  und  nicht  braten ; 
da  ist  es  enterisch,  da  ists  nicht  geheuer,  da  spukl  es  ■-> 
da  ist  es  anders  als  es  sein  sollte.    Schmkllrr  1;  77. 

ENDERLINt»,  m.  für  engerling,  vermis.  Wbinhou>  schles. 
wb.  17'  t<er:eic/inc{  das  neulrum  enderle.  Frumiianh  9, 419.  5hs. 

ENDERN,  was  Andern  1,311. 

ENDERT,  uspiam,  alicubi,  für  mhd.  iener,  icnder  {wb.  1,  746) : 

zS  lotst  do  schriendii  rii«  ml«  »ror, 
ob  ciiilcri  kein  giiier  Int:  '  ••   ••  •• 

d«r  bebeniüib  kund  711  '\g. 

Hans  Sem  ' M'hl  nit  mit  ron 

l,r.irn-in„,i    ,1«)«). 


461 


ENDES— ENDIGEN 


ENDIGER  — ENDLICH 


46^ 


ENDES,  adv.  in  fine.    $.  ende  II,  1.  IV,  1.  2,  und  ends. 

ENDESBEZEICHNET,  in  der  rechlsspraciie :  ich  endes  be- 
zeicbneter  urdne.    Rabener  2,  277. 

ENDESGEFERTIGT:  wir  endesgefertigte  bestätigen. 

ENDESGENANNT. 

ENDESLNTERZEICHNET :  ich  endesunterzeichneter.  Rabe- 
KEB  2,  300. 

ENDETRILLER,  m.  sonus  vibrans  finalis:  herr  wirt,  fieng 
ich  noch  einmal  an,  und  wollte  noch  einen  rechten  mordanten 
und  endetriiler  schlagen.  J.  P.  paltng.  1, 95 ;  gleichsam  die 
glänzenden  endtriller  der  Vergangenheit,  bücherschau  1,  52; 
meinem  gefühle  sind  sogar  die  schriftsteiler  verhaszt,  die  mit 
dem  endtriller  'bescheidenheit  verbiete  ihnen  mehr  zu  sagen' 
unverschämt  erst  dann  nachkommen.    Hesp.  1,  23. 

ENDEVVORT,  n.   s.  endwort. 

ENDEZIEL,  n.  finis,  endziel: 

das  endezjel  von  allem  ist,  o  soho,  beim  Zeus. 
BSBDER  lü,  224. 

ENDFADEN,  m.  capul  ßi:  ohne  zu  wissen,  wo  der  ein- 
schlag  des  gewebes  hängt,  wo  der  endfaden  fest  geknüpft 
werden  soll.    Kungeh  12, 116. 

ENDF.ALL,  m.  casus:  da  in  allen  sprachen  die  solchen 
allgemeinbegnffen  eigenen  endfälle  mehr  als  andere  und  schlag 
auf  schlag  in  der  rede  wiederkehren.  Kolbe;  ein  groszer 
mächtiger  gang  des  Vortrags  wird  eingeleitet  und  jede  epigram- 
matische schärfe  der  endfälle  vermieden.    Göthe  38,  271. 

ENDGÜLTIG,  ratus  alque  fimius,  definitivus:  endgültiges 
urtheil.  dte  geschäßssprache  liebt  gehäufle  ausdrücke  wie  end- 
gültige erledigung. 

ENDHAFT,  /iru/us,  finalis,  vihd.  endehaft  {wb.  1, 43l').  vgl. 
das  ist  ein  ende  sp.  453.  ein  nhd.  beleg  hernach  unter  end- 
lich 3;  einen  enthaften  rechttag  setzen.  Cbhels  iiaximil.  1 
S.  400. 

ENDICH,  n.  indicum,  indigo:  nira  endich,  ist  ein  blowe 
färb,  bruchen  die  maler.  Gebsdorf  feldbuch  "S ;  indicum,  ist 
eine  blaue  färb,  etliche  nennens  indich  oder  endich.  Pinter 
406.  DiEFENBACH  294'  hat  indich,  Denzler  93'  endich,  Stieler 
indich.  es  kam  gleich  ein  mahler  mit  seinem  Werkzeug 
daher,  . . .  mit  lack,  endig  und  lasur.    Simpl.  K.  127. 

ENDIG,  ueiterbildung  des  pari,  praes.  auf  ende,  mil  forl- 
dauer  des  tons :  lebende,  lebendig;  reuende,  reuendig;  tobende, 
tüb^ndig ;  u-ofür  jedoch  bald  auch  lebendig,  reuendig,  töbendig 
iu  gellen  begann,  die  nd.  mundart  hat  solcher  adj.  noch  an- 
dere :  hüppendig,  swippendig  u.  s.  w. 

ENDIG,  von  ende  abgeleitet,  fast  nur  in  Zusammensetzungen : 

1)  comutus,  vom  hirsch:  zweiendig,  dreiendig,  achtendig, 
zehnendig. 

2)  ausendig,  conlinuus:  den  ganzen  ausendigen  tag,  die 
ausendige  nacht,  wie  sonst  den  ganzen  geschlagnen  tag.  Staldeb 
1,  343.     wurde  1,  850  vergessen  anzuführen,  wohin  es  gehört. 

3)  unendig,  was  unendlich,  ungeschickt,  unrüstig,  trdye : 

es  beu  ein  reicher  mann  ein  knecbt, 
der  war  einfeliig  und  ganz  schlecht, 
in  allen  Sachen  gar  uiieudig.    Waldis  2,61  s.  119. 

ENDIGEN,  ^njre,  kommt  (wie  beendigen)  kaum  vor  der  zweiten 
hälfte  des  \'  jh.  auf,  wo  auch  nnl.  eindigen  erscheint.  Hemsch 
hal  es  noch  nicht,  auch  der  spätere  Denzler  nicht,  erst  Stieler 
und  Frisch  geben  es  an.  man  musz  dazu  viele  andere  verba 
[gramm.  2,  306)  halten,  deren  form  durch,  diese  unorganische 
einschaltung  einen  gewissen  schwuny  erhielt,  das  alte  i  tn 
enlion,  weichein  ags.  endigan  entspricht,  wirkte  dabei  nicht 
nach,  eher  der  eindruck  jenes  adj.  endig,  die  bedeulungen 
sind  ganz  wie  bei  enden. 

1)  transttiv,  alle  ägyptischen  figuren  sind  mit  unendlichem 
fleisze  geendigt,  geglättet  und  geschliffen,  und  es  ist  keine 
einzige  mit  dem  bloszen  eisen  völlig  geendigt  (vollendet),  an 
diesem  ist  sonderlich  das  ohr  eines  sphinx  mil  so  viel  Ver- 
ständnis und  feinheit  ausgearbeitet,  dasz  sich  an  griechischen 
arbeiten  in  marmor  kein  vollkonuuener  geendigtes  ohr  findet. 
Wi.NkELMAN.N  3,  IIS;  bald  .geuug  zeigte  sichs,  dasz  er  einen 
kämpf  unternonmien  hatte,  den  er  nicht  endigen  konnte. 
Schiller  890* ;  weh  dir,  dasz  du  eine  bahn  betreten  hast, 
die  du  nicht  endigen  wirst.    Götue  10, 102. 

2)  reflexiv,  Wörter  die  sich  auf  ing  endigen,  zeigen  abkunft 
an ;  silben,  die  sich  in  a  endigen ;  meistens  endigen  sich  die 
Schauspiele  mit  einer  beirat. 

3)  tntransiltv,  wir  wollen  von  der  creation  des  roenscbens 
((OJ  anfahen,  bei  der  propagation  mittelu  und  mit  der  gene- 


ration  endigen.  Ett:<ers  hebamme  41 ;  sie  vergab  ihm  nicht  nur, 
sie  endigte  gar  damit  ihn  liebenswürdig  zu  linden.  Wieland 
14, 119 ;  es  war  natürlich,  dasz  die  fronde  wieder  in  Unter- 
werfung und  die  niederländischen  Unruhen  wieder  in  repu- 
blicanische  freiheit  oder  empörung  endigten.  Schiller  80«'; 
ein  krieg,  der  leicht  in  eine  allgemeine  auflösung  des  reichs- 
friedens  endigen  konnte.  890*;  ihr  kleid  endigte  (gieng  aus) 
in  einen  langen  schlepp;  ein  altes  märchen  endigt  so.  Göthe 
12,  239 ;  doch  das  war  vor  fünf  und  zwanzig  jähren,  als  ich 
anlieng,  ebenso,  und  wird  so  sein,  wenn  ich  lange  geendigt 
habe.    Göthe  an  Schiller  240. 

ENDIGER,   m.    kein   Schreckgespenst  also  ist  unser  letzte . 
freund,    sondern    ein    endiger    des   lebens.    Herder  19,  195; 
Christus  ein  endiger  der  ceremonien.    Claudius  7, 114. 

ENDIGUNG,  f.  nach  endigung  des  zugs  über  die  gebirge 
kamen  sie  bei  der  Stadt  Doberus  an.  Heilxan.ns  Thucyd.  302 ; 
nach  endigung  der  mahlzeit.   Wielasd  l,  202. 

ENDIST,  ad  exlremum,  ahd.  zi  entröjt  (Graft  1, 358),  in 
die  äuszerste  ecke  hintenhin :  nicht  änderst  als  jener,  der  sich 
unter  der  predigt  endist  geduckt,  da  der  prediger  dergleichen 
thät,  als  wolt  er  den  gröszten  ehebrecher  mit  dem  buch  von 
der  canzel  herab  treffen.    Philaxder  2,  915. 

ENDIVIE,  f.  Cichorium  endivia,  gebildet  aus  dem  lat.  intu- 
bus,  wozu  Frisius  727*  setzt:  endivien  mit  den  blawen  blumen, 
etliche  sagend  genszung;  Maaleb  102*:  die  endivien  sind 
zweierlei,  die  ein  in  den  gärten,  die  ander  wildwäglug  genen- 
net, seris.  Diefenbacb  306*.  529*  gibt  für  die  laL  namen  noch 
andere  deutsche. 

ENDIVIENSALAT,  m.  intubi  sativae. 

ENDRREIS,  m.  finitor,  Horizont.    Stielkr  946. 

ENDLER,  m.  cunclator,  laudier,  zauderer.    Stieler  377. 

ENDLICH,  ein  schon  vorhin  unter  endelich  aufgesteUles, 
ehnials  sehr  geläufiges,  heute  beschränktes  adj. 

t)  strebend,  rüstig,  rasch,  fleiszig,  behend,  tüchtig,  im  voc. 
Iheut.  1482  gs':  endlicher,  zaulicher,  sneller  oder  snellicher, 
celer,  expediticus,  vorher  g  3*  aber  auch  endlicher,  tugenthaftiger 
oder  starker,  lacerluosus.  stark  und  schnell  begegnen  sich  in 
mehrern  ausdrücken,  kune  und  endlich.  Mone  archiv  2,  304. 
das  husgesind  ist  gar  still,  wenn  die  frouw  do  heim  ist,  züchtig, 
endlich,  ernsthaftig  und  düt  ieglichs  sin  ampt,  das  im  be- 
folhen  ist.  Keisersb.  bilger  9';  nimpstu  ein  endlich  wib,  das 
du  ernsthaftig  ist  zu  dinem  gut,  wie  sie  dir  das  zu  sammen 
helt.  213*  f  L'lenspiegel  wolt  nach  dem  braten  dasten,  da  was 
der  metzger  endlich  und  nam  den  braten  zu  im.  Eulensp. 
cap.  61  s.  87;  aber  Ulenspiegel  was  endlich  und  kam  in  ein 
schif  und  für  von  land.  cap.  74  s.  110 ;  und  da  noch  heut  ein 
endlicher  bergknap  leichtlich  VI  lot  gold  eins  tags  graben 
möcht.  Fbaxk  u-e/zi».  223';  die  mammaluken  seind  kriegs  föriig, 
beheizt  und  zu  aller  wer  und  waffen  endlich  leut.  184' ;  doch 
konipt  so  vil  lobs  der  endhchen,  die  redlich  in  der  gottsforcht 
arbeiten,  nit  faulenzen,  parddoxa  94'  (100);  der  ist  endelich 
und  häuslich,  der  gern  von  im  selbs  hat  134;  behüte  uns 
für  Unglauben  und  verzweiveln  und  endlichem  (eifrigem'{\  neid. 
Luther  1,  326' ;  Schweiz  ist  ein  dürr  und  bergig  land,  darumb 
seind  sie  endlich  und  hurtig,  müssen  ire  narung  anderswo 
suchen.  Luther  tischr.  432' ;  ein  fromme  fraw  sol  sein  gehor- 
sam, endlich  und  heuslich.  kluge,  weise  reden  279*;  lob  die 
faulen,  so  werden  sie  endlich.    371'; 

endticher  magd  liod  ir  noch  viel.    H.  Sachs  1,509*; 

bat  dich  der  teufel  nun  so  endelich  gemacht?  Melander 
jocos.  l  n*184;  bisz  man  des  feinds  ansichtig  und  ein  ernst 
endlichs  treffen  mit  ihm  verbracht.  Fro.nsperg  kriegsb.  3, 134' ; 
ein  endlicher  und  frischer  herzhafter  soldat  wird  nicht  leicht 
verlausen,  weilen  er  nichts  einwurzeln  lasset  und  alle  tag 
mit  seinen  fingern  und  äugen  fleiszig  zuvor  in  den  kleidern 
runde  herum  gehet,  ehe  er  auf  die  scbildwacht  stehet.  Sinipl. 
K.  338;  die  faule  laus  bleiben  eben  so  wenig  bei  dem  end- 
lichen und  gern  reinlichen  Soldaten,  als  das  niedliche  und 
plagsame  zipperlein  bei  dem  arbeitsamen  bauren.  ebenda; 
dasz  ich  von  dieser  niixtur  nichts  gewiist,  denn  mein  weib 
und  ihr  söhn  waren  ohne  mich  vor  disiual  so  endelich  ge- 
west  (1713  so  endlich  gevvest),  so  half  es  doch  nichts.  Simpl. 
2,  87 ;  ihr  teutschverderber,  die  ihr  nicht  einmal  so  endlich 
seid,  das  maul  recht  aufzumachen  und  frisch  auszusprechen. 
1,  690.  andere  belege  bieten  Frisch  1, 216*  und  Schmeller  1, 76. 
später  erlischt  diese  bedeulung,  vgl.  unendlich. 

2)  endlich  trar  auch  aptus,  diensam,  taugend,  wichtig :  wenne 
er  (der  falke)  den  raup  siht,  den  er  viheu  wil,  so  swingt  er 


463 


ENDLICH 


ENDLICH 


464 


sich  aug  und  schawet,  ob  er  im  eben  sei  und  gevellig,  und 
ist  er  im  sd  endleicb,  &(>  vxbt  er  in.    Megenbebg  186,  8 ; 

wir  losen  hie  nit  endlichs  gelt,    fastn.  371, 15 
scheint:  kein  xiemliches,  tüdiliges  geld,  oder  ist  diemeinung: 
am  ende  kein  geld? 

wisx,  es  ist  ein  endlich  sach!    Ringi'i',%. 

3)  in  der  rechtssprache  ist  endlich  ßnalis,  definilivus: 

die  fastnacht  wil  uns  sein  ie  nit  veriragen, 
und  wil,  das  wir  unser  sinn  zu  sammen  spitzen, 
und  ir  ain  entlich  recht  besitzen,    fastn.  G23,  7; 
wir  schalen  pflegen  guter  witzen 
und  ir  ain  entlicns  recht  besitzen.    629,  16; 

item,  so  der  kläger  . . .  umb  einen  entlichen  rechttag  {Gobier 
'judicialem  et  peremptorium  terminum')  bilt,  der  soll  im  für- 
derlich  ernent  werden,  wo  aber  der  ankläger  umb  den  ent- 
lichen rechttag  {judicialem  diem)  nit  bitten  weit,  so  soll  der- 
selb  entlich  rechttag  {peremploria  dies)  auf  des  beklagten  bitt 
auch  ernent  werden.  Carolina  arl.  78  (a.  1533),  die  Rambet- 
gensis  (1507)  hat  endhaften  rechttag;  soll  der  richter  die  ent- 
lichen urtheil  {Gobier  'sentenliam  difßnitivam'),  so  also  in 
Schriften  verfasset  ist,  durch  den  geschwornen  gerichtschrei- 
ber  . . .  öffentlich  verlesen  lassen,  art.  24 ;  unzweifeliche  ent- 
liche Überwindung  {Goblcr  'persona  exlra  dubitalionem  con- 
vicla').  art.  196;  weil  die  sach  dazumal  noch  unerkaiid  und 
kein  endlich  urteil  der  kirchen  drüber  ergangen  war.  Luther 
1, 14l';  iedoch  ward  nichts  enllichs  beschlossen  und  die  sach 
in  das  concilium  zu  Nicen  geschoben.  Frank  c/jron.  333' ;  end- 
liche Vorladung,  cilatio  ßnalis  i  endlicher  befehl,  ediclum  perem- 
torium. 

4)  darum  auch  ßnalis,  schlieszlich  überhaupt: 
solch  rSw  und  zaufen  nach  der  schlacht, 
die  llannibal  ad  Cnnnas  macht, 

Tun  {für  die)  entlich  ursach  wirt  erkant, 

das  Rom  Carihago  überwant.    Schwarzenberc  153,  2; 

die  Ursache  oder  endlich  meinung  der  gebot  ist  uns  unleid- 
lich. Luther  3,525;  da  hastu  die  ursach,  warumb  und  wozu 
es  eine  taufe  heiszf,  und  was  sein  endliche  meinung  sei. 
6,284';  gott  hat  uns  die  taufe  gegeben,  dieser  endlicher  mei- 
nung, das  u.  s.  w.  8,  67* ;  ja  das  ist  des  evangelisten  fürnem- 
liche  endliche  meinung.  8,129";  darumb  ist  noch  mein  end- 
lich will  und  meinung.  Galmy  97 ;  wir  endlichs  willens  sind, 
einmal  in  Frankreich  unser  alte  gesellschaft  zu  besichtigen. 
buch  der  liebe  248,  4 ; 

jetzt  aber  gibt  die  zeit  den  dingen 

zu  machen  ein  endlichen  ausschlag.    Atrer  383'; 

und  mit  disem  endlichen  {festen,  enlschiednen)  fürsatz  nähert 
er  sich  gegen  inen  hinzu.   Amadis  368 ; 

da  mein  schmerzenvolles  wallen 
dieses  lebens  ganz  verschwjndt, 
und  sein  endlichs  ende  lindt. 

Neumarks  luslwäldchen  s.  22  ; 

auch  das  ist  noch  nicht  vielmehr  als  geschichte,  und  wodurch 
es  ein  völliges  Sinngedicht  wird,  sind  lediglich  die  endlichen 
letzten  zeilen.  Lessing  8,  436 ;  so  wurde  Montigny  bis  auf  die 
ankunft  seines  gehülfen  vertröstet,  ohne  welchen  der  könig 
keinen  endlichen  schlusz  fassen  wollte.    Schiller  830*. 

5)  endlich,  interilurus,  morlalis,  gegenüber  der  unendlichen 
gotlheit;  eine  bedeulung,  die  sich  er.U  im  iü  jh.  gesetzt  und 
verbreitet  hat:  der  mensch  ist  ein  endliches  wesen ;  unsere 
natur  ist  endlich ;  unser  endliches,  vergängliches  leben  ;  unser 
gluck,  alle  unsere  freude  ist  endlich; 

kein  endlicher  sab  euch,  gedanken  der  goitheit! 

Uetiia$  ö,  773 ; 
kein  endlicher  sang  da.jubel!    8,  40; 
Ternimm  des  endlichen  stimme.    8,55; 
was  nie  ein  endlicher  litt.    9,447; 

wir  sind  viel  zu  endlich,  ^kr  ihn  zu  dem  richter  zu  flehen. 

10,  75«; 

ma»  ist  in  mir,  dasz  ich  so  endlich  hin  I 

und  dennoch  weniger  endlich  zu  sein 

durste  mit  diesem  heiszen  durste?    Klopstock  1,  146; 

einii  bin  ich  weniger  endlich,    ebenda; 

aber  nach  dieser  unendlichen  manigfaltigkeit  ist  sie  {die  natur) 
nur  ein  »cbauspiel  für  einen  unendlichen  geist.  um  endliche 
geisler  an  dem  genusse  derselben  antbeil  nehmen  zu  lassen, 
inusten  diese  das  vermögen  erhalten,  ihr  schranken  zu  geben, 
die  sie  nicht  hat.    Lusinc  7,  31fl ; 

willst  du  in«  unendliche  schreiten, 

fall  io  «odlicbeo  oacb  allen  ••iieo.    C0TUsM,48. 


m/irf.  sagte  n\an  von  gott,  dasz  er  'Ane  ende'  sei,  stellte  ihm 
aber  nicht  den  menschen  als  endelkh  gegenüber. 

6)  mathefiialisch  heiszt  eine  grösze  oder  zahl  endlich,  wenn 
man  sie  lieslimmen,  d.  h.  durch  fortgesetzte  Vervielfältigung 
oder  Iheilung  einer  andern  bestimmten  ihr  gleichartigen  grösze 
zu  einer  dritten  gelangen  kann,  welche  die  obige  übersteigt 
oder  noch  kleiner  ist. 

ENDLICH,  adv.,  nach  dem  voc.  Iheut.  1482  g  3'  efßcaciler  vel 
forliler,  auch  ßnaliter,  nach  g3'  celeriter,  cxpedilive. 

1)  schnell,  rasch,  fleiszig,  ernst:  mhd.  wirp  it,  endeltcben. 
Neidh.  12, 12; 

nhd.  was  ir  tuon  weit,  das  tuot  endleicb.    fasln.  416,34; 

die  sechst  ursach,  die  do  unlustig  macht  unser  Spinnerin, 
ist  das  ir  die  müs  das  garn  fressen,  ee  das  sie  die  ander 
spini  gespint,  so  ist  die  erst  zerbissen,  wie  kompt  das,  was 
ist  ursach?  das  ist  ursach,  du  spinst  zu  unendlich,  ee  das 
du  noch  ein  spinI  übeikumpst,  so  sint  acht  tag  hcrumb, 
und  also  überkunipstu  kein  garn  zum  mantel  der  lieb,  du 
mlist  endlich  spinnen.  Keisersb.  bilger  57';  giengen  entlich 
zu  haus.  Enlensp.  cap.  35  s.  50 ;  nit  entlieh  loufen.  cap.  55 
i.  81;  lief  endlich  der  herberg  zu.    cap.  6  *.  8. 

2)  endgültig,  doßnitiv:  es  ist  auch  zu  merken,  dasz  nicmant 
auf  einicheriei  anzeigung,  argkwons  warzeicben  oder  verdacht 
entlich  zu  peinlicher  straf  soll  verurtheilt  werden,  sonder 
allein  peinlich  mag  man  darauf  fragen,  so  die  anzeigung  ge- 
nugsam ist.  dann  soll  jemant  entlich  zu  peinlicher  straf  ver- 
urtheilt werden,  das  musz  ausz  eigen  bekennen  oder  bewei- 
sung  beschehen.    Carolina  art.  22.  ' 

3)  schlieszlich,  ein  für  allemal:  es  ist  endlich  beschlossen, 

das  er  haben  wil,  das  man  sich  für  im  fürchten  sol.  Luther 

4,  109';    derohalben    ich    auch  hierinnen  der  mönche  halben 

nicht   endlich    ralhen  noch  scblieszen  kaniL    6r.  2,  258 ;    das 

ists    leider   das    der   satan   endlich   gemein*  bat,    da  er  dies 

sacrament  am  ersten  angrif.  3,  454 ;  dieweil  auch  von  nöthen 

ist  entlich  zu  scblieszen,  ob  das  buch  anzunehmen  oder  nicht. 

Melancbthon  4,  425 ; 

got  laszt  nit  wer  im  entlich  trawt. 

Scbwarzenberc  106,2.  1.58,2. 

4)  zuletzt,  am  ende,  postremo,  tandem:  du  leitest  mich 
nach  deinem  rat,  und  nimpst  mich  endlich  mit  ehren  an. 
ps.  73,  24;  es  gefeilet  manchem  ein  weg  wol,  aber  endlich 
bringt  er  in  zum  tode.  spr.  Sal.  14, 12 ;  die  Weissagung  wird 
ja  noch  erfüllet  werden  zu  seiner  zeit  und  wird  endlich  frei 
an  tag  komen.  Wafcac.  2,  3;  einem  vermessen  menschen  gehts 
endlich  übel  aus.  Sir.  3, 27 ;  denn  der  zorn  ist  schon  end- 
lich (eis  reXos,  usque  in  lineni)  über  sie  koinen.  1  Thcss. 
2,  16 ;  es  ist  noch  nie  keine  ketzerei  endlich  bestanden. 
Luther  4,  329'.  GtJNTHER  in  zwei  Irostarien  102  bis  104  maclU 
aus  endlich  ein  persönliches  'liebstes  endlich'. 

5)  endlich  und  endlich,  tandem  aliquando:  endlich  und 
endlich  kömmt  er,  aber  wiederum  mit  einem  solchen  ich, 
zur  Sache.    Lessing  8,  48. 

6)  leisere  bedeulungen,  denen  von  am  ende  (sp.  452)  ähnlich: 
endlich,  welcher  verheiratet  der  thut  wol,  welcher  aber  nicht 
verheiratet,  der  thut  besser  {vulg.  igilur  et  qui  inalrimonio 
juiigil,  (öare  xnl  6  iyyafiit,(t)p).  l  Cor.  7,38;  wie  ich  end- 
lich warte  und  lioffe  {vulg.  secundum  exspectalionem  et  spein 
meain).  Pliil.  1,  2ü ;  bis  so  lang  er  sich  entlieh  zum  Witiel 
gen  Nimeck  fuuden.  Alberus  wider  W'itzel  H2';  dasz  gott 
unser  leben  ganz  in  seine  gnade,  liebe  und  treue  gefasset  hat, 
disz  sagen  wir  endlich  wol  und  bekennen  es  mit  dem  munde, 
aber  wir  glaubcns  nicht  von  herzen.  Scriveh  seelensch.  2, 154 ; 

eitelkciien  dieser  weit  sind  der  falschen  mftnze  gleich, 
gelten  endlich  auch  nicht  hier,  weniger  im  himmelreich. 
LocAU  3,  60,  14 ; 

nichts  kennen,  wissen  und  verstehen,  ist  endlich  so  eine 
grösze  schände  nicht.  Simpl.  K.  76 ;  sie  darf  es  endlich  wis- 
sen. Lessing  1,  371 ;  an  blut  und  leben,  an  färbe  und  feuer 
fehlt  CS  ihr  endlich  nicht.  2, . .  . ;  das  ist  endlich  wahr  genm:. 
nun  endlich!  das  wollt  ich  meinen! 

7)  nicht  endlich :  also  brauch  auch  du  die  speis,  weder 
mee  noch  minder,  weder  dir  not  ist  zu  re<litcr  zeit,  nit  ent- 
lieh umb  lusles  willen.  Kkiskrsiierc  irriv  jc'kjM  8' :  ''''  *""' 
gesle,  bleiben  nicht  endlich  bei  uns.  Litiikr  4,'.tO*;  da  er 
(Abrain)  nn  also  gciiorrliet  seinem  golt  und  ausgezogen  ist, 
lesset  er  in  nicht  endlich  on  trosl.  4,  77.  am  ende  nicht, 
tulelit  nicht,  ncher  niehl. 


465 


ENDLICHEN  —  ENDRICHTIG 


ENDS  — ENDSTICH 


466 


ENDLICHEN,  die  alte  gestalt  des  vorigen  adverbs,  in  allen 
bedeulungen. 

mild,  du  solt  mich  für  in  selben  hän, 

wan  ich  bin  endeiichen  er.    tr.  kr.  16827, 

ich  bin  er  in  wahrheil;  wie  unendechlichen  {übel,  schändlich) 
luge  ste.    melscher  gast  s.  405. 

nhd.  in  dem  so  bisz  in  ein  Doch,  nach  dem  grappelt  er 
endlichen  (ra^cÄ).  Eulensp.  cap.  Zö  s.  49;  sagt  zu  der  frawen, 
das  sie  endlichen  solt  kumen.  cap.  66  s.  96;  gon  nit  mar  dan 
endlichen  (auf  das  schnellste),  s.  97;  Clenspiegel  was  end- 
lichen bi  dem  pfenning  {nahm  schnell  den  pfennig).  cap.  80 
s.  119 ; 

dein  dienst  gen  gou  endlichen  {eifrig)  stell. 

SCBWARZKNBEHG  155,  2; 

ein  gut  gewissen  darf  solchs  sorgens  nicht,  sondern  kan  ge- 
trost aller  meuler  rede  verachten  und  endlichen  mit  ehren 
on  alle  gewalt  stopfen.    Lctheb  6,327*; 

es  stürbe  sich,  der  hier  jetzt  liegt,  noch  endlichen  zu  lode. 
L06AO  3,  i39,  120 ; 

und  mach  es  endlichen  also, 
dasz  ich  auch  wieder  «verde  froh. 

Neckarks  lustwäldchen  s.  27. 

im  IS  jh.  erloschen. 

ENDLICHKEIT,  /.  Stieler  .357.  in  iwei  einander  fernen 
bedeulungen.     1)  diligentia,  assiduitas,  Steinbach  1,  341 : 

leg  mich  vor  mittag  wider  nider. 

der  eodlichkeit  ist"mir  keine  wider,    fastn.  562,20; 

keiner  endlichkeit  ward  ich  nie  zigen  (geziehen), 

und  lasz  auch  nimmer  auf  mich  kumen.    565,  27; 

ich  hör  er  sei  zu  endlichkeit  bereit.    1423; 

wenn  ein  endlichkeit  in  dir  wer, 

du  giengst  so  scblüchtisch  nit  daher.    H.  Sachs  I,  512*. 

2)  natura  finita: 

der  endlichkellen  erhalier 
stärket  ihn,  dasz  er  nicht  selbst  hinsank.    Messias  10,999; 

der  sich,  das  siaunen  der  endlichkeilen, 
freigehorsam  dem  miulertod  hingab.    10,  1043; 
heilige  schauer,  fahrt  fort  aus  meiner  endlichkeit  grenzen 
mich  hinüber  zu  tragen  ans  dunkle  der  herrlichkeit  gottes. 

5,  782 ; 
hier  schon  hebst  du  meine  seele 
über  ihrer  jetzigen  endlichkeit  schranken.    Klopstoce  1,146; 

im  gebiet  des  realen  herscht  die  endlichkeit,  im  gebiet  des 
idealen  die  Unendlichkeit.    Scbelli^g  über  tneth.  des  ak.  sind.  17. 

ENDLING,  m.  syllaba  ttllima.  Kolbes  wortreichth.  der  deut- 
schen u.  franz.  spräche  1, 192  und  oft. 

ENDLOS,  infinilus,  unendlich,  ags.  endeleis,  engl,  endless: 

so  beschirme  uns  mit  siner  mabt 
der  endelose  starke  got.    ühlajkd  S17; 

ein  chrisamenlloser  magenpflästerer.  Garg.  I7l',  wo  chrisam 
nur  Verstärkung  von  endlos ; 

gleichwie  ein  circul  rund 
•     endlos  sich  in  sich  selbs  endet.    Wkcehirlin  370; 
ja  seine  gnad  endlos 
uns  zu  erhalten  vöst  bestehet.    132; 

von  dem  ohr  des  argwohns  aufgetrieben 
kriecht  es  wie  schlingkraut  endlos  treibend  fort 

SCUILLIR  .  .  •; 

ein  kämpf  zur  see!  0  edle  männerschlacht! 
nur  eine  planke  halt  und  rings  umher 
endloser  tod!  öin  schlucken  und  hinab! 

Frkttags  Fabier  «.  21 ; 

endlose  quäl  und  pein;  gottes  endlose  barmherzigkeit ;  end- 
lose Wasserfläche,  himmelsbläue.  06er  auch  endlose  schraube, 
die  ohne  ende  und  tciderhall  ist. 

ENDMAHL,  n.  termintu,  ziel,  schtc.  andamäl,  ddn.  ende- 
maal: 

bist  du  denn  auch  gangen  hin, 

dannenher  kein  rUckweg  gehet, 

da  das  endmahl  allen  stehet.    Flcbixg  302; 

dis  soll  das  endmahl  sein  von  allen  meinen  mühen.    626; 

zeichen  um  das  ende  der  bahn  bemerklich  za  machen.  Knittels 
kurzfjed.  2  buch  1674  S.  15. 

ENDPÜNCT,  m.  cxlrema  pars. 

ENDREI.M,  m.  versus  simititer  desinens,  nnl.  eindrijm. 

ENDHEDE,  f.  epitogus,  so  am  schlusz  des  spiegeis  der 
relhorik  von  Biederer. 

ENDßlCHTIG,  conveniens,  aptus:   wie  vöMig,  mächtig,  föi^ 
derlich  und  endrictUig  die  emsige  arbeitsamkeit  seie.  Fiscbart 
ehz.  573. 
IIL 


ENDS,  diese  kürzung  von  endes  ist  üblich 

1)  in  der  redensarl  'ohne  ends*,  absque  fine:  on  ends. 
Moses  archiv  2,  224;  das  gefiel  mir  nun  nit  so  gar  übel, 
aber  im  summa,  wir  schieden  ohne  ends  (ohne  etwas  ausge- 
richtet zu  haben).  Götz  von  Berl.  lebensbeschr.  160  und  sicher 
noch  andencärts.  ein  merkwürdiger  Überrest  des  alten  von  der 
pfaep.  ohne  regierten  genitivs,  welchem  wir  auch  in  dem  vor- 
ausgesetzten zweifeis  ohne,  absque  dubio,  begegnen,  mhd.  bei 
Neidhart  : 

tohter.  deist  ze  späte 

der  schuobe  und  der  kleider 

springest  äne  beider.    22,  28; 

üf  der  linden  liget  meil, 

da  von  ist  der  walt  des  loubes  äne.    42,  35, 

wo  freilich  auch  das  verbum  ist  mit  angeschlagen  «erden  musx. 
ahd.  bei  Notser:  andere  ne  mugen  da;  herza  gesehen  Äne 
sin,  praeter  eum.  ps.  141,2;  föne  dien  siben  glaten  stemftn, 
die  gbenmichel  sint  äne  des  mittelösten,  praeter  medium. 

2)  in  endshalben.  versus  ftnem,  endwärls:  endshalben  nach 
gegangen  dem  von  Valois.    Weckherlix  440. 

ENDSATZ,  m.  proposilum,  vorsatz.    unw.  doct.  326. 

ENDSCHAFT,  f  finis,  nachdrücklicher  als  ende:  denn  er 
sol  ein  endscbaft  mit  Mose  und  dem  gesetz  machen.  Luther 
8,261*;  bis  zur  Sachen  endschafl.  br.  a,505;  von  endschaft 
der  bescbneidung.  tisehr.  lob';  dem  krieg  sein  endschaft  geben. 
Aimon  y;  wie  ein  krankheit  geboren  wirt  in  der  mechanei, 
das  ist  in  dem  verborgenen  Zimmermann,  den  wir  nit  sehend, 
jedoch  aber  wie  die  Vernunft  der  menschen  arbeitet  in  ihrer 
mechanei,  so  mancherlei  endschaft.  Paracelsos  1,  583' ;  der 
krieg  sein  endscbaft  gewonnen.  Kirchhof  disc.  mil.  32;  die 
rechte  beschlieszliche  endschaft  und  ausspruch  zu  finden. 
225 ;  bis  zu  eröfnung  irer  aussag  und  endschaft  dieser  sachen. 
256 ;  wenn  man  des  goldes  also  brauchet,  so  erreicht  es  sein 
endschaft  (seinen  zweck),  darzu  es  geschafi"en  ist.  Mathesics 
46' ;  der  gerichtstag  nam  sein  endschaft.  Avrer  proc.  1,  4 ;  bis 
zu  endscbaft  der  sachen.  Schweinichen  1,215;  als  nun  das 
königlich  banket  sein  endschaft  gehabt.  Fro.>sperg  kriegsb. 
3,  295' ;  die  natur  mach  nichts  unabsterblich,  sondern  allem 
dem  sie  ein  anfang  gibt,  dem  geh  sie  auch  ein  endschaft 
Garg.  158';  es  hat  aber  das  löwensteinische  praedominieren 
noch  keine  endschaft  erreichet.  Erpach  gegen  Löwenslein  1634 
s.  20 ;  in  hofnung,  das  löwensteinische  einseitige  commando 
nunmehr  seine  endschaft  erreichen  werde.  28 ;  die  geschichte 
hat  ihre  endschaft.  Harnisch  240 ;  hatten  auch  meine  anschlug 
ein  endschaft.  Simpl.  2,  245 ;  eueren  klagen  endschaft  erteilen. 
Bütschet  Aans/.  680;  er  gebe  endschaft  seinen  klagen.  860 ;  weil 
alles  dasjenige,  was  uns  in  der  weit  erhält,  auf  seine  endschaft 
zilet.  865;  dasz  sie  dem  discurs  seine  endschaft  nicht  gaben. 
Weise  erzn.  340 ;  wer  hätte  sich  einbilden  sollen,  dasz  meine 
Sache  eine  solche  gute  endschaft  erreichen  würde  ?  Plesse  3, 345 ; 

licht  und  sonn  ist  jetzt  vergangen,  , 

aber  deine  wolthat  ni^cht, 

die  von  ewig  angefangen 

und  ohn  endscbaft  aufgericht.    Mchlpfort  s.  6S; 

er  will,    sie  endlich  auch,    dies  macht 

die  endschaft  alles  widerstrebens.    Hagedorn  2,  91; 

er  nimmt  jede  seiner  handlungen,  wenn  er  will,  bei  ihrem  Ur- 
sprünge auf  und  führet  sie  durch  alle  mögliche  abänderimgen 
bis  zu  ihrer  endschaft,  Lessixc  6. 392 ;  ihre  vollmacht  hat 
ihre  endschaft  erreicht.  Wieland  28,  276 ;  etliche  Altfranken 
. . .  waren  ziemlich  verdrieszlich  darüber  geworden,  dasz  es 
mit  der  beraldik  auf  einmal  so  zur  endschaft  gekommen  war. 
Klopsto«  12,  330 ; 

das  gesetz  hat  seine  endschaft,  nnd  das  essen 
steht  auf  dem  tisch.  Scuillsr  592'. 

ENDSCHLÜSZ,  n.   sententia  definitiva,  endurlheil.    Stiblbb 
1842,  verschieden  von  entschlusz,  proposilum. 
ENDSILBE,  f.  syllaba  ultima. 

ENDSPIEL,  n.  exitus  ludi,  letztes  spiel,  «0  alles  aufgesetzt 
wird,  mhd.  endespil: 

ir  was  ze  stark  und  si  ze  krank, 
dar  6ri  Sne  der  guoien  dank 
braht  Of  ein  endespil.    Greg.  226. 

ENDSPITZE,  f  ich  verfiel  in  den  metaphysischen  unsinn, 
meinem  eigenen  selbst  bis  auf  die  feine  endspitze  nachza- 
Bchleichen,  wo  es  sich  für  seine  zwo  weiten  theilen  würde. 
TbImiel  2, 13. 

ENDSTICH,  m.  pointe:  einige  dutzend  unserer  bände  epi- 
grainmenanthologien  mit  ihren  tausend  endstichen.  J.  P. 
bücherschau  1,  72. 

30 


467 


ENDSTÜCK— ENDZEILE 


ENDZIEL— ENG 


468 


ENDSTÜCK,  n.  pars  suprema:  das  mittelstück  einer  öüte 
findet  sich  zwischen  beiden  endstücken ;  endslück  einer  tabacks- 
pfeife,  mundstück. 

ENDTRILLER,  *.  endetriiler. 

ENDUNG,  f.    1)  was  ende,  endigung,  beendigung : 

ich  dacht  das  sind  die  göttin  drei, 

diirvon  Uvidius  der  grost 

schreibt,  wie  sie  dem  menschlichen  leben 

aofang,  mittel  und  endung  geben,    il.  Sacos  1,367'; 

ich  würde  durchaus  nicht,  auch  wol  in  langer  zeit, 

ein  endung  oder  schlusz  in  solchem  können  finden, 

wolt  ich  der  biumen  meng  hieher  zusammen  tragen 

aus  den  verrichiungen  und  thaten  diser  Icui. 

ROHPLKR  103; 

bis  in  die  späte  nacht, 
bis  Prognes  Schwester  auch  dem  gall  (gesang)  ein  endung 

macht.    133; 
'zu  eodung  unsers  zwists  mag  uns  die  elster  richten' 

sagt  die  mit  der  dohle  um  den  preis  der  Schönheit  streitende 
taube  in  J.  Ä.  Schlegels  fabeln  195. 

21  terminalio  vocis,  die  endung  eines  worls. 

ENDURSACHE,  f.  causa  finalis,  Stieler  1656,  im  gegen- 
xatz  der  causa  efficiens,  die  am  anfang  steht :  das  produclive 
vermögen  der  nalur  nach  endursachen.  Kant  7,265;  wenn  wir 
die  naturpruducte  nach  der  causaiität  der  zwecke  und  end- 
ursachen ...  als  möglich  vorsteilen.  7,286;  jede  Veränderung 
in  der  natur  und  also  auch  in  dem  menschlichen  korper  hat 
ihre  wirkende  Ursache  und  ihre  endursache.  Mendelssohn  in 
Göckingks  leben  Nicolais  s.  198;  sollte  wol  die  Vernunft  oder 
Tieileicht  besser  der  verstand,  wenn  er  auf  endursachen  ge- 
rätb,  besser  daran  sein,  als  wenn  er  auf  ein  diclat  des  her- 
zens  gerülh?  Lichtenberg  1,  108;  ich  finde  es  recht  lustig 
eine  endursache  der  handlungen  und  begebenheiten  zu  wer- 
den. Göthe  29,  214 ;  meine  abneigung  gegen  die  endursachen 
war  nun  geregelt  und  gerechtfertigt.  50,  53 ;  die  endursachen 
sind  dem  gemüthe  zu  denken  so  nöthig,  dasz  du  aus  den 
nichtendursachen  erst  eine  rechte  endursache  machst,  an  fr. 
von  Stein  3,  190. 

ENDURTHEIL,  n.  und  f.  senlenlia  ultima,  endliches  nrlheil : 
Verfassung  bei-  und  endurtheil,  wie  sie  dann  zu  schleuniger 
föiderung  der  hündel  zum  trewlichsten  und  nützlichsten  zu 
sein  jederzeit  ermessen  werden,  cammerger.  ordn.  von  lö"21 
arl.  3;  so  der  richter  nach  der  endurtheil  sein  stab  gebro- 
chen hat.  Carolina  arl.  99 ;  sondern  zu  dem  endeurteil  ist 
geeilet  worden.  Luther  418;  diese  Sachen  mit  einem  billigen 
endurtheil  beschlieszen.    Kirchhof  mil.  disc.  249; 

nod.'igrain  seit  lassen  citiern, 
klag  eingeben  und  zeugen  fuhrn, 
bei-  und  endurtheil  zu  besclilieszen.    Atrsr /bs/n.  42'; 
dises  sirits  recht  und  endurtheil  föllen.    Wkckhkri.in  722; 
{dasz  du)  eines  groszen  strits  das  rechte  endurtheil  Tollest. 
/  '28; 

den  armen  Sünder  im  gefängnis  zu  besuchen  und  zu  sehen, 
wie  er  sich  zum  endurtheil  anstelle.    Jucundiss.  136; 

es  haben  ihr  endurtheil 
nalionen  gernllt.        Klopstock  7,  5; 

ruhig  blicket  die  kiilt  herab, 
wenn  sie  ihr  endurtheil  nun  spricht.    7,  13, 

t.  urtheil  und  beiurtheil. 
ENDURTHEILER,  ra. 

durch  seines  hohen  snruchcs  entscheidiingen 

geweckt,  entzaubert,  leugn(>n  die  dichter  nicht 

des  maalcs  ewigkeil,  das  i;r  sich 

zu  dem  verdienieslen  nihm  gesetzt  hat, 

als  enduriheiler.     Klopstqck  2,  50. 

ENDVERHÖR,  n.  inlerrogalio  finalis: 

w<;nn  ich  zuweilen  iraumie,  dasz  die  seelen 
fortwandertcn  bis  zu  dem  endverhor.    Gokinge  3, 191. 

ENDWORT,  n.  ultimum  rerbum:  endwort  einer  zeile,  eines 
absatzes;  enivinrle,  schlusjworte  einer  stelle.  Ickrlsaher  i/ram- 
malieaDH':  ein  fragzeichen,  das  setzt  und  braucht  man,  wa 
fragrede  8eind,  und  ist  auch  nach  der  stimme  art  und  gleichnns 
gefurmiert  also?,  dasz  ein  lini  oder  virgula  über  suh  srhnipt, 
wie  sich  die  stimm  in  einer  frag  am  ende  erhebt  und  iiher 
sich  schwingt,  wie  tolliches  in  dem  endewort  des  obgt'setzten 
exernpels  vermerkt  würd  und  wie  auch  in  dieser  rede,  so  der 
gerecht  kaum  erbalten  wird,  wa  will  der  gottlos  und  sünder 
erscheinen? 

ENDZEICHEN,  n.  das  man  mil  der  glocke  Idulet,  wtnn  eitur 
in  letzten  tügen  liegt.    Staliiri  1,  343. 

ENDZEILE,  f.  ullma  Hnea. 


ENDZIEL,  n.  ßnis,  zweck,  in  beiden  Wörtern  der  eompo- 
sition  liegt  dasselbe,    mhd.  endezil.    Trist.  274, 24. 

ENDZWECK,  m.  consilium,  consiliorum  finis,  die  Schreibung 
entzweck  ist  falsch:  der  zweck,  welcher  die  unumgängliche 
und  zureichende  bedingung  aller  übrigen  enthält,  ist  der  cnd- 
zweck.  Kant  6,  165;  der  zweck  der  existenz  eines  solchen 
naturwesens  ist  in  ihm  selbst,  d.  i.  es  ist  nicht  blosz  zweck, 
sondern  auch  endzweck.  7,  306 ;  man  kann  beweisen,  dasz, 
was  etwa  noch  für  die  natur  ein  letzter  zweck  sein  könnte, 
.  . .  doch  als  naturding  niemals  ein  endzweck  sein  könnte. 
7,  306 ;  endzweck  ist  derjenige  zweck,  der  keines  andern  als 
bedingung  seiner  möglichkeit  bedarf.  7,316;  was  ist  der  oberste 
zweck,  d.i.  der  endzweck?  7,333;  allein  ich  gehe  einem  weit 
höheren  endzweck  entgegen.  Göthe  11,  57;  sie  sollen,  zu  her- 
lichen endzwecken  bereitet,  aus  meinen  bänden  wollhätiger 
und  wirkender  wieder  ausgehen.  11,  60 ;  erhebt  ihr  herz,  dasz 
sie  nicht  trübsinnig  den  groszen  endzweck  versäume,  ebenda; 
was  denkst  du  von  den  endzwecken  dieses  grades?  14,177; 
man  musz  so  viel  leidenschaft  haben,  wie  sie,  versetzte  Serlo, 
lim  alles  zu  seinem  endzweck  zu  benutzen.  Shakespear  führt 
die  ankommenden  Schauspieler  zu  einem  doppelten  endzweck 
herein.  19,174;  freilich  hat  Kant  von  moralität  und  verhält- 
nismäsziger  glückseligkeit  als  dem  höchsten  gut  und  dem 
letzten  endzwecke  gesprochen,  aber  er  wusle  es  selbst  am 
besten,  dasz  moralität  ohne  böbern  endzweck  selbst  keine 
realität  habe.  Schellings  schrißen  1809.  1,  48.  vgl.  den  end- 
lichen zweck.    Bürger  248*. 

ENE,  m.  avus,  s.  ehni  und  eni :  von  seinen  vier  enen.  Petr.  41' ; 

hab  kennt  dein  ene,  dein  vater  auch. 

Frischm.i  Wendelgart  2,  3; 
dein  ene  ligt  zu  Schloitsiatt  noch 
auT  einem  rad,  was  leugslu  doch?    ebenda. 

ENENKEL,  m.  n.  scheinbare  reduplication  von  enkel,  in 
dessen  beiden  bedcutungen  latus  und  nepos,  wovon  erst  unter 
diesem  wort  näher  gehandelt  werden  kann,  die  form  ist  blosz 
östicichisclibairisch.  schon  die  Windsbcrger  psalmen  liefern 
104  (105),  10  5.  486  gesazte  ij  demc  eninchline  in  ein  gebot, 
et  statuit  illud  .Jacob  (rf.  h.  Abrahams  nachkommen)  in  prae- 
ceptum,  und  Stricker  bei  Hahn  s.  37  sagt: 

daj  ein  rirhej  künicrfche 
der  eninkel  ieglicliej  besä;. 

zwar  liest  man  auch  in  Wacrernagels  Schwabenspiegel  cap.  6 
s.  11:  geschwisleride  kinde  kint,  daj  sint  geschwisteride  enin- 
kel, die  hefent  die  dritten  sippc,  it'o  doch  die  übrigen  hss. 
nur  kinde  kint  oder  enkel  geben,  eninkel  also  von  einem  bairi- 
schcn  abschrciber  herrühren  mag.  die  heutige  fortdauer  des 
ausdrucks  bezeugt  Schmeli.er  1,  83,  er  findet  sich  auch  hin  und 
wieder  in  Schriften  gebraucht,  z.  b.  Sigmund  von  Birken  tn 
seinem  oslländ.  lorbeerhain  sagt  s.  158  von  Maximilian  I :  als 
er  seinen  enenkel  erzherzog  Carln  {nachher  Carl  V)  einem  be- 
lehrer  untergab;  s.  166:  als  ihm  in  seinem  alter  könig  Lasla 
von  Hungarn  tochter,  so  hernach  erzherzogen  Ferdinando. 
seinem  enenkel,  vermählt  worden,  angetragen  wurde,  schFuge 
er  den  heurat  ah  mit  dieser  entschuldigung,  einen  alten  könne 
man  nit  glimpflicher  vom  brot  thun,  als  wenn  man  ihm  ein 
junge«  weih  gebe. 

ENEB,  nie,  ENS,  illud,  statt  des  jotierten  jener,  jenes  6e- 
gegnet,  wie  schon  ahd.  (Graff  1,  599)  und  mhd.  (wb.  1,  77l'), 
so  auch  in  der  bairischen  und  scliweizerischen  mundart  (Schm. 
1,  68.    Stald.  1, 103). 

hiet  man  ens  uod  dicz  besehen,    ring  23',  0. 
t.  enhalb. 

ENES,  m.  anisum:  wachalterper,  encs  und  fenchel.  kuchen- 
meislerei  cap.  3.     siehe  anis  1,  377  und  hernach  enis. 

ENET,  EN.NET,  ultra,  jenseits,  Staldeh  1, 103 

ists  der  man  cnct  dem  Jordan, 

zuo  dem  all  dise  wult  ist  glofTenl    trag.  Jok.  J4. 

wie  ahd.  fnont  Jordane,  t'nont  Tuonowo.  Graff  1,600;  ennet 
der  Iser  ist  ein  bühel,  da  satzt  ich  mich,  gsach  die  .statt  an 
und  weinet  inncnglich.  Plater  29;  und  kamcnd  aneinandrrn 
ennet  dem  b.lchli.  Tschudi  1,  20s  (ri;/.  jenseil  barhes  l,l():i»l; 
si  zu  warnen,  dasz  si  iiiiih  kein  sarli  ilher  die  l'irs  ziigind  und 
dasz  si  wol  tutind  und  ennet  der  l'irs  belihiiid,  so  niöclil  inen 
nützit  bescheihen.  2.423;   ennunt  scwes.  Mohr  r.v/cj/u  2  «' I7n. 

ENKTIIALR,  ENNETHALR,  dasselbe:  dann  der  delphin  hctic 
enneihalb  sin  macht.  Tschuoi  2,  423.    ennerlhalb.  Maalkr  in:i'. 

ENG,  ENGE,  angustus,  g^lh.  aggvus,  altn.  Angr,  ahd.  enki, 
engt,  mhd.  enge,  alls.  cngi,  nnl.  eng,   ags.  enge;   scJiw,  din. 


469 


ENG 


ENG 


470 


engl,  ist  dies  ad],  ausgestorben,  die  Schweden  brauchen  dafür 
tning  (ahn.  Jiröngr),  die  Dänen  snever  {alln.  snaefr),  die  Eng- 
länder nairow  {ags.  nearo).  wie  in  aggvus  ableitendes  u 
wallet,  musi  es  in  öngr  aus  dem  umlaul  des  a  geschlossen 
werden,  nicht  anders  gilt  es  Im  lat.  anguslus  und  gr.  dyy'Vi, 
ist  aber  ahd.  xu  i  geschwächt,  lit.  bestehen  anksztas  und 
anksztus  nebeneinander,  die  sich  zum  lat.  angustus,  wie  auksztas 
zu  augustus  verhallen,  altn.  [jröngr  verräth  uns  ein  nicht  vor- 
kommendes goth.  {)raggvus,  ahd.  drengi,  dessen  begrif  unmit- 
telbar anslOszt.  geradezu  vei wandt  ist  bang,  bange  (1, 1104). 
über  die  würzet  mehr  unter  engen. 

Alle  bedeulungen  gehen  vom  räum  aus  und  empfangen  dann 
noch  abstracte  anwendung. 

1)  sihe  der  räum,  da  wir  für  dir  wonen,  ist  uns  zu  enge. 
2  kön.  6, 1 ;  der  räum  ist  mir  zu  enge,  rucke  hin,  das  ich  bei 
dir  wonen  niüge.  Es.  49,  20 ;  da  gieng  der  engel  des  herrn 
weiter  und  trat  an  engen  ort,  da  kein  weg  war  zu  weicheo, 
weder  zur  rechten  noch  zur  linken.    4  Mos.  22,  26 ; 

'luoi  üf!'   wem,  w?r  sit  ir? 

'ich  wil  inj  herze  hin  zuo  dir'. 

so  gert  ir  zengeni  nime.    Parz.  433,3. 

das  enge  haus,  die  enge  kammer;  und  über  disen  kamern 
waren  andere  engere  kamern.  £*.  42,  5 ;  wir  wend  dir  ein 
wäsen  machen,  das  dir  das  hus  zu  eng  musz  werden.  Pla- 
TEB  18; 

zu  Braunschweig  die  grosze  faule  metzen 
aus  lauter  erz  ist  sie  gegossen, 
das  du  gar  wol  drein  si;zen  kündest 
und  gar  kein  engs  ort  drin  empründest. 

Frischli.ns  Julius  rediviws p,  70; 
kein  platz  war  unserm  lager  enge, 
kein  zirkel  unsrer  last  zu  klein.    Gcnther  1S3; 
langweiliger  besuch  macht  zeit  und  zimmer  enger, 
0  himmel,  schütze  mich  Tor  jedem  mösziggnngerl 

Uagkdorn  1,  t>7 ; 
ach  wenn  in  unsrer  engen  zelle 
die  Inmpe  freundlich  wieder  brennt.    Göthe  12,  64; 

denn  das  bette  ist  so  enge,  das  nichts  ubrigs  ist,  und  die 
decke  so  kurz,  dasz  man  sich  drein  schmiegen  musz.  Es.  28,  20. 

2)  das  grab  heiszt  das  enge  dunkle  haus  oder  das  enge  bette, 
bei  OssiAS  talla  caol,  die  enge  lialle,  gun  leus,  ohne  licht; 

so  man  dich  gar  beruhet  enger  klüse.    Fraüejclob  41,  6; 
du  Wirt  in  engem  hüse.    41,12; 

so  dich  die  viere  geschoben  hänt  in  engej  hol.    41,  11; 
düster  isis  im  grab  und  enge.    Scbmidt  vom  Wbrmiücbe!»  240; 

bis  zum  engen,  kalten  hause.    Gotthelfs  kn.  Vit  s.  291; 

ich  kann  sie  nicht  mehr  suchen  auf  den  bergen, 

und  so  in  engem  stets  und  engerm  kreis 

beweg  ich  mich  dem  enges'en  und  letzten, 

wo  alles  leben  still  steht,  langsam  zu.    Schillbr  525*. 

3)  weil  dir  das  gebirge  Ephraim  zu  enge  ist.  Jos.  17,15;  in 
einen  flecken  Carnian,  welclis  im  engen  gebirge  lag.  2  Macc. 
12, 21 ;  ein  enges  thal  zwi'schen  den  bergen ;  eine  enge  Schlucht ; 
der  weg  ist  steil  und  eng;  ein  enger,  rauher  pfad; 

swer  der  raäje  brechen  wil  ir  siräje. 

dem  gevellet  iihte  ein  enger  pfat.    Walth.  80,  7; 

er  eilet  dem  {wild  gewordenen)  ochsen  nach,  war  hart  binden 
an  im,  wo  er  sich  hinwandte,  war  er  im  auf  der  hauhen, 
weg  und  sieg  eng  zu  machen,  buch  der  liebe  227, 1 ;  und  es 
waren  enge  fensterlin  an  den  gemachen  und  erkern  einwerts. 
Ez.  40, 16 ;  und  waren  enge  fenster  und  viel  palmenlaubwerks 
herumb.  41,26;  und  die  pforte  ist  enge  und  der  weg  ist 
schmal  der  zum  leben  füret  (hvan  aggvu  t)ata  daur  jah  t)raihans 
vigs  sa  brigganda  in  lihainai).    Matlh.  7, 14 ; 

dort  wo  die  Alster  sich  in  engen  ufern  krümmt. 
Hagioor?!  2,  81; 

die  enge  röhre  hatte  sich  verstopft;  die  ädern  werden  im 
hohen  aller  enger;  nu  er  fresse  mich,  es  soll  ihm  der  bauch 
enge  gnug  darvon  werden,  das  weisz  ich.  Luthers  reforma- 
lionshislorische  deutsche  schrißen  ed.  Irmischer.  Erl.  1830.  1,  275. 

4)  enge,  knapp  anschlieszende  hosen ;  den  engen  rock, 
lunicam  et  lineam  strictam.  2  3/o5.  2S.  4.  29,  5.  30, 27;  das  kleid 
eiiger  machen  ;  enge,  drückende  schuhe ;  dasz  sie  nicht  wissen, 
wie  sie  sich  kleiden  sollen,  jetzt  in  lang,  jetzt  in  kurz,  jetzt 
in  eng.    Fbonspekg  kriegsb.  3,183"; 

mein  allster  junge  wächst  heran, 
sein  wamms  wird  täglich  enger. 

SCBIIDT  TOS.WBBNEUCBBf«  287; 


den  vorgen  engen  stand  darf  ich  jetzt  von  mir  legen,  so  wie 
ein  kleid.    Tiece  l,  293. 

5)  das  thun  die  engen,  einfelligen  kinderaugen.  Lctheb 
3,316';  die  äugen  seind  euch  noch  gar  enge  und  vol  Schlafs. 
herz.  Heisr.  Jul.  427 ;  enger,  beklommener  athem ;  ein  trank 
zu  allen  flüssigen  schaden,  so  ein  enger,  kurzer  alhem  darbei 
ist.    Tabebxaemo.nt.  448 ; 

der  sich  in  enger  brüste  garten  warf.    Fbaükxlob  19,  1 ; 
in    diesem  aufzug  gieng  ich  (in  frauengewand)  über  die  gasz 
und   macht   so   enge    schriltlein,    als   elwan  Achilles  gethan, 
da    ihn    seine  mutler  dem  Licomedi  recommendierle.    Simpl. 
K.  315 ;  er  hat  ein  enges  maul,  angusti  oris  est.  Stieler  379 ; 

sieh  freund,  sieh  da,  was  geht  dpch  immer 

dort  für  ein  reizend  fr.iuenzimmer? 

der  neuen  iracht  Vollkommenheit, 

der  engen  schritte  neiiigkeit, 

die  bei  der  kleinsten  hindruiig  stocken, 

der  weisze  hiils  voll  schwarzer  locken, 

der  wolgewaehsne  schlanke  leib 

verräth  ein  junges  artges  weih.    Lessing  1,46; 

ein  enger  köpf,  der  wejiig  faszt,  ein  enges  herz,  das  wenig 
aufnimmt:  dieses  schreibe  ich  nicht  gelehrten  und  verstän- 
digen leulen,  sondern  engen  zugeschlossenen  köpfen,  colica, 
vorrede;  es  wird  mir  von  tage  zu  tage  immer  ärgerlicher, 
dasz  ich  einen  menschen 'von  so  weitläuftigera  köpfe  und  so 
engem  herzen  zum  söhne  haben  musz.  Engel  Lorenz  Stark  s.  16. 

6)  die  Vorstellungen  des  engen  tmd  nahen  fallen  oß  zusam- 
men, das  nahe  bedrängt  und  engl  ein: 

und  ein  enges  nun  das  schmücket 

die  ihr  haszt  mit  eurer  krön.    Gktphics  1,  43; 

in  so  enger  {naher)  zeit.  Lohesst.  Arm.  1,  29 ;  er  war  sein 
engster  (genauster)  freund.  Hippel  12, 1S7 ;  den  bäusern  und 
einwohnern  sieht  man,  ich  will  nicht  sagen  mangel,  aber 
doch  bald  ein  sehr  enges  bedürfnis  an.  Göthe  16,  233;  ein 
enger  kämm,  dessen  zahne  nah  beisammen  stehen. 

7)  abstractionen.  ein  enges  gewissen,  im  gegensalz  zum 
weiten,  wodurch,  wie  es  heiszt,  ein  hochgeladener  wagen  fahren 
kann : 

engers  gwissens  hört  ich  noch  nie.    Ktkkr  fasln.  131'; 

mein  gewissen  ist  zu  enge,  dergleichen  gut  an  sich  zu  bringen. 
Felsenb.  2,  336 ;  die  Vorstellung,  der  begrif,  ausdruck  ist  zu 
enge,  befaszl  zu  wenig;  wie  wol  das  wort  zu  enge  ist,  aber 
ich  habe  kein  anders.    Luther  3,239; 

lasz  einen  engen  [kurzen)  brief  mich  lehren  deinen  willen. 
HoFMAS.NswALDAü  Iteldenbr.  76; 

das  enge  Ibescltrdnkle)  leben  steht  mir  gar  nicht  an. 

GöTUB  12,  120; 
ein  edles  herz,  vom  wege  der  natur ' 
durch  enges  Schicksal  abgeleitet.    2,  150; 
0  glaube  mir,  ein  selbstisches  gemüth 
kann  nicht  der  quäl  des  engen  neids  entfliehen.    9, 198; 
der  mensch  bedarf  in  seinem  engen  wesen 
der  doppelten  empündung,  lieb  und  basz.    9,  199; 

der  enge  erdensohn.  J.  P.  lit.  nachl.  4,  265 ;  fürst  Maria  . . « 
liesz  den  engen,  bangen  mann  gar  nicht  ohne  böflichkeit  an. 
doppelheerschau  s.  197 ;  ihr  gallischer,  enger,  weiblicher  ge- 
schmack.  kl.  bücherschau  1, 68 ;  die  enge,  eigenliebige  und 
unverlragsame  denkungsart  der  menschen.    Kant  6,  387 ; 

der  engen  pfafTenweise  widerstand 
der  muihge  geist.    Schiller  662'; 

ein  enger  Wirkungskreis.  Gotteb  1,166;  im  engem  freundes- 
kreise;  schickte  der  regente  auch  an  uns  übrigen  vom  soge- 
nannten engem  ausschusse.    Felsenb.  4,  235. 

8)  eng  zu  andern  adj.  tretend:  seine  stolze  schupen  sind, 
wie  feste  Schilde,  fest  und  enge  in  einander.    Hiob  41,  6 ; 

der  ihm  stund  entgegen 
mit  seiner  macht  gar  dick  und  eng.    Springs  Aeneis  $.  357*, 

irte  trir  dicht  und  eng,  gedrängt  und  eng  verbinden,  tpeil  das 
dichte  einengt. 

9)  enge  werden:  denn  dein  wüstes,  verstörets  und  zubro- 
chens  land  wird  dir  alsdenn  zu  enge  werden,  drinne  zu  wonen. 
Es.  49,19; 

mir  wird  so  engl 

die  mauerpfeiler 

befangen  mich.  Göthr  12,  201 ; 
den  liebenden  drin,  nach  gepflogener  tust, 
ward  enger  und  bänger  von  ahndung  die  bmst.    Bürger  34'; 

mein  gott,  wie  wird  ihnen?  'heisz  und  enge'.  Schiller  211'; 
da  wurde  die  Umarmung  enger.   J,  P.  Hesp.  l,  248. 

30» 


471 


ENG  — ENGE 


ENGE  — ENGEL 


472 


10)  ins  enge  bringen,  treiben,  ziehen :  der  richter  ward  auf 
anhörung  dieses  gesprätiis  ins  enge  gebraciit.  pers.  baumg. 
4,  5 ;  ich  will  die  Vermutung  ungeäuszert  lassen,  dasz  es  viel- 
leicht gar  nicht  einmal  die  rechte  art  sei,  eine  madame  Free- 
mann  ins  enge  zu  treiben.    Lessing  7,91; 

verkanut  von  der  menge 

wie  zieh  ich  ins  enge 

mich  siille  zurück.    Göthk  1,42; 

sie  zog  ihren  haushält  ohne  bänglichkeit  ins  enge.  17,177; 
ungeachtet  seiner  manigfachen  Studien  wüste  er  docb  die 
hauptfrage  nicht  ins  enge  zu  bringen  (im  concenlrieren).  25, 12 ; 
dasz  darum  zu  thun  sei  unzählige  erfahrungen  ins  enge  zu 
bringen,  sie  zu  ordnen.  30,332;  wir  berielhen  uns  tiber  den 
gedanken,  die  deutschen  stücke,  die  sich  erhalten  lieszen, 
theils  unverändert  im  druck  zu  sammeln,  theils  aber  verän- 
dert und  ins  enge  gezogen  der  neueren  zeit  und  ihrem  ge- 
schmack  näher  zu  bringen.    31,  83. 

ENG,  ENGE,  adv.,  ohne  aupiebung  des  umlauts,  wie  sie 
im  mild.  adv.  ange  statißndct,  wdhreitd  umgedreht  das  a  des 
adv.  bange  in  das  nhd.  adj.  bang  zugelassen  worden  ist.  etwas 
enge  betrachten,  genau  erwägen;  enge  sitzen;  enge  in  ein- 
ander wohnen,  angusle  habilare;  enge  spannen,  fest  und 
straf  anziehen:  der  heilige  geist  will  nicht  zürnen,  ob  eine 
metze  (ei;»  mädchen)  einen  knaben  lieb  hat  und  widerumb, 
also  das  sie  lust  haben  ehelich  zu  leben,  und  hats  lassen 
schreiben  {Jacob,  Rahel)  umb  der  tollen  prediger  willen,  die 
es  so  enge  gespannet  haben.  Lcther  4,  162';  es  ist  eben 
darumb  geschrieben,  das  nicht  jemand  denke,  es  sei  sünde, 
ob  er  mit  der  braut  herlicher  feret,  denn  sonst  im  gemeinen 
leben,  das  mans  nicht  so  enge  spanne,  es  ist  nicht  sünde. 
4,132';  Abraham  {bei  der  färbille  für  Sodom)  meinet  er  wolt 
es  enge  spannen  und  nur  fünfzig  zelen.  4, 105.  enge  halten, 
knapp,  kurz  halten:  darumb  ward  Floramene  von  ihren  eitern 
etwas  enger  gehalten,    pol.  stock f  271; 

still  und  eng  und  ruhig  auferzogen 

wirft  man  uns  auf  einmal  in  die  weit.    Göthe  1,  84; 

da  aber  Aurelie  in  ihrer  neuen  wohnung  sehr  eng  (eingerichtet) 
war,  muste  er  den  Felix  bei  sich  behalten.    19,225; 
wiszt  ihr,  wies  steht  an  diesem  hof,  wie  eng 
dies  Irauenreich  die  geister  bat  gebunden  ?    Schiller  423'. 

ENGBÄUCHIG,  angusli  ventris,  gilt  zumal  von  pferden. 

ENGBEFMG,  angusti  cruris. 

ENGBHCSTIG,  anhelus,  angusli  pecloris :  wann  ein  ros  eng- 
brüstig und  sehr  keichet,  soll  man  weizenmel  mit  lauem 
Wasser  einrühren  und  dem  ros  solches  zu  trinken  geben. 
Tabebxae«.  60t;  ein  engbrüstiger  mensch,  figürlich,  eure  eng- 
brüstige, lahme  und  schielende  hatmonie  der  evangelisten. 
Lessi.ng  . . . ;  ich  weisz  nicht,  wie  diesen  engbrüstigen  leulen 
(die  zwar  nicht  untugendhaft  sind,  aber  auch  über  ihre  lasier 
nicht  gespottet  wissen  wollen)  zu  helfen  ist.  Habener  1,  90 ; 
engbrüstig  für  engherzig  findet  sich  z.  b.  in  Kreittmayrs  an- 
merkungcn  zum  cod.  maximil.  bavaricus  III.  3,  2. 

ENGBRÜSTIGKEIT,  f  mit  der  engbrüstigkeit  des  glück- 
lichen sehnens.    J.  P.  //e.<p.  l,  143. 

ENGE,  f  angusliae,  nach  den  bedeutungen  des  adj. 

U  des  orts:  der  engel  stund  in  der  enge  zwischen  mauren, 
darmit  die  reben  warent  gehefi.    Keisersh.  s.  d.  m.  17';    die 
engen  des  Apennin.    Lohenst.  Arm.  1,742-, 
entferne  dich 
aus  meiner  enge  reingezogaem  kreis.    Götbe  9,  331 ; 

ich  sah  sie  {meine  freundinneu)  nun  zum  erstenmal  in  städti- 
schen zwar  weiten  zimmern,  aber  doch  in  der  enge,  in  bezug 
auf  tapeten,  Spiegel,  Standuhren  und  porzellanpuppen.  26,35; 
in  welcher  häuslichen  enge  ein  allgemein  beliebter  deutscher 
•chriftsteller  sich  behelfeu  müsse.    26,114; 

des  w«ges  enpc  wchrpt  den  Verfolgern.    Scbillik  644'; 

erkerintnit  (!• 

soll  den  mcii  >. 

»U  mnrhli:  r;  r  weil, 

dasz  ich  sehe  i>iMiiu  engen  um.    Kückcrt  319. 

2)  leiblieh,  enge  der  brüst,  der  halsrOfare  u.  s.  w. ;  schwerer 
atbem,  keicbcn,  enge,  busleo.  FustB  fitcitbuch  11«'.  engi  eng- 
brüitiykeil.    STAi.bek  1,  343. 

3)  autJehnungen :  neitläuftiger  und  eigenilicivcr  zu  schreiben 
bat  mich  nicht  altein  die  enge  der  zeit,  sondern  auch  Son- 
aten alirrlci  ungelegenhcit  verhindert.  Opitz  poeterei  vnrr.  l* ; 
unsere  »prarhe  auch  »bncdisz  in  solche  enge  der  Wörter,  wie 
die  französische,  nicht  kan  gfbracht  werden,    i.  60 ; 


und  kehrt  in  dörfer  ein,  wo  des  gewissens  enge 
den  handschlag  sichrer  macht  als  alles  rechisgepränge. 
Hackdorn  1,  23; 
eine  verdriesziiche  enge  in  der  wähl  der  Wörter.  Kant  8,13; 
und  meist  aus  albernheit,  unbegrif  und  enge.  Güthe  16,  loi; 
ich  werde  nicht  den  lobredner  idyllischer  rusticität  und  klein- 
bürgerlicher  enge   machen.    Immermanns  Münchhausen  1,212; 
man    stand   auf,    die    enge    (die  Albano  bei  tafel  fühlte)  ver- 
schwand, sein  eifer  auch.   J.  P.  Tit.  2,  41. 

4)  in  die  enge  treiben,  in  angustum  engere  (vgl.  das  stär- 
kere ins  bockshorn  treiben  2,  207  und  das  gleichbedeutige  ins 
enge  treiben) : 

der  mensrh  das  edle  ihier 
wohnt  fast  gesund  und  frisch  in  seinem  leibe  hier, 
so  lange  luft  und  bhit  behalten  ihre  g.inge. 
wo  aber  diese  schon  durch  krankheit  in  die  enge 
getrieben  worden  sind,  geht  angst  und  keichen  an. 

Opitz  1,39; 
wodurch  die  Ternunft  in  ihrem  theoretischen  gebrauche  sehr 
in  die  enge  gebracht  wird.  Kant  4,85;  seinen  gegner  in  die 
enge  treiben.  8,126;  durch  hin  und  wiederreden  in  die  enge 
getrieben  gestand  er.  Göthe  23, 141.  man  sagt  auch  in  die 
enge  gerathen. 

ENGECHTIG,  arctus,  scrupulosus.  Stieler  379. 
ENGEDE,  /".  angusliae,  golh.  aggvi|)a,  ahd.  enkida,  nnl.  engte. 
ENGEL,  m.  ein  durch  das  chrislcnlhum'  in  alle  neueren 
sprachen  überführles  wort,  weil  für  den  himmlischen  boten  und 
geist  kein  heimischer  ausdruck  geeignet  schien,  golh.  aggiius, 
ahd.  angil,  engil,  ags.  engel,  engl,  angel,  altn.  engill,  lit. 
angelas,  russ.  angel",  poln.  aniöl,  böhm.  angel,  andtM,  »r.  ain- 
geal,  it.  angelo,  sp.  angel,  franz.  ange.  auch  viele  ahd.  eigen- 
namen  sind  mit  angil,  später  engil  gebildet,  Engilbald,  Engil- 
berht,  Engilger,  Engilher,  Engilhart  u.  s.  w.  und  engel  steht 
hier  fast  wie  das  heidnische  alb  und  elb,  genius,  zumal  beide, 
engel  und  elbe,  in  gestalt  kleiner  kinder  gedacht  wurden. 

1)  unschuldige  kinder  heiszcn  vorzugsweise  engel :  ein  paar 
engel  von  kindern.  Lorenz  Stark  s.  158;  kleiner  engel  I  Gotter 
1, 326 ;  ein  früher  tod  entrisz  uns  diesen  engel.  von  allen 
leulen  wird  niemals  engel  gesagt. 

2)  schöne  und  geliebte  frauen:  mein  engel!  mea  anima; 
rehte  als  die  engel  sini  diu  wip  getan.    Waltu.  57,8, 

doch  reicht  engel  über  das  weib: 

6l  ist  ein  engel  und  niht  ein  wip.    Iw.  1690, 

und  nie  redet  ein  mhd.  dichter  seine  geliebte  'engel'  an,  das 
ist  erst  später  aufgekommen  und  gemein  geworden,  'einen 
engeir  pfui,  das  sagt  ein  jeder  von  der  seinigen.  Götub 
16,24;  mein  engel  (schätz)  will  heute  dahin  kommen; 

wo  du,  engel,  bist,  ist  lieb  und  gute, 

wo  du  bisi,  nalur.    Götuk  1,  79; 

ach  konnte  jn    .    .    .    . 

der  ritter  gar  davon  mit  seinem  engel  gehn.   Wieland  22,121. 

auszerhalb  der  anrede:  aus  achtung  für  die  ruhe  des  engeis 
hab  ich  ihm  mein  herz  nie  entdeckt.  Gotter  3,  88;  Wilhelm, 
ob  er  gleich  nach  der  erscheinung  jenes  hülfreichen  engeis 
(der  dame  zu  pferd)  mild  und  sanft  geworden  war.  Göthe 
19,  50,  in  welcher  letzten  stelle  die  frau  als  ein  höheres  wcsen 
dargestellt  wird. 

3)  nach  einer  tiefgreifenden  Vorstellung  des  alterthums  ist 
jedem  menschen  ein  engel  beigegeben,  der  über  ihn  wacht  und 
ihn  geleitet,  woher  die  ausdrucksweisen :  das  sprach  sein  engel. 
Lessinc  2,183.  Schiller  485';  das  spricht  dein  guter  engel 
aus  dir,  das  hiesz  dich  dein  engel  sprechen;  das  gab  dir 
dein  engel  ein;  du  und  dein  engel!  (vgl.  Personenwechsel 
$.  32).  gleichergestalt  folgen  aber  auch  böse  engel  dem  men- 
schen und  lauern  ihm  auf  es  ist  zuweilen  von  lichten  und 
weiszen  oder  von  schwarzen  engein  die  rede: 

wer  bist  du,  den  sein  böser  en^ji'l  mir 
enlgegcn  schickt?     Sciiii,lkr  465"; 

dann  dSuchle  es  mir,  der  schwarze  engel  hauche  mich  an 
und  düstre  mir  zu,  stürze  dich  hinein,  thur,  du  h.lltst  es 
doch  nicht  länger  aus.  sieh  nur,  wie  saiifl  das  was^er  rollt ! 
ein  augenblick  und  dein  ganzes  sein  wird  ebenso  dahin  wt-llen. 
der  a.  mann  im  Tockenb.  309. 

4)  gute  oder  böse  engel  lachen  und  weinen  über  da*  was 
die  menschen  thun  oder  ihnen  widerfährt : 

eh  ich  dich  auch  nb^chmier, 

daxi  alle  enget  li'chcn.    Atrrr  fasln.  \W. 

6)  jung  ein  eogel,  alt  ein  teufel,  spricht  man.  Otbo  kran- 
kentr.  88. 


473   ENGELABSE.\KER  —  ENGELGESICHT 

ENGELABSENKER,  m.  propago  angelorum :  weiber,  ihr 
holden,  weichen  frühHngsblumen  und  engelabsenker.  J.  P. 
Hesp.  3,  97.     s.  engelkeimchen,  engelsschöszlein. 

ENGELÄHNLICH,  engelgleich:  leute»  die  noch  sehr  weit 
entfernt  sind  ertragliche  menschen  zu  sein,  in  eine  engel- 
ähnliche Vollkommenheit  hineinzudeclamieren.    Wielasd. 

ENGELAMT.  n.  frühmesae  in  der  adventzeit.  Schxeller  1,80. 

ENGELANDACHT,  f. 

ENGELANMLT,  f. 

an  engelanmut  reich.    Schcbart  313. 

ENGELART,  f.  eine  arl  von  engein. 
ENGELBETT,  n.  ein  beltgeslell  ohne  seulen,  dessen  vorhänge 
an  der  decke  befestigt  sind. 
ENGELBILD,  n. 

freiheit,  die  ich  meine, 

die  mein  herz  erfüllt, 

komm  mit  deinem  scheine, 

süszes  engelbild.     ScHgNEexDORr  156. 

ENGELBLICK,  m.,  blick,  wie  ihn  engel  thun: 

heihger  tag,  als  mir  'ich  liebe  dich'  Benzler  sagte, 

durch  wone  nicht,  durch  einen  engeiblick, 

und  ich  den  blick  Tersiand,  und  mit  entzücken  klagte, 

verdient  ich  doch  dies  glück!   Klaibr  Schiidt  verm.  ged.1,%3. 

ENGELBLCMCHEN,  BLÜMLELN,   n.  myosotis,  ynaphalium. 

ENGELBLCME,  f.  trollius,  ßlago,  vgl.  angelica. 

ENGELBKOT,  h.  angelorum  panis,  manna,  mhd.  himel- 
brot :  die  rechten  ejjent  in  dem  himel  da;  engelproL  Levser 
pted.  3, 13 ;  sie  aszen  engelhrot.    ps.  "S,  25  ; 

dein  tbau  sei  engelbrot.    GCktrer  632. 

ENGELCHEN,  n.  kleiner  engel:  engelchen  von  fronaltar. 
Garg.  lU' ; 

im  bimroel,  im  bimmel  sind  Treuden  so  viel, 
da  tanzen  die  engekben  und  haben  ihr  spiel. 
Grtpuils  1,  S15; 

mein  engelchen!  meae  deliciae,  mon  petit  ange !  mein  engligen! 
nun  wirds  bald?  Weise  Sittenlehre  215;  ach  du  engelchen! 
formula  blandiendi  infantulis.  Stieleb  3S1.  auch  verschie- 
dene blumen  heiszen  engelchen ,  ferner  an  einigen  orten  der 
seisiq  und  eine  art  Wasserjungfern,  libellula  puella. 

ENGELCHOR,  m.  angelorum  chorus: 

des  himraels  engelchor.    Weckherlis  646; 
und  Tirza,  die  oft  in  Eden  mitten  unter  engelchüren  wandelt. 
Friedr.  Müller  1,  8. 

ENGELE,  f.  weiblicher  taufname,  ahd.  Angilä,  Engila,  vgl. 
engelin. 

ENGELE,  f.  wenn  sich  aus  folgender  stelle  ein  f.  sehlieszen 
läszt  und  es  nicht  vielmehr  der  gen.  pl.  ist,  zu  welchem  man 
sich  ein  ausgefallnes  subst.  dachte:  engele,  miliaceli  (=  millia 
caeli)  oder  zaichen  am  himel  oder  vilikeit  der  Sterne  oder 
unaussprechliche  wirdigkeit  der  himilischen  erbe  oder  guldin 
schem  der  slerne.  voc.  1482  g3'  und  daraus  Diefexbach  361". 

ENGELEIN,  n.  was  engelchen: 

so  lasz  uns  nun,  mein  engelein. 

erneuern  unsern  .streit  mit  seherzen,  herzen,  schmatzen. 
WecKHERLin  775; 

er  konnte  ihn  mit  den  lieben  engelein  vergleichen.  Gothe  21,8. 
ENGELERSCHEINLNG,  f.  angelorum  species,  verschieden  von 
engelscrscheinung. 

ENGELFISCH,  m.  squalus  squatina. 
ENGELFITTICH,  m.  angelorum  ala: 
dem  träumenden  gleich,  der  mit  engelfittichen  aufOiegt. 

Voss. 
ENGELFLUGEL,  m.  dasselbe. 
ENGELFROMM: 

wer  hlies  so  engelfromm  und  rein 

der  holden  seel  und  leben  ein?    Bürcbr  38". 

ENGELGABE,  f.    ich    fände  hierzu  bei  mir  keinen  inner- 
lichen beruf,  wenn  ich  auch  mit  engelgaben  zn  diesem  werke 
ausgerüstet  wäre.    Bürger  I4l'. 
ENGELGEFÜHL,  n. 

wann  fast  engelgefDhI  aug  ihr  und  wange  verklärt.   Voss ; 
er  sei  mein  freund  nicht,  welcher  die  göttliche 
natur  nicht  liebet.'    engelgefühle  sind 
ihm  nicht  bekannt.    Stolbrrg  1,20. 

E.NGELGESANG,  f», 

schmachtender  dann  im  lispel  der  zärtlichkell  flosz  melodie  her, 
gleich  sanftwehendem  engelgesang.  Luise  3, 2, 516. 

ENGELGESICHT,  f.  visio  angelica:  zum  andern  dringt  er 
mit  gewalt  auf  die  Colosser,  das  sie  darinne  bleiben  und  sich 


ENGELGESTALT  -~  ENGELLAND 


474 


durch  kein  engelgesicht,  noch  büpsche  rede,  noch  philosophei 
verfüren  lassen.  Joh.  Agricola  predigt  über  die  ep.  an  die 
Colosser.    Wittenb.  1527.  a  3'  {cgi.  Col.  2, 18J. 

ENGELGESTALT,  f.  angelorum  species. 

ENGELGLANZ,  m.  angelorum  splendor: 

ehrfurcht  neigt  sich  ihr  im  engelgianze.    BCbgsr  5*. 

ENGELGLEICH,  angelicus: 

betrachtet 
das  engelgleicbe  bild,  den  Immer  neuen  reiz.    Wiklakd  ; 
das  engelgleicbe  weib.    23,52; 

da  sah  ich  in  den  engelgleichen  zügen.    ScaiLLSR46'. 
ENGELGROSCHE,  m.    siehe  engergrosche. 
ENGELGUT:  ein  engelgules  mädchen. 
ENGELGCTE,  f.   mistraue,  schöne  seele,  dieser  engelgüte. 
Schiller  . . . 

ENGELHAFT,  angelicus  :  (fehlen  ist  menschlich),  nicht  fehlen 
ist  engelhaft,  beim  fehl  verbleiben  aber  leufclhaft.  Stieler  381. 
ENGELHALLELLJA,  n. 

dasz  auch  sie,  bei  ihrer  {der  Wahrheit)  fackel  strahle 

durch  des  todes  dü-iire  schreckenibale 

bin,  wo  engpihalleluja  schallen, 

unerschrocken  wallen.    Voss  im  musenatm.  1777  s.  42 

(werke  4, 62  ist  die  Strophe  ausgelcuten). 
ENGELHARFE,  f. 

Laura  beiet.'  engelharfen  hallen 

frieden  goiies  in  ihr  krnnkes  herz, 
und  wie  Abels  opferdiifte  wallen 

ihre  seufzer  himmelwärts.    Matthisso.'»  190. 

ENGELHEILIG : 

ein  blümlein,  welches  brach 
ein  engelheilge  band.    Herrn.  Uugonis  goltsälige  teriangung  in 
reimen  von  Wexcssl.  Scuerker.  Brieg  1662.  s.203. 

E.NGELHEILIGKEIT,  f.  wider  solche  heuchelei  und  engel- 
heiligkeit  streitet  Paulus  heftig  zu  den  Colossern.    Jo.nas  bei 
Luther  6,  455*. 
ENGELHERZ,  n. 

ein  engelherz 
gehört  dazu,  dies  ohne  schmerz 
so  tag  für  tag  mit  anzusehn.    Gökingk  1,13; 
und  mit  wünschen  für  den  wackern  mann, 
der  in  ihr  ein  engelherz  gewann.    3,  61. 

ENGELHOLD : 

die  engelbolde  scbläferin.    Bcrcsr  26'. 

ENGELIN,  f.  weiblicher  engel,  s.  engele.  gleich  dem  gr. 
ayyti.oi  dürfte  auch  das  golh,  aggilus  auf  beide  geschlechter 
gehen,  engelin  ist  wie  teufelin.  it.  bildet  man  neben  angelo  m. 
angela  f.  und  auszerdem  angiola :  man  sagt  immer  nur  engel, 
aber  da  sehet  ihr,  dasz  es  auch  engelinnen  gibt  (che  vi  h 
ancora  delle  angiole).    Göthe  34,  80 ; 

jene  mit  rosen  gekränzt,  unsterblicher  lieb  und  anmut 
engelin,  trug  in  der  band  die  klingende  laute  des  himmels, 
diese,  mit  heiliger  palrae  gekränzt,  vollendeter  lugend 
engelin,  trug  in  der  band  die  rauschende  harfe  des  himmels. 

Voss  2,  17. 

ENGELISCH,  angelicus,  englisch :  wenn  ich  sie  nu  fragete,  mit 
waserlei  maul  sie  selb  das  sacrament  auf  die  ostern  empfan- 
gen? werden  sie  vieleicht  sagen,  ir  maul  sei  denn  zumal  ein 
engelisch  oder  bischoflichs  maul.  Luther  2, 96';  darumb  singet 
man  recht  von  den  heiligen  jungfrawen,  das  sie  nicht  ein 
menschlich,  sondern  ein  engelisch  leben  gefürt  haben.  3,  99 ; 
mit  folgendem  engelischen  lobgesang.    3,270; 

0  engelische  schar,  ihr  himmelslegionen.    Weckherii:«  303. 

ENGEULBEL,  m. 

ihm  igott)  ehr!  euch  fried  und  wolgefallen ! 
denn  in  der  krippe^  liegt  sein  söhn, 
da  engeljubel  ihm  erschauen, 
bringt  ihr  auch  lob  vor  seinen  thron. 

Jou.  Ao.  Schlegel  rerm.  ged.  1,104. 

ENGELKEIMCHEN,  n.  was  engelabsenker: 

ein  engelkeimchen  ward  uns  kurze  zeit  geliehen, 
um  hier  zu  knospen,  dort  zu  blühen. 

ENGELKNABE,  m. 

als  ich  aufwärts  sah, 
da  war  der  bimmel  voll  von  encelknaben, 
die  trugen  weisze  Ulien  in  der  band.    Schiller  459*. 

ENGELKÖPFCHEN,  n.  acer  campestre. 

ENGKLKRAUT,  n.  arnica. 

ENGELLAND,  n.  Anglorum  terra,  Angleterre,  Inghitterra, 
Frank  weüft.  67';  gegeben  zu  Londen  in  Engeiland.  Weckhee- 
Li.NS  corr.  zu  den  weltl.  ged.; 

des  Engellands  anmutigkeit.    351 ; 


475 


ENGELLÄNDER  —  ENGELREIN 


ENGELREINHEIT  —  ENGELSELIGKEIT   476 


alle  frühem  ichreihen  Engelland,  Dasypodiüs,  Maäler,  selbst 
Stieleb  1062,  LoGAü  3, 249  Engeland,  erst  im  18  jh.  risz  die 
üble  kürzung  England,  tcas  uns  wie  enges  land  klingt,  ein; 
hatte  man  Anglia  im  sinn,  so  ipor  Angeln,  Anglien,  Englien, 
Engeln  zu  setzen,  freilich  war  von  den  Briten  selbst  England 
aufgebracht  und  gab  den  ton  an. 

ENGELLÄNDEK,  m.  Anglus,  so  noch  Kant  8,  341  (o.  1755). 
Schiller,  in  der  Jungfrau  überall  England  schreibend  (4Gü'.'. 
461'.'  465*.  473'.  484*),  fand  Engelländer  für  seinen  vers  bequem : 

wir  Engell.-inder,  waren  wir  allein, 
bei  goii,  wir  hätten  Orleans  nicht  verloren.    461*; 
ich  darr  es  mir  nicht  danken,  dasz  der  Franke 
des  Engellanders  rücken  heut  gesehn.    460'; 
und  dann  macht,  was  ihr  wollt!  ich  frage  nichts 
nach  den  Uurgundern  noch  den  Engellandern.    462'; 
sie  ist  gefangen  bei  den  Engell.indern.    483*; 
und  in  der  Engellander  band  geliefert.    4S3'. 
die  heutige  prosa  duldet  nur  Engländer. 
ENGELLÄNÜERLN,  f. 

drei  edle  Engelländerin.    Weckuerlin  850. 
ENGELLÄNDISCH,    anglicus,    englisch:    holl  und  engelän- 
discher  krieg.    Logai;  3,  249, 179 ; 

in  jeder  gasse  stiegen  ehrenbogen, 
durch  die  der  engelländsche  konig  zog.    Schiller  455*; 
in  asche  liegt  das  engellandsche  lager.    466"; 
dies  ist  der  weg  ins  engellandsche  lüger.    483'; 
man  tanzte  engelländi.sch.    Hermes  Soph.  reise  1,  311. 
ENGELLEBE.N,  n.  i'i7a  angelica.    Stieler  1098. 
ENGELLEliN,  n.  was  engelchen,  heute  gekürzt  englein. 
ENGFXLOT,    m.   monela    aurea  Anglorum,    franz.  angelot : 
doch    ich    verdenke  den  könig  warlich  nicht,    weil  er  so  viel 
engellotlen  solchen  gesellen  jerlich  gilit.  Luther  3,  331;  engel- 
lotlen  mügen  wol  kluge  und  sprachreiche  leute  machen,  ebenda; 
den  armen  werden  die  engellolen  auf  zu  wechslen  verholten 
sein.  Fischart  groszm.  55.     Stieler  381  schreibt  engelott. 

ENGELMACHERIN,  f.  nutrix  infantem  male  salurans :  engel- 
macherinnen  nennt  das  volk  solche  frauen,  unter  deren  händen 
die  ihnen  in  pßrge  gegebnen  kinder,  aus  mangel  an  nahrung, 
bald  sterben,  d.  h.  frülizeilig  enget  werden  müssen. 
ENGELMÄDCHEN,  n.  engelgleiches  mädchen: 

und  als  sie  damit  feriig  war, 
sprachs  engelmädchen  drauf, 
und  alles  still,  das  bächlein  gar 
hielt  still  in  seinem  lauf. 

im  vosfischen  mtuenalm.  1776  «.81. 

ENGELMÄSZIG,  angclicus:   die  engelmäszige  Sanftheit  des 
mädchens.    Wieland  15,  260. 
ENGELMELODIE,  f. 

als  vernahm  ich  engelmelodieen, 
wahnt  ich  dir,  o  erde,  zu  entülehen, 

sab  schon  unter  mir  der  sterne  tanz!    Matthisson  189. 

ENGELMESSE,  f.  was  engelamL  Schmeller  2,  630.   Fbom- 
■ARNS  zeittchr.  5,  221. 
ENGELMILD : 

bis  die  liebliche  sich  zeigte, 

bis  das  iheure  bild 
sich  ins  thal  herunter  neigte 

ruhig,  engelmild.    Schiller  65*. 

ENGELMILDE,  f.  lenitas  angelica. 
ENGELPAHADIES,  n. 

aufschwebe,  wo  des  kämpfe«  Toltendung  frieden 
und  engelparadiese  schaft.  Voss  4,  5. 

ENGELREDEl,  f.  sermo  divinus.    Stieler  1540. 
ENGELREIN,  omnis  labit  expers: 

der  engel,  der  zuvor  mit  beiden  spielet,  slAszet 
sie  aus  dem  garten  weg  der  engRireincn  schar. 

LOBBNSTKIII  geistt.  ijcdankm  hO,  045; 

steilete  sie  sich  so  engelrein,  wie  sie  ihr  lebcnlang  nie  kein 
wasser  betrübt  hätte.  Jucundist.  40;  Racon  saget,  man  molle 
nicht  gar  zu  engelrein  leben.  Rutschiy  l'atm.  605;  wer  wiid 
so  gar  engelreine  sein?    Ettners  tmw.  doct.  105; 

doch  bin  icb  gar  nicht  engelrein. 

dritter  vrrt  drf  tirdr»  'irh  durüui  dir 
tiehreichcr  goll' ; 

niOgen  sie  mich  schwarz  machen  wie  den  teufel,  wenn  ich 
Seraphinen  beirate  bin  icb  engelrein.  Lenz  1,235;  und  schweig 
da  auch  nur,  du  wirst  auch  nicht  cugcirein  sein.    1,  200 ; 

die  engelreine  kAniRin,  die  dsmal« 

mit  to  viel  wurde  »ich  vpriheidigi.  Jetzt 

kUM  icb  sie  besitr.    Scmillkr  2M'; 


und  in  den  engeircinen  Zügen 
erkannt  ich  meiner  träume  bild.    Körner  1,  301 ; 
wo  liebe  treu  ist  und  engelrein.    1,  320. 

ENGELRELNHEIT,  f.    Klinger  3, 175.  to,  142. 

ENGELSAAT,  f.  ehmals  benennung  eines  geuebes ,  wie  e$ 
vom  stuhl  der  zeugwirker  kommt.  nach  BtiEits  handwerks- 
lexicon  s.  HO  wiegt  es  neun  pfund ,  der  gesell  erhalt  davon 
für  seine  arbeit  einen  gülden  zehn  groschen ,  neben  der  kost, 
und  kann  des  monals  drei  stück  fertigen,  die  dem  meislcr  24 
gülden  werth  sind,  soll  das  bild  ausdrücken,  dasz  die  engel 
gleichsam  ein  solches  gewcbe  säen  und  ausstreuen?  ähnliche 
naruen  für  gewebe  sind  hüchsenschein,  himmelblicke ,  sckür- 
brant  {Parz.  588,  19),  schinat.     vergl.  engelszeug. 

ENGELSANGESICHT,  n. 

ein  Schleier  wehrt  dem  engelsangesicht 

den  vollen  ghuiz  allbienilcnd  zu  enthüllen.     Wieland; 

als  sie  das  engelsangesicht  erhebt, 

bleibt  Itudger  ganz  betäubt  uml  überwunden. 

er  fühlt,  dasz  ihm  das  herz  im  bu.sen  bebt, 

als  hatt  ein  blitzstrabl  seine  brüst  gefunden.     Griks  Bojardo 

ENGELSANTLITZ,  n.  '  '     " 

als  er  dies  engclantlitz  wahrgenommen, 

llel  fast  das  gute  scliwert  ihm  aus  der  band.     1,26,0; 

0  schönes  engelsaniliiz  meiner  mutter!    Scuillkh  .  .  . 

ENGELSBILD,  n.  forma  divina,  deliciae:  dasz  sie  eine  ge- 
schleierte  geisz  für  ein  engelsbild  ansiehet.  Machiavellischer 
hocuspocus.  1675.  s.  170  ; 

hier  musz  sich  Selimor  in  wind  und  schnee  gedulden, 
bis  dasz  sein  engelsbild,  um  die  er  gerne  friert, 
ihn  durch  das  hinterhaus  ins  vörderstübchen  fuhrt. 

Günther  465; 
und  wie  ein  engelsbild  ob  einer  todiengrufi 
laszt  Oberon  sich  jetzt  auf  einem  Wölkchen  sehen. 

Übcron  5, 68. 

ENGELSBLICK,  m.  oblutus  oculorum  divinus : 

ihr  {der  freundschaft)  engelsblick  versüsz  uns  einst  das  sterben, 
wenn  nun  freund  Hein  sich  iiuht.    Uchmann  ged.  78. 
deine  wonne  sendet  sie 
mit  dem  engcisblicke 
.    schwesierliclier  Sympathie 
wuchernd  dir  zurücke.      Schiller. 

ENGELSCHAFT,  f.  angelorum  cohors: 

wajjer,  fiur,  luft  und  elliu  engelschafl.    MS,  2, 131'. 

ENGELSCHAR,  f.  dasselbe: 

sie  wohnt  den  engelscharen 
und  deiner  mutler  bei.    Opitz. 

ENGELSCHÖN,  speciei  divinae,  schön  wie  ein  engel:  den- 
noch weisz,  glaub  und  hoflF  ich,  das  dise  glasbröcklein  mei- 
nes   gebrechlichen    leibes    sollen    ganz    und    glaslauter    und 
demanlfesl  und  engelscbön  werden.    Matuesids  292'; 
engelschön  ist  dein  anstrahlen, 
blut  und  milch  dich  übermablen.      Schottilids  luttg.  1647. 

s.  105; 
mich  dünket  engelschön  sein  holdes  ange.«icht. 

lUnsnöHFER  sonntagsandachlen  Nürnb.  1652.  2,258. 

ENGELSCHÖNE,  f.  species  divina: 

gleich  dem  widerglanze  milder 
engcischöno.    1'latkn  9. 

ENGELSCHWÄRMERIN,  f  quae  angelum  sihi  ßngU, 

macht  dann 
der  sOsze  wahn  der  söszern  Wahrheit  platz, 
so  wirst  du  doch  auf  mich,  auf  mich  nicht  zürnen, 
die  engelschw.trmerin  geheilt  zu  haben.    I^essino  2, 198. 

ENGELSCHWINGE,  f.   was  engelfltlich. 

da  schwebt  hervor  musik  mit  engelschwingen.     GOrat  3,30. 
ENGELSEELE,  f. 

Laura !  Laura !  horchend  diesen  tönen 

müssen  engeUeelcn  sich  verschönen, 

heilige  den  biinmel  olTon  sehn.    Matthisson  ISS; 

wie  lieb  ich  dich,  du  liebes,  schlankes  robr, 

das  mit  der  Emma  silbernut  ver!<ohwistert, 

bold^ielig  lci^e,  wie  ein  «chönes  chor 

von  «ich  verwandten  eiigeNoelen  llisteri. 

Kl.  Sciiaiur  im  tatchenb.  ßr  dichter  A,  120. 

ENGELSELIG,  selig  wie  ein  engel. 

gehoben  über  weiten 
fühlet  «ich,  wer  engi'Uelip 
goit  de«  andern  ward.    Ovcniicc  vorm.  ged.  S. 

ENGELSELIGKEIT,  f. 

werde,  warhgeichinimert  vom  mal. 
in  oiigcl.Hcligliuit  »chw.irmoii.    Holtt. 


477  ENGELSERSCHELXUNG— ENGELSSCHÖSZLEIN 


ENGELSSTIMME  —  ENGEN 


478 


ENGELSERSCHEI.NUNG,  f.  angeli  visa  speeies :  sie  ent- 
fernte sich  so  schleunig,  dasz  es  nicht  schwer  gewesen  wäre 
mich  zu  bereden,  sie  sei  nicht  auf  ihren  füszen  fortgegangen, 
sondern,  wie  es  einer  solchen  engelserscheinung  zukam, 
plötzlich  aus  meinen  äugen  weggeschwunden.  Wieland  8, 3S5. 

ENGELSFRÄULEIN,  n.  kos  engelmädchen :  wenn  ich,  mein 
engelsfräulein ,  mich  heimlich  in  dero  zimmer  einschleichen 
könnte,  wie  schmerzlich  wollte  ich  dem  darin  stehenden 
bildnisse  klagen,  dasz  das  original  so  hart  mit  mir  umgehet 
und  verßhrt.    irrg.  der  liebe  403. 

ENGELSFREUNDIN,  f.  meine  ganze  aufrichtige  engels- 
freundin  I    Herder  an  Caroline  Flachsland  briefv.  s.  121. 

ENGELSGEDULD,  /.  geduld  eines  engeis:  sie  bat  eine 
wahre  engelsgeduld. 

ENGELSGESICHT,  n.  speeies  divina,  verschieden  von  engel- 
gesicht. 

ENGELSGESTÄLT,  f.  angeli  speeies :  ein  wundarxt, 

so  ofts  JD  schaden  wütet  und  ficht, 
kömpt  er  in  eo^elsgstalien. 

Job.  \ogkls  ungr.  schlackt  s.  41; 

es  kann  sich  ja  der  teufel  in  engelsgestalt   verstellen,     spa- 
nisch m'ücJienpulver  1620  s.  66. 
ENGELSGLAUBE,  m. 

basiu  eioen  engelsglauben.  treibsiu  aber  leurelswerke, 
glaub    ich  gar  iiicht  dasz  dein  glauben,    die  du  vorgibst,  hat 
die  stärke.    Logau  2, 233, 142. 

ENGELSHAND,  f.  die  hand  eines  engeis. 
ENGELSINN.  n. 

ENGELSKIND,  n.  kosend  wie  liebstes  kind,  engelchen: 
mein  engelskind !    Weise,  Sittenlehre  71.  72. 189 ; 

bist  du  mein  schätz,  ich  bin  dein  schätz, 

feJDs  heb,  scböns  engelskind, 
komm  zu  der  berd,  auf  (irünea  plaiz 

ion  wald,  wo  freuden  sind. 

Nicolai  feiner  alm.  1778 ; 

es  erschien  ein  engelskind, 

rührte  meine  seele:  schwind  .' 

und  die  trauer  schwand  dabin, 

selig,  selig  nun  ich  bin.    Klincbr  1,31; 

lasz    dir   die   lieben   engelskinder   empfohlen  sein.    NiEBnHHS 
leben  2,  420. 

EiNGELSKOPF,  m.  ENGELSKÖPFCHEN,  n. 

legt,  sanft  beglänzt  vom  schwachen  mondenscbein 

ihr  engeUköpIchen  auf  ihr  kissen.    Wikla.-<o  ; 

die  heilige  Kaibrine 

in  einem  kränz  ton  engelsköpfen.    Wiklahos  Klelia  1, 17. 

ENGELSKRAFT,  f. 

sie  (die  liebe)  stärkt  mit  engelskraft  die  sinltende  natur. 

WiKLAMD. 

ENGELSLACHELN,  n. 

ENGELSLIPPE,  /. 
ihr  Chöre  singt  ihr  schon  den  tröstlichen  gesanp, 
der  eioßt  um  grabesnacht  von  engelslippen  klarig. 

GöTUE  12,  44. 

ENGELSMIENE,  f. 

wie  du  mir  mit  diesen  engelsmienen 

wie  aus  ferner  bimmelswelt  erschienen.    Kör«r  1,326. 

ENGELSPHANTASIE,  f. 

welch  ideal  aus  engelsphaniasie 

hat  der  naiur  als  niusier  vorgeschwebet, 

als  sie  die  hüll  um  einen  gei>i  gewebet, 

den  sie  herab  vom  dritten  bimmel  lieh  ?    Bcrgkr  69". 

ENGELSPEISE,    f.    angelorum    cibus:     dagegen    neretestu 
dein  Tolk  mit  engelspeise,    weish.  Sal.  16,  20. 
ENGELSPRACHE,  f.  Stieler  2102. 
ENGELSREIMGKEIT,  f. 

{der}  bald  engeisreinigkeit  den  narben 

gefallner  Unschuld  unterschiebt.    ThC*m«l  6,  4ö6. 

ENGELSSCHATZ,  m.  deliciae,  amica: 
Schaf  mir  etwas  vom  engeUschati .' 
fuhr  mich  an  ihren  ruheplaiz!    Götbc  12,136. 

ENGELSSCH.MUCK,  m.  aber  in  demselben  augenblick  erlebte 
ich  die  freude ,    dasz  die  erwartete  in  ihrem  ganzen  engels- 
schmucke heraustrat.    TaCMXEL  3,74. 
ENGELSSCHÖSZLEIN,  n.  was  engelsabsenker. 
und  die  zuletzt  goit  gar  rersetzt 
ins  paradeis,  sie  da  ergeizt, 
sie  macht  zu  ewigen  himmelsspröszlein, 
»u  gnadenfeucbten  engels>choszlcin. 

FiscuAHT  anmanung  v.  45.  geittl,  lleder  t.9\. 


ENGELSSTIMME,  f.  da  erhebt  sich  geist  und  sinn ,  da 
werden  gleichsam  engelsstimmen  wach,  dem  ewigen  preis- 
und  loblieder  darzubringen  Göthe  . . . ;  wahrlich  sie  war 
selber  eine  moralische  kirchenmusik,  die  engelsslimme  in 
der  orgei.    J.  P.  TU.  2,  66.     Stieler  2167  engelstimme. 

ENGELSTA.ND.  m.  status  inlegrilalis ,  stand  der  Unschuld. 

ENGELSTARK:  schone y  reiz  und  ehrfurcht  sind  dahin, 
die  bei  euch  nur  die  gefallige,  biegsame,  stille  und  im  nach- 
geben engelstarke  tugend  begleiten.    Herder. 

ENGELSTILL,  vgl.  engelsgeduld :  Vulcan  sollte  erwägen, 
wie  Venus  so  engelstill  mit  rosen  spiele.  J.  P.  herbslblum. 
3,74. 

ENGELSTON,  m.  die  stimme  eines  engeis: 
im  engelston  gebot  sie  dir, 
steh  nicht  so  duster,  so  beklommen .' 

Bcrger  64'. 

ENGELSTRANRWURZ,  f.  amica  montana ,  gleich  als  ob 
die  engel  sich  einen  trank  daraus  bereiteten. 

ENGELSUSZ,  n.  polypodium  vulgare,  nnl.  engelzoet,  dän. 
engelsöd,  schw.  stensöta,  böhm.  slädec,  ton  dem  süsien  ge- 
schmack  der  icurzel:  engelsüsz  oder  dropfwurz,  polypodium. 
Lo.MCERCS  251'.  Bock  kräulerb.  430.    Diefenbach  445*; 

mauerraut,  engelsüsz  und  farenkraut.    Brocces  9, 133. 

auch   diese   heilwurzel    (Iropfwurz,    ein    mittel   gegen    sehlag- 
anfälle)  reichten  wol,  nach  dem  Volksglauben,  engel  dar. 

ENGELSZEUG,  n.  ein  in  der  ersten  hälße  des  18  jh.  ge- 
tragnes zeug  zu  kleidem,  vielleicht  englisches,  aus  England 
gebrachtes  ? 

wenn  sich  Lachinde  putzt  nach  neuester  facon 
und  nach  Zieropler  art,  womit  sie  andern  höhn 
und  trotz  gebieten  kann,  wenn  mans  von  weitem  wittert, 
sobald  sie  den  contusch  mit  engelszeuge  füttert. 

GÜ'ntuer  405. 

ENGELSZUNGE,  f.  zunge,  stimme  eines  engeis :  der,  wenn 
er  gleich  mit  engelszungen  redete,  nicht  eine  einzige  seele 
fände,  die  ihm  zuhörte.    Wieland  15, 165.     *.  engelzunge. 

ENGELTHR.\NE,  f.  Sei;!ie  1835  s.  649. 

ENGELTOCKE,  f.  angeltet  ruUus  tirguncula,  engelmädchen. 
Stieler  322,  der  engeldocke  schreibt. 

ENGELTRANK,  m.  amica  montana,  was  engeltrankwun, 
sonst  auch  wolverleih  {die  wol  verleiht),  mutlerwurz. 

ENGELWEIB,  n.    Lenz  1,205. 

ENGELWURZ,  f.  angelica. 

ENGELWURZEL,  f.  dasselbe. 

ENGELZUNGE,  f.  zunge,  stimme  der  engel:  wenn  ich  mit 
menschen  und  mit  engelzungen  redet  und  bette  der  liebe 
nicht,  so  were  ich  ein  donend  erz  oder  eine  klingende  schelle. 
1  Cor.  13, 1,  tfo  uns  gothisch  nur  die  schluszworte  ai|){)au 
klismö  klismjandei  übrig  sind,  in  einer  Verdeutschung  von 
1524  (Schade  pa^^.  3, 200)  heiszt  es:  wenn  ich  mit  menschen 
und  mit  engein  zungen  redet  und  het  die  lieb  nicht,  so 
were  ich  ein  dönende  erz  oder  ein  klingende  schel.  die 
schlechte  form  engein  läszt  doch  den  gen.  pl.  nicIU  verkennen; 

sprach  ich  auch  mit  engelzungen 
<        und  in  bimmelsmelodie.    Bcrgkr. 

ENGEN,  in  angustias  eompellere,  golh.  gaagg\jan,  ahd.  en- 
gan ,  mhd.  engen  {wb.  1,  43').  um  die  verschollene  wurzel 
aufzuspüren,  wird  es  nützen,  einige  inlautend  und  dem  sinne 
nach  anklingende  Wörter  herbeizuziehen,  wie  sich  aggvus 
einem  aus  altn.  {irüngr  zu  folgernden  })raggvus  anschlösse, 
wurde  schon  sp.  469  bemerkt,  [iraggvus  aber  entspränge  aut 
t»riggvan  {iraggv,  unserm  dringen  drang,  von  welchem  sich 
drengen,  J)raggvjan  ableitete,  wie  von  winden  wenden,  goth. 
Tandjan,  ron  springen  sprengen,  von  zwingen  zwengen  u.s.w. 
die  transilira  drengen,  wenden,  sprengen  icetsen  auf  die  star- 
ken intransitiven  stamme  dringen ,  winden ,  springen  hin;  galt 
ein  schlusz  von  enden  auf  inden,  s"  musz  er  auch  von  engea 
auf  ingen  zulässig  sein,  solch  ein  goth.  iggran ,  was  auch 
sein  sinn  war,  stechen  oder  stecken,  fest,  dicht,  eng  hapen, 
könnte  willkommnes  licht  werfen  auf  unsre  ableitungssilbe  igg, 
ahd.  ine.  zu  stören  sciteint  aber,  dasz  ein  gnth.  stamm  {irei- 
han  jjraih,  &)Jßetv  besteht,  nicht  |)riggvan  j)raggv,  und  der 
verhalt  beider  furmen  untereinander ,  su  wie  unsers  offenbar 
hinzu  gehörigen  drücken,  erst  aufgeklärt  werden  musz.  nun 
fällt  zücken  zu  ziehen,  goth.  tiuhan,  bücken  zu  biegen,  warum 
nicht  drücken  zu  t>reihan?  vierte  und  ßnße  ablautsreihe 
tauschen  öfter,     die  nasale  form  dringen  drang,  mit  dem  ablaui 


479 


ENGEN 


ENGENISSE —ENGFCHRUNG 


4Ö0 


eTsler  reihe  enlfalteie  sich  nebenher,  nach  analogie  des  goth, 
bligg\an  blaggv  neben  ahd.  pliuwan  pluu,  vielleicht  briggvan 
braggv  neben  ahd.  priuwan  prou  (2,  322).  unter  so  gährenden 
Kortelenienten ,  uer  getraute  sich  für  aggvjan  und  engen  die 
wuriel  bestimmt  anzusetzen?  lautete  sie  iggvan  aggv,  so  darf 
ihr  ausser  unserm  engen  auch  ango  cardo ,  angel  aculeits 
zuerkannt  und  die  bedeutung  stechen  beigelegt  werden,  da 
drücken  eindrücken  des  stacheis  war  und  unserm  engen  noch 
geradezu  der  sinn  von  stechen  beiwohnt  {vgl.  englein  aculeus) ; 
in  andern  fällen  dachte  man  nicht  mehr  an  den  stich,  nur 
an  den  drang,  um^erkennbar  stimmen  lat.  angere,  gr.  äyxsiv, 
premere,  stringere ,  der  nasallaut  hat  den  gewöhnlichen  gang 
der  lautverschiebung  gehemmt,  in  aculeus  ist  er  geschwunden, 
goth.  stikan  und  stakjan  erscheinen  neben  stiggan  und  golh. 
praggan  premere,  mhd.  pfrengen,  »in/,  prangen  liegt  nicht 
weit  ab  von  nnl.  prik  stächet,  prikken  stechen;  engen,  dren- 
gen,  pfrengen,  zwengen  reichen,  wie  in  den  buchslaben  so 
dem  sinne  nach,  aneinander. 
Die  bedeutung  von  engen  ist 

1)  vorhersehend  transitiv,  premere,  coarctare ,  engen  und 
drengen,  engen  und  irren  stehen  gern  gehäuß,  in  der  folgenden 
ersten  stelle  auch  engen  und  stechen,  einigemal  hat  es  genau  den 
sinn  des  fram.  gener,  unseres  genieren:  der  s'inen  nächsten 
mit  sinen  worlen  enget  und  stiebet.  Grieshaber  1, 16 ;  siehst 
du  denn  an  die  mitte,  so  sichstu  dich  unrainen,  daj  dich 
die  werk  druckt  und  engt  und  da  pei  irret,  gcsla  Rom.  ed. 
Keller  s.  139;  das  ir  auf  unser  und  des  reichs  strasze  nicht 
angreifent  noch  die  engent  oder  drengent  in  dhein  weise. 
urk.  von  U34  in  Aschbach  gesch.  der  gr.  von  Wertheim  2,2ib; 
so  er  aber  urlop  nimpt ,  so  wainen  das  hausgesind.  aber 
er  lat  sieb  das  nit  engen,  er  get  hinweg  für  und  für.  Kei- 
SERSBERG  pilgrim.  Augsb.  1498  W.  5;  ein  jeder  der  in  bestan- 
den zins  wonet,  der  sol  zu  seinem  bestanden  zil,  darauf  im 
ausziehen  gepürt,  fürderlich  und  rechter  zeit  nach  dem  ge- 
dingten zil  sein  haus  oder  gemach  rawmen  und  ausziehen, 
dannit  ein  ander,  der  nach  im  kompt,  seintiialben  ungeengt 
und  ungeirrt  bleib,  reformalion  der  sladl  Nürnberg  1484  fol. 
{ohne  Signatur,  in  der  ausg.  von  1522  findet  sich  die  stelle 
t/.  I53'j;  ich  underlasz  hie  zu  sagen,  wie  sie  so  gar  nicht 
an  diser  reis  irrt  noch  engt  weder  ungewitter,  kelt,  hitz, 
lufU  Framk  weltb.  101';  damit  ir  vil  auf  disen  heiligen  stul 
müchten  kummen  und  einer  nicht  lang  die  enget  oder  irret. 
dironik  29l'; 

da  enget  das  ihal  der  fels  herüber  ratend. 

Klopstoce  1,260; 
durch  zieren  nicht  geenget 
schlagt  Treier  unsre  brüst.    Götuk  1,131; 
denn  alle  krafi  dringt  vorwärts  in  die  weite 
dagegen  engt  und  hemini  von  jeder  seile 
der  Strom  der  weit.    13,  185; 

Eduard  horte  mit  entzücken,  dasz  Ottilie  noch  schreibe, 
durch  die  llnsternis  ganz  in  sich  selbst  geengt  sah  er  sie 
sitzen,  schreiben,  er  glaubte  zu  ihr  zu  treten,  sie  zu  sehen. 
17, 128 ;  Fritz  soll  kommen  wann  er  gerne  mag,  der  herzog 
bat  ihn  lieb,  wünscht  ihn  je  eher  je  lieber,  will  ihn  aber 
nicht  engen,    an  Aug.  ütulberg  14 ; 

o  warum  bin  ich  hier  geengt,  gebunden, 

beschrankt  mit  ducn  uuemlliuhen  gulühl!    Schiller  072* ; 

denn  un«  enget  den  räum  das  gewuhl  der  Wechsler  undkrainor. 

bÜHCER  92'; 

jenen  engt  an  der  keble  der  bunigezeichneic  riemen. 
'  //.  3,  371; 

Jupiter  engte  nunmehr  der  urwcU  ewigen  frfthling, 
suodene  wiiiier  und  gUiten  und  herbstliche  ungewitter 
Vom  kurzbiuliendeii  leuz  und  sohuf  vier  räume  des  Jahres. 

Voss  Ovid  nr.  2, 28  ; 
es  engt  die  angst  den  alhcm  mir.    Arkih  ichaub.  1,87; 
wa»  unter  ihm  im  staube  liegt, 
engt  nicht  das  freie  blut.     KOdnkrs  Irier  und  »chw.  60; 

die  neue  würde  engl  ihnr  Macbeth  acl  l.  sc.  3. 

2)  reflexiv,  lieh  engen. 

dasz  mit  beginnendem  lenze  die  bahn  um  so  viel  dir  sich 
enget.    IIückkiit  209. 

3)  inirantiliv,  eng  sein  oder  werden  i  die  tckuhe  engen 
{drücken); 

wenn  er  ein  volk  aonill,  «o  durcbsirdmt  er  die  Tunkeinden 

auKen 
■       '  "  ■  ■    .     .,       •       ■■  ;[,.  (jflritcnden  lof/cn 

i;'t  er  es,  engt  siei« 

KLursTucK  7,35. 


wie  engls  einem  hier!  wenn  ich  dieses  land  ein  jähr  unter 
meiner  herschaft  hätte,  es  sollte  anders  sein.  Kli.ngers  th. 
4,  243. 

s.  beengen,  einengen,  verengen. 

ENGENISSE,  f  enge:  ej  sol  ouch  ir  (der  frauen  und 
Jungfrauen)  deheine  keinen  barchenrock ,  underrock  oder 
oberrock  zu  den  siten  brisen  oder  durch  engenisse  mit 
snüren  inziehen  odir  ir  lip  oder  ir  brüste  mit  engenisse 
intwingcn  oder  binden,  kleiderordn.  von  Speier,  in  Mokes 
zeitschr.  ',  59  (a.  1356).  steht  auch  im  anz.  des  german.  mus. 
1856  sp.  175. 

ENGENMÄSZ,  n.  solange  der  schlauch  sein  anHingliches 
natürliches  engenmasz  behält.    Götue  55,  328. 

ENGER,  m.  vermis  pecuduni  cuti  arcte  inhaerens.  Stieler 
380,  auch  larve  des  maikäfers ,  ahd.  angari,  angar  curculio, 
kornmadc.  Graff  1,  350.  das  wort  könnte  wol  zu  angi,  engl 
gehören,  insofern  der  wurm  stiehl  und  drückt,  fest  sitzt, 
s.  engering,  engerling. 

ENGEH,  m.  enger  oder  sprinkel  oder  rosine,  lentigo,  ma- 
cula  in  facie.  voc.  1482  g3',  anwendung  des  vorigen,  da  man 
in  gleichem  sinn  engering  sagt. 

ENGEH,  f.  angaria ,  was  anger  t,  348.  weisth.  1,711.712. 
enger  thun,  zwangdienst  Ihun.  1,714.  nach  FRiscn  1,227 
auch  der  beladene  bauerwagen,  die  würzet  könnte  wiederum 
in  enge  liegen. 

ENGEKGELD,  n.  exaclio  pecuniaria  pro  ruslicorum  operis 
praestandis ,  was  für  die  enger  entrichtet  wird.    Haltads  317. 

ENGEHGUOSCHE,  m.  für  engelgrosche,  schreckenberger. 
Frisch  1,227";  secht  da  hundert  sibentausent  und  trei  enger- 
groschen,  die  ich  im  uberlifer.    Garg.  217*. 

ENGEUICH,  m.  was  enger,  engering:  in  welche  reuszen 
die  würra  engerich  genant  gebunden  werden.  Forer  fischb. 
171*. 

ENGEBING,  m.,  ahd.  engirinc  curculio.  Graff  1,  350  scheint 
auf  flecken  und  auswüchse  im  gesicht  angewandt  zu  werden, 
die  man  von  maden  oder  Würmern  verursacht  glaubte:  masen, 
mail ,  Sprenkel ,  engering  und  geschwulsten  des  antlitzes. 
Uoiiberg  2,  97*.     Ä.  enger,  das  folgende  und  engerling. 

ENGERLIN,  »i.  dasselbe :  und  seine  corpora  sind  morbilli, 
formicae,  pustuiae,  seurlin,  eugcrlin,  bläderhn.  Paracelsus 
chir.  Schriften  241*. 

ENGERLING,  «j.  vermis  intercus:  engerling  oder  äderling 
sind  madcn ,  die  Winterszeit  dem  wildprel  unter  der  baut 
wachsen  und  sich  tief  in  dasselbe  einfressen ,  dasz  es  wie 
gespickt  aussiebet.  W.  von  Heppe  wolredender  jäger  106; 
so  ein  mensch  engerling  oder  rosmucken  im  angesicht  hat, 
mit  welchem  wasser  das  zu  wenden  ist.  Barth.  Vagter,  wie 
man  alle  gebresten  und  krankheilen  arzneien  soll  mit  ausge- 
brannten wassern.  1532  p.  13;  eine  nase 

voll  engerbng,  rippet  und  knögert.    II.  Sachs  III.  3, 15V 

Stielbr  380  führt  die  redensart  an:  ich  möchte  nur  enger- 
linge  kriegen!  nausea  mihi  movetur,  wenn  einer  albernes  und 
Ihörichtes  vorbringt,  cngerlinge,  grillen  im  köpfe  haben. 
ScHAMBAcn  56'.  es  gibt  mancherlei  maden  oder  larven  von 
fliegen  und  kdfern,  für  die  sich  der  namc  engerling  eignet. 

ENGERN,  arctare,  verengern:  verflucht  sei  wer  seines 
nehesten  grenze  engert,  und  alles  volk  sol  sagen  amen. 
5  Mos.  27, 17 ;  sol  er  jede  Ordnung  nit  zu  dünn  ausdehnen 
noch  zu  dick  engeren  {verdichten)  und  zusamcn  schmücken. 
Fronsp.  kriegsb.  1,183';  alle  vertrüge  und  zusagen  können 
geängert  werden,  geweitert,  glossiert  und  verzehrt  werden. 
LEHHAr«  1,948;  das  recht  lungern,  engern,  erklären,  schat- 
tieren.   Butschkv  Palm.  449. 

ENGERN,  vehiculo  onusto ,  quo  rustici  uluntur ,  aliquid 
vehere,  angariare.  frohndienst  thun :  die  land  und  baurricute, 
welche  zu  markt  auf  die  wöchentliche  inarkllage  herein  en- 
gern und  fahren.  Straszburger  pol.  ordn.  anhang  s.  29 ;  tlie 
von  Uuiigesheim  wcllent  keinen  banwein  drinken,  sie  en- 
wellent  oucb  nit  cngera,  noch  nit  fronetagc  tun.  IUltaus 
317. 

ENGERT,  entstellt  aus  6gert  {oben  sp.  34  und  vgL  eingurl 
»p.  184):  von  den  Weingarten,  die  in  ftngcrien  verlegen  seiiid 
{quae  longo  situ  esulecerunt) ,  ist  aller  alten  mcinung,  d;ih 
»IC  die  aller  unartigsten  seind,  so  man  sie  wider  beseUen 
will.    IIerrs  Columella  F4'. 

E.NGFiHRLNG,  f  om  ausdruck  in  der  musik:  cngföhrung 
in  einer  fuge,  musikal.  leitumj  1841  sp.  739* 


481 


ENGFCSZIGKEIT  —ENGPAS 


ENGRAUM—  ENHINDERN 


482 


ENGFCSZIGKEIT,  f.  Pestalozzi  S,  267. 

E.NGGEBUNDEN,  anguslus: 

laszt  euch  das  eDggebundene  vermögen 
nicht  leid  thun.  Schiller  3SS'. 

ENGGEGITTERT,  arcle  cancellatus :  durch  den  enggegitter- 
ten Schleier  Gionens  durchsehen.    J.  P.  Kampan.  8. 

ENGGEHÄUSIG,  angustus:  im  enggehäusigen  blumenbühl. 
J.  P.  Tit.  1, 77. 

ENGGEBIRGE,  n.  angustiae  monlanae:  wie  das  römisch 
beer  durch  Unvorsichtigkeit  beider  burgermeister  und  haupt- 
man  in  ein  enggebirg  verfürt  und  alido  von  den  Samniten 
beschlossen  und  gefangen.   Livius  von  Schöfferlis  81'. 

ENGGEIST,  m.  homo  sensus  angusli:  dem  eigensüchtigen 
dünivel  eines  vielwnssenden  und  vielgeschäftigen  enggeistes 
untergeordnet.    Dyanasore  5,  361. 

ENGGEKEILT,  anyusti  cunei: 

aus  eines  haufens  enggekeilter  mitte 
risz  ich  den  rosschweif  mit  verwegner  band. 
Köa^p-R  1, 137. 

ENGGCRTEL,  m.  cingulum  arcle  stringens:  kindverschnü- 
rung,  leibpfrengung,  aufgeschürzt  enggürtel.    Garg.  63'. 

ENGHäLSIG,  angusli  colli. 

ENGHEIT,  f.  angusliae:  engheit  der  kleider.  Gefkes  bei/.  41, 
auch  in  P.  Apiands  instrtimenlbuch  1633  fol.  J  3*. 

ENGHERZIG,  angusli  animi:  engherziger  egoist;  nach  der 
engberzigen  art  mancher  reichen. 

ENGHERZIGKEIT,  f. 

ENGKEIT,  f.  angustia  pecloris:  so  mit  dem  kalten  feuch- 
ten husten,  engkeit  und  keichen  beladen.  Bocb  kräulerb.  362. 

ENGKÖPFIGKEIT,  f.  Pestalozzi  8,  267. 

ENGLAND,  n.  Anglia,  s.  Engelland: 

nicht  aus  den  bänden  leg  ich  dieses  schwert, 

als  bis  das  stolze  England  niederliegt.    Schiller  473*. 

ENGLÄNDER,  m.  Anglus,  aber  auch  ein  gestuztes  pferd, 
equus  curtus. 

ENGLEIN,  n.  aculeus,  angel  (1,  344) :  denn  so  jemand  inen 
dise  kräutlin  wolt  inn  bienfcorb  legen,  si  würden  über  in 
wischen  und  ine  mit  iren  englein  zu  tod  stechen.  Fischart 
bienenk.  24l'. 

ENGLICH,  adv.  stricle:  englich,  dringlich,  zwinglich,  hef- 
tiglich,  slricle.  voc.  theul.  1482  g  3',  wo  man  auch  drenglich, 
zwenglich  erwarten  könnte.        . 

ENGLISCH,  1)  was  engelisch,  angelicus:  hönd  ir  je  dern 
glich  frawen  gesehen,  ich  zwifeln,  ob  es  sien  menschlich 
oder  englisch  angesichl,  fürwar  sie  sint  himmelsch.  Wyle 
translatien  . . . ; 

und  wan  ihr  englische  gestalt 

die  götter  und  die  leut  versehret.    Weckbibli.x  347; 

gloria  sei  dir  gesungen 

mit  menschen  und  englischen  zungen, 

mit  harpfen  und  mit  cvmbala  schon. 

MÖTZKLL  geistl.  lieder  920 ; 

die  englische  frömmigkeit  eines  Schulmeisters,  pers.  rosenlh. 
7,5;  engelische  sitten  kan  der  überkommen,  der  mäszig 
lebet.  7,19;  ein  englischer  verstand.  Liscov  s.  514;  englische 
oder  teuflische  wunder.    Kant  6,  253 ; 

sie  stellen  wie  vom  himmel  sich  gesandt, 
und  lispeln  englisch,  wenn  sie  lügen. 

GöTHK  12,62; 
der  englische   grusz.    Götbe  21, 15 ;    englisches   unwidersteh- 
liches wesen  I  rief  ich  aus.   23,  73 ;  mein  englisches  fräulein  I 
Lenz  1,  98.     englische  fräulein  sind  nonnen. 

2)  anglicus,  wie  irisch,  schottisch,  finnisch,  von  Irland, 
Schottland,  Finnland  {doch  nicht  hollisch,  seeisch  von  Holland, 
Seeland) ;  doch  hat  diese  bildung  den  übelstand,  dasz  die  be- 
deutungen  angelicus  und  anglicus  sich  viischen.  man  sagt 
englisches  pflaster  (Tabersae».  234),  englische  feile  (Göthe 
31,234),  englische  dinte,  englisches  salz  {oder  verbunden 
englischsalz),  englische  krankheit  u.s.w. 

ENGLISCHSCHÖN: 

0  englischschöner  leib!    Wkckhkriij«  767. 

ENGLISIEREN,  decurlare,  stutzen:  gereichts  dem  teafel 
zum  Tortheil,  wenn  man  ihm  hömer  und  krallen  abfeilt,  ja 
zum  überflusz  ihn  etwa  englisiert?    Götiie  49,177. 

ENGPAS,  m.  angusliae,  fauces:  die  engpässe  von  Thermo- 
pylä;  auf  {des  pabstes)  flehentliches  anrufen  richtet  Carl  der 
grosze  seinen  heereszug  nach  Italien,  wird  aber  in  dem  eng- 
passe der  Etsch  durch  mauern  und  thürme  unerwartet  zu- 
rückgehalten. Göthe  39,  307 ;  durch  die  dichte  Waldung  füh- 
ren nur  fünf  engpässe.  Dahlman:«  fr.  rev.  455. 
III. 


ENGRAüM,  m,  angusliae  loci: 
0  nie  genug  verehrter  engraum,  kleiner  herdi    Göthe  11,256. 

ENGSETZEND,  minuens? 

engsetzend  deinen  weiten  namen.    'Weckherli»  364. 

ENGSICHTIG,  parum  prudens,  kurzsichtig  :  endlich  müssen 
dem  kinde  spielstunden  zu  spieijahren  auswachsen  und  dar- 
um ihm,  dem  engsichligen  wesen,  der  wünsch  und  Wechsel 
neuer  spiele  nachzusehen  sein.  J.  P.  36,101. 

ENGSTEN  =  ängsten  l,  360,  wozu  hier  noch  ein  paar 
stellen:  damit  sich  etliche  martern  und  engsten,  so  hart, 
das  sie  möchten  unsinnig  werden.  Luther  6,184';  künden 
wir  unser  lebtag  kein  rüge  haben,  milsten  uns  on  unterlasz 
selbs  zuplagen  und  engsten  mit  werken.  6,231';  ein  geeng- 
stes und  zurschiagen  herz.    Mathesics  44*; 

die  Hessen  engst  {vexiert)  man  mit  den  hundenl 
H.  Sachs  IV.  3,  92-, 
vgl.  GDS.  566.  780. 

ENGSTER,  m.  vexator:  mein  eiver  hat  mich  verzeret, 
das  meine  engster  vergessen  deine  wort.    Luther  1,  525'. 

ENGSTER  =  angster  1,360:  der  trinker  löst  den  engster 
ab,  trinkt  und  spricht: 

kumb  her,  du  edle  herzensalb, 
du  erfrewest  mir  allenthalb 
mein  herz  und  alle  mein  gelider! 

H.  Sachs  IIF.  2,73*. 

ENGSTOLZ :    in  engstolzer  einseitigkelL   Dyanasore  2, 122. 
ENGLMKRÄNZT: 

bald  engumkränzt  ein  ländlich  bild, 

in  tausendfaches  grün  gehüllt. 

Blcsaoer  ged.  4. 
ENGÜNG,  f.  angusliae  maris: 

diesseit  der  abydischen  engung  und  jenseit. 
Voss"  Orfeus  Argon.  485. 

ENGVERBUNDEN:  der  dichter  erinnert  sich  seiner  eng- 
verbundenen freunde.    Göthe  45,  322. 

ENGZAHNIG,  arcle  dentatus,  gegensalz  von  weitzabnig. 

ENHALB,  ENNHALB,  was  enet,  enethalb,  jenseits:  anno 
domini  1274  gebar  ein  frau  zu  Eslingen  ein  kind  enhalb 
der  brücken,  das  pliensen  (vgl.  Schm.  1,  237  unter  blien- 
äugeln,  blenkeln  und  Hpt  7,  459)  genennet  ist,  das  het  zwei 
haupt,  die  einander  ansahent.  Steixhöwel  chronik.  Frankf. 
1531.  3l';  des  newen  wegs  halben,  so  ennhalb  Thunaw  ... 
ausget.  Chmels  Maximilian  s.  373. 

ENHINDER,  retrorsum,  bei  Lutbeb  für  hinhinter,  wie  häu- 
fig er  ßr  her:  Mose  aber  hütet  der  schafe  Jethro  seins 
schwehers,  des  priesters  in  Midian,  und  treib  die  schafe 
enhinder  in  die  wüsten  {vulg.  ad  interiora  deserti).  2  Mos. 
3, 1,  wo  die  nd.  bibel  hen  achter,  die  nnl.  henen  achter  setzt 
und  achter  dem  hinter,  folglich  hen  dem  en  entspricht,  nicht 
anders  in  Luthers  Schriften  6,338*:  Moses,  welcher  seinen 
Schafen  hart  und  unfreundlich  ist,  treibet  sie  enhinder  in 
die  wüsten;  der  halben  es  auch  enhinder  {hintenhin)  und 
jenes  erfür  gesetzt  vdrd,  und  beide  gegenander  gar  ungleich 
leuchten  und  scheinen.  1,  19l' ;  die  stücke  wollen  wir  enhin- 
der sparen.  4,  lll' ;  wie  er  der  herr  sei,  der  enhinder  wirft 
und  empor  hebt.  4,209;  sein  wort  enhinder  setzen.  4,454'; 
wie  etliche  ewre  brüderlin  dahin  fein  listiglich  alles  gerich- 
tet, das  man  Lutheri  Schriften  solle  imer  besser  enhinder 
bringen.  Joh.  Wigasd  ob  die  newen  Wittenberger  u.  s.  w.  KO- 
nigsb.  1575.  6*;  bis  es  gar  enhinter  in  die  wilde  und  littei 
kommen  ist.  Mathesios  77*.  neue  ausg.  des  A.  T.  tilgen 
entweder  das  en  oder  geben  hinein  in  die  wüste,  wodurch 
die  Vorstellung  von  hinter  verloren  gehl,  bei  Ldtheb  ist  bis 
hinein  in  des  hohen  priesters  pallast  Marc.  14,  54  etwas  an- 
ders, das  usque  inlro  der  vulgata.  die  gegebne  deutung  von 
enhinder  wird  vollends  sicher  durch  das  mhd.  hinhinder  bei 
Wolkensteis  s.  33  und  175.  Alberüs  hat  recessim  enhidder, 
d.  i.  iTil  ■TiöSa,  rückwärts,  unterm  volk  hört  man  genug 
enauf,  enunter  für  hinauf,  hinunter,  in  rnüringen  ninter  = 
hinhinter,  rinter  =  herhinter. 

ENHINDERN,  dasselbe,  noch  häufiger  bei  LmnEK:  was  sollt 
uns  glück  widerfaren,  wenn  wir  so  verkert  handeln  und  die 
biblien,  das  heilig  goltes  wort,  so  enhindern  {zurück,  hintan) 
setzen,  l,  3lt*;  wo  des  glaubens  lere  enhindern  gesetzt  und 
die  werk  herfür  gezogen  werden.  3,  36*;  das  Carlstad  mein 
bildabthun  enhindern  setzt.  3,38';  wie  aber  das  war  sei, 
wollen  wir  basz  enhindern  {bis  auf  weiter  hinten)  sparen. 
3,  8l';  TOD  den  andern  wissen  wir  nichts,  ist  aber  zu  den- 
ken ,  das  sie  enhindern  in  Sems  laad  sind  kommen.  4,  66  ; 

31 


4S3 


ENI— ENKE 


ENKE 


484 


da  damit  der  nehesle  enhindern  bracht  wird.  4,407";  der 
Türke  setzt  sie  weit  enhindern  in  ein  ander  land.  4,443'; 
wollen  sie  Juda  folgen,  so  müssen  sie  enhindern  ins  alte 
testament.  5, 163' ;  was  nu  das  danken  sei  und  ganzes  herz, 
wollen  wir  enhindern  sparen  auf  unsern  verstand.  5,204'; 
und  ich  thürste  seinen  schrecklichen  bann  heiszen  nemen 
und  enhindern  füren,  und  die  nasen  dran  wischen,  da  Adams 
kinder  aufsitzen.  5,  231'. 

ENI,  m.  avus,  oben  sp.  52  ehni,  belegslellcn  hat  DiEFENBAcn 
63'.  der  vocab.  llieul.  14S2  g  3'  scheidet  eni  oder  anherrc 
avus  von  anc  oder  anfraue  ava  (stall  avia);  ahd.  ist  ano 
avus,  anä  avia,  goth.  av6  /uä/nfta.  bei  Dasypodiüs  16*  ist 
aber  äne  proavus ,  ebenso  bei  Frisius  1060',  Maaler  12", 
tcelche  sämtlich  avus  mit  groszvatcr  verdeulschen.  dazu 
stimmt  auch  Stalder  1,  92,  der  jedoch  bemerkt,  dasz  in  Bün- 
den ehni  für  groszvater  gelte,  nach  den  landstrichen  tritt 
also  Verschiebung  der  stufen  ein,  wodurch  sich  auch  diehühcr- 
steigenden  bemessen,  seltsam  gebraucht  -Keisersbebg  eni  ton 
einer  tceiblidien  vorfahrin:  dise  Raab  {Rahab,  Mallh.  1,5)  ist 
unsers  herrn  Jesu  ureni  gewesen,  s.  d.  m.  23'.  wie  ge- 
langte überhaupt  die  endung  i  und  damit  umlaut  in  dieses 
wort?  schon  mhd.  erscheint  neben  anc  avus  enc.  sumerl. 
41, 22 ;  ene :  sene  tr.  kr.  5326.  5748 ;  dem  enen.  Kol.  146  ff. 
ene  ist  =  ahd.  enio,  anio,  wie  recke,  schenke  =>  hrecchio, 
scenchio,  hracchio,  scanchio,  das  männliche  anio,  weibliche 
ani  ständen  dem  tat.  avus  ttnd  avia  (fem.  des  adj.  avius) 
in  der  form  gerade  entgegen,  von  ene  bildet  sich  mhd.  das 
diminutivum  enel.    Kol.  148.  149. 

EMKEL,  »71.  nepos ,  zuweilen  einikel:  einem  jeden  kind 
oder  enigklen.  Frankf.  rcf.  III.  4, 52.  VII.  1, 9.  ausgenum- 
men  seinen  enickeln.  Frank  weltb.  117';  Chams  enigkle.  Ma- 
THESics  82'.  steht  auch  für  neptis:  des  (cujus)  enichel  mein 
hausfraw  isL  Chmels  Maximilian  s.  447;  so  ist  ers  seinen 
kinden  und  enichl  ie  nit  schuldig  gewcst.     ebenda,     s.  cnkel. 

ENIKLEIN,  n.  nepos,  enklein  :  enicklein.  voc.  theut.  1482  g  4" ; 

gib  meinen  rat  auch  darzu. 

das  der  Uu  das  enikiein  sein 

schol  tragen  zum  arzl  hinein,    fastn.  682,13; 

und  nim  dein  eniiilein  auf  dein  kragen.    683,26; 

ir  enikiein  kummt  mit  mir  rein.    Avrbr  10'; 
Cain   und   sein  enigklein  sind   nicht  die  herren  und  besitzer 
der  weit.    Mathesics  9*. 

EMS,  anisum,  s.  anis  und  enes,  o/I  falsch  geschrieben 
enisz,  z.  b.  bei  Dasypodiüs  320*. 

ENK,  der  alte  dat.  acc.  dl.  zweiter  person,  goth.  igqis, 
alts.  ink,  ags.  ine,  altn.  yckr  für  ickr,  nur  im  bairischüst- 
reichischen  volksdialect  haßend  und  dessen  auffallendes  kenn- 
xeichen,  aber  auch  den  pl.  vertretend,  d.  h.  zugleich  für  euch, 
mhd.  iu  und  iuch  geltend,  nicht  selten  werden  enk  und 
euch  hintereinander  wechselnd  gebraucht,  man  findet  oft  ge- 
schrieben eng  oder  engg,  enck. 

das  stet  enk  wol  und  ghört  euch  an.    ring  8',  29; 

0  mein  herzenlieber  aiden, 

niemat  mag  enk  mer  gescbaiden. 

got  geb  enk  gluk,  .sun  und  tochter  mein, 

und  pesterk  euch  got  mit  seiner  kraft! 

fastn.  nachlese  s.  264. 

danimb  wil  ich  enk  endlich  sagen.  Frey  garteng.  39.  auch 
Schwabe  im  volleingeschankten  tintenfäszl  schreibt  nach  tiro- 
lischer mundart  enck  und  klagt  s.  78 ,  dasz  auf  den  ersten 
bogen  der  setzer  den  fehler  euck  gemacht  habe.  vgl.  hernach 
enker  und  CDS.  972 /f. 

ENKE,  tn.  famulus  rusticus ,  ahd.  cncho,  eincho  (Gkaff 
1,  346)  Bootes,  der  den  kleinen  himmelwagen  treibende  knccht, 
sonst  auch  obsiniri  (vgl.  Diefekbacu  79');  mhd.  enke,  wie 
scencho  auf  scanchio  zurückgehend  auf  anchio,  dessen  Zu- 
sammenhang mit  tat.  ancus,  anrulus  und  ancilla  einleuchtet. 
diese  tat.  «ürler  hat  man  sehr  unsicher  von  anus  abgeleitet, 
gleich  bedenklich  ist  die  verwandtschaß  von  enke  mit  enkel 
(«.  dort)  oder  mit  altn.  eckill  viduus,  eckja  vidua,  din.  enke. 
mhd.  ir  bOliuie  unde  Ir  enken, 

die  hi«{  si  vsfte  gAhen 

vögele  würgen  und  vihcn.    Parz.  119,2. 

Fmscr  1,  üb'  erklärt  servut  junior  et  inferior,  qui  agil  equoi 
arantes,  der  mänjung;  in  dem  zu  ausgang  des  15 ;/(.  rum 
küchenmeister  Kixceiham'«  ahgefaszlen ,  durch  Miciiei.se«!  >s53 
heraus  gegebenen  Erfurter  buch  werden  s.  18  dte  ländlichen 
diener  in  folgender  Ordnung  aufgeführt:  der  ftirer,  der  in- 
koecbt  {jftdr.  steht  der  fOrer  der  inknecbl,    wonach  letzteres 


gen.  pl.  wäre),  oberackermann ,  underackermann ,  oberenk, 
undeienk,  heimknecht,  kuehirt,  schweinhirt,  kesemutter  und 
viehemcid,  woraus  erhellt,  dasz  der  enke  uiüer  den  acker^ 
mann,  doch  über  den  heimknecht  und  hirten  gestellt  wurde, 
nach  ScnAMBACH  56'  ist  enke  der  dem  groszknecht  untergeord- 
nete jüngere  kleinknecht ;  einer  der  ein  markstein  wissentlich 
ausgrebt,  den  selben  sol  man  in  die  erden  graben  bis  an 
den  hals  und  sol  dan  vier  pfcrde,  die  des  ackerns  nit  ge- 
wont  sint,  an  einen  pDug  spannen,  der  do  neu  sei,  und 
sollen  die  pferde  nit  mer  gezogen  und  der  enk  nit  mer  geern, 
noch  der  pflughabe  nit  mer  den  pflüg  gehalten  haben  und 
im  als  lang  nach  dem  hals  ern,  bis  er  im  den  hals  abgeem 
hat.    weislh.  3,  590  ; 

ein  junger  bawrenknecht  sich  wolt 
vermieten  umb  ein  gwissen  sold, 
zu  einem  reichen  meier  kam, 
derselb  in  bald  von  stund  annam, 
denn  er  bedOrli  eins  starken  enken, 
der  sich  licsz  keine  arbeit  krenken. 

Waldis  Esop  4,74  s.  297»; 
denn  ich  will  ihm  noch  schenken 

drei  meisen,  lerch  und  specht, 
ich  babs  von  einem  enken, 

von  einem  ackerknecht. 

Spbb  trulzn.  219  (201), 

was  merkwürdig  zur  stelle  aus  Parz.  stimmt  und  zeigt,  dasz 
von  altersher  junge  müszige  ackerknechte  den  vögeln  nachstell- 
ten, die  Vögel  haben  immer  mit  pflügem  zu  schaffen,  der  fink 
füttert  seine  jungen  auf  dem  pßugrad  (weislh.  2,  180),  die 
lerche  liegt  in  der  furche  und  teuscht  das  'dem  pfluoc'  (d.  i. 
dem  pflüger)  zu  essen  tragende  kind  (cod.  kol.  118.  119),  hier- 
her gehört  auch,  dasz  die  bachslelze  ackermännchen  heiszt 
(1, 174),  denn  sie  gehl  pflügenden  nach  und  sucht  in  den  fur- 
chen ihre  nahrung;  ein  quark,  den  der  enke  von  der  mist- 
fuhre  fallen  lassen.  Weise  lustr.  453;  wie  unsere  bauer- 
mägde  zuweilen,  wenn  sie  vor  der  hochzeit  mutter  werden, 
zu  sagen  pflegen,  der  teufel  habe  sie  geritten,  da  es  doch 
Hans,  der  klein  oder  groszenke  oder  ein  anderer  guter  kerl 
leibhaftig  gewesen  ist.  ehe  eines  wcibes  s.  211;  auszerdem 
hatte  der  hcrr  noch  einen  enken.  Moser  patr.  ph.  2,96;  er 
sollte  die  fruchtbarkeit  eines  jeden  thales  ebensogut  wissen 
als  der  enke,  der  es  bepflügt.  Bodes  Tr.  Sh.  8,63.  das 
wort  scheint  sehr  verbreUet,  doch  zumal  in  Mittel-  und  A'ie- 
derdeutschland  (brem.  wb.  1,  308),  wo  auch  Enke  ein  gewöhn- 
licher eigenname  ist.  in  Schwaben  und  in  der  Schweiz  be- 
gegnet man  ihm  nicht,  dasz  es  aus  Thüringen  und  Franken 
nach  Baiern  vordrang,  liesze  jene  stelle  Wolframs  folgern, 
Sciimeller  1,  84  hat  aus  der  Oberpfalz  enkenbraud,  abendbrol, 
was  doch  nicht  zum  Schweiz,  ankenbraut  (1,  379)  gehören  kann, 
auch  den  Deutschböhmen  mag  der  ausdruck  geläufig  sein, 
denn  Jungmann  3,  229  erklärt  pohfinek  durch  pflugtreiber, 
mShner  (mener),  mahnjunge,  kleinknecht,  unterenke,  klein- 
enke,  beitreiber,  ochsenjunge,  rosbub,  was,  gleich  jenem  Er- 
furter buch,  die  abstufungen  des  ländlichen  lebens  erblicken 
läszt. 

ENKE,  perspicue,  certe,  profecto,  accurate,  eine  über  ganz 
Allhessen,  namentlich  die  Fulda  und  Edergegend  ins  Wal- 
deckische hin,  dann  auch  in  oberhessische  landstriche  von 
Marburg,  Gladenbach,  Biedenkopf,  Rabenau,  Homburg  an  der 
Ohm,  Alsfeld  sich  erstreckende  betheuerung.  bei  Grünberg, 
Gieszen,  Battenberg  hört  sie  auf,  wird  auch  auf  dem  Vogels- 
berg  und  in  der  Wellerau  nicht  weiter  vernommen,  man  sagt: 
er  weisz  es  enke,  ich  weisz  es  ganz  enke,  gar  enke,  bin  dabei 
gewesen,  es  ist  enke  wahr,  sj'cAer  wahr,  die  genaue  Wahr- 
heit; er  sieht  nicht  enke,  hört  nicht  enke;  ich  habe  es  enke 
gesehen,  es  wäre  beleidigung  zu  zweifeln,  wenn  jemand  sein 
'ich  sags  enke'  ausgesprochen  hat.  in  Niederhessen  gegen 
Niedersachsen  hin  beginnt  die  vollere  form  cnkede.  bei  die- 
seni  enke  darf  an  Ickelsamers  teutsche  grammalica  bl.  C  2' 
der  ältesten  ausgäbe  erinnert  werden:  'item. die  Franken  und 
Schw.ihen  haben  ein  unteutsrh  wort,  damit  sie  etwa»  leug- 
nen und  nein  wollen,  sagen,  das  heiszt  niinke,  da  »ein  das 
n  und  k  nicht  die  rechte  bruhslalien  und  knn  auch  diesen 
Wort  mit  den  büchstaben  unsers  abrres  nicht  erreichet  noch 
geschrihen  werden ,  sondern  ein  fremhder  und  newcr  liikh- 
slali  wird  da  an  stal  des  k  gehöret,  aus  der  gurgcl  getrucki, 
wie  die  kranken  tichzen  oder  kreisten  und  wirl  das  n  auch 
nil  recht,  sonder  mangelhaft  gehört.'  auch  in  seinem  buch- 
letn  'die  rechte  weis  aufs  kitrzist  lesen  zu  lernen'  Marburg 
1534  kommt  er  A  3'  auf  dieses  nunke  und  nennt  es  wiederum 


485 


ENKE  —  EKKEL 


ENKEL  —  ENKELTOCHTER 


486 


vndeutseh.  das  verneinende  nenke  sieht  dem  belheuemden 
enke  deutlich  gegenüber,  doch  hört  man  in  Hessen  nur  dieses, 
nicht  jenes,  wie  umgedreht  Ickelsamer  tieften  nänke  kein  änke 
gekannt  zu  haben  scheint,  der  ihm  des  «ortes  deutschheil 
verdächtigende  nasallaut  nk  weist  allerdings  auf  Schwaben, 
wo  heutzutage  keine  dieser  parlikelt}  verzeichnet  wird,  doch 
vgl.  man  nenz,  nünz,  nunz  bei  Scbxid  s.  404.  in  Thüringen 
(icRELSAMER,  gb.  bei  Rotenburg  an  der  Tauber  in  Franken, 
studierte  zu  Wittenberg)  hat  sich  keine  spur  entdecken  wollen, 
von  enke  gleich  mehr  unter  enkede,  enken,  enket. 

ENKEDE,  perspicue ,  certe ,  profecto,  in  .Siederdeulschland, 
doch  deuten  die  hernach  anzuführenden  formen  des  verbums 
enken  und  adj.  enket  auf  hochdeutsche  betheiligung,  und  die 
laute  beider  mundarten  gehen  hier  zusammen,  in  Spangen- 
BEHGS  altem  bruchstück  von  Susanna  heiszt  es  'gar  enkete', 
ganz  genau;  enkede  vornemen,  genau  vernehmen.  Reineke 
521;  enkede  sein,  genau  sehen.  Ab.nold  von  Immese?«  2054; 
love  enkede ,  glaube  sicher.  3892 ;  nome  wene  du  will ,  en- 
kede bl  sinen  namen.  richtsteig,  Hom.  94,  wo  man  die  var.  sehe; 

mit  watere  he  se  drenkede 
an  allentbalven  unde  enkede. 

Sassenchr.  ed.  Scheuer  114, 

er  tränkte,  überschwemmte  sie  mit  wasser  allenthalben  und 
tüchtig;  schedelike  schichte  der  wi  uns  enkede  vordechten. 
Lappenberg  brem.  geschichlsq.  55 ;  dar  stat  die  jare  godes 
enkede  inne.  s.  63 ;  dat  it  die  biscop  uppe  deme  siote  to 
male  enkede  (deutlich)  seen  mochte,  j.  70;  dat  mach  men 
enkede  hewisen.  s.  117 ;  also  dat  in  deme  veften  boke  unses 
stadesbokes  enkede  bescreven  sleit.  s.  154.  der  teutonista 
hat  enkede,  ad  punctum,  stricte,  cinctim,  im  westfälischen 
Slennerhinke  liest  man  häufig  enkede,  wel  enkede,  profecto 
und  in  i^iederhessen  hört  man  wissen  enkede,  fürwar  und 
enkede,  enkede  un  wissen,  daneben  enken  und  enke.  andere 
nd.  mundarten  ziehen  enken  vor  (brem.  wb.  1,  308.  Schambach 
56*),  etwa  wie  naken  für  naked,  nakend  vorkontmt,  oder  ist 
enken  gekürzt  aus  enkende?,  wie  in  Böhmers  Kantzow  j.  52 
steht,     au/fallend  die  abwesenheil  des  worls  im  nl. 

ENKEL,  m.  talus,  fuszknüchel,  ahd.  ancbal  m.,  anchala  f.. 
später  enchil,  enchiia,  mhd.  enkel  ni.,  nnl.  anklaauw,  enklaauw, 
enkel  m.,  ags.  ancleov,  engl,  ancle,  altn.  ökuU  und  ökli, 
beide  m. ,  schw.  dän.  ankel.  nhd.  gar  nicht  bei  Dasypodics, 
Frisics,  Maaler,  welche  dafür  knode  oder  fersine  setzen, 
Hekiscb  SS2,  51  hat  es.  jenes  anklaauw  sieht  wie  zusammen- 
gesetzt aus  mit  kiaauw  klaue,  doch  scheiden  sich  ags.  clav, 
engl,  claw  von  cleov  engl,  clew  glomus,  sonst  liegt  auch  lat. 
ungula,  unguis  dem  anchal  nahe,  aus  Gkuil  liesze  sich  ein 
goth.  agklus,  gen.  pl.  agklive  folgern,  man  halte  altn.  vödri 
zu  ahd.  wado,  goth.  spana  zu  ahd.  spare,  veiicandt  dem 
anchal,  enchil  sein  könnte  selbst  ancha  occiput,  doch  ahd. 
engi,  goth.  aggvus  müssen  aus  dem  spiel  bleiben. 

zwu  ädern  inwendig  unter  den  knorren  oder  enkelen  an 
beiden  füszen  sein  gut  zu  lassen  den  frauen  nach  der  ge- 
purt.  versehung  eines  menschen,  fiürnb.  14S9.  39';  lasz  ir 
zu  adem  auf  dem  rechten  arm,  zu  der  lebern  oder  an  dem 
enkel  innen  an  dem  fusz.  84'; 

nach  mir  zeuch  ich  ein  dorensirauch, 

cas  mich  bluirüsiig  machet  auch 

mit  scharfen  doren  meine  schenket, 

fusz,  soln,  fersen  und  den  enkel.'  H.  Sachs  I.  540'; 
auch  ewr  schenke! 

werden  aufbrechen  umb  den  enkel.    III.  1, 178*; 

der  löwe  sprach,  heb  auf  den  schenke!, 

wie  grosz  ist  dir  geschwohi  der  enkel?    Waidis  1,32  i. 25"; 

eilends  hinab  in  keller  lief, 

da  stund  ein  pfüiz  zum  enkel  tief.    3,94«.  192', 
was  ihm  Wolgemct  2,368  entwendet; 
er  sumd  in  seinen  geschnürten  schuhen 
bisz  an  den  enkel  im  blute.    Hild&bra.-^o  volksl.  s.  9. 
s.  auch  das  folgende. 

ENKEL,  m.  nepos,  gleicht  ticklbar  dem  lit.  anukas  bei 
Nesselmans  -'  und  dem  sl.  ynouk,  vnuk,  altpoln.  wn^k 
(sprich  wnenk).  Miilosich  löst  vnuk  in  unuk  auf  und  hält 
dazu  skr.  öna  minor,  debilis.  nah  liegt  der  gedanke  ans 
vorhergehende  enkel  talus,  da  verwandtschcjlsgrade  überhaupt 
nach  gliedern  des  leibs  bemessen  zu  werden  pflegen  und  ge- 
rade ein  andrer  name  des  enkels  dichter  auf  diech,  ahd, 
dioh  hüße  zu  weisen  scheint.  RA.  170.  der  söhn  ist  dem 
ahnen  gleichsam  aus  der  brusl  entsprossen,  der  enkel  aus 
Schenkel  oder  knöchel.     nun  fordert  auch  die  oben  aufgestellte 


form  enenkel  betracht,  die  nicht  allein  nepos,  sondern  wie- 
derum latus  ausdrückt,  wenn  letztere  bedeulung  nicht  ein 
leicht  erklärlicher  misverstand  ist.  man  hat  dem  enenkel  ano 
und  ene  zum  grund  gelegt  und  dann  in  -enkel  die  ahd.  di" 
minutivbildung  inchili  (gramm.  3,681)  gesehen,  wie  aus  lewo 
lewinchili  (leuneulus)  entspränge  aus  ano  eninchiii;  doch  der 
enkel  ist  kein  kleiner  verfahre,  sondern  ein  naclikomme,  erst 
der  Urenkel  ein  kleiner  enkel,  aber  enenkel  hat  völlig  den 
sinn  von  enkel,  nicht  den  von  urenkel.  die  nordische  spräche 
hat  für  nepos  kein  unserm  enkel  entsprechendes  wort  und  ver- 
wendet ökull  nicht  so,  wol  aber  braucht  sie  eckill  ßr  viduus, 
eckja  für  vidua,  schw.  enka,  dän.  enke,  und  dieser  allein 
stehende  witwer  gemahnt  an  unsem  enke  famulus.  Uro,  woraus 
sich  ein  bezug  von  enkel  nepos  auf  enke  famulus  ergäbe, 
hiermit  schwände  wieder  der  schein  jener  diminutivbildung 
inchili,  welcher  ohnehin  auch  die  verwandtschaß  mit  anukas  und 
Tnuk  widerstreitet,  die  spräche  der  seile  communi  106'  gewährt 
freilich  anecho  nepos,  unterscheidet  es  jedoch  von  enkel  talus. 
Wie  das  lat.  nepos,  it.  nipote  zuweilen  den  brudersohn 
bezeichnet,  ist  dies  bei  dem  buchstäblich  entsprechenden  franz. 
neveu  und  unserm  neffe  stets  der  fall:  sie  drücken  niemals 
enkel  aus.  enkel  und  neffe,  enkelin  und  nichte  stehn  beide 
in  der  absteigenden  reihe,  an  versfhiedner  stelle,  enkel  aber 
kann  uns  nicht  den  brudersohn,  nur  den  sohnessohn  bezeich- 
nen: doch  wollen  etlicb,  das  die  selben  zwen  junge  knaben 
nit  Tarquinius  kind,  sondern  seins  süns  kind,  sein  enkel 
gewesen  sein.  Livius  von  Schöffebum  17.  dagegen  steht 
enkel  sowol  für  nepos  als  für  neplis,  man  sehe  die  oben  sp.  483 
unter  enikel  aus  Chmels  Max  angezogne  stelle; 

ich  bin  es  selbst,  bin  Iphigenie, 

des  Aireus  enkel,  Agamemnons  tochter.    Göthe  9,20; 

überhaupt  für  nachkomme: 

das  musz  die  chronik  einst  den  enkeln  noch  erzählen. 

Gbllebt  1,117; 
Ternunfl  wird  unsinn,  wolihat  plage, 
web  dir,  dasz  du  ein  enke!  bist!    Göthe  12,97; 
nur  selten  finden  auf  des  enkels  brauen 
der  ahnen  grosze  züge  sich  geschrieben.    Schiller  . . . 
die  enkel  werden  ihnen  helfer  und  vielleicht 
der  enkel  enkel  einst  ihr  starker  herr. 

Frkttag  Fabier  24. 

bildlich:  der  gute  Albano  zeichnete  auch  dieses  entweichen 
in  sein  Sündenregister  ein,  gleichsam  als  enkel  seiner  teu- 
felskinder  (als  die  folge  seiner  eignen  schuld),  i.  P.  Tit. 
3, 136. 

ENKEL  BÖGE,  m.  für  ellenboge.    Schm.  1,  83. 

E.NKELCHEN,  n.  nepotulus: 

ohne  beschwer  wird  pflegen  der  ahn  sein  enkelchen  wachsam, 
und  liebkosungen  laUt  gern  mit  dem  kinde  der  greis. 
Voss  Tibull  2,6,93. 
ENKELDÄNK,  m. 

sie  sind  des  enkeldankes  werlb.    Stolberg  1,99. 

ENKELEIN,  n.  nepotulus. 
ENKELGESCHLECHT,  n.  genus  nepotum: 

auch  busze  bezahlt  uns,  welche  geziemet 
und  dir  hinfort  auch  daure  bei  kommenden  enkelgeschlechtern. 

//.  3,460. 
ENKELLN,  f  neplis: 

an  der  wiege  der  enkelin  oder  des  enkels.    Voss. 

ENKELKIND,  j>.  nepos,  progenies: 

für  Banquos  enkelkinder.    Schiller  567*. 

ENKELSOHN,  m.  l)  pronepos,  urenkel.  ' 
2)  posterus,  nachkomme: 

wird  dieses  freundesbündnis,  das  wir  jetzt 

erneut,  auch  noch  die  späten  enkelsöbne 

vereinigen*  Schiller  469'; 

0  spät,  bis  dir  ein  enkelsobn,    • 

gut  und  weise  wie  du,  trauernd  den  aschenkrug 

mit  cjpressen  umwindet, 

Füszli,  neige  deiu  abend  sich ! 

Hatthissor  61. 

ENKELSTOLZ,  m.  wenn  wir  capitolium  und  olympia  ei- 
nigermaszen  ersetzen  sollen ,  so  müssen  wir  enkelstolz  eio- 
fflhren.    J.  P.  nachdämm.   88. 

ENKELTIEF,  usque  ad  talum  pertingens. 

ENKELTOCHTER,  f.  1)  proneptis,  Urenkelin. 

2)  weibliche  nachkommen  schaß: 

nicht  mehr  die  feindin  seines  glaubens,  nur 

die  cnkeliochter  seiner  könige 

wird  er  in  der  bejammerten  erblicken.    Scbillii  437*. 

31* 


487 


ENRELWELT  — ENKLI 


ENKLICH  — ENT 


488 


ENKELWELT,  f.  progenies: 

noch  von  der  enkelwelt  gescbäizt.    Gellest  . .; 

sieh,  und  die  enkelwelt 
nicht  mehr  von  neid  und  nhhe  blinzend 
staunt  unrerwellilicher  licbtbekränzung.    Voss  3,76. 

ENKELZEIT,  f.  posteritas. 

ENhEN,  conspici,  apparere?  in  der  alten  Verdeutschung 
des  gothländischcn  gesetzes  werden  die  worte  des  Urtextes : 
foru  !  aina  oy  vijjr  Aistland,  sutn  haitir  Dagaijii,  oc  bygjjus 
J)ar  firir  oc  gierJ)U  borg  aina,  sum  enn  synis  (Schlyters 
ausy.  s.  95)  so  übertragen :  do  vüren  si  an  eine  ö  bi  Est- 
land, di  is  genüniet  Dagedber,  unde  buweten  aldar  unde 
machten  dar  eine  borg,  di  noch  geenket  ist  (daselbst  s.  163). 
dies  geenket  erklärt  Schlvter  s.  332  für  ein  part.  von  engen, 
eoarctare ,  includere  und  gewinnt  den  sinn  arx  adhuc  vallis 
cineta.  allein  geenket  weist  auf  enken,  nicht  auf  engen,  und 
das  original  lehrt,  dasz  die  meinung  sei:  eine  bürg  die  man 
noch  sieht,  die  noch  sichtbar  ist.  das  bestätigt  unser  adj. 
enket,  apparens,  conspicuus  und  die  vorhin  beigebrachte  stelle 
der  Sassenchronik  114  litte  statt  des  adv.  enkede  ein  verbum 
enkede  anzusetzen  und  neben  drenkede  zu  stellen:  er  über- 
schwemmte und  enlblöszte  die  belagerte  stadt,  stellte  sie 
blosz,  machte  sie  angreifbar,  offen,  wiewol  solche  auffassung 
noch  bedenken  hat.  dieses  seltne  verbum,  drücke  es  nun  in- 
transitives apparere  oder  transitives  detegere,  aperire  aus, 
würde  nicht  allein  das  adj.  enket,  adv.  enkede,  enke  aufklären, 
sondern  liesze  sich  auch  mit  anke  occiput ,  enkel  talus,  vor- 
ragenden, ins  äuge  fallenden  theilen  des  leibs  zusammen  hal- 
len, alle  diese  Wörter  ständen  sonst  ohne  würzet,  das  sind 
lauter  einfalle,  die  groszentheils  erst  durch  weitere  bestdtigung 
werth  erhalten  können. 

E.NKER,  ofcotreoos,  goth.  iggqar,  ags.  incer,  nur  im  bal- 
tischen volksdialect  fortlebend,  aber  zugleich  für  vtuxeQos, 
vesler,  goth.  izvar,  nhd.  euer  geltend: 

kum/n  her  Kumpolt  und  Mareih, 

und  leicht  mir  enker  bend  ied !    fasln,  sp.  nachl.  260; 

herr  Hans,  wo  habt  esz  enker  schäfle?  wo  sind  enker  arme 
leul?  Frey  garleng.  39.  so  auch  in  Ostreich,  Kärnten,  Tirol. 
ENKEK,  m.  anchora,  anker:  man  wirft  den  enker  in. 
Keisebsbebg  bilg.  72' ;  warfen  bei  nacht  ihre  enker  ein.  Li- 
vius  gedr.  bei  Rihel  550. 

ENKET,  ENKEDE,  conspicuus,  certus.  die  bedeulung  ap- 
parens ist  gewährt  durch  Diefenbach  42",  der  sie  dem  voc. 
ex  quo  latinosaxonicus  entnahm,'  dann  durch  eine  glosse  zu 
Ssp.  3,  29, 1,  wo  es  heiszt :  als  in  de  gravescap  tu  Mulinge 
und  tume  Billingishoge  wol  enkede  is  =  sich  zeigt,  in 
folgenden  stellen  drückt  es  aus  certus,  accuratus:  unde  wet 
des  nön  enket  besehet.  Reineke  1533;  eine  enkede  tit.  Ar- 
KOLD  VON  Immese.n  3237;  up  eine  enkede  tit,  binnen  einer 
enkeden  tit.  Lübecker  beichlbuch  von  1485  in  Gefkens  bei- 
lagen  125 ;  enkade  teken.  Detmäb  2,  237 ;  enkede  warteken. 
2,240.  dies  enket  steht  nun,  gleich  unserm  sicher  und  ge- 
wis,  sehr  häufig  adverbial: 

Heinke  wüste  enket  up  dat  pas.    Reineke  1101 ; 

dat  ik  enket  vorstunt  bi  mi.    2198; 

gi  wetten  enket  der  werlde  siät.    4087 ; 

also  dat  he  nicht  enket  vornam.    4526; 

ik  love  wol,  gi  wetient  nicht  enket:  denkei»    5299; 

dit  w£i  ik  Torware  unde  enket:  denket.    5383; 

dat  wi  dat  aller  enkedeste  (aufs  allergenauste)  mit  körten 
worden  bebbet  ghescreven.    Lappenbebg  brem.  quellen  s.  55. 

Die  bisherige  ableitung  von  enket,  enkede  aus  enkel ,  einzel 
igramm.  3,  770)  musz  fallen,  wie  würde  dazu  der  sinn  von 
enken  apparere,  von  enket  apparens  passen,  wie  sich  die 
abwetenheit  desi,  dat  t,  d  an  dessen  stelle  beißcifcn?  und 
gesetzt,  man  wollte  auf  einz  (sp.  348)  zurückgehn ,  dem  enlel 
txxi  unterlegen,  warum  entspränge  dafür  enk?  die  nl.  mund- 
art  kennt  enkel,  einzel,  doch  kein  enket,  die  nd.  hat  entel, 
einxel  und  daneben  enket.  freilich  könnte  die  bedeulung  si- 
gillatim,  singulatim  der  von  accurate  begegnen,  nicht  aber  der 
von  eonspieue;  wenn  enkede  daler,  enkede  gülden  im  sinne 
ton  fotele  torkommt,  so  kann  das  spätere  mischung  sein  oder 
tmisehen  beiden  ausdrüdten  Verschiedenheit  eintreten,  cukcdc 
daler  sind  speciesthaler,  keine  einzelne. 

ENKLI,  m.  taltu,  was  enkel :  und  dringen  aluo  ein  newen 
morbum  inn  ander  capiiel,  gleich  als  wenn  ich  den  cnkli 
ia  den  wein  «tiesze,  schaw,  wie  reimbt  e»  sich  zusammen. 


Pabacelsüs  chir.  sehr.  630',   was  besagt  diese  redensart  oder 
was  meint  enkli  sonst? 

ENKLICH,  profecto,  was  enke,  enkede.  im  oberhessischen 
Busecker  thal  gebräuchlich.  auch  die  var.  zu  riehst.  94  gibt 
enklich  neben  entlich,  und  wären  nicht  enke,  enkede,  so  liesze 
sich  endlich  (sp.  464)  schon  vergleichen. 

ENLICH,  avilus,  vom  ahnen  ererbt:  das  ist  als  (alles)  ir 
enlich  gut.    Chmel  Maximilian  s.  447. 

ENLICH,  similis,  ähnlich  (1,196)  z.  b.  in  Mich.  Neandebs 
menschensp.  8. 

ENNE,  m.  stultus  ?  ich  spreche  hie  schier,  das  könig  Heinz 
von  Engelland  ein  enne  were,  hat  in  doch  der  feufel  so  gar 
besessen,  das  er  sich  keines  anders  fleiszigt,  denn  aus  lau- 
term  mutwill  der  göttlichen  majestet  wort  öffentlich  zu  lestern 
und  sehenden.  Luther  2,15"'.  was  bedeutet  enne?  man 
könnte  denken  an  ende,  zipfel,  wofür  das  volk  verschiedentlich 
enne  spricht,  doch  gebraucht  Luther  selbst  nur  ende.  Stieler 
27  hat  enne,  eune,  aune  für  ahne,  agen,  palea  (1,194), 
ennen  und  scheben  acera ,  was  einen  leeren,  kernlosen  men- 
schen bezeichnen  könnte,   henneb.  önn  ni.  agen.  Rei.nwalo  2, 113. 

ENNEN,  was  enet,  ennet,  enten  jenseits. 

ENNERGETHEILT,  quadripartitus,  voc.  theut.  1482  g  5',  druck- 
fehler  für  enver,  invier  geteilt,  s.  Diefenbach  476'. 

ENNLICH  für  endlich,  ßeiszig,  arbeitsam: 
ich  will  arbeiien  geren, 
ennlich  und  frummer  weren.    ArRE«  fastn,  152*. 

ENS,  pl.  von  ans,  trabs,  balke  (1,  432) :  die  (blinden  rosse) 
seind  nirgends  zu  gebrauchen,  als  in  die  ens,  da  können 
sie  nirgends  anderstwo  hinkommen,  als  wie  die  andere  ros 
vor  ihnen  gehen  und  sie  nacher  schleppen.    Seüter  s.  145. 

ENSBAUM,  m.  was  ansbauni  (1,434):  wer  einen  gemark- 
ten ensbaum  in  den  wäldern  fallet ,  ist  der  herschaft  ver- 
fallen auf  gnade,  leib  und  gut.    weisth.  3,  739. 

ENSPIN,  m.  verticillus,  s.  anspinni,  465.406.  Henisch  897, 11. 

ENT,  untrennbare  partikel,  von  welcher  schon  1,495  die 
rede  war  und  gramm.  2,  713 — 716.  808 — 818.  3,  255.  4, 792. 
793  ausführlicher  gehandelt  ist.  sie  hängt  nicht  nur  mit  meh- 
rern fremden,  uralten  partikeln ,  sundern  auch  noch  lebendig 
mit  unserm  ende,  dem  vorstehenden,  entgegenstehenden ,  zu- 
sammen, üor  dem  nomen  behauptete  sich  die  volle  form  ant, 
z.  b.  anllitz,  antwort  und  in  dem  aus  andbaht  verstümmelten 
amt;  vor  dein  verbum  trat  schon  ahd.  die  Verdünnung  int 
ein,  und  was  mehr  schadete,  dies  int  wurde  vor  anstoszenden 
consonanten  zu  bloszem  in  und  mischte  sich  mit  der  ganz 
verschiednen  partikel  in.  ebenso  verhalten  sich  ent  und  en 
in  der  mhd.  verbalcomposition.  nhd.  hat  solches  en  wieder  auf- 
gehört und  ist  dem  ursprünglichen  ent  gewichen,  mit  aus- 
nähme jedoch  der  aus  entf  hervorgegangnen  empf.  wo  im 
verbum  ant  vortritt,  z.  b.  in  antworten,  liegt  immer  schon  ein 
zusammengesetztes  nomen  (antwort)  unter,  fehlerhaftes  ent 
für  en,  in  hat  sich  in  entzwei  und  entgegen  eingedrängt, 
liegt  auch  dem  empor  =  entpor  /Br  enbor  zum  gründe. 

Ent  bleibt  entweder  positiv  oder  wird  negativ. 

1)  es  drückt  gelindes  gegen  und  wider  aus,  ohne  den  im 
verbuni  liegenden  begrif  aufzuheben,  so  heiszt  entgelten  bei- 
nahe was  gelten:  du  sollst  es  mir  entgelten,  bezahlen,  wie 
gelten.  bUsten  oder  besten  ist  glubere,  entbästen  dasselbe; 
blecken,  blöszen  was  entblecken,  entblöszen;  neben  mhd. 
gellen  taucht  die  lesart  engellen  auf.  richten  ist  recht,  rich- 
tig machen,  entrichten  dasselbe,  entlassen,  loslassen  Itegl 
schon  in  lassen,  entnackten  denudare  schon  in  nackten  nu- 
dare  und  eine  me)ige  solcher  falle  zählt  der  verfolg  auf.  ent- 
nehmen kann  gleichviel  sein  mit  nehmen,  obschon  es  das 
davon,  entgegen  schon  hervorhebt,  enthalten  continere  begegnet 
dem  halten  tenerc:  das  fasz  enlhillt  oder  hüll  zehn  cinier. 
die  einfachen  verba  sind  fühlbar  sinnlicher  und  mit  dem  ent 
tritt  irgend  eine  abslraction  hinzu. 

2)  ent  wird  inchoativ  und  drückt  beginnen  aus,  was  sonst 
auch  durch  an,  er  oder  auf  bezeichnet  werden  kann:  die 
pflanze  cnlbluht,  blüht  auf,  erblüht,  das  feuer  entbrennt, 
das  laub  entspringt,  entsprieszt,  der  dieb  ist  entsprungen, 
entlaufen,  die  frau  cinpfüngt,  coneipit,  das  kind  entschläft, 
schhtß  ein,  die  flamme  entzünden,  anzünden,  der  geist  cin- 
plindel ,  fühlt.  häufig  haben  verba  dieser  irdeuluni]  einen 
dat.  bei  sich:  das  Inub  entsprieszt  dem  asl,  der  dieb  ent- 
springt dem  kerker,  der  stein  entrollt  dem  berge,  die  flamnie 
enisprillit  den  kohlen,  der  vogel  eniflug  dem  külich,  der 
kranke  ist  dem  tnd  entgangen,  entronnen,  der  stein  enlfiihr 


489 


ENT  —  ENTÄH.XLICHEN 


ENTALINEN  —  ENTÄUSZERN 


490 


seiner  band,  ihm  entfuhr  ein  seufzen  einigemal  kommen 
diese  und  die  folgende  bedeutung  in  demselben  worte  vor, 
z.  b.  in  entblühen. 

3)  ent  drückt  aus  ab,  davon,  los,  «eg  und  wird  ganz  pri- 
vativ, das  gegentheil  von  be:  entdecken,  enthüllen  ist  auf- 
decken, entkleiden  auskleiden,  entgürten  losgürten,  entschuhen 
ausschuhen ,  entbinden  losbinden,  entwafnen,  der  tcaffen  be- 
rauben, entkräften  die  kraß  benehmen,  entladen,  abladen, 
ausladen,  gegensatz  von  beladen,  entsagen  absagen,  wider- 
sagen, lossagen,  entschlieszen,  aufschlieszen ,  entweiben,  ent- 
heiligen, die  weihe  außeben. 

4)  solche  ent  können  verba  aus  subst.  zeugen,  ohne  dasz 
ihnen  das  einfache  verbum  entspricht,  man  sagt  entblättern, 
entgeistern,  entvölkern  wie  beblättem,  begeistern,  bevölkern ; 
blättern  kommt  vor,  nicht  aber  geistern,  Tölkern,  dem  ent- 
leiben, entwölken  sieht  zur  seile  beleiben,  bewölken,  kein  ««' 
faches  leiben,  doch  wölken,  ähnlich  dem  be  in  beratern,  be- 
thalern,  beliebreichen  (1,1203)  gilt  ein  entalineo,  entjungfern, 
entbären. 

ö)  Voss  hat  eine  gute  zahl  solcher  verba  mit  ent  gebraucht 
oder  versucht,  was  ihm  von  Schlegel  (Charakteristiken 
2,159 — 161),  doch  meistens  ungründlich  und  unberecMigt,  vor- 
gehalten wird,  nur  wenige  iassen  sich  aus  früheren  schriß' 
steilem  nicht  bestätigen. 

6)  composita  mit  ent  haben  den  vortheil,  dasz  sie  im  part. 
praet.  kein  ge  anhängen,  wie  die  nnl  trennbarem  an,  aus  Ihun 
müssen  ,•  den  dichtem  ist  daher  entflogen  oß  willkommen  statt 
fortgeflogen,  ausgeflogen  oder  entfragt  bequemer  als  abgefragt. 

7)  unserm  ent  zur  seite  steht  golk,  und,  un{)3,  ags.  od,  un 
(ucbindan,  untigean),  engl,  un  lunbind,  untie),  nnl.  ont, 
schw.  dän.  und.  die  nnl.  spräche  ist  weit  reicher  als  unsere 
an  solchen  Zusammensetzungen  mit  ont. 

ENTÄCHZEN,  ab  imo  duci: 

des  orcus  dampfgestaden 
eotäcbzie  wehgeheul.    Kosegarte.'«. 

ENTäDELN,  nobilitatis  honore  privare,  dehonestare,  herab- 
setzen, nnl.  ontadelen:  entadelte,  knechtische  Seelen.  WiE- 
LA.ND  16, 133 ; 

arbeiten  darf  er  nicht,  er  würde  sich  entadela. 
Hallbb  111  (123); 
wenn  wir  andern  ehre  geben, 
müssen  wir  uns  selbst  eniadeln.    Götbb  5,95; 

schon    hatte  Eva   vom   Versucher  jene   vergifteten   gährungs- 

stoffe   empfangen,    durch  welche  die  herlichen  anlagen  und 

gefühle ,    die   der   Urheber   des   lebens    zu   so  viel  besserem 

zwecke  bestimmt  hatte,  für  immer  entadelt  wurden.  46,  223 ; 

das  eniweihte  gefühl  ist  nicht  mehr  stimme  der  eöiter, 

und  das  orakel  verstummt  in  der  eniailelten  brusi. 

Schiller  87'; 

liebe   ist   das  wuchernde   arcan,    den   entadelten   könig  des 
goldes  aus  dem  unscheinbaren  kalke  wiederherzustellen.  756' ; 
damals  liesz  in  das  joch  kein  tapferer  stier  sich  entadehi, 
nicht  mit  gebändigtem  maul  knirscht  in  die  zügel  das  ros. 
Voss  Tiftu«  1,4,41. 
s.  entedeln. 

ENTADELUNG,  f.  fem  sei  und  bleibe  doch  von  würdigen 
deutschen  gelehrten  diese  entadelung  ihrer  erlauchten  namen. 
Fichte  über  die  franz.  rev.    262. 

ENTADERN,  venas,  nervös  excidere,    entnerven:   wie  trun- 
kenhait  ainen   menschen  ganz  entäderet,    das    er  onmechtig 
swach  wirt.    Keisersberg  siben  scheiden  S  4' ;  die  Juden  ent- 
ädem  das  geschächtete  vieh ;  kein  hinderteil  essen  sie  on  ent- 
ädert, daruinb   das   der  engel  dem  Jacob  sein  Schenkel  ver- 
renkt hat.     welch   ader  man   nemen    soi,    davon   haben  sie 
ein    grosz    buch;    wie    si   ihr  vihe   metzigen    und   entädern. 
Frask  weltb.  151';   also  mag  man  das  ganz  leiden  Petri  und 
Pauli  entederen,  so  man  ihnen  gnauw  will  nachsehen,  chron. 
262';    himmeln,    er  hat  sich  entäderet  (umgebracht)'.    Niobe 
Singspiel.  München  1688  s.  87 ;    man   musz  Thebe    überfallen 
und  den  Ampbion  entäderen.  (.  19 ; 

wen  Sirengen  richters  sprach  zur  langen  qual  verteilt, 
sein  leben  kümmerlich  mit  ach  und  weh  zu  rädern, 
dem  darf  kein  Zuchthaus  nicht  der  kräfle  mark  eniädern, 
nicht  schürfen,  steiuscbniu  nicht,  und  wenn  er  eisen  feilt. 
Stiilkrs  Sprachschatz,  vorrede. 
t.  ausäderii  1,  825,  beädem  1, 1206,  durchädern  2, 1582. 
ENTAHNLICHEN,  dissimile  esse,  aufhören  zu  gleichen: 
schwelget  von  dem,   was  die  kunst  gebar,    die  vergleichnng 
.      .....  .  entahnhchi 

ourcli  ibr  heiteres.  Klopstock  2, 164. 


E^TTÄLIXEN,  Alinam  exuere,  die  Aline  ablegen,  bei  seite  legen  : 

sie  liesz  sich  ihren  bofornat 
durch  eine  traute  zofe  bringen, 
sie  entalmte  sich.    Bürger  lü^'. 

EXTANSELMISIEREN :  aber  mein  guter  vater,  so  geschwind 
sie  sich  anselmisieri  haben,  werden  sie  sich  aach  wieder 
entanselmisieren  müssen.    Lessi.ng  1,  500. 

ENTAR.MEN,  amputare  brachium,  rapere  ex  amplexibus. 
Stieleb  54. 

E.NTARMEN,  ab  egestate  traducere.    Stieleb  57. 

ENTARTEN,  degenerare,  aiisarten,  aus  der  art  schlagen, 
Stieleb  59,  nnl.  ontaarden,  vgl.  unarten : 

1)  der  stamm  entartet,  verdirbt,-  eine  entartete  mutter, 
nnl.  ontaarde  moeder; 

entartet,  Roraulus  enkel,  und  gleicht 

bei  dem  wollustmahle  dem  tbier!    Klopstock  8, 98; 

sie  entarten  nicht,  sie  gehen  aus.    Stolberg  9,285; 

wenn    die  liebe  die  nemliche  ist,    wie  könnten   ihre   kinder 

entarten?  Schiller  112". 

2)  in  etwas:  die  natürliche  grazie  der  Stellung  entartet  in 
eine  beugung,  als  ob  er  sich  ein  kleid  wollte  anmessen 
lassen.    Schiller  699'. 

3)  zu  etwas ;  dieses  streben  entartete  zu  geheimniskrämerei. 
Beckers  wellg.  12,  16. 

4)  sich  entarten:  wie  die  gute  speise  in  einem  verdorbe- 
nen magen  von  ihrer  guten  eigenschaft  sich  entartet  und  in 
ungesunden,  schädlichen  saft  verändert.    Bctschet  Palm.  733. 

Entästen,  ramls  privare :  eine  herliche  buche ,  entblät- 
tert, entästet,  mit  geborstener  rinde.  Göthe  39,  266.  s.  ab- 
ästen, ausästen. 

ENTATHMEN,  nnl.  ontademen, 

1)  transitiv  auszer  athem  bringen,  exanimare: 

wer  bist  du,  dasz  durch  saat  und  forst 
das  burrab  deiner  jagd  mich  treibt, 
eniaihmet  wie  das  wild?    Bcrgrr  20*; 
der  zephyr  erquickt  entathmete  busen  . . .; 

allein  ermattet  sind 
von  streiten  deine  glieder,  oder  furcht 
beklemmet  und  entathmet  dich.    16S*. 

2)  intransitiv,  auszer  athem  kommen: 

zum  entaihmen,  zum  ersticken.    Göthe  41,200. 

3)  emanare,  entströmen: 

und  mir  entathmet  die  wonne  wie  blitz,  die  gewölke  durch- 
scblänglend.     Voss  2, 266. 

ENTÄCGEN,  eaecare,  oculis  privare,  nnl.  ontoogen: 
0  weih  so  gar  verblendet, 
so  gar  von  lieb  eniäugt.    Spbb  tnüzn.  57  (54). 

einen  entäugen,  ihm  die  äugen  ausstechen. 
ENTÄUSZERN,  alienare,   entfremden, 

1)  verduszem,  von  sich  geben,  wegbringen,  entfernen:  also 
ist  es  mir  mit  ewrem  herren  widerfahren,  welchen  das  glück 
immerdar  von  mir  absentiert  und  enteuszert.  Amadis  157 ; 
dasz  ich  etwas  sag,  welchs  so  gar  von  der  warheit  ent- 
euszert (ist).  202;  weil  durch  sein  hülf  ich  die  freud,  von 
deren  ich  jetzt  genzlich  enteuszert  (bin),  wider  zu  überkom- 
men verhof.  262;  so  waren  sie  doch  von  allen  andern  ge- 
danken  so  gar  enteuszert,  dasz  sie  der  zeit  nicht  achtung 
geben.  363;  mundre  uns  auf  und  uns  nicht  thu  enteuszern 
immerdar  so  lange.  Melissüs  ps.  13";  er  (Moses)  musz  es 
(das  volk)  wieder  in  die  menschenrechte  einsetzen,  die  es 
entäuszert  hat.  Schiller  1017' ;  ein  theil  der  absoluten  tota- 
lität  wird  entäuszert,  wird  gesetzt  als  nicht  {sc.  vom  ich) 
gesetzt.  Fichte  grundl.  der  w.  l.  105;  habe  ich  nun  das  ich 
vollkommen  entäuszert  durch  denken  aus  der  unmittelbaren 
Innern  anschauung  heraus  und  in  die  region  der  äuszem 
Wahrnehmung  gestellt,  thals.  des  bewusts.  91;  in  so  fem  ist 
das  ich  nicht  entäuszert  (nicht  herausgetreten  aus  dem  innem 
in  das  äuszere).  ebenda;  factisch  bbeb  das  sein  sich  selber 
entäuszert.  naehgel.  werke  2,  274. 

2)  sich  entäuszern,  si'cA  begeben:  dieweil  die  zeit,  in  der 
wir  uns  von  hinnen  entäuszern  sollen,  genzlich  nicht  bestimpt 
noch  limitiert.  Amadis  384 ;  des  trunkes  habe  ich  mich  gänz- 
lich entäuszert  (a  potu  abstinui).  Schw£i.<<icben  2,230;  wie 
man  sich  dieses  und  jenes  enteuszern  musz.  pers.  baum^  2, 1 ; 

die  einigkeit,  o  herr,  der  grund  zu  hohen  häusern, 
musz  auszen  nimmer  euch  noch  innen  sich  enteuszern. 
LoGAU  3, 144,45; 
was  hat  doch  meinen  schäfer  bewogen  von  mir  sich  zu  ent- 
äuszern? Sic«,  t.  BiREES  Margaris  207;  es  sei  gut,  sich  von 


491 


ENTÄÜSZERUNG  —  ENTBAREN 


EKTBÄREN  —  ENTBEHREN 


492 


den  erhöheten  freunden  zu  enleuszern.  Butscbky  Palm.  419; 
ihrer  vil  lassen  ibnen  aus  dem  vergüldenen  becher  der  ver- 
gänglichen lüsten  diser  weit  schenken,  davon  sich  aber  enl- 
euszert  dein  br.  kanzlei  G37 ;  sein  entschlusz  sich  der  weit 
zu  entäuszern.  Hagedorn  2,  4 ;  er  war  doch  noch  lange  nicht 
alt  genug,  um  sich  der  weit  ganz  zu  entäuszern.  Wieland 
3,213;  ich  entäuszere  mich  dieser  feder,  ich  setze  das  dinten- 
fasz  bei  seile.  Güthe  14,99;  eines  gemiiths,  das  sich  doch 
zuletzt  derselben  {seiner  wünsche  und  hofnungeti)  auf  ewig 
entäuszern  musz.  14,179;  ihdem  er  sich  entschlieszt,  die  für 
ihn  allzusehr  verflochtene  landwirtschaftliche  besorgung  auf- 
zugeben und  sich  des  einige  jähre  frohgenossenen  grundbe- 
besitzes  zu  entäuszern.  32,259;  genug,  sie  {die  sicli  den  wei- 
berrollen  uidmenden  jungen  männer)  suchen  sich  ihres  eignen 
geschlechts  so  viel  als  müglich  ist  zu  entäuszern.  38, 176 ; 
die  ma.\ime  des  geizes,  wobei  man  sich  blosz  den  besitz 
zum  zwecke  macht  und  sich  des  genusses  entüuszert.  Kant 
5,265;  weil  dies  eben  ein  sichentäuszern  ist.  Ficbte  Ikats. 
des  b.  112 ;  nun  also,  wenn  ihr  dieses  sohnes  euch  entäuszertet. 

Schiller  104'; 

der  um  der  freunde  willen 
sich  seines  rechtes  selbst  entäuszern  mag.    Tieck  3,405. 

EMÄÜSZERÜNG,  f.  alienatio:  des  geldes  enteuszerung. 
gespenst  59;  sie  haben  sich  oft  begnügt,  Thucydidis  einzelne 
Versicherungen  zu  übersetzen  und  die  Verantwortung  für  die 
richtigkeit  der  ganzen  begebenheit  ihm  selbst  überlassen,  eine 
entäuszerung,  die  so  gar  unbillig  nicht  sein  würde,  wenn  nicht 
w.  s.  w.  Heilmanns  von.  zu  Tliuc.  s.  9;  und  dann  die  ent- 
äuszerung (entsagung) !  wenn  ich  trockne  handlungsarbeiten 
thun  sollte,  fielen  mir  gelehrte  gedanken,  charactere  und  plane 
zu  romanen  und  Schauspielen  ein.  aber  ich  widerstand. 
GöCKiNGKS  leben  Friedr.  Nicolais  s.  15; 

dasz  dir  die  mutterpflicht  entäuszerung 

der  hoheit  auferlegt.    Gotter  2,218; 

entäuszerung  der  menscbheit  durch  mönchische  zucht.  Schlos- 
ser welly.  4,439;  der  bcgrif  consumli  fructus  ist  nicht  auf 
das  eigentliche  verzehren  beschränkt,  sondern  umfaszt  auch 
jede  anderweitige  entäuszerung.  Göschen  Vorlesungen  1,  240. 
ENTß.^N,  invideo,  invidet,  Überbleibsel  der  uralten  anomalie, 
Kie  sie  auch  hin  und  wieder  in  erban,  gan  und  vergan,  na- 
menllich  bei  Frane,  Waldis  und  Rollenhagen  auflrill;  doch 
scheint  entban  ein  fehler  oder  irrthum  für  enban  oder  erban  :  nit 
das  uns  gott  deren  {der  schriß)  verstand  entban.  Frank  verbül- 
schiert  buch  1559  vorr.  2'  und  ößer.  später  aufhörend,  wie  wir 
heute  gönne  gönnt,  misgönne  misgünnt,  vergönne  vergönnt 
sagen,  würde  auch  entbönne  entbönnt,  erbönne  erbönnt  ent- 
sprungen sein,  doch  begegnen  sie  ebenso  wenig,  tadelhaß  bildet 
derselbe  Frank  die  dritte  pcrson  auf  entbant  (wie  in  einer  gleich 
folgenden  stelle  weiszt)  und  den  inf.  auf  entbannen :  es  ist 
kein  teufelskind  oder  ungläubiger,  der  sich  den  zoren  über- 
winden läszt  ausz  neidischem  herzen,  das  er  sein  brüder  gern 
in  einem  löffel  ertrenkt  und  entbant  [misgönnt),  das  ihm  die 
sonn  scheint,  paradoxa  83*;  und  haltens  für  ein  grosze  thor- 
heit,  das  man  küwe  und  ros  etwa  umb  gelt  zubringt,  und 
disz  gut,  so  er  nit  zu  brauchen  weiszt,  ausz  eigner  lieb  an- 
dern will  aufhalten,  verlegen  und  entbannen  {misgönnen). 
«eltb.  84'.     s.  empan  sp.  420  und  entgunden,    engunden  bei 

DlEFENBACH    306*. 

ENTBANGEN,  ENTBÄNGEN,  vacuum  reddere  a  timore. 
Stieles  92. 

ENTBAR,  sursum,  empor:  da  nu  Reinhart  durch  die  fröner 
in  Bein  geworfen  was  worden,  sein  leichnam  ging  nicht  zu 
grund,  sonder  bleib  entbar  schwimmen.  Aimon  F3';  disz  ist 
ein  heiliger  leichnam,  gott  will  in  nit  verloren  haben,  sehcnt 
ir  nit,  wie  die  lisch  durch  die  kraft  gotles  in  entbar  hallen? 
daselbs'.     s.  enfpor,  enlpfor. 

ENTBARBABL'NG,  f.  absolutio  a  barbarie:  dadurch  bringt 
p«  diese  spraciie  doch  wo!  nicht  weit  in  der  enlbarbarung.- 
Klomtock  gramm.  gespr.  s.  231. 

ENTBAREN,  denudare,  detegere,  enlblösten,  entdecken,  mhd. 
enbarn  {wb.  l,  14l'.  142*) : 

ein  man  von  sechzig  jaren 

»Ol  ainorschaft  vermeiden, 
mein  peichi  rnuexz  ich  entparnn. 

da>  ich  darumb  trag  ein  inichs  Injden. 

POtkricu  bei  Itaupi  6,  3C; 

Noe  der  begunde  nach  der  sintflule  »inen  wingortcn  ze  buwen. 
do  er  des  winen  gedrank,  do  wart  er  rntwTlmet  da  von,  da; 
er  ne  wesw  wa;  er  tct  uode  enberte  sich.  Moke  ans.  8,  M4. 


in  der  ersten  stelle  scheint  entp&ren,  in  der  zweiten  enbaeren 
für  enbaren  eingetreten. 

ENTBÄREN,  s.  entbehren. 

ENTBÄREN,  ex  urso  hominem  facere:  ein  häszlicher,  un- 
freundlicher bär  bin  ich  diesen  winler  über  gewesen,  seit- 
dem der  frühling  wieder  angefangen  hat,  mich  etwas  zu  ent- 
bären,  kann  ich  doch  etwas  mehr  in  articulierten  menschen- 
tönen  reden.    Bürger  482*. 

ENTBÄSTEN,  deglubere,  decortieare.  Dasypodics  303':  man 
müsz  in  {den  hasen)  straifen  oder  entbästen,  als  die  Jäger 
thünd.  Keisersberg  has  im  pf.  Cc3*;  wenn  man  einen  hasen 
ströuft  oder  enlbestet,  so  gat  es  wol  von  statt,  aber  so  man 
an  den  köpf  kompt,  so  will  er  nit  fürt,    postille  2,  113. 

ENTBALCHEN,  dissecare,  aufschlitzen: 

allein,  wann  auf  dem  llnrz,  nun  lang  genuer  gequält, 
ein  aufgebrachtes  schwein  zuletzt  den  tnd  erwählt, 
die  dicken  borsten  sirnubl,  die  starken  wjilTen  wetzet 
und  wütend  übern  schwärm  entbauchier  huiide  setzet. 
Haller  76  (84). 
auch  Wieland  19,  342  hat  entbaucht. 

ENTBEBEN,  tremule  elabi,  excidere,  enlzittern,  erst  nach 
1750  gebildet: 

mit  seiner  purpurfarbe  wehn 
kam  sieg  auf  unser  beer, 
dem  feind,  kaum  hat  er  ihn  gesehn, 

entbebie  schwert  und  sper.    Höltt  227,8; 
mancher  leise  wünsch  enibebte 
seufzend  meiner  brüst.    Stolbbrc  1,  233; 

allen  entbebet  dir, 
Here,  ein  schmachiender  blick.    4,62; 
dasz  thränen  mir  entheben.    Scbubart  1,  . .  .; 
herzen,  die  gen  hiinniel  sich  erheben, 
thränen,  die  dem  äuge  still  entheben.    Matthisson  ged.  5; 

Hektor  erscheint, 
und  wo  er  stürzt,  da  enlbebst  nicht  du  allein  ihm.    Voss. 

ENTBEHREN  [entberen],  carere,  mangeln,  ermangeln,  enl- 
raten,  ahd.  inpöran  (Graff  3, 145),  mhd.  enbärn  {wb.  1,155'),  nnl. 
onlberen,  sclnu.  umbära,  vgl.  undvara,  dän.  undväre.  kein  ags. 
odberan.  Luther  und  mehrere  schreiben  empern,  nitr  weish. 
Sal.  17,  9  steht  entbern ;  alle  älteren  aber  halten  noch  das 
mhd.  starke  verbum  fest,  praes.  cnbir,  praet.  enbar,  pari,  en- 
born,  erst  im  17  jh.  mag  entbehre,  entbehrte,  entbehrt  auf- 
kommen, wie  nl.  ontbeerde,  ontbeerd.  auffällt,  dasz  Dasy- 
poDius,  Frisiüs,  Maaler,  Henisch  das  wort  überall  nicht  haben. 
Stieler  schreibt  entbären,  stellt  aber  nur  den  inf.  auf,  Denzleb 
entbahren.  im  voc.  theut.  1482  g  2"  ist  embern,  g4*enperen. 
Keisersrerg,  ScnwARZENBERG  uud  andere  gebrauchen  es  o/l. 
dem  Volk  in  der  Schweiz,  in  Schwaben,  Baiem  scheint  es  un- 
gewöhnlich. 

so  die  form,  schwieriger  die  bedeutung.  beren  ist  ferre, 
tragen,  entberen  wäre  wörtlich  aufcrre,  enttragen,  doch  der 
entbehrende  enlträgt  nicht,  nimmt  sich  nicht,  es  wird,  ist  ihm 
enttragen,  genommen,  ihm  entgeht,  entbehren  musi  also  aus 
einem  intransitiven  sinn  der  würzet  entspringen,  fasse  man 
hehren  als  bei  sich  tragen,  an  sich  tragen,  haben,  so  wird  ent- 
behren nicht  mehr  an  sich  tragen,  nicht  mehr  haben,  nicht 
haben,  mangeln,  ungefähr  wie  lathen  bedeutet  walten,  entra- 
then  nicht  mehr  walten,  mangeln.  Beneckes  ansieht,  das 
mhd.  enbern  sei  völlig  verschieden  vom  nhd.  entbehren  seheint 
unbegründet,  beide  gewähren  denselben  sinn  und  die  erlöschende 
starke  ßexion  ändert  darin,  wie  sonst  in  vielen  fällen,  nichts, 
intransitiv  sieht  das  verbum  entweder  ohne  casus  odif  mit  dem 
gen.  der  sache,  allmalich  fand  sich  auch  ein  transitiv  mit  den^ 
acc.  ein.  das  verbum  pflegt  von  adverbien  wie  leicht,  gern, 
viel,  ganz  und  gar,  oder  schwer,  ungern,  kaum,  wenig  begleitet 
zu  sein,  entbehren  hat  immer  bezug  auf  den  entbehrenden, 
mangeln  und  fehlen  stehn  allgemeiner,  die  ausdrücke  es  man- 
gelt, fehlt  geld  werden  mit  ich  entbehre  geldes  erst  durch  ein 
zugeßgtes  mir  gleichbedeutend,  missen,  vermissen  ist  auch 
carere,  geht  aber  auf  ein  verlornes,  bestintmt  gesuchtes,  darben 
und  bedürfen  sind  egere,  indigere,  d.  h.  bezeichnen  noih,  die 
im  blossen  entbehren  und  nicht  haben  unenthallen  ist,  Sehnsucht 
und  leid  kann  darin  liegen.  Alberus  hat  folgenden  artikel: 
carco,  egeo,  indigeo,  vaco,  ich  cmper,  mangel,  leid  armut, 
ich  darb,  bedarf,  mir  feclt,  mangelt,  bab  nit,  ich  kans  em- 
pern, possum  carere. 

1)  entbehren  tuweilen  ohne  casus,  der  sich  doch  leicht  hinzu 
denkt : 

ein  krAI  Ut  iixtgcflogen 

dem  kipinhock  in  xin  Und. 

ktai,  du  hfiueiifwol  ombom  {et  unterloMun), 

worost  bliben  in  dinom  noiU    KOaniu  hitl.  •oUul.  SS; 


493 


ENTBEHREN 


ENTBEHREN  —  ENTBIETEN 


494 


freade!  da  steht»,  eia  geniuswerk,  und  mir  ist  doch 

etwüs  nicht  da.   ich  en  bebre.     Klop^toce  2,49; 

entbehren  sollst  du,  sollst  enibehrenl 

das  i<t  der  ewige  ges.ing. 

der  jedem  an  die  ehren  Itlingt.    Göthe  12,  SO. 

2)  mit  persönlichem  gen.     schon  könig  Heinrich: 

swer  nu  disiu  liet  singe  vor  ir, 

der  ich  so  gar  unsenl'teclich  enbir, 

ei  si  wib  oder  man,  der  habe  si  gegrüejet  von  mir. 

MS.  1,1', 
Jon  weij  ich  niht  ein  ende, 
wie  lange  ich  din  enbir.     Waith.  89  2S; 
Ich  din  unsanrt  enbir.    G.4.  2,  279; 
waj  sol  ich,  swenn  ich  din  enbir?    Iw.  1466. 
tüid.  seind  goit  wlllkomen,  Danhauser. 

ich  hab  eur  lang  emhoren.    L'bland  76ö; 

man  kan  ir  in  der  stad  nicht  emperen.  Sirach  38, 36 ;  ist 
doch  kein  dorf  so  klein,  das  eins  Schreibers  emperen  künde. 
Luthers  vorr.  zu  Menü  oecon.  christ.  1529  a3'; 

der  weiber  und  des  weins  aur  ewig  zu  entbehren. 

\Viela:id  5,  ls3; 
sie  {die  sitle)  heischt,  dasz  deine  andern  löchter  in 
BlTcen  der  multer  länger  nicht  entbehren.    Schillbr  223'. 

3)  mit  sächlichem  gen. 

der  andern  bet  ich  wol  enbaer.    Helbl.  4,  851; 

doch  so  ain  arzt  lang  praciicirt, 

der  kunst  und  frümkait  nit  entpirt.    Schwarzknbkrg  137, 1  ; 

geiz  und  hoffart  ist  mein  begir, 

drüm  raubs  und  brands  ich  nit  empir.    146, 1 ; 

al  gründ  erzälen  nach  der  leng 

geprauchet  wori  ain  grosze  meng. 

aus  haiiger  schrift  der  ich  empir, 

bat  mich  darin  vergangen  schier.    154,2; 

wer  groszer  laster  nit  enibirt, 

des  schand  und  straf  untödlich  wirt.    158,  1; 

es  dunkt  mich  nit  gute  noch  bewerte  münz  sin,  widerwer- 
tigkeit  und  iiden  zu  haben,  ich  enbir  sin  wol.  Keisersberc 
61/3.82*;  da  die  thier  unter  sie  füren  und  die  schlangen  mit 
häufen  so  zischten,  das  sie  auch  in  die  luft,  welcher  sie 
doch  nicht  entberen  konden,  nicht  gern  sahen,  iceish.  Sal. 
17,9;  man  solle  fasten  und  alle  Übung  dahin  richten,  das 
sie  den  alten  Adam,  die  sundliche  natur  drückten  und  ge- 
weneten  zu  empern  alles  des,  das  diesem  leben  lustig  ist. 
LcTBER  1,186';  wenn  wir  krank  sind  oder  der  eines  {unius) 
emperen  müssen.  5,44';  wenn  wir  sollen  der  luft  eines  Vater- 
unser lang  emperen.  ebenda;  dasz  man  dem  so  wider  einge- 
setzt bedenkzeit  geben  und  in  zufriden  lassen  sol,  so  lang  er 
des  seinens  {segnens)  entborn  hat.  Nicrinls  papist.  inquisition 
s.  118;  sie  sollen  es  (ejus)  lieber  empören  haben,  denn  es  was 
in  keinem  guten  geschehen.    Agricola  spr.  Wörter  n'488; 

wann  jemand  will  zu  viel  begern, 

der  rausz  darnach  auch  des  empern, 

das  ihm  zuvor  gott  hat  beschert.    Albskcs  Esop  19'; 

als  sies  nun  wollen  nicht  empern, 

da  gab  ihn  Jupiter  ein  berrn.    21*; 

mit  nichten  soltu  dich  beschwern, 

dein  obrigkeit  herzlich  zu  ehrn, 

man  kan  ir  warlich  nit  empern.    33'; 

ja  sag  ich  dir,  es  möcht  vielleicht, 

du  werst  gestorben  ungebeicht, 

damit  der  absolutz  eniborn, 

so  werst  mit  leib  und  seel  verlorn.    Waldis4,  1  6/.  207'; 
dasz  ich  jeiz  musz  entpären 

der  lieben  gegenwart,  des  buldgespräclis,   der  lären  {be- 
lehrungen).    Rosplsr  81 ; 

wir  können  vieler  ding  entbehren 

und  dies  und  jenes  nicht  begehren, 

doch  werden  wenig  männer  sein, 

die  weiber  hassen  und  den  wein.     IIackdor?»  3,102; 
ein   geschenk,    dessen   sie  besser   hätten    entbehren   mögen. 

WlELASD    15,  13. 

4)  allmdttch  schlich  statt  des  gen.  der  persönliche  wie  säch- 
liche acc.  ein,  tcodurch  das  verbum  transitiv  wurde  und  den 
sinn  von  missen,  vermissen,  verlieren,  sich  nehmen  lassen 
empßeng:  denn  alles  was  ir  verlieret  oder  emperen  müszt 
umb  des  evangelii  willen,  das  ist  stracks  gctt  selber  in  seiner 
person  geopfert  und  gegeben.  Lcther  6,  16';  das  er  lieber 
hundert  gülden  {was  doch  auch  ein  gen.  pl.  sein  könnte)  em- 
pören hritte.  Mich.  Neander  metjscAenjp.  47';  ardelio,  ein  für- 
witziger, unruwiger  mensch,  der  vil  auszrichten  wil,  das  {zu  thun) 
er  doch  kein  befehl  hat  und  man  wol  entpcrn  künd.  Albercs; 

andre  vollen  {füllen),  sich  entleeren, 

lohnen,  doch  den  dienst  entberen, 

immer  geben,  nimmer  nemen, 

nimmer  lachen,  immer  grämen.    Logad  1,  65,  81 ; 


ja,  eh  ich  diesen  rein  entbehre, 

so  meid  ich  lieber  gut  und  land.     Gellert  1,  70; 

geniesze  was  dir  gott  beschieden, 

entbehre  gern  was  du  nicht  hast, 

ein  jeder  stand  hat  seinen  frieden, 

ein  jeder  stand  auch  seine  last.    2, 135; 

wir  alle  sprechen  gern, 
und  frauenzimmer,  meine  herrn, 
sind  ganz  und  gar  nicht  da,  die  spräche  fu  entbehren. 

Job.  Be.nj.  Michaelis  im  alm.  der  d.  musen  1771 1. 3; 
doch,  Doris,  weil  ich  dich  niemals  entbehren  lerne, 
so  straf  ich  manchesmal  des  trägen  Schicksals  schlusz. 

Rost  scliäferged.  s.  65 ; 
der  fürstentochter  eitlen  überflusz 
froh  zu  enthebrcn.    G0TTEal,3; 
die  arme  schlingen  um  den  liebsten  hals 
des  armen  flüchtlings,  ach,  des  lang  entbehrten! 

Schiller  237'; 
schon  lange  zeit  entbehr  ich  im  gefängnis 
der  kirche  trost,  der  sacramente  woithat.    407'; 
fürwahr  ein  groszes  glück,  das  mai»  entbehren  könnte. 

GöTUE  7,  5; 
begegn  ihm,  dasz  er  glaubt,  du  könntest  ihn  entbehren.  7,9^. 

5)  selten  erseheint  ein  reflexives  sich  entbehren  im  sinne 
von  sich  verstecken,  sich  wegthun,  entfernen,  also  deutlich  enl- 
Iragen:  auf  solches  haben  sie  ein  process  angefangen  mit 
beten,  fasten  und  die  leut  beschworen,  da  hat  sich  der  teufel 
gleich  entboren,  als  sei  er  hinweg,  und  aber  es  ist  nicht. 
Paracelscs  2, 264*.  dieser  merkwürdigen  bedeutung  gedenkt 
auch  Adelung  als  einer  oberdeutschen,  ohne  beleg. 

ENTBEHRLICH,  superfluus,  quo  carere  possumus:  ein  ent- 
behrlicher mensch;  ausländische  gewürze  sind  entbehrlich; 
eine  entbehrliche,  unentbehrliche  ausgäbe;  geld  ist  dazu  un- 
entbehrlich; er  hat  sich  selbst  entbehrlich  gemacht,  man  be- 
darf seiner  nicht. 

ENTBEHRLICHKEIT,  f. 

ENTBEHRUNG,  /.  inopia:  entbehrungen  aller  art  traten 
ihm  in  der  fremde  entgegen ;  mit  kummer  und  entbehrung. 
Göthe  20,  96. 

ENTBEHRUNGSKUNST,   f.   die  kunst  entbehren  zu  können. 

ENTBEHRL'NGSVOLL:  die  see  ist  seine  stürmende  ent- 
behrungsvolle heimat,    Dyanasore  5,  330. 

ENTBEISZEN,  edere,  eigentlich  mordere,  beiszen,  das  goth. 
andbeitan  kommt  nur  abstraci  vor  alsjschelten,  increpare,  wie 
auch  lat.  mordere  mit  Worten  anfallen  bedeutet,  doch  das 
ahd.  inpijan,  mhd.  enbijen,  nnl.  ontbijten  ist  sinnliches  edere, 
gustare,  das  ags.  onbltan  scheint  anbeiszen  und  beide  Wörter 
lägen  sich  ganz  verwandt,  nhd.  begegnet  entbeiszen  nur  selten 
und  erlischt  endlich  ganz :  kompt  der  ammiral  morgen,  so 
soll  er  on  streit  nit  hinnen  scheiden,  wann  ich  wil  nit  essens 
entbeiszen,  er  sei  dann  ubenvunden.  Aimon  C4';  weil  sie 
den  tag  und  die  nacht  nie  essins  entpissen  hatten.  Roth 
(Aür.  ehr.  bei  Frisch  1,79*; 

hab  kein  menschliche  speis  eotbissen.    H.  Sachs  IIL  2,  51'. 

ENTBESTEN,  s.  entbästen. 

ENTBIETEN,  imperare,  mandare,  ahd.  inpiolan,  mhd.  eo- 
bieten,  nnl.  ontbieden. 

1)  einem  etwas  melden,  sagen  lassen,  zu  wissen  thun,  zu- 
mal in  der  gruszformel: 

mhd.  hie  enbiutet  liep  ein  ander  liep.    Parz.  55,  21 ; 
dir  enbiutet  minne  unde  gruo; 
min  lip.  76,  23; 

iu  inbiutet  den  dienest  sin, 
richer  kunic,  meister  Bendin.    Reinli.  1873; 

es  sind  bei  inen  zweene,  durch  dieselbigen  kanst  du  mir  ent- 
bieten, was  du  hören  wirst  2  Sam.  15,  36;  der  könig  Alexander 
entbeut  seinem  bruder  Jonathe  seinen  grusz.  l  Macc.  10, 18 ; 
der  könig  Demetrius  entbeut  seinem  bruder  Jonathe  und  dem 
jüdischen  volk  seinen  grusz.  II,  30 ;  'hör  hieher,  wa  kumstu 
von  Koldingen?  was  entbüt  uns  dann  der  winter?'  Ulen- 
spiegel  sprach  'der  wil  euch  nit  entbieten,  er  wil  euch  selber 
ansprechen'.  Eulensp.  hisl.  16  s.  22 ;  'wilt  dem  von  Bach  nichts 
entbieten?  diser  geht  hin  den  Schwelkendarra  zu  waschen'. 
Garg.  lOO';  und  hat  mir  solchs  Euphratcs  selbst  entbotten. 
buch  der  liebe  217,  4 ;  Hydaspes  entbeut  seiner  lieben  Persina 
alle  hreude,  'du  soll  wissen,  dasz  wir  die  Persen  überwunden 
haben',  222,  3 ;  dem  allergütigsten  könig  entbeut  Oroondates, 
des  groszen  königs  oberster  feldlierr,  sein  untcrthenigen  dienst. 
228,  t;  damit  Reinhart  im  entbieten  möcbt,  wie  es  um  Philo- 
mena  stünde.  255,  2 ;  ich  wil,  sobald  ich  immer  in  Portugal 
komme,  euch  entbieten,  wie  es  umb  mich  stehe.  256, 1 ;  doch 


495 


ENTBIETEN  —  ENTBINDEN 


ENTBINDEN 


496 


sag  ich  nicht,   dasz  man  unterwegen  sol  lassen,   den  leuten 

zucht  und  ehre  zu  entbieten.    291,3; 

wir  lassen  dem  nbt  von  St.  Gallen  entbieten, 
Hans  Beudix  soll  ihm  nicht  die  schafe  mehr  hdten. 

BÜRGER  67'; 
der  könig  wollte  mir 
wahrscheinlich  nicht  durch  sie  entbieten  lassen, 
was  sie  mir  sagen  werden.    Schiller  281'; 
was  bringt  er  uns  vom  grafen  Thurn  ?  'der  graf  entbietet  dir, 
er  hob  den  schwedschen  cauzler  aufgesucht'.    339'; 
mit  feinheit  und  verstellter  lieb  erschleichen, 
was  er  in  rührung  mir  schon  halb  entbot.    Tikck  3,47; 

dasz  ich  den  jungen  Ferdinand  hier  vermisse,  der  uns  auch 
in  der  Stadt  seine  dienste  nicht  entboten  hat.  ges.  nov.  4, 350. 
wenn  ein  höherer  und  vorgesetzter  entbietet  heiizl  das  natür- 
lich befehlen  und  gebieten:  alles  was  du  deinem  knecht  ent- 
boten hast,  wil  ich  thun.  1  kön.  20,  9 ;  und  die  ehesten  theten 
wie  inen  Isabel  entboten  hatte.  21,11;  und  entbot  den  kle- 
gern  auch,  das  sie  für  dir  sagten,  was  sie  wider  in  hellen. 
apostelg.  23,  30.  das  blosze  entbieten  wurde  verschiedentlich 
auch  in  zuentbieten  verstärkt:  da  entbotten  wir  in  zu  (riefen 
wir  ihnen  fragend  zu),  von  wannen  sie  schiften  und  wer  sie 
weren?  da  antwort  ir  hauptmann,  er  wer  ein  mor.  Frank 
weltb.  218';  dasz  es  gefariich  viel  über  land  zu  schreiben, 
maszen  ihme  neulich  einer  zuenlbieten  lassen,  sobald  er  den 
herren  ansichtig  würde,  solle  er  ihme  seinen  eigenen  brief 
fressen  müssen.    Butschkt  kanzl.  63. 

2)  einen  entbieten,  herbeirufen,  zu  sich  befehlen:  woselbst 
der  markgraf  eine  ansehnliche  schule  gestiftet  und  dahin  die 
fähigste  ingenia  entboten  und  aufgesuchet.  Bbandts  ber.  von 
Taubmann  s.  18;  churfürst  Christianus  und  herzog  Friedrich 
Wilhelm  haben  gar  gerne  Taubmann  um  sich  gesehen  und 
ihn  oft  nach  Dresden  entbieten  lassen,    s.  45 ; 

dank, 
dasz  du,  mein  könig,  mich  zu  dir  entbotest.    Klopstock  9, 144; 
er.  der  himmel  und  erde  in  ewigen  kreisen  herum  rollt, 
selber  entbeut  er  mich  her,  dir  den  heiligen  willen  zu  melden. 

Borger  248"; 
wenn  zum  verhör  dich  der  tyrann  entbietet.    Götter  2,  80; 
bis  sie  {die  todlen)  zu  neuem  leben  einst  erwarmen, 
wann  sie  der  morgenruf  vor  gott  entboten. 

Lenau  neuere  gcd.  157 ; 
so  sammeln  sieb  die  schwalben  auf  den  dächern, 
enteilend  ihren  gastlichen  gemäcbcrn, 
wenn  übers  meer  der  süden  sie  entboten.    247. 

3)  sich  entbieten,  sich  anbieten,  o/ferre  se:  hab  ich  ganz 
bescheiden  nicht  anders  gesagt,  denn  ich  wülle  das  weisen 
und  war  machen  aus  seinen  worlen  und  aus  dem,  das  die 
notarien  aufgeschrieben  haben,  entbot  mich  deshalb  auf  die 
herrn  {berief  mich  auf  ihr  prolocoll).  Luther  1,160*;  darumb 
ich  allen  arztcn  rath,  hüten  euch  vor  den  kranken,  die  sich 
berberg  und  der  speis  bei  ihnen  entbieten  {die  den  ärzten 
herberge  und  kost  anbieten).    Paracelsus  chir.  sehr.  627"; 

als  Aster,  den  man  dort  den  besten  schützen  hiesz, 
sieb  diesem  könige  zum  dienst  entbieten  liesz. 
Hagedorn  2,  59; 

sich  ihm  zur  fübrerin  zu  entbieten.    Herder  15, 14. 

4)  zuweilen  steht  auch  entbieten,  ohne  beigefügten  casus, 
ßr  anbieten  oder  erbieten:  * 

kh  nahte  mich  ihm  mit  entzücken,  dankte, 

erhob,  entbot,  beschwor,  nur  einmal  noch 

die  fromme  kreatur  zu  sehen,  die 

nicht  ruhen  könne,  bis  sie  ihren  dank 

zu  seinen  fuszen  ausgeweinet.    Lkssinc  2, 196. 

ENTBIETUNG,  f.  mandatum:    sie  thäte  sich  gegen  herzog 
Heinrich  der  entbielung  bedanken.    Scuweimchen  l,  355. 
ENTBILDEN,  deformare,  wie  das  laL  vort  doppelsinnig, 

1)  formare,  geslallen: 

wo  sich  de«  vaiero  geist  im  söhn  enibilden  kann. 

Dan.  t.  Czepko  aufücv.  luchs. 

2)  die  gestall  auflöten: 

dQfte  ...  wie  sie  sich  bilden  und  eotbilden.    BkocusS, 381. 

ENTBILDEBN,  imaginibus  nudare: 
den  bäum  der  pliootasie  entbildert 
DUO  des  vertiandes  kalte  band.    nücKiRi  138. 

ENTBINDEN,  tohere,  goth.  andbindan,  ahd.  intbintnn,  in- 
pintan,  mhd.  enbindcn,  nnl.  untbindcn. 

1)  thiere  vom  strick:  goth.  andbindan  fulän  gabundsnnna. 
Marc.  11,2.  4.  Lue.  19,80.  33  (wo  ahd.  T,  116  lösan);  gond 
entbinden  den  esel  und  fürcnd  in  zu  mir.  Keisemb.  preä.  8S' 
(bet  LvTUER  ablösen),     nnl,  onlbindt  hei  veulen. 


2)  gefangne  von  der  kette  und  fessel :  reitent  hin  und  ent- 
bindet unsern  bruder.  i4imonn5';  Reinhart  und  Alait  giengen 
bin  und  entbunden  Gisharten.  nö';  Beinhart  entband  ihm 
seine  bend  und  äugen,    q ; 

der  uns  in  diese  band  uns  zu  bewahren  stellt, 
da  alier  prinzen  prinz  (gott)  uns  willens  zu  enibindeo. 
Grtphius  1,  109; 

als  sie  (die  nation)  sich  zum  erstenmal  frei  und  von  den 
ketten  entbunden  fühlte,  die  sie  so  lange  getrugen  hatte. 
Göthe  15,  37 ; 

preiset  die  heiligen, 
heimfiihrenden  göiier! 
schwebt  der  entbundene 
doch  wie  auf  litiichen 
über  das  rauhste,  wenn  umsonst 
der  gefangene,  sehnsuchtsvoll, 
über  die  zinne  des  kerkers  hin, 
armausbreitend  sich  abhärmt.    41,  184. 

3)  die  schuhe,  die  schuhriemen  entbinden: 

theih  scuahriomon  sind  zinbintanne  birind.    0.  F.  27,58; 
des   ich   nit   bin   wirdig,    das  ich  entbind  den  riemen  seines 
geschühes.    bibel  von  1483.    Joh.  1,  27  (bei  Luther   auflösen), 
den  gürtel  entbinden. 

4)  das  haar  entbinden : 

thiu  iu  intbant  tbaj  ira  fahs.    0.  III.  23, 11 ; 

noch  eh  die  morgenstunden  klar 

entbinden  ihr  (der  sonne)  die  gelben  haar.    Spee  191  (174) 

5)  das  kind  entbinden,  aufwickeln:  der  äffe  entband  es 
aus  den  tüchlein,  dasz  es  nackend  vor  ihm  lag.  buch  der 
liebe  4,1; 

dort  setzt  sich  der  atfe  nieder, 

wollte  sehn  das  kindlein  nackt, 

und  entband  es  von  den  tüchern, 

legt  es  auf  die  erde  sacht.    Tieck  1,115. 

6)  die  frau  entbinden,  partu  liberare,  solvere,  vom  kinde, 
das  die  schwangere  trägt,  entbinden;  der  arzt  entband  sie 
glücklich; 

wenn  mein  schosz 
von  einer  tochter  sich  entbinden  würde.    Schiller  511*; 

hier  auf  dem  strebe 
liegt  die  erst  entbundene  frau  des  reichen  besiizers. 
Göthe  40,245; 

sie  ist  von  einem  gesunden  knäblein  entbunden  worden ; 
.Mariane  ward  mit  einer  tochter  entbunden.  Gellert  4,  227 ; 
gott  wolle  sie  ihrer  weiblichen  bürde  gnädig  entbinden !  lautet 
die  geistliche  vorbilte  für  schwangere,  der  enlbindung  nahe, 
es  heiszt  auch  umgedreht  das  kind  von  der  mutier  entbinden, 
durch  ablösung  der  nabelschnur,  nnl.  tocn  ge  eerst  van  uw 
moeder  waart  ontbonden,  bij  de  geboorle  uit  haar  uwe  nawel- 
streng  afgebonden  en  afgesneden  zijnde.  figürlich,  wiederum 
sind  die  kreuzzügc  von  gröszern  menschen  gezeugt  worden 
und  von  kleinern  als  wehmüttern  entbunden  (ausgeführt),  i.  P. 
dämmerungen  14.     vgl.  entbürden. 

7)  den  brief  entbinden,  der  mit  eingebundnem  stein  durch 
das  fenster  eingeflogen  war: 

mein  briefel  daz  ward  fliegen, 

zum  fenster  in  hin  stieben    ... 

hie  mit  und  sei  den  brief  enipand, 

den  stain  den  warf  sei  wider  dwand.    ring  13',  35. 

8)  oft  nun  bildlich,  die  seele  entbinden,  lösen  von  den 
banden  des  leibs,  ihren  filtich  losbinden,  dasx  sie  entßiegen 
kann : 

daraufhast  du  geschwind  den  wünsch  und  schlusz  genommen, 
du  werdest  ctwan  bald  des  leibs  entbunden  sein. 

UoaPLiR  97; 

will  mir  keiner  das  haupt  halten?  will  keiner  die  ringende 
scele  entbinden?    Schiller  116*; 

Wonne!  wo  kein  nebcischleier 

ihres  ((/er  l'i»jclic)  urstofs  reine  tröbt, 
wo  sie  geistiger  und  freier 

den  entbundnon  littich  übt.    Mitthkson  44. 

man  tagt  auch  den  schlaf  entbinden,  so  dasx  er  mi/hcnt  und 

der  mensch  erwacht: 

bald  wann  die  morgenstunilen 

den  sOstcn  schlaf  entbunden.    Spii  132  (120). 

9)  aus  der  noth,  angst,  dem  leid,  schmerz  entbinden,  und 

nüt,  goth.  nau))$  ist  zwang  oder  band,  naudibandi:  enlbind  all 

ircr  not.  Melissus  ps.  0  2*.  M3';  aller  noth  rntbundcn  sein; 

werden  vieler  angst  entbunden.    Kirchhof  wendunm.  91*; 

Ibaz  it  wa«  ihfir  heilant,  iher  inan  tb«s  siVes  inbant. 
*  O.  III.  4,48; 


497 


ENTBI>'DEN — ENTBINDUNG 


nun  sind  wir  der  angst  enibunden, 

unser  leben  und  gesialt 

bat  sich  wieder  eingefunden.    Dach  T.  ; 

werden  vieler  angst  entbanden.    Kirchhof  icendunm.  91'; 
so  von  langer  quäl  entbunden.    Gottkh  1,210; 
doch  könnt  ihr  mich  des  grams  entbinden? 
ich  lasse  meinen  freund  zurück. 

A.  W.  ScaL«GEL  im  musenalm.  1798  s.  2S2. 

10)  Ton  den  Sünden  entbinden,  absolvere:  ich  entbind  dich 
von  deinen  Sünden.  Keisersb.  dreieckigt  spiegel  Fl i* ;  darumb 
ist  haiisam  und  gut  zu  beten  für  die  todten,  das  sie  von 
iren  sünden  entbunden  werden,  seh.  und  ernst  1516  s.  85 ;  so 
musz  ich  mich  an  sie  wenden  als  den  heiligen,  der  das  ver- 
brechen veranlaszt  und  mich  auch  wol  wieder  entbinden  kann. 
GöTBE  23,  20. 

11)  des  eides,  wortes,  Versprechens,  gelübdes,  amtes  ent- 
binden : 

nichts  kann  ihn  seines  schwurs  entbinden.    Wixla?(d; 

entbinden  nicht  unsre  gesetze  von  solchen  schwüren?  Götue 
8, 65.  42, 82 ;  sie  wird  einen  eid  schwören  und  sich  davon 
entbinden  lassen.  15,  56 ;  du  sollst  deines  wortes  enibunden 
sein,  «n  anderm  sinne  hiesz  ehmals  das  wort  entbinden,  es 
aus  der  brüst  loslassen,  folglich  reden,  ags.  vordhord  onlücan, 
thesaurum  verborum  aperire: 

Orias  de  wort  entbant  {sprach,  rief).    Karlmeinet  186,53. 

was  meint  aber: 

min  eid  und  ehr  wil  ich  entbinden, 

wils  lan  der  oberkeit  verkünden,    trag.  J<A,  E4, 

verbürgen,  daran  setzen?  mhd.  ist  den  eid  entbinden  ihn 
lösen,  erfüllen,  hallen.    Helbl.  2, 1206. 

11)  er  entband  den  ehbruch,    wenn  er  im  gasthofe  vorge- 
fallen, von  aller  strafe.  Hippel  5,  216 ;  ihre  aufforderong  ent- 
bindet mich  dieser  Schonung.    GorrER  3,  88 ; 
glaubten  sie 
im  ernst  mich  aller  Weiblichkeit  enibunden?    ScHiLLtB  295*. 

13)  ob  es  nicht  von  der  sinnlichen  anscbauung  ganz  ent- 
bundene gegenstände  gebe?    Kant  2,272; 

ewig  natürlich  bewegende  krafl 

göttlich  gesetzlich  entbindet  und  schaff.    Göthe  4,  141 ; 

in  dem  wahn,  in  einen  frühern  beschränktem  zustand  könne 
man  zurückkehren,  ein  gewaltsam  entbundnes  lasse  sich  wieder 
ins  enge  bringen.    17, 144 ; 

an  der  finsternis  zusammengescbrunden, 
wird  dein  äuge  vom  licht  entbunden.    2,231; 

durch  das  weisze  werde  das  gesiebt  enibunden,  durch  das 
schwarze  gesammelt.  53,  21 ;  das  sammeln  und  entbinden  des 
auges  durch  licht  und  finsternis.  53,  22 ;  musik  habe  ich  mir 
kommen  lassen,  die  seele  ztf  lindern  und  die  geister  zu  ent- 
binden, an  fr.  v.  Stein  1, 213 ;  wenns  so  war,  dasz  leiden- 
schaft  den  geist  des  geliebten  entbindet,  wie  das  feuer  den 
duft.  Bettine  br.  1, 271.  die  Chemiker  entbinden  die  Stoffe, 
lösen  sie  auf. 

14)  sich  entbinden,  in  mehrfachem  sinn  des  lösens: 

so  Wirt  sich  grosz  unglück  enbinden.    fastn.  833, 13, 

gleichsam  los  machen  und  frei  werden,  in  der  annähme,  dasx 
das  böse  gefesselt  sei;  eine  gebundne  kraft  entbindet  sich; 

wir  irren  allesamt,  kein  mensch  kann  sich  entbinden  (aiwneÄmen), 
als  sei  er  tadelfrei.  Opitz  J 

wieder  entbindet  sich  in  meiner  seele  ein  neuer  verstand, 
eine  erklärung  der  letzten  worte  des  Orakels.    Göthe  14,73; 

morgen  wieder  neu  sich  zu  entbinden 

wühlt  sie  heute  sich  ihr  eignes  grab, 

und  an  ewig  gleicher  spindel  windeu 

«ich  von  selbst  die  monde  auf  und  ab.    Scbillir  22'. 

E.NTB1NDLNG,  f.  solutio. 

1)  vom  leben,  tod: 

bis  dasz  er  gar  mit  leib  und  sinn 

nach  der  entbindung  kom  dahin.    Rimgwald  I.  irarft.  21. 

2)  von  der  sünde,  absolutio :  die  form  der  entbindung,  die 
gnugsam  und  not  ist  von  den  Sünden.  Keisersb.  trr.  sc/ia/'64\ 

3)  die  entbindung  des  einen  oder  des  andern  urstofs  (aus 
dem  Wasser).    Ka:«t  10, 111. 

4)  partus,  Puerperium:  eine  leichte,  schwere,  glückliche 
entbindung;  die  junge  gräfin,  so  eben  ihrer  entbindung  nahe. 
GöTUB  31,229.    figürlich,   und  bimmel,  worüber  und  wofür 

III. 


ENTBINDUNGSANSTALT  —  ENTBLENDEN    49S 

wurden  nicht  oft  kriege  erklärt,  d.  h.  ländern  der  jahrlange 
geburtsschmerz  zur  entbindung  eines  marterfnedens  verord- 
net.   J.  P.  dämm.  57. 

ENTBIND LNGSANSTALT,  f.  lechodoehium. 

ENTBINDÜNGSH-\L'S,  n. 

ENTBINDUNGSKUNST,  f. 

ENTBINNEN,  intus,  mhd.  enbinnen  (wb.  1,  751') :  gehet  der 
wein  da  entbinnen  aus.    weisth.  3,  757. 

ENTBITTEN,  precitus  arer/ere,  abbitten:  entbitten  ein  übel. 
LcTHER  ausl.  des  vaterunser  f.  36. 

ENTBITTERN,  edulcare,  die  bitterkeit  wegschaffen,  s&szen, 
Stieleb  130.  Steisbach  1, 117,  nnl.  ontbitteren :  die  hefe  ent- 
bittern;  nnl.  aloS  zal  ons  ontbittren; 

ja  goites  flügel  um  euch  bergeschlagen 

musz,  ob  ihr  fallet,  selbst  den  tod  enibittern, 

dasz  ihr  sein  antliiz  sehn  könnt  ohne  zagen.    Rdccert  131; 

sehet,  so  hat  Hafis  sicbs  (das  leben)  enibittert.    349. 

ENTBL.\SSEN,  tn  fronte  detegere?  die  schamhaftigen  wer- 
den entplässet,  Schwarzenberg  ron»  zutrinken  91',  trenn  dies 
von  blässe  frons  (2,  71)  geleitel  werden  kann,  oder  steht  es  ßr 
entblöszet? 

ENTBLÄTTERN,  nudare  foliis,  nnl.  ontbladeren : 

sie  hatte  selbst  den  schmuck  von  rosmarin  entblättert. 

Griphius; 

eine  rose  gebrochen,  ehe  der  starm  sie  entblättert.   Lessisg 

2, 188 ; 

so  entblättert  der  Sturmwind 
in  der  durstenden  wüste,  wohin  kein  lebender  quell  rinnt, 
einen  einsamen  bäum.    Klopstock  .  .  . ; 
ists  möglich,  dasz  ein  geist 

nun  diesen  fitiich  senkt  und  kindisch  sich  verweilt 
um  eine  rose  zu  entblättern.    Thcxiel  3,  6; 
sclavenketten  sind  der  erde  leiden, 

öfters,  ach,  zerreiszt  sie  nur  der  tod, 
blumenkränzen  gleichen  ihre  freuden, 

die  ein  westhauch  zu  entblättern  droht. 

Matthisso."«  187; 

jede  freude  schien  ihm  ein  diebstahl  an  einem  fremden  ent- 
blätterten herzen.  J.  P.  Siebenk.  4,  204 ;  als  ihr  lied  verwelkte 
entblätterte  tage  betrauerte,  jubeisen.  116;  nichts  gibt  dem 
entblätterten  menschen  das  entfallene  laub  wieder,  uns.  löge 
3,38. 

vom  zerreiszen  der  bldtter  eines  buchet: 

und  was  entblättern  nicht  der  haare  kräuselei, 
toback  und  käsekram,  coofect  und  specereil 
Nageoorsi  3,  tos. 

noch  ungewöhnlicher  vom  aufschlagen,  blättern  in  einem  buch : 
er  entblätterte  die  schrift,  worin  M.  ihm  verhiesz  da  sterben 
zu  wollen,  wo  das  Schicksal  über  sein  leben  gebieten  würde. 
sie  rührte  ihn  bis  zu  thränen.    Hippel  9,  SO. 

ENTBLECKEN,  denudare,  monstrare,  sichtbar  machen,  sehen 
lassen,  was  das  einfache  blecken,  nudare,  mhd.  enblecken 
(wb.  1, 207') :  als  sie  sq^en  Esopum  so  ser  lachen  und  in 
dem  lachen  die  zene  also  emplecken,  ipsum  risisse  et  osten- 
disse  dentes.    Steishöwel  Esop  b*; 

die  zünden  er  harfürher  streckt, 

sein  weiszen  zeen  grausam  enibleckt.    Wickrii  bUgerSO; 

der  Wasser  kluft  und  gang  wurd  aufgedecket, 

der  liefe  grund  der  erden  ganz  entbieckel.    Opitz  ps.  34. 

ENTBLECKUNG,  f.  denudalio :  die  bekleid,  zen  enbleckung 
seins  lachens,  auch  sein  gang  zeugen  was  er  für  ein  mensch 
ist.    Keisersberg  narrenseh.  1520.  37'. 

ENTBLEICHEN,  pallere,  was  bleichen,  erbleichen:  das  an- 
gesicht  voll  zäher  und  ganz  enblichen.  Keisersberg  schif  der 
penit.  96*. 

E.NTB  LEICHEN,  1)  pallidum  reddere:  es  geht  dir  oft  ein 
stich  durch  dein  herz,  du  must  oft  bei  dir  selbs  schamrot 
werden,  wann  dir  deine  böse  stück  einkommen,  sie  erschrecken, 
betrüben  und  schlahen  dich  etwan  gar  darnider,  machen  dich 
gar  verzagt  und  entbleichen  dich,  gehest  etwan  daher  wie  der 
schalt  an  der  wand.    Pelr.  6*. 

2)  sich  enlbleichen,  pallescere:  so  soltu  im  winter  einen 
schönen  groszen  bäum,  wann  er  anfabet  zu  gälben  und  sich 
zu  entpleichen,  enzwei  schneiden.    Sbbiz  319. 

ENTBLENDEN,  oculos  reddere,  die  blendung  außeben, 
gegensatz  von  blenden  oder  verblenden:  dasz  sie  mich  über 
den  umstand,  über  den  ich  so  verlegen  war,  völlig  entblen- 
det. Herder  an  Car.  Flachsland  1,  237.  ganz  verscliieden  ist 
das  häufige  mhd.  enblanden.  nnl.  aber  gilt,  im  sinne  jenes 
entblenden,  ri>/meAr  ontblinden,  ontblindhokkeo. 

32 


499 


ENTBLICKEN — ENTBLÖSZEN 


ENTBLÖSZEN  —  ENTBLüSZUNG 


500 


ENTBLICKEN,  evanescere,  verschwinden,  aus  dem  blick, 
aus  den  äugen  fallen :  sie  fallen  nur  immer  tiefer  in  den 
sündenkoth  hinein,  bis  sie  endlich  gur  darüber  in  angst  und 
weh  enlblicken  und  ersticken.    Reineke  1650  s.  48. 

ENTBLITZEN,  micando  erumpcre:  zum  entbiitzt  seinen 
äugen;  die  (lamme  der  Jugend  enlblilzte  dem  äuge. 

ENTBLÖDEN,  verecundiam  tollere,  demere,  Stieler  200. 

1)  einen  beherzt,  dreist  machen: 

welch  miuel  weist  du  denn  den  schäfer  zu  entblfden?    Glrim. 

2)  sich  entblöden,  audere,  conari,  sich  erkühnen,  wagen: 
Jona  verliebt  sich  so  sehr  in  den  kürbisz,  dasz  er,  als  er 
verdurrete,  mit  dem  herrn  selbst  zu  zürnen  und  zu  keifen 
sich  entblödet.  Scriver  seelcnsch.  2,326;  welches  alles  mich 
meiner  schambaftigkeit  entnimmet,  indem  ich  die  fcder  er- 
greife und  e.  gn.  meine  dienstgellisscnheit  anzulrngen  mich 
entblöde.  Butschky  Aans/.  35;  mein  hochgeehrter  iierr  erweise 
mir  die  groszc  gunst  zu  glauben,  das  ich  ihn  keincsweges 
zu  beleidigen  gesinnet  gewesen,  ob  ihm  gleich  meine  feinde 
ein  widriges  beizubringen  sich  entblöden  möchten.    110; 

was  könnte  der  mann  sich  entblöden!    Wieland  4, 15; 

wer  sollte  dieser  spröden 
was  menschliches  anzusinaen  sich  nur  im  iraum  entblöden? 

5,59; 
doch  darf  wol  ein  profaner  sich  entblöden, 
Olympia,  von  dem,  was  du  gesehn,  zu  reden?    9,160; 
verwegner,  darfst  du  dich  cniblöden 
mit  mir,  des  donnerers  gcmahlin,  so  zu  reden?    10,  175; 
die  göliin  wird  bei  diesen  freien  reden 
bis  an  die  ohrenläppchen  roih, 
und  Iris  wird  sehr  hart  bedroht, 
nichts  solches  mehr  sich  zu  entblöden. 

Jnno  und  Ganymed  539. 
unrichtig  hört  man  heute  auch  in  gleichem  sinn  sagen  'sich 
nicht  entblöden',  als  wäre  sich  entblöden  sich  schämen:  die 
entsetzlichen  Franzosen  hatten  sich  nicht  entblödet,  der  hei- 
ligen Jungfrau  offenbar  gewalt  anzutbun.  Seüme  1,  273.  vgl. 
entkübnen. 

ENTBLÖD  UNO,  f.  confidentia,  ''animus. 

ENTBLÖSZEN,  denudare,  »in/,  ontblooten,  mhd.  enblccjen 

{wb.  1,214').     die   Schreibung    schwankt  früher,    voc.  1482  g2' 

emploszen,    g4'  entploszen    und   enploszter.     bald  steht  acc. 

der  person  oder  sache,  bald  acc.  der  person  mit  gen.  der  Sache. 

1)  den  leib  und  theile  des  leibs, 

mild,  enbloejet  iwer  houbet.    Parz.  746,27; 
6r  enblöjt  im;  houbet  schier 
von  helme  und  von  her,senier.    212,  27 ; 

nhd.  in  der  unlulern  stund  sie  entbloszen  ir  schäm,  iren 
hintern  und  das  die  natur  teckt.  Keisersb.  narrensch.  142'; 
nicht  weit  entblüszen  ewer  haupt  und  nicht  weit  reiszen  ewer 
gewand,  das  ir  villeicht  nicht  sterbet,  bibelvon  1183,  56*.  Z  Mos. 
10,  6,  wo  Li;tiier  :  ir  solt  ewre  heubter  nicht  blöszcn  noch 
ewre  kleider  zureiszen;  und  ir  heubt  entbloszen.  4A/os.  5, 18; 
über  dem  entblöszeten  heubt  des  feindes.  5  3/oä.  32,  42;  ent- 
blösze  den  fusz,  entdecke  den  Schenkel,  wate  durchs  wasser. 
Es.  47,  2;  weil  du  denn  so  milde  geld  zugibst  und  deine 
scbam  entblöszest.  Ez.  16,  36 ;  er  bat  sein  haupt  embiöszt 
und  gebetet.  Beiszner  Jen«.  2, 140';  St.  Peter  entbloszen  und 
Paulum  darmit  bedecken.    Otiio  krankentr.  998 ; 

o  felseriharies  herz  I  erweicht  dich  nicht  das  liehen 
der  kiuder,  die  vor  dir  embiöszt  und  hunirrig  stehen  ? 

LicuTWBB  das  recht  der  Vernunft  125; 

that  eure  garderoben  auf,  wir  sind  enlblöszt.  Götiie14,  280; 
sie  enlblCszte  ihren  busen ;  sie  entblöszte  ihren  arm  und 
liesz  sich  zur  ader  schlagen ;  seine  seile  war  enlblöszt ;  der 
lange  verweilende  kus  auf  ihren  enlblöszten  arm.  Schiller  145*. 

2)  die  rinde  des  baums,  den  bäum  seiner  rinde  entbloszen ; 
dem  hirlen  erlaubst  du  (schaß,  dasz  er  dich  deiner  wolle 
über  und  über  entbloszen  darf  und  mir  verweigerst  du  eine 
kleine  flocke.  Lessüic  1, 156;  den  pfau  seines  stolzen  kleides 
enlbiCszen. 

3)  den  bodcn  von  gras,  die  erde  von  pflanzen,  die  wunel 
von  erde  entbloszen ;  das  Jand  von  schnee ;  ein  vom  thieri- 
Rchen  dflnger  entblöszter  boden.  StI}ve  landgem.  211;  der 
pflüg  enibidszt  den  boden ;  bergmännisch,  das  erz,  die  günge 
rntblOszen:  aber  doch  wird  ein  schwebender  gang  selten 
durch  arbeil  der  menschen  entblöszcl.  Rechius  Agricola.  Hasel 
l.'>57.  31 ;  ich  nem  des  gosinriscben  jungherrn  gaul  Bamel 
darfür,  der  kont  am  berg  angebunden  also  rammeln  und 
•lampfen,  dasz  rr  mit  den  wolgcscherften  hufcisennegcln  eio 
goldader  enlblOizet    Garg.  133*. 


4)  das  Schwert,  den  degen  entbloszen,  aus  der  scheide  ziehen 
(s.  bares,  bloszes,  nacktes  schwert) ; 

und  läszt  sein  beer  das  schwert  entbloszen.    Gellkrt  1,86; 
die  opfernden  cntblösxten  ihre  messer.    Klinger  6, 104. 

5)  die  festung  wird  dergestalt  an  kraut  und  loth  entblö- 
szet.  Kirchhof  disc.  mil.  28 ;  sie  möchten  die  städle  die  mit 
mauren  umgeben  wären,  davon,  entbloszen.  Heilmanns  Thuc. 
105 ;  ergaben  sich  auf  die  bcdingung,  dasz  sie  ihre  sladt  von 
mauren  entbloszen  sollen.  118 ;  grosze  strecken  werden  von 
dem  meer  cntblöszt.  Kant  9, 17 ;  die  republicanische  armee 
war  vollzählig,  ohne  dasz  man  nöthig  gehabt  hätte  den  pflüg 
zu  entbloszen  {die  ackerleulc  vom  pflüg  zu  holen).  Schiller 
776';  das  land  war  von  leulen  entblöszt. 

(i)  eine  entblöszte  stelle  ist  die  bare,  leere,  ledige,  unbe- 
setzte: der  platz  ist  enlblöszt  (von  schnee  und  eis);  nachdem 
jüngsthin  N.  N.  amtsverwalter  verstorben  und  dessen  ent- 
biüszte  stelle  binwider  mit  einer  andern  person  ersetzet 
werden  möchte.  Butschky  kanzl.  547.  der  entblöszte  ist  der 
nackte,  dürßige,  arme: 

die  zahl  der  frohen  mehrt,  die  zahl  entblöszter  mindert. 

GgLtKRT; 

allergnedigster  herr,  ewer  majestüt  wil  ich  ncwe  kleider  geben, 
'ich  wolt  lieber,  saget  der  könig,  dasz  ihr  meinem  herzen 
dergleichen  brächten,  welchs  jetzunder  ganz  enlblöszt  und 
aller  freuden  beraubt  ist'.    Amadis  17. 

7)  in  vielen  andern  anwendungen  heiszl  entbloszen  soviel 
als  entledigen,  berauben,  blosz  legen: 

die  weiber  ihrer  deck  entbloszen.    Fischart  (lohhalt  8; 

dasz  der  allerhöchsigethrönte  meine  herzliebe  hausfrau  ihrer 
bisher  getragenen  leibcsbürde  allergnädigst  entblöszet.  Butschky 
kanzl.  609 ;  die  unvernünftigen  thiere,  welche  dennoch  nicht 
alles  mitleidens  entblöszet  sein.  Patm.  910;  alles  glucks  und 
Segens  entblöszet.  pers.  baumg.  7,  29 ;  also  dasz  der  ries 
genzlich  seiner  kreften  entblöszt,  denn  er  so  ermüdel,  dasz 
er  auf  den  platz  fiele.  Amadis  127 ;  ihre  Unparteilichkeit  würde 
ja  eine  eitelkeit  entbloszen  und  beschämen,  die  mehr  aus 
der  Sache  machte,  als  dran  wäre.  Reiske  Thucyd.  vorrede ^ 
den  schein  entbloszen.  Kant  2,012;  dieser  von  allem  Inhalt 
enlblöszle  und  blosz  formale  grundsatz.  2,  167 ;  will  sich 
Lclio  von  allem  entbloszen,  meintwegen.  Lessi.ng  1,  4S9 ;  ich 
bin  augenblicklich  von  geld  entblöszt; 

so  wie  ein  Schiffer  sorgt,  eh  er,  von  hülf  enlblöszt, 

sich  und  sein  schwimmend  hnus  ins  weite  wehmcer  siöszi. 

LiciiTWER  recht  der  Vernunft  34 ; 
die  Seelen,  frau,  die  seelen  sinds,  die  sich 
in  einem  solchen  kus  ergicszcn 
und  ganz  dabei  vom  leib  cntblöszt, 
ganz  in  entzückung  aufgelöst, 
sich  mischen  und  zusammcnllieszen. 

VV1KL4.NOS  Juno  und  Ganymed  489; 
umsonst  hat  mancher  schon 
enlblöszt  des  spoiles  traurige  flgur.    Götter  1,  407. 

8)  andcremal  zeigen,  enthüllen,  offen  darlegen : 

des  herzens  krümmen  werdest  du  entbloszen.  Scbili.sr  20'; 
mein  inneres  sieht  nur  der  geliebte,  dem  ichs  jetzt  cntblösze. 
J.  V.  Ilesp.  2, 109.  merkwürdig  geradezu  für  crüfnen,  einen  be- 
fehl  eröfnen:  so  hat  mich  ein  ehrbar  ralh  um  der  worle 
willen  gestrufet  und  mir  entblöszet,  so  ich  die  meine,  die 
mich  also  berüchtigt  hat,  soll  ich  sie  nennen  ein  büse  haut. 
Henneiierger  preusz.  landtafcl  484. 

9)  sich  entbloszen:  wie  berlich  ist  heute  der  könig  von 
Israel  gewesen,  der  sich  für  den  megden  seiner  knechte  ent- 
blöszet hat,  wie  sich  die  losen  leute  entbloszen  [vulg.  et 
nudatus  est  quasi  si  nudelur  unus  de  scurris).  2S(im.  0, 20; 
und  er  ging  usz  in  den  hof  und  wolle  sich  seins  wassers 
entploszen  (entledigen).  Eulensp.  cap.  39 ;  weil  ich  meinen 
aid  desto  steifer  zu  hallen,  mich  selbst  meiner  herlichen 
pferd,  gewi'hr  und  des  getreuen  knechts  entblöszte.  Simpl. 
K.  474 ;  diejenigen  Schauspiele,  worauf  die  personen  sich  der 
zucht  und  erbarkeit  entbloszen,  sein  billich  zu  meiden.  Bctscukv 
Patm.  114 ;  so  wie  es  in  der  nalur  der  dinge  unmöglich  kann 
gegründet  sein,  dasz  sich  drei  auszerordenlliche  menschen 
auch  dem  durchdringendsten  geisterkcnner  innerhalb  vicrund- 
zwanzig  stunden  entbloszen.    Schiller  102*. 

ENTBLüSZlJNi;,  f.  nudalto. 

1)  des  leibs,  des  ariiis,  der  zJIhne :  das  c,  wrnns  vonn  e 
oder  i  steht  und  t  werden  also  gemacht,  das  die  zung  oben 
an  den  malzeneii  ansteht  mit  cnIblOszung  dererlbrn.  Imkl- 
SAMR«  gramm.  Ab'. 


501 


ENTBLÖTZEN— ENTBRECHEN 


ENTBRECHEN 


502 


2)  der  berggänge :  die  entblöszung  der  gänge  ist  zweierlei, 
eine  so  ohngefehr  geschiehet,  die  andere  gescluehet  durch  er- 
suchung.   RössLER  spec.  metallurgiae  11. 

3)  entdedttng :  ich  öfne  dir  das  herz,  es  blute  und  poche 
unter  der  entblöszung  wie  es  will.   J.  P.  Hesp.  2, 107. 

ENTBLÖTZEN,  icas  entblöszen :  du  sprichst,  du  entblötzesl 
die  krankheiten,  die  heimiichkeiten  der  regenten  offenbarest 
du.  Keisersb.  omeis  19";  das  erst  knöpfelin  ist  schäm,  sich 
selber  zu  entblötzen  (entdecken),  frrösum/jn  56* ;  solle  ich  das 
in  der  beicht  entblötzen  und  entdecken,  ich  würde  mich  zu 
tod  schammen,  das  ich  den  beichtvater  nit  mer  dorst  an- 
sehen. 56*.  das  tz  ßr  sz  zu  nehmen  mie  in  ätzen,  setzen 
falls  nicht  blüzen  wie  heizen,  reizen  2«  schreiben  ist.  mit 
blotzen  2,  153  scheint  doch  keine  berührung  obzuwalten. 
EMBLÜHEN,  l)  efflorescere : 

aus  dem  kämpf  gieng  endlich  der  sieg  bervor, 

und  der  kraTt  enibiühte  die  milde.     Schhikr  51"; 
doch  lurchie  drum  nicht  deines  bauses  falll 
in  einer  Jungfrau  lebt  es  glrinzend  fort, 
und  scepteriragende  monarchen,  hirten 
der  Tölker  werden  ihrem  schosz  eotbiiihn.    469'; 

dort  nur  glühet, 
was  würdig  sein  gebibt  beseelen  kann, 
der  quell,  dem  alle  lebensfüU  eoiblübet. 

A.  W.  Schlegel  im  mxisenalm.  tT98  s.58. 

2)  deftorescere,  doch  ungewöhnlich: 

als  sie  dem  jungen  leben  entblübend.  heiter  und  freudig 
in  die  gelilde  des  friedens  hinüber  schlummerte. 

Messias  4,  b"6,  wo  die  ausg.  1756  wegblühend, 
entblühen,  verblüJien.    Rädlein  239*. 

EISTBLUMEN,  EMBLCMEN,  privare  floribus: 
die  bluten,  die  sie  rühmt 
als  unTerwelklicb  laub.  solin  augenblicks  entblübmt, 
welk,  dürr  und  fleckicbt  sein.    Lobenstein  Ibrah.  67,508; 
denn  wann  der  herbst  das  feld  entblümt.  Uhlands  ged.  203; 
diese  gärten  nun  entblättert,  nun  entblümt.    Plate.-*  72. 

galt  schon  mhd.  ßr  deflorare  virginem  (vgl.  2, 159) : 
als  ob  sie  leidic  waere, 
daj  ir  enblüemet  was  der  lip.    tr.  kr.  17059; 

nhd.  entblumen  ein  Jungfrau,  im  deutschen  Terenz  von  1499 
bl.  9*;  der  mit  Sünden  enpiuemet  hat  seinen  magtum.  gesta 
Rom.  K.  s.  45 ; 

wann  vor  sein  geiler  leib  durch  unzucbt  bat  entblübmt 
was  jetzt  sein  schnöder  mund  liebkosend  an  mir  rühmt. 

Hacgwitz  Soliman  1,  568; 
was  weisz  dein  trotz  für  blumen  nun  zu  rühmen, 
wenn  mächtige  dich  mit  gewalt  entblumen  ? 

LouENST.  Ibrah.  50,672, 
vielleicht  fällt  auch  67,508  hierher. 

ENTBLCNDERN,  furari.  Henisch  898,45. 
ENTBOR,  sursum,  fehlerhaft  für  empor,  enbor  d.  i.  in  bor. 
belege  slehn  häufig,  z.  b.  gedenk,  das  du  sterben  must,  darmit 
magstu  dich  erweren,  das  dich  der  lober  nit  entbor  mag 
tragen.  Keisersberc  s.  d.  m.  34';  der  vatter  half  im  und  hielt 
in  entbor,  das  er  nicht  undergieng.  auch  ßr  die  Zusammen- 
setzungen genüge  ein  einziges  beispiel. 

ENTBORBRIiNGUNG,/".  entborbringungdermonarchie.  Wiener 
arcfiiv  16, 102  (a.  1709). 
ENTBÖREN,  s.  empören. 

ENTBORGEN,  mutuari,  entleihen,  abborgen :  aus  dem  Jesuiten 
ist  folgendes  entborget.  Praetorius  tcin/erg.  401;  die  dem  Athe- 
näos  entborgte,  aber  verkürzte  beschreibung.  Stolberg  9, 151 ; 
ein  ganzer  blumenkranz 
von  Sternen  blüht  zu  meines  lichtes  preise, 
die  meinem  blick  entborgen  ihren  glänz.    Rückbrt  402. 
ENTBRALCHE.N,  usu  deterere,  vgl.  verbrauchen. 
ENTBRAÜSEN,  strependo  efßuere: 

und  strömt  ein  bach,  dem  klippenspalt  entbraust. 

.BoiB  im  morgenbl.  1809  n*  165 ; 
an  eines  Stromes  ufer. 
der  dem  hochgebirg  enibrauste.    Plate»  323. 

ENTBBECHEN,   steht  nicht   in   den   älteren  Wörterbüchern, 
selbst   bei  Hesisch    und  Stieler    nicht,    erst  Frisch    hat  das 
reflexivum,  doch  voc.  theui.  14S2  g4'  enprechen  deficere.     auch 
mhd.  kein  anbrechen,    wol  aber  das  nahverwandte  enbresten. 
mnl.  nnl.  aber  kommt  ontbreken  ofl  vor. 
1)  intr.  entbrechen,  erumpere, 
a)  hervorbrechen,  ausbrechen  : 
was  auf  keinen  grund  gericht 
und  aus  zufall  nur  entbrichi, 

ist  plump  ding,  man  acht  es  nicht.  Locao  1,172,27; 
ein  jedes  ding  schreit  ruh.  und  wo  die  ruh  entbricht 
ist  alle  Seligkeit,  ist  go«,  ist  lag  und  licht.  ' 

»OH  CzBPKO  inwencügei  liimmelreich  n'l  {msp.); 


ein  thränenstroin  enibricht  den  äugen.    Herder; 
endlich  entbrach  ihr  der  drang  des  gefühls  zuerst  in  die  rede. 

Bi^RGER  249*. 

b)  losbrechen,    etitgehen,  effugere: 

wir  entbrechen  aus  den  schranken.    Flehi.^g  306; 
Alle  sahn  ihm  sehnlich  nach, 
bis  er  ihnen  ganz  entbrach.    399; 
wer  sich  einmal  in  den  orden 

treuer  freundschaft  hat  gesetzt, 
und  ist  ihm  das  herz  entworden, 

das  er  über  alles  sehätzt, 
der  gibt  sich  zufrieden  nicht, 
bis  auch  er  aus  sich  enibricht.    421; 

dem  tod  entbrechen  ist  ihm  enlgehn,   dem  klager  entbrechen, 
losgesprochen  werden.    Schneller  1,  246. 

c)  entbrochen  sein  gilt  von  dem  gerichtlich  beklagten,  der 
klage  entgangen,  davon  freigesprochen,  insgemein  aber  eines 
dings  entledigt  sein: 

das  si  im  wol  enbrochen  wer.    Kellers  erzählungen  s.  332; 
gar  ein  bös  gestank  ist  seumist, 
des  wil  man  da  entbrochen  sein. 

Co.Nz  Has  gedieht  ron  Nürnberg.  1492.  8*  6f.  9*; 
welher  nun  nit  folgt  meinem  rat, 
gen  dem  wil  ich  enibrochen  sein.    Teuerdank  111,  38; 
dem  allem  ich  entbrochen  (entgangen)  bin.    H.  Sachs  1,371'; 
so  ist  er  dem  gesetz  entbrochen 
und  ein  gut  löblich  werk  hat  than, 
mit  recht  man  in  nit  tödten  kan.    III.  2,  90'. 

2)  transitives  entbrechen,  abbrechen,  demere:  lasset  uns, 
was  die  undankbare  weit  dem  lobe  goltes  entbricht,  willig 
und  frölich  erstatten.    Scriver  seelenschatz  1,652; 

die  sonne  gibt  den  tag,  sie  giebet  auch  die  nacht,  ' 

die  nacht,  wenn  sie  ihr  licht 

dem  erdenkreis  entbricht.    Kxitibl  kurzged.  1674  s.  28. 

entbrechen  =  erbrechen :  entbrach  seinen  brief.  Ettmers  unw. 
doet.  257. 

3)  reflexives  sich  entbrechen, 

fl)  sJcA  lösen,  befreien,  abthun,  häufig  im  17  jh.  gebraucht, 
und  wie  die  beispiele  weisen  bald  mit  dem  gen.,  zuweilen  auch 
dem  dat.,  bald  mit  praeposilionen : 

die  alte  schlang  so  sich  von  gott  entbrochen. 

Ri.^gwald  evang.  N 1' ; 
tücher  blosz, 
daraus  der  rechte  Simson  grosz 
sich  gwallig  bat  entbrochen.    08'; 

derowegen  wäre  ich  ins  land  kommen  und  mich  von  i.  f.  gn. 
meinem  herm,  als  ein  diener,  auf  kurze  zeit  entbrochen. 
ScuwEi.NicHEN  1,  2S6 ;  vermeinte  auch  nicht  anders,  ich  würde 
mich  von  ifgn.  bald  entbrechen.  3,35;  die  bei  den  ungOtl- 
lichen  weltkindern  im  vollen  schwang  gehen,  die  sich  geden- 
ken durch  sündlich  und  ungebührlich  fürnehmen  der  melan- 
cholei  zu  entbrechen.    Mcdian  christl.  geisel  s.  35; 

menschen  musz  stets  viel  gefabr, 

creuz  und  leid  für  banden  gehen. 

keine  statte  weisz  man"  nicht, 

da  sich  einer  nur  enibricht  (davon  losmacht).    Opitz  1, 182; 

was  weise  hat  sie  dann  des  lebens  sich  entbrochen?    1,200; 

hier  wünscht  Olvmpe  sieh  entbrochen  ihrer  pein. 

Griphiüs  1,  199; 
mit  vier  fünf  schlagen  kann  ich  seiner  mich  entbrechen. 

1,675; 
wann  sich  der  hyacinih  mit  seiner  zier  enibricht  (außricht), 
da  sind  die  tulpen  dar.    Fleming  124  (126); 
die  theure  königin  der  hochgefürsten  frauen, 
der  frommen  schütz  und  irost,  der  bösen  furcht  und  grauen, 
entbricht  sich  nun  der  weit.  66$; 

er  aber  denkt,  wie  er  sich  ihrer  bald  entbreche. 

Werders  Ar.  2,69; 
weil  von  trübsal  und  von  creuze  jeder  sich  so  gern  entbricht. 

Logau  2,  24,  88; 
manna  fiel  am  sabbath  nicht,  sonst  bei  allen  morgen  immer, 
wer  sich  gottes   dienst  enibricht,  dem  gedeiht  sein  anschlag 

nimmer.    2,  221,  67 ; 
ob  er  viel  hat  ausgerichtet, 

hat  er  doch  nur  disz  verriebt, 
dasz,  jemehr  man  ihm  verpflichtet, 

sich  je  mehr  von  ihm  enibricht.    3,  209; 
nehmt  an  VValpurgens  geist,  der  aus  des  ieibes  holen 
sich  mit  gewalt  entbrach.    Lohe.xsiei.i  Arm.  1, 12; 

dasz  dieser  für  scbam  und  schände  sich  augenblicks  ans  dem 
Zimmer  entbrach  (entfernte).  1,260;  hiermit  entbrach  er  sich 
mit  höchster  ungedult  aus  dem  zimmer.  1, 1289 ;  um  sich  der 
eignen  schände  zu  entbrechen.    1, 1058 ; 

durch  die  (freiheil)  hab  ich  der  Zentnerlast 

mich  der  Tarquinier  entbrochen.    2,  440; 

32* 


503 


ENTBRECHEN 


ENTBRETSEN  —  ENTBRENNEN 


504 


und  dieses  rcb  entbricht 
sich  aus  des  Jägers  garn.    Ibrahim  14; 
bat  er  die  art  an  sich,  werd  ich  mich  sein  entbrechen. 

Epicharis  I,  343; 
war  disz  so  grosze  schuld,  das  ich  mich  dir  entbrach? 

HoFMANNswALDAU  Qetr.  sch.  16 ; 
wer  ist  der  ohne  herz  dem  tode  sich  enibricht?    80; 
wer  ihm  sich  selbst  enibricfat  fährt  in  den  port  der  ruh. 

heldenbr.  159; 
diesz  was  du  jetzt  beweinst,  hat  sich  der  eitelkeit 
und  Babels  Tantasio  zu  rechter  zeit  entbrochen. 

Cur.  Grtphius  poct.  wdld.  2,  237 ; 
ich  werde  mich  nunmehr  dem  irdschen  hof  entbrechen, 
und  opfre  meinen  dienst,  weil  mich  nach  ruh  verlangt. 
HAiaHANü  Theodarich  71; 

sich  des  anfalls  entbrechen.  Harnisch  258 ;  aus  der  hand  der 
gefahr  sich  entbrechen.  pers.  rosenthal  8,  30 ;  nachdem  sie 
ihres  gefangnisses  des  ieibes  sich  entbrechen,  fliehen  sie  durch 
die  lüfte.  Praetoriüs  wellbesclir.  l,  354 ;  aber  gehe  hin,  du 
hast  dich  der  vätteriichen  zucht  einmal  entbrociien,  darumb 
will  ich  mich  deiner  auch  kein  haar  mehr  annehmen,  hastu 
dir  wol  gebettet,  so  magslu  auch  wol  liegen.  Simpl.  stolzer 
Melcher  $.  855 ;  ist  er  ein  könig  und  priester  für  gott,  so  ent- 
breche  er  nun  sich  seiner  angst  und  noth.  Scriver  seelensch. 
2,  71 ;  er  sah  kein  mittel,  sich  samt  weih  und  kind  der  üuszer- 
sten  armut  zu  entbrechen.  2,  237 ;  wann  eine  gottlose  mutter, 
um  der  zeitlichen  schinach  und  schände  sich  zu  entbrechen, 
ihr  eigen  kind,  das  sie  in  Unehren  erzeuget,  ermordet.  2,  288  ; 
hingegen  aber  ihr  euch  ewer  geliebten  Jeichtsinnig  und  un- 
treulich nunmehr  zu  entbrechen  suchet,  pol.  stockf.  140 ; 
euer  söhn  hat  sich  von  dem  elende  befreit  und  sich  dessen 
entbrochen.  Bütschky  kanzl.  894 ;  das  die  menschliche  seele 
sich  des  gerängnisses  ihrer  atfecten  entbrechen  könne.  Palm. 
393;  in  Staatsschriften  ist  es  nun  dahin  gediehen,  dasz  man 
nicht  nur  des  lateinischen,  sondern  auch  des  französischen 
und  welschen  sich  schwerlich  allerdings  entbrechen  kan. 
Leibsitz  gedanken  betr.  die  deutsche  spräche  §.  90 ;  wo  er  sich 
dieses  werkes  entbrechen  will,  sollen  tausend  personen  be- 
reit sein,  dasz  ihm  zur  strafe  der  hals  gebrochen  wird.  Weise 
neue  proben  s.  54 ; 

denn  sich  meiner  zu  entbrechen, 

ist  sie  schon  gestraft  genug.    Gö.nther  320; 

du  must  dich  oder  wüst  dich  meiner  selbst  entbrechen, 

und  gönnest  mir  sogar  nicht  einen  friedensstrahl.    626. 

b)  aUmälich  erlosch  dieses  sich  entbrechen  und  erhielt  sich 
bis  auf  heute  nur  noch  im  verneinenden  ausdruck  mit  der  bc- 
deulung  von  abstinere,  sich  enthalten:  wenn  sie  anders  nur 
ihr  wort  geben,  sich  des  ortes  nicht  zu  entbrechen  (d.  i.  da 
XU  bleiben).  Lohenst.  Arm.  1,87;  sie  können  sich  des  Zure- 
dens ihres  gewissen«  und  der  stimme  gottes,  der  sie  seines 
worts  erinnert  und  sie  zur  busze  locket,  oft  nicht  entbrechen. 
ScBiTER  fee/en5c/ia(z  1, 141 ;  er  ist  ein  allgewaltiger  gott,  dessen 
aufsieht  wir  uns  nirgends  entbrechen  können.  1,215;  hastu 
unsers  herrn  gottes  nöthig,  so  suche  ihn  und  halte  dich  an 
ihn  an,  die  könige  selbsten  entbrechen  sich  nicht,  solches  zu 
thun.  pers,  baumg.  9, 16 ;  weil  sich  mein  herz  meiner  Sünden 
nicht  entbrechen  kann,  so  wil  ich  es  nun  für  sie  brechen. 
Bdtscbky  Palm.  505;  ich  würde  mich  der  Undankbarkeit  kei- 
nesweges  entbrechen  können,  wenn  ich  desselben  grosze  höf- 
licbkeit  mit  unhöflichem  stillschweigen  erwiderte,  kanzl.  19; 
er  hat  sich  der  lustigen  gelegcnheit  nicht  entbrechen  wollen. 
Weise  unvergn.  $eele'iO;  wie  mich  nun  dessen  nicht  entbre- 
chen konte.  Felsenb.  3, 178 ;  dahero  wir  uns  nicht  entbrechen 
können,  dcnenselben  die  schuldige  danksagung  hiermit  abzu- 
statten. Pierot  4,  386 ;  ich  zweifele  sehr,  dasz  sie  auf  diese 
weise  ihren  zweck  erreichen  werden  und  kann  mich  nicht 
entbrechen  ihnen  ungescheut  zu  sagen.  Liscov  288 ;  die  ehr- 
lichsten und  tugendhaftesten  manner  können  sich  derselben 
(pflichten)  nidit  entbrechen.  456;  ich  habe  mich  nicht  ent- 
brechen können,  durch  diese  ehrerbietige  und  glimpfliche  Vor- 
stellung zu  zeigen.  126;  unterdessen  kann  ich  mich  nicht 
entbrechen,  einen  einwurf  zu  heben.  J.  E.  Sculkgei.  8, 73;  da 
sie  als  mannsperson  hier  erscheinen,  durften  sie  sich  nicht 
entbrechen,  ihr  einige  Schmeicheleien  zu  sagen.  Lkssmc  I,  35U ; 

wie?  wenn  ich  dielten  volk  nun  zwar  nicht  haszie, 
doc     wegen  o-iaiüi  bIuIzck  zu  vcrächiün 
mich  Dicht  enibrcchen  konnte?    2,240; 
•0  kam  nun  dii'tpr  rinif  von  «ohn  ni  «ohn 
auf  einTi  ■    •  -  f-"    •    -    -    •-,       ''-.n, 
die  all»!    '  II, 

die  »\U:  .:.  u 

sich  Diclii  uiiiiiiuiiii.'ii   koiiiii'r.      i,  ^ii; 


er  thut  alles  was  er  kann  seinen  herrn  zu  bereden,  dasz  er 
sich  nicht  entbrechen  könne,  Angeliquen  zu  heiraten.  4,389; 
freilich  wundert  mich,  dasz,  wenn  Fabricius  jemals  das  ge- 
dieht selbst  gelesen,  er  sich  entbrechen  können,  diesem  vor- 
geben nicht  geradezu  zu  widersprechen.  9, 136 ;  wir  kjinnen 
uns  doch  nicht  entbrechen,  von  dem  wie  und  warum  dieser 
schnellen  Veränderung  genauere  rechenschaft  zu  geben.  Wie- 
land 1,  231 ;  sie  halte  sich  nicht  entbrechen  können,  die  ver- 
traute erzählung,  welche  er  ihr  von  seinem  lebenslauf  ge- 
macht, mit  erzählung  des  ihrigen  zu  erwiedern.  2, 165 ;  aber 
wir  können  uns  doch,  mit  ihrer  erlaubnis,  nicht' entbrechen 
zu  sagen  u.  s.  w.  2, 187;  es  gibt  fälle,  wo  man  sich  nicht  ent- 
brechen kann,  speculative  meinungen  als  eine  Staatssache  zu 
behandeln.  6,  248 ;  eine  menge  fragen,  die  man  sich  nicht 
entbrechen  konnte  aufzuwerfen.  27,334;  ich  entbreche  mich 
nicht  ein  fragment  der  art  hierher  zu  setzen.  Herder  7,  40 ; 
er  hatte  aber  noch  einen  nothwendigen  gang  zu  thun,  den 
er  in  person  zu  verrichten  sich  nicht  entbrechen  wollte. 
MüSAEUs  volksm.  4,  87 ;  endlich  konnte  er  sich  nicht  entbre- 
chen einen  vorübergehenden  anzureden.  Hebels  schatzkästlein 
155. 

ENTBREISEN,  schere,  entschnüren,  außnüpfen :  fieng  dem- 
nach an  zu  lachen,  den  barchat  zu  reiszen,  seinen  latz  zu 
entbreisen  und  sie  so  krotten  und  katzenseichisch  zu  be- 
seichen  (s.  1, 1612).    Garg.  148*. 

ENTBREMSEN,  klemmen  oder  enlklemmen?  vgl.  2,  864: 
kündten  (meine  feinde)  auch  eisen  fressen,  so  wil  ich  sie  doch 
aufs  allergeringste  unaussprechlich  entbremsen.  Ta.  Mü.nzeh 
bei  Luther  3,  UO'. 

ENTBRENNEN,  praet.  entbrannte,  sollte 

1)  transitiv  accendere,  entzünden  ausdrücken,  wie  es  mhd. 
hiesz 

zünde  enbrenne  mtne  sinne 

in  der  wären  minne  gluot.    MS.  1,30'; 

darnach  man  liebt  enbranie.     Wiener  merfart  119. 

allein  man  bekommt  nhd.  selten  zu  hören  ein  licht  entbren- 
nen, eher  anbrennen,  gewöhnlich  entzünden,  anstecken,  doch 
sagt  Ramler  2,  54 

der  held  hat  zum  unglQck 

die  fackel  entbrannt; 
doch  blosz  gehörter  witz  hat  nie  ein  herz  entbrannt. 

J.  A.  ScHLiGKL  verm.  geä.  2, 192 ; 
dir  blosz  miszt  sie  es  bei,  dasz  Medor  sie  entbrannt.    2,337. 

2)  meistcntheils  steht  entbrennen,  gleich  dem  einfachen  bren- 
nen, intraHsilio  für  accendi:  sein  herz  enlbrand  im  gegen 
seinem  brnder.  1  Mos.  43,  30 ;  denn  ir  mütterlich  herz  ent- 
brand  über  Iren  son.  1  kün.  3,  26 ;  denn  es  ist  ein  groszer 
grim  des  herrn,  der  über  uns  entbrand  ist.  2  kön.  22,13; 
mein  herz  ist  entbrant  in  meinem  leibe,  ps.  39,4;  und  da 
das  gott  höret,  entbrand  er.  78,  59 ;  und  ir  heil  entbrenne 
wie  eine  fackel.  Es.  62, 1 ;  enlbrand  sie  noch  viel  erger.  Ei. 
23, 11 ;  auf  das  er  {der  topf)  heisz  werde  und  sein  erz  ent- 
brenne. £z.  24, 11;  da  mein  herz  mit  solchen  feinen  gedanken 
entbrande.  Luther  1,55';  da  da  ist  der  Rhein  entbrant.  Luther 
ed.  Irmischer  24,  317 ;  darüber  entbranlen  {sich  erzürnten),  pol. 
colica  218; 

vor  alter«  giengen  mann  und  weib 

zusammen  in  ein  bad, 
wenn  gleich  ein  nackter  männcrleib 

zum  frembdeu  wcibe  trat, 
kein  Teutscber  wurd  darumb  entbrand. 

LitJCOLBOMs  Galamelitt  117; 
jenem  schwärm,  der  wider  mich  entbrennt.    G6NTaEn4S3; 
ein  prinz  aus  Pontus  ists,  der  grosze  Mithridat, 
der  mit  entbrannter  brüst  sich  zu  Moniiiien  naht. 

Gkllkrt  1,  114 ; 
denn  darnach  f^ng  ich  nicht,  ob  deine  bru^t  entbrennt, 
und  ob  dein  schöner  round  mich  einen  barbar  oeaDl. 

J.  E.  SciiLRUBL  1,34; 
wie  sollt  er  (gott)  derer  schonen  können, 
die  er  vergculirh  sich  versöhnt? 
nicht  Wider  euch  sein  xorn  entbrennen, 
wenn  ihr  noch  stets  der  sUnde  fruhnt? 

J.  A.  ScuLicRL  1,108; 

ich  man,  Ich  musz  entbrennen,  Ltssisc  lO,  !70 ;  die  Gepiden 
entbrannten,  und  machten  bewegungcn  mit  dem  «rhweric  zu 
ontworlcn.  Klopstoc«  12,285;  beide  entbrannten  über  seine 
niederträchtige  crdichtung.    Nicolai  Seb.  Nolhanker  3,112; 

die  Strohwitwe,  die  Aurora 

ist  in  lleiperut  entbrennet.    Görni  5,  Tl^ ; 


505 


ENTBRENNEN — ENTBCRDEN 


ENTBÜRDEN  —  ENTDECKEN 


506 


TOn  edlem  grimm  entbrannt.    Gkllkht  1, 188; 
ach,  irgend  ein  unsterblicher  ist  gegen 
das  haus  des  Oedipus  entbrannt.    Schiller  239"; 
munter  entbrennt,  des  eigenihums  froh,  das  freie  gewerbe.  76*; 
meine  seele  entbrennt  über  den  undankbaren.   312'; 
du  sähest  mich  entbrannt  auf  dein  verderben.    615*; 
ach,  in  Hesperien  selbst  erklang  dir  die  laute  der  wehmut, 
dir  auf  Parthenopes  flur,  dir  am  entbrannten  Vesuv. 
Matthissom  262; 
ihre  von  schmerzen  entbrannten  äugen.  J.  P.  Hesp.  3,  37;  thau, 
dessen  juwelenmeer  von   der  sonne  entbrennen  sollte.    Tit. 
2, 137 ;  dasz  ein  geist  in  dem  andern  entbrenne,  sich  in  ihm 
fühle  und  verstehen  lerne,  das  ist  mir  gottesdienst.    Bettwe 
br.  1,  235.     im  pari,  praet.  ist  freilich  der  transitive  oder  in- 
transitive sinn  schwer  zu  unterscheiden. 
ENTBRENNEN,  n.  inflammatio: 

da  fühlt  ich  schnell  der  lieb  entbrennen 
und  was  zwei  schöne  äugen  können. 

OssENFELDER  oden  und  lieder. 
Dresden  1753  s.  64. 

ENTBRESTEN,  gleichviel  mit  entbrechen,  erscheint  blosz  in 
der  redensart  entbrosten  sein,  dem  entbrochen  sein  vollkom- 
men ähnlich:  ich  weisz,  das  man  in  allen  staten  bös  und 
guts  findet,  haltet  mein  stat  etwas  böses  oder  widerwertigs 
in  im,  das  man  anderswa  nit  findet,  so  findet  man  anderswa 
böses  und  widerwertiges,  das  ist  gewis,  deren  mein  stat  ent- 
brosten ist  und  ledig.  Keisersberc  irrig  schafT* ;  wan  aber 
einer  allein  widerkert  (erstattet),  so  seint  die  andern  entbro- 
sten.   narrenschif  161*; 

ja  mancher  gienge  gern  lur  lehr, 
wenn  er  der  straf  entbrosten  wer 

Georg  Gotthard  Zerstörung  Trojas. 
Sololhurn  1598.  im  anfang. 

mit  höchstem  schmerzen  des  armen  patienten,  dessen  er 
sonst  wol  bette  können  und  mögen  enbrostcn  und  überhaben 
sein.  Wtbtz  practica  37 ;  nach  solcher  predig,  deren  der  ver- 
wundte  wol  bette  mögen  entbrosten  sein,  nam  er  einen 
lumpen  u.  s.  tv.  54. 

E.NTB RINGEN,  afferre,  beibringen,  aufbringen 
ENTBRINGUNG,   f.  einbringung:    dasz  ich  zu  entbringung 
dieses  compromiss  unsern  syndicum  Belial  deputiert  und  ver- 
ordnet.   AvRER  proc.  3,  2. 

ENTBRINNEN,  accendi,  gleich  dem  einfachen  brinnen  (2, 391) 
noch  hin  und  wieder  vorkommend:  dann  ob  man  die  metallen 
ganz  hinnäme,  so  werden  fürwar  die  menschen  mit  gröszerm 
zorn  gegen  einander  entbrinnen,  und  so  sie  demselbigen  den 
räum  lassend  und  also  gahends  werden  sie  mit  feusten,  fer- 
sen, neglen  und  zänen  nicht  anders  dann  die  wilden  thier 
mit  einander  kempfen.  Becbius  A^rtco/a  u';  cntbrunnen  und 
verfaulet.    Praetobii  weltbeschr.  1,  370 ; 

dieses  buch  soll  monde  sein, 
leser  aber  seine  sonnen, 
so  dasz  durch  der  sonnen  schein 
auch  der  monde  sei  entbrunnen.    Logau  1,22; 
sie  weisz  gleich  gut  zu  künnen 
Tvrtäus  muntre  kunst,  als  wol  ein  griechisch  mann, 
der  durch  ein  hitzig  lied  auf  seinen  feind  eutbrao.    2,14; 
als  Alecto  zunder  spönne, 
draus  der  lange  krieg  enibran.    2,  243; 
wann  der  tag,  das  kind  der  sonnen, 
aus  dem  güldnen  zimmer  gehl, 
wann  die  fackel  ist  entbronnen 
und  das  feld  entdecket  steht.    Zeskns  Aeiicon  2,72; 
wo, "rief  der  heiland,  ist  das  licht, 
das  hell  von  meinem  wort  entbronnen!    Göthe  56,  25. 

ENTBRUCHIEREN,  balteum  solvere,  die  bruch,  den  gürlel 
lösen,  entgürten:  ha,  ha,  ich  bitt  euch,  ir  mein  andere  kut- 
tenhämmel,  wa  ir  secht,  dasz  sich  einer  wolt  entbruchieren, 
sitzt  daraijf  und  reutet  mirs  zu.    Garg.  79'. 

ENTBRÜCKE.N,  pontem  rumpere,  die  brtuke  abwerfen,  einen 
flusz  entbrücken,  die  darüber  geschlagne  brücHe  abbrechen. 

ENTBRCDERN,  dissociare,  entzweien,  aus  brüdem  feinde 
machen : 

menschen,  welche  hasz  und  neid  enibrüdert. 

Gleim  bei  Göckingk  3, 196. 

ENTBÜCKEN,  demisso  corpore  subducere,  declinare:  wann 
wir  nach  inen  schössen,  fielen  sie  alle  nider,  vermeinten  sich 
dem  schusz  zu  cntbucken.    H.  Stade:«  a. 

ENTULNDENHEIT,  f.  e/frenatio:  gegen  den  flüchtigen  über- 
muth  üppiger  entbundenbcit.    Dyanasore  4,  341. 

ENTBCHDEN,  ezonerare,  entlasten,  engl,  unburden.  Stie- 
ler 135. 


1)  befreien,  erlösen: 

hier  hat  meine  seele  rast, 

hier  ist  sie  der  siill  ergeben 

und  entbürdet  aller  last.    Leccoleo:«»  Galamelite  148; 

um  die  Allobroger  des  römischen  Joches  zu  entbürden.  Lohesst. 
Arm.  1,903;  also  vertriebe  des  weines  genusz  auch  das  gifl 
der  traurigkeit,  entbürdete  das  herze  der  sorgen.  2,  293  ;  diese 
antwort  kan  dich  gnugsam  entschuldigen,  auch  deinen  patron 
selber  entbürden.    Riemebs  reimdich.  s.  131 ; 

laszt  mich  an  diesem  schreckentag  indes 
mein  herz  entbürden!    Stolberg  4, 158; 

während  wir 
zum  grab  enibürdet  wanken, 

while  we 
unburdend  crawl  toward  deatb.    hing  Lear  1, 1. 

2)  sich  entbürden: 

schlaf  ein,  schlaf  ein!  entbürde  dich  der  last, 
der  grausen  furcht  und  zweifelsvollen  sorgen. 

Hallban^s  Mariamne  p.  53; 

dieser  streit  schlug  zu  einer  rechtfertigung  au?  und  indem 
sich  solche  verzögerte,  hatte  Orlandina  zeit  sich  zu  entbür- 
den. sie  brachte  nun  eine  schöne  junge  tochter  auf  die  weit, 
welche  mehr  einem  engelein  als  einem  menschen  gleichte. 
Harsdörfer  mordgesch.  540 ;  meiner  obliegenden  gebümis  mich 
entbürden.  Bctschky  tani/.  82;  welche  begierlichkeit  sich  der 
beschuldigung  des  fürwitzes  leichtlich  entbürden  kan.  Palm. 
1S4;  entbürde  er  sich  solcher  überlast,    kanzl.  364; 

wenn  redend  ich  entbürde  mich  der  last.    Platk!«  45. 

ENTBCBDUNG,  f.  ob  nun  wol  ihr  und  mein  spott  nechst 
an  der  thür  stund,  wiese  ich  sie  doch  immer  mit  liebkosen- 
den und  freundlichen  worten  solang  ab,  bis  sich  endlich  die 
entbürdung  ihres  lasts  herbei  nahete.  ich  zöge  mit  ihr  in  ein 
unbekantes  dorf  und  bliebe  über  nacht  bei  ihr  und  als  ich 
von  ihr  abscheiden  wolt,  fiel  sie  in  die  geburtschmerzen. 
franz.  Simpl.  1,  230 ;  sowol  zur  rettung  der  vermeint  verletz- 
ten ehre  solcher  gelehrten  als  auch  zu  seiner  entbürdung. 
Leibmtz  375. 

ENTCHEN,  n.  anaticula,  nnl.  eendje,  vi^tov,  vTjrra^tov. 

ENTDACHEN,  tectum  solvere:  der  storm  hat  das  haus  ent- 
dacht. 

ENTDÄMMERN,  lucescere,  aufdämmern: 

meine  kiiidheit 
enidämmert  golden  aus  dem  dichten  schatten.    TiickIO,  80. 

ENTDÄMPFEN,  evaporari:  feuchter  nebel  entdampft  der 
erde ;  qualm  entdampfte  der  hole. 

ENTD ARMEN,  exenlerare,  eviscerare:  entdermen.  Jeroschin 
ISO'; 

wütend  scheu 
entdarmt  den  hund  das  zackigte  geweih. 

WiiHOFs  gedickte  2,  86. 

ENTDECKBAR,  detegibilis:  aus  uns  cnldeckbaren  naturge- 
setzen  hervorgegangen  sein.  Fichte  Art/,  der  Offenbarung  132; 
er  (der  mensch)  siebt  den  boden,  so  weit  er  sich  ausdehnt, 
den  himmel,  so  weit,  ihm  entdeckbar,  er  von  gestimen  um- 
Dammt  wird.    Humboldt  kosmos  1,  386. 

ENTDECKELN,  operculum  tollere. 

ENTDECKEN,  detegere,  ahd.  intdecchan,  mhd.  entecken, 
nnl.  ontdekken. 

1)  den  leib  oder  leibeslheile  etitblöszen,  aufdecken,  vgl.  auf- 
entdecken :  was  die  natur  verdeckt  an  allen  orten,  das  sei 
der  mensch  auch  also  sich  halten  mit  Vernunft  und  sollicbe 
ding  nit  zu  endecken.  Keisersberg  Marie  himelfart  11';  so 
vil  ein  mensch  armutseliger  ist  leibshalb,  so  vil  er  mer  die 
selbige  armutseligkeit  entdeckt  und  zeigt  und  die  lüt  dar- 
durch  bewegt,  s.d.m.  14';  entblösze  den  fusz,  entdecke  den 
Schenkel,  wate  durchs  wasser.    Es.  47,  2 ; 

das  houbt  das  dut  man  bald  entdecken.    Bra:<t  110^,97; 

in  iren  rathsröcken  angethon,  mit  entdeckten  heuptern.  Felix 
Plater  190;  item,  dasz  er  {der  fisch)  ein  sonder  grosze  be- 
gird  tregt  nach  den  bloszen  entdeckten  weiszen  theilen  des 
menschen.  Forer  80';  es  solle  auch  ein  jede  ehrliche  Wär- 
terin oder  die  müttern  selbs  ein  fleiszige  acbtung  gehen  auf 
die  kinder,  dasz  man  sie  nicht  entdecke  oder  entblösze.  WObtz 
469  ;  der  oberster  mit  entdecktem  häupt  wündschet  den  lands- 
knechten  einen  guten  tag  oder  morgen.  Kirchhof  mil.  dise. 
63 ;  sprechen  sie  mit  entdecktem  haupt  ein  vatterunser.  203 ; 
mit  entdecktem  bloszen  heupt.  Redtter  49 ;  vor  dem  namen 
seines  beilands  sich  neigen  und  entdecken.  Fischart  ehz.  408 ; 


507  ENTDECKEN 

röhr,  säge,  flamm,  zuschlitzte  waogen, 

entdeckte  luDg,  entblöszte  herzen, 

das  war  was  Abas  aug  erquickte.    Grtphids  1,  133; 

die  waiheit  wird  entdeckt  und  stehet  nackt  und  blosz 

viel  heller  als  ein  glas.  Tschskning  99; 

Bojocal  führe  den  beweis  wider  sich  unter  seinem  heim, 
nemiich  seine  Terstümmelten  ohren,  die  möchte  er  nur  ent- 
decken. LoHENST.  Arm.  2,1547;  bald  entdeckete  sie  das  anl- 
litz  nur  halb.    Philander  1,90; 

hierunter  {die  vcischwundnen  lugenden)  zehU  sich  auch  die 

olTenherzigkeii, 
die  nirgends  sicher  ist  als  wo  man  sie  verslecket, 
euch  mägdgen  nehm  ich  aus,  indem  ihr  noch  zur  zeit, 
versieht  mich  aber  recht,  ihr  brustbild  ort  entdecket. 

GÜNTHER  52S. 

2)  am  morgen  ehe  dann  die  sonn  aufgeht,  so  entdeck  das 
geschirr  und  ker  es  wider  um.  Herk  feläbau  U' ;  an  etlichen 
orten  wurden  die  strouwtächer  entdeckt,  und  dasselbig  ver- 
lägen strauw  dem  vich  zur  narung  fürgelegt.  Stumpf  2,418"; 
folgends  ward  der  tisch  entdeckt  {abgedecki)  und  ein  tapet 
aufgelegt.  Garg.  163';  hierauf  wurde  der  tisch  entdecket  und 
ein  abendgebet  gehalten.  Ettners  unw.  docl.  483;  über  dem 
entdeckten  tischblat.    Lohenst.  Arm.  5S5; 

das  Schwert  das  ich  anjetzt  mit  dieser  band  entdecke. 

Grtpuius  1,  88; 
den  Schild  entdecket  er  und  glaubet  gar  gcwis, 
dasz  sie  durch  diesen  schein  zu  hoden  Tallen  müsz. 

Wbroers  Ar.  4,  21; 
so  lange  Lucifer  entdeckt  das  klare  licht.    Opitz  2,287; 
das  meer 

bedecket  allen  luft,  entdecket  den  abgrund.    Weckberlin  63; 
entdeckend  klufl  auf  khiH.    248; 
die  erd  ist  sauber  und  beleckt 
durch  den  gewünschien  schein  der  sonnen, 
ist  ihres  winterrells  entdeckt 
und  wird  vom  himmel  liebgewonnen.  S.  Dach  bei  Albert  2, 11 ; 

die  Schildkröte  anluorlel  dem  frosch,  der  sie  von  ihrer  schale 
last  befreien  will: 

du  thor, 
ehe  mich  entdeckst,  so  deck  dich  vor.    Fischart  ehz.  46. 

S)  da  deine  bosheit  noch  nicht  entdeckt  war.  Ez.  16,  57 ; 
es  ist  aber  alles  blosz  und  entdeckt  für  seinen  äugen.  Hebr. 
4,13; 

zu  endecken 
sein  meinung,  gemuet  und  sinn.    Teuerd.  114,27; 
bis  der  fall  den  schein  entdeckt.    Günther  7; 
gotl,  dessen  name  schon  die  fülle 
Tollkommner  berlichkeit  entdeckt.    9; 

traust  dem  kiele, 
womit  die  redlichkeit  des  herzens  grund  entdeckt.    575; 
und  stets  ein  gegentheil  des  andern  krafl  entdeckt.    740; 
so  werft  den  glauhensblick  auf  die  entdeckte  gruft, 
seht,  welch  ein  schöner  strahl  aus  asch  und  modcr  schimmert. 

Chr.  Grtphius  pocl.  wäld.  2, 187 ; 
ach  wüsten  sie,  wo  ich  gewesen  hin, 
ich  will  es  ihnen  wol  entdecken.    Gkllbrt  1,  160; 
mein  glück  ist  erst  ein  glück,  wenn  dein  mund  mirs  entdeckt. 

Rost  schdfergcd.  5; 
für  uns  hat  die  natur  oft  eine  kunst  verslecket, 
und  schlechten  ihieren  nur  enid'ecket. 
der  zeisig  baut  sein  nest  und  flicht  stets  einen  stein, 
den  er  nur  flnden  kann,  in  reis  und  moos  mit  ein, 
dies  hat  ihn  die  natur  gelchret, 
damit  man  seine  brut  nicht  flndet  und  nicht  störet. 

IlosT  nchäferert.  35; 
woll  oder  wolle  nicht!  er  ist  entdeckt, 
der  tolerante  schwätzcr  ist  entdeckt.    Lkssing  2,312; 
ich  bin  entdeckt,  ich  bin  durchschaut,   wie  kam 
der  unglückselige  auf  meine  spuren!    Schiller  432' i 
die  icbindlichste  Verschwörung  ist  entdeckt.    433'; 
bis  die  Oeude  sie  entdecket, 
bi«  sich  brüst  mit  brüst  vereint.    64*. 

4)  wer  entdecken  will,  siehct  sich  gar  genau  um  in  dem 
gtwimmel  der  dinge,  so  um  ihn  her  sind,  und  siehct  er 
darin  etwas,  das  sontt  noch  niemand  halte  gesehen,  so  hat 
er  entdeckt,  wer  erfindet,  setzt  vorhandnes  auf  neue  art  und 
weise  zusainmen.  Klopstock  12,116;  etwas  erlinden  ist  ganz 
was  andres  als  etwas  entdecken,  denn  die  sache,  die  man 
entdeckt,  wird  als  vorher  schon  ezistierend  angenommen,  nur 
dasi  sie  nicht  bekannt  war,  z.  b.  Amerika  vor  dem  Colum- 
bus.  was  man  aber  erfindet,  z.  b.  das  schicszpiilver  war  vor 
dem  künsller,  der  es  machte,  noch  gar  nicht  bekannt.  Kant 
10,34t;  dat  geständois  aeiner  gedanken  entdecJteo  (abltgm). 
t,M3. 


ENTDECKER  —  ENTDUFTEN 


508 


5)  entdecken,  excoriare,  die  haut  abdecken,    s.  entdecken 

6)  sich  entdecken : 

alsbald  die  haube  deckt  das  haupt,  entdecken  sich  die  sinnen, 
die   nicht,  wie  wann  sie  Jungfern  sind ,  die  weiber  bergen 

künnen.    Logau  3,  158,  10; 
betrübtes  wochenbclt, 

eh  sich  das  kind  entdeckt,  ist  schon  der  vater  todt. 
Cur.  Grtpuius  2,  240; 

er  meldete  ihr  also,  auf  was  weise  er  von  Delfi  entflohen, 
wie  er  mit  einem  angesehenen  Athener  bekannt  geworden, 
und  wie  sich  entdeckt  habe,  dasz  dieser  Athener  sein  vater 
sei.  Wieland  1,48;  bis  er  selbst  für  gut  linden  würde  sich 
deutlicher  zu  entdecken.    2,15; 

zuletzt  entdeckt  des  junglings  bangen  augon 

sich  eine  felsenklufi.    23,28; 

ein  knie,  das  sich  im  wirbelianz, 

wie  marmor  weisz,  der  lüsternheit  entdeckte.    Götter  1,258; 

entdecket  sich  einst  das  physische  bildungsgesetz  der  urge- 
birge  unserer  erde.  Herder  3,  46 ;  die  begriffe,  die  man  nur 
so  bei  gelegcnheit  findet,  entdecken  sich  in  keiner  Ordnung 
und  systematischen  einheit.    Kant  2, 101. 

ENTDECKER,  m.  inventor,  delector.  es  kommt  aber  aucn 
vor  für  abdecker,  schinder:  es  soll  keiner  des  handwerks  mit 
einem  nachrichter,  streifer,  entdecker  und  allen  andern  der- 
gleichen leuten  kein  gemeinschaft  halten,  jenaische  ßeischer- 
innung  von  1603  art.  34  in  Beiers  handwcrkslex.  s.  llt*. 

ENTDECKUNG,  f.  derhalbcn  ich,  genent  D.  Martinus  Luther, 
von  herzen  erfreuet,  mir  fürgcnomen,  zu  weiter  Unterricht 
und  entdeckung  der  falschen,  geferbten  kirchen  die  artikel 
allesampt  mit  gründlicher  Schrift  zu  beweisen.  Lgther  1,400'; 

Nathan,  warum  ichs  aber  ihr  noch  nicht  entdeckt? 
darüber  brauch  ich  nur  bei  ihr  mich  zu 
entschuldigen.     Tempelherr,  das  sollt  ihr  auch  bei  ihr 
nicht  brauchen,    gönnt«  ihi  doch,  dasz  sie  euch  nie 
mit  andoin  äugen  darf  betrachten!   spart 
ihr  die  entdeckung  iloch  !    Lessing  2,  341 ; 

zuletzt  darf  man  auch  wol  der  entdeckung  und  dem  mis- 
brauch  der  kupferstiche  einen  theil  des  kunstverderbens  zu- 
schreiben.   Güthe  39,113;  er  geht  auf  entdeckungen  aus; 

die  ruft  der  fürst,  macht  ihr  des  plans  entdeckung 
und  will,  dasz  sie  ihm  helfe  zur  Vollstreckung. 

Gries  Tassos  Jer.  4,  23; 
sie  versprechen  mir 
entdeckungen  in  meinem  eignen  herzen, 
um  die  ich  seiher  nie  gewust.    Schiller  262*. 

ENTDECKUNGSREISE,  f. 

ENTDECKUNGSTRIEB,  m. 

ENTDENKEN,  1)  sich  bedenken:  sie  sollen  sich  dan  ent- 
denken,  ob  der  müller  also  gcthan  habe,  als  es  sich  gcbüret 
und  der  scheffen  das  weiset    wcisth.  2,  583. 

2)  sich  wegdenken,  entfernen: 

entdenke  dich  einmal  den  allzu  groben  sinnen. 

WiiHOFs  gedichle  t,  274. 

ENTDEUTSCHEN,  abalienare  a  genere  germanica: 

wird  unser  sicgszug  denn  zur  flucht? 

ganz  Frankreich  hnhnt  uns  nach, 

und  Elsasz,  du  entdeutschte  zuchi, 

höhnst  auch,  o  letzte  schmaoh !    Rückirt  157. 

ENTDICHTERN,  poetam  e  poeta  exucre:  da  {in  der  aesthetik) 
steht  gar  vieles  nicht,  was  eigentlich  den  dichter  macht,  und 
da  steht  gar  vieles,  was  ihn  entdichtern  könnte.  Klinüer  9,286. 
ENTDONNERN,  cum  fragore  devolvi : 

den  stein  zu  wälzen,  der  entdonnernd  weichet, 
verdammt  ist  Sisjrphus  vom  qualgescbicke. 

Wim.  VON  HuasoLDTs  merke  7,481. 

ENTDRÄNGEN,  acriler  removere:  der  noth  entdrängen; 

immer  noch 
cntdritngcn  bilder  aus  den  vorgen  lagen 
die  freude,  die  aus  deinen  äugen  strahlt.    Tikck  10,365; 

sich  dem  gewühl  der  menschen  entdrängen. 
ENTDREHEN,  tmquere  e  manu: 

oft  auch  lockt  der  llelvetior 
uns  in  spate  der  nacht,  bis  die  vermilblie  nickt, 

dann  das  zaubernde  sch.iferlird 
dir  entdr«t)t,  und  mit  hauch  plötzlich  dl«  Inmpe  loscht. 

Vo«ii  3,  H. 

ENTDRINGEN,  erm,  erumpert:  tbräncn  cntdringen  mir; 
schweisz  entdrang  ihm. 

ENTÜUFTEN,  efflari,  exhalari: 

ihrem  ambrosischen  haar  enlHufteien  gfiiillrhA  rOrhe. 
Stolbiro  in,  3f)0; 

wolgcrucb  ctotduflet  dem  heu. 


509 


ENTDUNKELN  —  ENTEHREN 


ENTEHRUNG  —  ENTENBCRZEL 


510 


ENTDUNKELN,  illuminare,  caligini  eripere: 

gleich  dem  leoz  entdunkelt 

lacht  das  aiig  und  funkelt!    Voss  5,  217. 

ENTDL'NSTEN,  evaporari,  exhalari: 

und  schlimme  Schwefelgerüche  ihm  enidünslen. 
Stolberg  12.  bS». 
ENTDÜSTERN,  was  entdunkeln,  nnl.  ontduisteren.  , 
ENTE,  f.  ahd.  anut,  später  anit,  enit,  mhd.  ant,  ent,  nnl. 
eend,  ags.  ened,  aUn.  önd  =  anud,  schw.  ddn.  and,  lit.  antis, 
lal.  anas  anatis,  it.  anatra,  sp.  anade,  gr.  vr^aoa,  vtjttu, 
rvss.  utka,  serb.  utva  (in  den  liedern  häufig  oitva  zlatokrila, 
goldgeflüyelte  ente).  man  leilel  alles  hin  auf  vtco  und  die 
enle  ist  ein  behender  Schwimmvogel,  nur  könnten  gans  und 
schrvan  ebenso  heiszen.  da  in  allen  übrigen  urverwandten 
formen  der  vocalanlaut  haftet,  lieszen  sich  auch  die  griechi- 
schen in  arr,aaa,  aviJTTa  ausfüllen  und  es  entspränge  nahe 
berührung  zwischen  anas  und  anser,  folglich  x^v  gans  und 
hansa,  ton  vsTv  und  nare  abführend,  dem  engl,  duck  und 
drake  liegt  ebenso  aphaerese  des  an  unter,  die  meisten  fol- 
genden redensarten  gehen  auf  ente  wie  gans. 

1)  die  ente  schnattert  und  plaudert,  es  heiszl  darum  schwatz- 
haft wie  eine  ente. 

2)  Leiten  bis  in  die  gebraten  enten  in  das  maul  fliegen. 
Frank  lob  der  thorheit  143 ; 

bis  dir  ein  ent  ins  maul  einfliegt 

gebroien  wie  im  schlauraffenland.    Schmklzl  hochzeil  10*. 

3)  er  sieht  aus  wie  eine  ente  wenns  wetterleuchtet  (von 
betrunkenen),    Lichtenberg  3,  77. 

4)  ich  wolt  ehe,  dasz  mich  ein  ent  zertrette,  das  were 
doch  ein  schendlichcr  tod.   Frank  sprichw.  2,  37*. 

5)  was  willmer  auch  an  den  zeitungszwickeln  {zeitungs- 
sehreibem)  vil  loben,  waisz  nit,  habns  ein  taufnamen  oder 
nit,  waisz  nit  wer  ihre  enten  oder  gäns  gwest  sein,  ob  ihr 
valter  aufm  nuszbaum  ertrunken  ist  oder  nit  {vgl.  mythol. 
53S).  Schwabe  tintenfasz  s.  76,  zur  deutung  des  ausdrucks  Zei- 
tungsente. 

6)  man  nennt  eine  in  Zeitungen  verbreitete  gleichsam  fort- 
schwimmende, wieder  auftauchende  fabel  oder  lüge  heute  ge- 
wöhnlich ente.  früher  hiesz  es  blaue  ente :  so  kömpts  doch 
endlich  dahin,  das  an  stat  des  evangelii  und  seiner  auslegung 
widerumb  von  blaw  enten  gepredigt  wird.  Ldtber  3,  282 ; 

es  sein  alsamen  nur  blaw  enten, 

das  die  pfaffen  hon  erdacht.    Mubner  lulh.  narr  3156; 

wer  jedem  narren  glauben  will, 

der  sagt  von  blawen  enten  vil.    Zabnckis  Brant  s.  129"; 

aber  man  kan  uns  nit  von  den  bölstern  bringen,  predigen 
immer  in  häufen  den  gensen  oder  blawen  enten,  on  alle 
frucht.    Fbani  trunkenheil  B4*; 

es  seint  fürwar  nit  blaue  enten, 

es  ist  der  ernst  und  warheil  gar.    Schade  pasq.  1, 11 ; 

zahmenten,  Wildenten, 

wasserenien,  tauchenten,  blauenten.    Hofmann  gesetlsch.  257. 

blau  ist  nebelhaft,  nichtig,  einen^  etwas  blaues  vormachen, 
blauen  dunst  machen  bedeutet  vorlügen,  vgl.  2,  82,  eitellötig 
und  hernach  ententüding. 

7)  in  Göltingen  und  in  Cassel  wird  ein  gewisses  aus  meh- 
rerlei feinen  weinen  gemischtes  getrdnk  ente  genannt. 

ENTECKEN,  angulos  secare.  ein  polyeder  entecken  heiszt 
in  der  mathematik  durch  ebenen  einige  oder  sämtliche  ecken 
desselben  abschneiden,  so  dasz  statt  einer  z.  b.  dreiflächigen 
ecke  eine  dreieckige  fläche  erscheint,  die  in  Norddeutschland 
häufig  gefundenen  blocke  als  im  wasser  hin  und  hergescho- 
ben und  durch  stoszen  und  wälzen  entecket  und  entkantet 
zu  denken.    Göthe  50, 124. 

ENTEDELN,  dehonestare,  schänden,  verderben,  nnl.  ont- 
edelen.     ahd.  intedelen  degenerare.   N.  Blh.  135. 

mhd.  und  hat  sich  selb  entedilt  gar.  Martina  26,  07; 
aber  der  unnutz  und  diu  manigvaltikeit  der  worte  entedelt 
die  kraft.  Eckhart  125,  26.  nhd.  so  kann  die  wortrnengerei, 
die  unsere  rede  der  herschafl  einer  fremden  grammatik  un- 
terflrirft,  für  sie  nicht  anders  als  entedeind  und  verderblich 
«ein.    KoLBE  noch  ein  «ort  über  Sprachreinheit  s.  in. 

ENTEDLUNG,  f. 

die  verkennung,  die  entedlung 
dessen,  was  sie  erhöht,  die  menschen, 
was  sie  zu  menschen  macht, 

zeigten  sich  mir.    Klopstock  2, 186. 
ENTEHREN,  1)  dedecorare,  polluere.  ahd.  intfirön  0.  HL  1»,  14. 
IV.  30, 2.   mhd.  enteren,  nnL  onteeren  : 


wan  werstu  von  natura 
rein,  lauter,  dar  und  pure, 
so  wurt  niemant  vermeiligt, 
enteret  und  entheiligt 
von  dir.    meisterges.  /".  23  n*84; 

wan  umb  ewertwillen  werent  wir  beinacb  all  entert  worden. 
Aimon  s4*; 

so  wird  man  sehen  deine  feind, 

und  denen  wir  verhasset  seind, 

durch  goties  grim  entehret.    Wkckherl»  84; 

der  hagel  sein  feld  nicht  entehret.    414; 

wir  achten  einen  freien  muihgen  tod 

anständiger  als  ein  entehrtes  leben.    ScaiLtER  404': 

entehrende  strafe,   die  den  verlast  der  bürgerlichen  ehre  nach 
sich  zieht;  entehrende  zumuthung. 

2)  frauen  entehren,  scAdnden,  violare.  vocab.  theut.  Wii  gi* : 
den  boten,  der  sie  also  sehenden,  enteren  und  verfüren  will, 
Ton  ir  austreibt.    Keisersb.  christl.  künigin  ee6'; 

da  Meurabs  frau  vom  chach  in  Meurabs  angesicht 
so  freventlich  entehrt.  Gstphius  1, 110. 

3)  sich  entehren,  mhd.  will  enteren  dich  an  mir.  MS:l,Si\ 
er  entehrte  sich  durch  seine  wortbrüchigkeit. 

i.  Unehren,  verunehren. 

ENTEHRUNG,  f. 
und  ich  schweige  davon,   doch  meines  weibes  enlehrung 
friszt  mir  das  herz,  ich  räche  sie  auch,  es  werde  was  wolle. 

Göthe  40,  6. 

ENTEIGNEN,  abalienare,  gegentheil  von  zueignen,  nnl.  ont- 
eigenen:    enteignet   habt  ihr  mich  aller  Monnen,   entfremdet 
hoher   ehren,    ackermann  aus  Böheim  cap.  9.      heute   oft  ßr 
expropriieren. 
ENTEIGNUNG,  f  zvvangsenteignung,  exproprialion. 
ENTEILEN,  aufugere,  nnl.  ontijlen: 
schaut  dasz  sie  euch  nit  enteile, 
ziehis  bei  irm  schlair  herfür.    L'hla.'«o  321 ; 
als  sie  solches  geredet,  enteilte  sie.    II.  1,428; 
und  mit  geflügelten  schritten  enteilten  sie; 
und  muste  solch  ein  schöner  tag  enteilen?    Platen  95*; 
und  wo  du  mir  enteilest, 
lebt  schmerz  um  dich  in  mir.    Rcccert  389. 

ENTEINEN,  disjungere,  die  einheit  aufheben,  veruneinen,. 
anders  xu  nehmen  als  das  gleichbedeutige  entzweien  =  in  zwei 
theile  spalten. 

ENTEINIGEN,  dasselbe,  veruneinigen. 
ENTEISEN,  glacie  liberare: 
wenn  thau  und  Sonnenschein  der  berge  hanpt  enteisen. 
J.  E.  Schlegel  4, 172: 
die  enteiste  wellen.    Brocees  1,29; 
aus  der  goldnen  wölke 
tbaun  der  mai  und  die  liebe 
segen  auf  die  enteiste  flur.    Hötri  124  (101); 
wollig  hieng  der  weide  pälmchen 
am  enteisten  bord.    Voss  5,  220. 

ENTEKELN,  obigere  naüseam.    Stieler  358. 

ENTE.NADLER,  m.  was  entenstöszer. 

ENTENARBEIT,  f  labor  inanis:  und  am  letzten,  so  sie 
lang  beratschlagen,  so  ist  es  alles  blaw  enten  arbeit  und 
reden,  arzneien  in  dem  das  nicht  da  ist.  Paracelscs  1,299'. 
s.  ententäding. 

ENTENART,  f  gentis  anatinum:  die  bisamente  ist  «ine  aus- 
ländische entenart; 

kompt  schon  ein  unglücksflut,  mir  selbe  nichts  abnimpt, 
mein  gut  hat  entenart,  das  allzeit  oben  schwimmt. 
pers.  rosenth.  7,  20. 

ENTENBAUM,  m.  anatifera  arbor :  nach  erzählung  der  allen 
ein  am  meeresufer  auf  den  Orkaden  wachsender  bäum,  aus 
dessen  muschelartig  gestalteten,  weiszglänzenden  fruchten,  wenn 
sie  ab  und  ins  wasser  fallen,  kleine  enten  schlüpfen,  die  im 
Winter  auf  dem  eise  gefangen  und  gegessen  werden.  Lo.mcerls 
kreuterbuch  8S'.     s.  entenbrat,  entenmuschel. 

ENTENBEIZE,  f.  venatio  anatum. 

ENTENBEIZEN,  n.  dasselbe,    buch  der  liebe  244, 1. 

ENTE.NBRATE.  m.  assum  anatinum :  nach  der  gesindestube 
hinzuhören,  wo  man  den  krautsalat  für  seinen  entenbraten 
zerschneidet.   J.  P. 

ENTENBRUT,  f.  felus  anatinuni,  auch  was  entcnmascheL 

ENTENBÜRZEL,  m.  uropygium  anatis,  steisz  der  ente,  den 
sie  mit  groszer  geschwindigkeit  rechts  und  links  bewegt,  daher 
sagt  man  von  einem  der  viel  und  zugleich  geläufig  spricht, 
sein  maul  geht  wie  ein  entenbürzel,  sein  müulchen  ist  ihm 
mit  einem  entenbürzel  geschmiert. 


51 1  ENTENDIEB  -  ENTENWEIDE 

ENTENDIEB,  f?i. 

Z^^^S^i^^'rSt    MUBK.K  ,„./,.  narr  3340. 

ENTENDÜNST,  m.    schrot  zum  schieszen  der  wilden  enlen. 

s.  entenhagel. 

VNTKNFI    n    Ovum  anattnum.  .      .         ,     ■  . 

inner»  an  der  Stadtmauer  noch  der  entenfang. 

ENTENFEDER,  f.  penna  anatma. 

ENTENFLEISCH,  n.  caro  anatina. 

ENTENFLOTT,  n.  was  entengras. 

FNTENFLUG,  m.  eine  kette  fliegender  wilder  enten. 

ENTENFLtGEL,  m.  ala  anatina,  mit  goldglämenden  stellen, 
„o/.er  das  serbische  epilheton  der  ulva  ^lal"k"la. 

FNTENFUSZ,  m.  ves  analis,  wie  günsefusz  m  der  sageoj 

rny^^sfh:lwesln,   ein,    ^--^^^  ^1  riTlTlr^Se^ 
ENTENGANG,  vi.  der  träge,  watschelnde  gang  du  enien. 

rrusaallir  Willst  auf  stillen  Wassergräben  und  ist  der  wilden 
Tnten'und  ;;sLrvögel  speis  über  den  winter.  Lomcebüs  209  . 
Boc«  kräuterbuch  540.     s.  die  folgenden. 

ENTENGIUEN,  m.  Uttus  arenosum,  quo  enalanl  anates,  igi. 
mhd.  grien,  und  entengriesz. 

FNTFNf.RIESZ    m.  dasselbe,  vgl.  mhd.  grie;. 

ENTeSüN,'«  /ctnna,  iens\alustns,  mengt  sich  dem 
auTuT^edlm  begriffe  .ach  mit  den  -".--;'-«• 

ENTENGRÜTZE,  f.  lemna  polyrhtza.     s.  «"  J"f '^  f "  .^j^j^^ 

ENTENHABICHT,  m.   was  entenstöszer,   auch  gansliaincm. 

ahd.  anothapuh.  ,       .     c       „o  -oq 

ENTENHAGEL,  m.  was  entendunst.    Sstieler  -ia- 

'^"^ENTENJAGD,  f.  venatio  analaria,  enlenbeize. 
ENTENJÄGER,  m. 
I^TENMAGE:  i'TlSur»..,    er  „at  e.nen  e.,.n- 

wilde  enten  in»  felde  angelegt: 


ENTER— ENTFACHEN 


512 


ich  sah  mit  vergnügen,  wie  lustig  der  kauz  in  seinem  enlen- 
pfuhl  und  milchbad  von  leben  schnatze  und  p  ätsdiere.  J.  1  • 

ENTENOUARK,  m.  lemna  minor,  palus  analaria. 

ENTENRUF,  m.  pfeifchen  der  entenjäger,  womit  sie  das  ge- 
schrei  der  wilden  enlen  nachahmen. 

''SNssrNOTEHr;';-"-"""^ «'-'' ''-''• 

meine  enlcnschnaderet,  meine  stelzet.    Garg.  101  • 

ENTENSCHWEIF,  m.  cauda  anatis.  Entunswcif  n.  F-  »" 
Schreibers  Freiburger  urk.  2, 151. 

s^s^?;i^zEs::'^.:tLrs;Ä^^ee.d.. 

-'^NSSlSSt^/'^^  /^^ulae:  sagest«  das  ich  ..b 
dich  ledig  und  frei  gelassen,  es  sein  en  cnlüd.ng,  «-Y';'' ';'" 
nie  Bedacht  l'lauti  Menechm.  hinter  seh.  u.  ernst  550  i.  10.  . 
IruÄ  e/entenledmg,  desgleichen  ander  ^ndswerk  nt 
nil  zu  discm  ratschlag.    Beccbun  augensp.  5 .     v'ß-  ^"1* " 

arbeil.  ,  , , 

ENTKNTEICH,  m.  was  cntenpfuhl. 
ENTtNTREIBER.  m.  analariui.    "•"""".  °''' ';",l„  j„ 
ENTENVÄTEHCÜEN,  n.  onoi  ma$,  enUrteh,  mdnnciien  atr 

**  ENTENWEIDE,  f.,  ort  da  man  entcn  zieht.    Dunoom  320*. 


ENTER    n.    puUus   equinus   anniculus,  wie  bimus  twenter, 
sche.nl  aber  nur  nd.  STt:u.NHURG  4S'.  294'.  Frommann  4,  493  495. 
ENTERBEIL,  n.  beil,  das  beim  entern  der  schiffe  dim. 
ENTERBEN,    exhcredare,    mhd.  enterben  [wb.  1,441),   nnt. 
onterven,  schw.  göra  arflös.     mU  gen.  der  sache : 
künce,  gräven,  herzogen, 
da;  die  da  huobe  enlcrbet  sini.    Parz.  5.19; 
selber  fröide  enieibe  leb  mich.    AIS.  1,203'; 
will  ers  alles  nehmen,  grund  und  boden,  und  ihn  der  grafe- 
schaft  enterben.    Luthers  br.  5,453; 

r.,f,%'.V'  u.r  ,.a  a..  i.s„rrrÄ°».  ..4; 

2S.Ä'„d"Ef.,f^SrcreVS..  reich.  Sc,,,,,,,..  4«-; 

„a,  hat  meine  lieb,  entkrät.el?  »a.  "/»«'"'=''''""'„"; 
.leicliliclien  Mtriedenlieil  deiner  lugend  enlerbel?  n™««' 
W  211-  meine  gegonwarl  ist  .on  der  rergangenhe  l  ent- 
ert J  I'.  T,t.  5,S8  ber^änmch,  einen  .tollen  enterben. 
Gätzschmann  s.  24. 

ENTERBEB,  m.  qui  exheredat. 

ENTEBBBlJCKE,  r,  brücke  zum  entern:  er  brach  c  an  allen 
römischen  schiffen  enterbrücken  an.    ^^hlosser  «- /^J^  3  351 

ENTERBUNG,  f.  exheredalio.  wer  kann  im  namen  semer 
kinder  auf  den  iünftigen  gebrauch  ihrer  Vernunft  verz.cj 
Ui"n?  unter  welchem  verwände  könnte  eine  so  unnatürliche 
enterbung  jemals  statt  linden?    W.eland  29  107 

ENTERDEN,  terrae  subduccrc,  der  erde  entrücken: 
und  des  unsterblichen  harfe,  die  himmehrufenn    ,ö^^^^ 

ENTERHAKEN,  m.  harpngo: 
■wer  zuerst  frefaszi  den  cntcrhalicn,  t'„„,,p,,  o  r,9 

wer  zuerst  in  Mebons  schiC  gesprungen  ?    Kop.»cu  3,  o1 
ENTERKH,   m.   anas  mas,    ahd.    antrecho,    u^oi-ou   6ere</s 
1   toiaehandell  wurde,  man  hört  m  Baiern  noch  a.idnch,  and- 
icht (hIerc  2,  340.341),  i«  ''-/^■f'-'-Snas  " 
entedrach,  was  dem  engl,  drake  gleicht,    lit.  antinas. 
sie  fiinRt  fast  an  die  enten  zu  beneiden 

^s^i^n,:r"t'£.r:'l;,errr:r;l■r^;;«: 

Zt:    -irdrslX    t»  Sd-a^e»   m.«   «r».mm,.,.t« 
,     ™i,  i,t  «0  enlerisi'b,  ich  bin  nicht  gsutlen  und  nicht 

tJ!z  'S  tm  j-^'»i';»„^Ta-r;,«:,<s..;;;: 

TS^  ,7.'.l. »  Vr;«*c?l.   .r».r.i.»e   enterscb. 
2,  339  ,     "^';""'-  ,  .  j      „„s  <ii,iitren  und  Dcutschbohmen. 

':]:^^'^:SenM!'d:::hd.   antri,c,    enttisc    a«.,....- 
fr    i  ;  ^S7)    mit  dem  bcgrif  des  alten  verband  sich  der  ./.  ^ 

ein  licllr  charchirro 
der  siuoni  alle  wile  l.rre, 
des  habeton  enlriscbe  loulo  rörgö«en, 
den   halten   die   ehmaligen,    alten   bewohner   vergessen,    offen 
stehen  lassen,     vgl.  mythol.  491.  ii,-,crH 

ENTERN,,  gingrhc,  garrire,  sclinaltern  wie  enten.    Hbnisch 

^rS  a.'.  der  schitfers,.ache  -^-r'-- ;-  ...^"X 
/.a»  et  «üc/i  nicht,  zuerst  Niscit  1,  22S  ,  ""'•.^"'"'"' ,f  .., 
;i;,  dd«.  entre:    d.c  ff  ^^J^-^^^'t^^/Ioo      -^ ^ 

entern    Vrlr  leitern  anwerfen,  anklettern,  i.bor hord  kl.ll.-.n. 
ENTFACHEN  setzen  «euere  dichter  für  anfachen:^ 
zu  kühlen  was  <lon  bu.en  mir  cnlfacb;      V-  <--  '  ■ 


in  d.-r  Mndt  cnif-.rhie  'liesn« 
tnund»  rubin  verwirrten  hanJol.    15«. 
^in  hm  vPrW«'  hio  kernen  ..  -j, 

wil  llireni  lacl.el«  ci.H.abl.    HufCMT  3». 


513 


EXTFÄDELN  —  ENTFALLEN 


ENTFALLEN 


514 


das   verstauet   zweisilbige  participia  für  die  drei  Silben  ange- 
facht. 

EMFÄDELN,  ßlum  solcere,  ausfädeln,  gegensatz  von  ein- 
fädeln : 

enifadelt  der  empörung  rauhe«  Öhr, 

unlhread  the  rüde  eye  of  rebellion.    hing  John  5,  4. 

ENTFAHREN,  exire,  excidere,  cffugere,  entgleiten,  entwischen, 
ahd.  infaran,  mhd.  envarn,  nnl.  ontvaren,  franz.  echapper. 

1)  der  wagen  entfahrt;  der  pfeil  ist  entfahren; 

komm  ich  zu  meinen  jähren. 

so  hasi  du  mich  nichi  lang  bei  dir, 

ich  werde  bald  enifahren, 

die  frembde  wil  in  kurzem  mein.    Sii.  Dach  V2; 

alle  klarheit  i«t  enifahren, 

aller  schein  und  herlichkeit.    Spee  252  (230). 

2)  häufig  aber  mit  dat.  der  person,  unbedacht,  unversehens, 
plötzlich  entfallen,  vie  wort,  seufzer,  fluch  «.  s.  w.:  oder 
wenn  eine  seele  schweret,  das  im  aus  dem  mund  entferef, 
schaden  oder  guts  zu  thun,  wie  denn  einem  menschen  ein 
schwur  entfaren  mag.  3  Mos.  5,  4 ;  entferet  ir  aus  iren  iip- 
pen  ein  verbiindnis  über  ire  seele.  4  Mos.  30,  7.  9 ;  denn 
sie  betrübten  im  "sein  herz,  das  im  etliche  wnrt  entfuren. 
ps.  106,33;  denn  wer  ist  dem  nicht  zuweilen  ein  wort  ent- 
feret? Sir.  19, 16;  wenn  ich  nu  des  teufeis  und  der  weit  zorn 
ungewonet  were,  seit  mir  wol  etwas  entfaren  sein  für  solchen 
groszen  ernst.  Luther  6,19*;  wie  sie  nun  sahen,  das  sie  ir 
{der  wölke)  nit  entfahren  tonten.  Stades  f  2 ;  ein  hauptmans- 
fluch  etzt  durch  neun  hämisch,  mir  aber  entfährts  zu  zeiten, 
wie  den  nonnen  der  Zinzius  herr  Andres  nonnentrösler,  wann 
ihnen  ein  nadel  entfällt:  wie  bald  entfährts  eim  wanns  eim 
entfällt?  Garg.  244';  es  entfuhr  ihm  einer,  pepedil;  der  fisch 
entfuhr  mir  unter  den  bänden.  Steineach  1,  401 ;  herr  gevatler, 
laszt  ctiih  das  wort  entfahren  sein!  Weise  comvdienprobe2hh; 
auch  das  lateinische  ist  mir  entfahren.  Sittenlehre  \19 ;  dieses 
oder  jenes  entfarnen  wörtchens  halber,  ehe  eines  mannes  2S8; 
entfuhr  mir  folgende  tage  nach  einander  s.  v.  alles  was  in 
meinem  magen  und  gedärmen  vorhanden  war.  Felsenb.  1,  2S ; 
viele  der  schönsten  züge  entfahren  ihnen  oft.  Stolberg  10,  220; 
die  erste  thräne,  die  ihnen  aus  verdrusz  entfahren  ist.  Lessinc 
1, 238 ;  wenn  dir  in  gegenwart  meiner  frau  so  ein  worl  entführe ! 
GöTHE  14,  141 ;  es  ist  doch  wunderbar,  entfuhr  mir  hierbei, 
dasz  die  Griechen,  das  aufgeheiterte  volk,  sich  mit  den  fabeln 
über  die  gottheit  so  ernsthaft  und  zuweilen  so  abergläubisch 
grausam  beschäftigen  konnten.  Ardinghello  2, 103 ;  im  winter- 
jahr,  wenn  alles  grün  wieder  den  wäldern  entfährt  (ausbricht). 
Fb.  MtLLEB  1,22; 

doch  dem  war  kaum  das  worl  entfahren, 

raöcht  ers  im  busen  gern  bewaliren.    Schiller  59'. 

ENTF.\HREN,  liberare  damno,  periculo  : 

danimb  er  got  und  mensch  zugleich 

uns  koni,  uns  wolt  und  soll  enifahren.    Weckderli>  315. 

ENTFALBEN,  decolorare,  entfärben,  doch  nicht,  wie  dies, 
viit  privativem,  sondern  mit  dem  gelinden  ent  gebildet,  fahl 
werden  lassen,  fahl  machen: 

wie  moreenduft  die  flur  enifalbe, 
das  tusch  ich  hin  mit  sauberm  fleisz, 

läszl  Schlegel  den  Matthisson  im  wetlgesang  sagen;  der  be- 
geisterte selbst  wird  vor  ihnen  {den  kalten  menschen)  ver- 
nichtet und  entfalbt  sich  mager,  so  wie  sich  im  frost  die 
fettesten  gesiebter  zu  hageren  einziehen.   J.  P.  dämm.  33. 

ENTFALLEN,  elabi,  delabi,  excidere,  schwächer  als  ent- 
fahren, ahd.  intfalian,  infallan,  inphallan,  mhd.  enpfallsn, 
nhd.  bis  ins  16  jh.  noch  oß  empfallen,  doch  stellt  Luthers 
bibel  entfallen  her.  alts.  anlfallan,  nnl.  ontvallen.  gewöhn- 
lich mit  dem  daliv. 

1)  mir  entfällt  etwas:  und  hub  auf  den  mantel  Elia,  der 
im  entfallen  war.  2  kön.  2, 13 ;  das  im  das  schwert  aus  seiner 
band  entfallen  musz.  Ez.  30,22;  denn  es  wird  ewer  keinem 
ein  bar  von  dem  heubt  entfallen,  apostelg.  27,  34 ;  das  in  die 
stang  empfiel.    Steinhöwel  Esop  1487.  70; 

an  keim  schuch  thu  ich  ein  kein  schnallen, 

wie  oft  sie  mir  von  fuszcn  enpfallen.    fastn,  $p.  564,  7; 

und  ob  einem  ein  gülden  enpfall, 

der  heb  in  phentlich  [behende]  wider  auf, 

dasz  wir  nit  alle  platzen  drauf.    790,  22; 

es  ist  ein  pranger  hoch  anfeestelli, 

manchem  davor  das  haupt  empfelt.    Scbmklzl  {o(i»pr.  93 ; 

darroo  sof  sie  ihrem  kind  zeitlich  das  leben  ab  und  entzün- 
det  ir  Selbsten  das  gehenk  dergestalt,  dasz  es  ihr  aach  bald 
hernach  entfiele.    Simpl.  K.  725; 
III. 


eine  thräne,  die  mir  still  den  wangen  entfiel.    Klopst.  1,22, 
mit  zwei  dativen,  der  person  und  sache; 

in  deinen  wonnebecher,  allgütiger, 

entfielen  niemals  thränen  des  dankes  ihm.    Stolberg  1,20; 
bis  mir  die  stimm  entfällt.    Gökixgc  1,48; 
und  er  schwitzte  vor  angst  und  häufige  losung  entfiel  ihm. 

GöTHB  40,  176. 

2)  sehr  oß  bildlich :  da  entfiel  inen  ir  herz  und  erschrocken 
untemander.  1  Mos.  42,  28 ;  es  entfalle  keinem  menschen  das 
herz  umb  deswillen,  l  Sam.  17,  32 ;  zu  der  zeit  wird  dem 
könige  und  den  fürsten  das  herz  entfallen.  ]er.  4, 9 ;  was 
thu  ich  arme  betrübte,  wann  mein  herz  entfeit  mir  gar! 
Aimon  x5';  bei  got,  sprach  Reinhart,  ir  seit  nit  einer  hagen- 
putten  wert,  wann  euch  ist  das  herz  entfallerf.  zl';  es  ist 
eine  grosze  schände,  das  dir  das  herz  so  entfellt  Ldther 
3,  64* ; 

da  entpfiel  mir  so  bald  mein  herz.  H.  Sachs  III.  1,203';' 
den  bauwern  entfiel  von  stund  an  das  herz.  Rivasder  2, 223 ; 
im  von  stund  an  seine  freud  entfallen  war.  Galmy  179; 
furchten  sich  alle  beiden,  die  umo  uns  her  waren,  und  der 
mut  entfiel  inen.  Neh.  6, 16 ;  das  hett  ich  nimmermehr  ge- 
glaubt, dasz  euwer  muth  aller  solle  empfallen  sein.  KiRCHHor 
wendunm.  325";  es  sieht  so  schlimm  aus,  dasz  einem  der 
muth  völlig  entfallen  könnte.  Pestalozzi  4, 105 ;  da  empfiel 
im  alle  seine  kunst  und  wüste  nichts  zu  sagen.  Luther  C,  15"; 
{Witzel)  will  mit  der  büchsen  der  guten  werk  also  zu  in 
{den  lutherischen)  ein  schieszen,  das  in  der  glaub  wol  ent- 
falln  sol.  Aleerus  wider  Witzel  L  7* ;  gab  im  ein,  das  er  mich 
unvorsehens  ergriffe  bei  einem  wortlin  von  dem  pabsthum 
gesagt,  das  mir  angefähr  empfallen  war  (captans  me  in  uno 
verbulo  mihi  obiter  elapso).    Luthers  br.  1,  511   vgl.  501 ; 

das  er  kom  umb  das  leben  sein, 

so  empliel  mir  die  sorge  mein.    Atrer  118*; 

und  eh  ihm  noch  das  wort  entfallen, 

da  sieht  mans  von  den  schiffen  wallen, 

und  tausend  stimmen  rufen  sieg.'    Schiller  57'. 

3)  es  entfällt  mir,  exeidit,  excidit  memoria;  es  ist  mir 
entfallen  {vulg.  sermo  recessit  a  me).  Dan.  2,  5 ;  warlich  ich 
merks,  das  ir  frist  suchet,  weil  ir  sehet  das  mirs  entfallen 
ist.  2,  8 ;  ist  dir  denn  entfallen,  was  du  mir  feierlich  ange- 
lobtest?; das  soll  mir  nie  entfallen,  das  werde  ich  nie  ver- 
gessen; euch  wird  noch  unentfallen,  unvergessen  sein,  in 
ganz  andern»  sinn  sagt  man  aber  auch:  das  ist  mir  irgend 
einmal  entfallen,  das  habe  ich  bei  irgend  einer  gelegenheit 
geäuszerl,  hingeworfen,  fallen  lassen;  ich  bitte  dich,  lasz  dir 
so  etwas  nicht  in  gegenwart  meiner  frau  entfallen  (sage  es 
nicht).  Götter  3,  365 ;  sie  gieng  so  weif  sieb  entfallen  zu  las- 
sen (zu  äuszern),  dasz  man  wo!  noch  mittel  finden  könnte. 
Schiller  852*;    vgl.  das  entfallen  des  worts  unter  2. 

4)  einer  entfällt  mir,  geht  mir  ab,  stirbt  mir:  wie  vrir 
sehen,  wenn  vater  und  mutter  den  kindern  empfallen,  wie 
sie  so  elend  und  weislos  hergehen.  Luther  4,  523* ;  weil  der 
könig  (Cyrus)  auszerhalb  des  landes  schwere  kriege  füret  und 
den  Juden  zu  früe  entfiel  (starb).    Mathesics  »4* ; 

als  du  die  segel  sich  auf  hinwerts  lieszest  wenden, 
entfiel  Achilles  dir.  Opitz  1,217; 

ich  hab  endlich  versprochen,  ihnen,  wie  in  andern  begnü- 
gungen, also  auch  mit  dieser,  nicht  zu  entfallen.  Gryphics 
1,183;  ja  den  witwen  wird  umb  der  kinder  wegen  fürnem- 
lich  solches  beneficium  geordnet,  dieweil  ihnen  der  vater  und 
nehrer  entfallen.    Carpzov  jurispr.  eccl.  Ups.  1695  p.  225 ; 

im  himmel  lebt  ein  freund 

der  wird  mir  nicht  entfallen.    Günther  102. 

5)  einem  gegenständ  entfallen :  der  apfel  entfällt  dem  baom ; 
das  Schwert  entfiel  seiner  band; 

er  glaubt  den  wölken  zu  entfallen.    Wielaxd  17,290; 
sie  gebar  unter  todesangst,  ohne  hülfe,  das  kind  entfiel  dem 
schosze  der  unvermögenden.  Klikceb  3,  282 ;   die  last  entfiel 
seinen  armen. 

6)  entfallen  ohne  dativ, 

a)  mit  der  praep.  aus:  entfallet  aus  eurer  eigen  festung. 
2Pe/r.  3, 17;  es  stehet  wol  mit  euch  und  es  wil  gut  werden, 
entfallet  nur  nicht  aus  der  band  gottes,  der  euch  itzt  ge- 
fasset hat,  euch  rechtschaffen  Christen  zu  machen.  Luther 
2,  280* ;  da  ich  sie  aber  zum  text  zwang,  entfielen  sie  ans 
dem  text.  8,67*;  davon  auch  bei  keinem  einfältigen  schlech- 
ten Christen  einiger  zweifei  sein  musz,   wann  er  sonst  oicbt 

33 


515 


ENTFALTEN  —  ENTFANGEN 


ENTFÄRBEN  —  ENTFEHLERN 


516 


aus  der  zahl  der  Christen  entfallen  will.  Scriver  seelensch. 
2,  130;  sobald  sie  aber  aus  dem  glücksstynde  entfallen. 
Bdtscuky  Palm.  311;  der  gute  mann  endlich  empfindend  dasz 
er  gänzlich  aus  seinem  eleraente  entfallen  sei.  Göthe  31,  59 ; 

aus  tleinem  wolgefallen, 

goit,  waren  wir  enilallen 

und  nun  vom  waliren  frieden 

so  wie  von  dir  geschieden.    J.  A.  Schlegel  verm.  ged.  1,198. 

6)  mit  der  praep.  von: 

lasz  uns  nicht  entralien 

von  des  rechten  glaubcns  trosl.     Luther  8,  36T. 

f)  ohne  praepositionen :  aber  der  mann  gottes  sprach,  wo 
ists  entfallen?  2A(}n.  6,  6;  eilet,  dasz  schuh  und  holz  enpfielen. 
Kirchhof  irendunm.  260*;  da  nun  sein  herr  vater  zeitlich  ent- 
fallen igeslorben  sei).  Corn.  Paclsoss  lebensg.  Lübben  1724 
s.  295  {vgl.  4) ;  aber  auf  der  andern  selten  des  Bheins  fleuszt 
der  flusz  Lona  mit  viel  entfallenden  {darein  fallenden)  flüssen 
bei  Lonslein  in  Rhein.  Frank  u'cW.  32';  denn  den  klüger  die 
Sache  in  entfallenem  {mangelndem)  satsamen  beweise  an  der 
bezahlung  schwer  und  teuer  genug  ankörnt.  Butschkv  kanzt. 
429 ;  entfallene  dinge,  res  obsolelae.  beule  verwendet  man 
entfallen  auch  im  sinne  von  fallen,  contingere,  obvenire:  die 
hiesige  recrutierung  ist  gänzlich  vollendet  und  das  auf  Wien 
entfallende  co'ntingent  mit  leichtigkeit  aufgebracht  worden. 
kölnische  zeilung  1854  n*lSO;  der  auf  mich  entfallende  an- 
theil  {am  gewinn,  an  der  erbschafl);  der  entfallende  {sich 
ergebende)  betrag. 

ENTFALTEN,  explicare,  auseinander  fallen,  entwickeln,  ahd. 
intfaldan,  mhd.  envalten,  nnl.  ontvouwen. 

1)  sinnlich,  die  bände,  die  Hügel:  ich  entfaltete  zuerst  meine 
bände.  Hippel  9,  2Cö;  ihr  habt  gesehen,  wie  sie  sich  auf- 
richtete und  mit  entfalteten  bänden  mich  segnete.  Göthe 
n,  408 ;  der  Schmetterling  entfaltet  sein  flügelpaar.  die  falten 
des  gesichts  entfallen:  er  entfaltete  wieder  seine  stirne;  so- 
bald dieser  name  ausgesprochen  wurde,  hörte  man  ein  trau- 
liches flüstern  im  Wahlkreis,  die  ernsten  gesiebter  wurden 
entfaltet  und  klärten  sich  auf.  Musaeus  volksm.  278 ;  als  ich 
unter  den  reichen  schlenderte  und  ihre  trotzige,  üppige  micne 
entfaltete.  Klingers  Ih.  3, 189.  den  brief,  den  schleier,  das 
gewand  entfalten : 

entfallet  der  donnrer  die  wölken,  die  vollen, 

entgegnet  Neptuuus  dem  gräulichen  rollen.    Göthe  41, 170; 

entfaltet  mir  die  schwerbebangnen  äste.    2,  146. 

2)  bildlidt, 

dieser  gedanke  durchströmt  mich,  je  mehr  ich 
ihn  entfalte,  je  mehr  werd  ich  von  Seligkeit  trunken. 
Messias  8.  3ti2 ; 
Agathon  entfaltete  mit  jedem  tage  neue  Verdienste.  Wieland 
1,  230 ;    oder   kommst   du    auf  meine   fragen  die  räthsel  der 
ewigkeit  zu  entfalten?    Schiller  135*; 

denkt  euch  ein  mädchen,  das  jetzt  hold, 

jetzt  llnsier  sich  gestaltet, 
und  ob  es  lacht  nnd  ob  es  schmollt, 

steu  neuen  reiz  entfaltet.    Gotter  1,  89; 

hier  {im  tanze)  entfaltete  Fenno  alle  Weichheit,  geschmeidig- 
keit  und  reinheit  der  bewegungen,  allen  ausdruck  seines  un- 
schuldigen herzens.  Kli:«ger  10,  27 ;  der  dichter  musz  zuerst 
dies  neue  leben  entfalten.    Bettine  br.  2, 145. 

3)  8ich  entfalten: 

indessen  ihr  des  Ätnas  felscnwege 
veriheidigtet,  entfaltete  dio  achlacht 
mit  ungestüm  sich  an  dem  ufer  hin.    Götbk  7,316; 
die  hofnung  darf,  geliebte  tochter,  nun 
in  unserm  nerzen  wieder  sich  cntfulieu.    7,319; 
frage  nicht,  wie  sich  dies  r^ithsel  wird  entfallen, 
schön  entfahen  wird  sichs  ohne  deine  fragen.    Köckbrt  329; 
weil  mein  Ich  sich  ganz  entfallet.    Platen  74. 
ENTFALTER,  m. 

und  jeder  ein  wetteifernder  entfaller 

wird  aller  keime,  die  an  ihm  noch  taugen.    niJcKERT  2.S0. 

ENTFALTUNG,  f.  enlwickelung :  die  epiker  und  drama- 
tiker  »ind  beide  den  allgemeinen  poetischen  gesctzen  unter- 
worfen, besonders  dem  gesetze  der  cinheit  und  dem  gpsetze 
der  entfaltung.    GOthb  49,146. 

ENTFANG,  m.  tcat  empfang.    Micrälius  8,  494. 

ENTFANGEN,  teas  empfangen,  bei  Dasyp.  entpfohen,  bei 
Maalek  entpfahen  und  cntpfangen : 

zu  kiing  mjrh  luracl  cntpdeng.    ScHWARtimiio  107,2: 
verdriesz  empfangen.  Reucnt.i,i  verst.  4';  man  hat  zu  beiden 
Kilen  viel  Schadens  tod  einander  enifangen.   Mictlls  Tac.  440* ; 


Danae  entflng  vom  golde.  Looau  3,  242,  134; 
ich  musz  sie  entfangen,  wann  sie  kommen,  ped.  schulf.  123. 
ENTFÄRBEN,  mulare  colorem,  nnl.  ontverwen,  erbleichen 
sowol  als  errölhen:  ein  tugenthafter  mensch  wirt  nit  entferbet 
im  angesicht.  Keisersberc  seelenparad.  97*;  nu  waren  die 
vier  gebrueder  so  gänzlich  eniferbt  und  verwandelt,  das,  wer 
sie  vor  gesehen  het,  dem  werent  sie  itzt  unerkenl  gewest. 
i4imong4*;  ich  siehe  wol,  wir  seint  verraten,  dann  ich  sehen 
euch  ewer  angesicht  entferben.  nl';  der  rittcr  von  groszen 
freuden  aller  in  seim  angesicht  entferben  (inirausiti«?  oder 
druckf.  für  sich  entf.  ?)  tbet.  buch  der  liebe  243,2;  do  fragt 
er  in,  ob  er  auch  mit  ir  geschimpfet  hett  und  hell  ir  aiu 
streich  auf  den  rucken  gebeu  ?  do  ward  er  eniferbt  (erröthet» 
er).    Keisersberg  has  im  pf.  Aa  5* ; 

wie  habt  ihr  euch  so  thun  entferben?    Ayiier  336';' 

die  tage  sind  nicht  weit, 
da  dein  entfärbtes  haar  die  freiheit  prophezeit. 

i.  E.  SCULECKL  1,  152; 

und  die  priester  hörten  des  schrecken»  worte  den  boten 

sagen  und  standen  entfärbt.  Messias  6,  131 ; 

so  hausen  die  octoberweste ! 

fiirwühr  es  ist  bejaminernswerth, 

wie  sie  in  ineincni  huiligihume 

geschaltet,  alles  umgekeliri, 

entfärbt,  zerknickt,  versengt,  zerstört.    Wielahd  9,  154; 

wie  bednur  ich  dich,  o  silfe, 

dasz  du  kam>t  in  unsern  herbst, 

wo  am  nassen,  welken  schüfe 

du  den  zarten  schmelz  entfärbst.    RiJCKERT417; 

seine  entfärbten  wünsche.  J.  P.  Hesp.  2,242;  Klotilde  kehrte 
sich  um  und  erblickte  ein  entfärbtes  angesicht.    3,  87. 

2)  sich  entfäiben :  da  entferbet  sich  der  könig  und  seine 
gedanken  erschreckten  ihn,  das  im  die  lenden  schulterten 
und  die  beine  zitterten.  Dan.  5,6;  entferbe  dich  nicht  also. 
5,10;  denn  man  sähe  es  im  an,  weil  er  sich  so  im  ange- 
sicht entferbet  hatte,  das  er  in  groszen  engsten  war.  2  Afacc. 
3, 16 ;  ist  zu  verwundern  das  sich  PfelTeikorn  nicht  empferwet 
noch  Schemel.  Reuchlin  augensp.  35*;  so  bald  die  herzogin 
seiner  ansichtig  ward,  ir  angesicht  vor  fieuden  sich  eniferbt. 
Ga/my  83;  dasz  sie  sich  im  angesicht  enifärbte  wie  ein  glüende 
kol.  Simpl.  Vogelnest  1,3;  o  du  verfluchtes  teufelsgifl,  dasz 
du  dich  nicht  entferbet  hast  den  allerböchslen  ehrenkönig  zu 
lästern.'  Albrecuts  ßuchabc.  s.  141;  beschützt  durch  feuste, 
die  sich  nicht  entfärben  {die  nicht  errölhen).  Bütschky  Palm.  730 ; 

da  wendet 
Israels  enget  sein  angesicht  weg,  erzittert,  entfärbt  sich. 
Messias  7,  789 ; 
du  schwebst  gekreuzigt,  dich  entfärbend, 
voll  wunden,  sterbend.'      Klöpstock  7,  192; 

fragte  ihn  zum  excmpel  der  sultan  etwas,  das  ihm  unbekannt 
war,  so  stutzte  er,  entfärbte  sich,  öfnete  den  inund  und 
staunte,  als  ob  er  sich  darauf  besänne.  Wieland  6,41;  der 
kalendcr  merkte  nun  auf  einmal,  dusz  er  sich  vergessen  halle 
und  enirärbte  sich  ein  wenig.  8,  233 ;  du  entfärbst  dich,  Bella, 
du  lügst.    Schiller  145'; 

ich  entfärbe  jetzt  mich  nicht, 

seh  ich  dir  ins  angesicht.    Gotter  1,206; 

und  immer  sind  weiter  die  jähre  gerüt^kt, 

der  maniel  entfärbt  sich,  der  maniel  zersiftckt, 

er  könnte  sie  länger  nicht  fassen.    Göthe  3,4; 

die   drei   lieben    menschen    haben  geeilt  und  ihn  {den  ersten 
pßngsitag)  genossen,  eh  er  sich  entfärbte.  J.  P.  Hesp.  3,194; 
ach   vor   der   scele,    vor   welcher  der  morgcnlhau  der  ideale 
sich   zum    grauen  kalten  landregen  enlRirbet  hat  . .  .  bleibst 
du,  erquickende  nalur,  treu  und  tröstend  stehen.    Ttl.  1, 14. 
ENTFÄRBT,  decolor.     beispiele  unter  entfärben. 
ENTFASERN,  privare  ßbris,  von  fasern  eulblösien: 
und  was  ihm  noch  zum  Timon  fehlt,  ergänzte 
ein  niaiiiel  so  enifasert,  abgefärbt 
und  ousgenützt,  dasz  es  verdacht  erwerkte, 
er  häiie  »Ich,  der  einst  den  Krater  deckte, 
vom  alderinann  der  cyniker  geerbt.      WiittAHo  9.  3  {au  alti 
ausg.  von  Miuarion  Itat  f««richl). 

ENTFECHSEN,  nudare  vineas  palmitilms,  im  veinberg  die 
jungen  frchser  (zweige)  wegnehmen. 

ENTFECHSERN,  dasselbe.    Stieler  524. 

ENTFEDERN,  deplumare.  Hknisch  897,  31.  Stielm  460. 
s.  enldedern. 

ENTFFIH.KN,  was  empfehlen. 

ENTFEHLERN,  emendnre.  eorrtgtre:  der  freundgesinnte 
leser  wolle  selber  ihm  ciitfehlern,  was  er  unrichtig  llndel. 
Birken  mautoleum  o. 


5 1 7      ENTFEINEN  —  ENTFERNTJNGSKRAFT 


ENTFERTIGEN  —  ENTFLAMMEN 


518 


ENTFEINEN,  venuslalem  delere,  deformem  reddere.  Stieleb 
459.     s.  verunfeinen. 

ENTFELSEN,  scindere  ex  rupe?   aus  dem  fels  lösen: 

sie  sah  den  Selinor,  wie  konnte  sie  ihn  hassen? 
doch  wollt  ihr  sieinern  herz  sich  nichi  entreUen  lassen. 
Uz  2,  102  (20»). 

ENTFENGEN,  accendi,  vgl.  mhd.  sich  enpliengen  tr.  k.  7779  : 
kein  eier  underlegen  zu  brüten  des  tags  darfür  das  das  new- 
liecht  entfengen  soll.  Spinnrockens  eoang.  g2'.  s.  empfangen 
sp.  422. 

E.NTFERNBAR,  amovibilis:  eine  entfernbare  Veranlassung. 
ENTFERNEN,  amovere,  removere,  mhd.  enpförren:  einen 
weil  entfernen,  von  seiner  stelle  entfernen,  der  könig  befahl 
ihn  zu  entfernen,  fortzuschaffen,  sich  entfernen  heiszt  sowol 
einen  ort  verlassen,  an  dem  man  sich  befindet,  als  auch  ihn 
vermeiden,  ihm  ausweichen,  sich  davon  fem  halten:  ich  ent- 
fernte mich  niemals  über  zehn  schritte  vom  garten ;  entfernen 
wir  uns  schnell ! ; 

Phvllis  softe  pfeifen  lernen, 

wollte  sich  davon  entfernen. 

ward  beredet  doch  zum  greifen, 

so  der  grund  ist  zu  dem  pfeifen.    Logad  3,  88, 64 ; 

wenn  man  sie  son«l  in  assembleen  sah, 

wie  könnten  sie  sich  ilzt  daraus  entfernen  ?    Göki.'cge  2,  1S7. 

in   der   alten  rechtssprache  bedeutele  entfernen  alienare,    was 
Haltal-s  321  belegt. 

ENTFERNT,  remotus,  fern,  gegensalz  von  nahe. 

1)  entlegen,  abgelegen,  dem  räum  wie  der  zeit  nach :  ein 
entferntes  land,  volk ;  ich  lebe  in  einem  entfernten  winkel 
des  reiches;  entfernt  von  den  meinigen;  erinnerung  an  die 
entfernteste  zeit; 

wo  selbst  die  lerche  sich  aus  neide 

in  die  entfernten  lüfte  schwingt.    Rost  schäferg.  143; 

Joseph.  Joseph,  auf  entfernte  meilen 

folge  dir  Luisens  todtenchor.     Schillers*; 

wer  auch  äiuen  mond  nur  entfernt  ist  seiner  gemablin. 

//.  2.292: 
ein  entfernter  verwandter;  der  entfernteste  verwandte  ist  ihnen 
lieber  als  ihr  söhn.  Gotter  3,  8 ;  ich  halte  mich  von  ihm  ent- 
fernt, gehe  nicht  zu  ihm,  meide  ihn; 
welch  ein 

willkommner  vorwand  mich  entfernt  zu  halten !   Schiller  253* ; 

noch  bin  ich  gleirh  von  euch  entfernt, 

hass  euch  cyklopen  und  silbenfresser.    Göthb3,  3-15: 

nun  erst  fühl  ich,  wie  weit  ein  armes  mädchen  entfernt  ist 

von  dem  reicheren  jungling,  und  wenn  sie  die  tüchtigste  wäre. 

40,330. 

2)  eine  entfernte  Shnlichkeit  mit  jemand  haben ;  die  etwas 
entfernten  verrichtangen  des  menschlichen  lebens.  Lichter- 
BERG  1,277;  er  hat  auch  nicht  die  entfernteste  Ursache  sich 
zu  beklagen ;  nicht  auf  die  entfernteste  weise ; 

ich  seh  es  an 

entfernt  vom  neide.    Bürger  10'; 
sonst  warst  du  so  weit  vom  prahlen  entfernt, 
wo  hast  du  das  prahlen  so  grausam  gelernt? 
Göthk  3,  257. 

3)  ich  bin  entfernt  davon  zu  glauben,  longe  abest  ul  eredam ; 
Ernst  fand  das  betragen  seines  oheims  sehr  sonderbar,  aber 
er  war  weit  entfernt  die  rechte  Ursache  davon  zu  ahnden. 
Klinger  8,  186;  weit  entfernt  dich  zu  loben,  will  ich  dir 
meine  bittere  Unzufriedenheit  nicht  verhehlen ;  weit  entfernt 
daran  die  erwünschte  theilnahme  zu  äuszern,  achteten  die 
einen  diese  köstliche  arbeit  gar  nicht.    Göthe  26,  20. 

ENTFERNTERWEISE,  ex  longinquo : 
doch  meinen  könig  anzureden  bin 
ich,  nicht  enifernterweise,  vorbereitet.    Göthb  9,  263. 

ENTFERNTSTEHEND:  Beireis  hatte  geschworen,  die  ge- 
horsame uhr  nicht  wieder  aufzuziehen,  die  auf  seine,  des 
entfemtstehenden,  befehle  bald  still  hielt,  bald  fortgieog. 
Göthe  31.  215. 

ENTFERNUNG,  /".  distanlia,  ferne:  die  zurückhaltende 
würde,  womit  sie  den  Achilles,  selbst  da,  wo  er  alles  für 
sie  gethan  hat,  oder  zu  thun  bereit  ist,  in  entfernung  hält. 
Schiller  234';  die  geschichte  der  Johanna  von  Orleans  in 
ihrem  ganzen  detail  thut  eine  gleiche  Wirkung,  nur  dasz  sie 
in  der  entfernung  mehrerer  Jahrhunderte  noch  ein  gewisses 
abenteuerliches  heildunkel  gewinnt.  Göthe  32, 176.  entfernung, 
»egscha/fung:  alle  forderten  die  entfernung  dieses  menschen ; 
die  gewaltsame  entfernung  aller  hindernisse,  vegräumung. 

ENTFERNUNGSKRAFT,  /.  denn  dadurch,  dasz  sich  die 
materie,   die   zum   erdboden   gehöret,    mit  der  luft,    die  ihn 


umgiebet,  und  allem,  was  darinnen  ist,  um  die  axe  der  erde 
beweget,  bekommt  sie  eine  bemühung  sich  von  dem  mittel- 
puncte  ihres  circuls,  darinnen  sie  sich  beweget,  zu  entfernen, 
welche  bemühung  die  mathematici  vim  centrifugam  oder  die 
entfernungskraft  zu  nennen  pflegen.  Cbrist.  Wolf  würkungen 
der  nalur  264. 

ENTFERTIGEN,  auferre.    Haltacs  322. 

ENTFESSELN,  solvere  e  vinculis,  nnl.  ontveteren : 

oder  sind  sie 
nicht  umschafbar,  die  du  entfesseltest?    Klopstock  2, 141 ; 
wie  lieblich  um  meinen  entfesselten  husen 
der  holde  Wahnsinn  spielt!    Wikläno  22,3; 
das  ist  das  fluchgescbick  der  könige, 
dasz  sie  entzweit  die  weit  in  hasz  zerreiszen 
und  jeder  Zwietracht  furien  entfesseln.    Schiller  427*; 

alle  leidenschaften  werden  entfesselt;  hätte  der  donner  auch 
nicht  so  schnell  von  den  banden  des  schlafs  entfesselt.  Klinger 
6,  354 ;  accorde,  welche  die  seele  von  dem  körper  entfesseln. 
10,129;  dasz  der  prinz  sich  mit  vollkommner  Sicherheit  dem 
vergnügen  überliesz,  seinen  geist,  wie  er  wähnte,  von  vorur- 
theilen  zu  entfesseln.  Wielasd7,  33;  dasz  der  gang  der  bes- 
sern entfesselten  menschen,  so  tvie  im  träum,  immer  ein  flug 
ist.    J.  P.  Hesp.  1, 153. 

ENTFE.STEN ,  despondere,  alln.  festa :  enpfesten.  Mose 
anz.  8,  420. 

ENTFETTEN,  obesitalem  demere:  schulstuben  voll  licht 
sollen  zum  entfetten  und  abmagern  der  inwohner  helfen. 
,J.  P.  herbstblum.  3, 14t. 

ENTFEüER.N,  accendere,  entflammen,  befeuern:  noch  melir 
entfeuerte  ihn  seine  eigne  lust.    Mascoü  1,  21. 

ENTFIEDERN,  pn'rare  pennis,  der  federn  berauben: 

der  knospe  gleich  am  kalten  merzentage 
schrumpft,  wenn  des  gluckes  Sonnenschein 
sich  ihr  entzieht,  die  seel  in  sich  hinein, 
enilieilert.  nackt,  von  allem  ausgeleeret 
was  sie  für  wesentlich  zu  ihrem  wolsein  hielt. 

WieiA.No  9,  95; 
oder  darf  Inhm  werden  der  himmlischen  weihe 
flügelschlag,  mutlos  in  entfiederter  kraft?    Plate.n  131*. 

ENTFINDEN,  was  empfinden :  das  ist  ungewonlich  speis 
essen,  so  man  etwan  speis  macht  alein  dasz  sie  seitsaiu  seind, 
als  oliven,  da  nichts  guts  an  ist.  wan  sie  maniger  versucht 
und  entfint,  dasz  sie  so  bitter  seint,  so  hat  er  darnach  vier 
Wochen  genug.  Keisersbebg  s.  d.  m.  s',  ein  mensch  der  weisz 
nicht,  das  er  die  blatter  hat  und  entfindet  sie  nicht,  und 
weisz  nicht  das  er  ein  frasz  ist,  er  neme  dann  sein  seihest 
war.    10' ; 

ich  bin  wund  mit  vergiftera  sper, 

desselben  wahrhaft  ich  entfind.    H.  Sachs  III.  2,48'; 

lasz  uns  deiner  gunst  und  gütikait  eniflnden. 

ÜELISSUS  ps.  B3*; 

gott  sei  dank  für  tnejn  eniflnden ! 

der  verleih  dasz  meinen  {l.  meiner)  Sünden 

ich  entfinde  stets  in  mir, 

und  Vergebung,  gott,  von  dir.    Logao  2, 164,  26. 

ENTFINSTERN,  caligine  solvere,  entdunkeln: 

drei  stunden  hat  der  herr  der  erden  liefe  nacbt 
enifinstert  und  darauf  geschrien  es  ist  vollbracht. 

CzEPKO  heiliges  dreieck.  ms. 

ENTFLÄCKERN,  micare,  flackern : 

die  glut,  vom  hinenkreis  umwacht, 

verschwärzt  entflackernd  rings  die  nacht.    Salis  51; 

der  feucrtrunk,  geschöpft  aus  iraubenblat 

ist  öl,  das  in  die  rasche  flamme  spritzet, 

dasz  doppelt  rasch  entflackert  ihre  glut.    Rcckcrt  40. 

ENTFLAMMEN,  nnl.  ontvlammen.  1)  in/r.  aceendi,  auf- 
flammen, in  flamme  gerathen:  aber  den  fall  gesetzt,  es  würe 
möglich,  dasz  Woldemar  nun  auf  einmal  in  liebe  gegen  mich 
entflammte.    Woldemar  1,  74 ; 

an  der  glut  des  gesangs  entflammten  des  börers  gefühle, 
ao  des  börers  gefubl  nährte  der  sanger  die  glut. 
SCHILLCK  84*; 
die  rosen  ihrer  wangen 
entflammen  zu  karmin.    PrEFrcL  2,  204; 
kaum  berührt  mein  finger  sie, 
hell  entflammt  die  kerze.    Görai  1, 15. 

2)  Irans,  accendere,  in  flamme  setzen: 

wie  vieles  kommt  zusammen, 
das  leichte  blut  der  schönen  zu  entflammen.    Wielaxo  9, 86 ; 
gegenllebe  nähret  liebe 
und  entflammt  zur  feuersbrunst, 
was  sonst  ascbenfünkchen  bliebe.    DDiir.ER27'; 

33* 


5 1 9  ENTFLAMMT  —  ENTFLIEGEN 

wollt  ihr  des  höflings  kaltes  herz 
mit  tragischem  gefUhl  eniüamtnenl    Gottkb  1,  tl3; 
besteige  mein  arabisch  ros 
von  adeliger  zuchi  enisiammet, 
und  als  ich  seinen  zorn  eniflammet, 
rasch  auf  den  drachen  spreng  ichs  los.    Scuillkr  66*; 
jelio  rath  ich  sogleich  den  galbanonduft  zu  entflammen. 
Voss  yirg.  georg.  4, 264 ; 

Toraüglich  war  es  aber  Regiomontans  groszer  und  ausgebrei- 
teter rühm,  der  ihn  entllaminte.    LicniENBERG  5, 166. 

3)  refl.  sich  entflammen:  da  enlflammte  sich  in  dein  her- 
zen des  alten  die  Vaterlandsliebe.  Klincer  8,  254 ;  kaum  hatte 
er  die  botschaft  gehört,  so  entflammte  sich  sein  herz.  5,291; 
seine  wuth  entflammte  sich.    5,349; 

was  sonst,  als  euer  unglückseiger  streit, 

der  unauslöschlich  wüinend  auf  dem  grab 

des  kaum  entseelten  vaicrs  sich  entDammte?    Scuillkr  501*. 

ENTFLAMMT,  accensus,  ardens: 

ach  ja,  er  schwitzet  schon  in  der  eniQammten  hölle. 

liALLHA.i.N  ilnriamne  s.  103; 
bald  kalt  aus  eifersucht  und  bald  entflammt  von  liebe, 
fühlt  er  den  harten  kämpf  der  in  ihm  zwistgen  triebe. 

i.  A.  ScuLEGKL  verm.  ged.  2,  195; 
Kaipbas  schritt  entflammter  hervor,  trug  tod  auf  der  siiriie. 

Messias  6,  472 ; 
sie  sehen  ihn  kommen, 
und  entdecken  an  der  entflamniten  geberde,  warum  er 
wiederkomme.  7,854; 

dort  erblickt  ihr  Damaskon.   er  eilt  in  diesen  gelllden 
dein  entflammter  Verfolger.  15,  1030; 

sie  enirlsz  Anchisens  laren 
dem  entflammten  Ilion.    BCrger  115*; 

Flamin  kämpfte  entflammt  mit  seinem  aufsteigenden,  dampfen- 
den hengst.    J.  P.  llesp.  4,  94. 

ENTFLAMMER,  m. 

ENTFLAMMUNG,  f. 

hier  und  dort  in  die  triften 
eniflammungen  sendet  der  waldhirt.    Voss. 

ENTFLATTERN,  evolare: 

die  raben  entflattern 
der  wüsten  abtei 
und  fliehn  an  den  gallern 

des  kirchhofs  vorbei.    Matthisson  168; 
zu  schwarz  und  bang,  als  dasz  ich  wesenhaft, 
bin  ich  ein  träum,  entflatternd  deiner  hafi.'    Lbnau  Fau$M95 ; 

0   wenn    die   weibliche  thräne  leicht  flieszt,   so  entflattert  ja 
noch  leichter  das  weibliche  lächeln.    J.  P.  Tit.  2,  63. 
ENTFLECHTEN,  capillos  solvere: 

stolze  "Chaldäerin, 
entflechte  deine  locken.    Stoi.berg  4, 142. 

ENTFLECKEN,  purgare  maculas.    Stieler  498. 
ENTFLEISCHEN,    nudare   carne,  abfleischen,   nnl.  onlvlte- 
schen:   das  sinnenbild  eines  wütenden  löwen,  welcher  einen 
bär  entfleischte.    Loitenst.  i4rni.  2,252; 
entfleischet  alle  glider.    Sim.  Dach; 

wo  bei  entfleischtem  gebein  der  geiödieten  schädel 
liegen.  Messias  6,  264 ; 

sie  schwingen  in  entfleischten  bänden 
der  fackel  düstcrroifae  glui.    Scuillkr  58'; 

ein  entfleischter  weit-  und  hofmann.   J.  P.  hcrbslbl.  3, 160. 

ENTFLIEGEN,  erolare,  nnl.  onlvliegen,  allgemeiner  als  aus- 
fliegen, das  bestiniml  auf  die  entfernung  von  innen  geht;  der 
vogel   entfliegt   dem   nest,   dem  bäum,   der  band ;    die  nach- 
tigall  entflog  ihren  Verfolgern ;  der  pfeil  entfliegt  dem  bogen ; 
und  irem  bubenneiz  entflogen.    Waldis287'; 
guoiwillig  sind  wir  und  bereit, 
kein  einigs  wort  lol  uns  entfliegen, 
,  old  unser  dacbtnut  niuest  uns  iriegeo.    trag.  Joh.  E 1 ; 
aber  die  seel  aus  den  gliedern  entflog  in  die  tiefe  des  Ais. 

lt.  22,362; 
ihr  entflog  im  hastigen  lauf  der  pantolfel.    Voss; 

tugleicb  entfloffea  die  lanzen 
beider  bänden.  UÜROia229'; 

pfeiUcboell  Lit  das  jetzt  entflogen.    Schiller  88'; 
da  ich  ibr  (der  weit)  so  früh  entflog,    Göiinck  2,  150; 
zurück  du  kühner  wünsch!  du  darfst  noch  nicht  entfliegen. 

3.  l&l : 
der  bletcbe  marmorkOrper  schien  nur  das  bild  zu  sein,  das 
am  grabraal  der  entflognen  seele  steht.  J.  P.  Ileip.  3,  t07 ; 
siebe,  da  trieb  ein  kleines  weben  die  eniniegcnilen  laute 
hcisur  und  naber  an  ibr  bcrz.  3,239;  wie  brh*-nd  enlflug 
sie  aus  der  mnrterkammer.  Tif.  3, 153;  das  alle  doppelseitige 
verkennen  der  entflogenen  gr«szea  seele.    aesth.  3, 153. 


ENTFLIEHEN  —  ENTFLIESZEN 


520 


ENTFLIEHEN,  effugere,  goth.  unj>a|)liuhan,  ahd.  inlfliohan, 
rt\hd.  emphliehen,  im  15.  i6;/t.  verschiedentlich  auch  einpfliehen, 
nnl.  ontvlieden,  überall  intransiliv,  entweder  ohne  casus,  oder 
mit  dem  dativ:  wollen  wir  disen  dingen  allen  empfliehen,  so 
ist  not,  das  wir  unser  äugen  uf  lügen  und  sehen  dise  ver- 
farlicheit,  in  die  wir  gesetzt  seind.  Keisersberc  Marie  himel- 
fart  12*;  gibst  du  ein  schlag,  mag  er  dir  nit  entphlieben. 
seelenparad.  98';  da  sie  nun  sähe,  das  er  sein  kieid  in  irer 
band  liesz  und  hinaus  entflöhe.  1  Mos.  39, 13 ;  es  wird  im 
alles  aus  seinen  henden  enlpflicben.  lliob  27,22;  wer  der 
furcht  entfleucht,  der  wird  in  die  gruben  fallen.  Jer.  48,  44 ; 
und  der  unter  den  starken,  der  manhaftig  ist,  sol  nacket 
enlfliehen.  Arnos  2, 16;  so  seid  nu  wacker  allezeit  und  betet, 
das  ir  wirdig  werden  inüget  zu  entfliehen  diesem  allen.  Luc. 
21,  36 ;  warf  sie  unter  sich,  also  das  sie  nacket  und  verwun- 
det aus  dem  selbigen  hause  entflohen,  apostely.  19,  16 ;  und 
werden  nicht  entpfliehen  {goth.  jab  ni  ga|iliuhand).  l  Thess. 
5,  3 ;  und  das  weib  entflöhe  in  die  wüsten,  offenb.  12,  6 ;  dem 
feind  aus  den  henden  entfliehen,  per  mauus  infestas  effugere. 
Maaler  103' ;  dein  knächt  ist  entflohen  oder  hat  den  schwank 
genommen,  aufugit  servus  tuus,- 

am  grabe  des  früh  entfliehenden  freundes.    Mess.  8,  411 ; 

welch  ein  wort,  o  Atreld,  ist  dir  aus  den  lippen  entflohen? 

lt.  4,350; 

welch  ein  wort,  o  tochter,  ist  dir  aus  den  lippen  entflohen  ? 

Od.  1,64; 
wohin  dem  Sonnenstrahl  entfliehen, 

der  deine  lilieuhaui,  Amanda,  dörrt  und  sticht? 
WiELA>D  22,28; 

herold  auf!  nach  deiner  weise, 

ehe  wir  von  euch  entfliehen.    Götiir  41,  43; 

hier  wohnte  der  Zöllner  mit  weib  und  kind. 

'o  Zöllner,  o  Zöllner,  entfleuch  geschwind  I"    Bürger  36'; 

entflieh,  an  deines  Dämons  band, 

nach  freundlichem,  beglücktem  zonen.    Götter  1,123; 

als  unser  glück  entfloh.    1,277; 

der  kleine  stolz,  den  sechzehn  ahnen  geben,  entfloh. 
GöKiNG»  2,  177 ; 

der  erdhall  ändert  sich,  das  meer  entfliehet, 

und  deckt  uns  wunder  auf.    Ravler. 

entflohene  stunden,  tage,  jähre,  träume,  freuden.  transitiv, 
mit  dem  acc,  wie  das  lat.  elTugere,  dürfen  wir  unser  ent- 
fliehen heule  nicht  verwenden,  es  heiszt  nur  dem  strick  ent- 
fliehen, nicht  den  strick,  effugere  laqueum.  wenn  Klopstock 
9,  48  setzt:  kann  ich  entfliehen  von  ihm  beherscht  zu  werden? 
so  klingt  dies  fast  wie  'vermeiden',  Idszt  sich  aber  auch  nehmen 
'dem  entgehen',  doch  bietet  Keisersberg  ein  beispiel,  und 
wahrscheinlich  noch  mehrere,  des  transitiven  gebrauchs  dar, 
im  Seelenparadies  94*  steht:  als  so  sich  der  selig  freuwt,  das 
er  selig  ist,  das  er  die  hell  cnipflohen  hat  =  der  hell  ent- 
pflohen  ist. 
ENTFLIEHUNG,  f.  aufugium.    Stieler  508: 

wie  doch  iroiscbe  rosse  geübt  sind,  durch  die  gefllde 
dort  zu  sprengen  und  dort,  in  Verfolgungen,  und  in  cntOiehung. 

//.  5,  223. 

ENTFLIESZEN,  effluere,  defluere,  mhd.  enphliejen,  MS. 
2,  224',  nnl.  onlvlieten,  mangelt  aber  bei  Dasypüdius,  FrisiijS, 
Maaler,  Heniscu,  Denzlbr,  Stieler,  Frisch,  was  auf  seltnen 
gebrauch  deutet,  die  dichter  des  i%jh.  haben  es  hergestellt: 

nenne  du  sie,  vergossene»  blutl  er  sitzt  auf  dem  throne, 
deine  stimme  zu  hören  und  jede  wunde  zu  rächen, 
welcher  du  eutflossest,  mit  dir  der  un'icliiildigen  leben. 

Messias  \H,  146 ; 
kennst  du  mich  nicht?  sprach  sie  mit  einem  munde, 
dem  aller  lieb  und  treue  ton  entflosz.    Gotuc  1,  4; 
ihr  blut  enlflieszi!    'laszt  es  mit  meinem  leben 
hinsiromen!'  Schiller  474*; 

wenn  muttertbränen  je  dir  über  mich  entflossen. 
Götter  2,  146; 

wie  bonig  entflossen  seinem  beredten  munde  die  worte; 

ihm  vom  erhabenen  narken  entflosz  ungeschorenes  haupihaar, 
und  mit  syrischem  ihaii  duftete  braunes  gelock. 
Voss  Lyi/damiM  4,  27; 

also  der  goii.  da  entflosz  dem  betSubton  sinne  der  Schlummer. 
(et  iqnanu  deßuxit  pectnr«  somntu) 
0  dasi  ich  nieroaU  doch  dürAe  so  traurige*  sebn! 
•  ebenda  4,  Sl. 

Kkisersberc  für  entfahren,  etilschleichen :  wer  da  einer  gemein 
dienet,  der  dienet  nicman  sunder,  er  erlanget  niirin  scliond 
und  laster,  das  wirt  dir  zu  Ion.  dienert  du  cim  iillein,  der 
dankt  dir  doch  daruuih,  ober  wer  der  gemein  dienet,  wann 
im  etivan  ongcvcni  ^^<'<A.■\  ui.iu.,  .ntflüMt,  man  spollct 


521 


ENTFLIMJIERN  —  ENTFREIEN 


ENTFREIEN  —  ENTFREMDEN 


522 


sein  daran,  brüsamlin  öl',     bildlich,  das  gespräch  mit  Ähined 
und  die  daraus  entflossene  Verbindung.    Kllngeb  5,97; 
tausendfach  und  schön  entQiesze 
form  aus  formen  deiner  band.    Götbb  12, 169. 

ENTFLIMMERN,  micare,  enlflackem: 

den  bluten  entflimmert, 

Ton  fruchten  umschimmert, 

der  kohhri  schmelz.    Mattüisso^  160  (153). 

ENTFLÖHEN,  ENTFLÖHNEN,  rapere.    Maaler  103'.    mhd. 
entüoehen,  enpQoehen.    wb.  3, 346'. 
ENTFLOREN,  deflorare,  entblumen : 

und  wie  dort  des  goites  liebe 

meine  juxend  einst  entflort, 

so  noch  jeden  mittag  starb  ich 

Tom  geliebten  strahl  durchbohrt.    Rcceert  21 ; 

der  garten  traure  rerblüht,  der  hain  entlaubt.  entQort! 

KosEGABTE.x  (früMingsmorgen) . 
ENTFLOREN,  velamen  detrahere,  den  flor,  scbleier  wegthun : 

komm  Aurora, 

und  entflore  , 

mir  dein  purpurangesicht.    Herder  7,  205. 

ENTFEUCHTEN  für  enlfliehen,  entrinnen,  nnl.  ontvlugten: 
indem  ich  keine  gelegenlieit  von  dar  zu  entflüchten  sähe.  pers. 
baumg.  8, 13; 

kann  Anastasius  dem  donner  nicht  entflüchten? 

WiKDEMAXJ«  aug.  76; 

und  wir  bebend  vor  angst  entflüchteten.    Voss; 

aber  gleich  eniflüchten  lust  und  schmerzen, 

dringt  heran  mir  ein  gesiebt  wie  deines, 

kalt  genug,  mir  trotz  des  maienscheines 

aus  der  weit  die  poesie  zu  merzen.    Le.'^ao  n.  ged.  313. 

ENTFLÜCHTIGEN,  sich,  fugere,  sich  flüchtig,  auf  die  flucht 
machen:  wann  die  ihn  bei  allen  solchen  unvermeidlichen  zu- 
fallen gewöhnlich  begleitete  (d.  i.  begleitet  habende)  bestän- 
digkeit  sich  von  ihrae  nicht  entflüchtiget.  Rütschkv  kanzl.  690. 

ENTFLÜCKEN,  deplumare  ßr  entpflücken,  nnl.  ontplokken, 
ontplukken:  aber  ich  bleib  unerschrocken,  dann  die  vögel, 
die  sie  hinein  tragen,  sind  entflückt  worden,  darumb  mögen 
sie  ihre  federn  auch  nicht  behalten.  Paracelscs  chir.  sehr. 
161*.     s.  entpflocken. 

ENTFLÜGELN,  privare  alis. 

ENTFLCTEN,  effluere: 

kein  siundenschlae  ertönt,  kein  tropfen  zeit  entfluiei, 
dasz  nicht  ein  edles  herz  um  edle  nerzen  blutet. 
Matthisson  35. 
ENTFORMEN,  ENTFÖRMEN,  gleich  eatbilden  und  dm  tat. 
deformare  doppelsinnig, 

1)  mit  gelindem  ent,  bilden,  formen,  abformen :  der  kflnstler 
entformt  dem  weichen  thon  seine  gestalten;  ein  schön  ent- 
formter  leib. 

2)  getcöhnlicli  mit  privativem,  deformem  reddere,  delurpare. 
Maaler  103' :  dasz  die  imagination  das  kind  gekrümmet  oder 
entformet  hat.  Paracelsls  1, 100';  und  alle  glieder  derhalben 
aufgeplasen  und  entformet  werden.  Thcrseisser  infl.  tcirk. 
49 ;  den  verbrauchten  hut,  vom  regen  der  letzten  tage  genug 
entformt. 

3)  sich  entformen,  wiederum 

a)  sich  gestalten:  welche  stein  sich  nicht  vil  sondern  oder 
entformen  gegen  den  slralsteinen.  Paracelsüs  1,  66' ;  die  ganze 
Schlachtordnung  entformte  sich  vor  seinen  äugen. 

b)  sich  entstellen:  und  bleibt  im  mittlen  himmel,  im  sel- 
bigen entforrabt  es  sich  und  wird  vom  wind  getrieben.  Para- 
celscs 2, 98* ;  etlich  entförmen  sich  mit  der  kleidung,  der 
nackend,  der  bartet.    chir.  sehr.  332'. 

ENTFORMüNG,  f.  deformatio:  die  grosze  entformung  und 
ungestalt.    Paracelsls  chir.  sehr.  89'. 

ENTFRACHTEN,  vectura  liberare,  vecluram  solvere:  ent- 
frachtetes  gut. 

ENTFRAGEN,  interrogando  elieere,  abfrageti: 
und  hast  du  mir  noch  was  zu  sagen, 
was  soll  ich»  deinem  lied  entfragen?    Rcckkrt  215. 

ENTFRAUEN,  exuere  feminam,  gebildet  me  entmannen, 
evirare,  doch  hat  e/feminare  den  sinn  tceibisch  rnachen  und 
gilt  von  männem:  der  civilisationsschlendrian,  der  auch  das 
weibliche  geschlecht  erniedrigte,  ich  möchte  sagen,  entfrauete. 
Pestalozzi  6,  359.     auch  nnl.  begegnet  ontvrouwen. 

ENTFREIEN,  liberare,  befreien,  entledigen,  ein  ehdem  übliches, 
jetzt  abgekommnes  wort.    Stieleb  560. 

1)  transitiv,  einen  seines  gelübdes  enlfreicn :  soll  Johann 
Soye  etlicher  nothsache  halben  seiner  geiöbnis  enlfreil  {ledig) 
sein.    urk.  von  1544  im  archiv  für  die  gesch.  Liv-  Esth-  und 


Curlands.  band  ß.  fiera/ 1851  s.  182;  noch  andere  beispiele  aus 
dem  rechtsgebrauch  sammelt  Haltacs  322; 

dein  heulen,  weinen  und  schreien 

kan  dich  von  uns  nicht  enifreien, 

gott  der  ist  die  feind  und  auch  gram. 

Strickers  schlemmer  15S4.  kS*; 

rett  mich  von  liebeszwang, 

enifireiet  mich  der  sorgen. 

Val.  Hacsia>i:<  camonette  Hör.  Vecchü.  Nimb.l^lO; 

mich  zu  enifreien  und  ein  weib, 

ja  Til  mehr  ihren  leib  zu  freien.    Wecehrrli!*  490; 

je  freier  ilire  haar,  je  mehr  sie  mich  entfreien.    214; 

ein  frischer,  guter  suf  entfreiet  mich  der  sorgen. 
Elias  Major; 

was  soll  man  anders  thun  an  einem  lieben  tage, 

als  dasz  man  ganz  entfreit  von  aller  noth  und  klage 

von  herzen  frölich  sei.  f  häing  37 ; 

der  dienst  der  falschen  ledigkeit 

hat  meiner  freiheit  mich  enifreit.    523; 

ich  werd  entfreit  durch  Anemonens  herze 

von  aller  noih.  539; 

ein  milder  augenblick  enifreit  euch  aller  noth.    613; 

seid  mir  gnädig  nur  gewogen, 

dasz  ich  euch  mach  jetzt  so  reich 

und  emfreiet  der  todesseuch.    Reineke  1650  s.  1S2; 

das  land  von  krieg  und  streiten  zu  entfreien. 

Cbr.  E.fiTTRL  s.  150; 

worzu  dieneis  vor  dem  die  flucht  zu  nehmen,  welchen  wir 
doch  nicht  umgehen  oder  uns  dessen  entfreien  können? 
RcTScHKY  kanzl.  894;  das  gott  euch  von  aller  dieser  sorge 
entfreiet  und  entlediget.    8S3. 

2)  refl.  sich  frei  machen:  hierdurch  hat  sich  Suentipolk 
von  aller  anspräche  der  Polen  entfreiet.    Micrälics  2,  277 ; 

als  der,  der  sich  entfreit  von  angst  und  ketten  hält. 
Grtphics  1,  51. 

3)  das  mnl.  ontTrien  bedeutele  privare,  berauben: 

aldus  souden  sien  ontvrien, 

al  slants  en  der  voghedien.    Stom  2, 1395. 

das   nnl.  ontvrijen   drückt  aber  aus  einem  die  braut  abfreien. 
ENTFREIDNG,   f.    er  sol   sich  vielmehr,   als  dasz  er  sich 
über   derer  (der  dörner  auf  dem  acker)  entfreiung  belustiget, 
bekümmern  und  beklagen.    Bctschrt  kanzl.  688. 

ENTFRE.MDEN,  abalienare,  mhd.  enfremeden,  nnl.  ont- 
vreemden. 

1)  trans.  fremd  machen,  berauben,  nehmen,  entledigen :  und 
viel  hin  die  unselig  muter  zu  der  erden,  ward  irer  sinne  em- 
pfrendet  (so)  und  läge  sam  wer  sie  tod.  älbr.  vos  Evbe  49'; 
do  er  aber  den  adler  nun  ansähe,  bat  er  in  das  er  im  seinen 
knecht  nicht  enpfremdete.  Stein-döwel  Esop  (1487)  65';  be- 
denken ward,  wie  er  dem  herzogen  die  schöne  fraw  auch 
nemmen  und  entfrembden  niöcht  Bocc.  1,  92' ;  und  sind  ent- 
frembdet  von  dem  leben,  das  aus  gott  ist  {goth.  frama{)jai 
libainais  gu|)s).  Eph.  4, 18 ;  das  wir  gottes  namen  heiligen, 
ihm  seine  ehre,  guter  und  alle  ding  von  uns  entfrembdet 
widergeben.  Luther  1,  72' ;  guter  so  nicht  entfrembdet  sollen 
werden,  res  non  alienandae.  Friscolix  nomencl.  433 ;  und  solle 
einmal  eine  seilen  specks  entfrembdet  und  unter  seinem  man- 
tel  heimgetragen  haben.  Kircbhof  wendunm.  23l';  dasz  der 
gefangene  kurz  dafür  seinem  fähnrich  bette  heimlicher,  die- 
bischer weis  das  fahnlein  entfremden,  entragen  und  vielleicht 
den  feinden  zubringen  wollen,    mil.  dise.  261; 

da  soll  wir  dem  nechsten  sein  gut 

nicht  entpfrembden  oder  abliegen.    H.  Sachs  1, 15*; 

der  welcher  seinen  gaist,  herz,  band 

von  bosheit,  von  betrug,  von  schand 

entfrembdet,  reiniget,  gefreiet.    WECcaRRLi!«  103; 

neben  dem  befand  sich  auch  ein  vornehmer  reicher  Schweizer 
im  bad,  dem  wurde  nicht  nur  sein  geld,  sondern  auch  seines 
weibes  geschmuck,  der  in  gold,  silber,  perlen  und  edelge- 
steinen  bestünde,  entfremdet.  Simpl.  K.  704;  die  betäubung, 
worin  unsre  seele  von  sich  selbst  entfremdet  liegen  bleibt. 
WiELASD  2,140;  seiner  gattin  beraubt,  der  lieblichen  gegen- 
wart  des  knaben  entfremdet.    Göthe  21, 129 ; 

entfremdet  war  dir  mein  gemüt,  o  treflicher.    40,  401 ; 

so  ists,  die  diener  tragen  alle  schuld, 

die  unser  herz  in  bitterm  hasz  entfremdet.    Schiller  493' ; 

vor  Zeiten  da  die  hunde  noch 

entfremdet  von  des  menschen  joch 

nomadisch  in  den  Wäldern  hausten.    Pfeffel. 

er  ist  seiner  familie  entfremdet,  fremd  geworden;  das  ent- 
fremdet mich,  kommt  mir  fremd  vor,  befremdet  mich,  gegen- 
satz  von  anheimeln.    Stalder  l,  397. 


523 


ENTFREMDUNG  --  ENTFÜHREN 


ENTFÜHREN  —  ENTGALLEN 


524 


S)  sich  entfremden,  Haltaus  S22; 

meia  son  empfrembt  sieb  aus  dem  haus. 

ScHNELZL  veii.  söhn  6'; 
auch  Oltilie  enlfremdete  sieb  einigermaszen  von  Cbarlotten 
und  dem  bauptniann.  Göthe  17,  145 ;  dasz  es  eucb  beiden 
passender  ist,  wenn  ihr  euch  mehr  entfremdet.  Tieck  3,  31. 
E.MFUEMDU.NG,  f.  1)  ihr  Verhältnis  ist  kalt  geworden  bis 
zur  enifremdung.     2)  enlwendung,  raub. ' 

ENTFKEL'E.N,  contrislure,  mltd.  entvreuwen,  entvrouwen, 
pass.  K.  482,  42.  489,  76.     vgl.  entfröhlichen. 

ENTFREÜNDEN,  privare  aniicis,  nnl.  onlvrienden: 
seiner  Verweisung  tag  wird  immer  das  kind  ouch  enifreunden. 

UÜRGKR  241*. 

ENTFRIEDEN,  privare  pace:  alles  das  dich  entfridet,  das 
dir  din  herze  unrüwigen  und  enlfriden  möcht.  KEisEnsiiERC 
bilg.  61';  wo  ein  mensch  in  einer  gemein  ist,  der  mit  seiner 
ungeriiwigkeit  die  andern  guten  menschen  entfridet  seelen- 
parad.  61*;  denn  nimm  war,  was  du  habest  in  dich  gezogen 
mit  deinem  gehör,  damit  du  dich  oft  entfridet  hast  in  vieler 
hund  weg.    pred.  45'. 

ENTFHIEREN,  regelari,  gegensalz  von  gefrieren,  nnl.  ont- 
vriezen :  aus  solchem  gefrieren  folget  hernach,  so  es  wider 
auf  entfreurt,  die  krankheit.  Paracelsus  1,67';  ein  wasser 
das  gefreurt  und  wider  entfreurL    2, 144*. 

ENTFRÖHLICHEN,  conlrislare,  nnl.  ontvrolijken.  Stieleb 
654.     vgl.  entfreucn. 

ENTFROHNEN,  inlerdictum  tollere.    Haltaüs  323. 

ENTFRÖREN,  liquefacere,  regelare,  ahd.  inphröran  (Graff 
3,829),  enlfrören  außliauen.  Maaler  105*:  ein  ding,  das  da 
gefroren  ist,  das  entfrört  das  holz  durch  sein  brennen.  Parac. 
chir.  sehr.  330*.    Denzler  93. 

ENTFRUCHTEN,  privare  fructibus :  viele  von  ihnen  staaden 
schon  entfruchtet  da.    Herder  9,20. 

ENTFCGEN,  solvere,  aus  der  fuge  setzen,  nnl.  ontvoegen : 
dasz  gott  ein  zeramen  gesetzt  ding  wäre  und  dasz  er  widerum 
möcht  entfügt  werden.  Zwingli  1,56;  die  golt  zemen  gefügt 
hab,  solle  nieman  entfügen.  Zwi.ngu  von  göllicker  gerechliykeil. 
Zürich  1524  R2*. 

ENTFÜHREN,  abducere,  abigere,  ahd.  intfuoran,  infuoran, 
mhd.  cnpfüeren,  nnl.  ontvoeren. 

1)  frauen:  was  hastu  gethan,  das  du  mein  herz  gestolen 
hast  und  hast  meine  töchter  entfüret,  als  die  durchs  schwert 
gefangen  weren?  1  Mos.  31,26;  als  hat  im  ein  keiserlicher 
trabant  sein  weib  mit  gcwalt  empführen  wollen.  Spalatin  bei 
Luther  5,  39* ;  navis  phereclea  dicitur,  dann  Phereclus  macht 
die  schif  Paridis,  als  er  Helenam  entfüren  wolt.  Alberus  ; 
was  wird  er  thun,  so  er  vernemmen  wird,  dasz  du  ihm  zu 
rück  seine  Schwester  unterstehst  zu  empführen?  buch  der 
liebe  246,  2.  .  vgl.  verführen,  das  ursprünglich  auch  ein  ab- 
ducere, perducere,  seducere. 

2)  andere: 

wo  ineoscbeD,  so  wie  ihr,  mit  thrnneii  nach  dem  land, 
aus  dem  ihr  sie  entlTihnet,  schauen.    Gotter  1,423; 
der  scbelm  der  mir  den  mann  enirührt.    Göthb  . . . 

5)  das  kind  der  brusl  entführen,  entwöhnen,  enlspencn: 

sie  zöch  daj  s£ibe  kindel,  sit  ej  wart  bnist  enprüeret. 
Albr.  tu.  772.  1, 
wie  man  auch  sagte  dem  kinde  da;  brüstelin  benömen. 

4)  land  und  leule  entführen,  mit  gewalt  rauben:  er  wollt 
sich  gern  für  ainen  künig  ufwcrfen  und  dem  römschen  reich 
land  und  leut  empfüren..  Heucmlim  augensp.  3,  6. 

6)  Sachen  entwenden,  wegnehmen :  du  hast  mir  hingenom- 
men  und  eropfürt  den  gebrauch  des  Schlafens  und  der  spise. 
Wtle  Iransl.  {Lucrelia); 

drum  wirl«  ^ol  machen  hart  mit  in, 

wjrt  auch  die  ahen  lliidea  wo), 

so  im  emprureo  seinen  io\.    Wic%mubilger  M8.  b/. 44 

deren  zwar  die  buhlerliedlein,  die  ich  sehr  jung  verfertiget, 
langst  verloren,  andere  stück  aber,  sonderlich  etliche  ovidi- 
scbe  fabeln  mir  in  Frankreich  und  Engelland  entführet. 
Weciberlims  vorr.  zu  den  weltl.  ged.;  eine  Schlafdecke  heim- 
lich  entführen,  pert.  rotenlh.  2,  9 ;  was  ich  andern  entführet 
und  gestohlen.    Lokmant  fabeln  33; 

was  in  meiner  ju^^end  maien 
von  der  Venu»  kindeleicn 
ich  gezeii'linpi  nur  papier, 
dieaei  auch  emfuhri  er  mir  {der  krieg).' 
LocAU  3,  40,  &0i 

krach  ich  dem  bände  und  schmisz  ihm  das  allererst  aus  dem 
backofeo  gekommene  unieidentlich  brennende  brot  vor,  wel- 


ches dermaszen  würkte,  dasz  er  augenblicklichst  tliöricht 
wurde,  sich  von  der  kette  risz  und  mir  das  brot  entführen 
wolte.    Leipz.  avanl.  1,  28. 

6)  figürlich, 

Mars  hat  ihr  (der  wett)  auch  viel  übrig  hhit  entführt. 

l.ocAU  2,  40,69; 
was  kann  ihr  denn  die  zeit  eniTühren  ? 
dem  körper  etwas  von  der  prachi.    Uost  scfidferged.  «.34; 

sie  werden  edle  gemüther  dem  geraden  wege  der  pflicht  ent- 
führen.   Wieland  29,  317 ; 

mag  immerhin  der  sirora  enig'leiten, 

der  meines  lebens  kahn  entluhrt.    Salis  31; 

des  ruhmes  dunstgeslalt  heriihrte 

die  weivlieit,  da  verschwand  der  trug, 

der  liehe  sülzen  träum  entführte 

ach,  allzuschnell  der  Köre  fliii;. 

ScuiLLKRS  ideale,  nach  dem  ersten  druck  im 
musenatm.  1796. 

7)  in  der  rechtssprache  entführen,  mit  eide  entführen,  actori 
eripere  i.  e.  libtrare  se  juramentn.  RA.  893.  907.    Haltaus  323. 

8)  sich  entführen,  sich  befreien: 

gezwungen  seh  ich  mich,  doch  wolt  ich  mich  eniführea 
aus  seiner  band.  WiRnKHS  Ar.  i,  35. 

in  folgender  steile  aber  ist  sich  der  dativ: 

der  Gallier  entfiihrte  sich 

selbst  da  noch  nicht  die  herzen  alle, 

wo  er  mit  seinem  fiiszern  schalle 

die  heszre  spräche  längst  verdräng.    Gökingk  1,  258. 

ENTFÜHRER,  m.  raptor:  am  10  mai  1777  ward  Mirabeau 
als  verführex  und  entführer  einer  ehefrau  zur  enthauptung 
im  bilde  und  40000  livres  entschädigung  verurthciit.  Uaiil- 
MANN  franz.  rcv.  177;  gesetzt,  sie  macht  den  entführer  ihrer 
seele  glücklich  (den  ihr  aufgedrungnen  gattcn).  J.  P.  Ti/.  2, 178. 

ENTFÜHRUNG,  f.  raplus :  verfellung  (violatio)  der  Jung- 
frauen und  etwen  gewaltige  entfürung,  aus  welchen  dingen 
unzalig  schaden  aufgund,  erwachsen  oder  entspringen.  Kei- 
sersrerg  dreieckechl  spiegel  ccS'. 

ENTFÜHRUNGSGESCHICHTE,  f.  Clelia,  die  ihm  ihre  ent- 
führungsgpschichle  erzühlet.  Clelia,  von  Stdbenberg.  1664. 1, 676. 

ENTFÜHRUNGSWERK,  n. 

und  zum  entführungswerk  das  nöibge  vorzusehn. 
Wieland  22,  202. 

ENTFUNKELN,  scintillare: 
und  den  äugen  enifunkelte  stralcndes  feuer, 
oaae  Sä  oi  nvQi  XafiTtexöiovzt  iixrrjv.    II.  1, 104.  Od.  4, 662. 

ENTFURCHEN,  delere  sulcos,  die  furchen  tcegschaffen:  die 
Stirn  entfurchen,  entrunzeln. 

ENTFÜRSTEN,  principis  dignitate  privare: 

•  liier  schau  her.  wenn  dich  nach  rühme  dürstet, 
zahle  diese  schädcl,  völkerhirt, 
vor  dem  ernste,  der  dein  haupt,  entfürstet, 
in  die  stille  niederlegen  wird. 

TiKDGE  etegie  auf  dem  schtachtfelde  bei  Kunnersdorf, 
gott  schütze  könig  Heinrich!   also  spricht 
entfürstet  Hichard,  geh  ihm  heil  und  licht, 
god  save  kiiig  Henry,  unkingd  Kichard  sajrs, 
and  send  bim  many  years  of  sunshine  days! 

king  lUcliard  II.  ac{.  4  te.  1. 
warum  nicht  enlkönigt?  da  könig  vorausgehl. 

ENTGALLEN,  ENTGELLEN,  ein  der  form  vnd  bedeutung 
nach  schwieriges  tcort. 

1)  amarum  reddere,  vergällen,  vergällen,  verbittern,  in  galle 
setzen:  jedermann  solle  gedenken,  dasz  eine  solche  verzwei- 
felte rede,  die  aus  meinem  cntgalltcn  herzen  Qosz,  den  bar- 
baren  heftig  entrüstet  hätte.    Pierot  2,  3. 

2)  /(•/  exlrahere,  die  galle  benehmen,  ausnehmen,  nnl.  ont- 
gallen,  ein  fischerausdrtick,  woßr  aber  auch  einfaches'  galten 
vorkommt,  Heniscii  1338,  50  exenterare  piscem  und  nai'i  ihnt 
Stieleh  596.  nri{.  galleu,  de  gal  uithalen,  ik  beb  de  visch 
gegald,  aufgenommen,  woneben  gleichbedeutig  ontgallen,  den 
baars  ontgallen  heiszt  bei  Vo.ndkl  eine  gefährliche  saehe  retten, 
eene  netelige  zaak  redden.  auch  Diefenracb  216*  hat  für 
exenterare  pisces  geilen,  gillen  und  entgellen,  wie  man  beides 
tagt  weiden  und  cutweiden. 

mhd.  dA  biien  si  In  dA 

den  Wirt  »«Ibcn  gellen. 

nu  begunde  Cr  in  lovollen.    Gregor  3119, 

wo  A.  engcllen  liest  {Hpt.  6,  63).  ohne  Zweifel,  wie  der  reim 
lehrt,  verstand  Hartmann  schon  dies  gellen  oder  enteilen  von 
der  galle,  nach  Frisch  1,  314'  und  brem.  wb.  2.  478  irird  beim 
ausnehmen  der  fische  die  gälte  absichtlieh  zerrmen,  um  ihiem 
fleisch  «inen  billerliehen  geschmack  zu  verleihen,   an  dieser  wort- 


525 


EJJTGANG  —  ENTGASTEN 


ENTGEGEN 


526 


auslegung  ist  jedoch  zu  zweifeln,  denn  schw.  bedeutet  gäla 
tisken,  ddn.  gjälle  en  fisk  soviel  als  aftaga  gäiarna,  aftage 
gjüllerne,  avelleie  branchias,  dem  gefangnen  ßscli  die  kiemen 
abreiszen,  was  beim  einsalzen  geschieht,  gälar,  gjüller  sind 
die  fischohren,  kiemen,  engl,  tbe  §ii|s,  sp.  agalias  und  ihr 
abreiszen  hat  mit  der  gatle  nichts  zu  thun.  hiernach  wäre 
das  mhd.  gellen  fehlerhaße  ausspräche  für  gellen,  und  das  nd. 
nl.  galten  für  gillen  falsch. 

ENTGANG,  m.  evitatio:  ihr,  entgangen  aller  diensttrübsal 
habt  auch  mit  diesem  entgang  die  rückerinneruag  aller  dienst- 
leiden  vergessen.    Hippel  br.  t4,  364. 

ENTGÄNZEN,  scindere,  frangere,  vacuare,  zerslücken,  aus 
der  fülle  und  ganzheit  setzen,  ein  heute  veraltetes  wort,  da 
doch  das  entgegenstehende  ergänzen  im  gebrauch  bleibt. 

mhd.  da  sie  sieb  verslouT  In  mio  bene  also, 

dA  möhte  ej  vor  not  sin  zerspannen, 

daj  ej  waeie  engenzet  von  dannen.    MS.  2,  ISO*; 

öwS,  daj  iemer  wip  ir  ör  eogenzet.    1, 190*} 

zerstcerei  unde  engenzet 

wart  sin  erweltiu  herschafi.    tr.  kr.  17782; 

da  wart  der  hal^perc  und  diu  plate 

Ton  im  engenzet  und  der  schilt.    34906; 

sin  gewant  vil  harte  rieh 

begunü  er  ab  im  schrenzen 

und  sine  wdt  engenzen.    Silv.  4916  ; 

daj  die  schefle  wurden  gar 

mer  danne  balp  zerschrenzet 

und  also  Taste  eneenzet, 

da;  diu  kleinen  stücl>elin 

üf  in  der  liebien  suanen  schin 

begunden  stieben  als  ein  melm.    fn^eZh.  2602; 

si  da;  ir  eier  e;zen  weit 

lös  eokeozei  uoae  gescheit. 

Haupt  7, 177.  tgl.  Zar.xkes  Ccto  s.  139; 
tjftd.  das  im  als  sein  flaisch  wurd  en'genzt.    fasln.  lbS7; 

das  die  kulten  am  hindersten  und  an  beinen  und  fornen  ent- 
genzet  und  zuiissen  ist,  bedeut  das  in  solchem  geistlichen 
wesen  und  gottesdienst  kein  einigkeit  ist.  Luther  2,295'  aus 
seiner  deutung  des  munchkalbs  zu  Freiberg.  Wiltenb.  1523 
bl.  5 ;  das  klingt  auch  so  ring  und  rösch  daher,  das  nichtzit 
dawider  sein,  noch  es  mindern  oder  entgenzen  mag.  Velr 
vergiszmeinnicht  S3';  der  umb  der  herschaft  und  oberkeit 
wiilen  alle  ding,  auch  den  gesdiworen  aid  meint  zu  verbre- 
chen und  entgenzen.  Geo.  Spalatincs  das  Sprichwort  u.  s.  w. 
1520  B2;  man  liset,  das  die  weiber,  als  ifz  der  häuf  ent- 
geczt  und  die  spitz  der  iren  von  feinden  zerbrochen,  sie  in 
die  Ordnung  seien  gestanden.  Frank  chron.  Germ.  1538.  vii; 
Silvester  II.  hiesz  sein  leib  nach  seinem  tod  zu  stucken  zer- 
reiszen  und  von  glid  zu  glid  entgenzen.  chronica  1531.  294'; 
die  zung  ist  inen  entgenzt  und  zerkrüppelt.  von  heillosigkeit 
77;  den  zirkel  zertrennen,  entgänzen  und  schänden,  kluge, 
weise  reden  m* ;  dan  die  castanien,  so  noch  ganz  und  unver- 
schnilien  sind,  platzen  und  krachen,  so  sie  in  eine  back- 
kachel  oder  pfanne,  das  man  sie  brate,  gelegt  werden,  da 
doch  hiegegen  die  kesten,  so  entgenzt  sein  und  einen  schnitt 
haben,  still  sein  und  sich  im  allergeringsten  nicht  hören  noch 
vernemen  lassen.  Melasder  jocoieria  1  n*  298  s.  339  ;  entgenzt 
nicht  glenzt  ehr  jetzt  sehr  viel.  Kirchhof  wendunm.  58*; 
nihrat  von  des  Orpheus  baubt, 
ihr  kühnen  Lesbier,  das  als  der  leib  geraubt, 
euigänzi  und  gar  zusiQckt,  doch  auf  dem  sirom  gesungen. 
Grtphils  2,  92; 
ein  fasz  entgänzen,  anstechen,  anzapfen.  Gemeiner  Regensb. 
chron.  1,  508  ;  ein  Siegel  entgänzen,  außrechen.  seltsam,  dasz 
du  Wörterbücher  dies  wort  übergehen,  der  einzige  Rädleis  240* 
hat  entgSnzen,  zerschneiden,  zerbrechen. 

ENTGäNZLNG,  f  nach  den  unrechtmäszigkeiten  der  huf 
folgt,  dasz  wir  auch  von  derselbigen  enlgäozung  etwas  an- 
zeigen, als  welche  anders  nichts  ist  als  eine  zertrennung 
ihrer  selbsti-igenen  Substanz.    Uffesbach  rosbuch  2,284. 

E.NTGÄRNEN,  tolvere  ex  filis: 

enigarnt  von  sinnesbanden.    Stoiberc  5,  2C7. 

ENTG.\RSTEN,  purgare,  eluere,  Stieleh  610.  *.  garst  und 
garstig. 

ENTG.\STEN,  deformare,  dehoneslare,  entgslallen,  entstellen. 
Fbisios  378*,  Maaler  104'  und  Denzler  93*  schreiben  entgesten, 
das  wort  lebt  noch  heute  in  der  Schweiz:  dieser  fleck  entgastet 
die  ganze  schrift,  schändet,  verunstaltet,  verunreinigt  sie.  Stalder 
L426;  damit  nil  die  ungstalt  miner  orden«kutten  den  künig- 
lichen  hof  und  fürstlichen  stand  entgeste  und  unzierlich 
mache,  Tschodi  l,  123.     man  darf  es  nicht  mit  Frisch  l,  346* 


aus  dem  lat.  geslus,  nur  aus  unserm  gast  herleiten,  das  mhd. 
engesten  bedeutete  nun  discingere,  dem  gast  sein  reisegewand 
abnehmen  und  bequemes  hauskleid  darbieten  {vgl.  z.  b.  Iw. 
326.  Parz.  23, 1.  GA.  2,  439) ;  die  sitle  herschte  so  allgemein, 
dasz  engesten  überhaupt  entkleiden  ausdrückte  {mhd.wb.i,i%l) 
und  endlich  den  Übeln  sinn  von  berauben,  entehren  und  ver- 
unstalten annahm,  bei  Stalder  ist  es  auch  betrüben,  un- 
freundlich machen,  grob  behandeln,  ganz  das  gegenlheil  von 
dem,  was  ursprünglich  darin  lag.  in  folgender  stelle  eines 
fränkischen  weisthums  von  13S0  (3,  521)  blickt  die  alte  bedeu- 
tung  durch  :  so  mag  ein  herr  zu  Rineck  ein  Steuer  und  bette 
an  in  heischen  und  die  sal  er  glimpflichen  von  in  nemen, 
das  kein  friman  sein  bette,  sein  pQug  dorfe  entgesten,  d.  i. 
seinem  bette,  seinem  pflüg  etwas  abziehen,  entziehen. 

ENTGEGEN,  obviam,  adversus,  contra,  ahd.  incagan,  ingagan. 
mhd.  engegen,  engein,  alts.  angegin,  ags.  ongean,  engl,  again, 
heute  against,  alln.  i  gegn,  schw.  igen,  ddn.  igjen.  unsere  nhd. 
Partikel  zeigt  falsches  ent  für  en,  in,  wie  empor,  enlbor  für 
enbor;  von  gegen  Aann  erst  unter  diesem  einfachen  wort  näher 
gehandelt  werden,  auffallend  mangelt  es  der  goth.  spräche,  und 
wird  durch  in  andvairj)ja  vertreten,  dem  umlaut  von  gegen 
neben  gagan  musz  ein  ahd.  gagani,  gegini  unterliegen,  dem 
engegen  also  ingegini  =  in  gegini,  welches  den  acx.  eines 
nomens,  gleich  dem  lat.  obviam  enthält,  über  entegen,  tegen 
hernach  unter  5. 

Lat.  contra  geht  zurück  auf  cum,  con,  wie  intra,  eitra  auf 
in,  ex,  wie  ahd.  cagan  auf  can,  ca;  doch  dem  contra  tritt 
noch  kein  in  torün,  erst  mlat.  erseheint  incontra  und  nicht 
anders  it.  incontra,  sp.  encontra,  franz.  encontre  ;  hatten  unser 
ingagan,  ingegini  einflusz  auf  diese  romanischen  formen,  oder 
umgekehrt  sie  auf  die  deutschen  ?  das  gr.  ipavxiov  neben 
ayrlov,  das  goth.  in  andvair{)ja  lehren,  wie  nahe  es  lag,  dem 
in  contra  «nd  cagan,  in  amiov  und  andvair))i  ruhenden  nomen 
die  praep.  in  voraus  zu  senden. 

Hierauf  gestützt  lassen  sich  nun  die  begriffe  und  bedeutungen 
des  nhd.  entgegen  entfalten. 

1)  als  praeposition  drückt  es  aus  ex  adverso,  e  regione, 
gegen,  gegenüber  und  erfordert 

a)  gleich  dem  einfachen  gegen  ursprünglich  den  dat.  (Gbaff 
praep.  s.  200) :  ahd.  inkagan  liure  iro.  Diut.  l,  511,  wo  der 
Übersetzer,  in  argem  misverstand,  ex  adverso  piroram  2  Sam. 
5,  23  d.  i.  gegenüber  den  birnbäumen,  ßr  pjTae  eorum  naJim 
und  danach  verdeutschte;  die  beweiskraß  der  stelle  ßr  die 
rection  unserer  praep.  verliert  darunter  nichts,  vihd.  belege 
stehn  wb.  1,  493.  nAd.  meistens  dem  abhängigen  casus  nach, 
zuweilen  auch  vorgesetzt:  und  da  er  sie  sähe,  stund  er  auf 
inen  entgegen,  i  Mos.  19, 1 ;  und  wenn  sie  uns  entgegen  eraus 
fahren.  Jos.  8,  5 ;  dem  volk  entgegen.  riciU.  20,  31 ;  steig  er 
vom  wagen  im  entgegen.  2A-ün.  5,  2t;  da  der  mann  umbkeret 
von  seinem  wagen  mir  entgegen.  5, 26 ;  werden  hingerückt 
werden  in  den  wölken  dem  herrn  entgegen  (fravilvanda  in 
milhmam  du  gamötjan  fraujin  in  luftau).    iThess.  4,17; 

se|bst  dann  sasz  er  eniee?en  dem  pöttergleictien  Odysseus, 
avTos  S  avxiov  K,ev  OSvaarjos  d'eioio.      Od.  16,  54 ; 
ihr  steigt  hinauf,  dem  ström  der  Reusz  entgegen 

SCUILLKR  552*; 
uns  entgegen  gössen  nektarqnellen 
ewig  strömend  ihre  woliustwellen.    3'; 
dem  schnee,  dem  regen, 
dem  wind  entgegen.    Göthk  1,  93; 

nur  das  blinde  vertrauen  zu  dem  kriegsglück  und  dem  über- 
legenen genie  des  herzogs  von  Friedland  hatte  dem  kaiser 
die  festigkeit  eingeflöszt,  allen  Vorstellungen  Baierns  und 
Spaniens  entgegen,  diesem  gebieterischen  manne  ein  so  un- 
eingeschränktes commando  zu  übergeben.  975';  hinter  Naum- 
burg gieng  mir  die  sonne  entgegen  (gegenüber)  auf.  Göthk 
an  fr.  v.  Stein  1,19;  auf,  dem  feinde  entgegen  I  formelhaft 
stehen  wider  «nd  entgegen  gehäuft:  fielen  doch  die  allermei- 
sten stimmen  wider  und  entgegen  dem  rath  der  ältesten  aus. 
Felsenb.  4,280.  die  gerichtssprache  setzt:  in  Sachen  des  A. 
wider  und  entgegen  B  (oder  auch  entgegen  und  wider). 

b)  da  einfaches  gegen  sich  dem  ucc.  bequemte,  finden  wir 
diesen  casus  auch  bei  entgegen : 

gott  du  bist  niem  erretter 
und  meiner  zullucht  schütz  entgegen  alle  spötler. 

FtitMI.ic27; 

Damöt  schwimmt  wie  ein  lisch,  er  legt  sich  auf  den  bauch 
und  darf  nur  eiuen  fusz  ein  wenig  seiiweits  kriimmen, 
so  kan  'er  allemal  den  ström  entgejren  schwimmen. 
Host  gelernte  li^be  A  8*. 


527 


ENTGEGEN 


c)  merkwürdig  ist  der  ahd.  gen.  incagan  des  tales,  ex  adverso 
vallis.    Diut.  1,  510\ 

2)  weil  üßer  ßndel  sich  entgegen  ah  adverb,  mit  ihm  bilden 
sich  und  können  gebildet  werden  eine  menge  von  Zusammen- 
setzungen, deren  üblichste  im  verfolg  aufgezählt  sind,  sie 
drücken  annäherung  oder  widerstand,  begegnen  oder  entgegnen 
aus.  es  sind  lauter  uneigeniliche  composila,  in  welchen  die 
Partikel  sich  verhält  wie  einher,  dalier,  dahin,  empor,  zusam- 
men und  andere  mehr  unter  gleichen  umständcti;  meistenlheits. 
stehn  ihnen  lat.  composita  mit  ob  zur  seile,  das  dreisilbige 
entgegen  mit  seinem  ungehörigen  t  und  den  dünnen  vocalen 
wirkt  hier  nachtheilig,  besser  hätte  allen  diesen  Wörtern  ein- 
faches gegen  zugesagt  und  einigemal  erreicht  schon  einfaches 
ent,  was  sie  ausdrücken  {s.  entnehmen,  entgegennehmen), 
verschiedentlich  mag  zweifei  wallen,  ob  entgegen  als  adverb 
dem  verbum  ansuschlieszen  oder  als  unabhängige  praeposition 
mit  ihrem  casus  davon  zu  sondern  sei,  z.  b.  in  der  stelle: 
Mose  füret  das  volk  aus  dem  lager  gott  entgegen,  im  letzten 
fall  wird  der  dat.  gott  von  entgegen,  im  ersten  von  entgegen- 
führen regiert,     der  sinn  unterscheidet  sich  kaum. 

3)  auszer  solchem  anschlusz  an  verba  erscheint  entgegen 
aber  auch  als  unabhängige  conjunclion  im  sinne  von  contra, 
e  contrario, 

a)  allein,  ohne  andere  partikeln:  entgegen  ist  schwebel 
hitziger,  schneller  natur.  Fronsp.  kriegsb.  1, 137" ;  dasz  oft 
mancher  durch  ein  tugendlich  büchlein  tugendlich,  durch  ein 
züchtiges  züchtig  . . .  entgegen  auch  durch  ein  unschampares 
iinschampar,  durch  ein  unkeusches  unkeusch  . .  .  worden  und 
an  seel  und  leib  verdorben.  Philander  1,373(375);  entgegen 
mustu  aber  auch  bekennen,  .\vrer  proc.  1,  4 ;  entgegen  aber 
sei  unleugbar  und  wahr,  ebenda,  wir  sagen  heute  dagegen 
(2,  676)  oder  hingegen, 

b)  verstärkt  durch  da:  inwendig  war  er  {Judas  Ischariolh) 
ein  reiszender  wolf.  also  sein  etlich  ausz  den  predicautzen 
auch  gesint,  daentgegen  die  unserigen  faul  und  wie  Petrus 
schieferig  seind.  Jon.  Nas  Warnungsengel  165.  heule  dahin- 
gegen (2,  693),  nnl.  daarentegen, 

c)  verstärkt  durch  her:  und  mache  siben  latern  oder  lucern 
und  setz  sie  auf  das  kerzstal,  das  sie  leuchten  her  entgegen, 
vulg.  ut  luceant  ex  adverso.  bibcl  1483  2  Mos.  25,  37,  wo 
Luther:  leuchten  gegen  einander,  doch  läszl  sich  her  ent- 
gegen auf  leuchten  ziehen  und  fällt  dann  unter  2. 

4)  entgegen  als  adjeclivum,  analog  demgr.  avzios,  ivavrlos, 
lat.  contrarius,  oppositus,  obvius,  wobei  ein  obliquer  casus 
entscheidet:  welche  uns  von  entgegeneri  orten  zusammenge- 
führt,   Birken  OL.  28; 

der  schaudernde  Boreas  nahm  sich 
Sevthia  samt  dem  wagen  des  poU,   im  enigegenen  lande 
triefi  aus  steicm  gewöik  der  regenstürmende  Auster. 

Voss  Ol',  met.  1,  tf5  (contraria  tejlus). 

dies  ungewöhnliche  adj.  mahnt  an  die  aus  dativen  gezeugten 
heule  allgemein  gülligen  vorhanden  und  zufrieden,  gab  es  ein 
subst.  gegene,  ahd.  cagani,  warum  wäre  das  adj.  unstatthaft? 
doch  hat  man  noch  kein  mhd.  adj.  begegene,  zegegene,  enge- 
gene  angetroffen,  so  wenig  als  wir  nhd.  zugegen  gegenwärtig, 
goth.  andvairjjs  bedeuten  lassen  und  adjcciivisch  ßeclieren. 

hiervon  abgesehn  ist  es  schwer  zu  sagen,  ob  die  neben  sein, 
stehn  und  ähnlichen  Wörtern  vorkommenden  entgegen  für  adjecli- 
vische  nominalive  oder  für  adverbia  gelten  müssen?  ob  er  ist 
mir  entgegen  contrarius  oder  contra  aussagt  ?  dem  latein  wäre 
obvius  est  und  ohviam  est  beides  zulässig. 

b)  da  was  entgegen,  vor  äugen,  vor  der  hand,  auch  zu- 
gegen ist,  so  kann  es  gegenwärtig  und  daheim  ausdrücken:  es 
seind  auch  allzeit  entgegen  bei  einer  ieden  leich,  der  man 
gen  himmel  zündet,  xv  oder  xx  mann  in  teuflischer  klcidung, 
die  machen  grosze  fest  und  allzeit  Stent  entgegen  der  ver- 
storbnen mann  weiber,  vollbringen  überaus  ein  grosz  heulen 
und  klagen.  Fra;<k  wcltb.  205*;  Josephut  hat  die  Zerstörung 
Ilierusalem  meisterlich  beschriben  in  vii  büchor  und  seibs 
entgegen  alles  crfaren  und  gsehcn.  chronica  1531.  130* ;  Christus 
Ut  nicht  wurhaflig  noch  persönlich  entgegen  zur  iiellrn  ge- 
stigen. 414*:  wer  mit  cim  vollen  hadert,  der  zanket  sidi  mit 
einem  der  nicht  entgegen  oder  anheim  ist.  laster  der  trun- 
kenh.i;  ein  kanten  mit  öl  erwis«ht,  die  ohngefahr  heihandig 
und  entgegen  war.  69;  es  stehet  allhier  entgegen  der  profos, 
wolt  ihr  nun  seine  wort  hören?   Heutter  kriegsordn.  70; 

hfil  und  genad  von  goit  ollein 

wuniich  wir  euch  alloo  in  gemein. 

•0  hie  Tersamlet  siod  eotgegen.    H.  Sachs  III,  1, 17'; 


ENTGEGENARBEITEN  —  ENTGEGENDAMPFEN  528 

ir  auserwcllen  cliristcnleut, 

die  ir  hie  seid  entgegen  heut,    III.  1,240'. 

'zu  entgegen'  stehn  verstärkend  nebeneinander :  ich  bin  zwar 
nicht  zu  entgegen,  sie  der  weiblichen  freiheit  zu  erinnern. 
Abele  2, 145 ;  denn  iak  selbsten  persönlich  zu  entgegen  ge- 
west.  Ayrer  proc.  1, 16.  s,  zugegen,  mhd.  zegegen,  nnl.  legen 
=  tejegen,  nrf.  entcgen  ==  entejegcn, 

EMGEGEIS'AHBEITEN',  occurrere,  se  opponere:  dem  fal- 
schen geschmacke  entgegenarbeiten;  selten  hab  ich  einen 
menschen  gefunden,  in  dem  jeder  zug  mir  so  entgegenarbeitete. 
Hippel  2, 184 ;  man  kann  den  vorurtheilen  von  keiner  ait  ein- 
zeln mit  erfolg  entgegenarbeiten.    Pestalozzi  7,  400. 

ENTGEGENBAUEN,  molcm  opponere  ßuctihus. 

ENTGEGENBEBEN,  trepide  obviam  ire:  die  armen  verbann- 
ten bebten  ihrem  traurigen  Schicksal  entgegen.  Klincer  4, 166. 

ENTGEGENBELLEN,  oblatrare.  Stieler  132;  die  einge- 
sperrten, hunde  bollen  laut  entgegen. 

ENTGEGENBEUSTEN,  adversum  erumpere:  hohngelüchter 
borst  mir  von  allen  selten  entgegen.    Tieck  8,  68. 

ENTGEGENBIETEN,  offerre,  objicere:  der  mensch  musz 
gottes  gebols  warnemen  und  im  dasselbe  aufrücken,  dem 
teufel  entgegenbieten  und  also  sagen.  Luther  1,239";  wei- 
bische Ohnmacht,  die  nicht  das  herz  hat,  dem  unglück  die 
slirn  entgegenzubieten.  Siegfr.  von  Lindenb.  1,  296. 

ENTGEGENBLÄHEN,  adversum  inftare: 
blumen,  die  am  wcge 
sich  duftend  mir  entgegen  blähen.    Gottkr  1,6. 

ENTGEGENBLASEN,  1)  tn/r.  der  wind  bläst  entgegen,  ren/«s 
reßat;  ein  poslillon  blies  uns  entgegen, 

2)  tr.  er  blies  mir  seinen  tahacksdampf  entgegen. 
E'STGEGEmUCKE'S,  inUteri,  cxspectare :  der  Zukunft  ruhig 
entgegenblicken;  sein  stiller  aufenthalt  blickte  ihm  aufs  freund- 
lichste entgegen.    Güthe  17,343; 

getrost  der  liöclisten  lilarheit 
hellsten  tags  enigegeubliölvt,    Götuk   3,  122. 

ENTGEGENBLÖREN,  balatu  excipere:  die  läramer  blöken 
ihrer  mutter  froh  entgegen, 

ENTGEGENBLINKEN,  obviam  fulgere: 
läszt  göttin  thorlieii  ihm  in  anderer  gestalf 
den  zaubt'ikfiich  entgegenblinlien.     Wiblakd  9,  236; 

die  blumen  blinkten  dir  entgegen  im  thau  des  himmels. 
Klingers  th.  4, 141, 

ENTGEGENBLÜHEN,  o6t;iam  ßorere:  sie  blüht  dem  tod 
entgegen. 

ENTGEGENBRAUSEN,  obstrepere: 

die  öde  schwieg,    wenn  auf  vcrwachsncm  pfad, 

wo  nur  der  bnr  in  felsenkliirien  hauste, 

niclit  etwa  noch  dos  secs  gewohntem  bad 

ein  ur  mit  wilder  lust  enigegenbrauste.    .Mattuisso!«  8  (79); 

andere  dichter  brausen  uns  mit  hoher  bilderllut  entgegen. 
J.  P.  bücherschau  1, 135. 

ENTGEGENBRECHEN,  offringere.    Stieler  234. 

ENTGEGENBREITEN,  oppandere:  die  arme  enlgegenbreiten ; 

wie  innn  noch  nie  gesehen  einen  iifau, 
der  eitfjstol?,  wenn  man  ihm  lob  tereiict, 
den  bunteil  schweif  der  sonn  enigogenbreitet. 
Ghiks  liqjardo  1,  29,  5, 
ENTGEGENR RENNEN,  contra  ordere. 
ENTGEGENBRINGEN,  obviam  fern:  bringet  den  durstigen 
wasser  entgegen.    Es.  21,14; 

verllnrht  sei  doch  der  tag,  der  mich  zum  wesen  machte, 
der  meinem  elend  mich  zuerst  entgegenbrarhln, 
das  da  mit  eisern  arm  mich  fest  umschlossen  hielt. 

Jon,  Ad.  .Sciii.eubl  verm.  ijeil.  2,  215; 
sie   wird  eine  schlechte  figur  machen,    wenn  sie  ihm  wunde 
äugen  entgegenbringt.  CqR,  F,  Weiszb  ;  guten  willen,  vertrauen 
entgegenbringen. 

ENTGEGENBRCLLEN,  mugitu  excipere:  ein  häufe  Irunkner 
leute  brüllte  dem  eintretenden  entgegen ;  das  wilde  ger.tusch  hat 
mir  schon  so  viel  wolsein  entgegcngebrüllt.  Klincers  th.  2,  205. 
ENT(;E(;r.NRRl]MMEN,  ohmurmurare. 
ENTGEGENBRCsTEN,  sich,  obiiam  lumere: 
liior,  wo 
lörhicr  auch  des  lands  in  jungtrAiilichem  lichl 
zur  zeit  der  flnnelung  sich  ihm  enigcgenbrOtten, 
TiiüisKL  0,381. 

ENTGEGENDAMPFEN,  contra  fumare: 
das  rinn«ndA  blui,  der  Icichmiroo  nu<flu«z, 
der,  mit  «eelen  rormitcht,  mir  wallend  cnigefrendampne. 

Klomtoci; 
am  nbeiide  soll  der  renich  willkommenen  floisches 
euch  enigegcndaropreo.  (iOrai  40,  968, 


529  ENTGEGEXDONNERX  — ENTGEGENGEHEN 

ENTGEGE.NDONNER.X,  conlra  lonare:  in  eurem  blut  soll 
das  Schwert  rosten,  donnerte  icli  ihm  entgegen.  Kli>ger1,7. 

EMGEGENDRÄNGEN,  sich,  occurrere,  objicere  se:  denn 
so  viel  drängte  sich  mir  aus  dem  literarischen  Wirrwarr  immer 
wieder  entgegen.    Göthe  25,  39. 

E.NTGEGE.NDRINGE.X,  dasselbe:  es  trat  der  architect  in 
die  kapelie,  deren  fromm  verzierte  wände,  bei  so  mildem 
Schimmer,  alterlhümlicher  und  ahnungsvoller,  als  er  je  hätte 
ahnen  können,  ihm  entgegendrangen.  Güthe  IT,  409 ;  eine 
grosze  manigfaitigkeit,  die  uns  als  menge  entgegendringt.  52,3. 

EMGEGENDHOHEN,  contra  miiiari:  sieh  wie  der  himmel 
deinen  äugen  enigegendroht.    Thijjijiel  4,  529. 

EiNTGEGENDliCCKEiN,  rcprimere: 

er  gl.-iubt  den  wölken  zu  entrallen, 

da  unier  seinem  kus,  was  knum 

nocti  niarraor  schien,  so  weich  wie  schwanenflaum 

dem  druck  iizt  nachgibt,  ilzl  mit  vollem  iJbeiwallen 

entgegen  dtuckl.  Wikland  Idris  5,  103. 

ENTGEGENDUFTEN,  obviam  spirare:  ich  fühls,  wahrhaftig 
ich  fühls,  der  verstand  duftet  mir  recht  daraus  entgegen. 
Lessing  l,  248 ;  aus  diesem  büchlein,  zu  rechter  stunde  auf- 
geschlagen, wird  ihnen  gewis  manche  rose,  narcisse  und  was 
sonst  sich  hinzugesellt,  ent^egenduften.    Göthe  45,  314. 

ENTGEGEND ÜNSTEN,  obviam  halare. 

E.NTGEGENEILEN,  obviam  properare: 

ihrem  Zeus 
will  Semele  nicht  mehr  entgegeneilen.    Schijllir  16'. 

ENTGEGENEN  s.  entgegnen. 

E.NTGEGENFAHREN,  obviam  ire:  heute  kommt  unser  freund, 
wir  wollen  ihm  entgegenfahren ;    ahd.  ingegin  fuarun  folkon. 
0.111.9,2;  fuoren  ingegin  Jesuse.    Mallh.  8,24. 
ENTGEGENFLATTER.N,  obviam  agitari,  obvolitare. 
ENTGEGENFLIEGEN,    obviam   volare:   kugein   flogen  ans 
entgegen ; 

flieget  der  sonne, 
flieget  den  hellen 
inseln  entgegen  I    Götbk  12,76; 
wenn  sie  wieder,  kindisch  lächelnd, 
dir  eoigegenfliegen.    Gottkr  2,  50S; 
es  fanden  sich  die  gleicbgesianien  seelen 
und  unsre  herzen  flogen  sich  entgegen.     Kör-Ner  1,  175. 

ENTGEGENFLIEHEN,  fugiendo  occurrere:  und  die  Egypter 
flohen  im  (dem  meeresstrom)  entgegen.    2  Mos.  14,  27 ; 

die  mit  heiszem  liebesgeize 

deinem  kus  enigegenUuhn, 

zischen  dem  erloschnen  reize, 

lachen  deinem  winier  höhn.    Schiller  10". 

ENTGEGENFLIESZEN,  ex  adverso  fluere. 
ENTGEGENFLIM.MERN,  ex  adverso  micare. 
ENTGEGENFLÖTEN,  obviam  tibia  cantare: 

dir  flötet  der  orkan  ein  siegeslied  entgegen.    Schiller  17'. 
ENTGEGENFLÜCHTEN,  obviam  confugere. 
ENTGEGENFLLTEN. 

E.NTGEGENFUHREN,  obviam  ducere,  i^äysiv  shawavTT}- 
aiv:  und  Mose  füret  das  volk  aus  dem  lager  gott  entgegen. 
2  Mos.  19, 17 ;  da  rufet  er  einem  knecht,  der  in  bei  der  band 
füret  seinem  son  entgegen.  Tob.  11, 10 ;  ein  werk  der  Voll- 
endung entgpgenführen.  ^ 
ENTGEGENFLNKELN. 

ENTGEGE.NG.VNG,  m.  obviam  itio,  begegnung: 
dort  ward  fteCibt,  bei  der  iromraeten  klänge, 
ein  angenehmer  tanz,  bei  uns  nicht  kund: 
man  kust  einander  beim  emaegenpange, 
und  nicht  verschlossen  bleiben  darf  der  mund. 

Griss  Dojardo  3,  7,  29. 
ENTGEGENGAUKELN. 

E.NTGEGENGEHEN,  obviam  ire,  obviare,  ahd.  ingagan 
gangan : 

so  wit  s6  Galilea  bifiang,  ihcr  liut  ingegin  allär  giaug. 
,     .  0.11.15,4; 

g«  ingegin  imo.^T.  149,  6;  nhd.  gieng  im  das  volch  nach  und 
enkegen  mit  plumen  und  mit  newen  esten.  gesta  Rom.  ed. 
Keller  s.  23 ;  als  er  nu  widerkam  von  der  scblacht  des  Kedor- 
laomor,  giengen  im  entgegen  der  könig  von  Sodom  in  das 
feid  das  königstal  heiszt.  1  Mos.  14,17;  da  nu  Jacob  des 
abends  vom  felde  kam,  gieng  im  Lea  hinaus  entgegen.  30,16; 
und  sihe  er  wird  ausgehen  dir  entgegen.  2  Mos.  4,14;  da 
gieng  im  Mose  entgegen  hinaus  und  neigt  sich  für  im.  18,  l"; 
Jael  aber  gieng  eraus  Sissera  entgegen,  riehl.  4, 18 ;  und  sihe,' 
da  gieng  die  ganze  stad  eraus  Jesu  entgegen  (golh.  jah  sai, 
alla  so  baurgs  usiddja  vi^ra  lesu).  Mailh.  8,34;  dann  wird 
HI. 


ENTGEGENGESETZT  —  ENTGEGENHEBEN  530 

das  himelreich  gleich  sein  zehen  jungfrawen,  die  ire  lampen 
namen  und  giengen  aus  dem  breutgam  entgegen.  Matlh.  25,  l ; 
als  Martha  nu  höret,  das  Jesus  kompt,  gehet  sie  im  entgegen 
igoth.  vi{)raiddja  ina).  Joh.  11,  20;  etwann  gieng  man  den 
frummen  armen  entgegen  und  nam  sie  in  die  hüser  und  gab 
inen  zu  essen.  Keisersberg  s.  d.  m.  32';  wünschende  der  hoch- 
geehrten frau  und  den  lieben  ihrigen  mit  angenehmen  diensten 
entgegenzugeben.  Ettner  unw.  docl.  177  ;  ihnen  mit  schlechten 
tractamenten  entgegen  zu  geben.    Iiebanime  751; 

gott  schwört,  es  werd  ein  amm  ihrs  kindleins  eh  vergessen, 

als  er  des  Erraims,  w.irdurch  er  dann  versieht 

ein  jede  traute  sei,  die  ihm  entgegengeht.    Uoipler  32; 

erschwers  ihm  nicht 
durch  ein  vi>r>eizlich  misveistehen,  geh 
gelaliig  ihm  den  halben  weg  entgegen.'  Görns  9,  10; 
also  giengen  die  zwei  entgegen  der  sinkenden  sonne.    40,316; 

wir  dürfen  es  daher  wol  wagen,  männern,  denen  unmittel- 
bare kennlnis  dieser  regionen  gegönnt  ist,  mit  einer  warnung 
entgegen  zu  gehen.  6, 110 ;  ich  werde  gewis,  insofern  es  mir 
möglich  ist,  ihren  gerechten  wünschen  entgegen  gehen,  an 
Scliiiler  184;  du  gehst  deinem  gewissen  tode  entgegen. 

ENTGEGENGESETZT,  oppositus :  entgegengesetzte  richtun- 
gen ;  die  entgegengesetzte  meinung ;  entgegengesetzt  ist,  wovon 
eines  dasjenige  aufhebt,  was  durch  das  andere  gesetzt  ist. 
Ka.nt  1,  25. 

ENTGEGENGESETZTHEIT,  f.  wir  haben  eine  durchaus 
entgegengesetzte  ansieht,  und  wenn  diese  entgegengesetztheit 
nicht  schon  früher  ausgebrochen  u.  s.  ir.  Ficute  sonnenkl. 
bericht  211. 

ENTGEGENGESETZTSEIN,  n.  das  wesentliche  entgegen- 
gesetztsein bestimmt  das  gegenseitige  aufheben.  Fichte  grund- 
lin.  der  ges.  wissensch.  lehre  127. 

ENTGEGENGIESZEN,  ofjfundere.  Stieler  649 :  ein  Iheil  des 
Volks  gosz  sich  ihm  unter  siegsgeschrei  entgegen.  Klinger  5,  94. 

ENTGEGENGLÄ.NZEN,  refulgere: 

die  mit  den  heiigen  lorbeerkränzen 

der  dichtkunst  und  wolredenheit, 

umleuchtet  von  der  ewigkeit, 

den  junglingen  entgegenglänzen.    Grllert  1,  201. 

ENTGEGENGLE1TE.\. 

ENTGEGENGLÜHEN,  obviam  ardere:  die  höUe  wird  ihnea 
entgegenglühen. 
ENTGEGENGRUNZEN,  obviam  grunnire. 
ENTGEGENHABEN,  habere  ut  opponat,  dagegen  haben: 

was  auch  die  philosophische  zunft 
entgegenhaben  mag    .    .    . 

ich  nenne  dies  Vernunft.    Wielins  4, 192. 
doch   in  der  phrase  wir  haben  den  wind  entgegen  uns,   uns 
entgegen  ist  die  praeposition  unverkennbar. 
ENTGEGENHADERN,  contra  rixari,  objurgare: 
jetzt  zürnet  und  hadert  entgegen  ihr  schmerz 
dem  vater  der  witwen  und  waisen.    Bürger  65*. 

ENTGEGENHALTEN,  obtendere,  objicere,  vorhalten,  hin- 
halten: die  gefangne  hielt  ihm  ihre  bände  entgegen  und 
flehte;  er  hielt  ihr  das  kind  entgegen; 

die  linke  hält  den  schild  der  pfeile  stürm  entgegen. 
Schiller  33*; 

alles  was  du  mir  entgegenhältst  ist  falsch  und  ohne  grund. 
auch  gegeneinander  halten,  vergleichen. 

ENTGEGENHANDELN,  adversari:  er  bandelte  dem  gemes- 
senen befehl  entgegen. 

ENTGEGENHÄNGEN:  die  ganze  Versammlung  hieng  ihm 
athemlos  in  starren  gruppen  entgegen.    Schiller  158*. 

ENTGEGENHARREN,  exspectare:  wie  das  volk  zu  Neapel 
knieend  der  ankündigung  des  prälaten  entgegenharrt.  Thj^mmel 
3,  449 ; 

noch  harrte  im  heimlichen  dämmerlicbt 

die  weit  dem  morgen  entgegen.    Kor.ikr  1, 1S6. 

ENTGEGENHAUCHEN,  reflare.  Stieler  793:  der  wind  baucht 
entgegen ;  schweigen  und  ruhe,  der  duft  von  blumen  hauchten 
ihnen  entgegen.    Klinger  10, 127 ; 

sie  wiehern  empor  . . .  und  hauchen  dem  stürme  entgegen. 

Voüs. 

ENTGEGENHEBEN,  allevare: 

kannst  du  der  abendsonne  schein 

auT  weichem  moos  am  bache  nicht  , 

die  bnist  entgegenheben!    Göthe  2,78; 

hinter  ans  hob  sich  der  Gotibard  nun  schrolTer  den  Sternen 

entgegen.    Matthisso.<(  240; 
fühlt  sie  ihr  herz  sich  ihm  enigegenbeben  ?  Wieland  23, 114. 

34 


53 1  ENTGEGENHEULEN  —  ENTGEGENKOMMEN 


ENTGEGENKOMMEN— ENTGEGENMACHEN  532 


ENTGEGENHEÜLEN,  opplorare. 
EMGEGK.NHINKEN,  obviam  claudicare. 
ENTGEGENHOHCHEN,  lauschen  : 
horcht  jedem  lortchen,  das  sich  regt,  entgegen.    Wiilakd  ; 

sieh,  |rie  meine  seele  deinen  worten  entgegenhorcbt.  Klingeb 
2,110. 

EMGEGEN'HÖREN,  auscuUare: 

schweigt  ihr  vor  gott,  und  hört  der  stimme  des  kommenden 

richters 
siill  entgegen.    Messias  4,  199; 

aber  lihurlel  geht  vor  ihm  her  nnd  hört  ron  dem  wipfel 
einer  paime  dem  kommenden  fusz  des  messins  entgegen. 

4,  987 ; 
schon  hört  dir  mein  ohr,  mein  bruder,  entgegen.    15,1148. 

ENTGEGENHCPFEN,  obviam  salire:  buchflnken  sind  kirre 
und  hüpfen  einem  fütternden  entgegen; 

als  bei  Mosers  druck  der  hand 

ihm  mein  herz  enigegenhüpTie.    Gökingk  3,  1S4. 

ENTGEGENHÜSTEN,  retussire:  endlich,  hustete  er  mir 
entgegen,  ist  es  ruhig  in  meinem  hause.  ThIjmmel  5,253; 
was  die  gute  alte  (atlg.  deulscbe  bihliothek)  als  philosophische 
opponentin  der  zeit  entgegenhustet  und  entgegenräuspert. 
J.  P.  aesth.  3,  65. 

ENTGEGENJAGEN,  equo  admisso  obviam  alicni  volare. 

EISTGEGENJAüCHZEN,  laelabunde  acclamare  alicui: 

von  ihr  peliebet,  vcill  ich  dir  feuriger 
enigegenjauchzen.    Klopstock  1,  61. 

ENTGEGENJUBELN,  dasselbe. 
ENTGEGENKÄMPFEN,  oppugnare,  reluclari: 

denn  kein  mann  ja  vermöchte 
ungestärkt  von  speise  dem  feind  entgegenzukämpfen. 

ENTGEGENKEHREN,  obvertere: 

frau.  welchen  stürm  gefährlicher  gedanken 

weclist  du  mir  in  der  stillen  brüst.'  mein  innerstes 

kehrst  du  ans  licht  des  tages  mir  entgegen.    Schiller  5I9^ 

ENTGEGEN  KEIFEN,  objurgare. 
ENTGEGENKECCHEN,  anitelando  obviam  ire: 

jagt  das  vergnügen,  das  euch  deucht, 
dem  hinsehe  gleich,  den  ihr  erreicht, 
yiaan  er  dem  tod  enigegenkeuchi.    Götter  1,449. 

ENTGEGENKLAFFEN,  oggannire: 

kfinflig  dürfte  wol  nimmer  des  herzens  frechheit  ihn  reizen, 
mit  so  schmähenden  reden  den  fursten  enigegi^nzuklalTen. 

13ÜRGBR  198*. 

ENTGEGENKLAGEN,  lamenlari:    der  geist,  der  uns  einst 
Ton  da  so  sanft  entgegenklagte.    Klinger  4, 191. 
ENTGEGENKLIRREN,  obviam  crepilare: 

ihnen  klirrten  aus  sichtbarer  nacht  diamantene  keilen 
fürchterlich,  dumpf,  fernher,  sie  mußten  nahen,  entgegen. 
Messias  16,  3ü7. 

ENTGEGENKLOPFEN,  obviam  pulsare: 

dir,  Amine,  klopft  es  {mein  herz)  segen, 

frei  von  grolle,  noch  entgegen, 

dir  im  letzten  todesstosz.    Gotter  1,261; 

ein  herz,  ein  weihliches  herz  {schien), 

statt  sich  zu  sperren,  der  hand  suplcich  enlgegenzuklopfen.  > 

TUÜMMKL  ö,  468. 

ENTGEGENKOMMEN,  obviam  venire,  occurrere,  alid.  in- 
gegini  qucman  (Graff4,  671):  wer  ist  der  man,  der  uns  ent- 
gegenkompt  auf  dem  felde?  i  Mos.  24,65;  und  als  er  unter- 
wegen  in  der  herberge  war,  kam  im  der  herr  entgegen  und 
wolt  in  tödten.  2  Mos.  4,  24 ;  sihe,  da  kam  ein  Junger  lewe 
brüllend  im  entgegen,  riebt.  14,  5;  da  sie  von  dem  berge  kamen, 
kam  inen  entgegen  vil  volks  (i/olk.  gamötida  imma  manageins 
filu|.  Lue.  0,37;  Jesus  war  noch  an  dem  ort,  da  im  Martha 
war  entgegen  kommen  (parei  gamötida  imma  Mar|ia).  Juh. 
11,30;  sihestu  nicht,  dasz  der  pl.itzregen,  je  überflüssiger  er 
auf  die  erde  füllt,  je  mehr  ihm  der  bimmel  Ton  oben  herab 
eolgegenkommet.   pers.  baumg.  6,13; 

soll  olles 
dir  denn  entgegenkommen,  alles  dich 
erraihen  ?    Ltssinc  2,  355 ; 

hier  sieht  man,  daxz  die  spräche  schon  an  und  für  sich  pro- 
dncti»  ist,  und  zwar,  insofern  sie  dem  gedanken  entgegen- 
kommt, rednerisch,  insofern  sie  der  cinbildungskraft  zusagt, 
poptiich.  GöTHK  fl,  104 ;  eine  arme  crcatur,  deren  geringstem 
beiliirfnit  nichts  entgegenkommt.  20,  109;  sonst  kamen  mir 
freundscbaft,  liebe,  neigung,  zutrauen  mit  ofnei)  armen  ent- 


gegen. 20,189;  du  kommst  mir  mit  deinem  Vorschlag  auf 
halbem  wege  entgegen;  er  zeigte  sich  sehr  entgegenkommend. 

ENTGEGENKO.MMEN,  n.  occursus. 

ENTGEGEXKHÄCIIZEN. 

ENTGEGENKRÄHEN. 

ENTGEGENKREISCHEN: 

dem  herscher 
kreischte  er  hell  entgegen  mit  Schmähungen.    Voss, 

ENTGEGENKRIECHEN,  obviam  repere:  kroch  ihm  mit  nie- 
dergeschlagenem gesiebte  als  ein  hund  entgegen.  Felsenb.  1,  46. 

ENTGEGENKLNFT,  f.  occursatio.  Stieler  1005.  PRiETORii 
Storchs  und  schwalben  winlerq.  s.  360. 

ENTGEGENLÄCHELN :  das  kind  lächelte  dem  mörder  ent- 
gegen ; 

lächelst,  goldene  Shre,  dem  strahl  des  Schnitters  entgegen. 

KOSKCARTBN. 

s.  entgegenweinen. 

ENTGEGENLACHEN,  arridere: 

kaum  lachet  uns  die  weit  entgegen.    Grllrrt  ...; 
alles  lacht  dem  frischen  blick  entgegen,    Körner  1,179. 

ENTGEGENLALLEN:  ach,  Gustav  sollte  meine  wünsche 
dir  heul  entgegenlallen.    Gotter  1,  218, 

ENTGEGENLÄNGEN,  contra  aliquid  agere,  bergmännisch, 
einen  Stollen  einem  Schacht  entgegentreiben:  da  man  Stollen 
entgegenlenget  und  über  sich  unter  die  tagschecht  bricht, 
Mathesiüs  130', 

ENTGEGENLAUFEN,  occurrere,  ahd.  ingegin  loufan,  gagan- 
hloufan  (Graff  4,1118), 

1)  persönlich:  er  lief  im  entgegen  und  fiel  im  umb  den 
hals,  Keisersberg  s,  d.  ni.  37';  da  stunden  drei  menner  gegen 
im,  und  da  er  sie  sähe,  lief  er  inen  entgegen  von  der  thür 
seiner  hütten,  l  Mos.  18,2;  da  lief  ir  der  knecht  entgegen 
und  sprach,  lasz  mich  ein  wenig  wassers  trinken.  24, 17 ;  da 
aber  Laban  boret  von  Jacob  seiner  Schwester  son,  lief  er 
im  entgegen  und  herzet  und  küsset  in.  29, 13 ;  Esau  aber 
lief  im  entgegen  und  herzet  in.  33,  4 ;  so  lauf  ir  nu  entgegen 
und  frage  sie.  2  Icün.  4,  26 ;  da  liefen  im  entgegen  zween  be- 
sessene (gamötid(5dun  imma).  Matlh.  8,  28 ;  und  als  er  aus 
dem  schif  trat,  lief  im  alsbald  entgegen  aus  den  grebern  ein 
besessen  mensch  (gamötida  imma).  Marc.  5,  2 ;  das  ir  sampt 
uns  mit  fieuden  im  entgegenlaufen  und  ewiglich  bei  ihm 
bleiben  möget.    Luther  3, 154', 

2)  sächlich,  repugnare:  das  läuft  meinem  befehl  schnur- 
stracks entgegen;  entgegenlaufende  charactere,  Rabener2, 52, 

ENTGEGENLAUSCHEN,  horchen:  euch,  die  ihr  stunden- 
lang in  euern  Schauspielhäusern  auf  bretern  sitzt  und  dem 
zeichen  entgegenlauscht,  das  den  vorbang  heben  spll,  THilMMEL 
5, 131 ;  die  stille,  die  vor  der  goldnen  morgenröthe  über  der 
ihrer  neuen  Schöpfung  entgegenlauschenden  erde  schwebt. 
Klinger  10, 125; 

wann  ich  der  Symphonien 
begeisterndem  signal  sonst  froh  enigegenlauschte. 
Götter  1,  268. 

ENTGEGENLEBEN,  l)  obviam  ire:  wir  leben  einer  frohen 
Zukunft  entgegen. 

2)  adversari,  zuwiderleben:  er  lebte  dem  willen  seiner  eitern 
ganz  entgegen. 

ENTGEGENLEGEN,  objicere,  adver.^ari,  in  den  weg  legen: 

wen  (es  steht  wem)  die  noth  um  etwas  bittet,  ist  ein  narr  wcrs 

abcschlAgt, 
diesem  bleibt  sie  immer  gütig,  der  ihr  nichts  enigegenlegt. 
LoGAU  2,  205,60; 

uns  gebühret  nicht,  dasz  wir  uns  über  gott  beschweren 
oder  seinem  gutbeßnden  uns  cntgegenlegcn  wollen.  Scriver 
seelensch.  2,  262. 

ENTGEGENLEITEN,  was  entgogenführen:  entwerfen  und 
nach  und  nach  der  reife  enlgegenleiten.    Klincbr  9, 168. 

ENTGEGENLENKEN,  dasselbe: 

ja  ihm  entgegen  lenke  flugs  ttierst 
dein  ehcriihuligcs  gospann,    Uüncer  162. 

ENTGEGENLEUCHTEN,  ex  adverso  lucere. 
ENTGEGENLIEGEN,  ex  adverto  tUum  ette,  objaeert.  Dmt- 

LER  93. 

ENTGEGENLODERN,  ex  adverso  fiagrare. 
ENTGEGENMACHEN,  pirh.  orrurrtre,   coiüra  turgtrt: 

wann  der  rri  i   ».iliii 

kiiiK"  Nchnl 

dörfen  me  m  i.k  hcii. 

sonst  mit  nichu  cnii;cgcuuiachcn.    LosiU  3,153,90. 


533  ENTGEGENMARSCHIEREN-ENTGEGENRIEGHEN        ENTGEGENRINGEN-ENTGEGENSCHWELLEN  534 


ENTGEGENMARSCHIEREN,  hello  occuirere.    Stieler  1248. 

ENTGEGENNAHME,  f.  acceptio,  empfang:  als  kaiser  Fried- 
rich den  Knut  auf  seinen  reiclistag  zur  entgegennähme  der 
belehnung  lud.    Dahlmann  dän.  gesch.  1,  326. 

ENTGEGENNÄSELN,  obmurmurare.    Stieler  1334. 

ENTGEGENNEHMEN,  accipere,  golh.  einfach  andniman 
(s.  entnehmen),  entgegennehmen  ist  uns  feierlicher  als  an- 
nehmen oder  empfangen,  der  vornehme  nimmt  entgegen,  was 
der  geringe  darbietet:  als  Karl  die  huldigung  der  sächsischen 
edlen  und  gemeinen  zu  Paderborn  entgegennahm.  Dahlä. 
dän.  gesch.  1, 19.  dem  entgegennehmen  kann  ein  geben  vor- 
ausgegangen sein  oder  auch  nicht;  es  bezieht  sich  ebenwol  auf 
persönlichen  empfang: 

geht,  sagt  ihm  hohen  dank  für  diese  seine  gaben, 
mit  welchen  er  uns  schon  allbler  entgegen  nimmt 
zum  zeugnüs  seiner  gunst.        Fleking  589. 

ENTGEGENNEIGEN,  inclinare: 

sah  die  goldene  frucht  den  garben  entgegen  sich  neigen. 
GöTHK  40,  267. 

ENTGEGENPAPAEN,  TtanTta^eiv: 
kinder  werden  ihm  nie  auf  den  knien  entgegenpapaen. 

BÜRGER  225', 

ov8e  T*  /iiv  TtaiSes  TCOil  yovvaai  naTiTtä^ovatv. 

IL  5,  4Ö8, 

dasz  nicht  kinder  ihm  einst  an  den  knien  'mein  Väterchen' 
stammeln.    Voss. 

ENTGEGENPATSCHEN,  obstrepere.  Stieler  440,  wobatschen. 
ENTGEGENPOCHEN,  palpitare,  vom  schlagenden  herz: 
so  pochie  nie  mein  herz 
der  tochter  Agenors  entgegen.    Schiller  17*. 

ENTGEGENPRASSELN,  contra  crepitare. 
ENTGEGENPRELLEN,  contra  agitari.    Stieler  1472. 
ENTGEGENOÜALMEN,  obviam  vaporare: 

wann  dir  der  recensent 

ein  körnehen  Tveihrauch  streuet  oder 

anderen  duft  dir  entgegenqualmet.    Höltt. 

ENTGEGENRACKELN,  contra  slridere,  entgegen  knarren, 
schnarren : 

mistönende  leiern,  die  ihm  entgegenrackeln. 

VVieland  Amadis  ges.  12; 
beim  spiel  von  hundert  schnarrenden  geigen, 
die  ihm  entgegenrackeln.    derselbe  anderswo. 

ENTGEGENRAFFEN ,  obripere,  sich  entgegenraffen,  auf- 
raffen : 

die  freundschaft  wecket  ihn  vergebens, 
schwach  hört  er  sie  und  träumt  erschlafl, 
dasz  er  voll  ängstlichen  bestrebens 
sich  ihrem  ruf  enigegenraft.    Götter  1,466. 

ENTGEGENRASEN. 

ENTGEGENRASSELN. 

ENTGEGENRAUSCHEN,  obstrepere:  regen  rauscht  entgegen, 
obstrepit  pluvia;  in  jeder  welle,  die  an  unser  schif  schlüge, 
würde  mir  der  tod  entgegenrauschen.  Lessing  2, 12;  transitiv, 

die  (ächer  rauschen  ihm  beifall  entgegen.    Geliert  . . . ; 

es  rauschet  die  quelle 

mir  labung  entgegen.    Götter  3,  431. 

ENTGEGENRECKEN,  obtendere,  strecken:  wohin  ich  sehe, 
reckt  sich  mir  aus  der  dunkelheit  etwas  entgegen.  Tieck  6, 190. 

ENTGEGENREDEN,  obloqui,  contradicere,  dagegen  reden. 

ENTGEGENREICHEN,  obtendere. 

ENTGEGENREIFEN,  in  futuram  messem  maturitalem  trahere: 
die  saat  reift  der  sichel  entgegen ;  entgegenreifende  trauben ; 
wolgezogene  spalierpfirsichbäume,  von  denen  uns  die  verbo- 
tenen fruchte  den  sommer  über  gar  appetitlich  entgegenreiften. 
Göthe  . . . 

ENTGEGENREISEN,  obviam  proficisci.    Stieler  1589. 

ENTGEGENREISZEN,  obripere:      * 

sab  ich  nicht  jüngst,  als  er  vom  fernen  süden 
den  riesen  aus  der  mitternacht 
sein  beer  entgegenrisz  *    Ramlib. 

ENTGEGENREITEN,  obviam  vehi  equo :  und  der  reutet  reit 
hin  im  entgegen.  2  kön.  9,  Ib ;  da  er  nun  za  land  stiesz,  da 
reit  man  ihm  entgegen,  buch  der  liebe  US,  Z;  reit  ihm  doch 
entgegen !    Lessing. 

ENTGEGENRENNEN. 

ENTGEGENHICHTEN. 

ENTGEGENRIECHEN,  obolere. 


ENTGEGENRINGEN,  reluctari: 

seine  dem  tode  noch  kaum  entgegenringende  seele. 

Messias  2, 142  (ausg.  von  1751,  später: 
sein  erschütterter  geist,  er  rang  noch  kaum  mit  dem  tode); 
Alinchen  setzte  sich  zur  wehre, 
und  als  sie  mir  entgegenrang, 
fiel  ach!  ihr  topf.    Borger  105'. 

ENTGEGENRINNEN,  obviam  fluere. 

ENTGEGENROLLEN,  1)  intr.  ex  adverso  volvi:  die  kugel 
rollt  uns  entgegen. 

2)  tr.  ex  adverso  volvere:  ein  fasz  entgegenrollen. 
ENTGEGENROTTEN,  sich,  obviam  conglobari: 

kaum  war  er  in  der  dämmening 
zweihundert  schritte  forigetrottet, 
als  links  und  rechts  in  vollem  sprung 
ein  beer  von  hirschen  und  rehen  sich  ihm  entgegenrottet. 

Oberon  2, 14. 

ENTGEGENRÜCKEN,  obviam  procedere. 
ENTGEGENRUDERN,  obviam  remigare. 
ENTGEGENRUFEN,  procul  vocare:    dem  könig  heil!  ent- 
gegenrufen; ahd. 

ingegin  riaf  thö  lüto 

heriscaf  thero  liutö.    0.  IV.  24, 13. 

ENTGEGENRÜSTEN,  obmoliri.    Stieler  1645. 
ENTGEGENSCHALLEN,  resonare. 
ENTGEGENSCHANZEN,  vallum  opponere. 
ENTGEGENSCHAUEN,  intueri  adventantem: 

schaute  der  prediger  ihm  mit  scharfen  blicken  entgegen. 

GöTHK  40,  244. 

sich  entgegen  schauen,  gegenüber  stehen: 

seht  ihr  dort  die  altergrauen 

Schlösser  sich  entgegenschauen, 

leuchtend  in  der  sonne  gold?    Schiller  59*. 

ENTGEGENSCHEINEN,  resplendere,  entgegen  leuchten. 
ENTGEGENSCHELTEN,  objurgare. 
ENTGEGENSCHICKEN,  obviam  mitlere,  entgegensenden: 
mit  dem  schwert  zu  tödten  alles  lebende,  das  mir 
der  schlachten  gott  verhäugnisvoll  entgegenschickt. 
Schiller  464'. 
ENTGEGENSCHIEBEN,  ex  adverso  trudere. 
ENTGEGENSCHIFFEN,  obviam  navigare. 
ENTGEGENSCHIMMERN,  refulgere:  eine  schwache  hofnung 
schimmerte  uns  entgegen,    durch  den  flornen  Vorhang  schim- 
merten zwei  schwarz  beschlagne  bänke  meinen  feuchten  äugen 
entgegen.    Thümmel  5,  416. 

ENTGEGENSCHLAGEN,  1)  intr.,  heftiger  regen  schlug  ihm 
entgegen  ;  die  entgegenschlagende  nachtluft.  J.  P.  Hesp.  3, 85 ; 
mein  herz  schlägt  dir  entgegen. 

2)  transitiv  den  ball  entgegenschlagen;  ein  morgengewitter 
schlug  ihr  seine  blitze  entgegen.    J.  P.  Kamp.  17. 

ENTGEGENSCHLEUDERN,  contra  jaculari:  drohworte, 
steine. 

ENTGEGENSCHLÜMMERN:  der  ewigkeit  entgegenschlum- 
mern; 

liebevoll  werd  ich  im  mondentichte 

dir  entgegenschlummern.    Nicolais  leben  von  Gdkingit  161. 

ENTGEGENSCHMACHTEN:  wenn  du  nun  heimkehrst  und 
die  sechs  armen  würmer  dir  entgegenschmachten,  fame  con- 
fecti  te  exspectant.    Mdsäds. 

ENTGEGENSCHN.ATTERN,  oggannire.    Stieler  1886. 

ENTGEGENSCHNAUBEN,  contra  fremere: 

schnöbe,  so  glühte  sein  muth,  statt  dieses  feigen  gewildes, 
schnöbe  doch  heber  ein  keiler  mit  krummen  beschäumten 

gewehren, 
oder  ein  tapfrer  leu  aus  nächtlicher  kluft  ihm  entgegen. 

BÜRGER  246'. 

ENTGEGENSCHNEIDEN:  er  schnitt  ihm  ein  böses  gesiebt 
entgegen,  frontem  contraxit. 

ENTGEGENSCHNELLEN,  recellere:  einen  ring,  eine  brot- 
kugel  entgegenschneiien. 

ENTGEGENSCHREIEN,  ex  adverso  clamare. 

ENTGEGENSCHREITEN,  obviam  progredi. 

ENTGEGENSCHÜTTELN,  contra  quatere: 

{Zeus  Kronion)  wird  seines  Schildes  entsetzen 
allen  entgegen  schütteln,  das  wird  er  wahrlich  erfüllen. 

BÜRGER  214'. 

ENTGEGENSCHW.ANKEN. 
ENTGEGENSCHWEBEN. 
ENTGEGENSCHWELLEN : 

lippen,  die  dem  kus  enigegenschwellen.    Wieland; 

dessen  herz,  der  ehrbegietde  voll, 

heisz  dem  nahen  kämpf  entgegenschwoll.    Matthisson  40. 

34* 


535  ENTGEGENSCHWIMMEN— ENTGEGENSPIELEN   ENTGEGENSPORNEN— ENTGEGENSTRECKEN  536 


ENTGEGENSCHWIMMEN,  obviam  natare:  dem  ström  ent- 
gegen, adverso  ftumine. 

ENTGEGENSCHWINGEN,  contra  agilare,  vibrare:  den  sper, 
die  fabne,  den  but. 

ENTGEGENSCHWIRREN. 
ENTGEGENSEGELN,  obviam  navigare. 
ENTGEGENSEGNEN,  benedicendo  excipere : 
so  wollen  wir  dir  in  feierndem  aiiTzug 
jauchzend  mit  ballelujagesängen  entgegensegnen. 
Messias  2,  12; 
tage  des  gerichts,  der  räche  und  des  Jammers,  ich  segne  euch 
entgegen :    ihr  rechtfertigt  den  himmel,   ihr  straft  einen  ver- 
rucbten,    den   die   natur  mit   entsetzen  erblickt.    Brawe  der 
freiqeisl  181. 

ENTGEGENSEHEN,  exspectare,  worin  ebenso  spectare,  spe- 
cere  wie  in  emarten  warten  d.  i,  sehen  liegl :  wir  sehen  einem 
krieg  entgegen; 

liebe  Daja,  das  ist  kein 
gesprSch,  womit  wir  unserm  Treund  am  besten 
entgegensehn !  Lbssi.nc  2,  2(>2 ; 

Dirht  so,  nicht  so !  er  sieht  mir  selbst  entgegen, 
nicht  euch.  2,  2b6. 

ENTGEGENSEIN,  obesse,  obsistere,  resislere,  wo  sich  doch 
entgegen  adjectivisch  fassen  liesze  (oben  sp.  527). 

1)  das  ist  mir  entgegen,  zuwider,  mihi  repuynat. 

1)  ich  bin  dem  entgegen,  der  sache  entgegen,  alienus  sunt 
a  re;  mag  denn  also  auch  Leibnitz,  sagt  man,  den  Soci- 
nianern  so  aufrichtig  entgegen  gewesen  sein  als  er  will.  Les- 
sing 9,  291 ;  ich  will  ihm  nicht  länger  entgegen  sein. 

3)  ich  lasse  mir  das  nicht  entgegen  sein,  lasse  es  mir  ge- 
fallen: in  solcher  hofnung  lebte  er  dahin  und  liesz  sich 
keine  compagnie  entgegen  sein  {gieng  mit  jedermann  um), 
pol.  sloekf.  212. 

4)  wasser  ist  dem  feuer,  die  lugend  dem  laster  entgegen ; 
der  wind  war  inen  entgegen  (erat  ventus  contrarius  eis).  Marc. 
6,  48 ;  welche  uns  entgegen  war  (quod  erat  conlrarium  nobis, 
goth.  |)atei  vas  andaneij)u  uns).    Col.  2, 14. 

ENTGEGENSEIN,  n.  das  gegenseitige  aufheben  bestimmt 
den  umkreis  des  wesentlichen  entgegenseins.  heben  sie  sich 
nicht  auf,  so  sind  sie  sich  nicht  wesentlich  entgegen  (essen- 
iialiter  opposila).    Fichte  grundlinien  126. 

ENTGEGENSENDEN,  obviam  miltere:  gelobt  sei  der  herr, 
der  dich  heuls  tages  hat  mir  entgegen  gesand.  1  Sam.  25,  32 ; 
da  das  David  ward  angesagt,  sandte  er  inen  entgegen.  2  Sam. 
10,5;  nim  einen  reuter  und  sende  inen  entgegen.  2Aön.  9, 17. 

ENTGEGENSETZEN,  opponere,  vgl.  entgegengesetzt. 

1)  die  brüst  entgegensetzen,  enlgeyenslemmen, 
blickt  auT  mich  nieder,  stärket  meine  brüst, 

die  Ich  dem  unrecht  stets  entgegensetzte.    Götbb  ... 

mutb,  gewalt,  list,  hindernisse,  Schwierigkeiten,  bitten,  dro- 
hungen,  widerstand  entgegensetzen;  ich  weisz  nicht,  was  man 
ihm  entgegensetzen  kann. 

2)  sich  entgegensetzen :  das  ansehn  des  Newtons,  wenn 
CS  sich  der  entdeckung  der  Wahrheit  entgegensetzen  sollte. 
Kaut  8,  7 ;  alle  setzten  sich  deswegen  dem  kaiserlichen  man- 
date  auf  dem  landtag  entgegen.    Schiller  887'. 

ENTGEGENSETZUNG,  f.  opposilio,  gegensalz :  mich  wundert, 
dasz  sie  an  einer  andern  steile  eine  ähnliche  charakteristische 
entgegensetzung  nicht  bemerket  haben.  Lessing  6,  379  ;  diese 
nacbtigall  preiset  er  in  entgegensetzung  eines  leidigen  guckuks. 
9,101  v^i.  125 ;  in  einer  gleichen  entgegensetzung  sind  die 
politischen  vortheile  der  Staaten.  Garve  zu  Cic.  de  off.  3,64; 
ebenso  musz  der  elementenstreit  in  dem  ethischen  menschen, 
der  conOict  blinder  triebe  fürs  erste  beruhigt  sein  und  die 
grobe  entgegensetzung  musz  in  ihm  aufgehört  haben.  Schiller 
1157';  durch  entgegensetzung  des  leidcns  gegen  die  thfltigkeil.. 
Fichte  grundlin.  69. 

ENTGEGENSEL'FZEN,  cum  gemitu  exspectare: 
wie  ein  verblutend  lamm,  slill  duldend  liegl  sie  da 
und  «eufzt  dem  letzten  augenblick  entgegen.    WitL*f«D. 

ENTGEGENSINGEN,  cantndo  obviam  ire. 
ENTGEGENSITZEN,  ex  adverso  sedete: 

•elb*t  dann  taiz  »ie  enigegea  dem  götiergleicbeo  Odyiieus. 
ENTGEGENSPEIEN,  contra  spuere: 

mir  tpeit  kein  Ätna.  brOllend,  schrecken 

au«  »einem  Schlund  enigegon.    Göiirce  1,  770. 

ENTGEGENSPIELEN,  ex  adverso  agitare:  »o  spielten  uns 
nun  die  funkenwerfenden  esien  ihr  luitigef  feuerwerk  ent- 
fCfea.    GfiTBB  2&,  828. 


ENTGEGENSPORNEN,  contra  stimulare: 

doch  musz  es  sein,  so  spornest  du  dein  res 

dem  donneinden  geschosz 

mit  aurgehabnem  arm  entgegen.    Gökingk  1,  226. 

ENTGEGENSPÖTTELN,  contra  cavillari:  wie  leicht  es  sei, 
mit  quacksalberstolz  allen  ständen  entgegenzuspötteln.  Sturz 
1,  207. 

ENTGEGENSPRECHEN,  obloqui:  wenn  aas  einer  mensch- 
lichen Wohnung  uns  der  geist  einer  höhern,  obgleich  auch 
nur  sinnlichen  cultur  entgegenspricht.    Göthe  19,  336. 

ENTGEGENSPRE.NGE.N,  obviam  spargere,  excutere,  springen 
lassen:  wasser  entgegensprengen;  das  pferd,  das  wild  ent- 
gegensprengen. 

ENTGEGENSPRINGEN,  obviam  salire. 

wo  sind  aus  jenen  Temen  tagen 
der  vogel,  der  im  walde  sang, 
das  schnelle  ros,  das  mich  getragen, 
der  hund,  der  mir  entgepensprang? 

ScaaiDT  VON  LCbkck  am  achtzigsten  geburtslage; 

allein  wie  verwundert  war  ich,  als  mir  anstatt  einer  sauer- 
tüpliscben  gesellschaft  ein  drittes  akademisches  leben  ent- 
gegensprang.   Göthe  26, 135. 

ENTGEGENSPRUDELN,  emicare:  eine  kühle  quelle  spru- 
delte den  wandernden  aus  dem  moos  entgegen. 

ENTGEGENSPRÜHEN,  scinlillas  obviam  evomere. 

ENTGEGENSPRÜTZEN,  contra  ejaculari. 

ENTGEGENSTARREN,  obviam  rigere: 

handlos  und  schroT  ansteigend  starren  ihm 

die  felsen,  die  unwirthlichen  entgegen.    Schiller  539'. 

ENTGEGENSTECHEN,  pungere,  ferire  aures:  seine  trom- 
pete stach  mir  dermaszen  entgegen,  dasz  die  luftwellen  mir 
vier  acker  weit  entgegengiengen.    J.  P.  uns.  löge  1,  26. 

ENTGEGENSTEHEN,  oppositum  esse,  resislere:  ich  habs 
nicht  gewust,  das  du  mir  entgegen  stundest  im  wege.  4  Mos. 
22,  34 ;  begunden  dem  wirt  mit  ubeln  worten  entgegenzustehen. 
Kirchhof  wendunm.  398'; 

wen  das  glück  in  rücken  schlaget,  dieser  ist  kein  mann, 
wer  ihm  nur  enigegen  stehet,  geht  es  minder  an. 
LoCAü  3,  154,98; 

wenn  er  {der  bildende  künstler)  etwas  trefliches  geleistet  hat, 
es  steht,  nach  wie  vor,  seinem  aug  entgegen,  dem  äuge  der 
ganzen  weit.  Göthe  22,  163 ;  als  der  könig  diesen  brief  ge- 
lesen, wurde  er  aufgebracht,  dasz  man  ihm  so  entgegenstände. 
Schiller  1092';  deinem  verlangen  steht  nichts  mehr  ent- 
gegen. 
ENTGEGENSTEIGEN,  obviam  ascendere,  emporsteigen: 
wie  ward  mir,  königin, 

als  mir  der  seulen  pracht  und  siege^hogen 

enigegenstieg.  Schiller  409'. 

ENTGEGENSTELLEN,  opponere,  objicere: 

weisz  ich  durch  dich  nur  versorgt  das  haus  und  die  liebenden 

eitern, 
0  so  stellt  sich  die  brüst  dem  feinde  sicher  enigegen. 
Göthe  41,  337; 

ich  stelle  mich  seiner  ungnade  entgegen.    Schiller  814*. 

ENTGEGENSTELLUNG,  f.  für  die  baldige  nachricht  über 
doctor  Luthers  theatererscheinung  danke  ich  zum  allerschön- 
sten.  ich  sehe,  es  sind  in  diesem  stück  gerade  die  wider- 
lichen entgegenStellungen,  die  einem  in  den  söhnen  des  thals 
verdrieszlich  fallen.    Göthe  an  Zelter  91. 

ENTGEGENSTEMMEN,  contra  niti,  obniti.   Stieler  2120. 

ENTGEGENSTEUERN,  wie  entgegenrudern,  scbififen. 

ENTGEGEN.STINKEN. 

ENTGEGENSTOCHERN:  denn  man  musz  es  nun  einmal 
der  weit  bekannt  machen,  dasz  der  bissige  kinvierist  dem 
frisierenden  altisten  mit  einem  spitzwinkligen  triangel  von 
ellenbugen  wülbig  entgegenstocbert.    J.  P.  Hesp.  3,  80. 

ENTGEGENSTOLPERN,  offendere,  pede  labi. 

ENTGEGENSTOSZEN,  obtundere,  occurrer«:  in  der  wiege 
schon  waren  sie  zu  Spartanern  gestempelt,  und  jemehr  sie 
andern  naiionen  entgegenstieszen,  desto  fester  musten  sie  an 
ihrem  mittelpunct  halten.  Schiller  1022;  der  verpestete  luft- 
slrom,  der  mir  entgegensticsz.    TuOhiiel  5,  202. 

ENTGEGENSTRAHI.EN,  affulgere  alicui. 

ENTGEGENSTRKRKN,  obsistere,  resislere:  der  mSchtige, 
welcher  mir  enlgegenslrebl.    Klincer  10, 108. 

ENTGEGENSTRECKEN,  oppandere,  oblendere,  OiRZLEaBS: 
die  bände  entgegenstrecken ; 


537    ENTGEGENSTRÖMEN  —  ENTGEGENWALLEN 

(wo)  das  fuszvolk,  schnell  geordnet,  einen  rechen 

Ton  piken  ihnen  starr  enigegensireckte.    Scuillkr  394'; 

doch  ists  ein  kleiner  anfang  nur,  o  herr. 

des  groszen  Russenreichs,   denn  unabsehbar 

streckt  es  der  morgensonne  sich  entgegen.    672*; 

(vergebens)  streckt  sich,  zur  süszgewohnten  lust, 

mein  arm  dem  eurigen  entgegen.    Götter  1,10; 

dann  wird  das  ohr  der  harfe  klang, 

so  wie  Amaliens  gesang 

rergebens  sich  entgegenstrecken.    GöitnGK  1,205; 

so,  wann  ein  stier  im  weiten  kampfgefilde 

den  hunJen  rasch  sein  hörn  entgegenstreckt, 

hält  sie  die  furcht  zurück.    Griks  Tassos  Jerus.  3,  32. 

ENTGEGENSTRÖ.MEN,  adverso  cursu  ferri:  eine  menge 
menschen  strömte  dem  einziehenden  könig  entgegen. 

ENTGEGENSTÜR.MEN,  adversus  furere: 

verwlldre  dich,  naiur,  und  stürme  mir  entgegen.    Göthb  57, 133. 

ENTGEGENSTÜRZEN,  se  obviam  e/fundere. 

ENTGEGENSU.MMEN,  entgegenschwirren:  alles  war  still,  nur 
eine  fliege  summte  mir  entgegen. 

ENTGEGENTANZEN: 

tanzt  dem  schönen  mai  entgegen!    Höltt; 
wenn  extraposten  ihm  über  den  straszendamm  entgegentanzen. 
J.  P.  lU.  nachl.  4, 174. 

ENTGEGENTAUMELN,  vacillante  gressu  obviam  se  fem: 
die  Unbefangenheit,  in  der  du  der  gefahr  entgegentaumelst. 
Götter  3,  436. 

ENTGEGENTHÜRMEN,  turris  in  modum  opponere: 

und  wenn  er  alsdann  die  neuen  gebirge 
auf  die  höh  der  bölle  gewölben  enigegengeihürmt  hat. 
Messias  2,S6i. 

ENTGEGENTOBEN,  «ie  entgegenstürmen. 
ENTGEGENTÖNEN,  e  longinquo  sonare: 

tönet  der  nahenden  auferstehung  des  sobnes  entgegen. 
Messias  12,  209. 

ENTGEGENTOSEN,  obslrepere,  entgegenbrausen. 
ENTGEGENTRABEN,  obviam  vehi  equo : 

den  inseln,  die  sein  herr  ihm  vor  der  band  geschenkt, 
(Sancho)  getrost  entgegenirabt.    Wibland  9,  236. 

ENTGEGENTRAGEN,  obviam  ferre,  offene. 

ENTGEGENTRAUERN. 

ENTGEGENTRÄUMEN:  einer  bessern  zukunft  entgegen- 
träumen. Tbümmel  6,  12;  sie  (die  kochkunsl)  ists,  [der  auch 
die  schläfrigsten  geister  entgegenträumen.    5,  463. 

ENTGEGENTREIBEN,  obviam  agere :  ein  heftiger  wind  trieb 
uns  den  staub  entgegen;  der  schäfer  trieb  uns  seine  herde 
entgegen ; 

nichts  blieb  dir  als  die  rührende  gestalt, 

die  treibt  dem  beil  des  henkers  mich  entgegen.  Schiller  430'. 

inlransiliv:  der  schnee,  der  regen  trieb  uns  entgegen. 
ENTGEGENTRETEN,  obviam  ire,  prodire: 
wo  mirs  gefällt,  da  tret  ich  dir  entgegen.    Schiilbr  504'; 
da   ich  dem  männlichen  alter  entgegentrat.    Kusger  12, 168 ; 
dasz   mir  beim  lesen  der  inhalt  des  buches  um  so  lebhafter 
entgegentrat.  Göthe24,  202;  dem  feinde  kühn  entgegentreten; 
tritt  mir  entgegen  nicht,  soll  ich  zu  stein  nicht  starren, 
auf  markten  oder  sonst  wo  menschen  aihmeod  eebn. 
Hbinr.  von  Kleist  an  Palafox. 

ENTGEGENTRINKEN,  poculis  excipere: 

fürst  Hermann  trank,  wie  deutsche  beiden  pflegen, 
wann  land  und  hof  und  auch  Thusnelde  schlief, 
dem  morgenslern  aus  seinem  heim  entgegen, 
cb  ihn  der  tag  in  feld  und  lager  rief.    Hagk0ori«  3,  44. 

ENTGEGENTRIPPELN,  trepidante  gressu  obviam  ire. 
ENTGEGENTUMMELN,  contra  agitare :  ein  pferd  entgegen- 
tummeln. 

ENTGEGEN^ACHEN: 

ach  der  erquickung,  dem  himmlischen  labsal 
goiies  wird,  sie  denket  dem  lod,  entgegen  sie  wachen : 
Uesfias  12,  846. 
ENTGEGENWACHSEN:    knochenkerne,   die   einander  ent- 
gegenwacbsen,  bis  sie  sich  Tereinigen;    da  die  kircbe  taglich 
an   färbe  und  sonstiger  auszierung  gleichsam  der  Vergangen- 
heit entgegenwucbs.    Göthe  17, 210 ; 

dem  bimmel  wachs  entgegen 

der  bäum,  der  erde  stolz.    Götbr56,  61. 

ENTGEGENWACKELN,  obviam  vaciUare. 

ENTGEGENWALLEN,  nach  den  rerschiednen  bedeutungen 
des  wallens:  mir  wallt  mein  herz  dem  nahen  siege  mit  un- 
gestüm entgegen.   Klopstoc»  8,135; 


ENTGEGEN  WÄLZEN — ENTGEGENZIEHEN  538 

rwar  wallen  bald  auf  seinen  wegen 

das  elend  und  der  unbestand 

in  tausend  bildern  ihm  entgegen.    Gotter  1,433; 

0,  werd  ich  hier  ein  herz  entdecken, 

das  mir  enigegenwailil    3,454; 

das  herz  es  wallt  vertrauend  dir  entgegen.    Scbillib  ..., 

sahst  du  (niond)  eine  thräne  dir  entfallen, 

einen  busen  dir  enigegenwallen 

mit  erhobener  gedanken  flug, 

wie  Serenes  busen  für  dich  schlug* 

Merk  (morgenbl.  1843  n*  122). 

ENTGEGENWÄLZEN,  obviam  volvere :  geknirsch  getroffener, 
niedergehauener,  dem  tode  entgegenwälzender.  Fb.  Müller 
1,  359 ;  steine,  felsen  entgegenwälzen. 

ENTGEGENWANDELN,  obviam  ire:  werdet  aber  ir  dadurch 
mir  noch  nicht  gehorchen  und  mir  entgegen  wandeln,  so  wil 
ich  auch  euch  im  grim  entgegen  wandeln  und  wil  euch  sieben- 
mal mer  strafen  umb  eure  sünde.    3  Mos.  26,  27.  28. 
ENTGEGENWANDERN. 
ENTGEGENWANKEN,  obviam  titubare. 
ENTGEGENWÄRTIG,  oppositus,  contrarius?  mhd.  engegen- 
würtic : 

Menesteus  der  herzöge, 

von  .Athene  bürtic, 

wart  im  engegenwüriic.    tr.  kr.  31396. 

ENTGEGENWÄRTS,  contra?    mhd.  engegenwgrt: 
üj  siner  rotte  kam  er  dar 
in  beiden  schöne  engegenwert.    fr.  kr.  31699. 

ENTGEGENWATSCHELN,  anatis  in  modum  obviam  ire. 

ENTGEGEN  WEHEN,  reflare.  Stieler  2460:  kühlung  wehte 
uns  entgegen;  dieser  wind  weht  denen,  die  aus  dem  hafen 
fahren,  entgegen. 

ENTGEGENWEINEN,  opplorare.  Stieler  2479: 

0  bofnung,  der  mein  aug  entzückt  entfegenweint. 
GoTTEB  2,  3ö7 ; 

ich  weine  trostlos  einer  finstem  zukunft  entgegen.  Göthe 
16,  77 ;  den  ich  unter  diesem  herzen  trug,  dem  ich  freudig 
bebend  entgegenweinte,  entgegenlächelte,  eh  ich  ihn  sah. 
Klinger  1, 25 ;  ein  entgegenweinendes  äuge.    J.  P.  Hesp.  3, 146. 

ENTGEGENWELKEN,  ofßaccescere. 

ENTGEGENWERFEN,  objicere : 

darum  warfen  wir 
die  nackte  brüst  der  pariisan  entgegen.    ScaiLtSK  382* ; 

sich  dem  rade 
des  Wellverhängnisses,  das  unaufhaltsam 
in  vollem  laufe  rollt,  entgegenwerfen?    279"; 

sich  einer  gefahr  entgegenwerfen.    Klinceb  1,421. 
ENTGEGENWIEGE.N. 
ENTGEGENWIEHERN: 

ein  kriegerisches  pferd,  die  lust  der  ritterschaft, 
zog  aus  und  wieherte  geharniscbien  entgegen. 
UAGEDoa.t  2, 142, 

vgl.  Hiob  39,21  tr»  enfgegenziehen. 

ENTGEGENWIMMERN:  'mein  freund',  wimmerte  er  mir 
thränend  entgegen.    THtJMMEL  5,  505. 

ENTGEGENWINSELN. 

ENTGEGENWIRBELN. 

ENTGEGENWIRKEN,  occurrere:  dem  gift,  dem  fieber  ent- 
gegenwirken. 

ENTGEGENWURF,  m.  objectio,  einwurf:  du  kanst  deinen  satz 
aus  keinem  augenscbein  beweisen,  ich  aber  kan  aus  etlichen 
ezempeln  lustig  und  vil  sichrer  wider  dich  iosphilosophieren 
und  alle  deine  Vernunft  stürzen,  mit  sattsamen,  glaubwür- 
digen entgegenwürfen  zu  boden  stürzen.  Pbabtorios  storcht 
und  schwalben  trinterq.  s.  315. 

ENTGEGENWÜTEN,  contra  furere,  enigegentoben. 

ENTGEGENZANKEN,  oblatrare.    Stieler  2598. 

ENTGEGENZAPPELN,  pedes  obagitare:  wie  zappelten  die 
kleinen  der  fruhlichen  mutter  entgegen.    Mosaeds. 

ENTGEGENZIEHE.N,  obviam  procedere:  wir  kamen  zu  dei- 
nem bruder  Esau  und  er  zeucht  dir  auch  entgegen  mit  vier- 
hundert man.  1  Mos.  32,  6 ;  da  spannet  Joseph  seinen  wagen 
an  und  zoch  hinauf  seinem  Tater  Israel  entgegen.  46,  29 ;  du 
sott  nicht  durch  mich  ziehen,  oder  ich  wil  dir  mit  dem  schwert 
entgegen  ziehen.  4  Mos,  20, 18 ;  samlet  all  sein  volk  und  zoch 
aus  Israel  entgegen  in  die  wüsten.  21, 28 ;  und  zogen  die 
Amoniter  aus  euch  entgegen.  5  Mos.  1,  44 ;  Israel  aber  zoch 
aus  den  Philistern  entgegen,  l  Sam.  4,1;  hinab  zu  ziehen 
dem   könige   entgegen.    2  Sam.  19, 15;   es  strampfet  auf  den 


539         ENTGEGENZISCHEN  — ENTGEHEN 

boden  und  ist  freidig  mit  kraft  und  zeucht  aus  den  gehar- 
nischten entgegen.   Biob  39,  21 ; 

ich  zog  auf  meinen  lebenswegen 

dem  scbimmerlicht  des  glucks  entgegen.    RScksrt. 

ENTGEGENZISCHEN,  sibilis  excipere. 
ENTGEGENZWEIFELN,  dubilanler  accedcre: 

der  einsame  wandrcr  im  fremden  gebirg, 

der  ohne  heimat  und  reisenfennig 

eotgegenzweifelt  der  nachlherberge.     Lenad  neuere  ged.  48. 

ENTGEGENZVVITSCHERN,  frilinniendu  excipere:  einzelne 
Tögei  zwitscherten  ihnen  entgegen.    Thümmel  5, 142. 

ENTGEGNEN,  ahd.  ingaganan  (Graff  4,  141),  mhd.  enge- 
genen  {wb.  1,  494') ,  eigentlich  entgegensein,  entgegentreten, 
freundlich  oder  feindlich. 

1)  occurrere,  begegnen: 

ja  dieses  graue  haupl  wirst  du  an  deiner  seile 

dem  Sturm  entgegnen  (widerslehn)  sehn.    Gothk  10,43; 

und  wie  Tor  gewalt  sich  furcht  genüchtet, 

so  entgegnet  nun  der  macht  veriraun.    11,259; 

und  mir  entgegnet,  was  mich  sonst  entzückte, 

der  leier  klang,  der  töne  siiszes  licht.    13,266; 

am  schönsten  tage,  blühend  regte  sich  die  weit, 

entgegnete  sie  im  garten  mir,  verschleiert  noch.    40,  408; 

halt!  er  besinnt  sich,  zaudert,  steht, 

entgegnet  ihm,  dasz  er  euch  nicht  entgeht.    41, 144; 

den  unschuldig  entgegnenden  zu  zerschmettern,  das  ist  so 
tyrannen  art  sich  in  der  Verlegenheit  luft  zu  machen.  12,  234 ; 
hier  entgegnet  uns  nun  das  höchste  dieser  Symbole  aus  alter 
frommer  Überlieferung.  25, 121 ;  der  fafade,  die  als  ein  auf- 
recht gestelltes  längliches  viereck  unsern  äugen  mächtig  ent- 
gegnet {gegenüber  steht).  25,265;  die  meinigen  entgegneten 
mir  munter  und  gesund.  30,  254 ;  in  Halle  erneuerte  ich  gar 
manche  werlhe  Verbindung,  professor  Wolf,  Schmalz  u.  s.  w. 
entgegneten  mir  mit  gewohnter  freundlichkeit.  31, 149 ;  damit 
wir  aber  sogleich  erführen,  dasz  wir  uns  in  ein  frommes 
land  bewegten,  entgegnete  uns  vor  Mosbach  ein  italienischer 
gipsgieszer.  43,  249 ;  er  wollte  auf  die  masse  wirken  und  so 
entgegnete  ihm  das  fratzenhafte  der  masse  fürchterlich.  60,283. 

2)  respondere,  encidern,  antworten,  entsprechen:  und  mags 
die  sichtbarliche  Vernunft  nicht  begreifen,  so  ersuchen  wir 
die  unsichtbaren,  welche,  so  sie  angriffen  wird  bei  seinem 
(d.  i.  ihrem)  Hecht,  nicht  minder,  dann  wie  die  sichtbar  ist, 
entgegnet.    Paracelsüs  1,  87'; 

'was  wolltest  du  mit  dem  dolche?  sprich!' 
entgegnet  ihm  finster  der  wütherich.    Schiller  62*; 
doch  schnell  besonnen  ich  entgegn  ihm  so.    519'; 

er  war  so  von  seinen  gründen  eingenommen,  dasz  er  auf 
nichts,  was  man  ihm  entgegnete,  achtete. 

ENTGEGNUNG,  f  occursus,  contradictio,  responsio,  gegenrede. 

ENTGEHE.N,  exire,  evadere,  elabi,  effugere,  ahd.  intkän, 
ingangan  (Graff  4,  85),  mhd.  engän  {wb.  1, 471'),  nnl.  ontgaan. 
erst  die  unpersönlichen,  dann  die  persönlichen  bedeutungen. 

1)  unwillkürlich  entgeht  mir 

a)  das  blat: 

dö  ich  den  wolf  alsA  traf 

und  im  eogienc  sin  beste;  saf, 

d6  moht  ör  lutzel  vliehen.    Hahnt  Strickkb  <.  18; 

pnlver,  wodurch  blut  und  geist  entgebt.  Bbockes  9,85;  die 
färbe  en(gieng  ihm,  trat  zurück,  er  erblich. 

b)  die  milch: 

und  mir  entgieng  (tergieng)  aus  mangel  alle  milch. 
TIBCK2,  247. 

e)  der  same :  wenn  einem  mann  im  schlaf  der  samen  ent- 
gehet.   3  Mos.  16, 16. 

d)  der  fusz:  und  der  magd  in  ihrem  über  die  leiten»  ab- 
steigen zu  ihrem  unglück  ein  fusz  entgieng,  dasz  sie  ab  zu 
der  erden  fiel  und  ihr  ein  bein  brach.  Äocc.  2,  HO";  sind  ihm 
die  beide  füsz  entgangen  und  ist  also  ins  wasser  geplumpt. 
WiCKKAM  roll».  30'; 

et  tollten  bald  die  fQtie  mir 
durch  falschen  tritt  entgangeD  sein.    Omti. 
mhd.  dö  begunden  ime  die  fuo^e  ingAo.    Reinit.  808. 

e)  geist,  athem,  kraft,  mut,  lust:  do  nam  sie  und  ver- 
•chland  prinnende  kulen  bisz  ir  der  geist  engieng.  Albr.  von 
EtskSO*;  mein  blöd  herz  mir  entget.  MelissusK&*;  der  athem 
entgieng  ihm;  das  ander,  das  ein  sterbender  mensch  an  im 
bat,  ist,  im  enigeet  all  sein  natürlich  hilz.  Keisbrsr.  pred. 
Mf*;   also  weoa  ein  mensch  in  ein  kloster  kumroet,  ao  soll 


ENTGEHEN 


540 


im  entgeen  aller  natürlicher  anmut  (s.  1,  409),  den  er  hat  zu 
vatter,  zu  muter,  zu  freunden  und  gespilen.    50'; 

da  wolle  mir  für  angst  der  beine  mark  verseieen, 
durch  die  gewissensqual  entgieng  mir  meine  kraft. 

Fleming  17; 
glückselges  allcrtbum,  das,  weil  die  krnfl  cnigehn, 
stets  an  das  ende  denkt.    Chr.  Grypiiius  1,  354; 

aller  muth  entgeht  mir,   so   in  der  kunst  als  im  leben  fort- 
zufahren.   TiECR  Sternb.  2,  279. 

f)  mir  entgieng  {vergienge)  vil  eh  der  hust,  als  inen  der 
wüst.    Garg.  68'. 

g)  ein  seufzer,  ein  fluch :  dem  Elsaszer  Flitte  entgieng  im 
Sessionszimmer  ein  leicht  geschnalzter  fluch.  J.  P.  flegelj.  1, 6. 

2)  mir  entgeht  etwas  tor»  auszen, 

a)  die  speise,  kost,  der  leckerbisse:  salmen  oder  selmling, 
waj  erst  ausz  gat  das  sellzam  ist,  das  ist  ir  jubilieren,  da 
keren  sie  allen  fleisz  an,  daj  der  schleck  inen  nit  entgang. 
Keisersb.  s.  d.  VI.  5*;  also  thunt  unser  pfuffen  auch,  und 
lugen  wa  die  allerbesten  fisch  feil  seien,  das  nemen  sie  fleisz- 
lichen  war  und  lugen  duruf  als  ein  dCil  {dohle)  uf  ein  maus, 
das  inen  der  schleck  nuinmen  nicht  engang.    7*. 

b)  einem  ritler  entgieng  sein  pferd  {gieng  ihm  durch^,  das 
er  zu  ferr  in  die  feind  kam.  schimpf  und  ernst  cap.  47  (243) ; 
die  beute,  der  vortheil  entgieng  uns ;  er  läszt  sich  den  vor- 
theil  nicht  entgehen; 

da  er  uns  aber  an  den  enden 

den  knechten  entgieng  ausz  den  hcndcn. 

El.  Sachs  III.  1,  203*. 

c)  also  ist  mir  die  zeit  entgangen  {dahin  gegangen,  ver- 
gangen), das  ich  lenger  ausgewest  pin,  dann  ich  hett  gemeint. 
Albr.  von  Eybe  14'. 

d)  diese  Wahrnehmung,  bemerkung  ist  ihm  entgangen  (an 
ihm  vorüber  gegangen,  nicht  eingefallen) ;  es  entgeht  mir  nicht, 
non  me  praeterit;  kein  wörtchen  ist  mir  davon  entgangen; 

in  seinem  herzen 
war  diese  falte  wirklich  mir  entgangen!    Schiller  285'; 

die  gelegenheit  soll  mir  nicht  entgehen;  er  hat  es  sich  ent- 
gehen lassen,  es  aus  den  händen  gelassen. 

3)  persönliches  entgehen  mit  dem  dativ,  entrinnen,  entwischen  : 
der  böse  wird  gefangen  in  seinen  eigen  falschen  worten,  aber" 
der  gerechte  entgehet  der  angst,  spr.  Sal.  12, 13 ;  wer  gott 
fürchtet,  der  entgehet  dem  allen,  pred.  Sal.  7, 19 ;  ich  wil  ein 
Unglück  über  sie  gehen  lassen,  dem  sie  nicht  sollen  entgehen 
mügen.  Jer.  11, 11 ;  und  du  seihest  wirst  iren  henden  nicht 
entgehen.  38,  28 ;  ich  aber  wil  etliche  von  euch  überbleiben 
lassen,  die  dem  schwert  entgehen  unter  den  beiden.  Ez.  6,  8 ; 
und  wil  mein  angesicht  wider  sie  setzen,  das  sie  dem  fewr 
nicht  entgehen  sollen.  15,  7  ;  der  wird  der  strafe  nicht  entgehen. 
Sir.  29,  26 ;  sie  suchten  abermal  in  zu  greifen,  aber  er  entgieng 
inen  aus  iren  henden.  Joh.  lO,  39,  goth.  usiddja  us  handum 
iz6;  dieser  mensch  musz  ein  mörder  sein,  welchen  die  räche 
nitht  leben  leszet,  ob  er  gleich  dem  meer  entgangen  ist. 
apostelg.  28, 4 ;  dem  regen  entgehn  und  ins  wasser  fallen, 
ausz  einer  kleinen  fahr  in  ein  gröszer.  Alberüs  ;  einem  pfeil, 
einem  schusz  entgehen;  wenn  ich  mich  wol  hielte  und  ein 
wenig  besser  meiner  Jugend  entgienge  (zum  manne  heran- 
wüchse).   Simpl.  K.  333; 

wenn  ihr  ein  kind  entgieng  (starb),  so  dankte  sie  dem  Herrn. 
Cur.  Grtpuius  poel.  wMäer  2,  166; 

ich  bin  der  Stadt  entgangen, 

da  war  ich  wie  gefangen.    Ui  1,  27 ; 

sie  spielen  falsch,    gestehen  sie,  sie  wollen 

in  dieser  Schlangenwendung  mir  eutgebn.    Schiller  262* ; 

ihr  seid  unlustig,  weil  euch  Orleans 

entgieng.  461*; 

entgegnet  ihm,  dasz  er  euch  nicht  entgeht.    GöThk  41,144. 

4)  entgehen  ohne  dativ,  bei  Maai.er  104'  entgon,  sich  heim- 
lich binwag  schleickcn :  und  hiesz  die  da  schwimmen  kündlen, 
sich  zuerst  in  das  meer  lassen  und  entgehen  an  das  land. 
apostelg.  27,  43 ; 

Petuica  war  jüngst  hin  von  ihrem  mann  entgangen. 

LOOAÜ  1,  t^S.  113; 
du)  böll  ist  schwarz  und  kalt  und  brennet  doch  darinnen  ? 
0  nicht  auf  das,  wie  man  entgeh,  ist  drauf  tu  sinneii. 

1,  229,  &7 : 

oder,  weil  die  deuUche  weit  weiland  einen  hund  band  auf 

dem.  der  aut  der  tchlachl  entgieng  nirhi  durch  gettenwehr, 

'  durch  lauf.    2,  M,  7» ; 

unter  diesen  dingen  entgieng  der  Jüngling  und  lief  was  er 
konte.  per»,  baumg.  2,22;  er  entgieng  aus  den  banden  aller. 
ÜPin  Argtnii  2,831; 


541 


ENTGEISTEN — ENTGELT 


ENTGELT  —  ENTGELTEN 


542 


nur  ein  einigs  war  entgangen, 
war  vom  baufeo  kommen  ab.    Spek  trutxn.  237; 
als  nun  jeder  in  dem  streite 
seinen  feind  aufs  schärfste  trieb, 
nahte  sich  ein  klügrer  dieb 
und  enigieng  mit  Tbrer  beute.    Hagedorn  2,  50; 
aber  du  sollst  nicht  entgebn,  ergib  dich  oder  ich  beisze. 
GöTBE  40,  217. 

ENTGEISTEN,  spirilu  prirare,  gegentheil  von  geisten  (mhd. 
icb.  1,437*)  spirilu  implere:  dar  umbe  hat  got  sin  natürlich 
bilde,  slnen  sun,  den  Hüten  geoffenbaret,  daj  si  ime  nach 
kriegende  geleitet  werden  in  eines  entgeisteten  geistes  üebunge 
in  da;  erste  unbegriniche  wesen.  predigt  bei  Hacpt  8, 231, 
doch  nhd.  findet  sich  nur  die  folgende  form. 

ENTGEISTERN : 

ehr  wird  die  glut  in  schnee, 
die  flamm  in  ^Insern  eis.  das  meer  in  gras  sich  wandeln, 
eh  ich  entgeistert  siehn  den  anschlag  abzuhandeln. 

Gktphius  1,  69; 
der  den  entgeisterten  beim  leben  noch  erhält. 

Loue.iSTSi.'«  Epichar.  44,  462; 
sachte,  wollt  ihr  mich  entgeistern?    vo.t  6irek?i  Guelfis  63; 
ach  mein,  bedenket  doch  wie  dieses  ihn  noch  kränkt, 
wenn  er  sein  liebstes  herz  da  sieht  entgeistert  liegen. 

NeoARES  lustw.  1S9; 
wenn  nun  ihr  schlafend  leib  wird  als  entgeistert  ruhn. 

Halliank  Adonis  d2; 
dies  reizt  mich  eben  an,  sie  listig  zu  entgeistern  [tödten). 

Uariamne  5; 
wofern  bartneckigkeit  nicht  ihren  sinn  bemeistert, 
die,  wo  sie  sich  nicht  gibt,  werd  augenbiicUs  entgeistert.    63 
icb  eotgeistre  sinn  und  herzen 

durch  die  überhäuften  schmerzen.     Haügwitz  Soliman  2,  228 
der  ewige  Schlummer  entgeistert  die  brüst.    GC.ither  934; 
der  woUust  süszer  träum  entgeistert  mein  geblüte.    Cawitz  4 

vor  den  hütern  des  grabs  dürfet  ihr  euch  nicht  fürchten,  denn 
sie  selber  sind  entgeistert  und  liegen  für  todt  da.  Otho  kran- 
kenlr.  434 ;  da  wird  dann  der  elende  mensch  ergeistert  (/.  ent- 
geistert) und  zu  boden  gedrückt  1175;  der  liebe  mann  ver- 
meinet, er  sehe  die  teufel  vor  seinem  bett,  wovon  er  ganz 
entgeistert  worden.  1186;  so  blieb  ich  hergegen  ganz  ent- 
geistert mit  halb  hinweggewendetem  gesiebte  vor  der  thüre 
stehen.  Felsenb.  2,  356 ;  ich  war  vor  freuden  fast  entgeistert. 
trestph.   Hob.  182; 

man  sucht  sie  gleichsam  zu  entgeistern.    Biockks  6,  263; 
bei  un$em  kalten 

entgeisterten  verliebten.    Wielasd  5, 199; 

von  wie  viel  mehr  krankheiten  als  man  gemeiniglich  glaubt, 
liegt  die  wahre  Ursache  in  einem  verwundeten  oder  gepresten 
oder  entgeisterten  herzen,    8,  32 ; 

vom  ungewohnten  streit  entgeistert.    21,275; 

entgeistert  von  entzücken.    22,  127 ; 

die  schöne  Rezia,  von  lieb  und  angst  entgeistert.  Oberon  5, 43; 

ja,  Doris,  ja  icb  seh  uns  beide 

für  Zärtlichkeit  entgeistert  sein.    Rost  tchdferg.  35; 

sie  stürzt  entgeistert  auf  ihr  angesicht.    Pfeffel  2,169; 

wenn  wird  ein  greiflich  gespenst  von  schönen  bänden  ent- 
geistert.   GoTHK  14,8; 

wenn  dein  linger  durch  die  saiten  meistert, 

Laura,  jeizt  zur  statue  entgeistert, 

jeut  enikörpert  steh  ich  da.    Scbiller  2*; 

der  allmächtige  enfgeistemde  tod.    J.  P.  dämm.  47. 

ENTGEISTERUNG,  f.  Agathon  verfiel  unvermerkt  in  eine 
gewisse  mattigkeit  der  seele,  welche  wir  nicht  kürzer  zu  be- 
schreiben wissen,  als  wenn  wir  sagen,  dasz  sie  vollkommen 
das  widerspiel  von  der  begeisterung  war,  worin  wir  ihn  bis- 
her gesehen  haben,  man  würde  sich  irren,  wenn  man  diese 
entgeisterung  einer  unedlen  Ursache  beimessen  wollte.  Wieulsd 
2,  lä3; 

die  keusche  infantin  erwacht 
auf  einem  bette  von  schilf  und  Wasserlinsen 
au»  einer  langen  entgeistrung.    4,  80. 

ENTGELT,  m.  und  n.  pretium,  oß  falsch  geschrieben  ent- 
geld,  fast  nur  in  der  formet  'ohn  entgell',  gratis: 

des  mancher  solicher  hat  entgeh.    ScHWARZEirBEKc  152^ ; 

er  euch  bald  sol  wider  geben 

eur  gut  und  ohn  allen  entgelt.    AT>Kt445'; 

alle  gefangenen  allerdings  ohne  entgelt  ledig  lassen.  Walleji- 
CTEI5S  briefe  n*  49  (a.  1625) ; 

viel  lieber  bleiben  hell  ich  obn  entgelt  gewolt, 
da  so  gar  ungleich  mir  der  Wechsel  werden  soll, 
WsRDiiiSilr.  30, 128; 


die  darzn  bestellten  thürbüter  waren  auch  befehlicht  einen 
jeden  ohne  entgelt  einzulassen.    Lohexst.  Arm.  2,971; 

ists  christlich,  cbristenvolk,  dem  gott  den  bimmel  schenkt, 
dasz  dich  nicht  ohn  entgelt  man  in  die  erde  senkt? 

LOGAC  1,  162,96; 
was  bat  der  deutsche  krieg,  der  sich  so  lang  erstrecket, 
von  fruchten  und  von  nutz  doch  immer  au^gehecket? 
er  wuchs  und  wuchs  für  sich,  bat  aber  den  entgelt, 
dasz,  er  dem  deutschen  preis  den  leichendiensi  bestellt. 

3,  90,  69 ; 

bedrengte  und  die  ohne  ihren  entgelt  um  das  ihrige  kommen 
sein.    BcTSCHKT  kansl.  444; 

durch  einen  blick  voll  zorn  des  nachbars  ruh  verbrennen, 
und  frei  und  obn  entgelt  und  fürstlich  morden  können, 
ist  etwas,  das  viel  beiszt.  Gc.vtbek743; 

bereit  und  willig,  sie  nach  nnsenn  besten  vermögen,  ohne 
einiges  entgelt,  gern  mit  allen  bedürfnissen  zu  erquicken. 
Felsenb.  4.  250 ;  alle  gefangenen,  ohne  entgelt,  auf  freien  fusz 
gestellt  Pierot  4, 100 ;  eine  schule  für  die  armen  kinder  auf- 
bauen, worinnen  selbige  ohne  entgelt  unterrichtet  werden 
könten.  nord.  Robinson  l,  106 ;  fiberiiesz  daher  meinem  Stief- 
sohn mein  ganzes  witthnm  ohn  einzigen  enljelt  ehe  eines 
weibes  298;  ihm  einen  theil  seiner  erkenntnis  ohn  entgelt 
mittheilen.  334;  unterhalt  an  essen,  ohne  entgelt  Ptesst 
1, 408 ; 

was  hätt  ich  für  entgelt?    J.  E.  Schlegel  1,  420; 
auf  ein  jähr,  ohne  entgelt.    Götbe  8,  91.  42, 116.  339 ; 

bis  fnan  dem  liebenden  vater  das  freundlichblickende  mägdlein 

hingibt,  frei,  obn  entgeh.  /{.  1,99; 

jenes  gescblecbis  ja  sind  sie,  die  Zeus  Kronion  dem  Tros  einst 

gab  zum  entgelte  des  sobns  Ganymedes.     5,266; 

da  ein  fremdes  gut,  ohn  allen  entgeh,  sie  verprassen. 

Od.  1,  161 ; 
so  des  einzelnen  manns  erbgat  ohn  entgelt  zu  verprassen. 

1,378.  2,143; 
dasz  auch  ihr  ohn  entgelt  in  onserm  hause  dahinsinkt. 

1,3S1.  2,146, 

WO  im  original  die  adjectite  art^iaros,  vrj-Ttoivos  slehn,  unterm 
adverb  entspräche  car^iärr^v,  vT;7ioiva,  unentgeltlich, 

ENTGELTEN,  luere,  darepoenas,  ahd.  ingeltan  (Graft  4, 187), 
mhd.  engelten  («b.  1,  520),  6«  älbb.  vox  H.  untgelten  (Hacpt 
11,  363),  nnl.  ontgelden,  mit  dem  gen.  der  tache. 

1)  o/I  im  gegensati  zu  genieszen : 

so  entgelt  ich  des  ich  nie  genosz.    fastn.  415,6; 

wer  hat  ein  rechten  frummen  kant, 

der  tugent  nit  entgolten  hab?    Scbwarzexberg  157'; 

und  darumb  habent  die  bauren  irer  Unzucht  entgolten.  Aimon 
A4';  aber  sein  (Christi)  genieszen  wir,  wo  wir  unser  ent- 
gelten. LcTHER  6,  74" ;  gleichwie  man  im  weltlichen  regiment 
einen  ubeltheter  henket  oder  köpfet  umb  seiner  missethat 
willen,  und  ein  iglicher  seiner  bosbeit  oder  frömkeit  entgilt 
oder  geneuszt  6,  233' ;  denn  wie  oft  eine  Stadt  eines  bösen 
menschen  entgilt  oder  eines  frommen  geneuszet,  so  gehets 
auch  in  zechen.  Matbesics  37';  was  einer  nicht  genossen  hat, 
bat  er  auch  nicht  zu  entgelten.    Lehmann  202. 

2)  gewöhnlich  neben  sollen,  müssen,  können,  wollen: 
wer  unrecht  hat  sol  sein  entgelten,    fastn.  241,  11; 
du  solt  sein  sicher  nit  entgelten.    40'2, 10; 

wes  sol  ich  dan  entgelten?  402, 19; 
darumb  musz  ich  si  lassen  schelten 
und  der  warheit  oA  entgelten.    Mcr.«(cr  sdielmenz.  116,8; 

unser  veter  haben  gesündigt  und  sind  nicht  mehr  furhanden 
und  wir  müssen  irer  missethat  entgelten,  klagt.  Jer.  5, 7 ; 
diese  wird  man  aus  der  gemeine  werfen  und  ire  kinder  müs- 
sen ir  entgelten.  Sir.  23,  34 ;  ist  denn  das  auch  recht,  das 
einer  musz  bei  gott  des  andern  entgelten?  Lcther  3,204; 
hie  müssen  die  bösen  des  frommen  entgelten.  3, 20S' ;  wir 
wollen  derselbigen  {frommen  leute)  freilich  nicht  entgelten, 
sondern  wol  genieszen  und  dürfen  ir  auch  warlich  wol.  3,381'; 
so  er  unrecht  befunden,  wolle  er  des  entgelten.  3,410';  aber 
itzt  müssen  wir  der  andern  entgelten,  die  da  nicht  beten 
und  mit  inen  ein  stück  leiden,  weil  vrir  bei  inen  wonen. 
6,126*;  und  wie  wir  in  Adam  alle  allein  des  entgelten  müs- 
sen, das  wir  sein  gliedmasz  oder  blut  und  fleisch  sind.  6,231'; 
müst  man  denn  so  viel  von  dem  einigen  apfel  halten,  das 
die  ganze  weit  desselben  entgelten  und  sampt  so  viel  feinen, 
treflichen  weisen  leuten,  ja  gottes  son  selbs,  sampt  allen 
Propheten,  vetem  und  heiligen  sterben  müssen?  6,  232';  weil 
nu  wir  müssen   sein   entgelten,   so  musz  er  sich  wideruinb 


543 


ENTGELTEN  --  ENTGELTNIS 


ENTGENZEN  —  ENTGLIEDEN 


544 


unser  als  seiner  glider  annemen.  6,241*;  da  sie  sahen,  das 
sie  ir  treu  gegen  der  gemeind  entgelten  sollen,  da  gebrauch- 
ten sie  sich  irs  gewalts,  erkanten  und  lieszen  zu,  das  sie 
triumphieren  solten.  Livius  Schüfferlin  49';  ob  sie  allein 
entgelten  müsten,  das  sie  des  frommen  königs  Hiero  dochler 
wer,  betten  ir  Schwester  und  brüder  düchtermishandelt,  warum 
sie  des  entgelten  soll?  12»';  die  frommen  haben  der  bösen 
müssen  entgelten,  kluge,  weise  reden  130';  mein  ganzer  leib 
musz  des  hesziichen  angesichts  oft  entgelten.    Alberus  l'; 

denn  der  guilhat  soll  man  genieszen, 
dargegen  der  misseihai  entgellen.    Atrer  238'; 

ganze  reich,  sonst  wol  bestell,  musten  ihr  beider  {Paris  und 
Helena)  auch  entgelten  und  drob  zu  grund  gehn.  Fischart 
ehz.  2S ;  es  musz  einer  des  andern  fehler  entgelten,  was  einer 
mishandelt,  musz  der.  ander  büszen.    Lehmann  127 ; 

oft  eines  menschen  misseihat 
cnigelteo  musz  ein  ganze  stat.    188; 

der  wirt  gencuszt  oft  des  gasts  und  der  gast  musz  oft  des 
Wirts  entgellen.  201;  der  musz  oft  eines  dings  entgelten,  der 
es  nicht  hat  genossen.  201 ;  doch  wie  ehrliche,  aufrichtige, 
keusche  gemüter  derer,  die  ihre  geschicklichkeit  mit  üblen 
Sitten  verdunkeln,  nicht  entgelten  können.    Opitz  poeterei  11. 

3)  hdußg  auch  neben  lassen : 

des  seit  ir  nit  uns  eotgelien  lan.  fastn.  422,  26; 
und  sihe,  sie  lassen  uns  des  entgelten.  2  c/iron.  20,11;  er 
liesz  das  volk  der  Sünden  Manassc  entgelten,  äi.berus  ;  laszt 
mich  meines  wegscheidens  nicht  entgelten,  dieweil  ihr  doch 
sehet  mich  nicht  schuld  daran  tragen,  buch  der  liebe  255,  4 ; 
aber  ich  wil  euch  bitten,  dasz  ir  michs  nicht  wollt  lassen 
entgellen.  288, 1 ;  du  kannst  deinen  feinden  helfen  und  sie 
ihrer  bosbeit  nicht  entgellen  lassen,  wenn  du  deinen  Jesum 
zu  hülfe  nimmst    Scriver  seelensch.  2,  360. 

4)  die  neuere  spräche  hat,  wie  in  viel  andern  fällen,  auch 
hier  den  gen.  durch  den  acc.  verdrängt,  in 

nun  läszt  man  michs  entgelten.  Grtphius  1,  380. 
fühlte  man  nicht  mehr,  ob  'es'  das  mhd.  es  oder  Cg  sei  und 
weibliche  genilive  unterschieden  sich,  ohne  beigefügten  artikel, 
nicht  mehr  vom  acc.  andere  mal  wählte  man  den  deutlichen 
acc. :  du  hast  uns  veracbt,  das  must  du  auch  entgelten,  buch 
der  liebe  201,  4 ;  was  der  köpf  thut,  das  müssen  die  füsz  ent- 
gellen und  was  die  füsz  thun  musz  der  köpf  nicht  enlgelten. 
Leumann  201; 

lasz  auch  nicht  den  mund  entgelten, 

was  die  band  verbrochen  hat.    Göntber261; 

wie,  darfst  du  schellen? 
das  bankbein  her!  zerblnul  ihn!  schlagt! 
sein  maul  soll  jedes  wort  entgelten.    Hagkdorn  3,  124; 
versioszt  sie  meinetwegen,  Nathan,  Nathan! 
warum  es  sie  entgelten  lassen?    Lessing  2,360; 
läszts  liebe  vich  allesammt  entgelten, 
dasz  der  mann  ihm  seinen  hüben  ihät  schellen. 

menschen,  Ihiere  und  Göthe  16 ; 
so  hat  er  wahrhaftig 
grosze  ilrafe  verdient  und  soll  mir  alles  entgelten.    40,99. 

und  alle  die  ihn  umgeben,  müssen  seine  laune  entgelten. 
TiECi  11,  67 ;  quidquid  deiirant  reges,  plectuntur  Ächivi  hat 
man  verdeutscht: 

was  heerfiihrer  im  wahn  aussianen,  entgelten  die  Völker. 

5)  tadelhaß  kommt  ein  dal.  der  person  statt  des  acc.  vor: 
dasz  er  ir  solchen  widerdriesz  nicht  entgelten  liesze.  weg- 
kürzer 6';  wenn  sie  nur  nicht  den  enkeln  zu  hart  die  Un- 
geschicklichkeit ihrer  voreltem  entgelten  lassen.  TuDmmel 
4,  331. 

6)  etwas  anderes  ist  der  dat.  commodi:  du  sollst  es  mir 
entgelten  I ;  das  soll  er  uns  entgelten. 

ENTGELTLICH,  cujus  pretium  solvendum  est,  wofür  bezahlt, 
etwas  entrichtet  werden  musz:  die  entgeltliche  annähme  von 
Pflegekindern,     unentgeltlich,  gratuilus. 

ENTGELTNIS,  f  was  entgelt:  der  entbot  im,  er  soll  sie 
ledig  lassen,  on  alle  entgeltnus,  freundlich,  friedlich,  seh. 
vnd  emsl  1555  eap.  25;  ob  jemand  hie  wäre,  der  etwas  mis- 
fallens  an  meister  Ulrichs  predigen  hlltte,  der  mag  hie  vor 
minen  berren  in  der  unwarheil  bewinen,  fri,  sicher  und  on 
alle  entgeltnis.  Zwincli  1,117;  er  soll  seine  feind  on  alle 
entgeltnis  ledig  zelen.  Frani  chron.  1531.  24';  entgellnu». 
Frankf.  reform.  lU.  10,12;  wolle  ich  ihn  ledig  ohn  alle  ent- 
geltnus Jatsen  laufen.  Galmy  249;  die  Homer  pdcglcn  ihre 
galtbaten  umbsonsl  und  ohne  entgeltnis  auszuleihen.  Livius 
6«i  Rikel  Mi;  ioe  ohne  gepttrlidie  straf,  entgeltnis  uod  Ver- 


sicherung nit  auskommen  zu  lassen,  urk.  von  1571;  ohne  an- 
dere entgeltnus.  Puilander  1,310;  ohn  all  ewre  und  ewrer 
waJiren  entgeltnus.    Zinkgr.  397, 10. 

ENTGENZEN,  s.  entgänzen. 

ENTGESTALTEN,  deformare,  ungeschaffen,  ungestalt  machen, 
entgstalten.    Maaler  10t'. 

ENTGESTEN,  s.  entgasten. 

ENTGIESZEN,  effandere. 

ENTGIFTEN,  i'eneno  privare,  venenum  adimere ,    nnl.  ont- 
giftigen:    der     blitz,    welcher    die    giftigen    ihiere    entgifteU 
LoHENST.  Arm.  1,620;    die    entgiftende    heilmethode   von  dr. 
Eisenmann,  ergänzungsbl.  zur  jen.  lil.  ztg.  1840.  n*  59 ; 
helft  den  tod  mir  tödten  und  das  gift  entgiften.    KSckirt  11. 

ENTGIPFELN,  cacumine  privare.  sich  entgipfeln,  wie  ent- 
blättern : 

dein  zweig  enigiplle  sich  bis  an  die  wölken  hfn !    Kbspk. 

ENTGLÄNZEN,  resplendere,  hervorstrahlen,  nnl.  ontglanzen  : 
wenn  du  dem  bade  des  meeres  eniglänzest.    Stolbeho  4,272; 
Chelonens  riesenschilde 
entglanzl  ein  streng  gebilde.    Göthk  41,  164. 

ENTGLASEN,  die  glasmasse  zur  krystallisation  bringen. 

ENTGLAUBEN,  fideni  infirmare  hat  Stieler  666. 

ENTGLEISEN,  ex  orbila  reccdere ,  aus  dem  gleise  weichen 
und  ex  orbila  removere,  aus  dem  gleise  bringen:  der  herab- 
hängende Iheil  der  kuppelstange  risz  eine  schiene  auf  und 
fiel  unter  die  räder,  die  folge  war  das  entgleisen  des  ten- 
ders  und  der  folgenden  waggons.  der  lender  und  gepäcks- 
wagen  blieben  entgleist  auf  der  bahn.  Österreich,  zeilung  1856 
«0.  247 ;  kam  die  beobaclitung  zur  spräche,  wonach  auf  einer 
eisenbahn,  die  von  norden  nach  süden  führt,  die  wagen  das 
bestreben  haben  gegen  weslen,  und  wenn  sie  sich  von  Süden 
nach  aorden  bewegen,  gegen  osten  hin  zu  entgleisen.  Ham- 
burger corresp.  1857  n(f.  120  s.  2. 

ENTGLEISUNG,  f.  das  verlasseh  des  geleises,  das  gerathen 
aus  demselben  bei  eisenbahnzügen:  bei  entgleisung  einiger 
wagen  des  bahnzuges  nahm  kein  passagier  erheblichen 
schaden. 

ENTGLEITEN,  elabi,  mhd.  engliten  {wb.  1,  549'),  nnl.  ont- 
glijden. 

1)  vom  fusz  {vgl.  entgehen  l,  d) : 

wie  entgleitet  schnell  der  fusz 
schiefem  glatten  boden?    Göthe  41,340; 

und  kommt  auch  ihr  mir  zu  hülfe,  wollhätige  grazien, . . 
haltet  ihm  in  euren  spiegeln  die  freuden  des  himinels  vor, 
wenn  euer  fliehender  fusz  seinen  geizigen  armen  entgleitet. 
Schiller  113'; 

voll  schrecken  sahs  die  schildkröt  und  entglitt  in  ihr  bollwerk. 

Pfeffel  5,  77. 

2)  von  Waffen  und  gerälhe:  der  dolch  entglitt  seiner  band, 
sica  ei  elapsa  est,-  , 

und  bei  entglittener  brill  und  silberfarbenem  haupibaar 
lag  auf  dem  buche  die  miitzo  von  violcitenem  saiumei. 

Voss  2,  268. 

3)  von  gewisser  und  schiffen:  der  bacb  entgleitet  durch 
die  wiese; 

und  nun  schwellte  der  wind  des  sepels  miit,  und  umher  scholl 
laut  die  purpurne  wog  um  den  kiel  des  entgleitenden  schilTes. 

//.  1,487  {früher:  des  gleitenden); 
mag  immerhin  der  ström  entgleiten, 
der  meinet  Icbens  kahn  eniftihrt, 
indes  der  bord  der  Jugendzeiten 
sich  mir  in  fernungsduft  verliert.    Salis  31; 
Wandrer,  der  am  xtrom  der  zelten 
mit  gesenktem  blicke  ruht, 
sieh,  auf  seiner  fliil  entgleiten 
wolkenscbatten,  roseoglut.    119. 

4)  von  tönen: 

Jubel  entglitt  den  stählen  der  vierundtwnnzig  gerechten. 

Messias  ,..; 
bis  liebliche  iubel  den  taiien, 
zum  giuitze  aus  lenzes,  enigleiien.    Gorria  i,tM. 

5)  von  schmerzen : 

Anna  «inkt  zu  bodcn  nieder, 

ihr  eniglciien  schmerz  uod  noih, 
und  »ie  kl.igl  und  w<:int  nicht  wiviler. 

der  einsiede!  war  der  tod.    LsnaO  neu.  gtd.  SOS. 

ENTGLIEDEN,  arliculatim  discerpere,  dearluare,  terstüekeln, 
DiBFKNBACii  106',  cntliedcn,  dimembrare.  voe.  IheuL  U82  g5', 
mhd.  enllideo,  zeliden,  nnl.  ontledcn,  nd.  entledrn  (i.  b.  bei 


545 


ENTGLIEDERN — ENTGLÜHEN 


ENTGLCHEN — ENTGRENZEX 


546 


Gefken  154):    nim  hüenre,    die   brdt  niht  volle  gar,    entlide 
die  zu  morseln  und  la;  sie  sieden,    von  guter  sp.  30 ; 
ich  bin  elendiglich  Terstümmeli  und  entgliedet.    Scbottbl. 

ENTGLIEDERN,  dasselbe.  Stieleh  670,  entglideren,  Maa- 
LER  104": 

dein  stamm  musz  uniergehn 
eoigliedert  und  Terböbnt,  was  wilUiu  langer  stehn  ? 
Grtphics  1,  47  ; 

die  so  viel  verworrenes  ersonnen, 
als  kein  HacbiaveU  genung  entgliedern  kan. 

CuB.  Gaipuiüs  poet.  u>äld.  1,  i2S. 

ENTGLIEDERUNG,  f.  concisio ,  dissectio,  laceralio :  gold 
sei  eine  entgliderung  und  brechung  der  lugenden.  Reinike. 
Rost.  1650  s.  169 ;  die  partiale  Zerstörung  seiner  animalischen 
natuT  heiszt  entgliederung  oder  Verstümmelung.    Ka>t  5,  250. 

ENTGLIEDLNG,  f.  dasselbe.    Maaleb  104*: 

man  hat  und  ist  gejagt,    was  mag  erhalten  sein? 
entgliedung,  misverstand  und  boitenpein.    Scuottkl. 

ENTGLIMMEN,  gliscere,  incendi,  nnl.  octglimmen: 

mein  eis  entglimmt  von  deinen  keuschen  flammen. 

LoHKHST.  Ibrah.  4; 
jetzt  aber  ist  durch  gottes  glut 
ein  neues  himmelslicbt  entglommen. 

Chr.  Grtphils  poe*.  usälder  1, 190; 
St.  st!  ich  höre  stimmen, 
er  stimmt,  er  spielet  schon, 
o  hört  doch  nur  den  schmeichlerischen  ton, 
von  welchem  herz  und  leib  enigümmen!    GC!«ib8rS46; 
bei  diesen  opferberd  wird  nun  dein  bild  gebracht, 
es  mit  vergiszmeinnicht  und  ehrenpreis  zu  schmücken, 
die  liebe  musz  darauf  entglomne  kohlen  su-eun.    647; 
kaum  vom  tage  besu-ablt,  lallts  kind  von  ihm  schon, 
und  entglimmender  sonnen 

scher,  erlöschender,  nennt  ihn  vor  gott.    Klopstock  1, 119; 
sonst  entglomm  uns  auch  wol  etwas  wie  licht,  doch  wars 
kaum  noch  sichtbare  dammerung.    7,41; 
noch  wars  mitternacht,  und  schon 
riefen  sie  am  uieer  mit  tausend  stimmen 
ihrer  feuer  gotibeit  zu  eniglimmen.   Stcrz  2,  2S7; 
da  wo  in  sanften  westen 

des  baumes  blute  schwimmt, 
wo  kaum  belaubten  ästen 

ein  sonnensu'al  entglimmt.    Tuomsin  in  Voss  musenalm. 

1777  s.  95; 
blumicht  mögen  die  auen  blühen, 
entglommner  junge  rosen  glühen.    Fr.  Mcllsr  1,  209; 
des  hohen  Pbarus  trübe  leucht  entglimmt 
am  schrolTen  vorgebirg  im  abendduft.    Matthisso:«  166 ; 
nun  ist  entglommen 
des  frühlings  segen.    Ri:c&ERT  211; 
ich  bebe  dann,  entglimme 
von  allzu  rascher  glut.    Platen  13; 
ist  endlich  entglommen 

der  heisze  streit, 
mein  schwen,  und  gekommen 

ist  deine  zeit.    Lemau  neuere  ged.  269; 
so  sprechend  wendet  er  sich  um  und  kehrt 
die  äugen  rings,  von  zorn  und  wut  entglommen. 

Gatts  Bojardo  2,  24,56; 
nicht  anders  {als  durch  springen  in  die  flul)  könnt  er  rettung 

mehr  bekommen, 
denn  alles,  bis  aufs  bemd,  war  schon  entglommen.    3, 1,  20; 
als  er  dies  wort  und  diese  Schmach  vernimmt, 
da  kann  der  Jüngling  sich  nicht  mehr  bezwingen, 
sein  ganzes  herz,  sein  angesiebt  enigllinrat, 
und  funken  siebt  man  aus  den  äugen  springen.    3,5,53; 

er  sah  nach  der  morgenrölhe  des  Vollmonds,  die  über  St. 
Lüne  entglimmte.  J.  P.  Hesp.  2,  80 ;  auf  diesem  wege  begegnen 
wir  der  vermulhung,  dasz  der  brand  von  Persepolis  nicht 
blosz   aus    einer   rohen ,   absurden  Völlerei    entglommen  sei. 

GöTHE    6,  9S. 

ENTGLITSCHEN,    verstärktes    entgleiten:    wenn     dir    dein 
leben  in  bosheit  enlglitschet.   pers.  baumg.  9, 17 ; 
doch  Hüons  gutes  glück  entglitscht  dem  todesstreicb. 

Über  an  1,59; 
der  schlalTen  band  enigliuchen  scbwert  und  sper.    5,  67. 
s.  glitschen. 

ENTGLCCKEN,  affligere,  perdere,  gegensatz  von  beglücken: 
wie  dein  gerechter  zorn  eniglücket 
des  aufgeblasnen  feinds  geiiiül.    WicKaKRLi.t  368; 
in  ewres  unghicks  flnsiren  nacht 
belind  ich  duppeli  mich  eniglücket    543. 

ENTGLÜHEN,  incandescere,  incalescere,  anfangen  zu  glühen, 
nnl.  ontgloeijen : 

der  geusxt  ins  feuer  öl,  flut  auf  entglübte  steine. 

LoHKNi  TUM  Ibrah.  4b,  &19 ; 

in. 


und  wie  die  wehenden  locken  ihm  flogen,    die  wang  ihm 

enigluhte, 
sank  er  vor  Jesus  Christus,  dem  weltbeherscher,  zur  erde. 

Messias  16,96; 
mein  herz  eniglühei.    herschend  und  ungestüm 
bebt  mir  die  freude  durch  mein  gebein  djbin. 

Klopstock  1,16; 
als  ihm  die  rötbe  für  sie 
schon  entglühte.    2,  5S; 

sie  (die  moosrosen)  entglühen  lieblicher,  als  der  Schwestern 
blühendster  husch,  dullen  süszern  geruch.    2,  61 ; 
es  eniglüht  schon  in  euren  landen  die  asche, 
wird  von  erwachenden  funken  schon  roth.    2,  127; 

lasz  mich  nicht  davon  reden,  ich  möchte  zu  sehr  von  gram 
und  von  zorn  entglühn.    lo,  21S; 

da  sah  den  Jüngling  eine  muse  blühen, 

gewann  Ihn  lieb,  gusz  in  sein  welches  herz 

gefuhl,  bei  ihren  cboren  zu  enigluben.    Götter  1,3; 

was  ist  dir?  du  entglütast  und  schrecklich  rollt  dein  blick! 

2,445; 
die  nonne  voll  von  welscher  wut 

eniglüht  in  ihrem  mute, 
und  snon  auf  nichts  als  dolch  und  blut 

und  träumte  nur  von  blute.    Höltt  43; 
der  alpen  scbaee  eniglüht  in  hoher  luft, 
Geneva  mahlt  sich  in  der  fluten  Spiegel.    Mattbisso.'<  110 ; 
selbst  die  Sehnsucht,  die  erkaltet, 
die  erstorben  war,  entgiühi.    UCrgir  1*; 
sein  herz  eniglüht  für  eine  neue  tugend.    Scbilikr  263'; 
wie   sie  staunen,    von   nie  empfundenen    gefublen  entglQben 
werden.  317';     das     madchen     entglühete     hochroth.     J.  P. 
Katzenb.  1,  9. 
ENTGÖNNEN,  j.  entgünnen. 
ENTGÖTTERN,  spoliare  divina  dignitate: 

durch  diese  wirst  du  nun,  elender  tropf,  entgöuert. 

und  wie  ein  schnöder  stumpf  zerspalten  und  zerschmettert. 
Chr.  Grtpuil-s  1,  90; 
wir  wünschten  aus  wahrer  wolmeinenheit  gegen  das  beste 
der  menschbeit  nichts  weniger,  als  dasz  es  jemals  einem 
Sokrates  gelingen  möchte,  den  Amor  völlig  zu  entgöttem, 
ihn  seiner  schwingen  zu  berauben  und  aus  der  liebe  eine 
blosze  regelmäszige  Stillung  eines  physischen  bedürfnisses  zu 
machen.    Wieui.nd  2,  205 ; 

enigötiert  schleicht  im  hain,  am  rosenbacb, 

der  musengott  den  Schäferinnen  nach.    5,  1S7 ; 

ich  bin  dein  söhn.,  du  wolltest  ja 

dich  mir  zu  lieb  entgouern.    Bluxacers  Aeneis  1, 155; 

fühllos  selbst  für  ihres  künstlers  ehre 

dient  sie  knechtisch  dem  gesetz  der  schwere, 

die  enigötterte  naiur.    Scuiller  22'; 

doch  so  lang  es  {das  herz)  pocht,  soU  ringen 

nach  dem  höchsten  jeder  schlag. 

meinen  heiigen  kränz  entbläuern, 

meine  göltin  mir  entgöttern, 

welche  macht  die  das  vermag?    A.W.  Scblkgil  im  musenalm. 

1796  s.  117; 

der  himmel  ist  öde, 

ein  blauer  kirchhof,  enlgöttert  und  stumm. 

Hei.^e  romanzero  s.  125. 
ENTGÖTTERUNG,  f. 

auf  dem  Ö:a  in  den  flammen 
bü>zt  er  die  entgöttening.    Tieoce. 

ENTGOTTESDIENSTEN,  cultu  divino  spoliare:  wir  traten 
in  die  kirche.  der  castellan ,  wie  man  ihn  wol  in  diesem 
entgottesdiensteten  zauberpalaste  nennen  durfte,  schickte  sich 
an  die  ihm  scharf  empfohlene  pQicht  zu  erfüllen.  Götue 
28,  220. 

ENTGÖTTLICHEN.  GöUinger  gel.  anz.  1841  s.  279. 
ENTGRABEN,  (ödere:  und  wie  des  corrosifs  art  ist,  friszt 
es  umb  sich  in  die  weite  und  entgräbt  zwischen  haut  und 
fleisch  hole  hinein.  Paracelscs  chir.  sehr.  36l';  sie  müssen 
sie  (die  kinder)  doch  alle  mit  besängnus  begraben  lassen, 
oder  man  entgräbt  sie  aus  dem  geweichten  (aus  der  ge- 
weihten erde).  Fischart  bienenk.  168*; 

klangst  du  auf  marmor,    o  münze,  die  tief  den  niinen  der 

landmann 
schwarz  und  gepräglos  enigräbt,  nicht  in  den  hallen  des 
markts?    Mattbissoh  261. 

pass.  K.  431,  76  Steht  entgraben  /ür  entwenden. 

ENTGRÄTEN,  exosjore  piscem,  dem  fisch  die  gräten  aus- 
nehmen, nnl.  ontgraten;  eiosso,  ich  entgrüt.  Albercs; 

leicht  und  entgrätet  durchflosz  die  weiszen  kuppen  der  zahne 
der  goldbarsch,  argus  und  thun  mit  der  antiken  murnne 
auf  süszeo  mundwein  des  persischen  chans.    TuüaaEL  5. 465. 

ENTGRENZEN,  sich,  fines  egredi,  über  die  grenie  sekreiten  : 
mit  der  siege  zahl  entgrsnzet 
sich  die  wuih  noch  mehr  zu  siegen.    WiiLA.'tD  32, 141 

35 


547 


ENTGRIMMEN  —  ENTHAAREN 


ENTHABEN  — ENTHALT 


548 


ENTGRIMMEN,  incendi  ira,  vgl.  ergrimmen: 
doch  unser  geist  enigrimmi.    Grtphius  1, 13. 

ENTGRÖBEN,  exasciare,  aus  dem  groben  hauen,  arbeilen, 
verfeinem.  Stieler  706,  klärer  machen.  Rädlein  240* :  ist  zu 
besorgen,  sie  seien  noch  nicht  so  fem  enigröbet.  Luther 
3,39';  er  musz  uns  also  entgröben,  er  rausz  gar  grobe  est 
und  spene  von  uns  weg  hawen.    Ldthers  liscbr.  46'. 

ENTGHOBERN,  dasselbe,  gebildet  wie  vergröbern. 

ENTGRÖUL'NG,  f.  exasciatio:  das  ist  die  hübsche  ent- 
gröbung.  Luther  3,49';  und  erlichten  allhie  entgröbung, 
studierung,  Verwunderung,  langweil.  3,61';  diese  propheten 
gaukeln  daher  mit  irer  lebendigen  stimme  vom  liimmel,  mit 
der  entgröbung,  besprengung,  tödtung  und  dergleichen  schwül- 
stigen wort,  die  sie  selbst  nie  verstanden  haben,  br.  2,  579 ; 
es  ist  nu  zu  ernst  worden ,  was  wir  zuvor  von  der  ent- 
gröbung, langweil  und  Verwunderung  gescherzt  haben.  Lu- 
ther 2,  527'.  br.  2,  667 ;  enthusiastische  entzuckung  und  ent- 
gröbung.   eselkönig  164. 

ENTGRÜNDEN,  fundamento  privare,  als  grundlos  darstellen: 

durch  dise  wort  war  bald  entgrflndet 

des  Rheins  aagsl,  so  allein  erdicht.    Wsckhirlin  348. 

ENTGRCNEN,  1)  transitiv  viridilate  spoliare,  vgl.  nnl. 
ontgroenen : 

wäld,  gärten,  berg  und  tbal  entgrünet  und  entlaubet. 
Weckherlin  788. 
2)  intransitiv  virescere,  virere,  grünen,  vgl.  nnl.  ontgroeijen : 

wie  die  braunen  keime 

halb  entgrünt  sich  blahn.    Voss  5,  22S; 

hier  wandelte  nimmer  der  ödem  des  mais, 

hier  wiegt  sich  kein  vogel  auT  duftendem  reit, 

nur  moos  und  flechten  entgriinen 

den  wilden  ruinen.    MAiinissoN  103(172); 

man  erstaunt  ihrem  schwarzen  rücken  den  freudigsten  wuchs 
des  öles,  des  weines,  des  obstes  entgrünen  zu  sehen.  Stol- 
BEBC  9,  242. 

ENTGCNNEN,  invidere,  viisgönnen,  nnl.  ontgunnen,  gleich- 
viel mit  entbünnen  oder  empünnen,  dessen  praesens  empan 
oben  sp.  420  angezogen  wurde;  nicht  anders  sollte  das  prae- 
sens von  entgünnen  entgan,  wie  von  günnen,  gönnen  gan 
lauten,  die  regel  dieser  anomalie  hat  sich  aber  nhd.  zersetzt 
und  wie  man  von  gönnen  ein  praes.  gönnt  bildet,  ist  auch 
für  entgan  entgönnt  eingedrungen,  in  Keisersbergs  seh.  der 
penilenz  118'  begegnet  sogar  entgünden  für  entgünnen :  da 
wirt  aber  nit  sein  weder  neid  noch  hasz,  kainer  wirt  dem 
andern  entgünden  seiner  eer,  ob  er  schon  über  in  ist,  als 
man  dann  tut  im  irdischen  tanz,  da  der  underst  entgünt 
dem  obersten  seiner  eern.  dies  engunden ,  entgünden  t>er- 
zeichnel  auch  Diefenbach  306*. 

ENTGURGELN,  jugulare,  die  kehle  würgen  oder  abschneiden : 
dasz  er  sich  weder  erhenkt  noch  entgurgelt  hatte.  Musaeus 
4, 156 ;  das  schaf  ist  einer  menge  krankheiten  und  einem 
frühen  tode  unterworfen,  auch  wenn  das  messer  des  Schläch- 
ters es  nicht  entgurgelte,    hannov.  mag.  1844  s.  336. 

ENTGÜRTEN,  discingere,  recingere ,  losgürten,  ahd.  ingur- 
tan  (Graff  4,  254) ,  vihd.  engürten  {wb.  1,  593*),  nnl.  ontgor- 
den,  den  gürtel  oder  gurt  aufthun.  Maaler  104',  den  gürtcl 
lösen:  wo  ein  golshuswib  einen  frien  man  nimpt,  alsbald 
sich  der  entgurtet  und  zu  der  frowen  leit,  so  bat  er  sin 
friheit  verlorn,   weislh.  3,  740  ; 

die  schlingen  binde  los, 

entgOrte  deinen  leib,  der  linke  Tusz  sei  blosz!    Grtpbius  1,58; 

kommt,  lieber  herr,  nach  dieser  langen  Tahrt 

schmeckt  ruhe  süsz,  laszt  hurtig  euch  eotgürten.  Ofteron  3, 55; 

ha  I  im  ollen  siuhl  cnigOrtet 

dehnt  man  sich,  mit  trank  bewirtet.    Voss  5,249; 

enigünei,  ahndungslos  stieg  er  ins  bad.    Götter  2,9; 

dann  entgör  en  dl''  ' '  '1=  »chwert.    Stolbiho  4, 147; 

lie  selbst  und  ihr>  lurrten, 

weibisch  ciiigiiriii'  vkoue.    Platin  117*; 

und  so  enigiinci,  Casca,  wie  ihr  seht, 

höh  ich  dl)!  hruüt  dem  donnerkcil  cniblöszt, 

and  thus  uobraccd,  Casca,  a»  vou  sec, 

baTc  bared  mjr  botom  10  the  ifiundcrsione.    /.  Caesar  1,3. 

ENTGÜTER.N,  tpoliare  bonis,  exheredare ,  nnl.  ontgocden : 
soll  ich,  um  dasz  der  mond  ihn  ncuomal  mehr  beschienen, 
enigfitert  von  ihm  geho  und  als  leibeigen  dienen  ?  Grtpiiius  1,297. 

ENTHAAREN,  nudare  pilii,  nnl.  ontharcn :  drr  cnthürte 
Samson.    Locau  3,  66,  52 ; 

«entbaart«,  nackte  haut.    IIrockes  7,  650; 
der  woir  aBih.-iUet  ihn  und  als  er  hurtig  tr.iht, 
liebt  er  dts  bundes  halt  enthaart  und  uhKi^i^ihüLi. 
il«ctooR:<  2,  2ti. 


ENTHABEN,  wie  enthalten, 

1)  suslentare,  erhallen,  unterhalten:  aber  in  demselben  tag 
gib  im  den  Ion  seiner  arbeit  vor  dem  undergang  der  sunnen, 
wann  er  ist  arm  und  von  dem  Ion  enthabt  er  sein  sei. 
5  M»s.  24, 15  nach  der  bibel  von  1483,  95'  {vulg.  quia  pauper 
est,  et  ex  eo  sustentat  animam  suam,  bei  Luther  denn  er 
ist  dürftig  und  erhtlit  seine  seele  damit). 

2)  sich  enthaben,  abstinere:  lä  dich  genuegen,  Margareta, 
da;  du  mir  getan  hAst,  enthabe  dich  von  mir!  Diemers  6et/r. 
1,126;  0  muter,  ej  ist  mir  ein  gröjew  pfin,  daj  ich  mich 
s6  lange  zeit  sol  enthaben  von  dem  priester.  gesta  Rom.  K. 
116.  beide  stellen  sind  noch  aus  dem  14  jh.,  später  xog  man 
vor  sich  enthalten,     vgl.  Schmeller  2, 135. 

ENTHAFTEN,  e  custodia  dimitlere,  aus  der  Haft  entlassen. 

ENTHAFTLiNG,  f  loslassung. 

ENTHÄKELN,  diffibulare.    Stieler  731. 

ENTHALFTERN,  capislro  liberare,  engl,  unhalter,  nnl.  ont- 
halsteren:  weil  die  vereinigte  Niederlande  sich  aus  dem  ge- 
horsam der  hispanischen  könige  eben  damal  enthalftert. 
Simpl.  Vogelnest  2, 11. 

ENTHALLEN,  resonare: 

den  satten  rindern 
selten  nur  enihallt  das  geglock  am  halse. 
Lknau  (abcndbiUlcr). 

ENTHALSEN,  dccollare ,  ahd.  inthalson,  mhd.  enthalsen, 
nnl.  onthalzen.  in  Muglei.ns  Verdeutschung  des  Valerius  Max., 
abgefaszt  1369  und  gedr.  Augsb.  1489 :  da  liesz  die  gemein 
den  ganzen  rat  enthalsen.  50';  er  liesz  in  dennocbt  ver- 
urteilen und  enthalsen.    79'; 

verurtheilt  und  enthalst  vor  seinem  erbpallast. 

GRTPeiüs  1,  261; 
ob  Mariamnen  wir  enihalsen  oder  nicht, 
was  geht  ihn  dieses  an  *    IIallmann  Mariamne  87  ; 
wie  die  palanken  er  am  ersten  überstiegen 
und  wie  viel  Türken  schon  von  ihm  enihalset  liegen. 
Gümther  405; 
so    schied   sich  Heinrich  viii   von  Catharincn   von  Aragonien 
seiner  Schwägerin  blosz  auf  antrieb  seines  zarten  gewissens, 
ob    er    gleich   mit   dessen  völliger   Zustimmung  zwo  nachfol- 
gerinnen  derselben    einer  angeblichen  liebelei  halben  enthal- 
sen liesz.    MusÄüs  volksm.  1,  87. 
ENTHÄLSKRAUSEN,  collari  nudare: 
von  meinem  ehrenmann  blieb,  wenn  er  blank  und  bar, 
entsiaatsperrückt,  enihalskrausl,  ausgewindclt 
aus  seinem  ^roszen  amtstalar, 
vom  haupt  bis  auf  den  fusz  cntschindelt, 
vor  mir  erschien,  blieb,  sag  ich,  blank  und  bar 
so  wenig,  dasz  es  kaum  der  rede  würdig  war.    üürrsr  106'. 

ENTHALSUNG,  f.  decollalio,  enihauplung :   bei  enthalsung 
des  ßoetii.    Hallmanns  Theodorich  vorr. 
ENTHALT,  m.  in  schwankender  bedculung, 

1)  aufenlhall,  verbleiben,  wohnung :  sit  dem  mAIe  da;  got 
ein  war  lieht  ist  unde  der  sfile  ein  enthalt  und  ir  nSher  ist, 
denne  diu  sele  ir  selber  s!.  Eckhart  S4,  8 ;  si  wil  in  ime 
enthalten  werden,  ir  leben  stdt  an  ime.  got  hat  einen  ent- 
halt, ein  bllbca  in  slnem  wesenne  unde  dA  von  ist  kein 
lAt . . .  e;  muo;  alle;  hin.  8C,  36 ;  nachdem  sich  viifeltig  be- 
gibt, dasz  mutwillige  person  die  leut  wider  recht  und  bil- 
licheit  betröhen,  entweichen  und  ausztretlen,  und  sich  an 
end  und  zu  solchen  leuten  thun,  da  mutwillige  beschediger 
enthalt,  hilf,  fürschub  und  beistand  linden.  Carolina  art.  128  ; 
dasz  die  person  keinen  gewissen  aiisesz  noch  enthalt  hett. 
Frankf.  reform.  l.  12,  14,  vgl.  Haltaus  326; 

ein  ameisz  in  dem  >\inier  kalt 

under  eiui  bäum  het  irn  enthalt.    Waldis  1,84, 

auch  herberg  und  enihalt  vcrschaf).    Hinuwald  laut.  warh.  SM , 

denn  die  so  in  eim  wilden  wald 

in  dem  gebirg  Iren  enthalt 

stets  hau  gehabt.    Lobwassbr  JoA.  enth,  EK{ 

die  weit  ist  dein  enthalt,  das  klo^tnr  ist  vor  mich. 

IIOKaAN.NSWALOAU  lieltienhr.  86; 
zahllos  sind  die  enihnllo  der  gcisier.    Wislano  32,  302. 

2)  anhält,  sliitze,  schütz,  sustentaculum :  er  rdtct  mir,  daj 
ich  mich  lA;e  an  die  gewaltige  hant  gotes  und  da;  ich  I5;e 
allen  enthalt  der  crfatftren.  Eckhart  457,  5;  Maria  li.^le  einen 
gr();cn  enthalt  an  siner  gegenwürtikeit ,  de»  enhjsiu  niht. 
458,  20 ; 

die  vruchtbnum  niht  inihnit 

batiin  von  dem  tioiuv.    Jkroschi:«  175'; 

uml  hriohi  vom  selben  bäum  ein  a«i, 

der  llel  hinab  in  brunncn  bald, 

daraul  die  ameist  sucht  cnihuli.    Waiph  1,  70; 


549 


ENTHALT  —  E.NTHALTEN 


ENTHALTEN 


550 


frei  auf  gottes  berat  and  enthalt.  Lcther  3,  209 ;  da  (Jona) 
allein  auf  gottes  enthalt  dahin  feret.  ebenda;  brennen  die 
vorstätte,  dem  feind  allen  vortheil  und  enthalt  zu  entwenden. 
Kirchhof  mil.  disc.  22;  zimmerten  sie  von  holz  ein  sparr- 
werk,  stelleten  solches  auf  die  Stadtmauer  und  füUeten  es 
mit  Ziegeln  aus.  diesem  diente  das  holzwerk  zum  enthalt, 
dasz  das  gebäu  nicht  wankte.  Heilmanns  Thucydides  269. 

3)  unterhalt,  Unterhaltung :  teglichen  enthalt  und  besserung 
der  gebeue  sollen  die  zehen  Vorsteher  beratschlagen,  bestel- 
len und  vollfüren  lassen.    Lcther  2,  266". 

4)  lust,  Unterhaltung,  aus  der  Vorstellung  des  wohnens  ent- 
faltet sich  die  des  behagens  und  der  lust:  so  sol  der  mensch 
war  nemen,  wä  er  sich  selben  minne  und  meine,  in  tuon  und 
in  Mü ,  in  lust,  in  enthalt,  in  ere,  in  Zartheit,  in  essen ,  in 
trinken,  in  ruowe,  in  gemach  des  libes.  tnystiker  bei  Hacpt 
8,463;  es  bezeugen  die  römischen  geschichtschreiber,  dasz 
auch  die  fürsten  in  deutschen  landen  iren  enthelt  (so)  mit 
dem  ackerbaw  gehabt  haben.    Agbicola  spr.  154. 

5)  anhält,  aufenthalt,  verweilen,  mora,  was  wieder  an  1  reicht: 

o  stolze  quellen  maoigfalt, 

0  feuchte  brüst  der  erden! 
bei  stäiem  flieszen,  ohn  enthalt, 

soll  gou  gelobet  werden.    Spcb  166  (151). 

6)  inhalt,  quod  continetur ,  enthalten  ist:  die  den  enthalt 
der  Sachen  eigentlich  bedeutende  wörler.  Hofmaxnswaldad 
uorr. ;  und  soviel  sei  auch  anmerkungsweis  von  dem  enthalt 
dieses  sechsten  capitels  gedacht.    Simpl.  K.  58. 

Es  ist  ohne  einsieht  in  den  vollen  Zusammenhang  einer 
stelle  und  den  Sprachgebrauch  ihres  Verfassers  schwer,  jedes- 
mal den  sinn  des  ausdrucks  zu  treffen,  z.  b.  was  heiszt  bei 
Lcther  3,22'  der  ganze  enthalt  des  newen  menschen?  es 
folgt:  der  nicht  lebt  von  dem  brot,  sondern  von  demselben 
wort  gottes,  also  nach  3.  man  vergleiche  die  bedeulungen 
des  verbums. 

ENTHALTEN,  tenere,  continere,  relinere,  sustenlare,  abstinere, 
ahd.  mangelnd,  mhd.  enbalten  {wb.  1,621'),  nnl.  onthouden. 

A.  intransitiv  halten,  still  halten,  stehen  bleiben: 

iHhd.  zu  dem  kunige  er  sprach 

und  zu  dem  volke  'nu  halt  hie! 

ich  wil  riten  und  besehen,  wie 

uns  die  meinen,  die  wir  dort  sehen'. 

'da^  sol  gar  snelle  geschehen' 

sprach  da;  voik,  und  ej  enthielt.    Ludwig  3464: 

hie  mite  enthielt  euch  dirre  degen.    pow.Ä.  151,2; 

si  enihieit  aldä  vur  (cor  der  thür).    403,  76; 

'der  rihter  enthaltet  iu  hie  bi'.    Mai  210,  39. 
diese  Verwendung  ist  heute  ungebräuchlich  und  wir  setzen  da- 
für das  einfache  halten,     vgl.  B,  8. 
B)  transitiv , 

1)  aufnehmen,  beherbergen: 

der  Wirt  der  hinaht  mich  enthielt,  tr.  kr.  5135; 
jemanden  gehausen,  geherbergen  oder  enthalten,  landfr.  von 
1521.  7;  soll  keiner  des  andern  feind  gefahrlicher  weis  ent- 
halten, reichsabsch.  zu  Speier  1526.  5;  dasz  keiner  des  an- 
dern unterthanen ,  so  von  ihrer  obrigkeit  gewichen ,  enthal- 
ten soll,  reichsabsch.  von  1529.  " ;  und  saget  im  von  meinet- 
wegen, das  er  mir  die  vier  sün  Aimons,  meine  feind,  die 
er  bei  im,  mir  zuwider,  enthelt  und  beherbergt,  überant- 
worte. Aimon  i  5* ;  Otgier,  sprach  der  könig,  es  ist  nit  on, 
ich  hab  die  vier  süne  Aimons  enthalten,  is';  gnedigster 
berr,  entbietend  dem  könig  Yon,  das  er  ewere  feind  in  sei- 
nem land  nit  enthalt,  l  5' ;  er  danket  der  Arsace ,  dasz  sie 
diese  tag,  die  weil  sie  mit  dem  opferwerk  umbgangen  weren, 
sie  (die  fremdlinge)  so  freundlich  unterschleift  und  enthalten. 
buch  der  liebe  215,  1;  derselbe  war  so  unordentlich  mit 
fleischlichen  werken,  dasz  er  alle  tag  eine  oder  zwo  frauwen 
in  seinem  haus  enthielt.  288,1;  dem  so  thewer  gelobten 
burgfrieden,  niemands  frembds  aufzunehmen  und  zu  ent- 
halten, abermals  sehr  schlecht  nachkommen.  Erpach  gegen 
Löwenstein  Wertheim  s.  9. 

2)  gefangen,  fest  halten:  das  einer  den  andern  in  seinem 
gpfängnus  enthüll,  reichsabsch.  1512,  6 ;  wenn  er  dann  schon 
in  zehen  gefengnusscn  enthalten  würd.  Aimon  q;  iaß  der- 
^elbig  mishandier  vom  profosen  angenommen,  enthulldi  und 
seinem  verschulden  nach  gestrafet  werde.  Fboxsperg  1,95'; 
und  in  hafl  und  gefengnus  etliche  wochen  enthalten  tnä^en. 
Urfehde  des  Henne  Moller  von  Bruderdiepach  a.  1555;  ;?As 
er  in  kainer  ewigen  fenknus  solle  enthalten  werden,  l^z 
Harl  5  s.  432.  4S6 ;  ich  hätte  nichts  darnach  gefragt,  wann^h 


schon  wieder  aus  dem  pfarrhof  gewesen  wäre  . . .  allein  der 
gute  wein  enthielte  mich  daselbsten.  Simplic.  Vogelnest  1,7  s.  264. 

3)  Sachen  aufbewahren :  das  ir  wollet  dieselben  büchlia 
oder  dieselben  predigt  allenthalben  mit  fleisz  zusamen  brin- 
gen und  bei  euch  bis  auf  unsern  weitern  befehl  enthalten. 
Lcther  1,214';  die  Venediger  haben  allda  zwei  gewerbheuser, 
die  Genueser  eins,  darin  sie  ir  guter  enthalten.  Frank  ireZ/ft.  16*. 

4)  bewahren,  schützen,  erhalten :  want  wi  nicht  eine  stunde 
lank  wesen  mögen  noch  leven  mochten ,  enlholde  be  uns 
nicht.  Spiegel  des  glaubens  von  1472  bei  Gefken  91 ;  und  sol 
sie  bruchen  als  nieswurz,  die  enthaltet  einen  menschen  von 
groszem  schaden.  Keisebsberg  s.  d.  m.  23';  denn  der  gott- 
losen arm  wird  zubrechen,  aber  der  herr  enthelt  die  ge- 
rechten, ps.  37, 17 ;  tröste  mich  wider  mit  deiner  hülfe  und 
der  freidige  geist  enthalte  mich.  51,14;  niemand  enthielt 
mich.  £$.63,5;  darumb  die  demut  allein  enthelt  auch  die 
in  gnaden  leben.  Lcther  1,  85' ;  das  dich  bisher  goU  ent- 
halten hat  und  nicht  mit  Dathan  und  Abvron  bat  versinken 
lassen.  3, 192' ;  gott  enthelt  dich ,  du  wirst  nicht  versinken. 
3,292.  br.  2,71;  aber  das,  nicht  allein  hilft  er  inen,  son- 
dern enthelt  sie  auch,  das  sie  eraus  komen.  3,296";  aber 
es  enthelt  und  schützet  in  nichts,  denn  gottes  wort.  4, 17l' ; 

der  du  bist  dem  vater  gleich, 

für  hinaus  den  sieg  im  neisch, 

das  dein  ewig  gotts  gewalt 

in  uns  das  krank  fleisch  enthalt.    8,357*; 

die  jagend  wol  dürf  strenges  enthaltens.  br.  5, 280 ;  je  so 
ligt  die  spis  näher  an  das  leben  zu  enthalten,  dan  das  gelt. 
ZwiNGLi  1,  8 ;  welchen  tod  ich  mir  oft  gewünscht  bette ,  wo 
nit  die  hofnung,  das  wir  beide  mit  der  zeit  glücklich  und 
vemüget  mit  einander  leben  werden  mögen,  mich  enthielte. 
Amadis  264;  das  uns  und  alles  das,  das  da  lebet,  enthält 
bei  dem  leben.  Paracelscs  1,7*;  was  zum  tod  ist,  under- 
slande  dich  nicht  zu  enthalten  beim  leben,   chir.  sehr.  s.  1; 

herr  tröste,  tröste  mich. 

enthalte  du  mich  herr,  so  bin  enthalten  ich.    Flehinc  21 ; 

enthalte  mich  in  diesen  trüben  Zeiten.    284. 

5)  unterhalten,  nähren :  legt  disen  man  in  den  kerker  und 
enthalt  in  mit  dem  brot  des  trübsals  und  mit  dem  wasser 
der  angst,  unz  das  ich  wider  kere  in  frid  (et  sustentate  eum 
cum  pane  tribulationis ,  bei  Lcther  und  speiset  in).  1  kün. 
22,  27  in  der  bihel  von  1483,  169* ;  das  die  waislin  enthalten 
würden  bis  die  mutier  wider  möcht  zu  einer  ehrlichen  hei- 
rat  komen.  Lcther  8,173';  sintemal  kein  sold  vorhanden  ist, 
damit  man  prediger  enthalte,  br.  2,  3S1 ;  ihr  wisset,  das  un- 
sere leib  müssen  ein  enthalten  haben,  das  ist  ein  fürung, 
durch  welche  sie  enthalten  werden  und  genehrt.  Paracelsüs 
1,9*;  sie  (die  Friesen)  enthalten  das  feurmit  leimigen,  bichigen 
wasen  und  dörren  kükat,  dabei  sie  kochen  und  sich  in  der 
kelle  aufenthalten.  Frank  weltb.  60*;  von  des  königes  Un- 
kosten enthallen  werden.  Argenis  1,  469.  auch  mit  dem  sinn 
von  unterhalten,  entretenir,  belustigen  (vgl.  enthalt  4):  er 
enthielt  ihn  mit  gespräcb.  Argenis  1,  659 ;  mit  hochansehn- 
lichen reden.   2,239. 

6)  abhalten,  zurückhalten,  was  sich  mit  bewahren  unter  4 
berühren  kann:  die  trühem,  die  er  enthalten  hat  vor  den 
menschen.  Keisersberg  trostsp.  m. ;  gelobt  sei  der  herr,  der 
seinen  knecht  (d.  i.  mich)  enthalten  hat  für  dem  übel. 
1  Sam.  25,  39 ;  enthielt  sie  für  allen  umbher.  2  rhron.  32, 22 ; 
so  hütet  euch  nu  für  dem  schediichen  lestem  und  enthaltet 
die  Zungen  'für  dem  fluchen,  weish.  Sal.  1,  U ;  aus  dem  auch 
abzunemen,  das  man  der  kirchen  und  klöslern  die  einkomen 
enthalten  und  abziehen  würde.  Lcther  2,  5* ;  das  ire  frucht 
gesegnet  ist,  nemlich  für  dem  fluch  enthalten,  der  über  alle 
kinder  Heve  gehet.  2,188*;  also  sol  man  die  weiber  vom 
schmuck  enthalten  und  reiszen,  dieweil  sie  sonst  dazu  ge- 
neigt sind.  2, 356' ;  deshalb  enthielt  er  sein  volk  in  der 
Wagenburg  und  wolt  sie  nit  streiten  lassen.  Livius  von  Schöf- 
ferlin  69*  und  sonst  oß;  in  stellen  frid  zu  machen  und  sie 
für  aufrur  und  allem  anlauf  zu  enthalten.  Frank  weltb.  66"; 
sein  band  enthalten  und  nit  schlahen.  Maaleb  104';  si  mag 
iren  zom  nit  enthallen,  iram  suam  non  capil,  was  an  die 
folgende  siebente  bedeutung  mahnt; 

mein  sino  ist  nicht  dahin  geriebt, 
das  ich  solt  strafen  also  bald. 

denn  ich  die  straf  an  viln  enthalt.    Schaoic  sat.  1, 156: 
und  sein  schwert  von  dem  blut  enthalt.    Scbiklzl  David  8'; 
Ton  denen,  deren  berz  geöhlet. 
enthaltet  ewre  band.    Wsckbcrli!«  232; 
0  enthalte  vom  blut  meine  bände.    Götbk  9,  25; 

35* 


551 


ENTHALTEN 


ENTHALTEN 


552 


nun  sein  der  geheimen  schreiberei  arten  so  vielerlei,  dasz 
unmöglicb  alle  zu  beschreiben,  teils  auch  ingemein  zu  ent- 
decken nicht  rälhlicb,  sondern  werden  dem  valerlande,  aufn 
notbfall,  in  der  feder  nicht  unbillich  enthalten.  Bl'tscdky 
Palm.  20. 

7)  in  sich  hallen,  fassen,  eapere,  eine  heutzutage  übliche 
bedeutung:  der  thaler  enthält  dreiszig  groschen;  das  fasz 
enthält  drei  eimer,  der  sack  zwei  scheffel ;  das  buch  enthält 
hundert  blatler;  die  fabel  enthält  drei  lehren,  enthalten 
sein,  conlineri:  meine  ganze  baarschafl  war  in  der  kiste  ent- 
halten; man  weisz  nicht,  was  in  der  Zuschrift  enthalten  ist. 

8)  selten  ist  einem  enthalten  =  vorhalten,  exprobrare: 
es  were  eweres  amptes  dasz  ir  dieses  dem  künige  enthieltet. 
Argenis  1,151.  nthd.  aber  hiesz  auch  'dem  orse  enthalten' 
es  anhalten,  z.  b.  Wh.  58, 1,  woraus  sich  das  intr.  enthalten 
unter  A  entwickeln  konnte. 

C)  reflexiv. 

1)  sich  enthalten,  das  heutige  sich  außalten,  vgl.  enthalt  1 : 

do  gedacht  ich,  ich  will  in  das  [holz) 
ein  weil  spazieren  um!  schauen  suctien 
unter  masalier,  eichen  und  hagenpuchen, 
dieselben  geben  schauen  vll, 
darunter  ich  mich  enihalten  wil 
vor  der  sunne  und  dem  siern   (heiszen  gestirn), 
ob  ich  mich  ir  beider  mocht  erwern.    fastn.  1417, 
wo  in  enthalten  zugleich  auch  die  Vorstellung  des  Schützens,  ber- 
gens,  Versteckens  liegt;    es  kam  aber  eine  thewrungin  das  land. 
da   zog  Abram  hinab  in  Egypten,  das  er  sich  daselbs  als  ein 
frembdiing  entbielle.  l  Mos.  12, 10 ;  und  wil  des  tages  ein  sonders 
thun  mit  dem  lande  Gosen,  da  sich  mein  volk  enthelt.  2  Mos. 
8,22;  die  beubtieute,  so  auf  dem  felde  sich  enthielten.    Jer. 
40,7;   sampt  alle  den  beubtieuten,    so    auf   dem   felde  sich 
enthalten  hatten.    40,13;    da   zuvor  kein  mensch  war,  noch 
sich  enthalten  konte.    Judith  5,12;    denn  zu  seiner  zeit  gab 
gott  glück  durch  seine  hende,    das    die   beiden   aus  unserm 
lande  und  von  Jerusalem  und  aus  der  bürg  vertrieben  wur- 
den, darauf  sie   sich   enthielten.    1  Macc.  14,36;    aber  Judas 
Maccabeus  machte  sich  davon  mit  neun  brüdern  in  die  Wild- 
nis   und   enthielt   sich   da.    2  Macc.  5, 27 ;    da    aber  Nicanor 
bftret,    das  Judas  mit  den  seinen  in  Samarien  sich  enthielt. 
15,1;    und  als  sie  hinein  kamen,  stiegen  sie  auf  den  «üller, 
da   denn    sich   enthielten    {vulg.  vibi   manebant)    Petrus    und 
Jacobus.    apostelg.  1,13;  alle  beiden  vermügen  nicht  gen  Je- 
rusalem   zu    kommen    oder   unter   dem   kleinen   häufen    der 
Juden   sich   enthalten.    Luther  5,126";    und   redet   von   den 
falschen  lerern  und  abgöttischen  priestern ,  so  hin  und  wie- 
der im  lande  sich   enthielten.    6,150";    als   ich  zu  Wartburg 
mich  enthielt,  tischreden  205';  das  er  ein  Zeitlang  zu  Tübin- 
gen sich  enthalten  sol,  da  scr  gesunde  luft  und  rein  getrank 
ist.    Melaxchthon  an  Albrechl  ed.  Faber  ep.  7 ;    es    ist   aber 
dise   schedliche    seuche   weit   eingerissen    und    hat  sich  eine 
lange    zeit   in    der  christlichen  kirchen  enthalten.    Melancii- 
TBOS  im  corp.  doctr.  ehr.  1013;    sich  an    eim   ort   enthalten, 
daselbst  beleiben  und  nit  dannen  ziehen.    Maai.er  104';  und 
soll  ich  ein  heid  werden,   auch  all  mein  tag  in  Africa  mich 
enthalten.  Aimon  yl';  so  wil  ich  erstlich  wissen,  wo  her  ir 
koment   und   wo   ir   euch    enthaltent.    z4';    und    wolt  mich 
gern  ein  zeillang  bei  euch  enthalten  und  euch  etlicher  Sachen 
rats    fragen.    Galmy  292;     daselbst    enthielten    wir    uns    die 
nacht.    H.  SiiDES  C3;    wo  wermul  wechst,   kan   sich  keine 
schlang  enthalten.    Tabernaejioxtanüs  s.  12;    Winterszeit   ent- 
halten sie  sich  in    den  tielinen.    Forer  fischb.  25" ;    also  hat 
der   keiser   den    herzog  Ernsten    und    graf  Weifen  vertriben, 
die  enthielten  sich   in    festen  iluchtliüscren  im  Schwarzwald. 
TscHUDi  1,  It :    er  hat  sich  ein  Zeitlang  bei  seiner  mutter  zu 
Ascalon  enthalten.  ItEisz^en  lerus.  2,75';  alsdann  so  fliehen 
lie    zu     dieser    weiherbnlcken    und    enthalten    sich    darauf. 
Fro^sperc.    kriegsb.  3,146';    Hildesheim,    da   sich  viel   adels 
immerdar  enthaltet.  Kirchhof  «eridunm.  6«';  dusz  dem  armen 
herzogen   schwerlich  ein   einige  statt,   in   dero   er   sich  ent- 
ballen  mochte,  uberig  gelassen  ward,   hietienk.  132*; 
denn  da  der  teurer,  wie  ein  wild, 
•ich  ia  der  wotienel  enthielt.    LoiWAitti  M.  enlh.  D4; 
lehauei.  wo  er  »ich  enthält 
unter  *ller  Treund, 
ob  er  «chlftret  n<ler  wachet, 
ob  er  weinet  oder  lachet.    Fliiino  48; 
immer  Oa^tcn  wir  nach  neuem ,  weil  «ich  krieg  bei  un«  «ni- 

hiilien, 
nun  der  krieg  von  una  eotwichen,  Trafcen  wir  atet«  nach  dem 
allen.    LooAi;  3,  48,  63 ; 


der  Eliser  feld, 
da  sich  die  reine  schaar  der  seelen  itzt  enthalt. 

IloF«ANMswALOAU  ijctr.  sch.  53; 
dahin,  da  must  du  nun  vor  den  verliebten  kommen 
und  da  verborgen  dich  enthalten.    88; 
.  .  .    den  woir,  der  sich  allhier  enthält.    109; 

nebenst  andern  bedienten  enthielt  sich  auch  in  seinem  bofe 
Eginhard.  heldenbr.  1;  so  dasz  dergleichen  schnapphanen  die 
grosze  Schönheit  der  rittmeislerin ,  die  sich  bei  ihnen  ent- 
hielte, untereinander  zu  rühmen  wüsten.  Simpl.  2,130;  in 
welcher  Jungfer  und  dero  Schwestern  gesellschaft  ich  mich 
gute  zeit  bei  einem  bofe  enthalten.  Bltschky  kanzl.  858 ; 
seit  a.  834  enthielt  sich  Lotharius  mehrentbeils  in  Italien, 
erschien  auch  nicht  auf  dem  reichstage  wegen  krankheit. 
Hahn  1, 168 ;  Adalgisus  musle  nach  Corsica  fliehen  und  sich 
eine  Zeitlang  daselbst  enthalten  (ibique  ad  tempus  latuit). 
1,200;  in  den  letzten  jähren  seines  lebens  enthielte  sich 
Otto  mehrentbeils  in  Italien  und  gab  die  teutschen  provinzen 
beinahe  preis.   2,145; 

während  Geron  sich 

zu  Maloank  enthielt.    Wielamd  18,38; 

(loo)  ein  guter  aller  ritler  sich  enthielt.    18,  47. 
vgl.  aufenthalten  und  auflialten. 

2)  sich  unterhalten,  nähren:  der  mensdi  isset,  das  ersieh 
mag  enthalten  und  arbeiten.  Keisersb.  sieben  schwert ;  machte 
sich  davon  in  die  wildnis  und  das  gebirge  und  enthielt  sich 
da  von  den  kräutern.  2  Macc.  5,  27 ;  die  apostel  sollen  essen, 
auf  das  sie  sich  enthalten  und  stark  werden.  Luther  4,291"; 
diesen  zoll  theilen  sie  ausz  zu  irem  eignen  nutz  sich  zu  ent- 
halten und  zu  den  opfern  des  tempels.    Frank  weltb.  10"; 

nur  von  der  luft  enthielten  sich.    Ringwald  tr.  Eckli.  E4". 

3)  sich  erhallen,  grenzt  nah  an  die  vorige  bedeutung  und 
fällt  fast  mit  ihr  zusammen:  damit  dieselbe  räth  sich  uns 
und  dem  heil,  reich  desto  ehrlicher  enthalten  mögen,  reichs- 
oftscÄ.  von  1512.  5, 10 ;  indes  enthalt  uns  dein  wort.  Jer.  15,16; 
und  hell  sich  nicht  am  heubt,  aus  welchem  der  ganze  leib 
durch  die  gelenk  und  fugen  handreichung  empfebet,  und  sich 
aneinander  enthelt  und  also  wechst  in  eine  grösze  die  gott 
gibt.  Luther  2,  lll';  ewiger  got,  was  thu  ich  nu,  ich  sehen 
das  wir  die  leng  nit  erharren  und  uns  enthalten  mögent. 
Aimon  yl;  darum  mogent  sie  {die  belagerten)  sich  nit  lang 
enthalten.  x2'  (heute  sagt  man  'halten');  sich  auf  ihre  weise 
enthalten  und  behelfen  müssen.  H.  Staden,  torr.  von  Drvas- 
DER  B2'. 

4)  sich  an  etwas  halten,  stützen,  aufrecht  erhalten,  vgl.  ent- 
halt 2 :  Gabriotto  den  Orwin  mit  solcher  macht  träfe,  dasz  er 
in  des  ersten  rilts  zu  boden  gerannt  helle,  wo  er  nit  von 
ungeschicht  wegen  sich  an  einem,  so  neben  im  rannt,  ent- 
halten hell,  also  er  sieh  in  groszem  zorn  auf  seinem  hengsl 
enthielt,    buch  der  liebe  243,1; 

die  magd  enthielt  sich  kaum  daselb, 

es  fehlt  nicht  viel,  dasz  sie  so  schier 

auch  in  den  bach  gefallen  wer.    Wolciiot  2,  399; 

er  dennoch  den  Galaor  mit  solcher  Sterke  erreichet,  dasz  er 
mit  aller  gewalt  die  band  auf  die  erden  setzet  und  sich  ent- 
halten must.  Amadisllü;  doch  befand  er  sich  dermaszen  voll 
bluts  und  mit  füszen  gewalkt,  dasz  er  sich  kütnmcilich  auf 
den  boinen  enlhallcn  kont.  134;  und  den  ersten  streich  ver- 
sclzl  er  im  also  auf  den  heim,  dasz  er  sich  mit  den  henden 
auf  dem  boden  enthalten  must.    150. 

5)  sich  enthalten,  abslinere,  se  continere,  wofUr  heute  oft 
bloszes  sich  halten, 

a)  ohne  casus,  parccre,  temj^erare,  sich  massigen,  maszgcn. 
Maaler  104':  da  kund  sich  Joseph  nicht  lenger  enihalten. 
l  Mos.  45,1;  da  aber  die  königin  sähe  alle  weisheil  Salomo, 
....  kund  sie  sich  nicht  mehr  enthalten,  l  kön.  10,5;  word 
er  voll  Zorns  über  Mardachai,  aber  er  enlhiell  sich.  Esther 
6,10;  ich  schweige  wol  eine  zeillang  und  bin  still  und  ent- 
halte mich.  Es.  42, 14;  musz  ich  auch  noch  weinen  im  fuuflen 
monden  und  mich  enthalten,  wie  ich  solchs  gcthan  habe 
nu  etliche  jar?  Zachar.  7,3;  cnlhallct  euch  hie  und  w.nchel 
i/ieipare  aide  xai  yQ*;yoQeTxe,  vulg.  sustinete  hie  et  vigilale). 
Marc.  14,34;  80  iie  aber  sich  nicht  enlhallcn,  so  lasi  sie 
freien,  goth.  i|)  jabai  ni  guhabaina  «ik,  liugandau,  vulg.  quodsi 
non  se  contineant,  nubant.  «Cor.  7,  9;  da  das  fnemon  borte, 
konte  er  «ich  kaum  enthalten,  buch  der  hebe  109, 1 ;  der  rilter, 
sobald  er  die  wort  vcrslandi-n  lictl,  ntociil  er  sich  nimmer 
I  enthalten,  von  stund  an  »ein  »chwert  zucket.  2r.G,  \ ;  können 


553 


ENTHALTEN 


ENTHALTER  —  ENTHALTUNG 


554 


sie   sich   nicht   enthalten    und   steif  darauf  bestehn.    Fbossp. 

3,  143';  ich  kann  mich  kaum  enthalten,  rix  me  contineo. 
Maaleb  104^ 

sprach  zu  dem  gsellen,  hör  was  du  thust, 
ein  wenig  dich  entbalien  niust. 
ich  hab  zu  tbuQ  jeizund  mit  leuten. 

Waldis4,  63.  6/.  281"; 

jedoch  warnet  er  sein  gemahl,  das  sie  sich  etwas  enthielte 
(schonte),  weil  sie  nahe  auf  dem  zil  gienge.    Garg.  82*. 

b)  mit  einem  folgenden  abhängigen  salz:  aber  wann  ich 
bedenk  ir  gebet,  mag  ich  armer  mich  nit  enthalten,  das  ich 
nit  wein.  Tercnz  1499.154'  {Hccyra);  wil  ich  mich  dir  zu  gut 
enthalten,  das  du  nicht  ausgerottet  werdest.  Es.  4S,  9  ;  darumb 
enthielt  er  sich,  das  er  nichts  redet.  ylimonk4';  ihn  so  zuch- 
tiglichen  auf  sein  brüst  traf,  dasz  sich  Wernhart  kaum  ent- 
halten mocbt,  dasz  er  nit  von  seinem  gaul  fallen  thet.  Galmy 
125; 

so  enthah  dich,  ob  du  fliehest, 

dasz  du  nicht  zurücke  sibes'.    Logau  1,  87,  60; 

und  ich  eoibahe  mich  noch  kaum, 

dasz  ich  dein  lob  Ton  neuem  zeige.    Hagedoiu«  3,  132; 

ich  kann  mich  nicht  enthalten  zu  bemerken ;  er  enthielt  sich 
nicht  ihr  ins  gesiebt  zu  lachen. 

c)  mit  dem  genitiv:  der  sol  sich  weins  und  starks  getrenks 
enthalten.   iUos.  6,3;    aber  wer  kan  sichs  enthalten?   Hiob 

4,  2  ;  du  aber,  wenn  du  mit  deiner  braut  in  die  kamer  kernest, 
soitu  drei  tag  dich  ir  enthalten  und  mit  ir  beten.  Tob.  6, 19 ; 
ich  enthalte  mich  aber  des  (goth.  ij)  freidja).  2  Cor.  12,  6 ; 
dann  sie  waren  als  gar  mud  und  ausgearbeit,  das  sie  sich 
kümmerlich,  auf  iren  schilten  geleinet,  fallens  enthalten  moch- 
tent.  Aimon  v  2' ;  sich  weinens  enthalten,  lacrimas  lenere, 
sich  des  kriegs  enthalten,  amiis  abstinere.  Maaler104';  hätte 
dieser  schwarze  sich  nur  eine  nacht  ihrer  (der  sclavin)  ent- 
halten, perx.  rosenlh.  1,42;  enthalte  dich  einer  so  unzeitigen 
hüffart.  Weise  kl.  leute  31S ;  gab  zu  bedenken,  dasz  für  einen 
mann  in  gewissen  jähren  das  sicherste  kosmetische  mittel  sei, 
sich  des  schönen  geschlechts  zu  enthalten.  Götbe  22,  109 ; 
auch  enthielt  ich  mich  von  dieser  zeit  an  alles  neueren,  ge- 
nusz  und  beurtheilung  jüngeren  gemüthern  und  geistern  über- 
lassend, denen  solche  beeren,  die  mir  nicht  mehr  munden 
wollten,  noch  schmackhaft  sein  konnten.  32,176;  Pulci,  dem 
man  den  köpf  abschlug,  weil  er  sich  seiner  eignen  tochter 
nicht  enthielt.  34,  8S.  ungewöhnlich  steht  der  acc.  statt  des 
gen.:  aber  die  harflechten  und  behengung  des  übrigen  golds 
und  perlen  kann  sich  ein  ehrlich  fromb  bider  weih  wol  ent- 
halten. AcRicoLA  spr.  676.  tilgt  man  hier  das  'sich',  so  fällt 
die  redensart  zu  B,  6. 

d)  mit  praepositionen :  von  der  Jungfrau  sich  enthalten, 
wie  Tcrmag  ers?  Terenz  1499.  147'  (Hecyra);  sage  Äaron  und 
seinen  sDnen,  das  sie  sich  enthalten  von  dem  heiligen  der 
kinder  Israel.  3  Mos.  22,  2 ;  wenn  sich  nur  die  knaben  von 
weibern  enthalten  betten.  iSam.  21,  4;  das  sie  sich  enthalten 
von  unsauberkeit  der  abgötter  und  von  hurerei  und  vom  er- 
stickten und  vom  blut.  apostelg.  15,20.29;  enthaltet  euch 
von  fleischlichen  lüsten,  welche  wider  die  seelen  streiten. 
1  Petr.  2,  U ; 

all  frücbt  zu  essen  bab  gewalt, 

vom  holz  des  wissen  dich  enthalt.    Schwahzk5berg  99,  2; 

dieselbigen  haben  sich  von  ihren  weibern  enthalten  müssen. 
Melaschthos  im  corp.  doctr.  ehr.  195;  enthalte  dich  von  eige- 
nem lob.  pers.  baumg.  1,  13;  die  sich  wegen  des  dienstes 
gottes  von  verbotenen  dingen  enthielten.  3,6;  siehe  zu  und 
bemühe  dich  von  leckerhaften  speisen  zu  enthalten  (wo  'dich' 
zu  beiden  rerben  gehOrl).  6,  8 ;  wie  sollen  wir  wol  uns  von 
dem  verbotenen  enthalten  können?  10,2;  nach  Sahualeks 
meinung  war  der  gröszte  und  beste  aller  sultanen  derjenige 
der  sich  alle  tage  seines  lebens  vom  wein  enthielt.  Wieland 
6, 188  ;  welche  beide,  als  hauptpersonen,  die  klugheit  gehabt 
hatten  sich  von  dem  zuge  zu  enthalten.  Göthe  18,144;  so 
sehr  er  sich  von  ihr  zu  enthalten  strebte,  so  würde  er  doch, 
hätte  er  sich  mit  ihr  in  einer  einsamen  laube  befunden,  ihre 
liebkosungen  nicht  unenviedert  gelassen  haben.    18,  213 ; 

trägt  ein  härenes  kleid  auf  bloszem  leibe  und  bat  schon 
lange  vou  wildpret  und  zahmem  fleische  sich  gänzlich  ent- 
halten.   40,  12. 
wer  (d.  i.  enwaere)  aber  ir  mäniiche  sterk  und  kraft  gwesen,  sie 
betten  sich  vor  dem  tod  nit  meher  enthalten  (schützen)  künnen. 
Aimon  gi';  mit  dem  feil  und  leder  des  vihes  si  winters  zeit 


bedeckt  vor  frost  und  kelt  als  in  einer  Stuben  sich  mögen 
enthalten.  FiiA^iK  weltb.  92*;  er  enthalt  sich  trüffenlicb  vor 
fränibdem  gut,  homo  est  alieni  abstinentissimus.  Maaleb  104' ; 
sich  vor  fluchen  und  übelreden  enthalten,  malediclis  abstinere. 
das. ;  und  sich  fürs  Cains  und  Lamechs  und  ander  heidnischen 
gottlosen  und  wüsten  wesen  enthelt.    Mathesics  6'; 

an  welcher  sich  auch  wol  die  allerkeuscbten  allen, 
so  wenig  als  Ruggier,  nicht  betten  koni  enihalien. 
Werders  Ar.  11,  3. 

ENTHALTER,  m.  receptor,  receptaior,  sustentator,  der  eine 
Sache  oder  person  aufnimmt,  bei  sich  behält,  nnl.  onlhouder, 
s.  Haltacs  327:  die  enthalter  der  guter,  erld.  des  landfr. 
1522.  8 ;  aber  gegen  seine  mitverwandten,  anhenger,  enthalter, 
fürschieber,  gönner  und  nachfolger  sollet  ir  dieser  weise  han- 
deln. LüTBER  1,461*;  wie  das  amt  aus  war,  so  nahmen  mich 
die  enthälter,  der  das  haus  war,  uf  ein  ort  und  sagten  mir 
U.S.W.  Götz  vos  Berl.  lebensbeschr.  174;  nun  fragten  mich 
meine  zween  gesellen,  die  enthälter,  was  ich  darzu  sagt  oder 
rathen  wolle?    175. 

ENTHALTMS,  f.  nnl.  onthoudenis. 

1)  receptaculum,  behalt:  das  schif  ist  ain  gemain  vasz,  ain 
gemain  enthaltnis  kostlicher  und  nachgültiger  guter.  Keisers- 
BERG  scJiif  der  penitenz  9*. 

2)  suslentalio,  Unterhaltung:  und  wo  er  sich  (der  gefangne) 
von  seinen  selbs  gutem  in  solcher  gefengnus  zu  enthalten 
nit  vermocht,  so  soll  alsdann  durch  den  ankläger  zu  seiner 
enthaltnus  dem  büttel  sein  gebürlich  wartgelt  nach  erraes- 
suog  des  richters  gegeben  werden.  Carolina  art.  176,  in  dem- 
selben art.  zum  schlusz  steht  underhaltung. 

3)  captivitas,  custodia:  wo  ire  churf.  gn.  des  alles  aigent- 
lich  bericht  weren,  si  wurden  seiner  (des  landgrafen)  be- 
schehener  enthaltnus  gar  kain  befrembden  tragen,  staalsp 
Karl\  «.433. 

4)  prelium,  geholt:  mancher  bildet  ihm  ein,  er  sei  aus 
einem  diamant,  der  bauer  aber  aus  einem  kieselstein  ent- 
sprungen, nicht  betrachtende,  dasz  öfters  aus  einem  kiesel 
der  schünde  diamant  geschnitten  worden  und  der  diamant 
bei  seiner  enthaltnis  viel  unreinen  kies  habe,  da  der  kiesel 
ohne  schlacken  sich  jederman  vorzeiget.  Ettners  Aeframme  15. 

ENTHALTSA.M,  abstinens,  continens,  temperans : 

prüft  das  geschick  dich,  weisz  es  wol  warum : 

es  wünschte  dich  enthaltsam!  folge  stumm.    Göthe  5,  117. 

ENTHALTSAMKEIT,  f.  abstinentia:  der  durch  Übung  und 
enthaltsamkeit  gestählte  körper  nie  abstirbt.  Scblosseb  veltg. 
4, 158. 

ENTHALTUNG,  /".  1)  sustenlatio,  alimentum:  denn  animale 
corpus,  ein  natürlichen  leib,  heiszt  sie  (die  sdirift)  einen  sol- 
chen leib,  wie  er  auf  erden  geborn  wird,  der  da  brauchet 
seiner  natürlichen  enthaltung  oder  narung,  das  ist  essen  und 
trinken.  Lütber  6,262*;  was  zu  enthaltung  der  armen  ver- 
lassen vtidn  en  und  waisen  von  den  alten  gegeben  ist.  8, 175* ; 
das  wir  sollen  der  speise  und  des  tranks  brauchen,  die  er 
uns  zu  leibs  enthaltung  geschafl"en  hat.  Mela.-(chtbo.<(  im  corp. 
doctr.  ehr.  193.    vgl.  Haltacs  327. 

2)  custodia:  langwiriger  gefenglicher  enthaltunge  gewertig. 
Urfehde  des  Henn  Moller  ron  Bruderdiefiach. 

3)  receptaculum:  also  das  christenlich  leben  ist  ain  gemein 
vasz  und  enthaltung  aller  Sünder,  und  es  schlecht  niemand 
aus,  er  sei  wie  schnöd  und  wie  grosz  er  wöU.  Keisersberg 
schif  der  pen.  9*. 

4)  continentia,  abstinentia,  Maaleb  104':  widerkeren  aber 
ist  inwendiger  trost  und  enthaltung  in  frölicher  hofnung. 
LcTBERl,  20*;  und  dis  ist  die  einige  enthaltung  dieses  kaufs, 
das  er  nicht  ein  wucher  sei  und  mehr  thut,  denn  alle  Interesse, 
das  der  zinsjunker  sein  zins  habe  in  aller  fahr.  1,196';  und 
da  wäre  es  denn  ohnstreitig  mehr  lässigkeit  als  enthaltung 
gewesen,  wenn  ich  es  nicht  mit  eines  von  meinen  ersten 
sein  lassen,  mich  auch  hierüber  durch  meine  eigene  äugen 
des  gewissem  zu  belehren.    Lessing  9,  7 ; 

ich  glaub  es,  weil  ichs  weisz.    um  dieser 
enthaltung  willen,  solche  meinungen 
mit  solchem  feuer  doch  umTaszi,  verschwiegen 
zu  haben  bis  auf  diesen  tag.    Schillbr  2S0* ; 

der  character  des  fürsten  berechtigt  uns  zu  dem  zweifei,  ob 
wir  in  dieser  enthaltung  mehr  den  schönen  sieg  der  beschei- 
denheit  ehren  oder  die  kleinliche  gesinnung  des  schwachen 
geistes  bemitleiden  soUen.    949'. 


555 


ENTHANGEN  —  ENTHAUPTEN 


ENTHANGEN,  1)  dependere,  herabhängen: 
seinen  schultern  enihieng  ein  pardelvliesz.    Bürger  206' ; 
muskelig  strotzt  ihm  der  hals  und  dem  hug  enthangen  die 
Wampen.    Voss  Ovid  13,  20. 

2)  fehlerhaft  brauchten  einige  enthangen  ßr  enthSngt  {ge- 
slatlet) : 

so  hat  der  beiige  ralh  aus  sondrer  gunst  enthangen, 
dasz  ihr  beschuldet  haupt  erblasse  durch  das  beil. 

Hallmann  Mariamne  85; 

und  eben  darum  hat  gott  dem  teufel  enthangen  etliche  falsche 
zeugen  zu  thun.    Bctsciiky  kanzl.  755. 

ENTHÄNGEN,  1)  concedere,  nachgeben,  nachlassen,  scheint 
vom  sinnlichen  hängen  lassen  des  zügels  hergenommen,  wie  man 
in  gleichem  sinn  ahd.  hengan,  gihengan  (Graff  4,  766.  769), 
mhd.  hengen,  gehengen,  veiliengen  {tvb.  1,  610.  611)  sagte:  bitte 
des  uwer  gnade,  das  ir  mir  enthengen  wult  bis  uf  ein  zit, 
das  ich  vor  fehde  zu  uwer  keinwertikeil  riden  muge.  urk. 
von  1395  bei  Schannat  dient,  fuld.  292;  und  sol  man  in  nicht 
so  gar  nothwendigen  dingen  etwas  nachgeben  und  enthengen. 
Melanchtho.n  urtel  und  meinutig  vom  exorcismo.  2; 

bekennt  er,  böses  thun  sei  nicht  für  nutz  zu  rechen, 
gesteht  er,  grober  fall  sei  nur  ein  klein  verbrechen, 
kO  hat  sein  ansehn  er  nicht  schlechtlichen  gekränkt 
und  mehr  von  seinem  recht,  als  ihm  gebührt  enihenkt. 

LoG.ui  3,  21S; 
dasz  sein  kaiser  nichts  in  Siebenbürgen  kan 
enthengen  unserm  heisch.    Loiiknstein  Ibrahim  19; 

dasz  der  schlüpferigen  Jugend  unvorsichtigen  fehlem  etwas 
von  der  schärfe  der  gesetze  zu  cnthängen  sei.  Arm.  1, 70 ; 
dem  vieh  gemütsregungen  enthengen.  l,  93;  allein,  wie  ich 
unschwer  enthenge,  dasz  die  würkung  der  gestirne  eine  grosze 
gewalt  ausübe.  1,  433 ;  wie  können  aber  der  Sternen  körper- 
liche einflüsse  leiber  der  seelen  sein,  welche  als  geister  wür- 
diger als  die  Sternen  selbst  sind?  ist  diesen  aber  ja  einiger 
reiz  zu  enthengen,  so  seind  sie  gewis  nur  Wegweiser,  nicht 
kerkermeister.  2,  452.  man  sagte  'gesetzt  nun,  nicht  enthangen', 
posito,  non  concesso,  heute  'gesetzt,  nicht  eingeräumt'  oder 
'zugestanden',  diese  bedeutung  starb  aus  und  mangelt  in  den 
Wörterbüchern  {schon  bei  Henisch,  Stieler  u.  s.  id.),  obgleich 
die  ähnliche  von  verhängen  dauert,  dagegen  fehlt  der  allen 
spräche  die  folgende  sinnliche  bedeutung. 
2)  enthangen,  dependere,  herabhängen: 

dort  tief  im  schatten,  der  dem  forst  der  felsenbucht, 
wie  dein  verwildert  haar,  enthänget.    Voss  6,  189. 

enthangen  «nd  enthangen  mengen  sich  wie  hangen  und  hängen. 

ENTHARNISCHEN,  bei  Stieler  774  entharnschen,  loricam 
exuere. 

ENTHÄRTEN,  mo//tre,  erweichen: 

zwar  man  enthärtet  stahl,  man  kann  den  tiger  zähmen. 

LoHENsTKiit  Agripp.  8,  255; 
solt  auch  durch  diesen  schlag  des  sultans  steinern  sinn 
enthärtet  worden  sein  ?  Ibrahim  39,  359  ; 

Tielleicht   hat  jetzt   ein   mädchen  dein  herz  enthärtet?    nein 
kein  mädchen  hat  mein  herz  enthärtet.    Sal.  Geszner. 
ENTHARZEN,  resina  privare. 
ENTHAUBTEN,  ».  enthaupten. 
ENTHAUCHEN,  l)  fumantem  surgere,  entqualmen: 
was  enthaucht  wol 
solchem  furchtbaren  greueiscblund !    Göthe  41, 195. 

2)  Irans,  exhalare: 

noch  die  Chimära,  die  grasz  lohe  dem  rächen  enthaiicht. 
Voss  Lygdatnus  4,  86. 

ENTHAÜEN,  abtcindere,  avellere,  lothauen,  weghauen,  mhd, 
entbouwen  {wb.  1,  721') : 

embieb  er  das  haupl.    Voss. 

ENTHAUPTEN,  ENTHAUPTEN,  decollare,  mlat.  decapitare, 
mhd.  sowol  enthouhetfn  als  houbeten,  wie  wir  nhd.  kOpfen 
ßr  entkOpfen  sagen,  nnl.  onthoofden.  in  Dieners  beilr.  1, 127 
erscheint  ein  falsches  enthaupen,  woxu  das  part.  entboubet 
f.  entboubetel  leicht  verleitete. 

mhd.  den  phister  hiej  «r  fdhen, 

houbeten  unde  hAhen.    fundgr.  2,  59 ; 

dag  «r  sie  alle  «nihoubeten  hiej.    pats.  K.  304,97; 

bi«t  <r  enihoubeten.    686,63; 

•in  heiiger  leib, 

bieg  sant  Joban«  bsptisla,  ward  entbaubet. 

WoLIKNIT.  $.  2bfl,  H. 

nhd,    der   wart  zn  MeDM  cntboubetet   von   eim  uberioufe. 

CUMKNCII  t.  14; 


ENTHAÜPTSTATT  —  ENTHEBUNG    556 

Hippomenes  sach  manchen  gouch 

vor  im  enthoubten.    Brant  narrensch.  40,  10; 

ain  sig  behielt  er  unerlaubt, 

darumb  der  vatter  in  enihaupt.    Schwarzenb.  119,  1; 

Herodes  in  cnthaupt  on  schuld.    156,2; 

wann  Judit  gott  on  zil  gelaubt, 

und  Holofernera  hat  enthaubt.    158,2; 

und  schicket  hin  und  enthcuptet  Johannes  im  gefengnis.  Malth. 
14, 10 ;  der  gieng  hin  und  entheubte  in  im  gefengnis.  Marc 
6, 27 ;  und  Herodes  sprach,  Johannem,  den  habe  ich  ent- 
heubtet.  Luc.  9,  9.  ahd.  steht  forboubitün  und  golh.  haubij) 
afmaitan. 

ENTHAUPTSTATT,  f.  locus  decollationis :  item  so  man  dann 
einen  galgen  oder  ein  enthauptstatt  mawren  will,  soll  es 
darzu  nottürftiger  mawrcr  halb  allermaszen  wie  oben  von  den 
Zimmerleuten  gesalzt  ist,  auch  gehalten  und  gehandelt  wer- 
den.   Carolina  art.  217.     vgl.  hauptgrube. 

ENTHAUPTUNG,  f.  decollatio:  die  enthauptung  Johannis. 
Gottsched  suchte  das  wort  in  die  grammatik  einzuftihren : 
die  erste  art  der  Verkürzung  geschieht  auch  im  anfange  des 
Wortes  und  heiszt  aphaeresis,  die  enthauptung.  man  beiszt 
nemlich  manchen  Wörtern  in  gewissen  mundarten,  so  zu  reden, 
den  köpf  ab.    deutsche  sprachkunst  1757  s.  530. 

ENTHAUPTUNGSBLOCK,  m.  Albanos  herz  ruhte  auf  der 
zeit  wie  ein  köpf  auf  dem  enthauptungsblock.  J.  P.  Tit.  4,26. 

ENTHÄUTEN,  spoliare  corio,  die  haut  abziehen,  gleichviel 
mit  häuten :  aller  ir  leib  geschunden  und  cnlheul  war.  Buce. 
2, 107'; 

bog  man  des  viehes  hals  empor 
zum  schlachten,  drauf  enthäutete  man  es.    Bürgkr  147V 

ENTHEBEN,  tollere,  golh.  andhafjan,  ahd.  intheffan,  n;i/. 
ontheffen. 

1)  die  goth.  bedeutung  von  antworten,  das  wort  nehmen  oder 
erheben  begegnet  in  den  übrigen  dialecien  nicht. 

2)  entheben  mit  dem  acc.  der  sache  ist  wegnehmen,  auf- 
heben : 

mein  leben  beinah  ganz  vergraben 

hast  aus  des  dots  gruben  enthaben.    Melissus  ps.  L8*; 

wenn  wir  unsre  herden  scheren 

und  entheben  ihre  woll.    Spee  truttn.  310(282). 

3)  entheben  mit  acc.  der  person,  gen.  der  sache  drückt  aus 
entledigen,  erledigen,  überheben :  damit  die  armen  übriger 
last  und  beschwerung  enthoben  bleiben.  Haltaus  327,  wo 
noch  mehr  stellen;  euch  nit  lang  aufzuhalten  und  gegenwer- 
tiger unruh  und  aller  ausred  zu  entheben.  Garg.  217*;  sol- 
cher unerträglichen  last  ihn  zu  entheben  flehenlich  gebeten. 
Erpach  gegen  Löwenslein  21; 

also  wer  in  dem  büchlcin  hie 

nicht  weisz  was  er  thu,  was  er  flieh, 

derselb  des  büchleins  sich  entheb.    Amadis  s.  450; 

die  dichter  würden  dadurch  des  nachtheiligen  und  nicht  immer 
vermeidlichen  zwanges  enthoben,  sich  einer  menge  von  schick- 
lichen Wörtern  und  redensarten  nur  darum  nicht  bedienen 
zu  können,  weil  sie  nicht  in  die  gewöhnlichen  jamben  pas- 
sen. Wieland  4,  xiii;  nun  ist  dein  vater  aller  sorge  ent- 
hoben. TieckU,  297;  die  uns  auf  immer  aller  noth  enihobe. 
ges.  nov.  10, 149; 

er  will  mich  gern  enthoben  joder  schuld.    Platen  189; 
er  wurde  seines  amtes  enthoben,  entsetzt. 

4)  statt  des  gen.  dienen  auch  praeposilionen:  und  wenn  es 
schon  dahin  käme,  dasz  man  ihn  zu  dem  galgen  führe  und 
er  schon  den  strick  am  halse  habe,  wolle  er  ihn  dennocht 
wol  vor  allem  leid  entheben.    Galmy  239. 

5)  ace.  der  sache  und  dat.  der  person,  oder  aee.  der  person, 
dat.  der  sache: 

als  er  solches  geredet,  enihuh  er  die  ehrene  lani  ihm. 

Od.  16,40; 
drinnen  entbüb  uns  ft-öhiich  gepäck  und  stAbe  der  gastfreuod. 

Voss  3,  13»; 
und  huscht  gesrhioszner  augenlieder 
hin,  hiT  des  daches  steiUien  bug, 
als  hielte  geistiges  getledor 
enthoben  ihn  dem  erdeazug. 

Linau  n.  g«d.  236  (der  nachtwnndter). 

ENTHEBLICn,  gravis,  ßr  erheblich:  «o  solche  articul  dI* 
cnlheblich  zugelassen  sind,    cammerger.  ordn.  ron  l.^23.  3,  6. 

ENTHEBUNG,  f  so  will  er  gleirhwol  zu  enlhehung  rerhl- 
lichcn  bescbeids  denselben  gewalt  hieniit  zugelassen  linhen. 
Atur  proe.  3,4. 


557 


EXTHEFTEX  —  EXTHELLEN 


ENTHELMEN  —  ENTHÜLSEN 


558 


ENTHEFTEN,  solvere,  losknüpfen,  alls.  antlieflian,  nnl.  ODt- 
hechttn : 

f\m  dö  er  enthafl 

TOD  dirre  gevengnisse  wart.    Jerosch»  49*. 

ENTHEGEN,  rumpere  seplum: 

indessen  ihr  geschwelgt  auf  meinen  göiern, 
mir  die  geheg  enihegt,  gefällt  die  forste, 
whilst  Tou  have  fed  upon  mr  signories, 
dispark'd  mv  parks,  and  fellff  m?  foresiwoods. 
Richard  11.  3, 1. 

ENTHEILIGEN,  profanare,  poUuere,  entKeihen,  vnl.  ont- 
beiligen : 

wan  wersiu  von  nature 

rain  lauter  dar  und  pure, 

»0  Wirt  niemant  Termeiligt 

enteret  und  entheiligt,    meisterl.  23  n*  84 ; 

wer  den  sabbat  enlheitiget,  der  sol  des  todes  sterben.  2  Mos. 
31,  1-1 ;  das  du  nicht  entheiligst  den  namen  deines  gottes. 
3  Mos.  18,  21 ;  denn  sie  legen  ire  hende  an  seine  fiiedsamen 
und  entheiligen  seinen  bund.  ps.  55,  21 ;  sihe,  ich  wil  mein 
Leiligthum,  ewrn  höchsten  trost,  die  lust  ewr  äugen  und 
ewrs  herzen  wündsch  entheiligen.    Ei.  24,  21 ; 

des  göttlichen  lebens  beginn  entheiligen.    Mess.  3,312; 
du  verlorner!  dies  wäre  dir  besser,  als  dasz  du  den  mittler 
und  der  jünger  erhabnen  beruf  unedel  entheiligst.    3,411; 
auf  der  entheiligten  erde.    11,227; 
der  richter  zürnt, 
dasz  unsre  missethat 
uns  so  entheiligt  hat, 
dasz  wir  verwesen  müssen.    Klofstock  7,  97 ; 

räche,  räche,  räche  dir,  grimmig  beleidigter,  entheiligter  greis  I 
Schiller  136*;  ich  hab  einen  engel  entheiligt,  mich  mir  selbst 
zum  Scheusal  gemacht.   Wag.ner  die  kindcrmörderin  44. 
ENTHEILIGEH,  m.  profanator: 

des  bettes  entheiliger.    Aen.  6,  623. 

ENTHEISZ,  m.  volum,  gelübde,  ahd.  antheij  (Graff  4, 10S7), 
mhd.  antheiä  (fc<>.  1,  659"),  nhd.  selten:  leistung  seiner  gelübd 
und  entheisz.  Keisersberg  seelenp.  I4l'.  Diefenbacb  629'  hat 
das  gleichbedeutende  geheisz.  das  verbum  ahd.  antheijan  spon- 
dere  kommt  nhd.  nicht  vor. 

ENTHEITERN,  affligere,  gegensatz  von  erheitern: 
angenehm  ist  es,  wenn  zween 
eben  die  meinuug  vereint,   da  schallt  der  entheiternde  strausz 

nicht.    Klopstoce  2,  174; 
aber  kein  streit  ist  über  tiefes  schweigen, 
kriegeselend,  von  dir.    ach  wenn  erinnrung 
deiner  mich  entheiterte,  dann  war  ich  der 
schuldige,  sie  nicht.  7,  40. 

ENTHELFEN,  dejuvare,  nit  helfen,  hilf  abschlahen,  schaden. 
Maaler  104';  es  hiesz  formelhaß  'weder  helfen  noch  enthel- 
fen' Haltacs  327 ;  'helfen  ist  oft  enthelfen'.  Leümann  1,  406 ; 
dies  'helfen  und  enthelfen'  begegnet  oft  in  den  iceisthümern, 
X.  b.  3,  SSO.  5S6.  5S7.  594 ;  von  auswendig  scheinets,  als  sei 
das  reich  verdampt,  als  sei  es  verlassen  und  entholfen,  aber 
inwendig  ist  eitel  friede  und  helfen.  Lcther  3,  430';  das  recht 
ist  umb  des  gewissens  willen  und  nicht  das  gewissen  umbs 
rechts  willen,  wo  man  nu  beiden  nicht  zugleich  helfen  kan, 
da  helfe  man  dem  gewissen  und  enthelfe  dem  rechten.  5,  257" ; 
so  sollen  unsere  rätlie  den  beiden  theologis  zu  gemüth  führen, 
dasz  durch  diesen  rathschlag  den  landen  geholfen  und  ent- 
holfen {geschadet)  werden  kann,  churßrst  Moriz  bei  Melanch- 
thon  7,112;  jene  heiligen  hülfen  den  lüten,  dise  enthelfen 
in.  Wicel  evang.  Luthers  g2;  inen  würde  villeicht  entholfen 
durch  ir  eigen  freunde,  da  inen  durch  frembde  leut  sonst  zu 
gut  und  eren  geholfen  wird.  Agricola  spr.  140;  als  wenn 
ich  hundert  männem  zehen  guldin  von  eim  armen  man  seit 
einbringen,  so  were  eim  nit  mer  dann  zwen  blappart,  damit 
were  in  nit  geholfen  und  diser  verderbt  und  entholfen.  Frank 
paradoxa  97";  wen  ich  glücklich  machen  wollte,  über  den 
brachte  ich  leiden,  wem  ich  helfen  wollte,  dem  enthalf  ich. 
Pestalozzi  II,  255.  in  dem  hübschen  brief  an  seine  gevatlerin 
Jost  vom  }.  1530  setzt  aber  Lcther  enthelfen  im  sinne  von  helfen, 
davon  helfen :  so  hoffe  ich,  gott  werde  auch  von  des  leibes 
last  gnediglich  cnthelfen,  und  wollt  gott  dasz  ein  paar  würde, 
ich  gedenk  aber  es  werde  ein  töchterlin  sein,  die  machen 
sich  so  seltsam,  sperren  sich  und  musz  inen  ein  grosz  haus 
zu  enge  sein,  gleichwie  die  mütter  auch  thun,  die  einem 
armen  mann  auch  die  weit  zu  enge  machen,    br.  4,  7. 

ENTHELLE.N,  dissonare,  dissentire:  sie  enthüllen  und  zer- 
fielen in  irem  urteil.   Tscuidi  2,  494.    gegensatx  :u  gebellen. 


ENTHELMEN,  nudare  galea,  den  heim  abziehen. 
ENTHEltZEN,  animum  frangere,  entmutigen: 

durch  disen  harten  stürm 
eniberzet  und  mutlos.    WECKaERLi<i  62; 
die  wahren  schriften  melden, 
dasz  Alexandern  nie  entherzet  eine  scblacbl.    FLBai.>Gl54; 
meine  brüst  ist  ganz  entherzt.    Leccoleo.x  172; 
wie  soll  dein  herze  nun,  o  Juno  meines  lebens, 
so  gar  eniberzet  sein,  von  liebe  auseebrani? 

pot.  slockf.  149; 

lieng  an  entberzt  zu  werden. 

gan  vail  his  stomach.    second  pari  of  Henry  IV.  1,1. 

ENTHEBZOGEN:  haben  wir  sie  doch  entherzogt  (noi  gli 
abbiamo  isducati)!  wir  wollen  keine  herzöge  mehr.  Götuk 
34,  260. 

ENTHIRNTN,  cerebro  privare. 

ENTHITZEN,  calorem  propulsare:  die  luft  wird  enthitzt, 
kühlt  sich  ab.    Stieler  823. 

ENTHOLZEN,  ligno  nudare,  den  wald  entholzen,  das  holt 
forstmäszig  abschlagen. 

E.NTHÖRE.N,  abnuere,  denegare.  Stieler  859 :  ich  bitte,  er 
wolle  mich,  nicht  enthören,  peto  ne  deseras  implorantem.  nicht 
bei  Frisics,  Maaler,  Hemsch,  Frisch,  Haltacs.  das  buch- 
stäblich entsprechende  goth.  andhausjan  bedeutet  umgekehrt  er- 
hören, exaudire. 

ENTHÖRNEN,  comu  privare:  sehen,  wie  der  aries  aus 
seinem  gestreif  aufsteigend  sich  streuszet  und  von  seinem 
hörn  enthörnet  wird.  Fischabt  groszm.  131,  m.  I.  aber  'nicht 
enthörnet',  bei  Rabelais:  et  n'est  de  sa  come  escorne; 

dann  zeigen  wir  uns  all,  enthörnen  ihn, 
we'U  all  present  ourselves,  dishorn  ihe  spirii. 

vires  of  Windsor  4,  4. 

ENTHÜFEN,  exungulare,  des  hufes  berauben. 
ENTHULDEN,  gratia  privare: 

und  wie  dann  habs  verschuldet, 

womit  bab  ihn  entrust, 
dasz  aller  gnad  enthuldet 

ich  ihn  verlieren  must  ?    Spke  trulzn.  65  (60). 

ENTHÜLLEN,  nudare,  revelare,  aufdecken,  goth.  andhuljan, 
nnl.  onthullen: 

1)  enthüllt  aus  dem  deckelkorbe  die  lassen. 

Luise  ausg.  i.  h.  29 : 
und  stellte  den  duftenden  korb  auf  den  leppiob, 
stolz,  indem  er  vom  laub  ihn  eiithüliete.    47. 
{frülier:  von  dem  bedeckenden  laub  ihn  entledigend). 

2)  aber  enthüll,  Sionilin,  der  qualbelasteteo  hölle 
tiefen  nicht  weiter.  Kiopstock; 

und  schön,  wie  dieser  tag,  erheilt  von  Hvmens  kerzen, 
steht  dein  gescbick  vor  meinem  blick  enlhüllt. 

Götter  1,  255; 
ein  andrer  mag  den  schleier  einst  enthüileo. 

GÖKINGK  1, 147; 
enthülle  du  dies  wunderbare  räihsel 
der  vorsieht  mir.    ScaiiLsa  246*. 

3)  sich  enthüllen : 

wann  mit  spiel  und  tanze 
mir  dein  maigeflid 
sich  im  rosenglanze 
zauberisch  enlhüllt.    Mattbisso.n  143; 
enthüllt  sich  jährlich  weit  und  breit 
die  maienzeit 

mit  lustgem  vogelschalle.    Platbr  11 ; 
sah  wie  der  jüngling  auf  einmal  zum  mann  ward,  sah  wie  der 

greis  sich 
wieder  verjüngte,  das  kind  sich  selbst  als  jüngling  enthüllte. 

Götue  40,  294. 
ENTHÜLLERIN,  f  revelatrix: 

wo  vor  der  heiligen  enthüllerin 
des  Schicksals  einst  das  herz  der  menschen  schauen. 

A.  W.  SCULKCEL. 

ENTHÜLLUNG,  f.  revelatio. 

ENTHÜLSEN,  eximere  valvulis,  aushülsen,  oß  bei  J.  P. : 
sollten  wir  einmal  enthülset  werden.  Kamp.  50;  um  diesen 
Vischnu  in  seinen  zehn  menschwerdungen  immer  zu  verfolgen 
und  zu  enthülsen,  jubeis.  81;  er  enthülsete  immer  mehr  an 
seiner  kleinen  gesellschaftsdame.    Hesp»  1, 184 ; 

wer  um  lodte  trauret, 

glaub  es,  ewig  daurei 

nicht  der  aussaat  zeil. 

aus  enthülster  schale 

keimt  im  todesthale 

frucbt  der  ewigkeil.    Saus  98; 

der  auf  ein  feld  von  ühren 

jedweden  Strohhalm  zoll  für  zoll 

vergleichen,  mes.«en  und  gewahren, 

niu*  nicht  emhühen  soll.    TuüaiKL  6,309, 


559 


ENTHÜLSUNG  —  ENTKEIMEN 


ENTHÜLSUNG,  f.  dasz  du  nicht  herausbekommen  kannst, 
was  die  jetzige  enthüllung  und  enthülsung  der  weiblichen 
arme,  busen  und  rücken  bedeuten  soll.    Iksp.  von.  xvi. 

E.NTHLMPELN,  tilubantem  discedere: 

triefend  enttiumpelt  der  Junker  und  murrt  durch  tlial  und  ge- 
hölz  fori.     Voss  2,  142. 

ENTHÜPFEN,  salire,  davon  hüpfen,  nnl.  onthuppelen:  der 
laubfrosch  enthüpfte  durch  das  gras ; 

jung,  rüstig  und  heiler 

eniuüpf  ich  ins  fcld.    Oveabeck  verm.  ged.  50. 

ENTIRREN,  aberrare,  verirren: 

0  so  misgönnt  doch  nicht  die  tbeur  erkaufte  lust 
den  ihrer  pQicht  entirrien  seelen.    Wiela.-hd  10,  309. 

ENTISCH,  analarius.  Dasypodids  320".  bei  Stieler  382 
enticht  anatinus. 

ENTISCH,  mm«,  ungeheuer,  gleichviel  mit  enderisch  sp.  460, 
enterisch  sp.  512  und  eoz: 

ist  er  mit  seim  essen  so  entisch.  H.  Sachs  I,  451'; 
du  bist  entisch,  grenlisch  und  wunderlich.  1,463*; 
mit  Worten  scharpf,  enlisch  und  grenlisch.    IH.  2,33V 

ENTJAGEN,  equo  avolare,  davonjagen,  nnl.  ontjagen. 
ENTJAUCHZEN,  clamore  eripere: 
und  dem  schlaf  enijauchzt  uns  der  matrose.    Göthe  2,75. 

ENTJEHEN,  abjudicare,  absprechen,  entziehen  ?  underwind 
dich  keiner  solcher  bind  der  cur,  sonderlich  erwer  oder  sper 
dich  genzlich  danvider,  auch  was  dir  müglich  (quälend)  und 
sorglichen  ist,  soll  du  nit  lieb  haben  (meiden),  noch  lange 
gebind,  wann  alle  disz  schmerzen  und  enljehent  dir  dein  lob. 
Bracnschweig  chirurgia  1539  bl.  75.  man  möchte  den  älteren 
druck  von  1497  nachsehen,  wo  vielleicht  stände  enjehent,  mit 
der  alten  negalion  (sp.  445)  und  dem  sinn,  die  langen  binden 
und  quälenden  gedanken  schmerzen  dich  verwundeten  und  ver- 
künden nicht  dein  lob,  dasz  du  die  kur  muthig  ertragest,  dann 
wären  wir  des  verbums  entjehen  überhoben,  dem  auch  kein 
ahd.  inljehan,  mhd.  enjühen  zur  seile  tritt,  obschon  es  im  Zu- 
sammenhang ungefähr  dasselbe  ausdrücken  würde,  die  abnei- 
gung  gegen  lange  binden  bleibt  in  der  suche  dunkel,  [durch 
eine  andere  stelle  in  demselben  buch  wird  die  vermutete  bes- 
serung  bestätigt,  bl.  34  steht:  das  sie  nit  entmügen  an  ihre 
wunden  wider  kummen,  deutlich  enmügen,  nequeunt.  auch 
in  Keisersberg  bilger  122'  steht  verdrudcl  entaeiszwen  ßr  en- 
neiszwen,  wovon  oben  sp.  445.] 

E.NTJOCHEN,  jugo  exuere,  abspannen,  mhd.  enw6ten,  los- 
binden, nhd.  enlwetten : 

sie  fliehn,  wie  jung  entjochte  stiere, 

like  youthful  steers  unvokd.    second  pari  of  Henry  IV.  4,2; 

die  rosse  von  Venedig 

eutjocbten  sich  sogar.    Platem  41 ; 

dasz  der  entjochte  mensch  jetzt  seiner  pflichten  denkt, 

die  fessel  liebet,  die  ihn  lenkt.    Schiller  25*. 

ENTJÜNGEN,  auferre  uberibus,  entwöhnen: 
die  kindlin  lassens  nit  enijungen.    Waldis  päiistisch  reich  Ff  4'. 

ENTJUNGFERN,  devirginare,  enlmägden,  fr.  depuceler: 
Dlumona  ward  entjungfert,    da  solches  war  geschehen, 
verschwur  sie  baut  und  haare,  sie  hett  es  nicht  gesehen. 
LocAU  3,  110,  86. 

man  findet  auch  geschrieben  entjunpfern. 

ENTJUNGFERUNG,  f.  Locau  2,153,72;  es  gibt  eine  ge- 
wisse jungferschaft  der  seele  bei  den  mädcben  und  eine  mora- 
liscbe  entjungferung.    Lichte.nberc  1, 143. 

ENTKANTEN,  margine,  angulo  privare:  der  granit  verwit- 
tert sehr  gern  in  kugel-  und  eiform.  man  hat  daher  keines- 
wegs noihig,  die  in  Norddcutschlund  häufig  gefundenen  blocke, 
solcher  gestalten  wegen,  als  im  wasser  hin  und  liergeschuben 
und  durch  stoszen  und  walzen  enteckt  und  entkantet  zu  den- 
ken. GöTiie  50, 124.  m  der  mathematik  heiszl  ein  polyeder 
entkamen  alle  kanten  desselben  abschneiden. 

ENTKAPPEN,  cucullo  privare: 

die  lafel  ihrer  zier,  de«  tuches,  i*t  enikapi. 

ScBBkrcRS  Grobian  159. 

ENTKEGEN,   in  büchern  des  16  jh.  noeli  zuweilen  für  ent- 
gegen geschrieben,  z.  b.  bei  Micräliui  1,  49. 
ENTKEIMEN,  progerminare,  nnl.  ontkicmcn: 
«nikeimie  kofl.    Rrociei  1,  470; 

••  eoikeim«  dereioti  dem  (rt*unkaen  vebein« 
•ofmMiituif.  U«Miia$  17.  416; 


ENTKERKERN— ENTKNÄULEN     560 

dein  gedenk  Amanda  noch  und  weine 

wenn  der  gruli  schon  dunkles  moos  entkeimt. 

Matthissok  14S; 
dem  dunkeln  schosz  der  heilgen  erde 
vertrauen  wir  der  bände  ihai, 
vertraut  der  snmnnn  seine  saat 
und  hofl,  dasz  sie  entkeimen  werde 
zum  segen  nach  des  himmels  raih.    Schiller  78*; 
deiner  leiden  entkeimt  jedem  ein  blühender 
zweig  zum  kränze  des  lohns.    Cur.  Stolberc  1,24. 

ENTKERKERN,  liberare  careere,  nnl.  onlkerkeren: 
cnikerkerle  gefangner  weiber 
ein  ganzes  Türkenparadies.    Maithisson  288 ; 
nun  entkerkert  aus  der  erde  schranken 
fleugt  er  auf  zu  seines  ahnhcrrn  thron. 

Gries  in  Schillers  musenatm.  1798  «.172. 

ENTKERKERUNG,  f.  auch  liesz  er  sich  Lianens  entker- 
kerung  mit  darum  gefallen.    J.  P.  Tit.  3,  89. 

ENTKERNEN,  enucleare,  nnl.  entkernen :  erbsen  entkemea 
(orfer  auch  blosz  kernen); 

der  sich  am  creuz  liesz  nackt  entkernen  (?) 

laut.  warh.  von  Urodtkorb  403; 
das  grab, 
in  das  man  unsres  leibs  entkernte  schalen  legt. 
Wbrnike  57. 

ENTKERZEN,  candela  privare.    Stieler  954. 

ENTKETTEN,  catena  solvere,  losketten,  nnl.  ontketenen: 
gleich  darauf  trat  er  stark  und  frei  heraus  wie  ein  entket- 
teter  riese.    J.  P.  Tit.  4,  35. 

ENTKLAüEN,  exungulare,  bei  Maaler  104'  cntkläuwen, 
die  klauwen  dannen  thCin,  ein  thier  seiner  kläuwlinen  be- 
rauben,    nnl.  ontklaauwen. 

ENTKUEIDEN,  e^ruere  veste,  nudare,  nnl.  ontkleeden. 

1)  sinnlich,  sintemal  wir  wollen  lieber  nicht  entkleidet, 
sondern  uberkleidet  werden  (ni  vileima  afliamon,  ak  ana- 
hamön).  2  Cor.  5,4;  die  rSuber  entkleideten  alle  gefangnen; 
schnell  entkleidet  er  sich  und  springt  ins  bad;  reizend  war 
sie,  indem  sie  sich  entkleidete,  schön,  heilich  schön,  als  das 
letzte  gewand  fiel.    Göthe  ig,  218; 

und  wenn  sie  abends  sich  entkleidet, 
dann  ist  sie  erst  recht  schön. 

EscuBNBURG  Lukas  und  Hatmchen  34 ; 
wie  Marsyas  das  nackte  fleisch  entkleidet.    Gü.ntuer  49t. 

2)  abslracl,  da  man  die  unmüglichkeit  des  gethanen  Schusses 
gar  entkleiden  (blosz  legen,   darlhun)  wolle,    pol.  colica  232 ; 

oft  hilft  mir  Tacitus  der  groszen  stolz  entkleiden, 
das  raihselbafte  herz  der  menschen  zu  verstehn. 

Hagedorn  1,  28; 
entkleiden  musz  sie  sich,  entkleiden 
bis  auf  die  seele.    Amadis  gcs.  7  ; 

er  entkleidete  sich  von  allem  schein.    Wieund  3, 359 ; 
bis  der  gott.  des  irdischen  entkleidet, 
flammend  sich  vom  menschen  scheidet 
und  des  äihcrs  reine  lüfte  trinkt.    Schiller  73'; 

Wieland  und  Göthe  waren  ganz  andere  menschen,  ehe  der 
eine  sich  in  farccn  und  der  andere  in  Mcrcurabhandlungen 
entkleidete.  Lichte.nberc  1,  304 ;  die  band  des  todes  hatte 
gleichsam  auf  die  hülle  den  wiederschein  des  frischen  stillen 
niorgenlichts  gemablt,  das  jetzt  den  entkleideten  geist  umgab. 
J.  P.  Tit.  1,188;  dort  im  blauen  glimmenden  abgrunde  wohnt 
alles  grosze,  was  sich  auf  der  erde  entkleidet  hat.  Uesp.  . . . 

ENTKLEMM K.N,  exlricare,  losklemmen.    Stieler  965. 

ENTKLEITERN,  descendere,  demiui,  herabkletlem,  nnl.  ont- 
klauteren : 

gleich  .schwarzen  phaniomen 

cntkleitern  die  gnomen, 

in  wolkiger  nflcnl, 

dem  dunstigen  schnchl.    Matthissom  150. 

ENTKLIMMEN,  descendere,  nnl.  ontklimmen : 
welchen  krummen  wegen  dos  dornichien  grubcins  entklonim  er, 
ch  er  zum  lichte,  du»  ihn  von  goit  umleuchtet,  emporflog. 

Messias  10,  277. 

ENTKLINGEN,  resonare: 

und  Kic  sn.ii  und  lehnte  sich  sann  nuf  eine  harfe, 

der  ein  weinender  laut  eniklang.    Messias  15,346; 

dcK  hcrzonit  hingen  hei<t  und  innig, 

die  lied  geworden  ihm  eniklangen, 

hat  deine  «ecla.  iiet  und  sinnig. 

yelreuer  alt  mein  lied  empfangen.    Lt.«iAU  neutrt  grd.  109. 

ENTKNAULEN,  deglomerare,  exlricare,  auseinanderwickeln: 
•flmtliclie  jungen  entknüulten  sirh     Hoitei   Lammfell  2,100. 


561 


ENTKNEBELN  —  ENTKÖRPERN 


ENTKÖRPERUNG  —  ENTKUPPELN 


562 


ENTK>EBELN,  fustern  eonstrinyenlem  solvere,  losknebeln, 
s.  die  stelle  uuler  entknöpfen. 

ENTKNECHTEN,  liberare,  tindicare  in  liberlalem.  Stie- 
lEB  995. 

ENTKNÖPFEN,  laxare  fibulam,  orbiculum,  aufknüpfen,  los- 
knOpfen,  fr.  deboutonner,  nnl.  ontknoopen :  den  wams,  rock, 
die  hose  entknöpfen;  derhalben  mein  liebe  wamstknüpf,  auch 
ihr  wamsLknebel,  entknöpfet  und  entknebelet  mir  disen  mei- 
sterlichen weberknopf,  schneidet  dapfer  in  disen  zusammen- 
gelegten faden,  ich  kan  ihn  wider  ganz  machen  oho  schaden. 
Garg.  287";  schön  von  der  rose: 

alsbald  entkoöpfend  sie  aufstehet 

aus  ihrem  läger  grün  und  new.    WicxHUtni  S83. 

e;  ist  gan:  das  folgende  entknospen,  da  die  knospe,  gemma 
auch  ein  knöpf. 

ENTKNOSPEN,  progemmare,  aus  der  knospe  treten,  vgl. 
knospen,     von  einem  todten  kinde: 

wol  dir,  obgleich  entknospet  kaum, 

Ton  erdenlilst  und  sinneniraum, 

TOD  schmerz  uad  wahn  geschieden!    HiTTBisto.t  195; 

hoch  in  der  zukunH  hain 

entknospet  ros  auf  rose, 

den  weg  dir  zu  bestreun.    37. 

ENTKNOTEN,  ENTKNOTEN,  nodo  solvere,  enodare: 
meister  Dionrsi,  nu  sage 
nach  einer  vfäge.  als  ich  jage, 
die  bite  ich  daj  du  mir  eniknotes.    patt.  K.  bAl,  $9; 
doch  mein  fesselndes  band  entknoteten  selber  die  göuer. 

Od.  14,  348 ; 
bald  zupfest  du  an  Piatons  groszem  knoten, 
der  durchgehauen  oft,  doch  nie  entknotet  ward, 
ob  uosrer  seele  noch  ein  «ternenleben  harrt. 

Kl.  Schmidt  poel.  br.  53. 

ENTKNOTIGÜNG,  f.  enodalio,  fr.  denouement: 
(«0  das:)  wir  gleichwol  die  eniknotigung 
des  frommen  mönchromans  erfahren.    Wibla5d  21,  297. 

tgl.  verknotigung. 

ENTKNÜPFE.N,  solvere,  enodare,  ahd.  inchnuphan  (Gbaff 
4,  583),  losknüpfen.  Maaler  104*.    Stieler  999.    Rädlein  241". 

ENTKOHLE.N,  carbone  solvere:  entkohlen  des  Stahls  durch 
glühen  zwischen  eisenfeile,     vgl.  Karmarsch  1,  is. 

ENTKOMMEN,  elabi,  evadere,  enlrinnen,  davonkommen, 
Jeroscbis  78'.  135",  zuerst  aufgeführt  bei  Stieler  1004,  nnl. 
ontkomen : 

mein  einig  kind  ist  mir  entkommen  {weggekommen). 

WiLDis  3,  96; 
disi  thun,  durch  welches  ihr  euch  gänzlich  vorgenommen, 
inkünfiig  aller  lieb  und  heirat  zu  entkommen.    Opitz  2,  SO; 

der  windenschlupf  ihm  {dem  bogenschülzen)  entkam.  Garg. 
181* ;  inzwischen  entkam  der  mensch,  pers.  baumg.  2,  22  ;  als 
ich  kaum  von  meiner  zarten  kindheit  entkommen  {aus  der 
kindheil  getreten  war).  Bctscbkt  kanzlei  646;  wir  wären  zu 
rechter  zeit  der  französischen  grenze  miteinander  entkommen. 
Arm«  2, 158 ;  mein  hund  ist  mir  entkommen  (entlaufen) ;  alle 
gefangnen  entkamen  unterwegs; 

wenn  ich  der  frömmler  gaukelein  entkommen, 

so  sei  der  dank  dafür  an  dich  gewendet.    Platm  100. 

unpersönlich,  mir  entkommt,  entrinn/,  entgeht: 
es  ist  ohne  disz  ein  schatten 
unser  leben,  lust  und  wir. 
uns  entkommet  für  und  für, 
was  wir  sonst  in  volhnacht  hauen.    Fleiing  375. 

ENTKOMMENG,  f.  evitalio,  fuga.  Stieler  1005:  zu  ent- 
kommung dieser  äuszeristen  noth.  Erpaeh  gegen  Löioenstein  2t ; 
seine  erste  reise  dahin  that  er  sogleich  nach  seiner  glücklichen 
enikommung  aus  dem  reiche.    Lessisc  6, 102. 

ENTKONIGEN,  privare  regis  dignitate,  nnl.  ontkoningcn. 

ENTKÖPFE.N,  ira*  enthaupten,  heute  köpfen:  do  hiej  in 
der  kaiser  mit  der  barl  enchüpfen.    gesta  Rom.  K.  s.  36. 

ENTKORKEN,  obluraculo  liberare,  entpfropfen,  enlslöpfeln: 
eine  Oasche  entkorken,     nnl.  onlkurken. 

ENTKÖRPERN,  corporis  vinculo  solvere.  Stieler  1016: 
eoikörpere  die  seel  aus  diesem  sündenkoih!  Czepko  hs.; 
sich  zu  entkörpern  scheinen.    Brockks  1,417; 

mit  einem  menschen,  der  sich  in  den  mondschein  setzt  und 
betrachtungen  ober  das  glück  der  entkörperten  geister  an- 
stellt. WiELAXD  1,  94 ;  die  menschen  zu  entkörpern,  um  sie 
in  die  classe  der  mathematischen  puncte,  linien  und  drciecke 
III. 


zu   erhöhen.    1,  157;    der   zustand   der   entkörperten   seelen. 
1,237;  in  der  reinen  wonne  entkörperter  geisler.    2, 1S6; 
um  diese  zu  berücken 
entkörpert  sich  der  schalk  und  spielt  den  reinen  geist.    5,170; 
jetzt  entkörpert  steh  ich  da.    Scbillkr  2'; 
heutiges  tages  musz  jede  seele  von  stand  entkörpert  werden. 
J.  P.  uns.  löge  2, 190 ;  das  lied  kehrte  {durch  das  echo)  ent- 
körpert  zurück,    biogr.  bei.  1,95;    daher   beseelet  lieber  die 
poesie  das  todte,  wenn  der  witz  lieber  das  leben  entkörpert. 
aeslh.  2,  29. 

ENTKÖRPERUNG,  f.  nur  durch  diese  entkörperung  wird 
die  seele  der  beschauung  der  wesentlichen  und  göttlichen 
dinge  ßhig,  worin  die  geister  ihre  einzige  nahrung  finden. 
WlELA>D   1. 127. 

ENTKOSEN,  blande  elicere: 

rosen  mit  schmeicheln  entkosen  ein  lächeln.    Rccsert  97. 
ENTKRÄFTEN,  enervare,  inßrmare,    nnl.  ontkrachten :    ein 
mann,   welcher   die   heiligen    lehren    seines  amtes  durch  ein 
unheiliges  leben  entkräftet.    Raeener  1,84; 

so  standen  wir  betäubt  und  angeheftet 
und  sannen  dir  mit  starren  sinnen  nach, 

bis  sich  der  schmerz  durch  schmerz  entkräftet, 

und  strömend  durch  die  äugen  brach.    Lkssi:<g  1,94; 

diese  einzige  erfahrungsweisheit,  welche  kein  Zweifler  zu  ent- 
kräften fähig  ist  VViELAND  3,  423 ;  in  diesem  fall  würden  sie 
leicht  einen  andern  vorwand  gefunden  haben,  ihr  heuchle- 
risches lob  zu  entkräften.  6,  63 ;  die  freude  entkräftet  mich. 
J.  P.  Tit.  2,59;  wie  erwachend  zog  sie  ihr  haupt  von  seinem 
herzen  und  nahm  mit  einem  entkräfteten  lächeln  seine  band. 
Hesp.  4,  84;  die  ihre  werke  durch  den  zu  ängstlichen  ge- 
brauch der  feile  entkräfteten,    lit.  nacht.  4, 1. 

ENTKRÄFTIGEN,  was  entkräften,  vgl.  kräftigen:  die  Ale- 
mannier  etliche  bevestigungen  der  Römer,  als  Winterthur, 
Zürich  und  andere  entkräftigtend  und  ire  mauren  zerrissend. 
Stumpf  2,  56' ; 

begegnet  so.  im  würdigsten  beschäftigt, 
der  dämmerung,  der  nacht,  die  uns  entkräfiigt. 
GÖTHE  13.  170. 

ENTKRÄFTDNG,  f.  1)  debilitatio,  inftrmatio:  das  ist  keine 
entkräflung  meines  beweises. 

2)  inßrmitas:   er  starb  an  entkräftung. 
ENTKRÄNKEN,  firmare: 

dieses  meine  sehl  entkränket.    Wsceherli.'«  15S. 
ENTKRÄNZEN,  serto  spoliare,  nnl.  ontkransen : 

das  entkränzte  haupt.    Lohei^st.  blum.  93. 
ENTKRIECHEN,  erepere,  nnl.  ontkruipen :  das  küchlein  ent- 
kriecht  dem  ei ; 

seitdem  die  menschen  den  eichen  entkrochen. 

WiELA.NDS  Amadis  ges.  4  ; 
nie  war  ein  gelehrterer  mann  den  waldigen  Ardennen 
entkrochen  als  er.  Wieland  4,53; 

ein  wurm,  da  er  dem  tod  enikroch.    Bcrma!<.-«s  fabeln  143; 
deiner  goldbelegten  puppe 
warum  bist  du  jetzt  enlkrochen?    RCceebt  93; 
den  leidensbrüdern  ward  nun  so 
des  irrthums  staar  gestochen, 
ihr  hauswirtb  ward  nicht  minder  froh, 
als  sie  dem  stall  entkrochen. 

Lancbeim  das  abenteuer  des  pfarrers  Schmolke. 

ENTKRÖNEN,  prtrare  corona,  nnl.  ontkronen,  engl,  uncrown : 
demnach  der  schnöde  tod  mich  leider  kont  entkrönen. 

W'ECKUERLI.t  645; 

sei  er  hierdurch  des  reichs  rerlustig  und  entkrönet. 

Lohsnst.  Ibrahim  104,  516: 
sollst  ehstens  dich  schachmaü,  enikrönt  und  sciave  sehn. 
WiEDEMiTi  aug.  70. 
ENTKRÜSTEN,  entrinden,  icroiUer.    R.ädleix  241*. 
ENTKÜHNEN,  sich,  audere,   wie  entblöden,  sich  erkühnen. 
Stieler  1047. 

ENTKÜMMERN,  eripere  a  miseria,  ex  angustia,  entlasten, 
mhd.  enkumbern,  gegensalz  von  bekumbern :  weiter  sei  vor 
ihm  zu  recht  gesprochen  worden,  dasz  der  alte  landgrafden 
theil  seiner  kinder  erster  ehe  entkümmern  solle.  Bühmebs 
reg.  imp.  zum  j.  1296  4  juli; 

ihr  ihre  kümmerliche  lag  entkümmernd.    Röceert  157. 
ENTKUPPELN,  solvere  canes,  boves,  des  bandes  entledigen, 
nnl.  onlkoppelen,  engl,  uncouple: 

die  jagd  ist  auf! 
-      entkuppelt  hier! 
the  hiint  is  up! 
micouple  here!    Titus  Andr.  2.  2. 

36 


563 


ENTKÜSSEN —ENTLADEN 


ENTLADEN  — ENTLANG 


564 


ENTKÜSSEN,  osculando  tollere,  abküssen,  tPegküssen: 
knaben  Taszien  das  knie  sich  niederbeugender  välcr 
und  entküsten  dem  äuge  der  väier  die  männliche  thräne. 

Mess.  5,  245 ; 
oft  entküst  ich  dem  veilchen  die  tropren.    Scbubart  ged.  1,66; 

er  fühlie  der  liebe  kus  auf  der  siirne,  blickte 
dank  und  starb,    sie  eniküste  den  äugen  öen  scheidenden 
lichtsiral.    Stolberc  3,  281. 

ENTKUTTELN,  eviseerare:  da  hauptmann  Wurststumpen 
von  Kutteinbacli  die  Stumpen  dabifiden  liesz  und  entkuttelt 
ward.    Garg.  253'. 

ENTLÄCHEN,  ridendo  tollere:  auf  spötler  aller  art  habe 
icb  mich  gefaszt  gemacht  sie  werden  mich  kein  baarbreit 
der  Wahrheit  entlachen.    Latater  physiogn.  band  4  t»orr. 

ENTLADEN,  exonerare,  gegensalz  von  beladen,  ahd.  iathla- 
dan,  inlladan  (Graff  4, 1114),  mhd.  entladen  (wb.  i,  92G*),  nnl. 
ontladen. 

1)  ohne  ausdruck  der  sacke :  entladete  (/Sr  entluot)  den 
helfant  Wi^o/.  291,  37;  der  dichter  {aulor)  dis  buchs  entladet 
und  entledigt  sich  vor  dir,  du  allerheiligeste  Christenheit. 
Verdeutschung  von  Gersons  praecepta  decalogi.  Straszb.  (1510)  7' 
(Gefren  tej/ojen  36) ;  also  entluden  sie  die  seumer.  Aimonfb*; 
also  lieszen  sie  ire  seumer  entladen,  ebenda;  da  gebot  Rein- 
bart das  schif  zu  entladen.  C  4' ;  denn  nur  itzt  erklärte  mir 
der  kriegszahlmeister,  dasz  der  könig  alles  niedergeschlagen 
habe,  was  wider  mich  urgieret  worden,  und  dasz  ich  mein 
»chriftlich-  gegebnes  ehrenworf,  nicht  eher  von  hier  zu  gehen, 
als  bis  man  mich  völlig  entladen  habe,  wieder  zurückneh- 
men könne.    Lessing  1,  579 ;  entladet  eure  gewehre ! ; 

föttin  des  dichiergesangs  und  der  edleren  rede  der  menschen, 
ie  du  mit  wollhat  begannst,  als  menschenleben  erwachten  — 
endlich  mit  milde  den  greis,  wie  der  strahl  der  herbstlichen 

sonne 
die  entladene  rebe,  noch  hegst  und  pflegst  und  erwärmest. 

Borger  92'; 
wer  dir  vorangieng  auf  den  pfaden, 
nicht  seine  schuld  wird  dich  entladen.    Röckirt  397; 

erst  als  er  weg  war,  faszte  die  mutter,  die  ihre  liebe  [wie  eine 
eleklrisiermaschine']  zu  entladen  suchte,  Victors  band  zärtlich 
an.   J.  P.  Hesp.  1,  HO. 

2)  mit  dem  gen.  der  sacke  oder  perton:  seines  gebrestens 
entladen  werden.  Keisehsberg  post.  3, 107;  der  sorg  entladen, 
euram  adimere.  Maaler  104' ;  bet  auch  all  sein  vermögen  gern 
dargestreckt,  das  er  des  entladen  wer  gewest.  Aimon  0  2' ; 
dise  seind  aller  ding  frei,  aller  arbeit  entladen,  dienen  nie- 
mand als  underworfen.  Frank  weltb.  193';  einer  nit  geringen 
bOrden  entladen.  Kirchhof  mit.  disc.  265;  da  er  bort  seinen 
gesellen  seiner  krankheit  entladen.  Galmy  41;  aller  furcht 
entladen.  Melissos  N2'.  T1*;  bis  getrost,  denn  du  in  kürze 
aller  sorgen  entladen  wirst,  buch  der  liebe  236,  2 ;  die  ritter 
funden  die  Philomena  ganz  frölich  und  aller  ihrer  angenom- 
menen krankheit  entladen.  241,  4 ;  ach  dasz  ich  nicht  in  Frank- 
reich blieben  bin,  so  wer  ich  doch  solcher  groszen  und  schweren 
sorg  entladen.  246,4;  gedachte,  wie  er  in  seiner  kinder  eins 
theils  wolle  entladen.  293,4;  so  were  sie  der  ding  entladen 
gewesen.    291,4; 

bsrmberzigklich  der  straf  entladen.    H.  Sachs  III.  1,90'; 

dardurch  er  wird  vil  ungemachs 

entladen,  so  spricht  Hans  Sacht.    IV.  3,  93'; 

die  richier  haben  sich  gesetzt: 

'wer  den  andern  hat  verletzt, 

lang  dem  andern  das  deizlio 

und  bring  ihm  drei  gesetzlia, 

uns  auch  auf  den  schaden 

zwölf  roasz  wein  und  zwölf  fladeo, 

so  seit  ir  aller  aosprücb  entladen'.    Garg.  W; 

ich  liebe  goit,  was  kan  mir  schaden  I 

mein  herr  regiert  die  ganze  weit, 

der  kan  mich  aller  last  entladen, 

die  meinen  geitt  gefangen  bAlt.    Wim  rtift  gid.  IN  ; 

berr  doctor  kommt,  beseht  den  schaden. 

könnt  ihr  der  schmerzen  mich  entladen?    llAOtootN  i,tX; 

eil,  wie  gottverlobie  pflegen, 

Slaubensvoll  dem  herrn  entgegen! 
a*z  er  dich  der  sOnd  entlade, 
gibt  er  heute  gnad  um  gnade.    lUorsToci  7,218; 
dich  der  tOode  zu  entladen, 
fab  er  seines  mables  gnaden.    7,296; 
dai  dai  (ollta  mein  herz  des  herUgiiea  kummen  entladen. 

DOrcrii  234*; 
aobn,  dir  geziemt  der  sorge  da«  trauernde  herz  zu  entladen, 
naie.  licet  triiiia  animo  deponere  curat.    Virg.  Cfory.  4,631; 
die  bSume  stehn  der  frucht  entladen 
und  gelbes  lanb  verwebt  ins  ttaal.    Vota  6,  7  s 


des  kammerjunkerjochs  komm  ich  sie  zu  entladen. 
GOTTKR  1,  192; 

man  sprach  endlich  laut  von  der  nothwendigkeit,  den  alten 
könig  einer  bürde,  welche  jüngere  schultern  erfordre,  zu  ent- 
laden.   WlELAND   7,  35. 

3)  den  gen.  verlriU  die  praep.  von : 

mhd.  in  swälher  wlse  so  si  was 

von  iroe  entladen  und  beladen.     Tritt.  35,  23; 

daj  riebe  wol  entladen 

beide  von  unrähte  und  von  schaden.    MS.  2, 131'. 

nhd.  du  solt  wissen,  dasz  ich  mit  einem  schweren  gedanken 
beladen  bin,  davon  mich  niemandts  denn  du  oder  der  toti 
entladen  magst,    buch  der  liebe  240,  4 ; 

der  uns  entledest  von  unsern  abgesagten  feinden. 
Mklissus  T1*; 
reines  gewand  gab  ihm  der  herr,  und  entlud  ihn, 
Sünde,  von  dir.  M essia*  iO,  IB ; 

wend  ihrer  krnnkheit  bangen  schmerz, 
von  ihm  entladen  ruh  ihr  herz!    Klopstock  7, 115; 
liebe,  scherze  von  verdrusz  entladen.    Gottzr  1,  84 
lies  Oberon,  der  bald  von  tiefem  spieen  entladen, 
bald  in  die  tiefste  schwermuth  wiegen  kann.    1,246; 
von  einem  frevler  doch  will  ich  die  weit  entladen.  .3, 12S; 
ach  könnt  ich  doch  auf  berges  höhn 
in  deinem  lieben  lichte  gehn, 
von  allem  wissensquaim  entladen 
in  deinem  thau  gesund  mich  baden!    Göthi  12,30; 

die  tugend  von  allem  reichthum  ihrer  aus  der  beobachtung 
der  pflicht  zu  machenden  beute  entladen.    Kakt  5,  360. 

4)  reflexivisch 

a)  ohne  casus :  ein  gewitter  hat  sich  gerade  über  der  Stadt 
entladen;  sein  (angesammelter)  zorn  entlud  sich  über  den  un- 
schuldigen ;  mit  einem  kopfscbütteln  höherer  art,  das  sich  in 
gute  betrachtungen  würde  entladen  haben.  LicsTEriBERC  3, 41; 
wie  bei  der  geburt  eines  erstgebornen  reicbserben  haben  hun- 
dert Schlünde  sich  dreihundertmal  zu  deinem  preise  entladen, 
die  champagnerpröpfe  Qogen  wie  schlagröUren  gegen  die  decke. 
GöTBE  an  Zeller  404;  die  pistole  entlud  sich  von  selbst. 

b)  mit  geniliv:  don  Eugenio  war  darüber  so  erfreut,  dasz 
er  den  augenblick  kaum  erwarten  konnte,  sich  seines  geheim- 
nisses  in  ihren  schwesterlichen  busen  zu  entladen.  Wieland 
12,  55 ;  uns  dieser  überlästigen  mitbürger  ungesäumt  zu  ent- 
laden.  20,  255 ; 

{dasz  sich)  der  bund  des  adels,  der  ihm  furchtbar  war, 

in  diesem  fremden  kriegcrzug  entladet.    Sciillkr  667'; 

wo  der  delphin  sich  sein  entladen, 

der  ihn  gerettet  uferwärts, 

da  wird  dereinst  an  felsgestaden 

das  wunder  aufgestellt  in  erz.    A.  W.  ScHLieiLt  itnon; 

und  sich  der  elenden  englischen  reimkunst  entladen.  Herdbr 
18,166;  sich  der  furcht  entladen.  Gotter  3,483;  ich  musz 
einen  anlauf  nehmen  um  mich  der  schuld  gegen  sie  zu  ent- 
laden. GoTflE  an  Zelter  32;  sich  eines  auftrags  entladen. 
Klincer  10,  48 ;  dasz  man  das  gesetz  der  continuität  anneh- 
men müsse,  wenn  man  sich  nicht  des  gemeinen  begrifs  von 
der  bewegung  entladen  will.    Kant  8,  435. 

ENTLADUNG,  f.  die  entladung  des  geschützes;  ein  genie 
bekommt  nach  entladung  seiner  geistigen  vollsaftigkeit  immer 
geschm^ck.  J.  P.  uns.  löge  1, 133 ;  es  ist  zwar  mancherlei  ge- 
sammelt worden,  aber  es  wartet  noch  auf  eine  glückliche 
entladung.  Schiller  an  GOthe  839;  eine  ungeheuere  entla- 
dung von  menschen,  incredibilis  effusio  hominum. 

ENTLANG,  in  longiludinem,  praeter,  secundum,  längs,  ein 
uraltes,  ehrwürdiges  vort,  an  dem  sich,  wovon  sp.  447  aus- 
gegangen wurde,  der  lusammenhang  zwischen  ende  und  ent 
deutlich  bewahrt,  diesem  entlang  vergleicht  steh  das  golh. 
and  {)ata,  da  vorbei,  es  gibt  aber  ein  alts.  adj.  antlang,  ags. 
andlong  in  longiludinem  pörreclus,  das  sich  mit  teitbegriffen 
verbindet,  anllangan  dag.  Hei.  129,  ags.  andlangne  düg.  Beov. 
4226  drückt  aus  den  ganzen,  geschlagnen,  sommerlangen  tag, 
andlonge  niht.  Beov.  6872,  die  ganze,  lange  nacht  hindurch, 
dies  andlang  lautet  aber  altn.  endilÄngr,  welches  offenbar  mU 
ende,  d.  i.  spitze,  siel  der  länge  gebildet  ist,  hier  zu  suchen 
scheint  auch  der  Schlüssel  ßr  das  aus  unserm  rechtsallerthum 
bekannte  symbol  per  andilangum,  andilaginem,  vnndilaginem, 
wo  sich  wieder  das  enden  und  wenden  gar  mcht  verkennen  Idszt, 
vgl.  antlang  1,  500. 

Aus  dem  acc.  neulr.  des  adj.  andlang  entspringt  unsrt  par- 
tikel  entlang,  gleich  dem  ags.  andlang,  andlong,  woraus  sich 
engl,  along  kürzte;  sie  hat  sich  weder  ahd.  noch  mhd.  dar- 
geboten, mangelt  auch  allen  älteren  nhi.  wörttrbüehtrn,  selbst 


565 


ENTLANG— ENTLASSEN 


ENTLASSEN — ENTLASTEN 


566 


Henisch  und  Stieler  lassen  sie  unterzeichnet,  erst  Frisch 
1,  227'  bringt  endlang  und  endlangest  als  niedersächsisch  bei  und 
im  brem.  wb.  steht  entlangs  1, 310.  2, 12.  seitdem  gilt  sie  unter 
allen  unsem  Schriftstellern  und  hat  nichts  gemeines,  wie  Adelcxg 
«ahnt,  sondern  klingt  edler  als  das  gleichbedeutige  längs,  altn. 
at  endilöngu,  entlang,  med  endilengri  anni,  praeter  fluvium. 

Hier  fragt  es  sich  nach  dem  casus,  den  entlang  bei  sich  hat. 

1)  natürlich  scheint  der  pen.,  vie  es  auch  ags.  heiszt  andlang 
})Ss  veofudes.  3  Mos.  1, 15,  bei  Lctheb  an  der  wand  des  altars ; 
andlong  ss.  Jos.  3, 16  und  franz.  le  long  du  mar,  le  long 
du  RUin,  le  long  de  la  rivi^re. 

wir  ballen  schon  den  ganzen  tag  gejagt 
entlang  des  Waldgebirges.    Scbillbr  495'. 

so  auch  bei  blosxem  lang:  giengen  des  klosters  lang.  Heb- 
amme 738. 

1)  öfter  begegnet  der  acc,  meist  der  partikel  torausgehend : 

indem  neun  bufea  entlang  er  den  leib  ausdehnte.    Od.  11,577; 

80  sprachen  sie  die  nacht  entlang, 

bis  morgenlicht  ins  hö'fcben  drang.    Ocrges; 

wir  beben  die  reusen 

den  schilfbach  entlang.    Salis  91 ; 

und  Wälder  umgrünen 

die  büge!  entlang.    Götbi  3,  78; 

von  dem  berge  zu  den  bügeln, 

niederab  das  tbal  entlang, 

da  erklingt  es  wie  Ton  Hügeln, 

da  bewegt  sicbs  wie  gesang.    3,65; 

er  schwebt  heran  auf  luftigem  gefleder 

um  Stirn  und  brüst  den  früblingstag  entlang.    S,  102; 

er  wandle  so  den  erdentag  entlang.    41,316; 
dasz   ich   dem  ersten  buch  Mosis  viel  zeit  und  aufmerksam- 
keit  gewidmet  und  manchen  jugendlichen  tag  entlang  in  den 
Paradiesen  des  Orients  mich  ergangen.    Güthe  6, 156 ; 

was  die  schwalbe  sang,  was  die  schwalbe  sang 
die  den  herbst  und  frühling  hriogt, 
ob  das  dorf  entlang,  ob  das  dorf  entlang 
das  jetzt  noch  klingt.    RCcksrt  291; 
wird  mein  schatten  glänzend  wandeln  dieses  deutsche  Tolk 

entlang.    Plate!«  89 ; 
doch  auch  nachfolgend: 

hoch  rollten  die  wogen  entlang  ihr  gleit.    DEseia  36'; 
so  zieh  ich  im  triumphgesang^ 
entlang  die  lange  strasze.    Rcccist. 

diese  adjeelive  gleichen  jenen  fügungen  adlangan  dag,  den 
sommerlangen  lag. 

8)  tadelhaß  steht  der  daüv:  dem  afer,  dem  meere  entlang 
reisen; 

preisend  wallten  sie  dann  entlang  dem  krummen  gestade. 

STOLBfBG  1,  396; 

tele  man  ihn  auch  mit  längs  verbindet :  längs  dem  flusse  hin, 
längs  der  strasze,  nnl.  längs  de  straat. 
4)  praepositionen  sind  aber  verstauet: 

afhmei,  sie  {die  freude)  duftet  im  rosengestSude, 

fühlet!  sie  säuselt  am  bäcblein  entlang.    Salis  11; 

drei  jähre  sitzt  er  auf  dem  Gibichensteia 

und  horchet  auf  der  Saale  weilenschlag, 

die  unter  seinem  gitier  rauscht  entlang.    Cbla!<ds  Ernst  s.S. 

sehto.  längs  med  gutan.     mehr  unter  längs,  längst. 

ENTL.\NGS  erscheint  in  den  vorhin  angeführten  nd.  stellen, 
Idsit  sich  aber  schon  aus  dem  17  jh.  bei  einem  hd.  schriß- 
tteller  aufweisen: 

da  sähe  kommen  sie  entlangs  an  einem  flusse 
ein  altes  und  gaoz  schwarz  bekleidtes  weib. 

\V»BO«a  Ar.  20,  102  (106), 
quiTJ  lungo  un  torrente  in  negra  gonna 
vide  Tenir  una  femmina  antica;  bei  Gbibs: 
hier  sah  sie  nun  längs  einem  gieszbach  kommen 
ein  altes  weib  in  einem  schwarzen  kleid.. 
ENTLlREN,  s.  entleeren. 

ENTLARVEN,  personam  alicui  detrahere,  die  larve  abziehen: 
gleichgültiger:  dein  herz  enilam  sich  mir.  Hagedob.'«  2, 162; 
ich  bin  entschlossen  den  betrieger  zu  entlarven,  sobald  ich 
ihn  entdecke.  Götbe  14, 154;  der  einen  gewissen  mir  entlarren 
sollte.  Schiller  . . . ;  das  laster,  den  trug  entlanren ;  der 
beuchler  ist  entlant. 

ENTLASSEN,  dimittere,  remitiere,  ahd.  intWjan  (GBArr 
S,  S05),  mhd.  entlän,  nnl.  ontlaten. 

1)  die  gemeine,  versamluog,  das  beer  entlassen,  aufein- 
ander gehen  lassen. 

1)  der  fürst  entliesz  den  minister  fQr  heute;  die  dame 
entliesz  ihre  zofe ;  er  entliesz  uns  zu  bette.  Göthe  31,  240 ; 
er  wurde  diesmal  mit  einem  ernsten  verweis  entlassen; 


wenn  ich  den  spott  verdiente 
mit  dem  mich  Saladin  entliesz.    Lbssi5g  2,  334 ; 
mich  euren  boten  wies  man  aa  die  räthe 
und  die  enilieszen  uns  mit  leerem  trost.    Schulbk630'; 
doch  jeizo  biit  ich  hoch  und  höchst, 
für  diesesmal  mich  zu  entlassen.    Göthe  12,  74. 

3)  aus  dem  dienst  entlassen :  der  kOnig  hat  seine  minister 
entlassen;  er  entliesz  seinen  kammerdiener. 

4)  mit  dem  gen.  der  sache: 

entlaszt  mich  immer  meiner  ahnenprobe, 

ich  will  euch  eurer  w/uderum  entlassen.    Lessüic  2,  288; 

doch  ich  entlasse  mich  der  mühe,  meine  zerstreuten  anmer- 
kungen  zu  sammeln.  6, 489 ;  ich  entlasse  dich  deines  dien- 
stes;  so  können  wir  die  Lykurge  und  Solonen  ihres  amtes 
entlassen.  WiELAxn  3,  349 ;  ich  entlasse  sie  aller  pflicht  für 
mein  glück  zu  sorgen,  ll,  126;  wenn  sie  nicht  selbst  dieses 
Versprechens  mich  entlassen.    Schiller  316'; 

und  meldet  meiner  treuen  Stadt, 
des  eides  gegen  mich  entlass  ich  sie.    456'; 

Figlius  wurde  der  präsidentenstelle  im  geheimen  rathe  zwar 
entlassen.  813';  er  erklärte  sich  zugleich  aller  seiner  Verspre- 
chungen quitt  und  aller  vertrüge  entlassen.  S5S";  ich  ent- 
lasse euch  alles  danks.  Klisgeb  3,  98 ;  einen  des  danks  und 
lohns  entlassen.    7,  255. 

5)  mit  dat.  der  sache  statt  der  praep.  aus  hat  elvas  be- 
fremdliches: die  gefangnen  dem  kerker  entlassen;  so  ent- 
liesz ihn  gott  dem  paradiese,  seinem  glücklichen  thiergarten. 
HERnEB; 

aber  er  selber  entliesz  nun  wieder  Aineien  dem  reichen 

tempel.    BEbgeb  227',  nach  II.  5,512,  wo  Voss  besser: 

auch  den  Äneias  entsandt  aus  dem  heiliglhume  des  tempels, 

6)  etwas  entlassen:  mhd.  den  gürtel  entlin,  veiter  auf- 
lassen : 

weh  ir  niht  sitzen  als  ein  gouch 
so  enlijet  den  gürtel  umb  den  buch. 

Uaüpi  7,174.   tgl.  Ö,4Ö2; 

nhd.  die  senne  entlassen,  losdrücken; 

wer  hat  also  frech  und  stolz 

die  beschlossen  senn  enilossen 

und  eniricbt  so  scharfen  bolz?    Spee  290(271), 

tpo  dem  reim  xu  gefallen  entlossen  ßr  entlassen ; 

aus  dem  samen  entwickelt  sie  sich,  sobald  ihn  der  erde 
stille  befruchtender  scbosz  hold  in  das  leben  entlaszt. 
Göthe  1,326; 

um  die  achse  gedrängt  entscheidet  der  bergende  kelcb  sich, 
der  zur  höchsten  gestall  farbige  krönen  entlä»zt.    1,327; 

die  brüst  saugt  die  luft  ein  und  entlaszt  sie  wieder.  Bettwb 
tageb.  66;  und  bestrich  damit,  wie  mit  einer  kanone,  die 
nase  seines  gegners,  worauf  diese  ein  blut,  wie  der  heilige 
Januar,  entliesz.   J.  P.  Hesp.  2,  56. 

7)  eine  merkwürdige  intransilivbedeutung  gilt  in  der  Schweiz: 
entlassen,  u6era  demiltere,  so  dem  kQvüch  {kuhvith)  das  uter 
grosz  wirt,  dabei  man  abnimpt,  das  es  bald  kalberen  wiL 
Maaler  104*,  d.  i.  herablassen,  wo  sich  leicht  'das  euter"  hinzu- 
denken Idszt.  Staluer  2, 158 :  wenn  das  euler  einer  kuh,  wel- 
ches bis  auf  einige  zeit  vor  dem  kalben  immer  kleiner  geworden 
oder  sich  in  den  leib  zurückgezogen  hat,  wieder  zu  wachsen 
oder  sich  hervorznlassen  anfängt. 

ENTLASSUNG,  f.  dimissio:  aus  dem  amt,  dienst,  in  der 
Zusammensetzung,  mit  schwankendem  ersten  Iheil,  amtsentlas- 
sung,  dienstentlassung. 

ENTLASSUNGSBCCKLING,  m.  darauf  machte  Zablocki  den 
Tornebmen  entlassungsbückling.    J.  P. 

ENTLASTEN,  exonerare,  entladen,  entbürden,  nnl.  entlasten, 
bei  Klopstoc«  allzu  oß: 

ich  seh  ein  sanftes  lächeln, 

das  schnell  das  herz  mir  entlastet.    1,  252; 

zuletzt  enilastea 
diese  gedanken  ihr  lierz.    2,76; 
du  entlastest  die  erde  vom  fluche.    Mtts.  8, 109; 
diesen  verlaszt  und  entlastet  von  euch  die  beilig«  «tlu«! 

8,135; 
von  ihm  entlastet  Obaddon 
tcbnell  der  heiligen  kreis.    9,685; 

wenn  du  entlastest  die  erde  vom  fluch  und  zum  eden  si« 

umschafsi.    10,960; 
von  dem  leibe  der  erd  entlastet.    11,440; 

sich  zu  entlasten 
von  den  trüben  gedanken,  die  ihn  wie  wölken  umgaboo. 

15,225; 
doch  die  teele  der  sterblichen  wurde 
wieder  enilaiteu    17,304; 

36* 


567     ENTLASTEN— ENTLAUFEN        : 

von  allen 
ihren  bürden  entlastei.    17,  503. 

andere  geben  auch  dem  kräßigeren  gen.  den  vorxug: 

so  niusz  man  rlelchwol  sich  des  Unglücks  zu  entlasten 
kein  mittel  uiclit  verschmehn.    Loiieisst.  Cleop.  9,307; 
söhn,  entlaste  mich  des  harros 
ob  der  schwäche  meines  arms.    Stolberg  1,45; 

entlastet  mich  dieser  tödlichen  vrollust,  dasz  ich  nicht  unter 

der  bürde  vergehe.    Schiller  141'; 
ist  keine  stelle,  keine,  keine,  wo 
ich  meiner  thränen  mich  entlasten  darf?    24|*; 

doA  wechseln  schon  bei  Jeroscbin  beide  ßgungen: 
si  wurdin  alllr  leide  inilest.    133'; 
da^  er  wolde  inticstin 
Cristmemil  von  den  gestin.    167*. 

kaufmännisch  heiszl  einen  entlasten  £.  v.  a.  die  ihm  zur  last 
geschriebne  summe  wieder  abschreiben. 

ENTLÄSTIGE.N,  gleicher  bedeulung,  gegensalz  zu  belästigen  : 
gott  v»ill  uns  von  allen  sorgen  und  bekümmernissen  befreien 
und  entlästigen.  Scriver  scelensch.  1,  324  ;  der  christ  darf  ver- 
gönnte und  zulängliche  mittel  wol  gebrauchen,  ob  er  sich 
seines  anliegens  entlästigen  könne.  2, 162 ;  ich  war  kaum  von 
diser  dienstbarkeit  entlästiget.  Bütschkt  kanzl.  649 ;  das  herz 
des  menschen  ist  immer  geneigt  sich  seiner  pflichten  zu  ent- 
lästigen. Rabener  1, 106  (1757.  t,  IS) ;  morgen  also  werde  ich 
von  meinem  traurigen  revisorate  entlästigt.    briefe  s.  214. 

ENTLASTUNG,  f. 

EMLASTUNGSZEUGE,  m.  im  gerichlsverfahren. 

ENTLASZ,  m.  dimissio,  vgl.  antlasz  remissio: 

und  freundlich  gibt  ihm  beim  entlasz 
die  seneschallin  zu  verstehen.    Wieland. 

ENTLAUBEN,  fronde  nudare,  gegenüber  belauben,  engl. 
unleave,  nnl.  ontlooveren :  der  bäum  hat  sich  entlaubet,  posuil 
arbor  comas.    Maaler  104'; 

entlaubet  ist  der  walde 

gen  djsem  winter  kalt, 

beraubet  wird  ich  balde 

meins  liebs,  das  macht  mich  alt.    Uhland  130; 

der  herbst  entlaubte  schon  den  bunten  hain.    von  Kleist; 

verstecken  gilt  ilzt  nicht  bei  den  entlaubten  Sträuchen. 

Weisze  briefw.  der  fam.  des  kinderfr,  1, 216 ; 
rings  trauern  die  entlaubten, 
vom  kalten  wind  durchweht, 
die  tannen  nur  behaupten 
ihr  dunkles  grün  so  spät.    Lknau  neuere  ged,  199; 

die  ersten  Unterhaltungen  wandten  sich  auf  Hamann,  dessen 
grab  in  der  ecke  des  entlaubten  garlens  mir  bald  in  die 
äugen  schien.  Göthe  30,236;  den  weinstock  getreuer  freund- 
schafl  seiner  blute  entlauben.  Butscuky  kanzl.  55 ;  dieses 
herbstliche  entlauben  seiner  hofnungen.  J.P.  jubeis.  ii;  nicht 
blosz  dem  falben  herbste  unsers  entlaubten  seins  werden  die 
schönsten  freuden  aufgespart.  185;  aus  der  entlaubten,  ver- 
dorrten seele  wird  ein  neuer  leib  ausschlagen.  Kamp.  47 ; 
eine  entlaubte  Jugend.    Hcsp.  vorr.  xxiv. 

ENTLAUBEH,  m.  Voss  nennt  den  stürm  dichterisch  'des 
waldes  entlaubcr*.  das  ist  auch  eddisch,  ohne  dasz  ers  wusle: 
in  qvistskoeda,  die  zweigschädigende.    Hamdismäl  5. 

ENTLAUCHPLN,  reserare,  aperire,  ostendere,  nnl.  onlluikcn. 
sehen  mhd.  halle  sich  lücheu  für  liechen  (wb.  1, 1023),  ent- 
liehen für  entliccben  festgesetzt  und  man  weisz,  dasz  eine 
menge  au  <!-■  A  aus  iu  hervorgegangen  sind,  z.  b.  auch  unser 
saugen  ein  siegen  voraussetzt,  wie  das  part.  prael.  von  saugen 
gesogen,  musz  auch  das  von  lauchen  gelochen  lauien,  das  mhd. 
pari,  entlochen  ist  unselten,  nhd.  sind  aber  laueben  und  enl- 
lauchen  fast  ausgestorbne  Wörter,  seiner  gtinner  und  anhänger 
dorft  sich  keiner  regen  noch  merken  lassen,  wer  sich  nur 
entlaucbet  (offenbarte,  kund  gab),  der  mCist  die  stat  räumen. 
Funk  ehron.  301*. 

E.NTLAUF,  m.  discursus,  fuga.  voc.  theut.  1482  g4*;  er 
vergab  mir  den  schulenentlauf.  Hippel  12, 198,  das  weglaufen 
aus  der  schule,     em  nach  hippelscher  weise  übel  gebildetes  wort. 

ENTI^AUFE.N,  aufugere,  nnl.  ontloopen:  mit  dem  schöbe 
konte  er  {auf  einsacken  verstand  er  sich)  meisterlich  und  war 
seinem  meister  nicht  entlaufen  {halte  es  «ol  erlernt).  Senhen- 
•■ac  sei.  3,  460 ; 

er  meint  im  mug  kein  Oau  enilaufea.    fasln.  232,  5; 

e»  begab  sich  aber  über  drei  jar,  das  zween  knechte  dem 
Simei  enlliefün.  1  kun.  2,38;  und  der  schnell  laufen  kan, 
•ol  nicht  entlaufen.  Arnos  2, 15 ;  du  aber,  der  du  den  Juden 


ENTLAUFLICH  —  ENTLEDIGEN 


568 


alles   leid   anlegest,   soll  unserm  herrn  gott  nicht  entlaufen. 
2  Macc.  7,  31 ;  denn  du  bist  dem  gericht  des  lebendigen  goltes, 
der   alle  ding  sihet,   noch  nicht  entlaufen.    7,  35 ;    da  sie  nu 
mit   häufen   zu  im  einfielen,    entlief  er  auf  die  mauren  und 
stürzt  sich  manlich  hinab  unter  die  Icute.    14,43; 
bin  heute  ausz  der  schul  endlolFen.    Gilhusiüs  11; 
wo  wird  er  noch  hin  komnion 
mit  seiner  entlofnen  nonnen?    Soltau  448; 
wer  um  warheit  gunst  wil  kaufen, 
musz  von  hofe  bald  entlaufen.    Logau  1,  176,  43 ; 

ein  Soldat,  der  von  seinen  herren  entlaufen,  pers.  baumg.  1, 33 ; 
den  flammen  .  .  .  entloffen.    Wixland  21,  32; 

80  hastig?  warte  doch  Alhafl. 
entläuft  dir  denn  die  wüste!  warte  doch!    Lessins  2,212; 
aber,  einem  ringe  gleich,  entlaufen 
glück  und  freud  in  einem  augenblick.    Göeingk  3, 101. 

ENTLAUFLICH,  discursim,  discursanter.  voc.  theut.  1482  g  4*. 
ENTLAUSCHEN,  aure  admota  captare,  ablauschen: 

der  geist  (Beethovens),  dem  seliges  verderben 

das  erdenleben  sich  enttäuscht, 

in  dessen  lled  viel  süszes  sterben 

und  harmonie  des  todes  rauscht.    Lknaü  neuere  ged.  187 ; 

du  wirst  dem  wald  kein  wirksam  lied  enilauschen.    307. 

ENTLE,  n.  analicula.  Maaler  104',  enllein,  entchen. 

ENTLEBEN,  vita  privare,  tüdten,  das  nnl.  ontleven  ist  aber 
intransitiv  sterben,  wie  auch  bei  uns  vorkommt,  z.  b.  in  Weises 
luslredner  329 :  dafern  die  liebste  nicht  über  verhoffen  ent- 
lebet wäre,     das  transilivum  bezeugen  folgende  stellen: 

wie  auch  mein  flaisch  in  wahrer  Zuversicht, 
dasz  gottes  gnad  es  nicht 
gedenkt  zu  entleben.    Weckhrrlin  53; 
mich  gar  zu  entleben.    .'57; 
mit  lust  entleben.    221; 

jetzt  trugt  ihr  steine  zu  und  wollet  ihn  entleben, 
jetzt  stürzen  von  dem  fels,  jetzt  in  die  bände  gebsn. 

Fliiiing  6. 

vielleicht  musz  das  transitivum  zurückgeführt  werden  auf  ent- 
leiben, denn  in  Gryphius  verl.  gesp.  55  heiszt  es  zwar 

der  längst  entlebte  geist  besucht  die  kalten  glider 
und  fangt  zu  leben  an, 

und  die  stelle  wiederholt  sich  56.  allein  in  beiden  liest  die 
ältere  ausg.  entleibte,  doch  heule  gilt  blosz  das  part.  entlebt, 
todt  (nicht  entleibt),  das  sich  gleich  dem  nnl.  ontleefd  auch 
auf  ein  intransitivum  zurückleiten  läszl :  jene  enticbten  ge- 
scböpfe  zu  beleben,  hatte  der  auszerordentliche  mann  sein 
ganzes  talent  erschöpft.  Göthe  26,  293.  vgl.  abieben,  bele- 
ben, verleben  und  entleiben. 

ENTLEDERN,  excoriare,  enthäuten.    Stieler  1107. 

ENTLEDIGEN,  laxare,  liberare,  solverc,  frei,  los,  ledig 
machen,  ledig  und  los  sprechen,  was  schon  das  blosse  ledigen 
aussagt,  nnl.  ontledigen,  mit  gen.  dei-  sache  oder  mit  der  praep. 
von  und  aus:  er  hat  seinen  geist  nit  entlidiget  von  dein  gebet. 
Keisersberg  post.  4,  28 ;  denn  gott  der  allmechtig  hat  binge- 
nomen  sinen  diener  usz  disem  joinertal,  er  hat  entledigt  die 
gefangne  sele  von  dem  last  des  libs.  Otbers  birichl  über 
Keisersbergs  tod  vor  dem  ehr.  bilger; 

ich  bin  entledigt  von  meinen  smcrzcn.    fasln.  65,6; 

da  ich  ire  schulder  von  der  last  entlediget  halte,  ps.  81,  7 ; 
und  nach  denselbigen  tagen  entledigten  wir  uns  und  zogen 
auf  gen  Jerusalem,  apostelg.  21,15;  wie  kann  ich  auch  das 
gleuben,  das  du  schreibst,  der  eheliche  priester  sei  entledigt. 
Lother  1,559';  o  wollt  gott,  das  du  entledigt  von  der  ehre, 
etwan  von  einer  pfrund,  dich  halten  mochtist.  br,  1, 509 ; 
einer  sorg  entledigen,  ein  sorg  ab  dem  hals  nemiuen.  Maaler 
104*;  von  der  leibeigenschaft  entledigen,  servUio  eximere;  wann 
er  dann  schon  in  zchcn  gefenknussen  enthalten  würd,  so 
wolt  ich  in  deren  entledigen.  Aimon  qo';  so  bitt  ich,  das  du 
mich  heut  von  den  sorgen  entledigen  wollest.  r6';  harte  und 
schwere  krankheit,  darvon  mich  dann  kein  mensch  dann  ihr 
hett  mögen  entledigen.  Galmy  37;  was  glückhafligcn  nrztes 
dich  davon  entledigt  hat,  mir  verborgen  ist.  41;  miicht  sie 
sich  selbst  mit  meinem  tod  (der  gefangenschaß)  entledigen, 
sie  warlicb  mich  nit  ansehen  würd.  275;  die  herzogin  »ich 
jetzt  dem  todo  ganz  ergeben,  sich  aber  .<o  schnrll  davdn 
entledigt  gesehen  hat.  325;  auf  da«  er  nich  nun  der  gefalir 
entlediget.  Kircuhu»' tocnifunm.  217*;  und  ist  solcher  klag  des 
profusen  ganz  bicniiil  entledigt,  dise.  mit.  2:>l ; 
dai  er  entIeJiRi  i«i  von  last, 
von  irObial  und  gefcrda.    Soltau  2W{ 


569 


ENTLEDIGEN — ENTLEGEN 


ENTLEGEN—  ENTLEHREN 


570 


so  soll  sie  demnach  solchermaszen 

mit  ehren  hie  auf  dieser  erden 

ihres  lebens  entledigt  werden,    ganskönig  e4; 

das  hart  bedrängte  land,  das  seine  {so)  schweren  bürde 

entledigt,  sehöplet  luft.  Grvpuius  1,77; 

also  schrie  sie  und  hielt  mich  bei  dem  rocke  fest,  doch  wurde 
ich  ralhs  mich  selbst  aus  ihrer  band  zu  entledigen,  pers. 
baumg.  7,  8 ;  ihr  wollet  mich  zu  ehrlichen  weibern  führen, 
die  mich  durch  göttliche  hülf  von  meiner  leibesbürde  entle- 
digen helfen.  Simpl.  K.  718;  die  seinige  aber  entledigten  ihn 
aus  seinem  Stegreif.  426 ;  nachdem  er  den  becher  von  hier 
entlediget  hatte.  Ettser  med.  maulaffe  128 ;  mein  vater  war 
hierauf  alsobald  besorgt,  damit  die  entledigte  stelle  seines 
hausinfonnatoris  ersetzt  werden  möchte.  Leipz.  avanl.  l,  36 ; 
denn  es  war  schon  so  viel  als  richtig,  dasz  der  graf  demjenigen 
die  entledigte  schloszverwalterei  ertheilen  wolle,  welchen  sein 
agent  schicken  würde.  1, 190 ;  um  sich  selbst  von  beschwer- 
lichen gegenständen  zu  entledigen.  Wielano  3,  339 ;  er  nahm 
wenig  vorurtheile  mit,  da  er  auszog,  und  fand  sich  auch  von 
diesen  wenigen  entledigt,  als  er  wieder  zurückkam.  3,  418 ; 

der  last  entledigt, 

hält  er  so  gern 

dem  selgen  herrn 

die  leichenpredigt.    Kl.  Schiidt  poef.  6r.  29; 

0  würde  mancher  mensch,  wie  du, 

von  seinem  fliiterpomp  entledigt, 

wo  fände  seine  seele  ruh?    Gotter  1,  118; 

des  liebsten  hat  noch  keine  sich  entledigt.    Platin  296; 

gelöst  war  alles,  meiner  strengen  pflicht 

war  ich  entledigt.    Göihe  9,331; 

seiner  groszen  pflichten  so  glänzend  entledigt,  trat  der  Ur- 
heber dieser  vortheile  mit  lorbeern  geschmückt  in  die  stille 
des  privatstandes  zurück.  Schilieb  998';  indem  er  zuweilen 
anhielt,  um  die  grosze  geflochtene  flasche  ihrer  letzten  tropfen  in 
seinen  mund  zu  entledigen,  ärsim  kronente.  1,281.  in  Schlesien 
versteht  man  unter  'er  hat  sich  entledigt'  umgebracht,  getödtet. 

Von  der  wunel  unter  ledig,  es  fragt  sich  nach  dem  unter- 
schied zwischen  entledigen  und  erledigen,  erledigen  steht  nicht 
reflexiv  mit  dem  gen.,  niemand  sagt  sich  des  auftrags,  des  ge- 
dankens  erledigen,  nur  entledigen,  dagegen  sollte  die  transitive 
Verwendung  mit  dem  acc.  auf  erledigen  eingeschränkt  sein, 
doch  schwankt  hier  der  gebrauch,  und  wenn  sich  schon  Gry- 
PHius  gestaltete  die  bürde  entledigen,  erlangt  auch  die  entle- 
digte verwalterei  entschuldigung.  es  wäre  aber  leicht,  hier 
erledigt,  dort  den  gen.  herzustellen,  entledigte  guter  sind  bei 
Steinbach  1,  962  possessiones  vacuefactae,  heule  erledigte. 

ENTLEDIGUNG,  f.  liberatio :  ist  gnug  einem  gemeinen 
mann  zu  wissen,  das  ablasz  sei  entledigung  der  gnugthuung 
für  die  sünde.  Lijtheb  1, 165' ;  Regulus  der  Römer  hauptmann 
erwarb  willige  entledigung  seiner  band  von  seinen  feinden. 
Frank  weltb.  237';  und  erzählten  wir  einander  unsre  lebens- 
art  zu  hause,  wie  wol  suns  war,  wie  frei  wir  gewesen  und 
was  es  hier  für  ein  verwünschtes  leben  sei.  dann  machten  wir 
plane  zu  unsrer  entledigung.  der  arme  mann  im  Tockenb.  127 ; 

euch  glück  zu  wünschen  über  euren  sieg 

sei  meiner  ersten  pllicht  entledigung.    Platbn  232. 

ENTLEEREN,  vacuare.  mhd.  und  n/.  ohne  beispiel.  die 
richtige  Schreibung  entlären  begegnet  noch  im  16  jh.,  Frisics 
und  Maaler  haben  dafür  auslären,  entleeren  ist  ihnen  ganz 
etwas  anderes,  dedocere.  er  entleret  (enläuszert)  sich  seiner 
golheit,  seiner  fromkeit  und  Weisheit,  und  wolt  sein  bei  Sün- 
dern, menschen  und  narren.  Lcther  1,92';  Habel  war  ein 
iigur  des  andern  menschens  Christi,  der  sich  seiner  gött- 
lichen macht  entläret.  Reiszser  Jerui.  2,7';  unterdes  stallet 
sein  lybiscb  maulthier  die  blas  zu  entlären.  Garg.  233'; 
andre  vollen  (füllen),  sich  entleeren.    Logau  1,  65,  61. 

ENTLEERUNG,  f  leibesentleerung,  blutentleerung. 

ENTLEGEN,  remolus,  abgelegen,  part.  praet.  von  entliegen, 
anders  auszusprechen  als  der  folgende  infinitiv,  ä.  h.  beide 
Wörter  zu  unterscheiden  wie  belegen  situs  und  belegen  operire, 
wie  verlegen  obsolelus  und  verlegen  alio  conferre.  gegensatz 
ist  gelegen,  angrenzend,  mhd.  wb.  1,  988'. 

beides,  höheren  mut  und  freudigkeit  fühlt  und  erqnickung, 
wer  mit  speise  gc>tärkt  ausgeht  in  entlegene  Linder. 

Od.  15,78; 
kühl  war  ihr  lebensihal  und  dem  geräuscb  entlegen. 

GOTTKK  1,  140; 

zwischen  solchen  entlegnen  tonarten  in  Victor,  wie  bumor 
und  empfindsamkeit  sind,  den  leitton  auszufinden.  J.  P.  Hesp. 
1, 165 ;    der  Verleumdung,   dieser  höhern  mcszkunst,   die  aus 


wenigen  schlimmen  zügen  und  linien  die  ganze  grösze  eines 
entlegnen  menschen  findet,    teufelsp.  2,  54. 
ENTLEGEN,  nnl.  ontleggen. 

1)  dissecare,  zerlegen,  auseinander  legen,  älbercs  hat  dear- 
tuare,  quasi  per  artus  dividere,  entlegen,  teiln.  Oiefeübach 
166'  bber  entgliden  und  erlegen ; 

ich  spazieren  gieng  nach  thieren 

dort  in  jenen  grünen  wald, 
trug  den  bogen  aufgezogen, 

scbosz  ein  rehlein  wolgestall. 
grif  zum  degen,  wollts  entlegen, 

biengs  an  einen  eicbenbaum, 
gleich  zur  stunden  von  den  wunden 

rann  herab  der  purpurschaum.    Spke  trutzn.  298(270). 

2)  sich  entlegen,  sich  enthalten,  weigern,  enlbrechen,  nnl. 
gij  kunt  het  niet  weigeren  noch  ontleggen,  vgl.  entleggcn 
brem.  wb.  3,  42: 

und  lebt  auf  erden  noch  kein  mann, 

der  sich  hievon  entleggen  kan.  Dedekind  papisla  conversus  1,4; 

dasz  ich  mich  zu  denken  ...  nicht  kunnt  entlegen. 
Brockes  4,  403; 

unmöglich  kann  ich  mich  entlegen  ...  zu  erwegen.    5,264; 

doch  wirst  du  dich  nicht  enüegen.  6,168  und  noch  öfter; 
•sich  nicht  entlegen  können  einem  gesuche  statt  zu  geben' 
steht  in  einem  schreiben  der  hannöv.  regierung  vom  j.  1734; 
ich  würde  mich  nicht  entlegen  {für  entlegt)  haben  ihn  unter 
dessen  vorzüglichste  producte  zu  rechnen.  Rodes  Trisir.  Sh. 
1, 151.  scheint  ursprünglich  blosz  nl.  und  nd.,  nicht  oberdeutsch, 
wie  Adelung  angibt,  man  musz  hier  dem  ent  die  bedeutung 
von  wider  und  entgegen  beimessen. 

ENTLEGENHEIT,  f  longinquitas,  intercapedo.  Stieler  1118 : 
die  entlegenheit  des  ortes  bat  uns  geschieden.  Rctschkt 
kanzl.  78. 

ENTLEHNTEN,  mutuari,  borgen,  ahd.  intlehanon  (Gbaff 
2, 124),  mhd.  entlehenen  und  gekürzt  entlehen  (wb.  1,  997*), 
nnl.  ontleenen.  mhd.  swer  borget  oder  entl^hent,  der  sol 
daz,  gelten.  Schwabensp.  Wackern.  11.  auch  nhd.  zeigen  ältere 
Schriftsteller  noch  oft  die  gekürzte  wortgeslalt: 

leich  nicht  gern,  du  sechst  dan  wem, 

entlebea  ungever  vil  von  dem, 

wan  wer  sich  leihens  trösten  wil, 

der  jo  verdirbt  mit  schänden  vil.    ring  32',  23; 

kein  piszedler  [s.  2,50)  tet  nie  kein  gut, 

ich  main,  die  iren  adel  schmehen 

mit  epruch,  spil  und  gelt  entlehen, 

und  zalen  ein  auf  der  grüen  wiesen,    fastn.  381,  9; 

entlehest  vil  auf  borg  und  bitt.  H.  Sachs  I,  228'; 
doch  dringt'  bald  das  volle  entlehenen,  "(entlehnen  wieder  durch, 
nur  sollte  das  hier  wesentliche  h  nicht  ausfallen,  Maaler 
104*  schreibt  aber:  galt  auf  wucher  entlenen,  ich  find  nienen 
kein  galt  zu  entlenen,  argentum  nusquam  invenio  mutuum; 
geschirr  entlenen  allein  zu  besähen,  rogare  inspicienda  vasa,' 
ein  entleneter  gewalt,  imperium  precarium;  am  nachgenden 
tag  entlenten  (es  steht  en^lonten)  wir  ein  ros.  Plater  72. 
Luther  und  die  übrigen  behalten  das  h:  wenn  jemand  von 
seinem  nehesten  entlehnet  und  wird  beschedigt  oder  stirbt, 
das  sein  herr  nicht  dabei  ist,  so  sol  ers  bezalen.  2  Mos. 
22,  14;  und  da  einer  holz  feilet,  fiel  das  eisen  ins  wasser 
und  er  schrei  und  sprach  'awe  mein  herr,  dazu  ists  ent- 
lehnet'. 2  kön.  6,  4 ;  laszt  uns  geld  entlehnen  auf  zinse.  A'eA. 
5,  4;  dein  vatter  hat  vor  Zeiten  die  sum  gelts  entlehnet.  Bbant 
bei  Sleinhöwel  145';  er  wirt,  saget  Amadis,  auf  sein  pferd 
entlehnen.  Amadis  361 ;  derhalben  wolt  er  sie  diebisch  ent- 
lehnen. Garg.  150" ;  in  derselben  zeit  die  drei  brüder  ihrer 
alten  gewonheit  nicht  abgiengen,  on  unterlasz  entlehneten 
wo  sie  mochten,  in  demselben  sie  den  glauben  verloren  und 
die  inen  geliehen  hetlen,  an  inen  zweifelten.  Bocc.  1, 49' ; 
wer  sein  gesind  nill  gehorsam  haben,  der  entlehn  kein  geld 
von  ihnen.  Lehmann  122 ;  dasz  ich  meine  Satteldecke  so  lange 
zum  pfände  für  entlehneten  unterhalt  habe  müssen  stehen 
lassen,  pers.  rosenlh.  1,17;  alles  unser  vermögen  kömmt  von 
gott,  unsere  kräfte  sein  nur  entlehnt.  Bdtschky  Palm.  58; 
von  jemand  eine  summe  geldes  entlehnen.   405; 

ich  will  von  der  vernunfl  geduld  und  trost  entlehnen. 

Cronegc; 

fehabt  euch  wol,  sirl  laszt  es  euch  nicht  leid  thun. 
asz  meine  dankbarkeit  den  Oor  der  nnchi 
entlehnen  musz.  Schiller  420*. 

ENTLEHNER,  m.  der  geld  aufnimmt.    Stieler  1124. 
ENTLEHNU.NG,  /.  frenibder  sprachen  entlehnung.  Zinkgrbf 
291,  7. 

ENTLEHREN,  dedocere,  das  widerspiel  Ichreti  dann  einer 
vor  gelemet  hat.   Frisios  372'.    Maaler  104*. 


571 


ENTLEIBEN  —  ENTLEIDEN 


ENTLEIHEN  —  ENTMACHEN 


572 


ENTLEIBEN,  exanimare,  vila  privare,  leiblos  thun,  um- 
bringen, gebildet  wie  entseelen.  begegnet  ahd.  und  auch  mhd. 
noch  nicht,  denn  das  starke  ahd.  intlibun  parcere  (Graff 
4,  lUO),  mhd.  entliben  (wb.  1,  96S)  ist  ganz  unverwandt  und 
geht  hervor  aus  bliban.  wol  aber  erscheint  bereits  mnl.  und 
nnl.  ontlijven  exanimare  und  intltbea  bei  Jeroschin  41\  also 
während  jenes  enlliben  parcere  nhd.  gesehwunden  ist  {zuletzt 
begegneis  bei  Wittenweiler  10',  12.  36*,  26),  kommt  entleiben 
tödten  in  gebrauch,  Fbisiüs  492*,  Maaleb  104'  verzeichnen  und 
die  denkmdler  liefern  es: 

sin  schwäher,  schwiger  und  eewib 

bat  er  od  alle  schuld  enilibt.    trag.  Joh.  Kti; 

als  unser  vaiter  Abraham 

anfängklich  goites  ehe  annam, 

förcht  er  der  frummcn  Sare  fal 

an  des  küngs  Abimelechs  sal. 

sorgt  fast  er  würd  darümb  entleibt, 

das  bald  ain  ander  mit  ir  weibi.    Scbwarzbnbirg  156, 1 ; 

item  welcher  ein  rechte  notwer  zu  rettung  seines  leib8  und 
lebens  thut  und  den  jenen,  so  in  also  benötigt,  in  solcher 
notwer  entleibt,  der  ist  darum  niemants  nit  schuldig.  Carolina 
art.  139 ;  ich  wolt  lieber  entleibt  sein,  ee  das  im  nit  zu  hülf 
kerne.  Fierabras  ES; 

koch,  nem  von  den  capon  die  besten, 

die  reisten,  das  wir  sie  entleiben 

und  lasz  die  magern  drinnen  bleiben.    Waldis  2,  41; 

wie  mans  auch  darfür  halten  will,  Cain  habe  seinen  bruder 
im  felde  bei  Damasco  entleibeL  Mathesius  7^;  der  entleibte 
Abel.    Ayrer  proc.  1,  4 ; 

ganz  entsehlet  und  entleibet.    Weckhbrlin  150; 

hier  bangst  du  ausgespannt,  geädert,  abgefleischt, 

zerstochen,  striemenvoll,  entleibet,  ausgekrcischl. 
Fleming  12; 

schau  her  auf  deine  räch,  du  seist  auch  wo  du  seist, 

dein  erster  todfeind  liegt,  du  hast,  enileibier  geist, 

mehr  mittel  itzt  die  feind,  als  lebend,  aufzureiben. 
Grvphius  1,  406; 

der  tod,  der  iederman  entleibt.    Rohplkr  78; 

der  tod  ihn  kont  entleiben.    Spei  Irulzn.  54; 

dasz  die  entleibte  seel  in  andre  leiber  weicht.    Ksap  156; 

wie  bald  kann  mich  ein  stahl  entleiben?    GcnraER  301; 
einen  entleiben,  zumal  im  Zweikampf  erlegen:  Solande  hatte 
achte   blessieret,   zwene  gar  entleibeL   pol.  stockf  252;    hat 
er   das   unglQck  gehabt,   seinen  gegner  zu  entleiben.    Plesse 
3,  395 ; 

ba,  was  geht  der  Schemen  mich  an  ?  was,  ob  dolch  ihn  ent- 
leibten?   Klopstock  octen  . . .; 

bald  nimmt  Avernus  eine  myriade 

zu  früh  entleibter  seelen  eiii.    Railbr  1,74; 

man  hatte  den  erschlagenen  gefunden,  der  entleibte  war 
koecht  einer  witwe.    GOthb  16, 146 ; 

bis  aufgebracht  ein  gegner  ihn  entleibt.    . .  . 
kein  beleg  aus  Ldtrer.     vgl.  entleben. 

ENTLEIBER,  m.  interfector.    Stieler  1133. 

ENTLEIB  UNO,  f  item  es  geschehen  ie  zu  Zeiten  entlei- 
bung und  werden  doch  die  jenen,  so  solch  entleibung  thun, 
ausz  guten  Ursachen  als  etlich  altein  von  peinlicher  und  hur- 
gerliciier  straf  entschuldigt.  Carolina  138.    t.  selbstentleibung. 

ENTLEICHTEN,  a//et>are,  erleichtern: 

die  verliebte  berzensseufzer  die  enileichten  unsre  schmerzen. 
Hora^K.iswALOAi;  getr.  tch.  9. 

ENTLEICHTERN,  dasselbe:  sich  der  last  entleichtern.  Bar- 
nisch 242. 

E.NTLEICHTERUNG,  f  levamen,  erleiehterung :  du  wirst 
iooemen  über  alle  andere  gnod  und  tugenden  entlicbterung, 
freud  und  Sicherheit  in  dem  weg  diner  bilgerfart.  Kbisers- 
BCRC  bilq.  115'. 

ENTLEIDEN,  1)  transitiv  dolore,  maerore  liberare: 
ach  schaiz,  kom  mich  zu  enileidenl    Weckuiklin  469. 

i)  molestum,  intisum  reddere  alicui,  verleiden :  so  lange 
D8D  mir  Virgilium  mit  Lucano  nicht  entleiden  wird.  Brccrir 
in  Di^izcLS  Gottsched  U^■,  ohne  dasz  mir  dieser  unigang  ent- 
leidet  wSre,  wie  es  Öfter  zu  geschehen  pfleget.  Pierot  i,  393 ; 
dieser  trockene  und  mürrische  mann  entleidete  unsenn  Sieg- 
wart den  aufeotbalt.  Miii.ers  Siegw.  2,359;  zuweilen  phan- 
tasierte er  auf  seiner  violine.  gleich  wurs  ihm  wieder  ent- 
leidet und  er  bieog  sie  wieder  auf.  2,412;  ihm  den  bang 
auf  dem  lande  zu  leben  zu  eolleideo.  3,534;  eine  staatsver- 
iDderuDg  soll  mir  luft  machen,  boCf  ich.  wenn  sie  mir  auch 
nicht  zam  bezahlen  hilft,  loU  ti«  doch  meioen  glSubigera 


das  fordern  entleiden.  Schiller  146';  dem  rechtsgelehrten 
entleidet  seine  rechtswissenschaft,  sobald  der  Schimmer  bes- 
serer cultur  ihre  blöszen  ihm  beleuchtet.  1003*.  dies  letzte 
entleidet  liesze  sich  auch  unpersönlich  nehmen  für  leid  werden. 
ENTLEIHEN,  ahd.  intllhan  (Graff  2, 123),  sowol  ßrmutuum 
dare,  commodare  als  mutuum  sumere,  entlehnen:  ein  pferd, 
einen  wagen  entleihen; 

zu  seinem  wesen  wird  vom  zufnll  nichts  entliehn. 
Hagedorn  1,  24. 

ENTLEIMEN,  gluline  liberare,  losleimen,  deglutinare.  Maai.eb 
104',  nnl.  ontlijmen. 

ENTLEIN,  n.   analicula,  entchen. 
ENTLENKEN,  deflectere,  deducere: 

bis  Luna  den  höhn 

die  drachen  entlenkt.    Mattbisson  156. 

ENTLERNEN,  dediscere,  verlernen,  voc.  theut.  1482  g5'. 
Maaler104':  das  die,  welche  am  meisten  und  besten  lernen 
und  züchtig  leben,  erger  verderben,  denn  die  nichts  lernen  und 
in  der  hurerei  leben,  denn  diese  lernen  nichts,  das  wieder  zu 
entlernen  sei.  Luther  2,  47';  bis  wir  wider  alles  entlernen,  zS 
narren  werden  und  all  dise  kunst  wider  speien.  Frame  para- 
doxa  35*.  97';  die  gottgläubigen  haben  all  ir  vorigen  künst 
lassen  fallen,  entlernet  und  vergessen,  von  heillosigkeit  81; 
Paulus  must  wider  entlernen,  das  er  all  sein  tag  hat  geler- 
net.    86.  89. 

ENTLEUCHTEN,  resplendere,  entstrahlen: 

so  von  Achilleus  schild  entleuchtete  glänz  in  den  äther. 

Voss. 

ENTLEüMDEN,  infamare,  verleumden. 

ENTLEUMDÜNG,  f  infamia:  doch  heimlich  er  sich  gehüt 
bat,  da  nit  etwan  der  entlümdung  die  sach  im  wäre.  Teren- 
tius  deutsch  1499.21'  (Andria);  und  hast  mich  in  den  Obeln 
verlassen,  von  welchen  ich  in  der  höchsten  entlQmbdung  bin. 
74'  (Heautonl.). 

ENTLEUNEN,  t.  aufentleunen. 

ENTLIEDEN,  *.  enlglieden. 

ENTLISPELN,  susurrando  elabi: 

des  klosters  dunkeln  eschen 
entlispelt  klaeeion. 

Mattuisson  109  (oder  123  oder  109). 

ENTLOCKEN,  elicere,  nnl.  ontlokken:  einam  thrflnen, 
lächeln  entlocken;   den  saiten  tOne; 

und  manch  wort  ihm  entlockt,  das  mehr  wol  frommt«  var- 
schwiegen.    Od.  14,466; 

welche  khigheit  bitte  denn  wol  das  schöne  bekennlaii 

dieser  guten  entlockt  und  uns  enthüllt  ihr  gemüte? 
GoTHi  40,332; 

der  sanfte  sinn,  der  jedem  meiner  winke 

gelehrig  einst  sich  fügend,  woiinethränen 

mir  on  entlockte.    Götter  2,  299. 

ENTLODERN,  excandescere,  flammigare: 

bis  dem  dickern  qualm  aufleuchtendes  fauer  antlodart. 

Vom; 
spende  mvrten  zum  kränz,  dem  herd  entlodre 
knatternd  die  flamme!    Hatthisson  120; 
komm,  0  komm,  und  lasz  uns  sterben! 
mir  enilodert  schon  der  geisi.    BöaciR  38'; 

wie  weiterschein 
entloderi  sein  sarras  der  scheide.    81'; 
so  entlodert  meine  wut.    Gotter  3,  471. 

ENTLÖSCHEN,  navem  exonerare,  was  ISscben. 

ENTLOSEN,  solvere,  gleichviel  mit  lOsen,  nnl.  ontlossen : 
entlOst  werden  von  den  banden.  Keisersb.  seh.  derpenit.H; 
also  entlOst  oder  abthet  er  den  beim.    Fierabras  a5; 

Trojnü  söhn  aurh  drüben,  vom  ungestüme  der  feldschlacht 
wiedergekehrt,  entlosten  die  hurtigen  rosse  den  wagen. 

it.  18,244; 
die  brüst  entlöse  der  gesang!    Götrk  3,74. 

ENTLÖSUNG,  f.  solulio:  freiung  und  entlösung  irer  gemüt 
Ton  den  sorgen  suchende.    Frank  chron.  20'. 

ENTLÖTHEN,  replumbare,  enllötten.    Maalbr  104*. 

ENTLÜFTEN,  eventilare,  auslüßen:  sein  herz  entlüften, 
animi  maerorem  solari.    Stieler  1183. 

ENTLÜSTEN,  jucundilalem  adimere.    Stiblbr  1188. 

ENTMACHEN,  abolere,  irrilum  facere,  ahd.  intmachön 
disjungere  (Graff  2,  647),  mhd.  entmachen  {wb.  %,  lö'),  nn/. 
ontmakrn,  engl,  unmake.  in  den  veisthümtm  die  formel: 
aie  mochten  ij  machen  und  entmachen,  wie  sie  wolden. 
2,  218 ;  zu  machen  und  su  enunachen,  zu  leuea  uod  zu  eol* 
■eUeo.  3,161.800. 


573 


ENTMÄGDEN  —  ENTMISCHEN 


ENTMISCHUNG  —  ENTNÄGELN 


574 


ENTMÄGDEN,   dnirginare,    enljungfem,    vnl.   ontmaagden. 
mhd.  entmageden  fehlt:  ein  docbter  entmägten,  er  hat  niich 
enttnägtet,  verfellt  oder  geschwächt    Maaler  104*. 
ENTMÄHEN,  demetere,   desecare: 

schon  entmähst  du  dir  gern  den  rerzottelten  hart  mit  der 
bippe.    Voss. 
ENTMANNEN,  1)  nirare,  exsecare,  vinlitalem  adimere,  nnl. 
ontmannen,  «19/.  unman,   «oßr  die  alte  spräche  verschiedne 
andere  ausdrücke  halle: 

die  du  gestümmelt  hast,  und  der  entmannte  mann 
Theophilact,  und  wer  noch  über  dich  lyrann, 
auch  sonder  zunge  ruft.    Grtphids  1,47; 

entmannte  harfen  {eunuchengesang) 
fröhnten  dem  wabn  und  dem  goldnen  laster.    Voss  3,31. 

2)  häufig  für  enenare,  debililare,  seliwächen: 

eine  memrae  bin  ich, 

deine  schönbeit  entmannt  mich, 

entmannt  mich  deine  stimme.    Fb.  Höllkr  1,  213; 

Sirenengesang,  der  das  herz  entmannt.    3, 133; 

tebnßltig  wucbert  stets  der  erste  sieg, 

zebnrach  entmannt  die  erste  niederlage.    PlatehSOT; 

die  nerven  werden  so  wenig  in  einer  wocbe  gestärkt  als  in 
einer  woche  entmannt.  J.  P.  uns.  löge  3,  57 ;  durch  ihre  ent- 
mannenden auszüge  und  Übersetzungen,    bücherschau  l,  55. 

3)  man  sagte  auch  ein  schif  entmannen,  seiner  mannschaß 
berauben,    im  gegensatz  ton  bemannen.   Lohesst.  Arm.  1,  94. 

ENTMANNUNG,  f. 

nicht  der  glieder  ekle  Spannung 

bei  der  schrecklichsten  entmannung, 

die  dadurch  nicht  kommt  zu  kraft.    REckert  1S4. 

ENTMANTELN,   ENTMÄNTELN,   expalliare,   gegensatx  von 
bemänteln.  Stieler  1227.     mhd.  min  verstentnisse  wart  ent- 
bildet  unde   min   geist  wart   entmittelet  unde   min  andächt 
wart  entmanlelt  unde  diu  persöne  mines  gemüetes  wart  ver- 
enderet.  Haupt  8,  256.     nnl.  ontmantelen,  des  mantels  berau- 
ben,   entkleiden,     gilt  uns  heute  fast  nur  von  festun gswerken, 
im   sinne   des  franz.  demanteler,    eine  bastion,   ein  bollwerk 
entmanteln. 
ENTMAßKEN,  medulla  privare,  nnl.  ontmergen: 
die  gar  entroarkte  mark.    Flimi:«g  115; 
des  iiebers  kochend  biei  schäumt  in  entmarkte  glieder. 
HippKi.  7,  303. 
ENTMASTEN,   navetn  malo  spoliare,  nnl.  ontmasten,  engl. 
unmast: 

hoch  auf  der  fluten  gebirg  wiegt  sich  entmastet  der  kabn. 

Schiller  76*; 

das   ISndergattende   schif  liegt  entmastet  am  strande.    1031*; 
weil  der  arme  mann  sich  in  der  arbeitstube,  wie  andere  im 
tafelzimmer,  entmastete  und  abtakelte.    J.  P.  Tit.  1,  83. 
ENTMALERN,  dimolir.    Rädlein  241*. 
E.NTME.NSCHEN,  spoliare  hominibus,  Humana  forma: 

»0  war  durch  deine  straf 

entmenschet  (entcötkerl)  der  erdkreisz.    Wkckberiin  330; 

entmenschtes  mutterherz!    Lohenst.  Agripp.  6,  169; 

tntmensche  dich  vorher,  vergeistere  die  glieder.    b/um.  64; 

du  weist,  dasz  menschen  sich  nicht  recht  entmenschen  können. 

HOPMl^KSWALDAi;  1,  3; 

wen  faszt  des  miiletds  schauer  nicht,  wenn  er  siebt, 

wie  unser  pöbe)  Kanaans  volk  entmenscht.    Klopstock  2.  46; 

wurde  die  menscbheit 
jemals  also  entmenscht?  2, 163; 
menschen  zu  sehn  wie  entmenscht  durch  so  unmenschliche 

herschaft.    Voss  2,  53; 
des  freut  sieb  das  entmenschte  paar 

mit  roher  benkerslusi, 
denn  fiihllos  wie  das  eisen  war 

das  herz  in  ihrer  brüst.    Schiller  68"; 
moskowiiiscbe  geisel  schwang 
■iegreich  die  entmenschte  Messalina.    Plater  129*; 

feniigt  euch  nicht,  dasz  eure  tTrannei 
ein  menschlich  angesicht  mich  sehen  läsit? 
denn  euer  eignes  hat  die  wut  entmenscht.    222*; 

om  sich  nicht  zu  entmenschen  {durch  beiwohnung  ohne  ehe). 
Käst  5,124. 

ENTMENSCHLICHEN,  dasselbe:  wenn  du  ihm  die  h^Jcbste 
kraft,  die  höchste  Vollendung  des  tbiers  gibst,  so  entmensch- 
lichst du  ihn.    Pestalozzi  6, 16. 

ENTMENSCHUNG,  f.  wenn  auch  pbilosophen  und  despoten 
sich  miteinander  vereinigten,  diese  schändliche  entmenscbung 
vorzunehmen.    Wieland  28,  319.  ^ 

ENTMIESEN,  emujcare.    Maaler  104*. 

ENTMILCHEN,  ablactare,  deficert  laete.    SniUB  1266. 

ENTMISCHEN,  demiscere. 


ENTMISCHUNG,  f.  die  Zersetzung,  entmischung,  Verwesung 
thierischer  Substanzen. 

ENT.MITTEL.N,  s.  die  unter  entmanteln  gegebne  stelle  und 
vgl.  ermitteln,  vermitteln. 

ENT.MÖNCHE.N,  monachum  exuere:  frater  Aleiias  gab  mir 
die  kleidung  eines  geistlichen  ...  ich  entmönchte  mich  so- 
gleich und  ward  wieder  mann  {subito  mi  sfratai  e  ritomato 
uomo).    Gütbe  34,  50. 

ENTMÖNCHüNG,  f.  dasz  die  möncbe  selbst  zu  dem  heil- 
samen werke  ihrer  entmOncbung  willige  und  dankbare  bände 
bieten  würden.    Wieland  15,  291. 

E.NTMOSEN,  was  entmiesen,  von  übertcachsendem  mos  be- 
freien: andere  haben  nie  die  quelle  der  spräche  unserer 
ahnen  entmost.    Reiskes  Thucydides  vorr.; 

sieht  um  Platons  kelch  die  rosen 

heitrer  Weisheit  wieder  glübn, 
Roms  ruinen  sich  entmosen 

und  Athens  geUlde  blühn.    Mattbisson  TT. 

ENTMOSTEN,  muslo  spoliare: 

als  der  wesi  war  durchgekostet, 

hat  er  (Göllie)  nun  den  ost  entmostet.    RCcceit  S41. 

ENT.MCDEN,  lassitudinem  solvere,  reficere,  nnl.  ontmoedigen: 
entmüdet,  munder,  frisch.    Weckherlin  226. 

ENTMCDUNG,  f.  hier,  dünkt  mich,  kommt  auch  die  ein- 
bildungskrdft  der  entmüdung  zu  hülfe,  denn  je  näher  wir 
dem  Staffel  kamen,  und  noch  mehr  als  wir  vom  Staffel  aus 
schon  einen  theil  der  groszen  aussieht  vor  uns  habend  dem 
Kulm  zueilten,  nahm  auch  die  ermattung  der  füsze  mehr  ab 
als  zu.    Hegner  4, 192. 

ENTMUMMEN,  develare,  enthüllen,  nnl.  ontmommeo. 

E.NTMUMMDNG,  f  hat  nicht  der  könig  seinem  eigenen  ant- 
litze  die  larve  abgezogen  und  durch  entmummung  sich  ver- 
raten?   LoHENST.  Arm.  2,156. 

E.NT.MÜNDIGEN,  sui  impotentem  declarare,  auszer  mündig- 
keit  setzen,  unter  curatel  stellen,  z.  b.  wegen  geistesschwache, 
Verschwendung : 

wir  aber  hatten  uns  entmündigt. 

ScBENKKNooRP  {beichte  am  TSoct.  1813). 

ENTMÜSZIGEN,  otium  solvere,  in  aliquo  opere  esse:  dabei 
{beim  spiel)  sich  vil  müszige  entmüszigen.  Bctscbey  Palm.  923. 
steht  aber  auch  ßr  inertem  esse,  müszig  gehen:  ist  ihm  {dem 
gestorbenen)  gar  wol  geschehen,  dannenhero  wir  auch  billich 
uns  der  zu  vilen  bekümmernüsse  enlmüszigen.  Bctscbkt  kanzl. 
848,  was  ebenwol  heiszen  dürße  müszigen. 

ENTMÜSZIGUNG,  f  habe  ich  bei  entmüszigung  von  meinen 
amtsgescbüften  etliche  historische  und  poetische  werke  ver- 
fertiget.   Brandts  bericht  von  Taubmann,  vorr.  s.  5. 

ENTMUTEN,  exanimare,  animum  frangere: 

0  flammt,  ihr  bliizesgluien, 

0  rase,  donnerklang: 

ibr  könnt  mich  nicht  entmnten, 

mir  wird  vor  euch  nicht  bang.    Le.nad  n.  ged.  139. 

ENTMUTIGEN,  dasselbe,  nnl.  ontmoedigen :  die  entmuti- 
gende nachricht,  der  entmutigende  eindruck  hiervon. 

ENTMUTIGUNG,  f.  entmutigung  batle  uns  ergriffen. 

ENT.N.\CHTEN,  noctem  abigere.  Stieler  1323.  nach  Albr. 
VON  Rltte  im  wb.  lu  Gotthelf  s.  21:  1)  ton  der  nacht  über- 
eilt werden.     2)  auswärts  die  nacJil  zubringen. 

ENTNACKTEN,  denudare,  ahd.  antnachutön,  innachutön 
(Graff  2, 1016),  mhd.  ennacten  {wh.  2,  296),  entnachten.  Oiemers 
6et/r.  1, 127.  das  wort  Idszt  sich  aus  den  nhd.  denkmdlern 
des  15.  16  jh.  sicher  noch  aufweisen,  ist  nur  bisher  nicht  ge- 
funden,    später  wich  es  dem  entblöszen. 

ENTNAFZE.N,  in  soporem  ineidere,  entschlummern:  duo 
sprichstu,  ich  entschlaf  nit  also,  aber  ich  entnafz.  das  baiszt 
entnafzen,  wenn  ains  anfacht  zu  schlafen  und  zucket  doch 
wider  . . .  hüt  dich  vor  dem  entnafzen,  wann  warlich  will  du 
des  vil  treiben,  du  entschläfst  binden  nach,  das  dir  der  köpf 
zu  der  erden  feit.  Keisersberc  geistl.  Spinnerin  b5*;  nun 
sprichst  du,  lieber  got,  wie  sol  ich  im  thun,  das  ich  also 
entnafz?  b5';  ich  wird  nit  steigen  auf  mein  bett,  noch  auch 
keinen  schlaf  gehen  meinen  äugen  und  meinen  augenbronen 
kein  entnafzen  und  kein  ruw  meinen  schlafen  bis  das  ich 
find  ein  statt  dem  herrn.  predigten  91' ;  also  das  sie  nahent 
die  ganze  nacht  über  schrien,  do  entnafzet  sie  ein  wenig 
und  es  gedaucht  sie,  wie  das  sie  wäre  in  der  kirchen.  Ober- 
LiN  316.     ton  der  würzet  unter  nafzen. 

ENT.NÄGELN,  clavum  adimere,  reterare,  ahd.  innagHan 
(Graff  2,1018). 


0/0 


ENTNÄHEN — ENTNEIGEN 


ENTNEINEN  —  ENTNÜCKEN 


)76 


LNTNÄHEN,  dissuere,  mhd.  entnaejen  {wb.  2,  304),  nnl.  onl- 
naaijen. 

EMiNAH.ME,  f.  amolio,  wegnähme:  jetzt  kann  es  nicht  an- 
ders sein,  als  dasz  noch  einige  resle  im  thrünensack  bleiben, 
das  aber  nach  entnähme  desselben  wegfallen  müste.  Herder 
bei  Merk  1,18. 

ENTNASE.N,  denasare,  die  nase  abhauen.  Maaler  104*. 
Rädlein  241'. 

EMNÄSSEN,  siccare,  trocken  legen.    Stieler  1335. 

EiNTNEBELN,  illustrare,  aufhellen: 

hohe  durchsichtige  Wähler  entnebein  ihr  antlitz  und  giünzen. 

Messias  1,  606; 
an  den  cutnebeUen  Strand  des  ruhig  schweigenden  Weltmeers. 

Zacharia  1,  8. 
ENTDECKEN,  petulanler  auferre: 

da  umschwirrt  dich  kein  insecl, 

keins  das  deiner  brüst  und  wange 

ruh  und  bciierkeit  enlneckt.    Bürger  '4'. 

ENTNEHMEN,  golh.  anJniman,  a/jrf.  intucman  (Graff  2,1063), 
mhd.  entncmen  {wb.  2,  374),  nnl.  ontnemen. 

1)  goth.  andnimao  bedeutete  rccipere,  z.  b.  gastins,  was  wir 
gaste  aufnehmen,  nicht  entnehmen  nennen. 

2)  andniman  war  auch  accipere,  empfangen,  z.  b.  skilliggans, 
die  gezahlten  Schillinge  in  empfang  nehmen,  hierher  gehört 
der  noch  gültige  ausdruck  geld  entnehmen,  aufnehmen,  leihen 
(RA.  611):  ich  bin  gezwungen  geld  zu  entnehmen,  zu  borgen; 
ich  muo;  alle  tag  haben  acht  pfenning  . . .  zwen  gib  ich, 
zwen  entnim  ich,  zwen  verleus  ich,  zwen  verzer  ich  {lat. 
duos  denarios  tencor  dare.  duos  accommodo,  duos  peido, 
duos  expendo).  gesta  Rom.  K.  s.  47,  wo  aber  cntnemen  muluos 
dare,  nicht  accipere  bedeutet,  gerade  wie  leihen  bald  geben 
bald  nehmen  bezeichnet,  kaufleute  pflegen  ihren  vorscliusz  auf 
ihren  freund  zu  entnehmen  {trassieren),  man  kann  geld  durch 
postvorschusz  entnehmen,  mit  dativ:  das  ist  einer  älteren 
Schrift  entnommen ;  ich  entnehme  die  beweise  meiner  quelle. 

3)  entnehmen  ist  annehmen,  vernehmen,  ersehen,  inieiligere, 
percipere :  ich  habe  aus  deinem  schreiben  entnommen ;  wie 
uns  daraus  zu  entnehmen  gewesen ;  hieraus  ist  des  weitern 
zu  entnehmen. 

4)  entnehmen,  wegnehmen,  fortnehmen:  er  was  von  seinen 
henden  entnommen.    Fierabras  F3; 

ein  zartes  mutterkind,  das  nie  vom  haus  oninommen, 
ist  einem  ochsen  gleich,  der  nie  vom  stalle  kommen. 

LoGAü  1,  8, 19, 
mit  der  aufschriß  'mistjunker'. 

5)  oft  mit  dem  dat.  der  person : 

den  schwerbeladnen  wagen 
auT  dem  viel  raub  und  zeug  dem  Teind  entnommen  Ingen. 

Fleming  141; 
soll  allzeit  ich  entnommen  sein  so  manchem  schönen  Iiihlc? 

541; 
ach  fürst  ich  bin  verschenkt  und  hin  mir  selbst  entnommen. 

IlOFMATtNSWALDAU  ; 

mir  ist  nunmehr  mein  glänz  und  auch  mein  werth  entnommen. 
pol.  sloclif.  356 : 
froh   dasz   mir   solche   (die  jungfrauschaß)   als  eine  schwere 
unerträgliche  last  entnommen  war.    Simpl.  2, 127. 

6)  eripere,  mit  acc.  der  person,  dat.  der  sache:  einen  der 
strafe,  der  gefahr,  gefangenschaft,  dem  schweren  dienst  ent- 
nehmen ;  er  ist  viel  zu  treu  dazu,  das  er  dich  deins  gemahls 
also  mit  krankheit  berauben  soll,  und  nicht  auch  dagegen 
entnemen  des  fleisches  mutwillen.  Luther  2, 169*,  wo  dies 
nidtl  vielmehr  nach  2  heiszt  dafür  empfangen;  der  himmel 
ist  dir  diesmal  noch  günstig  gewesen,  dasz  er  dich  einem 
gröszem  unglück  entnommen,  pers.  rosenth.  3,27 ;  welches  alles 
mich  meiner  schambaftigkeit  entnimmet.  Botscukt  kanil,  35; 

gottes  ta^,  du  bist  gekommen, 

an  dem  ich,  dieser  weit  entnommen, 

zu  dir  der  wesen  weteo  geh.    Klopstocx  7,  162. 

man  setzte  aber  auch  den  gen.  der  sache:  er  cntnimbt  unsere 
rrsc4ir()ckene  gewissen  irer  schand  und  irs  sturnis.  Melanch- 
thons  anweiiung,  deutsch  von  Spaiatik.  Augsb.  1523  bl.  80  und 
in  einzelnen  vorausgehenden  tlellen  bleibt  der  casus  unsicher: 

zu  ende  diese«  lied«  ist  er  nach  hnn«u  kommen, 

und  weil  e»  tiemlich  »pAl,  hat  <:r  Aiih  bald  entnoniini'ii 

der  lieben  brüderschali,  der  edlen  ücharerni. 

NKcaANKs  lustwiHdcItrn  s.  IM). 

ENTNEIGEN,  atersum,  alienum  redderc : 
L'^niiio  wol,  enincigter  dem  erhormen 
M»'l.-ird  ihr  mehr  entziehn  als  siel    Bfiscc«  06'; 
li  "  li  nimmrr  soll  dir«  Trommen.  sondern  mehr 
III'  in  Ii't;  dir  noch  entneiKen.    14!»'. 


ENTNEINEN,  negare,  verneinen  Idszl  sich  nicht  aufweisen, 
auch  mhd.  nicht  belegen,  aber  nach  dem  ahd.  intneinan  (Graff 
1,  327)  vermuten  und  bilden.  Schmeli.er  2,  696  hat  auszer 
verneinen  auch  abneinen  und  widerneinen. 

ENTNERVEN,  enervare: 

dasz  ihm  die  obren  klingen 
und  die  entnervte  band  den  degengrif  verliert.  Wikland  . . . ; 
sich  einer  entnervenden  kleinmut  überlassen.  2,  70  ;  mit  einem 
durch  lange  gewolinlieit  der  fesseln  entnervten  volke.  2,259; 
die  macht  der  bcredsamkeit  übertrift  alle  andere  macht,  sie 
ist  fähig  funfziglauscnd  arme  nach  dem  gefallen  eines  ein- 
zigen wehrlosen  manncs  in  bewegung  zu  setzen  oder  zu  ent- 
nerven.  2,  293 ; 

entnervt  von  bangem  entsetzen.    16, 127; 
deren  arm  durch  den  hunger  entnervt  ist.    Klinger  2,  97. 
ENTNERVUNG,  f.  in  enlnervung  schmachten.  Lichte-nrerc 

4,28. 

ENTNETZEN,  arefacere,  was  entnässen.    Stieler  1335. 

ENTNETZEN,  laxare  retia,  das  netz  wegziehen.  Stieler 
1350. 

ENTNICHTEN,  ad  nihilum  redigere,  vernichten,  mhd.  ent- 
nihtcn :  er  dienet  dem  meister  allein  als  wol,  das  wir  gar 
bei  inen  entnicht  seind  {nichts  mehr  gellen).  Aimon  ¥',  vgl. 
entwicht. 

ENTNIEREN,  exsecare,  entmannen:  wer  ein  frei  weibsbild 
schwecht,  ward  enlniert  und  seines  mannlichen  glids  beraubt. 
Frank  «Je//6.  11";  Origenes  war  ein  solcher  liebhaber  der  rei- 
nikeit,  dasz  er  sich  aus  eifer  des  glaubens  selbs  entnieret. 
chron.  274' ;  ein  eunuch,  einer  dem  ausgeworfen,  der  ent- 
nicrt  und  der  seiner  testikel  beraubt  ist.  Tiiuhneisser  alchym. 
2,121;  er  entnieret  und  stutzt  sie  wie  die  hund.  Gorg.  205'; 
ich  entnier  dich  schier  vor  lieb,  ich  zerlruck  dich,  ich  fresz 
dich.    240*. 

ENTNOTHDÜRFTEN,  alvum  exonerare:  ihr  könnt  auch 
lernen,  dasz  auf  der  nase  des  beiden  die  fliege  sich  entnoth- 
dürflen  darf.    Lavaters  physiogn.  IV,  2  viertes  fragment. 

ENTNÜCHTERN,  nnl.  ontnuchteren,  in  zwei  entgegenge- 
setzten bedeutungen, 

1)  crapulam  solvere:  der  schrecken  entnüchterte  den  trun- 
kenbold  auf  der  stelle;  er  ward  entnüchtert;  nnl.  iemand 
door  gevoelige  siagen  ontnuchteren. 

2)  jejunitalem  solvere,  sich  entnüchtern,  frühmorgens  etwas 
zu  sich  nehmen:  sich  entnüchtern,  jenlare,  jentaxulum  jumere. 
Maaler  lös".  Stalder  2,  245 ;  cnlnüchtern,  jejunum  stomachuni 
saturare.  Stieler  1323;  nnl.  zieh  ontnuchteren,  des  morgens 
iets  nulligen;  ein  fraw,  die  gern  kleine  kinder  bette,  die  soll 
sich  des  morgens,  dieweil  sie  trügt,  entnüchleren  mit  einem 
geröslem  broscm  weckes  in  wein  gedünkt,  und  das  kind,  so 
sie  trägt,  soll  klein  bleiben.  Spinnrockens  evangelia  1568  G  3' ; 
er  trank  ein  glas  wasser  um  sich  zu  entnüchtern,  in  einem 
noch  ungedruckten  gedieht  aus  dem  schlusz  des  13  jh. : 

hc  is  vor  iindait  reiner  dan  ein  kint. 
nu  niget  alle  su;e  wir, 
ich  wil  nennen  sinen  werden  üT, 
eins  iclichon  reinen  wifls  munt 
sal  alle  morgin  dri  siunt 
intnuchicrin  sich  mit  sime  namen. 

ENTNUCKE.N,  dormilare,  anheben  zu  schlafen.  Maaler  104* ; 
wider  entnucken,  redormire;  entnuckt,  semisopitus,  halbent- 
schlafen. Schmeller  2,  076  naucken  sitzend  oder  stehend 
schlummern;  Stalder  2,  245  nuck  miltagschläfchen.  mhd. 
entnucken  {wb.  2,  422) : 

der  .«lär  in  hezuctc, 

eine  wile  er  eniniicie, 

dö  truumte  im  vil  guwis.    Hol.  108,33; 

jehei,  ir  sIt  entnucket, 

und  6r  wurde  iu  gczuckei.    ursttnde  114,41; 

(Li  Wirt  ein  iimbevanc 

Hill  armen  hianc, 

d»^  liep  hi  liehe  eninuckei, 

iiiuiit  an  nullit  gcilrucket.    MS.  %  155'; 

mir  ist  als  ich  nilit  hibeiide  si, 

swenne  ich  entnucke  Hi>rc.    2,  )06'; 

Johannes  hAt  lU  Kristos  brüst  eoinuckei.    MSII.  '^,\'j''; 

den  ddhi,  dA  fr  in  slATo  was  ontnuckel, 

wi«  lüsent  sw«rt  ze  inälo  über  in  aleine  wurden  dl  genicket. 
Alsr.  tu.  &V47. 
11^  kurzlich  wart  ich  im  schlaf  entnuckt.    meiiterl.  f.  23  ii*214  ; 

in  den  gedanken  lief 

irh  in  ein  .«chl.ir  ciiinurket, 

IUI  ir.-iiim  ward  Irh  niiTtuckni 

\\>n  eiiioiii  »arii'ii  wrili      II.  '^»rii»  1,457'; 


577  ENTOHNEN  —  EMPFANGEN 

mit  süszem  schlaf  entnucket 

w^rd  ich  im  träum  gezuckei 

von  dem  goit  genio.    U.  1,  1'; 

ich  legt  mich  7U  dem  brüoleia  nider 

in  den  gcdankeo  tief  eoiziicket, 

gleichsam  in  einem  träum  entnucket.    II.  3,51', 

wie  nun  der  fürst  eninucket  kaum, 

tiel  er  in  einen  schweren  träum.    Sprr.^g  //.  522'; 

vor  irauren  kond  er  nicht  entnucken.    554'. 

der  späteren  schrißspraebe  schädlich  abhanden.  Pestalozzi 
3,22  sagt  noch:  sie  war  eben  einen  augenblick  entnückt  (etn- 
geschlitmmert).     s.  nicken,  einnicken. 

ENTOHNEN,  libeiare,  privare,  enläuszern,  mhd.  entdnen 
{wb.  1, 4l'),  man  sagt  aber  unschöner  entobnigen  und  stellt 
dazu  meistens  den  gen.  der  sache,  oder  auch  die  praep.  von : 
sich  des  trunks,  der  gesellscbaft  entobnigen.  Stieler  1385; 
ein  tagelöbner  wolle  seiner  arbeit  lieber  entobniget  sein, 
wenn  er  sich  sonst  erhalten  könnte.  Scbiveb  seelensch.  l,  419  ; 
sie  leben  im  lande  der  trübsal  und  können  der  sorgen  nicht 
ganz  entobniget  sein.  2, 137 ;  es  ist  eine  grosze  sache,  wenn 
ich  meinen  freund  eines  lasters  entobnigen  kan.  Bütschky 
Palm.  7S2,  sol  denn  numehr  die  beiderseits  so  lang  beliebt 
und  gehegte  vertreulicbkeit  aller  vorigen  treue  entobniget 
sein?  kanil.  56;  mein  anrufliches  bitten,  das  ich  der  bisher 
verspürten  geraütsneigung  möge  entobniget  sein.  73;  {geblül) 
so  zu  der  zeit  zum  theil  gestockt  und  all  seiner  natürlichen 
wärme  entobniget  ist.  Mauriceau  von  zufallen  und  krankh. 
der  schwangeren,  verdeutscht  fiümb.  1687  s.  512 ;  was  der  ge- 
strenge und  werthe  herr  an  dieselbe  aus  liebe  traget,  em- 
pfanget und  entobniget,  das  ist  in  lauter  freude  gehoft  und 
verlanget.  Weise  luslredner  499 ;  obwol  nun  mein  patron 
seinen  söhn  auf  die  Universität  zu  schicken  nicht  entobnigen 
kan.   503 ; 

nicht  aller  furcht  entobniget.    Brockrs  4, 187; 

entohnigt  aller  noib  und  über  alle  sünden 

die  gröszie  süszigkeit  nur  immerfort  empUnden. 

WiTHOF  ged.  1,8; 
deiner  ganz  entobniget  im  innern.    1,  2S3; 

wir  können  uns  nicht  des  öftem  feilens  und  der  genauesten 
vorsieht  entobnigen.  Withofs  t'orr.  bd.  1;  und  sie  {die  spräche] 
der  grammatik  gar  nicht  entohnigt  sein  kann.  Niebchr  kl. 
sehr.  1,56;  die  arme  sinnliche  natur  musz  die  schuld  haben, 
sonst  könnte  man  des  ganzen  cultus  wol  entobniget  sein. 
Cl.  Habms  dasz  es  mit  der  verntinßreligion  nichts  ist.  Kiel 
1819  s.  92.  dieses  im  mhd.  entänen  gegründete,  wollautige 
wort  klingt  heute  pedantisch  und  wird  gemieden,  schon  Weises 
angezogne  stellen  legen  es  einem  ungeschickten  redner  in  den 
mund. 

ENTORDNEN,  ordinem  turbare,  aus  seiner  fuge  und  Ord- 
nung bringen:  so  lang  das  gemüt  des  menschen  in  im  selbs 
entordnet  und  verrückt  ist,  so  lang  mag  es  nit  still  noch 
gerüwig  werden,  als  da  einem  ein  fusz  aus  der  stett  oder 
aus  seinem  rechten  gleich  {glied)  verruckt  ist.  Keisersberg 
parad.  der  seien  61*.  s.  ordnen,  abordnen,  anordnen,  ein- 
ordnen. 

ENTORTEN,  desorientieren:  durch  das  was  mir  Doula  über 
Hamor  vertraut  noch  mehr  entortet.    Dyanasore  4, 193. 

ENTPä.\REN,    sejungere,  ein  paar  trennen,    nnl.  ontparen. 

ENTPANZERN,  exarmare,  thorace  exuere,  enlwafnen : 

hilf  Hectorn  sich  entpanzern, 

10  help  unarme  our  Hecior.    Troilus  3, 1. 

ENTPECHEN,  pice  liberare,  lospechen. 

E.NTPFAHEN,  was  empfangen,  empfahen,  empfangen,  in 
manigfacher  bedeutung.  will  du,  das  der  zundel  gut  und  dürr 
werd,  das  er  bald  ein  füer  entpfoch  {fcuer  fange),  so  mustu 
in  suber  usztrotten.  Keisebsberg  bilger  u'.  den  heiligen  geist 
entpfahen,  afflari  divino  spiritu;  unbescheidenlich  etwas  ent- 
pfahen,  intemperanter  aliquid  accipere.    .Maaler  105*. 

E.NTPFANGEN,  dasselbe.  Maaler  105"  ßr  concipere,  wel- 
ches FRrsics  280*  durch  anfaben  oder  empfahen  gibt,  die 
formen  mit  oder  ohne  a  schaanken  allenthalben  und  trennen 
sich  nur  hin  und  wieder  in  bedeutungen.  die  praeterita  nehmen 
schon  mhd.  gern  im  sg.,  immer  im  pl.  das  a  an,  i.  b. 

iö  in  da;  stad  eoiphienc  {littus  excepit).    Oolridt  62'; 
sdn  io  der  tdt  enphienc.    66'; 
und  untlieng  sie  Achillen.    Haupt  If,  366; 
die  von  ir  henden  manigen  urhrani 
enpliengen  und  begriffen,    tr.  kr.  4080; 
III. 


ENTPFEHL  —  ENTPRETTEN 


578 


nhd.  ain  schreiben  empfangen.  Schwabzesberg  149, 1 ;  so  weit 
ich  in  empfangen  haben.  Alberds  ehbüchlin  Ca';  sie  lüde 
die  junge  metz  zu  gast,  und  entpfieng  sie  ufs  allerfreund- 
lichst.  ebenda;  das  er  von  dir  freundlich  empfangen  werde. 
C4';  als  nu  der  tag  auch  geleistet  war  und  man  den  hei- 
ligen geist  in  den  pascalibus  wol  empfangen,  wider  Jörg 
Witzeln  G5'. 

ENTPFEHL,  was  empfehl:  seinen  schuldigen  entpfehl  mel- 
den. Ett.ners  med.  maulaffe  865;  mit  zurückgegebnem  em- 
pfebl.    950. 

ENTPFEHLEN,  was  empfehlen,  z.  b.  bei  Dastpodics  128*. 

ENTPFEIFEN,  sibilantem  evolare. 

E.NTPFEITEN,  exuere,  enthemden,  des  hemdes  entkleiden, 
verdünnt  entpfetten.    Scbmeller  1, 326.     mhd. 

wol  üf.  hSrre  ßernasre, 

sie  ligent  alle  entpfetiet, 

sie  sint  uns  reht  gebettet, 

da;  wir  sie  slahen  dne  wer.    Dietr.  3263; 

sie  begunden  sich  entpfetten, 

dise  sä^en  lif  den  beuen, 

jene  huoben  gröjen  schal.    6175. 

ENTPFINDEN,  was  empfinden.  Dasvpodics  320*.  Maaler 
105*;  da  empfand  er  heimlich  in  im  einen  stral  durch  den 
leib  gon,  er  fiel  nider.    Keisersberg  s.  d,  m.  20*. 

ENTPFINDLICHKEIT,  f.  die  erst  natur  ist  ein  gemeinlich 
oder  ein  thierische  natur,  das  ist  der  leib  mit  der  entpfind- 
lichkeit.    Keisersberg  narrensch.  137*. 

ENTPFLANZEN,  explantare,  verpflanzen,  nnl.  ontplanten : 

ich  musz,  nun  ich  enipüanzt,  noihsächlich  ja  vergebn. 
Gryphils  1,  713. 

ENTPFLÖHEN,  eripere: 

sich  als  ein  wildes  federspil  entpQöben. 

PÖTKRiCH  bei  Haupt  6,  35. 
mhd.  wie  künde  mir  din  witze 

den  apfel  wol  enphloehenl    tr.  kr.  2013. 

ENTPFLCCKEN,  decerpere,  nnl.  ontplukken.    im  voc.  1482 
g4'  entpQocken,  wie  auch  nnl.  ontplokken  vorkommt: 
viel  pQjnzen  hat  er  schon  entpflückt  dem  grund, 
und  kaum  besehn,  geworfen  in  den  Schlund. 

Lkxad  Faust  8. 

ENTPFOR,  für  inbevor,  voraus,  vgl.  Scbmeller  1.  634: 
darumb  sol  in  (den  dienstboten)  die  Vernunft  nit  zu  vil  entpfor 
geben  {im  voraus  geben),  sunder  sie  hert  halten  und  ir  fast 
«ol  acht  nemen.  Keisersb.  bilger  tt'.  vgl.  entvor  und  bevor 
geben  1, 1758. 

ENTPFREMDEN,  was  entlremden :  die  blotterecbten  {blatter- 
kranken) leut  seint  schuldig  sich  zu  entpfrembden  {ferne  zu 
halten)  so  wit,  das  sie  mit  irem  gebresten  nit  schaden  bringen 
andern   menschen.    Keisersb.  posl.  3,  78. 

ENTPFROPFEN,  was  entkorken,  entstöpfeln. 

ENTPILGERN,  peregrinari,  in  die  ferne   ziehen. 

ENTPLCNDERN, ^despo/io;-«,  nnl.  ontplonderen :  ein  baue 
enipiflndem,  diripere  domum.    Maaler  105*.    Frisios  1236*. 

ENTPOLSTERN,  pulvino  privare. 

ENTPOLTERN,  elabi  cum  fragore,  dahinpollern. 

ENTPOR  für  empor,  enbor:  das  haupt  entpor  heben; 

hier  hebet  sich  entpor,  hier  breitet  seine  wellen 
der  tagend  hauptpanier.  Logad  2,64. 

ENTPÖREN  ßr  empören : 

mit  ierman  war  das  volk  entpört.    H.  Sacbs  I,  421'; 
sich  wider  uns  entpörende.    Mklissus ps.  AS'. 

ENTPRACHTE.N,  splendore  suo  spoliare: 

so  wandte  sich  die  glut  die  häuser  zu  entprachten, 
die  stolz  auf  stein  und  kalk  ihr  nur  entgegen  lachten. 
Karscbi.i  ged.  368. 

ENTPRESSEN,  exprimere,  nnl.  ontpersen:  mandein  öl, 
trauben  saft  entpressen;  seine  vorwürfe  entpresten  ihren 
äugen  rechliche  thninen ; 

er  dacht  ihm  zu  entpressen  groszen  schätz, 
drum  hielt  er  ihn  in  haft  an  solchem  platz. 
Grks  Bojardo  3,  1,30. 

ENTPRETTEN.  animum  a  corpore  abstrahere,  rapere.  ent- 
zücken, ahd.  inpiettan  (Graft  3,  287),  mhd.  begegnet  nur  das 
einfache  brftten,  doch  wären  enbr?llen  oder  erhrSIten  zu  er- 
warten, nhd.  selten:  vor  diser  zeit,  da  die  walfarten,  feld- 
teufel  und  boltergeister  die  leut  an  des  teufeis  statt  jenier- 
lich  betrogen,  fand  man  leut  die  da  entpretten  waren,  das 
ist  entzuckt  im  geist.  Agricola  spr.  381.  das  ahd.  pari,  lautete 
aber  inprottan. 

37 


579 


ENTPUPPEN  —  ENTRASEN 


ENTUASSELN  —  ENTRATEN 


580 


ENTPUPPEN,  nympham  exuere:  der  nacLtschmetterling, 
der  sich  unter  der  erde  entpuppt.  J.  P.  aeslh.  3,161;  wenn 
doch  in  der  Studierstube  eines  gelehrten  der  glaube  desselben 
sich  80  oft  verwandeln,  häuten,  einspinnen,  verlarven,  ver- 
puppen musz,  bis  solcher  wieder  entpuppt  ausfliegt,  foi. 
fasUnpr.  52 ;  da  sich  aber  irrthum  und  unkunst  erst  vor  der 
nachweit  entpuppen,    freihettsb.  147. 

ENTPUPPÜNG,  f.  der  teufel  nach  dieser  entpuppung.  teu- 
felsp.  1,  85. 

ENTPLRPERN,  ENTPÜRPÜRN,  purpura  exuere,  entfärben, 
nnl.  ontpurpuren: 

die  rose,  die  der  weit  ihr  äuge  stets  anlacht, 
schleuszt  ihre  blätter  zu,  entpurperi  ihre  wangen. 

LouKMsT.  Arm.  1,  1429; 
deinen  entpurpurien  mund.    Wieland  16, 137. 

ENTQÜALMEN,   fumantem  eseendere,  dampfend  aufsteigen: 

aber  wehe,  wenn  stet«,  wie  dem  Vesuv,  stvgischer  qualm  em- 
qualmt."    Voss. 

ENTQUELLEN,  profluere,  enlfliesien,  entsprudeln :  der  bach, 
der  brunn  entquillt; 

Ta  der  band  des  allmächtigen 
die  gröszeren  erden  entquollen.    Klopstock  1, 136; 
ach,  dies  neue  leben,  das  du  aus  staube  mir  schufest, 
golt,  Versöhner!  es  ist  auch  deinen  wunden  entquollen. 

Messias  11,304; 
hoher  mut  und  kraft  entquellen 
fest  bestandener  gefahr.    Sjllis  121 ; 

ich  freue  mich  der  freude, 
die  reich  aus  lebensquelle  dir  entquillt.    Götbk  9,289; 
du  bists,  dem  das  frischeste  leben  entquellt  (  :  erhält). 

41,  177; 

die  vielen  kleinen  verse,  die  uns  bei  jeder  gelegenheit  ent- 
quollen, sind  verloren  gegangen.  26,  78 ;  aus  der  fruchtbar- 
keit  seines  geistes  entquoll  die  fruchtbarkeit  seiner  feder. 
32,  240 ; 

hüllen  Schleier  dich  ein?  oder  entquellen  dir  thränen? 

Stolbbrg  1,  10; 
und  scherz  mit  buld  in  anmuthsvollera  bunde 
entquollen  dem  beseelten  munde.    Schillkh  24'; 
der  blauen  flut  entquillt 
die  bimmelstochter  sanfl  und  mild.    10*; 

hervor  aus  deinem  dickicbt  nun  (hirsch!), 
hervor  aufs  freie  feld. 

nicht  mann,  noch  ros,  noch  hund  wird  ruhn 
bis  dir  dein  schweisz  entquellt.    Gökingk  3,  14. 

das  falsche  entquellt  führten  die  reime  herbei,  umgekehrt  er- 
lauben sidi  andere  entqtliilen  für  entquellen,  z.  b. 

wie  Wasser  rieseln  aus  der  erde  Schlünden, 
80  die  gedanken  tief  der  brüst  entquillen. 

Wh.  Humboldts  werke  7,  458. 

SnELER  1493  hat  gar  nicht  dieses  entquellen  profluere,  son- 
dern ein  negatives  entquellen  für  intermillere,  claudere  fluxum : 
der  brunn  ist  entquollen,  fonlis  venae  sunt  inlercisae,  aversae. 
in  solchem  sinn  schreibt  auch  noch  Kli-nger  8,  351 :  diese  hei- 
lige stelle,  auf  welcher  das  leben  seines  lieblings  entquoll 
{erlosch,  davon  flosz).     vgl.  entrinnen. 

ENTRAFFEN,  eripere,  surripere,  entreiszen,  nnl.  ontrapen: 

Dicht  der  feind  bat  dich  entrafi, 

Ajax  flel  durch  Ajax  kraft.    Schiller  53'. 

meistens  reflexiv: 

doch  furchtbar  wird  die  himraelskraft, 

wenn  sie  der  fessel  sich  entrafi.    7S'; 

sieh,  wie  er  jedem  erdenbande 

der  alten  bulle  sich  entrufi.    Götbi41,  343; 

eb  das  secicben  sich  entrafi.    57,282; 

dem  mordgewübl  entrafi  «ich  kaum 

das  wild  mit  immer  scbwäcberm  lauf.    ßfiaeiK  71*; 

aller  liebe,  allem  schaffen 

musi  ich  heute  mich  entrafTen.    ARMia2, 186; 

so  will  ich  mich  der  geistesoacbt  entralfen.    Le^iau  Fautt  10. 

ENTRAGEN,  eminere,  prominere,  hervorragen: 

die  ihürme  der  verödeten  abtei 

eniragen  ichauervoll  im  bleichen  licht 

dem  wildernden  gesiräucb  der  felienbai.    Matthlisom  166. 

ENTRAGEN  steht  im  16;/».  geschrieben  für  enltragen,  und 
tearum  sollte  nicht  das  eine  der  tusammenstoszenden  t  weichen  ?, 
zumal  ahd-  und  mhd.  noch  viel  dfler  der  auslaut  von  enl 
wtgßel.  unser  entlragen  und  ahnliches  ist  nur  ßr  das  ouge, 
lUeht  für  das  ohr. 

ENTRA.SEN,  eespite  nudare,  gegensatz  von  beraMO. 


ENTRASSELN,  crepitando  elabi: 

donner  grollen  über  die  see, 

bagel  entrasselt  der  wölke.    KosROAnrEN. 

ENTRATEN,  ENTRATHEN,  carere.  es  scheint  befremdend, 
wie  dieses  der  ahd.  mhd.  spräche  völlig  abgehende  verbtim 
(denn  inträtan,  entraten  timere  ist  etwas  anderes,  nemlich 
in-trAtan)  im  16  jh.  auf  einmal  vortritt  und  seitdem  ofl  ge- 
braucht wird,  die  älteren  vocabularien  kennen  es  noch  nicht, 
Dasypodiüs,  Frisius,  Maaler,  Henisch,  Denzler  ebensowenig, 
auch  Luther  enthält  sich  seiner,  zuerst  bringt  es  Alberüs: 
'ich  antrat,  possum  carere,  ich  kans  cntraten  i.  empören'. 
dann  verzeichnen  es  Stieler  1516  und  Frisch  2,  88*.  man 
sieht  leicht,  dasz  es  der  bedeutung  nach  dem  mhd.  'eines  dingts 
rAt  hän'  entspricht,  Mb.  66,  4.  348,  20.  364,  2.  486, 1.  756,  8. 
875, 1.  1484, 1  {mhd.  wb.  2,  571.  572).     mehr  unter  dem  subst. 

1)  gewöhnlich  regiert  entraten  den  gen.  der  sache:  der  jung 
seines  vatters  zu  dem  gelt  mit  allen  schänden  entraten  mustu. 
Kirchhof  wendunm.  179';  aus  denen  festungen,  die  stark  be- 
setzt und  des  volks  entraten  können,  disc.  mil.  4" ;  so  dünkt 
uns  doch,  dasz  wir  keines  ubeler  entraten  mögen,  dann 
dessen  wir  in  mangel  stehen.  165;  denn  sie  meiner  nicht 
länger  entraten  könnten  noch  wollten.  Schweimiches  2,16; 
den  20  mai  ist  es  kalt  gewesen,  dasz  man  die  stuben  ein- 
gebeizet  und  eines  pelzes  nicht  entraten  können.    3,293; 

ich  kan,  o  gott 

nu  weder  deiner  hilf,  noch  deiner  straf  entraten. 

WCCIHRRLIN  316; 

wenn  dasz  der  sonne  licht  des  lichtes  soll  entraten. 

Opitz  .  . .; 
wann  er  nun  soll  entraten 
des  lebens  im  sterben, 
was  hat  er  zu  erben!    Logau  1, 171 ; 
ein  mancher,  der  fast  nie  des  weins  entraten  kan, 
nimt  wol  der  dichtkunst  sich  am  allermainsten  an 
in  dem  er  trunken  ist.  Rohpler  79; 

wie  schwerlich,  meint  ihr  wo.,  fnllt  jeizund  den  Soldaten, 
dasz  sie  des  obristen  nun  sollen  ganz  entraten, 
der  sie  so  lang  geführt.    134; 

die  frau  mutter  war  unpasz  und  konte  ihrer  (der  modelten) 
so  lange  nicht  entrathen.  Weise  kl.  leute  229;  denn  gesetzt, 
dasz  du  einer  freude  entrathen  must.  328;  dasz  er  selbst 
gezwungen  würde  hier  zu  bleiben  und  der  annehmlichen  ge- 
sellschaft  zu  entrathen.  erzn.  13;  der  luft  können  wir  am 
allerwenigsten  entrathen.  BuTscHiiT  Patm.  412;  denn  er  bc- 
Iheurete,  dasz  der  pfarr  des  branteweins  keine  stunde  ent- 
rathen könne,  wo  er  nicht  mit  band,  köpf  und  fusz  zittern 
wolle,  pol.  maulaffe  114 ;  soviel  wir  uns  dessen  zu  entrathen 
getrauten.    Felsenb.  4,  306 ; 

gemeiner  tugendcu  kann  nur  ein  held  entraten, 

der  glänz  von  seinem  rubm  strahlt  aus  erhabnen  thalen. 
Hagrdor.'«  1,  92; 

lieb  und  wein  wollt  ich  enisagen, 

deren  doch  ein  froher  mann 

nicht  gar  leicht  entrathen  kann.    Bürger  5'; 

ob  er  auch  unserer  hülfe  bedürfe  oder  entrathe.    197'; 
ihrer  dieiiste  kann  ich 

entrathen.    Schiller...; 

die  lande  können  nicht  des  meers  entrathen.    RCceert  148; 

die  Chronologie  aber  scheint  unter  allen  andern  eine  Wissen- 
schaft, deren  ein  soldat  am  ersten  entrathen  könnte.  BonEs 
Trislr.  Sh.  8,  65 ;  ehre  die  spindel,  die  dich  nährt,  was  küm- 
mern dich  glück  und  reiclithum,  wenn  du  ihrer  entrathen 
kannst?  Musaeus  volksm.  s.  500 ;  dasz  auch  das  glücklichste 
talent  des  einwirkens  einer  gründlichen  schule  nicht  entra- 
then kann.    Göthb  45,  396. 

2)  wie  bei  andern  Wörtern  des  enlbehrens,  missens,  mangels 
sclileicltl  sich  auch  hier  der  are.  ein:  das  amelinel  kann  man 
in  der  küclien  nicht  wol  rntmtrn.  Tarerkaemont.  613;  selig 
ist  der  mann,  der  herrendicnst  entraten  kan.    Lehmann  U.s  ; 

Quadralus  ist  der  weit  vil  nütz,  er  gibt  vil  Hch.iiAn, 
wilr  übel,  wenn  er  stürh.  im  sommer  zu  entramn. 
LooAU  1,  ISJ,  72; 

ich  habe  nie  meine  eigene  gesiindheit  gewflnsrhet,  au«  furcht, 
ich  möchte  die  gegrnwart  diese«  arztes  entraten  müssen. 
pers.  baumg.  8,12;  oh  man  füglirhrr  am  leihe  oder  am  ge- 
müthe  einen  sparren  entrathen  kann.  Weise  A/. /riWr  47;  und 
was  er  von  seiner  kicidiing  etiirhermaszen  entrathen  knnlo. 
173;  nichts  begehret  er  so  heftig,  da»  er  nicht  ehensoleicht 
entrathen  könnte.  345;  denn  kein*  konnte  d.i«  andere  so 
lange  cnlralhm.  po/.  tfocAr/'.  201 ;  liest  er  im  '-!i<lii-.  was  man- 


581 


Eintraten — enträoien 


ENTRAÜSCHEN—  ENTREINIGEN 


582 


eher  nicht  gerne  vor  geld  entrathen  hätte.  321;  lieber  die 
6000  th.  als  die  frohe  gesellschaft  zu  entrathen.  pol.  tnaulaffe 
109  ;  dasz  ich  mein  Vaterland  sehr  wol  entrathen  kann.  Fel- 
senb.  2,  506 ;  da  wir  nun  diesen  verwand  zwar  vor  einen  scherz 
halten,  gleichwol  aber  unsere  tochter  nicht  wol  entrathen 
können.    Leip:.  avant.  2, 105 ; 

so  kann  es  ohne  furcht  den  Leibnitz  nicht  entrathen. 

J.  E.  SCHLKGEL  4,  121; 

mein  farbenbret  ward  mein  freund,  den  menschen  zu  ent- 
rathen. Dyanasore  2, 144 ;  Spanien  selbst  konnte  wenig  volk 
mehr  entrathen.  Schiller  776;  das  wunderbare  hat  man  in 
diesen  neueren  behandlungen  aller  fabeln,  als  unserm  glau- 
ben fremd,  möglichst  zu  entrathen  gesucht.  Schlegel  über 
dram.  kunst  2, 134 ;  du  kannst  höfische  herzen  entrathen.  J.  P. 
Hesp.  3, 125 ;  ihr  hang  zu  bürgerlichen  festlichkeiten  macht, 
dasz  sie  lieber  festlieder  und  evangelien  entrathen,  als  zu 
Weihnachten  die  Stollen.  Siebenk.  2, 102 ;  sie  schlug  lieber 
einige  unschuldige  Schneidermeister  für  den  galgen  vor,  die 
eher  zu  entrathen  waren.  3,  80 ;  die  gelbheit  und  die  runzeln 
ihrer  wangen  müste  sie,  die  Wahrheit  zu  sagen,  entrathen. 
war  ich  nicht  da  gewesen,  teufelsp.  1,  41 ;  als  der  wilde  Jäger 
könnt  er  sie  {die  pulverhörner)  keine  nacht  entrathen.  l,  82 ; 
wie?  können  sie  entrathen  das  süsze  waldgericht? 

RECKERT  213; 

zimmet,  nelken  und  muskaten 
kann  man  meisientbeils  entraten 
und  kommt  nicht  dabei  zu  kurz.    229; 
das  lebensglück  ist  nicht  geglückt, 

die  menschen  mirs  zertratea, 
nnn  will  ich,  in  mich  selbst  gedrückt, 

auch  einen  hund  eniraten.    Lknao  neuere  ged.  224. 

3)  der  abhängige  casus  kann  auch  unterbleiben :  seine  kräf- 
tige, brave  natur  wird  wol  zu  entrathen  wissen.  J.  P.  Tit. 
3, 119. 

4)  endlich  erscheint  entrathen  auch  in  der  bedeutung  von 
dissuadere,  abrathen,  wie  sie  im  nnl.  ontraden,  und  schon 
bei  Jeroschi:«  137'  enthalten  ist:  dem  grund  alle  zeit  nach 
za  gründen,  ohne  welchen  kein  arz  einigerlei  weder  raten 
noch  entraten  soll.    Paracelscs  1,  712". 

ENTRÄTSELN,  ea^licare,  interpretari : 

er  geht,  ich  bleibe,   wie 
nun  das  zusammenhängt,  enträihsle  sich 
der  patriarche  selbst.    Lesslig  2,  216; 

schreib  du  enträtselnden  nur,  nicht  lesenden!  meine  gedichte 
sein  dem  grammatiker  lieb,  ohne  grammatiker  auch.' 
Voss  6,319; 
doch  wer  enträtselt  erst  der  seele  tücken  ?    Plaik!»  95'. 
ENTRäUBEN,  spoliare,  eripere,  nnl.  ontrooven. 

1)  mit  acc.  der  person,  gen.  der  sacke:  seines  vätterlichen 
erbs  entraubeL  Maaler  105";  so  dasz  er  weder  essen  noch 
trinken  mochte,  auch  seines  natürlichen  scblafs  ganz  ent- 
raubet ward,  buch  der  liebe  44,  3  (=  Galmy  11);  als  sie 
jetzund  der  hofnung  waren,  sich  mit  einander  zu  ergeizen, 
wurden  sie  mit  vorzeitigem  tode  irer  hofnung  entraubt.  235,  3 ; 

drum  sei  jener  hochgepriesen, 

könig  er  mit  recht  genannt, 
der  des  glOckes  mnchtgem  riesen 

mulig  leistet  widerstand, 
an  der  ehre  krafl  noch  glaubend 
und  die  zeit  der  schmach  eniraubend. 

Friior.  ScHLKctL  gesang  der  ehre. 

2)  dat.  der  person,  acc.  der  sache:  also  entraubt  inen  gott 
den  mut,  wo  er  inen  gleich  gibt  das  guL    Frank  lasl4r  4; 

die  liebe,  die  ein  Christ  zum  Christen  billich  trägt, 
die  ist  durchaus  enu-aubt,  die  ist  seilab  gelegt. 
LocAD  1.58,32; 
also   ist  auch  mein  herz  der  liebe  zu  dir  völlig  ergeben,   so 
dasz  deiner  natur  bildnis  das  bildnis  meines  Verstandes  ent- 
raubet,   pers.  rosenth.  5, 16,    welche  worte  Göthe  6, 150  über- 
nimmt. 

ENTRAUFEN,  eveüere: 

Tiel  alsdann  von  dem  haupt  entrauft  er  des  haars  mit  den 
wurzeln.    Voss. 
ENTR.\L'.MEN.  nnl.  ontmimen, 

1)  amovere,  aus  dem  weg  räumen,  vgl.  ausräumen,  ein- 
räumen : 

und  des  mahles  gerät  enträumten  die  mägde.    Voss. 

2)  cedere,  concedere,  raun  geben,  einräumen:  diesemnach 
denn  die  weit  sie  {die  stadl  Rom)  für  ihr  grösztes  wunder, 
das  menschliche  geschlecbte  sie  für  ihre  gebielerin  zu  ver- 
ehren gezwungen  ward,  nachdem  glück  und  zeit  ihr  die  Ober- 
hand und  die  ewigkeil  enträunile.  Lobekst.  Arm.  1,  7 ;  gleicb- 


wol  aber  wolle  der  himmel  der  bosheit  des  Vams  nicht  ent- 
räumen,  dasz  sie  einer  so  reinen  keuschheit  ein  haarbreit 
abbruch  zu  thun  vermocht  hätte.  1, 16 ;  solle  man  doch  ihre 
gemüther  nicht  derogeslalt  übereilen,  sondern  zu  deren  be- 
ruhigung  einige  zeit  enlräumen.  1, 160 ;  als  wenn  nicht  nur 
Ismene  ihrer  liebe  unrechtmäszigen  einlrag  Ihäle,  sondern 
auch  Zeno  mehr  enträumte,  als  ihre  beider  liebe  erlaubte. 
2,127; 

und  eine  spanne  land  von  Candien  enlräumen. 
i6raAtm  21,  559; 
gesetzt  auch,  nicht  enträumt, 
ich  hätte  gegen  ihn  mit  werten  mich  verbrochen. 

Epichar.  42.  38« : 
gesetzt,  doch  nicht  entränmt.  es  sei  der  schlusz  gefaszt. 

Hallxa?i!1  Mariamne  41; 
gesetzt,  doch  nicht  eniräumt,  sie  hätten  ihre  pflicht, 
erhitzt  im  ersten  grimm,  was  gegen  uns  vergessen. 
Theodorich  55. 
eine  jetzt  veraltete  bedeutung. 
ENTRAUSCHEN,  effluere  cum  strepitu: 

wenn  nun  die  Jäger  den  forst  mit  wankenden  netzen  umkreisen, 
soll  entrauschen  den  wölken  mit  hagelgerassel  ein  regen. 

BÜRGER  246"; 

und  dem  gehöleten  Schlund  entranscht  aufhüpfendes  wasser. 

Voss; 
ein  Strom  entranscht  umwölktem  felsensale, 
dem  ocean  sich  eilig  zu  verbinden.    Göthi  2,  3; 

und  ihr  gedanke 
flog  zur  sehgen  insel,  wo  der  nachen, 
wenn  die  sonne  meerunter  gieng,  dem  ufer 
auf  geröibeter  spiegelOut  entrauschte.    Matthissom  104. 

ENTRECHEN,  ablaqueare  humum,  aufschüren,  außoekem, 
ßr  enltrechen,  ron  Irecüen,  schüren  (Stalder  1, 29ä),  vgl. 
auflrechen,  eintrechen:  den  5  dises  ist  gut  gerslen,  kornsat, 
bäum  entrechen.  Fischart  groszm.  120  (in  Gödekes  Gengen- 
bacJi  s.  427);  daneben  must  auch  die  wurzel  nach  allerhei- 
ligentag entrechen  oder  beschneiden.  Sebiz  feldbau  373 ;  man 
schreibt,  das  der  myrrhenbaum  gerne  habe,  dasz  er  wol 
entrochen,  umbgraben  und  geritzt  werde,  aller  weish.  lustg.  597. 

ENTRECHTLICHEN,  jure  suo  privare,  reditlos  madien: 
durch  tribunalien  entrechllichet.    Pestalozzi  6,  320. 

ENTREDEN,  excusare,  entschuldigen,  ahd.  intredinftn  (Graft 
2, 455),  mhd.  entreden :  do  Maria  unserm  herren  sin  houbet 
beg6;  und  sine  vüeje  mit  der  edeln  salben,  dag  verk§rte  man 
ir  unde  grisgramete  üf  si  und  murmelten  g6n  ir,  swie  doch 
er  selbe  si  entredete,  daj  si  ein  guut  werc  an  im  worhte. 
myst.  1,  334.  nhd.  mein  herr  und  valier,  nu  sihe  ichs  wol, 
das  ichs  nit  lenger  leiden  noch  vertragen  mag  und  als  ich 
euch  den  fordern  tag  versprach,  on  ewer  Urlaub  nichts  zu 
thun,  darim[ib  ich  jetzund  kummen  bin  mich  gegen  euch  ent- 
schuldigen und  entreden  (son  venuta  ad  iscusarmi).  Bocc. 
(1535)  62';  und  wil  mich  gegen  dir  entreden  und  entschul- 
digen, was  die  ursach  gewesen  sei.  Bocc.  (1580)  2,131*;  als 
er  hap  {habe)  angefangen  sich  zu  entreden,  als  der  ding  un- 
wissend oder  unschuldig.  I^rask  weltb.  Hl';  kansta  dich  aber 
gegen  deinen  Widersacher  deiner  ehren  entreden  und  rechen, 
mann  an  mann,  so  wil  ich  dir  helfen.  Schütz  beschr.  von 
Preuszeii.  Eisl.  1599  s.  41.  fehlt  bei  Dasypodics,  Frisids, 
Maaler,  Hesisch,  Denzler,  doch  Stieler  1546  hat  es,  nur  im 
sinn  ron  denegare,  aberrare:  er  entredet  es  alles  was  er  ge- 
redet, leugnet  alles;  ich  habe  mich  entredt,  aberravi,  mich 
verredet,     heule  in  allen  bedeulungen  auszer  gebrauch. 

ENTREIBEN,  extergere,  abwischen,  nnl.  ontrijven: 
auch  Alkmen  entreibt  mit  dem  daum  vordringende  thräoeo 
ihrem  aug.  Voss. 

ENTREICHEN,  altingere?   mangelt  dm  wörterbäehem : 

auch  die  andre  zwo.  unwillig  ihr  zu  weichen, 
flengen  an  ihren  leib  enu^ichend  zu  bereichen. 
Weckhirlin  742. 

ENTREINEN,  polluere,   besudeln : 

s^b^nt  ir  nit  da;  köstlich  gewant, 

daj  da  lit  üf  dem  beiie* 

dö  spranc  der  bunt  ÜT  an  der  stette 

und  bat  ej  enireinet  gar.    Diocletian  3M9; 

*wan  du  pleibst  nach  der  sache 

ein  stinkete  koilacbe, 

die  nichts  von  natur  bat, 

dan  wnest  gestank  und  undai. 

enirainst  das  rain  und  sauber*. 

darmit  scheid  ab  der  tauber  {columbut).    meitterl.  33  n*  84. 

ENTREINIGEN,  dasselbe,  nnl.  ontreinigen,  verunreinigen: 
herwiderum  ist  wol  müglich,  das  eines  von  auszen  entrei- 
niget werd  und  aber  dabei  nit  verliere  die  tugent  der  waren 

37* 


583 


ENTREISEN  —  ENTREITEN 


ENTREIZEN  —  ENTRICHTEN 


5S4 


und  volkumnen  jtinkfreulichen  keuscheit.  Keisersb.  $elenpar. 
37*;  die  keuscbheil  des  herzens  wirt  entreinigt  von  unkeu- 
scbeo  Worten,  haum  der  seligk.  2' ;  do  die  kalte  zeit  vergangen 
was,  do  ward  der  schlang  niülich  {difficilis)  und  alle  ding 
mit  seiner  gifl  entreinigen.  Steinhöwel  Esop  30'  (1555);  und 
erschrack  so  ser,  das  er  sieb  zum  drittenmal  entreiniget  mit 
seinem  eigen  kot.  6l'  (1487) ;  icb  bin  an  meinem  ganzen  leibe 
beweget,  dasz  ich  ihn  (den  bösewichl)  nur  sehe  und  habe  mir 
vorgenommen  mich  deshaiben  zu  entreinigen,  pers.  baumg.  4, 4. 
ENTKEISEN,  etabi,  excidere,  ahd.  intrisan  (Graff  2,537), 
nnl.  ontrijzen,  praet.  ontrees: 

wie  im  sin  wort  wfire  enirisen 

Diil  luge  üj  aller  wärheit.    pass.  K.  19,71;    ' 

ich  wem  auch  ich  wer  einer  der  weisen, 

so  wil  mir  al  mein  wiiz  entreiseo.    fasln.  30,  18, 

»0  der  reim  die  falschheil  der  Schreibung  eutreiszen  erkennen 
läszl.  schwer  aber  zu  entscheiden  ist,  ob  noch  andere  der 
folgenden  intransitiven  entreiszen  aus  entreisen  entsprungen 
sind?     die  bedeutungen  liegen  einander  nahe. 

ENTREISZEN,  scheint  der  früheren  spräche  abzugehn. 

1)  intr.  effugere,  avelli: 

herr,  Ibrahm  ist  enirissen  {ausgerissen), 
die  Isabelle  weg.    Haugwitz  So/iman  3,  261 ; 

dem  zeitlichen  Scharfrichter  wollt  er  entreiszen  und  fuhr  in- 
dessen dem  höllischen  henker  zu.  Otho  krankenlr.  779 ;  in 
der  Stadt  mit  bloszem  gewehr  als  entrissene  bestien  herumb- 
laufen.    Wiedemann  febr.  17; 

ein  tanzbär  war  der  kett  entrissen, 

kam  wieder  in  den  wald  zurück.    LKssine  1, 102. 

2)  Irans,  avellere,  gewaltsam  wegnehmen:  zeuch  nur  deine 
band  zurücke,  mich  aus  diesem  ungewitter  zu  entreiszen 
wollen,  pers.  rosenth.  5,  9 ;  lasse  ich  demselben  unverhalten 
sein,  das  gott  meine  hausebre  durch  den  tod  von  meiner 
Seite  entrissen.    Butscoky  kanzl.  911 ; 

nur  musz  der  erste  beste  mir  sie  nicht 

enireiszen  wollen.    Lessing  2,  325; 

entreiszt  ihm  seinen  dolch!    Scuillir  433'; 

wie,  hat  des  Schicksals  tyrannei 

sogar  die  thranen  dir  entrissen?    Gotter  1,223; 

dein  wort,  du  gabst  es  mir,  du  miist  es  heut  errüllen. 

'entrissen  hast  du  mirs.    wann  halt  icb  einen  willen?'  2,241: 

daf&r  ist  mir  auch  alle  freud  entrissen.    Göthk  12,29; 

vergebens  preist  sein  bcttelhaft  geklimper, 

wie  tief  das  äuge  mit  der  schattenwjmper 

in  süsze  einsamkeit  das  herz  enireiszt, 

und  alle  weit  umher  vergessen  heiszt.    Lknau  Faust  103. 

3)  reflexiv,  mit  dal.  der  sache :  er  entrisz  sich  ihren  armen ; 

80  lasz  sich  dir  nicht  entreiszen 

dieser  jähre  kurze  frist.    Fleiimg491; 

entreisz  dich  diesem  unglückseigen  anblick!    Schiller  512*; 

dem  engen  Wirkungskreis,  der  es  bis  jetzt  umfieng, 

und  der  beneiüenswerihen  stille 

entrisz  sich  das  verdienst.    Gottbh  1, 166; 

angereuert  entrissen 

sicn  der  mitte  des  beeres  die  beiden.    Stolbero  12,264; 

ein  tiefes  ächzen  entrisz  sich  der  brüst  Abdallahs.  Klinger 
7,250.     tadelhaß  mit  gen. 

dasz  einer  dort  und  hier  des  (leisches  sich  entrissen 
das  weisz  ich.    Uofiiannswaldau  heldenbr.  32. 

ENTREITEN,  mhd.  entrilen,  nnl.  onlrijden, 
1)  tntr.  aufugere  cquo,  abire  equo: 

dal  (kini)  intrit  dem  h^ren  min 

lud  im  gelich  ein  kueppelin.    Cran«  683; 

her  entreil  kume  {kam  kaum  tu  pferde  davon).  Roths  dünn./. 
cAron.  cap.  709  ;  wart  (der  keiser)  wider  betrübt,  das  die  vier  gr- 
brüder  ime  entntten  waren.  Atmonfh';  ach  gebe  mir  gott  d:i< 
glück,  dasz  ich  ihn  auf  sein  pferd  brachte,  so  weren  wir  ubnc 
ehren  entritten.  buch  der  liebe  91, 1 ;  wir  mögen  ihnen  nicht 
enlreiten  noch  entlaufen.  93, 1 ;  lassest  du  dich  anfechten,  das/. 
mir  der  könig  also  aufsAtzig  ist,  wie  woltestu  erst  thun, 
wenn  du  als  ich  gegen  ihm  stündest?  fürwar  ich  glaubt-, 
dasz  du  vor  dem  ersten  anrennen  entreilen  würdest.  247,  t ; 
er  entritt  mir  in  dem  wald  dem  gejügd  nach,  dnsz  ich  ihn 
nicht  mochl  erreiten.  264,3;  als  Galaor  vermerkt,  dasz  tr 
ihm  also  nachjagt,  und  auch  so  nahend  auf  ihm,  dasz  er 
ihm  nicht  entreiten  mocbt,  wendet  er  dnx  gesiebt  gegen  ihm. 
AmaditZfib;  damit  hat  er  sie  aufgehalten  und  (■ntrcilel  durch 
solches  mittel,  dasz  niemand  gewust,  wo  er  hinkumiiien  war. 
Scawei:<iCHfcM  1,  370 ;  if^  enlreitea  wollten  und  wir  drei  sulllcu 


ifg.  bei  ikmai.  schriftlich,  dasz  sie  weggeritten  wären,  ent- 
schuldigen. 2,127;  darunib  so  wollen  ifg.  bald  entreilen. 
herzog  Hei.nrich  s.  133;  fg.  herzog  Hennerich  entreiten  von 
Breslaw  aus  der  custodia,  s.  150;  dasz  er  ihm  nit  zu  ent- 
reiten vermöchte.    Zinkcr.  48,  8  ; 

entreiten  kann  ich  iiicn  nit.    Wickrai  pilger  58 ; 
man  schlug  die  frösch  je  mehr  je  basi, 
dieweil  ihr  könig  war  eniriiten 

und  sie  verzagt  ohn  Ordnung  striiten.    froschm.  aaa  8"  (3, 10) ; 
hiermit  behüt  euch  gott,  drauT  ohne  gegenwehr. 
entritten  sie  auch  all  und  klagt  und  seufzien  setr. 
Wkhders  Ar.  14,  31 ; 

du  wirst  deinem  Unglücke  nicht  entreiten.  Stieleb  1603;  bin 
der  juri.sprudenz  entritten.    Fr.  Müller  2,  51. 

2)  transitiv,  abigere  equum,  einem  ein  pferd  fortreiten, 
davonreiten  : 

mhd.  als  mich  der  riier  hat  genant, 

der  mir  enireit  Gringuljeten.    Part.  620,  5. 
nhd.    und  mancherlei  ursach  erdachten, 

das  im  das  ros  entreiten  mochten.    Waldis  4,39  bt.  255*. 

ENTREIZEN,  elicere,  entlocken: 

doch  was  sind  die  Treuden  all, 

was  ist  leben,  erden.sohne, 
wenn  nicht  schwe.«ter  nachiigall 

eine  zauberische  ibnine 
die  nach  mildern  trieben  geizt, 
eurem  heiszen  aug  entreizi?    Overbbck  ged.  13. 

ENTRENKEN,  eluxare: 

entrenkte  Schulterblätter!  was  sie  trugen 
Tragt  niemand  mehr.     Göthr  23,  285. 

ENTRENNEN,  citalo  cursu  se  proripere. 

ENTRETTEN,  eripere,  erreiten,  nnl.  ontredden :  lassent  un-; 
inen  zu  hülf  kommen  und  sie  entreiten.  Aimonkb^;  Jesus  set 
heut  ewer  hut,  der  entret  euch  vor  dem  tod  und  gefenknus. 
0  4' ;  ich  hör  ein  grosz  gebrecht  von  pferden.  'hrSder",  sprach 
Reinbart,  'wir  werden  entret,  denn  Magis  kompl  mit  aller 
unser  macht  von  Monlabon  geritten',  ebenda;  so  wolt  ich  nit 
desler  minder  Reicbarlen,  es  wer  joch  dem  keiser  und  aller 
seiner  macht  lieb  oder  leid,  von  dem  tod  entretten.  r3'. 
heute  ungebraucht. 

ENTRETTUNG,  f.  da  er  aber  sähe,  das  kein  entrettung 
da  was,  er  sagt  zu  seinem  beichtiger,  gebent  mir  ablasz  mei- 
ner sünd  ....  und  da  Reichart  auf  der  leiter  stund  und 
dennocht  kein  entrettung  kommen  sähe.  r6';  zu  entrettung 
vor  deinem  (?)  und  deiner  cortisanen  Schätzung,  schabung 
und  scbindung.    Schade  sat.  3,  40. 

ENTRICH,  m.  anas  mas,  s.  anlrach  1,  502. 

ENTRICHTEN,  in  mehrein,  meist  erloschenen  bedeutungen, 
ahd.  intrihlan,  mhd.  enlriblen,  nnl.  ontreglen. 

1)  aus  der  richte,  fuge,  Ordnung  bringen.  Wolpiart  Nib. 
2206,  2  zu  Volker : 

'ich  entrihte  iu  so  die  selten',  verstimme  sie  euch, 

worauf  der  spielmann: 

'swenne  ir  die  seilen  min 
verirret  guoter  dtsne'.    2207,  1. 

wirstu  entricht  in  deim  leib  und  gon  bös  bewegungen  in  dir  uf 
und  böse  glUst  und  gedenken.  Keisersb.  omeis  74'.  in  Stein- 
HöwELS  Esop,  ausg.  von  1487.  53'  heiszt  es :  und  besorg,  das 
dein  gewaide  von  dem  stänke  entricht  werde,  wo  ich  nahe 
zu  dir  gang,  et  vereor  ne  ob  foelorem  pessiinum  vexentur 
viscera  tua,  si  propius  uccessero,  hier  ist  enlriblen  für  vexare 
gesetzt,  ebenda  54*:  ich  will  von  dir  {dem  schmerleib)  nicht 
essen,  wann  du  hast  mir  vor  meinen  leib  entrichtet,  die 
ausg.  von  1569,64*  ändert  jene  stelle  unpassend  in:  icb  be- 
sorge, dasz  deine  gewand  von  dem  gcstank  entricht  werden. 
ahd.  dunnan  habet  l'r  gerihtel  orbem  terrae,  der  furder  int- 
rihlet  ne  wirdet,  etenim  correxil  orbein  terrae,  qui  nun  coin- 
muvebitur.  N.  ps.  95,  U.  die  sinnicbeit  wirt  entriebt,  sagt 
Keisersrerg  irgendwo  im  trosispiegel  von  1503,  die  sinnlidi- 
keil  wird  erregt,   in  unruhe,  Unordnung  gebracht. 

2)  häufiger  geht  dies  entrichten  auf  personen  und  bedeul,l 
wiederum  aufregen,  aufbringen,  erzürnen,  entrüsten  :  entrichtet, 
exagtlalus.  Maalkr105';  wie  lange  wil  man  uns  noch  zun^tn 
geben,  Esupe?  Xanlus  was  entrihl  {iratus)  in  seinem  gemiit 
und  sprach  zu  Esopo,  wie  ist  dem,  haben  wir  nichts  anderes? 
SrtiNiiöwBL  1560,12*;  do  Xanlus  in  das  bad  kam  und  so  viel 
lül  darin  sähe,  ward  er  entricht.  ebenda  1555, 14 ;  dem  gefall 
keilt   gute   predig,    sie   weideu  entrichtet  (aufgebracht)  wider 


585 


ENTRICHTEN 


ENTRICHTEN  —  ENTRINGELN 


586 


jeglichen  waren  predigen  Keisebsberg  dreieckechl  Spiegel  Aa  b' 
{steht  auch  bei  GtruE^i  beil.  33.  34);  so  hat  er  sich  gegen  den 
lüten  also  gehalten,  das  sie  eintweders  gegen  im  entrichtet 
(bewegt)  sind  worden  in  lieb  oder  in  hasz.  brvsaml.  55';  so 
würd  er  erst  ein  neid  und  hasz  gegen  dir  gewinnen  und 
entricht  werden,  omeis  88' ;  wie  der  hauptraann  entricht  ward 
über  den  Hugen  schapler.  Hugosch.  22 ;  (ein  Jungfrau)  zörnet 
mit  einem  über  dem  bretspil,  da  die  reden  sich  unter  ihn 
so  weit  verliefen,  dasz  sie  sprach,  er  wer  ein  narr  und  damit 
TOD  dem  spiel  liefe,  also  fügt  ich  mich  zu  ihr  und  sagt, 
lasset  euch  nicht  bewegen  und  gehet  von  ihm.  aber  sie  wolt 
mir  nicht  folgen,  und  ward  noch  weiter  entrichtet,  (iam  noch 
mehr  attszer  sich)  und  braucht  viel  unnützer  wort  buch  der 
liebe  2S7,  3; 

da  schlug  er  sie  in  das  angesiebt, 

sprach  "wolstu  das  nicht  sprechen', 

die  fraw  war  Ton  dem  streich  eatricht, 

sprach  "du  böswicht, 

es  müssen  diese  schraachgeschicht 

meine  brüder  an  dir  rechen'.    Ambraser  Ib.  t.  348; 

langweilig  und  verdrossen  win  [ein  seplembergebomer) 

endlich  (/.  entisch),  seltsam  und  bald  entricht. 

H.  Sachs  I,  376'; 

die  nachpewrin  sprach  gar  entricht.  I,  451'. 
es  gibt  aber  noch  feinere  oder  genauere  bedeutungeri,  z.  b.  du 
hast  mich  ganz  entricht  {eingenommen)  und  mir  zu  vil  lustes 
und  begirde  gegen  dir  erwecket.  Wvle  iransl.  (guldin  esell; 
Euriole,  thustu  hie  den  mannen  ire  weiber  entrichten  {ab- 
vendig  machen)^  die  fraw  hat  dich  lieb,  daselbst  (Lucrelia); 
entrichten  mir  den  man  nit!  {bringt  ihn  nicht  vom  rechten 
weg  ab),  er  ist  uf  gutem  wege.  Schade  sat.  3,  45.  was  meint 
m  Wolfdieterich  442  (Hagens  heldenb.  1, 129)  eigentlich : 

nu  solt  dich  nicht  entrichten, 
du  sollst  dichs  nicht  irren  lassen  ?    schön  sagt  Gotfried  : 

der  selbe  trahen  der  eine, 

der  ist  ouch  nie  so  kleine, 

ern  müe?e  mir  verrihien, 

verrihiende  beslihien 

beide  zünden  unde  sin, 

an  den  ich  sus  enirihtet  bin.    Trist.  124,8, 

wo  sich  entrihten  und  verrihten  einander  aufklären^ 

3)  die  beiden  vorigen  bedeutungen  Karen  privativ,  folgende 
sind  es  nicht,  selten  erscheint  entrichten  im  sinne  von  richten, 
zulen,  abschieszen: 

0  was  beute!  wer  bat  heute, 

wer  bat  also  frech  und  stolz 
die  beschlossen  senn  enilossen  (ßr  entlassen) 

und  entricht  so  scharfen  bolz?     Spbk  trutzn.  299(271). 

4)  häußg  für  dirimere,  schlichten,  bescheiden,  entscheiden, 
berichten  oder  einfaches  richten,  mit  acc.  der  sache,  zuweilen 
dat.  der  person :  disceptator,  der  den  zank  entricht.  Albercs  ; 
sedaneus  (/.  pedaneus)  judex,  der  geringe  Sachen  entricht  oder 
schlicht,    derselbe ; 

ir  weisen  meister  wol  gelart, 

ich  dank  euch  ser  auf  diser  vai%, 

das  ir  mir  habt  wol  entriebt,    fastn.  sp.  744,  18; 

sihe,  so  bette  sie  die  einfeltige  art  der  sprachen  leichtlich 
können  entrichten.  Lltber  3,79*;  wir  wollen  uns  auch  ent- 
richten. 3,494";  böse  Sachen  schlichten,  irrige  gewissen  ent- 
richten, friede  helfen  halten.  5,176';  was  mehr  feile  komen 
mügen,  die  befehl  ich  fromen,  gottfürchtigen  mennern  zu  ent- 
richten, das  beste  sie  mügen.  5,  25l';  solche  ehesachen,  die 
unmöglich  gewest  sind  zu-  entrichten.  257*;  denn  ich  hoff, 
das  aus  vorigen  und  itzigen  meinen  büchlin  gnugsamlich  aufs 
mehrer  theil  diser  artikel  sich  selb  entrichten  kann.  br.  2,  249  ; 
ew.  churf.  gn.  füge  ich  klagende  zu  wissen,  das  die  sache 
der  messen  halben  noch  nicht  entricht,  sondern  ärger  wor- 
den. CoNR.  Helt  bei  Melanchthon  s.  484;  es  kann  sich  ein 
idiot  nicht  daraus  entrichten.  Freder  lob  und  Unschuld  der 
frauen;  das  wir  alle  diejenigen,  so  auf  diesen  heutigen  tag 
das  göttlich  und  keiseriich  recht  an  uns  begeren,  sollen  ent- 
scheiden und  entrichten.    Fronsperg  l,  6* ; 

80  hört  nu  zu,  kind,  fraw  und  man, 

wie  ihr  euch  hie  versamlet  ban, 

enU'ichien  wil  ich  euch  dis  spil. 

den  Inhalt  sagen,  schweiget  siill. 

H«jiB.  CitosTijtus  trag,  von  Verordnung  der  stände  153»; 

wann  von  den  dreien  «ins  geschieht, 

so  bin  ich  los,  die  sach  entricht.    Watdis  Esop  4,97.  bl.  346'; 

und  du  bausfraw  yom  biiiern  trank 

wollest  einnehmen,  dasz  der  zank 

mOcbi  öffentlich  entrichtet  werden 

vor  ganzem  geriebt  obn  all  beschwerdeo. 

Fkischlins  Susanna  ».  3(t6; 


onparieiiscb  zu  cntricbieo.    Mklissus  ps.  C2'; 
weisz  nit.  noch  mags  entrichten, 
wo,  wann,  womit  und  wie?    Spgg  trutzn.  &1  (&9); 
der  glaub  es  musz  entrichten.    170(155); 
also  strichen  und  entwichen 
beide  geiger  in  die  weti, 
ich  mit  oicbien  könnt  entrichten, 

wer  es  recht  gewunnen  bätt.    304(276); 
der  dichiern  nöthge  geist,  der  möglicbkeiten  dichtet, 
und  sie  durch  seinen  schwung  der  Wahrheit  gleich  entrichtet. 
Lessi.ig  1,  177, 
oder  fällt   diese  stelle  zur  folgenden  bedeutung?    ist  et  em- 
richlet,  herrichtet? 

h)  pendere,  solvere,  seine  schuld  entrichten,  ausrichten, 
richtig  machen:  geld  entrichten,  abgaben,  zoll  entrichten,  die 
heute  üblichste  bedeutung  des  worts: 

solch  sünd  die  wirt  vergeben  nicht, 

dann  unrecht  gut  sei  vor  euiricbt  {erstattet). 

SCHWARZEMBERG  137,  2: 

das  ich  ihme  nicht  schuldig,  sondern  das  er  ehrlich  und  red- 
lich einmal  darumb  entricht  und  bezahlet  sei.  THUBüEisSEi 
nothgedr.  ausschr.  2, 144 ; 

ein  jeder  stand  bat  seine  pflichten, 

und  ein  verliebter  bat  die  schwersten  zu  entrichten. 

Rost  schäfererz.  66.  schäferged.  99; 
ein  Opfer,  das  ich  ihm  entrichten  musz.  Gottkr  2,47; 
deine  jugend  ist  ihr  {der  weit)  schuldig,  was  mein  frühzei- 
tiges alter  ihr  nicht  mehr  entrichten  kann.  Schiller  316*. 
statt  unsers  dat.  der  person  und  acc.  der  sache  findet  sich 
vormals  ein  acc.  der  person  mit  gen.  der  sache:  e.  k.  mt. 
welle  mich  meins  verdienten  solds  entrichten.  Chmels  Maxim. 
s.  160  (o.  1496) ;  nit  entsetzen,  er  sei  dann  zuvor  solcher  tau- 
sent  guldin  widerumb  entricht  und  bezalt.  s.  199  (a.  1498) ; 
nit  entsetzt  werden,  er  sei  dan  zuvor  der  gemelten  zweier 
tausent  gülden  mit  sambt  verfallnem  zins  widerumb  entricht 
und  bezalL  s.  200 ;  der  beklafgte  aber  wendet  sein  grosz  armut 
für,  doch  wolt  er  thun,  wie  er  könt,  und  den  kläger  des  halben 
theils  der  schuld  entrichten.  Alberds  12*.     vgl.  Schm.  3,  34. 

6)  unhochdeulsch  ist  entrichten  für  errichten,  slißen,  ein- 
richten, aufrichten,  bei  Moser  :  der  landeigenthümer  behaup- 
tete, vielleicht  gar  nicht  mit  unrecht,  er  sei  der  mann,  um 
dessentwillen  ein  regent  und  Staat  zuerst  entrichtet  worden. 
patr.  ph.  1, 102 ;  die  deutschen  städte  dachten  wol  gar  daran, 
eine  neue  conföderation  zu  entrichten.    1,  316. 

ENTKICHTIGEN,  ßr  entrichten  l,  verderben,  in  Unordnung 
bringen. 

E.NTRICHTIGUNG,  f.  von  der  discrasia  {Svex^aaia),  das 
ist  ain  entrichtigung  der  wunden,  ist  si  haisz,  das  wirt  er- 
kant  durch  röte,  dürrung  und  blotterung,  die  da  werden  umb 
die  wunden,   so  mach  die  stat  kalt.    Braoschweig  chir.  35. 

ENTRICHTUNG,  l)  von  entrichten  l,  Verderbnis,  Verschlech- 
terung :  desgleichen  ist  es  vom  hunger,  turst,  schlefrigkeit 
und  andern  entrichtungen  der  Sinnlichkeit.  Keisersberg  irrig 
schafh6*;  vor  die  gallsOcbtigen  menschen,  die  ein  hitzige 
entrichtunge  der  leber  haben.  Tabernaemonta.ncs  1fr;  bekommt 
wol  der  hitzigen  entrichtung  der  nieren.  349;  teschelkraut 
leschet  und  mildert  die  hitzige  entrichtung  des  entzündeten 
magens.    514. 

2)  von  entrichten  5:  die  entrichtung  der  abgaben,  zOlle. 

ENTRIEGELN,  reserare,  aufriegeln: 

die  das  gestirn  aufschleuszt,  den  grund  der  weit  entriegelt. 
LoBEMST.  Cleop.  124,707; 
mit  entriegelten  pforten  geöfnet 
su-ablen  in  gold  die  gemacher.    Voss. 

ENTRIESELN,  lene  effluere: 

dem  geheimen  quell  entrieselt  der  tod.    Klopstock  1, 189. 
ENTRINDEN,  decorticare,  decrustare,  schälen,  die  rinde  vom 
bäum,  vom  brot  schneiden,  vocab.  theut.  1482  g5*;  wir  sehen 
ihn   (den   scepter)  auf  den  bergen  grünen,    das  eisen  trennet 
ihn    von  dem  stamme  und  entrindet  ihn  und  macht  ihn  be- 
quem   den   richtern    des  volkes  zum  zeichen  ihrer  göttlichen 
würde  zu  dienen.  Lessisg  6,  468 ;  die  wurzeln  der  alten  weiden 
sind  entblöszt,  die  stamme  vom  eis  entrindet  Götbb  43,  301 ; 
und  wie,  getroffen  von  des  hageis  wut, 
das  bäumchen  sich  entrindet  und  eotbläitert. 

Griks  Bojardo  1,  16,  13. 

ENTRINDERN,  e  bove  in  formam  humanam  convertere: 
die  entrinderte  lo.    Voss. 

ENTRINGELN,  e  dncinnis  solvere,  aufringeln: 
entringelt  auf  die  schütter  sinkt 
die  hälfte  goldner  locken  nieder.    BCm». 


587 


ENTRINGEN  —  ENTRINNEN 


ENTRINNEN  —  ENTRÖTIIEN 


588 


ENTRINGEN,  exlorquere,  entwinden,  nnl.  ontwringen  :  einem 
die  Waffen,  das  geheimnis  entringen;  sich  entringen,  los- 
winden : 

in  dieser  blende  flimmte  schwermmhsvoU 

die  heiige  lampe,  wann  der  chorgessng 
der  jungfrauo  durch  die  mitternacht  erscholl, 
und  sich  ihr  herz  dem  weligeTühl  entrang. 
MxTTUissor«  89. 

ENTRINKEN,  efßbulare,  aufschnallen,  voc.  theul.  1482  g4'. 

DiEFENBACIl    196*. 

ENTRINNEN,  efßuere,  effugere,  evadere,  elabi,  ahd.  intrin- 
nan  (Graff  1,  515),  mhd.  entrinnen,  das  golh.  andrinnan  ist 
aber  gegeneinander  laufen,  undrinnan  zufallen,   xuflieszen. 

1)  vom  Wasser: 

ihm  {dem  gehölz)  enirinnt  ein  quell.    Voss; 

ein  zäher  dem  andern  nit  entran.    Uuland  148; 

schau  die  wässer  seind  enlrunnen.    SpKg  trutzn.  230; 
dasz  kaum  eine  tbräne  der  andern  entrinnen  könnt.    Sinifl. 
2,  397 ; 

da  entrannest  du,  tropfen,  der  band  des  allmächtigen. 
Klopstock  1, 137. 

2)  die  zeit  entrinnt,  fliesit  dahin;  die  jähre,  die  tage  ent- 
rinnen ; 

wie  schnell  die  stunden  uns  entrinnen.    Götter  1,400; 
der  laut  entrann.    Schillkr  .  .  .; 
dann  erwach  ich  bebend,  und  ersticke 
noch  den  seufzcr,  der  mir  schon  entrann. 

Lotte  bei  Wertkers  grabe  1775. 

3)  vom  pfeil: 

nur  jeut  noch  halte  fest,  du  treuer  sirnng, 

der  mir  so  oft  den  herben  pfell  beflügelt, 

entrann  er  jetzo  krafilos  meinen  bänden, 

ich  habe  keinen  zweiten  zu  versenden.    Schillkr  544'. 

4)  alleihäufigsl  vom  entgehen  durch  die  flucht,  sinnlich  und 
abstracl :  aus  den  henden  entrinnen,  fugere  e  manibus.  Maaler 
105*;  er  wirt  den  streichen  nit  entrinnen,  non  feret  quin 
vapulet;  dem  bette!  entrinnen,  emergere  ex  mendicitate;  im 
selbs  entrinnen,  abkommen  {von  sich  kommen),  nit  bei  sin- 
nen sein.  105';  sie  {die  katze)  laszt  die  maus  wol  vor  ir  ein 
weglin  anbin  laufen,  und  wenn  sie  sorg  bat,  sie  wöll  ir  ent- 
rinnen, alsbald  tut  sie  einen  grif  nach  ir.  Keisersberc  pred.  4'; 
wem  gott  gibt,  das  er  denen  und  dergleichen  verfarlicheiten 
entrinnet,  das  ist  ein  grosze  gab,  sie  ist  aber  selten,  selen- 
parad.  144*; 

enirinst  du  mir,  so  liastu  glück.  Schwarze?(berc  123,  1; 
da  kam  einer  der  entrunnen  war,  und  sagets  Abram  an. 
t  Afos.  14,13;  so  Esau  koinpt  auf  das  eine  her,  und  schlegt 
es,  80  wird  das  übrige  entrinnen.  32, 8 ;  und  schlugen  sie 
bis  das  niemand  unter  inen  uberbleib,  noch  entrinnen  künde. 
Jos.  8,22;  David  aber  floh  und  entran  dieselbige  nacht.  1  Sam. 
19,  10 ;  greift  die  propheten  Baal,  das  ir  keiner  entrinne. 
1  liön.  18,  40 ;  so  ziehet  nu  hin,  die  ir  dem  schwell  entrun- 
nen seid.  Jer.  51,50;  ir  ottergezüchte,  wer  hat  denn  euch 
geweiset,  das  ir  dem  künftigen  zorn  entrinnen  werdet?  Matth. 
3,  7 ;  ir  schlangen,  ir  Otterngezüchte,  wie  wolt  ir  der  helii- 
schen  verdamnis  entrinnen?  ahd.  beri  nalrbnt»,  wio  fliohet  ir 
fon  duome  helliwl7,es?  Matth.  23,  3i;  denkestu  aber,  o  mensch, 
das  du  dem  urteil  goltes  entrinnen  werdest?  Rom.  2,  3;  und 
ich  ward  in  einem  korbe  zum  fenstcr  aus  durch  die  maure 
nider  gelassen  und  entran  aus  seinen  henden  {goth.  jab  un|)a- 
J)lauh  banduns  is).  2  Cor.  11,  33 ;  des  Schwerts  schcrfe  ent- 
runnen. Ebr.  11,  34 ;  diejenigen,  die  recht  entrunnen  {durch 
die  taufe).  Lctuer  6,86';  nu  ist  er  dem  fleisch  entrunnen, 
der  well  und  dem  teufel  zu  hoch  gefaren,  das  in  nimcr  fahen 
und  würgen,  noch  sonst  schaden  können.  6,241';  als  sie  nun 
aus  groszer  gefabr  entrunnen.    Forbr  fischbuch  lOO'; 

ich  hoff  ich  sei  der  bellen  entrunnen.    Albkrus  36'; 

*o  müsten  wir  des  lands  entrinnen.    (1.  Sachs  III.  2.67', 
»0   des    lands   nicht  steht  für  dem  lande,   sondern  ausdrückt 
durch  das  land,  aus  dem  lande;  und  entranne  [für  entrann) 
der  leibeigene  der  todesgefohr.   pers.  baumg.  4,15; 

die  noch  biiher  entrunnen  seiner  wut.    Wickhirlin  41; 

ein  mAdcbeo  l&Rzt  sich  nicht  so  leicht  gewinnen, 

und  wenn  e*  halb  gcwonn<>n  im, 

»o  sucht  et  doch  mit  angeborner  list 

zu  fliebn  und  dem  bekenninit  zu  entrinnen. 

RotT  schdferert.  11 ; 

die  pr---^  --'■  ' -fhto  nur  die  tinoea 

und  i  >Ti  mir  leer. 

&\r   ;  ■  '   »in  mclir, 

•to  11.  /"  'rilrinncn'     GOKINOBS.S; 


aus  deren  arm  muthwillig  du  entronnst  (  :  sonst). 

dessen  lieder  zweier  liebenden  152; 
0  dasz  nur  jene  {dnjaden)  dem  todesverhängnis  entrönnen, 

die  segnend 
einst  an  der  Limmat  und  SihI  Geszner  dem  enkel  erzog. 
Matthisson  271; 
getrost,  ich  werde  der  kühnheit 
und  der  list  auch  jetzt  nicht  vergesscu.   durch  die  ich  aus 

innnchen 
gröszren  gefahren  entronnen,  worein  ich  öfters  gerathen. 

GöTUB  40,214; 
aber  soll  es  nicht  sein,  dasz  je  wir  aus  diesen  gefahren 
glücklich    entronnen  uns  einst  mit  frcuden  wieder  umfangen, 
0  so  erhalte  mein  schwebendes  bild  vor  deinen  gedanken. 

40,  336 ; 
was  willst  du,  Faust,  auf  diesen  bergeszinnen  ? 
den  nebeln  und  den  zweifeln  dort  entrinnen? 
des  abgrunds  nebel  werden  nach  dir  schleichen, 
auch  dort  dir  zweifcl  an  die  stirne  streichen.    Lknad  Faust  7. 

man  gebrauchte  das  pari,  entronnen  von  dem  was  weggekom- 
men war  und  wieder  gefunden  ist,  in  welchem  sinne  wir  auch 
verloren  (der  verlorne  söhn)  sagen:  die  entrunnene  zwei  erste 
bücblein  meiner  öden  und  gesungen  liab  ich  wider  übersehen 
und  albie  mit  ihren  andern  älteren  und  jüngeren  geschwistrig- 
ten  gesellet.  Weckherli!«  vorr.  zu  den  welll.  ged.  Maaler 
105'  hat  entrunnen  elapsus,  salvus. 
ENTROLLEN,  nnl.  ontrollen, 

1)  intr.  volvendo  elabi,  aufugere,  hinabrollen,  sich  aufrollen : 

hurtig  hinab  mit  gepolter  entrollte  der  tückische  marmor. 

Od.  11,598; 
Jahrhundert  der  freiheit, " 
donner  entrollen  deinem  fusztritt!    Stolberg  1,95; 
zeichnet  mit  thaten  die  schwindenden  gleise 
unserer  flüchtig  entrollenden  zeit.    Salis  13; 
und  die  der  schneeichten  stirne  noch  jüngst  entrollenden 

locken.    Voss ; 
schone,  du  mägdlein, 
deines  entrollenden  haars  (sed  parce  solutis  crinibus),  schone 

der  wängelein  doch.'    Voss  Tibull  1,1,68; 
was  der  balsamstaud  entrollt, 
heilet  nicht  wie  minncsold.    Bürger  17'; 
wenn  eitler  hitze  voll  mir  thränen  oft  entrollten.    Cronkgk; 
und  aus  äugen,  welchen  thränen 
nie  entrollten,  weint  der  schmerz.    Matthisson  ...; 
dasz  ihrem  aug  im  trauerspiel 
jüngst  heimlich  eine  tbrän  entrollte.    Gökingk  3,  271; 

oft  sah  ich  dir  thränen  entrollen, 
wann  ich  thränen  vergosz.    Voss. 

2)  Irans,  evolvere,  pandere,  explicare,  dirouler: 
stein  auch,  schmetternder  last,  entrollten  sie.    Voss; 
und  ach,  entrollst  du  gar  ein  würdig  pergamen, 

so  steigt  der  ganze  himmel  zu  dir  nieder.     Gotue  12,60; 
den  entrollten  lügenfahnen  folgen  alle.    ...; 
nie  hat  der  gott  der  zelten, 

der  Unschuld  ewig  hold, 
das  buch  der  möglichkeiten 

vor  ihrem  blick  entrollt.    Matthissoji  26; 
hätt  ihnen  wissenscMfl  ihr  groszes  buch  entrollt. 

Götter  1,  137; 
kein  sterblicher  entrollte  je  die  decke  der  zukunft.    2,52; 
ein  geist,  ein  gott  erhebt  es  sich  {das  ftügelpferd), 
entrollt  mit  einemmal  in  sturmeswehn 
der  schwingen  pracht,  schieszt  brausend  himmelan. 
Schiller  99*. 

3)  sich  entrollen,  mit  der  bedeutung  des  intransitivs :  das 
tuch  entrollte  sich  in  der  luft  und  bedeckte,  wie  es  nieder- 
fiel, eine  grOszere  oder  geringere  aozahl  menschen.  Göthk 
24,  321. 

ENTROSTEN,  rubigine  liberare,  des  rosts  entledigen. 

ENTROSTIGEN,  dasselbe,  /igürlich :  der  kälen  [kehle)  zu 
lieb,  die  zu  üben  und  zu  enirostigen,  ein  gut  gesetilin  berg- 
reien,  Bremberger,  villanollen  und  winnenbergischc  reuter- 
liedlein  zu  singen,  zu  gurgelen  und  im  hals  nachligallisch  zu 
dichten  und  zu  überwerfen.  Garg.l''o\  man  sagt  noch  heute : 
des  »angers  stimme  ist  rostig  geworden,  eingerostet. 

ENTRÖTHEN,  sich,  erubescere,  errüthen,  sich  scltdmen: 

der  »onne  gold,  für  der  sich  slcrn  entröthen. 

Lohrhst.  Ibrah.  69,  557 ; 
vor  den  granaten  rousz  linnober  sich  enirflihen.    Hfae.  38; 
Anlonia    war    hierüber   entrülhet,    versetzte    «b«r   alsofort. 
LoHBNST.  Arm.  1,  39t ; 

ich  musx  mich  1 1 
wenn  mir,  Siratonicn,  dem  ■  '''' 

kommt  in  gedanken  vor.    II  >     •  .'im<  ^■. 

du  heiiger  vater  pabti  dorf«i  <li.  Ii  auili  nicht  «"ntrAihen, 
bat  deines  tohnM  rock  gleich  •■mm  hlutgen  neck. 
WicDnusf  Jitn.  1»; 


589 


ENTROTZEN— ENTRüFEN 


Eckaith  entrüthete  sich  darüber,  sagende,  wie  komm  ich  zu 
der  hohen  unverdienten  kaiserlichen  gnade?  Ettners  med. 
maulaffe  514;  überreichte  denen  beiden  jungen  herren  ihre 
briefe,  welche,  als  sie  jeder  einen  von  seiner  geliebten  er- 
sahen, entrütheten  sie  sich  gänzlich  im  gesicTit.  unw.  dod. 
256;  die  Jungfer  entrölhete  sich,  sagende,  dem  himmel  sei 
gedankt.  324.     in  derselben  bedculung  galt  anröthen  (1,  429) : 

'0  du  mördische  hur, 
du  hast  mir  in  dem  wein  vergeben, 
trink  ,iuch,  aber  (oder)  es  kost  dein  leben  I' 
die  fraw  wolt  nicht  und  sich  anröiet, 
mit  bloszem  schwert  er  sie  doch  nöiet, 
dasz  sie  den  giltiug  wein  austrank.    H.  Sachs  I,  175*. 

hier  würde  erbleichen  fast  mehr  passen,  was  sich  mit  der  form 
anröten  nicht  vereinbart,  doch  in  den  beiden  ersten  stellen 
LoHENSTEi.NS  darf  man  den  sinn  von  erbleichen  vorziehen. 

EMROTZEN,  muco  liberare. 

ENTRÜCKEN,  subducere,  ccleriter  amovere,  ^  fern  rücken, 
aus  den  äugen  rücken,  nnl.  ontrukken,  meist  mit  der  Vorstel- 
lung des  plötzlichen,  gewaltsamen. 

1)  transitiv: 

got  unser  harre  an  im  tet, 

daj  er  entrucket  wart  so  hin.    pass.  K.  126,17; 

und  sie  gebar  einen  son,  ein  kneblin,  der  alle  beiden  soll 
weiden  mit  der  eisern  ruten  und  ir  kind  ward  entrückt  {vulg. 
raptus)  zu  gott  und  seinem  stuel.  offenb.  Joh.  12,  5,  wo  spätere 
bibeln  unbefugt  das  gleichbedeulige  entzückt  setzen; 

weil  ich  aber  doch  nicht  weisz,  welche  stunde  mich  entrücke, 

brauch  ich  die  geJegenheit  und  das  s<iuraende  geschicke. 

GC-MHER  838; 

denn  wer  nicht  willig  folgt,  wird  mit  gewalt  entrückt.    993; 

kann  dich  kein  schneller  tod  der  weit  noch  heut  entrücken? 

Gellkbt  t,  139; 

zum  blutstuhl  bin  ich  schon  entrückt.    Göthb  12,246; 

welches  gottes  macht  entrückte, 

verbarg  dich  diese  lange  zeit?    Schiller  499"; 

dort  wollen  wir  im  kühlen, 
des  neides  aug  entrückt, 

die  macht  des  gottes  fühlen, 

der  alles  neu  beglückt.    Gotieb  1,28; 

der  lampe  zarte  flamme, 

dem  winde  klug  entrückt.    1,  324; 

des  himmels  ahnung  den  umweht, 

der  deinen  liebeston  versteht, 

doch  an  dein  mutierherz  gedrückt 

wird  er  zum  himmel  selbst  entrückt.    Matthisson  16; 

und  ewig  wird  es  ihm  {dem  mond)  misglücken 

zu  stehlen  sich  ein  spielgesiud, 

in  seine  wüste  zu  entrücken 

ein  lebenwarmes  erdenkind.    Le?iau  neuere  ged.  237  ; 

wenn  du,  schauend  nach  den  Sternen,  in  der  klaren  nacht, 

dich  der  erde  tand  entrückest,  seh  ich  gerne  zu. 
Platen  76*; 

es  rührte  Victor  bis  zu  thrünen,  da  Emanuel  ihm  seine  aus 
diesem  eden  entrückte  Schülerin  so  warm  anlobte.  J.  P.  Hesp. 
1, 261 ;  die  näheren  sonnen  wurden  von  entrückten  milch- 
straszen  mit  einem  hof  umschwommen.  3, 138 ;  Albano  that 
noch  eine  bruderfrage  über  seine  liebe,  so  lang  entrückte 
Schwester.  Tit.  1,  35 ;  ihre  Iraner  über  den  entrückten  vater. 
biogr.  bei.  1, 41 ;  das  himmlische  war  damals  noch  nicht  so 
weit  von  der  erde  entrückt.    Armm  kronenw.  1, 142 ; 

da  ich  mein  herzogthum  entrückt 
aus  des  betrügers  band, 
since  I  have  my  dukedom  got, 
and  pardond  ibe  deceiver.    lempest,  epilogue. 

2)  die  ältere  spräche  brauchte  entrücken  auch  intransitiv: 
under  des  hatte  der  bauwer  den  profosen,  der  ihn  hinweg 
schleifen  wolte,  ins  angesicht  geschlagen,  ihm  entrückt,  und 
war  auch  darvon  gestrichen.    Kirchhof  mil. -disc.  220; 

in  den  gedanken  ich  entrücket, 

und  ward  in  einem  träum  entzücket 

für  ein  wildnus  zu  einem  see.    H.  Sachs  I,  321': 

wenn  dir  der  felnd  ist  auf  dem  rücken 

und  dein  verhengnis  tritt  mit  ein, 

so  wirstu  ihm  wol  nicht  entrücken,    pers.  rosenlh.  3,24. 

ENTRCCKLNG,  f.  subductio,  vgl.  bergentrückung.  mythol.  904. 
ENTRüDER.N,  remigando  discedere,  evadere,  nnl.  ontroeijen : 

als  wir  nunmehr  der  insel  entruderten.    Od.  12,  201; 

doch  ertrinkt  im  wasser  wer  dem  wind  entnideri. 
SiiROCK  lesebuck  61. 

ENTRUFEN,  avocare,  von  einer  stelle  weg,  auch  mit  dem 
sinne  von  herbei,  heranrufen: 

du  enu°iefst  der  nacht 
der  gestirn  beer!    Messias  20, 117; 


ENTRÜ5IPELN— ENTRÜSTEN  590 

du  entriefst  der  nacht 
der  Verwerfung,  die  der  tod  traf.'    20, 122; 
der  {Pluto)  seinen  bezirk  mit  wogen  umschlossen, 

die  jeder  beschiffen  musz,  welcher  die  luft 
getrunken  und  fruchte  der  erde  genossen, 
von  der  ihn  das  eiserne  Schicksal  entruft. 

Karschi."«  ged.  s.  32; 
plötzlich  entrief  ihn 
fern  in  die  Stadt  ein  geschäft.    Voss. 

ENTRUMPELN,  strependo  elabi,  herabrumpeln. 

ENTRUNDEN,  deglomerare.    Stieler  1647. 

ENTRUNZELN,  erugare,  franz.  derider: 
ein  blick  entrunzelt  sein  gesicht.    Uz; 
wem  sängen  wir  sonst?  gewis  nicht  dem  grämlichen  mann, 
dem  gelben  Schmelfungus ,  dem   mann  von  abgestumpften 

sinnen, 
dem  onkel  Toby  selbst  kein  lächeln  abgewinnen, 
Schach  Baham  nicht  die  stirn  entruuzeln  kann. 

WiELA.ND  4,  6; 

die  grazien  sind  lauter  gefälligkeit.   sollten  sie  nicht,  um  die 
stirne   der   guten   alten  Vesta   zu   entrunzeln,   sich   auch  zu 
kinderspielen  herunter  lassen  ?    10,  94. 
ENTRUPFEN,  evellere,  ausrupfen: 

lege  die  zierlichen  finger  der  hand  an  die  spitzige  feder, 
die  den  tlttichen  ist  krächzender  raben  entrui<n. 

RÜCKERT  270. 

ENTRÜSTEN,  exasperare,  irritare,  nnl.  ontrusten,  nahver- 
wandt dem  entrichten  2,  Albebüs  hat  entrüstet,  abiens  in 
furorem,  raptus  furore  vel  indignatione,  furibundus;  Maaler 
105*  enlrüst  molus  mente,  concilatus,  turbulentus,  einen  ent- 
rüsten und  angsthaft  machen,  commovere.  wie  entrichten  aus 
der  richte,  aus  der  fuge  bringen,  ist  entrüsten  aus  der  fassung, 
ruhe  bringen,  turbare,  ursprünglich  aber  bedeutele  es  einem  die 
lüstung,  die  waffen  ausziehen,  exspoliare,  ahd.  hrusti  giwin- 
nan,  wie  es  in  der  klage,  Holzm.  1709  heiszt : 

daj  beide  meide  und  scbceniu  wip 
entrüsten  hie  die  töten, 

wo  andere  lesen  entwafen.  rüsten,  ahd.  hrustan,  ags.  hyrstan 
ist  Omare,  comere,  instniere,  entrüsten  also  destruere,  fr. 
detruire,  deranger,  turbare,  commovere: 

und  lasz  mich  das  auch  gar  entrüsten  nicht. 

meistert,  cod.  berol.  23  n*  199 ; 
allergnedigister  fürst,  laszt  euch  nit  entrüsten,    fastn.  292,9; 
das  volk  Wirt  treCFenlich  enu-üst.    trag.  Joh.  R4; 

da  aber  Saneballat  höret,  das  wir  die  mauren  baweten,  ward 
er  zornig  und  ser  entrüstet  und  spottet  der  Juden.  iVeA.  4, 1; 
sie  erzürneten  in  gar  oft  in  der  wüsten  und  entrüsteten  in 
in  der  einöde  (vuly.  temptaverunt  et  exacerbaverunt).  ps.  78, 40 ; 
aber  sie  erbitterten  und  entrüsteten  seinen  heiligen  geist.  Es. 
63, 10 ;  da  aber  die  hohenpriester  sahen  die  wunder,  die  er 
thet,  . .  .  wurden  sie  entrüstet  {ahd.  unwirditun).  Matth.  21, 15; 
lasset  uns  nicht  eiteler  ehre  geizig  sein,  umeinander  zu  ent- 
rüsten und  zu  hassen  (goth\  ni  vair{)aima  flautandans,  missu 
ushaitandans,  missu  in  nei|)a  visandans).  Gal.  5,  26 ;  wann  aber 
die  erste  zamenfügunge  (des  rückgrats)  wirt  entrüst  {aus  der 
fuge,  Ordnung  gebracht,  fr.  derangee],  so  wirt  dis  genant  ain 
enthaubtung.  Braunschweig  chir.  104 ;  und  ob  die  zufügung 
zwischen  der  achten  und  sibenden  spöndel  wer  entrüstet  oder 
verrenket,  daselbst;  sich  etwan  zutragen  thut,  dasz  einem 
nicht  all  sein  anschlage  nach  seinem  willen  ausgehen,  das- 
selbige  einen  dermaszen  also  entrüsten  thut.  6.  d.  liebe  256,  3 ; 
küne  leut  lassen  sich  bald  entrüsten,  kl.  weise  reden  75'; 
weil  auch  der  zitterfisch  durch  den  bluszen  angrif  den  magen 
entrüst  (aufregt)  und  zu  Unwillen  (ekel)  verursacht.  Tuurneisser 
infl.  wirk.  156; 

sein  Vernunft  wird  entrüst  und  wild.    H.  Sachs  II.  2,  91*; 
ich  meins  theils  bin  gar  hart  enlrüst.    Atber  fasln.  89*; 

wie  er  den  Moysen  so  weidlich  tribuliert,  entrüst  und  umb 
das  narrenseil  umbgeführet  habe.    Ayrer  proe.  1, 13 ; 

sie  aber  mehr  bereit  als  vor  mir  zu  begegnen, 
fuhr  recht  enu-üsiet  aus,  klagt  über  meme  treu. 
Grtpuiüs  1,  243; 

über  diese  rede  entrüstete  sich  der  künig  so  sehr,  dasz  er 
den  wisir  liesz  beim  köpf  nehmen,  pers.  rosenth.  1,  8 ;  der 
bettler,  der  wegen  desselben  unbarmherzigkeit  entrüstete. 
pers.  baumg.  2,  9 ;  wann  nun  jemand  nicht  fluchete,  nehme 
(d.  i.  nähme)  ihm  aber  für  einen  andern  zu  entrüsten,  damit 
es  ein  gelüchler  gebe,  der  sündiget  zweifältig.  Harthann 
fiuchsp.  223 ;  der  Schneider  war  hierüber  gleichfalls  entrüstet. 


591 


ENTRÜSTUNG  —  ENTSAGEN 


ENTSAGEN 


592 


gespenstig;  ein  regent  sol  sich  im  ersten  eines  dinges  nicht 
entrüsten,   es  ist  sehr  wenig,    welches  in  einer  regierung  im  I 
ersten  anblick  anmutig  scheine.    Bdtschky  Palm.  342; 

der  chan  lieng  an  sich  zu  entrüsten.    Grllkrt  1,  188; 

ach  sie  babea  vielleicht  zu  sehr  den  richier  entrüstet. 

Uesiias  5,  254 ; 

die  enirüsteie  seele  des  todten  entüoh.    13,993; 

Ton  binnen  denn)  entrüste  mich  nicht  mehr.    Borger  142*; 

wie  werd  ich  gegen  euch  enirfistet.    Gottrr  1,  423; 
entnistet 

blickt  Zeus  auf  unser  armes  volk  herab.    Schillir  ...; 

aber  der  söhn  stand  auT  und  nable  sich  schweigend  der  thüre, 

langsam  und  ohne  gemusch.  nilein  der  vater  entrüstet, 

rier  ihm  nach  't>o  gehe  nur  hin!  ich  kenne  den  trotzkopP. 

t'.ÖTHE  40,  256; 

dasz  er  nur  mit  mübe  zu  seinen  kameraden  hinauf  kroch, 
die  so  sehr  sie  sich  entrüstet  stellten,  über  diesen  Unfall 
ihre  heimliche  freude  fühlten.  18,  297;  Wilhelm  war  über 
diesen  neuen  Vorschlag  im  herzen  so  entrüstet,  dasz  er  es 
kaum  verbergen  konnte.  20,240;  die  entrüstete  Verzweiflung 
(im  geijensatz  zur  zagen).  Kant  7, 126 ;  die  richter  entrüsteten 
sich  über  die  vermessenheit.  8,  8  ;  unschuldig  leiden  entrüstet. 
10,  259. 

ENTRÜSTUNG,  f.  ira,  zorn:  seine  entrüstung  war  grosz; 
er  redete  in  augenscheinlicher  entrüstung. 

E.NTHCTTELN,  exculere,  aufrüUelnd  entheben: 

dies  unmeidbitre  misgescliick 

entrütielie  mich  meinen  wonneiräumen.    Bürgrr  107'; 

es  entrütielt  ihn,  sobald  zum  frühgebei 

der  Iman  ruft,  ein  knmmerling  dem  Schlummer. 

WiKLANII  10,  318. 

ENTRÜTTEN,  dasselbe,  nur  stärker,  erschüttern: 

da  man  nicht  höret  vor  geifimmel, 
ob  es  auch  donner  in  dem  himmel, 
da  man  entrütt.  enischuit  das  hirii, 
spen  äugen  auf  und  runzelt  siirn. 

FiscHARTs  lob  der  laute,  in  den  geistl. 
liedern  s.  99. 

gleich  rütteln  und  schütteln  laufen  auch  entrütteln  und  ent- 
schütteln, entrütten  und  entschütten  nebeneinander. 

ENTRÜTTÜNG,  f.  concnssio,  erschälterung :  an  der  ersten 
entrittung,  so  ich  in  diser  lieb  spüren  würde,  will  ich  mich 
selbst  aus  der  balfter  ziehen.    Wirsung  Cal.  g4. 

ENTSÄBELN,  acinacem  de  manibus  extorquere,  entsebeln. 
Stieler  1782. 

ENTSACHEN,  dem  mhd.  entsachen  {Dietr.  3491)  orfer  nnl. 
ontzaken  entsprechend,  könnte  wenigstens  noch  im  16j/i.  vor- 
kommen, zeigt  sich  aber  bisher  noch  nicht  auf.  alls.  ist  ant- 
sacan,  ags.  andsacian  negare,   inficiari. 

ENTSACKEN,  sarcinam  tollere,  absacken.    Stieler  1659. 

ENTSAFTEN,  succo  private.    Stieleb  1664,  mhd.  entsaffen : 

ji  kan  6{  fröudensalTes  mich  enlsalTen. 

Haoamah  von  Laber  375. 
nhd.  ich  «trecke  nacht  und  tag  zu  dir  die  lassen  arme, 

nach  dir,  herr,  durstet  mich  in  diesem  dürren  barme, 
wie  ein  entsaftet  land,  das  sich  zum  bimmel  neigt. 
Flkbing  27. 

ENTSAGBRIEF,  m.  was  absagebrief:  als  dem  hohmeister  der 
entsagbrief  überantwortet  wurde.  Schütz  beschr.  von  Preuszen. 
Eitl.  1599  t.  196. 

ENTSAGEN,  renuntiare,  ahd.  intsag^n  (Graff  6, 101),  mhd. 
entsagen,  nnl.  ontzcggen. 

1)  einem  etwas  entsagen,  aburteilen,  ihn  davon  löstn,  los- 
sprechen,    mhd. 

vrowe,  DU  mftjet  iwer  klagen, 

Jane  kan  nieman  eniKagen 

wol  dem  aadero  den  toi.    kl.  1873; 

■eil  da«  reich 

Olli  recht  und  ordenleicb 

hie  an  dioer  frtst 

eoitait  und  widennili  i«l 

TOD  Najjaw  graf  Adolfen  . . . 

»0  eni«ag  ich  bewi  und  immerroer 

chunig«  recht  und  de«  reiche  er 

von  Na^iraw  demselben  gaucb.    Ottocai  tW. 

i)  einem  etwas  verweigern,  absagen,     vihd. 

d4  der  koniog  Laomeddn 

io  ani«agete  iren  lAn 

uode  beguDde(  in  untsware.    lUi  pr  11.362. 

nkd.  weil  alle  hülfe  un«  entnaget  ward.  Kttner  unw.  doct.  499. 

81  einem    ablagen,    die  freundsehafl,    dm    bund   aufsaqrn, 

also   feindfchaß    und  krieg  ansagen,    was  förmlich  und  fnrr- 

lieh  gesfhehrn  mutte.     ein  entMgter  feiad  ttt  ein  abgesagter 


(1,  47).  her  entsagete  on  (ihnen).  Rothe  düring.  ehr.  cap.  652 ; 
wen  her  eines  vient  wurde,  so  sulden  die  andern  zwene  om 
(ihm)  entsagen,  cap.  666 ;  Fridel  Thmk  trat  an  das  holz  und 
entsagt  uns  und  allen  den  unsern  . .  .  und  zu  hant  darnach 
über  vierzeben  tag  verprand  er  uns  dreu  bäuser,  auch  leut 
und  gut,  besunder  einen  knab'en,  der  in  dem  feuer  verdarb. 
weisth.  3,672;  herzog  Stetfan  und  Ludwig,  die  waren  vor 
zue  liechtmessen  der  jungen  herrn  entsagt  feind  gewesen, 
also  entsaget  mein  herr  und  all  sein  diener  und  helfer  hinein, 
da  entsaget  ich  auch  von  meines  herrn  wegen  hinein  («h  die 
Stadt).  Jörg  Katzmair  ed.  Sehmeller  §.  90;  und  da  entsagt 
herzog  Ludwig  da  seinen  vettern  von  der  von  München  wepon. 
§.  93;  dasz  er  daran  beschwert  sei,  als  die  churfürsten  und 
andere  fürsten,  die  leicht  seine  entsagte  feinde  sein,  sollen 
an  dem  rechten  sitzen  und  urtheiicn.  urk.  kaiser  Sigmunds 
von  1421,  bei  Hipp,  a  Lapide  de  rat.  stal.  s.  166;  in  der  an- 
dern tagfart  verschrieb  er  sich  mit  den  bundgenossen,  ent- 
saget dem  hoemeister.  Hennebercer  preusz.  landtafel  s.  147; 
darauf  der  könig  den  fröschen  entsagt,  die  gleichergeslalt 
kriegsrath  halten,    froschm.  Min  5'; 

man  sagt,  die  hund  hcitens  gewagt, 
und  ehmals  den  wolTen  entsagt.    Tl3*. 

dem  teufel  absagen,  aufsagen  hiesz  in  der  allen  spräche  forsachan 
praet.  forsuoh  (Gbaff  6,  75),  ags.  andsacian,  alts.  antsacan 
von  der  würzet  sakan,  suk  (s.  vorhin  entsachen),  also  ver- 
schieden von  forsegian,  forsegita  (Graff  6, 103),  obgleich  auch 
dieses  negare,  abdicare  ausdrückt,     s.  versagen. 

4)  nahe  liegt  absagen  für  aufsagen  in  andern  fällen :  wie 
ein  herr  seinen  knecht,  der  ihm  entsaget  {den  dienst  aufge- 
sagt), wunderlich  gemartert  und  getödtet  hat.  Henmeberger 
preusz.  landtafel  s.  36 ;  das  da  geschieht,  wenn  gott  entsaget, 
das  ist  die  warheit,  gerechtigkeit,  Weisheit  entzeucht.  Luther 
1,20*;  da  von  gott  verlassen  und  entsagen  (?)  gefület  wird. 
3,2';  ich  halt,  wo  der  meuchel  wider  schreiben  wird,  so 
wird  er  daran  nicht  genug  haben,  das  wir  stille  sitzen  und 
leiden,  und  sie  uns  verdamnen,  entsagen,  krieg  und  mord 
drewen  und  anfahen.    5,  307'. 

5)  wir  fügen  heute  zu  entsagen,  in  der  gewöhnlichen  be- 
detitung  «on  renuntiare,  aufgeben  den  dativ,  gehe  er  auf  eine 
person  oder  sache:  seiner  geliebten,  seinem  freund,  seinem 
volk,  seinem  glauben  entsagen,  dem  teufel  entsagen  [vorhin 
unter  3),  dem  stolz,  allem  dank  entsagen ;  die  einem  herzen 
zu  enge  ist,  das  eher  dem  leben,  als  ihrer  liebe  entsagen 
will.  Lessing  2,  31 ;  ich  will  vielmehr  gänzlich  den  gänzlich 
gelehrten  männern  entsagen,  die  so  reich  an  inutmaszutigcu 
und  so  arm  an  urtheilskraft  sind.  10,  369;  dem  srhuMrnic 
des  hofes  entsagen.    Gotter  1,44; 

entsage  deinem  volk,  werd  eine  Spanierini    2.^10: 

siÄ  wollte  lieher 
gefangen  bleiben,  sich  mishnndult  sehn, 
als  dieses  litels  leerem  prunk  entsagen.    Schim.i'r  40R*; 
der  ungebundnen  freiheil  wollen  sie 
entsagen.     . . .; 

dazu  kam  noch  ein  körperliches  übel,  dasz  mir  nemlich  nach 
tische  die  kehle  wie  zugeschnürt  war,  welches  ich  erst  später 
sehr  leicht  los  wurde,  als  ich  einem  rothen  wein,  den  wir 
in  der  pension  gewöhnlich  und  sehr  gern  tranken,  entsagte. 
GOthb  26,  8. 

6)  Lessing  irar  mit  sich  über  den  castts  nicht  einig  und 
neigt  sich,  neben  dem  dat.  in  beiden  angezognen  stellen,  sonst 
zum  genitiv :  Franciska.  'so  wollen  sie  seiner  entsagen?'  das 
fräulein.  'ei  sieh  doch!  jammert  er  dich  nicht  schon  wieder? 
nein  liebe  nürrin,  ^ines  fehlers  wegen  entsagt  man  keinem 
manne'  (in  der  hs.  stand  erst  'keines  mnnnes'l.  1,5«:»;  'ist  i's 
nun  zeit  ihrer  zu  entsagen  und  ihrer  für  eine  andre  als  für 
mich  zu  entsagen?'  2,80;  h.ltte  sich  P.upe  ein  eignes  systein 
abstrahiert  gehabt,  so  würde  er  ganz  gewis  aller  Vorrechte 
eines  dichters  dabei  entsagt  haben.  5.  2s;  wenn  es  auch 
schon  ganz  unstreitig  wSre,  dasz  es  eigentlich  gnr  keine  eckel- 
liafte  gegenstünde  für  dos  gesiebt  g.lbe,  von  welcln*n  es  sich 
von  tclbst  verstünde,  dasz  die  mahlerci,  als  scIiOne  kun-n 
ihrer  entsagen  würde.  6,  523 ;  des  titeis  und  der  an<priirl^ 
auf  dieses  kOnigreich  zu  entsagen.   0,  384. 

7)  SU  diesem  fehlerhaften  scheint  der  richli^ie  gen.  bei  di 
reflexivum  verleitet  tu  haben,  denn  bereits  mhd.  hiesi  et  'si 
eines  entsagen': 

ich  WM-  «In  gouob,  woll  ich  mich  der  enisagwn.    Ms.  i.u* 


ist, 

\ 


593 


ENTSAGEN  —  ENTSATZ 


ENTSATZKRONE  —  ENTSCHÄDIGEN   594 


nhd.  entsagen  sie  sich  im  guten  aller  anspräche  auf  die  Ter- 
lassenscliafl  meines  bruders.    Lessing  2,  4S4  ; 

wem  das  liebea  will  betiagen, 

musz  des  lebeos  sieb  euisdgeo.    &,  1$*2, 

nach  LoGAC  l,  ',73,  der  aber  hat:  musz  dem  leben  abesagen; 
erlaubt  ihm  nicht  den  wolsland  seines  volks  einem  tyrannen 
preis  zu  geben  oder  sich,  gleich  einem  unmenschlichen  vater, 
derjenigen  zu  entsagen,  die  durch  die  engsten  Lande  an  seine 
seele  gebunden  sind.    Wielaxd  16,  207. 

8)  elicas  anderes  ist,  uenn  in  der  älteren  spräche  der  gen. 
neben  dem  unreflexiven  entsagen  erscheint,  icelches  entsagen 
dann  die  bedeutung  von  lossprechen  unter  1  hat: 

so  erkenn  er  nu,  das  er  auch  sei 

des  reichs  entsagt  aus  göttlicher  gewalt. 

JiTSTL's  Memus  vom  bapstum  N2. 

9)  suweilen  bleibt  der  casus  ganz  weg,  besonders  bei  den 
participien  oder  venn  ein  abhängiger  satz  folgt:  wie  ßeren- 
garius  es  wagen  dürfen,  immer  wieder  zu  seiner  entsagten 
meinung  zurück  zu  kehren.  Lessixg  S,  412 ;  leugnete  ich 
darum  diese  Wahrheit,  entsagte  ich  darum,  mich  dieser  wahr- 
heil  zu  bedienen?  10,38;  Wilhelm  Meislers  wanderjahre  oder 
die  entsagenden.  Göthe  21.22,23  vgl.  21,52;  alles  ruft  uns 
zu,  dasz  wir  entsagen  sollen.    48,  9. 

ENTSAGEN,  n.  renunlialio:  das  völlige  entsagen  auf  alle 
dem  Staate  zu  leistenden  dienste,  wenn  er  (Calo)  sie  nicht 
durch  ^ein  ansehen  im  Senate  und  auf  die  gewohnte  art  ihm 
leisten  konnte.  Garve  zu  Cic.  de  off.  1,216;  ich  müste  mich 
sehr  irren,  wenn  du  nicht  besser  Ihätest,  dir  selbst  einiger- 
maszen  nachzugeben,  als  dich  durch  die  widerspräche  emes 
so  harten  entsagens  aufzureiben.    Göthe  18, 131 ; 

finstrer  ernst  und  trauriges  entsagen 

war  aus  eurem  heitern  dien>t  verbannt, 
glürklirh  sollten  alle  herzen  schlagen, 

denn  euch  war  der  glfnkliche  verwandt.    Schiller  21'. 

ENTSAGUNG,  f.  dasselbe. 

1)  ohne  casus:  Lothario  und  seine  freunde  können  jede 
art  von  entsagung  von  mir  fordern.  Göthe  20,  232 ;  er  rechnet 
sich  die  entsagung  hoch  an.  57,300;  der  mensch  in  stiller 
bescheidenbeii,  groszmäthiger  entsagung.    Kli.>-gek  3,  275 ; 

I 
die  Inrve 
erhabner,  übernienscblicher  entsagung 
reisz  ich  ihr  ab.    Scuillkr  267". 

2)  mit  dem  gen. :  dasz  er  mich  mit  entsagung  seiner  eignen 
glöckseligkeit  glücklich  gemacht  habe.  Lessing  2,  40;  die  ent- 
sagung aller  anspräche.  Kant  2,  324;  eine  entsagung  alles 
dessen,  was  man  bisher  geliei)t  und  für  gut  befunden  hat. 
Göthe  25,  67 ;  entsagung  aller  poiilik.    BCrgeb  112". 

3)  mit  auf:  die  enisugungen  auf  anspräche,  auf  erbschaften. 
Gabve  2u  Cic.  de  off.  3,  I7t;  eine  entsagung  auf  die  hülfe  und 
barmherzigkeil  gotles  ist  eine  Ungereimtheit.  3,252;  die  ent- 
sagung auf  uns  und  unsre  selbstöndigkeit.    Ki.inger  II,  304. 

4)  mifin:  entsagung  (erf/ebunp)  in  den  willen  gottes.  Klincer 
6,  357. 

ENTSAGLNGSURKUNDE,  f. 

ENTSALZEN,  salem  eluere,  nnl.  ontzouten:  die  fische  ent- 
salzen; enisalzene  beringe,  haleces  maeeratae. 

ENTSAMENT.  conjunctim,  zusammen. 

ENTS.\TTELN,  deponrre  ephippium,  und  ex  ephippio  dejieere, 
nnl.  onlzadelen:  er  wurde  von  seinem  gegner  entsattelt,  aus 
dem  sallel  gehoben. 

ENTSATZ,  m.  1)  liberatio  ab  obsidione,  suppeliae,  nnl.  ontzet: 
unterdes  kam  der  hohineister  und  der  pfalzgrafe  beim  Rhein 
den  belagerten  zum  entsalz.  ScbCtz  beschr.  von  Preuszen  1599 
5.  69;  er  solle  sich  in  der  feslung  noch  halfen,  denn  ihme 
gewisser  entsalz  ehestes  tages  zukommen  werde.  Bltschry 
kamt.  633 ;  in  der  belagerung  und  dem  entsalz  von  Arles. 
Mascoü  2,  30 ;  einen  entsalz  zu  wagen.  2,  114 ;  wie  würs, 
wenn  sie  uns  freien  abzug  eingestünden,  da  ihr  doch  von 
Sickingen  keinen  entsalz  erwartet.  Göthe  8,  H)9 ;  ohne  eine 
scbbicht  mit  der  flotte  zu  wagen,  kann  kein  entsalz  auf  die 
insel  gebracht  werden.  Schiller  6S0';  so  fehlte  es  der  stailt 
dennoch  nicht  an  mitleln,  sich  bis  zur  ankunfl  eines  enl- 
saizes  zu  behaupten.  949*;  er  fand  jetzt  gegen  die  emptin- 
dungen,  die  ihn  belagerten,  wenn  nicht  einen  entsalz,  doch 
eine  auf  die  ewigkeit  verproviantierte  bergfeslung.  J.  P.  Tit. 
3,  57.  es  heiszl  zum  entsalz  kommen,  sieb  zum  entsalz 
rüsten,  entsalz  schicken,  auf  entsalz  hoffen,  s.  entsetzen, 
besitzen. 
III. 


2)  Horror,  entsetzen,  «as  man  nachsehe: 

die  nach  dem  tode  sucht,  entsetzt  ~sich  wenn  er  ruf), 
'nicht  diese,  die  enisatz  sucht  in  der  lodteogruii'. 

Grtpiiiüs  1   l->0: 
es  sterbt  die  einfalt  hin,  erweckt  ein  solches  klug, 
dafür  ein  keuscher  sinn  enisatz  und  grauen  trug. 
LoGAO  2,  66. 

ENTSÄTZKRONE,  f.  corona  obsidionalis :  die  entsatzkrone 
aus  gras  {verbena).    J.  P.  rfdmm.  64. 

ENTS.\UBERN,  expurgare,  nnl.  ontzuiveren,  1)  säubern,  viit 
dem  gen.  der  sacke,  von  etwas.  Harnisch  144.  2)  maculare, 
beflecken. 

ENTSÄUERN,   aeorem   tollere:     sieb,    wie   dorfbier,   durch 
kreide  zu  entsäuern.    J.  P.  Fibel  21. 
ENTSÄUERUNG,  *.  entsäurung. 
ENTSAUGEN,  exsugere,  nnl.  ontzuigen: 
und  scheint  nicht  jeden  kus 

sein  kleiner  mund  dem  ihren  zu  entsaugen?   Wiklasd  23,115; 
der  biene  gleich 

entsaugest  du  der  blume  den  bimraelslhau.    Stolbskg  4, 278; 

wem  Wollust  nie  den  nacken  bog 

und  der  gesundbeit  mark  enisog, 

dem  steht  ein  stolzes  wort  wol  "an, 

das  heldenwort,  ich  bin  ein  mann!    BcrgehöI'; 

0  dann  saugt  mit  ihrem  purpurmunde 

himnielswollust  unsre  wunde, 

sie  entsaugt  das  gift, 

das  vom  l)0gen  dunkler  Schwermut  triff.    Tieck  4,  116; 

ach,  er  möchte  wie  ein  quell  versiechen, 

jedem  hauch  der  lufl  ein  gifi  enisaugen 

und  den  tod  aus  jeder  blume  riechen.    Platen  29'; 

noch  als  dein  tapfrer  vater  wie  ein  kind 

klnglich  erz.-ihlte  meines  vaiers  tod, 

und  zehnmal  inne  hielt  zu  schluchzen,  weinen, 

dasz,  wer  dabei  stand,  nasz  die  wangen  halte 

wie  jaub  im  regen,    in  der  traurgen  zeit 

verwarf  mein  innnnlicb  äuge  niedre  thränen, 

und  was  dies  leid  ihm  nicht  entsaugen  konnte,  _ 

das  tbat  dein  reiz,  und  macht  es  blind  vom  weinen. 

that  all  tbe  Standers  bv  had  wet  iheir  cheeks, 

like  trees  bedasbd  witJi  rain.    in  that  sad  tirae 

mv  manly  eyes  did  scorn  an  huinble  lear, 

and  what'  these  sorrows  could  not  ihence  exhale. 

tby  beauty  baih,  and  made  ihero  blind  niih  weeping. 

Richard  III.  act  1  scene  2. 

Stieler  1691  setzt  entsäugen  für  ablactare,  entwöhnen. 

ENTSÄURUNG,  /.  die  metallischen  farbenerscheinungen, 
wie  sie  durch  säurung,  aufsäurung,  absäurung  und  entsäurung 
entstehen.    Götue  52,  217. 

ENTSÄUSELN,  lene  personare: 

wann  ich  vertieft  durch  blumen  in  duftender  blüte  beschaitung 
wandele  plötzlich,  viell>-ichi  suin«t  mir  ein  bienchen  ums  haupi, 
oder  die  taub  entsau-^elt  dem  dach.    Voss  3.  126; 
was  isis  das  jedem  lindenblatl  entsnuselt 
wie  einer  drvas  leises  ach  ?    Platk»  8*. 


ENTSAUSEN,  fremendo  personare . 
das  geworfne  speer; 


durch  die  iG^e  entsaast 


bliizzerschmeiterten  wipfelo  entsauset  festliches  rauschen. 

Stolberc. 

ENTSCEPTERN,  spoliare  regno,  enUhronen,  nnl.  ont- 
schepteren : 

und  führe  diesen  arm,  damit  er  dem  tyrannen 

sein  lohn  eriheilen  mag.  der  deinen  dienst  verbannen 

und  dich  entscefitern  wii.    Opitz  3,82  (80); 

man  .«oll  entsceptert  schauen, 
die  uns  entscepiern  will.    HAuewiiz  Mar.  Stuarda  29. 

s.  entzeplern. 

EiSTSCHAAREN,  nnl.  ontscharen,  scharweise  auflösen, 

i)  dispergere,  auseinander  gehen  lassen. 

2)  sich  enlscbaaren,  discedere,  auseinander  gehen: 

doch  schnell,  als  hätten  got'es  schrecken  ihn 
ersTilTen.  wendet  er  sich  um 

zur  nurht,  und  wehr  und  wsITen  von  sich  werfend 
entschaart  das  ganze  beer  sicli  im  gefilde.     Schiller  458*. 

ENTSCHACHEN,  abducere,  abripere,  rapere,  entführen, 
könnte  rollkommen  nhd.  sein,  da  ahd.  seih  rapina,  praeda, 
vihd.  schächen  rapere  gilt,  doch  fehlt  ein  beleg,  nd.  ent- 
schaken  bei  Gefken  154,  nnl.  ontschaken. 

ENTSCHADEN  für  entschädigen,  schadlos  kalten: 
was  fiind  ich  denn  auf  aller  weit, 
das  mich  um  dich  entschadet  halt?    Hehdbk  8, 102. 

vgl.  beschaden. 

ENTSCHÄDIGEN,  damnum  alieui  sarcire,  einem  den  schaden 
vergüten,  ersetzen,  ihn  schadlos  hallen,  nnl.  ontschadigen,  fr. 
dedommager.     nocA  nicht  bei  Stieles  i4nd  Frisch,   zuerst  bei 

3S 


595   ENTSCHÄDIGUNG  —  ENTSCHÄUMEN 

Adeldjjc,  soviel  früher  auch  das  erttgegengeselzle  beschödigcn 
galt,  jetzt  aber  im  häufigsten  gebrauch,  besonders  in  der  ge- 
schäßssprache :  ich  bin  für  meinen  veriust  vollständig  ent- 
schädigt worden;  er  hat  viel  eingeböszt,  man  v,\l\  ihn  nicht 
entschädigen,     s.  auch  das  einfache  schädigen. 

ENTSCHÄDIGUNG,  f  pensatio,  restitutio. 
-  E.NTSCHÄDIGLNGSBETKAG,  m. 

EMSCHÄDIGUNGSFORDEUCNG,  f. 

ENTSCH.\DIGIJNGSGELDER. 

E.NTSCHÄDIGÜNGSGESCHÄFT,  n. 

ENTSCHÄDIGUNGSPFLICHT,  f. 

ENTSCHÄDIGCNGSSACHE,  f 

ENTSCHALEN,  cortice  nudare,  delegere,  schälen,  enthüllen: 
wenn  ir  us  grund  üwer  hohen  kunst  (lugend,  dasz  si  nit  fall, 
oder  aber  si  wurd  entscbalet)  die  götzen  vertsdigen  wellend. 
ZWISCLI   2,  5t. 

ENTSCHALLEN,  resonare,  personare: 

den  saiten  entscholl  bald  bimmlische  wehmuth, 
bald  der  lon  des  triumphs.    Messias  20,  Slb  •. 
mit  dem  schilfmeer  braust  er!  entscholl  Gnri/im.  (in  der  ersten 
ausg.  von  1"71 :  erscholl  vom  Grisim). 
Klopstock  1, 170; 
CS  erhebt  steigender  sich  Sions  lied. 

wie  des  quells,  welcher  des  hufs  stampfen  eniscboll.    1,170; 
golt  der  goldnen  leler,  gib,  dasz  heut 
meiner  brüst  ein  schönes  lied  enischalle.    Bürger  88*-, 
lind  wie  der  klang  im  ohr  vergehet, 
der  mächtig  tönend  ihr  (der  ylocke)  entsrhallt, 
so  lehre  sie,  dasz  nichts  bestehet, 
dasz  alles  irdische  verhallt.    Schiller  80*; 
welch  mittel  fruchten  soll  und  welche  sühne, 
nur  einer  götterlippe  kanns  entschallen.    Platen  295'. 

ENTSCHALLERN,  frequetUativ  des  vorausgehenden: 

plötzlich  rauscht  ihm  (dem  donner)  nach  mit  hagelgeprassel 

der  regen, 
ström  enlscballern  den  bergen,  es  flutet  das  saaiengefilde. 

BCRGKS  24(i'. 

ENTSCHÄMEN,  pudore  exsolvere,  schamlos  machen: 

do  Wirt  dann  mancher  zu  eim  Loten, 
der  dann  die  eigen  lochter  sein 
bescblief,  als  sie  warn  durch  den  wein 
entschemt.    fastn.  sp.  3S0,  21. 

E.NTSCHAPPEN,  elahi,  entwischen,  nach  dem  it.  scapparo, 
sp.  escapar,  fr.  echapper,  wo  nicht  entschnappen  zu  lesen: 

hall,  halt,  ichs  musz  ertappen, 

will  sehn,  mirs  nit  entspring, 
nun  soll  mirs  nicht  entschappen,     / 

will  wetten,  mirs  geling.     Si>ek  Iruttn.  222  (205), 

tcol  ohne  weiteres  beispiel. 

ENTSCHÄRFEN,  hebetare,  stumpf  machen,  nnl.  ontscherpen  : 
einscbniden  und  scherpfe  widerlitzen,  oblundere,  entscherpft 
obtusus.  Maaler  105'  (bei  welchem  widerlitzen  496*  gleichfalls 
obtundere  ist); 

in  die  äugen  solches  werfen 

pflegt  das  sehen  zu  entscherfen.    Beineke  1650  s. 305. 

ENTSCHARREN,  eradere,  hcraussdiarren : 

und  sobald  sie  dem  ofen  die  funkelnden  kohlen  entscharret, 
legte  sie  feurung  hinein,  und  weckte  die  gliit  mit  dem  blasbulg. 

Voss  2.  281. 

ENTSCHATTEN,  obumbrare,  beschatten,  adumbrare.  Stieler 
1740: 

heil!  dies  ist  die  letzte  zähre, 
die  der  müden  aue  entfallt, 
schon  enischattei  sich  die  sphäre 

ihrer  heimatlichen  well.    Matthisson  18, 

es  könnte  umgekehrt  auch  heiszen  sich  erhellen.  Hippel  setzt 
tt,  wie  abschatten,  für  adumhrare:  kein  mcnsrh  kann  selige 
und  heilige  machen  oder  entschatten.  8, 158 ;  wenn  er  diese 
ideen  in  anwendung  gebracht,  würde  er  eine  vernünftigere 
disputation  entsrhatlel  (entworfen)  haben.  12, 180. 
ENTSCHAIJDERN,  horrore  liberart?  fervertt 

macht  nicht  der  edle  rebensaft 

den  kalten  leib  enischaudern  ?    Wkckhkrlin  777. 

ENT.SCHAUFELN,  pala  egerere,  hervor  schaufeln, 
mhd.  wand  ich  in  niht  enachuvele  ( :  luvele) 
n{  der  tiefen  belle  gal.    pau.  K.  591,  tiS. 

ENTSCHÄUMEN.  1)  spvmando  elabi: 

den  flatterharien  iriiumcn, 
die  dumpfem  weinrau>ch  od  und  wild  enikcbiumen. 

Vom  . . .  t 
e«  enmehinint  det  monte«  labnal 
dem  Ke«ehlagnco  urgranitblock.    . . .  t 


ENTSCHEID  —  ENTSCHEIDEN 


596 


die  quell  entschäumt  der  klippe, 

von  funken  hiasz  bestreut, 
vom  allen  hniimgerippc 

romantisch  überdraut.    Matthisson  121 ; 
der  woge,  die  krystallrein  hoch  sich  bäumet, 
das  funlieln  des  gedaokenlichts  entschäumet. 

Wh,  von  Humboldt  7,  58. 
2)  despumare,  abschäumen. 

ENTSCHEID,  m.  decisio,  «'»e  bescheid,  unterscheid:  darauf 
entsciieid  erfolgt,  es  were  seiner  eh.  gn.  bcgeren  u.  s.  w. 
Thurneisser  nothg.  ausschr.  2,  22;  zu  solchem  entscheid  wollten 
i.  k.  mt.  ein  commissariat  ansetzen  lassen.  ScHWEtNicHEN 
1, 290.     X.  entschied. 

ENTSCHEIDELEUTE,  arbitri.  Oberlin  318,  heule  Schieds- 
leute, Schiedmänner. 

ENTSCHEIDEN,  entschied,  entschieden,  nimmt  nhd.,  gleich 
dem  einfachen  scheiden  und  andern  Zusammensetzungen  mit 
demselben,  das  unorganische  part.  praet.  entschieden  statt  ent- 
scheiden an.  der  diphthong  ie  gebührte  von  rechtswegen  nur 
dem  praet.  ind.  und  conj.,  nicht  dem  part.  praet.  und  ältere 
Schriftsteller  hallen  da  noch  das  ei  fest. 

1)  sinnliches  entscheiden,  scparare,  sejungerc,  absondern, 
ausscheiden:  derlialhen  soll  mnn  die  gSns  mit  schranken  ent- 
scheiden und  gleich  w  ie  die  hiimmel  und  schaf  von  einander 
absondern.    Sebiz  Hl; 

auch  schwebeis  {trulznachtigall)  auf  den  weiden 
und  will  beiu  hirten  sein, 

da  (^edron  kommt  entscheiden 

die  grüne  wiesen  rein.    Spee  (ru<;n.  4(3); 

dein  und  ihr  beider  haus  entscheidet  eine  maur. 

(iiivPHius  vert.  genpensl  7  ; 
die  gaslstube,  welche  mit  einer  langen  spanischen  wand  ent- 
schieden war.  pol.  feuermäuiirkchrer  6 ;  derselbe  blitz  ist  das 
licht,  der  führet  in  der  hilze  in  die  bittere  qnalilät,  da  wird 
der  blitz  entschieden  nach  aller  kraft.  Jag.  BöninE  Aurora 
s.  133;  allda  stehet  nun  die  göttliche  kraft  und  bildet  sich 
der  göttliche  glänz  immer  in  das  reine,  davon  wird  entschie- 
den das  strenge  aus  der  natur  und  machet  der  gottliche  glänz 
das  reine  süsze.  derselbe  von  den  drei  principien  des  gött- 
lichen Wesens  127 ;  sonst  würde  nicht  sein  aufgehöret  worden 
steine  und  erde  zu  gebären,  so  die  fewrige  art  nicht  wäre 
entschieden  worden,  ebenda  7,  30  s.  67 ;  da  gott  das  liechf 
von  der  finstcrnüs  entschieden.  8,  8  s.  71.  auch  von  Irenming 
der  ehlcule:  wie  sie  mein  eheweib  sein  könte.  weil  sie  von 
irem  manne  noch  nicht  entscheiden?  Thurneisser  nothg. 
ausschr.  1,  68. 

2)  entscheiden,  unterscheiden,  distinguere:  das  gute  vom 
bösen  entscheiden,  pers.  baumg.  1, 20 ;  diese  tugend  (rfie  be- 
scheidenheit)  wird  von  dem  unterscheide  genennet,  weil  sie 
das  gute  von  dem  bösen  fürsichtig  und  bedachtsam  zu  ent- 
scheiden weisz.    Bltschky  l'atm.  124; 

die  linlle  sonn,  die  alle  zeit  entscheidet, 
miszt  stunde,  t;ig  und  j.nr.     Ho«ri.iiR  34; 
weiszgerber    und  lederer  {hallen  an  ihren  häusern  gemdhtde), 
damit  man  diese  handwerker  erkennen  und  von  einander  ent- 
scheiden könne.    Abele  3,  22. 

3)  einen  rechtshandel,  insgemein  das  ungewisse,  zweifelhafte 
entscheiden,  bescheiden,  dirimere:  ein  span  oder  zweitrachl 
entscheiden  oder  zerlegen,  dijudicarc  controversiam.  Maaler 
105*;  die  andern  artzt  können  wenig  der  künsten,  behelfen 
sich  mit  freundlichen,  lieblichen,  holdseligen  worten,  entschei- 
den (bescheiden)  die  leut  mit  zUchten  und  schönen  warten. 
Paracelsus  1,  2«l'; 

ir  leut  ich  will  euch  schon  entscheiden.    Atrbr  fastn.  132'; 

er  wird  die  Völker  iimli  und  »n, 

wie  recht  und  hillich  ist,  entscheiden.     Opitz  p^.  182; 

er  wird  den  welikreisz  weit  und  breit 

entschpiden  mit  pcrechiiKkeii. 

er  wird  der  Volker  hiiiidcl  schlichten 

und  iiucli  iieliiiJuiig  liillii  h  richten.    «.  24; 

ob  jungerraw  zwar  inchi  und  jungfraw  hoch  entschieden 

(Über  diese  formen  niclil  aufijeinarltt  rnlscliirden  itt). 
int  dem  doch  wol,  der  nam  die,  die  das  K  vermieden. 

LocAU  1,  24; 
ihr  (dtr  wtiihgü)  prei«,  ihr  werth  wird  nicht  vom  gluck  eni 
schieden.     llACKDORf  I,  13; 

lasz  es  die  well  einmal  entscheiden, 

was  nui/lii'hrr  und  hcsxT  sei: 

«in  pfaunid  oder  liuhnerei?    Uu««a!«)»  fnheln  ».  SO; 

gnadifter  herr,  da  w«ri  ihr  bekftmiiKi :  .  euch  die  «ach«' 

K-ar  hiulenklich  zu  »ein  und  rm  In  i  «nuchnden. 

(hr  sollt  nicht  rntwoiclini. 
hi<  die  aache  «Ich  endlich  «iit»cheid«'i.  dann  wollen  wir  neben. 

40,  205. 


597   ENTSCHEIDEN— ENTSCHEIDSTUNDE 


ENTSCHEIDTAG— MtSCHlCkEN   598 


4)  entscheiden,  decernere,  endlich  bestimmen,  beschlieszen : 
es  ist  alles,  es  ist  noch  nichts  entschieden;  dieser  tag  sull 
entscheiden ;  ein  kleiner  umstand  entschied,  gab  den  aus- 
sclilay;  das  kann  ich  nicht  entscheiden;  um  den  sieg  gänz- 
lich auf  die  seite  der  musen  zu  entscheiden;  es  ist  ent- 
schieden, du  bleibst; 

dieser  heerzug 
entscheidet  deines  lebens  gluck  und  frieden.    Schill»  . . . ; 

mir  ist  feierlich, 
so  bang,  als  sollte  dieser  augenblick 
ein  groszes  losz  entscheiden.    .  .  .; 
lang  zauderte  der  könig, 
den  ehgemabi  der  tocbter  zu  entscheiden.    215*; 
nun  ist  kommen  der  tag,  nun  hat  die  braut  ibm  der  himmel 
hergeführt  und  gezeigt,  es  bat  sein  berz  nun  entschieden. 

GÖTHE  40,279; 
nun  ist  die  stunde  gekoniiuen, 
ja  er  hat  gefühlt  und  gewählt,  und  ist, männlich  entschieden. 

ebenda. 

5)  man  stellte  zum  acc.  der  person  einen  gen.  der  sacke: 
niemands  aber  da  war,  so  die  herzogin  ihrer  frag  entscheiden 
künde.  Galmy  123,  ganz  wie  bei  bescheiden  (1, 1554).  beden- 
ken hat  der  sächliche  gen.  ohne  persönlichen  acc. : 

des  mögen  der  Argeier  Jünglinge  entscheiden. 
Stolberg  11,  2SS. 
heute,  einen  über  etwas  entscheiden,  früher  auch  einen  daraus 
entscheiden.    GEFKEif  beil.  56. 

6)  sich  entscheiden,  einen  beschluss  fassen,  sich  erklären, 
entschieden  werden:  es  musz  sich  bald  entscbeideu; 

erlaubet,  dasz  ich  mich  ein  andermal  entscheide. 
\ViELA?(D  9,  64; 
die  sonne 
gleng  zweimal  auf  und  zweimal  unter,  seit 
das  Schicksal  meines  Karlos  sieb  entschieden.    Schiller  26S'; 

sein  mismuth  nahm  zu,  sein  widerstand  entschied  sich  (war 
erklärt,  entschieden).    Götbe  24, 174.     heute  über  etwas. 

ENTSCHEIDEN,  entscheidete,  entscheidet,  evaginare,  vom 
vorigen  ganz  abweichend,  würde  ahd.  lauten  intsceidun,  int- 
sceidÄta:  das  schwert  entscheiden,  aus  der  scheide  ziehen; 
als  Wilhelmi  aufstund  und  einen  degen  suchte,  welchen  er 
auch  endlich  fand,  entscheidete  und  Brandano  hinaus  for- 
derte.   Salinde  331; 

um  die  achse  gedrängt  entscheidet  der  bergende  kelch  sich, 
der  zur  höchsten  gestalt  farbige  krönen  entläszt. 
GöTHE  1,  327, 
wie   es  lat.  hiesz  frumenta  vaginis  e.xeunt.    Plin.  IS,  3.     eine 
menge   von   ähnliclien,    gleichschönen    ausdrücken  gilt  für  den 
wachslhum  und  die  entfaltung  der  pflanze. 

ENTSCHEIDEND,  quod  habet  momentum :  der  entscheidende 
augenblick;  das  treffen  war  entscheidend;  es  hat  sich  etwas 
entscheidendes  ereignet;  die  Wahrheit  und  unwiderlegbarkeit 
seiner  gründe,  welche  von  der  entscheidendsten  mehrheit  im 
Senate  unterstützt  wurden.  Schiller  822";  um  ihn  auf  eine 
recht  entscheidende  art  auszuzeichnen,  gaben  sie  ihm  gar 
keinen  namen.  1016";  seine  stimme  war  die  entscheidende, 
gab  bei  der  wähl  den  ausschlag. 

ENTSCHEIDEND,  ade.  entschieden,  bestimmt: 
ich  sah  den  mann, 
der  so  entscheidend  sprach,  mit  groszen  äugen  an 

GÖKINGK  1,  110. 

ENTSCHEIDER,  m.  arfri/er,  Schiedsrichter:  entscheider  oder 
mittler,  der  sein  urteil  dazwischend  legt.    Maaler  105*; 
lieg  und  ruh,  so  dacbie  bei  seinem  leichnam  Johannes, 
bis  an  jenen  gefürchteien  tag,  den  groszen  entscheider. 

Messias  .  .  . ; 
glauben  sie,   dasz  es  so  leicht  ist,   sich  gegen  einen  stolzen 
und   kahlen  enUcheider  des  höhnischen  tones  zu  enthalten? 
Less(!<g  8,  lt. 

ENTSCHEIDERIN,  f.  disceptatrix.  Maaler  105';  also  darf 
ich  meine  laune  nicht  zur  entscheiderin  meiner  bedürfnisse 
machen.    Schiller  briefw.  mit  Körner  l,  246. 

ENTSCHEIDESRICHTER,  m.  arbtter,  eine  ältere  form  als 
Schiedsrichter:  das  der  könig  von  Böhmen  Wenceslaus  zwi- 
schen beiden  parteien  entscheides  richtcr  sein  solte.  Schütz 
betchr.  von  Prenszen  102.     s.  entscheideleute. 

ENTSCHEIDJAHR,  n.  annus  decretorius:  im  westHiliscben 
frieden  ward  bei  der  religionsübung  das  enlscheidjahr  (l624) 
durchgesetzt.    Hdgo  encyclop.  1835.  s.  410. 

ENTSCHEIDGRUND,  m.  ratio  decidendi:  ohne  alle  ent- 
scheidgründe. J.  P.  Hesp.  2, 161.  üblicher  ist  entscheidungsgrund. 

ENTSCHEIDSTUNDE,  f.  hora  decretoria,  die  entscheidende 
stunde. 


ENTSCHEIDTAG,  m.  dies  decretorius:  im  westfälischen 
frieden  ward  ...  bei  den  kirchengütem  der  entscheidtag  (1  jao. 
1624)  durchgesetzt.    Hcgo  a.  a.  o. 

ENTSCHEIDUNG,  f.  nach  allen  bedeutungen  des  entschei- 
dens,  am  häufigsten  dijudicatio,  decisio,  momentum:  entschei- 
dung  oder  gwisse  auszilung,  determinatio,  fleiszige  entschei- 
dung,  ausrächnung  und  nachbetrachtung.  dispicientia.  Maaler 
105';  die  entscheidung  ist  erfolgt;  die  entscheidung  der 
Schlacht;  in  den  meisten  zweifelhaften  berathschlagungsfällen 
ist  die  enticheidung  nach  dem  was  recht  ist,  viel  leichter, 
als  die  nach  dem  was  nützlich  ist.    Garve  zu  Cic.  off.  3,  36 ; 

richte,  so  schwör  ich  euch  zu.  mich  ganz  nach  ihrer  ent- 
scheidung.   GöTHB  40,  283. 

ein  älteres  beispiel  für  Scheidung:  sonderlich  da  mag  wol 
werden  separatio,  das  ist  ain  öfnung  oder  entschaidung,  die 
nit  eigentlich  genant  wirt  verruckung.  Braünschweig  chir.  102. 

ENTSCHEIDUNGSGRUND,  m.  ratio  decidendi. 

ENTSCHEIDUNGSKAMPF,  m. 

ENTSCHEIDUNGSQUELLE,  f  die  Verordnung,  dasz  Net- 
telbladts  naturrecht  in  ermanglung  anderer  entscheidungs- 
quellen  eine  sein  soll.    Hcgo  naiurrechl  1S19.  s.  36. 

ENTSCHEIDUNGSRECHT,  n.  die  ausführung  des  päbst- 
lichen  entscheidungsrechts  ia  zwiespaltigen  wählen  geistlicher 
reichsfürsten.    Göthe  33, 114. 

ENTSCHEIDUNGSTAG,  m. 

ENTSCHEIDUNGSVOLL: 

zeugt  das  verfälschie  blatl,  die  weggelaszne, 

so  ganz  entscbeidungsvolle  clausel  nicht, 

man  wolle  zu  nichts  gutem  uns  verbinden?    Schiller  Sä?*. 

ENTSCHEINEN,  entleuchten,  entgldnzen: 

sie  stammen  auch  von  eines  engeis  schimmer. 

ich  aber  bin  dem  blicke  selbst  eniscbienen  (sagt  der  edelstein), 

sie  sind  niu*  seiner  fittiche  geQimmer.    Rückeki  165. 

ENTSCHEREN,  tondere,  decidere,  abschneiden: 

rubelen  jeizo 
auf  hocbscbwellende  sprossen  gestreckt  von  duftigem  masiix, 
und,  wie  vergnügt,  auf  frisches  derreb  entschorenes  weinlaub. 
Voss  TtieokrU  7,  134. 

ENTSCHEDCHEN,  fugare,  verscheuchen,  fortscheuchen : 

bei  der  entscheucbenden  kerze  Schimmer.     Klopstoce  2, 32 

vom  Pferde,  das  vor  dem  licht  scheu  wird; 

mit  jenem  sönncben,  welchem  der  biene  kunst 
den  docht  beseelet,  welches  dem  bi'ichersaal 
sonst  nur  die  nacht  entscheucht.  wenn  grübler 
endlich  die  durstige  feder  tränken.    3, 131; 
welchem  den  schlaf  kriegsruf  schmetternder  hörner  ent- 
scheucht;   Voss  Tjftu/i  1,1,4; 
sie  entscheucht  ihn  vom  leibe,  wie  etwa  die  mutter  dem 

Säugling 
eine  flieg  enucheucht.    BCrgir  214*. 

ENTSCHICHTEN,  dijudieare,  dirimere,  entscheiden.  Haltaus 
338.     sich  entschichten,  partiri  Patrimonium,    derselbe  359. 

ENTSCHICHTIGEN,  dasselbe. 

ENTSCHICHTIGER,  m.  disceptator.    Haltads  359. 

ENTSCHICKEN,  1)  ineptum,  inhabilem  reddere,  ungeschickt, 
ungestalt  machen,  aus  der  fassung,  ruhe  bringen,  Schmeller 
3,  319.     mhd.  entschicken,  nnl.  nntschikken : 

sieb  hat  din  menschen  bilde 
so  wunderlich  entschicket.    Gi.  2,  270; 
Noe  der  ward  von  wein  entschickt.    Schwarze^berg  101,  1; 

da  ward  sein  antlüt  davon  entschicket  und  fieng  an  ze  wainea. 
buch  der  Weisheit  1485  6/.  73;  er  wirt  entschickt,  das  er  an- 
facht inwendig  ein  blaen  und  geschwoUenheit  empfinden. 
Keisersberg  siben  scliwerter  fö';  so  ein  mensch  kein  ougen 
hat,  als  denn  etwenn  eim  die  ougen  uszgestochcn  werden, 
so  wir^r  ganz  entschickt  (entstellt),  das  man  in  nit  wol  mer 
kenne,  post.  2,  86 ;  an  sinem  heupt  dermasz  so  swerlich  ver- 
letzt, da;  er  siner  Vernunft  merklich  geschedigt  und  entscbickt 
ist.  Haltacs  339  (a.  1497) ;  aber  als  der  mag  von  der  werme 
des  Wassers  entschicket  ward,  da  schüttet  er  die  feigen  mit 
dem  wasser  aus  im.  Steinhöwel  1555  bl.  1 ;  so  ist  alle  matrix 
verderbet,  unfruchtbar,  ungesund,  entschickt  und  mit  allen 
andern  zufallenden  kranklieiten  beladen.  Pahacelsüs  1,79*; 
durch  disen  streit  wurden  die  von  Hetruria  in  irem  gemüt 
gar  erschlagen  und  entschicket.  Livius,  Schöfferlin  86*. 
2)  reflexiv,  sich  verunstalten: 

und  sprach,  mich  wundert  seitem  mal, 

das  in  der  well  auf  und  gen  tal 

sich  alle  die  so  gar  enischicken, 

die  in  die  suniien  sollen  plicken.    fasln,  sp.  iSff), 


599    ENTSCmCKrNG  —  ENTSCHIFFEN 


ENTSCHIMMERN— ENTSCHLAFEN   600 


wenn  ein  frauw  ist  nit  schuldig,  sol  es  auch  nit  thun,  sich 
zu  entschicken  und  ungestull  machen  oder  sich  mit  zwilch 
kleiden.  Keisebsbekg  irriii  scliaf  49';  aher  wenn  ein  mensch 
abiäl  die  gebut  guttes  mit  ernst  ze  halten,  ze  hund  fahet  er 
an  abnemen  in  der  liebi,  das  ist  sich  entschicken,  zu  vertust 
der  liebi.    farad.  der  seien  11*. 

das  früher  geläufige  worl  hört  später  ganz  auf  und  mangelt 
in  alten  würlerbücliern.     s.  schicken. 

ENTSCHICkUNG,  f.  deformalio:  die  contractur,  die  da 
kumpt  ausz  dem  zorn,  ist  ein  enizündung  des  ganzen  leibs 
und  ein  entschickung  der  auszwendigen  und  innwendigeu 
gliedern.    Faracei.sus  1,  509*. 

ENTSCHItD,  fli.  decisio,  für  entscheid:  so  wil  d.  Ludder 
sich  nicht  keren  an  bepstliche  entschied,  so  sei  das  con- 
cilium  wankeibar  und  irrig.  Luther  1,  Iöh';  ist  diser  gutlicher 
entschied  gezwifacht  {doppelt  ausgefertigt)  gloichs  lauts.  üai.taus 
359;  das  end  gibt  der  Sachen  entschied  und  geslalt.  Lehman.'«! 
196;  hierzu  sollen  denen,  welche  gerichte  hegen,  auch  wider 
ihren  willen  personen  beigeordnet  werden,  so  viel  ihrer  zu 
besserung  des  entschieds  von  nöthen  sind.    Opitz  i4rjj.  1,421. 

ENTSCHIEDEN,  statutus,  certus ,  ausgemacht,  fest,  das 
adjeclivisch  gewordne  particip  für  entscheiden :  es  ist  mein 
entschiedner  wilie;  er  gab  seine  entschiedne  meinung  ab; 
es  bcrschte  entschiedenes  regenwetter;  eine  bcgebenbeit,  die 
in  seinem  leben  eine  entschiedene  epoche  macht.  Güthe 
15,177;  auf  so  viel  lächelnden  gesichtern  zeigte  sich  das  ent- 
schiedene behagen.  15, 30S ;  sie  wechselten  zum  erstenmal 
entschiedene,  freie  küsse.  17,359;  ihre  Unterhaltung  war  so 
angenehm,  dasz  er  nicht  einmal  einen  entschiedenen  zug  des 
kummers  gewahr  wurde,  der  ihrem  geistreichen  gesiebt  noch 
ein  besonderes  Interesse  gab.  19,72;  da  er  schon  ein  ge- 
machter mann,  im  besitz  von  entschiedenem  namen  und  in 
einer  sehr  guten  läge  war.  19,  122;  durch  Verbindung  mit 
einem  bedeutenden  gutsbesitzcr  und  entschiedenen  landwirth. 
22,  84;  er  verglich  es  dem  schnarren  einer  groszen  Orgel- 
pfeife, die  vor  lauter  umfang  keinen  entschiedenen  ton  von 
sich  gibt.  23,  9;  hier  {im  geschäßsleben)  gab  sein  ererbtes 
talent  ihm  eine  entschiedene  ausbeute.  24,122;  ein  Stamm- 
vater, der  so  glücklich  ist  seinen  nachkommen  einen  ent- 
schiedenen character  aufzuprägen.  24,  206;  die  wüste  setzt 
seinem  zuge  kein  entschiedenes  hindernis  entgegen,  ebenda; 
von  ihm  als  einem  werdenden  manne  erwartet  man  schon 
eine  gewisse  Übersicht  seines  zustandes  und  ein  entschiede- 
ner leichlsinn  will  ihn  nicht  kleiden.    26,  Sl; 

all  mein  hlul  in  den  ailern  erstarrt 

vor  der  grnsziich  cntscIiiedeneD  gegenwart.    Schiller  507'  ; 

enischiedi-n  war  mein  sinn  zuvor, 

als  dich  mein  wort  heraufbeschwor.    Lbnau  Faust  29. 

ENTSCHIEDEN,  cerlo,  indubitale,  assidue:  sie  {die  bäume) 
sind  sachte,  aber  entschieden  aufgewachsen.  Göthe  15,304; 
steile  felsen,  welche  senkrecht  den  letzten  Wasserspiegel  ent- 
schieden bekränzten.  17,  31 ;  aber  wie  ich  mich  zuletzt  in 
den  abgetragenen  grauen  rock  einzwängte  und  die  kurzen  ärmel 
mir  das  abgeschmackteste  ansehen  gaben,  fiel  ich  desto  ent- 
schiedner in  Verzweiflung,  als  ich  mich  in  einem  kleinen 
Spiegel  nur  theiUveise  betrachten  konnte.  25,349;  ich  musz 
aufs  entschiedenste  widersprechen. 

ENTSCHIEDENHEIT,  /.  explorala  ratio:  er  sprach  mit  ent- 
scbiedmlieit. 

ENTSCHIEDUNG,  f.  was  enlscheidung:  freundliche  erieu- 
tcning  und  enlschiedung.    I'hii.akder  1, 109. 

ENTSCHIESZEN,  nnl.  ontschielen,  1(  protilire,  tgerminare, 
von  pflanzen,  entsprieszen :  dichtes  gras  entschieszt  dem  boden  ; 

nur  if\u%i  ein  gipfelchcn  Rieh  nicht  vermessen,     ^ 
daai  es  allein  der  erde  nicht  entschooson.     Lrssi!^...; 

2)  elabi,  entfahren:  dasz  ihm  alles  blosz  so  natürlich  ent- 
fahre und  enischicsze,  wie  den  blallläusen  hinten  der  von 
bienen  tu  gesuchte  honigthau.  J.  P.  Siebenk.  1,  ix;  enteilen: 
so  sagte  der  wirt,  ick  bin  vielleicht  im  stände,  einem  lieb- 
baber  mit  einer  der  veritabcisten  ausgestopften  misgeburten 
aufzutvarlen,  die  je  auf  acht  beinen  herumgelaufen,  'wie,  wo, 
wenn,  wa»?'  rief  der  doctor  auf  den  gaslwirt  rennend,  'gleich' 
ferselzte  dieser,  und  entschosz.    Katzenberger  1,  80  (55). 

ENTSCHIFFEN,  nati  effugere,  nnl.  ontsckeppen: 

wol  diesem  der  durch  dich  lo  (ruber  noih  enischift. 

LoiKNiTKiN  Cleop.  83,  244; 
»ir  Dnomtbr  •otiebiAen  zugleich  dem  geiiad«  von  Troja. 

Od.  8.  27«. 


ENTSCUIMMEHN,  l)  ewucore: 
wann   sie  (die  liyder)  die  hüll  auszog,   und  erneut  im  glänze 

der  Jugend 
nun  vom  gcwimmel  im  ncs!e  sich  herwnlzi,  oder  von  eiern, 
bäumend  zur  sonn,   und  dem  mund  dreispaliifc  zuiigen  ent- 
schiraniern  (et  unguis  micai  ore  trisulcis). 
Voss  Virg.  landbau  3,439; 
hemmt  den  brnnsendcn  stromfnll,  heiszi  pulAsio 
von  rubinen  und  gold  der  erd  entschiniiuera.    Matthisso.i  105. 

2)  pallidum  reddere,  obscurare: 

siehe  sie  sentit  ihr  cntschimmertes  haupt  zu  der  erde,  dem 

grabe 
ihrer  kinder.    Messias  8,  571 ; 

sie  sahen 
unter  hangenden  närhien  die  stolze  Jerusalem  liegen, 
sahn  den  'entschimmerten  tempel,  den  überschtiiieieu  Sion. 

10,575; 
sein  entschimmeries  antiilz.    10,737; 

Gallien  krönet  sich 
mit  einem  bürgerkranze,  wie  liuiner  war! 
der  glänzet  heller,  uml  verdient  es, 
schöner  als  lorher,  die  biut  entschiramerl.    Kiopstock  2,  102 

3)  pallere: 

wol  seh  ich  gestalten  wanken 

durch  des  wildes  grüne  nacht, 

die  bewocien  zweige  schwanken, 

sie  entschimtriern  wie  gcdnnken, 

die  der  schlal'  hinweggefachi.    Tiecks  Slernbatd  2,  78. 

ENTSCHINDELN,  scindulis  nudare,  delegere: 

kurz,  wann  er  ganz  von  dem,  was  er  nicht  selber  war, 
vom  haupt  bis  auf  den  Tusz  enischindelt, 
vor  mir  erschien.    IIühgkr  106*. 

ENTSCHIRREN,  abjungere  equos,   losschirren,     bildlich  für 
lösen : 

lieb  ists,  die  jedes  band  enischirret.    Röckkrt  328. 

ENTSCHLAFE.N,    obdormiscere,    ahd.    inisläfan,    mhd.    ent- 
slAfen,  nnl.  onlslapen. 

1)  im  eigenllichen  sinn  einschlafen,     mhd. 

sie  entsliefen  beidiu  schiere.    Iu>.  85; 

dd  sie  enisläfen  wären.    Nib.  1774,  1; 

alsus  enisliefens  under  in  zwein.     TVwf.  437,22; 

lif  ir  herzen  er  enislief.     Wh.  100,  25; 

nhd.  und  er  leget  sich  und  entschlief  under  der  wachalder- 
slauden  (obdormivit  in  umbra  juniperil.  bibel  von  1483,  IG7' 
1  hün.  19, 5  (Luther  :  legt  sich  und  schlief  unter  der  Wacholdern) ; 
darumb  er  asz  und  trank  und  entschlief  anderweit.  19,  6 
(Luther:  legt  er  sich  wider  schlafen);  und  het  sich  gelegt  zu 
der  wand  und  was  entschlafen.  1483,232'  Toft.  2, 10  (Luther: 
sich  neben  eine  wand  leget  und  entschlief); 

die  singen  uns  süsz  caniilenen 
und  machen  uns  als  vasl  entschlolTcn  (:  hoffen). 
Brant  103,  43; 

als  aber  der  jflngling  gen  Speir  kam,  ward  er  von  einem 
thumbherrn  beherberget,  und  als  er  ent><chlafi'n  was,  nnm  er 
heimlich  seine  brief  und  las  die.  STEnnilwEi.  chrnnik  2,s* ; 
er  mag  kein  predig  hören,  er  entschlaft  darbei.  Keisersberc 
narrensch.  172";  da  liesz  gott  der  hcrr  einen  tiefen  sriilnf 
fallen  auf  den  menschen  und  er  entschlief.  Luther  1  Mos. 
2,21;  und  sie  liesz  in  entschlafen  auf  irein  schosz  und  rief 
einem,  der  im  die  sieben  locke  seines  hcnhls  abschörc.  rieht. 
16,19;  da  nu  der  breutgam  verzog,  wurden  sie  alle  schieferig 
und  entschliefen  {ahd.  naflTezitun  alll^  inti  sliefun).  Naiih. 
25,5;  und  da  sie  scIiifTeten,  entschlief  er  {goth.  l)arnh|iaii 
s\&  faridftdun,  anasaislipl.  Lue.  8,23;  die  hert  entschlaafen 
sind,  die  tief  schlaafend,  sepnlti  somno.  Maai.br  106';  wider- 
uinb  entschlaafen,  repelere  somnuni.  derselbe;  cini  mit  trinken 
redlich  zu  feuren  oder  schürgen  dasz  er  cntschlaafL  derselbe; 
die  gut  tochter  setzt  sich  also  an  ein  in:iiir  und  entschlief 
also.  seh.  und  ernst  1516.  92;  so  si  nun  entschlafen,  legt 
ihn  valler  und  multer  under  oder  in  die  schuch.  Fratik  wclll'. 
133";  wollen  wir  ein  kurz  schl.tflin  iliun.  gleich  wie  ich  ent- 
schlafen war,  kompt  mir  für  im  schlaf  ein  niler  mann,  buch 
der  liebe  201,4;  vor  und  ehe  man  zu  nacht  entschläft,  sol 
man  Marien,  der  mutter  Christi,  nicht  vergessen.  285,2;  der 
gut  mann  Grandgusinger  het  sein  herzliche  freud  damit,  wann 
er  also  gutherzig  sah  die  biallen  räumen  und  die  becher 
schäumen,  die  xpuniaiites  palera.«,  und  thal  nicht«  anders  aU 
dasz  er  sie  aufmunteret,  nicht  in  der  predig  zu  entschlafen. 
Garg.  82';  'derhalbcii  laszt  uns  die  siben  biiszpARlmen  für 
UQi  nenimen,  zu  sehen,    nl»  ir  iiidil  enisdilafen  werdet'  .  .  . 


601 


ENTSCHLAFEN— ENTSCHLÄFEN 


ENTSCHLÄFEN  —  ENTSCHLÄGEN 


602 


fiengen  damit  gleich  den  ersten  psalmen  an,  und  als  sie  bis 
auf  das  beati  qiiorum  kamen,  entschliefen  sie  beide  unge- 
wagen  {ungewiegl).  24S';  ich  war  vorige  nacht  aus  müdigkeit 
beides  von  sorgen  und  dem  wege  so  hart  entschlafen,  dasz 
ich  nicht  erwachte.  Opitz  2,246;  sie  waren  unter  dem  ein- 
förmigen gesang  entschlafen.  Ki.inger  4,  243 ;  bei  einer  alten 
leier  man  entschläft  und  bei  einem  neuen  lied  wieder  er- 
wacht.   Pestalozzi  12,  227. 

2)  entschlafen,  sanß  sterben:  höret  das  David  was  entschla- 
fen mit  seinen  velern  (obdormiisse  cum  patribus  suis),  bibel 
14S3,  163*.  1  kön.  2,  21 ;  erleuchte  meine  äugen,  das  ich  nicht 
entschlaf  im  tod  (ne  unquam  obdormiam  in  morte).  1483,265. 
ps.  12,  4  iLctiier:  das  ich  nicht  im  tode  entschlafe) ;  Ldther: 
und  Salomo  entschlief  mit  seinen  vetern.  Ikün.  11,43;  dar- 
nach ist  er  gesehen  worden  von  mehr  denn  fünfhundert  brü- 
dern  auf  einmal,  der  noch  viel  leben,  etliche  aber  sind  ent- 
schlafen tgulli.  fiizeei  {)ai  nianagistans  sind  und  hita,  sumaij)- 

lian  gasaizicpun).  l  Cor.  15,  6;  so  sind  auch  die,  so  in  Christo 
ent.«chlafen  sind,  verloren  {golh.  {)anuh  jat)|)ai  gasl^pandans 
in  Christau  fraqistnödedun).  15, 18 ;  wir  werden  nicht  alle  ent- 
schlafen, wir  werden  aber  alle  verwandelt  werden  (allai  auk 
ni  gasvijfam,  i{j  allai  inmaidjanda).  15, 51,  «n  welcher  letzten 
stelle  ÜLFiL.*s  xot/^rjd'Tjaöfisd'a  gassiUam  übersetzt;  das  er  so 
seuberlich  und  sanft  entschlafen  ist  mehr  dann  verschieden. 
Llthers  br.  4,  362 ;  er  ist  im  herrn  entschlafen ; 

seid,  wenn  dereinst  ihr  «elbsi  enischl.ifei,  o  dann  vor  allen 

unaussprechlich  gesegnet  I    A/essios  13.  «41 ; 

geusE  du  deine  freuden  auf  die,  die  in  Christus  entscblafen, 

gnaderuli  aus!  13,  (i60; 

da  rann  vom  schmeiternden  steine  dein  blur,  da  eatschliefst 

du.     13,784; 
enischinfnes  j.-ihrhundert. 
hebe  dein  niedergesunkenes  haupt  noch  einmal  empor! 

KLnpsTOCK  1,  160; 
und  ouD,  nun  kam  der  tod.    er  rief 
'es  ist  rollendet'  und  eniscblier.    7,  100; 

doch  segue  mich, 
eh  du  entschläfst.    9,  42; 
selig  alle  die  im  herrn  enischliefen! 
selig,  vaier,  seiig  bist  auch  du.    Höitt  2.35. 

3)  in  Sünden  entschlafen,  obrui,  opprimi  peccatis:  nnd 
dise  tüfels  ammen  machen  das  einer  in  den  Sünden  ent- 
schlaft, da  ein  mensch  kein  ru  hat  und  macht  im  etwan 
conscienz  umb  deine  ding,  die  conscienz  beiszet  in,  so  spre- 
chen die  selben  tüfels  ammen,  ei  es  ist  nit  so  schwere  tod- 
sünd.  Keisebsberg  s.  d.  m.  32';  o  da  gedenken  wir,  die  da  in 
Sünden  eivogen  und  entschlafen  sind,  gar  wenig  an  uns  zu 
bekeren  und  zu  bessern,    buch  der  liebe  292,  2 ; 

■w.inn  er  un«  sein  volk  gnug  ihu  sirafen, 

die  wir  in  sOnden  seind  entschlafen.    H.  Sachs  Ilf.  1,19*. 

4)  entschlafen,  sopiri,  cessare,  aufhören:  in  der  faulheit 
entschlaafen,  vast  trag  und  faul  werden,  indonnire  desidiae. 
MaaTer  105';  die  statt  ist  gar  entschlaafen,  d.  i.  liederlich, 
hilllässig  und  sorglos  Korden,    derselbe; 

der  lärm  enischlafi,  wenn  du  (nachl)  zum  himmel  steigest. 

Uz; 
erwacht  der  frohe  gesang  nnd  jed  entschlafene  ciiher 
i>i  auf  erhabnere  tone  hedacbi.    derselbe; 
doch  dasr  mein  zorn  entschlafe, 
das  vaier  fodre  nicht.    Gotteb  2,  429; 
da  genas  die  band  und  die  befugen  schmerzen  entschliefen. 

ÜL'kGKII  226". 

6)  entschlafen,  lorpere,  von  hdnden,  armen,  beinen.  Stalder 
2,  321,  icie  einschlafen  3,  ags.  us  släpad  |)A  lima,  die  glieder 
entschlafen  uns.    homil.  1, 490. 

ENTSCHLÄFEN,  topire,  consopire,  schlafen  (bei  Maaler 
ze  schlaafeni  machen,  einschläfern:  was  thut  die  am,  deren 
ein  kind  verdingt  ist?  sie  senget  das  kind,  sie  entschlafet 
es,  und  wenn  es  ein  bül  feit  oder  das  im  das  maul  blaw 
Wirt,  so  überredet  sie  es,  es  hah  gesprungen,  wirft  ein  arm 
uf  und  spricht  "ju  heia  heia!'  Keisersrebg  s.  d.  m.  32*;  was 
thSl  die  amm?  sie  entschläft  das  kind,  das  da  schreiet  und 
weinet,  ebenda;  ich  glaub  nimmer  anders,  weder  das  in 
beichten  und  in  predigen  hat  man  euch  entschlafet  und  nüt 
darein  geredt,  darunib  seind  die  ding  ingebrochen,  die  sunst 
nimmer  ingebrochen  weren.  eheudu;  so  lonl  sich  die  selben 
dann  entschlafen  und  sitzen  also  in  dem  treck  der  vile  der 
sQnd  (in  lulo  multiludinis  peccatorum»,  stecken  fol  Sünden. 
ebenda;  einen  herl  entschlafen,  soporem  firmare  alicui;  ent- 
schläfte  äugen,  so  eim  der  spengler  auf  die  äugen  kumpt 
oder  sitzt,   lumina  adoperta  somno.    Maaler  1U5'.  379',    nach 


Frisics  4o';  ein  entschläfter,  gestillter,  vergangner  schmärz, 
dolor  soporalus.  Maaler  a.  a.  o. ;  welche  fisch  inen  nahend, 
die  werden  allesamen  entschläft  [betäubt).    Forer  fischb.  76'; 

Schlösser  aufthun  und  diebstal  bringen. 

im  schlaf  erfahren  von  bescbechncn  dingen. 

die  leui  entschlafen.    Thuknkisskr  archiduxa  49; 

wann  jeman  schirling,  weiszplei,  alraun,  schwarzen  magsamen 
oder  andere   kräuter   gessen   hat,    welche    die  personen  mit 
irer  kälte  entschlafen  und  unempfindlich  machen.  Sebiz248; 
und    das   requiem   aeternam   in   der  mesz  dreimal  gesungen 
ist  so  ein  kräftig  schlaftrünkiin  zum  entschlafen,  das  es  den 
seelenmänlin  alle  ire  pein  und  schmerzen  in  eim  augenplick 
;  versüszet,  lindert  und  vertreibt,   das  sie  darvon  schlafen  wie 
!  maulwörf  und  ralten.  bienenkorb  113';  aber  beschliesziich,  so 
I  sag  ich    und   wils   bei    dem    nechsten  kreistag,    da  man  der 
j  münz  und  des  calenders  halben  eins  wird,  erhalten,  das  des- 
I  gleichen    wisch   nicht   sei,   als    ein   riedisch   ganslin   wol  be- 
I  pflaumet,  doch  das  man  im  den  köpf  zwischen  die  bein  steck, 
j   es    dreimal    umbdreh    und    entschief  (betäube,    lüdte).     Garg. 
I  13S' ;   entschliefen    ohn  ein  mercurischen  rorpfeifer,   der  den 
hundertäugigen  Argus    entschläft,   als  oh  sie  bei  dem  lustig- 
sten poetischen  rauschenden  brönlin  oder  bächlin  lägen  und 
die   windlin  hörten  wähen.    248';    von  dem  gesang  aber  kan 
einer,  gleichwie  von  den  syrenen,  entschläft  und  also  in  liebes- 
banden  unversehens  gebracht  werden.    Lehha^.n  2,197; 

0  du  sa). 
in  dessen  blauer  zier  die  liechler  überal 
sein  durch  des  Schöpfers  band  so  künstlich  aufsrestecket, 
das  uns  ihr  edler  schein  ergötzt,  entschlaft,  erwecket. 

RüHPLEB  s.  24. 

heute  ungebraucht,     vgl.  Stalder  2,322  und  einschlafen.- 

ENTSCHOFERN,  des  vorigen  frequenlativum,  wie  einschlä- 
fern :  nun  hatte  der  schlaf  ihr  von  seltzamer  einbildung  ver- 
unruhigtes  gemüth  entschläfert  {einsciilafen  gemacht).  Amöna 
und  Amandus  9. 

ENTSCHLAFL'iNG,  f.  redormilio.    Maaler  105'. 

E.NTSCHL.\FL'NG,  f.  soporalio :  etwann  thut  ihn  («Tinen) 
anodina  (anodyna,  sclimerzstillende  mittel)  wol  aus  Ursachen 
der  entschläfung.  Paracelsijs  1,482";  ohnmacht,  Schwindel, 
entschläfung  ibetäubung^,  krampf.    1,545*. 

EMSCHLAG.  m.  absolutio,  literae  absolutoriae.  Haltacs  341. 

ENTSCtiLAGBRIEF,  m.  literae  absolutoriae,  relaxationis. 
ScHM.  3,442. 

ENTSCHLAGEN,  entschlug,  im  15.  16  jh.  noch  öfter  ent- 
schlahen  entschlug,  tnhd.  entslahen,  entsiän,  prael.  entsluoc, 
nnl.  ontslaan,  ontsloeg. 

1)  mit  dem  acc.  der  sache,  im  sinne  des  einfachen  schla- 
gens  unter  hervorhebung  des  beginns.  wie  wir  sagen  feuer 
schlagen,  licht  schlagen,  die  laute  schlagen,  Ines:  es  auch 
entschlagen :  zum  andern  hat  der  bilger  in  sinem  sack  ein 
füergezüg,  wol  bereit  und,  gedörret,  davon  er  ein  liccht  ent- 
schlahe  und  von  dem  liecht  auch  ein  füer  mach.  Keisers- 
berg  hilg.  13';  do  hat  Antonius  inwennig  ein  schruben  inge- 
schrubet  für  das  schlosz,  das  bett  an  thür  geruckt  und  ein 
liecht  entschlagen,  dan  er  halt  allen  weg  waxkerzcn  bi  im 
und  ein  fürzüg,  halt  die  andern  gsellen  schnell  ufgeweckt. 
Plater  18;  wan  der  meister  wond  ich  schliefe,  stund  ich 
heimlich  uf,  entschlug  ein  liecht  und  halt  ein  Homerum.  51; 
ein  feür  entschlahen,  excudere  iguem.  Frisics  498";  in  blelter 
ein  feür  entschlahen,  suscipere  ignem  foliis.    Maaler  135'; 

am  himmel  auch  schwingen  sie  wölken, 
und  in  gewaltigem  stosz  entschiagen  sie  röibliche  feuer. 

Voss. 

Neidiiart,  nach  der  lesart  MS.  2,74"  singt: 

bej^er  wtere  mir  daj  ich  nienjer  niuwej  liet  entslüege, 

tro  Haupt  61,39  mit  Benecee  die  andere  vorzieht: 
bejjer  wsere  doj  ich  niuwes  nimmer  niht  enslüege, 
so  gut  wie  slahen  darf  auch  entslahen  ein  liet  gesagt  werden. 

2)  privatives  entslahen,  solvere,  absolcere,  los  sprechen:  ent- 
srhlug  er  öffentlich  über  lut  den  Blumer,  dasz  er  in  ange- 
logen hetl.  Haltacs  340:  ein  gut  entschlagen,  interdicio  ab- 
solvere  fundum.  ebenda;  einem  das  gut  entschlagen. 

3)  sehr  häufig  entschiagen,  los,  frei  geben,  mit  gen.  der 
Sache;  sich  eines  entschlagen,  entduszern,  überheben,  es  meiden : 

wie  kan  ich  mich  des  pald  entschlagen?    fastn.  32,7; 
der  ungeistlichen   aber   und   altvettelschcn  fabeln  entsrhiahe 
dich    (vulg.   ineptas   aulem  et  aniles  fahulas  devita,   gotit.  i\> 


603 


ENTSCHLAGEN 


ENTSCHLAGEN— ENTSCHLEIERN   604 


))6  usveihöna  s\i  u$al|)anaizu  spilla  bivandei).  l  Tim.  4,7; 
der  jungen  widwen  aber  eDtschlahe  dich  (vu/y.  adolesceiitiores 
autein  viduas  devita,  goth.  i\)  juggös  viduvuns  bivaudei).  5, 11 ; 
des  ungeistlicben  losen  gescimetzes  entsctilabe  dich  {vulg. 
profana  autein  inaniluquia  devita,  golh.  i\>  \)o  dvalöna  usveihuna 
lausavaurdja  bivandei).  2  Tim.  *2,  IB;  aber  der  törichten  und 
unnützen  fragen  entscblahe  dich  {vulg.  stultas  autcni  et  sine 
discipiina  quuestiones  devita,  goth.  i|)  ))6s  dvaiuns  jah  unta- 
16ns  s&knins  bivandei).  2,  23 ;  das  ist  im  ein  verdrieszen,  er 
sieht  sauer  darob,  mag  er  sich  derselben  sach  entschlageu, 
er  tut  es.  KEisERSBERCJee/etipar.  47';  darum  wer  der  (unmus:) 
mag  entschlageu  sein,  der  nem  sich  ir  nit  an  und  dank  gult 
von  herzen,  das  er  in  davor  behütet.  144' ;  er  hat  sich  niinen 
{mein,  meiner)  entschlagen,  von  mir  abgewandt.  Maai.er  107*; 
aliein  er  soll  vil  mer  gewarnet  haben,  das  der  sich  der  Weis- 
heit solt  entsciilühen  und  abthun,  der  under  die  leut  wöll 
gezelt  werden.  Frank  lob  der  thorh.  1h";  ich  möcht  mich  der 
wundersamen  historien,  so  ich  aus  zarter  kindheit  herüber 
genommen,  oder  auch  wie  sie  mir  vorkommen  sind  in  mei- 
nem leben,  nit  entschiahen  um  kein  geld.  Luther  ;  und  so 
ich  vi!  guts  hett  mögen  erlangen,  mich  auch  des  entschla- 
gen und  kein  vortheil  nie  begert.  Livius ,  Schvfferlin  35' ; 
sich  eines  (in  beschlag  genommnen)  guts  eutschlagen,  es  dem 
eigenthümer  tcieder  frei  geben.  Schjjeller  3, 442 ;  dasz  ich 
mich  meiner  liebe  entschlagen  solt.  buch  der  liebe  246, 2 ; 
ich  weisz  er  ehe  sein  leben  verlassen  wird,  denn  sich  des 
hofs  entschlagen.  248, 1 ;  du  solt  dich  deines  eignen  willens 
ganz  und  gar  entschlagen.  ScuOrz  Preuszcn.  14 ;  wiewol  sich 
derselb  gerne  dieses  entschlagen  hette.  Kircuuof  wendunm. 
78';  were  ein  regiment  nicht  so  stark,  mag  der  schullheisz 
sonst  einen  ansehnlichen  alten  kriegsmann  under  ein  fahn- 
lein  fordern,  mit  im  rechten  zu  sitzen,  würde  sich  aber  dieser 
mit  allerlei  ausreden  understehen  dessen  zu  entschlagen,  so 
ISszt  der  schultheisz,  wanns  recht  niedergesessen,  darüber 
erkennen,  disc.  mil.  234;  beweisung,  dasz  die  geistlichkeit 
der  macht  {oder  dativ?)  der  oberkeit  entschlagen  seie.  bie- 
nenkorb  135*; 

gedacht,  nun  bin  ich  wol  reriragen, 

<>er  seck  und  auch  der  mül  entschlagen.    H.  Sachs  I,  487*; 

waferr  du,  herr,  tu  zornig  oder  trag 

dich  sollest  meiner  bitt,  mich  deiner  hilf  entschlagen. 

Weckherlin  123; 
ernster  pott,  ach  herr.  eotschlage 
mich  der  bürden  die  ich  trage 
ehe  mich  dein  grimm  betage.    Grtphius  2,  259; 

und  will  im  herzen  dich  der  laster  nicht  entschlagen,  pers. 
rosenth.  2,12;  enlschlage  dich  solcher  einbildung  von  dem 
tode.  6, 1 ;  es  ist  zu  beobachten,  dasz  die  gläubigen  noch  in 
der  weit,  wo  der  teufel  abt  ist,  leben,  da  sie,  wenn  sie 
gleich  wollten,  der  sorgen  sich  nicht  gänzlich  entschlagen. 
ScRivER  seelensch.  2,137;  so  ist  er  doppelt  strafbar  und  hat 
Ursache  sich  seiner  auch  zu  entschlagen.  Bdtschky  Aanz/.  237; 
man  hat  ursach  sich  derer  zu  entschlagen,  die  nicht  zu  ver- 
bessern sein.  491 ;  hiermit  entschlug  er  sich  aller  grillen. 
Weise  kl.  leute  26; 

gesetzt  er  wollte  noch  so  früh 
sich  aller  noih  entschlagen.    363; 

•ich  de«  Umgangs  mit  Euphrosina  entschlagen.  Plesse  3,  88 ; 
einen  gefangen  setzen  und  des  arrests  wiederum  entschlagen. 
Hahj«  3, 18 ;  Heinold  wurde  auf  hohe  vorbitte  seines  arrests 
entschlagen.  3,  137;  er  entdeckte  ihnen  mit  allen  anschei- 
Dungen  des  vollkommensten  Zutrauens,  dasz  er  gesonnen  sei 
sich  der  regierung  zu  entschlagen.  Wieland  2,301;  ich  ent- 
schlage  mich  hierbei  jeder  Untersuchung,  die  aus  mangel 
eines  festen  grundes,  worauf  die  Vernunft  fuszen  könnte,  sich 
in  blosze  bypotbesen  verliert.    3,  397 ; 

und  beide  können  noch  itich  deii  gednnkens  Dicht 
enikcblagen,  daxz  der  greit,  der  sie  «o  freundlich  pfleget, 
kein  wahrer  grei«,  dasz  er  ein  «chulzgeist  ist.    Oberon  8,33; 

hierauf   entschlug   sich  Wichmann   der  sacbe.    Moser  2,110; 
eine    den    menschlichen    gcist    seiner    fesseln    entschlagende 
regierung.    Kant  1, 203 ;    wenn    wir   aller  Verantwortung  ent- 
schlagen werden.  6,  241 ;  entschlug  sich  der  öffentlichen  sorgen 
im  umgange  «einer  I'orcia.    Stolrerc  9,  375 ; 
wo  wir  der  sorgen  uns  eoiscblageii.    Goths  ...| 
(ich  des  «chUri  entschlagen.    Gökinsk  1,220; 
•in  zahlreich  beer,  der  hcimailirhcn  sorgen 
•oisrhlngen,  iraifi  sich  gar  lu  tfnrn.  das  kenn  Ich. 
■11  bamtcbeo,  ebreoruhrigcu  gerucblen.    .SciiiLi.BR  227*; 


der  wünsche  hab  ich  all  mich  nun  entschlagen.    Tisci  3,237; 
der  schnöden  hanpimiinnschafl,  die  dich  entehrt, 
die  deinen  itamm  befleckt,  eutschlage  dich! 

üuLiNDs  t:rnst  116; 
du  kannst  der  pflicht  dich  nicht  entschlagen.     KCckert  136; 
weh  mir!  ich  kann  des  bilds  tnich  nicht  einschlagen. 
Lknao  neuere  ged.  19; 

ich  möchte  endlich  auch  einmal  ausruhen,  auf  die  jagd  geben 
und  mich  der  mühe  und  arbeit  entschlageu.  EicuE.NDOHrs 
Lucanor  69.     ungewöhnlich  statt  des  gen.  der  dativ: 

sie  bietet  mir  zum  schönen  manches  gute, 
das  lastet  nur,  ich  musz  mich  ihm  entschlagen. 
GoTUK  3,  28, 

was  sich  nehmen  liesie  wie  unter  2  einem  das  gut  entschlagen. 
Fleming  228  sagt: 

so  grosz  und  gröszer  grauen 
bef.iUt  mich  itzund  nun,  da  ich  soll  näher  schauen 
mein  durch  fünf  ganze  jahr  entschlagnes  Meiszner  land, 

d.  h.  dessen  ich  mich  fünf  jähre  her  entschlagen  habe. 

4)  merkwürdig  sind  einigt  nun  veraltete  tntransitivbedeu- 
tungen, 

a)  entschiahen,  regelare,  egelidari,  wider  entfrören,  auf- 
Ihauen,  Maaler  105',  ttiie  wir  noch  heule  sagen  umschlagen : 
es  schlägt  um,  es  entschlagt,  thaut  auf    Staloeh  2,  323. 

6)  discordare,  sich  veruneinigen :  dirre  was  dem  rieh  nütze 
und  ein  cristenman,  doch  entslug  er  mit  dem  bobeste  sant 
Gregorien.  Königshofen  i.  93;  donoch  entslug  er  mit  sineu 
sünen  und  mit  den  landesherren.  an  der  urteil  entslahen, 
über  den  ausspruch  nicht  eins  werden:  were  aber,  dasz  sie 
entslugent  an  der  urteil,  so  ist  unser  herre,  der  erweite  vou 
Basel  obman  und  swa  der  heiszel  bessern,  da  sol  mau 
bessern,  urk.  von  1263  bei  Haltaüs  341 ;  die  weil  nun  der 
frid  entschlagen.    Plutarch  70. 

ENTSCHLAHEN,  s.  das  vorhergehende  entschlagen. 
ENTSCHLAMMEN,  sordes  eluere :  einen  teich  entschlammen, 
reinigen.    Stieler  1826. 

ENTSCHL.\NGELN,  rependo  elabi:  der  verstand  und  das 
herz  verstehen  den  schweren  stellen  auszuweichen  und  sich 
ihnen  zu  eutschlängein.    Hippel  12, 124. 

ENTSCHLEICHEN,  dam  elabi,  heimlich  entweichen: 
ein  schlauer  vogel  kan  des  stellers  leim  enischleichea. 

Opitz  2,236; 
ich  enischleiche  vielen  forschem,  vielen  neidern,  vielem  streit. 

Hackdorn  2,  29; 
sie  freit  und  wagt  beim  schmaus  vom  mann  sich  wegzustehlen, 
sucht  jüngre  buhler  auf,  mit  denen  sie  entschleichi.    3,26; 
also  entschlich  aus  furcht  vor  Menelaus  Atrideii 
unter  die  troischen  schaaren  der  göttlich  gebildete  Paris. 

ßoDMSRS  Homer  1,39; 
und  der  furchtsame  Römer  entschlich  zu  seinem  palaste. 

Messias  7,  861 ; 
mir  entOog  bald  schnelleren  tluges, 
bald  entschlich  mir  säumend  die  zeit.    18,486; 
entschleichsn  thränen  den  wangcn.    Wiiland  16,  152; 

doch  enischleicht 
mancher  sehnende  seufzer  deinem  busen. 

Cur.  Stolberg  1,  32; 
ich  musz  zurück,  denn  kaum 
entschlich  ich  meinen  wachieru.    Tisck  11,163; 

es  war  mir  wie  einem,  der  dem  tullhause  cntschleicht.  Tuüm- 
mel  6,  378 ;  wer  nicht  in  der  ehe  als  ein  ordentlicher,  ge- 
wissenhafter mann  gelebt,  der  ist  der  schwersten  probe  enl- 
scblichcn.    Klinger  U,  190. 

ENTSCHLEIERN,  revelare,  velamen  delrahere,  nnl.  ont- 
sluijeren  :  eine  frau  entschleiern,  ihr  das  gesiebt  entschleiern  ; 

das  rosonlager,  halb  entschleiert.    Voss; 

bis  Aurora  diese  nacht  entschleiert.    GöiinukS,  60; 

hoch  sei  der  hehre  tag  geleiert, 

als  hier,  von  Hum  his  Üsija, 

mein  blick,  vom  zeiigewolk  »ntsrhleiert, 

der  ihatenbuhnen  grosztc  sah.    Mattuiison  34. 

oft  rtßexiviscii : 

der  dichter,  dem  es  noch  nicht  ds  sich  entscblaierte, 

diiKZ  die  freude  der  edeln  dfier  schweigt, 
»U  selbst  ihr  niftrhilgster  srhnicri. 
der  wanket  schon  an  der  schwcllp  des  heiligihura«. 
Klopstocc  2,  18; 

fleh  um  das  gute  sum  schönen!    hier,  wn  Kirh  entsrhlsicrt 

niria  anililz 
Ihm,  unter  spbDreagesang,  neigte  tu  irauirni  gesprlch. 
MiTTIlistON  227  ; 

seht,  wie  dsr  blmmel  sich  entschleiiTi.    Kusikr  4,  34); 


605   ENTSCHLEIFEN  —  ENTSCHLIESZEN 


ENTSCHLIESZEX 


606 


da  entschleierte  sich  plötzlich  Klotildens  fenster.  J.  P.  Hesp. 
3.143;  wie  in  der  geschichte  sich  auch  die  Torsehung  nicht 
an  jähren,  sondern  an  Jahrhunderten  entschleiert.  Lex'anaxi. 
E.NTSCHLEIFEiN,  elabi.  ahd.  intsl'ifan  (Gbaff  6,  808),  mhd. 
entslifen,  entgehen,  entweichen : 

wand  in  ir  vreude  gar  entsleif.    pass.  K.  16,  1 , 

dö  begonde  im  entslifen 

alle  enthabunge  aldort.    23,  53; 

und  wie  im  was  eDlslilTen 

die  lüne  der  gerechtekeit.    5ö,  68; 

Ton  den  selben  griffen 

wand  er  im  gar  entsliffen 

die  ädern  üj  ir  rehlen  slage.     136,28; 

dag  er  wol  mohte  entslifen, 

ob  in  wolle  ergrifen 

Juliana.     191,53; 

gegen  sumelichen  schiffen, 

den  ir  segele  entsliffen.    285,48; 

sw«r  vil  dinges  wil  begrifen, 

dem  niuoj  eiswenn  ir  eing  entslifen.    Renner  17750; 

swer  siech  und  arm  ist,  der  muoj  klagen, 

da;  im  sin  tage  sin  entsliffen 

und  er  mit  sorgen  ist  begriffen.    23097; 
nhd.  darnoch  do  ward  die  fQrsten  belangen, 

das  man  den  handel  recht  angriffe, 

das  uns  nit  etwas  mer  entscbliffe. 

Haks  ScB.tiDER,  schlackt  von  Regensburg  (1504); 

do  dem  jungen  herrn  von  Neifen 
dis  abenteur  ward  bekam, 

'all  ewer  sorg  lont  euch  enischleifen 

und  ziehen!  in  sant  Thomas  land'.    UaLA.to  776; 

all  sein  freud  ward  im  entsclileifen, 
er  gieng  da  er  sein  herren  fand.    783. 

s.  auch  entschleufen. 

EMSCHLEIMEN,  piluita  purgare,  gegensalz  von  schleinaen, 
verschleimen. 

E.NTSCHLEPPEN,  abripere,  nnl.  ontslepen :  Bonn,  Neus 
und  Werl  dem  reich  enlschlept.    postreuler  1591  El". 

ENTSCHLEUDEKN,  projiccre,  jaculari,  fortschleudern :  wie 
es  nur  eines  geringen  zündkrauts  bedarf,  um  eine  gewaltige 
mine  zu  entschleudern.    Göthe  26,  230. 

E.NTSCHLEUFEN,  exuere,  ausschliefen  machen,  ahd.  int- 
sloufan,  gebildel  tcie  die  ungebräuchlichen  abschleufen,  an- 
schieufen,  ausschleufen :  ein  nusz,  die  sich  entschieuft  {aus 
der  schale  gibt)  e  zeit,  die  ist  inwendig  wurmeszig.  Keisers- 
BERG  narrensch.  184*.  es  sieht  gedruckt  entschleift,  iric  sich 
ei  und  eu  oß  mischen,  die  mhd.  geslall  wäre  entsloufen,  ent- 
slöufen.     vgl.  entschliefen. 

ENTSCHLICHTEN,  doppelsinnig. 

1)  soviel  wie  schlichten,  dirimere,  componere: 

entschlichte  mich  I    Mtussvs  ps.  0  6'; 

und  ward  dieser  krieg  dardurch  entschlicbtet.  Kirchhof 
wendunm.  124*;  da  er  denn  bisweilen  händel  entschlichten 
und  weislich  reden  höret.    135'. 

2)  von  der  weberschlichte  reinigen,     s.  schlichte. 
ENTSCHLICHTER,  m.  compositor: 

herr,  mein  enischlichierl    Mrlissus  ps.  C2". 

ENTSCHLIEFEN,  elabi,  entschlüpfen,  nnl.  ontsluipen:  und 
der  apostel  wil  das  ganz  gesetz  Mose  und  solch  tradition 
zugleich  begriffen  haben,  damit  die  Widersacher  hie  nicht 
entschliefen,  wie  pflegen,  als  rede  Paulus  allein  vom  gesetz 
Mosi.  JosAS  bei  Luther  6, 440*.  auch  im  eorp.  doclr.  ehr. 
p.  157.     transitivum  dazu  ist  entschleufen. 

ENTSCHLIESZEN,  ahd.  intsliogan,  mhd.  entsliejen,  nnl. 
ontsluiten. 

1)  aperire,  aufsehlieszen,  üfnen: 

mhd.  dag  er  entslög  ir  herze  gar.    Parz.  23,  26; 

nhd.  nach  den  worten  gieng  sie  in  die  kamer,  entsrWosz  ire 
kisten,  darnach  nam  sie  all  ire  rock  und  verbräme  die  in 
einem  fevn-.  Aimon  BT;  entschlosz  mit  einein  Schlüssel  die 
kammer.  buch  d.  liebein,  i;  entschleusz  mir  das  gcfengknus! 
Fierabras  E  5 ; 

entschleusz  uns  des  birges  pforien.    H.  .Sachs  IIL  2,239'; 
laszt  uns  den  brief  enischlieszen.    Grtphius  1,  66; 
mein  fürst,  der  stets  bedacht,  die  ihore  zu  enischlieszen, 
laszt  durch  die  freiheit  euch,  nicht  mehr  gefangne  gnisz'en 

1,135; 

es  unterwand  sich  mein  geauälter  geist, 
was  näher  hinzugehn  auf  den  entscnlosznen  kerker. 

HALLai^.i  Theodorich  43; 
kein  fasifall  wird  die  gnadenihür  ent^chliesxen.    80; 


entschleusz  die  wollusischwangre  schosz.    GcivthbrSOO; 

die  sonne  mag  die  fehler  grüszen 

und  muntrer  schaler  aug  enischlieszen, 

denkt  eine  dame  wol  daran? 

sie  schlufi  so  lang  sie  will  und  kann. 

WgiszK  komische  opern  2,  140; 
leis  entschlosz  sie  die  thür,  und  wie  abgewendet  sie  standen, 
sprang  sie,  die  bestürzt  umschauenden  freudig  begrüszend. 

Luise  2,  453. 

i)  laxare,  eiere  alvum,  den  leib  öfnen:  sä  hilft  er  (der 
stein)  den,  die  nicht  zuo  stuol  mügent  gen  und  entsleujt 
den  leip.  Megewberg  451, 12 ;  der  stain  hat  die  kraft,  daj  er 
zuo  im  zeucht  und  entsleujt.  453,9;  daj  eisen  hat  die  art 
da;  e;  küelt  und  entsleujt  und  ist  dem  magen  guot,  wenn 
man  e;  neujt  in  feilpulver.  479,  21.  auch,  entsleujt  die 
apostem.    479,  27. 

S)  ungewöhnlich  ist  ace.  der  person  mit  gen.  der  saehe 
(vgl.  6,  Ol: 

entschlieszl  den  jungen  menschen  seiner  fesseln. 
TiecK  3,  125. 

4)  noch  ungewöhnlicher  privatives  entschlieszen,  excludere: 
wer  vom  herzen  goit  entschleuszt, 

wer  hingegen  gold  drein  geuszt.    Logad  1,141,10. 

doch  setzt  schon  Alberüs  excludo,  ich  entschliesz,  was  bei 
Dasvpodiüs  34*  heiszt  ich  schleusz  ausz,  desgl.  bei  Fbisiüs  497*. 

5)  entschlieszen,  slatuere,  decernere,  im  sinne  von  beschlieszen 
wird  von  Alberüs  als  ncuerung  getadelt,  'quidam  Barbaro- 
germani  hoc  verbum  ich  entschliesz  in  diversum  sensum  usur- 
parunt  pro  concludo,  elegantes  videri  volentes.  concludo 
dicitur  ich  beschliesz'.  es  fehlt  aber  nicht  an  unverwerflichen 
beispielen :  auf  das  derselbe  [handel)  von  der  kirchen  erkand 
und  entschlossen,  entweder  mit  gutem  gewissen  zu  wider 
rufen  oder  zu  gleuben  mit  ernst  befohlen  werde.  Luther 
1,122*;  weil  dann  die  gemeldten  puncten  noch  nicht  ent- 
schlossen waren  und  die  frommen  prediger  aber  in  densel- 
bigen  mit  der  lehre  fortführen.  Bücer  6ei  .Wp/anc///Aon  3,  776; 
sie  haben  durch  gemeine  verwilligung  dahin  entschlossen, 
dasz  «.  s.  w.  Witzenbürger  3,2;  darausz  denn  entscblossen 
{geschlossen)  kan  und  mag  werden,  wie  viel  man  landsknechl 
in  ein  glied  kan  ordnen  und  stellen.  Fronsperg  1,53";  der 
römisch  rath  entschlosz  {beschlosz,  eensuit).  Tacids  bei  Fronsp. 
3,253*;  und  dasz  ich  entschliesz  {beschliesze,  schliesze,  auf- 
höre davon).  Garg.  196';  und  gleich  kehret  sie  wider  umb 
gegen  der  fürstin  und  erzehlet  deren  alles,  was  sie  mit  dem 
könig  Perion  entschlossen.  i4madis20;  wegen  der  kälte  kunte 
ich  nicht  nach  der  weide  gehen  und  derlialben  auch  zu  einem 
andern  jiicht  entschlieszen,  als  das  pferd  zu  schlachten,  pers. 
baumg.  2, 13 ;  und  weil  ich  meine  viehische  begierden  nicht 
anders  zu  sättigen  getraute,  entschlosz  ich  sie  zu  heurathen. 
Simpl.  K.  710;  der  verstand  weisz  das  gute  und  der  wille 
entschleuszt  solches  zu  vollbringen.    Bütschky  Palm.  343; 

des  nuizens  menge, 
die  ein  liebreichweises  wesen  in  so  kleinen  platz  zu  schränken, 
in  ein  so  verächtlich  kraut  die  beschaffenheit  zu  senken, 
voller  huld,  entschlossen  hat.    Bbockes  7,623; 

und  als  die  zeitung  dazu  kam,  dasz  die  Aeduer  den  ßello- 
vacis  ins  land  gefallen,  entschlossen  sie  auseinander  zu  gehen. 
Mascod  1,26;  Claudius  entschlosz  Britannien  zu  bekriegen. 
1, 107 ;  Constantius  entschlosz  also  Julianum  dahin  zu  schicken. 
1,  244 ;  Valens  hatte  selbst  mit  zu  felde  zu  gehen  entschlos- 
sen. 1,  296 ;  Placidia  entschlosz  also  eine  faction  durch  die 
andere  zu  demüthigen.  l,  407 ;  Gensericus  entschlosz  also  den 
vortheilen  weiter  nachzusetzen.  1,415;  also  entschlosz  ihr 
könig  Vortigern,  die  Sachsen  zu  hülfe  zu  nehmen,  l,  442. 
nie  mehr  im  zweiten  theile  von  1737.  Mascoo  musx  also  dieser 
bis  1726  befilyten  construction  später  entsagt  haben,  s.  unter  6,  d. 

6)  sich  entschlieszen,  apud  animum  statuere,  sich  entschei- 
den, endlich  hat  er  sich  entschlossen, 

a)  mit  gen.  der  sache:  das  sich  die  papistischen  fnrsten 
keiner  antwort  können  entschlieszen.  Spalatin  bei  Luther 
5,36*;  man  konnte  sich  kaum  der  sach  recht  entschlieszen. 
buch  der  liebe  208,2;  dieselbigen  entschlieszen  sich  einer 
urtheil.  FRO.tspERC  kriegsb.  1,  69* ;  dasz  er  nicht  weisz  wessen 
er  sich  entschlieszen  solle.  1,  72;  fahe  ich  an  mich  so  zu 
beunruhigen,  das  mir  nicht  wissende,  wessen  ich  mich  ent-  • 
schlüszen  sol.  Bdtschky  kanzl.  92;  geschwind  entschleuszt 
sie  sich  einer  sache,  verändert  aber  augenblicklich  ihre  mei- 
nung.  561;  wessen  sollen  wir  sich  entschluszen?  861;  ich 
habe  mich  eines  bessern  entscblossen. 


607   ENTSCHLIESZEN  —  ENTSCHLOSSEN 


ENTSCHLOSSENHEIT  —  ENTSCHLÜPFEN  608 


b)  mit  praepositionen:  ich  kann  mich  nicht  zu  dieser  hnnd- 
liiDg,  zu  diesem  schritt  entschlieszen ;  es  wird  nieinund  in 
zweirel  stehen,  sich  über  die  frage  zu  entschlieszen.  Kant 
2,158; 

lieber  möcht  ich  als  je  mich  beute  zur  heirat  entschlieszen. 

GoTtiK  4ü,  24». 

c)  auffallend  mit  acc. :  was,  Lisette,  das  hütte  sich  deine 
frau  entschlossen?  Lessi.sg  2,  368.  man  denkt  sich  leiclil 
'zu  thun'  ausgelassen,  vie  es  in  der  folgenden  ßigung  stellt. 

d)  mit  abhängigem  vertium:  indessen  hatte  Justinianus  sich 
entschlieszen  müssen ,  Beiisarium  wieder  nach  Italien  zu 
schicken.  M&scou  2,  tl4 ;  entschlosz  sich  der  pabst  selbst 
arbeiter  in  diese  ernte  zu  senden.  2,  221 ;  entschlosz  sich  der 
pabst  ihn  selbst  zu  besuchen.  2,  307 ;  bald  darauf  entschlosz 
er  sich  die  rcgierung  seinem  söhn  zu  überlassen.  2,  312. 
diese  ausdrucksweise  herscht  heule  *allijcmein : 

und  nun  eniscblieszi  er  sich  der  hehlen  zahl  zu  mehren. 

WlKLAND  ; 

geschwind  eotschliesz  dich,  was  nunmehr  zu  ihun. 

Lkssi.nc  2,  334 ; 
wer 
sich  knall  und  Tnll  ihm  selbst  zu  leben  nicht 
enischlieszen  kann,  der  lebet  andrer  sklav 
auf  immer.  2,  2ö!); 

als  ich  endlich 
mich  kühn  entschlosz  dich  grenzenlos  zu  lieben. 
Schiller  24.V. 

7|  es  versteht  sich,  dasz  auch  für  die  bedeutung  1  ein 
reflexivum  stalt/inden  kann:  die  blume  entscblicszt  (erschlieszl) 
sich ; 

bis  sich  der  Ibaten  rrucht  enischleuszt.  Voss  5,  159; 
schau  die  wunden  sich  enischlieszen.  Spke  trulzn,  228; 
Ton  der  kellen,  diu  dd  ist,  entsleujt  sich  der  dunst  wider 
in  wajzer,  als  wir  sehen  an  dem  dunst,  der  von  dem  wal- 
lenden hafen  gcH  ob  dem  feur,  wenn  der  dunst  die  kalten 
eisneinne  hafendecken  rüert,  so  entsleujt  er  sich  in  wag^ers 
tropfen.  Megenberg  81,8 — 12;  so  nu  diu  kellen  vast  arbail 
in  da;  wölken,  so  enlsleujl  es  sich  in  wajjer.  81, 27 ;  der 
schaur  haijl  in  anderr  döutsch  der  hagel  und  kümt  da  von, 
da;  der  wäzgrig  dunst  sich  entsleujt  in  regentropfen.  86,  7 ; 
in  velchen  sielten  entschlieszen  den  sinn  unsers  heutigen  auf- 
lösen, lertheilen  hat.     s.  entschlossen. 

ENTSCHLIESZICHT,  expedilus,  entschlossen.  Stieler  1846. 

EMSCHLIESZLICH,  conslans,  entschlossen:  unser  ent- 
scblieszlicher  wille.    Simpl.  K.  91. 

ENTSCHLIESZUNG,  f.  was  entschlusz.  fehlerhaft  enl- 
schlüszung. 

1)  nach  entschlieszen  1,  die  üfnung:  nach  entschlieszung 
der  kammer. 

2)  nach  entschlieszen  5,  beschlusz,  decretum,  statutum:  die 
clerisei  war  mit  Henrici  entschlieszung  nicht  eben  am  besten 
zufrieden.  Hahn  2,34;  nun,  mein  herr,  werden  die  entscblü- 
szungen  ihrer  frau  tochter  bald  mit  unsern  absiebten  har- 
monieren? Lessinc  2,441;  wenn  dies  die  weiseste  entschlie- 
szung war,  die  er  in  seinen  umständen  nehmen  konnte. 
Wieland  6,  81 ;  er  faszle  keine  entschlieszung,  die  ich  ihm 
nicht  eingegeben  halte.  25,  60;  was  dringt  dich  zu  dieser 
entschlieszung?  Göthe  ...;  ob  es  gleich  für  einen  Philoso- 
phen eine  betrübte  entschlieszung  ist.  Kant  8,  351;  entschlie- 
szungen  gottes.  Kichte  krit.  der  offenb.  178 ;  wie  denn  eben 
auf  diese  entschlieszung  unsere  ganze  philosopliie  aufgebaut 
ist.  Sittenlehre  19;  nichts  wurde  gespart,  diesen  könig  zur 
entschlieszung  zu  bringen.  Schiller  921'.  etwas  anders  ist 
endschlieszung,  schlusz  eines  brieft,  $.  die  2, 1124  unter  dienst- 
erhietung  angezogne  stelle. 

ENTSCiiLiNGEN,  tolvere,  aus  der  schlinge  lösen: 

den  knoleo  zu  enmchlingen, 

liszt  ba*  deo  goU  aus  einer  wölke  springen.   Wikland  31, 116; 

Verworrenheit  entacblingen.    Gottrr  1,  388. 
EMSCHLIPFEN,  ».  entschlüpfen. 

ENTSCHLOSSEN,  conslans,  firmut,  zum  adj.  gewordnet 
pttTlicipium  von  entschlieszen  5.  7:  ich  hin  entschlossen,  fest; 
sie  war  eine  entschlossene  (resolute)  frau;  mit  einem  ent- 
tcblossenen  menschen  ist  etwas  auszurichten ;  wenn  Homer 
iit  Trojaner  mit  wildem  geschrei,  die  (iriechen  hingegen  in 
enlschioszner  stille  zur  srhlachl  fUhrcl,  so  merken  die  aus- 
ieger  »ehr  «ol  an,  dasz  der  dichter  hicrdiirrh  jene  als  hör- 
baren, dieae  als  gesittete  viilker  sclnliirrn  wollen.  Lkh^inc. 
•,  >78;  diese  arbeit  ist  schwer  und  fordert  einen  enlsrhl"-- 
srneo  leter.  Kant  ^•,  lb7 ;  der  eotschloisensle  »treitgenoste  de* 


hr.  Eberhard  werde  über  der  arbeit  ermüden.  3,  352 ;  er  ist 
schnell  entschlossen,  entschlieszt  sich  schnell,  ist  schnell  im 
entschlusz; 

möge  mein  llerman  doch  auch  an  die«era  tage,   herr  pfarrer, 
mit  der  braut,  entschlossen,  vor  euch,  um  alture,  sich  stellen. 

GöTiiR  40,243; 
entschlossen  siehst  du  ihn,  festen  muihs 
hiiiiib  zu  cehen  mit  freiem  schrille 
zu  des  ludes  traurigen  ihoren.     Schiller  514*; 
entschliesz  dich,  willst  du  mit  cnisohloszner  that 
zuvor  ihm  kommen?    willst  du  ferner  zögernd 
das  au.szerste  erwaricn?    341". 

ENTSCHLOSSENHEIT,  /".  animi  praesenlia,  geislesgegen- 
wart:  er  kam  zu  keinem  entschlusz,  geschweige  zur  ent- 
schlossenheit;  ein  mann  von  entschlosscnheit; 

da  galt  geschwindsein  und  ontschlossenheii.    Schillkb  548'; 
entschlosseiiheit  ist  nöihig  und  die  behendeste.    Göthe  41,200. 

ENTSCHLUMMEN,  obdormire,  sopiri,  wie  dem  schlummern 
ein  schiummen,  ahd.  slumun  vorausgieng : 

tocba  slnf,  slumö ! 
ein  Breslauer  vocab.  bietet  dar  entslummit,  consopitus;  er  aber 
entschluininet,  ward  aiumecbtig  und  starb,  richter  4,  21,  was 
spätere  ausgaben  in  entschlummerte  wandeln;  wie  ich  so  sitz 
{beim  vogelgesaiig),  entschUim  ich  bald,  spruch  des  16  jh.  in 
Adrians  mitlh.  aus  hss.  s.  403. 

ENTSCHLUMMERN,  obdormiscere,  einschlummern,  nnl.  ont- 
sluimeren,  frequenlative  form. 

1)  entschlafen:  das  kind  entschlummert; 

unter  gesnng  an  ihrer  brüst  entschlummert 

werd  ich  träumen.    Höltt; 

dann  hört  auch  wol  sein  h.ilh  entschlummert  ulir, 

wie  engelstimmea  sanft  zu  ihm  liiniiberhallen.    Wiblano. 

2)  sterben,  zum  tod  entschlummern: 
und  kein  greis  entsohliimmre, 

der  nicht  noch  einmal  dank,  wenn  er  entschlummert, 

gott  aus  des  herzens  innerstem  stammle.     Ki.opstock  1,154. 

seltsam  ist  folgende  stelle:  einige  deiner  nachkommen  werden 
entschlummern,  einige  sterben,  aber  du  sollst  des  todes 
sterben.  8,  22,  leichten  und  schweren  tod  bezeichnend. 

3)  entscblummern  auf  den  wind,  auf  die  pflanzenweit  an- 
gewandt : 

der  muntre  wind  entschlummert  hier.    Uz; 
des  mondes  sirahl  webt  wie  ein  goidner  träum 
auf  der  entschlummerten  nutur.    Kokneh  2,  291 ; 

er  watet  durch  nasse,  entschlummerte  Ouren.  J.  P.  Hesp.  2, 103; 
entschlummerte  blumen.    uns.  löge  3,  109. 

4)  transitiv  sopire,  schlafen  machen: 

wen  hält  ich  sonst,  wenn  iiberlunge  nachte 
entschlummern  mich?    Bühckr. 

5)  privatives  entschlummern  für  erwachen  findet  sich  nur 
bei  dem  Dänen  Baggesen,  der  nicht  recht  deutseh  konnte: 

ach  entschlunimro!  wach  auf.' 
wir  sagen  ebensowenig  entschlafen  in  solchem  sinn,  freilieh 
hat  auch  Stieler  1806  entschlummern  für  indormieitlem  excitare. 
ENTSCHLÜPFEN,  elabi,  excidere,  ahd.  intslupfan  (Grakf 
6, 806),  mhd.  entslüpfen,  sieh  berührend  mit  entsliefen  und 
enlschleifen,  entgleiten,  wie  die  einfachen  sliofän  uifrf  slifan 
einander  begegnen,  weshalb  es  schwer  hält  im  einzelnen  der 
einen  oder  andern  lesart  den  vorzitg  zu  geben,  wo  nicht  reimt 
entscheiden.  Stieler  1857  schreibt  entschlipfen,  1810  ent- 
schlüpfen. 

mhd.  wand  im  der  vu»  entsllpHe, 
da;  «r  n.Mien  vol  nipfie 

in  die  hurnden  vlut  (brennende  flut).    past.  K.  239,41. 
nhd.  so  mag  im  leicht  ein  fuosz  enischhipfcii. 

^ifittri.  34H,  14;   T.'.t.  Ih : 
konik,  der  Markolf  ist  uns  eiitslupfl, 
aus  unser  p.-inden  ganz  gehupll.    539,  '>  . 
luog,  das  dir  nit  cnischlipf  dm  fuosz.    liuj.  Joh.  IIS; 
und  geb  euch  allein  den  befehl  die  gelegene  zeit  nicht  lassen 
zu    entschlupfen    und    für  über  zu  geben     Amadis  21;    aber 
Galaor    war  im  aufsilzen  dermaszen  gedrengl,    dasz  ihm  der 
zäum  aus  der  band  entschlüpft.    131; 

die  kurzen  sommurnArlite  enitchltipfen  leicht.    Wirland; 

tonend  cnt^chlupflo 
mir  die  laute,  d.i  ii  h  drotieml  die  prle«ii<rin 
und  mit  lliegendein  baure  sah.    Klopktuci  1,  110; 
und  sie  entscblitpfie  dem  arm,  und  brach  ein  un«rhpinb.ires 

hliimi  hen 
seitwlrls,  stand  in  sedankcn  und  srhjui  e*  .in  wio  bewundernd. 

Um«  1,163; 


609   ENTSCHLÜPFERN  —  ENTSCHNELLEN 

der  siTx  hat  iliQ  gebannt, 

eotschlüpfea  (larf  er  nimmermehr.    Scuiller  15'; 

ich  sah  so  frei  und  wonnereich 

die  tage  mir  entschlüpfen.    Bürger  G'; 

wie  mir,  seit  ich  dich  gefunden, 

Lina,  meine  zeit  entschlüpft.    Gotter  1,  164; 

nein  der  geliebte  nam  entschlüpfe  nie  der  lippe.    1,391; 
lasz   sie   sieb   wenden   wie  äle  in  der  reuse,   sie  sollen  uns 
nicht  entschlüpfen.    Göthe  8, 126. 

EiNTSCHLÜPFERN,  frequentativ  von  entschlüpfen :  das  wirst 
du  wol  innen  werden  an  deinem  leisten  end,  so  du  wirst 
ston  vor  dem  strengen  richter  got  dem  herren,  dem  du  nit 
entschlüpferen  magst.  Keisersberg  has  im  ff.  cd'.  Stieler 
1857  hat  Schlüpfern,  schiipfern. 

ENTSCHLUSZ,  m.  consilium,  decrelum:  freiwilliger,  schnel- 
ler, plötzlicher,  fester  entschlusz ;  einen  entschlusz  fassen ; 
bei  seinem  entschlusz  bleiben,  beharren ;  von  seinem  ent- 
schlusz ablassen;  sobald  Agathon  seinen  entschlusz  genommen 
hatte.  Wielaxd  3, 121 ;  er  kann  zu  keinem  entschlusz  kommen ; 

ein  herz  des  entsehlusses.    Klopstock  l/e^stus  4,  24U; 
sie  sehn, 

die  ich  zu  sehn  so  wenig  lüstern  war. 

sie  sehn,  und  der  entschlusz,  sie  wieder  aus 

den  äugen  nie  zu  lassen  —  was  entschlusz  ? 

entschlusz  ist  vorsalz,  that.    Lessi.ng  2,  284; 

aber  herr  Klotz  hatte  bereits  seinen  entschlusz  genommen.  S,  39  ; 

ich  stand,  und  sab  das  junge,  stolze  blut 
in  seine  wangen  steigen,  seinen  busen 
von  fürstlichen  entschlüssen  wallen.    Schiller  213'; 
wie?  da  noch  alles  lag  in  weiter  ferne  .  .  . 
da  haltest  du  entschlusz  und  mu(h.    36ö'; 
zerreisze  sie  mit  männlichem  entschlusz  I    534'. 
etwas  anders  ist  endschlusz  sp.  466. 
ENTSCHLÜSZGEWOHM,  entschlossen : 

mit  scharfen  und  enischluszgewohnten  zügen, 
wie  sie  der  raubschütz  hat,  dem  tode  irutzend. 

Lenau  neuere  ged.  12. 

ENTSCHLUSZLOS,  unentschlossen:  kalte,  enlschluszlose 
rechtschaffenheit.    Dynnasore  1, 160. 

EMSCHMECKEN,  desipere,  stalte  facere.  voc.  theul.  1482 
g5*.     vql.  abgeschmackt. 

ENTSCH.MEICHEL.N,  blanditiis  elicere,  durch  sclmeicheln 
entlocken,  abschmeicheln,  nnl.  ontsmeeken: 

auf,  niaienlüftchen,  aus  den  blumenbeeten ! 
wo  deine  küsse  Florens  tochter  röihen, 
wo  du  so  liebeiraulirh  allen  heuchelst, 
und  dufi  enischmeichelst.    fiüiiGER4'; 
Schleicher  listig  entschmeicheln  sie  ihm, 
rauber  kühnlich  enireiszen  sie  ihm.    Göthe  41,  223. 

sich  entschmeicheln,  blanditiis  se  subducere: 

enischmeichelt  euch  dem  nahen  rächen  {des  löiven), 
macht  ihn  zum  nachbarlichen  freund.    Hagedorn  2,  129; 

arme 
junge  frau,  ob  nicht  den  gemahl  dein  falsches 
lulichen  enischraeichje.    Voss  Horaz  od.  2,8,24, 

tua  ne  retardet 
aura  maritos. 

ENTSCHMELZEN,  eliquescere  : 

diimpfiosend  umschriumen  gewässer  mich  nur, 

die  hoch  an  schwarzen  geholzen 

dem  gletscher  enischmelzen.    Mattuisso!«  172. 

ENTSCHMERZEN,  dolore  liberare: 

w.in  aber  seine  wei~e  worl, 
der  freundlitlikeii  uinl  gnaden  port, 
die  herzen      eatschmerzen.    Whceiierlin  511 ; 
der  andacbi.svolle  ton  entschmerzet  meine  schmerzen, 
WiEDKBAM  mai  39. 

ENTSCHMIEDEN,  compedibus  liberare: 
mein  arm  war  iii(  hl  erminJei 
von  fes^eln,  der  man  mich  nur  kurz  zuvor  enischiniedet. 
Haugwitz  Suliman  4,  37. 
ENTSCn MÜCKEN,  ornatu  privare,  verunzieren. 
ENTSCH.N.\LLEN,   di/fibulare,  losschnallen,  abschnallen: 
den  heim  enischnallen.    Wkiamd  22,  16; 
es  (cbiän  das  schwen  enuchnallt  des  kriegers  hüften. 

Ri}cteHT  'Mi; 
den  »aiii-l  und  den  nassen  zäum 
enisrhnalji  er  seinem  pferde.    Lrnau  neuere  ged.  60. 

ENTSCHNAI'PEN,  entwischen,  entfahren,  nnl.  ontsnappen. 
s.  ent<chiiitpen. 

ENTSCH.NELLEN,  losschnellen,  l)  inlransiliv,  repente  revelli : 
der  pfeil  enischnellt  dem  bogen. 

2)  <rurisi/iti,  repente  remitiere,  den  pfeil  entschneüen. 
Hl. 


ENTSCHNICKEN— ENTSCHULDIGE   610 

ENTSCHNICKEN,    ungefähr   was    das    vorige   entschnellen, 
in  die  höhe  werfen,   findet  sich  nur  in  folgendem  Wiegenlied: 
steinchen,  die  bunten,  ein  lustiges  spiel! 
was  man  auch  würfe  und  wie-  es  auch  fiel, 
kindischen  händchen  enischnickt  sich  so  fein 
knöchlein  und  bobnen  und  edelgestein.    Göthe  4,  140. 

vgl.  schnicken. 

ENTSCHNÜREN,  solvere  nodos,  exlricare,  rclaxare,  auf- 
schnüren, losschnüren.  Stieler  1908.  das  mieder  entschnü- 
ren ;  eine  ohnmächtige  entschnüren,  bildlich,  aus  der  fassung 
bringen  ?    wie  entrüsten,  entrichten : 

0,  wie  neulich  gar  abscheulich 

Üaphnis  (das  reh)  ist  gebenket  auf! 
'    sehr  michs  rühret  und  enischnüret, 

schier  in  zäbren  ich  ersauf.    Spee  300  (272). 

ENTSCHÖNEN,  pulckritudinem  corrumpere,  verderben,  ent- 
stellen. 

ENTSCHÖPFEN,  1)  in  der  älteren  spräche  deformare,  ver- 
unstalten, wie  schöpfen  formare,  bilden,  gestalten.  Dasypodids 
78';  entschöpft  deformalus,  ungeschaffen.  Diefenbach  170* ; 
entSchöpfen,  formam  alicui  auferre.  Frisiüs  140',  Maaler  105* 
gleichbedeutend  mit  entgesten;  ir  Stirn  was  zimlicher  breiti 
mit  keiner  runzei  enlschopft.  W\le  transl.  (Lucretia) ;  caninam 
convulsionem,  welcher  affect  nicht  allein  den  mund  aus  seiner 
form  zeucht,  krümbt  und  ungeschickt  macht,  sunder  auch 
die  nasen,  äugen  und  fast  das  ganze  halbe  theil  des  ange- 
sichts entschöpft.    Tburneisser  infl.  wirk.  147. 

2)  in  der  jüngeren,  heutigen  spräche  exhaurire,  exantlare, 
wie  sich  schaffen  und  schöpfen  in  beiden  bedeulungen  creare, 
formare  und  haurire  begegnen: 

wollen  wir  diesem  grenzlosen  meece 
einige  tropfen  entschopfen.    Messias  9,  tli; 
sie  sahn,  er  entscböprte 
Wasser  zum  trinken  der  mundung  des  quells.    14,740; 
du  enischöpfest  dem  quell  liebliches  rosenlicht.    Höltt; 
als  sie  nunmehr  dem  sprudel  entschöpfeie  thaue  gesprengei 
auf  die  gewand  und  das  haupt.    Voss  Ovid  n*4, 112; 

wir  haben  es  selbst  dem  brunnen  entschöpft,  das  klare  un- 
gefälschte wasser.  Tieck  ges.  nov.  2, 189 ;  mit  flacher  schale 
der  Oberfläche  etwas  für  dich  zu  entschopfen.  Stolberg  6,358. 

ENTSCKüPLEN,  exinanire,  exspoliare,  ein  gutes  schwei- 
zerisches wort  bei  Frisics  509',  Maaler  105*,  zu  leiten  von 
schöple,  exomis,  leibrock  ohne  ermel.  Frisids  510',  Maaler 
360*,  bei  Stalder  1,  320  geschrieben  Ischöpli,  diminutiv  von 
tschope,  Jacke,  it.  giubba,  giubbone,  fr.  jupe,  jupon.  ent- 
schöplen  gleicht  also  dem  lat.  spoliare  von  spolium,  exuviae, 
oder  dem  franz.  derober,  oter  la  robe,  vgl.  entgasten. 

ENTSCHOSZEN,  surculare,  enlsprieszen.    Stieler  1769. 

ENTSCHKÄNKEN,  extra  cancellos  egredi.    Stieler  1913. 

ENTSCHHEIEN,  cum  clamore  emilti: 

tunken  will  ich  meinen  kiel  in  galle, 

meinem  ohr  enischreie  dissonanz.    Kosbgartrx. 

ENTSCHREITEN,  progredi. 

ENTSCHRÖPFEN,  sanguinem  detrahere,  durch  schröpfen  blut 
entziehen. 

ENTSCHRCMPELN,  erugare,  entrunzeln.    Stieler  1936. 

ENTSCHÜCHTERN,  timiditate  absolvere:  die  junge,  gute 
nach  und  nach  entschüchteite  frau.    Göthe  3ü,  7. 

EiNTSCHL'HEN,  excalceare,  discalceare,  nihd.  entschuohen, 
nnl.  ontschoeijen :  item  wenn  ein  gotshusman  ein  fri  wib 
genimpt  und  zu  im  an  das  bett  getrittet  und  sich  entschtlchet, 
so  hat  si  ir  friheit  verlorn,  weislh.  3,  740;  die  gefangenen 
führte  man  entschuhet  auf  das  ralhhaus.  Lücä  denkwindigk. 
1Ü66.  die  ältere  spräche  forderte  den  dal.  der  person: 
Eraclius  hei  im  enischuoht.    Eract.  1535. 

ENTSCHULDBAR,  excusabilis. 

ENTSCHILDEN,  II  excusare,  von  schuld  freisprechen,  vgl. 
schulden,   ahd.  scuidün : 

der  sich  mit  worien  wil  entschulden.    Walois  4,98  6/.  348'; 

und  du  solst  nach  «n<  nicht  fragen, 

wird  es  zu  enischulden  sein.    .Sho.n  Dach  S  4'. 

2)  aere  alieno  liberare :  sich  entschulden,  schuldenfrei  ma- 
chen ;  seine  guter  entschulden. 

ENTSCHULDIG,  excusans :  sie  oder  andere  an  ihre  statt 
zu  entsciuildiger  antwort  zu  kommen.  REurrEB  kriegsordn.  73. 

ENTSCHULDIGE,  f  excusatio :  dasz  er  an  diesem  ort,  platz 
oder  thal  eilends  on  alle  entschuldige  erscheine.  Fromsperc 
kriegsb.  3, 141*. 

39 


611 


ENTSCHULDIGEN 


ENTSCHULDIGEN,  excusare,  von  schuld  freisprechen,  oß 
geschrieben  entschuldigen,  wie  schuldig  für  schuldig.  Fbisius 
49S'  hat  entscliuidigen,  nnl.  ontschuldigen. 

1)  einen  orfer  etwas  entschuldigen :  und  wirst  nicht  ent- 
schuldiget sein.  Keisebsderc  s.  d.  m.  20';  so  wer  diser  ent- 
schuldiget. 32';  doch  sind  sie  damit  nicht  entschuldiget,  wcish. 
Sal.  13,  8 ;  da  trat  Lysias  öffentlich  auf  und  entschuldigt  den 
könig.  i  Macc.  J3,  26;  ich  bitte  dich,  entschuldige  mich.  Luc. 
14, 18 ;  nu  aber  können  sie  nichts  furwenden  ire  sünde  zu 
entschuldigen.  Joh.  15,  22 ;  item  wie  er  sein  bosheit  mit  an- 
dern flickt  und  entschuldiget  Frank  «c//<;.  38';  die  natur  der 
anklag  zu  entschuldigen.  Uffenbacii  rosbuch  S ;  das  gefiel  mir 
zu  der  selben  zeit  übel,  dasz  du  {Luther)  das  gottlos  und 
toll  wittenbergisch  leben  also  entschuldigest  und  sagest,  'wir 
künnen  ja  nit  engel  sein'.  Icrelsamer  dag  ellichcr  brüder 
a4';  entschuldigen  und  weisz  brennen.  Kalziporus  \1*;  zum 
andern  mücht  ich  gegen  dem  keiser,  wo  ich  dermaszcn  von 
euch  ritt,  nit  entschuldigt  werden.  Aimon  pl';  im  widrigen 
fall  wollen  sie  an  so  viel  blutvergieszen,  welches  gewisse  er- 
folgen würde,  entschuldigt  sein.  Olearics  bcschr.  or.  inseln 
1696  i.  151;  viele  gründe  entschuldigen  ihn; 

doch  diesen  zwang  entschuldif!:t 

nur  eines  driiieD  gegenwari.    Schiller  ...; 

es  kann  dich  nichts  entschuldigen ;  es  ist  nicht  zu  entschul- 
digen, heule  wird  'entschuldigen  sie!'  excusez,  wie  verzeihen 
sie!  pardonnez,  erlauben  sie!  peimellez,  als  blosze,  nichts- 
sagende höflichkeil  in  die  rede  eingeschaltet. 

2)  nach  dem  biblischen  habe  me  excusatum!  golh.  hahai 
mik  faurqi{)anana!  sagen  wir  habe,  halt  mich  (für)  entschul- 
digt! lieber,  halt  mich  als  entschuldiget,  excusatum  habeas 
me.  Maaler105';  ich  bitt  euch  fleiszig,  mich  entschuldigt  zu 
haben,  denn  ich  gedrungen  von  euch  zu  scheiden.  Amadis 
120;  ich  halte  ihn  für  entschuldigt.  Weise  kl.  leute  209; 

welcher  weise  soll  ich  es  enden?  o  habt  mich  entschuldigt! 

GöTHE  40,  33. 

3)  sich  entschuldigen :  wer  sich  selbs  mit  werten  entschul- 
diget trunken  zu  sein,  der  schuldiget  sich  seiner  trunkenheit. 
VVyle  transl.  (haush.);  sie  entschuldigten  sich  als  ir  hören 
werden.  Keisersberg  s.  d.  m.  12";  das  sie  denn  anfahen  sich 
entschuldigen  mit  lügin.  16';  darumb,  o  mensch,  kanstu  dich 
nicht  entschuldigen,  wer  du  bist,  der  da  richtet.  Rom.  2,  l ; 
dazu  auch  die  gedanken,  die  sich  unternander  verklagen  oder 
entschuldigen.  2,  15;  als  sie  {Eva)  gott  fraget,  warumb  sie 
sein  gebot  übersehen,  entschuldigt  sie  sich  und  sprach,  die 
schlang  hett  es  geursachet.  buch  der  liebe  292,3;  dann  zur 
selbigen  zeit  war  ein  unübertrettenlich  gesatz,  dasz  jede  fraw 
oder  jungfraw,  so  dergleichen  übel  tliet  und  begieng,  sich  vor 
dem  tod  nicht  entschuldigen  noch  freien  möcht.  Amadis  26. 
'sich  entschuldigen  lassen'  meint  heute  gewöhnlich:  wegen  aus- 
bleibens,  nicht  erscheinens. 

4)  ace.  der  person  und  gen.  der  sache:  damit  wir  uns  sol- 
cher aufruhr  entschuldigen  möchten,  aposlelg.  19,  40 ;  ihren 
berrn  der  beschehenen  aufläge  zu  entschuldigen.  Melanciithon 
3,1049;  Carlstads  büchlin,  darin  er  sich  des  aufruhrs  ent- 
schuldiget. LurnER  3,  lOs';  der  siebent  vers  antwortet  und 
entschuldiget  sich  der  falschen  anklage,  br.  2,482;  wie  sich 
eine  fraw  in  ihrem  todhelle  der  bulschaft  entschuldiget,  buch 
d.  t.  200,4;  diese  ding  entschuldigen  sie  der  that.  233,3; 
dasz  ich  mich  meines  Versprechens  entschuldigen  und  darvon 
abziehen  wolle.  Amadis  288  ;  haben  nichts  weiter  gehabt,  sich 
der  that  zu  entschuldigen.  Forer  fischh.  95';  einer  entschul- 
diget sich  des  ungleichen  Verdachts.  Bltscmky  ia«:/.  «3  ;  wie- 
wol  die  nothwendigkeit  sonderbarer  ainlsgeschiifle  mich  deren 
aus  meines  heirn  schreiben  ablesend  gefaszlen  anklage  ge- 
nugsam entschuldiget.  58 ;  und  ist  doch  keine  sache  vorhan- 
den, damit  wir  uns  solcher  aufruhr  entschuldigen  möchten. 
Clacdius  6, 4.  die  letzte  stelle  folgt  aber  dem  biblischen  aus- 
druck,  denn  heule  gebrauciten  wir  stall  des  gen.  die  praep. 
»OD,  über,  wegen,  von  begegnet  schon  früher:  hiervon  zu 
entschuldigen  sein.  Rctsciiky  kanzl.  iß;  im  übrigen  hat  es 
nur  an  der  zeit  ermangelt,  so  mich  von  dem  ungleiclien  ver- 
dacht hoffentlich  entschuldigen  wird.  6S;  hiervon  sol  mich 
meine  arbeit  entschuldigen.    137. 

6)  durch,  mit  etwas  entschuldigen :  sie  wurden  zu  rat,  dasz 
•ie  wollen  sich  den  morcn  ergeben,  auch  mit  dem  eid  sich 
eolscbüMigen,  dasz  sie  umb  die  flucht  der  person  kein  Wis- 
sens trügen,  buch  der  liebe  220,  2 ;  er  entschuldigt  sich  durch 


ENTSGIIULÜIGER  —  ENTSCIIÜTTEN       612 

die   umstände,    mit   den   umstünden ;    den   begangnen  fehler 
mit  seiner  Jugend. 

ENTSCnULDIGER,  m.  deprecator.  Maaler  105*.^ 
ENTSCHULDIGUNG,  f.  ercusalio :  also  der  schulkhaflig 
mensch,  wenn  der  gebosset  hat,  da  sihest  du  das  werk  und 
erwischest  in  daran,  und  wenn  du  in  gefangen  hast,  so  ver- 
birgt er  es,  macht  so  vil  enlschuldigung  und  wicklet  es  also 
in,  das  du  nichts  mer  kanst  reden.  Keisersiierc  s.d.m.  13'; 
es  ist  so  du  dich  entschuldigest,  du  habest  das  und  das  nit 
gethon,  so  du  es  wissiglichen  gethon  hast  und  sich  also  er- 
funden, hat,  und  du  dann  anfahest  die  enlschuldigung  ent- 
schuldigen und  wölbest  ein  sünd  über  die  ander  und  ein 
lügin  über  die  ander.  14';  David  nennet  disc  enlschuldigung 
bosheit.  herr,  spricht  er,  ich  bitt  dich,  du  wollest  nit  mein 
herz  neigen  in  die  wort  der  bosheit  zu  entschuldigen  die  ent- 
schuldigungen  in  den  Sünden,  daselbst;  dise  beschirmung  und 
enlschuldigung  ist  gewesen  in  unserni  altvater  Adam  und 
Eva,  und  in  allen  Sünden  finden  wir  enlschuldigung  und  lonl 
nit  einen  tropfen  wasscrs  uf  uns.  12*;  also  das  sie  keine 
enlschuldigung  haben  {vulg.  ita  ut  sint  inexcusabiles).  Rom. 
1,  20 ;  also  bleibet  die  sünde  auf  einem  jegelichen  menschen 
stehen,  der  sie  geihan  hat  und  hillt  keine  enlschuldigung 
gegen  goll.  buch  d.  l.  292,3;  in  der  Carolina  ist  enlschul- 
digung immer  scliuldlossprechung,  art.  216  auch  excusatio :  so 
aber  ein  solcher  überfarer  beslimpter  geldpeen  nit  vermocht, 
der  soll  im  kerker  als  lang  gestraft  werden,  bisz  er  dem 
verletzten  nollürftig  enlschuldigung  thuct,  dasz  er  ine  an 
seinen  ehren  damit  nit  woll  geschmecht  haben;  anstatt  die 
zeit  mit  enlschuldigung  zu  verzehren.  Amadis  362;  muste, 
nach  jedermanns  enlschuldigung,  allein  der  gut  Schneider  be- 
kennen. Kirchhof  wcndunm.  231';  weswegen  ich  dich  bitte, 
du  wollest  dich  daran  nicht  stoszen  oder  mich  zur  enlschul- 
digung anziehen.  Nelmarks  lustwdldchen  vorrede;  es  dient 
vielleicht  zu  seiner  enlschuldigung;  er  ist  unerschöpflich  an 
kahlen  entschuldigiingen ;  macht  leere  entschuldigungen  ;  gieng 
mit  ihm  zum  abendessen  nach  hause,  wo  er  selbst  seine 
entschuldigung  machte.    Schiller  1084"; 

ergriff  er  das  wort,  so  flosz  die  zierliche  rede 
seiner  enlschuldigung  her,  als  w;ir  es  Inuiere  wahrlieii. 
GöTHB  40,  62; 
'enlschuldigung!'  ist  wiederum  ein  bloszes  wort  der  höflichkeil 
bei  geringen  versehen,  bitt  um  enlschuldigung.     mit  enlschul- 
digung, excusale.    Maai.er  106'. 

ENTSCHULDIGUNGSBRIEF,  m.  lilerae  excusaloriae. 
ENTSCHULDIGUNGSGRUND,  m. 

ENTSCHULDIGUNGSSCHWAMM,  m.  einen  verdrusz  mit 
einem  enlschuldigungsschwamm  abwischen.  Brandts  berichl 
von  Taubmann  s.  39. 

ENTSCHULDIGUNGSURSACHE,  f.  Werer  Verbindlichkeit 
zur  heweisfülirung.  1805  s.  182. 

ENTSCHULDIGUNGSVVEISE,  excusatorie:  so  aber  ein 
Weibsbild  ein  lebendig  glidmeszig  kindlein,  das  nachmals  todt 
erfunden,  heimlich  gehorn  und  verborgen  hett,  und  so  die- 
selbig  erkundigte  mutter  deshalb  bespracht  würd.  entschul- 
digungsweis  fflrgeben  {sollte),  wie  das  kindlein  on  ir  schuld 
todt  von  ir  geborn  sein  soll.    Carolina  art.  131. 

ENTSCHUPFEN,  desquamare  piscem,  ijewöbnlich  blosz 
schuppen. 

ENTSCHÜRFEN,  effoderc  venas  metallicas. 
ENTSCHÜRZEN,  enodare,  nodum  solverc,  aufschürzen: 
und  niii  dem  wort  entsohurne 
der  bruder  sein  gewand.    Wiki.and  18,87; 
und  sie  enischOrzt  mit  der  band  die  schlieszenden  knoten. 

Voss. 
ENTSCHÜTTELN,  exeutere,   decutere,  abschütteln,  losschht- 
teln:  den  staub  enlschütteln;  birnen  dem  bäum  enischütteln; 
du  tMitsrhuiicle 
den  schweren  staub.    Hrrdkn4,  75; 

enlschiiitehi 
die  rrihrcr  den  taiunelndeii  wngon.    Wiblamd  16,130; 
wir  mo);en  uns  der  sorg  rntschüticln, 
woltTii  lins  sorge  wnpi  zu  nahn! 
geflickten  und  RONtickien  kiiicln 

ist  sorg  als  Vorrecht  ziigeihan.    Vos*  5,  197. 

ENTSCHÜTTEN,  exeutere,  ein  vormals  sehr  gangbares,  heute 
seltnes  wort. 

1)  wasscr  der  flasche  entschütlen,  ausschütten,  autgiessen, 
cffundcre;  thiünen  entschütlen: 

Inszi  da«  oille  thrAnenflie«ien, 
entschült  sie  mehr  vor  goii,  d(<r  riilili  der  »Ander  ihr^nnn, 
IIalowitz  Maria  Stuarda  5, .157 


613 


ENTSCHÜTTEN 


ENTSCHÜTTEN 


614 


2)  den  staub  von  den  füszen  entschütten,  losschütteln,  ab- 
scIiüUeln.  im  geyensats  zu  verschütten:  ich  finde  hier  das 
entgegengesetzte  ende  des  verschütteten  ganges,  dessen  ent- 
gegengesetzten ich  im  alterthum  entdeckt  habe  und  im  drit- 
ten band  zu  entschütten  (erlauben  sie  das  wort?)  anfangen 
werde.    Niebdhr  leben  2, 100. 

3)  einen  verfolgten,  gefangnen,  belagerten  entschütten,  verthei- 
diqen,  ihm  aus  der  nolh  helfen,  ihn  lösen,  etilselzen,  entledigen : 
und  «er  auch,  das  in  jemand  wolte  nemmen  oder  entschüt- 
ten obwendig  dem  markstein  zu  INufar.  weisth.  1,  655 ;  wann 
auch  ausmärker  in  der  mark  betretten  oder  dasz  der  oberst 
waldbot  oder  die  seinen  darum  angerufen  werden,  so  sollen 
sie  die  niürker  entschütten  und  helfen  schonen.  3,491;  darauf 
ruefen  wir  e.  kais.  nit.  mit  aller  undertenigkeit  an,  e.  mt. 
well  ir  die  sachen  zu  herzen  gen  lassen  und  sich  eilends 
iren  landen  nähern,  die  aucii  mit  gelt  und  volk  entschütten. 
Chmel  urk.  Maximilians  s.  301  (a.  1508) ; 

damit  sie  wisten  ein  herren, 

der  si  schirmet  und  entschüttet.     Teuerdank  1,  63; 

mit  der  rott  begegneten  sie  Camilio,  als  sie  auf  dem  weg 
was,  sie  zu  entschütten.  Livius,  Schöfferlin  59*;  der  schalt 
euers  namens  mag  uns  und  euch  vor  alier  gewalt  und  un- 
recht wol  beschirmen  und  entschütten.  69';  liesz  er  (Han- 
vibal)  sich  begnügen,  das  er  Capua  gerctt  und  entschütt  hett. 
139';  etlith  einspännige  reisigen  gegen  uns  flohen,  ich  auch 
selbs  samt  Hansen  Hunden  den  marggräiischen  reiterhaubt- 
mann  hab  helfen  entschütten,  welche  sonst  ohne  zweifei  nie- 
dergelegen waren.  Götz  von  Bebl.  lebensbeschr.  55;  als  noch 
etlich  thund,  die  sich  wie  ein  pferd  von  dem  sporn  des 
evangelii  nit  mögend  noch  döiiend  entschütten.  ZwisgliI,  2; 
graf  Mangold  zoch  wider  herzog  Ernsten,  die  vesti  Falken- 
slein  zu  entschütten.  Tschldi  1, 12 ;  und  du  weist  wol  was 
ich  gethan  hab,  und  das  ich  sölchs  mein  leben  zu  retten 
und  zu  entschütten  tliet.  Aimon  eo';  wir  haben  mit  disen 
Sachen  nichts  zu  schaffen,  sonder  werden  auf  das  baldest 
uns  müglich,  unser  leib  und  leben  zu  entschütten,  darvon 
rennen,  n  2' ;  und  wer  der  constabel  auch  umbkommen,  wa 
ihn  Hugo  nit  entschütt.  Hugschapler  23 ;  wer  wolt  uns  doch 
von  dem  gewalt  euwers  bruders  entschütten?  buch  d.  l.  256, 1; 
steuwer  und  hülfe  thun,  dasz  das  türkische  volk  aus  dem 
lande  geschlagen  würde  und  dasz  also  sein  bruder  darmit 
entschüttet  würde.  270,  2 ;  und  als  er  in  fahen  wolt,  warf  er 
in  under  sich,  und  trückt  im  den  köpf  in  ain  maur  sich  zu 
entschütten.  Bbaünschweig  chirurgia  22 ;  das  sie  witwen  und 
weisen  vor  gew;ilt  entschütlen.  Fbank  i4'e//6.  45';  welche  dann 
auch  darumb  auf  oberklerten  häufen  zu  entschütten  oder  er- 
halten bestellt  und  verordnet  worden.  fRONSPEBC  kriegsb. 
1,  4S' ;  darmit  in  allweg  vor  dem  feind  dest  füglicher  gestrit- 
ten und  entschütt  müg  werden.  1,166';  betrüben  das  wasser 
binden  in,  damit  sie  sich  vor  dem  hecht  entschütten  mögen. 
FoBER  166';  so  bin  ich  demnach  ganz  gutwillig  und  vorbe- 
reit, e.  1.  mit  allem  meinem  gut,  land  und  leuten,  geld  und 
schätz  hülflich  zu  erscheinen  und  dieselb  meines  besten  ver- 
niügens  zu  entschütten.  Amadis  53;  also  bald  sähe  der  mit 
dem  löwen  andere  ritter  zu  dem  schlosz  herausspringen  Vor- 
habens iren  herrn  zu  entschütten.  116;  ich  bitt  gott  den 
allmechtigen,  dasz  er  euch  entschütte  und  helfe.  355;  ich 
bitt  euch,  laszt  uns  in  entschütten  und  nicht  also  unredlich 
erschlagen  werden.  368 ;  das  zu  besorgen  was,  das  schlosz 
und  die  claus  nicht  erhalten  noch  entschütt  werden  möchte. 
ScHEBTLiNS  briefe  184;  oder  zum  wenigsten  die  knecht,  so 
noch  an  der  clausen  gelegen,  zu  entschütten,  damit  sie  onge- 
schedigt  an  uns  komen  mechten.   187; 

da  sie  sich  nicht  entschütlen  kan 

mii  irem  notschrein  oder  gelfea.    H.  Sachs  IV.  2,  60'; 

derhalben  vorgeliebter  söhn,  mein  ernstlich  vätterlich  begeren 
undermanen  an  dich  ist,  auf  das  ehest,  so  dir  immer  möglich, 
....  dich  hiehcr  zu  fördern,  nicht  allein  uns  sondern  auch 
die  deinige  zu  entschütten.  Garg.no';  sobald  solches  Gur- 
gellantua  wargenommen,  entschüttet  er  sie  mit  aller  seiner 
macht.   265';  zuletil  bei  Booner: 

jetzt  rief  er  den  herold, 
Tboos,  80  sprach  er,  lauf  und  beisz  die  beiden  Ajazcn 
uns  zu  entsctiutten  kommen,  o  möchteo  sie  kommeo.sie  beide! 
Homers  werke  I,  195. 
4)  sächliches  entlasten,  frei  machen:  solch  verkauft  gut  in- 
nerhalb vierzehen  tagen  zu  entschütlen.  Frankf.  reform.  1,46,4; 
zu  entschütten  und  zu  lösen.  1,46,5;  entschütten  und  wider- 
umb  an  sich  bringen.  1, 46, 11. 


5)  sich  entschütten,  los,  frei  machen, 

a)  mit  gen.  der  sache:  es  ist  ein  eer  einem  menschen, 
das  er  sich  abscheidet  und  entschüttet  von  hadern.  Keisers- 
BERG  s.  d.  m.  42' ;  es  ist  ein  weibisch  ding  hadern,  zanken, 
hederlisman  seind  gemeinlich  unvolkumne  menschen,  neiriscli 
menschen  die  hadern  gern,  und  wie  es  ein  fein  dapferlich 
ding  ist,  so  sich  ein  mensch  des  haders  entschüttet,  also  ist 
ein  ring,  schmelich,  hündisch,  üppig  ding  immermeder  hadern. 
daselbst;  Zacheus  entschüttet  sich  des  überflusz,  keret  wider 
[restiluit)  vierfaltiglich  und  gab  den  armen,  pred.  145*;  das 
sie  sich  möchten  der  haiden  und  getauften  Juden  deslerbas 
erwern  und  entschütten.  Recchlix  augensp.  3';  ir  müsset  der 
sach  schuldig  sein,  oder  euch  mit  einem  ritterlichen  kämpf 
darvon  entschütten.  Galmy  273 ;  aus  welchem  die  teutsche 
nation  nicht  einer  geringen  sorg  ist  entschüttet  worden. 
LiUTEBBECiiS  Verdeutschung  der  oration  Melanchlhons  von  herzog 
Friderich  6/.  21;  der  keiser  soll  euch  des  nit  entschütt  oder 
gehülfen  haben.  Aimon  fi*;  das  er  sich  des  feinds  mit  groszer 
niderlag  seins  volks  entschüttet.  Frank  chron.  2Il';  das  der 
Wandrer,  der  wärm  sich  zu  entschütten,  das  mäntelin  hinweg 
warf.  Fischart  ehz.  14;  meine  postiU  wird  mit  allerhand 
censuren  belegt  werden,  ich  begehre  mich  deren  nicht  zu 
entschütten.  Otbo  krankentr.  vorr.  l;  ich  habe  mich  der  eitel- 
keit  der  weit  entschüttet,  um  der  ruhe  meines  gemüthes  zu 
genieszen.  Lohenst.  Arm.  1,306;  dasz  fürst  Adgandester  nur 
deshalben  sich  dieser  ehre  entschütten  wolte.  1,970;  sie  selbst 
entschüttete  sich  nicht  allein  aller  würde.  1, 1138 ;  zeit  und 
abwesenheit  sind  alleine  das  mittel  sich  dieses  annehmlichen 
irrlhums  zu  entschütten.  2, 1030 ;  wann  der  teufel  seines  Un- 
flats sich  entschütten  wil.  Bütschky  Palm.  443;  sich  der  fal- 
schen anklage  entschütten,  kanzl.  216;  sich  der  sünde  ent- 
schütten. 217;  Melanchthon,  umb  sich  sein  zu  entschütten, 
sagte,  zeitvertreiber  557 ;  als  er  nicht  wüste,  wie  er  sich  seiner 
mit  glimpf  entschütten  soll.    Zinkgr.  apophth.  35,  5 ; 

sich  des  undanklasters  vor  aller  weit  entschütten. 

£iRKB.'<  OL.  0. ; 
dasz  sie  ihn  hülfreich  wolt  der  todsgefahr  entschütten.    76 ; 
und  zwar  es  kann  auch  der,  so  vielen  zu  gebieten, 
sich  dieser  schweren  last  am  wenigsten  entschütten. 

Haugwitz  Maria  Stuarda  5,  201 ; 

sich  eines  werkes  entschütten,  continere  se  a  negotio.  Stieler 
1943 ;  sich  der  leute  entschütten,  lurbam  a  se  amoliri.  der- 
selbe; des  verdachtes  entschüttet  werden.  Weise  überfl.  ged. 
2,  511 ;  macht  doch  dieselben  gotleslästerei  namhaftig,  damit 
wir  uns  derselben  entschütten  können,  freim.  redner  137 ;  mit 
solchem  aberglauben  behaftet  gewesen,  nunmehr  aber  sich 
dessen  entschüttet  habe.  Leibnitz  von  der  d.  spr.  §.  18 ;  er 
könnte  sich  zwar  dieser  verdrüszlichkeitea  gänzlich  entschüt- 
ten.   Leipz.  avant.  2,  5 ; 

in  deinem  nicht  wie  glas  durchsichtgen  herzen 
entschütt  ich  mich  auch  der  geheimsten  sorgen. 
Lance  Thyrsis  v.  Dämon  37  ; 

das  ist  nichts  groszes,  wenn  ich  nichts  thue,  als  dasz  ich 
mich  des  Vermögens  wol  zu  thun  entschütte,  das  mir  alle 
augenblicke  zuflieszt.  Gellert  4,  20 ;  niemand  leugnet,  dasz 
diejenige  gutthätigkeit,  da  ich  mir  selbst  von  erlaubten  Ver- 
gnügungen etwas  entziehe,  um  einen  elenden  zu  erquicken, 
gröszer  sei  als  die  mildthätigkeit,  da  ich  mich  gleichsam  nur 
meines  Überflusses  entschütte.  5,  155 ;  viele  hundert  thaler 
würden  kaum  zureichend  sein  mich  des  anspruchs  zu  entschüt- 
ten, welcher  mir  durch  den  Verlust  meiner  rechnungeu  sehr 
gefährlich  wird.  Rabener  3, 72 ;  der  söhn  enlschüttete  sich 
mit  vollen  bänden  desjenigen,  was  der  vater  unter  sorgen 
und  kummer  einzeln  zusammengescharrt  hatte.  2,  120 ;  ich 
nmsz  mich  meiner  bclesenheit  entschütten  oder  ich  erlebe 
den  preis  nicht,  den  ich  von  der  akademie  erwarte.  5,  32 ; 
mein  künftiges  glück  ist  gewis,  da  ich  mich  ihrer  {der  ehren- 
slellen)  entschüttet  habe.  E.  vo.n  Kleist  1, 158 ;  sich  seines 
ganzen  krams,  so  gut  er  kann,  zu  entschütten.  Hamann  5, 112; 
entschUtte  dich  deiner  trägheit !  Lavater /ra^m.  1,  12  ;  gekocht 
nennen  wir  eine  krankheitsmaterie,  wenn  sie  sich  von  den 
gesunden  saften,  denen  sie  beigemischt  war,  schon  so  abge- 
sondert bat,  dasz  der  körper  sich  ihrer  entschütten,  oder  wo 
nicht  völlig  entschütten,  sie  doch  nach  auszenhin  absetzen 
kann.  Engel  Lorenz  Stark  s.  98;  er  entschüttete  sich  folgen- 
der rede.    Siegfr.  von  Lindenberg  2, 142. 

b)  einigemal   auch   mit   den   praep.  aus  und  \oa:     das  er 
aber  enlbriint  wirt,   das  er  sich  gar  koume  daraus  {aus  dett 

39* 


615       ENTSCIllTTER  — ENTSCIIWÄRZEN 


ENTSCHWEBEN— ENTSCIIWIMMEN       6 1 6 


fleischlichen  werken)  cnlschütlen  mag  und  sie  abwerfen.  Kei- 
SERSDERG /tc//i$c/i(.'r /ütct' d  5* ;  ir  müsset  der  sach  schuldig  sein 
oder  euch  mit  einem  ritterlichen  kämpf  darvon  entschuttcn. 
Galmy  273 ;  stöszet  dich  eine  widerwertigkeit  an  und  kanst 
dich  davon  mit  Vernunft  durch  gute  mittel  nicht  entschütten. 
BuTSCHKY  Palm.  24S. 
c)  mit  dativ  der  sache: 

dasz  man  in  zarter  juxend 

sich  seiner  eliern  joch'enischüilcn  kann.    Wikdkmas  fobr.  30; 

wenn  eine dem  gedränge  sich  cnischüitcn  wil.    39; 

enischüiie  dich  der  pein  und  unniuili  deines  lierzens.    47, 
was,    ohne  die  andern  stellen,  auch  gen.  sein  könnte;    in  der 
folgenden  aber  ist  ein  dat.  commodi: 

lasz  joizl  mein  freudig  überscliwellend  heri 
sich  dir  entschüiien,  bilf  nieiii  gluck  mir  tragen. 
Uli  LANDS  i/cä.  '226. 

Es  schien  geboten,  von  einem  jetzt  fast  verschollenen  wort 
reichliche,  seinen  ehemaligen  haß  bezeugende  beispiele  zu  geben; 
offenbar  gieng  die  bedeulnng  aus  von  einem  sinnlichen  schütten, 
»IC  sie  auch  in  den  letzten  spuren  des  gebrauchs  anhält,  am 
merkwürdigsten  ist  die  dritte,  wo  sich  aus  dem  sinn  des  be- 
freiens  und  entsetzens  der  des  helfens  und  beschirmcns  ergibt, 
welcher  gerade  auch  in  beschütten  liegt,  man  musz  entschüt- 
ten und  beschütten  (1, 1598. 1599)  zu  einander  halten. 

ENTSCHCTTER,  m.  defensor: 
mins  Vaterland*  ein  cnischüiier.    Ell.  Heini  Vorspiel  417. 

ENTSCHÜTTÜNG,  f.  defensio,  rettung,  lösung :  nun  be- 
gert  die  herzogin  kein  Sicherung  ihres  lehens,  allein  ent- 
schüllung  ihrer  ehren.  Galmy  2',0;  und  er  von  niemand  keine 
entschüttung  noch  hilf  wiste  zu  iiaben,  denn  von  ihm.  buch 
d.  l.  270,2;  und  ich  darzu  von  niemand  trost  und  entschüt- 
tung «arten  bin.  271,1;  die  entsciiüttung  der  gerichtlich  zu- 
erkannten pfände,  die  widerlösung  und  entschüttung.  Frankf. 
refurm.  1,47,9.  46,12;  auch  hilf,  reitung  und  enlscliüllung 
dieser  land  und  leut  Garg.  210";  und  solches  zu  catschüt- 
tung  und  schütz  meiner  armen  untetlhanen.    209". 

ENTSCHÜTZEN.  verderbt  aus  enlschülten,  wie  beschützen 
1, 16ü0  aus  besciiülten :  dasz  alle  Teulschen  sich  mein  an- 
nehmen und  mich  gegen  gewalt  entschülzen.  Ultten  5,218; 
so  bekenne  ich,  dasz  mich  Galmy  in  semer  jiigcnd,  che  denn 
er  zwanzig  jar  auf  im  halt,  von  meinen  feinden  in  einem 
mächtigen  streit  mit  seiner  mannlichen  band  entschützet  und 
erlöset  haL  Galmy  154  =  buch  der  liebe  54,4;  und  rennt 
gegen  im  zu  die  frauw  zu  enischützen.    Amadis  35. 

ENTSCHWÄßEN,  e  Suevo  alium  facere,  einen  aus  Schwollen 
in  ein  anderes  land  versetzen,  da  man  mhd.  sagte  weste- 
välen  (GA.  3,  75),  zum  Weslfal  machen,  musz  auch  ein  ent- 
wSstevalen  gellen. 

EMSCHWABUNG,  f.,  wofür  in  folgender  stelle  entschwü- 
bung:  wünschte  ich  sehr,  dasz  sie  meinen  aufenlliait  beim 
nationalthealer  in  Mannheim  auf  einen  gewissen  termin  fest- 
setzten, nach  dessen  verflusz  ich  wieder  meinem  herzog  ge- 
hörte, so  sieht  es  mehr  einer  reise,  als  einer  völligen  ent- 
schwäbung  (wenn  ich  das  wort  brauchen  darfl  gleich  und  fallt 
auch  so  hart  niciil  auf.  wenn  icii  nur  einmal  weg  bin,  wird 
man  froh  sein,  wenn  ich  selbst  nicht  mehr  anmahne.  SciititE« 
an  D'ilberg  4  jnni  1782  in  Schillers  br.  an  D.  Carlsruhe  1830  s.  C. 

EMSCHVVÄNGEItN,  gravidilate  liberare,  ingravidam  reddere, 
nnl.  onlzwangcren :  dasz  sicij  die  jungfratiw  ohn  ir  wissen 
grosz  und  schwanger  fände,  de»  sie  beide  ohne  masz  brlriibt 
waren,  mancherlei  tlieten,  ob  sie  wider  die  natur  entschwän- 
gern möchten,  aber  in  keinen  weg  gesein  mocht  (perch'  ella 
molte  arti  osö  per  dovcre  contro  al  corso  della  natura  disgra- 
vidare  .  nh  mal  le  pot^  venir  fallo).  hocc.  1,  290* ;  Calandrin 
wunder  von  der  köstlichen  und  bewehrlen  arznei  sagt,  die 
im  meisler  Simon  in  drei  tagen  geihan  und  ihn  ohn  alle 
schmerzen  eines  kindes  entschwüngert  und  unberhafi  geinarht 
lieiip  (daverlo  falto  in  Ire  di  senza  pena  aicuna  spregnarc). 
2.  U.V.  nnl.  auch  abstract  für  entledigen:  onlzwanger  u  gemoed 
van  ziilk  gedacht. 

ENTSCIIWANZEN,  il.  »codare,  fr.  iVouer,  die  vorzüglich 
vom  stutzen,  abstutzen  der  pferde  gelten:  du  {pfau)  bist  ent- 
ftchwenzt.  Ci/rilliiM  60 ;  den  scliinden  sie,  den  cntschwenzen 
»if.    F«»\K  tyrirhw.  1, 136*. 

ENTSCIIW  AHMEN,  vagando  elabi : 

denn  e«  rniirhw.irmi  mir  der  gei«l  In  die  nehjfkoii. 

ENTSCIlWXHZEiN,  eandefacere:  möchte  »ie  bleichen  und 
cnlsrliwarzen.    Tiici  19, 28S. 


ENTSCHWEBEN,  evagari,  cvolare,  avolare,  nnl.  onlzwevcn: 
welcher  engel  enischwebl  dem  hangenden  fcisen,  oseraph! 

Mesiias  11,  1533; 
da  enischwebl  er  den  heiligen  weinenden  cbören.    12,  172; 
sie  entschwebten  dem  thale.    13,  1U03; 
entschwebtest  du  dem  seelengcliMe?    Höltt  109,  1; 
ihrer  wei^hcil  gölierwerke  loben 

die  entschwebten  {geKtuibneii)  bis  in  ewigkeit.    Bürgkr  92'; 
ginnzend  von  der  n.nhern  gotilieit  strale 
wandelte  durch  paradiesestlmle 

wonne^chaucrnd  mein  entschwebter  geist.    Matthissom  189; 
entschwebe,  wie  ein  goldnir  diift, 
»i.'inii  goiies  {Lullicr)  deiner  stillen  gruri!    Voss  4,58; 
unil  eh  der  blick  ihm  roljjcn  kann, 
entschwebt  es  zu  den  blauen  hohen.    Schiller  99*; 
stolz  war  n.itur.  als  ihrer  schöpferhand 
sie  sähe  dich,  ihr  mcisierwerk,  entschweben.    RBckirt304; 

das  kann  ich  nicht  wiedergeben,   es  entschwebt  wie  der  ton 
der  musik  entschwebt.    Bettine  br.  2,  264. 

ENTSCinVEFELN,  liberare  sulphure. 

ENTSCHWEIFEN,  evagari,  effugere: 

dem,  der  rosen  prangen  hiesz 

und  den  iiio-t  der  Iraubc  reifet, 
dasz  durch  ihn  der  kiiiniiiernis 

die  bedrängte  seel  enischweifet, 
immer,  seele,  oj)fr  ihm  dank. 

stille  freud  und  lu>igusang! 

der  Wandsbecker  böte  im  Leipt.  almanach 
1779  s.  270; 
des  iraurcndcn  gcdanken 

eni.scliwcifen  bang  dem  scbosz 
der  alpenweit  und  wanken 

um  lerner  gnher  moos.    Matthiss05  109. 

ENTSCnWELLEN,  doppelsinnig, 

1)  desinere  tumere,  aupiören  zu  schwellen,  delurgere,  ahd. 
intsucllan,  detumescere,  mhd.  entswcllen :  bis  das  die  denn 
warm  werden  und  entschwellen  und  wider  hinein  geen.  Bhacn- 
sciiwEiG  cliir.  73;  wirt  aber  eim  rind  ein  geschwulst  oder 
flusz  an  eim  glid,  das  es  diirvon  hinkt,  so  soll  man  das  glid 
warmen  mit  öl,  das  mit  süszem  weine  gesotten  sei,  darnach 
soll  man  warm  gerstenmeel  darauf  legen,  und  so  das  glid 
wider  nidcr  gesilzt  und  enischwilt,  soll  mans  wider  hinweg 
thun.  Herrs  feldbau  146'.  auch  Maaler  106'  erklärt  ent- 
schwellen, wenn  sich  ein  aufgeblaasen  ding  widerumb  nider- 
setzt. 

2)  tumere,  anschwellen,  aufschwellen,  beginnen  zu  schwellen : 

mhd.  vind  ich  an  Ijupolt  liövesebcn  Irö<t,   so  ist  mir  min  muoi 

eniswollen.    Waltiier  32,  16; 
nhd.    ringsum  an  bnumen  und  gebiKch 

entschwellen  junge  triebe.    Voss  1,50; 

suche  nicht  den  siroin  zu  hemmen, 

der  so  lang  sein  bell  nur  liillt, 

bis  er  zornig  vor  den  dämmen 

zum  veriilguiigsmeer  entschwillt.    Rürgrr45'; 

dem  mutigen  Ulysses,  der  die  that 

von  fern  gcselin',  enischwoll  das  heldcnherz.    166'; 

m  eiiein  mauern  siarb  der  Jugend  reiz. 

eh  seine  lulle  noch  der  knosp  eniscliwoll, 

und  auf  der  dulderinnen  io<ltcnlvreuz 

gosz  liebe  nie  der  zalire  letzten  toll.    Matthisso?»  91 ; 

jenes  ilem  scbosz  Arapliiiiitens  entschwellende  ihTrsusgefildc 
ladet  vom  staubenden  pl'ad  uns  zur  erquickenden  taut, 

2.S8; 

viele  Striemen  mit  stockendem  blui  enisrhwallen  den  selten 
und  den  schultern.    .Stolbkhcs  lt.  23, 705  (716) /ür  cntschwollen, 

besser  Voss: 

aber  häullge  Striemen  entlang  an  seilen  und  schultern, 
roth  von  schwellendem  blut,  erhüben  sich. 

ENTSCHWEMMEN,  fort,  wegschwemmen: 

der  Rlrom  cnischwcmnite  die  Icichcn. 

ENTSCHWEBEN,  pustulescere,  anfangen  tu  schweren :  so 
der  nagel  aber  entschwüre  und  eiler  gehe  (■■  gäbe).  Wüm 
practica  166.  bei  Kilian  steht  untzweren  vom  fallen  und  aicli 
setzen,  schwinden  des  geschwürs. 

ENTSCHWIMMEN,  natanteni  se  amovere,  undis  ovehi,  fort, 
weg  schwimmen,  nnl.  onlzwriunien  {praet.  onlzwoin,  pjrt. 
ontzwoiniuen) :  er  ist  gar  kaum  entschwuminen.  I'lut.  43; 
wenn  unsere  zehren  einen  llusz  zu  machen  veriuöchlen,  auf 
dem  wir  aus  der  gefalir  eiilschwiininen  kütiten,  so  w()lle  ich 
zum  aller  ersten  weinen  unil  euch  mit  mcincin  ritempel  für- 
gehen. Opitz  Arg.  2,  f.l ;  nahm  die  gclct;cnhcit  in  acht  tittt 
enisrhwamm  seinen  hillern  Über  den  wul  eine  halbe  meile 
breiten  flusz.  LoiiEKütbi.N  Aim.  t,  801;  der  nachen  war  rni- 
schwummcn.    2,1128; 


617 


ENTSCHWINDEN — ENTSCL  A\'EN 


ENTSEBEN  —  ENTSEELEN 


618 


dasz  er  ein  bret  ergreift  und  tod  und  ach  entsrhwimml. 

Sophon.  il,  41; 
die  mnlter,  die  man  wolln  ersäufen,  ist  enischwommen. 

Aqripp.  60,  142; 
ich  habe  dir  erquicket  seel  und  brüst, 
als  kuum  dein  kahn  der  grimmen  see  enischwommen. 
HallmaiMN  Adonis  s.  71 ; 

die   enten    sind    enischwommen,   hinüber  geschwommen ;    der 
kahn  entschwamm  dem  ufer. 

ENTSCHWINDEN,  evanescere,  weg,  aus  den  äugen  kommen, 
verschwinden : 

und  schnell,  wie  peister  in  die  lufl  verwehen, 
euiscbwand  sie  mir  und  ward  nicht  mehr  gesehen. 

SCUILLKR  4^5'; 

der  aar  ihat  gute  (lüge, 

zuletzt  entschwand  er  dem  blick. 'Af«.  Grün  ged.  ...; 

dem  sinn,  dem  gedächtnis,  dem  äuge  entschwinden: 

und  feinmaschige  netze,  die  fast  dem  äuge  entschwanden. 

Voss; 

ihm  aber  entschwand  die  betäubung.    Voss,  Or/ews  557 ; 

entschwundne  tage,  jähre;  die  sinne  entschwinden  mir. 

ENTSCHVVJNGEN,  entschwang,  vibrare,  vibrari, 

1)  Iransitiv: 

Bacchos  entschwinget 

dem  fenchel  die  flamme 

der  lodernden  fackel.     Stolberg  8,  471 ; 

den  prinzen,  den  zu  vieler  heile 

Hygea  der  gefahr  entschwang.    Gotter  1.250; 

du  wägst  den  schweren  leib,  entscbwingsi  den  staub  der  hole. 

Hehokr  3,46; 
entschwungen  auf  dem  hauch  der  liebe.  3,  218; 
doch  den  Aeneias,  hoch  von  der  erd  auftiebend,  entschwang  er. 

11.  20,  324. 

2)  reflexiv: 

mein  geist  soll  sich  dem  tand  der  erde  kühn  entschwingen. 

VON  Kleist  ; 
(Hiob)  enisehwingt  sich 
diesen  tiefen  und  stärkt  sein  herz,  das  dürstet  nach  ruhe. 
Messias  10,728; 
und  doch  erkühnten  wir  uns,  der  geschafnen 
schranken  uns  ent?chwingen  zu  wollen.    10,848; 
so  schnell,  wie  der  glut  sich  die  flammen  enischwingen. 

11,1278; 
wenn  wir  aus  ganzer  seele  ringen, 
uns  ganz  dem  eiielen  enischwi'ngen.     Klopstock  7, 86  ; 
er  enisehwingt  sich  mit  bebenden  knieen  dem  ros. 
'  Stolberg  1,306; 

wie  sich  nach  und  nach  dieser  grosze  geist  der  monier  seines 
meislers  Perugino  entschwang.    7,61; 

hierauf  entschwungen  sie  den  wagen  sich.    Bürger  172'; 
dasz  sie  sich  der  weit  enischwinge.     Schprart  1,58; 
hasi  du  dich  dieser  weit  entschwungen.    Gökiigk  /.  z.  l.  96; 
so  nur  enlschwingsi  du  dich  dem  staub.    Gotter  2,  294; 
sie  sterben,    doch  im  letzten  athemzuge 
enisehwingt  die  liebe  sit-h  zu  hoherm  lluge. 

A.  \V.  Schlegel  im  musenn/m.  1798  s.  178; 
hast  du  noch  keinen  geier 

gesehn,  der  sich  entschwingt 
vor  einem  häufen  schreier, 

der  folgend  ihn  umringt?    Rückert  161; 

heflügelt  durch  ihn  enisehwingt  sich  auch  die  kriechenile  lohn- 
kunsl  dem  staube.    Schiller  1182". 

ENTSCHWI.NGEN,    entschwingte,    spoUare  alis,    entflügeln: 
ein  entschwingler  vogel. 

ENTSCHVVIRREN,  stridenlcm  evolare: 

die  leph  entschwim  in  ätherduft.     Ri;cKRHT,33; 

entschwirrt  von  der  tönenden  sehne 
llyrtakos  sehne  der  pfeil. 

ENTSCHWITZEN,    exsudare:    der  wunde  des  Zweiges  enl- 
schwitzte  dieser  pnmmi.    Stolberg  8,  256. 

ENTSCHWÖREN,  ejurare,  abjurare,  abschwüren: 
nthd.  dö  der'koning  Laomedön 
in  Uis)  untsagete  iren  Mn 
unde  begiinde;  in  unL<iwere. 

dö  «prarh  der  koning  von  dem  mere.    Halft  1I,3G2; 
kannst  du,  theiirer,  kannst  du  ihn  vergessen 
jenen  feierlichen  traueriag, 
jene  ihranen.  da  so  hoch  und  theucr 
warme  Jugend  sich  der  well  entschwur?    RCrger  07* ; 
wo  ist  ein  glück,  dem  ich  mich  nicht  entschwur? 
Platk.ii  156. 

ENTSCLAVEN,   liberare,    in   Ubertatem  reslilnere.     Stieler 
1S29  nxmml  es  intr.  für  die  (reiheil  wieder  erlangen. 


ENTSEBEN,  inlelligere,  senlire,  ahd.  inseffan  (Graff  0, 168), 
alls.  ansebbian,  mhd.  entseben,  ein  uralles  starkes  verbum, 
dessen  praet.  ahd.  insuop,  mhd.  entsuop  lautete,  dem  seffan 
würde  goth.  safjan  (ti'ie  dem  ahd.  heflfan  golh.  hafjan)  ent- 
sprechen, es  ist  das  lal.  sapere  (wie  hafjan  capere).  nhd.  ist 
es  bald  gans  erloschen, 
mhd.  als  her  des  smerzen  ensebet.    En.  103, 19; 

ir  kunnet  hoeren  unde  sehen, 

entseben  unde  draehen  (schmecken  u.  riechen).   Parz.  171,23; 

als  er  (der  vogel)  des  limes  danne  entsebet.    Trüt.  23,7; 

aber  darnä  wart  entsaben 

din  gewaldes  rechlekeit.    pass.  K.  2,44; 

dö  die  villi  heie  ouch  entsahen, 

daj  Cristus  wart  in  sie  geleit.    3,78; 

des  Sit  vrölich  ist  entsaben.    85,19; 

als  ich  bän  hie  vor  geseii 

und  die  meister  bän  entsaben.    197,17; 

als  wir  noch  hüte  vollec  haben 

an  sinen  schriflen  entsaben.    402,34; 

dö  sus  Swantopolk  intsüb. 

daj  der  marscbalk  sich  irhüb.    Jeroscbi.\  46', 

aus  welchem  Pfeiffer  s.  146  noch  mehr  stellen  hat,  bald  mit 
dem  praet.  intsüb,  bald  intsebite;  do  her  des  ruchis  intsöb 
der  rösen  und  der  ephele.  myst.  1,  89,  21.  das  pari,  entsaben 
stimmt  zu  gehaben  von  heben,  Diut.  3, 11  liest  man  auch  ent- 
soben  :  oben,  wie  wir  heute  gehoben  für  gehaben  bilden. 

nhd.  erscheint  das  wort  höchst  sparsam,  Diefenb-^ch  527' 
gibt  unter  sentire  besehen  und  entzebin,  gerade  wie  in  fol- 
genden stellen  geschrieben  steht  (und  enlzilzen  hernach  unter 
entsilzen  5): 

sölchs  alle  menschen  hie  enlzebt, 
und  ewer  herz  in  goil  erhebt.     Schwarze^bebg  121,1; 
aug.  ohr  und  herz  noch  nie  entzebt,  , 

wie  gott  die  sein  in  fräud  erhebt.     154*; 

unde  do  her  enzub  das  her  nicht  genesen  mochte.  Rothk 
Ihür.  chron.  cap.  68.     vgl.  über  besehen  1, 1609. 

ENTSEELEN,  exanimare,  tüdten,  nnl.  onlzieien :  exanirao, 
ich  entseeie.  Dasypodics  9',  bei  Fbisius  aber  492'  exanimare 
entleiben,  leiblos  thun ;  der  entseelte  leichnam,  corpus  exanime; 

gans  entsehlei  und  entleibet.    VVeckuerli.'«  150; 

ich  lobe  meinen  freien  muih, 

den  mir  kein  dieb  kan  stehlen, 

kein  feuer  nicht  entseelen.    colica  311; 

sonst  werdet  ihr  mit  nächsten  erfahren,  dasz  ich  von  der 
heftigen  liebe  gegen  euch  entseelet  worden.    Plesse  3,  94 ; 

mit  fast  stündlichem  entseelen.    Brockes  4, 294.  7,691; 
du  bliebest  vor  entzückung  liegen 
und  sagtest,  deucht  mich,  ohngefahr, 
kind.  dasz  mich  nicht  der  schöne  tag 
an  deiner  brusi  entseelen  mag.'    Gdktber  316; 
er  blieb  vor  Widersachern  sicher 
und  schrieb  bis  an  den  tag,  da  ihn  der  tod  entseelt. 
Gellert  1, 115; 
ein  herz,  das  wuth  und  hölle  quälet, 
und  das  der  furien  verdammte  schar  entseelet. 

JoM.  El.  Sculbgkl  1,13; 
den  gröszten  band,  so  stark  er  ist, 

kann  dein  geweih  mit  einem  siosz  entseelen.    Lkssi.ng  1,103; 
von  schrecken  enlseelet.    Wieland  16,52; 
halb  entseelte.    16, 1'23; 

der  reim?  wie,  dieser  zwang,  der  das  gedieht  entseelet? 

Rabe.ner  2,88; 
mitleidslose  mauern,  zwischen  denen 
sich  die  busze  langsam  selbst  entseelt!    Börgkr  95'; 
ja.  sie  kehrten  heim,  und  alles  schöne, 
alles  hohe  nahmen  sie  mit  fort, 
alle  färben,  alle  lebenstöne, 

und  uns  blieb  nur  das  entseelte  wort.    Schiller  22'; 
gleich  einem  rinde,  das  der  wilde  berg  gebar, 
das  unberührt  vom  joch.  aus  felsenholen, 
unfern  dem  meer,  gestiegen  war, 
wird  dich  der  opfersiahl  entseelen.    228": 
wo  ist  sie?  mich  entseelt  die  angst.    502'; 
da  liegt  er  entseelt, 

hingestreckt  in  der  blüie  der  tage!    507'; 
0  war  ich  vor  des  hohen  geisics  krafl 
entzückt,  entseelt  dahin  gesunken!    Gömc  12,81; 
und  der  freude  soll  ich  leben, 
und  das  herz  entseelt  der  gram?    Piatrj»  2'; 
entseelicj  entseelte!  entseelet  hat  mich 
ein  äuge,  das  pfeile  wie  blicke  verschnclli.    RCckert  339; 

einem  tjrzt,  der  doch  öffentlich  zu  entseelen  wagt.  J.  P.  /<•»-> 
(e/jp.  1,104;  deine  lungennerven  sind  entseelt,  uns.  löge  i,  bG ; 


619 


ENTSEGELN  —  ENTSEHEN 


ENTSEILEN  —  ENTSETZEN 


620 


als  Koiu  entseelt  ohne  freibeit  und  Sittlichkeit  da  lag.  sphinxe 

154. 

ENTSEGELN,  l)  navigare,  solvere,  absegeln,  forlsegeln: 

wer  zeillich  hier  die  well  gesegnen  niiisi, 
enlsegeli  viulem  siurm,  entbehrt  viel  unguwiiter. 
LoiiKNsTKi.'«  Hyac.  'M. 

2)  entscgeln,  velis  spoliare: 

der  du  in  dem  siiirni  des  Unglücks 
niasilos  und  entsegeli  (nhrst.    lUimüR. 

ENTSEGNEN,  devovere,  verfluchen. 

ENTSEGNL'NG,  f.  hierauf  hcfahl  er  lUin  piiol.r  Livius, 
weil  er  sich  das  feindliche  beer  zu  verfluchen  «ilschlossen 
hatte,  sollte  er  ihm  die  grausame  entsegnung  vorsprechen. 
LoHENST.   Arm.   1,  767. 

ENTSEHEN,  golh.  andsaihvan,  mhd.  entsehen,  nnl.  ontzien. 

1)  das  golh.  vcrbum  bedeutet  nur  betrachten,  ansehen. 

2)  ahd.  inlsöhan  sieht  noch  nicht  aufzuweisen,  mhd.  ent- 
sehen gilt  für  mit  dem  blick  bezaubern,  tori'e  inlueri,  fascinarc: 

von  der  elbe  wiri  eniselien  vil  maniger  man, 
also  wart  ich  von  gröjer  liebe  entsehen 
von  der  besten,  die  ie  ein  man  lieb  gcwan.    MS.  1,50'; 
ich  hän  in  gesegent,  er  was  entsehen, 
im  sol  arges  niht  geschähen, 
ich  wiin  gestint  machen.    Eracl.  3239. 
wind,  wo  (wie)  is  nii  geschön? 
eft  ik  si  entsen 
edder  driichi  (iriugei)  mi  de  släp?    Valentin  2iS'. 

über  diesen  elbischen  zauber  vgl.  mylhol.  430. 

3)  nnl.  ontzien  scheint  ursprünglich  auszudrücken  scheu 
oder  verslolen  ansehen  [was  dem  vorigen  quer  oder  schief  an- 
sehen begegnet)  und  dann  scheuen,  fürcJiten,  sparen:  ik  ontzic 
goed  noch  blocd  voor  niijn  vaderland,  ich  scheue,  spare, 
schone  kein  gehl  noch  blut  für  das  Vaterland;  de  vlam  ont- 
ziet  geen  regenvlaagen,  die  flamme  fürchtet  keinen  regcngusz. 
auch  reflexivisch:  ik  zal  mij  niet  ontzien,  mich  nicht  scheuen. 

4)  ebenso  uhd.,  es  scheint  nicht  in  oberdeutschen  strichen 
(SciiM.  3,  217  hat  kein  entsehen),  nur  im  milleln  und  nörd- 
lichen land.  Stieler  2025  deutet  entsehen  averlere,  dejiccre 
oculos,  ertibescere,  vereri:  sich  entsehen  zu  antworten,  cuwc/art 
responsione ;  cntsehestu  dich,  vogel,  nicht,  vor  ehrliche  leute 
zu  gehen?  nihil  te  pudet,  sceleste,  populi  in  conspeclum  in- 
gredi"} ;  die  beste  leute  entsehen  sich  bisweilen,  rubor  gra- 
vissimis  quoque  viris  offunditur;  indem  die  bucbhändler  schäd- 
liche und  ärgerliche  Schriften  zu  verlegen,  einzuführen  und 
zu  vertreiben  sich  nicht  entsehen.    Leid.mtz  2,281; 

kein  kind  ist  leicht  so  böser  art, 

das  in  des  vaiers  gegenwart 

ihn  zu  beleidigen  sich  nicht  entsiehi.    Dkockes  1,470; 

warum  du  dir  .  .  .  so  viele  klugheit  beizulegen 

dich  nicht  entsiehst.  ü,b44; 

dasz  ew.  sich  nicht  entsehen  zu  sagen,  die  guten  werke 
wären  nölhig.  Liscov  6;  denn  sonst  würde  er  sich  ja  ent- 
sehen, diesen  armseligen  scribenten  das  wort  zu  reden.  53 ; 
es  ist  diese  einbildung  so  lacherlich,  dasz  ich  mich  fast  ent- 
sebe  dieselbe  weitläuftig  zu  vN'iderlegen.  113  (265);  dasz  sie 
der  well  weisz  machen  wollen,  der  herr  professor  Philipp! 
würde  sich  eben  nicht  entsehen,  seine  wunderliche  anrede 
zu  entschuldigen.  311 ;  so  albern,  dasz  ich  mich  entsehe  zu 
glauben  u.  t,  v.  316;  er  cntsiehet  sich  nicht  vorzugeben,  dasz 
die  Caracci  sich  verdorben  durch  die  nachahmung  des  Hafael. 
WiMiELHANK  2,381;  ich  entsehc  mich  nicht  die  mangel  der 
geschiebte  der  kunst  zu  bekennen.  3,  xix ;  andere  hingegen 
haben  sich  nicht  entsehen  zu  bereuen,  dasz  sie  hier  gar 
nichts  verstehen.  5, 263 ;  die  zwole  Ursache  lieget  in  einer 
unzeitigen  ehrfurcht  gegen  die  werke  griechischer  künstier. 
denn  da  sich  viele  mittelmäszige  werke  linden,  entsieht  man 
sich,  dieselben  Jenen  beizulegen  und  erscheinet  billiger,  den 
Hörnern  aU  den  Griechen  einen  tadel  anzuhängen.  5,  203; 
ich  weisz  gar  wo!,  dasz  du  selbst  mich  bei  manchen  perso- 
nen  in  den  nachllieiligen  verdacht  eines  untbätigen  manne» 
zu  bringen  dich  nicht  entsiehest.  DCrcer  417*;  dasz,  wenn 
andre  vOlker  des  altcrlhums,  nach  Ungeheuern  unglUcksralleo^ 
■ich  nicht  entHaben  gaben  bei  befreundeten  zu  sammeln,  die 
ItOmer  wcnigHtcns  kein  bedenken  trugen  dargebutne  anzu- 
oehmen.    Niebchb  3,  621 ; 

meik«!  du  nicht,  wie  jed<<r  bereit  mit  den  aucen  mir  zuwinkt 
uoii  dich  tu  krhlep|jcn  gebeut!  leb  aber  eiitsen«  mich  dennoch. 

{iyw  8^  aloxvrofiat  ffinr^e).    Od.  J8, 11. 


ENTSEILEN,  solvere,  laxare,  des  seils  entbinden.  Stikleu 
2000. 

ENTSEIN,  deesse,  entstehen,  ermangeln:  so  wolle  sein  f.  g. 
aus  undertbeniger  gegen  die  k.  mt.  tragender  Zuneigung  irer 
k.  mt.  des  nit  entsein.  Lanz  staatsp.  KarlV  s.  529  (o.  1554); 
damit  niemand  gedenke,  das  ich  im  rechtens  entsein  wolt. 
TuunNEissER  notgedr.  ausschr.  3,  132 ;  weil  meinem  groszg. 
lierren  beliebet,  solche  unreife  fruchte  zu  kosten,  habe  dem- 
selben ich  nicht  entsein  können.  Bdtschky  s.  165.  man  könnte 
in  diesem  ent  die  alte  negation  en  (s.  445)  erblicken  wollen, 
wogegen  doch  der  beigefügte  gen.  oder  dativ,  und  die  analogie 
von  entstehen  streitet,  die  Vorstellungen  esse  und  slare  gleichen 
einander,  was  Stieler  174  entsein,  sterben  nennt,  ist  deut- 
liches altes  ensin,  nicht  sein,  zu  sein  aufhören.  Scuh.  1,  68. 
vgl.  entwesen. 

ENTSELBEN,  sibi  non  constare,  sui  non  compolem  reddere, 
nnl.  onfzelven,  auszer  sich  selbst  bringen.    Stieler  2003. 

ENTSELBSTEN,  das  nemliche:  wiewol  ungewis,  welches 
mehr  uns  also  entscibstet,  der  schönheitsbimmel  oder  unsere 
blödsinnigkeit.  Birken  OL.  93;  durch  tausend  bedürfnisse 
eures  körpers  enlselbstet.    Ficutk  franz.  rev.  48.     , 

ENT.SELBSTIGEN,  desgleichen:  die  absiebten  der  gottheit 
dadurch  zu  erfüllen,  da«z  wir,  indem  wir  von  einer  seile  uns 
zu  versclbsten  genöthigt  sind,  von  der  andern  in  regelmä- 
szigen  pulsen  uns  zu  entselbstigen  nicht  versäumen.  Götiie 
25,217. 

ENTSENDEN,  emitterc,  dimillere,  nnl.  ontzenden. 

1)  einen  boten,  berold  entsenden : 

hcrold,  warum  entsandten  sie  dich?    Voss. 

2)  einen  pfeil,  speer,  ein  wurfgeschosz  entsenden,  ver- 
senden. 

3)  geschenke,  gaben  entsen.den. 

4)  die  stimme  entsenden,  vocem  emillere,  vernehmen  lassen : 
aber  sobald  er  der  brüst  die  gewaltigen  stimmen  entsandle. 

ENTSENKEN,  demitlere,  niedersenken,  herablassen: 

höher  in  wölken,  o  palinenhain, 

erblickst  du  das  ihal,  wie  der  lorberwaldl 

und  entsciikst  schauen,  beruh  auf  den  wald, 

dem  gewolk,  welches  dich  deckt,  palme,  mit  glänz. 

Klopstock  1,  ISU; 
so  enlscnket  die  erscheinung  des  Thuiskon,  wie  silber  stäubt 
von  fallundem  gewasser,  sich  dem  himmel.     1,  185. 

ENTSESSEN,  remotus,  pari,  praet.  von  entsitzen  (was  man 
nachsehe),  wie  entlegen  von  enlliegeu. 

ENTSETZEN,  golh.  andsatjan,  ahd.  intsezan,  mhd.  entsetzen, 
nnl.  ontzetten. 

1)  loco  movere,  deponere,  absetzen,  das  gegentheil  von  setzen  : 
berg  entsetze  dich  von  dem  ort  und  setze  dich  in  dasmeerl 
Paracelsus  2,444*;  gewöhnlich  aber  vonpersonen:  dem  berru 
und  gebieter  steht  es  zu,  diener  zu  setzen  und  entsetzen ; 
der  künig  setzet  und  entsetzet  etliche  bischöfe ;  ein  schult- 
heisz  ward  entsetzt.   Kirciiuof  wendunm.  64; 

ihr  glaubt,  der  herzog  sei  entsetzt.  Schillkr  380". 
die  stelle  kann  im  gen.  oder  mit  praep.  hinzugefügt  sein:  einen 
seines  throns,  amtes,  diensles  entsetzen;  ward  er  des  ralhs 
sein  lebenlang  entsetzet.  Frey  garteng.  92;  solang  si  nit  ent- 
setzt werden  von  irem  gewalt.  Keisersb.  pox/.  2, 36.  in  andenn 
sinn:  das  aber  die  grosze  furcht  möchte  wol  ein  fegfeuer 
sein,  [iab  ich  dünkelsweise  gehalten,  weisz  dasselb  weder  zu 
setzen  noch  zu  entselzen  {zu  behaupten,  aufzustellen  noch 
zu  widerlegen).    LuTiiER  1,  409'. 

2)  die  Stadt  entsetzen,  urbem  obsidione  liberare,  des  fein- 
des  entsetzen:  die  bürg  wurde  hart  belagert  und  erst  nach 
sechs  Wochen  entsetzt;  zumal  niemand  vorhanden,  der  die 
Stadt  entsetzet  oder  den  feind  abireihet.  Butsciuy  Au««/.  739; 
fasse  mut,  ich  will  dich  in  der  rechten  stunde  enlselzen ; 
dasz  die  ganze  geheime  Weisheit  unseres  gescblechls  nur  eine 
armselige  Vorkehrung  ist,  unsere  lödlichc  seile  zu  enlselzen, 
die  ddch  zuletzt  allein  von  euren  schwüren  belagert  wird, 
die  so  gern  ertdiert  sein  möchte.  Scuiller  171*.  vgl.  entsalz 
und  das  ähnliche  enlschüllen. 

3)  gleich  diesem  enlschüllen  nimm«  entsetzen  die  hedeu- 
tung  von  beschirmen  und  helfen  an,  was  auch  in  losen,  ab- 
lösen, ersetzen  übergeht:  de«  römischen  kiiegsvolk»  war  die 
münnig  {menge),  dasz  sie  einander  konnten  entselzen.  Livius 
bei  Rthel  537;  an  dem  born  sind  stets  acht  haspler,  die 
einander  entsetzen  oder  lösen.  Matiiksic»  125';  wann  man 
den  gclübdcn,  die  sie  (die  pfaffrn)  bei  leben  möchlen  gethan 


621 


ENTSETZEN 


ENTSETZEN 


622 


haben,  nachfolgt  oder  sie  entsetzt  (/öseO-  bienenkorb  113*;  da 
dieser  {fähnricli  die  (ahne)  ein  feldwegs  getragen,  entsetzt 
diesen  ein  ander  aus  seinen  spieszgesellen,  solchen  wider  ein 
ander.  Kirchhof  mü.  disc.WZ;  wie  die  hofieut  nacheinander 
oder  nebeneinander  treffen  und  eine  fahne  die  ander  entsetzen 

solle.    150; 

thelen  sieh  an  der  eichen  weizen  (reiften) 

und  vor  den  mucken  fein  eniseizen  (wehren,  schirmen). 

Waldis  4,  57  ».  274" ; 
das  er  ir  leben  entsetze, 
entsetzt  von  gefar.    Mstrssus  ps.  S6*; 
bab  ich  nit  entsetzt  too  gefar, 
der  mir  gefar  war?    Cl'; 
do  ist  ir  leger,  seit  manheh. 

entsetzt  an'einander  fleisziglich.    Schielzl  Sa«/ 31*; 
wir  menschen  sind  geborn  einander  zu  enrseizen, 
und  keinen  durch  gewalt  gestatten  zu  verletzen, 

Opitz  3,310; 
ich  habe  dennoch  in  gefahr 
entsetzet,  der  mein  todfeind  war.    ps.  7; 

damit  sie  von  dem  lager  (aus  dem  läget  her)  entsetzet  wur- 
den.   Arg.  1,  459. 

4)  entsetzen,  deslituere,  privare,  possessione  delurbare,  mit 
gen.  oder  praeposilionen :  das  ich  unabgelöst  meins  pfand- 
schillings  entsetzt  sölt  werden.  Chmel  Maxim,  s.  63  (a.  1495) ; 
ob  wir  hierin  recht  und  fug  gehabt  haben,  sie  irer  freien 
wähl  zu  entsetzen.  Luther  8,  l' ;  und  sah  keinen  tröster  noch 
das  man  niug  widersteen  irem  gewalt,  entsetzet  aller  hilf 
vulg.  cunctorum  auxilio  destitutus).  bibel  1483.  307.  prediget 
Sal.  4, 1 ;  also  aller  hilf  entsetzt,  verhoffet  sie  kein  ander 
mittel  mehr  des  lebens.  Amadis  26;  da  gedenkt  die  glaublos 
seel,  aller  hofnung  einiger  erlösung  entsetzet,  es  sei  mit  ihr 
aus.  Fra!«k  iceUb.  102';  des  landes,  des  gutes  entsetzen,  aus 
dessen  besitz  setzen.  Haltaus  348 ;  Hiob  wirt  aller  seiner 
freund  und  abgölter  entsetzt,  kluge,  tceise  reden  155';  derselh 
soll  wasser  und  weid  und  aller  gerechtigkeit  dieser  vier  ge- 
meinden Waiden  verweist  und  entsetzet  sein,  weislh.  2,187; 
betrachtend  einen  menschen,  der  da  gesund  ist,  wie  er  an 
ihm  selbst  sihet  und  ist.  darnach  wann  er  krank  ist,  wie 
weit  er  von  der  gesundheit  entsetzt  wird.  Paracelscs  1,714*; 
das  sie  aus  verzweifelung  . . .  sich  selber  dieses  liechts  ent- 
setzt und  zur  ewigen  todenfinsternus  eigner  band  haben  ge- 
fördert. Garg.  214';  so  habt  ihr  euch  Selbsten  solcher  gegönter 
Würdigkeit  entsetzet.  Ayrer  proc.  2,11;  der  gegenlauf  des 
firmainents  entsetzte  ihn  aller  hofnung.  pers.  batimg.  1, 18 ; 
da  seind  sie  beide  der  reinigkeit,  der  Unschuld,  des  eben- 
bilds  goltes  entsetzt  worden.  Avrer  proc.  prooem.;  dasz  es 
dem  alieinweisen  gott,  unsere  mutter  durch  ein  christseliges 
ende  zu  sich  in  die  ewige  freude  und  herlichkeit  zu  nemen, 
uns  aber  der  mütterlichen  treu  und  Vorsorge  zu  entsetzen 
gefallen.  Butschky  Aoni/.  844;  wenn  er  des  Schwärmers  spot- 
tete und  den  afterweisen,  den  betrüger  oder  den  selbstbe- 
trogenen ihrer  ansprüche  an  Weisheit  und  tugend  entsetzte. 
WiELA.%D  7,  26; 

wie  wird  euch  wo!  dies  edle  paar  gefallen, 
das  von  der  diensibarkeit  des  vaters  haus  entsetzt? 
i.  E.  Schlegel  1,454; 

es  gibt  einen  seelenadel,  dessen  der  glückliche,  dem  er  an- 
geboren ist,  sich  nie  entsetzen  kann.    J.  P.  komel  l,  121. 

5)  den  allen  drzlen  hatte  entsetzen  auch  die  bedeutung  von 
iaxare,'den  leib  lösen:  alaun  vier  loth  dienet  zu  entsetzen 
und  zu  reinigen  und  zu  küelen.  Seuter  303.  vgl.  entschlie- 
szen  2. 

6)  da  fürchten  und  erschrecken,  in  vielen  trörlern,  ein  auf- 
fahren, aufspringen,  entsitzen  ist,  drückt  auch  das  transitive 
entsetzen  aus  in  furcht  und  schrecken  jagen,  aus  der  ruhe  in 
Unruhe  setzen:  und  wen  solch  slücklin  nicht  entsetzt  noch 
warnt,  den  lasz  faren,  er  wil  verloren  sein.  Luther  3,341*; 
Maaler  106'  entsetzen,  erzürnen,  exaccrbare;  den  kuttelfisch 
entsetzet  dieser  meerkrebsz  häszlich.    Forer  125'; 

ich  bin  nicht  frolich  worden  sider. 

so  gar  thet  mich  die  forcht  entsetzen.    H.  Sachs  IV.  3,5«; 

ich  fasse  nicht,  was  diese  reden  meinen, 

doch  sie  entsetzen  mich.    Schillkh  294'; 

da  ist  nicbLs,  was  den  menschen  entsetze.    510'; 

entsetzen  solh  es  mich, 
wenn  das  gerücht  nicht  unrecht  haue.    . .  .; 
dies  schauer,  von  der  seele  stürm  erregt, 
entsetzt  mein  aiipe, 

thig  shower,  blown  up  bv  lempest  of  the  soul, 
stariles  mine  eres,    hing' John  5,  2. 

Albebüs  Ao^;  oculi  attonili,  blöd  als  ob  einer  sich  entsetz. 


7)  häußger  begegnet  reflexives  sich  entsetzen,  stupere,  expa- 
rescere,  timere,  oft  vom  gen.  der  sache  oder  praepositionen 
geleitet:  der  lantgrave,  vor  deme  sie  sich  etzwas  entsazten. 
RornE  rfür.  chron.  cap.  735; 

er  merket,  das  ich  mich  des  entsetzt.    Schwarzemberc  153*; 

und  du  stast  im  under  sin  antlit  und  schmehest  in  öffent- 
lich ...  er  entsetzt  sich  nit,  so  doch  ein  dieb  der  heimlich 
stilt  sich  entsetzt.  Keisersherg  «.  d.  m.  37';  sie  erschrecken 
und  entsetzen  sich  irer  hinfart.  der  hase  im  pf.  . . . ;  da  ent- 
salzt sich  Isaac  über  die  masz  seer.  l  Mos.  27,33;  also  wil 
ich  das  land  wüste  machen,  das  ewre  feinde,  so  drinnen 
wonen,  sich  dafür  entsetzen  werden.  3  Mos.  2ß.  32 ;  ich  aber 
sprach  zu  euch,  entsetzet  euch  nicht  und  fürchtet  euch  nit 
für  inen  {vulg.  nolite  metuere  nee  timeatis  eos).  5  3/oj.  1, 29; 
lasz  dir  nicht  grawen  und  entsetze  dich  nicht  (noli  metuere 
et  noli  timere).  Jos.  1,  9 ;  da  Saul  und  ganz  Israel  diese  rede 
des  Philisters  höreten,  entsalzten  sie  sich  und  furchten  sich 
seer.  1  Sam.  17,  ll ;  alle  fürsten  am  meer  . . .  werden  in 
trawerkleider  gehen  und  auf  der  erden  sitzen  und  werden 
erschrecken  und  sich  entsetzen  deines  plötzlichen  fals.  Ez. 
26,16;  da  Jesus  diese  rede  volendet  halte,  entsalzte  sich  das 
volk  über  seiner  lere  (ahd.  wunlarülun  ubar  sina  lera,  goth. 
biabridedun  ana  laiseinai  is).  Motlh.  7,28;  und  alles  volk 
entsalzte  sich  {ahd.  wuntarölun  aliö  thiü  menigi).  12,23;  und 
sie  entsalzten  sich  alle  {goth.  afsiaupnudedun  allai).  Marc. 
1,  27 ;  also  das  sie  sich  alle  entsalzten  (svasve  usgeisnod^dun 
allai).  2,12;  und  sie  entsalzten  sich  über  die  masz  (jah 
usgeisnudedun  faurhtein  mikilai).  5, 42 ;  und  sie  entsalzten 
und  verwunderten  sich  über  die  masz.  6,51;  und  alsbald  da 
alles  volk  in  sähe,  entsalzten  sie  sich  (usgeisnödedunt,  liefen 
zu  und  grüszeten  in.  9,15;  und  da  sie  in  sahen,  entsalzten 
sie  sich  (jah  gasaihvandans  ina  sildaleikidedunl.  Luc.  2,48; 
und  ire  eitern  entsalzten  sich  ijah  usgeisnudedun  fadrein 
izüs).  8,56;  da  sihe,  wie  überschwenglich  grosz  ding  es  ist 
umb  das  sacrament,  wenn  man  sein  recht  braucht,  das  sich 
ein  mensch  drüber  zu  lod  entsetzet,  wenn  ers  recht  empün- 
det.  Luther  3, 160';  darumb  sol  sich  ires  hassens  und  schen- 
dens  niemand  entsetzen.  3,  29l';  darumb  soll  sich  ires  läster- 
nis  niemand  entsetzen,  br.  2,70;  von  dieser  prophecei  Da- 
niels sollen  sie  sich  billich  entsetzen.  Mela:«chth.  im  corp. 
doctr.  ehr.  262 ;  sich  entsetzen,  ein  grausen  empfahen,  exhor- 
rescere,  sich  entsetzen  oder  entrüsten,  die  gestall  des  ange- 
sichts verenderen,  vultum  mutare.  Maaler  106';  über  welchem 
wunder  sie  sich  heftig  enlselzle.  SciiCtz  beschr.  von  Preuszen 
46;  die  fromme  gute  frau  entsetzet  sich  höchlich  ob  solchen 
reden,  das.  64 ;  dieweil  gar  vil  menschen  sind,  die  sich  also 
bart  ab  dem  tod  entsetzen.    Wickrajis  bilger  vorr.  A2; 

sie  aber  gaben  umb  die  straf, 

wie  sich  ein  wolf  entsetzt  am  schaf.    >'3  6/.  48; 

dasz  der  siech  schwach  ist  oder  forchlsam  und  er  sich  der 
cur  entsetzt.  Gersdorf  feldb.  74;  sie  meineten,  man  wolle 
sie  bei  eiller  nacht  für  gericht  und  zum  tode  füren,  ent- 
salzten sich  zu  dem  ersten  ein  wenig,  gleich  richteten  sie 
sich  auf  mit  frölichem  angesicht,  als  wann  sie  gar  nichts 
danach  fragten,    buch  der  liebe  217,3; 

der  riiter  sich  entsetzt  der  ding.    H.  Sachs  I,  175*; 

der  herzog  von  Baiern  hatte  sich  vor  uns  entsetzt  und  wir 
vor  ihm,  drum  entsalzten  sich  beide  theile  vor  einander. 
Schweimchen  . . . ;  die  jungen  werden  sich  wie  die  alten  zu 
sterben  entsetzen.  Fischart  groszm.  140 ;  sie  sollen  ihn  aus 
dem  hofe  gejaget  und  sich  nicht  entsetzet,  haben,  ihn  tapfer 
abdreschen  zu  lassen,   pers.  baumg.  4,  29 ; 

mein  ganzes  dasein  entsetzt  sich.    Messias  10,  762; 

seht!  selbst  die  hund  entsetzen  sich  darob.    Göii.tGK  2,200; 

ich  staune,  ich  entsetze  mich,  wohin 

reiszt  euch  der  schwinde!?    Schiller  423'; 

überhaupt  zog  unsern  jüngling  ein  übermüsziger  hang  zu 
übermüszigen  menschen  bin,  wovor  sich  andere  entsetzen. 
J.  P.  Tit.  1,6. 

8)  sich  entsetzen,  resistere,  $e  opponere,  sich  widersetzen, 
Kiderstehen,  u-ozu  man  das  goth.  andsaljan,  entgegensetzen 
halte:  wo  aber  die  tyrannei  so  grosz  und  nicht  geduldet, 
wolle  sich  ewer  einer  entsetzen  und  der  enden  behausen, 
da  im  da»^  wort  goltes  klar  und  lauter  gepredigt  wird.  Luthkr 
3,421';  also  das,  wer  nicht  irren  wil,  sich  wol  damit  wider 
die  verfürer  entsetzen  kan.    3,  43S'; 


623 


ENTSETZEN  —  EiNTSETZUNG 


ENTSETZUNG  —  ENTSINKEN 


624 


verwundert  sieb  die  eiche  grosz, 

und  sprach,  du  bisi  an  kielten  blosz, 

ein  armes  röhr,  schwach,  dünn  und  hol, 

und  kanst  dich  nicht  eniseizen  wol.    Waldis  1, 100  6/.  67'. 

9)  was  aber  heiszl  sich  entsetzen  in  folgender  stelle,  auch 
von  einer  pflanze?  wann  man  sie  {die  eben  erst  angegangenen 
zweiglinge)  dann  fortsetzet,  so  entsetzen  sie  sicL  und  ver- 
irren Ton  irer  nalirung.  Sebiz  342.  sie  verliommen,  werden 
kraßlos  ?  entrüsten  sich,  tele  vorhin  bei  Maaler  mutant  vultum  ? 
ENTSETZEN,  n.  Stupor,  Horror:  denn  es  war  sie  zillern 
und  entsetzen  anküinen  {goth.  dizub})ansat  ijus  reiru  jaii 
usfiimei).  Marc.  16, 8 ;  und  sie  wurden  vol  wunderns  und 
entsctzens.  apostelg.  3, 10 ;  wie  der  mit  einer  ganzen  legion 
erschlagen  wer,  darab  die  Römer  ein  grosz  erschrecken  und 
entsetzen  halten.    Livius,  Schöfferlin  S9"; 

in  der  hülle  des  entseizens.    Klopstock; 

kalt  wehten  entsetzen  und  grausen  sie  an.    Bürger  G2'; 

kalt  ergrir  mich  das  entsetzen.    Scuillbr  49S'; 

jetzt  versteh  ich  das  entsetzen, 

das  geheimnisvolle  grauen, 

das  mich  schaudernd  stets  gefaszt.    499'; 

da  stehn  wir  angefessell  von  entsetzen.    ...; 

nur  mit  entsetzen  wach  ich  morgens  auf.    Göthe  ... 
früher  sagte  man  besser  enlsilzen. 

ENTSETZEND,  horrendus:  das  pferd  sah,  sciiauderte  und 
zitierte  vor  entsetzendem  abscheu.  Lessinc  1, 132.  in  fol- 
gender stelle  fehlerhaft  entsitzend:  dieweil  des  künigs  ent- 
sitzende grosze  macht  und  schwere  ungnad  inen  vil  Schreckens 
bracht.  Tschüdi  1,235. 
ENTSETZENSTHAT,  /. 

weist  du  die 
enisetzensthalT  Jerome  ist  erschlagen.    IIeinr.  KiEtst  1,SS. 

ENTSETZENSVOLL : 

und  blutige,  entsetzensvollo  thati    Schiller...; 
weh,  weh  mir!  o  cntseizensvolles  licht! 
ENTSETZEH,  ni.  der  einen  entsetzt,  absetzt:  entsetzer  des 
adels,  der  aus  einem  cdclmann  einen  unedlen  macht,  traduclor 
ad  plebem.    Maaler  106'.     bei  Stieler  2041  invasor,   praedo, 
defensor. 

ENTSETZLICH,  horrendus,  nefandus,  schrecklich,  ßrchter- 
lieh,  vgl.  goth.  andasels  (=  ahd.  anlsdji) : 

Judas,  Judas!  entsetzlicher  jünger,  du  hast  ihn  verraihen! 
Messias  6,  546 ; 

0  der  fluch,  den  du  fluchst,  der  wird  dich  selber  ergreifen, 
du  entsetzlicher  munn!    ...; 

ein  entsetzlicher  mensch!  ein  scheusal; 

ein  entsetzliches 
gebeimnis  brennt  auf  meiner  brüst.     Schiller  246'; 

nimmermehr,  in  dieser 
entsetzlichen  erschüttrung  sie  verlassen.    ...; 
entsetzt  vernehm  ich  das  entsetzliche.    ...; 
denn  sein  blick  war  entsetzlich ,  und  tod  in  des  redenden 
stimme.    Voss; 

einen  entsetzlichem  aufentbalt  hülle  die  hülle  selbst  nicht 
für  sie  ausflnden  können.  Gerstenberg  Minona  s.  82 ;  wir 
reisten  in  dem  entsciziithsten  schneegeslöltcr  ab. 

oß  aber  empfangt  der  ausdruck  milderen  sinn  und  dient, 
wie  fürchterlich,  schrecklich,  abscheulich,  grausam  zu  einer 
geläufigen,  fast  nichts  sagenden  Steigerung  di's  begrifs :  ent- 
setzliche schaize  an  gold  und  silber.  Felsenburg  4,  238,  wie 
et  auch  heiszl  schreckliche,  slupende,  horrende  reichlhümer, 
nicht  snwol  die  man  verabscheut,  als  die  staunen  machen. 
Krüger  ist  ein  entsetzlicher  (=  erstaunlicher)  Windbeutel,  sein 
ballet  soll  nicht  übel  sein.  Göthe  an  Schiller  464.  vgl.  das 
folgende. 

ENTSETZLICH,  adv.  horrendutn  und  dann  magnopere, 
vehementer:  er  Ducht,  tobt,  schreit  entsetzlich,  fürchterlich; 
entsetzlich  grusz.  nnocuES  4, 476 ;  entsetzlich  klein.  5,374; 
entsetzlich  schön.  7, 580 ;  das  hah  ich  doch  gesehen,  dasz 
sie  ganz  grün  im  gesiebt  und  am  leibe  war,  und  dasz  sie 
einen  buckel  und  entsetzlich  lange  uhren  hat.  Wieland;  sie 
balle  mir  das  unwichtigste  von  der  weit  zu  sagen,  dasz  es 
ihr  entsetzlich  weh  sei.  Göthe  20,36;  lebe  wol,  ich  sudle 
rnt<ptzlirh,  damit  du  nur  ein  wort  habest,  an  Knebel  4A ; 
in  seiner  klcidung  w;ir  er  ntin  (•nl'i'i/lKh  »'iicl.  Kkttimf  br. 
2,  25». 

ENTSETZUNG,  f. 

1)  obrogatio,  dejeclio  de  gradu,  ademlio  muneris:  entscizung 
eioei  edlen  zä  einem  unedlen.  Maalk*  loe'.';  excommuoicatio, 


das  heiszet  entsetzung  derselben  gemeinschaft,  und  so  nennen 
die  gelerten  den  bann.  Luther  l,  2S2";  entsetzung  von  amt 
und  stelle. 

2)  liberatio  urbis,  excrcitus :  damit  der  kriegsherr,  wenn  er 
von  ihnen,  wie  die  besatzung  so  wol  versehen,  auch  wie  das 
Volk  darinnen  so  beherzt  sei,  erfehrl,  ein  entsetzung  daroh 
cmpfahe.  Frossperc  1,96";  und  ihr,  wo  es  not  thäte,  wird 
kein  gefabr  so  heftig  sein,  ihr  sollt  gewislich  entsetzung  auch 
durch  mich  selbst  bekommen.    Kirchhof  mil.  disc.  169. 

3)  timor,  vcrenindia,  horror,  scheu: 

wie  darfst  du  fiirder  schniehen 
was  dein  ^jeborner  fürst  mil  tust  pllfgt  anzusehen 
und  mit  entsetzung  ehrt.     Gryphiüs  1,  124; 

wie  er  denn  die  decreta  und  geistliche  gesetz  öffentlich  zu 
verbrennen  kein  entsetzung  oder  scheue  gehabt  hat.  Luther 
1,458';  das  volk  kam  in  eine  grosze  furcht  und  entsetzung. 
8,207'; 

Stanadius  heut  ward  begraben, 

wolt  daran  kein  enisetziinsr  haben 

und  aus  dem  grab  ihn  ziehen  raus.    H.  Sachs  V,226'; 

über  welchen  bericht  ich  mich  . .  .  hoch  entsetzt  . . .  belan- 
gend die  entsetzung,  kam  dieselbe  daher.  Ri.ngwald  tr.  Eckh. 
A  3';  und  fiengen  ihre  herzen  durch  entsetzung  {vor  entsetzen) 
gleichsam  an  zu  sieden,  pers.  baumg,  2,23;  entsetzung  über 
die  entdeckung.    Göthe  57,  301. 

ENTSEUFZEN,  ingemere,  erseufzen :  Eurioliis  erschrack  des 
und  ward  krank  und  enlsufzet  aller  siner  kreften  (vehementer). 
WvLE  Iransl.  {Lucretia). 

ENTSEULEN,  columnis  spoliare,  columnas  evertere,  Stieleb 
1694 :  so  stürzte  der  enlsäulte  palast  über  dich,  Simson,  ein 
schreckliches  monument  von  ruinen  und  zerschmetterten 
feinden  zusammen.    Lessing  1,  206. 

ENTSICHEHN,  gleichviel  mil  sichern,  securum  reddere:  sie 
hätten  mit  dem  allen  fürsten  meinethalben  geredt  und  ge- 
betten,  mich  der  straf  des  Polacken  halben  zu  entsichern. 
Götz  VON'  Berl.  lebensb.  s.  28. 

ENTSIEDEN,  fervendo  erumperc: 

dunstendes  schwefelgesumpf,  das  geborstenem  bodeu  ent- 
siedet.    Voss. 

ENTSIEGELN,  sigillum  solvere,  dann  überhaupt  aperire: 

der  bach,  den  eis  verschlosz  und  sonn  und  wesi  entsiegeln, 
in  dem  sich  luft  und  buum  und  liirt  und  herile  spiegeln. 

IIagedon.n  3,  87 ; 
weh,  was  seh  ich,  welch  ein  bild  I 
'ja  es  soll  den  trug  entsiegeln'.    Göthe  2,  42; 
denn  ich  musz  am  be-iten  wissen, 
wie  die  räthscl  sich  entsiegelt.    4,32, 
und  die  thüre,  fest  verrie!,'elt, 
ist  durch  Wunderkraft  entsiegelt.    40,95; 

weitere  fortschritte  verdank  ich  besonders  Niethämmern,  der 
mir  die  haupträlhsel  zu  entsiegeln  trachtete.    50,54; 

die  lippen  des  verstockten  zu  entsiegeln, 

harrt  schon  die  fulier  sein.    Götter  2,  267; 

madchen  eotsiegelien, 

brüder,  die  Haschen! 

auf!  die  gellogeltcn 

freuden  zu  haschen.    Matthissom  176; 

ich  höre  dich,  o  herr,  vom  Innfren  schweigen 

zum  ersteiimiil  den  miind  entsiegeln.    Schiller  ...; 

nur  liebe  kann  den  erdensiaiib  belliigeln, 

nur  sie  allein  der  himmel  thor  entsiegeln.    A.  W.  Sculecel; 

alle  höhn  hast  du  erfliigell, 

alle  tiefen  du  entsiegelt.     KEckrrt. 

ENTSIEGEN,  victoriam  reportare: 
dasz  sie  möchten  den  preis  beholten 
von  ihren  feinden  und  obliegen. 

so  lang  Mars  ward  für  ihn  entsiegen  {et  tlehl  ensie^en). 
Glaser  ptxansm.  Fritchl.  3,3. 

ENTSILBEN,  tyllabas  frangere: 
erfuhr,  dasi  echo  die<es  wort 

entsilhet  und  zerbrochen.    Urockrs  bei  Wricitmann  1,71; 
die  wone  schienen  mir  ontsilbt  zu  sein  durch  ihrAnen. 

Wrn.iiki  266. 

ENTSINKEN,  excidere,  elohi,  nnl.  onlzinken :  wenn  wir  von 
inen  hören  werden,  so  werden  uns  die  feii«te  entsinken.  Jer. 
6,24;  wenn  der  könig  zu  Babel  ir  grriiilil  hören  wird,  so 
werden  im  die  feuste  entsinken,  im  wird  so  angst  und  bange 
werden,  wie  einer  frawen  in  kindsnölen.  50,  43 ;  und  narh- 
deine  mir  sein  name  enisunken  und  vergessen  ist.  so  wird 
man  freilich  sein  wafTen  noch  in  der  berberg  zu  Heidelberg 
zum  hirsch  flnden.  GOtx  von  Bcrl.  lebentb.  Ol;  und  ist  mir 


625 


ENTSINKEN  —  ENTSITZEN 


ENTSITZEN 


626 


gleichwol  sein  name  entsunken,  das  weisz  ich  aber  woi,  dasz 
es  ein  groszer,  starker,  dicker  knecht  war.   186; 

ich  glaub  du  hast  zu  viel  hier  getrunken, 

oder  der  wiiz  ist  dir  entsunken.    Soltau  volksl.  473; 

entsinkt  ihme  mut  und  sinn.    Butschkt  Palm.  284; 

satan  entsank  dem  felsen  und  rnnscbie 
durch  die  Schöpfung  hinab  zu  der  hölie.    Messias  13,896; 

entsunken  dem  schwellenden  wünsche 
nach  iriumphen,  wie  jene,  die  blutvergieszer  belohnten, 
Schwung  sie  sich  auf  in  erhabnere  höhn.    15,  "SO; 

dem  müden  äuge, 
das  zu  brechen  begann,  entsanken  verlöschende  blicke.    . . . ; 
und  er  entsank  in  den  staub  mit  geschrei.    Voss; 
und  gedrängt  vom  himmel  entsank  nacht; 
schnell  entsanken  die  lu'nen  der  band.  efHuxere  umae  manibus. 

Ov.  met.  3,  39 ; 
traun,  dem  Thucvdides  wäre  der  zitternde  griffel  entsunken, 
hält  über  Altika  Zeus  ähnlichen  jammer  verhängt. 
Maitbisso:«  273; 
die  hänslichkeit  birgt  sie  in  grünen  hallen 

vom  Sonnenstrahl  umblinkt, 
bis  ihr  beim  hochzeiilied  der  nacbtigallen 

der  mrrtenkranz  entsinkt.    Salis  140; 
und  mit  gebrocbnem  seufzer,  halb  entseelt, 
entsinkt  sie  bleich  zu  des  geliebten  füszen.    Schillik  624'; 
seit  du,  der  leeren  nacht  entsunken, 
dein  stolzes  licht  von  ihm  geholt, 
sah  es  in  dem  gewühl  der  funken 

schon  manchen  stern  verkohlt.    Thömmil  5,  149; 
bei  jedem  schlage  sprühn  die  schwerierfunken, 
Schild,  rüsiung  sind  zerfetzt  durch  hieb  und  stosz, 
die  schienen  sind  schon  nach  und  nach  entsunken 
und  beider  arme  ganz  entwehrt  und  blosz. 

Griks  Bojardo  1,  4,  3; 

ein  dem  himmel  entsunknes  Pallasbild.  J.  P.  Besp.  1,  61 ;  mein 
entsinkendes  leben.   2,114. 
ENTSINNEN,  nnt.  ontzinnen, 

1)  extra  se  rapere,  der  sinne  berauben:  er  ist  ganz  als 
wenn  er  entsinnet  wäre,  expulsus  quasi  sensibus  est.  Stieler 
2033;  ontzint  van  minne,  ror  liebe  sinnlos; 

kond  sie  so  gar  entsinnen  dies  stumme  schöne  bildl 
Birke.-«  OL.  76; 

in  einer  art  von  entsinntem  {desorganisiertem)  zustande.  Hippel 
8, 113. 

2)  sich  entsinnen,  recordari,  sieh  auf  etwas  besinnen,  Haltaüs 
348 :  daruf  künden  sie  itzunt  nit  geantworten,  sie  woltcn  das 
hinder  in  behalten  und  sich  daruf  entsinnen,  iceisih.  3,  508 ; 
anwalt  ist  entsunnen  {gesonnen)  auf  dieselben  solche  fragstück 
zu  machen.    Ayber  proc.  2,  7  ; 

der  bruder  denke  nach,  der  fürst  entsinne  sich, 
hab  ich  es  nicht  gesagt?         Gcj(ther  1010; 

recht,  recht,  ich  entsinne  mich,  die  arme  geigerstochter,  wovon 
neulich  die  rede  war.  Schiller  203";  wenn  jemand  glaubt, 
etwas  im  gedächtnis  zu  haben,  aber  es  nicht  zum  bewust- 
sein  bringen  kann,  er  könne  'es  nicht  entsinnen',  nicht  'sich 
entsinnen',  denn  das  bedeutet  so  viel  als  sich  sinnlos  machen. 
Kam  10, 190.  hier  übersieht  Kant  die  zulässigkeit  entgegen- 
gesetzter bedeutungen  für  dasselbe  worl.     'es'  ist  der  alte  gen. 

ENTSINNLICHEN,  eupiditalum  vi  liberare :  ein  entsinnlichter 
mensch;  in  dem  grade,  als  wir  uns  entsinnlichen,  kommen 
geistige  dinge  durch  Sinnlichkeit  uns  entgegen.  Hippel  9,  58. 

ENTSINNLICHLNG,  f.    Hii>pel  9,  287. 

ENTSINNUNG,  f.  1)  alienalio  menlis:  selbstentfremdung 
und  entsinnung,  abfallen  aus  der  region  des  einzigen  wahren 
Sinnens.    Ficbte  hinterl.  werke  1,  33. 

2)  recordatio,  besinnung. 

ENTSITTLICHEN,  honestate  privare,  dimoraUser:  ein  ent- 
sittliciiter  mensch;  einen  verein  entsittlichen. 

ENTSITTLICHUNG,  f.  corruptio,  d^moralisation. 

ENTSITZEN,  mhd.  entsitzen^  nnl.  ontzitten. 

1)  im  eigentlichen  sinn  absitzen,  namentlich  vom  pferde, 
absteigen,  niederfallen : 

daj  Tur  dem  borggrdben  intsat 
der  junge  dd  von  Angorant, 
dd  von  wart  ime  zorn  bekam.    Crane  4345; 
dem  stul  entsitzen,  aufstehen,  ihn  verlassen. 

2)  entsitzen,  procul  abesse,  ferne  sitzen,  «ohnen,  entsessen, 
in  der  ferne  wohnhaß,  abgelegen,  kaum  anders  üblich  als  im 
partieip:  wir  sind  weit  von  einander  entsessen.  SnELER2036; 
da  die  parteien  weit  entsessen.  Frankf  reform.  1,5,11;  über 
zehen  meil  wegs  entsessen.  1,12,1;  dem  gcrichtsstul  ent- 
sessen. 1, 6, 1 ;  von  seinen  nächsten  nachbam,  geschweige  f oo 

Ul. 


weiters  entsessenen  gefoppt.  Simpt.  2,  710;  mein  von  der 
liebe  so  weit  entsessenes  herz.    Amüne  und  Amandus  30; 

in  fremden  landen  weit  entsessen.    SpastiG  Aen.  452'; 

Margaris  ist  weit  entsessen, 

ihrer  Schönheit  ist  vergessen.    Birkki'«  Gmelßs  21. 

3)  einem  entsitzen,  trotzen,  stand  halten :  denn  der  in  hat 
gesetzt  zu  seiner  rechten,  hals  im  sinn,  er  wolle  in  dabei 
behalten,  darauf  trotzen  und  trösten  wir  uns  and  wollen 
irem  zorn  wol  entsitzen.  Luther  2,95*;  da  waren  Schlösser 
und  heuser,  die  zuvor  wollen  dem  Türken  entsitzen,  aber  da 
die  bawren  nur  anklopften,  giengen  sie  dahin.  3,248';  er  ist 
in  zu  slerk  und  mechlig,  er  kan  in  wol  ein  zorn  entsitzen, 
wenn  ir  auch  noch  tausentmal  so  viel  weren.  3, 43o';  lasz 
auch  sehen,  ob  du  dej  man  seiest,  der  im  (gotte)  entsitzen 
künde?  4,398;  gefidderte  reder,  damit  sie  auch  den  büchsen 
empfliehen  und  eim  zorn  entsitzen  können.  5,  21*  (6r.  4,  8) ; 
doch  ist  er  (Christus)  dem  teufel  mans  gnug,  das,  wer  an  im 
hanget,  aller  seiner  macht  und  gewalt  kan  entsitzen  und  trotz 
bieten.  5,  51l' ;  das  wir  unser  schlosz  wol  vervvaret  haben  und 
dem  teufel  entsitzen  können.  5,513';  wer  aber  dem  tod  ent- 
gangen ist,  der  ist  auch  dem  andern  allen  entgangen  und  ein 
herr  über  weit,  teufel,  strick,  schwert,  fewer,  galgen  und  alle 
plagen,  das  er  im  wol  kan  entsitzen  und  trotz  bieten.  6,79*; 
was  fragt  er  denn  auch  nach  denen,  die  nach  im  nicht  fragen? 
er  kan  in  {eis)  wol  ensitzen,  wenn  sie  es  gleuben  wollen, 
gleuben  sie  es  nicht,  so  erfaren  sie  es,  volenti  non  fit  injuria. 
6,352*;  wenn  unser  fleisch  und  blut  thet,  so  wollten  wir 
dem  teufel  wol  einen  zorn  entsitzen.  tischreden  217*.  223' ; 
wenn  der  keiser  jetzt  Teutschland  und  Frankreich  inue  hette, 
so  hette  er  geld  und  leute,  könnte  dem  Türken  wo!  einen 
zorn  entsitzen.  433";  der  landvogt  merkt  wol,  dasz  im  der 
Teil  entsasz.  Tschudi  1,  238.  bei  Luther  scheint  'einem  zorn' 
und  'einem  einen  zorn'  entsitzen  beides  richtig,  br.  6,  628 
findet  sich  darüber  eine  ungenügende  anmerkung. 

4)  entsitzen  ist,  wie  schon  unter  entsetzen  6  gesagt  wurde, 
aufspringen,  auffahren,  ßrchten,  scheuen,  wird  aber  transitiv 
und  hat  den  acc.  bei  sich: 

mhJ.   gewalt  entsitz  ich  kleine.    Trist.  278,9; 
deheinen  man  er  nie  entsaj.    Lam.  1751; 
wan  er  in  angesliehe  entsaj.    tr.  kr.  369; 
nhd.  so  sollen  wir  solche  bewegung  unser  sinlicheit  entsitzen 
und  verachten.  Keisersberg  bilger  7';  do  fieng  man  an  dise 
busz  zu  entsitzen  und  schuhen  von  ir  schwere  wegen.  102'; 
ain   ieder  mensch  entsitzt  natürlich  die  zertailung  leibs  und 
der   seien,    schif  der  penitenz  122';    wie   stond   die  zwai  bei 
ainander,   das  der  gerecht  den  tod  entsitzt  ond  daizu  das 
hegen?   123'; 

hier  umb  kein  angst  noch  tod  entsitzen.    trag.  Joh.  C2; 

sie  haltend  gott  im  herzen, 

diirumb  entsasz  si  alle  weit, 

es  was  bös  mit  inen  ze  scherzen.    Kör:«kr  volksl.  11; 

die  natur  entsitzt  {scheut)  ab  dem  notzwang,  die  Hebe  wil 
frei  sein  und  bede  der  will  und  das  herz  ungezwungen.  Fbase 
weltb.ib*;  als  aber  beide  beer  einander  sichtig  wurden,  ord- 
neten sie  ire  vorhuten  und  wachten  gegen  einander,  entsaszen 
doch  beiderseits  einander.  Stumpf  1,  184';  dasz  Alexander 
eben  dieses  bei  sich  selbst  hat  fürchten  und  entsitzen  müs- 
sen. Thurneisser  notgedr.  ausschr.  vorr.  2;  sie  hassen  den 
frost  und  entsitzen  die  kälte  von  irer  dünne  wegen.  Forer 
55';  in  mitte  des  sommers  wird  die  ankunft  der  schwarzen 
flöh  zu  entsitzen  sein  (sera  h  redouterj.  Fischart  groszm.  130. 
heute  erloschen. 

5)  sich  entsitzen,  sich  ßrchten,  scheuen:  darfst  du  dem 
menschen  nicht  übel  reden  und  must  dich  entsitzen  {es  steht 
entzitzen,  wie  oben  sp.  618  entzeben).  ist  das  war,  da  solt 
du  auch  gott  dem  herren  nicht  übel  reden,  sunder  clein- 
mütig  sein  und  dich  schmucken.  Keisersb.  s.  d.  m.  21*;  ein 
wechter  auf  dem  thurn,  der  sieht  umb  sich  und  ist  nütz 
allen  menschen,  er  schreiet  immermeder  in  der  nacht  'ich 
sich  dich  wol'  und  sieht  in  doch  nicht,  er  lugt  allwegen  uf 
das,  da  einer  umb  den  stattgraben  gieng  und  schaden  wolt 
thfin,  das  er  sich  entsitze  und  hinweg  gang.  33*;  so  ein  ver- 
wüstet armer  mensch  sich  an  allen  enden  vor  iederman  ent- 
sitzen musz.    seelenparad.  38*; 

danu  ich  mich  gar  hart  entsasz.    Wickram  bilger  80, 
so  wil  ich  mom  mit  üch  gen  Visp,    und  so  man  mich  laszt 
olTentlich  reden,  wil  mich  dessen  nit  schämen  noch  entsitzen. 
Plater  42;    der  ritter,  welcher  seinen  feinden  mit  dapferem 

40 


627 


ENTSrrZEN—  ENTSPEUREN 


ENTSPINNEN  —  ENTSPRECHEN 


628 


pemiit  bat  dürfen  begegnen  und  in  keinem  streit  sich  der 
Waffen  entsessen  hat.  Galmy  19  =  buch  (LI.  45,2;  ir  möget, 
edier  ritter,  wol  abnenimcu  mich  nicht  umb  sonst  herkom- 
men, dann  fürwar,  wo  ich  mich  eines  manns  entsessen  hett, 
wolt  ich  solchen  ritt  unterwegeu  gelassen  haben.  67  =  60, 1. 

ENTSITZEN,  n.  timor,  furcht,  scheu,  später  in  entsetzen 
verderbt,  da  doch  deni  subst.  die  neulralbedeuinng  des  verbums 
verbleibt:  alle  weit  hat  ein  entsitzen  ab  im.  Keisebsrerg 
selenparad.  in' ;  dann  der  natur  begeren  ist,  dasz  sie  geheilel 
wird  ohn  schmerzen  und  wehtagen  und  sie  hat  ein  entsitzen, 
wann  solche  foltcrhansen  mit  ihrer  kunst  einher  treten.  Paiia- 
CELSOS  chir.  sehr.  14*. 

E.NTSITZL'NG,  f.  timor:  rauben  ist  grüszere  sünd  dann 
heimlich  steten,  wann  rauben  geschieht  usz  gröszercr  Verach- 
tung Seins  nechsten  und  aus  frevel  on  entzitzung  {unge- 
schevteni  frevel),  aber  Stelen  geschieht  heimlich  und  mit  ent- 
sitzung  gegen  dem,  dem  man  stilt  und  mit  minder  Verach- 
tung, davon  ist  es  minder  sünd  weder  rauben.  Keisersherg 
s.  d.  m.  26*. 

ENTSOHLEN,  •detrahere  soleas : 

senken  die  füsz  entsohU  in  des  lieblichen  bndcs  erfrlschung. 

Voss  2,  317, 

ENTSÖHNEN,  s.  entsühnen. 

ENTSONDERN,  separare,   absondern.    Stiei.er  303. 
ENTSONDEHUNG,  f.  absonderung,  z.  b.  einer  kirche. 
ENTSONNEN,  sole  privare: 

und  irntner  riunkelgrauer 

hängt  das  gehirg  entsonot.     Tiedge. 

ENTSPALTEN,  diffindere,  aufspalten:  einen  knorren  ent- 
spalten,  ein  holz  feiner  entspalten ;    der  fels  entspaltet  sich. 

ENTSPANEN,  ENTSPÄNEN,  assulam  praecidere,  bei  gericht- 
licher veräuszerung,  vergantung  eines  hauses  oder  grundslücks 
wurde  vom  gerichtsboten  ein  span  aus  der  thür  geschnitten, 
das  hiesz  enlspünen :  hat  gemelter  fronbot  einen  span  aus 
der  erbschaft  vorberürler  behausung  geschnitten  genommen 
und  als  entspent  gut  ofTcntlich  aufgeboten,  spanbrief  von 
152t.  herausg.  von  Lochner.  A'ünifc.  1850  5.13;  hat  gedachter 
landpot  aus  bestimpten  zweien  gütlein  insonderheit  einen 
span  geschnitten  und  genumen  und  die  als  entspente  guter 
olTenlich  im  gericht  aufgeboten,  ur/i.  von  150S  ms. ;  wann  aincr 
ain  urtl  in  recht  erlangt  hat,  der  wegen  ligender  guter  mit 
gerichtlicher  Ordnung  entspent  und  ime  der  spcnbrief  zuge- 
stellt worden  ist.    Nürnberger  reform.  1504.  65*. 

ENTSPÄNEN,  s.  entspenen, 

ENTSPANNEN,  laxare,  nnl.  entspannen :  rinder  vom  joch 
entspannen; 

\jnd  sie  eotspanntc  den  bogen  und  bub  von  der  achsel  den 

köchcr.    Voss; 
lasset  die  stampfenden  rosse  noch   nicht  dem  v^-agcn  ent- 
spannen.    ItERGEK  211'; 
die  maskeln  sind  entspannt  und  schwinden, 
der  sinnen  srhwnrhiiches  empfinden 
verküniligt  schon  der  Aiulnls  graus.     Drollinckr  17; 
gelöset  war,  es  war  entspannt.    Stolberg  5,  2G6. 

ENTSPEISEN,  decibare  d.  i.  cibo  privare.  voc.  theul.  1482 
g  5*.    Diefenrach  137,  einem  das  brot  vor  dem  mund  abschneiden. 

ENTSPENEN,  ablaclare,  a  lade  separare,  ein  kind  von  der 
hrust,  ab  uberc,  eutuübnen,  vgl.  abspenen,  abspannen  und 
ahd.  spunni  über  (Gräfe  6,  343),  bair.  spünn,  üstr.  spinn, 
vcvon  mehr  im  SP  zu  sagen  ist.  das  wart  gilt  dann  über- 
hovpt  für  entwöhnen,  abspenstig  machen: 

wer  sein  guten  gesellen  »chnnt, 

und  im  .sein  Lulen  aUo  abentspent.    fnstn.  157,34; 

nach  schaden  folgt  spotten,  das  empfinden  wol  die  betrübten, 
also  geschiehel  von  euch  mir  beschädigten  manne,  liebes 
rnlspent,  leides  gewent  (gewohnt)  habt  ir  mich,  der  ackcr- 
niitiKi  aus  hiihrim  cap.  13. 

KNTSPENEK,  m.  tnonopulus,  der  eim  das  sein  entspcnet, 
tiic.  theul.  1482  g&'.  DiEFKMiACii  36**,  das  soll  wol  hcisten, 
der  ein  monopol  erttirbt,  ftovontii).rjs,  allcinhändler,  der  andre 
nielitt  renlii'nen  Idszl. 

ENTSPENSTtN,  delicere,  ablocken,  abtpenslig  machen,  voe. 

tbrul     H<.2    f(h'. 

'  "^  I  --l'KHHEiN,  aperire,   aufsperren,   mhd.  entspcrrcn,  nnl. 

ii-n: 

^  in  diu  porte  w/frdn  riit^iuiri, 
m.m  milOf  iurh  ;ici«(r  urviri 
uM'ltT«  lieiciien.    Iw.  uiil  ■ 


tür  und  tor  wart  im  entspart.    GA.  2,  439 ; 
diu  {kistc)  vrölichen  von  in  wart 
mit  fünf  slüjjcbi  ent«part.    2,448; 
uhd.  da  sah  am  grund  er  einen  drnchen 

aufg.ihnen  mit  eiitspcrrtein  rächen.    ROckert  68. 

ENTSPINNEN,  nere,  nnl.  ontspinnen, 

1)  eigentlich  faden  ausspinnen:  der  seidenwurm  entspinnt 
aus  seinem  leibe  lange  faden. 

2)  moliri,  conßare,  ein  gespräch,  einen  streit,  krieg  ent- 
spinnen ; 

und  ib  dor  eiotracht  schosz  Unfrieden  zu  entspinnen. 
i.  E.  Schlegel  1,  237; 

und  wer  diesen  gedanken  entsponnen,  sagt,  musz  das  nicht 
ein  erleuchteter  politischer  köpf  sein?  Sciiii.i.er  110";  die  an- 
zahl  der  heloten  vermehrte  sich,  dasz  sie  anliengen  der  repu- 
blik gerahrlich  zu  werden  und  auch  wirklich  .  . .  empörungcn 
entspannen.    1020*. 

3)  sich  entspinnen :  bisher  hat  man  alle  Sachen,  die  sich 
entspinnen  über  dem  glauben  . . .  auf  ein  concilium  gescho- 
ben.   Luther  4, 177'; 

Vulcanus  habe  sie  zu  seiner  Werkstatt  innen, 

aus  welcher  solcher  plitz  und  Mammen  sich  entspinnen. 

Opitz  1,  35-, 
erhalt  die  eh  im  segen, 

die  sich  "von  dir  entspinnt, 
lasz  sie  sich,  vjiier,  regen 

durch  kindcs  kindcskiud.    S.  Dacb  N3'; 
wie  wirds  nach  dieser  zeit 
um  das  gebiete  stuhn  ?  was  wird  sich  nicht  entspinnen? 

Grvphius  1,  291; 
der  mensch,   der  ist  die  kleine  weit,  sein  haupt  das  ist  der 

himmel, 
gar  recht,  denn  da  entspinnt  sich  her  manch  weiter  und  ge- 
lüniiucl.     LouAU  3, 71,Sä; 

so  wenig  ist  die  luft,  die  sich  von  innen  im  leibe  entspin- 
net, zu  verhalten,  co/ica  105;  erzehlte  bei  tische,  woher  sich 
der  ganze  streit  entspönnen.    Weise  erzn.  97; 

indes  sich  so  um  zwanzig  jähre  jünger 
die  alle  schwatzt,  enispinnt  der  hohe  lockenbau 
der  schönen  braut  sich  unter  Fatmens  linger.    Oftcron  5, 16; 
ein  iraum  dem  andern  sich  entspinnt.    Lenau  Fatist  195; 
aber  jetzt   eben    entspinnen  sich  kriegshandel  zwischen  Por- 
tugiesen, Spaniern  und  Engländern.  Götue  6,  208  ;  es  währte 
nicht  lange,   so  entspann  sich  aber  für  mich  ein  eignes  und 
besondres  Interesse.    24, 145. 

ENTSPITZEN,  obtunderc,  retundcre,  stumpf  machen,  dir 
spitze  berauben.    Stiei.er  2064. 

ENTSPHECHEN,  re.'^pondere,  convenirc.  1)  mhd.  entsprechen 
für  antworten,  entgegnen: 

vil  lüt  diu  krä  schrigen  began, 
si  schrei,  daj  ir  der  walt  entsprach.    Bon.  49,  71. 
tüid.  der  wähl  pflegt,  wie  man  ruft,  pemcinlich  zu  entsprechen. 
turückwmsunfi  eines  fricdcnxheroldes  von 
11.  J.  Haugen.  Züricli  1722. 

2)  nhd.  entsprechen,  gemdsz  sein :  die  getät  und  der  nain 
sollen  einander  entsprechen.  Keisersberg  post.  171*;  du  bist 
nit  edel,  es  sige  denn,  das  deine  werk  und  geschichtcn  cut- 
spreclien  den  geschichtcn  und  werken  deiner  fordren.  1, 17 ; 
die  jünger  hfiben  uf  siben  kiirb  voll  nach  der  zai  der  jünger, 
also  das  ieglichem  jünger  ein  korb  entsprach.  3,  79 ;  ein  leeres 
wort,  ein  bloszer  schall,  dem  nicbts,  gar  nichts,  entspricht.  Les- 
sing 2,165;  nie  hat  eine  geslalt  den  Innern  vollkoinmenheiten 
mehr  entsprechen ;  möchte  die  Übersetzung  der  meinung  ent- 
sprechen, welche  sie  nach  dem  ersten  versuche  von  dem 
was  ich  leisten  könnte,  faszten.  Wibland  in  der  Zueignung 
seiner  übers,  der  episteln  Ilorazens; 

verzeih,  wenn  der  erfolg  dein  eifer  nicht  entsproch. 

Gotter  3,  lxx; 
und  Word  ich  deiner  horiiung  auch  entsprochen  f 
slfli  mich  noch  einmal  an.    gefall  ich  dir 
mit  jenem  wasserkrtiif.  mit  jenem  rechen? 
niil  dieiem  raiedor  oliiie  putz  und  zier?    Götre  45,  St. 

Lessinc  6,  31  hält  dies  jetzt  allgemein  gangbare  wart  ßr 
besonders  schveizeriseh,  es  seheint  aber  in  Süddeulschland  über- 
haupt  dem  front,  rtfpondrc,  correspondre  nachgeahmt.  Siikler, 
Häüleim,  StFiMRAcn  geben  es  gar  nicht,  ebensowenig  HASvro- 
Dit}s,  Frisil's,  Maai.kr. 

3)  sich  entsprechen,  sich  verantworten,  vertheidigcn?  nur 
in  einer  undeutlichen  stelle  bei  Melissos  /      '*"' 

des  maul,  wenn  man  in  ncckei, 

i^l  beitipcket. 

»ich  zu  enuprcchen  railo«, 

falU  die  $elliame  $chreibung  $o  richtig  aufgelM  wird. 


G29 


ENTSPRECHEND  —ENTSPRINGEN 


ENTSPRINGEN— ENTSPROSSEN 


630 


ENTSPRECHEND,  aplus:  das  ist  nicht  entsprechend,  ist 
genau  entsprechend. 

ENTSPRENGEN,  entspringen  machen,  aufsprengen. 
ENTSPRENZEN,  eßndere,  entspallen: 

der  mai  mit  seiner  kraft 

den  wall  hat  durchglenzet, 

ein  prun  so  schon  eotsprenzet 

usz  herten  velsen  tosz.    fastn.  1384, 

tosz  ist  rauschte,  hesser  dosz,  tnhd.  döj  von  diesen;  ent- 
sprenzet,  gespalten,  ausgehauen,  vgl.  spranz  fissura  und  auf- 
sprenzen,  turgidum  facere,  aufspalten,  aufspreizen,  doch  nach 
hesprenzen  1, 1643  liesze  sich  auch  an  entspritzen,  hertorsprilzcn 
denken;  es  wird  darauf  ankommen  die  wurzeln  sprinzen  und 
springen  zu  vermitteln,  wie  sich  springen  und  sprieszen  begegnen. 
ENTSPRIESZEN,  progerminare,  nnl.  ontspruiten. 

1)  von  blumen: 

lind  schneller  schienen  nun  die  blumen  zu  entsprieszen. 

Zacharü  Schriften  1781,  xxii ; 
wo  riolen  ihrem  (der  erdu)  schosz  enisprieszen. 

GÖKINGK  3,  lüS; 

zart  und   edel  entsprossen  wuchs  die  königliche  blume  her- 
vor.   GöTIlE  19,  26. 

2)  von  menschen: 

von  hohem  haus  entsprosz  die  bittende.    Göthk  9,361; 
so  schön  und  so  edel  erscheint  sie  zugleich 
entsprossen  aus  tüchtigem  lierne.     Görus3,  4; 
verworfnes  wesen, 
kannst  du  ihn  lesen? 
den  nie  entsprosznen, 
unauspesprochnen, 
durch  alle  hiinmel  gegosznen, 
freventlich  durchstochnen?    12,69; 
ich  bin  ja  entsprossen  aus  adlichetn  blut.    Bürger  ...; 
kräftig  entsprossene  söhne  sind  heldensedichte  zu  nennen. 

RBcKKRT  276. 

3)  vom  Wasser: 

im  mittel  eines  ihals  von  himmelhohem  eise 
entspriesit  ein  reicher  brunn  mit  siedendem  gehräuse. 
Haller  41  (49). 

auch  ScttM.  3,  593  hat  sprieszen,  enisprieszen  für  entspringen, 
von  flusz  und  wasser. 

4)  bildlich:  denn  solclis  ist  on  zweivel  entsprossen,  das 
ein  jeder  seinen  eigen  nutz  mehr  gesucht,  denn  rechtfer- 
tigung  der  Christenheit.  Lctber  3,  137';  werden  durch  ire 
Weisheit,  die  aus  einem  kecken  herzen  entspreuszl,  vieler 
angst  entbunden.  Kirchhof  wendunm.  ...;  darumb  ist  es 
jetzt  an  dem,  dasz  ihr  euwer  und  der  ewrigen  selbst  schonen 
und  was  nachmals  daraus  enisprieszen  möchte  ermessen. 
mil.  diso.  87; 

waher  die  weit  entspreuszl. 

wie  lang  sie  haben  werd  bestand.    Garg.  278"; 

in  kümmert  vast  gfosz  überlast 

thet  im  davon  entsprieszen.    Soltad  volksl.  182; 

das  böse  so  entsprieszt, 

wie  frisches  gras  beginnt.    Opitz  ps.  92; 

ein  unverfälschtes  herz,  ein  immer  heitres  haupt, 

wo  aus  zu  groszem  gluck  nicht  stolz  und  w.ihn  entsprieszen. 

liAGKDOn.l  1,  29. 

5)  dies  entsprieszen  /ia//e  vormals  wie  ersprieszen,  mil  dem 
dal.  der  person  zugleich  die  bedeutung  von  prodesse,  gedeihen: 
sag  mir  dein  anligen,  und  wa  ich  dir  zu  gutem  entsprieszen 
kan,  so  will  ich  es  von  herzen  gerne  thun.  Wibsong  Calistus 
K,  2 ;  ich  wil  dir  sagen,  was  ich  von  anderen  gesehen  hab 
und  mir  am  basten  entsprossen  ist.    p,  3; 

dir  wird  dein  gut  entsprieszen  basz.    H.  Sachs  I,  447^ 
vielleicht  Idszt  sich  eine  güthische  stelle  hierhernehmen: 
was  ich  dort  gelebt,  genossen, 

was  mir  all  dorther  entsprossen  (zu  gewinn  gediehen), 
welche  freude,  welche  kenntnis, 
war  ein  allzulang  geständnis.    51,5. 

ENTSPRINGEN,  surgere,  ahd.  intspringan,  mhd.  entspringen, 
nnl.  onlspringen. 

1)  von  blumen  und  hräulem,  enisprieszen,  hervorwachsen: 
mhd.  sin  {dns  winters)  hetwingen 

lät  niht  blunmvn  entspringen.    MS.  1,  12'; 

ich  sach  bluomen  schöne  entspringen.    1,31'; 

ich  sach  die  bluomen  wünneclich  cnitpringen.    i,44»' 
nhd.  blumen  entsprangen  unter  iliren  füszen ;  gras  entspringt 
zwischen  den  steinen. 

2)  vom  bart: 

daj  kein  swCrt  bernerie  die, 
den  noch  an  dem  harte  nie 
was  eni'prungen  häres  grane.    Sdv.  1087; 


dö  mir  bcgund  enisprin^en 

von  alrörst  min  bart.    MS.  2,  22S". 

ein  erwachsner  jüngling  hiesz  gransprunge  {RA.  413)  und  vom 
barl  gilt  wachsen,  mähen,  raufen  wie  vom  gras. 

3)  vom  gewässer,  springen,  queilen:  scaturio,  idi  entspring. 

ÄLBERCS; 

lobebrunnen  vil  begunde 

üf  quellen  und  entspringen.     Trist.  2S2,  5; 

SB  enphie  der  küele  brunne. 

der  gein  ir  ougen  schöne  entspranc.    435,21; 

bäche  entspringend  aus  dem  grund.    Weckhkrlin  223; 
wo  das  pferd  mit  dem  huf  schlug,  entsprang  ein  quell ;  der 
Rhein  entspringt  im  grauen  bund. 

4)  von  menschen  oder  thieren: 

a)  aufspringen,   vom  platz,  aus  dem  schlaf: 

also  Adam  intspranc, 

got  nam  da?  wjb  in  die  h.int, 

er  leite  sie  zS  Adärae.    DiiU.  3,  49; 

des  troumes  ich  intspranc.    3,  98. 

b)  wegspringen,  fliehen:  der  gefangne  entspringt;  das  reh 
entspringt;  er  ist  zu  fern  weg,  er  ist  entsprungen,  wie  eiu 
rehe  aus  dem  netze.    Sirach  27,  24 ; 

das  arme  kind  erschrack  und  (loh, 
die  grazien  entsprungen,    üz  1.  24. 

c)  entrinnen:  wie  soll  er  der  gefahr  entspringen?  Kürser 
4,47;  das  thier  entsprang  dem  käüch; 

das  kind  entspringt  der  welle, 

den  alten  reiszt  sie  fort,    üuland  ged.  471. 

4)  stammen,  abslammen: 
indem  aus  deinem  edlen  leib 

entspringen  sollen  grosze  prinzen.    WgciHgBiiN  332; 

und  dasz  der  weit  aus  euch  entspringen 

gleichlose  (unvergleichliche)  beiden.    372. 

von  Alpheios  entsprang  Orsilochos.    Bürger  227'; 

goit,  als  ein  ursach  aller  ding, 

das  der  von  anders  nichts  entspring.    Schwarzenberg  151,  2; 

kümpt  gott  von  imand  anders  her, 

so  sag  von  wem  derselb  entspring.    154,  2. 

5)  von  blättern,  die  aus  der  haut  springen:  die  geistlichen 
blattren,  der  fünfundzwanzig  seiq,  die  in  dem  rächen  inwen- 
dig entspringen.  Keisersb.  s.  d.  m.  3';  die  ander  blatter,  die 
in  dem  mund  entspringt,  ist  beschirraung  der  sündcn.  die 
erst  bialter  des  fraszes  ist  entsprungen  in  dem  mund  und 
umb  das  mul  Ade  und  Eve  in  dem  puradeis.    12'. 

6)  abstract  entspringen,  oriri: 

und  Seite  im,  daj  ein  m;pre 

da  ze  hove  entsprungen  waere.     Trist.  343, 6,' 

waltet  aber  personification,  so  gehört  es  unter  4,  a ;  der  ist 
verdüstert  und  weisz  nichts,  sondern  ist  seuchtig  in  fragen 
und  worlkriegen,  aus  welchen  entspringet  neid,  hadder,  leste- 
rung,  böse  argwahn.  l  Tim.  6, 4  {goth.  us  ^aimei  Tair|)and 
nei|)a,  maurjira,  haifsteis,  anaqisseis,  anamindeis  ubilos) ; 

usz  richtum  Übermut  entspringt.    Bramt  67,  75; 

und  was  für  unheil  ist,  das  nicht  vom  trunk  entsprang? 

mord,  Schändung,  feuersbrunst.  basz,  armut,  krankheit.  zank. 
Lichtwkr  das  recht  der  Vernunft  54 ; 

so  entsprang  dadurch  für  unsere  neigung  ein  neues  leben. 
GöTHE  26,  32 ;  aus  diesem  qRirlen  und  schalTen,  aus  diesem 
leben  und  lebenlassen,  aus  diesem  nehmen  und  geben  . . . 
entsprang  jene  berühmte,  berufene  und  verrufene  literar- 
epoche.  26, 117 ;  das  bedürfnis  der  Unabhängigkeit,  welrhos 
immer  im  frieden  entspringt.  26,  140;  wir  finden  ein  aus 
allgemeinen  begriffen  entspringendes  märchen.  63, 130 ;  man 
sieht  er  beobachtete  die  färben  und  die  bedingungen  unter 
welchen  sie  entspringen.  53, 141 ;  fast  alle  beweise  sind  auf 
folgende  art  entsprungen.    Kam  s,  55. 

7)  sich  entspringen ,  herumspringen,  gleichsam  sich  aus- 
springen i 

ich  hab  mich  wol  entsprungen 

mit  einem  Schreiber  jungen.    Ficrards  archi»  3,  207. 

ENTSPRITZEN,  pn^silire,  emieare:  wasser  entspritzt  dem 
schlauch;  blut  der  wunde. 

ENTSPROSSEN,  wai  entsprieszen,  aus  sprosse  germen, 
surculus  gebildet: 

blühende  lorbeern  entsprossen  des  «ticger!«  siiruc. 
Messias  4,  6Iü; 

seihst  du  wurdest  gesJt,  doch  entsprössest  du  der  verwcsuiig 
nicht.        12,201; 

es  ent«pro«ilen  auf  einmal  dem  kreuze 

palmcn.        12,  S70j 

40* 


63 1  ENTSPROSSUNG  —  ENTSTEHEN 

mit  rosen  kränz  ich,  farbige  Zauberin,  dich, 
und  dich  mit  laube,  parische,  wie  es  hell 
der  eich  entsproszt.    Klopstoce  7,  42. 

ENTSPROSSUNG,  f.  progerminalio :  der  kleine  Strom,  der 
den  grünenden  wiesengrund  zu  entsprossung  neuer  bluraen 
befeuchtete.    Nicolai  Seb.  JVo/Zi.  3,  96. 

EMSPRUDELN,  scaturire : 

üasz  lebendigen  quellen  entspnidcle  süszps  gewässcr. 

Voss  nbiiUs  gliickwunsch  an  Mvsstüa  SU ; 
der  stilleren  Donau 
ebner  flur  enisprudelter  sirom.    Plateü  128'; 
es  schwellt  wollaiit  die  klangreiche  briist, 
üppig  enisprudeli  ihr  der  gedanke.    133". 

ENTSPRÜHEN,  scintillare  : 

kein  fünkchen.  das  dem  kelch  der  anemon  ent>prühi, 
vcrniegt  ihr  ungenutzt.  Tuümhkl  2,  35, 

nur  in  den  späteren  ausg.; 

wollustflammen  entsprfihten  den  küssen, 

jagten  die  mindchen  in  liebende  glui.    Schiller  t*; 

sieh  aus  demantnen  schnauzen  enisprüht  erzhuflgcn  stieren 

hellaufwehende  glut.  Vo.ss. 

ENTSPÜLEN,  abluere,  abspülen: 

aber  nachdem  die  woge  den  vielen  schwcisz  der  arbeit 
ganz  den  gliedern  enispiili.  Voss. 

ENTSTAATSPERRÜCKEN : 

entslaalsperrückt,  enthalskraust,  ausgewindcli.    Bürger  106'. 
ENTSTALTEN,    deformare,    verunstalten,    entstellen :    diese 
art  giftes  entstallen  den  leib,  zucken  das  angesicht  und  alle 
musculen    aus   irer  form.    Thurneisser  prob,  der  harnen  75; 
du  bist  wie  entstaltet,  man  erkennt  dich  nicht; 

die  legen  vor  mir  in  den  staub  sich 
nieder,  krümmen  vor  mir  sich  entsialtet,  winden  sich,  sterben. 

Messias  2,  847. 

ENTSTALTüNG,    f.    deformatio:     der   zangg  (zank,    streit) 
liesz  ein  entstallung  der  bübschlich  grünenden  kilchen  hinter 
im.  Zwi.NGLi  2,  238 ;    wer  wollte  leugnen,  dasz  es  nicbt  noch 
andere    Ursachen    der    Verschönerung    und    enlstaltung    des 
menschlichen  angesichts  gebe.    Lavater  fragm.  1.  ix  s.  64. 
ENTSTAMMEN,  originem  trahere,  abslammen: 
wer  nicht  französisch  kann 
ist  kein  gerühmter  mann, 
drum  müssen  wir  verdammen 
von  denen  wir  enlstammea, 
bei  denen  herz  und  mund 
alleine  deutsch  gekunt.    Logau  2, 137,94; 
von  adelicher  zucht  entstammt.    Schiller  ...; 
Seher  er  selbst,  entstammt  er  Mclampus  edlem  geschlechie. 

Od.  15,224; 
die  von  Ursprung  aus 

einer  mutier  entstammen, 
ab  ein  groszes  haus 

sollen  sie  wohnen  beisammen.    Röckert  147. 

ENTSTAMMUNG,  f.   origo,  abkunfl: 
da  dacht  ich  meine  himmlische  enistammung.    RGckert  152. 

ENTSTAND,  m.  origo,  gebildet  wie  abstand,  anstand,  auf- 
stand, umstand,  verstand:  auch  hast  ghört  des  teufcls  an- 
kunft  und  entstand.  Thurneisser  archidoxaAO;  seinen  ersten 
entstand  oder  Ursprung,  prob,  der  harnen  95. 

ENTSTAUDEN,  arbusla  succidere,  der  Stauden  berauben, 
die  gebüsehe  tilgen.    Stieler  2126. 

E.NTSTECKEN,  incendere,  anstecken,  nnl.  ontsteken: 

wo  liebe,  die  natur  in  eurem  blut  erweckt, 
wo  wahre  vatertreu  ie  fürst  dein  herz  entsteckt. 

Grtphius  1,  36; 
wie  heftig  seine  seel  durch  räch  und  lieb  entsterkt.    1,  143; 
wird  er  durch  neue  llammi entsteckt  mehr  denn  vorhin.    1,212; 
dasz  die  so  laue  lieb  hab  endlich  deine  brüst 
■Sil  wahrer  llamm  entsteckl.    1,  217; 
die  vorhin  mehr  denn  angenehme  zeit 
der  siillen  nacht  entsteckt  der  bellen  lichter  reihen.    1,  22S) 
die  brüst  klopft!  o  die  w/)rm  entateckt  das  seeleahauf 
und  tbeilei  sich  gemach  durch  alle  glieder  aus. 

Verl.  gesp.  35 ; 
0  sO«ze  liebc»nammen 
•oblagt  Ober  mich  zusanmSD, 
enitierkt  mit  liPilger  bruDit 
mein  in  dem  frott  begrabnei  ben.    Cn.  GarrBios  1,  21. 

ENTSTEHEN,  goth.  andslandan,  ahd.  inslantan  (GRArr 
6,  ftOt),  mhä.  enstdo,  cntstdn,  nnl.  ontstaan,  mit  sehr  abwei- 
chenden bedeutungen. 

1)  die  uralle  gotkiiciu  von  widerstehen,  entgegenstehen  icheinl 
noch  tpM  einmal  bei  Fluikc  100  (lOS)  au^utauchen: 


ENTSTEHEN 


632 


wer  wil  wol  dcrmaleins  uns  alte  jungen  küssen? 

uns  kluge  ihoren  chrn  ?  freund  (alle  ausg.  freud)  auf,  und 

lasz  uns  gehn, 
auf,  es  ist  hohe  zeit  dem  übel  zu  entsiehn, 

tpo  freilich  das  obstare,  resistere  an  ein  deesse  grenzt,  denn 
wer  dem  übel  widersteht,  entgegentritt,  steht  auch  von  ihm  ab, 
ermangelt  ihm,  steht  ihm  nicht  zur  seile. 

2)  so  wäre  dann  ein  Übergang  gebahnt  in  den  sinn  von 
mangeln  und  entgehen,  welches  letztere  ebenso  aus  gehen,  wie 
entstehen  aus  stehen  erwächst,  nur  pflegt  sich  das  suhject 
meistens  umzudrehen,  statt  dessen,  der  einem  entsteht  oder 
entgeht,  heiszt  es  dasz  einem  etwas  entstehe,  absiehe,  fern  stehe, 
mangle.  diese  privativbedeutnng  von  entstehen  =  fehlen, 
mangeln,  gebrechen  war,  soviel  wir  wissen,  weder  ahd.  noch 
sireugmhd.,  erscheint  aber  bei  Herbort  und  dem  dichter  des 
passionals : 

dö  entsinnt  in  der  tac  (die$  eis  defecit).    Herb.  12363; 

dö  ensiunt  in  dirre  tac, 

als  in  der  ander  was  enstanden.    12886; 

so  im  des  blutes  cntstunt, 

so  mochte  er  genesen  niet.    11753; 

der  im  in  siner  äwekeit 

nicht  entstunt  noch  gebrach,    pass.  K.  80,  53; 

nu  hin  ich  leides  ungencsen, 

wand  mir  die  hoOTciiuuge  entslät.    102,  51 

zeimal  brötes  im  entslunt.  386,  18. 
nhd.  begegnet  kein  solches  entstehen  bei  Keisersberg  «iid  Luther, 
noch  bei  Dasvpodius  und  Maaleb,  doch  sonst  hin  und  wieder 
im  IQjh.,  wird  aber  im  17.  18  häufiger:  so  will  itzt  zu  be- 
denken sein,  wie  man  genugsam  und  versichert  geleit  suchen 
will,  und  im  fall  dasz  es  entstünde,  ob  man  ohne  genüg- 
same vergleitung  und  Versicherung  schicken  oder  auch  die 
praedicanten  will  ziehen  lassen,  churf.  Jon.  Friedrich  bei 
Melanchthon  3,  264 ;  und  obwol  ihrer  maj.  die  gütlichkeit  ent- 
standen (amicis  tractationibus  nihil  esse  profectum).  churf. 
Moriz  ebendaselbst  7,  6  ;  darumb  er  gedachte,  die  Stadt  kundle 
ihm  nu  nicht  entstehen.    Schütz  beschr.  von  Preuszen  22; 

das  im  von  allem  nichts  entstund, 

welchs  er  nicht  hett  ausrichten  kund  (gekonnt). 

Waldis  leben  Esopi  4' ; 
das  er  bei  dem  als  bei  eim  fründ 
erhalten  würd,  obs  reich  entstund, 
das  er  denn  würd  den  tag  erleben, 
als  ein  erb  möcht  das  reich  erheben.    Esop  4,20  bl.  235'; 
Rcinick  fragt,  was  braucht  ihr  für  kunst, 
wenn  euch  entsteht  der  freunde  gunstt 

froschm.  1,2  6.  J7'; 
eh  den  Aussen 
ihr  gestähltes  band  entsteht  (das  eis  bricht) 
und  der  späte  sohnee  vergeht.    Flehi.ng  387; 
wie  thut  ein  wilder  low  und  beer, 
entsiehn  ihm  seine  jungen, 
ein  tieger  laufet  hin  und  her 
durch  liebe  blosz  bezwungen, 
wenn  ihr  die  kleinen  sind  entführt.    S.  Dach  V; 
der  trotzt  den  himmel  mehr,  als  dasz  er  solt  vertrauen, 
der,  wenn  er  die  gefahr  verhüten  kann,  entsteht 
und,  da  er  stehen  kann,  mit  ihr  zu  gründe  gehi. 

IIaugwitz  Maria  Stuarda  23  ; 

damit  ja  keinem  einzigen  widerkehrenden  seine  gnade  ent- 
stünde. Spee  tugendb.  192;  und  gleichwol  entstunden  ihm 
auch  die  mittel  (den)  eigenen  herrn  zu  spielen,  pol.  stockf 
18;  die  bisthttmer  musten  dem  reich  mit  ihrem  verm  i^yn 
beispringen,  oder  im  entstehenden  fall  sich  andern  fürsten 
unterwerfen  lassen.  Hahn  2,218;  er  kontc  dabei  hoffen,  dasz 
ihm  die  nation  selbst  nicht  entstehen  würde.  Mascoo  2,823; 

und  da  mir  alles  sollt  entstehen, 

müst  ihr  selbst  mit  nach  Frankreich  gehen.    Canitz  216; 
den  fHeden  mit  sich  selbst,  der  nimmer  dem  entsteht, 
der  durch  das  innre  glOok  das  iluszre  gluck  erhöht, 
das  kleinod  kennt  ihr  nicht.    IUgkdor!«  I,  24; 

bei    dem   in   unserm   gebiet   gelieferten    landtrefTen   sind  wir 
euch  und  dein  Pausanias  nicht  entstanden.  Hbilmanns  Thuey' 
dides  371  (Jacobi:  standen  wir  euch  und  dem  P.  zur  seile); 
wir  glauben,  dasz  die  gnade  der  gollheil  uns  nicht  entstehen 
werde.    747;    tiamil   der   arme    die   gebührende  genuglhuung 
erbalte,    wiewol    nicht  .zu  zweifeln  sei,    dasz  ihm  solche  bei 
dieser   hohen    gerirhlsslelle  nicht  entstehen  knnne.    Wikland 
20,  81 ;  wenn  sie  ernst  sieht,  kann  mir  ihre  Vergebung  nicht  ent- 
stehen. Lkssinc  1,  582 ;  wer  logik  in  einer  konindie  zeigt,  dem 
würde  sie  gcwis  auch  zu  einer  predigt  nicht  riilslcücn.  10, 175; 
selber  auch  word  ich 
euch  nicht  lanir  eoutchco,  mich  dringt  die  bcgierde  des 
*  kampfes.    Od.  1»,  171 ; 


633 


ENTSTEHEN 


ENTSTEHEN — ENTSTEHUNG 


634 


halb  erhobenen  thürmen  entsteht  nun  die  letzte  Vollendung. 

BÜRGER  21'/; 

sprachs.    nicht  länger  entstand  ihr  der  vaier  der  gölter  und 

menschen.    213"; 

und  wenn,  nach  Paris  hinfall,  Priamus 

nebst  seinen  söhnen  dieser  busz  entsieht  {ermangelt), 

so  bleib  ich  hier  und  streite  Ion  um  sie.    154"; 

die  edlen  drängt  nicht  gleiche  noih  mit  uns, 

doch  ihre  hülle  wird  uns  nicht  enisiehn, 

wenn  sie  das  land  in  waffen  erst  erblicken.    Schiller  524*; 

mir  darf  dein  rath  noch  immer  nicht  enistehn.    Tikck3,218; 

gefangen  sind  wir,  aber  nicht  gebeugt, 

das  kriegsglück  wechselt,''doch  der  neld  ist  der, 

dem  nie  das  adliche  gemüih  entsteht.    Uulamds  Ludwig  7; 

wem  ruhiger  forschgeist  nicht  entstünde.  DyanasoreX,b;  aber 
wenn  ihr  euch  selbst  entsteht,  wenn  in  euren  herzen  der 
geist  ehrenvoller  nacheiferung  nicht  liegt,  wer  kann  eure 
seele  erheben?  1,68;  der  name  entsteht  seinen  thaten.  1,131; 
niemand  als  der  bösewicht  oder  der  gauner  kann  beiden  ent- 
stehn.  Herder  17,  274;  zog  mich  aber  in  eine  unerlaubte 
ausschwatzung  ihres  hauses  hinein,  für  die  mir  ihre  Verzeihung 
so  wenig  entstehe,  als  ihnen  die  meine.  J.  P.  flegelj.  1,8-2; 
verwickelten  dadurch  den  künig,  der  seinem  lehnsmanne 
nicht  entstehen  konnte,  in  den  sogenannten  markgrafenkrieg. 
Dahlman.n  dän.  gesch.  1, 435.  das  zusammengesetzte  praet.  wird, 
wie  die  stelle  aus  Heilmann  371  beweist,  auch  liier  mit  sein, 
nicht  mit  haben  gebildet,  doch  ist  der  ausdruck  überhaupt 
heule  mehr  gemieden  als  gesucht  und  die  folgende  bedetilung 
überwiegt. 

3)  positives  entstehen,  oriri,  werden,  eigentlich  aufstehen, 
surgere,  ganz  wie  entspringen,  aufspringen ;  die  beispiele  lehren 
es,  zumal  gern  von  soramer,  jähr,  fest,  tag,  abend,  nacht, 
sonne,  mond,  welter,  stürm: 

mhd.  ich  hörte  ein  merlikin  wol  singen, 

daj  mich  dühte,  der  sumer  wolle  enistän.    HS.  1,  4S*. 

minncs.  frühling  77,  37; 

wen  dar  der  äbunt  entslunt  (wäre  es  nicht  a.  geworden). 

HfiRB.  12512; 
bin  gein  meridid, 
da  der  mitte  tac  ensl&t.    14235; 
als  der  sumer  enstät.    14332; 
da;  man  den  lach  jerlich  begöt, 
als  sin  kunft  mit  vreude  ensiet.    pass.  U.  166,  62; 
als  der  selbe  lach  ensiet.    1G6,  67 ; 
swanne  in  enstunt  ein  hungerjär.    212,22; 
die  ösierzit  uns  nu  entstät.    264,2; 
want  ein  verlustlicber  dach 
intstönt  uns  an  deser  wochen.    Crane  275; 
de  högtii  sal  uns  hüte  enistän.    1969; 
als  ir  der  vrouden  riche  naht 
intstunt  van  werden  frunde.    2163; 
unde  waj  darnach  mochte  entsiän 
entweder  schaden  oder  vrumen.    pass.  IT.  66,  32. 

man  musz  sich  hüten  diese  hedeutung  mit  der  vorigen  zu  ver- 
tcechseln.  Herbort  sagt:  der  tac,  der  sumer  enstat  =  es 
wird  tag,  sommer;  hingegen:  der  tac  enstät  mir  =  geht  mir 
aus,  gebricht  mir;  dem  privativen  sinn  fügt  er  immer  persön- 
lichen dativ  hinzu,  der  jedoch  anderemal  auch  die  positive 
bedeutung  geleitet:  der  tag  ist  mir  entstanden,  entsprungen, 
oder  der  privativen  bedeutung  abgehl,  wie  in  den  stellen  von 
Waldis  und  Haugwitz.  MS.  1,48'  verstand  Adelung  gerade 
falsch. 

nhd.    belege   ßr  entstehn  =  orrn  sind  unsellen:    wan  er 
aber  also   unmäszig   sich   in   seinem  schreien  erzeiget,    also 
das   die   leut   darab   geergert  würden,   so  möchten  todsünde 
daraus  entstan.    Keisersberg  s.  d.m.  41'; 
mancher  verzerl  in  peticrle  me, 
dann  im  usz  sinem  tag  eotstcc.    Drant  71,  30, 

braucht  für  pelersilie  in  seiner  suppe  mehr,  als  ihm  vortheil 
aus  seinem  gerichtstag  erwächst,  d.  h.  beinahe  gar  keiner; 
SU  sehet  nu  zu,  das  ir  nicht  hinlessig  hierinnen  seid,  damit 
lücht  schade  entstehe  dem  könige.  Esra  4,  22 ;  denn  ir  unfal 
wird  plötzlich  entstehen,  spr.  Salom.  24,22;  das  vier  ktinig- 
reiche  aus  dem  volk  entstehen  werden.  Dan.  8,22;  der  hat 
einen  hellen  sciicin  in  unser  herzen  gegeben,  das  durch  nrs 
entstünde  die  erleuchtting  von  der  crkenntnis  der  klarhcit 
gottes.  2  Cor.  4,  6 ;  ausgetilget  die  handschrift,  welche  durch 
Satzung  entstund  und  uns  entgegen  war.  Col.  2, 14 ;  der  wind 
entStaat,  erhebt  sich,  facht  an  wäien,  ventus  nascitur.  Maaler 
106':  es  entsteht  {steigt  auf)  ein  stürm,  ein  gewilter,  heftige 
fcuersbrunst ;    es   entslaat  ein  wunderbar  wunder,   monstrum 


mirabile  oritur.  Mjialer  a.  a.  o. ;  es  ist  ein  krieg  entstanden ; 
hier  entstand  auf  einmal  ein  gelächter; 

sein  lob  sei,  wo  die  sonn  entsteht  {aufgeht).    Opitz  ps.  113; 

wilst  du  denn  vor  uniergehn 

und  so  wider  früh  entstehn, 

giildnes  äuge  dieser  well, 

eh  sich  dieses  paar  gesellt?    FlexingSSO; 

wann  Phoebus  auf  die  wache  geht  {aufzieht), 

weicht  Luna  weg,  will  sie  entstehn  {aufsteigen), 

musz  Phoebus  dann  zu  belle  gehn.    Upitz  2,  169; 

aus  dem  'verwahrt'  und  dem  'bewahrt' 

war  spoil,  Verachtung,  hasz  und  räch  und  wulh  entstanden. 

Gbllert  1,  147 ; 
lern  es  von  mir,  wie  dieser  bau  entstanden.    1,  150; 
ebenso  entsteht  ein  doppelter  reiz  daher,    dasz  diese  perso- 
nen   keine   frauenzimmer   sind,    sondern   frauenzimmer   dar- 
stellen. Göthe  38,177;  die  dichtkunst  entsteht  erst  mit  Her- 
cules. 39,  6 ;  dadurch  entstand  ihr  in  der  ganzen  gegend  ein 
narae  von  vortreflicbkeit.  17,242;  der  begrif  von  entstehn  ist 
uns  ganz  und  gar  versagt,  daher  wir,  wenn  wir  etwas  werden 
sehen,  denken,  dasz  es  schon  da  gewesen  sei.    50, 143 ; 
schlägst  du  erst  diese  well  zu  trümmern, 
die  andre  mag  darnach  entstehn.    12,84; 

mein  gehirn 
treibt  öfters  wunderbare  blasen  auf, 
die  schnell,  wie  sie  entstanden  sind,  zerspringen. 
Scbiller  262'; 
so  entsteht  mir  {steigt  mir  auf)  der  verdacht,  dasz  man  niclit 
recht  wisse,  wovon  man  rede.    488'; 

aus  geist  entstand  die  weit  und  gehet  auf  in  geist. 

Hcceert; 
aus  einem  irrthum  entstehen  drei  andere;    hier  entsteht  die 
frage;  was  kann  noch  alles  daraus  entstehen? 

4)  ahd.  intstantan  bedeutet  inlelligere  (Graff  6,  601),  in 
naher  berührung  mit  farstantan,  verstehen  und  ays.  under- 
standan,    engl,  understand.     mhd.  entsten   und  sich  entsten : 

so  geirüwet  si  dem  eide  und  entslet  mins  harzen  riuwe. 

Walth.  74,  9; 
als  ich  michs  entsiän.    mtnnesangs  frvhting  24,  2; 
als  ich  entsiän  ze  rehte  wol.    Bem.  beitr.  1,  79; 
ouch  kan  ich  mich  vil  wol  entstän.    Rcinh.  s.  361 ; 
als  schiere  dö  er  sich  enstuont.    Lanz.  250.  1234.  1261; 
zehant  als  er  ir  (der  bösen  gedanken)  entste,  so  jage  sie  ftj. 
myst.  1,  312 ; 

an  der  wart  elliu  magtlich  fire  ensianden.    Tit.  19 
=  verstanden,    begriffen,    inbegriffen,    zeigte    sich,     hiesze   es 
'was'  für  'wart',  so  ergäbe  sich  leicht  der  sinn:  war  entsprungen, 
diese  vierte  bedetttung  nhd.  erloschen. 

ENTSTEHEN,  n.  1)  abgang,  mangel,  ermangelung :  dem 
recht  nach  fiel  die  erbschaft  an  ebenbürtige  geschwister  und 
in  deren  entstehen  an  sippen  und  magen.  so  auch  die  fehl- 
ten, an  das  geschlecht.    Niebuhr  2,  3S1. 

2)  beginn,  Ursprung:  der  aufruhr  wurde  alsbald  im  ent- 
stehen gedämpft;   das  übel  ist  noch  im  entstehen  begriffen; 

gleich  einer  weibersage, 
die  im  entstehn  schon  halb  vergessen  ist.    Scuillbr  ... 

ENTSTEHEND,  l)er»jan5e/nd;  entstehenden  falls.  Rabeneb 
1, 184. 

2)  entspringend:  ein  entstehender  streit,  krieg. 

ENTSTEHLEN,  suffurari,  entwenden,  nnl.  ontstelen:  an- 
dern ieuten  das  ihre  entstehlen.    Gefken  beilage  97*; 

wer  ihn  da  hält  erastolen, 

wer  ihn  getragen  weg.    Spbk  trutzn.  66(60); 
0  weib!  und  wolltest  holen 

und  wolltest  heben  du 
den  köi-pcr,  dir  entstolen 

aus  seiner  todienruh?    69(63); 
hast  du  ihn  nit  entstolen  * 

dich  zwar  hab  in  verdacht, 
sags  an,  ich  ihn  musz  holen, 

hab  schon  es  oft  gesagt.    70(64); 
un<l  meiner  jungen  brüst 
enlslahlen  zwei  nochwolgeborne  diebe  {al.  triebe), 
die  löil'elei  und  ehrsucht,  bald  die  liebe.    Börgkr  106'; 

mit  schlammiger,  triiber, 
undurchschaulicher  Out,  die  du  den  wölken  enistahlst. 

liüRDSH  10,  37; 

wenn  es  doch  wenigstens  nur  einen  schleier  hätte,  das  garstige 
lasier,  sich  dem  äuge  der  well  zu  entstehlen !  Schiller  Hl'. 
ENTSTEHUNG,  f  wie  entstehen,  l)  der  abgang:  man  setzte 
Henrico  eine  gewisse  zeit,  binnen  welcher  er  entweder  zu 
Kara  erscheinen  und  den  jungen  künig  mit  dahin  bringen, 
oder  in  entstehung  dessen  aller  schärfe  gewärtig  sein  solle. 


635   ENTSTEHÜNGSART  —  ENTSTELL  EN 

Haiin  2, 137 ;  ich  denke,  dasz  Lier  gerade  der  rechte  winkcl 
ist,  in  weichen  ich  so  etwas,  auf  nothfail  des  gcbrauciis, 
hinwerfen,  oder  in  entstehung  alles  gebrauchs,  weg\Verfrn 
kann.  Lessing  8,  508.  in  der  gerichlsspradie  häufig :  terniin 
zum  versuch  der  gute,  in  deren  entstehung  aber  zur  weitern 
Verhandlung  der  sache. 

2)  beginn:  die  entstehung  der  fcindschaft;  man  ahnet  im 
dunkeln  die  entstehung  und  das  leben  dieser  seltsamen  ge- 
stalten.    GöTHK. 

ENTSTEHÜNGSART,  f.  ortus, 

ENTSTEHUNGSFALL,  ni.  was  entstehender  fall:  und  doch 
haben  wir  gemessene  ordre,  euch  in  der  gute  zu  überreden, 
oder  im  entstehungsfall  euch  in  den  thurn  zu  werfon.  Göthe 
8,  12t.   42, 157.  196. 

ENTSTEHUNGSGESCHICHTE,  f.  hislorie:  die  natürliche 
entstehungsgeschichte  jedes  positiven  rechts.  Hugos  nalur- 
recht  1819  s.  196. 

ENTSTEHUNGSGRÜND,  m.  eines  rechts.  Savignt  syskm 
i,  11.  3,  321. 

ENTSTEIGEN,  ascendere,  emmpere,  tinl.  ontstijgenr 

Hans  auch  entstieg,  und  knüpfte  das  hemmende  seil  um  den 
baumsiumpf.    Luise  a.  l.  h.  25; 

dann  aus  salziger  flut  entsteigt  der  unirügliche  raeeigreis, 

Voss; 
dem  bade  entsteigen.    Wieland  4, 14 ; 

schwarze  dämpTe,  entsteiget,  entsteiget 

qualmend  dem  abgrund.    Schiller  511'; 

kein  tag  entstieg  dem  mcer  und  sank  hinunter.    495*; 

bin  ich  dem  finsiern  peTfingnis  entstiegen, 

hält  sie  mich  nicht  mehr  die  traurige  gruft?    425"; 

als  Gottfried  nahet,  bricht  der  schmerz  der  menge 

gewaltger  aus  und  lautre  klag  enisieigt. 

Gries  Tassos  befr,  Jer.  3, 67  ; 

0  Zauberkraft  in  eines  weibes  ihränen, 

in  einer  süszcn  znnge  schnieichcibiut! 

anmuiger  lipp  entsteigen  goldne  ketten, 

und  keiner  ist  aus  ihrer  haft  zu  reiten,    ebenda  4,  83. 

ENTSTEINEN,  vie  entfelsen,  e  lapide  verlcre,  lapide  pri- 
vare,  emollire:  entsteine  selber  deinen  sinn.  Louenst.  Arm. 
2,  1429 ; 

da  sie  felsen  selbst  entsteinet.    Brockes  2,258; 
entsteinet  sich  die  festigkeit.    4,395.  7,583; 
wird  er  entsteint,  der  senati    Klopstock  2, 136. 
ENTSTEINERN,   dasselbe,    gegensalz   von  versteinern:     die 
geistlichkcit,  weiche  durch  ihren  gewissenszwang  die  härtesten 
gemüther  zu  entsteinern  wüste.    Lohenst.  Arm.  2, 521  ; 

auch  bilde  dir  nicht  ein, 
dasz  du  durch  zagheii  wirst  des  Nero  sinn  entsteinern. 

Epichar.  56,  215 ; 

sie  wird  nach  so  viel  quäl  sich  doch  entsieinern  müssen. 

84,  239 ; 
so  war  der  marmorsinn  auch  gar  nicht  zu  entsteinern. 
IIallmanjt  Theodorich  79. 
ENTSTELLEN,  deformare,  entstalten,  verunstalten,  aus  der 
rechten  stelle,  fuge  oder  gestall  bringen,  denn  stellen  =  stehn 
machen    ist   mit   gcstalt   und    gestalten  unmittelbar  verwandt, 
wie  unter  diesen  Wörtern  näher  zu  lesen  sein  wird,     entstellen 
heisxt  also  auch  verändern,  anders  gestalten  und  da  die  echte, 
erste   gcstalt  für   die   bessere   gilt,    verschlechtern,    verderben, 
nnl.  ontstellen.    vgl.  verstellen. 

1)  transititet  entstellen:  aber  ze  band  entpfand  ich  in  aller 
angesiebt  sie  entstellen  {immutari).  Terenz  1499. 153'  {Hecyra) ; 
die   liebe  hat  sie  am  leibe  und  gemüthe  entstellt.   Gelleiit; 

<o  Jammervoll,  durch  glaubenszwang  entstellt, 

gehülll  in  öde  tinsternisse, 

lag  Deutschland  einst.    Gotter  1,426; 

angst  entstellt  blick  und  gebärde.  ...; 
pfui,  in  seinem  alter  schon  geizig  zu  sein !  das  entstellt  seine 
Jugend  und  erstickt  den  antbeil,  welchen  seine  glückliche 
gesicbtsbildung  im  ersten  augenblitk  cinnöszt.  Heinr.  Leop. 
Wac!«er  der  wolthätige  unbekannte.  1775  t.  38 ;  zwei  fuszpfadc, 
die  noch  hinaufTührten,  haben  wir  dergestalt  entstellt,  dasz 
niemand  als  durch  jenen  ersten  engen  anweg  zu  dem  zatiber- 
scblosse  gelangen  könne.  Göthe  15,323;  die  blatlcrn  bnbcn 
das  liebliche  gesiebt  des  kindes  entstellt;  entstellt  bis  zur 
Unkenntlichkeit  von  notb  und  elend ;  der  sacbc  hergang  er- 
scheint völlig  entstellt;  den  sinn  entstellende  druckrehler. 

2)  steh  entstellen,  verändern,  verunstalten: 
her  der  wirl,  nti  hflrt  un'  r  '  nn, 
«•«•n  wollen  wir  nnrh  nll  I-  «n, 

warumb  wir  uns  aUo  hal  rrrmumml,  hdttUeh 

iji-mi  lüii).    fuiln,  719,  ü; 


ENTSTEBBEN — ENTSTREIFEN 


636 


Polemo  stolpert  von  abentbewr  wegen  hinein  (i«  Xenokrates 
schule),  die  zübürer  wurden  unwirs,  Xenocrates  entstellet  sich 
nicht  (gerieth  nicht  aus  der  fassung),  liesz  von  der  inateri. 
Frank  chronica  97';  entstelle  dich  nicht  so  sehr,  dasz  die 
ädern  an  deinem  halse  vor  unmul  aufschwellen,  pers.  baumg. 
4,5;  sie  entstellt  sich  durch  das  schminken. 

ENTSTEHBEN,  enjort,  dahinsterben,  nnl.  ontsterven:  ein 
ermatten,  wie  das  zum  himniel  entsterben  der  heiligen  rieselt, 
flutet,  flüstert  durch  mein  ganzes  wesen.    Tieck  3,  304. 

ENTSTERNEN,  stellis  privarc: 

immer  bat  auf  dunkler  lobenswclle, 

durch  des  niisgescbicks  cntsicrntc  nacht, 

gleich  der  Tyndariden  silborhclle, 

leitend  nil'r  dies  holde  bild  gelacht.    Matthisson  5S. 

Stieler  2151   hat   entstimt,   nach   analogie  von  gestirnt,    rat 
freilich  slellatus  und  frontatus  ausdrückt. 
ENTSTIEÜEN,  pulvere  elabi: 

über  dem  helnie  zersplittert,  entstob  es  {das  schwert)  der  band 
in  die  lüfte.    Ujjrgkr  211*. 

ENTSTIEFELN,  caligas  detrahere,  die  Stiefel  ausziehen. 
ENTSTIELEN,   manubrio  privare,    Stieler  2163:     ein  ent- 
stielter liammer. 

ENTSTIMMEN,  dissonum  reddere,  verstimmen: 

die  ganz  entstimmle  barf.    Gryphius  271. 
ENTSTIRNEN,  frontem,  pudorem  solvere: 

schamlose  kämpfen,  immer  entstirnter  bei 

der  neuen  unscham,  gegen  die  edlen  fort.    Klopstock  2,154; 

pedr.inptc  scharen  sprechen  mit  mir  mein  wort 

von  euch,  entsiirntc  l'reilieitsvertilgcr,  aus.    7,  18. 

ENTSTÖßERN,  frequentativ  von  entstieben :  dichter  schnee 
entstöberle  den  wölken ; 

solch  ein  schwall  von  geschossen  entstöberle  dort  der  Achaier 

handen. 

ENTSTOLLEN,  deserere  fodinam,  den  stallen  auflassen. 
Stieler  2176. 

ENTSTOLPERN,  litubando  elabi,  stolpernd  entrinnen. 

ENTSTOLZEN,  frangere  animum  stiperbi.    Stieler  2178. 

ENTSTÖPFELN,  wie  das  folgende. 

ENTSTOPFEN,  relinere,  aperire,  üfnen.  Maaler  106*;  die 
flascben  entslopfen,  entkorken. 

ENTSTOSZEN,  detrudere,  herabslosien: 
weil  seinen  freund 
er  diesem  thron  cntstiesz.    Hkrdkr. 

ENTSTRABEN,  eniti?  nur  einmal  gelesenes  wort,  das  zu 
streben,  nili  (Graff  6,  737)  gehören  mag,  von  einem  ohnmäch- 
tigen : 

sie  greif  mit  ir  band 

da  sie  ein  prünicin  fand, 

und  wolt  mich  han  gelabet, 

mein  scibs  ich  do  entstrabet, 

und  neiget  mich  wider  cntpor.    fasln.  1388, 

ich  strebte  auf,  kam  zu  mir  selbst?     s.  cntstreben. 
ENTSTRAHLEN,  l)  refulgere: 
der  abendstcrn  enistrahlie  dem  himmcl.    Messias  15,  1241 ; 
des  riticrs  angesicbi  entstrahlten  stolz  und  freudc. 

Borger  108'; 
der  heitre  mond  am  himmel  lacht, 
und  ihm  cntstrabll  ein  sQszcr  friede.    I.cnau  neuere  gnl.  235. 

2)  radiis   spoliare:     war  beordert,    dasz   er  das  türkische 

mondenlicht  entstralen  solle.    Wiedemann  aug.  60. 

ENTSTREBEN,  eniti,  was  entstrabcn: 

denn  sechs  arme  zugleich  enisircbcien  ihren  schultern. 
Voss,  Orfi'us  517  ; 

warum  entsu-ebst  du  meinem  liebenden  arme?    Kosecarte^; 

ob  der  karren  TorwSris,  ob  rilrkwÄri« 
geh?  und  ob  er  dein  modcr  cutstrub,  ob  liofer  hinein  sank? 

so  angeführt  bei  Campe  unter  modcr,  vielleicht  entslrebl  oder 
sink  zu  lesen. 

ENTSTREICHEN,  elabi,  nnl.  ontsirijken,  bei  Alberüs  und 
Stieler:  er  ist  dieser  gcfabr  cnlstrichcn,  schnell  entgangen, 
entronnen,     ahd.  iiun  instrkht^.    0.  I.  5,  43. 

ENTSTREIFEN,  destringcre,  abstreifen. 

1)  transttiv:  laub,  bliltter  cntslreifcn ;  einem  den  kränz 
vom  haupl  entstreifen;  den  bandscbuh  cntslrrifcn. 

2)  reflexiv: 

die  ernto  frnw  zwar  wnrf  das  Joch 

der  Ründ  nn  un-<i'rn  liaU, 

doch  »ind  jcui  UH'.re  fraiion  ni-"  '» 

wn«  klilRor  du'«r«  fall«. 

■la  tetifn  manchem  huriior  nn. 

datz  er  »ich  nicht  onistrcilcn  k i  ....  1  >.  37. 


637 


ENTSTRICKEN  —  ENTSÜHNEN 


ENTSÜHNUNG  —  ENTTEUSGHEN 


638 


EMSTRICKEN,  solvere,  vom  strick  befreien,  nnl.  ontstrikken, 

1)  transitiv: 

tnlid.  si  entstricle  der  liniälen  bant.    Parz.  44,4; 

den  beim  entsiriciens  irae  ze  bant.    Trist.  237,  8. 
tifcrf.    da  lei^t  der  augenscheiii  die  last,  die  itzt  uns  drücket, 

das  luitiel,  das  die  notb,  in  der  wir  Test,  entsirickei. 
Grtphius  1,  10; 

nicht,  Torn  kämpf  die  glieder  zu  entslrickeD, 

die  erscböpfien  zu  erquicken, 

webet  bier  des  siege»  diiflger  kränz.    Schiller  72'; 

wolkennacht  entsiricken 

kannst  Ju  mit  den  blicken.    RCceert  22ti. 

2)  reflexiv: 

indem  des  mädchens  scbwarze  locke 
sieb  im  ungelernten  tanz  entsirickt.    Wiklasd  9,307; 
auch  unser  helJ  fohlt  doch  bei  diesem  ton 
an  arm  und  knie  die  sehnen  sieb  entsiricken.    22,12; 

weibersehnen  entsiricken  sich  eher.  Hippel  lebensl.  4,269; 
da  im  tanz  sich  ihre  schwarze  locke  enlstrickt.  Herder  an 
Car.  Flachsland  1, 146. 

ENTSTRIEMEN,  mederi  verberibus  et  vulneribiis.  Stieler 
2212. 

ENTSTRÖMEN,  efßuere,  nnl.  ontstroomen: 

und  es  entströmte  mir  heiszeres  blut.    Klopstock  ...; 

dies  ist  der  bittere  quell,  welchem  ihr  elend  entströmt. 

2,  151. 

ENTSTRUMPFEN,  tibialia  delrahere:  so  kehrte  sich  der 
unerbittliche  arzt  doch  an  kein  protestieren,  entstrumpfte  den 
fusz  des  niedlichen  mädchens  ohne  barmherzigkeit.  MusÄcs 
5,  237  (2,  93). 

ENTSTUMMEN,  linguae  usum  reddere,  redend  machen :  der 
entstummte  taubstumme. 

ENTSTÜRMEN,  cilato  eursu  elabi,  nnl.  ontstorraen: 
und  sie  enistürmte  dem  hause.    Voss; 

wie  hochanschwellende  wogen, 
wenn  sie  plötzlich  entsiürmen  den  wölken  des  göttlichen  Täters. 

itÜKGEH  1%'; 

schauernd  flüstern  die  wipfel  und  melodisch 
hallis  wie  silbergeiön  'die  jabr  cntstiirmen, 
morgen  schatten  und  asche."    Mattuisso:<i  63. 

ENTSTÜRZEN,  erumpere,  proruere,  delabi,  fehlt  noch  bei 
Stieles,  Frisch,  Adelung: 

eher  steigt  der  gelösete  fels  empor  zu  dem  gipfel, 

dem  er  entslürzte,  eb  sie  sieb  zum  gehorsam  erhebt. 
Klopstock  2,  152; 
dem  hügel 
war  das  fcisengewölbe,  worunter  die  leichname  ruhten 
im  erdbeben  ehtstürzt.  Messias  11,  12S6; 

mit  den  werten  entstürzien  dem  äuge  Didvmus  ihräuen. 

14,  SSO; 
reden  entStürzen  den  lippen.    WiiLA^to  16, 157 ; 
und  in  der  hellesien  höh,  der  oft  der  stüinoer  enislürzet. 

eiiönt  reinklingend  der  silberne  ton.    lÄcukKii  die  geige ; 
als  nun  die  Jagd  das  gebirg  und  den  sperrigen  dickicht  erobert, 
siehe  da  taumelten  hier,  entstürzt  dem  felsengescheitel, 
über  die  rücken  der  berge  die  flüchtigen  gemsen  herunter. 

BÜRGER  246'; 

rauschend  entstürzten  dem  wipfel  die  purpurwangigen  äpfel. 

Salis  112; 
oftmals  hab  ich  gesorgt,  es  möchte  der  krug  dir  entStürzen. 

GöTHE  l';297; 
aber  ach!  das  wasser  entstürzt  der  steile  des  felsens. 

1,3-25; 

wider  willen  die  tbräne  dem  äuge  sich  dringt  zu  entstürzen. 

4o;  271 ; 
rasch 
entstürzet  das  gefühl  sich  der  Verwahrung, 
und  flieszt,  am  boden  rieselnd  und  verbreitet 
zu  deinen  füszen  nun  versiegend  hin.    10,307; 

aber  jene  thSligkeiten,  von  der  gemeinsten  bis  zur  höchsten, 
vom  Ziegelstein,  der  dem  dache  entstürzt,  bis  zum  leuch- 
tenden geistesblick,  der  dir  aufgeht  und  den  du  miltheilest, 
reihen  sie  sich  aneinander.    60, 106. 

ENTSTCTZEN,  fulcro  suo  privare,  untergraben: 
was  nüizts,  wann  gegenibeil»  ein  siärkrer  mich  bespringt, 
und  jener  mauergrund  enuiützet  niedersinkt? 

IIaucwitz  Soliman  3,  124; 
drum  zog  ich  fröhlich  hin,  enistüizte  seine  kröne.    4, 128. 

ENTSUDELN,  expiare,  reinigen,  nnl.  ontzoedelen. 

ENTSÜHNEN,  piare,  expiare,  versöhnen,  reinigen: 
entsühnst  den  fluch  und  scbmörkcst  neu  die  deinen 
mit  friscbeo  lebensblüten  herlich  aus.    Göthe  9,  73; 
dereinst  mit  reiner  band  und  reinem  herzen 
die  schwer  befleckte  wohnung  ru  entsülmen.    9,  77; 


lasz  mich  mit  reinem  herzen,  reiner  band 
binubergehn  und  unser  haus  entsühnen.    9,  8S. 

ENTSÜHNUNG,  /. 

und  schon  bege<;n  ich  reiner  friedenstaube, 

die  holde  zweige  der  entsübnung  bringt.    Göthe  4,  56. 

ENTSUMMEN,  bombum  facienda  evolare: 
lasset  keine  nacbtigall 

unbehorcht  versiuramen, 
keine  bien  im  früblingstbal 

unbelauscbt  entsummeo.    Höltt; 
bienen  entsummen  der  ritze  des  felsens.    Stolrbrg  3,363 

der  schwärm  des  bienengescblechtes, 
welche  sich  immer  erneuend  der  hölung  des  felsens  ent- 
summen.   11,45. 

ENTSUMPFEN,  paludes  exsiccare,  eiii  land  trocken  legen, 
von  den  sümpfen  befreien. 

ENTSUMSEN,  was  entsummen: 

aber  o  sieh,  urplötzlich  ein  staunenswürdiges  wunder 
schauen  sie  dort,  wie  rings  im  geschmolzenen  fleische  der 

'rinder 
bienen   durcbschwirren  den  bauch  und  geborstenen  seilen 
entsumsen.    Voss  Virg.  Georg.  4, 554 ; 
also  ziehen  einher  dicbtwimmelnde  schwärme  der  bienen, 
immer  und  hintereinander  dem  holen  reisen  entsumsend. 

BÜRGER  195*. 

ENTSÜNDIGEN,  expiare,  nnl.  ontzondigen,  reinigen:  und 
seit  den  altar  entsündigen.  2  Mos.  29,36;  und  sol  also  das 
haus  entsün'^igen  mit  dem  blut  des  vogels.  3  Mos.  14,  52 ; 
und  alle  kleider  und  alle  gerate  von  feilen  und  alles  Pelz- 
werk und  alles  hülzen  gefasz  soll  ir  entsündigen.  4  Mos. 
3t,  20 ;  und  von  desselben  blut  soltu  nemen  und  seine  vier 
hörner  damit  besprengen  . . .  damit  soltu  in  entsündigen  und 
versünen.    Ez.  43,  20 ; 

nimm  einen  isoppusch,  entsündige  mein  leben!    FLERI.NC21; 
den  inlsehen  trieb  der  lüsternheit 

entsündigte  des  ehstands  Schuldigkeit.    Hagkdorm  2,  105; 
eines  sünders,  allein  den  Jesus  opfer  entsündigt. 

Messias  lö,  549 ; 
entsündigt,  rein  von  misseibat, 
dur<:b  den.  der  uns  geliebet  hat, 
sahn  wir  den  tod.    Klopstock  7,  71; 
Jesu  Christi  mililcrtod, 
der  vorm  richier  uns  entsündigt.    7,  159; 
ach  beiszres  feuers  liebt  ich  ein  sterblich  weih 
als  meinen  mittler,  der  mich  entsündigte. 

Joa.  Friede.  Hahn  im  Gölt.  musenalm.  1775; 

dasz  er  (David)  aber  entsflndigt  sein  wollte  und  dasz  er  auf 
das  dringendste  um  ein  reines  herz  üehte.    Göthe  19,  320 ; 

mag  ein  so  groszes  werk  den  frommen  sinn  verkündgen, 
zu  preisen  gott  den  herrn,  so  wie  mich  zu  entsündgeu. 

41,295. 

2)  sich  entsündigen:  und  die  leviten  entsündigtcn  sich  und 
wuschen  ihre  kleider.  4  Mos.  8,  21 ;  welcher  aber  unrein  sein 
wird,    und   sich   nicht  entsündigen  wil,    des  seele  sol  aasge- 
rottet werden.    19.  20. 
E.NTSÜNDIGÜNG,  f 
das  blut  der  entsündigung  rann.    Messias  20,  67; 
auch  der  entsündigung  weihe,  die  sehr  den  sterblichen 
frommet.    Voss,  Orfetis  38 ; 

manche  nach  den  gotteslästerlichen  regeln  der  entsündigung 
ermordete  Unschuld.    ThChmel  5,  39. 

ENTTÄUBEN,  surdum  faeere,  betäuben :  der  riese  schlug 
Goffrui  so  gar  stark  auf  seinen  heim,  dasz  Goffroi  schier  von 
dem  ton  und  schall  des  scblagens  entlaubt  war.  buch  der 
liebe  274,  2. 

ENTTAUCHEN,  emergere,  emergendo  elabi,  auftauchen,  nnl. 
ontduiken: 

sinnend  stand  sie  am  fenster  im  dämmerstrahle  des  morgens, 
sähe  die  sonne  doi.  fluten  enttauchen.  Voss. 

ENTTAUMELN,  tilubanlem  labi: 

sondern  gerade  vom  dach  enttaumelt  er,  dasz  ihm  der  iiacken 
aus  dem  geleuk  abbrach  und  der  geist  zum  .Ais  binübfubr. 

Od.  10,559; 
so  enttaumelt  ihr  taoz,  der  entsetzliche  tanz  dem  gehirce. 

BÜRGER  24b'. 

ENTTEüSCHEN,  ex  errore  rapere,  aus  der  teuschung  ziehen : 
er  machte,  indem  er  entteuscht  ward,  die  wunderlichsten  ge- 
berden. Göthe  25,361;  Anna  war  sehr  entteuscht  von  den 
hiihen  erwartungen  gräriicber  berlicbkeit.  Armh  kronenwächter 
1, 4U2;  wünsche,  hofnungen  entteuschen  =  teuschen. 


639 


ENTTHAUEN  —  ENTTRAGEN 


ENTTRÄUFELN  —  ENTÜBRIGEN 


640 


ENTTHAUEN,  regelari,  solvi,  Ihauend  eniflieszen: 

die  thränen,  die  den  wimpcrn  mir  enithauen. 

Wh.  Humboldt  7,  441, 
nachlässig  oder  gezierl  mit  zwei  dativen. 

ENTTHÖHEN,  amenlia  liberare,  gegensatz  von  bethören, 
mild,  kein  entccren: 

wie  war  dein  fall  so  lief.' 

aber  als  cntthöret 
dein  herz  zum  himmel  rief, 

hat  er  dich  gehöret.    Röckbrt  145. 

ENTTHRONEN,  regno  spoliare,  deponere,  früher  auch  ent- 
tbrönen : 

laszt  uns  ein  gedichte  singen, 

das  bis  durch  die  wollten  tönt, 
und  dem  herrn  ein  opfer  bringen, 

der  der  fürsien  pracht  entihrönt.    Opitz  3, 87; 

ein  cnllhronter,  enlsclzler  könig.  mit  gleichem  umlaut  hiesz 
es  auch  vihd.  trcenen  (wb,  3,  lU'). 

ENTTONEN,  accenlu  privare,  gegensatz  von  betonen :  die 
ableitsilbe  betonen  und  die  Wurzelsilbe  enttonen.  J.  P.  aesth. 
2,  204. 

ENTTONEN,  sono  privare: 

nicht  die  nation,  nur  einzelne  herscher  und  ihre 
schwärme  strebten  die  siimine  der  weit  zu  enttöncn. 
Klopstock  7,  6. 
ENTTRAGEN,  auferre,  asportare,  wegtragen,  entziehen,  ent- 
wenden, ahd.  intragan  (Graff  5,  497,  der  inferre  und  auferre 
tnisciit),  mhd.  entragen  und  auch  nhd.  früher  noch  oß  entragen 
geschrieben,  nnl.  ontdragen : 

mhd.  s6  der  verwäjene  huni 
hat  mir  eitcwaj  bräht, 
da  er  mir  die  gflien  aiidäht 
stiere  mit  hat  entragen.    D(khkr  315,  16; 
dich  des  tiuvels  rate  entragen.    Bart.  79,  22; 
diu  (well)  in  mit  unmuoje  entreit 
den  guoten  willen  und  den  muol.    89,20; 
diu  (lere)  mich  dem  tiuvel  hat  entragen.    185,  25; 
der  schöne  hindere  gewan 
die  mir  die  wilselde  entrüc.    pass.  K.  054,  5. 

nhd.  sie  wolden  entzweder  sterben  adir  sein  entragen  {über- 
hoben) sein.  RoTHB  dür.  chron.  cap.  367 ;  ich  arme  argkwone 
euch,  das  er  usbin  gond  etwas  entragen  habe.  Terenz  1499,  67 
{Eunuchus);  aber  er  bat  seiner  irew  vergessen  und  das  noch 
ärger,  dem  keiser  sein  cron  und  schwert,  auch  uns  die  un- 
sern  entdragen.  Aimon  14";  das  sie  mir  aber  auflegt,  das  ich 
einigerlei  enttragen  oder  abhendig  gemaciit,  wird  sie  mir 
nicht  beibringen  mit  warheit.  Luther  2,384';  dieweil  solche 
handlung  in  dem  ganzen  reich  erschollen  und  noch  nicht 
entragen  (entfernt,  beseitigt).  3,  418";  welchs  so  ein  ander 
heimlich  genoraen  oder  enttragen  bette,  müst  er  am  strick 
erwürgen.  4,402';  einer  der  iren  hett  uns  ein  wenig  golds 
entragen.  Frank  wellb.  230' ;  weren  sie  niemant  nütz,  so  were 
man  doch  grüszers  Schadens  von  in  entragen  {entledigt,  über- 
hoben), chron.  116";  das  wir  uns  angenommen  und  gott  als 
dieb  entragen  haben,  bäum  des  wissens  Hb;  durch  die  menge 
nachtfeuer  betrogen  gehen  etliche  vom  trosz  in  der  feind 
ISger,  entragen  also  unwissend,  was  irer  herschaft  und  sie 
bei  sich  haben.  Kircbhof  mil.  disc.  132;  wie  sie  aus  dem  feld 
entlaufen  und  sein  geld  diebischer  weis  entragen  haben.  246 ; 

da  hat  man  ein  in  eisen  gschlagen, 

bat  dem  pauren  ein  hun  entragen.    Tudrneisskr  arcliid.  22; 

da  werden  mir  viel  schuld  entragen.    H.  Sachs  III.  3,29*, 
geld,  das  ich  xu  fordern  habe,  genommen; 

entregt  mir  mantel,  kandel  und  blau.    III.  3,30'; 

das  mir  der  sialbub  vor  acht  tagen 

ein  altes  wammes  hat  entragen.    III.  3,38'; 

het  doch  erlitten  kein  gef.ihr 

von  raubern,  dieben  noch  schuld  enttragen.    V,  40S*; 

er  hat  uns  den  barchei  endiragn  (so).    Atrir  fattn.  19*; 

als  hett  er  mir  das  gelt  endtragn.    100*; 

die  für  ihrs  hemi  wolthat  und  heil 

ihnen  das  ihr  leizlich  eintragen 

und  ihm  auf  gut  diebi>ch  dank  sagen.    KriRiNC  1,67; 

der  dteb  bab  ibm  sein  geld  enitragea.    1,364; 

DUO  hArt  von  groszem  wunder  sagen, 

man  bat  der  aUter  ein  ei  entirsgcn. 

G4RTÜKMI  dicierin  proverbialia  49*. 
später    ungewöhnlich   und   darum   den    vitilrrbüchem   fehlend, 
erst    zuletzt    wieder   aufgebracht,    doch    weniger    im   sinn    des 
raubens  und  enlwendens,  alt  des  erlaubten  dahinlragent,  fiU- 
fement: 

und  den  gduergleichen  Ssrpedon  enitrugen  die  edelo 

tireii|;cao»sca  der  scfalachi.  Lurcir  229*; 


knecht  und  weiber  enttragen  die  schätze  des  herbstes  dem 

garten ; 
kaum  gesagt,  so  enttragen  die  schenket  ihn.    Voss; 
gelbmähnlge  löwen  und  liper 
führet  die  Hut,  nichts  frommt  die  gewalt  des  bliizes  dem  eher, 
nichts  dem  enttragenen  hirsche  der  leicht  gehobene  schenke!. 
Voss  Ovid  niet.  1,  SOti, 
ablato  ceno,  dem  von  der  Überschwemmung  entführten. 

ENTTRAÜFELN,  destillare,  emanare:  versammelt  euch,  ihr 
kinder,  um  diesen  priester,  und  hört  die  goldnen  lehren,  die 
seinem  munde,  wie  thau  dem  morgengewülk,  enttrüufelo. 
ScHunARTS  deutsche  chronik  auf  1775  s.  638 ; 

dasz  nicht  der  morgenihau 
ihr  {der  htumc)  euttraufle.    Stolbkrg  1,  127; 
doch  gewachsenes  geüeder 

in  der  n.ichie  duft, 
mir  einträufeln  seh  ichs  wieder 

an  des  morgens  luft.    Rückert  268. 

ENTTRAUMEN,  ENTTRÄUMEN,  somniare,  wie  entschlafen, 
entschlummern  «.  a.  m.  gebildet,  den  beginn  des  Schlafes  und 
traumcs  anzudeuten,  ahd.  mhd.  unterzeichnet,  wahrscheinlich 
aber  auch  vorhanden,  kein  nnl.  ontdroomen.  erscheint  nur  un- 
persönlich: die  verschienen  nacht  ist  mir  entreumet,  wie  der 
donder  meinen  sün  Loher  darnider  schlug,  das  er  gestreckt 
lag.  Aimon  hi';  mich  bedunkt  ich  hali  hie  Magis  hören  nen- 
nen, oder  ist  es  mir  entdraumbt?   o4'. 

ENTTREIREN,  obigere,  wegtreiben,  entwenden:  vieh  ent- 
Ireiben. 

ENTTREIRER,  m.  abigeus,  für  peeoris. 

ENTTRIER,  m.  abigeatus,  abtrieb,  wegtrieb. 

ENTTRIEFEN,  destillare,  herablriefen :  schweisz  enllrieft 
der  stirne. 

ENTTRINNEN,  effugere?  wenn  sich  Irinnen  {nach  1, 145  «nd 
nach  trennen)  behaupten  Idszt.  N.  gibt  intdran,  indran  (Graff 
1,  515)  und  Haupt  7, 144. 145. 146  wird  en-trinnen  angenommen, 
gewis  aber  gehen  nicht  alle  entrinnen  (oben  sp.  587)  darauf 
zurück,  wie  auch  ags.  odyrnan,  run  away,  nnl.  outrennen 
deutliches  ent-rinnen  ist. 

ENTTRIPPELN,  trepidantem  clam  aufugere: 
ob  vor  der  ihat,  ob  vor  dem  bauschen, 
das  weisz  ich  nicht,  kurz  sehr  vorschämt, 
an  zung  und  lippe  halb  gcläiiint, 
enitrippelt  das  ertappte  mäuschen.    Dürger  90*. 

ENTTROCKNEN,  delergere,  abtrocknen,  trocknen: 

als  ihn  Odvsseus  sah,  enttrocknet  er  heimlich  die  thränen. 

Od ; 

thränen  des  grams  sich  entu-ocknen,  mit  schwer  aufzitternden 

Seufzern,    i/.  18,  124; 
also  der  greis,    und  die  muttcr  enttrocknete  schnell  sich  die 
thränen.    Lui^t;  a.  i.  h.  2, 87  s.  68. 

ENTTRÖDELN,  extricare,  filatim  solvere,  wozu  man  auf- 
trifeln,  auftrieseln,  austrieseln,  auftrösen  halte,  auch  ahd. 
trddo  ßmbria  erwäge,  mehr  unter  dem  einfachen  trödeln :  halt 
fest,  bis  sich  die  zeit  erbarmen  wird  alles  zu  enttrödeln. 
Herder  in  Merks  bricfsammlung  1,  24. 

ENTTRÖPFELN,  gultatim  deßucre:  dem  bäum  enttröpfelt 
harz,  dem  dach  enttröpfelt  wasser. 

ENTTROPFFN,  dasselbe,  in  tropfen  niederfallen 
ENTTRÖSTFN,  denegare  consolationem,  auströsten.  Stieler 
2343,  verschieden  von  untrösten,  ungetröstct  lassen. 

ENTTRÜBEN,  collustrare,  erhellen,  der  Irübheit  entreisien, 
also  gegensatz  von  betrüben : 

dan  wie  der  höchst  die,  so  er  liebet 
durch  seineu  gnadeiischein  enttrübot.    Wscihsrlin  23; 
wan  uns  dan  die  göiter  lieben, 
sollen  wir  uns  nicht  enttriibcn 
wegen  einer  solchen  kunlU    348. 
ENTTUGENDEN,  virtutem  deserere,  extinguere,  auslugenden. 
Stibi.er  273. 
ENTTUMMELN,  exculcre: 

da  mil  einmal 
dröhnte  der  IIQgel  gekrach   und  dem  pfiilil  sie  entiiimmelio 
beule.     Voss  llnnit  snt.  2,(i,  112. 
ENTÜBERN,  im  sinne  des  folgenden  entührigcn,  musz  statt- 
haß  gewesen   sein,   weil   beübern  und  crübem  gtUn.     auch 
bestdtigt  es  Stiei.BR  1374.     Räolein  243'. 

ENTÜBRKJEN,  gleichviel  mit  übrigen,  neben  gen.  der  sache, 
i)  überheben,  entledigen,  liberare:  die  foiiricrsrhülzrn  hallen 
mitleiden  mit  mir  . . .  cnlübriglcn  mich  derohnlben  der  slösz. 
Simpl.  K.  180;  es  weisz  mein  brrr  ulirist  zum  besten,  wie 
ungern  ich  meine  gesellen  seines  kriegesunterriclis  cnlUbrigr. 
BuTscitKY  kanzl.  103;  irb  kann  dessen  wo!  cntübrigt  sein, 
je  m'en  puis  bien  passer.    RAtiLti."*  243*. 


641 


EXTCBRIGEN— ENTUXEHREN 


EXTÜNEHRCNG— EXTVVACHEN 


64^ 


2)  häufiger  begegnet  das  pari,  praet.  mit  sein  oder  werden 
in  der  bedeutung  von  überhoben  sein,  supersedere:  Enoch, 
Moises,  Elias  sein  lebendig  vom  erdboden  entzuckt  und  der 
hellen  entubrigt  worden.  Ayrer  proc.  1, 13 ;  gottseligen  seelen 
begegnet  manches  im  gemeinen  leben,  in  der  haushaltung 
und  sonst  widriges,  dessen  sie  gern  entübriget  waren.  Scr:ver 
seelensch.  2, 134 ;  dahero  pflegten  von  den  untersten  mehr 
hungers  zu  sterben,  als  ihrer  vom  feind  umbkamen,  welcher 
gefahr  miteinander  die  höchste  entubrigt  zu  sein  schienen. 
Simpl.  K.  106;  welches  mich  eine  grosze  uugelegenheit  zu 
sein  bedunkte,  deren  ich  gern  entubrigt  gewest  wäre.  Simpl. 
;,  391  (Vogelnest  9) ;  man  solle  vilmehr  gedenken,  das  kreuz 
und  Unglück  allen  menschen  gemein  und  keiner  dessen  be- 
freit und  entubrigt  sein  könte.  Bütschky  kansl.  693;  unge- 
mach,  dessen  ich  ihn  gern  entübriget  wissen  weite.  2S6; 
solcher  ungelegenheit  möchte  ich  gern  entübriget  sein.  413 ; 
aber  dem  Momo  zu  lieb  oder  auch  verdriesz,  da  wir  beides 
doch  können  entübriget  sein,  wollen  wir  noch  eines  oder 
etliche  von  den  spielwerken  und  schei-zreden  Taubmanni  her- 
vorziehen. Brandts  bericht  s.  45;  ich  kann  dessen  nicht  ent- 
übriget sein.  SriEf.ER  1374;  mein  gemüthe  wäre  der  überflüs- 
sigen lobeserhebungen  gern  entübriget  gewesen.  Felsenb.  1,39; 
da  wir  uns  der  wintersnoth  entübriget  sahen.  1,244;  fernerer 
Schreiberei  und  aufwands  entübriget.  2,433;  um  des  Ver- 
dachts entübriget  zu  sein,  als  ob  wir  etwa  spions  oder  landes- 
verräther  wären.  4,  320 ;  vielleicht  wäre  ich  entübriget  gewe- 
sen so  viele  pein  und  marter  auszustehen.  Plesse  3,ll;  wenn 
ich  nur  ihrer  gesellschaft  hätte  entubrigt  sein  können.  Pierot 
1.304;  und  wenn  ich  ihrer  nur  entubrigt  sein  könnte,  dieser 
schimpflichen  erbschaft.  Lessing  2, 12 ;  die  Schauspieler  kön- 
nen in  den  nebenrollen  des  witzes,  des  feurs  und  der  em- 
pflndung  eben  so  wenig  entubrigt  sein,  als  in  den  haupt- 
rollen.  4, 1S3;  man  kann  ihrer  eben  so  wenig  entubrigt  sein. 
WiELA5D  7,  2S8 ;  diese  dependenz,  der  ich  so  gern  entubrigt 
sein  möchte.  Forsters  briefw.  1,  493 ;  ein  beweis,  dessen  ich 
gern  entübriget  wäre.  Hippel  6,  52 ;  wem  ist  wol  sein  körper 
so  lieb,  dasz  er  ihn  in  ewigkeit  mit  sich  schleppen  möchte, 
wenn  er  seiner  entubrigt  sein  kann.  Ka.nt  1,  237 ;  der  theil, 
dessen  sie  nicht  entubrigt  sein  können.  8,454;  es  ist  mir 
für  meine  schreiberei  lieb,  dasz  ich  noch  eine  weile  der 
albernen  gespräche,  die  ich  mit  der  zurückkunft  des  dom- 
herrn  erwarte,  entubrigt  und  unter  der  stillen  aufsieht  Klär- 
chens  so  gut  wie  allein  bin.  Thümmel  4,  219 ;  dasz  ich  der 
armseligen  Vorstellung  wol  entubrigt  sein  könnte.  TiecrS,  447. 
hier  auch  ein  beispiel  des  glcichbedeuligen  einfachen  übrigen 
aus  ZiKKGREFS  bekanntem  schönen  gedieht: 

so  musz,  wer  tyrannei  gefibriget  will  leben, 
er  seJDes  lebens  sich  freiwillig  vor  begeben. 

3)  obschon  zusammengesetzte  verba  mit  ent  und  er  sich 
ößer  begegnen,  so  scheint  es  doch  mehr  nachlässige  Verwech- 
selung, dasz  man  sich  auch  entübrigen  ßr  erübrigen,  reli- 
quum  habere  gestattete:  und  so  will  ich  von  zeit  zu  zeit  fort- 
fahren, alles  was  ich  entübrigen  kann,  zu  abtragung  einer 
schuld  anzuwenden,  die  freilich  die  gröszte  ist,  die  ich  auf 
der  weit  haben  kann.  Lessi.ng  12,  278 ;  er  wolle  so  viel  zeit 
bei  mir  zubringen  als  ihm  nur  zu  entübrigen  stände.  Lich- 
tenberg 8,302;  alles,  was  ich  von  meinem  hiesigen  erwerbe 
entübrigen  kann,  möchte  sich  kaum  auf  sechzig  höchstens 
achtzig  thaler  belaufen.  Voss  briefe  1,  62.  hier  wären  zwar 
die  bedeutungen  entbehren  und  außringen  gleich  passend,  doch 
hat  entübrigen  in  jener  den  gen.  neben  sich,  erübrigen  den 
acc. ;  freilich  wissen  wir,  dasz  auch  entbehren  den  gen.  allmä- 
lich  mit  dem  acc.  tauscht  {sp.  493). 

E.NTUNEHREN,  polluere,  infamare,  verunehren.  Maaler-106'. 
im  allgemeinen  bedeutet  entunehren  was  entehren,  in  diesem 
aber  ha  die  partikel  ent  privativen,  in  jenem  positiven  sinn, 
allerdings  liesze  sich  der  ausdrücke  entunehren  und  verun- 
ehren entrathen,  wie  sie  auch  heute  fast  auszer  gebrauch  sind, 
und  mit  entehren  ausgereicht  wird;  doch  zeugen  sie  von  der 
spräche  bildungstrieb.  sobald  einmal  Unehren  entsprungen 
war,  lag  auch  entunehren  nahe,  Unehren  drückt  aber  bloszes 
flieht  ehren  aus,  entehren  der  ehre  berauben  und  insofern  ist 
auch  entunehren  schwächer  als  entehren,  hier  sind  stellen 
ßr  seinen  gebrauch:  sehet  die,  so  e.  f.  g.  palast  entunehrt. 
Ämadis  l:i5;  und  (die  Jungfrauen)  zu  im  sagten,  fürwar  hcrr, 
wir  weren  ohne  ewcr  hülf  entunehrt  {es  steht  enunehrt)  wor- 
den. 142;  es  möchte  der  nahm  ihres  guttes  Mahomets  darauf 
geschrieben  sein  und  mit  füszen  betreiten  und  entunehret 
III. 


werden.  Albrecht  ßuchabc.  12 ;  das  predigampt  wird  dadurch 
entunehrt.  18 ;  wie  musz  es  dann  gott  so  hoch  betrüben, 
wann  er  höret,  dasz  sein  allerheiligster  nahm  so  grawsam 
entunehret  und  verlästert  wird?  76;  weil  ich  ein  mägdlein 
mit  gewalt  entunehrt  hatte.    Simpl.  K.  639. 

ENTL'.NEHRLNG,  f.  der  alten  {leule)  enlunehrung.  Birk 
ehespiegel  2. 

ENTLXG.NOSZEN,  communionis  expertem  facere,  gebildet 
wie  entunehren.  genoszen  heiszt  communionem  inire,  unge- 
noäzen  communione  privare,  sich  ungenoszen,  die  gemeinschaß 
verlassen:  das  auch  des  genanten  huses  eigen  lüte  sich  nit 
entungnoszen  noch  ungnoszam  machen  sollen,  weisth.  2,68.  70. 

ENTUNGNOSZäMES',  dasselbe:  die  sich  also  entungnosza- 
ment.    s.  68.  70. 

ENTURLAUBEN,  dimittere,  abeundi  veniam  dare,  entlassen, 
beurlauben:  wie  wir  denn  allhie  zu  Wittenberg,  nach  laut 
der  Visitation,  auch  den  pfarrherr  nicht  lassen,  ohne  wissen 
und  rath  des  weltlichen  regiments,  annehmen  und  entur- 
lauben.  Llthers  br.  5,9;  man  sagt,  das  derselbig  bischof 
einen  Schulmeister  und  cantor  enturlaubt  hett,  welche  man 
aus  Wittenberg  in  seiner  Stadt  einberufen  hatte,  nun  bette  er 
inen  zehen  gülden  geschenkt  und  sie  springen  lassen,  lischr. 
267';  wie  N.\  von  im  (dem  ralh)  enturlaubt  were  darurab, 
das  er  in  predigten  zänkisch  were.    286'; 

ein  freund  der  einst  den  glauben  bricht 

und  ihut  die  ireuw  enturlauben, 

dem  sieih  man  fürder  Leinen  glauben.    Waidis  Esop  1,26; 

warum  Gesncrus  seines  dienstes  enturlaubet  worden.  Micrälics 
3,617;  endlich  ist  er  enturlaubet  worden.  Rivaxder  2,69,  auch 
im  Harnisch  von  Fleckenland  269.  später  hört  das  worl  auf 
und  sieht  schon  nicht  mehr  bei  Stieler  und  Fbisch. 

E.NTLRLAUBUNG,  f.  dimissio,  entlassung,  beurlaubung: 
hierauf  sie  nach  enturlaubung  sich  selbiger  orten  weiter  umb- 
sehen.  Opitz  2,  245.     auch  Amöna  und  Amandus  40. 

ENTIOGEL,  m.  anas,  enle,  wie  antvogel  1,  507 :  gänse  und 
entVögel.  Schweimchen  1,  61 ;  fürchtet  sich  auch  wol  ein  ent- 
vogel  vor  ungewitter?  pers.  baumg.  1,  15;  schnatterten  wie 
die  entVögel.    Siegfr.  von  Lindenb.  2,  312. 

E.NTVOLKEN,  depopulari,  nnl.  ontvolken,  gebildet  wie  be- 
volken,  heute  aber  dem  folgenden  gewichen. 

ENTVÖLKERN,  dasselbe:  provinzen,  die  durch  den  krieg 
entvölkert  und  verwüstet  worden  waren.  Wielasd  6, 196 ;  die 
Provinzen  entvölkerten  sich  zwar  dadurch.  8, 146 ;  erst  diese 
nacht  hatte  ein  kleiner  teufel  von  einem  marder  seinen  ganzen 
hünerstall  entvölkert,  11,  333 ;  sie  haben  die  geisterweit  völlig 
entvölkert,  gnädige  frau.    Mcs.\c3  2,95; 

selber  die  luft  ist  einsamer  und  entvölkert  geworden 
und  scheint  weit  umher  blosz  eine  iraurige  wüste. 

ZicBARiÄ  tageszeilen  72. 

ENTVÖLKERUNG,  f.  depopulatio:  die  entvölkerung  der 
Städte  und  der  verödete  zustand  ganzer  provinzen.  Wieland 
7,  223 ; 

wer  an  den  gallischea  küsten  des  millelmeers  ruhig  noch 

weihe, 
eh  der  entvölkerung  fluch  traf  das  gesegnete  land. 
Matthisso.n  2(iö. 

ENBOLKUNG,  f.  dasselbe. 

E.NT\'OR,  praecipue,  voraus,  aus  en  bevor,  in  bevor,  wie 
entgegen  aus  engegen : 

sie  suchen  dem  endkrist  sein  schätz, 

das  er  hab  etwas  vil  envor.    Bramt  103,43. 

s.  entpfor  und  Schji.  1,  634.     envor  mhd.  wb.  3,  374*. 

ENTWACHEN,  expergisci,  erwachen,  aufwachen,  gebildet 
wie  entschlafen,  des  wacliens  beginn  ausdrückend,  beide  sind 
gleich  gut  und  richtig,  envachen  tr«e  entwachen,  doch  sdieint 
jenes  mehr  hochdeutsch,  dieses  niederdeutsch,  denn  ahd.  ist 
nur  irwachen,  kein  intwachen  überliefert  und  aucli  mhd.  er- 
wachen dem  entwachen  vorwallend  (mhd.  wb.  3,  450'),  selbst 
auf  ^oth.  usvakan  darf  aus  usvakjan,  erwecken  geschlossen 
werden,  deren  us  dem  ahd.  ar,  ir,  mhd.  er  entspricht,  ags. 
gilt  onvacan,  praet.  onvöc,  engl,  awake,  nl.  ontwaken,  denn 
in  diesem  dialecl  ist  die  partikel  er  beschränkt,  schw.  upvakna, 
d'in.  opvaagne  stimmen  zu  unserm  aufwachen,  welches  um 
sich  gegriffen  hat  und  heute  dem  erwachen  fast  überwiegt, 
vgl.  das  1,  766  beigebrachte  und  auferwarhen  1,  640,  in  wel- 
chem sich  die  parlikeln  häufen,  jedenfalls  war  uns  envachen 
die  älteste  form,  woneben  entwachen  vordrang,  doch  ohne 
umfang  zu  gewinnen,  zuletzt  wurde  aufwachen  in  uneigeut- 
licher  compotition  herschend.     mhd.  noch  kein  öf  wachen. 

41 


643 


ENTWACHEN  —  ENTVVACKERN 


ENTWAFNEN— ENTVVÄIIREN 


644 


mhd.  beispiele  ßr  cntwachcn:  als  er  dö  entwachte,  dö 
wlssagete  er.  alle  predigten  in  Mones  anz,  8,  514 ;  dö  er  dö 
entwachte,  dö  Tcrflubte  er  sinen  sun.    ebenda  515; 

dö  gebunden  wart  der  dcgen 

und  eine  wile  was  gelegen 

durch  ruowe  und  einen  slär  gelfit, 

do  entwachte  Cr  und  sprach  sin  gcbSt.    Wigal.  215,9, 

«ro  aber  aus  einer  hs,  erwachen  angemerkt  ist; 

dö  sie  Peleus  vant 

sie  untwachete  te  hant.    Haupt  11,364  aus  Albr.  ▼.  IL; 
-  Salomon  da  intwachct  was.    3füro//"S03; 

wand  6r  da  von  entwachte.    pass.  K.  44,9.  45,13; 

darnach  dö  er  enlwachie.    359,17; 

hiemite  er  euch  entwachte.    448,81  u.s.w. 
hier    liegen    enttceder    quellen   vor,    die   nicht   reinbochdeulsch 
sind,    oder   die    lesart    kann   verändert  sein,     umgekehrt  wird 
in  der  Verdeutschung  des  decamerone  das  entwachen  der  älteren 
drucke  mehrmals  in  den  späteren  zu  erwachen. 
mnd.  und  ik  bin  nicht  entwakcl.    G.4.  2,  329. 
nhd.    entwache,  Moringer,  es  ist  zeit!    Uuland  776; 

damit  er  wider  wart  eniwachcn, 

den  Iraum  er  fleiszig  überlegt. 

Waldis  Esopus  4,  80  bl.  308'; 

wenn  mich  ein  träum  cnizückt,  verdient  der  meinen  dank, 

durch  den  ich  meinem  iraum  cniwache?    Wikland  5,  Ifri; 

im  gleichen  nu  eniwacht  Amanda  ihrem  träume.    23,114; 

entwach,  entwache  dem  zauberschlummcr,  dem  bangen 

träum.    26,  91 ; 

durch  fremder  licder  halle 

eniwacht  in  Deutschland  kaum 

ein  häuflcin  dumpfem  träum.    Voss  5,  211. 

SU  erwachen  liesze  sich  kein  daliv  fügen,  das  ist  aber  erst 
neue  gewohnheit.     die  älteren  stellen  brauchen  ihn  nicht. 

ENTWACHSEN ,    excedere    crescendo,    über    etwas    hinaus- 
vachsen,  ihm  entgehen,  ihm  zu  grosz  oder  auch  zu  klein  Ver- 
den, decrescere.    Diefekbach  168*.    mhd.  entwahsen,  nnl.  ont- 
wassen. 
mhii.  entwahsen  wol  den  mangen  {steinwürfen).    Er.  7S43; 

swacheit  und  aller  itewij 

dem  wagen  was  entwahsen.    tr.  kr.  30025; 

alte  und  junge 

sint  mir  nie  entwahsen.    IIelbl.  2,  1455; 

dö  ich  sincm  rise 

entwahsen  was.    4,  571 ; 

gesiget  der  zapfe  an  im, 

so  eniwahset  im  der  schilt  in  vremde  hant.    MS.  2, 137'. 

nhd.  aber  wiewol  er  seine  mutter  sähe,  doch  weder  er  sie, 
noch  sie  ihn  erkannt,  aber  das  war  kein  wunder,  ursach  die 
zeit  und  jar,  die  sich  verlolTen  betten  und  er  ihr  entwachsen 
war.  ßocc.  1,75*;  als  aber  der  glaub  verfiel  und  fein  gemach 
entwuchs  {der  kirche  entgieng),  fieng  man  an  kleine  belhäuslin 
zu  bauwen.  Frank  paradoxa  15*;  sol  und  musz  der  mensch 
bisz  an  sein  zil  nach  dem  geist  immer  zu  wachsen,  wo  nit, 
80  enlwechset  er  gewis  und  nimpt  ab.  sprichw.  1,94'; 
Vater,  ich  bin  entwachsen  dir.  Schxci.zl  vcrt.  »o/m  4'; 
der  knabe  ist  nun  der  rate,  dem  kittcl  entwachsen,  empfängt 
keine  schlage  mehr,  kriegt  hosen  an;  die  kleider  entwachsend 
den  kinden,  werdend  inen  ze  kurz  oder  ze  klein.  Maaier 
106';  sobald  die  mädchen  der  rute  entwachsen  sind,  sind 
ihnen  die  mfitler  im  wege ;    den   kinderschuhen  entwachsen ; 

die  cule  springt  ins  thal,  denn  sin  entwächst  dem  ncste. 

J.  A.  .ScMLEGKL  fabeln  259; 
mfiszig  kehrten  zu  dem  dichiertnnde 
heim  die  göiirr,  unnütz  einer  weit, 
die  umwachsen  ihrem  g/uipelbniide 
»ich  durch  eignes  «chwebcii  h.ilt.     Sciiillrr  22'; 

da  er  als  mensch  der  schule  der  Weisheit  nie  enlwüchst. 
Kajit  5,  381 ;  dort  entwuchs  er  bald  jenen  verhiJllnissen.  Göthr 
32,  238.  in  der  gerichtssprache  heiszt  'den  rechten  entwachsen 
«ein'  detrectare  Judicium.    IIaltaus  349. 

Zufceilen  ist  entwaciisen  nichts  ah  herrorirachsen  :  der  keim 
entwuchst  dem  gelegten  samcn,  die  blume  ist  der  pflanze, 
dem  knöpf  entwachsen ; 

ob  dem  keime, 

de«  gnrtner  du  gi-wesen  bi«l, 

ein  Kolrhrr  bäum  entwa('h>en  i«t, 

•  I*  du  wul  bofiet.!.     (i(iKi)<i(iK  2,34; 

deMen  fruchte  dem  vieljälirigen  schweisze  seines  angcsithts 
cntwachHrn  und  treflirh  gediehen  sind.  Stolrkro  g,  122.  doch 
üUfM  warh%rndc  enlwärhut  ja  einer  vorangebrndrn  enge. 

ENT^VACKEHiN,  mnne  rffugere,  früh  aufwachen  und  teeg- 
laufen :  ich  musz  bie  warten,  bis  das  meine  geste,  so  gestern 


zu  mir  kommen,  hinweg  wollen,  damit  sie  mir  nicht  cnt- 
wackcrn,  ehe  dann  sie  mich  bezahlen,  herzog  Heinr.  Julius 
308 ;  ich  musz  zu  ihnen  gehen  und  flugs  eilen,  damit  sie 
mir  nicht  entwackern  mögen.  387.  gebildet  wie  ahd.  waccharön 
vigilare  und  irwacchaiön  expergisci  (Graff  1,  679.  680)  und 
dem  entwaclien  neben  erwachen  parallel,  eine  andere  ausgäbe 
des  ungerathnen  sohns  soll  aber  in  der  stelle  387  lesen  enl- 
waukern,  was  gleichviel  mit  enlwanken  wäre. 

EMWAFiNEN,  dearmare,  exarmare,  der  waffen  entblüszen, 
berauben,  die  Waffen  abnehmen,  abziehen,  gutwillig  oder  ge- 
waltsam, mhd.  entwafen  für  entwäfenen  {in  der  flexion  tritt 
das  n  wieder  vor),  nnl.  ontwapenen.  von  der  nebenform  ent- 
wäpcn  näher  zu  reden  unter  waffen  und  wappen.  Frssius 
verdeutscht  dearmare,  exarmare  durch  entweeren  und  hat  kein 
entwafnen. 

1)  im  eigentlichen  sinn: 

mhd.  diu  entwäfente  mich.    Iw.  317; 

nu  entwäfeni  er  sin  houbei.    4261; 

nßve  Gäwein,  entwÄfcn  dich.    7723; 

als  er  dar  nach  entwäfent  was.    Lam.  1586; 

do  eniwäpent  sich  der  wigant.    Parz.  459,  10; 

entwäpont  mit  swarzer  hant.    44,18; 

er  begunde  sich  do  eniwäpen  baj 

von  dem  hersniere.     UV».  127,27; 

do  cniwäfende  daj  houbet  manic  rittcr  guot.  iVi6.  2019, 1. 
nhd.  da  entwapnet  er  sich  {legte  die  waffen  ab).  Fierabras 
A2;  das  sich  ein  ider  entwapnet.  Ainion  e;  wollt  ihr  euch 
nicht  entwafnen?  Güthe  42,30;  seid  gutes  rauts,  entwafnet 
euch.  8,24;  die  gefangnen  wurden  entwafnet;  man  mistraute 
den  bürgern  und  gebot  sie  alle  zu  entwafnen ;  was  vermag 
ein  entwafneter  {wehrloser)'!;  die  entwafneten  steckenbündel 
{fasces,  aus  denen  die  beile  genommen).  Niebühr  1,589;  ein 
Staat  entwafnet. 

2)  bildlich :  deine  blicke  entwafnen  mich ;  durch  wollhaten 
kann  man  seine  feinde  entwafnen; 

•  fleh  sie  dir  zu  verzeihn,  und  wenn  sie  nicht  verziehe, 
so  sink  von  öincr  tbräu  entwafnet  auf  die  knie. 

Dusch  3,  44; 
wenn  ein  stein  sich  wölbet  i'iber  l)Pider  staube, 
dann  wird  der  lluch  entwafnet  sein.    Sciiillhr  514'; 
entwafnet  ist  mein  schmerz.    Gottfr  2,  17; 
'ach   das    arme   thier!'    sagte  Walt  mitleidig  und  entwafnet« 
Viiltcn  {Vults  spott  über  den  gnul).    J.  P.  ßegelj.  1,136(92). 
ENTWAFNUIS'G,  f  die  entwafnung  schreitet  unaufhaltsam  vor. 
ENTWÄHUEN,  irritum  facere,    nicht  leisten,    gegensatz  von 
währen,    ratum   habere,    praestare;    mhd.    lauten    beide   verba 
wi'in    und  cntwürn,    ahd.  wön'n  und  intwi-ren.     genug  schon 
ist  gesagt,    dasz  man  wörn  und  wem,   folglich  attch  entwörn 
und  entwcrn  von  einander  halten  müsse,  wie  auch  die  nhd.,  nur 
durch  das  h  entstellle,  Schreibung  währen  und  wehren  sondert, 
von   wem  hernach  unter  entwehren,    die  wurzeln  können  erst 
bei    abhandlung    der    einfachen  Wörter  genau  erwogen  werden, 
vielleicht  dasz  beide  wem  und  wem  auf  visan,  wC'san,  manere 
zurückgehen. 

mhd.   war   der  gegensatz  von  wcrn  und  entwcrn  noch  viel 
flüssiger,      wi-rn    hiesz    intransitiv   mauere,    durare,    transitiv 
aber  ratum,  firmum  habere,  spondere,  efficere,  praestare,  folg- 
lich entwern  irritum  facere.  non  praestare,  recusare: 
dnj  er  dekeines  euotes 
flar  umbe  wolle  bi^n  gegöri, 
daj  er  der  ercn  wirre  cniwert, 
daj  er  gevohien  h.Ttc  niht.    fr.  kr.  3081, 

er  hätte  kein  gut  dafür  genommen,  dass  man  ihm  die  ehre  zu 
kämpfen  versagt  haben  sollte; 

entwer  mich  einer  btMe  niht.    Trut.  241,13; 

des  giioies  vindo  wir  ilA  niht, 

des  nn*er  iepelicher  geri 

und  des  wir  alle  sin  eniwen.    308,34, 

das  uns  allen  versagt  wird; 

eniwerent  ir  mich  dirre  bPto.    iMm.  1626; 

daj  er  si  niht  entwerte 

swe«  sl  nn  in  gene 

von  klcidern  und  von  gmache.    Greg.  113. 

was  sie  für  kleid  und  pflege  verlangte,  das  gewährte,  leistete 
er,  hesz  er  nicht  ungeleistet; 

ledorh  wurdcns  alle  eniwen.     rhrndit  69S, 
allen  freiem  wurde  die  Werbung  abgeschlagen ; 

SV  «  nöl  pesrhiht, 

II  •^  gen. 

il,    I     '  '  r  iMiiwert.     Im.  (UM, 


645   ENTWÄHRSCHAFT — ENTWÄLTIGEN 


ENTWÄLTIGUNG  —  ENTWECKEN 


646 


der  bleibt  meines  dienstes  nicht  ungetcdhTl.  diese  beispiele 
aus  vielen  ergeben,  dasz  hier  nicht  gerade  reehlsrerhältnisse 
vorliegen,  nur  der  bruder  als  vormund  seiner  schwester  liesze 
sich  reehllich  verbunden  erachten  ßr  sie  iu  sorgen;  überall 
im  leben  konnte  die  sille  pflichten  auferlegen  und  ein  wem 
oder  entnern  herbeißhren.  sehr  natürlich  aber  begründete 
sich  oß  eine  juristische  Obligation,  gläubiger  u-ie  Schuldner 
waren  gehallen  zu  wern,  d.  h.  zu  erßllen,  was  sie  gelobt 
hatten,  und  falls  sie  es  nicht  thaten,  so  entwertea  sie. 

nhd.  hat  sich  währen  nur  für  die  intransilivbedeulung  be- 
hauptet, transitives  währen,  ralum  habere,  praeslare,  lieiszt 
uns  überall  'gewahren',  'entwähren'  ist  ganz  beschränkt  und 
wird  in  der  regel  durch  'nicht  gewähren'  oder  versagen  aus- 
gedrückt, den  Wörterbüchern  ist  es  schon  entgangen ;  der  ein- 
zige Stieler  2416  stellt  noch  entwären,  fallere,  renuere  als 
dichterisches  wart  auf,  aus  den  dichtem  sind  jedoch  keine 
belege  zur  hand.  der  juristische  Sprachgebrauch  vermengt  ent- 
wehren (aus  dem  besitz  setzen)  und  entwäbren  (nicht  leisten) 
allenthalben,  Haltads  bringt  beispiele  für  ersteres  sp.  350  unter 
entwären,  und  beispiele  für  entwähren  sp.  353  unter  entweren. 
mit  bewähren  wahr  machen,  mhd.  bewaeren,  haben  beide  aus- 
drücke nichts  zu  schaffen. 

E.NTWäHRSCHäFT,  /".  mag  hin  und  wieder  für  entwährung 
begegnen,  es  findet  sich  z.  b.  in  Jon.  Christoph  Nehrings  Uxicon, 
Gotha  1725  s.  446  durch  evictio  erklärt,  was  doch  ungenau 
scheint,  da  evictio  vielmehr  Währung,  währschaft  ausdrückt, 
wie  auch  StieLer  2416  richtig  annimmt,  bei  Frisiüs,  der  kein 
wären  oder  entwären  kennt,  ist  487  evictio  angewQnnung,  6«;- 
havptunij. 

ENTWÄHRUNG,  f.  unterlassen  der  leistung. 

ENTWALDEN,  silram  exstirpare,  den  wald  ausrotten,  ver- 
tilgen: die  berge  stehn  entwaldet;  die  ganze  landschafl  ent- 
waldet sich  Ton  jähr  zu  jähr. 

ENTWALGERN,  nausea  liberare,  von  dem  ekel  befreien. 
Stieler  2420.     *.  waigern.     nnl.  ontwalgen. 

ENTWALLEN,  1)  die  ahd.  bedeutung  intwallan  defertere, 
desinere  fervere,  außören  zu  wallen,  intwial  deferbuit  (Graff 
1,  799)  findet  nicht  mehr  statt,  wie  auch  die  starke  flexion 
wallen  wiel  erloschen  ist. 

2)  unser  entwallen  geht  zurück  auf  ahd.  intwallön,  int- 
wallüta  und  drückt  aus  dahin  wallen,  was  entflieszeo,  ent- 
schweben : 

da  er  dem  altar  der  erde  sich  nahte, 
höret  er  seufzer,  die  fern  den  hohen  genrölben  enlwalhen. 

Messias ; 
ohne  paozer  eotwallt  noch  der  gekrümmte  ström. 

OvKRBgCK  ged.  121; 
die  sjlphen  entwallen 

des  morgenroihes  hallen.    Matthissoü  147; 
ich  bin  das  Sonnenstäubchen,  ich  bin  der  sonncnball. 
lum  siäubchen  sag  ich  bleibe!  und  zu  der  sonn  entwall! 

RÜCK8BT  327, 

anstatt  bleib  und  entwalle!  so  uneingedenk  ist  die  heutige 
spräche  der  alten  formen; 

ich  bin  ein  wassertropren 

▼erschlossen  im  krvstallc, 
will  keiner  ihn  zerklopfen, 

dasz  ich  ihm  frei  entwalle!    Platin  11. 

ENTWÄLTIGEN,  nnl.  ontweldigen,  hiesz  in  der  älteren 
spräche  rapere,  depellere,  liberare,  einen  aus  der  gewall  über 
eine  sache,  aus  deren  besitz  setzen  und  zwar  mit  doppeller 
cunstruction, 

1)  ace.  der  person,  gen.  der  sache:  Petzen  Hens  Jacob  hat 
herl  Webern  unverschulter  dinge  uf  einer  frien  straszen  ober- 
laufen und  en  dar  nider  gcslan  und  en  understanden  libes 
und  gudcs  zu  entweldigen.  büdinger  buszrcgister  von  1475; 
dasz  sie  en  sines  teiles  an  dem  slosz  Ortenbetg  entweldigen 
und  entweren.  urk.  von  141S  in  Semie>berg  sei.  2,335;  als 
die  phaffen  klagen,  dag  die  burger  sie  euch  eines  wcges  ent- 
weltigen,  dag  sie  nit  zu  iren  wingarten  kommen  können. 
urL  von  1407  in  Schas.-^at  hist.  wormat.  2,  221 ;  das  die  ge- 
meinde des  ungeben  menschen  entweldigt  wurde,  weisth.  2,  207 ; 
gab  ira  ein  solchen  streich  mit  seinem  schwert  auf  den  heim' 
danron  der  ammiral  der  Vernunft  ein  weil  entweldigt  wa».' 
jlimon  B  4*. 

i)  später  mit  dat.  der  person,  aee.  der  tacke:  so  entwäl- 
dige  ich  hiemit  Titio  sein  erbe  und  bestätige  darin  Cajum 
von  erben  zu  erben.  Haltads  349;  so  wäre  sein  begehren, 
da«   er  den  Heduis,   der  Römer  freunden,   die   entwelligie 


bürgen  und  geisel  wider  liefern  solle.  Lehjians  «/?«>.  cAron.  4*; 
die  land,  so  er  dem  reich  entwältiget.  Zi.negr.  apopAt/t.  75,29. 
heute  erloschen. 

ENTWäLTIGUNG,  f.  entwehrung,  Setzung  aus  dem  besitz, 
gewaltlhal :  und  sollen  die  gerichtsherren  solch  entweldigunge 
rechen,    weisth.  2,  207 ; 

.  .  .  der  straf  allein, 
die  auf  entwältigung  gesetzet  sein.    ßaocKKs  4,  98. 

ENTWÄLZEN,  devolvere,  abwälzen: 

und  sie  entwälzten  den  deckenden  stein  der  öfnung  des  grab 
mals.    Messias  Vi,  ISS. 

ENTWANDELN,  abire,  ambulare: 
wer  entwandelt  durch  den  garten 
bei  der  Sterne  bleiobeoi  schein?     Uhla>d  ged.  229; 
xürncnd  vernahm  es  der  greis  und  enlwandelie.    aberApollon 
hörte  des  flehenden  ruf.    It.  1,379; 

also  ich  selbst,  und  sogleich  entwandeile  Kirke  der  wobnung 
(frülier:  doch  Kirke  enteileie  aus  dem  gemache),    üd.  10, 3&S. 

ENTWANDERN,  abire  peregre.  Harnisch  aus  Fleckenland 
300; 

nicht  so  weit  möcht  ich  eurer  lieb  entwandern, 

1  would  not  from  your  love  make  such  a  strav.    Lear  1,1. 

ENTWANKEN,  nutanlem  abire,  effugere,    mhd.  enlwenken: 
nu  länt  in  niht  entwenkin, 
ir  sulo  in  heilen  henkin.    Reinlt.  ISöl; 
erne  mac  des  oiht  eniwenken. 
erne  mueje  her  vür.    Iw.  1288; 
dicke  hesazie  er  sinen  muot, 
als  der  gevaa-;ene  tuot, 
wie  er  in  mohte  eniwenken.     Trist.  296,  25. 
nhd.  nun  kehre  wieder,  nun  entwanke 
dem  wonnebett,  du  hast  genug, 
sonst  wirst  du  trunken,  mein  gedanke.    Bösgek  26'; 

die  freundlichen  himmelslichter  entwanken  und  entfliehen, 
indem  wir  sprechen.    Tieck  Sternb.  2, 172. 

ENTWANKERN?    s.  entwackern.     • 

ENTWAFNEN,  *.  enlwafnen. 

ENTWARMEN,  refrigescere,  entwarmet  sein.  Stieler  2437. 
umgekehrt  bedeutete  es  ehmals  was  erwarmen,  calescere: 

dar  vur  solt  ir  intwarmen 

an  werdes  frundes  armen.    Cranc  13S9, 

nach  dem  öfteren  Wechsel  zwischen  ent  und  er. 

ENTWÄRMEN,  in  gleichem  doppelsinne,  würde  refrigerare 
und  calefacere  ausdrücken  können. 

ENTWARNEN,  monere,  praemonere,  monendo  eripere: 

wie  manchen  irren  fusz  hat  sie  (die  fachet) 
dem  Strom  entwarnt.  Pfbffbl. 

ENTWASCHEN,  eluere,  abluere: 

drauf  entwuschen  sich  beide  den  vielen  schweisz,  in  die 

meerflut 
eingetaucht,  von  den  beinen,   dem  hals  umher  und  den 
Schenkeln.    II.  10,  572. 

ENTWÄSSERN,  assiccare,  das  land  trocken  legen,  vom  wasscr 
frei  machen. 

E.NTWÄSSERüNG,  f.  anstalten  zur  entwässerung  und  zur 
abwehr  von  Überschwemmungen.    Scblossers  weltg.  3, 139. 

ENTWÄSSERLNGSARBEIT,  /. 

ENTWÄSSERLNGSGESETZ,  n. 

ENTWÄSSERUNGSGRABE,  tn. 

E.NTWÄSSERUNGSKUNST,  f. 

E.NTWATSCHELN,  anatis  in  modum  abire: 

das  entchen  entwatschelt 

der  Jammernden  brut. 
und  taucht  sich  und  paischelt 

in  lockender  flut.    Kl.  Schmidt  kom.  dickt.  146. 

ENTWEREN,  detexere,  nnl.  ontweven. 

1)  ein  gewebe  entfalten. 

2)  wieder  auflösen,  los  weben: 

mhd.  mit  liebe  also  geflöhten 

ist  zeinander  unser  leben, 

da;  ich  niemer  sol  entweben 

min  herze  von  der  minne  diu.    Ir.  kr.  29376. 
nhd.    ietzo  voll  von  den  heiszen  entschlüssen ,  ein  luftig  gewebe 

leicht  zu  entwebeu,  hätte  gott  nur  wjoke  gesendet 
Messias  7,  4S. 

ENTWECKEN,  excitare,  neben  erwecken,  wie  entwachen 
neben  envachen,  nnl.  ontwekken : 

so  hoff  ich  doch,  ich  junger  knab 
wöll  dir  dein  herz  entwccken.    Ambr.  Ib.  s.  217; 
dem  Schlummer  entweckt.    Wisland  4,  15. 

41* 


647 


ENTWEDER 


ENTWEDER  — ENTWEHREN 


648 


ENTWEDER,  hervorgegangen  aus  dem  sp.  332.  333  bespro- 
chenen einlueiier,  das  in  denkniälern,  die  ai  für  ei  schreiben, 
auch  aintweder  und  rerengl  antweder  lautet.  Luther  hat  sich 
in  der  bibel  für  entweder  entschieden,  anderwärts,  i.  b.  in  den 
briefen  2,  417.  605  setzt  er  auch  eintwcder.  man  vgl.  noch 
mhd.  icb.  3,  545.  546.  547.  bcmerkenswerlh  ist  die  thüringische 
form  enlzweder  bei  Huthe  und  zuweilen  noch  gekürzt  in  enl- 
zwer,  entwir  cap.  672.  736,  icas  ans  engl,  or  gemahnt. 

1)  als  adjectivisches  pronomcn  alteruter  wird  das  wort  selten: 

ist  ein  man  auf  heilem  eis, 

der  ge  vi!  gmacb,  so  ist  er  weis, 

und  nah  sich  auf  eiitwedern  teil, 

so  vert  er  seine  sirasz  niii  beil.    ring  46',  39; 

und  ob  darüber  aintwedre  parfei  (alterulra  pars)  oder  die  im 
durch  der  andern  parteien  slosz,  stet,  lender  oder  gebiete 
bekriegt  oder  bcschedigt  wurden.  Chmels  Maximilian  s.  451; 
ieinand  »on  aintweder  partei.  s.  453.  Maaler  106'  hat  ent- 
wederer,  weder  der  noch  icner,  neuter ;  enlwcderer  liebet 
den  anderen,  neuter  alterum  diligit;  ich  bin  minder  stark, 
dann  euwer  entwederer,  minus  habeo  virium,  quam  vestrum 
ttlervis,  wobei  er  aber  mhd.  euwßder  neuter  und  einwcder 
alteruter  vertnengl. 

2)  desto  häufiger  ist  die  conjunclion,  dem  eigentlich  dis- 
junctiven  oder  voran  gehend,  wie  auch  dem  lat.  aut  ein  an- 
deres aut,  zu  grüszerem  nachdruck,  vorausgeschickt  werden 
kann:  aut  me  cape  aut  illum  statt  des  einfachen  ine  cape 
aut  illum.  unsere,  zu  überfiieszender  deutlichkeil  geneigte 
spräche  sagt- lieber:  entweder  nimm  mich  oder  ihn  als:  nimm 
mich  oder  ihn.  in  entweder  liegt  der  sinn  ^eins  von  beiden' ; 
falls  zwei  und  mehr  oder  hintereinander  folgen,  eulhält  also 
streng  genommen  entweder  einen  widersprtich  und  sollte  ge- 
setzt sein  eins  von  dreien,  vieren,  z.  b.  wenn  es  hivszc  ent- 
weder A  oder  B  oder  C.  wie  aber  'beide',  mng  auch  'ent- 
weder* auf  drcie  und  weiter  erstreckt  werden;  der  Sprachge- 
brauch geht  über  die  ungcnauigkeit  hinaus,  angeschlagen  wer- 
den bei  entweder  —  oder  musz  vor  allen  dingen  noch  das 
fragende  weder  —  oder  (mhd.  wb.  3, 544'),  worüber  beide  Wörter 
nachzusehen  sind. 

belege  dieses  verstärkenden,  vicist  entbehrlichen  entweder 
bieten  alle  Matter,  alle  denkmäler  dar:  sie  wolden  entzweder 
sterben  adir  sein  cniragen  sein.  Hothe  dür.  ehr.  cap.  367 ; 
entzwir  tot  geslagen  ader  gefangen,  cap.  672 ;  heb  dich  ent- 
weder zur  rechten  oder  zur  linken  {vuUj.  vadc  ad  dexterain 
Site  ad  sinistram).  2  Sam.  2, 21 ;  erwele  dir  entweder  drei 
jar  thewrung  oder  drei  monden  flucht  vor  deinen  Wider- 
sachern (vulg.  elige  quod  volueris,  aut  Iribus  annis  etc.). 
1  chron.  22, 12;  sondern  halten  entweder  das  fewr,  oder  wind, 
oder  schnelle  luft,  oder  die  Sterne,  oder  mechtigs  wasser, 
oder  die  liechtcr  am  himel,  die  die  weit  regieren,  für  götter. 
weish.  Sal.  13,  2 ;  denn  entweder  sie  würgen  ire  kinder  zum 
opfer  oder  ptlegen  gottesdienst,  der  nicht  zu  sagen  ist,  oder 
halten  wütige  fresserei.  14,  23 ;  und  entweder  bin  ich  ir,  oder 
sie  sind  meiner  nicht  werd  gewesen.  Tob.  3,  20 ;  niemand  kan 
zweien  herrn  dienen,  entweder  er  wird  einen  hassen  und  den 
andern  lieben  oder  wird  einem  anhangen  und  den  andern 
verachten.  Matth.  6,24.  Luc.  16,13;  setzet  entweder  einen 
guten  bawm,  so  wird  die  frucht  gut,  oder  setzet  einen  faulen 
bawm,  so  wird  die  frucht  fnul.  12,33;  so  ich  nicht  mit  euch 
redet  entweder  durch  Offenbarung,  oder  durch  crkentnis,  oder 
durch  Weissagung  oder  durch  lere?  I  Cor.  14,6;  denn  der 
zweier  eins  musz  gewislich  folgen,  wo  wir  wachen  aus  un- 
serra  vertrauen,  einlweder  vermessenheit  oder  sorge.  Luthrrs 
br.  2,  605  (wo  das  eintweder  um  so  unnüthiger  war,  als  schon 
der  zweier  eins  torausgieng) ;  su  weren  dise  künst  eintweder 
vergeben»  oder  nimmer  aufkommen.  Frank  ton  heillosigkeil  88. 
dem  oder  pflegen  sich  oft  ein  'alier*  und  'auch'  zu  gesellen : 
so,  oder  aber  anders;  so  oder  auch  anders. 

hält  man  zu  solchen  und  zahllosen  ähnlichen  stellen  gleich- 
laufende anderer  sprachen  oder  mundarten,  so  findet  sich  unser 
characterittiich  hochdeutsches  'entweder'  bald  gar  nicht,  bald 
auf  andere  weise  autgedrückt,  2  Sam.  2,  21  hrisst  es  in  der 
nnl.  bibel:  maekt  u  wech  uwer  een,  ter  recht  öfter  »linker 
band ;  in  der  nd. :  make  di  wech  der  ein,  lor  rechtern  edder 
tor  luchlrrn  hnnt ;  hier  ist  'uwer  ccn',  'der  ein'  nacliwiikung 
des  entweder  im  lutherischen  Vorbild.  1  chron.  22,  12  nnl. 
kiest  u  ut  dier  ren,  dri  jaren  dieren  tijd  of  thi  niaendcn 
lank  vlucht;  nd.  kenc  di  ut  der  ein,  dre  jare  düre  tid  edder 
dre  maetite  lank  llucht,    wo  dat  'dier  ccn',   'der  ein'  wieder 


durch  das  nhd.  entweder  oder  auch  das  in  der  vulg.  voraus- 
gehende 'aut'  gegründet  ist.  es  würde  zu  weit  füliren  diese 
vcrgleichung  fortzusetzen. 

wir  sagen  sprichwörtlich :  hier  kommt  es  auf  ein  'entweder 
oder'  au,  hier  musz  zwischen  zweien  gewählt  werden;  in  der 
weit  ist  es  sehr  sehen  mit  dem  'entweder  oder'  gethan,  die 
empfindungen  und  handlungsweiscn  schalliercu  sich  so  inanig- 
faltig,  als  abfalle  zwischen  einer  habichts  und  slumpfnase 
sind,  du  wirst  mir  also  nicht  übel  nehmen,  wenn  ich  dir 
dein  ganzes  argument  einräume  und  mich  doch  zwischen  dem 
'entweder  oder'  durchzustehlen  suche.  Göthe  10,  61.  ähnlich 
dem  'entweder  oder  nicht'  steht  l,  1044  ein  kräftigeres  'aut 
oder  naut'  (eigentlich  etwas  oder  nichts)  angeführt. 

3)  im  gegensatz  zum  pleonaslischen  entweder  unterbleibt  zu- 
weilen nach  entweder  das  oder:  es  waren  vier  wege  und 
mittel  zur  einigkeit  unter  den  papisten  und  den  lutherischen, 
einer,  entweder  das  wir  wichen,  der  ander,  das  sie  wichen, 
zum  dritten  w.  *.  tt'.  Luthers  tischreden  1,  05.  viehr  von  diesen 
auslassungen  unter  oder  und  weder. 

4)  schlecht  ist,  wenn  einige  entweder  für  oder  gebrauchen: 

entblöszt  den  schärfsten  deich,  gebt  khiren  gift  zu  saufen, 
ich  lieg  eniwcder  ob,  entweder  kan  entliiufcn, 
nur  ein  verborgen  schwen,  nur  ein  verinisihler  gifl 
ist,  so  man  nirgend  kennt,  so  unvermeidlich  trifl. 

IlAUkwiTZ  Mar.  Sluarda  p.  18; 
kurz,  sie  musz  undankbar,  entweder  unrecht  sein.    3, 172; 

der  höchsie  scibsten  sieht, 
ob  uns  entweder  recht,  entweder  nicht  geschieht.    4,  70. 

vgl,  weder. 

ENTVVEDEHS,  wie  eintweders  (sp.  333),  die  volle  neutral- 
flexion,  ganz  wie  das  flexionslose  entweder  als  conjunclion 
verwendet:  antwedcrs  er  wirt  die  anfcchtung  hinweg  neinen, 
oder  will  dir  helfen,  das  du  sie  überwindest,  es  si  was  an- 
feclitung  es  wöll.  KEisEttsBERC  bilger  63';  da  sie  nun  also 
durch  ein  wald  giengen,  da  sahen  sie  ein  Jäger,  der  hett  das 
armbrost  gespannt  und  wolt  entweders  ein  fuchs  oder  ein 
beeren  schieszen.  schimpf  und  ernst  1555  cap.  123.  1522  cap.  108 ; 
entweders  sie  würd  . . .  oder  aber  . . .  buch  der  liebe  253,  3 ; 
dasz  der  tod  entweders  e.  g.  und  dero  kind  beiden  zumaln 
. . .  oder  aber  nur  einen  allein  ...  zu  leiden  und  zu  i;rwar- 
tcn  ist.  Amadis  «.27;  fürchtet,  entweders  dasz  vielleicht  um 
seiner  hüpsche  und  schöne  wegen  der  köuig  in  mit  sich  hin- 
weg führen  würde,  oder  diese  kinder  jemands  irrung  bringen 
würden.  38 ;  warlich,  ir  mögt  entweders  nicht  viel  mores  und 
höflichkeit  wissen  oder  nicht  viel  gelernet  und  erfaren  haben. 
136 ;  dasz  du  entweders  mit  wein  oder  glori  oder  aber  zu 
viel  vertrauen  auf  dein  festes  schlosz  beladen.  147;  der  seiner 
antwort  und  durch  dieselbige  entweders  sein  tod  oder  leben 
erwartet.  159.     erlischt  im  17  jh. 

ENTWEGEN,  amovere,  removere,  commovere: 
ich  werde  nimmermcr  enlwegt  werden. 

Mrlisscs  }is.  Üb'.  EV.  Fl'.  M  1'; 

verzeiht,  sagte  die  wirthin  unentwegt,  das  wird  sollen  gehauen 
oder  gestochen  sein,  aber  es  trift  nicht.  Gorrntu  schuid- 
bauer  384. 

ENTWEHEN,  nnl.  ontwaaijen, 

1)  intransitio  flando  subduci,  entfliegen: 

tönten  sie  (die  enget)  oA  mit  dem  purpurnilgel ,  dasz  ihnen 

der  erde 
lüflc,  wie  staub,  den  vom  fusz  der  böte  schiiiieh,  entwohteii. 

Ucsnias  13,  7 ; 
ilcr  deutschen  dichter  hainen  enlwcht 
der  gusang  Alcaus  und  des  Homer.     Klopstock  1,182; 
du  winkst,  allmächtiger,  wenn  hier  dem  bäum 
ein  bluienhlatt  entweht.'    Mattuisson  30; 
Albanos  berg,  auf  dessen  bübn, 
im  inundlichi,  oft  hernrii.simimen 
des  donnrers  lempelhain  entwohn?    34. 

2)  transitiv,  flando  amovere: 

nicht  einen  seufzer  soll  der  wind  mir  dann  entwehon. 

(iÖKlNUK  3,  44. 

ENTWEHHEN,  ein  schwieriges,  mehrdeutiges  wart,  mit  dem 
sp.  644   behandelten  enlwiijiren  oß  vermischt. 

1)  das  goth.  vasjan  bedeutet  vestire,  vasti  veslis,  ahd.  wrrian 
«nd  wcri,  einen  in  besitz  setzen  hiesx  ihn  bekleiden,  vestne, 
aus  dem  besitz  setzen  disvestire,  folglich  entwehren,  entkleiden, 
obschon  uns  die  quellen  kein  goth.  aiidvasjnn,  kein  ahd.  iut- 
werian,  niciit  einmal  ein  entschiednes  mhd.  rntwrru  in  »»/- 
ehern  Sinne  daneichen,  nach  dem  ahd.  giweri,  giwerida  testitio, 
vcilitura,    mhd.   gewer  lds:t  es  sich  l.itum  /cju ti/'c/n.     deut- 


649 


ENTWEHREN 


EMWEHRÜNG  —  ENTWEICHEiN 


650 


licher  wird  die  nhd.  spräche,  in  einer  bis  U'9  berabreichen- 
den  Ihürinyiicheti  chronik  bei  Sexhenuebg  ad.  3,334  sleltt: 
dasz  man  die  rechten  erben  'des  landes  entwehret',  was  doch 
eher  'des  landes  entsetzl',  als  'ihnen  das  land  versagt',  ent- 
wert  bedeuten  wird.     Braxt  sagt  57,  8 

meinend,  hab  got  eiia  guis  beschert, 

so  werd  im  das  nienier  enlwert, 

d.  i.  genommen,  er  aus  dessen  besitz  gesetzt,  was  ZiRXKE  s.  393 
unrichtig  für  das  vihd.  entwert  erklärt,  das  schon  bescherte 
kann  einevi  nicht  versagt,  aber  entzogen  werden,  in  der  erkl. 
des  Landfriedens  von  1522  ist  die  rede  von  der  entwehrten 
habe,  von  den  entwehrten  gütern,  offenbar,  aus  deren  besitz 
einer  gesetzt  wurde,  in  der  Frankfurter  reforviation  2, 17, 9 
heiszl  das  pfand  entwehren  es  dem  verpfändcr  wegnehmen. 
so  gebrauchen  auch  folgende  stellen  entweliren  ßr  nehmen, 
berauben:  das  ich  des  meines  also  unverschuldt  und  unver- 
hört  entivert  solt  werden.  Cbmels  Maximilian  s.  63  (o.  1495); 
er  erobert  auch  ?il  guts,  den  Römern  vormals  von  den  fein- 
den entweret.    Lirius  Schüfferlin  42'; 

die  churfürsilich  PHilz  hat  ihn  {den  sd/iger)  eniert, 

so  lang  dem  frummen  fürsien 

sein  land  isi  worden  entwert  (vorenthalten). 

NlLDKBRAND   VOlksl.   159; 

denn  die  mir  mein  krön  hat  enlwert, 

dardurch  mir  all  mein  freud  zerstert. 

WicEBAM  irr.  bilger  ß  1"; 
sampt  der  entwerten  habe.  Li^tueh  3,106';  sollen  sie  den 
entwerten  alsbald  widerumb  eingeben  und  zustellen,  daselbst; 
ein  böte  von  etlichen  nidergeworfen,  doch  nach  entwehrtem 
{beraubtem}  briefsack  ledig  gelassen.  Kirchhof  M'e/i(/((nm.  256'; 
dasz  inen  ir  rechtliche  gebür  wider  alle  billigkeit  entzogen 
und  dessen  sie  entwehrt  stehen  müssen,  mil.disc.2hb;  Jesus 
hat  alles,  so  Lucifer  in  der  hellen  gehabt,  raublich  entwehret 
{gewaltsam  genommen)  und  mit  sich  ausgefüret.  Avber  proc. 
1,  It;  ja,  wenn  er  auch  kein  gesandter  wäre,  könte  mit  fug 
kein  mensch  ihm  seine  eigene  tochter  entwehren.  Lohesstein 
Arm.  1, 12S0.     später   geräth  dies  entwehren  auszer  gebrauch. 

2)  entwehren,  entwafnen,  dcarmare,  exarmare,  bei  Maaler 
106'  entweeren  scheint  ganz  dasselbe  wort,  denn  waffen  und 
Tüilung  sind  kleid  utid  entwafnen  ist  entkleiden,  exspoliare, 
berauben,  von  raub,  klcid  (Graff  2,  357).  ein  goth.  vasjan, 
bivasjan  für  wafnen,  bewafnen.  andvasjan  für  entwafnen  wäre 
denkbar,  wenngleich  Ulfilas  orr/.a  sana,  vepna,  nicht  vastjös 
wiedergibt,  ahd.  aber  ist  weri  framea  und  wehr  und  wafiFen 
verbinden  wir  noch  heute,  gewehr  ist  waffe.  mhd.  entwern 
sclieint  ebensowenig  für  exarmare  als  für  distestire  zu  be- 
gegnen, doch  sind  die  stellen  vielleicht  nur  der  aufmerksamkeit 
entgangen;  wenn  Conrad  bei  Schilderung  eines  kampfes  sagt: 

iedoch  wart  da;  gesmide 

niht  verschroten  noch  entwert. 

swie  vil  getengelt  und  geben 

ijf  die  siahelringe  wart, 

so  wären  si  doch  von  der  art, 

daj  kein  wäfen  si  versneii.    tr.  kr.  40S7, 

bedeutet  dies  enlwem  zwar  verderben,  zu  grund  richten,  aber 
das  verhauen  des  geschmeides  ist  zugleich  ein  zerstören  der 
rüslung,  also  ein  entwafnen,  ungefähr  wie  wir  entgesten  aus- 
kleiden in  entstellen,  verderben  übergehen  sahen,  nhd.  finden 
wir  entwehren,  nnl.  ontwcren,  in  beiderlei  sinn,  des  enlicäl- 
tigens  und  enlwafnens:  entweerter  zeug,  dem  die  geweer  oder 
Waffen  genommen  sind,  dearmatus  exercitus.  Maaler  106'; 
fing  er  an,  die  alten  diener  zu  entwehren  und  gab  selbige 
waffen  seinen  andern  geschöpfen.  Bltschky  Patm.  919; 
mein  st.^hlern  schild  zerknicket  deinen  zweig, 
du  must,  eniwehrie  raagd,  vor  meinem  blitze  weichen. 

Halham.n  Theodorich  24; 
Schild,  rijsiung  sind  zerfetzt  durch  hieb  und  siosz, 
die  schienen  sind  schon  nach  und  nach  entsunken 
und  beider  (hetden)  arme  ganz  entwehrt  und  blosz. 
Grirs  Bojardo  1,4,3, 
entwehrt  ist  wehrlos,  inermis,  ahd.  unväfani. 

3)  anstand  macht  das  mit  r  qeschriebne,  also  von  vasjan 
zurückweichende  goth.  varjan,  xcoXveu;  ahd.  wiederum  werian, 
mhd.  wern,  nhd.  wehren,  in  der  form  mit  werian  restire, 
armare  zusammenfallend;  auch  die  bedeutung  von  schützen, 
lueri,  defcndeie  schiene  sich  der  von  kleiden  anzuschlieszen, 
der  schützende,  wehrende  wehrt  ab,  hält  ab.  immerhin  bleibt 
der  ungothische,  sonst  nur  durch  assimilation  herbeigeführte 
übertritt  des  s  in  r  bedenklich  und  könnte  erst  in  einer  ver- 
miltelung  zwischen  wehren  und  währen  erledigt  werden,  das 
nhd.  (weder  ahd.  noch  mhd.)  compositum  entwehren  ist  nicht 
privativ  wie  entwehren,    disvestire,   exarmare,   sondern  positiv 


wie  erwehren,  wenig  unterschieden  vom  bloszen  wehren,  ent- 
wehren und  erwehren  tauschen  wie  entAachen  und  erwachen, 
eutübrigen  und  erübrigen,  ältere  schrißsleller  verwenden  dies 
entwehren,  prohibere,  transitiv:  die  da  gewuchert  haben  oder 
entweret,  das  armen  luten  nicht  v^orden  ist,  das  inen  ge- 
macht ist  in  dem  testament.  Keisehsberg  brösamlin  59*;  das 
was  nun  den  grafen  von  Toggenburg  widrig  und  hättinds  gern 
entwert  {verwehrt,  verhindert\,  doch  was  der  von  Iberg  so 
mächtig  mit  hilf  abt  Berchtolds,  dasz  sie  es  nit  erweren 
müchtind.  Tscbddi  1, 156  {wo  beide  verba  entweren  und  er- 
weren gleichviel) ;  die  brunnen,  so  zur  statt  oder  festung  ge- 
leitet, wo  muglich,  inen  abgestricket,  abgraben  oder  sonst 
entwehret  werden.  Kirchhof  mil.  disc.  16C  {wo  entwehren  auch 
wegnehmen  ausdrücken  könnte),  neuere  bieten  reflexives  ent- 
wehren mit  dem  gen.  oder  auch  ace.  der  sache:  der  marquis 
stehet  auf,  sich  seiner  unbequemen  Umarmungen  zu  ent- 
wehren. Lessing  4,  439 ;  sie  hatten  sich  den  feindlichen  dolch 
nur  von  dem  herze  entwehrt  (abgehalten).  6, 321 ;  der  schwächere 
leser  kann  sich  nicht  entwehren,  eine  geringschätzige  idee 
mit  dem  namen  solcher  männer  zu  verbinden,  denen  solche 
Stümper  solche  armseligkeiten  unausgepfiffen  vordocieren  dürfen. 
8,  206 ;  unvermögend  sich  ihrer  aller  zu  entwehren,  kommt 
ihm  in  den  wölken  ein  strahl  Jupiters  zu  hülfe.    12, 156. 

ENTWEHRUNG,  /.  entweder  raub  oder  entwafnung :  möchte 
er  die  vom  Segestes  eigenmächtig  geschehene  entwehrung 
Thusneldens  durch  dieser  ihrer  so  werthen  base  befreiung 
wieder  ergänzen.    Lohenst.  Arm.  1, 1280. 

E.NTWEIBE.N,  nnl.  ontwijven,    1)  uxore  privare: 
hat  der  tod  schon  leider  mich  entweihet.    W'EciaeRLi.N  646. 

2)  feminae  sexum  mulare: 

kommt  jetzt  ihr  geisler  alle, 
kommt  und  entweiht  mich  hier!    Schillek  560*, 
unsex  me  here  i    Macbeth  1,  5. 
ENTWEICH,  abscessHS,  recessus,  zu  folgern  aus  mhd.  entwich : 
ein  reiger  tet  durch  Duht  entwich 
in  einen  muorigen  lieh.    Parz.  400,  19 ; 
aller  sin  let  im  entwich  (er  verlor  alle  besinnung).    573,13; 
gebiut  im  Ü5  dem  lant  entwich  I    USH.  3,352'. 
wahrscheinlich  auch  noch  später  im  gebrauch.      Frisch  2,  43l' 
hat  ein  m.  abwich. 

E.NTWEICHEN,  abscedere,  decedere,  discedere,  ahd.  int- 
wichan,  mhd.  entwichen,  nnl.  ontwijken,  weichen,  platz  machen, 
räumen. 

1)  von  leuten :  intwtch  I  cede '.  Graft  1,  710  (6«  Frisids  9* 
weich  hinder  sich,  heb  dich!);  wara  ist  din  wine  intwichan? 
Williram  51, 10 ; 

nu  gie  si  her  unde  bat 

die  geste  entwichen  für  die  tür.    kindh.  Jesu  995 ; 
dö  entweich  der  kindische  man.     Lanz.  590; 
entweich   mir  aus  den  angcnl;    Jothain  floch  und  entweich. 
rieht.  9, 21 ;    und   er   stund    auf   und    nam    das   kindlin  und 
seine  mutler  zu  sich  bei  der  nacht  und  entweich  in  Egvpten- 
land  {ahd.  fuor  in  Egyptum,  ags.  ferde  on  Egvptum).  Matth. 
2, 14 ;    aber  Jesus  entweich  mit  seinen  Jüngern  an  das  meer 
(goth.   aflail)    du   marein).    Marc.  3, 7 ;    er   aber   entweich  in 
die  wüsten  (goth.  vas  anei{>ands  ana  aujiidos).  Luc.  5, 16;  und 
entweich  in  eine  wüsten  {goth.  afiddja  sundrö  ana  sta{)  au{)jana). 
9, 10 ;    entweich   er   abermal   auf  den    berg  (afiddja  aftra  in 
fairguni).  Joh.  6, 15 ;    entwichen  beseits.    apost.  gesoh.  26,  31 ; 
da  nu  D.  Martinus  entweich,  besprachen  sich  und  beratschlu- 
gen die  fursten.  Luther  1,447';  auf  dise  red  entwichen  alle 
umbstender.    Amadis  32;    lieszen  mich  aber  entweichen  (ab- 
treten).  ScHWEiNicHEN  1,370;    gebeten,   dasz  wir  was  (etwas) 
entweichen  (bei  seile  gehen)  sollten.    1,  206 ; 
ein  weng  ihr  uns  eniweichen  solt, 
das  wir  uns  drauf  können  erklern.    Atrer  393*; 

item  wo  reisige  und  fuszknecht  bei  einander  im  läger  ligen, 
so  sollend  ihr  den  reisigen  zimlichermaszen  entweichen,  da- 
mit die  reisigen  ihre  pferd  uuderbringen  mögen.  Fbo.nspebc 
kriegsb.  1,  23'; 

schützende  götter  des  hauses  eniweichet, 

lasset  die  rächenden  göttinnen  ein!    Scbillkr  511'; 

mit  ausgestrecktem  arm  entweichet 

die  schöne  lungesinll.    Gont*  i,Hi; 

lasz  uns  aus  dem  geJrfing  entweichen!    Going  12,210; 
oß   auch  mil   dem   dat.  der  sache:    dem  streich  entweichen, 
plagam  effügere;    der  gelegten  schlinge  entweichen,    aus  dem 
wege  gehn.     entweichen,  bankerott  machen.  Räduein  243',  vgl. 
einem  eines  entweichen.    Sch«.  4, 11. 


651 


ENTWEICHEN 


ENTWEIGHUNG  —  ENTWENDEN 


652 


2)  von  lliieren,  ausweichen: 

der  (rsel)  kund  nii  weichen  aus  dem  weg, 

und  n:ihm  dnhcr  ein  proszen  schrecken, 

weil  er  beschwert  mit  rweien  secken 

dem  hengst  uit  woi  entweichen  kund,    älberus  91 ; 

der  esei  dorn  nii  sagen  vil, 

entweich  bei  seit  und  schweig  ganz  still.    91\ 

3)  von  sonne,  mond,  lag,  nacht  und  see: 

wenn  die  sonn  entwich  (unlergieng).    Gkllkrt  1,  191 ; 
hinter  die  bäuser  entwich,  nicht  hinter  den  berp  uns  die  sonne, 
ein  halb  Stündchen  noch  wahrts  bis  zum  gelaute  der  nacbi. 
GöTUS  1,  2b0; 

die  hell  entweichende  sonne.    J.  P.  Tit.  2,  46 ; 

aber  alle  schwiegen  meinen  klagen, 

von  dem  himrael  könnt  ich  nicht  erfragen, 

wo  du  mochtest  hin  entwichen  sein, 

welches  meer  dich  barg  und  wehher  hain » 

Merk,  beim  wiederscheinen  des  mondes. 
niorgenbl.  1843  n*  122  j 
mhd.  diu  naht  entweich  dem  liebten  tage.    Wigal.  150,  1; 
ahd.    tber  scibo  wäg  ther  was  sin, 

ther  selbo  se,  thaj  ist  war, 

bi  Ihiu  nintweih  6rmo  ibär.    0.  III.  9, 18, 

das  meer  uich  nicht  unter  den  füszen  des  darauf  wandelnden 
heilandcs. 

4)  lebendig  steht  'nicht  entweichen'  von  dicht  hinter  ein- 
ander folgenden  dingen:  die  eine  weile  entwich  nicht  der 
andern;  der  eine  fusztritt  nicht  dem  andern;  ein  schlag 
konnte  dem  andern  kaum  entweichen ;  so  sprich  ich  zum 
fünften  von  begirigkcit  zö  essen,  da  ein  mensch  zu  beiden 
orten  {vinkelu  des  niunds)  inwirfl  und  ein  mundfol  dem  an- 
dern nit  entweichen  mag.  Keiseksberg  s.  d.  m.  7^;  redet  so 
schnell  lateinisch  psalm,  das  ein  worl  dem  andern  kaum  ent- 
weichen möcht.  Luther  3,  41&';  so  dasz  blü  und  frucht  ein- 
ander allzeit  nit  entweichen  kann  und  immer  zu  frücht  und 
bliiel  gefunden  wird.    Frank  wellb.  IG*. 

5)  i'on  vergehenden,  schwindenden  dingen,  meist  mit  persön- 
lichem dativ:  die  färbe,  das  blut,  leben  entweicht,  in  den 
liedern  oft: 

die  färbe  war  ihr  entwichen, 
sie   erbleicht;   die    sinne  entweichen  ihm,    er  ist  auszer  sich, 
besinnungslos ;   der  leib,    die  wangen  entweichen,  fallen  ein : 

daj  ir  der  lip  vor  leide 
entwichen  was  begarwe 
an  kreflen  und  an  varwe.    Greg.  3678; 
«aa  im  sin  zeswer  arm  was  entwichen  (aus  dem  gclenk). 

Lohengr.  6916 ; 
ä6s  wären  im  entwichen 
die  braten  vor  den  golfen.    alld.  bl.  2,228; 

entweichet  im  die  varb  und  erpleichet.   Albr.  ton  Eybe  10'; 

do  entweich  im  sin  gemüete 
und  ouch  sin  langiu  klage.    Haupt  2,218; 
do  begund«  im  müede  entwichen.     Wh.  59, 16, 
vergieng  ihm  die  müdigkeit;  da  war  ihm  alles  leid  entwichen; 
ihm  entwich  die  Jugend.    Gütiie  6,  US ;    die  stunde,  die  zeit 
entweicht;  wenn  man  sich  der  spräche  entwichener  {vgl.  ver- 
wichener)  zeitea  bedient.    Bürger  136'; 

die  beiterkeii,  die  meinem  geist  entwich.    Gotter  2,  270; 
entweichende  töne,   musik  die  sich  entfernt,     das  fieber,   der 
schmerz  entweicht,  schwindet;  der  dampf  entweicht  aus  dem 
kessei  bei  geüfnetem  ventil ;  heil  und  glück  sind  mir  entwichen ; 

der  nider  stigct,  dem  wii^  entwichen, 
jener  sitzet  üf,  wer  kondim  geliehen!    Renner  17241; 
zehant  diu  ndt  ir  entweich,    kindheit  Jesu  902; 
doch  als  ihr  frost  und  noih  entwich, 
erholte,  regt  und  hub  sie  sich.    Uagroorn  2,  29. 
mhd.  al  d^r  w^rlie  lob,  diu  dö  enhor 

iiöhc  strichen  und  noch  sirichenl, 

diu  entwichen  und  entwichcnt 

im  und  liejen;  vur,  6;  vert  in  iemer  vor.    MS.  1,86\ 

6)  zurückweichen,  reeedere: 

der  nnit  (ait)  ist  mir  entwichen, 
darnuf  ich  ruhen  lol.    üulano  46. 

7)  man  tagt  von  etwas  entweichen : 

wer  durch  den  lod  in  gnaden  achlafl. 
entweicht  von  altem  kummer  weit.    ScnwARziNBKRO  151; 
immer  frai^ien  wir  nach  neuem,  weil  sich  krieg  bei  uns  ent- 
halten, 
nun  der  krieg  von  uns  entwichen ,  fragen  wir  stet«  nach 
dem  altnn.     I.ocau  3, 48, 52; 
ich  bin  vom  weg  entwichen 
um  dieten  biio  lu  »«hu  und  lind«  dich  allhier. 

h  K.  SCHLBGKL  1,  324. 


ENTWEICHL.NG,  f.  fuga,  seccssio,  flacht,  enlfernung,  reise: 
wegen  einreiszen  der  pest  habe  von  Liegnitz  weichen  müssen, 
...  da  ich  denn  vor  der  entweichung  in  groszer  gefahr  ge- 
standen. Scuweinichen  3,215;  eine  ruhe  der  hirten,  eine  ge- 
lehrte entweichung  der  poeten,  ein  Spaziergang  der  hebha- 
benden gemüther.    Opitz  2, 286.     vgl.  entweich. 

ENTWEIUEN,  exenlerare,  eximcre  intestina,  das  eingcweide 
ausnehmen,  was  ausweiden  1,  vgl.  Diefe.nbacii  210*,  Maaler 
lüü' : 

wie  ein  Jäger  die  sew  entweldct, 
und  das  gcweid  für  die  Jaghiind  leit. 

W'iKRA«  bilger  F3  6/.  18; 
entweid  in  (den  ßsch)  und  bhalt  die  ding  all. 
das  herz,  die  leber  und  die  gall.    Wikham  Tobias  G8'; 

einen  von  den  vöglen,  guggauch  genant,  entweidet  und  mit 
frischem  kraut  gefüllt,  gespickt,  gebraten.  Tuurneisser  inft. 
wirk.  110 ;  inzwischen  hatte  ich  mich  über  die  geschossenen 
Schweine  gemacht,  und  das  eine,  welches  noch  lebete,  vollends 
umgebracht,  ich  entweidete  dieselben.    I'ierot  2,  200. 

ENTWEIDUNG,  f.  so  man  das  gweid  aus  dem  getödten 
gwild  den  jaghunden  fürwirft,  nachdem  sie  gejagt  band. 
Maaler  106*,  was  Gotkried  im  Tristan  curie  nennt. 

ENTWEIHEN,  profanare,  nnl.  ontwijden:  fräfenlich  heilige 
ding  geschenden  und  verwüsten.  Maaler  106';  und  so  du 
mir  einen  steinern  altar  wilt  machen,  soltu  in  nicht  von  ge- 
hawen  steinen  bawen,  denn  wo  du  mit  deinem  niesser  drüber 
ferest,  so  wirstu  in  entweihen.  2  Mos.  20,  25 ;  so  werdet  ir 
nicht  sunde  auf  euch  laden,  wenn  ir  das  beste  davon  hebt 
und  nicht  entweihen  das  geheiligele  der  kinder  Israel  und 
nicht  sterben.  4  Mos.  18,  32;  sie  entweihen  die  wonunge  deines 
namens  zu  boden.  ps.  74,  7 ;  und  ir  werdet  entweihen  ewre 
ubersilberte  götzen.  Es.  30,  22 ;  denn  da  ich  über  mein  volk 
zornig  war  und  entweihet  mein  erbe.  47,  6 ;  und  es  werden 
seine  arme  daselbst  stehen,  die  werden  das  heiligthum  in 
der  feste  entweihen.  Dan.  11,31;  wir  haben  disen  man  fan- 
den ...  der  auch  versucht  hat  den  tempel  zu  entweihen. 
apost.  gesch,  24,6;  am  morgen  an  der  schrannen,  so  man 
her  Leonhart  entweihet.  Luther  3,  417*;  als  euch  wol  wissend 
ist,  wie  die  bösen  weiber  allen  dingen  ihre  tilgend  entweihen 
(come  voi  sapete,  le  femmine  funno  perdere  le  virti"!  ad  ogni 
cosa).  Bocc.  2,84*;  so  klaget  ich  dir  selbst  über  dich,  als 
der  unser  lieb  gebrochen  und  die  entweiht  hat  (il  quäle  hai 
la  nostra  amicizia  violata).  2,19b*;  einen  priester  entweihen. 
Rädlein  243'; 

wo  ich  was  heilig  stets  eniweiet, 

und  was  gesegnet  ist  verraaledeiet.    Grtpuius  1,61; 

geschäfte,  zwang  und  grillen, 

entweiht  nicht  diese  trilll    IIagkdorn  3,  69; 

in  jener  goldnen  zeit, 
da  die  natur,  von  keinem  joch  entweiht, 
gesetzo  gab,  wodurch  sie  glücklich  machte. 

WiELANo  Endymion  15; 
wenn  wir  die  ehrfurcht  so  entweihn, 
schweigt  nie  ein  wcibchun  stille.    Gotter  1,34; 
der  thron  von  England  ist  durch  einen  basiari 
entweiht.  Schiller  429*; 

ich  bin  nicht  würdig  den  entweihten  blick 
zu  ihrer  glorio  empor  zu  richten.    293*. 

ENTWEIHllNG,  f.  exauguratio,  profanalio.   Maaler  106* : 

was  haben 
enlwüihungen  des  königlichen  bettes 

mit  deiner,  deiner  liebe  denn  zu  schaffen!     Scbillkr  270'; 
da  sucht  es  die  bcfreiung 

nun  wol  auf  deutscher  flur, 
doch  auch  von  der  entwuihiing 

die  unvertilgte  «pur.    HSckert. 

ENTWEILEN  ßr  entlangwcilen,  temporis  moram  tollere: 

doch  meine  Wenigkeit  entweilt  kein  nindchcnspiel, 
so  ihu  es  denn  ein  gdasekiel.    Uörckr  lol*. 

ENTWEISELN,  apet  rege  privare:  der  biencnkorb  ist  eut- 
wciscit. 

ENTWEISELUNG,  f.  weisellosigkeit. 
ENTWEISZEN,  sQrdidare,  beflecken.    Stikler  1488. 
ENTWELKEN,  flaccescere,  dahinwelken: 

ha,  erwachte  nicht  im  lenze 

meine  brüst  lu  lieb  und  sang, 
«0  eniwelkicn  mir  die  krAnie, 

die  in»  haar  mir  riiocbiis  schlang.    liüanRR  3'. 

ENTWENDEN,  avertere,  devertere,  nnl.  ontweudrn. 
1)  bloszes  wenden,  abwenden,  wegwenden: 

itztiud  bat  Delta  die  beiden  üilhorprcrd« 

gleich  aecbzigmal  entwandt.    HiRitts  reimdick  $•  eingitg. 


653 


ENTWENDEN 


2)  entwenden,  entfernen,  entlragen,  wegnehmen,  nehmen: 
also  hat  gott  die  guter  ewers  vaters  im  entwand  und  mir 
gegeben.  1  Mos.  3t,  9 ;  darumb  hat  gott  unserm  vater  entwand 
seinen  reicbtlium  zu  uns  und  unsern  kindern.  31,16;  aber 
meine  barmherzigkeit  sol  nicht  von  im  entwand  werden. 
2  Sam.  7, 15 ;  wie  er  {golles  söhn)  viel  gewaltige  in  kirchen 
und  weltlichen  reichen  von  iren  stülen  gestürzet  und  ihnen 
scepter  und  hirtenstab  entwendet  hat.    Matuesics  81'; 

da  du  leblest,  werther  held, 

ward  (lein  rulim  bergauf  gestellt. 

nun  du  von  uns  bist  entwand, 

wird  dein  rühm  kaum  noch  erkannt.    Logad  1,  2S; 

das  herz  entwenden,  sowol  das  eigne  von  einem  abwenden: 

daher  scheut  ihn  jung  und  alt 

mit  entwandten  herzen.    Paul  Gerbard  14,5; 

als  das  eines  andern  entfremden: 

wer  ist  der  wurm,  der  mir  dein  herz  entwendet? 

Schiller  . . . ; 
hat  mir  der  tochter  schuldlos  herz  entwendet? 
KöH.^RR  4,  14; 

Lncinde  überhäufte  ihre  Schwester  mit  tausend  vorwürfen, 
es  ist  nicht  das  erste  herz,  rief  sie  aus,  das  sich  zu  mir 
neigt  und  das  du  mir  entwendest.    Göthe  25,  294. 

er  hat  dem  altar  ein  Opferlamm  entwendet.    Götter  3,25, 
ein  mddcken  geheiratet,    das  nonne  werden  wollte; 

genug,  kaum  fleng  es  an  zu  tagen, 
so  wurde  schon  von  mancher  schönen  band 
der  blumenflur  ihr  schönster  schmuck  entwandt, 
so  putzt  sieh  schon,  dem  schäfer  zu  gefallen, 
im  hain,  am  bach,  der  nvmphen  ganze  schar. 

WiELA^D  Endymion  41 ; 
der  einfalt  schenkt  sie  {die  liehe)  den  verstand, 
den  sie  der  klugbeit  oft  entwendet.     Hagedorn  3,40; 
auch  dank  der  vorsieht,  dank,  die  es  nicht  zugegeben ! 
zum  mindsten  ist  der  sieg  der  bosheil  halb  entwandt. 

VVeisze  Irauersp.  1,  96; 
mit  diesen  worien  gab  ihm  Bradamante 
beidhändig  einen  hieb,  so  rauh  und  schwer, 
dasz  er  die  sinne  gänzlich  ihm  eniwandie. 

Gribs  Bojardo  3,  6,  3; 

er  weisz  die  trüben  erinnerungen, 

die  bangen  zweifei,  verlorne  Sehnsucht 

allmalicb  der  Sehnsucht  zu  entwenden.    Lekau  neuere  ged.  49. 

3)  diese  rorslellungen  treten  von  selbst  über  in  ein  gewalt- 
sames oder  heimliches  wegnehmen,  wie  es  z.  b.  für  ein  herz 
entwenden  heiszen  kann  rauben  oder  stehlen.  da//er  drückt 
entwenden  häußg  ein  absichtliches,  böswilliges  entfremden  aus: 
sondern  ein  iglich  weib  sol  von  ircr  nachbaria  und  hausge- 
nnssin  fordern  silbern  und  gülden  gefesz,  die  soll  ir  auf  ewr 
söne  und  töchter  legen  und  den  Egyptern  entwenden  {vulg. 
et  spoliabitis  Egvptum).  2  Mos.  3,22;  dazu  hatte  der  herr 
dem  Volk  gnad  gegeben  für  den  Egjptern,  das  sie  inen  lei- 
teten und  entwandtens  den  Egyptern.  12,  36 ;  darumb  wil  ich 
mein  körn  und  most  wider  nemen  zu  seiner  zeit  und  meine 
wolle  und  flachs  entwenden  {vulg.  liberabo).  Uos.  2,  9 ;  scheme 
dich,  das  erbteil  und  morgengab  zu  entwenden.  Sir.  41,  26 ; 
ein  man  aber  mit  namen  Ananias  verkaufte  seine  guter  und 
entwandte  etwas  vom  gelde  {vulg.  fraudavit).  apostelg.  5,2; 
seinem  nebesten  sein  vorteil  zu  entwenden.  Luther  4,402'; 
bewise  aber  ein  kleger  der  ansprüchigen  hab  halben  die  eigen- 
schaft  gnugsam,  und  kündt  doch  dabei  nit  beweisen,  dasz 
im  die  durch  raub  oder  diebstal  entwent  worden  wer,  . .  . 
so  soll  dem  kluger  auf  sein  betewrung  mit  dem  eide  geglaubt 
werden.  Carolina  arl.  208;  brennen  die  vorstätte,  dem  feind 
allen  vortbeil  und  enthalt  zu  entwenden.  Kirchhof  disc.  mil. 
22;  hettc  ihm  einen  treflichen  schätz  heimlich  entwendet. 
wendünm.  130';  geld  aus  der  casse  entwenden;  entwendete 
Rachen  verkaufen ;  das  gemein  geld  entwenden  und  an  seinen 
eignen  nutz  venvenden.    Maaler  106'; 

Hinze  glaubt  ihm  und  folgte,  sie  kamen  zur  scheune  des 

pfaffen, 

zu  der  lehmernen  wand,    die  hatte  Reineke  gestern 

klug  durchgraben  und  hatte  durchs  loch   dem  schlafenden 

pfalTen 

seiner  bahne  den  besten  entwendet.    Götrb  40,  39. 

4)  sich  entwenden,  sich  abwenden,  entfernen:  du  soll  den 
knecht  nicht  seinem  herrn  überantworten,  der  von  im  zu  dir 
sich  entwand  hat.  5  Mos.  23, 15 ;  der  pfleger  schlug  in  bis 
auf  den  tod,  des  entwendet  er  sich  nit,  weinet  auch  nit,  so 
bat  er  in  nit  abzulon.    Frank  chron.  35*; 


ENTWENDER  —  ENTWERDEN 

gleich  drauf  sie  sich  entwendet 

zum  felsen  mit  verdrusz.    Spek  trulzn.  66(63); 


654 


man  übersieht  den  see,  nur  am  ende  finks  entwendet  er  sich 
unsern  äugen.    Güthe  27,  40. 
EMVVENDER,  m.  für,   dieb: 
nun  gesteh  mir  im  vertrauen,  ob  du  der  entwender  bist? 

Plate.n  250. 

ENTWENDERISCH,  furax,  diebüch. 

ENTWENEN,  s.  entwöhnen. 

ENTVVER,  ENTWERCH,  in  iransversum,  in  obliquum,  ahd. 
in  duerah,  dwerh  (Graff  5,  279),  die  praep.  in  mit  dem  acc. 
neutr.  duerah,  goth.  Jjvairh,  ags.  })veorh,  gleich  andern  an- 
lauten dw,  verderbt  in  twerh,  endlich  in  zwerch,  so  wie  über- 
tretend in  quer,  querch.  hier  sind  einige  stellen  ßr  die  for- 
men tw  und  zw: 

minne  und  tust  die  giengen  eniwer.    Frib.  Trist.  760; 
gienc  spilende  under  in  entw#r.    2642; 
die  phl  die  schnürten  vast  entzwer. 

Hans  der  Bcheler  150S  bl.  ZV; 
sag  an  mir  doch,  von  wan  die  reich 
von  allererst  entsprungen  her 
und  ob  es  auch  also  enzwer 
lang  darnach  her  gestanden  sei?    fastn.  sp.  1307; 

solche  strimen  oder  linien  sind  von  dem  rücken  entzwerch 
gegen  dem  bauch  gezogen.    Forer  fischb.  22'. 

ENTWERS,  ENTWERCHS,  eine  gleichbedeuliqe  genilivische 
form:  entwäris  sehen,  über  die  achsel  sehen.    .Maaler  106'; 

nit  recht  thet  sich  der  neund  bedenken, 

iiesz  dkugel  zvast  entweris  lenken.    Haupt  3.2.55; 

stecke  die  morchen  entwerhes  an  den  spi;.  ron  guter  speise  9, 
vgl.  10  snit  sie  den  twerhes  über.  Maaler  106'  hat  auch 
entwärentz  (für  entwärens)  oder  beseitz  {beseils,  beiseite) 
richten,  obliquare.     mehr  unter  quer  und  zwerch. 

ENTWERDEN ,  effugere,  elabi,  entkommen,  entgehen,  wie 
sich  die  begriffe  des  Werdens  und  kommens  berühren  {x.  b. 
franz.  devenir  und  venir)  und  das  verwerden  auch  ein  ver- 
kommen ist  oder  aTtoyiyvead'ai  abhanden  kommen  bedeutet. 
vgl.  mir  wird,  contingit. 

mhd.  also  daj  in  der  hir;  entwart, 

und  sine  fluht  hin  wider  genam.     Trist.  434,  30, 
der  hirj  den  hunden,  als  ich  las, 
gar  unerloufen  entwart.    Frib.  Tri%t.  2413; 
daj  er  im  also  entwart.    Ernst  1146; 

in  den  folgenden  stellen  Eckbarts  ist  die  bedeutung  dunkel, 
zwischen  aufhören,  abgehen,  untergehen,  entgehen  schwebend: 
got  wirt  und  entwirt.  180, 18 ;  da?  fliujet  ime  (gott)  von  sin 
selbis  natöre  zuo,  diu  da  als  unwerdenlich  ist,  daj  si  allen 
dingen  entwirt  und  aller  dinge  werden  endet  an  dem  ent- 
würdenne.  der  sun  ist  gUchnis  des  vaters  äne  da;,  da;  er 
enpfjet  von  dem  vater  allej  waj  er  hat  und  alles  wt»rden- 
nes  ist  ein  bilde,  doch  "ist  er  ein  an  dem  entwerdenne. 
497,  23 — 28 ;  da;  zitliche  werden  endet  an  dem  ewigen  ent- 
werdenne.   497,  30. 

nhd.  der  ungebe  mensch  entgicnge,  entliefe  oder  sust  ent- 
wurde, weisth.  2, 207 ;  entritt  und  entward  ihnen.  Haltaos 
352 ;  wollen  fahen  iren  herrn  Adam,  er  entwart  auf  den  tonn. 
ebenda;  und  als  man  einen  solle  richten  und  beichte,  ent- 
wart er  mit  listigen  anschlegen.  ebenda ;  ist  denn  darnach, 
als  der  eine  bereit  gerichtet  was,  der  andere  . . .  von  der 
leiter  entworden  und  entlaufen,  ebenda;  ein  kind,  das  ge- 
tauft ist  und  entflohen  {nicht  durch  die  flucht  entgangen, 
sondern  abgetcaschen,  enlwaschen,  vgl.  mhd.  vlüuwen,  waschen) 
allen  Sünden,  dem  tcufel  entworden  und  gesetzt  aus  Adam 
in  Christum,  wenn  es  zur  Vernunft  kompt,  so  wird  es  so- 
bald verstrickt.  Luther  2,413';  und  können  im  (goU)  die 
gottlosen  nicht  entwerden.    3,  300' ; 

unser  geist  seufzet  für  und  für, 

sehnet  sich  sehr  nach  dir, 

wollt  gern  entwerden  aller  pein 

und  ewig  bei  dir  sein.    Mich.  Wcisze  1531  bei  Mülzcll  1, 139; 

das  sie  mir  nicht  entwerden  sol.    Rebhdn  s.  37; 

wie  den  leib  das  gewürm  auffriszt, 

wenn  seel  oder  heupt  entworden  {weggekommen)  ist. 

frosctimeuseler  2,3,7.  Gg4'; 

wer  sich  einmal  in  den  Orden 
treuer  freiindschafl  bat  gesetzt, 

und  ist  ihm  das  herz  en:worden, 
das  er  über  alles  sch.itzi, 

der  gibt  sich  zufrieden  nicht. 

bis  auch  er  aus  sieb  enibricht.    Fleximg  421 ; 


655 


EXTWERDEN  —  ENTWERFEN 


ENTWERFEN  —  ENTWESEN 


65G 


dann  sie  greift  bald  zum  gowehre,  wer  entwerdeii  kan  ist  froh, 
doch  wer  eiwas  mehr  isi  wiizig,  stehet  silll,  es  ist  nur  siroh. 
LOGAU  2,  55,9; 

doch  musi;  er  werden  mir  zur  beute, 

er  sol  mir  rreilich  nicht  eniwerden.    Dedskikd  miles  3, 1 ; 

hast  unglückhaftem  lod  iedoch  nicht  könnt  eniwerden. 
Wknc.  Sciirrfkr  ged.  307; 

wenn  er,  doch  spät  enlwird.    Birkkn  Guclfis  209 ; 

da  ist  werden  und  entwerden, 

freud  und  leid.    363; 

doch  auf  dasz  sie  leb  in  mir,  laszt  mich  unentworden  sein. 

OL.  279; 

ihr  solt  uns  nicht  so  bald  entwerden.    343; 
man  hatte  sie  seither  vor  wieder  ven'cist  und  eniwerden  ge- 
halten.  409; 

das  hat  ein  leeres  nichts,  dem  nichts  entwerden  kan, 

ich  meine,  was?  den  todt  nein  wer?  die  zeit  fretliun. 

GÖMTHER  673; 

weil  sie  des  sonntags  einmal  in  die  kirche  und  etwa  alle 
jähr  zweimal  zum  h.  ahendmahl  gehen,  meinen  sie,  Aufz 
ihnen  die  Seligkeit  nicht  entwerden  kann.  Scriver  seclcnscli. 
1, 658 ;  ein  so  mutiger  jiiger,  das  er  in  den  flusz  Iberum 
einem  entwordenen  her  nacbgesetzet  und  ihn  alda  genillct. 
BuTSCHKY  Palm.  833; 

ich  fände  sie,  mein  lamm,  hier  bei  den  hcrdcn, 

da  ich  mir  selbst  musi  ersten  blicks  eniwerden.    Aramena, 

mir  entwerden,  mir  entgehen,  von  sinnen  kommen,  auszer  sich 
gerathen.  seitdem  IS  jh.  auszer  gebrauch,  steht  bei  SnEiER  ra, 
nicht  mehr  bei  Frisch,  ist  aber  bei  Adelung  noch  aufgeführt. 
ENTWEHFEN,  delincarc,  adumbrare,  mhd.  entworfen,  nnl. 
ontwerpen,  gilt  1)  von  künstlern,  die  ein  bild  zeichnen  und 
ttmreiszen,  bevor  sie  zu  mahlen  anfangen,  dann  aber  steht  es 
für  mahlen  selbst  : 

mhd.  swcr  malen  wil,  der  entwirfet  e 

und  merket  wie  sin  bilde  stö.    Fhf.ioank  133,  25 ; 

d6  siuont  so  minnccliche  da^  Siglinde  kint, 

sam  6j  entworfen  wnr-re  an  ein  |ierininl 

von  guotes  meisters  listen.    ISib.  285,  2; 

als  uns  diu  äveniiiire  gibt, 

von  Kölne  noch  von  Mäsiriht 

kein  schiltasre  entwürfe  in  baz, 

denn  als  er  üfem  orse  saj.    Parz.  158,  15; 

entwerfen  ist  ein  spncher  list.    minnes.  friiltt.  212,  13 ; 

got  hat  wol  gclichet  sich 

einem  wisen  meiere, 

der  nicht  wil  untere  (undscre) 

ein  schöne  bilde  machen, 

in  den  selben  Sachen 

entwirfet  unde  strichet,    pass.  II.  112,41. 

nhd.  da  reisz  alles  volk  seine  gülden  ohrenringe  von  iren 
obren  und  brachten  sie  zu  Aaron,  und  er  nam  sie  von  iren 
benden,  und  entwarfs  mit  eim  griflel  und  machte  ein  ge- 
gossen kalb.  2  Mos.  32,  4 ;  und  du  menschenkind,  nim  einen 
ziegel,  den  lege  für  dich  und  entwirf  drauf  die  stad  Jeru- 
salem. £z.  4, 1;  entwerfen,  die  ersten  hauptstreich  (striche) 
mit  einem  reiszkolen  thün.  Maai.eh  106*;  ein  angesiebt  ent- 
werfen oder  die  hauptstrich  machen ,  lineamenta  deducere. 
ebenda;  und  wollen  wir  die  weit  mit  einer  kolen  nur  ent- 
werfen und  bossieren ,  aber  nit  erschöpfen  und  abmalen. 
Frank  uieltb.  vorr.;  es  brauchen  auch  die  inahler  diese  kohlen, 
um  damit  zu  entwerfen.  Tarfrnakm.  313;  die  frugalitüt  und 
gespärigkeit  haben  sie  entworfen  (dargestellt)  mit  einem  oliven 
uder  Ölbaum.    Spakcenrerc  lustg.  vorr.; 

»0  scheinet  es  allein  entworfen  mit  der  kreiden. 
Wbckhsrlim  604; 

bin  ich  schon  dixes  orts  kein  ausgertisler  tichtcr 
mit  hüpscher  rednersfarb  und  bunter  Wörter  zier, 
ei,  so  entwirf  ich  doch  und  zeichen  ietzund  hier, 
was  künftig  elwan  mehr  kan  übcrmalilei  wenlen. 

KOIPLKR  82. 

2)  überhaupt  animo  concipere,  in  gedanken  entwerfen,  den 

plan  zu  ctwat  fassen,  angeben: 

mfcif.  Sit  entwarf  din  selbes  hani, 
da{  der  vriunt  vrtundinne  vant 
an  dem  arme  sin  durch  minne.    Wh.  456,  0; 

dö  Wetzet  disen  rAt  entwarf.    Ernst  3400 ; 


«nt  wip  in  eine«  jungen  manne»  muoie 

lu  entwirfet  dem  sinne  vil  tugendllche  bilde.    MS.  1,RS', 


nhtl.  sie  sollen  entwerfen,  was  sie  der  Vollkommenheit  zweier 
so  groszer  fürsten  fiir  inAngel  auszuKlellen  litttten.  Lohenkt. 
Arm.  1,160;  der  nith  entwirft  nur  die  geschürte,  der  secretarius 
aber  musz  solche  nach  dem  winkelmasz  richten.  IlrrsciisT 
l'alm.  245 ;  Omeis  bat  kurz  und  unvergleichlich  alles  entwor- 


fen, wie  man  zu  einem  dichter  werden  könne.  Günther  vorr. 
s.  2;  nunmehr  musz  ich  auch  entwerfen,  was  ich  unter  glück- 
wünschungsschrciben  vorsiehe.  Uabener  1,  153;  ich  habe 
meine  gedanken  darüber  kürzlich  entwerfen  wollen.  Kant 
8,209  ;  einen  brief,  eine  rede,  ein  gedieht,  Schauspiel  entwerfen. 

3)  einen  hasz  entwerfen,  wie  vian  sagt  einen  hasz  auf 
jemand  werfen : 

die  beten  einen  allen  baj  entworfen.    MS.  2,  81*. 
ahd.  wiht  ni  forahtet  ir  iu,  drof  nintwcrfet  iucr  muaf.     0.  V.  4,38, 

laszt  den  mulh  nicht  fahren,  wo  intwörfan  so  viel  ah  von 
sich  werfen,     das  netz,  die  schlingen  entwerfen,  auswerfen: 

gewahrend  nun,  dasz  den  entwor.fnen  schlingen 
schon  im  beginn  des  glückes  beifall  lacht, 
schickt  sie  sich  an,  den  frevel  zu  vollbringen, 
eh  man  vereitle  was  sie  schlau  erdacht. 

Griks  Tassos  befr.  Jer.  4,80, 

wo  in  entwerfen  zugleich  noch  die  Vorstellung  des  ersinnens 
liegt. 

4)  entwerfen,  entgegen,  zurück  werfen: 

der  abgrund  an  der  see  entwirft  den  widerschall. 
postreuler  ll>31. 

B)  entwerfen,  verwerfen,  abortiri :  entwerfen  spricht  man 
auch  vom  väch  (vieh),  so  es  ein  todne  frucht  bin.  Maaier 
100'. 

6)  auch  das  reßexivum  zeigt  mehrere  bedeulungen, 

a)  sich  entwerfen,  auseinanderwerfen,  trennen,  ahd.  so 
intwurfe  sib,  dissociaret.    Graff  1, 1030. 

b)  sich  aufwerfen,  cmpordrdngen,  oder  auch  sich  bilden: 

sö  diu  maget  beginnet  schären, 
und  eniwerfcnt  sich  diu  brüstel. 

Ulrichs  von  TErhrim  nennrtenrt 
cd.  Kart  llolh  s.  123. 

ZU  schären  halle  man  schirren    Parz.  424,  3. 

sich  aufwerfen,  sich  erheben,  einen  plan  fassen : 
sich  entwarf  des  nicman.    Lanz.  7808; 
nie  stunt  min  Wille  wider  ir  kiuscho  sich  entwarf.    MS.  1,2* 
vgl.  mit  GA.  2,91,137 

eniwciTich  wider  ir  kiusche  iht  nu, 
wollte  ich  einen  plan  machen. 

c)  sich  bilden,  abbilden,  entgegen  scheinen:  wenn  ich 
Christum  höre,  so  entwirft  sich  in  meinem  herzen  ein  mans- 
liiide,  das  am  creuze  henget,  gleich  als  sich  mein  andlllz 
natürlich  entwirft  ins  wasser,  wenn  ich  {es  steht  er)  dreiu 
sehe.    Luther  3,  43' ; 

wie  sich  die  sonn  entwirft,  wann  sie  die  see  be«tralet, 
so  scheinst  du  auch,  mein  kind,  nun  du  dich  selbst  gcinalet. 

Opitz  2,434; 

anbeten  eine  geistliche,   unsichtbare,  unbeschriebene,  unend- 
liche   majesliit,    in    welcher    sich    unsere  tiefe  gedanken  viel- 
mehr verlieren  als  entwerfen.    Butschky  Palm.  35. 
ENTWERFEN,  n.  adumbralio,  informatio,  entwurf: 

der  gcdanke,  das  entwerfen, 

die  gesialicn,  ihr  bezu;.', 

eines  wird  das  andre  schürfen.    Göthk  3,  121. 

ENTWERFER,  m.  delineator,  piclor,  auclor:  aller  dinge  aus- 
ricbter,  visierer,  entwerfer  und  abiiehmerl  (von  gotl).  arker- 
mann  aus  Böhmen  cap.  34;  als  er  uns  selbst  aufmerksam 
machte,  dasz  die  entwerfer  (skizzisten)  eine  ebenso  pefübr- 
licbc  einseiligkeil  in  der  kunst  befördern  könnten,  (iötiie 
38   136. 

ENTWERFKUNST,  f.  diagraphice.    Stieler  1010. 

ENTWKRITAFEL,  f  scärus,  schachhret.  DiKFi-:NBAcn  51 5\ 
sonst  auch  werfiafel,  wurflafcl,  wurfzabel,  wurfzagel.  hier  hat 
entwerfen  den  bloszen  sinn  des  Werfens. 

ENTWKRFCNG,  f.  Udelineatio,  entwerfung  mit  kolen,  adum- 
bralio. Maaler  106';  austeilung  und  entwerfung  des  ganzen 
erdbodens.    Frank  wellb.  l'. 

2)  entwerfung  der  büume,  ablaqueatio:  das  auswerfen  von 
rüben   oder  uwbgrabcD   und  ruumung  der  biumea.    Maalks 

106*. 

ENTWERTIIEN,  dignitate,  pretio  suo  privare,  ahd.  iiilwer- 
don :  eine  Verfassung,  einrichtung  enlwcrtben,  auszer  weilh 
tetzeu ;   das  geld  entwerlhen,  herabsetzen. 

ENTWEHTIIUNG,  f,  heralhielsung,  emiedrigung. 

EMWE.SEN,  carere,  was  entsciu,  ohne  etwas  sein : 

mhd,  oiirh  Rolxni  ir  von  dirn-  vrisi 

DiiniT  vrouwoM  eiitwiHeu.    Iw.  3191 ; 
Sit  dat  es  min  unsKldo  nihi  langer  woli  eniwfiien. 
*  Nib.  rws.  1  i 


657 


ENTVVETTEN  —  ENTWICHT 


ENTWICHT  —  ENTWICKELN 


658 


wolle  ich  sin  sus  eniwgsen.    kindh.  Jesu  Alb; 

DU  wil  ich  doch  der  volge  eniwesen.    Lanz.  104S; 

gröjer  sorgen  entwesen  {befreit).    Ernst  3tH0; 

des  wart  der  keiser  vreiiiien  vol 

und  hofte  entwesen  aller  not.    pass.  K.  50,  21. 

sich  entwesen,  sich  entduszern: 

ob  er  sich  ire  wolle  eniwesen.    Diul.  3,  53. 
scheint  abtr  nhd.  ausgestorben. 

ENTVVETTEN,  disjungere,  vom  joch  spannen,  entledigen, 
entwätten,  das  jocL  abneminen.  Maaleb  lOe';  und  sol  mit 
dem  vilie,  damit  er  die  biibe  büwet,  dar  varn  und  das  vibe 
entwetten.  u-eislh.  1,73;  den  ploeg  docb  niet  zu  entwedene. 
2,357  {vgl.  abspannen  2,359).     dann  überhaupt  frei  machen: 

um  man  daran  sie  entwete 

von  dem  luvele,  ob  man  muge.    pass.  K.  53,  48; 

noch  sie  üj  der  not  enlweten.    5S2,  11. 
j.  auswetten,     der  heuligen  Schriftsprache  erloschen. 

ENTWICHT,  inulilis,  inhabilis,  corruplus.  nequam,  unnütz, 
nichtsnutzig,  ein  dem  ib.  16  jh.  geläufiges,  aus  /'rri/ierem  enwiciit 
entstelltes  wort,  von  dessen  Ursprung  hernach  unter  dieser  letzten 
form  die  rede  sein  soll,  das  falsche  ent  für  ea  hebt  gewis- 
sermaszen  den  sinn  auf,  da  ein  entwichteter  wiederum  ein 
guter  schiene  und  wicht  zu  sein  aufhörte,  man  hielt  sich  aber 
an  die  bedeutung  malus,  perversus,  ohne  an  die  abkunß  des 
ausdrucks  zu  denken. 

1)  es  steht  geradezu  für  ein  adj.,  wird  flectiert  und  gesteigert  : 
weil,  wie  ein  jeder  der  allerübelthetigät,  verzweiveltest  und 
entwichtest  rauber  oder  mörder  ist,  unter  seinen  fahnlen  und 
paniern  sich  versamlen.  Luther  2,  2S8'  {in  der  bibel  gebraucht 
er  das  wort  nie);  wenn  einer  ein  böses  oder  entwicbt  herz 
mit  guten  worten  strafen  will,  der  machet  es  nur  erger  und 
stolzer,  spricht  Salomon.  Mathesids  119*(108'l;  do  er  (rfiafto/Hs) 
nun  sihet,  das  er  als  ein  gottloser  und  entwicbter  geist  von 
gott  verworfen  und  aus  dem  bimel  verstoszen  ist.    112"; 

du  schöne  fraw,  von  art  entwicht.    H.  Sachs  I,  512'; 

der  alt  schlepsack  entwicht.    I,  514'; 

dem  falschen  weih  entwicht  und  ark.    III.  2,  57*; 

gott  sitzet  noch  an  dem  gericht, 

dasz  man  das  unirew  weib  entwicht 

auch  richten  sol  mit  heiszem  fewr.    V,  237'; 

wo  uns  nicht  die  bös  entwichten 

beiden  daran  tlieten  hindern.    Atrkr  117*; 

.Mars  und  die  Gorgones  eniwicht 

schienen  aus  seinem  angesichi.    Spreng  //.  162"; 
entwicht  stuef  unter  das  guet  erzt  mengen.  Lori  bergr.  262; 
haillose,  entwichte  buhen!    du  entwichte  mutier!    Schmeller 
4, 19.     hierzu  halte  man  das  adj.  zenicht,  znirht,  znichtig  bei 
ScHMELi-ER  2,  674.  675.     Stieler  2459  führt  entwif-ht  sulelzl  auf. 

2)  alterlhümlicher  erscheint  entwicht  als  praedical  neben 
dem  verbum  subst.,  op  noch  mit  dem  sinn  von  vergeblich,  zu 
keinem  nutzen,  verdorben : 

düslu  des  nicht, 

du  bist  entwicht.    Muscatbl.  14,64; 

er  ist  eniwicht 

wer  lugen  dicht.    80,  64; 

es  ist  dir  alles  gar  entwicht.    85,  29 ; 

dein  Zuversicht 

ist  dir  eniwicht.    98,  35; 

dein  waide  die  ist  gar  eniwicht.    Wolkenstein  s.  194; 

seil  werllich  freud  pald  ist  entwicht.    «.  276; 

all  unser  ihuon  war  eniwicht, 

heiten  wir  Englraalrs  nicht,    fastn.  sp.  421,  24; 

mein  beichten  das  ist  als  entwicht.    622,24; 

so  wer  unser  Ireude  eniwicht, 

und  hei  wir  reiner  frauen  nicht.    677,32; 

ich  merk,  der  paur  ist  ganz  entwicht.    63,  19; 

und  ist  eur  arbeit  ganz  entwicht.    365,28; 

«o  setnd  meine  freude  ganz  eniwicht.    Ambr.  Ib.  t.  45; 

die  armen  soll  der  adel 
beschützen  au»  ir  pllichl, 

so  hat  er  selbs  ein  tadel 

und  ist  zum  teil  eniwicht.    Uhland  375; 

wer  hei  vertraut, 

das  solches  kraut 

in  dorft-rn  auch  soll  wachsen? 

wenn  mans  recht  bsicht, 

BO  ists  entwicht, 

beurisch  und  ungelachsen. 

P'oKSTKRs  friiche  liedlein.  1552.  3  n*46; 
alle   menschen    auf  ein   häufen   .seind   entwicht    und  wer  in 
Irawel  ist  auch  entwicht.  Frank  wW/ft.  39*;  der  haursman  ist 
auch  entwicht  an  haut  und  har,   stolz,  voller  vorteil,    chron. 
ü\. 


\  250* ;  zu  dem  andern  ist  das  fleisch  an  im  selber  hawfellig, 
entwicbt  und  ungliickhafiig.  lasier  a4;  also  das  wir  alle  in 
Ad;im  entwicbt  sind,  kluge,  weise  reden  135";  der  natürlich 
seelisch  mensch  {Adam  und  alle  Adamskinder\  ist  von  nalur 
entwicht,  bös,  betrogen,  lügenhaflig.  358*;  die  naturen,  so 
nicht  gar  entwicht  und  verderbet  sein.  Mathesiüs  13:**;  und  ir 
seit  sein  nachvolger,  an  haut  und  hör  entwicht,  vier  dialuge 
von  H.  Sachs  19, 18; 

wei-it  nicht,  wer  also  übel  traut, 

der  ist  entwicht  in  seiner  haut.     1,372*; 

der  ist  an  haut  und  har  eniwicht.     I.  513*; 

du  wärest  all  dein  tag  entwicht.    1,514'; 

bei  diesem  allen  man  wol  sieht, 

das  ewer  herz  auch  i*t  eniwichi.     I.  515»; 

bist  so  leichiTerilg  und  emwicht.    111.  2,  7*; 

sie  sei  an  haut  und  har  eniwichi.     111.3,53*; 

dagegen  wie  eniwiuhi  und  scliendlich 

isi  ein  zuug,  die  nur  sucht  endlich 

hader  und  zank.     IV.  3,  71*; 

ist  mit  sund  und  schand  entwicht.    IV.  3,  84';* 

den  teufel  sie  wol  bannen  kan, 

uiit  der  hell  unser  könig  haus, 

sie  ist  eniwichi  an  haut  und  har.    Atrer  249"; 

der  ris  ist  goitlos  und  entwicht.    329'; 

ist  die  belagerung  eniwicht, 

den  Welschen  zu  dem  fall  gericht  . .  . 

so  ligt  mir  an  der  sach  nit  grosz.    Sprrug  Aeneis  345'; 

der  bös  geist  spricht:  du  bist  entwicht.  Mklch.  Likbig  1588; 

gnediger  herr,  sorget  gar  nicht, 

dann  der  knab  ist  ja  nii  entwicht, 

wie  man  sonst  böse  buhen  lind. 

Hier.  Link  spiet  von  Julianus  A4; 

das  mein  frau  wer  so  gar  eniwicht.    Fl'; 
welche   wie  Esau  so  gar  entwicht  sind,   dasz  man  gedenken 
möchte,  sie  weren  zu  unart  und  Untugend  geboren.  Hati^eccius 
schulteufel  vorr. 

3)  seltner  neben  werden: 

mit  prassen  und  mit  panketieren 
iheten  sie  ihn  schädlich  verfuhren, 
dasz  er  der  ehren  w.ird  eiitwichi. 

W.  Sp«.>i..e.'«BERG  fangbriefe  02*. 

4)  entwicht  thun  oder  machen,  zu  niehte  machen,  vereiteln : 

er  reit  die  sein,  er  leszi  sie  nicht, 
der  feind  anschleg  m.icht  er  eniwicht. 

Cmhtsecs  huftpufel  H5. 
EiS'TWICHTEN,  ad  irritum,  ad  nihilum  redigere,  vereiteln, 
vernichten,  verderben,  ganz  dem  zuletzt  angeführten  entwicht 
machen  entsprechend:  nun  wolle  ich  gerne  wissen,  wenn 
jelzund  einer  einen  Teutscben  mahlen  wolle,  wie  er  doch 
die  sach  angreifen  solle,  also  gar  ist  die  weit  entwichtet, 
man  sehe  doch  nur  den  groszen  mutwillen  und  Unkosten 
der  schändlichen  ploderhosen.  Wickram  roll«.  105;  dann  der 
mann  im  das  mit  seinem  zu  haus  kommen  eniwicht  bette. 
Bocc.  2,31';  0  weh  mir  gevatter,  was  hastu  getban?  die  ros- 
niutler  (la  cavalla)  wer  jetzund  ganz  bereit  gewesen,  bettest 
du  still  geschwiegen,  die  du  redend  eniwicht  hast  (ma  tu 
favellando  hai  guasta  ogni  cosa).  2,165';  ei  du  tbörichter 
mensch,  wie  hast  du  uns  unser  eigen  geschäft  so  böslichen 
eniwicht?  (perch^  hai  tu  guasli  i  tuoi  falti  e  i  miei?|  16.5'. 
ähnlich  ist  entnichten  {sp.  576),  vgl.  entwicht,  enwicht.  Stieler 
2459  hat  ein  inir.  entwichten  deperdilum,  flagitiosum  esse  als 
dichterisch. 

ENTWICKELN,  explicare,    nnl.  ontwikkelen,  entfalten,  zu- 
erst bei  Stieler  2530,  von  Göthb  oft  gebraucht: 

sie  eniwickelie  dem  iniben  {aus  dem  tr.  heraus) 
ein  erklingend  farhenspiel.    3,84; 

unvorsichtig  entwickelst  du  die  falten  deines  herzens.  8,266; 

gar  manche  prfifung  musz  die  neue  schwesier  (acc.) 
und  ihren  ganzen  werth  uns  erst  entwickeln.    9,  3ü7; 

dasz  ich  gern  charaden  und  rätbsel  entwickele  (löse,  wie  einen 
knäuel).  15,262;  das  kind  entwickelte  bei  dieser  gelegenheit  ein 
talent,  was  man  an  ihm  bisher  noch  nicht  kannte.  18, 235 ;  einen 
allen  verworrenen  zustand  zu  entwickeln  und  die  faden  auf 
einen  knaul  zu  winden.  22,105;  mabler  und  Zeichner  entwickel- 
ten die  gruppe  {der  bildhauer)  zur  fläche.  22, 166;  da  auch  die 
hol'nung  ausgesprochen  war,  in  einem  ausgedebnlen  gebiete 
eine  grosze  anzahl  bewohner  entwickelt  zu  sehen.  23, 145 ; 
der  reichste,  gewandteste,  berühmteste  erzähler  seines  Jahr- 
hunderts unternimmt  die  geschichle  seiner  zeit  zu  schreiben, 
dabei  entwickelt  er  nothwendig  alle  die  lugenden,  die  er  be- 
reits in  seinen  früheren  werken  zu  bethätigen  wusle.  46,233; 

42 


659     ENTWICKELN  — ENT\MNDEN 

bluten,  die  die  knosp  entwickeln, 

bullt  der  lenz  in  zartes  laub.    Salis  65; 

ein  völlig  entwickelter,  völlig  entschiedener  character.  Gotter 
3, 9 ;    eine    grosze    pracht    entwickeln,     mathemaliker   nennen 
entwickeln :    rechnungen,    die   an   einem  ganzen  voriunehmen 
sind,  an  dessen  einzelnen  Iheilen  ausführen, 
reflexives  sich  entwickeln : 

er  streift  des  hofes  lasierhaut  wie  eine  schlani^^e  von  dem 

rücken, 

wenn  sie  aus  ihrer  hole  kreucht ,  indem  er  sich  des  hofes 

stricken 

entwickelt  und  entfleucht.    Haocwitz  Soliman  3,  325; 

soll  die  seele  sich  entwickeln  und  in  rechter  grösze  blühn, 

0  so  musz  kein  klügelnd  meistern  ihr  die  majestät  etatziclin. 
Hagedorn  2,  15; 

also  sprachst  du,  und  nie  vergasz  ich  der  wichtigen  stunde, 
deutend  entwickelt  ich  mich  an  dem  erhabenen  wort. 

GÖTHE   1,  318; 

ZU  diesen  gebrechen  der  despotie  fügt  sich  ein  anderes,  wobei 
sich  gewaltthaten  und  verbrechen  entwickeln.  6,206;  wie  aus 
einem  löblichen  jungen  fürsten  sich  nach  und  nach  ein  tyrann 
entwickelt.  6,  206 ;  in  einem  solchen  dichlerkreise  entwickelte 
sich  zugleich  noch  ein  anderer  sinn.  26,  139 ;  ich  näherte 
mich  den  gebirgen,  die  sich  nach  und  nach  entwickelten. 
27,13;  doch  sollte  sich  bei  unserer  trcnnung  noch  ein  wechsel- 
seitiges Verhältnis  entwickeln.  31,  229;  und  so  fand  ich  mich  fast 
mehr  gehindert  mich  zu  entwickeln  und  zu  äuszern.  48, 140 ; 

doch  wie  zuletzt  aus  der  caszrolle 
ein  söszchen  sich  entwickeln  solle, 
das  ist  mir  nur  allein  bewust. 
das  kochen  gibt  mir  essenslust.    45,93; 

mich  schaudert,  wie  sich  das  entwickeln  soll.  Schiller  168'. 

ENTWICKELL'NG,  f. 

ENTWICKELLNGSBAHN,  f. 

ENTWICKELUNGSGANG,  m. 

ENTWICKELL'NGSGESETZ,  n. 

ENTWICKELUNGSKRANKHEIT,  f.  bei  vielen  menschen  ist 
das  versemachen  eine  entwickelungskrankheit  des  mensch- 
lichen geistes.    Lichtenberg  1, 196. 

EISTWICKELUNGSSINN,  m.  die  sprachen  in  ihrem  entstehen, 
entwickelungs-  und  bildungssinne  betrachten.  Göthe  32,  22. 

ENTWICKELLNGSSTUFE,  f. 

ENTWICKLER,  m.  explicalor:  der  prüfende  enlwickler. 
Lavater  bei  Gölhc  48, 152. 

ENTWICKLERIN,  f.  angezogen  von  der  kraft  ihrer  künf- 
tigen entwicklerin  und  beherscherin.    Klinger  10,  295. 

EJSTWILDEN,  was  das  folgende. 

E.NTWILDERN,  a  feritate  abducere,  nnl.  ontwilderen: 
der  entwilderte  das  geschlecht 
unholder  zuclit  durch  anbau  und  befriedigendes  gesetz.    Voss. 

ENTWILDERLNG,  f.  ich  für  mein  theil  habe  wenn  nicht 
blühenden  anbau,  doch  aufräumung  und  anläge,  doch  die 
erste  rohe  entwilderung  meinen  kräften  gemäsz  geachtet. 
Voss  mylhol.  br.  1794.  2,  327. 

ENTWIMMELN,  conferlim  progerminare,  exire: 

seinen  triiien  entwimmeln 
griine,  duftende  kräulcr, 
tausendfarbige  blumen.    Höf.TT  125,  1; 

zahllose  ameisen  entwimmelten  dem  bodea. 

ENTWIMPELN,  navem  vexillo  nudare,  nnl.  ontwimpelen. 
gegensali  ton  bewimpeln. 

ENTWINDELN,  infantem  fasciis  cxsolvere. 

ENTWINDEN,  nn/.  ontwinden,  enlzwingen. 

1)  exlorquere,  aus  der  hand  winden: 
wi«zt,  Eckhof  war  es,  der  dem  tiefen  Rrilien, 

dem  leichiea  Gallier  den  lorbecrzwoig  entwand.   Gottkr  1,343; 

der  mit  kiihnr>r  linnd 
der  Inrve  den  betrug,  der  wutli  den  dolih  entwand.    1,372; 
noch  ist  der  golt  mit  im«,  der  dich  in  fnindcs  Kmd, 
den  schlingen,  die  Aegitith  dir  legte,  schlau  entwand.    2,36; 
wenn  es  »ein  hoher  schlusz  und  wille  sei, 
das  «ceptcr  deinem  stamme  zu  entwinden.    Scbillkb  458V 

2)  reflexiv,  sich  loswinden: 

Dwa;  Ir  liehicn  ougen  und  ir  sruo; 
liute  ie  fiimlun  und  noch  vinaeni, 
die  entwunden  und  cniwindent 
■ich  Az  leide,  in  wart  und  wiri  dA  vaNche«  buot. 

US.  1.  8ö', 
mkd.  dem  tempe  de«  frieden«,  von  berden  bcwallt, 

entwinden  die  »leioigen  pfade  sich  bald.    Mattuisson; 
der  hin,  den  was«er  wie  der  erden 
entwinden  uuscod  keime  ilch.    GAtik  12,  72; 

•ie  koDDtf  lieh  winen  armen  nicht  entwinden. 


ENTWINKEN  —  ENTWIRREN 


660 


3)  wie  sich  ößer  ent  und  er  mischen,  sehen  wir  bei  Frank 
auch  intransilives  entwinden  im  sinne  von  erwinden,  endigen, 
aufhören  verwandt:  wie  du  nit  macht  hast  dein  kinder  zu 
enterben  und  dein  gut  durch  testament  uf  frerabde  zu  wen- 
den, also  hastus  auch  in  der  andern,  driten,  vierden,  fünften 
lini  weder  fug  noch  recht,  oder  bring  schrift  und  gütlich 
recht  dar,  in  welcher  lini  es  entwjndt.  sprichw.  l,  154' ;  es 
entwindt  nur  an  uns,  bei  uns  stehet  der  gaul  und  das  ver- 
derben kompt  aus  uns.  paradoxa  160*;  gott  laszt  es  auf 
seiner  seilen  nit  entwinden  (fehlen).  175";  als  hab  es  auf  seiner 
Seiten  entwunden,  gefält,  er  das  gute  an  im  hab  lassen 
stehen,  heillosigkeil  87  7ind  öf\er. 
ENTWINKEN,  nulu  vocare,  evocare: 

als  er  dem  unding  einst  die  kommenden  wellen  entwinkte. 
^fessias  4,  1345; 

dann  crgrif  er  den  siab,  den  stab,  womit  er  dem  grausen 

orcus  die  seelen  entwinket  und  zuscheucht.    Dörgkr  248*; 

dein  holder  blick  entwinket 

sie  gieriger  gefahr.    8*. 

ENTWINTERN,  1)  hieme  pulsa  ßrmare: 
denn  er  duftet  linden  merz 
und  entwintert  euch  das  herz.    Voss  5,219. 

2)  tn/ronsi7iw  und  unpersünlicli :  es  entwintert,  regelat. 

ENTWIPFELN,  cacumine  privare:  entwipfelte  bäume. 

ENTWIRBELN,  verlice,  verlicillo  privare:  eine  geige  ent- 
wirbeln. 

ENTWIRKEN,  ENTWÜRKEN,  relexere,  aufwirken,  loswirken, 
ahd.  intwurcban,  mhd.  entwürken. 

1)  destruere,  demoliri,  von  der  sonne: 

tha;  ira  lioht  bcrahu^ 

si  garo  ij  in  intworahta.    0.  IV.  33,  10. 

2)  dissecare,  zerwirken,  zerlegen,  von  erjagtem  wild: 

sinen  hirj  er  dö  iniworhie, 

so  er  von  rehie  solde.    Kehr.  6917; 

sus  entworhifir  in  dö, 

wand  er  in  gar  zevuorte, 

swaj  er  sin  bernorie.    Iw.  5382. 

3)  die  fahne  im  kämpf  entwirken,  niederwerfen: 

ich  künde  euch  ba;  besorgen 
den  vanen,  daj  in  lützel  iuman  eniworhte. 
Albr.  tu.  3360. 

4)  den  feind  aufs  Haupt  schlagen,  conficere,  it.  sconfiggere, 
fr,  d^confire: 

do  der  künic  Tybalt  wart  entworht.     Wh.  294, 1 ; 

Trojanre  und  ir  riiierschaft 

wären  äne  wer  entworht.    tr.  kr.  45067. 

5)  einem  entwirken,  ihm  entziehen,  benehmen: 

daj  er  sAre  vorhte, 

daj  im  da;  kint  enlworhie 

sincr  amiiien  ininne.    Greg.  1192; 

die  vorlii  in  {eis)  doch  entworhie 

Euripiliis,  der  in  was  komen 

ze  helfe,    tr.  kr.  44898. 

alle  diese  bedeulungen  sind  jetzt  veraltet,  dagegen  erscheint 

6)  die  positive  von  relexere  noch  im  reflexivum: 

und  hier  mit  heilig  reinem  weben 

entwirkte  sich  das  gölierbild.    Görns  12,140, 

wirkte,  bildete  sich,  es  müsle  sich  auch  transitiv  sagen  lassen 
ein  bild  entwirken,  weben,  entwirken,  extexere.  Stieler  2560 
als  poelisch. 

7)  negativ,  sich  eines  dinges  entwirken,  los  wirken :  sie 
wolten  einen  andern  christlichen  man,  der  dem  bapst  nicht 
verwandt  noch  verpilicht,  oder  zum  wenigsten  der  pllicht  sich 
enlwirkt  bette.  Lutmer  8,  4'.  sich  der  strafe  entwirken,  poe- 
nam  subterfugere.  Stieleh.  das  wort,  in  mehr  als  einetn  sinn, 
sollte  wieder  in  die  spräche  treten. 

ENTWIRRRAR,  evolubilis. 

ENTWIRREN,  evolvere,  extricare,  entwickeln,  Maalbr  106*, 
nnl.  ontwerren  und  ontwarren. 

1)  das  knäuel  entwirren ;  das  gefühl,  das  einen  th.'iligen 
mann  freudig  aufrichtet,  wenn  er  das  verworrene  zu  lösen, 
das  entworrcne  zu  gonieszen  holTcn  darf.  GöriiR  22,  76 ;  aber 
der  mensch  will  loben,  daher  nahm  ich  aufrichfigcn  theil  an 
andern,  ich  suchte  ihre  Verlegenheiten  zu  enlwirrcn,  damit 
es  ihnen  nicht  ergehen  möchte  wie  mir.  20,11»;  die  ent- 
deckung  entwirrt  den  knoten.    33,232; 

mich  verwirren  will  d.iit  irren, 

doch  du  weiM  mich  tu  entwirren.     .  .  . 

2)  sich  entwirren:  ich  «urhle  mich  in  und  aus  diesem 
labyrinthc  zu  flndcn.    man  entwirrt  sich  wol  endlich.  27,106; 


661 


ENTWISCHEN— ENTWOHNEiN 


ENTWÖHNEN 


662 


wie  kaün  sich  dieser  kämpf  entwirren?    Piatejc  14; 

ein  seltsam  neues  Schrecknis  glaub  ich  ahndend 

vor  mir  zu  sehn,  und  stehe  wundernd  wie 

das  irrsal  sich  entwirren  soll  und  lösen.    Schillek  509'. 

ENTWISCHEN,    1)  evadere,    elabi,    entschlüpfen,   entfahren, 
nnl.  ontwisschen,  früher  oß  fehlerhaß  entwüschen  geschrieben, 

mhd.  nicht  dir  iniwisket, 
des  dih  gelüstet; 

nhd.  Augustinus  satzt  auf  in  dem  closter,  wer  da  schwüre 
'samnier  gott  oder  alle  heiligen!',  es  wer  war  oder  erlogen 
on  not,  und  eim  nummen  ein  schwürlin  entwust,  dem  warde 
(/.  werde)  ein  trunk  abgebrochen.  Keisersberg  s.  d.  m.  23*; 
wer  ist  der  . . .  das  im  nit  etwann  entwüsche  ein  eerab- 
schneidig  wörtlin?  2S';  dis  konnte  Schindekopf  nicht  erwar- 
ten, hatte  sorg  die  feinde  möchten  im  entwuschen.  He.n.ne- 
BERG  preusz.  landtafel  403;  • 

mit  irauren  lachen  wirt  vermischt, 

kein  irdisch  freud  on  leid  entwischt.    Schwarze>bhrg  151,2; 
zu  leicht  das  ror  dem  vierten  ist, 

macht,  dasz  im  gschwind  der  schütz  [scliusz]  entwischt. 

Haupi  3,  250; 
merk  auf,  herr,  herr,  erhöre, 
erschein,  erscheine  bald  in  deiner  groszen  ehre, 
eh  mir  der  geist  entwischt,  der  nicht  herwider  zeucht, 
weoD  er  uns  einmal  nur  durch  unsre  lippen  fleucht. 

Fleming  27 ; 
der  seiner  Ungeduld  so  oft  entwischte  lluch 
war  wie  ein  donnerstrahl,  der  ihr  gewissen  schlug. 

Dusch  poet.  werke 'i,  63; 
manches  entdecken,  was  der  aufmerksamkeit  entwischt.  Kant 
6, 102 ;  die  sich  absondernde  materie,  die  im  augenblicke  des 
fest  iverdens  {der  krystallisation  des  eises)  entwischt,  ist  ein 
quantum  von  wärmeslof.  7,  216 ;  es  ist  kein  wunder,  wenn 
ihm  fehler  entwischen.  8, 13 ;  der  hund  entwischte  durch  ein 
loch  im  zäun ;  du  entwischest  mir  mit  einer  lüge  ;  und  jeder 
fühlte  sich  verleben,  wenn  ihm  ein  solches  unbedachtsames 
wort  entwischt  war.  Göthe  15, 101 ;  und  man  sieht  sich  um 
wie  nach  einem  vogel,  der  einem  aus  der  band  entwischt 
ist.    29,112; 

er  erbot  sich  zum  eide,  doch  bald  besann  er  sich  anders 
und  entwischte  behend  nach  seiner  veste.    40,  ü; 
und  bittet  er  nicht  jede  Zärtlichkeit, 
die  ihm  vielleicht  in  üeberglut  entwischte, 
dem  scepter  ab  und  seinen  grauen  haaren?    Schiller  250'; 
entwischte  werte  sind  beleidigte 
vertraute.    26ö'; 

verwünscht!    er  ist  entwischt.    51S'; 
schwerlich  werden  einem  Haslauer  obre  von  einiger  zarte  die 
härten  dieses  verses  entwischen.  J.  P.  flegelj.  l,  131 ;   der  ge- 
schichte   können    facta,    aber  nie    geister  entwischen,     frei- 
heitsb.  129. 

2)  Irans,  abstergere,  abwischen: 
sjtrachs,  und  entwischte  der  band  mit  ihrenbeiden  den  icbor, 
17  ^a,  Mai  afifareQrjaiv  ait    ixtö  X^^ös  ouöoyw. 
BÜRGER  226'  nach  IL  5,416. 
ENTWITSCHEN,  was  entwischen,  bei  Maaler  106'  entwüt- 
schen  :  das  wort  ist  mir  entwütscht,  excidit  mihi  verbum  ex  ore. 
ENTWITTERN,  tempestate  evadere,  dem  welter  entrinnen? 
nun  rauschen  die  quellen 
entwitterte  wellen 

durch  wankendes  röhr.    MATTHissort  23. 
ENT\NOGEN,  flucluare,  dahin  ßieszen: 

und  breiter  und  süller  entwog  ich  die  bahn.    Körner  1,143, 
ENTWOHNEN,  procul  degere,  habitare,  entlegen  seim 
ach  vater,  hoch  entwöhnet 

ob  allen  lüften  well, 
allda  dir  sonn  und  monet 

gar  lief  zun  fnszen  leit.  Spkb  trvlzn.  80  (74). 
ENTWOHNEN,  desuescere,  desuefieri,  sich  entwöhnen,  ahd. 
intwonSn  (Graff  1,874),  im  voc.  theut.  1482  gs*  hintereinander 
entwanen  und  entwonen,  disuescere,  dissolere,  ungewonlich  sein  : 
si  entwonend  desse  (ejus)  nach  und  nach,  desuefiunt.  Maai.er 
106*;  als  ein  muter,  die  das  dütlin  da  vornen  an  den  werzlin 
bestreicht  mit  gallen  oder  aloes,  mit  bittrem  ding,  und  wenn 
das  kind  saugen  will,  so  ist  es  bitter,  so  Qühet  es  den  dutten 
und  entwonet  der  milch.  Keisersberg  fcrösom/.  21* ;  als  wenn 
einer  der  laster  gewohnt  und  wil  tugend  lehren,  so  musz  er 
vor  der  alten  laster  entwonen  {es  steht  falsch  entwenen,  oder 
fehlt  'sich'  rfaror)  und  vergessen,  schimpf  u.  ernst  1555  cap.  171; 
durch  unverrucktes  wolergehen  verzärtelt  und  entwohnet. 
BuTscHKY  Palm.  865;  sie  müssen  ihren  söhn  unter  fremde 
leule  ihun,  damit  er  die  dorflufl  entwöhnt    Rabener  4, 132 ; 


und  Titbon,  den  Aurorens  schöne  brüst 

und  seelenvoller  blick  vergebens 

ins  dasein  rief,  erwacht  zur  längst  entwöhnten  tust. 

WlELA.>D  10,  21 ; 

mich  faszt  ein  längst  entwöhnter  schauer, 

der  menschheit  ganzer  Jammer  faszt  mich  an.  Götue  12,237; 

und  die  armee,  von  der  wir  bülf  erwarten, 

verführt,  verwildert,  aller  zucht  entwöhnt.    Schiller  334'; 

doch  unerbittlich,  allgewaltig  treibt 

des  augenblicks  gebieterstimme  mich 

an  das  entwohnte  licht  der  weit  hervor.    4S9*; 

zum  überflusz  setzte  die  lang  entwohnte  hitze  eines  beizen- 
den Rheinweins  meine  einbildungskraft  in  feuer  und  flammen. 
ThCmmel  2, 18.  erst  bei  neueren  vertritt  den  alten  gen.  der 
Sache  ein  acc. 

ENTWÖHNEN,  desuefacere,  ahd.  intwenian,  mhd.  entwenen, 
bei  Frisiüs  und  Maaler  richtig  entwennen  (wie  henne  = 
henia),  bei  Dasvpodiüs  235*  und  Alberüs  entwehnen,  bei  Stieler 
entwenen,  später  entwöhnen,  nnl.  ontwennen.  mit  gen.  der 
Sache  oder  der  praep.  von. 

1)  vorzugsweise  infantem  lade  depellere,  mlat.  ablactare, 
delactare,  das  kind  entspenen,  von  der  brüst  absetzen,  abge- 
wöhnen, ahd.  intweniter,  ablactatus  (Gbaff  1,  869) ;  also  die- 
muote  ne  was,  s6  da;  intwenita  chint,  da;  noh  an  dera 
muoter  armen  ist.  N.  ps.  130,  2 ;  entwennen,  von  der  milch 
neramen,  abnemmen,  entwent  oder  abgenomne  lämble,  depulsi 
agni  a  matribus.  .MaalebIOO';  wann  ein  mutter  ein  kind  will 
entwenen  von  dem  saugen,  so  bestreicht  sie  das  werzlin  an 
den  brüsten,    schimpf  und  ernst  1546,  86 ; 

welch  wirl  er  leren  das  gericht? 

'die  eutwenten  von  der  milch'  er  spricht,    fastn.  14,  16; 

von  mir  da  bist  du  abgetrennt, 

gleichwie  ein  kind  der  milch  entwent, 

dein  stuhl  steht  für  der  thür.    Hofm.  gesellsch.  l.  s.  49; 

und  wann  ich  eiwan  schwaifl  zu  weit, 

und  nicht  bei  dir  plib  iderzeit, 

war  mir  wie  aim  kind,  welchs  entwänt 

von  seiner  muter  wirl  verlänt.    Fischart  geisll.  l.  s.  71; 

auch  hat  sie  bedaurt  die  zwei  kind, 

die  von  Ihr  nicht  entwehnet  sind.    Atrbr  338*. 

2)  dann  überhaupt  a  consuetudine  abstrahere :  nein,  du 
must  mir  zwen  lön  geben,  den  einen,  das  ich  dich  des  alten 
entwen,  den  andern,  das  ich  dich  nUwes  ler.  Keisersberg 
brösaml.  77'; 

ich  kan  ims  {ßr  ins)  nit  entwehnen  zwar. 

Waldis  4,  59  bl.  276" ; 

er  (David)  wandelte  nicht  in  groszen  dingen,  die  ihm  zu 
hoch,  sondern  setzte  und  stillete  seine  sele,  damit  sie  nicht 
würde  entwehnet.  Bctscbey  Palm.  778;  in  einer  einsamkeit, 
von  welcher  ihn  das  beschäftigte  leben  zu  Athen  und  die 
wollüstige  musze  zu  SmjTna  schon  etliche  jähre  entwöhnet 
hatten.    Wieland  2, 171 ; 

sie  irren  her,  sie  schVirren  hin 

mit  sehnen  und  mit  stöhnen, 
und  können  ihren  leckersinn 

des  honigs  nicht  entwöhnen.    Bijrger  89"; 
entwöhnt  vom  bunten  tande.    Pfeffel  3,  65; 
und  mich  ergreift  ein  längst  entwöhntes  sehnen 
nach  jenem  stillen,  ernsten  geisterreich.    Götue  12,6; 

die  nation  gieng  augenblicklich  von  dem  drückendsten  zwange 
der  Intoleranz  in  einen  zustand  der  freiheit  über,  dessen  sie 
bereits  zu  sehr  entwöhnt  war,  um  ihn  mit  mäszigung  aus- 
zuhalten.   Schiller  810'; 

gerollt  durch  unterirdische  klüfte 
heb  ich  allhier  mein  haupt,  die  entwöbneten  sterne  zu  schauen. 

Voss  Ovid  n«  25, 163. 

im  part.  praet.  mischt  sich  die  bedeutung  von  entwohnen  und 
entwöhnen. 

3)  sich  entwöhnen :  also  auch  soll  im  ein  mensch  ein  straf 

uflegen,  wenn  er  schwert  bei  gott ir  thund  es  kum  vier 

Wochen,  ir  entwenen  euch  des  schwerens.  Keisersb.  s.  d.  m. 
23*;  wenn  mein  lehrineister  noch  lebt,  ich  wolt  in  lassen 
henken,  darumb  das  er  mir  in  der  Jugend  zu  viel  hat  uber- 
sehn  und  mich  nicht  gestraft  hat,  jetzt  ists  versäumet  und 
kan  mich  nu  selbs  nit  mehr  entwehnen.  schimpf  und  ernst 
1555  cap.  172;  darumb  wenn  die  frauwe  hernach  sich  voriger 
faulheit  annam,  drouwet  er  ir  mit  erzelter  arznei  zu  helfen, 
dasz  sie  dennoch  ellichermaszen  solcher  sich  entwehnete  und 
häuslicher  begund  zu  werden.    Kircbhof  wendunm.  114'; 

sie  wird  sich,  sind  nur  erst  drei  bis  vier  monden  hin, 
von  Hvmens  irost  nicht  ohne  müh  entwöhnen. 

WiBLA.^D  10,  258 ; 

42* 


663       ENTWOHMIEIT  —  ENTWÜRDIGUNG 


ENTWURF  —  ENTZIEHEN 


664 


diese  benennung  hat  freilich  beifall  und  platz  gewonnen  und 
schwer  möchte  man  sich  derselben  sobald  entwöhnen.  Güthe 
6, 118 ;  so  dasz  man  ihn  leicht  zu  dem  entschlusz  drängen 
konnte,  zu  reisen,  sich  zu  entfernen,  sich  von  ihr  zu  ent- 
wöhnen.  17,116; 

weh  uns,  wenn  dieses  Tolk  des  Schwertes  sich  entwöhnt, 

das  ihm  gesetze  gab,  wenns  die  geseize  höhnt. 

GoTTKR  2,324; 

denn  was  Terschmerzie  nicht  der  mensch .'  vom  höchsten 

wie  vom  gemcin>ten  lernt  er  sich  entwöhnen.    Schiller  399'; 

sich  in  lust  und  leid  zu  senken, 

kann  sie  (die  scele)  nimmer  sich  entwöhnen. 

Friedr.  Schlegels  gedickte  s.  64; 

die  holden  hauche,  die  entflammten  blicke 

und  alles  das,  dem  ich  mich  nie  entwöhne.    Röckert  252; 

wenn  ich  auch  verliebter  quälen, 

schwärmerischer  irfium  und  bilder 
mich  entwöhne.    Platkn  9'. 

ENTWOHNHEIT,  f.  desueludo:   entwanheit  oder  ungewon- 
licheil,  dissolenlia.    voe.  theut.  14S2  ga*. 

ENTWÖHNUNG,  f.    i)  ablaclatio.     2)  destutudo. 
ENTWOLFEN,  luvum  exuere: 

ein  silberkugelschusz  aufs  feil, 

ein  kreuzdorn  auch  eniwoift  ihn  schnell.    Voss  6, 113. 

ENTWÖLKEN,  1)  nubibtis  liberare.  Stieleb  2574.     nnl.  ent- 
wölken : 

entwölkier  glänz.    Brocees  7,  366; 
eniwölkter  Schimmer.    7,  211.  2,  12; 
doch  kömmt  er, 
rröhlicher  heut  und  entwölkt,  mein  Geliert.    Klopstock  1,10; 

die  nüchternheit,  die  stille 
entwölkten  seinen  sinn,  belebten  seinen  muth.  Wieland  23,83; 
den  uns  umschlieszenden  zirkel  begliicken, 

nützen  so  viel  als  ein  jeder  vermag, 
0  das  erfüllet  mit  stillem  entzücken, 

0  das  entwölket  den  düstersten  tag!    Salis  14; 
auf  den  gräbern  unsrer  väier 

sprieszt  des  erdrauchs  purpursirausz, 
ein  entwölkier  lautrer  äiher 

überwölbt  ihr  enges  haus.    125; 
schön  erwuchs  üeuiscbland  in  heroischer  kraft, 
doch  schöner,  die  entwölkte  stirn  mit  Weisheit 
krönend,  siebet  es  jetzt,  und  stolz  bebts  den  wabnfreien  blick 
empor.    Platen  134'. 

2)  sich  entwölken : 
Lazarus  sab,  dasz  ihr  leiden  sich  nicht  entwölkte. 

Messias  12,  781 ; 
jetzt  entwölkte  sich  fern  silberner  alpen  höh.    Klopst.  1,70; 
so  trüb  auch  meine  äugen  sind, 
entwölken  sie  sich  doch  geschwind, 
wenn  meine  jungen,  wie  die  mucken, 
Fich  in  der  warmen  sonne  freuii.    Gökinck  2,33; 
der  heriog  hörts.  zwar  mit  beklemmtem  herzen, 
doch  seine  »iirn  entwölkte  sich  die  hohe.    Platen  318'; 

seltene  menschen,  die  sich  erst  unter  dem  beschauen  ent- 
wölken.   J.  P.  hamp.  12 

ENTWOLLEN,  nudare  lana,  scheren.    Stieler  2576  : 
wenn  der  grind  das  schaf  entwollt, 
krampf  das  lamm  zusammen  krollt.    Bürger  297'. 

ENTWÜHLEN,  eruere,  nnl.  ontwoelen: 
mit  lautem  geschreie 
•trömte  die  menge  hinab  zu  den  schiffen,    eniwühlt  von  den 

fiiszen 
wallte  der  staub  empor.    Bürger  19C'; 
be>treüi  von  dem  otaube, 
welcher  zum  ehernen  himmel,  eniwuhlt  von  den  füszen  der 

rosse 
kehrender  sirciicr  »lieg.    227': 
neulich  im  blntengefilde  de«  frfihlinge«  einen  gebürkien 

schleichenden,  suchenden  mann  ^.•ln  ich  iiiut  wnnderie  mich, 
wie  er  dem  bodcri  der  flur  bcilkr.itige  wurzeln  eniwiihlend, 
achiend  nicht  auf  den  diifi,  noch  auf  den  fiirbi|;en  glänz, 
irocknci  ernstes   in  »chachlcln  den  schätz,   den  erheuteten, 
einschob.     HEcikrt  27U. 

ENTWCHDEN,  dignilale  privare,  herabsetzen. 

ENTWCHDIGEN,  dasselbe:  entwürdigende  Zumutung; 

Dicht  durch  bann  und  gewall  tu  den  folgsamen  tbieren  ent- 
würdigt.   Vüs«. 

ENTWÜRDIGUNG,  f.  herabsetzung,  herabwürdigung : 

»ich  zu  enirei!i7Pn  der  eniwiirdigung 
i»l  lohnii  genug.    Platkn  2'i3. 

ßr  da*  geßkl  gekränkter  würde:  eine  hebomme!  rief  fraa 
von  G.  mit  cntwUrdigung.  ein  reines  lirwuslsein  und  eine 
bebumme!  und  die  »procbe  gicng  ihr  aus.  Heinr.  Ki.bi«t« 
erf.  1, 2&e. 


ENTWURF,  m.  adumbralio,  dcscriplio,  nnl.  ontwerp,  schw. 
utkast,  dän.  udkast,  vgl.  besteck  4. 

1)  ein  leichter  entwurf,  eine  skizze;  die  ersten  linien  eines 
cntwurfs;  der  erste  entwurf;  entwurf  eines  gebäudes,  briefcs, 
einer  predigt;  alles  dieses  sollte  ich  im  anfange  meiner  blätler' 
sammeln  und  daraus  einen  entwurf  von  mir  zusammensetzen, 
welcher  so  prüchtig  klänge  als  die  ititerschriften  unter  den 
bildnissen  gelehrter  männer.    J.  E.  Schlegel  5,14; 

quell  des  heils!  ewiger  quell  des  ewigen  heils! 

welcher  entwurf  von  Seligkeiten, 

für  alle,  welche  nicht  Helen, 

und  für  alle,  die  fielen !    Klopstock  1, 147. 

2)  ein  plan,  anschlag:  diese  betrachtungen  führten  mich 
auf  einen  entwurf.  Leisewitz  Jul.  von  T.  1,  4 ;  wo  sind  die 
stolzen  entwürfe,  mit  denen  du  kamst?  Gotter  2,488;  wer 
gegen  alle  Vernunft  ...  zu  gunsten  seiner  leidenschaften  ent- 
würfe schmiedet,  verdient  die  fruchte  seiner  leidenschaft  zu 
entbehren.  Götiie  21,91;  in  allen  entwürfen  geteuscht,  an 
allen  orten  zurückgewiesen  wird  er  zum  drittenmal  Wilddieb. 
Schiller  707' ;  einige  freunde  . . .  haben  sich  zu  dem  ent- 
würfe verbunden,  einige  revolutionen  und  epochen  des  den- 
kens  ...  zu  entwickeln  und  der  weit  vorzulegen.    751*. 

ENTWURZELN,  evcllere,  eradicare,  nnl.  ontworlelen,  ahd. 
mit  er:  arwurzalön  (Graff  1,1052).  der  stürm  wütete,  eine 
hohe  eiche  brach  entwurzelt  zusammen; 

entwurzelte  tannen.    Wieland  16,91; 
entwurzelte  geschlechter. 

ENTWUSTEN,  eniundare,  purgare,  den  wusl  wegschaffen. 
Stieler  25S3. 

ENTWÜSTEN,  solum  incuUum  subigere. 
ENTZAHNEN,  denlibus  privare,  nnl.  onttanden: 
enJtzahnte  kiefcr  schnattern.    Götiie  2,69; 

eine  entzahnte  matrone.    Hippel  1, 132. 
ENTZAPFEN,  millere,  detrahere,  abzapfen: 

auch  hab  ich  beiden  getrofnen 
klares  blut  enizapft.    Bürger  223'. 

ENTZAUBERKRAFT,  f.  gegensatz  von  Zauberkraft:  aber 
desto  verwerflicher  ist,  wenn  sie  auch  in  diesen  höhen  ihre 
entZauberkräfte  in  den  tiefen  wiederholen  wollte.  J.  P.  bücher- 
schau 2,  80. 

ENTZAUBERN,  exsolveie  incanlatione,  nnl.  onttooveren: 

lauter  redet  der  liebe 

nun  entzauberter  mund  durch  dich.    Klopstock  1,  70; 

durch  seines  hohen  spruches  entscheidungen 

geweckt,  cntzauhert,  leugnen  die  dichter  nicht 

des  maales  ewipkeit,  das  er  sich 

zu  dem  verdieniesien  rühm  gesetzt  hat.    2,56; 

bist  du  der  junge  rilter,  der  das  abenteucr  unternommen 
hat,  den  blauen  sommervogel  zu  entzaubern  ?  Wieland  11, 193 ; 

ich  glaubte  mich  geliebt,  und  fand  mein  glück  darin, 
es  war  ein  träum,    dank  dir,  dasz  ich  entzaubert  bin.    . . . ; 
stellt  sie  sich  nicht,  und  seid  gewis  sie  meidet 
den  ernsten  kämpf,  so  ist  das  beer  entzaubert. 

Schiller  463*; 

aber  er  hatte  den  fehler  nichts  so  sehr  zu  lieben,  das  be- 
zaubern ausgenommen,  als  entzaubern  darauf,  und  besonders 
die  sucht,  weiber  anzuziehen,  um  sie  abzustoszen.  J.  P.  fiegelj. 
1, 153. 

ENTZAUBERUNG,  f.  das  leere  hatte  meine  cntzauberung 
in  meiner  seele  zurück  gelassen.    Wieland  27, 268. 

ENTZÄUMEN,  equtim  exuere  frenis,  abzäumen,  nnl.  ont- 
loonien. 

ENTZEBEN,  s.  cnlscbcn. 

ENTZEPTERN,  was  cntsceptcrn: 

so  müssen  wir  verjagt,  verhöhnt,  verspeil,  verlacht, 
enitepteri,  sonder  irost  und  boflrcn,  tag  und  nacht 
uinirren,  weil  wir  sind,  und  uiiier  fremden  fiisicn 
in  rauher  diensiharkeit  das  harte  leben  schlie'iicn. 
Gktphius  1,  52; 

eiilzepterte  boberscherin  der  weit.    Lohinst.  Ibrah.  i,  11; 

ist«  nicht  genug,  danz  diese  köaigin 

durch  deinen  tollen  sinn 

cnlzcpieri  und  ontthröni  dein  ebben  «oll  »erl»»«ent 

lULiMtMN  C^lhnrina  ».  10; 
monnreho  dieser  weit,  der  prinren  iiimini  und  gibt, 
d«r  krön  und  ihron  erhobt,  eni/epien  und  heirubt. 
Miiriiirnnr  s.  4. 

ENTZIEHEN,  delrahere,  abstrahere,  subirahere,  ohd.  in- 
uohao  (GiurF  5,006),  mhd.  cntichen    u»!    <>ntiiegen. 


665 


ENTZIEHEN 


ENTZIEHEN— ENTZIFFERN 


666 


1)  einem  die  band,  den  arm  entziehen ;  die  mutter  entzieht 
dem  kind  die  brüst,  wenn  sie  es  enttcöhnen  will;  das  mit 
semlicbem  leiden  uns  got  die  weit  wil  verbittern  und  uns 
das  tülli  entziehen,  das  du  niendert  anhängst,  dann  allein  an 
got  dem  herren.  Reisersberg  otneisz  60';  den  lämblinen  die 
milch  entziehen,  nit  gar  aussaugen  lassen,  subdueere  lac  agnis. 
Maaler  106';  die  speis  entziehen,  abbrechen  oder  minder 
geben,  das.;  einem  den  blick,  anblick  entziehen,  sich  nicht 
mehr  anschauen  lassen,  umgekehrt,  einem  die  äugen  nit  kön- 
nen entziehen,  oculos  suos  in  oculis  alterius  habere.  Maaler 
106*;  das  äuge  von  der  liebsten  entziehen,  abziehen,  pers. 
Tose'nth.  5,  9 ;  entzeuch  deinen  fusz  vom  hause  deines  nehesten. 
spr.  Sal.  25, 17 ;  einem  blut  entziehen,  zur  ader  lassen. 

2)  der  tod  entzieht  den  eitern  das  kind,  die  eitern  dem 
kinde;  weil  ihm  so  viel  seien  aus  seinem  hellischen  rächen 
entzogen  werden.  Al^ekt:s  wider  Jörg  Wilzel  F  e,' ;  lieber  söhn, 
wie  der  gütige  hiramel  dir  deine  mutter  entzogen,  so  beraubt 
dich  anitzo  die  erde  deines  vaters.    Bctschky  kanzl.  101; 

wie  also.  Saladin,  wenn  du 
nur  gleich  das  mädchen  zu  dir  nähmst?  sie  nur 
dem  unrechtmäszigen  besitzen  gleich 
entzögest?  Lbssi:<g  2,  315. 

3)  die  viii.  predig  sagt  xv  Ursachen,  warum  got  unverdient 

einem   frumen  menschen  die  süsze  entzücht.    Keisersb.  brö- 

saml.  2'  (20"  sieht  dafür  underzücht)^  die  ander  gotslesterung 

ist   in    dem   mund,   da  einer  got  zu  schreibt,   das  got  nicht 

zu  gehört,  oder  got  entzücht,  das  got  zugehört,  s.d.  m.  19*; 

die  dem  heil,  reich  entziehen  oder  abzubrechen  unterstehen. 

reichsabsch.  1512  §.5;   und  er  liesz  eine  thewrunge  ins  land 

komen   und   entzoch  allen  vorrat  des  brots.    ps.  105, 16 ;    so 

enlzeuhet   und   nirapt   er  im   zuerst   die  Weisheit.    Luthers 

lischr.  2h* ;  er  entzieht  ihm  seinen  beistand,  seine  Unterstützung ; 

deiner  warheit  worl  von  mir  doch  nicht  entzieh. 
WECKaKRLi.N  264; 

denn  unser  küchen  und  prebend 
uns  werden  fast  an  allem  end 
des  Böhmerlands  entzogen.    Soltaü  463; 
jedoch,  du  schönes  kind,  entzeuch  mir  deine  liebe, 
sobald  die  kleinste  schuld  mich  zum  verrather  macht. 
Rost  schäferg.  80; 

nein  bruder,  nicht  dein  opfer  will  ich  dir 
entziehen.  Schillbr  515'. 

4)  sich  entziehen, 

a)  ohne  casus:  meine  nehesten  haben  sich  entzogen.  Biob 
19,14;  da  sie  aber  kamen,  entzoch  er  sich.  Gal.  2.12;  so 
konnte  sich  jetzt  kein  einwohner  von  Ensisheim  mehr  entziehn, 
dem  jungen  manne  ebenfalls  freundlich  entgegen  zu  kommen. 
TiECK  nor.  kr.  4,  310.  vgl.  enlzogenheit  und  sich  zurückziehen, 
davon  machen. 

b)  gen.  der  sache  und  person:  nein,  aber  du  soll  fliehen 
und  dich  entziehen  der  bösen  begierden,  dardurch  magstu 
den  lust  uberkummen.  Keisersb.  s.  d.  m.  12*;  sich  klagens 
und  Weinens  entziehen  und  enthalten,  lamentis  parccre.  Maaler 
10'*;  sich  schlahens  entziehen,  manibus  temperare;  o  ich  will 
mich  gern  aller  nüsse  in  ewigkeit  entziehen.  Wickram  rollte. 
73';  sich  des  weislich  und  mit  Vernunft  entziehen,  buch  der 
liebe  288,  2 ;  dasz  er  sich  des  closterlebens  entzöge.  Micrälius 
2,  219 ;  keine  Schulter  entziehet  sich  seines  gehorsams.  pers. 
baumg.  vorr. ;  entziehe  dich  deines  freundes  nicht.  9, 13 ;  um 
des  dabei  fürgehenden  kummers  und  sorgens  sich  zu  ent- 
ziehn. BüTSCHRY  Pa/m.  91;  weil  man  nun  solcher  leute  fersen 
lieber  als  die  zahne  sihet,  so  ist  es  am  räthlichsten  sich 
ihr«r  mit  guter  manier  zu  entziehn.  437 ;  die  nach  ihren 
grundsätzen  verbunden  sind,  sich  ehrlicher  leute,  welche  sie 
die  kinder  der  weit  nennen,  zu  entziehen.    Lessing  1, 451. 

c)  von,  aus  etwas:  davon  entziehent  sich  etliche  derselben 
lirummen  menschen  von  gesellschaften,  auf  das  sie  ir  leben 
nicht  beQecken.  Keisersb.  5.  d.  m.  30' ;  wenn  du  deines  bru- 
ders  ochsen  oder  schaf  sihest  irre  gehen,  so  soitu  dich  nicht 
entziehen  von  inen,  sondern  soll  sie  wider  zu  deinem  bruder 
füren.  5  Mos.  22, 1 ;  enzeuch  dich  nicht  von  denen,  die  man 
würgen  wil.  spr.  Sal.  24, 11 ;  sn  du  einen  nacket  sihest,  so 
kleide  in  und  entzeuch  dich  nicht  von  deinem  fleisch.  £5. 
58, 7 ;  wir  gebieten  euch,  das  ir  euch  entziehet  von  allem 
bruder,  der  da  unördig  wandelt.  2  Thess.  3.  6  [golh.  ei  ga- 
skaidai))  izvis  af  allamma  bn'>t)re  hvairbandane  ungatassaba); 
er  gebeut  den  Christen,  das  sie  sich  entziehen  sollen  von 
solchen,  die  unordig  wandeln.  Lcther  5,391*;  derbulben  ich 
mich  länger  nicht  hab  mugen  von  Willcniberg  entziehen. 
LcTBBRs  br.  2, 148 ;    bitte   ich   du   wollest   dich   von   solcher 


liebe   entziehen,    buch  der  liebe  235,3;    davon  ich  mich  kei- 
neswegs entziehen  mag.    236, 1 ; 

warum  denn  wolt  auch  ich 

mich  von  der  noth  entziehn?    Logau  1, 102,  21; 

wie  köntest  du  dich  doch  selbst  von  einem  so  groszen  schaden 
erledigen  und  von  dergleichen  furcht  entziehen?  Bctschrt 
kanzl.  751;  sintemal  ihr  euch  von  dem  friede  des  könig- 
reiches,  von  dem  schütze  des  königes  und  in  einem  (damit 
zugleich)  von  dem  friedensedict  entziehen  werdet  831; 
der  aus  Theiis  armen  sich  entziehet,    üz  1,  50. 

d)  vor  etwas: 

sol  man  die  armen  schwachen 
durch  einen  schweren  irunk  noch  duppelt  schwächer  raachen, 
der  oft,  vom  schmacke  nicht  geredt,  so  übe!  reucht, 
dasz  sich  der  aarzt  wol  selbst  lur  seiner  luft  entzeucht 
und  hält  die  nase  zu?  FtKMiJCG  S4. 

e)  dat.  der  person  oder  sache  {im  sg.  f.  vom  gen.  nicht  zu 
unterscheiden):  entziehe  sich  nicht  eins  dem  andern,  es  sei 
denn  aus  beider  bewilligung.  1  Cor.  7, 5 ;  ich  entziech  mich 
genzlich  dem  gemeinen  nutz  und  begib  mich  auf  die  bücher, 
abduco  me  ab  omni  reip.  cura,  dedoque  literis.  Maaler  107*; 
der  Dolabella  hat  sich  ganz  mir  entzogen,  tolum  se  a  me 
abalienavit  D.;  als  wenig  sich  die,  so  du  mir  erzelet  hast, 
ihrer  liebe  haben  mögen  entziehen,  also  wenig  mir  auch  sol- 
ches müglich  sein  wird,    buch  der  liebe  235,  4 ; 

da  einsmals  sich  die  gunst  entzoh  der  hofestatt. 
LocAn2,  217,  38; 

und  ihr  haupt, 
dem  seines  armes  stütze  sich  entzog, 
stürzt  auf  das  kissen.    Lessisg  .  .  .; 
und  dieser  vorwand  heiszt  sie  fliehen, 
sich  dem  triumph  der  liebe  zu  entziehen, 
sie  geht,  doch  nein,  sie  sagt  erst,  dasz  sie  gehen  will. 
Rosi  schäfererz.  s.  11 ; 

der  knospe  gleich  am  kalten  merzentage 

schrumpft,  wenn  des  glückes  sonnenscnein 

sich  ihr  entzieht,  die  seel  in  sich  hinein.    Wisland  .  .  .; 

er  ist  so  vielfältig  angegangen  worden,  diese  geschichte  den 
freunden  seiner  muse  mitzutheilen,  dasz  er  sich  dem  ver- 
langen derselben  um  so  weniger  entziehen  kann.   1,  i-orr.  v; 

dasz  den  unwirtbaren  labyrintben 

sich  der  wandrer  grausend  gern  entzöge.    Götbb  11,259; 

wenn  ihr  freventlich  so  lange 

guter  Ordnung  euch  entzogen.    11,242; 

entziehst  dich  meinen  armen 

als  wolltest  du  mich  lieber  ganz  verstoszen?    Schiiikr  505*; 

ich  will  mich  nicht  der  rechenschaft  entziehn.  412'; 
ganz  gewis  haben  sie  das  kleinod  {ein  silbernes  körbchen), 
woraus  ich  oft  neben  ihnen  meine  erdbeeren  gezuckert  habe, 
sich  und  den  nichten  heimlich  entzogen.  Voss  an  Gleim  2, 308 ; 
alles  werden  in  der  natur  entzieht  sich  der  beobachtung. 
Wh.  vos  Humboldt  «6er  die  Verschiedenheit  des  Sprachbaues; 
das  hat  sich  allen  berechnungen  entzogen;  sich  der  gefahr 
durch  schnelle  flucht  entziehen. 

5)  intransitives  entziehen  für  sich  entziehen  ist  sehr  selten: 

dem  winde  wollt  ich  schnell  entziehen 

und  für  dem  wilden  stürme  fliehen.    Opitz  ps.  s.  104. 

ENTZIEHUNG,  f.  bei  Maaler  107*  continentia,  frustralio 
cupiditatis,  heute  nur  ablatio,  wegnähme :  entziehung  der  kost. 

ENTZIEREN,  der  zier  berauben,  bei  Maaler  107'  exornare, 
die  zierd  abreiszen  und  hinwegthun. 

ENTZIFFERBAR,  explicabilis.  ' 

ENTZIFFERER,  m.  interpres. 

ENTZIFFERKANZLEI,  /:  menschen  für  welche  die  erde 
keine  entzifferkanzlei  des  buchs  der  natur,  sondern  ein  Sprech- 
zimmer, eine  zeitungsbude  elender  personalien  ist  J.  P.  Hesp. 

1,  255. 

ENTZIFFERN,  explicare,  intcrpretari ,  eigentlich  geheime 
schriß  lesen,  dann  überhaupt  dunkles  erklären,  enträtseln,  nnl. 
ontcijferen,  fr.  d^chifrer: 

entzifferte  wie  ein  Ödip  die  räthsel  im  Merkur. 

WlKLA!1D  4, 181 : 

wenn  es  uns  beliebt  das  räthsel  zu  entzifl"ern.  GötheIS,  112; 
er  hatte  den  räthselhaften  alten  kennen  lernen,  welchen  zu 
entziffern  er  eine  unbeschreibliche  begierde  fühlte.  18, 227 ; 
Goue,  ein  schwer  zu  entziffernder  und  zu  beschreibender 
mann,  ...  still  in  sich  gekehrt.  26,136;  die  neigung  womit 
doctor  Kannegieszer  meine  barzreise  zu  entziffern  suchte. 
32, 197 ; 

entziffernd  leicht  den  vielverscblungnen  Stempel 
musz  sich  für  ihn  ein  einfach  wort  enifalien.    11,  332. 


667 


ENTZlFFERUiNG  —  ENTZÜCKEN 


ENTZÜCKEN 


668 


ENTZIFFERUNG,  f.  i.  b.  der  hieroglyphen. 
ENTZIFFEHLNGSKUNST,  f. 
ENTZISCHEN,  sibilando  erumpere. 
ENTZITTERN,  wie  entheben: 

den  sonnen  gleich,  da  sie  goites 

schalTeiider  hand  enuilierlen.     Klopstock  1,  ...; 

doch  die  andern  eoliiiiurtcn,  alle  voll  Schreckens; 

und  die  Troer  entziiierien  dorthin  und  dahin; 

da  lag  die  liehste  wachend  mir  im  arme 

und  alle  zauber  um  sie  her  cniziticnen.    Rückrrt  1S4; 

wallet  nur  bin,  ibr  hübschen  Schmetterlinge,  spielt  im  glänz 
und  entzittert  nur  linde  wie  bluten  dem  leben.  J.  P.  ßcyelj. 
8,58. 

ENTZOGENHEIT,  f.  secessus,  soliludo,  xurückgezogenheU: 

im  trauien  schatten  stiller  entzogenhoit 

Taiid  ich  den  l'rieden,  der  uns  erweicht  und  stärkt. 

Salis  U2; 
verbreite  deinen  schleier,  entzogenheit, 
um  meine  Treuden,  dichter  um  meinen  schmerz!    143. 

ENTZOPFEN,  cirro  privare,  den  zopf  abschneiden. 
ENTZUCKEN,  ENTZÜCKEN,  rapeie,  abslrahere,  wegnehmen, 
dahinnchmen ,  entrücken,  gen-allsam,  plötzlich  entziehen,  tveg- 
reiszen,  ahd.  inzucchan,  nihd.  enzücken  und  gleichbedeutend 
erziicken.  der  umlaut  schwankt,  da  schon  ahd.  zucchan  zucta 
und  zucchön,  mhd.  zücken  zucte  und  zucken  neben  einander 
stehen,  nhd.  der  rückumlaut  zwar  gewöhnlich  aufhört,  doch  in 
einzclucn  Wörtern  nachwirkt,  einfaches  zucken  und  zücken 
scheiden  wir  heute  nach  den  bedeutungen  und  verwenden  jc7ies 
intransitiv,  dieses  transitiv;  entzücken  ist  uns  nur  transitiv 
und  behält  für  die  dritte  bedeutung  immer  den  umlaut,  in  den 
beiden  ersten  erscheint  er  oder  bleibt  aus,  wie  die  bcispicle 
ausweisen.     LvTHEttertheilt  devi  wort  stets  den  umlaut. 

1)  Sachen,  darunib  lieben  Deudschen,  laszt  uns  hie  die 
äugen  auf  thun,  gott  danken  für  das  edel  kleinod  und  fest 
drob  halten,  das  uns  nicht  wider  entzückt  werde.  Luther 
2,  474';  der  mensch  niusz  gottcs  wort  haben  und  daran  hangen 
mit  dem  glauben,  sobald  er  im  nu  dassclb  entzücken  lesset, 
so  ist  keine  hülfe  mehr  da.  4,22;  darumb  entzückt  er  uns 
oft  consoiationes  rerum,  auf  das  consolatio  scripturaruin 
räum  und  zu  thun  bei  uns  finde  . . .  wie  er  denn  itzt  euch 
ewren  hohen  trost  und  schätz  auf  erden  entzückt  hat,  auf 
das  er  an  irer  stat  ewer  trost  würde.  5,  52S'.  br.  4,  419  (Mich. 
Neander,  vom  sei.  abst.  44  diese  stelle  anziehend  schreibt  ent- 
zuckt) ;  so  wäre  uns  die  proviant  entzückt  worden.  Fierabras 
£  6 ;  ein  alt  weih  ein  leinen  luch  heimlich  stal  und  entzuckte. 
KiBCBHor  wendunm.  230';  bis  ihm  der  abgott  genommen  und 
entzuckt  ist  worden,  kluge,  weise  reden  147';  wo  man  uns 
den  Schemel  entzuckt-e,  so  lägen  wir  all  uf  dem  boden. 
Mamel424;  die  h.  röm.  kirch  besorgte,  dasz  die  ketzer  iren 
(«Ar)  noch  einen  andern  Schlüssel  möchten  entzucken,  bie- 
nenkorb69';  und  die  arzet,  die  sich  sonsten  hierüber  zu  be- 
klagen gehabt  betten,  dasz  man  inen  S.  Lux  mit  dem  harn- 
glas entzuckt,  haben  dafür  S.  Cosmum  und  Damianum  zum 
besten  bekommen.    183*; 

da  leschei  sich  die  gülden  kerz, 
entzückt  Ton  starken  winden.    Sprr  Irulzn.  22; 
was  uns  goit  nicht  beute  schenkte,  kan  er  morgen  schicken, 
kan  ans,  was  er  beute  schickte,  morgen  auch  entzücken. 

LoGAU  3,  25,  9, 

wai  Lessikc  Ramler  ohne  nolh  ändern  in  entrücken; 

0  wcrihes  büchertriicken, 
datx  die  rergessenbeit  uns  nichts  mehr  kan  entziickcn! 

RUHPLRK  SO; 

S estalt  du  dan  balbtodt  mich  noch  an  dich  gciruckt, 
a  aller  athem  fast  dem  herzen  wurd  entzückt.    75. 

3)  leuU. 

mhd.  ich  wart  iozuknhei, 

in  ditzo  lant  vcrchoulet.    Ihut.  3,06. 

nhd.  und  sie  gebar  einen  son,  ein  kncblin  . . .  und  ir  kind 
ward  entrückt  (10  steht  hier)  zu  gott  und  Reinem  stuel.  uffenb. 
lr<h.  12, 5 ;  »on  gOlteren  entzückt,  raptut  a  diis  Ganimtdes. 
Maaler  107';  die  (Finocb,  Muyses,  Elias)  sein  lebendig  vom 
erdboden  entzuckt  worden.    Ayrei  proe.  1,13; 

hier  »lehn  liic  vci  wi'itiicTi  ullcti, 

bei.l.  1 

und  <ti.  II, 

<w<  I  icku    PLiaiNsSSS; 

dorh  leider  bi»i  du  mir  nur  unr  zu  friih  enizOrkt, 
und  der,  dio  neben  uiir  ihr  blutiK  horre  dnickt. 
tiaiPMiu»  2,  40; 


dahin  hat,  liebster  freund,  nun  auch  des  höchsten  hand 
durch  einen  sanften  schl.if  des  Sterbens  dich  enizücket. 

LoiiKNSTKi.>  Hyac.  45; 
ist  Christiane  gleich  der  eitelkeit  entzficket, 
gedenke,  dasz  ihr  itzt  die  ewigkcit  gefallt. 

Chr.  Ghypuius  poet.  Wälder  l,3ßO; 
sondern  wann  der  tag  herruckt, 
dasz  er  durch  den  tod  entzückt 
von  dem  unglück  solte  sterben.    AbrlrS,  53; 

in  meinem  ehiosen  stände  war  ich  des  morgens  früh  auf  . . . 
nachdem  mich  aber  das  unglück  in  diesen  wehstand  bracht 
und  gleichsam  entzuckt  begraben,  habe  ich  der  frühstunden 
benützungen  vergessen.    Bütschky  hanzl.  60. 

3)  heutzutage  sind  die  beiden  ersten  bedeutungen  ungebräuchlich 
und    entzücken    wird  eingeschränkt  auf  das  geistige  entrücken 
und  hinreiszen,  wodurch  die  seele  gleichsam  auszer  sich  an  eine 
andere,  übersinnliche  stelle  geführt  wird,    it.  rapire,  fr.  ravir: 
und   als   er  hungerig  ward,    wolle  er  anbeiszen.     da  sie  im 
aber   zubereiteten ,    ward   er   entzückt   (iyirero   in    aiWov 
Excnaais).   ap.  gesch.  10, 10 ;   ich  war  in  der  stad  Joppe  im 
gebete   und   war   entzückt.    11, 5 ;    es   geschach  aber,    da  ich 
wider  gen  Jerusalem  kam  und  betet  im  tempel,  das  ich  ent- 
zücket ward  und  sähe  in.  22, 17 ;  ich  kenne  einen  menschen 
...,    derselbige   ward   entzücket   bis   in  den  dritten  himmel 
(golh.    fravulvanana,    gr.    a^Ttayivra,    tat.    raptuinl.     2  Cor. 
12,2;  er  ward  entzücket  in  das  paradis  (golh.  fravulvans  vas, 
raptus    est,    rjqiiäyrj).    12,4;    es    isi  kein  heiliger  gestrenger 
orden  oder  münche  ...  sie  müssen  sich  Schemen  gegen  den 
türkischen  münchen,  gegen  iren  wunden,   wie  sie  inen  sellis 
wunden   in    den   leib    schneiden,   wie   sie  entzücket  werden, 
wie  sie  fasten.  Ldtiier  5,259';  die  künigin,  die  der  schmerz 
vorher  gleichsam  entzückt  hatte.    Lohensteis  Arm.  1,274; 
ich  bin  entzfickt  aus  mir!    Ibrahim  33,  1C8; 
ich  werd  aus  mir  entzückt,  nun  ich  mit  .Masinissen 
ein  ewig  festes  band  der  heirat  soll  beschlieszeu. 
Suphon.  4t,  65 ; 
der  fürst  war  ganz  entzückt  (ron  angst) 
und  mit  dem  folierbaud  der  sorgen  hart  bestrickt. 

Hali.manms  Tlu'odorich  s.  45; 
ja  in  gcdanken  sasz  er  also  tief  entzücket, 
dasz  mit  den  äugen  er  auch  auf  nicht  einmal  blicket. 

Wkrokrs  Ar.  26,  111 ; 
0  nie  gewünschte  post!  0  nie  verlangtes  schreiben, 
davon  die  nachricht  mir  so  herz  als  »eele  druckt, 
so  kurz  dein  Inhalt  ist,  so  sehr  werd  ich  entzuckt  (lon  schmerz), 
weil  alle  silben  mir  den  pfeil  zum  heizen  treiben. 
Gd(«turr666; 
Florindo   fragte,    ob   er  sich   in   seinen   trost  finden  könte? 
doch  war  Lysias  entzuckt  {auszer  sich)  und  hatte  lauter  degen 
und  pistolen  im  munde,  damit  er  die  untreue  liebe  bestrafen 
wolle.    Weise  kl.  leute  31 ; 

ihr  schnellen  augenblicke! 

dasz  uns  der  kus  entzücke, 

den  uns  die  liebe  lehn.    IIagrdorn  3,69; 

80  hab  ich  dich  gesehen,  so  hast  du  mich  entzückt. 

GrLLRRT  .  .  .; 

wie  entzückt  das  verlangen 
auferstehung  nach  dir!  wie  wirst  du  selber  entzucken 
auferstehung!  Messias  11,  1307; 

hätte  nimmer  von  den  mädchen  allen 
das  verlobte  mädchen  dich  enizückt ! 

Lotte  bei  W'crthcrs  grabe  (teutsoh. 
Merkur  jun.  1775); 
es  ist  die  gegcnwart,  die  mich  erhöht, 
abwesend  schein  ich  nur,  ich  biu  entzückt.    Götok  9,  124; 
o  war  ich  vor  des  hohen  geistes  kraft 
entzückt,  entseelt  dahin  gesunken!    12,81; 
entzückt,  erstaunt,  wer  dies  ihm  angeihnn.    3,  22; 
mein  fremder  mann !  als  mensch  bist  du  entzückt, 
doch  unter  göuern  scheinst  du  wol  veriückt.    4t,  130; 

durch   seinen   cinfliisz  ward  sie  in  der  gegend  für  eine  enl-     2 
zückte,  nicht  für  eine  verrückte  gehalten.    20,275;  * 

daaz  sie  den  jüngliog  emiQckl,  (ttrwahr.es  ist  mir  kein  wunder. 

40,296; 
last  dich  dio  naiur  entzücken.    Gottrr  I,  14; 
o  du  entzückst  mich,  du  verstehst  mich  ganz.    Sciillih  475'; 
wenn  sich  ein  herz,  entzückend  und  cntzOckl, 
dem  herzen  schenkt  in  suszcin  selbsivprgnsiten.    4SI*; 
oin  fldlnr  ineister  mand  auf  dipsoni  plaii, 
euch  in  die  heitern  hohen  Hemer  kinui 
durch  seinen  sch6|ifiM'geiiius  «iitiurkend.    918*; 
dnsz  nicht  mein  herz  zerri»sen  wird  von  quälen, 
nicht  ton  der  lust  entzOrkl.    .  .  .; 
was  an  dem  reizenden  gcichlerhl  enitOrkt, 
stellt  lieb  vcrsainoieli  dar  in  dieser  tineo.    410*; 


669 


ENTZÜCKEN  —  ENTZÜCKUiNG 


ENTZtGELN— ENTZÜNDEN 


670 


wie  entzückt  es  mich, 
in  deinen  armen  sie  zu  sehen.    .  .  .; 
seine  seele  fühlt  sich  in  diesen  ideen  gleichsam  wie  in  einer 
neuen  und  schönen  region,  die  mit  allem  ihrem  blendenden 
lichte   auf  sie   wirkt   und  sie  in  den  lieblichsten  träum  ent- 
zückt. 761'.     nah  dem  entzilcken  steht,  wie  die  stellen  treisen, 
entrücken  und  verrücken,  verzücken ;  tco  ein  in  mit  dem  acc. 
oder   ein    aus    mit    dem   dat.  folgt,    ist  das  wort  noch  leben- 
diger,    allmälich  hat  es  sich  aber  erkältet,  und  wird  heute  oft 
ohne  gefühl  misbraucfit  in  weise  des  franz.  ravir  oder  charmer, 
es  soll  dann  nur  erhöhte  en\pfindung  md  freude  ausdrücken. 
4)  sich  entzücken. 

mhd.  liste  ich  danne  da;  er  sich 
enzucie  eteswes  durch  mich, 
da;  er  lihte  niht  verbaere, 
da;  würde  ein  sölliiu  swaere, 
diu  mich  sere  müeie.    gulc  frau  208, 

WO   sich   entzücken   so   viel   als   sich   eines   dinges  enthalten, 
entschlagen,     vgl.  das  schwächere  sich  entziehen  4,  b. 
nhd.  darnach  thfit  sich  entzucken  (erheben) 

meines  herzen  ein  solch  lust.    bergreien  s.  56 ; 
es  hat  der  schuster  Franz  zum  dichter  sich  entzückt, 
was  er  als  schuster  that,  das  thut  er  noch :  er  flickt. 
Lbssing  1,  17. 
häufig  für   sich  freuen  in  aufgeregtem  sinn:     wir  enlzlückten 
uns  an  der  landschaft,  am  gesang  der  nachtigall,  an  der  auf- 
gehenden sonne. 

ENTZÜCKEN,  n.  nach  dem  verbum, 

1)  eigentlich  raptns,  secessus  mentis  a  corpore,  ecstasis : 
etleich  omacht  und  des  menschen  enzucken  sint  dem  släf 
geleich.  Megenbebg  9,  8 ;  ha,  und  die  starre,  tiefe  betäubung, 
worein  er,  gleich  dem  gemahlten  entzücken,  versunken  sasz, 
als  wäre  um  ihn  her  die  weit  weggeblasen  und  er  allein  mit 
dieser  Julia  im  ewigen  leeren.    Schiller  145'. 

2)  dann  suavissima  voluptas:  wir  lasen  das  buch  mit  ent- 
zücken ; 

ganz  ohr,  ganz  äuge,  ganz  entzücken.    Schiller  263'; 
ich  sah  die  weit  mit  liebevollen  bücken, 
und  weit  und  ich  wir  schwelgten  im  entzücken.    Göthe  3,13"; 
jener  nebel,  der  vor  menschenblicken 

in  dem  dunkeln  erdenthale  hängt, 
sinket  hier,  wo  ewiges  entzücken 

seiger  zukunrt  meine  blicke  lenkt.    Werther  an  Lotten  1775. 

.ENTZÜCKEND,  suavissimus,  reizend:  eine  entzückende 
gegend,  kleidung; 

die  stimme,  melodie, 
wie  silberklang  aus  flieszenilen  krystallen, 
entzückender  als  Orpheus  saiten  schallen.    Schiller  14"  ; 

der  Seelen 
entzückecdsr  zusammenklang.    263*. 

ENTZÜCKUNG,  f.  was  entzücken, 

1)  ecstasis,  s.  die  aus  Ai.berls  2,  700  unter  dallinger  an- 
geführte stelle;  welche  die  enlzuckung  und  den  schweren  ge- 
brechen haben,  sind  nicht  ferne  von  der  fallenden  sucht. 
Comenius  sprachenthür  von  Docemiüs  §.  312 ; 

wie  es  dein  priester  Horaz  in  der  entzückung  versprach. 

GöTHB  1.282; 
wo  man  oft  in  himmlischen  entzückungen  aufgefahren  ist.  14, 19. 

2)  voluptas,  angenehme  empfindung  und  aufregung : 

irrgärte  voller  entzückung 
und  freude,  seid  mir  gegrüszt.    E.  vos  Kteist  2,  25; 
von  entzückungen  trunken.    Messias  i,Sl9; 
mit  dem  l.^heln  ihrer  entzückungen.    4,839,  wo  die  ausg.  1751 : 
gan?  in  entzückungen  aufgelöst; 
nach  dem  gefühl  der  ersten  entzückungen.    4,1060: 
iener  sprachs.  doch  alle  verstummten  umher,  und  schwiegen, 
horchend  noch  mit  entzückung  im  scbaititren  sal  des  palastes. 

0(1.12,334.13.2, 
»0   der   gr.   texl  icT}XT]&fi6s  hat,   was  dem  gotk.  hliuj),   altn. 
bliod  gleicht,  die  sowol  laut  als  stille  ausdrücken ; 

so  wie  ein  Kindlicher  mann ,  dem  das  herz  mit  süszer  ent- 
zückung 
menschlichkeit  nährt  und  natur.    Luise  3,  210; 
laut  nun  rief  er  im  stammelnden  ton  der  entzückung. 

3,  260 ; 

0  dasz  ich  nicht  an  deinen  hals  fliegen,  dir  mit  tausend 
thränen  und  entzückungen  ausdrücken  kann,  mein  bester, 
die  empfindungen,  die  mein  herz  bestürmen !  Götbe  16,  81 ; 
und  dies  berz  ist  jetzt  todt,  aus  ihm  flieszen  keine  ent- 
zückungen mehr.  16, 130 ; 

sie  hätte 

den  götterscheio  der  lügend  schaugetragen 

und  doch  zugleich  des  lasters  heimliche 

«nizückungcn  zu  naschen  sich  erdreistet?    Schiller  265'; 


der  mond  stand  wie  eine  unaussprechliche  entzückung  hober 
in    der   nacht    des    himmels,   aus  dessen  hintergrund  in  den 
vorgrund  gemahlt.    J.  P.  uns.  löge  3, 107.     s.  lenzentzückung. 
ENTZÜGELN,  effrenare,  nnl.  ontteugelen,  den  zügel  loslassen  : 

Sipvlus  ,  jenem  zunächst,  wie  des  köcbers  geklirr  ihm  daher- 

scholl, 
floh  in  emzügeltem  lauf  (frena  dabat). 

Voss  Ov.  n*  27, 84  (met.  6, 231) ; 

doch  wie  entzügelt  er  floh ,  dem  enilliehenden  folg:  unver- 
meidlich 
todesgeschosz.    ebenda  87 ; 
da  weisz  ich  dich,  und  meine  kühnsten  lieder 
entzügeln  sich  wie  ungestümer  ström.    Körskr  1,  2S4. 

ENTZÜNDB.\R,  qui  facile  ignem  concipil,  brennbar:  ent- 
zündbare luft;  in  dem  alter  war  ich  beweglicher  und  ent- 
zündbarer als  sie.    Gotter  3, 251. 

ENTZÜNDBARKEIT,  f.  die  entzündbarkeit  dieser  Stoffe 
macht  ihre  anhäufung  gefahrlich ;  die  entzündbarkeit  eines 
menschen  von  achtzehn  jähren. 

ENTZÜNDEN,  incendere.  goth.  intandjan  ist,  gleich  dem  lat. 
Worte,  mit  in  gebildet,  ags.  ontendan  mit  on,  also  accendere, 
das  ahd.  inzuntan  (Gbaff  5,  687)  läszt  zweifelhaft,  ob  mit  in 
oder  int,  ant,  das  mhd.  enzünden  offenbar  mit  ent.  die  form 
ist  durchgehends  schwach,  und  ein  starkes  pari,  entzünden 
tadelhaß,  das  weniger  entbrannt,  als  entbrunnen,  entglommen 
(oben  sp.  545)  ausdrücken  würde,  nirgend  aber  begegnet  ent- 
zinden,  entzand: 

voin  eitlen  gute,  von  silber  und  gold, 
nicht  von  des  ruhmes  ewigem  sold, 

sind  die  niedrigen  herzen  entzünden  (:  verschwunden,  erebunden). 

KÖRSKR  1,141. 

1)  eigentliches  entzünden :  der  holzstosz,  scbeiterhaufe  wird 

entzündet ;  der  blitz  hat  ein  haus  entzündet ; 

als  Abels  opfer  gott  entzünt, 

sein  bruder  Cain  im  das  vergünt  (miigönnte). 

SCHWARZENBERG   100,  1  ; 

allenthalben   freudenfewer   entzündet  wurden,    b.  d.  l.  242,2 
mhd.  vil  kerzen  was  enzündet.    Nib.  473, 1 ; 
nhd.    ihn  hiesz  feuer  entzünden  der  rufer  im  streit  Menelaos. 

Od.  15,  96 ; 
die  lampe  harrt  der  flamme  die  entzündet.    Göthe  3, 101; 
schweift  in  euren  waldesgründen 

von  leuchikäfern  eine  schar, 
ha,  wie  schreckt  euch  die  gefnhr. 

dasz  sie  euch  den  wald  entzünden.    Lkmau  r.  ged.  196. 

die  wunde  ist  entzündet,  geräth  in  brand. 

2)  sehr  ofl  vom  feuer  der  liebe: 

mtid.  da;  enzunte  euch  sine  sinne.    Trist.  22,6; 

und  kuste  in  hundert  tüsent  stunt 

in  einer  kleinen  stunde, 

unz  ime  ir  munt  enzunde  , 

sinne  und  kraft  zer  minne.    34,34; 

bi;  da;  sin  ouch  enzunde.  479,  37. 
nhd.  Maaler  107'.*  in  liebe  und  holdschaft  entzündt  sein  ;  wann 
lieh  übt  ir  kraft,  so  werdent  entzünt  die  unvernünftigen  vibe. 
VVyle  transl.  (Lucretia) ;  und  sie  füreten  sie  hin  in  Holofernes 
gezelt,  und  da  sie  für  in  kam,  ward  er  so  bald  entzündet 
gegen  ir.  Jud.  10, 18,  wo  die  nl.  version  setzt  aangesteken 
legen  haar;  da  wallet  dem  Holofernes  sein  herz,  denn  er 
ward  entzündet  mit  brunst  gegen  ir.  12, 17 ;  sihe  nicht  nach 
den  megden,  das  du  nicht  entzündet  werdest  gegen  sie  (statt 
inen).  Sir.  9,  5,  wo  nl.  ontsteken ;  und  da  sie  die  ehesten 
sahen  teglich  darein  im  den  garten)  gehen,  wurden  sie  gegen 
ir  entzünd  mit  böser  lust.  Susanna  8;  denn  er  ja  gerne  woll 
seine  Christen  aufwecken  und  entzünden,  das  sie  brenneten 
in  der  liebe  gegen  einander.  Lcther  6,46';  nit  lang  stunde, 
dem  rilter  Galmyen  ein  tanz  mit  der  herzogin  geben  ward, 
dardurch  ir  beider  herzen  grosze  freud  empliengen,  doch 
keins  gleichen  gegen  einander  theten,  dasz  sie  in  lieb  ent- 
zünt weren.  Galmy  127;  ward  entzündet  gegen  eine  seiner 
nachbauwren  frauwen,  der  er  ijiit  vil  bitten  seines  willen  zu 
pflegen  anläge.  Kirchhof  wendunm.  201';  dieser  mohr,  voller 
begicrde,  wurde  alsbald  gegen  dem  mädchen  entzündet,  pers. 
rosenth.  1,  42 ; 

nun  han  zwar  meine  äugelein  ' 

aufs  best  das  ihr  gethan,  .  . 
dadurch  ich  bin  entzündet 

in  lieb  und  licbesscbmerz.    gesellsch.  lieder  t.  4; 
ich  brinn  und  bin  entzünd  gen  dir.    41; 
an  solchem  meinen  schaden 
kein  lindriing  ich  empßnd, 
je  öfter  ich  thu  baden, 

je  mehr  ich  mich  entzünd     47, 


671 


ENTZÜNDEN 


ENTZÜNDEN  —  ENTZWEI 


672 


gegen  euch  bia  ich  enizünd, 

(iaü  macht  Veuus  und  ihr  liind.    62; 

und  dasz  von  dieser  dam  er  nicbies  hoffen  hOnt, 

iudem  das  sie  schon  wer  in  einen  held  enizüiii. 

Werders  Ar.  5,20; 
die  liebe  weisz  uns  zeitig  gnug  zu  linden, 
drum  eilt  sie  nicht  uns  zu  entzünden.     Host  schäfererz.  14; 
er  horcbi.   sie  seuTzet  laut,    der  ganze  bäum  ctnplindet, 
der  seufzer  hat  in  ihm  die  alte  glut  entzündet. 

J.  A.  SciiLKüKL  verm.  ged.  2, 194; 
das  gegenbild  von  einer  schönen  .  ., 
die  aus  dem  reich  der  ideen  herab 
gestiegen  nar,  sein  Junges  herz  zu  entzünden.    Wielano4,3; 

von  Uelinden 
lasz  ein  andrer  sicli  enizfinden! 
halt  ich  Cliioeii  nicht  gesehn, 

könnis  geschehn, 
dasx  auch  ich  mich  llesz  entzünden 

von  Uelinden.      Boik  in  Voss  musenalm.  177C  s.  64; 
des  schönen  busens  reiner  schnec  entzündet 
und  nähret  sanlt  der  liebe  stillen  brand. 

Griks  7"a«so  befr.  1er.  4,  31 ; 
verbergt  euch,  steine,  schaut  nicht  lieiniecltT,  ilir  die  ihr  so 
oft  den  misselhäler  saht  . . .  durch  diese  strasze  mit  saiten- 
spiel  und  gesang  .  . .  hinschwehen  und  sein  am  heimlichen 
giUer  lauschendes  niädchen  ratt  wonnevoiien  erwartungen  ent- 
zünden.   GüTUE  10, 120. 

3)  »ort  eifcr  und  zorn,  die  tcürtlich  fetter  sind :  und  der 
eivergeist  entzündet  in,  das  er  umb  sein  weih  eivert.  4  Mos. 
5, 14.  30 ;  die  herzogin  von  groszem  zorn  in  ihrem  angesicht 
entzündet,  zu  dem  pörtner  sprach.    Galmy  351; 

ich  brinn  und  bin  entziind  gen  dir, 

doch  nit  aus  liub,  magst  glauben  mir,  .  .  . 

brinn  drum  nit  mehr  aus  lieb  gen  dir, 

sonder  aus  zoren  fiir  und  für.    gesellsch.  lieder  4t ; 

o  zorn!  der  menschheit  sclimach.  was  wehret  deiner  Wut? 

schnellbrennend  ungeheur,  im  augenbllck  enizüiidet, 

und  oft  mit  blut  gelöscht,  vor  dem  vernuiii't  erblindet. 

LicuTWKR  ilas  recht  der  Vernunft  47; 
es  hatte  die  neigung  der  wöllin 
zu  dem  scbändUchen  fuchse  den  zoiii  des  woHes  entzündet. 

GöiiiE  40,  41. 
vgl.  zornentbrannt,  wuthentbrannt. 

4)  andere  fälle,  in  gutevi  oder  übeim  sinn :  von  gotles  geist 
entzündt  werden,  afflari  dicino  spiritu.  Maaier  107*;  mein 
herz  ist  entbrant  in  meinetii  leibe  und  wenn  ich  dran  ge- 
denke, werde  ich  entzündet,  ps.  39,4;  und  die  zunge  ist 
auch  ein  fewer  . . .  und  zündet  an  allen  unsern  wandel,  wenn 
sie  von  der  helle  entzündet  ist.  Jacobi  3,0;  denn  sie  ganz 
entzündet  waren  aus  der  ersten  predigt.    Luther  3,  33  ; 

oll  ward  von  ihr,  die  andachi  zu  uiiizundcn, 

ein  geistlicher  choral  auf  dem  cl.ivier  gesjiieli. 

Hagedorn  2,  105; 

mein  bitten  rührt  dich  nicht,  du  kannst  es  nicht  ergründen, 
was  in  dem  worte  ja  für  eine  wollust  steckt. 

was  ich  erraihen  soll,  kann  mich  nin'  halb  unizünden, 
mein  gluck  ist  erst  ein  glück,  wenn  dein  mund  mirs  entdeckt. 
Host  schäferged.  s.  5 ; 

du  sagest  selbst,  eins  werde  dir  gefallen, 

wenn  wir  vor  dir  mit  busze  niedcrlallcn, 

und  unser  herz  von  neuem  nicht  entzünden 

mit  allen  sundcn.     Klopstock  7,  1!I4; 
du  hast  nichts  von  allem  verloren,  was  ihn  entzündet.  J.  E. 
Sciii.ECEL  2,23;    sie    würden    zu    dem    wahren    und  schönen 
weit  lebhafter  entzündet  werden.    Göthe  49, 174 ; 

auf  schlimmem  weg  verfolgtet  ihr  dies  ziel, 

da  ihr  das  reich  entzünden,  durch  die  (lammen 

des  hürgerkricgs  zum  throne  steigen  wolltet.     Schiller  413"; 

kein  bürgcrkricg  entzündet  Scholllands  städte, 

zu  dem  der  iiritte  nicht  den  Zunder  trug,    ebendii; 

80  dasz  sich  die  entzündeten  töne  brünstig  umarmten.  Tieck 
»,  349 ;  kühle  den  frischen  Jüngling  in  der  lebensfrühc  als 
ein  stillender  morgenstern  ah,  eh  ihn  die  sonne  entzündet. 
J.  P.  Uesp.  vorr.  xxvii ;  da  das  schwellende  herz  doch  endlich 
den  dämm  der  Verstellung  überwültigt,  so  eilte  er  in  den 
Winter  hinaus,  deckte  die  entzündete  brüst  den  kühlenden 
flocken  auf.  3,  57 ;  seine  durclisiclitigen  blauen  äugen  waren 
von  einem  denkenden  geiste  entzündet.  3,154;  ja,  ich  will 
sterben,  damit  ich  reden  kann  !  rief  er  entzündet.    4, 119. 

6)  sich  entzünden:  ardescere.  MAALEnlü7';  du  soll  wissen, 
dasz  sich  Itcinhart  gegen  einer  Jungfrauen  in  liebe  dennaszcn 
eotzOndet  hat,  dasz  ich  besorg  u.t.w.  buch  der  liebe  Uh,  i ; 
\*l  er  zornmütig,  so  entzündet  er  sich  um  ein  geringes  und 
dreuet  mit  den  feusten.  Bütschky /'ü(m.  465;  man  denke  »ich 
den  Jungen  mann,  der  vor  etwa  zwei  Jahren  den  Werther 
schrieb,  einen  Jüngern  freund,  der  sich  schon  an  dem  nianu- 
tcript  jenes  wunderbaren  wcrks  eulzündel  hatte.  OOrut  4»,  110 ; 


es  mag  an  diesem  bild  sich  gern  mein  blick  entzünden. 

Lbnau  n.  ged.  42; 
die  pflanzen  glAnzen,  wasserwogen  lachen, 
die  muntern  thiere  regen  sich  in  sprungen, 
der  Vügel  singt,  wie  l.iub  sich  grün  entzündet.     Tieck  1,  7. 
vgl.  entglimmen  und  entglühen. 
ENTZÜNDEN,  n.  inceniio; 
da  fas7i  die  kunst  in  liebendem  entzünden 
der  masse  wüst,  die  ist  sogleich  entfallet.    Göthe  13,  262. 
ENTZÜNDEH,  m.  incensor,   inflammalor, 
ENTZÜNDEHIN,  f.  inflammalrix: 

du  bist  der  lieb  entzünderin.    WgoiiiKaLiN  762. 
ENTZÜNDLICH,  inflummatorius :  darauf  sogleich  verfallt  er 
in  ein  entzündliches  lieber  und  stirbt.    Göthe  45,  258. 

ENTZÜNDUNG,  f  l)  incensio:  die  entzündung  des  Stroh- 
daches; die  entzündung,  losbrennung  des  geschützes. 

2)  inflanmalio :  die  entzündung  des  liluts,  der  wunde; 
sein  herz  war  zwar  vom  Schicksal  über  einen  steinichlen  weg 
wund  geschleift,  aber  die  entzündungen  desselben  kühlte  Jetzt 
der  gedanke  des  todes  sanft  ab.    J.  P.  Uesp.  4, 43. 

3)  figürlich,  dann  gieng  Matthies  eilend  hinaus,  welches 
er  allemal  nach  witzigen  entzündungen  that.    2,  213. 

ENTZÜNDUNGSF1EBE[{,  n. 

ENTZÜNDÜNGSPLATZ,  m.  stelle  der  entzündung.  Kaut 
9,  45.  48. 

ENTZUPFEN,  vettere,  evetlere,  loszupfen,  bei  Maaier  107' 
enlzupfen,  die  zupf  aufthtln,  crines  resolvere,  verscliieden  von 
cntzopfen. 

ENTZWECK,  s.  endzweck.  mit  ent  geschrieben  i.  b.  bei 
Duscii  1,  85. 

E.NTZWEI,  in  duo,  in  duas  partes,  verderbt  (wie  entgegen 
aus  engegen)  aus  inzwei,  enzwei,  worin  der  heule  unyeßlilte 
pl.  n.  zwei  enlhatlen  ist,  wie  sp.  252  gesagt  wurde,  golh.  in  tva, 
«ä  Svo.  Matth.  27,  51.  Marc.  15,  38.  alid.  in  zuei,  doch  Matlh. 
27,  51  mit  angefügtem  subst.  in  zuei  teil,  vulg.  in  duas  partes, 
wonach  auch  ags.  on  tvegen  da-las,  anderwärts  begegnet  ein- 
faches on  tvä,  namentlich  Marc.  15,  38,  wo  auch  die  vulg.  in 
duo  hat;  engl,  in  two.  mlid-  häufig  enzwei,  weiterzahlend 
endriu,  envieriu,  enfunfiu,  enniuniu; 

wart  (gieng)  enzwei.  Ernst  1356; 
der  rucke  in  zwe  gebrochen.  Crane  2937. 
Luther,  in  beiden  bibet.^letten,  Maltli.  27,  51  der  vulg.,  nicht 
dem  original  folgend,  schreibt  in  zwei  stück,  doch  /,uc.  23, 45. 
1  Sam.  2,  31.  4,  is  «.  s.  w.  entzwei,  diese  misgestalt  blickt  frei- 
lieh auch  schon  vor  Htm  verschiedentlich  durch,  z.  b.  fastn.  sp. 
loul,  24  und  bei  Keisersberg  s.  d.  m.  b'  [wenn  sich  hier  auf 
den  druck  zu  verlassen);  wogegen  anderwärts  das  ursprüng- 
liche in  zwei  fortdauert,  s.  b.  bei  Wvi.e,  Dasypooius  18*,  Frisius 
157",  Maaler  534',  welche  ül>erhaupt  noch  genau  zwen,  zwo, 
zwei  ßcctieren.  Alberus,  De.nzler,  Spieler,  Frisch,  Adelung 
ergeben  sich  der  falschen  form. 

ihren  ersten  antasz  suchen  darf  man  in  der  mhd.  anlehnung 
der  praep.  an  das  zahlwort,  wodurch  aus  in  zwei  ein  unge- 
fühlteres  enzwei  wurde,  das  neben  verba  gestellt  nur  den  be- 
grif  der  Irennung  ausdrückte:  enzwei  spalten  lief  fast  auf  eins 
hinaus  mit  zespalten,  zerspalten,  gleichviel  ob  in  zwei  oder 
mehr  stücke,  und  man  empfand  altmälich  nicht  mehr,  dasz 
entzwei  dem  vom  subst.  begleiteten  in  zwei  stücke  oder  theilc 
völlig  gleich  stand,  darüber  kam  uns  auch  das  vermögen  ab- 
handen furtzuzahlen  endrei,  envier  orfer  in  drei,  in  vier,  ohne 
zutretendes  subst.  auszerdem  wurde  noch  in  andern  fällen 
mtsliräuchlich  ent  für  en  gesetzt  {sp.  559).  die  immer  mehr 
in  der  neueren  spräche  eiiireiszende  Verwendung  des  entzwei 
erschwert  uns  das  ungeheuer  entzwei,  worin  die  parlikel  ent 
nur  scheinbar  stecJil.  und  das.  die  ausspräche  härter  macht, 
fahren  zu  lassen,  vian  sollte  überall  wieder  enzwei  schreiben, 
sobald  einmal  die  pedantische  Infi  aus  unsrer  Schreibung  weicht, 
wild  es  gleich  vielem  andern  auch  geschehen,  auch  n»l,  hat  J\ 
sich  neben  dem  richtigen  unlwec  hin  und  wieder  ein  fälschet  9 
onttvvec  eingeschlichen.  *' 

die  folgenden  Zusammensetzungen  mit  entzwei  sind  ebenso 
sicher  keine  wahrhaßen,  eigentlichen  als  die  mit  dar,  daher, 
daliin,  empor  «rid  einer  menge  von  andern  parttkeln.  die  lus 
und  frei  stehenden  Wörter  der  alten  spräche  naren  srhOner. 
es  bringt  dennoch  gewinn,  was  sich  in  sotdien  Verbindungen 
geläufig  feststellt,  hier  tu  verzeichnen;  man  musz  die  com- 
poMta  mit  zer  hinzuhalten,  welche  edler  klingen,  wählend  in 
denen  mit  entzwei  volksma.'^zKje  lebcndfjkeil  baßeL 


673      ENTZWEIBEISZEN— ENTZWEIGEHEN 

ENTZWEIBEISZEN,  viordicus  divellere,  zerbeiszen ,  auf- 
beiszen:  die  nusz  war  zu  hart,  seine  zahne  konnten  sie  mit 
aller  anstrengung  nicht  entzweibeiszen. 

ENTZWEIBEKSTE.N,  disrumpi,  zerbersten:  da  nam  Daniel 
pech,  fettes  und  har  und  kochet  es  untereinander  und  macht 
küchlin  daraus  und  warfs  dem  drachen  ins  maul  und  der 
drache  barst  davon  mitten  entzwei.  Bei  26;  dieser  hat  sich 
erhenkt  und  ist  mitten  entzwei  geborsten,  aposlelg.  1,18;  ist 
der  hennen  der  kröpf  entzwei  geborsten.  Lokmans  fabeln  12; 
knallt  der  pulverthurm  in  die  luft,  als  war  die  erde  mitten 
entzwei  geborsten.    Schilleb  120*. 

ENTZWEIBRECHEN,  1)  diffringere,  zerbrechen :  fractas  ent- 
zweigebrochen. Albebüs;  sihe,  es  wird  die  zeit  komen,  das  ich 
wil  entzwei  brechen  deinen  arm.  l  Sam.  2,  31 ;  fiel  er  zurück 
vom  stuel  am  thor  und  brach  seinen  hals  entzwei.   4, 18 ; 

und  ach,  Terscbmähte  liebe 

brach  ihren  wanderstab 

getrost  entzwei,  und  grübe 

sich  vor  der  zeit  ihr  grab.    BCbger  8"; 

als  Albano  sich  sehnte,  kam  die  fürstin  herauf  {auf  die  slern- 
warle),  der  professor  brach  sich  vor  Verehrung  gegen  sie  fast 
entzwei  und  liesz  den  fixsonnen  keinen  astrologischen  ein- 
flusz  auf  sein  grades  stehen  zu.  J.  P.  Tit.  3,203.  2)  intr. 
diffringi:  in  dem  brach  sein  überfülltes  herz  entzwei.  Hesp. 
3,  87 ;  es  galt  für  ein  glückliches  zeichen,  dasz  das  in  die 
luft  geworfne  glas  niederfiel  ohne  entzweizubrechen. 

ENTZWEIBRLNGEN,  dissecare:  kein  heil  vermocnte  den 
alten  knorren  entzweizubringen ;  besonders  da  man  dieses 
gebisz  nach  erfordern  mit  der  zahnsäge  der  kritischen  feile 
entzweibringen  kann.    J.  P.  Tit.  1,  66. 

ENTZWEIDREHEX,  runipere  torquendo.    Stieler  329. 

ENTZWEIDRCCKEN,  elidere,  zerdrücken:  mit  rührung  zieh 
ich  von  Victors  entzweigedrücktem  unkenntlichen  angesiebt 
den  Schleier  weg,  der  seine  schmerzen  bedeckt.  J.  P.  Hesp. 
2,  241. 

ENTZWEIEN,  disjungere,  dissociare,  nicht  aus  entzwei  ge- 
bildet, sondern  aus  zweien  und  der  hier  also  organischen  Par- 
tikel ent.  da  nun  mhd.  zweien  doppelsinnig  ist,  sotcol  be- 
deutet trennen  (Walther  9,  24,  Trist.  3, 18.  243,  4)  als  paaren, 
in  paare  sondern,  einigen  (MS.  2, 183'),  würde  für  den  ersten 
fall  das  ent  iruhoativ,  ßr  den  andern  privativ  sein,  beidemal 
fast  derselbe  sinn  erwachsen.  Stieler  2658  legt  darum  mit  recht 
beiden,  dem  zweien  wie  entzweien,   disjunclive  bedeutung  bei. 

1)  transitiv:  ehleute  entzweien,  uneins  machen,  verhetzen; 
nichts  soll  uns  entzweien,  veruneinigen;  sie  sind  auf  immer 
entzweit ;  die  entlegenbeit  des  ortes  kann  unsere  unverrückte 
freundschaft  nicht  entzweien.    Butschky  kanzl.  "8; 

fraget  zurück,  was  euch  zuerst  entzweite.    Schiller  493* ; 
ibr  wart  noch  zarte  knaben,  aber  schon 
entzweite  euch  der  jammervolle  zwisi.    500*; 

die  zweite  erscheinung  ist  der  weltgang  nach  freigeistigen  ge- 
setzen,  aber  dieser  entzweiet  uns  noch  mehr  mit  unsern  hof- 
nungen.    J.  P.  dämmerungen  s.  7. 

2)  reflexiv :  zwei  der  besten  freunde  haben  sich  entzweit ; 
er  entzweite  sich  leicht  mit  allen ; 

es  ahmt  Pipin  ihm  nach,  der  freuuden  sich  nur  leibet, 
sieb  ohne  grund  vereint,  und  ohne  grund  entzweiet. 

HiCicDOR.li  1,  42; 
mein  mädcben  und  mein  wein, 
die  wollen  sich  entzwein.    3,37; 
und  kurz,  wir  sind  ein  paar  bekannte  tauber, 
die  selten  sich  um  ihre  weiber, 
geschweig  um  einen  gerstenpick  entzwein. 

Kt.  ScuMior  poel.  triefe  53; 
leise  löst  sich  das  band .  es  entzweien  sich  zart  die  naiuren, 
und  von  der  holden  schäm  trennet  sich  feurig  die  kraft. 
ScHatKR85'j 
belaubt,  verworren,  mit  mir  selbst  entzweit 
und  mit  der  weit,  verehrte  heiige  Jungfrau, 
siebst  du  mich  hier.    Göthe  9,366; 

soll  ich  mich  mit  meinem  manne  entzweien  ?  Gotter  3,  57 ; 
wobei  sich  das  inleresse  der  mitarbeitenden  leichter  entzweien 
könnte.    GOtiie  45,  99. 

ENTZWEIER,  m.  allercator,  uneinigkeitstißer. 

ENTZWEIFALLEN,  fallend  zerbrechen:  der  maurcr  stürzte 
vom  gerüst  und  fiel  sich  den  arm  entzwei. 

ENTZWEIFEILEN,  lima  proterere,  xerfeilen:  dem  gefangnen 
ijelang  endlich  seine  kette  entzweizufeilen. 

ENTZWEIGEHE.N,  abrumpi,  rumpi.    Stieleb  630. 
mhd.  hie  gät  diu  rede  enzwei.    Waltb.  101,6. 
III. 


ENTZWEIGEN  —  ENTZWEISEIN 


674 


nhd.  der  faden,  der  strick  gieng  entzwei;  dann  gieng  allezeit 
das  geschwollene  herz  und  der  geschwollene  augapfel  entzwei. 
J.  P.  Ucsp.  2. 166 ;    die  kleider,  schuhe  gehen  entzwei,     auch 
activ:  ich  habe  die  schuhe  entzweigegangen,  zerrissen. 
ENTZW'EIGEN,  spoliare  ramis : 

die  Stämme,  die  die  fürsten  geben, 

0  Dänemark,  dein  wol  zu  heben, 

sind  nicht  gewohnt  entzweigt  zu  stebn.    J.  E.  Scblkgbl  5, 148. 

ENTZWEIHÄMMERN,  malleo  dirumpere. 

E.NTZWEIHAL'EN,  dissecare,  zerhauen:  Alexander  hieb  den 
knoten  entzwei,  franz.  tailler  en  pitces,  ~u  stücken  hauen, 
aus  einem  zwei  stücke  machen,  das  ei  auf  die  schwelle  legen 
und  mit  einem  messer  entzwei  hauen  {oben  .«p.  77) ;  sie  hieben 
ihm  die  sehnadern  am  hintersten  schenke!  entzwei,  pers. 
rosenth.  7,  20. 

ENTZWEJKLOPFENj  contundere,  zerklopfen :  steine  entzwei- 
klopfen. 

ENTZWEILACHEN,  ridendo  rumpere:  ich  hätte  mich  mögen 
entzweilacben.  Salzmass  krebsbüchlein  17S8.  8,  wie  es  keiszt, 
sich  kurz  und  klein  lachen,  sich  zu  stücken  lachen,  sich 
krumm  und  bucklich  lachen,  sich  einen  buckel  anlachen, 
sich  scheckig,  ascherfarbig,  putzig  lachen  und  infransitiv:  vor 
lachen  bersten,  platzen,  vergehen,  sterben  u.  a.  m.  (mythol.  470). 

ENTZWEILAUFEN,  currendo,  eundo  discindere. 

ENTZWEIMACHEN,  dissolvere,  zeibrechen:  du  machst  alles 
entzwei. 

ENTZWEI  PLATZEN,  disrumpi:  platzt  entzwei  wie  eine  Sei- 
fenblase ; 

klumpen  wird  zum  ei, 
das  bläht  sich  auf  und  platzt  entzwei.    Göthb  41,  41. 

ENTZWTIPRELLEN,  crepare,  dissilire.    Stieler  1472. 

ENTZWEIPRESSE.N,  was  entzweidrücken :  o  es  ist  schöner 
pegen  dich,  allgütiger,  mit  dem  entzweigepreszten  herzen  hin- 
zurinnen.   J.  P.  Hesp.  4,  81. 

ENTZWEIREIBEN. 

ENTZWEIREISZEN,  dirumpere,  zerreiszen:  den  faden  ent- 
zweireiszen.     intr.  die  geduld  risz  mir  entzwei ; 

die  wage  reiszt  entzwei,  wenn  man  kein  recht  siebt  an. 

Grtpuics  1,  38; 
ach  des  lebens  schönste  feier 
endigt  auch  den  lebensmai, 
mit  dem  gürtel,  mit  dem  schleicr 
reiszt  der'scböne  wabn  entzwei.    Schiller  78*. 

ENTZWEISCHLAGEN,  frangere,  zerschlagen,  zu  stücken 
schlagen:  einen  topf  entzweischlagen;  der  hagel  hat  diese 
blute  entzweigeschlagen ;  schlaget  mit  einer  axt  alle  gölzen 
entzwei,    pers.  rosenth.  7, 20 ; 

wer  im  gesang  schwach  ist,  schlage  die  leier  entzwei 

Platkk. 

ENTZWEISCHLITZEN,  scindere,  diffindere :  meine  krank- 
heit,  deren  unsichtbare  tatze  meine  nerven  ergreift,  erdrückt, 
ausdehnt,  entzweischlitzt.    J.  P.  uns.  löge  3,  47. 

ENTZWEISCHMEISZEN,  contundere,  zerschlagen:,  sieh  nur 
die  gläser!  ich  sollt  dir  sie  am  köpf  entzweischmeiszen. 
Göthe  . . . 

ENTZWEISCHMITZEN,  di/fringere.    Stieler  1876. 

ENTZWEISCHNEIDEN,  dissecare,  zerschneiden:  ward  ge- 
einte liebe  in  zwei  geschnitten.    Wvle  transl.  (Lucretia). 

ENTZWEISCHREIEN,  clamando  dirumpere:  und  ich  schreie 
mir  oft  an  zweiten  feiertagen  die  lunge  entzwei.    J.  P. 

ENTZWEISEIN,  frangi,  rumpi,  entzweigehen,  gegangen  sein : 

m/id.  beiä  nu  bei, 

nu  ist  dem  videh-ere  sin  videlboge  enzwei'    MS.  2,63*; 

diu  mir  da^  herze  hat  verwunt 

vaste  unz  uf  der  minne  grünt, 

der  ist  enzwei.    heiä  nu  hei, 

des  fidelsres  seite  der  ist  enzwei!    61*; 

seht  umb  den  trunken  bö^cn. 

sin  wisheit  ist  enzwei.    2.  238*. 
nhd.    nun  sweigt  und  laszt  ewer  gescbrei! 

der  krieg  ist  nun  entzwei,    fastn.  1001,  23; 

Madrutz  schreibt  mir,  und  ist  im  hindern  entzwei.  Schertlins 
briefe  s.  70,  ist  das  eigentlich  oder  bildlich  zu  verstehen? 
ha^t  angst?     vgl.  1,565; 

was  soll  man  ferner  ihun  ?  sie  ist  nunmehr  vorbei, 
das  liebe  schöne  kind.    die  äugen  sind  entzwei  (gebrochen). 

Fleäihc  13t; 

das  band  der  natur  ist  entzwei,  die  alte  Zwietracht  ist  los, 
der  söhn  hat  seinen  vatcr  ersrjilagcn.    Scuiller  136*; 

43 


675        ENTZWEISITZEN  —  ENTZWISCHEN 

mord  ist  jetzt  die  losiinp. 
der  Dienschheit  bnndo  sind  eiiizwci.    du  suib.st 
hast  sie  zerrissen,  sire,  in  deinen  reichen.    301*; 
der  Strang  ist  mir  entzwei,     macli  mir  ihn,  Tater.    532'; 
das  fasz  ist  entzwei,  der  wein  läuft  aus. 

ENTZWEISITZEN,  sedendo  disscindcre:  ein  paar  hoscn  auf 
,  der  bank  entzweisifzen.    Weise  lust.  redner  31. 
ENTZWEISPALTEN,  findere,  vgl. 
mhd.  sin  houbei  im  endriu  spielt, 

enninuiu  sich  sin  zuoge  viell.    Itcmh.  2243. 

nhd.  in  zwei  gespalten,  bisulcus.  Maaler  534";  in  zwei  ge- 
spalten, biftdus.  I)asvp.  IS*;  darnach  begab  es  sich,  da  An- 
thonius  sein  lant  verlor,  das  dasselbig  berlin  funden  ward 
und  entzwei  gespalten  und  für  ein  wunder  in  den  tenipcl 
der  Veneris  uf  gehengt,  das  es  iederman  sehen  soll.  Kkisers- 
BERG  s.  d.  m.  6* ; 

halt  AnguIalTers  rinp  nicht  fibcr  ihm  gewaltet, 

ihn  hatt  auf  einen  zug  der  low  entzweigespaltet.    Wiklaxd. 

ENTZWEISPLEISZEN,  difjfindere.    Stieler  2093. 

ENTZWEISPRENGEN,  findere,  zersprengen. 

ENTZWEISPRINGEN,  findi,  zerspringen:  die  glasschcibe 
sprang  von  der  bitze  entzwei. 

ENTZWEISTECHEN,  cotißgere,  zerstechen: 
mhd.  Gawi^n  in  flüglingen  stach 

unde  enzwei  im  nindern  satelbogen.    Pari.  385, 11. 

nhd.  des  ritters  lanze  hatte  den  drachen  mitten  entzweige- 
stochen. 

ENTZWEITHEILEN,  btpertirt,  in  zwei  teilen.  Maaler534'; 
mhd.  sich  selben  teilet  er  enzwei 

geliche  und  ebene  als  ein  ei.    Trist.  144,13. 

nhd.  nun  gibt  es  eine  höhere  besonnenheit,  die  welche  die 
innere  weit  selber  entzweiet  und  entzweithcilt  in  ein  ich  und 
in  dessen  reich.  J.  P.  acsth.  1,  69 ;  und  sie  bauchte  ihn  wieder 
entzweigetheilt  als  heiligen  vveihrauch  empor,    uns.  löge  3,  89. 

ENTZWEITRETEN,  conculcare,  conlerere,  zertreten:  einen 
wurm,  einen  frosch  enlzweifretcn ;  der  tod  trat  zuweilen  ein 
haupt  und  den  träum  darin  entzwei.   J.  P. 

ENTZWEIUNG,  f.  discordia,  Zwietracht,  uneinigkeil.  Stiei.er 
2659. 

ENTZWEIZERREISZEN,  discerpere,  disscindere,  in  dieser 
und  den  folgenden  Zusammensetzungen  wallet  pleonasmus,  da 
schon  im  einfachen  verbum  die  Vorstellung  des  sondervs  ent- 
halten und  nochmals  durch  doppelte  parlikeln  ausgedrückt  ist: 
und  die  sonne  verlor  iren  schein,  und  der  Vorhang  des  tem- 
pels  zureisz  mitten  entzwei,  yal  ia^ioO'ri  ro  xnrnTtitaafia 
rov  vaov  fiiaov,  et  velum  templi  scissum  est  medium.  Luc. 
23,  45. 

ENTZWEIZERSCHNEIDEN:  in  zwei  zerschnitten,  bifidus. 
Pasypodios  18*. 

ENTZWEIZERSPALTEN:  in  zwei  zerspalten,  tn  bina  findere. 
Maai.er  534*. 

ENT2JWERCH,  f'n  obliquum:  ist  in  der  gefahr  so  groszer 
schnelle,  dasz  er  auch  die  kleinen  schif  entzwerch  überscheuszt. 
FoRER  fischb.  30*.     *.  entwerch. 

ENTZWINGEN,  exlorquere,  abnöthigen: 

0  Hagedorn,  der  sanTien  klang 

zuerst  dem  rohen  spiel  cnlzwang.    Voss  6,203; 

die  nntreliärden  cnizwingt  mir 

der  schcrer,  der  mich  zerzau^'t.    Gütuf.  5,59. 

ENTZWISCHEN  für  cnzwiscben,  inzwischen,  mit  derselben 
teruilderung,  die  in  entgegen,  rntzwei.  entwicht  obwaltet,  ahd. 
in  zuisk^m  (Graff  5,  728),  mhd.  cnzwiscben  (pass.  K.  442,  10 
ontwiscbcn)^  nnl.  intusschen.  auch  ist  die  spätere  und  heu- 
tige nhd.  spräche  wieder  zu  inzwischen  zurückgekehrt  oder  hat 
das  enl,  in  völlig  getilgt,     nntzwisciicn  galt 

1)  im  sinne  von  dazwischen,  darzwiscben  2,  870.  S77,  mhd. 
Aä  cnzwiscben.  Parz.  230,2  und  cnzwiscben.  tr.  kr.  3|s9; 
nhd.  die  weite,  so  entzwiscben  gelassen,  ausgefüllt.  Tacius 
bei  l'ronsp.  3,  n;' ;  man  liringet  collation  und  wein,  die  Vere- 
rundia  und  Phillis,  die  kammerfraw  trngens  rumb,  alsdann 
trinken  sie  auch  entzwiscben.  AYnER422*;  es  hatte  zwar  einen 
»cbcin  und  geschähe,  dasz  je  derweilen  ein  weniges  angefangen 
w^rd  Ton  gott,  Tom  glauben,  von  tugend,  von  andern  hei- 
ligen dingen,  aber  das  haftete  nicht  lang,  es  kam  alirinal 
einer,  der  einen  zotlcn  entzwiscben  einwarfc  und  uns  zu 
lachen  inarhctc.  Piiii amuf.r  I,  431  (432);  l!.itr.iwitz,  der  »ulihes 
hörte,  kam  rntzwiscbcn,  imd  s(iia(b.  2, 720 ;  wiewol  eine 
grosze  wiilentürtigkeit  entzwiscben  stehet.  IIornAr^NswAi  mau 
ilerb.  Sncr.  i.3i;  damit  ich  aber  cntzMis.licn  nit  feirete,  sähe 


NTWEG  — ENWICIIT 


676 


ich  mir  einen  haum  aus.  DirkknOL24;  Erilile  winket,  mur- 
melt, entzwiscben  wird  der  tburn  wider  sichtbar,  j^/an/cni.'s  137. 
2)  von  interca,  das  bei  Dasvpodiüs  gleichfalls  darzwüschen, 
bei  Frisius  darzwüschend  lautet:  entzwiscben  war  herzog 
Friedrich  von  Holstein  im  anzuge.    Micräliüs  5, 179 ; 

entzwiscben  sich  auf  ebnem  feld 
der  Jüngling  Turnus  oft  gemoldt 
mit  wenig  knechten  sehen  liesz.    Sprrng  Aen.  448*; 
enizwischen  füllen  sich  das  meer,  die  luft,  der  himmel 
mit  grausamer  geschwulst.    Wbckubrli."«  248; 
enizwischen  lasz  nach  deiner  weis 
dir,  Ponica,  den  schlechten  (leisz, 
den  mei;i  herz  reich  macht,  nicht  misfallen.    500; 
entzwiscben  verlanget  mich  nach  seinen  neuen  bricfen.  BcTScnRT 
kanzl.  47;  die  wir  entzwiscben  uns  allerseits  in  der  herzge- 
treuen obbut  gottes  überiassen.  599,  aber  inzwischen  s.  48. 50. 
ENWEG,  hinc,  apage,  fort,  mnl.  eweg,  ni//(/.  enwöc: 
hebt  iuch  enwöc!    Parz.  132,  12,  auf  den  weg, 
heute  weg  (wie  neben  ßr  eneben)  oder  hinweg,     unterm  volke 
noch  enweg,  vgl.  it.  via  und  fr.  envoyer,  hinwegsenden. 

ENWICHT,  ältere  gestalt  des  sp.  057  aufgeführten  entwicht, 
dessen  eingeschobnes  t  wie  in  entgegen,  entzwei,  entzwiscben 
zu  beurtheilen  ist.  doch  die  älteste,  reinste  erscheint  uns  erst 
im  mhd.  unverbundnen  ein  wiht,  aus  der  anlchnung  einwiht 
ergab  sich  frühe  schon  verdünntes  enwiht,  wie  der  diphthong 
von  einzel,  cilf  zu  enzel,  elf  wurde  und  wir  für  ein  wenig 
enwenig  aussprechen,  übersetzen  läszt  sich  das  'ist  ein  viiM 
durch:  ist  unnütz,  vergeblich,  unwerth,  nichtig,  verdorben: 

der  pfafTen  disputieren  ist  mir  gar  ein  wiht.    Walth.  27, 14.; 

so  ist  va;  und  träne  ein  wiht.    106,  22; 

daj  ist  alle;  ein  wiht.    Alexander  3995; 

diu  spa!lc  riuwe  ist  gar  ein  wiht.     Winsbekin  20,  8; 

ir  niüejen  iemer  sin  ein  wiht.    Lanz.  1633; 

diu  äventiure  ist  ein  wiht 

die  min  veter  ü;  bot.    2218; 

min  eines  loben  deist  ein  wiht, 

volgens  ander  liute  niht.    Frkid.  61, 1; 

nl  sin  suoche  was  ein  wiht.    Trift.  3768  H. ;  • 

din  smcichen  da;  ist  ein  wiht.    81S5; 

so  ist  gar  ein  wiht  min  vröude.    MSH.  3,  225" ; 

diu  rede  wurde  mir  ein  wiht.    Frib.  Trist.  6217; 

die  der  keiser  ruofct  an, 

die  sint  ein  wiht.    Pantateon  234 ; 

darzu  sint  din  wib  ein  wiht.    Dalimil  24,  21, 
also    noch   in    einem   späten,    rohen  gedieht,     allmälieh  greift 
das   schon   früh  vorkommende  angelehnte  enwiht  unt  sich,    in 
beiden  Tristanstcllen  gibt  es  Maszm.  96, 10.  206,  27 ; 

unser  leger  si  hier  enwiht.    Wh.  458,2  {np.  ein  wiht); 

hcidiu  der  val  und  der  stanc 

heien  in  getan  vil  nach  enwiht.    Lanz.  2023; 

des  wart  im  sin  tcnker  vuo;  enwiht.    MSU.  3,225'; 

da;  dunkel  die  bocsen  gar  enwiht.    Wigal.  7,35; 
nu  lä 

die  rede,  wan  diu  ist  enwiht.    52,  36 ; 

unser  fröude  w.rro  enwiht 

und  biete  wir  der  wibe  niht.    57,38; 

ir  riierschafi  dillit  in  enwiht.    119,  13; 

woch,  fi;  dilhie  dich  io  enwiht 

swa;  ich  guoies  ie  geieto.    139,37; 

wo;  touc  diu  rede?    si  ist  enwiht.    151,8; 

der  lieiden  sprach  '6;  ist  enwiht'.     Wigam.  3290; 

seit  mir  der  leib  von  aldcr  ist  enbicht.    Wolkrnst.  s.  261 ; 

mit  red  macht  fir  enwicht 

die  wal  und  die  weler.    Uttocar  123*; 

sei  biet  knin  purch,  so  wolts  auch  nicht 

das  henibd  mit  wuschen  tuon  enwicht  (verderlicn).    rin«;  35*,  3, 

welche  beiden  letzten  Verbindungen  mit  machen  und  tuon  schon 
von  dem  alleren  brauch  weichen,  in  allen  angezogenen  stellen 
stehen  aber  ein  wiht  und  enwiht  immer  nur  praedieativ,  nie- 
mals, gleich  dem  späteren  entwicht  adjectiviseh  ;  dennoch  findet 
sich   Wigam.  627: 

Ar  «nch  all«  ge«rhiht 
l(*beniige;  und  enwiht, 

die  Ichendigen  und  die  todten. 

Offenbar  ist  nun  ein  der  artikel,  wicht  das  bekannte  subst., 
dessen  sinn  aus  der  bedentung  von  ding  übergeht  in  die  von 
Unding,  wie  denn  auch  daneben  als  gleirhbedeiiliqe  phrasr 
'cm  niht'  vorkommt,  was  sieh  gerade  to  iii   •cimihl'  vcreugle: 

dn;  im  alle;  ein  niht.    MS.  1, 150*; 

lim  irftgcTHMide  l't  ein  niht.    /w.  4413; 


677 


ENZ— EPFICn 


EPHEÜ— EPHEUBAUM 


678 


da;  was  gein  dirre  not  ein  niht.  Pars.  5S3, 11; 
so  isig  wider  der  ersten  kraft  enniht.  Frkid.  9,  2. 
da  in  jedem  niht  ursprünglich  wiht  steckt,  was  doch  längst 
niclil  mehr  gefühll  wurde,  konnte  wol  gescheher),  dasz  man 
das  gekürzte  ein  vor  enwicht  für  die  negation  nahm,  wie  auch 
gramm.  3,  b5  geschah  (vgl.  3,  737),  in  enniht  schiene  sie  dann 
doppelt  ausgedrückt;  wer  hätte  in  diesem  en  den  arlikel  ein 
wiedererkannt  ?  es  bedarf  keiner  entschuldigung,  dasz  einem  zwar 
heute  verschollenen,  ehmals  aber  in  unsre  spräche  eingreifenden 
warte  zweimal,  unter  entwicht  «ni  enwicht,  nachgeforscht  wurde. 
s.  wicht,  ahd.  niwiht,  entwichten,  entnihten. 

ENZ  hebt  in  bairischer  mundart  vor  andern  Wörtern  das 
ungeheure  heraus:  enzmann,  enzkerl.  man  darf  an  ent,  enz 
riese  {mylh.  491)  denken  und  an  enterisch,  entisch,  s.  her- 
nach enzio  und  Schjceller  1,  SS. 

ENZEL,  ENZELN  für  einzel,  einzeln  sp.  349.  351,  wie  en- 
wicht ßr  einwicht,  elf  für  eilf  erscheint  schon  früher  im  pass. 
K.  357, 91,  bei  Jeroschin  und  anderwärts.  Luther,  in  der 
bibel,  befolgt  die  hd.  form,  doch  entschlüpfen  ihm  sonst  auch 
hin  und  wieder  die  Verengungen:  aber  nichts  desto  weniger 
springen  zu  zeiten  etliche  von  dem  häufen  enzelea  (es  stcLl 
geschrieben  entzelen)  abe.  3,  312' ;  der  häufe  bekeret  sich  nicht, 
enzele  und  wenig,  welche  gott  erwelet.  3,312';  solches  alles 
ist  ja  nichts  den  menschenandacht  gewest,  enzeler  persooen, 
die  kein  artikel  des  glaubens  stiften.  6,513";  wenn  die  Teut- 
schen  ein  enzeln  wort  haben,  so  haben  sie  bei  zwenzig  com- 
posita.  lischr.  412*.  desgletchen  späterhin :  und  wann  alle 
steine,  so  in  der  weit  sein,  mir  enzeln  auf  meinen  köpf 
fielen,  könte  ich  davon  solche  schmerzen  nicht  empfinden. 
herzog  Heinrich  Jclics  s.  194. 

ENZEN,  eine  geruch  oder  gcschmack  anzeigende  verbalen- 
dung,  s.  bockenzen,  fischenzen,  fleischenzen,  judenzen,  kin- 
derenzen,  knoblochenzen,  kupferenzen,  mönchenzen,  pabst- 
cnzen,  rauchenzen,  wildenzen.  auch  faulenzen  darf  so  ge- 
nommen werden. 

ENZIAN,  m.  gentiana,  it.  genziana,  nnl.  gentiaan,  deutsche 
benennungen  sind  bitterwurz,  madelger,  sperenstich  «.  s.  w. 
und  irimb  das  goits  wort  von  im  an, 
als  wenn  ich  kuwet  encian  {d.  h.  ungern). 

MüR.NBR  schclmcnz.  6*  (Scheible  s.  829} ; 
er  felscht  nieswurz  und  enzian, 
gibt  pelerlein  vor  ragwurz  hin.    fl.  Sachs  II.  4,4'; 
heiaho,  gut  Heinrich,  encian,  specian,   agcrinund  und  ruben- 
kraut.  Garg.  88';  hantig  {bitler)  wie  enzian.    Schm.  1,88. 

ENZIAN,  ENZIANER,  wi.  brantweiu  aus  enzian  wurzeln,  ein 
bittrer. 

ENZIANMEISZEL,  m.  mit  enzian  getränkte  charpie:  ist  der 
eisz  oder  knörrlin  bei  dem  augwinkel  nit  ufgcbrochen,  so 
thun  in  uf  mit  eim  flietlin  und  behalt  es  offen  mit  eim  enzian- 
meiszel.    Gersdorf  70. 

ENZIO,  verstärktes  enz,  wie  diebio,  mordio,  feurio,  auch 
enzion,  was  nur  zufällig  an  enzian  klingt.  Leoprechting 
führt  aus  dem  Lechrain  s.  85. 138  enzionkrotte,  enzionpack  an. 

ENZLICH,  singulus,  für  einzeliich  sp.  351 :  diese  sonder- 
liche, enzliche  gäbe.    Lctuers  tischr.  310*. 

EPELERN,  »».  acer  campestre,  feldahorn,  masholder. 

EPF,  m.  n.  apium,  heute  eppich,  nnl.  eppe,  it.  appio,  sp. 
apio,  fr.  ache,  bühm.  apich,  poln.  opich.  ahd.  wilder  eppi, 
Oleaster.  Graff  1, 160.  .Mece.nberg  3S2  handelt  'von  dem  epF 
und  beginnt:  apium  haijt  epf,  z.  17  hinzufügend  und  ist  manger 
lai.  382,22  setzt  er  auch  epfich  und  413,33  epfeich.  Bück 
im  krduterbuch  366.  369  unterscheide!  gartenepf,  d.  i.  peterlein, 
petersilie;  bawrepf,  apium  rusticum ;  bachepf,  apium  palustre, 
•mit  den  bleichgälen  blümlein',  bei  Nemmch  stehen  apium 
dulce,  graveolens  und  pelroselinum  aufgeführt,  ich  weisz  nicht, 
welches  von  diesen  kräutern  die  Jim  den  namen  gebenden 
bienen  suchen. 

EPFAD,  siehe  ehefade  sp.  41. 

EPFEL,  OPFEL,  malum,  begegnet  in  oberdeutschen  nnind- 
arten  zuweilen  als  sg.,  der  sich  einem  altn.  epii  vergliche. 
Mece!<berg  329,  26  redet  'von  dem  holzöpfel'  und  Keiser-sbehg 
s.  d.  m.  16'  sagt :  Adam  und  Eva,  die  von  dem  öpfel  geschleckt 
haben.  FROMMAitus  zcitschr.  5,  461.  6,  169.  Sciimeller  1,  89 
nennt  den  oberpfälzischen  sg.  epfl,  neben  dem  pl.  apfl  widersinnig. 

EPFICH,  m.  apium,  Graff  1, 160.  mhd.  wb.  1, 434',  $.  die 
aus  Mege^berc  unter  rpf  angezognen  stellen:  minz  unde 
•■pphich.  Diut.  3,  48 ;  ein  gurgelwasser  und  recept  Ton  dreien 
gemeinen  wurzel(n)  epfich,  fenchel  und  wegwart  für  ein  gül- 
den.   Garg.  189".     s.  eppich  und  das  folgende. 


EPHEÜ,  fj.  m.  hedera,  xtaaös,  ein  vielgestaltiges,  schwie- 
riges wort.  ahd.  ebah,  ags.  ifig,  engl,  ivy,  woran  sich  schein- 
bar das  eben  verhandelte  epfich  schlösse,  bald  aber  entsprang 
aus  ebah  die  form  ebowe,  ebouwe,  ebhouwe,  ebihewe,  ephou 
(Graff  1,  91),  nhd.  epheu,  früher  ebben  (elsäsz.  epphau,  eppheu), 
bei  Dasvpodics  93'  ebhew,  bei  Faisics  625  und  Maaler  95* 
ebhüuw,  Schweiz,  äbheu,  Denzler  325  ebheu,  Hesiscu  900  ephaw, 
ephew;  erst  später  epheu,  efeu  ausgesprochen,  in  welchem  ebheu 
man  anfangs  irgend  eine,  wenig  passende  Zusammensetzung  mit 
houwi,  hewe,  heu,  gras  gefunden  oder  zu  belebung  des  dun- 
keln ausdrucks  gesucht  haben  musz.  epheu  klingt  wie  crdhcu, 
hartheu,  schaftheu  und  sein  diphthongischer  auslaut  wäre  sonst 
unbegreiflich ;  das  eb,  ep  vor  dem  heu  läszt  sich  kaum  deuten, 
aber  efeu  wird  völlig  nichtssagend  und  aus  dem  neutrum  männlich, 
dem  lat.  hedera,  bei  Festüs  edera,  it.  edera,  ellera,  sp. 
hiedra,  yedra  gleicht  das  welsche  eiddionvg,  eiddew,  t>.  gal. 
eidheann,  eithcann.  da  nun  beide,  hedera  und  taxns,  Win- 
tergrün, immergrün  bleiben,  schiene  ir.  iuthar,  iubhar,  iughar, 
ags.  iv,  engl,  yew,  alid.  iwa,  nhd.  eibe  (oben  sp.  77)  unmittel- 
bar verwandt  und  man  begriffe,  wie  in  glossen  bei  Diefenbach 
194*  epheu  und  eibe  =  ags.  ifig  und  iv  sich  vermischen, 
danach  mästen  ahd.  ebah  und  iba,  iwa  einer  wurzel  sein; 
gundrebe,  gundram,  hederich,  hedera  lerrestris  werden  wiederum 
ebich  genannt,  so  dasz  auch  eppich,  epfich  ebendaher,  nicht 
aus  lat.  apium  entsprösse?  ilaub,  nd.  iloof /«r  epheu  sf/ieint 
gekürzt  aus  iwelaub,  eibelaub.  Megexberg  321,  23  nennt  die 
edera  epaum  (für  ebpaum?)  oder  ertpaum,  meint  aber,  dasz 
er  billicher  'slingpaum'  heisze,  'wan  er  slinget  sich  über  al 
auf  die  maur  oder  auf  die  want,  darzuo  er  sich  gesellet  und 
vlichtet  sich  darein  mit  gar  vil  wurzeln',  an  die  sanskrit- 
wurztl  i  (ire)  hat  Graff  l,  91  bei  dem  aufkleltemden  ebah 
gedacht,  wie  man  xiaaös  zu  nico  stellt,  und  eine  nd.'nnl.  be- 
iiennung  klimop  lautet,  eine  oben  sp.  18  gewagte  Verbindung 
mit  dem  adj.  ebich,  goth.  ibuks  bleibt  gleich  unsicher. 

hier  folgen  noch  einige  ältere  belegstellen :   weltlich  wisheit 
inverwieklet  sich  mit  zeitlichen  dingen,  als  ein  spinn  in  einer 
spinnenwepp  oder  ein  hun  in  ebhow.  Keisersbergpoj/.  3,  60'; 
wir  gewinnent  wiber  gnug  uf  erden, 
lugt  nun,  das  wir  der  ledig  werden, 
es  henkt  sich  wie  cbheuwan  mur. 
wurd  si  dir  zu  haben  sur, 
darnach  kumpt  es  dich  surcr  an, 
wie  du  si  möchtest  wider  lan. 

McRNERs  gäuchmalt,  ed.  Scheible  s.  1087; 
in   dem   monat  sint   zum   besten   ebhäu,    cipressen,   lorbör. 
Sebiz  50 ;  zwo  bände,  so  noch  umb  den  sattelknopf  als  ebhew 
hart  umbgewachsen  und  eingeschlossen  waren.  Philaxd.  2, 36. 
ich  weisz  nicht,    wer  die  den  laut  f  herbeiführende  Schreibung 
epheu   zuerst   brauchte,    sie   begegnet  noch  nicht  bei  Flemixg, 
der  überall  eppich  setzt,  wol  aber  bei  Bltschkv  Palm.  298,  der 
doch  gewis  schon  Vorgänger  hatte.  Stieler  läszt  das  wort  über- 
haupt ausfallen.  Frisch  1,  228'  gibt  und  neuere  dichter  lieben  es 
desto  mehr:  epheu  wirft  seinen  mantel  um  den  thurm; 
epheu  krönt  poeten.    Gcmuer  920; 
zu  Reutlingen  am  zwingen,  da  ist  ein  altes  thor, 
längst  wob  mit  dichten  ranken  der  epbeu  sich  davor. 
Uhlaxd  ged.  420; 
als  noch  kein  epheu  sich 
an  das  verkrümelte  gesiein  geklebt.    Plate.'«  171'; 
da  stebn  sie  nun  in  grünen  uniformen, 
aufs  munterste  mit  epheu  decoriert.    Göiac  11,239; 
epheu  hat  deine  schlanke 
götterbildung  umkleidet, 
wie  du  emporstrebst 
aus  dem  schütte, 
sculcnpaar!    2,  179; 
wenig  äpfel  trägt  er  mir  nur,  der  sonst  so  beladne;* 

sieh,  der  epheu  ist  schuld,  der  ihn  gew.Wiig  umgibt, 
und  ich  faszie  das  messen,  das  krummgebogene,  scharfe, 
trennte  schneidend,  und  risz  ranke  nach  ranken  herab. 

1,324; 
kaum  an  dem  blaueren  himrael  erblickt  ich  die  glänzende  sonne, 
reich,  vom  felsen  herab,  epheu  zu  kränzen  geschmückt. 

1,347; 
aber  ein  farbiger  kränz  um  die  siirn  und  doldiger  efeu. 
Voss  Tibutl  1.  8, 45. 
EPHEUARTIG,  hederaceus,  denn  epheuen  («rie  leinen,  hanfeo, 
golden)  wagen  wir  heute  nicht;  Maaler  95*  setzt  noch  ebhöuwin, 
Dasvpoüics  93*  cbhewen,  Hemsch  900,  42  ephewin  kränz. 

EPHEUBAUM,  m.,  epheu,  wenn  er  als  bäum  aufwächst, 
s.  Megenbercs  epaum,  das  kürzung  von  ebichpaum  scheint : 
gebt  aber  erst  lieber  dem  jetzigen  schwammigen  manns- 
characler  mehr  schwamm  und  kern,  der  weibliche  wird  dann 
schon  als  epheubaum  aufsteigen.    J.  P. 

43* 


679 


EPHEÜBEKRÄNZT  —  EPPER 


EPPICH  — ER 


680 


EPHEÜBEKRÄNZT,  redimitus  hedera, 

EPHELHINDE,  f.  ritta  hederacea. 

El'HELÜLSCUEL,  m.  fasciculus  liederae. 

EPIIELDOLDE,  f.  umbella  hederacea. 

EPHEUhUANZ,  m.  Corona  hederacea: 

gekrönet  mit  dem  ebhcwkranz.    ^VECcaERLII«  41t. 
so   hciszt   auch   eine  schneckenart,    buccinum  scrtum,    der  ge- 
scliiniickte  bauernjunge. 

EPHELKKAUT,  n.  veronica  triphyllos. 

EPHELLAUB,  n. 

und  geht  ihr  glücklich  vor  mit  nachgesiimmien  sniien, 
durch  euren  lorbeerkrnnz  mein  epht'ul.iul)  erhöhn. 

GiJ.NTHK»  5Sü. 

EPHEILAUBE,  f.    Fr.  Müller  2,346. 
EPHEURANKE,  f.  palmes  hederae: 

doch  anders  Ist  es  in  des  weibes  hrusi, 

die  ihrer  liebe  zarte  epheuranke 

um  eine  kühne  beldeneiche  webt.    KörXer  2,  12S. 

EPHEUBANKIG : 

auf  der  liebesbaak  an  der  efeurankigen  TeNwand. 
Voss  2,  201. 

i  EPISTEL,  f.  epislota,  hnaroXri,  goth.  aipislaule  für  aipi- 
staulei,  gen.  aipistauleins,  woneben  der  männlich  gebildete  pl. 
aipistulaus  ersclieinl;  ahd.  cpisUiId,  ags.  cpislül,  engl,  cpistle, 
it.  epistola,  pislola,  franz.  epilre.  wo»  hielt  das  biblische, 
heilige  worl  fest  oder  tvusle  es  nicht  zu  übertragen,  um  sn 
mehr  als  auch  die  vulgala  epistola  liesz,  nicht  durch  literae 
ersetzte,  unserer  spräche  überhaupt  mangelt  hier  ein  heimi- 
sches wort,  denn  brief,  ahd.  priaf,  briaf  ist  ebenso  fremd  und 
aus  breve  entsprungen;  da  runa  litcra  bedeutete,  hätte  dessen 
pl.  treffend  für  das  lat.  lilerae  verwandt  werden  mögen,  in 
intoTO/.rj  liegt  nicht  die  Vorstellung  des  Schreibens,  nur  des 
sendens,  befehlens,  man  hat  darum  den  ausdruc'c  durch  scnd- 
scbreibfin,  sendbrief,  nnl.  zenJbrief  verdeutlichen  wollen,  was 
doch  eine  schleppende  Zusammensetzung  und  nur  in  besondern 
fällen  passend  ist.  besser  klingt  das  russ.  pis'mo,  böhm.  psaiij 
schreiben  und  noch  natürlicher  das  poln.  böhm.  list  d.  i.  blall 
für  brief,  wie  wir  blatt  (2,75)  allenfalls  auch  in  gleichem  sinn 
gebrauchen:  dein  letztes  blatt  meldete;  mebr  davon  in  mei- 
nem näcbstcn  blatt.  das  lit.  gromata  f.,  lelt.  giahmata  für 
brief  verräth,  wie  grammatik,  griechischen  Ursprung,  den  Fin- 
nen heiszt  kirja  (bunte)  schrift,  buch,  brief 

wenn  die  epistel  bei  euch  gelesen  ist.  Col.  4, 16.  epistel 
bezeichnet  uns  gern  einen  feierlichen,  langen  brief:  er  iiat 
mir  eine  lange,  klägliche  epistel  gescbiicben,  ich  mag  seine 
ganze  epistel  nicht  ansehen,  einem  die  epistel  lesen  drückt  aus 
was  einem  das  capitel,  die  leviten,  den  psallcr  lesen  (2,  OOG), 
strafenden  verweis  aus  stellen  der  heiligen  schrift  erlheitcn. 

EPISTLER,  m.  epislolarius ,  nuntius ,  epislolarum  lalor. 
DocANGE  3,  C3,  dann  auchlector;  Wvco  von  einem  Selbstmörder: 

dirre  jämmerliche  niarierer 

was  leider  ein  cpisilcr, 

den  ich  oltc  hän  ffesöhen 

und  hörle  im  heiliges  lobes  jähen,    ttcnncr  15635. 

Gekcekbach  bettlerorden  368  (Gödeke  s.  353): 

eilicb  sind  epistier  und  evangeliur; 
hastu  eefiaw,  tochter  oder  ledig  fraw  mit  cim  episller,  ovan- 
gelicr  oder  priester  gesundet,  oder  mit  einem  inüncbe?  Spiegel 
des  Sünders  (um  1170)  bei  Gefken  sp.  74  (rerdruclU  52). 

EPPE,  m.  apium,  s.  cpf  und  mhd.  wb.  1,434*. 

EPPEB,  EPPES,  aliquis,  aliquid  für  etwcr,  etwas,  oppa 
für  etwa,  doch  nur  im  schweizerischen,  allemannischen,  östrci- 
chischen,  bairischen,  welterauischcn  volksdialect,  auch  geschrie- 
ben lippcr,  ßppc»,  öppa,  bei  Hehei,  öbber,  übbis,  ubbc,  vgl. 
St^lüer  1,  ZH.  ScDMELLER  1, 127  Mfiii  gramm.  3,  5S.  die  assi- 
milation  gleicht  der  in  den  namen  Oppell,  Oppcrt  für  Otbuld, 
Otberl;  Liuppell,  Liupperl,  Leuppull,  Liupprant,  Liuppirg 
für  Liulbald,  Liutbcrt,  Liutbrand,  Ijutbirg;  oder  im  Schweiz. 
guppel,  wills  gott,  gottwill,  guppelnn,  gull  woll  auch;  oder 
im  liuppcr,  liupper  berre!  bei  Neiüiiart  47,0.  69,22,  womtt 
geringe  einen  vornehmen  anredeten,  vom  ahd.  liulpi'iri,  papu- 
larit,  publieus.  mit  lieli  hat  dieser  ausdruck  nichts  zu  schaffen. 
Iirkannt  ist  das  schweizerische :  bcdder  öppe  »pperöppis  g>icid? 
hat  dir  etwa  jemand  rtw(u  gesagt?  cpper  und  cppc  bedeuten 
auch  irgend,  eppe  hin,  irgend  wo  hin.  beim  tchlesischen  Wenzel 
ScHKii»KR  begegnet  gleichfalls: 

der  hcrr  will  eppcr  mir  vergeben,    grob.  142, 
4.  i.  irgend,  wol.     Wcisiiuld  verzeichnet  es  nicht. 


EPPICH,  ERICH,  m.  bedeutet 

1)  apium  gravc  olens,  petcrsilie,  was  cpf  und  cpfich.  Dasyp. 
u';  apium  eppich  oder  peterle.  Frisids104';  Hemsch  901,12. 

brachten  mit  eppich  umlegt  die  bachkrebs,  ähnlich  den  hiiiiimern. 

Voss ; 
müszig  den  lotos  rupfend  und  sumprentsprosseuen  eppich. 
//.  2,776  (aehvor). 

2)  hedera,  helix,  ahd.  ßbali,  im  vocab.  1479  ebich  hedera. 
Rock  im  kräuterbuch  diO  von  'epbevv  oder  eppich'  redend  sagt: 
zwei  eppichgcschlecht  wachsen  in  unsern  landen,  ein  grosz 
^'(•schrecht  mit  schwarzen  runden  körnern  (hedera  nigra)  und 
das  klein  unfruchtbar  waldeppich  mit  den  dreieckcten  schwarz- 
grünen  blättern ;  die  grüne  danncn,  buchsbiium  und  ebich 
werden  vor  der  fastnacht  schöne  blätter  haben.  Fischart  in 
Gödekes  Gengenbach  j.  415  =  groszm.  98; 

seht,  wie  der  üppich  kan  die  grünen  armen  schlingen 
rings  urn  den  ril^tbaum  her  und  ihn  zur  liebe  zwingen. 

FLRMiaa  153; 
ingleichcn  sohl  den  riistenbaum, 
wie  dasz  der  liebend  eppich  kaum 
von  seinem  freunde  sich  liiszt  dringen.    316; 
es  drang  l.eucoihoen  der  Weihrauch  durch  die  haut, 
da  hier  der  mandelsiraiich  die  ihm  verfn.ihlie  braut 
den  eppich  mit  gewait  zu  küssen  sich  bemuhte. 

GS.MiitH  lUUS; 
unicrm  Iil.iiigeweliien  teppich 
hör  ich  nachtigüllen  schlagen, 
längs  der  eiche  dehnt  sich  eppich.    Pt.ATEX  4'. 

doch  wird  heute  dieses  eppich  fast  durch  epheu  verdrängt  und 
auf  die  er.ste  bedcutung  eingeschränkt,     s.  auch  das  folgende. 

EPPICHKRANZ,  m.  sie  ist  wie  ein  ausgehengter  eppich- 
kranz  oder  epheu.    gespenst  318. 

EPPICHRANKE,  f  epheuranke: 

fest  wie  den  slamifi  die  eppichranke 

umschlingt  dich  liebend  sein  gcdaukc.    Mattiiisso?«. 

EPPICHSTRAUSZ,  m.  ephcustrausz : 

wol.    damit  du  seist  gebunden, 

so  sei  dieser  ep|)ichstrausz 

in  dein  weiszes  haar  gewunden.    FLeaiNC  455. 

EPPIG,  gleichviel  mit  äbich,  ebich  (1, 58.  3, 18)  inversus, 
perversus,  absurdus:  der  zeit  des  vernuchten  eppigen  interims, 
da  die  gelehrten  dem  widerchrist  begondcn  zu  hofieren  und  ein- 
zuräumen, die  Prediger  mesgewand  anzogen  und  abgöttische 
ceremonien  brauchten.  Lud.  Miliciiiüs  schrapteufel.  1567.  6  3*. 
EPPISCH,  EPSCH,  dasselbe.  Weinhold  schles.  wb.  5*. 
ER,  das  männliche  pronomen  dritter  person,  deren  casus 
hier  zur  übersieht  vorausgeschickt  werden. 

erste  classe. 
nhd.  sg.  er  sie        es  pl.  sie       sie       sie 

sein,  seiner    ihrer     sein,  seiner     ihrer    ihrer    ihrer 
ihm  ihr        ihm  ihnen   ihnen   ihnen 

ihn  sie         es  sie        sie        sie 

mhd.     er  si,  sie    65  sie        sie       sie 

s!n  ir  Ss  ir  ir         ir 

im  ir  im  in         in        in 

in  sie         fi;  sie         sie       sie 

ahd.      ir,  er  siu         ij,  e;  si&         siA       siu 

sin  irä         is,  es  ir6         ir6       irA 

imo  iru        imo  im        im       im 

inan  sia        i;,e;  aid        siA       siu 

goth.     is  si  ita  eis        ijAs     ija 

is  izAs       is  iz6        izA      iz6 

imma  izai       imma  im        im       im 

ina  ija         ita  ins        ijAs      ija 

lat.        is  ea  id  ii  eac      ea 

ejus  ejus      ejus  eorum  earum  corum 

ei  ei  ei  iis,  eis  iis,  eis  iis,eis 

eum  eam       id  cos       eas      ea 

lit.        jis  ji  jie         Jos 

jo  jAs  jft         jft 

jam  jei  jems     joms 

jt  JQ  jii«       je» 

diese  ganze  classe  hat  nirgend  anlautendes  H,  das  inlautende 
im  nhd.  ihr  ihm  ihn  ihnen  ist  unorganisches  dehnzfirhen.  den 
wurtelvocal  I  hält  die  goth.  spräche  rein,  verlängert  ihn  nur 
im  nom.  pl.  m.,  ahd.  tritt  bald  die  brechitng  ein  in  er  i-t,  es, 
wie  sie  mhd.  nhd.  entschieden  waltet;  doch  ausserdem  dauert 
i.  selbst  vor  dem  r  in  iro,  ir.  lat.  ist  i  nur  gehlieben  in  i«, 
id,  ii  —  1,  vor  vocalen  überall  r.  gewonlm.  die  litauische 
form  jutiert  das  i.  ihr  gebricht  da\  nculrum,  wie  überhaupt, 
wogegen  sie  noch  duale,  instrumentale  und  localite,  gleich  ätm 


681 


ER 


ER 


682 


lat.  ablaliv  entfallet,  die  hier  nicht  angefältrt  zu  werdea  brauchen, 
die  gen.  sg.  sein  und  sin  werden  ahd.  mhd.  nhd.  aus  dem 
reflexivum  eingeschieärzt,  analog  dem  mein  und  dein,  mm  und 
din;  blosz  im  gen.  n.  haßen  spuren  des  alten  es;  golh.  blei- 
ben is  und  seina,  icie  lat.  ejus  und  sui  streng  geschieden, 
das  merkwürdigste  ist  eine  andere  einschaltung  des  anlautenden 
S,  welche  lat.  und  lit.  noch  gar  nicht  erscheint,  golh.  den  ein- 
zigen nom.  sg.  f.  ergreiß,  in  allen  hd.  dialecten  aber  auch 
den  acc.  sg.  f.,  so  wie  den  nom.  und  acc.  pl.  aller  geschlechter 
einnimmt.  Vermutungen  über  den  Ursprung  dieses  si  und  sie 
sollen  unter  diesem  artikel  selbst  vorgetragen  werden,  was  die 
circumftexion  der  ahd.  vocale  angeht,  leiden  sie  siö  siu  theo- 
retisch sowenig  Widerspruch  als  die  dio  diu,  da  beide  zu  pHnte 
plinto  piintiu  stimmen,  wie  der  nom.  sg.  siu,  acc.  sia,  diu 
und  dia  zu  piintiu  plinta,  auch  im  lat.  pl.  ei  eae  ea,  sg.  ea 
eam  dieselbe  adjeclivisehe  bildung  an  den  tag  tritt,  practisch 
hat  sich  freilich  schon  bei  Kero,  geschweige  bei  Notker  die 
länge  des  6  und  6  verloren  und  die  zweisilbige  form  in  ein- 
silbige verwandelt;  den  denkmälem  mag  nicltt  aufgedrungen 
«erden,  was  die  grammalik  hinstellen  musz.  die  schöne  un- 
tejscheidung  der  golh.  gen.  pl.  izc  und  izö,  wieder  entspre- 
chend dem  J)iz6  t)izu,  blindaize  blindaizu,  dem  lat.  eorun< 
earura  aber  darin  unähnlich,  dasz  die  characleristischen  vocale 
golhisch  nach  dem  z,  lateinisch  vor  dem  r  eintreten,  ist  ahd. 
längst  erloschen  und  zu  einförmigem  iiu  geworden,  wie  plinteru 
für  beide  geschlechter  dient,  im  gen.  sg.  m.  scheint  bereits 
die  golh.  form  einbusze  erfahren  zu  haben,  weil  dies  is  ganz 
mtl  dem  nom.  zusammenfällt ;  man  darf  aus  dem  lat.  ejus 
folgern,  dasz  auch  der  golh.  gen.  früher  einmal  ijis  lautete, 
wie  der  acc.  ija  dem  lat.  eam  oder  der  nom.  acc.  pl.  n.  dem 
lat.  ea  gleicht,  ahd.  mhd.  und  selbst  nhd.  hat  sich  der  orga- 
nische gen.  es,  stall  des  reflexiven,  die  syntax  trübenden  sein, 
zumal  für  das  neutrtim  in  beslinimten  redensarlen  enthalten, 
was  unter  'es'  näher  zu  erörtern  ist;  die  Verdünnung  des  no- 
minativischen ej  in  es  wirkt,  wie  im  adj.  überhaupt,  wo  blin- 
des caeeum  und  blindes  caeci  verflieszen,  sehr  nachlheilig. 
das  für  daz;  scheidet  sich  wenigstens  im  vocal  von  des.  ein- 
zelner geringerer  abweichungen,  die  ahd.  und  mhd.  außauchen, 
und  deren  die  grammalik  erträhnl,  ist  hier  zu  gedenken  un- 
vonnöthen.  unter  'es'  soll  noch  ein  merkwürdiges  schweizeri- 
sches ins  für  es  hervorgehoben  werden, 
zweite  classe. 
und.  ig.  he,  hei  se,  sei  et  pl.se, sei  se,  sei  se,  sei 
er  erer  ercr  erer 

em        er         em         en  en  en 

en         se         et  se  se  se 

nnl.       hij  zij        het         zij  zij  zij 

zijns      harer   zijns      hunner       barer  bunner 

hem       haar     hcm       hun  baar  bun 

bem      haar     bet        ben  haar  ben 

ttlts.      he,  hie  siu       it  sia  sia  siu 

is  ira       is  iro  iro  iro 

imu       im       imu       im  im  im 

ina        sia       it  sia  siä  siu 

ags.       he         heo      bit         l'i,  big         bi,  big         heo 

his  bire  bis  l»ira,  heora  bira,  heora  bira.  beora 
bim  bire  bim  him,  hcom  him,  heom  bim,  beom 
hine       hi         hit  hl,  big         bi,  big         heo 

engl,     he         sbe      it 
his         her       its 
him       her      bim 
him       her       it 
fries.     bi  biu       hit  bia  bia  hin 

his         hiri       bis         biara  biara  liiara 

him       hiri       him        hiam  hiam  hiam 

hini       hia       hit  bia  bia  biu 

alln.      bann     hon,  hftn 
hans      hennar 
lionum  henni 
bann     liana 
sehw.     han       hon 

hans      bennes 
lionom  benne 
honoui  benne 
dän.      han        bun 

bans      bendes 
bain       bcnde 
ham      hende 


die  nordischen  pronomina  dritter  person  sind  sämtlich,  toi» 
allersher,  ohne  pl.  und  im  sg.  ohne  neutrum,  den  pl.  lies: 
auch  die  englische  spräche  fahren;  welche  ersalzmillel  eintre- 
ten, gehört  nicht  hierher.  augenscheinlicJies  kennzeichen  der 
ganzen  zweiten  classe  ist  der  anlaut  H,  der  nur  alts.  und 
nnd.  im  obliquen  casus  schwindet,  im  nom.  sg.  m.  immer  fest- 
gehalten wird,  und  hier  zeigt  sich  auch  berührung  mil  hd. 
formen  erster  classe,  indem  schon  einzelne  ahd.  denkmäler, 
namentlich  T.  und  selbst  0.  II.  7,  34  her  ßr  er  darbieten, 
mhd.  die  hessischthüringischen  und  andere  an  ^iederdeutsch- 
land  grenzenden  desgleicfien  he  und  her;  wie  also  in  den 
hochdeutschen  nom.  die  niederdeutsche  Spirans  schlich,  entfernte 
sie  sich  nach  hochd.  weise  aus  den  niederdeutschen  obliquen 
casus,  am  allerfeslesten  hußet  H  bei  den  Friesen  und  Angel- 
sachsen, bis  in  den  nom.  sg.  f,  wo  und  im  neutr.  die  Eng- 
länder es  tilgten,  dies  hiu,  heo  =  siu,  zeigt  es  uns  den 
urlypus,  aus  dem  siu,  folglich  auch  das  golh.  si  abwich? 
neben  ags.  heo  steht  seo  als  demonstrativum  =  goth.  su  und 
ahd.  diu.  auszer  dasz  sie  H  streng  bewaJiren,  siechen  die 
nordischen  formen  eigenlhümlich  ab,  blosz  das  nnl.  hun  und 
hunner  liesze  sich  ihnen  vergleichen. 

Zu  keiner  von  beiden  classen  gewälirt  nun  das  sanskril  und 
das  griechisclie  unmittelbar  stimmende  persönliche  pronomina, 
denn  skr.  ajam,  ijam,  idam  ist  demonstrativum  und  bedeutet 
hie,  haec,  hoc;  jas,  jd,  jat  rclalivum,  qui,  quae,  quod;  unver- 
kennbar rühren  ijam  und  idam  an  den  goth.  acc.  ija  und  an 
ila.  die  ^griechischen  seltnen  oder  nur  epischen  formen  i,  gen. 
i'o  =  ov,  dal.  acc.  JV  gelten  reflexivisch  und  scheinen  mehr 
zu  ?,  lat.  se,  golh.  sik,  als  zu  dem  hier  verhandelten  prono- 
men  gehörig,  obschon  auch  dieses  höher  aufwärts  mil  dem 
reflexivum  zusammenhängen  könnte,  desto  enlschiedner  und 
bedeutsamer  ist  die  gleichheit  des  lat.  is,  ea,  id  mil  unsrer 
ersten  classe,  während  das  lit.  jola  an  die  Spirans  der  zweiten 
gemahnt. 

Wie  seilsam  aber,  dasz  dies  alle  lateinische  is  ea  id  in  den 
romanischen  zungen  fast  erlischt  und  durch  ille  illa  iliud,  aus 
welchem  sie  auch  ihren  artikel  ziehen,  musz  ersetzt  werden; 
im  it.  egU  elia,  fr.  il  eile  ist  das  vollere  ille  illa,  im  artikel 
U.  il  la,  fr.  le  la  das  gekürzte  enthalten,  also  wiederum  über- 
griffe demonstrativer  formen  in  die  des  reinen  pronomens  dritter 
person.  nur  il.  ei  neben  egli,  gli,  it.  ivi,  fr.  y  =  lat.  ibi 
und  iL  ne,  fr.  en  =  lat.  inde  sind  vom  stamm  is  ea  id 
Mrig.  zum  ersatz  für  die  weichende  flexion  des  nomens  wie 
der  dritten  person  des  verbums  musle  gleichmäszig  das  vor- 
tretende ille  illa,  nur  ßr  jeden  dieser  fälle  anders  gestaltet 
dienen,  während  den  deutschen  arlikel  das  demonslralicum,  die 
personen  des  verbums  das  persönliche  pronomen  hergab. 

Nach  dieser  allgemeinen  erörterung  des  pronomens  driller 
person  schränken  sich  die  folgenden  betrachtungen  auf  den  sg. 
des  männlichen  er  ein,  da  rathsam  scheint,  unter  dem  worte 
es  das  neutrum,  unter  sie  'sowol  das  fem.  als  die  pluralcasus 
besonders  abzuhandeln,  doch  werden  einigemal  auch  schon 
diese  tnit  berührt  werden  müssen. 

1)  es  leuchtet  ein,  dasz  die  nhd.  formen  des  dritten  person- 
Hellen  pronomens  fast  ganz  zu  den  mhd.  stimmen,  nur  durch 
die  dehnende  Schreibung  ihm,  ihn,  ihr,  ihrer,  ihnen  entstellt 
sind;  hat  man  doch  im  17  jh.  hin  und  wieder  sogar  ehr  ßr 
er  und  ehs,  ehsz  ßr  es  versucht.  Luther  und  seine  Zeitge- 
nossen enthielten  sich  hier  noch  des  Übeln  dehnzeichens,  unter- 
schieden aber  unzulässigerweise  jn  eum  von  in  der  praep.,  jr 
ei  von  irren,     mehr  hierüber  unter  j. 

2)  wichtiger  ist,  dasz  der  ahd.  acc.  inan,  eum,  wie  er  mhd. 
neben  dem  herschenden  in  noch  nachhalll,  z.  b. 

da;  gefingir  er  nam 

abu  siaer  hant  wolgetän, 

inen  er  ij  anc  legite, 

zi  deme  giwalt  inen  stabile.    Diut.  3, 100; 

den  troum  erscheinde  siu  ü(  inen  (:  erschinen).    Lanz.  4244; 

ebenso  auch  nhd.  fortzuckt: 

wenn  der  den  leuTel  viengc 

und  inen  zu  in  hienge.    fasln.  511,21; 

und  soll  an  der  euszersten  düren  am  haus  drei  spän  aus- 
schneiden und  die  mit  im  tragen,  damit  kan  er  inen  (eum) 
seiner  klag  für  ein  warzeichen  überzeugen.  iffis(/i.  2,  538.  in 
IcKELSAMERS  clag  etlicher  brüder  (1525)  heiszl  es :  über  dise 
geringe  sach  klagt  einmal  zu  Nüremberg  in  D.  Pirkheimers 
haus  eins  kaufmans  knecbt  von  Leipzig,  der  sagt,  er  hielt 
nichts   von   dir  (Luther),   du  künsl  die  lauten  wol  sclilagen 


683 


£B 


ER 


üS4 


und  trügst  beinder  an  mit  bendlin,  darunib  ich  inen  {den 
knecitl)  selbmals  gern  ein  narren,  aus  lieb  su  ich  zi'i  dir  Iriij;, 
gescholten  het.  a4'.  in  Aimon  häufig  solches  inen,  cum. 
andere,  z.  b.  Fiscuaht  gewähren  ine :  seins  valters  hofineister 
Silenus  iue  mehr  dann  einmal  hat  berichtet.  Garg.  G3';  er- 
kennt der  hausfürst  seines  tachtropfes  reichsgrenzen,  daraus 
iUne  niemand  ziehet,  ebenda,  ßr  beides  stehen  noch  viele  belege 
lu  gebot. 

3)  gramm.  4,  324.  327.  329  wurde  gelehrt,  dasz  der  organi- 
sdte  dativ  des  reßexivums,  yolh.  sis  =  lat.  sibi  ahd.  und 
tnhd.  geschwunden  sei  und  durch  den  des  persönlichen  imo, 
mhd.  im  m.,  ahd.  iru,  mhd.  ir  f.,  im  f)l.  für  alle  geschlechler 
durch  ahd.  im,  mhd.  in  verirden  werde,  nicht  anders  ist  dem 
gen.  sg.  f.  und  dem  gen.  pl.  aller  geschlechler  Jas  reflexive 
stn,  gißlh.  seina  entzogen,  nur  im  gen.  sg.  m.  und  n.  erhallen, 
nhd.  hingegen  kehrte  die  reflexive  form  zurück,  doch  mit  fal- 
scher ausdehnung  der  accusativform  sich  auf  den  dativ.  gleicli- 
wid  konnten  die  langeingewuhnten  ihm  und  ihr,  im  pl.  ihnen 
für  sich  =  sibi  nicht  alsogleich  und  gänzlich  ausgerottet 
werden,  sondern  dauerten  bis  auf  die  neuste  zeit  mehr  oder 
minder  fort.  Lütiikk,  überhaupt  die  Schriftsteller  des  IG  jh. 
bieten  allenthalben  solche  im,  ir,  inen  für  heutiges  sich  dar. 
hier  genügen  wenige  belege  für  ihm,  andere  für  ihr  sind  unter 
'sie'  nachzusehen:  wie  Ischarioth,  als  er  zu  den  pharisäern 
ging,  ihm  den  weg  bereit  {sich  den  weg  bereitete)  zum  sträng. 
Aluerus  wider  Witzel  K  4' ;  wer  sein  haus  bawet,  der  sarablet 
ihme  stein  zum  grab.    Leiimanm  70; 

wer  überlegt,  der  sucht 
bcwegungsgründe,  nichc  zu  dürfen,    wer 
sich  knall  und  Tnll,  ihm  selbst  zu  leben,  nicht 
entschliesien  kann,  der  lebet  andrer  sklav 
auf  immer.  Lessimg  2,  259, 

wo  in  der  Ihal  neben  dem  acc.  sich  der  gleichlautende  dat. 
übel  stände,  obschon   die  mcinung  ist  sibi,  nicht  ei. 

das  Interim  hat  den  scbalk  hinter  ihm.    Götiib  2,  244, 

war  ein  hergebrachter  unabänderlicher  spruch.  im  alten  ent- 
warf der  Iphigenie  57,  81  schrieb  Göthe  :  so  wunderbar  ist 
dies  geschlecht  gebildet  und  verknüpft,  dasz  keiner  mit  ihm 
selbst  noch  andern  sich  rein  und  unverworren  halten  kann. 
spdler  heiszt  dies  9,  75 : 

dasz  keiner  in  sich  selbst  noch  mit  den  andern 

bich  rein  und  unverworren  halten  kann, 

die  form  sich  für  acc.  und  dat.  war  durchgedrungen,  nicht 
bei  Claudius  6,110:  der  mensch  würde  der  Ordnung  in  der 
natur  nicht  gewahr,  wenn  er  sie  nicht  auf  etwas,  das  er  in 
ihm  hat,  beziehen  könnte,  unser  heutiges  er  fürchtet  sich, 
sie  fürchtet  sich  lautete  mhd.  nur  er  vürhtet  im,  si  vürhtet  ir. 

4)  wie  jedes  pronomen,  seiner  natur  nach,  ein  nomen  ver- 
tritt oder  bestimmt,  hat  auch  er  den  sg.  eines  männlichen 
nomens  dritter  person  zu  ersetzen,  dies  geschieht  im  obliquen 
casus  nothwendig:  ich  gebe  ihm,  schlage  ihn  drückt  uner- 
Idszlich  den  aus,  dem  gegeben,  der  geschlagen  wird,  für  den 
casus  rectus  erliesz  sich  aber  die  alte  spräche  meistentheils 
den  duszerlichen  beisalz  des  pronomens,  und  verleibte  es  der 
Verbalflexion  selbst  ein,  so  dasz  lat.  dat,  goth.  gibil)  ßr  sich 
schon  aussagen  was  unser  heutiges  er  gibt,  am  längsten  ent- 
behrlich blieb  späterhin  das  er  nach  conjuncliven,  z.  b.  mhd. 
nu  si  uns  wiilekomcn;  hl/,e  eht  eine  rede;  nu  lönc  als  ich 
gedienet  hän  (gramm.  4, 207.  208).  ferner,  wenn  das  nomen 
oder  pronomen  bereits  im  obliquen  fall  vorausgegangen  war: 

ii  badet  man  in  und  wart  gckicit.     Wigal.  154,30; 
des  nam  in  wunder,  und  gie  dar.    205,  6. 

»0  steht  noch  im  pers.  rosenthal  7,  4 :  diese  rede  geflel  dem 
könig  gar  wol,  nahm  die  entschuldigung  willig  an;  oder  bei 
Kli.iger  3, 108 :  dem  teufel  war  es  darum  zu  thun ,  eine 
solche  scele  dem  hiinmel  zu  stehlen  und  stand  in  einem 
augenblick  unter  der  gestalt  eines  alten  niannes  mit  einem 
gaukler  vor  Faust,  wo  zwei  vcrba,  in  glcicfier  Stellung,  un- 
mittelbar aufeinander  folgen,  darf  vor  dem  zweiten  das  er 
unterbleiben:  er  kam  und  gieng;  er  asz  und  trank,  es  herichl 
hier  aber,  »umal  bei  alteren  schripstellern,  völlige  freiheit, 
X.  b.  KEiSBMoeRG  Idsst  bald  das  pronomen  aus,  bald  setzt 
ers:  ei  ist  bCs  «ein  wider  ein  künig,  dann  er  hat  lange  arm, 
rrichet  wfil.  ander«  ist  cn,  da  einer  wider  ein  «clilcchlen 
menschen  iit.  aUo  gott  der  herr  iiat  lange  arm,  er  reichet 
wol  hundert  mriien  weg«,    s.  d.  m.   IS*. 

it)  U'thirnd   die   erste    und   zweite  person  jedesmal  auf  ein 


bestimmtes  individuum  geht,  liegt  es  im  wesen  der  dritten, 
dasz  sie  mehrere  einzelne  hintereinander  bezeichnen  könne; 
diese  gehäußen  er  würden  dunkelheit  nach  sich  ziehen,  wenn 
der  Zusammenhang  der  rede  s'te  nicht  verständigte,     ahd. 

unz  ei*  {gott)  nan  gileitta,  sin  ricbi  mo  gibreiua, 

bi  ihiu  mag  är  {der  könig)  sin  in  ahm  ihära  Davides  slablu. 
0.  ad  Lud.  55. 
mhd.  als  ir  (Reinhan)  ensweic,  do  want  Sr  (Schantekler)  si 

den  hals  ü;  sinem  munde.    Ucinh.  148; 

er  (der  wirt)  fuone  in,  da  er  {der  gast)  vant  sin  wip 

{er  führte  iltn  zu  seiner,  des  Wirtes  frau.)    Parz.  20,  34; 

den  schilt  reicht  im  diu  kOncgin, 

daj  spcr  diu  maget  wol  getan, 

der  är  {jener)  gewalt  hüt  getan 

mit  dem  er  solde  striten.     Wigal.  80,8; 

Tristan  begunde  wenken, 

iedoch  entwanctcr  niht  also, 

crn  würfe  im  da;  ors  dö 

vor  den  gollen  gar  enzwei.    Trist.  402,  30, 

100  das  erste  er  auf  Tristan,  das  zweite  auf  Urgan  geht; 

ör  {llitdcbrant)  weit  in  m  dem  büse  mit  im  tragen  dan, 
er  (U'o//7iarO  was  ein  teil  ze  swsre,  er  {llitdobr.)  muose  in 
ligen  län.    Nib.  2237. 

in  mehrern  dieser  stellen  ist  schon  durch  einen  vorhergehenden 
acc.  auf  die  person  des  zweiten  er  vorbereitet,  nhd.  da  wult 
der  Saul  seinen  sun  lassen  töten,  darum b  das  er  {der  söhn) 
sein  gebot  hctt  gebrochen,  aber  das  volk  bat  den  Saul  für 
in  und  sprachen  zu  im,  er  {der  söhn)  hett  es  nicht  gewüst, 
das  er  {Saul)  es  verbottcn  hctt.  Keisebsberc  ü.  d.  m.  4*.  in 
stellen  wie:  er  meint  er  könne  es  thun,  er  sagt  er  dürfe  ihn 
holen,  er  sprach  er  müsse  ihm  aus  dem  weg  gehn,  ist  das 
zweite  er  an  sich  zweideutig  und  erst  der  Zusammenhang  ent- 
scheidet darüber,  ob  es  auf  den  redenden  oder  einen  andern 
gehe,  wie  ja  auch  beim  lateinischen,  ohne  pronomen  gesetzten 
verbum  diese  bezüge  aus  der  rede  selbst  klar  werden,  phrasen 
wie  donet  si  velit,  dicat  si  possit  empfangen  ihren  sinn  eben- 
falls durch  die  Verbindung  der  rede,  unsere  heutige  prosa 
strebt  solchem  doppelsinn  auszuweichen,  wenigstens,  was  doch 
ein  schlechter  behelf  ist,  durch  eingeklammerte  nomina  vor- 
zubeugen, die  spräche  des  gemeinen  lebens  nimmt  daran  weniger 
anstosz.  Nib.  579,  1  iJr  ddhte  er  liege  sind  beide  er  von 
Günther  gemeint,  ein  andermal  könnte  aber  auch  das  zweite 
von  einer  andern  person  gelten,  man  hört  auch  in  gesprochner 
rede  er,  der  könig,  ihn,  den  könig  verdeutlichen. 

C)  die  stelle  des  pronomens  bestimmen  die  in  der  syntax 
vorgetragnen  regeln  von  dem  vorausgang  oder  der  nachfolge 
des  subjects  neben  dem  verbum  überhaupt,  wir  sagen:  er  ist, 
er  hat,  er  gibt;  er  sei,  er  habe,  er  gebe;  dasz  er  sei,  habe, 
gehe ;  wenn  er  will,  wenn  er  kann ;  ob,  wie,  wenn  er  wolle, 
könne;  da  er  gieng,  als  er  kam,  nachdem  er  gesprochen 
hatte;  er  sprach  diese  worte  llieszcnd;  er  entfernte  sich 
schweigend;  er  gab  dem  knaben  gute  lehren,  hingegen:  hat  er? 
gibt  er?;  kommt  er  bald,  so  freuen  wir  uns;  weisz  er  das,  so 
reicht  es  hin  ;  käme  er  doch  einmal  wieder  I ;  nun  ist  er  fort  I ; 
fort  ist  crl;  so  ist  er  geschieden;  froh  schied  er  von  uns; 
schweigend  entfernte  er  sich ;  dem  knaben  gab  er  gute  lehren ; 
einen  stab  trug  er  in  der  band ;  unerschöpflich  war  er  in 
ihrem  lobe,  von  dem  strengen  Wechsel  dieser  ausdrucksweisen 
hatte  das  latein  keine  ahnung,  es  heiszt  cxcessit  tacitus,  laetus 
abiit,  auch  mit  gefühl  des  voranslellcns  oder  nachsetzens,  aber 
es  war  dazu  keine  allgemeine  nöthigung,  si  veniat  entspricht  bei- 
dem,  unserm  wenn  er  konunt  und  kommt  er,  d.  h.  auf  unsere 
Unterscheidung  wird  lat.  nicht  geachtet,  es  liegt  hier  ab  genau 
zu  untersuchen,  warum  diese  wechselnde  Wortstellung  der  neueren 
sprachen  [auch  die  romanischen  kennen  sie)  nothwendig  wurde, 
nachdem  ihre  flexion  gestört  oder  theilweise  vernichtet  war,  und 
welchen  vortheil  sie  daraus  zu  ziehen  wüsten,  einleuchtend 
scheint,  wo  durch  frage  oder  bedingung,  durch  bedeutsam  vor- 
ausgehende Partikeln  oder  auch  andere  Wörter  der  nachdruek 
auf  das  verbum  falle,  dasz  dann  das  pronomen  an  kraß  ver- 
liere und  nachgesclioben  tverde.  mhd.  dicitter  bringen  es  tu- 
weilen  ganz  in  den  schlusz  des  satzes: 

mit  örcn  wol  pcblüeinet 

wart  von  schwiien  wibcn  fr.    tr.  kr.  702 ; 

■prach  bosrheidcnlicbon  Ar.    78S. 

7)  stärker  noch  als  das  nachsetzen  ist  die  anlchnung  und 
dadurch  kürzung  des  pronomens. 

a)  angelehnte  ahd.  dat.  und  acc.  begegnen  bei  0.  auf  allen 
blättern,  solche  mo,  nan  ßr  imo,  inan  sind  gesammelt  ron 
Gn*ir  1, 42.  43.     in    den   hst.    und   nusg.   stehen   sie  getrennt 


l 


685 


ER 


ER 


686 


vom  torausgehenden  tcorl,  besser  tcürden  sie  ihm  verbunden, 
häufigst  folgen  mo  und  nan  auf  andere  pronomina:  Ibiumo, 
siiimo,  ermo.  mirnan,  thirnan,  irnan,  siunan,  örnan,  und  der 
dichter  uechselt  nach  bedürfnis  des  metrums  günstig  mit  ermo, 
ernan  und  dem  rollen  er  iino,  er  inan  ab.  Auch  mhd.  sind 
die  beispiele  unselten: 

ziio  zime  ern  sazie, 

äai  ern  Josebes  irgazie.    fundgr.  2,62,28; 

wan  vüerstun  danne  her  ze  mir.    Iw.  2212; 

so  hüeter  sich  danne, 

daj  ern  ibt  heswiche.    3859; 

dajn  kunderme  anders  niht  gesagen.    3890; 

wandern  ouh  darnider  stach.    4690; 

üjem  satel  ern  für  sich  huop.    Parz.  73, 19; 

'weit  irni'C 
gerne  harre,  nu  gebt  niirn.    Jlelmbr.  1526; 

und  mit  dem  dat.  pl.  in  =  ihnen: 
die  selben  unser  scholu 
f^ein  in  die  aehle  geschrirn. 
und  seit  des  vleijic.  ob  wirn 
die  schulde  mit  helfen  niegen 
üf  ir  ruke  gelegen,    vrslende  40," 

wo  die  hs.  geschriren  :  wiren  gibt,  icie  sancte  in  Nib.  1077,  3 
A.  in  C  sancten,  in  B  schulten  lautet,  ausserhalb  reims  sind 
solche  höeten,  huoten,  leinden,  sanden  w.  s.  w.  noch  häufiger. 
i'n  ßr  ich  in  hat  L&crxann  verschiedentlich  gegen  die  hss.  ver- 
sucht, z.  b.  Parz.  26,  30.  27, 13,  tf  ie  er  anlehnungcn  mehr  wagte, 
z.  b.  ann  Pari.  137, 15  für  an  in,  von  welchen  anderswo  ge- 
handelt werden  soll. 

Späterhin  haben  sich  diese  anlehnungen  nicht  verloren,  und 
bis  ins  IbjVi.  kommen  sie  zum  Vorschein: 

laszt  mirn.  er  hat  mich  oft  ernert.  H.  Sachs  1,468'; 
hab  ich  dirn  nit  geschnitten  ab?  46S'; 
zum  land  liesz  ern  ausjagen.  Hiloebraxd  volksl.  196. 
heutzutage  hört  man  im  gemeinen  leben  überall:  gib  mirn. 
ich  nehm  dirn,  hat  ern  schon?,  gab  erm  nichts?,  mit  dem 
fusze  slieszern  fort  m.  s.  it.,  die  Schriftsprache  meidet  aber  so 
zu  kürzen  und  ist  schon  durch  die  falsche  Schreibung  ihn, 
ihm  gehindert  auf  das  einfache  n  zurückzukommen;  unsern 
dichtem  geht  der  vortheil  des  wechseis  zwischen  er  ihm  und 
erm,  er  ihn  und  ern  «.  s.  w.  verloren,  freilich  liegt  in  m 
und  n  etwas  unsicheres,  da  sie  sowol  ihm  und  ihn  ausdrücken 
können  als  dem  und  den  (^rnmni.  4,  368.  369),  wie  z.  b.  iät 
mirn  zoum.  Parz.  40, 15  der  artikel  unverketinbar  ist.  doch 
beseitigt  schon  alle  Zweideutigkeit,  dasz  auf  artikelhaftes  m 
und  n  immer  ein  nomen  folgt,  nicht  hinter  den  kürzungen 
des  persönlichen  pronomens.  Schwächung  des  ihn  in  en  kommt 
auch  ohne  anlehnung  vor,  z.  b.  in  der  sp.  645  unter  entwäl- 
tigen 1  angeführten  ersten  stelle,  man  weisz  aber  nicht,  ob 
nicht  diese  mundarl  überhaupt  schon,  nach  niederdeutscher 
weise,  in  :«  cn  hatte  erblassen  lassen. 

b)  anlehnung  des  nom.  er  an  vorausgehende  verba  lehren 
wieder  am  sichersten  die  reime, 

a)  an  starke  praeterita,  mhd.  bater  :vater;  wa;;er  :  ajjer. 
U7i.  276,  9  {wo  Lachx.  unrichtig  wajer  :  ajer) ;  wajjer  :  ver- 
gaj^er.  Ertist  1S92 ;  Jäger  :  mager  (macer) ;  mager  {polest) : 
hager;  luoder  (oncratr/r) :  fuoder ;  reiter:  breiter;  böter:  tuter; 
göjer  :  blü jer ;  vander  :  Alexander;  swanger  {vibrarit)  :  anger. 
diese  formen  sind  verschieden  von  dem  unan(ielehnlen  bat  er, 
a;  er,  lac  er,  luot  er,  gö;  i:r,  vant  Cr,  swanc  er,  welche  keinen 
inlautenden  Übergang  des  ?,  c,  t  in  z^,  g,  d  gestatten,  warum 
sollte  nicht  auch  nhd.  dichtem  erlaubt  sein  bater  :  vater; 
asser  :  wasser;  lager  :  hager;  ritler  :  bitter;  luder  :  bruder ; 
fander:  ander;  sanger :  anger,  neben  unanlehnendem  bat  er, 
Dsz  er,  lag  er,  ritt  er,  lud  er,  sang  er?  ohne  dasz  man  die 
angelehnten  Wörter  getrennt  oder  gehäkelt  schreibe,  denn  im 
ton  wie  metrisch  unterscheiden  sich  bater  und  bat  er,  sanger 
und  sang  er. 

ß)  an  die  tertia  praes.  eonj.,  mhd.  geber:eber;  jeher: 
swehcr.  H/i.  1S3, 1;  Schaber  (rada.') :  aber ;  verlieser:  kieser; 
lober  (/aurfeO  :  grober;  singer  :  finger;  suocher  :  wuochcr.  hier 
rinnen,  könnte  man  glauben,  auslaut  des  conj.  und  anlaut  des 
pronomens  in  einander,  was  einen  langen  vocal  erzeugen  müste, 
der  doch  nie  entspringt,  richtiger  also  wird  der  anlaut  des 
pronomens  er  verschluckt,  gerade  wie  das  i  von  imo,  inan  im 
otf'iedischen  mo  und  nan,  während  des  vorausgehenden  wortes 
vocal  haftet,  vgl.  ahd.  tbiumo,  suntamo  für  thiu  imo,  sunta 
imo.  dazu  stimmt  die  Schwächung  des  mhd.  in  zu  cn  (sancteo, 
schulten)   und   der  gänzliche   ausfall   des  vocals  (mirn,  dirn, 


ern).  nhd.  haben  anlehnungen  wie  gebcr,  leber,  meider,  leider, 
gieszer,  singer  nicht  das  geringste  bedenken  und  finden  neben 
dem  vollen  gebe  er,  lebe  er,  meide  er  statt,  starke  praet. 
conj.  folgen  derselben  weise,  z.  b.  mhd.  büecber  (coquerel 
panem),  schüeber  {radereljy  trüeger  (ferret) ;  nhd.  Irüger,  gäber, 
Schnitter. 

y)  an  schwache  praeterita,  m/irf.  mohter  :  tohter ;  begunder  : 
wunder;  sparter,  zarter  (ton  sperren,  zerren) :  marter;  master 
{von  mesten) :  lasier,  und  in  andern,  worauf  reime  fehlen, 
fuorter,  reinter,  gedähter  u.  s.  w.  auch  hier  absorbiert  das  e 
der  verbalflexion  den  anlaut  des  pronomens.  nhd.  mochler, 
konnter,  wolller,  halter,  sperrter,  fübrter  neben  den  vollen 
mochte  er,  konnte  er,  wollte  er  «.  s.  w. 

zum  fusz  des  ermüdeten  grafen, 

der,  schläfler  nicht,  möchter  doch  schlafen.    Göthe  1,196. 

wer  häkeln  will,  hätte  mochfe'r  zu  setzen,  nicht  mocbl'er. 

8)  selten  erfolgt  mhd.  anlehnung  an  die  tertia  praes.  ind., 
auszer  tuoter :  muoter  habe  ich  kein  beispiel  im  reim,  nament- 
lich kein  gäter,  stäter,  giter,  wirpter  für  wirbet  er,  brincter 
für  bringet  er.  schwache  verba  liefen  hier  gefahr  praes.  und 
praet.  zu  mengen,  da  reinter  sowol  reinet  er  als  reinte  er 
ausdrücken  könnte;  doch  würde  rückumlaul  oß  den  unterschied 
\ahren  und  riierter  von  ruorter  sondern,  nhd.  steht  dem  an- 
gelehnten gehler,  siebter,  gibter,  bringler,  scheinler,  meinter, 
iiebler,  glaubter  wenig  entgegen,  den  zweifei  zwischen  praes. 
und  praet.  bei  sogler,  scheinter  «.  s.  tP.  mag  der  Zusammen- 
hang leicht  heben,  haier,  baller,  häller  ßr  hat  er,  hatte  er, 
hätte  er  sind  genug  unterschieden. 

s)  nicht  hierher  gehört  das  aus  anlehnung  des  gen.  pl.  er- 
wachsende er,  wovon  unter  ihr  zu  handeln  ist. 

8)  in  diesen  anlehnungen  sahen  wir  unbetontes,  tonlos  ge- 
wordnes  er.  umgekehrt  aber  fällt  ein  mehr  oder  minder  starker 
Ion  darauf, 

a)  wenn  es  nachdrücklich  wiederholt  wird: 

er  läszt  sich  wiedersehn  I    er  läszt 
sich  wiedersehn .'    'wer,  Daja,  wer?'    ^r,  irl 
'er,  6r?    wann  läszt  sich  d^r  nicht  sehn  I   ja  so, 
nur  euer  er  heiszt  er'.  Lessi^cg  2,  213. 

gleiches  gilt  von  ihm,  ihm;  ihn,  ihn.  im  gegensatz  oder  sonst 
bei  nachdruck,  wo  dann  er  gesprochen  wird:  ich  oder  er, 
einer  musz  fort. 

b)  nach  bejahungen  und  Verneinungen,  wie  mhd.  in  be- 
iheuernder antwort  zu  j4  und  nein  persönliclte  pronomina 
treten,  vgl.  ja  ich,  nein  ich  {wb.  1,  763'.  2,  32S*),  ist  auch  in 
früheren  nhd.  schripen  dieser  gebrauch  unerloschen:  wenn 
der  bapst  einem  sein  sigel  geben  hat  . . .  und  er  Ihet  eins 
und  versiglele  damit  falsche  brief,  wer  der  selb  nit  ein  fal- 
scher? ja  er  warlich.  Keisersc.  s.  d.  m.  22'.  nach  nicht  und 
niemals  empfängt  er  den  ton :  ich  habe  es  zuerst  gesehn, 
nicht  er;  mir  gehört  es  zu,  nicht  ihm;  nicht  er  trug  die 
schuld  des  baders,  eine  menge  Ursachen,  die  zusammentrafen, 
musten  auch  ihn  darein  Terflecliten; 

der  dichter,  welcher  nie  gelogen, 

dem  stets  der  reim,  und  niemals  fir 

dem  lieben  reime  nachgezogen.    Lkssijcc  1,  SO; 

keiner  als  er  hatte  gewalt  über  sie;  er  oder  keiner  soll  der 
meine  werden. 

c)  schon  ahd.  trat  selbe  dem  persönlichen  pronomen  ver- 
stärkend zu :  ih  selpo,  du  sclpo,  er  sgipo  (gramm.  3,  5) ; 
ebenso  mhd.  und  nhd. 

und  ir  selb  ain  munich  was.    fasfn.  438,4; 
er   selbst  hat   es   gesagt;    ihm  selbst  war  es  so  recht;    ihn 
selbst  trift  aller  Torwurf.     eben  er,  ipsissimus.  Da'Sypoo.  320*. 

9)  tfie  den  formen  des  persönlichen  pronomens  demonstra- 
tive beigemischt  werden  und  zu  mnnigfachem  ersatz  gereichen 
musten,  zeigt  sich  auch  syntactische  berührung  beider  pronomina. 

a)  wir  pflegen  heute,  preisend  oder  scheltend,  das  nomen 
mit  dem  artikel  zu  setzen :  der  engel  I  der  edle  mann  I  der 
glückliche!  der  thorl  der  narr!  der  elende!  mhd.  hiesz  es: 
er  gouch!  er  schale!  er  Iure!  gramm.  4,  349.  350.  mhd. 
wb.  1,430"; 

dr  saehc,  d(5r  des  gedinget ;    MS.  2,  135'; 

er  sslic  munt,  der  reiner  zungen  walde !    2,  143'. 
trir  können  gleichwol  auch  nhd.  sagen:  er  betrieger!  er  glück- 
licher! 

b)  in  der  gerichlssprache  ist  es  üblich,  den  auftretenden, 
erscheinenden  personen  ein  solches  er  vorzusetzen:  er  klüger, 
er  beklagter,  er  zeuge  und  im  obliquen  casus:    ihm  kläger, 


687 


ER 


ER 


688 


ihn  zeugen,  die  Carolina  häuft  er  der:  also,  dasz  er  der 
anklagen,  wo  er  die  peinliche  rechlfertigung  nil  ausflircn 
wQrd,  den  kosten  abtrag  Ihun  wolle,  art.  12;  und  soll  ahve- 
gen  durch  den  Schreiber  jar  tag  und  stund,  audi  wer  jedes- 
mal dabei  gewest  sei,  geinelt  werden,  und  er  der  Schreiber 
soll  sich,  dasz  er  solches  gehört  und  heschriben  hab,  mit 
seinem  tauf  und  zunamen  selbs  auch  underschreiben,  art.  182. 
ebenso  :  im  dem  ankläger  u.  *.  w. 

c)  dieselbe  apposition  oder  Verbindung  findet  häufig  stall, 
enitreder  um  das  er  durch  den  arlikel  mit  dem  nomen  näher 
2U  erklären  oder  diese  durch  ein  vorgesetztes  er  zu  beleben: 
er  der  herr  soll  zwischen  uns  richten ;  auf  ihn  den  könig 
vertrauen  wir;  er  der  dritte  gieng  zu  den  feinden  über  (war 
der  drille  übergehende) ;  er  der  reiche  weisz  nicht,  was  den 
armen  quält;  ihm  dem  treuen  will  ich  mein  herz  entdecken, 
er  Icutnant  Adam  Kurz.    Erbach  contra  Löwenstein  31. 

d)  das  vorsiehende  er  kann  auch  als  andeulung  oder  an- 
küridigung  des  folgenden  der  genommen  werden,     mhd- 

niil  hurie  vlouger  under  sie 

der  valke.    I'art.  282,  15; 

dar  nach  £r  sicherheile  pflnc 

der  «lolie  dggen  wen  erkani.    382,  6; 

.«in  houbci  er  üf  rihie 

der  wul  gelobeic  wigani.    En.  23,  6; 

vgl.  gramm.  4,  349.    mhd.  wb.  1,  435*.  436*.     nhd. 
er  schwingt  sich  vom  rosse  der  mulige  hcid; 
er  höhnt  ihn  mit  worien  den  armen  gesell. 

e)  noch  häufiger  geht  das  demonstrativ  voraus  und  das  per- 
sönliche prouomen  folgt,     mhd. 

der  junge  »tolze  äne  bnrt, 
sin  ors  und  er  gewäpeni  wart.    Parz,  286,  24; 
der  wenlen  tavelrunder  böte, 
het  er  die  lirafi  niht  von  gote.    380,  12. 
nhd.  der  mond  und  noch  immer  er  scheinet  so  hell. 
GöTiiB  1,230; 
die  glocke  sie  donnert  ein  mächtiges  eitis.    1,  231 ; 
der  kirchhof  er  liegt  wie  am  tage.    1,  229; 
der  lüsterne  knabe 
er  winkt  mir  ins  haus.    1,  33; 

wie  andremal  auch  zwei  demonslrativA  gesetzt  sind: 

der  ihürmer  der  schaut  zu  mitten  der  nacht 

hinab  auf  die  grnher  in  läge, 

der  mond  der  hat  alles  ins  helle  gebracht.    1,  229, 

wozu  man  das  schwed.  dän.  pronomen  vor  dem  verbum  halte, 
welchem  schon  das  nomen  mit  oder  ohne  artikel  vorange- 
gangen war: 

förrn  döden  han  kom; 

hör  huru  hanen  han  gal; 

konuBgsson  han  gangar  sig; 

at  hjorten  den  var  tam. 
diete  überflieszenden  pronomina  eignen  sich  besonders  für  den 
ton  des  Volkslieds. 

f)  tn  verwickelten  und  ausgedehnten  Sätzen  hebt  nach  vor- 
ausgegangnem  wer  ein  weit  dahinter  folgendes  er  die  person 
wieder  hervor:  wer  heute  durch  eine  düstere  novembernacht  sich 
in  der  gcgcnd  des  adelichen  Schlusses  verirrt  hütle  und  bei 
dem  schwachen  lichte  eines  bedeckten  mondes  Ucker,  wiesen, 
baumgruppen,  hügel  und  gebüsche  düster  vor  sich  liegen 
sähe,  auf  einmal  aber  bei  einer  schnellen  wcndung  um  eine 
ecke  die  ganz  erleuchtete  fensterreihe  eines  langen  gebäu- 
des  vor  sich  erblickte,  er  hülle  gewis  geglaubt  eine  festlich 
geschmückte  gpsdlschaft  dort  anzutreffen.  (Jdtiik  22,  83.  hier 
wäre  statt  er  auch  der  zulässig  gewesen,  doch  klingt  jenes 
lebendiger. 

g)  nicht  weniger  Irill  er  etnmi  relativen  der  oder  so  voraus; 

wol  im  der«  arbeiten  mac.    Waltu.  48,21; 

•lue  in  er  an  wiizen  blind, 

der  *elb*i  dem  leufel  geil  ein  kind.    Schwarzriobkrg  140, 1; 

vielleicht  das  er  nicht  zu  verdamncn  ist,  so  wider  die  lere 
des  apostolischen  stuls  redet  Lither  1, 131*.  doch  zieht  die 
heutige  spräche  beidemal  ein  der,  oder  ein  der,  welcher  ror. 
h)  wenn  Locau  2,  &9, 30  sagt: 

die  well  iit  wie  ein  mcer,  ein  jeder  gclii  und  flsclit. 

nur  dasz  den  walfltch  der,  den  »tockn«ch  er  erwischt, 

meint  er  unter  er  soviel  alt  jener. 

t)  Avium  ein  andrer  schrißtteller  bedient  sich  des  er  so  frei 
und  vielfach  wie  KKtstlistieMc.  es  findet  manchmal  seine  stelle, 
ohne  dasz  ein  subject  vorher  gegangen  war,  auf  das  et  sich 
unmittelbar  beziehen  littxe  und  der  Zusammenhang  muis  ihm 


dann  seinen  sinn,  wie  unter  5  gesagt  wurde,  anweisen,  in 
den  Sünden  des  munds  38'  s/e/i(:  zum  ersten  so  geschieht 
böses  wünschen  usz  guter  meinung,  umb  brüderlicher  liebe 
willen,  das  er  gut  werd  oder  das  er  gute  menschen  ungeirret 
lasz.  zum  andern  so  geschieht  es  umb  der  gerechtikeit  willen 
und  liebe  gottes.  er  sieht  das  das  die  meinung  golles  des 
herren  ist,  darum  wünschet  er  im  böses,  dem  willen  gottes 
wil  er  sich  gleichförmig  machen,  hier  geht  das  erste  er  auf 
den,  welchem  angewünsclU  wird,  das  zweite  auf  den  wünschen- 
den, beidemal  aber  ist  das  vorher  unausgcdrückte  subject  hin- 
zuzudenken oder  beidemal  das  er  als  jemand  oder  einer  zu 
verstehen,  die  ältere  rede  fand  sich  leicht  in  solche  Über- 
gänge zurecht,  anscheinend  noch  nachlässiger  geht  bei  Kei- 
SERSBERG  der  sg.  er  hinter  einem  voraus  im  pl.  ausgedrückten 
subject:  etwann  gieng  man  den  frummen  armen  entgegen 
und  name  sie  in  die  hüser  und  gab  inen  zuessen ,  und 
welichem  er  {d.  i.  einer  unter  diesen  armen  leulen)  nicht  wer- 
den mocht,  dem  was  nicht  recht,  aber  ietzundan  ist  es  nicht 
mer.  s.  d.  m.  33*.     dem  gehl  auf  welichem. 

10)  das  pronomen  er  und  sie  richten  sich  ihrem  begriffe 
nach  auf  die  drille  person,  erst  in  der  jüngeren  spräche,  seil 
dem  n  Jh.,  beginnen  sie  auch  auf  die  zweite  erstreckt  zu  werden, 
um  diese  sellsatn  scheinende  ausdchnung  hat  es  folgende  be- 
wandlnis. 

a)  schon  in  den  allen  sprachen  gab  es  ein  pronomen  reve- 
rcnliae,  d.  h.  der  höhere  wurde  nicht  mit  du,  sondern  mit 
einem  namen  angeredel,  der  den  glänz  seiner  würde  ausdrückte, 
vgl.  über  den  Personenwechsel  in  der  rede  s.  11.  12.  zu  diesem 
namen  gesellte  sich  das  verbum  in  dritter  person.  statt  du 
hast  mich  angesehen  sagte  der  unlerlhänige :  der  herr  bat 
mich  angesehen,  oder  mit  beigefügtem  possessivum  zweiter 
person:  deine  gnade,  deine  durchlaucht  hat  mich  angesehen, 

b)  solche  namen  giengen  im  laufe  der  zeit  ihres  gchalls 
veiluslig  und  wurden  zu  leeren  appellaliven  und  titeln,  mit 
herr  oder  mein  herr,  frau  oder  meine  frau,  romanisch  signore, 
sieur,  monsieur  und  madamc,  ecceilenza,  e-icellence  und  an- 
dern mehr  verband  sich  blosz  der  sinn  einer  in  bestimmter 
tage  gebührenden  anrede  und  je  mehr  man  sie  häufle,  desto 
mehr  verloren  sie  an  färbe,  gegen  das  17  jh.  hatte  der  ge- 
brauch dieser  höfischen  Wörter  in  Frankreich  und  Italien  so 
überhand  genommen,  dasz  sie  die  natürliche  anrede  mit  der 
zweiten  person  fast  verdrängten,  im  fall  gehäufter  Wieder- 
holung der  sich  ganz  im  kreise  der  drillen  person  herum- 
drehenden anrede,  musle  aber  auch  das  sie  verlrelcndc  egli 
und  ella,  il  und  eile  genügen. 

c)  in  unsre  deutsche  gesellschaflssprache,  die  von  der  wel- 
schen damals  abhängig  war,  musle  diese  ausdrucksweise  leicIU 
eingang  finden,  so  liest  man  z.  b.  in  dem  freundlichen  ge- 
spräch  zweier  augspurgischcr  burger,  die  beurlaubung  ihrer 
päpstischen  ehehallen  betreffend.  ]ngolstalt\(i09:  nun  sage  mir 
mein  herr.  s.  41 ;  sihet  jetzt  der  herr,  wer  an  diesem  .... 
schuldig  ist.  s.  72;  weisz  der  herr  sich  auch  zu  berichten? 
s.  90;  warumb  sagt  der  herr  aber,  aber?  s.  9t;  und  wol 
lassen  sich  aus  schriflen  dieser  zeit  auch  noch  etwas  frühere 
beispiele  vorbringen,  in  Isac  Winkelfelder,  Augsb.  1617  s.  195 
beginnt  einer  so  zu  reden:  wann  es  dem  herrn  nit  zuwider 
were  oder  er  zu  antworten  nit  bcdenkcns,  so  mücht  ich  gern 
wissen,  wo  der  herr  dabei tnb,  wohin  er  zu  reisen  Vorhabens 
und  was  ungefehrlich  sein  thun  und  lassen  were?  Scrivcr 
schreibt  im  j.  1640  an  eine  vornehme  person:  mein  in  Christo 
Jesu  hochgeehrter  und  geliebter  herr!  ich  zweifele  zwar  nicht, 
dasz  er  seinem  golt  bereits  wird  abgebeten  haben,  seelen- 
schatz  1,  699.  im  Simplicissimus,  Mümpelg.  ineo  s.  276  e= 
Ä.  390  heiszt  es:  der  herr  wird  ihm  belieben  lassen,  vor  mir 
hin  in  busch  zu  gehen,  wofern  er  nicht  als  feind  tractierl 
sein  will,  ich  aber  dummelt  ihn  höflich  fort  und  sa^le,  der 
herr  wird  ihm  nicht  zuwider  sein  lassen  sich  vor  diesmal  in 
die  zeit  zu  schicken;  «.366  »  K,  S02:  ich  weist  nicht,  hrrr 
schwehrvater,  warumb  er  alles  so  widersinns  anstellt,  wenn 
andere  neue  cheleut  copuliert  werden,  so  führen  sie  die 
nilchste  verwandte  schlafen,  er  aber  jagt  mich  nach  der  copu- 
lation  aus  dem  bett  u.  t.  w.;  i.  429  —  Ä.  5S6:  monsieur 
Schönslein  ist  crs  oder  ist  ers  nicht?  im  ;.  1689  schreiben 
lieh  gerichttpersonen  einander:  monsieur,  mon  tr6»  honor<^ 
amy.  hierbei  hat  er  eine  registratur  wegen  Annen  Marien 
Itraunin  bösen  gerüchts  zu  empfangen  . . .  kau  ich  demsel- 
ben ümb  des  leufels  werke  zu  zerstören  ferner  dienen,  werde 
ich  mich  willigst  dazu  fladen  lassen,    ich  verbleibe  meines 


689 


ER 


ER 


690 


hochgeehrten  derren  dienstw.  Jacob  Moritz  Bandelow.  er  wird 
von  allen  lueinigen  gegrQszet.  neue  mitth.  des  thür.  sächs. 
Vereins  9,  S6.    vgl.  90. 

rf)  in  diesen  belegen  sieht  das  er  geteöhnlich  noch  im  ge- 
leite eines  ausgedrüclUen  herr,  als  sich  die  redeweise  einge- 
bürgert halte,  war  dies  nicht  mehr  nölhig  und  das  er  und  sie 
für  du  oder  ihr  konnten  auch  allein  verwendet  werden:  die- 
weil  er  ein  junger  frischer  soldat  ist,  will  ich  ihm  ein  fähn- 
lein  geben,  wann  er  will.  Simpl.  s.  370  =  K.  507.  in  Weises 
erznarren  werden  lebendige  gespräche  auf  diese  weise  geführt : 
Jungfer  Mariegen,  wie  so  allein?  suchet  sie  Johannisbeeren? 
A.  wie  er  sieht.  St.  soll  ihr  niemand  helfen?  A.  was  ich 
pdQcke  schmeckt  mir  am  besten.  St.  sie  bemühe  sich  nicht, 
ich  will  schon  pflücken,  s.  139. 140  und  so  durchgehends  weiter, 
nicht  anders  im  polit.  Stockfisch  von  1681.  Solande.  hat  denn 
eure  Jungfer  auch  rothe  äugen?  M.  wie  er  siebet,  s.  60; 
und  niusz  er  wissen,  s.  62.  die  Verdeutschung  von  Fontenelles 
pluralite  des  mondes ,  gespräche  von  mehr  als  einer  well. 
Lp.  169S  gibt  que  pensez  vous?  welche  frage  an  eine  markgräfin 
gerichtet  ist,  wieder  durch:  was  meinet  sie?  und  croyez  vous 
donc?  glaubet  er  denn?  hier  geht  die  anwendung  der  dritten 
person  weiter  als  im  original  selbst,  die  drille  person  war 
aus  einer  vornehmen  bald  schon  eine  zutrauliche  geworden, 
deren  sich  verlieble,  eheleute  untereinander,  ellern  und  lehrer 
gegen  die  kinder  und  schüler,  wenn  sie  freundlich  und  lobend 
sein  wollten,  bedienten,  ei,  mein  hühnchen,  schäme  er  sich 
doch  I  ehe  eines  weibes  s.  23 ;  herr  söhn,  lasz  er  es  immer 
gut  sein.  s.  126  ;  es  isset  doch  niemand  hiervon,  meine  tochter, 
lasse  sie  mir  solches  bis  auf  den  abend  bewahren,  s.  240 ; 
wie  er  nach  dem  becher  greifen  wollte,  kam  die  liebste  da- 
zwischen, ach,  mein  engel,  sagte  sie,  was  will  er  mit  dem 
ungesunden  wein  in  dem  leibe,  er  gedenke  doch,  dasz  er 
durch  einen  jedweden  becher  etliche  tage  von  seinem  alter 
und  noch  einmal  so  viel  blutstropfen  von  meinem  herzen  ab- 
saufen musz.  ach,  er  thu  den  becher  weg!  Weise  erzn.  18. 
alle  diese  reden  klangen  zu  jener  zeit  natürlich  und  unge- 
zwungen; noch  Schillers  valer  redet  ihn  in  seinen  briefen 
immer  er  an,  die  muller  er  und  du  hintereinander,  beide  er 
und  sie  galten  auch  ßr  vornehmer  und  ehrender,  als  das  seit 
dem  mittelalter  übliche  plurale  ihr,  etwa  wie  franz.  monsieur 
11  höflicher  war  als  der  pl.  vous.  der  altvater  auf  Felsenburg 
2,518  wird  angeredet  mit  er,  916/  aber  nur  ihr  zurück;  auch 
anstatt  uns  der  rector  zuvor  ihr  betitulte,  so  nennete  er  uns 
liei  empfang  des  degens  er.  Leipz.  avanl.  1,  72 ;  der  rector 
und  seine  frau  nennten  uns  nicht  mehr  ihr,  sondern  er, 
dieses  machte  uns  doppelt  stolz.    1,75. 

e)  allmälich  und  im  lauf  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  jh. 
änderte  sich  dieser  verhall,  das  er  sank  aus  doppeltem  gründe, 
einmal  gerielh  man  auf  die  Übertreibung,  deren  selbst  die 
romanische  höflichkeil  sich  nicht  schuldig  gemacht  halle,  dieses 
er  »n  den  pl.  sie  zu  schrauben,  dann  auch  das  verbum  im 
pl.  folgen  zu  lassen ;  für  er  hat  =  du  hast,  er  thue  =  thu 
du,  setzte  man  das  unnatürlich  gesteigerte  sie  haben,  sie  thuen 
für  denselben  sg.  zweiler  person  durch ;  weil  aber  solches 
/'/ura/sie  dem  er  und  sie  des  sg.  noch  überwog,  musle  sich 
der  letzleren  werlh  verringern,  dazu  trat,  dasz  jenes  im  11  jh. 
niedrigere  ihr  =  vos  im  18  wieder  höher  aufgebracht  und  in 
gewissen  fällen  dem  sinn  des  franz.  vous,  engl,  you,  oder  mhd. 
ir  gUiehgeslellt  wurde,  im  Rameau  übersetzt  Göthk  das  vous 
durch  ihr,  nicht  durch  sie,  und  mit  gutem  grund.  heutzutage 
tst  demnach  ihr  zwar  weniger  als  sie  {auszer  in  gedichten), 
allein  mehr  als  er  oder  sie  /.  sg.  wir  reden  jetzt  einen  freund 
wol  auch  ihr  an,  geben  aber  das  er  nur  einem  geringer  schei- 
nenden bauer  und  Handwerker,  wo  sie  zu  viel  scheint,  da  den 
angeredeten  dem  anredenden  zu  sehr  gleichstellen  würde,  wählt 
man  er.  die  feinere  geltung  dieser  pronomina  weicht  nach 
kurzen  zeilfristen  ab  und  bestimmt  sich  anders,  z.  b.  bemühe 
er  sich  nicht,  herr  richter,  heiszl  es  noch  bei  Göthe  14,290; 
80  laszt  euch  bedeuten,  herr  richter.  14,  300 ;  ja  recht  lächer- 
lich sieht  er  aus,  herr  Schnaps.  14,307;  so  gut  solls  ihm  nicht 
werden.    14,307.     scherzhaßen  ton  hat  bei  Gotter  1,82: 

allein.  Iierr  brnutigam,  nehm  er  sich  wol  in  achl, 
lind  werd  er,  nach  der  ersten  nacht, 
kein  niiirrliopr.  duMeo  niusi  er,  ja  selbst  gerne  sehen, 
dasz  junse  Herrn  zu  seinem  wcibchen  gehen. 

«n  gedieht  Bübcebs  an  Gökingk  beginnt  40': 


nun  nun,  verschüit  er  nur  nicht  gar 
das  kiodleio  mit  dem  bade .' 


III. 


und  führt  das  er  weiter  durch,    doch  4o'  mit  riekfall  in  da 
sieh,  was  die  reimerei  beschert, 
die  du  vermaledeiet. 

ein  anderes  erzt  munter  und  zierlich  den  Sperling: 

bons  dies  herr  spatz !    ei  seht  doch  mal, 
willkommen  hier  auT  meinem  saal, 
er  ist  gefangen,  sieht  er  wol.    20*. 

und  so  braucht  man  jetzt  das  er  fast  nur  noch  scherzhaß 
gegen  kinder,  hunde,  vögel:  will  er  gleich  parieren!  will  er 
wol!  und  dergleichen,  wie  eifersüchtig  man  ehmals  auf  die 
abstufung  der  anrede  achtete,  zeigt  folgende  stelle  aus  Wacsebs 
kindermörderin  n'i-,6)  s.  SS :  Uumbrecht:  ich  heisz  Martin  Uum- 
brecht,  metzger  und  burger  allhier  (zu  Straszburg),  und  für 
mein  geld,  das  ich  der  Stadt  abgeben  musz,  heiszt  mich  ihre 
gnaden,  der  herr  ammeister  selbst,  er.  fiskal:  ich  versteh 
schon,  herr  Humbrecht,  er,  sie,  mir  gilts  gleich.  Die  fort- 
schreitende ausgleichung  aller  stände  arbeitet  darauf  hin,  die 
Überreste  des  er  wegzuätzen,  womit  wir  zufrieden  sein  könnten, 
wäre  aus  ihm  nicht  das  noch  unedlere  sie  des  pl.  hervorgegangen. 

f}  natürlicher  als  der  ersalz  zweiter  person  durch  er  und 
die  drille  ist  der  ihm  allerdings  verwandte  durch  den  eigen- 
namen  mit  gleichfalls  dritter  person.  einem  namentlich  an- 
geredeten gebührt  zwar  die  zweite:  Heinrich  komm,  du  bleibst 
lange  aus,  warum  bist  du  nicht  da?  weil  aber  der  andere 
sich  auch  als  dritten  denken  läszt,  so  kann  in  dritter  person 
ausgedrückt:  Heinrich  bleibt  lange  aus,  warum  ist  Heinrich 
nicht  da?  immerhin  die  zweitemeinen,  so  bei  Lessing  1,408  : 
wie  versteht  Lisette  das?;  sie  meint  es  sehr  gut,  Lisette; 
aber  ich  sehe,  Lisette  hat  verstand;  ofl'enbar  ==  wie  meinst 
du  das?  du  meinst  es  sehr  gut,  ich  sehe  du  hast  verstand. 
diese  redeweise  könnte  scheinen  überhaupt  den  Schlüssel  her- 
zugeben ßr  das  er  mit  dritter  person  statt  zweiter,  ohne  dasx 
man  der  erklärung  aus  herr  und  äimlichen  Wörtern  bedürße, 
es  wäre  nichts  als  eine  den  sinn  unverändert  lassende  Ver- 
wandlung der  person.  dann  jedoch  würde  man  nicht  einsehen, 
warum  solche  umwendungcn  in  früherer  zeit  unterblieben  seien 
und  deshalb  musz  es  näher  liegen  dieses  er  unmittelbar  auf 
den  romanischen  Sprachgebrauch  zurückzuleiten. 

g)  man  könnte  die  frage  aufwerfen,  da  männliches  er  und 
weibliches  sie  mit  der  drillen  person  zu  Umschreibung  der 
zweiten  gereichen,  warum  nicht  auch  das  neutrum  es  daßr 
diene?  nirgend  aber  findet  sieh  in  diesem  sinn  es  verwandt, 
worin  ich  eine  neue  bestärkung  der  romanischen  abkunfl  der 
redensart  erblicke,  da  den  romanischen  sprachen  das  neutrum 
erloschen  ist.  denkbar  wäre,  das:,  wie  unter  f)  männliche 
und  weibliche  namen,  ebenso  auch  neulra  in  dritter  person 
statt  der  zweiten  gesetzt  würden,  z.  b.  Lisetlchen,  das  kind, 
das  mädchen  kommt  nicht,  traulich  könnte  wol  mit  es  an~ 
geredet  werden,  nicht  höflich  und  ehrbezeugend  wie  mit  er 
und  sie. 

11)  von  altersher  pflegt  unsere  spräche  die  pronomina  er 
und  sie  substantiviscli  ßir  mann  und  weib,  männchen  und 
Weibchen,  vorzugsweise  der  vögel  zu  gebrauchen,  die  frühste 
stelle  begegnet  schon  im  physiologus:  dannan  von  [der  hyäne\ 
zeilit  physiologus,  daj  i;  {das  thier)  zuei  geslahte  habe,  siben- 
stunt  ist  ig  er,  wilen  si.  Diut.  3,  26  {bei  Karajax  82,  7  undir 
stunden  ist  ej  der  er,  dd  nach  diu  si  ein  vrist);  diu  fulica 
ist  ein  unreine  vogil,  si  nist  ze  frume,  er  noch  si.  in  Wolf- 
RASS  Tit.  64  heiszt  es: 

minne,  ist  da;  ein  Sr*  mahl  du  minn  mir  diulenf 

ist  da;  ein  sie  ?  kumet  mir  minn.  wie  sol  ich  minne  getriulen  * 

muo;  ich  si  behalten  bi  den  locken? 

od  fliuget  minne  ungerne  üf  hant  durch  die  wilJel    ich  kann 

minn  woi  locken, 
«0  der  gedanke  an  einen  heranfliegenden  vogel,  den  man  auf 
die   empor   gehaltne  hand  lockt,    um  so  näher  liegt,    da  auch 
Eros  geflügelt  erscheint,     in  LtcHTE.NSTEiss  frauendienst  434, 2« 
steht  daßr: 

h^rre,  saget  mir,  waj  ist  minne? 
ist  f ;  wip  odr  ist  «5  man  ? 

und  im  gedieht  von  Mai  64,  26 

ist  minne  wip  oder  man? 
190,20:  si  sähen  da;  6j  was  ein  fir  {ein  knabe); 
bei  Hein'Zelm  von  Kosstasz  1802: 

minne  ist  weder  win  noch  man 

und  ist  doch  bi  in  beiden; 

GA.  3,  34  von  dem  gefürchteten  gespensl : 
ist  fij  ein  si  oder  ein  er, 
oder  wie  kumt  e;  geslichen  her? 

44 


691 


ER 


ER 


692 


aber  in  den  geslis  Roman.  K.  s.  11. 12  von  einem  slorchspaar : 
do  (eschach  da;,  daj  die  si  auszoch  {ausbrülete)  zwei  slörich- 
lein  und  der  er  floch  aus,  da  er  nioclil  vinden  speis  seinen 
cbinden  und  der  si.  nu  ist  gaistiicLea  zu  versten,  die  zwen 
storchen,  der  er  und  die  si,  bezaichent  uns  Christum.  Megen- 
BERC  bedient  sich  dieser  ivörtchen  oß,  aber  nur  von  vögeln  und 
pflanzen,  gibt  ihnen  meist  schirache,  einigemal  starke  flexion, 
auch  letigt  er  davon  neutrale  diminutiva.  die  stellen  verdienen 
hier  alle  ausgehoben  zu  icerden :  diu  krilw  speist  (/««erO  irsien, 
wenne  diu  priietl  und  nit  aujOeugt.  178, 7 ;  ej  sint  auch 
etleich  tauben,  wenne  si  ir  gemaheln  verliesent,  dag  si  witibcn 
beleibent,  und  die  Termeident  auch  gemaincn  häuser  der  tau- 
ben, die  ir  gemahel  habent,  da  von  daj  si  (eas)  die  ern 
{mares)  niht  unruoen,  und  Diehent  von  in  und  wortent  in  den 
wilden  reisen.  181,  32 ;  wij;  auch,  dag  under  den  wabteln  mf-r 
em  sint  denn  sien,  und  under  den  vischen,  die  ze  latein 
pectines  haijent,  sint  auch  mer  ern  wan  sien,  aber  under 
den  menschen  werdent  mt^r  dirnkint  peporn  dann  degenkint. 
182,  32 — 183,  3 ;  die  langen  air,  diu  spitzig  haupt  habent,  die 
pringent  erl,  aber  sinwelliu  air,  diu  an  der  spitz  sinwcl 
sint,  diu  pringent  siel.  195,3.4;  er  spricht  auch,  da;  kain 
ai  perhaft  sei,  denn  der  gevogelten  sien  air,  dd  des  ern  säm 
zuo  gemischel  ist.  195,  9 ;  der  vogel  ist  gar  schraiig,  iedoch 
allerraaist  in  der  zeit  der  unkäusch,  als  in  dem  lenzen,  und 
in  der  selben  zeit  speist  er  die  sien  vor  rehler  lieb.  200,3; 
die  sien  werdent  fruhtbsr  allain  von  dem  trabten  des  gailn 
geluvtes.  201,11;  wenn  die  ern  mitenander  streilont  umb  die 
sien.  215,  27 ;  wan  so  der  wint  von  den  ern  wret  zuo  der  sien 
in  der  zeit  irr  unkäusch,  so  gevaet  si  zuo.  216, 10 ;  diu  ander 
aigenhait  ist,  da;  under  der  lai  paumen  {den  patmen)  si  und 
er  ist,  und  der  er  pringt  nümnier  kain  fruht,  man  muojsi 
paid  nähent  zuo  enander  pelzen,  so  dan  diu  reht  zeit  kümf, 
s6  naiget  sich  der  er  zuo  der  sien  und  schrenket  sein  este 
zwischen  ir  este,  und  ie  der  sien  zwen  este  druckent  sich 
ze  samen  und  umbvähent  des  ers  ainen  ast.  dar  nAch  rich- 
tent  si  sich  wider  auf,  wan  so  hdt  diu  si  zuogevangcn  und 
ist  fruhtpaer  worden.  337,8 — 15;  und  ist  {die  alraun)  zwair 
lai,  si  und  er,  und  der  er  hat  pleter  geleich  piejenpletern, 
aber  diu  si  sam  lactukenpleter.  406,  32;  wenn  man  des  krautes 
Wurzel  ain  tail  in  wein  legt,  so  macht  er  dester  nie  trunken 
und  das  tuot  aller  maist  des  ern  wurzel.  407, 23 ;  also  ist 
an  etleichem  gefügel,  di  sint  die  sien  auch  sterker  wan  die 
em.  493,8;  unter  dem  kraut  {arislolochia)  ist  eins  si,  das 
ander  ere.  Ortolphs  arzneibuch  von  1488 ;  wird  er  aber  ein 
schaf  zum  sündopfer  bringen,  so  bringe  er  das  eine  sie  ist, 
on  wandel  {vulg.  ovem  immaculatam).  3  Mos.  4,  32,  wo  die  nd. 
bibel  hat:  dat  ein  se  is,  die  nnl.  dat  cen  wijlken  is;  nu 
hatte  er  alle  thier  geschaffen,  sie  und  er,  aber  seine  sie  und 
geferten  fand  er  nicht.  Luther  4,19';  siehe,  das  ist  eine  sie, 
das  ist  ein  er.    4,  20'. 

In  der  Schiceii :  ists  ein  eher  {wie  Stalder  1,  338  schreibt), 
oder  eine  sie?  ein  mdnnehen  oder  ein  weibchen?  in  Baiern 
er  oder  se?  er  oder  is?  Schm.  1,  121.  3,  182.  in  Hessen 
he  und  sä  für  mann  und  frau,  nd.  heken  und  seeken,  he 
und  sieke  (wie  für  reh  rieke) ;  schon  bei  Arnold  von  Ime.nse.^ 
1735  sagt  gott  zu  Noe: 

gank  an  de  arken  mit  diner  frauwcn, 

dioe  kinder  uodo  or  wif  lät  mit  di  rauwen 

in  diner  arken  dar, 

aller  vogel  unde  d^rle  io  ein  p&r 

van  du8.ser  aller  »rlechie, 

he  unde  se,  <o  deisiu  rechte. 

man  hat  das  nord.  pronomen  han  und  hon  verschiedentlich  auf 
die  Vorstellung  von  hahn  und  huhn  bezogen,  das  mag  falsch  sein, 
stimmen  könnte  dazu,  datz  für  er  und  sie  oß  auch  hahn  und 
sie  steht,  z.  b.  der  hahn  und  die  sie.  Gkllert  3,  397 ;  huhn 
and  sieke  (Dübel  3,183*);  ich  weisz  manchmal  nicht,  ob  ich 
ein  häncben  (/.  hänicben)  oder  sieichen  (bübchrn  oder  mdd- 
ehen)  bin.  causenmacher  81,  wie  auch  nach  Buttmakns  j^ramm. 
1, 160  ÖQvie  zuweilen  die  sie  ausdrückt,  und  wir  er  und  sie 
ganz  besonders  auf  vögel  angewandt  sahen;  Iwides  lag  nah, 
sowol  das  pronomen  auch  von  thieren,  als  thierischr  appel- 
lalira  von  menschen  gelten  zu  lassen,  man  findet  frönlin 
vom  thierweibchen  gesagt,  die  Finnen  setzen  koiras  ja  naaras 
bund  und  hündin  auch  für  das  mdnnchrn  und  weibchen  andrer 
Ihiere.  in  Sehwaben  nennt  das  volk  des  königs  gcmahlin  stii 
{die  Mit),  gleich  unserm  er  und  sie  gilt  auch  den  Slaven  on 
und  ona  für  mdnnehen  und  weibchen,  vgl.  Vim  Montenegro  95. 
w  tiehl  an,    diese  naiven  ausdrückt  m  unserm  allerlhum  wie 


bei  andern  Völkern  aufzuspüren.  Logao  setzte  auch  abslractes 
er,   wie  ich,   als  männliches  subst.,    das  ist  aber  nicht  volks- 

mdszig : 

mein  andrer  ich  ist  tod!    o  ich  sein  andrer  er 
erwünschte  dasz  ich  er,  er  aber  ich  noch  war.    1,84,46. 

ER,  ganz  verschieden  von  dem  vorangehenden  pronomen  und 
aus  herr,  her,  mit  aphaeresis  des  anlauls  entsprungen,  oben 
sp.  52  unter  ehr  bereits  abgehandelt,  hier  mögen  noch  einige 
belege  hinzu  treten,  gnad  und  frid  in  Christo,  lieber  er  doctor. 
Luther  4, 376* ;  ir  Junker  paralogist,  das  ist  er  betrieger. 
4,380";  wenn  man  er  omnes  umbspnst  neerete,  wQrde  er  zu 
mutwillig  und  gieng  aufs  eis  tanzen.  4,220';  mein  lieber 
hcrr  und  freund,  er  Johan  Pomer.  5, 166*,  wo  volles  herr 
und  titelhaßes  er  nebeneinander  stehn;  herzog  Friedrich  von 
Sachsen  und  er  Fabian  von  Feilitz.  5,180*;  lieber  er  pfarr- 
herr.  5, 263*  (vgl.  her  herre) ;  der  pfarrherr  oder  prediger 
teufet  und  bringet  zum  ewigen  leben,  nicht  als  er  Johan 
Pomer,  sondern  als  ein  pfarrherr.  5,454*;  gnade  und  fride 
in  Christo,  mein  lieber  herr  und  gcvatter,  er  canzler.  6,272'; 
denmach  bitten  und  vernianen  wir  euch,  er  pfarrherr,  guter 
freund,  das  ir  euch  zu  N.  feste  darüber  haltet.  6,  352' ;  lieber 
er  doctor,  habt  ir  recht,  so  helfe  eucli  gott.  /iscAr.  370' ;  der 
bette  müssen  ins  fcwer  oder  sonst  verdampt  werden,  wie  er 
Johan  Uten  und  Flecken  und  andern  mehr  geschah.  Luthers 
vorr.  zu  Alberus  barf.[eulensp.  *3*;  das  die  weiber  iren  mün- 
nern  schweigen  und  irem  zorn  weichen  sollen,  gleich  wie  er 
Endres  sagt  u.  s.  w.    Alberds  ehbüchlin  B  1' ; 

er  speismeister,  da  kost  mir  das!    Rebuun  s.  151; 
gleich  darauf: 

herr  breulgam,  horcht  ein  wenig  her; 

späterhin  mit  vorgeschobner  flexion  in  den  nom,: 

ein  sonderbarer  mann 

war  ehren  Lobcsan!    Langbeins  ged. 

nicht  zu  vermischen  dieses  er  mit  dem  zu  dem  nomen  appo- 
nierten  (sp.  687),  obschon  zweifelhaße  fälle  vorkommen  können. 

ER  für  her  kommt  im  14.  15  jh.  nicht  selten  in  den  Par- 
tikeln erab,  ernach,  ernidcr  u.  a.  m.  für  herab,  hernach,  her- 
nider  lor.  bei  Keisersberg  steht  umgedreht  herarbeiten,  her- 
schrecken  für  erarbeiten,  erschrecken  u.  s.  w. 

ER,  eine  ableitung  für  nomina,  verba  und  partikeln,  die 
gewöhnlich  auf  ahd.  ar.  selten  auf  ir  und  ur  zurückgeht,  ir 
noch  im  umlaul,  wo  er  stattfinden  kann,  nachwirkend. 

1)  m.  acker,  anger,  anker,  ärger,  bruder,  eher,  eifer,  eiter, 
finger,  geifcr,  hader,  hammer,  hunger,  jammer,  kaiser,  mar- 
der,  sdiimmer,  Schlummer,  schwager,  sommer,  splitter,  vater, 
widder,  wintcr,  wucher,  zaubcr,  zucker. 

2)  f.  ader,  feder,  leiter,  mutier,  schultcr,  Schwester,  tochter. 

3)  n.  alter,  fuder,  futter,  giltcr,  kupfer,  laster,  leder,  luder, 
messer,  mieder,  opfer,  pflaster,  rüder,  silber,  ufer,  wasser, 
wunder,  zimmer. 

4)  ursprünglich  schwache  m.  haber,  gevatter,  käfer,  vetter, 
Zunder. 

5)  ursprünglich  schwache  f  ammcr,  austcr,  blatter,  elster, 
halfter,  kammer,  naller,  schwieger. 

6)  adj.  ander,  bitter,  euer,  finster,  hager,  heiser,  heiter, 
lauter,  lecker,  mager,  munter,  sauber,  sicher,  unser,  wacker. 

7)  verba,  ackern,  ändern,  ankern,  verbittern,  dämmern, 
eifern,  eitern,  fiedern,  fingern,  verfinstern,  fordern,  füttern, 
gagern,  hadern,  hämmern,  erheitern,  hindern,  hungern,  jam- 
mern, klimpern,  lästern,  läutern,  abmagern,  martern,  ermun- 
tern, opfern,  plaudern,  rudern,  säubern,  schimmern,  srhlum- 
mern,  versilbern,  zersplittern,  wandern,  wittern,  wundern, 
zaubern,  zimmern,  zittern. 

8)  Partikeln  wie  aber,  nieder,  ober,  unter  u.  o.  m. 

ER,  goth.  areis,  ahd.  firi,  mhd.  acre,  eins  ableitung  für  end- 
lose  reihen   von   Substantiven,    welchen    bald   andere  einfache 
substantiva,  bald  verba  zum  gründe  liegen;    im  letzten,  heute 
dem   hüufigsten  fall  entspringen  nomina  agentis  ganz  mit  dm 
im  verbum  selbst  enthaltnen  begriffen :  (Inder,  rcitcr,  Schreiber. 
es    kann   hier  nicht  auf  erörterung  dieser  Wörter,    die  manche 
schwierigkeil  darbieten,  abgesehen  sein,  nur  das  sei  hervonj, 
hoben,    dasz    sie    auch    aus    nnmen  von  lilndem,    ttidlen  i/ 
dörfem   gebildet  werden  und  dann  sehr  oß  im  gen.  pl    "■• 
andern  subst.  erschriiten,   in  der  lUteren  spräche  bald 
gehend    bald   nachfolgend,    so  x.  b.  sagte  man  lehen   I. 
iiurger  Schillinge  oder  zehen  Schillinge  Rrgensburger,  d.  i.  mii? 
die  itegensburger  sie  schlagen  Hessen,     spraehunkundige  halten 


i 


693 


ER 


ER— ERACHTEN 


694 


nun  solche  genüive,  die  überall  unverändert  stehn,  ahd.  Rega- 
nespurgärö,  mhd.  Regenesburgaere  lauten,  für  adjectiva  und 
schreiben  nürnberger  waaren,  frankfurter  geld,  als  sei  das 
hier  auslautende  er  adjeclivische  bildung  oder  flexion,  was 
ganz  ohne  sinn  ist. 

ER,  in  unsrer  deutsehen  adjectivflexion,  gehl,  während  die 
beiden  vorigen  er  auch  gothisehem  R  entsprechen,  auf  golhi- 
sches  S  und  Z  zurück. 

1)  im  nom.  sg.  m.  blinder,  guter  sieht  es  zur  seile  des 
goth.  blinds,  güds,  lal.  caecus,  bonus,  gr.  rvf/.ö;,  äya&ös, 
lit.  aklas,  geras.  anstand  macht  das  ahd.  plinter,  kuoter, 
dessen  langer  vocal  von  dem  kurzen,  golh.  sogar  ausfallenden 
vocal  der  übrigen  abweicht,  sucht  man  in  dieser  flexion  das 
einverläbte  pronomen  er,  goth.  is,  wie  im  n.  blindes,  ahd. 
plintaj,  goth.  blindata  unverkennbar  das  analoge  es,  ahd.  ez., 
golh.  ita  steckt,  so  zeigen  sämtliche  pronomina  gleichfalls  kurzen 
vocal.  dies  ahd.  plinter,  gegenüber  goth.  blinds,  zu  erklären 
ist  bisher  noch  nicht  gelungen,  doch  ähnlich  schiene  ihm  auch 
plintiu,  mhd.  blindiu  neben  golh.  blinda.     mehr  anderswo. 

2)  der  gen.  sg.  f.  blinder,  ahd.  plinterä,  goth.  blindaizös 
vergleicht  sich  dem  pronominalen  irä,  goth.  izos  und  das  Sr 
in  plinterä  liesze  sich  zu  dem  im  nom.  m.  plinter  halten, 
obschon  dem  goth.  blindaizus  kein  blindais,  sondern  blinds 
zur  seile  steht. 

3)  der  dat.  sg.  f.  blinder,  ahd.  plinteru  entspricht  wiederum 
dem  pron.  iru,  goth.  izai,  wovon  sich  das  goth.  ady  blindai, 
güdai  bedeutsam  entfernt,  eine  Vermutung  über  dieses  blindai 
habe  ich  Germ.  3, 153  aufgestellt. 

4)  der  gen.  pl.  aller  drei  geschlechler  blinder,  ahd.  plintero 
ist  wie  irö.  golh.  aber  unterscheiden  sich  blindaize  blindaizö 
blindaiz^  ganz  wie  ize  izu  ize. 

ER  in  unserm  pl.  häuser,  lämraer  ist  keine  flexion,  son- 
dern eine  paragoge,  welcher  die  flexion  noch  hinzutritt,  daher 
der  dat.  pl.  häusern,  läinmern,  ahd.  busirum,  lempirum  lautet, 
ein  solches  paragogisches  is  bietet  sich  im  golhischen  nicht 
dar,  vermuten  liesze  sich  husiza,  lambiza,  im  dat.  busizam, 
lambizam.  oberdeutsche  mundarten  hängen  das  er  manchmal 
schon  dem  sg.  an:  air,  aier  ßr  ei. 

ER  in  unsern  comparativen  blinder,  minder  lautet  ahd.  sowol 
plintöro  als  minniro,  goth.  blindoza,  minniza  und  nicht  anders 
zeigen  es  die  adverbia.  der  ursprüngliche  character  des  R 
in  er  ist  also  auch  hier  S,  wie  sich  aus  den  anschlieszenden 
Superlativ  formen  blindest,  mindest  bestätigt,  in  er  =  eher, 
ahd.  mhd.  Sr,  goth.  air  kann  R  nicht  comparativisch  sein, 
wol  aber  das  S  in  airis  {obensp.il),  wie  es  im  Spruche  heiszt: 
eiris  säjun  idisl. 

ER,  gekürzt  aus  oder,  einem  vorangehenden  nomen  ange- 
lehnt, wurde  sp.  114  besprochen,  es  liesze  sich  eine  menge 
von  beispielen  sowol  zu  dem  vollen  oder,  als  zu  der  kürzung 
nachtragen:  ein  tanz  oder  zween.  Galmy  138;  ein  rath  oder 
drei.  166 ;  ein  jar  oder  zwei.  183.  200 ;  ein  monat  oder  zween. 
196;  ein  pferd  oder  zwei  hundert.  Schade  pasq.  3,109;  ein 
silbern  heiligen  oder  zwen.  3,  HO ;  ein  tausent  Schweizer  oder 
sechs.  3, 82 ;  ein  guldin  oder  hundert.  3, 217 ;  mit  einem 
guldin  oder  zehen.  Fbane  weltb.  130*;  gestunt  ein  wochen 
oder  vier.  Schreiber  bundschuh  100 ;  ein  licht  oder  zwei  aus- 
blasen.   Felsenb.  4,  213 ; 

ein  eier  oder  drei,  die  jeizt  erst  sein  gelegei. 

Opitz  rufte  des  gem.  402, 
wo  eier  der  vorhin  angeßhrte  sg.  ist.     durch  diese  oder  icer- 
den  die  gekürzten  er  desto  sicherer:    ein  wochener  drei;  ein 
meilener  sechs ; 

ein  Schocker  dreiszig.    Gökincx  3,  83; 
merkwürdig  im  Froschmeuseler  Fs': 

nam  tod  den  bucbnüsziein  einer  drei, 
d.  i.  eine  oder  drei. 

ER,  die  partikel,  'goth.  us,  ahd.  ar,  ir,  ur  war  noch  eine 
lebendige,  trennbare  praeposition,  muste  aber  schon  mhd.  dem 
05  wie  nhd.  dem  aus  weichen  (l,  817),  hat  jedoch  in  ihrem 
fortdauernden  untrennbaren  zustand  einen  groszen  umfang  be- 
hauptet. Zusammensetzungen  mit  dem  nomen  halten  das  alte 
Mr  fest  (gramm.  2,  7S7 — 790),  die  mit  dem  verbum  zeigen  nur 
geschwächtes  er  [gramm.  2,  827 — 832),  von  welchem  er  Aier 
allein  gebandelt  wird,  nicht  zu  übersehen  das  ags.  ä  »n  äbile- 
rian,  äbidan,  äbeodan  =  ahd.  irpitaran,  irpltan,  irpiotan. 
einige  mundarten  gewähren  der  für  er  (2, 1011.  gramm.  2,  819). 
den  Ursprung  der  partikel  und  ihre  berührung  mit  verwandten 
sprachen  bespreche  ich  unter  m. 


seinem  begriffe  nach  ist  in  er  die  Vorstellung  von  aus  und 
aufaus,  ein  vorgehen  von  innen  her  gelegen,  daher  sich  auch 
auf  und  er  verstärketid  knüpfen. 

1)  intransitiva :  erstehen,  erwachen,  erwachsen,  erscheinen, 
erblühen,  erglühen,  erschrecken,  erzittern,  erbeben,  erklingen, 
erschallen,  ersterben,  erlachen,  erlöschen,  erfolgen,  zumal 
mit  dem  begriffe  des  werdens:  eralten,  erbleichen,  erblassen, 
ergrünen,  erschwarzen,  erkalten,  erwarmen,  ersauern,  erwei- 
chen, ermatten,  erschlaffen,  erstarken,  erfaulen,  ertrocknen, 
erblinden,  erstummen,  erlahmen,  erstarren,  ersaufen. 

2)  transitiva:  erachten,  erdenken,  ersinnen,  erfinden,  er- 
bitten, erbetteln,  erbrechen,  eröfnen,  erbieten,  erholen,  erfas- 
sen, ergreifen,  ersehen,  >  erwarten,  erfrischen,  erquicken,  er- 
hitzen, erkühlen,  erheben,  erhöhen,  erniedrigen,  erhellen,  er- 
leuchten, erlesen,  erkiesen,  erwählen,  erlangen,,  erreichen, 
erobern,  errathen,  erwerben,  ersingen,  ertanzen,  erfliegen,  er- 
ringen, erlösen,  erfragen,  erspüren,  ersetzen,  erlassen,  erstei- 
gen, erschreien,  erschüttern,  erschwingen,  erörtern,  erübrigen, 
erledigen,  in  diesem  er  liegt  die  von  innen  auf  einen  äuszern 
gegenständ  gehende  Wirkung,  neben  intransitiven  stehen  transi- 
tiva: erkalten  und  erkälten,  erweichen  molliri  und  erweichen 
mollire,  erwarmen  und  erwärmen. 

3)  berührung  mit  ent,  gegen,  dem  erspringen,  erstehen 
nährt  sich  entspringen,  entstehen,  dem  erwachen,  erblühen, 
entwachen,  entbiühen,  doch  von  entledigen,  entübrigen  suchten 
wir  erledigen,  erübrigen  zu  unterscheiden,  auch  entlassen  steht 
ab  von  erlassen,  in  entfliegen,  entgehen,  entsetzen  liegt  ein 
dem  erfliegen,  ergehen,  ersetzen  fremder  privativbegrif. 

4)  auch  von  ver  unterscheidet  sich  er.  man  sagt  erhellen, 
erleuchten,  aber  verdunkeln,  verfinstern,  ver  drückt  das  sdilechte, 
misralhene  aus.  dem  erbieten  ist  verbieten,  dem  ertanzen 
vertanzen,  dem  erbitten  verbitten,  dem  ersehen  versehen  ent- 
gegengestellt, doch  liegt  erfaulen,  erkälten,  erspüren  nahe  an 
verfaulen,  verkälten,  verspüren,  eralten,  erarmen  nahe  an  ver- 
alten, verarmen,  und  zwischen  der  älteren  und  neueren  spräche 
mögen  beide  partikeln  oß  wechseln,  unser  heutiges  vergessen 
hiesz  mhd.  ergejjen. 

5)  nach  Adelung  wäre  erbauen,  erlesen,  erlöschen  edler  als 
aufbauen,  auslesen,  auslöschen;  es  liegt  aber  ßr  uns  in  dem 
er  eine  grüszere  abstraction  und  die  Zusammensetzungen  mit 
auf  oder  aus  klingen  sinnlicher.  \ 

6)  unsere  composita  mit  ent  waren  minder  reich  ausgestattet 
als  die  niederländischen  mit  ont;  daßr  steht  die  nnl.  spräche 
gegen  uns  zurück  in  denen  mit  er,  sie  besitzt  nur  wenige  und 
mischt  es  noch  niit  her. 

ERAR,  deorsum,  herab :  anno  1493  do  hatten  di  elstern  ein 
nest  gemacht  zu  Erfort  in  der  prediger  kloster  in  deme 
cruczegange  uf  einem  boume.  die  monche  zubrochen  das 
nest  alle  zu  mole,  do  machten  di  elstern  ein  ander  nest  uf 
den  knouf  des  tormes  . . .'  die  monche  bestatten  so  feie,  das 
si  einen  ebenturerman  {waghals)  erforsten  und  worden  mit 
deme  eins,  was  er  nemen  wolde  und  wolde  uf  den  torm 
stige  bi  den  knouf  und  wolde  das  nest  er  abe  nemen.  Stolle 
thür.  ehr.  s.  186 ;  denn  werden  zu  mir  erab  komen  alle  diese 
deine  knechte  und  mir  zu  fuszen  fallen.  2  Mos.  11,  8 ;  wenn 
er  na  wider  erab  gieng,  so  recket  er  seine  band  aus.  Str. 
50, 22. 

ERABENTEUERN,  audere:  ihre  vorzöge  sind  erabenteuert 
{avanturiert).    Hippel  6, 105. 

ERABER,  was  erab  : 

wenn  ich  denn  schon  eraber  fiel, 
was  kan  mir  das  geschadet!  viel  ? 

Alberos  controfactur  B  1'. 

ERABSCHNEIDLICH,  nicht  herabschneidlich,  sondern  ehr- 
abschneidlich,  nacA  sp.  53  =  ehrabschneidig.  erabschneidliche 
wort.  Keisersberg  s.  d.  m.  bO* ;  ein  mensch,  das  do  understot 
ein  gilt  leben  zu  uberkummen  und  zu  füren  und  got  anhebt 
ernstlich  zu  dienen  und  es  zücht  sich  ab  von  bösen  erab- 
schnidlichen  worten.    bilger  76*. 

ERACHTEN,  reputare,  censere,  existimare,  erwägen,  ahd. 
irahtön,  mhd.  erahten. 

ahd.  ni  mag  man  thaj  irdrahiön, 

noh  luaaues  muat  irahtöo.    0.  V.  22, 9; 

mhd.  e;  ist  hie  din  mäc  Raguel,  der  hat  niuwen  ain  tohler 
und  diu  ist  dier  erahtöt  {zugedacht)  mit  allem  iers  vaters  gut. 
Grieshaber  pred.  2, 18 ;  du  ensolt  dier  nieht  fürhten,  da?  du 
din  tohter  im  gebest,  wan  er  ist  der,  dem  si  rchte  erahtöt 
ist.  2, 19 ; 

44* 


695 


ERACHTEN  —  ER  AISCIIEN 


ERALTEN  —  ERARBEITEN 


696 


derst  da  belegen  als6  vil 

daj  6j  njemen  kund  erahten.    U7i.  256,3; 

ein  mnn  sol  erahten  nihi, 

wie  lange  im  re  leben  geschiht, 

6r  sol  halt  erahten  da;. 

wie  er  lebe,  er  tuot  baj.    v>.  gast  5457 ; 

und  nie  ein  liCrre  driu  dinc  erahten  sol  an  dem  rdte.  u>.  gasl 
frosavorr.  s.  414; 

ich  wil  die  sterne  mit  der  zal 

einrehien  und  ertrahten, 

6  man  kiinde  erahten 

die  beide  die  da  lägen.    Geo.  5393. 

nhd.  Ton  goit  enhlel  {voraus  bestimmt),  alte  weisen  I9i' ;  alles 
das  von  gott  erachtel  und  geordnet  ist.  Maaier  107';  si  ist 
mir  worden  und  eracht,  hanc  mihi  expelivi,  contiyil;  dieweiln 
wir  nicht  wissen  oder  erachten  konten,  wer  er  were.  Ayrer 
proc.  2, 12 ; 

wan  ers  (gott)  woll  als  glich  han  eracht, 

er  heit  wol  nit  dann  rosen  gmachi.    Drant  57,  61 ; 

laszt  erholen      oftemiolen 

leider  so  betrübten  schall, 
und  mit  machten      lieT  erachten 

seine  marter,  pein  und  qiial.     Spee  trulzn.  276; 

wie  leicht  zu  erachten  ist.  Wieland  1,  193 ;  es  ist  leicht  zu 
erachten,  wie  «.  s.  w.  2,  24S ;  so  viel  hei  liche  sachen,  als  er 
oülhig  erachten  mochte.  2,  2t ;  alle  die  anordnungen,  welche 
nach  der  gegenwärtigen  beschaffenheit  des  reichs  zu  dessen 
Wiederherstellung  und  wolstand  am  zuträglichsten  erachtet 
werden.  7, 193 ;  unter  Tifans  regierung  ereignete  sichs  zwei 
oder  dreimal,  dasz  die  stände  für  nüthig  erachtet  hätten,  dem 
könige  eine  solche  Vorstellung  zu  thun.    7, 198. 

EIIACHTEN,  »I.  opinio,  sententia,  dafürhalten :  vergeben  sie 
mir,  sagte  donna  Felicia,  meines  erachlens  würde  ihre  er- 
zählung  sehr  dabei  gewonnen  haben.  Wiela.nd  12, 147 ;  dieses 
mein  erklärtes  erachten  ist  der  einzige  grund.  Fichte  grund- 
2üge  34;  nach  meinem  unmaszgeblichen  erachten. 

ERACHTüiNG,  f.  consideratio,  reputalio,  erwägimg:  ist  es 
kein  wunder,  dasz  sie  ungelehrt  sind,  in  erachlung  dasz 
solchs  ir  profession  mitbringt.  Fisciiart  bienenk.  204';  nach 
erachtung  der  taglang  jederzeit  im  jar  soll  die  festung  zu 
rechter  zeit  abends  verschlossen  werden.  Kirchhof  diso.  mil.  l!i. 
früher  auch  erachlung  gottes,  fatum,  Schickung.  Maaler  107'. 

ERACHZEN,  ingcmtscendo  vexare: 

dein  treues  Adelsdorr  crechzt  sich  im  verlangen, 
es  ruft,  es  seufzt  nach  dir.    Gü.nther  649; 
ich  sterbe  dir,  und  soll  ein  fremder  sand 
den  oft  durch  dich  erechztcn  leib  bedecken, 
so  gönne  mir  das  letzte  liebespfand.    909. 

beidemal  steht  eregtzt,  eregtzten,  wofür  andere  drucke  ergetzt, 
ergetzten  setzen,  in  der  zweiten  stelle  gäbe  ergetzen  sinn, 
nicht  in  der  ersten,  s.  abächzen,  aufächzen,  durchächzen, 
zerächzen. 

ERACKERN,  agrum  colendo  impetrare:  im  schvveisze  des 
angesichts  ein  dürftiges,  sklavisch  erackerles  brol  essen. 
Herder.    Stieler  18. 

ERÄFERN,  retraclare,  iterare,  vgl.  äfern :  dise  schäntliche 
gedecbtnQs  {der  päbslin  Agnes)  nit  wider  zii  eräfcrn,  unibgon 
die  bäpst  dise  strasz.  Frami  c/iron.  290";  wir  wollen  aber  die 
vergleichung,  die  weil  die  vor  beschrieben,  hie  nicht  wieder 
eräfern.    Thurneisser  von  wassern  211. 

ERÄFERL'NG,  f.  relractalio :  mit  eräferung  und  widermel- 
dung  seines  geschwenks.    geschwenk  Bvbelii  g. 

ERAHNEN,  ERAHNÜEN,  praesagirc,  divinare: 

der  gedank  eralindet  den  gedanken 

ehe  noch  die  lipp  ihn  offenbart,    üürgrr  97*; 

als  er  ehemals  diesen  poetischen  oufenthalt  habe  erabnden 
können.    Tieck  14. 155. 

ERÄHREN,  EREHREN,  exarare,  erackem,  erpflügen,  Stie- 
ler 16:  wilt  du  ein  häuslich  weih  haben,  so  must  du  selbst 
auch  ein  guter  bausmann  sein  und  nicht  in  öinem  tag  mehr 
»erzehren,  als  dein  pOug  in  i'-iner  wuih'^  kan  er.ihren.  riifi- 
DlU  1,  S42; 

wer  mehr  will  venehrn, 

dann  sein  pflüg  ma^  erchrn, 

der  mu»i  zuleizt  verderben, 

oder  am  galgen  aierhen.    Gabtniri  proverb.  93'; 

dieweila  *o  «chwer  alt  löblich  i>t, 

habhaflig  gut  fi-in  wol  bewahren, 

alt  waa  erahren  und  erfahn-n. 

laut,  itarh.  nach  IliOOTKOBB  114. 
ERAISCHEN,  »,  ereitcben,  erhrinchcn. 


ERALTEN,  senescere,  veterasccre,  von  menschen,  bäumen, 
Sachen,  ahd.  iraltfn: 

in  jugundi  ward  si  witua, 
mit  thisQ  iraheta.    0.  1.  16,4; 

jar  eraltet  ze  wintere.    N.  Cap. 

mild,  dö  Isaac  eraltöte, 

daj  gesiune  imo  tunchlöte.    üiut.  3,72; 

ja  ne  wil  ich  niemer  des  erallen.    MS.  1,  53*; 

da  kan  von  järcn  nieman  eralten.  ilSH.  3,  46S". 
nhd.  losue  was  alt  und  voller  alters  und  der  herr  sprach  zu 
im,  du  hkt  eraltet  und  langer  tag  [vulg.  senuisti  et  longaevus 
es),  bibel  1483, 106".  Jo«.  13, 1,  wo  Luther  :  du  bist  all  wor- 
den und  wol  betaget;  ich  bin  eraltet  und  übergeendes  alters 
(ego  senui  et  progressioris  aetatis  sum).  iio*.  Jos.  23,2  [bei 
Luther:  ich  bin  alt  und  wol  betaget);  alles  fleisch  eraltet 
als  das  heue  und  das  fruchtber  laub  an  dem  grünen  bäum. 
Sir.  14,  IS ;  nu  bedunkt  mich,  dieweil  ich  erallen,  so  acht 
man  mich  nll  meher,  dann  vor  einen  halben  menschen. 
Aimon  s5';  ersieht  ein  einsidels  heusgin,  fast  erailet.  v4': 
mancherlei  trübsal  gelitten  und  ertragen  hell  und  sich  nun 
gar  eraltet  sähe.  Bocc.  1,111*;  wann  ich  dann  eraltet  bin. 
1,305';  als  du  mich  sihest,  eraltet  bin.  2,174';  sol  ich  des 
warten,  ich  dabei  eraltet  (senescercm).  Boce.  1535,  127*;  und 
sich  nun  gar  eraltet  sah  (giä  vecchio  veggendosi).    47; 

wann  der  leim  eraltet 

am  bolz,  die  feder  erst  stark  haltet.    Fisciiart  ehz.  7; 

ein  wein  ist  besser,  wann  er  eraltet,  der  ander  aber  ist  bes- 
ser neu  oder  aber  im  most  zu  trinken.  Sebiz  511;  welche 
bletter,  so  sie  ein  wenig  basz  eralten,  was  grüner  seind. 
Thurneisser  inß.  wirk.  25;  den  über  die  25  jähr  eralleten 
Weibsbildern,    nothgedr.  ausschr.  3, 107  ; 

denn  wer  mit  huren  will  haushalten, 

wird  arm  aus  reich,  musz  jung  eralton.    Pbiland.  1,469; 

zeit,  die  du 

machst,  dasz  all  augenblick  auch  wir  mit  dir  eralten. 

RoapLSR  5; 

Cicero  saget,  das  ein  ides  übel  bei  seinem  Ursprünge  leicht- 
lich  unlerzudrucken,  wann  es  aber  eraltet,  werde  es  zu  stark. 
BüTSCHKY  kanzl.  422 ;  wann  der  husten  eraltet,  ist  er  gewis- 
lich  als  eine  der  beschwerlichsten  krankheilen  zu  heilen, 
HoHBERG  3.  2, 208'.  heute  gleich  dem  einfachen  allen  fast  un- 
gebraucht und  durch  alt  werden  umschrieben. 

ERANGELN,  hämo  adipisci  und  figürlich  tandem  impetrare  : 
nach  langem  harren  einen  fisch  erangeln;  diese  kürze  des 
sterblichen  lebens,  in  der  man  das  unsterbliche  erangeln 
muste.  J.  P.  Jubels.  128;  diese  kindliche  Unbefangenheit  ... 
die  keine  geständnisse  erangclte.    Ilesp.  3,  luo. 

ERÄNGSTE.N,  angere.  Mathesius  schreibt  derengslen:  und 
das  herz  dcrengstet  sich  und  fraget  sich,  wie  es  für  gottes 
angesicht  bestehen  könne.    159*. 

ERÄNGSTIGEN,  dasselbe. 

ER.\RBEITE.N,  labore  acquirere,  elaborare. 

1)  mhd.  und  ir;  dan  kCiiuc  crarbeitenl  mit  iuweriQ  sweije. 
Rerth.  13t. 

2)  nhd.  wo  mit  hast  du  so  gro;  g&l  gewannen,  oder  wo 
mit  hast  du  ej  erarbait?  gesta  Rom.  K.  39;  wärs,  das  der 
hübner  einer  also  reich  würde  uf  der  wildluibe,  und  das  er 
darauf  erarbeite,  das  er  einen  schalden  möchte  geladen,  ueislh. 
1,466;  ein  mensch,  der  da  gut  werden  wil,  der  lert  {lernt) 
in  eim  jar  mer  in  moralibus,  weder  sunsl  in  zehen  jaren. 
vil  davon  lesen  und  hören  und  die  hend  nit  in  teig  stuszen, 
das  ist  blaw,  kalt  ding,  die  kunst  wachset  nicht  selb»  in 
dem  menschen,  mnn  milsi  die  erarbeiten.  Keisersberc  s.  d.  m. 
41* ;  aber  das  musz  in  der  schule  erarbeitet  und  gelerl  wer- 
den, selenpar.  107';  und  alles  das  er  erarbeitet,  gewinnt  und 
überkomel,  das  nimpl  sein  herr.  13s' ;  sshet  euch  für,  das 
wir  nicht  verlieren,  was  wir  ererbeitel  haben.  2  ep.  Joh.  s ; 
erarbeiten,  elaborare,  grosz  arbeit  nemmen.  Maaler  107*;  sirli 
das  wülschmeckendste  gericht  durch  die  würze  des  erarbei- 
teten bungers  noch  mehr  vcrsüszen.  Gellert...;  alles  geld, 
was  er  erarbeiten  konnte.    Tieck  tischt.  1, 16. 

3)  sich  erarbeiten,  sich  mühen,  abmühen,  arbeiten,  abarbeiten: 
do  Rüben  erhört  dis  ding,  er  erarheit  sich  in  zu  lösen  )nilebalur 
liberare  eum  de  inanibus  eoruin).  bibel  von  14>3,  23*.  l  Mos. 
37,21  (Lt^THER,  wolt  er  in  au»  ircn  henden  erretten);  da  halt 
ich  kein  n«l  mer,  weder  da»  ich  mich  schier  erarbeitet  mit 
studieren.  Platrrs  leben  ed.  Ilaldingrr  107,  iro  Fechters  autg.  40 
mich  zvast  arbeitet.     >   '    M>mkh  lou*. 


697 


ERÄRGERN — ERARNEN 


ERARNEN— ERÄUGEN 


698 


ERÄRGERN,   was   ärgern,   offendere,   sich   erSi^ern  irasei: 
sich  über  jedes  wort  heimlich  erärgem.    J.  P.  Tit.  2,  32. 
ERARMEN,  ad  egestatem  redigi,  verarmen: 

ditz  lant  ist  so  erarmet.    Helbling  15,  733. 
nhd.  das  er  rerzert  sein  gut  und  hab. 

bisz  er  zu  leisten  gaV  erarml.    Waldis  3,  92; 

von  dem  ich  hofnung  hab,  das  er  reich  werde  oder  warten 
sei,  das  er  erarme.  Fischart  ehz.  486;  und  haben  wir  in 
diesem  land  woi  erfahren,  dasz  deren  etliche  sind,  die  soviel 
saufen  können,  dasz  ein  ganzes  dorf  darüber  musz  erarmen 
und  zu  gründe  gehen.  Philand.  2,  237 ;  die  hernach  erarmet 
widerumb  sind  zu  gesundheit  kommen.  2,  469 ;  wie  die  kauf- 
leut  erarmten  und  banquerotierten.  Simpl.  Vogelnest  cap.  23 ; 
der  sich  der  armen  annimmt,  kann  niemal  erarmen.  häufig 
heiszl  es  im  11  jh.  unsere  erarmte  unterthanen,  die  erarmten 
leute.     noch  Rädleis  244',  Stei.nbach  1,  37. 

ERÄRMEN,  faeere  pauperem,  arm  machen.    Maaler  107'. 

ERARNEN,  poenas  luere,  elaborare,  mereri,  verdienen,  entgel- 
ten, gleichviel  mit  dem  einfachen  arnen  (1,  563),  das  sich  allmä- 
lich  verlor,    die  Zusammensetzung  erarnen  erhielt  sich  länger, 

mhd.  zebrach  ich  ie  din  gebot, 

da;  bän  ich  barde  garoei.    En.  273,  25; 

evä  Gyburc,  süe^e  wip, 

mit  schaden  erarnet  wart  din  lip.    Wh.  14,  30; 

ir  liget  hie  ungewarnet, 

daj  ir  noch  biule  erarnet.    334,22; 

da;  eg  erarnen  müese  Kriembilde  man.    Kib.  S07,  3; 

kum  ich  ze  wer,  e;  muo;  sin  h'p  erarnen, 

der  mich  mit  striie  niht  verbirt.    HS.  2,  3S*. 

nhd.  sagte  man  besonders  'sauer,  übel,  theuer,  schwer,  hart 
erarnen':  er  hat  uns  säur  erarnet  mit  seinen  bitteren  leiden. 
Keisersb.  has  im  Pfeffer ;  das  er  wider  tugent  tet,  die  er  also 
säur  erarnet  hat.    selenparad.  52*; 

got  der  die  schelmen  hat  so  säur  erarnl. 

Mdh-IKR  schetmenz.  M,  12 ; 

ach  gott,  was  Schadens  entstünde  daraus,  er  selber  must  es 
hemachmals  erarnen.  Aimon  b  2';  bei  sanct  Niclaus,  ir  sollent 
es  erarnen,  schnöden  lecker  I  l4*;  sein  tod  soll  theur  erar- 
net werden.  Fierabras  E  6 ;  des  müssen  sie  darnach  mit  drei- 
fachen schmerzen  büszen  und  mit  lenge  der  zeit  in  dem  bell 
erarnen.  Lirius,  Schvfferlin  53';  denn  aus  seinen  wunden 
flieszen  warlich  (wie  man  vorzeiten  auf  die  brieve  mahlete) 
die  sacrament,  und  hat  es  warlich  theuwer  erarnt,  das  man 
in  der  ganzen  weit  solch  ampt  hat  zu  predigen.  Llther 
5, 174' ;  so  hoch  und  thewer  erarnt.  175' ;  Christus  hetle  es 
wol  mügen  behalten  und  nicht  so  thewr  dürfen  erarnen 
{gedr.  steht  erarnlen).  1S&';  fünvar,  wer  so  geschickt  ist,  als 
du  bist,  der  kan  leichtlich  auf  sich  alle  ehr  bringen,  die 
ander  redliche  leute  thewr  erarnt  haben.  6,149";  andere  leute, 
das  ist  die  lutherischen,  so  solche  freiheit  thewr  erarnt  haben, 
sollen  unter  des  bapsts  zwang  und  öffentlich  erkandten  lügen 
bleiben.  6,  152*;  das  man  den  lieben  herrn,  der  uns  mit 
seinem  eigen  blut  so  thewer  hat  erarnt,  so  lesterlich  sol 
aufs  maul  schlahen.  6,320';  sein  wort,  das  er  auch  durch 
sein  blut  erthewret  und  erarnet  hat.  8, 108'.  br.  5, 138 ;  gar 
thewer  erarnt  und  erworben,  tischr.  125'.  161".  260';  es  ist 
erarnt  gut.  Acricola  spr.  n'  735;  es  musz  alles  erarnet  werden. 
kluge,  treise  reden  74';  die  armen  kranken,  die  ir  brol  nit 
mögen  erarnen.  Fbask  chron.  359' ;  und  (der  son  gottes)  leben 
und  gerechtigkeit  uns  durch  sich  wider  erarnen  und  im  wort 
verkündigen  werde.  Matbesils  3';  und  weil  er  {Adam)  sein 
brot  nun  selber  erarnen  solle.  8";  es  heiszt  auch  die  natur 
das  ameiszlein  nicht,  das  sie  das  irige,  das  sie  mit  gott  und 
sauer  arbeit  erarnet  und  oft  an  irem  maul  ersparet,  dem 
müszigen  unzifer  solle  fürstrecken.  24';  die  uns  der  vatter 
in  Jesu  Christo  erarnet  und  geschenket  hat.  52';  welche 
er  auch  mit  seinem  theuren  blut  erarnet.  124*;  die  königin 
soll  man  verbrennen  auf  einer  hurten,  damit  solt  sie  erar- 
nen den  mord,  so  sie  gethan  hette.  buch  der  liebe  90";  sie 
müssen  dieses  nachsuchen  erarnen,  dasz  es  inen  selber  leid 
sein  wird.  92, 1 ;  bat  er  mir  schon  etwas  geben,  so  hab  ichs 
wol  erarnen  müssen.  Wirsu.nc  Ca/i5/us  z2;  darumb  so  müssen 
wir  uns  der  kunst  alchimia  nit  entschlagen,  dann  einmal 
musz  es  erarnet  werden.  Pabacelscs  chir.  sehr.  33';  das 
«.'rarnete,  liebe  volk,  das  gott  dienet.    Reiszker  Jer.  1,47*; 

was  ich  lang  zeit  erarnet  han.    II.  Sachs  III.  1,196'; 

hart  erarnet  ist  botenlon.    V,  3(;7' ; 

es  thut  uns  diese  fabel  warnen, 

das  wir  uns  gaie  künst  eraroen,    Waldis  2,21.  bl.  86'; 


so  viel  von  deiner  kunst  erarnt, 

dich  für  deim  eignen  schaden  gwarnt.    3,36.  bl,  154*; 

ich  förcbt  das  vil  meng  bidermann 

noch  gar  übel  müsz  erarnen.    Körnci  volkä.  12; 

mit  warnen  warstu  gut,  sei  ferner  gut  mit  warnen, 

so  wirstu  dorte  glänz  und  segen  hier  erarnen. 

LOGAC  1,  232,66; 
dasz  er  . . .  erarne  eine  riiterkron.  laut,  tearh.  Bboote.  14; 
erarnen  und  erwerben.  Harnisch  von  Fl.  113.  272;  erarnen 
und  davon  bringen.  207;  wann  sie  ihr  leben  mit  schwerer 
saurer  mühe  und  arbeit  verschleiszen,  sich  um  ein  wenig 
rothe  erden,  -die  sie  doch  nit  mitnehmen  können,  die  hüll 
härtiglich  zu  erarnen.  Simpl.  K.  847 ;  du  hast  dein  lebtag 
viel  abenteurliche  invention  ...  der  klugen  weit  vorgestellet 
und  hast  doch  bei  keiner  nichts  beständig  gewisses  erarnet 
und  erworben.    1009. 

Es  fällt  auf,  dasz  ein  in  der  spräche  so  feststehendes  tcort 
im    18  jh.   gänzlich    ausstirbt,    hätte  sich  Lcther  seiner,    wie 
anderwärts,  auch  in  der  bibel  bedient,  es  würde  gedauert  haben, 
der  vocab.    variloquus   hat  herarnen  adquirere,    Frisics  466'. 
492'  erarnen  elaborare,  exantlare,  eftenio  Maaler  107';  Hemscb 
902,  44  erarnen,  erpQugen,  erähren,  mit  übel  zeit  und  groszer 
arbeit  vollbringen,    was   wolt   ich   dran  erarnen  ?    quid  inde 
aravero  ?,  hert  erarnet  gelt  gehet  zech  {zähe)  heraus,  Stieler  18 
schreibt  den  Hemscb  aus.  Frisch  1, 35'  den  Maaler.   Dasypodics, 
Denzler  setzen  das  wort  nicht,     es  scheint  auch  in  der  oberdeut- 
schen Volkssprache  wenig  fortzuleben,  denn  Schneller  1, 118  gibt 
nur  alte  beispiele,  doch  hat  Scbmid  27  erarnen,  Stalder  2,  491 
erarnen.      bei  Adeldsg  und  Campe  findet  es  sich  nicht  mehr. 
ERÄSCHERN,  was  abäschern,  abeschern  1,  35 : 
früh  eh  er  in  die  kirrbe  gieng, 
er  sehr  eräscbert  zu  ihr  trat, 
und  sie  um  ein  glas  wasser  bat. 

Lknz  im  musenalm.  179S  s.  75. 
ERATHMEN,  anhelare,  schwer  athmen,  aufathmen,  einathmen : 
nun  schon  wieder 
den  erathmenden  schritt 
mühsam  berg  hinauf.     Götbe2,  68; 
du  flehst  erathmend  mich  zu  schauen, 
meine  stimme  zu  hören,  mein  antlitz  zu  sehn.    12,34; 
ein  junger  mensch,  ich  weisz  nicht  wie, 
verstarb  an  der  bypocbondrie 
und  ward  denn  auch  begraben.  . 
da  kam  ein  schöner  geist  herbei, 
der  hatte  seinen  Stuhlgang  frei, 
wie  ihn  so  leute  haben, 
der  setzt  sich  nieder  auf  das  grab 
und  legt  sein  reinlich  bnuflein  ab, 
schaut  mit  behagen  seinen  dreck, 
geht  wol  erathmend  [al.  erathmet)  wieder  weg 
und  spricht  zu  sich  bedächtiglich: 
der  arme  mensch,  er  dauert  mich, 
wie  hat  er  sieh  verdorben .' 
hält  er  geschissen  so  wie  ich, 
er  wäre  nicht  gestorben. 

als  Sicolai  die  freuden  des  jungen  Werlhert 
geschrieben  hatie,  vgl.  Göthk  26,232; 
keine  kühlung  war  da  zu  erathmen 
in  den  nächtigen  lüften.    Rückert  67. 

ERAUF  für  herauf:  und  sind  von  dannen  er  auf  gezogen 
mit  freuden,  das  die  stad  tummelt.  1  kön.  l,  45 ;  nach  diesem 
zog  Necho  der  könig  in  Egypten  er  auf  zu  streiten  wider 
Charchemis.    2  chron.  35,  20  und  öfter. 

ERÄUGELN,  duTcli  äugeln  ersehen,  erreichen. 
ERÄUGEN,  ostendere,   manifestare,   ahd.  arougan,    irougan 
Graff  1,126),  mhd.  erougen,    nhd.  ereugen,    auch  geschrieben 
eraigen,  ereigen,    s.  äugen  (1,  801),  eigen  (3,  96),  noch  Rädlei:« 
244  erklärt  'vor  avgen  stellen.' 

1)  transitiv,  ahd.  managiu  guotiu  wSrc  eroucta  ih  iu  fon 
minemo  fater,  multa  bona  opera  ostendi  tobis  ex  patre  meo. 
T.  134,22;  mhd. 

er  stuont,  bette, 

da;  in  got  generte, 

da;  er  ime  da;  wib  erougete.    Diul,  3,  68; 
nhd.  vom  fuchs  man  oft  gesaget  mir, 

wie  er  sei  gar  ein  listig  thier. 

solchs  er  am  banen  bat  ercigt, 

wie  diese  folgend  fabel  zeigt.    Waldis  4,2.  bl.  208^ 

und  gleichwol,  ehe  man  also  weicht, 

siebt  man,  dasz  in  den  lüften  leucbt 

ein  scharfe  liitz,  welche  ereugt 

ein  grosze  flamm,  die  drumb  aufsteigt.    Garg.  285^; 

ob  irgend  noch  ein  menschensohn 

auf  erden  zu  eräugen.    WtcEaitLiN  173 ; 

mein  freund,  wie  ist  doch  das  gemeint, 

das  du  dich  so  verzagt  erzeigst 

und  all  dein  innerstes  ereigsi?    J.  V.  Amdrf-as  ehrentp.  54; 
wenig  eräugen  und  viel  geben.    Melahdkb  l  n*  699. 


699 


ERÄUGEN  — ERAUS 


ERÄüSZERN  —-  ERBÄRMDE 


roo 


2)  reflexiv,  das  ander  stück  von  kirchengütern  hab  ich 
im  auch  angezeigt,  das  in  dieser  zeit,  so  kürzlich  sich  viel 
eräugen,  de  facto  still  zu  stehen  sei.  Luthers  br.  5,133;  zu 
disen  zeiten  ereugt  sich  ein  andere  ketzerei.  Frank  chron.  319', 
vo  oß  auch  schon  ereigen  geschrieben  steht;  der  schein  niusz 
sich  selbs  eräugen  und  an  tag  geben,  kl.  weise  reden  31* ; 
darin  sich  grosze  unrulien  zwischen  Polen,  dem  orden  und 
den  Märkern  eräugetcn.  Michälius  3,366;  welches  sich  nach 
absterben  Luthers  mehr  ereuget  und  geeuszert.  Jon.  Wigandus 
ob  dii  newen  Willenberger.  Künigsb.  1575.  8';  so  sich  eine 
grosze  empörung  eräuget,  dasz  des  beschwerten  creis  und 
der  andern  vier  angrenzenden  creisze  bestimmte  hülfe  da- 
gegen nicht  fürlräglicli.  reichsrec.  von  1555  in  Hipp,  a  Lapide 
de  rat.  stat.  s.  379 ; 

ein  geslirn, 
das  unvermehrlich  klar,  eräuget  sich  darunder. 

WgCKUKRLIN  67U; 

sieh  nn  die  rothen  wangen, 
in  denen  alle  zier  und  ausbund  sich  eräugt.    Opitz  2, 153; 
damals  hat  die  satzuag  mich 
dieseu  segen,  welcher  sicli 
jetzt  eräuget,  schawen  lassen.    S,  Dach  N4; 

zur  rechten  um  die  wiek  eräuget  sich  die  siadt.    .  . .; 
was  in  Cleve  sich  eräugt.    Q2; 
der  Tater  hat  von  ewigkeit 

den  söhn,  sein  biid,  gezeuget, 
der  söhn  hat  in  der  tuil  der  zeit 

im  fleische  sich  ereuget.    P.  Gkrbaiu)  1,3; 

sich  ereugen,  sich  ereugete.  Harnisch  aus  Fleckenland  s.  48. 
197 ;  welches  sich  guten  theils  nur  an  dem  einigen  planeten 
dem  mond  fast  unschwer  eräuget  und  alltäglich  abzumerken 
am  tage  liget.  Simpl.  K.  308 ;  ein  knäblein  von  sechs  jähren, 
darin  sich  eine  gute  art  und  sehr  feine  seele  eräuget.  Scriver 
seelensch.  2,  383  ;  bei  eräugender  krankheit  war  die  mutier  zu 
säumselig.  2,  383 ;  damit  auch  bei  sich  eräugenden  todesrallen 
keine  irrungen  entstehen  mög.  (Bichey)  der  patriot.  2  jahrg. ; 
nu  nu,  wenn  sich  die  gelegenheit  etwa  eräugen  sollte,  so  will 
ich  es  auch  nicht  abrathen.  Lessing  3,  39.  s.  das  folgende. 
ERÄUGNEN,  EREL'GNEN,  EREIGNEN,  contingere,  accidere, 
steht  nur  reflexiv  und  bedeutet  eigentlich  erscheinen,  sich  offen- 
baren :  damit  die  hauptwache  bei  der  band  wäre,  die  allem  Un- 
heil, so  sich  etwa  ereignen  möchte,  vorkäme.  Simpl.  K.  286 ;  eine 
ohngeHihr  einer  halben  elen  lang  sich  ereignende  hosenwunde, 
die  der  Schneider  am  besten  zu  heilen  verstand  haben  möchte. 
1013;  es  würde  sich  unverlangt  ereignen,  wen  ihr  das  Ver- 
hängnis bestimmet  hätte.  Lorensteix  Arm.  2,  217 ;  hette  ich 
mich  ganz  keiner  wankelmütigkeit,  welche  sich  bei  jungen 
cavalliem  gemeiniglich  zu  ereignen  pflegt,  zu  befahren.  Scboch 
stud.  leben  H  2' ;  im  fall  das  gcgentheil  sich  ereigne,  pol.  stockf. 
283;  aus  vilen  sich  ereigneten  geschichten.  Rutschky  l'alni. 
721 ;  cräugnet  so  ein  fall  sich  wieder.  Lessing  2,  225 ;  keiner 
der  Unglücksfalle,  die  sich  dabei  cräugnen  könnten.  2,160; 

ist  der  fall  ein  factum,  hält 
er  sich  wol  ear  in  unsrer  dioces, 
in  unsrer  lieben  Stadt  Jerusalem, 
eräugnet.    2,  302 ; 

nun  wird  sich  gleich  ein  gräulichstes  ernugnen, 
hartnäckig  wird  eg  weit  und  nachweit  läugncn.   Göthe  41, 59 ; 
doch  mag  sich  was  auch  will  ereignen, 
den  eselskopf  möcht  ich  verläugoen.    41, 145; 

wo  beidemal  besser  creugncn  :  leugnen  stände;  du  siehst  dasz 
ich  nicht  nötbig  habe  mich  mit  den  tagesblättcrn  abzugeben, 
da  die  vollkommensten  symbole  vor  meinen  eignen  augcn 
sieb  erSugnen.    an  Zelter  313. 

ERÄUGMS,  n.  casus,  eventus:  glückliche,  traurige  ereig- 
nisse.  neuere  schwimmen  mit  der  richtigen  Schreibung  cräugnis 
gegen  den  ström:  eine  sache  oder  cräugnis.  Engel  ideen  tu 
einer  mimik  1, 147.     ahd.  aroucncssl  /. 

ERÄUGNIJNG,  f.  dasselbe,  ich  meine  den  domherm,  den 
ich  auf  morgen  frühe  neun  uhr  eingeladen  habe  dieser  über- 
natürlichen ereignung  beizuwohnen.    ThIJmmel  4,  110. 

EHAUGUNG,  f.  manifestalio :  diese  handlungen  würden  zu 
ihrer  wirklichen  erilugung  ungefehr  nicht  viel  mehr  zeit  brauchen. 
LesBiKC  . . . 

ERAUS  für  heraus,  oft  bei  LimiER:  die  kricgslcute  aber 
io  Syrien  waren  er  aus  gefallen  und  hatten  eine  kleine  dirno 
weggefürt  2  kön.  5,  2 ;  darnach  zündet  Eck  ein  gröszer  fcur 
an,  welcher  auch  die  bulle  von  Leone  X  craus  drang.  Luthei 
1,2';  da  fleiszet  er  sich  allererst,  des  rechten  Emscrs  grist- 
licb  venland,  zwackt  rraus  meine  wort,  wo  es  in  dünkct, 
tcfamiert  dr«n  seinen  gifl.   1,368*;   gleichwie  der  groste  Lei- 


lige  phariseus  Luce  18  für  groszer  trunkenheit  eraus  koket 
und  speiet  über  den  armen  zölner.  5,355';  ich  wil  es  nicht 
enius  kratzen.  6,7*;  man  wolle  es  denn  böslich  deuten  und 
mutwilliglich  solchen  sinn  eraus  zwingen.  6,  IS';  und  zum 
dritten,  das  man  eraus  faje  und  umb  sich  greife  und  begere, 
das  iedermann  möchte  geholfen  werden.  6,172*;  darumb  feret 
er  auch  frei  eraus  in  aller  Sicherheit  und  spricht,  mir  wird 
nichts  mangeln.  6,  339'.  vgl.  die  mit  heraus  lusammcnge- 
setzlen  Wörter. 

ERÄÜSZERN,  was  das  einfache  äuszern,  nur  selten  ge- 
braucht: dasz  wir  bei  unserra  Schwiegersöhne  das  allerred- 
lichste  gcmüthe  auf  der  ganzen  weit  angetroffen,  welches 
sich  denn  auch,  gott  sei  dank,  nachhero  in  allen  fällen  also 
eräuszert  hat.  Felsenbnrg  1,  298 ;  bei  einer  kleinen  theurung, 
welche  sich  eräuszerte,  ßei  ihnen  ein,  dasz  das  land  von 
einwohnern  überladen  wäre.    J.  E.  Schlegel  5,  360. 

ERBACKEN,  ERBACHEN,  excoquere:  wideriiachen,  erbachen 
brot  =  biscuit.    Fischart  onomast.  118. 

ERBACKER,  m.  ager  hereditate  acceptus. 

ERBADEL,  m.  nobililas  heredilaria. 

ERBAMT,  n.  munus  hereditarium :  besonders  betrachteten 
sie  (die  Valerier)  als  ihres  geschlechtes  erbamt  die  gesetze 
zu  erneuen  und  lebendig  za  erhalten,  welche  die  persönliche 
unverletzlichkeit  des  bürgers  versicherten.  Niebuhr  2,  429  ;  die 
erlAimter  (=  deren  träger)  erhalten  die  reichsinsignien  und 
setzen  sich  damit  zu  pferde.    Gothe  24,  317. 

ERBANGEN,  pavescere :  mein  herz  erbangt,  cor  meum  trepidal  ; 
du  nun  hangest      und  erbangest, 
frommes  thierlein  ohn  betrug, 
zagest,  bebest,      kaum  noch  lebest, 

ruckest  zu  dem  Iciztcn  zug.    Spee  trulzn.  300  (271) 
auf!  zwingt  kein  fehl  dich  zu  erbangen, 
so  nimm  am  tage  mich  gefangen.    1)ürger92'; 
an  jenem  tag,  da  mich  der  fürsienbote 
zur  königswahl  heschied  und  ich  erbangend 
abwehrte  den  erhabenen  beruf.    Uulai^ds  Ludwig  115; 
nicht  mehr  in  unendlicher  Schwermut  verlangt  und  erbangt 

das  gemüt.    Platbn  SO. 

ERB  ANSPRUCH ,  m.  in  der  gerichtssprache :  diejenigen, 
welche  erb-  oder  sonstige  ansprüche  an  das  veiTnögen  zu 
haben  glauben,  werden  hierdurch  vorgeladen  t*.  s.  w. 

ERBANTHEIL,  m.  portio  hereditaria,  erbtheil. 

ERBÄBEN,  parere,  partum  edere,  gignere,  ahd.  irpöran 
(Grafk  3, 145),  mhd.  erbern,  stark  gehend  gleich  dem  einfachen 
peran,  nhd.  büren,  gebären  (1, 1127)  und  eingebären  (3, 184), 
während  entbehren  die  Schreibung  verändert  hat  und  schwach 
flecliert:  die  erborne  friunde.  Walther  30,  35.  doch  begegnet 
von  erbären  nhd.  nur  der  in/'.,  die  dritte  person  erbiert  und 
das  part.  erboren,  nicht  mehr  das  praet.  erbar.  meinen 
vatter,  von  dem  ich  gezeuget  und  erhören,  kenne  ich  nicht. 
buch  der  liebe  210, 4 ;  das  du  dem  herren  im  bimel  drum 
dankest,  das  er  dich  von  mier  erhören,  so  wol  begäbet  halt. 
Plater3;  anzeigen,  wie  und  von  wem  ich  erhören  und  er- 
zogen sige.  ebenda;  das  hus,  darin  ich  erboren  bin.  4; 
wer  zu  Unglück  erboren,  kompt  spat  zu  glück,  buch  der  liebe 
201,  2 ;  und  das  ganz  menschlich  geschlecht  ist  darnach  von 
drien  brüdern  erboren.  Cyrillus  hl.  33 ;  in  uwern  dörfern  und 
wilern  erboren.  Schade  sat.  3,  61,  6 ;  was  von  huren  erboren 
ist  zu  huren  erkoren.  Garg.  29*;  derjenige,  so  durch  den 
glauben  und  sacrament  des  glaubens  aus  Christo  erboren 
ist  ...  das  wir  nit  eigentlich  durch  Christum,  sonder  durch 
den  glauben  und  die  sacrament  aus  Christo  erboren  werden. 
bienenkorb  103';  zum  unglUck  erboren,  grobianus  Ol;  alle 
werk  geschehen  durch  gott,  sie  werden  umb  keiner  andern 
ursach  erboren  {hervorgebracht),  dann  das  uns  gott  damit 
etwas  weiter  will  zu  verstehn  geben.  Paracklsls  1,86';  denn 
von  ihm  ist  alles  erboren,  geschaffen  und  herkommen.  Jac. 
Böhme  ron  den  drei  principien  It ;  in  der  ewigen  gehurt  uud 
unauflöslichem  bände  der  starken  macht  guttes,  wo  sich  das 
ewige  licht  seines  herzcns  crbieret.  13,  30  (s.  145);  die  dracben- 
mutter,  von  welcher  Uneinigkeit  erboren  und  gezeuget  wird. 
BuTscntr  Vatm.  389;  und  will  das  licht  au»,  der  tinsternis 
sich  zum  licht  erbären,  so  ist  der  erste  gradus  da.-*  rothe, 
hieraus  crbieret  sich  das  gelbe,    bei  GOtub  60,  lOl ; 

0  wie  würd  er  in  dem  roeera 

deiner  liebe  neu  orborn.    Tu»  10, 120. 

».  tinerboren. 

ERBÄRMDE,  /*.  misericordia,  ahd.  irparmida  (GRut  l.  4241, 
mhd.  erbarinide,  crberinde  {wb.  1,  fio'),  nhd.  schwankend  er- 
bärmde,  crbärmd,  «bannte,  erbcrind,  crbürmbd:    der  kaiser 


701 


ERBÄRMDE  —  ERBARMEN 


ERBARMEN 


702 


. . .  alles  sein  leid  vergasz,  mit  groszer  erbermd  dem  her- 
zogen den  tod  seines  lieben  suns  und  allen  seinen  hasz  und 
zorn  vergab.  Aimon  c3*;  on  zweifei  mich  wird  Magis  on  alle 
erbermd  erstechen,  n  l';  het  er  uns  in  der  klemmen,  er  würd 
kein  erbermd  mit  uns  haben.  A3';  dieser  red  entpfieng  der 
könig  ...  ein  grosz  erbärmbd  (n.)  und  mitleiden  mit  dem 
treuen  vater.  Lirius,  Sclivfferlin  10' ;  also  das  auch  die  Römer 
solchs  zu  erbärmbd  bewegt.  Frank  chTon.  38';  tregt  ein  er- 
bärmde.  A7.  weise  reden  134' ;  ein  erbärmbdt  mit  eim  haben,  dag 
er  eines  todes  nicht  sterbe,  buch  d.  l.  227, 1 ;  der  ritter  mit  seiner 
jungfrauwen  grosz  mitleiden  und  erbärmbd  tragen  thete.  255, 4 ; 
der  ritter  mit  seiner  klag  seinen  gesellen  zu  groszer  er- 
bärmbdt bewegt.  Galmy  1S2  =  bucli  d.  L  61,  3;  ich  mag 
mich  zu  dem  kerker  Ton  erbärmde  wegen  nimmer  genahen. 
308 ;  denn  im  sein  herz  anfieng  in  erbärmbd  gegen  der  her- 
zogin  zu  bewegen.  315 ;  darob  er  so  groszes  erbermbd  {hier  n.) 
hett.  Amadis  178;  und  also  beschlosz  er  bei  sich  selbs,  ihr 
dieser  enterbten  und  vertriebnen  armen  prinzessin  eilend  und 
erbärrad  anzuzeigen  und  zu  vermelden.  39i ;  als  nun  aus  er- 
bärmde der  viele  der  leut  zu  weichen  gebeten,  sol  solch 
meerfräwlin  dem  meer  zugekrochen  sein.  Fofer  fischt.  105'; 
welches  du  doch  aus  naturkindlicher  Deigung  und  erbarmte 
zu  thun  schuldig.  Garg.  210';  und  sie  aus  erbärmde  sagte. 
Pbilander  1, 144; 

hett  er  mit  diesem  ihm  jelzund  geholfen  nicht, 
so  war  er  obn  erbärmbt  stracks  worden  hingericht. 

Werders  Ar.  22,  19 ; 
der  graf  kann  sich  hierauf  des  weinens  nicht  entbrechen, 
mitleiden  und  erbärmbt  ihn  in  das  herze  stechen.    23,170; 
dise   wort,   sampt   der  holdseligen   aussprach   und  zwar  be- 
trübten,  doch   überaus   schönen   und   anmutigen  gestalt  der 
frauen,  zwangen  mich  zu  solcher  erbärmde,  dasz  ich  ihr  pferd 
beim   zügel  nahm  u.  5.  w.   Simpl.  K.  718 ;   derowegen  fiengen 
sie  viel  eine  jämmerliche(re)  klag  an  als  zuvor,  also  dasz  es 
einen  felsen  zu  mitleiden  und  erbärmde  hätte  bewegen  sollen. 
Vogelnest  1,  8 ;   manche,   die   sich  solchermaszen  zur  erbärmd 
treiben  lassen.  2,  5.     Stieler  55  hat  das  worl  noch,  Steinbach 
1,  67  erbärmnde,  im  IS  jh.  erlischt  es.     s.  auch  das  einfache 
bärmde  1, 1134.     Lachmann  nimmt  ein  mhd.  diu  erbarme  an  : 

dem  erbarme  git  geselleschaft.    Parz.  465,8; 

da  kere  dine  erbarme  zuo.    Wh.  1, 11; 

din  erbarme  künde  in  bringen 

an  diu  werc.    2,  30, 
ro  doch  in  den  lesarten  erbärmde,  erbermde  überwiegt. 

ERBARMEDICH,  n.  kyrieeleison,  miserere:  das  erbarmedich 
singen. 

ERBARMEN,  mtsereri,  ahd.  irparm^n,  mhd.  erbarmen,  tro/iir 
1,  558.  1134.  1135  ein  Ursprung  aus  bearmen  und  aus  barm 
erwogen  wurde,  jenem  scheint  barmherzig  =  goth.  armahairts 
=  misericors  zuzusagen  und  die  häufnng  zweier  sinnlichen 
begriffe  barm  sinus  und  herz  cor  nebeneinander  gäbe  anslosz. 
doch  armen  amplecli  und  barmen  gremio  suscipere  verleihen 
der  andern  herleitung  gewicht,  man  hätte  anzunehmen,  dasz 
in  armahairts  und  barmherzig  der  erste  theil  früh  abstract 
geworden  wäre,  auch  streitet  farm  im  nd.  entfarmen,  nnl. 
ontferraen  (1,1134)  wider  die  deulung  des  B  in  barmen,  er- 
barmen aus  der  partikel  be.  erbarmen,  auf  die  person  des 
erbarmenden  bezogen,  würde  innere  rührung  und  bewegung  im 
busen  und  herzen  ausdrücken,  wo  es  auf  den  bemitleideten 
gienge,  ursprünglich  in  die  arme  fassen,  auf  den  schosz  nehmen 
besagt  haben  können  ;  doch  nach  erfolgter  abstraction  der  Vor- 
stellung dürße  auch  andern  construclionen  der  weg  geöfnet 
worden  sein,  merkwürdig  heiszl  es  in  Schades  sat.  und  pasq. 
2, 133  ich  mag  nit  mer  {trinken),  also  bin  ich  erbarmet,  was 
doch  bedeuten  musz  im  busen  weines  voll. 
1)  erbarmen  ohne  person: 
schändet  euren  Christ 
mit  fluchen,  das  zurbarraen  {zu  erbarmen)  ist. 

Ki.tGWALD  taut.  warh.  90 ; 
ach   es   ist  zu  erbarmen  =  erbärmlich,    pers.  rosenth.  6, 1. 
bei  hinzugetrelnem  artikel  Idszt  sich  auch  ein  subsl.  annehmen: 
es  ist  zum  erbarmen ; 

das  beer  war  zum  erbarmen.    Schillbr  342'; 

und  zum  erbarmen  vcrblühn  ihr  in  gram  die  reizenden 

Wangen, 
80  zum  erbarmen  entrann  ancb  Odrsseus  äugen  die  thräne. 
Od.  8,  530.  531. 
heiszt  es:   das  ist  um   zu  erbarmen,   so  ist  der  acc.  einen 
leicht  hinzu  zu  denken. 

wehe,  weh  mir!  ruft  die  arme 

janiniprnd,  groszer  Zeus  erbarme!    SCHILLIR  60* 
litte  gleichfalls  hinzufügung  von  dich. 


2)  mit  dem  acc.  der  person  des  erbarmenden,  folglich  mit 
transitiver  verbalbedeutung, 

ahd.    inan  irbarmeta  ther  döto.    0.  ÜI.  24,  60. 
mild,  den  gast  begunde  erbarmen 

diu  grö^e  not  die  si  liien.    w.  4932; 

nu  erbarmet  in  ir  ungemach.    6407; 

ich  solt  iueh,  frouwe,  erbarmen.    Part.  95,  6 ; 

da;  e;  got  erbarme.    Jtr.  4214; 

da;  müe;e  got  erbarmen.    Walth.  24,  35; 

so  da;  e;  got  erbarme.    Parz.  92,  26. 
nhd.    es  möcbt  ein  (==  einen)  stein  erbarmen.    Hätzl.  78*; 

mich  treibt  des  Jammers  schmerzliche  gewalt.  * 

was  auch  den  stein  des  felsens  musz  erbarmen. 
Schiller  524* ; 

wiewol  in  erbarmet  Tanaquil  und  ire  kinder.  Livius,  Schö/ferlin 
17;  mein  edler  und  lieber  gesell  mich  so  sehr  erbarmet. 
Galmy  26;  als  der  keiser  sie  also  süsziglicb  schlafen  fand, 
erbarmet  sie  in.  buch  d.  l.  2, 1 ;  es  erbarmten  in  die  zäher 
ihrer  äugen.  202,  3 ;  Cnemonem  erbarmet  die  Jungfrau.  204,  4 ; 
i.  f.  gn.  schlagen  mir  es  abe,  welches  mich  sehr  erbarmet 
{schmerzt}.  Schweinichen  1, 196 ;  sie  handelten  so  tyrannisch, 
dasz  es  einen  stein  in  der  erde  erbarmen  mögen.  Grote  Nort- 
heim  s.  136  {urh.  von  1641) ;  aber  nun  leider  gont  alle  ding 
ab  miteinander,  got  {deum)  erbarms!    Eeiseesb.  bilg.  64*; 

obn  alle  gnad  mit  schwert  und  brand, 

erbarm  es  gott  den  berrenl    Ringwalo  tieder  E6*; 

so  stöszt  mir,  gott  erbarms!,  das  gröszie  noch  zu  banden. 

FLEai.fG  116; 
allzuwahr,  erbarm  es  gott!    341; 
Doegs,  dessen  schwert  von  priesierblut  noch  warm 
so  frech  auf  Nobe  fiel,  acb  dasz  es  gott  erbarm  l 
Grtphios  1,  558; 

gott  erbarm  es !  Scriver  seelensch.  2,  264 ;  dasz  es  gott  er- 
baime !  Wielaxd  11,176;  und  mit  ausfallendem  es:  gott  er- 
barme !  Schiller  174',  wo  gott  immer  acc.  bleibt,  külin  steht 
dieser  ausspruch  gotterbarms  {wie  erbarms  und  erbarme  dich) 
selbst  wieder  substantivisch:  der  wohnt  im  gotterbarms  sieben 
klafter  tief  im  elend,    äcerbacu  leben  1,93; 

nachdem  mich  dan  erparmt  ir  schmerz,    fasln.  789,20; 

nein,  das  erbarmt  mich,  wenn  ich  nur  dran  denke. 
Schillbr  220'; 

ach  das  erbarmt 
mich  desto  mehr!    222*; 

seht,  ich  bab 
ein  herz,  der  Jammer  dieses  deutschen  volks  erbarmt  mich. 

382* ; 
Teil,  es  erbarmt  mich,  doch  ich  musz  gehorchen.    539*; 
drum,  wenn  das  eigne  Unglück  dich  nicht  rührt, 
lasz  meines  dich  erbarmen!    5S8*, 

gerade  wie  ahd.  und  mhd.  mit  doppeltem  acc.  Id;  sia  thih 
irbarmen.  0.  IV.  26,  24 ;  die  göttin  wurde  so  roth  hinter  dem 
Schleier,  dasz  es  mich  unglaublich  erbarmte.  J.  P.  herbst- 
blumine  3,  80. 

3)  steht  der  gegenständ  des  erbarmens  im  gen.,  so  wird  die 
Vorstellung  unpersönlich:  es  erbarmet  mich  dein  {miseret  me 
tui),  denn  du  noch  ein  junger  mann  bist,  buch  d.  liebe 'i.~i,l; 

junger  mann,  es  erbarmt  mich  dein.    H.  Sachs  III.  2,38*; 
und  doch  erbarmt  mich  deiner.    Schiller  551'; 

es  Geng  mich  an  unsres  armen  Teutschlandes  zu  erbarmen. 
WiELARD  bei  Merk  2,  74. 

4)  viel  üblicher  ist  das  reflexivum  sich  erbarmen,  so  dasz 
der  acc.  von.  2  hier  zum  nom.  und  die  verbalbedeutung  in- 
transitiv wird, 

a)  mit  dem  gen.,  statt  jenes  die  noth  erbarmt  ihn  heiszt 
es:  er  erbarmt  sich  der  noth.  so  du  aber  dein  sünd  ver- 
trechen  und  verbergen  wilt,  was  sol  dann  gott  sich  dein  er- 
barmen? Keisersberg  s.  d.m.ii';  wem  ich  aber  gnedig  bin, 
dem  bin  ich  gnedig,  und  wes  ich  mich  erbarme,  des  erbarme 
ich  mich.  2  Mos.  33, 19 ;  und  solt  dich  seiner  nicht  erbarmen. 
5  Mos.  13,  8 ;  der  gerechte  erbarmet  sich  seines  viehs.  spr. 
Sal.  12,  8 ;  ah  du  son  David,  erbann  dich  unser.  Matth.  9, 27 ; 
ah  herr,  du  son  David,  erbarm  dich  mein.  15,22;  und  ver- 
kündige inen  wie  grosze  wolthat  dir  der  herr  gethan  und 
sich  deiner  erbarmet  hat.  Marc.  5, 19 ;  vater  Abraham,  erbarme 
dich  mein.  Luc.  16,  24 ;  erbarmt  hast  du  dich  meiner  klagen. 
Gotter  1,  9. 

b)  mit  der  praep.  über:  also  ril  mer  du  gott  dem  herren 
dein  eilend  an  den  tag  legest,  so  vi!  mer  erbarmet  sich  gott 
über  dich.  Keisersberg  s.  d.  m.  14*;  und  über  seine  knechte 
wird  er  sich  erbarmen.   5  Mos.  32,  36 ;    du  wollest  dich  auf- 


703 


ERBARMEN  -  ERBARMIGKEIT 


ERBÄRMIGLICII  —  ERBARMNIS 


704 


machen  und  über  Zion  erbarmen,  ps.  102, 14;  denn  der  licrr 
wird  sich  über  Jacob  erbarmen.  Es.  14, 1 ;  sihe  ich  wil  lakh 
über  seine  wuuiing  erbarmen.  Jer.  30,18;  herr,  erbarm  dicii 
über  meinen  son.  Malth.  n,  15.  man  sagt:  er  hat  sich  über 
die  suppe  erbarmt,  sie  nicftl  verschmdhl,  ausgegesstn ;  erbarmt 
euch  noch  über  die  letzte  Hasche,  leert  sie  aus,  macht  eiiclt 
drüber  her;  wie  erbarmeten  wir  uns  über  das  Sauerkraut  und 
fraszen  es  reine  aus.  Schelmufsky  1,  91. 
c)  ohne  casus: 

der  see  kann  sich,  der  laodvogl  nicht  erbarmen. 

SCUILLEH  618*. 

5)  das  golh,  annan  oder  gaarman  halle  den  acc.  der  ferson 
des  bemitleideten  bei  sieh,  z.  b.  jenes  Marc  5,  l'.t  lautet  hvan 
filu  )tus  frauja  gatavida  jah  gnarmuida  {)uk.  solche  accusa- 
tive  kommen  auch  ahd.  vor,  wie  sich  aus  der  Umstellung  ins 
passivum  mit  nominativen  ergibt:  epano  arparmit  wirdit, 
condescenditur,  er  wird  bemitleidet  (Graff  1,  424),  denn  con- 
descendere  war  mlat.  herabsteigen,  sich  zu  einem  neigen,  mit 
ihm  mitleiden  haben,  was  mehrere  stellen  bei  Graff  belegen 
{vgl.  DiEFENBACH  140'),  in  welchem  condescendere  wiederum 
ein  sinnlicher  ausdruck  für  erbarmen  erscheint. 

mkd.  sit  d.'ij  wir  nu  zerbarmen  sin 

ich  und  der  geselle  min.    Wh.  101,3, 

heisil  doch  :  seit  wir  nun  zu  bemitleiden  sind.  nhd.  vermag 
ich  keinen  acc.  der  person  des  bemitleideten  bei  erbarmen  auf- 
zuweisen. 

6)  statt  des  acc.  des  bemitleidenden  unter  2.  3  begegnet  aber 
ahd.  und  mhd.  auch  der  dativ.  mir  erparm^t  diu  menigi, 
misereor  super  turbam; 

dö  erbarmdt  g;  im  in  nöte.    KiRAJA.N  denkm.  3S,  23; 

da;  ich  iu  sus  erbarme.    En.  25S,  12; 

läj  mich  dir  erbarmen.    Wh.  104,6. 
wahrscheinlich   gibt   es   nhd.   stellen   mit  solchen  dativen  slatl 
der  gewöhnlichen  acc. 

ERBARMEN,  i».  misericordia,  mitleid,  der  substantivisch  ge- 
setzte inf.,  vgl.  das  verbum  unter  1.  ich  bin  des  erbarmens 
müde.  Jer.  15,6;  so  iigt  es  nicht  an  iemands  wollen  oder 
laufen,  sondern  an  gottes  erbarmen.  Rom.  9,10;  so  ziehet 
Du  an  herzlichs  erbarmen,  freundlichkeit,  demut.    Col.  3, 12 ; 

beiregen  bist  du  zum  erbarmen, 

uun  laszi  sie  dich  allein.     Göths  .  .  .; 

bei  golt  ist  kein  erbarmen, 

0  weh,  0  weh  mir  armen!    Bürgir  13'; 

er  hat,  er  fühlt  kein  erbarmen,  mordet  ohn  erbarmen,  bei 
Helvicus  1, 18  erbarms  über  ihn  haben,  gleich  jenem  gotler- 
barms  vorhin  substantivisch,  das  ist  recht  zum  erbarmen,  er- 
bärmlich, zuweilen  steht  erbarmen  als  helfende  that  der  bloszen 
empßndung  des  milleids  gegenüber:  der  weise  erbarmt  sich, 
bat  aber  kein  mitleiden.  Heinse  Ardingello  1,263;  der  held 
eines  trauerspiels  erregt  unser  mitleid,  nicht  unser  erbarmen. 
ERBARMENSVOLL: 

wir  wissen, 
dasz  gegen  un«  sein  herz  erbarmensvoll  oH  bricht. 

ROMPI.ER  140. 

ERBARMENSWERTH:  eine  alte  Jungfer  ohne  geld,  ohne 
Schönheit,  ohne  freunde  und  ohne  verstand  ist  eine  erbar- 
menswerthe  kreatur.    Rarenkr  3, 102. 

ERRARMER,  m.  misericors:  denn  ir  erbarmer  wird  sie 
füren  und  wird  sie  an  die  wasserquellcn  leiten.  Es.  49,  lo ; 
spricht  der  herr  dein  erbarmer.  54,  10;  denn  der  heiT  ist 
barmherzig  und  ein  erbarmer  (vulg.  misericors  et  miserator). 
Jae.  6, 11 ;  weinenden  dank  dir,  erbarmer  im  himmel  I  Schiller 
142*.     t.  allerbamier. 

ERRARMERIN,  f 

ila  nahm  die  erbarmerin  Theiis 
«anrt  den  fallenden  auf.    Vos.i  Uv.  2,  249. 

ERBARMHERZE,  misericors,  mhd.  erbarmhCrze,  vgl.  ahd. 
armbi-rzi,  golh.  armahairts. 

ERBARMIIERZIG,  dasselbe,  mhd.  crbarmherzec,  vgl.  hann- 
hrrzpr,  barmlierzip. 

ERRARMHERZICKEIT,  f.  misericordia,  derbannbcrzicUcit. 
Bing  l(i',  35.     vgl.  barmhcrzigkeit. 

ERRARMin,  misericors:  erbannigen  Herzens  sein. 

KRilARMIGKEIT,  f.  misericordia:  meinet  er,  c«  sei  genug 
zur  h^rritung  gegen  dem  tode,  wann  er  sich  cuszerlicber  cr- 
barmigkeit  befleifizet,  nicht  in  üffentlicbsn  groben  sUnden  lebet. 
BcTSCHkT  kanzl  784 


ERBÄRMIGLICH,  miserandum  in  modum:  wie  er  denn 
auch  nicht  ermangelte,  die  äugen  und  was  sonst  von  den 
reizen  der  kleinen,  runden  frau  das  licht  nicht  scheuen  durfte, 
gar  erbärmiglich  anzuschielen.    Siegfr.  v.  lAndenb.  1, 129. 

ERBÄRMLICH,  tniserandus,  miser,  miserabilis,  1)  erbarmen 
weckend,  kläglich:  es  war  beides  erbärmlich,  das  das  volk 
untereinander  so  gar  erschrocken  und  der  hohepriester  so 
engstig  war.  2  Afdcc.  3,  21 ;  denn  deine  knechte  haben  bebeg- 
lich gemacht  die  steine  derselben  und  haben  erbermlich  ge- 
macht die  erden  derselben.  Luther  1,35';  darum  lerne  hie 
an  diesem  der  zu  Luven  erbermlichen  exempel.  8,383*;  so 
will  ich  zu  erbärmlicher  [mitleidiger)  bewegung  der  menschen 
gemüter  hienach  ein  kurzen  begrif  setzen.  Fro.'hsp.  kriegsb. 
3,176';  unter  den  gemuhlden  gefiel  mir  nichts  besser  als  ein 
ecce  homo  wegen  seiner  erbärmlichen  darstellung,  mit  wel- 
cher es  die  anschauer  gleichsam  zum  mitleiden  verzückte. 
Simpl.  K.  145 ;  dasz  dieser  heilige  mann  so  viel  aus  liebe  zu 
gott  ausgestanden  habe,  dasz  ihr  seine  geschichtc  erbärm- 
licher vorkomme,  als  viele  der  übrigen.  Gothe  16,278;  die 
erzählerin  versicherte  nochmals,  indem  sie  ihre  äugen  trock- 
nete, dasz  sie  eine  erbärmlichere  geschichle  nie  gehört.  16,282; 
dann  entsteht  das  erbärmliche  leere  gefühl  des  todes  in  uns. 
18,119;  ein  erbärmliches  gesiebt  machen. 

2)  untauglich,  unnülz :  ein  erbärmlicher  kerl,  ein  erbärm- 
liches essen;  eine  erbärmliche  Übersetzung; 

l)ist  doch  ein  ehrlos  erbärmlicher  wicht, 

ein  dtiulsches  mädchcn  küsi  dich  nicht, 

ein  deutsches  lied  erfreut  dich  nicht, 

und  deutscher  wein  erquickt  dich  nicht.    Tu.  Körmk. 

ERBÄRMLICH,  adv. 

1)  fast  blosze  Steigerung  des  begrifs  wie  abscheulich,  ent- 
setzlich, erschrecklich,  ungeheuer:  lienge  sie  erbärmblichen 
an  zu  klagen  und  weinen,  buch  d.  l.  247,4;  das  aber  musz 
ich  ihnen  sagen,  dasz  ich  auf  meiner  ganzen  reise  recht  er- 
bärralrch  (zum  erbarmen)  krank  gewesen  bin.  Geilert  4, 172 ; 
ich  sehe  das  mädchen,  itzt  reibt  sie  sich  die  äugen  und  zwar 
erbärmlich.    4, 184 ; 

ach  die  lippe,  die  so  manche  freude 

sonst  genossen  hat  und  sonst  gegeben, 

ist  gespalten  und  sie  schmerzt  erbärmlich.     Göthe  2,96; 

hustet  erbärmlich.  Lenz  1,  307 ;  schrien  erbürmlich.  J.  P.  Fibel 
13 ;  wie  er  sich  da  so  erbärmlich  abquäle,  ßegelj.  1, 10 ;  er- 
bärmlich schön  hat  Brockes  3,699; 

öiz  fanga  die  drei  gselln  dau 
erbärmli  zlachn  oh.    Grübbl  2,  64. 

2)  elend,  schlecht :  er  benahm  sich  erbärmlich ;  die  probe 
fiel  erbärmlich  aus  und  der  esel  ward  ausgelacht.  Lessinc 
1,131;  weil  er  so  erbärmlich  spielte,    i.  P.  uns.  löge  1. 

ERBÄRMLICHKEIT,  f  miseria,  calamitas:  es  war  eine  er- 
bärmliclikeit,  erbärmliche  sache;  die  nemlichen  erbärmlich- 
keitcn,  welche  unter  uns  die  stünde  von  einander  scheiden, 
trennte  auch  den  Römer  vom  Römer.  Schlosser  uelty.  4, 300. 

ERBARMNIS,  ERBÄRMNUS,  f.  und  n.  misericordia:  war 
also  klüglich,  dasz  meiiniglich  ein  erbärmnus  mit  inen  hett. 
b.  d.  liebe  220,  2 ;  ich  danke  gott  dem  allmächtigen  der  groszeu 
erbärmnus  und  gnaden.  269,2;  dasz  so  viel  erbärmnus  mit 
dem  gehabt  ist  worden.  Paracelsus  2,  239';  die  ki-ankcn  haben 
der  erbarmnis  gottes  bcgert.  Reiszmer  Jer.  1,65';  die  wirlin 
hett  heimlich  erbärmnus  mit  diesem  frembden.  KincuuoF 
wendunm.  137'; 

zeuch,  0  herr,  dir  zu  ^emtiin 

dein  erbärmiiis  jederzeit.    Opitz /w.  48; 

dafernc  meine  uoih  dich  zur  erbarmnis  bringet. 

ilorMANNswALDiu  gclr,  sciidfer  ■.  1!^; 
ist  das  erbarmnis  ganz  gestorben?    t.  61; 

wie  ihr  mit  ihm  ein  erbarmnis  gehabt,  von  Birken  A/nri;.  230; 
sähe  mich  an  als  einen  elenden,  mit  dem  man  ein  groszes 
mitleiden  und  erbärmnus  trägt.  .S'imp/.  t.'0(;i>/n.  2,  25 ;  dasz  sie 
das  ganze  himmlische  chor  zum  mitleiden  und  erbarmnis  be- 
wegen können,  pcd.  schulf.  219 ;  werdet  ihr  anders  die  er- 
bärmnus in  eurer  scle  cmplinden.    ßurscHkr  kanzl.  2ü0; 

nehmt  mirs  nicht  iibnl,  junger  herr,  et  isl, 

wcisi  gou,  dio  pure  liehe  und  erbarmnis.    ScBtLLtii  &8Q*. 

in  einigen  der  angezognen  stellen  scheint  erbarmnis  ein  heim' 
liches  einversidndnis  auszudrücken,  was  auch  sonst  in  initleul 
mit  einem  haben,  »ich  über  einen  erbonncn  liegt,  vgl.  mit- 
leidige, barmherzige  «chwcstcr. 


705 


ERBARMUNG — ERBAUEN 


ERBAUEN 


706 


ERBARMUNG,  f.  dasselbe:  auch  war  unter  ihnen  gar  keine 
erbarmung.    buch  d.  l.  10,  2 ; 

auch  die  die  vormals  wol  beschimpften  seine  macht 
hat  der  betrübte  fall  in  tief  erbarmung  bracht. 

Grtphics  1,  291; 
zum  flehen  wandte  sich  der  ungliickselge  knabe, 
und  sagt,  durch  deinen  gott  erbarraung  mit  mir  habe. 
Wbrders  Ar.  19,  11; 
ward   er  gegen   ihn   mit  so  innerlicher  erbannung  bewogen. 
pers.  baumg.  1,  97 ; 

auch  ein  verdienter  fall  Dösz  uns  erbarmung  ein. 
Hagedorn  1,  97 ; 
sie  werden  uns  mit  erbarmung  ansehn,  dasz  wir  uns  mühe 
genommen  haben.  Lessing  3, 28 ;  endlich  werde  ich  erbar- 
mnng  mit  ihnen  haben  müssen,  herr  pastor.  3,  420 ;  barm- 
herzigkeit  und  erbarmung  unterscheidet  Logau  in  der  auf- 
schrift  des  23  Sinngedichts  im  V  buche,  erbarmung  ist  ihm 
das  blosze  unangenehme  gefühl,  welches  wir  bei  der  pein 
eines  andern  empßnden,  barmberzigkeit  aber  ist  ihm  weit 
mehr,  nemlich  die  thätige  beniühung  eines  andern  pein  zu 
wenden.  5,  307  (umgekehrt,  erbarmung  drückt  mehr  das  han- 
deln, barmberzigkeit  die  gesinnung  aus); 

siehe  der  eneel  gekrönte  ihaien,  die  freuden  der  engel 
sind  uns  ziibibar,  allein  die  folgen  der  groszeo  erlosung, 
goites  erbarmungen  nicht.    J/essias  1,  3S8; 
komm,  sei  gegrüszi  in  deinen  erbarmuugen .  gotlmensch, 

minier:    2,60. 
vgl.  2,562.  9,221.  10,440;   mitleiden,  innige  liefe  erbarmung 
flöszte  sie  mir  ein.    Göthe  10, 101. 
ERBARMUNGSLOS,  immisericors. 
EKBAKMUNGSREICH:  erbarmungsreicher  gott.  Fb.  Müller 

1,  93. 
ERBARMüNGSWERTH : 

ach  nie  traf  mein  aug  ein  erbarmuagswertherer  anblick. 

Od.  12,  258. 

'  ERBARMUNGSWÜRDIG:  Freigeister  sind  erbarmungswür- 
dige, elende,  unglückliche  menschen.  Rabe.neb  5, 185 ;  das  ist 
erbarmungswürdig.    Gellert  3,  299  ; 

höre,  Kvkiop,  wofern  dich  ein  sterblicher  erdebewohner 
jemals  fragt  um  des  auges  erbarmungswürdige  blendung. 

Od.  9,  503. 

ERBART,  f.  modus  adenndae  heredilalis. 

ERBARTIKEL,  m.  das  wir  unsern  erbarticul,  das  der  glaub 
an  Jesum  Christum  selig  mache,  daher  wir  den  königlichen 
und  himmeliscben  namen  haben,  das  wir  Christen  heiszen, 
faren  lassen.  .Alberus  wider  Wilzel  C3';  ich  wil  widder  uf 
unsern  erbarticul  kumnien  und  den  mit  gottes  wort  basz  be- 
weisen und  erkleren.  C  4' ;  damit  unser  widdersecher  feind- 
lich bochen  widder  unsern  erbarticul.   De'. 

ERB.AUEN,  exaedißcare,  eislruere,  wie  bauen,  aufbauen, 
auferbauen  in  älteren  schripen  noch  mit  starkem  part.  praet., 

2.  b.  erbauen  und  unerbauen,  wol  erbauen  feld.  Scbmelleb 
1, 136 ; 

im  Wirtenberger  land  da  leit  ein  schlosz, 
das  ist  so  wol  erbauwen.    Uulaxd  29S; 
doch       es  liegt  ein  schlosz  in  Österreich, 
das  ist  ganz  wol  erbauwei.    300. 

erbauen  ist  nachdrücklicher  als  das  einfache  bauen  und  be- 
zeichnet, wie  aufbauen,  in  die  höhe  bauen,  fertig  bauen,  noch 
mehr  kraß  hat  auferbauen. 

1)  land  und  feld  erbauen:  betten  erbauwens  (angebautes) 
feld  und  fruchtbar  erdrich.  Frank  wellb.  222";  ein  land,  das 
nicht  erbauet  ist.  kl.  weise  reden  12l';  und  die  stedte  sollen 
wider  bewonet  und  die  wüsten-  erbawet  werden.    Ez.  36, 10 ; 

sollen  all  unterihenig  sein, 

ihm  erbawen  all  seine  feld.    H.  Sachs  IH.  1,  S3' ; 

wer  seinen  acker  wol  erbauwt, 

und  gott  dem  herrn  allein  rertrauwt, 

der  wird  brots  haben  mehr  dan  enug.    Frischlin  s.  121; 

seinen  beuiel  baue  vor,  wer  ein  wüstes  gut  wil  pflügen, 

wann  das  gut  wird  sein  erbaut,  wird  der  beutel  wüste  liegen. 

LoGAU  2,  220,  59 ; 
da  schier  nichts  anders  sonst  als  kriegen  ist  bekannt 
und  Jagen  wilder  ihier,  da  kein  erbaute  felder, 
da  keine  gfirten  nicht,  da  lauter  rauhe  Wälder.    Romplbr  55. 

2)  fruchte,  kräuter:  ackern  und  etwas  fruchtbarlichs  er- 
bawen.   Fischart  ehs.  "0; 

dies  kraut  das  thun  erbauen 

mit  .sonderlichem  Qeisz 
die  adelichen  frauen 

auf  wolbewusie  weis.    geselUch.  lieder  62; 
halbvergllmmtes  kraut, 
das  ia  Virginien  der  nackte  mohr  erbaut.    Zachiru  1,29. 

in. 


figürlich,  lege  dich  zu  ir,  das  sie  auf  meinen  schosz  gebere, 
und  ich  doch  durch  sie  erbawet  werde.    1  Mos.  30,  3 ; 

wie  Sara  unfruchtbar 
Abraham  gab  ir  magd  Hagar,  „,  .  . 

ein  fruchte  aus  ir  zu  erbawen.    H.  Sachs  111.  1, 1 ; 

ob  nun  gleichwol  alldieselbigen  erbawenen  creaturen  man- 
cherlei geschlechts  ...  aus  dem  samen  formiert  und  gebildet 
sind.    Thürneisser  probierung  der  harnen  1. 

3)  erz  bauen: 

und  hab  ein  hofnun^,  mut  und  herz 
bald  zu  erbauwen  glück  und  erz. 
solichs  der  bergman  reden  kan. 

Thur.'heisskr  ton  wassern  45. 

4)  häuser,  tempel,  brücken:  er  hat  heuser  zu  sich  geris- 
sen, die  er  nicht  erbawet  hat.  Hiob  20, 19 ;  das  ist  die  grosze 
Babel,  die  ich  erbawet  habe  zum  königlichen  hause.  Ez. 
4, 27 ;  denn  er  hat  unser  volk  lieb  und  die  schule  hat  er 
uns  erbawet  [goth.  jah  synagögein  is  gatimrida  unsis).  Luc. 
7, 5 ;  dieser  tempel  ist  in  sechs  und  vierzig  jaren  erbawet. 
Joh.  2,  20 ;  das  wir  einen  baw  haben  von  gott  erbawet,  ein 
haus  nicht  mit  henden  gemacht,  das  ewig  ist  im  himel  (ei 
gatimrjon  us  gut)a  habam).   2  Cor.  5, 1 ; 

es  schwebt  eine  brücke,  hoch  über  den  rand 

der  furchtbaren  liefe  gebogen, 

sie  ward  nicht  erbauet  von  menschenhand.    Schillkr  50*. 

figürlich,  also  sol  man  thun  einem  ieglichen,  der  seins  bru- 
ders  haus  nicht  erbawen  wil.  5  Mos.  25,  9 ;  durch  weise  weiber 
wird  das  haus  erbawet,  eine  nerrin  aber  brichts  mit  irem 
thun.    spr.  Sal.  14, 1. 

5)  innerlich  erbauen :  die  den  glauben  mer  zerstören  dann 
erbauwen.  Fra.nk  weltb.  125*;  mit  was  lehre  er  den  verstand 
geschärfet  und  erleuchtet,  mit  was  Übung  und  erfahrenheit 
er  den  erbauet.  Bctscbktt  fa/m.  260;  grundsätze,  worauf  eine 
gewisse  meinung  erbauet  werden.  Kant  8, 105 ;  da  ihn  (rfen 
verstand)  ja  selbst  die  religion,  wie  er  sich  solche  allenfalls 
erbauen  kann,  im  stiebe  läszt.    Göthe  26,  217. 

6)  besonders  fromme  gedanken  wecken,  das  gemül  erheben, 
gleichsam  höher  bauen,  wie  franz.  edifier:  die  heutige  predigt 
bat  mich  recht  erbaut;  diese  geistlichen  lieder  werden  dich 
erbauen;  seid  gewurzelt  und  erbawet  in  im  und  seid  feste 
im  glauben.    Col.  2,  7 ; 

seel  und  leib 
bei  ihrem  hirten  zu  erbauen.    Gökimgk  1,  70. 

7)  hieraus  gieng  ein  schwächeres  erbauen,  im  sinne  von  zu- 
frieden stellen,  befriedigen,  anregen  und  erwecken  hervor: 

auf  diesen  trümmern  hab  ich  auch  gesessen, 

vergnügt  getrunken  und  geeessen 

und  in  die  well  hioausgeschaut, 

war  aber  wenig  nur  erbaut, 

kein  liebes  kind  gedachte  meiner.    Göthe  4,  146 ;' 

wir  fühlten  uns  als  Deutsche  und  als  Frankfurter  von  diesem 
ehrenlag  doppelt  und  höchlich  erbaut.  24,  307 ;  am  meisten 
war  mir  um  die  zwei  widder  von  erz  zu  thun,  welche,  auch 
nur  unter  diesen  umständen  gesehen,  den  kunstsinn  höch- 
lich erbauten.  28, 121 ;  wenn  der  höher  gebildete  von  dem  ganzen 
kunstwerke  die  einwirkung  auf  sein  inneres  ganze  erfahren 
und  so  in  einem  höheren  sinne  erbaut  sein  will.    33, 171 ; 

spitzbögiger  zeniih  erhebt  den  geist. 

solch  ein  gebäu  erbaut  uns  allermeist.    41,83; 

Meyer  ist  unglaublich  erbaut  von  den  arbeiten  der  älteren 
Florentiner.  Göthe  an  Schiller  192;  wir  sind  von  der  sache 
wenig  erbaut;  dein  betragen  erbaut  mich  eben  nicht; 

ein  junges  weibchen  lobesan, 

seit  gestern  erst  getrauet, 
gibt  einen  klugen  einfall  an, 

der  alles  volk  erbauet.    BCrckr  26'. 

8)  sich  erbauen,  nacfi  den  vorhergehetiden  bedeulungen:  auf 

einer  hohen  schule  im  studieren  sich  wol  zu  erbauen  (excolere). 

pol.  maulaffel;  bei  diesem  prediger  kann  man  sich  gar  nicht 

erbauen ; 

an  unsrer  väter  thaten 

mit  liebe  sich  erbaun.    Uhland  ged.  126. 

9)  noch  erwähnt  sei  eines  ungewöhnlichen  erbauens  bei 
PGterich  (Hacpt  6,59): 

der  diirchleuchiigen  frauen 

Machihlld  mit  nam  genant 

soll  diser  brief  erpauen, 

der  fürstin  wolgeborn  ausz  Bairland, 

45 


707 


ERBAUER  —  ERBBEAMTE 


ERBBECllER  — EBBE 


708 


dem  sinne  nach  zukommen,  zugclangen,  bestellt  werden,  gleich- 
sam wie  man  einen  ndier  bestellt,  da  doch  das  wort  hier  in- 
transitiven sinn  hat.  könnte  die  uralte  gemeinschaft  zwischen 
bauen  und  sein  (1, 1170)  nachzucken,  so  würde  die  bedeutung 
von  sein  oder  werden  vortreten  dürfen. 

ERBAUER,  m.  conditor:  der  erbauen  des  Schlosses.  Fichte 
im  geschl.  handelsst.  43  redet  auch  von  einem  erbaucr  der 
naturproducte. 

ERBAUHERR,  m.  dasselbe,  aber  mit  hcrr  zusammengesetzt, 
wie  bauherr:  einwoner  und  erbauhern  dieses  zeitlichen  lusl- 
baren  paradises.    Garg.  6S'. 

ERBAULICH,  1)  salutaris,  heilsam,  nützlich:  auch  alles 
dasjenige  in  acht  halten,  was  der  teutschen  spracii  erbaulich 
sein  mag.  Philanoer  2,  926 ;  damit  er  auf  alle  fallo  die  zeit 
durch  einen  erbaulichen  discars  mit  ihr  vertreiben  künne. 
pol.  stockf.  rorr.  ; 

erbnuliche  gesetre, 
die  ihr  gebieter  selbst  nicht  hall.    Hagedorm  1,8C; 

führen  sie  mich  heute  in  die  comödie,  es  wird  über  unsern 
text  ein  sehr  erbauliches  stück  gespielt.  Rabeneii  3,  323 ;  er- 
bauliche reden,  lieder,  briefc,  lettres  edißantes; 

0  wie  sie  erbaulich  (fromm,  woltituend) 

auT  ins  dunkel  schaut, 
sich  an  mich  vertraulich 

lehnet  ohne  laut.    Köckert  201. 

2)  oft  ironisch  ßr  widrig,  unangenehm,  unerbaulich :  wenn 
der  graf  schreit,  sterb  die  metze!  oder  den  tod  verdient,  sie 
soll  nicht  mehr  leben!  wie  denn  dergleichen  erbauliche  aus- 
drücke mehr  lauten.  Fh.  Müller  3,220;  da  lest  den  erbau- 
lieben brief.  der  kaiser  hat  execution  gegen  mich  verordnet. 
GüTHE  8,85.  42,109;  mein  anblick  war  ihm  keineswegs  er- 
baulich. 11,127;  ein  erbaulicher  wirt,  der  herr  Steuerrevisor! 
Seume;  das  wird  was  erbauliches  werden. 

ERBAUMEN,  arboribus  privare  ?  und  wer  eine  hübe  erbaumt, 
der  sal  dem  heim  zwifaltige  zins  geben,  weislh.  1, 466.  Sciimelleh 
1, 175  verzeichnet  ein  intransitives  erbaumen,  derbaumen,  ab- 
slehn, verderben,  besonders  durch  feuchtigkeit :  ehe  das  h-olz 
fault  und  erbaumt. 

ERBAUSEINANDERSETZUNG,  f.  diremtio  heredum,  ausein- 
anderselzung  in  bezug  auf  ein  erbe. 

ERBAUSTRAG,  m.  meist  im  pl.  erbausirdge,  freigewählte 
gerichte  der  reichsstände  für  sich  und  ihre  nachkommen. 

ERBAUSZEN  /«r  herauszen,  darauszen:  binnen  dem  dorf 
oder  erbauszen.    weisth.  1,  612. 

ERBAUUNG,  f  nach  den  bedentungen  des  cibauens, 

1)  exstruclio:  das  also  beisamen  ist  die  notige  kirchenlehr 
von  anfang  der  schepfung  bisz  zu  erbawung  der  kirchen  nach 
den  apostcin.  Mela:icutho.x  anrichtung  der  lal.  schule.  Bonn 
1543  a  3' ;  und  falet  gar  wenig  er  hett  erbawung  des  schlosz 
ansteen  lassen.    Aimon  i  l'. 

2)  vis  salubris,  incitamenlum :  dergleichen  wortzank,  die  zu 
keiner  erbawung  thCind.  Frank  wellb.  23';  was  sie  zu  erbawung 
der  gotlesfurcht,  guter  silten  und  wandeis  erfunden.  Opitz 
poeterei  2;  aller  teutscher  aufrichtigkeit  und  reiner  erbauung 
unserer  werten  mutersprach  sich  zu  belleiszen.  Romplers.  14; 
wenn  man  eine  diesem  ausdruck  angemessene  bedeutung 
sucht,  so  ist  sie  wol  nicht  anders  anzugeben,  als  dasz  darunter 
die  moralische  folge  aus  der  undacht  auf  das  subject  verstan- 
den werde.  Ka.nt  6,  385 ;  abdrücke  {geschniltncr  steine),  welche 
in  zierlichen  kästen  auf  das  schicklichste  geordnet  zu  nicht 
geringer  erbauung  vor  uns  stehen.    GüriiB  44,  72. 

ERBAUUNGSBLATT,  n. 

ERBAUUNGSBUCIL  n. 

ERBAUUNGSMITTLL,  n. 

ERBAUUNGSSCIIRII-T,  f  sie  suchten  unter  den  bücliem 
und  fanden  einige  sogenannte  erbauungsschriflen.  GOtme  20,67; 
es  thul  uns  leid,  dasz  diese  Verfasser  die  regeln  einer  erbauungs- 
tchrift  verkannt  haben.    3.%  tl. 

ERBAUUNGSSCHBIFTSTELLER,  m. 

ERBAUUNGSSTUNDE,  f. 

ERBAXT,  I.  erbcxe. 

FBBBANNFR,  n.  vexillum  heredilarium. 

KUI1HANNFIIHKMM,  m.  vriilliftr  hereditarius. 

KhilBANNKKUKRRFNAMT,  n. 

FMItBANNERHKBhKNVV(iRDE,  f. 

FltBIIAU,  m.  fodina  hereditaria,  erbliche  fundgrube. 

EllliflArFH.  m.  colnnus  hereditariut. 

EHBBtAMTE,  m.  ^ui  adminittral  munui  hereditarium. 


ERBBECHER,  m.  poculum  avitum.    Stieler  73. 

ERBBEDIENUNG,  f  was  erbamt. 

ERBBEGIERIG,  hereditatis  accipiendae  cuMdus,  besser  erb- 
gierig. 

ERBBEGRÄBNIS,  n.  sepulcrum  gentilicium:  ich  bin  ein 
frembder  und  eibwoner  bei  euch,  gebt  mir  ein  erbbegrebnis 
bei  euch,  das  ich  meinen  todten  begrabe,  der  fiir  mir  ligt. 
l  Mos.  23,4;  er  verlangte  hier  in  seinem  erbbegräbnis  beige- 
setzt zu  werden.    Thümmel  4,  368. 

ERBBERECHTIGT,  qui  jus  habet  hereditatis  accipiendae: 
erbberechtigte  verwandte. 

ERBBEHECHTIGUNG,  f 

ERBBERFCHTIGUNGSSCHEIN,  m. 

ERBBEREITEN,  n.  bergmännisch,  gerichtliches,  feierliches 
vermessen  eines  grubenfeldcs,  wenn  dasselbe  zur  ausbeulver- 
theilung  gekommen  ist.  durch  selzung  eines  grenz-  oder  lodi- 
steins  wird  der  gang  erblich  gemacht. 

ERBBEREITUNG,  f  feierliche  Vermessung  oder  bereitung 
einer  erbwürdigen  fundgrube. 

ERBBEREITUNGSBUCH,  n.  zur  Verzeichnung  der  einzelnen 
erbbereittingcn. 

ERBBFREITUNGSFELD,  n. 

ERBBEBFITUNGSGEBÜHR,  f. 

ERBBEREITUNGSLOCHSTEIN,  m.  grenzstein. 

ERBBEREITUNGSSPRUNG,  m.  ein  spruiig,  der  dem  Schicht- 
meister oder  lehnlräger  an  der  grenze  gines  vermessenen  feldes 
zu  Ihnn  erlaubt  ist  und  dessen  weite  noch  als  zugäbe  zu  dent 
ihm  erlheilten  feldraime  tritt,  so  wurde  auch  in  andern  falten 
durch  Sprung,  wurf  und  flug  rechtlich  bestimmt. 

ERBBEREITÜNGSWÜRDIG,  s.  erbwürdig. 

ERBBESCHLOSZT,  berechtigt  bürgen  und  sdtlösser  erblich 
zu  besitzen. 

ERBBESITZ,  vi.  der  erbliche  besitz  eines  grundstücks. 

EBBBESTAND,  wi.  conductio  hereditaria,  erbpaclU. 

ERBBESTÄNDER,  m.  erbpächter. 

ERBBESTÄNDNIS,  f.  was  erhbestand:  lehenschaften,  Ver- 
erbungen und  erbbestendnusse.    Frankf.  reform.  2,  7, 4.  2, 15. 

ERBBESTANDSGELD,  n.  pachlgeld  des  erhbeständers. 

EBBBESTANDSGUT,  n.  erbliches  pachtsgut,  schleppender 
ausdruck  für  das  einfache  erbe  orfer  erbpacht. 

ERBBLENDUNG,  f.  offucia  hereditaria:  ketzereien  sind  erb- 
blendungen.    Stieler  195, 

ERBBLICK,  m.  das  gierige  äuge  des  erben  am  Sterbebett 
des  erblassers.     S.  die  tmler  eisblick  ausgehobne  stelle. 

ERBBROTSPENDER,  m.  an  hOfen  der  bischüfe  und  erz- 
bischüfe  ehmals  ein  mit  austheilung  des  brots  und  der  almosen 
an  arme  beauftragter  bcamter.     s.  brotspender. 

ERBBBOTSPENDERAMT,  n.  zu  zelten  des  erzbischofs  von 
Bremen  Johan  lUulc  hatte  es  bereits  aufgehört.  Kobbe  Bremen 
und   Verden  1,  287. 

ERRBUCH,  n.  zu  Verzeichnung  der  erblichen  grundstücke 
eines  orles,  gleichviel  mit  griindbuch,  erdbuch,  sathuch. 

ERBBÜNDNIS,  n.  confraternitas.  Stieler  153,  wo  erbbindnis. 

ERBDACH,  M.  casa  hereditaria. 

ERBDÄCHLEIN,  n.  domuncula :  nachdem  er  für  sein  kind- 
lin  das  gütlin  und  armes  crbdächlin  oder  hSuslin  beschickt, 
auch  wol  bestellen  kann.    Lltuers  br.  5, 107. 

ERBDEGEN,  m.  gladius  patri  gestatus.    StieI-ER  270. 

EBBDEICH,  m.  agger  hereditarius.    Frisch  2,  395. 

ERBDRESCHER,  ni.  dei-  für  den  besitz  eines  kleinen  hauses 
das  gelraide  der  herschaft  zu  dreschen  verbunden  ut,  hof- 
drescher,  zwangdrescher, 

ERBDROST,  ni.  praefectus  hereditarius. 

ERBDROSTEI,  f.  praefectura  hereditaria. 

ERBE,  fi.  heredium,  hereditas,  gen.  erbes,  pl.  ungebräuch- 
lich; manche,  wie  Maaler  107*  schreiben  biosz  erb,  mit  npoeope 
des  e;  goth.  arbi,  gen.  arbjis,  pl.  aibja;  ahd.  eipi,  gen.  crpics, 
erpes,  pl.  crpiu ;  mhd.  erbe,  gen.  erbes.  ;>/.  erbe ;  alts.  erbi, 
nnl.  erf,  gen.  erfs,  pl.  orven ;  ags.  erfc  neben  yrfe,  wovon 
sogleich  mehr,  engl,  ganz  erloschen;  alln.  ohne  auslautendes 
i,  folglich  ohne  umlaut  arfr  m.,  schw.  arf  «.,  dän.  arv.  beach- 
tenswerth  das  entsprechende  läpp,  arbc,  nrbbc,  wozu  /inn.  arpa. 
gen.  arvan  mit  der  bedeutung  snrs  stimmt,  ganz  wie  xXt;^oi 
zugleich  grundstürk  und  erbe  bezeichnet. 

1)  ags.  steht  crfe,  ierfe,  jrfe,  ohne  unterschied,  letzteres  über- 
wiegend, gpsetistellen  sind  gesammelt  bei  Scnmn  «so,  die  be- 
deutung aber  ist  snwol  erbe  ah  rieh.  x.  b.  Scheid  12«  findet 
sich   in   einem   texte   {tu»   libbcndes  yrfe*,    wo  der  andere  on 


709 


ERBE 


ERBE 


710 


cvicum  ceäpe  hat.  nun  gehl  yrfe  sichtbar  zurück  auf  ort, 
welches  auch  sonst  vieh,  niemals  erbe  bedeutet,  man  möchte 
auch  einen  ags.  ursprünglichen  unterschied  zwischen  erfe  grund- 
eigenlhum  und  yrfe  fahrender  habe  ansetzen,  wie  ihn  merk- 
würdig der  Sprachgebrauch  altschwedischer  gesetze  (weder  der 
gothländischen  noch  norwegischen  und  isländischen)  bewährt, 
taka  arf  ok  orf  ist  heres  ex  asse  sein,  liegendes  und  fahrendes 
nehmen,  wie  also  wenn  weiter  auf  goth.  arbi  und  aurbi,  ahd. 
erpi  und  orpi  fortzuschlieszen  wäre?  formel  schienen  sich 
arbi  «nd  aurbi  fast  wie  ahd.  adal  und  uodil  zu  verhallen, 
jenes  allschw.  orf,  urf  drückt  jedoch  nicht  vieh,  pecus  aus, 
sondern  bis  auf  heute  in  allen  nord.  dialeclen  manubrium 
falcis  foenariae,  sensengrif,  den  gegensatz  arf  und  urf  versteht 
Ihre  2, 1012  entweder  von  acker  und  vieh  oder  von  ererbtem 
und  sonst  erworbnem  gut  (s.  hernach  3),  hält  also  orf,  ala 
falcis  2, 293  ganz  davon  getrennt,  zwischen  beiden  bedeu- 
tungen  blickt  gleichwol  Zusammenhang  vor,  weil  das  vieh  ge- 
griffen, gefangen  wird,  faihu  s«  fahan  fangen,  ags.  ccäp,  vieh 
XU  ceäpian,  goth.  kaupon  gehört  und  altn.  gripr  sowol  captura, 
capulus  (==  manubrium)  als  pecus  ausdrückt,  nicht  zu  über- 
sehen, dasz  ahd.  worp  (Graff  4, 1238)  und  bis  auf  heute  noch 
bair.  worb  (Scum.  4, 139. 151),  schwdb.  warb  (Schmid),  in  der 
Schriftsprache  sensenworb  manubrium  falcis  bezeichnen;  frei- 
lich würde  worp  ein  goth.  vaurbi  statt  des  vermuteten  aurbi 
fordern,  bekanntlich  fallt  altn.  anlautendes  v  weg  vor  o,  u,  y, 
doch  erscheint  auch  ags.  nur  orf,  yrfe,  kein  vorf,  vyrfe.  wie 
dem  nun  sei,  diese  Spracherscheinungen  waren  der  angäbe 
werlh,  weil  sie  uralte  benennungen  der  fahrenden  habe  auf- 
hellen können  und  fernere  aufmerksamkeil  verdienen,  vgl.  das 
folgende  erbe,  heres. 

2)  dasz  erbe,  wie  heute  noch  vorzugsweise,  in  der  älteren 
spraclie  überall  von  ererbtem  grund  und  boden  galt,  bezeugen 
die  denkmäler,  es  gleicht  dem  lal.  lieredium,  bortus,  parvum 
praedium  orfer  dem  sp.  heredad,  eredad,  fr.  heritage.  den 
Griechen  war  xli^Qoe  losz,  sors,  goth.  hiauts,  und  dann  das 
durch  losz  zugetheille  erbe,  wozu,  wie  wir  vorhin  sahen,  finn. 
arpa  stimmt,  in  keiner  deutschen  spräche  taucht  diese  be- 
deutung  von  losz  auf  bei  ülfilas  verdeutscht  es  xlrj^ovofiia 
ganz  in  diesem  sinn :  sa  ist  sa  arbinumja,  hirjij)  usqiraam 
iiniua  jah  unsar  TairJ)i|)  })ata  arbi  (rf.  i.  der  Weinberg).  Marc. 
12,  7 ;  afslahain  ina,  ei  uns  Yairj)ui  t)ata  arbi.  Luc.  20, 14 ;  ni 
habaij)  arbi  in  ))ludangardjai  Xr.  Eph.  5,  5.  in  der  ahd.  Ur- 
kunde über  die  Würzburger  mark  bezieht  sich  friero  Francbonü 
erbi  sichtbar  auf  ihr  erbgut,  wie  0.  I.  22,  54  in  m'ines  faler 
erbe  nichts  anders  meint  als  den  ort.  vgl.  freies  erb.  weisth. 
2,  251.     mhd.  slehn  ausdrücklich 

erbe  und  varnde  gaot.    a.  Beinr.  247 

einander  gegenüber,  und  das  verbum  liegen  weist  unmittelbar 
auf  liegendes  eigen : 

nu  ligit  uns  unbitherbi  tha;  unsar  adalerbi.    0.  I.  18,29; 

din  erbe  und  ouch  daj  mine  sulen  geliche  ligen.    Nib.  113, 1, 

wo  CD  laut  für  erbe  lesen;  bidermans  erbe  in  allen  landen 
)lt.  nhd.  der  auf  dem  erbe  pleibet  sitzen,  weisth.  3, 138 ;  der 
so  auf  dem  erbe  geboren  erbet  das  erbe.  3,105;  ob  einer 
verarmt,  das  er  sinen  bew  nicht  geiialten  kan,  sol  er  einen 
schilt  stürzen  uf  sein  erb  oder  gut.  3,  386 ;  wir  haben  doch 
kein  teil  noch  erbe  mehr  in  unsers  vaters  hause.  1  Hos. 
31,  19 ;  denn  ich  wil  euch  ein  land  zum  erbe  geben,  darin 
milch  und  honig  fleuszt.  3  Mos.  20,  24 ;  diesen  soitu  das  land 
austeilen  zum  erbe  nach  der  zal  der  namen.  i  Mos.  26,53; 
nach  den  namen  der  stemme  irer  veler  sollen  sie  erbe  nemen. 
2b,  55 ;  unser  erbe  sol  uns  disseit  des  Jordans  gefallen  sein. 
32, 19 ;  denn  er  sol  Israel  das  erbe  austeilen.  5  Mos.  1,  3S ; 
das  liebe  land,  das  schöne  erbe.  Jer.  3, 19 ;  dis  ist  der  erbe, 
kompt  laszt  uns  in  tödten,  so  wird  das  erbe  unser  sein. 
Marc.  12,  7 ;  lasset  uns  in  tödten,  das  das  erbe  unser  sei. 
Luc.  20, 14 ;  sage  meinem  bruder,  das  er  mit  mir  das  erbe 
teile.  12, 13 ;  denn  das  solt  ir  wissen,  das  kein  hurer  .... 
erbe  hat  an  dem  reich  Christi.  Eph.  5,  5 ;  es  ist  besser  ze 
liden  und  ze  fragen  schweren  hunger  dan  verkoufung  väter- 
liches erbs.    WvLE  tütschungen  (haushalten); 

ein  teil  des  erbes  geben  dar.    ring  32',  20; 
mancb^m  ein  erb  wirt  über  n.ichi.    Br*."»!  94,  25; 
das  best  erb  ist  im  vatierland.    94,33; 

Chariciea  hatte  wol  gemerkt,  das  Cnemon  allweg  ein  aug  auf 
.Nausicii  tochter  geworfen,  merkte  an  Nausicli  auch,  wo  Cnemon 


mit  gut  und  erbe  gefaszt  were,  so  wer  die  glock  schon  gössen. 
buch  der  liebe  205,  t ;  wie  die  waldslromer  ihnen  gewalt  und 
unrecht  eines  erbs  halben  theten.  lebensb,  Götz  von  B.  92 ; 
niemand  sol  ein  erbe  verkaufen  on  wissen  und  willen  seines 
erbherrn,  bei  verlust  des  erbes.  Waisselids  chronica.  König.<ib, 
1584.  107; 

wut,  kein  erbe  zu  haben  im  reich  der  freien,  kein  erbe 
dort,  wo  die  nacht  nicht  mehr  und  die  ungewisheit  umwölke. 

Messias  17, 113 ; 
er  ist  ihr  vater.    'ihr  gemahr.    der  ihnen 
das  gröszte  reich  der  weh  zum  erbe  gibt.    Scbillkr  250*. 

3)  wo  sich  eigen  und  erbe  verknüpfen,  gehen  beide  auf 
liegende  habe,  letzteres  auf  die  ererbte,  ersteres  auf  die  sonst 
erworbene : 

quam  in  eigan  joh  erbi.    0.  II.  2,21; 

6gan  endi  erbi  al  farletun, 

bobös  endi  biwiski.    Hei.  101,22; 

erbe  und  eigen  breit,    cod.  koloa.  260; 

beide  ir  erbe  unde  ir  eigen 

und  dar  zuo  alle  ir  varnden  habe. 

der  tet  si  sich  durch  got  abe.    Kart  10422, 

wo  zur  bestätigung  des  ausgeführten  nach  dem  liegenden  auch 
das  fahrende  eigen  genannt  ist.  man  bemerke  wie  die  älteste 
spräche  eigen,  die  spätere  erbe  voranstellt:  grund  und  poden, 
erb  und  eigen,  weisth.  3,  670 ;  so  noch  in  den  gangbaren  for- 
mein zu  erb  und  eigenen  rechten  verkaufen.  Schweimchex 
2,  47. 165  ;  unser  gut  erb  und  eigen  zu  machen.  2, 167. 170  ; 
auch  das  buch  Kabus  widme  ich  dir  erb  und  eigenthümlich. 
GöTHE  an  Knebel  524,  was  blosz  zur  Stärkung  des  ausdrucks 
gesagt  ist.     s.  auch  oben  sp.  96. 

4)  dem  leben  steht  sowol  eigen  als  erbe  gegenüber  und  be- 
zeichnen vererbbares  allod.  man  sagte  gut  aus  dem  lehn  ins 
erbe  setzen.    Schweimcben  2, 171. 

5)  allmälich  gilt  erbe  auch  von  anderm  als  grund  und  boden, 
von  personen  und  Sachen:  das  du  unser  misselhat  und  Sünden 
gnedig  seiest  und  lassest  uns  dein  erbe  sein  (vulg.  nosque 
possideas).  2  Mos.  34,  9  ;  im  kirchenlied  'wenn  wir  in  höchsten 
nölhen  sein'  v.  8  : 

hilf  uns.  die  wir  dein  erbe  sein, 
du  bist  ja  unser  gott  allein; 

wir  armen  auf  erde,  denen  ihr  erbe 
thränen  sind,  wir  knien  in  dem  staube.    Messias  15,77; 

das  buch 
gehört  ja  ohne  dem  nicht  mir,  gehört 
ja  ohnedem  der  tochier,  ist  ja  so    - 
der  tochter  ganzes  väterliches  erbe.    Lkssinc  2,  335. 

es  ist  uns  ganz  unbedenklich  zu  sagen:  zwei  kühe  waren  ihr 
erbe ;  diese  kleider  sind  mein  erbe ;  dein  erbe  betragt  hun- 
dert thaler;  Gellert  3, 139. 140  sagt:  das  dritte  [gebetbuch  hat 
sie]  aus  dem  väterlichen  erbe  bekommen ;  was  alles  früherhin 
unstatlhaß  gewesen  wäre,  'nicht  anders  galt  lat.  hereditas  von 
jeder  art  von  habe:  hereditate  relictum  quippiam. 

6)  neben  verba  setzen  wir  .statt  des  einfachen  erbe  heutzu- 
tage das  schleppendere  erbschaft,  es  heiszt  nicht  mehr  arbi 
niman,  erpi  neman,  altn.  arf  taka  sondern  die  erbschaft  an- 
treten, nicht  mehr  erbe  lägen,  sondern  erbschaft  hinterlassen. 
noch  bei  Schweijcichen  3, 324  was  vor  erbe  i.  f.  gn.  gelassen, 
wie  hoch  solches  anlaufen  möchte,  in  das  erb  stan,  cernere 
hereditates.  Maaler107';  das  erb  nieszen  oder  nutzen,  tenere 
hereditalem.    ebenda. 

7)  in  vielen  Zusammensetzungen  hat  aber  erb  die  ursprüng- 
liche bedeutung  des  grundslücks  festgehalten,  wie  der  augen- 
schein  lehrt. 

ERBE,  »1.  heres,  gen.  erben,  goth.  arbja,  arbjins  (und  da- 
neben arbjo,  arbjöns  für  erbin),  ahd.  aripeo,  eribo,  erpeo, 
später  erbo,  mhd.  erbe,  altn.  arfi,  gen.  arfa.  allen  übrigen 
rnundarten  fehlend  und  durch  andre  bildungen  oder  Zusammen- 
setzungen vertreten,  läpp,  arbolats.  Iheil  l  sp.  539  unter  dem 
Worte  arbeit  wurde  nun  schon  unser  erbe  zu  dem  allen  slavt- 
schen  sprachen  gemeinen  ausdruck  rab  oder  rob  gehalten  und 
das  zutreffen  beider  nach  dem  für  das  deutsche  und  das  slavi- 
tche  organ  gülligen  gesetz  der  consonantumstellung  ist  unver- 
kennbar, nur  die  verschiedenheil  der  bedeutungen  scheint  an- 
stand zu  machen,  rab  bezeichnet  einen  knecht  oder  hörigen, 
niemals  einen  erben,  umgedreht  unser  erbe  keinen  knecht. 
vermillelnd  wird  jedoch  schon  das  altn.  arfi,  das  neben  heres 
zugleich  den  sinn  von  filius  hat,  wie  wir  sagen  er  hinterläszt 
keine  erben  =  Ainder;  die  benennungen  des  sohnes  in  vater- 
gewalt   und   des   dienenden   in   hermgewalt  treten  aber  oß  in 

45» 


711 


ERBE 


ERBE— ERBEEREN 


712 


einander  über,  man  ertcdtje  |)ögn,  dögan  minister,  subdilus 
neben  ts'xiop  oder  Ttals  und  puer,  velclie  neben  kind  auch 
servui  ausdrücken,  ebenso  knabe,  und  das  böhm.  rob,  robenec 
stfhn  ganz  übtich  für  knabe.  wie  urvencaiidte  sprachen  nack 
ihrer  trennung  in  verschiedne  forhien  ausschlagen,  Iheilen  sie 
oft  auch  unter  einander  die  bedeulungen. 

Hierzu  tritt  etwas  anderes,  wir  sahen  vorhin,  dasz  dem 
finnischen  arpa  die  sächliche  Vorstellung  eines  loszes,  einer 
ruthe,  dem  lappischen  arbo  die  des  eibcs  einwohnt  und  diese 
beiden  sprachen  stellen  ihre  eonsonantcn  der  deutschen  gemdsz, 
nicht  der  slavischen,  vgl.  finn.  anno  mit  goth.  armaiö,  unser 
arm  mit  sl.  ramo.  licht  auf  arpa  warf  das  gr.  yJ.fjgos,  ein 
zweig  tum  messen  und  verloszen  des  erbes,  hernach  das  erbe 
selbst,  wie  das  lal.  sors  in  den  sinn  von  Patrimonium,  d.  i. 
erbe  von  grund  und  bodl'n  übergeht,  nun  heiszt  auch  den 
Slaven  böhm.  rabuse,  serb.  rabosch  soviel  als  talus,  talea, 
freilich  ohne  bezug  auf  erbschaß  oder  besitzergreifung  eines 
grundstücks  und  heute  auf  den  begrif  eines  kerbholzes  einge- 
schränkt, man  darf  aber  stark  vermuten,  dasz  auch  goth.  arbi 
anfänglich  zweig  und  losz  ausdrückte  und  arhi  niman  die 
symbolische  Handlung  war,  durch  welche  der  erbe  eingeführt 
wurde,  wonach  er  bezeichnend  arbinumja,  ahd.  erpinomo  hiesz, 
was  völlig  dem  xXr,got'6fios  entspricht,  ohne  dasz  eins  dieser 
Wörter  aus  dem  andern  geleitet  werden  dürpe,  sie  waren  der 
sitle  vieler  Völker  gcmeinschaßlich.  arl)ja  ist  demnach  zurück- 
zuleiten auf  arbi  und  gleichviel  mit  dem  lebendigeren  ausdruck 
arbinumja.  da  unser  erbe  den  freien  mann,  das  sl.  rab  den 
hörigen  meint,  wird  glaublich,  dasz  von  den  Slaven  das  losz 
auf  die  Übergabe  und  Vererbung  von  grundstücken  an  dienende 
knechte  eingeschränkt  wurd'e.  ob  es  neben  dem  arbinumja 
einen  aurbinumja  gab,  der  bei  der  theilung  das  vieh  oder  die 
fahrende  habe  davon  trug,  ist  nur  zu  rathen,  nicht  mehr  zu 
wissen  gestattet,  es  wäre  die  schönste  ergdnzung  des  Sprach- 
gebrauchs im  alten  recht,  arbja  auf  das  skr.  arbha  knabe, 
proles,  propago  ziehen  möchte  ich  nur,  wenn  auch  da  der  be- 
grif von  sprosz  und  zweig  waltete,  den  ich  jedoch  bei  Böut- 
LiNG«  Roth  1,  447  nicht  angemerkt  finde. 

Das  lit.  valdonas  drückt  den  herrn  und  unterthan,  das 
preusz.  valduns  den  erben  aus,  welcher  lit.  paveldetojis  heiszt, 
alles  von  der  würzet  valdyti,  herschen,  besitzen,  goth.  valdan,  so 
dasz  auch  hier  freier  und  höriger  eigner  oder  erbe  zusammen 
erschienen,  ob  sich  auch  lat.  herus,  erus  Herr  und  heres, 
eres  erbe  nahe  stehn,    liegt  hier  auszerhalb  der  Untersuchung. 

Zu  den  heutigen  bedeutungen  übergehend  bemerke  ich,  dasz 

1)  ganz  wie  sächliches  erbe  das  grundstück  so  auch  per- 
sönliches erbe  dessen  erblichen  eigner  und  besitzer  ausdrückt. 
in  den  weisthümern,  namentlich  den  wetlerauischen,  westfäli- 
schen, niedersächsischen  heiszen  überall  erben  so  viel  als  erbge- 
nossen, markgenossen  die  in  gemeinschaftlicher  mark  gesessenen 
und  berechtigten:  gemeine  erben.  3,58;  die  erben  zu  Münder. 
3, 297.  300 ;  die  erben  und  bolzgreben,  d.  i.  die  einzelnen 
holzinge  und  ihre  Vorsteher.  3, 301 ;  weres  sache,  das  ein 
bobestat  verdcilet  wurde,  als  mancbe  erben  dan  darzu  quemcn, 
als  manche  recht  muslcn  sie  davon  geben.  3,  498 ;  erben  und 
landmann  erkennen  für  recht.  Grotens  gesch.  von  Northeim 
t.  37.  38.     vgl.  ganerbe,  erbgenosz,  erbexe. 

2)  «n  solchem  sinn  steht  auch  sonst  erbe,  gleich  dem  lat. 
heres:  mir  hastu  keinen  samcn  gegeben  und  sihc,  der  son 
meines  gesinds  sol  mein  erbe  sein  (d.  i.  in  meinem  land 
nachfolgen).  1  Mos.  15,3;  der  man  gehöret  uns  zu  und  ist 
unser  erbe.  Ruth  2,20;  Boas  gicng  hinauf  ins  tiior  und  satzt 
sich  daseibs,  und  sihe  da  der  erbe  für  in  gieng,  redet  Boas 
mit  im.  4,1;  ich  wil  dir  Maresa,  den  rechten  erben  bringen. 
Micha  i,\h;  da  aber  die  weingartner  den  son  sahen,  sprachen 
sie  unternander,  das  ist  der  erbe,  kouipt,  iaszt  uns  in  todtcn 
und  sein  rrbgul  an  uns  bringen.  Malth.  21,  38.  Niebliir  ge- 
braucht freier  erbe  »on  dem  freien,  ansäszigen  bürger :  sonst 
gliche  es  einem  versuche  slilmme  von  hörigen  unter  den 
freien  erben  zu  bilden.  1,  C22 :  nur  mochte  der  freie  erbe 
sich  gegen  die  Verfolgung  eines  standesgcnosfien  schützen 
können,  wenn  er  sieb  in  die  clientcl  eines  patricicrs  begab. 
1,  637.  man  sagt  der  erbe  in  das  iaod,  in  das  gut,  wit  der 
oachfolger. 

3)  allmäUch  wurde  erbe  von  dem  naehfolger  überhaupt,  auch 
wenn  fahrende  habe  oder  beiderlei  habe  zusammen  gemeint 
i$t,  vertlanJea,  doch  steht  dann  die  sache  im  gen.  z.  b.  der 
erbe  de»  nng»,  de»  pferdec,  de«  buchn;  auch  der  erbe  des 
reicbs,  de»  tbf"-    //,. ..•..■''■'•      ..  wie  mnt!''!!  .-..-'  ,•.■>..  i.i.tIii 


ist  on  erben  vergangen.  Bocc.  1,4*.  hinfeilig  erb,  hcreditas 
caduca.    Maaler  107*. 

4)  erbe  kann,   wie  vorhin  vom  altn.  arfi  angemerkt  wurde, 
einfach  die  Vorstellung  von  söhn  und  kind  enthalten:  er  hin- 
terläszt  keine  erben,  er  ist  ohne  einen  erben  gestorben; 
wir  beiileii  nuiiier 
versprachen  zugleich  den  brudurn  einen  erben.    Göiuc  10,17; 
doch  hall  ich  einen  theucrn  erben, 
den  nahm  mir  goti,  ich  sah  ihn  sterben.    Schillsr  57", 

und  weil  der  söhn  den  vater  rächen  musz,  ist  auch  vom  erben 
der  räche  die  rede:  ihr  hinlerlaszt  einen  erben  eurer  räche! 
Klingeb  i,  354. 

brüder,  ^ines  biuies  erben,  können  schwerlich  einig  sein, 
sollen  brüder  sich  vcriragen,  die  geboren  hat  der  wein» 
LoGAU  2,  200,29. 
der   erbe   vom   blute   Herkules.    Götter  2,  315.     man  könnte 
blutscrbe  wie  blutsfreund  sagen,  die  ältere  spräche  unterschied 
busenerben  und  brusterben.  RA.  4-70.     fernere  erben  scheiden 
sich   nach    dem  grad  oder  span:     erben  vom  neunten  span; 
unrecht  gut  gelangt  nicht  an  den  dritten  span; 
was  aber  also  wirt  erheut, 
das  dauret  selten  lange  zeit, 
kombt  nicht  an  {/.  anu)  drliien  erben.    Soltau  477 

6)  lachende  erben,  die  der  zugefallenen  erbschaß  froh  alle 
trauer  nur  äuszerlich  tragen:  freu  dich,  liebes  müllein,  traure, 
schwarzes  hütlein,  heiszts  bei  lachenden  erben.  Othü  krankeiUr. 
1034 ;  sein  vermögen  kommt  einmal  an  lachende  erben. 

6)  erbe  kann,  wie  andere  männliche  Wörter,  auch  von  frauen 
gebraucht  werden:  die  tochter  ist  der  rechte  erbe,  statt  erhin, 
goth.  arbjo,  vgl.  freund,  feind,  nachbar,  koch  u.  o.  m.  ebenso 
gilt  das  lat.  männliche  heres  von  einer  frau :  die  frau  ist  der 
zweite  erbe,  heres  secundus. 

EBBE  BEN,  intremiscere,  ahd.  irbibin,  irbibun  und  irbibenun 
(Graff  3,  21),  mhd.  erbiben : 

da  von  daj  velt  begnnde  erbiben.     Wh.  396,  2; 
ir  herze  erbibete  und  alle  ir  lider.     Trist.  321,  26. 

1)  heute  nur  intransitiv: 

diesem  erbeb  ich  im  herzen  und  äogsie  mich  was  ihn  beirAlTe. 

Od.  4,  820 : 
mehr  als  ein  blutger  tod  macht  es  mein  herz  erbeben, 
wenn  unsiq^itbarer  hauch  verweht  ein  incnschonleben, 
wenn  übers  angesicht  das  spiel  vom  letzten  schmerze 
hinziltert  wie  der  rauch  der  ausgelöschten  kerze. 

'Lsnau  neuere  ged.  40. 
oft  schon  bei  Ldthkr:  da  das  die  vOlker  höreten,  erbebeten 
sie.  i  Mos.  15,14;  also  das  das  land  erbebet,  i  Sam.  11,15; 
solt  sich  doch  der  himel  dafür  entsetzen,  erschrecken  und 
ser  erbeben.  Jer.  2, 12;  das  das  land  erbebe  und  erschrecke. 
51,29;  das  auch  die  anfurt  erbeben  werden.  £^j.  27,  28;  und 
die  erde  erbebete  und  die  felsen  zurissen  {goth.  jah  air|)a 
inreiraida  jah  stainös  dissktitnödedun).    Matth.  27,  51. 

2)  im  17  jh.  galt  aber  ein  transitives  erbeben,  Iremefacerc : 
der  erdkreisz  selbs  wirt  oft  erhöbet 

und  ab  des  herren  stim  trostlos.    Wsckukrlin  128; 
wan  schon  das  erdrcich  und  das  meer 

vermischend  sich  erhöben 
und  gleichsam  als  zw.ii  wilde  beer 

die  ganze  weit  erhöben.    168; 
und  den  grund  erhöbet  bald  der  dunder.    628; 
erbebend  donnerschlag!    LonsrisTKiri  C<eop.  112,307; 

nachdem    unser   groszcr  cedcrbaum    nicht   ohne   erbebenden 
donnerknall  in  stücken  zerfallen.  Arm.  zuschriß ;  dieser  fienge 
an  jämmerlich  zu  schreien  und  sich  grausamlichen  zu  erbeben. 
PuiLATitiER  1, 15.     vgl.  erbiben,  erbidmen. 
EHBEBEN,  n.  tremor: 

TiiliNt  du  nicht?    dos  grunds  erbeben 

droht  es,  bnider,  mir  und  dir!    Lissino  1,60; 

durch  meine  ädern  rann  kaltes  erbeben.    KLincER  5, 117. 

EBBEBUNG,  f.  dasselbe,  mhd.  irbibunge  und  dunre.  myst. 
1,  69.  nhd.  und  ich  läge  allda  auf  meinem  bauch  wie  ein 
geprellter  frosch  mit  erzitterung  und  erbebung.  Simpt.  K.  5t".. 

EBBEEREN,  depsere,  'verberibus  caedere:  otich  das  der 
göttlich  sinn  des  länger  im  verstand  des  menschen  orbeert 
und  gehandlet  sine  würzen  des  tiefer  usslreckle  in  »in  hea. 
ZwiNcu  1,66;  darnach  schmiert  er  in  gar  wol  mit  einem 
guten  prügel,  dnsz  im  seine  lendrn  gar  wol  allrnthHlben  er- 
beerl  und  geschmiert  waren.  Wickra«  ro//ir.  88;  in  «einer 
band  eine  scharfe  ruthen  hello,  Ferondo  mit  dem  hals  naii\ 
1111(1  im  »ein  haut  gar  wol  crhcrel.    !!•■■■,■    i   ist*; 


713  ERBEGEBRESTE  — ERBEISZ 

dan  woit  ich  ir  (der  alten)  das  eeii  verzern 

und  ir  die  alten  haut  erpern.    H.  Sachs  I,  o26' ; 

du  alter  berlling  troll  dich  nau^z, 

eh  ich  dir  thu  dein  haut  erbern.    11.  2,  4i  ; 

das  er  darob  entrüstet  wirl, 

das  er  im  auch  die  Doch  abkehrt    „  ,  ,_ 

und  im  sein  fuchsen  balk  erbert.    Iv.  3,  ey; 

aufh  dir  ein  eid  hierum  nicht  schweren, 

sonder  dir  dafür  das  gesesz  erberen. 

NicoD.  FRiscHLifis  dtchlungen  s.  loo. 

später  ungebraucht,     s.  beeren  1,1244. 

ERBEGEBRESTE,  vi.  rilium  a  parentibus  insitum,  erbfehler : 
und  bat  dicb  erlost  Ton  allen  dinen  erbegebresten.    Eckbabt 

452, 39.  •  L       ,     L   /. 

ERBEGLÜCK,  n.  dives  heredilas.  Stieler  675,  reiche  erbschaß. 
ERBEI  für  herbei:   den  sollen  die  berren  strafen  so  dick 
und  Til,  das  er  des  muede  wurde  und  sie  iren  schaden  erbi 
quemen  (bekämen),  veislh.  1,  609 ;    thut  busze,  es  wird  nahe 
erbei  sein  das  himelreich.    Lctbeb  1,  4S*. 

ERBEIGE,  m.  fossessor  heredilarius,  s.  eige,  biereige,  haus- 
eige,  weineige :  so  waren  ehrenrecbte  und  wolstand  der  erb- 
eigen zugleich  hergestellt.    Nieblhr  2,501.     s.  erbexe. 

ERBEIGEN,  herediturius,  proprius,  s.  erbe  3:  erbeigene 
guter.    Stieler  25; 

die  ihre  missethat  erbeigen  auf  uns  bracht.  Crtphiis  2,301; 
wer  dich  von  oben  besiehe!,  solle  wol  meinen,  wir  hätten 
den  ganzen  «pitzekram  Ton  Brüssel  erbeigen.    1,  763. 

ERBEIGENTHUM,  n.  proprielas  heredilaria,  gegensalz  des 
lehens. 

ERBElGENTHtMER,  m.  proprietarius. 
ERBEIMGUNG, /.  convenlio  perpetua,  erbverbrüderung :  nach 
der   erbeinigung   mit   dem   hus  Öslerich  und  nach  den  bur- 
gundischen    kriegen   habend    eltlich    eidgnosz    angehept    den 
fürslenhöfen  nachziehen.    Bcllinger  1,  4. 
ERBEINSETZUNG,  f.  heredis  inslilutio. 
ERBEINUNG,  f.   was  erbeinigung :    der  churfürst  empfieng 
sein   leben,    trat   in    erbeinung  mit  Ostreich  und  billigte  die 
succession.    Ranke  reform.  1,  356. 

ERBEISZ,  ERWEIS,  f.  pisum  satitum,  ahd.  araweij,  arawi; 
(Graff  1,465),  mhd.  areweig,  ereweij,  envig,  erbij  (rb.  1,56*), 
arbaij  bei  Megexberc.  390. 1,  nnl.  erwet,  erwt,  ert,  altn.  ert 
und  auch  schwach  crta,  pl.  erlur,  schw.  ärt,  dän.  ert,  in  allen 
diesen  formen  schlieszt  eine  lingualis,  dem  ags.  earfe  pl.  earfan 
mangelt  sie,  uras  zum  lal.  ervum  und  gr.  ögoßos  stimmt, 
engl,  gilt  pea,  pease  nach  fr.  pois,  lat.  pisum,  liJe  sl.  lil. 
sjtrachen  zeigen  unverwandte  «örter.  nach  arawei?  liesze  sich 
ein  goth.  arvaits  aufstellen,  die  spätere  erhärtung  des  w  in  b 
bestätigt  auch  das  ags.  f  in  earfe,  und  dasz  die  spirans  älter  var 
folgt  aus  dem  lat.  erTum.  die  vurzel  liegt  völlig  in  dunkel, 
man  vollle  in  der  auf  dem  acker  gebauten  hülsenfrudtt  anklang 
an  arare  und  anum  finden,  unsere  spätere  spräche  hat,  nach- 
dem die  zweite  silbe  von  erbeisz  tonverlustig  ward,  erbis,  erbes 
und  endlich  erbse  gebildet;  unterm  volk  hört  vian  oß  noch 
erwes,  pl.  erwesen,  wie  nnl.  envt  pl.  erwten,  nd.  arften,  vgl. 
arwet  ßr  arbeiU  im  16  jh.  behauptete  sich  gern  noch  die 
volle  betonung  und  He.msch  910,  öS  stellt  erbisz,  erweis,  erbsz 
hintereinander,  Alberus  erbeisz,  erbesz,  erbs.  Stieler  385  erbs, 
erbeis,  wogegen  schon  Frisics  1007*,  Maaler  108*  erbs,  Dasi- 
PODics  1S4'  erbsz,  Deszleb  erbs  haben, 
mhd.  in  einer  blasen  dri  erbei; 

jagent  ein  bunt  vil  manegen  kreij.    Renner  16510; 

nhd.  ein  mensch  der  nit  undergon  will,  mer  allezeit  embor 
schwimet  zu  gleicher  weis  als  bös  erbeiszen  in  einem  hafen 
mit  Wasser.  Keisebsb.  selenparad.  92* ;  darumb  wollen  wir  sie 
ausstreichen  und  derselben  blasen,  die  mit  iren  dreien  er- 
beiszen so  greulich  rauscht,  einen  widerslich  bieten.  Llther 

1,  2S4' ;  der  m  auferweckt  von  den  todlen  und  zu  seiner  rechten 
gesetzt  hat  zu  sein  ein  herr  über  alle  ding,  on  zweivel  auch 
über  Sünde,  lod,  teufel,  helle,  schweig  denn  über  die  papisti- 
schen    schweinblasen  mit  iren  ^dreien  rauschenden  erbeiszen. 

2,  91*.  br.  2,166;  da  allein  die  seel  on  leib  als  ein  kern  on 
die    schale,   oder   da   das   fleisch    on  haut  als  ein  erbeis  on 

hülsen  sei.    3,  45S*; 

alle  die  erbeis  die  du  gefressen  hast.    fa$ln.  5S8,  21 ; 

so  wollen  wir  ind  erbeis  gan.    U.  Sachs  V,  340": 

bawer,  bawer.  troll  dich  fltigr*, 

oder  ich  thu  dich  in  den  ban.  ^ 

•so  müst  ich  in  die  erbeis  g.in'.    V,  353*, 

heisxt  das  herumstreifen  und  auf  den  feldem  erbsen  essen? 
von    den   zrergen    erzählt  man,    dasz  sie  uasicJUbar  in  ihren 


ERBEISZEN — ERBEITEN 


714 


nebelkappen  auf  die  äcker  der  leule  gehen  und  sich  erbsen 
pflücken;  anno  1551  ist  bei  Schippenbeil  ein  lischlergesell 
gewesen,  der  hat  nicht  gern  erbeiszen  gegessen  u.  s.  w.  Hen- 
neberg 422;  der  bawer  hat  nicht  mehr  körn,  sondern  erbei- 
szen auf  seine  ecker  gesäeL  Rivander  1, 2Sl ;  diese  erbeis 
sind  reichlich  aufgewachsen,  ebenda;  linsen  mit  den  erbeisen 
vermengt  isset.  Abele  3,  Hl ;  kom,  waiz,  erbaisz,  gersten  und 
dergleichen  victualien.  Hohberc  1,  27.  s.  kifferbeis,  erbes  und 
erbse.     arbeisz  1, 533. 

ERBEISZEN,   praet.   erbisz,    früher   erbeisz,    ahd.   irpigan 
(Gbaff  3,239),  mhd.  erbisen,  ags.  äbitan. 

1)  mordicus  frangere,  außeiszen:  eine  nusz  erbeiszen; 

mhd.  er  sprach,  da  muostu  boeser  nii; 

von  mir  noch  hiuie  erbijen.    GA.  2,303 

nhd.  das  harte  brot  ist  nicht  zu  erbeiszen. 

2)  morsu  necare,  todt  beiszen,  von  thieren: 
mhd.  Reize  wil  dich  erbijen.    Reinhart  1134; 

nhd.  ob  sichs  machte,  das  meins  hern  von  Meinze  hunde  ein 
gans  hoben  dem  wasser  erbissen.  weisth.  3,336;  der  wolf 
wirt  von  den  bunden  erbissen.  Meurer  forstg.  oberherlichkeit 
1561.  89*;  der  fuchs  hat  die  hüner  erbissen; 

der  tod  hat  den  alten  erbissen.    H.  Sachs  III.  1,262'; 
hat  dich  ein  thier  erbissen, 

dasi  du  auf  Ida  jetzt  von  vögeln  wirst  zerrissen.    Opitz  1,228; 

ein  junger  hine  war  lu  schreien  oft  geüissen,  ^ 

'kommt,  brüder,  helft,  der  wolf  hat  mir  ein  schaf  erbissen  . 
TscHsa.iiNG  254; 

nachdem  das  waldschwein  auch  den  buhlen  dir  (renw)  er- 
bissen, 
bat  eines  jährlich  dir  geschlachtet  werden  müssen. 

LoHSNSTBiN  auserl.  ged.  i,  265; 

von  Wölfen  erbissene  schafe.  Am».  2, 197 ;  wo  mehrere  poeti- 
sche bologneserchen,  die  alle  mit  epigrammchen  trächtig 
gehen,  um  solch  eine  grosze,  finstere  dogge  herumklaffen, 
die  eines  nach  dem  andern  erbeiszl.    Ernst  Wagner. 

3)  bergmännisch:  das  geslein  hat  ihn  erbissen,  getödtet; 
sich  die  festen  knauer  erbeiszen  lassen,  treten  härte  des  ge- 
steines  von  der  arbeit  ablassen,    gleichsam   wegbeiszen  lassen. 

4)  figürlich,  wie  lat.  mordere,  quälen,  martern:  es  erbeisz 
sie  und  verdrosz  sie.  Keisersberg  post.  2, 19.  Stieler  129 
hat  die  bedeutung  allercando  consequi. 

5)  sich  erbeiszen,  Acrum  beiszen:  wie  dann  des  Marti'! 
hitzige  und  truckene  nalur  sich  mit  der  krebsischen  kelte 
und  feuchte  erbeiszet.  Thlbnei.sser  in//.  Wirkungen  105;  zu 
beiden  backen  wie  ein  cartheuserisch  klosterkatz  sehr  magi- 
slraliler  sich  erbissen  und  erdisputiert  haben,    bienenk.  89*. 

ERBEISZEN,  praet.  erbeiszte,  mhd.  erbeijen,  das  pferd  beiszen, 
bi;en,  weiden,  fressen  lassen,  also  davon  niedersteigen,  abstei- 
gen, s.  1, 1402  und  mhd.  wb.  1. 192*,  atis  der  transitiven  bedeu- 
tung gieng  wieder  eine  intrajfsitive  hervor,    längst  ausgestorben. 

ERBEISZHAFEiN,  m.  olla  pisorum  plena: 

als  der  ein  arbaiszhafen  umbschuu.    fastn.  216, 14. 

ERBEIT  f.  labor,  ßr  arbeit  {vgl.  1,540)  und  noch  heule  beim 
volk  erbet,  bair.  arwet  (Scmi.  1,101),  ans  altn.  erfidi  n.  mahnend: 

man  wolt  in  (Witzel)  umb  sein  reformiern 
und  trewe  erbeii  coroniern.    Albkrcs  controfactur  A2 
und  schlief  gar  sanft  nach  der  erbeil.    froschmeuseler  Fl'. 
auch  Stieler  47    führt  noch  erbt  und  erbeit  an.     die  vorhin 
entfaltete  berührung  zwisdien  erbe  und  dem  sl.  rab,  rob  spricht 
auch   ßr    die  1, 539    dargelegte  zwischen    arbeit   und   robota, 
wozu  nachgetragen  «erden  kann,    dasz  lil.  darbas,  leU.  darbs 
das  umgestellte  arbeit  zu  sein  scheinen. 
ERBEITEN  =  arbeiten,  s.  1,541. 

ERBEITEN.  exspectare.  goth.  usbeidan,  ags.  Sbidan,  ahd. 
irpitan  (Graff  3,  64),  mhd.  crbiten  (»6.  1, 175*),  woneben  aber 
auch  die  schwache  form  erbeiten  in  gleichem  sinne  vorkommt 
(wb.  1,175"),  irährend  ahd.  irpeilan  exigere  ausdrückt  (Graft 
3,  68).  nhd.  erscheint  das  verbum  nur  schwach,  mit  dem  pari. 
erbeit,  nicht  erbiten,  gans  wie  das  einfache  heilen  im  pari. 
gcbeit,  nicht  gebilen  zeigt  (1, 1404).  es  erfordert  den  gen.  der 
person  oder  sache.  spdler  wird  auch  der  acc.  zulässig:  dises 
tags  wart  von  den  liebhabenden  als  kum  erbeil,  als  die  tag 
der  salurnalen.  Wtle  transl.  (Lucrelia);  vermaledeit  sei  der 
sein  erbeilen  thut!  Aimon  q;  seins  treffens  erbeit  {ßr  er- 
beite?  oder  sieht  hier  ein  starkes  praet.?)  8  4*;  das  er  geb 
die  tochler  bit  ich  und  das  kan  ich  kum  erbeiten.  Terenz 
1499,  25"  {Andria) ; 


715 


ERBEIZEN  — ERBEN 


ERBEN 


716 


bei  dir  allein 
möcbl  ich  der  zeit  erbeiien.    Ambr.  Ib.  s.  14;' 
Irab  ich  gleich  über  die  beide, 
allzeit  wil  ich  deiner  erbeiien.    s.  96; 
komt  mir  eur  bruder  auT  breiter  beid, 
so  darr  er  mein  nicht  erbeiten.    (Jhlano  434; 
ich  niSsz  der  zeit  erbeiten 
bisz  ich  das  glück  erschleich.    584; 
wend  ir  ie  nit  erbeiten, 

so  farend  hin,  ich  wünsch  euch  heil.    Wickrai  pitj;.  T  2  bl.'O; 
solchs  ich  ieiz  leid,  deinr  bülf  erbeil, 
und  sprich,  mein  zeit 

Sicht  bcrr  in  deinen  henden.    VfxLDi»  psalter  49'; 
zum  fleischessen  sich  bereiten 

l)ci  nachl,  wöln  nit  des  tags  erbeiten.    päbstl.  reich  4,20; 
lind  damit  goiics  hüIT  erpeit, 
der  allein  weisz  die  rechten  zeit.    If.  Sachs  V,T2'; 
wie  das  dn  hast  verlassen  nimmer, 
die  deine  hilf  haben  erbaii.    Fischart  geisll.  lieder  s.  72; 
wen  mag  bei  heller  nacht  Olvmpe  noch  erbeiten? 
'ihr  ebschatz  wird  gewis  vor  morgen  nicht  einreiten'. 

GflTPHiDS  1,  226; 
uns  goit  hieher  verstoszeu  hat 
aus  unserm  land  unter  die  beiden, 
seiner  gnad  müssen  wir  erbeiten.    Pfkilschmidt  Esther  D2. 

später,  gleich  dem  einfachen  beiten,  erlöschend. 

ERBEFZEN,  viacerari :  nimm  Weinstein,  zerstosz  in  zu  klei- 
nem puIver,  bind  in  in  ein  grob  ieinin  tuclj,  lege  in  darnach 
in  einen  guten  starken  wein  und  lasz  in  darin  erbeitzen. 
Sebiz  395 ;  diese  stück  stosz  groblecbt  und  thue  sie  in  die 
vorige  dcstillation,  lasz  wiederum  acht  tag  erbeitzen.  Tabeh- 
NAEMONTANDS  15S8  s.  469 ;  seuds  mit  dem  wein,  tiiu  es  in  ein 
glas,  lasz  es  an  der  sonnen  erbeitzen.  1252;  lasz  die  specerei 
in  ein  wenig  weins  übernacht  stehn  und  erbeitzen.  KösLir« 
hebammenbüchlin  15.     s.  einbeizen. 

ERBEIZUNG,  f.  die  weiber  die  der  männer  durch  erbeitzung 
und  verleckerung  der  wollust  mächtig  werden.  Fischart  ehz.  9. 

EHBEL,  m.  manica,  für  erraei,  ärmel  (1, 557),  6ajr.  erwl, 
ierwl  (ScH«.  l,  107): 

so  tu  ich  mir  doch  messen  me 

zwo  newer  plaber  hnsen, 

durein  wil  ich      ein  newen  strich 

den  Schneider  lassen  machen  .... 

.so  wil  ich  mir  ein  plaben 

in  erbel  lassen  setzen.    Uhland  644; 

dem  Schneider  (wünscht  er)  ein  gehörnte  geisz, 

die  knopflein  an  die  erbel  scheisz.    fl.  Sachs  IV.  3,5S^; 

bahn  weit  erbel  an  langen  rocken.    Atrer  fastn.  93'. 
ERBELING,  m.  heres,  vgl.  schw.  arfvinge,  dän.  arving:  ein 
rechter  erbeling  geboren  was  zu  den  landen.  Lindenblatt  333. 
nd.  erfling.    weislh.  3,130.     mhd-  erbeiinc.    uib.  1,440'. 

ERBELLEiN,  lairare,  zu  bellen  anheben:  als  der  dieb  ein- 
brach, erboUen  die  bunde  und  nöthigten  ihn  zur  scboellen 
flucht; 

mhd.  an  einer  slat  ein  bunt  erbal, 

da;  über  al  die  wcrit  erschal.    Frkidank  109, 10; 

darnach  ein  bunt  crbal, 

daj  alle  liute  die  dö  lebten,  hörten  sinen  schal.    MS.2,'0' 

Frisch  1,  80*  hat  erbellen  lalralu  impetrare. 

ERBELLEN,  ERBÄLLEN,  intorquere,  verstauchen,  verfrieren, 
den  ballen  der  hand  oder  des  fuszes  verdrehen,  sich  die  hand 
vergreifen,  den  fusz  vertreten:  ich  habe  mir  die  band,  die 
obren  erbellt,  sonst  auch  verbellen,  intr.  die  filsze  erbellen, 
laufen  auf,  die  b9nde,  obren  erhellen,  starren  von  frost. 

EBBEN,  heredare,  hereditäre,  nicht  im  guten,  erst  im  mit- 
telalterlichen lalein,  und  dann  il.  eredare,  fr.  heriter:  eben- 
sowenig begegnet  ein  gnth.  nrhjan,  noch  ags.  yrfan.  ahd.  aber 
erpan,  arpta,  ich  weisz  nicht  ob  daneben  erpAii,  erbeta.  mhd. 
ist  aber  tr.  erben,  arpte  {Lanz.  9376)  ron  inir.  erben,  erbelc 
zu  scheiden  {mhd.  üb.  t,  340).  nnl.  er\en,  crfdc,  isl.  crfa, 
schw.  ärfva,  dan.  arvc. 

A)  transitivbedeutungen,  in  der  ersten  und  zweiten  erbt  der 
erbe,  in  der  dritten  und  ßnflen  der  erblasser. 

1)  leute  erben,  beerben:  der  söhn  erbt  »einen  valer,  der 
bruder  »einen  bruder;  und  dein  same  wird  die  beiden  erben 
{vulg.  aemen  tuiim  genles  bercditabit).  Es.  54,3;  ein  vattcr 
der  zeben  kinder  hat,  den  erben  sie  alle  gleich.  Paracelsur 
1,205*;  0  dasz  mein  oheim  stürbe  und  ich  ihn  erben  möchte. 
PniUNO.  1,475; 

«ein  eitern  «ein  nun  nurh  fail  alt, 
wann  lie  derben,  erbt  er  «ie  bnld. 

Li!«K  iijtift  ton  Julianut  03: 
mrin  tollen  «ein  dein  beide  «On. 
(Bicli  erbeo  wie  oeio  leiblich  kind     Tuiiiolt  Joseph  JT; 


...         ,.      .  ^  herzliches  mitleids 

würdige,  die  nicht  gatiin  umarmt,  noch  schmeichelnder  an- 
,.       .  ,        ,  wachs, 

die  nicht  erbet  ein  söhn,  kein  töchierchen  liebet  noch  eidam. 
....  ^''i^e  3,2,  141; 

tcb  habe  oft  leute,  die  zu  leben  hatten  und  zu  leben  wüsten, 
auf  eine  jämmerliche  tröpfin  nicderschieszen  sehen,  damit 
die  tröpfin  ihre  erben  erbe.  J.  P.  Hesp.  2,  29 ;  aber  ihr  erbt 
sie  doch  (die  base).    HoRit  Schmiedjacob  2,  65. 

2)  Sachen  erben :  das  land,  das  gut,  den  garten,  das  pfeid 
erben ; 

desgleich  verfüret  (Eva)  Iren  man, 

sünd,  angst  und  not  erb  wir  zu  Ion.    ScHWARzgNnKRc  99,  2; 

von  Adam  erb  wir  todes  Ion, 

durch  Christum  wefden  wir  ersten.  127,2.  148,2, 
und  gewan  die  blater  auf  der  zungon,  die  wir  alle  von  ir 
[Eva)  geerbt  haben.  Keisersberg  s.  d.  m.  ll';  darumb  hond 
wir  es  von  inen  geerbt.  12';  denn  die  b.isen  werden  ausge- 
rottet, die  aber  des  berrn  harren,  werden  das  land  erben. 
ps.  37,9;  aber  die  elenden  werden  das  land  erben.  37,11; 
Abraham  war  ein  einiger  man  und  erbete  dis  land.  Es.  33,  24; 
auch  wird  das  verwesliche  nicht  erben  das  unverwesliche. 
1  Cor.  15, 50  {goth.  nih  riurei  unriureins  arbjo  vair|)it)) ;  die 
solches  thun,  werden  das  reich  gottes  nicht  erben  (Jiiudan- 
gardjös  gujjs  arbjans  ni  vairl)and).  Gal.  5,  21 ;  es  klagt  manch 
irommer  Lazarus,  wenn  die  ganze  weit  aussterben  solle,  so 
wüste  ich  doch  nicht  einen  zaunstecken  zu  erben,  getrost, 
das  himineireich  ist  dein.    Onio  krankentr.  1083; 

die  meisten  hüten  nur  die  salze,  die  sie  erben, 

wie  einen  todien  schätz,  den  niemand  gröszer  macht. 
Hagkdor^i  2,  154; 
ich   weisz  doch  auch  nicht,   wie  du  Otlilien  so  hoch  stellen 
kannst!  nur  dadurch  erkläre  ich  mirs,  dasz  sie  deine  neigung 
zu  ihrer  mutler  geerbt  haL  Gotiie  17,  20;  er  bat  alle  lugenden 
seiner  eitern  geerbt. 

3)  man  sagt  etwas  auf  einen  erben,  vererben,  mhd.  an  in, 
öf  in :  wie  wir  denn  unser  eigen  seele  und  gewissen  ja  nicht 
gern  wollen  für  gott,  mit  misbrauch  göttliches  namens  oder 
Worts,  in  die  höchste  fahr  setzen,  oder  auf  nn.«er  kinder  und 
nacbkomcn  ein  ander  lere,  denn  so  deinveinen  göttlichen 
Wort  und  christlicher  warheitgemesz,  feilen  oder  erben.  Angsb. 
conf  bei  Luther  6,368";  dasz  er  trost  an  im  erleben  möcbt 
und  den  schätz,  so  er  sanilet,  samt  allem  das  er  hat,  auf 
in  erbe,  tischr.  2,85;  darumb  sind  alle  zeit  von  anfang  der 
weil  bei  der  kirchen  gottes  schulen  und  studia  gewesen,  disen 
edlen  schätz  zu  erhalten  und  uf  die  nachkoraen  zu  erben. 
Melanchthon  anr.  der  lat.  schul.  ßonnl543a3';  das  darf  sich 
niemand  einbilden,  dasz  der  krieg  den  augenblick  sein  ende 
haben  werde,  ich  sorge  vielmehr  wir  dürften  denselben  noch 
auf  unsere  kinder  erben.  Heilmans  Thuc.  97;  die  niutter  bat 
ihre  lugenden  auf  die  jüngste  tochter  geerbt;  warum  musz 
nun  der  alte  mann  sein  ganzes  vermögen  auf  einen  fernen 
verwandten  erben,  den  er  im  gründe  nicht  liebt? 

4)  sich  erben,  forlcrben,  verpflanzen:  viele  krankheiten 
erben  sich  auf  die  nachkommen;  der  aussafz  risz  unter  ihnen 
ein  und  erbte  sich  durch  viele  generalionon  hinunter.  Schiller 
1014" ;  der  'glückliche  finder  dieser  seelenerhebenden  idee  suchte 
sich  nun  unter  denen,  die  um  ihn  waren,  fihige  subjecte 
aus,  denen  er  sie  als  einen  heiligen  schätz  übergab  und  lo 
erbte  sie  sich  von  einem  denker  zum  andern  durch.  1015*; 

e«  erben  sich  geseiz  und  rechte 

wie  eine  ewge  krankheil  fort.    Goths  12,  97. 

5)  einen  erben  hiesz  früher  auch  zum  erben  einsetzen,  mit 
einer  crbschaft  ausstatten,  bedenken :  das  Metze  Flessern  uf 
dem  berge  vor  mir  und  den  scheffen  sifinf  an  gerichle  und 
gab  uf  eindreclitcriirlie,  rehtliche  und  rcdelirhe  den  geist- 
lichen frauwen  des  clostirs  von  dem  throne  nach  irine  tode, 
und  hat  sie  geerhil  mit  zehen  morgen  wingarteu.  urk.  von 
1341  ausgestellt  ron  Fridrich  ron  Hütten  landvoyt  zu  Wellerau 
und  schullheisz  zu  Frankfurt. 

mhd.  der  alte  bete  gerbet 

kino  süno  mit  solbun  urborn.     IVh.  383,30; 

fl  dn  mite  Tankanis 
scnharion  gerbet  hAt.    Part.  51,  tt 
heute  nicht  mehr  im  gebrauch, 
fi)   intransitiobedeutungen. 

1)  wenn  der  gegenständ  der  erhsrhaß  unau.^gedriickt  ist: 
denn  dieser  magd  son  sol  nicht  erben  mit  inoinrm  son  Isaac 
{vulg.  non  erit  heres).  i  Mos.  21,  tO;  denn  wir  wollen  nicht 
mit  inen  erben  jenseil  de«  Jordan«  (vulg.  ner  <]iiicqiiani 
quaeremut  Iran«  Jurdancra).   4  Nvf.  .12.  i-i:    d.iruiiii)  erbeten 


717 


ERBEN  — ERBESSEILN' 


ERBESSONNTAG  —  ERBEXE 


718 


die  kinder  Siincon  unter  irem  erbleil  (vulg.  possederunt). 
Jos.  19,  9 ;  du  soll  nicht  erben  in  unsers  vaters  land  {vulg. 
lieres  esse  in  domo  patris  noslri  non  poteris).  rieht.  II,  12 ; 
stosz  die  inagd  hinaus  mit  irem  son,  denn  der  magd  son 
sol  nicht  erben  mit  dem  son  der  freien  (vulg.  non  enim  heres 
erit,  goth.  ni  nimiji  arbi).  Gal.  4, 30.  denkt  man  sich  aber 
einen  ausgelassenen  acc.  hinzu,  so  wird  das  verbum  transitiv, 
vie  in  der  letzten  stelle  Ulfilas  erben  durch  arbi  niman  aus- 
drückt. 

2)  man  sagt  in  die  stamme  erben,  statt  nach  den  stam- 
men; in  die  häupter  und  stamme  erben,  was  den  Juristen 
succedere  in  capita,  in  stirpes  heiszt.  in  die  stamme  erben 
hat  schon  der  reichsabschied  von  1521  §.  18.  erben  in  den 
dritten  theii,  zum  dritten  theil. 

3)  jenem  transitiven  erben  auf  einen  entspricht  ein  intransi- 
tives, hereditate  transire,  transfundi :  der  gute  wird  erben  auf 
kinds  kind.  spr.  Sal.  13,  22 ;  sein  teil  sol  allein  auf  seine  söne 
erben.  Ez.  46, 17 ;  der  erste  Bourbon,  auf  welchen  deine  kröne 
erbte.    Wielabd  25, 173 ; 

welches  gesetz  längst 
von  urahninnen  erbt  auf  ahninnen.    Luise  a.  l.  h.  156; 

SO  sollte  ich  dem  willen  meiner  eitern  gemüsz,  welche 
wünschten,  dasz  künftig  diese  gute  pfründe  auf  mich  erben 
möchte,  ein  handwerk  lernen.  Göthe  21,  21 ;  der  muth,  der 
von  seinen  voreitern  auf  ihn  erbte.  Klinger  1,  267;  eine  graf- 
schaft  erbte  von  meinem  vater  auf  mich.  1,  344.  auch  kommt 
der  dativ  vor:  also  ist  ein  viehische  Vernunft  im  menschen 
auch  und  erbt  vom  viehe  dem  menschen.  Paracelsus  2,  326'. 
casus  und  praep.  können  ganz  unterbleiben: 

es  erbt  der  ehern  segen,  nicht  ihr  fluch.    Göthe  9,  33. 
s.  anerben,   auferben,   auserben,  beerben,  enterben,  ererben, 
forterben,  vererben. 

ERBE.NEINSETZUNG,  f.  was  erbeinsetzung. 

ERBER,  honeslus,  kürzung  oder  Verdünnung  des  mhd.  Srbaere, 
heuligen  ehrbar  sp.  53,  mit  auf  die  erste  silbe  gelegtem  hauptton: 

zuo  dem  sprach  der  erber  man. 

Co>R.  voji  Ahienhause^  nach  Wackern. 
auszug  s.  316 ; 
er  sprach  zuo  irae  'erber  mani'    «.318; 
und  fundent  den  erbern  man 
sitzende  an  der  selben  stai.    s.  319; 
mit  frommen  erbern  biderleuien.    Mlrner  schelm.  52; 
es  wohnt  ein  erbre  fraw  daselbst  auch  bei  ihm  drinnen, 
die  war  sehr  hoch  betrübt  von  antliiz  und  von  sinnen. 
Werders  Ar.  17,  2ü. 
nnl.  dichtem  ist  diese  form  ganz  geläufig. 
ERBEREX,  s.  erbeeren. 

ERBERKEIT,  f  honeslas.    Mürner  schelm.  98,12. 
ERBERLICH,  honestus:  dann  sie  achteten  kein  handtierung 
erberlich   oder  nachzulassen,   die   wider  die  lieb  zu  nachteil 
dem  nechsten  reicht.    Frank  wellb.  lo'. 
ERBERMDE,  f.  misericordia.     s.  erbärmde. 
ERBERSTEN,    dinimpi,  ahd.  irprSstan,   zerbersten,  und  Ir. 
bersten  machen: 

erberste  dich  und  zürne 
herr  Momus,  wie  du  wilt,  hier  ist  noch  eine  nusz, 
an  welcher  sich  dein  zahn  im  beiszen  üben  musz. 

GCSTHF.R  417. 

ERBES,  /■.  pisum,  was  erbeis,  erbeisz:  das  heiszt  freilich 
einen  mit  der  dürren  blasen  und  mit  dreien  erbeseu  jagen. 
Ldther  3,  249';  ein  höflich  essen  von  erbesen.  Aüc/tenm.  b  3  ; 
wie  man  erbes  und  Schneckenheuser  findet,  die  rechter,  na- 
türlicher kalch  sein.    M.uhesics  56'; 

so  wil  ich  in  die  erbes  gähn, 

auf  das  ich  nit  dürf  bonen  essen.    H.  Sachs  III.  3,79*. 
tgl.  oben  sp.  713. 

ERBESBACCH,  m.  folliculus  pisi:  sacklapper,  erbesbäucb, 
galle,  boppler.    Fiscbart  groszm.  49. 

ERBESBRCHE,  f.  du  magst  ein  erbesprue  domit  pessem. 
kuehenm.  a  7. 

ERBESGROSZ,  erbsengrosz:  erbesgrosze  küglein.  Bctscbkt 
Palm.  583. 

ERBESIIüLSE,  f.  folliculus  pisorum:  wie  sie  (die  einsidler) 
in  ihren  Wüsteneien  und  clausen  körbe  und  kretzen  geflochten 
und  gedörrte  frücht,  wurzeln  und  erbeshülsen  gessen.  Mathe- 
8I0S  leben  Luthers  27". 

ERBESSERiN,  corrigere,  melius  faeere,  bessern,  verbessern: 
du  soll  auch  neben  dem  groszen  pflaster  viel  kleine  stöcklein 
haben,  auf  das   du   daran   setzen   und   erbesseren  könnest, 

WüHTZ   21». 


ERBESSONNTAG,  m.  sonntag  nach  der  goldfasten,  weilen 
der  zeit  die  fastenzeit  gar  sXreng  angangen.  Lers.nee  frankf. 
chron.  2,  815. 

ERBETEN,  exorare:  so  aber  diese  krankheit  durch  einigen 
anschlag  gottes  über  dich  geschickt,  wird,  ausgenommen  flei- 
sziges  erbetten,  kein  ander  medicament  helfen.  Thchneisser 
i'o»  wassern  p.  78 ;  etwas  von  einem  erbeten  oder  erkaufen, 
pers.  rosenth.  3, 12 ;  die  seele  aus  dem  feuer  erbeten ;  denn 
ich  habe  eine  starke  Vermutung,  dasz  du  mir  diesen  groszen 
Segen  deines  todes  erbetet  hast.   Klopstock  11, 138 ; 

mit  schlummernden  lüften 
kommt  die  erbetete  nacht,  ruht  über  Gethsemane. 

Messias  4,  940 ; 
bin  so  frei  grad  herein  zu  treten, 
musz  bei  den  frauen  verzeibn  erbeten.    Götbk  12,150; 

augenblick,  den  ich  erbetete !    Kli.nger  1, 161. 

ERBETTELN,  emendicare:  wann  recht  für  recht  ging,  so 
wer  ich  nit  apt,  aber  ich  hab  die  stimm  erbettelt  und  er- 
kauft, seh.  und  ernst  1546.  87 ;  denn  ich  sehe,  dasz  alle  maul- 
afifen,  so  viel  derselben  in  diesem  buche  versamlet,  sich  euren 
thüren  nahen  und  vor  denenselben  ein  vermischtes  ansehen 
erbettlen.  pol.  maulaffe  Zueignung  ;  er  der  schon  vor  30  jähren 
war,  was  seine  meisten  tadler  ziemlich  erbettelt  jetzt  sind. 
Lichtenberg  3,  236 ;  einen  titel  erbetteln.  Götter  1,100;  denn 
ein  nur  erzwungner  oder  gar  erbettelter  beifall  genügte  ihm 
nicht.  Engel  Lor.  Stark  cap.  27 ;  brot  erbetteln ;  erbetteltes 
geld. 

EBBELTELN,  cribrare,  durch  den  beutel  sieben :  wiewol 
die  sach  also  geschaffen,  das  je  mehr  man  sie  erholet,  korn- 
schüttet, erbeutelt  und  remeinbrieret,  es  des  mehr  ewern 
herlichkeiten  solche  zu  ergetzlichem  wolgefallen  soll  erschie- 
szen.  Garg.  2G*;  so  bald  sie  nun  dise  zwen  kompanen  er- 
blickten, meinten  sie  auch  da  ein  beut  zu  erbeutein.  228*. 

ERBELTE.N,  capere,  praedam  agere:  erbeutetes  geld,  er- 
beutete schiffe; 

old  bend  ir  muot  etwas  zerbüten 
nach  uwern  brucb  und  kriegesrecht?    trag.  Joh.  b2; 
bittend  urab  quartier  kont  ich  weder  vertrag 
noch  meiner  feindin  gnad  erbeuten  noch  erbitten. 

WECEBBaLI.>  698; 

ach  wer  weisz  bei  welchem  mädchen  sie  diese  Ohrringe  wol 
erbeutet  haben.  Moser  9,127;  küsse  erbeuten.  Gökingk  1,54; 
aber  auch  ohne  die  blindbeit  könnt  er  unmöglich  seinen 
söhn  die  vortheile  der  fürstlichen  gunst  erbeuten  lassen.  J.  P. 
Hesp.  4,  78 ;  er  sprach  viel  von  Italien  und  von  dem  kunst- 
gewinn, den  Albano  da  erbeuten  werde.    TiL  4,  60 ; 

den  lebenswürdgen  soll  der  tod  erbeuten?    Göthe  13,  169; 

rastlos  musz  ich  ein  flüchtig  ziel  verfolgen. 

dann  erst  geniesz  ich  meines  lebens  recht, 

wenn  ich  mirs  jeden  tag  aufs  neu  erbeute.    Schilier  532*. 

EBBEUTIG,  paratus,  erbieUg,  erbülig :  denn  ich  bin  noch- 
mals erbeutig,  auf  kais.  maj.  gnugsam  Versicherung  für  unver- 
dächtig unparteischen,  gelehrten,  geistlichen  und  weltlichen 
richtern  furzukommen.    Lltbebs  br.  1,  599. 

ERBE.\E,  f?i.  benennung  der  markgenossen,  vielmehr  einer  be- 
stimmten art  derselben  in  Westfalen,  deren,  so  viel  jetzt  be- 
kannt, zuerst  eine  Urkunde  von  1297  (Wigands  archiv  1.  4, 107) 
erwähnt,  dann  aber  die  weisthümer  der  folgenden  jhh.  viel- 
fache meidung  thun,  z.  b.  3,142.  143.  175.  183.  212.  sicher 
müssen  sie  schon  weit  früher  erschienen  sein  und  an  auffin- 
dun'g  der  älteren  wortform  wäre  sehr  gelegen.  Moser  osn. 
gesch.  1  §.  11  (6, 16)  deutet  erbeie,  erfexe  aus  erbecht  und  will 
darin  einen  gegensatz  zum  unechten  Colonen  erkennen,  sprachlich 
aber  läszt  sich  exe  nicht  auf  echt  zurückleiten.  Entweder 
bleibt  es  bei  der  sonst  angenommnen,  ansprechenden  erklärung 
durch  erhaxt,  das  ebensogut  eine  persönliche  Vorstellung  ent- 
halten kann,  als  z.  b.  sper  oder  lanze  den  bewafneten  aus- 
drückt, erbexe  ist,  dem  die  axt  im  walde  zusteht,  der  holz 
fällen  lassen  kann,  von  gewicht  sein  würde  der  gebrauchte 
tat.  ausdruck  erbexa,  pl.  erbexae  (RA.  504),  den  man  ßglieh 
auf  ein  weibliches  exe,  axt,  beil  (t,  1046)  ziehen  dürfte.  Oder 
exe  entspräche  dem  Hei.  73,17  begegnenden  alts.  ecso,  eigner, 
grundbesitzer,  welches  von  egan  habere,  teuere  zu  leiten  und 
^eso  zu  schreiben  oder  daraus  gekürzt  wäre;  dann  aber  würde 
ein  compositum  erbiecso  ganz  nah  an  das  oben  aufgeführte 
erbeige  reichen  und  es  bliebe  nur  übrig  das  in  die  bildung 
eingetrelne  und  den  wandet  des  g  in  c  nach  sich  ziehende  s 
zu  erläutern,  merkwürdig,  dasz  auch  bairische  Urkunden  die 
eigennamen    Ehso   und  Ehsa    darbieten   (Föbstema!<r  1,  372), 


719 


ERBFÄHIG  —  ERBFEINDLICH 


ERBFEINDSCHAFT— ERBGERICUTSBARKEIT     720 


worin  wieder  eihiso,  eigiso,  ogiso  siechen  künule  und  kaum 
an  egiso,  horror  (Graff  1,103)  zu  denken  ist.  allere,  den 
nnmen  erbexe  überliefernde  deukntäler  könnten  allen  zwei  fei 
heben,  aus  Kobbes  Bremen  und  Verden  1,  304 — 308  sei  noch 
angeführt ,  dasi  dort  im  bremischen  freie  erbexen  im  allge- 
meinen sich  nur  in  den  morschen  finden,  dasz  sie  rolle  eigen- 
Ihümer  und  niemand  als  der  landesherschaß  unterworfen  sind, 
weshalb  sie  auch  hausleule,  nicht  bauem  heiszen.  in  Fries- 
land keine  spur  von  ihnen. 

ERBFÄHIG,  cui  licet  heredilalem  aliquam  ccrnere:  ein  sol- 
ches kiud,  den  elften  monut  nach  tödiichein  abschid  des 
niannes  vom  »eib  an  das  tagliechl  gebracht,  für  rechtmäszig, 
eheniäszig  und  erbPahig  erkant  und  angenommen.  Garg.  'B'. 

ERBFÄHIGKEIT,  f. 

EHBFALL,  m.  heredilas ,  quae  alicui  obvenit,  anfall  einer 
erbschaß :  den  erbfall  antreten.  Frank  f.  ref.  6, 1,  4.  6,  2, 1 ; 
denen  ein  erbfail  auferslirbt.  6, 2, 4 ;  aber  die  guter  soltu 
darein  tragen,  die  du  mit  nützlicher  aibeit  oder  durch  recht 
erbfall  überkommen  hast.  Keisersb.  schif  der  pen.  102'; 
Esau  verlor  durch  ein  linsenniuos  die  gercchtigkcit  seins 
erbfals;  Cotilas  besasz  die  statt  Caurisicn  in  Italien  durch 
rechten  erbfall.  Fronsp.  kriegsb.  3,153";  gesatz  von  erbfüilen, 
lex  falcidia.  Fkischmn  nomencl.  430 ;  hat  mich  Balthasar 
Reder  zum  beistand  gegen  dem  Jauer  (hin  nach  Jauer)  er- 
beten wider  seinen  vetter  wegen  eines  erbfalls.  Schweixichen 
3,20; 

ein  jeder  sich  de.^selben  nehrt, 

was  ihm  von  erbfall  wird  besehen.    Wolgbmut  Es.  2,364; 

du  einig'  nur  erhijliesi.  herr  mein  heil, 

den  erblall  mir,  das  gut,  so  ich  eiiipl'ange.    Opitz  ps.  p.  31 ; 

daher  sobald  sie  die  weit  gesegnete,  bekamen  die  freiherrn 
von  Biberan  den  rittersitz  Ossig  wieder  als  einen  recht- 
müszigen  crbfall.  LucX  dcnJcw.  308;  würde  diese  [rechts- 
wissenscliaß)  so  viel  erbschaften  theilen ,  wenn  jene  (die 
arzneiwissenschaß)  nicht  für  erbfälle  sorgte  ?    Stürz  1,  206. 

2)  im  deutschen  recht  auch  für  sterbfall,  baulebung. 

ERBFÄLLIG,  heredilate  obveniens:  ein  pfenning  gwis  im 
seckel  ist  besser  dan  von  weitem  ein  erbfälliger  gülden. 
Fba-nk  sprichw.  i,U^*■,  von  inventierung  der  erbfälligen  guter. 
Frankf.  ref.  6,3;  der  pabst  understund  under  dem  schein 
der  keuschheit  der  priesterschaft  guter  im  selbs  erbrällig  zu 
machen.    Stumpf  1,  52*. 

ERBFASER,  f.  fibra  hereditaria,  angeborne  faser :  die  väter- 
liche erbfaser  war  hart  und  stumpf  und  diese  verfluchte 
erste  grundfaser  hat  sich  alles  übrige  angeglichen.  Rameaus 
neffe  übers,  von  Göthe  Lp.  1805  $.308  =  Götbe  30,122;  in- 
dem die  erziehung  immer  den  hang  der  erbfaser  durchkreuzt, 
60  würde  er,  wie  durch  zwei  entgegengesetzte  kräfte  gezo- 
gen den  weg  des  lebens  nur  schwankend  gehen.  310. 

ERBFEHL,  m.  vitium  a  parentibus  insitum: 

und  nach  dem  erbfehl, 
den  in  der  tauf  ich  geerbt  von  meiner  geschwätzigen  patin. 

Voss  2,  240. 

ERBFEHLER,  m.  dasselbe:    der  trunk  war  sein  erbfehler. 
ERBFEI.ND,  m.  hostis  sempitemus,  todfeind,  nnl.  erfvijand: 

daitz  so  vil  tausent  Christen 

von  mannen,  weih  und  kind, 

in  ewige  kuechischafte 

werden  verkauf  mit  machte 

in  Türkei  dem  erbfeind.    Soltau  470; 

•ie  (die  ratten)  wollen  froh  zum  essen  schreiten, 

allein  es  bszt  sich  jetzt  von  weiten 

der  erbfeind  ihres  vollies  sehn, 

es  schleicht  ein  fuchs  heran.    riACiiDORN  2,  16; 

zwene  giengen  zugleich  auf  ihn  los,  als  wenn  <t  der  erb- 
feind christliches  namens  wäre.  pol.  stockf.  28u ;  weil  sie 
nicht  nach  Paris,  nach  diesem  christlichcu  Gomorrha,  und 
zum  erbfeinde  von  uns  und  England  geben  wollen.  Licute?(- 
kEiic  7,  270; 

was  auch  der  pfalTe  sinnt  und  schleicht, 
diT  predigcT  stellt  zur  wnoho, 
tind  <la«z  der  erhri.-ind  nichts  erreicht 
ist  aller  Deuuchcn  sache.    Cötuk  3,  146; 

schon  andere  haben  gegen  diese  secicnvemicbtung  {die  in- 
famierenden  strafen),  welche  dem  Hiaate  vom  bürger  nichts 
zurück  Itttzt,  aU  eine  kalte  gekrümmte  bildseule  oder  noch 
r>fter  einen  kriechend  vergiftenden  erbfeind,  genug  gesprochen. 
J.    I'.   nachdämm.   HO. 

KHBFEI.NDLICH,  hoitiltt:  da  er  sich  zu  etzlichcn  kauf- 
Iruten  in  ihr  acbif  begeben  und  uncrkantcr  weise  aus  dieten 
crbfeindlichen  orten  entrannen  ist.    Argenis  2, 360. 


ERBFEINDSCHAFT,  f.  in  jedem  lande,  wo  zwischen  bür- 
gern und  fuinilien  erbfeindschaften  obwalten.  Garve  anm.  zu 
Ctc.  off.  1,  243. 

ERBFELD,  n.  pracdium  hcreditarium,  erbgut.    Stieler  464. 

ERBFEUER,  m.  focus  hereditarius :  da  fragte  ich,  wie  es 
denn  mit  meiner  ficundschaft  [zu  Mansfeld)  gieng?  ward 
mir  geantwort,  meine  Schwäger  Mackerode  halten,  das  sie 
gewislich  darüber  müsten  zu  bettlern  werden,  das  wolt  gott 
nicht,  sprach  ich,  haben  sie  doch  nichts  anders  denn  erb- 
feuer.  Luthers  br.  5, 288 ;  die  unterthanen  allzu  hart  und 
scharf  drücken,  sie  von  iren  erbfeuern  und  gütern  zu  bringen 
und  schier  leibeigen  zu  machen.  5,  437,  d.  t.  von  ererbtem 
haus  und  hof  treiben. 

ERBP'EUERHERR,  m.,  ehmaliger  beamte  des  reicht,  dessen 
amt,  auch  das  fcuereisenamt  hiesz  und  der  am  kaiserlichen 
hoflager  auf  feuer  und  licht  zu  sehen  hatte,     s.  feuerherr. 

ERBFLUSZ,  m.  im  bergbau  ein  ftusz,  welcher  das  gebirge 
und  die  in  demselben  befindlichen  gdnge  abschneidet  und  einen 
gegentrumm  macht :  die  schaden  so  sich  zusammen  samlen, 
denselbigen  nimb  ihren  erbflusz  in  den  weg.  1'aracklsus 
1,  723*. 

ERBFOLGE,  f  successio  hereditaria,  der  erbgang :  zur  erb- 
folge  kommen,  einem  in  dem  besitze  seiner  guter  und  würden 
folgen;  wird  denn  in  einer  monalschrift  die  einhrit  einer  er- 
zählung  durch  das  abbrechen  der  letztern  und  durch  die  erb- 
folge  eines  andern  aufsatzes  entschädigt?   J.  P.  TU.  1,62. 

ERBFOLGEKRIEG,  m. 

ERBFOLGEORDNUNG,  f. 

ERBFOLGER,  m.  succcssor. 

ERBFOLGESTREIT,  m. 

ERBFÖRSTER,  »i.  saltuarius  hereditarius. 

ERBFRAU,  f  domina  hereditaria.     siehe  erbherr. 

ERBFREL  hereditate  immunis :  erbfreies  landgut. 

ERBFREIHEIT,  f. 

ERBFROHN,  m.  apparitor,  praeco  hereditarius. 

ERBFROHNENAMT,  n.    Kobbe  Hremen  u.   Verden  1,  286. 

ERBFÜRST,  m.  princeps  hereditarius. 

ERBFÜRSTENTHUM^n.  das  weltliche  erbfürstcnthum.  Ranke 
reform.  1,  61. 

ERBGABE,  f.  donatio  testamentaria,  nnl.  erfgaaf: 

die  wisen  hat  uns  gschaft  gemein 
unser  vatler  beiden  zu  crbgaben, 
nun  wil  sie  jeder  allein  haben.    H.  Sachs  IV.  3, 104". 

ERBGANG,  ni.  tras  erbfolge :  alle  heilsamkeit  der  Vererbung 
der  kröne  gieng  unter,  weil  man  den  gemeinen  erbgang  auf 
sie  anwandte,  mehrere  erben  sich  in  reich  und  regierungs- 
rechte, als  ob  es  bauerngüter  gülte,  theilen  liesz.  Dahlmajcn 
ddn.  gesch.  2, 140. 

ERBGANGSRECHT,  n.    Stielbr  1550. 

ERBGEBIET,  n.  territorium  hereditarium,  vgl.  erbiet: 
und  hab  also  ein  crbgebieu    froschmeuseter  Gg7'. 

ERBGEBÜHR,  f.  quod  heredi  justum  est,  erbtheil.  Stielkr 
861. 

ERRGEBCHRNIS,  f.  dasselbe:  sintemal  meine  väterliche 
erbgebürnus  war  zu  gell  gema<'.ht  und  dasselbe  verzehret. 
Pnii.AND.  lugd.  3,  7. 

ERBGEIST,  m.  sensus  quasi  hereditate  Iraditus :  es  hersrht 
ein  erbgeisl  von  ausgezeichneter  reinlichkeit  bis  in  die  nie- 
dersten bütten  herab.  Pestalozzi  9, 135. 

ERRGELD,  »i.  pecunia  hereditate  actepla. 

ERBGEMÄCHT,  n.  legatum:  jarlich  erbgemächl,  legala  an- 
nua.  Frischi.ix  nomencl.  435. 

ERHGENAHM,  m.  heres  braucht  MOser  patr.  ph.  4,329,  et 
ist  aber  nicht  hochdeutsch,  sondern  dem  »ij.  erfgenaain  nach- 
gebildet. 

ERbGENOSZ,  wi.  coheret,  keru,  nnl.  erfgenool.  /idH/ig 
in  den  nd.  weisthümern  erhgenossen,  erfgenoten,  ervenolen, 
I.  b.  3,  03.  94.  »8.  2ü3. 

ERBGEM'SZ,  m.  fructus  ex  hereditate  pereipiendus. 

EltBGERECHTIGKElT,  f.  jus  hereditarium:  wo  Adam 
dahnne  blieben  wcre,  bette  er  auch  solche  kindrr  gcteugrt, 
in  welchen  keine  böse  lusl  gewesen  wrre.  d.is  bette  man 
denn  geheiHzen  eine  rrbgerechtigkeil.  Litiikr  4, 12*.  berg- 
männisch ist  die  erbgerechiigkeit  eines  slollrn  das  was  ein 
erbstnlle  von  den  anliegenden  berggebduden  erhebt. 

ERBGKRIl'HT,  n.  das  einem  grundbesilter  tuttdndige. 

ERBGtRICHTsBARKEIT,  f. 


1 


721 


ERBGERICHTSHERR  —  ERBHASZ 


ERBHAUS  — ERBIDMEN 


r22 


ERBGERICHTSHERR,  m. 

ERB  GESANG,  m.  der  ewige  erb  und  lustgesang  des  Tolks 
zu  sein.    Herder  ",  15. 

ERBGESCHMACK,  m.  guslus  a  parentibus  insilus:  obst,  wo- 
nacli  alle  kinder  einen  erbgeschmack  auf  die  weit  bringen. 
Hippel  lebensl.  1,  327. 

ERBGESCHMEIDE,  n. 

verblendend  glänzt  im  stolzen  erbgeschmeide 
Atossa  selbst,  der  läufer  Zultca.    Hagedorn  1,  127. 

ERB  GESESSEN,  yunrfum  possidens  jure  heredilario :  der  wol- 
edie  J.  Chr.  von  Uchteritz,  erbgesessen  auf  Litzma.  pers. 
reiseb.  2, 1.     die  erbgesessene  bürgerschafl, 

ERBGEWINN,  wi.  ein  von  leibeignen  bei  ihrem  anzug  zu  ent- 
richtendes geld,  rgl.  auffahrt. 

ERBGIER.  f.  ariditas  hereditalis  oUinendae,  s.  erbbegier. 

ERBGIERIG,  atidus  hereditatis,  heredipeta.  Dasypodics  320*: 
sein  freund  verlassen  ihn  oder  warten  ihm  erbgirig  auf  die 
seel,  wünschen  ihn  in  die  hell.    Garg.  69*. 

ERBGIERIGKEIT,  f.  kos  erbgier. 

ERBGIFT.  /■-  KOS  erbgabe.    Frisch  1,  229'.  349'. 

ERBGRAF,  m.  comes  hereditarius. 

ERBGRIND,  wj.  porrigo:  schüppechtige  raud  zwischen  den 
hiirlin  des  haupts.  barts  oder  augbrawen.  Dasvpodids  190'. 
293" ;  schellwurzsaft  mit  wein  und  öl,  jedes  gleichviel  durch- 
einander gemischt,  vertreibt  den  erbgrind,  das  haupt  zum 
oftermal  damit  gesalbet.  Taberxae«.  105;  eine  frauw,  die 
bette  den  erbgrind  lang  gehabt.  Frey  narteng.  cap.  79;  nun 
hett  aber  der  eine  den  erbgrind,  der  ander  war  sonst  reudig. 
u-tykürzer  17'; 

jedoch  so  lasz  ich  mich  nicht  gern 
so  kahl  als  wie  ein  nacrn  b  eschern, 
und  als  wenn  ich  hett  den  erbgrind.    .4ther  fastn.  46*,- 

ich  sähe  sonderlich  einer  veralten  groszmutter  zu,  wie  sie 
aus  meel,  eierklar,  bim,  blut  und  griinspan  eine  mixtur  zu- 
richte und  einem  knaben  einen  erbgrind  daraus  machte, 
nachdem  sie  ihm  zuvor  den  alten  bis  auf  die  gesunde  haut 
abgewaschen  und  den  haarboden  auf  ein  neues  der  gehörde 
nach  abgeschoren  hatte,  'so  mein  kind*,  sagte  sie,  *du  hast 
warhaftig  jetzund  so  einen  schönen  grind,  dasz  man  ihn 
nicht  natürlicher  mahlen  künte  I '  Simpl.  vogetnest  l,  3 ;  erb- 
grind und  podigra.  Fuchstnundi  295;  wider  den  erbgrind  soll 
man  grundein  in  maibutter  sieden  und  den  grind  damit 
schmieren.    Hohbebc  2,  50S'. 

ERBGRINDIG,  porriginosus :  kretzig,  reudig,  schebig,  erb- 
grindig, geflechtig.    Paracelsüs  1, 1054*. 

ERB  GRUFT,  f.  erhbegräbnis. 

ERBGRUND,  m.  praedium  avitum,  Iteredium. 

ERBGUT,  n.  dasselbe:  wenn  jemand  ein  stück  ackers 
von  seinem  erbgut  dem  herrn  heiliget,  so  sol  er  geschetzt 
werden  nachdem  er  tregt.  3  Mos.  27,16;  denn  ich  bin  dein 
teil  und  dein  erbgut  unter  den  kindem  Israel,  i  Mos.  19,20; 
und  sie  sollen  unter  den  kindern  Israel  kein  erbgut  besitzen. 
\^,  23 ;  gebeut  den  kindern  Israel,  das  sie  den  leviten  ste-dte 
geben  von  Iren  erbgütern.  35,  2 ;  Weisheit  ist  gut  mit  einem 
erbgut,  und  hilft  das  sich  einer  der  sonnen  frewen  kan. 
pred.  Sal.  41.  9 ;  das  ist  der  erbe,  kompt  laszt  uns  in  tödten 
und  sein  erbgut  an  uns  bringen.  Mallh.  21.  38,  iro  die  tulg. 
Iieridatem  hat,  die  ahd.  überlragvng  erbi,  die  ags.  sehta;  in 
Mose  ist  auch  gefasset,  das  keiner  kein  acker  solt  verkeufen 
für  ein  ewig  erbgut.  Llther  3. 167' ;  gleichwie  in  der  weit  und 
im  hausregiment  ein  kind  zum  erbe  wird  allein  dadurch,  dasz 
das  kind  ins  erbgut  geboren  wird,  lischr.  1,60;  das  er  sein 
testament  mach  und  sein  erbgüter  verschaffe.  Frank  weltb.  153' ; 
der  doch  uns  menschen  sein  erbgut, 
auf  dasz  durch  seinen  tod  wir  si^eten,  gegeben. 

WtCtHERLIT»  313; 

aber  wofern  euch  dieses  behaglicher  scheint  und  erwünschter, 
so  des  einzelen  manns  erbgut  ohn  enigelt  zu  verprassen 
schlingt  es  hinab!  Od.  I,  37s- 

nein,  Eurymacbos,  wenn  ihr  auch  ganz  darbrächtet  das  erbgut, 
alles  was  jetzo  ihr  habt  und  dazu  noch  anderes  legtet 

22,  61, 
iTO  das  ori^nd  in  der  ersten  stelle  ßiorog,    also  fahrende  habe, 
in   der   andern  aber  Trarocöta  hat;    lasz  uns  den  freund  auf 
die  höhe  führen,  damit  er  nicht  glaube,   dieses  beschränkte 
thal  nur  sei  unser  erbgut  und  aufenthalt.    Göthe  17,30. 
ERBHASZ.  m.  odium  a  parentibus  proditum: 
doch  hat  es  jetzt  der  himmel  so  gewendet, 
dasz  ich,  sein  blut.  der  mit  der  milch  der  amm< 
den  alten  erbhasz  In  sich  sog,  als  flehender 
vor  euch  erscheine.  Scbillik  662" 

III. 


ERBHAUS,  n.  domus  heredüaria,  nnl.  erfhuis. 
ERBHEMD,  n.  indusium  heredilate  acceptum:   dasz  es  nicht 
an  segensprechen,  geweiheten  lichtem,  erbhemdern,  beschwe- 
rungen  und  rielen  andern  abergläubischen  narrenpossen  mehr 

liege.    Simpl.  K.  450. 

ERBHERR,  m.  dominus  hereditarius: 
mhd.  mir  waere  leit  wer  tcete  den  erbherren  min. 

Wolfdieterich  52; 
der  selben  triuwe  du  iemer  genießen  muost, 
daj  du  unserm  erbherren  als  dinem  kinde  tuost.    2-51 ; 
si  ist  eines  suns  genesen, 
der  wol  mit  eren  mac  wesen 
unser  erbeherre.    Jrfni  129,  5. 
nhd.  landesfürst  und  erbherre.    veisth.  3, 384   tgl.  3, 129. 130. 
156 ;  gott,  mache  dich  auf  und  richte  das  land,  denn  du  bist 
erbherr  über  alle  beiden,    ps.  82,  s ; 
und  ihr  solt  ihm  zu  dieser  stund 
als  eurm  erbherrn  hulden  und  schwem.    Atuk  344»; 
F.    nur  dasz  sein  Untergang  uns  beide  nicht  erdrücke. 
Cr.  er  drücke!  wenn  mft  mir  mein  todfeind  nur  erdrückt. 
F.    dein  erbherr!    Cr.  wider  Jen  ich  gottes  schwert  gezückt. 

Griphics  1,  293; 
doch  um  den  mächtgen  erbherrn  wol  verdienen 
heiszt  saaten  in  die  zukunft  streun.    Schiller  ö2t>*. 
ERBHERSCHAFT,  f.  grundbesitz  und  dann  auch  grundbesilzer. 
ERBHERZOG,  m.  dux  hereditarius. 

ERBHERZOGTHU'M,   n.     die   Verwandlung   des  geistlichen 
Ordenslandes  Preuszen   in   ein  erbherzogfhum  im  hause  der 
brandenburgischen  Hohenstaufen.    Dahlmasx  fr.  rer.  419. 
ERRHOF.  m.  villa  hereditaria,  allodium. 
ERBHOFAMT.  n.  munus  aulicum  heredilarium. 
ERBHOFMEISTER,  m. 
ERBHOFMEISTERAMT,  n. 
ERBHOLZ,  fi.  ^iVra  hereditaria.    Stieler  S54. 
ERBHULDIGU.NG,  f.  homagium,  s.  huldigung. 
ERBIBEN,   MOS   erbeben :    das   erdrich   hat   sich   erbibet. 
Melanchthons  hauptart.  der  heil.  sehr.    terdeutsdU  o.  j.  u.  o.  W.  50. 
ERBICKELN,   scalpro   effodere,    s.   die  1,1809  aus  Garg.  3l' 
gegebne  stelle. 

ERBID.MEN,  tremere,  gleichviel  mit  dem  einfachen  bidmen 
(1,  ISIO),  mhd.  Kb.  l.llö",  Frisics  1,1327',  Maaler  lOS":  du 
gloubsl  das  ein  got  ist,  wol  tust  du  daran,  und  die  bösen  geist 
gloubent  es  ouch  und  erbidement.  Keisersb.  selenparad.  106" ; 
wenn  aber  der  Schumacher  oder  der  pfifer  ire  handwerk  nit 
künden,  noch  nit  gewont  betten  die  zu  thund,  so  wer  inen  gar 
angstund  erbidmeten  dar  gegen.  W^iöO';  wenn  ein  glid  von 
dem  leibe  abgescheiden  wirt,  so  erbidmet  der  ganz  leib. 
prcd.  112';  das  erdrich  erbidmet  und  die  stein  zerspieltent. 
pos/.  2.  95*;  aber  er  todt  inen  des  Stichs  nit,  sonder  gab  im 
mit  seim  schwert  als  harte  streich  auf  seinen  heim,  das  er 
im  die  zene  im  mund  thet  erbidmen  oder  wagen.  .4i"mon 
k  r ;  ranten  als  neidigklich,  auf  einander,  das  man  bedaucht, 
das  feld  erbidmet  under  inen,  pi';  sein  pferd  lief  wie  der 
wind,  thet  auch  die  erd  under  im  erbidmen.  q4';  und  fiel 
so  ungestümiglich  emider,  dasz  das  erdrich  unter  ihm  er- 
bidmet. buch  der  liebe  274,1;  es  musz  alles  erpidmen  und 
erzittern.  Ha\s  Jacob  Velr.  Regensb.  1525  bogen  f;  wer  solt 
nicht  erbidmen,  wann  er  sieht,  das  der  kirchenstand  eben  . 
dem  israelitischen  reich  gleich  ist?  Melanchthons  annot.  zum 
Römerbrief  verdeutscht.    52 : 

auch  hat  erbidmet  das  erdrich.    H.  Sachs  III.  1,220'; 
man  tei  die  maur  zerschieszen, 

das  erpidmet  in  der  stat.  Uulaxd  45^S.  Hildebri^id  46; 
ich  wil  schreien,  das  es  als  erbidmet.  Maxlel  s.  428;  aber 
der  geist,  der  mehr  ist  als  der  leib,  denselbigen  frewrt,  der- 
selbige  erzittert  und  erbidmet  den  ganzen  leib.  Paracelsüs 
1,548';  und  ist  dieses  die  ursach,  dasz  ein  jeder  schusz, 
der  wider  die  maur  also  wagrecht  ^ntriffet,  am  allermeisten 
durchaus  in  solcher  mauren  gemerkt  wird,  also  dasz  er  die 
mauren  gar  nahe  ganz  und  gar  erbidmet  und  erweget.  Froüs- 
perg  kriegsb.  2. 26' ;  er  macht,  das  die  erde  erbidmet  von 
seinem  wort.  REiszxERJcrjii.  l,  89';  in  seiner  gegenwärtigkeit 
hat  die  erd  erbidmet.  2,116';  die  erd  erbidmet,  so  der  herr 
hindurch  gehet.    2.117'; 

die  erd  erbidmet  ser.    Nelissus  ps.  F6'; 

und  rennten 
die  rosse  spornend  auf  einander  los, 
so  mächtig,  dasz  die  erde  unter  ihrem  stampfen 
erbidmete.  Wiela;»d  l*>,  is: 

ob  sich  schlachten  widmet 

euer  brüderheer, 
ob  die  erd  erbidmet, 

euch  (todte)  erschreckt  nichts  mehr.    Jon.  Chr.  F».  Dabo. 

46 


723 


ERBIDMEN  — ERBIETEN 


ERBIETEN  —  ERßlETUNG 


724 


Iransilic  ßr  tremefacere  nur  in  den  slellcn  ton  Paiucelsos  und 
Frossperc. 

ERBIDMEN,  n.  Iremor:  und  best  ouch  kein  orschütten  und 
erbidmen  gegen  dem  tod,  wenn  er  kümnict  und  dich  erle- 
digen wil.  Keisersberg  bt/per  150* ;  ein  heftig  grosz  erbidmen. 
Garg.  2S5'. 

ERBIEGEN,  flecfere:  ich  kann  es  nicht  erbiegen. 

ERBIET,  n.  für  gebiet,  territorium,  sehr  selten: 

man  sagt,  das  Galorrnn  ankomm  mit  vielen  Icutcn, 
den  könig  Agricnii  aufs  cuszerst  zu  bestreiten, 
der  ihm  sein  königreich  und  angccrbt  erbiet 
oho  alle  billigkcit  und  rucht  wil  gönnen  nit. 

Werders  Ar.  23,  126. 

tgl.  biet  3.  erbbiet  zu  mutmaszen  gestattet  das  vorangeliende 
angeerbt  nicht. 

ERBIETEN,  offerre,  profiteri,  did.  irpiotan,  mhd.  erbieten, 
ags.  äbeodan 

1)  die  faust  erbieten,  du  band  bieten,  darreichen:  folgenden 
tags  ritten  i.  f.  gn.  gen  hofe,  allda  i.  k.  maj.  i.  f.  gn.  die  faust 
erboten  und  sich  gncdig  erzeiget.  Schweimchen  2, 126,  wie 
es  auchhiesz  die  faust  bieten,  sein  angcsicbt  erbieten,  zeigen, 
darbieten : 

die  nur  mit  stummen  sitten 
und  siegelfestem  mund  ihr  angesicht  erbieten 
wie  larven  ohne  hirn,  die  tügen  nicht  hicher.    I.ocau  2,  13, 

vo  dem  reim  zu  gefallen  erbitten  geschrieben  ist,  wie  auch  bei 
Ayrer  20S'  erbittens  für  crbietens. 

2)  ehre  erbieten: 

damit  man  uns  frauen  mag  ere  erpieten.    fastn.  744,  28 ; 
ob  sie  euch  mochten  ere  erpieten.    138,  18; 

ein  warer  demütiger  mensch  ist  allzeit  in  fürchten,  das  man 
im  glorie  erbiete.  Keisersb.  selenp.  12' ;  ich  habe  nie  kein 
edelmann  so  unzüchtig  gesehen,  dasz  er  für  einem  frauwen- 
bilde  hinrilte  oder  gienge  und  nicht  mit  ir  redet  noch  ir 
kein  ehr  erbiete,  buchder  liebe  2ti3,i;  dasz  ir  jedermann  ehr 
erbieten  solt.  286,2;  wir  haben  gottes  gebot,  der  beiszt  uns 
die  jugcnt  zucht  und  ehre  leren  und  dem  alten  sonderlich 
den  priestern  ehr  erbieten  und  sich  gegen  sie  demütigen. 
LcTUER  6,  llo';  giengen  sie  im  grosze  reverenz  und  ere  er- 
bietende entgegen.  Aimon  D  2'.  vgl.  ehrbicten,  ehrbietig,  ehr- 
erbietig. 

3)  dienst,  gunst  erbieten :  denn  solch  vertrauen  und  bei- 
fallen ist  das  recht  anbeten  und  eigentlich  der  rechte  gottes- 
dienst,  als  s.  Augustin  Icret,  welcher  keiner  creatur  sol  er- 
boten werden.    Llther  ..,453*.    br.  1,598; 

da  mit  man  mag  frauen  dienst  erpieten.    fasln.  74),  19; 

für  solich  mein  müe  und  arbeit  weiten  sie  mir  eer,  gunst 
hoch  erbieten.    Eulensp.  rorr. 

4)  Schmach,  höhn  erbieten:  ja  im  wer  leid  von  herzen, 
das  es  imcr  ofenbar  (es  steht  ofembar)  würd,  was  im  untreu, 
truck  oder  schmoh  erbotlen  ist,  dar  zu  ist  schweigen  gut. 
Keisersb.  selenp.  9"'. 

5)  auch  zu  mehrerm  schein  seins  fürnemens  wil  er  mich 
dringen,  mein  sermon  zu  erbieten  auf  crkentnis  bepstlicher 
beiligkcit.  Llther  1,  Vi* ;  etwas  fürzunehmen,  das  wirdig  sei 

'  e.  f.  g.  zu  erbieten.  LuTDEBS  br.  1,435;  tausch  erbieten,  an- 
bieten: 

frevelvoll  und  voll  von  wonne, 

selig  im  rrbotnnn  tuusrhe, 
neigt  sich  die  bflliiirte  nonne 

seinem  schönen  llcbesrausche.    Puten  ly. 

6)  es  erbieten,  wie  es  bieten  (s.  bieten  7),  mhd.  vi,  bieten, 
S;  erbieten  if/ramm.  4,337),  urit  man  die  gemeinte  sache,  nem- 
lich  Speise  und  trank  leicht  hinzu  denkt:  wer  in  zu  haus  lad 
und  es  im  wol  erbiet.  Fhan»  veltb.  13.'i';  nach  disen  reden 
gingen  sie  zum  essen,  da  Ihet  ers  inen  überllüssiglichen 
wol  erbieten.    Aim4jn  v4*; 

du  aber  rieht  uns  zu  auf  lieint 

ein  kiiüillcli  mal  aiilit  allcrbp«t, 

wann  ich  wird  haben  ehrlich  gest. 

auf  da«  wir  ins  erHeu-n  wol.    il.  Sachs  II.  I,  Stf; 

das  wirs  dem  adel  t-rbii-len  wol, 

auf  da*  sie  alle  werden  vul.     III.  3,  70*; 

weil  dann  so  stattlit-h  leut  da  sind, 

mbst  wir  es  ihnen  wol  erbieten.    Atrkr  3H5*. 

71  »ich  erbieten, 

tt)  ithne  casu*:  «ei  nicht  wie  die,  so  i<ich  mit  hohen  Wor- 
ten erbieten  und  thun  doch  gar  nichts  dazu.  Siraih  4,34; 
warum  erbeul  sich  denn  gotl?  Luther  tischr.  30*;    so  llyda- 


spes  uns  gnade  beweisen  wil,  wie  er  sich  dann  erbeutet,  so 
sol  er  uns  mit  gewehrter  band  in  die  statt  ziehen  lassen. 
buch  der  liebe  219,  4;  darnach  opfere  und  erbiete  dich  weiters 
also.    Spee  g.  tugendb.  232. 

b)  mit  dal.  der  person:  so  ir  die  Züchtigung  erduldet,  so 
erbeut  sich  euch  gott  als  kindern.    Ebr.  12,  7. 

c)  mit  gen.  der  sache:  wil  ich  in  dahin  bringen,  das  er 
sich  des  kampfs  selbst  erbieten  nuisz.  Galmy  272;  wes  ich 
mich  erbütten.  Mich.  Neander  fceJiTiAe»  .«.  3;  sich  alles  guten 
erbieten,  pers.  reiseb.  3,  4 ;  erbeut  er  sich  aller  förderlichen 
dienste.    BurscnKv  kanzl.  oo. 

d)  mit  auf:  dieweil  sich  jene  auf  crkenntnis  erbieten. 
Luthers  br.  3,4^7;  und  crbielen  sich  sehr  gütig  auf  hen- 
dclung.    5,  771. 

e)  mit  zu: 

ich  kari  mich  erpieten  zu  allen  Sachen, 

und  in  dem  pctt  gar  lieblich  machen,    fastn.  106,  4; 

erboten  sich  zu  recht  für  jederman  des  ganzen  landes.  Luther 
3,  33.     ich  erbiete  mich  zu  allem,  was  du  wünschest ; 

du  sollst  vergebens  dich  zu  meiner  freundin, 
zu  meiner  Schwester  nicht  erboten  hiiben.    Lessing  2,  . . .; 
er  erbot  sich  zum  eide,  doch  bald  besann  er  sich  anders. 

GÖTIIE  40,  .  .  . 

f)  mit  dem  infiniliv:  davon  wenn  sich  einer  vor  einem 
richter  erbütet  zeschweren,  so  soll  der  richter  nicht  schnell 
schweren  lassen  ...  du  solt  dich  auch  hüten,  das  du  einen 
anderen  nicht  lessest  falsch  schweren,  da  dir  einer  schuldig 
ist,  und  er  erbütet  sich  das  recht  darumb  zethun,  und  wil 
dir  das  abschweren,  da  du  wi-vsigklichen  weist,  das  er  falsch 
Schwert,  da  solt  du  in  nicht  lassen  schweren,  wann  du  ver- 
derbest sein  seel  und  dein  seel.  Keisersb.  s.  d.  m.  2l';  Jona- 
thas  bat  auch  den  könig,  das  er  ganzem  Judea  und  den 
dreien  vogleien  in  Samaria  und  Galilca  den  schosz  erlassen 
wolt  und  erbot  sich  umb  dise  freiheit  zugeben  drei  hundert 
centner  golds.  1  Macc.  II,  2S;  Beinhart,  seine  brüder  und 
Magis,  die  erbieten  sich,  behallnus  ires  lebens,  in  ewer  gnad 
zu  ergeben.  Aimon  v  4* ;  ich  hab  mich  auch  erpotten  .... 
e.  k.  maj.  und  derselben  hcusern  Osterrich  und  Burgundi 
und  iren  nachkomen  anzuhangen,  sdir.  landgr.  Philipps  vun 
1547  in  Dullers  bcilr.  s.  95 ; 

melir  aus  galanterio  als  vom  gcfübl  gezogen 

läszt  er  vor  ihr  aufs  linke  knie  sich  hin, 

bewundert,  bedaurt,  erbeut  sich  sie  zu  rächen.    Wieland  4, 129. 

s.  bieten,  anbieten,  anerbieten,  entbieten,  verbieten. 

ERBIETEN,  n.  pro]iosilio,  anerbieten,  man  sagte  oß  'des  cr- 
bietens sein'  für  sich  zu  etwas  erbieten :  so  wäre  e.  k.  maj. 
gnedigs  erbietcns  zu  fördern  und  zu  handeln.  Mei.anchthon 
vorr.  zur  Auysb.  conf.  im  corp.  doclr.  ehr.  B3;  mit  neigen  und 
mit  allem  höflichen  erbieten.  WigaloL^  Frankf  15G4  s.  2s ;  dar- 
nach kam  die  ganze  werde  ritter.schaft,  der  wol  crbielen  und 
wirdigs  empfahen  auch  nit  klein  was.  daselbst:  ich  bedank 
mich  ewers  eibietens.  buch  d.  1.33,1;  als  die  schöne  Mage- 
lona  des  ritters  erbieten  hett  verstanden.  34,1;  ich  hin  auch 
des  erpietens,  so  mir  anhcim  erlaubt  wurde,  so  wolt  ich 
e.  k.  maj.  gisel  setzen.  Duller  <i.  o.  o.  95;  ich  hab  mich  auch 
crpotlen  und  bin  des  erpietens  u.  s.  u:  elienda :  erbielens 
(pro])onendo),  die  memorialia,  die  er  für  sich  aufgesetzt  .  . . 
zu  überliefern.  Philand.  lityd.  3,15.'.;  erbielens,  was  er  noch 
in  einem  Vierteljahr  finden  würde,  dasselbige  zu  restituieren. 
3,156; 

ich  will  nicht  fragen,  ob  Alhall  schon 

bei  dir  gewesen,  will  nicht  untersuchen, 

ob  dich  nicht  sonst  ein  argwöhn  treibt,  mir  diese« 

erbieten  freier  dings  zu  thun.    Lks.sinc  2,  282; 

denn  ein  erbieten  that  ich, 

f(tr  1  havc  made  au  offer  to  his  majesty.    Henry  V.  1.1. 

EltlUETIG,  promtus,  paratus:  und  seind  erbiet  ig.  die  be- 
nanten  bede  notarien  unverzögenllich  vor/.iislellen.  Mki.amch 
THON  3,1223;  erbielig  euch  allen  alles  liebs  und  guls  zu  er- 
zeigen. WEc.kHKRLiN  SM ;  ich  bin  erbietig  euch  zu  diesem 
ehrlichen  stuck  gelds  zu  helfen.  Jucundiss.  74;  nölhigen  un- 
terhalt zu  verschallen  erbielig  und  beständig  wÄre.  Lkibn. 
157.     s.  erbeutig,  erbötig,  urbietig. 

ERBIETLNC,  f  vas  irbieleii:  solche  ei bietung  veracht 
man.  LfTHER3,3r;  diese  erliielung  sauipl  dem  Zeugnis  ver- 
achten sie.  3,33;  es  solle  auch  e.  f.  g.  mein  arme  unler- 
thiinige  erbietuiig  nicht  ver«^chiiKihen.  I>r.  1,  43.'.;  ich  hab 
euch    der    il/igeu  erbielung  gar  lieh.    Atmon  in';    da  Alard 


725 


ERBILDEN  — ERBITTEN 


ERBITTEN  —  ER  RITTERN 


726 


seins  bruders  erbieliing  hört,  ward  er  fast  erfrewet.  gl'; 
mit  erbietung  viler  eren  sprachen  sie.  Do';  mit  erbietung 
seiner  dienste.  Hass  Stade  a3;  der  waldesel  ward  bewegt 
von  dieser  demütigen  erbietung.  Cyrillus  49 ;  ich  thue  euweren 
fürstlichen  gnaden  demütiglich  danken  mit  erbietung  solches 
zu  verdienen,  buch  d.  liebe  33. 1 ;  dazu  waren  sie  geneigt  mit 
erbietung  sie  wolten  mir  morgen  um  9  uhr  das  geld  bringen. 
ScHWEiMCHEN  1.270;  erbietuug  dienstlicher  angenehmigkeit. 
Bltschüy  kanzl.  22;  erbielung  meiner  dienste.  23;  grosze 
erbietungen  wurdeu  ihm  von  seilen  der  verwandten  gethan, 
aber  alle  vergeblich.    Schiller  737*. 

ERBILDEN,  effingere,  exprimere,  darstellen,  bilden: 

(ihd.    ni  ward  si  io  in  giburti,  thiu  io  sulih  wurti, 

in  erdu  noh  in  himile,  thiu  ianier  sia  irbilide.    0.  II.  3,10; 

mhd.  wie  gerne  ich  eeloube, 
da?  mich  ein  wärer  got 
von  uitite  liät  irbilidot.    kaiserclir.  2999; 

aber  diu  natftre  diu  erbildet  sich  niht  in  daj  bilde  des  spie- 
geis mere.  der  munt  unde  diu  nase  unde  diu  ougen  und 
ailiu  gestallnisse  des  antlützes.  daj  erbildet  sich  in  den  spiegel. 
EcsHART  6S,  20;  da?  guot  daj  sie  bekanten  und  sähen  in  gole, 
daj  was  so  gröj  unde  s6  verborgen,  da;  ej  sich  niht  erbil- 
den mohfe  in  irme  verstantnisse.    307,  27. 

nhd.  um  keine  erklärung,  wol  aber  ein  Verständnis,  ein 
sein  im  befreundeten  selbst  hinein  zu  wachsen  und  zu  er- 
bilden.   TlECK  4. 75. 

ERBIMMEN,  irasci,  erzürnen,  nur  einmal  gelesen: 

acli  her  got,  dich  nicht  erbimme, 
in  deinem  grimme!    Melisscs  ps.  A3', 

auszerdem,  so  venig  als  das  einfaclie  bimmen  gar  niciä  erschei- 
nend, man  würde  zuerst  mit  Schmeller  1, 175  an  zusammen- 
ziehung aus  erbidmen  denken,  wenn  die  bedeutung  ton  erzUiem 
stimmte,  doch  führt  dieser  ein  nürnbergisclies  bims  :om,  bimsig 
zornig  an,  das  verwandt  sein  musz.  wahrscheinlich  fiel  R  aus 
wie  in  stumpf  für  strumpf,  focht  für  furcht,  mader  für  marder, 
fudern  für  fürdern,  fodern  für  fördern,  sp.  temblar  für  tremblar, 
alls.  linön  für  lirnon  und  a.  m.  bimmen  steht  demnach  für 
brimmen  und  2,  3S3  haben  wir  brimmen  fremere,  2, 364  er- 
bremst iralus,  so  dasz  auch  bims  aus  brims  hervorgeht  und  dem 
bremse,  bremsen  gleicht,     s.  hernach  erbremsen. 

ERBIN,  heres  f.,  was  goth.  arbjö  hiesz,  möglich  dasz  auch 
ahd.  dem  männlichen  erpio  eine  weibliche  erpiä,  erpÄ  zur  seite 
stand,  und  selbst  nthd.  wäre  neben  erbe  m.  ein  erbe  f.  denkbar, 
deren  flexion  ganz  zusammen  flvsse. 

ERBIS,  ERBISZ,  das  schon  unter  erbeisz  und  erbesz  ror- 
getragne  wort,  sei  auch  in  dieser  geslall  aufgeführt:  embor  schwim- 
men, wie  wurmäszige  erbisz  in  ainem  hafen.  Keisersb.  siben 
scheiden  cd* ;  der  ander  ist  an  der  grösze  gleich  einer  erbisz. 
Forer  fischb.  140';  erbisen  zum  speck  mit  der  auslegung. 
Garg.  20';  pillen  in  grösze  einer  erbis.   Bütschry  Fatm.  5S2. 

ERBITTEN,  exorare,  exposcere,  goth.  usbidjan,  doch  Rom.  9, 3 
nsbida  ßr  usbidja,  ahd.  arpitan,  irpitan  (Graff  3,  56),  mhd. 
erbiten  {wb.  l,  173),  ags.  äbiddan. 

1)  mit  acc.  der  person,  an  welche  die  bitte  ergelU,  einen  durch 
bitten  bewegen,  dasz  er  gewähre:  sind  sie  aber  propheten,  so 
laszt  sie  den  herrn  Zebaoth  erbitten,  dasz  die  übrigen  ge- 
fesze  nicht  auch  gen  Babel  gefüret  werden.  Jer  27, IS;  ich 
bit  euch  dm-ch  gutles  willen,  das  ir  mir  helfent  den  keiser 
meinen  herren  erbitten,  das  er  meinen  brüdern  und  mir 
gnedig  sei.  i4ir;ion  v  6' ;  die  herzogin  Friedrichen  den  edel- 
mann  bei  ir  zu  bleiben  erbeten  hett.  Galmy  S4.  es  heiszt 
auch  oß:  er  ist  endlich  erbeten  worden,  er  hat  sich  lassen 
erbitten,  hat  die  bitte  gewährt:  Isaac  aber  bat  den  hern  für 
sein  weib,  denn  sie  war  unfruchtbar,  und  der  herr  liesz 
sich  erbitten  und  Rebecca  ward  schwanger.  1  Mos.  25, 21 ; 
denn  sie  schrien  zu  gott  im  streit  und  er  liesz  sich  erbitten. 
1  chron.  6,20;  er  liesz  sich  nicht  erbitten,  blieb  unerbittlich; 
sie  läszt  sich  erbitten; 

auch  die  spröden  unsrer  Zeiten 

können  ewig  spröde  sein, 

dennoch  ^sagt  und  glaubet  man, 

dasz  man  sie  erbitten  kann.    Hagedor:«  3,56.57. 

2)  zuweilen  ist  doch  die  gewährung  unsicher  und  kann  auch 
unterbleiben,  dann  hat  erbitten  blosz  den  sinn  von  bitten  oder 
ersuchen:  der  prediger  liesz  hierauf  auch  den  andern  nach- 
bar  zu  sich  erbitten.  Scriver  sedensch.  2. 3()2,  d.  i.  zu  sich 
einladen,  wo  wir  heute  einfaches  bitten  (zu  komiiwn)  verwenden; 
bald  (nennt  er)  ein  dutzend  Journalisten,  die  ihn  alle  zu  ihrem 


mitarbeiter  flehentlich  erbeten  haben.  Lessixg  1,  245,  es  braucht 
ihnen  noch  niciU  zugesagt  zu  sein. 

3)  de»  erbeinen  gegenständ  drückte  die  mhd.  spräche  neben 
solchen  acc.  der  person  im  gen.  aus: 

got  der  durch  alliu  herzen  siht, 

den  möbte  al  diu  werlt  niht 

erbiten  eins  unrehtes.    F&£Id.  3,  17 ; 

ein  gast,  der  also  späte 

und  also  müeder  kumt  geriten, 

den  mac  man  übte  des  erbiten, 

da;  er  des  nahtes  da  bestät.    Iw.  5S0S; 

dd  er  der  bete  erbeten  wart.    Gerh.  1118. 
rielleicht   haben  früliere  nhd.  schriflcn  noch  solche  gaiitive,   heule 
sind  sie   wie   beim  einfachen  bitten  (2. 52)  auszer  gebrauch  und 
die  praep.    um   wird  verwendet:    lassent  uns  den  keiser  umb 
gnad  erbitten.    Aimon  v  6*,  gewöhnlicher  um  gnade  bitten. 

4)  vom  acc.  der  gebetenen  person  zu  untersclieiilen  id  der  acc. 
des  erbetenen  gegenständes  (sache  oder  person),  ^eichciel  ob  er 
erlang  werde  oder  nicht. 

mhd.  si  düht,  si  bete  Gahmureten 

wider  an  ir  arm  erbeten.    Parz.  113,  14; 

dö  Antenor  erbat 

da?  bilde,  kerte  er  gegen  der  stat 

zuo  den  Kriechen  wider  hein, 

und  seite  disen  fürsten  zwein, 

das  ^r  da;  bilde  hete  erbeten,    tr.  kr.  47627—51 ; 

nhd.  ich  hab  das  angesicht  des  herrn  nicht  erbeten.  1  Sam. 
13,  12; 

du  hast  den  tod 
erbeten,  Semelel    Schiller  IS'; 

und  gern  neben  reflexivem  daliv:  sich  eine  gnade,  eine  frist 
erbitten;  die  erbetene  frist  wird  zugestanden  oder  abge- 
schlagen; bis  er  zuletzt,  als  er  sich  das  schlittenrecht  er- 
bittet, von  der  pritsche  fällt.  Göthe  25,37.  soll  der  um  die 
Sache  angegangne  bezeichnet  sein,  so  geschiefU  es  durch  die  praep. 
von:  von  dem  fürsten  eine  gnade  sich  erbitten;  er  erbat 
sich  von  ihm  öftere  briefe; 

ein  thöricht  mädchen  deine  Semele, 
die  von  dem  donnerer  geliebet,  nichts 
von  ihm  erbitten  kann.    Schiller  IS"; 

ich  bin  das  weib,  das  hie  bei  dir  stund  und  bat  den  herrn, 
da  ich  umb  diesen  knaben  bat,  nu  hat  der  herr  meine  bitte 
gegeben,  die  ich  von  im  bat,  darum  geb  ich  in  dem  herrn 
wider,  weil  er  vom  herrn  erbeten  ist  (d.  h.  der  herr  um  ihn 
gebeten  wurde).  1  Sam.  1,  27.  28.  früher  galt  auch  um :  das 
haben  die  alten  rabi  umb  gott  erbetten  nach  Christi  gebart. 
Fra>k  weltb.  153'. 

5)  zuweilen  hat  erbeten  den  sinn  von  losbilten,  freibitten: 
einen  vom  galgen  erbitten;  ich  wolle  sie  verbrennen  lassen, 
aber  sie  ward  erbetten.  buch  der  lidie  29, 1.  wahrscheinlich 
auf  ähnliche  weise  zu  fassen  ist  Trist.  26, 2S : 

sin  angeborne  sinne 

die  wären  von  der  minne 

als  wilde  und  alse  unstaete, 

als  er  se  erbeten  haete, 
als  hitte  er  sie  freigegeben,  losgelassen,  so  dasz  sie  sich  verwirr- 
ten, irre  giengen. 

ERBITTERN,  l)  cxacerbare,  exasperare:  darurab  hflie  dich 
für  seinem  angesicht  und  gehorche  seiner  stimme  und  er- 
bittere in  nicht.  2  Afo5.  23,  21 ;  aber  sie  erbitterten  und  ent- 
rüsteten seinen  heiligen  geist.  Es.  63,10;  gott  hat  inen  ge- 
geben einen  erbitterten  geist.  Rom.  11,  s ;  sie  (die  liebe)  lesset 
sich  nicht  erbittern  {schöner  gothisch,  ni  ingramjada).  1  Cor. 
13,5;  ir  veter,  erbittert  ewre  kinder  nicht  (ni  gramjai|)  bama 
izvara).  Col.  3,  21;  das  du  wollest  nicht  lenger  den  grim 
goltes  über  dich  erbittern.  Luther  3, 133';  wie  bist  du  so 
erbittert  mit  gall  und  essig?  Spee  tugendb.  270;  die  Korin- 
thier,  welche  die  übrigen  erst  die  Laccdämonier  erbittern 
lassen,  kamen  zuletzt.  Heilmans  Thuc.  74  (bei  Jacobi  etwas 
be-vier:  nachdem  sie  es  den  andern  überlassen  hatten  die  L. 

aufzureizen) ; 

die  Reuilinger,  auf  unsern  glani 
erbittert,  kochten  gifl.    Schiller  12*. 

2)  sich  erbittern :  Henriettens  seele  fieng  an  sich  rn  erbit- 
tern. Woldemar  231 ;  von  natur  ein  braver,  edler,  zuveriässiger 
mann,  hatte  er  sich  gegen  die  weit  erbittert.  Göthk  26, 95. 

3)  intrarisüiv,  exacerbari,  mhd.  bittern,  zornig  sein: 

noch  ihu  ich  im  gar  mechtig  trang 
in  meinem  bitch,  darin  ich  suiist 
•  ppschribcn  hab  von  gettes  gunst, 
ab  dem  er  vn^t  erbitteret.    Scbade  sat.  3,127; 
,lie  Christen  iheten  erbittern, 
warn  wild  und  topten  sehr.    KöR-tERs  hist.  tolkst.  273; 

46* 


727 


ERBITTERUNG — ERBLÄHEN 


ERBLÄHUNG  —  ERBLASSEN 


728 


alsbald   erbittert   und   erbleichet   darüber   Bittergroll.     Garg. 
264*.     s.  bittern  und  verbittern. 

ERBITTERÜ.NG,  /".  exacerbalio:  freier  himmel,  bereit  lie- 
gende Waffen,  Wahnsinn  im  gehirne  und  im  herzen  erbitte- 
rung  kommen  dem  winke  eines  fanatischen  redners  zu  hülfe. 
Schiller  . . . 

ERBITTIG,  facilis,  ivillig.    Dasypodiüs  321*. 

ERBITTLICH,  exorabUis,  häufiger  gebraucht  wird  unerbittlich, 
inexorabüis :  ob  er  in  der  zif,  da  er  gewalt  und  eer  gchept 
hat,  erbittlich,  barmherzig  und  sanftmütig  gewesen  sie? 
Biederer  spiegel  der  rhetorik.  29';  schön  leut  sind  leicht  erbitt- 
lich. Fischart  e/i:.  493 ;  der  Olympia,  die  einen  neuen  reise- 
rock  und  ein  flaschenfutter  mit  wein  herbei  tra.gen  liesz, 
verehrete  er  50  zechins,  welche  sich  zwar  anfänglich  sehr 
weigerte ,  dieselben  anzunehmen,  jedoch  endlich  erbittlich 
war  und  ihm  die  band  dafür  küssete.    irrg.  der  liebe  296. 

ERBITTLICH,  instanter,  omnibus  prccibus:  ich  bedinge  er- 
bittlich, mir  die  Vergebung  widerfahren  zu  lassen,  dasz  ich 
seinem  angenehmen  zeitlichere  beantwortung  nicht  erteilet. 
BoTSCHKY  kanzl.  109. 

ERBITT.MS,  /".  und  also  im  glauben  gehandelt,  den  berg 
in  das  meer  geworfen  und  alle  barmherzigkeit  und  erbittnus 
gegen  gott  vergessen.    Paracelsus  1,  91*. 

ERBITTUNG,  f.  petüio:  erbittung  eii>es  princips,  pelilio 
principii.    Kant  4,  81. 

ERBJAGD,  f.  venatio  hereditaria. 

ERBJ.\MMER,  m.  miseria  a  parenlibus  propagata :  sie  beken- 
nen die  kleinen  gebrechen  an  der  sündlichen  natur  und  des 
allergrüszten  erbjamers  und  elends  gedenken  sie  nicht.  Jonas 
bei  Lulher  6.  3Sl'. 

ERBKAISER,  m. 

ERBKAISERTHUM,  n. 

ERBKÄMMERER,  m.  der  erbkämmerer  ritt  sodann  auf 
jene  gegend  zu  und  brachte  ein  handbecken  nebst  gieszfasz 
und  handquele  zurück.    Göthe  24,  322. 

ERBK.\MMERERAMT,  n. 

ERBKAMMERTHCRHÜTER,  »». 

ERBKAL'F,  m.  emlio  non  retrovendenda. 

ERBKI.ND,  n.  heres.  weisth.  3, 39.  56.  erbekind.  voe.  theul. 
1482  g6'.    mhd.  üb.  1,818'. 

ERBKNECHT,  m.  servus  hereditarius :  gleichwie  von  einer 
leibeigen  magd  leibeigen  leut  und  erbknecht  geboren  werden. 
Jonas  bei  Lulher  6,381". 

ERBKÖ.NIG,  m.  rex  hereditarius,  gegensatz  von  wahlkönig,  nnl. 
erfkoning: 

80  klagts  der  erbkönig  den  st&nden, 

bitt,  das  sie  rath,  muth,  faust  dran  wenden,    froschm.  Gg4'. 

,  ERBKÖ.MGREICH  ,  n.  im  hundertundfünfundsechzigsten 
jar  kam  der  könig  Demetrius,  des  vorigen  Deinetrii  son  aus 
Creta  in  sein  erbkönigreich.  1  Macc.  lO,  67 ;  nachdem  mir 
etliche  aufrürer  mein  erbkönigreich  genomen  haben,  gedenk 
ich  es  wider  einzunemen.    15, 3. 

ERBKÖNIGTHÜM,  n.    Dahlmann  fr.  rev.  s.  4. 

ERBKOTH,  m.  sordes  infantium  recenlium  a  parlu,  erster 
auswurf  neugeborner  kinder,  kindspech,  multerpech,  heidmdreck, 
sp.  pez,  gr.  firjxojviov. 

ERBKOTSASZ,  m.  colonus  hereditarius,  s.  das  folgende. 

ERBKOTTE,  m.  dasselbe.  Moser  6,4  theilt  die  westfälischen 
landeseinwohner  in  vollerben,  hulberben  und  erbkotten.  kott 
ist  eine  bauerhüUe.  andere  schreiben  erbkütlcr.  nach  SrtJvE 
icesen  und  Verfassung  der  landgemeinden  wurde  der  halberbc  zu 
*l%,  der  erbkötter  zu  Vj  ^nd  der  maikkötter  zu  '/»  eines  vollen 
erbes  gerechnet,     mehr  unter  kotte. 

ERBKRAFT,  f.  die  erbkräfte  der  groszen  mehrheit  unsers 
adels  und  die  erwerbkrüfte  der  groszen  mehrheit  unsers  bür- 
gerstandes.    Pestalozzi  2,  203. 

ERBKRANKHEIT,  f  morbus  a  porentibus  propagatus:  die 
erbkrankheil  der  Deutschen,  die  titelsucht.  GOkinck  leben 
Nicolais  93. 

ERBKREI'Z.  IS  hereditaria.    Garg.  226*. 

ERRKiCHh/  m. 

EKUKCCHhN.i.,,  ,i....AMT,  «. 

ERRKUX,  m.  som  metallica  hereditaria.    Frisch  1,  230*. 

ERBLAHEN,  tnlumescere:  die  wasser  des  Oucbs  durcbgecn 
sie  und  der  bauch  erplcet  sich  und  die  hQf  fault  und  das 
weib  Wirt  zu  einem  fluch.  4  Mos.  5,  27  nach  der  bibel  von 
J4%3, 6S',  pulg.  pertraniibunl  cam  aquae  malediclionis  et  in- 
Sato  veotre  cumputrescct  femur,  bet  Litoek  dasz  ir  der  bauch 


schwellen  und  die  hüfte  schwinden  wird;  das  sind  die  zei- 
chen, so  die  geburt  nahet,  erblehen,  so  ist  es  an  der  geburt. 
RöszMNS  Iwbamnu-nbüchlin  15. 

ERBLÄHUNG,  f  lumor:  so  empfindet  sie  in  iren  gemechten 
da  die  bermutter  anhebet,  empfindliche  erblehung  und  feuch- 
tigkcit.    RßszLiN  a.  a.  o. 

EUBLAND,  n.  terra  heredUaria,  erbe  im  eigentlichen  sinn: 

mhd.  rieh,  hcrre,  dich  und  dine  muoter,  ineffde  kint, 

an  den  die  iuwers  erbelaiides  vinde  siiit.    Waltukr  10,10; 

nhd.  das  sind  die  fürsten  in  Edom,  wie  sie  gewonet  haben 
in  irein  erblande.  1 3fox.  36,43;  und  hab  Demetriiira  verjagt 
und  mein  erbland  wider  erobert.  1  Macc.  10,52;  wann  dann 
nun  unser  benachbarter  herr  ohem  . .  .  uns  ganz  unverschul- 
dter  Sachen,  ohn  einigen  redlichen  rechtgegründeten  schein 
iiewlicher  zeit  hat  in  unseni  erblanden  mit  feindlichem  Über- 
fall dürfen  ersuchen  und  verhochmütigen.    Garg.  210'; 

gedenk  an  dein  erbland  und  deines  diensts  belohnung. 

Weckuerli!«  182; 
dasz  nichts  dan  die  unbilligkeit 
darf  ewer  erblaml  von  euch  halten  (euch  vorenlhalten).    545. 

ERBLANDSASZE,  ot.  haben  mich  zu  dem  fürsten  gegen 
dem  Brieg  absenden  wollen  wegen  des  Schuldwesens,  dasz 
die  landschaft  solches  nicht  auf  sich  nehmen  könnte,  habe 
es  aber  aus  bedenklichen  Ursachen  abgeschlagen,  sonderlich 
weil  ich  kein  erblandsasz  gewesen.    Schweinichex  2,  234. 

ERBLANDSCHAFT,  f  provincia  hereditaria:  unsere  liebe 
getrewe  undersaszen  und  erblandschaften  vor  gewalt  und 
unbill  zu  verthädigen  und  handzuhaben.    Garg.  210*. 

ERBLAPPEN,  contrcmiscere,  concidere,  dissolutum  pendere, 
schlotlern : 

mhd.  rain  kunst  ist  tot  erblappen 

und  g6t  in  maniges  ören  niht.    Frauenlob  447,  20. 
nhd.    erst  sie  mit  streichen  in  begapt, 

das  im  all  sein  leichnam  erplapt 

vom  haupt  pisz  zu  den  füszen.    fastn.  1280, 

vgl.  blappen  2,  66  und  plappen  bei  Stalder  1, 180,  der  ihm 
die  bedeutung  eines  plaudernden,  plätscJiernden ,  anschlagenden 
Wassers  und  dann  die  von  wanken,  schwanken,  fallen  gibt,  wir 
sahen  2, 141  gerade  so  in  blodern  =  blaterare  ähnlicJie  Vor- 
stellungen geeinigt,  vergleicht  man  die  sonst  erscheinenden  formein 
plip  plap  plum  (Bergmann  Walliscr  s.  98),  blip  blap  bluni 
(Frommann  3, 397),  enplipfes  und  cnplapfes  (Helblinc  3,  364); 
so  läszt  sich  auf  ein  alles  blippen  blap  und  daraus  auf  ein 
reduplicierendes  blappen  bliep  gelangen,  ich  nwine  auch  blippen- 
blap  ähnlich  dem  snipfensnapf  gelesen  zu  haben. 
ERBLASEN,  efflarc,  inflare,  anblasen,  außlasen, 

1)  ein  hin,  wann  er  sein  hörn  erblest.  Kirchhof  loendunm. 
400'. 

2)  erz  und  eisen  erblasen  m  der  hülle:  roheisen  bei  streng- 
flüssiger beschickung  erblasen  enthalt  viel  erdmetalle;  es 
wurden  erblasen  bei  holzkohle  7000  centner  in  den  hochöfen. 

3)  geld  erblasen  durch  flölenspicl. 

4)  erblasen,  frigefanre :  ich  kann  die  suppe  nicht  erblasen, 
kalt  blasen,     eine  sadie  erblasen,  mühsam  erlangen.  Stieler  183. 

5)  sich  erblasen,  abblasen,  den  staub  von  sicJi  abblasen :  das 
werel  etwa  auf  zwo  oder  drei  stunden,  bisz  er  sich  gar  aus- 
gerüst,  cingencsicit.  gefegt,  in  die  hiind  gespeizel,  die  stumpf 
(slrümpfe)  aufgebunden,  ausgebürstet,  ersteubert  und  crblasen 
hett.  Garg.  174".  sonst  auch  wol  sich  erathmen,  nd.  sich  ver- 
pusten: do  er  sich  ein  wenig  erblasen  bet.    Ponlus  26. 

6)  im  pari,  erblasen  =  aufgeblasen  :  aber  nachdem  er  noch 
jung  aus  übrigem  glück  erplascn  und  hochmütig  was.  Frank 
Chronik  170*  und  öper. 

ERBLASSEN,  pallescere,  dasz  dii's  verbum  ahd.  und  mh^i 
unmöglich  ist,  folgt  aus  der  abwcsenheü  des  adj. 

1)  erbleichen,  drei  stellen  aus  drr  bibel  sind  schon  2,73  aus- 
gdioben ;  welche  nicht  also  crblaszt  ihrer  sünde  halben,  wie 
ich  cinzeles  hcilgichen  erblassen  und  zittern  inusz.  Lctukr 
5,42'; 

die  göuer  selbst  waren  erblasxt.    Fuchi  mickenkrieg  1,31 ; 
die  muttcr  i«t  crblanzt,  ergeuszt  ein  niccr  voll  thritiicn, 
tie  klaget  den  vorlust.  TucHiiiNiNb  41 ; 

«rlber  die  *ti(tt'l 
lebn  ihr  reineres  licht  wie  in  sbenddmnmrunK  cibJAsicn. 
Mr'sins  H,  12: ; 

«io     -'  ' ""ul 

Iflg  er,  crblaiite  lu  ichimmer.  Ihm  dAu<  ii  norh 

«•,....  .15; 


729 


ERBLASSEN— ERBLEICHEN 


ERBLEICHEN  —  ERBLEUTE 


730 


dasz  du  ja 
Tor  ihm  recht  sehr  erröthest,  liebes  mädchen ! 
•vor  wem?  erröthen?'    kleine  heuchlerin, 
nun  so  erblasse  lieber.    Lessii^g  2,  353; 
die  natur  erblasset, 

rings  um  mich  wirds  nacht.    Götter  1,  235; 
sobald  vom  horizont  entflohn 
der  sonne  strahlen  heut  erblassen.    3,  436; 

eine  stunde,  Luise,  wo  zwischen  mein  herz  und  dich  eine 
fremde  gestalt  sich  warf,  wo  meine  liebe  vor  meinem  ge- 
wissen erblaszte.  Schiller  192';  ich  weisz  es  am  besten,  wie 
meine  werke  gegen  meine  entwürfe  erblassen.  Leisewitz  Jul. 
V.  Tut.  4,  4 ;  sein  inneres  erblaszte  vor  da  stehenden  schmutz- 
seeien.  J.  P.  uns.  löge  1, 30 ;  vor  furcht  erblassen ;  die  lippen 
erblaszten  ihm. 

2)  erbleichend  sterben:  er  ist  erblaszt;  der  erblaszte  kich- 
nam; 

die  der  nahe  lod  umfasset 
haben  freilich  oft  verkündet,  was  sich  fand,  wenn  sie  erblasset. 
GaTPUics  1,  57 ; 

must  andern  alles  überlassen, 

wenn  du  wirst  in  dem  tod  erblassen.    Ro>pi.eb  39 ; 

endlich  schlösse  er  auf  und  sähe  das  schöne  angesicht  er- 
blaszt wie  ein  weiszes  tuch.  pol.  slockf.  ISO;  Castrette  kam 
und  bewiese  dem  erblaszten  die  letzte  ehre  und  netzte  sein 
angesicht  mit  thranen.    daselbst; 

grausame,  die  mein  Unglück  will, 

lür  dich  musz  ich  noch  heut  erblassen.    Hasedurn  3,  33; 

und  ohne  furcht  möcht  ich  für  sie  erblassen.    3,  "7; 

sein  letzter  wünsch,  wenn  er  erblaszt.    Gotte»  1,  228; 
lasz  mich  auf  den  stufen  deines  altars  erblassen  I  3, 2S ;  ein 
verwandter  unsers  erblaszten  glashändlers.  Lichtenberg  3, 20, 
ifte  man  sagt  verblichen. 

3)  sich  erblassen,  gleichfalls  pallescere: 

eh  ich  dich,  mein  kind,  will  lassen, 

musz  der  himmel  fallen  ein, 
imd  die  sternlein  sich  erblassen 

und  der  mond  verlinsiert  sein.    Erk  Hederhort  271. 

ERBLÄSSEN,  pallidum  reddere: 

du  sprichst,  wenns  übel  geht  'ach  solle  michs  erblassen?* 
wenns  wol,  'ach  solte  michs  denn  machen  drum  vermessen?* 

Fleüisg  276 ; 

hier  ist  der,  der  dich  so  sucht 

und  noch  nirgends  hat  gefunden, 

bis  er  selbst  verloren  sich. 

der  so  ist  erbläst  auf  dich  (gestorben  nach  dir), 

kann  genieszen  dieser  stunden 

seines  suchens  süszen  frucht.    346. 

ERBLASSER,  m.  der  nach  seinem  tod  ein  erbe  hinlerläszt, 
nicht  nur  der  leslator,  sondern  auch  ton  dem  ab  inlestato  geeiU  wird. 

ERBLASSERIN,  f.    Stieler  1073. 

ERBLÄTTERN,  evokere.  die  bücher  erbletteren.  M.\.ujüi 
los'.    Frisics  4SS'.     auch  erblettlen   das. 

ERBLAUEN,  livescere,  blau  werden: 

ich  wil  der  siben  freud  mit  in  spilen, 

das  in  die  zeher  die  packen  ablaufen, 

das  in  der  ruck  vor  freuden  pleck  und  erplabt, 

sie  haben  mich  nit  alweg  liep  gehabt,    fastn.  267,  22. 

ERBLÄUEN,  liiidum  reddere,  fuslä)us  tundere: 

Ich  wolt  all  tag  eins  Iren  leib 

mit  giioten  eipuen  flederwisclien   • 

so  rein  erpleuen  und  zuomischen.    fastn.  73, 10; 

ilein  riiden  schick  mir  an  die  sew  (säue), 

K  das  ich  dir  den  palg  erplew. 

Maaler  lOS'  hol  die  forlbildung  erbleulen,  cicatricare:  einen 
wol  und  gilt  ding  erbleüwlen. 

ERBLAUF,  m.,  erbliche  ridäung?  durch  diese  lässin  {aderlasz) 
werden  die  erbläuf,  so  das  blut  vom  gestirn  empfangen  hat, 
hingenonunen.    Paracelsls  1,  723*. 

ERB  LEHEN,  n.  feudum  hereditarium.    vxisth.  3,  S50 

EBÜUEHNBAR. 

ERRLEHNGUT,  n.  erblehen. 

EHRLEHNSHERR,  vt.  dominus  heredilarius, 

EHRLEHNSMAN.N,  m. 

EHRLEHNWAARE,  f    s.  lehnwaare. 

ERBLEICHEN,  praet.  erblich,  pallescere,  erblassen,  das  ahd. 
erblichan  halte  noch,  gleich  dem  einfachen  blichan  (2, 97)  die 
hedeutung  ton  sjilendcre,  resplenderCj  das  mhd.  erblichen  nur  die 
lon  pallescere,  verbleichen: 

vil  hart  er  irbleich.    fundijr.  2,  2.5  =  DUil.  3,  58; 

di\  truoc  der  starke  Parziväl 

ninder  müede  lit  noch  erblichen  mal.    Par:.  693,  2; 


erblichen  was  sin  varwe.    Nib.  928,  1 ; 
sin  varwe  was  erblichen.    2006, 1; 
und  nicht  anders  ist  das  nhd.  uvrt  stets  privativ, 

1)  ron»  schicinden  der  färbe  gebraucht: 

die  leublein  sein  all  erblichen.    Uhla!H»45; 

und  da  ich  nichts  ersacb, 

ward  ich  sogar  erblichen,    gesellsch.  lieders.  15; 

wie  die  rose  mit  Auroren 

jetzt  im  silberthau  geboren, 

jetzt  Auroren  gleich  erbleicht.    Hekoer. 

2)  vom  erblassen  sterbender: 

er  ist  erblichen,  ligt  daniden, 

ich  glaub  warlich  er  sei  verschieden.    H.  Sachs  IIL  3,72*; 

nach  glücklich  eingenomranem  mahi 

erwägt  er  seine  liebesqual 

und  will  nunmehr  durch  gift  erbleichen.    IIagedoui  3,33; 

wenn  ehemals  zu  Rom  ein  kaiser  war  erblichen. 

Wermee  s.  63; 
und  du  lagst  ein  erblichener  leicbnam.    Voss. 

3)  abstrad  für  vergehen,  enticeichen: 

es  höre  der  Staatsmann  des  lieds  Warnungen, 

sobald  es  die  todten  erweckt  und  erblichener  zeit  groszthaten 

tiefsinnig  und  feierlich  wälzt.  Pl-ite:»  133'. 

ERBLEICHEN,  praet.   erbleichte,  paUere,    ahd.   irpleichen, 
irpleicheta  {Gr.iff  3,245),  mhd.  erbleichen: 
von  vorhten  erbleichen,    frauend.  404,  23; 
du  muost  ertöten  und  erbleichen,    tod.  gehugde  495. 

nhd.  lieber  vatter,  wie  kompt  es,  das  du  mich  nit  ansiehst 
als  vor,  und  wenn  du  mich  ansiehst,  so  erseufzest  du  und 
erblaichest  ab  mir?  Keisersberg  has  im  pf.  Bb6';  ein  bös 
gewissen  erbleicht  ab  jedem  rauschenden  blatt.  kluge  weise 
reden  28* ;  der  mon  ist  erbleichet.    Maaler  lOS'; 

weichem  laster  du  erbleichtest.     Merck  ged.  auf  den  mond; 

und  wie  das  trübe  verdunstet  und  weicht, 

das  rotho  zum  hellsten  gelb  erbleicht.    Göthk  2,  232; 

und  ein  edles  feuer  röthet 

das  erbleichte  angesicht.    Schii.ler61*; 

sehn  sie  nur,  wie  er  dahin  geht,  ach  so  hager,  so  erbleicht. 
Kli.\gers  th.  2,  217.  da  uns  i  und  ei  zusammenrinnen,  bleibt 
für  den  bloszen  inf.  oder  das  praes.  zwischen  erbleichen,  erblich 
und  erbleichen,  erbleichte  Unsicherheit  (so  in  der  stelle  aus  Güthe). 

ERBLEICHUTS'G,  f.  pallor:  als  er  in  künstlich  belaubten 
pfeilerspiegeln  einen  mit  mondsilber  gesättigten  wasserbogen 
in  zurückweichenden  erbleichungen  millionenmal  aufgewölbt 
erblickte.    J.  P.  Hesp.  3,234. 

ERBLEIHE,  f  erbverpachtung,  ein  gut  auf  erbleihe  besitzen. 
frankf  ref  IL  15.  2.  3.  4. 14. 

ERBLEIN,  n.  herediolum,  ein  kleines  erbe.    SnEiER  384. 

ERBLENDEN,  excaecare,  ahd.  irplentan,  irplanta  (Graft 
3,  257),  mhd.  erblenden : 

ir  hänt  iuwer  kerzen  kündeclicben  mir  gesendet, 
diu  hat  unser  här  vil  gar  besenget  an  den  brän 
unde  hat  ouch  uns  der  ougen  vil  erblendet.    Waltbir  84, 35. 

nhd.  1)  nit  soltu  nemen  die  gaben,  die  auch  erblenden  den 
weisen  und  umkeren  die  wort  der  gerechten.  2  Mos.  23,  8. 
bibel  1483,  43',  vulg.  nee  accipies  munera,  quae  etiam  e.xcae- 
cant  prudentes  et  subvertunt  verba  justomm,  bei  Luther  denn 
geschenk  machen  die  sehenden  blind;  wir  müssen  bekennen, 
das  wir  allesampt  weit  von  der  lautern  evangelischen  war- 
bcit  getretten  durch  Verachtung  der  leichten  bürden  Christi, 
erblendet  in  unserm  gutdünken.  Luther  2,  71';  so  erblendet 
er  die  frawen,  dasz  sie  blind  werden.  Paracelscs  l,  621" ; 
darumb  wir  mit  gewalt  beraubt  sind  der  materialien  und  der 
regionen  und  der  künsten,  die  da  unser  schreiben  ganz  wür- 
den erblenden  vom  langen  leben.  1,834';  wie  dann  bei  der 
sonnen  ein  exempel,  also  dasz  sie  erblendt  und  brennt. 
2,380*;  so  doch  gott  die  lügner  in  der  warheit  erblendet. 
ckir.  sehr.  18';  erblendt,  obcaecalus.    Maaler  108'; 

und  mir  erblendet  meinen  mann.    II.  Sachs  IV.  3,  i"*. 

2)  weidmännisch  erWenden  vom  hirsch  (wie  das  einfache  blen- 
den 91:  etwan  tritt  er  auch  für  mit  dem  hindern  fusz,  das 
ist  auch  ein  gut  zeichen  und  das  zeichen  heiszt  ein  erblenden 
oder  verloren.   Sebiz  572  aus  Meurer,   ^enso  bei  Becher  3S. 

3)  tadelhafl  für  inlr.  erblinden:  es  wer  kein  wunder,  dasz 
der  riese  von  seinem  kürisz  erblendete,  also  schön  glenzet 
er.  buch  d.  liebe  14,  3 ;  gleich  als  einem  narren,  der  die  sonn 
anficht  und  erblendt  dran.    Paracelscs  2, 166. 

ERBLEUTE,  pl,  von  erbmann. 


731 


ERBLICH  —  ERBLITZEN 


ERBLÖDEN  —  ERBLUTEN 


732 


ERBLICH,  hi'rcditariu!:,  ererbt:  prlilirh  gut.  iveisih.  3,580; 
erblich  fcber  oder  k.illwec,  conlmjma  febris,  erbliche  krankheil 
durch  anscbouwung  eines  anderen,  conlmßo  aspeclus.  Maaler  los' ; 

solch  straf  der  siind  uiiil  erblich  giU 

ist  wol  beweret  durch  die  schrift.    Scuwarzekrf.ru  157,2; 

wenn  der  fürst  seiner  söne  einem  ein  geschenk  gibt  von 
seinem  erbe,  dasselb  sol  seinen  sönen  bleiben  und  sollen 
es  erblich  besitzen.    Ez.  46,  ir«; 

eh  uns  der  sQudcn  schinach  in  Eden  erblich  ward. 

LoGAU  2,  65,  58; 
ich  halte  zwar  nicht  viel  von  erblichen  geschichtcn, 
Jedoch  ich  will  davon,  was  ich  gehört,  berichten. 
Rost  schäfererz,  13; 

erbliche  armul ;  der  geiz  ist  in  diesem  gcschlcchte  erblich. 

ERBLICHKEIT,  f.    Frisch  l,  229'. 

ERBLICK,  Hl.  aspeclus:  Fibel  sagte  gleich  heimlich  beim 
ersten  erblick.    J.  P.  Fibel  116. 

KHBLICKBAR,  aspicMis. 

ERBLICKBARKEIT,  f.  jeder  blick  ist  ein  thcil  der  gcsamm- 
ten  erblickbarkeit  einer  solchen  schlechthin  gegebnen  weit. 
Fichte  nnchgel.  uerke  2,  461. 

ERBLICKEN,  l)  in  der  iulransitivbedeutung,  die  audi  das\  ein- 
fache blicken  (2,117)  hal,  mlid.  refulgcre: 

er  muost  durch  not  erschricken, 

sin  junger  lip  niht  tr.Tge 

was,  da  er  sach  erblicken 

ob  im  diu  swert,  ich  wsen  er  da  niht  lopge.    Albr.  Tit.  5948. 

2)  transitiv  aspicere,  conspicere,  wie  anblicken:  ich  erblickte 
das  licht  der  weit  (tcurde  gd)oren)  am  ersten  mai; 

meine  erste  handlung, 
als  ich  das  licht  der  weit  erblickte,  war 
ein  muttermord.    Schiller  243'; 

euer  willc  geschehe!  und  kann  ich  ein  zeichen  erblicken 
rechter  band  am  wege,  so  wird  die  reise  gelingen. 

GöTUE  40,  33 ; 
als  er  aber  nunmehr  den  thurm  des  doifes  erblickte.    40,284; 
als  mich  das  mädchen  erblickte,   so  trat  sie  den  prerdcn  ge- 
lassen 
näher  und  sagte  zu  mir,  nicht  immer  war  es  mit  uns  so. 

40,  245 ; 

kaum  erblickten  ihn  meine  äugen,  so  flog  der  vogel  weg; 
ich  erblickte  nichts  auf  der  stelle. 

ERBLICKUNG,  f.  conspeclits :  der  mann  blieb  bei  meiner 
erblickung  verwundert  still  stehen.    Wieland  2S,  106. 

ERBLIEBE,  /.  da  er  ohnehin  von  den  fünf  treffern  der 
menschlichen  erbliebe  nur  einen,  den  vater  und  keine  mutier, 
keinen  bruder,  keine  Schwester  und  kein  kind  gewonnen. 
J.  P.  TU.  4, 106. 

ERBLI.NDE.N,  oculos  amittere,  caecari, 

1)  im  eigentlichen  sinn:  von  dem  glänz  und  Schimmer  er- 
blinden; er  erblindete  von  dem  anblick  des  schnees^  vom 
schauen  in  die  sonne. 

2)  bildlich:  der  edelstcin  war  erblindet,  halle  seinen  glänz 
verloren;  das  glas,  das  fenstcr  ist  erblindet;  die  schrift  er- 
blindet, erbleicht; 

sie  haben  nicht  die  linden 

eebrochen,  die  noch  wehn, 
und  nicht  gemacht  erblinden 

die  schrirt,  die  noch  zu  sehn.    Rückert  195. 

3)  obcaecari  slultUia,  mhd. 

wie  möht  er  »ö  erblinden, 
da;  er  anbelle  diu  ahgot?    pfaffenleben  153; 
nlid.  uf  irdeseh  ieder  narr  erhiindt 

und  sucht  sin  Trend  und  tust  darin.    Rrant  66,  127 ; 

noch  ii<l  er  gleich  darob  erhiindt, 

eigens  verderben»  iilt  cntplindt.    II.  Sachs  III.  3,7t'; 

•ol  merken  all  mein  hoffresind, 

das  es  im  brachte  {luxuria)  nicht  rrplind.    111.3,73*; 

da  sähe  er  von  den  höchsten  und  kleinsten,  dasz  Rie  alle 
genirinlich  in  Unzucht  öfTentlich  und  in  aller  unkenschbeit 
erblindt  lagen  (egli  trovü  dal  inaggiorc  inlino  al  minore  ge- 
ncralmentc  peccare  in  lussuria).  Hucc.  l,2o';  da  Machumet 
des  Volks  torbeil,  das  ab  im  also  erblindet  war,  Temam. 
Fra.ik  wetlb.  IIH*. 

ERBLINDLNG,  obcaecatio. 

ERBLING,  m.  hrret,  voc.  th.  U8J  §6*.  Frisch  1,529'  und 
bis  auf  heilte,  hnnnöv.  gesHzu.   I<»40  1,  83.     sidie  crbcüng. 

ERBLITZEN,  fulfre,  <irintUlnre : 


di«  uniin  I 
in  di.'imntj' 
erbliizi  di<. 


■Mfid 

■  «NTin; 


farbig  erhiitzct  der  edelste  stein.     Cötuk  4,  141; 

und  wie  auch  von  oben  es  zackit;  crhlilzt, 

wird  woge  nach  woge  von  unten  gespritzt.    41,  170. 

ERBLÖDEN,  eiubescere,  vereri:  erblodest  du  dich  nicht,  mir 
so  etvvas  ins  gesiebt  zu  sagen? 
vor  den  süszen  reden 

musz  ich  erblöden.    Rottmanns  lu.it.  pocl  295; 
doch  er  erblödete  nicht  der  rossebändiger  Tydeus.    //.  4,397; 
al.<o  wandelten  beide  durch  gr.ns  und  hlumige  kräiiter 
langsam;  grillengeschwirr  w.ir  riiicsher,  und  wie  erblödct 
sannen  sie,  scheu  zu  begegnen  dem  blick  und  redeten  wenig. 

Luise  I,  112; 
weg  gieng  er  nun  erblödct, 
ich  arme  blieb  allein.    Voss  6,  73. 
vgl.  entblöden. 

ERBLOS,  ist  doppelsinnig, 

1)  exhere.i.  ]irivatiis  heredilnle,  ohne  erbe,  ahd.  aripilüs,  erbilös, 
bei  N.  erbeiös:  tuo  sie  erbelös  =  nim  in  da/,  erbe.  ps.  5,11; 
die  ßr  fillet  {die  söhne  die  der  valer  züchtigt),  die  ne  tuot  er 
erbelosc  (die  enterbt  er  nicht).  102.  i;t.  arbeö  laos  im  Hilde- 
brandslied ist  mit  dem  gen.  pl.  arbcö  =*=  goth.  arbje  gebildet, 
v'ie  schon  Grafk  1, 405  einsah,  bedeutet  also  ohne  erbe,  nicht 
ohne  erben  {tcas  arbeonö  laos  sein  würde),  diesem  ahd.  erbilüs 
entspricht  alln.  arflaus. 

2)  mhd.  aber  drückt  erbclös  aus  orbus,  sine  prole,  ohne  erben : 
die  wertin  die  cröne 

dem  riehen  enclösen  man.    Rother  1919; 

so  blihet  min  riebe  erbelös.    En.  220,  39; 

o  we  daj  din  lanl 

von  dir  nu  erbelösej  lit.    klagend"; 

si  wänden  hüben  erbelös  (kiiulerloi).  Eracl.  70. 
desgleichen  nhd.  nu  waren  sieben  brüder,  der  erste  nam  ein 
weib  und  starb  erblos.  Luc.  20,  2k.  20 ;  sich  zuthim  zu  den 
allen  erblosen  leuten.  Frank  40;  die  guter  werden  iren  herren 
wol  finden,  so  werden  die  kinder  ir  wesen  und  bescheid 
haben,  du  darfst  nicht  gedenken,  dasz  dein  gut  erblos  werde. 
Pctr.  217';  Stieler  1179  hat  crblose  guter,  bona  vacanlia,  crb- 
lose  Verlassenschaft,  hcredilas  jacens; 

wer  ist  kindlos  und  erblos 

ganz  abzusterben  nicht  verdrossen?    Weckherlin  499; 

erblos  und  ohne  kinder,  die  mich  liebten.    Tieck  1,  214. 

3)  erblos,  bei  Maaler  lOS'  intestatus,  on  erbsatzung  gestor- 
ben, des  sich  niemant  entbeut  erb  zi"i  sein. 

4)  erblos,  unnütz,  unlaugend?  pfü,  wann  das  er  reden 
kan,  er  bedeuchte  mich  ein  erbloser  schlauch  sein.  Stein- 
HöwEL  Esop  1555  bl.  3'. 

ERBLOSUNG,  ERBLÖSUNG,  f  jtis  retradus,  ndherrecht. 
Stieler  1180. 1181,  wo  erbe  wieder  hcredilas,  erbgut. 

ERBlOSZ,  n.  sors  'hereditaria,  was  oben  als  ursprüngliche 
bedeutung  von  erbe  angenommen  wurde:  wie  er  den  bürgern 
der  freien  gemeinde  von  den  landschaften,  welche  sie  mit 
ihrem  blute  dem  gemeinen  vaterlande  gewonnen  hatten,  erb- 
lüsze  anwies.    Niebühr  1,  406. 

ERRLÜGNER,  ni.  erzlügner,  dem  die  lüge  angeboren  iä. 

ERBLÜGNERIN,  f.    Pestalozzi  2,  50. 

ERBLÜHEN,  efflorcre,  efflorescerc,  mlut.  eiblüejen,  crblüegcn : 

do  erblücle  ir  liehtiu  varwe,  dö  si  diu  mirre  rehte  berant. 

Ath.  2;«y,  4 ; 
nhd.  noch  köstlicheren  samen  bergen 
wir  traufriid  in  der  erde  schosz, 
und  holTen  dasz  er  ans  den  sargen 
erblühen  soll  zu  schonerra  losz.    Schiller  79*; 
ein  rosenstöckchen  früh  erblüht 
ist  über  nacht  erfroren.    Röckert; 
ein  voller  mund,  erblühte  wangcn, 
die  unterm  schmuck  des  turbans  prangen.    Göthf.  II.  II. 

ERBLUTEN,  exslillnrc.  ausbluten,  verbluten:  beschneid  dem 
pferd  den  huef,  lasz  crblueten.  Selter  307;  wann  ein  vieh 
schmalweidig  ist,  so  bab  acht,  die  obren  werden  ihm  kalt 
und  sind  als  v^ilreii  sie  inwendig  r.'iudig  und  sehen  schier 
als  wilren  sie  gefroren,  schneid  dem  ros  oder  vieh  die  obren 
voriien  ein  wenig  ab  und  schlag  es  mit  einer  hiislinen  ruiben 
auf  die  obren,  dasz  es  wol  erblutc  u.  s.  w.  kun.slbiichlnn  n'  :u; ; 

des  zeug  i.st  llöchsicd,  dort  wo  die  dunkle  scblachi 

noch  donnert,  wo  mit  edlen  Itritanniem, 

eli.'irh  wunlig  ihrer  groszon  vtier 

Iii-ui^i'hc  erblutolen  oder  siegten.    Klopstock  1,  9%, 

tpdler  geändert  in: 

tieuucho  dem  Galller  flucht  geboten; 
Iron.niitt.- 

diT  monschheil  haut  du  '■■' 

und  unser  dank  nicht  >l.i:  Kh. 

C*M  '  Chriilui  I,  U, 


733 


ERBMACHER  —  ERBORGEN 


ERBOSEN  — ERBÖTIG 


734 


ERBMACHER,  m.  testator.    Stieler  1193. 

ERBMACHT,  f.   jurisdiäio  hercdäaria,  successwum  regnum. 

SnELER    1204. 

ERB'MANGEL.  m.  ritium  natieum  hereditarium,  trbfehkr.  an 
fferden  unlersclieidet  man  erbmängel  ron  hauptmängeln  und 
geringen  mangeln, 

ERBMANN,  ni.    1)  freier  erbe,  crbgenosz. 

2)  colonus,  erblicher  diensimann,  r^.  iL  rab: 

mhd.  ich  het  im  leides  niht  getan, 
pr  was  für  war  min  erepman, 
er  was  mir  heinlicb,  ich  im  holt, 
mit  dienst  het  er  da;  versolt, 
da;  ich  gein  im  was  valsches  vri, 
er  was  mir  zallen  ziten  bi, 
er  dient  mir  sus,  er  dient  mir  so, 
ich  was  sin  ofie  bi  mir  vrö. 

Lichte:<stei53  frauend.  537,  19. 

nM.  erbmann  oder  paumann.  enifJiyteota.    roc.  14S2  gC*. 

3)  hcres  legitimus.    Stieler  1234. 
ERBMANNLEHEN,  n.  feudum  hereditarium. 
ERBMARSCHALL,  m.    Göthe  24,323. 
ERBMASSE,  f. 

ERBMEIER,  m.  colonus  hereditarius. 

ERBMEIERGLT,  n. 

ERBMÜHLE,  f.  mala  heredüaria. 

ERBMÜLLER,  m.  moiitor  hereditarius. 

ERBMIT,  m.  animus  ingenuus. 

ERBNAME.  m.  nomen  gentililium:  es  ist  ein  erbname  in 
der  trümmerischen  familie.    Götter  3, 171. 

ERBNEHME,  m.  heres,  der  das  erbe  nimmt,  goth.  arbinumja, 
ahd.  erpinomo,  mhd.  könnte  erbenom  und  erbenem  gegolten 
Itaben,  slelm  aber  nicht  zu  gebot;  nnl.  erfnaam  M/irf  erfgenaam : 
indem  sie  das  leben  ihrer  gekränkten  dienten  und  derer 
erben  und  erbnehmen  beschützen,  causenmacher  vorr. ;  denn 
ihr  fang  war  noch  immer  so  ansehnlich,  dasz  um  den  tau- 
sendsten theil  die  ganze  honette  gesellschaft  sowol  für  sich 
als  ihre  erbnelimen  auf  alle  vergangene  und  zukünftige  Sün- 
den vollkommenen  ablasz  erkaufen  konnte.  MUnchhausens 
reisen  102.     andere  ausgaben  haben  erbnehmer. 

ERBNEHMER,  m.  dasselbe,  in  späterer  form.  Kant  5, 102 
erklärt  zu  enge  heres  instüulus,  da  auch  der  intestaterbe  die  erb- 
schaß nimmt,  vielleicht  aber  nannle  man  hin  und  triedcr  diesen 
erbe,  jenen  erbnehmer.  nach  seinem  fode  können  seine  erb- 
nehmer sie  verhandein.    Weise  ludredner  4S4.    Stieler  1359. 

ERBNEHMERIN,  f.  erbin:  ein  frischgelegtes  ei,  welches 
als  Zuwachs  der  Verlassenschaft  der  erbnehmerin  sehr  will- 
kommen war.    McsÄLS. 

ERBNOTH,  f.  Vitium  avitum.    Stieler  1337. 

ERBNLTZLICH :  ihm  und  seinen  nachkommenen  ewiges 
bestands  erbnutzlich.    Garg.  21S'.     s.  das  folgende. 

ERBNUTZUNG,  f  usus  hereditarius:  ubergeb  ich  ihm  die 
freie  erbnutzung  der  meierei.    Garg.  21S'. 

ERBOCHEN,  e/fodere,  aufscharren,  auf  pochen :  ich  geschweige, 
das  man  dise  neue  ketzer  dulden  solle,  welche  uf  nichts 
anders  umgehn,  dan  das  sie  das  ganze  fundament  des  römi- 
schen stuls  zu  giund  richten  und  mit  irem  Paulo,  Isaia  und 
Jcremia  vil  erbochen  wollen,  was  fretten  sie  sich  lang? 
bimt^nkorb  12';  alles  erbochen,  eadum  lerrilare.  Deszler  96. 
s.  bochen  2, 199. 

ERBOHREN,  forando  aperire:  es  gelang  ein  braunkohlen- 
lager  zu  crhohrcn ;  zwar  hat  Preuszen  jetzt  nicht  nöthig,  sich 
nach  salz  in  solcher  tiefe  zu  bemühen  allein  es  geht  doch 
daraus  hervor,  dasz  im  königreiche  gewis  dergleichen  zu  er- 
bohren  sein  würde.    Göthe  an  Zelter  68S. 

ERBÖRDTHETLING,  m.  der  enlstelUe  name  eines  apfels, 
deren  viele  auf  -ing  und  -ling  gebildet  verden  {gramm.  3,  376) : 
von  obsz  kleine  öpfel,  als  erbördthetling,  die  nit  zu  vil  fruchte 
haben.    Gebsdorf  20.     vielleicht  erdbeerapfel  ? 

ERBORE.N,  genitus,  $.  erbären  $p.  700.  luer  noch  ein  fMar 
stellen:  vun  einer  muter  gleichs  geschlechts  und  glaubens 
erborn.  FfiA>K  ueltb.  US';  Willegisus  von  einem  wagner  in 
dem  sächsischen  dorf  Stroningen  erborcn.  Zinkcb.  apoplith.  2, 22; 

Sofia,  Schäferin,  an  tugend,  tier  und  adel 

und  aller  irenichkeit  erboreo  ohne  tadel.    Fume  1S5. 

ERBORGEN,  vas  borgen:  erborgtes  geld,  erborgtes  gut, 
erborgte  worte,  voces  alienae;  dieser  prächtige  Vortrag  schickt 
sich  besonders  an  gewisse  stellen  in  den  tragödien,  deren 
begebenheitcn  aus  den  fal)elh3ften  zelten  erborgt  sind.  Lessing 
4, 197;  der  mond  bat  kein  eignes,  sondern  ein  erborgtes  licht. 


ERBOSEN,  sich,  irasa,  böse  uerden,  zürnen,  erst  in  der 
andern  hälfle  des  17  jh.  aufgekommen  und  bei  Stieler  noch 
fdilend:  sich  über  etwas  erbosen,  pers.  rosenth.  1,4;  wird  er 
theils  wegen  argwöhn,  theils  wegen  verdacht  der  conspiration 
erboset.  1,45;  zumal  da  Rosgen  {Röschcfi)  ganz  erbost  auf- 
fuhr, brautsuppe  i6'9  3';  es  berichtet  ein  gelehrter  mann, 
dasz  alle  teufel  in  der  hölle  zittern  und  zagen,  wann  man 
die  glocken  zur  kirchen  läutet:  v*ie  viel  mehr  müssen  sie 
zittern  und  beben,  erbosscn  und  erschrecken,  wann  sie  müs- 
sen sehen,  dasz  der  herr  sich  im  abendmahl  mit  seinen 
Christen  verbindet.  Scriver  selensch.  1,515;  das  ist  die  art 
der  kinder  gottes,  sie  lassen  sich  durch  die  bitterkeit  und 
bosheit  ihrer  feinde  nicht  erbittern  und  erbossen.  1, 779 ; 
solche  drachen  schauete  man  an  bemeldlen  reuterfäbnlein 
so  künstlich  gewirkt,  das  der  leere  Schlangenkörper,  wenn 
der  wind  zum  maule  eingieng,  aufschwellete  wie  an  einer 
erbosten  (gedr.  steltt  erborsten)  schlänge.   Bctschkv  I'atm.  90; 

erboster  schlusz  des  himmels,  der  mich  zwingt, 
ich  soll  mein  herz  von  ihrem  herzen  tbeileo. 

RoTTiAKKS  lustiger  poet  301 ; 
komm,  lasz  mich  in  dem  mörser  stoszen, 

komm,  flicht  die  ^liedcr  um  dein  rad, 
was  gills?  du  solt  dich  mehr  erbossen, 

wenn  keine  marter  Wirkung  hat.    GC'xthkr  203; 
ein  andrer  sei  erbost,  ich  musz  gezwungen  lachen.    414; 
sie  droht  nur  und  droht  nur,  sie  will  sich  erbossen, 
sie  stemmt  sich  den  angrif  zurücke  zu  stoszen.    t)2S; 
ich  bin,  so  bald  sie  mir  die  scbüssel  gleich  nur  weiset, 
von  dem  geniche  satt,  und  zeig  ich  mich  erbost, 
dasz  es  der  leller  fühlt,  so  faszt  sie  gleich  den  trost 
und  spricht  wie  jener  koch,  •versuche  nur  und  lecke, 
hat  es  das  ansebn  nicht,  so  hat  es  doch  die  schmecke.'    9S0; 
als  einer  unter  uns  den  andern  liebgekost, 
wenn  ihn  ein  tag  vermist,  der  neid  war  sehr  erbost.    1025; 
das  herz  hat  dich  verdacht,  die  band  hat  dich  verstoszen 
um  wider  sich  den  arm  der  räche  zu  erbossen.    1046; 

Pluto  erbost  sich  sehr  darüber,  dasz  die  geister  sich  die 
Seelen  rauben  lassen.  Wieland  26, 1S9 ;  nur  einer  hat  das 
imglück  den  erbosten  feinden  in  die  bände  zu  fallen.  6, 294 ; 

nein,  heute  ist  mir  das  glück  erbost!    Göthk  2,  247; 

es  schreibt  mir  einer:  den  vergleich 

von  Deutschen  und  Franzosen, 

und  jeder  patriot  sogleich 

wird  heftig  sich  erbosen.    3,  164; 

mein  vater  ist  genug  schon  über  dich  erbost.    7,  50; 

da  begann  der  kater  erbost  zum  wolfe  zu  sprechen.    40,64; 

hört  wie  sie  sich  voraus  erbosen, 

blecbklappernd  an  einander  stoszen.    41,  274; 

was  hilft  es,  dasz  die  feindin  sich  erbose?    Rcciert305; 

ob  ich  lächle  drüber  oder  mich  erbose.    Player  S5, 

nun  mag  dein  schwert  sich  wider  mich  erbosen.    192; 

der  grimmig  winter  sich  erbost.    Mörike  der  alle  itiurmluthn ; 

blutgierig  all,  der  religion  erbost.    Tieck  1,  22S; 

denn  die  menschen  und  die  wölfe  erbosen  sich  im  frost- 
w  etter  am  stärksten.  J.  P.  Siebenk.  1, 15.  die  meisten  belege 
zeigen  nur  das  reflexivum,  es  ist  aber  auch  ein  transitives  erbo- 
sen, böse  machen,  erzürnen  statlhaß:  am  meisten  erboste  ihn 
Victors  weigern.  J.  P.  Hesp.  2,  74 ;  was  unsem  medicus  am 
meisten  erboste  war,  dasz  sie  dem  feinen  und  dem  wol- 
riechenden  narren  ihr  die  band  zu  küssen  erlaubt*,  ihm  aber 
verbot.  2,160;  denn  sie  glaubte,  wenn  man  ihn  erbose  und 
nicht  bezahle,  «.  s.  v.  uns.  löge  1,  60 ;  er  war  fürchterlich  er- 
boset, flegelj.  1,8;  er  war  unbeschreiblich  erboset.  Ti/.  1,94. 
erbossen  oder  erboszen  zu  schreiben  ist  ein  fehler. 

ERBOSUNG,  f  das  zornigwerden:  ich  redete  und  dachte 
mich  immer  tiefer  in  die  erbosung  hinein.  J.  P. ;  zom  ist 
ein  herliches  abführmittel  der  belrühnis,  daher  legier  ich 
künftig  meinen  erben ,  die  mein  tod  zu  sehr  kränkt ,  das 
mittel  dagegen,  erbosung  über  den  seligen,  utis.  löge  2. 147 ; 
ich  merkte  das  den  augenblick,  da  ich  geboren  war,  und 
v\ollte  vor  erbosung  wieder  in  den  alten  bartstern  iiinauf. 
palingen.  l.xwtu;  er  sehe  nun  gar  zu  gut  voraus,  wie  ihm 
künftig  Walt  eine  erbosung  nach  der  andern  Tersalzen  werde 
durch  sein  überzuckern,    flegelj.  1, 147. 

ERBOT,  n.  bei  Steinbacb  i,  165  m.  anerbieten,  gebot,  vgl, 
anbot^  aufbot: 

er  selbneunt  im  erbot,  nur  mehr  vom  loste  begünstigt. 

Voss. 

ERBÖTIG,  was  erbietig:  in  allem  ungespart  leihs,  guts  und 
lelx-ns  aufs  unterthenigst  willig  und  erbütig.  churf  Johann 
bei  Luther  5, 32' ; 


735  ERBPACHT  — ERBRECIIEX 

wir  haben  dis  vollbraclit 
was  eine  fürsiin  soll,  was  eine  frau  in  maclit 
und  muiter  liat  in  trew  crbötitr  noch  zu  wagen. 

Grtphius  1,  109; 
herr  kaiser,  grosz  hab  ich  so  eben  nichts  nöthig, 
doch  seid  ihr  im  ernst  mir  zu  gnaden  erbötig, 
so  will  ich  mir  bitten  zum  ehrrichen  lohn 
für  meinen  hochwürdigen  hcrren  pardon.    Bürger  C7*; 
must  das  den  herren  überlassen, 
dies  zu  erweisen  sind  erbötig.    Göthk  . .  . 

ERBPACHT,  m.  empiiyleusis :  in  erbpacht  geben,  nelimen: 

auf  dieser  weit,  wo  keiner 
die  verdi^eszlichkeit  in  bann 
und  die  ffeud  in  erbpacht  nehmen  kann.    Gökingk  l,i;i;t. 

ERBPACHTEB,  ERBPÄCHTER,  «j.  conduclur  pen>etuarii,s. 

ERBPACHTGELD,  n. 

ERBPACHTGUT,  n. 

ERRPACHTHERR,  m.  herr  eines  erbpacfäguts.  der  es  rerlcüd. 

ERBPFERDNEB,  m.  besilzer  eines  bauerguls,  auf  dem  nur 
ein  pferd  gehalten  werden  kann. 

ERBPFLICHT,  /".  obligatio  hereditaria,  juramenlum  sübjeclionis  : 
er  {Luther)  hat  allozeit  klar  also  gcsclirieben,  das  die  lieilige 
taufe  die  ganze  .«schuld  und  erbpflicht  der  erbsünde  wegnimpt 
und  austilget.    Jo.ws  bei  Luther  6,383"; 

und  das  der  hauptmaa 
dardurch  vergisset  sein  erbplliclit.    Atrkr23'; 
sobald  ich  mein  sach  hab  verriebt 
rail  der  underilianen  erbpflicht.    352'; 
der  erbpflicht  eisern  joch, 

ein  höllenhciszer  cid, 
wirkt  knechtisch  treu  und  pflicht, 

doch  keine  Zärtlichkeit.    IIagkdorh  1,  36. 

ERBPOCAL,  VI.  poeulum  hereditarium.    Göringk  3,  62. 

EBRPBINZ,  tn.  ßlius  regis,  lieres  regni,  schw.  arfprins,  dän. 
arveprinds. 

EBBPBINZES,  ERBPRINZESSIN, /:  fiUa  regis.  GöTnE32,-0. 
in  dem  letzleren  ist  das  weibliche  geschlecht  zweimal,  durch  roma- 
nisches -esse  und  deutsches  -in  bezeichnet,  wie  in  abtissin,  doch 
niemand  sagt  cnntessin,   maitressin  slalt  comtesse,  maitresse. 

ERBRALLE.N,  percrepare,  erschallen.  Maai.er  lOS'.    siehe  2. 292. 

ERBRANDE.N,  wie  branden: 

ich  höre  fern  das  ungeheure  mcer 

an  seine  ufer  dumpf  erbrandend  stoszcn.    Schiller  498". 

ERBBAN'DSCHATZEN ,  sub  comminalione  incendii  impelrare: 
denn  wir  versichert,  was  wir  von  den  ständen,  so  sich  i.  1. 
einigung  halben  widersetzen  würden,  müchlen  uns  zu  guten 
erlangen,  erbrandschatzen  oder  in  andere  weg  bekommen, 
dasz  uns  dasselbe  gelassen  werden  solle,  schreiben  des  markgr. 
Albrecot  von  Brandesülrc  von  1553.    Ranke  reform.  1,  301. 

ERBBAUCHSEN,  s.  erbrausten. 

ERBRAUSEN,  obstrq>ere  : 

da  auf  erhuli  sich  ein  südwind 

<0  gewaltig  stark  und  so  geschwind, 

dasz  es  im  wilden  wald  erprausl.    H.  SAcas  .  .  . ; 

und  von  der  sprachen  unverständlichem 

gemisch  verworren  dumpf  erbraust  das  laper.    ScnaLRR  450'; 

dumpf  hört  er  die  wellen  erhraMsen.    Körner  1,  306; 

da  sieh,  es  nifen  tausend  nun  und  tausend 

'Jerusalem!'  in  frohem  grusz  erbraiiscnd. 

Gries  iiber*.  von  Tatto  Jer.  3,3; 
bei  diesem  icblag,  so  lürchterlich  und  wild, 
fTihlt  Roland  ohne  masz  den  zorn  erbrausen, 
und  wie  die  wut  in  seinem  busen  schwillt, 
fuhrt  er  beidhandig  einen  schlag  mit  grausen. 

Griks  liqjardo  2,  25; 

«n  Urquell  der  Jugend,  der  da  erbrauset  in  seiner  kraft. 
Brm?«A  br.  2, 3t6. 

ERBRAUSTEN,  aternutare,  von  pferden,  s.  brausten  2,330: 
nünb  Ralz  in  den  mund,  lasz  also  darinnen  zegithen  luid  speis 
(lyM  es)  dem  ros  alsdann  in  die  baide  naslodicr,  bis  es  sich 
erbrauchRt  {so,  und  kaum  verdruckt  für  erbraust,  sondern  ron 
rjn«^  nebenform  erbrauchsen).  Sebter  22»;  wo  es  {das  ros) 
dann  das  kützeln  in  der  nasen  nicht  mehr  erleiden  kan,  so 
erbraust  es  sich.    3S7. 

ERBRECHBAR,  e/fringibüU. 

ERBRECHEN,  effringere. 

II  tr.  ein  Ihor  erbrechen,  aupirechcn ;  einen  briefcrbrerhen; 
ein  bein,  einen  knoclieii  erbrerlien,  um  dat  matk  zu  saw/rn  : 
derwegen  erbrecht  ila«  bein  fleiszig  durch  genaw  snrgfüllige« 
le»en  und  »äuget  daraus  lias  sub«tan(ialiscli  weseiilirh  mark. 
Garg.  72';  «per  brechen:  ich  hab  im  lurnier  oder  Rchar- 
mützel  zcben  reniii>{>er  erbrochen.  17(i';  erz  auf  einer  neuen 


ERBRECHEN— ERnREICII 


73G 


klufl  vor  ort  erbrechen,  vgl.  anbrechen,  anbnich;  die  reben 
erbrechen,  im  frnhjahr  ausbrechen,  ihr  ersles  laub  ausbrechen, 
surculare,  pampinare.  Maai.er  lOS';  item  die  rehcn  schneiden, 
reinigen,  abwerfen,  erbreclien.  Spangexb.  aller  weish.  luslg. 
s.  112.169;  den  7  mai  soll  man  brechen,  woll  wesciien,  reben 
erbrechen.    Fischart  groszm.  108;  die  lange  weile  brechen: 

dein  langweil  allhie  zu  erbrerhen 

mit  jagen,  rennen  und  mit  stechen.    H.  Sachs  IV.  2, 7*. 

2)  reflexiv,  sich  erbrechen: 

a)  vomere,  kotzen,  sich  den  mögen  erbrcclwn:  der  magen  er- 
bricht sich  mit  gewalt.  Maaler  108*;  ich  mag  kein  speis 
nicht  mehr  behalten,  ich  erbrich  mich  stets,  seh.  und  ernd 
1550  cap.iu.  1555  cü/).  433 ;  sie  hatten  giftige  schwümme  ge- 
nossen und  erbrachen  srch  alle. 

b)  erumpere,  von  licht  und  flamme: 

wie  schöne  sich  die  vlamme  erbrach,    pass.  IL  191,43; 
wie  sich  ein  schöne  lieht  erbrach.    195,  24; 
ein  solch  gcluchte  sich  erbrach 
von  sinen  ougen'her  ab.    304,  19. 

c)  gloriari,  sich  lierror  thun,  se  effcrre. 
und  tu  dermit  vil  hoher  trit, 

erprich  mich  vor  in  allen.    Uhland  644; 

doctor  Murner,  wie  ich  bericht, 

hat  aber  ein  nacht  geschlafen  nicht, 

zwei  neuer  büchlin  zugericht, 

dazu  er  sich  fast  hoch  erbricht.    Llther  1,  393"; 

wie  sich  der  gemeine  man  so  hoch  erbricht; 

denn  der  bawer  sich  erbrochen  hat, 

wenu  sie  kommen  zu  mark  in  die  stat, 

fragen  sie  uuch  dem  besten  wein. 

CoNR.  Hase  vom  lauf  der  weit,    stellt  auch  in 
Schade  snt.  u.  pasq.  1, 166. 167  ; 

aber  etliche  sprachen  haben  sich  herfür  erbrochen  und  nem- 
lich  die  zum  liegen  am  meisten  geschickt  sind,  halten  die 
hülTarl  gesucht.    Paracelsus  chir.  sehr.  171*. 

d)  von  der  sich  brechenden  luß:  das  sich  der  luCt  an  einem 
gebirg  vorhin  abstosze  und  erbreche,  ehe  dann  er  in  die 
statt  komme.    Fronsp.  kriegsh.  2,  32*. 

e)  sich  losmaclien:  ich  habe  aber  niemals  Inst  dazu  (zur 
muminerci)  geliabt  tmd  mich  davon  erbrochen.  Schweinicuex 
1, 109. ,  vgl.  entbrechen. 

3)  intr.  rumpi,  ruere:  wie  wenn  ich  gang  zu  denen,  die 
sprechen:  was  ists  wenn  jetz  der  himmel  erbrech.  Terenz 
1499,81'  (Hcautont.) 

ERBBECHEN,  n.  1)  effractio,  erbrechen  des  thors,  des  ker- 
kers;  erbrechen  der  reben,  oculatio. 

2)vomUus:  das  erbrächen  gstellen,  inhibere  vomilus.  Maaler 
108*;  wider  das  erbrechen,  undüuen  und  kotzen  der  jungen 
kinder.  Tabern.  390 ;  das  schwarze  erbrechen  oder  das  gelbe 
lieber;  die  politische  und  kritische  revolution  ist  ein  erbre- 
chen, das  noch  fortführt,  wenn  nichts  mehr  da  ist.  J.  P. 
Kalzenb.  1,  73. 

ERBRECHT,  n.  l)  jus  hereditarium:  lieber,  keuf  meinen 
acker  zu  Anathoth,  denn  du  hast  erbrecht  dazu,  mid  du  bist 
der  nechste,  lieber,  keufe  in.  Jer.  32,8;  in  bester  form  erb- 
rechls.    Gar§.  218*; 

nicht  erbrecht  noch  gehurt,  das  herz  macht  grosz  und  klein. 
Hacepor;«  1,  14; 

das  erbrecht  auf  ein  kOnigreich.    Klincer-  l,  360. 

2)  zuweilen  für  erbe: 

und  köndcn  dieser  pnad  unschülilich  reichen  schätz 
ihren  kindskindern  auch  als  ein  erbrecht  verlassen. 
Wkckhehi.in  219; 

auf  die  nachricht,  dasz  sich  Richard  von  York  lebend  in 
Brüssel  befmde  und  sein  erbrecht  zurückfordere.  Scihlier 675*. 

3)  für  die  lehre  vom  erbrecht:  der  professor  trügt  diesen 
wintcr  das  erbrecht  vor;  pandekten  mit  einschlusz  des  erb- 
rcchts. 

ERBRECHTIG,  vererblich,  dem  erbrecht  uiüeriiegend :  doch 
Wirt  das  erfordert,  das  der  kUnig  erhlo»  imd  kein  kind  habe, 
damit  nach  seinem  lod  das  reich  nil  erbrechtig  werde.  Frank 
wellb.  "H*. 

ERBRECHTLICH,  jMre  lureditario:   die  enlschuldigung  hat 
der  sataii  dem  ersten  weihe  eingegeben  und  von  ihr  ist  sie 
erlirechtlich  auf  alle  Adamskinder  gefallen.  RrrscnKT  4<inW.  111. 
ERBRECHUNG,  f  der  reben,  pampinatio. 
ERBREICil,  n.  re^num  hereditarium,  entgeyengfselit  dem  wahl- 
reich : 

und  dir 
der  sich  den  guien  '.  verkRUfX 

■ein  Vaterland,  iln«  «i  .      mut  nhnnn.    ScMtLLRn  4A2*. 


737 


ERBREITEN  —  ERBRCLLEN 


ERBREITEN,  l)  pandere,  exkndere,  erweitern :  die  natur  will 
ausznen  scheinen,  gesehen  sein  und  erglesten  wie  ein  pfau, 
der  seinen  wadel  erbreitet.    Keisersb.  frei.  53*. 

2)  sich  erbreiten,  dilatare  se: 

so  weit  sich  die  erbraiten.    MELisscspf.  A4'; 

wie  der  rauch  aufsteiget,  sich  erbreitet  und  widerüm  ver- 
gehet. BcTscHKY  Palm.  69 ;  so  erbreitet  sich  alles  in  gedeih- 
lich gutem  aufnehmen.  355;  so  wird  solche  sünde  von  uns 
gefodert  werden,  wie  auch  die  daraus  erwachsen  und  sich 
erbreiten.  378 ;  da  andere  künste  in  engen  schranken  allein 
in  gewissen  stücken  dienlich  sein,  so  erbreitet  sich  die 
druckerei  an  alle  ort  und  ende,  in  alle  stände  und  ämter. 
kauzi  407.    Rädlein  246*. 

ERBREITERN,  frequeniat'iv  des  vorigen:  ich  erhöher  und 
erdicker  das  haupt  nach  der  selten,  danach  erpreiter  ich 
das  fürsichtig  haupt C*. 

ERBREITERUNG,  f.  dilatatio:  erbreiterung  seines  namens. 
ScHERTLixs  br.  58 ;  erbreiterung  ew.  k.  mt.  lobs  und  rums,  ver- 
irarunp/onJ^.  Wilhelms  1552  a  3";  zu  erbreiterung  gottes  ehre 
und  zu  erquickung  der  gewissen.  Albrecht  an  Melanchlh.  s.  197. 

ERBREITUNG,  f.  dasselbe,  ausbreitung.    Rädlei.n  246'. 

ERBREMSEN,  infremere:  ein  sehr  gioszes  wildes  schwein, 
welches  . . .  mit  greszlichem  gesiebte  und  vollem  lauf  ganz 
erbrempset  wie  ein  wetter  herein  gewüscht.  Sp.\ngexberc 
jagleufel  S2';  begierig  und  erbremst.  Harnisch  aus  Flccken- 
land  67 ;  ergrimmt  und  erbrembst.  148 ;  zornig  und  erbremset. 
218 ;  männer  und  weiber,  welche  anfangs  heftig  zitterten  und 
sich  folgends  also  erpremsten,  bis  sie  dahin  fielen  und  als 
in  Ohnmacht  lagen.  Praetorii  tceltbeschr.  2,  88.    rgl.  erbrimmen. 

ERBRENNEN,  1)  incendere,  entzünden,  entbrennen:  wenn 
dich  also  zorn  ankumpt,  so  still  dich  selber  mit  Vernunft 
und  betracht  die  unussprechliche,  gütige,  sanftmütige  und 
alJererbranteste  lieb  Jesu  Christi.  Keisersb.  bilger  17';  wenn 
so  vil  sie  mer  erbrant  sint  und  desglichen  enzündt  werden 
von  dem  füer  der  hitzigen  lieb  zu  got.  33';  durchglest  und 
erleuchte  uns  mit  dem  ewigen  gotlichen  Hecht  und  erbrenn 
uns  mit  ewiger  frolicher  lieb.  Hans  Jacob  Velr  e' ;  entzund, 
erprenn,  erman,  erinner  und  lere  mich.    cc2'. 

2)  inlr.  incendi,  inflammari:  der  könig  von  zorn  in  seinem 
angesicht  erbrann,  buch  der  liebe  245. 3 ;  wie  soll  da  gottes 
gerechter  zorn  nicht  über  uns  unausleschlich  erbrennen? 
Geo.  Scherers  kunst  und  wundsegen.  H3;  du  wollest  einst 
die  Deischlich  verführischen  Wollüsten  in  betrachtung  der 
daraus  erbrennenden  ewigen  pein  bei  dir  dämpfen.  Bltschky 
kand.  746; 

all  derer  angesicht  erbrandte  ^ar  vor  liebe. 

Brehie  L4'  {ßr  erbrann). 

heute  ungdiräucMdt,  warum  aber  sollte  sich  niclU  sagen  lassen 
das  feuer  erbrennt  =  entbrennt?    s.  erbrinnen. 

ERBRICHTER,  m.  judex  hereditarius. 

ERBRICHTERAMT,  n. 

ERBRINGEN,  perfic^e:  einen  beweis  erbringen,  vollführen. 

ERBRIMMEN,  infremere,  die  organische  form  für  nhd.  er- 
bimmen : 

mhd.  e^  bei^,  e^  kratzte  in  und  erbram, 
und  schrei  in  gröjem  grimme 
sin  an  geborne  stimme.    GA.  3, 267.  Haupt  6, 181. 
ERBRINNEN,   incendi,   besser  als  inlr.  erbrennen,   Maaler 
108'   schreibt   erbrünnen,    anghon   wie    ein    feür,    inardescere ; 
sobald   die   herzogin   des   ritters   zukunft   vememmen  ward, 
alles  ir  geblüt  rn  freuden  erbrinnen  thet.  Galmy  90;  als  ob 
das  meer  ganz  von  glast  erbrünnen.    Forer  5'; 
ei  was  will  nun  berinnea 

so  lartes  gartenBlut? 
die  blattlein  gar  erbrinnen 

von  heiszer  sonnenglut.    Spkb  Irutzn.  72(78); 
wan  thust  in  zorn  erbrinnen?    g.  tugendb.  35. 
ERBRITTER,  m.  eques  jttdiciarius.  Stieler  1601.  Frisch  1,230\ 
ERBROMMEN,  fremere,  murmurare,  von  bienen: 
ei  da,  sie  schon  erbrommen, 
zu  reld  sich  stellens  ein, 
stark  rühren  sie  die  trommen 

die  gelbe  kriegerlein.    Ske  fnttzn.  117. 
könnte  auch  parf.  präl.  von  erbrimmen  sein. 

ERBRUCH,   m.  effrarlio:    der  erbruch  eines  ladens;    bei 
dem  erhnirhc  dieses  blattes.    J.  P.  flegelj.  2, 7. 
ERRHLIXEN,  rugire: 

da  springt  in  stfirk  gar  manche  flut, 
das  Ufer  laut  erbriillet.    Speb  137  (151): 

ni. 


ERBRUMMEN  —  ERBSCHENK     738 

ach,  dasz  nur  alles  weit  und  breit 

mit  seinem  lob  erfüllet, 
voll  kraft  und  macht  und  herlichkeit, 

von  schall  und  ball  erbrüllet.    144  (158). 

ERBRUMMEN,  1)  iiür.  wie  erbrommen :  der  stier  erbrummt 
auf  dem  feld. 

21  tr.  etwas  durch  brummen,  mürrisches  betragen  erlangen. 

ERBRÜSTEN,  sich  in  die  bru^  werfen.  Stieler  169:  da  ist 
vil  geschreis  und  hochs  erbrüstens.    Frank  sprichw.  1, 106" ; 

es  kommt  mir  wahrlich  das  gelüsten, 

rauhwarme  hülle,  dir  vereint, 
mich  als  docent  noch  einmal  zu  erbrüsten, 

wie  man  so  völlig  recht  zu  haben  meint.    G4iTRi41,93. 

ERBBÜTEN,  excludere,  excogitare.  ausbrüten: 

er  eieng  umher,  rieb  sich  die  stirn, 

es  brütete  sein  heldenbirn 

und  konnte  nichts  erbrüten.    BLtmAUEi. 

ERBS,  f  =  erbse. 

ERBSACHE,  f.  causa  hereditaria,  erbsdiaflssache :  in  obbe- 
stimpter  erbsach.    Rieürers  rhetorik  bl.  6. 

ERBSAL,  f.  berberis  vuig.  voc.  1482  g  6".  diesen  dornstrauch  mit 
sein  beriein  nennet  man  versing,  erbsal  und  sawrauch,  seines 
essiggeschmacks  halben.  Bock  kräuterb.  778;  nun  ist  das  ein 
sewri,  eine  kompt  aus  den  vitriolatis,  eine  aus  den  aluminibus, 
wie  von  den  schieben  und  erbsalen  auch  mag  verstanden 
werden.  Paracelsds  1,  645 ;  und  wird  es  gleich  sein  dem  kraute 
oxiacantha,  welchs  ein  wild  oder  rund  geschlecht  der  beislen 
oder  erbsalen  ist.  Thcrseisser  von  wassern  126.     s.  erbsei. 

ERBSALENSTAUDE,  f  oxyacaniha.    Maaler  108'. 

ERBSASZ,  m.  possessor  hereditarius,  erblicrr.    Rädlew  246": 
der  erbsasz  über  das  was  überall  zu  finden, 
der  mit  dem  blitze  spielt,  hat  diener  an  den  winden. 
Opitz  3,  231 ; 
berr  auf  Blitzen  und  erbsasz  auf  Carthaunenkflall.   Grtphiüs 
1,773. 

ERBSÄSZIG,  modo  hereditaria:  der  edelmann  hat  das  gut 
erbsäszig  eingenommen.    Jucundissimus  30. 

ERBSATZUNG,  f.  heredis  institulio,  erbeinselzung.  Frankf. 
ref.  IV.  9, 15.  12,  3 ;  allgemein  wird  erbsatzung  unter  die  we- 
sentlichsten testamentsstücke  gezählt.    J.  P.  flegelj.  l,  6. 

ERBSBOHNE,  f  äerbohne. 

ERBSCHACHT,  m.  puleus  metallicus  aritus,  der  tiefste  schockt 
eines  bergtcerks. 

ERBSCHADE,  m.  ritium  a  parenlibus  propagatum :  die  Verräter 
braucht  man  wie  das  gift  in  nöten,  aber  die  verräterei  scheucht 
man  wie  die  erbschäden.   Garg.  263'.     s.  erbfehler,  erblaster. 

ERBSCHAFT,  /".  hcreditas,  hol  allmälidi  den  alten  einfachen  aus- 
druck  erbe  verdrängt;  schw.  arfskap.  man  sagt  eine  erbschaft 
eriangen.  erhalten,  die  erbschaft  fallt  an,  fällt  mir  zu,  die 
erbschaft  antreten,  ausschlagen ;  eine  grosze,  gute,  reiche, 
fette  erbschaft  und  umgekehrt  eine  kleine,  magere. 

ergänz,  o  berr,  dein  vollf,  und  kom  in  ewigkeit 
dein  erbschaft  zu  erhöhen.    Weciherlh«  125; 
er  gab  Israel  seinem  knecbt 
erbschaft  und  recht.    292; 

wie  wir  denn  hier  auf  erden  wegen  unser  irdischen  geburt 
und  hofnung  der  ewigen  erbschaft  alle  unter  einander  nächste 
sein.  Bctschky  tanzi.  491;  wenn  ich  ihrer  nur  entübrigt  sein 
könnte,  dieser  schimpflichen  erbschaft.  Lessing  2, 12 ;  in  die 
letzte  erbschaft  des  menschen  ziehen  {ins  grab  gesenkt  werden). 
J.  P.  TU.  4, 57.  die  Zusammensetzung  ergibt  langgliedrige  und 
schleppende,  in  der  gerichtssprache  geltende  ausdrücke,  die  vollstän- 
dig aufzuzählen  unnötlüg  ist.    vgl.  mhd.  erbeschafl.  Parz.  145,14. 

EBBSCHAFTLICH,  hereditarius:  erbschaftliche  ansprüche. 

ERBSCHAFTSANGELEGENHEIT,  f. 

ERBSCHAFTSANSPRUCH,  m. 

ERBSCHAFTSANTRETUNG,  /". 

ERBSCHAFTSAUSEINANDERSETZUNG,  f. 

ERBSCHAFTSBEHÜRDE,  f. 

ERBSCHAFTSFISCHER,  m.  caplator.  Wielasd  und  Voss 
in  ttbersetzung  von  Horal.  sat.  2,  5,  57. 

ERBSCH.ÜTSFORDERUTNG,  f. 

ERBSCHAFTSGLÄUBIGER,  m. 

ERBSCHAFTSSACHE,  f. 

ERBSCHAFTSSCHULDNER,  m. 

ERBSCHAFTSTHEILL'NG,  f.  sdwn  im  regisler  zu  Martin 
Zeillers  andern  hundert  episteln.  Ulm  1648.     besser  erbtiieilung. 

ERRSCILVTZMEISTER,  ni.    Göthe  24,323. 

ERBSCHEN,  n.  Weine  erbst,     nd.  arfken. 

ERBSCHENK,  «i.    Göthk  24, 323. 

47 


739 


ERBSCIIEUNE  —  ERBSENEULE 


ERBSENFELD  —  ERBSIPPER 


740 


ERBSCHEUNE,  f.  horrcum  avilum:  eine  andere  (der  allen 
abergläubischen  iceiber)  lief  in  eine  erbscheunc  und  holte  heu. 
Weise  erzn.  360. 

ERBSCHICHT,  f.  heredüalis  divisio,  scliw.  arfskifle,  dän. 
aneskifte. 

ERBSCHICHTER,  m.  divisor:  mensch,  wer  hat  mich  zum 
richter  oder  erbschichter  über  euch  gesetzt?    Luc.  12,14. 

ERBSCHICHTUNG,  f.  was  erbschicht:  beistand  geleistet 
in  de»  erbschichtung  mit  ihren  kindern.  Schweinichen  2, 237; 
das  die  weiber  in  den  erbschichtungen  den  männem  gleich- 
geachtet.    Schütz  beschr.  von  Preuszen  19. 

ERRSCHIRMHERR,  m.  palronus  heredUarius. 

ERBSCHLEICHER,  m.  heredipeta,  captator. 

ERBSCHLEICHEREI,  f.  caplalio:  sie  haben  durch  erb- 
schleicherei  sich  in  den  stand  gesetzt,  es  den  ersten  per- 
sonen  zuvor  zu  thun.  Wiel.\nd  25,  93 ;  er  hatte  alle  ersinn- 
liche kiinstc  der  erbschleicherei  angewandt.  28,4;  es  war 
niemand  geschickter  und  gewandter  erbschleicherei  zu  er- 
zeugen als  er.    Götue  31,  222. 

ERBSCHLOSZ,  n.  arx,  domus  hereditaria: 

schaut  das  erbscblosz  höchster  lust  (den  himmel). 
Grtphius  1,  98. 

ERBSCHLCSSEL,  m.  clavis  hereditaria,  dem  der  aberglaube 
geheime  krdfte  beilegt.    Wüttke  §.  79.  91. 

ERRSCHMEICHLER,  m.  captator,  erbschleicher. 

ERBSCHMIEDE,  f.  offtcina  fabri  heredüaria. 

ERBSCHNUR,  f.  schnür  oder  seil  beim  vermessen  des  ci-bes. 
die  bergleute  nehmen  dazu  ein  yritncs  band  beim  erbberciten. 

ERRSCHOSZ,  m.  tribulum  de  herediis,  erbliche  abgäbe  von 
grundstucken. 

ERBSCHRIFT,  f.  testamentum.    Frisch  1,  23o'. 

ERBSCHULD,  f.  debitum  hereditarium.  man  sagte  im  mittdaUer: 
schulde  ligent  und  fülent  nilit. 

ERBSCHULTHEISZ,  m. 

ERBSCHULTHEISZENAMT,  n. 

ERBSCIHLZE,  ni.  gekürztes  erbschullheisz. 

ERBSriUTZ,  m.  lutela  hereditaria. 

ERBSCHLTZHERR,  m.  was  crbschirmherr. 

ERBSE,  f.  fHsum,  nhd.  durchgedrungne  entslcllung  der  alten 
form  erweisz,  erbeisz,  woraus  erbisz,  erbs,  endlich  Verweisung 
aus  der  starken  in  die  schwache  dccl.  entsprang  und  dem  nom. 
e  zutrat,    junge,  frische,  grüne  erbsen: 

waren  nicht  jung  die  erbsen  und  frisch,  und  wie  zucker  die 
wurzeln!  Luise  1,  74; 
die  bös  erbs  schwimmt  enbor  im  hafen,  die  guten  scint  am 
boden.  Keisersberc  narrensdi.  137*.  man  sagt  einem  erbsen 
auf  die  stiegen  streuen,  damit  er  gleite  und  falle,  bildlich  für 
der  ehre  eines  andern  hinterlistig  falle  stellen,  erbsen  würgen, 
zählen  findet  in  den  folgenden  zusammenselzunficn  erläutcrung. 
die  erbsen  kernen,  auskernen ;  die  erbsen  stäbcin  heiszl  neben 
die  aufwachsenden  ranken  ruthen  stecken: 

0,  und  kürbis  sän  und  erbsen  stäbeln.    Schmidt  vois  W.  207. 
erbsen    ist   benennung  einer  krankheil  des  rindes:   die  kuh  hat 
die  erbsen,  wenn  ihr  mir  folgen  wollt,  so  schlachtet  sie  ab. 
Bronxers  leben  1.  54. 

ERBSEL,  ERRSELE,  berberis  vulg.,  saurach,  Sauerdorn  und 
mdfach  noch  anders  benannt,  die  beeren  des  Strauchs  haben  einen 
sAuerlidien ,  zusammenziehenden  geschmack ,  dei-  name  erbsei 
stheint  von  der  geaalt  der  beeren,  die  wie  kleine  erbsen  aussehen, 
entnommen :  wolzeitige  beer  von  saurach,  so  mau  auch  erb- 
sein nennet.    Hohbebc  3. 1, 162*.     s.  erbsal. 

ERBSELBEERE,  f.  dasulbe,  sonst  auch  bciszelbecre,  brci- 
«zelbeere. 

ERBSELDORN,  m.  dasselbe,  Sauerdorn. 

ERRSELIG,ü«-umnoJu«,fnK/«e%DARYPOO.  32r/'örarbcit8elig? 

ERRSELIGKEIT^  f  aerumna,  müliseluikeit.    ebenda. 

ERBSELNS.\FT,  m.  succus  spinae  aädae:  bcrlcn  zergehen 
in  essig,   und  corallen  zergebn  in  Muraucb.   seh.  und  ernst 

1M8.  60.     tr>50,  220. 

ERRSENBRATER,  m.  wie  Spfelbrater  1,  534,  hauslümmel, 
siubennlzrr.    RÄbLKiü  246'. 

ERBSENRREI,  m.  pulmentum  pi^num. 

ERRSKNBRCHLEIN,  n.  (die  ehfrau)  gibt  ihm  ehe  ein  linds 
frV       '      '     ,   ein.    Garg.  70*. 

i  I  IT,  fi. 

1  .  i.  :     UI:OT,  n.  aus  erbsenmäU. 

KI!HSK>KRZ,  n.  minera  fern  piMformis, 

LRhhKNELLE,  f  phalarna  pisi. 


ERRSENFELD,  n. 

ERRSENFRESSER,  m.  bruchus  pisi. 

ERRStNFLTTER,  n. 

ERRSENFiJTTERUNG,  f 

ERBSENGERICHT,  n. 

ERBSENGROSZ,  viaynitudinc  pisi. 

ERBSENHÜLSE,  f  fulliculus  fiisorum,  erbsenschalc. 

EBBSENKETTE,  f  lialsgeschmeide  mit  erbsengroszen  runden 
gliedern,  besonders  aus  gold.     aucA  erbskette.  J.Paii  aesth.  2,  U2. 

ERRSENMAST,  /".  mdstung  mit  erbsen. 

ERBSENMEHL,  n.  farina  pisina. 

ERBSENMUS,  7i.  erbsenbrei,  eine  faslenspeise :  also  sint  etlich 
menschen  glich  einer  atzlen,  sie  haben  wisz  und  schwarz 
fedren.  im  advent  so  haut  sie  wisz  fedren,  ein  erbsenmuos, 
sie  dienen  got  g;ir  ernstlich,  nein,  es  ist  ietzund  ein  heilige 
zit,  man  sol  got  dienen,  aber  zu  vasznacht  was  geschieht? 
denn  wachsen  in  schwarz  fedren,  denn  kochen  sie  gerslcn- 
muos,  das  ist  sie  thunt  bösß  werk,  sie  dienent  der  well, 
'ee  (==  eh,  s.  die  zu  sp.  35  aus  demselben  bilger  176"  milgc- 
Uieilte  stelle),  es  ist  vasznacht,  wir  sollent  ouch  frölich  sin, 
solt  ich  nit  ouch  zu  minen  guten  fründen  gon?'  und  denn 
machen  sie  ein  dcnzli,  und  dienen  recht  der  well  ouch  ein 
wenig.  Reisersberg  bilger  41*;  wie  der  kalkopf  keiser  Carus, 
der  den  Persern,  weil  sie  kein  erbsenmus  mit  ihm  aus  dem 
hafen  essen  wollen,  tröwet,  ihnen  alle  äcker,  feld  und  wäld 
glatter  und  ebener  zu  machen,  dann  sein  kaier  Scheitel  were. 
Garg.  211". 

ERBSENRANKE,  f  clavicula  pisorum: 

wie  die  heimchen,  wann  es  später  wirrt, 

einsam  zirpen  in  den  erbsenranken.    Scdmidt  von  W.  212. 

ERBSENSCHALE,  f  was  erbscnhülse. 
ERBSENSCHOTE,  /".  was  erbsenschale,  dann  auch  eine  arl 
zuckererbsen,  die  man  mit  den  schoten  iszt. 

ERRSENSCHROT,  m.  grob  gemalene,  geschrotete  erbsen. 
ERBSENSIEB,  n.  sieb  mit  weiten,  erbsengroszen  löchern. 
ERBSENSTEIN,   m.   pisolitlius,    pisum  lapideum,   worin  man 
versteinerte  erbsen  gesehen  hat,  eine  tropfsteinart. 
ERRSENSTRAUCH,  m.  robinia  frutescens. 
ERRSENSTROH,  n.  dürre  erbsenranken,  stramentum  pisinum. 
ERBSENSUPPE,  f  jus  pisinum. 

ERRSENTASCHE,  f  in  Baiern  für  erbsenhülse.  Schm.  1, 107. 
ERBSENWÄCHTER,  m.  pisorum  cuslos,  sclwlenhüter: 

du  entlegnes  thal,  in  dessen  mitte 

noch  im  herbst  ich  oft  die  halbe  nacht 

in  des  erbsenwachters  halmcnhütte, 

die  er  längst  verlassen,  zugebracht.    Schhidt  von  W.  81. 

ERBSENWICKE,  f  erbsendhnlichc  wickenart. 

ERBSENWÜRGER,  m.  orobanche,  eine  Schmarotzerpflanze,  die 
sich,  wie  der  gr.  name  zeigt,  an  erbsen  windet,  sonst  auch  an 
wicken  und  hanfslengel,  daher  auch  hanfwürger/wi'»:/;  der  erven- 
würger  wächst  auf  erven,  klee,  wicken,  denn  er  ohne  an- 
dere behülf  niemalcn  wachset.    Tabernaemont.  1062. 

ERRSENZÄHLER,  tn.  homo  avarus,  geizhals,  der  seinen  letUen 
die  absen  in  den  topf  zdliU:  der  erbsenzehler  wolte  es  nicht 
glauben.    Simpl.  K.  518.    R.\I)I.ein  24(1*. 

ERBSENZÄHLERISCH,  aiarus;  der  crbscnzehlerische  haus- 
halter.   Simpl.  Courage  cap.  17  s.  179.' 

ERRSETZER,  m.  testator,  erbeinsetzer. 

ERRSEUCHE,  f.  morbus  heredUarius:  und  nenne  die  erb- 
sünde  auch  darumb  ein  seuche,  anzuzeigen,  dasz  nicht  ein 
stücke,  sondern  der  ganze  mensch  mit  seiner  ganzen  nalur 
mit  einer  erbscuche  von  art  in  Sünden  geborn  wird.  Jonas 
bei  Lutlur  6,381';  aus  der  philosophia  und  angeborner  erb- 
scuche.   Ivichr.   225' ; 

für  schlag,  Podagra,  würm  und  stein, 

fQr  erbsciich,  die  unzchlich  sein,    froschm.  ES; 

sintemal  sündc  und  lastcr  uns  von  den  eitern  als  eine  erb- 
scuche angeerbt.    Butschkv  Palm.  802. 

ERRSFAHL.  eH>sfarbig,  isabell. 

ERBSFARRE,  f  color  orobinus. 

ERRSGELR.  wie  erbsfahl. 

ERRSIIOSE,  f  berlH-ris. 

ERRSICH,  ERRSICHDORN,  berberis,  erhsel,  Sauerdorn. 

ERRSIER,  n.  rrihrum  heredttarium.  erbseppe.  cofci  (i«A*).  iw. 
1482  g«'.    s.   siebdrchen  und  WirnKK  volksabergl.  §.194. 

EllRSILRER,  n.  ererbtes  fillirr.    \\vn%K  §.  148. 1^4. 

ERRSiPi'ER,  w.  bdellium.  Vitc.  U^2  gö',  ein  hart.  bu(h- 
stdhltch  afßnu.  erbverwandtcr,  war  solches  h«rs  al>trgliMtckt$ 
erbst  ück?     vgl.  erlmieb. 


741 


ERBSMAUS  —  ERBSÜNDIG 


ERBSÜKDLICH  —  ERBTUGEND 


742 


ERBSMADS,  f.  mus  agrarius. 

ERBSMEIER,  m.  colonus.    tceisth.  3,787. 

ERBSMOTTE,  f.  phalaena  pisi. 

EBBSPIELGRAF,  m.,   dem  aufsieht  über  die  spielleute  oblag. 

ERBSSCHELFEN,  pl.  fulliculi  pisorum.    Sheler  1719. 

ERBSTAAT,  m.  regnum  hereditarium. 

ERBSTALLMEISTER,  m. 

ERBSTAMM,  m.  stirps  avita:  das  ist  die  leidige  erbsünde, 
angeborne  plage,  eingewachsene  gift  vom  erbstam  und  veter- 
lichem  geblüt  Adam,  da  in  der  teufel  beschraeiszt  und  durch- 
giftet hat.  der  101  psalm  durch  d.  M.  Luther  ausgelegt.  Wütenb. 
1534  M2';  der  anfal  des  erbs  geschieht  in  sölicher  Ordnung 
also,  stirbt  ein  mensch,  so  feilet  sein  gut  auf  seine  kinder 
oder  auf  seins  kinds  kinder  den  erbstam  also  nider.  ist 
aber  das  er  nit  kinder  noch  kindskind  hat  oder  laszt,  noch 
kein  mensch  an  dem  stamme  nidenverts,  so  werden  erben 
Tater  und  muter.  summa  Jokannis  in  tewlsch  gemacht  durch 
bruder  Berchtold  predigerordens.  Augsb.  147S.  lOS*;  da  ist  aus 
diesem  palmbaum  ein  zweig  aufgeschosset  und  in  wenig  tagen 
dermaszen  gewachsen,  dasz  er  in  der  grösze  mit  dem  erb- 
stam, als  gleichsam  seiner  mutter  sich  vergleichen  kan. 
Spangkkberg  a.  iceish.  lustg.  364. 

ERBSTAIVD,  m.  erbbestand,  erbpacht. 

ERBSTATTHALTER,  m.  gubernalor  hereditarius,  nnl.  erfstad- 
houder. 

ERBSTATTHALTERSCHAFT,  f.  erfstadhouderschap. 

ERBSTEIN,  m.  lapis  qui  reliquus  conlinet,  bei  den  maurem. 
daher  heiszt  es  'der  stein  erbt',  wenn  er  sich  fest  an  die  an- 
dern schlieszt. 

EBBSTELLER,  m.  testator.    Stieler  2142. 

ERBSTELER,  f  vecligal  heredilarium. 

ERBSTOLLE,  m.  cuniculus  jus  possessionis  habens,  stalle  der 
mit  seiner  icasserseige  zehn  lachler  tief  eindrinifi  und  ein  recht 
über  die  benachbarten  gruben  erlangt. 

ERBSTÜCK,  n.  l)  heredium,praedium  avitum,  erbe,  liegendes  gut : 
sie  hat  tu  erbstück.    fastn.  gp.  517,  2; 
ich  kenn  ihn  wol.    er  ist  mein  widerpart, 
der  um  ein  altes  erbstück  mit  mir  rechtet.    Schiller  52S*. 

2)  dann  überhaupt  eine  ererbte  sache,  ein  kleinod;  ich  wollte 
nur  wünschen,  sie  hätten  den  alten  Franzosen  gekannt,  das 
alte  erbstück  von  meinem  vater,  das  hier  am  bofe  lebte. 
Engels  edelknabe,  Lp.  1774  s.  55 ;  ron  einem  betkranz : 

war  aus  bein  in  messing  gefaszt,  ein  theueres  erbstück 
noch  von  der  ahne.  Mörike  Idylle  s.  95. 

ERBSTÜFE,  f.  ein  ins  geslein  gehauenes  zeichen  der  grenze 
eines  erbes  oder  einer  erblichen  fundgrvbe. 

ERBSüCHT,  f.  1)  was  erbseuche,  epidemie:  ^in  böse  erb- 
sucht eilet  von  einem  menschen  zum  andern.  Stcäpf  1,  225'; 
dieweil  wir  befinden,  das  die  erbsuchl  der  pestilenz  leider 
je  lenger  je  mehr  einreiszet.  rerordn.  herzogs  Christoph  zu 
Würtemberg  1564 ;  sünde  ist  die  angeborne  erbsucht  und  krank- 
heit  von  Adam.    Reisz;«er  Jerus.  1,  26* ; 

des  prachts,  lists  und  betnigs  erbsucht.    WEctHERLi»  8S4. 

2)  neuere  nehmen  es  für  erbbegierde,  hereditatis  obtinendae 
aviditas. 

ERBSüCHTIG,  hereditatem  inluans. 

ERBSÜNDE,  /".  peccaium  originale:  und  die  seel  ist  ver- 
wüstet durch  die  erbsünd  der  vereinung  halb  mit  dem  leib. 
Keisebsberg  cAris/i.  Aüni^n  aa  2';  er  hat  sich  lassen  beschnei- 
den, weiche  beschneidung  ufgesetzt  ist  worden  für  die  erb- 
sünd, die  wir  har  haben  von  unsem  eifern  Adam  und  Eva, 
die  von  dem  öpfel  geschleckt  haben,  s.  d.  m.  16";  .\ugustin, 
der  veilheidiger  der  erbsünde,  der  schon  im  kinde  und  in 
seinem  weinen  die  spuren  der  künftigen  wirklichen  sünde 
wahrnimmt.  Schlosser  wellg.  4, 593 ;  da  ich  ihn  {den  pabst) 
aber  vor  dem  altare  sich  nur  hin  und  her  bewegen  sah, 
bald  nach  dieser  bald  nach  jener  seite  sich  wendend,  sich 
wie  ein  gemeiner  pfaffe  gebärdend  und  murmelnd,  da  regte 
sich  die  protestantische  erbsünde,  und  mir  wollte  das  be- 
kannte und  gewohnte  meszopfer  hier  keineswegs  gefallen. 
GöTHE  27,  205 ;  eine  von  den  Schwestern  war  noch  ein  hüb- 
sches Stückchen  erbsünde  und  hätte  wol  einen  ehrlichen 
kerl  etwas  an  die  sechste  bitte  erinnern  können.   Secjie. 

ERBSC.NDER,  m.  wird  sowol  ßr  den  sündigen  menschen  als 
für  einen  anhdnger  der  lehre  von  der  erbsünde  gebraucht :  Spang- 
berg (so)  und  andere  erbsünder  des  flacianischen  plunders. 
JoA?i>Es  Nas  dir  warnungsengel  164. 

ERBSCMDIG:  federweisz  tmd  erdDachs  ist  leichtlicher  zu 


leschen,  als  mein  erbsündiger  durst  von  mutterleib.  Garg. 
lOl' ;  von  erbsündiger  natur  sind  sie  neben  irem  quacksalben 
herliche  gute  bossenreiszer,    192". 

ERBSÜNDLICH,  dasselbe:  mit  dem  erbsündlichen  flecken. 
Mgrxer  ton  den  vier  ketzern.  1509.  a  5*;  mit  der  erbsündiichen 
raase  befleckt.  c4';  sintemal  der  mensch  durch  die  erbsünd- 
lich natur  also  verderbt.    Fbosspergeb  kriegsb.  1,  Zueignung. 

ERBSWEISE,  modo  hereditario:  angeboren  und  erbsweis 
eingepflanzet.    Thcrneisseb  magna  alchymia  1. 

ERBT,  f  für  erbeit,  arbeit.    Stieleb  47. 

ERBTER,  m.  operarius,  arbeiier:  ein  erbter  der  sich  gerne 
volseuft,  der  wird  nicht  reich.  Fbidrich  saußeufel  Ei",  so 
noch  thüring.,  sächs.     vgl.  erbeit  für  arbeit. 

ERBTELFE,  f.    bergm.  die  einem  erbstollen  nölhige  teufe. 

ERBTHEIL,  m.  und  n.,  pars  hereditatis,  heredüas,  ein  häufig 
vorkommendes  wort,  nnl.  erfdeel,  schw.  arfvedel,  dän.  arvedel: 

frau  Älheit  wurd  gar  zornig  werden, 

verlurs  irn  hof  mit  solchen  geverden 

und  soll  von  irem  erbteil  scheiden,    fastn.  480,  7; 

hie  bin  ich  und  die  schwester  mein, 

die  ist  ein  hur  und  wil  doch  ie 

geleichen  erbteil  haben  hie.    531,  22; 

findt  ir  des  nit,  so  laszt  mir  nemen 

mein  erbteil  und  alles  das  ich  bab.    532,  6; 

der  galing  {galge)  ist  dein  erbteil.  993,  3; 
welche  du  aber  nach  inen  zeugest,  sollen  dein  werden  und 
genent  werden  wie  ire  brüder  in  irem  erbteil.  1  Mos.  48,  6 ; 
wie  fein  hastu  uns  bracht  in  ein  land  da  milch  und  honig 
innen  fleuszt  und  hast  uns  ecker  und  Weinberge  zu  erbteil 
gegeben.  4  Mos.  16,14;  das  er  schwur  ich  solt  nicht  über 
den  Jordan  gehen  noch  in  das  gute  land  komen,  das  dir 
der  herr  dein  got  zum  erbteil  geben  wird.  5  Mos.  4,  21 ;  und 
gab  im  kein  erbteil  drinnen  auch  nicht  eines  fuszes  breit. 
apostelg.  7, 5 ;  durch  welchen  wir  auch  zum  erbteil  komen 
sind  [goOi.  in  J)ammei  hlauts  gasatidai  vesum).  fpA.  1, 11 ; 
und  danksaget  dem  vater,  der  uns  tüchtig  gemacht  hat  zu 
dem  erbteil  der  heiligen  im  Hecht  (aviliudöndans  attin,  saei 
lajiöda  izris  du  dailai  hlautis  veihaiz^  in  liuhada).  Co/.  1,12; 
so  kerent  doch  all  mein  erbtheil  auf  meine  brüder.  Aimon 
t6';  ich  habe  ein  erbtheil  des  propbeten  gefunden,  nemlich 
Weisheit,    pers.  rosenth.  3,  3 ; 

die  beiden,  deren  groszer  mut 

nichts  dann  was  sie  gut  dünket  tbut, 

will  ich  dir  für  dein  erbtheil  geben.    Weckhehli!«  5; 

and  da  der  Schickung  zom,  wie  in  mein  erbtheil,  brannte. 

GCKTUEB  1122; 
spricht  er  zu  ihr  nur  von  geduld, 
und  wie  seit  Evens  näscherei 
der  weiber  erbtheil  leiden  sei.    Hagedorn  2, 107; 
und  neugier,  liebe  neugier  ward 
mein  erhtheil  siebenrach.    Gotter  1,  239; 
deshalb  erweitr  ich  gleich  jetzt  des  besitzthum»  grenzen 
vom  erbtheil  jener,  die  sich  von  uns  abgewandt. 
GÖIHI41,  291; 
dieses   (das  taudeville)   ist  das  erbtheil  der  geselligen  Fran- 
zosen,  worin  sie  sich  von  jeher  überschwänglich  ergiengen. 
46, 331 ;    den   Staaten   ist   wie   den  einzelnen  menschen  vom 
Schicksal  ein  bestimmtes  alter  angewiesen,  über  dessen  ziel 
hinaus    schwäche   und   kränklichkeit    ihr    erbtheil   werden. 
Schlosser  weltg.  4.  297. 

ERBTHEILSATZUNG,  f  so  würde  doch  dieses  keine  Ur- 
sache sein,  ihn  von  dieser  erbtbeilsatzong  auszunehmen. 
Stolberg  10, 134. 

ERBTHEILU.NG,  f  was  erbschicht :  wegen  einer  erbtheilung 
zusammen  gekommen.    Jucundissimus  60. 
ERBTHORHEIT,  f  stultüia  avUa. 
ERBTHRON,  m. 

wenn  Typheus  hundertarmiger  grimm 

den  Ossa  und  Olymp  nach  seinem  erbthron  jagte.    Schiller  15'. 

ERBTHÜMLICH,  was  erblich:  dies  haus  gehört  mir  crb- 
thümlich;  erb  und  eigcnthümlich. 

ERBTHCRHCTER,  ff». 

ERBTOCHTER,  /".  filia  heres:  jenes  grosze  reiche  haus 
hatte  vergebliche  versuche  gemacht,  einer  hofnungsvoUea 
erbtochter  gespielinnen  zu  verschaffen.    Güthe  17, 374. 

ERBTRIFT,  /".  jiascuum  hereditarium. 

ERBTRUCHSESZ,  m.  dapifer  hereditarius.    Göthe  24, 323. 

ERBTUGE.\D,  f  virtus  insita :  wenn  gewisse  erscheinungcn 
an  der  menschlichen  natur,  betrachtet  von  seite  der  Sittlich- 
keit, uns  nütliigen  ihr  eine  art  von  radicalem  bösen,  eine 
erbsünde   zuzuschreiben,   so   fordern   andre   manifcslalionen 

47* 


743 


ERBÜBEL  — ERBÜTIG 


ERBUTZEN  —  ERDABWÄRTS 


744 


derselben  ihr  gleichfalls  eine  erbtugend,  eine  angeborne  gute, 
rechtljchkeil  und  besonders  eine  neigung  zur  ehrfurcbt  zu- 
zugestehen, diesen  quellpunct,  wenn  er  im  menschen  cul- 
tiviert  zur  thStigkeit  ins  leben,  zur  öffentlichkeit  gelangt, 
nennen  wir  pietät,  wie  die  alten.    Göthe  46,  98. 

ERBÜBEL,  »1.  malum  avüum:  es  ist  nicht  zu  leugnen, 
dasz  ein  gewisser  schwindelgeist  ein  erbübel  in  der  familic 
Adams  ist.  Wieland  8,110;  das  erbübel  eines  hauses,  dasz 
Ton  jeher  in  diese  familie  durch  ehebruch  fremdes  blut  ge- 
kommen ist.  Klinger  1,  45S;  die  neigung  zur  willkür  ist  das 
politische  erbübel  des  menschlichen  geschlechts.  Wachsnuth 
gesch.  Frankr.  3,  461. 

ERBÜBELN,  was  das  folgende. 

ERBUBEN,  sich,  scelus  factre,  bübisch  handeln :  darumb  gilt 
es  nicht  sich  erhüben,  das  mUtlin  erkülen.  kluge  weise  reden 
219';  wiltu  dich  gnug  erhüben,  ergeilen,  so  machstu  daraus 
ein  gewonheit  und  natur.  Frank  parad.  60*;  da  künden  sie 
sich  mit  eeren  erhüben  und  den  schalk  einmal  auslassen. 
kriegsb.  des  fr.  198;  darum  so  gern  tanzen,  das  sie  sich  mit 
eeren  einmal  erhüben  und  den  Hansen  in  die  arm  nemen 
mögen«.   199. 

ERBÜCHSEN,  Irajicere  sclopo,  todl  büchsen,  erschieszen.  Spie- 
ler 258. 

ERBÜGEN,  bei  den  bug  siechen,  ein  fieischerausdruck. 

ERBUHLEN,  officüs  vcneriis  acquirere: 

wie  man  die  schon  frauen  ert 

und  wie  man  sie  auch  mug  erpulen,    fastn.  140,  3; 

nu  hab  ich  doch  in  kurzen  jarn 

bei  hundert  frauen  wol  erpult.    230,  31 ; 

eh  du  erbulsl  ein  fatzilet.    H.  Sachs  1,  228'; 

und  erbult  diese  frauen  klug.    III.  2,  15*; 

sagt  auch,  das  ers  erbult  von  euch. 

Liebhold  von  einem  goti fürchtigen  kaufmann  E5; 

sie  ist  noch  so  eitel  ihrem  verrunzelten  gesiebte  anbeter  zu 
erbuhlen.    Rabener  5,181; 

ha.<:t  du  dir  erbuhlt  für  die  wiege  das  kind, 
so  hebe  dich  mir  aus  den  äugen  geschwind.    Bürger  61'; 
liebe  wird  er,  ha  ich  kenne  dich, 
nie  TOn  dir  erbuhlen  noch  erweinen.    Scbhidt  v.  W.  94 ; 
läszt  es  sich  erbuhlen  ein  Terschraähtcs  herz? 
Heroer  3,  35. 

ERBÜHNEN,  imbuere,  insiruerc,  verselten,  ausslaltcn:  was 
golt  der  herr  von  im  wöU,  das  treibt  er  für  und  für,  bis 
das  er  ganz  darin  gefasset  und  erbünet  wirt.  Keisersberg 
selenp.  16' ;  der  altvatter  fragt  in,  was  im  anleg,  als  man  dan 
das  gar  bald  einem  menschen  abmerket,  und  gctorst  es  dem 
altvatter  nicht  sagen,  denn  er  schämet  sich  sein,  und  schreib 
es  an  ein  brief  und  gab  es  im,  der  was  erbünt  mit  den 
dingen,  und  da  er  es  gelas,  da  sprach  er  zu  im,  leg  dein 
band  anf  mein  haupt,  der  bruder  thet  es,  da  sprach  der 
altvatter,  dein  sünd  wil  ich  über  mich  nemen.  s.  d.  m.  19'. 
r<^.  bühnen  2,  510.    durchbühnen  2, 1596. 

ERBL'NG,  /.  heredilas:  einen  Staat  durch  erbung,  tausch 
u.  s.  w.  erwerben.    Kant  5,  415. 

ERBL'NGNADE,  f.  inclemenlia  heredilaria:  gleichwie  von 
einer  leibeigen  magd  leibeigen  leut  und  orbknccht  geboren 
werden,  so  sei  die  crbsünd  auch  nicht  ein  angeboren  übel, 
sondern  allein  ein  gebrechen  und  last,  die  wir  von  Adam 
tragen,  aber  von  uns  selbst  darumb  nicht  in  Sünden  und 
rrbungnaden  stecken.    Jonas  bei  Luther  6,  381*. 

ERBl'NTERTHAN,  m.  svhjer4us  hercdilarius. 

ERBINTERTHÄMGKEIT,  f 

ERBÜRE.N,  toUere,  extollere,  erheben,  was  das  einfache  büren: 

mhd.  in  den  rinc  spranc  Rennewart, 

da;  tr  die  «tangeu  muht  erbiirn.     Wli.  429,7. 

nhd.   das   der   samen   nit  etwa  nach  meinem  tod  wiederum 
ausgehe  und  erbur(?)    Hütten  5,  42S. 
ERBÜRSCHEN,  erjagen: 

als  er  nachjaget  einem  hIncheD, 

den  er  wolt  aus  seira  gscbosx  erbOrschen.    Atrir  43'\ 

richtiger  und  reimgenauer  erbirscben. 

ERDORSTEN,  penuiUo  tergere,  klcider,  schuhe  erbflrsten. 

ERBÜTIG,  wa»  crbielig  und  erbötig:  so  soll  unser  ampt- 
man,  casincr  oder  richler  den  tettcr  fragen,  ob  er  sOldic 
sein  furgegebne  cntscbuldigung  gnugsam  beweisen  könne. 
so  er  dann  das  durch  sich  oder  seinen  anwalt  fiirderlich  zu 
thon  erpQtig  ist,  so  sol  u.  ».  w.  hamberißsrhr  hahgerichtsordn. 
ron  1507  ort.  l'n  {die  Oirolina  hat  dafür  uqiUtlig);  auch  mit 
laib  iiod   gul  tu   dienen   und  folgen  allezeit  crbUlig,  willig 


und  geflissen.  Lother  6, 12* ;  drumb  bin  ich  nochmals  unter- 
thiinigiich  erbütig.  hr.  1,  519.  andremal  hat  Luther  auch  urbütig. 
ERBUTZEN,  expurgarc,  ausputzen:  also  thun  die  guten 
frummen  menschen  nit.  wenn  sie  darnach  allein  seind,  so 
rüwet  es  sie  und  gedenken  'warum  hast  du  es  gethon?' 
sie  beraflen  und  erbutzen  sich  selbst  darumb.  Keisersberg 
s.  rf.  fn.  15';  do  der  her  halt  angeschnauwet  Nicodemum  und 
hat  in  wol  erbutzt  und  gestroff,  do  seit  er  im  erst  die  lectien 
recht,  als  wenn  der  Schulmeister  einem  knaben  das  loch 
vol  bat  gebowen,  so  seit  er  im  denn  erst  die  lectien.  poä. 
3, 37 ;  nachdem  als  der  herr  sie  also  wol  beraflet  und  er- 
butzt hat.  3,23;  vom  Fürstenberger  wein: 

gro  Ist  sein  färb  vom  garten 

darin  er  wachsen  tut, 
er  darf  des  mans  wol  warten, 

erbutzen  im  den  hut.    Uuland  603.  Garg.  50*; 
0  sprach  er,  sie  (die  slddle)  sint  mechtig  usz 

als  nie  kein  man  vorhin  gesach, 
all  wol  erbutzt  und  keine  schwach. 

ir  knecht  auf  kriegen  vol  verpeint. 

Hans  Schnioer  die  kdnigl.  schlacht  im  landshutischen 
krieg,  ß.  blatt  von  1504 ; 
wie  hats  der  gsell  so  wol  erbutzt?    H.  Sachs  I,  481". 

ERBVERBRÜDERN,  pado  succesäonis  muluae  jüngere. 

ERBVERBRÜDERUNG,  f  das  junge  paar  wurde  beisammen 
auferzogen,  und  als  der  tod  die  erbverbrüderung  von  seilen 
der  eitern  frühzeitig  trennte,  verclausulierten  sie  ihren  letzten 
willen  dergestalt,  dasz  den  kindern  keine  andere  wähl  übrig 
blieb  als  sich  zu  heiraten.    Musäus  volksm.  l,  85. 

ERBVERBÜNDNIS,  f  in  fester  nachbarlicher  erbverbünd- 
nus  gestanden.    Garg.  214'. 

ERBVERGLEICH,  m. 

ERB\TRMACHER,  m.  teslator.    Frischlin  nomencl  433. 

ERBVERMÄCHTNIS,  n.  legatum.    Kleist  1,51. 

ERBVERTRAG,  m. 

ERBVOGELSTELLER,  m.    Götter  3,  224. 

ERBVOGT,  m.  palronus  hercdilarius. 

ERBVOGTEI,  f 

ERBVOLK,  n.  euch  aber  hat  der  herr  aus  Egypten  ge- 
füret, das  ir  sein  erbvolk  soll  sein,  wie  es  ist  an  diesem 
tag.    5  Mos.  4,  20. 

ERBWAPPEN,  n.  das  edle  geschlecht  deren  von  Schleinitz 
führen  in  ihrem  crbwappcn  drei  rosen.   Spangenb.  lustg.  687. 

ERBWASSEB,  n.  aqua  heredüaria. 

ERBWEH,  n.  was  erbübel: 

im  Winter  machte  mich  die  gicht,  das  erbweh,  schwach, 
da  lobt  ich  deinen  wein  und  trank  von  deinem  bach. 
Hagedorn  1,  112. 
ERBWOHNUNG,  f  darumb  uns  die  vier  weit  zu  erkennen 
seind  nach  den  vier  elementen  und  vier  crbwohnungen.  Para- 
celsüs  2, 11*. 

ERBWÜRDIG,  bergmännisch,  würdig  als  erbe  vermessen  zu 
werden,  erbwürdige  zeche. 

ERBZAUN,  m.  sepes  avila.    weisth.  3, 193.    Wuttke  §.  92. 
ERBZEDEL,  ERBZETTEL,  wi.  codicill.    R.Xülein  246'. 
ERBZINS,  m.  census  emphytculicus. 
ERBZINSER,  m.  emphyleula.    Stieler  2653. 
ERBZINSGUT,  n.  pracdium  cmpliylcuticum. 
ERBZINSHERR,  »i. 
ERBZINSLEHEN,  n. 
ERRZINSMANN,  m.  vasallus. 
ERBZINSVERTRAG,  m. 
ERBZOLL,  ni.  bei  waisermülen. 

ERCII,  n.  aluta,  ftellLt  caprina,  ahd.  irah,  irch  (Gbatp  1,46t. 
ScHM.  1,  97),  Hi/iJ.  irch  (»rfr.  1,  763) :  swßme  die  grAjen  scbüi;;e 
ßfn  in  die  zene  adir  in  diu  ougen,  dt'r  nJ'me  pft'ffer  und 
wirouch,  und  mache  dar  ö;  ein  pulver  und  tcuiper  daj^  mit  eiine 
wijen  eins  eies  und  striche  <!a;  an  ein  <^rch  und  lege  da;  an 
dai^  wange,  d4  enkumet  kein  sehn;  ni^r  hin.  Haipt  10,  290. 

ERCHTAG,  m.  dies  MartU,  eine  allheitluisrhe  benennung  *.« 
drillen  wochentag.i,  die  noch  heute  in  Baitrn  üblich  und  worüber 
mylhol.  113.  182 — 185  nachzusehen  ist. 

an  einem  Erchtag  morgen  fru.    Soltiu3&4.  lliLDiBaAND  SIT; 
Erchtaga  der  lotit  di«  mnnats  tag.    3*0; 
nach  Margrelo  am  Erirhtag.    H.  Sacbs  I,  206<  Miid  o^. 
ERD,  f  terra,  oß  bei  alteren,  namenthek  KBisEasiERC,  Dast- 
pODius  u.  a,    siehe  erde. 

ERP  ABWARTS,  deorsum  vfnus  lerram: 
tWfi  nlnrnc  drnlii'n  losrhtrn  ihm  irliil 
und  weudcteu  ordabwirts  Ihren  lauf.    RfloMT  m. 


745 


ERDACHSE  —  ERDARBEN 


ERDART  — ERDBEBEN 


746 


ERDACHSE,  f.  terrae  axis. 

ERDACHT,  s.  erdenken. 

ERDALTER,  n.  s.  erdenalter. 

ERDÄMMER.N,  ülucescere,  aufdämmern:  der  tag  erdämmert, 
graut. 

ERDAMPFEN,  fumare:  die  wiese  erdampft;  die  rosse  er- 
dampften. 

ERDÄMPFEN,  suffocare:  wie  sie  die  hell  mit  rauch  er- 
stenken,  erdempfen,  verbittern  wollen.    Aiber  proc.  2, 11. 

ERDäNEN,  exlendere,  ausdehnen,  akd.  ardanian,  irdenan 
(Gbaff  5, 145) :  gewis  wann  einer  derselben  ein  par  im  leib 
hett,  sie  würden  ihm  den  magen  besser  erdänen  als  etlich 
und  zwenzig  sester  wolln  röhrspätzlin  oder  knopfstertekens. 
barg.  42*.     s.  erdehnen. 

ERDÄNSEN,  exiendere,  diducere,  enceiUm,  wäre  ahd.  irden- 
san:  musz  wie  der  schuster  das  leder  erzerren,  errecken, 
erstrecken,  erdäosen  und  ausdensieren.    Garg.  104*. 

ERDANZEN,  saltatum  duccre,  zum  tanz  führen,  tanzen 
machen :  wer  erdanz  nicht  seinen  bulen  ?  Garg.  21',  es  konnte  auch 
ieiszcn  durch  den  tanz  gewinnen,  vgl.  Stieler  2256.    s.  ertanzen. 

ERDAPFEL,  m.  das  ahd.  erdaphul,  erdephil  ist  pepo,  unter 
icelchem  lat.  tcie  unter  dem  gr.  vorle  TttTtcov  eine  gereifte  und 
eszbare  gurken-  oder  melonenart  verstanden  wurde,  die  noch  heute  in 
Baiempiehe  heiszt  (Schm.  1,  304),  man  sehe  Diefexbäch  424*  unter 
pepo,  cucumer,  es  icar  gleichsam  ein  aus  der  erde,  nicht  am  bäum 
wachsender  apfel.  Megesberc  391,  6  hat:  citrullus  hai^et  ain 
erdapfel  und  ist  nahent  gesfalt  sam  die  pfedem,  die  ze  latein 
pepones  haijent,  aber  der  erdapfel  ist  grüen  und  die  pfedem 
sint  gel,  iedoch  nennet  si  diu  gemain  dick  geleich  {benennt 
man  sie  gemeinlich  mit  demselben  icorl).  citrullus  weist  wieder 
auf  malum  cUreum,  cilrone,  eine  apfelßrmige  frucht.  man 
brauchte  das  wort  aber  auch  von  knollcnwurzeln,  die  aus  der 
erde  gegraben  werden.  Bocks  kräuterbuch  701  sa^:  zu  teutsch 
mücht  man  die  öpfel  mandragorae  erdöpfel  und  hundsöpfel 
heiszen;  712  hat  er  waldrüben  oder  erdöpfel,  cjclamen,  und 
auch  Alberüs  verdeutscht  cyclaminus,  tuber  terrae,  malura  terrae, 
erdapfel.  )tvy.?.a/ntvos  oder  xvx/.äuivov  bezeichnete  das  soge- 
nannte saubrot,  wie  es  die  säue  aus  der  erde  wühlen: 

das  ferklein  murrt  uud  blieb  stracks  stehn, 

wolt  sich  nach  ihm  nicht  ummesehn, 

sondern  da  nach  seinem  vorhaben 

zuvor  ein  erdapfel  ausgraben,    froschmeuseler  Cc3'. 

auch  das  ags.  eordäppel  bedeutde  sowol  cucumis  als  mandragora, 
spdler  entsprungen  aber  ist  das  isl.  jardepli  für  solana  tuberosa. 
denn  als  nun  gegen  den  schlusz  des  16  jh.  die  palate  oder  polato 
(Solanum  tuberosum)  aus  Amerika  nocA  Europa  verpflanzt  wurde, 
wandte  man  den  namen  erdapfel  passend  auch  auf  sie  an, 
anderwärts  galt  dafür  grundbirne  (entstellt  in  grumbire,  krum- 
bire)  und  kartoffel,  welches  letztere  heute  überwiegt,  ich  habe 
die  americanischen  putatos  oder  erdapfel  mit  sehr  gutem 
succes  in  Österreich  gepflanzet,  welche  gutes  brot,  wein  und 
brandwein  geben.  Jon.  Joach.  Becher  5,  der  also  schon  kar- 
toffelbrantwein  bereitete.  heute  sind  erdapfel  oder  kartoflfeln 
fast  zur  all4jemänen  speise  der  landleute  geworden :  sie  hatten  so 
ihren  bauerntisch,  suppe  und  fleisch,  mit  erdäpfeln  und  erbsen. 
der  a.  m.  im  Tockenb.  130.  Schweiz,  und  oberpfätz.  auch  herd- 
opfel.    ScHM.  1. 103. 

ERDÄPFELKäSE,  m.  für  den  pfarrer  krebse  und  erdäpfel- 
käse.    J.  P.  Uesp.  1, 112. 

ERDAPPEN,  deprehenderc,  mit  dem  fusz  bdreten,  ertappen, 
erwischen:  hast  du  deine  tittel  mit  der  that  und  werken, 
sol  es  dir  billich  ein  groszer  last  sein,  hastn  sie  aber  er- 
dappct  und  bist  nit  der  man  darnach  mit  kunst  gefaszt,  so 
ist  es  dir  ein  schäm  und  schand.    Pelr.  43*; 

thiit  endlich  ir  einen  erdappen, 

der  glat  in  seinen  kleidern  gieng.    H.  Sachs  IV.  3,72*; 

sprach,  der  esel  den  ich  hat  erdapt, 

hat  menschenhand  und  füsz  gehaot.    IV.  4,  65*. 

ERD ARBEIT,  f  opera  fossoria,  z.  b.  beim  grabenziehen,  sdtan- 
zen,  bau  der  eisenbahnen. 

ERDARBEITER,  m.  fossor,  der  mit  hacke  und  spaten  arbeitet : 
auf  dein  Marsfcld  soll  die  grosze  eidesleistung  sein,  man 
braucht  150000  erdarbciter,  da  greift  alles  zum  spaten  und 
zur  hacke,  alle  stände  mischen  sich,  man  sieht  mönchc  und 
pfarrer  graben.    Dahlmaxn  fr.  revol.  333. 

ERDARBEN,  parce  vivendo  colligere:  der  letzte  thaler,  den 
er  erdarbt  hatte;  schwer  erdarbtes  geld;  dann  musz  es  der 
unverdient  unschuldig  gott  erdarben  und  entgelten,  das  er 
nie  genossen  bat.   Keisebsb.  sdenpar.  29*. 


ERDART,  f  terrae  genus,  species. 

ERD  ARTIG,  terrae  sinUlis:  der  tufo  ist  erdartig.  Whikel- 
MASJI  1,  346. 

ERDATTERN,  haesitare  üngua,  erstottem,  stupere :  er  hat  ein 
wolf  gesehen,  er  erdattert,  in  einer  eil  nicht  reden  kan,  wie 
vilen  geschehen.  Frank  sprichw.  2,55*;  aber  gottes  wort,  wie 
gehöret,  gehet  einfältig  daher,  trift  aber  wol,  das  iederman 
daran  und  darab  sich  musz  stoszen,  entsalzen,  erstatzen, 
erdattem  und  sagen  'das  ist  der  finger  gottes'.  dessen  lob 
des  göttl.  worts  15"';  der  esel  fangt  so  jämmerlich  an  zu 
schreien,  dasz  der  gute  mann  des  in  tiefsten  gedanken  vor 
ihm  kniehete,  über  die  maszen  heftig  und  sehr  erschrack 
und  über  dem  jämmerlichen  eselsgeschrei  so  erdattert,  dasz 
es  ihm,  alles  in  reverenz,  in  die  heinkleider  gieng.  esdkönig 
328.    s.  dadem  und  dattern. 

ERDALBEN,  s.  ertauben. 

ERDAUEN,  digerere,  perferre,  verdauen :  wenn  im  der  ge- 
meine mann  nicht  günstig  und  hold  were,  so  könte  ers  nicht 
erdawen  (den  hasz  der  andern  fürsten  nicht  au^alten).  Lcthers 
tischr.  343*. 

ERDAUERN,  1)  intr.  wie  das  einfadu  dauern,  ausdauem, 
mild,  d&ren  (wb.  1,  406) : 

2)  tr.  perferre,  ertragen: 

ach  wie  sol  danne  da;  alter, 

lät  siu  nicht  ab,  ir  ungenäde  erdiiren?    Labei  167. 

3)  Ur.  scrutari:  erdauren  ist  erforschen  und  ergründen. 
Helbeb  Cs';  fleiszig  erforschen  und  erdauren.  Frisics  429*; 
erdauren,  fleiszig  nachsinnen.  Maaler  lOS";  auch  das  aller- 
minst  oder  schlächtist  erdauren  und  härfür  suchen,  consectari 
etiam  minulissima.  ebenda;  man  erdauret  die  sach  ernstlich, 
calent  judicia.  ebenda;  erkundigen  oder  erdauren  die  warheit. 
91';  erschinend  die  Wunderwerk  gottes,  so  man  ire  natur 
und  gelegenheit  erduret.  B(n.LiNGER  der  alt  gloub  Aä*;  und 
erduret  uf  welche  zit  . , .  der  geist  Christi  . . .  dütete.  G 1* ; 

wir  wem  dahin  eilends  gefahm 

und  hetten  alles  recht  erfahm, 

das  ort  recht  bsehen  und  erdurt, 

wo  man  es  oben  hat  umbgmurt.    Berchlold  redivitus  31. 

diese  bedeutung  flieszt  aus  der  ersten,  wer  über  etwas  dauert, 
stand  hält,  lernt  es  genau  kennen,  heute  in  allen  drei  Verwen- 
dungen auszer  gebrauch. 

ERDAUFSTÄüBEND,  tcrram  excutiens: 

die  felsen 
hallen  vom  feldgeschrei  der  erdanfstäubenden  wiehrer. 
Stolberg  3,  316. 

ERDAUFWTHLEND,  pulverem  exätans: 

das  futter  der  erdaufwühlenden  Schweine. 

ERDAUFWURF,  m.  terra  egesta. 

ERDBAD,  fi.  der  erdenklosz,  dessen  ansdünstung  schon 
im  jetzigen  leben  den  hectiker  hinter  dem  pflüge  und  den 
nervenschwächling  im  erdbad  stärkt  J.  P.  Kampanerth.  rorr.  i. 

ERDBAHN,  /".  orbita  terrae,  die  bahn,  «dche  von  der  erde 
um  die  sonne  durchmessen  wird. 

ERDBALL,  m.  terrae  globus.    Wieland  9,308; 

'     von  jener  furchlbarn  macht, 
von  der  der  himroel  bebt,  des  erdballs  achse  kracht; 
0  um  erdballs  schätze,  nur  noch  einen  blick!    Schuxui  . . .; 
und  war  ich  nicht,  so  wärst  du  schon 
von  diesem  erdbali  abspaziert.    Göthb  12,172; 
als  die  natur  sich  in  sich  selbst  gegründet, 
da  bat  sie  rein  den  erdbali  abgerundet.    41,  254; 

dasz  dieser  erdbali  blosz  die  vorstadt  und  der  vorgrund  eines 
bessern  planeten  wäre.   J.  P.  teufelsp.  1, 14.     s.  erdenbaU. 

ERDBALSAM,  m. 

ERDBANK,  f.  agger,  dämm,  wall,  erhöhung,  brustwehr  durch 
aufgeworfne  erde. 

ERDBATENIE,  ERDBATENIKEL ,  vcronica  teucrium.  vgi 
1, 1157. 

ERDBAU,  m.  structura,  fodina  in  terra,  bauen  in  und  mit  erde. 

ERDBAÜEND,  terram  incolens,  erdebewohnend. 
die  stamm  erdbauender  menschen. 

ERDBEBAUER,  m.  incola  terrae: 

die  menschen  sind  bestimmt  zu  erdbebauem. 

RöcuRT  99.  ge*.  ged.  1, 166. 

ERDBEBEN,  n.  terrae  malus,  oft  bildlich:  nach  dem  winde 
aber  kam  ein  crdbeben,  aber  der  herr  war  nicht  im  erd- 
beben.  1  iöri.  10,11;  denn  du  wirst  heimgesucht  werden  mit 
weiter  und  crdbeben.    £5.  29,6;    und  werden  sein  pestilenz 


747         ERÜBEßENABLEITER  — ERDBIBE 

und  thewTe  zeit  und  crdbeben  bin  und  wieder.  MaUh.  24, ' ; 
und  sihe  es  gescbach  ein  grosz  erdbcben.   28,2; 

es  donnert  und  war  wie  ein  erdbeben.  Soltau  500. 
die  gewiller  und  erdbeben  des  lebcns.  J.  P.  Hesp.  2, 107 ;  der 
alte  beerdigte  Kabel  war  ein  erdbeben  unter  dem  nieere 
von  Haslau.  flegelj.  1,32;  sein  hera  war  durch  ein  erdbeben 
aufgedrängt  und  aufgehoben.  TU.  5, 14.  der  aUn.  ausdruck 
war  iardskiafti,  landskialfli,  Jan.  jordskjälv,  schw.  jordskalf, 
der  gothische  aber  reirö  f.  aeiauos.  vgl.  erdbibe,  erdbibeni, 
erdbidein. 

ERÜBEßENABLEITER,  m.    J.  P.  TU.  1, 123. 

ERDBEBENWOGE,  f.  aufrauschende  meereswoge  bei  erdbeben. 

ERDBEBUNG,  f.  uas  erdbeben :  und  werden  geschehen 
grosze  erdbebunge  hin  und  wider.  Luc.  21, 11 ;  und  da  ge- 
schahen stimmen  und  dunner  und  blitzen  und  erdbebung. 
offenb.  8,  5 ;  und  es  wurden  stimme  und  donner  und  blitzen 
und  ward  ein  grosze  erdbebung.    16, 18. 

ERDBEDEM,  m.  da  der  satan  einen  erdbedem  erreget. 
Otno  krankentr.  206.     .f.  erdbidem. 

ERDBEERAPFEL,  m. 

ERDBEERB.VÜM,  m.  arbutus  iinedo: 

quellen   mit  mosigem  bord  und  kräuterchen,   sanfter  denn 

Schlummer, 
und  der  du  dünn  hergriinend,  ocrdbeerbaum,  sie  beschattest: 
schüzt  vor  der  Sonnenwende  das  vieh ! 

Voss  Yinjils  idyllen  7,  46. 

ERDBEERBLÜTE,  f. 

ERDBEERE,  f.  fragum,  ahd.  Crdperi  n.,  mhd.  ertber,  erde- 
ber  n.,  nnl.  aardbezie  n.,  isl.  jardarber  pl.  fraga,  schw.  dän. 
jordbär,  der  schw.  volksausdruck  isl  smultron.  russ.  zemijanika, 
lä.  zemüge,  serh.  bühm.  jagoda.  bei  Maaler  lOS*  ist  erdbeere 
noch  neutral,  allmälich  drang  die  nrf.  weibliclw  form  durch,  ein 
vocab.  von  1429  und  voc.  1482  g6*  haben  fraga  erper,  mit  ge- 
schvundnem  linguallaut.  die  koch  seind  der  erdbeern  auch 
gewar  worden,  machen  gute  müslin,  gebären  den  kranken, 
hitzigen  menschen  mehr  dann  den  gesunden,  um  der  kiiiung 
willen.  Bock  kräutcrb.  ISO.  man  sagt  erdbeeren  pflücken, 
brechen,  suchen,  sammeln,  mhd. 

sct,  dö  lieren  wir  ertbern  suochen, 

von  der  tannen  zuo  dOr  buocben 

über  stoc  und  über  stein.    MSH.  3,  SC; 
nhd.    bricht  blumen  und  kräuter, 

und  erdbeern  im  gehn.    Salis. 

ERDBEERGLEICJI,  frago  stmüis: 

0  wärzlein,  erdbörgleich !    Weckhsrlin  767. 
ERDBEERKALTSCHALE,  f 
EHDBEERRLEE,  m.  trifolium  fragiferum. 
ERliHEEliKRAUT,  n.    erperkraut,  fragula.    voc.  1482  g6'. 
ERDBEERSAFT,  m. 
ERDBEERSTAUDE,  f. 
ERDBEERSTRAUSZ,  m. 

ERDBEERSTÜBM,  m.  erdbeeren  mit  milch  und  habermehl. 
A.  v.  Bütte  21. 

ERDBEGIERDE,  /".  cupiditas  terrena: 

tugend,  so  die  erdbegierden 

kan  in  band  und  fessel  legen.    Ksittels  sinncnfrtichic  40. 

ERDBEGLÜCKER,  m.  felicUatis  terrenae  auclor. 

ERDBEHERSCHER,  m.  terrae  dominator: 

der  erdbcherscher  wilde  heeresgluten.    Göthb  13,  171. 

ERDBEHERSCHUNG,  f.    Garg.  222'. 

ERDBEKLÜMMEN,  in  anguäiis  terrae  haerens: 

hier  in  diesen  erdbeklommneu 

lorieo,  wo  die  wehmut  tbaut.    RCcxm  216. 

ERDBESCHREIBER,  m.  geographus.    Maaler  108*. 

ERDBESCHREIBUNG,  f.  geographia.  bei  Stieler  1926  erden- 
brschreibung. 

ERDBESTÄTIGUNG,  f.  sepuUura,  btslaUung:  mein  dicnst- 
freundlicbes  ersuchen,  er  wolle  meine  hansfran  zu  ihrem 
bestirnten  rubbetlein  begleiten,  auch  nadi  gehaltener  erdbc- 
sUtignng  wa«  gott  an  essen  und  trinken  bescheren  wird, 
Tor  lieb  und  willen  nehmen.    Bütsciut  kanil.  012. 

ERDBEULE,  f  grumus.    Stieler  lio. 

ERDBEWOHNER,  fn.  inc<da  terrae,  bei  Wielahd  9,  248  crden- 
bewribner. 

ERDBIBE,  f.  terrae  motut,  ahd.  Crdpiba,  mhd.  Erlbibc: 

in  einnr  kiirirn  ntunde 

warf  »i  diu  vrtbibe  nider.    04iiAeii«r  9; 

dA  tut  dt»  btrren  gwalt 

tuo  der  ertblbe  geuh.    42. 


ERDBIBE3I  — ERDBIRNE 


748 


ERDBIBEM,  «i.  vgl.  das  1,1808  angeführte  verbum  bibmen: 
wann  er  {der  bcig)  dick  crdbibem  leidet.  Frank  weUb.  178"; 
sein  rechte  aber  ist  durch  ein  erdbibcm  etwas  verruckt  wor- 
den.   Garg.  3l'. 

ERDBIBEN,  m.  für  das  vorhergehende,  kaum  für  erdbeben: 

es  konte  weder  wind,  erdbiben  noch  das  krachen 
des  donners  selbsten  nicht  ein  solch  gepaller  (so)  machen. 
Werders  Ar.  15,  13. 

ERDBIBER,  m.  castor  fiber. 

ERDBIDEM,  m.  und  n.  verhält  sich  zu  bibem,  wie  d<K  1,1810 
behandelte  verbum  bidmen  zu  biben.  diese  form  trar  aber  ver- 
breitet und  häufiger  als  erdbibem:  es  hat  auch  ein  erdpidem 
das  Corinther  mür  ausgestoszen.  Frank  «e/«».  l';  darumb  der 
erdbidem  in  diesem  anfallen  ist  niciils  anders  dann  ein  na- 
türlicher donnerklapf  in  der  natur  unsichtbar.  Paracelsis 
1,  378* ;  wie  ein  erdbidem,  der  ein  haus  zerbricht,  l,  4Ss' ; 
der  erden  astrum  gibt  den  erdbidem.  1,611';  und  ein  gähcs 
erdbidem  jegliche  partei  erschröckt  bette.  Tacius  bei  Fronsp. 
3,  241' ;  CS  gescbach  im  dritten  jar  seiner  regierung  der  grosze 
erdbidem  in  der  ganzen  weit.  Beiszner  Jerus.  2,  99';  das 
zeigen  uns  die  erdbidem  an,  Sturmwinde,  das  grausam  sausen 
und  prausen  des  meers.  Pelr.  107';  es  ist  auch  zu  bitten, 
das  nicht  erdbidem  und  krieg  sich  erregen.  Herr /e/diau  10' ; 
P.  von  Duisburg  meldet,  das  im  jar  1303  am  8  august  durch 
ganz  Preuszen  solch  ein  unerhörter  erdbidem  gewesen  sei, 
das  die  häuser  zu  dreien  unterschiedenen  malen  also  er- 
schüttert worden,  das  sich  fast  niemand  aufrecht  habe  halten 
können.  Schütz  beschr.  von  Pr.  53;  denn  solches  alles  und 
noch  viel  mehr  thewrer  zeit,  erdbidem,  des  meres  brausen 
solle  jenem  tage  furhcr  gehen.  Gref  Lazarus  A  7 ;  daher 
konipts,  dasz  die  leut  nit  mehr  des  tonners  noch  erdbidems 
achten.  Garg.  182*;  auch  H.  Sachs  IV.  1,  31'  und  Cyrillus  7; 

vermeinten,  es  würd  ihren  leuten 

fewr,  wassr  odr  erdbidem  bedeuten,    froschm.  Nn3'; 

als  kam  ein  erdbidem  daher.    Fuchs  mückenkr.  1,  30; 

erregte  sich  ein  grausamer  erdbidem,  das  meine  vermeinten, 
die  ganze  insul  würde  all  augenhiick  untergehen.  Simpl.  K. 
982  (wo  DGK.  ein  grausames  erdbiden) ;  wann  man  darin  ein 
grosz  getüs  hätte,  dasz  alsdann  die  ganze  insul  darvon  er- 
schütterte und  einen  solchen  erdbidem  erzeige,  dasz  die. 
jenige,  so  darauf  sein,  vermeinen  sie  würden  untergehen.  091. 
ERDBIDEN,  m.  terrae  motus,  wenn  sich  das  ganz  erdrich 
erschütt.  Maaler  108*,  was  Hemsch  914, 16  ausschreibt,  doch 
erdbidem  setzt;  Stieler  116  hat  erdbeben  sive  alia  dialecto 
erdbiedcn.  auch  andere  schwanken  in  diese  form:  unzelich 
menschen  abgestorben  sind,  die  keinen  erdbiden  befunden. 
Petr.  188'; 

hab  auch  durch  ein  erdbiden 
meins  haus  einfall  erlidcn.    H.  Sachs  IL  2,  57'; 
viel  erdbiden  in  aller  grenz.    III.  1,  247'; 
es  wern  sein  pestilenz  und  tewer  zeit, 
auch  erdplden  hin  und  her  prait  und  weit. 

ScHHELZL  aussendung  13*. 

im  18  jh.  erlüsclien  dieser  und  die  drei  vorausgehenden  ausdrücke. 
ERDBIDMEN,  quatere,  conetUere:  es  bat  heut  birnen  geerd- 
bidmet.    Simpl.  Courage  cap.  25  s.  212.     vgl.  erbidmen. 

ERDBIDMEN,  n.  terrae  motus:  aber  des  künftigen  erdbid- 
mens  hat  man  gar  kein  Vorzeichen  . . .  wider  die  erdbidmen 
hilft  kein  schliefloch,  kein  flucht  nit.  Pelr.  188*;  ein  Zau- 
berer, welcher  uns  durch  seine  künste  mit  crdbidinen  und 
solcher  wohnwilzigkeit  plage.    Simpl.  K.  984. 

ERDBIDMIJNG,  f  dasselbe:  und  seht  ein  grosz  erdbidmung 
ward,  wann  der  engel  des  herrn  steig  ab  vom  himel.  bibrt 
von  1483, 484'.  Matth.  28,  2  {vulg.  et  ecce  terrae  motus  factus 
est  magnus,  ahd.  inti  senu  thd  Crthbibunga  was  giwortan 
mihil,  ags.  and  |)a'r  veard  gevorden  micel  eordbifung,  nor- 
Ihumhr.  niicil  eordbroernisse,  Luther:  und  sihe  es  gescbach 
ein  grosz  erdbeben). 
ERDBIENE,  f  aph  lerrestris,  s.  crdhummcl : 

wenn  auch  der  ki'inlg  (der  hienrn)  rcuchl  zu  feld, 

und  Reinen  Trindcn  ins  Innd  rdlt, 

den  liornussen,  wespen,  enihienen, 

so  im  wuld  .sein  und  ihm  nicht  dienen, 

sondern  vielmehr  den  honig  rnubfln, 

epiel,  blom,  pnnumen,  klrson  klaubon.    froachm.  dg  2'. 

ERDRILDUNG,  f  terrae  formalio. 

ERDBIRNE,  f  was  crdapfel,  kartoITei,  an  einigen  orten  aueh 
für  erdbeere: 

gerostet«  erdbim  und  bering.    Wukut*  gcd.  3, 12. 


749 


ERDBLüSZE  — ERDE 


ERDE 


750 


ERDBLÖSZE,  f.  terrae  nuditas:  wabriich  der  echte  dichter 
trift  überall  nur  erdblösze  und  rippen  an.  J.  P.  bücherschau  2,  8. 

ERDBLLT,  n.  Iraubenblut,  vinum.    Hemsch  914,38. 

ERDBODEM,  m.  orbis  lerrarum:  gott  hat  alle  königauf  dem 
ganzen  erdbodem  erwecket.  Reiszneb  Jertis.  2,175'.    s.  bodem. 

ERDBODEN,  m.  l)  orbis  lerrarum:  auf  das  same  lebendig 
bleibe  auf  dem  ganzen  erdbodcn.  1  Mos.  7,  3 ;  denn  das  ge- 
wesser  war  noch  auf  dem  ganzen  erdboden.  S,  9 ;  und  wer 
hat  den  ganzen  erdboden  gesetzt?  Uiob  34,13;  so  lernen  die 
einwoner  des  erdboden  gerechtigkeit.  Es.  26,  9 ;  und  hat  ge- 
macht, das  von  einem  blut  aller  menschen  geschlecht  auf 
dem  ganzen  erdboden  wonen.  apostelg.  17,  26 ;  darumb  das  er 
einen  tag  gesetzt  hat,  auf  welchen  er  richten  wil  den  kreis 
des  erdboden.  17, 31 ;  und  der  ganze  erdboden  verwundert 
sich  des  thieres.  o/fenb.  13, 3 ;  aber  was  ist  auf  dem  erd- 
boden zu  finden,  welches  nicht  vom  feuer  könnte  überwun- 
den werden  ?  jmI.  stockf.  64 ;  der  ganze  erdboden  trägt  kein 
ärgeres  frauenzimmer.  Lessing  1,259;  gott  tröst  ihn!  das 
war  ein  herr!  er  halte  die  band  über  den  ganzen  erdboden 
und  war  euch  alles  in  allem.  Göthe  8,171;  ei,  sie  werden 
doch  das  nicht  ausschlagen  oder  sie  wären  der  gröszte  thor 
auf  dem  erdboden.  Lenz  1,  225 ;  ich  versichere  sie,  die  gräfin 
ist  die  scharmanteste  frau  die  auf  gottes  erdboden  ist.  1,301; 
so  kennt  mich  dann  der  ganze  erdboden.    Klincer  5, 112. 

2)  solum,  der  grund,  erdgrund:  da  thet  Noah  das  dach  von 
dem  kästen  und  sähe  das  der  erdboden  trocken  war.  1  Mos. 
8,13;  unser  bauch  klebt  am  erdboden.  ps.  44,26;  das  sie 
den  erdboden  mit  fruchten  erfüllen.    Es.  27,6; 

flucht,  es  möcht  der  erdboden  krachen.    H.  Sachs  I,  522'; 

er  schlich  ganz  trübsinnig  einher  und  guckte  in  den  erd- 
boden. als  ob  er  hinein  sinken  wollte.  Engels  phil.  f.  die 
velt  18;  die  dürre  hat  den  erdboden  überall  ausgesogen; 
schäme  dich  in  den  erdboden  hinein ! 

ERDBOGE,  »I.  fomix  in  aedium  fundamentis,  getcöW  in  der 
grundmaiter. 

ERDBOHRER,  m.  lerebra  mctaüiscopa,  bohrer  in  die  erde  und 
das  geslein,  um  wasser,  sah,  kohlen  zu  finden. 

ERDBRAND,  m.  incendium  subterraneum :  fein  silber,  das  dem 
Silber  im  erdbrand  abgangen  ist.  Mathes.  50*.  bildlich,  er  wollt 
es  durchaus  vom  Schicksal  nicht  leiden,  dasz  eine  solche 
weit  voll  ideen  ihrem  erdbrand  und  ein  so  freies  herz  voll 
redlichkeit  dem  letzten  schlage  näher  komme.  J.  P.  Tit.  5,138. 

ERDBREITE,  f.   terrae  latitudo. 

ERDBRÖSLEIN,  n.  fruslulum  terrae:  die  ameise  baut  sich 
eine  wohnung  aus  grashalmen,  erdbrüslein  und  kiefemadeln. 
Göthe  15,325. 

ERDBROT,  n.  panis  terrae,  saubrot,  erdapfel. 

ERDBRCSTLEIN,  n.  pectusculum  terrae,  tumulus:  denn  get 
der  frid  abbin  unz  ans  erdbrüstli.  weisth.  l,  118.  erdbrüst 
f'/.,  hngclchen  (auch  erdgrüst).    Stalder  1,345. 

ERDBUCH,  n.  erbbuch,  landbuch,  schw.  jordebug,  dän.  jordbog. 

ERDBÜCHSE,  f.  genus  arium  palustrium,  gralla?  doch  bis- 
weilen braucht  er  auch  (zu  zansteurern)  stockfisthschwenz 
lind  auf  hohe  fest  den  Schnabel  und  die  kloen  von  rortrum- 
men  (rohrdommeln)  oder  rorreigeln  oder  mosküen  oder  mur- 
rindern  oder  erdbüchsen.    Garg.  163'.     vgl.  erdbulle. 

ERDBULLE,  m.  ardea  stellaris,  rohrdommel,  buchstäblich  erd- 
ochs, erdrind,  der  im  röhr  oder  mos  brüllt,  vgl.  erdbüchse. 

ERDBURG,  f.  arx,  munimen  terrae,  in  der  ahd.  grenzur- 
kunde  der  Würzburger  mark  heiszt  es:  danan  in  de  sundorön 
erdburg  mitta  {vgl.  erdbrüstli).  Föbstemans  2,476  verzeichnet 
mehrere  Ortsnamen  Ertpurc. 

ERDBÜRGER,  m.  eins  terrenus,  terricola,  mensch. 

ERDCHEN,  n.  parvula  terra:  unser  zerstäubendes  erdchen. 
J.  P.  uns.  löge  3, 177 ;  nichts  ist  ja  wol  auf  unsrem  erdchen, 
diesem  zwicksteine  im  weltgebäude,  so  grosz  als  kleinig- 
keiten.    teufelsfiop.  2,  2. 

ERDDECKE,  f.  tegumentum  terrae,  terra  tegens. 

ERDDOIINE,  f.  Sprenkel  nahe  über  der  erde. 

ERDDLNST.  m.  vapor  terrenus,  aus  der  erde  steigender  dunst. 

ERDDURCHMESSER,  m.  diameter  terrae,    s.  erdhalbmesser. 

ERDDURCHSUCHUNG,  f.  Praktorios  storch  und  schicalbenq. 
reguter. 

ERDE.  f.  terra,  goth.  air|)a,  alts.  ertha,  ags.  eordc,  ahd. 
örda,  mlui.  Crde,  mnl.  erde,  aerde,  nnl.  aarde,  engl,  eartb, 
fries.  irth,  alln.  iörd,  schtc.  ddn.  jord. 

1)  eines  so  durchgreifenden,  allrerjdhrten  Wortes  Ursprung  ver- 
liert sich  im  dunkel,     da  uns  das  lalnn  und  die  keltischen  spra- 


I    chen   auch   sonst   nahe   liegen,    läszt   sich  an  eine  lautumstellung 

'   denken :  terra,  kellisch  tir  (vgl.  atir  bei  Zecsz  254)  verhalten  sich 

'   zu  air{)a,  erda  icie  lil.  darbas  zu  goth.  arbai|)s  oder  uie  forma 

zu   fioQff},    und  hinzutritt,   dasz  die  lautverschiebung  des  lat.  t 

ins   goth.  \),   ahd.  d  vollkommen  regelmdszig  ergeht,     neben  vel- 

schem   tir    gilt   aber  noch  daear,    arm.  douar,    worin  wiederum 

fortgeschobne  lingualis  erscheinen  könnte,     das  doppelle  rr  in  terra 

mag  wie  in   curro,    susurnis  «.  a.  m.    aus  ri   erwachsen  sein. 

tellus,  die  göttin  Tellus,  gehört  gar  nicht  zu  terra. 

;        2)  in  beiden  formen,  airj)a  wie  terra,   ist  der  linguallaut  we- 

sentlich,  stehe  er  vornen  oder  hinten,     ihn  aufgegeben  erweitert  sich 

•    alsbald  die  verglächung.     das  \Yessobrunner  gebet  scheint  ero  noh 

1    üfhimil  darzubieten,  obschon  himil  enti  erda  nachfolgt,  die  gestalt 

j    von  ero  ist  aber  männlich  (vgl.  hero  Graff  4,  999),   oder  musz 

man  ero,  area,  pavimentum,  nach  1, 198,  ansetzen?    aus  dem  adv. 

eoa^e  folgert   man   ein   nirgend  begegnendes  sQa  nach  analogie 

von  d'voats,  xctfiä^s.     gal.  und  ir.  gilt  ire,  irionn  feld,  land, 

boden,  das  skr.  ird  oder  auch  idd  (Böhtl.  Roth  1,  782.  815)  terra 

gehl  auf  die  Vorstellung  von  nahrung  labelrank  und  kuh  zurück, 

stimmt   also  zur  uralten   Verbindung   der  begriffe  kuh  und  erde. 

ob  mit  einem  dieser  ausdrücke  das  hebr.  erez,  arez  (ynX,  'j^'nJJ!l) 

zusammenhängen   könne,   bläbt  höchst  unsiclier,   auch  arab.  arz, 

ard  stimmen  ein. 

3)  welchen  sinn  legen  soll  man  in  eins  dieser  Wörter?  dem 
skr.  ird  liegt  der  von  spende,  milchspende  unter,  an  arare,  goÜL 
arjan  läszt  sich  bei  air})a  nicht  denken,  wie  schon  die  vocale  ab- 
weichen und  die  bedeutung  des  pfluglandes,  ackcrfeldes,  der  terra 
arabilis  wäre  fast  zu  eng,  darum  liegt  auch  das  lat.  an'ura  ab; 
ein  skr.  uni  terra  wird  aber  mit  recht  von  uru  weit,  grosz  ge- 
leitet und  gleicht  dem  gr.  beinamen  der  erde  ev^sla.  ir.  und 
gal.  drückt  uir  pulvis  und  terra  aus.  terra  für  das  trockne  land 
zu  nehmen  und  aus  torrere  zu  deuten,  gewinnt  zwar  schein  durcli 
extorris  =  ahd.  arerdco,  mit  Übergang  des  e  in  o,  wie  in  verto, 
divortium  «.  5.  w.,  hat  aber  doch  gegen  sich,  dasz  weder  in  tir 
noch  in  unserm  erde  rs  vorbricht,  wie  in  riqaead'ai  und  im 
goth.  })airsan,  jiaursus  =  ahd.  durri,  dürre. 

4)  unmittelbar  zurück  in  unsere  spräche  ßhrt  die  «ahmdi- 
mung,  dasz  schon  ahd.  die  aspirierte  form  herda  erscheint  (Graff 
1, 416.  417),  an  die  jetzt  gewichene  lesart  Herthus,  Terra  mater 
(Tac.  Germ.  40)  für  Nerthus  gemahnend,  wonach  früher  selbst 
eine  göttin  Hertha  angesetzt  wurde,  vom  weiblichen  herda  scheidet 
Graff  4, 1027  das  männliche  hert  arula,  focus,  doch  begegnet 
auch  bei  herda  die  bedeutung  von  esse,  fervens  slrudura  und 
nahe  liegt  die  Vorstellung  des  häuslichen  herdes,  der  herdstätte  zu 
einigen  mit  der  von  boden  und  erdboden.  auch  mhd.  erscheint 
hert  (niemals  ert)  ßr  beides,  herdäälle  und  erdreich  {wb.  1, 671), 
nhd.  ist  herd  wieder  auf  focus  eingeschränkt,  nur  in  der  Schueizer- 
mundart  haftet  auch  der  sinn  von  boden,  erdreich,  land  (Stalder 
2,  38),  Frisics  und  Maaler  geben  ihn  unter  herd  nicht  an.  in 
der  that  müssen  beide  Wörter^  ursprünglich  auseinander  gehen  und 
goth.  air|)a  terra  abstechen  von  einem  mutmaszlichen  hair})us 
focus,  das  vielleicht  zu  hauri  pruna  geiwrte.  jener  für  terra  ab- 
gelehnte begrif  der  trorkenheil  liesze  sich  allerdings  dem  des  lierdes 
und  feuers  an  die  säte  stellen. 

5)  wie  dem  sei,  die  Verwechslung  von  herd  und  erde  kann 
auch  das  genus  von  erde  schwankend  gemacht  und  ein  in  Süd- 
deutschland vorwiegendes,  abgestumpftes  erd  ßr  erde  zu  wege 
gebracht  haben,  Keisehsberg  sagt  fast  immer  so,  obgleich  er  es 
weiblich  verwendet,  auch  unser  art  (1,  568)  wäre  dabei  zu  er- 
wägen, dessen  geschlecht  wiederum  aus  dem  männlichen  ins  weili- 
liche  umschlägt  und  die  bedeutung  von  solum,  habitatio  zeigt,  ganz 
wie  das  mnl.  aert  männlich  steht  und  terra,  solum  ausdrückt, 
nur  weichen  in  art  und  erde  vocale  und  consonanten  von  ein- 
ander, ebenso  im  ags.  eard  praedium  und  eorde  terra;  es  bedürße 
einer  ablautenden  reihe  air))an  ar|)  aur|)um  (wie  vair})an  var|) 
vaurjium  (ahd.  werdan  wart  wurtum)  beide  auszugleichen,  der 
sinn  davon  bli^e  dahingestellt. 

6)  merkwürdig  ist  auch  das  schwanken  zwischen  starker  und 
schwacher  dcclination.  das  goth.  airj)a,  altn.  iörd  gehen  immer 
stark,  d.  h.  kein  air|iü,  kein  iarda  kommen  vor.  ags.  aber  herscht 
umgedrelU  schwaches  eorde,  gen.  eordan;  alts.  ertha,  ahd.  erda, 
mhd.  erde  bilden  ihre  obliquen  casus  bald  stark  bald  schwach 
und  es  will  niciu  gelingen  den  gebrauch  einer  oder  der  andern 
form  auf  unterschiede  der  bedeutunyen  zurückzuleiten,  man  möchte 
das  schwache  tcort  gern  persönliclier  nehmen,  nhd.  rinnen  be- 
kanntlich starke  und  schwache  weibliche  flexion  überhaupt  so  zu- 
sammen, dasz  der  sg.  jene,  der  pi.  diese  ausliält,  doch  bei  einem 
so   geläufigen   worl    liesz   sich   der  scJiwachc  sg.  nicht  sobald  ver- 


751 


ERDE 


ERDE 


752 


tilgen,  viele  und  namentlich  dem  reim  zu  gefallen  die  diciUer 
rerleüten  auch  dem  gen.  dat.  acc.  sg.  erden,  ja  einige  z.  b.  Fbisiüs 
1304'.  Maaler  lüS*  setzen  sogar  den  nom.  sg.  die  erden  an, 
trie  das  schwache  n  diesen  casus  inii^räuchlich  oft  ergreift,  ich 
veisz  nicht,  wie  Luther  das  wort  nimmt,  nenn  er  Mallh.  24, 35 
setzt:  hiniel  und  erden  werden  vergehen,  aber  meine  wort 
»erden  nicht  vergehen,  wo  6  ov^avds  xai  yij,  vulg.  raehnn 
et  terra  keinen  pl.  erden  veranlassen,  der  nach  7,  a  stelten  dürfte; 
so  lange  die  erden  stehet.  1  Mos.  8,  22  ist  unzweift'lluifter  sg., 
wie  er  auch  sonst  noch  bei  späteren  Schriftstellern  auftauclU: 

die  erden  stinkt  mich  an.    Grtphius  200; 
trSgt  mich  die  erden  noch?    233, 

gerade  wie  er  aschen  221  und  andere  soldie  formen  mehr  auf 
en  nominativisch  braucht,  doch  im  is  jh.  erscheint  dieser  nom. 
erden  nicht  weiter,  auszer  in  der  Volkssprache  (Schm.  1, 103). 
unverkennbar  entspricht  obliques  erden  manchmal  der  starken 
form  mit  artikel,  z.  b.  das  häufige  auf  erden  drüclä  aus  was  auf 
die  erde,  auf  der  erde,  obgleich  auch  vorkommt  auf  die  erden, 
auf  der  erden,  einzelne  belege  werden  im  verfolg  gegeben.  Die 
Zusammensetzungen  schweben  nacWieilig  zuuchen  erd,  erde,  erden, 
und  es  ist  schwer  einen  genügenden  grund  für  diesen  Wechsel  an- 
zugeben, zuweilen  mag  der  wollaut  entscheiden,  öfter  liegt  jenes 
alle  schwanken  zwischen  starker  und  schwaclier  form  zum  gründe 
und  blosze  angewöhnung.  nicht  selten  erscheinen  zwei  oder  drei 
ausdrücke  nebeneinander,  das  Wörterbuch  konnte  nicid  unterlassen 
sie  gesondert  und  wiederliolentlich  aufzustellen. 

^)  es  ist  zeit  auf  die  heuligen  bedeulungen  des  worles  zu  ge- 
langen. 

a)  erde  bezeichnet  unsern  zwmhen  Mars  und  Venus  die  sonne 
umkreisenden  planeten.  neuere  Schriftsteller  setzen  es  auch  un- 
eigenllich  für  jylaneten  oder  weltkörper  insgemein,  reden  also  von 
mehrern  erden,  hier  sind  überschwänkUche  stellen  aus  Klamer 
Schmidts  elegieen  an  seine  Minna: 

welcher  himmel,  welcher  götterlag 

streute  flammen?  welche  llamme  fuhr 

auT  dich  nietler,  schalTendc  natur, 

als  du  Minna  licszest  werden? 

als  du  lehrtest  die  erstaunten  erden, 

was  im  himmel  deine  hand  vermag.    38; 

himmel,  sonnen  und  ihr  erden, 

die  ihr  in  der  kleinsten  der  irebcrden 

meiner  Minna  ihre  grösze  seilt 

und  euch  stiller  um  die  achse  dreht, 

wenn  der  west  aus  ruhigen  haineu 

ihre  seulzer  euch  entgegen  weht, 

helft  mir  singen,  helft  mir  weinen!    62; 

ein  süszer  wink,  den  die  geliebte  nicket, 

ist  tausend  dieser  erden  werih.    Höltt. 

jn  solchem  sinn  hehzt  es  auch  weiten. 

b)  weit  häufiger  drückt  erde  den  geyensatz  zum  himmel,  die 
unter  ihm  liegende,  von  ihm  bedeckte  aus:  am  anfang  schuf 
gott  himei  und  erden,  l  Mos.  1,1,  vulg.  caelum  et  tenam; 
in  dem  anfang  als  gott  himmelreich  und  erdreich  beschaffen 
hat,  und  alles  das  in  himmel  und  in  erd  ist.  Keisersberc 
s.d.m.  12'; 

mhd.  got  himel  und  ^rden  umberiiic 

geschuof  und  dar  in  elliu  dinc.    Frkidamk  fi,  1 ; 

dein  wille  geschehe  auf  erden  wie  im  himel.  Malth.  6, 10, 
vulg.  sicut  in  caelo  et  in  terra,  golh.  sve  in  himina  jah  ana 
atrjiai,  ahd.  in  himile,  in  i-rdu;  'der  himmel  ist  mein  hut, 
die  erde  ist  mein  schuh',  oder  'der  himmel  ist  meine  decke, 
die  erde  mein  bette'  sagt  der  pilyrim;  götter,  enge!,  die  sicii 
auf  erden  niedergelassen  hatten,  fahren  gen  himmel;  wenn 
der  mensch  auf  erden  stirbt,  die  erde  verlüszt,  wird  er  in 
den  himmel  aufgenommen; 

wölbt  sich  der  himmel  nicht  da  droben? 

liegt  die  erde  nicht  hier  unten  fest?    GAtre  12,  180. 

und  m  zahlloten  delien.  nah  lag  die  mytltisclie  Vorstellung  der 
erde  alt  gemahlin  des  himmels,  die  t<on  Cäa  und  Zeus,  was  viel- 
fach angewendet  wird,  wie  Locau  vom  mal  .wnyt; 

die««r  monat  i«t  ein  ku»,  den  der  himmel  gibt  der  erde, 
dut  aifl  jetzund  sein«  braut,  kiuiftig  eine  mutier  nrerdo. 

e)  die  erde  ist  der  grund  und  boden  {vgl.  beide  Wörter),  auf 
vHrhem  die  metuehen  wnlinen,  welchen  sie  treten,  in  den  ne  zu- 
letzt aufgenommen  werden,  w<tran  sich  wieder  dir  gedanke  an 
eine  multer  und  den  mütterlichen  schmz  sehlieszt.  der  r\e*e, 
M%  der  erde,  an«  dem  fels  geboren,  «t.lrkt  auf  ihr  neinc 
kraft,  fällt  wieder  in  ttie  zurflrk.  die  erde  Irflgt  den  men- 
•chfn;   du  biM  nicht  werth,   dasz  dich  die  erde  trage;   die 


menschen  wandeln,  wandern  hin  über  die  erde;  sie  lie- 
gen, ruhen,  schlafen  auf  der  erde,  erheben  sich  von  der 
erde ;  alles  hohe  steigt  auf  von  der  erde ;  zwanzig  fusz  hoch 
von  der  erde ;  nummen  zwen  eilenbogen  hoch  von  der  erden. 
Keisersb.  s.  d.  m.  n'.  thäler  biegen  sich,  gruben  senken  sich 
in  die  erde,  was  unten  ist,  nieder  gehl  steht  in  der  erde,  fälU 
auf  sie:  der  esel  ^olt  dem  leuwen  gleich  sein  und  stund 
unden  auf  der  erden  in  dem  tal  und  der  leuw  obnen  an 
dem  berg.  Keisersb.  9'.  den  blick,  die  äugen  sentwn  heisA 
zur  erde  schauen: 

ich  gieng,  du  standst  und  sahst  zur  erden, 

und  sahst  mir  nach  mit  nassem  blick, 

und  doch  welch  glück  geliebt  zu  werden, 

und  lieben,  götter,  welch  ein  glück.    Götue  1,76; 

ihr  seht  zur  erden  und  weint.  8, 165.  42, 449  (42, 230  zur 
erde),     in  die  erde  graben,  vergraben,  auf  die  erde  schütten : 

ich  han  gesworen,  ich  muosz  sei  haben, 
war  sei  joch  in  erd  vergraben.    Ring  11*,  33; 

da  thet  sich  die  erd  auf  und  wurden  verslunden  mit  iren 
wcibern  und  kindern.  Keisersb.  s.  d.  m.  17';  verscharre  sie 
mit  einander  in  der  erden.  Hiob  40,8;  seine  beine  werden 
sich  mit  im  in  die  erden  legen.  20, 11 ;  und  viele,  so  unter 
der  erden  schlafen  liegen,  werden  aufwachen.    Dan.  12,2; 

0  legt  mich  nicht  ins  dunkle  grab, 

nicht  unter  die  grüne  erd  hinab.    Urla!(D  50; 

fest  gemauert  in  der  erden 

steht  die  form  aus  lehm  gebrannt.    Schiller  77"; 

fand  auf  der  erden  eine  neue  feile  liegen.  Lokman  fab.  26; 
da  liesz  inen  got  vögel  zu  fliegen,  die  vor  inen  uf  die  erden 
flugen.    Keisersb.  .<t.  d.  m.  4*. 

d)  erde,  orbis  terrarum,  die  weite,  breite  erde,  svQela 
xd'cöv,  in  aller  attsdchnung  und  erstreckung:  auf  der  erde 
wohnen  und  in  ihr  liegen  begraben  zahllose  millionen  von 
menschen ; 

ich  habe  niemand, 
auf  dieser  groszcn  weiten  erde  niemand.    Schiller  245*; 
leicht  verschwindet  der  thaten  spur 
von  der  sonnebeleucbteten  erde.    507'; 
mein  einzig  glück  auf  erden  ist  dein  wilie.    Götbe  2,  10; 

seines  gleichen  ist  auf  der  ganzen  erde  nicht  mehr  zu  finden. 

e)  erde,  das  feite  land,  gegenüber  dem  meer  und  gewässer: 
und  das  gewesser  verlief  sich  von  der  erden  imer  hin  und 
nam  abe.  1  Mos.  8, 3 ;  da  vemam  Noah,  das  das  gewesser 
gefallen  were  auf  erden.  8, 13 ;  o  der  wonne.  wenn  die  See- 
fahrer endlich  wieder  die  erde  erblicken  I ;  sie  küssen  die  erde ; 

so  oft  der  herr  der  wasser  und  der  erden 
die  krämer  beugt,  dasz  sie  nicht  fürsten  werden. 
Hagedorn  1,  11. 

die  grüne  erde,  das  gras;  vgl.  land,  fcstland. 

ß  erde,  solum,  humtis,  ackerland:  der  bauer  pflügt  die 
erde;  die  erde  ist  hier  steinig,  sandig,  lehmig,  weich,  hart; 
feucht,  durchnäszt,  dürr,  trocken;  fruchtbar,  unfruchtbar. 
vgl.  grund,  boden,  erdboden. 

g)  erde,    staub,  pulvis,   was  in  der  alten  spräche  molia,  goth. 
mulda  hiesz:   die  erde  staubt,  aus  der  erde  drangen  wölken 
von  staub  auf;   das  wasser,  das  meer  hat  keinen  staub  wie 
das   land   und  die  erde;    der  leichnam  zernillt  in  staub,   in 
erde;  wee  dem  menschen,  der  da  erd  ist  und  musz  zu  erden 
werden.  Keisersb.  .«.  rf.  m.  6';  ein  schlang  die  gat  krum  inher 
und  issel   erd.    2!»';    gedenk,   das  du  nüt  weder  erd  (nichts 
als  erde)  bist.  34';  da  sprach  gott  der  herr  zu  der  schlangen, 
weil  du  solches  gethan  hast,  seislu  verflucht  für  allem  vieh 
und  für  allen  thieren  auf  dem  fehle,  auf  deinem  bauch  sollu 
gehen    und    erden   essen  dein  leben  lang.    1  Mos.  3,14;    die 
erde  kauen,  in.?  gras  bebzen  müssen,  ist  .'iterben ; 
so  fallen  sie  dahin  und  liefern  wiedenimb, 
all  ihr*r  srhuhlen  zins,  der  erden  ihre  erden. 
Weckiikri.iji  228; 
wachet  und  betet,  damit  der  Versucher  nicht  Ober  euch  kommt, 
zwar  ihr  wolltet  es  gern,  allein  auch  Ihr  seid  erd«. 
Kloi>st(ick  i/cMMx; 

vom  mcDschcQ  bleibt  nichts  übrig  als  ein  bilufchcn  slnub  und 
erde,  er  löst  sich  wieder  in  einen  tjrundslof,  in  ein  Hemenl  auf 
h)  wie  sich  stubjus,  stiippi,  staub  mä  »loina,  stof  beriihrtH 
{oben  sp.  404),  drückt  darum  auch  erde  das  elrmrnt  aus:  ftotl 
gibt  zu  imserin  brnnch  ohn  unlerluiii  die  elemenl  feuer,  luft, 
wasser,  erden.    Iathkr  tUchr.  2,  04 ; 

was  auf  erden,  was  in  lüOon 
lebeniodcm  in  sich  hat.    IICrcii  1'j 


753 


ERDEBEBEN— ERDEGRÖSZE 


ERÜEHNEN— ERDEN 


754 


der  lufl,  dem  wasser,  wie  der  erden 

entwinden  tausend  keime  sich 

im  trocknen,  feuchten,  warmen,  kalten.    Göthe  12,  72. 

allen  bekannt  aus  Hass  Sacbs  I,  255  ist  das  schöne  gespräch 
iwischen  den  vier  elemeiüen,  wo  jedes  derselben  :u  finden  sä, 
das  teatter: 

finst  mich  alxeit  wo  pinzen  (hinten)  stehn ; 

Terra  antwort,  du  linst  mich  da, 

wo  du  siehst  wachsen  grünes  gras. 

in  der  früheren  erzählung  von  den  vier  Jungfrauen,  die  auf  ein- 
mal zusammen  kamen  und  einander  'gevetterten',  d.  i.  freund- 
lieh  unter  einander  kosten  gleich  gevatterlcuten  (schimpf  und  ernst 
1522  und  1550  cap.  4,  1555  cap.  354),  ist  gerade  die  erde  aus- 
gelassen, unsere  Chemiker  scheiden  vielerlei  erden  oder  erdarten : 
kieselerde,  thonerde  u.  s.  ie. 

Die  Zusammensetzungen  mit  erde  in  allen  diesen  bedeutungen 
sind  endlos   und  Jea>-  Paul  namentlich  bietet  sie  in  menge  dar. 

ERDEBEBEN,  n.  tcas  erdbeben: 

dort  ein  freibewegtes  leben, 

hier  ein  ängstlich  erdebeben.    Götbji  41,136. 

ERDEBEGRABEN,  terra  sepuUus: 

bilder  des  todes . 
strömten  um  sie,  das  graun  der  erdebegrabneo  Verwesung. 
Messias  8,  539. 

ERDEBEWANDELND,  terram  cakans: 

denn  wisse,  das  wesen  unsterblicher  götter 
gleicht  mit  uichten  dem  wesen  der  erdebewandelnden  menschen. 

BÖBGES  226*. 

ERDEBEWOHNEND,  terram  incolens. 
EKDEBEWOHNER,  m.  terrae  incola: 

höre,  Kyklop,  wofern  dich  ein  sterblicher  erdebewohner 
jemals  fraut  um  des  auces  erbarmungswürdige  blenduug. 

Od.  9,  503. 

ERDEBEZWINGER,  m.  terrae  domUor: 

ihn  sehn  die  erdebezwinger 
unten  erstaunend  an.    Messias. 

ERDEBCRGER,  m.  tenicola,  «as  erdbürger  und  erdenbürger. 
ERDECKE,  f.  angulus  terrae:  die  stunde,  die  ihn  zugleich 
von  dem  vater  und  der  freundin  in  ferne  erdecken  warf.  J.  P. 
ERDEFERN,  a  terra  reniotus,  erdfern: 

aufgethan  die  erdeferne 
pforte  des  himmels.    Klopstock  1,  47. 

ERDEFESSEL,  f.  vinculum  terrenum: 

laszt  mich  vergessen,  dasz  auch  hier  die  weh 

so  manch  geschöpf  in  erdefesseln  hält.    Göthe  2,  145. 

ERDEFREÜDE,  f.  terrena  roluptas: 

last,  natur,  vor  allen  erdefreuden 

mich  deiner  guten  menschen  freun!    Göiikck  3,  66. 

ERDEGEBOREN,  terrigena,  erdgeboren: 

ihm  war  unter  den  erdgebomen  keiner  zu  gleichen. 

Stolbebg  11,  71 ; 
lasz  dies  alles  uns  nun  beseitigen,   jegliche  rede, 
wie  sie  auch  weise  sei,  der  erdegeborenen  menschen 
löset  die  räthsel  nicht  der  undurchdringlichen  zukunft. 

GöTUB  40,  3«S ; 
mich  zwar  reizet  der  hunger  nicht  mehr,  noch  der  durst,  noch 

ein  andres 
erdgebornes  verlangen  zur  feier  fröhlicher  stunden,    das. 

ERDEGEIST,  m.  spiritus  terrenus,  erdgeist: 
billich,  denn  so  hohe  sinnen 
müssen  andren  dank  gewinnen 
als  ein  kriechend  erdegeist, 
den  man  aus  dem  eignen  nennen 
dennoch  nicht  mag  recht  erkennen, 
weil  er  andres  ist  als  heiszt.    Locac  1,  2. 

ERDEGESCHLECHT,  n.  genus  lerrigenum:  das  Verhältnis 
unserer  erdegeschlechter  zu  den  Organisationen  anderer  welt- 
körper.    Herder  3.  9. 

ERDEGESCHÖPF,  n.  creaiura. 
ERDEGEWEBT,  e  terra  textus: 

doch  achten  selten  die  himmlischen 
PS  werth,  sich  in  der  menschenspracbe 
erdegewebtes  gewand  zu  hüllen.    Stolberc  1,  331. 
EhDEGOTT,  m.  deus  terrenus: 
wer  von  forsten  reden  wil,  wil  er  gutes  reden  nicht, 
hüt  er  sich ,  dasz  auch  sein  maul  erdegötter  nicht  verspricht. 
LocAD  2,  185,  146. 

ERDEGRÖSZE,  f.  magiütudo  terrtna: 

ha,  bild  der  erdegröszen  !   ha  hild  des  roonds! 
vor  ihm  gab  keiner  seines  treschlecbtes  licht, 
er  gabs  und  über  seine  nachkninfl 
wallet  nun  wieder  die  nacht  zurücke! 

Dekis  im  Letpz.  mu^enalm.  1779  s.  241. 
HL 


ERDEHNEN,  exlendere,  ahd.  ardennan  (Grajf  5,145),  mhd. 
erdenen  (irft.  l,  311*) :  kam  er  gerant  und  sehlug  Aimonet  mit 
erdentem  schwer!  einen  harten  schlag  auf  seinen  heim. 
Ainwn  E4'.  heute  erloschen  und  durch  ausdehnen  vertreten, 
s.  erdänen. 

ERDEHÖHNEND,  terrae  illudens: 
so  staunet  an  der  pöbel 
den  erdehöhnenden  gesang 

der  begeistrung  und  des  dichters,  den  nur  sie  gebar. 
Stolbebg  1,  82. 

ERDEHCTTE,  f.  lugurium  terrenum: 

ihr,  die  sich  mit  erdehütten  beschatten, 
laszt  die  niedrigen  hütten  und  kommt!    Klopstoci  .  . . 

ERDEICHEL,  f.  lathyrus  ti^erosus,  spiraea  filipendula. 

ERDEICHELSCHWÄRMER,  m.  sjhinx  filipendulae. 

ERDEICHEN,  opprimere ,  erschleichen,  encischen,  ertappen. 
deichen  ist  das  mhd.  liehen  teich  (gramm.  i,  937),  rji.  Kahajan 
über  Teichner  6  (8S)  und  ertichen.    Reinh.  s.  306 : 

mm  grüsz  dich  gott,  du  werder  Neidhart  frei, 

wo  du  wonest  in  deines  vaters  reiche, 

verleich  uns  deiner  tollen  sinn  zwo  (iwen?)  oder  drei, 

dasz  wir  die  groben  pauren  erdeichen. 

Uhlaüd  646.  bergreien  105. 

ERDEICHHORN,  n.  sciurus  strialus. 

ERDEIDECHSE,  f.  lacerta  terrestrU. 

ERDEIHEN,  profkere,  gedeihen,  anschlagen,  ausschlagen :  dann 
solchs  uns  villeicht  zu  spot  und  ungelimph  erdeien  mCcht. 
Chhel  urk.  Maaimil.  s.  127 ; 

in  sollicher  zeit,  ist  offenbar, 

kein  besserung  erdeien  wolt.    Soltac  s.  362. 

ERDEISEN,   n.    culter  aratri,  pflugeisen,    mhd.  erdisen  {wb. 
1,  756"). 
ERDEKLUMPF,  m.  moles  terrae,  ^d)a,  erdUosz: 
tag  der  von  dem  erdeklumpfen  und  der  laster  last  uns  löst. 
LoGAC  2,  199,  24. 

ERDE^iRIECHEND,  in  terra  repens: 

vor  allen 
haue  mit  schmähsucht  Philo  und  erdekriechender  bosbeit 
ihre  schon  kleinen,  beweglichen  herzen  erfüllet. 
Messias  6,  3S6. 

ERDELBEN,   effodere,  besser  ertelben:    der  meier  wird  die 
getreideäcker  Jetten  und  erdelben.    Sebiz  55. 
ERDELEBEN,  n.  xnla  terrena: 

vor  ihm  flohst  du, 
wie  ein  erscheinender  schatten,  sein  erdeleben  vorüber. 

Messias  11,  87S; 
am  jüngsten  tag,  wann  die  posaunen  schallen, 
und  alles  aus  ist  mit  dem  erdeleben.    Götbe  2,  15; 
und  manches  jähr  des  stillsten  erdelebens 
ward  so  zum  zeugen  edelsten  bestrebens.    4,  100; 
heiterkeit  zum  erdeleben     , 
sei  dem  flüchtgen  rausch  gewinn.    3, 174; 
dichten  zwar  ist  himmelsgabe. 
doch  im  erdeleben  trug.    5,  ^JS: 
und  sehen  neben  uns  der  abnherrn  tritte 
und  ihres  erdelebens  spuren  kaum.    9,  32 ; 
in  jedem  kleide  werd  ich  wol  die  pein 
des  argen  erdelebens  fühlen.    12,  i>0. 

ERDELN,  terram  olere,  sapere,  nach  erde  riechen,  schmecken, 
schveiz.  erdeien,  erdküstelen.    Stalder  1,345. 

ERDELOSZ,  n.  conditio  vivendi,  losz  der  sterbb^en: 
aber  in  der  göttin  schosz 
könnt  er  doch,  der  erdgeborne  ITilhonos), 
nicht  entgehn  dem  erdelosz.    Röckebt  ges.  ged.  1,  8. 

ERDEN,  terra  condere,  inoccare  ?  das  alln.  iarda  ist  sepelire, 
beerdigen,  in  die  erde  graben,  das  schv.  jorda,  ddn.  jorde  ein- 
graben, in  der  folgenden  stelle  eines  elsäszischen  veisthums  (1,655) 
verbinden  sieh  erren  und  erden,  pflügen  und-  eineggen,  mit 
erde  bedecken,  der  samc  wird  gleich  dem  leib  in  die  erde  gegraben, 
mit  erde  zugedeckt:  und  mögent  euch  die  von  Nufer  wider 
den  Rin  und  hinter  dem  hag,  so  es  im  brach  lit,  mit  irem 
vieh  farcn  und  sond  die  zween  meier  unser  obgenanten 
herren  inen  geben,  wenn  si  inen  geerrent  und  geerdent.  brot 
und  bückin  Oeisch  und  roten  win  und  sond  si  die  pflüge 
heim  schicken  und  die  knaben,  und  sond  die  mnnknechte 
hüben  unz  die  Sternen  an  dem  himmel  stond.    vgl.  erhen. 

ERDEN,  terrenus,  rie  ahd.  erdin  neben  irdin,  begegnet  noch 
früherhin,  im  vocab.  Iheut.  14S2  g6*  findet  sich:  erden,  irdin, 
irdischer,  terrenus,  crdein,  das  von  erde  gemacht  ist,  als  kachel, 

48 


755 


ERDENAU— ERDENDAMPF 


ERDENDÄMMERUNG  — ERDENGELD   756 


hafen,  ficUlU.  auch  Alükrus  setzt  erden  vnd  irden,  ein  irden 
geschirr,  ich  mach  erden  gefesz.  Lutiier  zieht  sogar  erden 
vor:  allerlei  erden  gefesz.  i  Mos.  11,33;  die  rede  des  herrn 
ist  lauter  wie  durcbleulert  silber  im  erdenen  tigel.  ps.  12, 7 ; 
keuf  dir  einen  erdenen  krug  vom  töpfer.  Jcr.  19, 1 ;  die  edlen 
kinder  Zion  dem  golde  gleich,  wie  sind  sie  nu  den  erden 
topfen  vergleicht,  die  ein  töpfer  macht,  klagt.  4,  2.  einzelne 
ttispUie  ergä)en  sich  noch  sjnlcr: 

dasz  schwache  reue  uur  die  erdnen  scelen  plagt. 
Haugwitz  Soliman  h,  y. 

vgl.  erdenisch. 

ERDENAU,  f.  regio  tenae: 

mit  Sehnsucht  drnui^t  die  crdenau 
sich  dem  biminel  entgegen.    Röcurt. 

ERDENBALL,  m.  terrae  globus,  was  erdball: 

der  erdenball 
sprang  aus  des  blinden  zuTalls  schoszc.    Gotter  I,  377; 
du  kanst  mit  Cook  den  erdenball  umwanderii, 
und,  wo  du  hiiikömst,  morden  sie.    Göeingk  1,  221 ; 
wie  schnell  die  herlichkeit  des  erdenballes 
vorüberflieh  am  staub.    Falk  der  menscli  und  die  Helden  s.  97 ; 
ich,  von  dem  osten  bis  zum  müden  west 
rasch  auf  dem  winde  reitnnd,  mache  kund 
was  auf  dem  erdenball  bi-gonnen  wird, 
the  acts  commcnced  on  this  ball  of  earth. 

hing  Henry  IV.  second  pari,  prolog; 

das  flügelros,  mit  tcelchem  Rüdiger 

von  den  Indiern  war  bis  zu  den  Britten 
schier  um  den  halben  erdenball  geritten. 

Gries  Ar.  Hol.  22,  24 ; 
bang  schaut  auf  dich  der  erdenball.    Schiller  .  .  . ; 
im  innern  erdenball  pulsieren 
die  kräfte,  die  zur  nacht  uns  führen 
und  wieder  zu  dem  tag  heran.    Göihe  .  .  . 

ERDENBAND,  n.  vinculum  terrcnum,  erdfessel:  das  gefühl 
hoher  freude,  diesen  mann  allen  erdenbanden  entnommen 
zu  wissen.    Forsters  briefw.  1,  xii ; 

sieh,  wie  er  jedem  erdenbande, 

der  alten  hülle  sieb  entraft.    Götbk  41,  343. 

ERDENBAU,  m.  struäura  lerrena:  item,  so  es  ein  eben 
erdenbaw  ist,  ob  er  gleich  wol  und  eben  lüg.  Fronsp.  2, 23' ; 

erdenbaw  kan  übel  längen, 

drein  sich  wind  und  wasser  mengen.    Logao  3,  146,  56; 
als  giflger  Schwaden  zieh  ich  durch  die  spalten 
des  erdenbaus.    Rccksrt  ges.  ged.  1,  117; 

in  der  menschlichen  Organisation  hat  der  alles  lebendige 
durchdieszendc  unsichtbare  himmlische  licht-  und  feuergeist 
die  feinheil  erreicht,  die  ihm  ein  erdenbau  gewähren  konnte. 
Herder  3,  2.50. 

ES  ERDENBEBET,  terra  movet,  tremä:  das  ist  der  berg 
Sinai,  darauf  es  donnert,  blitzet,  erdenbebet.  Luther  8, 168. 
rorjiizie/ien  wäre  erdbebet. 

ERDENBEGEGNIS,  f.  evenlus:  verwickelter  erdcnbegegnisse 
heftigste  bewegimg.    Göthe  39,122. 

ERDENBEWOHNER,  m.   u-as  erdbewohner,  erdebewohner. 

ERDENRLUT,  n.  vinum,  vic  erdblut :  o  erdenblut,  o  leberfrist, 
mein  lungenschwemm,  du  beilige  abwäschung  meiner  kleider, 
0  kragenspülerle,  stimstoszerle,  zungenbiidlin !  Garg.9!}'.  vgl. 
rebenblut. 

ERDENBREITE,  f.  latitudo  terrae,  planities.    Stieler  226; 

mit  seltnem  augenblitz  vom  hoben  thurm 

umberxuschaun  bestellt,  dort  himmelsraum 

und  erdenbreite  scharf  zu  übcrspiihn, 

was  etwa  da  und  dort  .sich  nielaeii  mag.    Cöthb  41,  211. 

ERDENBROT,  n.  pams  guotiJianuit :  und  was  sagst  du  nun 
zu  diesem  miilengang,  wodurch  wir  beide  herlicb  den  mal- 
gasten himmelbrot  verschaffen  können  und  uns  erdenbrot. 
J.  I'.  ßegelj.  1. 111.     tgl.  erdengrob. 

ERDENBRUCH,  m.  ruplura  terrae:  und  der  berg  (IMal) 
hat  gar  vil  hiilcn  und  erdenbrüch.    Fran»  weltb.  17h". 

ERDENBÜRGER,  m.  terricola,  homo.  tchon  das  neugeborne 
kind  heiizl  der  kleine  erdenburgcr. 

ERDENCREATUR,  f.  erdgeschiipf : 

und  nun  ward  In  ihr  zu  leben 
mir  so  Innig  zur  iintur, 
wie  In  licht  und  lufl  zu  weben 
ji'der  erdencreutur.    Uüiick*  43'. 

F.IM)?:ND\C:H,  b.  tectum  terrae. 
KRDENDAMI'F,  m.  ro/-/r  terrae.    STIEtE«  276. 


ERDENDÄMMEUUNG,  f. 

Sterne 
in  des  himmels  ferne, 
die  mit  stralcn  beszrer  well 
ihr  die  erdundamnirung  hellt.    REckkrt  11. 

ERDENDE,  n.  ßnis  terrae,  alui.  ördenti.    0.  L  11, 17. 
ERDENDECKE,  f.   teymcn  terrae:    wie  nach  einem  wegge- 
schmolzencn    nachwinter   auf  einmal   die   grüne  erdendecke 
in  blunien  und  bluten  hoch  aufflattert.    J.  P.  Tit.  2, 121. 

ERDENDIELE,  f.  area  terrae:  unter  der  lindenrotunda  des 
ilorfs  war  die  erdendiele  sauber  gekehrt.   J.  P.  Tit.  5,  45. 
ERDENDLNG,  n.  crealura  lerrena,  irdisches  wesen: 
kein  crdcnding  schien  sie  im  schlafe  dort, 
vielmehr  ein  enget  aus  des  himmels  scharen. 

Gries  Uojardo  1,  1,  42. 

ERDENDUNKEL,  n.  caiigo  terrae: 
und  der  schimmernde  karfunkel 

biinniclstcrn  im  crdcndunkel.    Rdckert  ges.  ged.  1,  30; 
ich  bin  es,  deren  band  euch  aus  dem  bette 
der  wogen  und  des  erdcndunkcls  nahmen.    1,  182. 

ERDENECKE,  f.  was  erdecke: 

seitdem  du  mir  erschienen,  entsagt  ich  diesem  schweifen 
nach  allen  himmelswinkcin,  nach  alinn  crdenecken. 

Puten  83. 

ERDENELEMENT,  n. 

so  weit  das  crdenelement 

uns  Sicherheit  in  seinem  schosze  gönnt.    Seuhb. 

ERDENERDE,  f.  terrae  terra:  ich  spreche  nur  von  des  hof- 
nieisters  seele.  denn  sein  leib  mag  eben  so  gut  aus  Uranus. 
Saturn,  mond  oder  sonnenerde,  als  aus  erdenerde  geknetet 
sein.    J.  P.  37,30. 

ERDENERSCHÜTTERER,  m.   ivoaiyaios: 

ihr  antwortete  drauf  Poseidon,  der  erdunerschüttrer. 

RÜRGER  231'. 

6«  Voss  richtiger  crderscbütterer. 
ERDENFAHL,  lutcolus,  erdfahl: 

kaum  bat  das  mädchcn  ihn  von  fern  erkannt, 
da  wird  sie  erdenfahl  und  höchst  beklommen. 

Gries  liojardo  2,  10,  6. 

ERDENFARB,  dasselbe:  alentwiirzel  hat  eine  grosze  dicke 
Wurzel  auswendig  crdenfarb.   Tabernaem.  953. 

ERDENFERNE,  /.  apogaeum. 

ERDENFINSTER,  caliginosus:  es  war  erdenfinster,  «/.s  s/ecA/t' 
man  in  liefer  erde,     verstärkt,  blinderdenfinster. 

ERDENFRAU,  f.  femina: 

doch  werd  ich  dich  mit  kriegerischen  ehren 

vor  allen  erdenfraueu  dich  verklären.    Schüler  452*. 

ERDENFREUDE,  f.  voluptas  caduca.    Stieler  552. 
ERDENF13SZBL0CK,  m.,  erdenband,  erden fessel :  ach  welche 
wonne,  so  sich  aufzureiszen  von  dem  zunickziehenden  erden- 
fuszblock   und    sich    frei   und   getragen  in  den  weilen  iither 
zu  werfen.    J.  P.  Tit.  1,  85. 

ERDENGABE,  f.   donum  terrenum: 
zeigt  mir  alle  erdengaben, 
alles,  alles  ist  zu  haben.    Güths  .  .  . 

ERDENGANZ,  tnleger,  in  vitaevigore:  die  geliebte  siehst  du 
nicht  mehr,  so  erdenganz,  wie  sie  da  war.  Hippel  3, 28. 
vgl.  erdengrob,  erdenwol. 

ERDENGAST,  m.   hosjies  in  terra,  peregnnus: 
0  tod,  du  fremder  erdengast.    P.  Gerhard  tl,  2; 
sie  (die  vorsieht)  kam  (rom  hitnmet) 
und  ßientr  aus  stAdten  in  palnste 
mit  gleicliem  vorsntz  zu  erfreun, 
und  weihte  schon  die  erdengitsie 
vom  .struhduch  bis  zum  thron  IVir  ihren  hiromel  ein. 
DuRMANN  fabeln  12. 

ERDENGE,  f.  isthmus,  landenge.  Stiei.er  379  hat  erdenenge. 

ERDENtlEDANKE,  m.  die  kleinen  erdengedanken  waren 
jetzt  aus  Horiims  seele  geflohen.    J.  P.  lUsp.  2,  2:>2. 

ERDENGEFILDE,  n.   campus,  locus  lerreMris: 
als  »m  nhcbsten  morgen  Apollon»  rothlicbo  »chwesler 
mit  erhobener  fkckel  dl6  erdengelllde  beleurhiet. 

IIÜRCKR  244'. 

ERDENGEGEND,  f.  dima  terrae.    Stieler  «34. 

ERDENGEGENVVART,  f.  prtmnlu  terrae:  alle  erdmgepen- 
wart  war  {nach  erscheinung  des  dtrisUnthums)  tu  Uiiuinelyukunfl 
verflüchtigt.    J.  P.  aesth.  1,  IJO. 

ERDENGELD,  n    eensus  «iHfAyiMlIieM,  «*««. 


757       ERDEiNGEBLING  —  ERDEXHERSCHER 


ERDENUERZ  —  ERDEMETTE 


758 


ERDEiNGERLING,  m.  käferlarve,  die  sich  in  der  erde  ent- 
faliet. 

ERDENGESCHMACK,  m.  sapor  hrreus.    Stieler  1581. 

ERDENGEWITTER,  n.  tempestas:  lächerlich  genug  schosz 
der  feind  einen  gewitterableiter  entzwei,  als  wenn  man  im 
erdengewitter  des  kriegs  viel  danach  fragte,  dasz  man  oben- 
herab  erschlagen  werde.   J.  P.  ?iepom.  121. 

ERDENGEW()LRE,  n.  hypogaettm.    Stieler  2573. 

ERDENGEWÖLKE,  n.  nubila  terrae. 

ERDENGEWÜRM,  n.  vermes  terrae. 

ERDENGLEIS,  n.  orbüa  terrena: 

Terächtlich  dünken  ihm  die  erdengleise, 
gen  himmel  treibt  ihn  die  begier  zu  sehn. 

Gries  Ar.  Rot.  34,  4S. 

ERDENGLÜCK,  n.  felicüas  humana.    Wieland  9,306; 

himmelswona  und  erdenglQck 

ists,  an  ihrem  busen  hangen.  Clacdics  im  Wandsbecker  boten; 

menschenwerth  und  erdenglück.    Götter  1,  468; 

alles  erdenelück  vereinet 

find  ich  inSuIeika  nur.    Göthe  5,  161; 

nicht  so  betrüglich  ist  die  flut, 

als  erdenglück  und  erdengut 

und  eitler  lebensbraus.    Körner  1,  268. 

ERDENGOTT,  m.  deus  terreslris:  etliche  erdengöUer  ver- 
gessen oft,  dasz  sie  menschen  sein.    Bctschey  Palm.  507; 

allmächtige  noth,  du  kannst  mehr  als  die  Epicteten .' 

du  machst  den  Weichling  hart  und  lehrst  den  frevler  beten. 

nichts  kann  den  stolzen  Übermut 

der  erdengötter,  wie  du,  zur  Selbsterkenntnis  zwingen. 

WiKLAND  4,  77 ; 

in   meiner   läge   gleich   ich   einem   schmutzigen  bettler,   der 
sich  an  den  tisch  der  erdengötter  drängt.    Kliscer  8,  293. 
ERDENGRAM,  m.  maeror  terrenus: 

»  den  erdengram  zu  vergelten 

mit  ewiger  Sehnsucht  quäl.    Le^au  n.  ged.  127. 

ERDENGROB,  crassus,  asper,  nahrhaft:  doch  hätte  ihm  das 
erdengrobe  brot  gar  wol  geschmeckt.  /»/.  Stockfisch  22.  «.  erd- 
grob. 

ERDENGRÖSZE,  f.  magnUudo  terrestris: 

wie  des  dampfes  seule  weht, 

schwinden  alle  erdengröszen, 

nur  die  götter  bleiben  stet.    Schiller  S4*; 

da  beugt  sich  jede  erdengrösze 

dem  fremdling  aus  der  andern  weit.    80*. 

ERDENGRL'FT,  f.  fossa  Urrae:  dasz  deine  seele  mit  der 
iren  dort  in  der  himmlischen  wohnung,  dein  leib  mit  dem 
iren  allhie  in  der  erdengruft  wesen  sollten,  ackermann  aus 
Böhmen  cap.  14 ;  M.  Curtius  ist  in  die  vergifte  erdenkruft  ge- 
sprungen.   Bltschry  Palm.  380. 

ERDENGRUN,  n.  viriditas  terrae:  für  seelenaugen  ist  das 
himmelblau  was  für  körperliche  das  erdengrün,  eine  innige 
Stärkung.   J.  P. 

ERDENGRI'ND,  m.  fundus,  solum  terrae: 
nichts  hält  dich  mehr  im  tiefen  erdengrunde, 
es  fliegt  der  geist  vollendet  himmelan.    Körker  1,  147. 

ERDENGDT,  n.  bona  terrena :  erdengut  zerfällt  und  bricht ; 
sie  kümmern  sich  um  keine  erdengüter, 
sind  sich  die  ganze  weite  weit.    Uölti  239; 

j.  die  stelle  aus  Körner  unter  erdenglücL 
ERDENHAUS,  n.  terra: 

die  glut  XU  löschen  auf  dem  feuerherde 

im  erdenhaus. 

doch  sturmlest  ist  das  erdenhaus  gegründet. 

Rückert  161  {ges.  ged.  1, 165). 

ERDENHEIL,  n.  was  erdenglück: 

dein  ganzes  erdenheil.    Rahless  Logau  2,  619. 

ERDENHEIMWEH,  n.  desiderium  patriae  morlalium: 
das  erdenheimweh  läszt  uns  trauern,  bangen, 
dasz  tust  und  leid  der  erde  musz  vergehn. 

Le:<ad  n.  ged.  165. 

ERDENHELD,  m.  heros  mortalis: 

und  als  sie  diesen  wunderhieb  beschauen, 

ruft  jeder  aus,  ein  gott,  kein  erdenheld, 

hat  mit  dem  schwert  den  rieseurumpr  zerspellt! 

Gr1££  Bojardo  1,  17,31. 

ERDENHERLICHKEIT,  f.  magnificenUa  mortaltum. 
ERDENHERR.  m.  terrae  dominus,  homo. 
ERDENHERSCHER,  m.   Zeus  der  crdenherscher.  Stolberg 

14.313. 


ERDENHERZ,  n.  cor  humanum:  das  erdenherz,  worüber 
diese  saiten  aufgewunden  sind.  J.  P. ;  mein  an  ein  reineres 
Vaterland  geknüpftes  erdenherz  schlägt  gegen  deinen  Sternen- 
himmel empor,  unendlicher!;  den  mir  im  erdenherz  mitge- 
gebenen evvigkeitsgott.    dämm.  5. 

ERDENHIMMEL,  m.  an  himmd  auf  erden. 

ERDENHOFNUNG,  f.  die  ungewisse,  auf  das  irdische  gerichtete 
hofnung  der  sterblichen. 

ERDENHCGEL,  m. 

es  nahm  auf  seine  flügel 

mich,  als  ich  schlief,  ein  träum, 

und  trug  vom  erdenhügel 

mich  auf  in  slarenraum.    RijCkerts  gcs.  ged.  1, 79. 

ERDENHÜLLE,  f.  tegumentum  corporis  mortale: 
nur  das  himmlische  soll  gelten, 
das 'die  erdenhüll  {acc.)  umiaht.    Borger  130^; 
freudig  schaudernd,  in  der  fülle 

hober  götterseligkeit, 
grüszt,  entllohn  der  erdenhülle, 

Psyche  deine  dunkelheit.    Mattbisso:«  44; 
kaum  floh  das  fünfte  jähr,  seitdem  erblassend 

die  mutter  sich  der  erdenhüll  (il  mortal  velo)  entrang, 
als  schon  mein  vater  diese  weh  verlassend 

vielleicht  zu  ihr  sich  auf  gen  himmel  schwang. 

Gries  Tass.  befr.  Jer.  4,  44 ; 
sein  {Beethovens)  herz,  vdk  sehnsuchtsqual  zerklüftet, 

zieht  dich  hinab  in  seinen  brand, 
und  deine  trunkiie  seele  lüftet 

der  erdenhüile  leichtes  band.    LKTtAr  n.  ged.  1S7; 

ein  theil  der  thiere  und  pflanzen  lebt  in  der  tropfenflüssigen 
und  luftförmigen  erdenhülle.  Hacsxasns  einl.  in  die  minera- 
logie  §.  10. 

ERDENISCH,  terrenus,  g^ildet  wie  alln.  iardoeskr  und  mhd. 
irdenisch :  mir  armen  erdenischen  magd.  fasln.  928, 12.  vgL 
irdensch,  irdnisch. 

ERDENJAHR,  n.  annus  terreslris:  100  Mercursjahre  betragen 
nur  25  erdenjahre. 

ERDENJAMMER,  m.  miseria  terrena. 

ERDENKAMMER,  /".  camera  terrae: 

wo  ist  elend?  wo  ist  Jammer? 

hier  in  dieser  enlenkammer.    Ksittels  kurzgedichle  %  7. 

ERDENKBAR,  cxcogitabilis :  er  suchte  nach  allen  erdenk- 
baren gründen,  ihn  zu  widerlegen. 

ERDENKELLER,  m.  sepulcrum :  sein  äuge  voll  glänz  reichte 
nicht  herunter  in  den  erdenkeller  auf  die  abgeworfene  enge 
puppenhülle  der  befreieten,  fliegenden  psyche.  J.  P.  Tit.  4, 57. 

ERDENKEN,  excogitare,  erdachte,  ahd.  kdenchan,  irdähta, 
mhd.  erdenken,  erdähte,  ausdenken,  ersinnen: 

mhd.  swas  man  ouch  höher  witze  kan 

ertrahten  und  erdenken,    ir.  *r.  1965; 
n/id.    nun  hört  was  weiter  Neidelhart 

erdacht  gen  dem  held  zu  der  fart.    Teuerd.  95,  2; 

do  er  das  gülden  kalb  Erdacht.    Brant  61,  9; 

Homerus  hat  disz  als  erdacht, 

domit  man  het  uf  wisheit  acht.    108,  70; 

Chaim  der  hat  die  erst  lügin  gethon  und  erdacht  under  den 
menschen.  Keisersb.  s.  d.  m.  25';  er  sagt  es  einem  altvatter. 
der  erdacht  ein  sinn  {einen  plan).  36";  aber  die  bürger  zu 
Gibeon,  da  sie  höreten,  was  Josua  mit  Jeriho  und  Ai  ge- 
than  hatte,  erdachten  sie  eine  list.  Jos.  9,  3 ;  solchs  ist  nicht 
geschehen,  das  du  sagest,  du  hast  es  aus  deinem  herzen 
erdacht.  Neh.  6,  8 ;  sie  hengen  sich  an  einander  und  erden- 
ken böse  tück.  ,ps.  10,  2 ;  denn  sie  erdachten  allerlei  abgöl- 
terei, bis  die  räche  über  sie  kam.  Sir.  47,31;  nicht  das  leiden, 
das  du  erdenkest,  sondern  das  dir  wider  dein  erwelen,  denken 
bekümmet.    Luther  1,24'; 

was  hält  ein  wetberkopf  erdacht,  das  er 
nicht  zu  beschönen  wüste?    Lesswg  2,  270; 

als  wenn  es  auch  nur  möglich  wäre,  sich  eine  andere  art 
der  anschauung  zu  erdenken.  Kant  2,  355 ;  man  erdenkt  sich 
einen  begrif  von  einem  möglichen  dinge.  6, 120 ;  so  kann  er 
diese  einheit  nicht  frei  erdenken.  Fichte  sonnenkl.  bericht  7S ; 
ich  freue  mich  selu-  auf  ihre  neue  arbeit  und  habe  mir  schon 
manchmal  gedacht,  welchen  weg  sie  wol  möchten  genommen 
haben,  werde  mirs  aber  wol  nicht  erdenken.  Götbe  an  Schiller 
39.  bemerkemtrerth  ist  sich  eines  erdenken  für  erinnern,  sich 
auf  einen  besinnen: 

wer  hat  sich  dein  erdacht?    bergreien  129. 

ERDEN  KETTE,/;  itoä  erdenfessel :  unser  an  fehlscblagungen 
und  erdenketten  gewöhnter  geist.   J.  P.  Kamp.  55. 

4S* 


759 


ERDENKLXD  —  ERDENKREIS 


ERDENKRIEG  —  ERDENMAHL 


760 


ERDENKIND,  n.  terrigcna,  iiomo,  erdengeschüpf,  crealur,  men- 
schenkind : 

sie  kamen,  schöD  wie  der  mai,  mit  ewig  blühenden  wangon, 
die  erdeukinder  zu  empfangen.    Wiklan»; 
höchstes  glück  der  erdenkinder.    Götue  5,  161. 

ERDENKLICH,  was  erdenkbar:  den  erdenklichsten  schönen 
{erdmkikh  schönsten)  contum  und  den  lieblichsten  inund.  Win- 
KELMANN  4,172;  seine  Werkzeuge,  den  vorralh  derselben,  so 
wie  den  vorrath  von  allem  erdenklichen  geriithe  und  dessen 
Zubehör.    Güthe  21,209. 

ERDENKLOSZ,  m.  gleba  terrae:  und  golt  der  herr  machet 
den  menschen  aus  dem  crdenklosz.  1  Mos.  2,  7 ;  warf  mit 
steinen  zu  im  und  sprenget  mit  erdeklüszen.  2  Sam.  16,  i;t ; 
man  findet  saphir  an  etlichen  örtern,  und  erdenklüsze  da 
gold  ist.  Hiob  2S,  6 ;  du  hast  gemacht  Adam  aus  einem  crden- 
klosz.   Tob.  8,8; 

herr,  wenn  ein  adlcr  so  hoch  llüg, 

und  die  vier  ort  der  weh  umbzüg, 

und  übersah  den  ganzen  crdenklosz.    fasln.  85,  24; 

den  leib  hegleiten  wir  auch  in  der  erden  schosz, 

daraus  er  kommen  ist  als  nur  ein  erdenklosz. 

ROSPLF.R   von    LÖWKNH.  78; 

blosz  die  liebe  hats  gemacht,  die  mir  erdenklosz 
heil  von  Sünden  hat  gebracht,  und  am  bimmcl  theil. 
LocAü  2,  169,  53; 

es  reimbt  und  stiefelt  sich  nicht,  wann  einer  vom  erden- 
klosz zum  himmel  argumentiert.    Leumann  152; 

ei,  zupfte  sieh  herr  Erdenklosz 

doch  nur  au  eigner  iiase!    Borger  48'; 

nicht  ruhen  soll  der  erdenklosz, 

am  wenigsten  der  mann.    Götue  4,  133; 

Hans  Adam  war  ein  erdenklosz, 

den  gott  zum  menschen  machte.    5,  14; 

die  beine  hüben  und  drüben  auf  dem  sattel  wie  andere  ge- 
meine erdenklösze.  Fr.  Müller  2,  125;  wie  geschöpfe  im 
Nilschlamm,  halb  thier  imd  Laib  erdenklosz.  LicHTENBEitc 
4,208;  und  so  schuf  die  natur  in  seinem  gciste  ihren  morgen 
und  ihren  frUbling  noch  einmal  aus  dem  erdenklosz  des 
ersten  frühlings.    J.  P.  Uesp.  3,  206.     s.  erdklosz. 

ERDENKLOTZ,  m.  gleba  terrae:  ein  kleiner  erdenklofz,  ein 
groszer  gast  des  himmels.    Schlppius  bei  Wackernagel  3,  762. 

ERDENKLUFT,  f.  fautes  terrae: 

lacht  der  fiustern  erdenkluft. 

V.  9  des  liedes:  Jesus  meine  Zuversicht. 

ERDENRLUG,  prudens,  ärcumspeäus : 

daher  seind  sie,  zwar  erdenklug, 

bös  zu  thun  all  geflissen.    WKCKUERLir«  173. 

ERDENKÖNIG,  m.  rex  terrae: 

vom  erdenkönig  bis  zur  maus 

schulmeistert  alles  meine  werke.    Pfkffel; 

arm  sind  die  erdenkönige 

und  haben  alles  wenige, 

wenn  sie  nicht  haben  einen  freund, 

ders  treu  mit  ihrer  bürde  meint.    Buskann  qed.  27. 

ERDENKRÄNZLEIN,  n.  glecoma  hederacea. 
ERDENKRAÜT,   n.    fitmaria    officinalis,    erdrauch,    erdkraul, 
ackerratUe: 

nibenkraut,  rabcth  und  erdenkraut,  ja  peiersilgen, 

das  kalt  und  schnee  sobald  nicht  tilgen.    Brockes  6, 191. 

ERDENKREIS,  m.  orbis  terrarum,  erdkreis:  das  man  die  ge- 
iegenheit  des  ganzen  erdenkreiszes  etwas  besser  erkundete. 
MiCRÄLiDS  1,40; 

der  erdenkreU  bestochen  ist, 

wie  8t«ckt  die  weit  so  gar  voll  list? 

rennplatt  der  hosen  mit  der  leimslangen. 
Erfurt  UM  F4'; 
auf  dem  ganzen  erdenkreii.    Fccns  mückenkr.  1,  717;  . 
da  doch  der  erdenkreii,  samt  aller  i6,  zu  klein, 
dati  er  dem  kleinsten  (utern)  nur  an  grösz  sich  kdnte  gleichen. 

RoHPLitR  148; 

wird  den  erdenkreii  beitralen 

Föbui  warmei  angeiicht.    FLums  428 ; 

ein  Volk,  das  tausend  jähr  die  meer  und  liinder  srhrerki, 

den  halben  erdf^nkrciH  mit  leginnen  deckt, 

vergebt  und  lii.izt  unH  nichts  als  münzen,  alte  xteiiir, 

ein  halb  ventOmmelt  buch  luid  asrhe  der  gebeine. 

Liciitwrr  recht  itrr  rerniinfl  79; 
ia.  ireiren  taunerulrn  (ron  'fcrrioi).  ilii'  :iii  <1''^  liiiniinl-  ^■^,ltl7e|l 


▼aier  aliar,  alle  ordenkreiie, 
alle  leiten  ehren  dein  gebot. 


Sitmi  1835  1.666; 


der  erdenkreis  ist  mir  genug  bekannt, 

nach  drüben  ist  die  aus.sicht  uns  verrannt.    Götbb  41,  315; 

was  rings  iiu  erdenkreis 

die  hellen  äugen  ihm  schauten.    Rcckkrt  gcs.  gcd.  1,  94. 

ERDENKRIEG,  wi.  bellum  inter  homincs :  so  wenig  geht  bis- 
her  der   mensch    noch    den    menschen  an,    geheftet  auf  die 
schölle,  wie  ein  kerblhier  auf  das  blalt,  sieht  er  noch  nicht, 
dasz  jeder  erdenkrieg  ein  bürgerkrieg  ist.    J.  1*  :iT.  11:!. 
ERDENKUGEL,  f.  ylobus  terrae: 

die  himmelsköngin  ist  darauf  gebildet, 

die  über  einer  erdenkiigcl  schwebt.    Scuillkh  476*. 

ERDENLAGER,  n.  die  berghöhen  nemU  J.  P.  Tit.  1,  85 :  belt- 
aufhelfer  vom  tiefen  crdcnlager. 
ERDENLAND,  n.  terra,  regio  terrae: 

drum,  theurer  graf,  ward  ie  im  erdenlande 
ein  weih  von  dir  erfreut  durch  gimstverleihn, 
80  fleh  ich,  thu,  was  du  zu  thun  im  stände, 
um  aus  dem  bösen  see  ihn  zu  bcfrein. 

Gries  liojardo  2,  13,  15. 

ERDENLARVE,  f.    die  edle,   unsichtbare  gestalt,   worüber 
dick  und  plump  die  crdenlarve  hangt.    J.  P.  Ilesp.  1,  59. 
ERDENLAST,  f.  onus  terrae: 

zu  einem  igel  sprach  die  schlänge. 

weh  dir,  was  du  für  stacheln  hast! 

0  du  unnütze  erdenlast, 

dein  anblick  macht  schon  angst  und  bange, 

du  wirst  gewis  von  aller  weit  gehaszt. 

Bu»ANN  fabeln  64; 
alle  plagen,  alle  erdenlasten 
wälzt  der  unversöhnten  göttin  list 
auf  die  willgen  schultern  der  verhaszten, 
bis  sein  lauf  geendigt  ist.    Schiller  73*. 

ERDENLAUF,  m.  cursus  vilae: 

nimm,  trauter  hain,  nimm  schattengang  mich  auf! 

in  deiner  nacht  entschlummern  alle  sorgen, 

beschränkt  wie  du  ist  auch  mein  erdenlauf, 

dein  ausgang  mir,  so  wie  sein  schlusz  verborgen.    Salis  147; 

für  äugen,  die  vom  erdenlauf 

getrost  sich  wenden  zum  himmel  auf.    Götue  3,  199. 

ERDENLEBEN,  «.  vita  terrcslris: 

freundin,  sprich,  was  würde  erdcnleben 

in  der  band  des  menschen  sein, 
träfen  alle  feenträume 

seines  siechen  herzens  ein? 

Merk,  Lilas  tUafien  über  die  langsam 
ankommenden  briefe; 
froh  des  neuen  ungewohnten  schwebens, 
fliegt  er  aufwärts,  und  des  erdcnlebens 
schweres  traumhild  sinkt  und  sinkt  und  sinkt.    Scuiller  73'; 

vielleicht  entdei-k  ich  etwas,  was  über  das  ganze  erdenleben 
hinaushebt.    Bettine  1,  39. 

ERDENLEIB,  m.  corpus  lerrenum,  fragile: 

nur  der  erdenleib  wird  erde, 
sein  bewohner  bleibt.    Voss; 

so  musz  sogar  der  geist  des  geistes,  das  gedieht,  aus  seinem 
freien  himmel  in  einen  erdenleib,  in  eine  enge  flügelscheide 
ziehen.   J.  P.  flegelj.  4, 144 ;  ja  alles,   was  den  erdenleib  ver- 
leugnet, das  thut  wol.    Bettine  br.  1, 179. 
ERDENLEID,  n.  was  erdengram: 

dort  werdt  ihr 

vor  das  kurze  erdenleid 

ichöpfen  lange  frölichkeit.    Knittels  kurtged.  2,5. 

ERDENLEIDEN,  n.  calamüas  rUae: 

ihn,  der  wie  ein  hold  mit  schwort  und  sper 
tausend  erdenleiden  niedersireiiet.    Böruer. 

ERDENLICHT,  n.  lumen  lerrenum: 

wie  flattert  ihr  um  kleine  erdenlichter, 
indes  zum  gröszten  ich  des  himmels  reise? 

RCcKERT  ges.  gcd.  1,  80; 

und  als  er  mit  seinem  erdenlicht  die  wangen  der  unbekann- 
ten erscheinung  begosz.    J.  P.  Uesp.  l,2ls. 

ERDENLOCH,  n.  foira.    Stieler  1102.     rgl.  crdloch. 
ERDENLUFT,  f.  aer  lirrcnus: 

OS  schlAfl  der  mensch  in  seiner  mutter  liüHen, 

dann  eine  wolle  noch  mit  aiigon  olTen 

irrt  er  ein  ichlAfor  in  den  ordeiilüften.     I.rnad. 

ERDENLUST,  f.  was  erdenfreude.    Stiele«  I1S6. 

wol  dir,  obgleich  ontkimspet  kaum, 

von  crdenlufit  lUid  KJnneiiir.iuni, 

von  »chniorz  und  wulin  ge»(  hiodon  I     MtmiiHson  195. 

ERDENMAHL,  n.  mariila  Irrrena: 
jugondllch,  von  allen  ordonmnhli  u 
frei,  in  der  TollorKliuig  strahlen 
.»rhwcbo  hier  der  mioiim  bbolt  göiiorbild.    .«^cnu.lir  1f 


761 


ERDENMANGEL  —  ERDENREICH 


ERDENREST  —  ERDENSELIGKEIT 


762 


ERDE.NMANGEL,  m.  vüiuin  terrenum: 

wann  sonder  erdenmängel 

dein  reiz  in  fülle  blüht, 

und  anmut  bolder  engel 

dein  antlitz  überziebt.    BGrgeb  S\ 

ERDEIS'MäNN,  m.  homo,  tenigena: 

und  nun,  was  je  ein  erdenmann 

für  menschenheil  gekonnt  und  kann.    Borger  58'; 

dasz  meines  geistes  äuge  hell 

der  dinge  Wirrwarr,  leicht  und  schnell, 

wie  nicht  ein  jeder  erdenmann, 

durcbspähen  und  entwickeln  kann.    118*; 

der  erdenmänner  besten  schlugst  du  todt.    Stolberg  11, 131. 

ERDENMENSCH,  m.  dasselbe. 
ERDENMÜHE,  f.  labor  morlalium: 

durch  so  manche  notb  und  angst,   durch  viel  tausend  erden- 
mühen 
müssen  wir,  wir  sterblichen,  in  die  himmelswobnstatt  ziehen. 
Knittkls  kurzged.  2,  5. 

ERDENMÜTH,  «i.  mnih  wie  man  thn  auf  erden  hat: 

sein  äuge  strahlt,  den  flammen  zu  Tergleichen, 
der  stimm  enttönet  mehr  als  erdenmuth. 

Gbies  Tassos  befr.  1er.  13,52. 

ERDENiNACHT,  f. 

und  den  kern  der  erdennacht 

füllt  das  licht  mit  stiller  pracht.    RSckert  ges.  ged.  1,90; 

da  schwingt  der  geist  sich  auf  aus  erdennäcbten, 

der  seraph  öfnet  ihm  die  himmelspforten.    Kör:«er  I,  146. 

ERDENNÄHE,  f.  ferigaeum,  erdnahe. 

ERDE.NNAHRUNG,  f.  alimentum  terrae:  die  bewohner  der 
luft,  weniger  beschwert  von  der  erdennahning,  die  die  land- 
thiere  allmälich  verhärtet,  leben  im  ganzen  länger  als  diese. 
Herder  3,  239. 

ERDENNEBEL,  m.  nebula  terrestris. 

ERDENNOTH,  f.  calamUas  vitae: 

es  lief  der  mensch  in  grauen  tagen, 

zu  holen  sich  ein  wunderpflaster 

für  seine  alte  erdennoth. 

den  zweifei  und  den  bittem  tod.    Lsnkv  Faust  130. 

ERDENPARADIES,  n. 

mein  vaier, 
von  diesem  erdenparadiese  schwiegen 
sehr  weislich  ihre  mönche.    Schiller  255'. 

ERDENPILGER,  m.  homo: 

das  alter,  da  des  erdenpilgers  bahn 
allmälich  sich  zu  einer  höh  erhebet, 
auf  welcher,  frei  von  seiner  kindheit  star, 
das  äuge  voll  begier  hinaus  ins  weite  strebet. 

BORGER   UM'. 

ERDENPILGERSCHAFT,  f. 
ERDENPLAN,  m.  planüies  terrae: 

In  aller  weit,  auf  allen  erdenplancn 
wird  keiner  diesen  beiden  gleich  genannt 
an  kühnheit,  tapferkeit  und  heldenruhme. 

Gries  Bojardo  2,  21,  2. 

ERDENPRACHT,  f.  splendor  terreärü. 

ERDENQüALM,  m.  terrae  vapor. 

ERDENRAHME,  m.  terrena  forma:  wir  sehen  um  das  todten- 
bette  eine  grosze  unbekannte  gestalt,  die  vom  ebenbilde  gottes 
den  erdenrahmen  bricht.   J.  P.  Hesp.  4.  75. 

ERDENR.AND,  m.  terrae  margo:  die  sonne  sah  erst  (m  den 
liistgarten)  herein,  alle  seen  sprühten  in  einem  breiten  feuer, 
ein  glänzender  dampf  umflosz  wie  ein  heiiigenschein  den 
erdenrand.    J.  P.  TU.  2,  57. 

ERDENRANK,  m.  machinatio  hominum: 
fragt  nichts  nach  allen  erdenränken, 
läszt  alle  denken  was  sie  denken.    BtitaA!«!«  ged.  62. 

ERDENRADCH,  m.  fumus  terrae: 

geläutert  fübt  ich  mich  vom  erdenrauche. 

ItöcKERT  ges.  ged.  1,  180. 
ERDENRAUM,  m.  terrae  spatium.     vom  neuen  freiheilsbaum : 
nicht  mit  blut,  mit  thou  begossen 
soll  er  rein  zum  himrael  sprossen 
schattend  überm  erdenraum.    Rijckert  185. 

ERDENRECHT,  n.  jus  sejrullurae,  recht  der  beerdigung.  Stie- 
ler 1550. 

ERDENREICH,  n.  für  erdrcich: 

querhauend  ffibrl  er  einen  groszen  .»treich 
mit  aller  macht  dem  zaubrrschild  cutgegco 
und  was  er  faszt,  wirft  er  .lufs  erdenreich. 
/  GiiEs  lioiardo  2,  7,  58. 


ERDE.NREST,  m.  residuum  terrae,     die  engel  singen: 

uns  bleibt  ein  erdenrest 

zu  tragen  peinlich, 

und  war  er  von  asbest, 

er  ist  nicht  reinlich.    Götbe  41,  337. 

ERDENRING,  m.  orbis  terrae: 

du  aber,  nicht  gebannt  im  erdenringe, 
erhebe  dich,  o  menschenangesicbt. 

Rdckeri  41.  ges.  ged.  1,  117. 
ERDENRISZ,  m.  htatus  terrae.    Stieler  1593. 
ERDENRITZ,  m.  dasselbe.    Stieler  1595. 
ERDENROLLE,   f   partes  qitae   agimtur  in   hac   terra:     so 
spielte  er  seine  ersten  erdenrollen.    J.  P.  uns.  löge  1,  62. 
ERDENRUND,  n.  orbis  terrarum.    Stieler  1648 : 

für  die  rosen  ihres  mundes, 

ihrer  wangen  morgenglut 

gab  ich  alles  geldund  gut 
dieses  weiten  erdenrundes.    Si«os  Dach; 
auf  diesem  ganzen  erdenrunde.    Wielahd  7,  218; 
im  weiten  erdenrund 
ist  nichts  mir  so  verhaszt 
als  dieser  fürst  der  Drusen.    .  .  .; 
was  je  auf  diesem  erdenrunde 
ein  weiser  seinen  Zöglingen  vertraur.    Götter  1,  398; 

ein  jeder  dämmert  auf  diesem  erdenrund  sein  fleckchen  wie 
der  andre.  Fr.  Müller  2, 41 ;  das  macht  uns  dieses  erden- 
rund erst  zu  einem  bewohnten  garten.    Güthe  20,  41 ; 

das  allein  macht  mich  gesund, 

so  will  ichs  auf  dem  erdenrund.    .  .  . ; 

ja,  wer  auch  nur  eine  seele 

sein  nennt  auf  dem  erdenrund.    Schiller  19*; 

da  sah  ich  wieder  zum  erdenrund, 

da  sah  ich  die  liebe  wieder.    Röcesrt  6; 

smusz  eben  auf  dem  erdenrund 

auch  wandernde  bäume  geben.    235; 

und  frei  verdienen  mag  sich  die  entstammte 

des  himmels  ihr  gescbick  im  erdenrunde.    ges.  ged.  1,  157; 

sie  schien  verschwunden  von  dem  erdenrund. 

AR!4ia  Schaubühne  2,  337 ; 
der  Wächter  rief  die  eilfte  stund, 
still  wars  auf  dem  ganzen  erdenrund.    Körker  1,  289. 

Matthisson  braucht  das  icort  einmal  männlich,  tgL  2, 1323  unter 
drachenhorde. 
ERDENS.\FTIGKEIT,  f  humiditas  terrae,  uligo.  Stieler  1604. 
ERDENSCHATTE,  m.  umbra  terrae.    Stieler  1739. 
ERDENSCHICHTE,  f  Stratum  terrae: 

geschwind,  damit,  weil  wir  noch  sind  hei  lichte, 
ich  dir  erzählen  kann,  wie  mirs  gelungen, 
dasz  ich  entronnen  bin  der  erdenschiente, 
erzähle  mir,  wie  du  dem  meer  entsprungen. 

RccKERT  147.  ges.  ged.  1,  151. 
ERDENSCHIF,  n.  navigium  terrae:  alles  ihr  auf  das  erden- 
schif  gcladne  schifguf.    J.  P.  Hesp.  3, 179. 
ERDENSCHLAM.M,  m.  cocnum  terrae. 
ERDENSCHLUND,  m.  fauces  terrae: 

o  maulwurf,  werde  doch  gescheit 

und  komm  in  unsre  weit  und  ihre  herlichkeii, 

hier  wirst  du  es  ganz  anders  linden 

als  in  den  tiefen  erdenschlünden.    Buria!«^  fabeln  66. 

ERDENSCHMERZ,  m.  icie  erdenleid,  erdengram. 
•     ERDENSCHÖNE,  f  pulchnludo  terrae: 

also  fiel  das  losz  der  erdenschöne, 

sie  verflaitert,  wie  der  thau  verfliegt.    Kosegartem. 

ERDENSCHÖPR'NG,  f  crealio  terrae:  der  mensch,  der 
söhn  aller  elemente  imd  wesen,  gleichsam  die  bliite  der 
erdenschöpfung,  konnte  nicht  anders  als  das  letzte  schosz- 
kind  der  natur  sein.    Herder  3, 19. 

ERDENSCHOSZ,  m.  gremium  terrae: 

Saturnu.s  reich  ist  aus,  der  die  geheime 

gehurt  der  dinge  in  dem  erdenschosz 

und  in  den  tiefen  des  gemüts  beherscht.    Schiller  360*. 

ERDENSCHULE.  /.  schola  mundi:  ob  nicht  der  mensch 
wie  sehr  kleine  kinder  blosz  in  die  erdenschule  gesendet 
werde,  um  stille  sein  zu  lernen.    J.  P.  Hesp.  3,  226. 

ERDENSCHLTT,  m.  congeslus  arenae,  sandschutt.  Stieler  1944. 

ERDENSELIGKEIT,  f  beatitudo  terrena: 

geneusz  der  übersüszen  fülle 
vollkoromner  erdcn.seligkeit, 
wovon  zu  kosten  noch  ihr  wille, 
und  ewig,  ach,  vielleicht  verbeut.    Rcrgir  26'; 
er,  dem  sie  die  götter  schufen 
.  zur  geno.«sin  seiner  zeit, 
ist  vor  aller  weit  berufen 
zu  erobern  alle  stufen 
höchster  erdrnseiigkeit.    74'; 


763   ERDENSIEFERUNG  —  ERDENSTELLE 


ERDENSTERN  —  ERDENTRUMM 


764 


der  höchsten  erdenseligkeit, 

der  liebe  sei  dies  glas  geweiht.    Körrkr  1, 199. 

ERDENSIEFERUNG,  f.  uligo.    Stieler  1654. 

ERDENSOHN,  m.  terrae  ßlius,  terra  edittts,  hämo,  erdcnkitui, 
menschensohn,  oft,  in  hinsieht  auf  die  irdische  hinfälUgkeit,  mit 
beigefügtem  arm,  dürftig: 

bin  dort  ein  himmelskind,  war  hier  ein  erdensobn. 

LocAU  3,  92,  81 ; 
der  erdensobn  Ist  für  die  zuliunft  blind. 

WiELASD  5,  6;  13,  7, 

dies  bleibt  ihm  stets  gemein  mit  allen  andern  erdensöhnen. 

9,250; 
wiederkehrend  aus  des  himmels  höhen 
in  der  erdenwonnen  region, 
wünscht  ich  keinen  goil  in  dem  zu  sehen, 
den  ich  liebt  als  holden  erdensobn.    Borger  96*; 
habt  ihr  sie  all  herbeigeruren 
die  opfer  dieses  erdensohns?    Götue  11,  164; 
doch  ach !  fiir  diesmal  dank  ich  dir, 
dem  ärmlichsten  von  allen  erdensöhnen.    12,  39; 
ich  cbenbild  der  gottheit,  das  sich  schon 
ganz  nah  gedünkt  dem  spicgel  ewgcr  Wahrheit, 
sein  selbst  genosz  in  himmelsglanz  und  klarheit 
und  abgestreift  den  erdensobn.    12,  40; 
mächtiger 
der  erdensöhne, 

prächtiger  baue  sie  (die  schöne  weit)  wieder, 
in  deinem  busen  baue  sie  auf!    12,  83; 
verdank  es,  erdensobn,  dem  weisen, 
der  ihr  die  sonne  zu  umkreisen 
und  dem  geschwister  wies  die  bahn.    22,  261 ; 

ich  bin  übrigens  so  nackt  und  bedürftig  als  jeder  andre 
erdensobn.  15,228;  wenn  ich  dir,  derber,  geprüfter  erden- 
sobn, Tenneide,  dasz  meine  liebe,  kleine  frau  uns  in  diesen 
tagen  verlassen,  so  weist  du,  was  es  beiszen  will.  Güthe  an 
Zelter  248  (8  Juni  1S16) ; 

auf  dasz  kein  armer  erdensobn 

sich  seines  glQckes  überhebe.    Gottkr  1,  332; 

berr  der  armen  erdensöhne.    Skdik  555, 

was  unten  tief  dem  erdensohne 

das  wechselnde  Verhängnis  bringt.    Schiller  77'; 

es  ist  nicbt  jedem  erdensobn  beschert.  J.  P.  &ebenk.  3, 117. 
es  empfängt  auch  ironische  bedeutung:  man  weisz  nicht,  was 
man  aus  diesem  erdensobn  machen  soll,  ganz  wie  Cicero  ad 
Alt.  1,13  sagt:  et  huic  terrae  filio,  nescio  cui,  committcre 
epistolam  tantis  de  rebus  non  laudeo.  schon  aus  seiner 
Physiognomie  war  mir  ein  solcher  erdensobn  in  seiner  läge 
heilig,    der  a.  m.  im  Tockenburg  133.     vgl.  menschenkind. 

ERDENSÖHNCHEN,  n.  filiolus  terrae. 

ERDENSÖHNLEIN,  n. 

ob  jene  armen  erdensöhnlein  hier 

in  unserm  berg  sich  mühen  oder  nicht.    Körner  3,  71. 

ERDENSONNE,  f  sol  terrae: 

erdensonne,  verlisch  ihr  und  letzter  Schlummer  des  todes 
komm!  Messias  .  .  .; 

ja,  kehre  nur  der  holden  erdensonne 
entschlossen  deinen  rücken  zu!    Göthr  12,  43; 
erst  Suleika,  erdensonne.    5,  255. 
ERDENSORGE,  f.  was  erdengram,  erdenleid, 
ERDENSPANNE,  f.  breve  terrae  spatium: 
aus  nicht  kann  ich  hier  dich  lieben 
in  der  erdenspanne  zeit.    RCckert  394. 

ERDENSPÜR,  /.  vestigium  terrae:  als  die  beiden  mädchen 
an  Albano  vorübergiengen,  bemerkte  er  zum  erstenmal  an 
Idoinen  drei  kleine  blatternarben,  gleichsam  als  erden-  und 
lebensspuren,  die  sie   zu   einer  sterblichen  machten.    J.  P. 

Tä.   5.190. 

ERDENSTAMM,  m.  dirps  terrestris: 

■ei  mir  gesegnet,  boldeite  des  erdensumms! 
GöTHi  11,  261. 

ERDENSTAUR,  m,  terrae  pulvis,  was  schon  im  einfachen  erde 


Uegt: 


gut  ist  mein  beri,  doch  oH  ein  träges, 
an  seinen  crdenstanb  hinsngeleimtes  ding. 

Kl.  Schmidt  poet.  briffe  151 ; 


desto  fester  finde  ich  mein  Schicksal  nicht  an  den  arden- 
staub,  sondern  an  die  unsichtbaren  geselze  geknüpft,  die 
den  erdstaub  regieren.  Heroek  8, 7  (»O  beide  formen  hinter- 
einander), 

KRDENSTELLE,  f.  locus  terrae:  hoch  and  weit  giengen 
die  slrrnenbogen,  wie  schimmernde  ehrrnhogen,  über  die 
kleine  erdrnslelle  her,  Über  dm  geheiligten  ort,  wo  sich 
Lianens  bulle  niedergetenkt.   J.  P.  Tit.  6,14«. 


ERDENSTERN,  m.  Stella  transvolans,  Sternschnuppe:  die  aus 
den  festen  Sternen  herabschieszenden  erdcnsterne.  J.  P. 
Fibel  109. 

ERDENSTOCKWERK,  n.  hypogea,  erdgeschosz.  J.  l\  Ftbel  15. 

ERDENSTOF,  m.  materia  Irrrena: 

nur  der  himmelsgeist  soll  gelten, 
der  den  erdenstot^  belebt.    Ucrger  74*. 

ERDENSTRICH,  m.  orbü:  tcrrarum,  vgl.  erdstrich,  land- 
strich: 

auch  ist  aufm  ganzen  erdenstrich 

kein  mensch  so  weis  und  klug  als  ich.    Götbs  13,  S6. 

ERDENSTÜRM,  m.  procella  civilis: 

nein,  nicht  schwelgendem  gewürme 
nun  und  immerdar  ein  rauh, 
noch  ein  spiel  der  erdenstürme 
bleibet  guter  herzen  staub.    Kürger  IP; 
stät,  wie  Vestas  flamme,  lodert, 

trotz  der  erdenstürme  wut, 
bis  die  schwarze  bark  ihn  federt, 

seines  geistes  reine  glut.    Mattriüson  77. 

ERDENSTÜRMER,  m.    S.  P.  Fibel  vorr.  s.  I. 
ERDENSTÜTZE,  f  fundamenlum  fragile,  caducum: 

der  baut  auf  sand,  der  nur  auf  erdenstützen  (fondamentl 

mondani) 
ein  neues  reich  zu  gründen  sich  vermiszt. 

Gries  Tusso  befr.  Jer,  1,25. 

ERDENTAG,  m.  dies  vitae,  vita: 

er  wandle  so  den  erdentag  entlang.    Götbk  41,  316. 
vgl.  erdetag. 

ERDENTAND,  m.  vanUas  vitae: 

und  wie  ein  fels,  zu  dem  sich  wölken  nie  erheben 
scheint  überm  erdentand  die  reine  stirn  zu  schweben. 

Wielahd; 
verlachen  sie  die  bunten  Seifenblasen 
des  liebelecren  erdcntands.    IIöltt. 

ERDENTBUNDEN,  solutus  terra: 

wie  hätt  er  von  dem  ewigschönen 

von  lieb,  aus  der  die  schöpfUng  quillt, 

gewollt  in  erdentliundnen  tönen 

entfalten  rein  ein  himmcisbild.    Röcksrt  grs.  ged.  1,111. 

ERDENTHAL,  n.  terra,  die  niedere  erde  im  gegenstü:  zum 
hohen  himmel: 

jener  nebel,  der  vor  menschcnblicken 

in  dem  dunkeln  erdenthale  hängt, 

sinket  hier,  wo  ewiges  entzücken 

seiger  Zukunft  meine  blicke  lenkt.     Werther  an  Lotten  s.  97 ; 

traun  das  leben  ist  zu  kurz 

hier  im  erdenthale.    Overbeck  72. 

ERDENTHIER,  n.  quadrupes,  im  gegensatz  der  vögel: 

ein  lastbar  erdenthicr 

setzet  ihm  schände  für, 

edele  herzen  sein  anders  gesint. 

Schirhers  sing,  rosen  lied  34; 

selbst  die  vögel,  die  wärmeren  bluls  sind  als  die  erdenlhiere. 
konnten  nicht  lebendige  gehären.    Herder  3, 106. 
ERÜE.NTHON,  m.  argilla,  irdisclier  stof 
ERDENTIEFE,  f  profunda  terra,  gegenüber  dem  himmel  und 
der  Sonnenhöhe: 

da  erdentiefen  und  des  himmels  sphfiren 

nur  iin  gesetz  der  menschenbrust  bewahren.    Göthk  .  .  . 

ERDENTOCHTER,  f  terrae  filia,  femina,  pttella:  die  sanflere. 
weichere  erdentochter.    Klinger  2,164; 

unter  erdentöchtern  wie  viel  waren, 

deren  lügenden  des  tags  gefahren 

und  des  nellen  rufes  sonnenlohn 

keusch  bescheiden,  so  wie  du  (mvnd)  geflohn? 

Merk  heim  mederscheinen  rf''^  mondcf: 

dich  ergreifet  nie  das  alter, 

weise,  zarte  dichterfreundin, 

ohne  fleisch  und  blut  geborne, 

leidenlose  erdentochter.     Göthb  2,  114. 

ERDENTRACHT,  f    vcstitus  terrestris:    der  engel,   der  uns 
irdischen  die  erdeniracht  abzieht.    J.  P.  Fibel  48. 
EHDENTRAUM,  m.  vüae  somnium. 
ERDENTROPF,  m.  misellus  tomo; 

^ifl  wollen  nicht  mit  andern  «rdentrdpMi 
auf  ihren  (Hisien  gehn,  sie  gebn  auf  ihren  köpfen. 
GöTBi  56,  n. 

ERDENTRUMM,  n.  fragmen  terrae,  nidus: 

würdig  leben,  würdig  ihun 
trhafl  aus  wOslen  lni<IK''llld<'. 
macht  die  ganzn  »rhöpfung  milHe, 

iksit  nur  erdcntriimmprn  riihn. 
asit  uns  leben  su  und  thuo.    ilttiANii  geä.  18. 


765      ERDENTSCHWTJNGEN  —  ERDENWÜRM 

ERDE-NTSCHWINGEN,  abreptus  e  terra,  erdenlrückt : 
welche  himmlisch  erdentschwungnen  triebe.    Rcckebt  305. 

ERDEMSPROSZT,  terrigena: 
der  erdentsproszten  Erechtheiden  geschlecbt.    Siolbuig  14,180. 

ERDEMUGE.ND,  f.  virlus  humana: 
in  der  geduld,  der  besten  erdentugend.    Goitkk  1,  4.3. 

ERDEMTER,  m.  ripa  terrestris:  o  du  holde,  so  sanft  hin- 
ter dem  erdenufer  zurückblickende  sonne.  J.  P.  Hesp.  2,  247. 

ERDENTWOHNT,  terrae  desuetus. 

ERDE.NÜBEL.  n.  malutn  terrae,  gegensatz  von  erdengut. 

ERDENVÄTERLAND,  n.  patria  terrena. 

ERDENVOLK,  n.  genus  humanuni,  rnenschengesddecht : 

schwach  ist  das  erdenrolk  und  für  die  zukunft  blind. 
Oberon  i,  59 ; 

die  abgeschmackte  posse,  die  das  erdenfolk  spielt.  Wieland 
8,78; 

ja,  wenn  dies  erdenvolk,  so  zahllos  als  der  sand 
am'meer,  der  vorsieht  vor  den  äugen  schwebte.    Gottes  1,386; 
nach  der  trüben  welke 
wird  dem  erdenvolke 

sonne  zugesandt.    Bubha!«!«  ged,  40. 

ERDENWALLER,  m.  erdenpüger,  vgl.  erdewallend. 
ERDENWANDEL,  m.  viia,  der  wandel  auf  erden. 
ERDENWÄRTS,  deorsum,  versus  terram,  niederwärts: 

schaun  nicht  geisteraugen 
von  euch  erdennärts, 
dasz  sie  frieden  hauchen 
ins  umwölkte  herz?    Rückert  11; 
der  ries  aus  irdschem  grund  geboren, 
dem,  wie  sein  fusz  rührt  erdenwärts, 
neu  wächst  die  kraft,  die  er  verloren, 
der  ungeheure  ries  ist  schmerz.    55. 

ERDENWEH,  «.  rUae  dolor: 

wann  vom  Verhängnis  losgerissen 
der  hofnung  letzte  trümmer  stürzt, 
sollt  ihr  den  kelch  zu  kosten  wissen, 
der  jedes  erdenweh  verkürzt.    Salis  136; 
sehr  ernst  ist  hier  die  weit  und  mahnt,  das  erdenweh, 
des  henens  letzten  wünsch  zu  werfen  in  den  see. 
Lenau  n.  ged.  259. 

ERDENWEIB,  n.  terrigena  femina,  erdentochter :  wie  ein  wimn 
lii'gt  der  Säugling,  den  das  erdenweib  gebar.  Fr.  MClleb  1, 28 ; 
öfters  ahndet  meiner  seele, 
diese  sei  kein  erdenweib.    Borger  10*. 

ERDENWEISHEIT,  f.  sapientia  humana: 

doch  seines  glaubens  wunderkraft 
und  seine  himmelswissenschaft 
verdrosz  die  schulgelehrten, 
die  erdenweisheit  ehrten.    Bdeger  45'. 

ERDENWELT,  f.  mundus. 

ERDENWERK,  n.  opus  humanuni,  terrenum.  aber  audi  opus 
ßdile,  topfertraare.    Stieler  2556. 

ERDENWINKEL,  m.  angulus  terrae. 

ERDENWISCHER,  m.  peniculamentum,  ein  scMeppkleid  der 
frauen ,  das  den  boden  fegt,  die  erde  icischl.  Stieler  2563. 
j.  pflastenvischer. 

ERDENWOL,  n.  felicitas  terrae. 

ERDENWOL,  gleichsam  crasse  beatus,  salvus,  une  man  sonst 
sagt  pudelwol  und  noch  stärker  sauwol,  vgl.  erdengrob,  sau- 
grob, erdenwol  drückt  das  volle,  thierische  behagen  im  erfassen 
und  genieszen  der  gräßaren,  irdischen  guter  aus.  Riehl  Pfälzer 
s.  279.  alle  diese  wol  sind  lauter  adverbia,  bei  denen  ettcas  hin- 
zugedacht und  ausgelassen  wird:  ihm  ist  erdenwol  {zu  mulhe), 
u-ie  mir  ist  wol,  ich  bin  wol.  befinde  mich  wol. 

ERDEN  WOLKE,  f.  nubes  terrae:  o  müst  ich  nicht  vor  die 
glänzenden  sonnenwolken  verhüllende  erdenwolken  ziehen! 
J.   P.  fleqelj.  2,16. 

ERDENWONNE,  /".  tro*  erdenfreude: 

wiederkehrend  aus  des  bimmels  höben 
in  der  erdenwonnen  regiou.    Bürger  96'; 
jede  erdenwonne  musi 
sich  mit  leiden  galten.    Scholkr  .  .  . 

ERDEN  WUNSCH,  m.  desiderium  terrenum: 

denn  jeder  erdenwunsch  ist  mir  vereangen, 

und  klein  was  sonst  so  grosz  mir  schien.    Göki:<gk  3,  73. 

ERDENWLRM,  m.  vermis,  miser  parvulus,  vie  man  von  kin- 
dem  sagt  der  arme  wurm,  also  vie  erdensohn,  nur  noch 
stärker,  der  riese,  das  ungeheuer  nennt  den  menschen  verächtlich 
so  {mylhol.  506) :  erdenwurm,  sprach  Rübezahl,  was  treibt 
dich  mich  zu  beunruhigen?  MisÄcs  3,56;  'sieb,  mutter,  was 


ERDENWÜST—  ERDEWEG 


766 


ich  da  für  erdwürmer  gefunden  habe'.  Haopt  4, 393 ;  'sieh. 
Tater,  da  hab  ich  schöne  saalwürmlein  I '  Paxzeb2,  65;  schwe- 
disdt:  'sikna  krjT)  jag  bar  hittat!'  Räät  Ydrehdrad  i  Öster- 
götland.  Linküving  1S56  ^  33.  aber  auch  auszerdem.  Grvphics 
1,  632  lässl  die  Rache  ersdieinen  und  dem  Popd  zurufen : 

erdenwurm,  wen  trotzest  du?; 

kein  freund,  kein  schütz,  keine  gunst  der  mächtigen,  keine 
ehrenstelle,  kein  vermögen,  nichts !  und  niemand  will  gleich- 
wol   den  armen  erdenwurm  zertreten?   glücklich,   glücklich, 
war  ich  der!   so  kroch  ich  unter  den  fusz  des  ersten  Wan- 
derers,  kroch  in  den  ersten  sumpf.    Weisze  trauersp.  5, 134. 
ERDEN  WÜST,  m.   squalor  terrae: 
erdenwust 
preszt  meine  brüst.    Schcbart  ged.  1,  30. 

ERDEPHEü,  m.  hedera  helix,  donnerr^,  gundennann. 
ERDERHÖHUNG,  f.  locus  editus:    ein  wäidchen,  das  ganz 
nah  eine  erderhöhung  bekrönte.    Göthe  25, 356. 

ERDERSCHLTTERER,  yaii^oxos,  yaiäoxos,  terram  quatiens. 

ERDERSCHÜTTERND. 

ERDERSCHLTTERUNG,  f  terrae  motus,  erdbd)en. 

ERDESCHRÄNKE,  f  compages,  conseplum  terrae: 

freien  geist  in  erdeschranken.    Götbe  4, 102; 

denn  was  der  mensch  in  seinen  erdeschranken 

von  hohem  glück  mit  göttemamen  nennt.    3,  49; 

da  lagen  nun  in  erdeschranken 

gottes  zwei  lieblichste  gedanken.    5,  240. 

ERDESPRACHE,  f  lingua  terrestrü: 

wo  sie  noch  von  gott  empfiengen 

himmelslehr  in  erdesprachen, 

und  sich  nicht  den  köpf  zerbrachen.    Göthe  5,  3. 

ERDESTOF,  m.  was  erdenstof: 

o  tbier,  das  du  von  gier  und  wollust  schäumest, 
schling  ein  des  trägen  erdestoffes  raub. 

RccEERT  ges.  ged.  1, 117. 

ERDESTOSZ,  m.  iäus  terrae: 

was  ist«  zuletzt  mit  diesen  stolzen? 

die  götterbilder  standen  grosz. 

«erstörte  sie  ein  erdestosz, 

längst  sind  sie  wieder  eingeschmolzen.    Göthe  41,  171. 

ERDETAG,  m.  dies  vitae,  uas  erdentag: 

so  fliesze  mir  der  rest  von  meinen  erdetagen 
wenn  ohne  stürme  nicht,  doch  ohne  laute  klagen. 

WiTBOFs  ged.  1,  51 ; 
es  kann  die  spur  von  meinen  erdetagen 
nicht  in  äonen  untergehn.    Göthe  41,  321. 

ERDETOCHTER,  f  wie  erdentochter :  durch  enthaltsamkeit 
von  erdetöchtem.    Wielasd  9,  55. 

ERDETREIBEN,  n.  agitatio  terrigenarum : 

das  erdetreiben,  wies  auch  sei, 
ist  immer  doch  nur  plackerei.    Göthe  41,  171 ; 
dir,  dessen  lieder  wre  ein  warmes  küssen 
heilender  kräuter  mir  unters  herz  sich  legten, 
dasz  es  wieder  aus  dem  krampfigen  starren 
erdetreiben  klopfend  sich  erholte. 

an  frau  ton  Stein  1,  68. 

ERDETRIEB,  m.  mpetus  lerrenus: 

reine  Schönheit,  wintertag, 
wo  nur  himmelsstralen  leben, 
und  kein  erdetrieb  vermag 
frostgebunden  aufzustreben. 

RöcsERT  94  (408).  ges.  ged.  1,  73. 

ERDEULE,  f  strix  cunicularicu 

ERDEUTBäR,  ausdeutbar. 

ERDEUTEN,  interpretari,  ausdeuten. 

ERDEVERSTAND,  m.  lasset  uns,  so  lange  wir  hier  leben, 
auf  nichts  als  auf  den  mittelmäszigen  erdeverstand  rechnen. 
Herder  3,12. 

ERDEWALLEN,  n.  peregnnatio,  «andersdiaft:  kfinstlers 
erdewallen.    Göthe. 

ERDEWALLEND,  peregrinans. 

ERDEWANDERSCHAFT,  f.:  pilger  der  erdenwanderschaft. 
Klopstock. 

ERDEWANDRER,  m. 

0  besuch  oft  die  beladnen 
erdewandrer.    Klopstock  1, 178. 

ERDEWEG,  m.  curriculum  vitae:    • 

doch  von  scbrolTen  erdewegen, 

glückliche,  habt  ihr  keine  spur.    GöTaB4i,3S5: 


767 


ERDEWENDUNG — ERDFERNE 


ERDFEST  —  ERDGEBOREN 


768 


ERDEWEiNDüNG,  f.  rotaiio  terrae: 

gehüllt  in  dauerndes  dunkel,  wie  vormals, 
blieb,  drei  erdewondungcn  lang,  die  Versammlung  der  goister 
sprachlos  stehen.  Messias  17,  195. 

EUDEWESEN,  n.  kos  erdetreiben: 

Spiegel  hüben,  spiegel  drüben, 

doppolsteiiung  auserlesen, 

und  dazwischen  ruht  im  trüben 

als  cr)stall  das  erdewesen.    Göthe  3,  107. 

ERDEWIG,  m.  hedera  lulis.    Nemnich. 

ERDEZÜDECK,  n.  tegtncn  terrae:  gestorben  ist  er  und  will 
hinall  unter  das  erdczudeck.    J.  P.  Hesp.  3,  59. 

ERDFAHL,  uas  erdenfahl:  ein  graues  land,  das  die  son- 
nensichel  mit  einem  eklen,  erdfahlen  licht  begosz.  J.  P. 
TÜ.   4,52. 

ERDFALL,  m.  mhd.  ertval  {wb.  3,  222').  1)  cliasma,  terrae 
labes,  ruina: 

auf  neue  laster  zeucht  auch  ein 

der  unerhörten  strafen  pein, 

krieg,  erdfall,  seuchen,  faule  lüfte.    Grtphiüs  1,271; 

die  angst  stärkte  mich  dermaszcn,  dasz  ich  nicht  allein  noch 
eine  sechs  elen  hohe  mauer  überklettern,  sondern  auch  vor 
anbrechendem  tage  im  freien  fehle  einen  erdfal!  erreichen 
konte,  in  dessen  hole  ich  meinen  zerstaucbten  köi-per  schmiegte 
und  denselben  fast  über  und  über  mit  erde  bedeckte.  Felsenb. 
2,  3S9 ;  bei  näherer  Untersuchung  fand  ich  die  Soldaten  um 
einen  trichterförmigen  erdfall  gelagert,  der  von  dem  reinsten 
quellwasser  gefüllt  oben  etwa  dreiszig  fusz  im  durchmesser 
haben  konnte.  Göthe  30,29;  da  ich  auf  tiefe,  selber  im 
erdfall  begrififene  steine  trat.  J.  P.  anliang  zu  TU.  1,  35 ;  im 
unbekannten  unheimlichen  reiche,  vor  welchem  jenes  {das 
reich  der  naltir)  in  einen  erdfall  luitersinkt.  biiclwrschau  i,n; 
ich  freue  mich  aber  nicht  auszerordentlich  darüber,  dasz 
ein  halbes  lolh  schlafkörner  eine  ganze  glühende  weit  im 
menschen  wegbeizen  kann,  ganz  weg,  und  dasz  das  umlegen 
des  körpers  der  erdfall  seines  paradieses  und  seiner  hülle 
wird.  Hesp.  1, 178 ;  der  erdfall  {ruin)  eines  fortsinkenden  böse- 
wichts.  2,  220. 

2)  im  allen  recht  bezeichnete  erdfall  soviel  als  todlschlag, 
icunde,  wenn  ein  mann  oder  em  glicd  niedergehauen  wird  und 
zur  erde  fällt,  wofür  die  Friesen  gersfal,  d.  i.  grasfall,  nieder- 
fall auf  das  gras,  auf  den  erdhoden  sagten,  wo  gereciUsamc  gelheilt 
wurden,  blieb  der  erdfall  oder  das  urllwil  über  todlschlag  und 
Verwundung  dem  höheren  riciüer  vorbehallen,  z.  b.  item  all  gc- 
richt,  on  diebstal  und  erdval,  sind  des  gotshus,  die  zwei 
sind  eines  vogts.  wäslh.  1,  349,  das  golteshaus  hat  zu  riciUen, 
nur  nicht  über  diebstal,  todlschlag  und  wunden,  die  zur  gericlUs- 
barkeit  des  vogts  gehören,  hieran  knüpft  sicli  das  Verständnis 
etnes  pflanzennamens,  das  geranium  robertianum  hiesz  ehmals 
erdfall,  Diefenbach  27.5",  ertfall,  herba  Roberti.  voc.  I4s2g6', 
sond  auch  herba  rupertiana,  blulwurz,  goltcsgnad,  it.  erba 
Roberto,  sp.  hierba  de  san  Roberto,  nnl.  Robbertskruid,  offen- 
bar von  der  blutstillenden  kraft  des  krauts,  das  angewandt  wurde, 
wenn  ein  verwundeter  oder  ein  ahyehaunes  glied  niederfiel,  auch 
die  benennung  orval,  alnßhaucnesohr,  begegnet  für  dieselbepflanze. 
ERÜFANG,  «1.  1)  eine  bühne  in  flüssen,  woran  sicli  die  erde 
fdngl,  die  sie  absetzen. 

2(  eine  grübe  im  weinberg,  um  die  vom  regen  herabgespüUe 
erde  aufzufangen. 

ERDFARB,  lutcus,  erdfahl,  alid.  i-rdfaro,  mhd.  ürdfar:  die 
crdmurcheln  sind  auswendig  erdfarb.    Lomcekus  85*; 

die  stirne  rciszt.    des  haixes  schnec 

wird  erdfarb,  wie  wenn  nun  die  sonnen 

dem  strengen  frosl  hat  iibgewonnen 

und  bciszer  strult  von  ihrer  höh.    Grtphiüs  2,  15. 

ERDFARBE,  f.  r^lor  terrae  lutcus. 

£RDFARRE.\,  was  erdfarb. 

ERUFAItliKi,  desgleichen:  die  erde  miisle,  wie  niif  einem 
«lern,  ihnen  nur  leuchtend  erscheinen,  nie  erdfarbig  scliwara. 
J.   P. ;  dasselbe  erdfarbige  gesichl.    SitlMiik.  1,4t. 

ERDF.\SZ,  n.  ein  fasz,  das  die  feuerwcrker  in  die  erde  gra- 
ben, um  luttfeuer  daraus  zu  wrrfen. 

ERDFEIGE,  /.  lathyrus  tuberosus:  die  ackerleut  sagen 
di«cni  gewächs  crdnusz,  erdfcigen,  erdniandel.  Boc«  kräuler- 
buch  .'.Ol. 

ERDFERN,  rcmntuf  a  terra. 

ERDFERNE,  f  aj«<iaeum:  weil  die  würkunj*  de«  nionds 
•ich  nach  Heiner  weile  von  der  erd«  neblet  und  geringer 
wird,    wenn    der    niond  von  dcrnelln-ii  weiter  niKgrlicl,    hin< 


gegen  gröszer,  wenn  er  näher  zu  ihr  kommet:  so  stimmet 
damit  überein  was  Cassini  observieret,  dasz  die  flut  gröszer  ist, 
wenn  der  mond  erdnahe,  als  wenn  er  erdferne  ist.  Christ. 
Wolf  vernünftige  gedanken  von  den  würkungen  der  natur.  s.  550 
ERDFEST,  terro  fixus,  altn.  iardfastr,  sdiw.  dän.  iordfast: 
erdfeste  steine,  ein  erdfester  sitz,  tisch ;  al  dat  nagelvast,  erd- 
vast  is.  weisth.  3,  203;  wat  dan  erd-  und  nagelfaste  is.  3,  200; 
wir  sein  beweglich  gut,  nicht  erd  und  nagelfest. 

HoFiANNswALDAu  begr.  ijeJ.  62; 

genug,  dasz  eine  nationalgotlheit  nicht  erd-  und  nagelfest 
sein  konnte.  Moser  1,50;  das  haus  wird  verkauft  mit  allem 
was  erd,  wand,  band,  mauer,  niet  und  nagelfest  ist;  er 
sehne  sich  nach  schönen,  deren  reize  offenbar  erd,  niet, 
wand,  band  und  nagelfest  sind.    J.  P.  Icufclsp.  2, 19S. 

ERDFETT,  n.  arvina  terrae,  bilumen. 

ERDFEUCHTE,  f.  fuligo,  naturalis  terrae  Humor.  Henisco 
914,  59. 

ERDFEUER,  n.  ignis  subterraneus. 

ERDFEUERUNG,  /".  pastus  ignis  subterraneus:  gegenden, 
welche  durch  kohlenbergbau  wie  Calenberg  und  Osnabrück, 
oder  durch  torflager,  jvie  die  meisten  nördlich  von  Han- 
nover belegenen  gegenden,  reichliche  erdfeuerung  besitzen. 
Stüve  landgemeinden  s.  206. 

ERDFINSTERNIS,  /".  terrae  eclipsis:  daher  können  die  mond- 
söhne bei  unsrcr  Sonnenfinsternis  nicht  anders  sagen,  als 
wir  haben  heute  eine  erdfinsternis.    J.  P. 

ERDFLÄCHE,  f  planities:  der  pflüger  theilt  nach  seinen 
morgenwerken  die  erdfläche  in  festbegrenzte  morgen.  Absim 
kronenw.  1,  2. 

ERDFLACHS,  m.  linum  catharlicum,  bergflachs:  federweisz 
und  erdflachs  ist  leichtlicher  zu  leschen,  als  mein  erbsün- 
diger durst  von  mutlerleib.    Garg.  lOl'. 

ERDFLECK,  m.  pars  agri,  soll,  ein  Mck  landes. 

ERDFLIEGE,  f  tipula,  erdschnecke. 

ERDFLOH,  wi.  mordella. 

EHDFLÖTZ,  n.  tabulalum  terrae,  s.  flötz. 

ERDFRAU,  f  terrae  dea,  domina. 

ERDFRÄULEIN,  n.  der  wetterlaunigen,  nachtleuchtigen 
gebärerin,  erdfräwicin,  milzheilerin,  nachtsonn  fraw  Mona. 
Fi  SCHART  groszm.  92. 

ERDFREUND,  m.  sludiosus  melallorum. 

ERDFREUNDIN,  f  wir  sind  im  Stahlberge  bei  Schmal- 
kalden  gewesen  und  reichliche  betrachlimgen  haben  wir  ge- 
macht, sie  müssen  noch  eine  erdfreundin  werden,  das  ist 
gar  zu  schön.    Göthe  an  fr.  von  Stein  l,  310. 

ERDFRUCHT,  f  terrae  frtictus:  weil  sie  die  erdfrücbte 
nicht  sparsam  gebrauchen,  sondern  allzuvollbretig  davon 
leben.  Butschky  Palm.  737;  alles  gewürm,  welches  die  erd- 
frücbte verdarb.    Lichtenberg  5,  286. 

ERDFURCHE,  f  sulcus  terrae. 

ERD  GALLE,  /".  cenlaureum,  fumaria  ofßcinaiis,  der  alte  nanu- 
gellt  aus  von  Plinius  25, 6, 31  fei  ten-ae.  aful.  ertgalla,  ags. 
eordgealle,  und  läuft  durcii  alle  kräulerbüclier :  Plinius  nennet 
tausentgulden  fei  terrae,  das  ist  erdgallen.  Bock  111;  der 
Mesue  aber  nennet  die  coloquintcn  fei  terrae,  necem  plan- 
taruin  und  cucurbitum  deserli.  or>3.  auch  nasse  stellen  t»i 
felde  und  eine  krankheit  dir  wcinslücke  im  nassen  boden  heiszt 
erdgalle,  ganz  wie  die  pflanze  den  ackern  schadet. 

ERDGANG,  m.  nieatus  subterraneus:  Camillus  ilrang  durch 
einen  erdgang  unter  der  mauer  in  die  Stadt.  Beckers  weUy. 
2,  401. 

ERDGANS,  f.  wilde  gans,  fuchsgans,  anas  ladorna. 

ERDGEBEIN,  n.  ossa  humana: 

aber  mein  erdgobcin  trägt  auch  die  gollhelt.    Klopstock. 

ERDGEREUGT,  flcxus: 

schon  manchmul  hob  das  schwere  heil  der  opfernde 
zu  dt'»  crdgubciigtuu  thiuros  nucken  weilM-int  mir. 

tiÖTUK  41,  1VI 

s.  erdgebückt. 
ERDGEBILDE,  n. 

der  crdgcblldo  höchster  schau.    Görai  &,  235. 
ERDGERIRGE,  n. 
EKDGEROREN,  terrigena,  erdensolm : 

hulliUiijnl  er  kommt  der  erdgcborin'.    i/<'.^.M^l4  ^,  III; 

nun  «tirbt  er  für  alle  erdegcborneii.    9,  ."».'»5; 

der  ztig  der  crdgebornen  rlcucn.    Stui.buk.  It.  147; 

ki'in  rrdgrlioriirr  ivt  zu  nolchor  kr  ili 

nie  sie  gudiehcu.    UBRuaa  145' i 


769 


ERDGEßüCKT  —  ERDGEWÄCUS 


ERDGEVVALT  —  ERDHALUNKE 


770 


dem  erdgeborneii  rieseu  gleich.    Göthe  S,  270; 

wenn  der  felder  ^ner  segen 

allen  erdgebornen  blinkt.    41,3; 

dein  heilig  amt  und  dein  geerbtes  recht 

an  Jovis  tisch  bringt  dich  den  göttem  näher, 

als  einen  erdgebornen  wilden.    9,  23; 

denken  die  himmlischen 

einem  der  erdgebornen 

Tiele  Verwirrungen  lu.    9,  62 ; 

auch  Rubens  ist  kein  erdgeborner,  man  schaue  die  grosze 
erbschaft  in  die  er  eintritt  von  den  Urvätern  des  14  und 
15  Jahrhunderts.  39,  SO ;  was  soU  man  von  einem  erdgebor- 
nen sagen,  dessen  Verdienste  durch  betrachtung  und  wort 
nicht  zu  erschöpfen  sind.  46,  230 ; 

wie  bewirt  ich,  der  erdgeborne, 

himmlischen  chor?    Schilleb  50*. 

ERD GEBÜCKT,  tcas  erdgebeugt: 

ja  euch  blendt  das  eitle  gut, 
euch,  ihr  erdgebückten  scharen. 

Khtttkls  sinnenfrüchle  s.  133. 

ERDGEDRÄNGE,  n. 

ERDGEFÄSZ,  n.   ein  webender  gott  in  erdgefaszen.  Hehdeb. 

ERDGEFILDE,  ti. 

sieb,  dir  nach  aufs  erdgeflld 

steigt  der  hlmmel  nieder.    RiSctxBT  353. 

ERD  GEFÜHL,  n. 

es  schweigt  das  wehen  banger  erdgefühle.    Göthe  1,  7. 

ERDGEGEND,  f.   terrae  regio. 

ERDGEHALT,  m.  quotquot  terrae  coniinelur. 

ERDGEIER,  m.  ruUur  perenoplerus. 

ERDGEIST,  m.  spirilus  terrenus,  daemon:  die  hypothese 
eines  urvolkes  erklärt  blosz  etwa  die  spuren  einer  hohen 
cnltur  in  der  vorweit,  von  der  wir  schon  die  entstellten 
resle  nach  der  ersten  trennung  der  Völker  finden,  und  etwa 
die  Übereinstimmung  in  den  ältesten  sagen  der  Völker,  wenn 
man  nichts  auf  die  einheit  des  allem  inwohnenden  erdgeistes 
rechnen  will.    Schellisg  mdhodik  des  ak.  st.  32. 

ERDGELB,  silaceus. 

ERDGELB,  n.  ochra. 

ERDGEMÄSZ,  terrae  conreniens  : 

steigt  herab  in  meiner  äugen 

weit-  und  erdgemäsz  organ.    Göthk  41,  335. 

ERDGEMÜSE,  n.  terrae  pabulum  : 

er  treibet  sie  rur  weiden, 

tum  grünen  erdgemüs, 

zum  wasen  unterscheiden 

mit  vielen  blümlein  süsz.    Speb  Irutzn.  40. 

ERDGERIPPE,  n.  compages  ossea  terrae: 

rasch  mit  des  tridentes  stosz 

bricht  er  die  granitnen  seulen 

aus  dem  erdgerippe  los.    Scbuxeb  56V 

ERDGERSTE,  f.  ranunculus  ficaria. 

ERDGERUCH,  m.  odor  terrae. 

ERDGESCHICKE,  n.  genus  aeris,  erzart,  vgl.  geschicke: 

Elias  ruft  der  knappschafl  zu 

weit  von  den  erdgeschicken  : 

glück  auf!  blick  auf! 

komm  gefahren! 

munderhom  1,  IST  aus  de»  bergreihen  1712. 

ERDGESCHLECHT,  n.  genus  terrenum. 
ERDGESCHMACK,  m.  sapor  terrae. 
ERDGESCHÖPF,  n.  creatura:  all  erdgeschöpfe  zcagen  das. 
H.VRSDÖRFERS  sonntogsandacMen  s.  338. 

ERDGESCHOSZ,  n.  hypogea,  na  de  ehaussde,  parterre. 
ERDGESETZ,  n.  lex  terrae. 
ERDGESTALT,  f.  forma  terrena: 
80  der  gesandte  des  himmels ,  und  warf  mit  dem  letzten  der 

.  werte 

von  »ich  die  erdgestalt  und  schwand  zerflieszend  in  lüAe. 

BCRGER  24S'. 

ERDGESTALTCNG,  f.  formalio  terrae:  mehrere  wollten 
unsere  erdgestaltung  aus  einer  nach  und  nach  sich  senkend 
abnehmenden  wasserbedeckung  herleiten.    GOthe  22, 177. 

ERDGESTIRN,  n.  terra; 

der  leiseren  jubel  leiserer  wiederhall 

ist  donnerton  uns  söhnen  des  erdgestims.    Voss. 

ERDGETüMMEL,  n.  terrae  slrepitus. 

ERDGEWÄCHS,  n.  terra  natum,  planta.  Garg.  lOS';  die 
eclogen  oder  birtenlieder  reden  von  Schafen,  geiszen,  ernten, 
erdgewächsen.    Opitz  poeterei  24; 

0  traurigs  erdgewächs!  (cypreue).    Rohlb«  101; 
III. 


das  Wasser  ist  die  amme  aller  erdgewäckse.  Bctscbky  Palm. 
362 ;   weh  dem  erdgewächs  und  lieben  fruchten !    Albrecbts 
fluchabc  117.     in  der  chymie  regnum  regettdfile.  Frisch  1,  231". 
ERDGEWALT,  f.  poteniia  terrae: 

nun  laszt  auch  niederwärts  durch  erdgewalt 

herabgezogen  was  sich  hoch  geballt 

in  donnerwettem  wütbend  sich  ei^ehn.    Göthe  3,  106; 

wenn  auch  die  freiheit,  mit  welcher  der  geist  in  glücklicher 
ungebundenheit  die  selbstgewähllen  richtungen  stetig  ver- 
folgt ,  ihn  der  erdgewalt  mächtig  zu  entziehen  strebt ,  so 
wird  die  entfesselung  doch  nie  ganz  Tollbracht.  Hcxboldt 
Kosm.  1.  384. 

ERDGEWAND,  n.  mortal  manto: 

nun  nicht  gebührt  dir  schmerz  noch  thräne  weiter, 
denn  starbst  du  hier,  lebst  du  in  himmebaun, 
und  lassest,  ein  vom  erdgewand  befreiter, 
uns  deines  ruhms  erhabne  spuren  schaun. 

Gries  Toftos  befr.  Jer.  3,  68. 

ERDGEMMMEL,  n.  tumuUus  terrae: 

wohnt  ich  doch  von  diesem  erdgewimmel 
schon  entfernt  1  Höltt  152; 

er  (der  wost)  lichtet  des  erdgewimmels 
verworrenes  irrgeschick.    Rccsebt  116.  ges.  ged.  1,94. 

t^.  sterngewimmeL 
ERDGEWITTER,  n. 
ERDGEWÖLBE,  n.  eatiura  terrae: 

in  den  tiefen  erdgewölben 

hier  das  wasser,  hier  das  feuer.    Göthe  11,  227. 

ERDGIPFEL,  m.  cacumen  terrae. 

ERDGLAS,  n.  seiendes.    Lo.mcebcs  kreuterb.  370*. 

ERDGLIME,  vi.  larra  scarabaei  tnelolonthae,  engerling,  rjL 
alid.  gümo,  gleimo  cicendula. 

ERDGOTT,  VI.  kos  erdengott.  Logaü  3,63,36  erdgöUer, 
Obrigkeiten. 

ERDGRAB,  n.  tumulus: 

0  die  auch  im  erdgrah  und  Weltmeer  verwest  einscblosz 
der  gerichtsspnich.  Messias  2ii,  9S0 ; 

der  tod  ist  unser  vater,  von  dem  uns  new  empfängt 
das  erdgrab  unser  mutier,  und  uns  in  ihr  vermengt. 

LocAE  2,  6,  16. 
ERDGRÄBER,  m.  mus  talpinus. 
ERDGRAU,  icie  erdfahl. 

ERDGRILLE,  f.  gryUus  gryllolalpa,  reitwurm,  werre. 
ERDGROB,  terroius,  nahrhaft,  s.  erdmä5zig  und  erdengrob. 
ERDGROSZ,    magnUudine  terrae:     sechs    imgeheuere   erd- 
grosze  sonnenOecken.    J.  P.  Iterbdbl.  3, 203. 

ERDGRURE,  f.  bei  helfen  an  starker  in  die  erde  gesenkter 
kästen  mit  dem  sande  zu  den  gussformen. 

ERDGRÜBLING,  vt.  lycoperdon  tuber,  ein  se!ucamm. 
ERDGRUFT.  /.  fossa,  scrobs :  man  weisz  dasz  verschiedene 
erdgrüffe  inwendig  desto  stärkeren  frost  zeigen.    Kji>t  1, 41. 
s.  erdengnift.     mluL  ertgruft.   kl.  1020  Hohm. 
ERDGRÜN,  herbidus.  grasgrün. 

ERDGRUND,  m.  solutti,  erdboden,  erdreich:  der  erdgrund 
für  sich  selbst  mag  gut  sein,  dannoch  frissel  und  wöset  ei 
sich,  wo  man  ine  baulos  hält.  Fiscuabt  ehz.  573 ;  dasz  also 
das  reine  und  liebliche  im  erdgrunde  sicher  ist.  Spangexb 
lustg. '00;  alles  was  zum  rosenstock  aus  dem  erdgrunde  ge- 
zogen wird,  ebenda;  der  wenige  abgestellte  erdgrund,  worauf 
der  bäum  steht.    Güthe  39,192.     ohne  susammenfügung : 

fest  wie  der  erde  grund.    Scbiixbb  7S*; 
etnen  ton  pflanzen  und  gebdud  freien  boden  nennen  die  maUer 
den  erdgrund. 

ERDGÜRTEL,  i».  Jona,  cingula  terrae:  der  brennende  erd- 
gürtel  =  die  heisze  zone.    Katt  8,288; 

denn  in  der  luft,  die  rings  sich  umhergieszt,  ruhet  die  erde, 
und  in  fünf  erdgüricl  ist  ganz  vertheilet  ihr  umfang. 

Voss  Tibulls  glkdiwuHsdi  an  Metsala  153. 

erdgürtel  heisst  auA  ein  sich  breit  iü>er  den  boden  streckender 
schtramm,  agaricus  campe^ris. 

ERDHAFT.  1)  terrosus:  giengen  über  den  morast,  wo  sol- 
cher erdhaft  und  am  steifsten  war.    HEiLHAjms  Thuc.  893. 

2)  ad  solum  et  fundos  pertinens.    Haltals  387. 

ERDHäFTIG.  dasselbe:  die  schwärzliche  puzzolana  ist  mehr 
eisenartig.  die  riUbliche  ist  mehr  erdhaftig.  Winkelma!«!«  1, 350. 

ERDHALBMESSER,  »?i.  semidiamder  terrae. 

ERDHALTIG,  terrosus. 

ERDHALUNKE,  »i.  furcifer:  sitzt  meistens  zu  Ingolstadt 
unter  \oü  koth  zusammengeblasnen  erdbalunken.  Fr.  MOlleb 
2,11. 

49 


771 


ERD  HAMMER  —  ERDICHTEN 


ERDICHTER  — ERDINGEN 


772 


ERDHAMMER,  m.  ein  langer  hülzerner  hammer,  mü  welchem 
die  Perser  die  erdkloszer  {erdklOsze)  auf  dem  acker  von  einander 
schlagen,    pers.  rosenih.  7, 18. 

ERDHAMSTER,  m.    rockenphil.  6,100. 

ERDHANDEL,  m.  res  in  orbe  terrarum  geslae,  Welthandel  : 
eine  freie  aussieht  über  die  venvorrenen  erdhündel.  Stil- 
LWG  1,  66.     anders  bei  Frisch  I,  231". 

ERDH.\NGEL,  m.  cardo  terrae:  wenn  man  die  cardincs 
terrae,  die  erdhiingel  nicht  mehr  schmieret.    Garg.  150*. 

ERDHARZ,  n.  resina  terrae,  bäumen. 

ERDHASE,  m.  lepus  pusUlus,  der  Springer. 

ERDHAUE,  f.  ligo,  karst. 

ERDH.\UFCHEN,  n.  acervus  minutus. 

ERDHAUFE,  »i.  cumtdus  terrae. 

ERDHAUS,  n.  domus  sublerranea,  altn.  iardhös.  auch  sdianze, 
im  utUerschied  von  blockhaus.    Frisch  1,  231'. 

ERDHENNE,  f.  gallus  pumilio.    Henisch  914,  64. 

ERDHEü,  n.  foenum  pratense.    Henisch  914,  65. 

ERDHÖCKER,  m.  gibbus  terrae:  ist  doch  alles  was  mich 
in  Jena  umgibt  so  trümnierhaft  gegen  vorige  Zeiten,  und  ehe 
man  sichs  versieht,  stolpert  man  einmal  wieder  über  einen 
erdhücker,  wo,  wie  man  zu  sagen  pflegt,  der  spieliuann  oder 
der  hund  begraben  liegt.    Göthe  an  fr.  von  Stein  3,  413. 

ERDHOLE,  f.  canalis  subterratieus,  verdeckler  abzuysgraben : 
erthol  oder  dol,  draco.    vocab.  1482  g6'.     erddol? 

ERDHÖLE,  f.  caverna. 

ERDHOPFE,  m.  hypericum. 

ERDHU.MMEL,  f.  apis  terrestns. 

ERDHÜNCHEN,  n.  coluber  domeslicus,  hausolter.  rockenphil. 
2,  51.     vgl.  erdhünlein.    Scbm.  1, 104. 

ERDHÜTTE,  f.  casa  in  humum  demersa. 

ERDICHT,  terrae  similis:  die  säfle  werden  im  alter  immer 
unreiner,  schärfer,  zäher  und  erdichter.  Hufelands  makro- 
biotik  1,194;  die  Organisation  des  menschen  ist  die  zarteste, 
kann  also  durch  ein  übermasz  erdichter  theile  am  leichte- 
sten unbrauchbar  gemacht  werden.    1,  216. 

ERDICHT  für  erdichtet,  fictus,  s.  erdichten. 

ERDICHTRAR,  effingibilis,  unerdichtbar,  inefßngihilu,  unftnd- 
bar,  undenkbar. 

ERDICHTEN,  conßngere,  effingere,  sowol  in  gutem  sinn  er- 
sinnen, erdenken,  erßnden,  als  in  üblem  lügen: 

wir  kunnen  auch  ein  sinn  enichten, 

wie  wir  uns  nach  der  sach  auch  richten,    fasln.  145,  19; 

die  hur  hats  aur  mich  erticht.    -532,  16; 

habt  ir  ein  neuen  siten  erticht.    657,  7, 

was  du  redest,  das  ist  alls  erdicht.    Teuerd.  96,  210; 

wir  hand  im  sinn 

uch  Torzespilen  ein  geschieht 

von  keinem  menschen  selbs  erdicht,    trag.  Joh.  A3; 

den  [babstlictien  stand)  die  tüfel  erdichtet  hant. 

McRiiER  lulh.  narr  3017; 

sie  ertichten  schalkheit  und  haltens  heimlich,  ps.  64,  7; 
und  spielet  auf  dem  psalter  und  ertichlet  euch  liedcr  wie 
David.  Amos  6,  5 ;  und  durch  geiz  mit  ertichten  worten  wer- 
den sie  an  euch  hantieren.  2  Peir.  2, 3 ;  da  solches  der  ge- 
meine man  ersehen  hat,  hat  er  solche  künst  nit  wollen  ver- 
lassen, darumb  sie  noch  nützer  sind  dann  die  künst  der 
erdichten  arzt.  Paracelsus  c/iir.  scAr.  28* ;  erdichtet  und  zuhin 
thon  (lunzugethan).    Maaler  109"; 

wol  dem  der  den  gotsdienst  erdicht 

und  den  gott  Bei  bat  aurgcricht.    If.  Sachs  III.  1,  154*; 

dann  wenn  der  mensch  lang  vil  erdicbt, 

to  kompt  gott,  der  sein*  gl'allens  riebt.    Atker  302'; 

da  bist  der,  so  mit  deiner  falsch  ertichten  prartik  mich 
umb  all  mein  ehr  und  gutes  lob  gebracht  hat.  Galmy  251 ; 
dasz  der  klüger  solches  nur  crlichtct,  auch  alle  weg  warzu- 
machen unvcrmßglich  wäre.  Kirchhof  rendunm.  283*;  andere 
mehr  erlichlcte,  erstunkene  fratzen.   887*; 

wer  rechte  warbeit  vor  nit  weist, 
glaubt  alln  ertichten  worten  heiii.    448*; 

dieselbige  hotschaften  bisweilen  ertichter  gescbaft  sich  an- 
maxzen.    mit.  dise.  170; 

durch  diiie  wort  war  bald  cntgrfindet 

dp«  Rheins  angot,  so  nllrin  prdichl.    WccCRMLlK  348; 

iIpp  (Irifcben  fnichlbarpr  verstand 

hat  nicht  mehr  wundnrwcrk  enlichtet.    367; 

rardinal  Bihienna,  so  die  luftige  comedien  Caliandra  erdich- 
tet lyäirhifl)  hat.  Opitz  1,7';  den  mannbafligen  und  kühnen 
verten,  die  Alcaeui  erdichtet  hat.  poelerti  St; 


ein  alter  mann  wird  zwar  veracht, 

der  aber  doch  der  jungen  lacht, 

die  ihnen  selbst  ein  lied  ertichten, 

das  man  dann  auch  auf  sie  wird  richten.    Locaü  2,121,10; 

wo  endlich  Christus  nicht, 
der  liebe  menschenfreund,  das  mittel  hätt  erdicht, 
dasz  er  durch  seine  blösz  des  menschen  blösie  deckte. 
Hanüann  zur  pocterei  248 ; 
ich  habe  ihn  blosz  durch  einen  erdichteten  brief  auf  andre 
gedanken  zu  bringen  gesucht.    Lessing  1,285; 
erdichte  nur  recht  viel,  es  soll  dir  nicht  gelingen, 
du  willst  mich,  denkt,  wie  schlau !  nur  um  den  vogel  bringen, 
nein,  nein,  die  s-chäterin  kriegt  ihn  gewis  von  mir. 
Rost  schäfcnj.  59; 
doch  Ilüsterlo  hört  ich  im  leben  nicht  einmal 
nennen,  ebensowenig  als  Krekelbom.    sollt  ich  nicht  lürchten, 
dasz  du  uns  wieder  oelügät  und  solche  namen  erdichtest? 

GöTUK  40,  85; 
CS  ist  alles  erdichtet  und  erlogen. 

ERDICHTER,  m.  fictor :  I.  Eberlins  YII  bundgnosz  1521  aV; 
G.  Scherers  wundsegen  1595  H4'; 

bistu  der  selbig  Sachen  richter,     « 

uf  beiden  seilen  ein  erdichter.    Murner  schelmenz.  24*. 

ERDICHTEREI,  f.  ficlio:  dann  die  arznei  soll  nicht  sein  in 
den  erdichten  arzten,  sondern  soll  bekannt  sein  allen  denen, 
die  auszcrhalb  der  erdichterei  sind.  PAnAcELsiis  chir.  sehr.  29*. 
ERÜICHTLICH,  fiäus,  imaginarius:  aber  verlassung  der 
kinder  {emancipalio)  geschähe  vor  ziten  durch  erdichtlichs 
verkoufen  (per  imaginarias  vendiliones).  Mdrners  Verdeutschung 
der  inslituten  1519.  14*. 

ERDICHTLICH,  ficte,  ob  causam  fidam-:  geben  mir  das  alles 
erdichtlich  zu.  Sickingens  beridü  uf  das  uszschriben  deren  von 
Worms  (1515)  A4'; 

si  hand  mich  zu  eim  morder  gemacht, 
das  ich  hab  leider  in  der  schlacht 
ein  frum  ritter  lassen  nöten, 
feischlich,  erdichtlich  lassen  döten. 

MuRNKRS  geuckmat  1519  0  4. 

ERDICHTUNG,/,  ßgmentum:  die  erdichtung,  die  seele  der 
poesie,  wie  sie  Aristoteles  nennt,  wurde  ihr  zuerst  durch 
den  Homer  eingeblasen.  VVinkelmann  1, 166;  es  ist  erfahrung 
und  nicht  erdichtung.    Kant  2,32. 

ERDICHTÜNGSGARE,  f  wer  so  plump  wahr  ist,  den  wird 
man  wegen  der  erdichtungsgabe  nicht  in  verdacht  haben. 
Klincer  11.  237. 

ERDICHTUNGSKRAFT,  /".  Corneille  prahlte  damit  als  mit 
sehr  wunderbaren  anstrengungen  der  erdichtungskraft.  Les- 
sing 7, 142. 

ERDICKEN,  crassescere,  dick  werden. 

ERDICKERN,  crassum,  turgidum  reddere:  allein  ich  erhfiher 
und  erdicker  das  haupt  nach  der  selten  ...    s.  erbreitern. 

ERDIENEN,  mereii,  lucrari,  heute  verdienen,  o/id.  irdiondn, 
0.  hol  nebeneinander  IV.  9,  29 

in  himilriche  ouli,  tha;;  ist  wiir,  thaz  githionötun  se  tbär, 
irthionötun  se  harto  frumü  managralti). 
nhd.  wiltu  erdienen  gottes  gleit, 

dein  herz  zu  kunimcr  si  bereit.    SciiwAnzKNBERC  151 ; 

weil  sie  im  kriege  etwas  gcstolen,  erbeutet  oder  sonslen  er- 
dient, fürstl.  tischreden  durch  Jon.  Wehner  Gerharten  C.  von 
Basel.  Frankf  1597  s.  265;  er  kann  nicht  einen  groschen  er- 
dienen.   Stieler  316. 

ERDIG,  terreus,  terrenus,  Itrrestris:  seine  erdigen  lüste.  J.  P. 
Ilesp.  3, 101 ;  so  wohnt  schon  in  irdischen,  ja  erdigen  herzen 
etwas  ihnen  fremdes.  ac.v/A.  l,  75;  es  ist  der  kurze  durchgang 
eines  erdigen  Wandelsterns  durch  die  sonne  des  Sonnengottes. 
freihcitsb.  105;  der  zweite  tag  des  Adonisfestes  war  lauter  freude. 
alle  hofnungen  kehrten  zurück,  die  göttin  der  Schönheit  er- 
schien und  das  erdige  leben  wurde  ein  hitnmel.  ddmmt- 
runi/cn  HO.     die  erdigen  theile,  beslandlheile.     s.  erdicht. 

ERDIGEN,  sepelire,  beerdigen,  Stiele«  386.     vgl.  erden. 

ERI)IN(;EN,  p<r  lilem  exigere,  impetrare,  einklagen,  trktagen : 
so  soll  und  inöcht  alsdann  der  obgem.  Junker  die  guter  in- 
dingen  (eindingen)  3  tage  und  6  wochen.  und  wann  er  die 
also  in  erdingt  (einm/ini/O  und  enolgt  hette.  so  soll  und 
mochte  Junker  Johan  dan  mit  denselben  gutem  Ihun  und 
lassen  als  mit  andern  seinen  gutem,  weislh.  1,599;  und  w.i< 
da  crdingt  wirt ,  das  wiseu  wir  in  hrhall  gm  Walde«  k. 
2,208;  als  hei  es  erdingt  und  erthedingt  (rr/ri(A</ir»<^)  nn  dem 
rechten.  2, 42«.  wie  erdingen  und  erthridingcn  rfefcm  auch 
dingen  und  Iheidingen,  verdingen  und  verlhiiiliiigen  (rer- 
thriiligen)  wAennnander.  die  weiten,  wann  die  enlingt  und 
erklait   {erklagt)   werden   tu   Fcldkirchen    als    dal   mht    isl. 


773 


ERÜISCH— ERDKREBS 


ERDKREIS  — ERDMESSER 


774 


3,  744 ;  ausbehalten  unsenn  gn.  herren  von  Trier  den  vor- 
ding und  was  er  erdingt.  3,  S12 ;  und  was  er  erdingt,  er- 
mahnt und  rett  {redei).    3,  813. 

ERDISCH,  tetrenus,  irdisch:  das  erdische  und  das  himm- 
lische. LocAU  3,  42,  12;  himmlisches  und  irdisches  heil. 
3,63,35;  zur  erdischen  glückseligkeitszeitigung  befördern. 
BoTSCBKT  Patm.  5 ;  also  ubenrindt  die  himlisch  liebe  die  er- 
dische begirlicheiten.  Velr  rergiszmeinnicht  S.  auch  für  erden, 
irden,  fictilis.    Diefenb.  233'. 

ERDISCHHEIT,  /.  erdgehaü:  in  dem  scheiden  sich  die 
salia  von  der  erdischheit  und  gehnd  in  ein  regen  (schäum). 
Paracelsüs  2, 105*. 

ERDISPUTIEREN,  disjmtando  dirimere:  sie  mögens  auf  dem 
seraphico  erdisputieren  und  verdecidieren.  hxenenk.  53*.  sich 
erdisputieren,  s.  oben  erbeiszen  5.  erdisputiert  und  ersprachet, 
concertaia  res.    Maaler  109*. 

ERDITRICHEN,  reserare,  recludere,  erschlieszen,  aufditrichen  : 
also  dasz  irs  kümmerlich  mit  den  zänen  betten  erlargieren, 
erlassen,  erweitern  und  erditerichen  mögen.  Garg.  104*.  vgl. 
2, 1145.  1146. 

ERDKÄFER,  m.  silpha,  gryllotalpa,  erdgrille. 

ERDKAISER,  m.  Lunus  ist  wirklich  unser  erdkaiser. 
J.  P.  herbsibl.  ?,  241. 

ERDKEIM,  m.  germen. 

ERDKERN,  m.  granum,  nucleus  terrae:  wie  Älbano  so  nahe 
neben  der  geliebten  gieng,  fiel  das  unter  seinem  eden  bren- 
nende fegfeuer  immer  tiefer  in  den  erdkern  zurück.  J.  P. 
TU.  2.  23t. 

ERDKESTEN,  f.  chaerophyUum  bulbosum,  erdkastanie. 

ERDKIEFER,  /.  teucrium  chamaejnlys,  auch  coris,  schlagkraul: 
erdkifer  wird  es  genant,  dieweil  es  sich  dem  kiferbaum  ver- 
gleichet und  nur  ein  spannenhohes  stäudlein  wird  {dso  räedrig 
an  der  erde  steht).    Loxicercs  79'.    Henisch  914,  68. 

ERDKIEFERKRAÜT,  n.  dasselbe:  nimm  des  erdkiferkrauts 
oder  schlagkreutlein.    Tabernaem.  279. 

ERDKIEFERLEIN,  n.   hypericum  humifusum. 

ERDKLÖPPEL,  m.  brassica  napobrassica. 

ERDKLOSZ,  m.  was  erdenklosz,  erdklumpe,  erdscholle:  die  erd- 
kloszer  auf  dem  acker  von  einander  schlagen,  pers.  rosenth.  7, 18 ; 
und  wie  weisz 
man  denn,  für  welchen  erdklosz  man  geboren, 
wenn  mans  für  den  nicht  ist,  auf  welchem  man  geboren? 

Lessing  .  .  . ; 
was  mir  begegnen  wird,  was  möglich  ist,  wird  er 
an  mir,  an  allen  thun.    was  will  der  erdklosz  mehr? 

LiCHTWER  recht  der  vemunft  99; 
denn   noch  jetzt   sehe   man   in  Thebais   zu  gewissen  zeiten 
mause   entstehen,   die   bis  zur  brüst  schon  belebt,   mit  den 
vorderfüszen   sich   regen,   indes   der   hinterleib   noch  unge- 
bildet am  erdklosz  hafte.    Voss  zu  Virg.  Georg.  4,  281. 

EBDKLOTZ,  m.  dasselbe:  wir  alle  sind  gemacht  von  dem 
löcherten  wurmäszigen  holz,  von  dem  verfluchten  erdklotzen. 
Keisebsb.  schif  der  penit.  18'; 

ein  hafner  uj  eim  erdklotz  macht 
ein  erlich  gschirr  sunst  vil  veracht.    Brast  57,  35; 
der  kathbatz   (kothbatz,   dreckbatz)   und  der  erdklotz  (komna) 
wider  in  sein  muter.    Fhaxk  chron.  402*. 

ERDKLÜFT,  f.  rima  terrae:  dunstende  lache  oder  erdklufl, 
Korüber  kein  vogel  fliegt. 

ERDKLUMPCHEN,  n.  glebula  terrae:  wenn  wir  tins  auch 
Ton  diesena  erdklümpchen,  das  uns  ein  ungeheures  weitall  er- 
scheint, bis  zur  sonne  aufschwingen  könnten.  Wielasd  24,  52. 

ERD KLUMPE,  m.  massa  terrae. 

ERDKNOLLE,  m.  Solanum  tuberosum,  kartoffel. 

ERDKOBALT,  m.  genus  cobalti,  eine  arl  des  koballs. 

ERDKOHLE,  f.  geanlhrax,  brennbare  von  Steinkohle  rer- 
sdäedne  kohle. 

ERDKOHLENKLEIN,  n.  xerbröckelte  erdkohle. 

ERDKORN,  n.  granum  terrae. 

ERDKÖRNCHEN,  n.  was  ist  das  noch  für  eine  erde !  bricht 
man  sie  in  drei  stücke  auseinander,  in  die  Juno,  in  die 
Pallas  und  in  die  Ceres,  so  kommen  zwei  erdkörnchen  und 
ein  erdkörper  heraus.    J.  P.  freiheilsb.  99. 

ERDKRÄNZLEIN,  n.  glecotna  hederacea,  gundelrAe.  Loni- 
CERDS  235*.    Frisch  1,  231*. 

ERDKRALT,  n.    siehe  erdrauch. 

ERDKREBS,  m.  erdgrille,  maulwurfsgrille : 

hier  pflanzte  der  liebe  greis,  er  begosi  hier, 
scnünelte  über  den  erdkrebs  zürnend,  doch  lächelnd  im  zome 
nler  sem  haupt.  Stolbbrc  1,  433. 


ERDKREIS,  m.  crbis  leirarum,  erdi'nkrcis:  die  finster  nacht 
jetzund  den  ganzen  erdkreisz  überzogen  halt.    Galmy  49 ; 

ob  die  sonne  gebet  nieder 

und  den  erdkreisz  traurig  macht, 

doch  so  kömmt  sie  frölich  wieder 

nach  der  überstandnen  nacht.    Flesing  436; 

und  spotten  dein,  du  stolzer  wellgebieter 

vor  dem  der  erdkreis  niederfällt.    Hölti  239; 

der  erdkreis  feiert  noch  im  dämmerschein.    Salis  5; 

der  erdkreis,  überall  des  herm, 

beut  überall  ein  grab.    Matthisso«  78. 

ERDKREISMESSER,  m.  geometra.    Fischart  ehz.  18  (454). 

ERDKRONE,  f.  tussilago  farfara,  hußaitich. 

ERDKROTE,  f.  bufo  terrester,  im  gegensatz  von  wasserkröte. 

ERDKRUSTE,  f.  crusta  terrae. 

ERDKUGEL,  /.  terrae  globus. 

ERDKUNDE,  f.  cognitio  orbis  terrarum,  geographia:  in  der 
erdkunde  und  schiffart  wol  bewandert.  WEiszEsAinder/r.  10,163. 

ERDKÜNDIG,  terrae  gnarus. 

ERDL.\GE,  f.  corium  terrae:  ist  die  erdlage  nach  einer 
seile  geneigt.    Kam  9,  50. 

ERD  LA  GER,  m.  cubile  terrestre: 

bettet  er  sich  erdlager.    Voss. 

ERDLAST,  f.  moles  terrae,  Rädleik  247': 
oftmals  ringt  er  mit  macht  hinweg  arbeitend  die  erdlasl.  Voss. 

ERDLAÜE,  f.  labes.  Staldeb  2, 161.  erdJouwe  Maaleb  109*, 
lavine. 

ERDLEBERKRALT,  n.  liehen  caninus. 

ERDLEIB,  m.  terra,  corpus  terrae: 

schenk!  ich  ^egne  des  erdleibs  ewige  quellen, 
welche  leer  sich  nicht  schöpfen  lassen  noch  pumpen. 

RCCKERT  369. 

ERDLEUTE,  pl.  nani,  erdmännchen,  pygmaei. 
ERDLEUTLEIN,  n.  dasselbe:  von  dem  krieg  der  erdleutlein 
und  kranch.    Brast  bei  StänhOicel  Aesop  168. 

ERDLING,  m.  terricola,  ags.  eordling,  yrdling,  engl,  earthling. 
verächtlich  im  sinne  von  erdwurm,  erdensohn. 

ERDLOCH,  n.  foramen  terrae,  locus  in  terra  munilus: 

ein  tburn  der  heiszt  zur  teschen, 

darbei  ein  erdloch  fest, 

den  feind  alda  zu  dreschen 

und  wehrn  aufs  allerbest.    Solwu  410. 

ERDLOS,  1)  terra  nudus,  frei  von  der  erde:  eine  erdlose  stelle. 
2)  terra  solutus,  mortuus: 

denn  erdlos 
kamen  vom  Ganges,  vom  Rhein,  vom  Niagara   vom  MIus 
an  den  cedern  emher  auf  Tabor  seelen  der  kinder. 
Messias  16,  321. 

ERDMADE,  f.  vermis  terrae  und  wiederum  für  mensch,  erden- 
sohn.    ags.  eordmadu.    auch  die  zwerge  entsprangen  als  maden. 

ERDMANDEL,  f.  lalhyrus  tuberosus. 

ERDMANN,  m.,  obschon  nach  erdmännchen  itnd  erdieute 
vorauszusetzen,  erscheint  keder  in  der  alten,  noch  in  einer  ver- 
wandten Sprache,  erst  späterhin  hat  man  Erdmann  zur  Verdeut- 
schung von  Adam  gebildet.   Stieler  1234. 

ERDMÄNNCHEN,  n.  nanus,  unterirdischer  erdgeist,  Wichtel- 
männchen, mythol.  423.  er  glaubt  etwa  das  erdmännchen  zu 
hören.    Herder  20, 196. 

ERDMÄNNIN,  f.  terra  maier:  Rhea,  diese  abgöttin  hatte 
sonst  auch  noch  viel  andere  namen,  als  Isis,  die  Erdmännin, 
Tellus,  die  erdreiche.    Spangenberg  o.  weish.  lustg.  19. 

ERDMÄNNLEI.X,  n.  nanus:  Schneckenkriecher,  mareschröt- 
lein,  aufhocker,  wichtelein,  erdmännlein.  Fischart  groszm.  132. 

ERDMASSE,  f.  moks  terrae,  erdhaufe. 

ERDMAST,  f.  brutmast,  gewürm  in  der  erde,  das  von  den 
in  die  mast  getriebnen  schweinern  gierig  gefressen  wird.  vgl.  heer- 
wurm, tipula. 

ERDMÄSZIG,  terrostts,  crasstts:  den  magen  durch  mittel 
des  erdmäszigen  und  melancholischen  geblüts,  so  von  dem 
milz  dahin  verschickt  wird,  ein  und  zusammenzuziehen. 
Uffenbach  ro^uch  l,  128 ;  diese  pferde  sind  gemeiniglich  von 
groben  und  erdmäszigen  speisen  erhalten  worden.    2,  5. 

ERDMAUS,  f.  mus  arvalis,  feldmaus. 

ERDMÄÜSCHEN,  n.  lalhyrus  tuberosus,  erdnusz,  s.  mäuse- 
kartoffel. 

ERDMEER,  n.  maria  terrae. 

ERDMEHL,  n.  farina  fossUis,  bergmM. 

ERDMESSER,  m.  geometra. 

ERDMESSER,  m.  für  erddurchmesser,  diameler  terrae:  das 
'   ist  meine  hülle,  dasz  ich  so  viele  windschiUuche  mir  denken 

49» 


775 


ERDMESSUNG  —  ERDRAiND 


ERDRASE  — EIIDREICÜ 


776 


musz,   denen  ich  nie  beikominen  kann,  weil  manche  einen 
ganzen  erdmesser  weit  von  mir  liegen.   J.P.  anh.  zu  Tit.  l,to. 

ERDMESSÜNG,  f.  geomrtria. 

ERDMIES,  ERDMOS,  n.  spergula  anensis,  Schm.  1, 107. 

ERDMILRE,  f.  acarus  holosericeus. 

ERDMISTEL,  f.  visctim  leireslre. 

ERDMÖHRE.  /.  astnigalits  gtycyphyllus,  chrisUanmirz,  knol- 
lenkranl.    Lo.nicerus  273'.    Frisch  1,  23l'  hol  dafür  erdmolten. 

ERDMORCHEL,  f.   lycopcrdun  lubcr,  Irüffä.    Lomcerus  85*. 

ERDMOTTE,  f.  plialaena  dumeti. 

ERDMÖWE,  f.  procellana. 

ERDNABEL,  m.  ximlniicus  terrae:  das  erst  und  fürnembst 
durchwachs  nennet  man  im  Westerich  (mit  züchten)  stops- 
loch,  und  ist  on  zweifei  das  erst  cotyledon,  welches  Mar- 
cellus  Vergiiius  acetabulum  nennet,  hiesz  wol  zu  teutsch  auch 
löffelkraut  oder  nabelkraut,  dann  die  bletter  sind  etwas  hui 
und  erhaben,  wie  ein  nabel  oder  zimlicher  lölTel,  zu  lateiu 
umbilicus  Veneris,  hortus  Veneris,  terrc  umbilicus.  Bück 
kräiäerbuch  384. 

ERDNÄCHST,  prope,  proxime  tcrram. 

ERDNAHE,  terrae  vicinus,  gegensalz  von  erdfern. 

ERDNÄHE,  f.  perigaeum,  s.  erdferne. 

ERDNEST,  n.  nidus  terrestris:  die  Gnsternis  nach  mitter- 
nacht  legt  uns  wieder  in  unser  erdnest  herein.  J.  P.  uns. 
hge  2,  C3. 

ERDNTSZ,  f.  lathyrus  tuberosiis.  Lonicerus  273*;  malitm 
terrae,  erdapfel.  voc.  1482  g6'.  steinerne  erdnüsse  =  steine. 
Weise  Jephtha  1.  4. 

ERDOBERFL.\CHE,  f.  superficies  terrae. 

ERDOCHSE,  m.  larva  scarabaei  stercorarii,  larve  des  mift- 
kdfers,  tgl.  erdglirae. 

ERDÖL,  n.  ten-ae  oleum,  naphlha. 

ERDÖLBRL'NNE,  m.  fons  naplilliae. 

ERDOLCHEN,  sica  perfodcre. 

ERDÜLQUELLE,  f.  fons  naphlbae. 

ERDONNERN,  personare,  erkrachen: 

die  hall  erdonnert  von  geschrei.    Wiela-«!); 
auT  einmal  flog  im  stürm  die  kammerihiir 
erdonnernd  auf; 
laut  am  lande  zerplatzt,  erdonnnert  sie.    Voss. 

Zeus  erdonnert,  tonat. 

ERDOPPELN,  duplicare:  e.  gn.  allgeschlagene  herzwunde 
durch  neuen  herzensrisz  wider  geöfnet  wird,  wie  aber  mit 
e.  gn.  erdoppeltem  herzeleid  ich  meinen  teil  mitempfinde, 
also  weite  ich  u.  s.  w.   Bütschky  kanzl.  854. 

ERDORREN,  torrcri,  arescere.  mhd.  wb.  1,322":  es  ist  nie  in 
mir  ein  blat  erdorrt  (spricH  der  buclisbaum).  Cyrillus  24';  unter 
vil  hundert  menschen,  die  der  weltlichen  liebe  erdorrent  (ab- 
sterben), kommet  kaum  eins  darzu  on  auswendige  leiden.  Kei- 
SERSB.  pred.  7";  die  würz  so  lang  darin  hangend  gelassen, 
bis  si  wol  erdorrel.    Thurneisser  tnfl.  wirk,  aller  erdg.  18; 

veriiebt,  verwirrt,  verworren 

sie  leidet  feur  und  pein, 

mark,  blut  und  bein  erdorrcn, 

die  zibr  auch  trucknen  ein.    Speb  trutzn.  61  (57). 

ERDÖRREN,  torrere,  arefacere:  welches  ein  anzeigung  gibt 
heutiger  unvolkommenheit,  das  die  Icut  wie  erfrorene  oder 
erdörrtc  fröschleich,  rosnagel  und  hauptbrüchel  nicht  mehr 
zu  rechtzeitiger  grösze  gelangen.  Gary.  41';  sie  stieszen  bei 
den  bronnen  zusaroen,  wie  im  sandigen  crdörrtcn  Africa.  194'. 

ERDOTTERN,  erzittern,  erschüttern,  v^.  doltern  2, 1315,  er- 
datlern  oben  sp.  74C  und  erhuttern. 

ERDPECH,  n.  bilumen  malllia.    KAirr  9,33, 

ERDPFAU,  m.  cislut  helianlhemum,  eine  ort  ysop. 

ERDPFEFFER,  m.  polygonum  hydropiper. 

ERDPFRIEME,  m.  ijrniMa  germanica,  ginster:  man  will  die 
blumen  auch  nicht  wol  kennen,  doch  sagen  etliche  weibcr, 
es  «eien  kleine  strcichblumen.  die  andere  nenncns  erdpfrim- 
men,  humilis  genista.    Bock  krdulerb.  479. 

ERDPIN,  iva  arthrUica:  nphmet  gamanderlein,  erdpin  und 
tansendguldenkraut.  Hohbebc  3.  I,  424'.  427".  bei  Neünich 
und  YnmcB  23 1"  steht  erdpin  teucrium  chamaepityt,  in  pin  ichcint 
aho  pinus  enthalten. 

ER D POL,  m.  polut  terrae. 

EilliPI'PPE,  f.   jiiiyMlis  alkAkcnyi,   steinpuppe,   blasenpuppe, 

•-■'-' ~ •■'•''■    ;fJanie. 

■ .  landraUe,  wiesenichnarcher,  ichnarz. 
jj  :  rrae,  ufer. 


EHDRASE,  »?).  ccspes:  oben  zu  öberst  über  die  brustwehrcn 
setzet  man  auch  mit  ausgestochenen  erdrasen.  Kirchhof  mü. 
d^c.   19S. 

ERDRATTE,  f.  talpa. 

ERDRAUCH,  m.  n.  fumarta:  crdrauch  oder  taubenkropf. 
LoMCEBUs  202".  voc.  1482  gt)".  man  samlet  crdrauch  im  an- 
fang  des  lenzen,  weils  noch  blühet  und  im  ende  des  lenzen, 
wenns  voller  samen  ist.    Scdnurr  1664  s.  157; 

auf  den  eräbcrn  unsrer  vätor 

sprieszt  des  erdrauchs  purpurstrausz.    Salis  125. 

ERDRAUCHSAFT,   m.     nimb   zwei  quintlein  erdrauchsaft. 

LONICERÜS    273'. 

ERDRÄUEN,  minis  impetrare,  erdrohen. 

ERDRAUM,  n».  lerreslre  spatium:  alles  geschafTene  im  erd- 
und  himmelsraume.    Humboldt  Kosmos  1,  viii. 

ERDRÄl'MER,  m.  eine  schaufcl  der  minengräber. 

ERD RAUPE.  /■.  terricola  larva. 

ERDRAüTE.  f.  fumaria  capnoidcs. 

ERDRECHSELN,  tomando  efficere:  unsere  schönen  geister, 
genannt  philosophen,  erdrcchseln  aus  protoplastischen  mar- 
chen  principien  und  geschichte  der  künste  bis  auf  den  beu- 
tigen tag.    GöTHE  39,  342. 

EHDHEGEN,  m.  terrae  imber. 

EHD REHEN,  torquendo  movere. 

ERDREICH,  n.  ferro,  solum,  ein  tnel  gebrauchtes  wart,  ahd. 
erdrichi ,  mhd.  örlriche ,  alts.  erdriki ,  ags.  eordrice ,  fries. 
erthriki,  ntü.  aardrijk,  nur  in  den  nordisclien  sprachen  unge- 
wöhnlich. 

1)  im  gegensatz  zu  himmelreich:  in  dem  anfang  als  got 
himmelreich  und  erdreich  beschaffen  hat  und  alles  das  im 
hiinmel  und  in  erd  ist.  Keisersk.  s.d.  m.  12';  wenn  du  das 
urteil  lessest  hören  vom  himel,  so  erschrickt  das  erdreich 
und  wird  still,  ps.  76,  9;  sol  ich  Charicleam  verlassen?  o  hiin- 
mel, 0  erdrich,  es  wird  mir  übel  anstehen!  buch  der  lii'be 
205, 1.  wie  sonst  himmel  und  erde  angerufen  werden. 

2)  erdboden,  boden:  mhd.  dö  was  sente  Silvester  in  cime 
gröjen  gebirge  und  erbeil ete  da  mit  sinen  pfaffen  da^  frt- 
rlche,  daj  si  sich  generten.  »ly«/.  1,  42,  35;  nhd.  da  thet  sich 
der  herr  nider  und  schreib  in  das  erdreich  und  Ihet  sich 
darnach  wider  nider  und  neiget  sich  und  schreib  aber  in 
das  erdreich.  Keisersb.  s.  d.  m.  3ü';  und  bin  auch  gefallen 
aufs  erdreich,  das  uns  alle  gleich  tregt.  wcisli.  Salom.  7, 3 ; 
da  die  schöne  Magelone  solches  von  ihrer  ammen  höret, 
sprang  sie  vor  groszen  freuden  ihres  herzens  aus  dem  bett 
auf  das  erdrich,  halset  und  küsset  sie.    buch  der  lid>e  31,4; 

und  wer  sich  sin  wctl  nemmcn  an, 

den  sönd  ir  manlich  zerdrich  scblan.    trag.  Joh,  K  t, 

tele  sonst  zu  boden,  zur  erde  schlagen; 

des  sültend  si  sich  ins  erdrich  schemmcn.    fastn.  894,35, 

wie  sonst  sich  in  den  erdboden,  in  die  erde  hinein  schämen, 

ivr  schäm  in  die  erde  kriechen; 

soll  ich  dein  poshcit  halbe  sagen, 

man  sprach  dich  soll  das  erdrich  nit  tragen,    fastn.  255, 1, 

der  erdboden  dich  nicht  auf  sich  leiden,  er  ruht  im  schosze 
des  erdreichs  {der  erde); 

beim  grabe  der  seher 
wachst  dort  unten  ruhiges  mos  im  kühlenden  erdreich. 

Meuias  1,67, 
nadt  der  ausg.  von  1751,  die  späteren: 
in  der  kühlenden  erde; 
iut  aber  iimschlosz  ihn  dunkeles  erdreich.    lt.  %  699. 

3)  erde,  Wohnort  der  menschen  im  allgemeinen,     vihd.  ftf  irt- 

rlchc  geleben.    pass.  K.  176,21;  ftf  tfrtrkhe.  339,65; 

nhd.  bin  auf  morpen  die  sonn  thet 

wider  über  das  erdrich  gon.    Teuerd.  107,  69 j 

das  erdreich  musz  vergehen,  wenn  er  sich  hören  leszt.  ps. 
46,7;  deine  blitze  leuchteten  auf  dem  erdboden,  das  erd- 
reich regele  sich  und  bebete  davon.  77,  19;  der  herr  ist 
kOnig,  des  frewe  sich  das  erdreich.  97, 1 ;  du  hast  eine  grenze 
gesetzt,  darüber  kernen  sie  nicht  und  müssen  nicht  widerumb 
das  erdreich  bedecken.  104,0;  die  zerstrewelen  aus  Jtidn  zu 
häuf  füren  von  den  vier  ortern  de«  erdreich«.  ^.«.  11,12; 
die  hügel  zergehen,  das  erdreich  bebet  fiir  iin.  tiahum  1.5; 
das  ich  nicht  kome  und  das  erdreich  mit  dem  bann  »rhiahe. 
.Vrt/cur/ii4,6;  selig  sind  die  sanfimülhigen,  denn  sie  werden 
das  erdreich  besitzen.  Matlh.  !>,'■>  {>ihd.  iiisij:,ml  i'rda.  viilj. 
possidebunl  lerraml.  häufig  'auf  erdreich"  wu-  sonst  einfacher 
'auf  erden':    er  meint  es  wer  Dicht«  uf  ertreich,   man  soll 


777 


ERDREICH —ERDREICHSBALLE 


es  als  (alles)  essen.  Keisersb.  s.  d.  m.  6' ;  betracht  den  mangel 
Christi,  so  er  uf  erdreich  gelitten  hat.  12';  keinen  groszern 
feind  mngst  du  haben  uf  erdreich,  dann  die  sflnd.  13' ;  dar- 
nach uf  erdreich.  14';  und  hat  darnach  verfolget  die  sünd. 
da  er  auf  erdreich  gangen  ist.  u';  da  ist  schedlicher  ding 
nicht  auf  erdreich  dan  ein  solicher.  20';  das  kind,  also  dick 
es  lügt,  so  dick  gib  im  ein  schlecklin  mit  der  ruten,  das 
ist  ein  birkinlatwergen  (vgl.  2, 39.  40),  es  ist  nüt  bessers  da 
für  uf  ertreich  weder  eben  das.  26';  als  ich  nun  auf  erd- 
rich  ganz  und  gar  trostlos  gestanden,  verwarung  landgr.  Wil- 
helms 1552.  B2';  niemand  auf  erdreich.    Frey  garteng.  65; 

wie  ich  denn  dir 
unden  rerhiesz  auf  erdereich.    H.  Sachs  III.  1,  240*. 

noch  verstärkl  in  'auf  disem  erdreich' :  alle  pein  uf  disem  erd- 
reich. s.  d.  m.  7';  wie  ^il  gon  armer  menschen  auf  disem 
erdreich,  die  tödlich  siech  seind.  12';  gedenken  an  den 
hunger  und  mangel,  den  Cristus  gelitten  hat,  da  er  uf  disem 
erdreich  gangen  ist.  ebenda;  woßtr  mhd.  hie  en  ertriche,  üf 
örtriche  hie.  pass.  K.  261,  59.  slalt  des  utUergangs  der  erde 
id  auch  vom  Untergang  des  erdreichs  die  rede:  ein  roller 
{fuhrmann)^  so  er  sieht,  das  die  pferde  uf  die  geisel  nicht 
wollen  geben  {nicht  achten)  und  er  auch  nicht  gern  ein  bengel 
nimpt  sie  damit  ze  schlahen,  so  fahet  er  an  ze  fluchen  und 
ze  schweren,  das  das  erdreich  möcht  undergon,  so  gond 
sie  dann  aber.  Keisersb.  s.  d.  m.  35";  botzerdrich!  Garg.  226*. 

4)  erde  im  gegensalz  von  lufl  und  wasser:  er  rufet  dem 
wasser  im  meer  und  schüttets  auf  das  erdreich.  Arnos  9,  6 ; 
gleich  als  wenn  einer  sehr  sorgte  und  bekümmerte  sich,  wie 
doch  das  erdreich  auf  dem  wasser  könne  bestehen,  das  es 
nicht  ersöfl'e  und  untergienge.  Luther /iscAr.  2, 162 ;  der  wind 
nam  den  Peter  mit  gewalt  und  führet  in  auf  das  hohe  meer 
über  seinen  willen,  dasz  er  je  lenger  je  mehr  von  dem  erd- 
rich  kam.  buch  der  liebe  3S,  4 ;  denn  er  wüste  nicht,  ob  er 
in  lüften  oder  auf  erdreich  war.   35,  3. 

5)  erde,  land,  regio:  wee  dir  erdreich,  des  künig  ein  kind 
ist!  Keisersb.  s.  d.  m.  c';  das  erdrich  Rugorum  hat  noch 
den  namen  behalten.  Frasr  weltb.  29';  far  hin  mit  deinem 
erdrich  usz  meinem  erdrich!  Eulensp.  cap.  16;  so  musz  ich 
wohnen  in  dem  erdreich  meiner  feinde.  Ayrer  proc.  2,10; 
so  viel  erdrichs,  feldes  und  holz,    buch  der  liebe  264,  2. 

6)  erde  ak  stof  (was  sich  mit  der  Vorstellung  von  boden  unter 
2  oft  verläuft):  die  schlangen  essen  das  erdreich.  Keisersb. 
s.  d.  m.  29'  {vgl.  1  Mos.  3, 14) ;  denn  er  scheuszt  auf  für  im 
wie  ein  reis,  wie  eine  wurzel  aus  dürrem  erdreich.  Es.  53,  2 ; 
das  entfroren  erdreich,  solutae  terrae.  M\aler  109*,  im  gegen- 
satz  des  hartgefrornen ;  die  terra  sigillata  ist  ein  gar  subtil 
weisz  erdreich.  Paracelsls  chir.  sehr.  48' ;  der  gärtner  pflanzte 
den  brombeerstrauch  mitten  im  garten  in  das  beste  erdreich. 
Lokman  fab.  22;  hartes,  festes,  sandiges,  steiniges,  fettes, 
mageres  erdreich; 

da  was  das  erdreich  gar  ze  lind.    Ring  53\  26; 

das  erdreich,  also  weit  sein  groszer  umbschweif  reichet 

ist  löcherich  und  hol.  Opitz  1,  37 ; 

ein  guter  boden  trat  so  nah  heran,  dasz  ein  rauschendes 
wasser  auf  irgend  eine  stelle  sich  hinwerfend  das  lockere 
erdreich  gewaltig  angegrifi"en,  fortgerissen  hätte.  Götbe  23, 235 ; 
so  dasz  alles  erdreich  trocken  war  und  das  gebirg  mächtig 
und  herlich  da  stand.  23,  91 ;  eine  schwarze  linie,  die  sich 
von  dem  verdüsterten  braunen  erdreich  scharf  abschnitt. 
30,  299 ;  von  Geisenheim  erstreckt  sich  ein  flaches  niederes 
erdreich  bis  an  den  ström.  43,251;  sanfte  anhöhen  zeigten 
schon  besseres  erdreich.   43, 305. 

Es  ist  seltsam,  vie  dies  compositum  erdreich  in  der  spräche 
um  sich  greifen  und  schleppend  den  einfachen  ausdruck  erde  oft 
verdrängen  konnte,  man  musz  icol  annehmen,  dasz  es  aus  dem 
gegensatz  zu  himmelreicb  entsprang,  neben  das  biblische  regnum 
caelorum  {ßaaileia  räv  ovQavtäv,  goth.  |)iudangardi  himine) 
ein  regnum  terrarum  gestellt  wurde,  die  Vorstellungen  3.  4.  5 
fügten  sich  sodann  leicht  dem  begriffe  eines  reichs,  unpassend 
2  und  6.  ein  Franzose  würde  für  erdboden,  für  weiszes, 
braunes  erdreich  nur  terre,  terrain,  terroir,  nicht  regne  ter- 
restre  sagen,     vgl.  auch  thierrcich. 

ERDREICH,  dives  terris,  wie  geldreich,  laubreich,  steinreich: 
Isis,  die  erdmännin,  Tellus,  die  erdreiche,  Vesta,  die  stand- 
vestc  (!)  hausgöttin.    Spasgenberg  aller  weish.  lustg.  19. 

ERDREICHMESSER,  m.  geometra.    Dasypodius  321*. 

ERDREICHSBALLE,  m.  globus  terrae.    Harnisch  162. 


ERDREICHSSPALTUNG  —  ERDRINGEN  778 

ERDREICHSSPALTU^G,  f.  hiatus  terrae.    Stieler  206s. 

ERDREISTEN,  oft  auch,  besonders  wo  dies  den  reim  reinigt, 
erdreusten  gesclirieben,  vgl.  dreist,  dreust  2, 1394  {wo  das  alts. 
thristi  übersehen  ist),  man  darf  das  lat.  tristis,  im  sinne  von 
severus,  saevus  hinzunehmen,  und  falls  sich  meine  neuliche  kühn- 
hdt  behauptet,  einen  Tristo,  dcus  terra  editus,  valer  des  Mannus. 
altn.  ist  ^ristinn  {nicht  {)ristinn)  compadus,  torosus,  also  stark 
von  leibe,  wamm  nicht  auch  beherzt? 

1)  «n  transitives  erdreisten,  audacem  reddere,  ermutigen, 
encourager,  läszt  sich  aus  dem  pari,  erdreistet  nicht  sicher  ent- 
nehmen, weil  die  reflexiven  verba  das  sich  im  pari,  ablegen  kön- 
nen, doch  nüthi^  schon  das  reflexivum  selbst  zum  transUivum 
und  altn.  |)rista  ist  urgere,  premere,  das  ags.  j)raestan  {wie 
la;stan,  leisten)  torquere,  affligere,  A})raestaa  extorquere,  welche 
begriffe  sich  leicht  aus  dem  der  stärke  herleiten:  Essex,  durch 
diese  widcriegung  erdreistet,  ist  im  begrif  das  bekenntnis 
zu  wagen.  Lessixc  7,287;  sein  äuge  wird  sich  nicht  senken 
und  fremden  übermuth  dadurch  erdreisten.  Dyanosore  4, 344 ; 

alldort  empfangen  uns  begeistet 

geschmacksgerüche,  wer  erdreistet 

des  doppelpaares  hohen  preis?    Göthe  47, 184. 

2)  sich  erdreisten,  conari ,  wagen,  sich  unterstehen,  schw. 
fördrista  sig,  dän.  fordriste  sig.  den  ersten  beleg  liefert  Schütz 
beschr.  von  Preuszen  1599.  63 :  das  er  des  königs  ganzen  häufen 
abzuhalten  sich  erdreisten  und  unterstehen  durfte,  die  wOr- 
terbücfier  bis  auf  Stieler  und  Frisch  herab  ermangeln  des  ver- 
bums, zuerd  bringt  es  Adelcsc,  warum  sollte  nicht  noch  eine 
stelle,  zumal  in  MederdeutscMand,  atis  dem  15.  16  jh.  gefunden 
werden?  ja,  wir  erdreisten  uns  zu  behaupten,  dasz  ein  pro- 
fessor  der  dazu  angestellt  würde  öffentlich  Vorlesungen  über 
den  Don  QuLxole  zu  halten,  wofern  der  angestellte  anders 
der  mann  dazu  wäre,  der  studierenden  Jugend  und  dem  ge- 
meinen wesen  ungleich  nützlicher  sein  würde,  als  ein  pro- 
fessor  des  aristotelischen  organons.  Wieland  9,261;  stolz 
auf  den  beifall,  den  e.  hochwolg.  meiner  fabelmuse  seit  vielen 
jajiren  gönnen,  erdreustet  sie  sich  ihnen  ihre  letzten  pro- 
ducte  zu  überschreiben.    Bcrmaxn  fabeln; 

kaum  heb  ich  posto  hier  gefaszt, 
regt  sich  dort  hinten,  mir  bekannt,  ein  gast, 
doch  diesmal  Ist  er  von  den  neusten, 
er  wird  sich  grenzenlos  erdreusten.    Göthe  41,97; 
säume  nicht  dich  zu  erdreisten, 
wenn  die  menge  zaudernd  schweift.    41,  5; 
auf,  mit  liebe  dich  erdreuste! 
in  dir  selb  ist  ewigkeit. 
liebe  ist  die  ältestneuste 
einzge  weltbegebenbeit.    Rcceert  218; 
zu  solchem  wollt  ich  blume  mich  erdreisten.    ge$.  ged.  1, 130. 

ERDREISTUNG,  f.  audada:  sollte  ich  noch  seinen  ver- 
liebten erdreustungen  mich  mehr  aussetzen  ?  Lessing  2,  571. 

ERDRESCHEN,  1)  tribulis  exterere,  ausdreschen:  erkemet, 
ertreschet  und  erlas  es  so  eigentlich,  das  nicht  ein  einigs 
kömlin  umbsonst  auf  die'erd  ful.    Garg.  162'. 

2)  häufig  tundere  fustibus,  caedere pugnis.  ertröschen,  dülpen. 
Frisiüs  171',  ertröschen,  ertülpen.  Maaler  HS*,  erdreschen, 
vertulpen.    Henisch  751,  mit  feusten  schlagen; 

mhd.  im  was  zeblouwen  sin  lip, 

erdreschen  was  euch  wol  sin  wip.    Reinh.  533; 
die  begunden  in  wol  erdreschen 
da;  von  keiner  weschen, 
diu  in  der  hant  ein  slagen  hat, 
weder  hemd  noch  niderwät 
nie  sd  wol  gebluwen  wart.    G.l.  2,  228; 
n/id.  die  thür  schlagts  auf  und  zu 
und  läszt  mir  gar  kein  ruh, 
bis  ihrs  maul  wird  erdroschen,    gesellschaflsl.  s.  n9; 

erdrischt  dem  gesellen  den  grind.    Katziporus  Ms*.  RT*. 

3)  flagellando  acquirere:  junge  bauern  gehen  in  die  fremde 
und  erdreschen  sich  ein  schönes  geld.     vgl.  erdrusch. 

ERDREVIER,  n.  vicus  terrae.  Ringwalds  lautere  warh.  von 
Bbodkorb  13.  gebildet  wie  buschrevier,  luflrevier,  lustrerier  u.  s.  w. 

ERDRIESZEN,  taedere ,  verdrieszen ,  goth.  us)>riutan,  alid. 
irdriojan,  mhd.  erdrie^n: 

erdrie;in  umbe  geselleschaf).    Martina  SS,  103. 

ERDRINDE,  f.  crusta  terrae. 

ERDRING,  m.  orbis  terrae. 

ERDRINGEN,   extundere,   extorquere,    erzwingen   {mhd.   wb. 
1,  394') :    damit   könnten  wir  auch  alsdann  ein  concilium  in 
tcutschcr  Hation  erdringen.    Po.ttancs  bei  Melanchthon  3,625; 
erdringe  nicht  was  ich  versagen  sollte.    Götue  9,  65; 


779 


EHDRISZ  — ERDSCHACHT 


ERDSCHAF  —  ERÜSCIIWAMM 


780 


der  abbe  war  fortgerannt,  Augustinen  aufzusuchen  und  einige 
aufklärungen  von  ihm  zu  erdringen.  20,295;  ich  weisz  nicht 
woher  mir  das  vertrauen  kommt  und  wie  ich  mich  unter- 
fangen mag  das  ihrige  zu  verlangen,  erdringen  will  ichs  nicht, 
aber  gönnen  sie  mirs  wie  es  ihnen  ums  herz  ist.    23, 169. 

ERDRISZ,  m.  terrae  kialus. 

ERDROHEN,  «««nts  impetrarCj  aberdrohen. 

ERDRÖHNEN,  resonare: 

wer  ist  noch  der  sich  wundert, 
dasz  itim  der  thunn  erdröhnt, ; 
dem  nun  ein  halb  Jahrhundert 
die  weit  des  schönen  tönt?    Uhuind  ged.  351. 

ERDROSE,  f.  rosa  canina,  wilde  rose,  feldrose. 

ERDROSSELN,  strangtilare,  laqueo  gulam  frangere:  hätte  ich 
ihn  mit  diesen  bänden  erdrosseln,  mit  diesen  zahnen  zer- 
reiszen  müssen.  Lessing  1,  515;  kerl,  ich  erdroszle  dich. 
2, 417 ;  bleib  oder  ich  erdrossele  dich.  Kotzebüe  dram.  sp. 
3,  22" ;  der  gefangne  hatte  sich  im  kerker  erdrosselt ; 

als  ein  erdrosselndes  seil  an  hohes  gebälk  sie  geknüpfet. 

Od.  11,278. 
ERDRÜCKEN,  ahd.  irdrucchan,  mhd.  erdrücken. 

1)  opprimere,  zu  tode  drücken: 

da  was  da;  ertreich  gar  ze  lind 

und  ertrukt  ein  michel  gesind.    Ring  57',  26; 

und  der  sun  des  weibes  starb  in  der  nacht,  wann  schlafend 
hat  sie  in  erdrucket  {vulg.  dormiens  quippe  opprcssit  cum). 
l  kün.  3,19  (Lutbeb:  denn  sie  hatte  in  im  schlaf  erdrückt); 
die  Samaiten  schlugen  mit  ihren  keulen  die  pferde  für  die 
köpfe,  das  sie  ins  mott  sprengten  und  die  menner  ertnickten. 
Henneberger  landlafii  409 ;  damit  nicht  ein  ferkel  von  der 
alten  erdrückt  werde,  ne  qui  porcellus  a  matre  opprimatur. 
Varro  RR.  2,4,14;  die  henne  hat  die  eier  im  sitzen  erdrückt. 
Stieler  383,  zerdrückt. 

2)  deprimere,  niederdrüdcen : 

deine  riesenrüstung  mag  dich  erdrücken.    Schiller  .  .  .; 

sein  Sturz 
erdrücke  seinen  freund  und  sein  Jahrhundert.    305'; 

der  graf 
erdrückt  ihn  fast  mit  gunst  und  woltliat.    Körner  2,  24S; 
umsonst  das  leben  hier  zu  grünen  sucht 
erdrücket  von  des  todes  überwucht.    Lenau  n.  ged.  94; 

weil  der  menschengeist  sich  in  einem  erklärlichen  und  end- 
lichen so  erdrückt  empfindet,  als  er  es  in  einem  bergwerk 
oder  durch  den  gedanken  ist,  dasz  sich  oben  irgendwo  der 
himmclsraum  zuspunde.  J.  P.  Hesp.  1,25S;  mit  seinen  vom  wol- 
stand  erdrückten  gefühlen.  2, 121 ;  tausend  erdrückte  thränen. 
3,160.  vgl.  drücken,  niederdrücken,  verdrücken,  zerdrücken. 
ERDRUND,  n.  orbis  terrarum: 

die  tropfen  regen 

die  auf  das  erdrund  ungeßhr 

ein  jähr  ins  andre  fallen  mögen.    Wieland  5,  210; 

KiiscER  12,  273.     s.  erdenrund. 

ER  DRUSCH,  wi.  ausbeute  an  frucht  durch  das  dreschen,  das 
was  das  gedroschene  an  hörnern  ausgibt,  manche  jähre  ist  der 
erdrusch  des  roggens  besser  als  der  des  weizens,  in  andern 
jähren  umgekehrt.  Ölsaat  ist  heuer  zu  schnell  gereift,  daher 
der  erdrusch  gering,     s.  drusch. 

ERDRUTSCH,  m.  labes,  fall  oder  stürz  einer  sich  ablösenden 
und  fortschiebendien  erdmasse,  schwäf.  erdlaue,  lavine,  vgl.  schnee- 
rulsch,  schneelatfine. 

ERDSACK,  m.  saccus  humo  implelus,  in  schanzen  und  bäm 
Wasserbau. 

ERDSAFT,  m.  succus  terrae,  bitumen,  erdharz,  erdpech:  auch 
die  mincralien,  erdsäfte,  metall  und  edelgestein  bestehen  auf 
die  länge  nicht  im  feuer.    Oriio  krankenlrost  320. 

ERDSAFTIG,  terreus  et  succulentus :  salisch  (salzig)  oder 
erdsaftig  (erdsapisch).    Thubneisser  erdgewdchse  42. 

ERDSAIJ!,  n.  sal  fossile. 

ERDSASZE,  m.  terricola:  unlerthänigstes  gesuch  ihrer  deut- 
schen erdsaszen.    J.  P.  heH)stbl.  3,257. 

ERDSATZ,  m.  unterste,  auf  der  erde  stehende  garbe.  Sch«.  1, 104. 

ERDSAURE,  f.  acor  terrae. 

ERDSCHABE,  /.  scolopendra  lerrestris.  Stieler  1700.  stink- 
tehabe. 

ERDSCIIABER,  m.  tcalprum  euniculariorum,  werkxeug  der 
minrngrither. 

ERDSCHACHT,  m.  puleus  melaUicus: 

im  mcer,  Im  erdicbacbt  ferne.    Hückert  177; 
dir  Mu  dem  eixlMhacbt  quillt  drr  freudn  hronnon. 
ge$.  yvd,  1,  117, 


ERDSCHAF,  n.  camelus  lama. 

ERDSCHATTE,  vi.  umbra  terrae,  schalte  den  die  erde  uirft: 
wenn  der  mond  in  den  erdschatten  tritt,  entsteht  eine  mond- 
finsternis. 

ERDSCHAU,  f.  inspectio  aggerum,  deichschau,  krauLschau  im 
frühling. 

ERDSCHEIBE,  f.    1)  terrae  orbis. 

2)  cydamen,  erdapfel,  erdrübe,  waldrübe:  der  name  wol 
daher,  weil  die  wurzel  in  der  mitte  zusamen  getruckt,  als 
ein  kuch  (kuoche,  panis  tortus)  ist.  Lonicerus  272*.  man  sagt 
auch  erdscheibwurz. 

ERDSCHICHT,  f.  corium  terrae,  erdlage. 

ERDSCHLACKE,  f.  scvria,  sordes  terrae. 

ERDSCHLAMM,  m.  linius  terrae. 

ERDSCHLANGE,  f.  scrpens  lerrestris,  im  gegensalz  zur  was- 
serschlange.     chcrsydrus.   Maaler  109*. 

ERDSCHLICK,  m.  zähe,  fette  Schlammerde:  nicht  jeder  hohe 
Wasserstand,  selbst  bei  Aussen,  die  auf  20  bis  50  stunden 
weges  weit  durch  ebnen  flieszen,  setzt  den  reichlichsten  erd- 
schlick ab.  in  der  regel  bringt  der  eisgang  den  höchsten  ertrag 
des  Schlickdüngers. 

ERDSCHLIPF,  m.  erdrulsch.    Stalder  2,  289.  329. 

ERDSCHLÜFFEL,  m.  mus  terresler,  eine  art  groszer  feld- 
mätise.  vom  schliefen  in  ihre  erdlöcher  so  benannt. 

ERDSCULUND,  7rt.  faux  terrae:  Hcbal  ein  erdscblund  oder 
bruch  ist  gesagt.    Frank  ueltb.  17S'; 

erdschlünde  thun  sieb  auf,  ein  feuerqualm 

zuckt  flammend  übers  leid,  versengt  den  balm.    Göthe  4,  201. 

ERDSCHMER,  n.  phallus  impudicus ,  slinkschwamm ,  schel- 
menei,  teufelsei,  hexenei,  hirschbrunst,  hirscbbrunß,  ein  schwamm, 
mit  dem  sich  abergläubisclte  Vorstellungen  vcrbindcti. 

ERDSCHMID,  m.  vermis  pulsatorius,  holzwurm,  der  in  der 
erde  hämmernde,  schmiedende,     erdschmidlein.    Fniscn  1,  23l'. 

ERDSCHNAKE,  f.  tipula,  eine  grosze  mückenart. 

ERDSCHNECKE,  f  Umax,  Cochlea  lerrestris.  Megenberc 
302,  32. 

ERDSCHOCKE,  entstellt  aus  artischocke,  ein  versuch  das 
fremde  wort  deutsch  zu  machen. 

ERDSCHOLLE,  m.  und  f.   gleba,   schon   ahd.   schwankt   das 
yeschleclU  zunscfien  scollo  und  scollä  (Graff  6,  47S).    hier  sind 
belege  für  beide  geschlechler,  doch  bleiben  einzelne  stellen  ungetris : 
wenn  diu  jungen  rephüendl  sich  fürhtent,  daj  man  si  vähen 
well,   so    hebent   si   die  ertschollen  auf  mit  irn  fücjen  und 
verpergent  sich  darunder.   Megenberc  215,  20 ; 
erdschollcn  und  auch  mist 
wirft  ein  weib  das  zornig  ist.    Jii«!;  54',  20; 
warfen  mit  knütteln  und  mit  steinen, 
mit  erdschollen  und  hartem  leimen,    froschm.  Zb'; 

mir  dem  verfluchten  erdschollen.  Keisersb.  bilg.  53';  ich  ge- 
höre nicht  dem  erdschollen,  den  ich  mein  valerland  nenne, 
ausschliesziich  an.  Wieland  3,  404 ;  sie  sind  geschäftig  und 
ein  erdschollen  ist  ihnen  viel  werth.  Göthe  16,  232;  wodurch 
sie  den  erdschollen,  der  sie  anzog,  unter  sich  abstoszen. 
25, 121 ;  gegen  ende  des  jahrs  erlebte  ich  das  glück  mein 
Verhältnis  zu  den  erdschollen  von  Rosla  völlig  aiifgehoben 
zu  sehen.  31, 163 ;  Mailand,  wo  die  traube  und  die  olive  oft 
auf  einer  erdscholle  zusammen  grünen.  J.  P.  Tit.  1,74;  der 
pflüg  ruht  nicht  verlassen  auf  der  letzten  erdscholle,  die  er 
überstürzte.  Arnim  kronenu:  1,  2.  die  anführung  aus  Keisers- 
berg  zei(^  den  persönlichen  (gebrauch  des  ausdrucks  im  sinne  wm 
erdensohn,  erdenwurm.  vgl.  eisscholle,  Icimschollc. 
ERDSCHOSZ,  m.  terrae  gremium : 

was  kösllicbos  dem  erdschosz  mag  entstammen. 

Höckkrt  ges.  ged.  I,  176. 

ERDSCHROLLE,  wi.    die  oberdeutsclie  form   für   erd-rhollr. 

z.  b.  in  Mkgerles  Judas  1,  309.  319. 

ERDSCHUTT,  m.  rudus: 

nur  eriunrung  blich,    sie  entrisz  die  hernen  heidnischer  »ag» 
dem  ordschutt.    Platkn  127'. 
ERDSCHWALRE,  /".  hirundo  n;.arw. 

ERDSCHWAMM,  m.  lycoperdnn  tuber  und  überhaupt  fnngus. 
angewandt  auf  einen  einfältigen: 

wfiit  er  dii>  kuiist,  in  liebevollen  arrooo, 

Tercnticl  inil  «f--' '■?  ->'in, 

•o  »chliiK  er  l.i  »eil  ein  knip.hen. 

»o  dürft  er  n|.  I  ime  (ini''«  •""'  •>''i" 

vnrffotllicben,  un..  ,.m   ....  KiiiidlK  »iippthrn 
den  ganion  arm  voll  weihmueh  mreiin. 

Kl.  ScaaioT  poei.  hr.  fiOj 


781 


ERDSCHWARZ  —  ERDULDEN 


ERDULDÜNG  —  ERDURCH 


782 


und  Karl  der  könig  kartet  es  so, 

wie  liebchen  wünscht,  die  sache  zu  Terbergen 

wätilt  er  den  ratii  Bonnsau, 

ein  erdschwamm,  traun,  wie  Gellerts  Görgen. 

kom.  diditungen  s.  172. 

ERDSCHWARZ,  schwarz  fcie  kohle. 

ERDSCHWEFEL,  m.  lycopodium  clavatum,  s.  1,1129  unter 
bärenlappe. 

ERDSEIFE,  f.  sapo  terreus. 

ERDSPALTE,  f.  terrae  hiatus. 

ERDSPERLING,  m.  fringiUa,  wiesenlerche,  passer  pralorum. 

ERDSPINNE,  f.  aranea  terreslns,  feldspinne. 

ERDSPINNENKRACT,  n.  Mago. 

ERDSPITZE,  f.  prontontorium,  landsjnlze. 

ERDSTAMM,  m.  caudex:  einen  erdstamm  oder  gipfel  ab- 
hauen,   treisth.  2, 1S6. 

ERDSTAUB,  m.  was  erdenstaub :  ein  vom  winde  erhobener 
erdstaub,  desgleichen  es  bei  ungestümen  weiter  allenthalben 
zu  sehen  gibt.  Jan  Rebhü  des  artlichen  Pokazi  anderer  theil. 
16S0.  s.  2S. 

ERDSTÄUBLEIN,  n.  pulvisculus  terrae.  Mendelsohns  Phädon 
s.  162. 

ERDSTEIN,  m.  klappcrslein ,  thoniges  eisenoxydhydral  mit 
lockerevi  kern.  Schweskfeld  stirpium  et  fossUium  Silesiae  cata- 
logus.    Ups.  1600  p.  362. 

ERDSTERN,  m.    1)  osmunda  lunaria,  mondraute. 

2)  erdlalg: 

talk,  des  weiszes  scheinen 

man  nicht  gnug  bewundern  kann. 

dieser  pflegt  ein  stern  der  erden 

insgemein  genennt  zu  werden.    Brockes  9,54. 

ERDSTOCK,  m.  1)  caudex,  der  wurzelstumpf  des  an  der  erde 
abgehaunen  baums:  der  wald  kann  nach  forstmäsziger  tasation, 
auszer  den  erdstücken,  456  klafter  pfählholz  liefern,  ö/fenl- 
liche  anzeige  aus  Gelnhausen. 

2)  niedrig  auf  der  erde  gezogner  weinslock. 

3)  erdqescJiosz,  hypogea:  ein  gemach  im  erdstocke,  parterre. 
ERDSTOCKWTRK,  n.   wie   erdstock  3:    wenn  einer,   der, 

wie   ich,   ein   beseelendes   ich  in  die  blume  setzt,   dasselbe 
ins   erdstockwerk   des   dumpfen   kernes  heftete.    J.  P.  Hesp. 
4,  9 ;    wie    die    erdstockwerke  in  Städten  durch  blumen  und 
reben  das  einsehen  in  die  fenster  abwehren.    Tit.  2,  214. 
EliDSTOSZ,  m.  subitus  terrae  tremor: 

bis,  wenn  der  grosze  erdstosz  nun  geschieht, 

der  treulos  mürbe  bau  zusammenbricht.    Schiller  361'. 

ERDSTREU,  /".  stramentum,  laublager: 

wo  er,  hin  am  boden  gestreckt  auf  niedriger  erdstreu 
lag,  der  grosze  kentaur.    Orfeus  der  Argonaut  394. 

ERDSTRICH,  m.  zona,  tractus:  die  menschen  gedeihen 
unter  dem  milden  erdstrich;  ein  kleiner  erdstrich  trennt  die 
Stämme,     wie  landstrich,  himmelstrich. 

ERDSTUFE,  f  gradus  cespilicius,  rasenstufe. 

ERDTAFEL,  f  tabula  figuram  terrae  exhibens. 

ERDTALG,  m.  bilumcn,  mumia,  berglalg. 

ERDTELBERLEIN,  n.  nanus,  erdmännlein,  das  in  der  erde 
gräbt.    Garg.  40'. 

ERDTHAL,  n.  terrae  vallis,  terra:  hienieden,  hierunten  im 
erdthal  =  auf  erden,  hier  auf  erden. 

ERDTHEIL.  m.  l)  terrae  pars,  welllheil.  2)  particula  lerrea: 
in  dem  blut  finden  sich  auch  erdtheile ;  dieser  kOrpcr  ent- 
hält tBc  erdtheile ;  die  feuertheile  im  kiesel  sind  durch  eine 
grosze  menge  erdtheile  von  einander  entfernt  und  fest  einge- 
schlossen. 

ERDTHIER,  n.  quadrupes,  gegenüber  dem  luftthier,  vogel  und 
dem  wasserthier,  fisch :  der  strausz,  dumm  und  stolz,  schämt 
sich  vogel  zu  sein  und  geht  gern  auf  der  seile  der  erd- 
thiere.  Fr.  Mijller  1,  25 ;  durch  die  thäler  drängte  sich  noch 
das  lichtscheue  schwarze  erdthier  der  nacht  und  bäumte  sich 
auf  gegen  die  berge.    J.  P.  Tit.  3, 202. 

ERDTOFFEL,  f  kartoffel. 

ERDTOPF,  m.  urna  feralis,  ausgegrabne  todtenume,  nach 
Matbesics  1562,  278'  selbstgewadisen,  natürlich,  ungemacht. 

ERDULDEN,  tolerare,  perpeti,  ertragen,  erleiden,  aushalten, 
golh.  us|)ulan,  ags.  djiolian,  ahd.  nur  fardol^n  und  fardultan, 
mhJ.  vcrdoln,  verdulten,  doch  auch  erdulden  {wb.  1, 380') :  aber 
wenn  ir  umb  wolthat  willen  leidet  und  erduldet,  das  ist 
gnade  bei  gott.  l  Petr.  2,  20 ;  gedenket  aber  an  die  vorigen 
tage,  in  welchen  ir  erduldet  habt  einen  groszen  kämpf  des 
leidens.  £Jr.  10,32;  ir  habt  den  raub  ewer  guter  mit  frewden 


erduldet.  10,  34 ;  erduldet  er  das  creuz  und  achtet  der  schände 
nicht.  12,  2 ;  gedenket  an  den,  der  ein  solchs  widersprechen 
von  den  sündem  wider  sich  erduldet  hat.  12,  3 ;  selig  ist  der 
man,  der  die  anfechtung  erduldet.  Jac.  1, 12 ;  siehe  wir  preisen 
selig  die  erduldet  haben.  5,11;  möcht  er  als  ein  tödlicher 
mensch  die  klarheit  seins  glänz  nit  erdulden.  Frank  wellb. 
119*;  du  must  sehen,  mit  was  für  leuten  du  gemeinschaft 
halten  und  bei  dir  haben  will,  ob  du  auch,  was  ihnen  an- 
hängig ist,  erdulden  kanst.  pers.  rosenth.  8, 119 ;  ein  gegen- 
ständ, der  ihre  (der  wirkenden  Substanz)  ganze  kraft  erduldet. 
Kant  8,  20;  du  siehst,  was  ich  durch  deine  halsstarrigkeit  er- 
dulde. Götter  3, 90;  nach  erduldeter  trennung.  Göthe17,133; 

ich  hab 
um  diese  kleinigkeit  des  dankes  schon 
zu  viel  erdulden  müssen.    Lessüig  2,  .  .  .; 
denn  ganz  unleidlich  ists  was  wir  erdulden.    Schiller  522'; 
eilte  dem  ort  zu  entfliehn,  wo  er  so  vieles  erduldet. 

GöTHB  40,  44. 

selten  äeht  es,  icie  das  einfache  dulden  und  leiden  oß,  ohne  aee. 

aber  schwebend 
unter  offenem  himmel 
erduld  ich  elender 
meinen  feinden  zur  freude.    Stolbkrg  15,  12. 

ERDULDUNG,  f.  perpessio,  leiden: 

zeugen  waren  wir  seiner  erduldungen,  bis  ihm  sein  haupt  sank. 
Messias  11,  478. 

ERDÜLPEN,  ERTCLPEN,  s.  erdreschen  und  dülpen,  ab- 
dülpen. 

ERDUMARMEND,  lerram  amplectens. 
ERDUMFANG,  m.  terrae  ambitus: 

Roma,  der  schmuck  des  erdumfanffes, 

Roma  deeus  magni  quos  suspicit  orois.  Virgils  culex  357  von  Voss. 

ERDUMGÜRTEND,  cingens  terram: 

erdumgürtende  wiege  der  allerleuchtenden  sonne. 

Stolberc  1,  177; 
aber  das  wogengeräusch  des  erdumgürtenden  meeres. 

1,191; 

der  erdumgürtende  wurm.    Dahlmask  ddn.  gesch.  1,  35. 
ERDUMGGRTER.  m.  cingens  terram: 

beteten  viel  und  gelobten  dem  erdumgürter  Poseidon. 

//.  9,  183; 
erdumgürter  Poseidon  und  segenspender  Hermeias. 

Bürger  230*. 

ERDUMMEN,  stupere,  stupefieri,  verdummen:  das  volk  er- 
dummt,  wenn  die  Wissenschaften  untergehen,    mhd.  erlumben. 

ERDUMPFEN,  obtundi,  stupore  opprimi,  verdumpfen:  seine 
stimme  erdumpft. 

ERDUMSCHIFFEND,  ärcum  terram  navigans. 

ERDUMSCHIFFER,  m. 

ERDUMSEGELND. 

ERDUMSTÜRMER,  m. 

ERDUMWALLEND. 

ERDUMWANDELND : 

denn  gar  nicht  ähnliches  Stammes 
sind  unsterbliche  götter  und  erdumwandelnde  menschen. 

It.  5,  442. 
ERDL'^IWÖLBT,  (erra  dnctus. 

ERDUNKELN,  1)  obscurare,  verdunkeln :  wann  die  betriegung 
der  lüg  ertunkelt  die  guten  ding,  weish.  Sal.  4, 12  nach  der 
bibel  von  1483,  313',  vulg.  fascinatio  nugacitatis  obscurat  bona, 
bei  Luther:  denn  die  büsen  exempel  verfüren  und  verlerben 
eim  das  gut. 

2)  obscurari,   dunkel  werden:    die  sunn  ertunkelet  und  der 
umbhang   des   tempels  ward  zerrissen.    Luc.  23, 45   nach  der 
bibel  von  1507,  bei  Luther  die  sonne  verlor  iren  schein; 
traub  auf  traub  erdunkelt.    Voss; 

wo  ein  feur  entstand, 
an  welchem  ort,  da  währt  es  eine  weile, 
erst  ist  es  klein,  dann  wirds  ein  groszer  brand, 
doch  nah  dem  end  erdunkelt  es  in  eile. 

Gries  Bojar  da  2,  1,  53. 

am  part.  praet.   läszt  sich  die  Unterscheidung  nicht  wahrnehmen: 

jetzt  kam  graulich  die  nacht  des  erdunkelten  mondcs. 

Od.  14,  457, 

erdunkelnden  wäre  nothwendig  intransitiv. 

ERDÜNNEN,  extenuare,  verdünnen :  so  man  die  äste  behauen 
und  den  bäum  wol  erdünnen  läszt.    Sebiz  361. 

ERDURCH  für  herdurrh:  so  macht  euch  auf  und  ziehet 
durch  den  bach  Sared,  und  wir  zogen  erdurch.  5  3/o5.  2,13; 
und  zogen  erdurch.    rieht.  6, 33. 


783 


ERDURCHER — ERD  WOLF 


ERDWüCHER  — EREIGEN 


r84 


ERDUBCHER,  dasselbe:  alles  das  thun  das  uns  anmüfig 
ist  und  uns  glusl  und  wollen  gut  leben  haben,  gut  gesellen 
sin  und  wellen  erdurcher  faren  frischlich  und  weidlich.  Kei- 
SERSBERG  bilgef  37' ;  das  brocht  der  bijs  geist  mit  im  zu  und 
für  weidlich  erdurcher  on  alle  forcht.    3S*.     vgl.  erheiraer. 

ERDUIJSPRL-NG,  m.   origo  lenac. 

EHDLHSTEN,  ERDÜRSTEN,  sUi  cmfici  (mfid.  wb.  1,322'): 
anima  sapientissima  siccissinia,  die  klug  seel  musz  verdorren, 
erdursten,  erseigern,  verschmachten.  Garg.  85' ;  wie  ich  einst 
der  gänse  hüte  und  sie  sehr  umliefen,  speilt  ich  allen  das  maul 
auf,  da  blieben  sie  stille  stehen,  waren  also  bald  erdurst,  wel- 
ches die  frau  mutter  gewahr  ward  und  gab  mir  einen  guten 
Schilling.  Scbweimchen  1, 2fi ;  und  weil  es  ein  heiszer  tag 
war,  hätten  reuler  und  knecht  crdürslen  mögen,  dessen  Hein- 
rich \l  s.  113;  wie  sie  nun  hart  erdürstet  waren.  Tacius  bei 
Fronsp.  3,  265";  der  mund  erdürstet  im  trinken,  die  Sehnsucht 
lechzt  in  der  erfüUung.    Tikck  nov.  kr.  1, 162. 

2)  sitienler  expelere: 

und  sollt  ich  auch  der  schätze  mehr  empfangen, 
als  weiberhabsucht  je  erdürsten  kann. 

Grus  Ar.  Rol.  43,  109. 

ERDVERDERBEND,  terrae  perniciostis :  erdverderbende  Über- 
schwemmung. 

ERDVERHIMMELT,  caeli  jam  in  isla  terra  compos:  jeder- 
mann meinete  und  gedachte,  dasz  dieses  weih  schon  im 
leben  als  erdverhinimelt  und  eine  allcrangenehmste  freundin 
gottes  wegen  solcher  geistlichkeit  {geistlichen  gesinnung)  seie. 
Simfil.  K.  620. 

ERDVIELFÜSZ,  m.  scolopendra,  tausendfusz. 

ERDVOLK,  n.  terrae  populus. 

ERDVV.VCHS,  n.  aspliallum,  judenpech. 

ERDWÄCHSISCH,  terra  cretus,  erdwüchsig :  torf  oder  turf 
Ist  ein  altdeutsches  wort,  welches  bedeutet  ein  erdwäch- 
sische  erde.    Scdeuchzer  1,  6. 

ERD\V.\LL,  m.  agger  terreus. 

ERDWAISD,  f.  maceria:  gleich  werden  wir  diesen  wol  zuge- 
hauenen stein  niederlegen  und  bald  werden  diese  mit  schönen 
und  würdigen  personen  gezierten  erdwände  nicht  mehr  ver- 
gänglich, sie  werden  ausgefüllt  sein.    Götue  17,  97. 

ERDWÄRME,  f.  calor  terrae  internus. 

ERDWÄRTS,  versus  terram: 

erliebe  dich !  rief  von  dem  hügel  Obaddon, 
schwebe  nicht  erdwärts !  Messias  7,  234 ; 

und  es  strömte  das  abendopfer 
erdwärts  mit  vorschieszeader  giut.    lU,  1031 ; 

du  senkst  ja  die  miihne 
erdwärts.  Klopstock  2,  176; 

dein  leib,  der  itzt  melir  erdwärts  sinket,  trübt, 
umnebelt  deine  seele.    9,  58; 

wenn  erdwärts 
euer  äuge  blickt  und  blumen  der  urne  benetzet. 

Stolberg  1,  394; 
wehe  dem  manne  dem  sie  zürnen !   traurig 
schweifen  seine  gedanken  erdwärts.    Mattuisson  74; 
der  tempel  schwieg,  wenn  dumpf  die  glock  erklang, 
gehemmt  sank  erdwärts  der  gedanken  flug.    168. 

ERDW.\SSER,  n.  aqua  terreslris. 

ERDWEICH,  n.  prunus  pumila. 

EHDWEICHSEL,  f.  prunus  fruticosa. 

ERDWEIDE,  f.  Salix  repens. 

ERDWEIHR.\liCH,  m.  teucrium  chamaepilys,  erdkiefer. 

ERDWEIZE.N,  m.  melampyrum  arvense,  nach  andern  mauer- 
pfeffer,  sedum. 

ERDWERK,  n.  agger,  terrenum  opus,  erdbau. 

ERDWESEN,  n.  lerrigena,  irdisches  vesen:  die  menschen- 
gattung  als  eine  spccies  vernünftiger  erdwesen.  Kant  10.  375; 
die  Wirkungen  der  wärme,  der  luft,  des  feuers  auf  die  be- 
standthcile,  auf  composilion  und  dccomposilion  unsrer  erd- 
wesen.   Hehder  3, 17. 

ERDWILD,  n.  ferae  siiveslres,  im  gegensatz  zu  fedenvild, 
rolucris  nhcslrit:  es  ist  das  ganze  Rusziand  gleichsam  mit 
buHch  und  wäidern  überzogen,  daher  es  viel  bäume  und  erd- 
wild gibt,    pers.  rciseb.  3, 2.     nß.  erdthier. 

ERDWINDE,  f.  convolculus  arven.^s. 

ERDWINKEL,  m.  angulus  terrae:  »clbsl  wa«  mir  nun  vcr- 
drusz  zu  bringen  ankuinint,  lasse  ich  ablaufen  mit  dem  sogen 
•weg !  ich  gehöre  einem  andern  erdwinkel  an'.  Voss  br.  3, 1, 220; 
in  der  unendiicbeu  ein>>amkeit  dieses  crdwinkeU  guaz  allein. 
GOthe  27,51. 

EIIDWÜL*',  in,  gryllut  gryllotalpa,  erdgrük. 


ERD\VUCHER,  m.  fructus  terrae,  agrorum,  alid.  iirdwuochar 

(C.liAFF  1,681): 

rünf  Wucher  findt  man,  die  seind  rein, 

die  nennt  man  crdwucher  eemoin, 

fisch,  holz,  das  hoiiig  und  das  ^Tas, 

auch  das  obs  je  reiue  was.    Freidank  1539  6/.  10', 

»ro  das  alte  gedieht  27,  7  blosz  wuocher  hat. 

ERDWÜCHSIG,  5.  erdwüchsisch. 

ERDWURF,  m.  wurf  aus  einem  erdmörser. 

ERD  WURM,  «I.  lumbricus  terreslris:  ego  sum  vermis  et  non 
homo  ips.  22, 7),  da^  spricht  ich  pin  ain  regenwurm  oder 
ain  ertwurm  und  niht  ain  mensch.  Megejcberg  3lo,  8 ;  wenn 
die  könige  dieser  erde  . . .  mit  uns  elende  unterdrückte  erd- 
würmer  {so)  zugleich  in  himmel  kommen  sollen,  pers.  baumg. 
4, 13 ;  es  war  ein  mann,  der  zu  seinem  zugemüse  andres 
nichts  als  knoblauch  hatte,  als  (iieses  ein  buhe  sähe,  sprach 
er  zu  ihm:  o  armer  erdwurm,  geh  und  hole  eine  Schüssel 
voll  essen  aus  des  königes  Speisekammer.    6,  3 ; 

die  erdwürm  mögen  einiplich 

umb  discr  erden  giitcr  sich 

bekümmern,  quälen  und  bemühen.    Wkckuirlit«  119; 

weil  du  dich  nicht  wie  die  erdwürm 

in  dem  Irrgarten  hast  verloren.    199; 

du  trotziger  erdwurm!  willst  du  nicht  antworten?  Weise 
kl.  leule  237;  o  ich  armer  erdwurm!  übcrfl.  gedanken  06; 
du  erdwurm !    Jcphlha  5, 11 ; 

genug,  was  gott  bcschloüz,  musz  gut  und  heilsam  sein, 
den  rath  des  ewigen  sieht  nie  ein  erdwürm  ein. 

LiCHTWER  recht  der  Vernunft  96; 

er  sucht  den  himmel  und  läszt  den  erdwurm  in  der  erde 
wühlen.    Herder,     vgl.  erden  wurm. 

ERDWURZ,  f.  fumus  terrae,  erdraudt,  taubenkropf,  bocksbart. 
VOC.   1482   gO'. 

ERDWÜSTE,  f.  desertum  terrae. 

ERDZEISELCHEN,  n.  arctomys  cilellus. 

ERDZUNGE,  f.  isihmus,  lingua:  Herculanum,  sagt  Strabo, 
lag  auf  einer  erdzunge.  Winkelmann  2,6;  Griechenland  war 
selbst  von  der  natur  durch  viele  gebirge.  flüsse,  inseln  und 
erdzungen  getheilt.  3,9;  Überfahrten  und  buchten,  erdzungen 
und  landungsplätze.  Güthe22,  125;  der  punct  der  gegenwart, 
diese  erdzunge  zwischen  Vergangenheit  und  zukunft.  J.  P. 
komel  1,  36. 

ERDZWIEDEL,  f.  squilla. 

ERE,  f.  honur.     s.  ehre. 

EKEFERN,  ilerare,  relractare  {oben  sp.  695  und  iifern  1,181. 
efcrn  3,32):  bedeut  so  viel  als  repetieren,  widerholen,  oft 
einführen  oder  zum  dickern  mahl  darvon  reden.  Thurseisser 
magna  alch.  2,60;  hab  den  Herbrot  zu  uns  berufen,  ihme 
alle  handlungen  und  reden  wider  crefert  und  angezeigt,  noth- 
gedr.  ausschr.  3, 15. 

EREIFERN,  l)  transitiv  exasperare,  incitare,  inßammare: 
wiedernra  begann  ich  und  rief  mit  ereiferter  seele.    Od.  9, 50t ; 
hauten  dann  händ  und  füsze  vom  rümpf  mit  ereiferter  seele. 

22,  477. 

2)  reflexiv  sich  ereifern,  exa.<ferari,  inflammari  (Stieler  5) ; 
sie  ereifern  sich!  Lessing  1,264;  er  lachte,  sie  ereiferte  sich. 
tiöTUEl9,  93;  mich  über  ein  unrecht  schrecklich  zu  ereifern, 
das  vor  dreitausend  jähren  einem  betteljungen  zu  Babylon 
geschehen  ist!  Wieland  8,10;  doch  es  ist  unnöthig,  dasz 
ich  mich  ereifere.  11, 125 ;  ereifern  sie  sieb  nur  nicht  so^ 
versetzte  der  küibisz.    12,258. 

EREIFERUNG,  f.  ira,  indignatio: 

nicht  ohn  einiges  gottes  ereiforung  duldest  du  trübsal. 
Voss  Vinj.  ik'org.  4,  353. 

EREIGEN,  ostendne,  monstrare,  erweisen,  erviigen.    schon  ver- 
schiedentlich ist  nachgewiesen  worden  (1,  801.  3,  96),  das:  eigen  in 
diesem   worte   aus  engen,   äugen  vcriU'rbt  sei,   die  nuch  daneben 
vorkommen,     sich  ercigen  bedeutet  sich  erweisen,  beudliren,  offen 
baren  und  dann  sich  zutragen,  begeben: 

dergleichen  thct  sich  nuch  crcigon, 

mnngel  in  vil  dingen  onvigcn.    II.  Sacbs  II.  2,101'; 

fcber,  die  aus  offenbaren  Ursachen  sich  creigen.  FiscnAnr 
ehz.  30;  da  sich  doch  sein  wtirkung  nicht  mehr  ereigel. 
Garg.  04*;  von  dannen  (Spanien)  hat  sich  bcrgwurk  creigct 
(aufgelhan)  in  Frankreich.    Matuksius  to'; 

sieh  an  die  roiheii  w.tngcn, 

in  denen  olle  ticr  und  ausbund  sich  erlugt.    Orm  },  IM; 

et  erftugelc  sich  eine  »orJtlenfinsterni».  Weimb  ktndrrfreunJ 
0, 133 ;  begierig  zu  wissen,  wann  in  Paris  eiiiiual  eine  vuilig 


EREIGNEN  — EREILEN 


EREILEN  — EREN 


786 


totale  finsternis  sich  eräugen  würde.  140 ;  da  weisz  ich  schon, 
dasz  Äsop  seine  fabeln  mündlich  bei  sich  eräugenden  gele- 
genheiten  erzählt  hat.  5,  4.  andere  belege  schon  oben  sp.  698. 
699  und  hernach  noch  unter  ereugen.  GrIjbel  in  seiner  Nürn- 
berger mundart  hat  dies  ereigen  noch  oß.     s.  ereugen. 

EREIGNEN,  dasselbe.  niciU  genug  an  dieser  enlstellung  des 
5u  oder  eu  in  ei,  es  entsprang  daraus  auch  eine  Verwirrung  mit 
dem  ganz  unvencandten  uorle  eigen  proprium,  folglich  mit  eignen, 
aneignen,  zueignen,  deren  n  sich  felderhaß  in  ereigen  einschlich 
und  ein  falsches  ereignen  herbei  und  endlich  durchßhrle,  ja 
sogar  von  solchen  nachgeahmt  tciirde,  die  noch  äu,  cu  behielten, 
stellen  sind  bereits  sp.  699  gegeben  und  hier  folgen  noch  andere, 
die  frühesten  tauchen  zu  eingang  des  l' jh.  auf:  wie  sich  auch 
aus  der  zeugendeposition  ereignet  und  erscheinet.  Atrf.r 
proc.  1,9;  sich  ereugnen.  Magdeburg  1602;  bei  kindern  er- 
eugnet  sich  die  selige  Wirkung  des  h.  gcistcs  nicht  also  als 
bei  erwachsenen.  Scbiteb  se/ensrA.  1,  495 ;  dasz  sich  auch  kein 
geringes  feucr  in  der  guten  dienteln  ihren  herzen  eräugne 
und  anflamme.  mägdelob  59 ;  so  möchten  sich  wol  bei  dieser 
meinung  noch  weit  grüszerc  Schwierigkeiten  ereignen.  Hahx 
2,252;  doch  ereignet  sich  die  gelegcnheit.  Günther  vorr.  s.  b ; 
so  ist  dieses  der  erste  imterschied,  der  sich  zwischen  den 
richtern  bei  den  tragischen  und  den  richtern  bei  den  komi- 
schen Wettstreiten  nunmehr  eräugnefe.  Lessing  6,  327;  eben- 
daher {dasz  man  alles  nach  eigner  einsiciU  viiszt)  ereignet  sich 
das  milchgesichtlein.    Claldtcs  3,  9 ; 

es  mag  sich  feindliches  cräugnen, 

du  bleibe  ruhier,  bleibe  stumm, 

und  wenn  sie  dir  die  bewegung  läugnen, 

geh  ihnen  vor  der  nas  hemm.    Götue  3,  296 ; 

besonderes  glück  ereignete  sich  mir  auch  zu  Bibrich.  32, 99 ; 
einer  der  wundersamsten  productionen  zu  gedenken,  die  sich 
vielleicht  je,  man  darf  wol  sagen,  ereignet  haben,  es  ist  das 
tagebuch  der  schlacht  bei  Leipzig.  45, 2S7.  dem  part.  darf 
das  sich  fehlen:  bei  so  oft  seither  ereigneter  gelegenheit. 
BcTSCHKY  kanzl.  61 ;  in  ereigneter  fridenszeit.  432 ;  ob  ich  bei 
ereigneter  gelegenheit  diese  insel  verlassen  woIfe.  Fehenb. 
1,  434.  doch  fügt  es  Göthe  bei :  eine  sich  ereignete  begeben- 
heit.    Eckermanns  gespr.  1. 319. 

EREIGNEN,  n.  eventus,  ohne  sich :  ein  ereignen  zwischen 
liebesleuten  von  der  zartesten  art.    Göthe  33, 191 ; 

freilich  fröhnt  es  nur  dem  heutgen  tage, 
gestrigen  ereignens  denkts  nur  selten.    40,  423. 

EREIGNIS,  f  und  n.  hier  leidet  das  n  andere  deulung  als 
in  ereignen,  es  rührt  schon  aus  dem  alid.  arougnessi  (Graff 
1, 126)  her:  auf  die  ereignis  {den  fall)  hin,  dasz  der  klügling 
einst  Selbsten  auftrat  und  redete.  Klopstock  19, 12S ;  in  an- 
sehung  dieser  ereignis,  die  zwar  auf  jene  folgt.  Kam  2. 362; 
die  unbeständigen  Witterungen,  deren  ereignis  man  einzeln 
nicht  vorherbestimmen  kann.  4,  293 ;  vor  dieser  ereignis  ist 
alles  recht  provisorisch.  5, 188 ;  eine  fremde  ereignis.  Wol- 
detnar  1,  252 ; 

alles  vergängliche 

ist  nur  em  gleicbnis, 

das  unzulängliche 

hier  wirds  ereignis.    Götbe  41,  343; 

ein  groszes  trauriges  ereignis.  33, 196 ;  köstlicher  abdruck 
des  schweizerbäurischen  zusfandes  und  des  höchsten  ereig- 
nisses  dort  zwischen  zwei  liebenden,  daselbst;  von  diesen 
höheren  betrachtungen  kehre  ich  wieder  in  mein  kleines 
leben  zurück,  dem  aber  doch  auch  seltsame  ereignisse  be- 
vorstanden. 48,179;  Horaz,  vor  knaben,  in  Eutin  I  wie  würde 
der  Römer  zu  dem  cräugnis  lächeln.    Voss  br.  3, 1,  216, 

EREIGNISREICH. 

EREIGNISVOLL. 

EREIGNUNG,  /".  eventus:  wenn  es  wahr  ist,  dasz  nach 
ihren  (der  stoiker)  grundsälzen  der  donner  am  umzognen  him- 
mel  nicht  mehr  und  nicht  weniger  die  mitwirkung  der  götter 
bewies,  als  der  donner  am  heitern  himmel,  so  kann  Horaz 
den  letzten  ebensowenig  im  ernste  als  im  scherze  als  eine 
ereignung  ansehen,  die  ihn  den  Stoikern  wieder  beizutreten 
nöthige.    Lessing  4,  41  und  üßer. 

EREILEN,  assequi,  mhd.  erilen. 

1)  weidmännisch,  venn  die  hinterfälirte  im  freien  boden  und 
im  grase  genau  in  die  vorderfährie  tritt,  das  ist  ein  zeiclien 
des  hirsches,  denn  bei  dem  Ihier  (dem  treibchen)  greifen  die 
fährten  nicht  ineinander.  Döbel  1, 10*.  lie^  hierin  niciU  eine 
bestdliyung  der  sp.  106  vorgetragnet*  dymologie?    eilen   scheint 

in. 


ursprünglich  und  ägentlich  das  ansetzen  des  fuszes,  das  ein- 
setzen der  fuszsohle  in  den  erdboden,  das  eindrücken  der  spur 
zu  bezeichnen,  eilen  ist  gehen,  laufen,  ereilen  ist  erlaufen, 
vestigia  premere.  übereilen,  fiacA  Döbel  7",  bedeutet  über  Hie 
vorderfährie  hinaustreten,  wie  schlechte  und  junge  hirsche  zu  thun 
pflegen,  die  Jägersprache  hat  uns  also  den  wahren  sinn  eines 
Wortes  bewahrt,  den  die  spätere  abdraclion  nicht  mehr  erkennen  Idszt. 

2)  schnellgehend,  springend,  laufend,  reitertd,  schwimmend, 
segelnd,  fliegend  erreichen,  ergreifen : 

da;  er  die  strälcn  weite 

mit  sime  sprunge  erilen.    tr,  kr.  29611 ; 

einen  ereilen,  cursu  consequi.  Maaler  109';  jaget  im  nach 
sieben  tagereise  und  ereilet  in  auf  dem  berge  Gilead.  1  Mos. 
31,  23 ;  und  die  Egj^jter  jagten  inen  nach  und  ereileten  sie 
mit  rossen  und  wagen.  2  Mos.  14,  9 ;  schlugen  sie  alle,  die 
sie  ereilen  künden.  Judith  15,  5 ;  morgens  aber  jaget  er  inen 
nach  und  künde  sie  nicht  ereilen.  1  Macc.  12,  30 ;  mocht  er 
sie  nit  ereilen.  Aimon  n  2' ;  in  het  ein  ros  nit  wol  ereilen 
mögen.  r2';  da  ereilt  er  einen  knüttel,  welchen  er  hatte  zur 
band  gestellet.  Privatcs  daemonolatria  s.  364 ;  gab  seinem  pferd 
die  sporn  und  mochte  ihn  niemand  ereilen.  Kirchhof  mil. 
disc.  220;  die  Jäger  kunten  den  hirsch  nicht  ereilen.  Lok- 
man  fab.  2 ;  als  mich  abermal  die  nacht  ereilte.  Simpl.  K.  54. 
vgl.  ergreifen  5  und  8; 

wenn  dann  vielleicht  der  wellen  schwarzer  rächen 
den  frachten  droht  und  mast  und  kiel  ereilt.    Hagedobs  1, 11 ; 
schon  die  hälfle  der  tugend  entrückt  Zeus  waltende  vorsieht 
einem  mann,  sobald  nur  der  knechtschaft  tag  ihn  ereilet. 

Od.  17,323, 

fiacÄ  aller  Vorstellung  reitet  der  tag  zu  rosse;  jeden  ereilet  end- 
lich sein  tag,  es  sei  auf  dem  weichen  kissen  von  flaura 
oder  im  rauhen  gewühl  des  gefechtes.  Schiller  . .  . ;  ich 
hatte  indessen  das  mädchen  ereilt  und  hielt  sie  fest.  Göthe 
25,  361. 

3)  bUdlich: 

du  weist,  ob  ich  das  lob,  das  ich  vielleicht  ereile, 

nicht  so,  wie  sorg  und  schweisz,  mit  meinen  beiden  theiie. 

J.  E.  Schlegel  1,  253; 
ists  wol,  wenn  des  gestimes  macht  den  menschen 
ereilt  in  der  verhängnisvollen  stunde?    Schiller  .  .  .; 
soll  das  gericht  so  furchtbar  ihn  ereilen?    Kösmsh  4,  28; 
und  namlos  bleiben  mögen  sie  einstweilen, 
bis  drunten  doch  in  den  krystallnen  grotten 
der  mensch  sie  mit  der  spräche  wird  ereilen. 

REcKERT  ges.  ged.  1,  166. 

EREIN,  alteneus,  mhd.  Mn,  s.  eren,  erin. 

EREIN,  tn^ro,  für  herein,  häufig  bei  Luther,  z.  b.  mach  mir 
ein  essen,  wie  ichs  gern  habe,  und  bring  mirs  erein.  1  Mos. 
27,4;  gott  hat  mich  erein  gefüret.  5  Mos.  9,4;  waren  die 
Amalekif er  erein  gefallen.  1  Sam.  30, 1.  2  Sam.  5,  6 ;  wo  aber 
keine  liebe  nicht  ist,  da  wird  auch  kein  glaube  sein  . . . 
sondern  eitel  schrecken  und  furcht,  angst  und  pein,  mit 
häufen  erein  schlahen,  Venn  das  stündlein  komen  wird. 
Llther  6, 63*.     mehr  unter  dem  heutigen  herein. 

EREISCHEN,  exigere:  die  not  ereischt,  necessc  vH  necessum 
est.  Serrasüs  synonymorum  libellus  51* ;  als  die  notturft  in 
solchen  fallen  . . .  eraischt.  Lanz  slatsp.  Karl  V  s.  471 ;  dise 
versamlung  hat  der  bischoffe  unersettlicher  geiz  ereischt  und 
zu  samen  gefordert.  Frank  chron.  331'.  s.  eischen,  heischen 
und  erheischen. 

EREMIT,  m.  eremita,  einsiedler. 

EREMITENG.\RTCHEN,  n.    Voss  6,220. 

EREMITENKAPELLE,  f 

schon  senkt  sich  der  abend,    im  röthlicben  schein 
winkt,  unter  den  felsen  am  lerchenbaumhain 

die  ercmiieukapelle 

mit  mosiger  zelle.    Matthisso:«  107. 

EREMITENKLEIDUNG.    Fr.  Müller  3,72. 
EREMITENZELLE,  f 

dort  wo  in  milder  helle 

von  immergrün  umwebt 

die  eremitenzelle 

an  grauer  klippe  schwebt.    Mattbisson  127. 

EREN,  m.  area,  pavimentum,  s.  1, 198  unter  üüre. 

mhd.  hei;  dinen  iren 

fliseclicben  kären.    Eracl.  107. 

in  folgender  stelle  erscheint  es  als  n.  mit  der  bedeutung  von  erd- 
boden, grund: 

donimb  wer  tn  rechter  zeit  paut, 

der  gewiot  ein  fhicbtreichs  eren.    fasln.  744,  13. 

DO 


787 


EREN— EREUGEN 


ERP  ABELN  — ERFAHREN 


788 


EREN,  arare,  bereits  angefüfiii  unler  illiren  1, 19S,  ären  1,  545, 
ehren  3,  57,  ackern,  pflügen,  goth.  arjun,  oM.  araa  und  erran 
(GaAFF  1,402.403),  rnlid.  arn  und  ern,  nhd.  eren  den  acker. 
voc.  14b2  g7"; 

erren,  tröscben  und  auch  sain.    Ring  44',  26; 

eim  ze  tröschen  und  xe  eren.    2S*,  31; 

ein  hübsch  trovf,  die  ein  n&rrin  ist, 

wer  mit  derselben  eren  wil, 

der  machet  krumber  fürchen  tu.    Brakt  32,  23; 

wer  im  winter  ungern  ert, 

im  summer  betteln»  sich  emert.    .  .  .; 

man  ert  den  weg  ietz  zS  der  f\irch.    102,  40; 

er  ward  gesandt  von  seinem  herrn 

hinaus  zu  feid  den  acker  em.    Wja.Du  im  leben  Etops  4'; 

der  ward  von  ungeschicht  {zufällig),  als  man  im  das  verkündt, 
auf  seinem  acker  fanden  eren,  und  trib  im  Racilia,  sein 
hausfrau,  die  ochsen,  so  hielt  er  den  pflüg.  Linus  (3, 26) 
Schüfferlin  129';  denn  bawen  und  acker  ären  ist  nicht  an- 
ders, dan  das  erdrich  luck  machen,  erlupfea  und  beiszen. 
Sebiz  23.     im  17  jh.  erlöschend,     vgl.  ereren. 

EREN,  aereus,  s.  erin  und  ehern. 

ERER,  m.  aralor,  agricola.    Oberlin  338. 

ERERBEN,  heredilale  accipere,  während  ahd.  arerpan  eihc- 
redare,  enterben  ausdrückt  (Graff  1,  407):  und  der  same  seiner 
knechte  werden  {für  wird)  sie  ererben,  ps.  69,37;  aber  die 
fromen  werden  guts  ererben,  spr.  Sal.  28, 10 ;  der  wird  das 
ewige  leben  ererben  {vulg.  vitam  aeternam  possidebit).  Matlh. 
19,29;  ererbet  das  reich,  das  euch  bereitet  ist  (possidele 
paratum  vobis  regnum).  25,34;  wisset  ir  nicht,  das  die  un- 
gerechten werden  das  reich  gottes  nicht  ererben?  {vulg.  regnum 
dei  non  possidebunt).  1  Cor.  6,  9 ;  das  fleisch  und  blut  nicht 
können  das  reich  gottes  ererben,  auch  wird  das  verwesliche 
nicht  erben  das  unverwesliche  (quoniam  caro  et  sanguis 
regnum  dei  possidere  non  possunt,  neque  corruplio  incor- 
ruptelam  possidebit,  goth.  J)ei  leik  jah  blö{)  J)iudinassu  gu^s 
gauiman  ni  magun,  nih  riurei  unriureins  arbju  vair{)i[)).  15,  50 ; 

sie  hat  ein  höher  reich  ererbet, 

als  dieses  das  mit  uns  musz  unlcrgehn.    Grtpbius  1,  175; 
dasi  sie  so  künnen  sein,  wie  wir  von  denen  sind, 
von  welchen  wir  ererbt  den  süszen  namen  kind. 

LocAü  1,  190,  98; 
die  alten  rechte,  wie  wir  sie  ererbt 
von  unsern  vätern,  wollen  wir  bewahren.    Schiluir  530'; 
in  Trözen,  das  mir  zum  losz  gefallen, 
auf  mich  ererbt  vom  Pittheus.    614; 
was  du  ererbt  von  deinen  vätern  hast, 
erwirb  es  um  es  zu  besitzen.    Göthk  12,  42; 
doch  athmet  noch  im  herzen  seines  sohos 
ererbter  groll.    Plaikn  227"; 

so  ererbter  besitz,  muth,  ererbter  wahn  u.  s.  w. ;  die  skiaven 
vergifteten  das  römische  volk  mit  ihrer  ererbten  Verdorben- 
heit.   ScDLOSSER  wellg.  3,  462. 
EREREN,  exarare,  erackern: 

wer  mehr  wilj  verzcren 

denn  sein  pflüg  mag  ereren, 

wie  kan  sich  der  erweren? 

in  musz  der  bettei  oder  Stegreif  neren. 

Frank  spr.  2, 101*.  kl.  weite  reden  215'. 

ERERNTEN,  frudum  capere,  acquirere:  und  wil  mer  vcr- 
zeren  und  verkleiden,  denn  sein  pflüg  kan  erernden.  Mathk- 
sius  49'; 

der  krfimer  nfitzer  schwur  und  ihr  genieszbar  lügeo 
ererntet  nichts  bei  mir.    Ramlkrs  Logau  2,  014. 

ERERST,  modo,  eben  erst,  primum,  allererst,  eine  Verstärkung 
ton  erst,  eher  erst,  was  mhd.  f'rirst  lauten  würde :  da  lieg 
ich  krank  und  bab  ererst  arznei  genomtnen.  Simplirian.  calcn- 
der  170;  des  in  seinem  heimwesen  ererst  lang  hernach  er- 
folgt, erlittenen  (ödes,  vorrede  zu  Job.  Michael  Hkiierer  oder 
dem  pfälzischen  Robinson.  Frank f  MW.  i' ;  wann  menschen  hülf 
aus  ist,  80  fangt  sich  gottes  hiilf  ererst  an.  4';  so  alles 
ererst  kürzlich  . . .  aufgebauet  worden.  1,  23 ;  darüber,  mit 
eingerechnet  des  ererst  vermissenden  lvermu<:l  u-irdenden)  Gric- 
cben,  unser  patron  fast  unsinnig  worden.   2, 142. 

ERESCHERN,  t.  er9«chem. 

ERF.SF.I.N,  instar  asini  portare:  weil  der  csel  le  aaumen 
»o  leidlich  und  stark,  ist  gleich  ein  Sprichwort  entstanden 
von  arbeitsamen  Iculen,  da  man  sagt,  er  mag  es  alles  ercseln. 
Foiiu  b3'. 

ERECGEN,  hier  noch  belege  der  aiten  tehreihart  itatl  des 
tpiUm  creifen,  f(ul  alle,  die  Mite»  MUf/nttim*»,  mm  dem 


16  Jh.:  dieweil  sich  itzund  vil  aufrur,  Widerwille,  verdriesz 
und  beschedigung  wider  die  geistlichkeit  ereugen  thet.  LurnER 
2,105*;  dawider  auch  vil  andere  mehr  unibstende  sich  ereuge- 
ten.  6, 3l';  hie  werden  verworfen  etliche  jüdische  lere,  die 
sich  auch  itzund  ereugen.  6,305';  wann  sich  nit  bereit  so 
viel  an  im  ereuget  hette.  Melmirhthons  decl.  von  keiser  Fridrichen, 
deutsch  von  Laüterbeck  bl.  10;  zum  andern  ereuget  sich  die 
Thonaw,  der  berümplest  flusz  Europe.  Frani  «W/t.  4b';  aller- 
hand vergaderungcn  und  vcrsamblungen,  auch  under  was 
schein  gleich  dieselben  sich  in  dieser  sächsischen  Jandcsart 
zutragen  oder  ereugen  wollen.  Lanz  slatsp.  Karl  V  s.  528; 
darumb  es  hie  auch  vernmllich,  das  sich  vil  bergkart  in 
diser  awe  ereuget.  Mathesius  2';  alsdenn  ereuget  sich,  was 
in  dem  coblichlen  ding  gesteckt  sei.  113';  morgens  ereuget 
sich  zuerst  ein  geringes  licht,  welches  hernach  zunimmt 
ScRivER  selensch.  1,  495 ;  es  war  an  dem,  dasz  das  edle  Rens- 
burg wegen  allerhand  ereugendcn  mangel  hätte  müssen  denen 
belägerern  übergeben  werden.  1,55-1;  die  Weisheit  gottes,  die 
sich  an  jeder  blume  ereuget.    1,  612 ; 

dasz  gwissen  feinden  sich  oft  grausamkcit  ereuget, 
solchs  die  erfaruug  zwar  zu  jeder  zeit  bezeuget. 
Wbrders  Ar.  b,  6; 
so  oft  mal  liesz  ich  in  hinauf  da  zu  mir  steigen, 
als  nur  gelegenheit  sich  immer  wolt  ereugen.    5,  10; 
wo  nicht  in  monatsfrist  ein  ritter  sich  ereuget, 
der  in  den  wafTen  sich  so  scharf  und  stark  bezeiget.    5,  67. 

ERFABELN,  confingere  ut  fabulam:  alles  ist  rein  erfabelt 
und  erdichtet. 

ERFÄCHELN,  refrigerare.  Stieier  526,  der  erfecheln  schreibt 
und  erfeckeln  fovere  davon  unterscheidet,  s.  unter  diesem  wort 
und  unler  anfacheln. 

EHFACTERIEREN,  fraude  acquirere,  ü.  fatturare,  fälschen: 

da  geht  an  galgen  mein  gewin, 

was  ich  lang  tnet  erfactcriern 

mit  meinem  gschwinden  pracliciern.    H.  Sachs  III.  2,33*. 

ERFAHREN,  alid.  arfarun,  irfaran,  mhd.  ervarn,  ein  spcci- 
fisch  huclidculsches  wart,  dem  weder  goth.  uslaran,  noch  ags. 
dfaran  zur  seile  tritt,  das  nl.  crvaren,  sdiw.  erfara,  ddn.  erfare 
wurden  von  uns  entliehen,  faran  ist  ire,  meare,  arfaran  <'i/n</ü 
asseqni,  im  gehen  erreichen,  erlangen,  endlich  überhaupt  erlangen, 
erreichen. 

1)  einen  erfahren,  eneilen,  einholen,  ereilen  {dessen  erklä- 
rung  sich  dadurch  bestätigt),  cursu  nancisci: 

nach  dem  riter  kerter  sä, 

und  het  in  harte  schier  ervarn.     Wigal.  5110; 

auch  wolt  ich  ehe  reiten,  da  mich  kein  mensch  nimmermehr 
erfaren  müst.    Galmy  163  =  buch  der  liebe  59.  4. 

2)  hieran  grenzt  erfahren,  überfahren,  cursu  supervehi ,  zu 
tode,  zu  schänden,  zu  boden  fahren:  einen  hund,  ein  kind  er- 
fahren; die  arme,  alte  frau  ist  erfahren  worden;  lung  und 
leber  ist  im  erfarn,  ptämo  et  hepar  diffusa  stträ.  Scbmeller 
1,548. 

3)  viel  Oßer  die  weit,  erde,  reiche,  lander  erfahren  =^ 
durchfahren,  permeare,  percurrere,  pervadere,  pererrare,  pervagan : 
von  Alexander  heiszt  es  im  Annolied  326 

dir  die  wärlt  in  JAren  zuelivin 

irvuor  unz  an  dit  cinti; 

owö  H  kumt  ein  wint,  daj  wi^^^pnt  sirherlichc, 

d6r  sol  mit  grimrao  crvaren  elliu  künicriche.    Waith.  13,14; 

etlicb  gond  alle  land  usz  selber  und  wollen  alle  land  sehen, 
ander  erfaren  die  land  mit  iren  oren,  sie  hören  gern  darvim 
reden  und  fragen  ander  leut,  wie  man  in  den  landen  leb. 
und  lercns  von  inen  tnid  wissen  darvon  zu  reden,  als  wereu 
sie  da  gesein.  KEi.>iKnsBtRG  narrensch.  133*;  ich  habe  gottlob 
etliche  vil  stedte  erfaren.  Luther  5,  172' ;  wie  dis  wissen,  so 
die  land  zu  ros  und  wasser  erfaren  haben.  Framk  uellb.  vorr. ; 
der  dis  land  gar  eigentlich  erfarn  und  durchschweifl  hat.  17'; 

dann  ich  mich  selb  auch  hob  verplHrhl. 
temlich  Wollarten  (wallfikrinörlcr]  tu  erf;ircn. 
WicKRAi  pilger  K,  l>t.  iiii 

SO  er  möchte  Urlaub  haben  von  vatler  und  von  muller  /ii 
folgen  und  die  weit  zu  erfahren,  buch  d.  l.  31,4;  er  wolle 
wandern  und  die  weit  erfahren. 

4  a)  erfahren,  vertun.»  lurrari:  der  fuhrmann  bat  sich  viel 
geld  erfahren;  ein  tüchtiger  »chilTer  erfahrt  »ich  manchen 
heller; 


789  ERFAHREN 

der  erst,  welcher  mit  karren  fert, 

dem  ist  mühe  und  arbeit  beschert, 

ietzt  bricht  im  dis,  ietzt  bricht  im  das, 

und  was  er  erfert  auf  der  strasz, 

wird  er  im  Wirtshaus  wider  an  {ohne,  los) 

und  bleibt  ein  armer  karrenman.    H.  Sachs  I,  531'. 

4b)  erfahren,  lä>rare,  wägen.  Dasypodics  116'.  32t',  einemerk- 
Kürdige,  gewis  gegründete  bedeutung,  da  auch  wagen  cunus  zu 
wegen,  bewegen  gehört. 

5)  diese  sinnlichen  Vorstellungen  gehen  über  in  abslradionen 
und  weichen  vor  ihnen  allmälich  ganz  zurück, 

a)  einen  erfahren,  assequi,  einholen,  überholen  wird  auch  da 
gebraucht,  wo  von  keinem  gang  oder  lauf  die  rede  ist:  unde  sie 
inaren  werden  in  iro  ubermuoti,  H  comprchendanlur  in 
superbia  sua.    N.  ps.  58, 11 ; 

diu  kint,  diu  vor  driu  jären 

zuo  gesetzet  wären, 

mit  kirnst  ej  diu  so  schiere  crruor, 

das  <^er  meister  selbe  swuor, 

er  gesreh  von  aller  bände  tugent 

niesö  sinneriche  jugent.    Greg.  1003. 

6)  einen  erfahren,  erkunden,  erkennen,  mit  parlikel,  Substantiv 
oder  adjectiv: 

habt  ir  mich  dann  also  erfam?  fastn.  230,  29; 
der  findling  konnte  seinen  vater  lange  nicht  erfahren;  das 
kind  lernte  nie  seine  mutter,  seinen  vater  lieben,  weil  es 
schon  in  dem  zartesten  alter  von  ihnen  gerissen  seine  eitern 
nicht  an  ihren  wolthaten,  mir  von  hörensagen  erfuhr.  Schiller 
1023;  sollet  ihr  mich  niemals  anders  als  euern  freund  er- 
fahren. WiELAND  16, 21S ;  du  wirst  in  finden  und  erfaren 
weis  und  dienstbar,  hominem  prudenlan  et  offimsum  cognosces. 
Maaler  109'; 

den  ich  barmherzig  stets  erfahren.    WecKHEiauf  20, 
heute  lieber  fand,  gefunden  habe. 

c)  weit  Oßer  sachen,  dinge  erfahren,  erforschen,  erkunden 
und  nicht  selten  mit  einem  vorausgeschickten  verbum  des  gehens, 
wodurch  gleichsam  duszerlich  ausgedrückt  wird,  was  ursprünglich 
in  erfahren  selbst  gelegen  war:  gehe  hin  und  erfahr  mir  das; 
gehet  und  erfahret  uns ;  mache  dich  auf  und  erfahr  es ; 
gehet  durch  die  gassen  zu  Jerusalem  und  schawet  und  er- 
faret,  und  sucht  auf  irer  straszen,  ob  ir  jemand  findet  der 
recht  thu.    Jer.  5, 1 ; 

genc  hin  zuo  im  und  ervar, 

wil  er  her  od  sol  ich  dar?    Iw.  8033; 

dö  bat  er  Hilpranden  zuo  den  gesten  gän, 

daj  er  an  in  erfüere  waj  da  waere  getan.    Xib.  2184,  4. 

natürlich  unterbleibt  dies  meistentheiis  und  verstdit  sich  aus  dem 
Zusammenhang: 

diu  frouwe  sprach,  der  mir  ervert, 

ob  der  selbe  riter  lebe, 

der  hat  iemer  mine  gebe.    Wigal,  5267; 

wand  €r  niht  wider  wolle  komen, 

er  ervüere  wie  sie  wxre  genomen.    Iw.  4302; 

frage  waj  ich  habe  gesungen  und  errar  uns  werj  verk^re. 
Walih.  32,  16; 

so  ervare  ich  uns  diu  moere  an  des  küenen  recken  wip. 

Nib.  818,4; 

d€r  Togt  der  Amelunge  biej  Sj  ervam  baj.  2184, 1 ; 
denn  in  allen  diesen  fällen  ist  der  erfahrende  als  ein  dahin,  wo 
ter  forschen  soll,  gehender  gedaclä.  ich  spriche,  daj  man  nich 
sin  gesellen  tougen  ervar  {nicht  suche  hinter  seines  freundes 
geheimnisse  zu  kommen),  welsdier  gast  s.  404 ;  einsi  heimlichkeit 
erfaren,  arcanum  alicujus  scrutari.  Maaler  109*;  und  fürsatzt 
in  meinem  herzen  weislich  zu  suchen  und  zu  erfaren  von 
allen  dingen,  die  do  werden  ander  der  sunnen.  bibd  von 
1483,  306'  pred.  Sal.  1, 13  (vulg.  quaerere  et  investigare,  Luther, 
zu  suchen  and -zu  forschen);  aber  seine  Schwester  stund  von 
ferne,  das  sie  erfaren  wolt,  wie  es  im  gehen  würde.  2  Mos. 
2,  4 ;  sei  stille  meine  tochter,  bis  da  erferest  wo  es  hinaus 
wil.  Ruth  3, 18 ;  das  bepstliche  heiligkeit  heraus  befehle  etwa 
einem  gelerten  bischof,  die  sach  za  erfaren.  Lcthers  br.  1,  209 ; 
daramb  nit  erfars  {forsche  nicht  danach)  sprich  ich.  Keisersb. 
bilger'S*;  ich  hab  seither  mein  zeit  in  der  nigromanzei  ver- 
trieben, auch  manchen  ferren  nnd  weiten  weg  gezogen,  bis 
ich  der  kunst  nach  meinem  willen  ein  genügen  erfahren  hab. 
buch  d.  l.  245,  2 ;  bin  des  willens  den  rilter  bei  mir  zu  be- 
halten, solang  dasz  ich  einen  waren  und  rechten  bcscheid 
seinethalben  erfaren  mag.   253,4; 

kaufman,  du  vil  guoter  man, 

du  soll  einen  guoten  muot  han, 

icb  wil  es  gar  eben  erfam.    fastn.  471,  25; 


ERFAHREN  790 

wir  wollen  reiten  tag  und  nacht 

bis  wir  den  träum  erfaren.    Uhlasd  222, 

zur  stelle  erforschen,  ob  er  wahr  sei; 

ein  ieder  selber  sich  bewar, 

sin  gwiszne  eigentlich  erfar.    trag.  Joh.  D  6, 

prüfe,  erforsche  sein  getcissen ;  and  sein  noch  des  weitern  nach- 
klang? zu  erfaren  begierig.  Albrecht  an  Melanchth.  zu  Eph.  13 ; 
durch  kundschaft  erfaren,  comperire  testibus.  Maaler  109';  man 
erfart  die  sach,  inquiätio  agilur.  das.  und  Frisics  66' ;  ich  gebe 
mir  alle  ersinnliche  mühe  den  Vorfall  genau  zu  erfahren. 

d)  am  meisten  ab  von  der  ursprünglichen  btdeutung  des  er- 
fahrens  liegt  die  heute  gangbarste  des  bloszen  gewahrens  und  Ver- 
nehmens der  dinge,  ohne  dasz  an  fahren  und  forschen  voraus- 
gieng:  so  man  erfaren  hat  uberal,  wie  man  ein  ding  gibt 
{zu  welchem  preis  man  eine  sacke  verkauft),  so  kumpt  man  doch 
wider  zu  denen,  die  so  steif  auf  irem  ding  bleiben.  Keisersb. 
s.  d.  m.  22';  wenn  du  einem  sein  eer  abschneidest,  derselb 
saget  es  darnach  eim  andern,  derselb  sagt  es  weiter  und 
also  kumpt  es  von  einem  zu  dem  andern  und  erfaren  es 
zehen  oder  zweinzig,  die  es  vor  nicht  gewist  hond.  2%';  als 
nu  Noah  erwacht  von  seinem  wein  und  erfur,  was  im  sein 
kleiner  son  gethan  hatte,  1  Mos.  9,  24 ;  Saal  wirds  erfaren  und 
mich  erwürgen,  l  Sam.  16,  2 ;  und  wirst  erfaren,  das  deine 
hätten  friede  hat.  //io6  5,  24;  hernach  werdet  irs  wol  erfaren. 
Jer.  23,  20 ;  und  sollen  erfaren  das  ich  der  herr  sei.  Ez.  6, 10 ; 
nnd  solt  erfaren,  das  ich  der  herr  bin.  25,  7 ;  und  sollen 
alle  feldbewm  erfaren,  das  ich  der  herr  den  hohen  bawm 
ernidriget  habe.  17,24;  sehet  zn,  das  es  niemand  erfare  (ru/'j. 
videte  ne  quis  sciat,  golh.  saihvats  ei  manna  ni  riti).  Matlh. 
9, 30 ;  aber  da  Jesus  das  erfur,  weich  er  von  dannen  (Jesus 
autem  sciens  secessit  inde).  12, 15 ;  du  wirsts  aber  hernach 
erfaren  (scies  autem  postea).    Joh  13,  7 ; 

main  ich,  dasz  sölliche  edle  tat 

erfuer  man  nie  von  lürsten  hie.    fastn.  425,  22, 

solche  thal  hat  man  nie  von  einem  fürsten  vernommen,  erlAt;  und 
da  der  keiser  und  die  sein  das  erfaren.  Aimon  T  3 ;  ich  erfar 
war  sein  {verum  esse  comperio).  Wirscng  d4';  wie  sie  ihn 
erstlich  nicht  betten  wollen  aufnemen,  bis  sie  drei  und  fünfzig 
gülden  und  etlich  damast  und  seiden  erfahren  {wahrgenommen 
hätten).  Kirchhof  wendunm.  410';  das  rote  öl  von  bleiweisz, 
welches  ich  das  beste  zu  sein  bisher  erfahren  hab.  Würtz 
114;  derowegen  erfahr  ich  meinen  vortel  {gewahre,  sehe  ich 
meinen  vortheil  ab)  und  kam  noch  einmals  über  das  fasz  mei- 
nes so  hochgeliebten  getrünks.  Simpl.  2,  294.  diese  bedeutung 
hersclU  auch  seit  dem  18  jh.  völlig  vor: 

noch  wissen  sie  von  nichts,    noch  stehts  bei  dir 
allein,  was  sie  davon  erfahren  sollen.    Lessinc  2,  361, 

sie  soll,  sie  musz 
in  beiden  fällen  was  ihr  Schicksal  droht, 
von  mir  zuerst  erfahren.    344 ; 
was  er  allda  gesehen  tind  erfahren, 
hat  seine  zunge  nie  bekannt.    Schillzi  71*; 

der  so  gestimmte  geist  läszt  die  von  ihm  abhängende  natur 
erfahren  {gibt  ihr  zu  verstehen,  läszt  sie  ßUen),  dasz  er  ihr 
herr  ist.    1117'; 

die  gicht  (üble  laune) 
die  unsre  seelen  oft  erfahren  (erleben).    Gödück  1,  164; 
die  schreckenstage,  die  ein  reich  erfährt  (erlebt), 
wo  jeglicher  beüeblt  und  keiner  hört.    Göthe  4,  49; 
der  mensch  erfährt  (erlebt),  er  sei  auch  wer  er  mag, 
ein  letztes  glück  und  einen  letzten  tag.    2,248.  Il,;i76; 
wir  würden  seinen  scherz  zu  tragen  haben, 
wie  unsre  kleidung  seinen  spott  erfuhr.    9,  HO; 

so  war  unterdessen  unendlich  riel  und  nicht  immer  so  rein 
erfahren ,  worden  und  gar  oft  hatten  sich  die  erfahrungen 
nach  den  meinungen  gebildet.  26, 342 ;  sie  musten  ans  dem 
oberen  stummen  gebüsch  herab  steinwurf  auf  steinwurf  er- 
fahren. 48, 138 ;  du  wirst  schon  noch  erfahren  was  schmerz 
heiszt;  ich  habs  erfahren  was  hungern  ist.  wir  erfahren  und 
wissen  was  «ir  erleben  und  mit  eignen  äugen  gesehen  haben, 
gutes  und  böses,  wie  es  uns  zu  theü  wird,  erfahren  ist  experiri, 
an  sich  selbst  erfahren,  das  erfahrne  ist  das  wirkliche,  dem 
nur  gedachten,  idealen  entgegenstehende,     s.  erfahning. 

6)  sich  erfahren,  im  alten  recht,  hiesj  sich  erkundigen,  rathes 
erholen  bei  änem  oberhof:  wes  sie  nit  wise  weren,  des  weiden 
sie  sich  erfaren  oder  es  zu  hofe  holen,  weislh.  2, 219 ;  so 
sullen  sie  macht  han  sich  zu  erfaren  an  iren  herren.  2,55S; 
da  ich  mich  bei   iedem  tail  insunderhait  erfuer,   fand  ich 

50* 


791 


ERFAHREN — ERFÄHREN 


ERFAHRENHEIT — ERFAHRNUS 


792 


einen  vcrirrlen  hundul.  Chmel  Maximilian  s.  175.  es  galt  aber 
auch  auszerdem:  davon  wenn  sich  einer  vor  einem  richtcr 
erbütet  zu  schweren,  so  soll  derrichter  nicht  schnell  schweren 
lassen,  sunder  zu  im  sprechen,  er  soll  heim  gun  und  sich 
vor  wol  auf  die  such  erfaren  und  bedenken,  das  er  wisz  was 
er  Ihun  wöl.  Keisersb.  s.  d.  m.  2l';  da  ist  nüt  bessers  dan 
das  ein  mensch  sich  selber  erfar  (in  sich  selbst  gehe,  in  seinem 
gewissen  prüfe),  ergründ  sein  conscienz,  ob  etwas  in  seiner 
gewiszni  sei.  onieisz  35',  vyL  die  unter  4  d  aus  trag.  ioh.  Ü  ü 
angezogne  stelle;  nu  erfar  dich  gar  eben  {prüfe  dich  innerlich), 
ob  du  also  zweifelhaftig  und  undultig  seiest  worden.  Spiegel 
des  Sünders  {um  1470)  bei  Gefken  beil.  52.  dies  gute,  aus  der 
Urbedeutung  des  fahrens  und  gelicns  geflossene  reflexivum  ist  längst 
auszer  gebrauch. 

ERFAHKEN,  experlus,  exercilalus,  usu  perilus,  oß  mit  gen. 
der  Sache:  ein  erfahrner,  bewälirkr,  eimicIUsrolkr  mann,  der 
an  viel  orte  gelangt  ist,  viel  viit  angesehen  hat;  ein  erfahrner 
greis ;  man  soll  glouben  dem  erfarnen.  Keisersb.  eschengrudel 
ds*;  schaffet  her  weise,  verslendige  und  erfarene  leute. 
iMos.  1,13;  ein  wol  geübter  man  verstehet  vil  und  ein  wol 
erfarner  kann  von  Weisheit  reden.  Sir.  34, 9 ;  ein  erfarner 
weisz  sich  dafür  zu  hüten.  36,  22 ;  Gorgias  welcher  ein  er- 
farner krieger  war.  2  Macc.  8,  9 ;  der  aller  erfahrnesl  {erfah- 
renste). Amadis  31;  so  dürften  wir  leicht  noch  ein  tausent 
Schweizer  oder  sechs,  die  stürm  {bellorum)  erfaren  sind, 
haben.  Schade  sal.  u.  pasq.  3,82;  schifleute  auf  dem  meer 
erfaren.  1  kön.  9,  27 ;  denn  es  waren  ctlich  sterker  und  er- 
farner der  freiheit.  Melanxhth.  1  Cor.  8 ;  dise  wundtränk  seind 
wuuderbarlich  gut  und  erfaren  (erjirobt,  bcwdliH).  Gersdorf  29 ; 
ein  andern  guten  erfahrnen  wundtrank  mache  also.  Tabernaem. 
338 ;  sind  ein  herliche  und  über  die  maszen  kräftige  erfahrne 
arznei.  449;  ein  alter  erfahrner  durchkrochner  pursch,  un 
vieux  routier.    Rädlein  247'; 

uns  dunkt,  du  seist  nun  alt  von  j.nrn, 

geübt  und  Unglücks  wol  ciTarn.    Waldis  Esop  4,  99; 

ihr  welsch  geblasne  wort  ersticken, 

sobald  sie  der  erlahmen  prob, 

so  ihr  neid  hasset,  nur  erblicken.    Weckberlih  356; 

der  gesetze  treflich  wol  erfaren.  Ayuer  proc.  1, 5 ;  der  vil 
leides  erfahrene  h.  vater.  Butschky  kanzl.  859;  die  erfarne- 
slen  (erfahrensten),  wankelm.  liebh.  229 ;  wer  seiner  kunst  er- 
fahren ist.  pers.  baumg.  7,  24  ;  er  besonder  erfahrnes  {erprobtes) 
experiment  und  secretum.  Hohberc  1,309".  spiichwort:  der 
erfahrne  kann  fahren.  Lehmann  205. 
ERFAHREN,  n.  experientia  : 

die  durch  vieler  jähre  wissen,  die  durch  vieler  jähr  erfahren 
innerlich  sich  schön  und  hurtig,  voller  geist  und  witz  gebühren. 
LocAU  3,  91,  77. 

ERFÄHREN,  lerrere,  in  gefahr  bringen,  schrecken,  mhd.  ervseren : 

6i  wsere  ein  wol  gemuot  man 

ervxret  von  der  arbeit.    Iw.  5787; 

von  harzen  gründe  mich  bcswaßret, 

da;  der  tot  uns  alle  crvxret.    Renner  20944, 

WO  der  reim  nicht  ladet,  dasz  man  encrt  lese,  was  von  crvarn, 
änholen  geleüet  auch  passenden  sinn  gäbe,  die  folgenden  nlui. 
bdege  sehreiben  alle  crferen  für  erfaren  und  legen  ihm  den  sinn 
von  schrecken  bei:  es  worden  gar  scre  erferit  die  crislen 
fursten.    Rothe  dür.  ehr.  cap.  313 ; 

nu  hab  ich  doch  in  kurzen  jaru 

bei  hundert  fraucn  wol  erbult, 

und  so  vil  Wort  nie  darausz  gespult, 

darmit  ich  sie  mocht  hau  erl'ert, 

und  hellen  mich  all  lieb  und  wert,    fastn.  230,  33; 

gott  wolt  in  {Tohiaii)  uT  ein  zeit  hewern  {prüfen), 

mit  manchem  zSlal  in  erfern.    MiaituR  geuchmat  1519  A4; 

künig  Hug  ward  crfert,  als  er  das  huret.  Ilugschapler  49; 
aber  Reinbart  was  nit  ein  man,  der  mit  wurlen  zuerschrecken 
oder  zuerferen  was.  Aimon  h5';  da  nu  keiscr  Carle  ir  dan- 
Dcn  scheiden  vcmam,  des  wart  er  crfert.  v3*;  under  den 
herren  allen  was  keiner,  der  da  dem  keiser  etwas  in  die 
•ach  dragea  dorft,  sondern  waren  all  seiner  red  erfert.  x  3* ; 
bUet  CT  Bondidri  zii  dreien  malen  als  laut,  das  es  mttnig- 
klicken  im  schlosz  vemain,  des  wurden  sie  erfert.  x3';  ir 
berrea,  meioet  mich  nit  mit  Worten  zu  erferen  oder  schreck- 
haft zu  machen.    A  2' ; 

auf  tcbAoeD  bügeln  rumb,  in  tbtlero  und  auf  rasco 
apaUiert  und  jagten  lie  oft  die  ernthricii  hauen. 

WERiir.aA  Ar.  7,  32; 
all  der  erfrHmmte  wolf  bei  dunkHAtixtrcr  nnrht 
•la  berd  und  groaze  lahl  erTubner  »cbafleiu  acht.    12,  74, 

<M  migintl  paurote  lq>rl 


ERFAHRENHEIT,  f.  peritia,  experientia,  schwed.  erfarenhet, 
dän.  erfarenhcd:  also  wenn  ein  mensch  nit  hct  crfarenheit, 
so  kau  er  die  anderen  nit  regieren.  Keisersb.  bilger  142'; 
das  mögent  ir  alle  tag  aus  erfarenheit  crmerken.  Aimon  ki; 

crkendt  aus  erfarenheit  wol, 

das  si  der  untrew  wcrcn  vol.    Teuerdank  75,  178; 

Marcolphus  thet  sich  des  erwegen, 

er  sprach,  ich  wils  änderst  bcweru, 

und  änderst  durch  erfarenheit  lehrn.    Wau)1s  Esop  2,22; 

erfarnheit  hau  wir  des  zu  lehr.    Walsu  3,  50; 

und  helt  durchaus  nichts  für  warlieit, 

es  Zeugs  denn  die  erfahrenheit.    /"roichmciweJer  Ee  6' ; 

wegen  seines  von  natur  hocherleuchten  und  durch  ergreifung 
guter  künst  und  viler  erfahrenheit  gemehrten  und  ausbalierteu 
Verstands.  Garg.  144';  dannoch  lehrt  uns  die  erfarenheit  ge- 
nug, dasz  ein  fegfewer  ist.  bienenk.  Hl';  doch  hat  man  dar- 
von  mit  erfarenheit  befunden,  dasz  er  ungesund,  ja  sehr 
vergiftig  zu  essen  sei.  243';  so  man  dem  meister  Galeno 
und  der  erfarenheit  glauben  wil,  so  haben  sie  ein  löblich 
fleisch.  FoBER  40";  Quintus  Sertorius  hets  in  erfarenheit, 
experimento  didicit.  Taciüs  bei  Fronsp.  3,239";  die  erfahrenheit 
im  haushalten  ist  besser  als  die  ganze  pbilosophia.  Leumann 
1,  208 ;  die  erfahrenheit  soll  in  unserm  gemüt  so  eingepflanzt 
sein,  wie  die  goldadern  in  der  erde,    das.; 

wie  der  göttcr  gunst 
dein  haupt  mit  Weisheit,  tugcnt.  kunst, 
lehr  und  erfarenheit  gezieret.    Weckheklin  462; 

Cassandra,  welcher  Phoebus  die  erfahrenheit  zu  weissagen 
versprochen.  Opitz  1,  252 ;  die  erfahrenheit  kan  oftmals  nicht 
helfen.  Argenis  2, 126 ;  denn  die  erfahrenheit  rede  nachdrück- 
licher als  der  beste  redner  der  weit.  Louenst.  Arm.  2,527; 
was  du  nicht  weist,  lerne  von  dem,  der  eines  dinges  erfah- 
renheit hat.  pers.  rosenth.  5,  20 ;  ein  weiser  ohne  erfahrenheit. 
8,105;  bezeugt  die  erfahrenheit.  Abele  3,268;  eben  auf 
diesen  sehlag  kann  man  mein  erfahrenheit  in  dem  studio 
legum  und  allen  andern  künsten  und  Wissenschaften,  so  viel 
in  der  weit  sein,  auch  verstehen.  Simplic.  K.  29 ;  eine  wol 
versuchte  erfahrenheit.  Butschky  Patm.  492 ;  maszen  denn  der 
herr  die  erfahrenheit  als  rechte  lehrmeisterin  bei  sich  hat. 
kanzl.  390;  geschicklichkcit  und  erfahrenheit  sein  zwo  seulen, 
welche  eine  ganze  gemeine  erhalten.  417 ;  die  erfahrenheit 
als  eine  mutter  der  Weisheit.  427;  nach  seiner  berühmten 
erfahrenheit.  Felsenb.  4, 259 ;  slosze  das  einige  exempel  die 
vielfällige  wahre  erfahrenheit  nicht  um.    rockenphU.  5,30; 

mich  deucht  er  gründe  sich  auf  die  erfahrenheit, 
das  was  uns  glücklich  macht  sei  nicht  gelehrsamkeit. 
Hagedorn  1,  IS; 
nicht  die  erfahrenheit, 
die  zaudernde,  schon  die  natur  verleiht 
Statisten,  Philosophen,  kenner.    1,  102; 

und  diese  erfahrenheit  machte,  dasz  man  wiederum  zurück- 
kehrte.  Webnike  an  rfen/eser;  historische  erkennlnisse,  welche 
die  stelle  der  erfahrenheit  vertreten  können.    Kant  1,107; 

er  ist  dos  dorfes  ralh,  sein  ausspruch  macht  sie  sicher, 
und  die  erfahrenheit  dient  ihm  vor  tausend  bücber. 

IIaller  42; 

zu  viel  erfahrenheit  ist  ihrem  eigenthümer 
oft  hinderlich,  zum  mindstun  an  der  ruh.    Wulaüd  10,  2M; 
und  kommt  erfahrenheit  zu  ihren  andern  gaben, 
so  sei  ihr  mann  vergnügt  ein  gutes  weib  zu  haben. 

GoTHK  7,  47; 

wie  oft  errettete  uns  die  einfache  erfahrenheit  eines  unge- 
kannlen  arbeitcrs  vun  einem  fehlschritte.  Dyanasore  3, 339. 
ich  habe  mich  nicht  verdrieszen  lassen  die  beispiele  dieses  heute 
vor  erfahrung  fast  zurückg<-tretencn  ausdruckes  zu  sammeln,  vgl. 
uneifahrenheit,  verfahrenheit,  Zerfahrenheit. 

ERFAIIRKR,  «i.  ituiuisitor:  erforscher,  erfarcr  oder  waid- 
inan,  indagator.  vuc.  \\yi  g  7",  scrutator  g'*;  wenn  (Jenn)  wel- 
cher da  (in  lieft  utrken  yntles)  ist  ein  rrsucher  oder  erfarer 
der  majeslät,  der  «irt  unlertruckt  von  der  glori.  Keisebs- 
iiEHC  drckckccht  sjiiegrl  Aai". 

ERFÄHRLEN,  rxpiscari.  elicerc  arcana  alicujut,  etwa»  heim- 
iichs  aus  eim  bringen.  Frisius  407*.  516'.  Maaleb  109',  rtnen 
sondinen.  Stieler  408,  vgl.  erfahren  4,c.-  mich  zu  erfericu  uud 
ausholen.    Tiilrneiskeh  rrkl.  der  archid.  C». 

ERFAHRNES,  ERFAHRMS,  f  espert,-ntia :  tcgiiche  crfar- 
nus  zeigt».  Kkiskrsh.  Irosisp.  lo;  «ie  das  licchl  der  woishril 
angezundl  wirl  durch  iigiie  erfarnun.  pred. 'S ;  durch  solichc 
erfaruus,  die  da  ist  aller  diug  ein  uieinterin.  \\nt  vm  uu-uscb 


793 


ERFAHRUNG 


ERFAHRUNGSBEGRIF  — ERFALLEN   794 


gelert  und  behutsam.  73*;  wolt  Gonella  erfarnus  thun  des. 
Beam  bei  Sleinhöwel  147;  aufmerken,  kundschaft  und  erfar- 
nus haben  und  haben  lassen,  erkl.  des  landfr.  1522,  27 ;  gleich- 
wol  nit  aus  mangel  guets  willens,  schicklicheit  und  erfarnus. 
Laxz  staisp.  Karl  V.  470;  ich  wil,  sprach  Reinhart,  erfarnus 
darin  haben.  Aimon  n6';  auf  das  du  durch  die  erfarnus 
wissest  was  das  gut  ist.  seh.  u.  ernst  1555  cap.  454 ;  der  breu- 
tigam  aber,  ohn  alle  weitere  erfahrnus,  schlug  die  gute  braut 
ins  angesicht.  Wickram  rollw.  92';  wie  dann  etliche  sondere 
erfarnus  damit  haben.  Bock  kräuterb.  49;  diese  kräuter  sind 
heilsame  wundkräuter,  wie  die  tägliche  erfarnus  gnugsam 
beweist.  Taberxaem.  1251 ;  sie  sterben,  als  die  tägliche  er- 
farnus bezeugt.  Fober  35';  hierum  wollen  wir  unsern  köpf 
nicht  ril  drüber  prechen,  sonder  unser  fegfeur  kräftiglich 
aus  der  erfahrnus  befestigen.  Fischart  bienenk.  112* ;  der  adel 
ohne  die  tugend.  groszmut,  tapferkeit  und  ritterliche  Übungen 
oder  erfahrnus  ist  wie  ein  nichtsgültige  nulle.  SimiA.  K  112. 
seit  dem  IS  jh.  aussterbend  und  heule  ungebraucld.  Rädleis  247' 
h(ü  noch  erfabrnis. 

ERFAHRUNG,  f.  1)  «n  dem  ursprünglichen  sinn  des  erfah- 
rens,  peragralio,  perragatio.  Brast  überschreibt  sein  cap.  66  Ton 
erfarung  aller  land. 

2)  scrutalio,  inquisitio,  erforschung,  nach  erfahren  5c;  so 
man  der  anzeigung,  die  in  vil  naebgesatzten  artikeln  gemelt 
und  zu  peinlicher  frage  gnugsam  verordent  sein,  nicht  ge- 
haben mag,  so  soll  man  erfarung  haben  (nachforschung  halten, 
Gobler  faciendum  est  periculum  et  investigatio)  nach  den 
nachvolgenden  und  dergleichen  argkwonigen  umbstenden,  so 
man  nit  alle  beschreiben  kan.  Carolina  25 ;  gedult  aber  bringet 
erfarung,  erfarung  aber  bringet  hofnung,  t;u/3.,patientia  autem 
probationem,  probatio  vero  spem.  ROm.  5,4.  probatio  id 
prüfung,  im  urtext  Soxturj. 

3)  expenenlia,  nach  erfahren  bd:  mancher  ist  weise  durch 
eigen  erfarung.  Sir.  37,  25 ;  bete  ich,  das  ewxe  liebe  je  mehr 
und  mehr  reich  werde  in  allerlei  erkenntnis  und  erfarung 
{vulg.  abundet  in  scientia  et  in  omni  sensu).  Ftülipp.  1, 9 ; 
denn  die  weit  gleubt  gottes  wort  nicht,  bis  sie  es  finde  in 
erfarunge.  Llther  3,  232' ;  das  (des  ?)  ich  in  erfarung  komen. 
3,  287' ;  droben  hat  er  eine  erfarung  gesagt  von  dem  ge- 
rechten. 3,295';  so  maus  {man  dessen)  in  erfarung  kompt. 
Frossperg  1,  3S';  hat  selbs  viel  nützlicher  kriegslist  und  ver- 
nünftig anschleg  erdacht,  auch  in  die  erfarung  gebracht  und 
oft  probiert.  1,14S';  erfahrung  ist  der  stab,  an  dem  man 
gehen  musz.  Lehj(a.\n  205;  nachdem  ich  in  erfahrung  kom- 
men bin,  postquam  comperi.  Weise  Jephlha  1,10;  nach  erfah- 
nmg  solches  {hoc  audito,  comperto)  traten  sie  an  die  seile. 
Etiners  unw.  doct.  677;  von  der  erfahrung  aufgeschreckt. 
Pestalozzi  9,  54 ; 

seht,  ich  bin  in  der  weh  rum  kommen, 

bab  alles  in  erfahrung  genommen.    Schiller  32S'; 

alle  diese  fürsten  wuchsen  in  keiner  höheren  erwartung  auf, 
als  über  eine  republik  zu  gebieten  und  keines  ihrer  länder 
konnte  ihnen  eine  andere  erfahrung  geben.  783';  er  hatte 
gelegenheit  genug  gehabt  zu  bemerken,  dasz  es  ihm  an  er- 
fahrung fehle  und  er  legte  daher  auf  die  erfahrung  anderer 
und  auf  die  resultale,  die  sie  daraus  mit  Überzeugung  ab- 
leiteten, einen  übermäszigen  werth.  Güthe  19, 141 ;  hätte  ich 
nicht  die  schwarze  erfahrung  an  ihnen  gemacht.  Kli.nger 
7, 60 ;  deine  Weisheit,  deine  erfahrung  an  den  menschen, 
deine  geprüfte  klugheit  setzen  mich  immer  mehr  in  erstaunen. 
1,260;  erfahrung  an  der  weit  und  ihren  bewohnern.  12,168. 
es  häsü:  ich  habe  es,  weisz  es  aus  eigner  erfahrung,  com- 
pertum  kabeo;  ich  habe  es  in  erfahrung  gebracht  oder  ge- 
nommen, wahrgenommen;  ich  komme  in  erfahrung,  in  gewisse 
erfahrung,  hOre  für  geicis;  das  sind  erfahrungen,  alte,  neue, 
bittere,  herbe,  traurige  erfahrungen;  die  erfahrung  wird  es 
lehren ;  aus  andrer  erfahrung  wird  Hian  klug ;  ich  habe  eine 
eigne  erfahrung  gemacht. 

Den  heutigen  phüosophen  ist  erfahrung  ein  technischer  ausdruck 
und  gleichbedeulend  mit  empirie,  ifiTtei^ia.  Käst  sagt:  erfah- 
rung ist  ein  erkenntnis  der  objecte  durch  Wahrnehmungen. 
2,186;  ohne  einen  transcendentalen  gnind  der  einheit  würde 
es  möglich  sein,  dasz  ein  gewühl  von  erscheinungen  unsere 
Seele  anfüllte,  ohne  dasz  doch  jemals  daraus  erfahrung  wer- 
den könnte.  2,  647;  es  geht  ein  urtheil  voraus,  ehe  aus 
Wahrnehmung  erfahrung  werden  kann,  die  gegebne  anschauung 
musz  unter  einen  begrif  subsumiert  werden.  3.  218;  erfah- 
rung besteht  aus  aaschauuugen,   die  der  Sinnlichkeit  ange- 


hören und  aus  urtheilen,  die  lediglich  ein  geschäft  des  Ver- 
standes sind.  3,  222 ;  unterschied  der  erfahrung  von  einem 
bloszen  aggregat  von  Wahrnehmungen.  3, 229 ;  begrifife  und 
grundsätze  a  priori,  welche  das  manigfaltige  empirischer 
Vorstellungen  allererst  in  die  gesetzmäszige  Verbindung  bringen, 
dadurch  es  empirisches  erkenntnis,  d.  i.  erfahrung  werden 
kann.  8,  447 ;  erfahrung,  erkenntnis  der  objecte,  deren  er- 
scheinung  uns  gegeben  ist.  8,  451.  hier  also  wird  der  Sprach- 
gebrauch vereng,  sinnliche  anschauung  oder  Wahrnehmung 
von  der  erfahrung  unterschieden  und  erfahning  erst  dann  ein- 
tretend angenommen,  wenn  jenen  ein  prüfendes  uriheil  hinzuge- 
kommen ist  und  insofern  gliche  erfahrung  mehr  dem  erfahren 
5c  als  dem  bd,  enthielte  auch  ein  prüfen  und  forschen,  es  mus: 
jedoch  schwer  sein  forschung  und  künde,  gleiclisam  thdtiges  und 
leidendes  wahrnehmen  überall  zu  sondern,  und  beiderlei  erfahren 
5  c  und  d  fällt  oft  zusammen,  sagen  liesze  sich,  erfahrung  sei 
der  eindruck  des  äuszeren  auf  unser  inneres,  wir  erfahren  etwas 
an  den  dingen  wie  in  uns  selbst,  jedwede  erfahrung  lehrt,  der 
erfahrende,  nach  des  worles  Urbedeutung  erreicht  und  hält  äwas  fest. 

ERFAHRUNGSBEGRIF,  m.  em^rischer. 

ERFAHRUNGSBREITE,  f.  Saadi  lebt  und  webt  in  einer 
groszen  erfahrungsbreite.    Göthe  6,  62. 

ERFAHRUNGSFALL,  m.  rechte,  welche  auf  besondere  er- 
fahrungsfälle  bezogen  werden.    Kaxts  rechlüehre  179S  s.  iv. 

ERFAHRUNGSKLUGHEIT,  f.  menschenkenntnis  und  erfah- 
rungsklugheit.    Plane  gesdi.  des  christcnth.  1,  215. 

ERFAHRUNGSKUNST,  f.  ein  arzt,  auf  dem  die  erfahrungs- 
kunst,  die  Weisheit  und  die  menschenliebe  des  Hippocrates 
ruhen.    Wieland  S,  31. 

ERFAHRUNGSLEHRE,  f.    LorJkes  erfahrungslehre. 

ERFAHRUNGSLOS,  unerfahren,  aTieioT^roi: 

nicht  ja  erfahruogslos  weissag  ich  es,  nein  wolkimdig. 

Od.  1,  171. 

ERFAHRUNGSMASSE,  f  bei  den  anstalten,  die  sie  machten, 
sich  der  erfahrungsmasse  um  sie  herum  zu  bemächtigen, 
musz  ihnen  ein  unerschöpflicher  stof  zuflieszen.  Schiller  an 
Gothe  359. 

ERFAHRUNGSMÄSZIG,  ex  usu  verum. 

ERFAHRUNGSREGEL,  f.  die  meisten  leute  gerathen,  wenn 
ihnen  unrecht  geschieht  in  grosze  hitze,  man  hat  sich  also 
mechanisch  angewöhnt,  die  hitze  in  solchen  fällen  für  natur- 
sprache  der  gekränkten  Unschuld  zu  halten,  imvermerkt  ist 
eine  allgemeine  erfahrungsregel  daraus  geworden.  Wielasd 
15,  260. 

ERFAHRUNGSREICH,  reich  an  erfahrungen. 

ERFAHRUNGSSACHE,  f  sacke  der  erfahrung.  Wielaüd  7^8. 

ERFAHRUNGSSATZ,  m.  usu  probatum. 

ERFAHRU'NGSVOLL,  voU  von  erfahrungen.  Kllngeb  12, 36. 
103.  124.  143 ; 

meio  Vormund  will,  ist  er  nicht  toll? 
dasz  ich  die  mägdchen  fliehen  soll, 
und  lehret  mich  erfahrungsvoll, 
dasz  liebe  schrecklich  schwächet. 

0$SE>  FELDER  oden  und  lieder  83. 

ERFAHRUNGSWAHRHEIT,  f  empirische  Wahrheit. 

ERFAHRUNGSWISSENSCHAFT,  f  der  nutzen,  den  die 
erfahrungswissenschaflen  für  das  rein  materielle  leben  und 
für  den  erwerb  hatten.  Schlosser  wellg.  4, 32S ;  bei  seiner 
groszen  leere  in  aller  erfahrungswissenschaft.  Himboldts  hr. 
an  Vamhagen  s.  95. 

ERFALLEN,  deädere,  ahd.  arfallan,  irfallan,  mhd.  errallen, 
ags.  äfeallan. 

1)  intr.  zu  tode  fallen: 

Tewrdank  der  held  stund  unverzagt, 

gedacht,  ich  het  schier  g^agt 

ein  wilpret  umb  das  leben  mein, 

von  recht  solt  ich  erfallen  sein, 

aber  got  hat  mich  behüet  wol.    Teuerd.  49,  3S. 

2)  intr.  corruere,  niederäürzen :  vom  heftigen  windsturm, 
der  heint  tobte,  sind  grosze  bäume  erfallen ;  nach  erfallenen 
buchen,    weisth.  3,  747. 

3)  intr.  ntente  deddere:  darum  ist  er  auch  eines  samstages 
in  der  teufelskuchen  seines  Verstandes  erfallen,  andern  wol 
zur  lehr.    Leoprecbtinc  Lechkreis  124. 

4)  iiür.  fällig  werden,  cadere,  verfallen:  das  geld  erfällt  auf 
den  tag,  numi  in  cum  diem  cadunt ;  nu  erfellet  dem  zarten  geiz 
zu  wenig  los,  darumb  hat  er  sein  fürsichtigkeit  erzeigt  auch 
in  die  leben,  die  noch  besessen  sind  durch  ire  vcrweser. 
LuTBEB  1,  296* ;    bei  der  soaunerfahrt  erfallen  die  ziDsbüner 


795 


ERFALLEN  —  ERFAULEN 


ERFAULEN—  ERFECHTEN 


796 


die  zinseier   und   zinskäse,   an  dem  einen  bufe  so  viei,  an 
dem   andern   so  viel,     im  winler  erfailcn  die  kornziasen  an 
gerste,   hafer   und   roggen.     Immernanns  MilnchJmusen  1,206; 
ein  theil  der  pfarr  und  küstereinkünffe  besteht  in  der  zins- 
gebübr,    welche   von   den   einzelnen   hofesstcUen    alljährlich 
erftJlef.  207 ;  und  so  ein  stuck  wein  verkauft  und  von  einer 
acbsen  auf  die  andere  gelegt  würde,   so  seie  meinem  herrn 
von  Tholei  der  zoll  davon  erfallen.  weisth.  3,  757.     man  sagte 
auch   'erfallen   um':    wäre   es  auch  sach,    dasz  ein  man  im 
frevel   sein   messer   auszüg   und   nit  schlüge,   der   ist   dem 
scheSen   erfallen   umb   die  buesz,   das  ist  ein  sester  weins, 
und  dem  herrn  nichts  davon,    weislh.  3,  834. 
6)  Irans,  zu  tode  fallen,  occidere,  erschlagen: 
da  er  dir  dein  vater  errallen  hatte, 
so  fall  zum  renster  heraus  auf  in 
und  fall  in  auch  lu  tode.    Ambr.  Ib.  s.  170,  t44; 

anno  1476,  den  26  dec,  brannte  der  grosz  bof  ab  und  der 
giebel  erfiel  sechzehen  mann.    Hennederger  landlafel  79. 

6)  sich  erfallen,  sich  zu  lode,  zu  schänden  fallen: 

da  lobe  ich  niemens  schallen, 

da  man  sich  mac  er\'allen.    Fheid.  62,  1, 

schallen,  lärmen,  loben,  wobei  man  ein  bcin  bricht,  oder  was 
meint  hier  ervallen?; 

sit  ich  hän  verloren  minen  lieben  man, 
so  wil  ich  mich  ervallen,  und  mir  got  leides  gan. 
Wolfd.  und  Sahen  530, 

seit  ich  meinen  lieben  vmnn  verloren  habe  und  goU  mir  ungün- 
slig  ist,  will  ich  mich  vom  Ihurm  niederstürzen;  item  si  het 
verjechen  (bekannt),  das  si  sich  machet  zu  einem  vvolf  und 
ist  geriten  an  Gletzmat  an  den  stafel  zuo  der  nasen  und 
komen  ander  dri  frouwen  zuo  ira,  und  jagten  das  fecb,  das 
sich  zwo  kü  erOelen.  o.  1459.  geschichlsfreund  6,245;  wie  lüt 
zu  ir  kamen  und  sagten,  wie  ich  (als  hirtenbub)  so  an  eini 
sorglichen  dienst  weri,  ich  wurde  mich  einmal  ztot  erfallen. 
Plater  10. 

7)  sich  erfallen,  corruere,  corrvgari,  sich  ninzeln,  schrumpfen : 
und  brenn  es  {das  kranke  pferd)  also,  das  sich  die  statt  {die 
stelle)  erfalle  oder  rümpfe.  Albr.  Schmit  rosarznei.  Frankf 
1570. 96 ;  also  dasz  sich  die  haut  erfalle  oder  rümpfe.  Seü- 
teb  29S.     vgl.  einfallen. 

ERFÄLLEN,  caedere,  erfallen  machen,  niederschlagen: 
doch  dünkt  mich  in  meinen  sinnen, 
sie  hab  ir  vor  nit  püberei  lassen  zurinnen, 
die  uiemanz  kunt  erfellen.    fusin.  020,  17; 

item   aber  het  si  vergigen  {bekannl),   das  si  und  ira  tochter 
inen  selben  zwo  kue  erfalten  {erschlügen),    geschidilsfr.  6,  247. 
ERFASSEN,  prehendcre,  ergreifen,  ampleäi,  umfassen. 

1)  der  woIf  erfaszt  die  schafe;  ich  erfaszte  seine  band; 
den  Siebenden  am  bein,  haar  erfassen; 

auf,  freund,  die  geisel  zu  erfassen, 

die  dort  vermodern  will. 

seit  Juvenal  sie  fallen  lassen, 

liegt  sie,  triumpf  ihr  lasier!  still.    Lessikg  1,  .  .  .; 

als  wollte  sie  den  säum 
des  rosigen  gewaodes  noch  erfassen.    Wieland  .  . .; 
die  felsenklippe,  die  der  strandende 
vergeblich  nngend  zu  erfassen  strebt.    Schiller  .  .  . ; 
und  möchte  gern  was  auf  der  erden 
und  in  dem  bimmel  ist  erfassen.    Götbb  12,  94. 

2)  bildlidi,  die  geduld  zu  erfassen  {sich  in  g.  zu  fassen)  ist 
das  bewährteste  mittel.  BtrrscHKT /canz/.  861 ;  eine  sonderbare, 
zu  herzen  steigende  freude  erfasse  ich  in  lesung  einer  geist- 
reichen bistori.  6S9;  so  werden  gemähidc  während  dermusik 
»OD  zuschauem  feuriger  und  tiefer  erfaszt.  J.  V.  bücherschau 
1,  47.     der  zorn  erfaszt  mich;  eine  fixe  idee  hatte  ihn  erfaszt. 

3)  es  erfaszt  mich,  «rie  faszt,  greift,  ergreift  mich: 

mehr  als  des  menschen  lod  will  michs  erfassen, 
wenn  ihn  bereits  nach  wenig  tagesneigon 
hier,  dort  noch  einer  nennt  —  bis  alle  schweigen. 
Ledau  n.  gcd.  158. 

rP.FASZBAR.  ergrcißar. 
Hil  AS/.LICH,  faszlich. 

KUFALLEN,  putrescne,  compulretcere,  fiigrescere,  faul  werden, 
verfaulen,  ahd.  irfftifin,  nüui.  crfAlcn,  ags.  Mölian: 

ü(  ebeno  dem  holze  auAc 

daz  nicmer  kan  üf  i-rAcn 

«•rnllen  noch  «•rwcrrlon, 

diu  reder  wAren  und  die  nahen,    (r.  kr.  3001«; 

•n  *T  in  dOr  erde  trfdUx  Ist, 

t6  iauo{  man  »in  geUeukou.    UF.  7Ü,  23 ; 


vor  hundert  jären  ist  übt  in  Düringe  lande 

ein  fürste  lange  erfület,  den  man  nu  her  alsani  disen  nande. 

TU.  2S10; 
daj   crlein   holz   also   grüenej   in  wa^jer  gelegt  crfaulet  gar 
langeu  jär  nümmer.  Megenberc  315, 11 ;  si  babent  och  in  ge- 
wonheit,    wann   einen   das   weiter   zc  tod  schlecht  {der  blitz 
tödtel),  so  legent  si  in  in  ein  trüben  imd  setzent  in  dorinne  uf 

einen  hoben  bom und  wenn  jars  zit  komet  und  die  wil 

noch  der  tod  uf  dem  bom  ligt,  so  koment  si  hinwider  und 
tund  was  sie  geton  babent,  so  lang  bis  der  tod  crfulet. 
Schiltberger  cd.  f^eumann  s.  107;  und  uf  dem  stecken  musz  er 
erfulen.  s.  108 ;  nachdem  sie  zwai  ganze  jar  sumer  und  winter 
zu  velt  gelegen,  ir  hämisch  verdorben,  die  klaider  an  irem 
leibe  erfaull  und  der  pfertzeug  zu  nichten  worden.  VVii.v. 
VON  ScHAüMBUBG  31;  do  Carthago  gewunnen  ward,  da  erfaulet 
das  Volk  im  müsziggen.  Mügleiss  Val.  Max.  Augsb.  14S9,  94"; 
die  lugenden  die  nimmer  erfaulen.    Albr.  vo.n  Evbe  18*; 

ieu  blib  da  ligen  und  erful.    trag,  Juh.  k3; 

im  schlosz  hab  ich  ein  turen  tief, 

darin  musz  er  erfaulen.    Uhlamd  299; 

und  hettn  die  götter  und  das.  glück 

mir  nit  verhelfen  in  dem  stück, 

so  müst  ich  leugst  erfaulet  sein.    H.  Sachs  III.  2,  22S*; 

dise  (heupter)  bestecken  und  gewürzen  sie  mit  aromaten, 
dasz  sie  vor  gestank  und  unflat  rein  cindorren  und  nit  cr- 
faulen.  Frank  wcltb.  66';  dann  die  stillstehenden  wasser  in 
den  graben  erfaulen  bald.  Fro.nsperg  2,  35*;  mit  den  im  holz- 
sequester  ligendcn  und  erfaulendcn  Jobsmärtlern.  Garg.  ui'; 
aber  des  genäsches  war  nur  zu  vil  für  vier  pcrsonen,  also 
das  es  unmöglich  war  lang  zu  halten,  dann  es  wer  ubeiii- 
andcr  erfaulet  und  erstunken,  st'; 

wie  scind  erfaulei  euer  Kleider.    Ayrer  341'; 
ich  war  vorlengst  crfaulet  schon.    441'; 

was  sind  es  vor  leute,  die  das  podagram  also  austragen  und 
schehen?  sind  es  nicht  diejenige,  die  tag  und  nacht  im  ludcr 
gelegen,  die  vor  müsziggehen  erfaulet  ?  Puilander  2, 465 ; 
der  regen  würde  unscrn  leib  von  übriger  feucht igkeit  erfau- 
lend  machen.  Bltscbky  Palm.  Col;  hausknechte  crfaulen 
gerne  (pigrescunl).  GorrnELF  gcs.  sehr.  3,419. 
ERFÄÜLEN,  pulrcfacere: 

thut  mich  erfeulen  und  erstenkcn, 

nachts  musz  ich  ligen  undern  penken.    II.  Sachs  1,50t'; 

und  werft  in  in  der  gefengkniis  eriiben, 

drinn  man  ericult  die  schiilk  und  hüben.    III.  1,141'; 

wollen  wir  .sie  alle  bede  erschlagen 

oder  sonst  in  eira  thurn  erfculn.    Atrer  277*; 

die  Südwind  machent  das  vicch  misgebären,  erfiiiilen  laub 
und  pletter,  betrüben  die  wasser.  Seiiiz7;  den  Infi  erfäulen 
{verderben).  8;  solcher  safl  wird  auch  wider  den  hrand  ge- 
brauchet, darvon  die  glieder  zerstöret,  erfäulet  und  gctödict 
werden.  Tabernaem.  514;  wie  dann  der  mensch  zur  erden 
sich  erfäult  (es  stclU  erfault)  und  verzehrt  wird.  Paracelsus  2,  6'. 

ERFÄULUNG,  f  daraus  volget  nun  geschwulst  und  erfeu- 
lung.    Parac.  chir.  sehr.  6. 

ERFECHSE.N,  gmninare,  proßcere,  gedeihen: 

wie  er  hat  den  köpf  vi-rbunden, 

er  meint  dasz  ich  im  helfen  sol, 

wenn  ich  es  thu,  crfeit  es  wol.    Atrer  fasln.  45'. 

ERFECHTEN,  arnUs  oblinere,   ahd.  irR-htan,  mhd.  ervghtcn. 

1)  capere,  expugnare,  erobern :  ahd.  irfuhten  Trojam ; 

nu  müete  In  {eis)  als  Wftife, 

dö  der  Tüwingen  er\abt  (a.  1164), 

gelingen  aller  sincr  mäht.     Wh.  381,  27; 

der  könig  saget  ir,  wie  der  tnichsesz  sie  erfochten  und  den 
wurm  erschlagen  helle,    buch  der  /tc6e  82,2; 

und  wie  ihn  um  des  Indus  Strand 

»ein  kriegerischer  elephant 

durch  manch  orfochtncs  reich  getragen.    iUcROORN  3,  129; 

verohrungswürdges  Rom!  grosz  durch  crforlune  krönen, 

noch  grösxer  durch  den  geist  gepricsuer  Ciceroneo. 

LicuTWKR  nxlit  der  varnunft  U. 

2)  im  kämpf  davon  trageti,  den  sieg  erfechten,  n<:(oftdm 
ttportare ; 

glücklich«,  die  ihr  den  lag  (rom  Atptm)  erforbton, 
cwgo  lorburn  habt  ilir  uuch  gedocblrn.    KoRura  1,W), 

sich  rühm,  lorbcn»  erfechten,  erhlmpfen :  wunden  rrferhtrn ; 
mein  arm  erfocht  mir  dnrrh  »orhi  »•■nirr  nipi-, 
iwor  nicht  an  lohn,  doch  wunden  rolle  t>'iiugc.    Bfiaeu  KM*. 


797 


ERFECHTER  — ERFILZEN 


ERFLNÜBAR  —  ERFINDEN 


798 


3)  bildliche  antcendung :  ich  verlange  auch  nicht  meine  yct- 
gebung  zu   erfechten,   sondern  greife  buszfertig  nach  ihrem 
mantel  der  lieb  und  freundschaft.   Lichtenberg  7, 1 ; 
man  widerstritt,  erfocht  sich  platz.    Lowes  romanzen  85; 

Kant  der  den  ewigen  frieden  erfocht,  den  er  jetzt  selber  ge- 
nieszt.  J.  P.  dämmerungen  53.  tcie  bei  den  landsknechlen  und 
handiccrksgesellen  fechten  betteln,  hies:  auch  erfechten  erbelleln. 

ERFECHTER,  m.  expugnator:  die  meisten  andern  railar- 
beiter  und  erfechter  dieses  sieges.    Felsenb.  1,  59. 

ERFECKELN,  fovere,  refocillare,  recreare,  laben,  erquicken. 
Stieler  526:  da  feilet  er  drüber  in  onmacht,  wie  man  in 
aller  gekiilet  und  erfeckelt,  da  hatte  er  angefangen  zu  essen. 
Luthers  lisckreden  227* ;  das  man  sie  wieder  erfeckeln,  laben 
und  külen  muste.    229*; 

habt  eilten  mut,  wir  sind 

zu  helfen  euch  bereit. 

erfeckelt  sie  (erwecki  sie  aus  der  oknmacht). 

FiLiDOR  (Schwieger)  Witlekinden  J3'. 

hän^  dies  ungewöhnliche  Kort  mit  bächeln  (1,  1062)  oder  gar 
dem  lat.  fociüare,  refocillare  selbst  zusammen?  bair.  ist  feckeln 
zerschneiden,  zerstückeln,  was  sich  dem  sinn  gar  nicht  anschlieszt, 
Schwab,  faicken,  focken  tändeln,  schmeicheln.  Schji.  1,  510.  511. 
wahrscheinlich  ist  es  doch  erßlcheln,  ventilando  recreare,  s.  das 
folgende. 

ERFECKEN.  excutere,  erschwingen,  mit  dem  flügel  (fegge, 
ScHKiD  1S7)  erheben,  aufstoszcn  ?    s.  Fbisch  1,  253*.',  aus  Stettler. 

ERFEGEN,  repurgare,  expurgare,  ausfegen,  reinigen: 
man  wirt  dir  zwar  den  balg  erlagen,    trag.  Joh.  K2. 

ERFEHBEN,  s.  erfahren. 

ERFEIERN,  otiando,  feriando  lucrari:  ja  sie  sind  also  ver- 
glafl  ab  dem  Tater,  das  sie  der  arbeit  nit  empfinden,  die 
der  Tater  selbs  in  in  anschaft  und  würkt,  sie  gehen  nur 
feirend  daher  in  dem  willen  des  valers,  willos  und  erstor- 
ben, dise  erfeiren  also  den  himmel  und  erschleichen  gott 
der  sich  die  knecht  nil  wil  erlaufen  lassen.  Frank  paradaia 
124';  die  weit  erwürkt  den  himmel,  die  heiligen  allein  er- 
fasten  und  erfeiren  in.  es  musz  der  himmel  doch  nur  er- 
feiret  und  got  getragen  und  erschlichen  werden.    136*. 

ERFEILEN,  limare,  polire. 

ERFEILSCHEN,  mercari,  cocionari:  sie  slehn  wol  jetzt  schon 
mit  Spaniens  hof  in  Verbindung  und  erfeilschen  im  voraus 
für  die  schände  ihres  Vaterlandes  gold  und  ehrenstellen. 
TiECK  nov.  kränz  3, 148. 

ERFEISTEN,  l)  pinguefacere,  feist,  fett  machen:  und  so  sie 
essen  und  werden  gesatt  und  erfeistet,  so  keren  sie  zu  den 
frembden  göttem  und  dienen  in.  bibel  14S3,  9S*.  5  Mos.  31,  20 
{rulg.  cumque  comederint  et  saturati  crassique  fuerint,  aver- 
tentur  ad  deos  alienos  et  servient  eis);  du  hast  erfeistet 
mein  haupt  in  dem  öl.  1483,  268.  ps.  22,  5  (Luther,  du  sal- 
best mein  heubt  mit  öle). 

2)  pingueßeri:  der  hirsch  erfeistet,  wird  fett. 

ERFEL,  ffl.  cyprinus  orfus:  unter  solche  dornkarpfen  sollen 
auch  die  gezählet  werden,  so  von  den  Teutschen  erflen  ge- 
nennet werden.    Forer  165*.     s.  erfling. 

ERFEUCHTEN,  humectare,  mhd.  erfiuhten: 
erfiuhtet  und  erfrischet 
stuoni  er  mit  süssem  touwe.    tr.  kr.  16226; 
e?  (da^  velt)  wart  mit  bluotes  male 
genetzet  uud  erfiuhtet.    31239; 

fiM.  SO  soll  man  nemen  ein  gemein  bfichsen  pulver  und  das 
erfeuchten  mit  öl.  Fro\<perg  kriegsb.  2,191*;  ungewitter,  in 
welchem  das  pnlver  und  handgeschosz  erfeuchtel  und  na<z 
wirt.    3,140*; 

als  er  zu  tische  «asz,  erfeuchtet  häupt  und  hart 

das  nardenwasser  dem,  der  vor  gesalbet  ward.    Fleming  6. 

intr.,  winters  und  bei  thauwetter  erfeuchlen  die  mauern  und 
wrinde.  werden  nasz,  weinen. 
ERFEUERN,  ardescere: 

Jegt  das  eisen  wider  in  das  fewr, 

das  es  erfewr  und  glüend  wer.    H.  Sachs  IF.  4,  22'. 

ERFIEDELN,  fidibus  lucrari,  ergeigen: 
nicht  dasz  ich  mir  dadurch  das  brot  erfiedeln  wolte, 
nein ,  sondern  dasi  sie  {die  poesie)  mich  zur  Weisheit  führen 
solte.    GöjfTHK»  3S0. 
ERFILZEN,    increpare,   ausfilzen,   ausschcllen :    waren   auch 
viel,   die  uns  erfilzeten,   dasz  wir  uns  so  verzagt  hatten  er- 
geben.   AsDBE.vE  ehem.  hochzeit  l,  3  pag.  36.     s.  erkergeln. 


ERFINDBÄR,  excogitandus,  erdenkbar,  erdenklich:  nicht  nur 
alle  bekannten  und  erfundenen ,  sondern  alle  erOndbaren 
und  möglichen  Wissenschaften.    Fichte  begr.  der  wissensch.  32. 

ERFINDEN,  inrenire,  reperire,  ahd.  arfindan,  irfindan,  mhd. 
eninden,  ags.  äfindan. 

1)  unterschied  zwischen  entdecken  und  erfindea  sp.  507. 
Götbe  50,163  sagt:  zum  entdecken  gehört  glück,  zum  erfin- 
den geist,  und  beide  können  beides  nicht  entbehren,  die 
frühere  spräche  hat  aber  beide  wMer  noch  nicht  so  unterschieden, 
sondern  erfinden  auch  für  entdecken  gesetzt:  es  seind  auch 
andere  inseln  auszer  der  weit  neulich  erfunden  von  dem 
künig  von  Portugal.  Frank  weltb.  21*;  als  wir  zu  erfinden 
neuwe  inseln  ausfuren.  217';  nachdem  sein  vater  selbige 
insel ...  erfunden,  pers.  reisebeschr.  2,3;  Columbus  hat  America 
erfunden.  Grünland  ist  im  j.  Chr.  9S2  erfunden.  3,4;  wie 
nicht  minder  die  neu  erfundene  indianische  lande.  Hofmanns- 
WALDAD  forr. ;  wann  jemand  ein  neu  erfundenes  bergwerk 
verkauft.  Abele  3,  223.  Newfoundland  bezeichnet  vollkommen 
richtig  das  neu  entdeckte  land,  Terreneuve. 

2)  erfinden,  erdenken,  ersinnen,  erdichten,  excogitare,e(jfingere: 
das  sie  machen  allerlei  werk  und  künstliche  erbeit  erfinden. 
2  Mos.  35, 35 ;  schaw  das  habe  ich  funden,  spricht  der  pre- 
diger,  eins  nach  dem  andern,  das  ich  kunst  erfünde.  pred.  Sal. 
7,  28 ;  er  erfindet  tücke  zu  verderben  die  elenden.  Es.  32,  7 ; 

der  du  das  firmament, 
der  tiefen  erde  schosz,  und  was  sich  drinnen  wendt, 
auch  was  steht  unverwandt,  aus  nichts  doch  hast  erfunden, 
du  hast  das  hohe  meer  dtu-ch  dein  gebot  gefunden. 

FLEai!<G  tS; 

er  soll  die  erfundenen  und  untersuchten  Wahrheiten  zu  papiere 
bringen.    Günther  rorr.  s.  6; 

sei  auch  ein  Leibnitz  im  erfinden 

und  im  regieren  Salomo.    220 ; 

die  königin,  um  gleichfalls  zu  erfinden, 

erfand  beim  spiel  des  königs  habnreischaft.    Hagedoir  3,  44 ; 
so  was 

will  ausgeführt  sein,  wies  erfunden  ist, 

mit  aller  pflfBgkeit,  gewandtheit.    Lesswg  .  .  .; 

vertraue  göttern  nicht,  die  der  betrug  erfand!    2,378; 
und  wenn  er  aller  sterne  lauf  erfunden  hätte.  Claudius  6, 130; 
das  ist  eine  von  den  alten  sünden, 
sie  meinen  rechnen  das  sei  erfinden.    Götbe  .  .  . ; 

ob  die  Sache  wahr  oder  ob  sie  erfunden  ist.    Göthe  20, 192. 

3)  oft  ist  erfinden  nichts  als  finden,  befinden  (goth.  bigitan): 
das  ist  der  Ana,  der  in  der  wüsten  maulpferde  erfand,  da 
er  seines  vater  Zibeon  esel  hütet,  l  Mos.  36,  24.  eine  zweifel- 
Imftcäelle,  rulg.  qui  invenit  aquas  calidas  in  solitudine,  LXX. 
o?  svoe  Tov  lausiv  iv  rfi  eQriuot,  hdör.  jemim  oder  emim, 
die  riesen;  betracht,  das  du  selber  bresthaflig  bist  und  sich 
dir  selber  in  das  kartenspil  und  nim  war,  wie  vil  böser 
stein  du  dar  innen  erfinden  werdest.  Keisersb.  s.  d.  m.  38*; 
weil  ich  euch  nicht  anders  erfunden  habe  als  einen  lieb- 
haber  der  erbarkeit.  Alberus  p.  xii ;  wo  ich  dich  mehr  in 
einem  solchen  fall  erfinde,  ich  dich  härtiglichen  strafen  wil. 
Galmy  356;  das  widerrate  ich,  ich  hab  in  mir  weit  einen 
andern  rat  erfunden,  buch  d.  l.  239,  3 ;  erzehlet  dem  gemeinen 
man  den  ralh,  so  sie  beschlossen  und  erfunden  haben. 
Beütter  kriegsordn.  61 ; 

kan  er  sonst  nicht  rath  erfinden, 

musz  er  ihr  das  haupt  verbinden.    Logac  1,  26,  89; 

wan  die  misgiinst    .... 

dich  erfindet  so  voll  zier.    WECESKSLni  382; 

ob  wir  nu  wol  die  wahre  liebe 

noch  bisher  nicht  erfunden.    863; 

SO  verwirret  sich  mein  geist  in  dem  irrgange  diser  meiner 
gedanken  dermaszen,  dasz  ich  kaum  den  ausgang  erfinden 
kan.    Butschkt  kanzL  63S. 

4)  nocA  häufiger  erfunden  werden,  inveniri:  nnd  da  sie  ge- 
beren  solte,  wurden  Zwillinge  in  irem  leibe  erfunden,  i  Mos. 
38,27;  wenn  jemand  erfunden  wird,  der  bei  einem  weibc 
schläft,  die  einen  eheman  hat.  5  Mos.  22,22;  und  welcher 
erfunden  wird  im  bann.  Jos.  7, 15;  es  ward  aber  kein  schmid 
im  ganzen  lande  Israel  erfunden.  1  Sam.  13, 19 ;  er  versuche 
mich,  so  nil  ich  erfunden  »erden  wie  das  gold.  Hiob  23,10; 
ein  bruder  wird  in  der  not  erfunden,  spr.  Sal.  17. 17 ;  ich 
bin  erfunden  von  denen,  die  mich  nicht  gesucht  haben 
(bipitans  varj!  mi|i  jiaim  mik  ni  gasükjandam).  Rnm.  lo.  20; 
deine  itodt  geglaubte)  tochler,  die  dir  erst  erfunden  und  worden 
ist.  buch  d.  l.  227,4;  durch  diese  meine  protestalion,  hoffe 
ich,   ist  klar  gnug  angezeigt,    das  ich  iwar  wol  irren  kan, 


(99 


ERFINDEN  — ERFINDER 


ERFINDERIN  —  ERFISCIIEN 


800 


doch  kein  ketzer  wil  erfunden  werden,  Lütheb  1,12";  weil 
unser  lere  zu  Augsburg  öffentlich  erfunden  ist,  das  sie  das 
recht  evangeiium  und  die  heilige  schrift  sei.  5,282';  es  wer- 
den vielerlei  geschlecht  der  schw  ämmen  erfunden.  Tabernaem. 
1520;  und  ist  vor  sie  kein  platz  im  hiinmel  erfunden  wor- 
den. Reiszxer /crus.  2,54";  Aristion  wurde  als  ein  böscwicht 
erfunden,  sobald  ihn  das  glück  auf  die  kapelle  setzte. 
Wieland  36,64. 

5)  und  besonders  mit  einem  adjeclivisclien  pracdicat:  thu  nichts 
z«  seinen  wortcn,  das  er  dich  nicht  strafe  und  werdest 
lügenhaftig  erfunden.  s[ir.  Salom.  ;!0,  0;  denn  für  im  bin  ich 
unschuldig  erfunden.  Dan.  6,22;  und  er  ward  Irewe  erfun- 
den, da  er  versucht  ward.  Sir.  44,21;  nu  suchet  man  nicht 
mehr  an  den  haushaltern,  denn  das  sie  trew  erfunden  wer- 
den (ei  hvas  triggvs  higitaidau).  1  Cor.  4.2;  so  doch  wo  wir 
bekleidet  und  nicht  blosz  erfunden  werden  (jabai  sve|)auh 
jah  gavasidai,  ni  naqadai  bigilaindau).  2  Cor.  5, 3 ;  auf  das 
ewer  glaube  rechtschaffen  und  vil  köstlicher  erfunden  werde, 
denn  das  vcrgenglichc  gold.  1  Pelr.  1,  7 ;  würde  Honricus  un- 
recht erfunden.  Luther  3, 31 ;  wers  sache,  das  sie  unrecht 
erfunden  würden.  3,  33 ;  von  den  haushaltern  wird  erfordert, 
dasz  ein  jeder  trcuw  erfunden  werd.  Heiszner  Jer.  Ol*;  Abra- 
ham ist  gläubig  und  getreuw  erfunden.  2. 59' ;  das  fleisch 
der  fischlin  wirl  allezeit  bitter  erfunden.  Foher159*;  solches 
werde  ich  zu  erwidern  mich  bereit  erfinden  lassen.  Butsciiky 
kanzl.  908;  sie  {die  feinde)  schämen  sich  ihrer  schwach  er- 
fundnen  macht.    Uz  1, 196 ; 

ich  hab  ihn  viel  edler 
und  rechlschafner,  als  viele  von  seinen  vätern  erfunden. 

Messias  2,  235; 
0  lamm  gottes,  unschuldig: 
am  kreuz,  am  kreuze  geschlachtet! 
allzeit  erfunden  geduldig, 

wie  sehr  du  auch  wurdest  verachtet.    Klopst.  7,  233; 
mein  edler  Talbot,  euch  allein  hab  ich 
gerecht  erfanden  unter  meinen  räthen.    S chiller  447' ; 

nach  dieser  regel  möchte  wol  ein  gioszcr  Iheil  der  mensch- 
lichen lugend  für  allzu  geringhaltig  erfunden  werden.  Wieland 
s,  113;  ungeheure  fratzenhafte  bilder,  deren  hohler  körper 
mit  gold  und  Juwelen  gefüllt  erfunden  ward.    Götoe  6,44; 

er  ward  gekleidet  und  endlich  doch, 

80  wie  die  ersten  lügenhaft  erfunden.    10,  22; 

es  ist  in  der  weit  nichts  lächerlichers  'erfunden  worden  als 
dieses  Verhältnis.  16,  63 ;  eid  und  schwüre  des  einmal  mein- 
eidig erfundenen  haben  keine  kraft  der  Überzeugung.  Klinger 
4, 146. 

6)  sich  erfinden,  sich  zeigen,  nusitri.<:en :  es  ist  so  du  dich 
entschuldigest,  du  habest  das  und  das  nit  gcthon,  so  du  es 
wissiglichen  gethon  hast,  und  sich  also  erfunden  hat.  Kei- 
REBSB.  .<t.  d.  m.  14';  ehe  er  sie  heim  holet,  erfand  sichs,  das 
sie  schwanger  war  von  dem  heiligen  geist.  Naith.  1,18;  da 
wir  in  des  folgenden  morgens  wider  besuchten,  erfand  sichs, 
das  der  arzt  recht  geurleilet  halle.  Luther  3.402';  und  so 
sich  an  ir  natur  und  ansehen  erfindet.  Frank  wellb.  194'; 
es  wird  sich  erfinden,  wer  meine  freund  seind.  Aimon  v3'; 
es  wird  sich  erfinden,  antwort  der  keiser,  wie  ir  im  zu 
hiilf  kommen  werdet.  t5*;  sobald  sich  immer  erfindet,  dasz 
der  ritter  schuldig  ist,  wil  ich  verschaffen,  dasz  im  mit  gift 
vergeben  werden  musz.  budi  d.  l.  253, 4 ;  das  andre  aber 
alles,  so  ihr  mich  beschuldiget,  auf  mich  erdacht  ist,  sol 
sich  auch  mit  keiner  warheil  erfinden.  Galmy  274 ;  da  aber 
das  gegentheil  sich  erfünde.  Kirchhof  tniV.  disr.  23s ;  verhoft 
auch,  es  werde  sich  mit  der  wartieit  nimmermehr  erfinden. 
Fbonsperg  kriegii).  1,12';  es  erfindt  sich  auch  {kommt  auch 
ror),  das  ein  ros  durch  die  naslöcher  rinnt.  Secter37;  aus 
der  aussag  erfand  sich  so  viel.  Atreb  proc.  1,  9.  heule  sich 
linden,  ach  ergeben. 

F.RFI.NDEN,  n.  das  erkennen  und  erfinden  sehen  wir  als 
den  vorzüglichsten  selbst  erworbenen  besitz  an  und  brüsten 
uns  damit,  (iöthe  50,163;  was  ist  das  erfinden?  es  ist  der 
absrhiusz  de»  gesurhten.    56, 142. 

KKFINDER.  m.  inrenlnr:  n  min  Parmeno,  o  aller  minor 
Wollust  erfinder.  anfacher  und  Vollender,  wcIkI  du  idit,  in 
weil  her  fröden  ich  bin?  reren:  ton  1493,  «2*  {Eiiniirhus);  wie 
intimer  sie  sieh  für  die  erste  unserer  besseren  poesi  erflnder 
fftlsrhlich  aiiiifeben.  Weckherlii  rorr.  zu  den  weltl.  ijed. ;  ein 
koMk  führt  Pallas  zu  der  proszen  masse  gediegnen  eisens, 
jener  i«l  erflnder.  die«er  der  aufdecker  zu  nennen,  es  Irflgt 
täoeii  namen,  weil  er  e«  uns  bekannt  gemacht  bat.  (iOinK  . . . ; 


mög  ihn  goit  verdammen, 
d(Jn  thäter  dieser  fluchenswcrtlicn  ihat! 
den  thäter  und  den  sch&udlicheQ  erOnder.    Sciiii.ler  431*. 

ERFINDERIN,  f.  invenirix.    Stieler  484: 
du  bist  der  lieb  cnlzünderin 
und  des  wollusis  erlTmderin.    Weckherlik  762. 

ERFINDERISCH,  ingcniosus:  ein  erfinderischer  köpf;  erfin- 
derisch in  grausamkeiten ; 

sie  wehrt  nicht  dem  erfinderischen  kleide 

durch  seinen  reiz  den  ihren  zu  erhöhn.    Rücekrt  30j. 

ERFINDLICH,  was  erfindbar:  denn  auch  unser  widerlheil 
keinen  erfindlichen  irrthumb  darinnen  angezeiget.  Llther 
5,111';  lasz  mich  von  den  wilden  thieren  zerrissen  oder  von 
den  grausamen  menschen  durch  erfindliche  marter  hinge- 
richtet werden,  nur  lasz  meine  seele  nicht  verloren  gehen. 
ScRivER  srlenscli.  1,  21.     ir;/.  unerfindlich. 

ERFINDSAM,  uie  erfinderisch: 

bescheiden  sinnreich,  wie  Virgil, 
erflndsam,  wie  Homer.    Hagedorn  1,  129; 

wie  sehr  auch  in  diesen  {.vnngedrclilen)  der  crfindsamc  geist 
des  dichtcrs  noch  geschäftig  sein  kann,  ohne  die  historische 
Wahrheit  zu  verfälschen.    Lessing  8,  441 ; 

Harmons  söhn,  der  mit  bänden  crßndsam  allerlei  kuDStwerk 
bildete.  [l.  5,  60. 

ERFINDSAMKEIT,  f.  die  erfindsamkeit  des  kOnstlers.  Les- 
siNC  6,  . . . ; 

der  Schwachheit  der  natur,  dem  hunger  und  der  blösze 
gab  die  ertindsarakcit  den  .luszern  schein  der  grösze. 
Diisca  poet.  werke  1,  164; 
erfindsamkeit 
einen  gast  zu  pflegen.    Götter  3,  466. 

ERFINDUNG,  f.  1)  exphralus  rei  slalus,  befand:  weil  er 
sich  denn  auf  etlicher  universitcten  urteil  und  an  sichern 
enden  zu  disputirn  erbeut  und,  nach  erfindung,  sich  der  bil- 
ligkeit  weisen  zu  lassen.    Luther  1, 136*. 

2)  invcntio, 

nein,  es  ist  nicht  mehr  not  der  fremhden  kunst  und  witz, 
eründungen  und  spil  unnachthunlich  zu  achten, 
dan  Teutschland,  welches  selbst  der  eründungen  sitz, 
erweiset  vil  mehr  kunst  den  freinbden  zu  betrachten. 
Weckherlim  849; 

die  erfindung  der  dinge  ist  nichts  anders  als  eine  sinnreiche 
fassung  aller  sachen,  die  wir  uns  einbilden  können.  Opitz 
pocterei  17;  die  tiefsten  abgründe  der  erfindung  sind  ihnen 
nicht  verborgen  und  die  feinsten  zügc  der  ausfühiung  sind 
ihnen  bemerkbar.  Göthe  10,95;  so  wird  es  dem  künstler 
auch  zuletzt  an  dem,  was  man  erfindung  nennt,  an  dem 
entwickeln  des  manigfaltigen  aus  dem  einzelnen  keineswegs 
fehlen  können.  22,218;  mein  bruder  schätzte  die  philosophie 
über  alles,  ...  doch  hatte  er  schon  etwas  von  der  erfin- 
dung der  ästhctik  vernommeu.   Nicolais  leben  ron  iiü\il:iOl^  s- '^■ 

31  enldeckunij :  die  erfindung  des  ramraelsbergischen  her>;- 
werks.  Hahn  2,  36 ;  erfindung  der  silbergnibcn.    2,  43. 

ERFINDUNGSFOLTER,  f  welche  erfindungsf(.llcrn  steht 
nicht  schon  der  gemeine  ronianschreibcr  aus?  J.  P.  aes//i. 
2,  93. 

ERFINDUNGSGABE,  f  vis  inveniendi.    Göthe  33,  209. 

ERFINDUNGSKRAFT,  f  dasselbe:  ich  wüste  ihnen  nicht 
mehr  als  deren  zwei  zu  nennen,  von  welchen  es  sich  noch 
endlich  sagen  liesze,  dasz  seine  erfindungskraft  einige  Un- 
kosten dabei  gehabt  habe.  Lessing  6,133;  man  sagt,  dasz 
leute,  die  zu  viel  nachahmen,  ihre  eigne  erfindungskraft 
schwächen.  Lichtenberg  2,  7 ;  eigentliche  erfindungskraft  hatte 
er  nicht.    Göthe  19,  lis. 

ERFINDUNGSREICH,  ingeniostis,  noijvfirjjit: 
der  ist  Lacrtes  sehn,  der  erlindung.srciche  Odyssous.    //.  3, 200; 
aber  nachdem  sich  erhub  der  erfindungsreiche  Odjtscu;. 

3,  210; 
und  e«  kommt  der  pott  der  esse, 
/eux  erllndiingsrcirlier  söhn.    Scuii.LiR  56*. 

ERFINDUNGSVERM(W;EN,  n.  rrßndungsgahe :  ärgerlich  und 
sinnend  stand  ich  da  und  bot  all  mein  erfindung^vcrmögen 
auf,  allein  es  verlicsz  mich.    Göthe  2.'>,  3,')0 

ERFINSTERN,  itltsriirari,  rerfinslert  irmien. 

ERFISCIIELN,  im.«  das  folgende. 

ERFISCIIEN,  ej-/».sran,  ahd.  irfisron  (GRArr  3,  510):  sie  er- 
fisrhen  vil  korallen  und  waldfisch.  Frank  veUb.  so';  das 
gölte»  sun  . . .  auch  sichtig  gen  hiininel  gefaren  ist.  da  noch 


801 


ERFLAMMEN  —  ERFLICREN 


ERFLIEGEN  — ERFODERNIS 


802 


heut  sein  grab  ist,  da  er  die  ungelerten  armen  fischer  mit 
iren  anglen  und  netzen  künig  und  keiser  zu  fahcn  und  die 
ganz  weit  zu  erfischen  hat  auserkorn.  179' ;  wiewol  die  kirch 
aus  der  propheten  Schriften  auch  noch  wol  was  erfischen 
kan,   darmit  sie  irer  heiligen  dienst  befestigt,    bienenk.  187*; 

thun  ohngefehr  ein  text  erwischen, 

wie  sie  ihn  nach  gedunk  erüschen.    postreuter  1591  E2; 

etwan  eine  ritterzehrung  oder  fette  beule  erfischef.  Simpl.  K. 
348;  darum  nenne  ich  sie  {die  springwurzd)  einen  hölzernen 
angel,  zwar  einen  angel,  weil  ich  Yermittelst  ihrer  10000  ducaten 
erfischte.  Simpl.  2,  443 ;  so  der  fürst  durch  ungerechte  mittel, 
falsche  hamen  und  angeln  ein  stück  landes  erfischet.  Bctschki 
Palm.  524;  ein  geheimnis  erfischen,  auslocken.  Rädleis  247'; 
um  ein  extrachausseegeld  aus  meinem  beutel  zu  erfischen. 
J.  P.  jubeisen.  90;  endlich  erfischfe  er  das  glück.  Fibel  121. 

ERFLAMMEN,  1)  inßammari,  entflammen,  in  flammen  aus- 
brechen: so  du  erflammest  und  enzünt  bist  mit  dem  swert 
des  teufeis  der  unkeuscheit.   Keisebsb.  siben  sehtceri  bhs'; 

das  er  alls  erflampt. 

McRKERs  müle  von  Schtcindelsheim.  1515.  E3; 

0  herr,  lasz  uns  dein  wort 

bleiben,  und  lasz  es  Tort 

in  uns  erflammen  stark.    11.  Sachs  I,  82'. 

2)  inflammare,  in  flammen  bringen,  setzen: 
nun  kumpt  min  döchter  allesampt, 

wenn  ir  der  masz  ein  man  erflampt.    Mcrskis  gauchtnatt  02; 
der  sie  so  gar  het  angezündt 
und  in  seine  liebe  erllampt.    Mi'r?iers  badenfart  H2. 

ERFLATTERN,  volUando  conlingere:  der  ?ogel  erflatterte 
die  spitze  des  dachs. 

ERFLÄUEN,  eluere,  cbluere,  von  flauen,  mlid.  vliiuwen 
waschen,  ervlöuwen.    wb.  3, 336*. 

und  wie  sie  haben  ein  kriegsheer, 
damit  sie  dem  volk  gotles  ofräuen 
und  den  jüden  die  haut  erfläuen.    Fbischlih  Susanna  p.  332. 

ERFLEHEN,  ahd.  irflehun,  mlid.  erflehen,  icb.  3, 339'.  5.  flehen. 

1)  einen  erflehen,  precando  cogere,  adigere : 

mhd.  ir  habet  uns  doch  mit  maneger  not 

ervlehet  unde  genoetet, 

daj  wir  sie  haben  ertoetet.    Trist.  324,  19; 

ob  ich  iuch  möge  ervlehen, 

da^  ir  micli  min  lantleben 

mit  gnädeo  und  mit  eren 

fürba;  läjet  keren.    402,  39. 
nhd.    sie  ruft  die  traurenden.    sie  stebn, 

sie  weinen,  freun  sich,  beben. 

ach  werden  wir  den  Herrn  erflehn? 

der  todte  wird  er  leben?    Klopsiock  7,97; 

lasz  sie  des  vaters  berz  erflehn.    7,  115,- 

grauenvoll  ist  deine  tiefe, 

furchtbar  deiner  wogen  flut, 

aber  dich  erfleht  die  liebe, 

dich  bezwingt  der  heldenmut.    Schulek  60"; 

die  mutter  hat  umsonst  zu  ihm  gefleht, 

beschwöre  du,  erfleh  ihn,  dasz  er  lebe.    515'; 

ton  mir  genöthigt  und  erfleht  verband  er  mich  mit  der 
tochter.    Klinger  4,  209. 

2)  etwas  erflehen,  precando  impelrare,  efflcigilare: 
wagts  seine  freiheit  zu  erflehen.    Gelleht  .  .  .; 

diese  sprach,   o  haubt  der  götter,  lasz  mich  doch  ein  haus 
erflehn!    Hagedorn  2,  29; 

bekehrung,  besserung  erfleh  ich  ilim.    Götter  3,  124; 

nach  diesem  frühlingsregen, 

den  wir  so  warn»  erfleht, 

Weibchen,  o  sieh  den  sogen, 

der  unsre  flur  durchweht.    Göthe  1,  126; 

wehe,  weh  mir!  ruft  die  arme 

jammernd,  grosser  Zctis  erbarme, 

ach,  was  wagt  ich  zu  erflehn:    Scbiller  60*; 

ach,  mein  verderben  hab  ich  mir  erfleht, 

und  mir  zum  fluche  wird  mein  flehn  erhnrt.    426*; 

o  musz  ein  neidscher  dämon  mir  die  wonne 

des  heisi  erflehten  augenblicks  verbittern.    509*. 
ERFLEISCHEN,   Irucidare,    zerfleischen:    dasz   er   8000  der 
besten   römischen   knechten   erfleischet.     Tacils   bei  Fronsp 
3, 250'. 

ERFLICKEN,  eonsuere,  zusammenstöppeln: 

kaum  hatte  noch  des  Schneiders  hand 
dem  aflTen  ein  erflickt  gewand 
von  bunten  flecken  umgehangen.    Gelleet  1,  202, 
nadt  andrer  lesart 


ill. 


ein  bunte.s  komisches  gewand 
dem  muntern  aO'en  umgehangen. 


ERFLIEGEN,  volando  contingere,  mhd.  ervliegen: 
die  spise  ervloug  ein  sprinzelin.    Parz.  622,  13; 

und  schickten  aus  den  rappen,  die  wälde  zu  eröiegen,  ob 
er  nit  gewar  würde,    alle  weisen  107'; 

wenn  nicht  verdienst  allein  das  glück  erfliegen  kan, 
setzt  list  und  dreistigkeit  ihm  andre  flügel  an.    Heller  13; 
so  werd  er  dieses  jähr,  der  seltne  geist,  geboren, 
der  diesen  kränz  erfliegt.    Lessing  1,  96; 
mit  eile,  die  strahlte, 
kam,  da  sie  folgten,  herab  von  des  Tabor  wolkigen  höhe 
Gabriel  ihnen  entgegen,  und  schnell  erflog  er  ihr  schweben. 

Messias  15,  1031; 
ach  wo  erfleugt  er  schütz?    Stolberc  4,  79; 
erfleug  das  ziel  der  ehre 
auf  nie  beflogner  bahn.    Majthissos  98; 
ragende  felsenziuken  mit  wolkenumlagerter  spitze, 

welche  kein  Jäger  erklomm,  welche  kein  adler  erflog. 

Salis  107; 
dann  erblicket  von  der  schöobeit  hOgel 
freudig  das  erflogne  ziel.    Schiller  72'; 

nach  tausend  erhinkten  und  erflognen  zielen.  J.  P.  (eufelsp. 
1,  2S. 

ERFLIEHEN,  effugere,  entfliehen,  ahd.  irfliohan  (Gratf  3,766). 

ERFLIESZEN,  emanare,  redundare,  mhd.  wb.  3, 348' :  siche- 
rem vernehmen  nach  ist  eine  alierh.  Verfügung  erflossen,  ver- 
möge deren  «.  s.  w.  Wiener  zeUung  Ihjan.  1S60;  von  seilen  des 
hochw.  biscbofs  von  Trient  ist  in  der  jüngsten  zeit  eine  ent- 
scheidung  erflossen. 

ERFLING,  Kl.  cyprinus  orfus,  er  fei,  külding. 

ERFLÖSZEN,  inundare,  redundare:  Tiberis  der  flusz  erflö- 
szet  in  disem  jar  also,  das  man  mit  schiffen  von  einer  gasz 
in  die  andern  faren  musz.    Fba.\e  cJiron.  17  o'. 

ERFLÜGELN,  alis  contingere,  erfliegen: 

alle  höhn  hast  du  erflügelt, 

alle  tiefen  du  entsiegelt 

lud  durchwand  elt  alle  weit.    Rcckest  46. 

ERFLÜNKERN,  ementiri,  effingere,  erlügen. 

ERFODDERN,  postulare,  exigere,  die  aus  erfordern  hervor- 
gegangne  Schreibung,  dann  in  erfodern  gemildert:  warum  hastu 
denn  mein  geld  nicht  in  die  wechselbank  gegeben?  und 
wenn  ich  komen  were,  helle  ichs  mit  wucher  erfoddert. 
Luc.  19,  23 ;  auf  das  die  gerechligkeit  vom  geselz  erfoddert 
in  uns  erfüllet  würde.  Rom.  8, 4 ;  drumb  ward  es  auf  an- 
regen und  anhalten  der  römischen  legalen  für  gut  ange- 
sehen, das  Luther  selbs  erfoddert  würde.  Lctheb  1,441*;  das 
ich  zu  verhör  erfoddert  bin.  3,  41o' ;  den  sol  obangezeigter 
superattendens  zu  sich  erfoddem.  4,  349* ;  die  sage  ist,  das 
k.  maj.  die  Schweizer  auch  erfoddert  habe.  5.37';  wir  manen 
und  erfoddern  ernstlich  durch  diese  schrifte  alle  unser  ver- 
wandten und  unlerthanen  zu  obangezeiglem  gcneralsynodo 
und  freiem  concilio  sich  gehorsamlich  zu  verfügen.  6,330*; 
indem  trug  sichs  zu,  das  der  Luther  mit  dem  Zwingel  und 
Oecolampad  vom  sacrament  zu  handeln  gen  Marpurg  erfod- 
dert ward.    AiBERDS  wider  Jörg  Witzeln  H  l".     s.  foddem. 

ERFODDERUNG,  f.  mein  herr  Jhesus  Christus  bat  sich 
nicht  selber  erhöhet,  das  er  mein  herr  sei,  als  die  übermü- 
tigen, ehrgeizigen  thun,  sondern  aus  gebot  und  erfödderung 
gotles  vaters.    Llther  1,  00*. 

ERFODERN  =  erfordern:  bis  die  gefahr  euer  {ßr  euch) 
erfoderl.    Orrrz  Arg.  1,279; 

jene  weit  ertrank  durch  flut, 

diese  weit  erfoderl  glut.    Louu  1,  27,  91 ; 

nichts  als  was  meine  Schuldigkeit  erfodert.  Bltschky  kanzl. 
28;  weil  es  mein  amt  erfodert.  280;  die  chrislselige  liebe 
erfodert  es.  441;  was  die  lateinischen  kunslrichler  acumina 
und  die  französischen  pointes  nennen,  habe  ich  weder  erfo- 
dert noch  bisher  verworfen.    Lessing  8,  455 ; 

die  götter  fügten  es  nicht  so  umsonst, 
dasz  da  Thyest  in  deine  bände  fiel, 
als  unser  heil  ihn  zu  erfodern  schien. 

Chr.  Fel.  Weiszb  trauersp.  3,  ihfi; 

ja,  liebe  erfodert  gegenliebe.  4,151;  das  stürmische  klima 
der  unterweit  erfoderts,  man  musz  hart  sein !  Voss  briefe 
3, 1. 192. 

ERFODERN,  n.  postulatio:  denn  soviel  kann  ich  ihnen  aus 
uii'ierem  manuscriple  versichern,  dasz  Berengarius  nicht  auf 
sein  (des  pabsles)  erfodern,  sondern  schlechterdings  freiwillig 
auf  eigenen  antrieb  nach  Rom  kam.    Lessinc  8,  406. 

ERFODERNIS,  ERFODERUNG,  s.  erfordernis,  erforderung. 

51 


803 


ERFOLG  — ERFOLGEN 


ERFOLGLICH  —  ERFORDERN 


804 


ERFOLG,  m.  eventus,  und  oß  accundiis,  folge:  die  sache 
hat  keinen  erfolg,  einen  guten,  glücklichen,  günstigen,  unge- 
wissen erfolg;  in  erfolg  (in  folge)  dieser  anberaumung.  Les- 
sing 10, 114; 

nicht  trafen  könnt  icbs,  hier  !n  müszger  ruh 

zu  harren  des  errolgs.    Sciiillkr  .  . .; 

zwischen  mord  und  seinem  dolch, 

zwischen  handliing  und  erfolg 

delint  sich  eine  weite  kluft.    Grillparier  ahnfrau  aufz.  5. 

ERFOLGBAR,  consequens. 

ERFOLGBARLICIL  consequenler,  folglich,    mw.  doct.  5C1. 
ERFOLGEN,   consequi,  aasequi,  exsequi,  persequi,  ahd.  erfol- 
gen, mhd.  ervolgen. 

1)  intr.  sequi,  consequi,  die  folge  sein,  envachsen.  entstehen: 
wenn  erfolgen  so  leicht  were  als  verfolgen,  were  Christus 
lengest  wider  vom  himel  geworfen.  Luther  1,  225*.  frr.  1,436; 
denn  daraus  erfolget,  wie  denn  geschehen  und  jedermann 
kund  ist,  das  man  keinem  büsen  wehren,  kein  gutes  fördern 
kann.  1,  356*;  daraus  ein  quartan  (quartana  febris)  erfolgt 
hett.  Pabacelsos  1,686';  denn  wo  ihr  mich  zu  lang  auf- 
hielten, könde  sehr  grosze  schad  daraus  erfolgen.  Amadis 
364;  was  kann  noch  alles  daraus  erfolgen?;  auf  ein  unor- 
dentliches leben  müssen  krankheiten  erfolgen ;  auf  sein  ver- 
sprechen ist  nichts  erfolgt,  die  erffdlung  ist  ausgeblieben;  er 
hat  zwar  gute  Zahlung  versprochen,  allein  sie  ist  noch  nicht 
erfolgt ;  auf  solche  verbrechen  erfolgen  schwere  strafen ; 
darauf  erfolgte  ein  allgemeines  stillschweigen;  es  erfolgte 
eine  sehr  unbefriedigende  antwort ;  mein  Schwager  war  sehr 
unzufrieden,  als  in  dem  jähr  darauf  abermals  eine  tochter 
erfolgte.  Güthe19,  353;  der  hau  bleibt  nun  im  dunkelschlag, 
bis  der  nachwuchs  erfolgt,  vgl.  2,  sp.  1545.  man  sagt  auch 
bei  Zusendungen:  das  geld,  der  brief  erfolgt  hierbei  =  folgt. 

2)  tr.  persequi,  verfolgen,  änlwten,  erreichen: 

mild,  ein  vil  zierh'chej  niarc, 
dar  üf  er  moht  ervülgen 
swem  ?r  was  erbolgen.    Lanz.  355; 
daj  si  mit  sneller  ile 
von  im  erfolget  wären,    tr.  kr.  350S3; 

ich  spriehe  bi  der  wärheif,  daj  dise  Hute  müe^ent  verirret 
bliben,  noch  niemer  mügent  ervolgen  noch  erkriegen,  daj 
die  andern  ervolgent,  die  gote  nach  volgent  in  armüete  und 
in  ellendekeit.  Eckhart  181, 24.  nfid.  ilem  were  ij  sache, 
das  ein  ding  das  ander  erfolgele,  so  were  das  erste  doit 
(dasz  ein  gcrichl  dem  andern  nachfolgte,  so  teure  das  erste  vir- 
kungslos\.  ueislh.  2,  227 ;  ist  es  sach,  dasz  der  man  die  pfänd 
weigert  oder  über  den  gatter  nicht  geben  will  und  reichen, 
so  solle  er  (der  schullheisz)  die  guter  mit  dem  gericht  in  dem 
hof  verbieten  und  nachgeben,  als  gerichts  recht  ist,  drei  tag 
und  sechs  wochen.  erfolgt  er  die  guter  (erreicht  deren  besitz), 
80  mag  er  die  von  wegen  des  herren  ansetzen,  weme  er 
will.  2,400;  wer  niine  gebot  hat,  und  sie  erfolget  (befolgt) 
mit  den  werken,  derselb  ist  der  mich  lieb  hat.  Keisersb. 
parad.  dir  seien  b* ;  den  pferden  waren  die  eisen  abgebrochen, 
darumb  kundten  sie  lierr  Hansen  nicht  erfolgen.  Agricola 
$pr.  301;  die  erst  und  die  ander  meinung  werden  erfolget 
{erreicht)  mit  eim  guten  regiment  (guter  diät)  und  mit  einer 
zimlichen  purgirung.  Gersdorf  74;  (leut)  so  schnell,  dasz  si 
die  wilden  thier  erfolgen.  Fran«  chron.  lo';  bisz  dasz  der 
Gaiaor  und  Gandalin  sie  erfolgt  (einholt).  Amadis  353 ;  damit 
er  seinen  herren  bald  erfolget.  359;  solche  bilt  sie  mit  gutem 
willen  erfolgelen  (^errf/irt  er//M7/cn).  Wigalois  firusa,  i:>M  s.  125; 
zu  Westfalen  am  heimlichen  gericht  erfolgt.  Mone  archiv 
2,  23a  ;  doch  bin  ich  an  die  wort  und  Ordnung  ungebunden 
gewesen,  imd  mich  benügt,  wenn  ich  den  verstand  erfolget 
Iden  sinn  crreicJU  habeh  Garg.16;  was  andere  gelehrlere  beiden, 
die  naher  das  gOllich  liechl  der  natur  erfolget,  haben  zu 
ermanung  der  eh  geschrieben,  ehz.  501 ;  viel  sagen  wir,  aber 
nicht  genugsam  m^gen  wirs  erfolgen,  denn  uns  gebrechen 
Wort.  Simpl.  2,209;  gegen  nidergang  scind  Icute  mit  einem 
einigen  breiten  fusz  und  so  schnell,  dasz  sie  die  wilden 
thier  erfolgen.  Praetorius  irrllh.  t,:y.i<<;  einen  auf  dctn  wcge 
erfolgen,  üinere  conxequi.  Stiei.ER  535.     »pd/w  umiebrnurhl. 

31  erfolgen,  tenilifdgen :  der  kaiser  hat  bewilligt,  dasz  dem 
bUlsleiler  ein  bedeutender  vorsi  liusz  aus  dem  slaatsschulzc 
erfolgt  werde.    6tlr.  Zeitungen. 

4)  da*  reßeiive  «ich  erfolgen  empfAmit  wifder  die  intransttiv- 
Wdeutung  ton  erfolgen,  nnlriim,  tieh  zutragen :  wcichs  ie  gran- 
MOl  zu  bOren  und  noch  beschwerlicher  gewesen,  das  sich 
•olchs  biszber  im  werk  aNo  ervolgt  und  »nieben  geiMteo. 


«•»>  landgrave  WiUielm  zn  Hessen  sich  gegen  der  knserlichen 
maiestat  verwaret.  1552  B2*;  dann  erfolget  sich  der  gewall 
der  menschen.    Paracei.sus  2,  45'. 

ERFOLGLICH,  consequens,  erfolgend:  welcher  (speichel)  gleich- 
sam das  beste  ferment  der  siiure  und  daraus  erfolglicher  guter 
Verdaulichkeit   derer  speisen  ist.    Ettners  med.  maulaffe  432. 

ERFOLGLOS,  irritus:   alle  bemühungen  blieben  erfolglos. 

ERFOLGLOSIGKEIT,  f. 

ERFOLGREICH,  prosper. 

ERFOLGREICH,  adv.  einem  übel  erfolgreich  entgegen- 
wirken. 

ERFOLGL'NG,  /".  l)  observatio,befulgung :  zu  nutz  heilsamer 
1er,  ermanung  und  ervülgung  der  wisheit.  Brants.  115;  welchs 
er  mit  steter  erfolgung  allzeit  schedlicher  lere  so  ganz  offen- 
bar gemacht  hat,  das  Ichs  dafür  acht,  das  niemands  an 
einigem  ort  sei,  der  in  nicht  ganz  mit  seiner  unsinnigkeit 
aus  seinem  gemüt  gar  geworfen  hat.    Luther  2,  20S'. 

2)  consequentia,  folge:  aber  damit  nicht  böse  erfolgung 
darauf  kommen  möchte.    Ettsers  unw.  doct.  263. 

ERFOLLEN,  s.  ervollen  und  erfüllen. 

ERFORDERLICH,  necessarius,  nothwendig:  die  gäbe  der 
rede  ist  bei  diesem  amt  schlechterdings  erforderlich;  erfor- 
derlicher aufwand.    Frisch  1,  285*. 

ERFORDERN,  s.  erfoddern,  erfodern. 

1)  einen  erfordern,  arcessere ,  vocare,  fordern,  vorfordern, 
auffordern,  berufen,  einrufen,  einladen:  es  was  einer,  der  hett 
einen  also  lassen  schweren  meineidig,  dem  erschein  zu  nacht 
in  dem  schlaf  der  streng  richter  gottes  in  seiner  maiestat 
uf  dem  richtstui  sitzen  und  erfordert  in  für  gericht.  Kei- 
sersb. s.  d.  m.  22*;  derselbe  superaltendens  soll  auf  alle 
pfarrherren  acht  geben  sie  zu  erfordern  und  anzureden. 
Luthers  br.  5,795;  er  hat  mich  erfordert  leib  gegen  leib 
zu  schlagen  und  das  unser  beider  leut  friden  halten.  Aimon  q  3' ; 
zum  streit  erfordern.  Furaftr.  a6;  du  bist  erfordert  und  solt 
zu  unser  Arsace  kommen,  deine  Schwester  wird  auch  erfor- 
dert werden,  buch  der  liebe  211,3;  er  ruft,  welcher  mit  im 
kempfcn  wolt,  mit  dem  wolt  ers  aufnemmen,  es  wolle  aber 
keiner  herfür,  wiewol  die  schergen  unter  allem  volk  aus- 
schricn  und  der  könig  selber  erforderte.  226,3;  bald  leszt 
si  der  Wüterich  in  ein  wolleben  erfordern  (zu  einem  gastmahl 
laden)  und  in  der  gastung  all  erwürgen.  Frank  vcltb.  117*; 
Cleopatra  hat  erfordert  Alexandra  sol  zu  ir  kommen.  Reiszner 
Jer.  2,  72";  hab  ich  mehrmals,  neben  andern  dazu  erfordert, 
meinen  leib  gewagt.  Kirchhof  tni/.  disc.  eorr. ;  ward  ich  anno 
55,  wie  obstehet,  von  meinem  sehr  alten  vatter,  im  in  seinen 
amptsgeschüften  beisfandig  zu  sein  erfordert,  dcts. ;  die  Venus, 
die  am  besten  solchs  übel  abschaffen  könnte,  zu  hülf  er- 
fordern. Fischart  eÄs.  67;  nach  dem  mittag  ...  zog  die  ob- 
gedacht  erfordert  (eingeladele)  gesellschaft  haufenweis,  orden- 
lich wie  die  säw  zum  Ihor  einlaufen,  hinaus  under  die  lin- 
den. Garg.  82';  hat  auch  nicht  bald  hingegen  .Nirolaus  der 
drilt  ums  1268  jar  den  könig  Pcler  aus  Arragoni  in  i'aliam 
erfordert?  biencnk.  \2S* ;  hernach  im  34  (15341  ist  M.  Erhardus 
Elling  hieher  erfordert.  Mathesius  lȟ*;  bin  ich  von  i.  f.  gn. 
jungenweise  zum  aufwarten  erfordert  worden.  Schweinichen 
1,50;  bin  von  i.  f.  gn.  öfters  erfordert  worden  zum  aufwar- 
ten. 1,  65 ;  darauf  sein  wir  des  andern  tages  von  i.  kurf.  gn. 
erfordert  worden,  l,  85;  darauf  ward  ich  bald  erfordert. 
2,18;  in  welchen  saal  ich  folgenden  tages  vor  die  beiden 
erfordert  worden.    Phii  ander  2,44; 

es  miisz  etwas  »ich  erhebon, 

weil  er  in  don  ganzen  raih 

olTciilllcli  erfordert  hat, 

und  lieft'lil  dnrvoii  gegeben.    Opm  1.  160; 
nach    weniger   zeit    liesz   er   seine   rillhe   erfordern  und  be- 
gehrte ein  gularhlen.  Hofmannswai.dau  heldenbr.  4;    sinlein.il 
die  naiur  selbst  uns  zu  solcher  gebühr  und  Schuldigkeit  an 
strenget  und  erfordert.    Rutsciiky  kauzl.  868.     heule  lieber  zu 
sich  fordern,  vorfordern,  aufftudern,  herausfordern. 

2)  etwas  erfordern,  postulare,  exigere,  fordern,  heischen,  ver- 
langen: über  die  macht  des  inans  {men.<trhen)  will  gull  iml 
erfordern,  das  ist,  gott  begert  nil  inee  weder  {mehr  o/t)  wir 
vermögen.  Keiskhsh.  irriV;  .«r/m/' H  1* ;  noch  hinarht  tiiiilt  ml 
ternacht  soll  dein  seel  von  dir  erfordert  werden.  VNkkium 
irr  reitend  bihier  vorr.  A4;  imd  hielten  idapir),  da»  die  gciiirr 
nicht  dann  der  opfer  seel  erforderten.  Krank  vrlih.  isu*; 
reicheUsie  ihm  die  erfonlerte  gülden.  KiRriiiioK  refii/i/nw.  101*; 
also  auch  in  erforderter  noth  werden  vielmal  zwei  ziemliche 
regiment  in  eine  •chlMklvrtaanf  febnichl.    mtl.  di^c.  iM; 


805  ERFORDERND  —  ERFORSCHÜNGSMITTEL 


ERFORSCHUKGSSTLNDE  —  ERFREIUNG  806 


danimb  heisch  und  erfordre  ou.  Wecebeku?«  5; 
Plinius,  welcher  über  alle  seine  Sachen  gelehrter  freunde 
gutachten  erfordert,  sagt.  Opitz  poeterei  73 ;  einen  ganz  blin- 
den gehorsam  erfordern.  Bltschsy  Palm.  906.  heute  lieber 
einfaches  fordern,  doch  noch  vielfach :  dazu  wird  mehr  kennt- 
nis  erfordert,  die  arbeit  erfordert  lange  Vorbereitung  «.  s.  tr. 
3)  unpersönlich,  es  erfordert,  iä  erforderlich,  nöthig:  es  er- 
fordert keinen  groszen  aufwand;  das  ganze  gewebe  meiner 
Vernunft  und  meines  herzens  zu  zerreiszen  erforderte  es 
weiter  nichts,  als  dasz  «.  s.  w.   Klixcer  5, 355. 

ERFORDERND,  necessarius  =  erfordert  tcerdend,  wie  aus- 
nehmend, erstaunend,  bleibend  und  andere  part.  präs.  mit  pas- 
sirbedeutung :  weil  er  es  aus  ermangelung  hierzu  erforderender 
stücke  nicht  ins  werke  setzen  kan.  Ettners  unw.  docl.  564; 
was  hätte  es  denn  zu  bedeuten,  wann  ein  medicus  in  seiner 
muttersprache  das  erforderende  examen  thun  könte  und  in 
allem  wol  bestünde?  675;  von  andern  erforderenden  noth- 
wendigkeiten  und  zugehörungen.    Hohberg  3, 1,  42. 

ERFORDERNIS,  f.  und  n.  necessitas:  andere  scheinen 
es  sich  recht  geQissentlich  zur  pQicht  gemacht  zu  haben, 
ohne  irgend  eine  erfordemis  ihres  stils  zu  gewinnen,  ver- 
altete sprecharten  in  ihre  Schriftsprache  einzumengen.  Wieland 
36,  329 ;  die  grosze  erfordemis  der  wahren  kirche,  nemlich 
die  qualification  zur  allgemeinheit.  Kaxt  6,337;  wenn  man 
die  geselligkeit  zur  erfordemis  des  menschen  als  für  die 
gesellschaft  bestimmten  geschöpfes  . . .  einräumt.    7, 155. 

ERFORDERUNG,  /.  poslulalum,  erfordemis :  ein  künig,  dem 
zimpt  köstliche  kleider  zetragen  seines  Stands  halben,  also 
zimpt  im  auch  köstlicher  speis  dan  anderen  gemeinen  per- 
sonen  nach  erforderung  seines  Stands.  Keisersb.  s.  d.  m.  6' ; 
nach  erforderang  jeders  orts  notturft  und  gelegenheit.  Kirch- 
hof disc.  mtl.  27;  nach  wichtiger  erfordemng  der  sachen.  84; 
nach  erforderung  der  zeit  leben.  Zinkgr.  221,  5 ;  aus  erforde- 
rung unsers  amtes  {iceil  unser  amt  es  erfordert).  Weise  erzn.  455. 

ERFORN,  in  fronte,  a  fronte,  vorne:  die  pauren  peleiben 
erforn.    fastn.  435.     v^.  erfürher. 

ERFORSCHBAR,  indagabiUs,  erforschlich. 

ERFÖRSCHELN,  perscrutaii,  explorare,  elicere:  die  die  new 
Zeitung,  so  ankemen,  zuvor  erwegten,  gründlich  erförschelten, 
wanneten  und  reuterten.  Fischart  groszm.  13 ;  ihre  witwen 
und  Waisen  mit  erförschelten,  erzwungenen  Ursachen  zu  verfol- 
gen, um  ihr  gut  und  nahmng  zu  bringen.   Philasder  1,620. 

ERFORSCHEN,  indagare,  explorare,  ahd.  irforscon,  mhd. 
ervorschen : 

darbet  so  rieht  ich  an  mein  gesweti 

bei  den  hausmeiden,  weua  ich  in  flick, 

das  ich  aus  in  erforsch  vil  tücls, 

das  si  mir  offenbareB  ir  hen.    fastn.  372,21.789,18; 

sandten  aus  iren  geschlechtern  von  iren  enden  fünf  streit- 
bare menner,  das  land  zu  erkunden  und  zu  erforschen  und 
sprachen  zu  inen,  ziehet  hin  und  erforschet  das  land.  rieht. 
18,2;  wenn  ich  erforsche  an  meinem  vater  morgen  und  am 
dritten  tage,  das  es  wol  stehet  mit  David.  1  Sam.  20, 12 ;  sihe, 
das  haben  wir  erforschet,  und  ist  also.  Äo6  5,  27 ;  herr,  du 
erforschest  mich  und  kennest  mith.  ps.  139, 1 ;  wenn  man 
den  himel  oben  kan  messen  und  den  gmnd  der  erden  er- 
forschen. Jer.  31,  37 ;  und  erforschete  von  inen,  wo  Christus 
soll  geboren  werden  {ahd.  eisgota  fon  in,  war  Christ  giboran 
wäril.  Matlh.  2,4;  denn  der  geist  erforschet  alle  ding,  auch 
die  tiefe  der  gottheit.  1  Cor.  2, 3 ;  das  ich  bin  der  die  her- 
zen und  nieren  erforschet,  offenb.  2,  23 ;  wil  man  einen  fra- 
gen in  der  beicht  oder  selb  sich  seiner  erforschen,  ob  er 
wäre  reu  hab  oder  nicht.    LirrHER  1,65'; 

von  diesem  allen  hast  du  nichts  erforscht.    ScaatER  4%". 

ERFORSCHER,  m.  indagator,  explorator:  erforscher,  erfarer 
oder  waidman  (der  das  wild  aufspürt),  voe.  1482  g7';  quae- 
stionarius,  ein  erforscher,  der  bei  der  folterung  ist.  Serrasds 
u5'.    Dastp.  201'. 

ERFORSCHLICH,  was  erforschbar:  das  schönste  glück  des 
denkenden  menschen  ist,  das  erforschliche  erforscht  zu  haben 
und  das  unerforschJiche  ruhig  zu  verehren.    Göthe  56, 152. 

ERFORSCHUNG,  f  indagaiio:  auf  das  ich  nach  geschehe- 
ner erforschung  haben  müge,  was  ich  schreibe,  apostelg. 
25,26;  sein  rechte  frauw  aber,  nach  viler  erforschung,  traf 
ihn  bei  gemeldtem  häufen  an.    KincHHor  vcndunm.  294* 

ERF0RSCHUNGS.M1TTEL,  n.  weil  auszer  menschlichen  er- 
forschungsmittcln  uns  keine  andere  zur  Untersuchung  zu  ge- 
böte stehen.    Garve  zu  Cic.  off.  2,  9. 


ERFORSCHUNGSSTUNDE,  f 

wenn  zu  jenem  groszen  tage 

die  errorschungsstunde  schlägt.    Tbcmmel  6,326. 

ERFORTELN,  s.  er^  ortein. 

ERFRACHTEN,  onerare,  befrachten:  da  war  unser  meinung 
hin  zufaren  und  zusehen,  ob  wir  künten  von  den  Portuga- 
lesern  ein  schif  zu  erfrachten  bekomen,  in  Rio  de  plata  zu 
faxen.    Hans  Staden,  StuUg.  1S59  s.  114. 

ERFRÄGELN,  entere,  expiscari,  erfräglen.  Faisios  483'.  516*. 
Maaler  109*. 

ERFRAGEN,  1)  perconlari,  inquirere,  ausfragen,  änen  oder 
etwas: 

doch  wil  ich  unter  in  erfragen, 

wer  unter  in  dreien  am  pasten  mug  gesagen.    fasln.  83,26; 

hiesz  in  der  heubtman  in  das  lager  füren  und  saget,  das 
man  in  steupen  und  erfragen  (peinlich  fragen)  solf.  apostelg. 
22,  24 ;  da  traten  also  balde  von  im  ab,  die  in  erfragen  sol- 
len. 22,  29 ;  erfragent,  suchent  oder  erforschent  die  Schriften. 
Relchlix  augensp.  7";  als  sie  nun  für  den  könig  kamen, 
aller  sach  von  dem  könig  erfragt  wurden,  buch  d.  l.  250, 1 ; 
einen  erfragen.  Grobianus  K2;  ich  konnte  nichts  von  ihm 
erfragen;  er  war  nirgends  zu  erfragen,  zu  finden; 
ist  irgend  zu  erfragen 

ein  schäfer  umb  den  Rein.    Opftz  2,  189  (195) ; 
umsonst,  er  kam,  sprach  nichts,  gieng  furchtsam  wieder  fort, 
und  was  er  ja  noch  sprach,  war  ein  erfragtes  wort. 

Rost  schäfererzdhluwjen  22; 
den  herm  erfragend  fürstlicher  hochbegrüszung  halb. 
Göthe  41,  209; 
die   methode   des  Socrates   die  Wahrheit  zu  erfragen.    Mos. 
Mendelsohns  Phaedon  1814  s.  12. 

2)  sich  erfragen,  befragen,  erkundigen:  iezunt  wirt  mes  zu 
Frankfurt,  da  werden  vil  kaufleut  hinkommen,  so  mustu, 
münch,  hinein  und  mit  dem  petlel  alle  herberg  durchsuchen 
und  damit  dich  erfragen,  wo  die  reichsten  kaufleut  ligen.  Schade 
sat.  und  pasq.  3,  109 ;  ich  hab  mich  erfraget ,  welche  die 
schönest  were.  Pontus  24:  erfrage  dich  mit  einem  idem, 
wann  es  ihme  wohlgehet.  Butschky  kand.  486;  erfrage  dich 
selber.  Spee  g.  tugendb.  696 ;  sie  konte  sich  kaum  satt  sehen 
und  kaum  satt  erfragen,  worzu  dieses  und  jenes  dienete. 
Felsenb.  1,  43. 

ERFRECHEN,  1)  imbuere  prolervitate,  erdreisten,  mutig  machen : 
was  konnte  den  mann  zu  solchem  frevel  erfrechen,  frech 
genug  machen? 

2)  sich  erfrechen,  audere,  sich  erdreisten:  sie  trank  sich  zu 
erfrechen,  erkecken,  erquicken,  mut  zu  machen.  Fischart  flohatz  E ; 
die  Völker  erfrechen  sich  lu  sehen,  was  sie  sind. 
Klopsiocx  ; 
mit  gen.  der  sache: 

sich  eines  unfugs  zu  erfrechen.    Wieland  21,  208 ; 

er  sandte  dich  in  diese  lande, 
um  recht  zu  sprechen,  strenges,  denn  er  zürnet, 
doch  nicht  um  mit  der  mörderischen  lust 
dich  jedes  greuels  straflos  zu  erfrechen.    ScnaLEK  544'; 
all  erfrechten  sich  schnödes  vergehns, 
ausi  omnes  immane  nefas.    Yirg.  Aen.  6,  624; 
erlaube,  dasz  ein  zephyr  sich  erfreche.    RiJcKBUT  302. 
ERFRECHUNG,  /".  impudentia:   wie  weit  der  himmel  über 
alle  menschliche  erfrechungen  erhaben  sei.   Lessing  7,289. 
ERFREIEN,   1)  malrimonio  sibi  jüngere,  häraten: 

darzu  so  kam  ein  reuter  gegangen, 
er  ft-eiet  des  königs  tochter, 
er  freiet  sie  lenger  denn  siben  jar, 
er  kiint  sie  nit  erfreien.    Uhla^d  231; 

aber  was  ists?  so  man  alle  umstände  beobachten  würde, 
so  zweifle  ich  nicht,  ein  solcher  (ton  glücke  schwatzender 
reicher  eliemann)  werde  oft  mehr  zu  klagen  haben,  als  ein 
anderer,  der  mit  seiner  in  armut  erfreiten  hausmutter  ein 
stück  käse  und  brot  vergnügt  verzehret.    rockenphU.  4, 47. 

2)  geld  und  gut  erfreien:  er  hat  sich  ein  ansehnliches 
vermögen  erfreit. 

3)  liberare,  frei  machen,  lösen,  befreien,  entfreien,  doch  me 
das  letzte  heute  ungebräuchlich: 

dameben  beide  zu  got  schreien, 

das  er  uns  wider  woll  erfreien.    Artn  193*; 

gegen  den  frühling,  wanns  wasser  etwas  wieder  von  der  kälte 
erfrciet  wird.  Praetorids  Storchs  u.  schwalbenwinterquarlier  s.  60. 

ERFREIER,  m.  liberator:  dasz  er  ein  erfreier  der  teut- 
schen  nation  gewesen.    Micrälids  1,  78. 

ERFREIUNG,  f  liberatio:  mit  den  Pommern  hat  er  nach 
seiner  drillen  gefängnus  und  erfreiung  beständige  frcund- 

51* 


807 


ERFRESSEN— ERFREVELN 


ERFRIEREN— ERFRISCHEN 


808 


Schaft  gehallen.  Micrälids  2, 1S5;  wie  er  nicht  zum  verder- 
ben, sondern  zum  schütz  und  erfreiung  des  landes  umkom- 
men were.    5,  253. 

ERFRESSEN,  devorare,  absumere.  man  sagte  sich  vor  leid 
erfressen,  verzehren  für  sich  grämen,  härmen: 

sei  wolt  sich  ztod  erfressen, 

das  sei  der  ^schrirt  vergessen 

hiet  in  iren  jungen  tagun.    Ring  IV,  39, 

CS  that  ihr  leid,  dasx  sie  als  kind  nicht  schreiben  gelernt  hatte, 
vcil  sie  nun  den  brief  nicht  lesen  konnte,     s.  erknitschen. 

ERFRETTELN,  perfricare,  rexare,  fatigare,  abarbeiten:  es 
ist  kein  königlinnest  noch  irrgang  in  mcim  ganzen  loib,  da 
dieser  wein  nicht  den  durst  erfrettelet,  ersuchet,  durch- 
forcttet,  huronet.    Garg.  101". 

ERFRETTEN,  dasselbe:  aber  halt  still,  brüderchen !  nur 
nichts  erfretfet  oder  erzwungen,  sonst  isls  mit  einmal  aus. 
der  arme  mann  im  Tockenburg  134.     s.  fretten. 

ERFREUEIV,  exhilarare,  ahd.  irfrewan,  mhd.  erfrouwen.  6« 
M.\ALER  110*  noch  erfrouwen. 

1)  tr.  froh  maclien,  crgetzen,  früher  noch  mit  gen.  der  sache, 
später  mit  praepositionen :  wie  wird  er  ergötzt  und  erfrewt 
siner  groszen  arbeit,  sines  eilends.  Keisersb.  bilger  217';  sie 
ward  ires  groszen  leids  wider  erfrewct.  Oclavian  y4;  und 
ich  erfrewet  das  herz  der  witwen.  Hiob  29,13;  du  erfrewest 
mein  herz.  ps.  4,  8 ;  du  erfrewest  in  mit  freuden  deines  ant- 
litzs.  21,  7 ;  und  das  der  wein  erfrewe  des  menschen  herz. 
104,15;  und  der  wein  musz  die  lebendigen  erfrewen.  pred. 
Sa/.  10, 19;  ein  freundlich  weib  erfrewet  ircn  man.  S/r.  26,  Ifi; 
wein  und  seitenspil  erfrewen  das  herz.  40,20;  der  künig 
ward  irer  zukunft  ser  erfrewet.  1  Macc.  11,44;  da  sie  den 
Stern  sahen,  wurden  sie  hoch  erfrewet.  3faM.  2, 10;  ich  bin 
ser  erfrewet,  das  ich  funden  habe  unter  deinen  kindern,  die  in 
der  warheit  wandeln.  2  }oh.  4 ;  er  war  hoch  erfreut  darüber ; 

0  Anna  Maria,  erfreu  mein  hoffen.    Atrer  408'; 
seht  tausendmal  den  tag,  doch  mit  erfreuten  stunden. 

Flemimg  40; 
eben  damals  wurde  meine  obrislin  mit  einem  jungen  söhn 
erfreuet  {d.  h.  entbunden,  wie  das  kind  immer  die  freude  der 
mutter  hciszt)  und  die  taufsuppe  fast  fürstlich  dargereicht. 
Simpl.  K.  296; 
sorglos  sasz  nach  dem  mahle  der  greis  fort,  sich  und  die  andern 
mit  lehrreichem  gespräch  zu  erfk-eun,  und  mancher  erzähhing. 

fjuisc  1,  10; 
euch   wünsche   ich   den   segcn    des   himmels,   eurem  fleisze 
eine  erfreuende  ernte.  Scbilleb  923* ;  erfreuen  sie  mich  durch 
eine  schnelle  antwort. 

2)  reflexiv,  sich  erfreuen,  gaudere,  mit  gen.  der  sachc  oder  auch 
mit  praepositionen :  Augustus  hat  sich  ab  diesem  stern  erfreuwet. 
Reiszxer  Jer.  2,  77' ;  ich  habe  mich  recht  an  ihm  erfreut ; 
lassen  sie  mich  fragen,  warum  sie  sich  des  kindes  nicht 
annehmen?  eines  sohnes,  dessen  sich  jedermann  erfreuen 
würde  und  den  sie  ganz  und  gar  zu  vernachlässigen  scheinen. 
GOtbe  20,80;  er  erfreut  sich  voller  gesundheit; 

des  Weihrauchs  sich  erfreuen.    Gotter  1,  139. 
ERFREUER,  m.  exhilarator: 

der  weingott,  der  crfrcuer, 
der  herzen  gibt  und  nimmt,  sieht  seine  berge  heuer 
mit  traubea  völler  stehn,  er  lacht  bei  reicher  kost. 

Fleming  65. 
ERFREULICH,   laelus,  gralus:    erfreuliche  nachricht,  bot- 
scbaft;  es  ist  erfreulich  zu  vernehmen; 

weh  dem,  der  zu  der  Wahrheit  geht  durch  schuld, 

sie  wird  ihm  nimmermehr  erfreulich  sein.    Schiller  71*. 

ERFREULICH,  laete,  exoptate: 

ein  pfand  int  mir  des  glückes  lanjre  gunnt, 

dusz  alles  »ich  erfreulich  lösen  wird.    Schiller  .  .  . 

ERFFiEULTCHEN,  exhilarare.  Stieler  551. 
ERFREULICHKEIT,  f.  laetilia,  jucunditas,  freude,  anmut: 
die  besilzung  seiner  gunst  erwecket  in  mir  herzliche  erfreu- 
licbkeiL  Rltsciiky  kanzl.  88;  die  bequemlichkoit  der  sladt 
und  die  erfrculirhkcit  de»  landes  zu  schrmer  wpitcrszeil.  437. 
ERFREUUNG,  f  oblectatio:  c.  I.  ankündigungnschreiben 
hat  uns  mit  herzlicher  erfreuung  verständiget,  dasz  gott 
Qiuere  liebe  muhme  mit  einem  jungen  söhne  brgnildigct. 
BvncHti  kanxl.  C17;  thstigc  aufinuntcrung,  erfreuung  und 
«offr^    '  lialten. 

I.l  V  wJere  tibi  parare,  durch  frevel  verdienen: 

1- ii.i' iji'i  rauher,  halt  an,  halt  an, 

und  »Ich  dem  rn.itin, 
•B  dem  du  verdaiurnuis  ortlreToU !    BCaeta  81*. 


ERFRIEREN,  l)  gelu  exstingui,  frigore  perire,  confiä,  ahd. 
irfriosan,  mhd.  erfriesen: 

gßn  wir  dar  barfQese,  s6  möese  wir  Of  den  tot  erfKesen. 

Gudr.  1199,  4 ; 
fr  hilt  dich  l&n  ervriesen.    GA.  2,  436 ; 
ntid.  es  ist  die  fk-eud  in  warheit  klein, 

in  wiuiiTs  näclii  also  erfrieren.    Brant  62,  13; 

nun  kompt  diese  krankheit  her  aus  widerwerligen  dingen, 
als  nemlich  aus  groszer  kälte,  das  ein  ros  übel  erfreuret. 
Seuter  18S ;  die  kälte  war  heute  nacht  so  streng,  dasz  eine 
schildwache  erfroren  ist;  ich  bin  ganzerfroren,  vor  kälte  starr ; 

seit  mir  den  star  die  Weisheit  stach, 

seit  ihre  lehren  in  den  obren 

mir  gellen,  ach,  erfror  mein  blut.    Götter  1,444; 

eh  die  äugen  und  lippen  im  grabe  erfrieren.  J.  P.  Hesp. 
2,106;  der  hauptmann,  dem  in  Schoppes  gegenwart  immer 
die  Zungenmuskeln  erfroren,  gieng  schweigend.  Tit.  :t,  182; 
die  bände,  die  füsze  sind  ihm  erfroren;  er  hat  die  wein- 
stöcke,  die  zarten  blumen  erfrieren  lassen. 

2)  bildlich,  irfroren  sint  an  mir  carnis  desidcria.  N.  ps. 
118,83;  irfroren  waren  wir  in  dien  sundön.  125,4;  wanda 
snCwe  ist  kelih,  der  an  dien  sundün  ist  irfroren.  147,  5; 
darumb  das  mir  der  narr  nicht  erfrier,  sauf  ich  mir  mit 
disem  pocal  ein  beiz.  Garg.  85*;  nach  Rabettens  10000  bitten, 
wicwol  ihr  schon  die  zweite  auf  der  lippe  erfröre.  Tit.  2,  2L5; 

dasz  des  buseiis  lichte  himmclsnamme 

mit  erfrornem  herzen  ich  verdamme.    Schiller  4'. 

die  proben,  die  metalle  erfrieren,  uenn  bä  geringer  hitie  der 
schmclzticgel  nicht  gehörig  treibt. 

31  tr.  gelu,  frigore  conficere,  perdere:  viele  Soldaten  haben 
die  glieder  erfroren;  unvermerkt  hatte  ich  in  der  bitteren 
kälte  meine  nase  erfroren ; 

wer  nie  sein  hirn  erfror.    Gotter  1,  300; 

ich  könnte  mein  gehirn  erfriern.    Gökingk  3,  263. 
vgl.  erfrören  und  frieren  in  die  füsze,   an  die  beinc.     tadel- 
haß stellt  erfrorn  für  erfrört  in  folgender  stelle: 

ich  hab  dem  losen  lecker  geschworn, 

der  mit  wasser  mein  bauch  erfrorn, 

das  ich  im  wöll  sein  lohn  drum  geben.    Atrer  362*. 

ERFRISCHEN,  l)  refrigerare,  recreare,  renorare,  erquicken, 
laben,  Maaler  110*: 

mhd.  ein  gränätöpfcl  soitu  hän, 

der  mir  crvrische  minen  munt.    Bon.  48,  115; 
tihd.    stet  umb  und  laszt  mich  sehen  pald, 

ob  ich  mein  trollen  hah  erwischt, 

von  dem  mein  herz  neur  werd  erfrischt,    fastn.  51,9; 

wenn  er  hellig,  hungerig  oder  durstig  ist  und  swach  oder 
müd  sig  worden  uf  dein  weg,  uf  das  er  nit  erlig,  aber 
widerumb  erfrischet  und  ernufert  werd  fürbasz  zu  gon  sin 
walfart.  Keisersb.  W/(/rrl6';  die  reden  des  freundlichen  sind 
honigseim,  trösten  die  scelc  und  erfrischen  die  gcbeine. 
spr.  Sal.  16,24;  ein  freundlich  weib  erfrewet  iren  man  und 
wenn  sie  vernünftig  mit  im  umbgehct,  erfrischt  sie  im  sein 
herz.  Str.  20,16;  ist  die  unterschiedliche,  erfrischte  und  ge- 
schärfte acht  zu  gebürcnder  i.  kais.  maj.  und  gemeiner  reirlis- 
stände  einträchtigen  beschlusz  pubiicieret  und  ernewert. 
reichsrec.  von  1507  bei  Hipr.  a  lapide  de  rat.  slat.  p.  235; 

den  ich  begrif  in  disem  schlosz 

in  dem  chbrueh  mit  meinem  weib, 

nam  dem  mit  disem  schweri  sein  leib, 

trag  nun  all  lag  das  hauht  zu  tisch, 

meim  weih  ihren  chbrueh  erfrisch  (ins  geddcliini»  ftihrr). 

H.  Sachs  I,  177'; 
und  wolln  uns  wider  xu  euch  kern 
in  freundschaft  und  die  ulto  trow 

erfi'isrhrn  und  wider  marlicn  new.    Drdrkind  miles  2,4; 
weil  zumal  hol  friihllngs  Iftslen 
Mars  erfrischet  sein  vorwüsten.    Logad  1,  151,60; 
mein  feind  erfrische  seine  brüst 
durch  meines  hcils  und  irosls  vcrlust.    Weciberlin  2t ; 

Melo  ward  hierauf  wieder  erfrischet  (mit  ra,««T  begossen,  aus 
der  ohnmadU  tu  sich  gebracht)  und  ihm  seine  wunden  ver- 
bunden. LoRENSTEiN  >trm.  l,tii;  man  solle  dieses  opfer  auf- 
neue  erfrischen  {emeuem.  wieder  anführen).  Opitz.  Arg.  2.  3(t; 
lassei  uns  sie  zum  gottes  lob  erfrischen  (anfr^srhen).  Spek 
tuqendb.  402;  geängstigle  erfrischen  und  IrOsIcu.  llirsriiKt 
I'atm.  355;  ein  schftne»  luuh  erfrischet  das  grinüle.  kamt 
270;  blumen  erfrischen,  begiesten.  Stiki.f.r  667;  den  muiul 
erfrischen,  wasser  nehmen,  Irinken  {t,  vorhin  «M  Bomkr);  er- 
frischende  suchen ; 


809 


ERFRISCHEN  —  ERFROMMEN 


ERFRÖREN  —  ERFÜHREN 


810 


du  (schliif)  hast  mich  oft  an  wassern  und  an  huschen 

sanft  übereilt, 

und  konntest  mich  mit  beszrer  rast  erfrischen, 

als  mir  voritzt  der  weiche  pfühl  ertheilt.    Hagedor:«  3,  63; 

gestattet,  dasz  auch  ich  hier  meinen  durst  erfrische, 

und  gönnt  mir  eine  nacht  im  schosze  eurer  husche! 

DcscB  werke  3,  51 ; 
da  läszt  man  sich  nieder, 
von  haseln  und  flieder 
mit  lauhduft  erfrischt.    Saus; 

vergisz  den  schmerz,  erfrische  das  vergnügen!    Göthe  .  .  .; 
doch  erfrischet  neue  lieder, 
steht  nicht  länger  tief  gebeugt.    41,  244; 

den  5  juni  reiste  ich  ab  von  Weimar  und  gleich  die  ersten 
meilen  waren  mir  höchst  erfrischend.    31,  96. 

2)  /arter  erfrischen  die  seide,  klopfen  und  wascheA  äe  nach 
dem  alaunen;  goldschldger  erfrischen  die  häute,  bestreichen  sie 
mit  tr«/i  und  machen  sie  dadurch  straf;  in  den  schmelzhülten 
und  eisenhämmem  wird  das  metall  erfrischt:  und  so  das  blei 
in  der  arbeit  matt  wird,  so  erfrisch  es  mit  einem  pfund 
oder  zweien  neuem  blei.  Erker  mineral.  erzte  34';  da  es  mit 
glasgallen  oder  frischem  blei  nicht  erfrischt  oder  erhalten 
wird.    Mathesius  1562, 213*.     vgl.  frischen. 

3)  reß.  sich  erfrischen,  erneuern;  nun  mag  Stift  und  statt 
nimmermehr  so  eins  werden,  von  wegen  der  procession  er- 
neuert sich  uf  den  tag  aller  Unwille,  gleichwie  sich  alte 
wunden  erfrischen.  Senee\berc  sei.  3,411;  der  salat  war  be- 
reit, das  fleisch  darin  schmückt  sich,  er  streift  die  ärmel 
hinder  sich,  grif  darein  und  asz  es  also  mit  öl,  essig  und 
salz  hinein,  von  dem  essen  sich  zu  erfrischen.  Garg.  237'; 
nach  der  hitze  des  tags  sich  in  einem  bad,  durch  einen 
trunk  erfrischen. 

ERFRISCHLICH,  recreans,  erquickend,  erfrischend: 
auf  dasz  der  liebe  schweisz 
zu  leschen  mittel  sei  durch  ein  erfrischlich  eis.    Logac  2,  66. 

ERFRISCHUNG,   f.    recreatio,  refeclio,   erquickung,   labung: 
was   keine   erfrischung  hat,   nimmt  bald  ein  ende.    Stieleb 
567 ;  bot  uns  eine  erfrischung  an.    Göthe  25,  341 ; 
keiner  trieb  von  der  weid  an  jenen  tagen  die  rinder, 
Dafnis,  hin  zu  des  baches  erfrischungen,  keines  der  thier  auch 
kostete  weder  den  ström  noch  berührt  ein  hälmchen  des  grases. 
Voss  Virgils  Idyllen  5,  26. 

man  sagt  er&ischungen  einnehmen,  polu  ciboque  se  reficere; 
die  Schenktische  waren  reichlich  mit  erfrischungen  yersehen ; 
es  wurden  erfrischungen  herumgereicht. 

ERFRISCHUIS'GSQUARTIER,  n.  quartier  de  rafrakhissement, 
wenn  Soldaten  auf  kurze  zeit  bei  bürgern  und  bauern  einquartiert 
werden :  das  regiment  ist  in  erfrischungsquartiere  gelegt  worden. 

ERFRISTEN,  serrare,  differre,  was  einfaches  fristen. 

ERFRISTUNG,  f.  conservatio,  mora:  suchen  und  fragen 
welches  der  recht  weg  sei,  wandlen  denselben,  so  werden 
ir  erfristung  und  ru  finden  euwern  seien.  Keisehsb.  orncis  22*. 

ERFRÖHLICHEN,  exhilarare,  erfreuen:  eine  gute  frau  kan 
das  herz  erfrölichen.  fers,  baumg.  7,22;  eure  herzen,  die 
jetzund  so  betrübt  und  zaghaft  sind,  werden  erfrischet  und 
crfrölichet  werden.  Otuo  krankentr.  525;  erfrölichet  eure 
sterbliche  sinne!  Schottelics  lustg.  112;  du  mein  herze  er- 
fröliche  dich  nach  so  riel  leiden.  Birke.x  Marg.  92 ;  ich  aber 
innerlich  erfrölicht  ■  über  dieser  schönen  feldlust.  östl.  lorb. 
88 ;  alles  was  da  kann  erfrölichen  den  sinn.  Haxmaxn  zur 
poeterei  237 ;  was  erfrölichet  mehr  die  gemüter  der  menschen  ? 
BüTSCHKY  Palm.  32S;  der  dichtung  anmuth  kann  eine  freude 
würzen,  einen  dulder  erfröhlichen.  Dräseke  glaube j  liebe, 
hofn.  4.     vgl.  erfreulichen. 

ERFROHLICHüNG,  f.  exlalaratio:  sie  befand  sich  in  so- 
thaner  erfrölichung  ganz  entzückt.    Bireen  östl.  lorb.  399. 

ERFRÖHNEN,  tne  fröhnen,  1)  proscribere,  für  den  herm,  für 
das  gericht  einziehen:  und  wo  einig  gut  also  erfrönt  würde, 
so  mög  der  abt  obgnant  damit  thun  und  lassen  als  mit 
anderm  sins  closters  gut.    weisth.  3,  742. 

2)  servitiis  acquirere,  erdienen: 

wenn  statt  lu  schelten  ich  belehre, 

wenn  statt  lu  strafen  ich  bekehre, 

wenn  statt  zu  scheiden  ich  versöhnt, 

hah  ich  den  himmel  mir  erfröhnt.    Göthe  45,92. 

ERFROMMEN,  serrare,  ersparen,  parsimonia  acquirere:  hie 
gehören  her,  von  denen  man  sagt,  sie  heben  einen  leffel 
auf  und  zutretten  eine  Schüssel,  oder  wo  grosze  guter  sind, 
als  zu  königen  und  fürslenhöfen,  da  man  einleffelt  und  aus- 
BchefTelt,  macht  grosze  rcchnung,  da  sie  dem  könig  einen 
gülden  erfromet  haben,  der  musz  all  obren  und  äugen  fül- 


len, wie  grosz  rat  da  gestift  sei,  aber  da  viel  tausent  gül- 
den dafür  sind  vcrfaulwitzt,  da  krehet  kein  han  nach.  Lcther 
6, 147',  zuerst  in  seiner  auslegung  des  101  ps.  Wittenb.  1534  g  4. 
vgl.  fromme,  nutzen. 

ERFROREN,  congelare,  rigefacere,  erfrieren  machen,  gegensatz 
zu  entfrören:  mit  einem  groszen  froste  in  dem  meien,  der 
die  winberge  erfrorte.    Stolle  chron.  175; 

bistu  ein  kleins  waldvogelein, 

so  schwing  dich  von  der  erden, 

dasz  dich  das  küele  maientaw  nit  netz, 

der  kalte  reif  dich  nit  erfrere.    Uhlaisd  52 ; 

hat  uns  der  reif,  hat  uns  der  sehne, 

hat  uns  erfrört  den  grünen  kle, 

die  blümlein  auf  der  beiden.    240; 

die  hoffart  verderbt  und  erfrört  si  (die  frucht  der  gnaden). 
Keisebsberg  bilger  32*;  der  somer  bringet  freund  wie  fliegen, 
der  Winter  erfrörts,  verjagts  und  tödts.  Frank  sprichw.  1,9*; 
banden  in  auf  ein  gefroren  eis  also  nackend,  etliche  erfrör- 
ten  sie.  chron.  43o';  ein  überkalter  winter  erfröret  das  ge- 
lend  gar  übel.  Stumpf  1,66';  erkelt  oder  erfrört  den  mann, 
congelat  uxor  anus  virum.  Fbisiüs  295';  und  ihn  führt,  da 
die  sonn  am  heiszesten  ist,  als  ob  er  ein  braten  sei,  aber 
am  leisten  so  erfrört  er  ihn.  Paracelsus  1,  520';  und  er  hett 
seine  nüchterne  knecht  hart  erfröret.  Tacitis  bei  Frunsp.  3, 251* ; 
die  ganze  blühe  der  Jugend  vergiften,  ersticken,  . . .  erfrören 
und  gar  versehren.    Garg.  143'; 

dein  reif  und  sehne  erfrört  die  leut.    H.  Sachs  I,  419'; 

da  musz  der  reisend  mensch  oft  bleibn, 

dasz  er  vom  schnee  wirt  tief  bedeck't, 

wird  bald  erfröret  und  ersteckt.    Rebxa:«!«  132; 

Venus  thut  manchem  das  herz  erwermen, 

erfrört  manchem  im  le'ib  die  dermen.    Etrikg  1,6S4; 

mehr  kalt  denn  scythisch  eis  ist  mein  erfrörtes  herz. 
GaiPHius  2,  358 ; 

des  maiens  scharfer  frost 

erfrört  der  Deutschen  tust, 

wird  weniger  gleich  wein, 

wird  mehr  Vernunft  doch  sein.    Losad  3,  190,  99; 

0  Vaterland,  dein  herz  ist  ganz  erfrört.    Rokpler  S7; 

bald  stiesz  es  dich  mit  frost  und  solchem  schauder  an, 

dasz  einen  schnee  und  eis  kaum  so  erfrören  kan.    89 ; 

was  sollen  diese  welsche  flecken  und  hadern?  decken  den 
ganzen  leib  nicht,  lassen  ihn  wol  halb  blosz,  sind  weder 
für  hitz  noch  für  kälte  gut,  für  regen  noch  für  wind,  und 
wo  einer  im  feld  seines  gemachs,  mit  züchten  zu  melden, 
musz  thun,  bedeckens  einen  nicht,  erfrören  die  beine. 
Philander  2,  Sl ;  die  erfrörten  ort  (die  erfromen  stellen  am 
leib).  Hobbebg  1,  297*.  heule  geht  der  Schriftsprache  ein  so 
nOIhiges  wort  ab,  und  es  fehlt  schon  bei  Stieler.  Frisch  1,  296' 
noch :  er  hat  die  füsze  erfrört.    Schm.  1,  616  gibt  bair.  derfrören. 

ERFRORENHEIT,  f.  torpor,  rigidüas:  kelt  und  erfrorenheit. 
Keisebsberg  bilger  13'. 

ERFROSTEN,  congelari,  erfrieren,  ahd.  irfrostan:  den  ISjet 
er  irfrosten.    N.  ps.  147,  6.;  nhd. 

gelähmt  ist  jede  kraft, 
verdüstert  haupt,  erfrostet  alle  glieder.    Göthb  4,  39; 
es  ist  als  ob  das  ganze 
gefild  erfrostet  schaure.    Plates  18. 

ERFRUCHTBAREN,  fetiilem  reddere:  am  Rhein,  der  wun- 
derlich vorzeiten  und  bei  mannes  gedenken  hat  eingerissen 
und  (je)  nachdem  er  seinen  lauf  gericht,  auch  das  land  eröst 
oder  erfruchtbaret  hat.    Sebiz  25. 

ERFüCKERN,  mercari,  erhandeln,  erschachern :  wer  je  tolle 
kleidung  zu  tragen  gezwungen  ist,  der  lasse  sie  nicht  neu 
machen,  sondern  kaufe  sie  von  denen  so  auf  wannen,  auf 
der  gant  oder  auf  dem  grcmpelmarkt,  ich  erfucker  also  alle 
meine  klcider.    Simpl.  3, 164.     s.  fuckem,  fuggem. 

ERFÜHLEN,  palpare,  percipere,  ahd.  irfualon  (Graft  3, 477) : 
ich  kann  es  nicht  erfülen,  ob  es  kalt  oder  warm  sei.  Stieler 
5S1;  so  weit  meine  fähigkeit  das  eigenthümliche  von  Ciceros 
Schreibart  zu  erfühlen  reicht.  Wiela^ds  übers,  von  Cic.  briefen 
1,  x.Tii;  die  langsam  erfühlte  einheit  und  urbezeichnung. 
Herder  19,123;  die  kalten  felsen  erfühlten.  Fb.  MCller  l'; 
die  Wasser  erfühlten  ihre  schwere.    1,  48. 

ERFÜHLUNG,  f.  Judicium  ex  tactu:  erfühlung  am  puls, 
durch  den  puls. 

ERFÜHREN,  addueere,  afferre,  herbeiführen,  veranlassen :  dan 
als  die  Juden  den  machometischen  glauben  erfürten  {anführ- 
ten, anzogen),  bienenk.  182';  mit  abtrag  der  rautwillig  erführ- 
ten kosten  und  schaden.  Ayrer  proc.  1, 14.  mhd.  sagte  man 
daj  swert  erfüeren  =3  ziehen.  Er.  4707,  wie  ahd.  irziohan. 


811 


ERFÜUBAR  —  ERFÜLLEN 


ERFCLLBAU,  quod  cffici,  ralum  esse  fiolesl:  die  bitte  ist 
erfüllbar,  unerfüllbar. 

ERFÜLLEN,  erplere,  implere,  replere,  goth.  usfulljan,  ahd. 
arfullan,  irfullan,  ags.  äfyllan  {hingegen  nnl.  vervuUen,  engl. 
lill  up,  schtc.  upfjlla,  dän.  opfylde),  überall  mU  der  Vorstel- 
lung, das  leere  voll  zu  machen,  auszufüllen,  das  nocli  ungethane, 
unerfolgie  zu  leisten  und  eintreten  zu  lassen,  früiier  sleJU  die 
Sache  im  gen.,  später  haben  praepositionen  statt,  von  der  ueil- 
greifenden  u-urzel  unter  füllen  und  voll. 

1)  cibo  replere,  den  leib,  baucb,  wanst  mit  speise  erfüllen, 
reß.  sich  erfüllen,  sich  satt  fressen,  essen,  einen  erfüllen,  sali 
machen,  sälligen:  weidmännisch,  das  wild  erfüllt  sich,  äszt 
sich;  das  wildbret  hat  sich  erfüllt; 

die  kue  ist  ungemolclicn  uoch, 

ivie  mag  ich  mich  i-rlüllcn  doch,    fasln.  436,31; 

wer  sülch  gest  wollt  crfiilln, 

der  mfist  zut'ürn  auf  schiirea  und  zülln.    7S6,  34; 
daraur  dan  ich 

kan  meinen  hunger  stillen, 

und  muthiglich 

uach  uotdurrt  mich  erfüllen.    Wkckherlin  98; 

Hermon  machte  die  elephanten  voll  und  erfüUele  sie  mit 
wein  und  Weihrauch.  3  Macc.  5,  9.  Luc.  15, 16  setzt  aber  LuriiEn 
seine  haut  zu  füllen,  implere  venlrem  suum,  nicht  erfüllen. 

21  das  äuge,  das  ohr  erfüllen,  uie  sonst  das  äuge  weiden, 
sättigen:  sie  konnte  ihr  äuge  nicht  daran  erfüllen; 

das  eng  aug  ist  voll  geiz,  es  musz  erfüllet  werden, 
wo  nicht  von  geld  und  gut,  doch  von  des  grabes  erden. 
peis.  rosenlli.  ;<,  21 ; 

das  äuge  des  geizigen  wird  so  wenig  erfüllet,  als  eine  pfülze 
von  thau.  7,  20;  welcher  liebliche  ton  erfüllt  mein  ohr? 
quis  est  qui  complet  aurcs  meas  tarn  dulcis  sonus? 

3)  das  herz  erfüllen,  einnehmen :  aller  hofnung,  aller  freud 
erfüllet ;  das  herz  ist  von  blut  erfüllt ;  er  hat  ir  herz  mit 
Weisheit  erfüllet.  2Afos.  35,35;  wanimb  hat  der  satan  dein 
herz  erfüllet?  apostelgi  5,3;  hat  unser  herze  erfüllet  mit 
speise  und  frcuden.  14,17;  sein  herz  war  von  furcht  erfüllt ; 

erfüll  davon  dein  herz,  so  grosz  es  ist.    Göthe  12,  181 ; 
vgl.  ein  racherfüUtes  hera.  Scuiuer  900';   ein  anliegen,  das 
meine  ganze  scele  erfüllt.  Götter  3,  43,  wofür  auch  blosz  ge- 
sagt  werden  kann   das  mich  erfüllt ;   Klopstocks  Patriotismus 
und  messianismus  hatten  ihn  ganz  erfüllt.    Gütue  31,  62 ; 

mich  erfüllts  mit  grausen,  was  die  knechte 

von  euern  wagefahrten  sich  erzählen.    Scuiller  532'. 

rgl.  angsterfüllt,  furcht  erfüllt. 

4)  den  geist,  das  gcmüt  erfüllen,  einen  mit  geist  erfüllen : 
die  ich  mit  dem  geist  der  Weisheit  erfüllet  habe.  2  Mos. 
28,3;  und  hab  in  erfüllet  mit  dem  geist  gottes.  31,3;  Josua 
aber  ward  erfüllet  mit  dem  geist  der  Weisheit.  5  Mos.  35,35; 
das  ich  die  furcht,  darin  er  jetz  ist,  von  im  ncm  und  erfüll 
sein  gcmüt  mit  fröd.    Tcrenl.  1499, 18'. 

5)  den  räum  erfüllen:  seid  fruchtbar  und  mehret  euch 
und  erfüllet  das  wasser  im  mcer  {vulg.  replete  aquas  maris). 
1  Mos.  1, 22 ;  seid  fruchtbar  und  mehret  euch  und  erfüllet 
die  erde.  9, 1 ;  und  (heuschrecken)  sollen  erfüllen  dein  haus, 
aller  deiner  knechte  heuscr.  2  Mos.  lo,  6 ;  da  aber  die  priester 
aus  dem  hciligtbum  giengen,  erfüllet  ein  wölke  das  haus 
des  herrn.  1  kön.  8, 10 ;  da  ward  das  haus  des  hcrrn  erfüllet 
uiil  einem  nebel.  2  chron.  5, 13 ;  du  hast  in  (den  weinstock) 
lassen  einwurzeln,  das  er  das  land  erfüllet  hat.  ;«.  80,10; 
das  sie  den  erdbodcn  mit  fruchten  erfüllen.  Es.  27,  G ;  sie 
(die  veisheit]  erfüllet  das  ganze  haus  mit  ircr  gäbe  und  alle 
gemach  mit  ircm  schätz.  Sir.  1,21;  und  es  gescharh  schnelle 
ein  brausen  vom  himel  als  eines  gewaltigen  windes  und  er- 
füllet das  ganze  haus,  da  sie  saszcn.  aposlelg.  2,  2 ;  da  kam 
der  schlang,  der  vcrgan  (misgOnnte)  menschlichem  geschlecht 
sein  etat  zu  erfüllen  (seine  stelle  einzunehmen)  und  sprach  zu 
Eva.  KEisERsnERC  s.  d.  m.  12';  man  musz  golt,  der  alle  ding 
erfüllet  und  überall  gcgenwerlig  und  geschcftig  ist,  auch 
mitten  in  der  erden  sein  Werkstatt  lassen.  Mathesius  80*; 
von  Noa  drei  «öncn  wird  nun  die  well  wider  erfüllet.  82' ; 
üb  die  wölken  werden  erfüllt,  sie  gieszen  aus  den  regen 
auf  die  crd.  hibel  \iSi,  309.  pred.  Sal.  11,  3  (si  repletac  fuerint 
nubesl;  ein  dichter  nebel  erfüllte  das  thal;  Sonnenlicht  er- 
füllt die  erde ;  sand  erfüllt  die  ganze  ebene ;  die  gegend  ist 
erfüllt  von  schnce ; 

leld 
wozu  <ii«  beriiche  naiur  euch  machte, 
erfüllt  {füllt  aui)  den  ploii,  wohin  »Ir  euch  RMtelll ! 
ScuujLJUi  534' ; 


ERFÜLLEN 

so  ist  sie  wahr  die  auszcrordentliche  zeitung, 
die  schon  den  ganzen  hof  erfüllt?    291'; 


812 


ein  angenehmer  gesang  erfüllt  unterdessen  die  gegend.  746' ; 
o  wie  süsz  erfüllt  die  hift 
edens  amaranteudult!    Uürgkr; 

alles  mit  beulen  und  weinen  erfüllen,  comjdere  omnia  fletu. 
Maaler  HO'. 

6)  die  zeit  erfüllen:  es  sollen  nicht  mehr  da  sein  kinder, 
die  ire  tage  nicht  erreichen,  oder  alten,  die  ire  jar  nicht 
erfüllen.  Es.  65,20;  er  ist  bald  volkomen  worden  und  hat 
vil  jar  erfüllet,  weish.  Sal.  4, 13 ;  die  zeit  ist  erfüllet  (goth. 
usfullnoda  Jiata  mt\)  und  das  reich  gottes  ist  erbei  komen. 
Marc.  1,15;  es  begab  sich  aber,  da  die  zeit  erfüllet  war  (in 
i)ammei  usfullnödedun  dagös).  Luc.  9,  51 ;  bis  das  der  beiden 
zeit  erfüllet  wird.  21,24;  denn  meine  zeit  ist  noch  nicht  er- 
füllet (unti:  meinata  mtil  ni  nauh  usfulli|)  ist).  M.  7,  S;  und 
als  der  tag  der  plingslen  erfüllet  war.  aposlelg.  2, 1 ;  da  aber 
die  zeit  erfüllet  ward  {vulg.  at  ubi  venit  plenitudo  temporis, 
i|)  bi))e  qam  usfulleins  melis).  Gal.  4,4;  seine  lebenszeit 
wird  bald  erfüllt  sein ;  wo  aber  der  dieb  nahent  bei  vier- 
zehen  jarcn  alt  wer  und  der  diebstal  grosz,  also  dasz  die 
bosheit  das  alter  erfüllen  möcht.    Carolina  art.  164; 

ich  armer  ach  I  mein  herbst  ist  auch  vorhanden, 
uiciu  Summer  ist  hereits  erfüllt.    Drollingers  yed.  48; 

spiel,  tanzen  und  gesänge 
erfüllten  dort  des  ganzen  tages  länge.    Griss  Bojardo  3,  7,  23. 

7)  erfüllen,  leisten,  waiir  machen,  )gcnüge  thun:  verflucht 
sei,  wer  nicht  alle  wort  des  gesetres  erfüllet,  b  Mos.  27,26; 
er  hat  sich  hinder  mir  abgewand  und  meine  wort  nicht  er- 
füllet. iSam.  15,11;  wenn  aber  ein  prophet  von  friede  weis- 
sagt, den  wird  man  kennen,  wenn  sein  wort  erfüllet  wird. 
Jer.  28,9;  auf  das  das  wort  erfüllet  würde.  Joh.  IS,  9;  wie 
würde  aber  die  schrift  erfüllet?  Matlh.  26,54;  auf  das  die 
Schrift  erfüllet  werde  (ei  usfullnodedeina  bökös).  Jtfarc.  14,49; 
da  ward  die  schrift  erfüllet,  die  da  sagt  (usfullnöda  t)ata 
gamelidö).  15,  28 ;  heute  ist  diese  schrift  erfüllet  für  ewern 
obren  (himma  daga  usfullnödedun  mcia  |)ö  in  ausam  izvaraim). 
Luc.  4,21;  ir  menner  und  brüder,  es  muste  die  schrift  er- 
füllet werden,  aposlelg.  1, 16;  denn  alle  gesetz  werden  in  einem 
wort  erfüllet  (all  vitöj)  in  ainanmia  vaurda  usfulljada).  Gal. 
5,14;  einer  trage  des  andern  last,  so  werdet  ir  das  gcsctr 
Christi  erfüllen  (sva  usfuUeij)  vitöji  Xristaus).  6,  2 ;  er  gebe 
dir  was  dein  herz  begeret  und  erfülle  alle  deine  anschlege. 
;)s.  20,  5;  wolan,  ir  habt  ewer  gelübdc  erfüllet  und  ewer  ge- 
lübde  gehalten.  Jer.  44,25;  erfülle  die  Weissagungen,  die  in 
deinem  namen  verkündiget  sind.  Sir.  36,17;  und  die  vfigte 
trieben  sie  und  sprachen,  erfüllet  ewr  tagwerk  gleich  als  da 
ir  stro  hattet.  2  Mos.  3, 13 ;  seine  pflicht,  sein  versprechen, 
sein  wort  erfüllen,  eine  bedingung  erfüllen; 

dein  wort,  du  gabst  es  mir,  du  must  es  heut  erfüllen. 
Gotter  2,  340. 

man  sagt  der  träum  wird   erfüllt,  geht   in   erfüllung,    erfüllt 

sich,  triß  ein,  ebenso  die  ahnung,  hofnung. 

8)  willen,  bcfehl,  zweck,  absieht,  bestimmung,  wünsch, 
bitte  erfüllen: 

mit  Übermut 
erfüllen  sie  an  uns,  als  schafen,  ihren  willen.  Wbckhkrlin  !(•:(, 
ja  prinz,  du  folgst  darin  des  vatcrs  eignem  willen, 
und  wünscht  ein  söhn,  wie  du,  nicht  diesen  zu  crlTillen? 

Weisze  iraurrsii.  1,S0; 
er  hat  der  natur  die  Ordnung  scibs  eingegeben, 
die  sie  erfüllen  musz.    Wbckuerli.-«  3U4; 

wenn  denn 
nun  meiner  wQnsche  wärmster,  innigster 
erfüllet  ist,  was  dann?    Lessing  2,  2b0; 
Indessen  soll  mein  wünsch  nicht  schlafen, 
den  Doris  ganz  allein  erfüllt.    Rost  schdferged.  34; 
nun  zerbrecht  mir  das  gcbfiudi!, 
seine  absieht  hats  erAilll.    Schillkk  79'; 

der  mensch  hat  seine  bestimmung  erfüllt;  so  wie  das  reh 
seine  bestimmung  ganz  zu  erfüllen  scheint,  wenn  es  leicht 
über  die  keimenden  saaten  wegdiegl.  Götue26,  1«;  ein  edler 
zweck  wurde  damit  erfüllt ;  ich  erfulle  willig,  was  du  von 
mir  begehrst;  ich  erfülle  alle  deine  bitten; 

an  doinera  söhn  erfülle  deine  rächet    Schillis  345'; 

er   vermeinet   seinen   lust   an  ihr  (der  Jungfrau)  zu  erfüllen. 

buch  der  liebe  2Hh,i,  wie  et  sonst  heisU  seinen  willen  zu  haben. 

0)  das   mangelnde,   fehlende,    abgehende   crftlllen,    ausfüllen, 

ersäxen:    die   lücke    erfüllen,  autfUten;    die   zahl   erfüllen, 


813   ERFÜLLEN— ERFÜLLUNGSPFORTE 

numerum  explere;  der  herzog  erfüllt  den  reim,  fastn.  435; 
im  übrige  narung  zu  geben,  die  im  gebresten  würd,  . . .  was 
im  abgieng,  das  selb  zu  erfüllen.  Keisersb.  s.  d.  m.  22  ;  wenn 
ir  denn  mein  so  groszen  gebrechen  sehet,  warum  thut  irs 
nicht  und  erfüllet  meinen  feil?  Luther  1, 3S9';  wann  man 
gleublich  saget,  das  alwegen  über  ein  jar,  was  {ron  der  erde) 
graben  ist  worden,  durch  das  jar  wirt  wunderbarlich  wider 
erfüllet.  Frane  175*;  die  geleerte  Schatzkammer,  der  leere 
beutel  ist  neu  erfüllt  worden;  das  masz  erfüllen,  icas  noch 
daran  abgieng.  hinzufügen;  wolan,  erfüllet  auch  ir  das  masz 
ewer  veter.    Mallh.  23,32; 

bis  meines  Unglücks  masz  erfüllet  ist.    Scbilleb  .  .  .; 

ein  kleines  übel,  das  auf  die  gröszeren  folgt,  erfüllt  das 
masz.  GöTHE  15,  99 ;  einige  tropfen  noch  und  das  glas  ist 
erfüllt,  beginnt  über  zu  laufen. 

10)  die  zu  leistende,  zu  erfüllende  sache  kann  auch  unaus- 
gedrückt  bleiben  und  durch  das  pronomen  'es'  rerlreten  irerden, 
es  erfüllen,  wie  es  thun  v.  s.  w.:  du  hast  gehalten  deinem 
knecht  David  meinem  vater,  was  du  im  geredt  hast,  mit 
deinem  mund  hastu  es  geredt  und  mit  deiner  band  hastu 
es  erfüllet.    2  chron.  6, 15. 

11)  die  belege  geben,  dasz  vir  den  gegenständ,  icomü  erßllt 
vird,  durch  die  praeposilionen  mit  oder  von  ausdrücken,  ahd. 
galt  gen.  itnä  dat.  (==  instr.  oder  lat.  abl.),  aber  auch  schon 
fona  (Graff  3,  4S9).  hin  und  wieder  zagt  sich  noch  nhd.  in 
alleren  schrißen  der  genitiv: 

ach  wölt  mich  meiner  bitt  erfüllen. 

Nie.  Frischu:«  deutsche  diclUungen  36 ; 

der  jung  aller  guter  hofnung  erfüllet.  Bocc.  1,109';  ein  lieb- 
liche süszigkeit,  die  in  aller  unversuchter  freud  erfüllet.  1,254'. 

ERFLLLER.  m.  die  jetzigen  wappenadler  sind  propheten 
und  erfüUer  zugleich.    J.  P.  dämm.  117. 

ERFÜLLUNG,  f.  expletio,  impletio. 

1)  die  erfüllung  der  lücke,  des  abgangs:  ob  wol  gott  an 
der  verstoszenen  engel  statt  das  menschlich  geschlecht  zu 
erfüllung  ihrer  anzahl  und  zu  ewiger  Seligkeit  erschaffen. 
Atrer  proc.  3, 3. 

2)  die  erfüllung,  eonsummatio,  das  ende: 

die  erfüllung 
der  Zeiten  ist  gekommen,  bürgermeister, 
die  hohen  werden  fallen  und  die  niedrigen 
erbeben  sich.    Schiller  3S9*. 

3)  die  liebe  thut  dem  nehestcn  nichts  böses,  so  ist  nu  die 
liebe  des  gesetzes  erfüllung  {goth.  usfulleins  nu  vitudis  ist 
friajiva).  Rom.  13,10;  er  hielt  auf  die  strengste  erfüllung  sei- 
ner pflichten  (Pflichterfüllung) ;  erfüllung  der  schönen  träume, 
die  wir  zum  besten  der  menschheit  schwärmen.  Kmnger 
11,284;  erfüllung  der  begierden  zeucht  alles  Unglück  nach 
sich.  BuTSCHET  Palm.  860;  erfüllung  aller  bedingungen  des 
Vertrags ; 

so  steigst  du  denn,  erfüllung,  schönste  tochter 

des  gröszten  Täters  endlich  zu  mir  nieder.    Götbe  9,  50; 

in  erfüllung  gehen,  in  erfüllung  bringen: 

und,  müst  ichs  in  erfüllung  bringen,  jetzt, 
jetzt,  da  die  macht  noch  mein  ist,  müsis  geschehen. 
Schiller  361'; 

das  feuer  und  die  freimüthigkeit.  womit  Posa  seine  lieb- 
lingsgefühle  . . .  dem  könige  vortrug,  und  der  wahn,  dasz 
dieser  sie  verstehen,  ja  gar  in  erfüllung  bringen  könnte,  war 
eine  offenbare  untreue,  deren  er  sich  gegen  seinen  freund 
Karl  schuldig  machte.  766';  nur  unvollkommen  kann  der  ge- 
selzgeber  das  ideal  in  erfüllung  bringen,  das  er  in  seinem 
gehime  noch  so  rein  entworfen  hat.    1024". 

4)  weidmännisch  heiszt  die  erfüllung.  oder  das  zurückbleiben, 
hinterlassen,  trenn  der  hirsch  mit  der  hintern  schale,  doch  gerade, 
zurück  bleibt.  Dübel  1, 7",  gegensatz  ist  die  Übereilung,  der 
junge,  schlechte  hirsch  übereilt,  ereilt,  der  alle,  feiste  erfüllt, 
fiillt  mit  dem  hinterfusz  nachdrücklich  die  spur  im  boden  aus, 
geht  gfeirhsam  in  rtfüllnng. 

ERFCLLUNGSEID,  m.  juramentum  tuppletorium,  ergdnsungs- 
eid.    Stieler  364. 

ERFLLLüNGSHOFNUNG,  f.  kriechen  in  stinkende  nie- 
drigkeit  ohne  erfüllungshofnung  der  lechzenden  seele?  Fr. 
MCller  2,144. 

ERFLLLUNGSPFORTE,  f. 

»o  ist  es  also,  wenn  ein  (ebnend  hoffen 

dem  höchsten  wünsch  sich  tranlich  zugerungen, 

erfQllungspforten  Hndet  flügeloffen.    Götbe  41,  7. 


ERFUND  — ERGÄHREN 


814 


ERFUN'f*,  m.  exploralus  rä  slatus,  befund,  ergebnis:  der 
keiser  liesz  durch  einen  sachkundigen  mann  Untersuchung 
darüber  {über  den  stänregen)  anstellen,  dieses  ist  der  erfund. 
Hebel  schatzk  107. 

ERFÜNDELN,  explorare,  erkunden,  erforschen,  erspähen: 
gloubend  nit  eim  jeden  geist,  sunder  erfündelend  die  geist, 
ob  si  US  gott  siind  I  Zwi>gli  1. 178 ;  auch  aller  gewerb,  thun 
und  lassen  tag  und  nacht  in  eigener  oder  in  still  vertrauwter 
person  erfündlen.  Frossp.  1,  174'.  rgl.  mhd.  vündeln  {wb. 
3,321'),  und  erßhrlen,  erförscheln. 

ERFÜNDIG,   1)  ingeniosus: 

also  verstendig  und  erfündig, 
zu  allem  gedieht  gar  aushündig. 

Waldis  im  leben  Esops; 

ein  rechter  Franzos  ist  hurtig  und  erfündig.    Sebiz  40. 

2)  quod  explorari  polest:  an  sein  wissentlichen  und  erfün- 
digen gerechtigkeiten.    erki.  des  landfr.  ton  1522.  2S. 

FREUNDLICH,  was  erfindlich  und  wahrscheinlich  daßr  ge- 
schrieben : 

seine  werk  und  müh;,  die  niemand  sonst  erfündlicb, 
sind  zahllos.  WECKRnLiN  609. 

ERreNKELN,  scintillare. 
dasz  alle  zinnen  purpurrotb  erfunkeln.    Tieck  5,  342; 
der  morgen  und  der  abendstern 
sich  stehn  am  bimmel  ewig  fern, 
sobald  der  ein  erfunkelt, 
der  ander  ist  erdunkelt.    Rcckert  392; 
doch  eintracbt  üben  ros  und  sonne  nur, 
weil  ihrer  beider  herren  sie  gefunden 
im  blick  der  liebsten,  der,  wo  er  erfunkelt, 
die  rose  hier,  die  sonne  dort,  verdunkelt.    404.  ges.  gcd.  1,108. 

ERFÜR.  ahd.  hara  furi,  mhd.  her  Tür  (z.  b.  Jv.  304.  45S. 
1289.  332S),  nhd.  henor,  doch  begegnet  auch  in  hss.  mhd.  ge- 
dickte schon  die  Schreibung  er  für  (z.  b.  Ernst  3026).  die  an- 
fügungen  an  verba  sehe  man  unter  hervor,  hier  soll  blosz  die 
form  erfür  belegt  werden,  der  umlaut  schwankt:  so  fallen  die 
alten  federn  usz  oder  wachsen  erfüre  nüwe  federn.  Keisersb. 
bilg.  11*;  und  gott  sprach,  die  erde  bringe  erfür  lebendige 
thier.  1  Mos.  1,24;  aber  Melchisedech  trug  brot  und  wein 
erfur.  14, 18 ;  er  ist  erfur  gebrochen  von  dem  berge.  5  .Vo«. 
33, 2 ;  und  der  hinderhalt  Israel  brach  erfur.  rieht.  20. 33 ; 
die  menner,  die  bei  im  waren,  weren  erfur  komen.  1  Sam. 
22,  6 ;  die  berge  gehen  hoch  erfür.  ps.  104,  8 ;  und  ist  nichts 
heimlichs,  das  nicht  erfür  kome.  Marc.  4,  22 ;  er  zeucht  erfür, 
ich  hab  gelogen.  Luther  1.  341* ;  noch  kicket  der  schalk 
erfür.  1,424*;  ich  wil  auch  fortfaren  die  warheit  auszuputzen 
und  erfür  machen.  1,  5u2';  dazumal  die  warheit  nicht  so 
helle  und  gewallig  erfür  gewest  ist.  5,2';  noch  scheinet  er 
(Joh.  Husz)  ifzt  mit  solchen  ehren  erfür,  das  seine  sache  und 
lere  für  aller  weit  musz  gepreiset  werden.  5,  409';  noch 
musz  dis  alles  heiszen  des  Luthers  evangclium  unter  der 
bank  erfür  gezogen.  6,  lä';  wil  ich  darnach  wider  erfür 
komen.  6,  2l';  das  wird  alles  erfür  müssen.  6.53";  auf  den 
trotz  wil  ich  pochen  und  dich  lassen  erfür  brechen  a«r< 
höhest.  6,  244';  leuchtet  erfür.  Mathesius  1562,  213";  alle 
bepstische  pfaffen,  auf  ein  häufen,  wo  die  weren,  sie  sollen 
erfur  tretten.   Albercs  icider  Witzel  G4'; 

leufl,  stöszt  mit  macht  wider  die  thür, 
und  sucht  zuletzt  die  bettücher  erfür. 

Albercs  contrafactur  BT; 

und  oft  anderwdrls  im  16  jh. 

ERFÜRHER,  dasselbe rerstärkl  (s.  nacher,  hemacher,  erdurclier 
U.S.W.):  kümf  etwenn  das  ander  arm  kind,  das  sie  hasset, 
am  morgen  erfürher.  Keisersb.  bilg.  141';  got  hat  ein  wolge- 
fallen  ab  dem  jungen  kelblin ,  das  do  erfürher  streckt  die 
hörner  und  clouwen.   151'. 

ERFÜTTERN,  pa.<tccre,  pastu  suslenlare,  ausfüttern:  welche 
handtierung  mich  je  zu  gering  sein  dünkte,  aus  iiirem  er- 
trag zehen  mäuler  zu  erfütlern.  Simpl.  2,284;  an  unsem 
rossen  ist  nicht  mehr  viel  zu  erfültcm,  wenn  man  nicht 
eiwas  ändert,  so  kommen  die  meisten  in  abgang.  GoTTREtr 
k-n.  LH  s.  152. 

ERGÄBIG,  über,  feHilis,  gleichviel  mit  ergibig,  wie  man  auch 
gib  und  gSbe  rerbindet  und  die  Substantive  gebe  und  gäbe  mhd. 
einander  zur  seile  stehen :  und  soll  das  fleisch  (der  maalsrhweine) 
besser  ergäbig  und  schwellend  werden.  Hoiibero  l,  loo*;  ins- 
gemein wird  der  schaf,  ziegen  und  kühemist  für  den  ergä- 
bigsten und  nützlichsten  geballen.    J,  461'. 

ERGÄHREN,  i.  ergesen. 


815 


ERGANG  — ERGATTERN 


ERGEBEN 


816 


ERGANG,  in.  stalus  causae,  ergang,  verlauf  der  sache.  Stik- 
LER  62C. 

ERGANGEN,  s.  ergehen. 

ERG.\NGNIS,  f.  eventus,  successus,  processits,  gebildd  uic 
begängnis. 

ERGA.NGNISBRIEF,  m.  einen  schein  oder  ergängnusbrief 
zuerkennen.  Frankf.  reform.  1,46,5;  von  zeit  der  erkannten 
ergängnusbriefe  an.    1,  40, 13. 

ERG.\NZELN,  paulum  reficere,  re4integrare,  flicken,  ein  wenig 

ganz  machen:     man    sucht   den    friede  wieder  zu  ergünzeln. 

SriELER  COl.     die  ableitung  rerklcinerl  den  fccjn/ dfi  ergänze ns. 

ERGANZE.N,   reficere,   renovan;   ganz  und  voll  machen:    gc- 

brochne  brücken,  baufällige  häuser; 

mein  herz  in  freuden  ward  ergenzet.    II.  Sachs  1,  297; 

alda  uns  dan  die  pegeiiwärligkeit, 
herr,  deiner  Seligkeit 
und  rechten  überglänzet 

und  ewiglich  mit  ft-eud  und  wonn  ergänzet.    Weckukrlin  54; 

und  wie  des  herrcn  wort 

kan  den  zerknirschten  geist  ergänzen  und  ergötzen.    68; 

und  richtet  seinen  lauf  stets  fort  so  recht  als  schnell, 
so  heisz  als  hell, 

bis  er  ihn  an  dem  end,  da  er  anfieng,  ergänzet.    76; 

der  erdkreisz,  ein  Werkstück  rund  ergänzet.    187; 

der  dolle  feind  will  seinen  sig  und  pracht 
durch  unsern  fall  ergänzen.    654; 

der  alles  schuf,  soll  er  nicht  auch  die  theile 

ergänzen,  sind  sie  gleich  zerstreut  vor  langer  weile? 

Opitz  .  .  .; 

es  bleibt  noch  immer  so,  dasz  unser  beider  glücke, 

0  freund,  geschwistert  ist.    des  bettes  kalte  lücke 

wozu  mich  vor  und  dich  hernach  des  himmels  satz 

um  schuld  verurtelt  hat,  ist  ein  ergänzter  (d.  i.  von  einem  andern 

einijenommner)  platz, 

bei  mir  zuvor,  bei  dir  hernach.    Locau  1,  220,  8; 

die  zahl,  die  wähl  ergänzen ;  ein  ergänztes  bruchstück ;  den 
mangelhaften  beweis  ergänzen ;  der  angeklagte  hat  seine  aus- 
sage hernach  ergänzt;  was  ihm  noch  zum  Timon  fehlte, 
ergänzte  ein  mantel.  Wiela.nd.  gegensalz  entgänzen,  zer- 
gänzcn. 

ERGÄNZUNG,  f.  refeclio,  supplementum. 

ERG.\NZLNGSBAND,  m. 

ERGÄNZUNGSBLATT,  n. 

ERGÄNZUNGSEID,  m. 

ERGÄNZUNGSKR.\FT,  f  reproduclionskraß. 

ERGÄ.NZUNGSMANNSCHAFT,  f 

ERGÄNZUNGS.MITTEL,  n. 

ERGARNEN,  laqueo,  relibus  capere,  im  garn  fangen,  vgl.  um- 
garnen. 

ERGÄTEN,  s.  crgeten. 

ERG.\TTEN,  ein  seltnes,  in  seinen  bedeulungen  nicht  genug 
aufgehelltes  worl;  wenn  galten  jüngere,  begatten  conjungerc, 
zugesellen,  zureichen  ausdrückt  (1, 1278),  könnte  ergatten  so  viel 
sein  ah  recipere,  erholen: 

als  er  sich  liesz  ergatten  (erreichen). 

Breuhes  gciliclilc  1637.  J2'. 
«n  folgender  bekannten  stelle  Hlttess  bedeutet  sich  ergalten,  sc 
recolligere,  sich  erholen: 

wil  nur.  ir  <!•]], i  nit  raten 
dis  I'  ■     n, 

ir»  ^.  u  ergatten, 

als  ii :.      ........ ^i  lian. 

fo  i«t  mir  kiü.    hie  mit  ich  scheid, 

wil  mr-ngon  basz  die  karten, 
bin  unverzagt,  ich  hahs  gewagt 
uud  wil  ii«s  eod.i  erwarten. 

UuLAfii  919.  Hütte;«  5,  376. 

ERGATTERN,  clanciäum  adipiui,  crwisclten,  erbasclwn,  ligml- 
lich  durcits  galter,  giltcr  ersehen,  eireichen,  weil  nadi  aUiU-ut- 
:cliem  brauch  dem,  der  ein  haus  nicht  betreten  durfle,  fiher  das 
ißter  hinaus  gereicht  wurde:  die  hiincr  soll  mir  kein  fuchs 
••rgal'.ern;  er  hat  es  gieithwol  seinem  wünsch  nach  ergattert, 
roU  tandcm  compos  l'jtetiter  factus  est;  er  hat  ergallcrt  was 
man  wider  ihn  geschmiedet,  aucupnlus  est  ex  insidiii  machina- 
tntnt$  omnet,  quae  contra  eum  intcntabantur.  Stieleb  5i»3; 
nun  meinten  damals  alle  Icule,  ich  würde  was  rechts  davon 
tragen,  weil  ich  eine  ungleiche  numiner  ergattert  hlllle. 
Hdulmuftky  2,31;  endlich  so  lief  da»  pfcrd  gar  zum  Ihore 
liinauR  in  ein  ttürk  hafer,  da  dachte  ich  nun,  ich  wolle  es 
••rgaltcm.  2.41;  und  weil  so  vorlreflich  guter  wind  war,  «o 
ergallcrte  ich  ihn  [den  Harn  Itarlh)  noch  mit  dem  Stern- 
gucker. 2,  TS;  war  au.  U  ho  glücklich  einen  »chlüssel  von 
der  gleichen  gröszc  zu  ergattern,  rrry.  ./-r  ;..'.-  ?r,2;    Adrian 


kömmt  hinter  ihre  schliche  und  ergallerl  dieselbe  nebst 
ihrem  galane  in  völligem  licbesacte.  westf  Robinson  160;  um 
den  zu  ergattern,  musz  er  wol  auch  noch  sein  vermögen 
dran  geben.    Tieck  ges.  nov.  6,136; 

die  den  pelz,  den  im  barharenland  sie  sich  mit  müh  ergattert, 
lur  Apollos  mantcl  halten,  der  in  Teiupcs  lütten  flattert. 

Platkn  o;.'. 
vgl.   aufgaltern,   ausgalleni,   erlauslern.      ein   mhd.  ergateren 
Tundal.  50,  2S  ist  wol  in  erdateren  terreri  {oben  sp.  740)  zu  bessern. 
ERGEBEN,  gotli.  usgiban,  ahd.  urkcpan,  arkepan,  irkßpan, 
alls.  dgehan,  ags.  ägifan,  mhd.  ergeben. 

1)  tr.  ergeben,  tradere,  hingeben,  überliefern:  sich  under  das 
joch  ergeben,  jugum  accipere.  Maaleh  110';  denn  welch  volk 
seinen  hals  ergibt  unter  das  joch  des  kOniges  zu  Babel  und 
dienet  im.  Jer.  27,11;  ergebet  ewern  hals  unter  das  joch. 
27,12;  ergib  deine  füszc  in  ire  fessel  und  deinen  hals  in 
ire  halseisen.  Sir.  6,  25;  und  ergebt  ewren  hals  unter  ir  joch. 
5t,  34;  es  ist  der  Römer  weise  nicht,  das  ein  mensch  erge- 
ben werde  urabzubringen,  che  denn  der  verklagte  habe  seine 
kieger  gegenwerlig  und  räum  enipfahe  sich  der  anklage  zu 
verantworten,  apostelg.  25,  lo ;  sie  sollen  bitten,  er  herr  Leon- 
hart würde  inen  ergeben  zu  dorn  schwcrt.  Lltiier  3,418'; 
vergangen  irrsal  Christo  unserm  seligmacher  zu  ergeben  {an- 
heim  zu  geben).  5,108';  wiltu  die  nit  harein  (ins  kloster)  las- 
sen, die  harein  ergeben  sind  und  gehören  ?  Euleusp.  A»>/.  89 ; 

die  kleine  trübe  neige  leben 

ist  er  in  seinem  gott  gemeint 

der  geistlichen  beschauung  zu  ergehen.    Lessi?(c  1,8; 

welcher  der  götter  ergab  sie  der  Zwietracht  sich  zu  befeinden? 

BÜRCKR    \h:t'. 

2)  refl.  sich  ergeben,  sc  dedere,  in  mehrfacher  anwendung, 

a)  ganz  sinnlich,  cedere,  nachgeben:  das  holz  ergibt  sich, 
gibt  dem  biegen  nach; 

wand  sich  daj  holz  nicht  ergit, 

«j  hat  sich  lange  des  gewent, 

daj  sichj  von  zugen  nicht  endent.    pass.  U.  49,  48; 

'wir  ziehen?  (dns  holz)  üj  einander  wol, 

ziuch  du  hin  und  ich  her.' 

'ow6,  lieber  herre,  wer 

feworcht  ie  solches  wörches  icht? 
aj  holz  ergit  sich  leider  nicht.'    c/iin//i.  Jesu  97,  71, 
wo   Feifalik   1400    liest   minder   gut    zergft;     sobald    du    nun 
spürest,   dasz  sich  die  härte  umb  etwas  ergeben  und  weich 
worden.    Uffenbach  2,  204. 

b)  sich  gott  ergeben,  goth.  sik  atgiban :  ergaben  sich  selbs, 
zuerst  dem  herrn,  und  darnach  uns  durch  den  willen  golles 
(golh.  sik  silbans  atgebun  frumist  fraujin,  |)alinJh  [lan  uns 
jjairh  viljan  gu{)s).  2  Cor.  8, 5.  'sich  gote  ergi-ben'  ist  mhd. 
so  viel  als  sich  gott  befehlen,  z.  b.  Lanz.  1907;  man  sagte  auch 
sich  an  gott,  in  goltes  dienst,  schütz  und  willen  ergeben: 

wer  sich  in  Christo  nicht  crgeit, 

weil  er  lebt  in  der  gnadenzcit, 

ewig  musz  er  verderben.    Hinkwald  yeisll.  I.  177: 

alles  was  schmücket,  was  zieret,  was  mahlet, 

hat  sich  an  unsere  eöttin  ergeben, 

bei  ihr  zu  dienen,  ihr  eigen  zu  leben.    Locau  3,  213; 

unsere  mutler,  was  ich  nachher  so  oft  wiederholen  hörte, 
hatte  sich  in  den  willen  gottes  ergeben.    Göthk  22.  2ül. 

c).sich  dem  sieger,  dem  feind  ergeben:  wir  haben  uns 
müssen  Egypten  und  Assur  ergeben,  klagl.  Jcr.  5,0;  das  wir 
uns  dem  Holoferni  williglich  ergeben.  Judith  7,15;  die  be- 
satzung  streckte  das  gewehr  und  ergab  sich;  die  Stadt,  die 
festung  muste  sich  nach  langer  bclagening  ergeben;  die 
Soldaten  ergaben  sich  ohne  gegenwehr;  zu  diser  zeit  war 
groszer  hunger  im  lande,  das  sich  alles  volk  Bacchidi  er- 
gab. 1  Af Jcr.  i),  24 ;  das  mädchen  ergab  sich  ihrem  liebhaber: 
dieser  ergab  sich  endlich  dem  ernstlichen  zureden  der  n»gen- 
tin  und  den  ungestümen  wünschen  des  \oiks.  ScniLtEB  !>2>'. 

(/)  bildlich,  sicli  ergeben,  hiufieben,  iWx'r/dxsen .•  ergaben  sich 
der  Unzucht.  £)Vi.  4, 10 ;  er  ergab  sich  dem  tnink,  den  aiN- 
schweifungen,  allen  lästern,  in  /lulem  sinn:  ich  will  mich 
nun  ernsten  Studien  ergehen;  ergab  sich  der  recbisgelebrt- 
lieit.  GöTHE  3S,  2.33;  auch  er  ergab  sich  der  vergleichenden 
anatomic  mit  lebhaftigkeit.  &o,  220;  doch  konnte  er  dem 
peupielen  nicht  mehr  ausweichen,  und  so  ergab  er  sich  in 
Miller  trauer  der  gesellschaft.  Tieck  ges.  nov.  <i.  297.  anslult 
des  diit.  findet  sich  auch  die  praep,  in:  das  ir  nirhl  haddert, 
mich  in  unliisl  euch  gegeneinander  ergebt.    Litiier  3,421*; 

vorm  untergnii  ><iien  kann, 

da  wird  ein  \\t 

mit  guter  ari  »ii n  i»  .irn  «m.i  rfg.'lion.    WntiNi,    ' 


817 


ERGEBEN  —  ERGEHEN 


ERGEHEN 


818 


wird  deijeuige  leicht  ermessen,  der  bedenkt,  dasz  nun  mit 
der  ausspraclie,  in  deren  Veränderung  man  sich  endlich  wol 
ergäbe,  zugleich  denkweise,  einbildungskraft,  gefühl,  vater- 
ländischer Charakter  sollten  aufgeopfert  v\erden.  Göthe  25,  57 ; 
ich  ergab  mich  aber  in  mein  Schicksal.  25,  351 ;  man  müsse 
sich  in  das  unvermeidliche  ergeben.  48, 190 ;  ich  habe  mich 
nun  darein  ergeben,  früher  begegnet  auf:  ursach  ist  die,  das 
es  die  Vernunft  nicht  vermag  sich  allein  auf  den  glauben  zu 
ergeben.  Luther  3,  2bü' ;  noch  heule,  si(Ji  auf  gnade  und  Un- 
gnade ergeben. 

e)  sich  eines  dinges  ergeben  (begeben) :  wer  sich  des  ergeben 
wil,  das  gottes  reich  in  in  kerne  und  gottes  wille  geschehe. 
Luther  1,78';  des  müssen  v*ir  uns  ergeben,  es  wird  doch 
hie  nicht  besser.  6,  45* ;  das  er  im  furgenummen,  die  wit- 
tembergischen  zu  lästern  und  schmähen  mit  liegen  und  trie- 
gen  aufs  ergist  er  mag.  er  hat  slchs  ergeben,  uu  helf  golt 
der  v^arheit.  br.  1,  322 ;  aber  die  Türken  habens  zu  viel  ge- 
macht, drumb  die  pügrimme  alle  sind  verzaget  worden  und 
sich  des  todes  ergeben  haben.  Micrälics  3,  475 ;  des  musz 
er  sich  ergeben.    Acricola  spr.  207. 

/)  es  ergibt  sich,  geschieht,  erfolgt:  er  fürchtete  eine  lei- 
denschaftliche scene,  als  er  herein  trat,  ergab  sich  gerade 
das  gegentheil.  Göthe  20, 174 ;  und  sich  so  wenig  darnach 
ergibt,  wie  nach  einem  tumulte  des  gemeinen  volkes.  Tieck 
1,  49  ;  wenn  der  ausgang  sich  so  ergeben  sollte,  wie  er  mir 
ist  versprochen  worden,  ges.  nov.  6,  49 ;  es  ergibt  sich  nichts, 
die  saehe  bleibt  ohne  folge;  daraus  ergibt  sich,  inJe  scquUur. 

?•)  inlr.  ergeben,  ertragen:  das  land  ergibt  wol,  ist  ergibig; 
wol  ergeben,  vil  frucht  ertragen.  Maäler  110'.  versieht  man 
darunter  den  acc.  frucht,  so  icird  die  bedeulung  transitiv. 

ERGEBEN,  deditus,  devolus,  addictns,  einer  der  sich  gefangen 
und  zu  eigen  gab,  wird  Itäußg  adjectivisch  verwandt:  ergeben 
mensch.  trets/A.  1.  53;  der  liebe  ergeben,  deditus  amori;  allem 
müsziggang  ergeben.  Maaler  110';  damit  habe  ich  aber  nicht 
gelert,  das  mau  den  gefangenen  und  ergebenen  nicht  solle 
bannherzigkeit  beweisen.  Lcther  3,  149';  ergeben  in  sein 
Schicksal ; 

wer  dem  leben  ist  ergeben, 

musz  das  lieben  sparsam  üben.    Logaü  1,  158,  73; 
was  sind  viel  jähr  und  langes  leben  I 
wir  sind  doch  all  dem  tod  ergeben,    pers.  rosenlh.  1,  31; 
dich  sah  ich  und  gestand  dir  frei, 
dasz  dir  mein  herz  ergeben  sei.    IIagedor!«  3,  85; 
sink,  ein  ergebnes  opfer,  am  altare !    Schuxer  443*. 
hieraus  ist   denn   allmdlich  eine  hole,   nichts  sagende  formet  der 
hüpidtkeit   entsfirungen.      ergeben,    dgentiich  in  des  herm  geicall 
und  macht  gegeben,    stärker  als  hürig  und  gehorsam,   gilt  jetzt, 
selbst  in   ergebenst,    addictissimus  gesteigert  für  weniger,     man 
sieht  darin  blosz  die  rorslcllung  zugenei(^,  geneigt,  benevolus,  was 
doch  wiederum  anfangs  supplex,  zu  füszen  geneigt,  ehrfurclilsvoll 
zu  ftiszen  fallend  bedeutete,     alle  höpicJien,  höfischen  Wörter,  ihnen 
auf  den  grund  gesehen,  geben  einen  strengeren,  hirleren  sinn. 

ERGEBENHEIT,  f.  obsequium,  officium,  benevolentia :  sollte 
das  nicht  ergebenheit  in  das  Schicksal  einQöszen?  Göthe 
18,109;  ich  bethcurc  dir  meine  ergebenheit,  Zuneigung;  mit 
kindlicher  ergebenheit ;  mit  innigster  ergebenheit  in  gott. 

ERGEBIG  =  ergibig.  Lohexst.  Arm.  l,  814.  990.  2, 1016. 
itjl.  freigebig. 

EKGEBLICH,  über,  fertilis,  ergibig:  nutzbare  und  wol  cr- 
geblichc  guter,  pracdia  opima.    Maaler  110'. 

ERGEBNIS,  n.  evcntus,  evenlum,  erfolg,  resuUat. 

ERGEBL'NG,  f.  1)  dcdilio:  bis  die  Stadt  selbst  in  ergebung 
eingeben  worden  ist.  Frank  weltb.  18*;  das  ccc  tausent  auf 
ein  einigs  mal  in  ergebung  des  römischen  volks  sind  kum- 
men.  72";  die  ergebung  Dietenhofens  selbigen  jahrs  im  julio 
beschehcn.  Kirchhof  disc.  mit.  15;  keine  noth  .  .  .  treibet 
eine  festung  so  hart  zur  ergebung  als  eben  mangel  an  was- 
scr.  166; 

wer  von  crgebnng  spricht  an  Ostreich, 

«oll  rechtlo8  sein  und  aller  ehren  baar.    Schiller  530*. 

2)  palientia,  geduld,  hingebung: 
ergebung  teuscht  den  gram.    GorriR  2,  4 ; 
dein  wilder  muth  ist  nichts  als  durst  nach  heldenlob, 
ein  beispiel  sanfterer  ergebung  liegt  mir  ob.    2,  477. 

ERGEHEN,  goth.  usgaggan,  ahd.  irgangan,  irgdn ,  mhd. 
ergün,  alts.  ägangan,  ags.  Agangan. 

II  ergehen,  ejrire,  im  sinn  des  goth.  usgaggan,  ahd.  argangan, 
z.b.  usgagg  fairra  inisl  Luc.b.H;  argang  fon  mir,  exi  a  me! 
T.  19,  8,    ist    nhd.    umiebrdurhlich    und    musz    dafür  aii<golien 

m. 


weggehen,  fortgefien  gesetzt  werden,  wol  aber  sagen  wtr  noch  in 
abstracter  anwendung:  es  ist  ein  befehl  ergangen,  exiit,  ema- 
navit  edictum :  die  einladungen,  die  schreiben  sind  schon  er- 
gangen; meine  bitte,  frage  ergeht  an  dich;  das  urtheil,  der 
Spruch,  das  recht  oder  goricht  ist  ergangen,  wird  ergehen; 
wann  dann  die  drei  recht  ergangen  und  gesprochen  sein. 
Reltters.  C5;  und  noch  jetzt,  da  das  gericht  über  mich  er- 
gangen ist.  Göthe  IS,  131 ;  an  den  verschiedenen  Schicksalen, 
die  während  dieser  zeit  über  meine  art  zu  denken  und  zu 
empfinden  ergangen  sind,  muste  nothwendig  auch  dieses 
werk  theilnehmen.  Schiller  760*.  namentlich  lieiszt  es  auch 
in  dieser  bedeulung  'ergehen  lassen',  ausgehen  lassen:  der  könig 
hat  den  befehl,  das  gesetz  ergeben  lassen;  man  läszt  ihm 
das  kriegsrecht  ergehen.  Fronsp.  3,151*;  so  musz  man  das 
recht  drüber  halten  und  ergehen  lassen.    Rectter  s.  50 ; 

darbei  man  merket  gottes  Ion, 

wer  rechte  urtheil  läszt  ergan.    Schwarzeübbrc  117,  2; 

gnade  für  recht  ergehen  lassen.  Gotter  1,  432.  3,  79 ;  nahm  er 
sich  doch  vor,  bei  Überreichung  des  briefs  ein  strenges  gericht 
über  den  ungetreuen  freund  ergehn  zu  lassen.  Göthe  19.  261. 

2)  ergehen,  evenire,  vor  sich  gehen,  geschehen,  meistens  un- 
persönlicti:  und  wie  er  uns  deutet,  so  ists  ergangen  {vulg. 
postea  rei  probavit  eventus).  1  Mos.  41,13;  wie-dein  knecht 
gesagt  hat,  so  isis  ergangen.  2  Sam.  13,  35 ;  mit  allem  seinem 
königreich,  gewalt  und  zeit,  die  unter  im  ergangen  sind. 
1  cAron.  30,30;  und  ist  also  ergangen,  gleichwie  gepredigt 
ward.  Zachar.  7, 13 ;  zeichen  und  wunder  weisz  sie  zuvor  imd 
wie  es  zun  zeiten  und  stunden  ergehen  sei.  weish.  Sal.  8,8; 
denn  sie  gedachten  noch  daran,  wie  es  ergangen  war  im 
elende.  19, 10 ;  warlich  ich  sage  euch,  dem  lande  der  Sodo- 
mer  und  Gomorrer  wird  es  treglicher  ergehen  am  jüngsten 
gericht,  denn  solcher  slad  (vulg.  tolerabiiius  erit).  Maith. 
10, 15;  lieben  menner,  ich  sehe,  das  die  schiffart  wil  mit  be- 
leidigung  und  groszem  schaden  ergehen,  apostelg.  27, 10;  hätte 
mich  auch  solcher  Vertröstung  nach  versehen,  sein  handlung 
soll  dermaszen  ergangen  sein.  Lcther  1,139';  gottes  willen 
musz  geschehen  und  ergehen.  Schweimchex  1,9;  und  ist 
noch  unlängst  in  Holland  ergangen,  dasz  ein  arm  bögerig 
oder  buckelecht  weiblin  iren  hoger  und  buckel  dahinden  ge- 
lassen hat.  tienenÄ.  141* ;  die  sache  ergieng  folgender  gestalt. 
rockenphii.  2,55;    es  ergeht  mir  wol,  ganz  nach  wunscli; 

wie  ists  mit  den  krügen  ergangen?    Göthk  1,  227; 
ergehts  euch  wol,  so  denkt  an  mich.    1,179.  18,207; 

aber  wie  ergehts 
dem  alten  blinden  vater?    Schiller  .  . . 

das  crgangne  ist  das  vorgegangne,  vorgefallne,  gesch^iene:  sin- 
temal sichs  viel  untenvunden  haben  zu  stellen  die  rede  von 
den  geschichten,  so  unter  uns  ergangen  sind  {vulg.  narra- 
tionem  quae  in  nobis  completae  sunt  rerum,  goth.  insaht  bi 
})ös  gafullaveisidons  in  uns  vaihtins).  Luc.  1.1;  so  ich  ver- 
neme,  das  man  aufrichtig  und  warlich  die  ergangenen  dinge 
offenbaret.  Drvanders  rorr.  zu  Hans  Stade  91;  also  erzalt  er 
inen  alle  ergangne  sach.  Aimon  D  2*.  in  der  geriehtssprache 
ist  die  rede  von  den  ergangnen,  aufgelaufnen  kosten,  das 
praet.  wird,  wie  die  belege  zeigen,  meistens  mit  ist  gebildet,  zu- 
weilen mit  hat : 

gib  antwort  du,  wie  hats  ergangen?    H.  Sachs  V,  362'; 

so  lange  dir  es  hat  nach  deinem  wünsch  ergangen. 
Opr«  3,  271; 
wie  auch  heule  geschwankt  wird  zwischen  ist  und  hat  gegangen. 
man    merke   noch    'es    ist   um   mich   ergangen'   =  geschehen, 
actum  est: 

0  waidmann,  urob  ein  anderen! 

umb  disen  birschen  ists  ergangen,    ätrer  453'. 

der  mhd.  Stellung  ro»  ergß  (eveniat)  nach  wsne  und  wwtlich  in 
den  schlusz  der  versc  (iVj*.  34,  4.  617,  4.  1272,  4. 1275, 1.  2050, 4. 
2055,  4.    Bit.  11173)  kommt  späterhin  nichts  bei. 

3)  refl.  sich  ergehn,  eundo,  ambulando  se  reficere,  lustwan- 
deln, spazieren  gehen  imhd.  wb.  1,  472") ;  die  beine  werden  mir 
steif,  ich  musz  mich  ergehen;  sich  eine  Tiertelstunde  im 
garten  ergehen ; 

so  o(t  ich  pflege  hier  hei  euch  mich  lu  ergehen.    Opitz  1,132; 

als  ich  auf  den  dunen  des  Lido,  welche  die  venezianischen 
lagunen  von  dem  adriatischea  meere  sondern,  mich  oftmals 
ergieng.  Göthe  31. 15 ;   wo  mein  augc  sich  schon  im  voraus 
unter  den  banmstämmen  ergeht.    Tieck  4,78; 
ach  wie  schön  musz  sichs  ergehen 
dort  im  ewgen  Sonnenschein  !    Schiller  48* : 


sie  durfte  frei  im  freien  sich  ergehen. 


52 


819 


ERGEHEN  — ERGEIZEN 


ERGELLEN— ERGETZEN 


820 


hab  ichs  euch  doch  schon  erzählet, 
wie  in  einer  soniniernaclit 
Ich  den  in  dem  nahen  walde 
iniCl»  lustwandelnd  einst  ergieng. 

Grillparzer  ahnfrau  auft.  1. 
man  braucht  es  häufig  für  sich  verbreiten,  sicli  gehen  lassen,  aus- 
lassen,  einlassen,  gleichsam  ragari,  ambulare:    sich  in  spässen, 
in  breiter  crzählung  ergehen; 

nun  lasit  auch  niederwärts,  durch  erdgewalt 

herabgezogen,  was  sich  hoch  geballt, 

in  donnerwettcrn  wüthend  sich  ergehn, 

heerscharen  gleich  entrollen  und  verwehn.    Göthe  3,  106; 

nun  sollte  Lucidor  zu  dem  oberamlmann  hinüberreiten,  die 
herangewachsne  schöne  naher  betrachten,  sich  einige  wochen, 
zu  gewohnheit  und  bekanntschaft,  mit  dem  gesammthause 
ergehen.  21, 133  ;  der  alte  Vorsitzende  mochte  sich  in  wechscl- 
geschichten  gern  ergehen.  21, 138 ;  der  söhn  ergieng  sich  in 
hofnungen  eines  baldigen  avancemenls.  22,  53 ;  Schlosser  und 
Merk  thaten  sich  keinen  zwang  an  -und  ergiengen  sich  über 
manches  so  offen,  als  wenn  kein  fremder  dabei  wäre.  26, 161 ; 
dasz  sie  zuletzt  ungeduldig  und  wohvoliend  dringend  bat, 
mich  nur  nicht  immer  in  die  luft  zu  ergehen.  20,199;  dasz 
ich  mich  über  diese  gegenstände  in  allgemeine  betrachfungen 
ergehe.  28, 123 ;  eine  dame,  in  den  zartesten  tönen  sich  auf 
dem  flügel  ergehend.  29,289;  eine  physisch  glühende  natur, 
mit  einer  gewissen  einbildungskraft  begabt,  die  aber  ganz  in 
hohlen  räumen  sich  ergieng.  31,62;  das  gepenstück  jenes 
Schildes,  an  welchem  der  reisende  in  das  südliche  Frank- 
reich sich  so  umständlich  ergeht  und  ergötzt.  31,235;  da  in 
einem  problematischen  falle  eines  jeden  meinung  sich  nach  be- 
lieben ergehen  darf.  44,204;  melodien,  die  in  einfachen  tönen 
einherllieszen,  sich  meist  in  weicher  tonart  ergehen.  46,  307 ; 
dieses  vaudeville  ist  das  erbtheil  der  geselligen  Franzosen, 
worin  sie  sich  von  jeher  überschwänglich  ergiengen.  46,  331. 

4)  das  refl.  setzt  ein  tr.  ergehen,  ei»i(/o  conscqui,  einholen 
toraus,  doch  ist  es  ungewöhnlich:  ergehet  inen  {belrilt  ihn)  der 
furster  darüber,  weislh.  2, 582.  man  sagte  ehmals  auch  die 
schuhe  ergehen,  auslrelen :  eigenschaft  eins  waren  bilgcrs  ist, 
das  er  hab  zwen  schü,  nit  zwen  nüw  schu,  sunder  alt  und 
wül  gelimmelt,  wenn  in  den  nüwen  schuen  gct  man  gar 
übel,  sie  zerficken  einem  die  füesz.  also  ist  ouch  einem 
christenen  bilger  not,  das  er  hab  starke  wol  ergangne  schu. 
Keisersberc  bilg.  90*. 

ERGEIGEiN,  sich  durch  geigenspiel  erwerben,  verdienen: 

frommer  Haiton,  hochgepriesen  I 

der  zum  ersten  sonnenglanz 
hast  ergeiget  auf  den  wiesen 

manchen  schmucken  lorbeerkranz.    Spkk  tnUtn.  278  (306) ; 

er  hat  sich  die  braut  ergeigt. 

ERGEILEN,  exhüarare,  recreare,  froh,  geil,  übermütig  machen : 

mild.  ich  mein  die  minne, 

diu  manges  tnlrgen  sinne 
mit  freuden  helfe  ergeilet.    Parz.  733,  5; 
er  wart  an  allen  dingen 
erjunget  und  ergeilet,    tr.  kr.  11053. 

tihd.  sich  ergeilen,  sich  erlustigen,  erheitern,  in  üblem  sinn: 
wiltu  dich  gnug  erhüben,  ergeilen,  so  machstu  daraus  ein 
gewonheit  und  natur,  der  du  kein  widerstand  kanst  thun. 
Kba5k  paradoxa  60";  ist  doch  nichts  dann  volle  weis,  trun- 
kene räth,  aus  volle  des  wcins  reden  sie,  ergeilend  sich  in 
demsclbigen,  wie  dann  ein  jcdlicher  trunkener  mensch  thut. 
Paracelsus  2,  410*;  sich  mit  einander  ergeilen  (mutwillen 
treiben).    SeMZ  147; 

an  meim  bittren  elend  hönisch  sich  ergailet.  Meussus  ps.  J  1". 
fehlt  in  den  xcMerbüciiern.  ahd.^gall  irgcilisön  luxuriati.  Ghaff 
4,183. 

ERGEISTERN,  inspirare,  begeistern: 
damit  ihr  gmfiter  erregen, 
das  sie  crgeisieret  nützliches  was  offenen  mögen.    Garg.  40*; 
die  music  gebiehret  freude,  welche  unsern  jammor  end, 
und  ergeisterl  die»e»  leben,  da«  »ich»  zu  dem  himmel  wendt. 
llAiiaANn  zur  poclerei  159. 

ERGEISTERUNG,  f  inspiralio,  begeislerung :   daran«  ihr  die 
orarulisch  Iripodisch  poelisch  crgeistcrung  ersehet.  f«irg.  :i4*. 
ERGEIZEN,    eomparcere,    durch   geiz    eriecrbrn ,    ziisumvin, 
tekarren.    He>iI8CB  1447,10: 

6»n  ich  die  »tAdt  in  den  flammen  v«meuc, 
iut  leb  crgeizete  »chftiz  hemm  streue.    Grtpbici  1,  fll8; 
lind  wflrh  rin  rcf Iit 
ergei/' 
bewoi 


ERGELLEN,  inclamare,  resonare,  aufschreien,  erschallen,  mhd. 
ergüllen,  ergal: 

da  herte  wider  herte  in  dem  stürme  ergal.    Gudr.  1444,2; 
swcr  in  (den  hund)  sielit  iimb  du;  dr  bal, 
von  einem  slage  er  ergillet 
und  doch  ie  möre  billet, 
danne  er  da  vor  tsRte.    kröne  1500; 
unbesungen  sint  diu  tal 
da  vil  manec  stimme  erhal, 

dur  diu  ören  süeje  in  sende?  hfrze  ergal.    MS.  1,  30*. 
n/irf.  die  vogcl  laut  ergellen 

von  herzesüeszera  sang.    Hätzl.  18,  HS; 

darumb  man  fleiszig  achtung  haben  soll,  wann  das  kind  im 
schlafen  oder  wachen  also  ergellet,  dasz  man  dieses  schnell 
aufhebe.    Würtz  practica  466. 

ERGELLEN,  concutere,  erschcllen,  mhd.  ergcllen,  ergalte:  es 
erhub  sich  ein  erdbidem,  dasz  hiedurch  sonderbare  und  ge- 
meine gebäu  (tarn  jmvatae  quam  puhlicae  acdcs)  nicht  nur 
ergellet,  sondern  auch  zu  gröszerem  theil  in  ein  häufen  ge- 
fellet  wurden.    Scheucozer  1,123. 

ERGELTEN,  rependere,  vergelten.    Tobler  171*. 
ERGERN,  s.  ärgern  1,548. 

ERGESEN,  defervescere,  ausgährcn,  ergähren,  vergähren,  die 
mhd.  form  würde  lauten  erjgsen,  von  jösen,  jas,  jircn,  gejescn, 
wovon  unter  gähren  näheres,  der  alte  ausdruck  hatte  sich  noch 
im  16  jh.  zu  Joachimsthal  erhalten,  ich  weisz  ihn  nur  aus  Ma- 
TiiF-sius  Sarepta  zu  belegen:  pflegen  sie  {die  bergleut)  auch  zu 
sagen  'wir  sind  zu  spat  kommen',  dergleichen,  wenn  sie 
ein  ergesen  erz  berüren,  das  ausgesogen  ist,  als  weren  die 
hienen  drüber  gewest.  1562,50'  «=  1587,36*;  bei  uns  sind 
sie  {die  magnete)  gemeiniglich  cisenfarb  und  etlich  plaulicht, 
licht  [dicht),  etlich  ergesen,  die  sich  reren  {ablösen,  abfallen). 
1562,  202'  =  1587,  142*;  ausgesogen,  dergesen  und  gar  ver- 
brant.  1562, 224'.  also  vergohren,  ausgesogen,  zerfallend,  zer- 
bröckelnd,    s.  Frisch  1,329*. 

ERGESSEN,  oblivisci,  ahd.  irgöjan,  mhd.  ergejjen  ist  nhd. 
ausgestorben  und  durch  vergessen  ersetzt. 

ERGETEN,  sarrire,  ausgälen,  ergätcn,  erjälen,  mhd.  eijeten, 
seligere : 

des  herze  ie  valsches  was  erjeten.    Parz.  317,12; 
ir  herren  herze  was  erjeten.    Wh.  347,4; 
nhd.  und  hat  euch  zu  eim  holz  ergeten.    fastn.  584,  1, 
d.  h.  zu  seiner  tünzerin  erlesen,  glächsam  zu  einem  reis  in  seinen 
kränz. 

ERGETZ,  m.  oblectamentum  (ergatz  schiene  ridüiger  und  dem 
ersatz  gemäsz): 

wer  nutz  und  wer  ergeiz  recht  scheidet  und  recht  mengt  (qui 

miscuit  utile  dulci), 
verdienet,  dasz  man  ihn  mit  lob  und  rühm  beschenkt. 
LoGAU  1,  109,  58; 
in  einem  weiberrocke, 
in  einem  bienenslocke 
steckt  schaden  und  geniesz, 
ergetz  und  auch  verdriesz.    1,  133,  74. 

ERGETZBAR,  qui  dclectari  potest,  doch  STtEi.ER  896  nimmt 
es  =  crgetzlich,  dcleclabilis,  die  bildung  ist  wie  von  ersetzbar: 
so  ergetzbar  hatte  sie  den  könig  der  könige  in  langer  zeit 
nicht  gesehen,  alles  was  sie  zu  seinem  vergnügen  angeord- 
net halle,  erhielt  seinen  beifall.  Wieland  8,452; 
oh  er  gleich,  bei  silhergrauem  haar 
und  taubem  ohr,  kaum  noch  ergetzbar  war.    10,  193. 

ERGETZEN.  ERGÖTZEN,  ahd.  irgezan,  irgaita  (Graff 
4,  279),  mhd.  ergeizen,  ergazte  (mhd.  wb.  t,  544),  vergessen  machen, 
dauert  noch  heute  fort,  wälirend  das  ihm  zu  gninde  liegende  in- 
Iransilivum  verloren,  utid  vergessen  an  seine  stelle  gi-treten  ».<!. 
umgekehrt  felül  uns  ein  transitives  vergetzen.  der  ahd.  jhiral- 
Mismus  zwi.'ich'n  irgejan  und  irgezan,  der  mhd.  zwischen  er- 
gi'55en  und  ergeizen  ist  also  heutzutage  vtrwischl.  dasz  viele 
ein  ö  I«  diesem  worle  schreiben,  geschieht  wie  auch  in  anderu 
(otcn  sp.  3. 4),  rfofA  «(T  wollte  für  netzen,  setzen  schmben 
nützen,    sölzen?     das  praet.  hat  nlul.  deti  rücicumlaut  veihren. 

1)  ergeizen  mit  acc.  der  person  und  gen.  der  sacht  ti-drulct 
einem  etwas  vergüten,  er.tetzrn,  um  dafür  entschtiJtgen.  marhcH 
dasz  er  seinen  virlusl  vergesse,  im  voc.  14S2  g7'  rejundnc, 
widerlegen : 

als  {alte»)  iKibsuls  würdesiu  ilorl  ergettt. 

Sruw*R»ii!«»i'.»i.  t'.O,  2; 

und  Klirb  Ich,  aU  du  zweirel  »ctisl. 
der  narhjtl  muh  mir  dich  de»  ergeiri 

der    «i  alles  lidens  rrgelAel.    Keisfroii.  /'»/<;.   "«i";    K"'   "i"   ■^< 
des  taiisrndfalliklichen  eip.'tzen.  sifni  .»cAcirfm  4 ;  f\  ii es  leid» 


821 


ERGETZEN 


ERGETZEN  —  ERGETZLICllKEIT 


822 


in  ewigkeit  ergetzen.  Luther  5,  9' ;  die  sollen  gesettiget,  das 
ist  ires  hungers  und  dursts  ergetzet  werden.  5,355*;  der 
dich  des  Schadens  wol  ergetzen  kan.  5, 419' ;  aher  es  gilt 
uns  etwas  anders,  denn  wir  hie  suchen  und  erlangen  mögen, 
das  uns  des  leidcns  und  jamers  wol  ergetzen  kan.  6,24S'; 
und  wird  dich  deines  leids  wol  ergetzen.  8,  335';  sie  wil 
mich  des  ergetzen  mit  irer  lieb  und  trew  an  mir.  8,366'; 
die  in  als  ein  sun  seins  leids  mit  einem  guldin  oder  zehen 
ergötzen.    Frank  weltb.  130*; 

wir  wollen  euch  dessen  ergötzen.    Ayrer  12'; 

das  wir  unser  kriegsvolk  entsetzen, 

sie  lang  gwarter  (crrcarteler)  hofnung  ergötzen.    361"; 

ein  bawr  der  schrei,  es  möcht  uns  letzen, 

wer  wolt  uns  des  ergetzen?    Ambr.  Ib.  1T5,  152; 

solche  hübsche  leute  hatten  erlaubnis  mich  zu  besuchen  und 
meines  leides  zu  ergetzen.  Wielasd  25,325.  heuU  ist  dieser 
gen.  ungebräuchlich. 

2)  ohne  gen.  der  sache  hat  ergetzen  die  bedeulung  von  recreare, 
deledare,  laben,  erquidcen,  erfreuen: 

auf  bitt  er  mich  mit  rath  ergetzt.  Schwarzenberc  153, 1 ; 
ich  hatte  viel  bekümmernisse  in  meinem  herzen,  aber  deine 
tröstung  ergetzeten  meine  seeie.  ps.  94, 19 ;  züchtige  deinen 
son,  so  wird  er  dich  ergetzen  und  wird  deiner  seeie  sanft 
thun.  spr.  Sal.  29,  7 ;  ja,  ir  sollet  an  Jerusalem  ergetzet  werden. 
Es.  66, 13 ;  da  ward  sie  ergetzt  widerumb.   Fischart  ehz.  58 ; 

braut,  dieses  ist  der  tag,  den  Venus  angeseuet, 
dasz  ihr  die  jungfrauscnalt  zu  letzte  noch  ergetzet. 

Fleming  169; 
die  flamme  so  verzehrt 
imd  ebenwol  ergetzt.    Grtphics  1,23; 
wen  gold  ergetzt, 

mag  in  der  flut  am  felsen  scheitern.    E.  vo^  Kleist  1,  22; 
dein  flattersinn  ergetzt 
den  schadenfroh.    Borger  1"'; 
sehr  hat  mich  ergetzet  dein  lustiger  schwank, 
drum  soll  dich  auch  wieder  ergetzen  mein  dank.    6"'; 
ach  eine  schöne  frau  ergetzet  uns  unendlich.    Göthb  7,46; 
euch  zu  gefallen  war  tuein  höchster  wünsch, 
euch  zu  ergetzen  war  mein  letzter  zweck.    9,  119; 
und  ergetzen  unsre  brüst 
mit  freundschafl  und  gespräches  lust.    13,  65; 

durch  solche  darsteilungen,  die  mich  gar  nichts  kosteten, 
machte  ich  mich  bei  kindern  beliebt,  erregte  und  ergetzte 
die  Jugend  und  zog  die  aufmerksamkeit  älterer  personen  auf 
mich.    25, 365. 

3)  seltner  erscheint  ein  ace.  der  sache: 

dannit  er  vor  den  muth,  jetzt  auch  den  leib  ergetzt. 

Opitz  1,  62; 

damit  ich  ewer  bschwär  ergetz.    Schselzl  Saut  14'; 

was  kann  sie  wollen?    euer  leid  ergetzen.    Wielasd  26,59; 

und  tnil  einem  dat.  der  person: 

oder  hat  der  feind  ihm  durch  dein  blut 
ergetzet  seinen  zom?    Opitz  1,  228. 

Schweiz,  einem  das  leid  ergetzen,  condolieren.  Stalder  2, 165. 
TOBLER  171*. 

4)  refl.  sich  ergetzen, 

o)  mit  gen.  der  sache:  da  wil  ich  mich  meiner  mühe  und 
meines  herzenleides  ergetzen.  Jer.  8, 18 ;  zu  nacht  leben  ?i 
wol  und  ergetzen  sich  ihres  Unglücks.  Frank  treüfr.  99' ;  seind 
sie  sich  ihres  vorigen  erlittenen  kummers  zu  ergetzen  be- 
gierig.   Kirchhof  mit.  disc.  117; 

wenn  ihr  recht  thut  zusammen  setzen, 

thut  ihr  euch  alls  Unglücks  ergetzen.    ätrer  54'; 

alsdan  mein  got,  wan  deine  macht 

gexücbtiget  die  mich  rerlötzen, 

und  mich,  des  laids  mich  zu  ergötzen, 

durch  dieses  trübsals  nacht  gebracht.    Weceherlin  59; 

dasz  sie  sich  des  Schadens  ergetzen  möchten.  Philand.  2, 605. 
auch  dieser  gen.  erlischt  späterhin. 

b)  ohne  solchen  gen.  sich  ergetzen,  sich  erfreuen,  vergnügen: 
lasz  dich  ire  liebe  allzeit  settigen  und  ergetze  dich  alle  wege 
in  irer  liebe,  spr.  Sol.  5, 19 ;  denn  wer  hat  frölicher  gegessen 
und  sich  ergetzt  denn  ich  ?  pred.  Salom.  2,  25 ,  ir  soll  saugen 
und  euch  ergetzen  von  der  fülle  irer  herlichkeit.  Es.  66.11; 
so  doch,  das  ich  zuvor  mich  ein  wenig  mit  euch  ergetze. 
Rom.  15,  24 ; 

Diana  stellt  die  netze, 
dasz  sie  den  langen  tag  mit  hetzen  («.  /.)  sich  ergetze, 

Fleming  150; 
dasz  feld  und  sUtte  sich  an  dir  vollauf  ergetzen. 

Opiti  1,  22; 


herr  und  freund,  ihr  müst  es  zeugen,  wie  sich  gott  mit  euch 

ergetzt, 
euch  nach  vieler  angst  und  trauern  nun  in  fricd  und  freude 

setzt.    LocAü  2,  142,  7 ; 

sogar  Antonin  pQegte  sich   an   den  spielen  meines  kleinen 

hofes  zu  ergetzen.    Wieland  25,  27 ; 

das  (grab)  find  ich  auch,  bin  ich  gestorben, 

ists  drum  nicht  klüger  erst  ergötzt?    Gökingk  1,  205, 

d.  h.  das2  man  sich  erst  ergetze,  lustig  mache; 
auch  dein  geruch  wird  sich  ergetzen, 
dann  wirst  "du  deinen  gaumen  letzen, 
und  dann  entzückt  sich  dein  gefühl.    Göthe  12,  75; 
er  wird  sich  gleich  in  eine  pfütze  setzen, 
das  ist  die  art  wie  er  sich  soulagirt, 
und  wenn  blutegel  sich  an  seinem  steisz  ergetzen, 
ist  er  von  geistern  und  von  geist  curiert.    12,  217; 
wie  wird  euch  Balandrino  schätzen, 
an  eurem  Umgang  sich  ergetzen.    13,65; 

als  man  mit  einiger  Schadenfreude  sich  darüber  zu  ergetzen 
anfieng.  18,294;  wie  ich  mich  daran  ergetzte.  24,13;  lustige 
geschichfe,  an  der  sich  die  schalkischen  urheber  bis  an  ihr 
lebensende  ergetzten.  24, 14 ;  weil  man  aus  Italien  kommend 
sich  an  nichts  mehr  ergetze.  24,47;  dann  erzählte  sie  mir 
umständlich,  wie  sie  sich  sonst  an  mir  ergetzt.  24,  53 ;  man 
ergetzte  sich  einstweilen  in  freier  luft.    31,94; 

und  so  sasz  das  trauliche  paar,  sich  unter  dem  thorweg 
über  das  wandernde  volk  mit  mancher  bemerkung  ergetzend. 

40,236. 

ERGETZEN,  ERGÖTZEN,  n.  ddedatio,  delidae,  vergnügen 
Stieler  896: 

die  schöne  will  sich  niedersetzen, 
wie,  geh  ich  oder  bleib  ich  stehn? 
o  du  gefährliches  ergötzen ! 
kommt,  musen,  kommt  wir  wollen  gehn. 

Rost  im  taschenb.  fiir  dichter  6,  118; 

und  bald  empfindest  du  mit  innigem  ergetzen. 
wie  sich  Cupido  regt  und  hin  und  wieder  springt. 
GöiHE  12,  135 ; 

wenn  er  zu  müszigem  ergetzen 

die  polster  uns  zurechte  legt.    12,  82; 

es  ist  ein  grosz  ergetzen 
sich  in  den  geist  der  zelten  zu  versetzen.    12,  38; 

aber  auch  zu  heiterm  ergetzen  ist  dieser  räum  bestimmt. 
21. 122.     vgl.  ehrergetzen,  leidcrgetzcn,  schandergetzen. 

ERGETZER,  m.  recrealor,  obleclalor.     vgl.  leidergetzer. 

ERGETZERLN,  f.  refrigeratrix,  leidergetzerin.    Stieler  896. 

ERGETZLICH,  obleclans,  jucundus,  gratus.  Dasvpodils  321': 
weil  ilzt  magister  N.  wider  zu  e.  £  gn.  zeucht,  sich  ergetz- 
lich  zu  erzeigen,  habe  ich  nicht  wollen  in  lassen  one  meine 
Schrift  komen.    Luther  6,167'; 

wie  kam  es,  dasz,  da  Job  halt  alles  eingebüszet, 
was  ihm  ergetzlich  war,  dasz  er  sein  weih  nicht  misset? 
Logad  I,  31,  8; 
soll  ein  ergetzlich  kus 
sein  besser  angewehrt  als  auf  des  pabstes  fusz.    2,  14; 

Stille  nachbarn,  geprüfle  freunde  trugen  zur  ergetzlichen 
Unterhaltung  das  vorzüglichste  bei.    Göthe  31, 100. 

ERGETZLICHKEIT,  f.  oblectamentum,  recreatio,  gratificatio, 
häufig  mit  dem  nebensinn  von  remuneralio,  Vergütung,  Verehrung, 
erkamllichkeit,  belohnung,  trinkgeld:  und  damit  sie  auch  in  sol- 
hem  irem  gueten  willen  verharren,  so  haben  wir  zu  ergetzlichait 
irs  warten,  so  si  gethan  haben,  iedem  ort  drew  hundert 
gülden  reinisch  vereert.  Cbmel  Majcimilian  s.  303  (a.  1508); 
zu  etwas  ergetzlichait  meiner  groszen  schaden,  s.  310;  und 
die  weil  in  den  selben  befelchen  begriffen  ist,  mir  uinb  sol- 
lichs  zimliche  ergetzlichait  ze  thuen,  das  aber  noch  hunzher 
nicht  beschehen.  s.  347  (o.  1513);  und  ir  umb  solch  heilig 
werk,  auch  «uer  mühe  und  kosten  zimliche  ergetzlichkeit 
empfahen  werdet.  Lih-her  1,  461';  wiewol  er  oftmals  umb 
etliche  ergetzlichkeit  seiner  treuwe  und  mühe  nachgesucht. 
Kirchhof  trendunm.  46';  so  sollen  und  wollen  wir  derselben 
ihrer  verlornen  ros  und  schaden  nach  erkantnus  unserer 
kriegsräth  ergetzlichkeit  thun.  Frossperg  1,33';  soll  ihnen 
dagegen  durch  den  feldzeugmeister  sonderliche  Vertröstung 
.einer  ehrlichen  ergetzlichkeit  geschehen.  3,114';  nicht  alleine 
des  exempels  Adams,  und  um  ergötzlichkeit  willen  ires  kum- 
mers. Sediz  2* ;  hat  mit  jagen  in  wälden  ergätzlichkeit  wol- 
len suchen.  Reiszxer /erus.  2,  89';  wie  soll  ein  junge  an  mir 
einen  gefallen  und  ergetzlichkeit  haben  ?  pers.  rosenth.  6,  8 ; 
dasz  daselbst  {im  paradiese)  niemand  arm,  sondern  alle  reich 
und  voller  ergetzlichkeit  sein  werden.  7,20; 
ergetzlichkeiten.  E.  von  Kleist  2, 168; 
52* 


823 


ERGETZUNG  -  ERGIESZEN 


ERGIESZÜNG — ERGLASEN 


824 


alle  Zerstreuungen  und  ergelzlichkeiten.  Wieland  6,27;  ich 
sehe  es  gerne,  wenn  meine  leute  sich  nach  der  arbeit  eine 
kleine  ergötzlichkeit  machen.  Weisze  kom.  opern  2,  23 ;  der 
gelbe  laufer  drängte  sich  auch  herbei,  seine  ergötzlichkeiten 
{trinkgelder)  abzuholen.     Güthe  28,  225. 

EHGETZU.NG,  f.  dasselbe:  und  erwelet  vil  lieher  mit  dem 
Volk  guttes  ungrmach  zu  leiden  denn  die  zeitliche  ergetzung 
der  Sünden  zu  haben.  Ebr.  lt,25;  und  das  i.  k.  mt.  seinen 
f.  gn.  zu  ergetzung  irer  itzigen  mühe  und  arbeit  ein  summa 
gülden  allergnedigst  vereheret.  Lanz  slaisp.  Karl  V.  s.  533 ; 
doch  soll  denjenigen,  so  sie  gefangen,  billich  ergetzung  und 
Verehrung  dagegen  geschehen.  FnoNspERC  kriegsb.  3,27";  ich 
geschweige,  wie  sie  ihnen  umb  iren  fleisz  ergetzung  thun 
solten.  AvRER  proc.  1,  7 ;  dasz  diejenigen  ewcrs  Unglücks  kein 
ergetzung  bekommen.    2,11; 

soll  er  aber  sein  anrceht  büsrcn, 

so  hat  er  kein  ergötzung  drumb.    Atrer  31'; 

dasz  ich,  wider  ganz  gesund, 

mög  so  vil  ergötzuiig  haben.    VVeckherlin  156; 

die  jauchzen  ümm  ihn  her  auf  der  und  jener  seit 

und  sctireien  in  die  lull,    der  glpiclierfreute  himmel 

sieht  mit  ergOtzung  zu  dem  lustigen  gctCimmcl.    Fleming  64; 

soll  die  strafe  der  schuldigen  und  der  beleidigten  ergetzung 
über  ein  jähr  nicht  aufgeschoben  werden.  Opitz  Arg  l,  421 ; 
CS  gereichte  allen  zur  ergetzung.     s.  gemülsergetzung. 

ERGETZL'NGSTAT,  f.  perfugium  i.  e.  locus  refrigmi.  voc. 
14S2  gS*,  zufluclUsort. 

ERGIBIG,  ERGIEBIG,  fecumius,  ferliiis,  largus:  ein  ergibiger 
boden;    der   acker  ist  ergibig;    die  quelle  war  ehmais  ergi- 
biger;   wir    hatten    ergibige    ernte;    die    bergwerke    bleiben 
immer  noch  ergibig ;  ergibiger  kalk,  der  beim  löschen  reichliche 
ausbeute  gibt;  das  Zeitalter  war  sehr  ergibig  an  dichtem; 
doch,  spasz  bei  seile,  hör  er  an, 
falls  ihm  mein  ernst  beliebig! 
ist  denn  nicht  auch  für  ihren  mann 
poeterei  ergibig?    Bürger  40'; 

dies  ist  ergiliig,  hoc  per  se  palet.  Stieler  C50,  das  gibt  sich, 
ergibt  sich  von  selbst,  nach  ergeben  2,  a  liesze  sich  auch  sagen 
das  holz  ist  ergibig,  gibt  nach.  vgl.  ergäbig,  ergebig,  crgcb- 
iich,  ausgibig,  nachgibig. 

ERGIBIGKEIT,  f.'  überlas,  ferlilitas,  fruchlbarkeÜ. 

ERGIESZEN,  effundere,  goth.  usgiutan,  ahd.  argiojan,  ir- 
giojan,  mhd.  ergiejen,  alts.  aber  niciU  mehr  ägiotan,  sondern 
ftigiotan,  ttie  nnl.  uitgieten  =  ausgieszen. 

1)  transitiv: 

ergeusz  von  neuem  du,  mein  äuge, 
freudenthränen.    Klopstock  1,  138; 
und  des  geopferten  wunden  ergieszen  das  ewige  leben 
strömender.  Messias  8,  418; 

so  wie  jeder  sich  mit  ihm 
allein  befand,  und  sein  crgicszend  herz 
die  andern  zwei  nicht  theilten.    Lessing  2,  277; 
tiefer  sank  nun  die  sonn,  und  ergosz  vielfarbige  Schimmer 
durch  das  hangende  laub.  Luise  1,500; 

reden,  deren  dunkler  sinn 
geheime  schauer  in  mein  herz  crgieszt.    Gotter  2,  23S; 

doch  der  gewaltthat  zürnend 
ergosz  er  fluche  auf  der  söhne  haupt.    Schiller  236'; 

den  giftigsten  ncid  ergosz  Voltaire  auf  Maupcrtuis.  Beckers 
ife%  10,398. 

2)  reflexiv :  der  Main  ergieszt  sich  in  den  Rhein ;  die  berge 
ergossen  sich  für  dem  herrn.  richl.  5,5;  sihe  er  hat  wol  den 
felsen  geschlagen,  das  wasser  flössen  und  beche  sich  er- 
gossen, p».  78,  20:  und  die  ströme  werden  sich  miteinander 
heftig  ergieszen.  iveish.  Sal.  5,24;  und  sie  schrien  zu  golt, 
und  nach  solchem  gcschrei  ergosz  sich  ein  grosz  wasscr- 
strom  aus  einem  kleinen  brun.    Esther  7,  7 ; 

mein  thrüncnwasier  sich  ergeuszt 

und  über  meine  wangen  ncuszt.    geistl.  liod; 

al«  wann  mit  boniRdüisen 
und  andrem  «üjzen  nasz  die  llppen  sich  ergüsten. 

LoGAU  3,  217; 
frei  ergieixe  sich  in  meinen  schmerz  der  deine ! 
Gottir  2,  46 ; 

denn  er  durchtobte  das  feld,  dem  geachwollenen  ströme  rer- 

gleicbbor, 

welcher  mit  herbstlicher  :flut  sich  crKcu^zt  und  die  brücken 

icrschfiilcrl.     //.  5,  HS; 

ins  Baierland,  wie  ein  geschwollncr  ström, 

erfon  sich  dieser  Gustav.    Schillrr  .  .  .; 

t*\g^  Aifh  dem  Volk,  das  sonst 

pi-i.  :..i  _•_  .  j.   .    .    j.  ßpg^,g_    437*; 

'  'I  lni(cn 

»'  '.    uöTiiK  4,  19; 


der  Sturm  legte  sich  und  helle  sanfte  heiterkeit  ergosz  sich 
über  die  ganze  inscl.  Klinger  3,264;  wie  ergieszt  sich  ruh 
durch  alle  glieder.  Bettise  br.  1,  224 ;  liesz  die  beiden  freunde 
allein  in  der  schönen  nacht  mit  den  zwei  vollen  herzen 
zurück,  die  in  einander  sich  zu  ergieszen  lechzten.  J.  I'. 
Hcsp.  1,56;  das  herz  ergosz  sich  leicht  und  mild,  wie  eine 
warme  überschwellendc  wölke,  uns.  löge  vorr.  x.\xi;  hof  und 
hausnarren  seiner  lustspielc,  welche  sich  mit  zuviel  bcwust- 
scin  unaufhörlich  über  ihren  titcl  ergieszen.  bücherschau  1, 159. 

3)  das  part.  ergossen  wird  besonders  aufgeführt. 

EHGIESZUNG,  f  effusio,  exundalio: 

die  ergicszung  eines  herzens 
so  zu  verlenken.    Lessi:^g  2,  2;»5; 

gönne  meinem  herzen  diese  ergicszung,  es  wird  frei  werden. 
Göthe  10, 168 ;  als  aber  der  verband  der  schönen  stoischen 
seele  alles  verdeckte,  seine  erröthung  und  seine  ergicszung. 
J.  P.  Hcsp.  1,20;  aber  so  weit  trieb  seine  träumerische  und 
nachttrunkene  seele  ihre  gefährliche  ergicszung  nicht.  3, 146. 
s.  herzenscrgieszung. 

ERGIFTEIS,  acerbissime  irasci,  in  giß  und  galle  geralhcn: 
welcher  sich  sowol  als  der  canlor  dergestalt  ergiftet  hatte, 
dasz  er  kein  glied  stille  halten  konnte.  Fehenb.  2, 437.  in 
der  älteren  spräche  begegnet  ergiftcn  für  vergiften,  veneno  im- 
buere.    pass.  K.  90, 36. 

ERGILBEN,  mhd.  ergilwen, 

1)  flavum  reddere,  mhd.  wh.  1,  497*;  welche  matcri  sich 
under  das  blut  vormischt,  dasselbig  verderbt  und  ergilbet. 
TnuRNEissER  prob,  der  harnen  50. 

2)  flavescere,  pallescere,  gelb,  bleich  werden : 
des  rittcr.'«  weih  ergilht  und  zittert, 

der  ritter  ergrirabt  und  erbittert.    IL  Sachs  I,  177'; 
zugleich  ergilbten  die  wangen.    Voss. 
ERGINN'EN,  hiscorc,  os  apcrire,  mhd.  ergincn  {wb.  1,  52"),  Jas 
verdoppelte  n  bezeichnet  die  kürze  des  vorstehenden  vocals: 
in  dem  tusche  si  mich  stic; 
mit  der  viuste  gen  den  brüsten,  so  daj  ich  ergint.    Neidh.  47, 15, 

wo  der  reim  auf  sint  die  ungewühnliclic  apocope  des  c  fo»  erginle 
herbeiführt,  'daj  ich  erginle' fncin/,  dasz  ich  das  maul  aufsperrte , 
nach  luft  schnappte,  vgl.  Reinh.  Kil.  nicht  anders  in  folgender  stelle : 
so  ir  aber  schon  erginnet  band  ze  reden,  will  ich  uch  für- 
kummen.  Zwingli  1,  79,  und  wenn  ihr  schon  den  mund  auf- 
gethan  habt  zu  reden,  will  ich  euch  doch  zuvor  kommen,  diis 
schwache  mhd.  erginen  erginte,  nhd.  erginnen,  erginntc  musz 
sich  berühren  sowol  mit  beginnen,  begann  (1, 1296)  incipere,  als 
mit  dem  anfachen  ginen,  gein  hiare  und  ahd.  ginen,  ginela, 
worüber  unler  gähnen  noc/»  mehr  zu  sagen  ist.  der  zu  reden 
beginnende  sperrt  seinen  vxund  auf,  spaltet  ihn,  das  ist  die  natür- 
licliste  deulung  alles  beginncns  und  erginnens.  Stalder  1,  446 
bringt  auszer  ginen  und  ginnen  aucli  aufginnen  hei,  das  oben 
1,  657   in  da-  schlechten  Schreibung  aufgicnen  angetragen  wurde. 

ERGIRHEN,  ingenmcere:  auf  dem  dach  ergirrt  ein  täubchen. 

ERGHTERN,  s.  ergattern. 

ERGLANZEN,  relucere ,  s.  erglänzen  1:  erglänzen,  vast 
scheinen,  vibrare,  wirt  vom  meer  geredt,  wann  die  sonn 
darauf  kompt.    Maalkr  llo*. 

ERGLÄNZEN,  mhd.  erglenzcn. 

1)  refulgere,  mhd.  erglenzen,  crglcnzcte: 

von  golde  ergleniret  und  erklanc 
gar  alluj  ir  grrciie.     IIkimr.  Trist.  4472. 
nhd.  am  jüngsten  tag  würds  als  erg&nzt, 

so  wars  und  uiiwars  dar  erglänzt.    Schwarzbhbiro  154,2; 

denn  an  im  alle  fürstliche  lugenden  und  freundlichkeilen 
erglenzten.  KiRcniiop  wenduttm.  32';  hierauf  ist  ein  groszes 
Hecht  vom  himmel  erglänzt.  Reiszneb  Jer.  2,  80*;  das  gefilde 
erglänzt  von  Ihaii; 

auf  bunlen,  bellen  oder  silbergrauen 

gellldcn  tag  und  nacht  crglAnzen  lichter.    Götus  5,  198; 

dann  musz  klang  der  glAser  tönen 

und  nihil)  dos  wcins  erglftnzen.    6,  12, 

einen  tntr,  dor  froh  erglänzend 

bunten  schmucks  der  nacht  entsteigt.    3,  75. 

5)  iUustrart,  erleuchten,  mhd.  rrglenzen,  erglänzte: 

sumerwiinnn, 

so  du  dino  lichten  tage  crgirnxon  will.    tiSII.  t,  150*. 
nhd.  ungnmesiner  schein  koII  das  Rosicht  erglftnicn. 

Opitz  im  Hugo  (hiUmt  t.  317. 
ERGLASEN,  ir»  i»7ru»;i  amverti,  coartscert :  scino  äugen  rr- 
glascn  ihm ;  crglnscnt  dein  wurm  seine  augcn.  Kellkrs  grstn 
Born.  p.  10;  der  sand,  kies  erglasct  in  der  giul  des  fruers. 
».  verglasen. 


825 


ERGLASTEN  —ERGOSSEN 


ERGÖTZEN — ERGRASEN 


826 


ERGLäSTEN,  renidcre,  lucere,  die  mhd  form  laulet  erglesten 
und  erst  im  praet.  rückumlautend  erglaste  {wb.  1,  547"),  nhd.  hat 
sich  das  a  gern  auch  im  praes.  festgesetzt,  ubschon  einzelne  stellen 
das  tempus  nicht  deutlich  erkennen  lasicn :  es  werden  schiaen  und 
erglastcn  die  gelerten.  Schade  sat.  «.  jiasq.  3,  22 ;  wissent,  so 
die  sonn  wider  den  guldin  adler  erglastet,  das  man  in  wol 
ein  meil  wegs  weit  sehen  möcht.  iimon  13";  die  jungfrauw, 
welche  von  geberden  und  klarheit  ires  angesichts  in  seinen 
äugen  also  erglastet  und  erleuchtet.  Ilugoschapl.  13;  darin 
sich  gott  spieglen  und  erglasten  möcht.  Frank  uellb.  125'; 
und  daselbst  erglastet  die  stat  Hierasalem  mit  dem  tempel 
Salomonis.  173';  dasz  sich  gott  in  ir,  als  die  sunn  in  einem 
stillen  Wasser  erglast,  spiegel,  liebsuche,  finde,  chron.  463'; 
obwol  gott  in,  ob,  under  alle  creatur  weset,  so  erglast  er 
doch  in  nichte  so  gar  als  im  menschen,  lob  des  torecliten 
irorts  160 ;  in  welchem  all  schütz  des  willens  und  geheimnus 
güttes  erglasten  und  ersehen  werden,    kriegsb.  des  fr.  194; 

es  bat  mein  schwert  erglastet  weit  und  breit. 
BiRSEM  Gueltis  1S7. 
stirbt   im  IS  jh.  aus,   fehlt  auch  schon  bei  Stieler.     5.  durch- 
glasten. 

ERGLACBEN?  bei  den  erglaubten  heiligen  der  beiden  und 
Christen.  Paracelsüs  1,  92'.  heiszl  das  den  geglaubten,  erlaub- 
ten, bewährten? 

ERGLEISZEN,  retädere,  enitere,  mhd.  erglijen: 
der  gruni  begunde  erglijen,  striien  wart  getan.    Gudr.  449,  2, 
ron    den    uaffen   leuclüete   der   erdboden.      Maaler  110*  hat  er- 
gleiszen,  enitere,  ein  hüllen  glänz  geben. 
ERGLESTEN,  renidere: 

gelig-eniu  zuht  und  scbame  vor  gesten 

mugen  wol  eine  wile  erglesten.    Walther  81,  13; 

erglesten  wie  ein  pfau,  der  seinen  wadel  erbreitet.  Keisersb. 
pred.  53*.     s.  erglasten. 

ERGLIMME.N,  ignescere.   Sheler  671,  das  praet.  teürde  heule 
lauten  erglomm,   mhd.  richtiger  erglam  erlüsung  3036,   ico  man 
300S  englam  liest,   tcie  auch  nhd.  erglimmen  und  entglimmen 
yleichciel  bedeuten,  doch  letzteres  weil  üblicher  ist: 
ich  lösche  die  glänzende  fackel 
sanrt  ihm  aus,  da  erglimmt  eilig  vom  purpurnen  licht 
diese  andre.  Uirder. 

ERGLITZEN,  sdntillare  : 

die  sonn  schosz  ab  so  manchen  strahl 

und  mehr  und  mehr  erglitzet.    Sfee  trutzn.  173. 

ERGLITZERN,  micare,  erfunkeln:  das  schwert  erglitzerte; 

die  sunn  durch  hoch  beum  erglitzert. 

WiciRA«  irr.  bilg.  70. 
ERGLUCKEN,  glocire:  die  henne  ergluckt,  hebt  an  zu  glucken. 
ERGLÜHEN,  ahd.  argluoian  (Graff  4,  292),  mhd.  erglüejen 
(wb.  1,551'). 

1)  intr.  incendi,  incalescere:  das  feuer  erglüht; 

gleich  dem  purpurgewand  erglühn  die  gepurpurten  flügel. 

Voss; 
schamhaA  erglühend,  nahm  ich  den  heiligen 
rebschosz  und  hegt  ihn.    3,  281; 

die  mordgewohnten  banden 
erglüheten  vor  schäm  bei  diesem  anblick.    Schiller  455\ 

2)  tr.  incendere,  entflammen: 

sie  erglüt  die  herzen  für  und  für.    Flexing  574. 
ERGNAPPEN,  prehendere,  caplare,  erschnappen :    die  hunde, 
welche  im   die  kleider  zerzerret  und  in  auch  bisweilen  mit 
ergnapt  haben.    Spasgenberc  jagteufel  0  4". 

ERGNIS,  n.  offensio,  drgernis:  dweil  aber  mir  eingefallen 
ist  der  grosz  pracht  und  das  unbrüderlich  wesen  unser  pre- 
diger,  so  man  christliche  leut  vermeint,  mustu  (LtUher)  mein 
ergnis  und  anstosz,  so  du  mir  gemacht  hast,  vollends  von 
mir  hören.    Val.  Icielsamer  klag  etlicher  brüder.  a4*. 

ERGOSSEN,  effusus,  pari,  praet.  ron  ergieszen:  ich  breite 
aus  den  frieden  wie  einen  ström  und  die  hedichkeit  der 
beiden  wie  einen  ergossen  bach.  Es.  66,12;  Holand  ist  ein 
seeigs  und  weidreichs  land  mit  vil  seen  und  mörströmen  er- 
gossen.   Frasi  tceltb.  61'; 

er  verweint  in  wehklag  ergossen 
den  beginn  des  daseins.    Messias  20,674; 
jetzt  kam  graulich  die  nacht  des  erdunkelten  mondes,  und 

rastlos 
regnete  Zeus,  laut  sauste  der  west  mit  ergossenen  schauem. 

Od.   14,  45S; 

aU   sah   ich   dich   schon   um  den  nichtswürdigen,   den  ab- 
scheulichen, in  tausend  thrSnen  ergossen.    Schiller  103';  I 
gegen  dich  und  deinen  bruder  | 
in  heulende  Verwünschungen  ergossen.    23S^;  I 


sie  lagen  zu  den  füszen 
der  heiigen  Jungfrau,  in  gebet  ergossen.    262'; 

aufgelöset  und  ergossen  sang  er  in  die  saiten  des  gottes 
der  Schönheit.    Herder  6, 238.     vgl.  geheulergossen. 

ERGÖTZEN,  s.  ergetzen. 

ERGRABELN,  arripere,  vgl.  grabein,  grappeln:  das  doUo- 
sisch  [toulouäsch]  kammergericht  hat  noch  nit  alle  allegaten 
und  . . .  passos  dubios  recht  ergrabelet  und  erstrabelt.  Garg. 
15S'.     s.  ergrappen. 

ERGRABEN,  effodere,  exsculpere,  goih.  usgraban,  ahd.  arkra- 
pan,  irgraban  (Graff  3,  303),  mhd.  ergraben  {tcb.  1,  56l'),  ags. 
ägrafan  neben  ädelfan  ==  ertelben. 

1)  aus  dem  grund,  aus  der  erde,  aus  der  bedeckung  graben: 
goth.  veinagard  ussatida  manna  .  .  .  jah  usgrüf  dal  uf  mesa 
(mlg.  vineam  pastinavit  homo  ...  et  fodit  lacum).  Marc. 
12, 1,  icürtlich,  ergrub  eine  Vertiefung  unter  dem  tisch,  d.  i. 
der  keller,  ai^'^sv  vTio).r}vtov,  grub  eine  keltergrube,  bei  LtrrHER 
grub  eine  kelter;  andhulidedun  hröt,  jah  usgrabandans  in- 
sailidedun  |)ata  badi  (nudaverunt  tectum  et  patefacientes 
summiserunt  grabatlum).  Marc.  2,  4,  ico  usgrabandans  dem 
i^oov^a^•zss,  patefacientes  entsprichl; 

ahd.  dribi  then  thiob  thanana  ü^ 

ni  liaji  irgraban  sinaj  hüs.    0.  IV.  7,  58; 

legitanan  thö  ther  eino 

in  sinaj  grab  reine, 

ouh  in  alaniwaz 

in  felisön  irgrabanaj.    IV.  35,  36 ; 

nhd.  dann  als  der  könig  Wasso  . . .  das  fundament  oder,  wie 
der  bawer  sagt,  das  unten  am  end  ergraben  liesz.  Garg.  31* ; 

vom  brunnen  fem  hab  mir  cistern 

mit  arbeit  grosz  ergraben, 
nun  find  ich  ja  kein  tföpflein  da, 

das  nur  die  zung  möcht  laben.    Spke  trutzn.  84  (91) ; 
tod,  schmerz  und  krankheit  wird  ergraben  und  erschift, 
und  unsre  speise  macht  der  überflusz  zum  gifi. 
Haller  144  (löl). 

2)  aus  erz  und  stein,  in  erz  und  stein  graben,  cadare,  sculpere : 
ahd.  irgrapanä  (/.  irgrapane)  palmpoumd,  caelatae  palmae; 
ags.  ägrafen,  sculptum ; 

mhd.  liste  ergraben  unde  gesteinet.    Serrar.  592; 

alröt  von  golde  üf  siner  hant 

stuont  ein  köpf  vil  wol  ergraben.    Part.  146,  1 ; 

der  venster  siule  wol  ergraben, 

dar  üf  gewelbe  höhe  erhaben.    565,  15; 

inme  sper  was  sin  nam  ergraben.    479,  20 ; 

ergraben  üj  amatiste.    Wigat.  821; 

wes  bilde  ist  hie  ergraben?    Walthir  11,  25; 
nhd.  mitten  drauf  setzt  man  ein  thurn, 

die  wand  kunstreich  ergraben  wurn  (wurden). 
H.  Sachs  I,  173' ; 
ergraben   ding,   sculptura.    roc.  1482  gS';    in  silber,   in  goid 
ergraben,  getrieben,  opus  eaelalum,  inseulpium;  die  überzog  er 
mit  dem  besten  gold,  das  ergraben  und  erhebt  war  mit  pal- 
men  und  laubwerk.    Reiszner  Jerus.  1, 37'. 

3)  anderes  sinnliches,  leibliches  ergraben."  goth.  veitvddja  auk 
izvis,  J)atei  jabai  mahteig  vesi,  augöna  izvara  usgrabandans 
atgebei^  mis  (cxpd'aXuovi  vftdiv  i^oQv^amsi,  vulg.  oculos 
vestros  eruissetis).  Gal.  4, 15,  hei  Lcther,  ir  bettet  ewer  äugen 
ausgerissen;  sin  hende  und  sin  füeje  die  wurden  im  mit 
den  scarphen  nageln  ergraben.  Grieshabeb  pred.  2, 6.  heute 
lieber  ausgraben,  ausreiszen. 

4)  bildlich  serutari:  merkt,  dasz  ir  uns  in  der  beicht  über 
unser  gewiszne  nit  ergraben  seit.    Schade  sat.  2, 144 ; 

denken  wir  recht,  so  lieben  wir  auch  der  bemerker 
Wissenschaft,  sie,  die  den  erundbau  des  geschafnen 
gern  ergrübe.  Klopstocc  I,  2'j6. 

ERGRABUNG,  f  effossio,  caelatura,  ahd.  irgrabunga. 
ERGR.\MEN,  exasperare,  exacerbare,  erbittern,  ahd.  irgreman 
(Graff  1,  321),   mhd.  ergremen  (wb.  1,  575);    sich  ergrämen, 
abgrämen.   Sheler  704.     vgl.  ergrimmen. 

ERGRAPPEN,  prehendere,  erhaschen,  ertnsdien:  wo  wir  uns 
mit  inen  verglichen  und  sie  uns  ergrappen  könden.  Luther 
8,39*; 

so  er  auch  gleich  nach  öpfeln  schnapt, 
dasz  er  doch  nimer  kein  ergrapt.    Scbaor  tat.u.patq.  1,14t; 
so  musz  der  feind  .  .  .  mich  ergrapt  zu  boden  wolgen. 
Melisscs  ps.  C  1*. 
1^/.  ergrabein,  ergrübein,  grappen,  grappeln. 

ERGRASEN,  1)  cespüe,  gramine  obdud,  die  hügcl  der  gefali- 
nen  ergrasen  schon. 

2)  tr.  depascere,  demetere:  die  wiese  ergrasen,  abweiden, 
abmdhen. 


827 


ERGRAUEN  — ERGREIFEN 


EHGUEIFEN 


828 


ERGRAUEN,  canescerCj  grau  trerJen,  mhd.  ergrAwen, 
1)  vom  tage,   albescere,    grauen:    friilic,    wann    der    tag    er- 
graut;  das  tiefer  ergrauende  abendruth.    J.  P.  habslbl.  3,5; 

ergraut  ist  schon  die  weit, 

die  luft  gekühlt,  der  nebel  fallt.    Göthe  12,  02. 

i)  vom  alter:  ir  haupt  ergrauet  Tor  alter.  3  Macc.  4,55; 
im  dienste  des  königs  ergrauen;  ein  früh  ergrauender  mann; 
unter  musketen  ergraut; 

der  abend  sinkt,  das  haar  ist  schon  ergraut.    Chamisso  4. 

3)  ton  sacken:  hätte  sich  der  durch  frömmele!  erschlafte 
geist  nicht  auf  ergrauten  moder  zurückgezogen.  Göthe  32, 172. 

4)  horrere,  ergrauscn     =  ahd.  irgrüen : 

ergrauend  vor  der  naclitgespenster  lärm.    Uuland  ged.  210; 
dürret  nicht  ob  mir  ergrauen.    302. 

ERGRAUEN,  n.  canüies,  albcdo,  horror, 

1)  ergrauen  des  haars: 

und  holte  nie  den  hiromel  mehr  zu  schauen 
durch  jahreslaul'  und  deines  hnars  ergrauen. 

Ghies  Tassos  befr.  ier.  7,  32. 

2)  des  tags. 

3)  grausen,  sdirechen. 

ERGRAUSEN,  lutrrere,  horrcsccre,  ahd.  irgröistin,  mhd.  ergrösen : 

seine  {des  ittromes)  wellen  sind  gehoben, 
dasz  die  seele  mir  ergraust.    Schiller  4S*. 

ERGREIFEN,  arripere,  erfassen,  goth.  kein  usgreipan,  aber 
undgreipan,  auch  cJid.  kein  starkes  argrifan,  irgr'ifan,  nur  ein 
schwaches  irgreifun,  belcistcn  (Graff  4,  318),  was  guth.  graipon 
lauten  würde,    mhd.,  wie  heute,  starkes  ergrifen,  ergreif,  ergriffen. 

1)  sinnliches  ergreifen,  erfassen,  packen, 

a)  mit  der  hand  (des  ergräfenden) : 

mhd.  den  loum  ergreif  er  mit  der  haut.    Parz.  603,  4; 

und  mit  der  hant  den  satel  ergreif.    Trist.  178,  10; 
nhd.  sie  ergrif  den  apfel  mit  der  hand. 

b)  an,  bei  der  hand  (des  ergriffenen):  da  er  aber  verzog, 
ergriffen  die  menner  in  und  sein  weib  und  seine  zwo  töchter 
bei  der  hand.  l  Mos.  19, 16 ;  den  ich  bei  seiner  rechten  hand 
ergreife.  Es.  45,1;  gicng  er  hinein  und  ergreif  sie  bei  der 
hand  (goth.  atgaggands  inn  habaida  handu  izös).  Matth.  9,  25 ; 
und  ergreif  das  kind  bei  der  hand  ^fairg^aip  bi  handau  j)ata 
barn).    Marc.  5,  41 ; 

alles  sah  der  gelassene  mann,  doch  all  Ich  es  endlich 
gar  zu  tböricht  betrieb,  ergrif  er  mich  ruhig  beim  arme. 

Göthe  40,  323. 

e)  schön  von  gegenseitiger  umarmung:  wer  das  andere  zuerst 
ergriffen,  wäre  nicht  zu  unterscheiden  gewesen.  GOthe  17, 1:5(1. 

2)  und  als  sich  Samuel  umbwand,  das  er  weggienge,  er- 
greif er  in  bei  eim  zipfcl  seins  rocks.  iSam.  15,  27;  und  da 
er  sich  über  mich  machet,  ergreif  ich  in  bei  seinem  hart. 
17,35;  und  recket  aus  gleich  wie  ein  hand,  und  ergreif  mich 
bei  dem  bar  meines  heubts.  Ez.  8, 3 ;  langet  das  schwcrl 
und  zog  es  aus  und  ergreif  in  beim  schöpf.  Judith  13,8; 
die  hflscher  ergriffen  ihn  ohne  umstände  heim  leibe;  er- 
greifst du  den  Schmetterling  an  seinen  flügeln,  so  verwischt 
sich  ihr  zarter  staub;  einen  bei  frischer  führte,  auf  frischer 
Ihat,  an  der  that  ergreifen.    Maaler  HO*; 

▼on  diesem  ringsum  steilen  schlosz 

lass  ich  die  äugen  schweifen, 

und  kanns  (dng  bliimlein)  von  hohem  thurmgeschosz 

mit  blicken  nicht  ergreifen.  Götus  1,  189. 

3)  bloszer  accutaliv,  ohne  das  mh,  an,  bei:  den  andern  staden 
ergreifen  (das  andere  ufer  erreichen),  seh.  und  ernst  cap.  363 ; 
gebe  ich  nu  stracks  für  mich,  so  ist  er  nicht  dn,  gehe  ich 
zurück,  Bo  gpOr  ich  in  nicht,  ist  er  zur  linken,  so  ergreif 
ich  in  nicht.  Hiob  23,  9 ;  auf  und  jage  den  mcnnern  nach, 
und  wenn  du  sie  ergreifest,  so  sprich  zu  inen,  wanimb  habt 
ir  gutes  mit  bOsem  vergolten?  1  Mos.  44,4;  wenn  ein  dieb 
ergriffen  wird,  das  er  einbricht.  2  Mos.  22,  2;  jaget  inen  eilend 
nach,  denn  ir  werdet  sie  ergreifen.  Jos.  2,  5 ;  und  da  sie  in 
ergriffen,  verhieben  sie  im  die  daumen  an  seinen  henden 
und  füszcn.  rieht.  1,6;  Simson  ergreif  beide  thür  ...  und 
hub  sie  aus  mit  den  rigeln.  10,3;  ergreife  (für  ergreif)  den 
Rcbild  und  waffen.  ps.  X>,  2 ;  dn  künden  wir  kauuiet  einen 
kahn  ergreifen,  apostelg.  27, 10  ;  in  diser  ang«*!  und  not  woll  ich 
den  trufel  von  mir  weisen,  ergreif  den  alten  hämisch,  »o  ich 
un  bap^him  halle  lernen  anziehen  und  füren.    I.dther  0,  N4'. 

4)  oß  leitet  das  ergreifen  die  folgende  handlunq  ein:  wenn 
•ber  jemand  eine  vcrlrnwete  dirne  auf  dein  felde  krieget  tind 


ergreift  sie  und  schleft  bei  ir.  5  Mos.  22,25;  so  reckt  er 
seine  hand  aus  und  ergreif  in  und  küsset.  2  Sam.  15,5;  ich 
ergrif  ihre  hand  und  benolzte  sie  mit  heiszen  ihrflnen;  gie- 
rige Wölfe  ergriffen  unsere  länimer  und  würgten  sie;  er  er- 
grif das  Schwert  und  durchstach  ihn;  ergrif  die  feder  und 
schrieb;  ergrif  den  hut  und  entfernte  sich;  ergrif  den  stock 
und  schlug;  ergrif  die  geige  und  spielte; 

ich  werd  an  ihn  gedenken, 
und  öfters  meinen  blick  nach  jener  gegend  lenken, 
wo  er  am  Rheine  sitzt,  das  scbälerrohr  ergreiU 
und  seiner  Schäferin  ein  zärtlich  licdcbcn  pfeift. 
Rost  schäfeiged.  tjä; 
wenn  er  das  röhr  ergrif, 
so  tanzte  sie  dazu,  so  schlecht  er  immer  pdf.    93. 

6)  tag,  nacht,  feuer,  fieber,  sucht,  schwert,  und  andere 
mehr,  werden  persönlich  gedacht,  können  darum  ergreifen :  ir 
aber  seid  nicht  in  der  linsternis,  das  euch  der  lag  wie  ein 
dieb  ergreife  (golh.  ni  sijuj)  in  riqiza,  ei  sa  dags  izvis  svft 
|)iuhs  gafahai).  iThess.  5,4;  als  mich  aber  die  nacht  wieder 
ergriffe.  Simpl.  K.  53;  wenn  ein  fewr  auskompt  und  ergreift 
die  dornen.  2  Mos.  22,6;  das  feuer  brach  aus  und  crgiif 
den  dachgiebel ;  die  halbe  strasze,  von  den  flammen  ergriffen, 
liegt  in  asche; 

sie  ward 
zur  flamme,  die  der  bäume  dicht  gezweig 
und  da:>  ^'ub&Ik  ergreifend  prasselnd  aufschlug.    Scdiller  500* ; 

das  fieber  ergreifl,  paclU  ihn; 

in  ergreif  diu  miselsuht.    o.  Ueinr.  119; 

wen  die  ansteckung  der  weit  ergreift.  Gotter  3, 70 ;  alle, 
die  das  schwert  ergrif,  musten  fallen ;  drei  monden  flucht 
vor  dem  schwert  deiner  feinde,  das  dichs  ergreife,  l  rAron. 
22,12;  der  ström,  der  Strudel  ergrif  den  kahn  und  hatte 
ihn  bald  verschlungen;  spann  an  und  fahre  hinab,  das  dich 
der  regen  nicht  ergreife.    1  kön.  18,  44. 

6)  furcht,  angst,  schauder,  schrecken  ergreifen :  angst  hat 
mich  ergriffen  wie  eine  gebärerin.    Es.  21,3; 

und  nie 
setz  Ich  des  bechers  rand  an  meine  lippen, 
dasz  nicht  ein  schauder  mich  ergreift.    Schiller  411'; 

mich  hat  ergriffen  die  elende  zeit.  Iliob  30, 16.  aber  auch 
wonnc,  freude,  lust,  verlangen,  wehmut,  staunen :  freude  und 
wonnc  werden  sie  ergreifen  und  schmerz  und  seufzen  wird 
weg  müssen.    Es.  35,  lO; 

mich  ergreift,  ich  weisz  nicht  wie, 
himmlisches  behagen, 
will  michs  etwa  gar  hinauf 
zu  den  steinen  tragen?    Göthk  1,  134; 
wehmuth  ergreift  mich  und  die  seele  blutet.    Scuiller  419'; 

die  üble  laune  erpreift  auch  mich  zu  zcitcn.  Kmncer  11,  "O; 
Verzweiflung  ergreift  nur  verstockte.  Gotter  3,  loi>.  die  be- 
geistening,  der  geist  ergreift:  sihc  der  geist  ergreift  in.  so 
schreiet  er  alsbald  und  reiszet,  das  er  scheumet  (golh.  ahma 
nimij)  ina  unhrains).  Luc.  9, 39 ;  staunen  ergrif  alle,  stujntr 
inressil  omnes.  wut,  Wahnsinn;  desto  eher  und  heftiger  >on 
seiner  gewöhnlichen  Ungeduld  ergriffen  ward.  Göthe  31,229; 
von  trunkner  andacht  ergriffen.    Fr.  Möller  1, 19. 

7)  unpersönlich,  es  ergreift  mich,  ich  werde  davon  ergriffen, 
ich  bin  ergriffen,  staune,  äya/iai,  gravius  commoreor;  wen 
ich  anrufe,  zittert  wie  ein  ergriffener.  Schiller  t7o'.  umge- 
dreht mit  dem  acc,  ich  ergreife  es:  nicht  das  ichs  schim 
ergriffen  habe  oder  schon  volkomen  sei,  ich  jaj,'e  im  aber 
nach ,  ob  ichs  auch  ergreifen  möchte,  nachdem  ich  von 
Christo  Jesu  ergriffen  bin  (goth.  ni  {latei  ju  andntMnjau  ai)i|)au 
ju  garaihts  gadoinijis  sijau,  a\)\)an  ik  afargagga  ei  gafahan, 
in  |iammei  gafahans  varj)  fram  Xristau).    Iliiliffp.  3, 12. 

8)  den  weg,  aiisweg,  pfad  ergreifen,  x'iam  inire,  capesserr, 
einschlagen,  mhd.  die  vart  grifen,  ergrifen: 

nu  gle  ein  stic,  der  was  smni, 

nArli  hl  einem  stt  ze  tal, 

den  ergreif  der  liplöso  man.    tSreg.  3601; 

es  kostete  viele  mühe  wieder,  ehe  sie  den  boden  (vom  w.ii/en 
herunter)  ergriffen  hatte.  Gotthelf  .i;«vt.  .tcAr.  4,  isi ;  als  sie  vom 
baclie  sich  losgemacht ,  «les  hiiiisclien«  schwelle  erpriiren 
halten  und  daheim  saszen.  4,  ls7:  ihr  habt  die  rechte  bahn 
ergriffen ;  den  weg  rechtens  ergreifen,  eine  klage  anstellen  ;  die 
flucht  ergreifen,  fugam  ca]>essere.  hteraus  folgt,  dost  greifen 
ursfiriinglich  nicht  nur  auf  die  hdnde,  sonilrrn  auch  auf  die  fusze 
geht,  der  fusz  (die  sehe)  ergreift  den  boden,  haprl  fest  im  boden, 
vgl.   die  Vorstellung  von  ereilen,     wenn   es  hnszl :    ketupf(>  den 


829 


ERGREIFEND  —  ERGRIMMEN 


ERGRIMMEN  —  ERGRÖSZERN 


830 


guten  kämpf  des  glaubens,  ergreife  ifür  ergreif)  das  ewige 
leben.  1  Tim.  6, 12,  golh.  undgreip  libain  aiveinön,  so  liesze  sich 
auch  verstellen  den  pfad  des  ewigen  lebens; 

glaubt  mir,  sie  werden  sich  des  streiu  begeben 

und  gern  ercreifen  friedliches  geleit, 

aus  uusern  landesmarken  zu  enttveichen.    Schiixer  531*; 

der  junge  Solon  muste  in  seinen  ersten  jähren  die  kauf- 
mannschaft  ergreifen.  1025';  ivie  es  auch  heiszt  einen  stand 
ergreifen,  erwählen. 

9j  abäract,  das  wort  ergreifen,  prendrc  la  parole;  die  rechte 
zeit,  den  rechten  augenblick  ergreifen ; 

ergreifen  die  ruhigste  stunde.    Bürger  24S'; 

die  gelegenheit,  Veranlassung;  die  leute  ergriffen  jeden  an- 
lasz  sich  ihm  gefäilig  zu  enveisen ;  einen  verschlag,  ein  an- 
erbieten; ich  ergreife  deinen  rath  mit  beiden  bänden;  ich 
wüste  kein  besseres  mittel  zu  ergreifen ;  bedenket  euch  bes- 
ser, damit  ich  nicht  Ursachen  ergreife,  euch  etwas  anders 
zu  weisen.    Sinipl.  K.  468. 

10)  Maaler  110*  bat  auch  ergreifen  für  begreifen,  nichts 
ergriffen  haben,  coinprehensi  nihil  habere. 

ERGREIFEND,  l)  invadens,  oppriinens,  erfassend: 

mit  dem  Schwerte  springt  der  corsar  an  die  küsle 

in  dem  nächtlich  ergreil'enden  Überfall.    Scbillek  500'. 

2)  comnwvens,  gravis:  ein  ergreifender  redner,  ergreifende 
Worte, 

ERGREIFLICH,  quod  preheudi,  arripi  polest:  die  eigenschaft 
des  romans  und  die  form  desselben  begünstigt  ihn,  indem 
er  durch  fingierte  motive  das  historisch  wahre  näher  an  ein- 
ander rückt  und  zu  einem  faszlichen  vereinigt,  während  es 
sonst  in  der  geschichte  weit  auseinander  steht,  und  sich 
kaum  dem  geist,  am  wenigsten  aber  dem  gemüth  crgreiHich 
darstellt.  Göthe  4fi,  233;  gar  zierlich  behandelt  es  (das  äch- 
h&rnchen)  ergreiflich  kleine  appetitliche  gegenstände.    55,  321. 

ERGREINEN,  lacrimari,  /lere,  anheben  zu  greinen. 

ERGREISEN,  senescere,  ergrauen: 

so  wollest  du  uns  binden  tod  und  aller, 

dasz  wir  nicht  sterben  und  auch  nicht  ergreisen. 

RÖCKERT  105.  ges.  ged.  1,  85. 

ERGRELLEN,  inclamare,  clainorem  edere,  aufschreien,  ein 
seltnes,  starkes  verbum,  praet.  ergrall,  pari,  ergrollen,  von  dem 
einfachen  grellen,  grall  schreien,  mhd.  grellen,  gral  (icie  knellen, 
knal;  quellen,  quäl;  wellen,  wal),  ahd.  grellan,  gral,  dessen 
praes.  lautete  ih  grillu,  mhd.  ich  grille,  und  woher  sich  der 
name  der  schreienden,  zirpenden  grille,  cicada  ungezwungen  leitet: 

und  grellem  als  zwo  junge  katzen.    Renner  18956; 
nhd.  Susanna  in  der  not  ergral.    Scuwarze:(berg  110,  l, 

wie  es  in  der  biblischen  historia  von  Susanna  und  Daniel  v.  24 
heiszt:  und  fieng  an  laut  zu  schreien,  vgl.  gramm.  2,58  und 
grell,     später  gleich  dem  folgenden  erloschen. 

ERGRELLEN,  praet.  ergrellte,  schreien  machen,  reizen,  er- 
xünten,  das  vom  vorigen  gebildete  transitivum,  mhd.  ergrellcn, 
ergndte,  ahd.  irgrellan,  irgralta: 

nu  waren  eben  da  viel  lanzknecht 
in  der  besatzung,  ist  mir  recht, 
die  hallen  den  äffen  ergreit, 
jeder  sich  da  zu  der  wehr  stell. 

NicKiNL's  affenspiel  E3'. 
ScHOTTEL  630  führt  ergrellen  an,  ohne  erklärung  und  beleg. 
ERGRETZEN,  irrüare,  exasperare,  erzürnen,  reizen? 
die  auf  Johannera  heftig  war  ergretzt, 
derhalben  sie  ihm  heftig  sehr  zuseui.    Lobwasser  Cal.  p.  4 ; 
eins  menschen  zoren  oder  grim, 
der  sich  ergretzt,  wird  so  (zu?)  erzürnt  (erzunt?), 
denn  das  man  in  leicht  stillen  kunt.    p.  80; 

so  wir  etwan  schlafend  gefunden  erligen  und  ergretzct  wer- 
den,   krigbächlein  des  frides  155.      läszt  sielt   dies   sonst   überall 
feldtnde   uorl    noch  auf  golh.  grtltan,    greitan  ßere  zurfickleiten 
und  durch  weinen  marlien,   aufbringen  deuten?     vgl.  mhd.  gra} 
und  gnVen  {üb.  1,  5CS),  ahd.  grai^^o  (Graff  4,335). 
ERGRIFFENHEIT,  f  commotio^stupor. 
ERGRIM.MEN,  in  form  und  bedeutung  schwankend, 
1)  das  alte  intransitivum  rugire,  ferocire,  fremere,  incenM  ira, 
irasci  war  noch  starkfurmig,  praet.  ergramm: 

Mercurius  gar  hart  ergram.    Wickra*  irr.  bilger  79, 
ganz  wie  das  einfache  grimmen  mhd.  gram,  pl.  grummen  bildtle: 
gram  dui<  h  swarten  und  durrh  vi-l.    Purz.  411,8; 
(i  gnimmen  aise  Usj  mere.    Laipr.  Alex.  2307  (2717). 


die  praesensformen  lassen  aber  nicht  auf  das  äarke  oder  schwache 
praet.  schlieszen:  ergrimmen  und  in  ein  töube  {in  die  wut) 
kommen,  als  die  pfärd,  so  sie  hörend  aufblasen  oder  lär- 
man  schlahen,  ferocire.  Maaler  111*,  also  wiehern,  wie  sonst 
brüllen,  das  wort  begegnet  häufig  in  Luthers  bibel,  aber  mit 
schwachem  praet.:  da  sprach  der  herr  zu  Kain,  warumb  er- 
grimmestu?  und  warumb  verstellet  sich  dein  geberde?  XMos. 
4,6;  mein  herr,  dein  zorn  ergrimme  nicht  über  deinen 
knecht.  44,18;  ah  herr,  warumb  wil  dein  zorn  ergrimmen 
über  dein  volk?  2  Afos.  32,11;  und  als  der  herr  hörete,  er- 
grimmet sein  zorn  und  zündet  das  fewr  des  herrn  unter 
inen  an.  4  Mos.  11,  l ;  und  sein  zorn  ergrimmet  seer.  1  Sam. 
It,  6 ;  da  ergrimmet  Saul  seer.  18,  8 ;  da  ergrimmet  David 
mit  groszem  zorn.  2  Sam.  12, 5 ;  als  Jesus  sie  sähe  weinen . . . 
ergrimmet  er  im  geist  {goth.  inrauhtida  ahmin,  vulg.  fremuit 
spiritu).  k'h.  11,  33 ;  Jesus  aber  ergrimmet  abermal  in  im  selbs 
{goth.  lnrauhti{)s  in  sis  silbin ,  vulg.  fremens  in  semet  ipso). 
11. 38 ;  da  aber  Paulus  irer  zu  Athene  wartet ,  ergrimmet 
sein  geist  in  im  {vidg.  incitabatur  spiritus  ejus  in  ipso). 
apostelg.  17, 16.  die  nd.  bibel  beliält  ergrimmen ,  die  nl.  setzt 
vergrimmen,  hier  sind  noch  andere  stellen:  und  da  Otgier 
sich  also  lestern  hört,  er  ergrimbt  in  im  selber.  Aimon 
0  2' ;  gar  im  zorn  ergrimpt.   c  l' ; 

der  ritter  ergrimbt  und  erpittert.    H.  Sachs  I,  177'; 

du  jagest  aus  und  ein,  wie  wann  die  see  ergrimmt, 

und  die  betrübte  Hut  bis  an  die  wölken  klimmt.   Opitz  1,107; 

Kaipbas  trat  jetzt  herrisch  henor  und  ergrimmt  und  sagte. 

Messias  4,  24 ; 
sieh,  er  sprang  auf  und  risz  sich  aus  seiner  reih  und  ergrimmte. 

4,  270; 
da  ergrimmte  der  priester  von  neuem.    6,429; 
Eaiphas  sah  ihn  ergrimmen.    7,594; 
und  als  auch  herbei  der  verrälher  mit  sprang, 
ergrimmte  der  alte.  Bürger  36'; 

zürnend  ergrimmt  mir  das  herz  im  busen.    Schiller  490*; 

sie  ergrimmt  in  hasz  gegen  mich !   Klixger  2, 123. 

2)  transitiv  incendere  ira,  exaccrbare,  efferare :  grimm  machen, 
wie  ein  wildes  thier.  Maaler  111*;  wir  sollen  die  gemein 
und  Studenten  wider  sie  reizen  und  ergrimmen,  schreiben 
des  Witlenberger  Senats  bei  Melanchthon  1,  553; 

das  sie  zur  räch  ergrimmen  mich.    H.  Sachs  1,177'; 

da  ward  er  [Xerxes)  so  ergrimmet  sehr, 

das  er  liesz  geiselen  das  meer.    Fischart  gl.  schif'; 

ein  durch  die  jagd  ergrimmter  bär 

latscht  hinter  einem  wandrer  her.    Lessi:ng  1,  124; 

ich  warf  mit  dem  zerrisznen  mutterherzen 

mich  zwischen  die  ergrimmten,  friede  rufend.    SchillsrIQO*; 

Stille  nur.  du  ergrimmst  mich.    Göthe  57, 113. 

ERGRIM.MUNG,  f.  iracundia,  exacerbatio:  niemals  nahm 
dieser  in  einer  ergrimmung  Torstellungen  an.  J.  P.  Hesp. 
3, 147 ;  seine  heulige  ergrimmung  war  am  ende  eine  tochter 
der  lugend.  4,94;  Albano'  erklärte  sich  mit  zu  groszer  ju- 
gendergrimmung.  Tit.  2,40;  er  {der  hofmann)  dankt  gott, 
wenn  alle  ergrimmungen,  unsittlichkeiten  und  öffentliche 
übel  den  guten  character  der  kratze  und  des  frieseis  an- 
nehmen, welche  beide  niemals  im  gesicht  sich  zeigen,  däm- 
merungen  s.  98. 

ERGRÖBELN,  was  ergrübeln,  vgl.  ergrabein,  ergrappeln: 
die  giftigen  meuler,  die  sich  fleiszen,  wo  sie  etwas  ergröb- 
beln.  Luther  4,406';  wer  hats  im  befolhen  solchs  zu  er- 
gröbeln?  wenn  er  seit  alles  ergröbeln  und  erfaren.    4,537'. 

ERGROBEN,  efferascere ,  verwildern,  vergröbern:  dis  volk 
(die  Rhälier)  ist  mit  der  zeit  durch  die  rauhe  gelegenheit 
des  lands  erwildet  und  so  fast  ergrobet,  dasz  sie  ir  alte 
Tuscier  art  ganz  hingelegt  und  nichts  darvon  behalten  ha- 
bend, dann  allein  die  sprach.   Stumpf  2,  296*. 

ERGRÖBERN,  cras^us  facere,  vergröbern. 

ERGRÖSZEN,  adaugere,  amplificare ,  vergröszern:  er  wolt 
Machomet  ergröszen  mit  tausent  pfunt  golds  und  andern 
mcr  reicheiten.  Fierabras  H2;  sie  ergröszet  ihre  natürliche 
Schönheit.    Opitz  3,  69. 

2)  amplificari,  grvszer  werden: 

und  nam  {der  streich)  bis  auf  das  fleisch  das  kleid  und  waffea 

mit, 
also,  dasz  er  ihm  ganz  die  linke  seit  entblösztc 
und  solch  entblöszung  auch  in  mehr  und  mehr  ergröszte. 
Werders  Ar.  23,  117. 

ERGRÖSZERN,  dasselbe,  heute  vergröszern:  wo  er  seinem 
verhcisz  genug   thet,  so  wölt  er  ime  sein  königreich  mit 


831 


ERGRÜSZEHN  —  ERGIlt  NDEN 


ERGRÜNDEN  —  ERHABEN 


832 


vierzehn  guten  schlossern  ergröszem  oder  ermcren.  Aimon 
mS';  dasz  sie  hernarh  die  mauren  nicht  weiter  hinausz 
setzen  und  die  zargen  ergröszem  dürfen.  Fbosp.  knegsb. 
2,33'; 

dein  ansehn  wird  auch  niclit  ergröszert.    Onrrz  2,  489 ; 

eine  zu  ergröszem  nölhigc  macht.  Lohenstein  Arm.  1,  27S; 
die  haJsstarrigkeit  des  bösen  krieges  wird  ergröszert  alle- 
zeit.   SCHOTTEL. 

2)  sich  ergröszem: 

und  ^ann  ein  schwader  nun  zurücke  wieder  rücket, 
so  wird  ein  ander  stracks  wiodmnib  hcrfür  geschicket, 
vom  Volk  je  mehr  und  mdir  ergröszert  sich  dis  Teld, 
die  reuter  man  hicher,  das  ftiszvolk  dorthin  stelll. 
Werbers  Ar.  Iti,  41 ; 

der  lermcn  zwischen  diesen  beiden  duellanten  ergiöszcrt 
sich.  Sintpl.  K.  149;  das  feuer  ergiöszerte  sich  auch.  Simpl. 
Vogelnest  2,  26. 

ERGRÖSZERrNG,  f.   amplificalio,  mehrung,  vergröszerung. 

EUGRÖSZIJNG,  f.  dasselbe:  des  heil.  rüni.  reichs  wulfart 
und  ergröszung.    reichsabsch.  von  150"  im  eingamj. 

ERGRÜBELN,  enucleare ,  exquircrc,  mühsam  und  fieinlkli 
herausbringen,  ahd.  nur  grubilön,  kein  irgruhilön ;  da  nie  giuo- 
liilun  geschrieben  wird,  scheint  es  aus  graben  unherleitbar ,  so 
;>a,«enfl(  die  Vorstellung  des  ergrabens  mit  einem  nayel  wäre, 
vgl.  Sendschreiben  über  Reinhart  fuchs  s.  C2  und  ergrabein,  er- 
grappeln ,  ergröbeln  und  die  auch  vorkommende  sclircibung  er- 
gribeln,  ergriebeln :  wist  ir,  mit  was  eisen  und  messer  sies 
thaten?  mit  schönen  gufctiin  {nadeln,  nageln)  und  stümpflin, 
welchs  kleine  halbe  messerlin  sind,  damit  die  kinder  diser 
/and  die  nusz  schelen  und  ergrübelen.  Garg.  206';  gottes 
wege  lassen  sich  nicht  ergrübein;  der  mann  will  alles  er- 
grilbeln ; 

Kasidien,  ein  herr  von  hohem  stände, 
ergrübelte  sich  täglich  neue  pein.    Hagedorn  2,  149; 
von  der  doppolicn  teuschunff 
bald  der  gewähnten  gewisheit  und  bald  des  crgrübeltcn  zwei- 
feis. Messias  17,  474 ; 
teuschte  sich  nicht  durch  ergrübelte  Zweifel.    17,  4S2; 
zwischen  ungleichartigen  begriffen  Identität  crgrübeln.    Kant 
4,  231 ; 

ergrübelt  mir,  wo,  wie  und  wann 

warum  mir  so  geschah?    Bürger  32'; 

genug  für  sie,  dasz  es  so  ist.    ersparen 

sie  sich  die  mühe  zu  ergrübcin,  wessen 

beredsamkeit  sie  diese  wendung  danken.    Schiller  266'; 

damit  das  zarte  gefühl  die  guten  karten  ergrüble.  J.  P.  leu- 
felsp.  1,75. 

2)  sich  ergrübein: 

(]uellen  tausendfacher  lust, 

Jugend,  Schönheit,  liebe! 

Ihr  erweckt  in  meiner  brüst 

schmeichelharie  triebe. 

kein  genusz  ergnibelt  sich, 

ich  weisz  enug,  indem  ich  mich 

im  empflnaen  übe.    Hagedorn  3,  8S; 

ein  genusz,  der  sich  nicht  ergrübcin  lüszt.    Hamann  i,  4. 

ERGRCBLER,  m.  investigalor.  Stieler  689. 

ERGRCBLUNG.  f.  der  halben  ward  ich  ...  zu  crgribelung 
(fo)  dieser  antiquitct  erfordert.    Garg.  33*. 

ERGRC.NDE.N,  fundum  explorare ,  invesligare,  gründlich  er- 
forschen, ausforschen,  ahtl.  irgruntan,  mhd.  ergründen;  einen 
brunnen  mit  dem  wurfljlei  ergründen ;  die  tiefe  des  flusscs 
ist  nicht  zu  ergründen,  erHif.s.«cn;  es  ist  das  herz  ein  trotzig 
und  verzagt  ding,  wer  kann  es  ergründen?  icii  der  herr 
kann  das  herz  ergründen  und  die  nieren  prüfen.  Jer.  17,9. 10; 
die  Ursachen  aller  dinge  ergründen  wollen; 

kein  endlich  ding  sölchs  als  <  nilt. 

1''-',  1; 

prüf,  herr,  versuch,  ergründ  n  n, 

wamach  mein  herz  und  sinn  »ich  richini.     WEr«Hr.RLifi  111; 

warum  nicht  »eine  brusl  mit  diesem  dolch  crgrilnden  (durch- 

bohren] ? 
■0  Ut  «ein  pochen  aus.  Gryi-uiis  1,  13; 

Momui  sah  nechüt  iinnre  fTirslin,  rauHc  drauf  sein  huar, 
dasi  er  kunte  uichlfi  ergründen,  wan  zu  indoln  war. 

I.OCAV  3,  130,8; 
ihr,  «lif   ilir  inc<ncl   iiiiil   irLTiinilfl, 
was   >■  liAlt, 

■nf!  '  'i<'t, 

die  jji   ^ DsoLMiGV.ii  13; 

mein  bitten  rfibrt  dich  nicht,  du  kannxl  e«  nicht  ergrCinden, 
wu  iü  dem  worte  'Ja'  (Tir  ein«*  wolluHt  nlückt. 

Höht  schäferijvd,  fi; 


ei  ja  wol  1  ich  soll 
den  herrn  nur  erst  ergründen,  ob  er  so 
der  mann  wol  ist.     'nun  ja,  ergründet  nur! 
(ich  will  doch  sehn  wie  der  ergründet!)  nun?'   Lessinc  2,  217; 

den  heidewohner  kann  der  Steuereinnehmer  nicht  ausmessen, 
der  gulsherr  nicht  ergründen.    Mösek  1,97; 

schwer  zn  unterscheiden, 
noch  schwerer  zu  ergründen  sind  die  menschen.    Schiller... 
IVIathildens  herz  hat  niemand  noch  ergründet.    249'; 
ob  nicht  natur  zuletzt  sich  doch  ergründe.    Güthe  4, 100. 

2)  sich  eines  dings  ergründen  ßr  erkundigen  sclieint  tadel- 
haß:  das  allein  zu  verstchn  ist  dem,  der  sich  der  heim- 
liciikcit  der  naiur  heimlichen  ergründ.  Paracelsds  2,125'; 
dann  wer  der  philosophei  nicht  ergründet  (erfahren,  kundig) 
ist.  1, 1062'. 

ERGRCNDER,  f».  cxploralor,  scrutator.  Maaler  111*. 

ERGRCNDLICH,  quod  cxplorari  polest,  erforschbar,  erforsch- 
liih.     s.  unergründlich,  unerforschiicli. 

ERGRÜNDUNG,  f  scrutatio.  Stieler  711: 
crgründung  wo  nicht  abgrund  ist.        Klopstock. 

ERGRÜNEN,  1)  iiresccre,  ftVe»e.- 

in  ruh  ergrünet  mir  das  herze  mein 

als  auf  einer  aue.    Limburycr  chron.  69; 

von  blättern  sah  ich  mancherlei  ergrüiten.    Göthk  4,  98; 

mein  botenstab  ergrünt  von  frischen  zweigen.    Schiller  494". 

2)  Ir.  grün  machen:  lug,  wie  gerötet,  ergrünet  und  ergel- 
bet  hat  in  die  minne.  Heinr.  Snso  im  buch  von  der  evngen 
Weisheit  bei  Wackernagel  //'.  875,  20. 

ERGUCKEN,  oculis  intenire,  erselien,  erschauen,  erspähen: 

im  see  ich  dort  ergucket 

die  groszen  kaufmannspallen 

hin  und  her  wider  wallen,    ü.  Sachs  I,  2S9*; 

ein  Volk,   das    alle  mörinseln    und  Völker   bisz   zu  cnd  der 
well  ergucken  und  crfaren  will.    Frank  wellb.  42'. 

ERGURGELN,  gutture  canere,  gurgeln,  dahergurgeln,  aus  iler 
kelUe  eischallcn  lassen: 

doch  andre  vögelein  gar  nicht  stillschweigend  bleiben, 
sondern  ein  jegliches  in  seiner  nrl  mit  lust 
ergürgelet  sein  lied  aus  seiner  edlen  brüst. 

Weckherlin  760. 

ERGUSZ,  m.  effusio,  nach  allen  bedeulungen  des  ergieszens : 
crgusz  der  gewässer ;  der  thränen,  des  herzens ; 

durch  der  gehobenen  ströme  ergusz.    Klopstock  2,  149; 

oft  an  der  Leine  ergusz.    Voss; 

und  des  honiges  ein  ergusz 

rinnt  gelb  aus  eich  und  ahorn.    derselbe; 

jene  trank,    stolz  hemmte  den  zäbrenergusz.    Platbn  129*; 

Riiinld  ergreift  den  verschlag  mit  vergnügen, 

dankt  seinem  wirth  mit  herzlichem  ergusz, 

und  eilt  sich  zu  den  schilTeni  zu  verfügen, 

die  ihn  bereits  erwarten  auf  dem  tlusz.    Gribs  Ar.  43,52. 

ERGUTZEN,  was  ergucken,  vgl.  angutzen: 

sie  spricht  sie  tei  euch  heut  ergutzen.    fastn.  277,  22. 

ERHABEN  setzt  Maaler  111',  ohne  umlaut,  für  erheben, 
cfferre:  zu  einem  heiligen  erhaben,  ascribere  numinibus;  er- 
habende, der  erhebt,  efferens. 

ERHABEN  iü  die  organische,  bis  ins  11  jh.  unverkiimmerle 
form  des  pari,  praet.  von  erheben,  damals  aber  begann,  wie 
von  heben  gehoben ,  auch  von  erheben  erhüben ,  etwa  nach 
falscher  anahgie  von  weben  gewoben,  einzudringetL  Scbottel 
hsi  und  BöDiRER  Frisch  149  achwanken  bcreili  xwisrhen  ge- 
hoben und  gehaben ,  die  frühsten  beispiele  für  gehoben ,  er- 
hoben sollen  unter  erheben  folgen,     das  ältere  erhaben  galt 

1)  noch  im  16  und  bei  einzelnen  .vhrißstellern  des  n  jh.  als 
wahres  pavliciimim :  gott  der  liorl  iiieine.<<  iieils  müsse  erhaben 
werden.  2  Sam.  22,  47 ;  du  hast  deine  angen  erhaben  wider 
den  heiligen.  Ikön.  19,22;  und  er  ward  danach  erhaben 
für  allen  lieidcn.  2  chron.  32,  23 ;  sie  sIikI  eine  kleine  zeit 
erhaben  und  werden  zunicht  und  uiilerdnickt.  Iliob  24.24; 
hab  it  h  mich  gcfrewel ,  wenns  ineinein  feinde  übel  gieng 
lind  habe  mich  erhaben ,  das  in  Unglück  betreuen  halle. 
31,29;  und  sein  hörn  so!  in  meinem  namen  erhallen  wer- 
den, fs.  80.25;  und  du  Capernaiiin,  die  du  bi-sl  erhaben 
bis  an  den  hiincl,  du  wirst  bis  in  die  helle  hiiiiinler  ge- 
sloszen  werden  (gofh.  \m  und  hiniin  iishaiibida.  dala|i  und 
baija  galei|)is;  ahd.  i'nonii  ni  arhevisln  thih  iin/an  liiinil, 
unran  in  hella  nidarsllgis).  Matlh.\\,Vi\  auf  da«  wir  auch 
mit  zur  hcilirbkeil  erhalien  werden.  Kr»«».  «,17;  deswegen 
er  in  stulz  crliabcD  war.    hiiuinin»  wemUmm.  ik'; 


833 


ERHABEN 


ERHABENHEIT — ERHALTEN 


834 


das  lamb  wird  erhaben  an  dem  crem 

und  aufgeopfert  an  dem  holz.  . 

Sklüeccer  chrisil.  psalmen.  Leipz.  los*  s.  zti; 

0  höchster,  der  du  deinen  thron, 

allein  zu  herschen,  hoch  erhaben.    WsciHKaus  49; 

weil  plötzlich  gottes  höchste  macht 

wirt  ihr  gebein,  so  sie  mit  pracht 

erhaben,  tod  ausströcken.    174; 

hat  kniend  er 

erheiben  sein  gebet.    615; 

als  bei  der  schwellen  er  nun  einen  stein  erhaben, 

der  sehr  voll  zifferpuncl  und  leichen  war  gegraben, 

da  funden  sich  gefäsz.  Werders  Ar.  4,3S; 

die  beiden  zeichen, 
die  Ton  dem  Hercule  weit  in  das  meer  hinein, 
den  Schiffern  zum  gemerk,  erhaben  worden  sein.    6,17; 
0  Schäfer,  wie  hat  doch  der  himmel  dich  erhaben. 

HoFiAfi;«swALDAü  gelr.  seil.  s.  13. 
vidleichl  tauchen  auch  im  18  jA.  einzelne  beispiele  auf. 

2)  erhaben  ist  bis  auf  Iteute  noch,  unterschieden  von  erhoben, 
für  die  adjectirische  bedeutung  hoch,  sublimis,  allus ,  celstts, 
excelsus,  vipr,X6s,  fiexdcaQos  behalten  Korden,  vielmehr  konnte 
es  aus  dieser  geläufigen  und  hergebrachten  nicht  verdrängt  «er- 
den, gerade  so  war  altus  ursprünglich  f>art.  von  alere,  denn 
der  tag  des  herrn  Zebaoth  wird  gehen  über  alles  hoffertiges 
und  hohes  und  über  alles  erhabens,  das  es  genidriget  werde. 
Es.  2,12;  auch  über  alle  hohe  und  erhabene  cedem  {vulg. 
cedrüs  sublimes  et  erectas).  2,13;  über  alle  hohe  berge 
und  über  alle  erhabene  hügel  (vulg.  super  omnes  montes 
excelsos  et  super  orones  coUes  elevatos).  2,14;  sähe  ich 
den  herm  sitzen  auf  einem  hohen  und  erhaben  stuel  (super 
solium  excelsum  et  elevatum).  6,1;  der  herr  ist  erhaben, 
denn  er  wonet  in  der  höhe  (magnificatus  est  dominus,  quo- 
niam  habifarit  in  escelsol.  33,5;  du  machest  dein  lager 
auf  einen  hohen  erhabenen  berg  (super  montem  excelsum 
et  sublimem).  57, 7 ;  denn  also  spricht  der  hohe  und  er- 
habene (excelsus  et  sublimis).  57, 15.  irir  nennen  g<M,  a» 
künigiiches  geschlecht,  einen  berg  und  thron,  eine  geslalt,  einen  ge- 
danken  erhaben,  die  sich  über  andere  eHieben,  darüber  erhoben  sind : 
erhabner  gott ,  was  reicht  an  deine  grösze ! 

beginn  eines  kircitenlieds ; 
erhabner  geist,  du  gabst  mir,  gabst  mir  alles.    Göthe  12,170; 
bat  der  begrabene 
schon  sichnach  oben, 
lebend  erhabene 
beriich  erhoben.    12,46; 
es  Hebt  die  weit,  das  strahlende  zu  schwärzen 
und  das  erhabne  in  den  staub  zu  ziebn.    Scbilles  S4'; 
thronend  auf  erhabnem  sitz 
schwingt  Kronion  seinen  blitz.    10*; 

der  erhabene  philosoph  (Ptato).   Kam  2, 290 ;  eine  regelmäszige 
beziehung  der  erhabenen  gegenden  gegen  die  tiefen.  9,  20 ; 

und  willst  du  stets  zufrieden  sein, 

so  bilde  dir  erhaben  (stolz)  ein, 

last  sei  nicht  lust  und  peiu  nicht  pein.    Gellert  1,  182; 

erhabne  herkunfl  scheint  ihr  anstand  zu  Terkünden. 
Gotter  2,  50; 

rachentflammter  erhabener  schmerz.  2,85; 
in  diesen  gegenden  ist  alles  still,  wie  in  erhabenen  men- 
schen. J.  P.  uns.  löge  vorr.  s.  24 ;  die  erhabne  gestall.  Hesp. 
2,116;  Wilhelm  verstand  nun  erst,  warum  das  leichtfertige, 
in  ihren  ausdrücken  erhabene  mädchen  den  knaben  der 
sonne  verglichen  hatte.  Göthe  19,  85.  Katt  gibt  folgende  be- 
^immungen:  erhaben  nennen  wir  das,  was  schlechthin  grosz 
i-;t,  das  ist,  was  über  alle  vergleichung  grosz  ist.  7,96; 
diese  erklaning  kann  auch  so  ausgedrückt  werden,  erhaben 
ist  das,  mit  welchem  in  vergleichung  alles  andere  klein  ist. 
7, 99 :  erhaben  ist ,  was  auch  nur  denken  zu  können  ein 
Tcrmögen  des  geistes  beweist,  das  jeden  maszstab  der  sinne 
Übertrift.  7,100;  erhaben  ist  die  natur  in  denjenigen  ihrer 
erscheinungen ,  deren  anschauung  die  idee  ihrer  Unendlich- 
keit bei  sieb  führt.  7, 105 ;  erhaben  ist  das,  was  durch  sei- 
nen widerstand  gegen  das  Interesse  der  sinne  unmittelbar 
gerällt.  7,120. 

3)  erhaben,  in  der  bedeutung  von   ergraben,  getrieben,   cae- 
latus,  uulplus: 

geworht  mit  gnoten  bilden,  mit  golde  wol  erhaben. 
Nib.  347,  3 ; 
erhabne  arbeit,  erhabnes  bildwerk;  erhabne  oder  tribne  ar- 
beit machen,  caelare.  Maaler  111';    erhaben  ding  machen  in 
gold;  die  kunst  des  erhabnen  werks,  des  ausstechens,  grabcns; 
vil   und   mancherlei  historien  und  geschichten  mit  erhabner 
arbeit   auf  ein   trinkgescbirr ,  becbcr  oder  schalen  machen, 
cralerem  caelare  longo  argumenta,    datdbst, 
lü. 


ERHABENHEIT,  /.    excelsitas,  sublimitas:  erhabenheit  des 
bildes,  des  ausdrucks,  der  rede  (vgl.  erhobenheit) ; 
er  wird,  er  kann  nicht  widerstehn,  so  vieler 
erhabenheit  nicht  widerstehn.    Schiller  300*. 

ERHABENSCHAUERLICH.  Klisger  8,  85. 
ERHABENTHUEND,  sublimis  speciem  prae  se  ferens :  übrigens 
gehöre  ich  nicht  zu  den  bewunderem  des  hohen  liedes  von 
Bürger,  so  wenig,  dasz  ichs,  mit  allen  sonnetten  und  den 
neueren  erhabenthuenden  öden  und  cantaten,  zu  den  schlech- 
testen geburten  des  bürgerschen  geistes  rechne.  Voss  br. 
3,1,172. 

ERHABüNG,  f  alleratio ,  erh^ung:  dann  ist  der  unlere 
Schenkel  etwas  aufgestiegen  mit  erhabung  einer  geschwulst. 
WCrtz  179.  mhd.  erhabunge  des  gebetes,  erhebung  des  ge- 
bets.    myst.  1,  391, 3. 

ERHACKEN,  pastinare  terram,  aufhacken;  erhacken,  jätten, 
vineas  occare.    Maaler  111*. 

ERHADERN,  rixis  impetrare,  erzanken:  nichts  als  schaden 
hat  er  sich  erhadert.    Stiele«  777. 

2)  sich  erhadem,  rixari:  auf  einen  tag  hatten  sie  sich  aber 
gar  hart  mit  einander  gezanket  und  erhadert.  Wickbam  roUw.  70*. 
ERHALLEN,  sonare,  resonare,  für  erhellen: 
laszt  erhallen.    Melisscs  ps.  N4'; 
er  heiszet  sie  dir  spielen  schön, 

dasz  (=  dasz  es)  weit  und  breit  erschallet, 
dasz  auch  von  felsen  ein  getön 

im  widerschlag  erhallet.     Spee  trulzn.  171  (187); 

lieder  und  gesänge  erhallten  laut  durch  das  feld ;  wir  lente, 
wir  sangen  alles  was  wir  vollsten,  dasz  es  von  beiden  ufern 
erhallte  und  alle  najaden  lüstern  wurden.    Voss  br.  l,  193. 

ERHALT,  m.  accepiio,  empfang:  nach  erhalt  deines  briefs. 
vgl.  halt,  anhält,  behalt,  einhält,  gehalt,  Inhalt,  rückhalt,  ver- 
halt, vorhält,  unterhalt. 

ERHALTBAR,  nach  den  bedeuiungen  pes  erhaltens,  zumal 
serrabilis:  das  fleisch  ist  nicht  mehr  erhallbar,  haltbar,  hält 
sich  nicht  länger ;  impetrabilis,  erlangbar,  erreichbar :  alles  durch 
den  krieg  erwerbliche  oder  erhaltbare  äuszere  mein  und 
dein.    Kayfs  rechtslehre  2  aufl.  s.  257. 

ERHALTEN,  ein  characteristisch  nhd.  vorl.  allen  übrigen  dia- 
lecten ,  so  tceit  icir  sie  überschauen ,  abgehend ,  auch  mhd.  fehlt 
es  noch.  sdiw.  erhälla,  ddn.  erholde  sind  uns  nachgebildet. 
Dastpodids  242',  Frisics  900*.  1206',  Maaleb  Hl'  führen  es 
an.  da  haldan,  haltan,  mit  der  hand  fassen,  im  kirtetileben 
weiden,  hüten  ausdrückt,  wird  erhalten 

i)  zurückhalten,  retinere,  fest,  aufrecht  halten  bedeuten:  die 
pferde  rissen  aus,  kaum  vermochte  sie  der  kutscher  zu  er- 
hallen; der  kranke  phantasiert  so  heftig,  dasz  ihn  vier 
männer  kaum  erhalten;  das  kind  wollte  fallen,  aber  ich 
habe  es  noch  erhallen ;  erhalte  meinen  gang  auf  deinen 
fuszsteigen,  das  meine  tritt  nicht  gleiten,  ps.il. ö;  feilet  er, 
so  wird  er  nicht  weggeworfen,  denn  der  herr  erhell  in  bei 
der  band.  37,24;  meine  'seele  banget  dir  an,  deine  rechte 
hand  erhell  mich.    63,  9 ; 

du  bist  mein  bort,  auf  den  ich  traue, 
der  grund,  auf  den  ich  in  der  weit 
die  allerbeste  hofnun»  baue, 
die  weil  der  grundstein  mich  erhält.    GcirressS; 
dicht  umstanden  sie  Schwestern  des  galten  und  weiber  der 

Schwäger 
und  erhielten  sie  zwischen  den  armen  in  todesvefzuckung. 

BORGER  240'. 

man  gebraucht  heute  UAer  einfaches  halten,  oder  auch  abhalten, 
festhalten,  zurückhallen,  in  folgendem  beispiet  lieber  yerhalten: 
wer  sie  also  gesehen  het,   das  weinen  wer  von   im  nil  er- 
hallen  worden.    Aimon  s6',     er   hätte  sich  des   veinens    nicht 
enthalten,   die  thronen  nicht  verhallen,     in  folgender  stelle  iU 
erhallen  =  halten,  abhalten,  zurückhalten: 
nun  eben  dieser  tage 
begab  sichs,  dasz  gott  Mars  auch  in  der  nihe  läge, 
sein  hauptquartier  war  hier,    frau  Venus,  wie  man  weisi, 
pflegt  nicht  fern  ab  zu  sein,    es  friere  noch  solch  eis, 
es  drehe  wie  es  will,  sie  läszt  sich  nichts  erbalten, 
reist  ihrem  buhlen  nach.    Flbmisc  162. 

2)  unterhallen,  alere,  statinere,  ernähren:  diese  vreide  er- 
hält ein  dulzend  rinder;  das  grundslück  musz  die  ganze 
familie  erhallen ;  gott  erhall  alle  geschöpfe,  speiset  sie.  heu 
finden  und  die  ros  und  meuler  erballen  {füttern),  l  kOn.  18,5. 
Maaler  Hl'  gibt  die  redensarien:  einen  krieg  erhallen,  bellum 
alere;  ein  kriegsvolk  erhalten,  copias  miliium  alere;  die  liebe 
musz   mit  reden  ernert  und   erbalten  werden,   alendus  amur 

»3 


835 


ERHALTEN 


ERHALTEN 


836 


verbis.  es  heizt  auch:  das  feuer  erlialten,  unlerhallen,  nähren, 
gleiclisam  nul  holz  füttern. 

3)  an  beide  rorflellungen  reicU  unmitlelhar  die  abgezogenere 
des  reltens,  Schützens,  behütens,  erhalten  ist  behalten,  bewahren, 
seriare,  conscrrare:  sihe  die  weil  dein  knecht  gnade  funden 
bat  für  deinen  au^en,  so  woltestu  deine  barmherzigkeit 
grosz  machen,  das  du  meine  seele  bei  dem  leben  erhieltest. 
1  Mos.  19, 19 ;  sondern  soll  im  seinen  lohn  des  tages  geben, 
das  die  sonne  nicht  drüber  untergehe,  denn  er  ist  dürrtig 
und  erhält  seine  seele  damit.  5  Mos.  24, 15  ;  denn  um  Davids 
willen  gab  der  herr  sein  gott  im  ein  Hecht  zu  Jerusalem, 
das  er  seinen  son  nach  im  erwecket  und  erhielt.  1  kün. 
15,4;  die  gottlosen  erhelt  er  nicht,  sondern  hilft  den  elen- 
den zum  rechten,  ps.  41,3;  ich  wil  seinen  stuel,  so  lange 
der  himel  wehret,  erhallen.  89,30;  du  erhellest  stets  friede 
(servas  pacem).  £5.  26,  3 ;  sihe  das  ist  mein  knecht,  ich  er- 
halte in.  42,1;  und  wer  wil  den  bei  ehren  erhalten,  der 
sein  ampt  selbs  unehret?  Sir.  10,32;  denn  wer  sein  leben 
erhalten  wil,  der  wirds  verlieren.  Maltk  16,25;  sol  man  am 
sabbath  gutes  thun  oder  böses  thun?  das  leben  erhalten 
oder  tödten?  (golh.  saivala  nasjan  aijjjiau  usqistjan?)  Marc. 
3,4.  Luc.  6,9;  des  menschen  son  ist  nicht  komen  der  men- 
schen s«elen  zu  verderben,  sondern  zu  erhalten  (ak  nasjan). 
Luc.  9,56;  wer  da  suchet  seine  seele  zu  erhalten  (saivala 
seina  ganasjan),  der  wird  sie  verlieren.  17,33;  heiliger  vater, 
erhalt  sie  in  deinem  namen  {ttjqtjoov  avrovs,  goth.  fastai 
ins).    Joh.  17,3. 

4)  namentlich  vor  fäulnis  und  moder  bewahren:  das  fleisch 
ist  länger  nicht  zu  erhalten,  hält  sich  nicht;  der  leichnam 
kann  nur  noch  einige  tage  erhalten  werden ;  fleisch  mit  salz 
erhallen,  sale  asserrare  carnes.    Maaler  Hl'; 

das  salz  erhält  das  fleisch  für  faulen  und  für  stinken. 
LOGAU  2,  129,52; 

eier  lassen  sich  ein  Vierteljahr  erhalten;  der  ausgcgrabne 
Äichnam  zeigte  sich  noch  ganz  erhalten; 

aus  dem  modrigen  grab  kamst  du  erhalten  zurück. 
Schiller  87"; 

die  bildseule,  die  münze  hat  lange  Jahrhunderte  im  erdboden 
gelegen  und  ist  noch  wol  erhalten. 

5)  erhallen,  forlerhdten :  eine  sache,  ein  geschäft  im  gang, 
in  Ordnung  erhalten;  das  haus,  der  garten  ist  gut  erhalten; 
den  acker  in  bau  und  besserung  erhalten;  alles  in  gutem 
stand  erhalten ;  ihre  Schönheit  ist  nach  der  schweren  krank- 
heit  nicht  mehr  erhalten  geblieben,  erhaltende  politik,  con- 
servative : 

denn  was  wäre  das  haus,  was  wäre  die  Stadt,  wenn  nicht  immer 
jeder  gedächte  mit  last  zu  erhalten  und  zu  erneuen, 
und  zu  verbessern  auch,  wie  die  zeit  uns  lehrt  und  das  ausländ. 

GöTHE  40,  258. 

6)  häufig  mit  adjeciiviscliem  praedical:  gott  erhalte  dich  ge- 
sund, heil,  frisch,  sanutn,  incolumem  te  servet;  den  geschlosz- 
nen  bund,  den  frieden  wollen  wir  ganz  erhalten ,  integrum 
servabimus;  dieser  weg  ist  rein,  diese  tugend  unbefleckt  er- 
hallen. 

7)  mit  der  faust  im  kämpf,  mit  dem  eid  vor  gerichl  er- 
balten, bewähren,  befestigen,  erhärten,  erweisen,  vgl.  behalten  12  : 

bis  dasz  ich  hab  die  rede  mein 
mit  einem  sireit  und  kämpf  erhalten, 
wie  breuchlich  gwest  ist  Dci  den  alten.    Atrbr  269': 
wo  nicht  in  monatsfrist  ein  ritter  sich  ereuget, 
der  in  den  waffen  sich  ao  scharf  und  stark  erzeiget, 
dasz  gegen  kl&gem   er  das  mit  der  faust  erbalt  (erltalte,  be- 
währe), 
dasi  sie  unschuldig  sei.    Wiidkm  Ar.  5,67; 

er  habe  es  denn  allererst  erfahren  und  solches  mit  seinem 
eid  erhalten,  kammerger.  ordn.  von  1521.  10,10;  sprerh  ich 
nein,  so  musz  ich  ein  starken  grund  haben,  darauf  ich 
stehe,  dasz  ichs  widerlegen  kan  und  das  nein  erhalten. 
Luther  2,294*;  wenn  er  das  nicht  beweiset  imd  rrlielt,  so 
feilt  alle  sein  ding.  3,65*;  ir  kündt  es  mit  keiner  schrift  er- 
hallen, soll  irg  denn  mit  lauter  frevel  und  gewalt  wider  die 
«chrift  erhallen,  das  wird  zuletzt  wol  ausgehen.  5,87"; 
welchs  doch  alles  die  Widersacher  sich  zu  erhalten  unter- 
stehen, quae  tarnen  omnia  defendunt  adrersarii.  6,  405*  (wo  das 
Hieb  zu  unterstehen  gdiM);  also  hab  irhs  gesagt  und  wills 
für  docior  Ecken  wo!  erbalten.    Luthers  br.  1,314; 

(u  mein  mio  Ich  mich  Irgen  thet, 

kan  du  erhalten  bei  meim  cid.    Atrer  fa$tn,  16* ; 

Am  bikaufde*,  btm4krm  id  ttwol  ein  $uttinert  als  oblmtn, 
$)  ertaaJtea,  oMmtv, 


a)  empfangen,  bekomtuen:  ich  habe  das  geld,  das  geschenk 
erhalten;  den  brief,  das  schreiben,  die  nachricht  erhalten; 
einen  befehl,  auftrag,  tadel,  verweis,  eine  nase  erhalten ;  er 
wird  schon  seinen  lohn,  seine  strafe  erhalten ;  viele  wurden 
reich  beschenkt,  ich  erhielt  nichts,  samen  erhalten,  em- 
pfangen, conäpere:  so  kom,  lasz  uns  unserm  vater  wein  zu 
trinken  geben  und  bei  im  schlafen,  das  wir  samen  von 
unserm  vater  erhalten.    1  Mos.  19,  32. 

b)  erlangen,  erreiclten,  durchsetzen,  impetrare,  assequi,  bei, 
von,  über,  gern  mit  nachfolgendem  zu  oder  dasz:  erhielt  bei 
ihnen,  dasz  sie  eine  schifarmee  wider  Julin  aussandten. 
MicnÄLics  a.  Pomm.  2,203;  sie  fand  nicht  für  gut  oder 
konnte  es  nicht  über  sich  selbst  erhalten,  ihm  lange  auf 
ihre  ankuuft  warten  zu  lassen.  Wieland  1,  226 ;  Schachgebal 
hatte  vermutlich  einige  geheime  Ursachen,  warum  er  nicht 
von  sich  erhalten  konnte,  die  gründe  seiner  plrilosophcn 
überzeugend  zu  linden.  7,54;  beim  eintritt  in  Italien  erhielt 
Balthasar  von  ihm,  dasz  er  seinen  namen  Snderte.  Ki.iNCEn 
4,250;  mit  bitten,  thräneii  hatte  der  khalife  von  der  prin- 
cessin  erhaUen ,  sich  noch  einige  zeit  an  seinem  hofe  auf- 
zuhalten. 5,272;  da  er  von  dem  commandanten  der  festung 
nicht  erhallen  konnte  zu  dem  gefangenen  gelassen  zu  wer- 
den. Schiller  715*;  wenn  ich  es  nur  von  meinem  ehrgeiz 
erhalten  könnte,  einer  dame  am  hofe  den  rang  vor  mir 
einzuräumen.  188';  auf  die  zweite  (gesandtschaß)  erhielt  die 
Stadt  Anlwerpen  so  viel,  dasz  sie  bis  zur  persönlichen  über- 
kunft  des  kOnigs ,  wie  es  hiesz ,  mit  ihrem  bischofe  ver- 
schont bleiben  sollte.  802';  Egmont  konnte  es  nicht  von 
sich  erhalten,  die  saaten  seines  glucks  zu  verlassen.  816*; 
nur  mit  mühe  erhielt  er  endlich ,  dasz  ihm  zwei  kleinere 
schiffe  bewilligt  wurden.  872*;  nie  hatte  man  von  Rudolf 
erhalten  können,  seinen  nachfolger  im  reiche  wühlen  zu 
lassen.  894*;  euer  herr  hat  durch  alle  diese  gefälligkeiten 
nicht  erhalten  können ,  dasz  sie  menschlicher  mit  seinem 
Volke  verfahren  wären.  931*; 

beschickt  ich  sie  den  einen  um  den  andern, 
bis  ich  erhielt  durch  mütterliches  llehn, 
dasz  sies  zufrieden  sind.    490'; 

er  könnt  es  nicht  über  sich  erhallen.    J.  P.  Flesp.  2,  20. 

c)  aus  etwas  erhallen,  erzeugen,  hervorbringen,  gewinnen: 
aus  dem  kraut  erhält  man  einen  heilkräftigen  saft;  aus 
den  erzstufen  wird  gold  erhallen;  mischest  du  gelb  zu 
blau,  so  erhältst  du  grün;  aus  diesem  schiefer  erhält  man 
alaun;  dividirt  man  mit  x  in  y,  so  erhält  man  das  rechte  facit. 

dl  den  sieg  erhalten,  davon  tragen:  sie  erhalten  einen  sieg 
nach  dem  andern,  ps.  84,8;  sie  wird  auch  durch  die  weise 
den  sieg  bis  auf  den  jüngsten  tag  erhalten.  Luther  6,347'; 
frolocket  über  seinen  erhaltenen  sieg.  Lokmans  fab.  36.  das 
feld  erhallen ,  behaupten :  und  hiemit  erhielt  er  das  feld. 
Fro.nsp.  kriegsb.  3, 179' ; 

zwar  nicht  ich,  sondern  er  für  mich  erhielt  das  feld, 
ohn  seinen  rath  und  hilf  war  ich  tod  nmbgefallen. 

Weckhkrlin  65. 
seine  absieht,  seinen  zweck  erhalten,  durchsetzen:  und  mühen 
sich,  das  sie  ir  ding  erhallen.  Ez.  13,6;  ich  zweifle,  dasz 
ich  diese  absieht  erhalten  (erreichen)  werde.  tiELLERT  3,249; 
den  zweck  waram  ich  geschalTen  bin ,  desto  gewisser  er- 
hallen. 3,381;  CS  sei,  dasz  der  zweck  erhalten  ist,  oder 
auch,  dasz  die  handelnden  pcrsonen  ...  diese  absiebten 
nicht  mehr  haben.  J.  E.  Schlegel  2,8;  wil  man  aber  hals- 
starriglich  das  widerspil  erhalten.  Luther  1, 129'.  die  stelle, 
das  amt,  das  leben  erhalten,  erlangen,  er  erbüll  alles, 
warum  er  bittet; 

aber  den  menschen,  der  alles  erhält,    wenn  er  tüchtig  und 

pui  ist, 
und  der  alle«  zerstreut  und  zerstflrt  durch  fal.^chos  hoginnen, 
diesen  nimmt  man  nur  so  auf  glück  und  lufall  in.i  han.t  ein. 

(ioTHE  4U,  313, 
uo  jedoch  erhält  auch  bedeuten  könnte  betcahrl ,    serrat,    gegen- 
über dem  zerstreuen. 

9)  das  reflexirum  hat,  den  vorausgehenden  bcdeutungen  nach, 
verschiednen  sinn, 

a)  sich  erhalten,  suslinere  se,  sich  aufrecht  erkaUen,  bt- 
uahren:  es  war  starker  wind,  dasz  man  sich  schwer  erhal- 
len konnte;  auf  dem  eise  kann  man  sich  nicht  allemal  er- 
ballen; der  kunstreiter  erhielt  sich  auf  dem  saticl  «ii-h.nd, 
schwebend ; 

und  wenn*  hi«  unten  in  fo  heUt, 

alio  dati  «Mnor  »rliicr  nit  wri«, 

wo  er  lieh  dorh  für  liltz  orhnli, 

SO  l(U  dort  oben  olio  kalt.    ÄLitRUi  MN 


837 


ERHALTER  —  ERHÄXGES 


ERHARREN  —  ERHÄRTEN 


838 


b)  sich  erhalten,  defendere,  senare:  dann  mag  er  sich 
nach  dem  ersten  gebet  erhalten  vor  allem  unflat  und  an- 
derer Unlust.  FßANK  wellb.  107*;  die  frau  hat  sich  gut  er- 
halten (conserviert) ;  das  übst  erhält  sich  lange,  poma  diu 
durant;  der  umkreis  und  die  nördliche  auszenseite  haben 
sich  ganz  erhalten.  Stolberg  7, 115 ;  das  wunderbarste  phä- 
nomen  beim  Rheinfall  sind  mir  die  felsen,  welche  sich  in 
dessen  mitte  so  lange  erhalten.    Göthe  43, 159. 

c)  sich  erhalten,  fortdauern,  anhalten: 

die  Schurkerei  des  palriarcheo,  die 

so  ähnlich  immer  sich  erhält.    Lessi^g  2,  340; 

der  ölgeruch  im  neuen  topf  erhält  sich  lange;  die  üble 
nachrede  erhielt  sich  eine  zeit  lang;  das  gerücht  erhält  sich. 
ERHALTER,  m.  servator,  altur ,  nutrüor,  ernährer ,  reller: 
gott  ist  der  weit  erhalter;  Joseph  war  ein  herr  über  seine 
briider  und  erhalter  seines  volks.  Sir.  49, 17.  vgl.  beiland. 
ERHALTERIN,  f.  servatrix,  allrix. 

ERHÄLTLICH,  parabilis:  das  getraide  ist  jetzt  zu  billige- 
rem preise  erhältlich. 

ERHÄLTMS,  n.  servalio,  duramentum,  gebildet  wie  behält- 
nis,  Verhältnis: 

kommt  doch,  seht,  der  scbnee  Terschn-indet 

und  das  erd  und  wasserband, 

weil  es  kein  erhältnüs  findet, 

das  verlasset  see  und  land.    Fleii!<g  405; 

crhaltnüs,  rettungstniltel.    Lohenst.  Arm.  1,  42S. 

ERHALTUNG,  f.  1)  conscrvatio,  salus:  erhaltung  des  ge- 
schlechts.  3  Macc.  6, 12 ;  erhaltung  allgemeiner  wolfart.  Kirch- 
hof wendunm.  254*;  selbsterhaltung; 

«rie  andre,  da  des  rauthes  freier  trieb 

zur  kühnen  that  mich  zog,  die  rauh  gebietend 

die  notb  jetzt,  die  erhaltung  von  mir  heischt. 

Schiller  362'. 

2)  acceplio,  erhall,  empfang :  ich  verreiste  bald  nach  erhaltung 
deines  briefs.  Fichtes  lAen  1, 100 ;  seit  erhaltung  deines 
letzten  briefs.   1. 137. 

ERHALTUNGSTRIEB,  m.  corporis  noüri  Caritas,  Selbsterhal- 
tungstrieb : 

jedoch  wie  Übertrift  die  freundschaftliche  liebe 

dies  allgemeine  band  und  die  erhaltungstriebe ! 

Hacedor;«  1,  50; 

die  Selbstliebe  und  ihr  erhaltungstrieb.    Klingeb  12,  2S5. 
ERHALTUNGSWERTH,  dignum  qmd  serrelur. 
ERHALTIN GSZ\>'ECK,  m. 

der  andere  misbraucht,  was  zu  erhaltungszwecken 
gott  legt  in  die  natur,  zu  mittein  falscher  schrecken. 
DcscH  poel.  werke  1, 15. 

ERHANDELN,  mercari,  emere,  erkaufen :  wolfeil  oder  theuer 
erhandeln;  ein  rind,  die  kuh  mit  dem  kalb  et  handeln;  ja, 
wem  es  so  eintrifl,  dasz  er  eine  alte  matter  mit  etlichen 
tausend  thalern  auf  ein  Vierteljahr  erhaschen  kan,  und  wird 
hernach  ihr  völliger  erbe,  dasz  er  sich  auch  kan  eine  reiche 
junge  erhandeln  {freien),  der  möchte  von  etwas  glücke 
schwatzen,  rockenph.  4,  47 ; 

wer  ihm  guter  handeln  will,  der  erbandle  solchen  gnind, 
den  kein  brand,  kein  raub  rerterbt,  weil  er  im  gemüte  stund. 

LoGAU  2,240,  18S; 
jetzt,  da  der  bof  den  titelknecht  erbandelt, 
und  seine  ruh  in  müh  und  rang  verwandelt. 

Hagedor!«  1,  73. 

ERH.KNGEN,  laqueo  suspendere,  praet.  erhieng,  part.  erhan- 
gen ,  golh.  ushahan ,  ahd.  irhähan,  irhengan ;  erhangen  wer- 
den, suspendi,  suffigi:  das  meine  seele  v\'imdschet  erhangen 
zu  sein ,  und  meine  gebelne  den  tod.  Biob  7, 15 ;  und  er 
warf  die  silberlinge  in  den  tempel,  hub  sich  davon,  gieng 
hin  und  erhenget  sich  selbs  (goth.  ushaihah  sik,  ahd.  irbieng 
sih).  Matth.  27,5; 

einer  wirt  gefangen, 

der  ander  wirt  erhangen, 

der  dritte  wirt  erstochen, 

gott  der  leszt  es  nicht  ungerochen.    Keller  erzähl,  t,  522 ; 

und  wer  ist  der  uns  das  liedlein  sang? 

ein  Adelger  ist  ers  genant, 

wann  im  nicht  wol  ergangen, 

er  ist  an  einer  tannen  erhangen.    Uhland  151; 

darurab  er  auch  mit  seinem  haar 

an  einem  eichbaum  erhangen  blieb.    Fro;<spuc  1,202*; 
der  strick,  daran  ein  dieb  erhieng,  hilft  für  des  hauptes  weh 
gebunden  um  den  kranken  köpf    o  um  den  hals  viel  eh. 

LocAU  2,  104,  27  ; 
wer,  ausgesetzt  ans  feuerland, 
sich  nicht  am  ersten  bäum  erhienge.    GöUüci  1,278. 

auch  erhängte,  erhängt,  vgl.  erheoken. 


ERHARREN,  exspeclare,  exspeclando  assequi,  erwarten,  mit 
gen.  und  acc,  auch  mit  praepositionen : 

wer  verharret  üf  ein  zil, 

der  erharret  waj  er  wil.    Bätzler'm  s.  159',  6; 

bevalch    er   zwaien    edln    bei    der  brücken   zu   bleiben 

darumb  sollen  sie  sein  alda  erharren.  Wil.  v.  Sch-aumbcrg 
s.  S6 ;  huck  dich  nümmen  ein  wenig  ...  du  magst  es  die 
lenge  nit  erharren  [aushalten).  Keisersb.  büger  130';  habt 
doch  geduld  und  laszt  uns  noch  fünf  tage  der  hülfe  er- 
harren von  gott.  Judith  7,  22 ;  aber  ein  demütiger  erharret 
der  zeit ,  die  in  trösten  wird.  &r.  l,  28 ;  aber  ein  jecher 
narr  kan  der  zeit  nicht  erharren.  20,  6 ;  wo  ir  zuvor  räche 
erharret.  Luther  3,  US';  das  man  solchs  müge  ertragen  und 
erharren.  3,225';  nu  das  erharre  seiner  zeit.  3,251*;  wenn 
wirs  nur  künden  erharren  und  gedult  haben.  4,  214' ;  wers 
erharren  künde.  8, 310';  der  seines  gotts  erharre.  8,365'; 
darumb  konte  ich  des  tanzes  nicht  ef harren,  br.  4, 42 ; 
meine  Widersacher  haben  ein  bös  gewissen ,  sie  erharren 
des  Streiches  nicht,  tischr.  185";  der  teufel  erharret  der  mu- 
sica  nicht  gern.  217".  411";  [Oecvlampadius  und  Ztcingel)  wusz- 
len  nicht,  das  sie  des  Luthers  nicht  erharren  würden.  276' ; 
das  recht  wäret  bi  sechs  wuchen,  dan  si  meintend,  ich 
mechts  nit  erharren,  wurde  inen  ee  alle  ding  von  band 
geen.  Plater77;  so  erwarten  sie  oder  erharren  auf  gelegne 
wind.  Fro.nsperg  3, 142' ;  hat  sich  lang  bei  inen  gesaumpt, 
aus  hofnung  des  mals  oder  essens  zu  erharren.  Forer  29'; 
des  berrn  erharren.    Melisscs  ps.  P5'; 

ich    setzte   mir   vor  . . .   mit  gedult   zu   erharren ,    «ie  sich 
mein  verhängnus  weiters  anlassen  würde.  Simpl.  K.  210; 
Hektor  harre  mir  nicht,  mein  kind,  erharre  nicht  jenen 
sondergehülfen  allein.  Bürger  234'; 

sie  voll  herzlichen  grames  erharrt  stets  deiner  zurückkunft. 

Od.  13,  377, 
früher:  doch  sie  harrt  beständig  in  wehmut  d.  z.; 
ein  wort  macht  alles  ungeschehn.    ich  warte 
darauf,    o  laszt  michs  nicht  zu  lang  erharren.    Schiller  428' ; 

kann  man  aber  bei  solchen  Wirkungen,  welche  Jahrhunder- 
ten angehören,  sich  auf  die  zeit  verlassen  und  die  gelegen- 
heit  erharren,  so  gibt  es  dagegen  andere  dinge,  die  in  der 
Jugend  frisch  wie  reife  fruchte  weggenossen  werden  müssen. 
Göthe  25, 274.  Maaler  Hl'  hat  ein  intransitives  erharren, 
perdurare,  bis  zum  end  währen,  beharren. 

ERHARSCHEN,  crustam  ducere,  rigescere:  wenn  die  safte 
erharschen  oder  zusamen  sintern ,  wie  bergleut  reden.  Ma- 
THESics  56';  das  eine  weisze  gur  oder  wolkenfarb  wasser 
sich  allda  geliefert,  angelegt  oder  erharscht  (1562  derharscht) 
hatte.  62*; 

schnell  wie  die  weisze  milch  von  feigenlabe  gerinnet, 
flüssig  zuvor,  denn  eilig  erharscht  sie  umher  dem  vermischer. 

lt.  5,  903; 
da  er  den  blick  nach  ibc  herum  zu  drehen  sich  anstrengt, 
starret  der  hals  und  in  felsen  erharscht  die  feuchte  der  äugen, 
wie  von  scharfer  kälte  der  laufende  bach  erharscht  ist. 

vgl.  harschen  und  verharschen. 

ERHARTE.N,  durescere,  hart  werden :  von  herzog  .Naimas 
Worten  ward  der  keiser  gänzlich  zu  zorn  bewegt  und  ime 
erhärtet  sein  herz  dermaszen,  das  er  keias  raths  volgen 
wolt.    Aimon  v6'; 

die  jungen  kerlen  sein  gleich  auch  also  geartet, 

so  lang  ihr  euch  erzeigt  raw  und  erhärtet, 

so  lieben  sie  u.  5.  ic.  Werders  .4r.  10,  8; 

darauf  stunden    corallenzinken  so  grosz  als  die  eichbäuin, 
von  welchen  sie   zur   speise   mit   sich   nahmen,   was   noch 
nicht    erhärtet   und   geferbt  war,    denn   sie   pflegen   sie  zu 
essen,  wie  wir  die  junge  hirschgeweih.   Simpl.  764; 
schuppen  gewann  die  erbartende  baut  ilim.    Voss; 

mehre  recensionen  gerinnen  zu  einer  kritik  und  mehre  kri- 
tiken  erhärten  zu  einem  öffentlichen  urtheile  der  jetzigen 
mitweit.    J.  P.  bficlierschau  1, 3. 

ERHÄRTE.N,  indurare,  mhd.  erherten,  ags.  äheardian: 
1)  hart  machen:  mich  bekümert  fast,  das  keiser  Carle  ein 
als  erhert  herz  hat.    Aimon  v4';    es  müst  ein  erhertet  hen 
gewest  sein,  das  sich  zu  mitleiden  nit  bell  bewegen  lassen. 
x3'; 

und  gleichwie  sie  {die  sonne)  die  erd  erhert 

und  das  wachs  erweicht  und  versert.    Fischart  gl.sckif^9; 

verdienst  genug,  wenn  hie  und  da  ein  freund  der  Wahrheit . . . 
seinen  muth  an  scenen  des  leidcns  erhärtet.  ScHiU£it  700*. 

53* 


839 


ERHÄRTUNG  —  ERHASCHEN 


ERHASCHUNG—  ERHEBEN 


840 


2)  bewähren,  firmare,  mhd.  beherfen:  ich  hielt  harlc  wie- 
der und  erhärtete  das  wesen  immer  mit  neuen  motiven. 
ScBWEiNicHE!«  1, 224 ;  scinc  Würdigkeit  durch  tugend  erhärten. 
LoBENST.  Arm.  1,1352;  allein  wie  schwer  wird  es  ihnen 
fallen,  wenn  sie  diese  anziiglichkeiten  werden  erhärten  sollen. 
Lessi.nc  3,279;  eidlich,  mit  einem  theuren  eid  erhärten; 

er  schwört  gerichtlich  zu  erhärten, 

dasz  einem  mann,  wie  er,  durch  alle  Zauberei 

von  allen  nestelknüpferinnen 

der  ganzen  weit  so  was  noch  nie  begegnet  sei. 

WlKLAND  5, 197 ; 

auch  eure  Schreiber,  Kiirl  und  Nau  erhörten 

mit  einem  eid,  dasz  es  die  briefe  seien, 

die  sie  aus  eurem  munde  niederschrieben.    Schiller  413^; 

sie  erhärtete  dmch  dieses  wunder  ihre  keuschheit.  Stolberg 
7,  li>5;  wenn  er  diese  sStze  recht  logisch  erhärtete  und  be- 
wiese. Klimger  11, 139 ;  was  der  weise  durch  Weisheit  erhär- 
tet.   TiECKS  Sternb.  1,340. 

3)  erhärten  für  erharten,  durescere:  erherlen,  schwillen 
(schtcielen)  gewinnen,  percallerc.  Maaier  111*;  der  kalk,  der 
gips  erhärtet,  uenn  seine  weiche  masse  in  eine  harte  übergeht; 

also  zu  trotz  dem  sonncnstral 

erherten  sie  gleich  wie  krislall.    gl.  sc/ii/'642; 

es  ist  ein  sonderbarer  anblick,  wie  die  erhärtete  masse  star- 
rend dasteht.  Stolberg  9,  230,  doch  diese  participia  lassen  sich 
auch  von  1  herleilen,  gleich  den  dort  angezognen  bei.ipielcn. 

ERH.\RTU.NG,  f.  das  hartwerden ,  s.  b.  des  gefrierenden  Was- 
sers, gerinnenden  saßes. 

ERHÄRTUNG,  f.  das  harlmaclien ,  die  abhärtung,  doch  ist  der 
unterschied  beider  Wörter,  da  auch  die  verba  schwan/cen,  nicht  slreng 
festzuhalten,     erhärtung  gilt  namentlich  von  gerichtlicher  bewährung. 

ERHASCHEN,  prehendere,  arripere,  erwischen,  ergreifen  drückt, 
gleich  dem  einfachen  liaschen  etwas  heimliches,  listiges,  schnelles 
aus,  aber  beide  wöricr  sind  weder  in  der  älteren,  noch  in  den 
verwandten  sprachen.  Dasypodics,  Fbisiüs,  Maaler  wissen  nichts 
davon,  ebensowenig  die  oberdeutsclien  idiotica.  sie  scheinen  erst 
durcli  Luthers  bibel  in  unsere  spräche  eingeführt  und  Frisch 
1,  42o'  thut  recht,  haschen  aw/"  cacciarc,  chasser,  hetzen,  hcsson, 
hetschen  zurückzuleilen,  wie  sich  aucJi  huschen,  hussen  für  hut- 
schen  findet;  zur  besldligung  gereicht  das  folgende  erhätschen. 
altn.  häski  periculum  liegt  uns  ab.  vgl.  doch  noch  ahd.  zaskon, 
rapere.  man  sagt  die  katze  hat  eine  maus,  einen  vogel  er- 
hascht; ein  thier  am  schwänz,  einen  fliehenden  am  zipfcl 
erhaschen;  beute  erhaschen. 

strecke   deine   band   aus   und   erhasche   die  schlänge  bei 
dem  schwänz.    2  Mos.  4,  4 ;    der  feind  gedacht,   ich  wil  inen 
nachjagen  und  (beute)  erhaschen.  15,9;  denn  er  ist  mit  sei- 
nen füszen  in  strick  bracht  und  wandelt  im  netze,  der  strick 
wird  seine  fersen  halten  und  die  durstigen  {kühnen)  werden 
in  erhaschen.  Hiob  18,9;  das  sie  nicht  wie  lewen  meine  seele 
erhaschen  und  zureiszcn.  /w.  7,  3;  sie  haben  acht  auf  meine 
fersen,  wie  sie  meine  seele  erhaschen.  56,  7 ;  sie  werden  brau- 
sen und  den  raub  erhaschen.  Es.  5, 29 ;  und  was  du  erhaschest, 
so!  doch  nicht  davon  komen.  Micha  6, 14 ;  und  wird  erhascht 
werden,   wenn   er   sichs  am  wenigsten  versihet.    Sir.  23, 31 ; 
und  Dositheus  . . .  erhaschet  Gorgiam  und  hielt  in  beim  mantol. 
2  Macc.  12, 35 ;    und    der   wolf  erhaschet  imd  zerstrewet  die 
Hcbafe  {goth.  jah  sa  vulfs  fravilvi{)  \)6  jah  dislaiiji})  |iö  lamlia). 
Joh.  10,12;    die  weisen  erhaschet  er  in  irer  klugheit.    1  Cor. 
3,19;    denn   bisher   haben  wir  nichts  mügen  erhaschen,   so 
groszen  schein  wendet  er  für.  Luther  4,  375*;  ist  hierauf  zu 
sehen,  das  solcher  leidigen  stifte  guter  nicht  in  die  rappusc 
(rapsche)  komen  und  ein  jeglicher  zu  sich  reisze  was  er  er- 
häscht, br.  2,  383 ;  wie  die  kinder  etwas  erhaschen,  wenn  man 
nüsz  und  pim  in  die  rappus  wirft.    Mathesius  1562,279'; 
sag  an,  wo  thets  du  nie  erhaschen?    Rbbrun  70,  324; 
wer  gern  aus  fremden  tApfen  nascht, 
wird  endlich  bei  dem  köpf  erhascht.    76,  404 ; 
das  feilt  voD  der  suppen  nascht 
und  was  schleckwerks  sie  erhascht 
von  wein  und  pier,  da«  hat  verspielt.    If.  Sachs  I,  509'; 
noch  seinen  feind  erhaschen  grell, 
der  ihm  war  in  der  flucht  zu  schnell.    .Sprcncs  Aen.  45.V; 

dasz  ir  (der  idtafe)  ein  gute  zahl  der  wolf  erhaschte.  Kirch- 
Bor  vendunm.  437';  wann  das  ein  ander  merkt,  der  keiu 
herzcben  erhaschen  kiinncn.    welzabend  K2'; 

sie  ist  erhascht,    ich  schone  sie  nicht  lAnger, 
die  »chlaue  dlrbin  ist  erhascht.    ScniLLaa  207*; 

iMU  es  nicht  genug  sei,  nur  etwas  diirrli  Überlieferung  zu 
sriUMbca  oder  durch  Übung  irgend  eine  gcwandthcit  zu  er- 


langen. Göthe  20,  247 ;  als  er  die  beulel  selbst  auswarf  und 
ein  jeder  noch  diesen  höchsten  preis  zu  erhaschen  trachtete. 
24,324;  bis  sie  endlich  dadurch  dasz  er  sidi  die  gröszte 
mühe  gab  meine  briefe  zu  sehen  und  zu  erhaschen  mis- 
trauisch  geworden.    60,  220. 

ERHASCHLNG,  f  comprehensio.    Melissus  Saiinde  118. 

ERHASEN,  pavere,  furchtsam  sein,  niederduclcen  wie  ein  hase, 
span.  alebrarse,  Schweiz,  erhaset,  forchtsam,  zaghaft,  frigens. 
Frisius  585*;  ab  einer  gfaar  crhasen  oder  erschräcken,  sub- 
mittere  animum.  1256'.  MaaleäIH';  die  statt  ist  gar  erhaset 
oder  erschrocken,  pat'or  cepil  civitatem.  daselbst;  und  unsers 
bedünkens  wollen  die  bürger  hie  kleinmütig  und  darob  er- 
haset sein.  Kresz  bei  Melanchthon  2,  90 ;  crhasen,  metu  opprimi. 
Denzler  97'.  nach  Stalder  2,  24,  der  ein  heutiges  erhäsmen, 
erhäsmet  anführt,  findet  sich  erhasen  auch  in  der  Übersetzung 
der  Propheten  von  1528.  Schmeller  2, 244  hat  ein  bair.  der- 
hasen. 

ERHASSEN,  odium  in  se  convertere: 

die  pein,  die  .sich  zum  lohn  der  schwelger  wild  erpraszt, 
der  fluch,  den  vor  der  weit  der  hasser  sich  erhaszt. 
Gellert  2,  29. 

ERHÄTSCHEN,  was  erhaschen: 

herr  küng,  die  gward  ziiclit  schon  dahar, 

si  briiigua  aber  dschälk  nit  gar, 

doch  hands  erhatscht  die  rechten  zwar. 

Job.  Kolrosz  Daniel  J4. 

ERHAUEN,  f>iaet.  erhieb,  part.  erbauen,  ahd.  irhouwan. 
mhd.  crhouwen,  ags.  dheAvan,  dheöv,  äheaven. 

1)  bäume,  äste,  circumcidere,  praecidcre,  niederhauen,  aus- 
hauen, lichten:  ags.  äheäven  treov,  lignxim  scissum ;  die  äst  er- 
hauwen,  abhauen.  Maaler  lll';  erhauwen  die  dicken  böum  oder 
wäld,  dasit  die  heitere  [klarheil,  das  licht)  einhin  gang,  co//ii- 
care,  interlucare.  lll' ;  erhauwen,  dasz  die  äst  nit  so  dick  an 
einandern  standind,  discarare,  abnodare;  die  böum  erhauwen 
und  stücken,  londere  brachia  arborum.  ebenda;  dann  so  vil 
das  bäum  entlauben  und  erbauen  belanget.  Sebiz  371;  das 
holz  ist  so  hart,  man  kan  es  nicht  erbauen.    Stieler  789. 

2)  steine  erbauen,  in  stein  erbauen,  excidcre:  stein  aba 
bßrge  irhouwenSr.    N.  ps.  98,  9 ; 

in  eime  marmelsteine 

wart  da;  grap  erhouwen.    Flore  1951. 

3)  leute  erbauen,  durchhauen,  7Üederhauen,  erschlagen:  die 
bcschreibung  vermeldet,  dasz  chach  Abas  in  gegcnwart  des 
abgesandten  selbst  mit  eigner  band  einen  gefangnen  erbauen. 
Gryphius  1,180;  er  ward  von  dem  eher  erbauen.  Lohemst. 
Arm.  2,1425;  er  ist  ertiauen  worden,  ex  vulnere  caesim  infliclo 
interiit.    Stieler  789. 

4)  wunden,  hclme,  ringe  erbauen,  lücken  hauen : 

von  in  wart  erhouwen  vil  manec  wunde  wit.    Nib.  202,  2; 

Bertram  und  Gibelin 

erhiewen  dürsten  lücken.    Wh.  440,  19; 

der  vil  manigen  rinc  schart 

darinne  het  erhouwen.    klage  Ihlzm.  1519. 

5)  sich  erbauen,  heraui^iauen,  durchschlagen: 
fr  erhiu  sich  von  dem  fuojhcr.     I.anz.  1417; 

d(5  sich  erhouwen  bieten  die  beide  üj  Tenelant.    Gudr.  1532, 1. 
das  wort  sollte  wieder  mehr  gebraucht  werden. 

ERHAUEN,  praet.  erhaute,  jHirt.  erbaut,  im  sinne  des  vorigen, 
es  läszt  aber  manchen  der  dort  angeführten  inf.  nicht  ansehen, 
ob  ihr  praet.  erhieb  oder  erbaute  gebildet  wurde,  in  folgender 
stelle  kann  erbauen,  wie  auch  sonst  schneiden,  die  bedeutung 
von  vervortlieilen,  betriegen,  übers  ohr  hauen  haben: 

hot  Abner  Joab  nicht  vertraut, 

er  het  iu  huioilich  nit  erbaut.    II.  Sicas  I,  372*, 

da  Joab  den  Abner  zu  einem  vertrauten  gesprdch  unter  das  Ihor 
führte  und  ermordete  (2  Sam.  3,27);  doch  Idstt  et  äek  auth 
buchstäblich  verstchn. 

ERHAUFEN,  acfi/fn«/arf,  coacert^are:  erweitern,  TergröMem, 
erheufen  und  mehren.    Ayrer  proc.  2,  II. 

ERIL\USEN,  reservare,  haushiUtig  ersparen:  merke,  es  ist 
kein  geld  schlechter  erbaust,  als  was  man  armen  leulen  au 
lohn  und  Irinkgeld  vorenthüll,  und  wofür  man  gehauen  oder 
sonst  verunehrl  wird.  Hkukl  schaUk  180  (327).  auch  ScnnEii  f.r 
2,  241)  hat  erhausen,  derhausen,  ertrirtteluißen,  Kim.  ».  HrnK  21 
rrhusc. 

ERHEBEN,  tollm,  etUJIere,  fnd.  «rhub,  part.  rrhabrii, 
wiifur  sich  späterhin  die  uhlechleren  formen  erhob,  erhoben  ein- 


841 


ERHEBEN 


ERHEBEN 


842 


drängten,   golh.   iishafjan,   iisbAf,  ahd.  arhefan,   arhuop,  mhd. 

erheben,   erhuop,    aUs.    ähebbian,   äbuof,   ags.  äbefan,   ähof. 

für  die   adjectivischc   bedeutung   blieb    noch   erhaben    beibehalten 

{sp.  832),  trann  sich  erhoben  und  gehoben  zuerst  zeigte,  ist  nun- 

meftr  nachzuweisen: 

darumb  ist  sie  gesund,  nachdem  man  iriel  gehoben, 
und  dasz  der  dampf  beginnt  im  köpfe  sehr  zu  toben. 
Opitz  2,  3S2; 

wir  sind  nun  überhoben 
der  alten  fantasei.    wer  wil  den  arzt  doch  loben, 
der  einen  zettel  schreibt  fast  einer  eilen  lang?    Flmisg  84; 
er  sieht  was  wider  ihn  scbwert  oder  stahl  erhoben, 
gebunden  oder  tod.    die  Tölker  sind  Terstoben. 

Grtphius  1,  262; 

und  bei  diesen  drei  dichtem  gewis  noch  öfter,  Weckherlin  hat 
blosz  erhaben,  kein  erhoben. 

der  lebend  leichnam  unzertrennt 

zugleich  im  himmel  droben, 

zugleich  ist  aller  ort  und  end, 

wo  jenes  brot  erhoben.    Spee  trutzn.  305  (336). 

das  prcui.  erhub,  erhüben  taucht  auch  bei  neueren  hin  und 
vieder  auf,  trie  die  belege  zeigen ;  auffallend  ist  Lessixgs  ie  für 
ü  in  den  cmjuncliren :  schriftsteiler,  die  sich  auch  nur  zu 
der  würde  des  letztvergangnen  weltalters  erhieben.  4, 338 ; 
ob  er  nicht  wisse,  dasz  die  dünste,  welche  sich  zur  sonne 
erhieben,  von  ihren  stralen  zerstreuet  würden  ?  7,  289. 

in  dtn  bedeutungen  liegt  bald  hoch,  in  die  höhe,  bald  noch 
höher  heben,  erhöhen. 

1)  die  äugen  erheben,  auflieben,  empor  richten,  oculos  tollere: 
du  hast  deine  äugen  erhaben  wider  den  heiligen  in  Israel. 
2  kön.  19,  22 ;  sie  erhob  ihr  schönes  äuge. 

21  die  band,  den  finger:  stehe  auf,  herr  gott,  erhebe  deine 
band.  ps.  10. 12 ;  ja  ich  erhub  meine  band  zu  inen  und 
sprach,  ich  bin  der  herr  ewr  gott.  Ez.  20,  5 ;  die  band  er- 
heben und  schlagen; 

wer  dazu  stimmt,  erhebe  seine  bände!    Schillsr  528'; 

der  mann  erhob  den  finger  und  warnte;  erhob  die  finger 
zum  schwur,  ebenso  den  arm  erheben;  die  füsze,  beine  er- 
heben und  wandern; 

da  erhub  der  esel  den  scbwanz  und  bäumte  sich  springend. 
GöTHK  40,  174. 

3)  die  stimme,  ein  geschrei,  ein  lied,  einen  gesang,  vocem, 
damorem  tollere:  über  wen  hastu  deine  stimme  erhaben? 
2  kön.  19,  22 ;  über  wen  hastu  die  stim  erhaben  ?  Es.  37,  23 ; 
erhebe  deine  stim  wie  eine  posaune.  Es.  58, 1 ;  und  es  be- 
gab sich,  da  er  solchs  redet,  erhub  ein  weib  im  volk  die 
stimme  und  sprach  zu  im.  Luc.  11, 27 ;  und  erhüben  ire 
stimme  und  sprachen  {goth.  ushöfun  stibna  qijtandans).  17,13; 
wir  selbigen  zeit  wird  sich  ein  laut  geschrei  erheben.  Zephan. 
i,  10 ;  die  heiligen  gänse  der  Juno  erhoben  ein  geschnatter. 
Bkcsers  ueltg.  2,  405;  um  mich  erhoben  nachtigallen  ihr 
schmelzendes  lied.    Klisgeb  4,  99 ; 

erhuop  da;  liet.    Reinh.  fuchs  219; 

drum  erhebe  frohe  lieder, 

wer  die  heimat  wieder  sieht, 

wem  noch  frisch  das  leben  blüht! 

denn  nicht  alle  kehren  wieder.    Schiller  53'; 

Nereidenstimmen  erhüben  das  lied.   es  tönte  die  leler 

der  musen  darein.  Plate:»  135'. 

4)  den  becher,  kelch,  das  glas,  den  wein:  der  priester 
erhub  den  kelch; 

dieser  becher  sei  erhoben 

auf  dein  wol,  das  uns  beglückt ! ; 

laszt  uns  den  nektar  hier  erheben ! 

gott  Bacchus  hat  euch  selbst  die  reben 

dazu  gepflanzt  auf  Rüdesheim !    Heinsb  an  Gleim  1,  54. 
die  Schüssel  erheben,  hoch  tragen: 

hierauf  kam  der  zerleger,  und  bracht  in  erhobenen  schusseln 
allerlei  fleisch  (Tiivaxae  TTaoe&r/xsv  äei^ag.)     Od.  1,141. 

5)  den  hut,  den  Schleier,  levcr  le  chapeau,  le  roiie: 
wer  weisz,  obs  manchen  noch  mag  werden  einst  so  gut, 
dasz  er  für  seiner  (liebsten)  kan  erheben  seinen  hut, 

im  fall  er  eilen  musz.  Flesi^c  53; 

ich  darf  den  dunklen  schleier  nicht  erheben.    Scbiller  . .  . 

6)  den  Stab,  sper,  die  kculc,  stange,  waffe:  dieser,  statt 
an  das  kaiserliche  hoflagcr  zu  kommen,  erhub  die  waffen 
gegen  Harald.  Daulhamm  ddn.  gesch.  1,  40.  die  fahne  erheben 
und  in  die  Infi  flattern  lassen. 

7)  den  bau,  die  hütte,  das  zeit,  die  schanze,  maucr:  also 
erhub  Abram  seine  hütten,  kam  und  wonet  im  baia  Mamre. 


1  Mos.  13, 18 ;  eine  menge  von  zelten  stand  auf  dem  feld  er- 
hoben; die  feinde  hatten  schanzen  erhoben,  aufgeworfen; 
eine  höbe  mauer  ward  um  den  garten  erhoben;  weil  die 
etage  an  den  garten  stöszt  und  nur  wenig  über  ihn  erhoben 
ist.  GöTBE  43,  Si ;  dergestalt,  dasz  die  ersten  sitze  nur  wenig 
über  die  bübne  erhoben  waren.    24, 147 ; 

wunderbar!  es  erhebt  sich  künstliche  gärten  der  reiche. 

Voss  Luise  1,  164; 
eilt  den  thron  ihr  zu  erheben  {aufzurichten) !    Borger  2*. 

8)  schätz,  geld,  zoll,  abgäbe,  zins,  zehnten,  sold  erheben : 
diese  Steuer  war  schwer  zu  erheben;  damit  derselbe  für- 
schlag (aufschlug,  erhöhung)  bei  den  unterthanen  so  viel  mehr 
angenehm  und  zu  erheben  folgig.  reiclisabsch.  von  1518  §.  2 ; 
man  erhob  einen  gülden  von  jedem  köpf; 

und  ist  ein  grosch  wol  auszugeben, 
der  eim  ein  gülden  mag  erheben  (einbringen,  ertragen). 
Waldis  Esop  4,  83; 

ich  habe  von  meinen  Schuldnern  noch  viel  geld  zu  erheben ; 
sein  gehalt  ist  voraus  erhoben  worden ;  als  wenn  mir  jemand 
einen  schätz  schenkte,  den  ich  aber  erst  noch  erheben  (aus 
der  erde  heben)  soll,  ohne  dasz  ich  weisz  wo?  Wielasd  11, 181; 
die  erbschaft  einer  million  gülden,  welche  in  Holland  lägen, 
würde  am  heutigen  tage  frei  und  erhoben.  Tieck  ges.  nov. 
3,  245.  briefe  erheben,  acdpere  literas.  Denzler  98".  so  auch 
lohn,  tagelohn,  bezahlung  erheben: 

der  uns  gibt  die  ganze  weit,  der  uns  wil  den  himmel  geben, 
federt  nichts  dafür  als  dank,  kan  ihn  aber  nicht  erheben. 
LoGAU  3,  16,  66. 

das  beste,  das  schlechteste  erheben,  einsammeln;  von  den 
bienen  singt  Spee: 

sie  gleich  das  best  erheben, 

das  beste  blumenblut, 
und  bleiben  doch  beineben 

die  blümlein  wolgemut.    trutzn.  117  (128). 

man  sa0  auch  eine  thatsache,  die  nähern  umstände  einer 
that  erheben,  ermitteln. 

9)  streit,  krieg,  zank,  lärm,  stürm,  aafruhr  erheben. 

10)  der  wind,  der  stürm  erhebt  das  meer,  die  wellen: 
wenn  er  sprach  und  einen  Sturmwind  erregt,  der  die  wellen 
erhub.  ps.  107,  25 ;  das  meer,  indem  es  immer  mehr  erhoben 
wird.    Kant  9, 10. 

11)  den  busen  erheben,  höher  häten,  hervorheben: 
ein  sanflgewölbter  busen,  dessen  glänz 

der  flor  mehr  schlau  erhob,  als  klösterlich  versteckte. 

Götter  1,  258; 
denn  der  rothe  latz  erhebt  den  gewölbeten  busen. 
schön  geschnürt,  und  es  liegt  das  schwarze  mieder  ihr  knapp  an. 

GöTHE  4U,  284. 

12)  das  herz,  den  geist,  mut,  sinn  erheben,  erhi^en,  auf- 
richten, hofnnng.  Zuversicht  erheben,  vgl.  herzerhebend,  geist- 
erhebend: erhebe  dein  herz,  richte  dich  empor;  auf  das  er 
mehr  Zuversicht  denn  furcht  in  dem  menschen  erheb.  Lcther 
1,95';  durch  grosze  wolthaten  eines  hofnung  speisen  und 
erheben,   pers.  roseng.  1,15; 

wann  glück  erhebt  den  mut, 

so  ist  erinnrung  nütz  und  Züchtigung  sehr  gut. 

LocAO  1,  202,  35 ; 
in  deinem  sinne,  den  sie  sonst  erhub.    Götbe  9,  326 ; 

ihr  seid  der  einzige  mann  in  unsrer  rilterschafl,  der  mein 
gemüth  erheben  kann.    Tieck  11,  34. 

13)  darumb  sind  die  bergwerk  durch  die  potentaten  und 
monarchen  hoch  erhaben.  Mathesics  1562,  299' ;  nun  wil  man 
alte  Stollen  darmit  erheben.    213'; 

die  arbeit  hat  die  berg  durchgraben 

und  das  thal  in  die  höh  erhaben,    gl.  tchif  48 ; 

die  hohe  tannenbäum  erhöben  hoch  das  nest 

der  vögeln.  Wecsberlih  225; 

mein  lied  will  deinen  rühm  erheben.    Hagkdor5  3,119; 

gebührt  sich  denn  nicht,  gottes  namen  zur  essenszeit  zu  er- 
heben, der  uns  speise  und  nahning  gibet  ?  pers.  baumg.  2.  2 ; 
gewürz,  welches  speisen  erhebt,  (hebt,  woUchmeckendcr  macht), 
kann  sie  auch  verderben.   Hippel  5, 124. 

14)  in  der  spräche  der  bildhauer,  halb  erheben,  flach  erheben 
{bas  relief) :  einige  modellierten  rund,  einige  flach  erhoben. 
GöTHE  22, 166;  der  bildhauer  musz  anders  denken  und  empfin- 
den als  der  mahler,  ja  er  musz  anders  zu  werke  gehen,  wenn 
er  ein  halb  erhobenes  werk  und  wenn  er  ein  rundes  her- 
vorbringen will,    indem  man  die  flach  erhobenen  werke  immer 


843 


ERHEBEN 


ERHEBEN 


844 


höher  und  höher  machte  . . .  gieng  man  immer  abwärts  in 
der  wahren  kunst.    Göthe  38,  21.     vgl.  erhaben  3, 

15)  mhd.  '65  erheben,  ijj  heben"  =  elwas  beginnen,  anheben, 
eines  dinges  sich  unterfangen  {gramm.  4,336): 

i;  ist  wol  erhaben.    Hol.  144,  11; 

ij  was  vernipjjenliche  erhaben.    163,  5; 

gesch.The  iemen  von  in  leide,  sä  möbte  ich  mich  versähen 

da;  e;  erhaben  würde.    Sib.  l'J24,  3  tlulzin.; 

ich  wil  fi  Si)  erheben.    Herb.  2riS; 

disen  düchte  die  rede  gut, 

da;  ^i  mit  schiffen  wurde  erhaben.    4131 ; 

als  ichj  erhebe,  so  komet  enzit.    gute  frau  836; 

i;  ist  erhaben,  sprach  Ruolant.    IIelbl.  6,  3. 

ron  dieser  ausdrucksweise  rührt  tcol  noch  ein  nbd.  'es  erheben': 
aber  wir  liabens  nicht  mügcn  erheben  noch  erlangen.  Luther 
6,  8l';  hals  Christus  in  der  weit  nit  erheben  können,  son- 
dern hats  müssen  von  den  seinen  leiden,  wie  sollen  wir 
darzu  kommen,  das  wir  in  der  weit  regierten?   lischr.  299"; 

beim  könig  meint  er  es  gar  leichtlich  zu  erheben, 

wann  ihren  willen  sie  nur  drein  wiird  erstlich  geben, 

dal  re  ottenerla  sia  cosa  leggiera, 

quäl  or  vi  sia  la  volonta  di  Ici.    Werders  Ar.  5,  13; 

uuaugesehn,  dasz  ich  dem  Grifon  sie  gegeben, 

so  hett  ich  solchs  bei  ihm  doch  wollen  wol  erheben, 

dasz  er  die  waffen  gern  euch  überlassen  hett.    18,  117, 

wozu  ich  die  stelle  des  Originals  niciä  auffinde,  in  allen  nhd. 
beispielen  hat  sich  die  bedeutung  des  anhebcns  verändert  in  die 
von  ausridUen,  durchsetzen,  vollbringen,  erreichen,  erlangen  (otlener), 
wie  auch  in  folgenden  stellen  neben  'das,  was,  solchs,  nichts': 
kan  aber  solchs  von  inen  nicht  erlangen  noch  erheben.  Luther 
1,281';  ich  habe  wol  gedacht  darumb  anzusprechen,  weisz 
aber  nicht,  was  ich  erheben  werde,  br.  3,  425 ;  aber  Augsburg 
haben  vorgestern  bei  kais.  mt.  auf  vielfältige  mittel  und  weg 
gehandelt,  aber  in  summa,  sie  haben  nichts  erheben  mögen. 
Bauhgartner  bei  Melanchlhon  2,421;  aber  er  mocht  das  bei 
dem  concilio  mit  gemeiner  folg  nicht  erheben.  Frank  dtron. 
329*; 

wie  auch  die  andern,  bisz  zum  letzten, 

all  ihr  vermügen  daran  setzten, 

konten  aber  gar  nichts  erheben, 

mustens  dem  vater  wider  geben,    froschm.  3,  1, 16. 

man  könnte  dabei  auch  an  erheben  8  denken,     heute  ganz  veraltet. 

16)  einen  erheben, 

a)  darumb  das  ich  dich  aus  dem  staub  erhaben  habe. 
1  kön.  16, 2 ;  auf  den  thron,  in  höhern  rang,  in  den  adcl- 
sland  erheben ; 

verrather,  aus  dem  koth  hat  dich  der  arm  erhaben. 
Gryphius  1,  2G. 

6)  und  du  Capernaum,  die  du  bist  erhaben  bis  an  den 
himel  {goth.  \)ü  und  himin  usbauhida,  ahd.  enonu  ni  arhevistu 
thih  unzan  himil).  Mallh.  11,  23.  Luc.  10, 15;  einen  bis  in  den 
bimmel  erheben.  Maaler  111';  wie  sie  ihn  eine  Zeitlang  in 
den  dritten  himmel  erhüben.    Göthe  20, 263. 

c)  es  wird  zur  letzten  zeit  der  berg,  da  des  herrn  haus 
ist,  gewis  sein  höher  denn  alle  berge  und  über  alle  hügel 
erhaben  werden.  Es.  2,  2.  Miclia  4,  2 ;  ich  stieg  auf  den  tritt, 
der  mich  über  das  tbeater  erhub.    Göthe  18,  25. 

d)  das  reichthum  deiner  gaben, 

darmit  der  bimmel  selbst  dich  hat  ihm  gleich  erhaben. 

Opitz  1,  9. 

e)  laudare,  ceUbrare,  rühmen,  preisen:  den  einen  auf  Un- 
kosten des  andern  erheben; 

wer  wird  nicht  einen  Klopttock  loben? 

doch  wird  ihn  jeder  lesen?  nein. 

wir  wollen  wenieer  erhoben 

und  fleisziger  gelesen  sein.    Lesiiüo  1,  1. 

/)  exeellentiorem  faccre,  evehere:  das  erhebt  uns;  durch  die 

Vaterlandsliebe  werden  wir  erhoben; 

ich  nahte  mich  ihm  mit  entzücken,  dankte, 
erhob,  entbot,  beschwor.    Le8II!<c  2,  1Ü6; 

gesänge,  die  mich,  ohne  anforderung  einer  sogenannten  er- 
hauung  auf  das  geistigste  erhohen  und  glücklich  machten. 
GOthe  19,347;  wenn  erhabene  gegenstände  uns  nicht  er- 
hüben. 27, 137 ;  CS  schien  als  wenn  ihn  diese  (niuer  zum  be- 
deutenden erhübe.    38,  69. 

17)  reflexiv  in  vielen  anwendungen. 

a)  sich  erheben,  turgere,  aufstehen  und  kommen:  wenn  er 
»ich  erhebt,  so  entsetzen  sich  die  starken,  und  wenn  er 
daher  bricht,  so  ist  kein  gnade  da.  lliob  41,16;  nu  wi!  ich 
nich  aufmachen,  nu  wil  ich  mich  erheben,  nu  wil  ich  hoch 


komen.  Es.  33,10;  und  es  werden  sich  viel  falscher  prophe- 
ten  erlieben.  Mallh.  24,11;  so  haben  wir  uns  darauf  erhaben, 
dasz  wir  mit  den  ersten  hierher  kommen.  Mti.ANCHTu.  im 
corp.  doclr.  ehr.  vorr.  zur  Augfb.  conf ;  endlich  erhub  sich  der 
verwegene  schnell  aus  der  spalte  und  brachte  ein  kästclien 
mit.  Göthe  21,60;  erhebt  euch  denn  und  stellt  euch  neben 
mich.    9,  266. 

b)  sich  erheben  und  weggehen : 

heiles  wünschen  disera  knabn, 

der  sich  hie  von  ir  hat  erhabn.    Parz.  120,  4; 

da  erhub  sich  der  engel  gottes  und  macht  sich  hindcr  sei 
(trat  zurück).  2Mo5.  14, 19;  heltestu  in  aber  übel,  das  er  sich 
erhebt  und  von  dir  leuft,  wo  wil  tu  in  wider  suchen?  Sir. 
33,32; 

dasz  du  dich  wollest  tauTen  lau 

und  dich  so  bald  erheben  gleich 

gen  Paris  zum  könig  von  Frankreich.    Atrer  '281*; 

er  lobis  und  sagt,  ich  soll  zufrieden  mich  nur  geben 

und  mich  von  dannen  weg  auf  eine  reis  erheben 

auf  seiner  .schlösser  eins.    Werders  Ar.  5,  71; 

die  schwedischen  gesandten,  so  umb  gewisse  Ursachen  mit 
uns  zugleich  nach  Muscau  sich  erheben  wollen,  pers.  reiseb. 
1,4;  eine  lerche  erhob  sich  singend  in  die  lüfte;  und  wenn 
die  Cherubim  ire  flügel  Schwüngen,  das  sie  sich  von  der 
erden  erhoben.    Ez.  10,16; 

lasz  du  vielmehr  hinweg  vom  feld  uns  erheben  zur  warte. 

KiJRGER  231^; 

der  könig  erhob  sich  in  aller  frühe  von  Berlin  nach  Pots- 
dam, oft  nur  sich  erheben  vom  thron,  stui,  bett,  lager,  ohne 
weilcre  verba  der  bewegung. 

c)  sich  erheben  und  sprechen:  Adonia  aber  dersonHagilh 
erhub  sich  und  sprach,  l  Aiin.  1,5;  als  gegenüber  zwei  an- 
dere Sänger  ungestüm  sich  erhüben.    Göthe  23, 13. 

d)  sich  erheben  und  verfolgen :  und  wenn  ein  mensch 
sich  erheben  wird  dich  zu  verfolgen  und  nach  deiner  Seelen 
stehet.    1  Sam.  25,  29. 

e)  sich  wider,  gegen  einen  erheben :  und  es  begab  sich, 
da  sie  auf  dem  felde  waren,  erhub  sich  Kain  wider  seinen 
bruder  Hahel  und  schlug  in  tod.  l  Mos.  4,  8;  gleichwie  jemand 
sich  wider  seinen  nehesten  erhübe  und  schlüge  seine  seele 
tod.  b  Mos.  22,26;  aber  ir  erhebet  euch  warlich  wider  mich 
und  schclt  mich  zu  meiner  scbmach.  //io6  19,5;  damit  wir 
verstören  die  anschlege  und  alle  höhe,  die  sich  erhebet  wider 
das  erkentnis  gottes  (goth.  all  hauhi|)ös  ushafanaiz6s  \i))ra 
kunj)i  guj)s).  2  Cor.  10,  5.     ebenso  auch  sich  für  einen  erheben  : 

bis  sich  aufs  neu  ein  arm  für  sie  erhübe.    Schiller  436'. 

/)  sich  über  einen  erheben :  warumb  erhebt  ir  euch  tiber 
die  gemeine  des  herrn  ?  4  Mos.  16, 3 ;  als  er  nun  sähe,  das 
das  volk  aus  der  stad  gieng,  erhub  er  sich  über  sie  und 
schlug  sie.  rieht.  9,43;  wie  lange  sul  sich  mein  feind  über 
mich  erheben  ?  ps.  13,  3 ;  erhebe  dich  gott  über  den  himel. 
108,6;  ein  volk  wird  sich  erheben  über  das  ander  und  ein 
reich  über  das  ander.    Luc.  21, 10. 

g)  sich  eines  erheben,  damit  grosz  thun,  prafden:  herr,  lasz 
dem  gottlosen  seine  begirde  nicht,  sterke  seinen  mutwillen 
nicht,  sie  möchten  sichs  erheben,  sela!  ps.  140,9;  erheb 
dich  nicht  deiner  kleider.  Sir.  11,4;  Pontanus  schreibet,  dasz 
die  Wisbyer  sich  ihres  glucks  erhoben,   pers.  reiseb.  2,  3 ; 

der  tartar  fleng  sich  an  des  urtheils  zu  erheben, 
das  ihm  zu  scmer  gunst  hatt  Doralica  geben. 

Werders  Ar.  '29,  19. 

erhub  sich  6et  Götbe  40,  75  ist  druckfehler  für  überhub.  1-9/. 
sich  eines  Überheben. 

h)  sich  zu  einem,  zu  etwas  erheben: 

zu  ihm  noch  basz  mit  nlärren  ruft, 

zu  ihm  euch  thut  erheben, 

der  euch  gerückt  an  süszen  luft, 

an  süszes  licht  und  leben.    Si'EE  truisn.  IS7  (176); 

nach  und  nach  gieng  er  (im  mahlen)  weiter,  er  erhub  sich 
zum  Portrait.  Göthe  38,  61;  sich  zur  todesverachlung  erhoben, 
i)  wenn  die  wölke  da  war  von  abend  bis  an  den  morgen, 
und  sich  denn  erhub,  so  zogen  sie,  oder  wenn  sie  sich  des 
tags  oder  des  nachts  erhub,  so  zogen  sie  auch.  4JV(m.  9,21; 
am  zwenzigsten  tage  erhub  sich  die  wölke  von  der  wonung 
des  Zeugnis.  10,  21 ;  sie  hatten  aber  eine  lusung  mit  einan- 
der, mit  dem  schwert  über  sie  zu  fallen,  wenn  der  rauch 
von  der  stad  sich  erhübe,  riclit.  20,38;  da  sich  aber  ein 
Rturm  erhub.  apostelg.  14,5;  da  der  sudwind  sich  erhub, 
28,13;  ein  ungewittcr  erhebt  sich; 


845 


ERHEBEN 


ERHEBEND  —  ERHEIMERWÄRT 


846 


gewaltige  winde  erhüben  sich  plötzlich.    E.  tos  Kleist  1,190; 
welche  kühle  luft  erhebt  sich  plöulichl    Gotteb  3,  462; 
wenn  sich  der  föhn  erhebt  aus  seinen  Schlünden. 
Schiller  521'; 

gleichwie  sich  ein  meer  erhebt  mit  seinen  wellen.  Ez.  26,  3 ; 
die  wasserströme  erheben  sich.   ps.  93,  3 ; 

die  see  erhub  sich.    E.  vos  Kleist  1, 190. 
k)  das  kein  bawm  am  wasser  sich  erhebe.  Ez.  31, 14 ;  eine 
lilic  erhob  sich  aus  dem  wasser; 

in  lieblichem  geruch  auf  frischem  grünen  thron 
erhübe  sich  die  ros.  Weckhb»u;<  7o6. 
I)  und  da  die  stim  sich  erhub  Ton  den  drometen,  cm- 
beln.  2  chron.  5,13;  und  es  erhub  sich  ein  grosz  geschrei 
des  Volks  und  irer  weiber.  fieh.  5,1;  so  sol  sich  ein  ge- 
tümel  erheben  in  deinem  volk.  Hosea  10, 14 ;  darnach  erhub 
sich  ein  streit.  1  chron.  21,4;  und  es  erhub  sich  ein  streit 
zwischen  Äbia  und  Jerobeam.  2  chron.  13,2;  denn  wo  sich 
ein  krieg  erhübe,  möchten  sie  sich  zu  unsern  feinden  schlahen. 
2  Mos.  1, 10 ;  auch  ein  schisma  in  der  h.  kirchen  sich  zu 
erheben  zu  besorgen  sein  möcht.  reichsabseh.  ron  1512  §.  4; 
ein  Wortwechsel,  der  sich  erhub,  machte  ihn  aufmerksam. 
GöTHE  IS,  176;  als  sich  das  gespräch  erhub.  Zinkgref353,  5; 
in  den  tagen  aber  erhub  sich  ein  murmel  unter  den  Griechen. 
apoädg.  6, 1 ; 

und  schnell  erhebt  sich  ein  geklirre.  GorreB  1, 117. 
m)  alsbald  entstund  ein  finstemis  und  erhub  sich  wie 
eine  wand  zwischen  .Nimrod  und  Asar.  pers.  rosenth.  7, 20 ; 
hügel,  die  sich  in  der  enffernung  zu  geborgen  erhüben.  Hauer 
Fabius  s.  26;  im  august  vorigen  jahrs  erhub  sich  hier  noch 
ein  gartensaal.    Göthe  30,326; 

und  auf  der  stelle,  wo  ein  mord  geschah, 

kann  sich  ein  tempel  reinigend  erheben.    Schiller  514'; 

der  stärkste  pfeiler  wars,  der  sich  erhübe. 

Ri:cE£RT  yes.  ged.  1,  172; 

ein  reihe  von  bergen  erhob  sich  im  hintergrund. 

ERHEBEN,  praet.  erhebte,  part.  erhebt,  erscheint  als  aus- 
nähme und  mit  derselben  bedeutung  neben  der  regel  des  vorher- 
gehenden starken  erheben,  erhub,  erhaben,  dessen  praesens,  ron 
allers  her,  freilich  schicache  form  an  sich  trägt,  golh.  hafjan, 
ahd.  heffan  für  hefian.  aus  diesem  praesens  fand  sie  denn 
auch  in  die  firaelerita  den  weg.  so  hallen  uir  1, 1332  das  part. 
behebt  ron  beheben,  auch  hier  beschränken  sich  die  folgen- 
den belege  aufs  particifnum :  haben  wir  uns  fuderiichen  (för- 
derlidi)  und  emsiklichen  an  sant  Francischen  tag  schierest 
verschinen  von  Triendt  gen  Venedig  zu  reiten  erhebt  (=  er- 
hoben). Chmel  Mojnmil.  s.  126  (a.  1496) ;  das  wasser  des  müres 
was  in  maur  weis  hoch  erhebt.  Keisersb.  ausg.  der  jüden 
H4;  und  gleichwie  unser  irdische  und  keiseiliche  gewalt, 
also  wollen  wir  seine  heilige  römische  kirchen  herlich  ge- 
ehret und  den  heiligsten  stuel  s.  Peters  höher  denn  unser 
keiserthum  und  irdischen  thron  mit  aller  herlichkeit  erhebt 
haben.  Luther  6,  4S7';  sie  tragen  auch  schöne  weite  lange 
eingestochen  mit  gold  und  roter  seidin  erhebte  hembder. 
Frans  frf//6.  57';  sie  stellen  ihn  auf  ein  darzu  gemachte  büne 
oder  erhebten  thron.  76";  dardurch  sich  dann  grosz  murmeln 
unter  uns  allen  erhebt  hat.  Galmy  267;  in  ihr  läger  mit 
einem  erhebten  feindlichen  geschrei  fallen.  Kirchhop  mil. 
dise.  190;  an  örlern,  die  bodenfest  und  an  erhebten,  ber- 
gigen orten  gelegen  sind.  Sebiz  U;  die  erhebte  arbeit  hat 
den  heiligen  geist  furgebildet.  Reiszner  Jerus.  1,42*;  erhebt 
werk,  erbebte  arbeit.  .Maaler  lU'.  Rädleix  249'; 
erhebet  hast.    Melisscs  ps.  C6"; 

du  bist  so  sehr  erhebt,  dasz  niemand  deine  sinnen 

zu  beugen  ihm  gedenkt,  und  mich  versöhnt  bei  dir. 
Opin  2, 156 ; 

ein  kreuz  mir  für  den  äugen  schwebt, 
o  weh  der  pein  und  scnmerzen ! 

dran  soll  ich  morgen  wern  (irerdcn)  erhebt, 

das  greifet  mir  zum  herzen.    Spm  trulzn.  227  (20S) ; 

sie  haben  erhebt.  Hohberc  1,597*.     tadelhaß  im  praes.  erhibt: 
wer  um  vergeblich  ehr 
und  rühm  sein  haiipt  erhiebt, 
der  macht  sich  selbst  beschwer 
und  in  gefahr  sich  gibt.    pers.  rosenth.  2,  35. 

ERHEBEN,    n.   vas  erhebung:     1)  des  tons,   der  stimme, 
gegensalz  ivn  senken. 

2)  erheben  des  geldes,  der  gefalle. 

3)  erheben  des  geistes,  der  pbantasie:  als  die  geslalt  Tor 
ihm  schweben  blieb  und  schimmerte  und  lächelte,  so  stand 


seine  seele  vor  ihr  wie  vor  einem  verstorbenen  auf  und  alle 
wunden  üengcn  wieder  unter  dem  erheben  an  zu  bluten. 
J.  P.  Hesp.  2, 116 ;  allein  nur  aus  dem  trauerspiele  führt  ein 
quergäszchen  in  das  lustspiel,  aber  nicht  aus  dem  helden- 
gedicht.  kurz,  der  mensch  kann  nach  dem  erweichen,  aber 
nicht  nach  dem  erheben  lachen.    3,  3. 

ERHEBEND,  animum  extoUens:  erhebende  lehren,  bei- 
spiele,  lieder,  reden;  erhebender  trost;  er  sprach  die  erhe- 
benden Worte. 

ERHERER,  m.  exaelor,  gelderheber,  steuererheber. 

ERHEBLICH,  1)  möglich,  thunlich:  welchs  laster  (des  zu- 
trinkens)  er,  der  von  Schwarzenberg,  nit  allain  mit  worten 
vemicht,  sunder  er  hat  auch  solchs  selbs  gemiden,  und  so 
vil  im  erheblich,  bei  andern  gemitten  zu  werden  ursach 
geben.    Schwarzexberg  SO. 

2)  celebrandus,  laudandus: 

und  wie  du,  höchster,  stets  erhöblich, 

also  ist  deine  lieb  stets  löblich.    Weccherlt;«  116. 

3)  gravis, magnus :  etwas  erhebliches;  nichts  erhebliches;  aus 
erheblichen  gründen.  Wielaxd  2,  255 ;  unerheblich,  irrelevant. 

ERHEBLICHKEIT,  f  momenlum,  graritas:  von  keiner  er- 
heblichkeit;  das  die  ganze  erheblicukeit,  Hassan?  Schiller 
163';  grosze  berm  sind  nicht  allemal  völlig  berichtet  und 
wer  will  oder  kann  wol  ihnen  die  erheblichkeiten  beizu- 
bringen sich  unternehmen?    Leibmz  2,209. 

ERHEBNIS,  /■.  bergmännisch,  ireggeslürzle  sinnsehlacken 
ERHERUNG.  f.    1)  die  erhöhung  zu  ehren  und  tcürden :  dasz 
er  mir  wol  seine  erhebung  zu  danken,  doch  mich  nicht  wegen 
seines  Sturzes  zu  beschuldigen  hat.    Tieck  3,  9. 

2)  geistige  erhöhung  und  erregung:  meine  eignen  Veredlungen 
und  erhebungen  im  buche  von  zeit  zu  zeit  nachgetragen. 
J.  P.  Fibel  vorr.  s.  1;  nein,  rief  Ottilie  mit  erhebung,  sucht 
mich  nicht  zu  bewegen!  Göthe  17,371;  erhebung  im  gebet; 
lobeserhebung. 

3)  erhebung  des  geldes,  zinses. 
ERHEBL"NGS.\RT,  f  modus  exigendi. 
ERHEBUNGSORT,  m.   deliciarum   locus:    jener  unennesz- 

liche,    unbegreifliche,    zauberische    erquickungs   und   erhe- 
bung.^ort  (die  geisterv:elt).    Klisger  12,  215. 
ERHEGEN,  tuen,  fovere: 

dann  ward  die  Sterblichkeit  durch  uns  in  uns  erreget, 
der  rechte  seelentod  die  laster  erst  erheget. 

Opnz3,216  (206); 

er  hat  ihm  die  strafe  erheget,  mulclam  inlercessione  sua  refovü. 
Stieler  727;  wer  ein  eigen  haus  hat,  kann  das  pachtgeld 
crhegen  (behalten,  sparen),  ähnlich  scheint  das  mhd.  erheien, 
velcltes  uie  heien  stark  flectiert,  obwol  nur  das  part.  geheien, 
erheien,  nicht  das  praet.  ind.  gehie,  erhie  aufzuweisen  «t.* 

Wächter,  ich  het  mir  erheien  (gehegt) 

ein  liljen  clär  und  wis, 

an  der  lag  al  min  flij. 

diu  ist  mir  in  dem  meien 

verswunden,  des  tuot  sich  min  herze  zweien.    RätzlerUi  9*. 

mdir  unter  hegen,  vgl.  auch  erheit. 

ERHEIM,  ERHEIMER,  domum,  ßr  herheim  und  herbeimer, 
Verstärkungen  des  einfachen  heim,  sind  nach  den  beiden  folgen- 
den Körtem  vorauszusetzen:  da  ist  der  man  erheim  kommen. 
ireisth.  3.  751  Scbxelleb  2, 193  verzeichnet  haimher  und  haim- 
hin.  aber  schon  ein  mhd.  gedieht  hat,  nach  der  lesart  des  cod. 
Kolocz.  109,  4S7 

&  da;  min  man  h6r  heimer  kum, 
nach  cod.  pal.  GA.  2,99,444 

4  daj  min  man  er  heim  her  knm. 

ERHEIMWÄRT,  domum  versus,  durch  er  =  her  verstärktes 
heimwärt,  heimwärts,  in  her,  huc  liegt  vas  in  heim  domum  und 
du  sollst  her  kommen  drückt  ungefälir  aus  was  heim  kommen, 
in  einem  pergamenlnen  ßurbuch  aus  der  Weiterau  (arcltiv  zu 
Büdingen)  beiszt  es:  item  ii  morgen  under  dem  bundenreine 
(beundenrain)  an  den  herren  von  Amspurg  erheimwert,  und 
zuhet  uf  da;  pfarderidt  (pferderied).  item  v  Grtel  und  iit 
girten  (gerlen,  rulhen)  ligen  an  den  herren  von  Rodighem 
erheimwert  und  sloiszen  uf  den  Fredeberger  wegk.  item 
III  firtel  und  xiii  girten  erheimwert  des  Katzcnlohes  neben 
den  herren  von  Amspurg,  stoiszen  uf  den  ober  Fredeburger 
wegk.  neuere  Wetierauer  flurbüdier  haben  dafür  heimzu,  was 
man  sehe. 

ERHEIMERWÄRT,  dasselbe,  mit  erweiterung  des  erheim  in 
erheimer,  trie  des  berabe,   heraus,   hernach  in  heraber,  her- 


847 


ERHEIRATEN  —  ERHEITERN 


ERHEITERUNG  —  ERIIERBEN 


848 


auszer,  hernachcr  «.  s.  w.  stdkn  aus  demselben  flurbuch:  item 
1  morge  erheinierwert  an  jiingfrauwe  Elsen  Brendeln  und 
stoiszt  an  eim  ende  uf  das  ridl  (ried)  und  mit  dem  andern 
ende  uf  die  bache.  item  i  morge  uf  der  Swern  erheinier- 
wert an  des  pherners  wesen  {wiese),  item  ii  morgen  und 
XX  girten  neben  den  herren  von  Arnspurg  crheimerwert  und 
stoiszen  uf  den  schutzensehe  {SchiUzensee).  vgl.  erliintcr- 
wärts. 

ERHEIRATEN,  per  uxorem  acquirere :  er  hat  das  gut  nicht 
gekauft,  sondern  erheiratet ;  viel  geld  erheiratet ;  meine  Schlös- 
ser möchte  er  gerne  erheirathen,  drum  macht  er  mir  den 
hof.    Fr.  Müller  3,  55. 

ERHEISCHEN,  exüjerc,  poscere,  postulare,  für  ercischen,  wie 
nnter  eischen  sp.  363  ausgeführt  isl,  Frisius  und  Maäler  schreiben 
gar  erhöuschen:  die  not  crhöuschts.  M.\aler  112';  gedenkt 
euch  mänlich  zu  weren,  wann  die  notturft  erheischts.  Aimon 
q  3' ;  bei  meinem  eid,  das  ist  ein  guter  einsidel,  dan  wans 
die  not  erheischt,  so  wcret  er  sich  mit  dem  schwerl.  D  l' ; 
that  doch  bei  meinem  herrn,  was  sich  einem  dicncr  erhei- 
schet und  gebühret.  Schweisichen  2, 123;  ein  werk,  das  muth 
erheischt,  fiers.  rvsenlh.  7,  IS ;  da  es  die  not  erheische.  Opitz 
Arg.  l,  470,"  die  beischicszung  des  gelts,  so  das  gemeine 
wesen  erhiesche.  1,573;  eia  lasset  uns  dann  disen  ...  luft 
zum  gotteslob  erheischen.  Spee  g.  lugenJb.  40G ;  wie  es  die 
absieht,  die  er  auf  uns  haben  mag,  erheischet.  Wieland 
1,252;  aber  das  übel  erheischte  schleunige  mittel.  7,78; 
mein  vertrag  erheischts, 

dasz  alle  kaiserheerc  mir  gehorchen, 

so  weit  die  deutsche  sprach  geredet  wird.    Schiller  344". 

ERHEISCHLICH,  nccessanus,  erforderlich. 

ERHEISCHUNG,  f  in  erheischung  der  not.  Kirchhof  disc. 
mtl.  27;  die  andern  hoficut  oder  Soldaten  werden  nach  er- 
heischung des  orts  quartieret.  126 ;  nach  erheischung  des 
orls  wenig  oder  viel.  17S;  von  dcrwegen  an  alle  und  jede, 
nach  erheischung  ihres  Stands,  dienstliches  und  freundliches 
bitten.  211;  jenachdem  es  die  noth,  der  ort,  ihr  stand  er- 
heischt,    man  sagt  auch  erheischungen,  requisila.  Stieler  S27. 

ERHEISZEN,  inaüescere,  veischiedcn  ron  erheizen,  ralcfacerc, 
wie  ahd.  irheijen  von  irheizan,  v\hd.  crheijen  von  erheizen : 
und  reite  das  pferd  dann  umb,  dasz  es  crheiszct,  und  deck 
es  warm  zu.    Albrecht  roszarznd  95. 

ERHEIT,  fictus,  corruptus,  schweizerisch  in  der  redensarl  er- 
heit  und  erlogen,  wie  sotisl  erstunken  und  erlogen.  Alb.  von 
RCtie  s.  21,  tibliclier  ist  verheil  in  ähnüdiem  sinn.  Stalder 
2, 31  stellt  auch  erheien,  frech  lügen  auf,  und  ahd.  gilt  erheiet, 
erheigfit,  erhegft,  ferheiet  viil  der  bedeutung  von  verbrannt, 
verdorben  (Graff  4,  710),  glcicltsam  male  fotus,  von  erheißn. 
erheieta,  erheiget,  was  dem  starken  erheien,  part.  erheien  nah 
verwandt  sein  musz.     mehr  utüer  hegen. 

ERHEITERN,  serenare,  iUuslrare,  erhellen,  außeilern. 

1)  Ortlich,  wie  oft  denke  ich  mir  dich,  wie  du  jene  weiten 
durchschwebst,  davon  einige  wenige  unsre  nachte  erheitern. 
Klopstock  11,145;  für  uns  ist  der  mond  weder  mehr  noch 
weniger  als  eine  leere,  glänzende  Scheibe,  die  unsre  nachte 
erheitert  und  unsre  zeit  abmiszt.  Wieland  1,132;  ein  ange- 
nehmes geoiisch  von  licht  und  schatten  erheiterte  das  ka- 
biael,  ohne  dasz  man  die  quelle  dieser  zauberischen  diiin- 
merung  entdecken  konnte.  12,  l$ü;  Wieland  allein  hat  den 
sanften  rosenschimmer  über  unscrn  parnasz  gezaubert,  der 
die  grelle,  ernste  färbe  desselben  erheitert.   Klincer  11,104; 

10  war  die  ganze  weit  urograut, 

ihr  wiszt  ja  selbst  was  sie  erheitert, 

die  horizoDie  sturenklar  erweitert.    Görai  4,  140; 

ein  anderes  gestirn,  ein  andres  liebt 

erheitert  mich,    tf,  251. 

2)  abärad,  wir  besiegen  die  leidenschaft,  wenn  wir  unsere 
dunkelen  Vorstellungen  zu  deutlichen  erheitern.  Jerusalem 
philos.  aufsälze,  Braunschw.  1776  j.  34;  hat  es  manche  Schwie- 
rigkeit, einen  ernsten  gegenständ  zu  erheitern.  Göthe17,  205; 
der  sein  stilles  fleiszigcs  leben  dadurch  erheiterte,  dasz  er 
bei  freunden  und  verwandten  in  der  gegend  ton  seit  zu  zeit 
einipracb.    25, 339 ; 

du  giSnztest  bei  der  vftter  frcudenreste, 
erbeitcrtett  die  ernsten  gAiic.    12,  43; 

't. 
Michn?    10,4; 


erheiternde  g<' 
wird  sie  dem 


dui  die  theologic  durrli 
und  modiOciert  wird.    Oo/. 


Iie  Philosophie  crbctlcrt 
von  Nicolai  s.  47. 


ERHEITERUNG,  f  begab  man  sich  des  andern  tages  nach 
dem  begräbnisplatz,  zu  dessen  Verzierung  und  erheiterung 
der  architect  manchen  glücklichen  Vorschlag  that.  Göthe 
17,208;  zu  groszer  erheiterung  dieser  halbtraurigen  gcfühlc. 
17,  276. 

ERHEIZBAR,  quod  caiefieri  polest,  heizbar:  die  Stube  ist 
gar  nicht  erheizbar. 

ERHEIZBARKEIT,  f. 

ERHEIZEN,  calefacere:  ein  gemach  erheizen; 
ein  elendes  gemach, 
wie  habt  irs  nur  erheitzen  mügen?    H.  Sachs  I,  252. 

ERHEIZIGEN,  fervefacere,  erhitzen,  vgl.  erhitzigen: 
nachdem  die  lieb,  mit  starker  wut 
erheitzigend  mein  junges  blut  u.s.w. 

Weckukrlims  i'orr.  zu  den  psalmen. 

ERHELLEN,  praet.  erhall,  part.  erhoUen,   heute  verderbt  in 
erhallen,  erhallte,  erhallt,  resonarc,  personare,  mhd.  erhallen, 
erhal  {wb.  1,  CS3'): 
mhd.  ir  schrien  löte  erhillel.    Walth.  77,  21 ; 

der  galm  übr  al  die  stat  erhal.    Parz.  63,  6; 

da  sluoc  er  an  daj  ej  erhal.    Im.  320; 

und  daj  der  selbe  mortscbal 

verre  in  daj  laut  erhal.     Trist.  228,  20; 

daj  maerc  was  erbollen 

in  der  stat  öberal.    Mai  22S,  22; 
nhd.    Susanna  in  der  not  erpral 

und  auch  der  alten  {seiium)  stimm  erhal. 

.Scuwarze^iberc  110,  1; 

ir  trummen  wit  im  wald  erhall.    Amor  a4; 

si  wurfend  mit  hemplligen  steinen, 

dasz  (dasz  es)  in  den  berg  erhall,    ühland  411; 

man  bort  auch  den  widerschall  von  den  schlegen,  so  sie 
thetcn,  in  bergen  und  thälen  erhellen.    Aimon  c5*; 

hagel  unt  straln  mit  feuers  flamm  erhal. 

Melissus  ps.  F8*.  vgl.  G7". 

ERHELLEN,  praet.  erhellle,  part.  erhellt. 

1)  intr.  tllucesccre,  palescere:  es  erhellt,  apparel;  aus  dem 
gesagten  erhellt,  ergibt  sich,  leuchtet  ein;  dieser  wolsland  er- 
hellet aus  den  schönen  iiäusern.   Stolberc  6,  20. 

2)  tr.  illustrare,  collustrare,  hell  machen,  beleuchten  : 

dann  dient  die  hoheit  nur  sein  laster  zu  erhellen, 

Hagedorn ; 
0  Phantasie!  erhelle 

der  ersten  pfade  spur 
und  jede  blumenstelle 

der  väterlichen  flur.    Matthisson  18; 

die  durch  liebliche  Widerscheine  erhellte  schattcnpartie  am 
bauernhausc.  Göthe  . . . ;  die  lügend  schwebe  vor  ihm  am 
sichern  hiinmel  über  unserer  sonne  und  wärme  und  erhelle 
und  ziehe  allmälich  sein  herz.  J.  P.  Hesp.  2, 114.  zuckersieder 
sagen:  den  zucker  erhellen,  klären,  reinigen. 

ERHELLIG,  clarus,  manifeslus.    Stieler  888. 

ERHELLKESSEL,  m.  bei  zuckersiedern ,  zur  klärung  des 
Zuckers. 

ERHELLUNG,  /".  beleuddung:  zur  bessern  erhellung  des 
stübchens  noch  ein  fenster  setzen. 

ERHELLUNGSBLECH,  n.  ein  Werkzeug  der  gürller,  knopf- 
macher. 

ERHEN,  tertiäre  i.e.  tertia  vice  arare:  zur  saat  erben,  ter- 
ram  vel  solum  tertiäre,  das  erben  zur  saat,  lertialio  Frisius 
1303*.  Maaler  Hl',  in  diesem  seltnen,  bei  Stalder  und  Tobler 
niclU  mehr  vorkommenden  worl  würde  man  das  einfache  eren 
arare  erblicken,  wäre  letzteres  nicht  unter  ccrcn  bei  Frisils  120', 
bei  Maaler  97*  besonders  aufgestellt  und  verscJiieden  geschrieben. 
crhcn  bezeichnet  also  ein  wiederholtes,  drittes  pflügen,  das  rh 
scheint  wie  in  forlie  trula,  morhe  pastinaca.  v^.  das  sp.  754 
unter  erden  angeführte  ehdszische  erren. 

ERHENKEN,  sttsitendere :  dieser  hat  erworben  den  acker 
umb  den  ungerechten  lohn  und  sich  erhcnkt.  aposlelg.i,\^; 
vil  lieber  wölt  ich  mich  crhenken  lassen.  Aimon  vd';  ich 
weisz,  het  uns  der  keisrr,  er  Ihet  uns  lesterlich  crhenken. 
X6*;  sich  an  einem  gürtel  erhenken.    Maaler  Hl'; 

tyrannon  haben  recht,  so  olt  sie  sieb  erlienken. 
Hauuorn  1,  3i>. 
vgl.  erhängen. 

ERIIERBEN,  emuperare,  erbiUern, 
1)  transitiv, 

will  du  durch  drohen  noch  mich  mehr  und  mehr  arherben? 

Omi  1,  IS5; 

heraenn  toll  die  icbnach  do<  heils  den  tod  erberben. 
"  "  GRTpnici  1,268; 


849 


ERIIERBSTEN  —  ERHITZEN 


ERHITZEN— ERIIITZIGEN 


850 


weil  sie  besorgten,  dasz  sie  durch  ihre  ungeberdung  die, 
mit  welchen  sie  in  ein  unauflüsiichs  bündnis  treten  solten, 
nicht  zu  sehr  erherbeten.  Lohessteix  Arm.  1, 160 ;  daher  solte 
sie  seinethalben  mehr  die  götter  durch  andacht  gewinnen, 
als  durch  ungedult  erherben.  1,  272 ;  hierauf  rennte  er  sporn- 
streichs denen  Tencterern  zu,  hielt  dem  erherbeten  herzuge 
beweglich  ein.  2,351;  der  graf  von  Hanau  hielt  nicht  für 
rathsam  durch  ausführliche  antwort  das  gekränkte  gemüth 
des  Melo  mehr  zu  erherben.  2, 387. 
2)  reflexiv: 

ists  billich,  fragte  gott, 

dasz  du  dich  also  wilt  um  eine  staud  erherben?    Opitz  3,65; 

doch  Moses,  sein  erwählter  mann, 

ist  vor  den  schweren  risz  getreten, 

nachdem  er  heilig  sich  erherbt, 

hat  herzlich  für  den  grimm  gebeten, 

so  dasz  er  sie  nicht  ganz  verderbt,    ps.  106  s.  203. 

ERHERBSTEN,  vindemiare,  wie  einherbsten. 

ERHERZEN,  sich,  animum  colligere,  Imz  fassen:  Solande 
liesz  sich  eine  rechte  bangigkeit  ankommen,  indem  er,  so 
zu  reden,  zwischen  thür  und  angel  geralhen.  doch  erherzte 
er  sich  endlich,    pol.  sluckfisch  s.  66. 

ERHETZEN,    1)  insligare,  außclzen,  terlulien: 

dem  schmiert  er  aufruhr  an,  der  hat  das  volk  erbetzt, 
dem  prinzen  nachgestellt,  die  majestät  verletzt. 

Grtphr-s  1,  78. 

2)  iniento  studio  consequi,  erjagen:  es  gibt  menschen,  die 
nur  nachrichten  ohne  Interesse  für  den  inhalt  erheizen  wollen. 
J.  P.  Hesp.  3, 18. 

3)  erhetzt  sein,  indigari,  aufgesessen,  erhitlert  sein:  da  sind 
sie  wütend  auf  mich  erhetzet  und  nach  vielen  lesterungen, 
damit  sie  mich  . . .  einen  kelzer  ausgerufen,  zuletzt  auch 
für  Leo  dem  zehenden  verklagt.  Lutheh  1, 35l' ;  Schmeichler, 
welche  on  alle  ursach  auf  mich  erhetzet  sein.   br.  l,  506. 

ERHEUCHELN,  simulare:  erheuchelte  freundschaft,  fröm- 
migkeil,  liebe;  er  hat  ein  ansehnliches  amt  erheuchelt  {durch 
heucheln  erlangt) ;  um  seine  gtmst  zu  erheucheln  (durch  heu- 
chelei  sich  zu  rcrscha(fen\    KA.vr  5,  262. 

ERHEULEN,  plorando  consequi:  das  verzogne  kind  erbeult 
sich  einen  apfel  von  seiner  multer. 

ERHEXEN,  artibus  magicis  adipisci,  erzaubern. 
ERHINKEN,  claudicando  consequi:  ich  {lahmer)  musz  mir 
erst  noch  einige  eszlust  erhinken.  J.  P.  unsichtb.  löge  2,  67 ; 
daher  der  arme  mensch  nach  tausend  erhiukten  und  erflog- 
nen  zielen  doch  sein  veraltetes  äuge  noch  sehnend  nach 
einem  richtet,  das  er  selber  nicht  sieht,    leufelsp.  1,  2S. 

ERFHNTER,  pone,  post,  retro,  hintenher,  hintenhin,  vergleichbar 
dem  erheimer  und  erunter  für  herheim  und  herunter:  als 
er  nun  zu  einem  kleinen  häuslein  kommen,  darinnen  das 
liecht  gebrannt,  hätte  er  durchs  fenster  in  die  Stuben  ge- 
gucket und  darin  ein  junges  weibsbild  gesehen,  die  eben 
zu  nacht  gessen  und  sich  zum  schlafen  accommodiert  ge- 
habt, er  hätte  angeklopft  . . .  und  sei  von  ihr  in  ein  bette 
zu  sich  erhinter  an  die  wand  zu  liegen  gcheiszcn  worden. 
Simfil.  rogeln.  1, 18 ;  denn  durch  die  ädern  auf  den  hinder- 
schenkeln  werden  die  feuchligkeiten  ausgeführet,  wie  her- 
gegen  durch  die  andere  auf  dem  schwänz  allein  von  dem 
haupt  erhinder  und  an  andere  ort  verwiesen.  Uffenbacu 
roszbuch  2, 46.     tgl.  hinhinter,  hinterhin,  hinterher. 

ERHLNTERWÄRTS,  dasselbe,  gebildet  vie  erheimerwärts : 
wenn  man  den  ganzen  leib  erhindenverts  fein  reiben  leszt. 
Uffesbach  2,  46 ;  die  sich  in  der  mitte  erhinderwerts  in  die 
länge  ziehen.    2,306. 

ERHITZEN,    1)  intr.  eaiefieri,  incalescere: 
mhd.  bij  daj;  !r  erhizet 

und  ein  w6nic  erswiiet.    G.4.  2,  169; 
nhd.  sonst  erhitzst  du  gar  ungebewr 

die  flammen  schon  dein  herz  anfliegen.    II.  Sacdj  V,  214'; 

in  begierden  ward  ich  erhitzen.    1,311; 

im  anfang  ist  er  {der  qaul)  trag  im  gang, 

dasselbig  wärt  aber  nit  lang. 

wo  im  nur  reiten,  das  er  schwitzt, 

und  das  er  nur  einmal  erhitzt. 

so  lauft  er  stets  im  vollen  traben, 

das  ir  gnug  dran  zu  halten  haben.    Waldis  4,83  *.316; 

wann  das  holz  inwendig  erhitzet,  so  flüszet  öle  aus  dem 
obersten  hafen.  Jon.  vom  Clbe  gart  der  gesuntheit  o.  j.  u.  o. 
cap.  218  {die  stelle  entnommen  aus  Mecenberc  326,  4) ;  du  solst 
mit  schimpf  und  spotl  erhitzen  und  erlechzen.  Ayrkr  proc. 
2,12;  darvon  sie  also  erhitzeten,  als  ob  sie  voll  höllisches 
feuers  wären.    Pbha-hd.  1,  421. 

in. 


2)  Ir.  calefacere,  heisz  machen,  in  lülze  setzen:  dag  machet 
den  lip  rosch  und  liht  und  erhitzit  den  magen  wol  ze  dowenne. 
Meinauer  naturl.  297*;  die  sonne  erhitzt  die  erde,  das  feuer 
den  ofen,  das  eisen;  senkrecht  fallende  strahlen  erhitzen 
den  boden  der  Weinberge;  man  erhitzt  steine  zum  braten 
des  Deisches ;  erhitzte  brotschnitten  mit  butter  zu  tränken  und 
durchziehen  zu  lassen.  Götde  21,  52 ;  erhitzende  gelränke. 

3)  der  tanz  erhitzt  (ichauffe),  jetzt  darfst  du  nicht  trinken ; 
der  wein  erhitzt  mich  zu  stark ;  weh  denen  die  des  morgens 
früe  auf  sind,  des  saufens  sich  zu  fleiszigen,  und  sitzen  bis 
in  die  nacht,  das  sie  der  wein  erhitzt.  Es.  5, 11 ;  durch  gehen 
in  der  sonne,  durch  schnellen  lauf,  durch  bergsleigen  er- 
hitzen; nachgeloffen  waren  und  sich  erhitzt  betten.  Steix- 
HöwEL  dec.  87,  29 ; 

man  kann  sich  mit  zweigen 

erhitzet  vom  steigen 

die  Wangen  umwehn.    Saus. 

4)  das  blut,  das  herz  erhitzen:  auf  das  nicht  der  blut- 
recher  dem  todtschleger  nachjage,  weil  sein  herz  erhitzt  ist. 
5.Vo5.  19,6; 

so  aufgebläht,  wie  ein  pedanf, 

der  itzt  von  seinem  werth  erhitzet, 

in  werken  seiner  eignen  band 

bis  an  den  hart  vergraben  sitzet.    Gklleit  i,  93; 

erworbne  Unschuld,  dem  erhitzten  blut 

durch  list  und  schwere  kämpfe  abgerungen.    Schillkb  269'; 

ein  nichts  erhitzt  die  pbantasie.    GorrER  1,  258. 

5)  antreiben,  incitare,  anfeuern:  was  hab  ich  misgehandelt 
oder  gesundiget,  das  du  so  auf  mich  erhitzt  bist?  1  Mos. 
31,36;  und  sind  an  einander  erhitzet  in  iren  lüsten.  ROm. 
1,27;  der  in  seiner  Jugend  durch  seine  Offenherzigkeit  alle 
seine  brüder  wider  sich  erhitzt  hatte.  J.  E.  Schlegel  3,  453 ; 

die  kühnen  hunde  fürchten  nicht 

des  ebers  mörderzahn, 

erhitzt  und  auf  den  raub  erpicht 

fliegt  jeder  und  schlägt  an, 

haunau,  hauhau,  hauhau!    Weiszk  Jlcom.  opern  3,  41 ; 

erwähl  ich  mir  ein  doggenpaar, 

die  hetz  ich  auf  den  lindwurm  an, 

erhitze  si«  zu  wildem  grimme.    Schiller  66'; 

mann  erhitzt  er  auf  mann,  treibt  die  begierden  aufs  thier. 
GölHE  1,  290; 
da  indes  Laerles  zurückkommt,  soll  dieser  bis  zum  meuchel- 
mord   erhitzte  Jüngling  ihm  nachgeschickt  werden.    19,163; 
manchen   guten   erhitzte   der   name   dieses  bundes  zu  straf- 
baren Unternehmungen.    Schiller  852'. 

6)  in  milderem  sinn  anregen,  erregen: 

und  gleich  lud  fama,  froh  erhitzt, 

sie  nach  Berlins  gewünschten  auen, 

'dort,  musa',  sprach  sie,  'sollt  ihr  itzt 

.\then  zum  andernmal  im  alten  flore  schauen*.    Uz  1,  2. 

")  sich  erhitzen,  in  eifer  gerathen.  man  braucht  auch  das  vort 
überall  iro  Kdmie  erzeugt  wird,  wenn  sich  ein  gegenständ  auf 
einem  andern  bewegt,  i.  b.  ,der  zapfe  in  einer  pfanne,  iro  die 
gehörige  sdimiere  abgehl;  der  mörtel  erhitzt  sich  durch  zu  hef- 
tiges reiben  beim  abptUzen  und  verliert  dadurch  seine  bindekrap. 

ERHITZIGE.N  sagte  man  früher  l)  für  erhitzen,  wie  erheizigen 
für  erheizen:  was  ist  die  kelt  und  erfrorenheit,  in  deren 
er  ein  füer  bedarf,  sich  dobi  wider  zu  wermen  und  er- 
hitzigen? Keisersb.  bilg.  13';  erhitziget  werden  in  liebe. 
postille;  sie  seind  durch  böse  zungen  mit  einander  erhitzigt 
worden.  Agricola  spr.  156;  erhitziget  in  bösen  begirden. 
Maaler  llt*;  uns  anzuzünden  und  zu  erhitzigen,  das  geselz 
lieb  zu  haben.  MELAXcnTHOxs  hauptartikel  verdeutscht  s.  l.  et  a. 
bl.  18;  irer  gölter  bild  führten  sie  für  ein  zeichen  hoch 
herein  im  krieg  die  angreifenden  zu  erhitzigen  und  manlich 
zu  machen.  Frank  weltb.  1569,  42'  (1534,  43*  aber  erhitzen); 
wann  das  ros  durch  das  gehen ,  laufen  oder  sonst  andere 
Übungen  erhitziget  worden.  Secter  127 ;  schmirbe  den  bucg 
an  der  sonnen  oder  sonst  an  einem  warmen  ort  und  nimb 
ein  hand  voll  salz  und  ein  aierschalen  voll  senf,  dasz  es 
wol  crhilzigc,  so  wuchst  ander  fleisch.  352;  Aiislobulus 
hat  durch  laufen  und  springen  die  leib  erbitzigct.  Reisz.nek 
Jeru.^  2,  n'; 

ist  dein  herz  widcrumb  erhitzigt 
in  lieb?  schaw,  dort  kumpt  dem  lucern, 
die  leuchtet  als  der  ranrgenstern.    H.  Sachs  I,  26"; 
die  Vertröstung  rühm  zu  erjagen 
erhitzigt  ir  herz,  nicht  iii  zagen,    gl.  schif  <02; 
erhitzig  du  die  stirne!    Opitz  3,  79  (77). 
2)  intr.  exardescere:  in  die  brunst  kommen,  brünstig  werden. 
Haaleb  Ul'. 

54 


851 


ERHITZUNG  — ERHÖHEN 


ERHÖHEN— ERHÖREN 


852 


ERHITZUNG,/!  aeslus:  in  der  erkitzung  trinken;  erhitzung 
der  leidcnscbaften. 

ERHOBEN,  das  heutige  pari.  prad.  von  erheben  stall  des 
früheren  erhaben,  wurde  sp.  841  nachgewiesen,  es  begegnet  auch 
hin  und  wieder  adjectivisch :  das  angenehme  paradies  ist  ein 
mehr  erhobener  ort  als  dieser  tempel.    pers.  baumg.  9, 1& ; 

hat  dich  des  allmSchtipen  donner 
nicht  genug  an  dieser  erhobenen  stelle  gebrandmahlt? 
Messias  2,  ü!>4; 

erhobene  arbeiten,  Verzierungen,  die  über  die  grundfldclie,  auf 
welcher  sie  angebracht  sind,  Iwrvorlrelen ;  erhobenes  bildwerk 
von  prinzenköpfen.  J.  P.  Tit.  1,  43 ;  erhobene  arbeit  und  fei- 
nes schnitzwerk.    lil.  nacld.  4, 123.    Stieler  S07. 

ERHOBENHEIT,  f  dasz  nicht  an  einer  einförmigen  wand 
irgend  eine  erhobenheit  sich  befinden  sollte.  Göthe  58,  26G. 

ERHOCKEN,  stocken,  aus  dem  gang  kommen,  einwurzeln. 
Alb.  V.  RüTTE  21.     vgl.  hocken,  sitzen,  kauern. 

ERHOFFEN,  sperare:  Spontini  wird  erwartet,  wenn  auch 
nicht  erhoft.    Zelter  an  Güthe  750; 

o  wäre  doch  das  rechte  masz  getroffen ! 

was  bleibt  mir  nun,  als  eingehüllt, 

von  holder  lebenskrafl  erfüllt, 

in  stiller  gegenwart  die  zukunfl  lu  erhoffen!    Göthe  1,  113. 

ERHOHEN,  crigere,  elevare,  exailare,  erheben,  golh.  ushauhjan, 
alid.  irhühan,  mhd.  erhcehen.  im  15.  IG  jh.  wurde  noch  oft 
vor  dem  t  das  h  in  ch  geschärft,  erhocht,  erhöcht  für  erhöhet, 
erhöht,  die  abgezogne  bedcutung  des  erhöhcns  kommt  der  des 
erhebens  nahe,  doch  kann  erhöhen  nicht  sinnlich  vom  erheben 
mit  band  und  arm,  vom  erlieben  der  hand,  des  auges ,  arms, 
flügels  und  fuszes  gebraucld  werden,  während  umgedreht  erheben 
leicltt  auch  für  erhöhen  sleld.  erhöhen  darf  sowol  hoch,  in 
die  höhe  stellen  als  höher  stellen,  bauen,  augere  bedeuten. 

1)  eine  mauer,  einen  dämm,  ein  haus,  einen  thurm  er- 
höhen; leget  flcisz  an  ire  mauren  und  erhöhet  ire  paiast. 
ps.  4«,  14;  und  erhöhen  das  haus  unsers  goües.  Esra  9,9; 
alle  tal  sollen  erhöhet  werden  und  alle  berge  und  hiigcl 
sollen  genidriget  werden.  Es.  iO,i;  aus  welchen  Zerstörungen 
CS  sich  hat  hegeben ,  das  die  alten  gebew  und  erden  also 
sein  erhöcht  worden.    Frank  welib.  168'; 

ein  bethürmtes  schlosz  roll  majestät 

auf  des  berges  felsenstein  erhöht.    Matthissoi». 

2)  einem  ein  grab,  einen  hiigel,  altar,  ein  mahl  erhöhen, 
elevare :  sie  erhöhten  ihm  den  hügel ; 

denn  ein  denkmal  hätten  gesamt  ihm  erhöht  die  Achaier. 

Od.  1,420; 
der  erinnrung  soll  im  gärtchen, 
vor  der  klause  weidenpförtchen, 
ein  altar  sich  fromm  erhöhn.    Mattbisson  178. 

3)  das  pdaster,  den  fuszboden  erhöhen;  die  absetze  an 
den  schuhen ,  den  kragen  am  mantel  erhöhen ;  alle  sitze 
und  bänke  werden  erhöht; 

und  auf  der  berge  festem  rücken 

ein  stufenwuchs  den  wald  erhöht.    Göthe  4,  74. 

4)  den  heiland  an  das  kreiu  erhüben; 

wenn  durch  tödten,  durch  verjagen  Christus  reformiren  wollen, 
hett  ans  creuz  er  alle  Juden,  sie  nicht  ihn  erhöhen  sollen. 

LoCAü  3,  37,  87 ; 
die  schlang  erhöhet  an  dem  pfal 
verwundter  menschen  heilt  on  zal  (4  Mos.  21,  8.  0.  hh.  3,  14). 

SCBWAUE<«BEIIC  154,  2; 

diser  herzog  ist  Tor  anderem  seinem  adcl  mit  dem  hut  et- 
was erhOcbter,  sunst  aiierding  in  kleidung  in  gleich.  Frank 
»M.  57'. 

5)  gold,  edelsleine  und  blumen  erhöhen  die  Schönheit; 

dein  (der  rote)  kränz  erhöht  das  schönste  gesicht. 

GöTHK  1,  lüO; 
der  bahn  hat  gekräht. 
nun  lasz  mich,  bevor  sich  der  morgen  erhöht  (erhebt). 

B6RCER  84>. 

a)  erhöhen,  nhdien  aus  dem  niedem:  er  hebt  auf  den 
dOrfligen  au»  dem  staub  und  erhöhet  den  armen  ans  dem 
kot.  1  Sani.  2,8;  du  erhöhe«!  mich  aus  denen,  die  sich  wi- 
der mich  »elzen.  2  .Sam.  22,  4'.t.  ps.  18,49;  ich  habe  kinder 
anrcrzogen  und  erhöhet  (vulg.  Oliog  enutrivi  et  exallavi).  Es. 
1,2;  der  die  nidrigen  erhöhet  und  den  bcirilbtcn  empor 
hilft.  Hiob  5,11;  denn  wer  sich  srlb«!  erhöhet,  der  wird  cr- 
nidriget,  und  wer  sich  selb  rmidrigd,  der  wird  erhöhet  (saei 
bnaiTri|]  sik  sitban,  ushauhj:id:i).  3/(i/</i.  23,12.  Li«*.  14,  tl;  oder 
hab  ich  gesündiget,  das  ich  mii  b  ernidrigel,  auf  das  ir  cr- 
kObet  wurdet  (ei  jus  utbaubjaind,iu).    iCor.  11,7;    wer  sich 


selhs  erniderf,  der  wirt  erhöcht.  Reiszner  Jer.  1.  2l'.  man 
sagt  auch:  schwache,  matte  färben  erhöhen,  lebhafter,  glän- 
zender maclicn;  die  stirdme  erhöhen,  lauter  reden. 

7)  erhöhen ,  augere  diynitale ,  honore,  divilüs :  nach  disen 
geschichtcn  machte  der  könig  Haman  grosz  .  .  und  erhöhet 
in  und  setzt  seinen  sluel  über  alle  fürsten.  Esther  3,1;  hilf 
deinem  voike  und  segcne  dein  erbe  und  weide  sie,  und  er- 
höhe sie  ewiglich,  ps.  28, 9 ;  wenn  ir  des  menschen  son  er- 
höhen werdet  (cum  exallavcrilis  filium  hominis).   Joh.  8,  28 ; 

hat  ich  vorlag  {vrrla())  der  alchamei  {alchymie), 

mit  mir  erhöcht  ich  ander  drei.    Schwarze!« bkrg  120,  2. 

8)  innerüch,  leiblich  wie  geistig  eiliöhen: 

in  allen  guten  stunden, 
erhöht  von  lieb  und  wein.    Göthe  1,  130; 
der  wein  er  erhöht  uns,  er  macht  uns  zum  herm.    1, 138; 
Leonore:  erwach,  erwache!  lasz  uns  nicht  empfinden, 
dasz  du  das  gegenwärtge  ganz  verkennst. 
Tusso:  es  ist  die  gegenwart,  die  mich  erhöht, 

abwesend  schein  ich  nur,  ich  bin  entzückt.    9, 124; 

wenn  ich  dieses  holde  herz  unter  so  viel  guten  und  erhöhe- 
ten  menschen  erblicke.    J.  P.  uns.  löge  3,  5. 

9)  mein  herz  ist  frölich  in  dem  herrn,  mein  hom  ist  er- 
höhet in  dem  herrn.  1  Sam.  2,1;  und  man  lobe  den  namen 
deiner  herlichkeit,  der  erhöhet  ist  mit  allem  segen  und  lobe. 
Neh.  9,  5 ; 

erhöhet  werd  dein  nam.    Weceberlin  72 ; 
und  weisz  den  sinn  doch  besser  zu  erhöhen 
zu  dem  der  einig  hilft.    Opitz  1,  35; 

ein  groszer  theil  des  alten  tcstaments  ist  mit  erhöhter  ge- 
sinnung,  ist  enthusiastisch  geschrieben  und  gehört  dem  felde 
der  dichtkunst  an.  Göthe  6,  7 ; 

ists  raserei?  ists  ein  erhöhter  sinn, 

der  erst  die  höchste,  reinste  Wahrheit  faszt?    9,237; 

von  jenem  glück  . . .  haben  sie  selten  eine  erhöhte  empfin- 
dung.  19,18;  die  gefühle  der  gesellschaft  erhöhten  sich, 
man  asz,  frank  und  jubilierte  und  bekannte  wiederholt  nie- 
mals schönere  augenblicke  erlebt  zu  haben.  19,37;  die  Zu- 
schauer, deren  gefülil  durch  die  schreckliche  niichtliche 
scene  erhöht  war,  hatten  mehr  empfanglichkcit.  19,223; 

denn  ihnen  erhöht  war  die  seele.    40,  290; 

der  erhöhte  geist  fühlt  ruhig  das  körperliche  aufwallen  ohne 
seines.  J.P.Hesp.  1,128;  als  er  mit  seinem  vom  Widerschein 
der  heuligen  verkläning  erhöhten  gesicht  hineintrat.  1,180; 
eine  solche  glückliche,  robuste  seelennatur,  worin  man  we- 
niger seinen  geist  erhöhen  w  ill ,  als  seinen  pacht.  2,  77 ; 
sein  erhöhtes  hera.  3,195;  indem  er  seine  lebensgeisler  in 
der  gesellschaft  erhöht.   Tieck  nov.  kränz  2.  219. 

10)  erhöhen  auch  für  caelare,  erhaben,  crhol)cn  bilden:  er- 
höcht bildwerk,  ausgestochene  arbeil,  loreuma.  Maaler  111*; 
herzog  Catumcrn  gab  er  eine  agatschale ,  darein  das  bild 
des  groszen  Alexanders  erhöhet   war.    Lohenst.  Arm.  2,  515. 

EHHÖHER,  m.  exaltalor:  erhöher  der  menschen.  Riedrers 
Spiegel  der  rbelorik  1493.  bl.  119. 

ERHOHERN,  augere,  steigern:  und  da  er  meine  Schönheit 
mit  oleo  talci  erhöhern  und  meine  halbkrausc  haar,  die  von 
schwärze  glitzerten,  vcrpudern  wolle.  Simpl.  K.  541;  den 
preis  des  korns  erböherii,  annouam  flagellare.    Stieler  s08. 

EIUIOHTRITT,  m.  jwdal :  aber  es  gab  für  ihn  nur  ^ine 
seele,  an  der  jene  erhöhlritle  wie  an  pedalharfen  geschaffen 
waren,  die  jedem  gedaiiken  einen  höhern  sphürenlon  ertheilen. 
J.  P.  llesJK  1.  73. 

ERHOHLNG,  /■.  in  rerschiednen  bedeutungen  des  erhöhen«  t 

1)  anhöbe,  locus  editus:  wir  hallen  uns  hinler  einer  er- 
hnhung,  die  den  schneidenden  wind  abhielt,  nulhdilrflig 
gelagert.    Göthe  30,  77. 

2)  erhithung,  Steigerung  der  färbe,  stimme,  des  luiils;  rr- 
höhung  seines  namens,  nihms;  erhöhung  de«  pacbls.  der 
Steuer;  erhöhung  des  bimliscben  wirbeis,  eleratio  fiott.  Maa- 
ler 111'. 

3)  in  dieser  leidenschafl liehen  erhöhung  fühlten  verxrhiedne 
kranke  die  übel  nirbl,  von  denen  sie  sonst  gc(|üiilt  wurden. 
Göthe  20,  270. 

ERHUHÜNGSWINKEL,  m.  der  eine  geneigfc  fläche  mit  der 
honzoHlalen  macJU. 

ERHÖHEN,  mimäim  tendendo  luerari:  er  hat  mit  k.-ise, 
bullcr  und  fischen  hnus  und  hof  crhükel.    Stiklkh  bt*. 


853 


ERHOLEN 


ERHOLEN 


854 


ERHOLEN,  repetere,  ahd.  arhalön,  irholön,  mhd.  erholn, 
tcjl.  das  einfache  wort. 

1)  wiederholen,  wider  erholen,  von  neuem  sagen :  mehr  er- 
holte (besagte,  genannte)  leute;  der  oben  erholte,  genannte 
käufer;  wie  nu  das  zugehet,  ist  gesagt  droben  im  ersten 
werk,  ist  nicht  not  wider  zu  erholn.  Luther' 1, 495';  es 
were  ganz  von  unnöten,  das  Luther  dis  ersten  artikels  be- 
kentnis  so  tapfer  und  hoch  alhie  erholet.  Wimpina  bei  Luther 
5, 17* ;  disem  artikel  ist  viel  weniger  denn  den  vorigen  ni 
erholen  not;  derhalben  von  Luther  zu  erholen  gar  von  un- 
nöten gewest.  1"';  hie  zu  erholen  viel  zu  lang,  is';  ja  dis 
argument,  sage  ich,  und  der  grund  ist  ein  rechter  fels  und 
fast  das  sterkste  im  ganzen  Paulo,  und  wird  gar  oft  erholet 
und  angezogen  in  allen  epistein.  Jonas  bei  Luther  6,393'; 
so  füret  er  das  nach  der  lenge  aus  im  vierden  capitel  zu 
den  Römern  und  erholet  solchs  in  allen  seinen  epistein. 
394";  meinen  sie,  das  die  schrift  on  Ursachen  einerlei  so 
oft  mit  klaren  worten  erholet?  395';  wollen  wir  davon  erst- 
lich unser  mcinung  kürzlich  erholen.  Mei  Ascnrn.  afol.  augusl. 
conf.  im  corp.  doclr.  ehr.  56;  und  die  verheiszung  der  gnaden 
wird  von  .\dam  her  durch  die  ganze  schrift  immer  wieder 
erholet.  120;  summa,  wer  ander  leut  beschuldigen,  absetzen 
und  endenmg  machen  wil,  das  ichs  noch  einmal  erhole, 
der  sehe  u.  s.  tc.  Mathesics  154';  sein  klag  mit  kurzen  Wor- 
ten erholen.  Frankf.  ref.  1,23,3;  syndicus  des  hellischen 
groszfürsten  und  seiner  gemein  erholet,  dasz  er  auf  künf- 
tigen 14  febr.  einen  verhörtag  habe  zu  seinen  ubergebnen 
artikeln.  Ayrer  proc.  2,  9 ;  erwidert  aber  und  erholet  seinen 
verführten  beweis.  2,  11.  dies  tciederholen  fällt  unmerklich 
mit  herholen,  hcrrorholen  zusammen,  icie  er  oft  dem  her  be- 
gegnet und  das  iciederholte  neu  hervor  geholt  icird:  ein  einiges 
wort  der  h.  schrift  auszugründen  und  gar  tief  zu  erholen 
(altius  repetere)  ist  unmöglich.  Lutuers  tischr.  3';  darinnen 
er  aufs  kürzst  und  anmütiglich  alle  fundament  und  besten 
grund  des  h.  röm.  glaubens  erholet,  alle  kelzereien  wider- 
legt, erklärt.,  schlichtet  und  ausweiset.  Fischart  frjVnent.  2' ; 
alda  man  eigentlich  die  Ursachen  erholen  wird.  6';  dise 
beweisung  wird  von  Leandro  Alberto  erholet.  1S2';  daselbst 
erholt  er  auch  sehr  lustig  alle  die  Ursachen.  157';  so  will 
ich  vor  allen  dingen  erholen  das  hohe  lob  und  preis.  234'; 
wiewol  die  sach  also  geschaffen,  dasz  je  mehr  man  sie  er- 
holet, kornschüttet,  erbeutelt  und  remembrieret ,  des  mehr 
euern  herlichkeiten  zu  ergetzlichen  wolgefallen  solt  er- 
schieszen.  Garg.  26*;  sobald  sie  nun  heimkamen,  erholten 
und  sinnschöpften  sie  etlichs  was  zuvor  gelesen  war  wor- 
den.   1S4*; 

jetzt  will  ich  sie  erholen  (Itervorholen,  iciederhoten). 
Sp£E  Irutzn.  196. 

l')  erholen,  ausholen,  schwingen:  da  erholt  Ruland  einen 
andern  streich.  Ficrabras  D3.     vgl.  ausholen. 

2)  zurückholen,  nieder  einholen,  anbringen,  recuperare:  das 
ihr  von  den  ungläubigen,  als  von  den  ungerechten  besitzem 
wider  erholen  und  zu  banden  nemen.  Frank  wellb.  119'; 
baten  uns  aber  doch  umb  frist  und  gedult,  so  si  wider  zur 
namng  kämen  und  das  unglück  übenvunden  und  erholten, 
so  wollen  si  alle  zins  doppel  bezalen.  223';  deren  hernach 
nicht  mehr  abgeholfen  noch  widerbracht  und  erholt  werden 
mochte.  Frankf.  ref  1,  43, 3.  goldarbeiter  erholen  (erfrischen, 
erquicken)  ihr  äuge  vom  feuer  und  golde  (welches  beides  wir 
bisher  gehabt)  am  grün  und  im  spiegel.  J.  P.  friedcnspr.  vorr. 

3)  zuwnlen  blosz  erlangen,  errächen,  holen,  einholen,  ohne 
die  Vorstellung  ron  wieder  und  zurück:  daran  erholest  du 
iiümmen  undank.  Keisersb.  6i7ger  193*;  ein  seufzen  von  grund 
auf  erholt,  Spiritus  petitus  imo  totere.  Maaler  112";  meint  er 
hctt  ein  beut  erholt.  Wickram  rollw.  41;  du  hochmütiger 
litler,  welcher  in  Frankreich  groszen  rühm  und  preis  erholt 
hast.    Galmy  134; 

was  ist  doch  wol  erholt  durch  langen  krieges  zanken? 
ScHonEL  Lam. ; 
erz  . .  80  wir  von  kluften  tief  erholen.  Spee  g.  tugendb.  417 ; 
nun  ist  zum  unglück  auch 
der  kluge  nieister,  der  den  bau  vollfuhrt, 
in  dieser  nacht  gestorben,  und  es  l;iszt 
bei  seiner  mumie  sich  kein  rath  erholen.    Pultxn  200^, 

rerschiedcn  von  sich  rathes  erholen  (7,6). 

4)  mut  erholen,  animum  recipere: 
wie  nun  die  schlang  lag  bei  der  glui, 
erholt  sie  wider  ihren  niul.    Alberis  47; 
erhole  deinen  mutl    Flejisg  602. 


5)  Schande  erholen ,  holen,  davon  tragen :  also  hette  mein 
bock  (Eniser)  in  andern  stücken  wol  mit  lust  und  freudea 
schand  gnug  erworben,  aber  an  der  warheit  must  er  sie 
mit  groszem  wüten  und  toben  erholen.    Luther  1,  369. 

6)  in  anderm  sinne,  an  einem  erholen,  erwerben,  verdienen: 
dir  Aristophontes  möge  es  so  gehen,  wie  du  es  an  mir  er- 
holt hast  (de  me  ut  meruisti,  ita  vale).  Lessisg  3, 62 ;  Lem- 
nius  hat  Luthers  eher  mit  keinem  worte  im  bösen  gedacht, 
als  bis  er  (Luther)  es  an  ihm  (Lemnius)  erholte.  3,  2S1. 

7)  sich  erholen,  mit  gen. 

a)  der  ehre,  des  Schadens,  mangels,  honorem,  damnum 
reparare:  und  wiewol  ich  dieser  irer  Untugend  heubtmeister 
möchte  mit  recht  angreifen  und  mich  meiner  ehr  an  ineu 
erholen,  hab  ichs  doch  nachgelassen.  LtrraER  1,174';  was 
darnach  für  schände  auf  uns  feilet,  wollen  wir  uns  des 
Schadens  durch  diesen  schätz  reichlich  erholen.  6, 1S7*; 
und  solt  nichts  deste  weniger  deine  Zuversicht  auf  Christum 
setzen  und  dich  an  demselben  deines  mangels  und  Schadens 
erholen  . . . ;  und  erholeten  sich  etlicher  maszen  ihres  em- 
pfangenen Schadens.  Micräliüs  2, 259 ;  da  die  Teutschen 
sich  einmal  angewöhnet  hatten,  so  oft  als  ihnen  etwas  wi- 
driges begegnete,  über  den  Rhein  zu  setzen  und  in  Gallien 
ihres  Schadens  sich  wiederum  zu  erholen.  Blnaü  1, 109" ; 
um  nicht  der  hofnung  entsagen  zu  müssen ,  durch  irgend 
eine  günstige  wendung  der  umstände  sich  rielleicht  dereinst 
ihres  Schadens  wieder  zu  erholen.  Wieland  6,  232;  weil  ein 
armer  unbezahlter  Jude  sich  daran  seines  Schadens  zu  er- 
holen sucht.  J.  P.  teufelsp.  1,  xiii.  erleiden,  dasz  der  klaget 
und  seine  freunde  sich  dessen  aus  des  bischofes  eigenen 
gutem  erholen  möchten.    Moser  3, 198,  sich  schadlos  machen. 

b)  sich  rechtes,  rathes  erholen,  juslitiam,  consilium  repetere 
=  sich  recht,  rath  holen,  consulere  aliquem:  ihr  wisset 
nicht,  wo  mich  der  schuch  noch  trücket,  es  ist  was  än- 
derst in  der  fläschen,  dessen  ich  gern  bescheid,  und  mich 
rechts  erholen  wolte.  Phil.\nder  2,  7S4  (787) ; 

aus  einem  alten  rabelbuche, 

aus  dem  ich  mich  raths  zu  erholen  suche, 

wenn  ich  selbst  nichts  erfinden  kann.    Gellert  1,  214; 

leider  hab  ich  keine  quellen  mich  raths  zu  erholen  in  Cassel 
sogleich  bei  der  band.  Sömmering  6«  Merk  l,A2b;  du  kannst 
dich  schon  bei  ihm  raths  erholen,  ihn  vm  rath  fragen,  dal. 
statt  acc.  des  pronomens 

da  kannst  du  dir  am  besten  raths  erholen. 

Tleoce  etegien  1, 172 

ist  ein  Sprachfehler,  hiesäe  es  rath  erholen  oder  holen,  so  wäre 
das  dir  richtig. 

c)  sich  der  gelegenheit,  der  kunst  erholen:  aber  von 
wegen  des  abwesens  der  richter  auszer  der  slad  Rom,  des 
Sterbens  halben,  wissen  wir  uns  der  gelegenheit  der  hendel 
und  process  nicht  zu  erholen.  Litber  2, 1S4;  es  sind  auch 
hernach  vil  treflicher  und  gelehrter  leut  gewesen,  welche 
bekannt,  dasz  sie  in  diser  schul  sich  irer  kunst  erholet 
betten.  Melanchtb.  oration  ron  h.  Friderichen,  deutsch  von 
Lauterbeck.  14. 

d)  wie  sich  vil  land  des  salz  {d.  i.  salzes)  zu  Halle  und 
anderer  ort  er  in  Sachsen  erholen.    Mathesiüs  125'. 

e)  die  herren  wüsten  sich  des  kerls  nicht  zu  erholen 
(nicht  aus  ihm  klug  zu  «erden.  Hin  auszuforschen).  Pbilander 
2,  245. 

8)  sich  erholen  mit  praeposUionen :  darin  wir  uns  (acc) 
reichlich  erholen  können,  was  uns  (dat.)  zur  Seligkeit  von 
nöten  ist.  Mathesiüs  69";  doch  wie  man  eisen  rennen, 
schweiszen  solle,  kann  man  sich  bei  ander  Icuten  und  bü- 
chem  erholen  (erfragen).  79';  der  schätz  und  proviantkasten, 
daraus  man  sich  etwas  zu  erholen  hätte,  pers.  rosenth.  7, 20 ; 

verleib  nun,  dasz  ich  mich  an  dir,  mein  schütz,  erhol! 
GRrPHirs  2,  393; 

des  sclaven  sclave  hatte  dann  wieder  seine  sclavea,  an  de- 
nen er  sich  erholte  (entschädigte).  Wieland  8, 147. 

9)  bloszes  sich  erholen, 

a)  sich  wiederholen  (nadi  i),  se  repetere: 

o  groszer  eott  von  kraft,  lasi  doch  erweichen  dich, 
weil  das  elend  gebet  so  oft  erholet  sich, 
der  möchten  etwa  dreiszig  sein, 
die  thäten  nach  dem  willen  dein. 

MtTTH.  Metfert  in  dem  Hede  'o  groszer  gott  von  macht'. 
um  1631. 

b)  sich  erholen,  respirare ,  frischen  athem  holen:  sie  erholt 
sich,  nach  der  ohnmacht;   stehen  sie  auf,  erholen  sie  sich.'; 

54* 


855 


ERHOLEN— ERHÖREN 


ERHÖREN— ERHUNGERN 


856 


er  hat  sieb  auszer  athcm  gelaufen  »ind  miisz  sieb  erst  er- 
holen; der  kranke  erholt  sich,  savimcU  tieuc  kräfle ;  das  laud 
erholt  sich  nach  dem  krieg;  ich  erhole  mich  von  diesem 
schlage,  fasse  neuen  miU  («le  mul  erholen  4);  von  der  furcht, 
dem  schrecken;  sich  von  dem  schaden  erholen  (wie  des 
Schadens  "");  und  das  er  das  volk,  das  sich  kaum  ein  we- 
nig erholet  halle,  nicht  wolle  in  der  vcrfUichlen  beiden 
hende  geben.  2  Marc.  13,11;  die  stat  erholt  sich,  kumpl  wi- 
der zu  riiwen  (zur  ruhe),  respirat  civitas;  sich  wideruuib  er- 
holen und  zi'i  leih  legen,  confirmarc  se.   Maii.er  112"; 

»0  dasz,  wann  harz,  alaun  und  schwefel  sind  verthan, 

ihr  samen  widcrumb  sich  doch  erholen  kan, 

und  satte  nahrung  bat.    Opitz  1,  43  (44); 

nicht  schöner  Lli'ihn  violen,        ^ 

die  sich  im  thau  erholen, 

wenn  luft  und  erde  nicht  mehr  glüht. 

Wkisze  kom.  opern  3,  286; 

weil  sie  sich  aus  ihrer  poetisch  Ihealralischen  wuth  wieder 
ein  biszcben  erholt  hatte.  Gt'miF.  14.62;  nur  der  unglück- 
liche, der  sich  erholt,  weisz  für  sich  und  andre  das  gefübl 
zu  nähren ,  dasz  auch  ein  mäsziges  gute  mit  entzücken  ge- 
nossen werden  soll.  17, 37S;  die  Soldaten  erholen  sich  in 
den  Winterquartieren,  erfrischnngsqnartieren. 

Die  belege  zeigen,  dasz  heute  nur  "'.',  9'  im  gang  nind. 

ERHOLEN,  excavare:  ein  kleiner  und  weicher  trof  {tropfe) 
erhület  einen  herten  stein,  buch  der  natürl.  tieislieit.  Atigsb. 
1490  bl.  49'. 

ERHOLLTS'G,  f.  i)  repetUio ,  recapitulalion :  mit  erbolung 
aller  vorigen  acten.  Frankf.  ref  1,  38,  2. 

2)  consultatio,  raths  erholung:  so  mügen  auch  die  neuen 
vorsieher,  so  oft  es  inen  not  sein  wird,  bei  den  alten  er- 
bolungc  haben.    Luther  2,  267. 

3)  refeclio,  rcstilulio :  erholung  der  kräften.  Opitz  ylrfl.  1,445. 

4)  remissio:  zu  einiger  erholung;  schlaf  und  andere  er- 
bolungen;  seine  zeit  zwischen  geschiiflen  und  crholungen 
thcilen;  zur  erholung  kegel  spielen;  nach  einiger  erholung 
und  Sammlung  traten  wir  unsern  rückweg  an.  Göthe  25,360. 

ERHOLL'NGSARBEIT,  f.  leiclUe  beschäfligung  nach  schwerer 
arbeil. 

ERHOLLTVGSMITTEL,  n.  laxamentum  eurarum,  ddassemenl. 
ERHOLUNGSREISE,  f 
ERHOLUNGSZEIT,  f  remissionis  lempus. 
ERHÖRRAR,  quod  exaudiri  polest,  erhörlich. 
ERHORCHRAR,  quod  subauscuUan^o  exdpi  polest,  crlausclibar. 
ERHORCHEN,  auseullando  captare,  erlauschen: 

was  hah  ich  in  der  nacht  nicht  und  am  tag 
erhört  hier  und  erhorcht  an  diesen  schranken. 

RücKERT  ijes.  ged.  1,  150. 

ERHÖRE.N,  mhd.  erhoeren,  exaudire, 
1)  mit  dem  obr  vernehmen,  audire,  Iwren,  franz.  entendre : 
mild,  da;  6t  dem  vater  hetc  gesagt, 

daj  erhörte  ouch  diu  reine  magt.    a.  Ileinr,  460; 

da  begunde  ^rj  anc  strichen, 

(lä  bi  wetzen,    da;  erhörte, 

der  ir  fröude  störte, 

der  arme  Heinrich.    1221 ; 

ii%  sOc;em  slAfe  ein  s.tüc  wip 

vrÄgete,  dö  si  erhörte 

den  wabter  gingen  von  dem  tage.    MS.  1,  27*; 

Cr  sprach,  min  egel  hfietc  dich, 

d*r  wolf  dir  schaden  tuot, 

erhccrt  tr  dich.    2,  174'; 

nhd.  da  erhöret  gott  die  stimme  des  knabens.  1  Moa.  21, 17;  da 
werden  barpfen  crbürt.  Keisersb.  ro/t.  3f.  f  5;  über  die  inau- 
ren  des  Ihurns  sah ,  ob  sie  jemand  erhören  oder  sehen 
möcht.    Bocc.  2, 107*; 

crhnr  ich  um  mich  her  vil  vögelein  sfisi  singen. 
Wkckhcrlik  760; 

doch  wir  so  ferr  erhören«  nicht, 

well  wir  die  obren  sparen.    Spee  Imitn.  166  (182); 

was  hab  ich  in  der  nacht  nicht  und  am  tag 

erhört  hier  und  erhorcht  an  diesen  schranken. 
RöcKERT  a.  a.  0.  ; 
sncbc    nncbbcr  bei   der  aufwartung  zu  erbOrcn ,   wanim  er 
wiedergekommen  ist.    Tif.ce  3,320.     vian  sagt:   das    ist  oft, 
•elten,  schon,  mehr  erhOrt,  nie  erhört,  unerhört,  inaudüum; 

die  allen  sagten  falsche  wort, 

von  disem  weib  vor  oio  ertiort.    Schwarzknr.  110,  1; 

von  der  weit  an  ist«  nicht  erhöret,  das  jemand  einem  ge- 
boren blinden  die  äugen  aufgethan  liahe  (golh.  fram  aivn  ni 
gaiiausi|i  vas).  Juh.  0,32;  ich  bin  gefragt  worden  nm  ein 
recht    urthcil    iilirr   jetzt    erhoric    {eben  virtiomtunr)    sacben. 


Reütter  64;  nicht  vil  erhörter  weis,  modo  parum  audilo. 
gl.  schif,  im  litel; 

dasz  auf  hohem  stuele  vielraal  sitzt  die  thorbeit, 
ist  erhört  bei  aller  und  nicht  nur  bei  d^r  zeit. 

LoGAi;  3,  55,  96 ; 
ehe  die   kunst  büchcr  zu   schreiben   erhört  war.     IIerdek 
1,144;    so  was  ist  nicht  erhört!    Tiecr  3,282;    büberei  wie 
noch  keine  erhört  worden !  Sciiii.i.En  200' ;  vor  ein  noch  nie 
gehört  gericht  gestellt.    407'.     vgl.  unerhört. 

2)  i)reccs  admillerc,  cxorari,  golh.  andhausjan  (verscliieden 
von  unscrm  enthörcn),  it.  csaudire,  sp.  cscuchar,  fr.  ecoulcr. 
da  man  sich  dacfite,  gott,  in  dessen  olir  die  bitte,  das  gebet 
dringe,  verde  darein  willigen,  so  nahm  erhören  und  selbst  das 
einfache  hören  leicfU  den  sinn  des  gewährcns  an.  die  bibcl  ist 
voll  von  belegen  für  diese  bedeutung  von  erhören  und  einige 
stellen  werden  genügen :  darunih  das  der  herr  dein  elend  er- 
höret hat.  1  A/o.s.  10,11;  dazu  umh  Ismacl  habe  ich  dich  auch 
erhöret.  17,20;  und  gott  erhöret  Lea,  und  sie  ward  schwan- 
ger. 30,17;  der  herr  gedacht  aber  an  Rahel  und  erhöret  sie 
und  machte  sie  fruchtbar.  30,22;  und  wenn  ir  betet,  sollt 
ir  nicht  viel  plappern,  wie  die  beiden,  denn  sie  meinen  sie 
werden  erhöret,  wenn  sie  viel  wort  machen  {golh.  [lugkeiji 
im  auk,  ci  in  liluvaurdcin  scinai  andhausjaindau).  AfaMA.  6, 7; 
fürchte  dich  nicht,  Zacharia,  denn  dein  gebet  ist  erhöret 
(andhausida  ist  bida  ))eina).  Luc.  1,13;  vater  ich  danke  dir, 
das  du  mich  erhöret  hast  (unte  andhausidf's  mis).  M.  11,41; 
ich  habe  dich  in  der  angencmen  zeit  erhöret  (mela  auk 
andanemjarama  andhausida  |)us).  2  Cor.  6,2;  das  sie  allein 
blosze  wort  hersetzet,  darin  ich  gar  nichts  erhöret  bin,  und 
ganz  nichts  auf  mein  schreiben  und  bitte  geleret  werde. 
Luther  1,433";  und  sollte  nicht  also  viel  lieb  zum  fried  bei 
inen  sein,  das  sie  nicht  ein  wort  erhören  könnten  von  iren 
Seelsorgern,  br.  5,607;  einsi  bcgär  und  bin  erhören,  vota 
alicujus  exaudire.    Maaler  111*; 

bei  der  göttlichen,  die  da  wol  sonst 
so  manch  gebet  erhört.    Lessinc  2,  .  .  . ; 
ich  will  heut  nacht  zum  schlosz  von  Villabella 
mich  heimlich  schleichen,  will  versuchen  ob 
Lucinde  mich  am  fenster  hören  wird, 
und  hört  sie  mich,  erhört  sie  mich  wol  auch 
und  liiszt  mich  ein.    Göthe  10,  219; 

mein  alter  vater  segnete  uns,  und  eine  nacbkommenschaft 
von  edlen  tapfern  sühnen  quoll  aus  seinem  gehet,  du  (Elisa- 
beth) hast  ihn  nicht  erhört,  und  ich  bin  der  letzte.  8,165; 
und  die  noth,  bekannt  mit  ihr  und  von  ihr  erhört  zu  wer- 
den.   TiECK  6,271. 

ERHÖRLICH,  nach  beiden  bedentungen  des  erhürens. 

1)  quod  audiri  polest,  hörbar: 

mein  nunmehr  dir  allein  erhörliches  geschrei. 

Weckukrlim  203. 

2)  quod  exaudiri  polest:  weil  er  meint  man  könne  erhör- 
lich beten.  Liscov  s.  103 ;  das  gebet  müsse,  wenn  es  erhör- 
lich sein  soll,  im  glauben  geschehen.  Kant  1,210;  hat  er 
den  glauben  nicht,  so  kann  er  nicht  erhörlich  bitten,  ebenda  ; 
ein  gebet  für  erhörlich  halten.    6,382. 

ERHÖRLICHKEIT,  /•  sich  der  erhörlichkcil  einer  bitte 
für  versichert  halten.    Ka.nt  6, 382. 

ERHOTZELN,  siiccussare,  succutere,  erschüttern,  sloszen.  Fri- 
sius  1262'.  Maaler  112'.     s.  botzeln. 

ERHOTZLll.NG,  f  succussus,  aufschütlelnng. 

F^RIIUNGER.N,  1)  Ir.  fame  macerare,  necare,  umim.m;;. ;n,  ;m 
lode  hungern ,  durch  hungrr  zwingen ,  hin  und  wieder  mä  Um- 
laut erhungern:  do  or  da;  vcrnam,  do  .samele  er  ein  her 
und  besä;  ein  sletelin,  bcisset  Wille,  und  zehant  erhungert 
ers  und  gewan  es.  Closener  i.  33;  was  ist  nidriger,  nirb- 
liger,  dürftiger  denn  der  tcufel  und  die  verdamplen?  ilein 
die  umh  ire  niissethat  gemartert,  erhungert,  erwürgt  wer- 
den? Luther  1,495';  so  wisset  ir,  ehe  ich  meine  rardiual 
und  prelaten  zu.sammen  bringe,  sind  sie  erhungert,  verbreni. 
erlrenkt.  6,331';  und  so  viel  an  inen  ist,  die  Christen  dem 
Türken  zu  dienst  erhungert  haben.  8.170*.  br.  5,  .S45;  wöl- 
lent  ir  aber  meines  rals  gefeilig  sein,  so  helilgerent  dis 
schlosz  als  nahe,  das  niemanis  aus  oder  ein  mag,  er  sei 
dann  gefangen,  mit  disem  fiind  oder  li>t  mögenl  ir  die  darin 
erhungern.  Aimon  l2';  ich  bin,  habt  ir  ichls  zu  r^sen,  »o 
gehl  meiner  hausfrawen  und  meinen  kindern,  wann  sie  seint 
also  erhungert,  sie  möchten  des  sterben.  y2';  er  wolt  sie 
in  dem  Ihiirn  erhungern.  Ptwliis  f.7;  Agrippina  gedacht  sich 
seihs  vor  unmilt  zu  erhungern.  Frakh  chron,  I2>»'; 


857 


ERHÜPFEN  —  ERINNERLICH 


ERINNERN 


858 


eesundheit  sprach,  auch  erhungerst  du 
die  leut,  machst  in  ir  dewung  krank.  H.  Sachs  1,  4br; 
der  wolt  in  einlegen  und  erhungern,  dieser  ertrenken. 
Kirchhof  icendunm.  409'  (435);  tauben,  die  er  vor  in  der 
finstere  gespert  und  erhungert  hette.  Tacics  6.  fmn^.  3,269"; 
ein  ausgelassener  erhungerter  teufel.  Garg.  231';  das  erhun- 
gerte heer.  LoBE^STEI^-  Arm.  1,  225. 

2)  intr.  erhungern,  groszen  htinger  haben,  adesurire.  Maaler 
112';  erhungern,  fame  perire,  veHiungern :  dasz  er  erhungern 
soll.  Povas  57;  denn  über  das.  dasz  ich  schier  erhunger, 
legt  er  auf  mich  schwerere  bürde,  denn  ich  zweimal  selbst 
bin.  Kirchhof  icendtinm.  SS';  er  befiehlt  aus  zorn  und  rach- 
gier,  sie  lebendig  in  eine  hole  so  lange  zu  versperren,  bis 
sie  daselbst  erhungern  und  umbkommen  würde.  Opitz  1,163. 
erhungert,  inedia  solutus,  famelicus,  verhungert. 

ERHÜPFEN,  1)  'r.  siUtu  capiare,  im  hüpfen  erlmdien.  Stie- 
lER  S57. 

2)  inlr.  salire,  pdplare:  vor  freuden  gleich  erhupfte,  er- 
lupfte,  erschupfte.  Garg.  112';  darvon  fing  das  kind  an  zu 
erschrecken  und  erhupfet.    104'; 

busen  und  herz  erhüpfl 
am  altare  der  Cypris.    Herder  12,  50. 
ERHLREN,  d(aem  corpore  quaerere:  er  hat  viel  geld  erhurt, 
erhurte  kleiden    Stieler  S35. 
ERHüSCHEN,  captare,  erwischen,  erhaschen,  kos  man  seftc: 
es  war  ein  wildes  eberschwein, 
lief  oft  den  baurn  ins  körn  hinein, 
bis«  in  der  bauwr  einsmals  erhuscht 
und  im  ein  ohr  vom  köpf  abwuscht. 

Waldis  Lsop  2,  12  bl.  TS*. 
ERHnTERN,  concutere,  percutere,  perceilere  metu:  sie  betten 
kein  blatz  noch  weil  zu  schieszen,  auch  kein  herz,  sie  stun- 
den erhuttert,  vermeinten  unsere  reuter  weren  götter  vom 
himmel  gschickt  oder  mürminder.  Frask  veltb.  1534  s.  22S\ 
1567  s.  233*,  die  erste  ausg.  liest  erthuttert,  die  zweite  erhuttert, 
und  beides  sdieint  gerecht,  erthuttem  ist  erduttem,  erdottem, 
crdattem  (sp.  775»,  doch  erhultern  trtri  betätigt  durch  das 
sch«ä:.  hottem,  hötterlen,  schütteln,  rütleln  (Stalder  2,57). 
sichtbar  gleichen  sich  dattern  (2,  S27),  dottem  (2, 1315),  blättern 
(2,  7S),  schütlem,  zittern  m.  o.  m.  in  bedeutung  vie  bildung,  und 
auch  schütteln,  rütteln,  hotzeln  md  zu  vergleichen. 
ERICH,  dünn  veisz  leder.  voc.  14S2  gS*.  s.  irch.  _ 
ERICHTAG,  dies  Martis,  s.  erchtag,  eritag,  ertag.  in  Ölircers 
grammatica  36  häszt  es:  zinstag,  quidam  dicunt  dinstag  vel 
aftermontag,  et  Bavari  erichtag. 

ERIN,  aereus,  aheneus,  ahd.  mhd.  h]n:  man  sol  nemen 
kriechen,  also  so  sie  zitig  sin,  imd  tu  die  in  einen  erinen 
hafen.  von  guter  spise  9 ;  aber  die  singer  Heman,  Asaph  und 
Ethan  donten  in  erin  schellen,  bibel  von  14S3, 191'.  1  chron. 
16, 19,  vulg.  in  cvmbalis  aeneis  concrepantes.  bei  Luther  : 
senger  mit  ehernen  cymbeln  helle  zu  klingen.  Dasvpodiüs 
32l'  stellt  erin  und  erzin  nebeneinander;  erin  oder  küpferin 
gcschirr,  gemächt  und  werk,  aeramenta.  Maaler  112';  erein, 
eneus,  ein  ding  von  ere.  voc.  theut.  14S2  g  7*.  oben  sp.  4S  icurde 
das  subst.  er  aes  nhd.  in  abrede  gestellt,  auch  die  bibel  von  1493 
biHet  es  noch  dar:  und  von  dem  ere  ward  bracht  zwei  und 
sibenzig  tausent  talent.  52*.  2  Äfos.  38,29;  von  dem  vater  Thyro, 
einem  Werkmeister  des  eres.  159'.  1  kön.  7,  14,  in  beiden 
stellen  setzt  Lcther  erz.  im  vocab.  des  15  ß.:  aes,  ere,  nd. 
er.  eer.  Diefesb.  210'.  erein,  erin  ist  unser  ehem. 
ERLNNERER,  m.  monUor: 

vergeblich  ists  ümm  alles  unser  denken, 

wie  sehr  wir  auch  ümm  unser  freude  thun, 

es  kann  mehr  nicht  als  die  erinnrer  kränken, 

so  süsz  es  war,  so  sauer  ist  es  nun.    Fle«15G  103; 

mir,  dem  das  haar  schon  grau  und  erinnerer 

der  lebensüucht  wird.    Klopsto«  2,  34; 

lange  schon  sehnte  er  sich  aus  einem  lande,  wo  er  ein 
fremdiing  war,  wo  so  vieles  seine  neigungen  beleidigte,  sein 
despotischer  geist  an  den  gesetzen  der  freiheit  so  ungestüme 
erinnerer  fand.    Schiller  792'. 

ERINNERIN,  f.  monilrix:  nun  nehmt  an,  dasz  er  keine 
solche  freundschaftliche  erinnerin  in  einer  guten  Schwester 
oder  weniger  folgsamkeit  gehabt  hätte.  Weisze  länderfreund 
11, 135. 

ERINNERLICH,  l)sucurrtHs:  das  ist  mür  nicht  erinnerlich, 
sich  eines  dinges  erinneHich  sein,  reminisä:  wie  er  sich  der 
■ache  ilzt  erinneHich  ist.    Lesb»g  lo.  30. 

2)  commonilorius :  zu  einem  erinnerlichen  beispicL 

3)  memor,  gratus,  dankbar.    Sheler  S91. 


ERINNERN,  set^,  tcie  entäuszem,  veräuszem  ein  äuszern, 
einfaches  Innern  voraus,  wovon  noch  innerlich,  analog  deni 
äuszerlich,  übrig  iä.  ahd.  bestand  neben  innerön  auch  noch 
innön,  mhd.  neben  innen  innem,  inren ;  mit  er  zusammen- 
gesetzt findet  Mch  erinnen  verzeichnet,  kein  erinnern  (irfr.  1,751). 
erinnern  tcird  schon  von  Lcther  gebraucht,  in  den  vürterbüchfrn 
steht  es  zuerst  bä  Hesisch  924,  Denzler  9S'  und  Stieler  S9l. 
nnl.  gut  herinneren,  unser  erinnern  hat  das  schic.  erinra,  ddn. 
erindre  nach  sieh  gezogen,    man  sehe  inne  werden  und  innem. 

1)  erinnern,  monere,  admonere, 

a)  mit  acc.  der  person,  gen.  der  sache:  ich  musz  dich  solchs 
tcgiich  erinnern,  dir  zu  gut.  spr.  Sal.  22, 19 ;  also  tröstet  er 
sie  und  erinneret  sie  der  glückseligen  schiachten,  die  sie 
vor  gethan  hatten.  2  Macc.  15,  9 ;  derselbige  wird  euch  erin- 
nern alles  des,  das  ich  euch  gesagt  habe  {rulg.  suggeret 
vobis  omnia  quaecunque  diiero  vobis,  golh.  gamaudeij)  izris 
allis,  I)atei  qaj)  du  izris).  Joh.  14,26;  habe  ich  Timotheum 
zu  euch  gesand,  das  er  euch  erinnere  meiner  wege  (qui  vos 
commonefaciat  rias  meas).  1  Cor.  4,17;  ich  erinnere  euch 
aber,  lieben  brüder,  des  evangelii  (notum  vobis  facio  evan- 
gelium).  15, 1 ;  solchs  erinnere  sie  (haec  commone,  goth.  J)izei 
gamaudei).  2  Tim.  2, 14 ;  darumb  wenn  ich  kome,  wil  ich 
in  erinnern  seiner  werk.    3ioh.  10; 

wes  Job  in  groszer  duld  erlit, 

des  seit  erindert  auch  hiemit.    Schwabzkxberg  156,2; 

euch  wil  ich  ganz  trewlich  ewers  ampts  hiemit  erinnert  haben. 
Luther  8.95*;  sie  sollen  in  bittsweise  desselbigen  erinnern. 
kl.  «eise  reden  3';  will  ich  alle  ihres  theures  eides  erinnert 
haben.  Mathesics  1562,  214' ;  wir  werden  erinnert  der  mensch- 
lichen dürttigkeit.  206';  und  hat  die  Juden  sollen  erinnern 
des  hohen  himmels.  Reiszner  Jfruj.  1,9';  Cajus  Sulpitius 
erinnert  sie  der  rede,  die  sie  gegen  ihm  gethan  hätten. 
lÄvius  bei  Rihel  l~i;  einen  seiner  ellendigkeit  erinneren,  eom- 
monere  suarum  miseriarum.  Hemsch  924;  ich  erinnere  dich 
des,  moneo  te  hoc;  könige  ermahnen  und  sie  ihrer  fehler 
erinnern,  pers.  rosenth.  8, 146 ;  dasz  sie  ihn  jederzeit  der  ge- 
rechtigkeit  erinnert.  Ziskgref  20,  20 ;  ich  erinnerte  ihn  seiner 
vorigen  herzhaftigkeit.  Lohenst.  i4rTn.  2,  914 :  einen  seiner  zu- 
sage erinnern.  Stieler  891 ;  der  bauer  wurde  seines  Verspre- 
chens erinnert.  Leipz.  avant.  2,  34 ;  da  unser  einer  doch  täg- 
lich seiner  Sterblichkeit  erinnert  wird.  Claudius  3,  76 ;  sire, 
antwortete  Danischmend,  mein  gedächtnis  ist  von  einer  so 
gefälligen  art,  dasz  es  alles  unangenehme  durchfallen  läszt,  nnd 
mich  nur  der  unverdienten  huld  erinnert,  wovon  ihre  hoheit 
mir  so  riele  beweise  zu  geben  gerahet  haben.  Wielasd  8,  370; 

erinnre  mich  nicht  jener  schönen  tage.    Göthe  8,  30; 
erinnre  mich  der  schrecklichen  nacht,  da  meine  kinder  um- 
kamen 1    16, 173. 

b)  den  gen.  vertreten  praepositionen,  dimals  von  {lat.  de),  heute 
an:  denn  die  hisloria  erinnert  den  leser  von  rielen  sachen. 
Luther  1,1*;  von  diesen  gutem  allen  erinnert  uns  diese 
nieszung.  Melaxchthox  im  corp.  d.  ehr.  821;  davon  sollen  die 
leute  erinnert  werden.    859; 

ich  will  nun  einmal  euch  nicht  weiter  sehen, 

nicht  hören,    will  von  euch  an  eine  that 

nicht  fort  und  fort  erinnert  sein,  bei  der 

ich  nichts  gedacht.  Ltssi^tG  2,224; 

wie  ich  selber  nur 

erst  heut  an  dies  mein  euch  vertrautes  pfand 

erinnert  worden.     2,  320 ; 

darf  ich  es  wagen,  ihre  majestät 

an  ein  kostbares  leben  zu  erinnern, 

an  Völker  lu  erinnern  u.  s.  ir.    Schiller  271'; 

woran  erinnerst  du  mich?;  ich  erinnere  dich  an  eins;  das 
erinnert  mich  an  alte  zeiten;  dieser  fall  erinnert  mich  an 
einen  ähnlichen;  man  musz  ihn  an  alles  erst  erinnern. 

f)  oder  ein  abhängiger  satz  folgt :  thu  barmherzigkeit  an  mir, 
das  du  Pharao  erinnerst,  das  er  mich  aus  diesem  hause 
füre.  1  Mos.  40, 14;  erinnert  sie,  wie  unser  vater  Abraham  . . . 
ist  gottes  freund  worden.  Judith  8, 19 ;  und  erinnert  sie  mit 
zucht,  woran  sie  sündigen,  weish.  Sal.  12,2;  euch  zu  erin- 
nem,  das  ich  sol  sein  ein  diener  Christi.  Rom.  15, 15 ;  umb 
welcher  sache  willen  ich  dich  erinnere,  das  du  enveckesl. 
2  Tim.  1,  5 ; 

sieh,  ich  könnte  dich 

erinnern  wollen,  was  wir  dort  und  dort 

zusammen  ausgefiihrt.    LR$sr«c  2,  308; 
nein  ich  bin  nicht  rasend. 

wlr.ichs,  so  thatet  ihr  nicht  gut,  mich  zu 

erinnern,  dasz  auf  meines  Schwertes  spitze 

sein  leben  schwebt.  Schillir  301\ 


859 


ERINNERN 


ERINNERN  —  ERINNERUNG 


860 


d)  es  sMU  auch  der  blosze  acc.  der  person,  ohne  gegenständ: 
erinnere  mich,  lasz  uns  mit  einander  rechten.  Es.  43, 26 ; 
auch  wird  dein  knecht  durch  sie  erinnert,  ps.  19,12;  diesen 
Schuldner  uuisz  man  oft  erinnern,  mahuen;  man  hat  ihn 
schon  dreimal  erinnert  (gewarnt),  einen  bei  seinem  gewissen 
erinnern.    Stieler  S91. 

2)  erinnern  oline  persüntithen  acc.  hol  beinahe  die  bedeulung 
von  bemerken,  anmerken,  erwcüinen,  menlionem  facere,  was  frei- 
lich auch  monere  ist:  ich  habe  nichts  zu  erinnern;  es  ist 
nichts  dabei  zu  erinnern;  dies  einzige  wäre  noch  zu  erin- 
nern; sülchs  hat  auch  einmal  für  drei  oder  vier  jaren  er- 
innert ein  fein  gelerter  pfarherr.  Luther  3,  497';  in  der  für- 
rede habe  ich  etwas  weniges  gedacht  von  der  reimfügung, 
hier  solte  ich  etwas  erinnern  von  der  rechtschreibung. 
LoGAO  3,  3 ;  ° 

und  leider  «raren  wir  zu  sehr  verwöhat, 

erinnerten  an  jedem  heitren  morgen, 

wie  sie  uns  einst  den  schönsten  lug  verschönt. 

GöTHE  13,  251, 
gedachten?  oder  'erinnerten  uns'?  so  nimmt  auch  Niebuhr  in 
Jen  meisten  der  folgenden  stellen  erinnern  für  sich  erinnern : 
die  ganz  zufälligen  umstände,  welche  den  lebensgang  ausge- 
zeichneter männer  entscheiden,  verdienen  erinnert  (erwähnt 
oder  in  andenken  bebalten)  zu  werden,  kl.  sehr,  l,  ii ;  die  grüsze 
des  zweiten  grafen  Bernstorf  wird  von  einer  dankbaren  na- 
tion  nur  mit  wehmut  erinnert  werden.  1,11;  man  erinnere 
dasz  diese  biographie  1S16  geschrieben  ist.  1, 47 ;  denn  gegen 
die  Franzosen  hatte  er  nationalantipathie,  wiewol  er  mit 
dank  erinnerte,  dasz  sie  ihn  im  Orient  ausgezeichnet.  1,  58 ; 
er  sah  in  der  nation,  ohne  viel  zu  klügeln,  unsre  natür- 
lichen erbfeinde  und  ich  erinnere  wie  ihm  der  ausbrach  des 
revolutionskrieges  lieb  war.  l,  59.  diese  Verwendung  scheint 
nicht  gam  zu  rechtfertigen,  da  sich  die  begriffe  von  monere  und 
meminisse  zwar  naite  liegen,  jenes  aber  erst  durch  bcifüyung  eines 
jiersönlichen  acc.  den  sinn  von  diesem  gewinnt,  gleichem  ladel 
unterliegt,  wenn  J.  P.  aeslh.  1,58  sagt:  jedes  erinnerte  leben 
glänzt  in  seiner  ferne  wie  eine  erde  am  himmel.  erinnernde 
wäre  zulässig. 

3)  reftexivisch,  sich  erinnern,  meminisse, 

a)  mit  gen.  des  gegenstands:  und  erinnere  mich  des  unge- 
ferbeten  glaubens  in  dir  (recordationem  accipiens  ejus  fidei, 
quae  est  in  te  non  ficta,  gamaudein  andnimands  ))izös,  sei 
ist  in  })us,  unliutöns  galaubeinais).  2  Tim.  1.  5 ;  und  wie  sich 
ein  drescher  auf  der  tennen  des  gerichtes  gotles  erinnern 
kan,  das  gott  den  weizen  samlen  und  die  sprew  wil  ver- 
wehen lassen.  Matbesius  1562,315';  aber  Danae  erinnerte 
sich  zu  lebhaft  wieder  des  gelübdes.  Wielanu  3, 329 ;  ich 
erinnere  mich  meines  Versprechens  gar  wol;  ich  erinnere 
mich  dessen  noch  leise; 

ewig  geliebte !  wie  zart 

erinnerst  du  dich  deines  trauten!    Göthe  5,  259; 

begegnetet  ihr  nicht  diesen  leuten?  'ich  erinnere  micbs  nicht'. 
14,  298;  geliebter,  erinnerst  du  dichs  noch?  Fb.  Müller  1,10; 
wenn  in  beiden  letzten  stellen  dem  'es'  noch  alte  yenilivische  kraft 
zusteht. 

b)  gerade  dieses  es  kann  einen  falschen  acc.  herbeigeführt  haben : 

es  klang  aber  fast  wie  deine  lieder 

das  erinnricb  mich  wieder.    Göthk  5,  259; 

ganz  gewis,  erwiederte  der  major,  nach  allem  was  ich  mich 
erinnere.  22,37;  sie  erinnert  sich,  von  klein  auf,  ihr  inneres 
selbst  als  von  leuchtenden  wescn  durchdrungen.  23,  218; 
und  so  lang  ich  hier  sitze,  erinncr  ich  mich  keinen,  der 
nein  gesagt  hätte.  42,  loo.     doch  eine  menge  gen.  werden  zu  acc. 

c)  praepositionen  und  naclisatz  geben  keinen  anstosz: 

lasz  mich 
an  Jene  goldoen  Zeiten  mich  erinnern !    Schillik  .  .  . ; 

bis  in  mein  achtes  jähr  war  ich  ein  ganz  gesundes  kind, 
weisz  mich  aber  von  dieser  zeit  so  wenig  zu  erinnern,  als 
von  dem  tage  meiner  gcburt.  Götbk  19,265;  ich  erinnere 
mich  noch  wol,  was  Jarno  sagte.  20,185;  dasz  diejenigen, 
welche  wegen  ihrer  mishandlungen  ihnen  nichts  gutes  bc- 
wust,  wenns  zum  ende  und  abscheiden  konipt,  sich  wol  er- 
innern, wa«  »ie  werth  (sind)  und  verdient  haben,  f.okman 
fab.  30;  angcoommen  nemiich,  dasz  a  calamis  so  viel  heiszen 
■oll  als  von  nchreibfedeni,  welches  es  ohnstrcitig  heiszrn 
kann,  und  nun  sirh  erinnert  {almolitt  wie  angenommen),  dasz 
Hcbreibfcdprn  auf  französisch  plunies  heiszen,  was  ist  leichter 
und  natüriicher,  aU  auf  den  namen  PlumatiuR  zu  verfallen? 
Lemuis  ü,  4A6. 


rf)  bedenklich  scheint  der  dat.  des  reflexivums  anstatt  des  acc, 
und  ihn  mag  die  unsicherheil  des  beide  casus  ausdrückenden  'sich' 
reranlaszt  haben:  angezogen  und  aus  dem  hause  gehend  er- 
innere ich  mir  ihn  in  zehn  jähren  kaum  zweimal.  Göthe 
24,256,  wo  stehn  könnte:  erinnere  ich  mich  seiner  {der  alten 
spräche  wäre  aucJi  ein  angezognes  und  gehendes  daneben  mög- 
lich gewesen);  wenn  ich  mir  freilich  ihr  wesen  von  unsrer 
ersten  bekanntschaft  an  erinnerte.  25,280;  ich  erinnere  mir 
nirgend  etwas  gefunden  zu  haben.  Leisewitz  br.  237;  ich 
erinnere  mir  nichts  so  lebhaft.  Klinger  6,358;  auf  welche 
art  ich  von  diesem  orte  wegkam,  erinnere  ich  mir  nicht 
mehr.  Novalis  H.  von  Offerdingen  1,27.  man  verstelU  gleich- 
sam: sich  (sibi)  etwas  innerlich  machen. 

4)  wie  aber  unpersönlich?  'es  erinnert  mich'  würde  mehr  es 
gemahnt  mich,  admonet  nie  ausdrücken  als  reminücor,  memini. 
für  'es  erinnert  mir',  im  sinne  von  subit,  subit  mentem,  sind 
keine  belege  zur  hand,  ähnlich  schienen:  es  denkt  mir  (2,938), 
es  fällt  mir  ein,  fällt  mir  bei,  kommt  mir  ein,  kommt  mir 
in  gedanken  oder  sinn,  steht  mir  vor,  vor  äugen,  ist  mir  so, 
franz.  il  me  souvient,  il  m'en  souvient  neben  dem  daraus  ent- 
sprungncn  schlecliteren  je  me  souviens,  je  m'en  souviens.  auch 
sagt  man  es  ahnt  mir,  vergiszt  mir;  und  es  dünkt  mir  neben 
dünkt  mich,  'es  ist  mir  erinnerlich',  'nicht  erinnerlich'  sind 
vollkommen  zulässig. 

ERi.NNERN,  n.  1)  admonitio:  obengcschebenem  erinnern 
zufolge.    Göthe. 

2)  recordiUio,  memoria: 

zierlich  denken  und  sQsz  erinnern 

ist  das  leben  im  tiefsten  innern.    Götue  2,  253; 

alt  mein  kindliches  erinnern 

tlndct  in  mir  seine  grul't.    A.  W.  Schlegel. 

der  gen.  nimmt  sich  dabei  nicht  gut  aus :  das  erinnern  des  heu- 
tigen tages.  Klinger  1,  326 ;  das  erinnern  seiner  edlen  zwecke. 
7,  68 ;  wer  seid  ihr,  grosze  männer,  an  derer  bild  ich  mich 
labe?  bei  derer  erinnern  mein  geist  sich  nachschwingt,  den 
euren  zu  durchschauen?  th.  2,218.  besser:  das  erinnern  an 
den  beutigen  tag. 

ERINNERUNG,  f.  1)  admonitio,  commonüio:  und  thet  wol 
und  fein  dran,  das  er  von  der  auferstehung  eine  erinnerung 
thet.    iMacc.  12,43; 

herren  künncn  leichtlich  nicht  gut  erinnerung  ertragen, 
ihnen  musz  wie  ßileam  oft  ein  csel  warheit  sagen. 
LoGAU  '2,  213,  »; 

wegen  des  ersferen  ist  schon  oben  erinnerung  geschehen. 
Hahn  2,163;  das  verdient  eine  nachdrückliche,  scharfe  erin- 
nerung; erinnerungen  fruchten  nichts  bei  ihm;  crinnerungen 
willig  aufnehmen;  er  that  es  auf  meine  erinnerung. 

2)  recordatio,  memoria,  andenken:  ich  wil  in  des  thun,  was 
ich  sol  und  zu  thun  schuldig  bin,  und  dis  Zeugnis  meins 
gewissens  und  erinnerung  hinder  mir  lassen.  Luther  1,60'; 
was  du  mir  sagest,  kümpt  nicht  unbequem  zu  meiner  erin- 
nerung (es  ist  mir  gelegen  daran  zu  denken),  pers.  rosenth.  5,17; 
vergangner  schmerz  ist  in  der  erinnerung  angenehm ;  die 
erinnerung  beschlich  mich; 

es  ist  nur  zur  eriiinemng,  herr  kriogsrath, 

dasz  sie  im  lagor  sind  und  unter  kriegern.    ScuaLB*  334*; 

ich  habe  alle  bändet  dieser  erdo 

bis  fast  auf  die  erinnerung  verlernt.    .  .  . 

0  göttliches  vermögen  mir,  eriniiprungl 

(tu  bringst  Jas  hehre  bild  ganz  wieder  her.    Göthe  40,  403; 

der  erinnrung  soll  im  gürtchen, 

vor  der  klause  weidenprortclien, 

ein  altar  sich  fromm  erhöhn.    Matthisson  178; 

du  stehst  bei  uns  in  guter  erinnerung,  in  gutem  angedenken ; 
vor  gewissen  erinneningen  soll  man  sich  hüten. 

3)  der  gegenständ  strlU  oft  dabei  iw  gen.: 

weil  die  erinnerung  der  zauberischen  garten, 

wo  seine  nugen  oft  Zcnidens  hrust  bctlirfini, 

ihn  unvermerkt  beschloirhi.    Wixi.and; 

erinnrung  aller  zoitcn  solllo  dann 

den  tiefen  eimlruck  meiner  ijualen  lindern.    Göm  10,  19; 

d«<nn  es  Ist  ein  zweites  glücke 

eines  glucks  «rinncruDg.    Guthe  bei  Jahn  304. 

da  aber  auch  der,  welchem  erinnerung  beiwohnt,  im  gen.  nii^ 
fügt  werden  kann,  z.  b.  die  erinnerung  der  menschen  bewahrt 
uns  alle»  das  ;  die  erinnenmg  des  allers  scbwächl  sich  m.  s.  tr  . 
so  schicken  sich  besser  {iraeposUwneti  zur  brzrtchnung  der  geiK**- 
Mnde:  ich  habe  davon  keine  erinnerung  mehr;  die  erinnc- 
Hing  an  durchlebte  tage,  an  vergangne»  glück. 


861         ERINNERUNGS  ALTAR  —  ER  JAGEiN 

ERINNERUNGSALTÄR,  in. 

ERINNERUNGSKRAFT,  f.  facultas  rminiscendi,  fäJtigkeü  sich 
das  vergangne  zurückzurufen. 

ERINNERUNGSLOS,  expers  memoriae: 

thor,  wie  erinnerungslos  dir  das  herz  ist !    Voss. 
ERINNERUNGSMAHL,  n.  monumenlum  in  memoriam  alicujus 
erectum. 

ERINNERÜNGSMITTEL,  n. 

ERINNERUNGSSCHREIREN,  n.  admonüio  jjer  lUeras. 
ERINNERLTSGSSTEIN,  wi.  itas  erinnerungsmahl : 
wenn  mir  dort  Schicksale  beerdiget  hätten  den  kummer, 

und  auf  des  liebenden  gruft  stand  ein  erinnerungsstein, 
sie  dann  hätte  mich  todten  geehrt  mit  dem  theueren  haupthaar, 
und  die  gebeine  zur  ruh  sanft  mir  auf  rosen  gelegt. 
Voss  Properz  1.  17,  20. 

ERINNERUNGSTRAUM,  m. 

doch  weiht  ich  ewig,  im  erinnrungstraum, 
nur  dir  der  Sehnsucht  und  des  dankes  thränen. 
Matthisson  10. 

ERINNERl^'GSVERMÖGEN,  n.  erinnerungskrap.  Ka5T8.369. 

ERINNERUNGSWEISE,  memoritcr:  niemand  ist,  der  sich 
nicht  peinlich  gezwängt  fühlte,  wenn  er  nur  erinnerungs- 
weise sich  solche  zustände  hervorruft.    Göthe  49, 14. 

ERINNERZEICHEN,  n.  signum  monilorium:  ein  wahrnehmen, 
ein  erinnerzeichen.    Tuchneisser  magna  akh.  2, 186. 

ERITAG,  m.  dies  Marlis,  Ertag,  Erichtag.  häufig  in  vster- 
reichisclien  Urkunden:  geben  zu  Wienn  an  eritag  nach  sand 
Paulstag  conversionis  a.  1494.  Chmel  Maximilian  $.  18 ;  geben 
zu  Kempten  an  eritag  nach  dem  sonntag  vocem  jocunditatis 
a.  1494.  daselbst  s.  33;  geben  am  eritag  vor  sand  Elsbethen- 
tag  a.  d.  1494.  s.  54 ;  geben  zu  Worms  am  eritag  nach  dem 
heil,  palmtag  a.  1495.  s.  62 ;  geben  zu  Worms  am  eritag  nach 
dem  sonntag  exaudi  a.  1495.  s.  67  m.  s.  «•. 

ERIZCHE.N,  n.  tnotacilla  phoenicurus,  rothschwänjcJien.    Nem- 

MCH. 

ERJACHTERN,  cursu  veloci  consequi,  frequentalites  erjagen, 
icie  jachtern  ton  jagen  gebildet  wird,  das  cht  wie  in  macht, 
bucht  «.  a.  m.  ron  mögen,  biegen,  ich  habe  mir  hunger  er- 
jachtert durch  schnelles  laufen,  reiten. 

ERJACKERN,  dasselbe,  s.  jackern. 

ERJAGEN,  ahd.  irjagon,  mhd.  erjagen,  ereilen. 

1)  vencmdo,  currendo  nancisci,  capere: 

mhd.  do  nam  ein  alter  jägere  einen  spürhunt, 

er  brähte  den  herren  in  einer  kurzen  stunt 

da  s\  vil  tiere  funden.    swa^  der  von  leger  stuont 

diu  erjeiten  die  gesellen,  so  noch  guote  jeger  tuont. 

Mb.  87«; 
Sit  ^  mir  nü  so  geziuhet, 
da;  diu  Saelde  von  mir  fliubet, 
deswär  ich  kan  si  wol  erjagen.    Greg.  1529; 
e;  wirt  vil  selten  hirj  erjeit 
mit  släfendem  hunde.    Wigal.  77,  19; 
iihd.  freuet  sich  auf  beszre  speisen,   als  man  hier  erjagt  und 
fischet.    LoGAD  3,  245,  149; 
hätt  ich  das  beutekhen  erjagt, 
worin  der  alle  stein  der  weisen  liegt.    Götter  1,  2S9; 

ein   wildes   thier   erjagen;   der  adler  gesättigt  vom  erjagten 
1  aub.    Klisgeb  4,  280 ; 

der  mann  musz  hinaus 

ins  feindliche  leben, 

musz  weiten  und  wagen 

das  glück  zu  erjagen.    Scbiller  78*. 

2)  eontequi,  nancisci,  erlangen:  darumb  das  sie  sich  aus 
eigener  vermessenheit  unterstanden  einen  rühm  zu  erjagen. 
1  Maec.  5,  61 ;  und  laurefen  auf  in  und  suchten,  ob  sie  etwas 
erjagen  kündten  aus  seinem  munde  {vulg.  quaerentes  capere 
aliquid  ex  ore  ejus).  Luc.  11,  54 ;  mit  schulten  eines  anderen 
kunst  underston  einen  rum  und  lob  ze  erjagen.  Maaler  112" ; 

gedenk,  was  vortheils  {du)  erjagst.    Schw*bzk;«berc  117,  1; 

80  wird  er  lob  erjagen  bei  den  frommen.    Matbesils  94'; 
wer  will  forthin  meh  können  sagen, 
das  arbeit  nicht  könn  als  {alles)  erjagen,    gl.  *c/ii/748; 
je  mehr  ich  mich  bemüht  den  frieden  zu  erjagen, 
je  mehr  seid  ihr  bemüht  mein  eifern  auszuschlagen. 

Grtphil's  1,  316; 
auf  dieser  hohen  bahn  wirst  du  den  tod  erjagen. 

HOFa*flI«SWALDAD; 

ja  scheiden  zwar 
Ich  musz  furwar, 
bei  dir  ich  nichts  erjage.    Sfu  trulin.  14; 


ERJÄHREX  —  ERKALTEN 


862 


0  schweigt,  gerechte  klagen! 

ihr  werdet  nichts  erjagen, 

als  dasz  ihr  mir  an  das  gedenkt, 

was  euch  erzwingt  und  mich  nur  kränkt.    Rost  schäferged.  108; 

kehr  um!  erjagst  dir  heut  nichts  guts.    Böbger  70*; 

will  einer  in  der  weit  was  erjagen, 

mag  er  sich  rühren  und  mag  sich  plagen.    Schiller  329*; 

wenn  ihrs  nicht  fühlt,  ihr  werdets  nicht  erjagen, 

wenn  es  nicht  aus  der  seele  dringt, 

und  mit  urkräfligem  behagen 

die  herzen  aller  börer  zwingt.    Göthk  12,  36. 

ERJÄHREN,  usucapere,  durch  Verjährung  erwerben:  so  hats 
im  Christus  und  s.  Peter  auch  nicht  aufgeerbet,  so  hats  im 
auch  niemand  geben  noch  geliehen,  so  ists  auch  nicht  er- 
sessen noch  erjeret.    Luther  1,  298". 

ERJAMMERN,  1)  ejulari,  in  jammer  au^echen :  Medea  zerrisz 
ir  eigen  kind,  warf  da  ein  arm,  über  etlich  äckerleng  ein 
fusz,  aber  über  etlich  stadia  oder  rosleuf  ein  fusz  und  so 
fortan  von  ir  auf  den  weg,  nur  danimb  dasz  der  nacheilend 
Jason  daran  verglaffen  und  erjomem  soll  und  sein  eigen 
fleisch  und  plut  mit  schmerzen  aufheben.  Fbakk  guldin  arch 
1538.  4". 

2)  miserari,  deplorare,  bejammern:  es  ist  nicht  so  hart  zu 
erjamern,  dann  das  die  weit  kein  gutthat,  lieb,  trew,  warheit 
leiden  kan.    Frank  sprichw.  1, 142*. 

ERJASTEN,  violenicr  impelere,  erhaslen.    Stalder  2,  74. 

ERJAUCHZEN,  prae  laetitia  exsultare,  aufjauchzen. 

ERJETE.N,  eruncare,  eijäten,  mhd.  eijeten,  praet.  erjat,  pari. 
erjeten : 

ich  wil  min  gemüete  erjSten, 

da;  niht  sorgen  drinne  si.    MS.  1,  88'; 

des  herze  ie  valsches  was  erjeten.    Parz.  317,  12; 

die  haut  Francricbe  erjeten 

von  der  guoten  riterscnaft.    Wh.  141,26; 

ir  hfrren  herze  was  erjeten, 

da;  man  nie  valsch  dar  inne  vant.    347,  4. 

nhd.  consarrire,  erläsen,  seuberen,  erjätten.  Fbisics  302"; 
disrarare,  erhauwen.  das  die  est  nit  so  dick  an  einanderen 
standind,  erjätten,  dünneren.  429*.  Maaler  112'.    Sheler  880. 

ERJUBELN,  laetas  edere  voces,  laut  aufjubeln. 

ERJÜDELN,  ifie  das  folgende.  Wielaso  in  Büttigers  lit.  zu- 
ständen 1,  235. 

ER  JUDEN,  lucrum  captare  per  fas  et  nefas.    Stieler  902. 

ERJUNGEN,  juvenescere,  jung  werden: 

er  (der  mosl)  ist  schon  jung  ein  held, 
der  beiden  hat  bezwungen, 
bleibt  ewig  jung  wie  die  weh, 
die  durch  ihn  musz  erjungen. 

RiJcEERT  ges.  ged.  1,  94. 

ERJÜNGEN,  ERJUNGEN,  1)  renorare,  verjüngen:  ich  will 
dich  mit  disem  {Irunk)  erjungen.    Garg.  lOl'. 

2)  sich  erjüngen :  der  vermut  erjüngt  sich  auch  selbst 
järlich  von  seinem  samen.  Taberxaemont.\xcs  s.  2;  dasz  sich 
alle  meine  sinne  darob  erjüngeten.  Philander  1,  341 ;  den 
weinstock  bis  auf  die  grüne  haut  bicken,  damit  er  sich  er- 
jüngen mög.  pflanzbudt  57;  wie  könig  Masinissa,  der  durch 
gleiche  weis  sich  erjunget  wie  ein  adler,  dasz  er  auch  neun- 
zigjährig einen  son  erzielet,  und  kont  14  tag  postlaufen. 
Garg.  183'. 

ERJCNGERN,  dasselbe:  wenn  mir  got  in  mein  willkür 
setzte,  dasz  ich  ietz  alt  mich  wider  erjüngern  möcht,  wolt 
ich  es  warlich  nit  wünschen.  Fraxk  sjyrichw.  1, 149' ;  also  er- 
newern  und  erjüngern  wir  uns.  Paracelscs  1,37";  welches 
allein  die  kraft  hat  solches  blut  zu  resolvieren  und  zu  er- 
jüngern in  seiner  Zerbrechlichkeit.  1,  683';  nach  groszem  alter 
erjüngert  sich  der  vogel  phünix.   2, 310'. 

ERKALTEN,  frigesccre,  frigefieri,  ahd.  irchalt^n,  mhd.  erkal- 
ten, ags.  äcealdian. 

1)  die  wärme  erkaltet,  geht  aus;  das  eisen  erkaltet :  das 
essen  ist  erkaltet;  und  stecn  die  gericht  auf  glüenden  kolen 
auch  im  auftragen,  darmit  sie  nit  erkalten.  Frank  »cM.  232' ; 
übel  erkalten  und  erfrieren,  contrahere  frigus.    Maaier  112*. 

2)  stirbt  er  dann,  so  legen  sie  ihn  herab  auf  ein  stro 
bisz  er  erkalt,  lassen  tag  und  nacht  Hecht  bei  ihm  brennen 
und  wachen.  Frank  uellb.  153';  wann  nun  diser  todt  mensch 
erkaltet,  ncet  man  ihn  in  ein  sein  wcisz  kleid,  so  er  den 
langen  tag  danor  hat  anghabt,  daselbst;  verwunderst  du  dich, 
dasz  aus  so  viel  lausenden  einer  erkaltet  {erfroren)  ist? 
Froxtik  6ri  Jaciiwl,  12, 11.  Froxsp.  3,  241*;  wenn  die  schlacken 
abgefrischl  und  etwas  crkalt  sein.    Mathesics  1562,212'; 


863 


ERKALTEN— ERKÄMMEN 


ERKÄMPFEN  —  ERKAUFEN 


864 


wolt  lieber  das  der  tod  mich  hett, 
und  an  dem  galgeii  müst  erkalten, 
ehe  ich  dir  nit  solt  glauben  halten.  ,  „^    . .  „, ,. 

Waldis  Esop  4, 99.  6/.  354» ; 

darzu  ist  dir  der  mag  erkalten.    3, 25  6/.  149» 
(wo  erkalten  der  von  ist  abhängige  infinilivus); 

er  darf  sein  hütlein  nicht  stets  in  der  hand  behalten, 
wann  er  nach  hofe  kömpt,  und  für  der  thür  erkalten. 

Opitz  1,  13ti; 

er  knirscht  und  ruft:  du  sollst  gewis 

durch  diese  faust  noch  heut  erkalten.    Hagedorn  2,  91; 

wie  der  ums  leben  kam,  so  kann  ich  selbst  erkalten.    2,139; 

erkaltender  schwcisi  lief 
über  sein  antlitz.    Messias  6,  113; 
Lazarus  letzte  die  hand  in  ihrer  erkaltenden  stirne 
toüesschweisz.    12,  tilO; 

doch  endlich  schwand,  bei  meines  bluts  erkalten, 
die  hofnung  mir,  die  kühuheit  nach  und  nach. 

Gries  Tassos  befr.  Jer.  7,  13. 

3)  dd  erkaltet  ir  gemüete.    Giufr.  111,4; 

von  jämer  erkalte  in  der  lip.    a.  Ueinr.  875; 

ow4  des,  mir  ist  sin  kunft  alze  tiure, 

nach  dem  ich  dicke  erkalte.     Tit.  121,2; 

sin  herze  in  ime  und  al  sin  lip 

erkalte  vor  leide 

und  ouch  vor  liebe  beide.    Trist.  439,  35; 

und  dieweil  die  Ungerechtigkeit  wird  über  hand  nenien,  wird 
die  liebe  in  vielen  erkalten.  Maüh.  24,  12  (ahd.  inli  bithiu 
ginuhtsamut  unreht,  erchaltfet  minna  managerö);  die  sach 
erkaltet,  erligt,  ersitzt,  refrigescit.  Maaler  112";  wo  nichts 
zeässen  und  zetrinken  ist,  da  ist  die  liebe  aus  und  erkaltet, 
stne  Cerere  et  Bacclio  friget  Venus.    112'; 

der  jungen  unerfahrnen  mut 
nicht  lassen  in  gefahr  erkalten.    Weckuerlin  3G5; 
auf,  auf,  glückseliger!  dein  feuer  möchi  erkalten. 
Gkllert  2,  14 ; 

wie  wenn  seine  liebe  zu  erkalten  anfienge?  Wieland  1,311; 
seine  ohnehin  bereits  erkaltete  Zuneigung" zu  dem  Philoso- 
phen.  2,300; 

in  seinem  busen  durch  vornunft  erkaltet  (che  ragion  cougelö), 
facht  liebe  nicht  die  alten  flammen  an.    Gries  Tasso  16,  .Vi; 

sein  fleisz,  sein  eifer  sind  sichtbar  erkaltet. 

ERKALTEN,  n.  frigus:   erkalten  der  liebe,  des  fleiszes; 
doch  ungerechter  weise  nur 
machst  du  zum  meineid  mein  erkalten.    Borger  111». 

ERKÄLTEN,  1)  frigefacere,  whd.  crkeltcn  :  ein  icgiich  mensche 
enziehe  sich  trinkennes,  so  6g  meiste  mac,  allermeiste  kaltes 
Wassers  öf  dag  eggen,  wan  eg  erkcitet  den  magen.  Meinauer 
naiurlehre  297';  erkclten,  erküien,  vast  kellen,  perfrigerare. 
Maaler  112';  natürlicherweise  wird  durch  diese  wunderbare 
mir  selbst  unerklärliche  Vereinigung  zweier  so  ungleichartiger 
naturen  die  thierische  auf  tausendfache  weise  veredelt,  die 
geistige  hingegen,  die  ihrer  natur  nach  lauter  kraft,  licht 
und  feuer  ist,  ahgewürdigt,  verdüstert,  erkiiltef.  Wieland 
3,  393;  der  erkältende  einflusz  gescllsrhaftlicher  bildung. 
Gotter  3,  4S;  ha,  bei  diesem  anblick,  der  alles  mark  in 
meinen  gebeinen  erkältet.  Scuiller  213';  lang^iam  watete  er 
am  morgen  durch  einen  niedrigen  haselstaudengang  und 
streifte  ungern  ihre  erkälteten  küfor  ab.  J.  P.  Ilesp.  1,164; 
menschen,  die  der  schmerz  oft  erkältet  hat.  4, 1S7;  'ich  bin 
bald  bei  golt ! '  sagt  er  mit  einem  glänz  der  liebe  auf  dem 
vom  leben  erkälteten  gcsicht.    Tit.  2,235; 

tief  am  stamm  vom  nord  erkAltct, 
hoch  im  laub  vom  süil  cntdammt. 

MÖLLNKRs  schuld.  1817  t.  40. 

2)  sich  erkälten:  es  (der  Ihermomeler)  konnte  nicht  hoher 
steigen,  als  die  almosphäre  warm  war.  unglücklicherweise 
erkältete  sie  sich  sehr.  Göthe  19,  2iiS;  ich  hatte  mich  erkältet. 

ERK.\LTl'NG,  f.  das  ericalten,  refrigeratio.    Maaler  112'. 

ERKÄLTUNG,  f.  das  erkdllm :  er  leidet  an  den  folgen  einer 
crkällting,  hat  sich  eine  crkällung  zugezogen,  oft  figürlich: 
er  lieüz  mich  einige  erkältung  seiner  freundschaft  spüren. 
Wiela-^d  2S,  4;  um  auf  die  stunde  der  erkältung  und  des 
zweifeis  sich  seines  glaubens  im  voraus  zu  versichern.  Fichte 
pM.  )0Mrii.  9,  293 ;  aber  der  heutige  nachwinter  der  gestrigen 
erkAllung  wollte  dorh  nicht  s^rlinieizen.    J.  P.  Tit.  3, 19. 

ERKÄLTUNGSCBEL,  n. 

ERKÄMMEN,  pedine  trannre,  durchkämmen,  auMmmen: 
i*»  bair  ist  so  flizicbt,  da»  man  ei  nicht  erklmmen  kann. 
Stiele«  921. 


ERKÄMPFEN,  expugnare,  erfechten,  erstreiten:  den  sieg  er- 
kämpfen; ein  land  erkämpfen,  erobern; 

weil  er  einst 
der  raubsucht  der  barbaren,  die  dies  reich 
verheerten,  kühnes  muihes  widerstand, 
so  hält  ers  jetzt  für  sein  erkämpitcs  gut.    Gottbr  2,  201 ; 

sie  zu  erkämpfen  hab 
ich  riesenkraft,  sie  zu  verlieren  keine.    Schiller  2rit». 

ERKANNT,  nolus,  cognüus,  pari,  praet.  von  erkennen:  er- 
kannt werden,  tnno/escere.  Maaler  112';  den  steig  kein  vogel 
erkant  hat  und  kein  geiers  äuge  gesehen.  IHob  28,  7 ;  ich 
habe  euch  noch  nie  erkant,  weichet  alle  von  mir  ir  übel- 
theter !  Mallh.  7,  23 ;  die  insel,  sagt  Plinius,  sei  einer  unseg- 
lichen  grösze,  dem  volk  Hellevionum  wol  erkant.  Fra.«»k 
iirltb.  19'. 

ERKANNTLICH,  gratus :  der  Schweden  erkanlliche  manier. 
Sitiipl.  2,  98.     tieute  erkenntlich. 

ERKANNTNIS,  f.  n.  1)  notio ,  cognitio,  mhd.  erkantnisse: 
diu  erliuhte  'erkantnisse.  Martina  272, 40,  heute  erkennlnis : 
die  erkantnus  sein  selbs.  kluge,  weise  reden  133';  meines 
namens  lehr  und  erkantnus;  crkanntnus  goltes  haben;  er- 
kanntnus  eines  dings  von  natur,  ee  dan  man  dar^on  höre 
sagen,  informatto.    Maaler  112'; 

der  verborgnen  zierd  erkantnus.    Wbckherlin  74t. 

2)  senlcnlia  judicis:  erkantnus  und  ermcszigung.  Frankf. 
rcf.  1,1,2;  des  schullheiszen  erkanntnus,  praeloria  cognitio, 
Maaler  112'; 

ich  den  streit  zu  erkantnus  setz.    Atrkr  fastit.  47». 

3)  confessio,  bckennlnis:  seines  anwalts  gethanc  confession 
und  erkantnus.    Frankf.  ref  1,30,7. 

4)  remuneratio,  etnolumentum,  erkenntlicbkeil :  wann  solche 
handelsleut  gute  wege,  wol  zugerichte  brücken  u.  s.  w.  finden, 
ists  nicht  unbillich,  dasz  sie  solches  mit  einer  kleinen  er- 
kanntnis  erwidern  und  dankbarlich  ersetzen.  Houiierc  1,  5l' 

ERKAPERN,  capere,  erbeuten,  wegkapem: 
man  musz  sich  etwas  tiefer  wagen, 
vielleicht  erkapert  man  zuletzt  das  kleinod  noch. 
ÜLRVATiN  fabeln  lt>2. 

ERKARGEN,  comparccrc,  ersparen: 

und  Paulus  thcilt  die  häufen, 
die  Perscus  hat  erkargt,    was  Cajus  ein  liesz  kaufen, 
gibt  Sejus  lustig  aus.  Grtpbius  2,507; 

diejenige  verhindern  kunst  und  lugend,  welche  auf  thor- 
heiten,  eitelkeiten  und  nichtsnutzendc  dinge  groszcn  kosten 
verwenden,  wann  es  aber  an  erhaltung  des  valerlands  hoheit 
und  würde  gehet  und  an  dessen  licbhabere,  sie  dann  alles 
ersparen  und  erkargen  wollen.  Philander  2,127;  seine  ganze 
Prosperität  bestünde  in  dem,  was  er  mit  wachen  verdienet 
und  von  seiner  wöchentlichen  lehnung  erkargte.  Simpl.  K. 
341;  der  neffe  wird  in  einem  tage  mehr  vcrthun,  als  der 
ohcim  in  einem  jähre  ei  kargen  können.  Rabener  2,  290;  ein 
weiser  sprach  gilt  ihm  jetzt  mehr  als  sein  erkargles  gold; 

erkarete  schätze  schlummert  nur  bei  meinen  feinden! 

Ui  I,  102; 
schamhaft  erglühend,  nahm  ich  den  heiligen 
rebschosz,  und  hegt  ihn,  nahe  dem  nordgestirn, 
abwehrend  luft  und  ungeschlachtheit, 

unter  dem  glas  in  erkargter  sonne.    Voss  3,  281 ; 

um  nur  einige  oder  mehre  minuten  zu  erkargen.  J.  P.  leufelsp. 
2,  57.     vgl.  erkergeln. 

ERKASCHEN,  was  erhaschen,  ron  Stiele»  779  angeführt 
und  aus  ergehaschen  abgeleitet,  wie  kalter  für  gehalter  u.  a.  tn. 

ERKÄL'EN,  mandere,  commandere:  Flaccus,  welcher  sagt, 
dasz  etliche  ding  sind,  je  mehr  man  sie  widerholet  und  er- 
rollet, ersinnt  und  erschind,  erkäuet  und  widerkiiuct,  ji-  ;ni- 
ncmlirher  werden  sie.    Garg.  26*# 

ERKAUFBAR,  crkduflich. 

ERKAUFEN,  emere,  rcdimere,  die  GoÜwn  halten  dafür  ein 
anderes  worl  usbaugjan,  welchem  ags.  Abycgan  enlsjirichl.  alul. 
arcboufan,  tului.  erkuufen: 

BUS  »ol  man  sie  (die  SipIH«)  erloufen, 
mit  gröiom  ktimbor  erkoufcn.    <•>*!>.  1534. 

ri/i(l.  alle«  was  gesinds  daheim  erboren  oder  erkauft  ist. 
1  Mos.  17,12;  bei  mir  sollu  ligen,  denn  ich  hnlie  dich  er- 
kniift  ntnb  die  diidaim  ineine«  sons.  30,16;  es  war  aber  von 
aller»  her  eine  solche  gewonheil  in  Israel,  wenn  einer  ein 
gut   nicht   beerben,   noch   erkeufen   woU,   so  zog  er  seinen 


ERKÄITLICH  -  ERKECKEN 


ERKEIFEN  —  ERKENNEN 


866 


schuch  aus  und  gab  in  dem  andern.  Biilh  4,  7 ;  wir  haben 
unser  briider  die  jüden  erkauft ,  die  den  beiden  verkauft 
waren.  .'VcA.  5,  i> ;  denn  ir  seid  thewer  erkauft.  1  Cor.  6,  20. 
7,23  {goth.  vair{)a  galaubamina  usbaubtai  siju}));  ist  iemand 
on  das  sacrament  gebling  gstorben ,  der  mfisz  umb  den 
(=  tun  dem)  bischof  erkaufen  und  seins  Unglücks  engelten. 
Frank  iceUb.  134" ;  sein  leben  mit  geld  erkaufen ; 

gott,  wenn  ich  doch  das  mädchen  noch  behalten, 

und  einen  solchen  eidam  mir  damit 

crltaurea  Itönute  !    Lessi;<c  2,  327 ; 

ihr  müszt  die  Römer  erliaufen.    Mesfiat  13,  9.Mi ; 

mit  pracht,  mit  titeln  und  geschenken 

des  raädchens  herz  zur  liebe  lenken, 

gleicht  wein,  den  wasser  tauft. 

die  liebe  thorheit  läszt  sich  blenden, 

ich  mag  kein  solches  herz  entwenden, 

den  sieg  heisz  ich  erkauft.    Ussofeldek  105; 

wo  ihr  mit  menscbenblut  erkauft,  was  euch  gelüstet. 

GOTIKR  1,  V>\i; 
was  du  durch  mord  erkauflest  nennst  du  dein?    2,  21'); 

gold  und  schmeichelein 
erkaufen  nie  sein  nerz  zu  Sünden.    Gösimck  1,  35; 

besonders  ist  die  fuszwaschung  und  die  speisung  der  pilger 
nur  durch  groszes  drängen  und  drücken  zu  erkaufen.  Göthe 
29,  301 ;  stimmen  erkaufen ; 

mit  deinem  leben  musztest  du  die  Schwester 
erkaufen  aus  des  räuhers  band!    Schiller  510*; 
er  hat  das  recht  erkauft,  in  trümmer  es  zu  schlagen.     .  .  . 
ERKÄL'FLICH,  erkaußar :  ein  bereitwilliges  oder  doch  um 

irgend  einen  preis  erkäufliches  Werkzeug  seiner  plane.  Wielaxd 

3jl31;  ein  erkäuflicher,  bestecliliclier  mensch; 

ich  sehe  dieses  edle  Oberbaus 

gleich  feil  mit  den  erkäuflicben  gemeinen 

gesetze  prägen  und  Terrufen.    Schiller  412'. 

ERKECKE.N,  rerimcere,.  ahd.  archecchen,  erquechen,  in- 
transiUr  und  gegenüber  dem  Ir.  archicchan,  erciuicchan,  riri- 
ficare,  nhd.  erquicken. 

!)  erkecken,  erdicken,  erstarren,  concrescere,  condensari,  wie 
das  adj.  keck  nicht  nur  virus,  alacer,  sondern  auch  solidus, 
densus  ausdrückt,  die  birne  ist  kech,  fest,  noch  nicht  mürbe, 
keche  waden,  stramme,  derbe  tcaden.  Stalder  2, 93 ;  käck, 
dick,  satt,  mastig.  Maaler  239 ;  käche,  dicke,  soliditas,  densitas. 
Dasypodics  360*.  Maaleb  239*.  hiernach  vird  man  die  sinn- 
liche bedeulung  des  rerbums  nicht  verfehlen:  envell  esz  {lasz  das 
hun  aufwallen)  in  wasser,  do  wein  und  essig  inne  sei,  dasz 
esz  erstarr  und  die  fülle  erkeck  {das  füllsel  fed,  steif  verde), 
kuchenmeisterei  b4;  gott  hat  einen  leimklotzen  zusammen  ge- 
walzel  . . .  und  demnach  ihn  an  einen  zäun  gelehnt,  dasz 
er  erkeckte  [hart,  steif,  fest  würde).    Wicerah  rollw.  27. 

2)  erkecken,  audcre,  erdreisten: 

do  ich  erkeckt,  ich  kroch  fürbasz.    .\mor  a-1; 

ich  erkeckt  zu  lest  und  gieng.    a5; 

wan  sie  got  nit  erwecket, 

das  war  die  gröszte  brüst, 

mit  züchten  glaub  erkecket, 

so  ist  es  gar  umbsust.    ühland  913; 

Plato  als  er  erkecket  von  gott  zu  reden,  hat  er  doch  nit 
sagen  wollen  was  gott  sei.  Frank  guldin  arch  3S' ;  aus  disem 
sig  erkeckten  die  Schweizer,  das  si  ir  regimenl  und  gmein 
eidgnoszschaft  fast  sterkten  täglich,    chronica  214"; 

sie  sab  sie,  weil  sie  frerabd  war,  angekommen  gerne 
und  wartet  ihrer  auch  am  fürt,  erkeckt,  von  ferne. 
Werders  .4r.  20,  104; 
derselbe   wider  ihn   krieg  zu  führen  nicht  erkecken  durfte. 
Birken  OL.  234;   was   mag  aber,   erkeckte   ich  abermals  zu 
firagen,  ti.  .<t.  ir.  252. 

3)  später  rnszt  ein  sich  erkecken,  vie  sich  erdreisten,  er- 
kühnen): 

die  beiden  kommen  all  hieriiber  in  ein  schrecken, 
die  Christen  aber  sich  je  mehr  und  mehr  erkecken. 

Werders  Ar.  115,  49; 
der  ihm  im  lieben  einzureden  sich  erkeckt. 

LoHENSTEl!«  Ibroh.  100,393; 
woferii   sich  aber  vollends   einer   erkeckt,   diesen  oder  den 
oder  jenen   seiner   etwanigen   ausrufe   nicht  anzuzeigen,   so 
emprängt  er,  im  falle  dasz  er  der  verholnen  ausnife  halben 
straffällig   ist,   gleich    nach   der    ertappung   die   rüge  dieser 
slrafHilligkeit  zwiefach.    Klopstoci  12,270; 
ein  jeder,  der  zu  bauen  sich  erkeckte 
auf  neiszem  hodeo,  an  der  Schlünde  säum, 
und  ferne  her  nun  die  erkrankten  ladet, 
sieht  sich  mit  wald  und  fehl  und  irifl  begnadet. 
tiöTHi  13,  265. 

m. 


ERKEIFEN,  rixando  cxtorquere.    Stieier  937. 

ERKEIME.N,  progerminare,  aufkeimen. 

ERKEL,  nausea,  s.  ekel  jp.  394. 

ERKEL,  m.  specula,  erker. 

ERKELEI,  s.  arkelei  und  erkerei. 

ERKELRRALT,  n.  kos  erkelnusz. 

ERKELN,  nauscarc.  dolere:  unsere  vätler  haben  säur  win- 
tertrollen geessen,  davon  der  kinder  zän  erkelt  {davor  den 
Zähnen  der  kinder  ekelt).  Frank  rerbütschiert  buch  240'.  man 
vird  hierdurch  auch  an  eilen,  ilgem  sp.  108  erinnert  und  erkeln 
könnte  Versetzung  von  ilgem,  ilkem  schnnen.  die  empfindung 
des  ekels  rührt  an  die  des  schmerzens  und  vässerns  der  zahne. 
Maaler  lOS'  hat  erkeln  ükcä  für  facere  nauseam. 

ERKELNUSZ,  f.  lalhyrus  tuberosus,  sonst  erduusz,  saubrot. 
Nemmch  und  Hohbekg  3.  3SS*,  mag  vol  bezug  auf  erkel,  ekel 
haben,  o^/cicA  schveine  die  knollen  dieses  krauts  gierig  fressen. 

ERKELTERN,  pressura  lucrari.    Stieler  916. 

ERKEN ,  fastidire,  nauseare.  Frisics  546*  und  Maaler  108*, 
velche  ercken,  uie  sonst  mercken,  bircke  «.  s.  v.  für  merken, 
birke  schreiben,  erkeln  ist  das  fortgebildete  frequentalitum,  und 
so  schiene  auch  das  I  ron  ekel  und  ekeln  zu  nehmen,  die  sich 
zu  erkel,  erkeln  verhalten,  vie  fakel  zu  ferkel,  rp/.  oben  sp. 
394  und  hernach  erkung.  Maaler  sagt :  erken,  maszleidig  sein, 
ein  Unwillen  und  abscheuhen  ab  eim  ding  haben;  im  lassen 
erken  oder  Unwillen  =  sich  etwas  ekeln  lassen. 

ERKENNR.\R,  1)  quod  nosci  polest:  erkennbare  Wahrheit. 

2»  quod  decemi  polest:  erkennbare  strafe. 

ERKENNEN,  agnoscere ,  cognoscere,  ahd.  archennan,  mW. 
erkennen,  »in/,  erkennen  scheint  von  uns  erborgt,  da  diesem 
dialect  kein  er  gemäsz  ist,  auch  atts.  antkennian  galt,  gleiches 
zu  sagen  ist  vom  schved.  erkänna,  dän.  erkiende.  das  ags. 
äcennan  bedeutet  (d)er  gignere,  parere,  das  goth.  uskannjan  noium 
facere,  kund  Ihtin.  von  der  tief  schlagenden,  veitgreifenden  vurzel 
soll  unter  dem  einfachen  kann  und  kennen  gehandelt  Verden, 
vorläufig  sei  nur  an  kuni,  chunni,  genu«.  •/eroi,  an  kniu, 
chnio.  knie,  genu,  y6*i',  an  kinnus,  chinni,  gena,  ys^ws,  an 
yei-väco,  genero.  gigno,  yiyvcioxo',  yivcöaxco,  gnosco,  nosco, 
nascor,  natus,  gnatus,  genitus,  notus,  cognitus,  kun{)s,  chund 
und  chind  erinnert,  sinnlidie  und  geistige  Vorstellungen  flieszen 
Iticr  vielfach  in  einander. 

1)  den  uralten  Zusammenhang  des  vorts  mit  zeugen  und  ge- 
bären legt  am  deutlichsten  das  ags.  cennan  parere,  cennend 
praegnans,  parturiens,  cenned  genitus,  &cennan  parere,  Acen- 
nend  enixa,  äcenned  natus,  genitus  vor  äugen,  da  beide  vörter 
und  bedeutungen  auch  schon  im  Beovulf  erscheinen,  lassen  sie 
sich  kaum  auf  geistliche  einvirkung  zurückleilen ;  alts.  t^  kennid 
genüus,  ahd.  kichennit  gignil  und  nascitur,  archennit  gignit, 
der  biblische  Sprachgebrauch  führte  als  edeln  ausdruck  ein  oder 
betätigte  cognoscere  feminam,  vie  es  bereits  das  classische  lalein 
auf  den  concubitus  anvendete  {vgL  brauchen  2, 315.  brauten 
2, 333).     mitd. 

Adam  sin  wib  erchande, 

so  noch  siti  ist  in  demo  lande, 

er  bete  mit  ir  minne 

so  man  noh  spulget  hinnen  unt  ennen.    Diut.  3,55, 

nhd.  und  .^dara  erkante  sein  weib  Heva  {vulg.  cognovit  uiorem 
suam).  1  Mos.  4, 1 ;  und  Kain  erkante  sein  weib ,  die  ward 
schwanger  und  gebar  den  Hanoch.  4,17;  und  Adam  erkante 
abermal  sein  weib  und  sie  gebar  einen  son,  den  hiesz  sie 
Seth.  4,  25;  sihe  ich  habe  noch  zwo  töchter,  die  haben 
noch  keinen  mann  erkennet.  19, 8 ;  und  sie  war  eine  ser 
schöne  dirne  von  angesicht.  noch  eine  jungfraw  und  kein 
man  hatte  sie  erkant.  24,  26 ;  und  sie  war  eine  ser  schöne 
dirne  und  pflegt  des  königs  und  dienet  im,  aber  der  könig 
erkant  sie  nicht,  ikön.  1,4;  und  erkennet  sie  nicht,  bis  sie 
iren  ersten  son  gebar  {ovx  iyCvioaxev  avrriv,  vulg.  non 
cognoscebat  eam).  Matth.  l.  25,  r«c  hier  Ulfilas  verdeutschte 
vissen  vir  nicht,  ahd.  inti  ni  ward  irA  wis,  unzan  sin  gibar 
irA  sun,  ags.  and  ne  gr^tte  hi,  od  })ät  heo  cende  hire  sunu, 
northumbr.  aber  ne  cude  vel  ne  cunnade  hea  vid  |)a  hvile 
hia  gecende  hire  sunu;  die  nd.  bibel  behält  überall  Lithers 
erkande  6«,  die  nnl.  setzt  bekende.  Maria  halt  angeschlagen 
in  irem  herzen  keinen  man  zu  erkennen.  Keisersb.  po.<4.  4, 17 ; 
also  die  künigin  lieblich  (/.  leiblich)  erkant  (camalmente  la 
rcina  cognobbe).  Bocc.  1,142';  sie  florenzen  oder  erkennen 
auch,  das  schentlich  ist  zu  sagen,  die  knaben  und  allerlei 
vihe.    Frank  veltb.  96'; 


auch  sein  mutipr  .\grippinam 

lul  er  io  unkeusch  haben  erkennt. 


H.  Sachs  IL  3, 109*; 
55 


867 


ERKENNEN 


ERKENNEN 


868 


gott,  dem  alle  din^  seind  bekand, 
weisz,  dasz  mein  keiser  und  sonst  niemand 
mich  mein  lebenlang  hat  erkannt.    Atrer  135*; 
er  {Joseph)  habe  seine  verlobte  noch  nie  erkennet,  proc.  2,10; 
in    einer   nacht    als  Mainun   diese   tochler   erkennen    wolle. 
jHTs.  baumg.  1,  30;  und  wiewol  sie  im  alle  nacht  an  der  seilen 
lag,  erkant  er  sie  doch  nicht,   vegkfazer  33'; 

Quintiis  wil  ihm  keine  nehmen,  die  zuvor  beriihret  sei. 
o  wo  ist  sie?  und  berühren  ohn  erkennen  ist  wol  frei. 
LocAU  -1,  190,  77; 

man  sagt,  dasz  Adam  nicht  die  Eva  hab  erkannt 

so  lang,  als  er  sich  noch  im  paradies  befand.    Werni«  69; 

wie  Hermes  in  seinem  buch  vom  steine  sagt,  so  kann 

das  grosze  werk  allein  durch  einen  reinen  mann, 

der  nie  von  Amors  fackel  brannte, 

und  eine  Jungfrau,  die  noch  keinen  mann  erkannte, 

zu  Stande  kommen.  Wikland  4,  'iOb; 

die  erste  (die  Arkadierin  Auge)  hat  unter  allen  weibern,  welche 
Hercules  erkannt,  den  Talerähnlichsten  söhn  geboren.  Göthe 
44,105;  du  stirbst  den  tod  des  Verbrechers,  wenn  du  meine 
Schwester  als  weih  erkennst.  Kmngeb  5,  283.  vgl.  bekennen  10. 
jenes  ahd.  ward  ird  wis  und  die  redensart  seinen  fünvitz  biiszen 
rührl  an  den  abstractcn  sinn  des  erkennen?. 

2)  durch  das  gesiebt  oder  gehör  erkennen  =«■  sehen,  hören, 
gegenstände  sinnlich  uaiirnehmen ,  unterscheiden,  heiausßnden : 
erkenne  und  sihe,  das  nichts  böses  in  meiner  band  ist. 
1  San».  24,12;  da  erkennet  Saul  die  stimme  Davids.  26,17; 
den  steig  kein  vogel  erkannt  hat  und  kein  geiers  äuge  ge- 
sehen. Hiob  28,  7 ;  mügen  dann  deine  wunder  im  finsternis 
erkant  werden?  ps.  88, 13  ;  und  als  sie  Petrus  stimme  erkantc, 
Ihat  sie  das  thor  nicht  auf  für  freuden.  apostdg.  12,14;  ir 
seid  unser  brief  in  unser  herz  geschrieben,  der  erkant  und 
gelesen  wird  von  allen  menschen,  yivcoaxofuvrj  xai  dvayi- 
vtoaxouivT]  vnb  nävra^v  avd'^concov,  vulg.  quae  scitur  et 
legitur  ab  omnibus  hominibus,  golh.  kunl)a  jah  anakunnaida 
fram  allaim  mannam,  uo  zwei  verwandte  ausdrücke  nebenein- 
ander skhn,  kunnan  und  anakunnan,  yivcioxsii'  und  ävayi- 
vmoxetv,  scire  und  legere,  da  lesen  et«  erA^nnen,  ersehen  der 
buchstaben  ist  und  wir  von  einem  halbblinden  sagen:  er  kann 
die  buchstaben  nicht  mehr  erkennen ;  er  da  begunt  zu  suchen 
und  schawen  den  beschornen  zu  erkennen,  cominciö  a  guar- 
dare  per  riconoscere  il  tonduto.  Bocc.  2,143';  euer  schrift 
hab  ich  empfangen  und  ist  wol  war,  das  ich  bei  doclor 
Paulus  Moshauer  euch  erkennet  habe,  nicht  in  euerm  haus, 
sondern  da  er  official  war  und  ir  etlichmal  sein  gast  wäret. 
Luther  2, 141' ; 

des  macht  auch  in  dem  firmament 

über  den  welchen  wird  erkennt.    Lobwasser  ps.  68; 

als  der  könig  den  hären  in  seinem  elend  erblickte, 

rief  er  'gnädiger  gott!  erkenn  ich  Braunen?'    Göthe  40,31; 

beide  beere  waren  der  Stadt  so  nahe,  dasz  man  ihre  fahnen 
unterscheiden  und  die  stimmen  der  überwundenen  deutlich 
auseinander  erkennen  konnte.  Schiller  813';  unter  den  vor- 
übergehenden leuten  erkannte  er  plötzlich  seinen  verlornen 
sehn ;  man  konnte  ihn  auf  zehn  schrille  weil  deutlich  er- 
kennen, die  beiipiele  zeigen,  dasz  dies  ersehen  und  unterscheiden 
steh  dem  uicder er  kennen,  recognoscere  und  agnoscere  nähert: 

nimm  die  versichrung  hier  in  diesem  buche! 

*ah  seine  band!  auch  die  erkenn  ich  wieder!' 

noch  wissen  sie  von  nichts,    noch  stehts  bei  dir 

allein,  was  sie  davon  erfahren  sollen. 

'ich  meines  bruders  kindcr  nicht  erkennen? 

ich  meine  netfen,  mei'ne  kinder  nicht, 

sie  nicht  erkennen,  ich?'    Lkssi!<c  2,  361. 

zu  diesem  erkennen  fügen  sich  die  praeposilionen  bei,  an,  ans: 
und  Zacharias  sprach  zu  dem  engel,  wobei  soll  ich  das  er- 
kennen? (golh.  bi  h\t  kunnum  ))ala?)    Luc.  1,18; 

ein  kling  und  fürst  fast  wiri  erkant 

bei  seiner  liebsten  diener  stant.    Sciiwarzkni.  134,  1 ; 

die  amme  erkannte  den  fremdling  beim  fuszwaschcn  an  einer 
narbe;  er  erkannte  seine  Schwester  an  der  stirne;  man  er- 
kennt ihn  gleich  an  seiner  nase;  ich  erkenne  ihn  schon  an 
seinem  .stollern; 

daran  erkenn  ich  meinen  Jupiter!    Schiller  18*; 

daran  erkenn  ich  meine  Pappenheimer.    381'; 
gott  wird  erkannt  au*  seinen  werken,     die  ältere  spräche  liesz 
nach  erkennen,  wie  nach  wissen  gern  aee.  mit  in  f.  folgen: 

ühd.  ih  irkania.  ih  nttfin  thir, 

thia  krtti  hiar  faran  fona  mir.    0.  III.  14,34; 

ich  erkenne  es  war  sein,  illud  verum  et$e  roijnotrn ;  wei^z  tmd 
erkennet  den  angel  im  ans  sein  (dasz  der  fifch  angetntsrn 
hat).    FoRea  J6*.     $piterhin  kann  ein  zu  nicht  entbehrt  werden: 


allein  der  erste  blick  erkannte, 

dies  Zimmer  eben  das  zu  sein.    Wiklakd  17,  181. 

3)  geistiges  erkennen  und  einsehen,  höher  als  das  blosz  sinn- 
liche vernehmen:  auf  das  sie  es  mit  sehenden  äugen  sehen 
und  doch  nicht  erkennen,  mit  hörenden  obren  hören  und 
doch  nicht  verstehen ,  ira  ßXmovres  ß).inij)aiv  xai  ftr} 
iSeoatv,  xai  axovotTSS  axovcoaiv  xnl  firj  awicoai,  golh.  ei 
saihvandans  saihvaina  jah  ni  gaumjaina,  jah  hausjandans 
hausjaina  jah  ni  fra|)jaina.  Marc.  4,  12,  wo  dem  saihvan, 
ß).i7iEiv  ein  innigeres  gaumjan,  aM.  gouman,  allendere,  iSelv, 
dem  hausjan  ein  fra|)jan,  avvielv  gegenüber  stehen,  das  iSsiv 
kann  zu  siSa'rai,  das  saihvan  zu  scire,  das  videre  zu  wissen 
werden,  Kant  äuszert  sich  über  erkennen  folgendergestalt :  mit 
bewustsein  etwas  kennen,  d.  h.  erkennen,  die  thiere  kennen 
auch  gegenstände,  aber  sie  erkennen  sie  nicht.  1,393;  einen 
gegenständ  erkennen  dazu  wird  erfordert ,  dasz  ich  seine 
möglichkeil,  es  sei  nach  dem  zcugnis  der  erfahrung  aus 
seiner  Wirklichkeit  oder  a  priori  durch  Vernunft,  beweisen 
könne,  aber  denken  kann  ich  was  ich  will,  wenn  ich  mir  nur 
nicht  selbst  widerspreche.  2,  23 ;  ich  kann  diese  erschei- 
nung  wol  erkennen,  aber  nicht  einselien  {hier  scheint  erken- 
nen für  kennen,  aber  einsehen  =  erkennen,  begreifen  gesetzt). 
3,108;  nach  der  analogie  mit  einem  verslande  kann  ich  mir 
wol  ein  übersinnliches  wesen  denken,  ohne  es  gleichwol 
dadurch  theoretisch  erkennen  zu  wollen.  7,375;  wenn  alle 
weiten  und  weltordnungen  dieselbe  art  ihres  Ursprungs  er- 
kennen. 8, 315.  hier  noch  stellen  für  den  Sprachgebrauch  von 
erkennen  =  einsehen:  ich  erkenne  mein  glück;  ich  habe  un- 
recht und  erkenne  es;  man  erkennt  leicht,  promplum,  mani- 
festum est; 

dies  äine  ftibl  ich  und  erkenn  es  klar, 
das  leben  ist  der  giiter  höchstes  nicht, 
der  übel  grösztes  aber  ist  die  schuld.    Schiller  515'. 

4)  erkennen,  agnoscere,  recognoscere,  anerkennen: 

ein  fürst  der  weit  bin  ich  erkennt, 

als  mich  dann  Christus  selben  nennt.    Scbwarzenb.  128, 2; 

so  bisher  das  h.  reich  erkennt  und  demselben  angehangen. 
absch.  des  reichsreg.  von  1501  §.6; 

wer  unter  uns  erwischen  kan 

das  liheiidest  thier,  der  werd  erkannt 

ein  oberster  im  refriment 

und  sol  im  reich  ein  konig  sein.    Albbrcs  75; 

üb  sie  schon  sihet  meinen  tod, 

will  sie  mein  leid  nicht  erkennen.    Weckherlin  389; 

sie  stimmten  alle  in  dem  hasse  der  tyrannei  und  in  dem 
grundsatze  überein,  keinen  konig  zu  erkennen,  der  kein  bes- 
seres recht  als  die  obermacht  seiner  waffen  halte.  Wiel.\nd 
7,160;  die  seinen  zepter  erkennen.    16,163; 

ach  leider  musz  ich  noch  ein  schlechtres  werk  erkennen ! 

'und  welches?'    euch  herr  söhn.    Gotter  1,67; 

des  landvogts  oberherrliche  gewalt 

verachtet  er  und  will  sie  nicht  erkennen.    Schiller  5.16'; 

wäre  bosheit  mächtig  genug,  den  allgemein  erkannten  schnell 
zu  stürzen?  Göthe  9,278;  sein  eigenthum  erkennen. 

Dem  acc.  pflegt  die  sjmtere  spräche  ein  als  oder  pracimsilionen 
beizufügen:  einen  als  könig,  als  freund  erkennen,  eine  .sache 
als  ihm  eigen  erkennen;  einen  vertrag  für  güllig  erkennen; 
die.selbige   lieb   kann  man  nimmermehr  für  lauerhafl  erken- 
nen. Fischart  ehz.  8 ;  den  Cilicicr,  den  ich  für  meinen  herrn 
erkennen  muslc.  VVieland  1,46;  die  nalion  ist  schuldig  ihn        ^ 
für  ihren   könig  zu  erkennen.    7,  157;    verdiene  von  deinen        iH 
milbürgern  für  den  besten  mann  der  nalion  erkannt  zu  wer- 
den. 7, 169 ;    diejenige,    welcher  er  den  kränz  um  die  slirne 
legen  würde,  sollte  für  die  schönste  erkannt  werden.  10,76; 
wir  hielten  immer  redlich  beisammen  als  gute  brave  jungen, 
dafür  erkennte  uns  auch  jedermann.    Göthe  8,  28 ; 
und  dank, 
dnsi  ihr  In  euch  mir  einen  wnrdgen  diener 
erhallen  habt!  für  diesen,  meine  granden, 
erkenn  ich  ihn,  will  ich  erkannt  ihn  wissen.    Schillir  376'; 

ungewültnlichtr  ist  zu : 

Athen,  durch  meinen  valer  grosz  pem.ichl, 

erknnnic  freudig  difseri  helil  zum  koiiig.     Schiller  614', 

Athi'iies,  pnr  moii  pere  arcnie  et  proirgi>e, 

rüconniit  avec  joie  un  roi  si  g<*nt'roux. 

5)  erkennen,  decernere,  srntrntiam  pronunliare:  das  gericht 
erkennt,  erkennt  für  reclil.  hal  berril*  erkannt ;  die!«  prrichl 
darf  nur  über  geringe  verbrechen  erkennen;  *a  so!  das  gut 
dem  dinkhoflierren  heim  (in  sein  eiiirn)  rrkaimt  werden. 
wristh.  1,741;  d.iriif  rrkenl  der  .^ichrlTen,  den  binKiiian  feiier 
und  licht  . . .  schuldig  »ein.    2,  5oi ;    mit  ausnähme  weniger 


869 


ERKENNEN  —  ERKENNTNIS 


ERKENNTNIS 


870 


besonderer  und  seltener  falle,  worüber  dem  landesherrn  zu 
erkennen  obliegt.  Wielaxd  6,  267 ;  diesen  Übeltäter  hat  der 
rat  diser  statt  auf  das  rad  erkennet  (rerurthält).  Ölincer 
grammalica  8;  da  er  in  der  vorklag  verlustig  und  in  die 
schaden  erkannt  (tcorden  ist),    äyrer  proc.  1, 10. 

6)  erkennen,  dankbar  erkennen,  grata  antmo  agnoscere: 
damit  e.  f.  gn.  gnädigen  willen  und  gefallen,  so  sie  gegen 
mir  unwürdigen  trägt,  dankbarlich  zu  erkennen  und  unter- 
thänige  meine  dienst  erzeigen.  Lcthers  br.  1, 387 ;  und  ge- 
dünkt sie  gar  unmenschlich,  entpfangne  gutthat  mit  Verges- 
senheit nit  erkennen.  Fraxk  tceltb.  189';  ich  thue  dir  alles 
mögliche  zu  liebe,  du  must  es  aber  auch  erkennen ;  ich  er- 
kenne dies  gern,  bin  dafür  dankbar; 

sire,  alle  unsre  dienste,  zwei  und  dreifach 

in  jedem  stück  geleistet,  blieben  noch 

lu  arm,  die  grosze  ehre  zu  erkennen, 

womit  ihr  unser  haus  begnadiget.    Schiller  561'. 

bemerkensKerlh  mit  dat.  der  person:  verspricht  solches  abzu- 
schaffen, wenn  man  ihm  darumb  erkennen  (erkenntlich  sein, 
etwas  geben)  wolle.    PHaAXDEB  2,  7SS. 

7)  reflexicisch, 

a)  sich  selbst  erkennen ;  darumb  müssen  alle  heiligen  und 
Christen  sich  sünder  erkennen.  Luther  3,  2;  alsbald  sich  der 
mensch  einen  sünder  erkennet.  3, 6' ;  wer  sich  einen  men- 
schen erkennet.  3,30';  lieule,  sich  für  einen  sünder,  men- 
schen erkennen. 

6)  sich  sündig,  strafbar,  schuldig  erkennen. 

c)  erkenne  {bekennt)  dich  zur  waren,  allgemeinen  kirchen. 
Spee  g.  tugendb.  46. 

d)  in  sich  zu  erkennen  geben,  sich  entdecken  gehört  das  sich 
XU  geben:  sie  gab  sich  nicht  zu  erkennen  {agnoscendam). 
man  sa^  auch  einem  etwas  zu  erkennen  geben,  kund  thun. 

e)  sich  untereinander  erkennen:  auf  das  sich  die  freunde 
untemander  erkenneten  und  liebgewönnen.    Luther  3,  379'. 

/)  wir   drei   luffen   in  todesängsten  fort,  ungeachtet  {oline 

darauf  zu  achten)  was  weg  wir  vor  uns  hatten,    und  kamen 

vor   tag   noch   in   das    gebürg   hinein,    in   welchem  wir  uns 

theils  erkannten  (ein  uenig  zu  recht  fanden).  Philasder  2,  737; 

in  diesem  tempel 

erkannt  ich  mich  zuerst  vom  tode  wieder.    Götbe  9,  20. 

ERKENNER,  I)  cognitor:  und  was  auch  ein  erkenner  der 
heiligen  geschrift.  sommerthcil  der  heiligen  leben.  Augsb.  1475. 
16';  das  wir  solche  erkenner  und  eingedenker  sein.  Velrs 
vergiszmeinnit  1525  z2. 

2)  arbiter,  nach  erkennen  5:  gott  ist  ein  erkenner  des 
rechts  derer  die  von  einem  könige  kein  recht  bekommen 
können,    pers.  baumg.  1, 11. 

ERKENNTLICH,  l)  icas  erkennbar,  offenbar:  es  hat  hie 
der  teufel  keinen  deckel  können  finden,  denn  diese  sünde 
ist  zu  grob  und  erkentlich,  das  sie  mit  keinem  schein  hat 
mögen  geboten  werden.  Lcther  2,40*;  sol  tugent  ein  stif- 
terin und  Ursprung  des  erkentlichen  adels  sein.  Aimon  rorr. ; 
bei  dem  künsller  sind  sie  (die  gOtter)  personificierte  abstracta, 
die  beständig  die  ähnliche  characterisierung  behalten  müs- 
sen, wenn  sie  erkenntlich  sein  sollen.  Lessing  6,  433 ;  wenn 
die  figuren  des  hintersten  grundes  im  geringsten  erkenntlich 
sein  sollten.    8,  32. 

2)  gratus,  die  empfangne  wolthat  erkennend,  dankbar:  meine 
muhme  wird  sich  schon  erkenntlich  gegen  sie  bezeigen.  2,  410. 

ERKENNTLICHKEIT,  f.  I)  erkennbarkeU :  ohne  diese  allge- 
meine einförmigkeit  ist  keine  allgemeine  erkenntlichkeit 
möglich.    8,  216. 

2)  dankbarkeit:  Undank  anstatt  erkenntlichkeit.  1,143;  eine 
dankbare  gesinnung  dieser  art  wird  erkenntlichkeit  genannt. 
Katt  5.293. 

3)  kleines  geschenk :  nehmen  sie  meinen  dank  und  die  goldne 
ubr  als  eine  kleine  erkenntlichkeit.    Götbe  19,  57. 

ERKENNTNIS,  f.  und  n.,  während  sonst  die  bildungen  mU 
'nis'  itdsdten  beiden  geschtechtern,  ohne  unterschied  der  bedeu- 
Mng,  schwanken,  könnte  bei  diesem  häufig  torkommenden  wort 
der  spracligebrauch  und  namentlich  der  pliilosopliiscite  in  die  weib- 
liche und  neutrale  form  besondece  Vorstellungen  gelegt  zu  haben 
tchiinen.  Luther  setzt  die  weiblicJie  in  folgenden  beispielen  :  der 
hurer  göttlicher  rede  und  der  die  erkoiitnis  hat  des  hohesten 
itulg.  düctrinam  altissimi).  4  Mos.  24.16;  der  spötter  suchet 
Weisheit  und  findet  sie  nicht,  aber  dem  verstcndigen  ist  die 
erkenlnis  leicht  (ridg.  docirina  priuleutinuil.  spr.  Sal.  14,6; 
und  lere  iu   die   crkcntuis  und  unterweise  ia  den  weg  des 


Verstandes  (vulg.  erudivit  scientia).  Es.  40, 14 ;  denn  er  hat  mir 
gegeben  gewisse  erkenlnis  alles  dinges.  weisli.  Sal. 'i,i'i;  reich 
gemacht  an  aller  lere  und  in  aller  erkenlnis  {vulg.  in  omni 
scientia).  1  Cor.  1,5;  aber  gott  sei  gedankt,  der  uns  offen- 
baret den  geruch  seiner  erkentnis  (vulg.  odorem  notitiae  suae, 
gdh.  daun  kun|)jis  seinis).  2  Cor.  2, 14 ;  gleichwie  ir  in  allen 
stücken  reich  seid,  im  glauben  und  im  wort  und  in  der 
erkentnis  (vulg.  fide  et  sermone  et  scientia,  golh.  galaubeinai 
jah  vaurda  jah  kunthja).  8,7.  das  neutrum  aber:  der  bawm 
des  erkentnis  gutes  und  böses  {vulg.  lignum  scientiae  boni 
et  mali).  1  Mos.  2,  9. 17 ;  solchs  erkentnis  ist  mir  zu  wunder- 
lich und  zu  hoch,  ich  kans  nicht  begreifen  (vulg.  scientia). 
ps.  139,  6;  wen  sol  er  denn  leren  das  erkenlnis?  (rulg.  quem 
docebit  scientiam?)  £s.  28,  9;  und  durch  sein  erkentnis  wird 
er  viel  gerecht  machen  (vulg.  in  scientia  sua).  53, 11 ;  der  du 
das  erkentnis  hast  (vulg.  qui  habet  scientiam,  goth.  {>uk 
habandan  kun()i).  1  Cor.  8, 10.  viele  andere  stellen  lassen  das 
genus  nicht  ersehen,  hier  sind  neulra  aus  Luthers  übrigen 
schripen :  ich  rede  ja  auch  aus  gewissem  erkentnis,  nicht 
aus  bloszem  wahn.  1,132";  das  ist  ein  erkentnis,  das  der 
heilige  geist  auch  allein  musz  geben.  6,  68* ;  issestu  von  dem 
bawm  des  erkentnis  gutes  und  böses,  so  wirstu  sterben. 
6,150';  zu  solchem  erkentnis  kan  kein  mensch  komen  on 
durch  den  Christum.  6,174*;  weil  er  das  ewige  leben  zu- 
gleich in  seinem  und  des  vaters  erkentnis  setzet.  6,175'; 
welches  erkentnis  niemand  denn  dem  warhafligen  gott  ge- 
höret. 6,176";  darum  bin  ich  diesem  spruch  hold,  das  er 
so  rein  und  dürre  alle  werk  ausschleuszt  und  hie  nidden 
leszt,  dadurch  das  er  das  blosze  erkentnis  setzt,  denn  was 
ist  erkennen  für  ein  werk  ?  6, 177*.  hieraus  erhellt,  dasz  ihm 
beide  ausdrücke  doch  gleichviel  änd,  wie  auch  goth.  kuntii  in 
beiden  fällen  steht,  blosz  dasz  die  angewöhnung  sich  für  äne 
oder  die  andere  form  bestimmt  hatte,  namentliich  heiszt  es  nur 
der  bäum  des  erkentnis  d.  i.  erkenntnisses  und  nicht  der  er- 
kentnis. 

Ka!«t  bedient  sich  beider  geschlechter,  vorzugsvxise  des  neutrums, 
dasz  ihm  beide  gleichbedeutig  Hnd,  folgt  geradezu  aus  stellen,  wo 
ganz  nachlässig  von  dem  neutr.  unmittelbar  auf  das  f.  überge- 
schrillen  wird:  das  erkenntnis  aus  einer  dieser  Sphären  weg- 
nehmen, heiszt  sie  (die  erkenntnis)  in  eine  der  übrigen  setzen. 
2, 106 ;  nun  gibt  es  ein  practisches  erkenntnis  . . .  und  diese 
erkenntnis  «.  s.  w.  6,366.  die  mathematik  ist  eine  grosze 
und  bewährte  erkenntnis,  heiszt  es  3, 195,  dagegen  1, 166  die 
art  zur  gewisheit  im  mathematischen  erkenntnisse  zu  ge- 
langen und  5,  70  die  Zergliederung  dieser  begriffe  gehört  zur 
mathematischen  erkenntnis.  man  vergleiche  noch  folgende  üellen : 
die  anmaszung  mit  einer  reinen  erkenntnis  aus  begriffen 
fortzukommen.  2,  29 ;  das  dogmatische  verfahren  der  Vernunft 
in  ihrem  reinen  erkenntnis.  2.29;  die  Zergliederung  unseres 
gesammten  erkenntnisses.  2,  99 ;  ein  von  der  erfahrung  un- 
abhängiges erkenntnis.  2,  35 ;  dasz  nur  diese  verstandesbe- 
griffe  unser  ganzes  erkenntnis  aus  reinem  verstände  aus- 
machen. 3,245;  das  gesammte  menschliche  erkenntnis.  6,46; 
der  salz  des  Widerspruchs,  der  allgemeine  und  oberste  grund- 
satz  alles  erkenntnisses.  1,86;  das  bewustsein  seiner  selbst 
ist  noch  lange  kein  erkenntnis  seiner  selbst.  2,146;  erkennt- 
nis ist  eine  objeclive,  bewuste,  mit  empfindung  verbundne 
Vorstellung.  2,294;  ein  gereinigtes  erkenntnis.  9,71;  beru- 
higung  bei  einem  unerweislichen  erkenntnisse  finden.  8,  379 ; 
das  gebrechliche  erkenntnis,  welches  menschen  von  der  gott- 
heit  haben  können.  1,  57.     siciäbar  überwiegt  auch  hier  das  n. 

Geilert  setzte  wol  nur  dieses:  ich  wollte  wünschen,  dasz 
sie  ein  anschauendes  erkenntnis  davon  hätten.  3,26;  so 
geht  es,  wenn  man  seinen  kindern  nicht  bei  zeiten  ein 
gründliches  erkenntnis  von  der  moral  beibringen  läszt.  3,  57 ; 
viele  haben  ein  geringes,  ein  seichtes  erkenntnis  der  religion. 
ö,  42  und  so  überall.  Klopstock  im  Messias  neigte  jtcA  zum  f. 
15, 98. 114. 120. 196.  19,  836.  935,  bdiiell  aber  auch  das  n. 

hier  ist  doch  kein  erkenntnis  und  keine  rettung  ins  helle 
aus  der  deckenden  nacht,  die  unsere  seelen  umhüllet. 

15.  109; 
der  bäum  des  erkenntnisses  gottes.    19,  543; 

es  ist  des  lebens  wahrste  ruh, 

(Tihrt  uns  einrm  sanften  tode  zu, 

dein  erkenntnis,  mittler!    werke  7,79; 

lasz,  mittler,  mein  erkenntnis  rein, 
'  und  beilig  meinen  wände!  sein.    7,  190; 

nach  rröhlichem  erkenntnis 

errulge  rasche  Ihat.    Göihs  3,  25S ; 

55* 


871 


ERKENNTNISART —ERKERNEN 


ERKERREICH  —ERKIESEN 


872 


das  neu  hervorsirebendc,  frisch  aufstrebende  erkenntnis  er- 
regt die  menschen  zur  theilnahme.  50,174;  ohne  die  bestre- 
bung  zum  erkenntnis  oder  zum  widerstand  in  uns  niedei-zu- 
scblagen.  Schiller  1147";  unsere  bestimmung  ist  uns  erkennt- 
nisse  zu  erwerben  und  aus  erkenntnissen  zu  handeln.  1182'. 

Wir  renrenden  heule  kennt nis  mehr  für  nolio,  nolilia,  inlel- 
ligenlia,  künde,  dagegen  erkenntnis  für  cognitio.  ivas  Liscov 
$.  4S  sagt:  seine  grosze  erkenntnis  in  politischen  dingen, 
vürde  uns  nur  heiszcn  seine  grosze  kenntnis.  dasz  erkennt- 
nis auch  ton  dem  gericluliclien  urlheil  gilt,  folgt  aus  erkennen  5: 
der  richter  hat  sein  erkenntnis  abgegeben,  vgl.  kenntnis, 
anerkenntnis,  bekenntnis  und  erkanntnis. 

ERKEN.NTNISART,  /".  alles  auf  die  einfachste  erkenntnisart 
bringen.    Kant  1, 13. 

ERKENNTMSBÄUM,  m.,  wo  erkenntnis  nolhivendig  der  ge- 
küTzle  gen.  ist:  in  dieser  hinsieht  haben  wir  unscrn  emplind- 
samen  romanen  mehr  zu  verdanken  als  die  Franzosen  ihren 
frivolen,  unsere  geben  vom  lebensbaum,  ihre  höchstens  vom 
erkennlnisbaum.    J.  P.  fnedenspr.  28. 

ERKE.NNTNiSBEGRlF,  m.  der  erkennfnisbegrif  soll  sein 
ein  nachbild  von  etwas  auszer  uns,  der  zweckbegrif  ein  Vor- 
bild für  etwas  auszer  uns.    Fichte  siUenl.  82. 

ERKENNTNISGRUND,  m. 

ERKENNTNISKRAFT,  f.  erkenntnisvermügen. 

ERKENNTNISMITTEL,  m.  da  die  zeichen  der  mathematik 
sinnliche  erkenntnismiltel  sind.    Kant  1,  84. 

ERKENNTNISQUELLE,  f 

ERKENNTNISVERMÖGEN,  n.  erkennlniskraß. 

ERKENNUNG,  f    l)  cognitio.     2)  agnilio. 

ERKENNUNGSAUFTRITT,  m.  ich  erwartete  nun  einen  selt- 
samen erkennungsauftrilt,  allein  er  bliab  hereintretend  ganz 
ruhig.    GöTHE  30,  232. 

ERKENNUNGSZEICHEN,  n. 

ERKER,  Hl.  podium,  solarium,  mhd.  ärker,  erköre  («*.  1, 56'), 
dem  ursprünglich  das  lat.  arcus  oder  arca  zum  gründe  liegen 
musz,  von  der  gebognen,  gekrümmten  gestali  des  mauerwerks.  aus 
Papias  führt  Dccange  1, 379'  an  arcora  dicuntur,  quae  super 
columnas  fiunt  bair.  ärk.  Schm.  1, 106.  Dasypodius  187*  hat 
podium,  ein  ärgel,  ein  fürgehenkt  gebew,  daraus  man  schawet, 
Frisiüs  1014'  ein  ärkel  oder  lauben  vornen  am  haus,  Maaler 
12*  ärkel,  dardurch  man  lugt  wer  komme,  specula;  erkel 
Denzler  96";  ein  haus  mit  einem  erker; 

beweinten  mein  verderbte  Jugend, 
weil  sie  mich  fanden  in  dem  kerker, 
der  Veneri  peinlichen  erker.    H.  Sachs  I,  309"; 
wer  wohnet  auf  dem  berge  grosz, 
in  dem  so  wol  erbauten  scblosz 
köstlich  gebaut  mit  crkern  und  zinnen?    Atrer  345'; 
du  vorhin  mein  pallast,  itzt  deines  königs  kerker, 
mit  seurzeo  itzt,  vorhin  mit  wonn  errQllter  iirkeri 
GRrPHlL's  1,  318; 
Scheinlehrer,   die  da  einen  ärker  setzen  und  das  fundament 
darfür  einreiszen.  Simpl.  K.  77 ;  das  früulein  trat  in  den  erker 
um  auszuschauen ;  die  manigfaltigen  erker  und  thürme  einer 
bürg   schlieszen  drüben  gleich  an.    Göthe;    mir  fiel  die  art 
wieder  auf,  an  den  häusern  erker  und  fensterchen  zu  haben. 
43,158; 

das  war  ein  glückwunsch! 
kräftig  und  laut  aus  dem  herzen,  der,  festlichem  glockenge- 

läut  gleich, 
über  das  dorf  hinschallt,  wahrhaniger  als  der  kanoncn 
jubelgetön,  wann  winkte  der  hofmursrhall  von  dem  erker! 
LuUe  a.  l.  h.  119. 
ERKEREI,  f.  vas  arkclei  1,  551.   Wilwolt  von  Scbaombdrg 

».  183. 

ERKERFENSTER,  n.    THltniiEL  10, 190. 

ERKERGELN,  karg  und  mager  hallen?  denn  ich  weisz,  das 
die  liewschrccken  und  feldgrillon  {die  faulen,  leicIUsinnigen 
arbeiler)  . . .  das  gctrew  ameiszlin  (den  emsigen  dienstbolen)  oft 
zur  bank  hawen  und  erkergelns  und  verfilzen«  eben  hart. 
Mathbsiu»  25'  •»=  1562,36*  {wo  derkergelns  und  derfilzens). 
jy;„M.,,L„  '.  'r29  hat  küjgcin,  knausern,  crkürgcln  sclieint  aber 
vn:  «rkargcn. 

>  1  i  I  S,  n.  er  wohnt  dort  oben  in  der  strasze  in 
dem  groszen  erkerbau«e.    Weisze  ünderfreuni  11, 183. 

ERKERLEIN,  n.  partum  podium.    Stikler  62. 

ERKERNEN,  enucleare :  crkemel,  ertrcschet  und  erlas  r» 
so  eigentlich,  das  nicht  ein  einigs  körnlin  umbsonst  auf  die 
i-rd  fiil,  CS  hell  kein  fragmcntaklaubend  hündlein  darvon  ein 
brosamlein  undcr  des  berrn  lisch  gefunden.  Garg.  162*.  i.  cr- 
kiroeD. 


ERKERREICH,  podiis  dives:  das  erkerreichc  Leipzig. 
ERKERREN,  exciamare,  aufsdireien:  das  schwein  erkirrt; 

des  Wirtes  schwein  in  dem  mist, 

wenn  sie  gen  dem  tag  erkerrcn. 

Kkllkrs  alid.  gedickte  s.  9,  17. 

ERKERSTUBE,  f.  eondave  in  podio  domus  ex^ruclum. 
ERKERZIMMER,  n. 

nun  hab  ich  sie  mit  einer  wächterin 
in  einem  erkcrzimmur  meines  hofs 
vorschlosseu.    wird  sie  dort  verborgen  sein? 
Platk?(  230'. 

ERKICKEN,   s.  erkecken,  erkücken,  erquicken,  sction  mM. 
darzuo  der  lichte  schin, 
der  büdinthalbin  min 
und  umbe  mich  erblihte 
und  min  hCrzo  erkihte.    Mortino  113,  52. 

lihd.  macht  jung  und  alt  zu  singen, 
ein  trurigs  herz  erkickt, 
dasz  es  wird  guter  dingen, 
zu  allen  Sachen  gschickt.    Uuland  604. 

ERKIESEN,  eligere,  golh.  uskiusan,  ahd.  archiosan,  m/«f. 
erkiesen,  alls.  äkiasan,  ags.  äceosan.  kiesen  hiesz  eigentlich 
selwn,  erkiesen  also  auserschen,  auslesen,  erwählen,  die  form 
anlangend,  so  nimmt  erkiesen,  gleich  dem  einfachen  kiesen,  im 
praet.  r  stall  s  an:  erkor,  pl.  erkoren,  part.  erkoren  {erkosen 
zeigt  noch  Keisersbebg  in  einer  unter  3  angezognen  stelle) ;  mhd. 
verblieb  s  nur  dem  sg.  praet.  crkos,  pl.  und  part.  haben  erkurn, 
erkorn,3o//(.  geht  s  allenthalben  durch,  uskaus,  uskusun,  uskusans. 
die  tertia  sg.  lautet  uns  erkieset  für  erkeusct,  mhd.  erkiuset. 
noch  naclUheiliger  war  der  übertritt  des  ganzen  Wortes  in  die 
schwache  conjugation,  praet.  erkieste,  part.  erkiest  (s.  unter  6). 
Luther  braucht  kein  erkiesen,  doch  hat  er  auserkoren. 

1)  die  Urbedeutung  des  sehcns  bricht  hin  und  wieder  durch: 
mhd.  ir  ietwPder  hi^l  erkorn 

den  andern  under  daj  kinnebein.    Wigal.  19,4, 

d.i.  auscrsrhen,  nach  dem  kinn  gesehen,  gezielt; 

nhd.  da  sieht  er  und  erkiest, 

wie  dieses  hauses  zeug  ganz  schlecht  und  einfach  ist. 

Opitz  1,  23, 

WO  kiesen  und  sehen  synonym  erscheinen,  obschon  auf  das  vor- 
ausgehende sehen  sich  auch  ein  nachfolgendes  wählen  annehmen 
liesze.  aber  andere  der  unter  6  folgenden  stellen  dieses  dichlers 
so  wie  HoFMANNSWALDALS  haben  erkiesen  für  ersehen  noch  deut- 
licJier. 

2)  einen  gesellen,  frctmd,  geliebten,  bräutigam,  söhn, 
bruder,  lehrer  erkiesen,  mhd.  zog  man  hier  das  einfache 
kiesen  vor: 

swer  vrumcn  gesellen  kiese.    Ito.  30,33; 

diu  nu  gesellen  kiuset.    IIarti.  zweites  büchl.  767; 

daj  du  dir  einen  gesellen 

kilses  zuo  heinlicben  dingen.    Haupt  8,  542; 

einen  frünt  küs  du  dir  drüte.    8,  543; 

so  ile  du  vil  sneile 

küs  dir  einen  gesellen.    8,544; 

nhd.  der  miisz  sin  lieb  Verliesen 

und  nimmer  keins  erkiesen.    Uhlano  856; 

als  Doris,  die  freundliche  schöne, 

den  vorzup  der  freiheit  verlor, 

und  man  ihr  nach  langem  gehöne 

den  häszlichsten  ehschatz  erkor.    Hacboorn  2,88; 

morgen  liebe,  was  noch  heule 

nie  sein  liebes  sich  erkor.    UGrgkr  124'; 

zum  drehen  und  walzen  und  lustigen  hopp 

erkieset  sich  jeder  sein  scbittzchen.    Göthi  1,  197; 

eiteren  so  ihren  kindern  einen  pracceptorcn  erkiesen  wollen 
Philand.  1,  625;  fremde  an  kindesstatt  erkiesen.  i.Wteufelsp 
1, 150.     man  sagt  ebenwol  sich  einen  zu  freunde,  zu  gesellen 
erkiesen : 
mhd.  den  chdt  ich  mir  ze  gesellen.    Dihm  308,  7; 

den  sl  ze  gesollen  kicscnt.    Hart«.  crtte$  bückl.  1576; 

nhd.  den  hob  ich  mir  zu  freunde  erkoren:  die  will  ich  mir 
zur  liebsten  erkiesen;  o  waniin  hab  ich  sie  xur  mitllerin 
erkoren?    Gotter  2,154. 

3)  auch  in  andern  anwendungen  hriszt  es  erkiesen  «u  elwn«: 
gntt  hat  uns  erkosen  zii  ewiger  seligkeil.  Keisersbkrc  ;xi/rr- 
nostcrDii;  dasz  ich  an  ihre  anbetungswürdiije  srhonhcil  ge- 
denken und  solche  zum  Vorwurf  meiner  poesie  erkiesen  d.-irf. 
irrg,  der  liebe  440; 

0  lellge,  die  er 
lieh  lU  zeugen  erkor!    Memo«  17,  wij; 


873 


ERKIESEN 


ERKIESEN— ERKLAPPERN 


874 


statt  Vaters  gewalt,  reich,  zepter  und  krön 
erkies  icli  den  schosz  mir  der  liebe  zum  thron.    Bdrgxr  34"; 
liebe,  deine  wunderkraft 
hat  mein  leben  neu  geboren, 
hat  zum  glück  der  götterschafl 
mich  hienieden  schon  erkoren.    29*; 

der  himmel  bat  erkoren  dich  zu  seiner  stimme.    Schiller  .  .; 
ist  vielleicht  nur  die  weit  ein  groszer  kerker?   und  frei  ist 
wol  der  tolle,  der  sich  ketten  zu  kränzen  erkiest. 
GöTHK  1,  382; 
günstig  hat  auch  keines  wessirs  blick 
mich  im  Staat  zu  hoher  würd  erkoren.    Bürger. 

4)  erkiesen  für: 

was  eur  majestat  für  gut  erkiesen, 
dem  will  ich  gern  kommen  nach,    ätrer  238'; 
die  er  zu  seinem  dienst,  die  ihn  für  ihren  herm 
erkieset.  Wecmerli5  93; 

dasz  sie  ein  gott  erkiese  für  sein  weih.    749; 
Josephs  aug  erkor  in  seiner  tiefe  die  statte 
für  den  entschlafenen.    Uestias  12,  189. 

Hegen   rcrändeder   bedeutung   der  praep.   für   bedient   man    sich 
Joch  nicht  mehr  dieser  fügungen.     in  folgender  stelle: 

wenn  nicht  Friederich,  zur  ehre 
seines  throns,  die  HavelOur 
für  des  hofes  pomp  erköre.    GöcntcE  1,  51 
drückt  für  aus  anstatt. 

5)  oft  steht  aber  der  blosse  acc. :  darum  so  mag  die  h.  kirch 
aus  den  Schriften  und  büchern  der  alten  väter  dasjenige  er- 
kiesen und  auslesen,  was  zu  irem  vortheil  dient.  Fisch.\rt 
bienenk.  37"; 

die  nithe,  die  ich  nechst,  als  zwischen  tag  tmd  nacht 

die  gleiche  sonne  stund,  aus  vielen  haselsträucbern 

mit  schwerer  müh  erkor.    Grtphiis  1,59; 

hohe  naraen  zu  erkiesen 

ziemt  dir  wol,  o  lautenspiel.    Borger  73*. 

schon  da  mein  herz 

den  ersten  schlag  der  ehrbegierde  schlug, 

erkor  ich,  unter  den  lanzen  und  hämischen, 

Heinrich,  deinen  befreier,  zu  singen.    Klopstoce  1,  252, 

was  sich  auch  unter  3  stellen  liesze. 

6)  der  schwachen  form  hängen  folgende  an: 

er  hat  uns  erkiest  unser  erb.    Mblisscs  ps.  V5*; 
wir   entbieten    dir   unserm    erkiesten    könig   des   jüdischen 
Tolks.    Ayber  proc.  2,  2 ;    er  ward  zu  einem  Chorherren  er- 
kieset.   AvEJsriN  173; 

dasz  er  für  krieg  die  ruh  erkiest 

und  langmuth  für  gedult.    Opitz  1,  1; 

der  selber  weder  fisch  noch  frucht  am  ufer  traget 

und  nur  das  pech  gebiert,  aus  welchem  man  erkiest, 

wie  gott  das  laster  straft,  das  nicht  zu  sagen  ist.    1,33; 
ich  habe  mir  erkiest 

sonst  nichts  hier  an  zu  ziehn,  als  was  unleugbar  ist.    1,  36; 

0  Amor,  den  kein  mensch  bezwinget, 

fTir  dem  kein  gott  nicht  rath  erkiest, 

damit  er  sich  genugsam  hütet.     1,  186(194); 

Abra  geh,  es  ist  von  nöthen,  dasz  man  heimlich  sich  erkiest, 

ob  die  königliche  wache  für  der  thür  vorhanden  ist.    3,  81 ; 
die  alten  mit  den  jungen 

erbitten  Barrabas.    der  mörder  wird  erkiest 

für  dem,  der  doch  für  sich  das  wahre  leben  ist.    Fle3II5c9; 

jeder  nimmt  das  hofeleben,  wann  er  nur  wird  drein  erkiest. 
LoGAU  2,  73,  73 ; 

Anna  hat  die  jungfrauschaft  fTir  den  ehstand  ihr  erkiest, 

weil  sie  keiner,  auch  geschenkt,  anzunehmen  willig  ist. 

3,  232,  80; 

wenn  itzt  dis  alles  dürr  und  nackend  stünde, 

und  unser  äugen  licht 

vor  ein  angenehmes  blat  nichts  erkiest  als  ast  und  rinde. 
HoFMAroswALDAU  Qelr.  seh.  7 ; 

was  blute?  wenn  man  nicht  der  blute  frucht  erkiest.    23; 
ich  habe  schon  erkiest, 

dasz  dis  was  du  gesagt,  ein  gutes  zeichen  ist.    28; 

ich  habe  hier  noch  alles  nicht  erkiest.    31; 

ich  hah  ihn  ohngefehr, 

wo  des  Alfeus  einfltisz  ist, 

bei  einem  rayrtenstrauch  erkiest.    164; 

wie  steckt  der  aupen  fehl  doch  oftmals  lichter  an, 

dasz  man  in  blinJheit  mehr  als  sonst  erkiesen  kann.    172; 

und  weil  du  dich  ja  mir  so  freundlich  hast  erwiesen 

so  gedenk  auch  meinen  freund  dir  zum  freunde  zu  erkiesen. 

179; 

ein  brünstig  aug  erkiest  nicht  alle  kleine  flecken,    heldenbr.  31 ; 

durch  kummerdampf  wird  nicht  des  witzes  licht  erkiest.    53: 

ich  weisz  es,  dasz  die  gunst  der  altern  musz  erkalten, 

wann  wider  sie  ein  kind  hat  einen  mann  erkiest.    56: 
ich  kann  mir  selbst  nicht  trauen, 

ob  mein  gesiebte  hier  den  wahren  zweck  erkiest.    67; 

er  setzt  uns  prillen  auf,  dadurch  man  nichts  erkiest.    120; 


es  rief  der  ganze  häuf,  ich  war  zu  rath  erkiest. 

Brockes  1 ,  420 ; 
und  blosz  um  eine  schrifl,  wo  man  von  Griechen  liest, 
sind  beide  schon  zum  tod  und  zum  altar  erkiest. 

J.  E.  Schlegel  1,  32; 
sie,  die  der  schönste  gott  zum  liebling  sich  erkiest. 

WiELA^D  9,  290 ; 
noch  hatte  sie  .\matbunt  nicht  zu  ihrem  sitz  erkiest.    10,  IS; 
die  fee  Melisotte,  unsere  königin,  hat  mir  seit  etlichen  wochen 
die  ehre  angethan,  mich  zu  ihrem  ersten  liebling  zu  erkiesen. 
12, 173 ;  die  rede  geht  im  ganzen  lande,  der  herzog  hab  sich 
eure  gnaden  zur  gemahlin  erkieset.    Fb.  Müller  3,  68 ; 
meine  Briseis,  so  mir  die  Griechen  erkiesten. 

Stolbbrg  It,  25.  13,67; 
denn  nimmer  fehlt  es  meinem  altar  hier 
an  reichern  mahlen,  nie  an  wein  und  fett, 
und  aller  ehre,  die  wir  uns  erkiest.    Bürger  156*: 

er  hat  ihn  erkieset.  Hippel  8,  196.  dies  erkiesen,  in  der 
dritten  person  erkiest  {verschieden  von  erkeust),  praet.  erkieste, 
pari,  erkiest  vird  heute  billig  gemieden,  vgl.  auch  erkören. 
nicht  zu  übersehen  ist,  das:  einzelne  Schriftsteller  sich  beider  for- 
men bedienen,  z.  b.  Log.\d  neben  dem  angezognen  part.  erkiest 
anderemal  erkoren  verwendet: 

nicht  uns  sind  wir  geboren, 

auch  nicht  zur  einsamkeit,  wir  sind  dahin  erkoren, 

gesellscbaft  eiuzugehn.    2,  12,  37; 

mein  freund  ward  nechst  nach  hof  in  ebrendienst  erkoren, 

die  ehre  günn  ich  ihm,  doch  ward  der  freund  verloren. 

3,  245,  153. 

7)  dies  part.  erkoren  ist  nachher  noch  besonders  aufgeführt. 

8)  die  dem  goth.  uskiusan  auszer  der  bedeutung  von  Soxi- 
fiä^eiv,  probare,  eligere  audi  zuständige  entgegenstehende  von 
anoSoxiuä^eiv,  reprobare  kommt  hochdeutsch  nicht  zum  Vor- 
schein, die  Vorstellung  des  wühlens,  austcählens  geht  leicht  über 
in  ausscheiden,  bei  seile  stellen,  verwerfen. 

ERKIESUNG,  f  eleclio,  erwählung:  ihr  fürsfen,  graven,  her- 

ren  und  gewaltige,  seit  ihr  so  unbedachtsam  in  erkiesung  des 

hofpredigers  und  hofpraeceptors,  denen  ihr  doch  euer  eigen 

fleisch  und  blut,  eure  eigene  seele  vertrauet?  PniLUiDEB  1,625 

ERRIRNEN,  was  erkemen: 

mhd.  Alexander,  nu  erkirne  " 

mihen  sin  und  miniu  wort.    Martina  150,  76. 

es  ist  nit  mein  anschlag  euch  dis  alles  zu  erkirnen;  ir  mei- 
nung  ist  nit  also  gnow  zu  erkirnen.    Oberlix  344. 

ERKITZELN,  lUillare.     s.  erkützeln. 

ERKL.\FTER>'.  ulnis  amplccti,  umklaftern:  jenen  (triglyph) 
masz  ich  mit  ausgespannten  armen  und  konnte  ihn  nicht 
erklaftern.    Gothe  2S,  166.     erkläftern  hat  Stalder  2, 104. 

ERKL.\GEN,  l)  ordine  judiciario  et  per  sententiam  obtinere, 
vgl.  erdingen,  mit  welchem  es  oft  verbunden  wird:  wann  die 
wetten  erdingt  und  erklait  werden,  we'isth.  2,  637.  3,  744 ;  wo 
wiltu  aber  hin  rilen?  'gen  Regenspurg,  mein  sach  des  bischofs 
halb  do  selbst  zu  erklagen'.  ScH.iDE  sat.  3, 159 ;  in  ein  er- 
klagt liegend  gut  eingesetzt.  Frankf  ref.  I,  41, 11 ;  erklagtes 
recht,  jus  acquisitum.   Stieler  964 ;  vgl.  H.\ltals  396. 

2)  conqueri  cum  aliquo:  nu  lieber  gott,  ich  hab  meinem 
nehesten  für  dir  meine  sünde  erklagt  und  offenbart  und  in 
deinem  namen  mit  im  mich  Tereiniget  und  gnad  begert. 
Luther  1,  517*. 

3)  sich  erklagen,  queri:  sich  ernstlich  erklagen,  satt  klagen. 
A.  V.  Rotte  21 ;  da  der  kung  iren  ernst  bort  und  sach.  da  bat 
er  sie,  das  sie  im  die  tochter  nun  {=  niwan,  nur)  acht  tag 
lieszen,  bisz  er  sich  erklaget  {ausgeweint)  mit  ir,  so  wolt  er  die 
lochter  dem  tracken  geben,  sommertheil  1475, 12';  ich  hab  mich 
aller  meiner  sünde  erklagen  wollen.  Steinhöwel  dec.  22,25; 

will  man  mir  aber  auch  erlobn  {erlauben), 

dasz  ich  mich  auch  erklagen  sott, 

vil  anders  ich  erzellen  wött.    Bercktold  rediv.  22; 

dasz  er  gar  niemand  öffentlich  gescholten,  sonder  sich  allein 
ab  dem  widerwertigen  glück  erklagt.    Froxsp.  kriegsb.  3, 137'. 

ERKLAM.MERN,  amplecti,  umklammern:  der  schifbrüchige 
sucht  ein  brrt  zu  erklammern ;  die  mücke  erklammert  einen 
grashalm ;  die  letzte  hofnung  erklammern.  vgl.  sich  anklam- 
mern. 

ERKLAPPEN,  hochdeutscher  wäre  erklapfen,  v^  erklepfen, 

1)  crepitare:  schlug  ihn  ins  gesiebt,  dasz  ihm  die  zahne 
erklappten. 

2)  /«Tire  cum  crepitu:  eine  fliege  erklappen. 
ERKLAPPERN,  was  erklappen  1: 

doch  mich  weckt  das  donnergetöse  der  spritzenden  räder, 
und  des  raschen  gespanns  dumplig  ertlappemder  huf 

Salis  lUS. 


875 


ERKLÄRBAR  —  ERKLÄREN 


ERKLÄREN  —  ERKLECKEN 


876 


ERKLÄRBAR,  quod  habet  explicationem :  die  sache  ist  mir 
nicht  erklärbar,  uncrkldrbar. 

ERKLÄREN,  purgare,  declarare,  explicare,  rein,  hdl,  Mar, 
offenbar  madien.     daher  dän.  erkläre. 

1)  reinigen,  erhellen,  klären,  den  brunnen,  die  äugen,  das 
gesiebt : 

du  wol  erklscrter  prunne.    Miscatblct  s.  75, 126; 

sein  geheus  war  allenthalben  köstlich  durchbauwet,  aber  es 
waren  keine  heiligen  darinnen,  hett  auch  gern  kinderspicl 
gehabt  von  geniäls,  darinnen  zu  zelten  die  äugen  zu  er- 
klären {erlieilern).  Bocc.  1,34;  din  übergrosze  tugcnt  Longino 
dem  blinden  {halß,  welcher  um  gutthat  willen  dir  darmit  zu 
thun  meinende  mit  seinem  sper  dein  seit  öfnet,  daraus  wasser 
und  blut  Qosz,  von  dem  im  sein  gesicht  wider  erklert  ward. 
Aimon  ro';  das  sterket  und  erkleret  das  gesiebte  gar  sehr. 
Bartiscb  augendienst  34;  heilen  die  hitz  der  äugen,  erklären 
das  gesicht.    Tabernaemontanüs  96; 

gott  bitten,  dasz  er  woU  erklären  ihr  gesicht.    Opitz  4,  359 ; 

bergrauten  zu  pulver  gcstoszen  und  bisweilen  mit  salz  in 
anderer  speis  gegessen,  erkläret  und  schärfet  das  finstere 
und  dunkle  gesicht  kräfliglich.    Hoaberg  3, 1,  559*. 

2)  erleuchten,  verklären,  clarificare:  dir  ist  dein  herze  noch 
nit  erklärt.  Keisersberg;  vatter,  erklär  deinen  sun,  das  auch 
dein  sun  dich  erkläre,  palernosler  E6;  ire  säligen  und  er- 
klärten cörper.    schif  der  penil.  120* ; 

noch  ehe  Constantin 
Tom  wahren  gottesdienst  erklärte  seinen  sinn.    Opitz  4,  335. 

3)  öffentlich,  zumal  gcrichllich  kund  thun,  declarare:  einen 
in  die  acht,  in  vcrruf  erklären ;  die  acht,  den  krieg  erklären; 
und  welche  den  verstorbnen  mann  am  liebsten  gehabt  hab, 
mit  urtheil  erklärt  wirt.  Frank  wcUb.  194';  diese  Antigene 
hat  zwar  erwehnlen  Atheniensern  dermaszcn  gefallen,  dasz 
sie  ihn  (Sophocles)  dessentwegen  zum  Statthalter  über  die 
insel  Samos  erklärt  haben.    Opitz  1,162; 

er  ward  mit  höchster  pracbt  feldoberster  erklärt. 
Gbtpuiis  1,  111; 

Algerthe  reiscte  nach  Norwegen,  allda  sie  regentin  ...  er- 
klärt ward.  HoFMAs.NSWALDAU /ifWenir.  16 ;  einen  im  testament 
zum  erben,  zum  vormund,  nachfolger  im  reich  erklären ;  er 
ward  vom  gericht  für  unschuldig  erklärt;  eine  zu  seiner 
liebsten,  zu  seiner  braut  erklären; 

und  macht  sichs  zur  bedingung,  dieses  kind 

als  fürstin  seines  Stamms  erklärt  zu  sehn.    Götbe  9,  283; 

sie  sind  unwürdig  erklärt,  ehrfurcht  zu  beweisen.  22, 28 ; 
den  erklär  ich  für  meinen  todfeind  und  beleidiger.  man  sagt 
ein  erklärter  feind,  gegner,  liebhaber;  dir  als  einem  bege- 
benen und  verurteilten  erklerten  man.  Luther  3,189';  ein 
erklärter  gottesleugncr.    Klisger  11,  223. 

4)  seinen  willen,  entschlusz,  seine  absieht  erklären,  zu 
erkennen,  kund  geben;  einem  mädchen  seine  liebe  erklären; 

80  buhlerisch  erklärt  er  seine  klagen.    Hagedorn  2,162(160); 
das  musz  ich  für  lüge  und  betrug  erklären. 

5)  erklären,  interpretari,  auslegen :  einen  dichter,  schrift- 
steiler erklären ;  erklären  (z.  b.  die  natur)  heiszt  von  einem 
princip  abieilen,  welches  man  also  deutlich  musz  erkennen 
und  angeben  können.  Kant  7,  291 ;  mehr  um  die  darin  vor- 
kommenden stellen  zu  erläutern  als  zu  erklären,  mehr  bei 
dieser  gelegenheit  etwas  zu  sagen,  als  durch  seine  auslegung 
die  zuhOrer  dem  gcist  des  dichlers  näher  zu  bringen.  Götiie 
46,25;  ich  kann  es  mir  nicht  erklären;  will  es  gleich  mit 
Einern  worte  erklären. 

6)  reflexivisch, 

a)  sich  erklaren,  kund  thun,  zeigen,  offenbaren:  weil  gott 
«ich  den  prophcten,  aposteln  und  andern  im  himmel  erkläret 
hat,  «0  wird  er  darum  der  thron  gotles  geheiszen.  Opitz 
1,15;  erklären  sie  sich,  wie  es  mit  der  aussteuer  werden 
soll;  erklären  sie  sich  doch  deutlicher;  wollen  sie  sich  nicht 
weiter  erklären?; 

erklirt  euch,  oder  —  geht!    Luiino  2,  394; 

wie  fast  durch  ganz  Flandern  in  ('inem  augenblickc  die  Ver- 
schwörung erklart  und  ausgeführt  ist.  üötiik  8, 1*41;  so  wird 
die  liebe,  die  von  naiur  herzhaft  iitl,  durch  den  schrecken 
am  leichtesten  angetrieben,  hich  zu  entscheiden  und  zu  er- 
klären. 19, 1H3;  nun  aber  ist  es  wul  zeit  sich  zu  erklären, 
wenn  es  ihnen  gef&llig  ist.  22,  iil ; 


und  eh  der  tag  sich  neigt,  musz  sichs  erklären, 
ob  ich  den  freund,  ob  ich  den  vater  soll  enthejircn. 
Schiller  U59'; 

was  den  könig  von  Polen  zur  fortsetzung  eines  kriegs  auf- 
munterte, der  sich  so  sehr  zu  seinem  nachtheil  erklärte.  90S'. 

b)  erkläre  dich  ein  rctter,  herr,  für  mich.    Mklisscs  ps.  A'i'; 
gesetzt,  dasz  tausend  sich  im  ernst  ffir  dich  erklären. 

Gkllert  2,  16; 
oft  erklärt  ihr  euch  als  freunde  des  dichters,  ihr  götterl 
GöTHR  1,  336; 

sie  sollen  sich  mit  mir  dem  übel  ernstlich  entgegensetzen 
oder  sich  auch  als  rebellen  erklären.  8, 188 ;  um  ein  näheres 
gespräch  einzuleiten,  erklärt  ich  mich  für  einen  zeichen- 
künstler.  30,  224;  er  erklärte  sich  endlich  für  ihren,  zu  ihrem 
bräutigam;  das  ganze  land  hat  sich  für  ihn  erklärt,  auch 
hier  hat  die  praep.  für  den  sp.  873  bei  erkiesen  angemerkten 
dopfielsinn. 

c)  ich  erkläre  mich  zu  allem  willig  und  bereit ;  er  erklärt 
sich  ihr  verbunden  und  verpOichtet; 

wil  Jupiter  dahin  sich  bindlich  denn  erklären, 
dem  Mars  noch  nebst  der  weit  die  hölle  zu  gewähren. 

LocAU  1, 18, 

1V0  bindlich  aber  auch  adv.  sein  kann. 

d)  sich  eines  dings,  über  etwas  erklären; 
drumb  dich  bald  deines  gmüths  erkler.    Atrer  86*. 

c)  sich  mit  einem  erklären,  stcA  über  etwas  aussprechen,  be- 

spreclien,  ins  reine  setzen: 

was  du  mir  sagst,  mein  freund,  versteh  ich  nicht 
wie  du  est  sagst,    erkläre  dich  mit  mir.    Götue  9,  196 ; 

Aurelie,  die  nach  einiger  ruhe  gestimmt  war,  sich  mit  ihrem 
freunde  über  einen  gegenständ,  der  ihr  so  sehr  am  her/cn 
lag,  endlich  zu  erklären.  19, 103 ;  er  wünschte  sie  nicht  zu 
sehen,  und  doch  hätte  er  sich  gar  zu  gern  mit  ihr  erklären 
mögen.  19,226;  da  er  sich  darüber  nicht  mit  sich  selber  er- 
klärte, plagte  es  ihn  als  dumpfer  mismuth.  Niebuur  kl.  sclir. 
1,52. 

ERKLÄRENSWERTH,  dignum  quod  declaretur. 

ERKLÄRER,  m.  interpres,  ausleger. 

ERKLÄRERIN,  f.  esplicalrix. 

ERKLÄRLICH,  was  erklärbar:  weil  er  jenes  geleugnet  hat, 
ist  es  sehr  erklärlich,  dasz  er  auch  dieses  nicht  zugibt. 

ERKLÄRSUCHT,  f.  nimium  inicrpretandi  Studium:  hier  ei - 
scheint  ein  urphänomen  . . .  und  bringt  die  erklärsucht  zur 
Verzweiflung.    Göthe  60,  50. 

ERKLÄRUNG,  f.  i)  punjalio,  illustrntio,  klärung,  verkldrun<i : 
die  erklerung  Christi  uf  dem  berg  Tabor.  Kkisebsd.  W«;.  2K'. 

2)  declaralio,  erklärung  des  kriegs,  letzten  willens,  der 
liebe;  seine  erklärung  abgeben,  schriftliche,  förmliche. 

3)  senlenlia,  darlegung,  oratio,  expositiu: 

rede  darum  nur  selbst,  was  bedarf  es  fremder  erklärung? 

Götuk  40,  332; 

rälhselhafte  erklänmgen.  17,130;  ich  habe  noch  eine  erklä- 
rung zu  machen. 

4)  de/initio:  eine  gute,  treffende,  verfehlte,  mislungne  er- 
klärung. Kant  2,  550  sagt:  die  deutsche  spräche  hat  für  die 
ausdrücke  exposition,  explicalion,  declaralion  und  dclinitiou 
nur  das  eine  wort  erklärung.  er  rergiszt  darlegung,  ausle- 
gung, deutung,  erörterung,  entfaltung,  cntwieklung,  lu-stiui- 
mung,  auseinandersetzung  u.  a.  m.  s.  sacherklärung,  wort- 
erklärung,  namenerklärung,  ehrenerklärung,  liebeserklärung, 
kriegserklärung. 

ERKLÄRllNGSART,  f. 

ERKLÄRrN(;S(;HrM),  m. 

ERKLÄR!  N(;SKrNSi\  f. 

ERKLÄRUNGSVERSUCH,  n.  unter  allen  erklarungsver- 
suchen   hat  dieser  den  meisten  beifall. 

ERKLÄRUNGSWEISE,  f. 

ERKLATSCHEN,  flagellu  tnsonare. 

ERKLEREN,  i.  erkleiben. 

ERKLECKEN,  sufficere,  prodesse,  genügen,  helfen,  nütten : 
und  ist  alles  verfressen,  versoffen,  was  wir  aufbringen,  da 
will  nicht  erkiccken,  icderman  legt  im  afi  vil  dar.  Uha>k 
Irunkenheit  D ' ; 

dann  was  r<M!iki  dnrftir 
»on  dieser  ffanzcn  lehr,  erklf«  ki  un«  aiuh  allhlcr. 
(tpiTI  //.  Orot.  344; 

hroiirhi'n  will  ich  »olehon  «nfl, 

wni«i  lur«nhr,  vn  wird  erkli-rkon, 

iwclfcl  nll,  Ich  llndo  kraft.    Sr»«  truttn.  01(103); 


877  ERKLECKLICH  — ERKLINGEN 

flamm  noch  fackel  thut  erklecken 
gegen  seinen  hellen  schein.    300  (329); 
drumb  wird  noch  bleich-  noch  purpurtod 
zur  forcbt  bei  mir  erklecken.    g.  tugendb.  499; 

aber  die  beste  aroraata  wollten  schier  nichts  erklecken. 
Simpl.  K.  171 ;  die  guten  bienen,  wann  sie  merken  einen  har- 
ten winter  und  dasz  ihr  TOrrath  in  die  länge  nicht  erklecken 
möchte,  treiben  die  faulen  und  müszigen  threnbienen  aus 
dem  stock.  Hohberg  2, 362';  ein  wenigs  erkleckt  nicht.  Moser 
p.  phanl.  3, 36 ;  das  alles  will  nicht  recht  erklecken.  Tieu 
13.324.     vgl.  klecken. 

ERKLECKLICH,  amplus,  ansehnlich,  zureichend:  es  hat  ein 
erkleckliches  eingetragen;  ein  erklecklicher  beitrag;  die  auf- 
lagen um  ein  erkleckliches  steigern  können.  Klopstock  12, 353 ; 
ein  erkleckliches  vermögen. 

EKKLECKLICH,  ample,  affatim,  genügend,  genug:  erkleck- 
lich genug,  satis  superque.    Stieler  974; 

zwei  knaben  gruben  auf  der  brach 

von  einem  Weizenfeld  einst  einem  hamster  nach, 

der  in  den  vorgen  sommertagen, 

wie  sich  vprmuthen  liesz,  erklecklich  eingetragen. 

WzisztbriefiB.  der  fam.  des  kinderfreundes  12, 14. 

ERKLEIBEN,  haerere,  festkleben,  mhd.  erkllben: 

man  sagt  da;  vor  durst  die  schefliut  niht  erkllben. 
Lohengr.  6735, 

sie  hallen  genug  zu  Irinken,  die  zunge  klebte  ihnen  nicht  am 
gaumen.     rgl.  bekleiben  und  kleiben. 

ERKLEMMEX,  cotnpritnere,  erdrücken,  pressen,  zwängen :  ewer 
hinnen  scheiden  erklemmet  mein  herz  als  fast,  das  nit  wenig 
feiet,  ich  stürb  vor  janier.  Aimon  Bl';  hetts  das  meer  nit 
gethan  so  hellen  die  felsen  sich  müssen  aufspalten  und  räum 
geben  und  den  Pharaonem  zwischen  sich  erklemmet  und  zer- 
quctzschet  haben.  Lctber  S,  73'  =  ron  den  Juden  und  iren 
lügen,    ^yitlenb.  1543.  Q2\ 

ERKLENGEN,  transiliv  ron  erklingen,  erklingen  lassen, 
mhd.  erklengen,  erklenken: 

wart  da  manc  ors  ersprenget 

und  s werte  vil  erklenget.    Parz.  60,  26; 

nhd.  ich  wollt  ihm  sein  geldkasten  vor  seinen  obren  erklengt 
haben.    Hcttem  5,  222.     rgl.  erklingen  und  klengen. 

ERKLETTERN,  enili,  erklimmen,  ersteigen:  den  berg,  die 
mauer  erklettern;  den  bäum,  die  gipfel  der  bäume,  den 
mast,  die  Stange  erklettern ;  die  schwarzen  kirschen,  die  ich 
mir  aus  den  höchsten  zweigen  erkletterte.  Bettise  lageb.  31; 
das  opus  will  wie  der  mond  beurtheilt  sein,  der  braunroth 
goschwollen  und  benebelt  aufsteigt  und  dem  man  blosz  eine 
halbe  nacht  zeit  zu  lassen  braucht,  um  ihn  oben  auf  seiner 
erkletterten  bahn  rein,  weisz  und  licht  zu  Onden.  J.  P.  anh. 
zu  Tit.  1.87. 

ERKLIEBEN,  findere,  spalten,  ßr  erkleuben,  erklauben,  denn 
das  starke  erklieben,  erklob  irärd6'  mdir  findi  ausdrücken,  ob- 
schon  auch  spalten  bald  intr.  bald  tr.  steht  :  solche  und  der- 
gleichen bilderschriften  ...  die  hieroglyphischen  heiligschrif- 
tcn  erklärer  haben  artlich  erkliebet.  Garg.  124*.    vgl.  erklüften. 

ERKLIMMEN,  eniti,  erklettern,  ersteigen: 

her,  her  all  menschenstimmen, 

lasit  immer,  immer  pahn  ! 
mans  nie  doch  wird  erklimmen, 

was  goit  gebühren  kann.    Speb  trutzn.  100  (109). 
die  praderita  bald  stark,  bald  schwach: 

erklomm  ich  auf  des  lieds  heiigen  bahnen 

den  sonnenhügel  Kronions.    Pindar  Ol.  1,180  nach  Dotinkr; 

ragende  felsenzinken  mit  wolkenuralagerter  spitze, 

welche  kein  Jäger  erklomm,  welche  kein  adler  umOog. 

Salis; 

den  steilsten,  Zickzack  über  felsen  springenden  stieg  erklom- 
men wir.    GöTHE  43,260; 

und  ich  erklimmte  die  berge  den  lieblint  des  himmels  zu 
grüszen.    Matthisso:«  231. 
ERKLIMPERN,  fidibus  lucrari:  wenige  kreuzer,  die  sich  das 
arme  mädchen  auf  der  zilher  erklimpert  hatte; 
du  kannst,  gehüllt  in  blauen  dunst, 
dir  freilich  lauten  ruf  erklimpern.    Gödsgi  1,  188. 

ERRLINGELN,  tinnire,  erklinglen.  Ma.\lek  112*:  die  glöck- 
lein  am  sattel  erklingelten  hell;  ein  bach  erklingelt  durch 
die  wiese,  auch  transiliv:  hat  die  Schlüssel  mit  gelechler  er- 
schüttell  und  erklingelt.    Thurseisser  noihg.  ausschr.  3,135. 

ERKLINGEN,  l)  personare,  retonare,  hell  ertinen:  das  haus 
erklingt  von  freudengeschrei ; 


ERKLINGEN — ERKNALLEN 


878 


als  wie  man  hört  erklingen 

den  adler,  wann  er  sich 

gedügelt  kräftiglich 

zur  erden  ab  wil  schwingen.    Opnz  1,  16S; 

und  donnernd  erklang  die  unterste  hölle.    Messias; 

da  erklingt  es,  wie  mit  flügeln, 

da  bewegt  sichs  wie  gesang.    Göthe  23,  13; 

spät  erklingt  was  früh  erklang, 

glück  und  Unglück  wird  gesang.    1,  9; 

wo  bist  du,  Faust,  des  stimme  mir  erklang, 

der  sich  an  mich  mit  allen  kräften  drang?    12,  34; 

kus  erklang  an  seinen  lippen, 

hätt  auch  wolfsblut  sie  geröthet.    I,  171,  nach  dem  (innisdien: 

sillen  suuta  suikkajaisin 

Jos  olis  suu  suden  veressä; 

da  erschuf  er  morgenröthe, 

die  erbarmte  sich  der  quäl, 

sie  entwickelte  dem  triiben 

ein  erklingend  farbenspiel.    3,  84, 

rastlos  nun  erklang  das  getön  der  stürmenden  glocke.   40,292; 

schmelzender  erklang  die  flöte 

in  des  hirtengottes  band.    Schiixsb  21'; 

laszt  unter  tanzen  und  springen 

die  blanken  sensen  erklingen, 

ihr  mädchen  rauscht  mit  den  rechen  herbei, 

dasz  nicht  ein  körn  verloren  sei.    Weisze  kom.  op.  3,199; 

auf,  bombardier  und  kanonier, 

laszt  die  musik  erklingen!    Arndt  ged.  361. 

2)  früher  auch  tr.  ßr  erklengen,  erklingen  lassen :  man  musz 
die  Schlüssel  ihnen  zu  leid  desto  mehr  erklingen,  bis  sie 
ertauben.    Fischart  bienenk.; 

die  wunder  deiner  werk  will  Ich  für  aller  weit  erklingen, 

Wecsherlim  27; 
und  deren  mund  erklingen  kan  der  götter  ehr.    310; 
erklinget  laut  sein  lob.    246; 
0  herr,  vor  allen  leuten  hier, 
vor  allen  Völkern  wil  ich  dir 
mit  dank  erklingen  jederzeit.    Qprrz  ps.  210; 
wer  solte  doch  in  dieser  frembde  singen? 
wer  könte  hier  des  herren  ton  erklingen?    255; 
will  auch  von  Jesu  spielen  ich, 
will  nur  von  ihm  erklingen.    Spek  truttn.  191, 

welches  letzte  sich  ebenwol  intr.  ndtmen  lieize. 
ERKLINGEN,  n.  sonitus: 

als  er  zum  saal  hereintrilt,  schreit  er  laut, 
die  mauer  bebt  bei  seiner  stimm  erklingen. 

Gries  Bojaräo  3,  1,  59. 
ERKLIRREN,   crepare,  strepere:    ketten.    Schwerter,   sporn 
erklirren ; 

und  er  entsank  in  den  staub  mit  geschrei,  dasz  die  zahn  ihm 
erklirrten.    Od.  18,  98 ; 

die   schweren   fesseln   zogen  ihn  auf  den  von  ihnen  erklir- 
renden boden  zurück.    Klisceb  5,  353. 

ERKLOPFEN,  aufklopfen,  1)  pulsando  frangere,  nüsse  er- 
klopfen,  zerklopfen. 

2)  pulsando  excitare  e  somno,  er  schläft  zu  fest,  ich  kann 
ihn  nicht  erklopfen;  die  schlafenden  leute  nicht  erklopfen. 
Stieler  984. 

ERKLÜFTEN,  findere,  zerklüften. 

ERKLUFTUNG,  f.  fissura,  rima:  diese  masse,  von  jenen 
erklüftungen  wenig  erleidend.    Göthe  51,  74. 

ERKLÜGELN,  callide  inrenire,  ausklügeln:  wie  das  von 
menschen  sinnen  erdacht  und  erklügelt  ist  oder  noch  werden 
möchte.  Haltacs  396;  und  nun  verfiel  er  in  die  tiefste  po- 
litik,  welche  die  weisesten  Circassier  über  diesen  gegenständ 
erklügelt  hatten.    Klinger  10,47. 

ERKLCGELüNG,  f.  inrentio:  nach  ihrer  spitzfindigen  er- 
klügelung.    Witzenbürger  3,  67. 

ERKLÜGEN,  prudentem,  caulum  reddere,  witzigen  (bei  Stiei  er 
988  beklügen):  nu  hat  der  geitz  weiter  sich  erklügel  und 
schall  das  auch  herauszen  (hier  in  Deutschland)  viel  den  namen 
haben  bepstlichs  gesinds,  wie  zu  Rom.    Lither  1,  295'. 

ERKLUPFEN,  pavere,  erschrecken,  an  Scluceizerwort.  Fbisics 
959'.  960".  Maaler  112*.  Stalder  1,  112.  Tobler  170*.  vgl. 
klupf  schrecken,  klopfen  schlagen. 

ERKLUPFEN,  terrere,  in  furcht  setzen :  der  landvogt  was  der 
wassernoth  gar  erklupft.    Tschidi  1,  239. 

ERKN.\CKE!V,  1)  intr.  crepitare:  das  holz  im  ofen  erknackt; 
die  bank  erknackte  und  brach  zusammen. 

2)  tr.  aufknacken:  nüsse  erknacken,  nuces  frangere. 
ERKNALLEN,    1)  intr.    crepare,  fragmem   dare:     die   kugel 
springt  und  erknallt;  der  donner  erknalll.    Stieler  992; 
das  meer  in  steter  wellenjagd 
mit  brüllen  weil  erknallet.    Spk«  trultn.  140(154); 


S79 


ERKNARREN  —  ERKOREN 


ERKOSEN  — ERKRATZEN 


880 


2)  tr.  knallen  lassen,  machen:  der  fuhrmann  erknalU  die 
peitsche. 

ERKNARREN,  cTejiare,  stridere:  die  thür  erknarrt,  fores 
crepanl;  die  rüder  crknarren; 

die  wagen  orkuarren  ins  ächzende  tbal.    Scbillir  .  .  . 

ERKNAL'SERN,  sordide  lucrari,  s.  knausern. 

ERKNEIFE.N,  prehendere,  anipere:  solin,  ith  dachte,  ich 
könnte  zusammen  raffen,  ersparen,  erkneifen.   Tieck  3,  462. 

ERKNELLEN,  crepare,  crepitare,  praet.  erknall,  pari.  erknoUen, 
mhd.  erkoellen,  stamm  von  crknallen: 

werdest  underdruiigen  car 

so  lä  «wertes  knopl'  ül' orust  crknallen; 

nhd.  alles  will  es  voll  und  köstlich  sein  wie  ein  ögel,  bisz 
das  es  erknilt  (andrer  druck:  wie  ein  Sgel,  bisz  das  er  cr- 
knill).  Frank  lasier  der  trunkcnlieil  G4  und  F4'.  gemeint  ist 
ein  blutcifel,  der  sich  voll  saugt,  bis  er  platzt. 

ERKMCKEN,  u-as  crknacken:  das  glas  erknickt,  tr.  eine 
blume  erknicken,  knicken,  zerknicken. 

ERKMCKERN,  teas  erknausern. 

ERKMRSCHEM,  frendere  denlibus: 

wie  Rodomont  erkiiirsctit  mit  stolzem  toben, 
Ton  blutdurst  glühend  und  von  giimm  entbrannt. 
Gries  Ar.  lü,  lt. 

ERKNITSCHEN,  ERKNÜTSCHEN,  contundcre,  zerknitsdien : 
ein  wild  freisam  thicr  hat  im  einen  fusz  ganz  und  gar  cr- 
knitscht  und  erfressen.    Oberh.i  344. 

EROLRREN,  ringt,  fremere:  der  bauch  erknurrt ;  derhund 
erknurrt. 

ERKORERN,  l)  rccuperare,  fr.  recouvrer,  crMen,  ahd.  ii- 
koborön,  mhd.  crkobern,  s.  kobern: 

ni  megih  ihaj  irkoborön.    0.  V.  7,35; 
wertisal  irkoborön  {corruptioncm  pali).    V.  12,  34. 
nhd.  sit  dem  mal  das  die  sacLen  umb  ein  —  erkobert  (erritn^en) 
gut  sien.    Oberlim  344. 

2)  sich  crkobern,  sich  erholen: 

mhd.  da  erkoverten  si  sich.    Iw.  3733; 
da  von  6r  schiere  bekam 
und  erkovert  sich  an  siner  kraft.    Lam.  1S57; 
der  wart  mit  rieheit  geladen 
und  erkovert  sich  alles  schaden.    9201 ; 

als  ich  mich  besser  erkoberte  {zu  mir  kam).  Simpl.  K.  209; 
sobald  er  sich  wiederum  erkobert  {var.  erobert)  hatte  und 
zu  seinen  sieben  sinnen  kommen  war.  959.  schuäb.  sich  er- 
kobern.  Schmiu  321.  Schweiz,  erchöfera.  Tobler  170*.  bair.  sich 
kofern.  Schmeller  2S6.  noch  bei  den  biencnzüchtern :  der  korb 
erkobert  oder  erkobert  sich,  nimmt  u-icder  an  volk  und  werk 
zu.     rijl.  schired.  förkofra,  engl,  recover  und  auserkobern. 

ERKOCHEN,  percoquere,  weich  kochen:  die  linsen  sind  gar 
nicht  zu  erkochen. 

ERKÖDERN,  esca  proposüa  caperc:  fische  erküdem,  erangeln. 

ERKO.M.MEN,  terrefieri,  stupere,  ahd.  irqueman.  Oberli?«  344 ; 
und  also  erstund  er  erchomncr  und  erscbrochner,  daj  im 
daj  hantuch  au;  seiner  haut  viel,  gcsta  Rom.  K.  s.  156.  noch 
bair.  üslr.    Schm.  2, 298.    Höfer  2, 153. 

ERKOREN,  pari,  praet.  von  erkiesen; 

mhd.  der  fürste  Aj  triwe  erkorn.    Pari.  177,  13; 

Amelie  Elisabeth,  von  gottes  gnaden  erkornc  landgrävin  zu 
Hessen.  Wec»heri.inb  ded.  zu  den  geisll.  ged. ;  die  weislhümer 
unterscheiden  den  gebornen  und  crkornen  vogt; 

die  du  künftig  mich  liebst,  o  du  aus  allen  erkoren'. 

Klop.stock  1,  21 ; 
ich  war  sein  erkorener  jünger.    Mcsüaa  ü,  594; 

welcherlei  roänncr 
folgteo  au«  Ithaka  ihm,  erkorene  oder  ihm  eigne? 

'iJäxTii  i^aiQerot,  fj  eol  nitov;    Od.  4,643; 
jetzo  entsandt  ich  männer,  vornnziiRehn  zur  erkundung, 
zwen  erkorene  fl-eund,  ca'Sge  Svo>  xgivat.    9,90; 

wer,  mit  herkulischer  st&rke,  der  tlüchtigen  gemse  sich  nach- 

xchwingt, 
■cbeinl  mir  in  beitlengeilalt  norh  ein  erkorner  dci  glAcki. 
MAmiitsoN  'iXi. 

ERKOREN,  ERKOREN  alt  inf.  und  in  jtrnesensformfn  finden 
nicht  flau,  denn  wiewol  sich  vom  ahd.  chiosan  ein  schwaches 
cbon'tn  tcniare,  ißutare  und  ebenso  picborAn,  mhd.  bekorn,  nhd. 
kckoren  (t,  t42H)  leitet,  die  das  pari.  gichorAt,  pirhor&l,  be- 
korl,  brkorct  bilden,  rrnchcinen  nirgend  alid.  irchiirOn,  mhd 
erkom,  nhd.  erkurn,  und  das  starke  pari.  erLoren,  praet.  erkor 
feAvrv»  mthmendii  m  erkkieo. 


ERKOSEN,  blande  confabulari,  plaudern,  schwätzen,  stammt 
nicht  aus  kiesen,  sondern  vom  ahd.  chosun  fabulari,  mhd.  kosen, 
franz.  causer: 

hei  muostich  mich  erköscn 

mit  der  vil  lieben  eine.    MS.  1,  2'; 

müeste  ich  noch  eelpben,  daij  ich  die  rdscn 

mit  der  minnecliclien  sohle  lesen, 

so  woldich  mich  so  mit  ir  erkösen, 

da;  wir  iemer  friunde  müestcn  wcsen.    Walth.  112,  5; 

mit  dem  ich  leider  niht  entar 

mich  erkdseii  nach  minem  muote 

vor  der  leiden  raerker  huote.    ilenn.  395; 

nhd.  unde  hat  on  fruntlichen,  das  her  zu  om  queme,  das 
her  sich  muntlichen  mit  om  erkosen  mochte.  Rothe  dür.  c/ir. 
cap.  293.     später  wenig  gebraucht,  doch  verwendet  es  noch  Herder. 

ERKOSTEN,  guslare,  versuchen,  kosten :  ihr  albere  Teul- 
schen!  ihr  müsset  alles  ernaschen  und  crkosten,  davon  ihr 
nur  erzchien  höret.    I'iiiiander  2,108. 

ERKOSTUNG,  f  dahero  thät  mir  die  crkostung  dieses  herr- 
lichen anfangs  so  trcflich  kirr  und  sanft,  dasz  ichs  keinem 
menschen  genugsam  sagen,  rühmen  und  aussprechen  kan. 
Simpl.  K.  128. 

ERKRACHEN,  l)  fragorem  dare: 
mhd.  von  ir  schoene  müeste  ein  vels  erkrachen.    Warlb.  kr.  150 
nhd.    die   finger   erkrachen;    meine  gebcine  erkrachen  unter 
der  schweren  last.  Klinger  6, 137 ;  der  donner  erkrachte  laut. 

2)  tr.  frangere: 

ich  seiner  {des  eichhörnleins)  oft  musz  lachen, 

wanns  nur  die  nüszicin  packt, 

und  schnell  sie  Ihut  erkrachen, 

trik  trak,  wol  just  zum  takt.    Spee  tnUzn.  198  (216). 

3)  sich  crkraclien,  sich  brechen:  auch  soll  man  bauholz 
nicht  abhauen,  wann  das  holz  gefroren,  dann  es  erkracht 
sich  im  fallen,  dasz  es  nicht  langwirig  sein  kan.  Hohherg  2,  58o'. 

ERKRÄCHZEN,  crocilare:  ein  rabe  erkriiohzt  auf  dem  bäum. 

ERKR.\FTEN,  was  ermächtigen :  aber  etlir h  willkorn  richter 
werden  zu  zciten  crkreft,  das  sie  nit  nach  rechtlicher  Ord- 
nung erkennen,  sunder  die  parteien  sunst  freuntlich  ent- 
scheiden, die  heiszen  gütlich  spruchmenner,  amicabiles  com- 
positores.    laienspicgel  l(j3'  bei  Haltaüs  397. 

ERKRÄFTIGEN,  roborarc,  firmare:  seine  gesundheit  erkräf- 
tigt sich; 

reiche  Schlösser  nimmt  Ramiro 

wieder,  als  ihm  heimgefallen 

und  erkräftigt  sein  besitzihum.    Tikck  ges,  nov.  10,  349; 

ERKRALLE.X,  unguibus  prclicnderc:  der  adler  hatte  ein 
lamm  erkrallt  und  fortgeführt. 

ERKRAMEN,  mercari,  erhandeln:  so  dann  der  keufer  den 
halben  teil  abthul  und  erkramet,  meint  er  hab  wol  gefochten 
und  wüifeil  kauft,  so  hat  der  kaufman  eben,  das  er  umb 
sein  war  im  sinn  begert  bat,  und  leicht  (betrügt)  also  einer 
den  andern.  Frank  sprichw.  2, 37'.'. 
ERKRÄMPELN,  carminando  lucrari. 

ERKRANKEN,  debililari,  infirmari,  incidcre  in  morhum:  das 
kind  ist  plötzlich  erkrankt;  im  summer  erkranken  viele  an 
der  rühr;  sie  erkrankte  aufs  neue; 

wenn  er  erkrankte! 
ach  in  des  kerkers  feuchter  llnsternis 
musz  er  erkranken.    Scuiller  542*; 
welch  dumpfer  schlaf  läszt  deinen  mut  erkranken? 

Gries  Tasso  befr.  Jer.  18.  33. 

ERKRÄNKEN,  debUitare,  inftrmare:  ob  der  gesund  durch 
zulbun  seiner  selbst  eignen  oder  anderer  versäumen  möge 
erkrenkt,  oder  der  krank  gesund  gemacht  werden.  Thurneisser 
j)rob.  der  harnen  bl.  3 ; 

das  bliimlein  jung  von  tagen 

sein  hAlsleln  niedersciikt, 
ach  ach,  nun  musz  ich  klagen, 

schon  gar  es  ist  orkrenkl.    Spee  iruHn.  72  (7^). 

ERKRANKUNG,  f  valetudo  infirma. 

ERKRATZEN,  eorradere,  erschnrren.  zusammen  scharren:  was 
wir  und  all  unser  vorfordern  mit  unserin  Mutigen  srhwaisc 
lang  her  herliglich  erkrat/.t  habend.  Schade  jw/.  m. /xt«/.  2. 151 ; 
ein  »parer  musz  einen  verzerer  haben,  der  da«  kan  \rilhuD, 
das  er  erkratzt  und  erspart  hat  an  im  und  an  andern  leulcn 
ich.  und  ernst  1550,151.  K>55,  227; 

sprnc'h,  'wnri  mriii  lirrr'.  und  troll  hinaus 

Ir  '        s  da  aui 

>  lt. 

,\u  ['.irt 

biutcr  dem  alten  uiullur  hrt.    II.  Sacis  I,  40t'; 


881  ERKREISCHEN  — ERKRUSßlUNG 

lasz  dein  erkratztes  gut  und  die  nicht  rechten  schätze. 
GsTPHlls  2,  442; 

er   musz   doch  auch  sterben  und  seine  guter  verlassen,   die 

er   mit   mühe  und   arbeit   erkratzet  hat.    pers.  baumg.  7,29. 

s.  erkrümeln. 

ERRREISCHEN,  i-ociferari,  außreischen :  man  hört  bei  dem 
metzger  die  geschlachteten  schweine  laut  erkreischen;  das 
fett  erkreischt  in  der  pfanne.  transitiv,  die  ihre  wünsche  zu 
erzanken  imd  zu  erkreischen  sich  gewöhnt  haben. 

ER  KRENKEN,  s.  erkränken. 

ERKRIECHEN,  rependo  assequi:  die  raupe  erkriecht  den 
Stengel  des  krauts;  man  hält  ihn  des  glucks  für  unwürdig, 
weil  er  es  erkriechen  will;  jetzt  erkriecht  man  sich  ämter, 
dann  würde  man  sie  sich  erspringen.    Tieck  12,  S6. 

ERKRIEGEN,  nancisä,  oblinere,  erlangen,  bekommen,  mhd. 
erkriegen  und  erkrigen,  erkreic,  wofür  zafdreiche  belege  im  mhd. 
wb.  1,  SSO.  SSI.  man  sehe  oben  sp.  S03  ervolgen  noch  erkriegen 
aus  Eckhart  ISl,  24.  nhd.  und  der  herr  wird  zu  der  zeit 
zum  andern  mal  seine  band  ausstrecken,  das  er  das  übrige 
seines  volks  erkriege,  so  überblieben  ist.  Es.  11,11;  forsche 
ir  nach  und  suche  sie,  so  wirstu  sie  finden,  und  wenn  du 
sie  erkriegest,  so  lasz  sie  nicht  von  dir.  Sir.  6, 2S ;  ebenso 
gehets  hie  auch  zu,  das  die  Nineviten  gnade  erkriegen,  one 
gesetz  und  propheten.  LirrHEB  3,  219' ;  wo  einer  eine  metzen 
sihet,  die  im  gefellet,  entbrennet  er,  und  trachtet  flugs,  wie 
er  dieselbige  erkriege.  5,  24S*;  das  mich  die  zornigen  heiligen 
erkriegten  und  verbrenneten.  br.  4,  622 ;  daher  er  kein  kind 
erkriegen  noch  wünschen  mag.  Fba.\k  iceltb.  6S';  ich  hab 
mein  natur  mit  Vernunft  überwunden  und  wider  mein  begird 
die  tugent  erkricgt.  dtrou.  106';  alle  fahrende  hab,  so  ein 
ieglicher  bekommen  und  erkriegen  mag.  Fbo.nspebc  kriegsb. 
1,116'; 

künn  wir  ihn  etwo  treffen  an, 

so  soll  er  auch  erla-iegn  sein  lohn.    Rebhvs  s.  39; 

wie  auch  die  ehieut  mügn 
in  ihrem  creuz  ein  trost  erkriegn.    s.  93: 
wer  weisz,  was  ich  an  dem  erkrieg.    «.  111 ; 

wer  itzt  zur  zeit 
erkriegt  zum  weih  ein  solche  meid.    s.  130; 
nach  dem  sie  aber  ser  gewaltig 
erkrieget  haben  ehr  und  gut.    Lobwassir  Cal.  71; 
ach  liebe  mutter,  helft  und  rat, 
das  wir  erkrigen  den  unflat, 
er  soll  eins  bösen  tods  ersterben.    .\tt»er  37S*; 
und  der  sein  freud  und  sein  vernüegen 
will  auszerhalb  sich  selbs  erkriegen.    Weckheblis  417 ; 
es  kriegt  ihm  .Mars  jetzt  selbst,  und  das  was  er  erkrieget, 
ist,  dasz  er  fällt  die  weit  und  selbst  mit  ihr  erlieget. 

LoGAü  1,  98,  S; 
nun  der  frieden  über  krieg 
endlich  hat  erkriegt  den  sieg.    2,  40,  50. 

in  der  allgemeinen  bedeutung  des  erlangens  heule  ungebräuchlich 
und  durch  das  einfache  kriegen  vertreten,  tcHchem  gleichwol  etwas 
gemeines,  unedles  anklebt. 

21  dagegen  hat  strA  die,  in -einzelnen,  namentlich  Log  aus  stellen 
vorbrechende,  besondere  von  hello  obtinere,  erobern  behauptet: 
ein  land,  eine  Stadt  erkriegen,  hello  occupare.  expugnare;  er 
hat  sich  ehre  und  reichlhümer  erkriegt;  da  man  lieber  in 
der  fremde  reichthum  erkriegte,  als  den  eignen  oder  frem- 
den acker  baute.  Dablma^in  dän.  gesch.  1, 145.  vgl.  krieg  und 
kriegen. 

ERKRI.MMEN.  unguibus  arripere,  erkrallen, 

inltd.  ei  troumde  Krimhilte  in  tagenden,  dSr  si  pflac, 
wi  si  einen  valkeu  wilden  züge  manegen  tac, 
den  ir  zwöne  am  erkrummen.    I^ib.  13,3; 
von  liebe  erkrimmet  euch  der  peliicanus  siniu  kint. 

MS.  2,  176'; 
wie  peliicanus  siniu  kint  vor  liebe  tot  erkrimme.    2,  236'; 
nhd.  dasz  ein  armer  bauwersmann,  was  er  erkratzet  und  er- 
krimmet, auf  sein  fräszig  und  mutwillig  gesind  henken  musz. 
TABER^(AEJlO^TA^cs  159S  s.  811. 

ERKRÜMELN,  miculis  colligere:  er  musz  alles  erkrümeln  und 

erkratzcn.      rql.  das  roraus^hende  und  krümeln,   verkrümeln. 

ERKRUMMEN,  curvari,  erlahmen,  mhd.  erkramben.    rerifön- 

srhung:    dasz  du  erkrummest!  die  bände,  finger  erkruminen 

mir  vor  kälte. 

ERKRCMMEN,  curvare,  lähmen,  mhd.  erkrfimben:   die  leut 

bezaubern  . . .  vihc  und  leut  erfcrümmen  {so  1567,  erkrinimen 

1Ö34),   erlämen   und  allerlei  plag  anthun.    Fra!«k  vellb.  134'; 

einen  menschen  verseeren  oder  erkrümmen.  Paracelscs  2, 299'. 

ERKRLMMING,  f.  torpor,  uenn  von  innen  erfolgend. 

III 


ERKRCMMLNG  —  ERKUILNEN 


882 


ERKRÜMMLNG,  debiiitatio,  Idhmung,  venn  durch  äuszere  ge- 
vaU:  ist  ein  edel  öle  wider  den  krampf  und  die  erkrüm- 
mung  (es  steht  erkrimraung).    Tabebnaemo.nt.  p.  381. 

ERKCCKEN,  was  erquicken,  beleben  und  erkecken,  da  sich 
quick  und  keck  genau  berühren,  in  kück  aber  das  vi  zu  ü 
geworden  ist,  wie  ags.  cuc  =  cvic  und  äcucian  =  äcvician. 
ahd.  arquicchan  ircbicchan  refovere,  recreare,  mhd.  erquicken 
und  erkücken,  nhd.  erkuckter  redicicus.  voc.  14S2  g  S*.  da 
nun  beldfen,  fovere  ursprün^h  gern  vom  au^>rüten  junger  vügel 
galt,  die  selbst  küchlein,  quiklinge  heiszen,  so  erklärt  sich  im 
roc.  theut.  14S2  gS  das  erkucken  auszpruten,  auszhecken,  er- 
wermen,  neren,  incubare,  fovere,  emeren,  erziehen,  educaie, 
vgl.  Diefenbach  195'.  245'.  293'.  aufziehen  ist  in  allen  sprachen 
brüten,  ammen,  säugen,  nähren  und  die  getstigen,  abstraclen  Vor- 
stellungen entfallen  ^h  erst  hernach. 

0  künig,  was  gott  wil  erkücken, 

mag  alle  weit  nit  unterdrücken.    Scbxklzl  David  21*; 

wems  gott  vergünt,  will  in  erkücken, 

den  mag  niemand  nit  underdrücken.    Saut  8'. 

ERKÜCKUNG,  f.  erkuckung,  erquickung,  refociUatio,  educalio. 
ERKUHLEN,  refrigerari,  ahd.  irchuolen,  mhd.  erkuolen : 

erkuolent  in  die  ringe,  so  sit  ir  alle  Terlom.    Nib.  2037,  3; 

von  sinen  trehenen  wart  ich  naj, 

und  erkiiolte  ie  doch  daj  herze  min.    USH.  1,  124*; 

nhd.  zoch  sein  gewant  ab  und  gieng  in  da?  waj^er  und  belaib 
so  lang  dar  inn  pi;  da;  er  wol  gänzleichr  erchuolet.  gesta  Rom. 
K.  54;  er  liesz  das  pferd  wieder  allgemach  erkulen  (es  steht 
erkülen).  Odavian  G3;  führt  das  pferd  in  den  stall,  damit 
es  ein  wenig  erkühlet.  Wickbam  ro//ir.  61.  richtiger  schiene 
erkuhlet,  doch  kann  der  umlaut  auch  vom  i  des  adj.  kühl,  ahd. 
chuoli  herrühren  und  dann  würde  das  intr.  mit  dem  folgenden 
tr.  zusammenfallen,  da  sich  das  e  der  dritten  schw.  conj.  nicht 
mehr  erkennen  läszt. 

ERKCHLEN,  1)  refngerare,  ahd.  irchuolan,  mhd.  erküelen: 
dis  erkült  das  herz.  Keisersb.  seh.  der  pen.  30 ;  da  er  seins 
zorns  und  unmuts  ein  wenig  erkület  was.  FierabrasCA;  wem 
leids  geschehen  ist  und  kan  sich  nit  rechen,  der  musz  sich 
stellen  wie  er  kan,  das  er  ja  sein  mut  erküle.  Agricola  spr. 
313 ;  das  hat  in  engsten  erquicket  und  erkület,  frid  und  trost 
allein  geben.  Lctheb  6,  3S7';  damit  er  sein  und  seines  heers 
herzengrollen  erküle.  Frossperg  1,  1S4';  sein  herz  wol  an 
eim  erküln,  eromere  iram  in  aliquem.  Maaler  112';  zu  er- 
frischen und  zu  erkülen  die  erhitzigfe  leber.  Thlrneisser 
ron  wassern  s.  S2 ;  so  denn  nnn  ein  tröpflin  wassers  den  seelen 
in  der  höUen  helfen  kan,  wie  viel  mehr  wird  das  h.  Weih- 
wasser die  seelen  im  fegfeur  erkühien.  Fischart  bienenk.  113' ; 

ich,  die  das  grab  erkühlt,  fühl  auch  sein  {Cardenios)  teuer  nicht. 
Gbtphii's  1,  247 ; 

er  hat  sich  (sibi)  den  magen  erkühlt,  erkältet. 

2)  reflexiv,  sich  erkühlen,  refrigerare  se,  sich  abkühlen,  kühlen, 
erfrischen:  man  brucht  solich  salben  sich  zu  erkülen  und  die 
müden  glider  zu  Sterken.  Reisebsb.  post.  2,114;  dasz  derselb 
bürger  under  des  pfaffen  hausthür  stund,  sich  da  zu  erkülen. 
WiCKRAM  rollw.  97";  verschleuszt  im  mit  seinen  armen  das 
maul  also,  dasz  er  sich  nit  erkülen  mag  (/leine  luß  schöpfen 
kann),  sonder  zur  stund  ersticken  musz.  Fober  fischb.  47'; 
dann  wie  gerne  wäre  doch  der  reiche  schlemmer  wieder 
kommen,  niu*  seine  brüder  zu  warnen,  dasz  sie  sich  hüten 
sollen  vor  solcher  höllenqual,  solte  es  auch  nur  ein  kurzer 
augenblick,  um  dardurch  sich  etwas  zu  erkühlen,  gewesen 
sein.    Simpl.  K.  923; 

wie  wer  durst  lechzt 
schnell  sich  erkühlt,  sich  erlabt  an  dem  labsal. 

KlOPSTOCK  2,  40. 

ERKÜHLüNG,  f.  refrigeratio :  erkülung  suchen  wider  die 
grosze  hitz.  Münster  1375;  die  es  {den  gipigen  honig)  gessen 
haben,  fallen  auf  die  erd  erkülung  zu  suchen.  Fischart  bie- 
nenk. 243'; 

Tetca  sitzt  auf  heiszen  kohlen, 

musz  ihr  steu  erkühlung  holen.    Locac  3,  179,  .T2. 

ERKÜHNEN,  audere,  küitn  sein  oder  «erden,  mhd.  erkuonen : 
ich  wil  an  im  erkuonen, 
ir  tuot  die  boume  gruonen.    G«>.  559t, 

«0  erküenen  :  grüenen  sieht,  noch  schwerer  hält  es  nhd.  den 
umlaut,  der,  wie  bei  erkühlen,  in  kühn  begründet  sein  mag, 
fem  zu  halten,  alle  belege  haben  ihn: 

an  dir  hab  ich  gehabt,  ach,  ach  gehabt!  den  zeugen 
von  meiner  poesie,  nie  sehr  sie  ümmzubeugen 
der  hagre  oeid  erkühnt.    Fleii:<g  144; 

56 


883  ERKÜHNEN  — ERKUNDEN 

flintin,  da  von  euch  zu  schreiben  mir  erlȟhnte  nechst  mein 

sinn.    LoGAU  1,226,34; 
Im  walde,  sehr  ergrimmt,  in  einer  heiszen  schlacht 
erliünt  er,  zwischen  sie  sich  in  die  mitte  macht, 
(fra  quali  entrö  con  grande  audacia  in  mezzo). 
Werders  .4r.  2,  15; 

da  er  wegen  seiner  vom  allerhöchsten  verliehenen  gaben  cr- 
kübnete,  seinen  stuhl  an  den  mächtigen  thron  des  groszen 
gottes  zu  setzen.    Simpl.  1,  576. 

ERKÜHNEN,  1)  audacem  reddere,  kühn  machen,  mhd.  erküenen : 

möht  ich  dirj  wol  begrüenen 

und  din  h^rze  alsO  erküenen, 

da;  du  den  pris  bcjagies.    Piirz.  489,  14; 

guot  trüst  erküenet  mangen  zagn.    Wh.  268,  30 

nhd.  aber  die  liebe  zu  ihrem  vaterlande  hat  etliche  eine  ge- 
fahrliche Sache  anzugehen  erkühnet,  pcrs.rnscb.i.i;  bin  ich 
aber  nicht  der  gröszeste  thor  gewesen  der  je  gelebet,  dasz 
ich  mich  meinen  unbedachtsamen  muth  so  weit  erkühnen 
lassen  ?  Philajcder  2, 173. 
2)  fiel  ößer  refl.  und  zwar 

a)  mit  gen.  der  sache,  täe  bei  sich  erdreisten,  sich  unterfangen  : 
der  geist,  mit  dem  du  dich  so  vieles  nihms  erkühnt, 
woher  bekamst  du  ihn,  was  hat  ihn  dir  verdient? 

Gbllert  2,  38; 
dasz  nicht  mein  herz  des  stolzes  sich  erkühne.    2,  144; 
ach  darf  ich,  lieber  böse  Teind, 
noch  einer  bitte  mich  erkühnen?    1,  103; 

warum  erkühnte  dein  herz  sich 
dieser  that?  Messias  15,  629; 

die  groszthat,  der  du  dich  erkühnt.    Wikland  10,  276; 
sich  eines  wagstücks  zu  erkühnen.    4,  115; 
ich  weisz  und  nur  graf  Lester  durfte  sich 
an  diesem  hofe  solcher  that  erkühnen.    Schiller  435"; 
willst  du  groszes  dich  erkühnen, 
zeigt  sich  hier  ein  doppelt  glück.    Götbs  47,  153, 

obsclion  in  letzter  stelle  groszes  auch  ncc.  sein  kann. 

b)  mü  acc,  vie  bei  wagen: 

das  thun,  mit  beifall  thun,  was  wenig  sich  erkühnen. 

Gellkrt  2,  13; 
das  erkühntet  ihr  euch !    Messtas  IS,  137 ; 
nur  euren  spott  verdient 
der  thor,  der,  ein  geborner  knccht, 
ein  solches  sich  erkühnt.    Schiller  6"'; 
das  konnten  sie  sich  frevelhaft  erkühnen.    3S5'. 

c)  mit  zu,  sich  zu  etwas  erkühnen,  wie  esmuthigen: 

zum  kus  sich  erkühnen.    Voss. 

d)  mit  hinein : 

liebe  sollte  sich  in  deine  brüst  hinein  erkühnen?    Tikck  8, 230. 

e)  mit  einem  abhängigen  inßniliv :   wann  sie  sich  erkühnen 

dürften  denselben  zu  begleiten,  unw.  rfod.  256;  verzeihe,  dasz 

ich  mich  erkühnen  darf  zu  fragen.    260; 

du  hörst,  dasx  dich  dein  feiad  zu  iSstern  sich  erkühnt. 

Gellert  2,  19; 

darf  sich  ein  mensch  vor  goit  gerecht  zu  sein  erkühnen? 

2,23; 
wer  das  zu  bitten  sich  erkühnt 
was  er  nicht  wünscht,  entehret  goit.    2,  73; 
jeden  könig  schrecken, 
der  nicht  Agamemnuns  tod  zu  rächen  sich  erkühnt. 

Götter  2,  » ; 

mir  übergeben  sie  das  hecr.    mich  lieben 

die  Niederländer,  ich  erkühne  mich, 

mein  blut  für  ihre  treue  zu  verbürgen.    Schiller  25ß*. 

erkühnen  dürfen  istpleonaslisch,  icril  schon  in  Aürfcn  uiidere  liegt. 

EHKÜHNEN,  n.  audacia,  kiihnheil: 

und  kleide  nicht  in  heiliges  gewand 

der  rohen  stärke  blutiges  erkühnen.    Schiller  414V 

EKKÜMMERN,  aegre,  misere  acqmrere:  das  erkümmerte  geid 
wieder  einbüszcn. 

ERKÜM.MEHLICHEN,  dassMe:  wir  haben  ganz  unsircilhare 
Vulkane  entdeckt  .  .  .  und  alle  sorten  von  basall  nicht  etwa 
zusammengesucht  und  gelesen  und  erkummerliriil.  sondern 
alle»  in  einem  bezirke  von  wenigen  stunden  und  mit  blinden 
greiRinr.    Güthe  bei  Merk  1,  20». 

ERKl'NDEN,  l)  rxquirrre,  cognoscere,  erjilorare,  rrforschm, 
kommt  ahd.  mhd.  noch  nicht  ror,  vo  man  irchuiidün  roraus- 
ziurtzfn  iMte,  wenhaüt  auch  der  hin  und  wieder  gesetzte  umlaul 
erkunden  ladelhaß  u/.  teil  Luther  erscheint  es  hdufig:  sende 
roenner  auii,  die  Aa*  land  Canaau  erkunden  U'ulg.  (|tii  cun- 
«idrrant  terram).  4  A/o«.  13,3.17;  und  Jusua  und  Caleh,  die 
auch  da«  l.ind  erkundet  halten  (rulg.  qui  et  ipsi  lustraverant 
itmm),  zurifMD   ire  kieider.   14, 0;    lasset  un«  menner  für 


ERKUNDEN — ERKUNDIGEN 


884 


uns  hin  senden,  die  uns  das  land  erkunden  (qui  considercnt 
terram).  5  Mos.  1,22;  sihe,  es  sind  in  diser  nacht  menner 
her  ein  komen  das  land  zu  erkunden.  Jos.  2,2.3;  das  land 
zu  erkunden  und  zu  erforschen  (ut  explorarent  et  diligenter 
inspiccrent).  rieht.  18,  2 ;  besehet  und  erkundet  alle  ortcr,  da 
er  sich  verkreucht  (considerale  et  videte  oinnia  lalibula  ejus). 
iSam.  23,23;  wie  viel  brot  habt  ir?  gehet  hin  und  sehet, 
und  da  sie  es  erkundet  hatten  (vulg.  et  cum  cognovissent), 
sprachen  sie,  fünfe  und  zween  fisch.  Marc.  6,38;  und  als 
ers  erkundet  von  dem  heubtman  (et  cum  cognovisset,  goth. 
jah  finjjands  at  j)amma  hundafada).  15,  45 ;  nachdem  ich  alles 
von  anbeginne  erkundet  habe.  Luc.  1,4;  da  der  bischof  selbs 
durch  den  Greiner  mich  derhalben  erkunden  {ausforschen)  hat 
lassen.  Luther  3,420*;  so  leihet  mir  einen  boten,  der  zum 
keiser  und  den  seinen  reit,  bei  inen  zu  erkünden,  ob  er 
mich  als  lestcrlichen  tods  wolle  ersterben  lassen.  j4im»nA4*; 

wer  wil  der  weiber  tück  erkunden  und  entdecken? 
LoCAU  2,  191,  82; 

ob  er  vielleicht  erkunde  des  lieben  vaiers  zurückkunfl. 

Ud.  1,94; 

gehe  dann  aus  zu  erkunden  den  lang  abwesenden  vater.    1,2S2; 
dasz  du  es  nie  doch 

wüstest,  noch  meine  gedanken  erkundetest!    4,493; 

so  sprach  ich  oft  und  zog  allein, 

des  raubthiers  fährte  zu  erkunden.    Schiller  6ö'; 

nach  dieser  eil  ich  oder  jener  seite, 

wo  ich,  dich  anzutreffen,  kann  erkunden.    Platen  96'. 

2)  reß.  sich  eines  dinges  erkunden:  so  sich  e.  f.  gn.  der 
gelegenheit  und  gcsi^hicklichkeit  mag.  Christophori  in  gegen- 
wärtigkeit erkunden  werden.  Melanchtuov  an  Albrecht  ep.  12 ; 
nachdem  ich  mich  der  soeben  allenthalben  mit  lleisz  erkun- 
det. LtJTUER  3,409';  werde  auch  morgen  seine  heiligkeit  er- 
suchen, und  mich  des  tags,  wenn  ein  consistorium  widerumb 
sol    angestelt  werden,   eigentlich  erkünden.    1,224';    daraus 
man  denn  sich  erkünden  mag.  br.  2,396;    folgends  hielt  er 
sich  zu  Padua  auf,    erkündete  sich  des  venctianischen  regi- 
raenls  bestermaszen.    Micrälius  3,  32 ; 
der  weise  vater 
musz  aber  doch  sich  erst  erkunden,  erst 
besinnen,    allerdings!  that  ich  denn  das 
nicht  auch?  erkundete,  besann  ich  denn 
mich  erst  nicht  auch,  als  sie  im  fcuer  schrie? 
Le.osing  2,  311 ; 
ich  soll 
mich  nur  nach  euch  erkunden,  auf  den  zahn 
euch  fühlen.  2,  215. 

ERKUNDIGEN,  1)  was  erkunden,  hier  fü>cr  ist  auch  der  von 
ig  abhängende  umlaul  zu  ertragen,  dischon  ihn  der  Sprachgebrauch 
lieber  meidet,  Serranls  syn.  59'  schreibt  erkundigen,  auch  diin. 
erkyndige.  aber  die  erforderten  bischofc  erkundigten  seine 
lehre.  Melanchth.  im  corp.  d.  ehr.  t)S7;  solche  meisler  stellen 
sich  etwan,  als  ob  sie  groszen  verstand  in  der  kunst  haben 
und  Wollen  die  wunden  selber  erkundigen.  Wl]RTzfi7;  erkün- 
diget man,  das  er  meineidig  fälschlich  geschworen  hat,  gilt 
es  ihm  das  haupt  und  leben.  Frank  wellb.  93';  soll  der 
bischof  iren  willen  examinieren  und  erkündigen,  ob  er  ein 
willen  hab.    chron.  300"; 

daraus  der  menschen  weis  und  wesen 
erkundigt  wird  zu  gutem  hericht 
männiglichen  also  zugericht.    Alrerl's  t.  II; 

haben  sie  das  baltische  meer  auch  zu  erkundigen  nicht  tm- 
terlassen  wollen.  Micrälius  1,45;  zu  band  von  inen  allen 
beschlossen  ward,  dasz  man  den  hüben  in  geHinknus  ver- 
waren  und  die  rechte  mühr  an  im  erkündigen  soll.  Calmg 
237;  dasz  ein  feldherr  des  feinds  gelegenheit  ganz  wol  lie- 
sif hlige  und  erkundige.  Kirchhof  mil.  di.ic.  149 ;  wo  sie  den 
umstand  der  Sachen  erkundigen  wollten.  ScnwEiNirnE'«  l,."»«« ; 
wenn  wir  die  meinungen  d<y  weisen  erkündigen.  Oi'irz/wrtem 
74;  viel  alle  geschlechter  erkundigen.  ZiNRCREr  127,9;  die 
klippe  der  vollkomiuenen  Charaktere  scheinet  mir  Diderot 
überhaupt  nirht  genug  erkundiget  zu  haben.  Lkssinc  S,3t.7; 
die  iigur  des  üuszeren  körpers  (im  betasten)  erkundigen.  Kajit 
10,157;  zuletzt  erkundigt  er  von  einem  ...  wie  alles  sich 
begeben.  Wiei.and  IS,  251;  um  den  wcrth  8eine.s  funds  unpc- 
stiirt  erkundigen  zu  können.  11,23;  es  nitt^lc  denn  sein, 
dasz  sie  hier  auf  dem  lande  heniiu  die  landHirlsrhaft  ein 
wenig  erkundigten.  Lenz  1,104;  man  lerne  das  volk  im  ganzen 
kennen,    man    erkundige    seine  phantasic   und   fühlbarkeit. 

liÜRCER  320'; 

wem  du  geflllit,  erkundige  doch  (rui  pinccns.  inquire  tarnen). 

"  Voss  Of.  met.  I,  5!J; 

ich  hab  des  orU  geUgenhclt  erkundigt.    Schillm  39S*. 


885 


ERKUNDIGER  —ERKÜXSTELN 


ERKÜPPELN— ERLACHEN 


886 


2)  refl.  sich  erkundigen  eines  dinges,  oder  um,  nach  etwas, 
s'informer  de  quelque  chose:  wo  ir  aber  in  eine  stad  oder  mark 
gehet,  da  erkündiget  euch,  ob  jemand  darinnen  sei,  der  es 
werd  ist  (aM.  fraget  thanne).  Mallh.  10,11;  da  ich  aber  mich 
wolle  erkündigen  der  Ursache,  aposlelg.  23,  28 ;  dich  alles  des 
erkündigen,  umb  was  wir  in  verklagen.  24,8;  wenn  Lysias 
der  heubtman  her  ab  kompt,  so  wil  ich  mich  ewres  dinges 
erkündigen.  24,  22 ;  dieweil  aber  die  alte  weit  nichts  aufge- 
schrieben, daraus  man  sich  des  alten  zustandes  dieser  örter 
erkundigen  möchte.  Micräliüs  1,  1 ;  dessen  erkündig  dich 
hieraus.  Kirchhof  wendunm.  390;  und  erkündigten  sich  dar- 
über ihrer  meinung.  Opitz  poeterd '2 ;  wer  wolte  sich  meines 
zustandes  erkündigen?  pers.  rosenlh.  1,18;  um  sich  des  zu- 
standes der  Varidalen  zu  erkundigen.  Mascoü  2,  79 ; 
erkundigte  so  ungestüm  sich  erst 
nach  dem  empfäuger.    Lessing  2,  211; 

das  natürlichste,  was  hieraus  zu  schlieszen,  dürfte  wol 
dieses  sein,  dasz  diese  bäder  erst  nach  ihnen  bekannt  ge- 
worden, und  man  daher  sich  allenfalls  bei  den  spätem 
Schriftstellern  der  byzantinischen  geschichte  des  nähern  er- 
kundigen müsse.  9, 13.3 ;  da  er  binnen  dieser  zeit  öfters  von 
seinem  herrn  nach  Delphi  abgeschickt  worden  war,  sich 
meines  wolbefindens  zu  erkundigen.  Wieland  2,  S3 ;  dasz  sie 
sich  nicht  um  die  nähern  umstände  erkundigt  hatten.  Güthe 
20,190;  indem  ich  mich  nun  bei  ihm  um  das  alterthum  er- 
kundigte. 25,64;  man  erkundige  sich  ums  phänomen.  50,131; 
erkundigte  sich  um  den  grund  dieser  äuszerungen.  Klinger 
3,117;  ich  werde  mich  nach  allen  einzelheiten  erkundigen; 
er  wollte  sich  nach  meinem  befinden  erkundigen,  erkun- 
digen überhaupt  ist  der  gewöhnlichen  spräche,  erkunden  der 
höheren,  dichterischen  angemessen. 

ERKUNDIGER,  m.  exploralor:  des  natürlicher  Weisheit  er- 
kündigers  Plutarchi.    Fischart  ehz.  titel. 

ERKGNDIGERIN,  f.  exploratrix:  die  weltweisheit  ist  eine 
führerin  des  lebens,  eine  erkundigerin  der  tugend,  eine  aus- 
treiberin  der  laster.  Praetorils  storch  und  schwalbenwinler- 
quartier  5.  373. 

ERKUNDIGUNG,  f.  exploratio,  informatio:  peinliche  erkün- 
digung,  folterung.  Serrasds  uö';  widerurab  aber,  das  ichs 
auch  gut  meine,  dünkt  mich  ich  wisse  es  aus  höher  denn 
aus  menschlicher  erkündigung.  Luther  2,  7S' ;  scharpfe  Ver- 
nunft, tiefsinnige  erkündigung  der  Schriften  und  verstand  der 
sprachen.  Thbrneisser  magna  alch.  rorr.  p.  3;  von  den  glie- 
dern eines  groszen  cirkels  erkündigung  einziehn  und  sich 
wechselsweise  berichten.  Göthe  25, 343 ;  ich  habe  genauste 
erkündigung  eingezogen. 

ERKUNDLICH,  explorabilis :  der  ist  keins  nicht  verborgen, 
geistlich  oder  heilig,  sondern  von  menschen  wol  erkündlich. 
Luther  1,  94'. 

ERKUNDSCHAFTEN,  explorare,  erspähen,  erkundigen:  der 
keiser  schickt  ein  hauptmann  botschaiftsweis  zu  könig  Hörter, 
soll  hüpschlich  erfahren  und  erkundschaften,  was  doch  die 
andern  Teutschen  im  sinn  betten,  äventis  1566,  257'  und 
ößer.    Stieler  952. 

ERKUNDUNG,  f.  informatio:  wir  handeln  eine  sach,  die, 
so  viel  an  ir  selb,  unnötig  ist,  on  welcher  erkündung  ein 
iglicher  wol  Christen  blieb.  Luther  1,  263' ;  und  das  es  e.  k. 
f.  gn.  aufs  allerbeste  meine,  darf  freilich  bei  mir  weder  be- 
kentnis  noch  zeugnis,  denn  ich  mich  des,  so  viel  mensch- 
lich erkündung  gibt,  gewis  achte.    2,78'  =  br.  2,138; 

jetzo  entsandt  ich  männer  voranzugehn  zur  erkunduug. 

0(1.  9,  88. 
ERKUNG,  f.    nausea,  fastidium.    Maaler  108',   vgl.    erken 
5p.  866. 

ERKÜNSTELN,  arte  fingere,  affectare,  künstlich  hervor  bringen, 
ein  erst  im  18  jÄ.  gebildetes  vort:    erkünstelte  worte,  mienen; 
wenn  ein  erkünstelt  roth  die  welken  wangen  mahlt. 

Zachariä; 
mit  schmaler  gestalt,  durch  keine  kleidung  erkünstelt 
nimmt  sie  unter  den  nymphen  sich  aus.    derselbe; 

den  schein  einer  wahren  erkenntnis  erkünsteln.  Kaw  1,338; 
wir  haben  mehrere  Schauspiele,  welche  gelesen  grosze  Wir- 
kung thun,  gespielt  gar  keine  oder  wenig,  so  dasz  man  sich 
den  beifall  erkünsteln,  sich  bereden  mnsz,  das  stück  müsse 
als  Schauspiel  treflich  sein,  f^ieotais  leben  ron  Gökisc«  s.  148 ; 
der  mensch  lebe  im  schosze  der  rohen  natur  oder  der  er- 
künstelten gesellschaft.  Kli.<(Ger  2, 263 ;  er  sprach  mit  er- 
künstelter nihe; 

du  nur  die  einzige  nacht  erkünstele  seine  gesult  dir.  Voss. 


ERKUPPELN,  lenociniis  lucrari.  Wielasd  13,  46,  als  kuppei- 
peh  davon  tragen. 

ERKÜREN,  fehlerhaßer  inßnitiv,  den  man  im  18  jh.  zu  dem 
praet.  erkor  bildete,  die  walire  gestalt  kann  nur  lauten  erkiesen, 
höch^ens,  nach  analogic  von  verlieren  verlor,  erkieren,  troron 
aber  kein  beispiel  zur  hand  ist.  in  den  dien  eines  weibes  s.  398 
häszt  es:  die  zu  erkührende  person  =  die  zum  gemahl  zu 
wählende,     s.  erkoren,  erkören  und  küren. 

ERKÜRZEN,  curtare,  verkürzen,  kürzen. 

ERKURZWEILEN,  jocis  oblectare,  erlustigen:  sich  ergetzen 
und  erkurzn  eilen.  Fischart  ehz.  19;  wann  er  nicht  für  lust 
sich  daran  und  damit  üben  und  gleichsam  erkurzweilea  mögen. 
Sebiz  2*. 

ERKÜTZELN,  titUlare,  erkitzeln,  schon  ahd.  sind  beide 
chizilüu  und  chuzilön  gerecht  (Graff  4,5381. 

ERKÜTZELUNG,  tUiÜatio:  solches  alles,  ohn  vorhergegan- 
gene besprechung  mit  erkützelung  gleich  glauben.  Phil.\.\der 
1,388(390). 

ERLAREL-N,  frequentaliv  oder  diminutiv  des  folgenden  er- 
laben : 

mit  küssen  nectargleich  begabelen,  erlabelen. 
Weckuerlw  769. 
denn   kaum  zu   denken   sein   wird   an  das  längst  erstorbne  ahd. 
lapul,    label    (Graff  2, 79),    dessen    bedeutung   labium,    labrum 
sonst   auf  küssen    und  mit   den   lippen  berühren  führen  könnte, 
auch  das  vorangehende  begabelen  viachle  Schwierigkeit. 

ERLAREN,  IJ  reficere,  recreare,  erfrischen,  erquicken,  mhd.  er- 
laben : 

nü  sende  uns,  vater  unde  sun,  den  ruhten  geist  her  abe, 
da;  er  mit  siner  sfiejen  fiuhte  ein  dürre;  herze  erlabe. 
Walther  6,  29 ; 
von  dem  wernden  durste 
het  er  (rfer  hrunne)  uns  enthabet 
und  bruoderlich  erlabet.    Martina  101,  52 ; 

und  vant  in  also  kräng,  da;  man  ime  sine  zene  muste  öf 
brechen,  und  her  irlabete  in  und  gap  ime  zu  e^jene.  myst. 
1,  94,  9 ;  nhd.  du  solt  auch  neben  dem  patienten  haben  einen 
mann  oder  frawe,  die  ihn  erlabe  mit  gewürz.   Würtz  220; 

ihr  Jungfern,  weil  ihr  seid  der  himmel  voll  sterae  von  so 

schönen  gaben, 
wie  kümmts,  dasz  sonst  der  himmel  eine,  ihr  aber  zwo  mügt 

sonnen  haben, 
die  eine,  mattet  sie  die  männer,  so  soll  die  andre  sie  erlaben. 

LoGAü  3,  128,  49 ; 
in  der  Jugend  zum  erlusten,  in  dem  aller  zum  erlaben 
sind  die  weiber.  3,  232,  76; 

wolln  lebendig  quellen  haben, 
nach  lauterem  wasser  graben, 
damit  sie  uns  erlaben 
heimlich  und  olTenbar.    Soltad  259; 
aber  drinn  sieht  man  das  herze, 
das  die  ganze  weit  erlabet.    Tieck  1,  138. 

2)  refl.  sich  mit  auszerlichen  trösten  erlaben.  Keisersberg 
trostsp.  m  3 ;  das  er  sich  z;u  dem  dickeren  mol  erlabet,  so  er 
müd  wird,    büger  196'; 

wie,  wer  durst  lechzt, 
schnell  sich  erkühlt,  sich  erlabet  an  dem  labsal. 
Klopstock  2,  40; 
dann  sollte  mein  herz  sich 
wieder  erlaben  des  wehs.    Od.  9,  460; 
mehr  an  erinnrung  als  hofnung  sich  erlabend.    Börcbi  90*. 
ERLABER,  m.  recreator. 
ERLABERIN,  f.  recrealrir: 

du  bist  des  leids  erlaberin.    Weceberu!«  763. 

ERLABüNG,  recreatio,  erquickung:  auch  ein  trost  und  er- 
labung in  allem  leiden,    bienenk.  35*. 

ERLACH,  f  ahd.  eriaha,  fluvius  alnis  circumdalus,  häufiger 
Ortsname.    Försteüann  2, 98.     .*.  erlebach. 

ERLACHEN,  ridere,  in  risum  e/fundi, 

mhd.  der  trügenxrc  erlachete 

Til  innecliche  wider  sich.    Tria.  332,  8; 

ich  sach  einen  röten  munt 

also  rainneclich  erlachen 

da;  e;  in  min  herze  schd;.    MS.  1,  201'; 

dSs  maneger  wol  erlachet.    2,99*; 

swer  heimlich  wirhet  umb  diu  wip, 

dem  erlachet  dicke  dir  lip.    GA.  2,  287; 

nhd.  und  davon  als  er  gar  vil  Icidens  gesehen  hett,  danimb 
erlachet  er  nimmermer  die  weil  er  lebt,  summerteil  der  heil, 
leben  1475,5';  die  menschen  aber,  als  über  einen  alberen 
und  frembden,  sich  gnug  erlacheten.  Philakder  1,49(52). 
heule  wenig  in  Übung. 

56* 


887 


ERLAHMEN  —  ERLANGEN 


ERLANGEN—  ERLÄNGERER 


888 


ERLAHMEN,  1)  claudum  fieri,  ahd.  iilamcn,  mhd.  erlamen, 

erlamte : 

erlamen  müesen  im  diu  bein,  als  örs  zera  riäle  biege ! 
Waltukr  i»,  23; 

hö  wünsche  ich  daj  sin  ungetriuwe  zunge  müejc  erlamen. 

•28,  25  ; 

ob  im  sin  hant  d&  niht  erlamt.    MS.  %  17G'; 
diu  starke  minne  erlamot  an  ir  krcrte,   ist  zwivel  mit  wanke 

ir  geselle.    Tit.  51. 

nM.  allein  erlamet  ich  an  zwein  fingern  an  der  linken  hand, 
ahcr  ellich  der  meinen  erlameten  zumal  {yatiz).  Fhank  tcellb. 
233";  etliche  brüder  Marcellinum,  der  gar  erlahmt  war,  namen 
und  ihn  auf  den  todtcn  leichnam  legten.    Bocc.  1,40*; 

mir  erlahmen  band  und  grir.    Bürgkk. 
eine  feder  am  sclilosz  erlahmt,  tcenn  sie  ihre  spannkraß  verliert. 
2)  tadelhaß  für  erlähmen: 

um  Schönheit,  die  den  höchsten  schwung  erlahmte. 
Cymbeline  5,  5 ; 

die  kunst  vorzüglich  scheint  dazu  erfunden ,  die  bessern 
kriifte  im  menschen  zu  erlahmen.    Tieck  Sternb.  1,339. 

ERLÄHMEN,  claudum  reddcre,  debüüare,  ahd.  arlemian,  mhd. 
erlcmen : 

hästü  die  kni-hte  min  erlernet.    Panlal.  1275; 

wie  wildu  din  ere  alsus  erlernen.  Mai  68,  5; 
iihd.  hat  er  in  erliimpt,  soll  er  xii  Schilling  zur  busz  geben. 
Fraiir  u'illb.  5l';  wer  einem  ein  glid  crlämpl.  193';  etiich 
machen  aus  verhenknis  gottes  weiter,  erlamen  die  leut.  133' ; 
vihe  und  leut  erkrimmen  (erkriimmen),  erlamen  und  allerlei 
plag  anthun.   134'; 

das  brennen  thut  aber  grausam  wehe, 
ihr  solt  mir  wol  die  band  erlehmen.    Ayrer  377"; 
ich  bin  erlembt  an  beiden  henden.    436'; 
erlembst  die  glieder,  schwecbst  das  hirn.    H.  Sachs  1, 462'. 
wie  ich  ihm  den  arm  erlähmen  wolte.    untc.  docl.  237, 

ERLAiSDEN,  ERLÄNDEN,  appellere  ad  tcrram,  anlanden, 
mhd.  erlenden,  erlante.    u-b.  l,  93S'. 

ERLANGEN,  contingcrc,  conscqui,  mhd.  erlangen,  ein  ahd. 
irlangun  voraussetzend,     mehr  hiervon  unter  langen. 

1)  sinnlich,  mit  dem  finger,  mit  der  band  erlangen,  eirei- 
chen,  ergreifen,  erfassen,  anrühren:  der  apfel  hängt  zu  hoch, 
ich  kann  ihn  nicht  erlangen,  meine  hand  reicht,  langt  nicht 
bis  an  ihn;  ich  erlangte  eine  hoch  am  feis  blühende  blume. 
ebenso  mit  dem  sper,  mit  dem  schwer!,  mit  dem  pfeil  er- 
langen : 

mhd.  swaj  er  ir  mohte  erlangen  mit  dem  swerte  sin.    Nib.  230,2; 
sone  möhte  er  deheinen  wis 
mit  swerten  niht  erlanget  sin.    ^Vh.  48,  26; 
nhd.  Ton  dort  herab  kann  ihn  mein  prcil  erlangen.    Schiller  544' ; 

den  erlangt  er  dermaszen  {mit  dem  Schwerte),  dasz  er  imc 
den  köpf  zerspielt.    Fierabras  E  5. 

2)  obgleich  die  füsze  nicht  eigentlich  langen,  wol  aber  reichen, 
greifen,  so  lag  es  doch  nalie  im  gehen  oder  laufen  etwas  zu 
erlangen  und  das  ziel  erlangen,  melam  contingere,  ist  am  ziel 
anlangen : 

mhd,  raren  etwi  anderswA, 

da  wir  doch  sin  dem  lande  n&, 

d&  wir  es  mügen  erlangen.    Ulk.  Trist,  2175; 

nhd.  das  gcbirge  werden  wir  nicht  erlangen  (vulg.  non  potc- 
rimus  ad  montana  conscendere).  Jos.  17,16;  wer  die  Jebu- 
siler  schlegt  und  erlanget  die  dachrinncn  (vulg.  tctigissel 
domatum  fistulas).  2  Sam.  5,  s ;  ire  füsze  laufen  zum  tod 
hinunter,  ire  genge  erlangen  die  hell.   spr.  Sal.  5,5; 

in  was  fUr  noth  hast  du  uns  zanpcin  lassen, 
bis  wir  erlangt  das  ufer  von  Sciurwan  (i.  (.). 
Fleming  103; 

fo  eriangten  wir  die  fläche,  über  welcher  sich  der  kegelberg 
erbebt.    GAthe  2s,  30. 

3)  weil  die  zeit,  das  alter  ein  ziel,  liciszl  es  auch  hier  erlangen 
für  erreichen :  herr,  erbarm  dich  unser,  das  wir  beide  gesund 
mOgen  unser  aller  erlangen.  Tob.  ü,  10;  wann  die  junkfrauen 
tihenzehen  oder  achtzehcn  jar  erlangen.  Fbask  weltl).  2t:»'; 
die  eichen  erlangen  ein  sehr  hohes  alter,  und  sterben  endlich 
ton  oben  herunter  ab,  indem  sie  wipfeldürr  werden. 

4)  oß  »um  abstracl  far  erwerben,  erreichen,  davon  tragen,  con- 
ttqui,  impelran:  eine  leibeigen  magd,  die  nicht  erlöset,  noch 
frrihfit  erlanget  bat.  3  .Vox.  19,20;  wer  seine  misKethnl  be- 
kennet, der  wird  barniberzigkeit  erlangen.  j»//r.  SiU.  2h,  i;i; 
danunb   ul  du  recht   ferne  von  uns  und  wir  <Tl,'iiii.'<'n  <lic 


gerecbtigkeit  nicht.  £s.  59,9;  beb,  wir  haben  sie  vertilget, 
das  ist  der  tag,  des  wir  haben  begert,  wir  habens  erlanget, 
wir  habens  erlebt,  klagl.  Jer.  2,  IG;  wer  fest  an  ir  hell,  der 
wird  groszc  ehre  erlangen.  Sir.  4,14;  er  hat  ehre  erlanget, 
da  er  die  hand  ausrecket.  4fi,  3;  so  werdet  ir  rechte  ehre 
und  einen  ewigen  namen  erlangen.  1  Macc.  2,  51 ;  und  waget 
sich,  das  er  das  volk  Israel  errettet  und  einen  ewigen  namen 
erlanget.  6,44;  selig  sind  die  barmherzigen,  denn  sie  werden 
barmherzigkeit  erlangen  ividg.  misericordiam  consequenlnr). 
Natlli.  5,  7 ;  welche  aber  wirdig  sein  werden  jene  weit  zu  er- 
langen. Luc.  20,35;  haben  die  gerecbtigkeit  erlanget  (appre- 
henderunt  justifiam,  golh.  gafaifahun  garaiblein).  Hüm.  9,30; 
als  ich  barmherzigkeit  erlanget  habe  von  dem  hcrrn  (mise- 
ricordiam conseculus,  golh.  gaarmaijis  fram  fraujin).  l  Cor. 
7,25;  wisset  ir  nicht,  das  die  so  in  den  schranken  laufen, 
die  laufen  alle,  aber  einer  erlanget  das  kicinod  (sed  unus 
accipit  bravium,  goth.  \\t  ains  nimij)  sigislaun).  9,24;  auf  das 
auch  sie  die  Seligkeit  erlangen  (gotli.  ei  jah  {)ai  ganist  gati- 
lona).  2  Tim.  2,10;  gunst,  recht,  sieg,  lob,  macht  erlangen. 
Maaler  113'.' ;  frieden  erlang.  Aimon  A  4' ;  mit  urtel  und  recht 
erlanget,    weislh.  3,788; 

und  wer  hie  suclit  bös  lust  mit  pir, 

warlich  grosz  pcin  erlangt  er  schier.    Scuwarzbnberg  99,2; 

für  keiserlichcr  majestat 

wil  ich  berühmcn  solche  that 

und  dir  erlangen  grosz  fieiheit.    Alberus  97'; 

ist  ferner  dis  so  gut  ein  starkes  lob  erlangen, 

bekannt  sein  weil  und  breit,  mit  groszem  tilel  prangen? 

Opitz  1,  56; 
ich  lauf  frei  ledig  und  erlang 

mein  speis  allein  im  müsziggang.    H.  Sachs  II.  4,  45'; 
Apollo  sprach,  ich  schaffe  rath, 
mein  lebensöl  musz  brot  erlangen  (»erdiencH)-    Hacedori«  2, 73 ; 

glücke  wünsche  ich  ihnen  in  diesem  jähre  nicht,  das  wahre 
müssen  sie  sich  selber  erlangen.    Gellert  6,  286 ; 

fürwahr,  der  rühm  war  wolfeil  zu  erlangen!    Schiller  428'; 

was  der  mensch  sich  kann  erlangen 

mit  dem  willen  und  der  krafl.    52'; 

wünsch  um  wünsche  zu  erlangen.    Götue  41,  5. 

5)  LcTHER  braucht  erlangen  fitr  begreifen,  intelligere,  assequi, 
ampledi  mentc:  ob  wir  gleich  nicht  erlangen,  wie  es  alles 
zugegangen  ist.  4,2';  es  ist  eine  schlechte  historien  anzu- 
sehn,  aber  so  gewaltig,  das  niemands  gnug  erlangen  kan. 
4,51';  darumb  thut  s.  Paulus  so  eine  herliche  predigt  hie 
von,  und  machets  so  grosz,  als  künde  ers  nicht  gnugsam 
mit  Worten  erlangen.  6,354';  das  ist  eine  kurze  predigt,  aber 
so  reich  und  weit,  das  sie  niemand  auf  erden  erlangen,  noch 
ewiglich  auslernen  kan.  6,287';  denn  welches  herze  oder 
zunge  wil  das  erlangen ,  was  süszes  trosts  sei  in  diesen 
Worten?  6,291";  man  kan  seine  grosze  bubenstückc  nicht 
erlangen  noch  ausreden,  tischreden  241*.  diese  bedeutung  ist 
später  erloschen. 

6)  inlr.  erlangen,  sufficere,  liinreichen,  langen:  wo  in  (eis) 
aber  brennen  nit  erlangen  mag,  da  brachen  sie  Venediger 
süpiin.    Schade  sat.  und  pasq.  3, 169. 

7)  das  mhd.  unjxrsOnliche  'mich  erlanget'  in  seinen  beiden 
bcdeutungen  'mich  langweilt',  fastidU  me,  und  'niicÄ  verlangt', 
capU  me  desiderinm  {wb.  1,  933')  begegnen  nicht  mehr,  bei  Atrer 
404'  ist  eine  undeutliche  stelle: 

Philippe,  weils  die  weg  erlangt, 
zu  reden  widcrumli  anfangt, 

weil  die  sarhe  einen  solchen  weg  mler  verlauf  nimmt. 

EHLÄNGKN,  1)  longius  facere,  rlongare,  fnvducere,  in  die 
Idnge  ziehen:  aber  ich  erkenne,  das  es  verdriesziich  ist  die 
Wort  zu  erlengen.    Rbalnscuwkig  chir.  40; 

sind  durch  erlSngte  glut  sehr  Jftmraerlich  verzehrt. 
Opitz  4,337; 

dasz  man  gewisse  flick  und  scballwöiter  einschiebt,  um  eine 
sonst  tüchtige  und  wirksame  rede,  man  neisz  nicht  warum, 
zu  erlangen.    GOthe  49, 150. 
2)  refl.  sich  erlangen : 

wer  dann  maini,  «las  sich  erlengt 
sein  leben,  ob  im  wiri  vcrlicngt 

nach  seinem  tod  ain  lobnng  brait  u,$.w.    Scrwarirki.  150,1; 
zum  kreuz  erweitert  sirh  das  wachsend«  gAbkiide, 
da«  »chlf  erlangt,  crbobl  sich  zu  der  Klanbigen  rrcudo. 

ÜoriiR  iLsiK*!. 

KltI,\NGER,  m.  irnj^elralor,  pailnr,  der  rtwas  erlangt,  rririrbl. 
Mli  v\(;Htril.   ••■    .l:;n,ii,.,,   jiroluhl'ir,   vnliingercr. 


889 


EKLÄNGERN  —  ERLASSEN 


ERLASSUNG— ERLAUR 


890 


ERLÄ.NGERN,  1)  tcas  erlangen,  verlängern :  erlengern,  er- 
strecken, prolongare.   roc.  theut.  14S2  gs';    erlengern  und  er- 
strecken  denselben   (reichstag)    hieniil   in   kraft   und  verniüg 
römischer  keiserlicher  majestat  habenden  gewalt.  reichsabschied 
zu  Augsburg  1525  eingangs;  darnoch  sin  grosze  gutigkeit  und 
langinütigkeit,  das  er  so  lang  schwigt,   dir  din  leben  erlen- 
gert.    Keisersbebg  bilger  3S*;    zu   desselbigen   zeit   gieng  die 
sonne  wider  zurücke  und  er  erlengert  dem  könige  das  leben. 
Sir.  48,  26 ;  bis  sie  (die  fasten,  vorher  vier  icochen  lang)  zuletzt 
erlengert   ist  auf  vierzig   tage.    Ldtheb  5,406';    den  handel 
erlengern.  Ringwald  laut,  warheil  272;    dardurch  dieser  pro- 
cess  umb  ein  ganzen  gerichtstermin  erlangert  worden.  Ayrer 
fTOC.  1, 11 ;  einem  den  tag  des  todes  erlängern.  Stei.nb.  1, 971 ; 
des  lebens  last  erlängeren.    Weckherlin  778; 
dir  aber,  jüngrer  söhn,  du  einziger  der  deinen, 
in  dem  sie  schauen  an,  nicht  aber  ohne  weinen, 
des  selgen  brudern  geist,  erlängre  gott  dein  ziel, 
und  setz  an  deine  zeit,  was  der  zu  frühe  fiel. 
Fleming  137. 

2)  augere,  copiosius  reddere :  ein  nössel  hier  zum  tischlrunk 
erlängerte  sie  jederzeit  mit  kofent.   pol.  colica  44. 

3)  sermonem  producere,  continuare:  es  geht  mir,  erlängerte 
Floridan,  wie  allen  Sängern.    Birken  Guelßs  136. 

4)  sich  erlängern:  wenn  aber  das  bein  hineinwerts  aus- 
gewichen, dieweil  sich  nemblich  die  sehnadern  erlangert,  oder 
das  pferd  sonst  einen  schaden  bekommen.  Uffenbach  2,  231. 

ERLÄNGERUNG,  f.  elongatio,  productio. 

ERLANGUNG,  f.  acquisitio,  consecutio:  erlangung,  überkom- 
nus.  Maaler  113° ;  die  erlangung  eines  amtes.  Rabener  4, 36. 

ERLANGUNG,  f.  icas  erlängerung:  erlangung  der  stoUen. 
Humboldt  gasarlen  206. 

ERLASSEN,  dimillere,  remitiere,  goth.  uslfitan,  ahd.  arläjan, 
irläjan,  mhd.  erlajen,  erlän,  alts.  älatan,  ags.  älaetan. 

1)  einen  erlassen,  los,  frei  lassen,  entlassen:  du  wollest  alle 
gefangene ,  hungerige ,  dürstige ,  nackete,  elende,  w  idwen, 
waisen,  kranke  und  betrübte  menschen  gnediglich  trösten 
und  erlassen.  Luther  1,  328';  den  folgenden  samstag  ,  .  . 
wurden  wir  viere  wider  für  rath  erfordert  . . .  waren  also 
diszmal  wider  erlassen.  Philander  2, 913 ;  die  gefangene  fürsten 
in  frieden  erlassen.  Hahn  hist.  2, 131. 143 ;  dies  ist  der  erste 
herzog,  welchen  der  kaiser  in  Westphalen  bestellt  hat,  und 
der  wegen  der  furtwährenden  einbrüche  jener  nordischen 
Völker  nicht  wieder  erlassen  werden  konnte.  Moser  1,311; 
ich  fahr  ihnen  alle  tag  durch  den  sinn,  sag  ihnen  die  bit- 
tersten Wahrheiten,  dasz  sie  mein  müde  werden  und  mich 
erlassen  sollen.    Göthe  8, 146. 

2)  einen  eines  dinges  erlassen,  exsokere  aliquem  aliquo: 
mhd.  ich  erläje  iuch  aller  arbeit.    Iw.  4662; 

bedenke  dichs  bezite,  er  erlät  dich  sin  nihL    Nib.  400,  4; 

sinen  gast  des  namn  er  niht  erliej.    Part.  170,  6; 

done  wolt  in  Gahmuretes  art 

denkens  niht  erläjen 

nach  der  schoenen  Liäjen.  179,  25; 
und  noch  in  vielen  stellen  mehr  {wb.  1,  950*).  nhd.  sprach,  er 
wülte  sie  hinfort  eines  solchen  erlassen.  Bocc.  1,147";  wo 
aber  m.  Paulus  auf  besserung  willens  wäre  bei  inen  zu  bleiben 
und  e.  f.  gn.  oder  die  stad  Stettin  von  der  stad  Lüneburg 
zu  erlangen  wüsten,  das  sie  m.  Paulum  seiner  zusage  er- 
lieszen,  wäre  es  uns  gar  nicht  entgegen.  Luthers  br.  5,  62 ; 
dem  rector  was  unmuglich  die  wasser  zu  behalten,  also  zocb 
er  das  ah  und  erliesz  in  des  messens.  Eulensp.  hiä.  28 ;  einen 
eines  eids  gütigklich  erlassen,  facere  gratiam  jusjurandi;  er 
hat  verdient  dasz  er  ietz  seines  diensts  erlassen  ist  und  frei 
gesetzt,  rudern  meruU;  frei,  ledig  und  aller  gmeiner  beschwärd 
erlassen  sein,  immunitatem  habere.  Maaler  113';  der  seiner 
gefängnus  bald  erlassen  ward.  .Micrälids  2,  291 ;  o  Schöpfer 
der  weit,  erlasz  mich  meiner  Sünden !  pers.  baumg.  4,  4 ;  die 
unterlhanen  ihres  eides  erlassen.    Hahn  3,65. 

3)  einem  etwas  erlassen,  remitiere  alicui  aliquid:  wenn  einer 
seinem  nehesten  etwas  borget,  der  sols  im  erlassen.  5  Mos. 
15,  2 ;  von  einem  frembden  niagstu  es  einmanen,  aber  dem 
der  dein  bruder  ist,  soitu  es  erlassen.  15,3;  wo  ist  solch 
ein  gott  wie  du  bist?  der  die  sünde  vergibt  und  erlesset  die 
misscthat.  Micha  7,18;  diese  ewer  trewe  wollen  wir  vergel- 
ten und  euch  viel  bürden  erlassen.  1  Macc.  10,28;  und  er- 
lasz itzt  allen  jüden  den  schosz,  den  zins  vom  salz  u.  s.  w. 
10, 29 ;  den  amptleuten  zu  schreiben,  das  sie  euch  erlassen 
alle  last.  13,  37;  dunimb  erlasz  ich  dir  alles,  so  dir  die 
könige  zuvor  erlassen  haben.  15,  5 ;  da  jamert  den  herrn  des 
selbigen  knecbts  und  liesz  in  los  und  die  schuld  erliesz  er 


im  auch  (altd.  thia  sculd  forliej  imo).  Mallh.  is,  27 ;  du  schalk- 
knecht,  alle  diese  schuld  habe  ich  dir  erlassen,  die  weil  du 
mich  batest  {alid.  alla  sculd  forlie^  thir,  wanta  thü  mih  bätil. 
18, 32 ;  welchen  ir  die  sünde  erlassen,  den  sind  sie  erlassen. 
Juh.  20,  23 ;  alle  strafe  sei  ihm  erlassen. 

3')  committere,  überlassen:  man  konte  sich  nicht  enibreehen, 
das  buch  dem  churfürsten  zu  erlassen.  Bodmers  vorr.  zu  den 
proben  $.  ix. 

4)  erlassen,  edicere,  emiUere:  ein  gesetz,  einen  befehl  erlassen, 
ausgehen,  ergehen  lassen;  eine  verkehrte  Verordnung,  Vorschrift 
ist  erlassen  worden;  ein  schreiben  erlassen,  ideras  miltere; 
in  meinem  zuletzt  erlassenen  [nemlich  brief) ;  so  zweifeln  wir 
nicht,  er  werde  die  aufforderung,  die  wir  zunächst  an  ihn 
erlassen,  freundlich  aufnehmen.    Göthe  46,  332. 

5)  eine  naht  am  kleid  erlassen,  außassen,  düatare.  die 
seitenwehr  der  mutter  erlassen  und  eröffenen.    Garg.  104'. 

6)  refl.  sich  erlassen, 

a)  sich  eines  erlassen,  von  etwas  ablassen,  etwas  unterlassen : 
du  must  dich  aller  zeitlicher  ergetzlichkeit  erlassen.  Keisers- 
bebg has  im  pf. 

b)  nachlassen,  loslassen :  die  senn  erliesz  sich  (gab  nach). 
Garg.  108'. 

ERLASSUNG,  f. 

1)  frälassung,  entlassung,  abschied:  erlassung  der  leibeigen- 
schaft,  manumissio ;  wann  sich  nun  die  ergetzlichkeit  in  das 
gesiebt  schicket,  reicht  es  folgends  einwerts  zum  herzen, 
welches  alsdann  von  fürtreflicher  fi^eud  inwendig  gar  zer- 
löset, ein  oifentliche  erlassung  des  lebhaften  geistes  verur- 
sachet. Garj.  127';  der  Uhrmacher  hält  umb  seinen  abscheid 
an:  der  könig  aber,  weil  er  ihn  nicht  gerne  missen  wolle, 
erbeut  sich  ihm,  so  ferne  er  noch  zwei  jähr  bleiben  wolt, 
400  reichstbaler  zu  verehren,  der  Uhrmacher  aber  liesz, 
solch  anerbieten  ungeachtet,  umb  erlassung  ferner  anhalten. 
pers.  reiseb.  4,42;  Lotharius  behielte  Godfried  in  arrest,  ob 
er  gleich  wegen  seiner  erlassung  mit  ihm  handelte.  Hahs 
2, 140 ;  dieses  jähr  aber  werde  ich  euch  zu  der  erlassung  aus 
der  schule  und  würdigen  aufnehmung  unter  die  zahl  der 
Studenten  zubereiten.    Leipz.  avant.  l,  72. 

2)  remissio:  und  schicket  boten  zu  dem  könige  Demetrio 
und  bat  umb  erlassung  der  last,  die  im  Tiyphon  aufgelegt 
hatte.   iMacc.  13,34; 

wünscht  der  fremdling  ihr  geduld 

und  erlassung  ihrer  schuld.    Stolberg  1,  170; 

ich  aber  künde  dir,  kraft  der  gewalt, 

die  mir  verliehen  ist  zu  lösen  und  zu  binden, 

erlassung  an  von  allen  deinen  sünden.    Schiller  443'; 

wenn  der  staatsrath  seine  indulgenzen,  freibriefe  und  erlas- 
sungen einschränkte.    Sio'. 

3)  emissio:  die  erlassung  dieses  gesetzes  blieb  noch  bean- 
standet. 

ERLASZ,  m.  gebildet  wie  ablasz,  auslasz,  naclüasz,  unter- 
lasz.  1)  remisäo:  thut  das  böse  als  Ihäte  er  recht,  und  sün- 
digt ohne  erlasz.  Klingeb  6, 184 ;  die  einwohner  haben  er- 
lasz der  Steuer  bekommen;  erlasz  aller  sünde. 

2)  dimissio,  entlassung:  leibeigne  dürfen  ohne  erlasz  nicht 
aus  den  gerichten  ziehen. 

3)  emissio,  edictum:  als  er  mir  den  zweiten  brieflichen  er- 
lasz vorlesen  wollte.    Götbe  30,  230. 

ERLASZBAR,  quod  dimitti,  remitti,  emitii  polest:  erlaszbare 
Sünde,  erlaszbares  gesetz. 

ERLASZGEBÜHR,  f. 

ERLASZJAHR,  n.  annus  remissionis,  Jubeljahr,  halljahr:  über 
sieben  jar  soItu  ein  erlaszjar  halten.  5  Mos.  15, 1 ;  unter  jedem 
regierenden  genie  in  der  philosuphie  und  in  der  dichtkunst 
tritt  gleichsam  ein  erlaszjahr  {braclijaiir)  ein,  wo  nicht  ge- 
säet werden  durfte  und  die  freie  ernte  den  sclaven,  armen 
und  thoren  gehörte.    J.  P.  anh.  zu  Tit.  1, 102. 

EßL.\SZLICH,  wie  erlaszbar,  verzeihlich:  erläszliche  sünde, 
laszsünde,  gegenüber  der  lodsünde; 

0  balsamische  nachte  Neapels!  erläszlich  scheints, 
wenn  auf  kurze  minuton  das  schwelgende  herz  um  euch 
seihst  sanct  Peter  vergiszt  und  das  göttliche  pantheon ! 

Platen  121". 
vgl.  unerläszlich. 

ERLASZRECHT,  n. 

ERLASZSfHEIN,  m. 

ERLASZVERTHAG,  m. 

ERLAUB,  wi.  i-enja,  ein  gutes  worf,  besser  als  erlaubnis,  und 
gebildet  wie  verlaub,  urlaub  (die  man  beide  vergleiche) :  und  obs 


891 


ERLAUBEN  —  ERLAUBNIS 


ERLAUBT— ERLAUEBN 


892 


uns  die  concilia  und  menschen  hinfiirt  erlaubten  und  zu- 
lieszen,  so  wollen  wir  ir  erlaub  nicht  haben  und  umb  irs 
zulassens  willen  nichts  weder  thun  noch  lassen.  Luther  2,215"; 
on  ewer  erlaub,  ja  wider  ewern  willen.  5,327";  mit  meinem 
rath  und  erlaub,    br.  3,  83 ; 

dasz  gott  dem  Noe  hat  erlaub  gethan  zu  essen 

was  irgcnds  wird  durch  see,  durch  laiid  und  luft  gesucht. 

Opitz  Hugo  Grotius  p.  3S5 ; 
aur  bofnung  zum  erlaub,  was  nimmer  noch  erlaubt. 

LocAU  2,  66 ; 

baten  ganz  demütig  um  erlaub,    gespensl  250; 

und,  mit  erlaub  zu  sagen, 

die  Schweine  selbst  wehklagen.    Voss  6,  120. 

ERLAUBEN,  concedere,  permUtere,  lassen,  zulassen,  gestalten, 
bei  Luther  und  Opitz  erleuben,  goth.  uslaubjan,  aM.  arloupan, 
mhd,  erlouben,  ags.  äl^fan,  von  der  würzet  unter  glauben :  und 
da  sie  die  knechte  in  das  gemach  füren  wollen,  bat  sie, 
das  man  ir  erleubete  abends  und  morgens  heraus  zu  gehen 
und  ir  gebet  zu  thun.  Judith  12,5;  das  er  im  erleubl  frei 
zu  gehen,  wo  er  hin  weit.  Tob.  1,14;  erleubet  im  gold  zu 
tisch  zu  brauchen,  i  Macc.  11,58;  erleube  mir,  das  ich  hin 
gehe  und  zuvor  meinen  vatcr  begrabe  (cdid.  Kiz,  mih  er  faran 
inti  bigraban  minaa  fater,  golh.  uslaubei  niis  frumisl  galei|)an 
jah  galilhan  altan  meinana).  Maltli.  8,  21.  Luc.  9,  59 ;  wiltu 
uns  austreiben,  so  erleube  uns  in  die  herd  sew  zu  faren 
{ahd.  senti  unsih  in  tha;  cutli  therö  suinö,  golh.  uslaubei 
uns  galcij)an  in  J)6  hairda  sveiiie).  Matlh.  8, 31 ;  aber  erleube  mir 
zuvor,  das  ich  einen  abscheid  mache  mit  denen,  die  in  mei- 
nem hause  sind  (i|)  faur|)is  uslaubei  mis  andqij)an  })aim, 
{laiei  sind  in  garda  meinamma).  Luc.  9,  61 ;  und  Pilatus  erleubet 
es.  Joh.  19,  38;  bäte  ich  meinen  herrn,  dasz  er  mir  gen 
Jagsthausen  {zu  gelwn)  erlauben  wolle.  Götz  von  Bebl.  lebermb. 
25;  als  Antiochus  dem  kriegsvolk  die  statt  erlaubt,  haben 
sie  alles,  jung  und  alt,  angefallen.  Reiszner  kr.  2,54";  nit 
weiter  erlauben  dann  ein  halbe  stund,  in  semikorae  cuni- 
culum  cogere.    Maaler  114*; 

die  götter  wollen  euch,  doch  so  zu  ziehn  erleuben, 

dasz  nur  die  jungrrau  musz  Achilles  oprer  bleiben. 
Opitz  1,  ■222; 

ach  dasz  doch  die  natur  nicht  wollen  mir  erleuben 

ein  iiebliches  geticht,  als  Naso  thät,  zu  schreiben.    2,  33; 

ob  ihm  (dem  Zobtenberg)  sein  haupt  bchülli  mit  einer  feuchten 

hauben 

und  ob  er  mir  voran  zu  sagen  woll  erlauben 

'ein  regen  zeucht  herauf!'    Logau  1,  193 

keinem  wörtlein  er  erlaubet  (sich  hervor  zu  wagen). 

Spkk  Irutzn.  282; 

erlaubst  du  mir  dein  angesicht, 

so  fühl  ich  die  Verdammnis  nicht.    Gönther  16; 

erlaube  mir  die  lust,  dich  itzo  recht  zu  sehn. 

Hacbdor!«  2,  119; 

der  weise  giue  Nathan  hätte  sich 

erlaubt,  die  stimme  der  natur  so  zu 

verfälschen?        Lessing  2,  295; 

erlaubst  du  wol  dir  ein  geschichtchen  zu 

erzählen?  2,276; 

io  ansehung  dieser  Wirklichkeit  ist  die  fabcl  keiner  Verschie- 
denheit fähig,  wol  aber  in  ansehung  ihrer  müglichkeit,  welche 
iacc.)  sie  (nom.)  veränderlich  zu  sein  erlaubt.  5,401;  wenn 
er  {Wieland)  sich  der  manigfalligkcil  seiner  empfindungen, 
der  beweglichkeil  seiner  gedankcn  überliesz,  keinem  einzel- 
nen cindruck  herschaft  über  sich  erlauben  wollte,  so  zeigte 
er  eben  dadurch  die  festigkeit  und  Sicherheit  seines  sinnes. 
GOtbb  32,258; 

erlaube  (dulde)  mich  auf  deiner  bahn, 
und  schatzgewulbe  füll  ich  an.    41,  216. 

er  erlaubt  sich  viel,  nimnU  sich  viel  heraus,  früher  auch,  er- 
lauben, dimiltere,  beurlauben,  abdanken,  entlassen:  kriegsleiite, 
•jfarrherren  erlauben.  Frisch  1,  584'.  bare  Iwpifhketlsformel 
ist  erlaube  mir.    erlauben  sie,  pcrmettez. 

ERLAUBLICH,  conc4;ssus,  zulässig,  «nrerwefcrt,  mhd.  erloup- 
lich.  »6.  1,1017':  es  iit  in  rechten  nicht  crlaublich.  Stieler 
lOSO.     erlaublich  sündigen,  impune  ]>eccare.    das. 

ERLAUBNIS,  f.  venia,  licenlia:  on  mein  erlaubnus,  injussu 
tTuv).  Maaler  in';  ohn  erlaubnus  und  verhengmis.  rnchsaiisch. 
tun  1501  §.  15;  venia  abeundi,  commcalus,  coni/r.  urlauh.  Stieler 
1080;  erlanbnua  erlangen,  impetrare  veniatn  . 

Ihr  »eid  »ehr  kfihn,  mjlonl. 
hier  wider  die  erlauhni*  elnzustOrmeii.    .ScinLi.ER  43t'; 

einige  glieder  icn  ütadtraths  verHprachcn  ihm  gleich  die  er- 
laubnit,  einige  zeit  im  orte  zu  spielen.  GOtbb  18,  335;  genug, 


beim  scheiden  bat  ich  mir  die  erlaubnis  aus,  ihn  bei  sich  zu 
sehen.  25,297.  dieser  ausdruck  (wie  sp.  f>s3  orkühni^n)  empfangt 
noch  Steigerung  durch  beigefügtes  'dürfen':  zunächst  sollst  du  um- 
ständlich erfahren,  wie  ich  die  erlaubnis,  an  bestimmten  orten 
mich  länger  aufhallen  zu  dürfen  benutzt  habe.  22,211;  von 
dieser  sorge  befreite  mich  mein  freund,  der  sich  für  uns  die 
erlaubnis  erbat,  sogleich  abschied  nehmen  zu  dürfen.  20,  5, 
vgl.  nur  erbat  ich  mir,  in  der  äuszeren  galerie  bleiben  zu 
dürfen,  auch  Klinger  5,112:  bat  um  die  erlaubnis  sich  an- 
schlieszen  zu  dürfen,  dürfen  heiszl  an  sich  schon  die  erlaub- 
nis haben  (2, 1728,  i»).  nach  erlaubnis  der  rede.  J.  P.  acsth. 
2,175  will  sagen:  je  nachdem  es  die  rede  gestattet,  hößicli:  mit 
erlaubnis,  mit  deiner  erlaubnis,  avec  permission,  avec  votre 
permissioii ;  mit  erlaubnis  zu  sagen,  parenthetisch. 

ERLAUBT,  lic'dus,  concessus:  das  erlaubte  und  unerlaubte 
bedeutet  dasjenige,  was  mit  einer  blosz  möglichen  practi- 
schcn  Vorschrift  in  einstimmung  oder  widerstreit  ist,  ptlicht 
und  das  pflichtwidrige,  was  in  solcher  beziehung  auf  ein  in 
der  Vernunft  überhaupt  wirklich  liegendes  gesctz  steht,  und 
dieser  unterschied  der  bcdeutung  ist  auch  dem  gemeinen 
Sprachgebrauch  nicht  ganz  fremd.  Kant  4,  lOG ;  erlaubt  ist 
eine  handlung,  die  der  Verbindlichkeit  nicht  entgegen  ist. 
5,  22;  eine  handlung,  die  weder  geboten  noch  verboten  ist,  ist 
blosz  erlaubt.  5,23;  ein  erlaubtes  oder  unerlaubtes  vergnügen ; 

der  zehn  jähr  ein  mfiUer  war,  diesem  dasz  den  beutet  steuht 
der,  der  ihm  die  mülc  licsz,  scheint  gar  biliich  und  ericubt. 

LocAU  2,  181,  36; 
weist  du,  dasz  dich  die  acht  verfolgt,  dasz  du 
dem  freund  verboten  und  dem  feind  erlaubt?    Schiller  551'; 

wenn  aber  ew.  excellenz  mir  die  erlaubteste  gnade  erzeigen 
will,  so  mache  ich  ihnen  gern  damit  ein  reines  geschenk. 
Göthe  35,273.  man  sagt:  es  ist  nicht  erlaubt  {überschreitet 
das  masz),  wie  du  dich  heute  beträgst;  es  war  nicht  erlaubt, 
wie  oft  das  alberne  und  abgeschmackte  aufmerksamkeit  und 
beifall  auf  sich  zog.    Göthe  19,19. 

ERLAUBUNG,  f.  was  erlaubnis:  nach  verendung  der  Wer- 
bung und  mit  erlaubung  Reinharts  und  seiner  brüder  ant- 
wort  er.  Aimon  t4';  er  hette  denn  des  {dazu)  meines  gne- 
digsten  herrn  erlaubung.  Luther  4,374";  aus  ansehen  und 
mit  erlaubung  der  h.  r.  kirrhen.  bienenk.  34";  bittend  hiemit 
ganz  freundlich,  uns  mit  erlaubung  disen  frewden  bei  zu 
wohnen  zu  begünstigen.    Weckherlin  85t. 

ERLAUCHT,  was  erleuchtet,  hehr,  illustris,  cebus,  in  der  ge- 
kürzten form  mit  dem  alten  rückumlaut,  wie  durchlaucht  für 
durchleuchtet,     der  mensch: 

herscht  über  alles,  von  der  hohen  Geisz  (eines  Uarzbcrg'es) 
erlauchten  tanne  bis  zum  graseshalni, 
vom  elephanlen  bis  zum  nit-dern  wurm, 
den  zu  gewahren  menschenblick  zu  kurz 
fünf  ganzer  millionen  male  reicht! 

Kl.  Schmidt  poe(.  br.  90; 

erlauchte  bettler  hab  ich  gekannt, 

künstler  und  Philosophen  genannt.    Göthe  4,  331 ; 

als  hätte  der  Olymp  sich  aufgethan 

und  die  gestalten  der  erlauchten  vorweit 

zum  schrecken  Ilions  herabgesendci.    9,44; 

der  graf  liesz  so  aiiszerordeutliche  kenntnisse  sehen,  dasz 
alle  in  der  grö.<zten  demuth  vor  so  einem  erleuchtelcn  ken- 
ner  und  erlauchten  beschützer  standen.  18,  239  {wo  beide 
formen  in  der  eigentliclien  und  abgeleiteten  bedeulung  nWxrwein- 
ander  verwandt  sind);  erlauchter  gegner  aller  vulcanität  (rtrd 
der  bergrath  Lenz  angeredti).    47,117; 

die  aller  weit  zu  heil  und  lohn 

geboren  den  erlauchten  söhn.    Tlaten  60; 

erlauchte  thateii  begleite  stets  des  Sängers  wort.    134. 

ERLAUCHT,  /".  ein  titel,  gehngrr  als  durchlaucht,  für  grafen 
und  kleine  fürsten. 

ERLAUEN,  tqiere,  lau  sein,  nacMassen,  eessare,  mhd.  erlAwen, 
tepefacere  (wb.  1,  92l'),  bei  Maaler  314"  erlauwen,  deferrrscere :  die 
gemüt  erlauwend,   mentes  tepescunt ;    der  ernst  und  einbrunsl 
der  leute  ist  erlaiiwtt  underlägen,  studia  hominum  defcrhuere ; 
iloch  jot/t  dem  graft-n  nach, 
der  nicht  erlaiit  im  ungextuinen  brande, 
in  cui  iion  ces.ta  rinipelD  «  la  rabbia.    Grir»  .Ir.  29,  07. 

ERLAUERN,  aucujxtri.  erspdhen : 

ntir  da»  er  möchl  »oleh  gnnd  erlnuren. 

ScHADK  nU.  und  pntq.  2,  223; 

es  gicnge  eine  gtilc  »eil  hin,  che  er  diese  {grlegenheü)  er- 
lauem  konte.    Salinde  23; 


893  ERLAUFEN— ERLAUSEN 

ja  ja,  da  ist  erl  ich  vermags  nicht  läneer 

mit  leisem  tritt  um  dieses  haus  zu  schleichen, 

den  günstgen  augenblicli  verstohlen  zu 

erlauern.  Schiller  3S3' ; 

was  soll  ich  noch  der  menschen  gunst  erlauern? 

Plaie:«  103; 
im  hohlweg  kann  man  ihn  bequem  erlauern.    TrEcx  3, 414. 

ERLAUFEN,  1)  currendo  assequi,  mhd.  erloufen: 

sus  sei  man  si  {die  Swlde)  erloufen 

mit  gröjem  kumber  erkouren.    Gregor  1533; 

er  erlief  in  {den  baren)  mit  dem  swgrte.    Nib.  903,  3; 

nhd.  wo  er  ein  gülden  damit  meinet  zu  erlaufen.  Lcther 
4,398";  wollen  im  etliche  krieger  Erfurt  erlaufen.  8,  4l';  was 
man  nicht  erlaufen  kann,  das  kann  man  zuletzt  erschleichen. 
br.  5,  331 ;  dis  volk  ist  so  schnell,  das  sie  wie  die  hund  das 
wild  erlaufen  und  feilen.  Fra>k  tceltb.  13';  einen  zeitigen 
dieb  erlauft  ein  hinkender  scherg.  kl.  iceise  reden  27*;  einen 
auf  dem  wäg  erlaufen  oder  ereilen.    Maaler  113*; 

und  ob  er  {der  hund)  gleich  ein  wild  erlief, 

so  hatt  er  da  kein  zän  im  maul, 

den  hasen  kund  er  nit  behalten.    Albkrüs  47'; 

und  lasz  dich  keinen  mann  erlaufen, 

ihm  zu  gefallen  dich  voll  zu  saufen. 

Rr^GWALD  laut,  varheil  80; 

die  fuhrknecht  mögen  nit  reuter  erlaufen.  Frossperg  1,67*; 
derhalben  er  in  zween  tagen  vier  tagreis  erloffen.  Taciüs  bei 
Fronsp.  2,  260' ;  ob  ich  nun  bei  den  meinsten  hiermit  nicht 
so  groszen  dank  erlaufen  werde,  schadet  nichts.  Kirchhof 
mil.  diso.  229;  keren  widenimb  zum  meer  mit  so  groszer 
schnelle,  dasz  sie  von  niemand  mögen  erlaufen  werden. 
Forer  123'; 

und  wer  grosier  herm  gnad  erlauft, 

ihm  selbst  gefahr  mit  gefahr  erkauft.    Äther  411*; 

er  schnaufte  wie  ein  beer,  oder  wenn  er  ein  hasen  erloffen 
hätte.    Simpl.  K.  849; 

ich  schelte  nicht  das  titelkaufen. 

es  würde  für  denselben  preis 

das  amt  der  dummkopf  leicht  erlaufen, 

der  jetzt  sich  zu  bescheiden  weisz.    Bürger  112*; 

doch  wie  lang  wirst  du  noch  leben, 

wenn  du  das  erlaufen  hast?    Göki^ck  2,  54; 

vergeblich  suchte  er  und  der  junge  Schneider  den  voraus- 
pehetzten  seelenhirlen  zu  erlaufen.  J.  P.  ffe.<p.  3,  43 ;  ob  nicht 
die  körperliche  glückseligkeit  Borgia  besser  als  Sokrates  er- 
läuft? teuf.  pap.  l,  löi ;  wir  wollen  hinter  Zausen  {dem  belller) 
her  sein,  auszerordentlich  musz  er  laufen,  wenn  ihn  hungert, 
um  nur  ein  dorf  zu  erlaufen,    biogr.  bei.  1. 180. 

2)  intr.  praelerire,  verlaufen:  wann  die  selb  zeit  verschinen 
und  erlaufen  ist.  Melanchthon  anueisung  in  die h.  sehr,  deutsch 
ran  Spalati:<üs  1523  6/.  149.  sich  erlaufen  und  ergangen 
haben,    veislh.  3,  596. 

ERLAUSCHEN,  auribus  arreclis  aucupari: 

wir  wollen  ihn  erlauschen  fein.    Atrer  379'; 
ich  wollt  im  dunkeln,  was  es  war,  erlauschen. 

RccKERT  ges.  ged.  i,  173; 

lehrte  uns,  dasz  man  sich  selbst  eigentlich  nur  in  der  thätig- 
keit  zu  beobachten  und  zu  erlauschen  im  stände  sei.  Göthe 
20,  212. 

ERLAUSEN,  i)  Uberart  pediculis  und  dann  überliaupl  reinigen, 

putzen  : 

dort  niden  an  dem  Rheine, 

da  ist  ein  berg  bekant, 

der  tregt  den  guten  weine 

Ffirstenberger  eenant. 

gro  ist  sein  färb  vom  garten, 

darin  er  wachsen  thut, 

er  darf  des  mans  wol  warten, 

erbuizen  im  den  hut, 

darzu  den  köpf  erlausen, 

umb  kein  gibt  er  nit  vil, 

das  him  macht  er  sausen 

dem,  der  in  trotzen  wil.    Garg.  50* ; 

dann  wie  könnt  er  in  minderer  zeit  ein  solchen  herculischen 
groszen  hetzen  zimmeren,  der  die  ganz  weit  von  Scheusalen, 
meer  und  hcerwundcrn  und  Wüterichen  erseubert,  erläuteret, 
erlansct  und  spinnenweppet?   78*. 

2)  inir.  occupari  a  pediculis :  die  mistfaulen  tagdiebe,  welche 
sich  oft  unter  den  Soldaten  befinden,  und  sich  viel  lieber 
und  ehender  erlausen,  erslinken  imd  verderben  lassen,  ehe 
sie  sich  einmal  selbst  zu  säubern  und  zu  reinigen  begehren. 
Stmpl.  K.  337. 


ERLAUSTERN  —  ERLEREN 


894 


ERL.\USTERN,  tros  erlauschen,  erlauem: 

statliche  und  subtile  hasen 

die  ligen  hie  heimlich  im  rasen, 

sind  nasenweise,  schleichen  sacht 

umbs  netz  herumb,  nim  ja  wol  acht. 

mit  fleisz  man  sie  gar  schnell  ergattert, 

wenn  man  nur  hört  und  nicht  vil  schnattert, 

so  werden  sie  erlaustert  fein, 

vil  sanfter  als  ein  wildes  schwein. 

rennplatz  der  hasen  mit  der  leinutangen. 
Erfurt  1594  B2». 
ERLALTEN,  resonare,  erschallen,  ertönen,  mhd.  erlftten : 

dö  erlüte  sä  zehant 
vil  lüte  daj  gehünde,  swa;  es  den  bem  sach.    Nib.  S99,  2; 
mit  kraft  begunde  rüefen  der  ritter  üj  erkom, 
da;  sin  stimme  erlüte  alsam  ein  wisntes  hörn.    1924,  2; 
uhd.  also  die  schar  ein  schrien  thet 
darvon  die  wasser  gaben  ton, 
die  lüfl  erlutent  auch  darvon. 

Mursers  Aeneis.  Straszb.  1515,  175*; 

aus  diesen  und  vil  merern  anzeigungen  gib  ich  dieser  ge- 
schieht, wie  die  erlautet  {verlautet),  dester  mehr  glauben. 
Aiman  vorr.  a3';  wes  vor  gericht  erlut  und  beslossen  ist. 
iveisth.  2,  226.     heute  ungebräuchlich. 

ERLÄUTERN,  illustrare,  explanare,  erhellen,  klar  machen, 
ahd.  irHutaran  (Graff  4, 1108),  mhd.  erliutera  («-6.  1, 1059*) : 
dieser  saft  in  die  äugen  gethan,  erläutert  und  erkläret  das 
dunkel  gesiebt.  Taberxaemomanüs  s.  125 ;  wann  der  luft  nach 
dem  regen,  so  er  wol  erwaschen  und  erläutert  wird,  on  allen 
gestank,  fäulung  . . .  sich  hell  und  klar  erzeiget.  Sebiz  s.  5 ; 
mehr  um  die  darin  vorkommenden  stellen  zu  erläutern  als 
zu  erklären,  mehr  bei  dieser  gelegenheit  etwas  zu  sagen,  als 
durch  seine  auslegung  die  zuhörer  dem  geist  des  dichters 
näher  zu  bringen.  Göthe  46,25;  so  frei,  wol  und  erläutert 
war  mir.    Tieck  ges.  nov.  3,  69. 

ERLÄUTERER,  m.  exjAanator. 

ERLÄUTERUNG,  illustratio,  aufhellung:  und  als  Longinus 
dein  seit  geöfnet,  darvon  im  dein  gebenedeit  blut  in  sein 
äugen  flösse  und  dardurch  erleuterung  seines  gesichts  be- 
fand. Aimon  nl*;  erläuterung  einer  sache  geben;  es  erfolgt 
nun  nähere,  ausführliche  erläuterung. 

ERLE,  f.  alnus,  eller,  vorüber  schon  oben  sp.  416,  die  Um- 
stellung von  erila  in  elira,  ags.  alor,  elor,  ine  goth.  vairilö,  ags. 
velor,  mahnt  an  'EqovXoi,  und  'EXovqoi  [GDS.  470)  und  es 
liesze  sich  alts.  er!,  ags.  eorl,  alln.  iarl,  vir  nobilis,  heran:äehen, 
da  die  ahd.  eigennamen  Erlwin,  Erlulf  vom  bäum  auf  den  mann 
leiten,  me  Ascwin,  Äscvin  ron  der  esche  auf  Askr.  doch  für 
golh.  airilü  und  airils  mangelt  aller  beweis,  man  sagt:  wenn 
die  erlen  spitzen  wie  die  mäuseöhrlein,  säe  gerste,  wenn  ihre 
triebe  sind  wie  die  sauohren,  ist  es  zu  spät ;  erlen,  die  gern 
am  wasser  wachst,  alnus  amica  fretis.  Ma.uer  114',  den  dicliiern 
erscheint  die  erle  gern  am  iciesenbach: 

nu  aber  bin  ich  auch  ein  kerl,  , 

der  was  im  dorfe  gilt, 
gewachsen  wie  im  husch  die  erl, 

rasch  wie  im  husch  aas  wild.    Bcrwas!«  ged.  118; 
Zugluft  heiszt  die  kühlung,  die  sanft  durch  erlen  des  ufers 
athmet,  und  kaum  ein  band  mir  bewegt?    Luise  1,  299; 

ihm,  des  liebe  so  hoch  mir  stündlich  emporwächst, 
als  im  erneuetcn  lenz  die  grünende  erle  sich  aufschwingt, 
(quantum  vere  novo  viridis  se  subicit  alnus). 

Virgils  ecloge  10,  74  von  Voss. 

ERLEBACH,  m.  benennung  vieler  dörfer.  Förstema.ns  2,  99. 
5.  erlenbach. 

ERLERAUM,  m.  alnus.  Dastpodics  321'. 
ERLEBEN,  diem  videre.  leben  ist  zwar  eigentlich  ein  in- 
transitives wort,  zu  dem  aber  auch  der  acc.  treten  kann:  ein 
leben  leben,  vitam  vivere,  ^ojtjv  ^^r,  ßiorov  t,^:  unser 
heutiges  erleben  drückte  viellncht  schon  der  Golhe  aus  durch 
galiban,  es  fehlt  nur  an  einem  beispiel.     altd. 

nu  frewen  sih  fs  allö,  so  wer  so  wola  wollfi 
ioh  so  wer  si  hold  in  muate  Frankonö  thiote, 
tha;  wir  Kriste  sungun  in  unser»  zungün, 
ioh  wir  ouh  thaz  gileb£iun,  in  frenkisgon  nan  lobötun. 

0.  I.  1,  126, 

dasz  icir  erlebt  haben  seinen  preis  in  fränkischer  spräche  erschallen 
zu  lassen,  gilehßn  ist  ein  nachdrückliches  erleben  gegenüber  dem 
blossen  leben,     nicht  anders  mhd.  geleben: 

wie  chüme  £;  Jacob  gelebete, 

da;  deu  wibe  wart  getan.    Diexer  23,  17; 

unde  l&t  dich  #;  gol  geloben.    25,  U; 

got  w^lle  daj  ich;  nibt  gelobe.    Iw.  4490; 

67,a  gelobte  nie  kein  man 

deheinen  liebern  tac.    7498; 


895 


ERLEBEN  — ERLECHEN 


ERLECIIERN  —  ERLEDIGEN 


896 


done  gelebte  nie  so  lieben  tac 
Gramoflanz.  l'nrz.  120,  20; 
und  dies  gel  eben  hat  vielleicht  M  aaler  165' :  er  bat  noch  ge- 
labt, wie  ich  ein  junger  gi'sell  was,  usque  ad  adolescentiam 
meam  processit  aetatc ;  die  gclübten  tag,  ante  acta  vila,  obschon 
man  auch  participia  von  leben  annehmen  kann,  113'  gibt  er 
erlaben :  er  bat  den  leisten  tag  erJUbt  oder  ist  gestorben,  stipre- 
mum  diem  explevit;  er  hat  sein  zeit  erlabt,  exacta  aelale  est; 
wir  habend  das  erl.lbt,  vivi  pervenimus  illuc.  sclion  Merswin 
147 :  bi  sinem  erlebende,  bei  seinem  leben.  Luther,  und 
seit  ihm  andere,  brauchen  iMußg  erleben :  des  morgens  wirstu 
sagen,  ah,  das  ich  den  abend  erleben  möchte  {vulg.  mane 
dices,  quis  mihi  det  vesperum?).  5  Mos.  28,07;  meine  tage 
sind  schneller  gewesen  denn  ein  laufer,  sie  sind  geflohen 
und  haben  nichts  guts  erlebt.  Hiob  9,  25;  wo  viel  gott- 
losen sind,  da  sind  viel  sünde,  aber  die  gerechten  wer- 
den iren  fal  erleben,  spr.  Sal.  29,10;  wir  habens  erlanget, 
wir  habens  erlebt  (vulg.  invenimus,  vidimus,  wie  man  engl, 
für  erleben  sagt  live  to  seel.  klagl.  Jcr.  2,16;  wer  erlebet, 
das  er  seine  feinde  untergehen  sihet.  Sir.  25,10;  wer  sein 
kind  lieb  hat,  der  hell  es  stets  unter  der  ruten,  das  er  her- 
nach freude  an  im  erlebe.  30, 1.  in  diesen  bibclstellcn  gibt  der 
nnl.  und  nd.  texl  afleven  orfer  beleven.  wir  sagen :  er  hat 
das  siebenzigste  jähr  erlebt;  sie  hat  fünfzig  enkel  erlebt; 
was  läszt  uns  gott  für  eine  zeit  erleben ! ;  was  man  nicht 
alles  erlebt  I;  wenn  ich  es  nur  nicht  erlebe,  st  modo  non 
me  rivente  ßt;  gelinde  eitern  erleben  ungerathne  kinder;  sol- 
ches leid,  solche  schmach  musz  ich  an  meinem  eignen  kinde 
erleben  I ;  an  etwas  freude  erleben  {gaudiutn  vivere) ;  das  hoffe 
ich  noch  zu  erleben;  ich  wil  erleben,  dasz  der  das  haus 
so!  von  auszen  ansehen  {das  haus  räumen),  kl.  weise  reden  157'; 

wills  noch  erleben  (sehen)  dasz  er  sichs  verbittet.   Lkssihg  2,  333 ; 

und  ob  du  gleich  lang  lebest  noch, 

erlebest  du  viel  Unglücks  doch.    II.  Sachs  I,  373*; 

Amynt,  mein  arrt,  erleb  ich  das  an  dir?    Gotter  1,  256; 

doch  der  vater  fuhr  auf  und  sprach  die  zornigen  worle: 

weni^  freud  erleb  ich  an  dir.     Göthk  40,  250 ; 

als  Ottilic  sich  freute,  dasz  die  pfropfreiser  diesep  frühjahrs 
alle  so  gar  schön  gekommen,  erwiderte  der  gürtner  be- 
denklich, ich  wünsche  nur,  dasz  der  gute  herr  viel  freude 
daran  erleben  möge.  17,180;  ein  schönes  haus  fiel  ihm  in 
die  äugen,  wie  er  auf  seiner  ganzen  Wanderschaft  von  Tutt- 
lingen bis  nach  Amsterdam  noch  keines  erlebt  (gesehen)  hatte. 
Hekel  schalzk.  m ;  Suwarow,  der  es  wol  verdient  hätte  einen 
hochsinnigern  und  dankbarem  gebieter  zu  erleben.  Beckers 
weltg.  13,  34t ;  wie  schön  ist  so  etwas  gemahlf,  wie  viel  schöner 
erlebt.  J.  P.  Tit.  1,12;  Karl  spielte  so  leicht  vom  blatte, 
dasz  er  mehr  hinein  als  heraus  spielte  und  vieles  immer 
selber  setzte,  indes  Albano  mit  fast  komischer  treue  in  der 
musik  ebensosehr  die  Wahrheit  wieder  gab  als  in  jeder  ge- 
schichte,  die  immer  in  Karls  munde  wieder  eine  erlebte.  3, 35. 

2)  erleben,  überleben,  superare  vüa: 

vil  veter  habn  ir  sün  erlebet.    H.  Sachs  I,  372*. 
vgl.  erlebt,  abieben,  überleben,  verleben. 

ERLEBNIS,  n.  was  man  erlebt,  erfaltrung:  wenn  wir  ein 
solches  erlebnis  vor  augcn  haben.  Tieck  nov.  kr.  4,342;  was 
aber  das  jähr  54  gebracht,  des  sind  wir  noch  allzusehr 
im  erlebnis,  als  dasz  davon  zu  reden  nötbig.  Leoprecbting 
Lechrain  37. 

ERLEBT,  1)  decrepitus,  scnectute  confectus,  verlebt,  abgelebt: 
so  ist  er  ein  alter  erlebter  man,  ob  achtzig  jaren  alt,  hats 
nit  vcrzcrt  soihe  grosze  summa.  Cumels  Maximilian  s.  447 ; 
dann  wie  under  einer  zeitigen  grünen  weinboer  und  einer 
dürren  ein  undcrscheid,  also  unter  einem  jungen  und  alten 
erlebten  mann.  Frans  «pricAir.  2,  55';  alte,  erlebte  leul.  Frons- 
PERC  kriegsb.  1,23'.  3,16';  etlicher  sehr  aller  erlebter  hcrrn 
wurde  ich  da  gewahr.  Philander  1, 153.  man  sagt  auch  all- 
erlebt, altverlebt.    Schneller  2,  412. 

2)  erlcbl,  erfaliren:  erlebtes  leid,  erlebtes  glück; 
entfemt  de»  Vorwurf«  f(U'ihend  bittre  pfeile, 
«ein  itinret  reinigt  von  erlebtem  graua.    GOthi  41,  4. 

ERLEBI;NG.  f.  was  erlebnis: 
Oieizo  mir  letzt  ein  rieselnder  bach  in  den  «trom  dei  gesanges, 
den  vollendend  ich  der  erlebuogen  sclignte  frihlie. 
Itetüas  1«,  212. 
ERLECIIE.N,  siecesc^rt,  euimtl'uh  effluere,  humorem  non  ron- 
tinere,    mhd.    erlcchen,    crlarh,    part.    erlL'chcn  und  erlorhen, 
wie  bri-chrii,    bracli,   gebrochen  für  gcbrfichen,    goth.  brikan, 
brak,  brikans  oder  brukans.    die  partidpia  auf  6  und  o  werden 
^twktcn  durch 


so  stäslu  erlechen  als  ein  krfi.    fragm.  16* 
siner  minne  ist  er  vil  gar  erlochen.    Neidhart  xxvii,  5, 
altn.  Ji-ka  lak  hat  im  part.  li-kinn.     nhd.  beleg  des  seltnen  worls 
geteährt  nur  des  Alberus  erlech  assiccesco,  was  mhd.  wäre  erliclic. 

ERLECHERN,  frequentatifum  des  vorigen:  Columbus  kam 
also  weit  und  in  solche  hitze,  dasz  ihm  erlecherten  viel 
Weinfässer  und  ölfässer.  Münsters  cosmograplue ;  und  bringt 
den  magen,  der  von  vielem  erbrechen  und  undäuwen  er- 
lechert  {ertrocknet)  ist,  wider  zurecht.  Tabersaemontanls  15S8 
.1.  19.  zu  dem  schwachen,  blöden  und  erlechlertcn  (/.  er- 
lecherten) magen  nimm  bergwermut.   ebenda  s.  5. 

ERLECHZEN,  hiscere,  ardenter  sitire,  üblichere  andere  forl- 
bildung:  Alexanders  krieger  waren  so  durstig  und  erlechzt, 
dasz  sie  auf  dem  weg  niederfielen;  du  solst  mit  schimpf 
und  spolt  erhitzen  und  erlechzen.  Ayrer  proc.  2, 12.  bair. 
derlechezen.    Schmeller  2,  422. 

ERLEDIGEN,  cxsokere,  vacucfacere,  liberare,  los,  leer,  frei 
machen,  mhii.  erledigen. 

1)  «11^  bloszem  acc. 

mhd.  daj  sie  muose  erledigen  ir  Hut  und  ir  stat.    Die>er  162,  12; 
wand  6r  an  dem  mäntac 
manec  ros  erledegete  dd.    Er.  2615; 
und  vüerei  mit  iu  iweriu  kint, 
die  dA  bic  ericdcget  sint.    Iw.  5116; 
daj  ich  dem  süezen  wihe 
erledege  ir  gesellen.     Wigal.  132,  19; 
kröne,  zepter  und  min  lant 
das  hat  erledegct  iuwer  bant.    230,  11; 

nlid.  und  will  all  mein  vermögen  in  zu  erledigen  thun.  Aimon 
n  5' ;  des  ward  er  nit  wenig  erfrew  t  und  wusl  das  er  erle- 
digt würd.  r2';  ich  besorg,  das  Reinhart  understee  in  zu 
erledigen.  r3';  und  wie  sie  den  könig  Yon  erledigen.  r3'; 
kompt  Reinhart  in  zu  erledigen,  r  4' ;  was  ganzlich  der  mei- 
nung  in  zu  erledigen.  r5';  auf  das  deine  lieben  erledigt 
werden,  psalm  60,7;  auf  das  deine  lieben  freunde  erlediget 
werden.  108,7;  und  erlediget  viel,  die  zuvor  unterdrückt  und 
gefangen  waren.  1  Macc.  14,  6 ;  und  belagert  mir  mein  feste 
ein  künig  diser  insel  xxx  tag,  die  erledigt  ich  und  fieng  den 
künig.  Frank  wellb.  223';  er  eilet  den  gefangenen  zu  erle- 
digen. Rekszner  Jer.  1,104';  in  dem  treffen  wurde  Richard 
gefangen,  aber  auch  als  der  graf  unglücklich  focht,  wieder 
erledigt.  Hahn  5,21;  wo  eine  schwangere  frau  nicht  kan 
erledigt  werden,  die  nehme  von  der  gemsenkugel  in  lavendel- 
wasser,  es  hilft.  Hohberg  2,627';  als  königlicher  Statthalter 
konnte  er  sie  drücken  und  erledigen.  Schiller  1035'.  zu 
dem  erledigen  denkt  man  sidi  leidil  hinzu,  den  gefangnen  vom 
bände,  das  land  vom  feinde,  die  schwangre  frau  von  ihrer 
bürde,  das  ros  von  seinem  reiter.  eine  sache.  ein  geschäft 
erledigen,  expedire  rem,  gläcbsam  von  der  hand  lassen,  fertig 
bringen;  eine  bitte,  ein  gesuch,  ein  schreiben  erledigen;  die 
rückständigen  puncte  erledigen.  Güthe  24,  340.  ein  erle- 
digter thron;    erledigtes  amt;    es  ist  alles  erledigt,  abgethan. 

2)  mit  beigefügter  praeposition : 

von  ime  (dem  välant)  wart  er  irl§diget  wol.    Ulrich  878; 

als  lange  unz  wir  dieselben  stat  und  gut  von  in  erledigen 
und  erlösen.  nio»i/ni.  3o//crario  3,  43  (a.  1338)  3,  47 ;  wenn  Jesus  _ 

dem  teufel  alle  menschen  widenimh  abdringen  und  von  ime  ■ 
erledigen  sollen.  Ayrer  proc.  2,  7 ;  bergmänniscfi,  das  erz  von  ™ 
dem  gebirge  erledigen,  das  taube  gestein  vom  erz  absondern. 
hat  gott  die  kinder  Israel  zu  im  schreiende  erhört,  aus  der 
hand  Pharaonis  erledigt,  mag  er  nicht  noch  heute  die  seinen 
erretten?  Luther  3,  lll';  gott  gebe,  das  wir  zuvor,  sampt 
allen  die  uns  lieb,  in  einem  guten  stündlin  davon  gefaren, 
und  mit  Lot  aus  dem  verdampten  Sodom  und  Gomorra  er- 
ledigt seien.  6,153';  der  vogel  ist  aus  seinem  kUlich  wieder 
erledigt. 

3)  es  kann  aber  auch  der  gen.  stelin:  wollen  genanten  krisrr 
der  beschwerung  des  gefcngnis,  damit  er  behafi,  gnediglich 
erledigen.  Luther  3,  421';  meines  diensles  bin  erlediget  wor- 
den. Schweinicues  2,  360;  sie  würden  auf  die  i>.stcrn  der 
helügerung  und  alles  mangels  erlediget  werden.  KiRcunitr 
wendunm.  406';  ich  wollte  ich  wftrc  ihrer  erst  wieder  erle- 
digt.   TlKCK  9,183. 

4)  sich  erledigen,  los,  frei  machen,  nach  drnscHicn  fuiiuiniin : 
a)  vermillelsl    de»    lochs,    so    der  dolle  fithiirich  liiilict.ir 

in  die  thür  geschnitten,  hatte  ich  mich  wol  erledigen  kön- 
nen, i^mpl.  K.  211.  dio  Mcbc  erledigt  sieb  leicht,  tw  tJtnt 
weiteres  fertig. 


897 


ERLEDIGER  —  ERLEGEN 


ERLEGEN  —  ERLEICHTERN 


S9S 


b)  will  einer  in  die  wüste  predgen, 

der  mag  sicli  von  sich  selbst  erledgen.    Götbe  2,243; 

eine  hypothese,  wodurch  er  sich  von  der  traurigen  nothwen- 
digkeit  erledigen  konnte,  einen  menschen  hassen  oder  Ter- 
achten  zu  müssen.    Wieland  S,  246. 

c)  ich  ergrif  endlich  das  einzige  mittel,  das  mir  übrig 
blieb,  mich  der  albernen  rolle,  die  ich  in  dieser  scene  spielte, 
lu  erledigen,  ich  entfloh.  Wielaxd  2,  59;  mit  der  freude 
eines  niannes.  der  sich  eines  drückenden  geheimnisses  er- 
ledigt hat.    3,364; 

der  henog  kann  sich  des  gedränges  kaum 

erledigen,    sie  heben  ihn  vom  pferd, 

sie  küssen  seinen  mantel,  seine  sporen.    Schilleh  46''. 

tgL  entledigen. 

ERLEDIGER,  m.  redemtur,  liberator,  erlöser:  das  leben  un- 
sers  erledigers  Jesu  Christi,  yümbng  1514.  4 ;  herzog  Ermann 
{Arminius)  sol  von  iederman  genennet  werden  ein  erlediger 
teutscher  nation.    Atextix  1566, 127. 

ERLEDIGUNG,  f.  1)  loslassung,  freilassung  des  gefangnen: 
gnedigster  keiser,  nemet  ir  nit  darfür  einig  stal,  schlosz  oder 
gelt  vor  crledigung?  Aimon  s3';  hettent  ir  alle  meine  brüder 
in  gefenknus  und  werent  in  willens  sie  zu  henken,  dan- 
nocht  umb  irer  erledigung  willen,  so  geb  ich  euch  Magis 
nit.  ebenda;  davon  hab  ich  den  halben  theil  dem  schult- 
heiszen  geschenkt,  der  ist  mir  ein  guter  bürg  zu  meiner  er- 
ledigung. KiRCHDOF  vendunm.  274';  ich  gab  dem  räuber  zu 
Tcrslehen,  dasz  ich  von  einem  ganz  andern  stände  sei,  aU 
mein  sciavenmäsziger  anzug  zu  erkennen  gebe,  und  bat  ihn 
aufs  inständigste  mich  nach  Athen  zu  führen,  wo  er  für 
meine  erledigung  erhalten  würde,  was  er  nur  fordern  wollte. 
Wieland  1, 46. 

2)  liberalio,  relaxalio:  es  vermocht  Reinharts  Brann  {bayart) 
von  schwere  wegen  des  mülsteins  die  hübe  des  wassers  nit 
begreifen,  da  er  aber  das  vennerkt,  er  schlug  als  fast  mit 
den  fordern  füszen  bis  der  stein  zu  stücken  zerbrach  und 
er  zu  berg  kam,  also  schwam  er  über  die  Mas  bis  auf  jen- 
seit  des  wassers.  und  da  er  auf  das  land  kam,  er  schüttet 
das  Wasser  von  ime  und  schrei  laut,  darnach  lief  er,  als 
fast  er  immer  mocht,  bis  zu  dem  geweld  Ardenicn  die  grosze 
dicke,  da  keiser  Carle  sah,  das  der  Braun  darvon  kommen 
was,  es  bewegt  in  zu  groszer  betrübnus,  also  das  er  von 
leid  seiner  Vernunft  beinah  beraubt  wer  worden,  aber  alle 
fürsten  waren  des  Braunens  erledigung  höchlich  erfrewet. 
Aimon  B  2'. 

3)  erledigung  des  handeis,  der  sache.  des  Schreibens. 
ERLEEREN,  eracuare,  ausleeren,  leer  machen,  mhd.  erlaeren: 

erl.Tret  was  der  palas, 

der  6  so  vol  der  töten  was.    Hage  Holzm.  2429. 

vhd.  soll  ein  mensch  geschickt  werden  zu  entphohn  die  gnod 
gotts,  so  musz  er  sich  erlären  von  Üppigkeit,  anmut  und 
liebe  diser  weit.    Keisersberg  posttll  3, 19. 

ERLEGEN,  pari,  praet.  von  erliegen,  ahd.  arlegan,  mhd, 
erlegen,  bei  Maaler  113'  erlägen,  lassus,  faul,  unlustig;  er  ist 
am  wein  erlügen  und  gestorben,  immortuus  est  in  vino;  er- 
lügne  binle,  die  ietz  müd  sind  und  erlägen  bonig  ze  machen, 
emeriiae  apef;  erlügne  henn,  die  sich  ausgelegt  hat,  e/foeta 
gallina  ;  fauler  und  erlügner  mensch, /ri^M/HsAomo;  derfeindist 
uns  erlegen  {succitbuit) ;  die  ungerechte  sache  ist  nun  erlegen; 
under  discn  reden  kam  ein  bot  auf  einem  falben  pferd,  das 
war  gar  müd  und  erlegen.  Aimon  b  4' ;  gleich  als  ob  ir  erlegen 
und  müd  werent.  m5';  so  lassent  uns  nit  reiten  als  faul 
tmd  crlegne  menschen,  sonder  als  mänliche  ritter.  m6';  so 
seind  wir  wol  halber  erlegen,  nl';  fast  erlegen  und  müd 
was  ifessus  et  confecius).  p3';  also  bracht  er  erlegne  sach 
(rem  inclinatam)  wider  auf.    Tacils  6«  Fronsp.  3,  254'. 

ERLEGE.N,  erliegen  machen,  ganz  wie  fällen  fallen  machen; 
anders  auszusprechen  als  das  vorher  gehende  starke  part. ;  ahd. 
irleccan,  mhd.  erlegen,  goth.  uslagjan,  ags.  älecgan,  sehw.  er- 
lägga,  dän.  erlägge.  das  part.  lautet  goth.  uslagids,  ahd.  irle- 
git,  mhd.  erleit,  nhd.  erlegt. 

1)  ein  thier,  wild  erlegen,  fällen,  zu  boden  strecken,  sternere, 
oceiderc:  einen  löwen  erlegen;  auf  der  jagd  wurden  zwei 
Wölfe  und  ein  fuchs  erlegt; 

nur  maulthiere  erlegt  er  zuerst  und  hurtige  hunde.    II.  1,  50. 

2)  den  feind,  gegner  erlegen,  sehlagen,  besiegen,  caedere, 
nncere:  der  könig  der  feinde  wurde  selbst  in  der  Schlacht 
erlegt ;  also  griffen  si  uns  underwegen  an  und  erlegten  uns, 
das  wir  von  uns  werfen  müsten,  was  wir  betten.  Ftjmtvdib, 


233*;  erlegte  in  einem  groszen  treffen  ihren  kOnig  Wismar 
mit  Tielem  volke.    Micrälics  1,62; 

der  tod,  den  Eva  schuld  erreget, 

wird  durch  Maria  frucht  erleget.    Gktphics  2,  291 ; 

hat  die  feinde  auf  das  haupt  erlegt  (icie  auf  das  haupt  ge- 
schlagen). Zi.NKGREr  apoph.  24,20;  machte  er  sith  des  fol- 
genden tages  über  die  Teutonen,  die  er  ebenfalls  aufs  haupt 
erlegte  und  eine  unzählige  menge  derselben  gefangen  bekam. 
Mascod  1, 12 ;  weil  er  die  meisten  gallischen  Völker  in  einem 
hauptlreffen  bei  Ämagetobria  erleget.  1, 19 ;  unter  anfübrung 
des  jungen  Conslantini,  der  den  20  apr.  332  die  Gothen  in 
einem  blutigen  treffen  erleget.  1,  225 ;  liel  ein  schwärm  .\lanen 
in  Italien  ein,  aber  Ricimer  erlegte  sie  in  der  gegend  von 
Bergamo.  1, 473 ;  Alboin  erlegte  die  Gepiden  in  einem  blu- 
tigen treffen  und  ihr  könig  blieb  selbst  auf  der  walstatt.  2,176; 

bei  meines  vaters  grufl  hat  sie  mein  arm  erleget. 
i.  E.  Schlegel  1 ,  2ü7  ; 

er  erlegte  seinen  gegner  im  Zweikampf,  die  beispiele  zeigen, 
dasz  dies  erlegen,  so  icie  schlagen,  atts  dem  sinne  des  fdllens, 
tödtens  in  den  allgemeineren  des  übervindens,  besiegens,  ermüdens 
übertritt:  einse  eifer  erlegen,  lauw  und  unlustig  machen, 
siudia  aliaijus  tardare.  Maaler  114*;  sonst  verletzte,  erlegte, 
kranke  knechte  heiszt  es  bei  Fronsperg  l,  65'  für  niedergelegte, 
ermattete;  Markgraf  konnte  nun  nichts  mehr  vorbringen  und 
vorhalten,  er  lag  erlegt  {ermüdet),  aber  nicht  aus  furcht.  J.  P. 
komet  2,  74.  ich  habe  mit  dem  text  alle  meine  Widersacher 
uberteubet  und  erleget  {besiegt,  iciderlegl).  Luthers  tischr.  2"; 
so  hat  er  in  doch  nicht  confutieret  noch  erleget.  292';  er- 
leget (fatigat)  ers  mit  arbeiten.  Tacics  bei  Fronsperg  3,  240'. 
diese  bedeulung  ton  erlegt  stimmt  zu  der  von  erlegen,  confecius. 

3)  Wälder,  bäume  erlegen,  fällen,  städte  erlegen,  einnehmen, 
bezwingen:  Alexandria,  so  oft  bestritten  und  mit  so  vielfel- 
tigen  kriegen  erlegt,  ist  sie  fast  baufellig  gemacht  worden. 
Frank  irellb.  16'; 

wie  beugten  sich,  erlegt  durch  ihren  strich  die  wälder! 
GOTTKR  I,  135. 

ähnlich  ist  kegel  erlegen,  niederwerfen,  schieben:  mein  vater 
erlegte  selbst  mit  mir  kegel.  Hippel  1,  41,  was  an  das  abwer- 
fen und  erlegen  des  Jupiters  zu  Hildesheim  erinnert,  mythol. 
s.  172. 173. 

4)  erlegen  ßr  auslegen,  einlegen,  belegen,  cadare,  lessellare, 
tessellis  sternere, 

mhd.  dö  vänt  diu  maget  reine 
ein  sehächzabelgesteine, 
unt  ein  bret,  wol  erleit,  wit.    Parz.  408,  21 ; 
ein  swert  brün  unde  breit, 
scharpf  und  wol  erleit.    Eracl.  1194; 

ein  Türspan 
geworht  ü;  edelem  golde 
und  erleit,  als  ej  solde, 
mit  edelen  giioten  steinen, 
gröjen  und  niht  kleinen.    Mai  42,  4; 

nhd.  allein  vornen,  so  sie  (die  zapfen)  etwas  abgelaufen,  wider 
mit  stal  aufs  neuw  erlegt.  Kirchhof  mit.  disc.  25.  so  werden 
auch  Pflugscharen,  pflugeisen,  keHhaue  erlegt,  neu  angeschweiszt, 
geschärft,  was  meint  aber  die  erlegte  kugel?  thue  alsdann 
die  erlegt  kugel  zusammen.    Fronsp.  kriegM).  i.  14S'. 

5)  solrere,  numerare,  auflegen,  dahin  legen,  entrichten:  das 
geld  erlegen;  die  kosten  erlegen,  erstatten;  seine  zeche, 
schuld,  strafe,  Steuer  erlegen;  hiermit  erlege  ich  den  letzten 
gülden;  seine  reste  in  guten,  gangbaren  münzsorten  erlegte. 
Leipz.  avant.  2, 32 ;  die  schiffe  werden  ihren  Rhein  und  Neckar- 
zoll nicht  defraudieren,  sondern  dadurch  erlegen,  dasz  sie 
sich  von  weitem  zeigen.    J.  P.  Tit.  1, 16. 

6)  sein  geld  ericgen,  anlegen,  fundare  pecuniam: 

mein  gelt  ich  dich  nicht  sehen  lasz, 

ffirchl  es  würd  mir  von  dir  genumraen, 

hab  mich  vorhin  lang  kümmert  drummen, 

wie  ich  mein  gelt  wol  möcht  erlegn.    Anst  fasln,  98*. 

ERLEGUNG,  f   des  wildes,  feindes,  geldes. 

ERLEICHTEN,  lerare,  leicht  machen,  gebildet  wie  entleichten  : 
der  Rodomonte  doch,  zu  wasser  und  lu  lande, 
an  seiner  schwermulh  sich  erleichtet  nichts  befände. 
Wkiwebs  .^r.  27,  73. 

ERLEICHTERN,  ferore,  exonerare,  leichter  machen,  ahd.  ar- 
lihterün,  levigare,  d.  i.  polire,  glätten.  Graff  2, 162,  aus  Ver- 
wechselung ton  l^vis  facUis  mit  ItJvis,  laeris,  ß.elos,  wie  auch 
mhd.  Übte  für  letzteres  vorkommt  {mehr  unter  leicht),  nhd. 
behauptet  erleichtern  seinen  natürlichen  sinn,  und  ist  gegensatz 
tun  erschweren,  es  hat  lowol  den  acc  der  person  mit  gen.  der 
sache  als   den  dal.  der  person  mit  acc.  der  sache  bei  sich:   und 

57 


899 


ERLEICHTERN  —  ERLEIDEN 


ERLEIDEN 


900 


da  sie  sat  wurden,  erleichterten  sie  das  schif  und  würfen  das 
getreide  in  das  nieer.    aposlelg.  27,  38 ; 

du  solst  den  fremden  zwar  in  frcundschaft  zu  dir  laden 
und  itin,  wann  er  sich  IJagt,  erleiclitern  seiner  last. 

Opitz  1,  353; 
ach  könnte  doch  mein  tod  erleichtern  seine  peiu! 

Gkypuhs  1,  284; 
aber  nachdem  wir  die  herzen  des  traurigen  erams  erleichtert. 

Voss; 
80  war  es  ihr  beinahe  leid,  als  er  zu  Daniscbmenden  kam 
und  unter  sehr  wortreichen  Versicherungen  seiner  dankbar- 
keit  und  ergebenheit  gegen  ihn  um  die  erlaubnis  bat  einen 
wolthäter,  dem  er  nur  zu  lange  lästig  gewesen  sei,  zu  er- 
leichtern und  zu  seinem  freunde  Feridun  zu  ziehen.  Wieland 
8,  294 ;  der  wichtigste  punct  seiner  neuen  regierung  war,  die 
Athener  von  allen  hindernissen  zu  erleichtern.  30,44;  mein 
herr,  diese  scene  ermüdet  mich,  ohne  sie  zu  erleichtern, 
eine  auffallende  ähnlichkeit  verursacht  ihren  irthum.  H.  L. 
Wagner  der  wollhdligc  unbekannte  s.  46;  könnte  ihr  brudcr 
dadurch  in  seinen  sauern  geschäften  erleichtert  werden.  Güthe 
7.128;  ich  dachte  wir  könnten  uns  beide  erleichtern.  7,135; 
sie  sollten  ihn  hören,  wenn  er  in  vertraulichen  stunden  sein 
herz  erleichtert.    20,  29 ; 

entdecke  mirs,  erleichtre  deine  brüst, 

dem  treuen  freund  vertraue  deine  sorgen.    Schiller  442* ; 

in  Worten 
erleichtert  sich  der  schwer  beladne  busen.    246'; 

Biester  erleichterte  mich  ungemein  mit  seiner  coiTectur  und 
zweiten  durchsieht  des  manuscripts.  Nicolais  leben  von  Gökinck 
s.  152;  das  sollte  die  sachc  erschweren  und  erleichtert  sie 
mir  gerade;  heute  morgen  fühlte  sich  der  kranke  sehr  er- 
leichtert; um  dieses  zu  können  muste  er  sich  aber  in  der 
aufreibenden  anstrcngung  jenes  ursprünglichen  berufs  etwas 
erleichtern.  .Xiebchr  kl.  sehr.  1,  30.  gut  gespräch  erleichtert 
den  weg.  Stieler  1134.  man  sagt,  seinen  leib,  seine  blase 
erleichtern,  alvum  eiere,  moUire;  sich  erleichtern.  Steindach 
1, 1030. 

ERLEICHTERUNG,  f.  levatio,  levamen. 

ERLEICHTEHUNGSMITTEL,  n. 

ERLEIDEN,  pati,  perferre,  prael.  erlitt,  pari,  erlitten,  golh. 
usleijjan,  uslai}).  alid.  irlidan,  irleit,  irlitan,  vthd.  eiTiden,  erleit, 
erliten ;  ags.  dlidan  kommt  nicht  vor.  das  einfache  goth.  leijian 
bedeutet  ire,  uslei|)an  exire  (niclit  perire,  Iransire),  das  alid.  irlidan 
transire  und  pati,  iceil  der  durch  etwas  gehende,  fahrende  es  aushäll, 
auf  sielt  nimmt,  erträgt,  erfährt  und  erleidet,  im  mhd.  erlidcn, 
nhd.  erleiden  iä  die  Urbedeutung  des  gelwns  erlosclien,  nur  die 
abgeleitete  des  erlragens  und  duldeiis  haftend,  wiewol  das  part. 
prael.  den  begrif  des  gcitens  oft  durchzucken  läszt:  die  noth  ist 
erlitten  =  vorübergegangen,  vergangen,  im  nord.  lida,  schw. 
lida,  dän.  lide  finden  sich  beide  bcdeutungen  bis  auf  heule. 

mhd.  das  'ch  vür  war  wol  sprechen  mac, 
da;  ich  so  grö;;e  arbeit 
nie  von  ungeverte  erleit.    Iw.  272; 
8w6r  ie  kutnber  erleit 
den  erbarmt  des  maiines  arbeit.    4389; 
die  truogen  ad  liebten  schin, 
des  lihi  ein  herze  w.ere  versniten, 
das  ^  "''>'  kumbcrs  bet  erliten.    I'arz.  591,  26; 
durch  w^lhe  schulde  und  umbe  waj 
habet  ir  die  not  durch  in  erliten?    Trist.  105,  29; 
nhd.  wes  Job  in  groszcr  duld  erlil, 

des  seit  erinnert  auch  hieniit.    Schwaiizehrerc  156,  2, 

ICO  wes  auf  des  atlrahiert  ist;  meinstu  aber,  dein  herz  milgc 
CS  erleiden  oder  deine  hende  ertragen  zu  der  zeit,  wenn 
ichs  mit  dir  machen  werde?  Ez.  22,14;  wer  wird  aber  den 
tag  seiner  Zukunft  erleiden  mdgen?  Maleachi  3,2;  der  herr 
des  bimcis  gebe  dir  freude  fiir  das  leid,  das  du  erliddcn 
hast.  Tob.  7,20;  und  da  er  zuletzt  den  stank  selbs  nicht 
mehr  erleiden  künde.  2  .Varc.  9,12;  weil  sie  bisher  so  viel 
gewalt  und  Unrechts  erliddcn  hatten.  10,12;  habe  du  nichts 
zu  schafTen  mit  diesem  gerechten,  ich  habe  heute  vil  erlit- 
ten im  trauin  von  seinetwegen  (altd.  managu  bin  ih  thruonti 
biulu  in  gixiune  thunih  inan).  Malth.  21 ,  iü ;  und  da  war  ein 
weib,  das  halte  den  blulgang  zwelf  jar  gehabt  und  viel  er- 
lidden  von  vielen  erzten  (golh.  jiih  manag  ga|)iilandei  frnm 
mnnngnini  lekjanii.  Marc.  5,26;  meinet  ir  iaa  diese  Galileer 
für  allen  Galilccm  stlnder  gewesen  siiid,  die  weil  i^ie  das 
rrlidden  haben?  Lue.  13,  2;  und  da  wir  gro«z  ungcwitter  rr- 
lillen  hatten,  aponlelg.  27,  IS;  ich  habe  mehr  geerbeilct,  ich 
habe  mehr  xrhirge  eriidden.  2  Cor.  11,22;  dreimal  habe  ich 
•cbinirucb  eriidden  i)>hin  ■in))ain  utfar)>Ao  gata\ida  us  itkipa). 


11,25;  welche  am  glauben  schiflmich  erlitten  haben  {golh. 
naqadai  vaiirliun).  1  Tim.  i,  19 ;  etliche  haben  spot  und  geisein 
eriidden,  dazu  band  und  gefengnis.  Ebr.  11,36;  von  wel- 
ches wegen  ich  mich  beflissen  habe  des  alten  natürlichen, 
jedermann  verständig  tcutscben,  so  in  gemeinem  brauch  ist, 
in  den  alten  Sprüchen,  wolgesetzten  reimen  und  Sprichwör- 
tern gefunden  wird,  und  ja  dennoch  nicht  zu  weit,  als  viel 
müglich  ist,  und  die  art  der  sprachen  erleiden  mögen,  vom 
latein.  Aventin  l";  ein  ström  von  so  heiszem  wasser,  das 
wir  die  hend  nit  darinn  erleiden  mochten.  Frank  «cWt.  223"; 
gibt  doch  die  erfarung,  das  oft  die  erz  so  heisz  sein,  das 
man  kein  band  dran  erleiden  kan.  Mathesils  36';  wofern 
aber  einer  das  nachreisen  nicht  erleiden  {mag).,  soll  derscl- 
big  in  dem  nechsten  spital  erhalten  werden.  Fronsp.  3, 119'; 
du  hast  eine  gerechte  strafe  erlitten ; 
wann  abends  uns  die  braune  nacht 

im  schatten  schwarz  verkleidet, 
und  ich  dann  meine  siuid  hetracht, 

grosz  noth  mein  herz  erleidet.    Spee  (riifzn.  77  (83); 
die  Zimmer  unterscheiden 

versiiszens  mit  geruch, 
sie  stank  noch  wüst  erleiden, 

er  drauszen  fallt  im  flug.    123; 

und  wenn  er  in  freundschaftlicher  mittheilung  unerschöpflich 
war,  so  stockte  gleich  alles  bei  ihm,  wenn  er  Widerspruch 
erlitt  (erfuhr).    Göthe  25,248; 

0  schimpfliche  gewalt,  die  wir  erleiden.    Schiller  .  .  .; 

erleide  was  du  suchtest.    473*; 

sie  hat  es  überstanden,  wunderbar 

hat  sics  erlitten.    Tieck  2,  156; 

nur  das  wird  wahrhaft  besessen,  was  errungen,  ermüht  und 
erlitten  wurde.  Immermanns  fpijoHcn  1,  83.  wir  ziehen  heute  in 
den  7neisten  fällen  das  einfache  verbum  vor  und  sagen :  Schmach, 
noth,  kummer,  unrecht,  schifliruch  leiden,  so  warm  als  man 
es  leiden  kann,  als  es  die  bände  leiden,  hingegen  sclieiden  wir 
Widerspruch  erfahren  {erleiden)  von  Widerspruch  leiden  (ertragen). 
ERLEIDEN,  ganz  versrJtieden  von  dem  vorigen,  und  zu  leid 
invisus,  odiosus,  ags.  lad,  engl,  loath,  alts.  leth,  alln.  leidr, 
scliw.  dän.  led  gehörig,     slels  tnit  dem  daliv  der  person. 

1)  leid  sein,  laedere,  fastidire,  ags.  lädian,  engl,  loathe :  es 
will  mir  schier  anfachen  erleiden.  Plater  100;  nems  geld 
einer  nit,  so  nems  der  andre,  es  ist  niemands  erleidet,  seh. 
und  ernst  cap.  . . .;  hüner  seind  im  erleidt.  kl.  weise  reden  02* ; 
zu  Zeiten  schlafen  wir  bei  (rolujitatibus  venereis  fruimur),  zu 
Zeiten  erleidls  uns.    Frank  sjmchw.  1,96'; 

solch  bös  gcdankn  laszt  euch  crleidn.    H.  Sachs  Y,  230*; 

auf  erd  uns  nicht  erleiden  mag, 

diese  schön  grälln  zu  vermeiden,    .\trer  391"; 

nit  furcht  euch  vor  weltlicher  pein, 

Schwert,  prant  sol  uns  nit  erleiden.    Schmelzl  aussendung  8*; 

den  podagramischen  wird  das  danzen  eilciden.  Fischart 
groszm.  139 ;  einer  tngendergebenen  frawen  wird  gewis  das 
danzen  erleiden,  ehz.'h;  damit  das  essen  und  trinken  keim 
erleide,  bienenk.  15*;  welche  thaten,  wie  groszc  potentaten 
und  regenten  gemeinlich,  wann  inen  das  jagen  erleidet,  ein 
handwerk  oder  sonst  geschäft  herfür  suchen.  Garg.  1S5*;  ist 
euch  dan  das  liebe  teulschc  so  gar  erleidet  ?  Philasder  2,  69  ; 
darnach  aber  einer  aus  uns  erdappt  wurde,  . . .  zumal  ich 
ihn  einen  halben  tag  mit  einem  eisern  balskragen  am  pranger 
stehen,  ihm  auch  ein  ohr  abschneiden  und  mit  ruthen  aus- 
hauen sähe,  erleidet  mir  das  handwerk.  Sinipl.  K.  634 ;  das 
was  die  grammalici  und  schulfüchse  wissen  müssen,  war  mir 
bald  erleidet.  7S0.  erleiden,  ekelhaft  sein  oder  werden. 
RXdlein  252'.  die  jmrlieipia  erleidet  lassen  sieh  auch  unirr 
2  bringen,  jenachdem  es  ist  mir  erleidet  sowol  bedeuten  kann 
es  ist  mir  leid  geworden  als  verleidet  worden. 

2)  leid  machen,  invisum  reddire,  verleiden: 

mhd.  ich  Vftnns  wil  Ir  allej  daj  erleiden 

swas  minnccHch  geschalTen  ist.    .MS.  t,  3'; 

ir  niinnedichen  lip  den  kan  mir  nieman  wol  erleiden. 

I.  «85* : 

sA  mar  mir  dchein  nAt, 

Ane  den  gemeinen  i6i, 

den  willen  erleiden.  IIarti.  1  hMtl.  1533; 
nhd.  einsiedel  werden  ...  das  kund  im  weder  \allrr,  s(h«r?sicr 
noch  fremid  erleiden.  Wickra«  ro//ie.  7*;  er  wüst  nicht,  womit 
er  ir  das  . . .  inöcht  erleiden,  damit  sie  in  nicht  »o  vieliu;il 
überlief.  8ü';  wenn  man  einem  ein  ding  erleiden  wil,  n" 
spreche  man  nur,  e.s  sei  gemein  und  alt  ding,  au  veracbt 
maus.  Luther 'Mc/ir.  4  t;i* ;  womit  er  dem  herlichen  hltrr  den 
hof  erleiden  wult.    Galmy  178; 


901 


ERLfilDENLICH  —  ERLENBLATT 


ERLENBOGE  — ERLESEN 


ÖO^ 


Türk,  wie  du  suchst,  wirst  fmden  bscheid, 

Teutschland  musz  dir  werden  erleidt.    Schxelzi.  lobspr.  106; 

kein  mensch  kan  im  das  weih  erleiden.    Atksr  106*; 

mir  sie  kein  mensch  erleiden  soll.    3Su'; 

du  wolst  mir  mein  haus  erleiden, 

das  ich  vom  haus  blosz  soll  scheiden.    Fischaht  ehz.  48; 

mürrisch  sein  thut  als  (alles)  erleiden.    36; 

laszt  euch  nicht  durch  ihren  schein 

erleiden  weder  hier  noch  wein,    groszm.  142; 

gleichwol  wird  der  sonnen  vierzigtäglicher  gegenschein  mit 
der  fasten  etlichen  das  widerlleisch  erleiden,  groszm.  103; 
welchs  warlich  so  abscheulich  zu  hOren  ist,  dasz  es  alle 
alleliija,  orgel,  pfeifen,  posaunen  und  hölzin  gelächter  durchs 
ganz  jar  eim  in  der  kirchen  erleiden  soll,    bienenk.  45'; 

sie  aber  kont  ihr  doch  drumb  nicht  erleidet  werden, 
schön  dünkt  ihr  ihr  gesiebt,  ihr  wesen  und  geberden. 

Werbers  .4r.  2b,  30; 
Gallus  meidet  grobe  lasier,  eines  hat  er  doch  erkiest, 
dasz  man  ihm  nicht  kan  erleiden,  dasz  er  gar  zu  männlich  ist. 
LoGAC  3,  42,  11 ; 
wie  einer  ihm  könte  die  trunkenheit  erleiden.  Zixkgr.  424, 5; 
alles  zu  thun,  was  die  arbeit  in  Unordnung  bringen  und  was 
die   tagelöhner   und  den  meister  dem  jimker  erleiden  kann. 
Pestalozzi  L.  und  G.  1, 127. 

1  ist  heule  ganz  geschwunden,  2  meid  durch  verleiden  ersetzt, 
vgl.  auch  entleiden. 

ERLEIDE.NLICH,  lolerabilis,  erträglicli,  leidlich,  von  erleiden 
=  mhd.  erliden  gebildet:  item  so  man  ein  besatzung  eins 
schlosz  je  nicht  lenger  erhalten  oder  zu  keiner  ziemlichen, 
erleidenlichen  richtung  kommen  mag.    Fro.nspehc  1, 12S'. 

ERLEIDENTLICH,  dasselbe:  es  wäre  aber  vor  die  leute  im 
haus  erleidentlicher,  doch  nicht  zu  ihrer  besserung  erspriesz- 
licher  gewesen.    Simpl.  vogelnest  1, 13. 

ERLEIDIGE.N,  tras  erleiden  =  mhd.  erleiden,  tnmsum 
reddere:  die  vom  adel  erleidigen  den  fürsten- das  studieren. 
Ldtbers  lischr.  394'.  auch  von  Sed.  Helbeb  35  angeführt,  vgl. 
leidigen  und  beleidigen. 

ERLEIDLICH,  lolerabilis,  lädlich:  dis  weib  ist  nichts  werd 
und  ganz  unerleidlich  {unleidlich,  unerträglich).  Fischart  ehz.  IS ; 
erleidlicher  ist  tausend  freunde  verlieren,  als  einen  vergif- 
teten (gißigen)  feind  sehen  und  leiden  müssen,  pers.  rosenih. 
5,14;  das  ist  kein  überflusz.  wenn  man  vornehmen  leuten 
zu  bcstätigung  fernerer  bekanntschaft  einen  erleidlichen  (ziem- 
lichen, anständigen)  ehrenbecher  bescheid  thut.  Weise  erzn.  is ; 
mein  (des  kranken)  zustand  war  ziemlich  erleidlich.  Felsenb. 
1,2.33;  nach  einem  erleidlichen  winter.  1.591;  so  habt  die 
gnade  mir  zu  versprechen,  dasz  ihr  den  übellhäter  nicht  am 
leben  strafen,  sondern  ihn  nach  eurem  gefallen  nur  in  sol- 
chen erleidlichen  stand  setzen  wollet,  euch  und  keinem  an- 
dern redlichen  manne  mehr  zu  schaden.  2,  2S7;  weil  sie  mir 
manchen  verdrusz  vertreiben,  eben  darum  sind  sie  mir  er- 
leidlich. J.  E.  Schlegel  2,343;  unter  erleidlichen  bedingungen. 
FiCHTES  reden  an  die  d.  nalion  263.  das  ahd.  leidlih  exsecra- 
bilis,  detestabilis  ist  ganz  ein  anderes  «ort  und  hat  ei,  nicht  i 
Gbaffs  bemerkung  2, 173  ist  darum  unireffend. 

ERLEIERN,  fidibus  lucrum  facere,   erleiren  Stieler  1141: 
wie  unser  groszer  Bav  noch  seine  saite  stimmt 
und  mit  geschickter  band  die  mahlzeit  sich  erleiert. 
Rarerer  2,  &7. 

ERLEINEN,  odntti,  anlehnen;  erleint  adnixus.  Maaler  114*. 

ERLEN,  dneus,  s.  erlin:  erlenes  holz; 

blühn  schon  einmal  diese  fruchte, 
ach  so  ist  es  warlich  aus, 
und  des  alters  schaugerichte 
sind  ein  erlner  blumensirausz.    Gcnther  923. 
ERLENB.\CH,  fn.  rivus  alnis  consitus,  vgl.  erlebach: 
an  diesem  hain,  vom  erlenbach  durchtanzt, 
ein  Kärtchen  nur  vor  einer  kleinen  hütte, 
mit  schlanken  päppeln  malerisch  umpflanzt, 

ist  alles  was  ich  vom  geschick  erbitte.    Matthisso»  13; 
wie  schön  der  mond  die  wellen 

des  erlenbnchs  besäumt, 
der  hier  durch  binscnstellen, 

dort  unter  blumen  schäumt.    126. 

Ortsname,  z.  b.  Obererlenbach,  Niedererlenbach  in  der  WeUerau. 
ERLENB.\L'M,  m.  alnus.    Frisch  1,  225*. 
ERLENBL.\TT,  n.  folium  alneum: 

froh  und  hange 

lausch  ich  l.tngß 
auf  der  amsel  nbendlicd, 

wie,  umliiillt  von  erlenblätiern 

narhtigallen  ziehend  schmettern 
und  der  kibitz  lockt  im  ricd.    Saus  (1. 


ERLENBOGE,  m.  arcus  alneus,  i.  e.  inulüis,  qui  facde  rum- 
pitur.    Stieler  387. 

ERLENBUSCH,  m.  virgultum  alneum,  alnetum: 

in  eines  erlenbuscbes  nacht.    Göetigc  1,  75. 
ERLENFI.NK,  m.  fringilla  sfinus,  zeisig. 
ERLENGANG,  m.  ambulacrum  inier  ainos: 

und  noch  glänzet  das  laub  des  gebogenen  erlenganges. 

Voss; 
die  umschlingende  flut  scheidet  vom  weltgeräusch! 
darum  lockte  mich  stets  deiner  gestade  ruh 
und  die  dämmrung,  o  insel, 

deines  duftende'n  erlengangs.    M.atthissoh  114. 
ERLENGEBÜSCH,  n.  alnetum. 
ERLENH.\HNCHEN,  n.  chrysomela  alni 
ERLENHAL'PT,  m.  eigenname,  Erlenheubt.  wästh.  1,790. 
ERLENHOLZ,  n.  elkrliolz.    Stieler  3S7. 
ERLENHÜPFER,  m.  curculio  alni. 
ERLENKÖNIG,  siehe  erlkOnig,  m.    Göthe  1, 1S3. 
ERLENREIHE,  f  ordo  alnorum: 

entlegnes  thal  von  Gchtenböhn  begrenzt, 

mit  erlenreihn  umhegte  flache  matten !    Salis  146, 

ERLENRINDE,  f.  cortex  alneus: 

als  mir  ihr  äuge  nicht  mehr  schien, 

wollt  ich  in  die  gehölze  Diehn, 

wollt  ich  wild  wie  der  eisbär  sein. 

da  sollten  gras  und  erlenrinde 

für  immer  meine  nahrung  sein. 

Khetsch«a!»!<  im  gött.  musenalm.  1773  s.  8. 
ERLENSAUGER,  m.  diermes  alni 
ERLENSCHATTE,  m.  umbra  alnorum: 
ich  lag  auf  grünen  matten 

an  klarer  quellen  rand. 
mir  kühlten  erlenscbatten 

der  Wangen  heiszen  brand.    Kosecarte«  poesieen  2, 43 ; 
auf  den  grünen  matten 

längs  dem  wiesenbacb, 
wo  im  erlenscbatten 

ich  süszträumend  lag.    t.  278. 

ERLENSCHWAM.M,  m.  agancus  alnü 
ERLENSPANNER,  m.  phalaena  alni. 
ERLENSTRAUCH,  m.  fruUx  alneus: 

hell  in  bläulicher  glut  flammte  des  erlenstrauchs 

zartgekräuseltes  laub.  Voss; 

nur  der  emmerling  zirpt  oben  im  erlenstrauch.    Salis  56; 

ein  bär  sasz  einst  an  einem  erlenstrauch 

und  leckte  sich  an  seiner  tatze.    Gleih  der  kater  und  die  kalte. 

ERLE.NW  EIHER,  m.  stagnum  alnis  seplum: 

wo  am  trüben  erlenweiher 

dürrem  röhr  im  winde  tönt.    Matthissoi»  179. 

ERLERNBAR,  quod  addisci  polest. 

ERLERNBARKEIT,  f. 

ERLERNEN,  1)  addiscere:  wol  and  eigentlich  lernen,  per- 
discere,  in  eim  fürgang  erlernen,  altingere  in  transitu.  Maaler 
114';  selber  ersehen  upd  erlehrnen.  publicationspatent  zur 
Frankf  reformalion  von  157S;  erlern  mit  allem  fleisz  deinen 
nehesten.  Sir.  9,  21 ;  da  berief  Herodes  die  weisen  heimlich 
und  erlernet  mit  allem  fleisz  von  inen,  wenn  der  stem  er- 
schienen were?  Matth.  2,7;  ich  wil  aber  gar  kürzlich  zu 
euch  komen  und  erlernen,  nicht  die  wort  der  aufgeblasenen, 
sondern  die  kraft.    1  (k>r.  4, 19 ; 

ein  Jüngling,  den  des  Wissens  heisrer  dnrst 
nach  Sais  in  Ägypten  trieb,  der  priester 
geheime  Weisheit  zu  erlernen.    Schiller  70*. 

2)  sich  erlernen,  steh  erkunden,  ralhs  erholen:  ilcm  wisen 
wir  vor  recht,  hellen  sie  ein  urteil,  inne  des  lin  das?)  sie 
sich  nicht  verstunden,  das  (des  ?)  soln  sie  sich  erlernen  an 
den  lantscheffen  zu  Richenbach.    veisth  3. 402. 

ERLERNE.NSWERTH:  was  zur  classischen  erziehung  leh- 
rens  und  erlernenswerth  sein  möchte.  Wolfs  mus.  der 
allerlh.  w.  1,  SO. 

ERLESCHEN,  y.  erlöschen. 

ERLESEN,  legere,  eligere,  seligere,  mhd.  erlesen. 

1)  kömer,  kräuter,  flocken  auslesen,  rein  lesen: 
welche  sei  so  rein,  als  hettens  taubn  erlesen. 

Rebhc<«s  Susanna  (1536)  s.  47; 

80  kan  ein  grosze  gemein  nicht  durchaus  rein  sein,  als 
betten  sie  die  tauben  erlesen.  M.athesiüs  1562,  309';  mit  dem- 
selben mammcll  und  mummelt  er  alle  seine  kirchenlösuns 
(kyrieelrisons)  und  erkemet,  ertreschet  und  erlas  es  so  eigent- 
lich, das  nicht  ein  einigs  kürnlin  umbsonst  auf  die  erd  ful. 
Gorj.  162';  die  ursach  des  fleiszigen  erlesens  allerhand  Rom- 

57* 


903 


ERLESEN  —  ERLEUCHTEN 


ERLEUCHTEN  — ERLIEBEN 


904 


gras  und  sanct  PeterskrUnter.  bienenk.  2' ;  kinder,  welche 
sich  sorgfältig  und  einsig  beschäfliglen  die  flocken  der  biiuni- 
wolJe  auseinander  zu  zupfen  und  die  Samenkörner,  spliller 
von  den  schalen  der  nüsse  nebst  andern  unreinigkeilen  weg- 
zunehmen, sie  nennen  es  erlesen.  Götiie  23,52;  es  wird 
die  erlesene  oder  gereinigle  haumwolle  auf  die  karden,  welche 
in  Deutschland  krämpel  heiszen,  gleich  ausgel heilt,  gckardet. 
ebenda,     vgl.  auslesen,  belesen. 

2)  leute,  münrfer,  häufen:  zuerst  kamen  herzog  Reichart 
Ton  Nordmandi  mit  dreiszigtausent  wolgerüsler  mannen,  dar- 
nach der  graf  Gui  von  Burgundien,  der  bracht  ein  erlesnen 
häufen.    Aimon  b5*; 

über  die  wogen  zu  gehn,  von  erlesenem  voIke  begleitet. 

//.  3,  47j 
sie  haben  sechzig  fähnlein  schon  beisammen 
eriesnes  volk.  Schiller  .ib'J' ; 

und  wärs  zu  denken,  dasz  parteienhasz 
den  einzelnen  bestäche,  können  vierzig 
erlesne  männer  sich  in  einem  spruche 
der  leidenschafl  vereinigen?    412*; 

die  zu  einem  fest  erlesenen  {eingeladenen).  Kunger  3,  251» 
damit  sie  aus  ihnen  einen  gemahl  erlese.    10,41; 

erlesen  ist  dir  ein  bräutigam.    RiJceert  434; 

indessen  führt  ein  rascher  wind  vom  lande 

die  drei  erlesnen  fort  mit  pünstger  hast. 

(portava  intanto  il  bei  nuraero  eletto 

dei  tre  buon  cavalier  l'aura  scconda).    Ar.  41,  35. 

erlesen,  exquisitus,  vgl.  auserlesen. 

3)  Dorco  sagt  zu  seiner  fraw  'o  ich  wil  es  noch  erleben, 
was  dir  wird  dein  andrer  mann  für  erlesne  stösze  geben'. 

LoGAU  3,  195,  25 ; 

ob  wir  Deutschen  unsre  trachten  alle  jähr  gleich  new  er- 
lesen, 

dennoch  ist  noch  nimmer  keine  nur  6in  jähr  durch  recht 

gewesen.    3,253,203; 

ausgeleert  des  weines  gläser, 

den  der  wirt  erlas!    Voss  6,  5; 

wol  denn,  wofern  mir  ein  andres  verleihn  die  edlen  Achaier, 

meinem  sinn  es  erlesend,  das  mir  ein  voller  crsatz  sei. 

II.  1,  136. 

4)  es  ist  aber  ein  eigen  erlesen  und  nicht  gottes  werk. 
Luther  4,  516' ; 

und  was  du  denn  erlesen, 

das  treibst  du,  starker  held, 

und  bringst  zum  stand  und  wesen, 

was  deinem  rath  gefällt.    Paul  Gerhard; 

darf  ich  mir  noch  ein  glück  zum  letzten  ziel  erlesen, 

so  stell  im  scheiden  sich  bei  mir  kein  schrecken  ein. 

IIagehorn  1,  29; 
gemeiner  tugenden  kann  nur  ein  held  entrathen, 
der  glänz  von  seinem  rühm  strahlt  aus  erhabnen  thatcn, 
aus  dem,  was  andern  schwer  und  unerreichlich  fällt, 
die  niedern  müssen  sich  ein  leichtrcs  lob  erlesen.    1,92; 
der  lioudart,  den  ich  mir  zum  muster  nie  erlesen.    1,104; 

sind  da  beseelte  wesen, 
so  ist  ihr  wohnplatz  nur  zu  ihrer  qual  erlesen. 

Kästner  1,  72; 
ich  trink,  und  trinkend  fallt  mir  bei, 
dasz  sie,  die  scIiöpfUng.  dreifach  sei, 
die  nach  der  reih  der  siclitbarn  wesen 
der  allmacht  wink  zum  sein  erlesen.    Lessing  1,  68. 

6)  erlesen,  aus  den  buchslaben  ersehen,  lesen  im  gewöhnlichen 
sinn: 

mhd.  an  wAIen  buochen  b&nt  si  daj  erlösen?  Waltuer  34,  2; 
nluL  ewer  schreiben  haben  wir  erlesen.  Luther  3,132';  des 
sinn  ich  dazemal  verfasset  und  euch  zugcschriben  hab  in 
bofnung  ir  wurdind  es  nach  fliszigem  hören  und  erlesen  an- 
nemen.  Zwingli  1,  54.  stall  dieses  erlesen  braucid  die  geschäßs- 
spraehe  auch  verlesen. 

ERLETZEN,  laedere,  verlHten: 

mancher  mann,  der  sonst  war  werd, 

ward  crletzct  durch  dein  schwcrd.    FLiainc  303. 

sich  ERLETZEiN,  se  deleclare,  sich  ergeizen,  ry/.  das  einfache 
lelzen : 

wenn  Duban  ehre  geizt,  so  kann  er  diesmal  sich 
bis  zur  genüge  dran  erlctzea.    Wiblamo  10,  391. 

ERLEIBEN,  s.  erlauben, 

ERLEUCHTEN,  illuslrare.  illuminarc,  ahd.  arliuhlan,  mhd. 
ertiubten,  golh.  aber  inliuhljan,  das  gleich  den  lal.  «Ortern  mit 
in  gebildet  ist. 

t)  im  eigenllidie»  Mm;  et  war  aber  ein  finster  wölken  und 
erlmchlet  die  nacht  (et  erat  nuhes  tenrhrusa  et  illuminans 
nocteml.  iHos.  14.20;  da«  unser  got  unser  nugen  erlriichlef. 
Bm  9, 8 ;    erleuctiie  aeioe  «ugen,  da«  icb  nickt  im  tod« 


entschlafe,  ps.  13,4;  denn  du  erleuchtest  meine  leuchte,  der 
herr  mein  gott  machet  meine  finslernis  Hecht.  18,29;  wird 
dich  erleuchten,  wie  ein  heller  blitz.  Luc.  11,36;  und  dar- 
nach sähe  ich  einen  andern  engel  nider  faren  vom  himel, 
der  hatte  eine  grosze  macht  und  die  erde  ward  erleuchtet 
von  seiner  klarheit.  o/fcnb.  IS,  1;  die  sonne  erleuchtet  den 
tag,  der  mond  die  nacht ;  die  lampc  konnte  das  zinnner  nur 
spärlich  erleuchten;    die  ganze  Stadt  war  abends  erleuchtet. 

2)  figürlicli,  und  erleiichl  in  mit  dem  Hecht  der  lebendigen. 
Hiob  33,30;  da  ward  mein  seel  erleuchtet  durch  die  Weis- 
heit. Sir.  51,27;  ein  Hecht  zu  erleuchten  die  beiden  {golh, 
liuhaj)  du  andhuleinai  jiiudom).  Luc.  2,32;  das  war  des  war- 
haflige  Hecht,  wclchs  alle  menschen  erleuchtet.  Job.  1,0; 
gebe  euch  erleuchtete  äugen  ewers  verstenlnis  190//».  inliuhtida 
augöna  hairlins  izvaris).  Eph.l,l8;  und  zu  erleuchten  jeder- 
man  {goth.  jah  inliuhtjan  aihms).  3,  9 ;  wache  auf  der  du 
schlcfest  und  stehe  auf  von  den  todten,  so  wird  dich  Christus 
erleuchten.  5,14;  das  vvort  des  hcrrn  ist  glaslauter  und  er- 
leuchtet und  sterkct  die  äugen.  Mathesius  1562,  2S2';  so 
wolle  er  mir  mein  herz  erleuchten.  Schweimchen  2,76;  für 
einen  erleuchten  mann  gehallen.  Kmcnnor  wenduntn.  365'; 
mit  ganz  treflichen  und  erleuchten  Worten.    419'; 

dein  wort,  herr,  scheint  so  klar  als  wol  kein  mittagslicbt, 
hilf,  dasz  es  mich  erleuclit  und  alle  blindheit  bricht. 
Lof.AU  2,  173,  78; 

sie  müssen  einen  jeden  reizen  seine  provinz  zu  ericurhien, 
um  sie  dem  groszen  geschichtschreibcr  in  dem  wahren  lichte 
zu  zeigen.  Moser  1,  corr. ;  der  adcl  var  noch  erleuchtet. 
1, 193 ;  ein  philosoph  von  erleuchteteren  einsichten.  Kart 
8,258; 

herr,  mein  gott,  wie  soll  es  werden? 

herr,  mein  gott,  erleuchte  michl 

ist  wol  irgendwo  auf  erden 

rettung  noch  und  heil  für  mich?    Börgkr  44'; 

erleuchtet  mädchen,  das  der  geist  beseelt!    Schiller  469*; 

0  dürft  ich  dich  erleuchten!  dürft  ich  dir 

verborgne  winkel  öfnen,  wo  die  schar 

verschworener  Verfolger  lückisch  lauscht.    Göihk  9,  289; 

ich  musz  es  anders  übersetzen, 

wenn  ich  vom  geiste  recht  erleuchtet  bin.    12,  66; 

das  ist  eine  crfindung  oder  vielmehr  eine  wiederauffindung,  die 
unsern  erleuchteten  (aufgekldrlen)  zciten  aufbehalten  war.  14,23 ; 
der  graf  liesz  so  auszerordentlichc  kenntnisse  sehen,  dasz  alle 
in  der  grösztcn  demuth  vor  so  einem  erleuchteten  kenner 
und  erlauchten  beschülzer  standen.  IS,  239 ;  dasz  jeder,  in- 
dem er  den  andern  zu  erleuchten  trachtete,  bei  sich  sellisl 
auch  heller  und  klarer  zu  werden  bestrebt  sein  muste.  31,  200; 
dasz  wir  in  erleuchteten  zeilen  leben,  das  ärgert  ihn  nun 
und  deswegen  beweist  er,  dasz  die  philosophen  nicht  er- 
leuchtet sind.  33,116;  mit  einer  von  träumen  erleuchteten 
brüst.  J.  P.  Hesp.  l,  153 ;  sie  durch  die  tiefen,  kalten  höllcn- 
fliisse  des  lebens  mächtig  zu  tragen,  das  hätte  sein  leben 
erleuchtet.    Tit.  2,67. 

3)  intr.  erleuchten,  illucescere,  apparere, 

mhd.  üi  den  soumschrinen  manic  edel  stein 

erlübte  iu  guoter  wxte,  die  ruorie  vrouwen  hnnt. 

nib.  74»,  3 ; 

nhd.  der  sal  erleuchtet  von  hundert  kcrzen;  es  erleuchtet, 
leuchtet  ein  ;  die  Wahrheit  seiner  bi-hauptung  erleuchtete  daraus. 

ERLELCHTIGEN,  was  erleuchten. 

ERLEUCHTIGUNG,  f.  erleuclUung,  belehrung.  Keisersberg 
post.    4.34. 

ERLEUCHTNIS,  n.  der  ewige  gott  geh  mir  und  dir  ein 
war  erleuchtnus  in  Christo  Jesu,  ein  schöner  dialogus  von  Mar- 
tina Luther  und  der  geschickten  bolschafl  aus  der  helle.  t523.  4.  A  2. 

ERLEUCHTUNG,  f.  1)  crleuchfung  der  halben  kiigel ;  er- 
leuchtung  der  sladt. 

8)  erleuchtung  des  Verstandes.  GEiXEnT7,  5;  denn  zu  deines 
valers  zeit  ward  bei  im  erleuchtung  erfunden,  klugheit  und 
weisheil.  Dan.  5,11;  der  hat  einen  hellen  schein  iu  unser 
herzen  gegeben,  das  durch  uns  entstünde  die  ericuchluiig 
von  der  erkenntnis  der  klarheit  gottes  {yvlh.  saei  jah  liuhtida 
in  hairtam  unsaraim  du  liuhadein  vnl|)aus  gut>s).  2  Cor.  4,  6. 

ERLEUCHTUNGSGRENZE,  f.  diejenigen  gegenden  auf  dem 
monde,  die  der  erleuchtungsgrenze  nahe  liegen.  BRANtiKs 
aslronomie  |S27.   2,  23. 

sich  ERLIEBEN,  se  deleclare,  sich  erlusligen.  erfreuen,  ein 
seltnes,  hübsches  wort,  :u  welchem  auch  noch  kein  nhd.  irliopün, 
fiihd.  erlielien  gefunden  ist:  das  sie  sich  einmal  mit  ehren, 
wie  dio  magd  OQ  dem  tunzc,  crliehcn,  crmüetcn.   kngsb.  da 


905 


ERLIEGEN— ERLISTEN 


ERLITTENLICH  —ERLÖSEN 


906 


frides  199 ;  dasz  er  sich  über  diese  newe  erfindung  bei  sich 
selbst  so  hoch  eriiebt  und  erlustiget.   Fhonsp.  2, 102*. 

ERLIEGEN,  s.  erlügen. 

ERLIEGEN,  fatiscere,  deficere,  succumbere,  niederliegen,  unter- 
liegen, liegen  bleiben,  ahd.  arligan,  irligan,  mhd.  erligen;  farl. 
prael.  ahd.  arlegan,  nihd.  erlegen,  für  dessen  adjeclirische  rer- 
Kendung  oben  $p.  897  schon  belege  angeßhrt  sind. 

1)  mir  erliegt,  stockt,  geht  atis,  vergeht,  schwindet:  er  het 
ein  laute,  starke  stimm,  die  im  nit  erlag;  mir  ist  die  pfeif 
erlegen  {der  aihem  ist  ihr  ausgegangen,  ich' kann  nicht  viehr 
blasen).  Ptautiis  Menechm.  1550  s.  lOl';  mir  wird  erligen  der 
gesang  als  der  nachtigallen  (ich  werde  nicht  mehr  singen  können). 
116';  mir  erliegen  {vergehen)  die  gedanken; 

im  kampr  mit  diesem  paradoxenheer 

erlieget  ihm  die  krafl  der  Überlegung.    Gottkh  1,  381. 

2)  damit  nicht  etwan  der  subtilste  theil  verschwinden,  der 
grob  und  dicke  aber  erligen  und  sitzen  bleibe.  Uffenbacd 
2,  121;  kurz  darvon  zu  reden,  backen,  brauwen,  kochen, 
waschen  und  viel  anders  unzehlichs  mehr  erligt  {gelit  nicht 
von  statten),  wo  kein  wasser,  oder  das  unnütz  und  stinkend 
ist.  Kirchhof  miV.  dwc.  166 ;  ich  kann  dieses  nicht  auf  mir  er- 
liegen {sitzen)  lassen.  Räulei.n-  252*;  erligen  und  starben. 
Maäler  114';  gar  erligen;  ungerochen  bleiben  und  erligen, 
jacere  inultum.    ebenda; 

daran  der  lanzknecbt  vil  erligen.    H.Sachs  II.  4,  58'; 
wer  will  heute  nicht  erliegen, 
wer  wird  heute  nicht  ein  thor?    Gotter  1,  295; 
die  für  gott  und  gesetz,  für  eitern,  weiber  und  kinder 
stritten  und  gegen  den  feind  zusammenstehend  erlagen. 

GöTHB  40,  337. 

3)  das  pferd  erlag  seiner  last ;  das  beer  erlag  dem  feinde ; 

er  bat  der  feinde  mehr,  und  oft 
erliegt  der  stärkste  gleich  dem  schwächsten.    Lsssinc  2,  306; 

er  wird  der  macht  der  Verführung  erliegen;  dem  schmerz 
erliegen.    Gotter  1, 102.  283 ; 

er  erlag  der  entzückung.    Messias  13,  116; 

und  ich  war  dieser  wonne  nicht  erlegen?    14,  318. 

4)  tr.  erliegen,  cubando  necare,  mhd.  ob  ej  {das  kind)  diu 
muoter  die  wile  iht  erdrücke  oder  erlige,  so  si  ej  söugen 
wil  über  naht.    Bertbold  212. 

5)  sich  erliegen  =  erliegen:  der  schlämm,  den  man  aus 
den  teichen  und  gruben  haben  kan,  ist  auch  sehr  gut  zum 
düngen  und  dem  geträide  dienlich,  doch  dasz  er  im  alten 
monden  ausgeworfen  und  zuvor  ein  ganzes  jähr  übereinander 
sich  erlägen  und  gefaulet  habe.  Hohberg  3,  2,  IS",    s.  verliegen. 

ERLIEGEN,  n.  pernicies,  unterliegen: 

so  wollst  du,  bitt  ich,  stand  und  namen  sagen, 
sind  bitten  im  gefecht  nicht  unerlaubt, 
damit  ich  wiss,  im  fallen  oder  siegen, 
wer  meinen  sieg  ehrt  oder  mein  erliegen. 

Gries  Tassos  befr.  Jer.  12,  60. 

ERLIN,  alneus,  erlen:  erline  pfäl,  pali  alnei.  Maaler  114'. 
Stieler  387;  erlin  wald,  alnelum;  nirab  ein  junges  eichin 
laub  oder  ein  erlins.    Seuter  420. 

ERLLVDE.N,  emollirc,  delinire,  mhd. 

sus  wolle  er  mit  den  zeichen 

erlinden  und  erweichen 

die  küneginne  spaihe.    tr.  Jtr.  22460; 

nhd.  erlinden,  lind  und  weich  machen.  Maaler  114'.  auferlinden. 
Stalder  2, 173. 

ERLINDERN,  dasselbe:  hat  herr  Leonhart  ein  rede  gethan 
den  fürsten  zu  erlindern,  aber  kein  ansehen  gehabt.  Luther 
3,418'; 

das  kan  nieman  als  ihr  verhindern. 

'ein  stein  wer  vil  eh  zu  erlindern',    .\trer  404'. 

ERLLNDERUNG,  f.  emollitio:  und  sich  von  stund  an  darauf 
Ton  Wittemberg  zu  thun  an  die  ende,  da  er  verhoft  erlin- 
dcnmg  unbeschwert  zu  erwarten.    Llther  1, 113', 

ERLING,  m.  einer  der  zatillosen  namen  des  cyprinus  phoxinus, 
erlitz,  elritz,  die  flüssigen  laute  wie  in  erle  und  ellcr  wechselnd. 
ERLISTEN,  1)  dccipere,  (allere,  berücken,  überlisten:  finden, 
dasz  in  der  Speisekammer  unter  den  speckseilen  besser  leben 
ist  und  des  nachts  zu  ruhen,  als  auf  dem  fruchtbodea  ein- 
zelne manschen  zu  erlisten.    Göthe  8,  243. 

2)  catlide,  fraudulenter  parare,  acquirere.    Stielek  1169: 
der  mann  musz  hinaus 
ins  feindliche  leben, 
musi  wirken  und  streben 
und  pflanzen  und  schaffen, 
erlisten,  erraffen.    Scuillzr  78*. 


ERLITTENLICH,  paiienter:  erlegenlich  oder  erlittenlicb, 
perpesse.    voc.  theiä.  14S2  gs'. 

ERLITZ,  m.  oder  erlitze  f.,  was  erling: 
fach  hasel,  erlitz  und  die  kressen, 

rotaugen,  weisztisch  und  die  pressen  (brassen,  bracbsen). 
H.  Sachs  I,  424*. 

ERLKÖNIG,  m.  s.  erlenkönig.  in  Herders  stimmen  der 
Völker  (1778)  wurde  das  dän.  ellerkonge,  ellekonge,  d.  i.  elver- 
konge,  elvekonge,  also  elbkönig,  elbenkönig,  beherscher  der  elbe 
{sp.  4001  falsch  übersetzt,  was  hernach  auch  Güthe\  verführte, 
einen  erlkönig  gibt  es  in  keiner  sage. 

ERLOBEN,  laudando  ubtinere.  Stieler  1172:  möchtet  ihr 
euch  nie  etwas  anderes  als  gift  erloben,  verdammte  Schmeichler. 
Lessing  1, 148 ;  dieses  und  unzählicher  ähnlicher  frevel  un- 
geachtet . . .  gelang  es  hrn.  Klotzen,  sich  einen  anhang  zu 
erschimpfen  und  einen  noch  gröszern  sich  zu  erloben.  8, 203. 

ERLOCKEN,  allicere,  iliicere,  induc^e,  producere,  verlocken: 
erweichen,  erlocken  und  bezaubern,  das  sie  gegeneinander 
holdseliger  sich  ergeben.    Fiscbart  ehz.  2. 

ERLOGEN,  s.  erlügen. 

ERLÖS,  m.  pccunia  parta:  der  erlös  war  gering,  reichlich, 

ERLOSCHEN,  exstingui,  ahd.  arlescan,  arlasc,  arloscan,  mhd 
erleschen,  erlasch,  erloschen,  nhd.  frülter  noch  erleschen,  er- 
lasch, erloschen,  heute  schlecfUer  erlöschen,  erlosch,  erloschen : 
das  liecht  ist  erloschen.    4  Esr.  16,  22 ; 

dem  tod  het  er  sich  gar  ergeben, 
indem  ihm  auch  das  liecht  erlasch, 
grosz  angst  und  furcht  sein  herz  durchdrasch. 
H.  Sachs  I,  177'; 

also  in  des  ritters  herz  die  unmäszige  liebe  sich  endet  und 
erlösche.  Bocc.  2, 186*  (in  älteren  ausg.  sich  endet  und  erlasch) ; 
erloschen  was  ir  trutzigkeit.    Soltac  374; 
wenn  ich  seh  das  gericht  in  des  sohns  erloschnen  (so)  geberde. 
Uessias  5,  73<>; 
ich  sähe  die  kröne 
um  sein  haupt,  und  sah  wie  in  dämmrung  erlöschen  der  enge! 
antlitz.  15,  1281; 

indes  war  des  führers 
glänz  in  dämmrung  erloschen.    16,  508 

auch  alte  halb  erloschene  äugen  heiterten  sich  auf.  Wiela.\d 
2, 31 ;  ein  in  dem  körper  erloschner  grad  der  krafl.  Ka.nt 
8,146;  die  alten  lugenden  sind  erloschen.  9,4; 

alsbald  erlischt  der  wange  roth, 

des  blauen  auges  Schimmer.    Gotter  1,  94; 

selbst  naiur  lockt  mich  vergebens, 

mit  der  fackel  deines  lebens, 

Lalage,  erlosch  sie  mir.    1,  104; 

so  glomm  er  langsam  weg,  erlosch  und  merkt  es  kaum. 

1,406; 

ist  dein  zom  erloschen?    2,281; 

soll,  sprach  er,  soll  mein  Älbion  vergehen, 

erlöschen  meiner  beiden  stamm?    Schiller  20*; 

blosz  ein  paar  glühende  augenblicke  zischen  und  erlöschen 
auf  dem  eisfeld  des  lebens.  J.  P.  Hesp.  2,  22;  mit  erloschnem 
grauem  blick.  Fibel  44 ;  dieser  erloschene  (abgelebte)  mensch. 
Tit.  2,  98.     ein  geschlecht,  recht,  anspruch  ist  erloschen. 

ERLÖSCHEN,  cxstinguere,  praes.  erlöschte,  part.  erlöscht, 
alid.  arlescan,  arlascta,  arlescit,  mhd.  erleschen,  erlascbte, 
erleschet :  so  brennet  es  gar  lang  und  erlöschet  es  kein 
wind.  Froxsp.  kriegsb.  2,  200* ;  man  erlöschte  schnell  das  aus- 
gebrochne  feuer;  die  kerze  erlischt  von  selbst,  ohne  dasz 
sie  braucht  erlöscht  zu  werden. 

ERLÖSCHUNG,  f.  exäinctio:  davon  nichts  anderes  denn 
merklich  ergernis  des  gemeinen  volks  zu  ringerung  gottes 
liebe  und  furcht,  erleschung  guter,  erbarer  christlichen  zucht 
und  gewonheit  und  merklicher  imgehorsam  entstehea  würde. 
Lcther  2,  433'. 

ERLÖSEN,  1)  liberare,  rcdimere,  los,  frei  madien,  goth.  uslaus- 
jan,  ahd.  irlosan,  mhd.  erloesen,  ein  in  der  bibel  oß  wieder- 
kehrendes wort  z.  b.  der  engel,  der  mich  erlöset  hat  von  allem 
übel,  der  segne  die  knaben.  i  Mos.  48.14;  denn  der  herr  hat 
Jacob  erlöset  und  ist  in  Israel  herlich.  Es.  44, 23 ;  erlöse 
uns  von  dem  übel  {goth.  lausei  uns  af  l^amma  ubilin).  Matth. 
6, 13 ;  er  hat  golt  vertrawet,  der  erlöse  in  nu,  lüslets  in 
(goth.  trauaida  du  gujia,  lausjadau  nu  ina,  jabai  vili  ina). 
27, 43 ;  ich  elender  mensch,  wer  wird  mich  erlösen  von  dem 
leibe  dieses  todes?  (vainags  ik  manna,  bvas  mik  lauseit>  us 
})amma  leika  dau(iaus  |)is?)  Rom.  7,24;  welcher  uns  von 
solchem  tode  erlöset  bat  und  noch  tcgiich  erlöset  (izei  us 
svaleikaim  daut)um  uns  galausida  jab  galauseij)),  2  Cor.  1, 10. 


907 


ERLÖSER  — ERLÜCKEN 


ERLUCKUNG  —  ERLUSTIEREN 


908 


in  allen  diesen  stellen  selzl  der  Gothe  lausjan,  galaiisjan,  kein 
uslausjan,  das  er  für  öieti;  xsyoif  virucndet,  z.  b.  2  Thess. 
3,  2,  wo  auch  Luther  erlösen  hat.  gerichtshändel  mit  beloh- 
nung  erlösen,  kamtner^.  ordn.  von  1521.  25, 1 ;  dasz  mir  dan- 
iioch  aus  der  kanzlei  ein  antwort  werde,  damit  ich  meinen 
glauben,  dasz  ichs  gesucht  habe,  erlösen  muge.  Luthers  br. 
3,  434 : 

aller  notgefahr  erlös  Israel!    Melissus  ps.  K.  3"; 

erlös  mich  für  dem  hasser.    Lobwasser  ps.  C9; 

seinen  vorigen  guten  namen  widerholen  {recuperare)  und  er- 
lösen. Reutter  Arwgsarrfn.  59 ;  aus  allen  iren  Sünden  und  todes- 
schmerzen  erlöset  werden.  Mathesius  1562,  284'; 

gediilt,  der  kühne  sto^z,  der  dich  aus  Sodom  stöszt, 
hat  durch  das  slerhen  dich  der  Sterblichkeit  erlöst, 
und  aul  dein  abendroth  folgt  nun  ein  schöner  morgen. 

Gdmher  hiH; 
sollt  ich  mich  etwa  erlösen  vom  groszen  übel?  so  dacht  er. 

GöTHE  40,  44. 

aus  den  belegen  erhellt,  danz  auszer  dem  gen.  der  suche  auclt  diu 
praeposUionen  von,  aus  und  für  eintreten. 

2)  in  den  mdrclien  steht  erlösen  für  entzaubern :  die  künigs- 
tochter  ist  nun  erlöst ;  die  schlänge  kann  durch  einen  kus 
erlöst  werden;  glockenschlag  zwölf  werden  sie  alle  erlöst. 

3)  das  brot  erlösen  bedeutet  abhacken:  wenn  ein  hund  in 
einen  backofen  sieht,  wenn  man  bäckt,  wird  das  brot  er- 
löset oder  abgebacken  {die  krvsle  löst  sich  von  der  krume). 
rockenphil.  1,  32.  hier  erscheint  ganz  die  sinnliche  Wortbedeutung, 
aus  erlösung  1  ist  zu  folgern,  dasz  vian  auch  sagte  die  fruchte 
erlösen,  vom  bäume  abnclimen. 

ERLÖSER,  liberalor,  rederntor,  heiland:  ich  weisz  das 
mein  erluser  lebet  und  er  wird  mich  hernach  aus  der  erden 
aufwecken.  Hiob  19,  25 ;  Lerr,  mein  hört  und  mein  erlöser ! 
ps.  19,15; 

gnediger  herr  und  erlöser  wiszt, 

dasz  mein  nam  rilter  Leudolt  ist.    Atrer  341'; 

Eschylus,  der  erlöser  seines  Griechenlands.    Opitz  1,204; 
0  mein  erlöser,  hilf  mir  armen ! 
es  kann  es  niemand  sonst  als  du.     Drollinger  35. 

ERLÖSERIN,  f.  redemtrix. 
ERLÖSUNG,  f.  libeidio,  losmachung. 

1)  Mösung:  weil  ihm  die  unserige  mit  abhauung  der  bäume, 
erlösung  der  fruchte  und  todschlagung  des  geflügels  seine 
Wohnung  ruinierten.  Simpl.  l,  6,  25  (1695  und  1713,  661),  wo 
aber  K.  983  nach  älteren  drucken  unverständlich  liest  erösung  der 
feuchten,     erösung,  Verheerung  der  fruchte  gäbe  guten  sinn. 

2)  befreiung,  redemtio:  gebe  sein  leben  zu  einer  erlösung 
für  viele.  Matth.  iO,iS;  und  betrübet  nicht  den  heiligen  gcist 
gottes,  damit  ir  versiegelt  seid,  auf  den  tag  der  erlösung 
{goth.  gasiglidai  in  dag  uslauscinais).  Eph.  4,  30 ;  die  edel 
herzogin  nidersasz,  ircm  allerliebsten  rilter,  zu  welchem  ir 
heil  und  erlösung  stunde,  anfleng  ein  brief  zu  schreiben. 
Galmy  281. 

ERLÖSL'NGSFEIER,  f.  unser  nachbar,  der  beckcrmeisler, 
weisz  noch  davon  zu  singen  und  zu  sagen,  wie  vor  acht 
jaliren  eine  gewisse  alte  Jungfer  ihre  hochzeits  und  crlösungs- 
feier  hielt,  je,  er  wusle  nicht,  wo  er  alle  bleche  dazu  {zu 
den  kurhen)  hernehmen  sollte!    Kl.  Scumidt  Aom.  rfio/if.  469. 

ERLOSUNGSKHAFT,  f. 

lasz  die  erlösungskraft 

itet«  siegreich  in  mir  kämpfen. 

hannöv.  kirchengesangb.  330  v.  9. 

ERLÖSLNGSOPFER,  n. 

0  gönn  uns  einst  die  sfiszen  stunden, 

da  dir  der  arme  frülilich  vingt, 
und  der  bedrängte  nun  entbunden 

dir  sein  erlösungsopfcr  bringt!    Drollinobr  39. 

ERLÖSUNGSSTUNDE,  f. 

e*  wird  die  erlösiingssiund 
allen  menscbcnkindern  knnd. 

SciioTTELiLS  liulgarle  1647  (.  00; 

gotl,  trii8lc  du  alle  betrübten  herzen  bis  zur  erlösungsstunde. 
F«.  Müller  3,  200. 

ERLÖSINGSWERK,  n.  Rroc«e»3,6M. 
ERLOSZEN,  Iftxeh;  sortiri: 
kam  ersogar  unvcrix-hrt  mit  «riotzeiem  tlielle  vom  sIegsraub, 
«r  Titp  anrjfuov  fji.d'B  )mxi'*v  «rro  Xt,i8oi  nloav. 

Od.  5.  40.       , 
ERLICKEN,  languesrcre,  krank  und  blöd  werden.  Makler  114*. 
tgl.   luck  ßnccui,    lurke  lnniiiior  'l'l'   und  unxrr  hx  k<'r.   laius. 


ERLUCKUNG,  /.  languor. 

ERLUFTEN,  V  eventilare,  ventilare,  wannen.  Maa!.eb114*:  ist 
es  kalt,  sol  man  die  stuben  oder  kamern  wermen.  ist  es 
aber  heisze  zeit,  sol  maus  erlüften,  damit  der  frawen  nit  zu 
heisz  oder  onmechtig  werde.    Röszlis  hebammenbüchlein  bl.  32. 

2)  sich  erlüften,  sich  laben: 

dann  sollte  das  herz  mir 
wol  sich  erlüften  des  wehs.    Od.  9,  460, 

wo  es  früher  hiesz 

dann  sollte  mein  herz  sich 
wieder  erlaben  des  wehs. 

ERLÜFTIGEN,  sukere,  lüpcn:  wer  dürr  rosen  zu  der  nasen 
habt,  daz  sterket  daz  hirn  und  daz  hei-z  und  erlüftigt  die 
Icblichcn  gaist  (Icbensgeister).  Megenuerg  345,  32;  die  verstopf- 
ten dinge  zu  erlufligen  und  die  lebcr  zu  Sterken.  Thurneisser 
infl.  wirk.  CO. 

ERLÜGEN,  effingere,  cmcntiri,  ahd.  irliogan,  irlouc,  irlogan ; 
vihd.  erliegen,  erlouc,  erlogen;  ags.  äleogan,  diedh,  Alogen; 
golb.  usliugan  begegnet  nicht,  die  heutige  Schreibung  sollte  sein 
liegen  wie  biegen,  triegen,  will  sich  aber  von  liegen  fitr  ligen 
jacere  unterscheiden,  damit  sind  zwei  alle  Wörter  verderbt, 
mhd.  ein  tiost  im  sterben  niht  erlouc.    Parz.  27,  30, 

teuschle  ihn  niclit  über  seinen  bevorstehenden  lad.  nhd.  alle  ire 
lere  ist  schedlich  und  erlogen,  ps.  36,  4 ;  es  kam  ein  erlogen 
geschrei  aus.  2  Macc.  5,  5 ;  dazu  sag  ich,  dasz  du  solches  in 
deinen  rächen  erlogen  hast.    Galmy  276 ; 

falsch  Zeugnis  erlognes  munds  verjen.    Melissus  ps.  LI*; 

treuherzige  schalkheit  und  triogene  Wahrheit.  Göthe19,177; 
diese  erlogene  Wahrheit,  wodurch  ganz  allein  die  illusion  er- 
zielt wird.  19, 1S4;  sie  erlog  alle  beispiele,  die  sie  vorbrachte; 

euch  angeklagt?  das  ist,  mit  seiner  gunst, 
erlogen,    hört  mich  Nathan !    Lessinq  2,  338 ; 

nadidrückUch : 

ist  erstunken  und  erlogen.    Soltau  230; 

'wenn  man  flucht,  so  gcbts  gut.'  das  ist  erstunken  und  er- 
logen,   rockenpliii  5,  5.     oß  bei  Luther  gebraucht. 

ERLUPFEN,  attoUcre,  lüpfen:  bawen  und  ackerüren  ist 
nicht  anders  dann  das  erdrich  luck  machen,  erlupfcn  und 
beiszen  (macei-are,  1, 1402).  Sebiz  23 ;  dasz  er  den  köpf  umh- 
warf,  wie  ein  tauben  vor  dem  schlag  und  vor  freuden  gleich 
erhupftc,  crlupftc,  erslupfte.    Garg.  112*. 

mhd.  sin  herze  wart  erlupfct 

üf  griramcclichen  ernest.    tr.  kr.  6040, 

WO  aber  die  neue  ausgäbe  5044  gelüpfet. 
ERLUSTEN,  ERLÜSTEN,  delectare, 

1)  tr.  dasz  den  inneren  menschen  dhein  gsalz  noch  wort 
also  erluslet  als  das  wort  gotles.  Zwingli1,62;  gottes  worl 
eiTrewct  alle  engcl  und  erlüstet  alle  creaturen.  Luther  3,  379"; 
ha,  das  erlüstet  mein  herz,  dasz  wir  Cherusker  dies  schwö- 
ren. Klopstock  8,  240 ;  du  hast  mein  herz  erlüstet.    9,  246. 

2)  refl.  lasz  dichs  nicht  verdrieszen ,  das  gott  so  mit  dir 
feiet,  lasz  dir  solchen  seinen  willen  wol  gefallen,  ja  erlOsle 
dich  drinnen  als  in  dem  allerbesten  und  göttlichen  willen. 
Llther  1,  529*.  3,290*;  indes  mustu  es  gotl  befehlen,  in  im 
dich  erlüslen,  seinen  willen  dir  gefallen  lassen.  3,  290';  das 
er  kiindtc  sich  weiden  und  erlusicn.  8,256'; 

wolt  mich  crlusten  in  guten  schwenken.    Atrer /a«:n.  56'; 

daran  wir  uns,  hoff  ich,  ein  weil 

erlösten  wölln.    Schade  sal.  umt  pasq.  i,  100; 

in  der  jugcnd  zum  erlustcn,  in  <lrm  aller  zum  erlaben 

sind  die  weiber.  Locau  3,  232,  7U, 

um  sich  damit  zu  erlüslen,  sich  daran  su  erlaben,  vw  dem 
inf.  darf  das  sich  fehlen ;  als  vor  jähr  und  tag  viele  vornehme 
polnische  lierren  bei  spiel  und  tanz  sich  erluslelen,  trat  ein 
leichtes  wegfertiges  weihsbild  in  den  .sal.  Hebels  itYrilc  3,  35S. 
sich  ERLUSTIEREN,  se  deleciare,  sich  crlusten: 

Im  feld  und  gArten  zu  spazieren, 

im  grünen  sich  zu  orlustieren.    SpAncRNSKRC  fangbr,  M5'; 

der  hirtc  pflegie  wol,  was  üleh  linK  tiiKetr.-igen 

mit  dem  verliebten  paar,  oft  viel'"  ' :'''n, 

die  sich  oh  der  geschieht  als  rr  'ir, 

daruinb  erzählt  er  auch  sie  ohii<  lirr. 

Up„..r,„.  .;j.  2;«,  199; 

ermahnelen  mich  an  «o  vielerlei  vögel,  die  sich  frühlingszeit 
und  im  herbst  bei  uns  in  der  luft  erluslieren.  Si«i;>/.  A'.  764 ; 
je  je,  dasz  ihnen  das  ding  nu  sogleich  einf.'llll,  da  sie  «ich 
liier  ein  biszriieu  erluslieren  wollten.    Weisie  *om.  op.  3,  i7J. 


909 


ERLUSTIERUNG  -—  ERMAHNEN 


ER5IAHM:N — ERMAIEN 


910 


ERLUSTIERUNG,  f.   deledatio:   die  gedanken,   so  mir  bei 
solcher  meiner  erlustierung  eingefallen.    Opitz  1, 125. 
ERLUSTIGEN,  ERLÜSTIGE.N,  dekctare,  belusligen, 

1)  tr.  die  Römer  haben  thealra  gebauwet,  darin  sie  das 
Yolk  mit  unnützer  kurzweil  erlüstiget.  Reiszner  Jer.  1,  23';  er- 
muntert und  erlüstiget  eine  liebliche  music  die  geister  des 
gemüthes.  pers.  rosenth.  3,  27 ;  damit  ich  ihn  gleich  erlustigen 
könnte,  so  bald  es  ihm  nur  in  den  sinn  käme.  Tieck  9,  274. 

2)  reflexiv. 

des  sich  erlüstigt  mein  gemüt.    Schwarzksbbrg  150,2; 

nicht  weiter  ich  dir  folgen  mag, 

bis  ich  zuvor  ein  denzlein  gleich  (/.  geig) 

und  ich  mich  erlustig  mit  euch.    Atreh  fastn.  101*; 

ich  wil  mich  über  dir  allein 

erlustigen  und  frölich  sein, 

■wil  mutbig  und  vor  allen  dingen, 

0  höchster,  deinen  namen  singen.    Opnz  p$.  s.  23; 

wie  soll  jemand,  dessen  freund  in  einem  gefängnis  sitzet, 
im  garten  sich  erlustigen  können?  j)ers.baumg.l,lb;  mit  dir 
(tod)  eriustige  ich  mich  in  meinem  garten.  Heinr.  Müllers 
geistl.erquickslundens.lb;  ihn  däuchte,  dasz  er  in  einer  gesell- 
schaft  von  nymphen  und  liebesgöttern  auf  einer  anmuthigen 
ebne  sich  erlustige.  Wieland  1,  302 ;  wenn  wir  andern  erden- 
söhne uns  auf  gewöhnlichem  Steckenpferden  erlustigen.  9,  243 ; 
willst  du  dich  nach  gethaner  arbeit  erholen  und  erlustigen. 
Klopstoce  12, 146 ;  erlüstigt  sich  der  kaiser  in  gärten  und 
kiosken,  so  darf  niemand  in  stiefeln  auf  die  teppiche  treten 
worauf  der  hof  sich  befindet.  GötheO,  197;  nachmittags  wollen 
wir  uns  recht  erlustigen.   J.  P.  Siebenkäs  3, 101. 

ERLUSTIGL'NG,  f.  ebleclatio:  ein  anreizung,  ein  erlustigung 
oder  ein  willigmachung.  Thcrneisser  magn.  alch.  2, 133 ;  sie 
haben  ob  der  schönen  gestalt  ein  erlustigung.  Reiszner  Jer. 
2,  73". 

ERMÄCHEN,  labore  superare,  lucrari.  Stieler  1199.  ich  kanns 
nicht  ermachen,  meine  kraß  oder  zeit  reicht  nicht  aus.  vgl. 
entmachen. 

ERMÄCHTIGEN,  1)  copiam  alicui  facere:  ich  habe  ihn  er- 
mächtigt meine  schulden  einzufordern;  sie  ermächtigte  ihn 
einen  boten  abzusenden. 

2)  sich  ermächtigen  icas  sich  bemächtigen,  occitpare,  capere: 

und  ich  hörte  viel  und  oft 
erzählen  von  dem  groszen  inselvolk.    .  .  . ; 
und  dasz  sie  schon  die  grosze  Stadt  Paris 
inn  hätten,  und  des  reiches  sich  ermächtigt.    Schiller  45S'; 
und  wenn  die  andern  glücklich  sich  des  thors 
ermächtiget,  so  wird  ein  hörn  geblasen.    531'. 

ERMÄCHTIGUNG,  f.  potestas,  vollmacM :  er  ist  ohne  alle 
ermächligung. 

ERMAGERN,  emacescere,  abmagern :  aber  sein  angesicht  war 
als  gar  verbleicht  und  ermagert,  das  es  mänigklichen  erbar- 
met. AimonzA^;  solche  ermagerte  spitzmeus  werden  durch 
solch  strupisch  sägspänenessen  mit  der  weil  dahin  gebracht, 
das  sie  dem  Pitagora  zu  leid  auch  dem  leben  nicht  ver- 
schonen. Garg.ib*;  darumb  wenn  es  seiner  ersten  nahrung 
beraubt  wird,  so  ermagert  es  mit  der  zeit  und  verliert  die 
saft  und  kraft.  Sebiz  21 ;  der  von  hunger  und  übeler  Wartung 
sehr  ermagert  war.   gespensl  226. 

ERMÄGERN,  macerare,  ad  maciem  reducere:  ein  feiszten  leib 
ermegcren.    M  aaler  115*. 

ERMäHLEN,  piclura  quaestum  facere:  er  hat  haus  und 
garicn  ermahlet.    Stieler  1222. 

ERMÄHNEN,  incilare,  hortari,  admonere,  ahd.  irmanen,  mhd. 
ermanen,  ags.  ämanian. 

1)  ermahnen,  gleich  dem  einfachen  mahnen,  geht  sinn/icÄ  auf 
das  antreiben,  anstacheln  der  Ihiere,  zumal  der  pferde,  rinder  und 
künde,  sei  es  mit  uort,  suruf  oder  mit  schlag,  peitsche,  sporn, 
alln.  ist  mana  prorocare,  lacessere  und  schw.  heiszt  es  mana  pä 
ea  hast,  ebenso  lat.  hortari  equos,  canes,  admonere  equum, 
überhaupt  monere  verbere,  calcaribus,  aculeo  teloque.  nicrA- 
«ürdig  steht  auch  ahd.  farmanen  contcmnere  für  calcare,  con- 
culcare  (Graff  2,  769).  was  sich  hieraus  für  die  Urbedeutung  des 
Wortes  folgern  Idszt,  uird  unter  dem  einfaciten  mahnen  zur  spräche 
kommen,  dasz  mahnen  oder  ermahnen  das  anspornen  der  rosse 
ausdrücken  lehren  folgende  stellen: 

mhd.  da;  sin  (res)  mante  dr  mit  den  sporn.    Er.  4774; 
dors  wurden  aber  s^re 
und  vaste  mit  den  sporn  geroant.    9103; 

nkd.  als  Alart  in  dort  her  komen  sähe,  ermant  er  sein  pferd 
mit  den  sporn  und  traf  Dieterichen  durch  schilt  und  leib. 
Aimonei';   da  die  Franzosen,   was   Fock  von  Morillon   dem 


keiser  sagt,  horten,  verzogen  sie  nit  lenger,  sondern  erman- 
ten  ire  pferd  mit  den  sporn  und  ranten  auf  Reinharts  leut 
strenglich,  das  sie  hinder  sich  wichen.  e4';  sie  manten  ire 
pferde  mit  harten  spornschlägen.  Pontus  1512, 101 ;  er  ermanet 
sein  pferd  mit  den  sporn.  46  (11).  da  nun  auch  schmerz,  reue, 
gewissen,  wenn  sie  ermahnen,  einen  stächet  mit  sich  führen,  er- 
gibt sich  der  Übergang  auf  die  folgende  bedeutung  leicht. 

2)  erinnern,  oft  mit  gen.  der  sache,  aber  auch  mit  der  praep.  an; 

mhd.  dö  wart  sin  herze  des  ermant, 
wie  er  sin  ere  und  sin  lant 
hete  verlorn  und  sin  wip.    Jw.  3933. 

nhd.  als  nu  die  ganze  gemein  des  dorfes  irer  eide  also  er- 
manet wurden,  weislh.  1,  557 ;  also  ermanet  er  uns  des  schreck- 
lichen zorns.  Lcther  4,  59 ;  ach  edler  ritter  ich  ermahne  dich 
auch  des  schmerzens,  so  mein  herz  umbgab,  als  ich  dich 
vensundt  ob  meinem  tisch  stehen  sähe.  Galmy  284 ; 
darnach  sie  (eas)  ihr  begird  ermant.    Atreb  370'; 

bitte   und    ermahne    also    e.  liebden    dienstlichen    fleiszes. 

Wielasd  6«  Merk  2,  93 ;    einen  an    alte  freundschaft,   an  sein 

ampt  oder  pflicht  ermanen.  Maaler  115".  zuweilen  mit  acc, 
der  person  und  sache: 

ein  seltzam  gschicht  feilt  mir  gleich  zu, 

die  mich  ermant  das  ringlein  dein.    Atrek  207', 

statt  der  {cttjus)  oder  an  die. 

3)  in  der  bibel  oft  ermahnen,  ermuntern,  auffordern,  wte 
hortari :  und  ist  also  verschieden  und  hat  mit  seinem  tod  ein 
tröstlich  exempel  hinder  sich  gelassen ,  das  nicht  allein  die 
jugent,  sondern  iederraan  zur  tugent  ermanen  sol.  2  Macc. 
6, 31 ;  indes  aber  ermaneten  in  die  jünger  und  sprachen 
'rabbi,  iszl'  /oA.  4, 31;  und  ermanet  Philippum,  das  er  auf- 
trete, apostelg.  8, 31 ;  ermaneten  in,  das  er  sichs  nicht  liesze 
verdrieszen  zu  inen  zu  komen.  9,  38 ;  ich  ermane  euch,  lieben 
brüder,  das  ir  ewre  leiber  begebet  zmn  opfer.  Rom.  21,  l ;  das 
ir  euch  unternander  könnet  ermanen.  15,14;  darumb  ermane 
ich  euch,  das  ir  die  liebe  an  im  beweiset.  2  Cor.  2,  8 ;  wir 
ermanen  aber  euch  als  mithelfer,  das  ir  nicht  vergeblich  die 
gnade  gottes  empfahet.  6,1;  wie  ich  dich  ermanet  habe,  das 
du  zu  Epheso  bliebest.  1  Tim.  1,3;  so  ermane  ich  nu.  das 
man  für  allen  dingen  zuerst  thue  bitte,  gebet,  furbit  und 
danksagung  für  alle  menschen.  2, 1.  für  dies  ermane  hat 
Ulfilas  tor  sich  TtaQaxafM  und  rerdcutsciU  bidja.  einanderen 
ermanen  und  Sterken,  cohorlari  imicem;  einen  bi  seiner  ge- 
wiszne  ennanen;  etwar  zu  ermanen,  adhorlari  ad  rem  aliquam; 
vast  ermanen,  exbortari.  Maaler  115' ; 

ermanen  wir  dich  noch  einmol 

als  ein  kind  billichen  sol, 

verzeih  uns !    Mirser  schelment.  105. 

4)  unpersönlich,  ermahnt  mich  =  gemahnt  mich,  kommt  mir 
vor,  ridelur  mihi:  zu  weinnacht  begeen  sie  die  kindheit  Christi 
also,  sie  setzen  ein  wiegen  auf  den  allar,  darein  ein  ge- 
schnitzt kind  gelegct ,  dis  wiegen  die  stattkind  ein  grosze 
menge,  springen  und  danztn  umb  das  kind  in  einem  ring, 
darzü  die  alten  zusehen  und  mitsingen  mit  vil  seltzame  lied- 
lein von  dem  neuwgebornen  kindlein,  das  mich  ermanet  wie 
elwan  die  Corjbanles  in  der  hole  des  bergs  Idee  bei  dem 
weinenden  neuwgebornen  kind  und  gott  Jovi.  Fra^k  wellb.  50* ; 
deren  närrischen  holTart  ich  lachen  musz,  wenn  sie  alle  wort 
einem  jedem  buchstaben  nach  aussprechen  wollen,  welche 
gezwungene  weis  mich  ermahnet,  als  wollen  sie  andere  er- 
erst  recht  reden  lernen,  wie  jener  alte  krebs  seinen  jungen 
das  gravitätische  für  sich  gehen.  Simpl.  teulscher  MicM  cap.  7. 
i.707. 

5)  ermahnen  ßr  mahnen  =  poseere,  erigere,  einmahnen,  ein- 
treiben: wie  ich  aber  das  geld  ennanen  sol.  dasz  weisz  ich 
nicht,  er  kennet  mich  nicht,  so  kenne  ich  in  auch  nicht. 
Tob.  5,  2 ;  ich  hätte  aber  bis  anhero  an  dem  depulat  nichts 
ermahnen  können.    Schweimchex  2, 14. 

ERMÄHNEN,  n.  exhorlatio:  flehelen  uns  mit  vielem  erma- 
nen {goth.  mij)  managai  usbloleinai  bidjandans  uns).  2  Cor.  8,  4. 

ERMÄHNER.  m.  hortator,  monitor. 

ERMÄHNUNG,  f  exhortatio:  wer  aber  weissaget,  der  redet 
den  menschen  zur  besserung  und  zur  ermanung  und  zur 
tröstung.  1  Cor.  14, 3 ;  er  nam  die  emKinung  an  {goth.  bida 
andnam).  1  Cor.  8, 17 ;  man  liesz  es  nicht  an  crmahnungen 
fehlen. 

sich  ERMAIEN,  obledare  se  tempore  map,  sich  erlusiigen  in 
fröhlicher  zeit  des  frählings,  im  Wonnemonat,  wo  maitdnze  gehal' 
ten  werden,  dann  überhaupt  sich  lustig  machen,  erfreuen: 


911 


ERMÄKELN  —  ERMANGELN 


ERMÄNGELN  —  ERMANNEN 


912 


mhd.  solt  ich  hangen, 

dar  so  füer  «la?  oupe  min 

ermeien  sich  dort  mit  ir  lichten  ougen  klär.    MS.  %  209" ; 
nhd.  siehst  du  nit  dort  in  einem  rcien 

sich  schöner  weiber  neun  ermeien?    11.  Sachs  .  .  .; 

kora  lasz  uns  in  den  roscnprarten 

und  in  den  rosen  uns  ermeien.    V,  202'; 

und  da  man  ihnen  kurzweil  macht 

mit  tanzen,  Jubiliern  und  springen, 

mit  seitenspil,  pfeifen  und  singen, 

in  schönen  garten  zu  ermeien, 

ehrlichen  spihi  und  jungfraureien.    Atrer  193'; 

(in  der  lireiizwoche  nach  ostern)  da  issct  man  cier  und  was 
man  guls  hat  iin  grünen  gras  auf  dem  kirclihüf  und  erniaien 
sich  die  Icul  wol.  Fr.\.nk  «W/ft.  15G7,  13;»',  iro  aber  1534,132' 
liest  ermanen  sicli,  tras  etwa  den  sinn  gäbe:  sprechen  sich  zu, 
fordern  sich  auf.     rgl.  das  einfache  maicn  und  maiircn. 

EHMÄKELN,  viercan,  erhandeln:  ich  wollte  viel  drum  gehen, 
wenn  ich  mir  dabei  auch  zutrauen  gegen  die  weiber  erniä- 
keln  könnte.    Göthe  20,  91. 

ERMALS,  quondam,  kos  ehemals,  chmals  {sp.  46) : 

erraals  erzalst  du  mancherlei 
wort,  ebruch,  schendlich  hurerei. 

Schade  sat.  und  pasq.  1,  122. 
ERMANGELN,    dcesc,   deßcere,    ahd.  mhd.    nur   das   einfache 
mangolün,  mangeln,  mü  gleicher  bedeutung,  ermangein  erscheint 
im  11  jh.  (Deszler  99'.  Stieler  1231)  und  mrd  im  18  sehr  üblich. 

1)  unpersönlich,  es  ermangelt  an  allem,  an  gcld,  an  Icbens- 
mitteln;  es  soll  an  mir  nicht  ermangeln;  er  läszt  es  an 
nichts  ermangeln; 

wer  zu  loben  Ton  viel  Sachen, 
da  wil  lob  sich  schwerer  machen 
als  bei  dem,  wo  nichts  sich  weiset, 
das  man  füglich  rühmt  und  preiset, 
den  dort  mangclts  an  den  worten, 
die  man  darf  zu  so  viel  orten, 
hier  ermangelts  an  den  dingen, 
dusz  man  blosz  musz  worte  bringen. 

LocAU  3,  151,  78. 

2)  ermangeln,  deesse,  abesse,  mangeln,  fehlen:  und  hier  fängt 
die  zeit  an,  wo  die  fingerzeige  der  niedergeschriebenen  hislorie 
freilich  ermangeln,  aber  eine  sorgHiltig  aun)cwahrtc  tradition, 
die  so  viel  merkmale  der  Wahrheit  hat,  ist  bereit  diesen 
mangel  zu  ersetzen.   Lessing  10,305;   alles  ermangelt,  nichts 

ermangelt ; 

die  in  ein  schlosz  gekommen, 

wo  nichts  ermangelt,  nichts  gefehlt.    Göthe  3,74; 

er  fühlte  im  reden  erst  recht,  wie  nichts  mehr  zu  seiner 
Zufriedenheit  ermangle.  T!Eck4,  232;  wir  entdecken  in  allem, 
was  die  natur  um  uns  wirkt,  etwas  so  fest  bestimmtes,  das 
nie  ermangelt.  Kli.nger  5,  51.  so  auch  im  parlicip:  die  bisher 
ermangelte  gelegenheit;  weil  dergleichen  ferne  grundstuck, 
wegen  groszer  untreu  der  leute  und  ermangleten  nachsehen 
(fehlender  aufsieht)  selten  wol  bestellt  wird.    HoHBEno  1, 344". 

3)  mU  gen.  der  sacke:  wir  ermangeln  des  broles,  weines, 
geldes;  wenn  man  den  menschen  den  Vorzug  der  Vernunft 
Tor  den  übrigen  thieren  nicht  absprechen  kann,  so  musz 
man  doch  gestehen,  dasz  sie  sich  derselben  so  schlecht  be- 
dienen, dasz  es  beinahe  besser  für  sie  wäre,  dieses  gefahr- 
licben  Vorzuges  gar  zu  ermangeln.  Wieland  7, 142;  der  gc- 
sclzgeber  ermangelt  dabei  aller  der  vortheile,  die  ich  von 
der  roheit  der  Romuliden  zog.  25,185;  wer  gegen  alle  Ver- 
nunft, gegen  die  absiebten,  gegen  den  plan  seiner  familie, 
zu  gunstcn  seiner  leidenschaften,  entwürfe  schmiedet,  ver- 
dient die  fruchte  seiner  leidenschaft  zu  entbehren  und  der 
achtung  seiner  familie  zu  crmangeln.  Güthe  21,  91 ;  mitten  im 
regen  ermangelten  wir  sogar  des  wasscrs.  30,80;  die  eng- 
lische poesie  hat  eine  gebildete  komische  spräche ,  welcher 
wir  Deutschen  ganz  ermangeln.  46,214;  ein  schöner  kijrper- 
bau  begünstigte  sie,  nicht  so  die  gesichtszüge,  welche,  ob- 
gleich gute,  verstand,  Iheilnahme  deutlich  genug  ausdrückend, 
doch  einer  gewissen  regelmüszigkeit  und  anmulh  ermangelten. 
48,100;  alles  was  er  schreibt  ermangelt  der  feile; 

erroanrl  ich  auch  der  «chlüpfrig  glatten  kunst, 
if  for  1  want  that  glih  and  oiljr  an.    Lear  1,  I. 

4)  mü  dat.  der  j-erson:  die  stimme  der  ganz  in  Bich  ge- 
drängten, sich  selbst  ermangelnden  und  unaufliallsam  hinab- 
stQrzendcn  creatur.  Göthe  16,122;  was  ist  der  nieiisch,  der 
gepriesene  halbgoll!  ermangeln  ihm  nicht  eben  da  die  kriifte, 
wo  er  sie  am  nölhigitten  liraurbl?  16,141;  aus  furcht,  hier 
raOcble  uns  die  jugendliche  glul  ermangeln.  22,86;  bei  einem 
tebi  wol  besetzten  railtagstiscbc  licsz  man  lichs  an  keinem 
genou  ermangeln.  26, 20 ;  hicdurcb  bat  diese«  blatl  eine  ge- 


wisse anmuth  gewonnen,  welche  gar  oft  einer  ausschliesz- 
lich  angewandten  technik  zu  ermangeln  pflegt.  44, 169 ;  wozu 
ihr  denn  auch  wol  ernst,  mittel  und  gelegenheit  oft  erman- 
geln mögen.    44, 170. 

5)  nicht  ermangeln,  non  deesse,  non  omütere,  nicht  verfehlen, 
unterlassen,  mü  nachfolgendem  abhängigen  salz:  ich  crmangle 
nicht,  dir  zu  melden;  Agalhon  ermangelte  nicht,  ihr  noch 
an  dem  nemlichen  tage  gelegenheit  dazu  zu  gehen.  Wielasd 
1,313;  diese  ermangelten  nicht,  mir  bei  jedem  anlasz  be- 
weise ihres  bösen  willens  zu  geben.  3,387;  Kcrim  war  in 
der  that  von  der  sultanin  erkauft  und  hatte  also  nicht  er- 
mangelt, ihr  alles,  was  er  von  Arujas  geheimer  audicnz  im 
kabinet  des  sultans  wusle,  unverzüglich  zu  hinterbringen. 
8,446;  dieser  umstand  ermangelte  nicht,  das  schwache  ge- 
hirn  des  armen  Pedrillo  vollends  in  Verwirrung  zu  setzen. 
11, 101  und  bei  diesem  schrip steller  noch  oß,  in  unsrer  geschäps- 
sprache  heliä)l. 

ERMÄNGELN,  erschachern.  Tobler  171*  gehl  auf  mangeln. 
Stalder  2, 195  zurück,     mehr  davon  unterm  einfachen  «w/. 

ERMANGLUNG,  f  defectus:  in  ermanglung  des  geldes,  dc- 
ficiente  pecunia;  in  ermangclung  anderer  novellen.  Weise 
W. /eu/e350;  in  ermanglung  deiner  andern  hiesigen  freunde; 
in  ermanglung  eines  bessern. 

ERMANGLLNGSWEISE :  seine  maxime  ist  nicht  crmange- 
lungsweise  [negative),  sondern  sogar  abbruchsweise  (contrarie) 
oder,  wie  man  sich  ausdrückt,  diametraliter  dem  -gesetze  ent- 
gegen.   Kant  5, 155. 

ERMANNEN,  mhd.  ermannen.    «*.  2,  51*. 

1)  irUr.  ein  mann  sein,  mann  werden,  animum  riri  capere, 
recipere,  audere: 

mhd.  das  ^o'c  ^'"i  eime  scricke 
virzagit  harte  dicke 
unde  irscamit  sich  vor  leide 
unde  irmannit  andirweide 
und  stritit  danne  bat  dan  6r. 
swcnne  der  hell  wirdit  ser, 
so  irmannit  6r  von  den  wundin 
und  gesigit  undir  stundin.    Alhis  C,  137; 
Achilles  crmannete  dö.    Herb.  11486; 

Zachariäs  der  gute 

ermannele  gegen  in  vurbaj.    pass.  H.  346,  58; 

Bil.S'n  und  10345  ist  aber  zu  lesen  ernande  oder  emante. 
nhd.  der  hcld  als  er  der  spitz  erapfant 
iu  seiner  seilen,  da  erraani 

er  wider  und  braucht  sein  krefl  all.    Teuerdank  38,  70; 
des  erschrack  ich  gar  innigklich, 
gedacht  es  wer  fraw  Ahenthewr, 
oder  ein  gespenst  ungehewr, 
doch  ermant  ich  und  redt  an  sie.    H.  Sachs  I,  329*; 

als  er  das  wild  schwein  sähe,  ermannet  er.    PontusiS. 

2)  tr.  ermannen,  erigere,  firmare,  stärken,  aufrichten,  dcu  von 
Graff  2,  753  aus  N.  ps.  88, 14  beigelirachle  ahd.  irmannen,  dari- 
ßcare  ist  aber  verschen  und  in  irmAren  zu  berichtigen,  vie  sieh 
aus  Hattemer  s.  318'  ergibt,    ebenso  wenig  begegnet  ein  mhd.  beleg. 

nhd.  sein  gebifite  ermannen.    Fleming  .  .  .; 

wer  ermannte  dein  herz,   den  tod  des  ersten  der  menschen 
und  mit  ihm  alle  todo  der  kinder  Adams  zu  sehen? 
Ucnsias  5,  748; 

ich  kann  nicht  mehr  zur  lust  mein  mattes  herx  ermannen. 
GorrKR  3,  339 ; 

diese  phantasie 
ermannt  die  seele  wiederum,    i.  G.  Jacobi  3,  129; 

bis  gelinde  freude 
wiederum  den  gebt  ermannt. 

3)  tr.  ermannen,  superare,  übermannen,  wie  erlisten,  itber- 

listen : 

er  (der  hund)  kund  in  {den  hasen)  aber  nicht  ermannen, 
sein  liein  warn  im  vor  alter  gspannon.    Wam>is  1,22  hl.  19*. 

4)  am  häufigsten  sich  ermannen,  in  der  bedeutung  des  inir. 
erniannens:  aber  das  volk  der  man  von  Israel  ermannet  sich 
tind  rüsteten  sich  noch  weiter  zu  streiten,  rieht.  70,22;  und 
als  er  mit  mir  redet,  ermannet  ich  mich  und  sprach,  mein 
herr  rede,  denn  du  hast  mich  geslerkl.  Üan.  10,10;  aber  das 
Volk,  so  ircn  gutt  kennen,  werden  sich  ermannen  und  aus- 
richten.  11,32; 

das  pford  holt  aus,  gab  im  ein  »rhlag, 

das  der  low  auf  dem  nicki'n  lug, 

und  künde  sich  \ant!  iilrlil  ermannen, 

die  weile  lief  das  plerd  von  dannrn.    Walpi«  I,  32  bl.  2:.*; 

dn  wnrn  vil  hund,  die  in  anianntcn 

und  sich  all  über  in  ermannten.    3,  81)  hl   180*  j 

und  iiprarh,  bi»l  toll,  das  dich  ermann«!  {tpaqe.%1) 

ina  waaaer,  weiind  uil  «chwimmen  kansi.    4,  M  bt>  370*; 


913 


ERMANNUNG  —  ERMEHREN 


ERMEISTERN  —  ERMESSEN 


914 


als  sie  (die  seele)  Ton  des  todes 
schrecken  nun  ganz  sich  ermannele.      Hessias  16,  445  (auch 

13,943.14,1141); 

ermanne  dich,  Eva,  den  gedanken  zu  denken,  ermanne  dich 

die  glückseligkeit  des  paradieses  zu  denken.  Klopst.  11, 158 ; 

zur  tugend  der  ahnen 

ermannt  sich  der  held.    Göthe  2,  43; 

ermannen  sie  sich,  edler  prinz  !    Schiller  251'; 

und  als  sich  ihr  leben  zum  letzten  ermannt, 

da  streckte  sie  nach  dem  gefasze  die  band.    Bürger  35'; 

ich   sasz   im  kämpfe  zwischen  ermannen  und  niedersinken. 
Fr.  Müller  1, 16. 

4)  Schweiz,  bedeutet  evmajiaen  auch  mit  dem  mann  erheiraten. 
Ritte  21.    Stalder  2, 197.     vgl.  erfreien,  erweiben 
ERMANNÜNG,  f.  rigor,  audacia: 

doch  mächtiger  stärkte 
gott  den  weinenden,  gab  mir  ermannung  gen  bimmel  zu 
schauen,    ilessias  11,  1302. 

ERMARBEN,  macerari,  mürbe  werden,  ahd.  irmarawen:  die 
gruben  [auf  weinbeigen)  werden  vorher  im  frühling  ausgefaszt, 
damit  der  grund  durch  sonnen  und  regen  fein  ermarbe  und 
abiige.  Hobberg  l,  359*. 

ERMÄREN,  divulgare,  ahd.  irmaran  (s.  ermannen  2),  vgl. 
mhd.  vermsren:  ach  got,  was  schönen  ritters  ist  Reinhart, 
seins  gleichen  wird  niemmer  gesehen,  gott  woll  in  im  kraft  und 
manheit,  lob  und  ere  ermeren !  Aimon  b  3',  erscheinen  lassen  ? 
besser  steUt  es  sich  hernach  unter  ermehren,  vermehren,  auch  in 
mhd.  stellen  entspringt  zweifei  zwischen  vermaeren  und  vermeren. 

ERMÄSTEN,  pinguefacere.    Stieler  1274. 

ERMÄSZIGEN,  moderari:  die  kosten  ermäszigen;  die  ab- 
gaben ermäszigen,  heiabselzen ;  die  ich  mich  nicht  habe  er- 
mäszigen {enlh<ülen)  können,  mit  ihrer  erlaubnis  vorzutragen. 
TiECK  liscMer  1,  76. 

ERMÄSZIGUNG,  f.  moderatio:  ermäszigung  der  baukosten ; 
hauswirthliche  ermäszigung. 

ERMATTEN,  von  dessen  Ursprung  unter  matt  die  rede  ts/. 

1)  intr.  languescere,  fatigari,  ermüden:  sein  geist  ermattet, 
ermüdet;  die  ganze  thätigkeit  in  dieser  sache  ermattete  zu- 
sehends ;  denn  eben  die  tägliche  erfahrung  . . .  lehret  uns 
auch,  dasz  die  färben  der  entfernten  dinge  immer  mehr  und 
mehr  ermatten  und  schwinden.    Lessisg  8,  27 ; 

verbirgt  sich  je  der  gnade  sonnenblick, 

sogleich  ermattet  solch  ein  wiederglanz.    Götbe  9,  297 ; 

sein  mitgefühl  löscht  mit  den  leiden  aus, 

in  Wollüsten  ermattet  seine  tugend.    Scbilur  253'; 

die  ermatteten  glieder  zu  baden 

in  den  erfrischenden  strömen  der  lüfte.    497'; 

ich  ermatte,  sprach  die  schöne, 

gib  mir  deine  sichre  haad.    Herder; 

vom  schwesterntanz  ermattet.    Gotter  1,  75; 

treu  meiner  pflicht 

ermatt  ich  nicht, 
bis  meine  blicke  dich  entdecken.    3,  4S6; 
zu  ermatten,  darum  jag  ich, 
bin  ich  müd,  so  bab  ich  ruhe.    Mcll^ers  schuld  $.  43; 

die  ermattende  sonne.  J.  P.  mumien  3, 3 ;  mit  nie  ermattendem 
eifer  forschen. 

2)  tr.  lassare,  fatigare:  die  grosze  hitze  ermattet  menschen 
und  thiere ; 

die  feuerschlünde  sind  verstummt,  der  lange  kämpf 
hat  freund  und  feind  ermattet.  Körner. 

3)  refl.  sich  ermatten:  er  ermattet  sich  mit  laufen,  am- 
bulando  fatigatitr.    Stieler  1249. 

ERMATTEN,  n.  faligatio: 

so  jagen  wir  ihn  ohn  ermatten.    Schiller  58'. 

ERMATTUNG,  f.  faligatio,  lassitudo:  die  höhere  art  der 
Wellanschauung  bleibt  als  das  erste  und  ewige  im  autor  und 
menschen  unverrückt,  indes  alle  einzelnen  kräfte  in  den  er- 
matlungen  des  Icbens  und  der  zeit  wechseln  und  sinken 
können.    J.  P.  aesth.  l,  79. 

ERMAUERN,  exstruere  lapidibus,  aere: 
feindlich  darf  keiner  dieser  furchtbarn  mine, 
und  war  er  auch  in  erz  ermauert,  nahen.    TiEd  i,  218. 

ERMAUSEN,  suffurari.     s.  mausen. 

ERMEHREN,  augere,  vermehren:  kaiser  Carle  umbgürlet 
Reinharten  das  schwert,"gab  im  den  ritterlichen  streich  und 
sprach  'got  wöl  dein  kraft  und  macht  ermeren!'  Aimon  b 3'; 
got  wöl  in  im  kraft  und  manheit,  lob  und  ere  ermeren! 
ebenda;  so  wil  ich  im  sein  reich  mit  Tierzehn  guten  schlos- 
sern ermeren.  m  2' ;  so  wölt  er  ime  sein  königreich  mit  vier- 
zehen  guten  schlossern  ergröszern  oder  ermeren.  m  3' ;  got  der 

m. 


allmechtig  wöU  ewer  ere  ermeren.  E  2'.  in  der  Schweiz  hekzl 
heutzutage  ermehra  durch  Stimmenmehrheit  beschlicszen.  Tobler  17l'. 

ERMEISTERN,  superare,  subjiceie  sibi,  bemeistern:  dadiu'ch 
mögend  die  flüsse  ermeistert  und  geheilet  werden.  WCrtz  187 ; 
die  volatilische  oder  flüchtige  metall,  die  im  fewr  nicht  zu 
behalten  oder  zu  ermeislern  sind.    Paracelsus  1,  904'. 

ERMEISZELN,  exsculpere,  caelare,  ausmeiszeln,  vgl.  goth.  us- 
maitan. 

ERMEL ,  ffj.  manica  =  ärmel  1, 557.  ahd.  scheinen  beidi 
formen  armil  und  armilo  güllig,  mhd.  nur  starkes  ermel,  p/. 
ermel  und  nicJU  ermein  vorzukommen,  nhd.  aber  findet  sicli 
ermein  noch  hin  und  wieder:  Thomas  Münzer  sagt  seinen 
bawren  zu,  sie  würden  die  büchsenklöszer  (kanonenkugeln) 
von  feinden  in  ire  ermein  one  schaden  empfangen.  Albercs 
wider  die  verfluchte  lere  der  Carlslader  0  2';  es  arbeitet  zwar 
alles  gern  an  ihnen  (den  faulen  viägden),  nur  was  zum  hemd- 
ermeln  heraushänget  (d.  t.  die  hand),  das  will  nicht  an  die 
arbeit,  unten-ichl  an  hausmägde  s.  55.  man  sagt  enge  oJer  weite, 
kurze  oder  lange  ermel,  gestickte,  gefütterte,  aufgeschnittene, 
gebundene  ermel,  vgl.  pelzermel,  sammtermel;  ir  geleiten 
eben  wie  der  in  plowen  ermlen.  Schade  sat.  u.  pasq.  3, 105 ; 
rock  mit  langen  ermlen  bis  auf  die  finger.   Maaler  115"; 

da  sitzt  das  abenteur  mit  weiten  ermein  da, 
der  könig  Hasenfusz.    Göthe  7,  42. 

es  heiszt,  eine  predigt  aus  dem  ermel  schütteln,  sie  aus  dem 
Stegreif,  ohne  Vorbereitung  halten:  der  prior  sprach  'das  volk 
lauft  mit  groszer  viel  (menge)  zu  und  ich  hab  kein  prcdL 
canten'.  'laszt  euch  das  nit  bekümmern,  ich  bin  ein  lands- 
prediger,  ich  kan  ein  predig  aus  eim  ermel  schütteln',  seh. 
und  ernst  1555  cap.  321 ;  seine  predigt  war  nicht  aus  dem  ermel 
geschüttelt,  war  wol  überdacht,  gott  treugl  niemand  und 
wirt  nit  betrogen,  der  alles  siebet  und  weisz,  laszt  im  nit 
auf  den  ermel  mahlen.  Fraxk  sprichw.  2,  54' ;  habe  oft  meine 
halben  ermel  links  an.  rockenphil.  3,  53 ;  einen  beim  ermel 
fassen,  ergreifen;  ja  ich  dürfte  mich  eher  bereden,  als  meinen 
ermel  ausreiszen  lassen,  mit  einem  soldatenromain  heraus 
zu  rutschen  (trürrfe  leicht  mit  einer  soldalengeschichte  hervor- 
rücken). Felsenburg  1  rorr. ;  hundert  thaler  fallen  einem  nicht 
gleich  aus  dem  ermel.  Schlampampeleben  s.  51;  gebot  ihr  die 
ermel  nicht  sechsmal  zu  binden,    pol.  slockf.  81. 

ERMELBAND,  n.    pol.  slockf  82. 

ERMELBINDE,  f    pol.  maulaffe  74. 

ERMELBLUME,  f  manulea.    Nemxich. 

ERMELDEN,  nuntiare,  prodere,  vermelden,  bemeiden:  wie 
denn  das  die  copei  in  die  lenge  ermeldet.  LirroERS  br.  4,  577 ; 
was  aber  hier  disseit  ermelter  gebirge  zu  ligt.  Thcrneisser 
«1.  alch.  1, 85 ;  so  kam  ich  aber  zu  ermeltem  Christophen  von 
Gieg.  Götz  vo.^  B.  lebensb.  76 ;  bei  ermelter  seiner  hohen  obrig- 
keit.    Rectter  kriegsordn.  von. ; 

du,  Hermes,  lieber  söhn,  zeuch  bald  mit  ihnen  fort 
ermeltem  hlrten  zu.    Wecxherlix  722; 

ermeldler  mein  praeceptor  aber  war  dieser  Instruction  un- 
bedürftig, sondern  von  sich  selbsten  auf  alle  büberei  ge- 
neigt. Simpl.  K.  629 ;  ermeldte  Schatzkammer  wurde  wol  ver- 
mauert. Felsenb.  1, 191 ;  mehrermeldter  N.  N.  heute  nur  im 
kanzleistil,  man  sagt  dafür  erwähnt,  gedacht,  nicht  zu  über- 
sehn  das  gern  nachgesetzte  possessivum. 

ERMELICHT,  manicatus,  unermelicht,  sinemanicis.  Stieler  54. 

ERMELKEN,  emuigere,  ausmelken :  die  dienen  nicht  frei  gott, 
umb  gots  willen,  das  sie  also  lust,  lieb  und  willen  zu  gott 
und  dem  guten  haben,  sonder  inen  selbs,  das  sie  ermelken 
die  verheiszen  milch.  Fr.4Ss  paradoxa  116*. 

ERMELROCK,  m.  vestis  manicata. 

ERMENGEN,  durcharbeiten,  erhitzen,  in  Jcl.  Schmidt  pflege 
Reichenfels  137  ohne  weiteres  verzeichnet,  scheint  kneten,  subigere, 
s.  durchmengen. 

ERMERGELN,  enervare,  abmergeln,  ausmergeln: 
ein  schön  und  geiles  weib 
ermärglet  bald  den  geist  und  leib.    Weciherlix  815. 

ERMERKEN,  observare,  bemerken:  das  mögent  ir  allen  tag 
aus  erfarenheit  ermerken  und  abnemen.  Aimon  Al';  sie  er- 
merktcn  solches.    Kirchhof  wendunm.  193. 

ERMESSEN,  emeliri,  alid.  irmejjan,  mhd.  ermcjjen,  ags. 
ämetan.  das  goth.  usmitan  hat  nur  den  abgezognen  sinn  mm 
emeliri,  conficere  viam,  convcrsari. 

1)  sinnlich,  die  höhe  eines  thunns,  die  tiefe  eines  brun- 
nens,  die  weite  eines  wegcs  ermessen,  ausmessen,  durchmessen; 
mit  oder  an  den  fingern  ermessen,  abmessen: 

58 


915 


ERMESSEN  —  ERMITTLUNG 


ERMODERN  — ERMÜDEN 


916 


endlos  liegt  die  weit  vor  deinen  blicl<en 

und  die  scbirTahrt  selbst  ermiszt  sie  kaum.    Schiller  101^; 

reiche  den  puls!  lasz  mich  ermessen, 

welch  ein  übel  in  dir  steckt.    Götuk  11,  12S; 

wie  der  pQüger  die  helle  mitte  des  tages  an  seinem  eignen 
schatten  zu  ermessen  versteht.  Arnim  Aroncnit'.  1,  2;  der  berg 
ist  gar  nicht  zu  ermessen. 

2)  abslracl,  irüelligere,  comprehendere,  abnehmen,  entnehmen, 
begreifen,  überlegen,  beurtheilen: 

darumb  er  still  stund  in  den  Sachen 

ein  klein  zeit,  bis  er  kundt  ermessen, 

das  Tewrdank  des  het  vergessen.     Teuerd.  81,7; 

der  weisen  Sprichwort  wol  ermisz, 

unwiderbringlichs  oU  vergisz.    Scuwarzkjcbkro  151,  1; 

ermisz  solch  warheit  recht  zu  häuf.    151,  2; 

vor  allen  dingen  nit  vergisz, 

auT  erd  der  tugcnd  quäl  ermisz, 

dargegen  posheit  wirt  getrost, 

der  Trumm  gilt  minder  dan  der  pöst.    152,  1 ; 

was  groszer  freud  der  riticr  von  der  herzogin  trost  hett,  ich 
demjenigen  zu  ermessen  gib,  so  sich  in  liebe  geübt.  Galtny  3S ; 
in  was  geslait  sich  Galmy  der  rilter  an  seinem  ampt  ge- 
halten habe,  nit  not  zu  beschreiben  ist,  dann  ich  einem 
jeden  dasselb  gib  zu  ermessen.  160;  ist  einem  herm  von- 
nüten,  dasz  er  sich  selbst,  seine  macht  und  vermögen  nach 
allen  umbständen  fleiszig  ermesse.  KincHnoF  rf/^c.  «iiV.  6;  den 
grund  einer  sache,  eine  sache  gründlich  crmessen; 
0  mein  leid  ist  nicht  zu  ermessen.  Ayrer  29*; 
dein  wort  und  deine  weg  erwegen  und  ermessen. 

Weckhkrlin  2(JÜ; 
edelleute  welche  new,  wird  die  nachzeit  erst  ermessen. 

LoGAU  2,  12S,  43; 
einem  fürsten  ist  gut  rathcn,   der  der  räthe  schlusz  und  rath 
für  sich  Selbsten  kan  ermessen,  ob  er  grund  und  glauben  hat. 

2,  220,  95 ; 
ei  fhigt  sich,  ob  das  essen  besser,  oh  schlafen  besser  zu  cr- 
messen.   3,  114,  73; 
nein,  seine  liebe  zu  ermessen 
sei  ewig  meine  gröszle  pflicht.    Gellert  2,  93; 
hat  dieser  schlecker  nichts  ermessen  (bedacht)'} 

Hagedorn  2,  19; 
ins  zweimal  neunte  jähr,  mit  stummer  Ungeduld 
bewahrt  auf  besserung  sie  {die  siniigedichle)  mein  verschwieg- 
nes pult, 
was  sie  nun  besser  sind,  das  läszt  sich  leicht  ermessen: 
mein  pull  bewahrte  sie,  ich  hatte  sie  vergessen.    Lessing  1,1; 
und  wer  weisz,  was  er  noch  erreicht  und  ermiszt, 
denn  noch  nicht  aller  tage  abend  ist.    Schiller  324"; 

dasz  er  sich  ermessen  (vermessen)  habe,  ihn  im  Schachspiel 
zu  überwinden.  Tieck  13, 19.  in  diesem  sinn  auch  in  Collins 
verken  2,  G8. 

ERMESSEN,  n.  consilium,  sententia:  nach  meinem  ermessen, 
daßrhallen. 

ERMESSENüElT,  /".  cognilio  acctiralissima.    Haltacs  402. 

ERMESSÜNG,  f.  consideralio :  aus  weislicher  ermessung  aller 
umbstände.    Kircubof  wiiY.  disc.  150. 

ERMESZLICH,  mcnsurabiUs:  sobald  ihn  die  sich  selbst  über- 
lassene  menschliche  Vernunft  zu  bearbeiten  anfing,  zerlegte 
sie  den  einzigen  unermesziichen  in  mehrere  eiraesziichere 
und  gab  jedem  dieser  theile  ein  merkzeichen.  Lessing,  10,  310. 
vgl.  unermeszlich. 

ERMEL'CHELN,  ex  insidüs  occidere,  fwitnlich  umbringen. 
J.  Moses  Ahasrerus  1838.  87. 104. 

ERMIESE.N,  cmuscari,  das  mies  von  den  böumen  seit  beren 
{wegschaffen).    Maaler  115".     s.  ermosen. 

ERMILDERN,  lenire,  miligare:  die  Juden  helen  nit  so  durstig 
dürfen  handien  wider  Christum,  wan  der  schein,  der  von  im 
usz  gangen  wür,  bei  sie  eimiltert.  Keisersh.  ,?cAi/ der /«n.  97*; 
es  soll  mich  babsts  Pclagii  ehn\irdig  angcsicbt  nit  enuiltcrn 
wie  Totilam.    Garg.  221'; 

hofnung  erhelt  manch  traurig  hen, 

ermiltert  inwendigen  ichmerz.    H.  Sachs  I,  IIS"; 

zu  ermiltern  seine  wut.    Wkckuerlin  786; 

wa«  er  in  seiner  hcAn-n  m  Mo^z  crsphen, 

die»  endlich  hnh  > " '  iu, 

denn  lei  ihm  glei'  nipf  gcichehen, 

•0  wiis  er  doch,  ci   ...„  .Hein.    G»i£« /tr.  28,  43. 

ERMILDERl'.NG,  f.  mitigatio:  zu  meiner  höchsten  schmerzen 
ermillerung.  WecKiiERLi^t  wrr.  tu  dfn  geisll.  ged. ;  ermilderung 
der  zuerkannten  strafe. 

ERMITTELN,  rfpfrirc,  awmiU^n,  autfindig  machen. 

ERMITTLUNG,  f.,  cnldtckung,  au$ßndigm«chung :  ermiltlung 
der  tbater. 


ER.MODERN,  situ  corrumpi,  rertnodern:  es  ist  manicher 
mensch  der  krank-  und  leibschwacheiten  ledig  und  nicht  be- 
laden, aber  dannochl  so  ganz  mitenander  schwemiütig,  cr- 
moderl,  verdorben  und  stockherzig,  das  er  sich  so  Ireg  ent- 
pßndet,  als  ob  im  alle  glidr  empfahl  (enlfallen)  wollen.  Velrs 
vergiszmeinnil  n  2'. 

ERMÖGLICHEN,   potestatem  facere,   möglich,   tiiunlich,  leicht 
machen:  ich  will  es  ihm  ermöglichen. 
ERMÖGLICHUNG,  f. 

ERMORDEN,  dam  occidere,  spdler  überhaupt  tödlen,  umbringen, 
mhd.  ermorden,   neben   dem  älteren  ermordern   (vgl.  mord  für 
morder,  golh.  maur[)r,  ags.  mordor): 
dör  truhsR>je  der  hat  in 
mortliche  ermordet  und  erslagen 
und  hat  in  diz  mos  getragen,    j'ritl.  237,  3; 
sus  selten  dise  zwene  man 
Isöte  der  mortra'ten, 
daj  sis  (lirangi-ene)  ermordet  hmten.    323,  40; 

nhd.  da  sie  aber  mitten  in  die  stad  kamen,  ermordet  sie 
Ismael  bei  dem  brunnen.  Jer.  41,  7;  was  gilts,  die  inseln  wer- 
den erbeben,  wenn  du  {Tyrus)  so  scheusziich  zefallen  wirst 
und  deine  verwundeten  seufzen  werden,  so  in  dir  sollen  er- 
mordet werden.  £3.26,15;  das  wir  nicht  alle  umbkomen,  wie 
unser  brüder  in  den  holen  ermordet  sind.  l3/acc.  2, 41;  sie 
wollen  uns,  unser  weib  und  kind  ermorden  und  berauben. 
3,20;  und  da  er  befand,  das  sie  in  wollen  ermordet  haben, 
liesz  er  sie  tödten.  16,  22 ;  klagten  im,  das  Onias  unschül- 
diglich  ermordet  were.  2  Afocc.  4,  36 ;  und  zoch  wider  die,  so 
seine  brüder  ermordet  hatten.  12,  6 ;  er  liegt  auf  der  heer- 
strasze  ermordet; 

die  biirger,  in  der  raserei, 

bis  auf  den  letzten  mann  ermorden.    Gellert  1,  138; 

ihr  wiszt  wol  aber  nicht,  dasz  wenig  tage 

zuvor  in  Gath  die  Christen  alle  Juden 

mit  weib  und  kind  ermordet  hatten.    Lessing  2,  324. 

2)  übertragen  auf  krankheit,  ficber:  er  verfiel  in  ein  pesti- 
lenzialisches  lieber,  das  ihn  in  wenig  tagen  ermordete  (weg- 
nalim,  umbrachte,  che  l'ammazzo).    Göthe  35,  296. 

3)  bildlich  für  rauben:  du  morder  der  rchten  buo^e,  du 
h.'ist  uns  die  rehten  buoje  ennordet,  diu  der  .siben  hcilikeit 
einiu  ist,  der  höhsten,  die  got  hdt.  die  habent  uns  die 
Pfennigprediger  alse  gar  ermordet,  daj  nu  lützel  ieman  ist, 
der  Sünde  wolle  büejen.    Berthold  289.  290. 

0  vater,  vater,  denkt  zurück, 

ermordet  nicht  mein  ganzes  glück!    Dcrgkr  54*; 

die  Unschuld  ermorden.  Gökinck  3,  46;  dieser  könig  hal  meine 
ehre  ermordet.  Klinger  2,42;  was  sollte  den  mann  wol  über- 
raschen, der  über  alles  gebietet,  der  seine  genflsse  ermordet, 
weil  ihm  keiner  einige  mühe  kostet !  6,  49 ;  seine  ruhe  war 
schon  ermordet.  8, 314 ;  wer  gibt  ihm  die  ermordete  ehre 
wieder?  i.P.  uns.  logei,i%;  so  lange  dieser  sinn  [der  recht- 
lichkeil) in  uns  nicht  zu  ermorden  ist,  werden  wir  knecht- 
scbaft  hassen  und  das  Vaterland  lieben,    friedenspr.  11. 

ERMORDEN,  dasselbe,  die  umUndende,  dem  ahd.  murdan  und 
mit  ausgestosznem  r  aucli  dem  goth.  niaurj)rjan,  ags.  myrdraii, 
ahd.  murdran  entsprechende  geslait,  mhd.  ennürdon  (wb.  2,  223*): 

einer  schrigt,  juchzet,  bröllt  und  hlftrt  (hlcrrt), 
als  ob  er  ietzcnd  würd  erraört.    Rrant  (>2,  20; 

das  im  (dem  pUger)  der  tüfel  disen  slab  nit  neinc  und  ver- 
slelc,  der  im  on  underlosz  strick  leil,  nochspecht  (nach- 
späht\,  nochscliliciil,  nochgat  und  uf  in  war  nimpt  wie  ein 
morder,  das  er  einen  solchen  bilger  Christi  umbring  und 
tödlichen  hcrmört  (ermorde)  an  siner  seien.  Keisersrerc  /h7;/. 
35*;  uf  dasz  sie  ermOrdent  die  seien,  die  do  nit  sterben  und 
machten  lebendig  die  seien,  so  nit  leben.  Scuahe  sal. «.  ;'(i>i/. 
3,18;  das  haupt  Ciccros  ward  mitsampl  andern  den  er- 
miirdteu  hüuptern  zu  Rom  am  otl'on  platz  auf  der  schrannen 
ausgesteckt.  Aventin  114.     später  unüblich. 

ERMORDUNG,  f.  occisio,  im  eigentlicJien  und  uncii^mllichen 
sinn:  eniderkung  und  ermordung  und  beerbung  von  Amerika. 
J.  P.  leufelsp.  2,  2if);  er  hörte,  dasz  ihr  (Lianens)  hnider  >ich 
seit  der  ermordung  ihrer  äugen  der  ganzen  sladt  entzogen 
(er  hatte  ihre  erblindung  vcrsdiuldel).    Tit.  2,  44. 

ERMORSCHEN,  rumpi.  lusammenbrechen,  irrfatlen: 

ein  nackten  nngKlgorippe  helM't 

den  «eufier  und  rrniurschi.    IIhrpkh  'i   Mi; 

ERMOSEN,  mii'^rMMi  nmotere,  s.  ermiesen 
ERMÜDEN,  U'te  ermatten. 

1)  intr.  fatigari,  mÜ  gm.  der  lache  oder  firaeposilion/'n  dtn 
Itp   8ol   in    geistlicher   Uebunge   dicke   emiüeden.     äuto  bm 


917 


EBMCDIGEN  —  ERMUNTERER 


ERMUNTERUNG  — ERN 


918 


Wackebxagel/6.  976,  38;  anstatt  der  pagen,  lakeien  und  Stall- 
knecht hatte  er  bocke  und  säu,  jedes  fein  ordenJich  in  seine 
natürliche  liberei  gekleidet,  welche  mir  auch  oft  auf  der 
weid  aufgewartet,  bis  ich  ihres  dienstes  ermüdet,  sie  von 
mir  gejaget  und  heim  getrieben.   Simpl.  K  27 ; 

denn,  wenn  der  mächtige  des  Streits  ermüdet, 

wirft  er  behend  auf  den  geringen  mann, 

der  arglos  ihm  gedient,  den  bfutgen  mantel 

der  schuld,  und  leicht  gereinigt  steht  er  da.    ScnaLBK  505*; 

hier  hält  das  opferthier  ermüdet  still.    Lessisg  2,  284; 

ermüdet  von  des  tages  langer  reise.    Göthe  13,  178; 
hier  ermüden  die  flügel  der  kühnsten  phantasie.  Lichtenberg; 
das   unübersehliche   Weltmeer   ohne   ufer,   worein  der  geist, 
der  vergeblich  überfliegen  will,  ermüdet  sinkt.  J.  P.  TU.  3, 115. 
oft  mit  folgendem  inf. :  ich  ermüde  es  zu  wiederholen ; 

wie  kann  ich  euch  zu  sehn  ermüden?  Lessisg  2  .  .  .; 
er  ermüdet  nicht  gutes  zu  thun ;  der  Inhalt  eines  liedes,  den 
grosz  und  klein  nie  ermüden  anzuhören.  Klixger  7,  71 ;  nie 
ermüden  einen  lobzupreisen.  8.  4 ;  hier  steigen  so  viele  Schwie- 
rigkeiten auf,  dasz  ich  ermüden  würde  sie  alle  herzuzählen. 
9, 129. 

2)  tr.  fatigare:  ich  hatte  mein  pferd  zu  stark  ermüdet  und 
muste  einen  tag  liegen  bleiben ;  das  viele  reden  ermüdete  ihn  ; 

ein  tausendfacher  jubelschall 

der  bacchen,  satyreu  und  faunen 

ermüdet  nun  den  wiederhall 

und  setzet  alles  in  erstaunen.    H.\gedors  3,  130 ; 

und  wenn  euch  ros  und  wein  und  nymphen  einst  ermüden. 

Götter  1,  30; 
ich  will   hinaus   aus    diesen    das    aug  ermüdenden  gärten. 
Klingers  tli.  3, 145. 

3)  reßexiv : 

leser,  dasz  du  nicht  gedenkst,  dasz  ich  in  der  reimenschmiede 
immer  etwa  tag  für  tag,  sonst  in  nichts  nicht  mich  ermüde. 
LoGAü  3,  147,  59 ; 
man  ermüdet  sich  in  dem  sande. 
ERMÜDIGE.N,  faligari: 

matt  und  beschwerlich, 
wandernd  ermüdigt, 
klimmt  er  gerährlich, 
nimmer  befriedigt.    Göthe  47,  82. 

ERMÜDUNG,  f.  defaligatio. 

ERMÜHEN,  fatigare,  mhd.  ermüejen,  abmühen: 

hört  auf,  ihr  gar  ein  sinn,  hört  auf  mit  euren  tanzen, 
ermühet  euch  nicht  gar.  die  lust  könnt  ihr  ergänzen 
auf  einen  andern  tag.  Flexing  1ö7. 

vgl.  die  aus  Immerx&nn  unter  erleiden  angezogne  stelle. 

ER.MÜNTERN,  excitare,  erwecken,  erregen,  anregen,  aufmun- 
tern, oM.  irmuntran,  mhd.  ermundern : 

so  er  die  töten  ermundert 
unt  die  übelen  gesundert 
von  den  sinen  cbinden.    anegenge  7,  53. 

nhd.  der  volle  zapf,  der  noch  nicht  gar  (aus  dem  sddaf)  er- 
muntert war.    WiCKRAM  rollw.  86; 

zu  morgens  kau  mans  (man  sie)  nicht  ermundern. 
H.  Sachs  I,  509»; 
das  kind  war  schwer  zu  ermuntern; 

wo  was  vorhin  geschehen, 
geschehn  und  doch  verziehn,  euch  nicht  ermuntern  kann, 
so  schaut  des  kaisers  baupt  und  eure  leiber  an. 

Grtphics  1,  31; 
die  ermunterten  blumen  eröfnen  sich  duftend. 

Zachariä  poel.  sehr.  2,  14; 
ermuntert  von  Auroren 
und  durch  den  balsamschlaf  gestärkt.    Wieland; 

darauf  ermunterte  er  mich  zur  poesie,  scherzte  aber  artig 
über  ein  gewisses  feuer,  was  ich  mir  auch  morgen  abge- 
wöhne.   J.  P.  flegelj.  1,  61  (88). 

2)  reflexiv: 

ermuntert  euch,  gepriesne  saiten, 
verdoppelt  eure  lieblichkeiten, 
womit  ihr  herz  und  sinne  zwingt.    Drolli:igkr  80; 
es  ist  ein  träum,  crmuntre  dich!    Gbllert  1,  96; 
sich  zu  etwas  ermuntern,  aufmuntern. 

3)  in  folgender  stelle  scheint  es  inlr.  gesetzt,  doch  folgt  hinten 
sich :  dasz  er  ermunderte,  erschulterte,  erschüttelte  und  wigete 
wägete  sich  selber.  Garg.  112', 

ERMUNTERER,  m.  excitator : 

und  du  lobtest  den  fleisz,  ein  ermunterer,  auch  wenn  der 

pflanzmann, 
ähnlich  der  arbeitsbien,  heilere  töne  sich  sang. 

Luise  lUfign.  an  herzog  von  Oldenburg; 

auf  immer  dürfen  daher  die  alten  anspruch  machen,  durch 
die  eiufalt  und  würde  und  den  groszen  umfassenden  sinn, 


womit  sie  was  wahr  und  edel  und  schön  ist,  ausdrücken, 
die  lehrer  und  ermunterer  jeder  nachweit  zu  bleiben.  Wolf 
mus.  der  allerlh.  tc.  s.  115. 

ERMUNTERUNG,  f.  excilalio.  incitatio: 

und  an  wessen  beifall 
liegt  mir  denn  sonst?  an  Nathans?  o  an  dessen 
ermuntrung  mehr  als  beifall  kann  es  mir 
noch  weniger  gebrechen.    Lessing  2,  2S5; 

iener  sprachs,  und  sie  riefen  ihm  beifall  rings,  und  ermuntrung 
leimzusenden  den  gast,  dieweil  er  schicklich  geredet. 

Od.  13,  47. 

ERMUNTERUNGSMITTEL,  n. 
ERMUNTERUNGSWEISE,  f 

ERMÜRREN,  mollescere,  mürbe  werden,  ermurwen  immar- 
cescere.    Maaler  115*: 

dasz  des  menschen  herz 
erweich,  ermürb  in  frommen  schmerz.    Stolserg  5,  257. 

vgl  ermarben. 

ERMÜSZIGEN,  uHe  bemüszigen,  adducere,  cogere:  so  war 
unser  könig  ermüszigt  ein  beer  zu  senden.  Tieck  Cetennen  1,122. 

ERMUTHO,  animare,  beleben,  stärken: 

so  schlangs  von  dir  sich  fort  mit  ewgen  glutben 
ein  deutsches  herz  von  frischem  zu  ermuthen.    Göim  5,  38; 
wie  aus  dem  lebensplunder 
erwarbst  du  diesen  zunder, 
der  funken  letzte  gluthen 
von  frischem  zu  ermuthen?    5,  93; 
und  dasz  die  deinen  mich  für  wenig  achten, 
das  hat  mich  oft  geschmerzt,  doch  oft  ermutet.    Piatm  100*; 
wo  der  ermutete 
gott  sich  verblutete.    164*; 
doch  so  viel  athera  bleibt  dem  armen  mann, 
dasz  er  zum  höchsten,  vor  der  seel  entschwinden, 
um  seiner  schuld  erlassung  bitten  kann 
und  selbst  den  grafen,  der  mit  thränenöuten 
die  wange  netzt,  noch  zur  geduld  ermuten  (confortare). 
Gries  .4r.  42,  13. 

2)  refl.  sich  ermuthen:  das  sie  sich  ehimal  mit  ehren  er- 
lieben, ermüeten.   krigsb.  des  frides  199  ; 

an  dem  schönen  und  dem  guten 

werden  wir  uns  frisch  ermuthen.    Göthz  47, 191 ; 

0  weile,  weile  königin  der  fraun, 

bis  sich  sein  herz,  sein  löwenherz  ermutet.    Plates  167*. 

ERMUTHIGEN,  dasselbe:  man  musz  ihn  nur  ermuthigen, 
«Am  muth  einflöszen;  er  schien  neu  ermuthigt;  ich  ennuthige 
mich  die  electrischen  schlage  deiner  begeistrungen  auszu- 
halten.  Rettise  br.  1, 278. 

ERMUTHIGUNG,  f 

ERMUTHLICH,  ermuthigend,  gebildet  me  vermuthlich:  als 
Renigna  mit  dem  auszer  sich  gebrachten  Veit  einige  ermuth- 
liche  gesetzliche  worte  gesprochen  hatte.    J.  P.  briefe  97. 

ERN,  arare,  ackern,  pflügen,  goth.  aijan,  ahd.  arian.  erian, 
erran,  mhd.  em,  prael.  ier,  part.  gearn.  der  umlaut  in  ern  rüArt 
daher,  dasz  das  praesens,  me  andre  starke  verba  mehr  (z.  b.  goth. 
haQan,  skapjan,  bidjan  =  aM  heflFan,  sceflfan,  pittan)  scAtrac/i« 
form  erster  ronjugation  aH  sich  nimmt,  nhd.  eren,  erren,  ern : 

er  ward  gesandt  von  seinem  herrn 

hinaus  zu  feld  den  acker  ern.    Waldis  im  leben  Esops. 

ERN,  f  messis,  goth.  asans,  ahd.  aran,  arn,  gen.  erni  (goth. 
asanais),  mhd.  eme,  dem  rorausg^enden  ern  arare  unverwandt, 
wie  die  Unterscheidung  zwischen  goth.  r  und  s  lehrt  und  die  ab- 
weichende bedeutung  bestätigt,  denn  asans  <;>'/  sommer  und  ernte, 
lat.  aestas,  vgl.  aeslus,  gr.  d'e^oe,  während  das  pflügen  im 
herbst  oder  frühling  geschieht,  nhd.  ist  das  einfache  ern  meist 
durch  ernte  verdrängt,  doch  stellt  es  noch  Alberüs  auf,  vgl. 
DiEFENBACH  359*  Und  cmc  roc.  1482  hl*: 

er  dacht,  der  sommer  ist  nicht  fern, 
so  zeuht  mein  herr  hin  in  die  ern. 

Waldis  2,  93  bl.  135*; 

wisten  sie,  das  der  abt  hat  die  vurmait  in  dem  heuw,  den 
vnrschnit  in  erne,  die  vurlas  (vorlese)  im  herbst,  weisth.  2,296; 
auch  sullint  die  cingrefen  in  der  erne  des  berges  hudele  ge- 
reit sin,  sine  sichelinge  ze  eischene.    3,  485. 

ERN,  ausgang  der  adjective  silbern,  eisern,  ledern,  ehern 
u.  a.  m.  liegt  schon  in  den  Substantiven  silber,  eiser  (früher  eisern), 
Jeder,  mhd.  h  begründet,  welchen  ableitendes  n,  en,  mhd.  in  zutritt, 
wie  die  mhd.  formen  silberin,  iserin,  Viderin,  trin  bekunden,  aber 
schon  ahd.  beginnt  auch  das  paragogische  ir  neutraler  plurale  in 
das  adj.  mit  einzugehen,  so  dasz  aus  huon  pl.  huonir,  hrind 
p/.  hrindir,  chalp  pl.  chelpir  die  adj.  hucnirin,  hrindirin,  chel- 
pirin  enlipringen  Und  mhd.  hücnerin,  rinderin,  kelberin  lauten, 
hiernach  erscheinen  nun  nhd.  kälbern,  lämmern,   bretern,   bei- 

58* 


919 


ERNACH— ERNÄHREN 


ERNÄHREN—  ERNAUEN 


920 


nern,  bleiern,  hölzern,  börnern  gerecht  oder  zu  etilschuldigen, 
venu  gleich  mhd.  beinin,  bliin,  hüizin,  hiirnin  galt,  unorganisch 
sind  aber  alle  ton  mdnnliclien  Substantiven  gebildelen  dörnern, 
steinern,  stäblern  {mhd.  dürntn,  steinin,  stebciini,  gleich  den 
pluralen  dürner,  steiner  für  dorne,  steine,  mehr  davon  gramm. 
2, 176 — 179.     anders  verhält  sich  nüchtern. 

ERNACH  für  bernacb,  z.  b.  Luther  6,  342  und  öfler.  in  der 
bibel  steht  fast  überall  hernach,  die  bildung  hernach  aus  ahd. 
hera  ndh  verhall  sich  wie  danach,  darnach  aus  ahd.  dara  näh. 

ERNACHER  für  dasselbe,  bei  Keisebsbebg  büg.  38'  findet  sich 
ernoher  gon. 

ERNAHEN,  assequi,  erreichen,  aus  schtp.  erna  zu  folgern? 
begegnet  nirgends,  so  wenig  als  ein  ahd.  irnÄhan,  mhd.  ernälien. 

ERN.\HEN,  afii  heran.    Stieler  1342. 

ERNÄHREN,  altd.  imerian,  vilid.  ernern,  dän.  ernSre,  kein 
goth.  usnasjan  noch  ags.  dnerian.  von  der  wurzel  unter  ge- 
nesen und  nähren. 

1)  alere,  pascere,  ntUrire,  fütlem,  anfzidten,  unterhalten:  also 
emeeret  er  sie  mit  brot  das  jar  umb  alle  ire  vieh  (vulg. 
sustentavilque  eos  iUo  anno  pro  commulatione  pecorum). 
1  Mos.  47, 17 ;  gott  der  mich  mein  Icbenlang  erneeret  hat  bis 
anf  disen  tag.  48, 15 ;  das  er  ire  sele  errette  vom  tode  und 
erneere  sie  in  der  thewrunge.  ps.  33, 19 ;  die  ich  erneeret  und 
erzogen  liabe,  die  hat  der  feind  umbbracht.  klagl.  Jer.  2,  22 ; 
das  nicht  die  gewachsen  fruchte  den  menschen  erneren,  son- 
dern dein  wort  erhelt  die  so  an  dich  glauben,  weish.  Sal. 
16,26;  Hanna  aber  sein  weib,  die  erbeitet  fleiszig  mit  irer 
band  und  erneeret  in  mit  spinnen.  Tob.  2, 19 ;  zu  der  zeit 
ward  Moses  gebom  und  war  ein  fein  kind  für  gott  und  ward 
drei  monden  erneeret  (nutritus  est)  in  seines  vaters  bause. 
ap<)stelg.l,20;  und  das  weib  entflöhe  in  die  wüsten,  da  sie 
hat  einen  ort  bereit  von  gott,  das  sie  daselbs  erneeret  würde 
tausent  zweihundert  und  sechzig  tage,    offenb.  12,6; 

dasz  ihr  Angler  blut  mit  blute  gänzlich  zu  verwaschen  denkt? 
durch  geblüte  wird  die  räche  nur  ernäliret,  nicht  ertränkt. 

LoGAU  3,  101,  12; 
den  kranken  zu  erfreun,  die  witwe  zu  ernähren. 

Gellert  2,  25 ; 
eine  Schwester  besorget  den  garten,  der  schwerlich  zur  Wildnis, 
deine  wobnung  romantisch  und  feucht  zu  umgeben  verdammt 

ist, 
sondern  in  zierliche  beete  getheilt,  als  vorhof  der  küche 
nützliche  kräuter  ernährt  und  jugendbeglückende  fruchte. 

GöTHR  1,  343; 
soll  ein  geheimnis,  das  ich  nun  so  lange, 
wie  Philoctet  den  alten  schaden, 
als  schmerzbeladncn  feind  ernähre, 
soll  es  ein  fremdling  meinem  herzen  werden?    10,  37; 

hunde,  kalzen  und  vögel,  dergleichen  mein  vater  von  allen 
arten  ernährte,  vergnügten  mich  sehr.  19, 267 ;  es  war  ein 
Schäfchen,  das  von  einem  bauermädchen  in  dem  walde  auf- 
gefangen und  ernährt  worden  war.  19,  267 ;  gott  ernährt  uns 
alle;  er  hat  frau  und  kindcr  zu  ernähren; 

nun  nun,  das  musz  der  kaiser  ernähren, 

die  armee  sich  immer  musz  neu  gebären.    Scimller  321'; 

flüsse,  die  von  dem  platten  lande  ernährt  werden.  Kant 
9, 16 ;  friede  ernährt,  Unfriede  verzehrt. 

2)  sanare,  heilen,  mit  acc.  der  person,  gen.  oder  praeposition 
der  tache: 

mhd.  kein  artet  mac  dich  dfs  ernern.    Parz.  316,  15; 
■wAlch  h£rre  starben  muo;  als  icli, 
waj  raöhte  der  getrrrsten  mich, 
ad  mich  da;  Uever  ane  gät, 
und  in  dir  zansw^r  bestät, 
und  er  newedem  mae  ernern? 
dem  wil  ich  tilten  hulde  swern.    Preid.  74,  II; 
ob  ir  da;  got  bescherte, 
da;  si  in  crnerte.    Iw.  3466; 

nhd.  und  mit  disem  pulver  hab  ich  bei  meinen  Zeiten  all 
fislelen  ernert,  die  zu  heilen  waren.  GERsooRr  70.  in  dieser 
bedeutung  heute  ungdtrduchlich. 

3)  servare,  erretten,  erlösen:  mhd. 

in  emer  dir  übel  tinrel,  6%  muot  im  an  «in  lAben  ifin. 
Nib.  1H92,  4; 

•w<r  dem  tArtn  i&nde  wert 

der  hAt  im  die  s«le  ernert.    Fiiid.  84,  13; 

nieman  mohie  sich  lin  erwem, 

noch  vor  ilnem  »tanke  ernern.    Wigal.  166,  27 ; 

da;  in  aller  »In  lim 

Ton  dem  tAd«  niht  mohle  ernern.    tSI.  17; 
aU.  4m  Ulert  l(>b<>n  ward  ernrrt.    SciiwARzicitiKRe  110,  I, 
<r  hM  bti  leben,  dat  leben  wurde  ihm  geschenkt; 


bis  das  der  Moises  ward  ernert, 

von  gott  demselben  ward  beschert, 

das  er  das  jüdisch  volk  erlöst.    156,  1; 

mein  hämisch  und  jnein  grüner  schild, 

die  teten  mich  oft  erneren.    Uhlawd  332; 

Ich  (rUter)  musz  faren  gein  Preuszen, 

das  ich  dich  paur  erner.    SiS; 

meiner  todsfeieiul  leider  drei, 

der  well,  desgleich  des  teufeis  list, 

der  dritt  der  leib  meins  herzens  ist, 

gott  mag  von  zweien  mich  ernern, 

dem  herzen  kau  ich  nicht  erwern.    Freid.  Worms  1639,  10'; 

euch  hast  in  dinem  herzen  sitzen 

ein  luteiischlaher  mit  sim  kritzen, 

wann  ich  schon  bruchet  all  min  kunst, 

so  förcht  ich  doch  es  si  umbsunst, 

du  wollest  dich  dan  lassen  bscliweren, 

ob  ich  dich  kundt  widrumb  ernern. 

MuRSKRs  narrenb.  1512  x5'.  1518  x3'. 

4)  reflexiv. 

sol  ich  des  Stegreifs  mich  erneren? 

MuR!<ER  narrenbeschw.  23,  13; 

sich  mit  der  kunklen  oder  spülen  erneeren.  MaalerHS';  es 
sind  uf  einmal  in  der  slat,  wie  man  sagt,  etlich  tusent  bac- 
chanten  und  schützen  gsin,  die  sich  all  des  almusens  cr- 
narten.  Plater  21 ;  entehrt  sich  des  lagelohns  (lebl  von  tag- 
lohn).  Wickram  rollw.  11; 

ich  hab  mich  all  mein  tag  ernehrt  der  dieberei. 
Waldis  4,  13; 

also  hat  er  sieb  des  honigs  crnehret.  Paracelsds  1,1066'; 
welche  sich  fast  bisher  aus  dem  raub  ernerct.  Frossp.  kriegsh. 
3, 159" ;  und  alda  der  brosamen,  die  von  irea  tischen  fielen, 
dich  ernehren  wollest.    Spee  g.  tugendb.  476  ; 

so  nimmt  ein  kind  der  mutter  brüst, 

nicht  gleich  im  anfang  willig  an,  , 

doch  bald  ernährt  es  sich  mit  tust.    Götue  12,94; 

sie  hieltent  gar  ein  engen  rat, 

wie  sie  behaubten  dise  that, 

disen  glauben,  solich  ferten, 

wie  sie  sich  dorusz  emerten. 

(Murner)  von  den  fier  ketzeren  predigerordens  tu 
Dem  vcrbrant.  1509.  k2'. 

man  liebt  heule  das  einfache  verbum. 

ERNÄHRER,  m.  altor. 

ERNÄHRERIN,  f  allrix,  nutrix,  ammc.    Stieler  1340. 

ERNÄHRUNG,  f  nutiitio,  sustentatio. 

ERNÄHRUNGSART,  f 

ERNÄHRUNGSGANG,  m.  speisccanal. 

ERNÄHRUNGSGESCHÄFT,  n. 

ERNARREN,  desipere,  slullescere,  obslupescere,  ahd.  irnarr^n 
(Graff  2, 1094) ;     _ 

der  richter  ob  der  that  ernarret, 

endlich  erdacht  er  einen  sinn.    Ambr.  tb.  s.  350; 

in  stäter  krankheit  er  verharrt, 

in  unsinn,  blintheit  ganz  ernarrt.    Rrant  38,  54; 

ob  disem  koch  ich  gleich  ernarret.    H.  Sachs  I,  509'; 

zuvor  in  gottes  wort  erstarren  und  emarren.  Frank  lob  dex  th. 
Worts  169. 

ERNASCHEN,  ERNÄSCHEN,  ligurire,  libare.^  er  wirt  für- 
witzig, wil  alle  ding  sehen,  hören  und  versfichen  und  er- 
nesclicn  was  da  stübt  und  finget.  Keisersherc /leW. /cjce  30. 

ERNÄSELN,  «aso  indagare,  erschnüffeln,  aufspüren.  Alb.  vox 
Rütte  21. 

ERNASSEN,  madere,  madefieri,  alid.  irnagjf n :  und  wenn  der 
feind  ernaszt,  erfrcuret  und  erschwächt.  Fronsp.  1, 182;  darzu 
auch  alle  zündstrick  und  pulvcrfllsser  . . .  emasset.  3, 139*. 
vgl.  ernelzen. 

ERiNASTEN,  a.'isequi,  contingere?  ein  seltnes  «ort,  dessen  sinn 
man  nur  errathen  kann: 

lucht  im  klclderkasten, 
ob  einer  etwai  möcht  ernasten.    Thürtckissir  arckidoxa  23. 

da  Schweiz,  nasta  soviel  als  asten,  ästen,  an  den  ästen  brauen 
attsdrückt  (Toiiler  330),  könnte  ernasten  erfdllen,  erbauen  und 
figürlich  erlangen,  enrischen  bedeuten,  ans  alam.  nasicil  (Hai'PT 
4, 472)  darf  man  kaum  wagen  anzuknüpfen,  noch  weniger  ans 
schw.  ernS.  am  ende  ist  es,  mit  Umsetzung  des  srh  in  st,  nichts 
als  ernaschen. 

ERNAUEN,  was  erneuen,  u-ie  auch  mhd.  ernAwen  für  er- 
niuwen  und  Naumburg  für  Neuenburg  {vgl.  brauen  und  breuen, 
kauen  und  keuen,  bauen  und  biuwen,  trauen  und  treu): 

al*  klrrhen.  klAnier,  klntmon  hniicn, 

di«  ichier  vervallen  «ind.  rrnnuen. 

Scmadr  $at.  und  paiq.  2,  234. 


921 


ERND  — ERNEUERN 


ERNEUERUNG  —  ERNIEDERN 


922 


ERND,  ERNDE,  s.  ern,  ernte. 

EBNE,  f.    s.  ern,  ernte. 

ERNENNEN,  keingolh.  usnamnjan,  kein  ahd.  irnemnan,  imen- 
nan,  selbst  kein  mhd.  ernennen,  das  ahd.  irnamön  (Graft  2, 1087) 
ist  anders  gebildet  und  verhdU  sich  icie  benamen  zu  benennen. 

das  nhd.  wort  drückte  früher  aus  benennen,  namhaft  machen, 
melden,  angeben,  bestimmen:  die  tagreisen  der  diener  kan  ich 
euch  nit  ernennen.  Aimon  c  6';  weiter  sage  ich  ists  nicht  gnug, 
das  der  grund  bar  da  sei  und  ernennet  werde,  sondern  sol 
klerlich,  stück  bei  stück  angezeigt  und  das  geld  und  zinse 
drauf  geweiset  werden.  Luther  1, 196" ;  jedoch  ernennen  wir 
euch  und  den  ewern  einen  christlichen  tag.  3,132*;  das  war 
ire  zeit  von  Mose  inen  bestimpt  und  ernennet.  S,  293' ;  will 
ich  euch  beide  parten  einen  tag  selbest  lassen  ernennen. 
br.  5,  771 ;  die  Thraces  machten  anstand  {inducias)  im  kriege 
dreiszig  tage,  aber  bei  nacht  überfielen  sie  die  feinde,  sag- 
ten im  anstand  sind  tage  ernennet.  Melaxchthon  im  corp.  doclr. 
ehr.  522 ;  er  wolt  ir  kainen  in  sunderheit  ernennen.  Schade  sat. 
u.  pasq.  2, 141 ;  wie  wol  ich  die  krankheiten  nit  alle  ernennen 
mag,  so  vil  aber  jetzt  läufig  und  verstendig  sind,  so  ril  wer- 
den angezeigt.  Paracelsüs  c/ar.  scAr.  184";  tag,  ort  und  stunde 
ernennen.  Schweinichen  1,  370 ;  auf  erneuten  morgen  zu  rechter 
fruer  tagzeit  auf  bescheidenen  platz  oder  ort  zu  erscheinen. 
Redtter  69 ; 

bekenne  unt  ernenne  meine  schendliche  mistat. 
Melissus  ps.  Q5*; 
ist  auch  ein  tag  erkoren, 
ist  die  gewünschte  zeit  von  göttern  auch  ernant, 
dasz  durch  dich  letzten  schütz  und  rächer  dieses  land 
und  unser  Pergama  soll  neu  erbauet  werden.    Opitz  1,  225; 

sondern  habe  lieber  von  nur  ernanntem  kriege  meine  erzeh- 
lung  angefangen.  RCnaüIc*;  auf  den  abend,  um  die  ernannte 
zeit.    Melisscs  Salinde  30. 

gilt  späterhin,  mit  verengtem  begrif,  nur  vom  erwählen  zu  ge- 
schäfl  oder  stelle :  einen  tag  zu  gerichtlicher  handlung  ernennen ; 
einen  zum  bürgermeister,  rathsherrn  ernennen; 

hat  sie  mit  fleisz  zur  Wärterin  ernannt.    Geilert  1, 124; 
bat  dich  nicht  das  volk  und  parlement 

an  deines  vaters  statt  zum  könig  längst  ernennt? 

Weiszk  trauerspiele  1,  45; 

den  zum  gemahl  mein  vater  mir  ernannte.    Gottbii  2,  413; 

allein  er  hat  das  haus  uns  übertragen, 

zwar  keinen  noch  zum  folger  sich  ernennet, 

doch  lebt  er  schon  im  geist  von  uns  getrennet.    Götbe  13,182; 

der  herzog  Alba  ist  ernannt  nach  Flandern.    Scbillir  282'; 

zu  trägern  sind  die  berg  ernannt.    Rijckert. 
ERNENNUNG,  f.  designalio,  denominaUo. 
ERNEN'NÜNGSRECHT,  n. 
ERNENNUNGSURKUNDE,  f. 

ERNETZEN,  humectare,  benetzen:  dasz  du  mit  dem  ßl  den 
ganzen  grind  für  dich  nemmest  und  wol  ernetzesl  mit  einer 
federn.    Paracelsüs  1, 1054'.    vgl.  emassen. 

ERNEUEN,  renovare.  kän  goth.  usniujan,  sondern  ananiu- 
jan,  tnnorore,  doch  ahd.  irniuwön  (Graff  2, 1112),  mhd.  erniuwen. 
kompt,  laszt  uns  gen  Gilgal  gehen  und  das  königreich  daselbs 
ernewen.  1  Sam.  11, 14 ;  du  ernewest  deine  zeugen  wider  mich. 
Hiob  10,1';  mit  erneutem  eifer,  erneuter  kraft; 

vertraut  mit  allen  künsten, 

die  zu  der  raenschheit  ernsten  pflichten 

den  muth  erhöhn,  die  kraft  erneun.    Gorm  1,272; 

einer  wollte  mich  erneuen, 

macht  es  schlecht,  verzeih  mir  gott! 

achselzucken,  kümmereien ! 

und  er  hiesz  ein  patriot.    Göthb  1,  156; 

hat  der  tag  sich  kaum  erneuet, 

wo  uns  Winterfreude  blühet.    2,  159; 

sich  in  erneutem  kiinstgehrauch  zu  üben 

ist  heiige  pflicht,  die  wir  dir  auferlegen.    2,  271; 

jeder  gedächte  mit  lust  zu  erhalten  und  zu  erneuen.    40,258; 

du  bewahrst  mir  dein  herz,  und  finden  dereinst  wir  uns  wieder 

über  den  tnimmern  der  weit,  so  sind  wir  erneute  geschöpfe, 

umgebildet  und  frei  und  unabhängig  vom  Schicksal.    40,536; 

nun  sind  säfle  mir  noth,  wodurch  emeuetes  alter 

jugendlich  wieder  erblüh.    Voss  .  .  .; 

uns  zu  erneun  kehrst  du  vom  himmcl, 

längst  deinen  geweihten  ersehnt.    4,  213. 

ERNEUERER,  m.  renovator,  instaitrator.    Göthe  53, 143. 
ERNEUERN,  intr.  vitulum  parere,  kalben,  von  kühen.  Stalder 
2,235,   irtc  das  neugebome  kalb  vilulus  novellns,    re'os  heiszt, 
erneuen  also  jungen  ist. 

ERNEUERN,  tr.  renovare,  mhd.  emiuwcrn: 
ein  edel  man  mit  tugenden  daj  erwirbet, 
das  man  sin  lop  erniuwert  iemer  offenbar.    MS.  2,  156»; 


nhd.  ernewrt  den  altar  des  herm.  2  chron.  15,  8 :  dingeten  Stein- 
metzen und  zimmerleute  zu  emewem  das  haus  des  herm. 
24, 12 ;  ernewert  euch  aber  im  geist  ewres  gemüts.  Eph.  4,  23 ; 
das  sie  sollen  widerumb  ernewert  werden  zur  busze.  Ebr.  6.  6 ; 
ein  rechtliche  klag  erneuweren,  repetere  reum;  ein  leid  oder 
schmerzen  erneuweren,  manus  vulneribus  afferre.  MaalerHö'; 
lobt  nicht  der  fremde  bei  uns  die  ausgebesserten  thore 
und  den  geweiszten  thurm  und  die  wol  erneuerte  kirche? 

GöTUB  40,  259 ; 
und  so  kam  auch  zurück  mit  seinen  töchtern  gefahren 
an  sein  erneuertes  haus  der  erste  kaufmann  des  ortes. 

40,  236 ; 
von  der  erde  sich  nährend,  die  weit  und  breit  sich  anfthut 
und  die  erwünschten  gaben  in  jähren  und  monden  erneuert. 

40,  2S7. 
ERNELTRUNG,  f.  renovatio:  durch  das  bad  der  wider- 
geburt  und  ernewerung  des  heiligen  geistes.  Til.S.b;  haben 
beide,  der  mensch  und  low,  ihrer  alten  freundscbaft  er- 
neuwening  halber  sich  gefreuwet.  Kirchhof  «enrfunm.  202'; 
ein  zeichen  guter  und  erneuerung  alter  freundscbaft.  208*; 
einen  zu  einer  emeuwerung  zwingen.    Maaler  115*. 

ERNEUSEN,  experiri,  explorare,  «n  uraltes,  seltnes,  bald  ganz 
erlöschendes  wort,  vgl.  goth.  niuhsjan.  ahd.  niusan  und  arniusan 
(Graff  2, 1104),  falsch  geschrieben  ernoisen,  erneisen  oder  gar 
erneiszen :  wir  sollen  nit  erfaren  noch  erneisen  dan  was  uns 
stat  und  dienst  gots  zugehöret.  Oberlis  34S  aus  Keisersberg  ; 
dise  ding  alle  sammen  ersuchent,  ernoisent  oder  erforderent 
die  beiden.  Keisersb.  post.  3,  82 ;  sag  an,  wo  gebent  die  ge- 
schriften  zeugnus  von  dir?  'ersuchent  sie'  sprach  der  herr 
•ernoisent  sie,  kerent  die  bletter  umb'.  2,  45 ;  da  ein  münch 
ernoisen  und  ergrüblen  will  on  not  frevenlichen  ander  leut 
grund  oder  meinung.  parad.  der  seien  iW;  der  wolt  alle  ding 
erneisen.  seh.  und  ernst  cap ;  besser  ist  ein  recept  verstan- 
den, dann  die  groszen  libereien  der  clöster,  da  unter  tau- 
sent  blettem  ein  halbs  nit  verstanden  wird,  erneuset  haben. 
Paracelscs  chir.  sehr.  367*.  vgl.  durchneusen  (2, 1652  nachzu- 
holen): wan  die  theologen  die  ding  all  durchgründen  und 
bei  eim  nadelspitz  durchneusent.  Krtrslhans  ISO,  22  (hinler 
McRNERS  luth.  narren  herausg.  von  Kürz).  Stalder  2,233  hält 
näusen  zu  nase,  schon  wegen  des  goth.  niuhsjan  unwahrscheinlieh. 
ERNEUSIG,  curiosus:  du  wirst  auch  nimmermer  gelert, 
wann  du  nit  wundergem  bist,  die  nit  achten  eins  dings, 
gott  geh  es  sei  wie  es  wöll,  die  werden  nimmermer  gelert, 
aber  die  emeisig  seind  und  wollen  alle  ding  wissen  und  er- 
faren, die  werden  gelert.  K£is£rsb£rg  brösamlin  13*. 
ERNEÜUNG,  f  renovatio: 

gottes  geist  erleuchtet  mich, 

lebensodem  zur  erneuung 

weht  gewis  auch  über  mich.    Bcrckr  11»; 

in  des  frühlings  junger  erneuung.  Voss. 
ERNIEDER,  deorsum,  für  hernieder,  ir»e  ernach  für  her- 
nach; hernieder  entsprungen  aus  ahd.  hera  nidar  (Graff,  2,  987. 
4,  695)  wie  danieder,  darnieder  aus  ahd.  dara  nidar.  ernider- 
legen  für  niederlegen,  erlegen  steht  z.  b.  bei  Avestin  70.  Lcthers 
bibel  schwankt  zwischen  ernider  und  hernider,  doch  überwiegt 
jenes,  ernider  findet  sich  sonst  noch  z.  b.  im  buch  der  liebe  274,  i, 
in  den  verdeutschten  Bacchides  des  Plautus  125',  Aimon  96',  Franks 
weltb.  141*,  Sphexgs  Aeneis  437',  Fischarts  Garg.  66*,  H.  Sachs 
II.  4,  55*  «.  s.  w.  belege  der  uneigentlichen,  damit  gebildeten  Zu- 
sammensetzungen folgen  unter  hernieder,  wozu  man  das  einfache 
nieder  und  danieder  vergleiche. 

ERNIEDERN,  humilem  reddere,  mlal.  hnmiliare,  nicht  aus 
der  vorangehenden  partikel  ernieder  entspringend,  sondern  aus 
dem  verbum  niedern  mit  praepgiertem  er,  ahd.  arnidaran,  ir- 
nidaran,  irte  farnidaran,  pinidaran  :  es  ist  das  sicherst,  das 
man  emiddert  {humili  loco)  bleibe.  Luther  4, 46' ;  emidcrt 
euch  unter  die  starke  band  gottes.    Reiszser  Jer.  i,  21* ; 

dein  Vorzugsrecht  erhebt  für  meinen  sinn 
dich  viel  zu  hoch,  mir  must  du  dich  erniedern, 
fall  auch  so  tief  als  ich  gefallen  bin.    Hacedor:«  2,  160; 
wollt  er  euch  nicht  zu  dem  mitleid  herab  erniedern. 
Me.^sias  7,  710; 
und  dennoch  habt  ihr  die  edle  begierfle, 
welche  zur  ehr  euch  rief,  lu  dem  stolz  herunter  erniedert. 

19,  43 ; 
du  emicdertest  dich,  ansländertöne 
nachzustamraeln.    Klopstock  2,  65; 
0  so  kanst  du  dich  nur  gleich  einem  Aleides  erniedern. 

Zachabiä  1,  262 ; 
halt  ein,  Diana, 
theuerste  «chwesier,  erniedrc 
deine  gotthcit  nicht  also.    Fr.  Müller  2,  213; 


923 


ERNIEDERUNG  —  ERNST 


ERNST 


924 


die  majesiät  verleihe,  wenn  ins  kleine 
das  hohe  werk  ich  zu  erniedcrn  scheine.    Götuk  41,  67} 
ich  aber  soll  zum  meiszel  mich  erniedern, 
wo  ich  der  künstler  könnte  sein?    Schiller  277'; 
weil  ich  mich  nicht  erniedern  will  zum  knecbt.    Tnci  2,  344. 
ERNIEDERUiNG,  f.  humilialio:  das  gericht  ist  nicht  anders, 
denn  das  ein  mensch   sich   selbs    erkenne,   richte    und  ver- 
damne   und   das   ist  wäre  demüligkeit  und  seines  selbs  cr- 
niderung.    Ldtheb  1,  75*; 

doch  ein  wunder 
wie  die  emiedruDg  des  sohns  zu  dieser  tiefe,  geschah  nicht. 

Messias  6,  4y4. 

ERNIEDRIGEN,  was  erniedern :  denn  wer  sich  selbs  er- 
höhet, der  wird  ernidriget,  und  wer  sich  selbst  ernidriget, 
der  wird  erhöhet  (ahd.  sih  erhefit,  winiit  giolinuotigöt,  golh. 
hauhei|)  sik,  gahnaivjada).  MaZ/A.  23, 12.  Lkc.  14, 11.  18, 14;  alle 
tai  sollen  vol  werden  und  alle  berge  und  hiigel  sollen  er- 
nidriget werden  (golh.  all  dalei  usfulljada  jah  all  fairgunje 
jah  hlain^  gahnaivjada).  Lt/f.  3,  5;  oder  hab  ich  gesündiget, 
das  ich  mich  ernidriget  habe,  auf  das  ir  erhöhet  würdet? 
{golh.  mik  silban  haunjands,  ei  jus  ushaubjaindau).  2  Cor.  11,  7; 

emidrigend  mein  herz,  erhub  ich  meine  stim. 

Weckuerlin  133; 
in  dieser  stillen  einsamkeit 
dürft  ich  in  keine  tiefe  mich 
erniedrigen,  mich  nicht  erheben 
auf  eine  höhe,  welche  sich 

feindselig  könnte  mir  beweisen.    Gleih  bei  Gökingk  3, 194  ; 
wo  fände  sich  ein  gleicher,  seine  band 
mir,  der  erniedrigten,  zu  reichen?    Göthe  9,  346; 

die  gebirg«  erniedrigen  sich,  je  mehr  sie  sich  dem  meere 
nähern.  Kant  9, 43 ;  er  hob  das  trunkne  äuge  in  den  mit 
Sternen  bethaulen  himmel  und  sah  den  erniedrigten  {tiefer 
gesunkenen)  mond  gelb  und  matt  in  Süden  hängen.  J.  P.  Hesp. 
4,60;  sich  zur  lüge,  zur  Verstellung  erniedrigen.  Klinger 
5,  339 ;  er  glaubt  mit  einer  abbitte  sich  zu  erniedrigen ; 

die  jungen  herrn,  die  hoch  nach  fenstern  schielten, 
erniedrigten  nach  mir  nicht  ihr  genick. 

RßcKERT  ges.  ged.  1,  138. 
ERNIEDRIGUNG,    f.    demülhigung :     keine    erniedrigung, 
madam ! ; 

0  wie  mir  wol  ist,  Hanna!   endlich,  endlich 

nach  jähren  der  erniedrigung,  der  leiden 

ein  augenhlick  der  räche,  des  triumphs!    Schiller  429*. 

sich  ERNIETEN,  exerceri,  deledari,  versari,  sich  in  etwas 
üben,  ergeizen,  seine  lust  büszen,  vgl.  nieten,  alid.  nioton  (Graff 
2,1049),  mhd.  nieten,  genieten  («0.2,348),  a/(s.  niud6n:  aber 
weltliche  fröid  ist  nit  bleiblichen,  si  verswindet  ee  man  sich 
ir  ernietet.  Keiserseerg  par.  der  seien  229' ;  ernieten,  seinen 
glust  büszen  und  ersettiget  werden,  saliari.    Maaler  115'; 

wan  ich  mich  dan  ernietet  hat 

mit  böser  und  unkiuscber  dat.    Mürkers  gäuchmalt; 

welcher  sich  in  diesen  woIlüsten  ernietet,  darvon  er  doch 
sein  weih  abhaltet.    Fischart  ehz.  74. 

ERNIETUNG,  f.  exercüium,  übung:  ohn  rathliche  und  emb- 
sige  ernietung  notdürftiger  Schlachtordnungen  und  künstlicher 
kampfstücken.    Fhonsperg  kricgsb.  1, 175*. 

ERNÜTIGEN,  cogere,  mhd.  emaüen : 

nein,  iuwer  minne  hat  mich  de»  ernoetet.    US,  1,  57'. 

ERNROSE,  f.  alcea  rosea,  ernicrose,  herbslrose:  ernroseu- 
warzel  und  samen.  Pinter424;  nimb  erndrosenblätter.  Wt}BZ 
130 ;  ernderose.   Stieler  1623. 

ER.NST,  m.  veriias,  severüas,  sedulüas,  Studium,  alid.  Cmust, 
Crnesl,  mhd.  emest,  ernst,  mn/.  aernsl,  ernst,  nnl.  ernst, 
nemst,  fries.  ernst,  ags.  eornest,  engl,  earnest.  golh.  kommt 
nichts  ähnliches  vor  und  auch  den  nord.  sprachen  scheint  auf  den 
erslen  blick  das  wori  abzu<jfhen,  uenn  sich  niclit  ein  anderer  aus- 
druek  heranziehen  Idsit.  ii  folgt  aus  dem  eo  in  eornest  (wozu 
sieh  earnest  verhdU  wie  carth  in  eordc),  so  wie  dem  mhd.  reim 
erncst:  gt>rnefit  (/r.  *r.  35.')7.  6045.  ÄaW.  li>,  12),  wonach  also  ein 
golh.  airn  --■  firn  voran agrselzt  werden  müste. 

Auffallend  ist  nun,  dasz  ein  uralter  mannsname  geradeso  Er- 
nust,  Emest,  heute  Ernst  lautet  (F^rstknann  1, 126,  wo  man 
die  formen  Arnusl,  Amest  für  fehlerhaft  hatten  darf)  und  in 
dimm  namen  musz  eine  lebendigere  Vorstellung  grlfgen  haben,  als 
dal  heutige  wort  gewährt,  darauf  leitet  sellist  die  endung  ust, 
die  auth  m  der  abstraction  dionusl  serritium  ein  persimliches 
dienest  MrVM  und  diencHt  annlla  zeigt,  was  könnte  Erniiot 
MumgenT  kk  9tnmde  vorerst  hdd  oder  krieger  (puijH).  und  da 
mhi.  tnut  wirUiehen  äreit  und  kämpf,  ags.  eornest  sogar  Zwei- 
kampf bedeutet,  so  liegt  t$  nahe  das  altn.  urrusta  f  pruelium,  pugna 


hinzuzuhalten,  um  so  mehr  als  auch  ernust  weiblich  vorkommt, 
ganz  wie  in  dienest  m.  und  f  wechseln  oder  das  scliweizerische 
fegnesl  einen  unsteten  herumfeger  bezeichnet  (Stai.der  1,362), 
worin  kaum  nest  nidus  steckt,  rr  in  orrusta  ist  assiiuilirlcs  rn,  wie 
gotli.  stairnö,  altn.  stiarna,  ahd.  neben  siernä  slgrno  zu  störro 
wird,  e  und  o  schwanken  aber  in  vielen  Wörtern  und  ags.  tauclU 
ornest  stall  des  gewöhnlichen  eornest  auf.  die  gleich.<ctzung  von 
ernust  mit  orrusta  wird  kaum  befremden,  eine  weiter  schreitende 
nrmtUung  will  nicht  vorentlialtcn  bleiben,  altn.  heiszl  der  auerhahn 
orri,  warum  sollten  nicfU  helden  nach  dem  kühnen,  äreitlusligen  vogel 
benannt  sein?  die  altn.  geschichte  kennt  einen  Eystcinn  Oiri,  und 
orrahrid,  Martis  impetus  wird  am  seinem  beinamen  gedeutet, 
könnte  aber  im  allgemeinen  nichts  als  pugna,  duellum  gallorum 
(Ducange  2,  955),  hahnenkampf  (cockfight)  ausdrücken,  noch  ein 
andrer  altn.  hcldenname  Thidrandi  gehl  uU-derum  auf  j)idr,  uro- 
gaUus,  schu'cd.  tjäder  =  tetrao  zurück  und  gleich  dem  ahd. 
Hano  waren  Gallus,  Akexiovcöv,  ^lexTuto  eigennamen.  aus 
orri  kann  orrusta,  Zweikampf,  hahnenkampf  gebildet  sein,  warum 
nicht  6rnust  aus  einem  uns  verschollenen  örno,  das  mit  aro, 
arno,  am  adler  (Förstemann  1,  116),  wol  auch  mit  auer  in 
auerhahn,  urhahn,  ddn.  aarfugl  sich  berührte?  für  einen  vogel 
dürfte  sich  gellend  machen,  dasz  unter  den  ahd.  brunnennamen, 
die  gern  von  thieren  und  vögeln  entnommen  sind,  so  wie  Hra- 
banesbrunno,  Hapuchesbrunno,  Spehtisbrunno,  Arinbrunno, 
auch  ein  Ernustesbrunno  vorkommt,  das  sich  allerdings  auf  den 
mannsnamen  Ernust  ziehen  liesze,  oder  auf  kämpf  und  krieg, 
oben  sp.  87  wurde  das  schw.  ifver,  dän.  iver  aus  unserem  eifer 
hergeleitet,  weil  sich  kein  alln.  War  aufweisen  läszt;  dabei  ist  doch 
der  mehrmals  erscheinende  und  alle  mannsname  Ivar  übersehen, 
der  an  Ernust  gemahnt  und  wiederum  das  lebendige  wort  statt 
der  nachherigen  abstraction  dan>ii'tcn  möchte. 

Dies  vorausgeschickt  erörtern  sich  die  bedcutungen  näher: 

1)  die  Vorstellung  pugna  gallorum  taucht  nirgend  mehr  vor,  es 
sei  denn  in  einschrdnkung  des  ags.  eornost  auf  Zweikampf  oder 
duell,  wie  selbst  noch  das  engl,  earnest  so  viel  als  pledge  {vadium) 
meinen  kann,  was  an  die  beim  Zweikampf  geleisteten  pfändcr 
mahnt,  man  darf  an  das  welsche  ern  und  ernest  =  engl,  earnest, 
pledge  und  an  ornest  =  combat,  duel  erinnern,  doch  mag  der 
gedanke  an  den  vogel,  wenn  er  zu  külm  scheint,  niederfallen, 
s.  bruder  Ernst  unter  5  ganz  zuletzt. 

2)  altn.  orrusta  ist  nicht  mehr  Zweikampf  (einvigi),  sondern 
krieg,  schlacht  überhaupt,  dieser  begrif  tritt  aber  (und  das  hat  für 
die  ganze  Untersuchung  gewicht)  nicht  über  in  den  von  serium, 
wofür  die  nord.  sprachen  gebrauchen  alvara,  schw.  allvar,  alf- 
var,  dän.  alvor,  vgl.  ahd.  alawari,  mhd.  alwoere,  was  in  unser 
nhd.  albern  auswich  (l,  201).  das  iri><che  orii  drückt  aus  schlaclU, 
massacre.  mnl.  aber  ist  ein  or^st,  hörest  tumultus  verschieden 
von  erenst. 

3)  ahd.  ernust  steht  noch  T.  182, 1  für  kämpf,  todeskampf,  in 
der  Verdeutschung  von  Luc.  22,  43 :  ward  thö  giwentit  in  guota 
örnust,  faclus  est  in  agonia,  bei  Ldther  und  es  kam  dasz  er 
mit  dem  tode  rang.     mhd. 

und  wären  sin  puneije 

in  dem  erncstkrcije  (auf  dem  tweikampfplati) 

so  ringe  und  so  schimphbicre, 

als  ßj  zo  schimphe  wa>re.    Trist.  170,  36, 

und  so  stellen  sich  ürnst  und  spil,  crnäer  kämpf,  wo  es  ans  leben 
geht,  «mi  spil,  blosses  ritterspiel,  turnicr  einander  oft  entgegen  {mhd. 
wb.  1,  447').     bcgercn,  ir  wollet  mit  unsern  burgern  bei  euch       m 
mit  reisigen  zeug,  wagen,  hämisch,  gesrhosz  und  allem,  das     '<■ 
zum   ernste   gebort,    in    ganzer   bcreilschaft    sitzen,   a.  1495.       « 
Haltaus  402;   gute   fuszknecht  mit  harnasch  und  wehr  zum 
ernst  versehen.  Schmeller,  1, 100  ohne  eitat ; 

▼ertraute  bogensehne,  die  so  oft 

mir  treu  gedieal  hat  in  der  freude  spielen, 

verlasz  mich  nicht  im  fiirchtorlichen  ernHtl    Schillm  544V 

4)  aber  schon  ahd.  drückt  «Ernust,  nocA  entschiedner  mhd. 
Crnest  das  serium.  certum,  verum  aus,  ohne  allen  gedanken  an 
kämpf  und  gegenüber  dem  schimpf,  »cif  sich  schimpf  und  ernst, 
scherz  und  ernst,  ddn.  skiemt  og  alvor  etitgeijrn  gesetzt  sind, 
zugleich  liegt  dem  ernst  die  bedeutung  von  eifer  und  zom  un- 
mittelbar nali,  «IC  gr.  orcovSt]  eifer  und  ernst,  ancn'Satoi 
eifrig  und  ernstlich,  golh.  usdaudei  und  usdauds  dasselbe  brsaijrn  : 

si  heie  beide  überladen 

grö(  6rne«t  iindo  inrn.    Iw.  tOll. 

in  den  Wörtern  spiel  und  leirh  blieb  die  bedeutung  tudus.  fallu-i 

sinnlicher. 

5)  hiernach  «erden  dw  folgenden  nhd.  belege  mn  selbd  klar 
sein,   ernst  beseichnct  immer  das  wirklich  gemeinte,   wahre,   feste 


925 


ERNST 


ERiNST  — ERxNSTEN 


926 


und  eifrige,  den  gegensatz  von  scherz  und  sp'is::  es  ist  mein 
rechter  ernst,  ps.  lOS,  2 ;  o  das  mein  leben  deine  rechte  mit 
ganzem  ernst  hielte.  119,  5 ;  ich  hasse  sie  in  rechtem  ernst, 
darum  sind  sie  mir  feind.  139,  22 ;  der  herr  ist  nahe  allen 
die  in  mit  ernst  anrufen.  145, 18 ;  und  alles  volk  schrei  mit 
ernst  zum  herrn.  Judühi,  7;  denket,  das  der  herr  helfen  kan 
nnd  fürchtet  in  mit  ernst,  iceish.  Sal.  1, 1 ;  mein  kind,  merke 
auf  mein  wort  mit  ernst.  Sr.  16,  24;  gott  mit  ernst  fürchten 
ist  Weisheit.  21,13;  wers  aber  nicht  mit  ernst  meinet,  der 
wird  nur  erger  dadurch.  32, 19 ;  und  wiltu  gott  dienen,  so 
lasz  dirs  ernst  sein.  IS,  23 ;  solchen  ernst  erzeigeten  sie  gegen 
allen  iren  feinden.  1  Macc.  8, 11 ;  darum  schaw  die  gute  und 
den  ernst  gottes  {golh.  sai  nu  seiein  jah  hvassein  garaihta 
gujjs).  Rüm.  11,  22 ;  solches  rede  und  ermane  und  strafe  mit 
ganzem  ernst.  TU.  2, 15 ;  darauf,  höre  ich,  habe  e.  f.  g.  einen 
groszen  ernst  gegen  ime  fürgenommen.  Lüthees  br.  b,l;  eilet 
mit  groszem  ernst  (eifer)  auf  die  wiesen.  Wickeam  ro//«".  56' ; 
mit  solchen  worten  die  zwei  betrübten  herzen  einander  oft 
zu  trösten  rermeineten,  zuletzt  aber  sie  kein  trost  erfreuwen 
mocht,  als  sie  den  ernst  ires  hinwegscheidens  empfunden. 
Gaimy  191;  ja,  das  war  recht,  sprach  Lucifer,  das  siebet 
einem  ernst  gleich.  Ar e eb  proc.  2.  2 ;  ich  will  es  in  ganzem 
ernst,  quod  volo,  ralde  volo;  befehle  es  ernstes,  alles  ernstes; 

man  kan  .die  warbeit  schwer  bei  hof  im  ernste  fühlen, 
ein  weiser  bringt  sie  ein  im  schimpfen  und  im  spielen. 

LoGAC  3,  184,  64; 
also  hat  deiner  wafen  glänz 
in  schimpf  den  sig  oft  weg  geführet 
und  schweiszig  auch  den  lorberkranz 
in  ernst  mit  deinem  haupt  gezieret.    Wbckheiu.15  3S3; 
jedoch  wa  dir  ernst  mit  mir, 
wünsch  ich  mehr  nicht  dan  mit  dir 
ganz  mein  leben  zu  bescblieszen.    403; 
dasz  kein  schimpf  end  ohn  ernst, 
dasz  kein  spil  ohn  spot.    695; 

nicht  weniger  in  dem  schimpf  zierlich  nnd  fertig,  als  in  dem 
ernst  streitbar  und  sigrcich.  860;  ist  er  alles  ernstes  dahin 
beflissen  gew  esen.    Plesse  3, 16 ; 

es  war  ihr  ganzer  ernst,    'wer  hätte  das  gemeint?' 

Gellert  3,  399; 
er  scherzte  so,  damit  sie  merken  sollte, 
dasz  er  im  ernste  scherzen  wollte.    Rost  schäferg,  75; 

eine  dame,  der  es  einkDmmt  sie  in  gutem  ernste  zu  lieben. 
Lessisg  2, . . . ;  in  sich  entweder  nicht  vermögen  oder  nicht 
ernst  genug  finden,  sich  gegen  besorgliche  angriffe  zu  ver- 
theidigen.  Kant  6, 167 ;  weil  es  mit  der  gefahr  nicht  ernst 
ist.  7,113;  er  macht  ernst;  es  ist  ihm  ernst  damit;  ist  das 
dein  ernst?;  es  wird  ernst;  sein  ernst  läszt  nach;  es  ist 
kein  ernst  dahinter; 

ist  es  dir  ernst,  so  zaudre  nun  länger  nicht,  mache  mich 

glücklich ! 
wolltest  du  scherzen?  es  sei,  liebchen,  des  scherzes  genug! 
GöTHE  1,  371; 

weil  ich  dich  mit  leeren  grillen  nicht  beschäftigen  wollte  nnd 
niemals  rathen  konnte  dasz  du  mit  einer  einzigen  ernst  ge- 
macht hättest.  10,96;  wenn  es  ihr  ernst  ist,  sich  von  der 
weit  zu  scheiden,  so  sollen  sie  gelegenheit  finden,  'es  ist 
mein  völliger  ernst.'  14,  248 ;  also  ists  ernst  ?  'ja'  rief  Char- 
lotte 'recht  ernst ! '  17,  23 ;  jetzt,  da  es  ernst  wird,  scheint 
das  Schicksal  mit  mir  einen  andern  weg  zu  nehmen.  20, 1S9 ; 
unternehmen,  bei  dem  es  anfangs  den  meisten  eingeweihten 
groszer  ernst  war.  20, 210 ;  nehmet  den  heiligen  ernst  mit 
hinaus,  denn  der  ernst,  der  heilige,  macht  allein  das  leben 
zur  ewigkeit.   20,  257 ; 

freunde,  treibet  nur  alles  mit  ernst  und  liebe,  die  beiden 
stehen  dem  Deutschen  so  schön,  den  ach  so  vieles  ent- 
stellt.   1,399; 

mit  jenem  groszen  staatsrechtlichen  gegenstände,  der  wähl 
und  krönung  eines  römischen  königs,  wollte  es  nun  ernst 
werden.  24,  287 ;  dasz  auf  einem  hügel  gegenüber  die  Fran- 
zosen eine  batferie  stehen  hatten,  mit  der  sie  uns  im  ernste 
begraben  konnten.  30,77; 

verflucht,  wer  mit  dem  teufel  spielt! 

'wenns  nur  dein  spiel  gewesen,  glaube  mir, 

du  wirsts  im  schweren  ernste  büszea  müssen'.    SconxxB  361*. 

der  ganze,  volle,  bittere  ernst  irird  überall  dem  scherz  und 
spiel  entgegengestellt,  in  Baiem  'mein  wampeter  (vollbeleibler) 
ernst'.  Schmeixer  1, 109.  4,  77,  etwa  voU  bis  zum  bauclte  ge- 
rüsteter? mit  bezug  auf  ernst  =  kämpf  Maaler  115*  hat:  in 
einem  ernst  {im  ernst),  on  spot.  serio;  ernst  in  schimpf  keren, 
vertere  seria  ludo;   den   bruder  eroet  uUbead  sich   (bei  teite) 


setzen,  sich  ergetzen  und  erfreuwen,  den  bruder  ernst  von  im 
thun,  reniillere  fronlem,  was  an  bruder  Birolt  2,  419  denken  und 
sich  als  bruder  Ernst  nehmen  läszt. 

6)  e6etM0  heiszt  es  ni.  in  speie  of  in  ernste,  in  nernste  no 
in   speie,   no   in   nerste   no   in   speie   (Hdtdecoper  op  Stoee 

3,  228).  das  n  in  nemst,  nerst  kann  irie  in  nast  für  ast  und 
andern  mehr  genommen  werden,  mahnt  aber  zugleich  an  das  lit. 
narsas  ernst,  eifer  von  nirsti  zürnen,  afern. 

ERNST,  serius,  severus,  das  dem  Substantiv  gleichlautende  ad- 
jectiv  verhält  sich  wie  mhd.  schin,  not,  s§r,  zorn,  dürft  {gramm. 

4,  244),  scheint  aber  ahd.  und  mhd.  noch  unüblich,  engl,  earnest. 
nhd.  belege  kommen  genug  vor:  und  der  mann  gottes  sähe 
ernst  und  stellet  sich  ungeberdig  und  weinet.  2*0«.  8, 11; 
wiltu  wider  ein  fliegend  blat  so  ernst  sein  und  ein  dürren 
halm  verfolgen  ?  Hiob  13,  25 ;  man  musz  dem  bösen  wehren 
mit  harter  strafe  und  mit  ernsten  schlegen  die  man  fület. 
spr.  Sal.  20, 30;  er  wird  gerechtigkeit  anziehen  zum  krebs  und 
wird  das  ernste  gericht  aufsetzen  zum  heim,  weish.  Sal.  5, 19 ; 
derselbe  scbalk  kan  den  köpf  hengen  und  ernst  sehen  {aus- 
seien) und  ist  doch  eitel  betnig.  Sir.  19,  23 ;  mit  ernstem  her- 
zen anzuneraen.  Lctber  3, 170';  gottes  ernsten  zorn  durch 
seine  fürbitt  und  bürgschaft  stillet.  Mathesics  1562, 115*;  wir 
Prediger  haben  des  von  gott  ein  gemesznen  und  ernsten  be- 
felh.  214';  ein  ernster  anlasz,  Vorfall;  eine  ernste  wunde; 
ein  ernstes  gesicht,  vultus  severus;  ernstes  wesen,  gravitas; 

wer  alles  überlegt,  wird,  tiefgesinnter  held, 

für  leichter  rosen  lust  die  ernsten  disteln  achten. 

Grtpbil's  2,  376; 
denn  will  ich  dir  für  gold,  mein  fürst,  nicht  falsche  treu, 
für  weirauch  andacbtsfeur,  für  myrrhen  ernste  reu, 
mein  priester,  der  du  tod  und  sünde  tilgest,  geben.    2,  396; 

ein  haus  von  alter  ernster  bauart.  Göthe  21,221;  durch  das 
einzige  fenster  fiel  ein  ernstes  buntes  licht  herein.  17,  220 ; 
ich  habe  ihn  innerlich  mit  dem  ernstesten  ingrimm  über- 
zeugt gesehen,  das  Schicksal  habe  ihn  verdammt.  20,  261 ; 

du  siebst  so  ernst,  geliebter!    2,6; 

so  ernst,  mein  freund?    Schiller  519*; 

zum  werke,  das  wir  ernst  bereiten, 

geziemt  sich  wol  ein  ernstes  wort.    77'; 

ernst  ist  das  leben,  heiter  ist  die  k'unst.    319'; 

aber  dem  männlichen  alter  ziemts 

einem  ernsteren  gott  zu  dienen.    497"; 

bereuest  du  die  schuld,  und  ists  dein  ernster 

entschlusz  versöhnt  aus  dieser  weit  zu  scheiden?    443*; 

der  scherzenden,  der  ernsten  maske  spiel.    318*; 

der  menschbeit  ernste  pdicbten.    Götter  1,  272. 

ERNST,  serio,  sedulo: 

man  hat  jetzt  aufgeblasnen  zucker,  der  ist  zwar  süsz,  ist  aber 

leichte, 
vrie  wann  des  hofes  süsze  zunge  gar  selten  etwas  ernst  er- 
reichte?   LoGAü  3,  202,  67; 
doch  bringt  dir  einer  jene  Wette, 
die  schwerer  drückt  und  ernster  faszt, 
verdenk  ich  dir  es  nicht,  Lisette, 
wenn  du  ein  klein  bedenken  hast.    Göthr  1,83; 

die  Studien  wollen  nicht  allein  ernst  und  fleiszig,  sie  wollen 
auch  heiter  und  mit  geistesfreibeit  behandelt  werden.  26, 10. 
ERNSTBEFALTET: 

sie  liegt  im  schosze  des  kummers, 

tief  decket  sehmäliger  staub 

die  emstbefaltcte  stirne 

von  dir  (goii)  zum  denken  gebaut.    Karschih  1764  $.  218. 

ERNSTEN,  severitate  uti,  serio  agere,  loqui: 

mhd.  man  sol  die  Hute  lieben,  so  man  ernsten  wü. 

Fracemlobs  Sprüche  M,  1 ; 

er  schimpf,  €mst  oder  schall. 

ungedr,  spruch  ton  Teicr;<er. 

nhd.  unter  der  linden  pflegen  wir  zu  tanzen  und  frölich  sein, 
nicht  streiten  noch  ernsten.    LirrHER  4,  239* ; 

die  (schelmenzunft)  ich  zu  Frankfurt  an  dem  Main 

anfenklich  dichtet  zu  latein, 

darin  du  Gndest,  das  ich  auch  kan 

ernsten,  wo  es  fug  mag  ban, 

wiewol  ich  bin  in  leuischer  sprach 

vi!  ächimpfreden  gangen  nach. 

McRKRRS  «c/ie/merizun/'r  1513  k2.  1512  f5: 

die  andern  (kinder)  tragent  löffel  feil 

und  sind  nit  döglich  zu  dem  gut, 

wie  fast  der  vatter  ernsten  thSt. 

narrenbeschm.  1512  m"'; 

ein  jeder  wiser  da  verstat, 

das  Ich  on  schimpf  euch  ernsten  kan. 

ebenda  am  schlutti 


927 


ERNSTFAHRT  —  ERNSTHEITER 


ERNSTHITZIG  — ERNTE 


928 


wer  über  tisch  bei  geselschaft  sitzt 
und  sich  bei  schimpf  in  zorn  erhitzt 
und  1V0  man  ernsten  sol,  wil  schimpfen, 
derselb  musz  hin  zur  müle  gan. 

niüle  von  ScUwindeUheim  1513  8  2',- 
vertrauter  meines  herzen, 
nun  ist  das  fünfte  Jahr 

in  ernsten  und  in  scherzen  {wo  nicht  dat.  pL), 
in  hreuden  und  gefahr.     Flehitig  213 ; 

der  niinneblick  im  äuge  war  erloschen  und  das  gewissen, 
womit  er  ehedem  heuchlerischen  scherz  getrieben,  fieng  nun 
an  zu  ernsten.  Müsäus  1,75;  wie  versteht  das  der  herr? 
ists  gekiirzweilt  oder  solls  geernstet  sein?  5,  118;  sie  sahen 
dem  tischwirthe  starr  ins  angesicht,  um  ihm  aus  den  augcn 
zu  lesen,  ob  das  im  scherze  gesagt  oder  geernstet  sei.  MusÄus; 
du  magst  scherzen  oder  ernsten.    Lavater. 

ERNSTFAHRT,  f.  Her  serium,  gegensalz  ton  lustfahrt :  weil 
von  trocknem  und  klarem  weiter  auf  dem  lande  so  wie  zur 
see  von  einem  günstigen  winde  das  ganze  Schicksal  einer 
ernst-  oder  lustfahrt  oft  allein  abhängt.    Göthe  51,  202. 

ERNSTFREUNDLICH:  die  gebäude  im  ernstfreundlichen 
geschmack.  GöTnE21,216;  es  ist  nicht  imme;-  nöthig,  dasz 
das  wahre  sich  verkörpere,  schon  genug  wenn  es  geistig 
umher  schwebt  und  Übereinstimmung  bewirkt,  wenn  es  wie 
glockenton  ernstfreundlich  durch  die  lüfte  wogt.    49,  23. 

ERNSTFROH,  ernstheitcr,  ern^t  und  heiler. 

ERNSTGESCHICHTE,  f.  res  gravis: 

wirf  einen  heitern  blick  nach  meinem  kühnen  dichten 

und  lache  nicht  zuviel  bei  diesen  ernstgeschichten, 

(et  garde  toi  de  rire  en  ce  grave  sujet).    Drollincer  313. 

ERNSTGESICHT,  n.  vuHus  serius: 

es  scheint  der  Themis  ernstgesichte 

in  deinem  aufputz  heil  und  lichte.    Drolunger  295; 

auf  unser  brot  träuft  schweisz  und  von  unserm  ernslgesichte 
wird  weib  und  kind  erschreckt. 
ERNSTGESINNT,  severe  senliens: 

dann  ist  dir  (erde)  ernstgesinnt 

geboren  nocli  ein  kind  (der  memch).    RöcKERTffes.  ged.  l,9St 

ERNSTHAFT,  serius,  severus,  mhd.  ßmesthaft: 

du  wäre  stäle  und  ernisthaft, 
milde  und  reinmüte.    En.  218,  28. 

nhd.  fleiszig  und  ernsthaft,  ein  ernsthaft  und  sorgsam  Iahen, 
ein  tochter,  die  ernsthaft  ist  ob  der  gespunst  oder  kunkel, 
die  für  und  für  spinnt,  j>ensis  affixa  puella.  Maaler  115'; 
ernsthaft,  der  nit  lachet.  Dasypodius351';  nicht  änderst,  dann 
redlichen  ernsthaften  kriegsleuten  ehrlich  und  rühmlich  ist. 
KiRcnnoF  mtl.  disc.  207; 

hie  lernet,  das  der  ernsthaft  lleisz 

heb  vor  leibs  gschn-indiglieit  den  preis.    Fischart  eh:.  55; 

gott,  das  wird  ernsthaft,  falle  nieder  Isnabe, 

es  gilt,  und  lieh  den  landvogt  um  dein  leben.    Schiller  537'; 

ein  ernsthafter  mann,  ein  ernsthaftes  gesiebt,  eine  ernst- 
hafte miene ;  ein  ernsthafter  kerl,  der  nicht  lacht,  sauer  sieht; 
ein  ernsthafter  meier,  ein  rauher,  grober  bauer,  mit  dem  sich 
nicht  scherzen  Idszt;  ein  ernsthafter  {tüchtiger,  strenger)  regen; 
wir  kommen  an  einem  ernsthaften  orte  (auf  dem  kirchhoß 
zusammen.  GOtbe  17,  22 ;  wir  hielten  beide  die  wunde  nicht 
für  ernsthaft.  19,  279 ;  unter  jenen  cypressen,  die  ihre  ernst- 
haften gipfel  gen  himmel  wenden.  20,  267 ;  in  dem  gcrilu- 
migen  bof,  der  von  ernsthaften,  wolerhaltenen  gebäudcn  um- 
gehen. 21,14  {vgl.  ernsifreundlich);  er  dachte  sich  das  ernst- 
baft  eingeschlossene  Ihal.  21,  17 ;  zeigen  sich  die  hnhern 
berge  nach  der  Donau  zu,  in  einer  ernsthaften  reihe.  43,122; 
Stuttgart  liegt  in  seinem  ernsthaften,  woi  gebauten  Ihal  sehr 
anmulhig.  43,  125;  die  kunst  ist  ein  ernsthaftes  geschüft. 
am  ernsthaftesten,  wenn  sie  sich  mit  edlen,  heiligen  gegen- 
ständen beschäftigt.    49,204; 

ern.<ihafl  tagte  der  lohn,  ihr  irret,  mutter.    40,  270. 

ERNSTHAFTIG,  severus,  vuUuo$us,  asper:  crnslhaftig  und 
traurig,  ernslhafliger  grimmer  schifknecht,  remex  acer  (der 
grimme  verge.  A'i6.  1499,  4, 1500,  4).  Maaler  115';  darumb  sollu 
nicht  allzu  ernst  haftig  und  strenge  sein,  dasz  die  leule  nicht 
deiner  «all  werden,    pers.  rosenth.  8,  25. 

ERNSTHAFTKiKEIT,  f.  gravüas,  ausleritas:  ernsthafligkeit 
und  freundholdtäligkeil,  dirilas  et  cumilas.  Maalkr  115';  crnst- 
bafligkeil  und  j^lirnpf  m(i  '        liiincn  sein.    ptrs.  rotenlh. 

»,  2.S:  «ein  gemiiih  zur  .  ii  bringen.    Kamt  1,45. 

KUNSTHAFTIGLICH,  <;-.,..,  „■.    Maalkr  115'. 

ER.NSTHEITER,  emtifroh:  sein  ernslkcilerer  blick  dabei. 
GOTBK  n,  412. 


ERNSTHITZIG,  ardens,  sedulus,  eifrig: 
aber  von  ernsthitzigem  fleisz 

musz  der  stahl  schmelzen  wie  das  eis.    glückh.  tchif  627. 
ERNSTIG,  severus,  gravis. 

ERNSTIGKEIT,  gravitas,  seteritas,  supercilium.  Serranos  dicf. 
k  6*.  y  8*.    synon.  60*. 

ERNSTISCH,  serittJ,  gravis:  'wie  bist  du  so  ernstiscU?* 
Junker,  es  war  wol  von  nöten,  dasz  ich  ernstisch  war,  denn 
es  geet  mir  auch  darnach.    Schabe  sat.  und  pasq.  2, 1. 

ERNSTKAMPF,  m.  pugna  seria,  pleonasmus,  da  in  ernst  schon 
kämpf  ausgedrückt  ist. 

ERNSTLICH,  serius,  strenuus,  gravis,  Kolgerüslet,  streitbar: 
mhd.  swd  der  haj  wirt  innen 

ernstlicher  rainnen.    Iw.  7036; 

nhd.  das  scharpfe  schwert,  das  ein  ernstlich  gebot  bracht. 
weish.  Sal.  18,16;  des  gerechten  gebet  vermag  viel,  wenn  es 
ernstlich  ist.  Jac.  5,16;  pfalzgraf  Otto  war  ernstlich  und 
streitbar.  Aventin  ;  zwen  tapfere  ernstlich  burgcrmeister.  der- 
selbe; ineister,  was  ist  doch  diese  ganze  nacht  für  ein  ernst- 
liches geferd  im  haus?   Wickram  rollte.  71; 

sieht  fiir  ein  männisch  weib  mich  an, 

die  stets  gar  ernstlich  und  säur  siclit.    Atrbr  9t*; 

der  könig  ist  ein  ernstlicher  mann.    270"; 
das  ist  mein  ernstlicher  willc;  eine  ernstliche  gefahr;  unter 
dem  hehren  himmel,  in  der  ernstlichen  nachtstunde.   Göthe 
22,145; 

ruhig  erwiderte  drauf  der  söhn  mit  ernstlichen  werten. 

40,  24-1. 
ERNSTLICH,  scrio,  strenue,  inlente:  ernstlich,  in  einem  ernst. 
Maaler  115';   ernstlich  handeln;    der  meine  gebot  helt,  das 
er  ernstlich  darnach  thue,  das  ist  ein  frumer  man.  Ez.  18,9; 
lasset  uns  ernstlich  sie  bedrawen.    aposlelg.  4,17; 

gewis  nicht,    gott  verhüte,  dasz  ich  spasse ! 

sehr  ernstlich  freut  es  mich,  die  gute  sache 

so  stark  zu  sehn.  Schiller  370'; 

der  schlag  war  ernstlich  gemeint ;  der  regen  meinte  es  ernst- 
lich; ich  habe  ihn  nicht  ernstlich  gebeten  zu  bleiben;  ich 
musz  mir  das  ernstlich  verbitten. 

ERNSTLICHEN,  dasselbe:  um  es  ihnen  ernstlichen  zu  ver- 
weisen.   Lessing  3,  403.  , 

ERNSTLICHKEIT,  f  gravitas:  in  dem  ersten  menschen  ist 
auch  gewesen  die  ernsllichkeit,  in  der  frawen  die  frölich- 
keit.    Paracelsi's  2,  68'. 

ERNSTLIERLICH :  ein  sanftes  gemüthliches  lied  jedoch 
möcht  ich  unserm  freunde  zu  hOren  geben,  eines  das  ihr 
so  ernsllieblich  vortragt.    Göthe  22, 168. 

ERNSTLISTIG,  cum  gravitate  callidus: 

nu  diser  new  abgot,  verholTend  seinen  willen 
erostlistig  wider  dich  und  Teutschland  zu  erfüllon. 
Weckherlin  62;(. 
ERNSTLUSTIG,  wie  ernstheiter:    und   wie  er  sich  bisher 
gezeigt,   fehlt   ihm   keins   der  erfordernisse  zu  einem  ernst- 
lustigen rath.    Göthe  49, 184. 
ERNSTVOLL,  gravitate  plenus: 

der  du  dort  wandelst,  crnstvoll  und  heiler  doch. 
Klopstoce  1,  15; 

ernstvoll  ist  der  kämpf  der  sündcn.    7,  255; 
es  ist  ein  ernslvoller  tag!  8,  S5;  du  siehst  mich  so  ernstvull 
an,  mein  vater,  und  ich  freue  mich  doch  so.    9, 230 ; 

er  bliclite  auf  dich,  es  däuchie  mir,  ernstvoll 
blickt  er  auf  dich.  Messias  16,  518; 

spricht  der  rilier  ernstvoll.    Wielano  22,  131. 
ERNSTVOLL,   jrot'i7er;    opfert   sehr  ernstvoll,    dniiden  I 
Klopstock  8.  85. 

ERNSTl'NG,  f.  severitas,  Studium:  müssen  nicht  mit  weniger 
ernslung  und  kostung  gegen  den  feinden  sitzen.    Scbmeller 

1,109. 

KUNSTWORT,  ti.  verbum  serium:  ehrenwert  ist  noch  kein 
ernstwort;  musten  sie  das  wort,  gewis  so  leicht  wcggesimi- 
chcn  als  irgend  eins  .  . .  musten  sie  das  wort  . . .  für  eines 
niannes  sirengstcs  ernstwort  nehmen?    Göthe  33,11». 

ERNTE,  f.  messis,  fortbildung  des  ahd.  aran  «-■  golh.  as;iii  , 
und  auf  das  ahd.  arnöt  wi.  (Graff  1,481)  zurückzuteiten,  duh'V 
auch  in  dlleren  nhd.  bfichern  mdnnlirh  iji'hriiuchl :  welche*  also 
bleiben  wird  bis  zum  end  der  ding  aller,  das  ist  im  grosxen 
eriid,  da  alle  ding  wcnicn  fnuhl  irapcii.    I*aracelsi:s  2,3'; 

in  illr  Üiu\  ii  li  rill  riiiM  rt'ii'li  gnug. 

i!  M  fug 

iltOM. 

ili  'II.    WrcKUKRti^  37:1, 


929 


ERNTE— ERNTEJUBEL 


ERNTEK.NECHT  —  ER.NTEN 


930 


uiewol  die  letzte  delle  das  geschlecht  zweifelhafl  läszt.  Dastpod. 
136'.  321',  Frisiüs  SIS*,  Makler  115  setzen  ernd  weiblich  an, 
wahrscheinlich  wirkte  das  alte  f.  diu  erne  nach.  Lcther  schreibt 
ernde  oder  erndte,  allmälich  hat  sich  das  bessere  ernte  durch- 
geführt, ist  aber  weiblich  geblieben,  so  lange  die  erden  stehet, 
sol  nicht  aufhören  samen  und  ernd,  frost  und  hitz,  sommer 
und  winter,  tag  und  nacht.  1  Mos.  s.  22 ;  das  fest  der  ersten 
emdten.  2  Mos.  23, 16 ;  so  soll  ir  eine  garben  der  erstlinge 
ewr  erndten  zu  dem  priester  bringen.  3  Mos.  23, 10 ;  der 
Jordan  war  vol  an  allen  seinen  ufern  die  ganzen  zeit  der 
erndten.  Jos.  3, 15 ;  also  hielt  sie  sich  zu  den  dimen  Boas, 
das  sie  las  bis  das  die  gerstenernd  und  weizenernd  aus  war. 
Rtdh  2,  23 ;  die  erndte  ist  grosz,  aber  wenig  sind  der  er- 
beiter.  Malth.  9.37;  lasset  beides  mit  einander  wachsen  bis 
zu  der  erndte.  13,30;  wenn  sie  (die  erde)  aber  die  frucht 
bracht  hat,  so  schicket  er  bald  die  sicheln  hin,  denn  die 
erndte  ist  da  {goth.  unte  atist  asans).  Marc.  4,  29 ;  und  nach- 
dem es  in  der  ernden  war,  zog  er  aus  und  wolt  das  gelreid 
der  Beiern  abschneiden.  Aventis  Sl.  man  sagt  eine  reiche, 
gute  und  eine  schlechte  ernte  halten,  schneiden,  einbringen ; 
eine  frühe  oder  späte;  eine  schöne,  fröhliche;  eine  nasse 
ernte,  in  die  es  regnet;  die  ernte  kommt  heran,  ist  vorüber; 
und  in  schwanken  silberwellen 
wogt  die  saat  der  ernte  zu.  Göthe  12,  253 ; 
morgen  fangen  wir  an  zu  schneiden  die  reichliche  ernte. 

40,  235; 
und  es  brannten  die  scbeunen  der  reichgesammelten  ernte. 

40,  249. 
bildlich  ßr  gewinn  und  einsammlung  überhaupt: 

der  krämer  fruchtbar  schwur  und  ihr  geniesziich  lügen 
bat  nimmer  ernt  um  mich.    Locad  1,  51,  4, 
was  Ramler  ändert  in: 
ererntet  nichts  bei  mir; 

die  reiche  ernte  der  missethat.  Schiiler  .  .  . ; 
die  taschendiebe  hatten  eine  gute  ernte ;  meine  ernte  im  krieg 
ist  gethan ,  ich  träume  nun  meine  Jugend  in  euch  (söhnen) 
zurück.  Klixger  l,  21 ;  Liane,  sanft  in  die  ernte  des  abends 
(erinnerung  an  das  im  tag  erlebte)  versunken.  J.  P.  Tit.  2.210; 
eine  kraft  nach  der  andern,  die  ganze  gebeugte  ernte  seines 
innem  stand  allmälich  wieder  auf  und  grünte  tropfend.  4,  64. 
vgl.  flachsernte,  frühemte,  herbsternte,  heuemte,  honigernte, 
kartoffelernte,  komernte,  nachernte,  Obsternte,  Torernte,  Wein- 
ernte, prügelemte. 

ERMEARBEIT.  f.  opus  messorium,  ernteschmaus. 
ERMEARBEITER,  m.  messor,  ernter. 
ERNTEAUSFALL,  m.  decessio  messis,  der  geringere  ertrag  der 
ernte. 

ERNTEBANNWART,  m.  custos  messis:  und  sol  die  abtissin 
haben  einen  erndbanwart.    weislh.  l,  675. 

ERNTEBIER,  n.  convivium  messorum,  ernteschmaus. 
ERNTEDANKFEST,  n.  kirchliche  feier  nach  tollbrachter  ernte. 
EISNTEDIENST,  n.  servitium  messorium,  frohne  zur  ernte. 
ERNTEFELD,  n.  ager  messt  faciendae  maturus. 
ERNTEFEST,  n.  solemnia  messoria,   ehmals  ein  hehres,  unter 
vielen  gebrauchen  begangnes  fest,  vgl.  nothhalm  (Halft  7,  3S5) : 
hinter  Ceres  üügelwagen 
wie  sich  still  die  furche  schlieszt, 
und  nach  mild  vergangnen  tagen 
sich  das  erntefest  ergieszt.    Göthe  4,  19; 
macht   euer   erntefest   so   feierlich   als  möglich,    ihr  werdet 
doch  auch  musikanten  dabei  haben?  Weisze  Äom.  op.  3. 190; 
in  der  liebe  ist  das  erntefest  der  freude  nipht  um  eine  halbe 
.«ecunde   vom   säetage   und   säefest  der  freude  verschieden. 
J.  P.  flegelj.  4, 130. 

ERNTEFREIDE,  f.  laetüia  messis.    SnEiXR  552. 
ERNTEFROHNE.  f   s.  emtedienst. 

ERNTEGEBER,  m.  dator  messis,  emtegotl,  würde  ahd.  lauten 
arangebo : 

und  jeder  blick  empor  gehoben 
den  emtegeber  wünscht  zu  sehen  und  zu  loben. 
.  Karschi!»  fied.  49. 

ERNTEGERÄTHSCHAFT,  f.  arma  messorum: 
schwinget  den  hut  in   musik  und   rauscht  mit  der  ernte  ge- 

ERNTEGESANG,  n.  em/c/ied     ^'""'''"'    ''"'''''■ 

ERNTEGÖTTIN,  f. 

ERNTEHERR,  m.  dominus  metsit,  goth.  frauja  asanais,  ags. 
liäs  ripes  bläford,  bei  Luther  der  herr  der  erndten.  Luc  lo.  2. 

ERNTEJUBEL,  n. 

kein  lustgesang  der  traubenleserin, 
kein  erniejubel,  keines  hirten  (löte, 
kein  schmeiternd  hörn  aus  reicher  wälder  griin 
hegrüszte  da  den  stem  der  abendrOlhe.    MAnauson  8. 
III. 


ERNTEKNECHT,  m.  banser  1,1119.    Fsiscu  1,35'. 
ERNTEKONIG,  m.  rex  messoium: 

lehnet  euch,  ihr  muntern  schnitier, 
auf  die  krumme  sense  nicht, 
denn  die  ährenfessel  drohet 
und  der  erntekönig  spricht: 
'wer  auf  krummer  seuse  ruhet, 
feszle  den  die  Schnitterin'. 

Gerstenberc  im  musenalm.  1771  s.  14S  nach 
Gesz5£Rs  Daphnis  bucli  1. 

ERNTEKRANZ,  m.  corona  spicea,  ährenkranz,  auf  deti  letzlein- 
geführten  wagen :  ah,  eine  ganze  schürze  voll  blumen !  nu,  das 
soll  ein  erntekranz  werden,  der  sich  sehen  läszt  1 
mit  blumen  will  ich  dich  durchwinden, 
dich  schönen  kränz  von  ähren  voll, 
und  keine  färbe  soll  sich  finden, 
womit  dein  gold  nicht  prangen  soll. 

Weisze  kom.  op.  3,  201 ; 
fürst,  dessen  zepter  alles  was  er  dazu  berühren  will  in  lor- 
beer   und  dadurch  den  lorheer  in  einen  erntekranz  venvan- 
deln  kann.    J.  P.  nachdämm.  85. 

ERNTELACHEND,  wie  flur  und  wiese  lacht: 
dort  an  der  emtelachenden  stelle  war  es 
wo  Griechen  landeten  zuerst,  durch  den  liebreiz 
jungfräulichen  geUldes  im  herzen  erregt.    Plates  133". 
ERNTELIED,    n.    Carmen   messorium,    schnitterlied ,   vfivos 
d'eotarixös,  hrve^ar^s : 

sicheln  schallen, 

ähren  fallen 

unter  sichelschall; 

auf  den  mädchenhOten 

zittern  blaue  bluten, 

freud  ist  überall.    Hölti  s.  209. 

ERNTELUST,  f.  erntejubel. 
ERNTEMAHL,  n.  eptdum  messorium: 

bei  dem  erntemahle 

iszt  aus  einer  schale 

knecht  und  bauersmann.    Höltt  a.  a.  o. 

ERNTEMONAT,  m.  augustus  mensis,  ahd.  aranmänut,  vgf. 
gesch.  der  deutschen  spr.  s.  S2.  84. 

ERNTEN,  meiere,  schneiden,  ahd.  amon  (Graff  1, 4S0),  wel- 
chem ein  goth^  asnftn  buchstäblich  entspräche,  doch  gibt  Ulfiuis 
das  gr.  &eoi^ett^  überall  durch  snei{)an  und  ags.  wird  meiere 
übertragen  durch  ripan,  engl.  reap.  neben  alid.  arnön  begegnet 
aber  amen  mereri,  ags.  camian,  engl,  earn,  welches  unmittelbar 
verwandt  scheint,  wie  schon  die  bedeutung  arbeiten,  durch  arbeit 
gewinnen  an  die  von  ernten  rührt  und  goth.  asneis,  ahd.  asni, 
ags.  esne  mietiding,  lohnarbeiter,  in  welchen  das  s  haßete,  be- 
stätigen, im  alterthum  wurden  arbeiter  vorzugsweise  gemiethel 
frucht  zu  schneiden,  geradeso  drückt  auch  noch  ernten  sowol 
die  sinnliche  Vorstellung  des  Schneidens,  als  die  abäracte  des  ge- 
winnens,  erarnens  (sp.  697)  aus. 

1)  ernten,  körn  'schneiden:  sechs  tage  soltu  erbeiten,  am 
siebenden  tage  soltu  feiren,  beide  mit  pflügen  und  mit  erndten. 
2  Mos.  34,  21 ;  wenn  ir  aber  ewr  land  erndtet  (vulg.  postquam 
autem  messueritis  segetem  terrae  vestrae),  soll  irs  nicht  gar 
auf  dem  felde  einschneiten.  3  Mos.  23,  22 ;  ir  soll  nicht  seen, 
auch  was  von  im  selber  wechst,  nicht  erndten.  25, 11 ;  im 
dritten  jar  seet  und  erndtet.  2  kön.  19,  29 ;  sie  erndten  auf 
dem  acker  alles  was  er  tregt.  und  lesen  den  Weinberg,  den 
sie  mit  unrecht  haben.  Hiob  24,  6 ;  sie  seen  weizen,  aber  disteln 
werden  sie  erndten.  Jer.  12,13;  sehet  die  vogel  unter  dem 
himel  an,  sie  seen  nicht,  sie  erndten  nicht.  .Va//A.  6,  26;  du 
erndtest,  das  du  nicht  geseet  hast.  Luc.  19,  21 ;  wer  da  kerg- 
lich  seet,  der  wird  auch  kergiich  erndten,  und  wer  da  seel 
im  segen,  der  wird  auch  erndten  im  segen  (saei  saii|)  us 
ga|)agkja,  us  ga^agkja  jah  sneit)i|),  jah  saei  saii|)  in  |)iu{)ei- 
nai,  US  t)iu])einai  jah  suei|)i|)).    2  Cor.  9,6; 

wie  schön 
zu  pflanzen  was  ein  lieber  söhn  einst  erntet.    ScaaLU  255'; 
leb  mit  dem  vich  als  ^ieh,  und  acht  es  nicht  für  raub, 
den  acker,  den  du  erntest,  selbst  xu  düngen, 
das  ist  das  beste  mittel,  glaub, 
auf  achtzig  jähr  dich  zu  verjüngen.    Göthi  12,  120. 

man  sagt  also  nicht  nur  die  frucht  ernten  (einernten),  tomdern 
auch  das  feld,  den  acker  ernten  {beerräen),  vas  auf  dem  feld, 
acker  stM  ernten. 

2)  figürlich,  irret  euch  nicht,  gott  leszt  sich  nicht  spotten, 
denn  was  der  mensch  seet,  das  wird  er  ernden  (manna  auk 
|)atei  saiij),  jiatuh  jah  sneijtijj).  Gal.6,1;  wer  auf  sein  fleisch 
seet,  der  wird  von  dem  fleisch  das  verderben  erndten,  wer 
aber  auf  den  geist  seet,  der  wird  von  dem  geist  das  lebendige 
leben  erndten  (sneil)i|»  riurein  —  8nei])ii»  libain  aiveinön).  6,  s ; 

&9 


93 1   ERNTEPREDIGT  —  ERXTEWETTER 


ERNTEWOCHE — EROBERN 


932 


der  vil  ihm  erndten  eignen  nutz,  der  Tremdes  lob  sät  aus. 
LoGAU  1,  i;b,  51; 
wer  wind  säet,  wird  stürm  ernten;  wenn  du  dunk  zu  ernten 
gedenkest,  so  streue  woltkaten  aus.  Stieler  19 ;  unglück,  un- 
dunk  ernten; 

und  ernten  gram  für  unsre  müh.    Gotter  1,  6; 

wir  (fixcher)  graben  nicht  schätze, 

wir  ptlügen  kein  leid, 

wir  ernten  im  netze, 

wir  angeln  ums  geld.    Salis  9t ; 

ich  kehrte  drauf  nach  Frankreich  bald  zurück, 

und  erntete  dort  ungeheures  glück 

und  Unglück,  beiderlei  sehr  unverdienter  weise.    BErgkrIIO*; 

wer  thränen  ernten  will,  musz  liebe  säen.  Schiller  550*; 
die  gcistlicbkeit  war  von  jeher  eine  stütze  der  königlichen 
maclit,  ihre  guldne  zeit  fiel  immer  in  die  gefangenschaft  des 
menschlichen  geistes,  und  wie  jene  sehen  wir  sie  vom  blöd- 
sinn  und  von  der  Sinnlichkeit  ernten.  ~SS*;  eine  in  thränen 
gesäete  und  in  reimen  geerntete  liebe.  J.  P.  jubeisen.  53  (105) ; 
er  erntete  {getcann)  damit  jedes  herz.  TU.  2,  218. 
ERNTEPREDIGT,  f.  emterede. 

ERNTER,  m.   messor,   schniUer:     das   rufen   der  ernter  ist 
kernen  für  die  obren  des  herrn.   Joe.  5,4; 

in  hoher  wölke  feiret  den  ewigen 
der  ruf  des  donners,  aber  ihn  feiret  auch 
des  halraes  grille,  die  dem  ernter 
fröhlichkeil  singt,  und  der  jungen  hirtin.    Voss  3,  51 ; 
wie  heiszt  noch  der  andre, 
dessen  stab  den  Völkern  des  weitaus  kreisungen  abmasz, 
so  dem  ernter  die  zeit,  wie  dem  krummen  ptliiger  bestimmend? 
(tempora  quae  messor,  quae  curvus  arator  haberet?). 

Vir(j.  ed.  3,  42 ; 
erstlinggarbe  flammt  ihr  opfer 
auf  zu  deinem  wolkeusitz, 
und  der  ernter  und  der  Schnitter 
rufen  alle  'habe  dank!'    Gerstenbergs  schinUerlied. 

ERNTEREDE,  f.  erntepredigt. 

ERNTEREIGEN,  REIHEN,  m.  Chorea  messorum: 

die  tenne,  wo  der  Schnitter 

sein  braunes  raädchen  schwang, 
wann  froh  des  bergmanns  zitter 

zum  erntereihn  erklang.    Matthisson  20. 

ERNTEROSE,  s.  ernrose. 
ERNTERTRAG,  m.  fruclus  messis: 

saat  von  gott  gesät,  zu  reifen 

auf  der  garhen  groszen  tag, 

wie  >iel  sicheln  sind  zu  schleifen 

für  so  reichen  erntertrag.    Rückert  1Ö6. 

ERNTES.\NG,  m.  ernlegesang,  ernlelied: 
Ceres,  für  der  ernten  reichste 

dankt  der  schnitter  erntesang!    Gerstknbergs  schnillerlied; 
bis  vom  mond  beschimmert 
rings  die  stoppet  llimmert, 
tont  der  erntesang.    Hölty  209. 

ERNTESCH.MAUS,  m.  erntemald,  crntebier. 
ERNTESCHNITT,  m.  ein  pleonasmus,  da  schnitt  nchon  ernte. 
ERNTESEGEN,   m.  prosperitas  messis,   gesegnete  ernte:    man 
•iehl   heuer   einem   rechten  erntesegen  entgegen.     umgestelU 
segensernte : 

wenn  mit  prunkendem  kränze  der  segensernte  daherziehn, 
sens  und  hark  in  der  hand,  lautjubelnde  mäherund  jungfraun. 

Voss  2,  50. 
ERNTESTAÜB,  m. 

wir  küssen  treuer  In  der  taube 

als  stadter  in  dem  marmorsal, 
wir  waschen  uns  vom  erntestaube 

und  ruhn  dann  in  dem  blumenthal.    Bcriann  ged.  127. 

ERNTESTRAUSZ,  m. 

fröhlich  wandelt  er  heim,  mit  der  sichel  am  arm, 

singet  ein  schnitterlied.    du  beOimmerst  indes 

seine  blitzende  sichel, 

seinen  nickenden  erntestrausz.    Höltt,  liymn.  an  den  mond. 

ERNTETAG,  m. 

ein  lag,  den  alle  menschen  feiern, 

er  sei  für  mich  ein  erntetag.    Göthb  12, 50. 

ERNTETANZ,  m,  ernlereigcn. 
EH.NTEVOLK,  n.  grex  meuorum: 

da  kommen  wagen  dir  so  Tollgehlufet, 

wie  wagÄn,  die  das  ernievolk  regiert, 
wenns  wefzen,  den  die  sonnenglui  gereifet, 

mit  lobgesaog  ins  frohe  dörfchen  führt. 
•  Karschi:«  ged.  118. 

ERNTEWAGEN,  m.  plautirum  meuorum: 

al*  man  die  cmtcwngea  schon  rüstete  zur  schau. 
REcKKRT  1,  241. 

EhNTEWETTER,  n.  gutu  oder  $chUchU$  weller  tur  trnU, 


ERNTEVVOCHE,  f. 

ERNTEZEIT,  f.  tempus  messis,  ahd.  aranzlt: 
wann  zur  erntezeit  der  saaten, 
da  das  körn  gewdrfelt  wird, 
ausgestreuter  edelsnnten 

reine  Irucht  im  siebe  schwirrt.    Bürckr  12*. 

bildlich,  jetzt  ist  die  erntezeit,  die  zeit  des  gewinns  und  grosxer 
einnalimen. 

ERNTUNG,  f.  messis,  einerntung. 

ERNÜCHTERN,  l)  intr.  crapula  solvi,  nücJüern  sein  oder 
werden:  so  hastu  abgedeuwet  und  bist  am  allergeschicksten 
zu  betrachten,  denn  bistu  erniechtert  und  unbeschwürt  von 
der  speis  und  von  bösen  dumpfen,  die  da  von  dem  magcn 
aufriechen.  Keisersberg  geistl.  sptnnmn  d  5*;  wird  ein  trunkener 
geschlagen ,  so  lasz  ihn  wol  ernüchteren.  Pabacelsus  chir. 
sehr.  19"; 

goties  werk  hat  immer  tadel.    wem  der  tag  zu  kurz  zum  trinken, 

diesen  will  auch  zum  ernüchtern  gar  zu  kurz  die  nacht  bedüakeu. 

LocAU  3,  25,  1 1 ; 

ich  kam  ernüchtert  {enUeusdU)  nach  Neapel  zurück.  Tiecr  ges. 
nov.  10,  36. 

2)  tr.  crapula  solvere,  nücläern  machen,  vgl.  entnüchtern: 

risch,  ihr  Schwestern,  hinter  an, 

eh  er  sich  ernüchtern  kann.    Bürger  291*; 

nun  gibt  es  aber  wahrlich  nichts  auf  der  weit,  was  ernüch- 
ternder und  abkühlender  wirken  mag,  als  das  positive  ge- 
setztafelgesicht  eines  gendarmen.  Hei.ne  in  den  Hamburger  lit. 
u.  crü.  blättern  1846  s.  846. 

die  participia  lassen  zweifelhaß,  ob  sie  von  dem  intransitiv  oder 
transitiv  herrühren. 

3)  Ir.  jejunio  solvere,  wie  entnüchtem  2,  mit  speise  und  trank 
erquicken,  laben: 

das  ir  ernücchtern  ewern  balk.    Mörin  bl.  36. 
ERNÜCHTERUNG,  f.  solutio  a  crapula:  morgens  trat  voll- 
ständige ernüchterung  ein. 

ERNÜFERN,  recreare,  reficere,  ein  schweizcrisrJies  wort,  Frisius 
859',  Maaler  309'  haben  nufer  navus  (gnavus),  fleiszig,  emsig, 
behend,  handfest,  und  Schmilts  idiol.  bcrnense  51'  nuefer  salvus, 
incolurnis,  bei  Gotthelf  22, 19  (RCrrt  62)  sieht  nuefere  anneh- 
men, sich  erholen,  also  refici,  rccreari,  und  Stalder  2,  245  gibt 
nuefern,  sich  ernuefern,  sich  erholen,  zu  kräflen  kommen. 
Keiserskerg  bt/^er  16' :  zum  dritten  mCisz  erhaben  etwas,  das 
in  stcrk  und  kreftig  und  daran  er  sich  erlaben  müg,  wenn 
er  hellig,  hungrig  oder  durstig  ist  und  swach  oder  müd  sig 
worden  uf  dem  weg,  uf  das  er  nit  erlig,  aber  widerumb  er- 
frischet und  ernufert  werd  für  basz  zu  gon  sin  walfart.  man 
möchte  in  ernufern  berührung  mit  erneuern,  erninwern,  er- 
niuwen  vcrmulhen,  widerstrebte  nicht  das  f  für  w,  das  uo,  ue 
für  iu  und  das  r  im  adj.  nuofer,  dessen  gen.  nuofers,  nuoferes 
lautet. 

EROBERER,  m.  expugnator,  überwinder,  nnl.  veroveraar, 
dän.  erobrer,  schtv.  eröfrare :  eroberer  des  sigs,  belli  confector. 
Maaler  lic'; 

also  weint  an  des  edleren  denkmal 
einst  der  eroberer.    Klopstoce; 

nie  erobrern,  fürsten  nie 

beugtest  du  ein  sciavenknie.    Scuillir  11*; 
deiner  ehre 

nie,  nie  eroberer  zu  sein.    Gotter  1,  92. 

einen  eroberer  nannte  man  eltmals  auch  landzwinger. 
EROBERERGRÖSZE,  f 

er  möchte  vielleicht  eroberergrösze 
anders  achten  als  wir.    Klopstock. 

EROBERERKETTE,  f  da  im  forst  der  Weser  die  erobcrer- 
ketle  versank.    Klopstock. 
EROBERERSCHLACHT,  f 

die  das  iinthier  zähmten,  vernichten 
ihr  hochheilig  geseiz,  schlagen  eroberenchlacbt. 

Klopstoci. 
ERORKRLICH,  erpugnabilis.  bezwinglicit. 
EROHERN,  expugnare,  superare,  nnl.  veroveren,  und  von 
uns  entlehnt  schw.  eröfra,  dän.  erobre,  iL  conquistare,  fr.  oon- 
qudrir.  das  alid.  uparün  ist  superare  und  dann  aurh  di/ferre, 
protendere.  nhd.  wird  der  auutruck  seltr  ijrhlufig:  die  kinder 
erobern  was  sie  undcrstond  zu  orKingen  von  irom  \allcr. 
Keisersberg  jw<<'mo.</rr  E ;  wenn  du  für  rincr  slad  lange  zeit 
ligcn  must,  wider  die  du  strilest.  sie  zu  erobern,  so  »oltu 
die  bewmc  nicht  vcnierhen.  5  .Vos.  20,  l» ;  eroberte  alle  ire 
flcrken  und  feste  stedtc.  Judith  2.  \2;  Alcxiinder  hat  (trotze 
krieg  gefürt,    die  feste  sledte  erobert  und  der  Perser  LOoig 


933 


EROBEM  —  EROBERUNGSZÜG 


ERÖDEX— ERöFxNEN 


934 


Darium  geschlagen.  Macc.  1, 1 ;  erobert  einen  groszen  raub, 
vil  gold,  Silber,  seiden,  purpur  und  grosz  gut.  4,  23; 
hab  üemetrium  verjagt  und  mein  erbland  wider  erobert. 
10,52;  schawet  aber,  wie  grosz  ist  der,  dem  auch  Abraham 
den  zehenden  gibt  von  der  eroberten  beute.  E'^.  7, 4 ;  das 
Gideon  solchen  sieg  erobert.  Lcther  3, 179*;  wenn  wir  diese 
zwei  heubtstück  erobern.  3,366';  des  wil  ich  mich  in  got 
rühmen,  das  ich  in  diesem  büchlein  so  viel  erobert  habe, 
das  kein  tropns  könne  sein  ein  abendmal.  3,509';  das  wir 
got  loben  und  preisen  für  solchen  sieg,  weicher  heiszt  nicht 
durch  uns  erstritten  noch  im  kämpf  erobert,  sondern  aus 
gnaden  geschenkt  und  gegeben.  6, 272';  ihr  habts  nu  hin- 
durch und  den  sieg  an  dem  alten  drachen  erobert  8, 1S9'; 
dann  sich  die  Böhmen  mannlich  wehreten  und  eroberten 
die  Schlacht.  Melaxchthoxs  deci.  von  Sigismundo,  deutsch  von 
Laüterbeck  bl.  20 ;  und  embüt  mich  mit  der  geschrift  genannte 
artikel  zu  beschirmen  und  erobren.  Zwixgli  1, 153 ;  wo  aber 
graf  Wolfgang  keinen  männlichen  ehelichen  leibserben  er- 
obern {gewinnen)  und  hinter  sich  verlassen  würde.  Haltaüs  403 ; 
und  also  in  irer  elichen  beiwonung  andere  kind  mer  elich  bei 
und  miteinander  erobert  und  geboren,  ebenda;  reitend  mit 
eile  der  statt  Troys,  ehe  sie  erobert  werd,  zu  helfen.  Aimon 
h  6' ;  und  wiewol  der  Türk  nach  eroberter  hungerischer  Schlacht 
wieder  anheim.  als  gesagt  wird,  gezogen,  reichsabfchied  zu  Esz- 
lingen  von  1526  §.  9 ;  der  nach  erobertem  sig  den  stui  seins 
künigreichs  dahingesetzt.  Frank  tcellb.  5*;  bis  sie  in  erwürget 
betten  und  den  sieg  erobert.  Acricola  spr.  308 ;  mich  wil  be- 
dunken  die  beste  gab  schon  gewonnen  sei  und  ritterlich  er- 
obert. Galmy  149;  das  rächt  erobren,  die  sach  behaupten, 
adipisci  Judicium,  ein  urteil  oder  rächtsspruch  von  einem  rat 
erobren  und  erlangen,  judicia  auferre  a  senatu.  Maaler  115' ; 
den  sig  erobren  und  darvon  bringen,  vicloriam  ferre.  ebenda; 
ich  hab  in  im  krieg  erobret  oder  gewunnen,  eum  hello  cepi. 
ebenda;  so  sich  begebe,  dasz  man  ein  schlacht,  stürm  oder 
Scharmützel  mit  den  feinden  thun  und  dasselbig  gewinnen 
oder  erobern  würde.  Froxsperg  11,  23' ;  wenn  ihnen  gott  ein 
sieg  oder  glück  igibl),  dasz  sie  ein  Scharmützel,  stürm  oder 
feldschlacht  erobert.  1,90';  er  hatte  viel  gelds  erobert  {ge- 
wonnen); dabei  ist  nichts  zu  erobern  {geirinnen); 
all  ewere  vor  eroberte  sige.  Weckherlm  SöS; 
darumb  magst  du  die  raupen  betöbem, 
»0  kanst  du  noch  wol  früeht  erobern.  Hohberg  3,  97"; 
als  nun  die  jagd  das  gebirg  und  den  sperrigen  dickicht  erobert, 
ciebe  da  taumelten  hier  entstörzt  dem  felseDgescheitel 
über  den  rücken  der  berge  die  flüchtigen  gemsen  herunter. 

Bürger  2Jb'; 
durch  alle  meere  setzt 
dem  rSuber  nach  !  erobert  euch  die  Schwester.    Schiller  503»; 

man  hatte  den  alten  arm  der  Saale  ins  trockne  zu  legen 
einen  durchstich  angeordnet  . . .  auch  solche  anlieger,  die 
im  Unglauben  auf  den  erfolg  des  geschäftes  die  früheren  ge- 
ringen beitrüge  verweigert  hatten,  veriangten  ihren  theil  an 
dem  eroberten  boden.  Göthe  31,  56 ;  die  weitläuftigsten,  von 
der  baukunst  eroberten  räume.  39, 1S7;  bis  nach  dem  hügel, 
dessen  ganze  seite  die  cultur  auch  schon  erobert  hatte.  43, 165. 
ich  habe  mir  noch  einen  platz  (im  vollen  tkeater)  erobert. 
die  aniccndung  des  Korles  hat  sich  ollmdlich  verengt,  icir  sagen 
heute  nur  einen  räum,  boden,  ein  land,  reich,  eine  Stadt, 
bürg  erobern  (einnehmen),  auch  ein  herz,  ein  mädchen,  aber 
nicht  mehr  einen  raub,  sieg,  eine  schlacht,  geid,  ein  kind, 
erben,  fruchte  erobern,  sondern  dafür  gewinnen,    vgl.  erkobem. 

EROBERUNG,  /".  expugnalio,  occupatio,  fr.  conquSte.  Dasy- 
P0DIC9  198*.  Maaler  115* ;  grosze  eroberungen  befestigten  sein 
reich;  sie  macht  viele  eroberungen;  dasz  mademoiselle  Phi- 
line an  dem  Stallmeister  des  grafen  eine  eroberung  gemacht 
habe.    Götbe  18,  222. 

EROBERCNGSGEIST,  m. 

wol  euch  enkel !   eure  kinder  zittern 

nie  vor  dem  erobrungsgeist. 
keine  donner  werden  diesen  thron  erfchöttem; 
Friedrichs  thron  wird  nie  rerwaitt.    KÄmcüis  40. 

EROBERUNGSGELCSTE,  n. 

EROßERU.NGSGIER,  f 

EROBERUNGSKRIEG,  m. 

EROBERUNGSLUST,  f. 

EROBERUNGSRECHT,  n. 

EROBERUNGSSUCHT,  f. 

EROBERUNGSSÜCHTIG. 

EROBERUNGSZUG,  m.    Alexanders  eroberriDgsrflge. 


ERÖDEN,  vasiare  und  vaäari,  veröden:  das  dir  dein  him 
erödet  und  veröset  wird,  sagt  Keisersrehg  irgendwo  in  merk- 
icürdiger nebeneinanderslellung ;  gedachten  sie  beuten  zumachen 
und  an  diesem  ort  etwas  zu  erschnappen,  das  doch  in  der- 
selben ganzen  gegend  nicht  anzutreffen,  weil  das  land  ziem- 
lich erödet  war.  Simpl.  K.  411  nach  ADGK,  andere  ausg.  hatten 
eröset. 

ERÖF.NEN,  aperire,  ahd.  iroffanun,  mhd.  eroffen : 

1)  sinnlich,  auflhun,  öfnen,  vas  zu  und  verschlossen  vor:  wur- 
den ihr  die  seitenwehr  der  mutter  mit  hasenlupp  bestrichen, 
auch  gar  erlassen  und  eröffenet.  Garg.  104';  eine  ader  erüfnen, 
schlagen;  das  bad  eröfnet  die  schweisziöcher; 

eröfnend  ihren  wüsten  mund.    Wbckheru^  57; 

spricht  wo  sein  (dps  nclimeichlin-s)  grosztr  mann 
'mir  ist  gewaltig  warm',  so  tnicknet  er  die  stirne, 
eröfnet  sein  gewaiid.  eniilecket  sein  gehirne, 
obwol  für  grimmen  frost  des  daches  nägel  springt. 

LocAG  3,  216; 

oder  harret  ihr, 
bis  dasz  der  rechte  ring  den  mund  eröfne.    Lxssi:««  2,  2S0; 

ich  hielt  die  wache 
im  Torsaal,  als  m;lord  die  thüre  schnell 
eröfnete.  Schiller  436" ; 

sie  lebt,  sie  lebt!  sie  hat  dem  tage  wieder 
ihr  aug  eröfnet.  Göthe  9,  259; 

mein  schrei  eröfhet  ihr  die  sinnen.    33,  259; 
siehst  du  des  tischlers  da  drüben  für  heute  geschlossene 

Werkstatt? 
morgen  eröfnet  er  sie.    40,  3'23 ; 

ein  haus,  thor,  einen  laden,  einen  park  dem  allgemeinen  zu- 
tritt, ein  fenster,  schlosz  mit  gewalt  eröfnen,  eine  kiste, 
flasche,  einen  brief,  ein  testament  eröfnen. 

2)  figürlich, 

a)  das  geschehene  offenbaren,  kund  Ihun:  da  sie  wüsten  das 
er  floh,  haben  sie  mirs  nicht  eröffenet.  iSam.  22, 17;  der 
himel  wird  seine  {des  gottlosen)  missethat  eröffenen.  Hiob 
20, 27 ;  und  gebot  im,  das  er  nieman  sagete,  das  er  im 
solchs  eröfnet  bete,  aposlelg.  23, 22 ;  der  uns  auch  eröfnet 
hat  ewre  liebe  im  geist  (golh.  saei  jah  gakannida  uns  izvara 
friaj)va  in  ahmin).  Col.  1.  8  ; 

siebenmal  hatte  der  donner  das  heilige  dunkel  eröfnet. 
ilessias  1,  395; 

als  Wilhelm  seine  mutter  des  andern  morgens  begrüsztc,  er- 
öfnete sie  ihm,  dasz  der  vater  sehr  verdrieszlich  sei.  Göthe 
18.7;  als  ihm  der  wirth  sogleich  im  vertrauen  eröfnete.  dasz 
mademoiselle  Phiüne  eine  eroberung  gemacht  habe.   18,222. 

b)  befelü  und  meinung  kund  Ihun:  allen  Völkern  zu  eröffe- 
nen, das  sie  auf  den  selbigen  tag  geschickt  weren.  Esther 
3,14;  eröffene  ich  meine  meinung  und  gutdünken  auf  die 
artikel.  LtrrHERS  br.  l.  575 ;  keiner  unterstunde  sich  die  deu- 
tung  dieses  traums  zu  eröfnen.  pers.  rosenth.  1, 3 ;  dasz  ich 
mich  nicht  enthalten  kann,  darüber  einige  anmeikungen  zu 
eröfnen.  J.  E.  Schlegel  3,  217;  ein  identischer  safz,  der  nichts 
über  die  art  meines  daseins  eröfnet.  Katt  2,317;  da  mein 
herz  voll  ist  und  ich  es  in  kein  herz  eröfnen  kann,  als  in 
das  deinige.  Fichtes /e6en  1,281;  einem  sein  anliegen,  seine 
gedanken  über  etwas  eröfnen; 

das  kOrzste  wird  wol  sein,  dasz  ich  dem  berrn 
ganz  gradezu  des  Patriarchen  wünsch 
eröfne.  Lessi:«c  2,  217. 

3)  beginnen,  anheben,  anfangen,  gleidisam  ansdineulcn,  an- 
brechen oder  aufthun:  die  schule,  die  hohe  schule  eröfnen; 
ein  geschäft  eröfnen;  die  jagd,  die  weide  eröfnen;  den  krieg, 
den  tanz,  ball  eröfnen;  eine  eisenbahn  dem  verkehr;  die 
Sitzung  wurde  mit  einer  erklärung  des  forsten  eröfnet; 

von  welcher  seite  Saladin,  im  fall 

es  völlig  wieder  losgeht,  seinen  feldzug 

eröfnen  wird.  Lessmc  2,219; 

kaum  entfaltet  die  natur  ihre  freundlichen  schätze,  eo  sind 
die  kinder  dahinter  her,  um  ein  gewerbe  zu  eröfnen.  keines 
bettelt  mehr,  jedes  reicht  dir  einen  strausz.    Göthe  17,310. 

4)  refl.  durch  d.  Ecken,  der  sich  selbs  in  seinen  werten 
und  schreiben  einen  landrüchtigen  erzlügner  eröfnet  hat. 
Lcther  1,345*;  es  eröfnet  sich  zu  dieser  unserer  zeit  unter 
geringen  leuten  eine  sucht  u.  5.  ic.  Simpl.  K.  ib ; 

die  ermunterten  blumen  eröfnen  sich  duftend 
in  dem  frischesten  schmuck  und  verbauchen  gerüche  von  tialsam. 

liCHkUii  2,  14; 

der  mensch  fühlt  das  bedürfnis  sich  andern  zu  eröfnen. 
Ka5T  5,  312 ;  eh  ich  mich  eröfne,  wie  man  einer  homerischen 
Übersetzung  diesen  anstrich  geben  könne.    Bürger  136';    in 

59* 


935 


ERÖFNÜNG  — ERÖSEN 


ERÖSIGEN—  ERPEINIGEN 


906 


diesem  augenblicke  erüfnete  sich  die  thüre  und  Montan  Irat 
herein.  Göthe  23,  206;  warum  haben  sie  sich  mir  nicht  längst 
eröfnet  ?  Klinger  1,  3S6.  das  lehen  erüfnel  sich  (feudum  ßl 
apertum)  heiszt  das  khen  kehrt,  nach  erlöxchung  des  vasaUen, 
icieder  dem  kenn  znrfick. 

ERÖFNCNG.  f.  apertura,  declaratio,  exordium,  in  allen  he- 
deiUungcn  des  eröfnens :  eröfnung  neuer  quellen,  des  hauses, 
]adens,  testaments;  der  schule,  des  gcwerbes;  eröfnung  des 
vorlheils  an  die  parteien,  des  concurscs,  des  lebens.  dnsz 
eine  Ursache  möglich  sei,  davon  gibt  uns  der  verstand  a 
priori  gar  keine  eröfnung.  Kant 2, 182.  es  heiszt  auchuvl:  er 
hat  seit  mehrern  tagen  keine  eröfnung  {des  leibs)  gehabt,  üb- 
licher öfnung;  jemandem  eröfnungen  machen. 

ERÖFNLNGSEID,  m.    Stieler  364. 

ERÖFNUNGSGESAiVG,  m. 

ERÖFNLNGSREDE,  f. 

ERÖFTERN,  saepius  nominare. 

EROHREN,  partum  aure  edere,  durchs  ohr  gehären :  allda 
macht  es  {das  kind\  nicht  lang  mist,  sonder  nam  seinen  weg 
durch  die  königliche  weinstrasz  zu  der  linken,  kam  also  zu 
dem  linken  ohr  heraus,  oho  der  weifen  langen  obren,  darin 
der  schwimmend  esel  viel  reus  vol  fisch  het  fangen  können, 
darumb  heiszt  er  nit  geboret  dann  vom  vater,  sonder  eroret, 
das  ist  von  der  mutter  aus  den  ohrn  geschüttelt.  Garg.  104', 
rgl.  Rapelais  1,  6. 

EROPFERN,  immolare,  aufopfern. 

ERÖRTERN,  dijudkare,  disceptare,  eine  sache,  ein  recht  er- 
örtern, nach  allen  sälen,  in  ort  und  ecke  crmessen :  ich  mag 
in  dieser  sache  weder  örtern  noch  erörtern.  Stieler  1396; 
grenzirrungen  erörtern;  wo  maus  recht  ansieht  und  erörtert. 
l^ntus  vorrede; 

erörter  vor  sein  gschefi  und  handel, 

sein  leben,  art,  gn-ontieit  und  waiidel.    li.  Sachs  I,  4S2'; 

ich  rufe  golt,  der  über  alles  reicht, 

der  meine  sach  erörtert  und  vergleicht.    Opitz  ps.  s.  107; 

nachdem  sie  die  sache  mit  ihrem  gewöhnlichen  kalten  blute 
aufs  genaueste  zergliedert ,  erörtert  und  erwogen  haben. 
Wieland  8,  233 ;  indem,  wenn  ich  nicht  voraussetzen  dürfte, 
dasz  sie  genau  so  viel  hätten  als  ich  annehme,  ich  mich 
mit  ihnen  auch  nicht  einmal  erörtern  {auseinandersetzen)  könnte. 
Fichte  anlwort schreiben  5.     s.  ausörtern,  ausecken,  auseckeln. 

ERÖRTERUNG,  f.  ich  verstehe  unter  erörterung  die  deut- 
liche, wenn  gleich  nicht  ausführliche  Vorstellung  dessen,  was 
zu  einem  begriffe  gehört.  Kant  2,  C2  ;  bei  erörterung  der  frage. 
Göthe  53, 142. 

ERÖSEN,  exhaurire,  rastare,  ahil.  irosan,  farAsan,  mhd.  er- 
oesen,  erschöpfen,  vgl.  altn.  ausa  haurire,  schw.  ösa,  dän.  ose. 
Frisiüs  1348*.  Maaler  115*.  wie  sich  das  wort  zu  eröden  rer- 
hält,  wird  unter  öde  besprochen. 

mhd.  din  lant  ist  erlasset, 

als  der  sin  schif  erteset, 

«S  ist  vil  desle  lihter.    Parz.  213,  12; 

nhd.  da  belibt  allweg  etwas  feuchlikeit,  magst  si  nit  gar  cr- 
ösen.  Keisehsbebg  scitif  der penil.  22* ;  von  disen  tröpllin  und  der 
geleichen  mag  unser  schillin  nicht  gar  eröst  werden.  17^;  zu 
dem  andren  kompt  si  {die  anfechiung)  her  aus  unbeschaiden- 
heit,  daher  das  das  hirn  des  menschen  zu  vil  eröst  ist  und  lär 
gemacht  durch  vasten,  studieren.  64';  es  ist  auch  wissenlich, 
das  herzog  Gotfrid  von  Lothringen  das  hungerisch  land  eröst 
[verwüstet],  griechisch  land  durchtrungen.  Frank  mW//).  4S' ;  bisz 
letzt  bei  drei  jaren  der  türkisch  keiser  llungerland  hat  er- 
öst, verderbt,  behabi,  verbergt.  81';  aus  welcher  tyrannei  das 
land  also  eröst  ist,  das  nichts  lobswert  darin  mag  gefunden 
»erden.  89*;  damit  die  weit  eröset  und  heimlich  erschöpft 
wirt.  156';  von  den  leidigen  Florentinern  an  volk  und  reich- 
lumb  eröset  und  vereitelt  worden,  chron.  2l';  das  land  er- 
ftsen,  verwüsUn  und  öd  matJien ,  agron  vastare  et  exinanire. 
Maaler  116';  den  gemeinen  seckel  oder  schätz  erösen,  aus- 
I.Iren  und  erschöpfen,  effundere  aerarium;  die  Römer  hatten 
ihren  gemeinen  seckel  gelftrt  und  eröst.  Livius  bei  Rihel  321 ; 
ihr  gemeiner  seckel  war  in  so  langwierigem  kriege  eröset 
und  ansg«'sfhöpft.    372; 

nm  Chrintabend  das  pnllinm 
wird  K^punnen  von  citn  l«'iiilciri  Triitn, 
duraui  manch  (annent  '.  '. 

dardurch  Teul«chlan<l  it. 

Tum  hidoxa  liB; 

dan  wan  «rhon  din  ganre  weit  im  jubcljar  ablnsz  zu  ver- 
dienen  gen   Rom  lief,    >o   könte  ducb  dises   schatzkastlin 


weniger  als  das  oceaniscb  mör,  da  nur  ein  tropfen  wasser 
ausgeschöpft  wurde,  oder  der  Gollhartsberg,  von  dem  man 
ein  sandkörnlin  neme,  geringer!  noch  eröst  werden,  bienen- 
korbni*;  am  Rhein,  der  nncbdeiu  er  seinen  lauf  gericht, 
auch  das  land  eröset  oder  erfiuchtbaret  hat.  Sebiz25;  ewere 
kisten  und  kästen  eröset  und  ewere  kindcr  hinder  euch  zu 
bettlern  lasset.  Piiilander  2,  lo6;  gedachten  sie  beuten  zu 
machen  und  etwas  zu  erschnappen,  das  doch  in  derselben 
ganzen  gegend  nicht  anzutreffen,  weil  das  land  ziemlich  er- 
öset war.  Simpl.  K.  411.  gerdlh  später,  gleicli  dem  folgenden, 
auszcr  gebrauch,     s.  verösen. 

ERÜSIGEN,  dasselbe:  wie  die  Gallier,  Gotlii,  Huni  Teutsch- 
land erösigten,  verhergten  und  einnamen.  Frank  weltb.  von. ; 
dann  unsere  schif  waren  vermüdct  und  von  pmvision  oder 
profand  erösigt.  228';  alles  Teutschland  wurde  erschöpft, 
mit  dem  vihe  erösiget.  c/iron.  237';  so  die  lande  wol  erösigct 
und  die  bauren  wol  ei-zauset  seind.  kriegsb.desfr.U;  einen 
groszen  teil  der  fnicht  der  erden  erösigen.  44;  alle  land  an 
gut  und  gelt  beraubet  und  erösiget.  189.  üehi  noch  bä  Frisius 
519'.  Maaler  115*. 

ERÖSLNG,  f.  expopulatio,  vastatio:  erösung  des  gemeinen 
stattseckels,  aerarit  tcnuilas.  Maaler  116',  vgl.  die  unter  erlösung 
aus  Simpl.  K.  083  angezogne  stelle. 

ERPACHTEN,  conducere,  paclden:  stolz  und  vorlaut  stan- 
dest du  da,  als  hättest  du  den  horizont  von  Genua  erpachtet. 
Schiller  164'. 

EKPACKEN,  anipere,  packen,  greifen:  das  gleichnis  vom 
löwen,  der  in  der  rinderherde  des  nachts  einstürzend  sie 
zerstreut,  doch  ein  stück  erpackt  und  aufzehrt.    Göthe  ...; 

''  wie  sich  der  leu  in  seinem  hunger  freut, 
wenn  er  einmal  auf  vollbeleibien  raub 
entweder  einen  hochgekröntcn  birsch, 
or  (=  oder)  eine  gemse  trifl,  und  gierig  ihn  erpackt. 

Borger  151"; 
Dido,  Dido!  sollst  du  noch  aber  und  aberraal  heulen, 
wann  mein  fluch   im  stürm  dich  crpackt,   in  wogen  heran- 

braust.    2.iü*; 
erpackte  ihn  um  ihn  umzubringen,  aus  hasz  weniger  als  aus 
liebe.  i.P.  Hesp.  l,U;  Alban,  der  nicht  wie  Karl  klagte,  dasz 
ihn  nichts  recht  erpacke   und  alles  nur  luftig  umspüle.    Tit. 
2,128. 

ERPANGELN,  ERPANKELN,  contrcctare,  circumagere,  herum 
stoszen,  ein  Schweizer  wort,  von  unglück  wol  erpangklet,  actus 
mullis  casibus.  Frisiijs  07*.  Maaler  116*,  wozu  sich  das  einfache 
panglen,  perlraäare,  manu  traclare,  oft  anrüren,  handien  Im 
Frisius  994'  und  Maaler  315'  ßndt4,  daneben  aber  baiiklen,  in 
bendcn  bankin,  hin  und  her  beutlen,  banzlen,  rütteln  bei 
Frisius  325*,  1357*  und  Maaler  50*  vorkommt,  ohne  zweifei  ge- 
hört dies  banklcn,  panglen  zu  dem  1, 1104  aufgeführten  hangeln 
stoszen,  schütteln,  so  dasz  auch  erbangeln  zu  schreiben  wäre, 
gleichwol  schien  dem  p  und  k  hier  einiges  recht  zu  lassen,  da 
auch  Schmeller  1,  287  punken  stoszen  darbielrt  und  in  pinke- 
pank,  dem  sloszen  des  schmiedcs,  die  selben  laulc  wallen ;  sogar 
das  engl,  pang  quäl,  stosz,  stich  verdient  rücksicht.  Stalper  1, 13<i 
schreibt  banggen,  banken  stoszen  und  banggelu  hertimsloszen. 
1,  242  bunggen  schlagen,  stoszen,  vgl.  bunge  tympanum.  gg  !.<.( 
hier  gk,  k. 

ERPANZERFEGEN,  expolire,  ein  kühnes  wort,  panzerfegen  hl 
polire  loricam,  erpanzerfegen  erputzen,  im  panzer  fegen:  sie 
würden  sonst  verschimmeln  und  verrosten,  das  sie  kein  teufel 
im  fegfeur  erpanzerfegen  könte  und  man  da<  maizeichen  gar 
nicht  mehr  an  ihnen  kennle.  Fischart  bienenk.  245*. 
ERPAKTIEREN,  fraudibus  nc  dnlis  acguirere.  Stieler  tltl. 
F.RPASSKN,  exspectare,  eiharren,  erhiuern:  dort  am  iifcr 
trift  er  Engländer  gelagert,  deren  caravanc,  gleichfalls  auf- 
gehalten, einen  günstigen  augenhiick  erpassen  möchte.  Göthk 
6,210; 

und  wie  sie  den  augcnblick  erpassen, 

nach  der  hAlIc  sie  entITihrend  fassen!    .  .  .; 

wollit)  man»  erpasscn, 
bis  sie  XU  Wien  aus  vii>r  und  zwaiulg  iiboln 
das  kleinste  auügnw&hll,  man  pasto  langet    ScRiLLm  33:('. 

EUPAUKEN,  plagis  et  verberibus  comfiellcTe,  obtinere:  man 
hat  das  ja  noch  endlich  von  ihm  erpaukcn  müssen.  Stie- 
leb   108. 

ERPEINEN,  tribulare,  ahd.  iri)tnAn.  d<ln.  furpine.  nnl  vcr- 
pijnen. 

ERPEINIGEN,  dasselbe: 

sie  hat  erbninigt  meinen  leih.    Atrkr  326\ 
schon  ahd.  uhri>i>  ">'<•>  ""  l'''».i  unil  liiiiün  (CimrK  i.:ii9.  njnu 


937 


ERPEL  —  ERPICHEN 


ERPICKELN—  ERPROBEN 


938 


ERPEL,  m.  anas  mas,  eine  benennung  des  enlerichs,  die  sich 
von  Pommern  durch  das  Braunschweigische  bis  nach  ^iederhessen 
und  Wddeck  erstreckt,  doch  in  den  Mederlanden  und  scheint  es 
auch  in  Westfalen  unbekannt  i(t.  hin  und  nieder  arpel.  hoch- 
deutsch halte  man  dafür  zu  gewarlen  arfel,  erfel,  was  jedoch 
den  cyprinus  orfus  bedeutet,  und  sichtbar  deni  lat.  ausdruck  nach- 
g^ildet  ist.  an  einzelnen  orten  beschränken  die  ßgcr  erpel  auf 
den  wilden  enlerich  {hannOv.  mag.  1844,330).  man  musz  den 
landslrichen  näher  nachspüren,  wo  dieses  merkwürdige  wort  im 
gang  ist.  meine  vergleichung  des  chatlischen  mannsnamens  Arpus 
(CDS.  5S0)  bleibt 'freilich  unsicher,  doch  siehe  Ernst  und  Genserich 
(1,  502). 

ERPFEIFEN,  1)  signum  dare  sibilo:  ich  kann  ihn  nicht  er- 
pfeifen,  er  hört  nicltt  auf  mein  pfeifen.    Stieleb  1437. 
2)  lütia  canendo  obtinere: 

schöner  Dämon,  zung  der  hirten, 

der  auf  deinem  holen  halm, 
wenn  wir  unser  herden  schmierten, 

hast  erpfiffen  manchen  palm.    Spkb  Irutin.  305^ 

wo  aber  HCppe  278  ergriffen  liest; 
0  du  lieber  kleiner  vogel, 

meine  Magdalis  ist  hier! 
pfeif  ihr  doch  ein  kleines  liedchen 
und  erpfeif  ihr  herzchen  mirl 

Gleus  Amor  ein  vogel  (neue  lieder  1767  s.  46). 

ERPFLEGEN,  curare: 

wo  lieb  und  freundschafl  unsers  herzens  segen 

mit  götterhand  erschaffen  und  erpflegen.    Göihe  12,  10. 

ERPFLÜGEN,  exarare,  arando  lucrari :  er  hat  zehen  scheffel 
von  einem  acker  erpDüget.    Stieler  1449.    Rädlei?i  253'; 

das,  was  der  schwere  pflüg  erpflOget,  geht  alles  auf  gehor- 

samspflichten.  Locaü  3, 13«,  100; 
wann  hier  ein  niedrer  sinn,  mit  schweisz  und  brot  vergnügt, 
des  groszen  unterhalt  im  heiszen  feld  erpflügt. 

Haller  145  (138) ; 
in  kältern  gegenden  müssen  alle  bürger  ihre  unterhalt  durch 
die  arbeit  im  rauhen  felde  mühsam  erpflügen.  Hallers  Fabius 
und  Cato  s.  228; 

0  könnt  auch  ich,  durch  Herculs  gunst  und  fügen, 

wie  jener  knecht,  mir  einen  schätz  erpflügen !    Hagedon  1, 74 ; 

als  seine  einfalt  noch  die  reine  kost  vergnügte, 

die  wald  und  herde  gab  und  die  sein  stier  erpflügte. 

DcscH  verm.  werke  254; 
Idie  hirsche)  richten  die  künftigen  ernten, 
mit  so  vieler  arbeit  erpflügt,  auf  einmal  zu  gründe. 
Zachariä  2,  73. 
ERPICHEN,  pice  obducere,   kommt  fast   nur,   allein  oft,  im 
pari,  erpicht  ror,  das  die  bedeutung  avidissimus  gewonnen  und  die 
praep.  auf  bei  sich  hat,  erpicht  auf  eine  sache,  gleichsam  festge- 
leimt, versessen,  ersessen  darauf,     erscheint  erst  in  der  zweiten  hälße 
des  17  Jh.:   nun   hatten  sich  bei  währender  mahizeit  etliche 
kerlen   in   die   stube   gefunden,   welche   einen   sonderlichen 
tisch   einnahmen   und   zu   trinken   begehrten,    die  waren  so 
treuherzig  auf  das  hier  und  den  wein  erpicht,    dasz  sie  ein 
grosz  strafglas  in  der  mitten  setzten,  welches  derjenige  äiis- 
saufen   solte,   der   über   drei   gläser  %vürde  vor  sich  stehen 
lassen,  und  wie  die  redensart  hiesz,   zum  Schafhäuser  wer- 
den. Weise  erzn.  301 ;  aufs  saufen  erpicht.  Stieler  1422  {vgl. 
ausgepicht) ;  ich  meines  theils  war  von  Jugend  an  desto  eif- 
riger auf  die  bücher  erpicht.  Fclsenb.  2, 10;  es  ist  kein  mensch 
begieriger,   erpichter   und   versteuerter  auf  das  goldmachen 
als  mein  valer.  2.241;  so  hätte  sich  die  fürstin  doch  jeder- 
zeit dergestalt  eifrig  und  erpicht  darauf  bewiesen.  4, 444 ; 
der,  ganz  erpicht  auf  peld, 
die  münzer  insgeheim  für  halbe  schöpfer  hält.  Hagedorn  1,19; 
der,  nur  auf  rühm,  auf  meisterschaft  erpicht, 
bald  vieles  lernt  und  endlich  alles  lehret.    1,  56; 
<o  äuszerst  war,  nach  Tacitus  beriebt, 
der  alte  Deutsch  aufs  spiel  erpicht.    Lessing  1,22; 
auf  hübsche  Christendamen  so  erpicht.    2,  315; 
ich  kenne  den  vogel!  er  ist  nicht  kleiner  als  ein  trappe, 
und  ärger  als  Ledas  schwan  auf  eure  zofen  erpicht. 
WiEiA!«!)  4,42; 
eine  ausgelassene   und  allein  auf  befriedigung  ihrer  leiden- 
schaften  erpichte  Jugend.  2,247;  die  Weichsel,  gleichsam  auf 
ihr   ewiges   recht   erpicht,   bedeckt   die   länder  unter  ihrem 
gpwässer.  KkX(  9,  9  ;  ich  war  eben  Ober  {st.  auf)  die  ocuvres 
de  Savary  erpicht.  H.\>ia:hs  3,132;  das  kind  ist  auf  nahrung 
erpicht.  5,  288 ;  zu  unsem  gegenwärtigen  zeiten,  wo  man  so 
sehr  auf  die  erfindung  und  Schilderung  historischer  Charakter 
erpicht  ist.    Moser  p.  ph.  1,65; 

warum,  warum  bist  du  denn  so  auf  eine, 

auf  ^ine  nur  bei  tag  und  nacht  erpicht.    BSrger  121*; 


die  erinnerung  der  tage,  wo  er  aufs  geschält  erpicht,  an  sol- 
chem tische  sasz,  hüiend  und  schreibend  sich  übte.  Göthe 
21, 157 ;  auf  blei  und  siiber  ist  man  erpicht,  das  sie  (die  ge- 
birge)  in  ihrem  busen  tragen.  22, 182 ;  sie  sind  auf  neue 
moden  so  erpicht  wie  frauen  selbst.  3S,  177 ; 
ich  soll  vielleicht 

nicht  wahrgenommen  haben,  wie  erpicht 

und  gierig  ihr  auf  euren  raub  euch  stürztet?     Schiller  274'; 

er  war  blosz  darum  so  unerhört  aufs  schach  erpicht.  J.  P. 
uns.  löge  3  ;  eben  so  ei-picht  ist  sie  auf  dieses  mannes  manier 
in  seiner  liebe.  Hesp.  1,52;  gelehrte,  verliebte,  müszige  und 
mädchen  sind  unbändig  auf  briefe  erpicht,  geschäftsleute  gar 
nicht.  1,  64 ;  wir  im  collegio,  sagte  er,  sind  auf  einen  halben 
balzen  erpicht.  2,  68 ;  blieben  aber  noch  auf  das  restierende 
testament  erpicht,  flegelj.  1,11;  auf  nichts  ist  die  weit  in 
büchern  so  erpicht  als  auf  das  erzählen,  biogr.  bei.  l,  i;  und 
wird  immer  gefräsziger,  immer  erpichter  auf  den  rothen  wein. 
Tieck  1,  386.  ßr  erpicht  hört  man  auch  verpicht,  da  die 
Schweden  pickhSgad  im  sinne  unseres  erpicht  sagen  und  von 
picka  Stimulus  herleiten,  so  könnte  man  an  der  abkunft  ron 
pech  irre  werden.  doch  gilt  auch  nnl.  verpekken,  rerpichen, 
zum  schlusz  noch  ein  beleg  für  das  praet.  ind.:  die  Soldaten 
erpichten  sich  immer  stärker  auf  die  wQrfel.  Rehfdes  Scipio 
Cicala  1S32.  2,54. 

ERPICKELN,  s.  erbickeln. 

ERPICKE.N,  rostro  pungere,  aufpicken,  welche  ebenwol  geschrieben 
werden  könnten  erbicken,  aufbicken,  s.  bicken: 

seht  den  vogel !  er  fliegt  von  einem  bäume  zum  andern, 
nascht  mit  geschäftigem  pick  unter  den  fruchten  umher, 

frag  ihn,  er  plappert  auch  wol,  und  wird  dir  offen  versichern, 
dasz  er  der  hehren  natur  herliche  tiefen  erpickl. 
GÖTHB  1,  3S6. 

ERPINSELN,  penicillo  depingere,  hinjnnseln,  verächtlich. 
ERPL.\CKEN,   herausplacken,   mit  gröszter   mühe  gewinnen. 
Stieler  1459. 

ERPLCNDERN,  diripiendo  adipisci. 
ERPOCHEN,  1)  tr.  extundere, 

a)  pulsando  e  somno  excitare,  aufpochen,  aufwecken,  erklopfen. 

b)  atrociler  extorquere,  ertrotzen,  s.  erbochen  sp.  733 ;  wol- 
thaten  soll  man  nicht  erpochen. 

2)  intr.  palpilare: 

die  schöne  fühlt  ihr  herz  vor  angst  erpochen, 
da  sie  ihn  schaut,  sie  flieht  im  augenblick. 

Gries  .ir.  29,  60. 
ERPRALLEN,  ilUdi,  schon  sp.  735  unter  erbrallen : 
ihr  mark  in  beinen  wollet, 
und  wiederlebend  blut 
in  süszem  sod  erbrallet 

und  färbet  herz  und  mut.    Spee  triUzn.  66  (72). 

ERPRäSSELN,  crepUare,  heßig  erschallen. 
ERPRASSEN,  heluando  obtinere: 
die  pein,  die  sich  zum  lohn  der  schwelger  wild  erpraszt. 

Gellert  2,  2?. 
ERPREDIGEN,    concionando    obtinere:     häuser    erpredigen 
kommt  irgendwo   ror;    er  vird  durch  seine  wolredenheit  viel 
Seelen  erpredigen.    Stieler  1470. 
ERPRESSEN,  exprimerc,  ausdrücken, 

1)  den  trauben,  citronen  saft  erpressen ; 

ist  weisz  and  roth  beineben 

von  rothem  traubenschaum, 
den  er  erprest  von  reben 

mit  schweren  kelterbaum.    Spee  triitzn.  48  (10). 

2)  den  äugen  thränen :  man  sah  sie  alle  drei  in  trauerflor 
und  in  thränen  gebadet,  selbst  ihren  ricbtem  thränen  er- 
pressen.   Weisze  trauersp.  5,  324 ; 

jede  noth,  die  thränen  uns  erprest.    Gotter  I,  387; 

des   kenners  lächeln  oder  zähren  erpressen.    Gökisgr  3,  321. 

3)  der  autor  will  den  beifall  nicht  erpressen.    Gellert  1,74; 
ach  nicht  mein  Schicksal  ists,  das  schauder  mir  erprest. 

GoTtER  2,  453 ; 
diuch  meinen  bleichen,  eingefallnen  kumftier 
erpressen  noch  ihr  ach.    Göei.'<gr  3,  211. 

4)  einem  geld,  almosen,  beitrage  erpressen. 
ERPRESSL.NG,  f.  violenta  exactio:  schamlose  erpressungen. 
ERPRORE.N,  probare,  explorare,  fr.  eprouver,  versuchen,  be- 
währen : 

und  wies  von  vätern  war  erprobt, 

jeder  gott  auf  seine  weise  lobt.    Götbe  2,  222; 

gehorsam  teuer  hast  du  nun  erprobt, 

wirf  dich  ins  meer,  wo  es  am  wildsten  lobt.    12,  312; 

hast  (tu  ein  mittel,  so  erprob  es  hier.    41,  110; 

vom  sc-hlummcr  jagt  die  furcht  mich  auf,  ich  gebe 

nachts  um,  wie  ein  gequälter  geist,  erprobe 

des  Schlosses  riegel  und  der  wuchter  treu.    Schiller  406'; 


939 


ERPRÖTZEN  —  ERQUICKEN 


ERQUICKEN  —  ERQUICKLICH 


940 


aber  trcfT  ich  dich  drausren  im  freien, 

da  mag  der  blutige  kämpf  sich  erneuen, 

da  erprobe  das  eisen  den  muth.    491'; 

nun  kommt  Marlisa,  da  der  spruch  verschoben 

und  gibt  sogleich  was  neues  zu  erproben.    Grim  Ar.  45,  113. 

sich  ERPRÖTZEN,  cibis se opplere,  ingurgilare,vgl.  sich  brofzen, 
blähen  2, 407,  brotzig  turgidus,  slrolzend,  aufgebldlU  Schmellhr 
1,  274  und  brotze,  bufo  turgidus :  wie  sie  nun  dapfer  gezehret 
und  sich  treflich  erpiötzet.    Philander  2,  233. 

ERPKCFEN,  tt'os  erproben,  Stieler  15S2:  das  bewustsein 
seiner  ei-prüften  gesinnung.  Kant  4,  244;  würde  dem  erprüften 
und  erfahrungsvolien  nicht  viel  neues  sagen.  Klinger  12, 103. 

ERPRUGELiN,  lerberibus  elicere:  gehorsam  erprügeln;  eine 
frau,  die  jede  umarmung  aus  dem  mann  erst  erprügeln  musz. 
J.  P.  tettfdsp.  2,12. 

ERPUFFEN,  raucum  edere  sonum: 

man  hört  im  felde  lerm  und  wafTen,  watTen  rufen, 
zugleich  auch  schwcrt  und  sper  mit  krachen  und  erpuffen. 
Werders  i4r.  26, 10. 

ERPÜTZEN,  emundare,  exomare,  aufputzen:  die  nachkum- 
menen  lerer,  als  sie  die  h.  geschrift  basz  erbutzt  und  aus- 
gcrtrterf.    Frank  chron.  391".     n.  erbutzen. 

ERQUAKEN,  incipere  coaxare:  abends  in  der  dämmerung 
erquaken  alle  frösche  im  teich. 

ERQUAKERN,  irritare,  böse  maclien,  aufreizen:  die  andere 
Seite  will  mir  nicht  gefallen,  denn  mich  deucht,  er  erqua- 
kert  sich  die  frau,  und  das  dünkt  mich,  ist  nicht  anacreon- 
tisch.    Rabener  6, 145. 

ERQUÄLEN,  excruciare,  abquälen,  aufquälen. 

ERQUELLEN,  scatere,  emicare,  praet.  erquoll,  part.  erquollen  : 
so  gar  seind  wir  ihm  ergeben  und  auf  ihn  erquollen  (wie 
erpicht),  das  wir  auch  unser  weib  und  kind  nit  kennen. 
kriegsb.  des  fr.  231,  .<;.  mhd.  verquoln  ftf,  an,  in,  aber  von  ver- 
queln  [wb.  1,897'),  woncben  schwaclics  vcrqueln  gilt  (897*); 

wie  im  urding  das  urding  erquoll, 
lichtsmacbl  durch  die  nacht  scholl.    Göthe  IS,  94; 
und  um  uns  und  an  uns  so  drängend  und  voll 
die  erde  von  nickenden  blumen  erquoll.    40,  377. 

ERQUELLEN,  macerare,  praet.  erquellte,  pari,  erquellt,  auf- 
quellen: erbsen  erquellen,  quellen  lassen,  erweiclten.  vgl.  er- 
quellen,  wasser  stauen  bei  Frisch  2,  77'. 

ERQÜETSCHEN,  contundere,  elidere,  zerquelsciten :  um  es 
nicht  im  schlummer  zu  crquetschcn.  J.  P.  uns.  löge  1,  xix ;  ein 
skelet  schreitet  heran,  es  verschlingt  sonnen,  erquetscht  erden, 
tritt  einen  mond  aus.  3,180;  ihre  aufgelöste  und  erquetschte 
seele  glich  der  bruchweide,  der  man  alle  zweige  rückwärts 
mit  der  bloszen  band  herunterstreichen  kann.  Uesp.  2, 40 ; 
vielleicht  ist  schon  oben  (auf  dem  berge)  eine  (schneelaume) 
im  erquetschten  gang  und  er  kann  sie  noch  nicht  sehen. 
3, 124 ;  eine  mücke  durch  schnelles  schnappen  der  lippen  er- 
quetschen.  Tit.  2,  33 ;  die  sich  in  das  blumenbeet  eines  gan- 
zen fremden  lebens  hineinlegen  und  gleichgültig  wieder  auf- 
springen vom  erquetschten  blumenflor.  fieiml.  klaget.  41;  welche 
herliche  nachtgedanken  und  spatgefühle  mag  das  Leipziger 
thor  schon  ausgesperrt  oder  erquotscht  haben !  aesth.  3,  86. 
das  wort  hol  bereits  Lobenstein  Arm.  1, 1081. 

ERQUICKELN,  recreare: 

duz  ich  mich  mOg  in  dir,  du  dich  in  mir  erquickelen. 
Weckherlin  708. 

ERQUICKEN,  dasselbe,  ahd.  arquicchan,  irchukan,  erchic- 
cban,  alls.  äquicAn,  ags.  acvician,  äcucian,  rtüid.  erquicken, 
erkücken.  ni.  (Aer  verkwikken,  sdiw.  vederqvicka,  ddn.  vcder- 
qvSge,  vgl.  goth.  gaqiujan. 

1)  eigentlich  bellen,  lebendig  machen,  animare,  mlat.  vivifi- 
eare,  den  leib  und  die  glieder:  und  als  er  trank,  kam  sein 
geist  wider  und  ward  erquicket,  rielü.  15, 19;  das  wird  deinem 
nabel  gesund  sein  und  deine  gebeine  erquicken,  spr.  Sal.  3,  S ; 
sterket  die  müden  bende  und  erquickt  die  slrauchelenden 
knie.  Et.  35,  3 ;  der  wein  erquickt  den  menschen  da»  leben. 
&r.  31,  31 ;  und  Helias  wonet  auch  da  und  erquickt  {erweckt) 
tt  endlich  iren  «un.  Fra<«k  wellb.  165*;  da  unser  herr  die 
tochter  des  Obersten  in  der  lynagog  vom  tod  erquicket.  196' ; 

da«  Ir  nicht  thut  in  Ihm  erquicken 

flelfchlicher  lieb  brtnnend»!  fewer.    II.  Sacu  1.285*; 

frot!  •  •  ■'— *•  '-  r-rbarmen 
n  '  /<«n  noi, 

er  ■-  .  i-rquicken, 

«r  w^.ni  nie  unite  von  dem  tod.    Uiila!»«)  164; 


sie  feilt  umb   und  wird   anmächtig,   sie   laufen   beede   zu, 
wollen  sie  erquicken.    AYnER32l'; 

das  erquickt  mir  mark  und  bein.    Göthe  .  .  . 

2)  herz,  geist,  seele  erquicken:  das  gesetz  des  berrn  ist 
on  wandel  und  erquickt  die  seele.  ps.  19,8;  wie  die  külde 
des  Schnees  zur  zeit  der  ernte,  so  ist  ein  getrewer  böte 
dem  der  in  gesand  hat,  und  erquickt  seines  herrn  seele. 
spr.Sal.  25,13;  auf  das  ich  erquicke  den  geist  der  gedemü- 
tigeten  und  das  herz  der  zerschlagenen.  &.  57, 15;  denn  ich 
wil  die  müden  seelen  erquicken  und  die  bekümmerten  seelen 
settigen.  /er.  31,  25;  das  der  trOsIcr,  der  meine  seele  soll  er- 
quicken, ferne  von  mir  ist.  Wag/.  Jer.  1, 16;  sie  haben  erquickt 
meinen  und  ewern  geist  {goth.  ga))rafstidedun  auk  jah  mei- 
nana  ahman  jah  izvarana).  iCor.  16, 18;  denn  sein  geist  ist 
erquicket  an  euch  allen  (anahveilaijjs  var])  ahma  is  fram 
allaim  izvis).    2  Cor.  7, 13 ; 

80  hat  sein  blick  oft  schon  mein  herz  erquicket. 
Gellest  2,  44. 

3)  Überhaupt  laben,  stärken,  trösten  •  der  wird  dich  erquicken 
und  dein  alter  versorgen.  Ruth  4, 15 ;  er  erquicket  mich  mit 
blumen  und  labet  mich  mit  epfeln.  hohelicd  i,  b ;  so  hat  man 
rüge,  so  erquickt  man  die  müden.  £s.  28, 12;  ein  thaw  nach 
der  hitze,  der  erquickt  alles  wider.  Si'r.  43,  24;  komt  her  zu 
mir  alle,  die  ir  mflheselig  und  beladen  seid,  ich  wil  euch 
erquicken  {ahd.  ih  labun  iuwih).   Afa///j.  11,  28; 

dis  ler  und  trost  mich  fast  {sehr)  erquigkt. 

ScHWARrE:«BBRC  152,  2; 
die  ir  armut  zu  erquicken,  ir  arbeit  feil  bieten  on  allen  Ion, 
allein  um  das  brot  zu  dienen  (verdienen).    Frank  «cei/ft.  1 03" ; 

doch  rieht  ich  mich  zuletzt  von  meinem  siechbett  auf 

und  mache,  noch  nicht  recht  erquickt,  mich  auf  den  lauf. 
Gripuius  1,  200; 

wünsch  ich  euch  für  solches  stücke, 

dasz  euch  küssen  nie  erquicke.    Logav  3,  101, 10; 

je  mehr  die  lippen  durst  gelitten, 

um  desto  mehr  erquickt  der  trank.    Rost  schäferg.  34; 

und  alles  ward  erquickt  mich  zu  erquicken.    Göthe  1,  S; 
nie  an  der  quelle  der  Weisheit  eure  durstigen  lippen  zu  er- 
quicken. 14,132;  dasz  wir  unsere  leser  mit  einem  auszug  er- 
freuen, ja  wir  dürfen  wol  sagen,  erquicken  können.  33, 139 ; 

ihn  erquickt  nicht  mehr 
der  matten  warmes  grün.    Schiller  523'; 

ein  mehrstündiger  schlaf  hat  den  kranken  erquickt. 

4)  das  wofür  man  erquickt  werden  soll,  steht  im  gen.  oder 
praepositionen  bezeichnen  es: 

ir  seht,  wo  mich  der  schuh  jetzt  drückt, 

ob  ich  meins  leids  möcht  werden  erquickt  (ergplzt). 

Waldis  2.  45  bi.  108'; 
so  wer  er  seiner  sorg  erquickt.    Rincwald  evang.  FT; 
ein  tiefer  schlaf  erquickte  mich  von  glück  und  noth. 
Göthe  40,  376. 

5)  reß.  sich  erquicken :  auf  das  dein  ochs  und  esel  nigen 
und  deiner  magd  son  und  frembdling  sich  erquicken.  2  Mos. 
23,12;  aber  am  siebenden  tage  rüget  er  und  erquicket  sich. 
31,17;  wenn  nu  di;r  geist  gottes  über  Saul  kam,  so  nam 
David  die  harfen  und  spielet  mit  der  band,  so  erquickt  sich 
Saul,  und  ward  besser  mit  im,  und  der  böse  geist  weich  von 
im.  1  Sam.  16,23;  und  der  könig  kam  hinein  mit  allem  volk 
das  bei  im  war  müde  und  erquicket  sich  daselbs.  2  Sam. 
16,14;  er  leszt  meinen  geist  sich  nicht  erquicken.  ffio6  9, 18; 
wenn  ich  gedenk,  ich  wil  mich  erquicken.  9,  27;  lasz  ab  von 
mir,  das  ich  mich  erquicke,   fw.  39, 14; 

du  selbst  erquicke  dich  {tröste  dich  damit),  dasz  durch  «in 

scharf  betrüben 
die  göttcr  deine  treu  und  hohe  tugend  üben.    Crtphius  1,  433. 

ERQUICKEND,  recreans,  suavii,  labend: 

der  Schönheit  .  .  .  erquickend  reicher  glänz. 
VVrckherlin  6i>2; 
erquickende   kühle;    grüne   der  wiesen;    erquickender   dufl; 
erquickende  erscheinung ;  frische,  erquickende  waldcr.  i.  hen- 
erquickend. 

ERQUICKER,  m.  recreator: 

ein  erqiiicker  bist  jederman, 

wer  hart  beschwert  dich  rufet  an.    R.  Sacm  I,  T7^ 

ERQUICKLICH,  dasselbe: 

•ftuorlich  war*  und  erquicklich,  geiund  zu  trinken  den  n«D> 
sehen.    Cöthk  40,  312; 

de«  klaren  raondf  erquicklich  leiser  schein.    9.  355; 
ZU  ende  merz  war  ein  ländlicher  nufenthnit   schon   erquick- 
lich genug,  n'  "1      ''••  trort  gebraucht  btrtitt  LocAC: 


94 1  ERQUICKSTUXDE — ERRATHEX 

so  komm  ich  auch  zu  dir,  da  hab  ich  was  ich  wil, 

da  lab  ich  mich  bei  dir  durch  ein  erquicklich  spiel.    1,  193. 

vgl.  unerquicklich. 

ERQUICKSTUNDE,  f.  hora  recrealionis,  erheiterungsstunde :  soll 
ich  mir  nun  den  pas  zu  meinen  erquickstunden  verschlieszen 
lassen  ?  da  werde  ich  das  rauche  raus  kehren  müssen.  Weise 
comödienprobe  2S ;  daher  meldet  auch  Schwenterus  im  16  theil 
seiner  erquickstunden.  Hobberg  1,  696*.  so  auch  Heins.  Mül- 
lers geistliche  erquickstunden. 

ERQUICKTRUNK,  m.  potus  recreans,  labelrunk:  neue  kraft 
flosz  mit  diesem  erquicktrunk  in  meine  gebeine  und  frischer 
muth  in  mein  herz.    Schiller  709'. 

ERQUICKUNG,  f.  recreaiio,  labsal:  auf  das  da  kome  die 
zeit  der  erquickung.  aposlelg.  3, 20 ;  hab  ich  etwas  ein  er- 
quickung des  gemüts  darin,  weil  gewis  ist,  dasz  wir  all 
müszen  sterben.    Frank  welib.  lU'; 

deriD  seit  das  Teuer  mir 

so  nahe  kam,  dünkt  mich  im  wasser  sterben 

erquickung,  labsal,  rettung.    Lessixg  2,  198; 

und  der  die  quelle  aus  dem  felsen  schlug, 

kaan  dieseu  quell,  die  irdische  erquickuug 

dir  schnell  in  eine  himmlische  verwandeln.    Schiller  442'; 

erquickung  hast  du  nicht  gewonnen, 

wenn  sie  dir  nicht  aus  eigner  seele  quillt.    Göthb  12,  38. 

vgl.  geisterquickung.  herzerquickung. 

ERQUICKU>GSTRÄNK,  m.  potio  recreans: 

ich  nehme  den  erquichmgstrank, 

erwiedr  euch  allen  heil  und  dank.    Göthx  12,  56. 

ERQUICKUNGSVORRATH,  m. 

aufs  unfnichtbare  meer,  von  landesgaben, 

zum  lebewol,  erquickungsvorrath  widmen.    Göthb  9,  352. 

ERRAFFEN,  colligere,  arripere.    Stieler  1496  : 

musz  pQanzen  und  schaffen, 
erlisten,  erraffen.    Schiller  TS". 

ERRAFFLTNG,  f.  collectio:  nach  erraffung  ihrer  kleiden 
Lohesstein  Arm.  2,  216. 

ERRAMMELN,  ludendo,  saltando  oblinere,  reftcere :  auf  solche 
wol  erschnaufte  und  errammelte  abdawung  entschlossen  sie  sich 
eben  auf  derselben  kampfmartischen  walstatt  auch  die  abend- 
zech zu  vollbringen.  Garg.  S3';  sänne  auch  bereits  eiaen  platz 
aus,  auf  weichen  ich  mitten  im  wilden  gebürg  einen  schönen 
ebenen  lustgarten  pflanzen  wolle,  damit  sich  die  frembde 
herren  und  ihre  badgäst  darin  erspazieren,  die  kranke  er- 
frischen und  die  gesunde  mit  allerhand  kurzweiligen  spielen 
ergetzen  und  erramien  könten.   Simpl.  K.  770. 

ERRASPELN,  radendo  perßcere:  das  holz  ist  hart  und  läszt 
sich  kaum  erraspeln. 

ERRASSELN,  crepare,  klirren,  a^aßslv: 

er  fiel  und  laut 
errasselte  die  rüstung  über  ihm.    Borger  150*. 

ein  oft  ti'iederkehrender  homerischer  vers  B.  5,  42, 

SovTiTjaev  Se  Tisadv,  aQaßrjae  8i  rsvj^s'  tn    avT(ß, 

btt  Voss: 

dumpf  hin  kracht  er  im  fall,  und  es  rasselten  um  ihn  die  waffen, 
bei  Spreng  S2': 

dasz  es  gab  einen  lauten  hall; 

herlich  wallt  er  einher,  am  rücken  errasselt  der  köcher. 

Bürger  246*. 

ERRATHEN,  conjicere,  ahd.  irrStan,  mkd.  erraten:  wisset 
ir  nicht  das  ein  solcher  man,  wie  ich  bin,  erraten  künde? 
1  Mos.  44, 15 ;  ich  wil  euch  ein  retzel  aufgeben,  wenn  ir  mir 
das  erratet  und  treft  diese  sieben  tage  der  hochzeit,  so  wil 
ich  euch  dreiszig  hemde  geben  und  dreiszig  feierkleider. 
rieht.  14,12;  und  sie  künden  in  dreien  tagen  das  retzel  nit 
erraten.  14,14;  verstand  und  klugheit  treume  zu  deuten, 
dunkel  sprüche  zu  erraten.  Z)ün.  5, 12;  begert  einer  vil  dings 
zu  wissen,  so  kan  sie  erraten,  beide,  was  vergangen  und 
zukünftig  ist.  ice«A.  Sal.  8,  S ;  ein  rüterschen  erradten,  aperire 
aenigma.  Maaler116*; 

ich  drohte,  doch  zu  schwach,    errätbst  du  bald  das  ende? 

Gellert  3,  388 ; 
wir  waren  euertwegen  wahrlich  ^anz 
bekümmert.    *so?'  ihr  wart  gewis  verreist? 
'errathen!'   und  kamt  heut  erst  wieder?    'gestern'. 

Lessing  2,  223 ; 
ich  habe  deinen  vater  Nathan,  und 
noch  ^inen,  #inen  noch  hierher  bestellt, 
errätbst  du  ihn?  2,353; 

wie  gach  nun  wieder,  junger  mann !  soll  alles 
dir  denn  entgegen  kommen?  alles  dich 
errathen  ?  2,  355 ; 


ERRATSCHEN  —  ERREGEN 


942 


wie  mich 
die  dame  merken  lassen,  will  sie  lieber 
errathen  als  beschrieben  sein.    Schiller  257" ; 
eh  ich  dich  sprach  errieten  wir  und  liebten  uns.    Plate!«  165; 
wie,  der  mensch  will  weiten  errathen,   der  keine  welttheile 
erräth?   J.  P.  Kamp.  55, 

ER  RATZEN,  dam  auferre,  blosz  bei  Stieler  1525. 

ERRAUREN,  exspoliare,  ahd.  irroubon.  Stieleb  1526 :  er- 
raubte schätze. 

ERRAÜFEN,  ERRÄUFEN,  eveOere,  ausraufen:  ich  kann  das 
Unkraut  nicht  erreufen,  quicquid  eveUam,  lolium  tstud  eradicare 
nequeo.    Stieler  1533. 

ERRÄUMEN,  amovere,  Kegrdumen,   mhd.  errömen,   ahd.  ar- 
r&man,  wozu  Otfrieds  äriimi  (Graff  1,  462)  gehörl, 
dö  der  chör  wart  errümet^    Diut.  3,  42. 

ERRE,  für  irre,  iralus,  toc.  1482  h  l'. 

ERRECHNEN,  computare,  ausrechnen :  tiefe  Wahrheiten  lassen 
sich  nur  erschauen,  nicht  errechnen.  Schopenhauer  parerga 
1,  459. 

ERRECHTEN,  lege  potki,  vincere  judiäo:  eine  erbschaft  er- 
rechten.   Stieler  1552. 

ERREDEN,  1)  oralione  efficere,  evincere.  Stieler  1546:  man 
kann  sich  (sü»»)  leben  und  tod  erreden,  vüa  ei  mors  in  Ungua 
posilaest;  ihm  als  angeklagten  das  absolvo  zu  erreden.  Herher 
20,  272. 

2)  reß.  sich  erreden,  sich  besprechen :  weil  ich  mich  also 
mit  i.  f.  gn.    errede   (uHirend  meinem  gespräch  mit  L  f.  gn.). 

SCHWEINICHEN  1,  362. 

ERREGB.\R,  qui  facile  moretur:  leicht  erregbares  gemüt. 

ERREGBARKEIT,  /".  inätabililas :  erregbarkeit  meines  geistes. 
Bettine  br.  1,  244. 

ERREGEN,  indtare,  commovere,  kommt  mhd.  nicM  vor,  tne 
aticA  das  einfache  regen  selten  (vedere  regen  Trist.  23, 10),  ahd. 
regan  »=  ragian  unerhört  ist. 

1)  und  gott  schuf  grosze  walfische  und  allerlei  thier,  das 
da  lebt  und  webt  und  vom  wasser  erreget  ward  {vulg.  omnem 
animam  viventem  afque  motabilem,  quam  produxerant  aquae). 
l.Vos.  1, 21;  die  stim  des  herrn  erreget  die  wüsten  (vox  do- 
mini  concutientis  deserlum).  ps.  29,  & ;  er  liesz  weben  den 
Ostwind  unter  dem  himel  und  erregt  durch  seine  sterke  den 
sudwind  (induxit  in  virtute  sua  africumi.  ps.  78,  26;  wenn  er 
sprach  und  einen  Sturmwind  erregt,  der  die  wellen  erhub 
(dixit  et  stetit  spiritus  procellae  et  excifati  sunt  fluctus  ejus). 
107,25;  das  sie  (die  bergstadl\  gott  aufbracht  oder  bergwerk 
allda  erreget  hat.  Mathesics  2' ;  die  hitze  erregt  ein  gewitter ; 

wie  wenn  heftiger  wind  die  gedörrete  spreu  auf  der  tenne 
plötzlich  erregt.  Od.  5,  369; 

die  reiter  erregen  den  staub  auf  der  heerstrasze. 

2)  denn  ich  bin  komen,  den  menschen  zu  erregen  wider 
seinen  vater  {vulg.  veni  enim  separare  hominem  adversus 
patrem,  und  ebenso  goth.  skaidan,  ahd.  skeidan).  MaUh.iO,3b; 
er  hat  das  volk  erreget.  Luc.  23.  5 ;  und  das  volk  ward  er- 
reget wider  sie.  apostelg.  16,  22 ;  und  erregeten  das  ganze  volk. 
21,27;  nu  es  ist  dem  rottengeist  nur  darumb  zu  tbun,  das 
er  den  tollen  pöfel  errege  und  an  sich  ziehe.  Lcther  3,  66' ; 

heillos  ist  es  fürwahr,  dasz  du  mich  Heren  zu  kränken 
reizest,  damit  sie  hernach  mich  errege  durch  schmählichan 
Vorwurf.    B(:rger  lai'; 

denn  wie  ich  bei  der  linde 

das  junge  völkchen  finde, 

sogleich  erreg  ich  sie  (zum  tanz).    Göthb  1,  20; 

diwch  solche  darstellungen,  die  mich  gar  nichts  kosteten, 
machte  ich  mich  bei  kindern  beliebt,  erregte  und  ergetzte 
die  Jugend  und  zog  die  aufmerksamkeit  älterer  personen  auf 
mich.   25,365; 

erregt  ist  ganz  Messina,  horch!  ein  ström 
verworrner  stimmen  wälzt  sich  brausend  her.    Schiuu  490*; 
im  wähle  der  einsiedler 
ist  sich  genug  allein, 
beim  erntefest  der  fiedler 

erregt  den  bunten  reihn.    Röckbrt  241. 

3)  hasz  erreget  hader,  aber  liebe  deckt  zu  alle  übertret- 
tunge.  spr.  Soi.  10, 12 ;  da  nam  aber  die  sünde  ursach  am  ge- 
bot und  erreget  in  mir  allerlei  lust  (vulg.  peccatum  operatum 
est  in  me  omnem  concupiscentiara,  gotli.  gavaurhta  in  mis 
allana  lustu).  ROm.  7,8;  vil  fragen  erreget  und  keine  auf- 
löset. Mathesius  1562,193';  dasz  er  dardurch  viel  fluchens 
und  unnützer  wort  erregete.  Kirchhof  «endunn».  215'; 

aber  wo  aus  der  art  man  scblegt 

und  täglich  newe  brauch  erregt.    Fiichart  y(.  «A.  IW; 


943 


ERREGEN  — ERREICHEN 


ERREICHEN  —  ERRENNEN 


944 


eigner  muth  und  Tremder  degen 

künnen  zwar  noch  rühm  errcg-en, 

aber  mit  geborgtem  leibe 

fühlt  man  nii-ht  das  süsz  am  weibe.    Logau  4,  148,  43; 

kühne  faust  und  blanker  degen 

künnen  würd  und  rühm  erregen.    2/186,  &3; 

Schönheit  kan  den  degen 

manchmal  niederlegen, 

manchmal  auch  erregen.    2,216,28; 

die  lerche  steigt  und  schwirret, 

von  lust  erregt.    Hagedorn  3,  IUI); 

geht  bnider, 
erregt  mir  meine  galle  nicht.    Lkssisc  2,  222; 
der  gott,  der  mir  im  busen  wohnt, 
kann  tief  mein  innerstes  eiregen.    Götre  12,  80; 
o  wehl  errege  nicht  mein  sehnen.    41,  129; 
um  so  mehr,  als  ich  hier  anführen  musz,   dasz  von  jugnnd 
auf  in   mir   eine    hist  mich  zu  verkleiden    selbst  durch  den 
ernsten  valer  erregt  worden.  25,340;  schon  die  freundlichen 
vorzüglich    an   sie    gerichteten    grüsze   der  bauern  gaben  zu 
verstehn,    dasz    sie   ihnen  wolthätig  sei   und  ir  behagen  er- 
rege.   26,15;    so    dasz   die    Ungeduld   unseres  reisegefährten 
allzu  stark  erregt  plötzlich  ausbrach.  31,217;  so  dasz  in  der 
wolle  des  Überrocks   der   bekannte   branstige    geruch   erregt 
ward.   45,324;  er  war  in  sehr  erregter  Stimmung; 

um  in  eile  die  wütende  schlacht  zu  erregen.    //.  2,  440. 
diese  erklärung  eines  deutschen  ministers   erregt  allgemeine 
entrüsfung.   Kölner  zcitung  1860  n'  130. 

4)  sich  erregen :  und  gott  sprach,  es  errege  sich  das  wasser 
mit  webenden  und  lebendigen   tbieren.    l3/o.?.  1, 20;    es  wird 
ein  Volk  komen  von  mitternacht   und  ein  groszes  volk  wird 
sich  erregen  hart  an  unserm  lande.  Jer.  6,22;  und  als  er  zu 
Jerusalem  einzoch,    erreget    sich   die  ganze  stad   {ahd.  ward 
giniort  al  diu  burgl  und  sprach,  wer  ist  der?   Matth.  21,10; 
da   die   bawrschaft   in  Schwaben    und  Franken    sich   erregt. 
Luther  3,  28 ;  es  hatten  sich  denn  vorhin  die  bawren  allent- 
balb  in  der  nachbarschaft  erregt,    daselbst; 
schaut  dasz  kein  est  sich  nicht  bewegt, 
dasz  kein  geräuschc  sich  erregt, 
es  wird  sonst  ewer  innen.    Opitz  1,  69; 
da  durfte  Marias  und  Cinna  sich  erregen, 
da  durfte  Cesar  Rom  zu  seinen  füszen  legen.    3,  273; 
dieses  richtet  frieden  an, 

wann  sich  gleich  ein  streit  erreget.    Logaü  1,  131,65; 
liebe  hat  selten  viel  flammen  geheget, 
so  sich  aus  asche  des  alters  erreget.    3,  28,  29; 

an  einem  orte,  da  Zwietracht  und  zank  sich  erreget,  pers. 
rosen/A.  8, 142 ;  dabei  sich  die  frag  erregle.  Zinkgr.  2,  29;  mein 
flusz  (fluxio,  rfieumaiismus)  erregt  sich  so.  Weise  com.  probe  351 ; 

das  gras  erregt  sich,  alle  bäume  schelten.    Tieck  2,  204. 
s.  regen,  anregen,  aufregen. 

ERHEGFR.  »n.  conri/a/or;  erreger  der  schlacht,  des  aufruhrs. 

ERREGERliN,  f.  concilatrix :  wenn  sie  bei  den  Griechen  als 
erregerin  des  volkes  erschien.    Herder  1, 107. 

ER  REGLICH,  irritabüis. 

ERREGl'NG,  f.  nach  allen  bedeutungen  des  erregens. 

ERRFGl  NGSLEHRE,  f. 

ERREIBEIV,  /«r/Hcare,  einreiben,  zerreiben:  erreiben  mit  salz, 
contingere  tale.    Maaler  116*.    rcil)end  polieren.    Stieler  1579. 

ERREICH,  m.  ambilus,  bereich:  sie  war  in  manchem  be- 
wandert, was  sonst  über  den  erreich  junger  mädclien  geht. 
Hecrner  mo/Ar/utur  3,  2. 

ERREICHEN,  attingere,  contingere,  assequi. 

1)  ich  kann  den  ast  nicht  erreichen,  mit  der  slange  den 
grund  des  wassers  nicht  erreichen;  das  schwer!  erreichte  den 
arm  des  gegners  und  durchhieb  ihn;  die  trifl  des  schlags 
erreicht  das  pfcrd  und  schneid  es  durch,  als  ob  ine  nichts 
hindert.  Aimon  cl^;  das  gebwert  glitschet  ab  dem  heim  und 
erreicht  das  pfcrd  in  der  maszen,  das  er  imc  den  nack  in 
zwei  theil  zertbeiit.  8  2';  keine  kugel  erreichte  ihn; 

ihm  geh/irt  das  weite, 

was  »ein  pfeil  erreicht, 
das  int  (eine  beute, 

wa»  da  kreucht  und  fleugt.    Schillkr  532*; 
trieb  die  ochsen,  da  gieng  der  wnf^en.    ich  aber  verweilte, 
hielt  die  pferde  noch  an,  denn  Zwiespalt  war  mir  im  herzen, 
ob  ich  mit  eilenden  rossen  das  dorf  erreichte.    GAthr  40,247; 
erreicht  den  hof  mit  möh  und  nnth, 
in  seinen  armen  das  kind  war  todt.    I,  184; 
mit  «ternen*chein  ••rrclcht  «ein  schnelle»  ros 
dir^  thore.  .S(;iiil.i.Ea  .  .  . 

dort  liegts!  ich  kanns  erreichen  mit  den  nugen, 
bioüberdriogco  kuo  der  •timme  icball,    iW; 


2)  das  kind  starb  bevor  es  ein  jähr  erreicht  hatte;  der 
kOnig  erreichte  das  höchste  menschenaller;  es  sollen  nicht 
mehr  da  sein  kinder,  die  ire  tage  nicht  erreichen,  oder 
alten,  die  ire  jar  nicht  erfüllen.  Es.  «5,20;  wol  dem  der  da 
envartet  und  erreicht  tausent  drei  hundert  und  fünf  und 
dreiszig  tage.  Dan.  12, 12;  seines  vatters  alter  erreichen,  senium 
parentis  referre.    Maai.er  116'; 

drum  kümmts,  dasz  viel  vom  glauben  weichen, 
damit  sie  gute  tag  erreichen.    Logau  1,  110,62; 

das  erreicht  nun  alles  ein  ende. 

3)  wenn  wir  gleich  viel  sagen,  so  können  wirs  doch  nicht 
erreichen.  &r.  43,29;  preiset  in  aus  allen  kreflen  und  laszt 
nicht  abe,  noch  werdet  irs  nicht  erreichen.  43,  34 ;  wie  aber 
der  kämpf  sei  zugangen,  werden  wir  nicht  mit  worlen  er- 
reichen. Luther  4, 180';  seinen  zweck,  alle  seine  wünsche 
erreichen ; 

frauen  sind  nie  so  gegleichet, 
dasz  die  eine  ganz  der  andern  sinnen  und  gesiciit  erreichet. 

LocAD  3,  84 ; 

die  tochtcr  ward  auch  schön,  erreichte  aber  doch  nicht  die 
Schönheit  ihrer  mutter;  welches  menschliche  äuge  kann  ein 
so  zusammengesetztes  ganze  erreichen  und  die  ganze  Schön- 
heit in  einem  eindruck  genieszen!    Schiller  741'; 

du  hasts  erreicht,  Octavio !    3S0'; 
Wieland   erreichte   die  auszeichnung  eines  vollständigen  ab- 
drucks  seiner  sorgfältig  durchgesehenen  werke,  ja  einer  Pracht- 
ausgabe derselben.    Göthe  32,  258. 

4)  erreichen  zu,  reichen  bis,  hin  zu  etwas:  macht  der  für- 
hang des  biichstabens,  das  wir  zum  sinn  Christi  und  liecht 
des  geists  nimmer  erreichen.  Frank  weltb.  tot';  es  hat  sich 
zwischen  inen  etwas  misverstands  zugetragen,  also  das  es  zu 
einem  krieg  erreicht.  Münster  320.     s.  hinreichen,  gereichen. 

5)  refl.  es  erreicht  sich  leicht,  schwer;  so  erreicht  es 
sich  zu  mehrerm  nachlheil.  Fronsperg  kriegsb.  1, 130*. 

ERREISEN,  emeliri:  ein  land  eireisen,  itinere  assequi. 
ERREISZEN,  exornare,  excolerc,  aufputzen,  errisz,  errissen : 
wenn  sich  die  Jungfrau  erspitzt,  erreiszt  und  zum  danz  auf- 
mutzt, so  kan  man  leicht  abncmen,  wo  es  ir  ligl  und  was 
sie  gern  hell.  Frank  sprichw.  1,  2l'.  in  gleichem  sinn  aufreiszen: 
bistu  denn  also  aufgerissen?  Gefke.n  6o7.  57.  heute  beide 
unüblich,  wir  haben  dafür  aufspreizen,  aufmutzen,  aufdonnern. 
verschieden  von  erreiszen  ist  das  schwache  erreizen, 
ERREITEN,  equo  assequi,  mhd.  ernten: 

der  brake  wart  vcrläzen,  d(^r  bere  spranc  von  dan, 

dö  wolde  in  errileu  Kriemhilde  man.    iVib.  889,  2; 

Segrcmors  erreit  in  dö.    Iw.  470t ; 

weit  ir  in  schiere  erriten.  5959; 
nlid.  und  wie  ich  bei  den  vortreibern  war,  so  ersihe  ich 
leut  von  uns  hinweg  fliehen  und  ich  den  nechslen  Irf.  i.  weg) 
sazt  an  sie  im  wald  und  erreit  zwcen,  die  behielt  ich  bei 
meinen  henden.  Götz  von  Berl.  lebensb.  82;  die  frau  sprang 
und  lief  zur  thür  hinaus,  dasz  er  sie  kaum  mit  einein  gaul 
hell  erreitcn  mögen.  Kirchhof  wendunm.  331*  (350):  der  böte 
spiach,  warlich,  wenn  ich  in  wiste  zu  erreilen,  ich  im  den 
nechstcn  {weg)  nacheilen  wolle.    Galmy  332; 

kiinpp,  sattle  mir  mein  Dänenros, 

dasz  ich  mir  ruh  erreite.    Bürger  52'; 

was  ists?  am  ende  wird  ein  lorbeerblatt  erritten, 

hinwelkend,  ohne  duft  und  stiel. 

Kl.  ScaaiDT  poet.  br.  73; 

ich  schreibe  eilig,  damit  dich  mein  geschriebenes  nur  heute 
noch  erreitel.  J.  P.  ftegelj.  3,83;  er  mag  reiten  wie  er  will, 
wird  er  ihn  doch  nimmermehr  erreilen.    Stieler  1603. 

ERREIZEN,  incUare,  irritare,  mlui.  erreijen  {nicht  erreizen) : 
daj  hAt  mich  erreisel  üf  maneges  mannes  t(5t.  Sib.  1994,2; 
nhd.  doch  keret  sich  der  herr  nicht  von  dem  prim  des  groszen 
zorns,  damit  er  über  Juda  erzürnet  war,  umb  alle  die  rei- 
zunge  willen,  da  mit  in  Manasse  erreizet  hatte.  2  Aün.  2.'), 2u ; 
so  biiltc  das  crrcizete  verhängnus  ihm  keinen  su  sauren  blick 
gegeben.     Lohenst.  Arm.  1,1096. 

ERRFN,  s.  erden  und  erben. 

EUREN,  errare,  oberrare,  verirren,  verbislem.  voe.  t4S2  b  i'. 

Ell  RENNEN,  currendo  assequi,  erlaufen: 

mhd.  das  lor  si  errantin.    Jeroschin; 

nhd.  und  ich  habe  noch  niemanden  einen  »ioge^kranz  errrn- 
nen  gesehen,  der  auf  di-in  haiiple  einen  rosenkruiiz,  in  der 
band  einen  Sonnenschirm,  atn  gürlel  einen  Spiegel  und  an 
füszen  eingebisainle  schuh  getrugen.  LoHEf«TKit  Mrw.  l,  tiyj; 


945 


ERRETTBAR  —  ERRETTEN 


ERRETTER  —  ERRINGEN 


946 


ich   kann   ihn   nicht   errennen;    endlich  hat  er  ein  amt  er- 
rennt ; 

wol  aber  mir,  der  nie  gerulit, 

bis  er  das  erste  ziel  errannte.    Gökisgk  1,  259. 

ERRETTBAR,  qui  servari  fotest,  vgl.  unerrettbar. 

ERRETTE.N,  eripere,  liberare,  senare,  erlösen,  erledigen,  ahd. 
irretian,  irretita  und  arrettan.  arratia  (GraffS,  471),  mhd.  er- 
röten, erretten,  ags.  ähreddan.  dem  einfa,chen  retten  begegnen 
wir  auch  im  fries.  hredda,  n/.  redden,  engl,  rid,  die  aspirierte 
form  führt  auf  y.QaTeiP  in  der  transiiirbedeulting  ton  halten, 
stützen,  unterstützen,  folglich  erhalten,  serrare,  dem  golh.  und 
nord.  zweig  scheint  es  zu  mangeln,  man  müste  denn  altn.  hradr 
celer,  ags.  hräd  und  im  adr.  hrade  cito  heranziehen  und  xoa- 
reoös  fortis  vergleichen,  mehr  davon  unterm  einfachen  wort, 
uiiser  compositum  aber,  welches  ahd.,  zumal  bei  0.,  genug  er- 
scheint, ist  mhd.  beinahe  geschwunden,  im  weinschwelg  235  steht 
falsch  gereimt  erreten :  treten,  der  dichter  hatte  für  den  seltnen 
ausdruck  kein  feines  gehijr.  doch  nhd.  in  Luthers  bibel  kommt 
er  ein  paar  hundertmal  vor  und  ist  seitdem  iciedcr  völlig  gano^ar. 
DASvroDiuä  führt  erretten  40l'  aiif,  ebenso  Frisils,  Ma.\ler 
und,  wie  sich  versieht,  alle  späteren,  war  den  Polen  Vir  ratowac, 
wyralowac  aus  unserm  retten  tmd  erretten  zugeflossen?  das 
serb.  illyr.  ratovati  bedeutet  kriegen,  bellare,  gleichsam  intransitives 
x^areTv. 

1)  der  zu  errettende  gegenständ  steht  im  acc, 

a)  person: 

then  meistar  irretiti.    0.  IT.  17,  4; 
und  du  hast  dein  volk  nicht  errettet.  2  Mos.  5,  23 ;  und  das 
sie   der  herr  errettet  hefte.   18,  S;    denn  der  herr  dein  gott 
wandelt  unter   deinem   lager,    das    er   dich   errette.    5  Mos. 
23, 14 ; 

erröt  (=  errette)  du,  herr,  mich  deinen  kneebt ! 
Weckherlis  46; 

ich  wollte  gern  den  biedermann  erretten.    Schiller  518"; 
'du  hast  mich  geheilt,  mein  söhn',  sagte  der  enettete  mensch. 
J.  P.  Hesp.  1,59. 

b)  Sache:  errette  deine  seele  und  sihe  nicht  hinder  dich. 
l.Voy.  19, 17;  das  er  evrr  leben  errette  durch  eine  grosze  er- 
rettunge.  45,  7 ;  da  er  die  Egypter  plaget  und  unser  heuser 
errettet.  2  Mos.  12,27;  sein  eer  widerumb  erretten,  rindicare 
se  cristimationi  hominum.  Maaier  lic';  des  armen  menschen 
wolfart  zu  enelten.  pers.  rosenth.  1,1;  du  wirst  dein  leben 
nicht  erretten.  8,  9S ;  er  muste  fliehen  um  sein  leben  zu  er- 
retten.   7, 11. 

2)  das  wovon  errettet  wird,  steht  a)  im  gen.,  mhd.  nur  in  der 
angezognen  stelle  des  weinschwelgs : 

er  kan  mich  leides  wol  erreten; 
nhd.   sieh   der   feinden   erretten.    Plutarch  itt^tfi.  }aasl  du 
dich  deiner  feind  erretten.    Schm.  3, 158. 

b)  schon  ahd.  wird  die  praep.  fona  gesetzt: 

fon  fianton  irretita.    0.  V.  1,  3; 

irretit  thia  worolt  fon  then  sunlön.  II.  7,  14; 
errette  mich  von  der  band  meines  bruders,  von  der  band 
Esau.  lAfos.  32, 11;  ein  egyptischer  man  errettet  uns  von  den 
hirten.  2  Mos.  2, 19 ;  der  gott  mein«  vaters  hat  mich  von  der 
band  Pharao  erretlet.  2,22;  und  hat  mich  errettet  von  dem 
Schwert  Pharao.  IS,  4;  der  euch  erretlet  hat  von  der  Egypter 
und  Pharao  band.  IS,  10 ;  und  die  geraeine  sol  den  tod- 
schleger  erretten  von  der  band  des  blulrechers.  4jVos.  35,  25; 
das  sie  iren  man  errette  von  der  band  des  der  in  scblegt. 
5  Mos.  25, 11 ;  das  er  uns  errettet  von  unfern  feinden  {goth. 
giban  nasein  us  lijandam  unsaraim).  Luc.  1,71;  das  er  uns 
errettet  von  dieser  gegenwertigen  argen  weit  (goth.  ei  us- 
lausid^di  uns  us  |)amma  andvair{)in  aiva  ubilin).  Gal.  1, 4 ; 
welcher  uns  erretlet  hat  von  der  oberkeit  der  finsternis 
(saei  galausida  izvis  us  valdufnja  riqizis).  Col.  1, 13  {wo  Ulf. 
r««B,  nicht  Tjftni  vor  sich  hatte) ;  einen  vom  tod  eiretlen,  leto 
educcre  aliquem.  Maaler  tic' ;  einen  vom  Ungunst  und  hasz  er- 
retten, sukraliere  invidiae ;  vom  gewalt  oder  unhillicheit  erret- 
ten. Dastpodils;  ein  haus  vom  brande.  Steinbach  2,  25S ;  die 
Seele  vom  verderben  eiretlen.    Gotter  1,  54 ; 

des  kreuzes  fahne  nur  errettet  hier  vom  tod.    2,  329. 

c)  oder  die  praep.  aus: 

ahd.  irretitin  mit  »uerton  üjar  iro  hanton.    0.  IV.  17,  20; 
da  das  Rüben  höret,   wolt   er   in  aus  iren  henden  erretten. 
1  Mos.  37.  21;  so  wird  er  euch  erretten  aus  der  philister  band. 
1  Sam.  7, 3 ;  und  ich  lief  im  {dem  baren)   nach  und  erretlets 

Ul. 


{das  schaß  aus  seinem  maul.  17,  35 ;  aus  sechs  trfibsalen 
wird  er  dich  erretten,  /fioft  5, 19;  so  doch  niemand  ist,  der 
aus  deiner  band  erretten  müge.  10,  7 ;  kan  uns  erretten  aus 
dem  glüenden  ofen.  Dan.  3, 17 ;  und  errettet  in  aus  alle 
seinem  trübsal.  apKistelg.  l ,  \0 ;  können  keinen  aus  dem  tode 
erretten.    Mathesics  1562, 30S'.  313*. 

d)  vor:  einen  vor  bunger,  durst  erretten,     s.  Sch».  3,158. 

3)  refl.  sich  enelten, 

ahd.  sie  sint  filu  rediS,  sih  fianton  zirrettinne.  0.  I.  1,  75, 
wo  der  dat.  fianton  bemerkenswerth  und  aufzufassen  wie  unser 
heutiges  sich  den  feinden  zu  entreiszen ;  nhd.  auf  dem  berge 
errette  dich,  das  du  nicht  umbkomesL  1  Mos.  19, 17 ;  ich  kan 
mich  nicht  auf  dem  berge  erretten.  19,  19 ;  eile  und  errette 
dich  daselbs.    19,  22. 

4)  eine  seltne  bcdeutung  ist  erretten  für  außewahren,  conser- 
vare:  das  {heuschrecken)  ist  ir  einige  speis  das  ganz  jar,  das 
si  mit  salz  erretten  und  behalten  über  jar.  Frank  weltb.  13'. 
vgl.  ent retten. 

ERRETTER,  m.  serrator,  liberator,  befreier,  erlöser,  retter:  der 
herr  ist  mein  fels  und  meine  bürg  und  mein  erretter.  2  Sam. 
22,2;  seine  kinder  werden  zuschlagen  werden  im  thor,  da 
kein  erretter  sein  wird.  Hiob5,4;  das  sie  nicht  wie  lewen 
meine  seele  erhaschen  und  zureiszen,  weil  kein  erretter  da 
ist.  ps.  7,  3 ;  herr,  mein  fels,  meine  bürg,  mein  erretter.  18, 3 ; 
sie  sind  zum  raube  worden  und  ist  kein  erretter  da.  Es. 
42,22;  erretter  der  freiheit,  assertor  libertatis.  Maaler  116'; 
und  für  ihre  arznei  will  ich  ihr  ewiger  Schuldner  bleiben 
und  sie  zeitlebens  als  meinen  erretter  ansehen.  Geller  t  3,370. 

ERRETTERIN,  f  serratrix. 

ERRETTIGEN,  was  erretten :  damit  airch  die  frembden  nicht 
trostlos  verlassen  und  für  schänden  und  o£fen  Sünden  er- 
rettiget sein  mögen.    Luther  2,  266. 

ERRETTCNG,  f  servatio:  und  ewr  leben  errette  durch  eine 
grosze  errettunge.  l3fo5.  45,  7;  hastu  unser  gott  unser  misse- 
that  verschonet  und  hast  uns  eine  erretlung  gegeben.  £iTo 
9, 13 ;  bis  das  gar  aus  sei,  das  nichts  ubriigs  noch  keine  er- 
rettunge sei.  9,14;  so  wird  eine  hülfe  und  errettung  ent- 
stehen. Esth.  i,H;  wunderbare  führungen  und  errettungen, 
was  predigen  sie  anders  als  eine  über  alles  wachende  Vor- 
sehung?   Gellert. 

ERRETTÜNGSMITTEL,  n.  das  beste  erreltungsmittel  schien 
mir  zu  sein  auf  und  davon  zu  laufen.    J.  P.  paling.  1,  20. 

ERREUFEN,  s.  eiraufen. 

ERRELTEN,  exstirpare,  exlricare  silvam,  ausreulen.  Maaleb 
116';  dessen  (des  kupfernen  bodens)  breite  noch  lenge  sie  ein 
ganz  jar  nicht  erbickelen  mochten,  ebensowenig  als  Cesar 
des  Schwarzwalds  end  erreuten  und  keiser  Karl  der  grosz 
die  Pegnitz  und  Regnifz  in  den  Mein  geleiten.    Garg.  3l'. 

ERRICHTEN,  condere,  instituere,  kommt  für  erigere,  lerare 
wenig  vor,  was  uns  lieber  aufrichten  heiszi.  ahd.  arrihtan,  üf- 
arribtan.  man  sagt  ein  denkmal  errichten  oder  aufrichten; 
ein  bündnis,  einen  bund;  vertrag  errichten :  jetzt  wurde  ein 
feierlicher  vertrag  zwischen  der  sladt  und  der  herzogin  er- 
richtet. Schiller  S50';  einen  letzten  willen  errichten;  die  be- 
fiignis  eine  hj-potbese  zu  errichten  ((ju/zu,<<e//en).  Kant  8,  515; 
eine  anstalt,  schule  errichten,  slipen;  freundschaft  mit  einem 
errichten ; 

am  abgTund  geht  der  weg,  und  viele  kreuze 

bezeichnen  ihn,  errichtet  zum  gedächtnis 

der  Wanderer,  die  die  lawin  begraben.    Schiller  552*. 

ERRICHTUNG,  f  constUutio,  stißung,  gründung. 

ERRINGEN,  nutlio  labore  adipisci,  ahd.  arringan: 

m/id.  liep  liebe,  leit  leide  erringen  kan,  ich  wil  ze  fröiden  schar. 

MS.  1,  88»; 

nlid.  er  hat  sein  stücklein  brot  mit  saurem  schweisz  errun- 
gen. Stieler  1610;  endlich  hatten  die  Deutschen  den  sieg 
errungen; 

wem  der  grosze  wurf  gelungen 
eines  freundes  freund  zu  sein, 

wer  ein  holdes  weib  errungen, 

mische  seinen  jubel  ein.    Schiller  19*; 

wer  hat  das  hohe  kleinod  dir  errungen, 

das  zu  der  Linder  ITirstin  dich  gemacht?    20*; 

erringen  will  der  mensch,  er  will  nicht  sicher  sein. 

GÖTHK  7,  9. 

im  deutschen  recM  technisch:  was  die  ehieufe  währender  ehe 
zusammen  erringen,  erwerben,  daher  errungenschaft  =  er- 
rungene -  guter,    bona   labore  acquisila : 

besitz  ererbt  crrungncr  guter.    GörnE  !>.  2.S-J. 

60 


947 


ERRINNEN  — ERRÖTHEN 


ERRÖTHEN  — ERSALZEN 


948 


ERRINNEN,  emanare,  oriri,  entsitrinyen,  goth.  urrinnan  für 
usrinnan,  alid.  arrinnan,  irrinnan,  ags.  Airnan,  pari,  durnen. 
edle,  heule  ganz  eingeschränklc  bildung. 

1)  vom  aufgang  der  sonne,  des  licIUs,  goth.  sunna  urrinni)), 
ahd.  iiran  diu  sunna,  nihd. 

dannen  uns  der  sunne  erschinet  unde  errinnet. 

DiSMER  3t)2,  '2(> ; 
ein  rinc  umbe  die  sunncn, 
dö  si  was  üf  errunnen.    Mar.  200,  19; 

r^.  mylhol.  "00.     dieser  schöne  au.^ruck  ist  uns  jelzl  verloren. 

2)  vom  keimen,  aufgehen  der  pflanze,  derblüle.  Stalder  2,  292. 
Albb.  von  RCtte  21.  ToBLEH  171'  schreibt  errönna  und  mengt 
orrinncn  mit  erinnern : 

das  liedli  ist  erninnen 
■wie  holdcrblust.    Uuland  898; 

zwar  die  natur  bedeckt  dein  hartes  land  mit  steinen, 
allein  dein  pflüg  geht  durch,  und  deine  saai  errinnt. 

Hallkr  32. 

3)  com  springen,  ausflieszen  des  brunnens,  wassers,  vgl.  ernins. 
daj  si  des  pluts  erran  {mit  blul  begossen  wurde),  gesla  Rom.  K. 
s.  107, 

4)  golh.  auch  vom  hervorgehen  des  loszes,  das  ja  ein  zweig: 
hiauts  imma  iirrann,  das  losz  traf  ihn,  kam  heraus,  wodurch 
der  Zusammenhang  des  lal.  sortiri  mit  dem  roman.  sortire  be- 
sldligt  wird. 

ERROLLEN,  erolvere,  aufrollen,  ausrollen,  fr.  dc^roulcr:  Flac- 
cus,  welcher  sagt,  dasz  etliche  ding  sind,  je  mehr  man  sie 
widerhoiet  und  errollet,  ersinnt  und  erschind,  crkUuct  und 
widcrkäuef,  je  annemlicher  werden  sie.    Garg.  26*. 

ERRÖTHEN,  rubescere,  rolh  werden,  atid.  irrolen  und  irröten 
(gramm.  2,  S22.  823),  wie  .sich  noch  mhd.  roten  levüer  rubere  von 
röten  rubere  scheidet  {gramm.  2,  21),  beide  aber  aus  einem  starken 
riudan  raud,  rudum  hervorgiengen.  dieser  unterschied  läszl  «V/i 
nhd.  nicht  mehr  festhalten,  der  heutige  umlaul  stände  von  rechts 
wegen  nur  der  transitiven  form  zu. 

1)  erröthen  für  errolhen,  rubere,  rolh  sein:  von  der  todtcn 
blut  was  das  ganz  erdrich  eiTütet  und  ein  crbcrmlich  an- 
sebens.    Aimon  cl*. 

2)  erubescere,  rolh  werden,  gegcnsatz  zu  erbleichen,  erblassen: 
von  groszer  bosbeit  errötet  sein  angesiebt,  von  zorn  ciTület 
ime  sein  angesicht.  Aimon  ve';  und  sein  angcsicht  errötet 
überal.  vi";  sie  errötet,  wenn  sie  ihn  ansieht,  sie  errötet 
bald,  bald  erbiaszt  sie.   Stieler  1626 ; 

erröthen  macht  die  häszlichen  so  schön, 

und  sollte  schöne  nicht  noch  schöner  machen?    Lessing  .  .  .; 

dasz  du  ja 
vor  ihm  recht  sehr  errölhest,  liebes  mädchen! 
'vor  wem?   erröthen?'  2,  353; 

die  reifenden  äpfel 
glühn  errötheiid  am  bäum.    Zachariä; 
wie  manche  res  im  thal  erröthet  ungesehn.    GonER  1,  138; 
erröiheod  folpt  er  ihren  spuren- 
und  ist  von  ihrem  grusz  beglückt.    Schiller  77*; 

diese  Inippen,  noch  auszerdem  von  officieren  angeführt,  welcbe 
die  inquisilion  von  herzen  verachteten  und  erröthet  bähen 
würden  nur  das  scbwert  für  sie  zu  beben.  817';  wobei  ihm 
die  reformierten  prcdiger,  die  für  ihre  rcligionspartei  cr- 
rötbcten,  nacbdrücklicb  beistanden.  833';  sie  fiel  ihm  mit 
dem  ersten  erröliienden  küsse  um  den  hals.  J.  p.  uns.  löge 
3, 154 ;  Albano  konnte  die  weiszen  statüen  auf  Liancns  dach 
lebendig  unter  dem  blülienden  gewölk  erröthen  sehen.  Tit. 
2, 131.  einen  erröthen  machen,  einem  das  blut  in  die  wangcn 
jagen,  suffundere  genas,    die  einfachen  ausdrücke  sind  die  schönsten : 

vor  liebe  wart  «r  vreuden  röt.    j\»6.  1437,  4; 

wart  de«  «Orte«  röt.    Ulrichs  Trist,  300; 

dö  enzunte  sich  «in  varwe.    iN'tb.  291,2; 

dö  erblüete  ir  liehtiu  varwc.    239,  4 ; 

dö  m«rte  sieb  ir  varwe,  die  si  vor  liebe  gewan.    525,  4; 

haurit  Flora  sanguinem  vultu  verecundo.    archipoela  p.  81 ; 
wurde  als  wenn  sie  mit  blut  überschüttet  wäre.  Ettner  unw. 
doct.Ha.     umgekehrt  vom  erbleichen:   ihr  blut  (rat  zurück  aus 
den  Wangen ; 

gemischet  wart  Ir  varwc,  sie  wart  bleich  und  röt. 
KU).  1005,  2, 

3)  stall  dieses  erröthen  (eigentlidi  erröthen)  machen  verwandte 
das  17  jA.  ein  Iramilires  erröthen,  rubefacere: 

weil  In  des  himmrl«  bau  der  fftrsto  der  planetcii 

gleich  in  der  mitten  steht, 
wo  er  tu  morgensxeit  die  weit  pHegt  zu  errfllhrn.    Oi-i«  'i,  107 ; 
auch  dein  hliii.  osterlamm,  hat  meine  ihOr  erröthet, 

die  lu  dem  herien  gebt.    FLsaino  biU; 


wie  wilstu  weisze  lilien  zu  rothen  rosen  machen? 
küss  eine  weisze  Galathee,  sie  wird  erröthet  lachen. 

LocAU  3,  175,  8; 
wo  du  durch  brüder  band  die  brüder  hast  getödtet, 
und  den  uuschamhaflen  söhn  durch  der  eliern  blut  erröthet. 

Grvi'HIL-s  1,  60; 
und  dasz  wir  ihr  altar  mit  zimraetöl  erröthen. 

LoHEnsTEiN  Clcop.  50,  5. 
entsprechend  ist  das  heutige  einfache  röthen. 
4)  tr.  sich  erröthen,  sich  röthen: 
gestern  war  ein  Ircudcnfcst,  drauf  ward  in  der  spaten  nacht 
eh  es  jemand  hat  gesehn,  eine  Jungfer  umgebratht. 
einer  ist,  der  sie  vermuthlich,  alle  sagens,  hat  erlödtet 
dann  so  oft  er  sie  berühret,  hat  die  leiche  sich  erröthet. 
LoGAi;  3,  87,  5(). 
vgl.  entrötlicn. 

ERRÖTHE.\,  n.  rubor: 

sein  herz  wallt  ihm  empor,    er  wagt  es  mit  erröthen 

und  küsset  sie  und  glüht 

und  singt  der  Seligkeit  des  eisten  kusses 

sein  erstlingslied.    Kretsch«ann  an  Kleists  grabe  24; 
mein  herz  trat  beim  erröthen  des  ersten  kusses  siebtbar  in 
meine  äugen.    Schiller  201'. 

ERRUDERN,  remigando  consequi:  mit  einem  kabn  den  an- 
dern errudern. 

ERRUFEN,  clamore  assequi,  ahd.  arruofan :  ich  kann  ihn 
nicht  errufen.  Stieler  1630;  ich  musz  hier  in  der  entfernung 
stehen  bleiben,  aber  mit  aller  kraft,  die  mir  die  liebe  gibt, 
will  ich  dir  nachrufen,  so  lange  ich  dich  errufen  kann,  und 
will  dich  bitten,  dasz  du  die  rechte  strasze  gebest.  Engels 
edelknabe  18;  gehe  ihm  nach,  rufe  ihn!  vielleicht  kannst  du 
ihn  noch  ernifen.  Weisze  irauerspiele  4, 129 ;  so  weit  ent- 
fernt, dasz  ihn  einer  erruft; 

n?./.    ore  rooaov  änijv,  oaaov  te  ye'ycore  ßoriaas. 

Od.  !t,  473 ; 
wo  erruft  sie  meine  stimme?  Götter  3,  449; 
wo  in  einer  meile  kein  wirtsbaus  und  dorf  und  kein  menscb 
zu  errufen  ist.  Tieck  ges.  nor.  2, 171 ;  der  prinz  entschlicszt 
sieb  also  selbst  aufzustehen,  um  einen  seiner  leute  zu  er- 
rufen. Schiller  737';  ich  wollte  ihm  kein  gutes  wort  geben, 
wäre  nur  jemand  zu  errufen.    Arnim  ic/iaufc.  l,  19. 

ERRUHEN,  reficere,  au.mihen:  niilllerzeit  erruen  wir  unsere 
müde  glider  widerumb.  Aimon  kü*;  ir  glider  waren  von  arbeit 
ermüdet  und  darumb  dieseibigen  wider  zu  erruben,  legten 
sie  sich  uf  ein  wise.  FierabrasDi;  sie  hielten  still  ihre  pferd 
zu  ernihen.    H4. 

ERRUNGENSCHAFT,  f  bona  acquisita,  zumal  die  von  den 
ehgnilcn  währender  ehe  erworbne  habe :  das  spintelteil  der  errungcn- 
schaft.    ScHOTTEL  380".     die  errungenschaften  der  neuzeit, 

ERRUNS,  m.  alveus  aquae,  scalurigo,  wo  wasser  errinnt, 
quillt:  item  ein  crruns  ist  ze  AlToltren,  wenn  si  da  mit  (s. /.» 
wellent  wessern,  so  sol  einer  dem  andern  ansagen,  und 
wclcr  das  nüt  täli,  der  ist  einem  berren  verfallen  ein  pfunl 
Pfennige,  weisth.  1,  83.  friiher  urruns,  nach  den  verschiednen 
bedeutungen  des  errinnens.     s.  das  einfache  runs. 

ERRÜTTELN,  conquassare,  refl.  sich  errütteln  conquassari: 
davon  sich  das  gemäuer  viel  mehr  errütlelt  und  crscbütlelt. 
Fronsp.  kriegi^b.  1, 154".  bei  Stieler  156S  ist  erritltcln  impellere, 
inciiare,  aufrütteln. 

ERRÜTTE.V,  dasselbe,  erschüttern,  vgl.  zerrütten: 
das  meer  errüttet  sich,  cröfiiet  seinen  Schlund, 
zertheilet  sich.  Weckhkri.in  63; 

der  grund  errüttet  sich  von  bollern  und  cariaunen.    628. 

EltSAGEN,  edicere,  effari,  alul.  arsagc'^n,  irsag^n  (ÜRArr 
6, 102),  ags.  Asecgali,  aussagen,  besagen,  erwähnen,  kommt  heule 
nur  im  jxirt.  ersagt  ror,  das  gleicliviel  i,<U  mit  besagt,  erwätinl: 
du  bast  zwar  bereits  2'/s  bogen,  oder  so  ungefSihr,  zum 
ersten  halben  jähr  ersagten  Merkurs  a.  c.  Iicigesteuert.  Wielanp 
bei  Merk  2,  na ;  um  sich  auf  ersagte  klage  einzulassen.  Götter 
3,871. 

ERSÄGEN,  serra  perforare,  durchsägen. 

ERSAKiKN,  emetiri,  geometriscJi  abmessen.    Stielf.r  lB«t. 

ERSAIJtE.N,  jxrunijere,  einsalben:  und  sol  ihn  {den  kindern) 
dieselbigen  {zanbätler)  wol  ersalbrn  und  schmieren  mit  hüncr- 
gcbmalz,  hasenbirn.    Röszlin  hrbammenbüehlein  bl.  74 ; 
zuletzt  soll  du  es  auch  mit  floisi 
mit  baumöl  gnr  wnl  rr^ialben 
an  seiiicin  Irilif  nllciilliiilbrn.     bl.  10t. 

EUSANnKN,  exarenare,  vom  sand  seuberen,  das  sand  dar- 
ujii  thiiri.    Maaler  liu'.     vgl.  versanden, 

ERSALZEN,  sale  aspergere,  eondire.  .Sriixet  1676:  wol  er- 
saUcnes  rindfleiscb. 


949 


ERSATTEN  — ERSATZ 


ERSATZHEER  —  ERSAUFEN 


950 


ERSATTEN,  satiari,  satt  werden. 

EBSÄTTENi  ERSETTEN,  satiare:  wirt  dein  begir  ganz  er- 
sat.    Keisersberc  volk  m.  E  6 ; 

so  der  gaueh  das  erste  laub  sieht, 

so  kan  er  sich  ersetten  nicht.    Freidaük  1539,  36'; 

danimb,  o  mensch,  wenn  du  dich  wulst, 

gleich  einer  saw  im  wollust  sulst, 

und  aller  weite  wollust  bettest, 

iedoch  dein  herz  du  nicht  ersettest.    H.  Sachs  I,  98*. 

ERSÄTTIGEN,  saturarc,  satkfacere.  die  hungerigen  hat  er 
ersettigt  mit  gutern.  Luther  3,413";  ich  hab  sie  ersettigt. 
Melaschth.  zum  Römerbr.  verdeutscht  60;  damit  geschieht  gottes 
will  auch  und  werden  bede  ersettigt,  gott  und  der  teufel.  Frank 
*peUb.  63";  der  hochmütig  herzog  was  an  Lothers  tod  nit  ersäti- 
get.  Aimon  62' ;  ha,  Braun,  itzt  hab  ich  mein  begird  ersetigt,  wo 
ir  nu  nit  das  wasser  austrinken  mögent,  so  seind  ir  todt ! 
B2';  sie  wurden  wol  ersettigt.  Fierabras  E  6 ;  er  ersettiget 
mit  seiner  bekantnus  den  ganzen  synodum,  doch  wolt  sich 
bruder  Conrad  nit  lassen  ersettigen  {befriedigen).  Misster  697 ; 
dieselbigen  geist,  die  also  dem  menschen  sein  willen  ver- 
bringen und  ersettigen.  Paracelscs  1,11S';  nun  folgt  auf  das, 
dasz  die  fraw  das  geliibd  schuldig  ist  zu  halten,  und  wo 
sies  nicht  hielt,  so  ists  bruchlos,  und  musz  den  ehmann 
ersettigen  danimb  und  ohnerstatt  wird  sie  nicht  gen  himmel 
kommen.  2,  23S';  wir  sind  nicht  geboren  zu  narren,  zu  tho- 
ren,  sondern  in  den  stapflen  Salomonis,  der  aposteln  und 
des  ewigen  Hechts  zu  ersettigen.  2,  323' ;  ein  Sünder  kan  mit 
wollust  und  geiz  nicht  ersettigt  werden.  Reisz>er /er.  l,  24'; 
sich  an  eim  jungen  lamb  ersettigen,  famem  tenera  consumere 
in  agna.  Maaler  in';  Schlafens  ersettiget,  somno  satiatus,  der 
sich  sali  gescidafen  hat;  dann  sollen  sie  an  solcher  straf  er- 
settigt sein  und  ihre  gethane  pflicht  hallen.  Fronsperg  kriegsb. 
1, 84" ;  dagegen  sollen  sich  auch  die  geraisigen  ersättigen 
und  benügen  lassen.  3.13";  ich  habe  einem  jeglichen  gutes 
gethan  ausgenommen  diesen  misgönnern,  welchen  nach  mei- 
nem blute  dürstet  und  wollen  nicht  als  nur  durch  dasselbe 
ersättiget  werden,  pers.  rosenlh.  1,  7 ;  wenn  auch  der  sand  in 
der  wüsten  zu  lauter  perlen  werden  solle,  würden  doch  die 
äugen  der  armen  nicht  ersätliget  werden.   7,  20 ; 

dis  biit  ich,  feinde  kommt,  ersättigt  eure  lust 

und  stoszt  ein  schwert  durch  mich.    Grtpbius  1,  41; 

er  wüste  es  zu  veranstalten,  dasz  Dionjsius  durch  öftere 
kleine  entfernungen  verhindert  wurde  sich  zu  bald  an  dem 
vergnügen  zu  ersättigen,  welches  er  in  ihrer  Unterhaltung 
fand.  WiELAND  3, 60 ;  meine  guten  freunde  musten  sich  an 
dem  bescheld  ersättigen.  28,87;  nachdem  sie  sich  an  dem 
anblick  ersältigt.    Göthe  t5,  34; 

denn  am  stärksten  gebot  ihm  sein  herz  mit  dem  blute  von 

diesem 
lu  ersätligen  Ares.    Bürger  231"; 
schon  des  gemeinsamen  mahles  ersättigten  alle  das  herz  wir. 

Od.  8,  98 ; 
und  selbst  in  meinen  thränen  dürft  ich  nicht 
nach  herzenswunsche  mich  ersätligen.    Schiller  621'; 
männer  führt  er  davon  und  Trauen 
und  ersättigt  die  wilde  begierde.    500"; 

eine  gewöhnliche  belohnung  konnte  den  ebrgeiz  eines  Wallen- 
slein  nicht  ersättigen.  915";  wann  dieses  tantalische  streben 
nach  ewig  Hiehendem  genusz  endlich  ersättigt  werden  würde. 
GotheU,  67;  mich  am  erscheinen  dieser  gestalten  und  dem 
ton  dieser  worfe  nicht  ersättigen  konnte.  Tieck6,  xii;  dasz 
es  schien,  er  könne  sich  in  diesen  schmerzen  nicht  ersät- 
tigen, nor.  Aran:  1, 125;  dasz  fast  ein  kranker  damit  zu  er- 
sätligen wäre.  J.  P.  teufelsp.  2.  228.  in  der  gerichtlichen  spräche 
sagt  man :  einen  seines  rechts  ersättigen,  aus  den  belegen  er- 
hellt, dasz  sowol  der  gen.,  als  die  praep.  an,  in,  mit  hinzugefügt 
werden. 

ERS.VTTIGUNG,  f.  saluritas,  explelio,  nausea:  ersettigung, 
maszlcidigkeit.  Maaler  11*';  stunden  wir  nach  ordentlicher 
ersätligung  auf.  Felsenburg  \,102;  daher  ist  das  gewöhnliche 
Schicksal  eines  morgenländischen  fürsten,  der  in  die  mauern 
seines  serails  eingekerkert  ist,  in  den  armen  der  wollust  vor 
ersättigimg  und  überdrusz  umznkommen.    Wieland  1, 137. 

ERSÄTTLICH,  saliabilis:  das  kind  ist  unersättlich. 

ERSATZ,  m.  compensatio:  item  die  erlen,  die  der  drier 
dörfer  sind,  Tellikon,  Buchs  und  Jänikon,  und  ligent  in 
der  allment,  wäri  dasz  jeman'  huwi  darin,  an  das  man  brucht 
zu  der  allment,  der  bcszret  von  jedem  stumpcn  5  pfunt,  an 
tom  und  haslen.  es  ist  ein  ersatz  daruf  gesetzt,  dem  herren 
ein   ankenstuck  und  denen  gesellen  ein  eimer  win.   weisth. 


1,  83.  84.    ersatz  bieten,  (hun,  leisten^  gewahren,  fordern,  er- 
langen ;  das  ist  kein  ausreichender  ersatz  für  meinen  verlust ; 

und  wagts  sich  selbst  ihm,  zum  ersatz 
der  falschen  freundin,  anzutragen.    Gotter  1,  440; 
kommt  {musen),  helft,  auf  einsamen  gefilden, 
•        das  ideal  der  besten  weit 

mir,  zum  ersatz  der  wahren,  bilden !    1,  450 
ach  wenn  ersatz  für  liebe 
je  freundschafl  geben  kann.    2,  432. 
s.  kostenersatz,  Schadenersatz. 
ERSATZHEER,  n.  supjAementa. 

ERSATZMANN,  m.  in  locum  succcdens,  vicarius,  Stellvertreter. 
ERSATZMANNSCHAFT,  f. 
ERSATZMITTEL,  n. 
ERS.\TZQLELLE,  f. 

ER  SATZUNG,  f.  subsidium,  rückenhalt,  corps  de  reserve. 
ERSÄLBERN,  ERSEL'BERN,   repurgare,   ausputzen.    Maaler 
117*;  von  Wüterichen  erseubcrt.    Garg.  78*. 

ERSAL'ERN,  acescere,  ahd.  arsüren,  mhd.  ersören,  ags.  äsü- 
rian,  sauer  werden :  fahen  sie  an  kuchen  zu  bachen,  das  ist 
ungchöfelt  (ungeheße)  fladen,  die  sie  matzos  nennen,  haben 
ein  grosz  aufsehen,  das  sollich  kuchen  nit  ersaurn.  Fhasi 
weltb.  147";  als  soll  ein  milch  darvon  ersauren,  kluge  weise 
reden  281";  ein  ersaureter  saft.    Thcrxeisser  harnen  103; 

verschwelket  war  ruhen  und  kraut,  • 
das  obs  erfault,  darbei  er  schaut 
die  milch  ersawfert.    H.  Sachs  442*; 
und  wem  sein  lieb  verloren  geht, 
sein  leben  musz  vertrauern, 
das  herz  musz  ihm  ersauern. 

ERSÄUERN,  acidum  rcddere,  ahd.  arsöran,  mhd.  ersiuren: 
es  ist  also,  sprach  der  mönch,  fast  mit  allen  hohen  her- 
schaften beschaOfen,  wann  man  was  erfunden  und  erdacht 
hat,  so  ihnen  zu  vortheil,  zu  nutzen,  zum  lust  und  zur  räche 
wider  ihre  feinde  dienen  mag,  und  wann  es  noch  so  gott- 
los wäre  und  gar  vom  teufel  käme,  so  ist  man  bei  ihnen 
doch  willkommen  damit,  bis  letztlichen,  wann  man  ihnen 
ungcfehr  irgend  die  nase  ersäuret,  so  dörfen  sie  wol  selbsten 
die  erste  sein,  die  einen  deswegen  einen  verräther  nennen 
und  ausschreien.    Philasder  2,  803. 

ERSAUFEN,  aqua  mergi,  praet.  ersof,  part.  ersoffen,  ahd. 
arsüfan,  mhd.  ersüfen,  in  der  flul  umkommen,  ertrinken. 

1)  ton  lebenden  geschöpfen:  er  ist  ersoffen;  da  füren  sie 
aus  und  füren  in  die  herd  sew,  und  sihe  die  ganze  herd 
sew  störzet  sich  mit  einem  stürm  ins  meer  und  ersoffen  im 
wasser  {vulg.  mortui  sunt  in  aquis,  goth.  gadau|)n(jdedun  in 
vatnam).  ilatth.  8,  32 ;  und  ersoffen  im  meer  {vulg.  et  suffocati 
sunt  in  mari,  goth.  afhvapnßdedun  in  marein).  Marc.  5, 13. 
Luc.  8,33;  durch  den  glauben  giengen  sie  durchs  rote  meer 
als  durch  trocken  land,  welches  die  Egv-pter  auch  versuch- 
ten und  ersoffen.  Ebr.  11,  29 ;  ein  geizhals  musz  auf  dem 
meer  ersaufen,  pers.  rosenlh.  3,22;  hätte  nicht  viel  gefchlet, 
dasz  der  knabe  gar  erstfffen  wäre.    Lokmans  fab.  25; 

gnug  es  einmal  hat  geregnet, 

nit  in  rothem  bad  (itn  btui)  ersauf.    Spee  tiiitzn.  212; 

ein  Schweizer,  dem  die  ehr  und  gnade  ward 

mit  seiner  kaiserlichen  majestät 

in  einem  flusse  zu  ersaufen.    Lessi^g  2,  224; 

im  tiefsten  wasser  wünscht  sie  plötzlich  zu  ersaufen, 

doch  wer  ist  stark  genug  in  seinen  tod  zu  laufen? 
Rost  schäferg.  8.S; 
der  ffirst,  mit  dem  gefühle  bald  in  seiner  fett  oder  Wasser- 
sucht zu  ersaufen.  J.  P.  Tu.  3, 100.  glnch  dem  einfachen  saufen 
meidet  man  heute,  auszer  im  verächtlichen  sinn,  ersaufen  von 
menschen  und  gebrauclU  ertrinken ;  doch  schon  das  Baseler  N.  T. 
1522  erklärt  ersaufen  durch  ertrinken. 

2)  ro»  Sachen,  die  im  wasser  verderben:  denn  der  verrat, 
den  du  bei  dir  hast,  der  kan  verbrennen,  ersaufen,  gestolen 
oder  von  motten  und  wflrmern  gefressen  werden.  Lltber 
4,  507';  wo  die  schif  on  gegenwehr  von  sich  selbst  zerspalten, 
erstoszen  und  ersaufen  {untergehen).    Fbonsp.  kriegsb.  B,  U2' ; 

die  I.immat,  weiche  her  entspringt 
vom  Märchberg,  der  Uri  umringt, 
und  durchs  Linthal  ffir  Claris  lauft 
und  in  dem  Obersee  ersauft,    glückh.  seh.  230; 
und  fTilirt  die  quellen  ab,  dasz  nicht  das  gras  ersäuft. 

Gkllert  3,  403; 

0  du  ausgehurt  der  hölle, 

soll  das  ganze  haus  ersaufen? 

geh  ich  eiber  jede  schwelle 

doch  schon  wasserströme  laufen.    Götuk  1,  239; 

bergmännisch,  die  gruben  ersaufen,  fidlen  sich  mit  wasser;  jene 
ersoffenen   abgebauten  tiefen.    Gütbe  56, 175 ;    alte  ersoffene 

60* 


951 


ERSAUFEN  —  ERSCHABEN 


ERSCHACHERN  —  ERSCHALLEN 


952 


gesenke.  HtuBOLürgoiarten  1C3;  so  enlhinflcn  sich  eine  grosze 
menge  der  gefahrlichsten  gasarten  aus  ersuflenen  alten  gescn- 
ken.  165;  mancher  gedanke  wird  in  meiner  lasse  ersaufen. 
J.  P.  uns.  löge  2,  64.  man  sagt  dasz  äcker,  wiesen,  saaten 
ersaufen,  irrnn  trasser  lange  darauf  sielU;  das  rad  in  der  müle 
ersäuft,  wenn  es  in  hohem  wasser  stellend  sich  nicht  mehr  drehen 
kann. 

3)  das  part.  ersoffen  wird  bildlich  gebraucht  für  untergegangen, 
verdorben,  verkommen:  denn  hcide,  priestcr  und  prophelen 
sind  toll  von  starkem  getrenke,  sind  in  wein  ersoffen  und 
daumein.  Es.  28,  7;  im  guten  ersoffen  und  on  alle  böse 
lüste.  LcTBER  4, 12' ;  er  sei  so  trunken,  ja  ersoffen  in  den 
lehren  des  bapsles  gewesen.  . . . ; 

alter  sprach,  jupend,  hör  mir  zu, 
du  bist  in  geiligkcit  gar  raiitsam 
ersulTen,  frölich,  unbehütsara.    II.  Sachs  1,371'; 

also  geschieht  auch  manchem  rohen  bergmann,  der  in  allem 
mutwil  und  lüsten  diser  weil  ersoffen  ist.  Matiiesius  1502, 19S'; 
in  solcher  thorheit  ersoffen.  rockenjJi.  5,  21 ;  in  abergiaubcn 
ersoffen.  5,  34.  6,  52 ;  in  einbildung  ersoffen ; 

es  wäre  glauben,  lieben,  hoffen 

und  alle  lierzensherlichkeit 

im  nassen  Jammer  längst  crsolTen 

und  alles  leben  bicsze  leid, 

wärst  du  nicht  in  der  wasscrsnoth 

des  muthes  sporn,  der  sorge  tod.    Arndt  ged.  319. 

ERSÄUFEN,  aqua  mergere,  praet.  ersäufte,  pari,  ersäuft, 
ahd.  arsonfan,  mhd.  ersoufen. 

1)  ich  bin  im  liefen  wasser  und  die  flul  wil  mich  erseufen. 
p5.  C9,  3;  das  mich  die  wasserQut  nicht  erscufe  und  die  liefe 
nicht  verschlinge.  69,16;  und  die  wasser  erseuflen  ire  Wider- 
sacher, das  nicht  ^iner  uberbleib.  106, 11 ;  so  erseufte  uns 
wasser,  ströme  giengen  über  unser  sele.  124,4;  das  auch 
viel  wasser  nicht  miigen  die  liebe  auslcschen  noch  die  ströme 
sie  erseufen.  hoMied  8,  7 ;  denn  so  du  durch  wasser  gehest, 
wil  ich  bei  dir  sein,  das  dich  die  ströme  nicht  sollen  er- 
seufen. £s. 43,  2;  wurden  sie  alle  erseufl  im  meer.  Judith  h^U; 
und  die  liefe  übereilet  sie  und  das  wasser  erseufet  sie.  0, 7 ; 
dem  were  besser,  das  ein  mülslein  an  seinen  hals  gehenget 
würde  und  erseuft  würde  im  meer,  da  es  am  tiefsten  ist 
{ahd.  biderbi  ist  imo,  daj  ana  s5  hangan  quirnstein  in  sinan 
hals  inli  si  forsenchit  in  tiufi  sewes).  Mallh.  18,6;  und  die 
schlänge  schosz  nach  dem  weihe  aus  irem  munde  ein  wasser, 
wie  ein  ström,  das  er  si  erseufet.  o^cni».  12, 15 ;  diese  sinds, 
die  mit  irem  blut  das  bapslum  samt  seinem  golt  dem  leufel 
erseufen  werden.  Luther  3, 281 ;  darumb  licsz  golt  die  sind- 
flut  kommen  und  erseufet  die  erste  well.  Mathesiüs  82* ;  sie 
durchbohrten  und  ersäuften  den  nachen.  Lohenstein  Arm. 
2,1015; 

flut,  die  nicht  ersäuft,  nur  badet, 

schimpf  und  scherz,  der  keinem  schadet.    Logau  1,  222,  17; 

ein  räuschchen  dann  und  wann,  das  die  betrübte  länge 

der  winieriiäcbtc  kürzt  und  jeden  sorgeupack 

ersäuft  in  Bacchus  goldnen  flüssen. 

Kl.  Scumidt  poet.  br.  100. 

2)  bildlich,  das  kam  auch  daher,  das  grosze  feine  Icule 
mein  gewissen  erseuften  mit  groszen  fuddern  vol  Vertröstung. 
LtTHER  3,333";  in  geist  erseuft.  4,12";  die  Vernunft  unter 
erdichtungen  und  blendwcrken  ersäufen.  Kant  2,  585;  er 
\ldiller  in  seinen  romanen)  ersäuft  das  gule,  das  ihm  sein 
genius  beschert,  in  einem  ströme  von  wäszrichten  gcschwätzen, 
die  ihm  die  leidige  nutzenstiflerei  eingibt.  Voss  6r.  3,1,192; 

eirsiums  freudengelagc 

ersäuren  jegliches  ach.    Schiller  8'; 

dasz  er  gern  die  nacht  im  abcndroth  ersäuft  hätte.  J.  P. 
flegelj.  1,  S5. 

EBSAl'FUNG,  f  submersio:  von  Überschwemmungen  und 
emnufungen  ganzer  landsrhaftcn.  Wiedemann /irfrr.  88 ;  in  der 
allgemeinen  weltersaufung  isindflut).    merz  52. 

EHSAL'GEN,  emugere,  aussaugen,  mit  saugen  erösen.  Maaier 

116';  den  schätz  ersaugen,  erschöpfen; 

sie  {die  bienen)  zielen  scharf  mit  augCD 

(un  reichiten  bifimlein  zart, 

Ton  Ihnen  »chfitz  enaugcn 

in  bl&ttlein  eingeichart.    Sru  truttn.  117. 

Ht^AlSEN,  tlrepere: 

da«  him  macht  er  {drr  vrin)  crsauien 
dem,  der  in  trutzen  wil.    Uulaüd  003. 

Eit.SCHARKN,  deradere,  von  der  haut  triiahen,  ahd.  irscapan 
{QuAtr  C,  406),  nebst  dem  frtyuenlalirum  irücuborun  (6,  407), 
tgt.  Atcfltao :  allet  wu  er  nur  crscbioden  und  cr»cliabcu  kann. 


ERSCHACHERN,  wiercaci,  illünrabilän  lucrari:  es  cröfnet 
sich  zu  dieser  unserer  zeil  unter  geringen  leuten  eine  sucht, 
in  deren  die  palicnten,  wenn  sie  daran  krank  ligen  und 
soviel  zusammen  geraspelt  und  erschachert  haben,  dasz  sie 
neben  ein  paar  heilern  im  beutel  ein  närrisches  kleid  auf 
die  neue  modo  mit  tausenderlei  seidenen  banden  antragen 
können,  gleich  ritlermäszige  herren  uud  adeliche  personen 
von  uraltem  geschlecht  sein  wollen.    Simpl.  K.  25. 

ERSCHACKELN,  concutere,  cxcutere,  erschüttern,  ags.  äsceacan  : 

und  hoche  berg  erscbacklct  schwer, 
tief  einplumpten  mitten  ins  meer. 

Melissus  Vi",  vgl.  ps.  46,  3. 

ERSCHAFFEN,  creare,  alid.  irscafan,  ags.  dscapan,  durch 
die  vorgesetzte  parlikel  wird  das  erste  schaffen  und  hervorbringen, 
des  Schaffens  beginn  ausgedrückt,  oß  aber  stehn  schaffen  und 
erschaffen  gleichbedeutig.  LtTiiER  schreibt  am  anfang  schuf 
gott  himcl  und  erden,  creator  hei^zl  ahd.  scepheo,  sceffari,  ags. 
scippend  und  wir  sagen  schöpfer,  wogegen  erschaffer  steif  oder 
diciUcmch  klingt,  naman  nivan  äsceop  Qedmon  201,32.  wie 
lang  willu  in  der  irre  gehen,  du  abtrünnige  tochler?  denn 
der  herr  wird  ein  ncwes  im  lande  erschauen.  Jer.  31,  22,  in 
baden  stellen  ist  schon  durch  das  adj.  neu  der  beginn  bezeichnet  ; 
anderemal  kann  neu  auch  wieder,  Herum  ausdrücJcen,  wie  wenn 
J.  P.  uns.  logc  3, 147  sagt :  wo  die  sonne  die  erde  von  neuem 
erschuf,  den  nachdruck  hebt,  weil  der  erscliaffcr  seines  zwecks 
sich  bewusl  ist,  beigefügtes  'dazu,  wozu': 

und  dies  sei  fortan  ihr  {der  utocke)  beruf, 
wozu  der  meisler  sie  ersciiuf.    Schiller  SO*. 

Wir  verbinden  erschaffen  und  schaffen  häufig  mit  abstraclen 
Vorstellungen,  zutnal  bei  hinzutretendem  persönlichen  datir,  im 
sinne  von  bereiten,  zu  wegc  bringen  {pararc):  sich  macht,  hülfe, 
Iheilnahme,  gemach,  ungemach,  sorgen,  schwierigkeilen,  leiden 
erschaffen :  ein  so  begabter  geist  blickt  munter  und  kühn  in 
seiner  weit  umher,  erscUaft  die  seltsamsten  bezügc.  Göthe 
6,114; 

erschaffe  dir  nicht  leiden!    Götter  2,  420; 

man  sucht  ihn  unter  den  verwundeten 

und  kann  ihm  keine  hülfe  mehr  erschalTen.    Tieck  2,  43; 

erschuf  den  weichlichen  ungeübten  kriegsneulingcn  unter 
der  revolulion  der  erste  fcldzug  oder  nicht  vielmehr  die  frei- 
hcitsflamme  die  siegende  macht?   J.  P.  dämm.  59. 

ERSCHAFFEH,  ni.  crcalor:  heiT  gott,  erschaffer  aller  ding, 
du  bist  allein  der  gute  könig.  Reiszner  Jerits.  2,26';  was 
denkt  er?  denkt  er  den  crschaffcr  des  goldes?  Gleim  int 
Uarpax ;  juwel  in  des  erschaffers  kränz.    TiiGxmel  7,  232. 

ERSCHAFFERIN,  f  crealrix: 

reiner  ist  musik,  ist  erschafTerin  der  entzückung. 
Klopsioce. 

ERSCHAFFUNG,  f.  creatio,  fabricatio:  die  erschaffung  des 
menschen,  der  thiere,  wogegen  uns  Schöpfung  mehr  den  umfang 
der  geschaffenen  dinge,  die  weit  ausdrückt;  die  recht  secl,  so 
der  mensch  in  erschaffung  cntpfangen  hat.  Frank  «r//6.  tu,"; 
die  wallfisch  sind  an  der  innerlichen  und  euszcriichcn  ge- 
slalt  oder  erschaffung  (formation)  ungleich.    Forer  so'  ; 

ich  lebe  wieder  im  leihe 
meiner  ersten  erschaffung.    Mcssins  ll,2.'<2; 

Raphael  hat  mich  denken  gelehrt  und  ich  bin  auf  dem  wcge 
meine  erschaffung  zu  beweinen.    Sciiii.i.rR  752'. 

ERSCHALLEN ,  ]>ersonare ,  ein  nhd.  gleich  dem  einfachen 
schallen  sonarc  (und  dem  analogen  hallen,  erhallen)  aus  der 
fuge  gerathenes  wort,  die  organbchc,  mhd.  festgehaltene  form 
lautete 

schi'Ilen     schal     schullen     gescliollen, 
ganz  wie   liellen    hal    bullen    gebollen,    gellen    gal    gullen  ge- 
golten,   hi;llen   hal    bullen   gehollen    (ahd.  gihellan),    quellen 
quäl  quullcn  gequollen,     nhd.  galt  nun  zwar  anfangs  noch 

schellen     schall     schollen     geschoilen, 
endlich  aber     schallen     scholl     scliolleii     geschnllen, 
mit  Wandlung  des  a  des  praet.  in  o  und  mit  ungi-horig  ins  prae- 
sens  vordringendem   a,    u-il/ircriti   bellen   boll    bullen    gebollrn, 
quellen   quoll    quollen   gequollen   dem  pracs.  sein  c  Itessrn. 
das  mhd. 

dln  lob  enchUlet,  dtn  lop  encht! 

verdarb  also  nhd.  in 

dein  lob  cruchallt,  dein  lob  ortrholl. 
erschallen  vallet  schon  bei  Litiikr.  was  mag  fs  rerursaHU  AoVii ♦ 
kein    pries,    mit    a    tUirf  eigentltch  im   fvael.    a    behaUen  oder  o 


953 


ERSCHALLEN 


ERSCHÄLLEN  —  ERSCHATZEN 


954 


dafür  erhallen,     da  die  vergrtAeite  nhd.  ausspräche  das  sehtcache   ; 
tranalivum  erschellen  =  vihd.  erschellen  erschalte  nicht  mehr   \ 
vom  starken  inlransitiium  erschellen  erschall  =  mhd.  erschel-   j 
len  erschal  untersdieiden  konnte,  liesz  man  sich,  scheint  es,  durch    I 
die  scheinbare  analog  von  fallen  cadere,    fällen  =  feilen  cae- 
dere  tcuschen    und    gab    dem  intransäii-en   praesens   erschallen. 
späterhin  erlosch  das  Iransitivum,  doch  das  inlr.  erschallen  blieb, 
attszerdem   mus:   aber  auch  ein  enlsprungncs   schuaches  intransi- 
tirum  schallen  schallte,  erschallen  erschallte  ücie  hallen  hallte, 
erhallen    erhallte)    in    anschlag  kommen,    bibelslellen   lassen   oft 
nicht  erkennen,   ob  erschallet  personal  sein  oder  für  erscballete 
personuU  slchn  soll,  icelches  spätere  ausgaben  einführen,     vgl.  er- 
hallen  und   erhellen  {sp.  834.  848),   erknallen  und  erkneilen 
{sp.  87S.  S79),  erglasten  für  erglesten  (sp.  824)  u.a.m. 

Nacli  dieser  erürterung  der  flexion  dürfen  die  folgenden  belege 
sich  zu  der  bedeulung  wenden. 

1)  intransilives  erschallen,  erhallen,  laut  werden:  und  da  die 
lade  des  bunds  des  herrn  in  das  lager  kam,  jauchzete  das 
ganze  Israel  mit  einem  groszen  jauchzen,  das  die  erde  er- 
schallet {vulg.  personuit).  iSam.  4,  5;  und  das  volk  pfeif  mit 
pfeifen  und  war  seer  frülich,  das  die  erde  von  irem  geschrei 
erschall.  1  kön.  1,  40 ;  und  das  urteil  erschall  für  dem  ganzen 
Israel,  das  der  künig  gefellet  hatte.  3, 2S ;  der  kOnig  Assa 
aber  liesz  erschallen  im  ganzen  Juda,  hie  sol  niemand  un- 
gestraft bleiben.  15.22;  weineten  sie  laut,  viel  aber  düneten 
mit  freuden,  das  das  geschrei  hoch  erschal.  Esra  3, 12 ;  und 
das  der  brief  des  königes  in  sein  ganz  reich  erschalle. 
Esther  \,  20;  sein  gerüchte  erschall  in  allen  lendern.  9,4; 
lobet  ir  Völker  unsern  gott,  laszt  seinen  rühm  weit  erschal- 
len, ps.  66,  8 ;  und  es  ist  bis  gen  Jerusalem  erschollen.  Jer. 
4, 16 ;  er  wird  singen  ein  lied,  des  hall  erschallen  wird  bis 
an  der  weit  ende.  25,30;  es  kompt  die  zeit,  das  ich  wil 
ein  kriegsgeschrei  erschallen  lassen.  49,  2 ;  und  sein  gerächt 
erschal  in  das  ganz  Sjrienland.  Mallh.i,U;  und  dis  gerücht 
erschal  in  das  selbige  ganze  land.  9, 26 ;  und  sein  gerücht 
erschal  bald  umbher  in  die  grenze  Galilee.  Marc.  1,  28 ;  und 
das  gerüchte  erschal  von  im  durch  alle  umbligende  ort.  Luc. 
4,14;  es  haben  mich  gute  fieunde  gebeten,  nachdem  es  er- 
schollen ist,  nie  sich  einer  genannt  raagister  Thomas  Münzer, 
zu  euch  in  euer  stad  zu  begeben  willens  sei,  euch  bierinnen 
treulich  zu  raten.  Luther  2, 455* ;  deine  mannliche  tugent 
nicht  genugsam  gelobt  werden  mag,  sie  erschallt  auch  im 
ganzen  Britannien.  Gaimj/ 106;  nu  war  an  dem  ganzen  hof 
erschollen,  wie  sich  Galmy  selbst  so  hart  verwundt  hett. 
178;  als  nu  menniglich  des  ritters  zukunft  erfuhr,  erscholl 
solches  auch  für  den  könig.  214;  das  geschrei  im  ganzen 
hof  erschollen  wai".  232;  fcin  doctor,  des  kunst  weit  er- 
schollen. Kirchhof  tcenduHoi.  76';  hat  doch  seine  lehre,  da 
sie  sonst  gesund  erschallet,  ein  wirdig  ansehen  behalten. 
440';  dis  buch  ist  also  weit  gebracht,  das  solches  nunmehr 
bei  meniglichen  erschallen  und  geoffenbaret  werden  {kann). 
Yrossp.  kriegsb.  2,  Ih'*;  weit  erschallen  percrebrescere,  der  wald 
erschallet  widerumb,  nemus  consonal.  Maaler116';  da  nu  das 
gerücht  weit  in  Italien  erschall,  zog  er  wider  für  die  statt 
Nola.  Livius  bei  Rihel  266 ; 

welchs  in  der  ganzen  weit  erschoUn.    Soltaü  478; 

Thraso  will,  dasz  seine  tbateu  sollen  weit  und  breit  erschallen. 
LOCAU  3,  130,  63; 
was  sie  so   oft   aus   dem   munde  der  geistlichen   erschallen 
hörte,    elie  eines  mannes  251; 

kaum  erscholl  die  schlimme  post.    Gellert  1,68; 

dem  sehwarm  bienen  verglichst  du  sie  {die  küsse)  ja, 

wie  sie  den  i)lfnen  sicli  nahn  und  saugten,  schweben  und  wieder 

saugen,  und  lieblicher  ton  süszeo  genusses  erschallt. 
GöTHK  1,  322; 

ach,  dasz  die  innre  schöpfungskrart 

durch  meinen  sinn  erschölle!    2,  191; 

das  klostcr  erscholl  so  gut  als  die  übrige  gcgend  von  diesen 
wundern.  20,  280 ;  dein  ruf  erscholl  in  meine  seele.  Klincer 
4,190: 

wenn  es  herum  erschollen.    Scbilusr  224'; 

laut  erschollen  die  pfeil  an  der^cbultcr  des  zürnenden  gottes. 

II.  1,46; 
doch  uncrmcsziiches  lachen  erscholl  den  seligen  göttem. 

1,598; 

also  sprach   sie  bewegt,   da  schlug  den  erschallenden  hand- 

schla^ 
Hans,  und  umschlosz  treuherzig  die  zarte  hand.    Luise  3,481. 

die  stellen  zeigen,  dasz  auf  erschallen  bald  in  mü  dem  dat.,  bald 
viil  dem  acc.  folgt,  in  dem  land  oder  in  das  land.     tgl.  erhellen. 


2)  sehwaches  erschallen,  ein  prad.  erscballete  haben  spätere 
bibelausgaben  für  Lcthebs  erschall  gesetzt  und  ton  da  ist  es 
auch  vorgedrungen : 

sie  schlief,  und  weit  und  breit 

erschallten  keine  nacbtigallen.    Lessikg  1,  58 ; 

auf  einmal  erscballete  der  ganze  berg,  der  wald  und  die  be- 
nachbarten felsen  von  ihrem  lauten  evan.  evoe !  Wiei.axd 
1,32;  die  horde  erschallte  in  Jammergeschrei.  Klinger  2,  253; 
bald  erschallten  töne  des  Schmerzes  in  seinen  obren.  4,274; 

da  fand  ich  eine  Stadt  und  laut 

erschallte  der  markt  vom  volksgescbrei.    Ri3cEE>T. 

mit  transilivbedetäung  für  erschallen  machen  =  mhd.  er- 
schellen : 

dasz  ich  mit  deinen  heiigen  allen 

mög  ewiglich  dein  lob  erschallen,    kiichenlied; 

so  lasset  uns  sein  lob  und  ehr 

erzöhleu  und  erschallen.    WEccffEBLi!«  31; 

und  alsdan  soll  der  musen  gunst 

dein  lob  von  west  zu  ost  erschallen.    514; 

da  er  manche  nymfelein 

hörte  ihre  stimm  erschallen.    346. 

s.  auserschallen,  entschallen,  erschellen  und  schallen. 

ERSCHALLEN,  s.  erschellen. 

ERSCHÄMEN,  pudere,  vereri,  wovon  jedoch  nur  das  pari,  er- 
schämt, wie  von  verschämen  nur  verschämt,  beide  in  der  be- 
deulung pudens,  rerecundus  üblich  i^:  und  da  sie  in  das  here 
kamen,  sie  traten  in  herzog  Naimas  gezelt,  Ruland  ging 
darin  ganz  erschemet,  und  dorft  in  zweien  tagen  nit  ber- 
auszer,  noch  auch  zu  hof  geen,  sähe  auch  keinen  menschen 
under  äugen  an,  sonder  hielt  sich  als  einer,  der  voller  schäm 
und  forcbt  ist.    Aimon  l5*. 

ERSCHAMROTHEN,  erubescere:  und  zwar  welche  sich  solche 
beid  wüste  und  schreckliche  spectacul  nicht  erschamroten  und 
abnianen  lassen,  werden  nimmermehr  durch  glimpflichere  und 
vernünftigere  mittel  fruchtbarlich  zu  recht  zu  bringen  sein. 
Garg.  4 ;  gleich  wie  er  sein  blut  vergossen  hat,  also  müssen 
auch  die  cardinäl  blutfarbe  mäntel  und  hüt  tragen,  dan  das 
die  ketzer  sagen,  Ire  kleider  seien  von  der  märtler  blut,  das 
sie  vergossen  haben,  so  rotfarb.  oder  je,  das  Ire  kleider  über 
dem  simonischen  und  sodomitischem  schandlichem  leben,  so 
ire  meistcr  füren,  also  erschamrolet  seien,  das  kan  nit  war 
sein,    bienenkorb  149*. 

ERSCHANZEN,  lucrifacerc  summo  labore,  wie  durch  schwere 
schanzenarbeit  erwerben.   Stieler  1734. 

ERSCHARREN,  corradere,  erkratzen,  zusammenscharren,  praet. 
erscbarrte,  welche  schwache  form  sich  aus  der  organiscltcn  starken 
erscherren,  wie  erhallen,  erschallen  aus  erhellen,  erschellen 
cnlfaltcle:  alles  was  die  henne  erscharrt,  theilt  sie  treulich 
ihren  kfichlein  mit;  was  hilft  dem  gcizhals  geld  zu  erschar- 
ren?;  nach  erscharrten  zwanzig  tausend  talenten.  Lohenstein 
Arm.  1,  24 ;  wenns  zum  treffen  kommt,  so  ist  niemand  da, 
der  das  erscharrte  herausgeben  will,  ja  man  kratzt  immer 
noch  mehT  darzu.  Leipz.avant.  1,170;  die  meisten,  welche  auf 
reisen  gehen,  scl^leppen  das  von  denen  eitern  erscharrte  geld 
aus  dem  lande.  2, 18 ;  ein  alter  gcizhals,  der  sich  so  ein 
groszes  vermögen  erscharret  hätte,  das  landhaus.  Lp.  1770 
s.  61; 

wo  du  die  ladung  besorgst  und  jegliche  waare  verzeichnest 
samt  dem  erscharrten  gewinn.  Ud.  8,  164. 

ERSCHARRUNG,  /".  corrasio,  coacerratio:  weil  ich  sehen 
musz,  wie  meine  kinder  so  üppig  mit  all  meinem  gut  umb- 
gchen  und  es  durch  die  gurgel  jagen,  in  erschaming  dessen 
ich  so  manchen  ehrlichen  mann  über  den  tölpel  geworfen 
und  betrogen.    Philander  1,  41S. 

ERSCH.\TZ,  «i.  wurde  nach  der  heutigen  Schreibung  ehrschatz 
sp.  72  eingetragen,  er  erschänt  als  abgäbe  vom  lehngut  bei  ein- 
tretendem Wechsel  des  belehnten  oder  belihnenden,  oft  neben  dem 
fall  in  den  weisthümem,  s.  b.  1, 2.  54.  57.  62. 189.  239.  das  lat. 
bei  Dlcange  unverzeichnete  wort  laudemium  mag  ersl  dem 
deutschen  ausdruck  nachgebildet  und  könnte  ebenso  misgegriffe* 
sein,  die  wahre  benennung  entsprang  rielleiciä  aus  herschatz 
«iid  gemahnt  an  hergcwaete,  herschilling  «.  s.  tr.  oder  gehüri 
gar  zum  folgenden  erschatzen,  vgl.  crschätzig. 

ERSCH.\TZEN,  pecuniam  in  aerarium  invehere,  ^ildet  wie 
abschätzen,  beschatzen,  brandschatzen:  die  groszen  poten- 
talen  thun  itzt  nichts  denn  ein  ding,  geld  unbarmherzig  zu 
erschatzen.  Melanchthons  auslegung  des  Daniel,  deutsch  von 
Jonas.  WiUenb.  \bl6  W.  129 ;  das  erschatzle,  durch  Schätzung 
erhobene  geld. 


955 


ERSCHATZEN — ERS  CHEINEN 


ERSCHEINEN 


956 


sich  ERSCHATZEN,  mag  heiszen  erkosen,  liebkosen,  oscu- 
lari,  amyiiecU:  darnach  erschatzen  si  sich  wol  acht  tag  lang 
oder  kurzer,  und  so  si  denne  kind  tragen  . . .  Otto  üieme- 
RiNGE.N  Ixi  OiiERLiN  351  voH  dcn  omazonen.  sich  schätz  zu  nennen 
var  uraltir  brauch  unter  geliebten,  und  ehleulen. 

ERSCHATZEN,  aeslimare:  die  hellisch  pein  ist  so  grosz, 
das  sie  niemant  erschetzcn  kan.  Keisersberg  aufnemenüer 
ntensch  E  2. 

ERSCHÄTZIG,  laudemio  obnoxius:  Ichengüter  so  fcllig  «nd 
erschätzig  sind,  treislh.  l,  b' ;  chrschatzige  guter.  Stieler  1711. 

ERSCHÄTZLICH,  aestimabilit,  scluUzbar:  dir  fflr  so  iiner- 
schalzlichc  gnaden  gcbiirlich  zu  danken,  von  Rirken  Mar- 
gcnis  36. 

ERSCHAUDERN,  horrescere,  erschauern:  erschuderen,  ein 
grausen  haben,  vor  forcht  zitteren.    Maai.er117'; 

der  wcitkreisi  zaghaft,  zitternd,  stiirab, 

erschaudert,  wird' von  ihr  bewöget.    Weckiierlij»  129; 

Friesland  und  Frankreich  erschauderten  vor  ihm.  Stoiberg 
10,141; 

ringsum  stürmte  die  crd  und  erschauderten  weite  gewässer. 

Voss; 
bat  sieb  in  einem  banse  was  geändert 
auf  solche  weise,  drob  das  herz  erschaudert. 

Uhla>ds  ged.  502  (510.  544); 

eine  dichterische  scelc  erschaudert  am  meisten  vor  den  langen 
stillen  schieiern,  die  hinter  dem  tode  wohnen  und  gehen. 
J.  P.  aeslh.  3, 170. 

ERSCHAUDERUNG,  f.  horror,  schaudcr:  weil  es  den  patien- 
len  mit  einer  erschauderung,  als  obs  ein  feber  werc,  an- 
kommet.   WCrtz  374. 

ERSCHAUEN,  aspicerc,  ersehen,  alid.  arscouwun  rimari.  Graff 
6,  555 : 

oben  benimb  ich  auch  erschaut 

uralt  heidnische  arma  hangen.    II.  Sachs  I,  399'; 

drum  der  sich  ihr  vertrauet, 
hat  für  ein  schönes  bild  ein  stinkend  aas  erscliauet. 

LoGAU  1,  44,  (>9; 
wann  die  goldne  frühe,  neu  geboren, 
am  olfmp  mein  matter  blick  erschaut.    Dcrger  76'; 
ein  zweites  tbor, 
daraus  rennt 
mit  wildem  sprunge 
ein  tiger  hervor, 
wie  der  den  löwen  erschaut 
brüllt  er  laut.     Schiller  70'; 

nun  erzählte  der  ehrenhalt  (so)  das  hausmärchcn  nach  Ord- 
nung der  bilder,  die  er  nach  einander,  wie  er  in  der  erzäh- 
lung  fortschritt,  gegen  die  sonne  stellte,  dasz  jeder  ihre  bc- 
deutung  zugleich  erschaute.   Arnim  kronenw.  1,  310. 

ERSCHAUERN,  was  erschaudern,  nur  edler  und  dichterischer 
klingend. 

ERSCHAUUNG,  aspeclus,  intuitus:  in  der  erschauung  ... 
in  der  einsieht,  dasz  kein  sein  ohne  denken  sei.  Fichte 
nachg.  xrerke.  2, 101. 

ERSCHEIDEN,  disjungere,  separare,  unterscheiden,  ahd.  ar- 
sceidan,  ags.  äscädan,  mhd.  kein  erschciden  aufzuweisen,  doch 
könnte  es  gefunden  werden,  auch  nhd.  sehr  selten:  nun  sind 
fünf  planeten  und  crscbeidner  sitz  {d.  i.  verschiedner  sitze). 
Thcrseisser  ardud.  105.     vgl.  erscheiten. 

ERSCHEIN,  m.  risa  sjtccies,  pltänomen,  erscheinung: 

wenn  von  dem  stillen  wasserspiegelplan 

ein  ncbel  bebt  den  flachen  tcppich  an, 

der  mond,  dem  wallen  des  ersclieins  vereint 

als  ein  gespenst  gespensler  bildend  scheint.    Götbb  3,  105. 

fj/.  schein,  anschein,  nebenschein,  Widerschein. 

ERSCHEINRAR,  risihilis. 

ERSCHEINBARKEIT,  f.  nur  in  der  erscheinung  derselben 
und  zufolge  ihrer  ewigen  crscheinbarkeit.  Fichte  nachg.  werke 
3,  393. 

ERSCHEINEN,  apparere,  in  conspectum  venire,  hervorkommen, 
kein  golh.  usskeinan,  wol  aber  ahd.  arscinan,  irscinan,  mhd. 
ernciilnen,  ag*.  .Vsrinan,  in  unsern  allem  denknullern  dauert  noch 
der  organi*che  ablaul  erschein,  der  sich  bald  in  erschien  trr- 
kfkrle,  nachdem  das  praesens  ei  für  \  angenommen  hatte,  da  das  ein- 
fache scheinen  fah-en;  leuchten,  glänzen,  erscheinen  also  den 
beginn  de»  leurtUeni  ausdrückt,  ixt  in  allen  bedeutungcn  das  sichi- 
barwerdrn  im  licht  enthalten,  synonym  vd  urrinnan,  errinnen. 
man  sehe  üt>er  die  grundbedeutung  von  Bcbctncn  das  unter  or- 
■cheinpn,  rr<rheinle  bemerkte. 

l)  »onne  und  gpslirne  erscheinen,  gehen  auf,  zeigen  sith 
kudUend:  da  aber  in  vielen  lagen  weder  tonne  noch  gcslirn 


erschein,  war  alle  hofniing  unsers  Icbens  dahin,  aposlelg. 
27,20;  da  berief  Herodes  die  weisen  heimlich  und  erlernet 
mit  fleisz  von  inen,  wenn  der  stern  erschienen  were?  {ahd. 
lernfta  fon  in  thie  zlt  thi's  slerren,  thür  sih  in  araugita; 
ags.  hv.inne  se  stcorra  him  älcovde?)  Matth.2,i; 

die  Sterne  sind  erschienen.    E.  von  Kleist  1,  21 ; 

ein  comet  ist  erschienen;  doppelte  sterne  erscheinen  am 
himmel  als  einer.  J.  P.  flegelj.  l,  ei  {i,^) ;  ein  regenbogen  er- 
schien am  himmel ;    dasz  der  stern  ihres  glucks  erschienen 

wäre.      HOFMANNSWALDAU. 

2)  tag  und  feuer: 

dö  diu  naht  bei  ende  und  der  tac  erschein.    Nib.  749,  1; 

der  tag,  der  morgen,  das  jähr,  die  zeit  ist  erschienen;  dieser 
tag  soll  nie  erscheinen ;  es  erschein  aber  wol  ein  selbbren- 
nend  fewr,  voller  crschrccknis.  weish.  Sal.  17,  0 ;  ein  kleines 
licht  erschien  oben  im  walde.  nur  uneigcnllich  und  ohne 
Sprachgefühl:  die  nacht  erscheint,  die  lefztff  nacht  war  er- 
schienen, die  färben  erscheinen  (/irr;iaf/i«n/er  5.).  ein  rostigs 
eisen  wirt  als  lang  gefegt,  bis  es  wider  erscheinen  wirt  (glän- 
zen, blank  werden).    Keisersberg  aM/nemenrfermenscÄ  A3'. 

3)  gott  und  sein  engcl  erscheinen  in  blitz,  licht  und  glänz: 
da  erschein  der  hcn-  Abram.  l3/os.  12,  7;  und  der  herr  er- 
schein im  im  hain  Mamrc,  da  er  sasz  an  der  thür  seiner 
hatten,  da  der  tag  am  hciszcsten  war.  19, 1 ;  und  der  engel 
des  herrn  erschein  im  in  einer  fcwrigen  (lammen  aus  dem 
pusch,  und  er  sähe,  das  der  pusch  mit  fewr  brandte  und 
ward  doch  nicht  vcrzcret.  2Mos.  3, 2;  erschein  im  in  der 
wüsten  auf  dem  berge  Sina  der  engel  des  herrn  in  einer 
fewrllammen  im  pusch  {vulg.  apparuit  illi).  aposlelg.  7,30;  und 
sihc  die  hcrrlirbkeit  des  herrn  erschein  in  einer  wölken 
[d.i.  als  blitz).  2.Vox.  16, 10;  denn  ich  wil  in  einer  wölken 
erscheinen  auf  dem  gnadcnstuel.  3  3/os.  10, 2;  und  siehe, 
zween  menner  redeten  mit  im,  welche  waren  Moses  und 
Elias,  die  erschienen  in  klarheit  (goth.  gasaihvanans  in  \nil- 
})au,  ocpd'ettes  iu  Sö^t]).  Luc.  0,  31.  ein  geist,  ein  gespenst 
ist  mir  erschienen,  sichtbar  geworden,  ohne  die  Vorstellung  des 
glanzes  nolhwendig  damit  zu  verbinden,  da  auch  der  teufet  er- 
scheint und  schwarz  gcdaclU  u-ird :  sclieuszlichc  larven  erschie- 
nen, davon  sie  sich  cntsatztcn.  weish.  Sal.  17, 4.  doch  wenn 
der  lenz,  sommer,  winter,  das  neue  jähr  erscheint,  lassen 
sie  sich  personificiert  als  lichte  gottheilen  auffassen ;  der  friede, 
die  gerechligkeit  sind  wieder  auf  der  erde  erschienen : 

die  Schwerter  ruhn,  der  fried  erscheint.    Gottkr  1,  351; 

4)  erscheinen,  videri,  conspici,  von  menschen,  die  hervortre- 
ten, ins  äuge  fallen:  der  künig  erscheint  im  fenster;  da  der 
churfürst  erschien.  Luther  5,  27S';  die  fürstin  erschien  heute 
nicht  bei  tafel ;  der  predigcr  erscheint  auf  der  kanzel,  der 
rcdner  auf  der  bühne ; 

gleichwie  ein  brcutigam  in  seinem  bocbzeitkleid 
aus  dem  gemach  erscheinet.    Wkckhehli?«  75; 
erscheint  noch  kein  Homer  zum  singen?    Gctithir; 
sahen  sie  rechts  und  links  sich  um,  die  gesendeten  sp.äber, 
ob   sie   nicht  etwa   das   bilil   des   bezeichneten   nifldchens  er- 
blickten, 
aber  keine  von  allen  erschien  die  berlichc  Jungfrau. 

GöTHK  4(1,  -.'Mi; 
ja  ihr  erscheint  mir  beut  als  einer  der  ältesten  fiihrer, 
die  durch  wüsten  und  irren  veririebcno  Völker  geleilet. 

40.  isT ; 

und  so  wirst  du  ihr  auch  das  treflicbsto  mndchen  erscheinen. 

40,317; 

dasz  er  wirklich  schon  frischer  und  munterer  aussah,  «nd 
bei  tische  ein  ganz  anderer  mensch  erschien.  22, 43 ;  die 
gefangnen  inusten  der  reihe  nach,  einer  auf  den  andern  er- 
scheinen; die  Parteien  sind  Vorgericht  erschienen,  haben  sich 
einfifstellt.  solchem  erscheinen  verknüpft  sich  auch  gern  das  pnie- 
dicat  rinrs  adjecJirs:  leer  erscheinen,  mit  Iciren  hdnden  kom- 
men; erscheinet  aber  nicht  leer  für  mir.  2  Mos.  2.1,15;  und 
das  iiieiuMiid  für  mir  leer  erscheine.  34.20;  du  soll  aber 
daruinb  nicht  leer  für  dem  herrn  erscheinen.  Ar.  35,  fi;  wenn 
er  konien  wird,  das  er  herlich  erscheine  mit  seinen  hei- 
ligen und  wunderbar  mit  allen  gleubigen.  1  Thess.  1,10;  wie 
erscheinst  du  heule  so  traurig,  so  niedergeschlagen?  rrn« 
Lkssinc  im  iMokoon  sagt:  ohne  diesen  eiilsrhiusx  wJlren  es 
alle  gecke,  wären  sie  das,  was  sie  in  den  gemähldcn  de« 
Cayliis  erscheinen.  0,502,  so  ist  hier  was  der  nom..  und  man 
kann  ergänzen  'zu  sein*,  'mir  erscheinen"  entpldmjt  wie  'mir 
scheinen',  'mir  vorkommen'  den  sinn  des  gr.  doM$U'.    t.  unter  0. 


957 


ERSCHEINEN  —  ERSCHEINLICH 


ERSCHEINLICH  —  ERSCHEINUNGSMÄSZIG     958 


5)  erscheinen  ron  sachen  und  zuständen  :  im  dunkeln  hinter- 
grunde  erschienen  die  färben  des  regenbogens;  dasz  wenn 
bei  der  refraclion  färben  erscheinen  sollen,  ein  bild,  eine 
grenze  verrückt  werden  müsse ,  ward  festgestellt.  Göthe 
31. 260 ;  seind  schöne  örter  mit  weit  erscheinenden  grünen 
beumen  durchsetzt.  Frank  wdtb.  21'';  aber  dem  einen  er- 
schein mitten  im  spiel  ein  schrift,  die  hielt  im  für  dise  wort. 
LiTHER  6,  lOO' ;  dise  sind  alle  haufecht  hinweg  gezogen,  also  das 
kein  fusztritt  der  Schwaben  mer  allda  erscheinet.  Frank  weltb. 
28',  nicht  die  spur  von  ihnen  zu  selten  u-ar;  und  zwar  dar- 
um hab  ich  dich  erweckt,  das  meine  kraft  an  dir  erscheine 
und  mein  name  verkündigt  werde  in  allen  landen.  2  Mos. 
9, 16 ;  über  dir  geht  auf  der  herr  und  seine  herlichkeit  er- 
scheinet über  dir.  £s.  60, 1;  die  pest  ist  in  der  Stadt  er- 
schienen ;  die  blättern  sind  erschienen,  kommen  zum  vurschän. 

6)  es  erscheint,  elucet,  apparet,  es  erhellt,  iä  zu  sehen,  zeigt  sich : 
dis  hat  sich  erschinen  {für  erscheinet)  in  s.  Stephano.  Keisebsb. 
seil,  der  penit.  9* ;  in  Lazaro.  posl.  3, 42 ;  aus  diesem  allen  erschei- 
net gnugsam,  das  die  allen,  da  sie  sagen,  was  die  erbsünde  sei, 
gleich  mit  uns  stimmen.  Junas  6«  Lu</jer,  6,  3S2';  daraus  er- 
scheinet, das.  MEiANcniHON  apol.  Augsb.  conf.  im  corp.  doclr.  ehr. 
227 ;  es  erscheint  an  meinem  leib  wol,  das  ich  nichts  böses 
handien  kan.  Aimonxl';  aus  diesem  bericht  erscheinet  nun, 
das  unser  gott  das  gold  im  anfang  geschaffen.  Mathesics  42' ; 
wie  aus  Strabone  und  Ptolomaeo  erscheinet.  Micrälils  1, 14; 
aus  oberzeltem  erscheint  nun  auch  insonderheit,  hiencnk.  36* ; 
also  dasz  hieraus  klärlich  erscheint.  73";  daraus  dann  er- 
scheint, dasz.  106';  daraus  dann  erscheint,  dasz  die  seelen- 
kinde  der  verstorbenen  menschen  in  den  tischen  haushalten 
müssen.  111';  wie  solches  aus  allen  catholischen  Schriften 
klärlich  erscheint.  1S7';  in  maszen  solchs  nach  seiner  ab- 
leibung  genugsam  erschiene.  20S';  wie  wol  aus  seim  schreiben 
erscheint.  23l' ;  daraus  dann  auch  erscheinet,  dasz.  Hohberg 
3,1,38*;  woraus  hoffentlich  erscheinen  wird.  dasz.  Bünac 
1,  64*.     mir  erscheint,  Soxtl  iioi,  u-ie  mir  scheint,  milii  ridelur. 

7)  erscheinen  lassen :  lasset  sehen,  wie  herlich  der  herr 
sei,  lasset  in  erscheinen  zu  ewer  freude.  Es.  66,  5 ; 

das  beste  mittel  ist,  du  läszt  ihn  nicht  erscheinen.  Oprrz  1,225, 
du  verbirgst  ihn.     vgl.  mhd.  schin  tuon. 

ERSCHEINEN,  pract.  erscheinte,  oslendere,  declarare,  goth. 
gabairhtjan,  augjan,  ataugjan,  ahd.  irougan,  unser  eräugen, 
uhd.  irsceinan,  mhd.  erscheinen,  das  von  irscinan  geleitete  Iran- 
sitivum,  icelcJicm  ahd.  die  merkwürdige  sinnlidie  bedeutung  von 
frangere,  aperire  zustand  (Graff6,  509.  arscenan.  Haupt  10, 
370,52),  ifie  trir  sie  auch  im  ags.  scsenan,  fries.  scenia  (GDS. 
GSlj  gewahren,  wer  eluas  blicken,  scheinen,  vortreten  läszt,  ent- 
deckt, enlblöszt,  bricht  es  und  der  erscheinende  tag  ist  ein  an- 
brechender, aufbrechender,  sprieszcnder  [mythol.  705),  das  scheinende, 
erscheinende  ist  ein  evidens,  apejtutn,  die  Strahlenbrechung,  re- 
fractio  ein  tciderschein,  wodurch  die  th.  2, 351  aufgestellte  vcr- 
wandtschaß  zteischen  brechen  und  brehen  (2,353)  neue  bcstä- 
tigung  gewinnt,  aus  sceinan  frangere,  rumpere  darf  man  sicher 
auch  ein  sclnan  frangi,  rumji  folgern,  dieser  uralte  sinn  des  erschei- 
nens  tcar  schon  mhd.  erloschen,  geschweige  dasz  er  noch  nhd. 
haften  könnte,  seit  die  mhd.  erschinen  und  erscheinen  im  nhd. 
erscheinen  zusammenflössen,  hat  aber  das  transitivum  nur  ge- 
ringen umfang:  also  scheident  {schieden}  die  hotten  angentz 
[angehcnds]  von  .Schwitz  und  furend  zu  den  dri  uszern  ge- 
meinden des  ampts  zu  Zug,  denen  erscheintends  {zeigten, 
legten  sie  vor)  den  ofnen  manbrief.  Tschcdi  1,  61S.  mehrmals 
begegnet  sich  erscheinen  {mhd.  sich  erscheinen  ==  erschinen) : 
niängel,  so  offenbarlich  sich  erscheinet  haben,  cammerger. 
ordn.  1521.  19.  1 ;  dis  alles  leg  ich  auf  ein  wag,  so  erscheint 
sichs,  das  der  halb  teil  teutscher  nation  nit  arbeitet.  Frank 
f/iron.  116*;  als  sich  dann  erscheinet,  das  sie  {die  alten  scri- 
beiilen)  nichts  in  solchen  schaden  gezeichnet  haben.  Paracelsls 
chir.  sehr.  120*;  das  erscheinet  sich  an  dem  groszen  zugerüsten 
sal.  Job.  Fabri  chrislenliche  unlerrichtung.  Dresden  \ö2ii.  g3;  es 
erscheint  sich  auch  eins  theils  wol,  dasz.   bienenk.  236*. 

EKSCHEINEN,  n.  was  erscheinung,  nur  mit  stärkerer  ab- 
straction. 

ERSCHEINIG,  apparens,  clarus:  je  näher  Jupiter  bei  Sole 
und  Luna,  je  gröszcr,  stärker,  sichtiger,  empGndlicher,  cr- 
scheiniger  ist  er.    Paracelsls  1,  927'. 

ERSCHEINLICH,  evidens,  apertus:  inmaszen  erscheinlich 
an  den  rwen  edelen  knaben,  die  der  könig  von  Frankreich 
dem  cardiiial  von  Nantes  nach  Rom  zugeben  (zugegeben,  bei- 
gegeben) halte,    bienenk.  216*. 


ERSCHEINLICH  orfer  aussprechenlich,  emieale,  emicanle, 
i.  e.  splendide,    voc.  1482  h  l'. 

ERSCHEl.NUNG,  f.,  ein  heute  viel  gebrauchtes  wort, 

1)  sichtbarwerdung,  mit  der  idce  des  liclUes,  glanzes  im  Hinter- 
grund, gvtlliche,  geisterhafte,  die  erscheinung  unseres  heilaiides 
2  Tim.  1, 10  ist  golh.  gabairhiei  nasjandis  unsaris,  gr.  iriKpnvsia, 
vulg.  illuminatio.  ebenso  die  erscheinung  des  engeis,  geistes, 
des  gespenstes,  teufeis.  er  hat  erscheinungen,  glaubt  an  er- 
scheinungen,  nächtliche  erscheinungen,  traumgesiciüe :  du  hast 
erscheinungen  meine  tochter !  Gotter  3, 119 ;  sie  üengen  nun 
an  von  ahnungen,  erscheinungen  und  dergleichen  zu  sprechen. 
Götue  18,318; 

ach  die. erscheinung  war  so  riesengrosz, 

dasz  ich  mich  recht  als  zwerg  empfinden  sollte.    12,  3^. 

leicht  icendel  sich  diese  dargebung  des  höheren  auf  das  schöne, 
liebliche,  anmutige  menschlicher  natur,  eine  liebliche  erschei- 
nung, die  gestalt,  Saua;,  species  selbst,  fatvöueyor:  der  könig 
liebkosele  dem  schönen  kinde  und  aller  äugen  waren  auf 
die  erscheinung  hingerichtet.  Tiecr  ges.  nov.  4,  335 ;  sie  war 
eine  vorübergehende  erscheinung,  gleich  dem  gestim,  das  wieder 
verschwindet,     vgl.  lufterscheinung,  traumerscheinung. 

2)  wirklicher  eintritt,  vortritt,  ankunß,  gegenwart, 

a)  die  erscheinung,  brechung,  refraclion  der  färben,  Strahlen- 
brechung, emicaiio. 

b)  erscheinung  einer  bestimmten  zeit:  bei  erscheinung  des 
angesetzten  Jahres,  monats,  tages;  erscheinung  der  frist,  des 
tennins. 

c)  auftritt,  kunfl:  bis  auf  die  erscheinung  unsers  herrn. 
1  Tim.  6, 14,  wo  der  urtext  wieder  iTtifäveut,  die  vulg.  aber 
adventus  und  auch  Ulfilas  hat  und  qum  fraujins,  ebenso: 
allen  die  seine  erscheinung  lieb  haben  (allaim  \ni\e\  frijond 
qum  is).  2  Tim.  4,  S ;  bei  erscheinung  des  feindes  flohen  die 
leute  aus  der  Stadt  in  den  wald ;  die  erscheinung  der  cholera 
im  land  erschreckt  alle  menschen;  eine  grosze  gcsellschaft 
Seiltänzer  machten,  indem  sie  sich  auf  eine  öffentliche  er- 
scheinung bereiteten,  einen  unfug  über  den  andern.  Götue 
18, 141.  erscheinung  hciszt  technisch,  was  fr.  comparution,  it. 
comparita,  comparizione,  das  ersciteinen,  sich  stellen  vor  gericht. 

rfl  Veröffentlichung,  bckanntmachung  eines  werks:  da  es  seit 
erscheinung  des  Idris  und  Oberon  zur  ausgemachten  Wahr- 
heit geworden  ist,  dasz  die  achtzeiügen  stanzen  für  das  grosze 
einen  ausdnick  haben.  Schiller  28';  von  deutschen  pro- 
ductionen  war  mir  Olfried  und  Lisena  eine  höchst  willkom- 
mene erscheinung.  Göthe  32,  176 ;  die  lebhafte  Sensation, 
welche  dieses  stück  bei  seiner  erscheinung  erregte.  32,  205. 

e)  überhaupt  manifestation :  zur  erscheinung  kommen,  an- 
schaubar werden,  zur  erscheinung  bringen,  vorführen,  Ihal- 
särhlich  bewähren;  reife  krifik,  bei  deren  erscheinung  alle 
Streithändel  von  selbst  wegfallen  müssen.  Kant  2,  562 ; 
bracht  ich  nun  nach  seiner  Vollendung  dieses  dreifache 
werk  {Wallenslein)  gemeinschaftlich  mit  meinem  freunde 
auf  das  theater,  erduldete' ich  •.. .  den  verdnisz,  dasz  denn 
doch  zuletzt  nicht  alles  gehörig  zur  erscheinung  gelangte. 
Göthe  46,  266 ;  jede  grosze  idee,  sobald  sie  in  die  erschei- 
nung tritt,  wirkt  tyrannisch.  22,  241 ;  wenn  ein  organisches 
w esen  in  die  erscheinung  henortritt.  50,  64 ;  spreu  von  ge- 
riebenem bernstein  angezogen,  steht  mit  dem  ungeheuersten 
donnerwetter  in  Verwandtschaft,  ja  ist  eine  und  dieselbe  er- 
scheinung. 50,  73 ;  dann  verwirft  er  wieder  die  Veränderung 
an  den  dingen  als  eine  erscheinung  der  erscheinungen.  20,  30. 

3)  im  gegensatz  zur  zweiten  bcdeutung,  welche  die  Verwirk- 
lichung einer  sache  oder  eines  zuslandes  ausdrückt,  und  im  an- 
schlusz  an  die  erste,  die  den  bloszen  teuschenden  schein  enthalten 
kann,  verwendet  der  philosophische  Sprachgebrauch  erscheinung 
ron  den  gegenständen,  insofern  sie  nicht  als  dinge  an  sich  selbst, 
sondern  als  sinnliche  anschauungen  erfaszt  werden,  so  bei  Kant 
hau/igst :  der  unbestimmte  gegenständ  einer  empirischen  an- 
schauung  heiszt  erscheinung.  2,60;  was  gar  nicht  am  objecto 
an  sich  selbst,  jederzeit  aber  im  Verhältnisse  desselben  zum 
subjecte  anzutreffen  und  von  der  Vorstellung  des  ersteren 
unzertrennlich  ist,  ist  erscheinung.    2,  85. 

ERSCHEI.NTNGSF.\HIG,  j.  erscheinungsmäszig. 

ERSCHEINTNGSFOR.M.  f 

EHSCHEINLNGSLEHRE, /■.  phaenomenologia :  eine  besondere 
pdichtenlehre,  die  freilich  nur  die  erscheinungslehre  in  den  be- 
sonderen Sphären  des  Icbeiis  wäre.  Fichte  htntcrl.werkes,  102. 

ERSCHEINlNtJSMÄSZIG,  wer  also  den  veriust  dieses  cere- 
bralen, blüsz  erschcinungsinäszigen  und  erscheinungsfähigen 


959     ERSCHEINUNGSMITTEL— ERSCIIELLEN 


ERSCIIELLEN— ERSCHEUEN 


960 


bewustseins  beklagt,  ist  den  grünländischen  converliten  zn 
vergleichen,  welche  nicht  in  den  himmel  wollten,  als  sie 
vernahmen,  es  gübe  daselbst  keine  seehunde.  Scuopemialeii 
imrerga  und  parall.  2,  2;M. 

EHSCHELNL.NÜSMITTEL,  n.  die  physischen  färben  ver- 
langten meine  ganze  aufmerksanikeit.  die  belraclitung  ihrer 
erscüeinungsmittel  und  bedingungen  nahm  alle  meine  geistes- 
kräfle  in  anspruch.    Güthe  31,  25U. 

ERSCHEl.NLNGSVVELT,  f. 

zwar  meine  tochter  sagt  sich  von  dir  los, 

doch  zur  erscbeinuugswelt  gehört  sie  blosz.    IM.aten  21S. 

ERSCHEITELN,  capillos  dividere,  die  haare  scheiteln. 

ERSCHEITEN,  dinixcare,  in  sdieiler  zerlegen :  es  gefell  den 
faulen  kein  galg,  daran  sie  sich  henken,  kein  block,  den 
sie  erscheilen  sollen.  Frank  spricliw.  2,  IIS'.     njl.  erscheiden. 

ERSCHEITERN,  conquassari,  scheitern:  das  schif  erschei- 
terte, zerscheiterle,  gieng  zu  sclwilern. 

ERSCHELLEN,  resvnare ,  personare ,  mhd.  erscheilen,  die 
echte  geslalt  des  heute  in  erschallen  verderbten  nrbutns,  wie  be- 
reits sp.  952  unter  klzlerm  gewiesen  wurde,  sie  haftete  noch 
lange  liin  und  wieder:  obwol  ein  öffentlich  geriicht  und  gc- 
schrei  davon  ist  und  erschillt.    landfricde  von  1521.  7,  8 ; 

ein  hunt,  der  thet  auch  bellen 
zu  Reilberg  aul  der  brurlt, 
er  meiut  es  soll  erscheilen, 
gleich  wie  ein  grosze  glocii.    Soltau  221  ; 
und  lasz  es  (das  hom)  weit  erschollen 
in  dem  Würlcmlierger  land.     Uhlajid  4S5; 
du  schreiest,  täasz  die  luft  von  dir  erscheilen  kan. 
Opitz  2,  437, 

der  nur  in  der  dritten  person  für  erscliillt  auch  übel  schreibl 
und  reimt  crschüllt : 

der  eine  stellt  auf  unirezähmtes  wild, 

der  reiset  tag  und  nacht, 

ein  andrer  hört  wann  die  trompet  erschüllt 

und  fug  zum  kriegen  macht.    1,80; 

hört  wie  die  braune  kuh  im  nechsten  thale  brüllt, 

dasz  ihre  rauhe  stimm  hoch  über  fehl  erschüllt.    1,155(160); 

wüst  und  wähl  in  Africa  erschillet, 

weil  über  deinen  tod  die  löwen  selbst  gebrüllet. 

OvEKBECKs  Vinjü  83; 

Steinbach  hat  noch  aus  Stieleh  1725 :  es  erschillt  ein  geschrei, 
es  erschillt  alles  von  gelächter,  was  aber  nicht  berechtigt  einen 
inf.  crschillen  anzusetzen ;  ößcr  und  auch  bei  solchen,  die  schon 
dem  praes.  erschallen  geben,  ersciwint  der  ablaul  erschall  {heute 
erscholl I,  pari,  erschollen,  wofür  bereits  oben  sp.  i)53  belege 
sieiwn,  denen  hier  einige  nachfolgen :  vil  leut  kamen  dar  durch 
sein  groszes  lob,  welches  in  allen  landen  erschal.  Ainwn  F4'; 
fiir  welchen  ikünig)  als  unser  guter  namen  erschall  und  wir 
ängstigen  zu  land,  wurden  wir  von  ihm  ehrlich  entpfangen. 
Frank  wcUb.  220';  durch  solch  grosz  und  helles  liecht  des 
evangelien  allenthalben  so  reichlich  erschollen.  Luthek  3, 142'; 
bie  wollen  wir  sehen,  wie  die  erste  predigt  sei  erschollen.  KiO'; 

der  Vogler  fleng  die  vögel  all, 

wo  einer  in  dem  wald  erschall.    Waldis  2,27  bl.  92'; 

Tom  kindlein  Irisch  geboren, 

von  kleinvermensclilera  gott, 

im  krinplein  halb  erfroren 

erschall  der  bimnilisch  bott.    Sper  trultn.  181  (19$). 

ERSCHELLEN,    pract.    erschalte,    erschelltc,    des   vorigen 
transUirum,  mhd.  erscheilen  tinfi  rirar  in  dopjteltcr  bedeulung, 
1)  erschallen  machen,  klingen  machen,  inßare: 

mhd.  «wenn  über  sie  [die  naclitigalt)  gestürzet 
Wirt  ein  gezelt  von  loube, 
«4  Wirt  von  ir  da^  toube 
gevilde  lille  erscliellol.    ir.  kr.  190; 
nlid.  mit  di-in  so  ritt  ein  köngin  zart, 
die  guiidt  erschallen  also  hart 
ein  klar  güldenes  jagerhorn.    If.  Sachs  I,  2*^3*; 

in  disen  zilen  sol  ouch  nieman  wikhaflen  biiw  buwcn,  noch 
kein  hörn  erscheilen,  noch  kein  gwild  feilen,  urislh.  1,  ifir, ; 
ir  «öllent  auch  zu  euch  nemen  mein  hörnlin  Rondidicr,  das 
ir  recht  wol  blasen  kfindt.  und  wo  euch  hiilf  von  iWUen  i<t, 
«0  Ihfit  es  erscheilen.  Aimon  st';  mein  lieber  briider,  i(  h 
bit  euch,  das  ir  mein  hörnlein  Rondidri  zu  euch  nemet  und 
es  Jaul  erscbellet.  auf  das  sich  die  unsern  wapnen.    x3'. 

31  frangere,  ronculere,  fternere,  niederwerfen,  brechen,  erschiil- 
lerm,  weil  da»  brechende,  fallende,  erschiitlerle  ertönt,  erklingt,  veie 
scheinen  berührt  rirh  auch  klingen  nirV  brechen : 

mhd.  dar  -         man  iinlie  «In, 

litt  ti  allen  drin 

»i  111 ,   ..  ;.  :  erteil >•  II.  I      l<t„;.  3340; 


er  bcgimdc  al  swindcldo  gön, 
wand  ini5  houbt  crschellei  was.    Parz.  090,7; 
swie  der  baven  vellct, 
er  Wirt  lihle  erschellet.    Oberli!«  351; 
wie  vast  der  baf  am  klingeln  hellt, 

so  Wirt  er  doch  gar  leicht  erschellt.  Freidank  1539.  3.^»; 
nhd.  aller  des  Ahrahains  ghubcn,  wie  seer  und  hart  ist  er 
anpefochlen  und  bcsirilen  worden,  mit  wie  einem  slarKen 
bock  ist  er  mit  seinem  suii  Isaac  erschelt  worden.  Melanch- 
THONS  anireisung  deidsch  durch  Sp\i\riji  bl.  lO'l;  den  pau  oben 
mit  .sand  beschütten  und  mit  breiten  Pflastersteinen  belct'en, 
so  erschelt  das  gcschosz  den  pau  destminder.  ...  B4;  ob 
aber  der  Schlempen  so  grosz  und  breit  werc,  dasz  er  sich 
wiilte  erscheilen,  so  magstu  im  wol  mit  einem  meiszcl  luft 
machen.  Würtz  142;  oder  dasz  er  widcrnmb  fiele  und  dar- 
durch  sein  bein  erschclte.  248;  auf  dasz  ich  den  brucli  nit 
etwan  erschclte  und  mit  dem  reiben  bewegte.  250;  biichsen- 
schieszen,  wetterleuchten  und  dergleichen  dinge,  die  das 
heubt  erscheilen,  auch  plölzlich  in  die  äugen  schimmern. 
BARTiscn  255 ;  dann  das  umbselzen  und  bewegen  erschrilll 
und  benimpt  den  jungen  pflanzen  ire  spitzen.  Sebiz  3Cfl ;  so 
im  ein  pferd  das  wei-^z  geiidcr  erschöllet  oder  verrncki  hat, 
das  es  hinket.  158;  das  es  den  bucg  oder  schnitcrblat  ver- 
nickt  und  erschöllt.  Seuter  334;  schl.ägl  mein  ros  hin  und 
trift  den  herzog  an  den  Schenkel,  erschellef  ihm  den  schen- 
ke!, dasz  s.  f.  gn.  auf  dem  ros  ohnmächtig  worden.  Schwei- 
NiCHEN  1,  89;  und  die  erden  sich  in  so  vil  hundert  jaren 
doch  an  einem  ort  erschöllen,  aufwerfen  odei'  einfallen  würde. 
Thurneisser  von  wassern  5; 

aer  sprach,  ich  bereitet  bin, 

die  erd  mit  starken  Sturmwinden 

zu  erscliütten  vorren  und  binden, 

alle  ir  gebew  zu  erscheilen 

und  die  weit  in  einander  leiten.    H.  Sachs  I,  256'; 

als  wir,  wir  wildes  volk  di's  hohen  liinimels  haus 

durch  schlangen  von  metull  und  mcusclienpiitz  erscheilen. 

Opitz  I,  51; 

der  mit  des  donners  macht  das  ganze  land  erschelll 

und  bis  zu  wurzel  aus  die  bäume  niedcrfiillt.    3,  2(1 ; 

wo  bin  ich?  ists  ein  träum,  heischt  mich  der  riclilor  vor? 

klingt  seine  rechtsposaun  durch  mein  erschalltes  ohr? 
Grtphics  1,  233; 

verleumbdung  kan  der  Unschuld  scbild 

zwar  wol  erscheilen.    Louenstein  Agripp.  SS,  440; 

und  kunst  hat  keine  kunst,  die  ein  crschellt  crystall 

der  ehr  und  zuclil  ergänzt.    Ibrahim  75,  134. 

ERSCHELLERN,  concutere,  effringere,  vgl.  anschellern:  in- 
dem aber  der  flusi  dieser  gegend  fast  tief  und  das  eis  bei 
vorgehabter  bearbeitnng  crschällert  einen  bruch  gewunnen. 
Philanper  1  Zueignung  4*. 

ERSCHELLUNG,  f  concussio,  effractio:  so  sich  wind  darin 
sanilelon  und  iren  gang  nit  haben  möchten,  crdbebunge  oder 
zerrütlunge  erheben  und  ziltrung,  bewegimg  und  erschellunge 
bringen  würden.    Tiukneisser  von  wassern  s.  6. 

ERSCHELTEN,  crtorquerc  jurgiis  et  malcdictü:.  Stieler  172«. 

ERSCHEPFEN,  hanrire,  ejchaurire,  ahd.  arscephan,  aber  mit 
starkem  praet.  arscuof,  pari,  pract.  arscaffan  (Grakf  (>,  440); 
nhd.  ist  die  schwaclie  form  auch  ins  jn-aet.,  umgekehrt  die  starke 
auch  ins  j>racsens  getreten,  worüber  mehr  unter  scbadert  und 
schöpfen,  sihe  nur  zu,  das  du  an  »tat  des  vcrdricszes,  so 
du  von  inen  erschepfest,  übest  dise  lusl  und  wolgefallen  in 
göttlichem  willen.  Lituer  1,  529";  also  balde  folget  denn 
das  Salomon  spricht,  er  wird  ein  wolgefallen  von  gott  cr- 
schepfen.  2,  17o';  das  man  in  heulen  und  klagen  künno 
tröstliche  und  frolichc  gedanken  des  lehens  erschepfen.  6,  80*. 
s.  erschöpfen. 

ERSCHEREN,  secernere,  segrcgare,  aussondnn,  aus  der  s'chtr 
nehmen,  ags.  äscirian,  ahd.  irscerian?  riivvo  (ruhe),  so  hat  dir 
got  gnade  verhciszen,  aber  des  morgenden  tagcs  bistu  nit 
von  im  ersrherl.    I\>ntus  04. 

ERSCHERREX,  corradere,  heule  orscharren.  das  organische 
praet.  ersrharr  begegnet  kaum,  uün  fmrt.  lautii  crschorren :  der 
bauch  verkocht  und  verzcrt  was  alle  well  gewinnet  «nJ  er- 
schirrl.  Frank  .tpr.  t.23";  was  mau  an  wilwen  und  weisen 
ersciiirrt.  A7.  weise  reden  337*.     s.  scheiren,  verschcrrcn. 

EHSCIIEUEN,  crpavere,  jmvere,  hvrrere.  erfiirchlen.  befürchten, 
srheuhen,  ahd.  irsciulinn,  mhd.  erschiuheii.  erst  mit  ,ur,,  ,f,r 
Sache,  dann  viit  i>riiejMt.sitionen : 

ineluhler  niu  drAto  sulirhcn>  dAlö.     "    IV  il. 

gar  hnric  sl  ab  Im  emehiut  (  :  lleriiiiuit    ^hr  rrM Miihii'. 


dag  diu  ros  crachi 


,.'r.      /IWi-iiii/  MTl. 


961 


ERSCHEUERN  -  ERSGHIESZEN 


ERSCHIESZEN—  ERSCHIESZLICH 


962 


erscheuen   mangelt  den   nhd.   Wörterbüchern,   hat  aber  kän  be- 
denken. 

ERSCHEUERN,  fwlire,  purgare.   Stieler  1767.     s.  scheuern. 

ERSCHICKE.N,  erkaufen,  erlauschen.    Tobler  172*. 

ERSCHIEBEN,  protrudere,  Stieleb  17S4:  das  pferd  kann 
den  karrn  nicht  erschieben,  furlschieben ; 

mhd.  in  was  erschoben  niht  der  balc.    Par:.  200,  23, 

den  abgemagerten,  rerhungerlen  strotzte  der  bauch  nicht; 
da  wart  maaec  verhouwen  hüt 
mit  unkunder  spise  erschobn.    Wli.  447,  29. 

ERSCHIENEN,  part.  von  erscheinen,  «n  der  bedeutung  ab- 
gelaufen, eingetreten,  fällig:  am  erschienenen  tag.  rgl.  ver- 
schienen ;  alle  erschienen  und  hinderstellige  zins.  Frankf.  re- 
form. U.  7,  5,  census,  quorum  dies  renii. 

ERSCHIESZEN,  ahd.  irsciojan,  mhd.  erschienen,  ags.  &sceotan. 

1)  in/r.  germinare,  progerminare,  icie  ersprieszen,  ahd.  ir- 
Epriojan. 

a)  ron  der  pflanze,  ertimpere:  da»  laub,  das  blatt  erschieszl, 
xhieszt,  schlägt,  bricht  aus;  so  sie  {die  kinder)  ein  wenig  er- 
schieszen  und  wachsen.    Petr.  109'; 

die  blätilein  läsit  erschieszen.    Spek  güldn.  tugeiiAb,  416. 

vgl.  anschicszen  2.    aufschieszen  1.   ausschieszen  6.   entschie- 
szen  1.    durchschieszcn  2,e. 

b)  viel  häufiger  für  gedeihen,  geraten,  helfen,  tcie  ersprieszen : 
mlul.  ir  spise  erschoß  in  also  wol, 

das  if  ^3?  'ß  wären  vol.    Greg.  3579; 
uns  ist  niht  wol  erschoj^cn 
geiücke  an  disem  morgen  vruo.    Ir.  kr.  1244S ; 
und  sei  mir  mit  wünsch  erschiejen.    MS.  2,  &9'; 
si  lie  der  weite  ir  erbe, 
die  kranken  mor^engäbe, 
die  raanic  törschiu  bäbe 
doch  uneeme  lieje, 

swie  ubiT  si  erschiene.    Martina  147',  66; 
nitd.  oren  melken  in  ein  kübel 

erscheuszet  manchem  menschen  übel. 

MLR>-£it  scliilmem.  40, 2  {Sdteible  S44) ; 

alle  strafen  mügen  nicht 

erschieszen  an  eira  bösen  wicht.    65,  7  [Scheilde  861) ; 

das  bad  erschosz  in  also  wol.    badenfart  A2; 

das  bad  ist  in  so  wol  erschossen.  Ki; 
so  hat  ewr  k.  mt.  noch  eben  vil  hofgesind  hie,  auch  pfeifer 
und  trumettern,  wo  cwr  k.  ml.  denselben  mit  gnediger  hilf  nit 
erschieszt  (frommt,  bcitpringt),  so  werden  ir  cllicii  mit  klag  und 
schänden  von  hin  müssen.  Chmel  Marimilian  j.  69  (a.  1495); 
und  wirt  uwer  k.  mt.  wol  erschieszen  mit  hilf  des  allmcch- 
tigen.  s.  7S  (a.  1495) ;  ob  dan  etwas  mündlich  zu  handeln  wer, 
daiin  ich  e.  k.  mt.  erschieszen  (nützen,  helfen)  möchl.  5.  1S3 
(a.  1497);  rent  und  gult  aufzupringen  habe  man  kein  Tieisz 
gespart,  aber  das  will  nicht  erschieszen.  s.  209  (a.  1499) ;  not 
sei.  das  man  an  einander  half,  oder  es  wirt  inen  beiden  nit 
wol  erschieszen.  s.  319  (a.  1509) ;  urtheil,  so  am  cammergericht 
gesprochen  und  in  ihre  kraft  gangen  und  dan  dem  behal- 
tenden thcil  nit  erschieszen  wollen,  reichsabsch.  ron  1512  §.  9 ; 
darümb  sieht  man  elwan  wie  es  so  wol  erschüszt  söllich 
gewunnen  gut.  Keisersberg  bilg.  196';  ein  ei  mag  dir  nicht 
erschieszen.  schimpf  u.  ernst  1522  cap.  53.  1550  cap.  50.  1555 
cap.  208;  ich  straf  und  lere  euch  alle  tage,  aber  noch  wil 
nichts  erschieszen.  Wickram  rollw.  39';  dem  ein  klein  hülf 
wol  erscheuszt.  Frank  sprichw.  1, 15* ;  alsdann  mag  er  dir  wol 
erschieszen  und  sonst  gar  nit.  Hltten  5,473;  ich  erkennen 
klerlichen,  das  auch  die  andern  leicht  den  besten  rath  geben, 
von  dem  mir  guis  erschieszen  mag.  Aimon  ml';  auch  wes 
er  inen  zu  gutem  erschieszen  het  künden  (können),  das  wer 
er  von  gutem  herzen  willig  gewest.  o2*;  wann  in  zweien 
tagen  habent  sie  noch  ich  nichts  gessen,  das  uns  zu  gul 
erschossen  were.  x5*;  wo  ich  meiner  gn.  frauwen  in  einem 
solchen  fall  erschieszen  möchte,  mir  warlich  ein  sondere 
freud  bringen  würde.  Galmy  280;  und  ist  das  Unglück  den 
Cattis  zu  einer  Weisheit  und  klugheit  erschossen  (Chattis 
victoribus  fortuna  in  sapientiam  cessil).  Mictlls  Tac.  44S* ;  und 
hab  den  baisam  also  warm  uf  die  brücb  geleit  einer  haut 
breit,  das  hat  mir  allweg  gar  wol  erschossen  und  hat  den 
bruch  gekrefliget.  Gehsdorf  50;  das  selbiges  bei  den  ver- 
wundten  groszen  nutzen  gescha£fct  und  ihnen  zur  genesung 
wol  erschossen  ist.  Würtz  26;  sonst  ist  kein  sonderlicher 
vortheil  bei  solchen  wunden  zu  gebrauchen,  allein  dasz  die 
wundwasser  sehr  wol  erschieszen  und  ganz  nutzlich  gebraucht 
werden.  109;  do  dan  sümlichs  fürnämlich  dir  zu  gutem  er- 
schieszen mag.  Plateb  1 ;  als  nun  min  sun  und  Madien  3  jar 
bei  mir  gsin  waren,  bcgärten  si  olein  zu  wonen,  für  sich 
III. 


selber  hus  zuhalten  und  etzwas  zu  überkummen,  welches 
den  inen,  golt  si  gelobt,  wol  erschossen  ist.  llO;  aber  so 
wir  misbrauchen  den  glauben  und  glauben  dahin,  das  un- 
serm  nechstcn  zu  argem  erscheuszt.  Paracelscs  1,90";  die 
den  nechsten  zu  gutem  mögen  erschieszen.  1,282';  denn  wo 
schwere  end  und  nachschnalz  zu  besorgen  seind,  fleisz  difti 
(vundarzl)  im  anfang  desler  gewisser  fürsichliger  zu  handien 
nnd  zu  erschieszen.  cAJr.  sehr,  ll';  ob  was  nützers  andern 
hieraus  erschieszen  oder  geschepfl  möcht  werden.  Fro.nspebger 
kriegsb.  1,  torr. ;  denn  wenig  pulfers  erscheuszt  bei  groszem 
geschütz  nit  vil.  1,7.3";  denn  solche  schifbrücken  eim  ganzen 
beer  und  feldzug  anderorten,  da  es  von  nölen,  zur  fürderung. 
nutz  und  gutem  erschieszen  mag.  1,  7S';  ob  etwas  aus  ihm 
zu  erforschen,  so  dem  häufen  zu  guten  erschieszen  möchte. 
1,43*;  es  were  auch  allwcgen  besser  etwas  anders  für  die 
slocklisch  und  plateisle  in  einer  besatzung,  dann  es  kost 
viel,  verdirbt  bald  und  erscheuszet  übel.  1, 128* ;  was  noch 
zu  diesem  rilter  und  reuterrechlen  möchte  nutz  und  dienst- 
lich erschieszen  und  aber  hiebei  vergessen  und  nicht  ein- 
verleibt worden.  3,  lO';  dasz  es  zu  abwaschung  eigener  Sün- 
den erschiesze.  bienenk.  101*;  wiewol  die  sach  also  geschaflTen, 
dasz  je  mehr  man  sie  erholet,  kornschütlell,  erbeutelt  und 
rcmembricret,  dcsraehr  euern  herlichkeiten  zu  ergelzlichem 
wolgefaJlen  soll  erschieszen.  Garg.i^';  berührte  Ordnung  hat 
meinem  hcrren  Pantagruel  nicht  ein  kleines  zu  aufbringung 
seiner  land  erschossen,  groszm.  13;  dasz  solches  kurzweilig 
ehrlich  exercilium  im  lichten  mir  und  andern  nit  schädlich, 
sondern  viel  mehr  fruchtbarlich  erschossen,  ganskönig  vorr.  7' ; 
sintemal  sich  befunden,  dasz  solche  räuchwerk  in  sierbens- 
läuflen  wol  erschossen  sind.  Sebiz  S  ;  wann  maus  schon  wil 
zu  wisen  und  weiden  brauchen,  erschieszl  es  doch  nichts. 
24 ;  das  das  brot  besser  aufgeht  und  erschieszet  (gedeiht).  48 ; 
gott  höret  uns  und  es  erschosz  uns  glücklich.  Scberers  wund- 
segen.  Ic95.  g4.  Maaier  hat  116'  erschieszen  zu  gutem,  bona 
esse,  Luther  scheint  diese  so  geläufige  bedeutung  des  trortes  nicht  zu 
kennen,  im  11  jh.  beginnt  sie,  gleich  der  ron  beschieszen  (1,1568), 
auszusterben  und  ist  im  18  völlig  erloschen.  Scbmelleb  3,  409 
belegt  sie  aus  baiiischen  landlagshandlungen.  auch  bei  Stieler 
1788  steht  noch  erschieszen  juvare,  prodesse.  Stalder  und  Tobler 
geben  es  nicitt  mehr,  eins  der  letzten  beispicle  gewährt  Opitz  2, 179 : 
acb  ach,  dasz  kein  vergieszen 
der  tbränen  und  kein  wort,  kein  seufzen  kan  erschieszen. 

2)  tr.    erschieszen,   telo,   glande  plumbea  trajicere:    ahd.  er- 
sco5en  wurlen  mit  tien  dunerstralon  (GflArr  6,561); 
mhd.  mir  hat  her  Gerfaart  Atze  ein  pfert 

ei-schoijsen  zisenache.    VValtheb  104,8; 

man  kös  in  baj,  dann  &  da^  erschoj^en  tier  wunde. 

Tit.  161,3; 

Göjwin,  hab  den  bengst  her  dan, 

wirt  er  dir  erschorjen, 

ich  gap  dir  unverdro^jen 

ein  phuDt  vert  dran  ze  stiure.    Helbl.  15,  279; 

nhd.  da  Lamech  Chain  zu  tod  erschosz.  Frani  iceltb.  170"; 
dieselben  dri  länder  mengen  grafen,  herren  und  edelknecbt 
oft  wol  erschossen.    Tschcdi  1,  271 ; 

der  landvogt  ist  von  einem  pfeil  durchschossen, 
'wer  ist  erschossen?'  Scbilleb  546'; 

sie  haben  den  ausreiszer  zum  erschieszen  Terurtheilt;  er 
erschosz  seinen  gegner  im  Zweikampf;  sich  selbst  erschieszen ; 
das  ist  zum  erschieszen,  hoc  laedium  creat  vilae.  Serz  38*; 
das  ist  zum  erschieszen  schön.    Kleist  1,  civiii. 

ERSCHIESZLICH,  1)  frucluosus,  ulilis,  ersprieszlich,  nach  er- 
schieszen l :  und  solcher  widerstand  nicht  wol  erschieszlich 
beschehen  mag.  reichsabsch.  ron  lb2^,  Zi ;  aus  keiner  endlichen 
erschiesziichen  e.\eculion  im  heiligen  reich,  daselbst  24 ;  damit 
ein  theil  dem  andern  zu  hülf  kommen  und  erschieszlich  sein 
möcht.  reichscdfsdi.  von  Kfzlingen  1526,  8 ;  nichts  fruchtbars 
oder  erschieszlichs  hat  gehandelt  werden  mögen,  reichsabsch. 
von  1527, 12;  am  nützlichsten  und  erschiesziichslen.  reichsabsch. 
von  1529, 17 ;  si  meintend,  dasz  hierdurch  si  ze  beiden  teilen 
einandem  nutzlich  und  erschieszlich  sin  mochtind.  Tschcdi 
1,  640 ;  im  wer  auch  ewer  darreiten  nit  erschieszlich.  Aimon 
q6*;  gott  wolt,  ich  meiner  gn.  frawen  erschieszlich  sein 
möcht.  Galmy  261;  das  wird  jedermann  erschieszlich  sein, 
Hltten  5,  264;  das  uns  anncmlich  sei  und  erschieszlich. 
Paracelscs  2,  415';  dise  wurste  hielt  er  für  bcisziger  .  .  . 
auch  für  magensliliigcr,  genieszlicher  und  erschiesziicher  als 
das  weibergepräng  und  den  meidleinschlerk,  den  man  mit 
spitzen  fingern  und  messern  fürlegl.    Garg.  54'. 

61 


963 


ERSCHIFFEN—  ERSCHLAFFEN 


ERSCHLAFFER  —  ERSCHLAGEN 


964 


2)  Irajiciendus,  nach  erschieszen  2 :  der  auerhahn  ist  leicht 
erschiesziicb,  wenn  er  falzt; 

iwar  beendigt  ist  der  lirie^, 

duch  die  liriegsgerichte  blieben, 

und  CS  hcisxt,  du  babcst  einst 

viel  erschiesilicbcs  geschrieben.    Hei:«b  romamero  159. 

KRSCHIFFEN,  enarigare,  navigando  attingere,  acquirerc:  als 
wir  nun  ncwer  land  bei  tausenl  und  achthundert  lege  (meilcn) 
erschiflen  hiniiberwerts  der  newen  land,  so  wir  erfunden 
hellen.    Fbanr  vellb.  218*; 

tod,  schmerz  und  krankheit  wird  ergraben  und  erschifl. 

tiALLER  144; 

ehre  und  beute  erschilTen.    Stteler  1792. 

F.nSCHlLLERN,  vario  colore  micare:  die  wieso  erschillert 
in  hu n lein  grün. 

ERSCHI.MMELN,  mtieesccre,  vgl  Tcrschimmeln : 

ich  liesz  es  ee  erschimmeln 

und  ee  ich  dir  gab  ein  rindelein,    bergreien  80; 

Ich  wolt  im  sein  alt  groschen 

iwar  nit  erschimeln  lassen,    fastn.  110,3; 

da  fiind  er  hrot,  war  alt  (qant)  erschimclt, 

Hinkend  fleisch  das  von  maden  krimelt.    H.  Sachs  I,  442". 

EHSCHIMMEHN,  coruscare :  sein  heim  erschimmert  wie  das 
fewr.    J.  YüCEi.s  ungr.  schlacht.  1G2C.  s.  80 ; 

doch  seh  Ich  die  gebeine 
«m  nackten  felsenufer  wcisr  crschininiern.    Tuck  2,  71. 

ERSCHI.MPFEN,  cvnriciis  oblincre:  gelangtes  hr.  Klotzen, 
sich  einen  anhang  zu  erschimpfen,  und  einen  noch  grüszern 
sieh  zu  erloben.    Lessixg  S,  203. 

ERSCHINDEN,  cxcarnificare,  piaet.  erschund  für  crschand, 
pari,  erschunden:  denn  was  sie  mit  ablasz,  bullen,  beichl- 
bricven,  butterbricven  und  andern  confessionalihus  haben  in 
allen  landen  gestolen,  noch  sielen  und  erschinden,  acht  ich 
als  nickwerk.  Lutiikr  1,297';  wie  denn  etliche  unser  jün- 
kerlin  gcthan  haben,  sonderlich  den  reichen,  da  sie  haben 
etwas  vermeint  zu  erschinden.  3,318*;  gott  kan  die  strafen, 
so  es  mit  unrecht  erschunden  haben.  4.,'i2S';  siehe  die  unter 
errollen  aus  Garg.  26*  gehobne  stelle;  erschinden,  mit  schinden 
und  schaben  überkommen.  M.\ai.er  11(5';  was  wir  lange  er- 
schunden und  erschabt  haben.    W'eini.  jb.  2,73; 

was  die  alten  mit  quinllcin  erschunden, 
rerthun  die  jungen  mit  centner  und  pfänden.     Otho  872; 
dein  übcrprachlig  grab,  das  schwer  erschun^icn  geld 
und  armer  leute  schweisz  und  ihrancn  aufgestellt. 
GavPiias  2,  4S7 : 
was  Cajus  ein  liesz  kaufen, 
gibt  Sejus  lustig  aus.    was  Mnrius  erschund, 
verschwendet  Tilius.    dis  ist  der  alte  bund, 
dasz  kein  gewonnen  geld  bei  einem  müsse  rasten.    2,507; 

das  ist  lauter  erschundenes  geld,  niederträchtig  ertrorbenes ;  noch 
nicht  die  lifilfle  von  dem  erschundnen  gclde.  vgl.  Frisch  2, 1S4". 
ERSCHL.\FEN,  l)  inir.  ohdormiscere ,  entschlafen:  und  liub 
sein  hend  auf  in  den  liiniel  und  sprach,  nim  mich  ans  dem 
keiker  meines  leibs,  deinem  namcn  zu  lob,  und  in  dem  er- 
schlief er  giir  süsziglichen.  summerlcil  der  hedigenleben.  tiürn- 
berg  1475.  1.'.*. 

2)  tr.  dormilando  assequi:  er  hat  seine  gesundheit  erschlafen. 
Stieler  1804,  hat  sicli  gesund  geschlafen; 

so  sah  der  erste  mensch  im  ersten  träum  sich  wippen, 

und  stieg  und  fiel  bald  hoch,  bald  tief, 

und  wüste  nicht,  welch  glück  er  sich  erschlief.    Tuümbel  8, 17; 

in  einem  schlechten  Wirtshaus  erschlafen  wir  nun  den  mor- 
genden tag.    GöTiiB  16, 240. 

ERSCHLAFFEN,  II  inIr.  elanguescere,  lorpescere,  dissoln,  ahd. 
arslafAn  (Grait  6,804):  die  kntfle  erschlaffen;  der  inagc  ist 
erschlaft ;  die  erschlalTendc  aufmerksamkeit ; 

kehre  heim  zu  den  schiffen,   nachdem  ich  erschlaft  von  dem 

streite.    //.  1,  168; 

jener  «pracbi,  und  sofort  erschlaflcn  ihr  herz  und  knie. 

Od.  4,  703 ; 
mach,  0  feuchter  hauch  der  weit, 
diese  saiten  nie  ersrhlalTcn.    RiJCKOT  283; 
ich  sah  die  zeit  crschlalTen 
und  blieb  kaum  selber  stark.    187. 

2)  tr.  relaxare,  mullire:  die  krüflc  erschlaffen,  schwächen, 
herunterbringen.  Kant  3, 401 ;  ganz  ungegründet  ist  es,  dasz 
die  schonen  künstc  die  scele  erschlaffen.    Schiller  ...; 

eine  kraft, 
die  sich  dorcb  nichlgebrauch  verzehret  und  erscbtan. 
r.imr.n  I,  167. 
ERSCHLAFFEN,    umlautende  form    dct   vorausgelirnden    in- 
transtlttumt :  so  scbHIIen  sie  wasser  (über  dw  haut)  und  lassen 
•te  gefrieren,  so  bangt  das  eis  so  hart  auszrn  an  dem  honr, 


dasz  CS  vom  schweisi  und  arbeit  dessen,  der  die  haut  an- 
tregt,  nicht  erschlaffen  kan.    Froxsp.  3, 149'. 

ERSCHI^AFFER,  m.  laxator  tyntpani,  ein  ohrmuskel:  der 
grosze  und  kleine  erschlaffcr  des  trommelfells. 

ERSCHLAFFL'.NG,  f  torpor:  die  erschlaffung  des  deutschen 
reichs. 

ERSCnL.\GEN,  cacdere,  occidcre,  pcrculere,  ahd.  arslahan, 
irslahan,  mhd.  erslahen,  erslän,  ags.  Sslc;'in.  Frisils  und 
Maaler  hallen  noch  die  organische,  den  inf.  erschlahen  vom  pari. 
erschlagen  sondernde  form  fest. 

1)  meistens  todschlagen,  menscitcn  oder  thiere: 
mhd.  dö  ßr  den  wurm  ersluoc.    Iw.  3S65; 

si  mfiejen  iuch  Iftjen  vri, 

ode  ich  erslalie  si  alle  dri.    434S; 

jft  ist  von  Niderlanden  der  küene  Stfrlt  erslagen.    Nib.Wi,  4; 

6j  lit  vor  dem  gademe  ein  rtter  tot  erslagen.    948,  3; 

nhd.  sehr  oft  in  der  bibcl:  ich  hab  einen  man  erschlagen  mir 
zur  wunden  und  einen  jüngling  mir  zur  beulen.  1  iVo.«.  4, 23 ; 
und  da  er  sähe,  das  kein  mensch  da  war,    erschlug  er  den 
Egypler.  2  Mos.  2,12;  erschlug  der  herr  alle  erste  gehurt  in 
Egyptenland.    13,  15;    wer  aber  ein  vieli  erschlegt,   der  sols 
bezalen,  leib  umb  leib.  3  Mos.  24,  IS;  es  wird  sich  nicht  legen 
bis  es  den  raub  fresse  und  das  blut  der  erschlagenen  trinke. 
4  Mos.  23,  24;    wie   sind   die   beiden   so  gefallen  im  streit? 
Jonathan  ist  auf  deinen  hohen  erschlagen.  2  Sam.  1,25;  deine 
erschlagenen    sind    nicht    mit    dem   schwert  erschlagen.    Es. 
22,  2 ;  er  het  in  des  Streichs  erschlagen.    Fierabras  B  6 ; 
man  sol  dir  deine  lend  erschlagen.    Atrer  59'; 
ich  selber,  wiss  es,  ich  erschlug  den  bruder, 
in  ihren  armen  überrascht  ich  ihn.    Sciuller  512*. 

die  achzchen,  auf  welche  der  Ihurn  in  Biloba  fiel  und  er- 
schlug sie.  Luc.  13,4;  der  stürzende  bäum  erschlSgl  einen 
mann ;  der  blitz,  der  donncr  hat  einen  menschen  erschlagen ; 
von  der  straal  erschlagen  werden ,  ictu  fulminis  concidere. 
Maaler  116';  auf  das  in  nit  der  stral  erschlug.  Garg.  117'; 
mit  der  mordax  erschlagen  werden,  bipenni  cadere;  alles  in 
der  statt  erschlahen  und  verbrennen,  urbeni  cruore  et  flamma 
delcre.    Maaler. 

2)  fruchte  und  andere  gegenstände  erschlagen,  niederscMagm, 
zu  boden  schlagen:  und  wenn  gleich  der  hagel  alles  getreid 
erschlagen  bette.  Luther  4.506";  wann  der  hagel  alles  er- 
schlagen hat,  ist  das  wctlcrleuten  zu  spat.  Fisciiart  groszvt. 
127;  das  feuer  des  neids  hat  seine  dächer  verbrannt,  sie 
sind  übereinander  gestürzt  und  haben  die  mauern  mit  er- 
schlagen. GöTHE  42,205;  ein  holz  erschlagen,  silvam  caederc, 
vastare.    Frisch. 

3)  erschlagen,  einschlagen:  bergmännisch,  ein  gcbäudc  er- 
schlagen, in  es  einschlagen,  durchschlagen ;  bisweilen  erschlegt 
man  auch  ins  fewr,  als  do  steinkol  bricht,  welcher  unter 
der  erden  kolet  (verkohU),  wie  holz  in  einem  verdeckten  und 
bestürzten  meiler.  Mathesius  141*=  1562,201*.  aucJi  für  an- 
scldagen:  die  kluvier  sind  so  hart,  man  kan  sie  kaum  er- 
schlagen.   Stieler  1S21. 

4)  abslractionen  sind  hauptsächlich  für  das  pari,  praet.  üblich: 

nthd.  ilcm  kciser  und  dem  küncgo  ist  hi^lfe  an  im  erslagen. 

MSH.  3,  19»; 
wir  mücjen  iemcr  sin  erslagen 
an  (ren  und  an  guote.    (r.  Ar.  12432, 

zu  gründe  gerichtet;  die  forcht  machet  einen  menschen  also 
erschlagen,  das  er  verzweiflet  und  erligt.  Keisersberg  irr. 
seh.  f4;  erschlagen  und  Irurig  machet,  bilgir  59*.';  denn  ich 
bin-  arm  und  elend,  mein  herz  ist  erschlagen  in  mir.  ;«. 
109,22;  gebet  es  inen  übel,  so  sind  sie  gar  erschlagen  {zer- 
schlagen, niedergeschlagen)  und  verzagt,  mehr  denn  kein  weih. 
Luther  5,312*;  denn  weil  er  gleubl,  das  gott  beide  einen 
himel  und  helle  hat,  erschrickt  er  bald  für  goltes  rom  und 
wird  ein  blöde,  erschlagen  mensch.  6,228*;  du  soll  in  Un- 
glück und  nrmul  nicht  erschlagen  und  kleinmütig  werden. 
Frank  chron.  26*;   kleinmütig  und  erschlagens  herzens ; 

erschlagen  bin  ich  ganz  und  gar, 

das  ichs  nit  hinderdenken  thar, 

mein  herz  müst  mir  zil  stuck  zerspallon, 

du*  weinen  kan  ich  nit  verhallen. 

FinKitLii«  *pit  rom  iMtarM*  CT; 

odr  seind  euch  sonst  so  schwere  sarhrn 

llzt  kiimen  Oir,  die  «uch  so  machen 

bcküniert  und  so  gar  erschlagen.     RE»iiti  *•,  II  ; 

wie  hat  mich  ilzt  diser  gang 

gmncht  so  mnii  und  irar  rrschingn, 

gleich  Sil  bcU  Ich  schwer  getragn.    31 ; 


965      ERSCHLAGENIIEIT  —  ERSCHLEICHEN 

scbad  ists,  das  ihr  erschlagen  {uicdeigedi ückl ,  belastet)  seit 
mit  disem  nlteii  nagenranlt.  Atrer  450*; 
wer  mit  einer  solciien  {maod)  wird  erschlagen, 
der  weisz  von  ungliick  wol  zu  sagen.  II.  Sachs  I,  509'; 
der  mit  tim  solchen  weih  ist  erschlagen.  III.  3,  31*; 
die  forcht  und  der  schräck  hat  die  lierzen  erschlagen.  Maaler 
IIG';  verzagt  und  erschlagen  sein,  fracto  animo  et  dcmisso 
esse;  von  traurcn  und  kumber  ganz  erschlagen;  an  glidcien 
Ton  groszer  arbeit  ganz  erschlagen  und  ausgcmaciit,  menibra 
muito  labore  jam  fractus;  ein  erschlagen  und  schwach  gniiit 
von  leid  und  kunimer.  daselbst;  dasz  er  in  ungliick  oder 
widerWertigkeit  nicht  erschlagen,  nicht  weich,  oder  weibisch 
oder  forchtsam  sei.  Thlrseisser  magn.  alch.  von.  s.  7;  dise 
llombinen  haben  auch  ire  krankheiten,  wie  die  gemeine 
honigbincn,  und  sind  insonderheit  geplagt  mit  dem  durch- 
lauf des  bcutels  und  mit  der  geldsucht,  und  alsdan  sind  sie 
gar  erschlagen,  bienenk.  242';  ein  erschlagen  gemiit,  animtts 
unxius.  Stieier  1S21.  später  unfiblicli  und  vertreten  durch  nieder- 
schlagen, zerschlagen,  dock  liest  man  noch  bei  Pestalozzi 
2,16:  er  konnte  nicht  mehr  reden,  aber  er  sah  sie  alle  so 
wehmütig  und  erschlagen  an,  dasz  jedermann  weich  ward. 

ERSCHLAGENHEIT,  f.  animiis  demissus.  niedergeschlagenheit. 
Keisersberg  sieben  schu-eiie.    s.  d.  m.  55'.    bitg.  80*. 

ERSCHLAGL'NG,  f.  l)  caedes,  strages.  Stieier  1821:  was 
Sterke  wirdet  dem  Golia  zugemessen,  so  David  in  seiner  er- 
schlagung geachtet  ist,  als  ob  er  zehen  tausent  mann  erschla- 
gen hett.    Aimon  vorr. 

2)  animi  demissto,  niedergeschlagcnhcü. 
ERSCHLA.MME.N,   scatere  illurie.    Stieler  1S26:     die  wiese 
erschlammt,  verschlammt. 

ERSCHL-\PrEN.  eiHj/eJ» «n^nc  nd. /orm/T/r  erschlaffen:  eine 
überaus  edle,  freie,  männlich  grosze  seele,  voll  gesiindheit 
und  ruhe,  durch  keine  versengende  oder  erschlappende  lei- 
denschaft  entstellt.  L.water  fragm.  9,17  s.  121;  durch  die  ge- 
wohnheit  immer  süsze  lehre  leicht  zu  empfangen,  erschlappt 
bei  den  meisten  das  talent  selbst  zu  suchen.  Lichtend.  4, 1S<«. 
ERSCHLAPPUN'G,  f.  ^enso  für  erschlaffung :  mäszige  und 
freiwillige  enihaltung  ist  das  sicherste  verwahrungsiniltel  gegen 
übeidrusz  und  erschlappung.    Wieland. 

ERSCHLEICHEN,  l)  tr.  refiendo  asseqiit,  oppnmere,  mhd. 
eislichen : 

so  die  jugent  ersucht  der  tot.    Haupt  1,523; 
daj  Troie  von  zwein  gröjen  hern 
ersuchen  und  gewunnen  ist.    tr,  kr.  11800; 
erslichent  (dam  oppressistis)  sine  stat.    18051. 
nhd.    durch    schalkheit  der  menschen  und  teuscherei,   damit 
sie  uns  erschleichen  zu  verfiiren.  £/iA.  4. 14;  auch  zeigen  sie 
uns  an,  das  die  schedlich  lutherisch  sect  so  vieler  Deudschen 
gemiit  als  ein  tödlich  gift  einzel  erschlichen  und  cingeiromen 
hab.    Lltiier  2, 177' ;    aber   wir  sollen  wacker  sein  und  uns 
den    faulen  überdrusz  nicht  lassen  erschleichen,    br.  2. 393 ; 
{die  Schildkröte  ruht  nicht)  bis  sie  das  angesetzt  ziel  erschlei- 
chet. Fischart  f/iz.  54;  die  katze  hat  eine  maus  erschlichen ;  ein 
wild  erschleichen ;  das  alter  erschleicht  uns;  wir  wissen  nicht 
w  ie  uns  der  tod  erschleicht ;  ich  will  dich  schon  erschleichen ; 
ich  musz  der  zeit  erbeilen, 
hisz  ich  das  glück  erschleich.    Uula<«d  584; 
aus  eigensinn  zum  haume  werden, 

wann  treue  Sehnsucht  uns  erschleicht.    Hagedorn  2,  76; 
so  schlüpft  die  keusche  oreade 
dem  satyr  aus  der  band,  der  sie  im  bad  erschlich. 

Wieland  9,  U; 
und  soll  ich  dir  noch  einen  vorzug  sagen, 
den  unvermerkt  sich  dieses  lied  erschleicht?    Göthk  9,  147; 
ach  die  gerahr  erschleicht  auch  schwache.    10,  21; 
wer  sich  was  erschleichen  will, 
erschleiche  »ichs  auf  seinen  eignen  zehn.    10,  219. 

man  sagt  ein  amt,  einen  befchl,  ein  privileg  erschleichen; 
oft  trotzet  fauler  stolz  auf  ein  erschlichnes  amt.  Kästner  1,108; 
da  sprachen  wir,  erschlichen  ist  der  brief, 
kein  kaiser  kann  was  unser  ist  verschenken.    Schiller  529»; 

auch  im  philosophischen  Sprachgebrauch,  einen  salz,  einen  begrif 
erschleichen:  viele  begriffe  entspringen  durch  geheime  und 
dunkle  Schlüsse  bei  gelegenheit  der  erfahrungen  und  pflanzen 
sich  nachher  auf  andere  fort,  ohne  bewustsein  der  crfah- 
rung  selbst  oder  des  Schlusses,  solche  begriffe  kann  man 
erschlichene  nennen.  Ka.nt  3,50.     erschlichene  sälze. 

2)  inir.   ^cich   dem   lal.    obrepere   mit   dem  dat    der  person. 
mhd.  son  bete  man  erslichen 

im  niht  an  sin  in.    tr.  kr.  12.')82. 
für  diesen  gebrauch  gibt  es  keine  nhd.  belege. 


ERSCHLEICHER  — ERSCHMECKEN        966 

ERSCHLEICHER,  m.  venator.    Stieler  1835. 

ERSCHLEICHUNG,  f.  nach  allen  bedeutungen  des  rerbums. 
der  fehler  der  erschleichung,  ritium  subreptionis ;  eine  von 
Fichte  eingeführte  und  seitdem  habilitierte  erschleichung  liegt 
im  ausdruck  'da^  ich'.    Scdopemhacer  parcrga  u.  parall.  2, :}":. 

ERSCHLEIFEN,  exjxilire,  durch  schleifen  bcarbeäen. 

ERSCHLEIMEN,  pituita  rodundare:  die  brusl  erschleimt. 
Stieler  1S37. 

ERSCHLEISZEN,  ßndere,  scindere,  federn  erschleiszen, 
schleiszen.     ags.  äslllan. 

ERSCHLEPPEN,  atlrahere,  heransclileppen :  die  lenden  thiin 
mir  so  weh,  dasz  sie  mich  kaum  eischleppen  können.  Schocii 
stud.  leben  K;  alles  was  ich  von  geschirr  erschleppen  koiinle. 
GöTnE24, 14;  ich  kann  mich  kaum  erschleppen,  fessum  corpus 
rix  trahere  possum. 

ERSCHLEL'DERN,  funda  exculere,  tnil  der  scJdeuder  treffen, 
erreichen. 

ERSCHLIESZBAR,  quod  recludi,  concludi  fjtAest,  uas  eröfnet 
und  er.<chlossen  werden  kann. 

ERSCHLIESZBARREIT,  /. 

ERSCHLIESZEN,  reserare,  rccludere,  enlschlieszen,  aufschlieszen. 

1)  das  thor,  den  schrein.  kästen  erschlieszen. 

2)  der  lenz  erschlieszt  die  blumen ; 
violenglöckchen,  die  der  frühe  lauer  hauch  erscbloBZ. 

Kosegarten; 
wie  ich  in  die  erschlossenen  kelche  blickte.  Betti.xe  lageb.  80. 

3)  einen  gedanken,  den  sinn  eines  spruchs,  ein  rätsei, 
geheiranis  erschlieszen;  ein  gebet  erschlieszen;  das  sehr  er- 
schlossen inbrünstig  ruefen  und  bitten  zu  gott  dem  allmech- 
tigen  vviderumb  in  übung  gebracht  und  getiiben  weiden 
möchte.    Froxsp.  3, 19*. 

4)  den  eingang  ia  eine  lehre,  ihr  weites  feld  erschlieszen ; 
0  tbeurer  freund,  o  treuster  der  genossen, 

hier  bist  du  todt,  im  himmel  lebt  dein  geist, 

wo  gottes  hnld  ein  leben  dir  erschlossen, 

das  weder  glut  noch  frost  dir  je  enireiszt.    Gries  .4 r.  JJo/.  43, 170. 

5)  sich  erschlieszen,  offenbaren,  dargeben: 
bedenk  ich  dann,  wie  manches  jähr 

sich  schon  mein  sinn  erschlieszet.    Götue  2,  191 ; 
die  gcfühle  sich  erschlieszen 
und  die  wünsche  sich  ergicszen.    2,34; 
ja,  .Anna,  ohne  rückhalt  soll  vor  dir 
das  herz  der  schwesier  sich  erschlieszen.    Schiller  37'. 
ERSCHLINGEN,  dcvorare,  glutire,  verschlingen,  m/id.  erslinden : 
alse  jenre  Leviathan 
s6  girliche  irslunde 

den  menschen  äne  sunde.    Hartiia!«  vom  glauben  647; 
man  eicht,  einer  hab  erslunden 
beckelhüb  und  slappen  dran.    Ls   3,  327. 
nhd.  man  sagt,  dasz  die  erde  einen  menschen  erschlungcn  habe. 
ERSCHLUCHZEN,  conslerni,  percclli,  eigentlich  singuitu  confici  : 
ir  herrn,  wie  seid  ir  all  erschluchzt? 
ist  keiner  under  euch  der  juchzt.    II.  Sachs  I,  27'; 
hört  wir  von  weiten  etwas  krastlen, 
ira  holz  durch  das  gestrcusz  her  prastlen, 
des  wir  erschluchzten  beide  fast.    I,  103»; 
ich  war  erschluchzet  ganz.    I,  273'; 
jederman  ist  ob  dir  [kjaiihheii)  crschlucbrt, 
ob  mir  ((jesundheit)  man  frolich  schreit  und  juchzt.    4ti2'; 
abschewlich  war  ihm  sein  antlitz, 
samb  het  er  weder  sinn  noch  witz, 
verzweifelt,  erschluchzet,  erschlagen.    468'; 
bist  so  erschlucbzet,  bleich  und  gelb.    III.  I,  107'; 
ich  bin  gleich  erschluchzt  und  verzagt.    III.  1.  122"; 
Erifile  erschluchzt,  redet  leise  auf  eine  seile.  Birken  Murgans  l^Ct. 
ERSCHLUCKEN,    glutire:    der   hund   nagt  am  beiii,   wenn 
eis  nicht  gar  erschlucken  kan.    Lehmann  1, 331. 
ERSCHMACHTEN,  sitienter  expclere: 
ihrer  liebe  nectar  missen, 
hiesz  in  dürren  wüstenein 
einsam  mich  verlassen  wissen 
und  den  tod  erschmachten  müssen 
in  des  dnrsles  heiszer  pein.    IIörgkr  75*. 
ERSCHM.\LE.N,  repiehensione  proficcre.    Stieler  1861. 
ERSCHMAUCHEN,  ex  infidiis  obserrare.    Stieler  1SC8. 
ERSCH.MECKEN,  odorari,  gustare,  viltern: 
mhd.  sweihe  würra  sint  eiterhaft, 

von  des  selben  tierlines  {ecidemon)  kraft 
hant  si  lebens  dechcine  vrist, 
swenn  ii  von  in  ersmecket  ist.    Part.  73C,  14; 
diV  häter  gebrätin 

äle,  die  irsmacte  Isingrin.    üeinh.  647; 
unz  er  ein  tier  ersmahtc.    Iw.  3SSö; 
nhd.   in   dem   ersten   schlaf  der   nacht   er   wol  bei  zwenzij? 
wölf  ersähe,   und   alsbald   sie    das   ros    erschmackten,   alle 
darumb  waren.  Bocc.  1,272'  (Stei.nh.  332,21  ersmcckfen); 

61* 


967        ERSCHMEICHELN  —  ERSCHNAPPEN 

mein  pferdlin  mirh  ersrhmnrkt  hat, 

uud  hub  Ireuntlichen  nti  uinl  schrei.    Wickrau  irr.  Lilij.  5C; 

so  wirl  in  denn  erschnieclien  bald 

der  trach,  der  in  der  holen  leit.    H.  Sacus  III.  2,234'; 

war  ich  nit  gar  ein  esel  gsin, 

so  bätt  ich  sulchs  crsclimöckt  vorhin.    Funkbuns  Lazarus  CO'; 

der  erschmackle  oder  versuchte  geist.  Keisersberc  palernoster 
G4;  wer  die  warheil  erschmackt  hat,  wirt  nimnior  danon 
fallen.  Frank  f/iron.  4S7';  den  geiz  haben  nun  die  herrn  uud 
die  stell  erschmeckl.  Orerlim  :ir)l ;  schwiniinen  so  lang,  his 
sie  den  boden  und  gslad  erschmecken.  ForerCO';  gleichwie 
es  niagisler  Genlian  sehr  nasweislich  erschmackt  hat.  Fisciiart 
bienenk.  172" ;  sie  erschniacklens  alles  durch  ein  lollhafen, 
der  neun  heul  hat.  Gary.  22S*;  wenn  man  es  einmal  er- 
schmeckl hat,  semel  dtilcedine  capta.    Serz  3S*. 

ERSCHMEICHELN,  cblandiri:  sich  jemandes .  gunst  er- 
schmeicheln ;  wenn  schon  zuweilen  ein  Varro  eine  unver- 
diente würde  erschmeichelt.    Hallers  Fabius  S8 ; 

soll  dir  der  richtcr  lob  wahrhaftig  ehre  bringen, 
erschmeichle  dir  es  nicht,  du  kanst  es  dir  erzwingen. 

Kästker  I,  83; 
und  wenn  die  frau  von  ihrem  mann, 
was  sie  nur  will,  erschmeicheln  kann.     Gökinck  1,  131; 

aber  wenn  er  nun  kommt  mit  der  larve  des  heiicbicrs,  euer 
miticid  erweinl,  eure  Vergebung  erschmeichelt.  Sciiiileh  105'; 
sie  wurde  in  vielen  hausern  nicht  angenommen,  die  sonst 
ihren  umgang  erschmeichelt  hallen.  Arnim  1,209;  sie  wollte 
*ein  Sümmchen  geld  von  ihm  erschmeicheln. 

ERSCHMEISZEN,  occiJere,  erschlagen,  lodlschlageH :  so  laut, 
dasz  dich  dieser  und  jener  erschmeisze !  baticrnslands  laskrpr. 
89;  Eimann  sprang  in  das  zweite  Stockwerk  und  fand  zu 
seinen  füszen  eine  erschmissene  maus  unter  seiner  gesuchten 
liibel.    J.  P.  Hesp.  1,93. 

ERSCHMELZEN,  liquescere,  prael.  erschmolz,  ahd.  arsmiilzan, 
mild,  ersmülzen. 

ERSCHMELZEN,  inungere,  praet.  erschmelzle :  grosze  ge- 
richte  lassen  sich  nicht  wol  erschmelzen.  Stieler  1878 ;  eine 
Wül  erschmelzle  suppe. 

ERSCHMETTER.N,  pcrsonarc:  die  nacbtigall  erscUmetlcrl, 
hebt  zu  schmellcrn  an. 

ERSCHMIEDEN,  excudere,  ags.  dsinidian,  Kürde  ahd.  irsmi- 
dön,  golh.  ussmij)ön  lauten:  das  eisen  läszt  sich  nicht  er- 
schmiedcn.    Stieler  1S78. 

ERSCHMIEREN,  inungcre,  ferire: 

ir  die  lenden  wol  erschmieren.    Scheid  grobian  P4; 
oder  will  dir  die  lend  erschmiern.    Atrer  74'. 

ERSCHMINKEN,  infucare:  erschminkle  wangenröthe. 

ERSCHMOLLEN,  subridere:  es  sollend  ouch  die  rotlcri- 
schen  ifaciiosi)  piediger  nit  crschmollen,  wie  si  fründlich 
könnend,  dasz  ich  dise  meinung  anzeig.  Zwi.ncli  2,  319.  die 
mhd.  ersmielen  und  ersmieren ,  lächeln  f^nd  uns  erloschen, 
erschmollen  hängt  genau  zusammen  damit,  wie  sich  smielcn  mit 
schmollen  berührt  und  unter  diesem  uorl  genauer  zu  erörtern 
ist.  bei  Maaler  358'  erscheinen  auch  schmollen  und  schinollelcn 
nocA  in  der  bedeutung  ton  lächeln,  voraus  sich  allmälich  die  von 
lacht  zürnen  ergab,  wer  etwas  übel  naJim  und  zu  grollen  an- 
hebt, der  schweigt  und  lächelt. 

ERSCHNALZEN,  cxsüire,  aupinpfen,  aufschnellen: 

ich  rastet  an  der  hiillen  fliil, 

als  sonst  der  lisch  erschiialzot, 
wann  er  im  gründe  sucht  den  mut.     Philander  1,  437. 

ERSCHNAPPEN,  ore  hianle  cajiare,  erwischen,  eihaschen.  in 
schnappen,  wie  in  klappen,  schlappen  u.  s.  w.  fordert  die  hd. 
eigenhril  PF  für  PP,  weshalb  .wh  auch  snappen  nur  im  jhis- 
tumal  K.  504,  92  aufzeigen  Idszl  und  was  bei  Jon.  Rotiie  s.  336 
snippensnap  lautet,  MS.  2,  lo"  snipfensnopf  ist,  obgleich  der 
jüngliny  bei  Halpt  8, 5«8  'i'r  snip  und  snappe'  im  reim  auf 
knappe  bietet,  die  form  schnappen  mag  daher  schon  im  14.  15 //i. 
vorgedrungen  sein,  wie  auch  F'hisit»  und  Maai.kr  sie  aufzeich- 
nen, wahrscheinlich  begegnet  sie  bei  Keisiirsiierc  ebenfalls,  da 
da«  die  edelleut  horleii,  sprachen  sie,  hui  er  das  ghaiidicl. 
■0  wjillen  wir  nicht  für  in  bitten,  man  sol  nur  behend  und 
flucks  mit  im  davon  faren,  denn  er  wolt  sich  understehn 
das  dem  frommen  adel  zusieht,  wie  wollen  wir  denn  etwas 
crtcbnappcn?  tch.  und  ern.<4  1555  cap.  418;  Icssct  man  den- 
Doch  nicht  von  inen,  wartet  noch  jederinan,  ob  »ie  einmal 
mich  erschnappen  möchten.  LkTiiKR  1,  3üh';  du  helleHlu  mich 
schier  erichnupl,  aber  lasz  dir  sagen.  4,322';  man  mag  da 
tio    büp*ch    gjlllc    erH(liii:i|i|)en,    fiermagna   jxrunia    ex  ea  re 


ERSCHNAPPEN  —  ERSCHNEIKEN 


968 


eonfici  polest.  Frisils  290'.  Maaler  HC*;  erschnappen,  in  einer 
eil  bekommen.    Frisiüs  719*.    Maaler  116'; 

und  was  er  gleich  erschnappen  thut.    11.  Sachs  II.  4,  57'; 

der  bawr  den  pfalTen  stark  aiidappct 

und  meint  er  bet  den  dieb  erschtiappct.     II.  4,06'; 

gester  betten  uns  schier  erschnappet 

die  reuter  und  uns  gfangen  gnomen.    III.  1,  261"; 

aber  jetzt  denkt  jeder,  wie  er  mag 

nur  gelt  erschnappen  in  sein  sack.  KiRcuuor  wenduntn.  14'; 
der  wolf,  was  er  erschnapt,  frissct.  292';  der  alle  tag  zum 
wenigsten  etwas  von  den  feinden,  wo  er  ircr  einen  nicht 
selbst  persönlich  mit  erschnappet,  erobert  und  davon  bracht. 
91' ;  was  sie  denn  erschnappen  gibt  inen  eine  gute  wider- 
zehrung.  «jiY.  disc.  121;  damit  der  ganze  häufen  flugs  über- 
komme, nacheile  und  die  feind  erschnappe.  157;  die  schilt- 
wacht übereilen ,  darmit  durch  bedrauwung  des  lods  die 
losung  erschnappet  würde.  187;  und  sie,  gleich  als  Jonas 
vom  munde  des  walllisches,  unversehens  erschnapt  wurden. 
jiers.  rosenlh.  1,5;  Simplicius  erschnappet  ein  gute  beut  und 
wird  darauf  ein  diebischer  v\aldbruder.  Sim])l.  260;  ja  wer 
ein  narr  wäre,  der  wann  er  etwas  erschnappen  könle,  es 
nicht  mit  trüge  oder  gehen  liicsze !  347;  sobald  er  etwas  er- 
schnappt hat,  so  macht  er  sich  unsichtbar.  Weise  comöd.  pr.  lo; 

ja  hält  ich  hundert  jähr,  tind  einen  solchen  rächen 

mit  hundert  zungenspiol,  könnt  ich  die  Junglernsachen 

aussprechen  dennoch  nicht,    sie  laufen  so  verkappt, 

dasz  man  an  solcher  tracht  das  zehnde  kaum  erschnappt. 
jumjfernaiialomic  t.  120; 

sie  werden  weggeschickt  verstand  und  witz  zu  holea, 
und  ziehn  gemeiniglich  als  stümper  wieder  fori, 

erlangen  öfters  nichts  als  uhgelauftie  sohlen 

und  etwan  ein  mit  noih  erschnapptes  titulwort. 
GÜNTHER  576; 
hatte  auch  ein  feines  vermögen  zusammen  gebracht,  bevorab 
da  er  eine  gar  reiche  hcirath  erschnappet,  ehe  eines  mannes 
324 ;  als  er  einen  guten  bissen  zu  erschnappen  in  die  gasl- 
stube  gegangen  war,  Picrot  1,43;  wir  hätten  leicht  etliche 
kaufarleischiffe  erschnappen  können.  2,153;  wenn  man  diese 
methode  umkehrt,  so  erschnappt  der  schülcr  eine  art  von 
Vernunft.    Kant  1, 100; 

der  kleine  vogel  schnappt  und  wird  erschnappt.   Stolbkrc  5, 92; 

ihn  dünkt,  sie  zu  erschnappen 

seis  noth  sich  zu  Verkappen.    DI'rger  22"; 

er  war  ängstlich  auf  seiner  hui,  dasz  ich  ihm  nicht  eins 
seiner  geheiinnisse  erschnappe.  Rettine  br.  2,106;  der  hund 
erschnappt  einen  bissen,  den  man  ihm  zuwirft ;  wo  hast  du 
diese  neuigkeil  erschnappt?  s.  aufschnappen,  einschnappen, 
schnappen,  überschnappen,  umschnappen,  zuschnappen. 

ERSCIINARGARKEN?  das  vielleicht  noch  in  einer  volksmundart 
fortlebende  schnargarken  mag  etwa  dem  bair.  schnarrmaulen, 
hungerleiden  (Schm.  3,  494)  gleichkommen,  so  dasz  erschnargarken 
soviel  wäre  als  hunger  oder  durst  büszen :  bub,  wasser  her, 
schenk,  schenk  mein  söhn,  schenk,  das  wird  mir  die  leber 
erfrischen,  gib  her,  dasz  ich  mich  ergurgele  (mir  die  gurgel 
spide,  sp.  832  nachzutr.)  und  erschnargarkc.  Garg.  240.  Orerlin 
1424  hat  schnargickel  febris  catanhalis,  offenbar  von  schnarren, 
stridere,  rauh  reden  und  schnargarken  könnte  das  nemliche  sein, 
erschnargarken  also  die  rauhcit  der  kelde  durch  räuspern  vertreiben. 

ERSCHNAÜBEN,  ERSCHNALFEN,  respirare,  verschnaufen. 

1)  refl.  sich  erschnauben,  erathmen,  erholen: 

der  gehend  kompt  noch  vor  eim  laurendcn 

und  mit  müh  sich  erschnauTenden.    Fisciurt  eh:.  56; 

wann  sie  sich  nur  ein  wenig  erschnauft  und  erholl  haben.  Garg. 
265*;  kam  ein  armer  bettler  daher  gezogen,  welcher  um  sich  zu 
erschnaufen  und  erholen  ein  wenig  still  stunde.  Philandkr 
1,344  (346);  da  sie  sich  von  irer  gehabten  mühe  ein  wenig 
erschnauhet  hellen.    Wilzenbünjer  168. 

2)  intr.  als  starkes  verbum.  prael.  erschnob,  ftart.  erschnoben, 
erschnaiifen.  den  athem  erholen,  inttr.ii>irare ;  on  uiitcrlasz  und 
Oll  erschnaufen  reden.  Maalkr  116'.';  wann  die  pferde  aus- 
geruht und  erschnubcn  haben.    Sehiz  148; 

im  fall  ich  unterzeiten 
dis  was  mich  sniisten  halt,  kan  werl'en  auf  die  seilen, 
iniil  auxzer  dieser  Stadt  auch  nur  auf  einen  tag 
und  ('inen  noch  dazu  mit  ruh  ersrhiiaufeii  mag.    OriTZ   1,  l'^s. 

31  tr.  wittern:  Alarich  alleine  hatte  elwas  von  MarboJs  liebe 
erschnobeii.    Lohensteim  Arm.  2,  S26. 

ERSCHNEIDEN,  emetere  Maaler  116',  succidere  Stieler  1899; 
m:in   kann»  nicht  erschneideii.  fnlci  repugnal. 

ERSCHNEIKEN,  was  erschnüffcin :  und  will  alle«  das  er- 
scliiieikrn  und  erfaren,  das  jederman  llnit.  Keisbmrf.Ri.  hat 
im  pf.  Aa :'.     \(ß.  beschnciken. 


969 


ERSCHNELLEN— ERSCHRANZEN 


ERSCHNELLEN,  percellere,  ferire,  heschnellen,  mhd.  ersnellen : 
die  Togel  ime  lufie  ersnellen.    ir.  gast  S."»!  ; 
den  ich  tanzent  an  ir  hant  ersnelle.    Neidh.  50,  34; 
ersnellet  ers,  ej  liomt  im  niht  ze  guole.    xiii,  7; 
unz  si  der  tot  ersnellet.    Hacpt  ",  331 ; 
diz  lop  hat  der  von  Rabensberc  ersnellet.    1/S//.  3, 169'; 
nhd.  die  äugen  mit  dem  leim  bestreicht, 
spant  sich,  «veiin  er  die  schu  thut  an, 
das  er  nicht  körnen  mag  davon, 
wird  also  vom  jejfer  erschnclt, 

den  af  sein  eigen  thorheit  feit.    Nicrimus  affensp.  E2». 
ir  habt  ein  guten  gwin  erschneit.     Weint,  jb.  6,  35. 

ERSCHMTZE.N,  domare  ferro,  itie  einschneiden :  das  holz 
läszt  sich  nicht  erschnitzen,  ist  zu  hart,  viderüeht  dein  messer. 
Stieler  1903. 

ERSCHNÖIKEN ,  vas  erschneiken:  crschnöiken  das  da 
stübt  und  flügt.    Keisebsb.  Mg.  10*. 

ERSCHNCFFELN,  indagare,  odorari,  emäselii,  aufspüren. 

ERSCHNURREN,  perfremere,  ein  wild  ungestüm  wesen  füren. 
Ma.\ler  116'. 

ERSCHÖPF,  n.  crealura,  gesch&pf:  wie  der  luft  die  erschöpf 
vor  ersticken  erwert.    Paracelsls  l,  is*. 

ERSCHÖPFBAR.  quod  polest  exliaurtri,  erschöpßich. 

ERSCHÖPFB.ARKEIT,  f 

ERSCHÖPFE.N,  »ras  erschepfen.  in  der  später  durckgedrungnen 
Schreibung,    die  sich  aber  bereits  bei  Frisids  und  Maaleb  findet. 

1)  zuweilen  noch  für  erschaffen,  creare. 

2)  geicöhnlich  haurire,  eihaurire:  aus  dem  bninnen  zu  Brei- 
sach erschöpfen.    Philand.  1,  76 ; 

die  nachtigal 
forschend  (ordert  aus,  wer  gleichen  ton  und  won 
nach  ihr  erschöpfen  kan.    Wecsherlix  7tiO; 
ich  singe  nicht  den  kühnen  geistern, 
die  nur  Homer  und  Milton  reizt, 
weil  man  den  unerschöpften  meistern 
die  lorbeern  nur  umsonst  begeizt.    LkssI!«c  1,  57; 
und  sank  ins  gras,  wo  den  erschöpften  sinn 
zuletzt  der  schlaf  beschlicb.    Wiela^d; 

den  Tersland  aufklären  statt  ihn  in  grübeleien  zu  erschöpfen. 
Käst  3,  246;  der  gegenständ  ist  noch  lange  nicht  erschöpft; 
unser  mund  ist  schon  von  klagen  zu  heisch,  unsere  äugen 
von  thränen  zu  erschöpft,  als  dasz  wir  noch  klagen  und 
weinen  könnten.  Weisze  trauersp.  5,  248 ;  sein  witz  ist  er- 
schöpft; erschöpft  von  thränen,  verzehrt  von  seufzern;  wenn 
die  ausführung  den  gedanken  erschöpfte,  der  sehr  gut  ist, 
so  wäre  nichts  zu  erinnern.  Göthe  17,34;  kaum  halte  sie 
das  haus  und  die  gcgend  erschöpft,  als  sie  sich  verpflichtet 
fühlte  rings  in  der  nachbarschaft  besuch  abzulegen.  17.220; 
dasz  es  eine  widersinnige  Zumutung  ist,  binnen  drei  stunden 
drei  auszerordenl liehe  menschen  zu  erschöpfen.  Schiller  102'; 

es  stellt  sich  der  erschöpfte  hirsch  und  zeigt 
der  meute  sein  geffirchtetes  geweih.    523'; 

nachdem  er  rechts  und  links  viele  lufthiebe  gethan  und  seine 
zunge  erschöpft  hatte.  Klixger  10,  40;  und  als  Klotilde  fürch- 
tend entflohen  war,  könnt  er  ihr  nur  mit  erschöpften  tönen 
nachrufen  'lebe  wol,  lebe  wol!'  J.  P.  Hesp.  4,131;  konnte 
man  solche  phantasien  zu  erschöpfen  glauben?  Fibeiil;  man 
erschöpft  auch  brunnen. 

3)  refl.  er  erschöpfte  sich  dadurch  also,  dasz  er  umb  all 
das  seine  kam.  Lokman  fab.  16;  die  Ursachen  haben  sich 
erschöpft  die  Wirkung  hervorzubringen.  Käst  8,  59 ;  seine 
beredsamkeit  scheint  sich  erschöpft  zu  haben. 

ERSCHÖPFER,  m.  creator,  erschaffer,  schOpfer:  Apelles  saget, 
dasz  ein  engel  gottes  erschöpfer  wer  gewesen.  Fräs»  chron.  347* ; 
gott,  ei-schöpfer  des  menschlichen  geschlechts.  .MEiAscnTH. 
bericht  vom  nachtmal,  rerdeutscht.  1560  rorr. 

ERSCHÖPFLICH,  was  erschöpfbar:  seine  gäbe  war  uner- 
schöpflich. 

ERSCHÖPFLNG.  f  1)  creatio:  für  des  menschen  erschöpfung. 
Matbes.  7';  die  ander  vernünftig  erschöpfung.  Schade  sal.  3, 1. 

2)  erinanitio:  erschöpfung  der  kräfte,  des  geldes. 

ERSCHOTTELN,  conculi,  s.  erschütleln,  erschüttern: 
Jatin  lacht,  das  er  erschottell.    Atrir  53*.  54'.  82*.  403*. 

ERSCHRAM.MEN,  fodimre,  lacerare:  das  bein  wurde  leicht 
erschrammt,  die  baut  erschramnil,  tgl.  zerschrammen,  und 
altn.  skrima  letiter  vulnerare. 

ERSCHRANZEN,   mereri  aulieorum  morc,   verdienen  als  kof- 

scbranxen : 


ERSCHRAPFEN— ERSCHRECKEN   970 

sonst  haben  wir  manchen  bissen  erschranzt, 

nun  aber  gott  befohlen ! 

unsere  schuhe  sind  durchgetanzt, 

wir  laufen  auf  nackten  sorhien.    Götbb  12,  230. 

ERSCHRAPFEN,  corradere:  was  er  hat,  erschrapft  er  von 
andern  armen  tcufeln.  ped.  sehulfuchs  75. 

ERSCHRAPPEN,  corradere,  erscharren,  erkratzen:  was  man- 
cher arme  mann  erschrapt,  mit  sauwer  arbeit  und  schweisz 
zu  wegen  bringt.  Kirchhof  icendunm.  72;  gelt  erschrappen. 
437'.     s.  erschreppcin. 

ERSCH HAUBEN,  evolvere,  retorquere  cwMeam,  aufschrauben. 
ERSCHRECKE,  m.  Stupor,  coc.  14S2  h2',  gebildet  wie  schrecke 
und  gleich  ilim  verderbt  in  schrecken,  erschrecken,  wodurch  es 
sich  mit  dem  inftnitirisclien  n.  erschrecken  mengt:  der  er- 
schrecken ist  ein  leiblicher  zitier.  Paracelscs  1,  45*.  auszer- 
dcm  aber  kommt  auch  schreck  und  erschreck  stall  schrecke, 
erschrecke  i'or. 

herzlich  lacht  darob  der  könig, 

gab  dem  pagen,  der  den  damen 

zum  erschreck  den  teufel  spielte, 

eine  band  voll  maravedis, 

auszuwerfen  unters  volk.    Herders  Cid  1,16. 

ERSCHRECKEN,  terreri,  praet.  erschrack,  erschrak,  pari,  er- 
schrocken, eigentlich  exsilire,  aufspringen,  aufschrecken,  auffahren, 
zusammenfahren,  wie  auch  ahd.  irqueman,  mhd.  erkomen  dasselbe 
ausdrückt,  das  einfache  schrecken  oder  schricken  ist  springen, 
ahd.  arscrecchan,  arscrac,  arscrocchan,  mhd.  erschrecken, 
erschrac  pl.  erschräken,  part.  erschrocken,  da  aber  der  ganze 
sg.  praes.  ind.  i  bekommt,  alid.  arscricchu,  arscricchis,  arscricchit, 
mhd.  erschricke,  erschrickest,  erschricket,  so  fallen  diese  for- 
men mit  denen  des  gleichbedeutigen  scJiwachen  arscricchan,  mhd. 
erschricken,  praet.  arscricto,  erschricie  zusammen,  es  kann 
wol  sein,  dasz  letzlere  älter  und  orgamsd^eT  waren,  die  teuschende 
analogieron  prichit  prach.  giprochan.  sprichit,  sprah,  gisprochan 
erst  ein  scricchit,  scrac,  scrocchan  herbeiführte,  wobei  anzuschlagen 
ist,  dasz  die  bedeutung  des  aufxpringens  in  erschricken  leben- 
diger waltet,  in  erschrecken  durch  die  abstraclion  meist  veru-ischt 
seheint,  erwiesen  wird  die  zweite  conjugation  (nimu  nam  ndmun 
noman)  ahd.  durch  screchin  saliant.  Diut.  3,  26  und  erschrockenö 
vbstupefactae.   Diut.  2,  343*.     noch  sicherer  sind  die  tiüut.  belege  : 

dö  diu  maget  in  gie, 

von  ir  schiene  erschräken  die 

luo  der  tavelrunde  sä^en.    Er.  1736; 

si  erschräken  die  sin  pOägen.    l\irz.  164,  S; 

des  min  fröide  erschrocken  ist.    Walth.  29,  6; 

man  sach  Liupoltes  bant  da  geben,  daj  si  d€s  niht  erschrac. 

84,  13; 

von  ir  schrienne  ich  erschrac.    95,  5; 

vil  sere  erschrac  dö  Sigemunt.    iNift.  10.32,  4  lloltm.  wo 
Lacqx.  9<il,  4  schrac; 

si  erschräken  und  erkämen.     Trist.  82,  26; 

Tristan  harte  sere  erschrac.    228,  21 ; 

der  truhsa;?e  erschrac.    230,  12; 

erschrocken  unde  herzelös.    230,  5; 

US  dem  släfe  ich  ersehrac.    Hilbl.  7,  497 ; 

€r  erschrac  des  slages  harte.    Herb.  7521 ; 

der  rede  er  also  sere  erschrac.    Uarienleg.  66,  S4; 

erschräken  alle  geliche.    Silv.  990. 
if«r  selten   den  gegenständ  des  erschreckens  im  gen.  oder  auch 
mit  der  praep.  ab.  von  ausgedrückt. 

nhd.  nit  erschrick  des  diensts!    Keisersb.  irr.  seh.  16; 

Fürwittig  erschrack  des  gar  hart.  Tcuerdanli  15,  81 ; 
erchomner  und  erschrockner.  gesta  Rom.  K.  156;  da  entfiel 
inen  ir  herz  und  erschrocken  unternander.  l  Mos.  42,28; 
und  seine  brOder  kundlen  im  nicht  antworten,  so  erschracken 
sie  für  seinem  angcsicht.  45,3;  fürchte  dich  nicht  und  er- 
schrick nicht.  5  Mos.  31,  8 ;  da  es  nun  roitternacht  ward,  er- 
schrack der  mann  und  crschutterL  Ruth  3,8;  da  fiel  Saul 
zu  erden  so  lang  er  war  und  erschrack  seer  für  den  worten 
Samuel  (ein  fallender  stellt  freilich  dem  aufspringenden  ent- 
gegen, doch  erwäge  man  den  doppelsinn  von  rtsen  fallen  und 
sich  erheben).  1  Sam.  28, 20 ;  ganz  Israel  erschrack.  2  Sam. 
4,1;  nu  CS  aber  an  dich  koinpt,  wirstu  weich,  und  nu  es 
dich  triff,  erschrickstu.  Hiob  4,5;  da  kam  mich  furcht  und 
zittern  an  und  alle  meine  gebein  erschracken.  4,14;  meine 
gebeine  sind  erschrocken,  ps.  6,3;  ober  da  du  dein  andlilz 
verbärgest,  erschrack  ich.  30,  8 ;  wenn  du  das  urteil  lessest 
hören  vom  himel,  so  erschrickt  das  erdreich  und  wird  still. 
76,  9 ;  seine  blitze  leuchten  auf  dem  erdboden,  das  erdreich 
sihet  und  erschrickt.  97, 4 ;  erschrecket  Ir  stolzen  frawen, 
zitiert  ir  sichere,   es  ist  für  banden  ausziehen,  blOszen  and 


971 


ERSCHRECKEN 


ERSCHRECKEN  —  ERSCHRECKENLICH   972 


gürten  umb  dielenden.  £s.  32,  Jl;  im  andern  jar  halte  Ncbu- 
cadnczar  einen  träum,  davon  er  crschrack,  das  er  aufwacht 
{vulij.  conlcrritus  est  spiritus  ejus  et  somnium  ejus  fugit 
ab  co).  Dati.  2, 1 ;  da  das  der  könig  Herodes  hürete,  cr- 
schrack er  und  mit  im  das  ganze  Jerusalem.  Mallli.  2,3;  er 
sähe  aber  einen  starken  wind,  da  erschrack  er  und  hub  an 
zu  sinken  (ahd.  forhta  imo).  14,30;  da  das  die  jünger  höre- 
tcn,  fielen  sie  auf  ir  angesicht  und  erschracken  sehr  (also 
nieder  kein  aufffiringen,  ahd.  forahtun  dräto).  1",  C ;  da  sie 
sahen  das  erdbeben  und  was  da  geschach,  erschracken  sie 
seer  (ahd.  forhtun  im,  Qoih.  öhledun  abraba).  27,  54;  die  huler 
aber  erschracken  für  furcht  {aiui.  erbruogilfi  wärun).  2S,  4 ; 
und  als  Zacharias  in  sähe,  erschrack  er  und  es  kam  in  eine 
furcht  an  [golh.  gadröbnöda  gasaihvands  jah  agis  disdraus 
ina).  Luc.  1, 12 ;  da  sie  aber  in  sähe,  erschrack  sie  über 
Seiner  rede  (golh.  gasaihvandei  gapiabsnöda).  1,29;  für  inen 
selbs  erschrecken.  Luther  3,4';  das  rewig  und  erschrocken 
gewissen.  7,  4' ;  denn  dieselben  sind  solcher  new  cn  zeitung 
liart  erschrocken,  br.  5,107;  er  erschrack  sein  fast.  Aimon 
C  l' ;  der  swacheit  des  herrn  Poiiandri  bin  ich  sehr  erschrocken. 
Melanchthon  an  AlbrccIU  ep.h; 

der  Jüngling  erschrack  dieser  wort.    H.  Sachs  II.  3,  1S9'; 

zuband  Jupiter  iiiii  von  Tcrn 

herab  warf  von  dem  liimel  lioch 

in  den  weier  ein  iiltes  plocli, 

das  tet  ein  uberlnuien  l'al, 

des  crsclirackcu  die  IVosch  zumal.    II.  4,53'; 

o  weh,  dessen  erschreck  ich  sclir. 

ist  er  nicht  der  hcrzliebstc  mehr?    Gilhusu:s  66; 

erschracken,  sich  ab  eim  ding  entsetzen.  Maaler  lio';  ab 
grausamen  schreiben  erschracken,  das  eim  ein  stich  ins  herz 
gat,  lileris  alrocissiniis  jicrculi.  dasclbsl;  ab  diser  tyrannei  sind 
seine  w  idersecher  erschrocken.    Reiszner  Jcr.  2,  66' ; 

erschrickt  nicht  die  Vernunft?   ja,   denn  sie  soll  erschrecken. 

Gellert  2,  23; 
vor  einem  rauschenden  blatt  erschrecken ;  ich  habe  dir  was 
ru  sagen,  worüber  du  erschrecken  wirst; 

das  arme  kind  erschrack  wol  recht  darüber?  Lessisg  2,  327; 
an  ihrem  vater  erschrickt  meine  tochtcr?  Schiller  150';  aber 
ich  erschrecke  an  meinem  neglige.  lOC'; 

und  CS  erschrickt  vor  seiner  eignen  macht.    .  .  .; 

und  doch  erschreck  ich  vor  der  eignen  pracht.  GöTas4, 195; 
mit  der  hastigkeit  eines  erschrockenen.  25,359; 

graf  Richard  von  der  Normandic 

erschrack  in  seinem  leben  nie.    Uhland  ged.  471 ; 

ir  hern,  erschreckt  nil  ab  den  gestcn!    fasln.  790,1; 
erschrick  nur  nicht !    erschrecke  sie  nur  nicht ! . 

Eine  einzige  ältere  slclle  hüll  den  änn  des  springens  fest: 
sonsten  so  wird  durch  gehen,  laufen  der  ofen  bewegt,  davon 
in  groszer  bitz  zum  oflernmal  die  gliiser  als  kolben,  heim 
und  krüge  erschracken  {dis.'iiliunl)  und  gespalten  werden. 
Thcrneisser  von  trassem  s.  100.  auch  da  wo  es  heiszl  'vor 
freuden  erschrecken'  darf  man  7wch  ein  aufsiirinyen  annehmen: 
wenn  ich  meinen  geliebten  vor  freuden  über  mein  glück  er- 
schrecken sehe.    Gellert. 

EKSCHRECKE.N,  lerrere,  cxcidere,  aufspringen,  zillern  machen, 
aufjagen,  das  aus  erschrl'cken  geleilele  transitivum,  alui.  arscrcc- 
fiian,  arscralita,  arscrccchit,  mltd.  erschrecken,  erscbrahtc, 
erschrecket  (erschrahlj: 

nie?  si  wecken, 

ungüetlicb  är  erschrecken.    Flure  6408; 

komen  ist  der  winter  kalt, 

der  vi!  manic  Iktzo  hat  erschrecket.    ilSU.  1,  152'; 

Air  Zorn  (cic  im  h.-iric  unlicn, 

(lo  er«cracie  er  die  (>;  sähen.     Urinh.  1746; 

sine  mÄirc  wären  erschrabt.    Sci-v.  2'>56; 

«wA  i!'  ( lirorkpl  wnrt, 

dai  u  ••le  Tiirt.    Er.  205."»; 

mich  I        .      :    :  und  euch  der  hir{ 

erscbrcckui  dicker  dcnnc  dOr  man.    Pnrt.  457,  27; 

6g  ira«  sörc  crscbruht.  Gudr.  59,  t. 
»hd.  in  den  treiMhiimern  oß  die  furmel:  der  geriihl^heiT  soll 
ttchwert  und  Kpuren  vor  der  Ibiire  abibiin,  daxz  er  die  fraw 
iiil  er«chrecke.  2, 132;  wannehc  der  sciiullesz  die  zins  ufheiil, 
itoil  er  gnediglirh  komen,  dasz  er  das  kind  in  der  wigr-n 
nil  weck  und  den  hauen  uf  der  liart  nil  erschreck.  2,  .V»l ; 
den  han  nf  dem  rirk  iiit  ersrlireck.  2,  530.  hie  er.<trhrackleu 
du«  folk.  KnxKRHiiF.iic  aung.  der  Juden.  J3;  aber  di-r  hcrr 
rrorbrerkel  den  SJoicra  Rumpt  allen  Keinen  wagen  und  gan- 
ivin  beer  (pericrruil  duininu*  Sysaram  cl  «mncs  curruii  ejuv). 


rieht.  4, 15 ;  aber  die  meuner  von  Israel  wandten  sich  umb 
und  erschreckten  die  nienner  Benjamin.  20,41;  wenn  ich  in 
denn  erschrecke,  dasz  alles  volk  fleucht.  2Sam.  17,2;  wenn 
ich  mit  mir  selbs  rede,  so  erschreckest  du  mich  mit  trewinen 
und  machst  mir  grauen.  Ihob  7,14;  lasz  deine  band  ferne 
von  mir  sein  und  dein  schrecken  erschrecke  mich  nicht. 
13,21;  darumb  bistu  mit  stricken  umbgeben,  furcht  hat  dich 
plötzlich  erschreckt.  22,10;  also  verfolge  sie  mit  deinem 
«etler  und  erschrecke  sie  mit  deinem  ungewitter.  p.'!.  S3, 16; 
mein  herz  zittert,  grawcn  bat  mich  erschreckt.  Es.  21,4; 
ich  erschreckt  die  beiden,  da  sie  in  büreten  fallen.  Ez.  31, 16 ; 
auch  liaben  uns  erschreckt  etliche  weiber  ivulg.  terruerunt 
nos).  Luc.  24,22;  erschrecket  und  rürel  in  das  gewissen. 
M.\TnEsius  1562,303';  so  du  dich  lassest  erschrecken  (lerrere) 
das,  das  ab  dir  erschrecken  (Icrreri)  sol.  Paracelsds  1,720*; 

sie  sind  in  ihrer  furcht  noch  weibischer  als  weiber, 
der  mund  ist  blasz  wie  blei,  wie  aspen  ihre  leiber, 
di«  ein«  linde  lult  durchaus  erschrecken  kan.    Fleming  61; 
die  Talwen  hlätter, 
die,  wann  der  winter  kommt, 
das  ungeschlachte  weiter 
■  erschröckt  und  fällig  macht.    Rompler  IIS; 

dasz  seine  gcfehrlen  zu  zittern  und  zu  beben  anfiengen, 
gleich  denen,  die  mit  todcsgefahr  erschrecket  werden,  pers. 
rosenth.  3,  27; 

und  dich  erschreckt  der  blosze  name  held.    Gillert  1,128; 

warum  erschreckest  du  mich  denn?    Lessing  2,  192; 

ein  Wellenschlag  erschreckt  ihr  unglOckahnend  ohr. 
WiELAMD  33,  25 ; 
er  pochte   nochmals  und  zum  drittenmal  etv\as  stärker,    so 
dasz  Charlotte   durch   die   nachtslille   es    ganz  deutlich  ver- 
nahm und  erschreckt  auffuhr.  Güthe  17, 129 ;  erschreckt  fuhr 
die  gesellschaft  auseinander.    17,206; 

erschreckt  von  diesem  seltsamen  gesiebte 

befragt  der  vater  einen  steruekundigen.    Schiller  500\ 

viele  dieser  mlid.  und  nhd.  stellen  lassen  die  sinnliche  bedeulung 
des  auf  Jagens  und  aufsprengens  deutlicher  erkennen,  als  es  vorher 
beim  intr.  erschrocken  der  fall  war,  dürfen  also  auch  für  dieses 
zurückbeweisen.  Göthe,  mit  vollem  spracligefühl,  fügt  zu  er- 
schreckt ein  auffuhr  und  auseinander  fuhr,  erschrecken  galt 
zumal  vom  aufregen  der  Ihierc,  die  oß  erschreckt  oder  er- 
schrocken heiszen,  aber  auch  wie  abschrecken  (1, 109)  rom 
siedenden  fleisch  oder  fisch:  auch  wenn  man  ein  henn  gern 
bald  gesotten  hett,  das  si  mürb  werd  und  man  si  nil  ge- 
sieden kan,  so  erschreckt  man  si.  wie  erschreckt  man  si? 
also  erschreckt  man  si.  wenn  si  in  dem  sieden  ist,  so 
zeucht  man  si  aus  dem  hafen  und  sloszt  si  in  ein  kalt  wasser 
und  darnach  widerumb  in  den  hafen,  denn  so  seudt  si  bald. 
Kkisersberg  has  im  pf.  Üd6*. 

2)  refl.  sich  erschrecken:  ich  erschreck  mich  sein  den- 
nocht  nil.  Keiskrsherg;  Hagedorn  2,91  das  inlransitivc  und 
transiUvc  wort  nebeneinander  stellend: 

sie  hört  ihn  kommen,    sie  erschrickt 
und  hatte  recht  sich  zu  erschrecken. 

3)  die  intransiliren  und  transitiven  formen  bilden  gute  gegen- 
Sätze:  du  erschreckst  und  crsciirickst,  tcrres  Icn-erisque,  du 
erschrackst  und  erschrecktest,  es  lerrilus  et  lemtisti.  beide  ver- 
irren sich  aber  schon  frülie: 

de  crschraliten  dirro  m.xre  die  nöthaften  man.    iS'ib   2113,  1 

für  erschrAken  oder  crschriclon;  desgleichen: 
sd  liMe  cnvcinle  Dietrich, 
daj  Elzcl  der  künec  rieh 
dft  von  vil  särc  erschrahte, 
als  £r  von  schulden  mahle,    kl.  1021.  //olsm.  21*5. 

oder  nhd.  so  erschrickt  man  keinen  Africaner.  Kli.ncers  Ih. 
4,267  stall  erschreckt,  man  hört  zuucilen:  du  hast  mich  er- 
schrocken für  erschreckt,  ich  hübe  mich  crüchrockcn  für  ich 
bin  erschrocken. 

ERSCHHECKEN,  n.  lerror:  inwendig  unrugc  und  erschrecken 
des  gewissens  und  aller  krefle  der  seelen.  LutuerS,  8';  .«iie 
aber  voller  erschrecken,  würe  zur  küchc  ausgelaufen.  Errjttii 
hebamme  22S.  wieu<d  da*  (jesrhlechl  unsicher  bleibt  und  er- 
schrecken auch  m.  für  erschrecke  sein  könnte. 

KHSCIUIECKENLK'M.  terribitis:  ersciueckeulirher  odergrau- 
saiulicher.  roc.  14s2  h2*;  sein  äugen  greulich,  sein  angesnbt 
erschreckenlich.  Hltte.n  5, 241 ;  ein  gewalligen  und  erscbrrcken- 
lichin  krieg.  ylmod«412;  der  crschrecicnlichcn  doiincr  hol 
ber.   17s. 

ER.SCHRECKENLICH,  terribiliUr: 

und  schrei  so  gar  erscbröckcnlich.    II.  SaOU  I,  103'. 


973 


ERSCHRECKER  —  ERSCHREIEN 


ERSCHREITEN  — ERSCHULTERN 


974 


ERSCHRECKER,  m.   pers.  baumg.  2, 15. 

ERSCHRECKLICH,  pavore  perculsus,  erschrocken,  der  leiclU 
erschrickt;  erschrecklicher,  plangMis,  hantslachlicher  vor  laide 
oder  claglicher.    roc.  14S2  h2'. 

ERSCHRECKLICH,  horrililis,  furchtbar,  der  erschreckt:  es 
kam  ein  mann  gottes  zu  mir  und  seine  gestalt  war  anzu- 
sehen wie  ein  engel  gottes,  fast  erschrecklich,  rieht.  13,6; 
denn  der  herr  der  allerhöhest  ist  erschrecklich,  ps.  47,3; 
da  bist  erschrecklich,  wer  kan  für  dir  stehen,  wenn  du  zür- 
nest? '6,8;  denn  der  tag  des  herrn  ist  grosz  und  sehr  er- 
schrecklich. Joel  2,11;  imd  also  erschrecklich  war  das  ge- 
sichte,  das  Moses  sprach,  ich  bin  erschrocken  und  zitiere. 
Hebr.  12,21; 

da  was  es  das  erscbröcklich  bild, 

der  tod  grewlich,  forchtsam  und  wild.    H.  Sachs  I,  103'; 
hoch  auf  den  wolkea  gleich  und  erschröcklicben  bergen. 
Weckherlis  225; 

ein  erschrecklicher  bösewicht;  das  ist  erschrecklich  wegen 
eines  trunkes  zwei  leute  unglücklich  zu  machen.  Leisewitz 
poel.  gespr.  s.  3 ;  sie  machen  erschrecklichen  wind,  scheinen 
aber  doch  viel  geld  einzunehmen.    Schiller  an  Goihe  463. 

ERSCHRECKLICH,  horribiliter,  dient  wie  schrecklich,  abscheu- 
lich, schändlich,  entsetzlich,  ungeheuer,  grausam  u.  o.  m.  zur 
erhöhung  der  adjectire: 

Vlasca  ist  erschrecklich  klug,  TIasca  ist  so  grausam  schön, 
wer  sie  siebt  der  hat  ein  herz,  wer  sich  förebt  musz  zeitlich 
gehn.    LoGAU  3,  iüi»,  35 ; 

erschrecklich  schöne  leoparden.    Brocees  6,  247 ; 

erschrecklich  weit.  Rabeneb  2, 12S;  das  ist  erschrecklich  lang. 
ERSCHRECKMS,  f.  n.  Stupor,  terror:  erschrccknus  oder 
verwundrung.  voc.  14S2  h  2' ;  es  erschein  inen  aber  wol  ein 
selbbrennend  fewr  voller  erschrecknis.  ueish.  Siil.  17,  6  ;  vorhin 
hab  ich  deiner  erschrecknus  halber  mich  besorget.  Kirchhof 
vendunm.  113';  waren  lustig  und  guter  dinge  nach  dem  er- 
schrecknis. ScHWEiMCHE.x  1,1S1;  lauft  also  der  junge  in  dem 
erschrecknis  ohne  hut  und  manlel.  2, 17 ;  w  egen  des  er- 
schrecknisses  nicht  wol  auf.  2.124;  habe  ich  wegen  meines 
lieben  weibes  krankheit  aus  dem  erschrecknis  und  sonnten 
groszen  kummers  halber,  so  sich  zusammen  gefunden,  die 
gicht  bekommen.  3,  247 ;  dasz  derselbe  mensch  etwas  zu  viel 
getrunken  und  etwas  erschröcknus  gehabt.  Schlampampe  krankh. 
47;  dasz  ich  aus  dem  schlafe  klafternhoch  vor  erschröcknis 
in  die  höhe  fuhr.    Schclmufsl:y  s.  24; 

die  arme  tnutler  doch  wird  so  mit  angst  umbgcben 

als  diese  zeitung  kompt,  dasz  sie  in  ohumacht  lälll, 

und  das  erschrecknis  ihr  den  gebt  zurückehält.    Opitz  1,211 ; 

ach  solte  morgen  doch  das  eis 

die  traurende  gestalt  dir  noch  im  spiegel  zeitren, 

du  würdest  vor  erschrecknis  schweigen.    Gümther  297; 

ich  wachte  voll  verdrusz,  und  bob  den  müden  leib, 

der  das  erschrecknis  noch  in  mark  und  ädern  lühlte, 

zusammt  den  äugen  auf.    10tj7 ; 

es  schüttle  dich  hypochonder  mit  allen  erschrecknissen  I 
Nicolais  leben  von  Göckings  156.     vgl.  Schrecknis. 

ERSCHRECKLNG.  f.  dasselbe,  roc.  14S2  h2';  denn  hierinne 
ligt  das  sacrament  der  biisze,  alle  freude  und  Seligkeit  des 
herzen  wider  alle  sünde,  wider  alle  erscbreckung  des  ge- 
wissens.    Luther  1.63*; 

dann  sie  in  erschreckung  kommen 

und  bestürzt  die  tlucht  genommen.    Opitz  ps.  s.  03. 

ERSCHREIBEN,  1)  perscribere,  vollschreiben,  fertig,  zu  ende 
schreiben : 

mild,  nicman  moht  5;  erschriben.    Albr.  Tit.  .1162. 
wer  mag  es  alls  (alles)  erschreiben?  seh.  und  ernst  cap.  410 ; 
mit  vil  beschwerlicher  erzelung,  die  ich  jelzmals  nit  erschrei- 
ben  mögen.    Schertlins  br.  64;    er  kann  alles  erschreiben, 
man  rede  so  geschwind  man  wolle.    Stieler  1926. 

2)  scribendo  acquirere:  der  ungenannte  wollte  sich  keinen 
namen  erschreiben.  Lessisg  lo,  1S3;  sich  rühm  und  Unsterb- 
lichkeit erschreiben.  Gökingk  1,212;  und  im  schreiben  sich 
erst  erschrieb,  was  er  schrieb.  Ficute  an/trortw Are//«en  54 ;  ich 
schmachte  nach  dem  augcnblicke,  wo  ich  anfangen  kann 
schulden  zu  bezahlen ,  und  dieses  will  crsrhrieben  sein. 
Schiller  an  Ki'trner  1,309;  desto  mehr  ehre  erschreibl  sich 
ein  aulor.   J.  P.  teufelsp.  2, 110. 

ERSCHREIEN,  1)  exclamare,  aufschreien,  lata  schreien: 

nhd.  also  da;  Esäu  gehörte, 

dd  erscrei  er  vil  lüte.    fundgr.  2,  59,  36; 

C{  begunde  iilie  erschrien.    Cudr.  59, 1; 


er  zogte  in  ungefuoge,  daj  er  vil  lüte  erscbrö.    Nib.  466,3; 
er  dnibtes  an  da;  bette,  da;  si  es  vil  lüte  erscbre.    624, 3, 
tro  jedodi  A  liest: 

daj  ii  vil  lüte  erschr£, 
vie  sonst  das  sehwert  sini]t  und  in  folgender  steile  die  pfanne  schreit : 
ein  Trühendingnpr  phanne 
mit  kraplien  si-lten  da  erschrei.    Par:.  IW,  20; 
der  ungehiure  rise  erschrei.     Trist.  402,  34. 
nhd.  erschreien,  perclamare  bewährt  Frisiüs  973*.  Maaler  116*. 
von  groszem  ängstlichem  leiden  rast  erscbrie,  das  ich  mich 
kaum  geregen  mocht.    Keisersb.  prcd.  17*. 

2i  tr.  errufen,  roce  assequi :  er  war  schon  so  fern,  dasz  man  ihn 
nicht  erschreien  konnte,  auch  extorquere  planclibus.  Stieler  1934. 
ERSCHREITEN,   passu  conlingere,    mü  schritten  einholen,   er- 
reichen:   einer    erschreitet    den    andern;    ehre    erschreiten. 
Stieler  1931 ; 

die  zeichen  und  heuser  si  verwalten 

nachdem  si  drin  band  iren  stand, 

oder  si  gselschaft  bei  in  band 

oder  das  sie  an  werden  blickt 

BUS  andren  heusern,  wie  sich  schickt, 

von  denen,  die  darin  zun  Zeiten 

ir  Wohnung  band  und  es  ersebreiteo. 

Thlr;«eisser  archid.  87; 
von   der  zeit   an,   dasz  die  sonn  den  schützen  erreicht,  bis 
sie  das  ende  der  fischen  erschreitet,  prob,  der  harnen  44 ;  die 
höchste  stufe  des  glucks  erschreiten ; 

stiegen  sie  ab  vom  wagen  zur  allernäbrendea  erde 
und  erscbriiten  die  mitte  der  Troer  und  der  Achaier. 

BÜRGER  209'. 

ERSCHREPFEN,  ERSCHRÖPFEN,  scarißcare:  die  mich  an 
meinem  leibe  so  erschrepften  und  zumarlerten.  Luther  JiVc/ir. 
224". 

ERSCHREPPELN,  fretpientativ  von  erschrappen:  so  kanslu 
mit  frölichem  gewissen  hundertmal  mehr  genieszen,  denn  du 
mit  untrew  und  unrecht  erschreppelst.    Luther  4.  403*. 

ERSCHRICKEN,    exsilire,   aufspringen,   meistens   ohne   die  in 
erschrecken  vorwaltende  abstradion  von  terreri,  nhd.  arscricchan, 
pract.  arscricta,  mhd.  erschricken,  praet.  erschricte,  erschrihte: 
der  künec  üf  erschrihte.    lleinh.  1308; 
der  base  üf  erschrihte.    14!)3; 
ich  erscbriht  von  släfe.    Greg.  3533; 
si  möbten  wol  erschricken 
von  ir  twerhen  blicken.    Iw.  60!' I; 
do  erschricte  er  dirre  mcere.    A'ift.  2255,  4. 
neben  der  Variante  erschracte  und  ersehnte,     nhd.  hält  Sebastian 
Helder  9    noch   erschricken   getrennt   von  erschrecken,  ander- 
wärts wo  die  dritte  person  sg.  praes.  erscheint,  Idsst  sie  sich  auf  er- 
schrecken und  erschricken  zuräckleiten :  so  ein  pferd  erschrickt 
ob  allen  vieren.    Seiter  133,   iro  die  sinnliche  bedeulung  mehr 
für  erschricken  zeugt,     später  ist  erschricken  ganz  erlofchea. 

ERSCHRINDEN,  hiscere,  aufspringen,  von  bänden,  lipjien : 
erschrundene  lefzen,  hifnde.    Wirsung  ui;n.  buch  67. 123.  5t;2. 

ERSCHROCKEN,  jjaridiw;  ein  forchtsams,  erschrocken  tier. 
Keisersb.  has  im  pf.  Aa2*. 

ERSCHROCKENHEIT,  f.  perterrUio. 
ERSCHROCKENLICH,  1)  terrilus,  patidus: 
mli'i.  bleich  und  erscbrockenlich  gestalt.    tr.  kr.  5163; 

erschrockenlich  diu  liebe  sprach,    minnenlchre  2314; 
erschrockenliche  bin  und  her.    alld.  w.  2,  144; 
nhd.  da;  lamp  sprach  erscbrockenlich.    Kellers  erz.  495,13; 
der  fuchs  tet  ej  vil  erschrockenlich.    514,  23. 
2)  lerrißcus,  terribilis:    erschrockenlicher  botl,  der  cim  ein 
forcht  angewünnt,  nuncius  lumultuosus ;  erschrockenliche  und 
grausame  stimmen,  voces  horriferae.    Maaler  117". 
ERSCHROTEN,  sccare,  findere,  pract.  erschriet, 
mhd.  darabe  was  irscröten 

ein  mantil  wol  mit  sinnen.  Athis  D,  140; 
der  galm  sich  sd  witen  erschriet,  pass.  H.  267,  55, 
dehnte  sich  aus,  risz  sich  auf,  erstreckte  sich.  nhd.  nur  berg- 
männisch so  viel  als  erschürfen,  eine  grübe  erschroteii.  Hertwig 
US ;  wenn  ürter  mit  groszer  inühc  in  wetlernöthigen  strecken 
getrieben  werden  und  man  plötzlich  wasser  erschrolet  (im 
schürfen  auf  wasser  kommt),  so  nimmt  gewöhnlich  die  luft- 
rcinheit  zu.  Hvhboidt  unterird.  gasarten  s.  \(a ;  wir  sind  schon 
16  lachter  nieder  und  haben  nunmehr  den  gips  erschroten. 
GöTHE  an  Knebel  48. 

ERSCHULDE.N,  promrreri,  verschulden: 
wir  danken  euch  von  herzen  sehr, 
erscbuldens  auch  gern  allezeit.    Dedeeixd  popisfa  4, 6. 

ERSCHLLTERN,  humeros  efferre,  txtenderc,  die  schullern  aus- 
strecken: ennundcrte,  erschultcrte,  erschüttelte  und  wägete. 
Garg.  112*.     vefl.  schultern. 


975 


ERSCHüPFEN  —  ERSCHÜTTEN 


ERSCnCTTERER  —  ERSCHÜTTERN   976 


ERSCHLPFEN,  protnidere: 

mhd.  Etzel,  der  künec  rieh 

den  süfl  mit  lüte  erschufte,    kl.  '86, 

sties2  den  seußcr  laut  hervor;  nhd.  dasz  er  den  köpf  mubwaiT, 
wie  ein  tauhcr  vor  dem  schlag  und  vor  freudcn  gleich  er- 
hupfte, crlupfle,  erschupfle.  Garg.  112";  also  sagt  man  zu 
denen,  so  in  sinnen  zerrüttet  und  erschupft  seind,  er  gelit 
in  sinnen  umb,  wie  ein  hund  in  flöhen.  Fkank  sjtriciiu.'.  2,  5S'. 
ryl.  das  folgende  und  das  einfaclu  ivorl,  aber  auch  cntscliupfen, 
verschupfen,  erklupfen. 

ERSCHtPPE.N,  o/fendcre,  laedere?  denn  da  diese  hitzige 
leber  (AUurander  der  gr.)  dem  zorn  und  saufen  nachlienget, 
erschüppet  und  entzündet  sie  sich  und  wird  endlich  eine 
gefehrliche  Wassersucht  drausz.  Mathesius  85'  =  1562,  l2o'. 
ist  es  dem  rorattsgehenden  erschüpfen  gleich  und  die  bedeulung 
ansloszen?     rgl.  anschoppen,  anfüllen. 

ERSCHÜHFEN,  effudere,  ergraben,  ein  bergmännisches  wuri, 
dann  übcrhauji  ermillcln,  herausfinden: 

und  es  wird  sich  leicht  erschürfen, 

ob  wir  beide  gleiches  meinen. 

fraeen  wir  was  wir  bedürfen, 

und  wir  werden  uns  vereinen.    Göthe  47,  64. 

ERSCHUSZ,  ni.  commodum,  nutz,  vorlheil,  von  erschicszen 
gedeihen,  %rie  ergtisz  ton  ergioszen:  uns  das  alles  zu  ungutem 
erschusz.    Paracelscs  1,  72"'.     beschusz  bei  Staliier  2, 317. 

ERSCHCTTELN,  ahd.  arscutilön,  1)  itUr.  conculi,  quassari: 
slund  er  und  lachet,  dasz  er  erschüttelt  {dasz  iltm  der  bauch 
schütlerle).  Wickbam  ro//tr.  44';  erschüttelte  und  wägete.  Garg. 
112*.     r^.  erschotteln. 

2)  tr.  concutere,  quassare:  ein  blosz  schwert  erschütllen 
oder  erschwingen,  cortwcare  ni«cronem.  Maaleu  117';  fieng 
er  (rier  lötre)  an  zu  brüllen  und  sein  haar  zu  crschütteln. 
Amadis  15;  nam  mich  der  alte  beim  arm  und  crschüttelle  ziin- 
licher  maszen.  Phila.>"Der  1,  94;  weil  ich  aber  gleichwol  auch 
gern  bei  Zeiten  in  der  stub  gewesen  wäre,  so  kriegte  ich 
eine  von  den  hünern,  die  eben  bei  mir  vorüber  spazierten 
schlafen  zu  gehen  und  erschültelt  die  dermaszcn,  dasz  sie 
ein  geschrci  anlieng  als  wenn  der  marder  hinter  ihr  gewesen 
wäre.    Simpl.  vogelnesl  1,  7 ; 

die  sanl^e  wind  in  lüften 

auch  ihre  (lügel  schwach 
an  bänden,  füsz  und  hürien 

crschültlen  mit  gemach.    Spee  Iruizn.  2. 

3)  reflexiv: 

das  sich  erscbüttelt  das  ganz  haus.    H.  Sachs  II.  4,  6; 
wenn   uns    der   himmlische    seelenarzt    ein    purgiertränklein 
ordnet,  da  erschüttelt  sich  die  naiur.    Otiio  973. 

ERSCHtTTEN,  dasselbe,  ahd.  arscultan,  vihd.  crschüllen, 
fraet.  erschutte. 

1)  tr.  concutere,  agitare: 

mhd.  der  ritte  bald  üf  sinen  gwln 
zogte  zuo  dem  klAsler  hin, 
und  erschut  der  eptischin  ir  glidcr.    Bon.  48,83; 

so  laufen  kalte  schauder  durch  den  patienicn,  die  doch  nicht 
so  heftig  seind,  dasz  sie  ihn  erschütten  wie  die  andern  gat- 
tungrn  der  wundsucht.    WCrtz  378; 

die  erd  mit  starken  sturmenwinden 

(U  erschütten  vorren  und  binden.     II.  Sachs  I,  256'; 

von  diser  red  sein  hauht  erschüt, 

und  sprach,  ich  förcht  dein  Wörter  nit.    Muknebs  Virgil  176' 

(ille  Caput  quassans.    Aen.  12,  8<J4); 

erschülten,  als  einen  spiesz,  vibrare.  Maaler  117';  das  haupt 
erschütten,  agitare  caput;  erschülten  wie  ein  rock,  eventilare, 
aiu$ehfUldn;  erschülten  «'ins  erschütlens  {auf  (Hnen  zug,  auf 
emmal)  (ptassare.  daselbst;  ein  erdbidem  hat  ganz  Italien  er- 
schüttet.  REisz!<eR  Jer.  2, 14* ;  ein  erdbidem  hat  die  erd  cr- 
schüttet.  2,170*;  ihn  an  ein  seil  bunden  und  in  brunnen 
hinab  lieszen  und  wenn  er  gewaschen  wäre,  da»  seil  er- 
schülten soll,  so  wollen  sie  in  wider  herauf  ziehen,  weg- 
kür ler  97*. 

2(  tr.  congerere,  aufffhfäien,  zusammenschütten:  desgleichen 
auch,  so  man  wall  und  schütten  machen  wolt,  ob  man  auch 
der  erden  darzu  gnugsamlichcn  bekomen  oder  nicht  möge, 
solchen  haw  zu  erschülten  und  aufführen.  pRonsp.  2,23*; 
habe  ich  nur  noch  zehn  lausend  thaler  erschöllet.  cdieaiT; 
körn,  gelrcide  erscbUllcn,  aufschütten. 

3)  refl.  sich  erscbütlcn,  conculi:  das  erdrich  erschüt  sich. 
KltitMB.  tch.  der pen. '9 ;  das  all  crealuren  sich  erschülten.  85; 
4an0m  «nekolMt  aieli  41«  «rd.    Nusneu  Virgil  174'; 


so  das  leicht  elcmenl  der  wind  in  seinen  (des  erdreichs)  bauch 
kompt,  so  erschüt  es  sich  mit  eim  erdbidem.  Frank  spr. 
1,120';  jetzt  gilt  es  ttber  nur  saufen,  das  sich  die  natur  er- 
schültel,  die  äugen  überlaufen,  der  athem  geligt.  lasier  cap.  2  \ 
dergestalt  dasz  der  mage  die  zu  sich  genommene  speisen 
also  bald  durch  die  strasze,  da  sie  herkommen  seind,  aus- 
wirft und  hiemit  den  verwundicn  in  grosze  gcfahr  setzet, 
dieweil  hiedurch  die  wunde  sich  nicht  allein  erschüttet  und 
die  heilunge  abstoszet.  Würtz  75 ;  das  sich  der  bruch  nit 
erscbüttc  oder  bewege.  236;  zu  band  erscbült  sich  der  gaul, 
schwitzt  und  erzeigt  sich  ganz  wol.  Seuter  131;  darumb  so 
erschütt  er  sich  gleich  einem  erdbidem,  das  erschütten  ist 
der  paroxYsinus.  Paracelsus  1,545'  und  sonst  sehr  oß; 
zum  IrcITen  kommen  sie  mit  einer  solchen  macht, 
dasz  sich  die  erd  crschütt,  der  himmul  drüber  kracht. 
Werpkrs  Ar.  2!t,  42. 

4)  ladelhaß  für  entschütlen,  frei  machen:  uns  dadurch  der 
Verantwortung  zu  erschülten.  Leibmtz  2, 127,  nie  <iuch  erle- 
digen in  entledigen  schwankt. 

heule  ist  erschülten  itberhau]4  auszer  brauch  urui  in  der  be- 
deutung  von  cxruUrc,  concutere  durch  erschüttern  vertreten. 

ERSCHI  TTEllER,  m.  concussor,  vgl.  erderschüllerer. 

ERSCIlüTTERLICH,  concussus:  sein  glaube  war  leicht  er- 
schütterlich. 

ERSCHÜTTERN,  concutere. 

1)  inlr.  da  es  nu  mitlernacht  ward,  erschrack  der  mann 
und  erschüttert  {vulg.  e.xpavit  homo  et  conturbatus  est)  und 
.sihc  ein  weib  lag  zu  seinen  füszen.  Ruth  3,8;  wie  der  erd- 
boden  von  dem  schrecklichen  getümmel  erzitiert  und  er- 
schüttert. KincnnoF  «1(7.  disc.  163;  es  krachte  dasz  die  erde  er- 
schüllerle;   vom  rasseln  der  wagen  erschüllerl  das  ganze  haus; 

dafür  die  haut  erschüttert  mir.    froschm.  114'; 

dis  seufzen  kennest  du.    mein  mattes  herze  zittert, 

die  erste  kraft  ist  bin.    der  ganze  leib  erschüttert. 

Flemimc  19; 
wer  weisz,  wer  vor  dem  andern  musz  erschüttern. 

WiEDESAN  ^f6r.  38; 
dem  die  glleder  zittern 
und  von  tod  erschittern.    IIanmann  zur  pocterei  149; 

dieses    gespräch   wurde  des  königes  söhn  hinlerbracbt,    der 
auf   anhörung    desselben    dermaszcn    erschütterte,    dasz   ihm 
die  thronen  das  angesicht  herunter  liefen,  pers.  baumg.  4,6; 
sie  erschütterte  und  entfärbte  sich.    Opitz  Arg.  1,726; 
körper,  welche  leicht  erschüttern  und  sich  drehn. 

liROCKKS  3,  113; 

die  sichlbarwerdung  des  herabfalirenden  engeis  wirkte  wie 
blitz,  und  wer  auf  diese  wirkling  jemals  acht  gegeben  hat. 
wird  wissen,  dasz  in  dem  erschütternden  äuge  der  nemlicbo 
eindruck  zurückbleibt,  welchen  ein  starrer  blick  auf  gefrornen 
Schnee  im  sonnenglanze  zu  verursachen  pllegt.  Lessing  10,  80 ; 
ach,  meine  ganze  natur  erschüttert.    Wieland  16,270; 

kommt  Widerhall  aus  felscn  hinderdrein, 

erschüttert  das  wild  so  grosz  wie  klein.    Tiiot  2,  303. 

läszl  man  erschüttert  ron  Widerhall  abhängen,  so  ttird  die  be- 
deulung transiliv. 

2)  tr.  ifcslungswerke)  im  grund  erschüttert.  KiRcnnor  mtl. 
disc.  170;  durch  und  durch  erschüttern.    Stieler  1767; 

wird  in  der  band  des  hcrrn  ihn  die  gcfahr  erschüttern? 
Gellert  2,  26; 

da  seinen  ganzen  bauch  eih  plumper  spasz  erschüttert. 
J.  A.  ScuLECEi.  fabeln  20>; 
ein  anblick,  der  auch  ein  Steinbild  . . .  mit  leben  erschüttert 
halle.    Wieland  16,319; 

es  dunkelt  sich,  ein  kaltes  grausen 

erscliiittort  uns  mit  schiiellor  macht. 

ich  hör  ein  ängstlich  hohles  sausen, 

der  donner  brüllt,  der  ^<lurm  erwacht.    Drolungir  11; 

ruhe,  sMsze  ruhe  schwebe 

friedlich  über  dieser  grufl! 

niemand  spotte  dieser  «sehe, 

diu  ich  jetzt  mit  thrnnen  wasche, 

und  kein  fluch  erschultre  diese  lufl!    Rürger  15'; 

da  crschütterin  grauen  das  herz  ihm.    II.  3,31; 
umsonst    hab    ich    so    viel  gesprochen,    die  luft  hab  ich  er- 
schüttert, weiter  nichts  gewonnen.  GüriiE  8,  265;  ich  kulzelte 
ihre  leber,  erschütlerle  ihre  nieren.  Klincers  th.  4,204:  ein 
erschütterndes,  alle  zu  Ihtänen  bewegendes  ercignis;  die  er- 
srhüllerndc  nutur  mit  ihrer  ewigen  majesläl.  J.  P.  Hesp.  1, 103; 
das  von  lauten  hofnungen  erschüllcrle  herz.    1,137; 
der  iraum  war  so  wild,  der  tranm  war  so  schaurig, 
■0  lief  erschütternd,  unendlich  traurig.    l.ffkV  neuere  geil.  172. 

3)  refl.  sie  erschütterten  sich  von  dem  kalten  wasser. 
Wittenb.  191;    die   »cUafe   crachüttcru   sich   vor   dem   wolfc. 


977       ERSCHÜTTERUNG— ERSCHWEBEN 

Lohesstein  ilrm.  2, 197;  einer  so  groszen  macht,  für  welcher 
sich  alles  zwischen  der  Elbe  und  dem  Rhein  nunmehr  er- 
schütterte.   2,  378 ; 

Bysanz  erschüttert  sich  und  kriegt  ein  tödlich  grauen. 

GCHTBER  Ö72; 

die  erde  erschütterte  sich ;  seine  treue  liesz  sich  durch  nichts 
erschüttern. 

ERSCHÜTTERUNG,  f.  concussio,  eomnwlio:  erschütterung  der 
luft,  erde,  des  Staates,  des  leibes,  bauches,  der  brüst,  der  seele ; 
in  dieser 
entsetzlichen  erächüttning  sie  verlassen.    Schiller  264" ; 
desto  fester  sei,  bei  der  allgemeinen  ersehüttrung, 
Dorothea,  der  bund !  Göthe  40,  337. 

ERSCHCTTLER,  m.  concussor.    Maaler  117'. 
ERSCHW.\CHE.\,  deMitari,  inftrmari: 
sonst  bleibstu  wol  ein  nasser  knab, 
und  wirst  ander  der  bürd-  erschwachen. 

Ml-r!«kh  ichelmenz.  44'; 

auch  ich  gar  erschwachet  wäre, 

lag  an  starkem  lieber  krank, 
ichs  dem  Daphnis  olTenbare, 

der  mir  mischet  einen  trank.    Spke  trutzn.  282; 
der  gegenständ,  der  itzt  Dianen  an  sich  zieht, 
macht,  wie  Galen  bemerkt,  nebst  wallung  im  geblüt, 
die  äugen  übergehn  und  die  Vernunft  erschwachen. 

WiELAMDS  Endymion  530; 

leute,  welche  durch  ihre  sitzende  lebensart  in  Städten  so 
bald  weichlich  werden  und  ersehwachen.    Sroi  berc  6,  237. 

ERSCHWÄCHEN,  inßrmare,  schwächen:  macht  rückenweh, 
eikält  und  erschwecht  den  magen.  Paracelsls  1,  GS9 ;  die 
vor  müsziggehen  erfaulef,  die  arbeit  geflohen  wie  das  fewer, 
die  den  wollüsten  zu  tisch  und  bett  nachgehangen  und  also 
ihre  giieder  erschwachet  haben.    PflaASOER  2, 465. 

ERSCHWÄREN,  s.  erschweren. 

ERSCHWÄRMEN,  grassando  äbi  parare:  er  hat  einen  un- 
gesunden leib  erschwärmet.  Stieler  1951.  in  anderm  sinn, 
errore  fanatico  exoplare,  assequi:  das  unendliche  durch  die  Ver- 
nunft denken  oder  durch  die  phantasie  erschwärmen.  Klixger 
12,  258 ;  seitdem  erschwärmen  so  viele  unter  uns  etwas,  das 
keinen  namen  hat.    Tieck  ges.  noi\  7,  28. 

ERSCHWARZE.N,  nigrescere,  erdunkeln: 

mhd.  und  da^  sin  bein 

erswarzet  was  von  einem  irit.    Lichtehstki:^  528,26; 

erswarzet  und  ervalwet 

was  im  ein  teil  sin  röter  munt.    Gerhart  3720; 

diu  hüt  was  im  überal 

erswarzet  gar  und  worden  sal.    Bari.  163,  24. 

lihd.  das  traid  erschwarzt,  fault  und  wechst  aus. 

H.  Sachs  I,  375' ; 

mich  bunden,  das  ich  bin  erschwarzt.  II.  2,  30*; 
das  im  erschwarzen  seine  bend.  III.  1,  211'; 
von  den  worten  ward  Reinhart  hart  erzürnet  und  im  er- 
schwarzet  sein  angesicht.  j4imonA4';  von  der  reden  erschwar- 
zet  Reinharts  angesicht  ganz  und  gar  und  aus  zorn  sprach 
er.  E2';  das  der  menschen  hcnd  entzündt  bald  wie  ein  kol 
erschwarzten.  Frank  chron.  1S2'  und  ößer;  das  er  möchte  er- 
schwarzen und  onmächtig  werden,  lästere.  3;  das  ros  strecket 
die  zung  weit  heraus,  welche  gar  erschwarzet.  Zeche>dorfer 
1.46;  wie  die  knecht  des  wegs  von  der  sonnen  erschwarzet 
waren.  Tacius  bei  Fronsp.  3,231";  und  werden  beide,  sonne 
und  mond,  ganz  erschwarzen,  pers.  rosenih.  5,19;  seine  zim- 
mer.  säl  und  gemacher  hatte  er  inwendig  vom  rauch  ganz 
erschwarzen  lassen.  &mpl.  K.  27;  ich  schwur,  dasz  der  him- 
mel  hätte  erschwarzen  mögen.  561;  man  gehe  nur  in  der 
diirfer  eins,  wo  solche  bursch  beim  halben  oder  ganzen 
rausch  beisammen  sein,  so  wird  man  öffentlich  solche  sachen 
seilen  und  hören ,  dasz  der  liimmel  darüber  erschwarzen 
iiMchte.  Vogelnest  2,11;  da  wird  dann  eine  so  greuliche  ab- 
(,'ijtterei  getrieben  mit  denen  sogenannten  heiligen,  dasz  der 
bimmei  darüber  erschwarzen  möchte,   rockenplul.  6,  90. 

ERSCHW.\RZE.N,  nigrare,  schudrzen:  sich  den  Qnger  mit 
dinle  erschwarzen;  erschwärzte  wasche,  schwarze. 

ERSCHWATZEN,  ERSCHWÄTZEN,  verbis  evincere,  erzälden. 
Stieler  1959 :  und  wer  kan  all  ihr  müh,  so  sie  mit  der  kin- 
derzucht  haben,  erschwetzen?  Garg.  üb';  an  harschaft  ... 
und  anderm  einen  solchen  vorrat  erschwätzet,  dasz  unmöglich 
^vure  selbigen  allen  zu  verthun.    PniLAnD.  2,  löR  (167). 

ERSCHWEBEN,  tvlando  assequi,  schwebend  erßiegen: 

als  sie  ...  .  die  stille  heitre  des  himmi-ls 
näher  den  nicht  begleiteten  sonnen  rrschwebien. 
Uestias  16,  346; 

ni. 


ERSCHWELLEN  —  ERSCHWINGEN        978 

gleich  einer  lichten  wölke  mit  goldnem  säum 
erschwebt  die  dichtkunst  jene  gewölbte  höh 
der  heitre,  wo,  wen  sie  empor  hub, 
reines  gefühl  der  enizückung  athmet.    Klopstoc«  2,  25 ; 
das  alter,  da  des  erdenpilgers  bahn, 
allmälich  sich  zu  einer  höh  erhebet, 
auf  welcher  frei  von  seiner  kindheit  staar, 
das  äuge  voll  begier  hinaus  ins  weite  strebet, 
und  was  es  nicht  erreicht,  die  phantasie  erschwebet. 

büRGEa  1U4^ 

ERSCHWELLEN ,  exlumescere,  praet.  erschwoll,  pari,  er- 
schwollen, ahd.  arsuiillan,  mlid.  erswelten :  wider  das  harte 
und  erschwollene  milz  soll  man  ein  solch  ptlaster  machen. 
Tabernaeji.  834; 

wo  ist  die  brüst,  die  eine  weit  in  sich  erschuf 
und  trug  und  hegte,  die  mit  freudebeben 
erschwoll,  sich  uns,  den  geistern,  gleich  zu  heben? 

Göthe  12,  34; 

von  der  anstrengung  erschwolien  die  ädern  an  den  bänden 
and  armen.  Tieck  ges.  nov.  4,105;  die  segel  erschwollen. 

ERSCHWELLEN,  tumefacere,  aufschwellen,  praet.  erschwellle, 
ahd.  arsuellan.  arsualta :  ein  frischer  wind  erschwellte  die  segel. 
ERSCHWENKEN,  ribrare,  schwenken  verhält  sich  zu  schwin- 
gen ohngefähr  icie  erhenken  zu  erhängen :  das  macht  der 
glaub  Christi ,  der  sich  also  erschwenkt  hat  in  freuden. 
LCTHERS   br.   2. 169. 

ERSCHWEREN,  dolere,  tumere,  suppurare,  praet.  erschwur, 
part.  erschworen,  mhd.  erswern,  erswar,  ersworn: 

din  rücke  muo;  erswem.    Ulr.  IV7j.  112'; 

sam  deme  nie  debein  lit  erswar.    kindh.  Jesu  140S; 

sin  bein  geswal  und  wart  ersworn 

sin  fuoj.  Bo?c.  47,  6; 

da  von  ist  mir  da;  bein  ersworn.    50,  24 ; 

nhd.  bisz  im  sein  bruch  erschwar.  W&htz  276;  ich  habe  wol  ein 
stich  gearzet,  der  nicht  erschworen  ist.  153 ;  man  sol  dem 
pferd  nit  blut  lassen,  der  schleim  sei  dann  zlTvor  in  ihm  er- 
schworen und  zeitig  geworden.  Seuter  29 ;  erschwären,  zu 
eiter  werden,  reif  oder  zeitig  werden  wie  ein  geschwür. 
Maaler  117'.     später  ungebräuchlich. 

ERSCHWEREN,  ERSCHWÖREN,  jurejurando  ßrmare,  be- 
schwüren, praet.  erschwur,  part.  erschworen,  mhd.  erswern : 
ein  heimlich  Verlöbnis  mit  beschlafen,  das  bekand,  erschwo- 
ren  oder  beweiset  wird.  Lctber  5,247';  seine  Unschuld  er- 
schweren ;  seine  forderung  erschweren ,  i»  litem  jurare. 
Stieler  1977. 

ERSCHWEREN,  difßcile  reddere,  impedire,  praet.  erschwerte, 
mhd.  erewieren :  ein  gesetz,  das  die  eben  erschwert ;  ein 
satz,  der  das  Verständnis  des  ganzen  erschwert;  den  handel 
durch  Zölle  und  abgaben  erschweren;  man  sucht  ihm  das 
geschäft  auf  alle  weise  zu  erschweren;  du  erschwerst  mir 
das  leben,  mach^  es  mir  schwer; 

beklagter,  dem  der  schein 
vorhin  nicht  günstig  war,  erschweret 
durch  trotzen  noch  die  aufgehäufte  schuld.    Wiela?id. 

ERSCHWERNIS,  n.  difßcuUas:  er  thürmt  sich  nicht  selbst 
ausgeheckte  erschwernisse  hin.    Fr.  Müller  3, 147. 
ERSCHWERUNG,  /.  impedimentum. 
ERSCHWIMMEN,   l)  nando  transire: 

ach  gott  und  war  der  Rein  so  klein, 

dasz  ich  ihn  mecht  erschwimmen.    Uhlakd  1,  3S6. 

2)  nando  atlingere:  der  kahn  war  schon  zu  fern,  als  dasz 
ihn  einer  hätte  erschwimmen  können. 
ERSCHWINGRAR,  was  erschwinglich. 
ERSCHWINGEN,  agüare,  vibrare, 

1)  Vögel  erschwingen  ihre  flügel  (schwingen): 
mhd.  dar  rabe  sin  gevidere  erswanc.    Oswald  721 ; 

nhd.  so  soltu  denn  dein  fettachen  erschwingen  zu  beschawen 
die  himelischen  ding.  Keisersb.  rolkomen  mensch  G6';  dar- 
nach erschwing  dein  fettach  zu  beschawen  in  demütiger  an- 
dacht.  H  1' ;  die  flügel  oder  fätchen  erschwingen,  alas  quatere 
magnis  clangoribus.    M.aaler  117*. 

2)  Schwert,  lanze:  erschwang  aus  grimme  sein  schwert. 
Aimon  b3';  den  spiesz  gegen  eim  erschwingen,  inlorquere 
hastani  alicui.    Maaler  117'. 

3)  den  thau  abstreifen,  mhd. 

ör  gap  umb  sin  geverle 

iiiht  ein  här,  ist  uns  geseit, 

swenn  er  sin  ros  überschreit. 

waa  da;  bete  sölhen  ganc 

das  ^r  da;  tou  niht  erswanc.    Lau.  7106, 

iro  unw'Ahig  wäre  Cj  lu  schreiben,  der  reiler  ist  gemeint. 

62 


979      ERSCHWINGEN— ERSCHWINGLICH 

4)  die  arme  und  glieder,  mhd. 

mit  siegen  er  die  arme  erswanc.    Pan.  207, 15; 
die  beide  erswungen  da  die  lide.    357,  10.  6<J1,28,- 
mit  kunst  si  die  arme  erswungeo.    742,  11. 

5)  das  herz  aufscliwingen :  das  du  klug  seiest  und  dein  herz 
erschwingest,  das  du  flugs  anfallest  zu  bitten  {beten).  Lutheb 
5,  437", 

6)  deculere,  ^ringere,  vcntilare:  die  sprcu  erschwingen; 
herscht  gleich  ein  ungemeiner  fVost, 

so  wollen  wir  doch  frücbt  erschwingen.    Grtpbiiis, 

wie  man  sagt  birnen,  äpfel  vom  bäum  abschwingen. 
6')  erreichen,  erlaufen: 

erschwingen  wir  dort  jene  stillen  hügel.    Herder  19,  11, 
gleichsam  schwingen  wir  uns  auf  sie; 

des  berges  gipfel  war  erschwungen, 
der  trottig  in  die  tiefe  schaut.    Lknau. 

7)  abstract,  im  schwang  erringen,  erwerben :  mit  meiner  sauren 
arbeit  so  viel  nit  hab  erschwingen  mögen.  Schade  2, 2 ; 
prächtige  aufziige  erschwingen.    Lohenst.  ylr»?i.  l,  1131 ; 

was  wir  auszer  uns  erschwingen 

ist  fürwahr  der  müh  nicht  werth.    GGütuer  115; 

nein,  der  götier  glück 
kann  keinen  höhern  grad  erschwingen !  Wielands  Aurora  361 ; 
nur  bei  dem  Franken  war  noch  kunst  zu  finden, 
erschwang  er  gleich  ihr  hohes  urbild  nie.    Schiller  100* ; 
denn  hilf  ist  für  Astolf  nicht  zu  erschwingen. 

Ghies  BojanUi  2,  14,  7; 

weil  unsre  vemunfl  nicht  das  unmögliche  erschwingen  kann. 

TiEci  6,148;    ich    kann    es    nicht    erschwingen,    aufbringen; 

denn   für   die  Leipziger   conzerte   im   gewandhause  hatte  er 

nie  den  dazu  gehörigen  eintritts  und  thorgroschen  erschwingen 

können.   J.  P.  ßegelj.  2,  67. 

8)  im  16.  17  jh.  hiesz  erschwingen  auch  susUnere,  lolerare, 
erleiden,  auslialtcn:  eine  lange  belägerung  erschwingen,  obsi- 
dionem  suslinere.    Taciüs  bei  Fronsf.  3,  270'.    Stieler  1984. 

a)  reflexivisch, 

a)  von  vögeln: 

die  lerch  tut  sich  erschwingen 

mit  irem  hellen  schal.    Uuland  113; 

an  discr  stillen  bach,  da  kein  Silvanus  springet, 

da  keine  nachtigal  sich  in  die  luft  erschwinget.    Fleming  2; 

der  bahn  erschwang  sich  mit  beiden  flügeln; 

er  schleifet  ihn  die  schnäbelcin, 

er  löset  ihn  die  zungen, 
da  singicn  sie  den  namen  sein, 

gar  hoch  in  luft  erschwungen.    Spee  13(J  (149), 

d.  i.  die  sich  erschwungen  haben;  wie  sich  unsre  tauben  erschwin- 
gen und  kreise  um  den  thurm  ziehen.    Arnim  kronenw.  1,  35. 

b)  sich  erschwingen  und  springen,  weil  die  vügel  vor  dem, 
fliegen  sich  sdiwingen: 

ich  will  mich  auch  erschwingen 

und  will  frölich  springen,    fastn.  402,31; 

pich  erschwingen  und  einen  starken  sprung  thun.  Luthers  tec/ir. 
220*;  nun  wolauf  du  meins  herzens  ein  schätz,  ir  meine  hold- 
selige lehrkinder  erschwinget  und  erspringt  euch.    Garg.  25*. 

c)  vom  äuge,  sich  aufscliwingen,  mhd. 

»in  »enedej  ouge  sich  erswanc.    tr.  kr.  15526. 

d)  ton  federn : 

der  wind  ihm  seinen  federtollen 

beweget  und  zerschüttet  lang, 

der  sich  auf  seinem  heim  erschwang.    Sriinc  En.  437', 

(et  cristam  adverso  curru  quatit  aura  voiantera.    Acn.  12,370). 

e)  ton  der  lufl,  vibrarc:  der  luft  erschwinget  sich.  /V/r.  107*. 

f)  abslraclionen, 

mein  zung  musi  sich  erschwingen.    Fischart  ps.  51 ; 

die  etwas  setzen  auf,  das  sich  erschwinge  frei, 

das  nach  dem  himmel  schmeck  und  Irlicnswürdig  sei. 

Flehing  M'i; 
die  demuth.  so  mit  kunnt  vermählet, 
bricht  durch  des  vlückcN  misgun.tt  vor, 
erschwingt  nirh  üTier  nt-id  empor, 
von  dem  sie  bleibet  ungeschmätet.    368; 

dieser  freie  gcist  erschwang  sich  vielleicht  in  freien,  vom 
zwange  des  reims  nicht  gehemmten  rhylhinen.  Stoiderc  10,245. 

ERSCHWINGLICH,  U  lolerandus,  leidlich,  rrtrdylich  (erschwin- 
gen 7.8):    Schulgeld  und  miete  war  erschwinglich.    Voss  6r.  _ 
1,  S7;  tgl.  unerschwinglich. 

5)  impelrahUii,  erreichbar: 

steil  ist  der  fels,  die  bürg  ganz  unbczwingllch  ' 

und  keinem,  der  nicht  (lligel  hat.  emrhwinglich. 
Gmu  Ar.  Hot.  2,  44. 


ERSCHWITZEN— ERSEHEN 


980 


ERSCHWITZEN,  sudare. 

1)  intr.  mhd. 

du  muost  6  vil  arbeite  hän, 

und  I'  vil  dicke  in  gotes  geböte 

erswitzen.  Bari.  310,  2; 

ir  sult  iuch  in  daj  bette  legen, 

bi;  da]^  ir  erhitzet 

und  ein  wdnic  erswitzet.     GA.  2,  169; 

ros  von  dem  feirae  erswitzet.    Dietr.  3386; 
nhd.  davon  euch  die  Stirnen  erschwitzen  werden.  Aimon  D  1* ; 
das  ros  wol  darmit  gebehet,  das  es  erschwitze.    Seüter  56; 
der  königin  ein  schweiszbad  richten  zu, 
darin  sie  wol  erschwitzen  thu.    11.  Sachs  V,  234'; 

erswitzen  oder  fleisz  haben,  insudare  vel  invigilare.  voc.  1482  h  l' ; 
vor  bosbeit  erschwitzen.    Scheid  grobian  S3. 

2)  tr.  exsudare,  ausscIiwUzen.  Maaler117';  blut  erschwitzen, 
sich  erschwitzen :  damit  man  sich  wol  erschwitze.  Thürneisser 
infl.  wirk.  141.    Bock  reyim.  C2'. 

3)  sudore  parare,  im  schweisz  erwerben: 

wo  ihr  anders  aus  dem  allen  noch  erscbwitzct  sarg  und  grab. 

LouENSTKiN  Hyac.  65; 
so  herlich  lebt  man  hier,  wenn  dort  der  tisch  der  fürsten 
das  kaum  erschwitzte  brot  oft  halb  verschimmelt  gibt. 

69.  Arm.  1,  557; 
dasz  mancher  vater  ächzt,  wenn  er  bei  fleisz  und  wachen 
nicht  so  viel  brot  erschwitzt,  die  kinder  satt  zu  machen. 

Gellert  2,  6; 
dasz  er  auch  an  barschaft,  gold,  silher,  kleinodien,  klei- 
dungcn,  vieh  einen  solchen  vorrath  erschwilzct.  TiECKl5,3ii. 
ERSEHEN,  videre,  conspicere,  cognoscere,  goth.  ussaihvan, 
ahd.  ersehan,  mlid.  ersehen,  sehen  drückt  das  dauernde,  an- 
haUcnde  sehen  aus,  ersehen  den  beginn  des  sehcns,  das  zu  sehen 
bekommen,  erblicken,  erschauen. 

1)  intr.  mit  folgendem  inf,  oder  dasz,  was: 

mhd.  Aö  der  künec  Günther  daj  heize  bUiot  crsach 
sweben  in  dem  schiffe.        Nio.  1507,  1; 

nhd.  und  wolt  auch  so  gelert  sein,  das  ich  golt  durch  den 
himcl  wolt  boren  und  in  sein  kemmerlein  und  ersehen,  was 
er  drin  machet.  Luther  6,66";  und  wie  ich  bei  den  vortrei- 
bern  war,  so  ersihe  ich  leut  von  uns  hinweg  fliehen.  Götz  v.  B. 
lcbensb.H2;  indem  ersehen  sie  mich  kommen.  tucA  d.  i.  198,  2; 

indem  ein  alTe  ersehen  was 

den  kräraer  ligen  in  dem  gras.    11.  Sachs  IT.  4,  40''; 
es  miiste  einer  sehr  einfällig  sein,  wann  er  nicht  beim  ersten 
anblick   ersähe,    dasz  «.  s.  w.    Liscov  310 ;    ich   ersehe   aus 
deinem  schreiben,  dasz  du  dich  verlobt  hast,     man  zielit  lieule 
doch,  auszer  im  gcsclidpsdil,  das  einfache  sehen  ror. 

2)  tr.  sinnliches  erblicken. 

mlid.  dem  volgte  ich  eine  inilc 

uiiz  ich  eine  burc  ersacli.  Iw.  279; 
dö  da;  diu  juncfrouwe  ersach.  1483; 
hat  unser  .juiichörre  ersi'hen 
Af  disen  ritlern  helme  schart.  Part.  125,20; 
das  neugeborne  kind  gilt  für  lebensfähig,  sobald  es  die  \ier 
wände  ersehen  und  beschrien  hat ;  zu  hant  von  den  frawen 
ersechen  wurden,  e  dann  sie  die  frawen  sacheii.  Steinhöwel 
dcc.  12, 14 ;  du  liebest  ir  lager,  wo  du  sie  ersihest.  Es.  57, 8 ; 
wo  sie  einen  hohen  hügel  oder  dicken  bawin  ersahen,  da 
selbs  opferten  sie.  Ez.  20,  28 ;  sie  aber  lief  alle  tage  hin 
aus,  und  sähe  auf  alle  straszcn,  da  er  her  komen  soll,  ob 
sie  in  etwa  ersehe  (nsälie).  Tob.  10,8;  und  wer  sie  ersihet, 
der  liebet  sie,  denn  er  sihet  welch  grosze  wunder  sie  thiit. 
Sir.  1,15;  solches  ist  noch  nie  in  Israhel  ersehen  worden. 
Malth.  9,33;  ich  bin  auch  nicht  durwider,  das  Haniel  als 
ein  prophet  gotles  die  groszen  und  ernstlichen  kriege  zuvor 
ersehen  {vorausg<-schen)  habe,  die  im  römischen  reich  von  an- 
fang  gewesen.  Mathesius  86";  es  was  von  allen  zeilon  her 
kein  gröszcrc  armada,  so  den  Christen  zugehörig,  ersehen 
worden.  Fhonsp.  3,150*;  da  der  hir.sch  seine  schön  grosz 
gcweihe  ersähe.  Lokman  fab.i;  erträglicher  ist  es,  die  spitze 
des  spicszes  gegen  seinem  äuge  gerichtet  als  das  gesichle 
seines  feindes  ersehen,    pers.  rosenth.  5,14; 

ein  groi<zcn  ochsen  nn  der  wcid 

ersah  ein  frosrh.     Walois  1,31; 

diesen  {pilger)  ein  sntj^rus  crsacb.    II.  Sachs  II.  4,  43^; 

düüz  einer,  der  euch  nur  ersehen, 

Willi  ewren  rilrnst  ntracks  undergehen.    WscKaRRi.iN  303; 

für  ihn  dn  thnt  erurhon 

nur  seiner  englen  zwen.    Spkk  (ruttn.  &2(&6)! 

ersieht  er  dirh,  so  hiiilu  knit.    Licirrwn  3,  17; 

und  jeder  hiiiid  llrl  wntliond  an, 

was  er  zuniirhüt  vor  sirli  ersah.    Düroir  7t*; 

unser  meisier  das  all  ersieht 

und  freut  sich  dessen  wundenam.    COriii  13,  I2S ; 


981 


ERSEHEN  — ERSEHLICH 


ERSEHNEN  — ERSETZEN 


982 


ganklerin !  da  ersah  ich  in  dir  zu  den  bübchen  das  urbild, 
wie  sie  Johannes  Beilin  reizend  mit  flügeln  gemahlt.    1,  3äS; 

indes  ersah  die  cabale  mit  gierigem  äuge  ilire  volle  beute. 
Schiller  1074";  kein  mensch  zu  erhören  und  zu  ersehn  I 
TiECK  ges.  nov.  2, 136 ;  keine  seele  weiter  kann  man  ersehn. 
Cymbetine  4,  2.  bemerkenswerth,  was  hast  du  doch  nur  an  ihr 
ersehen?  qutd  est  quod  magnificas  in  üla?  Stieler  2025;  ich 
kann  den  menschen  nicht  ersehen,  nicht  in  den  äugen  leiden. 

3)  geistig  erschauen,  erkennen:  gottes  unsichtbares  wesen 
wird  ersehen,  so  man  des  war  nimpt  an  den  werken.  Rom. 
1,20;  und  ist  sint  der  zeit  die  sprachen  gefallen  sind,  nicht 
viel  besonders  in  der  Christenheit  ersehen,  aber  gar  viel 
greulicher  greuel  aus  Unwissenheit  der  sprachen  geschehen. 
Luther  2,  475";  solche  kunst  hat  nie  kein  Grieche  ersehen,  die 
doch  in  der  spräche  geborn  sind  von  Christus  zeit  her.  3,67"; 

was  wir  sehen  in  der  weit  sehen  alles  wir  durch  brillen, 

gut  und  böses  wird  ersehn  wie  es  fürkümt  unsrem  willen. 

LocAC  3,  ISs,  S6; 

es  ist  aus  diesen  berichten  viel  neues  zu  ersehen,    ich  kann 

das  nicht  länger  ersehen,  ertragen,  mit  ansehen.  Stieler  2025. 

4)  ersehen  mit  dem  praedicat  eines  subsl.  oder  adj. :  gehe 
in  den  kästen,  du  und  dein  ganz  haus,  denn  dich  hab  ich 
gerecht  ersehen  für  mir  zu  diser  zeit  {rnlg.  te  enim  vidi 
justum  coram  me).  1  Mos.  7,  2 ;  würdeslu  nicht  lang  das  fast- 
nachtspiel treiben,  sondern  für  jederman  ein  schendlicher 
böser  neidhard  ersehen  werden.  Lutber  1, 219'.  auch  mit 
der  praep.  zu :  man  hat  dich  zum  gesandten  ersehn  =  erkoren 
von  kiesen,  sehen: 

und  der  patriarch 
hält  auch  zu  diesem  wackern  manne  mich 
ersehn?  Lsssrac  2,  220. 

5)  sich  isibi)  ersehen,  providere,  ausersehen:  gott  wird  im 
{sibi)  ersehen  ein  schaf  zum  brandopfer.  1  Mos.  22,  8 ;  denn 
unter  seinen  sönen  hab  ich  mir  einen  könig  ersehen  (pro- 
vidi  mihi  regem).    1  Sam.  16, 1 ; 

wenn  sich  dein  muth  zum  zweck  rechtmäszgen  rühm  ersieht. 

Cajiitz  145. 

6)  seine  zeit,  seinen  vortheil  ersehen :  ein  weiser  mann 
schweiget,  bis  er  seine  zeit  ersihet,  aber  ein  jeder  narr  kan 
der  zeit  nicht  erharren.  Sir.  20,7;  er  lehnte  alle  interces- 
sionen  ab,  bis  er  seine  zeit  ersah  und  seinem  jungen  freunde 
ganz  unerwartet  den  Vorschlag  Ihat.  Güthe  19,124;  endlich 
ersah  ich  meinen  vortheil  und  sprang  zum  offenen  fenster 
hinein.  22,  200;  abt  Henke  schüttele  den  ihm  aufgedrungenen 
Burgunder,  seine  zeit  ersehend,  zum  fenster  hinaus.  31,239; 
ja  ja,  mancher  verwandter  hat  denn  auch  seinen  vortheil 
dabei  ersehen.  Tieck  3,  33.  statt  seine  zeit,  seinen  vortheil 
heiszt  es  auch  sich  die  zeit,  sich  den  vortheil  ersehen,  da  sie 
die  zeit  ersahen.  Gellebt  l,  ISO;  da  Kampfkeib  disen  vortheil 
ersähe.  Garg.  231";  sich  die  gelegenheit,  den  rechten  augen- 
blick  ersehen.  bei  ersehener  gelegenheit,  occaäone  arrepta. 
Felsenb.  2,108.  auch  seinen  verdrusz,  ärger,  ekel  ersehen: 
da  wirst  du  wieder  einmal  zu  mittage  alles  das  ausgelegt 
finden,  woran  du  dir  des  morgens  schon  deinen  ekel  ersehen 
hast.    Tbümmel  3,  79. 

7)  refl.  sich  (se)  ersehen,  vgl.  ersehnen  2): 
mhd.  diu  gap  von  rcete  alsolhej  prehen 

da^  man  sich  drinne  möhte  ersehen.    Parz.  71,  2. 

nhd.  das  ist  ein  Spiegel,  darin  man  sich  ersieht.  Kellers  «•Z.4S4; 
man  ersieht  sich  in  solchen  schalen  als  in  einem  Spiegel. 
Foher  /iscM).  14S'.  sich  in  büchern  ersehen,  umsehen,  sie  nach- 
sehen, nachlesen:  als  die  acht  tage  auch  vorbei,  in  zeit  deren 
ich  mich  in  den  zweien  gesichtbüchern  widenim  genugsam 
ersehen.  Philander  2,  872;  weil  ich  sehe,  dasz  sie  [die  echo- 
gedichte)  bei  den  Franzosen  gleichfals  im  gebrauche  sein,  bei 
denen  man  sich  ersehen  kan.    Opitz  poeterei  25. 

8)  sich  ersehen  lassen  =  sich  sehen  lassen,  zeigen: 

die  geilen  satyren  die  springen  aus  den  Wäldern 
und  lassen  sich  ersehn  aur  allen  grünen  feldern, 
wo  Schäferinnen  sind.    Fle«i?ig  160. 

9)  statt  der  construdion  unter  6  auch  sich  ersehen  mil  dem  gen. : 
ak  sich,  loh  weisi  nicht  wie,  mein  hahn  des  vortheils  ersah. 

WlELlMD  4,  44 ; 

Ogul  ersah  sich  des  augenblicks,  da  einige  forsten  aus  wenig 
erheblichen  Ursachen  den  damaligen  könig  vom  throne  ge- 
stoszen  haften.  6,54;  er  wird  sich  seines  vortheils  über  uns 
ersehen.    Göthe  42,  74. 

10)  für  sich  versehen,  von  einer  schtcangeren :  als  hätte  sich 
seine  multer  an  einer  beiszzang  ersehen.    Fuchsmundi  301. 

ERSEHLICH,  quod  pertfiä  fotest:  in  kaum  ersehlicher  höbe. 


ERSEHNEN,  1)  exoplare: 
der  lang  ersehnte  friede  nahet  wieder.    Göthb  13,  214; 
nun  endlich  ist  mir  der  erwünschte  tag, 
der  lang  ersehnte,  festliche  erschienen.    Schiller  500'; 
das  feuer  und  die  flut,  die  todesreichen,' 
versagten  das  ersehnte  todesglück.    Le!<aü. 

2)  sich  ersehnen  hiesz  früher  se  delectare,  sich  letzen,  er- 
getzen:  baten,  dasz  der  markgraf  seine  zwei  frSuIein,  welche 
diese  zeit  beim  markgrafen  waren,  verlaube  zu  i.  f.  gn.  als 
dem  herrn  vater,  nach  Nürnberg  zu  kommen,  sich  mit  ihnen 
zu  ersehnen.  Scbweimche.n  l,  151,  u-o  nicht  zu  lesen  'ersehen', 
me  bei  Bctschky  kanzl.  75 :  er  bittet  den  aus  der  fremde  an- 
gelangten freund  ihme  eine  stunde  zu  geben,  um  sich  mit 
ihme  zu  ersehen;  mit  dem  ich  mich  zum  öftern  ersehen. 
Opitz  im  erzschrein  129. 

ERSEHUNG,  f.  notio  diligens,  consideratio.    Stieler  2025. 

ERSEIFEN,  sapone  perungere,  gehörig  einseifen.  Stieler  1999 
schreibt  erseifnen. 

ERSEIGEN,  exhaurire,  schöpfen  bis  nichts  mehr  daist,  rj/.ersiegen. 

mhd.  swie  vil  man  sin  (des  hartes)  gsebe  hin, 
in  künde  niemen  erseigen.    kl.  1326. 

nhd.  ire  quell  erseigen  und  ertrocknen  liesz.  Fischart  ehz. 
408.     pfening,  münz  erseigen.    Schm.  3,  209.  210. 

ERSEIGERN,  i)  inlr.  elanguere,  ahd.  irseigren.  Graff6,  131, 
uli  irseigreta,  danguit  oleum,  versiegle;  anima  sapientissima 
siccissima,  die  klug  seel  musz  verdorren,  erdursten,  erseigem 
(es  steht  erseugern),  verschmachten,  ausmergeln.    Garg.  85'. 

2)  Ir.  erseigem,  erschöpfen:  so  ich  ein  groszen  theil  meiner 
Jugend,  väterlichs  erbs,  gesundheit  des  leibs  zu  besichten 
teutsche,  polnische,  windische  land  erseigert  und  abgemessen. 
Aventin  1580,  l'.  andere  stellen  bei  Schm  3, 209.  210.  ein  dürrer 
wind  die  brunnen  austrücknet  und  erseigert.    Ledhax  1,  830. 

ERSEIHEN,  excolare,  percolare,  seihen,  durchseihen,  ahd.  ir- 
sihan,  prael.  irseh,  pari,  irsiwan  (Graff  6, 134),  vas  auf  ein 
goth.  usseihvan,  ussaihv  deutet,  das  ags.  pari,  lautet  Aseoven. 
von  der  vrurzel  und  dem  verluxlt  zu  sigan,  seic,  pa-i.  sigan 
unter  dem  einfachen  uort.  es  begegnet  auch  eine  intransilirbe- 
deulung  percolari:  niin  si  {die  ßsche]  mit  einem  lochraten 
{löcherichten)  loffel  aus,  das  si  wol  erseihen  (das  Kosser  von 
ihnen  abläuft),  so  beleiben  si  schon,    kuchenmeisterei  cap.  2. 

sich  ERSENKEN,  se  demittere,  niedersenken :  aus  der  grösze, 
stärke  der  imagination  ersenkt  sich  die  Vernunft,  wie  ein 
geschmack  {geruch)  von  einer  rosen.  Paracelsos  1,  634' ;  eine 
ranke  ersenkt  sich  über  die  mauer. 

ERSESSEN,  cupidissimus,  versessen,  part.  von  ersitzen,  gleich- 
sam gesessen,  Kie  der  geizdrache  auf  seinem  gold,  kos  die  deu- 
tung  von  erpicht,  außlebend,  bestätigt,  obschon  der  Sprachgebrauch 
einen  acc.  statt  des  dat.  hinzufügt: 

auf  dich  bin  gar  ersessen.    Spsb  trutzn.  159(175); 

ist  der  vater  auf  geld  ersessen 

und  nutzt  sogar  die  lampenschnuppen, 

kriegen  sie  den  söhn  in  die  kluppen, 

Juden  und  huren  die^werdens  fressen.    Göthk  47,230; 

jeder  {Leipziger  messfremde)  ist  unglaublich  ersessen  auf  schrift- 
steiler. J.P.  aesth.  3,  A;  er  war  auf  lecture  ersessen.  Fürl.99; 
ist  er  auf  einen  groszen  köpf  ebenso  ersessen  wie  auf  eine 
misgeburt  mit  drei  köpfen.    Tit.  l,  7. 

ERSETZBAR,  quod  compensari,  reslitui  polest. 

ERSETZEN,  diesem  icort  sind  die  alten  sinnlichen  bedeutungen 
meistenlheils  heute  erloschen,  icie  sie  doch  noch  in  setzen,  auf- 
setzen, absetzen  u.  s.  iv.  haften,  goth.  ussatjan,  ags.  isettan, 
ahd.  arsezan,  mhd.  ersetzen. 

1)  das  goth.  ussatjan  drückte  plantare,  fwrevetv  aus.  so  in 
ätiem  ahd.  undeutlichen  liedchen,  das  hier  stehe  aus  Hattexeb  1, 409" : 

Liubene  ersazta  sine  ^5 
unde  kab  sine  tohter  uj, 
tö  Cham  aber  Starzildere, 
prähta  imo  sina  tohter  widere, 

Liubene  (Liupuni)  pflanzte,  säte  sein  körn  und  gab  seine  lochter 
aus  (verheiratete  sie  einem  herangeflognen  vogel?\,  da  kam  bräu- 
ligam  Schwanzgefiedert,  Starrfedrig? ,  brachte  ihm  seine  tochter 
wieder,  vgl.  setzen,  einsetzen,  aussetzen,  umsetzen  und  1, 1619 
mit  bäumen  besetzen. 

2)  ersetzen,  anflicken.    Stalder  2,372.     mhd.  besetzen: 

den  mantel  si  ersazte 

mit  anderleie  duche.    Diul.  2,  44S, 

weil  er  zu  kurz  war,  setzte  sie  andere  tuchstücke  an. 

3)  ersetzen,  einen  bäum,  eine  pflanze  in  die  reihe  setzen,  die 
lücJce  damit  besetzen,  ausfüllen,  allmälich  überhaupt  an  eines 
stelle  setzen,  restituere: 

62* 


983 


ERSETZEN  —  ERSEÜFZEN 


ERSEUFZIGEN  — •  ERSIEGEN 


984 


tnhd.  (iirrc  wirt  ist  wol  erscuct.    Lanz.  2177; 
ir  habt  verlorn  einen  man, 
den  ich  in,  ob  mirs  got  gan, 
vil  wol  ersetze.    Er.  b39l; 
nhd.   uf  das    das   land  wider  mit  nienscben  ersetzt  und  er- 
füllet  würde.    Keisersb.  Mgcr  76';    den  vattcr  ersetzen,    im 
uacbscbialicn,  reyenerare  palrem.  Maaler  11"';  den  gefallenen 
feldherrn   ersetzte   schnell  ein  anderer;    der  slul  brach  und 
wurde  durch  einen  andern  ersetzt ;  ersetzte  ihm  alle  geraub- 
ten iäinmer;  das  geliehene  geld; 
bin  ich  denn  so  arm 
dasi  ich  den  dienern  niclit  ersetzen  kann?    Schiixer  401'. 

4)  abslract,  ersetzen,  crftaltcn,  hcrflellcn :  die  verlorneu  kräfte 
ersetzen,  den  schaden,  die  Unkosten  ersetzen;  einsi  verdienst 
ersetzen,  merüa  alicujus  assequi.  Maai.er  in';  habe  ich  einen 
solchen  abscheulichen  schrecken  gehabt,  dasz  ich  noch  nicht 
davon  ersetzt  {lurgeslelll)  bin.  El.  Ciiari-  von  0. 195 ; 

und  ruft,  er  solle  doch  sein  unrecht  hier  ersetzen.    Camtz  87; 
daüz  wir  die  mühsamkeit  des  lebenslauTs  ersetzen 
mit  etwas  lust.  Wehnickk  50; 

ich  habe  einen  verdrusz  gehabt,  der  mich  von  hier  weg- 
treiben wird,  ich  knirsche  mit  den  zahnen,  teufel,  es  ist 
nicht  zu  ersetzen.    Gotiie  16, 103 ; 

denn  das  gute  bringt  er  her%'or  und  ersetzet  den  schaden. 

40,  23S. 

5)  ersetzen,  versetzen,  Iransponere :  pflanzen  ersetzen,  «m- 
sHzen  (iv//.  l): 

mit  hopr  ersetzet  und  gebraut.    Opitz  1,  435, 
rersHit,  gemengt,    auch  gleich  versetzen,  antworten.  Fetsenb.  3,  432. 

6)  sich  ersetzen,  nieticrselzen,  ausruhen: 

crsalzten  sich  im  klee.    Breuhe  E4'. 

7)  sich  ersetzen,  obslinare,  widerspennig  oder  eigenrichtig 
sein;  sich  gar  ersetzen,  obßrmarc  animtim.  Maaler  117",  sich 
auf  etwas  setzen;  sie  haltend  sich  ersetzt  eintwäders  ze  ster- 
ben oder  ze  gwünnen,  obslinaverant  animis  aul  rincere  aut  mori. 
vgl.  setzisch  starrköpfig  bei  Stalder  2, 372  aus  TscHuni  2, 289. 

ERSETZLICH,  wie  ersetzbar :   der  schade  ist  noch  ersetzlich ; 
der  hat  sie  nie  gekannt, 

dem  ihr  verlusl  ersetzlich  scheint.    Wieland  26,  58. 
vgl.  unersetzlich. 

EKSETZUiNG,  f.  compensatio,  ersalz: 

ihr  aber  gleichwol  dünkt,  dasz  sie  an  dieser  gäbe 
und  dem  geschenkc  noch  ganz  kein  erselzung  habe. 
Werhebs  .4r.  14,  30; 
wegen  der  copialien  nehme  ich  nicht  die  geringste  ersetzung 
an.    sind  nicht  ich  und  meine  miittcr  ihre  groszen  Schuldner? 
flELLEBT  8,45;   sie   brachen    ein    und   alle    stürmten  sie  auf 
den  einen,   in  welchem  sie  ihres  Verlustes  ersetzung  sahen. 
Lessinc2,  96;  dieses  wunder  habe  den  mangel  jener  lehren, 
ohne  welche   kein   Staat   bestehen  könne,    ersetzt  und  eine 
solche   ersetzung   eben  beweise,   was  jener  mangel  auf  den 
ersten  anblick  zu  verneinen  scheine.  10,314;  es  würde  eine 
unaufhörliche  ersetzung  der  in  dem  körper  verschwindenden 
kraft  nöthig  sein.  Kant  8,161;  dasz  sie  mir  eine  so  schöne 
ersetzung  meines  sonnabends  machen,  dafür  danke  ich  ihnen 
herzlich.    Fichtes  leben  1, 59. 

ERSETZUNGSKRAFT,  f.  vis  instaurandi. 

ERSEÜFZE.N,  mhd.  eisiuflen. 

1)  inyemiscere,  aufseufzen:  da  erseufzet  Tobias  tief  und  hub 
ao  zu  weinen  und  zu  beten.  ro6.  3,  i;  da  erseufzel  Susanna 
und  sprach.  Sus.  22;  ich  habe  vil  und  ser  erseufzet,  das  auch 
seufzen  mein  arbeit  gewesen.  Luther  1,20';  als  ich  darüber 
inniglichen  erseufzete.  Puilasder  1,203;  Siegfried  eiseiifztc. 
unic.  riijcl.  231;  oftermals  darüber  crscufze,  dasz  discs  alles 
noch  nicht  der  tausenderlei  Iheil  sei,  das  allergeringste  krtiut- 
lein  und  dessen  inwobnende  kraft  zu  erkennen,  geschweige 
denn  den  abgrund  aller  geheininisse  zu  verstehen.  444;  Elben- 
slein  erseufzete  hierüber  sehr  tief.    t'rr^.  der  liebe  559 ; 

al«  neulich  ich  mein  lieb  umbllcng  mit  vielen  kügscn, 

erseufzet  «le  gar  hoch  und  machte  sich  beirühi. 
Opitz  2,  2:15; 

die  luft  «reeufzl,  da«  Weltmeer  schwillt.    IIallei; 

auf.  Ich  bexchwAre  dich,  bei  deinem  letzten  erseurien, 

aU  mit  dem  tode  du  rangxt.    AleKnius  15,244; 

wa«  sagt  diener  erüculzonde  muod?    Klopktock  1,25; 

o,  erofuTzt  er,  billr«  Rttinde  ! 

o  wer  bdite  das  gemeint?    Gillekt  I,  68; 
er  wurde  sie  aoieheo,  erseufzen  und  weise  werden.  Wit:uiiD 
»,S7: 


In  dPt  Yerssmmelii 
crscurne  der  gruim 


r  Ihr 
ritt.     BijROU  ISO"; 


dasz  noch  mehr  voll  inniges  wehs  ich  erseufze.  Od.  II,  214, 
(früher:  dasz  ich  noch  mehr  in  gram  und  kummer  versinke); 
zischend  fliegt  in  den  bäum  die  axt,  es  erseufzt  die  dryade. 

Schiller  7ti"; 
der  hcilge  Gnllus  und  das  fromme  slifl 
von  Reichenau  erseufzten  eurem  dränge.    Uhlaüds  Ernxt  39. 
2)  gemitihus  impelrare: 
noch  fh  ins  abendmeer  die  goldne  sonne  sinkt, 
hat  den  erseufzten  bcrg  Amanda  schon  erstiegen. 

Wieland  23,  77; 
es  gilt  der  herlichsien  von  allen, 
die  unter  gottes  sonne  wallen, 
die  Volker,  der  verlorne  mann, 
vom  Schicksal  nicht  erseulzen  kann.    Bcrger  ßS"; 
schreckt  mich  ein  fallender  apfel  zur  zeit  und  der  grünliche 

laubfroscn, 
der  im  Johannisbeerstrauch  frischenden  regen  erseufzt. 

Voss  3,  126. 
ERSEUFZIGEN,   ingemiscere,   wie   seufzigen,    seufzgen  = 
seufzen  [z.  b.  bei  Mecesberg  43«.  28):  hat  gröszlich  erseufziget 
und    geweinet    umb  ir  sünd.    Keisehsberg  schif  der  pen.  21*; 
darumb  sie  oft  lief  erseufzigt.  96";    die  erd  hat  erseufzigel, 
solum  inyemuit;    der   stier   erseufziget   von    arbeit   und  vom 
schweren  joch,  taurus  inqemit  aralru  deprrsso.    Maaler  117'. 
ERSELTZllNG,  f  gemilus.    voc.  1482  hl'. 
ERSICHTLICH,  manifestus,  sichtbar:  es  ist  ersichtlich;  wie 
daraus  ersichtlich  ist. 

ERSICHTLICHKEIT,  f.  die  ersichtlichkeit  des  gesetzes. 
Fichte  slaalsl.  12;  das  höchste  gesetz  der  ersichtlichkeit. 
reden  an  die  d.  nat.  232. 

ERSIEREN,  cribro  subcerncre,  durcltsieben,  bei  Stieler  2014 
auch  cribrando  lucrari. 

ERSIECHEN,  morbo  corripi,  erkranken,  ahd.  irsiochfn,  vihd. 
ersiechen : 

wan  die  uns  sohlen  geben 

erzenie,  die  sint  ersieht,    w.  gast  S431 ; 

nhd.  als  nun  der  künig  der  eidgenosscn  nit  mer  bedurft  und 
sie  urlaubet,  und  die  erhungerten  knecht  widenimb  durch 
das  verberget  land  herauf  musfend  ziehen,  ersiechlend  si 
merteils  und  stuibend  derselbigen  eidgenossen  underwagen 
und  dahcimen  etlich  tausend.  Stumpf  2,  467*. 
ERSIEDEN,  ahd.  arsiodan,  ags.  aseodan. 

1)  cxcoquere,  ahd.  arsotan  gold,  obrizum,  arsiudit  in  che/Jla, 
coquit  in  cacabo ;  nhd.  desgleichen  auch  ein  junges  spanferk- 
lin,  und  lasz  wol  mit  einander  sieden,  bisz  haut,  haar  und 
gebein  ersotten  ist.    Seüter  137. 

2)  excoqui:  als  wenn  ein  tartarus  feilt  in  aqua  fort,  d\is 
denn  alles  erseudt,  wie  wenig  des  ist.    Paracei.sus  1,  4s%*. 

ERSIEGEN,  siccari,  arescere,  versiegen :  ein  kuh  ersigt,  versiegt 
mit  der  milch.    Keisehsberg  omeis  54*; 

ein  bninn  bin  ich,  der  nie  ersiget  ewigklich.  trag.  Joh.  05. 
Maaler  117'  schreibt  ersigen  und  setzt  auch  ein  starkes  part.  er- 
sigen  eahaustus,  ersigne  brunnen,  fonles  torridi,  während  unser 
versiegen  schwach  geht,  das  starke  mhd.  sigen  labi,  cndere  würde 
nhd.  erseigen  fordern  und  bei  Maaler  ersygen  lauten,  beijegnrt 
aber  nicht  mehr;  die  häufige  mhd.  redensart  des  bluoles  er- 
sigen, des  guotes  ersigen  drückt  aus  collapsus,  erfallen,  oder 
miiste  aus  ersihen,  ersiwen  exhauslus  verderbt  sein,     auch  kl 

sin  top  mit  im  ersiget.    MS.  2,  225*, 
mc//r  verfällt  als  versiegt. 

ERSIEGEN,  poliri  vicJona:  die  statt  ward  eingcnummen 
tind  ersiget  in  i.xxv  tagen.  Frank  weltb.  234';  bei  der  strit- 
tigen belehnung  des  ersiegten  lands.  F'ischart  bienenk.  127*; 
ersigte  wafenzeichen.  Gory.  «9';  ersigte  Schlacht.   13.'>'; 

ir  seit  ja  wol  der  fanon  wert, 

weil  ir  ersigt  was  ir  hrgort.    gl.  seh.  166; 

es  ist  der  törchte  krieg,  der  sonslen  nichts  erliegt, 

denn  das(  er  sagen  iiiug,  noch  haben  wir  gekriegt! 

LouAU  I,  69; 
(die  wcitheil)  gehorchet  im  Acsop,  regiert  im  Antonln, 
und  kann  im  fairins  sich  den  trinmph  ersiegen, 
doch  auch  mit  gleicher  lust  die  starren  tickcr  pflAgen. 
Hagkiionn  I,  15; 
seine  daine  eisiegt  zu  haben.  Wiei.anü  1h,  .t3;  wo  die  eitern 
nichts  als  eine  einzige  tocbter  ersiegt  {gewonnen,  erzeugt)  haben, 
gehe  vorbei,  denn  sie  ist  verzogen.    Hippel  5,21«; 
jn  wenn  der  himmel  uns  die  paimo  leicht  erringen, 
die  krnne  leicht  ersiegen  läsil, 
ho  werden  wir,  wie  du,  das  aller  fibftrsprinL-r'ii. 
de»  Ichens  un.ichninckballcn  ro.«l.    Ls»>n 
was  in  des  Wissens  Innd  enidecker  nur  im 
eiitderken  »le,  eniiegen  sie  lür  purh.    .Si.iiiii».k  ^i  , 
allein  rr  musz,  wie  Chjrxlowic,  rrfiihren, 
dass  man  nicht  tuicbi  die  Lombardei  eniegl.    Gnu  Ar.  39, 15. 


985 


ERSIMONEIEX  —  ERSITZEN 


ERSITZEN— ERSORGEN 


986 


ERSIMO>'EIEN,  ämonia  acquirere: 

und  was  sie  lang  ersimoneien, 

si  wider  umb  nuclier  hinieihen.    H.  Sachs  II.  1,S6'. 

ERSINGEN,  canlando  acquirere: 
mhd.  sol  ich  niht  ersingen  wan  der  Hute  ha;.    MSH.  1,  292*; 
nhd.    Ton  der  wieg  an  bis  zu  meinem  grabe 

ist  ein  wol  ersungnes  lorberreis 

meine  ehr  und  meine  ganze  habe.    Bürger  69*; 

mein  schmied,  wo  hast  du  deinen  ehrlichen  uamen errungen? 

hast  du  ihn  ersungen? 

oder  hast  du  ihn  ersprungen?    whorn  2,  76; 

und  so  hat  zu  tausendmalen 

ihr  seitdem  das  herz  gepocht, 

ob  sich  kränz  ersang  ein  dichter, 

ob  ein  held  sich  liränz  erfocht.    Rcckert  je.',  ged.  1,1t. 

ERSINKEN,  mergi,  labi,  versinken,  niedersinken,  erliegen: 
were  sacli,  dasz  einer  durch  sein  nutz  hinweg  zuge  und 
ihme  der  herr  zuqueme  (begegnete)  und  der  arme  man  er- 
■sonken  «ere,  so  sollen  die  knecht  abesiehen  und  helfen  den 
armen  man  anhalten,  u-eislh.  2,570;  meine  schwachen  schul- 
tern ersinken  unter  einer  solchen  last.  Lisco?  Br.  28 ;  der 
gedank  an  sie  hält  meine  seel  empor,  dasz  sie  nicht  ganz 
ersinkt.    Wielasd  34,  206 ; 

dennoch  ersänk  ich,  du  gottversöhner,  dein  leiden  zu  singen. 
Messias  5,  356 ; 

die  wange  blasz,  ersank  ihr  leib, 
und  sanft  ihr  äuge  brach.    Herder  S,  2t; 
ihr  schönes  haupt  ersank.    Göthe  33,  258.     s.  ersenken. 
2)  tr.    in   der   spräche  der  bergleute:     mit  einem  schacht  eine 
lagcrstdUe,   äne  gebirgschicht   erreichen,    auffinden.    Gätzschji.\n.\ 
i.  25;  Wasser,  erz  ersinken.     s.  sinken. 

ERSINNEN,  ersann  und  ersinnte,  1)  comminisä,  excogiiare, 
erdenken,  ertragen: 

mhd.  got  bei  vil  gar  an  dich  geleit 

gwaj  er  ie  ersinnen  künde.    Hacpt  6,  510. 

nM.  mit  nahen  sinnen  und  trachten  erfinden.  Maaler  117'; 
ersinnet,  excogitalus.  das.;  Flaccus  sagt,  dasz  etliche  ding  sind, 
jemehr  man  sie  widerholet  und  errollet ,  ersinnt  und  er- 
schindt,  je  annehmlicher  werden  sie.  Garg.26';  da  forscheten, 
ergründeten  und  ersinten  sie  eines  jeden  kunstfertigkeit.  1S7'; 
ich  konte  nicht  ersinnen,  was  sie  doch  mit  disem  wüten 
und  toben  vorhaben  möchten.  Simpl.  K  i'^;  wer  will  solchen 
überflusz  nicht  mit  venvundning  ersinnen  ?  Spee  goldn.  tugendb. 
415;  neue  trachten  ersinnen;  die  ganze  sache  ist  ersonnen 
(ine  erdacht,  erdichtet,  erlogen,  in  gutem  oder  bOsem  sinn). 

2)  refl.  sich  ersinnen,  sich  erinnern,  sich  darauf  besinnen: 
ersinnete  mich  also  alles  dessen,  was  mir  von  anfang  dieses 
gesichts  vorkommen  wäre.  Phila^der  l,  278  (282).  und  icie 
für  mich  erinnern  ein  falsches  mir  erinnern,  kam  auch  mir 
ersinnen  auf:  ich  ersann  mir  sogleich,  dies  sei  die  wohnung 
von  Rosas  familie  gewesen.  Tiege  ges.  nov.  1, 197,  nenn  es 
nicht  heiszen  soll  ich  dachte  mir  aus. 

ERSINNER,  m.  inventor: 

der  ersinner  Odysseus  Ists.    Siolbrrc  14,  177; 
den  verbaszten  ersinner  des  trugs.    14,  189. 

ERSINNERIN,  f.  inventris.    Stieler. 

ERSINNLICH,  quod  ßngi  polest,  erdenklich:  versuchte  auf 
alle  nur  ei^innliche  mittel.  Weise  W. /e«/e  169;  auf  alle  er- 
sinnliche art.  Felsenb.  1, 113 ;  die  haare  sind  an  allen  Figuren 
aus  guter  zeit  mit  dem  ersinnlichsten  fleisze  ausgearbeitet. 
Wix«ELMA.NS  4,  219 ;  mit  einer  prächtigen  wohnung  und  allen 
ersinnlichen  bequemlichkeiten  versehen.  Wiela5d7,  117;  einem 
alle  ersinnliche  ehre  antbun. 

ERSITZEN,  golh.  ussitan,  seltsam  aber  weder  ahd.  arsizan 
noch  mhd.  ersitzen,  auch  kein  ags.  äsittan. 

1)  golh.  ussitan,  residere,  aufrecht  sitzen:  jah  ussat  sa  naus 
et  resedit  qui  erat  morluus,  Luc.  7, 15,  richtete  sich  auf. 

2(  umgedreht  ist  das  nhd.  ersitzen  considere,  niedersitzen,  fest- 
sitzen: ersitzen,  weder  hinder  sich  noch  für  sich  kommen. 
Maaler  117';  das  feür  ist  ersässen  und  erlöschet,  ignis  con- 
sedil.  116';  damit  der  spiritus  vitae  überherscht  wird  und  also 
das  andere  ersitzt  {sich  setzt)  und  abstirbt.  Paracelsls  1,  505'; 
sind  die  sümpf  im  herzogthum  Ferrar  gar  bös,  diew  eil  sie  sehr 
vom  regen  wachsen  und  vom  schönen  weiter  wider  abnemmen 
und  in  sich  selbs  ersitzen  islorken,  stillstehn).    Sebiz  10; 

die  andacht  acht  man  nicht,    der  geilen  brunst  gelleder 
erwächst  und  steigt  empor  durch  unsre  freche  lieder. 
der  stille  geist  ersitzt.  Locao  2,  106,  39; 

von  dem  die  starre  ihrän  im  eignen  quell  ersitzt. 

LoHiNSTxra  Cleop.  112,  310; 


schaut,  wie  ihm  schon  zu  berge  steht  das  haar! 

wie  ihm  kein  puls,  wie  schnell  ihms  herze  schlaget, 

wie  als  gefrorn  jedwedes  glied  ersitzt!    Ibnihim  113,785; 

für  wunder  schier  ich  bleibe  stumm, 

die  sprach  ist  fast  ersessen  (oestockt).    Spek  Irutzn.  87  (95) ; 

der  athem  will  ersitzen,    güldn.  tugendb.  309; 
und   war   dieser  36  thurnier   der  letzte  und  seithero  keiner 
mehr  gehalten  worden,  sondern  solch  ritterspiel  mit  diesem 
ersessen  (gestockt,  aufgehört  hat).    Pbilaxder  2,  417. 

3)  ersitzen  bleiben,  sitzen,  stecken  bleiben:  einer  vom  adel, 
ein  Riedesel,  hab  sich  rund  vernehmen  lassen,  diese  sach 
Süll  ihme  nicht  also  ersitzen  bleiben  und  sollt  ihm  allein 
für  seine  person  ein  oder  mehr  tausend  thaler  darauf  gehen, 
(o.  1581).  SiRArsz  Nie.  FriscMn  s.  214;  feuchtigkeiten,  welche 
bis  in  die  haut  vertrieben  werden  und  in  derselbigen  er- 
sitzen bleiben.  Uffexbach  2,112;  das  werk  bleibt  ersitzen, 
bleibt  liegen;  das  vorgeben  bleibt  auf  seinem  ungrunde  er- 
sitzen; der  streit  ist  ersessen  geblieben;  die  seit  langen 
Jahren  ersessen  gebliebene  kammergerichtsvisitation ; 

die  schuld  blieb  auf  dem  schwan  ersitzen.    Wieland  10,183. 
{vgl.  besitzen  bleiben  1,  1628  und  das  pari,  ersessen  sp.  9S2). 

4)  ersitzen  lassen,  stellen,  sitzen,  stecken  lassen:  heb  es  dar- 
nach von  dem  feur  und  lasz  es  ersitzen  und  ein  wenig  über- 
schlagen. Gersdorf  32;  peterleinkraut  gestoszen,  darnach 
über  einem  linden  feuwerlein  einmal  oder  vier  lassen  auf- 
sieden, folgends  ersitzen  lassen  und  dann  durch  ein  tuch 
gesiegen.  Taberxaemont.axüs  331;  schult  wasser  darüber  und 
rühre  es  wol  durcheinander,  lasz  ersitzen  und  nimb  danon 
das  lauter  klar  wasser.  771;  ich  wolt  sie  gern  dem  teut- 
schen  lesen  verteutschen,  aber  dieweil  man  meint,  es  ver- 
liere in  einer  anderen  sprach  sein  kraft,  musz  ichs  ersitzen 
lassen  [bleiben  lassen,  unterlassen).    Sebiz  77; 

lasz  deine  hülf,  o  meine  kraft  und  schlosz, 
doch  nicht  ersitzen.        Opitz  ps.  s.  45; 

im  fall  denn  sünder  es  nur  an  ihm  nit  wolle  ersitzen  (erman- 
geln) lassen.  Spee  güldn.  tugendb.  in ;  nicht  lasse  dise  schand 
ob  dir  ersitzen.  276;  und  überdies  hätte  er  keinen  schimpf 
wollen  auf  sich  ersitzen  lassen.    Weise  erzn.  392. 

51  transitives  ersitzen,  sedendo  adipisci,  unterschieden  von  er- 
setzen, une  besitzen  to«  besetzen. 

a)  in  der  gericiUssprache  usucapere,  sein  recht  über  ein  gut 
ersitzen,  durch  verjährten  besitz  erwerben;  ein  gnindstück  er- 
sessen haben;  und  kann  an  solcher  gestolner  oder  geraubter 
habe  durch  einige  länge  der  zeit  keine  gewähr  ersessen  wer- 
den. Carolina  art.  209 ;  so  hats  im  Christus  und  s.  Peter  auch 
nicht  aufgeerbet,  so  hats  im  auch  niemand  geben  noch  ge- 
liehen, so  ists  auch  nicht  ersessen  noch  erjeret.  Llther 
1,  29S";  es  sei  dann  solch  gewonheil  der  Vernunft  und  rech- 
ten nicht  entgegen  und  ordentlich,  wie  sich  gepürt  ersessen. 
Fbask  chron.  369";  eine  sache  ersitzen.  Kant  5,130.  auch 
seine  zeit  ersitzen,  ausdienen,  aushalten:  handwerksgesellen, 
die  bei  einem  oder  mehr  meisteren  ihre  jähr  und  zeit  bis 
auf  das  end  aufrecht  und  redlich  ersessen,  gesprech  zweier 
bürger.   Ingoist.  1609  s.  72.  73. 

b)  ein  gericht  ersitzen,  sitzen,  halten:  ist  malaiitzrecht  ge- 
halten und  ersessen  worden.    Reltter  ä.  50. 

c)  da  man  sich  diese  schwäche  meist  ersitzt,  erstudiert 
und  erschreibt.    J.  P,  uns.  löge  3,  56. 

ERSITZUNG,  f.  usucapio,  erwerb  durch  verjährten  besüi. 
ERSOFFEN,  pari,  von  ersaufen. 

1)  aqua  haustua,  ertrunken:  ein  ersoffener  knabe.  Felsenb.  2,95. 

2)  figürlich,  es  ist  mir  aus  der  maszcn  sauwer  worden,  das 
ich  mich  von  den  heiligen  gerissen  habe,  denn  ich  über  alle 
masze  tief  darinnen  gesteckt  und  ersoffen  gewest  bin.  Luther 
5,145*;  das  musz  ja  ein  tiefes  herz  sein  gewest,  das  im 
jamer  gar  ersoffen  ist.  5,316';  die  andern  gehen  sicher  darin, 
als  gar  darin  um  geiz)  ersoffen.  5,414';  dargegen  aller  neid, 
hasz,  finanz  und  betrug  sampt  dem  eigen  nutzen  im  herzen 
ersoffen.  Fronsp.  1,168';  ersoffen  in  den  Wollüsten.  Stmpl.  K. 
489;  in  seiner  thorheit  ersoffen.  Weise  er:n.  125 ;  ein  in  der 
eigenliebe  ziemlich  ersoffener  prinz.  Hah:«  2. 134.    vgl.  versoffen. 

ERSORfJEN,  curis,  soUicitudinibus  oblinere,  auch  besorgen: 
etwas  übel  ersorgen  und  fast  forchten,  praeformidare.  Maaler 
in'; 

da»z  man  ohne  sorgen  lebe,  sorgt  man  stet«  um  gut  und  geld, 
das  doch  den,  der  es  ersorget,  immerdar  in  sorgen  hält. 

LoCAl'  2,  174,  87  ; 
sorgen  und  doch  nichts  ersorgen 
heiszt,  was  nicht  zu  zahlen,  borgen.    2,208.80; 
sie  (die  freuden)  bieten  unersorgt  sich  euch  gefällig  an.  üz  2, 67. 


987 


ERSPÄHEN — ERSPIELEN 


ERSPIESEN  —  ERSPRIESZEN 


988 


ERSPÄHEN,  speculari,  explorare,  attd.  irspöhön,  mhd.  cr- 
spehen.  Ernst  25S6.    Bari.  313,4.    nlid.  Maaler  117*; 

damit  er  etwas  möcht  erspeben, 

der  länder  silt  und  gwoiiheit  sehen.    Wiccra«  pilger  73; 

erspähe  mir  des  feiudcs  blösze.    Scuillir  67'; 

ich  sah  dich  wachsen  und  ersp&hte  still 

der  ofben  nelgung  trieb  und  schöne  kraft.    Götbi  tO,  26. 

ERSPÄHER,  m.  speculalor. 

ERSP.XLTEN,  effindere,  zerspalten.    Stieler  20CS : 

will  schleichend  bei  mit  starkem  schrei 
sein  weiches  herz  erspähen.    Spee  tnitzii.  85  (93). 

EHSP.^NN'EN,  jx>llice  et  mininio  diijito  dimetiri.  Stieler  2070. 
mhd.  wer  künde  selche  kraft  erspaiinen?    MSH.  2,  243". 

ERSPAREN,  comparcere:  ich  Lab  das  gelhon,  damit  und 
ich  die  zeit  ersparte,  hoc  egi  compeudium  temporis  sequens. 
Maaler  117';  das  kannst  du  ersparen ;  erspare  dir  diese  mühe, 
horum  tibi  graliam  facio ;  ersparte  arbeit,  compendium  operae ; 
man  kann  mit  den  neueingerichteten  öfen  viel  holz  ersparen ; 
sie  hat  sich  ein  schönes  Sümmchen  geld  erspart,  zusamnxen- 
gespart ; 

nun  wenn  sie  ist  mein  Schwester  eign, 

knn  ich  an  dem  gang  nichts  ersparn.    Atrbr  fastn.  2*; 

wer  zu  ehren  was  stellt  an, 

mag  ersparen  was  er  kan, 

nur  dasz  er  an  ehren  nicht 

etwas  spart  und  abebricht.    Logau  3,  79,  19; 

viel  glücke  hat  viel  neid,  viel  gut  hat  viel  gefahren, 

ein  mittelmäszig  stand  kan  manche  noth  ersparen.    3,219,6; 

wenn   ich    meine   zu   spüle  strenge  erspart  hätte,   so  würde 
ich   wenigstens  ihre  fluciit  verhindert  liaben.    Lessing  2,34; 

die  müh  könnt  er  erspareu.    Wsiszk  trauersp.  1,45; 

ach,  erspare  denn,  erspare 

was  du  kannst,  von  deiner  zeit.    Göiingk  1,  67; 

und  trinkt,  hol  ihn  der  fuchs!  den  wein, 

den  du  Tür  mich  erspartest.    3,  24 ; 

wir  wollen  ihm  die  Verlegenheit  ersparen.    Göthe  14,168; 

infant,  dein  herz  weisz  nichts  von  diesen  Künsten, 
erspare  sie,  ich  mag  sie  nicht.    Schiller  254^; 
fort  ist  er!   mit  allem  davon  gefahren, 
was  ich  mir  ihät  am  leib  ersparen.    321'; 
mein  gencral !   du  machst  mich  heute  mündig, 
denn  bis  auf  diesen  tag  war  mirs  erspart, 
den  weg  mir  selbst  zu  finden.    367'; 
die  axt  im  haus  er.<ipart  den  Zimmermann.    532'. 

ERSPARNIS,  f.  quod  parsimonia  coUigilur:  wir  müssen  auf 
ersparnisse  denken;  er  hält  seine  kleinen  ersparnisse  zu- 
sammen ; 

wer  die  ersparnis  verheimlichen  musz  vor  dem  fron- 

herrn, 
trautester  mann,  der  ist  leibeigener,  nenn  ihn  auch  anders. 

Voss  2,  52. 

ERSPARUNG,  f.  parsimonia:  die  ersparung  der  principien 
ist  nicht  blosz  ein  Ökonomischer  grundsatz  der  Vernunft, 
sondern  inneres  gesetz  der  natur.  Kant  2, 496.  s.  holzer- 
sparung,  raumersparung. 

ERSPAZIEREN,  exspatiari. 

1)  inlr.  aushin  oder  fürhin  spazieren.    Maalei«  117*. 

2)  refl.,  ergang  und  erspacier  dich!  Keisersb.  bUger  61*; 
das  keiner  so  künc  sei  in  acht  tagen  zu  ros  auf  zu  sein,  es 
sei  dann  sich  zii  erspazieren.  AimonA6*;  erquicken  und  er- 
spazieren  sich.  Gary.  127';  sich  ein  weil  über  zwerch  in  dem 
holz  zu  erspazieren,  ylmadis  143 ;  einen  schönen  ebenen  lusl- 
garlen  pflanzen,  damit  sich  die  fremde  hcrren  badgttst  und 
ihre  frauen  darin  erspazieren  können.    Sitnpl.  K.  770. 

sich  EHSPIEGELN,  se  in  spcculo  conlemplari,  sich  spiegetn: 
gieng  zu  den  pfowen  an  ir  scliar,  do  sie  bei  einander  waren 
lind  sich  erspiegelten  und  ersahen  mit  iren  hübschen  fedren. 
KeisERSBF.RC  bilg.  10*;  sich  crspiegeln  in  gott.  omeis  7.S*; 
anstatt  dasz  sie  sich  bei  diesem  exempcl  erspicgien,  sich 
der  Sterblichkeit  und  ihres  endes  erinneren  sollen,  so  fangen 
sie  an  von  der  verstorbenen  letztem  willen  und  der  vcrlasspii- 
srhafl  7.U  erzchlen.  Philander  1,  70  (74);  daruinb  er  {der  uhii) 
den  überlebenden  allhier  zum  crspieglen  musz  dienen  und 
da  herummer  fliegen.  1,  253  (257) ; 

gar  lieblich  thut*  {da*  m«er)  bestrahlen 

die  »onn  mit  lunfler  glut, 
wann  nie  (um  oflnrinalen 

»ich  drin  enpleglen  tbut.    Spu  (mim.  101  (114). 

ERSPIELEN,  ludendo  ohlinere.    Stip.i.fr  2085: 
und  wir  pr«plfUn  mnnrlicn  Vrnnr. 
bctwckl  mit  gruoen  maicii.    Sru  Irvitn.  175  (19t). 


ERSPIESZEN,  hasla  confodere,  aufspieszcn :  ob  wir  uns  ein 
besonderes  gewissen  machen  sollen,  eine  solche  heuschrecke, 
maus,  ratte,  kröte,  schlänge  zu  ertrelen,  zu  erspieszen,  zu 
verbrennen.    Felsenb.  4,  244. 

ERSPINNEN,  1)  nenrfo  effuere,  texere:  was  sie  bei  tag  er- 
spunnen  und  ervvebet  hat,  bei  nacht  die  maus  zernagen. 
FisciiART  ehz.  496. 

wer  auch  nur  dächt  ein  einzig  blatt 

aus  menschenkunst  erspinnen.    Spei  Irutzn.  lll  (122). 

2)  figürlich, 

was  Übels  sein  hirn  knn  erspinnen.    Wbckherlin  24. 

3)  nendi  opera  acquirere: 

mhd.  daj  arme  wip  h&t 

ej  vil  küme  erspunnen.    MSII.  3,  175'; 

nhd.  denn  als  sie,  als  eine  gute  fleiszige  wirlin,  eine  ziege 
ersponnen  hatte,    roclcenphil.  3, 19. 

ERSPINNEVVEBEN,  araneis  liberare.  Garg.  78'  steht  blosz 
spinnenweppen. 

ERSPINTISIEREN,  excogilare,  ersinnen  : 

daher  was  andres  noch  musz  ich  erspentisieren, 
mich  durch  mein  urtheil  nicht,  wa  müglicli  zu  verlieren. 
Wkckherlis  740. 
Stieler  2092  schreibt  spindisieren. 

sich  ERSPITZEN,  exomare  se,  sich  herausputzen,  schmücken : 
wann  sich  die  jungfraw  erspitzt,  erreiszt  und  zum  danz  auf- 
mutzt. Frank  sprichw.  1,  2l' ;  die  frau  sol  nit  hochprachtig 
sich  erspilzen.  kluge,  weise  reden  282*.  man  sagt  auch  sich 
auf  etwas  erspitzen  (verspitzen,  spUzcri],  acueram  me  ad  exagi- 
tandam  hanc  ejus  legationem.    Cic.  Att.  2,  7. 

sich  ERSPRACHEN,  colloqui,  confabulari :  mit  einem  ze  red 
kommen  und  sich  ersprachen,  serere  sei-mones  cum  aliquo. 
Maaler  117';  sich  untereinanderen  ersprachen;  als  uns  der 
muter  bas,  die  metzgerin  Bulacbcrin,  in  ir  matten  kirse  ze 
essen  vor  Spaleuthor  geladen  und  wir  uns  wol  ersprochen 
mochten.    Plater  164; 

in  gott  wir  uns  ersprachen  wandt. 

Ualth.  Bolz  Pauli  bekehrung  B  4 ; 
als  sich  nun  die  zwei  liebhabenden  menschen  nach  ihrem 
wünsch  und  willen  erspracht  hatten.  Galmy  94 ;  in  dein  schonen 
sal  je  zwo  und  zwo  bei  einander  saszen  und  sich  mit  ein- 
ander ersprachten.  161 ;  und  wie  ich  mich  meiner  gewonheit 
nach  mit  meinem  Schöpferin  meinem  demütigen  gebet  genugsam 
ersprachet.  Andreae  chym.  hochz.  1, 1  seile  3.  vgl.  besprachen. 
ERSPRECHEN,  dasselbe:  ersprachen  sich  mit  einander. 
Wickram  rollw.  8';  die  herzogin  auch  Friederichen  bei  ihr 
zu  bleiben  erbeten  halt,  damit  sie  sich  mit  ihm  des  ritters 
halb  ersprechen  möchte.    Galmy  84; 

dann  ich  dem  essen  nichts  nachfhig, 
mich  frewt  nun,  das  ich  bei  euch  mag 
ein  Zeitlang  mich  ersprechen  gnug. 

Thurneisser  archid.  13; 
hierauf  fiengen   sie   an  weidlich  zu  zechen  und  sich  zu  er- 
sprechen.   Garg.  257*.     vgl.  besprechen  neben  besprachen. 

ERSPREITEN,  1)  extendere,  ausspreilen,  spreiten:  nun  lagen 
in  meiner  hole  tauscnt  güldener  pfenning  verborgen,  mir  un- 
wissent,  wer  sie  dabin  gelegt  hatte,  die  ich  alle  tag  erspreit. 
alte  Kcisen  102', 

2)  sich  erspreiten,  exlendi,  divulfjari:  nun  erspreitete  sich 
diese  so  weit  aussehende  sach  in  abgelegene  und  ferne  land. 
Stettler  2, 1. 

ERSPREIZEN,  extendcre,  au!^.ipreizcn :  die  arme,  beine  er- 
spreizen. 

ERSPRE.NGEN,  incitare,  excilare,  springen  machen:  das  pfcrd 
ersprengen;  ein  wild  ersprengen,  aufsprengen,  erschrecken. 

mhd.  swaj  ir  der  brake  ersprancie,  diu  sluoc  mit  siner  hnnt 
Sifrit  der  küene,  der  hell  von  Niderlaut.    Nib.  877,  1 ; 
mit  burtedichor  rabbin 
wart  di  nianc  or«  er-iprengot.    Pur».  60,  25; 
vil  Rchiinc  der  or.sproiigct, 

als  im  State  vcrhonget.    Iiarti.  erstes  bückt.  1550; 
zwischen  Wienne  und  PrAgo 
ist  Hindert  din  gulicho, 
dt'r  »ö  wi.-ilirhe 
sine  rede  ersprenge.    Hklrl.  1,  09. 

sich  ERSPRENZEN,  .».  aiir-tpienzcn,  besprenicn: 

wie  doch  din  plümlcin  in  den  awon 
«ich  au«  der  feurlilcii  pid  orspronitcn 
und  wie  sie  ntu  dem  law  licr  RiinJK'ii.    faftn.  I3W. 
ERSPRIESZEN,  1)  progrrminarr,  pullulare,  attfspriet:rn,pract. 

prsprosz,  pari,  crsprossen,  ahd.  anpriojan,  mhd.  cr^pricjen. 

Strvat,  3073. 


989 


ERSPRIESZEN — ERSPRINGEN 


ERSPRITZEN  — ERST 


990 


nlid.  die  blümleia  zart  ersprieszen, 

zur  erden  kriechens  aus, 
laub,  gras  herfur  auch  schieszen, 

die  pllänzlein  werden  kraus.    Spbk  inUzn.  S8(9(i); 
wo  diese  segenstropfen  flieszen, 
musz  alles  wachsen  und  ersprieszen.    Drolu:»cer  10. 

2)  absir.  gedeihen,  frommen,  helfen,  utile  esse: 
die  sach  mag  in  (eis)  ersprieszen.    Uhla5D  660, 
dem  mann  sein  erbeit  nit  erspreusit.    H.  Sachs; 
so  mag  es  dir  gar  wol  ersprieszn 

und  du  kanst  bei  mir  ferner  gnieszn.    ätrir  2'; 
so  leszts  im  doch  gott  nit  ersprieszn, 
das  er  desselben  kaa  genieszn.    fastn.  21*; 
will  aber  sonsten  ja  kein  rath  und  weg  ersprieszen. 
Opitz  i,  2!*8; 

er  lasz  auch  keine  zeit  vergebens  jetzt  hinflieszen, 
zu  suchen  was  ihm  mag  zu  seinem  schütz  ersprieszen. 
Werders  Ar.  2,  2ö; 

wie,  dasz  uns  rath  und  that  so  wenig  wil  ersprieszen? 
LoGAC  1,  26; 
gnnze    spülstanden  voll  ersprieszen  nicht  eine  solche  inner- 
liche flamme  zu  loschen,    viägdelob  60. 

3)  abstr.  erwachsen,  hervorgehen,  oriri,  enlsprieszen: 
allein  wie  herlich  diesem  stürm  ersprieszend 

wölbt  sich  des  bunten  bogens  wechseldauer.    Götbe  41,  7; 
auf  gutes  wirken  hab  ich  ganz  verzichtet, 
weil  ich  einmal  das  gegeiitheil  ersprieszen 
daraus  gesehn.    Rcckürt  174.  ges.  ged.  1,  179. 

der  aus   dem   gebrauch   eines   buchs   ersprieszende  nutzen. 
rorr.  zur  märkischen  lat.  gramm.  s.  1. 

4)  ein  Iransitires  ersprieszen  scheint  folgende  stelle  zu  ent- 
halten :  ein  fromme  frauw,  die  iren  köpf  nimmer  aufsetz,  son- 
dern gehorsam  in  des  maus  recht,  endlich  und  heuslich  dem 
man  sein  blut  und  schweisz  zurath  halt  und  erspriesze  (^e- 
deihen,  aufwachsen  mache).  Frajjk  spr.  2,  20l'  und  daruus  weise 
klugreden  1365,  264'.  1570,  279*.  man  mäste  denn  erspriesze 
nicht  mehr  auf  blut  und  schweisz  ziehen. 

ERSPRIESZEN,  n.  incrementum,  successus:  so  änderst  auch 
gott  das  gedeihen  und  ersprieszen  darzu  geben  solle.  Simpl.  K.  72. 

ERSPRIESZLICH,  utilis,  gedeihlich:  es  sollte  mir  sehr  er- 
sprieszlich  sein  gewesen.    Schweinicben  1,46; 

dasz  euer  rath  forthin  dem  reich  ersprieszlich  sei. 
GRTPiircs  I,  334; 
allezeit  mit  ersprieszlichem  rath  behülflich  sein.  Weise  erzn. 
4G6; 

freund,  wer  erkennet  nicht  den  werth  der  Wissenschaft? 
unendlich  ist  ihr  rühm,  ersprieszlich  ihre  kraft. 
IIageoor!«  1,  17; 
ein   kleiner  umstand,   wie  es  denen,   welche  die  weit  nicht 
kennen,   etwa  vorkommen   möchte,   der  aber   für  uns  und 
unsre  kirche  sehr  erspriesziiche  folgen  haben  wird.  Klopstock 
12,361;  es  konnte  dem  Staate  nicht  anders  ak  ersprieszlich 
sein.  \ViELA>D  2,  323 ;   ein  reicher  segen  von  ersprieszlichen 
männern.    Claudius  5, 75 ;    einem   alles  erspriesziiche  woler- 
gehn  wünschen. 

ERSPRIESZLICHKEIT,  f  utüUas. 

ERSPRIETEN,  narem  antenna  inslruere,  mit  segelslange  ver- 
sehen, ein  wart  der  seeleute  und  vom  nl.  spriet  entnommen. 
Garg.  79*.  da  spriet  dem  hd.  spriesz  entspricht,  würde  die  hd. 
form  ersprieszen  lauten,  was  mit  den»  eben  verhandelten  rerbum 
zusammenfiele,     spriesz,  stange  stammt  her  von  sprieszen. 

ERSPRINGEN,  prosilire,  exsUire,  aufspringen,  ahd.  irspringan, 
mhd.  erspringen,  ags.  äspringan. 

1)  germinare,  sprieszen: 

mhd.  ich  sach  bluomen  schdne  ersprineen, 

daj  ist  vor  dem  walde  schin.    .MSII.  1,  72'; 
üj  der  diu  »öeje  balsamfrubt 
erbluomet  und  ersprungen  si.    Ls.  2,  713. 
nlid.  unüblich  geworden,  vgl.  entspringen  und  Ursprung. 

2)  in  die  höhe  springen,  tanzen  und  erspringen ;  vom  boden 
erspringen,  aufspringen,  gern  auch  refl.,  sich  erspringen  in 
freuden,  exiuüüre.  Keisebsbebg  6i7g.  72'.  9S';  si  habent  sich  er- 
sprungen in  freuden  in  den  allerbösesten  dingen.  Spinnerin 
e4';  mein  herz  hat  sich  ersprungen  in  gott.  po/ernos/er  C  4 ; 
da  ersprang  sich  das  kindüa  Joannes  von  groszen  fröiden  in 
muter  lib.   post.  1, 4. 

3)  zerspringen:  das  glas  erspringt,  bekommt  einen  sprung, 
springt  entzwei;  wenn  wir  uns  gleich  von  golt  abkcren,  wir 
müssen  in  dannoch  lassen  gott  sein,  sollen  wir  drob  er- 
springen und  uns  im  bauch  weh  thun.    Frank  paradoxa  6*. 

4)  oriri,  entstehen,  entspringen :  da  mag  e.  eh.  gn.  nach  hoher 
Vernunft  wol  crwegcn,  was  irrsal  und  ketzerci  da  erspringen 
wird,  wemi  mau, Dicht  anders  in  die  sach  siebet.  Lutder  l,  161*. 


5)  tr.  erspringen,  sallu  prehendere,  im  sprung  haschen: 

mhd.  diu  katze  wancte  mc  dan  zwir 

und  woldes  (die  maus)  hän  ersprungen.     Morolf  89fl, 
vgl.  Vi>TLER  bei  IIaupi  9,  S3; 

der   hund  ersprang  den  hasen;    die  trauben,   die  der  fuchs 
ersprungen.    J.  P.  grOnl.  proc.  2,  xiii. 

6)  tr.  sallu  allingere,  ascendere,  insilire:  Darius  seinen  hengst 
den  abend  zuvor  am  selbigen  ort  eine  stut  erspringen  liesz. 
Garg.  240*;  ersprang  ein  wand.  17s*;  die  krieger  ersprangen 
die  mauer; 

oder  hast  du  ihn  ersprungen?    »hom  2,  76; 

wie  den  löwen, 
den  in  der  wüste  der  hirt  bei  den  wolletragenden  schafen, 
als  er  die  bürd  ersprang,  zwar  streifte,  aber  nicht  streckte. 

Blrcer  222'. 

ERSPRITZEN,  ERSPRÜTZEN,  aspergere,  coniingere  siphuncuKs. 
Stieler  2084. 

EUSPROSSEN,  ERSPRÖSSEN,  ersprieszen  machen,  augerc: 
die  hutzeln  helfen  als  feigen  und  ersprossen  die  rieht  Ige- 
richte),  schon  abgemacht  (wenn  sie  schön  zugerichtet  werden), 
kfichenmeisterei  a  7 ;  wer  vil  samlet,  der  hat  nicht  uberig,  und 
wer  wenig  samlet,  hat  kein  mangel,  wo  wollen  sonst  die 
kleinen  beurlin  neben  den  groszen  meiern,  und  der  arm 
neben  dem  reichen  bleiben,  wenns  nit  golt  also  heimlich 
gleich  machet  und  das  wenig  ersprosset,  das  kein  mangel, 
und  das  vil  zerstrewet,  das  kein  uberflusz  da  wer?  Frank 
sprichw.  2,207*;  gott  ersproszt  den  mangel  in  thewrer  zeit, 
das  wir  auskommen,    andere  stelle  Franks  bei  Schx.  3,  593 ; 

gibt  unser  narung  uns  verborgen, 
dieselbigen  ersprosset  er.    H.  Sachs  I,  62'; 
will  gott,  er  mag  mirs  wol  ersprössen.    1,224*; 
wann  gott  kau  es  gar  wol  ersprössen.    II.  4,  3*; 
einmal  auch  intransitiv: 

also  leszt  sie  vil  ding  verderbn, 

erfaulen,  erstinken,  verösn, 

kein  gelt  will  nit  im  haus  ersprössn.    I,  449'; 

sie  ist  schön,  wie  in  eden  mag 

der  bäum  des  lebens  ersprossen.    Röceert  ^e«.  ged.  1,302. 

ERSPRÖSZLICH,  wie  ersprieszlich :  wir  wündschten  dem 
beiden  solche  erspröszliche  wolfahrt.  Opitz  2,  275 ;  das  buch 
doch  hoffentlich  an  seinem  orte  wird  ersprüszlich  sein,  poeterei 
vorr.  3*.     vgl.  erbölig  neben  erbietig. 

ERSPRÜHEN,  scinliUare: 

uns  ist  ein  neuer  strahl  ersprüht, 

und  dort  erlischt  ein  Schimmer.    Rückirt  ges.  ged.  1,279. 

ERSPULEN,  wie  erspinnen,  cuif  der  spule  gewirinen: 

sie  wendet«,  kann  sie  was  erspulen, 

an  ihren  leib,  an  ihren  buhlen.    Göthe  41,  4S. 

ERSPCLEN,  eluere,  ausspülen,  auswaschen,  ahd.  irspuolan, 
mhd.  erspüelen:  s6  du  dih  irspuolest.  N.  ps.  95,  6;  fij  dem 
gemuore  erspuolte  da;  »n;;er  eiteriges  gewürmes  ein  michel 
chraft.  Roth  pred.  75.  nhd.  der  ström  hat  die  felsigen  ufer 
rein  erspült ;  die  schusseln  erspulen. 

ERSPÜREN,  indagare,  explorare,  ausspüren,  aufspüren: 
gleich  die  den  luft  erspüren 
aufs  weiter  geben  acht.    Spee  tnilzn.  122; 

flucht,  noch  nie  von  wespen  erspürt.    TbIShmei.  8,290; 

ich  hab  in  euern  thälern 

die  brunnen  all  erspürt.    Rcceert  get.  ged.  1,  33; 

der  recke  fiel,    nun  könnt  ihr  leicht  erspüren, 

wie  sich  die  frauenschar  der  freud  ergab. 

Gries  BqJ.  3,  I,  62. 
ERST,  primus,  s.  erste. 

ERST,  adv.  primum,  superi  von  ir,  gdcürzl  ft  (sp.  36.  46), 
golh.  air  txqoh,  welches  doch  keinen  superi.  airist,  sondern  daßr 
frumist,  ttqwtoi'  bildet,  ahd.  aber  gilt  frist,  mhd.  Srest,  ags. 
serest,  aerost;  nnl.  eerst,  doch  altn.  fyrst,  schw.  dän.  fürst. 
alle  diese  adverbia  sind,  gleich  primum  und  tiqüitov,  ursprüng- 
liche acc.  neutr.,  wie  man  sie  auch  in  zuerst,  vorerst  (zumeist, 
zuletzt,  zujüngst,  zuoberst,  zuunterst,  zunächst,  zul5ngsi,  vor- 
längst) anerkennen  musz,  da  schon  ahd.  aj  erist,  zi  örist,  a; 
jungist  u.  s.  w.  beslehn;  es  sind  uralte,  auf  ehmals  zulässige 
fügungen  der  praep.  a;,  zi  mit  dem  acc.  hinweisende  bildungen. 
In  air  war  die  Vorstellung  der  frühe,  in  sei|)u  die  der  späte 
enthalten,  der  erste  ist  der  frühste,  der  letzte  ist  der  späteste, 
die  Partikeln  er  und  sit,  ^rist  und  lajöst,  nJui.  erst  und  letzt 
drücken  also  das  vorangegangne  und  nachfolgende  aus.  ähnliche 
gegensdtze  liegen  in  vor  und  nach,  frühe  und  spiit,  lat.  antea 
und  postea,  primum  und  demum  (niclU  aus  St)  fiövov,  nah  ver- 
wandt mit  deinde  und  deiiique).     da  aber  begriffe  des  anfangs 


991 


ERST 


ERST 


992 


und  endes  sich  mischen,  ende  sowol  das  obere  ah  unUre  ist  {sp.  448), 
ort  den  anfang  und  die  spitze  bedeuM,  laufen  auch  primum 
und  deniutn  in  einander,  und  unser  erst  kann  für  beide  gellen, 
nähere  beslimmungen  treten  noch  durch  das  verbum  oder  durch 
andere  partikeln  zu,  die  eben  so  oß  gesetzt  werden,  als  auch  weg- 
fallen;  bisweilen  bläht  der  sinn  zweifelhaß  oder  mehrdeutig. 

1)  erst,  primum,  am  ersten,  unmittelbar  von  oder  nach  dem 
verbum,  zuerst:  ags.  s4cad  terest  godes  rlce.    Matth.  6,33. 

mild,  ölswenne  irs  anders  jähet, 

sil  ir  mich  6rest  sähet.    Pari.  612,  14; 
von  dem  ßrst  ersrhinenen  taee 
unz  an  d^s  jüngsten  tages  scliiu 
muoj  Thesereij  gepriset  sin 
für  al  Adams  geslehte.    Wh.  347,  16. 

nhd.  salmen  oder  selmling,  was  erst  ausgat,  das  seltzam  ist, 
das  ist  ir  jubilieren.  Keisersb.  s.  d.  m.  5',  doch  kann  hier  erst 
auch  neutr.  des  adj.  sein;  wem  willst  du  es  erst  sagen,  mir 
oder  deinem  vater?    Gellert; 

Adramelech  kam  erst.    Uessia*  2,  300 ; 

dem  gab  die  würde  das  Vorrecht 
erst  zu  reden.      6,  23"  ; 

erst  den  Dardanos  zeugte  der  herscher  im  donnergewOIk 

Zeus.    lt.  20,  215, 

in  welchen  drei  letzten  stellen  die  classisclie  spräche  das  adj.  dem 
adv.  vorzieht,  wir  pflegen  heute  das  erst  einem  folgenden  pari, 
anzuschieben:  der  erstredende,  ersteintrefende,  erstgeborne, 
erstgenannte;  verwenden  aber  statt  des  losen  erst  lieber  zuerst. 

2)  erst,  primum,  zuvor,  vorher:  erst  fragen  sie  sich  selbst. 
Lessinc  1,388; 

kaum  aber  sah  ich  sie,  so  wich  bei  ihrem  blicke 
mein  erst  so  dreistes  herz  schon  ganz  beschämt  ziirücke. 

Gellert  3,  309; 
der  weise  vater 
musz  aber  doch  sich  erst  erkunden,  erst 
besinnen.  Less1!«g  2,  311; 

die  frauen,  die  man  erst  erschreckt, 
sind  liebenswürdig  zahm.    Götue  1,  149; 
und  erst  die  mutter  anzuschrein 
nun  eben  als  der  morgen  kam!    1,  211; 
unbeweglich  bleibt  sie  an  der  tliüre, 
weil  sie  erst  sich  überzeugen  musz.    1,  247; 

er  ist  erst  nach  Leipzig  gereist;  ich  habe  erst  noch  etwas 
zu  thun;  schneid  ich  erst  oder  ess  ich  erst?  ich  will  erst 
essen ;  lasz  mich  erst  ruhig  essen ;  erst  will  ich  mich  besin- 
nen; du  must  es  mir  erst  versprechen;  man  soll  das  obst 
erst  sorgsam  abtrocknen,  ehe  man  es  einpackt;  überlege 
ja  erst,  gehduß:  zuvor  erst,  vorher  erst,  erst  zuvor,  erst 
vorher. 

3)  erst  mit  folgendem  dann  (2,742),  primum  —  tum:  erst 
der  Strom,  dann  die  brücke;  erst  nasen,  dann  brillen;  erst 
nüschen  haben,  dann  prischen  nehmen.  Simrock  7423 ;  erst 
du,  dann  ich,  nach  uralter  hupichkeil; 

ein  keltchen  erst,  die  perle  dann  ins  ehr.    Göthe  t2,  149; 

erst  kiuder  und  dann  brot  für  sie  zu  schafTen.    12,  153; 

erst  reinigt  er  das  liciligthum 

und  dann  entfernt  er  sich.    Schiller  6S'; 

erst  rettet  mich  und  dann  sieh  ich  euch  rede.    517'; 

erst  schmeicheln  sie,  dann  kratzen  sie; 

erst  gespieszt  und  dann  gehangen!; 

erst  bat  er  gezankt,  dann  gelacht;  erst  hatte  er  wenig,  dann 
«ar  er  reich  geworden,  statt  des  dann  stehen  ebentrul  her- 
nach, nachher,  danach:  darnach  erst,  da  sie  starb  und  nuiu 
ireo  leichnam  wusch,  als  man  in  den  cl Ostern  pRegt  zu  thun, 
da  sach  man  erst,  das  sie  ein  frawenbild  was.  Keisersb. 
«.  d.  m.  1«*;  darnach  über  acht  tag,  da  gieng  erst  der  bös 
geisl  von  der  frawen.  24';  erst  schwieg  sie,  hernach  sland 
ihr  der  mund  nicht  slill;  erst  wollte  er  lange  nicht,  her- 
uacb  tliat  ers  gerne,     nnl.  eerst  moet  gij  dit  duen  cn  dan  dal. 

4)  erst  neben  so,  quam  primum,  sobald: 

adh    s6  Cman  tr'isl  g\na\i.    0.  II.  7,  35; 

sä  Cr  <rist  sinu  wort  insuab.    III.  4,  20; 

■4  «r  «rist  quam.    IV.  6,  10; 

»ö  ir  irist  thia  archa  ingigiung.    IV.  7,  51 ; 
nhJ.  darnach  ritten  sie  so  erst  sie  mochtent.    Aimon  Vt>'; 

so  erst  er  wider  kern.    Walpis  2,  88, 
mIniU  er  lieim  käme,  oltne  iweifei  öfter  noch,  heute  ungebraucht, 
rgl.  mhä. 

dor  in  int  sne  sach.    Reinh.  3202; 

do  In  der  vubs  int  an  sach, 

Bit  fisnen  worten  Cr  dö  sprach,    iion.  l*t,  7. 


5)  erst,  erst  einmal,  auch  gehduß  dann  erst :  also  seind 
eerabschneider  nütz  allen  frummcn  menschen,  wann  sie  seind 
wechter  und  lilgen  {schauen)  allwegen.  und  gedenkt  ein 
solicher  guter  mensch,  so  man  dir  sollichs  nachsagt  und 
lügt  uf  dich,  was  wolle  man  denn  erst  thun,  so  es  war  wer? 
Keisersb.  s.  d.  m.  33";  lassest  du  dich  anfechten,  dasz  mir  der 
könig  also  aufsälzig  ist,  wie  wollest  du  erst  thun,  wenn  du 
als  ich  gegen  im  stündest  ?    buch  d.  liebe  247,  l ; 

und  welcher  prunk!  'ihr  solltet  ihn  erst  sehen 

nach  hofe  sich  erheben,    itzo  kömmt 

er  nur  von  einem  kranken.'    Lessinc  2,299; 

die  freud  ist  lange  nicht  so  grosz, 

als  wenn  ihr  erst  herauf  herum, 

durch  allerlei  brimborium 

das  püppchen  geknetet  und  zugericht.    Götuk  12,  135; 

du  fürchtest  dich  vor  der  Stadt,  bist  du  erst  da,  so  wird  es 
dir  wol  gefallen;  ihre  rede  ist  wollautend,  du  solltest  sie 
erst  singen  hören;  sie  bewegt  sich  voll  anmut,  wir  wollen 
sie  erst  tanzen  sehen;  sie  rühmen  Frankreich,  aber  du  soll- 
test erst  Italien  erblickt  haben;  das  buch  ist  langweilig, 
wäre  ich  erst  zu  ende  damit ;  eia,  wären  wir  erst  da  I ;  wäre 
der  kerl  erst  fort!;  geh  erst  hin!  komm  erst  daher!  trink 
erst!;  wäre  ich  erst  {primum)  achtzehen  jähre  alt!  wünscM 
der  sdiüler.  diesem  letzteren  erst  pflegt  häufig  ein  nur  ror^u- 
treten. 

6)  erst,  nun  erst,  jetzt  erst,  nunc  demum: 
mild,  first  do  was  ir  leit.    Nib.  949,  3; 

iilid.    erst  schreib  ich  in  ein  halben  fraucndiener.    fastn.  744,3; 
erst  wuchs  des  tyrannen  hochmut.    II.  Sachs  I,  115'; 
erst  geht  recht  an  die  tyrannei 
des  königs,  das  merk  dir  dabei.    III.  1,  19'; 

hab  ich  denn  heute  erst  angefangen  gott  für  in  zu  fragen? 
1  Sam.  22, 15  ;  erst  lief  ihm  die  katz  den  rücken  auf.  Wickrah 
rollw.  82 ;  wie  wer  aber  das  ein  ding,  das  einer  foU  ist  und 
das  in  erst  hungert?  Keisersb.  s.  d.  m.  10";  er  antwurt,  vatter, 
mich  verdrüszt  zu  leben,  ich  wolt  das  ich  weisz  wa  wer 
(tiasz  ich,  ich  weisz  niclU  wo  wäre),  soll  ich  mich  erst  mit  dem 
gaukelwerk  bekümmern?  36";  Gabriotto  sprach,  mir  feilt  erst 
ein,  was  das  freundlich  erbieten  der  jungfraw  bedeuten  wil. 
buch  d.  l.  252,  3 ;  erst  nimpt  mich  nit  mehr  wunder,  dasz  ich 
in  deim  abwesen  mit  solchen  schweren  gedanken  beladen 
gewesen  bin.  253,1;  erst  verstünde  Beinhart,  wie  es  Rosa 
munda  gemeint  hat.   237,4; 

dasz  ich  ein  schftfer  bin,  das  macht  gehurt  und  herde, 
allein  die  liebe  macht,  dasz  ich  erst  glücklich  werde, 
ich  hab  es  nicht  gewußt,  worauf  mein  glück  beruht, 
nun  aber  seh  ich  erst,  wie  viel  die  liehe  thut. 

Rost  scliäferg.  133; 
ach  wüstest  du,  wies  fischlcin  ist 
so  wolig  auf  dem  grund, 
du  stiegst  herunter  wie  du  bi.>it 
und  würdest  erst  gesund.    Götuk  1,  155; 
und  auf  unsern  pronienaden 
zeigt  sich  erst  die  neigung  stark.    1,  161 ; 

meine  bekanntschaften  wurden  erst  recht  weitlSuftig.  19,304; 
ich  merke  erst  wie  lieb  ich  dich  habe,  da  ich  mich  nicht 
satt  an  dir  sehen  kann.  20, 136 ;  ach  wäre  ich  erst  {demum) 
dreiszig  jähre  alt !  seufzt  der  greis,  diesem  erst  verbindet  sich 
kichl  ein  ausdrückliches  nun  oder  jetzt :  nu  beleibt  eu  erst  der 
stein,  aber  vor  war  er  eu  nicht  beliben.  gesta  Rom.  K.  s.  153; 
bist  du  das  erst  jetz  inne  worden?  erst  jelr  verston  ichs, 
nunc  demum  intelliyo.    Maaler  117'; 

ich  habe  geliebet,  nun  lieb  ich  erst  recht, 

erst  {anlea)  war  ich  der  diencr,  nun  bin  ich  der  knecht. 

GöTiiK  t,  137; 
und  nun  schlug  die  dumpfe  geisterstunde 
und  nun  schien  es  ihr  erst  wol  zu  sein.    1,  246; 
jetzt  erst  erkenn  ich  was  der  weise  spricht,    it,  32  { 

hier  gieng  nun  erst  das  fluchen  und  schelten  der  postillone 
an.  30,7;  hier  aber  gieng  der  streit  erst  an.  24,100;  nun 
gieng  erst  recht  das  trauern  an;  nun  heben  wir  erst  an  m 
tollen!;  kommst  du  erst?  jetzt  erst?  nun  erst?  dann  erst? 
morgen,  heut*  erst  (nicht  vor  morgen,  vor  heule)'*  or>t  libers 
jähr:  hab  ich  denn  heule  erst  angefangen  gotl  für  m  /u 
fragen?    1  Sam.  22, 15. 

7)  solches   erst   scMiesjl   sich  auch  gern  an  pronomina :     das 

ist   erst   ein    gros/er   wollust,   ca  demum  magna  voluiMas  csl. 

Maaler  117'; 

dsf  ist  erst  das  röchln  tünden, 

dtsz  entbrenne  der  gesang.    Göthk  I,  157; 


993 


ERST 


ERST  — ERSTÄNKERN 


994 


was  soll  der  erst?  quid  tandem  ille? ;  was  willst  du  erst? 
wozu  erst  verlangt  man  das  ? ;  wozu  erst  \iel  Streitens  ? ; 
ich  erst  habe  darauf  bestanden  (kann  auch  unter  1  stdien); 
was  weisz  er  erst  davon? 

8)  erst,  eben  erst,  eben,  modo:  ich  habe  es  erst  (ganz 
neulich}  gesagt;  die  blume  ist  erst  aufgegangen;  du  siehst 
so  frisch  aus,  als  wärest  du  erst  gestern  gemacht ;  ein  vöglein, 
das  erst  ausgeschloffen  ist,  hat  noch  kein  gefleder;  brachte 
schöne  geschnittene  gläser  mit  erst  geschöpftem  Säuerling 
angefüllet.    Ettsers  med.  maula/fe  837; 

er  kam  hie  bei  den  ström  und  auf  den  grünen  rasen, 
da  er  erst  hat  den  heim  ins  wasser  Tallen  lassen. 

Werders  Ar.  1,  24; 

es  war  ein  knabe  frech  genung, 

war  erst  aus  Frankreich  kommen.    Göthe  1,  181; 

es  ist  gut,  dasz  der  mensch,  der  erst  in  die  weit  tritt  viel 
von  sich  halte.  20, 120,  welches  letzte  erst  doch  auch  blosz  pri- 
mum  bedeuten  kann;  spiele  das  lied  der  entzückung  fort,  er 
ist  erst  gestorben.    J.  P.  Hcsp.  4, 107.     vgl.  erstgefallen. 

9)  erst,  nur  erst, 

a)  was  das  vorhergehende  eben,  nuper  dcmum:  ich  habe  es 
nur  erst  gesagt;  ich  sah  ihn  nur  erst;  nur  erst  vorigen 
Sonnabend  bekomme  ich  einen  brief  von  ihn.  Lessing  12, 114 ; 
erst  gestern,  gestern  erst. 

b)  demum,  tantum,  nicht  eher,  nicht  mehr:  er  wird  erst  aufs 
fest  wiederkommen,  spr.  Sal.  7,20;  im  hundert  und  siben- 
zigsten  jar  ward  Israel  erst  wider  frei.  1  Macc.  13,  41 ;  erst 
im  zehnten  jähr  (decimo  demum  anno)  erkrankte  das  kind; 
er  hat  erst  ein  kind;  ich  habe  erst  ein  glas  getrunken;  es 
schlägt  erst  vier,  erst  ein  viertel  auf  fünf;  es  wird  erst  um 
sechs  uhr  tag,  nicht  früher;  ich  habe  in  dem  buch  erst  ein 
paar  seilen  lesen  können ;  die  Sonnenfinsternis  fängt  erst 
{primum)  um  iin  uhr  an  und  hört  erst  {demum)  halb  drei 
auf;  ich  komme  erst  den  löten;  er  hat  erst  begonnen;  er 
hat  es  noch  nicht  gethan,  erst  thun  wollen ; 

der  jetzt  alles  vermag  und  kann, 

war  erst  nur  ein  schlichter  edelmann.    Schiller  324"; 

sie  wollten  erst  nur  von  zwölflausend  hören.    327". 

10)  erst,  erst  noch:  der  mann  soll  erst  geboren  werden 
(et»  solcher  ist  noch  nicht  auf  der  weit) ;  er  will  das  buch  erst 
schreiben  (es  ist  noch  ungeschrieben) ;  sie  soll  sich  erst  bessern. 

11)  erst,  erst  recht,  gar:  wenn  ich  Israel  heilen  wil,  so 
furcht  ich  erst  die  Sünde  Ephraim  (vulg.  cum  sanare  vellem 
Israel,  revelala  est  iniquitas  Effraim).  Hos.  7,1;  der  unflat 
soll  er  auch  erst  meinen  spotten  ?  impuratus  me  üle  til  eliam 
irrideat?  Maaler  117*;  da  verhönt  er  es  erst  gar.  Keisersb. 
s.  d.  m.  34' ;  da  wurden  sie  erst  freidig.  Frank  chron.  262' ;  aber 
es  ist  erst  billich.  Garg.  209';  wer  sich  ihm  ergibt,  der  ist 
erst  verloren; 

wer  sich  seiner  (.Amors)  schämt,  der  musz  erst  leiden. 
Göthe  1,290; 

es  gibt  auch  verschlossene  fruchte,  die  erst  {demum)  die 
rechten  kernhaften  sind  und  die  sich  früher  oder  später  zu 
einem  schönen  leben  entwickeln.  17, 88 ;  der  ist  erst  der 
rechte;  er  schieszt  schon  gut  mit  der  flinle,  aber  mit  der 
büchse  trift  er  erst  auf  ein  haar. 

12)  nicht  erst:  denn  wenn  golt  einmal  etwas  beschleuszt, 
so  bedenkt  ers  nicht  erst  hernach  (rulg.  semel  loquitur  deus 
et  secundo  id  ipsum  non  repetit).  Hiob  33.14;  er  weisz  es 
nicht  erst  aus  büchern;  ich  kenne  ihn  nicht  erst  von  heute; 
ich  habe  es  nicht  erst  aus  seiner  band;  nicht  erst  einer, 
sondern  viele  zusammen ;  es  gehet  dem  edeln  gemüth.  das 
von  der  weltlust  ergriffen  wird,  wie  einem,  der  mit  schlechter 
hegierde  zu  essen  zu  tisch  kömmt,  und  nachmals,  wenn  er 
was  gutes  vor  sich  siebet  und  es  dem  munde  beut,  nicht  erst 
{schwäb.  erst  nicht)  sich  sättigen  kann.   Scriver  Golthold  47. 

13)  die  Verstärkungen  allererst  und  ererst  sind  an  ilirer  stelle 
aufgeführt,  allererst  kann  in  jeder  bedeutung  des  einfachen 
erst  gebraucht  werden,  ererst  entspricht  der  achten  (ebenerst). 

14)  zuerst,  was  gleich  anfangs  gesagt  wurde,  verMlt  sich  wie 
zuletzt,  zujüngst  =  atid.  zi  erist,  zi  jungist,  mhd.  zerest,  ze 
jungest,  d.  h  in  diesen  formen  musz  doch  eine  praeposition  mit 
dem  davon  abhängenden  casus  angenommen  werden,  mehr  unter 
der  Iteule  geltenden  Zusammensetzung  selbst,  anders  zu  beur- 
Iheilen  sind  wol  die  später  außauchenden,  dann  wieder  verschwund- 
pe»  TOn  erst  und  mit  erst,  in  deren  erst  wahrscheinlich  eine 
kürzung  aus  erste  oder  ersten  rorgieny.  mhd-  beleijc  für  von 
erst  gewähren  sclion: 

III 


des  wines  got,  her  Bäche, 

der  von  erst  erdähte  most.    Ir.  kr.  987; 

von  dem  disiu  maere 

von  erste  erhaben  sint.    Greg.  501 ; 

von  Srst  so  arznent  iuwer  leben.    Bon.  68,  22 ; 

nhd.  von  erst  musz  dar  sein  ein  supp  oder  mus,  bering,  ge- 
bachen  fisch  und  grün  kraut  darzu,  darnach  pfeffer  und 
dann  galrei,  fünf  oder  sechs  trachten.  Keisersb.  s.  d.  m. 
11'.';  des  die  jungen  man  von  erst  meinten,  die  frawen  triben 
ir  abeisz  (aweisz)  mit  in.  Steixhöwel  dec.  13,3;  das  sie  zu 
des  gefallen,  das  von  erst  ist  erweit  worden.  14, 14 ;  von  erst 
soll  du  mir  mein  lohn  geben,  buch  d.  l.  200, 2.  mit  erst 
erscheint  üßer :  weil  ich  mit  erst  den  rat  geben  hab.  buch 
d.  l.  240,  2 ;  wolt  er  meinem  ritfer  etwas  schmach  anlegen 
und  in  unterstehen  zu  strafen,  müste  er  die  hend  mit  erst 
an  mich  legen,  das. ;  so  Deng  der  ritter  mit  erst  an  zu  reden 
und  sprach.  248,2;  als  ich  die  rose  mit  erst  in  dem  garten 
fand.  251, 2 ;  mit  erst  wil  mir  als  einer  jungfrawen  nicht 
gebüren  einen  jungen  ritter  zu  laden.    252,2; 

aufs  reich  mit  erst  denk,  und  vorhin 

ich  selber  mir  der  nechste  hin.    Lobwasses  Cal.  49; 

doch  wil  ich  vor  sein  absolviert, 

wie  ich  mit  erst  hab  protestiert.    Albercs  36'; 

die  schlang  mit  erst  er  für  sich  nam.    166"; 

mit  erst  hatte  er  die  weis,  dasz  er  kam  und  pocht  greulich, 
als  solt  ich  mich  für  im  fürchten,  chbüchlin  B  l'.  Schweiz, 
auch  sid  erseht,  nuperrime.  Corrodi  doäer  s.  240.  vgl.  erste 
adj.  und  erste  subst.,  auch  erstlich. 

ERSTABEN,  rigere.  ahd.  arstapen  (Graff  6.  613).  in  einer 
älteren  Verdeutschung  der  bibel  heiszt  es  2  Sam.  23, 10 :  bis  dasz 
sin  band  gebrast  und  erstabete  mit  dem  schwert,  bei  Lutber 
bis  das  seine  band  müde  am  schwert  erstarret ;  Hieroboam 
beszret  sich  nit,  wiewol  im  der  arm  erstabet.  Zwingli  der 
hirt.  Zürich  1524  bl.  3 ;  si  erslabet  als  si  war  tot.  Schmeller 
3,  602.  Maaler  175''  hat  gestaben,  Hebel  gstabeln  in  gleichem 
sinn,  kein  erstaben,  die  analogie  von  gestarren  und  erstarren 
läszt  keinen  zweifei  über  erstaben.  Verwandtschaft  mit  stab, 
dem  harten,  festen  holz  liegt  vor  äugen,  vgl.  lal.  stupere. 

ERSTABEHN,  dasselbe:  und  indem  ich  alsa  herumb  gienge, 
käme  ich  in  einen  langen  saal,  in  welchem  Lucifer  selber 
sasz  und  unib  ihn  her  der  ganze  höllische  stat  von  teuflen 
und  teufelinnen,  ich  bliebe  aber  bei  dem  eingang  erstabert 
stehen.    Pbilander  l,  496. 

ERSTAMMELN,  balbutire,  anheben  zu  stammeln. 

ERSTAMMEN,  obmulire,  ahd.  erstammen  (Graff  6,680). 
man  zieht  aber  heute  vor  erstummen. 

ERSTAMPFEN,  percutere,  contundere, 

1)  ffli/ den /"ü^sen  erstampfen :  die  rosse  erstampfen,  stampfen 
auf  den  boden. 

2)  zerstampfen:  etwas  zu  brei  erstampfen  lassen. 
ERST.4NDEN.  part.  von  erstehen. 
ERSTÄNGELN,  fulcire.^stdngeln:  gewächse  erstängelu. 
ERSTÄNKEN,  foetore  opplere,  vgl.  erstinken: 

wann  mich  mein  man  hat  oft  geschlagen. 

das  will  ich  im  des  nachts  eintrenken 

und  will  in  mit  feisten  am  pet  erstenken.    fastn.  369,24; 

eins  tags  da  tanzt  ich  mit  einer  frauen, 

das  sie  mich  in  der  hend  ward  krauen, 

da  ich  mit  ir  dort  ümb  her  für, 

da  puckt  ich  mich,  das  mir  ein  scheisz  enpfur, 

damit  ich  sie  so  ser  erstenkt. 

darümb  hat  man  mir  die  pusz  angebenkt.    71.5,20.  726,20; 

ir  bös  Wandel  macht  grosz  gestenk, 

das  drung  als  auf  mit  groszem  schübel, 

erstenkt  die  hell  gar  leichnam  übel.    H.  Sachs  I,  358'; 

thut  mich  {den  schuh)  erfeulen  und  erstenken.    I,  50t*; 

und  ob  auch  der  vier  herren  ein  richtet  (einen  verbredier  hin- 
richtet) uf  seinen  gudern  also  binnen  dem  eder,  so  sali  er 
inen  abthun  {den  erhängten  vom  galgen  nehmen  lassen)  uf  den 
dritten  tag,  dasz  er  niemant  krenkt  noch  erstenkt  uf  der 
gassen  noch  straszen.  weisth.  2, 531 ;  wie  sie  die  hell  mit 
rauch  erstenken,   erdempfen,  verbittern  wollen.    Ayrer  proc. 

2,U.      _ 

ERST  ANKERN,  1)  dasselbe:  ein  ganzes  haus  erslänkern. 
Scherfer  28. 

2)  «ras  durchstänkem,  perresligare.  2,1689.  LirmER  setzt 
es  ohne  umlaul :  wo  sie  einen  Christen  irgent  im  winkel  er- 
slänkern kundlen.  8,  81*.  Mathesics  hat  derslenkern  :  wie 
nun  die  alte  schlang  durch  Arium  und  Mahometh  ganz  Orient 
derstenkert  und  verwüstet.  67'. 

63 


995 


ERSTARKEN  —  ERSTARREN 


ERSTARR  EN  —  ERSTATTEN 


99G 


ERSTÄRKEN,  sumere  robur,  praeralere,  xigne,  stark  werden, 
mhd.  als  der  lac  erstarket.    Eracl.  5S7, 
wofür  es  sonst  auch  heiszt: 

d(?r  tac  der  wil  geriehen.  MS.  1,2"'; 
nhd.  er  ist  nach  der  letzten  krankheit  wieder  erstarkt;  ich 
bin  noch  nicht  genugsam  erstarket  zu  schreiben.  Maalur 
117*;  also  erstarkend  inen  die  hend.  Keisersb.  seh.  der  pen. 
32;  die  kinder  wachsen  auf  und  erstarken;  die  äste  erstar- 
ken; sein  geist  erstarkt; 

dann  er  an  seinen  jaren 

noch  jung  und  nicht  erstarkt  was.    Teuerdank  9,  21 ; 

in  tugend  erstarkt.    H.  Sachs  II.  I,  1>; 

mit  dem  erstarkt  es  in  bosheit.    I,  46'. 

ERSTÄRKEN,  corroborarc,  excitare:  so  wirt  euer  herz  er- 
sterket.    Keisersb.  seh.  der  fen.  45; 

wann  ich  bei  deinen  werken 

die  wunder  dein  betracht, 
zur  lieb  sie  mich  erstarken, 

der  eiler  schöpfet  macht.    Spik  IrxUzn.  116(127); 
laszt  uns  kräriiglicb  erstarken 
des  verdienten  {mannes)  neues  leben.    Göthk  47,  129. 

ERSTARKUNG,  f.  robur,  augmenlum. 

ERSTÄRKUNG,  f.  roboralio:  woher  kömmt  es,  dasz  lieder- 
liche alle  männer  über  den  tod  ein  schrecken  schöpfen? 
blosz  weil  sie  sehen,  dasz  zu  crslerkung  ihres  goltlosen 
lebens  wenig  zeit  mehr  übrig.    Rutsciiry  kan:l.  278. 

ERSTARREN,  rigescere,  slupescere,  ahd.  irstaren,  mhd.  erstar- 
ren, vgl.  lü.  styreti,  starr,  steif  sein. 

1)  die  glieder  trerden  starr  und  steif:  die  band  ist  ganz 
erstarret  oder  entschlafen,  manus  obtorpuit.    Maaler  118*; 

wellen  uns  dan  auT  die  penk  verdrechen, 

das  uns  die  rück  pisz  frue  erstarren,    fastn.  341,  4; 

er  auf  dem  kästen  mer  dan  halber  tod  Inge  mit  erstarlen 
armen  umb  den  kästen.  Steinhöwet.  dcc.  70,29;  auf  dem 
kästen  von  forcht  und  amechtikeit  erslarl  was.  77, 6 ;  da 
stund  er  und  schlug  die  philister,  bis  das  seine  band  müde 
am  Schwert  erstarret.    2  Sam.  23,10; 

war  ganz  erfroren  und  erstarrt.    II.  Sachs  II.  4,  43'; 

als  Niobe  vor  schmerz  in  stein  erstarrt.    Grtpiiids  1,  514; 
da  gedacht  er,  dasz  es  gnug  werd  sein,  weil  ihm  die  wehr 
in  der  faust  erstarret  war.  Garg.  258"  ;•  weil  mir  im  schreiben 
die   bände   erstarren  wollen.    Felsenburg  1,0;    die  äugen  er- 
starren; 

mir  stimm  und  zung  erstarren.    Spee  trutzn.  66  (72) ; 

sie  steht  erstarrt,  mein  ach  erschallt, 

man  sieht  auch  keine  thräne  rinnen.    Gelubt  1,241; 

mein  gebcin  erstarrt.    Gerste?iberc  Mhwna  s.  88 ; 

der  blick  erstarrt.    Gotter  1,  277; 

in  süszen  schlaf  erstarrt.    Göki:igk  2,  9; 

sie  erstarrt!  {wird  ohnmächlig).    3,  93; 
seine   zunge   erstarrte   von  glühendem  durst.    Kunger  5,97. 
die  leiche  ist  schon  erstarrt  (lodtenstarre). 

2)  zum  bäum,  stein,  marmor  erstarren  :  lasz  über  sie  fallen 
erschrecken  und  furcht,  das  sie  erstarren  wie  die  steine. 
1  Mos.  15,16;  er  sah  noch  in  sprachloser  enlzückung  nach 
dem  orte,  wo  sie  zum  lorberbaum  erstarrte.  Wielam)  1,207; 
plötzlich  erstarrte  sie  an  der  wand  des  palastcs  in  verstei- 
nerter Stellung.    J.  P.  Tit.  l,  32. 

3)  das  flüssige  gerinnt  und  wird  fest:  das  blul  erstarrte  mir 
in  den  adem;  ist  ihm  (Midas)  sein  essen  und  trinken  in 
Lenden  und  im  halse  erstarret  und  in  gold  worden.  Matiiesius 
1502,316';  von  frost,  vor  frost  erstarren,  übrigere.  Maaler  II s". 

4)  da8  gesottene,  gebratene  erstarrt,  wird  hart:  erwell  das 
bun  in  wasser,  do  wein  und  essig  inne  sei,  dasz  esz  erstarr 
und  die  fülle  erkeck,    kuchenmeisterei  b4; 

das  hun  war  noch  nicht  recht  erstarret.    H.  Sachs  I,  509*; 
(leszt)  die  erbeisx  erstarren  und  übergehen  (beim  kociten). 

1,51  f. 

*gL  die  wanne  speise  abschrecken  1, 109,  erschrecken,  ror- 
An  072. 

5)  das  haar  hört  auf  sich  xu  kräu.<ieln  und  richtet  sieh  empor : 

UDd  die  der  schneeigen  slirne  noch  iünpt  entrollenden  locken 
wurden  ein  struppige«  haar,  da<<  »tachclirht  neu  und  rnitnrrend 
vom  bocbschwaukeDdcn  wlpfel  zu  hlmmlinchen  «lernen  eni- 

porsoh.    Voss. 
C)  schiffe  erstarren  in  dem  lebermeer; 
iliii  i'l-n  tteuermann),  dem  vor  slOrroen  nicht  mehr  graut. 
^'rl'  't  der  mui,  wenn  todirnsillle 
«i«ii  j<  ther  rtillt,  das  schlf  erstarti.    Gottfr  t,  274. 


7)  das  gewand  erstarrt  von  gold  und  seidc. 

8)  erstarren,  er$<aunen,  erbangen :  erstarret  und  werdet  ver- 
stürzt! Es.  29,9;  und  da  Acbior  des  Holofernis  köpf  sähe, 
entsalzt  er  sich,  das  er  erstarret.  JudUh  13,29;  die  menner 
aber,  die  seine  geferten  waren,  stunden  und  waren  erstar- 
ret, apostelg.  9,7;  den  mächtigen  in  Moab  ward  bange  und 
erstarreten  alle  einwoncr  Cannan.  Luther  3,257';  um  zorn 
und  unmut  bin  ich  schier  erstarret.  Kirchhof  trcrK/i/Hm.  425"; 
wir  erstarren  über  des  knaben  Schönheit,  pers.  rosenih.  l,  42. 

9)  mehr  abgezogen:  nach  einem  kurzen  erstarrenden  still- 
schweigen.   Schiller  289'; 

die  uns  das  leben  gaben,  herliche  gefühle 
erstarren  in  dem  irdischen  gewühle.    Göthe  12,  40; 

die  lateinische  spräche  wird  durch  den  gebrauch  der  Sub- 
stantive entscheidend  und  befchlshaberisch.  der  begrif  ist 
im  wort  fertig  aufgestellt,  im  worte  erstarrt,  mit  welchem 
nun  als  einem  wirklichen  wesen  verfahren  wird.  53, 124 ; 
aber  drei  lautenhauche  der  flöte,  mit  der  der  blinde  eine 
schönere  wärmere  Vergangenheit  vor  die  erstarrte  seele  zog, 
lösten  sein  gerinnendes  herz  in  ein  nasses  äuge  auf.  J.  P. 
Hesp.  4,81  (119);  man  kann  der  jetzt  hersrhendcn.  kalten, 
auftrocknenden,  erstarrenden  (orfer  tr.?)  philosophie  nichts 
besseres  entgegensetzen  als  die  kenntnis  der  natur.  Klingkb 
11,163; 

die  auixen  glühn  im  heiszen  rachedürsten 

erstarrte  blitze  auf  den  stolzen  forsten.    Lesau  Faust  11«. 

ERSTARREN,  rigidum,  durum  facere.  diese  seltnere  transitiv- 
form  würde  im  ahd.  irstarian,  irstarran  lauten: 

sie  hauclit  mich  an,  durchdringt,  erstarrt  die  brusl, 
umstrickt  das  haupt,  zerrüttet  alle  sinnen.    Göthe  13,  305; 

die  kälte,  die  den  Jäger  erstarrt.    Kli.nger  2,252; 
doch  solch  ein  graun,  wie  jetzt,  hat  ihr  die  wangen 
noch  nie  gebleicht,  noch  nie  ihr  blut  erstarrt. 

Gries  Ar.  41,33. 

ERSTARREN,  n.  torpor,  Stupor,  in  Wirsungs  arzneibuch  1597 
s.  145  folgende  Schilderung:  der  kranke  liegt  nit  änderst  als 
schlafend,  hat  doch  die  äugen  offen,  bewegt  aber  weder  die 
augenlieder  noch  andere  thcile  des  leibcs.  trift  sie  das  er- 
starren ständlicli,  so  bleibend  sie  aufrecht,  schreibend  sitzen 
sie  wie  die  schreibenden,  werden  sie  gen  himmel  sehend 
berührt,  so  verändern  sie  iren  stand  nicht,  welches  dem 
gemeinen  man  ein  wahn  macht,  sie  werden  verruckt,  seien 
in  einem  gespräch  mit  golt  oder  den  engein.  darzu  mischt 
zu  Zeiten  der  satan  sein  list,  das  man  sie  gleich  für  heilig 
halte,  wenn  sie  fürgeben,  sie  haben  wunderbarliche  ding  im 
fegfeuer,  hell  oder  himmel  gesehen,  in  summa  solche  er- 
starrenden werden  gleich  wie  die  götzen.  sehen  mit  offenen 
äugen  nichts,  riechen  und  hören  nichts,  da  ist  kein  wort  in  irer 
kelen,  kein  bewegen  der  schenke!,  wie  der  psalmisf  singt ; 
der  pfalzgraf  hatte  das  erstarren  über  Walts  sturmlaulVii 
flüssiger  gemacht.    J.  P.  flegelj.  1,  SO. 

ERSTARRUNG,  /".  rigor:  erslnrrung  der  naiur.  Maaier  HS" 

ERSTARZEN,  frequentalire  form  von  erstarren:  solche  wort 
hört  der  kniend  bruder  ganz  unbeweglich  und  erstarzt.  Frank 
c/iron.  223'.     s.  erstatzen  t^nrf  vietleiclit  Slarzlidere  sp.  982. 

ERSTATTEN,  restitucre,  reddere,  etwas  an  die  stelle  des  er- 
hallnen  setzen,  zurückgetien,  in  dir  allen  siirache  geltan,  gellen. 
denn  erstalten  begegnet  weder  ahd.  noch  mhd.  und  scheint  erst 
nhd.  dem  lat.  reslituere  nachgebildet;  auch  kennt  die  nl.  sftrache 
das  wort  nicht,  das  dän.  erstatte  ist,  wie  schon  die  form  -•••  ' 
von  uns  übirnomtnen.  aus  Steinhöwel  und  Keisersbe?!. 
noch  keine  beispiele  vor,  aber  Luther,  Frant.  und  andere 
zeitige  wie  spätere  bedienen  sich  des  ausdrucks,  den  DAsyponius 
432'  für resarcire,  Frisius  t/nrf  Maaier  für  substituere verzeichnen. 

1)  sächliche  crstallung:  es  sol  aber  ein  dieb  wieder  erstatten, 
hat  er  nichts,  so  verkeuf  man  in  umb  seinen  diebslal.  2  Vdv. 
22,3;  das  gerauble  vieh  soll  unverzüglich  erslnllet  werden: 
fünfzig  rinder  und  /.ehn  pferde  wurden  erslatlel;  und  wann 
ir  auf  kurz  bievor  gedachte  weis  wollen  dis  h.  bienruge- 
sciilei  bte  von  eseln,  kälbern  oder  Säuen  wiileriiinb  erslallen 
{herstellen,  erneuen),  aufliringen  und  er« ecken,  hirmiik  .'i..'; 

Ich  hofle,  Mnhomet 
sei  mm  «eslnnt  die  kinder  ihrem  vnter, 
als  pfSnüer  den  vortrage.«,  zu  erstatten.    Gutiir  '..  im; 

jedes    Samenkorn    der  Schöpfung  wird  durch  sich  sellisl  er- 
sinnet.  IIerher  15,  l.'i.     ri^.  wiederstalleti,  wiedererslnllen. 

2)  ich  leibe  dir  in  deiner  noih  hundert  Ih.iler.  die  du  mir 
erst  in  fünf  jähren  erstallen  «nllsl ;   lucrniil  rr^l^itictf  er  «eine 


997 


ERSTATTEN — ERSTATTER 


ERSTATTLICH  —  ERSTAUNEN 


998 


I 


schuld;    den  verursachten  schaden  konnte  er  nie  erstatten; 

er  hatte  alle  kosten  und  auslagen  zu  erstatten; 

wer  vor  dem  tode  flieht,  der  flieht  vor  seinem  schatten, 
du  inust  eiust  der  iiatur  die  alle  schuld  erstatten, 
der  Zahltag  liommt  gewis,  das  Schicksal  wird  nicht  ruhn, 
bezahlen  must  du  einst,  willst  du  es  murrend  thun? 

Lichtweb  recht  der  rernunfl  79. 

3)  erslaltung  des  abgangs  vnd  mangels:  und  ich  wil  euch 
die  jare  erstatten,  welche  die  hewschrecken,  kefer,  geschmeisz 
und  raupen  gefressen  haben.  Joel  2,  25 ;  denn  wo  ich  ewer 
mangel  hatte,  das  haben  sie  erstattet  (izvarana  vaninassu 
usfullidedun).  1  Cor.  16, 1" ;  denn  meinen  mangel  erstatten  die 
briider  ({)arbüs  nieinos  usfullidedun  bru{)rjusj.  2  Cor.  11,  9 ; 
und  erstatte  an  meinem  fleisch,  was  noch  mangelt  an  trüb- 
saln  in  Christo  (jah  usfullja  gaidva  agl6n6  Xristaus  in  leika 
meinamma).  Col.  l,  24 ;  und  erstatten  so  etwas  mangelt  an 
ewrem  glauben  (jah  usliuhaima  vaninassu  galaubeinais  izva- 
raizös).  l  jT/icjs.  3, 10 ;  es  mag  aber  in  des  diesen  mangel  die 
gemeine  predigt  erstatten.  Lcther  3,271';  das  abgelassene 
blut  wird  dem  leib  bald  erstattet,  alle  diese  stellen  haben 
den  acc.  bei  erstatten,  in  folgender  jedoch  erschdnt  der  dativ: 
im  winfer  aber  erstatt  man  dem  mangel  mit  laub,  das  man 
inen  {den  lämmem)  im  stall  zu  essen  in  die  krüpfen  wirft 
(at  contra  penuriae  hiemis  succurritur  objectis  intra  tectum 
per  praesepia  cibis).  Herrs  Columella  77*.  kaum  ein  druckf., 
sondern  durch  succurrere  veranlaszt. 

4)  trie  die  golhische  version  unler  3  lehrt,  ist  erstalten  zugleich 
ein  erfüllen,  ergänzen,  sühnen :  deren  sünd  und  föl  mit  unserm 
fürbitt  zu  erstatten,  versiinen  und  erfüllen.  Frank  ireW6. 109' ; 
der  gebott  seind  zwei  hundert  acht  und  viei-zig,  dann  so  vil 
glider  seind  am  menschen,  die  dise  gebott  erstatten  sollen. 
ISO*;  Adams  liebster  son,  auf  den  sie  alle  ire  hofnung  setzten, 
er  sol  den  fall  erstatten,  der  Cain,  ermordet  seinen  bruder. 
kluge  weise  reden  löe5, 155'  =  1570, 165' ;  wurden  fro,  dasz 
es  zu  dem  kommen  war,  dasz  sie  ihr  neidische  begierde  an 
Tristanten  erstatten  möchten,  buch  d.  l.  90, 1 ;  wie  möcht  ich 
denn  mein  fiimemmen  erstatten?  236.6;  solche  45  mann 
werden  mit  sechs  doppelsöldnern  beschlossen  und  dergestalt 
die  ein  und  fünfzig  mann  erstattet  {erfüllt,  ergänzt).  Kirchhof 
mit.  disc.  154;  das  ich  nicht  mag  einem  jeglichen  seinen  willen 
erstatten  und  erfüllen.  Paracelscs  1,  262';  deshalben,  anlwort 
sie,  dasz  dies  gut  glück,  das  unser  beider  beger  und  wundsch 
erstattet,  mir  jetzunder  grosze  traurigkeit  und  angst  dräuwet. 
Amadis  24 ;  auf  dis  verhiesz  er  im  sein  beger  zu  erstatten.  197 ; 

unser  glaube,  den  wir  haben,  soll  erstatten  unsern  verstand. 
Mich.  Vehb  67, 

ihn  ergänzen,  diese  begier,  verlangen,  wünsch  erstatten  = 
erfüllen  sind  heutzutage  ungebräuchlich. 

5)  tftr  sagen  aber  noch  dank,  nachricht,  bericht,  bescheid, 
glückwunsch,  grusz  erstatten:  er  kam  seinen  dank  zu  erstat- 
ten; diesem  gelehrten  und  vorlreflichen  manne,  dem  wir 
hiermit  für  seine  groszmütige  bemühung  zum  voraus  öffent- 
lichen dank  erstatten.  Wiela>d  12,  351 ;  es  wurde  davon  aus- 
führliche nachricht  erstattet; 

viel  abenleur  halt  ich. 

von  mund  aus  erstalt  ich 

von  allem  bescheid.    Kl.  Schmidt  poe(.  br.  66; 
der  glückwunsch  wurde  nicht  zur  rechten  zeit  erstattet,     auch 
einen  besuch  erstatten,     in  den  meisten  dieser  redensarlen  gilt 
auch  abstatten. 

6)  neuere  veraendungen : 

was  werden  sie  bieten,  eine  seele  zu  erstatten, 
wie  diese  war?  Schiller  3()2" ; 

ich  will  gut  machen !  glaubet  mir  ich  wills, 
alle  leiden  sollen  euch  erstattet  werden.    468'; 

setzen  sie  hinzu,  dasz  schon  seit  seinem  (des  marquis)  knaben- 
alter,  schon  von  dem  tage  an,  da  sich  Carlos  freiwillig  für 
ihn  einer  schmerzhaften  strafe  darbot,  das  verlangen,  ihm 
diese  groszmütige  that  zu  erstatten  seine  seele  beunruhigte, 
ihn  gleich  einer  unbezahlten  schuld  marterte.  773";  einge- 
äscherte dörfer  lagen  meilenweit  herum  in  grauenvoller  Zer- 
störung, während  dasz  ihre  verarmten  bewohner  hingiengen, 
die  zahl  jener  mordbrennerheere  zu  vermehren,  und  was  sie 
selbst  erlitten  hatten,  ihren  verschonten  mitbürgem  schreck- 
lich zu  erstatten.  9S5';  leser  des  almanac  des  goumiands, 
denen  wie  den  zoophyten  der  darmcanal  das  herz  erstattet. 
J.  P.  dämm.  11>*. 

EKSTATTER,  m.  reslitulor:  ist  dir  wol  jemand  unter  den 
kunigeu  von  Pcrsien  bekant,  in  deren  lande  und  reiche  nicht 


za  einiger  zeit  eine  Verwüstung  sich  begeben  habe,  ohne 
allein  in  dem  königreiche  des  allmächtigen  erstatters?  pcrs. 
baumg.  1, 14. 

ERSTATTLICH,  reparMlis,  ersetzlich:  zu  ihrem  unerstatt- 
lichen  schaden.    Ettners  «ntr.  doct.  268. 

ERSTATTLICH,  proßcuus,  ulilis,  kos  zu  statten  kommt,  mhd. 
ze  staten  kumet,  slaltlich,  ganz  verschieden  von  dem  vorigen: 
das  gott  gefällig  und  sinem  heiigen  wort  erstattlich  sin  möge. 
ZwiNGLi  1,  5S1.  in  folgender,  nidit  ganz  klaren  stelle  scheint  davon 
das  adv.  gebraucht :  solche  natürliche  presten  möchten  etlicher- 
maszen  erstattlich  erganzen  und  einbringen.  Fischart  eh:.  573. 

ERSTATTNIS,  f.  restitutio,  compensatio,  ersalz:  was  e.  g. 
über  das  sol  oder  wil  genannter  Elsen  zur  erstattnus  oder 
für  ihre  ehre  geben.    Luthers  br.  4,  273 ; 

unt  hails  erstatnis  tun.    Melisscs  p$.  E  1*. 

ERSTATTUNG,  f  dasselbe:  dann  es  nicht  gut  were,  die 
bisher  gesessen  zu  verstoszen  on  erstattunge.  LtrrBER  3,171"; 
wie  ich  meine  zu  Basel  stehende  behausung  erkauft,  dieselb 
mit  barem  gelde  zu  bezalen  zugesagt,  welchem  ich  auch  er- 
stattung  gethan.  Thurneisser  «o%.  auwcAr.  l,  94 ;  aber  sobald 
das  übel  geschehen  war,  kam  er  wieder  zu  sich  selbst  und 
dann  pflegte  er  sein  haupt  nicht  eher  sanft  zu  legen,  bis  er 
demjenigen,  der  dadurch  gelitten,  alle  nur  mögliche  erstat- 
tung  gethan  hatte.    Wielaxd  6,  5S. 

ERSTATZE.X,  stupere,  haesitare  lingua,  in  einer  schon  oben 
sp.  147  unter  erdaltem  ausgehobnen  stelle  Franks,  und  icahr- 
scheinlich  ein  und  dasselbe  mit  dem  vorhin  aufgeführten  erstar- 
zen,  nur  treisz  ich  nicht,  Kelche  der  beiden  formen  die  richtige 
ist.  denn  erstarzen  leitet  sich  von  erstarren  ab  und  erstatzen 
stimmt  zu  statzen,  stammeln.  Schxeller  3,  673  hat  neben  einem 
andern  starzen  gleichfalls  statzen. 

ERSTÄUBEN,  pulcerem  excutere,  ausstauben,  lüßen.  bei  Maaler 
lis'  ohne  umlaut  erstauben,  eventilare,  vom  staub  erseuberen. 

ERSTÄUBERN,  dasselbe,  purgare:  ich  kann  euch  das  him 
erstäubern,  geraten  ir  mir  zu  zuhörern,  so  wird  gewis  dort 
die  Weisheit  auf  der  wegscheid  umsonst  rufen.  Garg.  17'; 
gleichwie  das  weisz  (die  u-eisze  färbe)  euszerlich  das  gesiebt 
vertheilet,  verstreuet,  spatzieren  und  splacieren  füret,  also 
entscheiden ,  ermunteren,  ersläuberen,  erquicken  und  er- 
spatzieren  sich  auch  davon  die  gesichtliche  spiritus  oder 
augenscheinliche  lebkräfte.  127*;  dies  weret  etwan  auf  zwo 
oder  drei  stunden,  bis  er  sich  gar  ausgerüst  . . .  ausgebür- 
stet, ersteubert  und  erblasen  hett.   174'. 

ERSTAUNEN,  stupere,  admirari,  gleich  dem  einfachen  staunen ; 
bisher  weder  ahd.  noch  mhd.  aufzuweisen,  da  indessen  schon  ein 
ags.  stunian  impingere,  obtundere,  allidere,  engl,  stun  betäuben, 
ferner  ein  mnl.  stunen  (Maebl.  3, 46. 52.  leketisp.  Hl.  3,  S65),  etwa 
im  sinn  von  ßrmum  stare,  obstare  begegnet,  in  der  Schweizer- 
sprache aber  bis  auf  heule  stunen  ein  lä}endiges  worl  geblieben 
ist  und  so  wie  starren  oculis  rigentibus  aspicere  bedeutet,  läszt 
ädi  an  dem  alter  des  ausdrucks  kaum  zweifeln,  es  genüge  an 
einigen  stellen  aus  Corrodis  dokler : 

stuunet  is  grüen  (starrt  ins  grüne).    94; 

pletscht  inen  sessel  und  stuunet 
aben  an  bode  (starrt  an  den  boden).    97 ; 
stuunischl  ufen  i  dlufl  (starrst  hinauf  in  die  luft)  und  luegist, 
wo  dvögeli  Düged.     134. 

bei  MiCRÄLiDS  lebte  noch  die  alte  bedeulung,  wenn  er  2,  235  sagt: 
dasz  ihme  alsfort  die  band  erstaunet  und  erstarret  ist ;  diese 
sind  der  eigenschaft  des  zittertisches,  welcher  dem  fischer, 
der  allein  am  garn  zeuchet,  seine  glieder  erstuunen  und 
entschlafen  machet.  Thurneisser  prob,  der  harnen  74;  wann 
mucken  oder  käfcr  auf  eine  rose  sitzen,  so  erstaunen  und 
erstarren  sie.  lustg.  671.  AIaaler  118'  führt  blosz  erstaunen 
obstupere,  nicht  das  einfache  staunen  an,  nhd.  sind  staunen, 
anstaunen,  erstaunen  geläufige  Wörter,  vielleicht  darf  man 
staunen  als  forlbildung  von  stauen  ansehen,  Zusammenhang  zwi- 
schen erstaunen  und  franz.  ^tonner,  Ictt.  attonare,  zwischen 
erstaunt  und  attonitus,  engl,  astonished  ist  unglaublich,  da  in 
diesen  fremden  Wörtern  zwar  der  sinn  des  erschreckens  und  er- 
slarrens,  nicht  der  des  Staunens  und  starrens  liegt,  auch  weiclU 
das  engl,  stun  von  astonish. 

1)  inlr.  erstaunen:  ich  erstaune  obstupeseo.  Lessinc  1,379. 
390.546;  wer  sollte  nicht  erstaunen  und  sich  verwundern?; 
man  erstaunt  über  die  pracht  und  den  rcichthum,  über  die 
Schönheit  der  frau,  die  kühne  that  des  mannes;  ich  erstaune 
über  ihren  verdacht  nicht ;  man  musz  erstaunen,  wenn  man 
es  hört; 

63* 


999 


ERSTAUNEN  —  ERSTAUNLICH 


ERSTAUNT  — ERSTE 


1000 


er  sah  sie  an,  erstaunt,  und  biesz  sie  schön.    Gellsrt  1,135; 

erstaunst  und  eilst  und  kaurst  und  liest.    1,225; 

wohin  er  auch  die  blicke  kehrt  und  wendet, 

jemehr  erstaunt  er  über  kunst  und  prachi.    Götub  4,  159; 

und  es  erstaunten  die  Treunde,  die  liebenden  eitern  erstaunten. 

40,  3-24 ; 
sie   haben   mich  erstaunen  gerriacht.    10, 142.     es  heiszt  auch 
erstaunen  vor  und  ob  einer  sache,  Voss  hol  sogar  den  bloszen 
daliv  gewaijl: 

all  erstaunten  dem  zeichen. 

2)  tr.  erstaunen:  das  erstaunt  mich,  verwundert  mich,  setzt 
mich  tu  erstaunen,  macht  mich  erstaunt,  macht  mich  staunen; 

mich  erstaunt  ihr  niuth.    Gotue  10,  142; 

daher  kommt  diese  Übereinstimmung,  die  einen  jeden  erstaunen 
musz.  16,295;  das  erstaunte  die  eitern  und  betrübte  sie  wol 
zuweilen.  Arndts  leben  70 ;  am  meisten  erstaunte  sein  gesiebt.  117, 

3)  das  part.    erstaunt   gienge  auf  die  intr.  wie  tr.  bedeutung 
zurück,  besaer  doch  auf  jene: 

wir  sind  abei  derniasz  erstunt 

von  dises  eroszen  wunders  wägen, 

das  unser  leiae  {Mfirilta  und  Maria)  nichts  kondt  sägen. 

Jac.  Funkelins  spit  vom  Lazaro.  1552.  F4'; 
was  stehst  du  so  und  blickst  erstaunt  hinaus?    Götuk  .  .  .; 
man  kann  nicht  erstaunter  sein,  als  er  es  über  die  seltsamen 
dinge  war.    VVieland. 

EHSTAUNEN,  n.  l)  rigor:  ersinnen  des  zäpflin.  Hier.  Boci 
regiment  A  8*. 

2)  stuf)or,  admiratio,  der  höhere  grad  von  Verwunderung : 

butterkringel  im  dorfe  genannt,  von  dem  Thüringer  bretzel, 
grosz  und  dick  zum  erstaunen  und  wol  mit  rosinen  gesattigt. 

Luise  aus(j.  t.  h.  183; 
und  mit  erstaunen  und  mit  grauen 
Sehens  die  ritler  und  edelfrnuen.    Schiller  70'; 
Wilhelm   sab   aufwärts    und,   hatten   ihn  die  kinder  in  Ver- 
wunderung   gesetzt,    so    erfüllte    ihn    das,    was  ihm  jetzt  zu 
äugen  kam,  mit  erstaunen.  Götiie2I,  5;  Heidelberg  und  seine 
gegend  betrachtete  ich  in  zwei  völlig  heiteren  tagen  mit  Ver- 
wunderung  und  ich  darf  wol  sagen  mit  erstaunen.   43,125; 
nicht  ferner  will  ich  in  dürrem  erstaunen  deiner  furchtbaren 
grOszc  hindämmern.  Klinger  2,200;    für  dich  kann  ich  nur 
kaltes  erstaunen  fühlen.    2,202;    plötzliches,   heftiges,  freu- 
diges erstaunen. 

ERSTAL'.NEND,  l)  stupens,  stupidus:  diese  krankheit  macht 
die  pferde  dumm  erstaunend,  unempfindlich  und  aller  dinge 
vergessen.  I'kkenbach  2,  49  ;  wir  betrachteten  alles  erstaunend. 
21  s/«;((7i(/i(,s ;  zeiget  sich  an  den  erstaunenden  stücken 
einer  solchen  statue.  Winkelsann  5,  270;  er  hat  Ciceros 
werke  durch  kostbare  noten  und  ein  erstaunendes  register 
brauchbar  gemacht.  Haukner  2,127;  eine  erstaunende  menge 
thränen.  4,  8S;  ein  erstaunendes  vermögen.  4,164;  wie  er- 
staunend werden  die  Veränderungen  sein.  4,240;  ich  hab 
erstaunende  stiebe  auf  der  brüst.  Lenz  1,306;  ein  erstau- 
nender beifall.  Gotter  2,  ii;  eine  erstaunende  Wirkung. 
Ki.iNCER  3, 163;  das  werk  macht  ein  erstaunendes  glück. 
GöTHE  10,  69 ;  die  Zeichnungen  sind  herlich,  tuschen  sie  nur 
mehr,  es  ist  ein  erstaunend  gefühl  in  dem  getuschten,  an 
fr.  von  Stein  1,  Gl. 

31  adv.  mirum  in  modum:  erstaunend!  woher  mag  die  Ver- 
änderung kommen?  VVeisze  trauersp.  5,147;  sie  werden  sich 
noch  erstaunender  wundern.  Hippel  13,10;  der  erste  blick 
vom  berg  herab  in  das  Hasliland  ist  frappierend,  die  gegend 
ist  erstaunend  weit  und  angenehm.  Göthe  an  fr.  v.  St.  1,  258. 
ERSTAL'.NENSVOLL.  plenus  admiratinne : 
dies  wort  macht  mich  erslaunensvoll.    i.  E.  Sculecbl  1,373. 

ERSTAL'.NENSWEUTH,   slupendus:    eine   erstaunenswerthe 
bandlung; 

des  augenblicks  erstaunenswerthe  wunder.    Schiller  .  .  . 

EHSTAL'.N'LICH ,    dasselbe:    ich    höre   erstaunliche    dinge; 
eine  erstaunliche  kraft;  mit  erstaunlicher  Schnelligkeit; 
hatte  dem  vater  zu  ehren 
buodert  entauolicbe  tempel  erbaut  und  hundert  altäre. 

UiJRCEH  247'; 
gönn  ihr  zeit, 
von  dem  erstaunlichen  ilch  zu  erholen.    Schillii  500*. 

ERSTAUNLICH,  adv. 

sie,  die  uns  warnen  toll, 
entaanlich!  die  vernunfl  reicht  uns  den  glfikelch  voll. 
ÜtscM  poet.  werlu  1,  168  ^ 
M  itl  erstaunlich  kalt;  er  ist  erstaunlich  befangen; 
die  schuld  dci  bAsen  flebers, 
tfsf  ganz  erstaunlich  nti  die  nerven  grelli.    Schiller  291' j 

du  bist  ja  heute 
enuunlicb  sicher.    2M'. 


ERSTAUNT,  s.  erstaunen. 

EKSTAUNUNG,  f.  rigor,  Stupor,  oß  mit  Verwunderung  verbunden : 
und  so  sonst  noch  ein  böser  zufall  darzu  schlüge,  als  ein 
kalter  schweisz,  schaudern  oder  erzittern,  erstaunung  oder  ein 
erkältung  aller  euszersten  glieder  sampt  der  haut.  Uefenbach 
2, 49 ;  benimbt  fast  alle  erstaunungen,  dormitationes  und 
unempfindlich  machenden  afifect  der  keilenden  zilfellen. 
Thurneisser  inß.  Wirkungen  6;  das  destillierte  wasser  {der 
katzcnminz)  tilget  die  langwürigen  hauptschmerzen,  Schwindel, 
erstaunung  der  glieder,  schlafsuicht  u.s.w.  Houberg  1,56"'; 
mit  der  erfindung  der  microscopia  siebet  man  zu  groszer 
Verwunderung  und  erstaunung  viel  neues  auch  an  einem 
kleinen  blümlein.  Scriver  str/enicA.  2,  807;  fürlreflicbe  lugen- 
den sein  des  pöbeis  verstände  unbegreiflich,  die  mitlereu 
jagen  ihmc  eine  Verwunderung  und  erstaunung  ein.  Bltsculy 
I'atm.  356 ;  diese  verwunderungsvolle  aventure  setzte  uns  in 
die  grüszte  erstaunung.  Fclscnb.  3,  255 ;  über  deine  erstaunung. 
Liscov  299  (366) ;  dasz  Agathon  von  entsetzen  und  erstaunung 
gefesselt,  wie  eine  bildseule  stehen  blieb.    Wieland  1,  33. 

EHSTAUNL'NGSTEH.MIN,  m.  tempus  torporis,  also  mit  der 
ursprünglichen  bedeutung  des  erstarrcns:  bewahre  was  dir  an- 
vertrauet ist,  0  lieber  Tbeophihis,  denn  die  storche  und 
schwalbens  thuns  und  können(s)  sogar  in  sümpfen  undleichen, 
im  moraste  und  grundsuppe  der  seen  nicht  aus  ihren  ge- 
dächtnissen  und  acht  lassen  ausleschen,  durch  den  obwol 
langwierigen  erstaunungstermin  und  grimmiges  froslwetler 
oder  kaltwäszriges  dement,  darinnen  sie  wie  erstaunet,  ent- 
zucket, erstorben  und  entseelet  liegen.  Pbaetobics  winterq.  vorr. 

EIISTAUNUNGSVOLL: 

um  einen  arzt  und  seine  bühne 
stand  mit  erstauiiungsvolier  miene 
die  leicht  betrogne  menge, 
in  lobendem  gedrenge.    Lessing  1,  59; 

die  erstaunungsvollen  wunder  der  natiu-.    Klincer  11, 161. 

ERSTAUNUNGSWÜRDIG,  wie  erstaunenswerth. 

EKSTBESAGT,  modo  dicius:  erstbesagle  meine  Schuldigkeit. 
BüTsciiKY  kanzl.  109. 

ERSTBESITZEND,  prjm«wi  possidens: 

dem  erstbesitzenden  gehört  die  weit.    Schiller  504'. 

ERSTE,  primus.  die  grundzalU  und  Ordnungszahl  der  einheil 
riihren  niciU  aus  demselben  stamm  her.  so  weicht  schon  skr.  eka 
ab  von  prathamas  [neben  pörva),  zend.  aSva  von  frathemö 
{neben  paüirja),  gr.  eh  von  tiqcötos,  lii.  viens  von  pirinas, 
lat.  unus  von  primus,  goth.  ains  ton  fruma,  altn.  eiun  tun 
fyrsti,  ahd.  ein  von  furisto  und  aristo,  mhd.  ein  von  erste, 
nlid.  ein  von  erste,  wie  aber  die  partikel  nQcoi  an  Ti^türos, 
prius  an  primus  klingt,  furi  an  furisto,  entfaltete  sich  auch  aus 
goth.  air  [vgl.  rjoi)  ein  adjeclivischer  comp,  airiza  prior,  doch  ein 
superl.  aiiist  fehlt ;  aus  ahd.  6r  sowol  der  comp,  friro  prior,  als 
der  superl.  «5risl  primus,  mhd.  örre  und  6rest,  nhd.  ehest  und 
erst  {sp.  47.  49),  und  diesent  erst,  erste  ist  die  rolle  der  ordi- 
naleinzahl  übertragen  worden,  beide  Vorstellungen  ehe  und  frühe 
grenzen  anrinander. 

1)  gleich  allen  Superlativen  ist  auch  erst  der  starken  wie  der 
schwachen  form  fähig,  als  Ordinalzahl  neigt  es  sich  gtrn  der  letztem 
zu.  wir  zahlen  erster  theil,  erste  auffoiderung,  erstes  gebot, 
aber  auch  der  erste,  die  erste,  das  erste. 

2)  der  erste  mensch,  primus  fiomo,  goth.  sa  fruma  manna  : 
geboren  vom  geschlechte  des  ersten  geschalTcnen  menschen. 
weish.  Sal.  7, 1 ;  der  erste  mensch  ist  von  der  erden  und 
irdisch.  1  Cor.  15,17;  dan  der  erst  mensch  Adam  ist  durch 
den  frasz  verfüret  worden.  Keisersm.  s.  d.  m.  3".  der  erste  mann, 
prior  maritus.  5  Mos.  24,  4 ;  der  erste  söhn,  primogenitus,  goth. 
frumabaur  {gramm.  4,  462) :  Caiiaan  aber  zeuget  Zidon  seinen 
ersten  son.  1  Mos.  lo,  15 ;  Buben,  mein  erster  sun,  du  bist  meine 
krafl.  49,3;  deinen  ersten  son  soltu  mir  geben.  2  Mo.<s. 
22,29;  und  erkennet  sie  nicht,  bis  sie  ircn  ersten  sun  gebar 
{ahd.  unzan  siu  gibar  ira  sun  Aristboranon,  ags.  od  )).1l  bro 
cende  hirc  frumcennedan  sunii).  Matlh.  1,25;  und  si  gebar 
iren  ersten  son  [ags.  hire  frumcennedan  sunii).  Luc.  2, 7. 
der  erste  tag:  da  ward  aus  abend  und  morgen  der  eiste 
tag  (it'o  vutg.  factum  est  vespere  et  luanc  ilie»  uiiu«,  /..V,V 
Tjfte^a  ftia).  \Mos.\,'ö\  am  ersten  tag  des  /ihendeii  iiuhuU 
[vulg.  prima  die  mensis).  H,  5;  der  erste  lag  sol  beilig  .«ein. 
2M0S.  N,  16;  die  erste  nacht  im  neuen  bause  hatte  ich  einen 
Irnimi ;   das  erste  viertel. 

3)  und  die  sieben  magere  Lue  fraszcn  ouf  die  sieben  ersten 
feilen  kue  {rulg.  priores).  iJtfw.  41,  20;  und  den  ersten  lisch, 


1001 


ERSTE 


ERSTE 


1002 


der  aufer  feret,  den  nim  {tulg.  gui  primus  ascenderit,  ahd. 
erist  üf  quimit).  Malth.  17,  27.  die  drei  ersten  jähre,  tage, 
stunden;  heut  ist  der  erste  {tag  des  monats);  ich  laufe  spa- 
zieren, sie  sehen  es  ist  das  schönste  erste  wetter  (frühling, 
primavera).    Göthe  an  fr.  v.  S.  1,  287. 

4)  die  erste  fracht  alle  des,  das  in  irem  lande  ist,  sol 
dein  sein  {ntlg.  primitiae).  4  Mos.  18, 13 ;  es  war  aber  eben 
umb  die  zeit  der  ersten  Weintrauben  (tempus  quando  jam 
praecoquae  uyae  vesci  possunt).  13,21;  ich  sähe  e\vre  veter 
wie  die  ersten  feigen  am  feigenbaum  (quasi  prima  poma 
ficulneae).    Hos.  9, 10; 

die  erste  blum  im  garten, 

die  erste  blQt  am  bäum.    Götbk  1,  25. 

5)  ich  reiste  aus  mit  dem  ersten  licht,  prima  luce;  stehe 
des  nachts  auf  und  schrei,  schütte  dein  herz  aus  in  der 
ersten  wache  gegen  dem  herrn  (in  principio  vigiliarum).  klagt. 
kr.  2,19;  als  ich  im  ersten  schlafe  lag;  es  war  schon  in 
der  ersten  dammerung. 

6)  der  erste  mord;  die  erste  sünde,  lüge;  der  erste  krieg; 
der  erste  harfner,  angler,  fischer,  Schiffer,  schmied. 

6')  das  erste  mal,  prima  vice,  wie  das  andere,  dritte  mal: 

so  wie  ein  durch  den  fleisz  vollendeter  Student, 

nach  einem  glücklicbea  examen, 

sich  selbst  vor  trunkner  tust  nicht  kennt, 

wenn  ihn  die  magd  in  seiner  schöne  namen, 

nach  einem  tieTen  compliment, 

das  erste  mal  herr  doctor  nennt.    Gellzri  1,  14-1. 

7)  mhd.  an  dem  erestem  stöje.    Diut.  3,  50, 

bäm  ersten  zusammenstosz ,  bei  der  ersten  begegnung;  nhd. 
an  der  ersten  (fart,  prima  vice).  Keisersb.  bilg.  76",  ico  sich 
aber  auch  erste  substantirisch  fassen  läszt;  wer  unter  euch  on 
snnde  ist,  der  werfe  den  ersten  stein  auf  sie  {lat.  primus 
lapidem  in  illam  mittat).  Joh.  8, 7 ;  auf  den  ersten  schusz 
fielen  drei  feinde ;  die  erste  kugel  risz  zwein  die  köpfe  ab ; 
das  hat  er  nur  so  im  ersten  ärger  gesagt;  auf  den  ersten 
blick,  primo  obtulu; 

man  läuft  euch  bei  dem  ersten  blick  davon.    Göthe  12,38; 
so  ein  erster  wink 

kann  unterwegens  wenigstens  nicht  schaden.    L£ssi:ig  2, 329 ;) 

auf  seines  lebens  erstem  gange.    Schillee  77'; 

der  ersten  liebe  goldne  zeit,    das.; 
er   fiel   gleich  im  ersten  gang,   beim  ersten  stich;    ich  liesz 
den  ersten  stürz  (der  thronen)  vorbei.  Felsenb.  3,142;  als  der 
erste  gusz  {des  regens)  vorüber  war; 

wo  ist  mein  erstes  tischen  (inrin  sonstiger  köstlicher  tisch)"} 

asch  ess  ich  jetzt  für  brot.    Flejiimg  23; 

ich  will  es  mein  erstes  sein  lassen,  es  soll  das  erste  sein  vas 
ich  thue;  wenn  der  blosz  kluge  mensch  sein  erstes  hätte 
»ein  lassen,  die  läge  zu  prüfen.  Schiller  773';  mein  erstes 
war  nach  dem  arzt  zu  schicken ; 

mein  erst  gefübl  sei  preis  und  dank.    Gellert  2,  108. 

7')  das  erste,  rorzü^ichste,  beste :  die  ersten  familien  des  lan- 

des  wünschten  ihn  zum  Schwiegersohn;  der  zirkel  der  ersten 

häuser  ist  ihm  von  nun  an  verschlossen,    -mit  euern  ersten 

häusem'.  Lessing  2, 124 ;  dies  tuch  ist  von  der  ersten  gute ; 

bäudel  von  der  ersten  sorte.    Göthe  12,  48. 

8)  die  rorstellung  des  ersten  ictrd  ^hoben  durch  den  gegen- 
sal:  des  letzten: 

er  rant  vom  ersten  bis  ann  lasten.    Ring  55',  25; 

aber  viel  die  da  sind  die  ersten,  werden  die  letzten,  und 
die  letzten  werden  die  ersten  sein  (vulg.  multi  autem  erunt 
primi  novissimi  et  novissimi  primi,  ahd.  manege  werdent 
Fristen  jungiston,  inti  thie  jungiston  eriston,  ags.  manega 
fvnneste  beod  yteraeste  and  ytemeste  fyrmeste).  Matth.l9,Z0. 
das  goth.  managai  vair{)and  fnimans  aft'umans,  jah  aftumans 
frumans,  ergibt  sich  aus  Marc.  10,31;  und  werde  der  letzte 
betrug  erger  denn  der  erste  {rulg.  et  erit  novissimns  error 
pejor  priore,  ahd.  inti  ist  thanne  ther  jungisto  irrido  wirsiro 
thcino  erircn,  ags.  |)onne  byd  \iAt  äftore  gedvyld  vyrse  {)onne  ^ät 
*rre.  golh.  jah  ist  so  speidizei  airzi|)a  vairsizei  }>izai  frumcin). 
MaUh.  27,64;  der  erst  gehet  vorn,  den  letzten  beiszen  die 
hund.  LEHNAKM78;  ich  bin  doch  nicht  die  erste  und  nicht 
die  letzte  [hurentrosl) ;  du  sprichst  als  ob  du  die  erste  und 
letzte  wärest.  Hebbel  Mar.  Magd.  96 ;  lassen  sie  ihn  den  eisten 
und  letzten  sein,  der  so  grausam  mit  uns  spielen  darf. 
LESSI^G  1,  283 ; 

gönnet  mir,  o  quiriten,  das  glück  und  jedem  gewahre 
aller  guter  «fer  weit  erstes  und  letxies  der  goti. 
GöTBB  J,28«; 
es  war  das  erste  und  letzte  mal  dasz  ich  ihn  sah. 


9)  oft  knüpfen  sich  der  erste  und  beste  m  der  meinung 
dasz  das  erst  und  schnell  ohne  zaudern  ergriffene  auch  das  beste  sei. 
der  zueile  artikel  fällt  dabei  zierlich  aus.  den  schon  1,  J659, 5 
gelieferten  beispielen  lassen  sich  viele  beifügen:  das  erste  das 
beste,  Optimum  quodque  primum.    Stieleb  359 ; 

das  erste  stück  das  beste.  Scberfeb  220; 
so  kann  der  general  aus  dem  zweiten  treffen  so  viele  escadrons 
vorziehen,  wie  er  gebraucht,  und  nur  die  ersten  die  besten  dazu 
nehmen,  (a.  1744).  oeuvres  de  Fredmc  le  gr.  30,134;  von  mir 
sollte  jemand  so  reden !  ich  drehte  dem  ersten  dem  besten 
den  hals  um.  Lessisg  1,470;  der  erste  der  beste,  nur  blindlings 
zugegriffen.  2, 368 ;  ach  Lisette,  meinen  kummer  zu  erleich- 
tern, musz  ich  ihn  dem  ersten  dem  besten  erzählen.  2,382; 
weist  du,  wen  der  herr  von  Schlag  heiraten  will?  'die  erste 
die  beste,  wenn  sie  nur  geld  hat'.  2,394;  sie  gab  mir  den 
ersten  den  besten  in  die  bände.  Wielasu  2,39;  von  dern 
ersten  besten  priester  der  Cybele.  2,  268 ;  der  erste  beste 
parasit.    3,  52 ; 

die  erste  beste,  die  seinen  kleinen  Staat 
auch  nur  zufälliger  weise  betrat.    5,  1 ; 

die  erste  beste,  die  ihm  in  die  äugen  stäche.  8,  309 ;  o  wenn 
er  todt  wäre,  ich  stürzte  mich  ins  erste  beste  wasser.  Weisze 
kinderfr.  11.120; 

des  wird  herr  Jupiter  ergrimmt, 

sein  ersten  besten  strahl  er  nimmt 

und  schmeiszt  den  kerl  die  kreuz  die  quer 

burlurli  burli  ins  thal  daher.    Göthe  13,  4; 

habt  ihr  nicht  schon  geredet,  mich  an  den  ersten  besten 
pfähl  zu  hängen?  14,299;  legte  hut  und  degen  auf  die  erste 
beste  steinerne  bank.  24,84;  angenommen,  dasz  Bürger  nicht 
knall  und  fall  sich  hingesetzt,  die  erste  die  beste  versart 
ergriffen  und  ohne  weiteres  bedenken  drauf  los  gedolmetscht 
habe.  BtjRCER  177';  nun  aber  komme  mir  der  erste  beste 
hund  aus  der  Stadt.   J.  P.  flegelj.  1,  81. 

10)  früher  galt  auch  der  erste  der  liebste:  damit  gieng  es 
vom  leder.  zwene  giengen  zugleich  auf  ihn  los,  als  wann 
er  der  erbfeind  christliches  namens  wäre,  er  rufte  und 
schriebe  'nach  manier,  einen  auf  einmal ! '  sonst  wolle  er 
sich  seines  rathes  brauchen  und  den  ersten  den  liebsten 
durchrennen,  pol.  stock f  286.  des^.  der  nächste  der  liebste : 
ich  befahl,  dasz  er  augenblicklich  einen  von  seinem  cameraden, 
den  nächsten  den  liebsten  aufsuchen  und  ihn  sogleich  zu 
uns  schicken  sollte,   irr^.  d.  l.  521. 

11)  zu  achten  ist  darauf,  dasz  die  ältere  spräche  neben  dem 
pronomen  und  den  vörtem  sprechen,  trinken,  kommen,  gehen, 
thun  «.  s.  w.  das  adjectivische  praedicat  'der  erste'  verwandle, 
statt  dessen  sich  allmdlich  das  adv.  'erst',  'zuerst'  eingedrängt  hai. 
ganz  tcie  skr.  aham  pürva,  gr.  iyca  Tioörroi,  lat.  egc  primus, 
franz.  moi  le  premier,  engl.  I  the  first,  hiesz  es  auch  früher 
ich  der  erste,  die  erste,  das  erste: 

mild.  Erec  der  ßrste  an  si  kam.  Er.  2565; 
nhd.  und  als  sie  itzt  gebar,  that  sich  eine  band  heraus,  da 
nam  die  wehmutter  und  band  einen  roten  faden  darumb 
und  sprach,  der  wird  der  erste  heraus  komen  (iste  egredietur 
prior).  1  Mos.  38,  28 ;  agrippa,  ein  kind  das  mit  den  füszen 
der  erst  kümpt.  Albebcs;  da  braut  das  haus  und  da  wolle 
ieglichs  das  erst  sein  zu  der  hauslhür  hinaus,  seh.  und  ernst 
1555, 152 ;  disz  volk  hat  Carolus  magnus  erster  tprimus)  zum 
glauben  bezwungen.  Frank  «rW/ft.  61' ;  dahin  David  sein  künig- 
lichcn  stul  versetzet  und  erster  {primus)  die  stad  Hierusalem 
nennet,  chron.  29';  Otbertus  der  sich  erster  ein  grafen  von 
Habsburg  hat  genennt.  213';  er  wird  mir  die  ehr  anthun 
und  mich  der  erst  beiszen  trinken.  Albebcs  ll';  und  sorget 
nicht  dafür,  ob  er  oder  der  hausherr  der  erst  trinke,  das.; 
der  erster  zum  herd  kumpt,  setzet  sein  häflin  wohin  er  wil. 
kluge  veise  reden  1565,217'  (1579,229');  nichts  desto  weniger 
brach  der  pabst  das  bündnis  der  erste.  Zinkgr.  1,87;  er 
rennte  der  erste  in  die  Türken.  1,118;  so  habet  acht,  wer 
den  andern  tag  hernach  der  erste  zum  stadtthor  hinein  gehen 
wird.  pers.  rosenih.  2,  20 ;  ich  habe  die  erste  gesündigt  {prima 
pcccavi),  läszt  Gesz5Er  im  Abel  die  Eva  sagen;  ich  geh  der 
letzt  {uUimus  venia).  Abnolds  pßngstm.  188;  war  Gustav  Adolf 
immer  der  erste  bereit  die  band  zum  frieden  zu  bieten. 
Scbiuer  908".  unter  dem  volk  hört  man:  er  sprach  der  erste, 
ich  that  es  der  erste,  letzte,  die  Schriftsprache  zieht  aber  das 
adv.  vor,  tcodurch  z.b.  Voss  in  folgenden  stellen  das  homeruiche 
TtQÖhos  übersetzt: 

erst  nun  erschlug  den  Troern  Antilochus  einen  der  kämpfer. 

//.  4,  457; 


1003 


ERSTE 


ERSTE  — ERSTECHEN 


1004 


erst  vor  allen  erstand  der  herscher  des  volks  Agamemnon. 

1.  1«2 ; 

Nestor  hörte  zuerst  die  stampfenden  huf.    10,  532. 
doch  BCaeER  195* 

also  sprach  er  und  gieng  der  erste  aus  der  versamlung. 
eigenllich   ist   ein   unlersdiicd  zwischen   ich   hüre    es   der  erste 
{primus)  und  ich  höre  es  erst,  wegen  Vieldeutigkeit  dieses  adv., 
bestimmter  wird  zuerst,     schon  Otfrid  I.  3, 4 

scrib  ih  hiar  nu  zi  ärist, 
statt  tbCr  aristo,  auch  die  S/aren  schwanken,  s.  b.  die  Polen 
zwischen  najpicrwszy  jnimus  und  najpierw  primum.  auf  gleiche 
weise  sidit  aber  auch  der  nom.  neben  dem  pass-ivum :  als  die 
von  got  die  ersten  geraachet  wurden,  du  er  ein  lerjunger 
was  (furon  fatti  da  donienedio  al  Icinpo  che  egli  avea  coiniu- 
ciato).  Steinhöwel  dec.  393,  5  =  1580  2, 13'. 

12)  wie  aus  erst  weitere  adverbia  entspringen  (sp.  993.  994), 
bilden  sie  sich  auch  mit  erste: 

a)  der  acc.  n.  steht  adverbial: 

mhd.  daj  uns  drste  woere  leide  gescheiten.    Nib.  1029,2; 
alle  raine  sorge  sint  mir  erste  nu  bekant.    1034,  4; 
so  sihet  im  erste  leide  der  Gunthcres  man.    ISTn,  3; 
ich  bin  6rste  erzürnet,  wan  ich  lützel  schaden  hän.    1994,3; 
dö  ej  erste  tagete.    Ctidr.  11%,  1; 
sit  ich  die  guoten  ßrste  gesach.    Gerb.  3346; 
dö  man  örste  was  ges^jjen.    4536; 

sit  der  zit, 
da;  ich  örste  hüs  gewan.    lie.  2825; 

mit  artikel  'da;  frste'  habe  ich  nicht  angemerkt. 

b)  wol  aber  begegnet  mit  ihm  der  geniliv: 

mhd.  der  slouT  des  Ersten  dar  in.    Hahns  Strickbb  21,  23; 

nu  hat  ir  dös  ersten  reht.  Iw.  2902; 
wenn  er  {der  hechl)  in  {den  andern  fisch)  überwindet,  so  frijt 
er  daj  haupt  des  ersten  {zuerst)  und  wenn  er  da;  verdaut, 
so  i;t  er  da;  ander  tail  dar  nach.  Megenberg  254,  9 ;  das 
die  flamme  der  lieb  des  ersten  klein  sei.  Albr.  vonEybe4'; 
man  solle  der  liebe  des  ersten  widersten.  5'.  für  gen.  ersten 
oAne  art.  gebrechen  sichere  belege,     s.  erstens,  ehestens. 

c)  am  ersten: 

da;  tet  im  an  dem  Ersten  wä.    GA.  1,  23; 
nhd.  geben  wir  ungefuogen  zol, 

den  der  Neithart  am  ersten  fand,    fastn.  420,  11; 

herr  Cunrat,  nu  facht  am  ersten  an.    710,  15; 

herr  Cunrat,  nu  hebt  am  ersten  an.    705,  20; 

herr  Hainrich,  hebt  am  ersten  an.  747,  24; 
alles  was  seine  mutter  am  ersten  bricht  (quod  aperit  vuivani), 
ist  mein.  2  Mos.  34, 19,  vgl.  allerlei  raenlin,  das  zum  ersten 
die  mutter  bricht  {goth.  bvazub  gumakundaize  uslukands  qi|tu). 
Luc.  2,  23 ;  gehe  hin  und  machs,  wie  du  gesagt  hast,  doch 
mache  mir  am  ersten  ein  kleines  gebackens  davon.  1  kön. 
17,13;  erwelet  ir  einen  farrcn  und  macht  am  ersten.  18,25; 
alles  was  du  am  ersten  deinem  knecht  entboten  hast,  wil 
ich  thun.  20,  9 ;  mein  volk  zoch  am  ersten  hinab  in  Egypten, 
das  es  dasclbs  ein  gast  were.  £,«.52,4;  am  ersten  frasz  sie 
der  könig  zu  Assyrien.  Jer.  60,  J7;  umb  der  zucbt  willen 
höre  du  am  ersten  auf.  Sir.  31,20;  trachtet  am  ersten  nach 
dem  reiche  geltes.  Matih.  6, 33 ;  und  kam  am  ersten  zum 
grabe.  Joh.  20,  4 ;  ich  versetzte,  dasz  sie  sich,  wie  es  damit 
stehe,  am  ersten  {aufs  beste)  überzeugen  könne,  wenn  sie  die 
weise  frau  gleichfalls  befragte.  Götue  25,  278 ;  was  ihm  fehlte, 
glaubte  er  am  ersten  zu  erwerben,  wenn  er  alles  denkwür- 
dige zu  erhalten  unternähme.    19,141; 

dies  röschen,  in  der  knos{lk  noch  verhüllt, 
eilt  seinen  Schwestern  vonudringen, 
um  seinen  oplerdufl  am  ersten  dir  zu  bringen. 
GorrsR  1,  182. 

d)  zum  ersten,  ahd.  ohne  artikel:  suochet  zi  Fristen  gotes 
rieht  Matlh.  6, 33 ;  arwirph  zi  eristen  balcon  fon  iLinemo 
ougen.    7,  b. 

mhd.  wan  da;  ist  ir  aller  site, 

da{  s!  zem  drsten  schamec  sint.    Ijr.  1322. 

nhd.  nur  mit  artikel: 

•0  wiliu  zum  ersten  der  zaghaft  sein,  faitn.  637,  6; 
und  faben  die  selben  blatcrn  zu  dem  ersten  an  ze  werden 
in  dem  rächen.  Kkuersb.  t.  d.  m.  2';  es  wirl  nit  unfilglich 
•ein,  da«  ieh  uflke  sQ  dem  ersten  an  dem  frnüz.  3'; 
Kbeiten,  lestem,  terweiazen  . . .  zürn  ernten  gMchicht  es  in 
Rlrafs  weis.  36*;  und  ob  sie  zum  ersten  sirh  anders  gegen 
im  »teilet,  Sir.  4, 18;  für  allen  andern  verordne!  t-r  inen  tum 


ersten  brots  gnug.  45,25;  der  zum  ersten  die  historien  ge- 
schrieben hat.  2  Macc.  2,31;  zeuch  am  ersten  den  balkcn 
aus  deinem  äuge.  Matlh.  7,  5 ;  reinige  zum  ersten  das  inwen- 
dige {ahd.  reini  er  tha;  thar  innana  ist).  23,26;  zuni  ersten, 
wenn  ir  zu  sanien  konipt  in  der  gemeine.  1  Cor.  11, 18 ;  ent- 
salzten sich  zu  dem  ersten  ein  wenig,  buch  d.  l.  217,3;  ich 
bitte  dich  zu  dem  ersten.  251, 1 ;  es  wird  niemand  leugnen 
können,  dasz  die  Hebräer  die  reimensarl  zum  ersten  ge- 
brauchet und  andere  Völker  ihnen  nur  nachmals  nachgerei- 
met  haben.  Hofmannswaldau  rorr.  später  vieistens  durdi  zuerst 
verdrängt. 

e)  im  ersten  =  am  ersten:  ein  regent  sol  sich  im  ersten 
eines  dinges  nicht  entrüsten,  es  ist  sehr  wenig,  welches  in 
einer  regierung  im  ersten  anblick  anmutig  scheine.  BuTscuhv 
Patm.  342. 

fi  von  ersten ,  vom  ersten ,  von  erstem ,  vgl.  von  erst 
sp.  994 : 

mhd.  dö  ich  in  von  Ärsten  sach.  Iw.  3121; 
nttd.  die  buosz  ist  nit  von  ersten  giert  von  mir.  trag.  Joh.  B5; 
Tubalkain  ward  ein  meister,  der  mit  erz  und  eisenwerk  umb- 
gieng,  hat  es  von  ersten  aus  der  erden  gegraben.  Luther 
4,39';  von  ersten  liesz  er  einen  raben  ausfliegen.  4,54*; 
das  fürnemeste  aber  ist,  das  du  nur  von  ersten  gottes  wort 
ansehest.    5,437"; 

dasz  nicht  von  uns  hinweg  dein  wort  und  dein  altar 
sich  wende  wieder  hin,  wo  er  von  erstem  war. 
LoGAU  1,  198,  12. 

g)  mit  erstem,  mit  dem  ersten: 

was  gilts,  er  stellt  das  reich  des  occidentes, 
das  alte  kaiserthum  mit  erstem  her.    Tieck  2,  45. 

h)  auf  das  erste:  uf  das  erst,  was  ist  hinderreden? 
Keisersberc  s.  d.  m.  20";  uf  das  erst,  ...  murmlen  ist  nüt 
anders  weder  ein  beredunge  u.  s.  w.  16';  und  gott  hat  ge- 
setzet in  der  gemeine  aufs  erst  die  aposlel,  aufs  ander  die 
Propheten,  aufs  dritte  die  lerer.  1  Cor.  12,28;  und  wisset 
das  aufs  erst.  2  Pelr.  3, 3 ;  die  Weisheit  aber  von  oben  her 
ist  aufs  erst  keusch,  darnach  friedsam,  gelinde.    Jac.  3, 17. 

t)  für  das  erste,  pro  primo:  und  das  soll  ir  für  das  erste 
wissen.  2  Petr.  1,  20.  neuere  sdireiben  bald  fürs  erste,  bald 
vors  erste,     s.  fürcrst,  vorerst. 

13)  anführenswerth  sdieint  noch  die  umlh.  1,  36t.  362  viermal 
wiederholte  ausdrucksiceise  'zwei  erste  menschen',  'die  zwei 
erste  menschen'  im  sinne  von  einzelne,  einlüzige  singuli. 

ERSTE,  f  piincipium,  ahd.  ^risti  (Graff  1,  449),  mhd.  diu 
erste : 

wer  an  der  ßrste  taete'  daj.    Boi».  76,  49; 

nhd.  erste  und  gekürzt  erst,  einigemal  auch  schwach  dediniert : 
eben  also  einer  frouwen,  wenn  si  die  kunkel  numen  {nur) 
ansieht,  so  ist  si  ir  fint,  wann  si  sich  aber  überwindt  und 
nidersitzt  und  spinnt,  sie  darf  es  kum  acht  tag  oder  vier- 
zehen  tun,  so  gewont  si  sin,  das  es  ir  nit  halber  also  wider 
ist  also  an  der  erst.  Keisersh.  bilg.  57';  unser  herrgott  laszt 
die  seinen  in  der  erste  schwach  sein  und  stark  in  der  not. 
kluge  weise  reden  1565,183';  denn  ich  hctte  in  der  ersten  mit 
darthun  und  wagnis  Icibs  und  lebens  die  messe  und  mun- 
cherei  vertheidigt.    Luthers  tischr.  402*; 

on  das  sichs  in  der  erst  so  schwer 

anlcszt,  wie  golt  kein  heller  wer.    Rbbhdn  97,  60; 

in  der  ersten  des  lenzen  {veris  principio).  Rock  krduterb.  I3t ; 
die  Wurzel  hat  in  der  erst,  wann  man  sie  kauet,  keinen  ge- 
schmack.  Tabernaemont.  1020 ;  wir  waren  in  der  erst  als 
wcizen,  der  auf  einen  groszen  häufen  zusnmmengeschütlet 
ist,  wurden  aber  durch  den  wind  in  der  schlacht  hin  und 
wieder  getrieben,  jtem.  baumg.  5,  2 ;  die  in  der  erst  vorgaben 
durch  einen  anibosz  zu  schieszen,  hatten  mm  die  kraft  nii  lit 
ihre  pfeilc  durch  ein  seidentuch  durchdringend  zu  machen, 
da.«. ;  daheru  kam  es,  dasz  ich  ihm  in  der  erste  alles  und 
aufs  letzte  gar  nichts  mehr  glaubte.  Simpl.  K.  155;  es  wird 
der  herr,  besonders  in  der  erste,  hierüber  sehr  betrübt  ge 
Wesen  sein.  BcTSCHkY  kanzl.  380;  man  hat  es  in  der  erst 
mit  den  gülern  versucht,  hernach  ist  man  an  die  per>ou 
kommen.    820; 

jetzt  sagt  er  das  nicht  mehr,  es  war  nur  in  der  cr.<it. 
ürllirt  3,  3Vi. 

lebt  heule  mehr  unter  dem  volk  (Srnn.  1,  «1.   Frohiian?!  2,  is;) 

als  m  der  Schriftsprache  fort,     man  hört  auch  iiirersi,  wie  zurlei/l. 

KHSTErilEN,    configere ,    Iransfigrre ,    ahd.    arsKchsn,    mhd. 

eriitüclieo,  prael,  crslack: 


1005 


ERSTECHEN  — ERSTECKEN 


ERSTECKEN  —  ERSTECKUNG 


1006 


nu  gU  mir  doch  des  bilde 
dirre  lesve  wilde, 
daj  er  von  herzeleide  sich 
wolde  erstechen  umbe  mich.    Ite.  4004. 
tAd.  die  fründ  sich  umb  das  gut  erstechen.    Bra?(t  85,138; 
sieh  so  flämisch  aus,  als  ein  erslochner  bock. 

SCHERFER  44; 

da  sach  der  ritter,  da?  die  storchen  mit  Iren  snäbeln  die 
slörchinn  erstachen  und  dar  nach  sie  aszen.  gesta  Rom.  K. 
s.  12 ;  erslichet  ein  ochs  (mit  den  hörnern)  einen  man  ze  tode. 
Schtrsp.  196;  sieht  er.  das  einer  einen  erstochen  hat,  er  ge- 
denkt, wer  weisz  wie  er  in  zom  bewegt  ist  gewesen,  werest 
du  halber  so  zornig  gewesen,  du  bettest  etwann  zweinzig 
erstochen.  Keisersb.  s.  d.  m.  15';  als  wann  man  dich  fragt, 
ist  der  dainnen  in  dem  haus?  und  du  sprechest  nein  und 
du  lügest,  wann  sollest  du  nicht  liegen,  so  würde  derselbig 
erstochen,  da  lögest  du  allein  umb  fridens  willen.  23";  da 
sprach  Saul  zu  seinem  waffentreger,  zeuch  dein  schwert  aus 
und  erstich  mich  damit ,  das  nicht  diese  unbeschniUene 
komen  und  mich  erstechen.  iSam.  31,  4;  darumb.  das  welcher 
sich  da  linden  ieszt,  erstochen  w  ird.  Es.  13, 15 ;  wie  ein  kleid 
der  erschlagenen,  so  mit  dem  schwert  erstochen  sind.  14,19; 
das  die  erschlagenen  da  ligen  und  die  erstochenen  auf  iren 
gassen.  Jer.  51,  4 ;  die  verschmachten  und  erstochen  (vernichkl) 
wurden  vom  mangel  der  fruchte  des  ackers  {vidg.  extabuerunt 
consumpti  a  sterilitate  terrae),  kiagel.  4,  9 ;  die  sie  steinigen 
und  mit  iren  Schwertern  erstechen.  Ezech.  23,  47 ;  wenn  du 
mit  meinem  schwert  erstochen  wirst,  und  ligst  unter  den 
erschlagenen.  Jtid.  6,3;  enibert  die  stad  und  liesz  alle  mans- 
bilde  drinnen  erstechen.  1  Macc.  5,  28 ;  und  er  merkt,  das  er 
gefangen  were,  weit  er  sich  selbs  erstechen.  2  Macc.  14,  41 ; 
{die  ehfrau)  mag  auf  schützisch  (scythisch),  euadnisch  und 
getisch  zu  ihm  ins  fewr  springen,  auf  ihrs  Abradots  leib 
sich  erstechen.  Garg.  "O";  erstechen  i.  f.  gn.  trompeter  ein- 
ander am  thore,  dasz  der  eine  auf  der  walstatt  liegen  blieb. 
ScHWEisicnE?!  1,  49.  mit  den  äugen  erstechen,  siechende  blicke 
werfen:  die  eine  war  zu  langsam,  die  andere  zu  frech,  die 
drille  sah  aus,  wie  wenn  sie  alles  mit  den  äugen  erstechen 
wollte.  Salzmam.v  anieeisung  zu  einer  unvernünftigen  erziebung 
der  kinder.    Erfurt  1788  .<!.  48. 

ERSTECKEN,  suffocare,  transitiv  von  ersticken  su/focari,  also 
ersticken  machen,  mhd.  erslecken,  praet.  erstacte  oder  erstahte, 
von  dem  vorausgehenden  erstechen  in  vocal,  kehllaul  vnd  flexion 
verschieden,  ehmals  sehr  gebräuchlich: 

mhd.  ir  gelac  so  vil  da  nidere, 

,        si  erstachten  sich  selben  in  dem  graben.    Rot.  175,  21 ; 
got  sinen  ^ewalt  rahte, 
der  tiuvel  lu  erstahte.    Serrat.  2426; 
dSr  tiuvel  die  ouch  erstahte.    2837; 
schiere  het  in  der  tiuvel  erstaht.    2855; 
hofl°art  kan  arme  leute  erstecken.    Renn.  493; 
ein  anner  ist  schier  erstecket.    700; 
der  suochet  ein  goukelhüetlin, 
mit  dem  er  reht  und  uiirebt  bedecke, 
und  rehte  sache  mit  valsche  ersiecke.    16721; 
ein  Lüne  hell  als  Davit 
einen  lewen  ersift 
unde  mit  dem  beren  urame  get, 
unz  da;  er  in  erslecket  (erwurgl).    pass.  //.  343,  80; 

wie  si  einen  mit  guote  ersteckent  (s.  l.)  und  latent  an  dem 
andern  grujiu  chunst  verderben  durch  armuot.  w.  gast  s.  409 ; 
sweic  und  erstecke  den  zorn  in  im  selben,   myst.  1,317,8. 

nhd.  erstecken,  hebeiare ,  suffocare,  obscurare,  dempfen, 
leschen,  würgen,  suggillare.  roc.  1482  h  l'.  2' ;  du  bist  ein  ver- 
slinderin  und  ersteckest  dein  volk,  darumb  issest  du  nit 
für  basz  menschen  noch  erslehcst  für  ba;  dein  volk.  bibel 
von  1483,  408'  =  Ez.  36, 13.  ko  die  vulg.  devoratrix  hominum 
es  et  suJfocans  gentem  tuam;  die  andern  {samen\  fielen  under 
die  diirner  und  die  dorn  wuchsen  und  ersleckten  sie.  476* 
=  Mallh.  13,7;  diser  hanfbulz  ersleckt  vil  und  on  zal  der 
menschen.  Keisersbebc  seh.  der  pen.  13' ;  so  ist  das  die  w  eis 
mit  dem  sciiifbrot,  so  man  das  in  die  schüssel  geschneidt, 
so  geuszt  man  wasser  darüber,  das  es  waich  werd  und  man 
PS  nieszen  miig,  wan  sunst  erstecket  und  erwürgt  es  den 
menschen.    48' ; 

das  schan,  er  ist  im  sack  ersteckt.    Brant  IOI,  22; 

damit  sie  werdent  oft  bewegt. 

das  mir  das  recht  bei  In  ersteckt.    Murner  schelmenz.  23*; 

nun  fragstu,  ist  kutzcnslreichen  allwegen  ein  blatler,  das  sie 
den   mrn«chcn   allwegen  erwirgt  und  ersteckt?    Keisersbemc 


s.  rf.  n».  3l';  ich  lid  es  umb  gots  willen  und  ersteck  es  also 
in  mir.  bilger  87';  die  dorn  verderben  und  erstecken  die 
fröcht.    seh.  der  penü.  102* ; 

gar  sehr  thets  mich  erschrecken, 
da  ichs  berand  in  mir, 
ein  bürd  wolt  mich  erstecken, 
werstu  nicht  kommen  schier. 

geistl.  lied  von  Jörg  Blaoock,  1528  in 
Wackerkagbl  kirchenl.  508 ; 

in  dem  ward  er  von  Manfredo  seinem  sun  ersteckt  und  mit 
gift  abgethon.  Fbask  chron.  18S'  und  öfter;  von  faulem  trüben 
wasser  werden  sie  zu  stund  ersteckt.  Fober  178';  denn  disz 
kalte  gift  leschet  die  natürliche  wirm  aus  im  menschen 
und  erstecket  das  herz.  Mathesius  139';  vom  abgefallenen 
laub  und  den  verfaulten  und  ersteckten  kräutem.  Sebiz  21 ; 
solchen  mut  nicht  imter  der  aschen  erstöckel  ligen  zu  lassen. 
Garg.  173' ; 

ein  schwarzer  dicker  rauch  aufgieng 

und  het  die  jungen  scliier  erstecket, 

darob  der  adler  ward  erschrecket.    U.  Sachs  II.  4,48'; 

es  wird  im  anfang  mich  erschrecken 

und  in  mein  worien  mich  erstecken.    III.  3,  78*; 

da  musz  der  reisend  mensch  oft  bleiben, 

dasz  er  vom  schnee  wird  tief  bedeckt, 

Wirt  bald  erfröret  und  ersteckt.    Reb>a?cn  132; 

das  er  nicht  gewesen  so  keck 

und  mit  vater  Koax  im  schrecken 

das  weib  in  der  pfütz  könt  erstecken.    froschm.  III.  1,3; 

auf  die  erden  haben  sie  in  gestreckt, 

mit  einem  küssen  haben  sie  in  ersteckt. 

tieii  auf  könig  Laszta; 
thut  ihn  mit  feur  erstecken  drin.    Atrrr  340'; 
sein  munterer  verstand  hat  manchen  stürm  ersteckt, 
der,  wenn  er  recht  ergrimmt,  ein  gröszer  feur  erweckt. 

Grtphiis  1,  427; 
tilge,  was  die  glut  erstecket, 
die  du  selbst  er^vecket.    Cbr.  Crtphics  1,7; 
{ein  tied),  das  die  begierden  aufgeweckt, 
die  tugend  aber  ganz  ersteckt.    I,  34; 
schau,  der  Scythen  freche  wut, 
die  dich  vormals  oft  erschrecket, 
wird  in  ihrem  eignen  blut 
durch  der  Christen  arm  erstecket.    1,685; 
uns  äcker  sind  jetzt  nichts  als  wege,  steine,  hecken: 
sorg,  abfall,  Sicherheit  wil  uns  wie  gar  erstecken. 

LoGAU  1,  19y,  19; 
Blinca,  wann  sie  ferne  steht,  kan  sie  liebe  leicht  erwecken, 
Blinca,  wann  sie  nahe  steht,  kan  sie  liebe  leicht  erstecken. 

2,74,  75; 
schlechte  kunst  ist  krieg  erwecken, 
schwere  last  ist  krieg  erstrecken, 
grosze  kunst  ist  krieg  erstecken.    2,  233,  40; 
wer  sein  Unglück  recht  bedeckt, 
hat  oftermals  des  kummers  krafl  ersteckt. 

HoF«AN?iswALDAü  vcrm.  ged.  42; 
der  Schweden  starkes  reich  musz  ich  zum  freunde  haben, 
c«  ist  ein  eisern  schild,  der  mir  mein  land  bedeckt, 
die  milch  von  ihrer  gunst  kan  meinen  adel  laben, 
wie  Wermut  ihres  griras  ihm  alle  krafl  ersteckt. 

dessen  hetdenbriefe  s.  22 ; 

Cajonius  wird  in  einem  sumpfe  erstecket.  Lohemstew  i4nii. 
1,4;  der  rauher  Coma  durch  dessen  {alhems)  hinterhaltung 
sich  ersteckte.  1,76.78;  die  neue  glut  des  zornes  schwärzet 
sie  mit  stinkendem  rauche  und  ersteckt  sie.  1,  843 ;  so  cr- 
steckt  doch  ihr  bültenrauch  alles  licht  der  seele.  das.;  nim- 
mermehr werden  sie  den  samen  des  evangelii  erstecken. 
BcTSCHKT  kanzl.  825;  wollt  ihr  diesem  Unglücke  enigehn.  so 
ersleckt  die  pracht  in  ihren  ersten  anfangen.  HALt.ERS  Fabius 
s.  143 ;  wann  ihr  die  pracht  erlaubt,  so  macht  ihr  das  gold 
zur  gottheit,  so  benehmt  ihr  der  tugend  ihren  werlh.  so 
ersteckt  ihr  den  samen  der  heldengaben  bei  euern  enkeln. 
s.  145;  ich  werd  ihm  unter  der  hauslhüre  mit  der  habersense 
die  beine  abmähen  und  ihn  mit  einem  holzapfel  erstecken, 
einen  solchen  vagabunden.  J.  P.  fJegelj.  (1804)  1, 121.  das  wart 
erlosch  allmdlich,  »eil  die  transilirbedeutung  auch  auf  ersticken 
übertragen  vorden  war.  Stiei.er  2157  führt  es  noch  neben  er- 
sticken auf,  nicht  mehr  Frisch  2,  334',  Adellxg  in  einer  anm. 
zu  ersticken  erklärt  erstecken  für  oberdeutsch!  von  der  würzet 
kann  erst  unter  den  einfachen  stechen  und  slicken  gehandelt  werden. 

ERSTECKEN,  n.  suffocalio:  si  (die  kranwit)  sinl  auch  den 
Zeil  igen  maigden  guot  für  da;  erstecken  der  nuioter,  da; 
prefocatio  matricis  haijt.    Mece^berg  326,27. 

ERSTECKER,  m.  suggillalor,  erwurger.    voc.  1482  h2'. 

ERSTECKLiNG,  f  suffocalio,  erwurgung.  das.  ht';  du  hast 
meinen  leib  entlediget  von  ersteckung  des  feuwers.  Reiszner 
krus.  1,  62'. 


1007 


ESTEHEN 


ERSTEHEN 


t008 


ERSTEHEN,  surgere,  resurgere,  oriii,  golh.  usstandan,  did. 
irstdn,  mhd.  erstao,  alls.  ästandan,  äslän.  synonym  das  golh. 
urreisan,  alls.  ags.  ärisan,  zweideutig  aber  das  ahd.  arrisan, 
das  sowol  surgere  als  corrucre  ausdrückt  (Gbaff  2, 537),  mM. 
errisen  wird  kaum  vorkommen,  nnl.  (pU  opstaan  und  oprijzen, 
rerrijzen.     aUn.  upprisa,  schw.  uppstä,  dän.  opstaac. 

1)  reviviscere,  in  vitam  redire,  aus  dem  grabe,  vom  tode  er- 
stehen, leas  wir  heute  durch  verstärktes  auferstehen  wiedergeben : 
die  todten  ersleen.  bibel  1483,  475"  =  Matlh.  11, 5,  mortui 
resurgunt,  vexqoI  iysioovrat,  goth.  dau|)ai  urreisand,  ahd. 
luli  arstantent,  wo  Llther  die  todten  stehen  auf;  so  ich 
aber  wider  erstee,  so  wil  ich  euch  vorgeen  in  Galilea.  1483, 
483  ao  Matlh.  26,  32,  bei  Luther  wenn  ich  aber  auferstehe, 
ahd.  after  thiu  ih  arstanlu; 

von  Adam  erbwir  todes  Ion, 
durch  Christum  werden  wir  erston. 

ScawARZKUBKRC  127,2.  148,2; 
spricht  frei,  das  sein  erlöser  leb 
und  das  er  wider  soll  crstan.     152,  1 ; 
das  du  ersiest  am  jüngsten  tag.    Folz  b.  Haupt  8,  535; 
Christ  lag  in  todes  banden 
für  unser  sünd  gegeben, 
der  ist  wider  erstanden 
und  hat  uns  bracht  das  leben.    Luther  8,  359'; 

das  er  also  erstehen  werd  an  dem  jüngsten  tag.  Frank  weltb. 
128*; 

der  fuchs  erstund  bald  auf  vom  tod.    H.  Sachs  II.  4,44'; 
dein  bruder  sol  erstehn  und  leben.    III.  1,204'; 

wenn  sich  der  erdkreis  regt, 
wenn  todten  selbst  erstehn  und  harte  l'els  aufspringen. 

Grtpuil's  2,  4U5; 
wo  sie  keinen  todten  begruben  und  keiner  erstehn  wird. 
Messias  1,  5%; 
nah  den  gebeinen, 
die  in  Sicherheit  ruhn  und  dem  (d.  i.  zu  dem)  ewigen  leben 

erstehen.    4,  526; 
er  Elva !  vor  dem  die  gebeine  der  todten 
einst  ersteben.    6,  500; 

seid  mir,  gebeine  der  todten,  gegrüszt!  ihr  werdet  erstehen. 

8,  107, 
in   den   drei   letzten   stellen   lüesz  es  frülier   erwachen  statt  er- 
stehen; 

ach  von  dem  tode  wärest  du,  himmlischer  Jüngling,  erstanden? 

11,  540; 
der  von  den  todten  erstand.    10,  506; 
Jesus  Christus  erstand !  er  wird  die  seinen  erwecken. ' 

17,8.  19; 
Christ  ist  erstanden!     Götub  12,44; 
ja  todte  schier  vom  grab  erstehn.    Borger  .  .  .; 
wenn  fein  und  geister  walten, 
erstehn  wie  nebeldurt 
im  mondlicht  die  gestalten 
der  beiden  aus  der  gruft.    Mattuisson  135; 
seine  glocke  musz  verstummen, 
wo  man  von  moscbeen  ruit. 
leise  musz  sein  priester  summen  : 
gottes  söhn  erstand  der  (d.  i.  aus  der)  gruft. 

Rück'ERT  yes.  yed.  2,  215; 
und  wie   unter   den   letzten   posaunen    erstand   seine   seele 
unter   glänzenden  todten  aus  der  aufgeriegelten  erde.    J.  P. 
Tit.  1,123;  sie  wollte  nur  wissen,  wie  er  ins  leben  erstanden 
sei  ?    Kleists  erz.  1,  229. 

2)  surgere,  aufstehen  von  der  erde,  vom  stul,  aus  dem  bell, 
vom  schlafe,  tion  der  krankheü: 

und  buob  in  auf  und  warf  in  nider, 

da;  er  noch  nie  derstuoud  berwider.    Hing  40^,22; 

thet  als  er  von  dem  schlafe  erstanden  wcre,  mit  ginrndem 
maule  sein  äugen  reib,  als  gern  der  sciilaftrunken  Unit.  Stkin- 
iiuWELfiec.  85,35;  ersluaA  =  stund  auf.  HKKnMEF3';  iiann:i  hat 
die  pesl  gehabt,  aber  sie  ersteht  wieder  {vom  krankenUtijfr) ; 

des  Torgen  jahrs  erst.ind  der  krinig  erst 

von  (einem  Itusun  lieber.     Schiller  .  .  .; 

jetzo  erstand  vor  ihnen  und  sprach  der  reisige  Ne.sinr.     II.  \ 

er  sprach«  und  setzte  Hieb,    und  gleich  erstand 

Atrides  Agamemnon.     Kcrcer  143'; 

und  es  erstanden  und  eilten  zum  kämpfe  die  götier.    230'; 

also  redete  jen  und  erstand  vom  schwellenden  sofa. 

I.uuc  3,  1,  630; 
der  mesne  horhamt  rief  mich  zum  gebet, 
und  du  ich  von  den  knien  jetzt  eritanden, 
die  ersten  blick«  »chnell  auf  dich  sich  heften.     Schillir  itl9' ; 

wo  ich  in  das  •chlafzinmirr  der  noch  nicht  erstandenen 
dame  eingefdhrl  wurde,   mcm.  des  rülns  vom  Lanc  I.  ITiH. 

tl  tufftre,  »ich  erheben,  mtsfriniß-n ,  aufdeigen  ron  ualur- 
mtktiiUMgtn :    do  erst&ud  ein  groszer  nebel  auL   gi-sla  Hom. 


s.  59;  aber  damals  erstund  ein  so  groszes  ungewitter  und 
ungestüme  wellen.    Amadis  178; 

schon  ist  in  rothem  carraesin 

die  morgenröth  erstanden.    Spee  trutzit.  168(184); 

doch  was  geschah.'  am  wolkumthürmten  himmel 

erstand  urplötzlich  ein  orkan 

und  lärmte  mit  .so  .schrecklichem  getümmel, 

als  er  noch  nie  gethan.    Höltt  im  musenatm.  1779  s.  154; 

die  ganze  nacht  durch,  bis  der  tag  erstand, 

ward  sie  gejagt  von  den  verruchten  scharen. 

Gries  Dojardo  2,  18,  57. 

4)  sich  erheben,  von  andern  dingen:  neue  Städte,  siraszen 
erstehen ; 

gedenk  stät  an  die  schänden, 

die  uns  von  den  pauren  auf  ist  erstanden,    fasln.  425,  2, 

wan  dir  widerWertigkeit  erstond,  so  trag  die  nit  kümmerlich, 
sonder  mit  ringem  gemüt.  Steinhöwel  Esop  1555,  23 ;  ein  bcgir, 
welches  in  dem  menschen  nicht  erstehet.  LtrrHER  3,21';  so 
erstat  ein  groszer  häufen  salz.  Seb.  Münster  98;  er  erstund 
ein  groszer  hunger.  168 ;  sanct  Thomas  d.  Aquino  war  noch 
nicht  erstanden  solchs  zu  lehren.    Fischart  bienenk.  I7l'; 

die  kleine  weit  fallt  täglich,  die  grosze  bleibet  stehn, 
die  kleine  wird  erstehen,  wann  grosze  wird  vergehn. 

Logau  2,170,61; 
denn  hoch  und  herlich  wird  vor  allen 
erstehen  deutsches  volk  und  land. 

Schmidt  von  Lübeck  deutscher  grusz  an  DeulnJir. 

5)  transilivbedeulungen. 

a)  erstehen,  bestehen,  ausstellen,  überstehen,  ertragen :  nit  ge- 
ringe mühe  und  arbeit  auf  sich  genomen  und  erstanden. 
statsp.  Karl  Y.  s.  467  (a.  1551);  die  nicht  verdienst  haben,  müssen 
ein  grosz  not  erstehen.  Frane  we/rt.  124';  sein  haus  mag  kein 
Sturmwind  ersten,  sprichw.  92;  und  wiis  setzen,  dasz  die 
redner  kein  gefahr  erstehen,  so  werden  sie  doch  daanocht 
grosze  arbeit  haben  müssen.    Petr.  190'; 

und  hob  nun  fast  bei  zeben  jähren 

erstanden  grosze  gfehrlichkeit.    H.  Sachs  III.  2,%'; 

bah  vil  gerebrlicbkeit  erstanden.    III.  2,153*; 

bort,  grosz  wunder  thu  ich  euch  sagen, 

was  ein  reisig  knecht  bei  seinen  tagen 

erstanden  hat  für  tapfer  that.    V,  405*; 

das  ander  dücklein  war,  wann  dergleichen  handwerksgesellen 
ihre  jähr  und  zeit  ganz  erstanden  und  zu  den  meistersstUcken 
begerten  zu  kommen  u.  s.  w.  gesprdch  zweier  auysp.  burger. 
Jngolsl.   1609  S.  73  ; 

da  das  gerüchte  dir  nach  erstandncr  gefahr 
dein  wolverdientes  lob  der  weit  mach  offeübar. 

Werokrs  ^Ir.  4,  56 ; 
und  wann  liebhaber  ie  verdienet  haben  lob, 
dasz  sie  in  freud  und  leid  erstanden  ihre  prob, 
als  wolt  Olimpia  den  ersten  ort  ich  geben.    10,  1; 

ich  wil  mich  auch  mit  legen 
mit  dir  in  die  gefahr,  ich  wil  auch  gern  erstehn 
ein  hocliberühnibleii  tod,  ein  solch  werk  zu  begehn.    18,  t.')9; 

und  gedenket  ilir  nur  scblechts  dahin,  wie  ihr  euren  kranken 
leibern,  die  durch  viel  erstandene  widerwerligkeit  auspemer- 
gelt  und  zu  kiiegsdiensten  wenig  ineiir  nutz  sein,  fuilirb 
thun  und  wol  pflegen  niöget.    Simpl.  K.  UO; 

nach  erstandncr  prüfUngszeit.    Wirland  4,  S7. 

b)  in  der  gmchtssfirache  ein  urteil,  recht,  gcricht,  strafe 
erstehen,  leiden:  so  wolt  ich  für  mein  person  lieber  viler 
von  dem  bapst  verdampfen  ketzer  tragen  und  wider  mich 
ersteen,  dann  viler  vermeinten  heiligen.  Frank  chron.  335*; 
weil  sie  nun  an  disem  newen  jähr  ihr  gericht  ersten  und 
urteil  empfahen.  ireltb.  lls";  so  hat  er  sein  recht  erstanden. 
IIkütter  kriegsordn.  74;  er  hat  eine  gefiingnisstrafe  von  vier 
Wochen  zu  erstehen  {wie  sonst  aucii  ersitzen,  absitzen),  vgl. 
bestehen   t,  1671,  5. 

e)  eist  eben,  erK'eri<cn,  erkaufen,  zumal  im  <iant,  bestehen 
ist  mehr  mielhen  (1,1672,9),  erstehen  «iWir  kaufen:  ich  habe 
das  jiferd  für  lOO  Ib.  erstanden,  ich  habe  es  nicht  erstehen 
können ;  hätte  der  mensch  die  stelle  nicht  verdient,  so  würde 
Fsenbeck  sie  vorsichtiger  geworben  und  sie  also  erslaniien 
haben.  J.  V.  Jubels.  72(142);  miidchen  erstehen  statt  eiiH-* 
solchen  edenparks  einen  luil)S(  lien  holländischen  garten.  Til. 
2,130;  dasz  ich  mir  mit  meinem  miillerlicben  erblheilr  fünf 
ungeheuer  und  fünf  behällnisse  dazu  IheiU  erstanden,  thcils 
sonst  auf>;elrieben.  tciiftlsp.  1.34;  die  belller  be/ielieii  diese 
messen  der  dilrfer  als  kundin.'tnner  und  ersleben  darauf  par- 
lien  von  kurhcn.  broten  auf  credit,  btogr.  M.  1.1.%0;  fast 
nun  Zorn  erstand  ich,  wa.H  nbeiids  nucli  lu  haben  war.  t'ibtl 


1009 


ERSTEHEN  —  ERSTEIGEN 


ERSTEIGEN  —  ERSTERBEN 


1010 


6(9);    Spittler   hatte   sich  nie  eine  vocation  verschafl,   und 
nie  bei  einer  von  selbst  gekommenen  sich  von  seiner  regie" 
rung  in  einer  Steigerung  erstehen  lassen.  Hcgo  civ.  mag.  3,  40S ; 
wahrlich,  sehnsuchtswerth  ists  so  in  sterben, 
diamanten  zu  erstehn  für  morsche  scherten, 
sein  und  bleiben  Jür  Vergänglichkeit.    Kosf.garte;«; 
warum  nicht  bin  leb  in  den  kämpf  gegangen, 
um  durch  der  waiTen  macht  euch  zu  erstehn ! 

Gries  Ar.  Hol.  30,  42. 

ERSTEHEN,  n.  stirreclio,  in  den  verschiednen  bedeutungen  des 
i'erbums :  man  schien  die  gefahren  vergessen  zu  haben,  unten 
den  brand  und  üben  das  erstehen  {siclierheben)  eines  bedenk- 
lich ruhenden  löwen.    Götde  15, 327. 
ERSTEHLEN,  furari,  surripere: 
dasz  er  des  volkes  herz  mit  list  erstelen  kan.    Roipler  s.  18; 

und  unversorgt  mit  waffen 
sollt  ich  durch  schlauen  mord  erstohlne  räche  schaffen. 

J.  E.  Schlegel  1,  397; 
der  durch  kabalen  steigt,  des  fürsten  gunst  erstiehlt. 

Lessit^g  1,  102; 
dasz  einst  Prometheus  von  den  thieren 
dem  menschen  dies  uud  das  erstahl.    Herder  4,  36; 

unsre  kleinen  schäferstunden,  die  wir  uns  noch  so  erstohlen 
halten.    Herder  an  Car.  Flachsland  1, 231 ;    sollte    sich   denn 
nie   einer  diesen  anbiick,   wie  ich  ihn  genosz,   erkauft,   er- 
stohlen oder  erschlichen  haben?   Thümmel  5,127. 
ERSTEHUNG,  f.    1)  rest/rrec/to,  auferstehung. 

2)  ortus:  da  war  von  nichts  geringerem  die  rede  als  von 
erschaflfung  und  erstehung  der  weit.    Göthe  22, 177. 

3)  emlio:  erstehung  eines  landguts. 

ERSTEIFEN,  könnte  rigere,  ohrigescere  bedeuten  und  dem  ags. 
ästifian  entsprechen,  von  der  mangelnden  lautierschlebung  ist  unter 
steif  SU  reden:  die  band  ersteifl  mir,  die  glieder  sind  er- 
steift, ein  anderes,  dunkles  ersteifen,  dem  mhd.  kein  1,  sondern 
ei  zustellen  ieürde,  begegnet  in  einer  Wiener  landtagsurkunde  von 
1626  {noiizenbl.  6,  267) :  auch  welhermaszen  er  {der  Türke)  Peter- 
wardein  und  ander  trefiFenlich  stet,  slösser  und  flegkhen  in 
sein  gewaltsam  gepracht,  dieselben  den  merem  tail  grau- 
samlich  verprennt,  erstaipht  und  zerstört,  dem  sinne  nach 
verheert,  aber  wie  zu  deuten? 

ERSTEIGB.VR,  u-as  ersteiglich. 

ERSTEIGE.N,  ascendere,  goth.  ussteigan,  aM.  arstigan,  mhd. 
erstigen,  ags.  ästigan,  praet.  usstaig.  arsteic,  ersteie,  ästäh. 

1)  aufsteigen,  den  gegensatz  niedersteigen  descendere  drückte 
goth.  atsteigan  aus,  ahd.  hiesz  es  aber  auch  arsteig  fon  themo 
bürge,  descendil  de  monte.  Matlh.  8, 1,  so  dasz  in  arstigan  nicMs 
als  scandere  liegt,  auf  oder  ab.  auch  mhd.,  tco  das  wort  selten 
ersciteint,  tritt  ein  bestimmendes  ftf  hinzu: 

du  woldist  üf  erstige 

zuo  dem  ewigen  übe.    Hartman  crciio  2226. 

nhd.  wir  steigen  auf,  wir  steigen  ab,  mcht  mehr  wir  ersteigen. 

2)  transitives  ersteigen: 

mhd.  sin  zeiche  und  sin  este 
so  bö  dort  obene  stän, 
daj  si  niemen  erstigen  kan.    pass.  H.  30,31. 

nhd.  den  bäum,  berg,  gipfel,  thurm,  die  anhöbe,  mauer, 
zinne  ersteigen;  und  die  mauren  fielen  umb  und  das  volk 
ersteig  die  stad.  Jos.  6,  20;  da  ersteig  sie  (die  bürg)  am  ersten 
Joab.  1  chron.  12,  6 ;  so  doch  Moab  musz  verstöret  und  ire 
stedte  erstiegen  werden.  Jer.  48, 15 ;  sie  werden  laufen  wie 
die  risen  und  die  mauren  ersteigen  wie  die  krieger.  Joel  2,  7 ; 
und  als  er  die  mauren  erstiegen  halte.  2  Macc.  5,  5 ;  erstiegen 
den  flecken  und  zundten  die  thürm  an.  10, 36 ;  erofnete  und 
erstiegne  gewölber.    Erbach  gegen  LOtcenstein  39; 

den  Schöpfer  lob  ich  allzumal, 

wann  klar  die  sonn  sich  zeiget 

und  freudig  mit  so  manchem  strahl 

das  blau  gewölk  ersteiget.    Spee  Irutz.  174  (191); 

sie  erstiegen  eine  Wendeltreppe.    Göthe  17, 128 ; 

schattig  war  und  bedeckt  der  hohe  mittlere  laubgang, 
den  man  auf  stufen  erstieg  von  unbehauenen  platten. 

40,  265 : 
mit  vierzig  jähren  ist  der  berg  erstiegen, 
wir  stehen  still  und  schaun  zurück.    Ri^ckert  564. 

3)  d>stradionen : 

mhd.  als  si  in  (den  gewalt)  dan  ersttgent.    Eracl.  1733; 
nhd.    bald  wenn  ein  schlechter  wahn  ersteiget  deinen  mut. 
so  steht  mein  naher  tod  fimm  deiner  stim  geschrieben. 
Flehing  646; 
dasz   groszer   herren   geschäfte  und  mandaten  nicht  allemal 
nach  der  gradcn  linie  laufen  können,  sondern  \ielinals  durch 
einen    umschweif  gehen   und  ihren   hohen  zweck  ersteigen 
III. 


müssen.  Bütschkt  Patm.  906:  dreimal  wechselte  Granvella 
seinen  henn  und  dreimal  gelang  es  ihm  die  höchste  gunst 
zu  ersteigen.  Schilleb  799*;  diesen  posten  versieht  er,  wenn 
er  ihn  ersteigt,  spielend.  J.  P.  freiheilsb.  42;  so  erstieg  von 
jeher  eine  zeit  die  andere,    aeslh.  3,78; 

es  [das  herz)  will  immer  noch  nach  dem  höchsten  reichen, 
und  kann  nicht  hinauf  und  kanns  nicht  ersteigen. 

Kör?«er  I,  2»S. 
ERSTEIGEN,  augere,  amplißcare,  würde  goth.  lauten  usstaigjan, 
ahd.  arsteigan,  mhd.  ersteigen,  praet.  usslaigida,  ahd.  arsteicta, 
mhd.  ersteicte: 

der  mei  hat  manic  herze  hoch  ersteiget.    lUSH.  3,211*; 
nhd.  wolt  umb  zwen  gülden  mich  ersteigen.    If.  Sachs  1,452'. 
konnte  sich,  seit  der  unterschied  zirischen  i  und  ei  schwand,  später 
nicht  behaupten. 

ERSTEIGER,  m.  ascensor:  dem  kinde  klingt  vielleicht  die 
heftigkeit  so  schwach,  wie  auf  hohen  bergen  dem  ersteiger 
ein  knall.  J.  P.  37,  81. 

ERSTEIGERN,  «ras  das  schwache  ersteigen,  augere,  höher 
steigen  machen,  steigern :  die  buszen  zu  ersteigern.  Frankf  ref. 
X.  2,  22 ;  sie  ersteigern  immer  und  fürder  den  kauf  der  wollen. 
KiBcnnoF  iccndunm.  254; 

ersteigert  und  erkauft.    Melisscs  T2"; 
dasz  niemand  seines  gefallens  die  waar  übersetzen,  den  kauf 
ersteigern  darf.    Kirchhof  mil.  disc.  134. 
ERSTEIGERING,  f.  amplificatio. 

ERSTEIGLICH,  quod  ascendi  polest:    der  berg  ist  von  der 
linken  seile  her  wol  ersteiglich ;  die  steilen  wände  sind  durch 
neu  angelegte  treppen  ersteiglich.  Göthe  43,  255.     vgl.  uner- 
steiglich,  übersteiglich,  unübersteiglich. 
ERSTEIGUNG,  /.  ascensio. 

ERSTEILEN,  sensim  in  allum  consurgere.  blosz  bei  Stieler  2138. 
ERSTEINEN,  verti  in  lapidcm,  indurescere: 

mhd.  sin  muot  begunde  ersteinen 

in  ritterlicher  fnimekeit.    tr.  kr.  13290; 
als  ir  herze  ersteinet 

in  schänden  ist  naht  unde  tac.    MSB.  2,333'; 
in  sint  diu  herze  ersteinet.    Ulr.  \Vh.  243'. 
nhd.  hat  Stieleb  2141  ersteinen  indurare.     der  anicendung  des 
Wortes  stände  nichts  Entgegen. 

ERSTELLEN,  collocare,  stellen,  aufstellen,  in  der  geschäfts- 
sprache:  es  wurde  der  antrag  eingebracht,  die  sache  der 
regierung  zu  ernster  envägung  zu  erstellen,  häufiger  als  be- 
fehlworl  bei  den  Soldaten:  erstellt  euch!  stellt  euch  auf!  rechts 
erstellt!  links  erstellt!  Schweiz,  sich  erstellen,  unbeweglich 
slehn  bleiben.  Stald.  2.  397.  in  Wolfs  zeilschriß  für  mylhologie 
2, 178  und  wiederum  in  Zixgerles  sagen  aus  Tyrol  s.  338  findet 
sich:  auf  einmal  erschienen  die  hexen  und  unter  ihnen  war 
auch  die  geliebte  des  burschen.  die  andern  fiengen  an  über 
diese  gericht  zu  halten,  weil  sie  etwas  (was  wüste  der  erzähler 
nicht)  erstellt  hatte,  das  urtheil  lautete  dahin,  dasz  die  schul- 
dige sollte  zerrissen  werden,  dies  erstellen  hat  wol  die  meinung 
unseres  anstellen,  verüben.  s.  wiedererstellen,  herstellen, 
wiederherstellen. 

ERSTEMAL,  s.  erste  6*.  das  erstemal,  primo.  Stieler  351. 
vgl.  erstesmals. 

ERSTENKEN,  ERSTENKERN.  s.  erstänken,  erstänkem. 
ERSTENS,  primo,  neuere  Wortbildung,  wie  anderns,  zweitens, 
drittens,  viertens  u.  s.  w.  letztens,  meistens,  mindestens,  wenig- 
stens, längstens,  nächstens  u.  s.  w.  die  organische  gcdalt  lautete 
ersten,  eristin,  des  ersten,  zu  welchen  en  des  schwachen  gen. 
man  noch  starkes  s  fügte,  wie  aus  dem  gen.  der  subst.  nauien, 
willen  nhd.  namens,  willens  wurde,  da  aber  unsere  schwachen 
adj.  den  gen.  blinden,  guten  und  nicht  blindens,  gutens  bilden, 
sclieint  auch  erstens,  zweitens  tadelhaß.  es  musz  gleicliwol  schon 
im  17  jh.  eingedrungen  sein,  denn  Flemisc  hat  drittens.  Stieleb 
und  Frisch  führen  noch  kein  erstens  auf,  aber  Adelung  gibt 
es,  obwol  als  unedlen  ausdruck  für  zum  ersten,  diese  zahladv. 
gelten  doch  nur  beim  aufzählen,  sonst  nicht. 

ERSTERBEN,  mori,  ahd.  arsterpan,  irstirban,  praet.  arstarp, 
mhd.  ersterben,  erstarp.  goth.  kein  stairban.  sondern  sviltan, 
«•oron  ebenfalls  ussviltan  gebildet  werden  könnte. 

1)  von  menschen: 
mhd.  fr  sprach,  übe  wir  stn  gechorten, 
da;  wir  sä  erstürben.    Diut.  3,  50, 
wenn  wir  von  dem  obst  kostden,  würden  wir  aU>ald  sterben; 
UDX  du  erstirbest 
und  ze  €rde  wirdest.    3,  54 ; 
diu  driu  ftir  miniu  werden  kint, 
diu  eUenihaft  erstorben  sint.    Parz.  177,  24; 

64 


1011 


ERSTERBEN 


ERSTERBEN— ERSTERE 


1012 


da;  was  in  einen  ziten,  du  vrou  Helche  erstarp. 

Ai6.  1US3,  1 ; 
■wan  nieman  ersterben  mac 
6  im  kumpt  sin  endos  tac.    Lanz.  1C13; 
d?s  was  fr  näoli  rerdorben 
und  j>merlich  erstorben.    1698. 
nhd.  und  wil  in  euerm  dienst  ersterben,    fanln.  13G,  IS; 
wenne  si  erstirbt,  so  sond  die  zwo  schuoposen  gcvallen  sin 
an  das  spitalhus  von  den  brediern.    urk.  von  1360  bei  Mohr 
reg.  des  kloslers  Fraubrunnen  n*  228 ;   aber  das  geb  got  nicht, 
da;  ir  in  dem  streit  immer  ersterbt,  gesla  Rom.  K.  82;  und 
bitten    den   aiimechtigen  got,    das  er  in  ersterben  lasz,    auf 
das  ich  an  imc  gerochen  müg  werden.  Aimon  p2';    so  lasz 
ich   es   durch    ewer   predigen   ...   nit  undenvcgen,    das  ich 
euch  nit  eins  lesterlichen  tods  thfin  ersterben.  A4';    es  sei 
im  ein  schand,  mich  als  eins  lesterlichen  tods  zu  ersterben 
gestatten.  A4';  ich  gedacht,  ich  wil  in  meinem  nest  erster- 
ben. Hiob  29,18;   da  ligt  einer  und  schreiet  nmb  hülfe,  der 
ander  ist   todt,    der  dritte  wolte  gern  und  kan  doch  nicht 
ersterben.    Kircuiiof  mil.  disc.  ls5; 

er  ligt  und  kann  noch  nicht  ersterben.    Alberus  108'; 

bisz  sie  eins  harten  tods  ersterben.    Atrer  49'; 

wie  kan  ich  doch  die  blasse  leich  anschauen, 

dasz  ich  nicht  auch  erstirb?    Rompler  119; 

dasz  die  ni.irterkron  die  haiibe  Charitca  hat  erworben, 

dasz  als  eine  keusche  Jungfer  sie  zu  einer  fraw  erstorben. 

LoCAU  3,  149,  72; 
denn  dieser  söhn,  mein  einzig  kiiid  erstirbt, 
falls  nicht  mein  flehn  den  ralken  ihm  erwirbt. 

IIagedor?!  2,  175; 
willst  du  das  gute  thun,  mein  söhn, 
so  lebe  nur  lange,  da  gibt  sichs  schon, 
solltest  du  aber  zu  friih  ersterben, 
wirst  du  von  künftigen  dank  erwerben.    Göthe  2,  248; 

ich  sterbe,  sterbe  und  kann  nicht  ersterben.  8,159.  42,221. 
446;  daher  lief  gegen  abendzeit  in  der  Stadt  ein  gerücht  um, 
der  gehangene  könne  nicht  ersterben  und  tanze  noch  immer 
am  hochgericht.  Musaeds  2,  198.  sterben  und  ersterlicn 
scheinen  oft  gleichriel,  die  stelle  aus  Berlichingen  hebt  aber  den 
in  ersterben  liegenden  nachdruck  deullich  hervor,  ersterben  ist 
gleichsam  fertig  sterben,  absterben,  vgl.  versterben. 

2)  von  thieren :  als  ich  eine  henne  beklagte,  die  unsere 
magd  abwürgte,  gab  sie  mir  eine  maulschelle  und  sagte  ich 
solle  das  maul  halten,  die  henne  könte  sonst  nicht  erster- 
ben,   rockenphil.  4, 19. 

3)  vom  leib  und  dessen  gliedern:  und  er  ward  nicht  schwach 
im  glauben,  sähe  auch  nicht  an  seinen  eigen  leib,  welcher 
schon  erstorben  war.  Rom.  4, 19 ;  da  erstarb  sein  herz  in 
seinem  leibe,  das  er  ward  wie  ein  stein.  1  Sam.  25, 37 ;  dasz  die 
erstorbene  leiche  zur  erden  bestattet  werde.  BciscnKvAanri.  913  ; 

weh !  entblättert  seh  ich  deine  rosen  liegen, 
bleich  erstorben  deinen  süszen  mund.    Schiller  4'; 

sein  äuge  war  schon  erstorben ;  blumen,  die  ich  junges  kind 
aus  der  erstorbenen  band  des  hohen  alters  entnommen.  Bet- 
n^E  tagd).  71;  so  sah  er  ihm  ins  bleiche  erstorbene  gesiebt. 
J.  P.  Hesp.  1, 177.  ebenso  von  gcist  und  seele:  sein  geist  ist  er- 
storben ;  der  hauch,  der  vom  himmel  herab  blaset,  ist  so 
stark,  dasz  auch  der  erstorbensten  sccle  die  göttliche  kraft  der 
tngend  könnte  eingeflöszet  werden.  Thomsons  trauersp.  s.  273. 

4)  ton  gewachsen:  ob  seine  (des  baums)  wurzcl  in  der  erden 
Teralte  und  sein  stam  in  dem  staub  erstirbt.  Hiob\i,S;  kale, 
unfruchtbare  bewme,  zweimal  erstorben  und  ausgewurzell. 
Judas  12;  warlich,  warlich,  ich  sage  euch,  es  sei  denn  das 
das  weizenkom  in  die  erden  falle  und  ersterbe,  so  bicibts 
alleine  (golh.  nibai  kaurnA  hvaiteis  gadriusand6  in  air{)a 
gasviitit),  silbA  ainata  aflifnit)).    Joh.  12,24; 

nur  primeln  die  .  .  .  erstorben  sind  und  heimgegangen. 
TUÖMSEL  1,  »,  6». 

k)  von  feld  und  (hol:  indem  nu  der  warme  gliinz  den  grim- 
men Winter  ganz  vertrieben  hat  und  jetzt  die  crRlorbcnen 
felder  wieder  erquickt  und  alle  wiesen  mit  schönen  wol- 
schmeckenden  blumen  geziert  waren.  Galmy  217;  um  die 
natur  veraltet  und  in  der  crmattung  ihrer  krtiftc  erstorben 
zu  sehen.    Kaxt  0,6; 

wann,  sfiszer  name,  die  Haine,  wann  alle  erstorbene  thfiler 
von  dir  jetzt  schweigen,  to  nennt  dich  mein  herz ! 
Dcxcu  term.  ieerkc  43C. 
c>)  ton  Udtl  und  färbe,  schall  und  ton:  wunderschöne  färben, 
die  grdn  in  roth  und  rolh  in  gelb  erstarben.  Ci.aodios  1,77; 
zur  berk^tzcit  ersterben  die  grünen  blatter  in  gelb; 

•iaht  dein  äuge  nicht  trfib  um  sich  her,  nicht  starr  ohne  «eel«? 
•0  erstarb  auch  mein  blick.  KLorsTO«  I,  29; 


mit  erstorbnem  scheinen 

sieht  der  mond  auf  todtenstillen  hainen, 

seufzend  streicht  der  nachtgeisl  durch  die  luft.    Schiller  1»; 

und  es  erstarb  des  lichtes  letzter  Schimmer. 

Bo«IAVE?(TDRA  (d.  i.  SCIIELLI^O)  tfl  SCBLECKLS 

mnsenalm.  125; 
das  lied  der  vögel  ist  im  bain  erstorben;    das  wort  erstarb 
ihm  auf  der  zungc; 

und  in  unahhörbarer  fern  erstarb  der  harfo 

ton,  erstarb  der  ton  der  himmlischen  stimmen.  Mesnitut  12, 8C3; 

thronen  stürzeten,  dasz  ihr  die  stimme  erstarb,  von  ihr  nieder. 

15,  808; 

ein  traurig  lebewol  erstarb  auf  jedem  munde.  Wieli^d  9, 169; 
das  getön  wurde  immer  einförmiger,  bis  es  endlich  in  ein 
dunkles  gedämpftes  murmeln  und  zuletzt  in  eine  gänzliche 
stille  erstarb.  1,246;  er  weinte  zu  sehr  und  seine  worte  waren 
unverständlich  und  erstorben  im  herzen.  J.  P.  Hesp.  1,  249. 

7)  andere  abstraclionen :  die  liebe  erstirbt,  pers.  rosenlh.  i,  1 ; 
scherz,  lust  und  freude  war  bei  ihm  erstorben,  fi,  5;  und 
nunmehr  war  die  Zuversicht  zu  Castrcttens  rettung  gar  in 
mir  erstorben,  pol.  stockf.  184;  leer  und  erstorben  ist  meine 
Zukunft.  Schiller  19S';  selbst  für  die  freuden  des  lebens  er- 
storben, was  hat  er  nicht  gethan  um  mir  sie  zu  schenken?  311*; 

auch  meines  volks  ersiorbner  muih 

glimmt  auf  in  manchem  hcldenfunken.    32'; 

die  anlagen  der  menschhcit  ohne  emporhebende  endzwcckc 
und  grosze  begierden  ersterben.  Pestalozzi  8.100;  der  er- 
slnrbne  glaube  an  die  möglichkeit  der  tugend.  Klinger  12, 187. 

8)  die  formein:  ich  ersterbe  dein  treuer  freund  (Weifte  dir 
bis  in  den  tod  treu);  wir  ersterben  cw.  maj.  getreuste  unter- 
thanen ;  ersterben  in  tiefster  ehrfurcht ;  sind  längst  leer  und 
matt  geworden  und  würden  sparsam  gcbranchl  mehr  nachdruck 
haben,  was  hilfts  hie  in  eines  groszen  herrn  gnade  ersler- 
ben  und  hernach  in  des  allergröszesten  herrn  ewige  Ungnade 
verfallen  ?    Scriver  seelcnsch.  2,  789. 

9)  CTslerhen  a\i{  drückt  aus  anersterben,  sich  vererben :  Ungern 
erstarb  auf  das  heilige  reich.  Limburger  cliron.  s.  86;  auf  wen 
ein  erbe  erstirbt,  wem  es  durch  erbreclU  zufällt. 

ERSTERBEN,  occidcre,  dctcrc,  alid.  arsterpan,  arstarpta, 
mhd.  ersterben,  crstarbte: 

du  mäht  vil  prise»  erben, 

ob  du  mich  Kanst  ersterben.    Parz.  543,  8; 

daj  sin  stiefmuoler  Jüne 

in  wolle  hän  ersterbet,    tr.  kr.  14475; 

an  eime  holze  marterlich 

ersterbet  hänt  ir  mir  da?  I«ben.    Silv.  3235; 

mit  dgs  kreften  du  begrabest' 

und  ersterbest  waj  du  wilt.    4685. 

dies  transitirum,  neben  dem  intr.  ersterben,  konnte  nlul.  nicht 
mehr  gedeihen,  seit  das  gefnhl  für  ö  und  e  abgenommen  halte, 
hier  sind  die  letzten  spuren:  er  wolt  sie  eins  schcntiiclien  tiid;; 
ersterben.    Fierabras  F4; 

doch  sein  schawer,  hagel  und  reifen 

die  zarten  bift  heftig  angreifen, 

die  herzbleticin  dann  ersterben, 

den  wein  erfrören  und  verderben.    II.  Sachs  I,  375'; 

der  den  menschen  schmeichlent  verderbt, 

inwendig  aussangt  und  ersterbt.    II.  4,  46'; 

zum  guten  gar  ersterbet.    Rinowald  ijeisil.  l.  B  I»; 

krieg,  seuch  und  teurungslast,  die  haben  sich  verbunden, 

dasz  wasz  der  erst  nicht  Irift,  der  ander  doch  verdörb, 

und  wasz  noch  ferner  bleibt,  der  dritt  es  auch  erstörb. 

RoxPLER  t.  31 ; 
0  Vaterland  I 
dein  hürz  ist  ganz  erfrflrt,  die  goltcsforcht  crstörbl.    87. 

ö  üt  bekanntlich  oft  an  des  e  stelle  gcircicn. 

ERSTERE,  prior,  ein,  tele  in  den  sprachen  oft  geschieht,  aus 
dem  Superlativ  neu  j^orquellender  comparatir.  mr  salien  erste, 
<lristo  aus  firiro,  golh.  airiza  entspringen  und  dem  aiilerior  die 
bedeutung  von  prior  beigelegt,  so  dasz  nun  frislo,  erste  auch 
primus  ausdrücken  konnte,  i^risto  wie  primus  er^rhienen  dann 
wieder  als  positive  und  zeugten  den  neuen  comp,  erslere,  gerade 
wie  aus  dem  superl.  der  letzte  uiedir  ein  fo»'"  i.i/i.i.-  rnt- 
sprosz.     ahd.  gab  es  noch  kein  frisicro,  mhd.  '  'err, 

der   comp,   lautete  alid.  nur  i'riro,    n\hd.  (•vre,  aber 

hat  erslere  den  alten  comp,  ehere  rerdrdngt.  diei  «'r>i«Me  mag 
im  17  jA.  aufgekommen  sein,  Lt;TiiER  hat  c  nie  'itul  Kni«if*  vcr- 
deutsdd  prior  di/rr/i  vorder  «n// erst,     .'^h  i -tcrc 

neben  erste  auf.     in  IIkiikrkrs  vorrede  i  von 

1012    strIU:    grgenwilrlipcr   vorlrah    oder    ir-  den 

erstem  und  kleinsten  Iheil;   mit  ersferer  p'  .  ll.^. 

die  starke  form  erMemr  klingt  znnvtl  hart,     i  !"\ 


IU13 


ERSTESMALS — ERSTICKEN 


ERSTICKEN  —  ERSTLICH 


1014 


tt'jr  erstere  und  erste  wie  prior  und  primus,  verwenden  aber 
auch  jenes  ßr  dieses:  dieser  ist  Seneca  und  nicht  der  er- 
stere, der  sich  für  Seneca  ausgab.  Kleist  2,  99 ;  hier  nun 
nahm  er  seine  erstem  bemühungen  wieder  vor.  Lessi.xg  3. 3. 

ERSTESMALS,  uas  erstmals :  zwar  solle  von  den  Eg}p- 
tiern  die  astronomia  oder  Wissenschaft  des  gestirns  und  him- 
melslaufs  erstesmales  entsprungen  und  herkommen  sein. 
Simpl.  K.  682. 

ERSTEUERN,  navigando  assequi: 

obgleich,  bis  einst  mein  ziel  ich  dürft  ersteuem, 
noch  manche  welle  hin  und  wider  rollte. 

RöcKERT  ges.  ged.  1, 159. 

ein  andres  ersteiu^en,  pretia  justo  grariora  mercibus  imponere 
hat  SnELER  2152. 

ERSTFÄLLIG,  primo  labens:  sünder,  wissentliche  und  un- 
wissentliche, erstßJlige  oder  rückfällige.  Scbiveh  seelensch. 
1,307. 

ERSTGEBOREN,  priniogenitus,  ahd.  eristporan  (Graft  3,142), 
po/A.  frumabaur :  Uz  den  erstgebornen  und  Bus  seinen  bruder. 
1  Mos.  22, 1 ;  aszen  und  trunken  wein  in  ires  bruders  hause 
des  erstgebornen.  Hiob  1, 13 ;  auf  das  derselbige  der  erstge- 
borne  sei  unter  vielen  brüdern.  Rom.  S,  29 ;  welcher  ist  das 
ebenbilde  des  unsichtbaren  goltes,  der  erstgeborner  vor  allen 
creaturen.  Col.  1, 15 ;  welcher  ist  der  anfang  und  der  erst- 
geborner von  den  todten.  1, 18 ;  Jacob  der  hett  ein  bruder 
der  hiesz  Esau,  was  der  erstgeboren.  Keisebsb.  s.  d.  m.  15' ; 

kein  erstgebörns  kind  bab  ich  nie  gsehn, 

das  ich  nichts  davon  reden  kan.    ätrek  fastn.  2G"; 

o  freundschaft,  erstgebornes  kind 

de^  liebevollesten  der  wesen.    Gotter  1,  9; 

liebe  ist  immerdar  erstgeboren,  sie  ist  ewig,  ein  einziger 
moment,    Betiixe  tageb.  35.     vgl.  eingeboren. 

ERSTGEBURT,  f.  primogenilura :  aber  Jacob  sprach,  ver- 
keufe  mir  heute  deine  erstgeburt.  Esau  antwortet,  sihe  ich 
musz  doch  sterben,  was  soi  mir  denn  die  erstgeburt?  i  Mos. 
25,31.32;  Esau  ist  ruhig  und  gleichgültig  über  die  erstge- 
burt. Gütbe  24, 218.  die  bibdamgaben  schwanken  zwischen  erst- 
geburt und  erste  gehurt,  1  chrQn.  6,1  steht:  seine  erste  ge- 
hurt und  zur  ersten  gehurt. 

ERSTGEBURTSRECHT,  n. 

ERSTGEFALLEN,  neugefallen,  frisdigefdlen :  ein  erstgefal- 
lencr  schnee.  nix  recens.    Ettxeb  ehem.  roseng.  s.  2. 

ERSTGEFUNDEN,  modo  repertus,  neuerfunden. 

ERSTGLÄUBIG:  also  ist  zwischen  uns  ein  ainhelligkeit 
gleicherweis  wie  unter  den  erstglaubigen  zu  Hierusalem  ge- 
wesen. Joe.  Fabri  chrislenliche  vnlerriciäung.  Dresden  1528  A  3. 

ERSTHIN,  primo,  g^ildel  wie  letzthin,  späterhin,  fernerhin, 
weiterhin:  der  revolutionsheld,  der  erst  hin  in  der  einsamkeit 
erzogen,  mit  einem  landmädchen  vermählt,  nun  den  anar- 
chischen Staat  neu  einrichtet  und  zu  einem  wahren  ideale 
umbildet.  Gervi.nus  neuere  gesch.  dernalionaUii.  1,31q  (Lp.  iSiZ). 

ERSTICKEN, 

1)  inlr.  suffocari,  alid.  arsticchan  (Gbaff  6,  627),  mhd.  er- 
sticken : 

in  ir  eigen  pluote  envorden 

si  lägen  ersticket  und  verdorben.    Rot.  182,  6; 

si  erstickten  und  ertwälen.    183,  19; 

ersticken  unde  erworgen 

begunde  er  an  dem  b'eine.    Si7i'.  408. 

fiM.  gehen  hin  unter  den  sorgen  dieses  lebens  und  ersticken, 
goth.  afhvapnand.  Luc.  8,14;  war  zu  dem  so  ein  heiszer  tag, 
dasz  uns  mehr  leut  erstickten,  dann  zu  todt  geschlagen 
wurden.    Götz  vos  ß.  kbensb.  56; 

erstickst  in  deinem  jungen  blut.    H.  Sachs  I,  232'; 
ach  ich  kann  nicht  mehr!  von  scham  befangen 
und  von  wut  erstickt  in  mir  das  wort.    B(;rgkr  97*; 
sogar   mein    schreien    erstickte   in    der  beklemmten   brüst. 
GöTHE  18,  63 ;  erstickte  fast  vor  lachen.  Weim.  jb.  5,  461 ;  man- 
chen, dessen  laster  in  einer  engen  bürgerlichen  sphäre  und 
in  der  schmalen  Umzäunung  der  gesetze  jetzt  ersticken  musz. 
ScauLER  706*;   die  flötentöne  erstickten  im  Innern  brausen. 
J.  P.  ffesp.  4,  86 ;  hilfe!  ich  ersticke;  drei  bergleute  erstickten 
im  Schacht;  wenn  ich  auch  dursls  ersticken  müste.    Pesta- 
lozzi 2,  85. 

2)  tr.  suffocare,  statt  des  frühem  erst  ecken :  etlichs  fiel  unter 
die  dörnfn  und  die  dornen  wuchsen  auf  und  ersticktens 
{ahd.  furlhamftun  i;l.  Afa«/i.  13.  7;  und  die  sorge  dieser  weit 
und  betrug  des  rcichthums  ersticket  das  wort  {ahd.  bitemphit 
thaj  Wort).  13,  22 ;   und  die  dornen  wuchsen  empor  und  er- 


sticktens (goth.  jah  ufarstigun  {)ai  J)aumjus  jah  afhvapidedun 
J)ata).  Marc.  4,  7 ;  und  viel  ander  lüste  gehen  hinein  und  er- 
st'cken  das  wort  (lustjus  innatgaggandans  afhvapjand  J)ata 
vaurd).   4,19; 

wird  den  lautern  weizen 

den  ihr  gesät,  das  unkTaut  endlich  nicht 

ersticken?  Lzsswg  2,  343; 

mit  manchem  süszen  ach, 

das  ihr  im  busen  zu  ersticken 

unmöglich  ist.    Wielasd9,  97; 

ach  die  husche  sind  geknickt, 

ach  die  blumen  sind  erstickt 

von  den  sohlen  dieser  brat!    Götsk  2,  27; 

ihre  thränen  Oossen  und  erstickten  ihre  werte.  19,  79 ;  der 
(bei  den  Americanem)  erstickte  haarwuchs  an  allen  theilen 
des  kürpers.    Kaxt  10, 35 ;  die  feuersbrunst  ersticken ; 

aber  meine  zähren 

kann  ich  nicht  ersticken.    Gotter  1,  65; 

den  verdrusz  ersticken.    Göei;<ce  1,34; 

drob  brummt  er  einen  halb  erstickten  fluch 
auf  Kettchen  her.    2,  222 ; 

die  erstickten  thränen.  J.  P.  Hesp.  2, 102 ;  der  vom  leichen- 
tuch  erstickte  tronunelschlag.  2,82;  ungewitter,  das  sich 
plötzlich  wie  ein  mantelfisch  erstickend  über  den  ganzen 
himmel  geworfen  hatte.  3,  25 ;  'himmelseele ! '  rief  er  und 
blickte  sie  bittend  an  und  brachte  ihr  das  todtenopfer  des 
erstickten  neins,  'ich  antworte  dir  nicht.'  4, 29.  particijna 
lassen  den  intr.  oder  tr.  sinn  vieist  unentschieden,  man  nannte 
verdorbnes,  unreifes  holz,  obst,  kom  erstickt:  ehezeitig  geburt, 
unzeitig  erstickt  obs.  Garg.GZ';  brot,  so  von  altem  kom,  das 
übel  schmeckfit  und  ersticket  ist,  gebacken  wird,  ist  hartdäuig. 
Tabebnaem.  591;  der  ofen  .soll  eingeheizet  werden  mit  wol 
gedörrtem,  gesundem  holz,  das  nicht  ersticket  oder  faul 
seie.  592. 

ERSTICKUNG,  f.  suffocatio:  erstickung  der  saat,  der  stimme 
u.  s.  w. 

ERSTIGKEIT,  f  primitiae:  die  band  des  griechischen  mäd- 
chens,  welches  die  erstigkeiten  seines  gartens  aus  seinem 
körbchen  darbietet.  Müseb  patr.  ph.  2, 3S6.  doch  mhd.  be- 
deutete ^rstekeit  initium,  gleichsam  erstheit:  ja  holz  und  stein 
unde  bein  und  alliu  greselin  diu  hänt  alle  sament  dd  ein 
gewesen  in  der  erstekeit.    Eckhabt  334,  8. 

ERSTILLEN,  sedare:  dardurch  ermeldte  aufruhr  erstillet 
ward.    Tacios  bei  Fronsp.  3,238'; 

jagt  in  harniscb  den  gmeinen  mann, 

den  dann  niemand  erstillen  kann.    H.  Sachs  IV.  2, 78*; 

und  land  und  meer  scheint  dumpf  und  tief  erstillt 

in  trübem  dufl  gestaltlos  zu  verqualmen.  Wiklasd  22, 249. 
ERSTI.MMEN,  stimmen,  anstimmen,  praecinere:  als  ich  nun 
(lor»  dach)  hinunterschauele,  sihe,  da  hatte  er  (der  wolf)  noch 
mehr  cammeraden  bei  sich,  welche  mich  ansahen  und  sich 
mit  geberden  anstelleten,  als  ob  sie  einen  anschlag  zu  erstim- 
men  (mit  geheul  anzustimmen)  begriffen,  wie  sie  mir  beikommea 
möchten.  Simpl.  Springinsfeld  1, 16 ;  als  er  eine  kleine  discant- 
geige  hervorzog,  erstimmte  und  eines  daher  strich.  1,  2. 

ERSTINKEN,  foetere,  perolere:  ein  erstunkene  gefaulete  hef 
(faex).  Thdbneisser  prob,  der  harnen  103;  erstunkenes  leder; 
das  kind  müste  verfaulen  und  erstinken.  Agbicola  spr.  695; 
also  leszt  si  vil  ding  verderben, 
erfaulen,  erstinken,  verösen.    H.  Sachs  1,449»; 

kein  zauberer  könne  einen  viertägig  gestorben  und  erstin- 
kenden todten  auferwecken,  ätber  proc.  2, 10 ;  die  sich  viel 
lieber  und  ehender  erlausen,  erstinken  und  verderben  lassen, 
ehe  sie  sich  zu  reinigen  begehren.  Simpl.  K.  337.  oft  in  der 
redensarl:  das  ist  erstunken  und  erlogen  (oben  sp.  908  und 
hernach  noch  unter  erstunken): 

dein  epigramm,  o  D.,  ist  fein! 
es  hat  mich  treflich  durchgezogen, 
und  ist,  vollkommen  schön  zu  sein, 
erstunken  und  erlogen.    Le$si:<c  1,  18. 

ERSTIRREN,  ERSTIEREN,  tigere:  die  äugen  sind  von  hef- 
tigem anlugen  erstirret  oder  erstaunet.  Maaler  US*.  vgL 
starren  und  stieren. 

ERSTLICH,  prior,  anfänglich,  als  adj.  kommt  selten  vor: 
noch  hatte  Xerxes  seinen  erstlichen  vorsatz,  sich  diesen  sitz 
der  freiheit  zu  unterwerfen,  nicht  aufgegeben.  Lbssihc  6, 321 ; 
dies  war  meine  erstliche  meinung. 

ERSTLICH,  adv.  primo,  primum,  initio,  vgl.  erst: 
ee  Adam  erstlich  schlafs  erwacht, 
aus  seiner  seit  gott  Evam  macht. 

Scbwarze:<berg  99,  1 ; 

64* 


1015 


ERSTLICH  — ERSTLING 


ERSTLING— ERSTLINÜSBLUME   1016 


der  teurel  wil  dich  machen  Llind 
und  füren  von  der  höchsten  kür, 
die  du  dir  erstlich  setzest  Tür.    140,  2; 

erstlich  triebestu  hurerei  mit  den  kindem  Egj-pti  deinen  nach- 
barn.  Ez.  16,  26 ;  dis  voik  ist  aus  Clialdea  herkomen  und  hat 
erstlich  in  Mesopütamien  gewonet.  Judith  i,ß;  erstlich  ist  sie 
dem  gebot  guttes  ungehorsam.  Sir.  23,33;  da  nu  Judas  und 
sein  beer  erstlich  über  das  wasser  kamen,  flohen  die  feinde. 
1  Macc.  5, 43 ;  da  sprachen  sie  zu  im,  wer  bistu  denn  ?  und 
Jesus  sprach  zu  inen:  erstlich  der,  der  ich  mit  euch  rede 
{vulg.  principium  quia  et  loquor  vobis,  rijp  a^xriv  o  xt  xal 
XaMÖ  v/ilv,  goth.  anastudeins,  {)atei  jab  rddja  du  izvis).  Joh. 
8,25;  und  kamb  erstlicb  nach  xxix  jähren  wieder.  Micräliüs 
1,  lü;  erstlich  in  12  jähren.  Schlampampe  mal.  31 ;  gleich  erst- 
lich (auch  erst).  14; 

dan  ich  zweiTelhanig  nicht  kan  wöhlen, 

was  ich  erstlich  soll  erzöhlen.    Wkckuerlin  374; 

0  dasz  der  Jämmeriicb  verderb 

und  grewlich  sterb  und  widersterb, 

der  das  gold  erstlich  hat  erfunden.    396; 

iwar  wand  sie  erstlich  ein,  dasz  sie  die  halbe  nacht 

bei  ihr  Olympien  am  tische  zugebracht.    Grtphius  1,  242; 

was  Jammer  erstlich  war,  wird  endlich  herlicbkeit. 

LoGAU  1,46,83; 
0  gott,  dein  wort  und  reich  gieng  erstlich  auf  vom  morgen 
bis  unsrcr  grenzen  zu.    1,  l\)b,  12; 

wo  die  lieb  und  wollust  biilen,  zeugen  erstlich  sie  vergnügen, 
aber  bald  wil  Stiefgeschwister  schmerz  und  rgw  sich  drunter 

fügen.  2,230,123; 
steht  man  da  auf,  wann  man  hat  jetzt  zu  sitzen  aufgehört? 
oder  wann  man  zu  dem  stehn  sich  bat  erstlich  aufempört? 

2,5,  12; 
ich  weisz  was  mir  gefiel,  als  ich  dich  erstlicb  käste 
und  in  der  neuen  lust  befeuchte  deinen  mund. 

HoFMANMSWALOAU  heldeubr.  21 ; 

sein  wenig  bei  sich  gehabtes  voik,  welches  erstlich  wegen 
der  Vielheit  der  feinde  erschrecket,  zurücke  weichen  wollen, 
pers.  rosenlh.  1,4;  man  müste  in  seinem  thun  und  wesen, 
obs  schon  erstlich  nicht  nach  willen  gelingen  will,  nicbt 
verzagen.  1,18;  nur  erstlich  [nur  erst).  Felsmb.  3,404.435; 
noch  erstlich  {erst  noch),  irrg.  d.  l.  253 ; 

nein,  er  hat  recht,    ein  kus 
macht  dasz  man  erstlich  recht  die  liebe  fühlen  musz. 

Rost; 
komm  lasz  uns  geschäftig  sein, 
da  vergehn  die  grillen, 

erstlich  noch  ein  gläseben  wein!    Göthe  11,  208; 
erstlich  bist  du  jung  und  schön, 
halbwüchsiger  knabe  bist  du,  doch  die  frauen 
sie  möchten  dich  ganz  ausgewachsen  schauen.    41,  43. 

ERSTLICHEN,  primo:  über  welchen  bericht  ich  mich  erst- 
lichen  gar  hoch  entsetzt.    Ringwald  Ir.  Eclih.  A3'  (t'orr.) 
ERSTLLNG,  m.   primo  nalus,  neuling. 

1)  von  menschen:  es  ist  ein  erstling,  erstgcbornes  kind ;  und 
die  erstlinge  unser  söne.  Neh.  10,36;  gleichwie  Adam  der 
anfang  und  erstling  ist,  durch  welchen  wir  alle  sterben  müs- 
sen, also  ist  Christus  der  erstling,  durch  welchen  wir  alle 
zum  newen  leben  auferstehen  sollen,  wie  er  zum  ersten  auf- 
erstanden ist.    Luther  6,231*; 

namenloser  vaterfreuden, 
namenloser  vaierleiden 
theurer  erstling!    Gotter  1,  214. 

2)  vom  viehe:  und  Habel  bracht  auch  von  den  erstlingen 
seiner  herde  {primogenitis  greyis).  l  Mos.  4,  4 ;  aber  den  erst- 
ling des  esels  soitu  mit  eim  schaf  lösen.  2  3/o.<;.  34,20;  du 
soll  nicht  ackern  mit  dem  erstling  deiner  ochsen.  5  Mos. 
i:>,  19.  beim  habiciU  unterscheidet  man  nistling,  erstling,  wild- 
fang. Becher  96.  ein  zum  erstenmal  ferkelndes  schwein  heiszt 
gleichfalb  erstling. 

3)  ron  gewachsen  (vgl.  ahd.  frumikidi,  elsdsz.  hiurenbci;): 
erstlinge  der  weizenerntc.  2  Mos.  34,22;  als  neutrum:  das 
erstling  von  der  ersten  frucht  auf  deinem  felde.  2  Mos.  23, 19  ; 
das  erstling  von  den  ersten  fruchten  deines  ackere.  34,26; 
das  erstling  deines  korns,  deines  mosts  und  deines  öles. 
h  Mos.  l<t,  4;  und  da  das  wurl  auskam,  gaben  die  kinder 
Israel  riel  erstlinge  von  getreide,  tnost,  Ole,  honig.  2  rhron. 
31,  S;  jerlich  zu  bringen  die  erstlinge  unsers  lands  und  die 
erstlinge  aller  fruchte  auf  allen  bewuien.    Ac/t.  lo,  35; 

f<;Ut  wird  dir  ihr  miulrben  erst  hnnger  erwecken, 
hr  mAulchcn,  der  «ritlling  lO  baldiger  frucht, 
von  wcirhnr  Mn  rftiih«r  t»  knoten  gCMiihl.    GCntiier  929; 
'  bAneo  Bpfcl  her? 

'   <  .    0S6; 


räume  nur  dem  neuen  gaste 

einen  gipfel  von  dem  aste 

deines  Stammbaums  willig  ein. 

denn  der  erstling  deiner  schnaten 

wird  ein  Alexander  sein.    104.7; 

blümlein,  euch  hab  ich  erkoren, 

gott  als  erstlinge  zu  schicken.    Grtphics  1,  511; 
sei  {erstes  Veilchen)  mir  gegrüszt,  der  früblingskinder 
geliebter  erstling,  find  ich  dich?    teutsch.  merk.  1774  6,8; 

dasz  ich  euch  diese  birnen,  die  erstlinge  seiner  jungen  bäume, 
übergeben  soll.    Arnim  schaub.  1,  25. 

4)  vom  gebäck  und  opfer:  ewers  teigs  erstling  solt  ir  einen 
kuchen  zur  hebe  geben.  4  Mos.  15,  20;  auch  sollen  wir  bringen 
die  erstlinge  unsers  teiges  und  unser  hebe.  iVcA.  lo,  37;  und 
bracht  dem  man  gottes  erstling  brot.  2  kön.  4,42;  daselbs 
wil  ich  erstlinge  ewr  opfer  foddern.    Ez.  20,40. 

5)  andere  anwendungcn:  die  wir  haben  des  geistes  erstFtng 
(die  erste  gäbe  des  geistes,  vulg.  primitias  spirilus).  Rom.  8,23; 
denn  wiewol  sie  die  erstling  des  geists  empfahen,  so  bleibt 
doch  noch  etwas  da  von  der  sünde.  JoNAsftct  Lt«//ier  6, 399'; 
und  gott  schenkt  im  mit  den  erstlingen  des  geistes  die  kind- 
schaft oder  erbschaft  des  ewigen  lebens.  M.ithesius  113'; 
erstling  der  Jugend  in  unserm  kreise  sei  willkommen !  Güthe 
20,  253 ;  die  junge  gräfin  Brabe,  eine  tochter  seines  unter- 
thans,  hatte  die  erstlinge  seines  groszen  herzens  (war  seine 
erste  liebe)  und  sein  entschliisz  war  aufrichtig,  den  schwedi- 
schen thron  mit  ihr  zu  theilen.    Scuilleb  908'; 

von  nun  an  sei  der  erstling  meines  herzens 

auch  gleich  der  erstling  meiner  band.    574*; 

will  ich  dort  euch  beiderseits  vor  des  lammes  stuhl  empfangen, 

als  der  erstling  eurer  liebe  gottes  lob  an  euch  erhöben. 

GÖMTHER  870; 

als  er  die  erstlinge  der  liebe  von  meinem  busen  pflückte, 
als  er  mir  den  jungfräulichen  gürte!  löste.  Klingers  lA.  3,387; 

wir  empfinden  schon  den  segen 

als  den  erstling  deiner  buld.     Gcntber  903; 

dir,  hochgeborner  herr,  mit  schlecht  und  heiserm  singen 

den  erstling  meiner  kunst  gehorsamst  darzubringen.    731; 

ich  mein  anjetzt  die  saat  von  wünschen  voller  segen, 

den  erstling  denk  ich  dir  auf  dieses  blatt  zu  legen.    756; 

nimm  mit  geneigter  band  den  erstling  meiner  lieder 

vor  deine  vatertreu  von  meiner  Unschuld  wieder!    1055; 

die  erstlinge  meiner  poesie,  meine  ersten  gedichte;  habe  ich 
nicht  Ursache  auf  die  erstlinge  meiner  methode  stolz  zu 
sein?   Pestalozzi  5,80; 

einen  pfeiler  soll  der  sieger  ewig  stehn 

in  gottes  tempel!   auf  dem  throne  ruhn, 

von  dem  der  überwinder  erstling  herscht.    Klopstock  7,  280; 

für  sie  verlieszest  du  das  grab, 

der  erstling  derer,  die  erwachen.    7,  280; 

unter  den  heiligen  Wolfen  ist  dieser  der  mSrtyrer  erstling. 

Messias  3,  240; 
der  märtyrer  erstling.    13,  779; 
ringsum  berlicbe  schätze,  des  reichthums  erstlinge  sammeln. 

3,  431; 
um  der  thränen  willen,  der  erstlinge  deiner  erbarmung, 
die  du,  als  du  geborn  warst,  weintest!    4,  904; 
kaum  sandte  gott  mit  seinem  söhn 
der  erde  grosze  freuden, 
so  sammelt  er  sich  selber  schon 
die  erstlinge  {fiirsten)  der  beiden, 
zu  ihrem  neugebornen  berrn 
musz  sie  ein  wunderbarer  stern 

aus  fernen  ländcrn  führen.    Job.  Ad.  Scbligel  ged.  1,  107; 
Pbönicien  hat  mich  gezeugt,    mich  sandten 
als  ihrer  siege  erstlinge,  dem  Phöbus 
die  cnkel  Agenors.    Schiller  238*; 

er  (der  verstorbene  Fritz)  ruht  jetzt  in  einer  kapeile,  um  diesen 
frühling  der  erstling  des  neuen  kirchhofs  vor  der  Stadt  zu 
werden.  Voss  briefe  1,203;  zwei  gute  seelen,  mit  dem  erst- 
ling des  lebens  wie  des  Jahres,  mit  dem  vcrgiszmeinnicbl 
der  liebe  im  herzen.    J.  P.  Tit.  2,  71. 

ERSTLINGIN,  f  ich  konnte  mich  an  der  frischen  färbe 
dieser  erstlingin  des  Jahres  (einer  rose)  nicht  satt  sehen. 
Tlll'MMEL  3,11. 

ERSTLINGSARREIT,  f. 

ERSTLINGSBETT,  n. 

narbl,  mir  die  erste,  du  kommst!    0  die  ersllingssiunden  der 

nRrht  mir, 

linit  auf  dem  er»tllng»bett,  I.una.  »le  llnger  doch  auf! 
nox  mihi  prima  venit.    primae  data  lempora  noctis 

lungiui  in  primo,  I.una,  morar«  toro.    Von  Prop.  9,20,13. 

KIISTLINGSBLIIME,  f 

HO  trAiilt  auf  des  lonte* 
ertiliugtblumo  der  tbau.    Klomtoou 


1017       EBSTLINGSFLAUM  — ERSTÖCKEN 

ERSTLI.XGSFLAUM,  m.  lanugo: 

um  die  wauge  mit  erstliagsflaume  gebräunet.    Voss. 
ERSTLINGSGABE,  f.    Stolbebg  14, 131. 
ERSTLINGSGARBE,  f. 

die  du  dich  mit  ähren  kränzest, 

blonde  Ceres,  habe  dankl 

erstlingsgarbe  Uammt  ihr  opfer 

auf  zu  deinem  wolkensitz, 

und  der  ernter  und  der  schnilter 

rufen  alle  :  habe  dank !    Gerste.nbergs  schnitterlied. 

ERSTLLNGSGEFCHL,  n. 

ihr  (der  einsamkeit)  seufzt  ich,  Tom  spiele 

der  Jünglinge  fern, 

die  erstlingsgefuhle 

der  liebe  so  gern.    Maithisso»  112. 

ERSTLINGSGESANG,  m. 

wie  man  des  nacbtigallhains  erstlingsgesänge  begrüszt. 

Matthisson. 
ERSTLINGSKUS,  m. 

als  ich  mit  ersllingsküssen 

an  seinen  wangcn  hieng.    Thdhxel  6,  46. 

ERSTLINGSLAMM,  n. 

von  erstlingslämraern 
ein  herlich  hekatombenopfer.    Bürger  157'; 
aber  gelob  auch  dem  bogenberühmten  Irkischen  Phoibos 
eine  dankhekatombe  von  erstlingslämmern  zur  weihe.    213'. 

ERSTLINGSLÄUB,  n. 

dir  streut  kein  mädchen  mehr  mit  frommer  thräne 
des  lenzes  erstlingslaub.    MatihissO!«  25  (196). 

ERSTLINGSLIEBE,  f.  erste  liebe:    die  aaflodemde  flamme 
ihrer  erstlingsliebe.    Thümmel  2, 283. 
ERSTLINGSLIED,  n.  erstes  lied. 
ERSTLINGSRAUB,  m. 

aus  der  schlacht 
1  bringt  er  den  landesgöttern  erstlingsraub.    Stolberg  14,  98, 

anaQ/as.    Soph.  Track.  3, 301. 

ERSTMALS,  primum,  primo,  erst,  erslUch:  ir  soll  wissen,  dasz 

die  Baronici  von  golt  dem  herrn  gemacht  wurden,  da  er  noch 

-  erstmals  lehrnete.  Bocc.  2, 13'  {wo  der  alte  druck  393, 5  von  got 

;  die  ersten  gemachet  wurden,  do  er  ein  lerjunger  was) ;    du 

^         must   dich   erstmals   begeben  ein  Zeitlang  aus  Engelland  zu 

i  reisen,    buch  d.  liebe  247, 1 ;    da   sie   Reinharten    in   groszem 

s  Jammer  fanden,    der  ir  erstmals  nit  warnam,   denn  er  sein 

i-         klag  so  ganz  herzlichen  führte,  dasz  er  niemandts  warnam. 

251,1;    wollen   sie   erstmals   gütlich  an  ihn  muten,   dasz  er 

nach  irem  willen  leben  wolt.    252,2;   das  zweite  geschlecht 

ist  erstmals  aus  Italien  zu  uns  gebracht  worden.  Tabernaem. 

296;  das  er  erstmals  einen  aus  den  herren  ansprechen  soll, 

auf  das   er   für  in  das  wort  oder  ein  fürbitt  thue.    bienenk. 

189' ;    als  er  erstmals  (quutn  primum)  nach  Rom  gekommen 

war.    ZiSEGR.  apophth.  1, 12 ; 

Smyrn,  Rhodus,  Colophon,  Athen  und  Salamin 
und  Chios,  Argos  auch  die  zankien  sich  vorhin, 
wer  diesen  tichterprinz  Homerum  in  der  wiegen 
mit  einem  thränengrusz  hält  erstmals  sehen  liegen. 

Brajidts  bericht  von  Taubmann  s.  6. 
ERSTMANN,  m.  t«  Salzsiedereien  der  erste  arbeiler.     schon  bei 
Ottocar  730*.  73l'  heiszen  bergleute  erstleute.     Maaler  118'  erst- 
mann, erstlimann,  antisles.     rgl.  drittmann  2, 1425. 
ERSTOBERN,  indagare,  erspüren,  aufstöbern: 

er  dringt  in  ihre  {der  natur)  tiefste  Werkstatt  ein, 
erstöbert  ihre  letzten,  heimlichsteo 
geselle.    Kl.  Scumidi  poet.  briefe  91. 

ERSTOCHERN,  e  denle  fodere,  ausstochern: 

aus  dem  zahn  erstochem.    Scherfer  35. 

ERSTOCKE.N,   corrumpi,   obfirmari,   stocken,  verstecken:     er- 
^  stockt  er,    verherter    (verhärteter),   obßrmatus,    obduratus.     voc. 

P14S2  h2";  erstocken,  erstaunen,  ganz  doli  werden.  Maaler 
IIS';  erstockt  =  verstockt.  Keisersb.  anh.  nwnsch.  B6;  der 
unglückhaft  vogel  erstummet  und  erstockt,  posl.  3,96;  und 
do  er  im  nit  antwort  gab,  da  erstocket  er  und  fürchtet  im 
noch  mehr.  Steinhöwel  £sop  1555,  lOl';  dorab  sich  uf  disen 
tag  die  verblendten  erstockten  wölf  entsetzen,  dem  sie  nit 
Widersinn  mögen.  Schade  sat.  u.  pasq.  3,28;  es  wer  dann, 
das  im  sein  herz  ganz  und  gar  erstockt  gewesen  wer.  Aimon 
Fl';  erstockte  glider,  slupida  membra.  Maaler  118';  erstockte 
kaltblütige  menschen.  Yelrs  vergiszmcinnicht  n2';  das  von 
kälte  erslockte  geblüte.    med.  maula/fe  482. 

ERSTÖCKEN,  unsicher,  ob  vom  vorhergehenden  abzuleiten  oder 
ßr   erstecken  zu  nehmen,   die  bedeutungen  des  verstockens  vn4 


ERSTOLZEN  —  ERSTOSZEN 


1018 


erstickens,  dämpfens  würden  sich  berühren:  und  geschieht  oft, 
dasz  auch  zugleich  das  bein  erslöckt  wird  und  absterben 
musz.  Wüarz  266 ;  wann  ein  ros  herzschlechtig,  dämpüg,  er- 
slöckt ist,  oder  hat  einen  schweren  athem.  Seüteh  19 ;  oder 
auf  stockfischschwänzenarl,  aus  sorg  die  nieren  zu  erslöcken. 
Garg.  157';  deswegen  solchen  mut  nicht  unter  der  aschen 
erslöckt  ligen  zu  lassen.   173'; 

die  weit  machts  anders  nicht,  sie  ist  erslöckt  in  lüsten, 

die  wie  die  fledermäus  ihr  in  das  herze  nisten.    Simpl.  K.  146. 

ERSTOLZEN,  superbire:  der  han  erstolzl  bei  im  selber. 
Keisersberg  gunkel  13;  also  erslolzle  auch  Niobe  ob  so  un- 
mäszigen  ehren.    ?iiobe,  München  1688.  inhalt. 

ERSTON  in  schrißen  des  16  jh.  für  erslan,  erstehen,  z.  b. 
Maaler  lis'. 

ERSTOPPELN,  spicatim  coUigere,  zusammenstöppeln. 

ERSTORBENHEIT,  f  torpor:  die  erstorbenheit  seines  her- 
zens  zu  freudigen  empfindungen.  Cramer  leben  Gellerts  128; 
goldne  zeilalter  in  jeder  rücksichl  sind  ihm  (dem  philosophen) 
eine  beschränkt  heil  der  erstorbenheit.  Fichte  reden  an  die  d. 
nat.  225;  zu  einem  sein,  zur  ruhe,  erstorbenheit  gebracht. 
nachgel.  werke  1, 42 ;  die  nüchternheit  und  erstorbenheit  der 
phanlasie.  A.  W.  Schlegel. 

ERSTÖREN,  turbare,  destruere,  demoliri,  concutere,  evertere. 
ahd.  arstörran,  üstoran  (Gbaff  6,708).     mhd.  erstceren: 

der  walt  und  diu  beide  breit 

die  Stent  lobeiich  gekleit, 

elliu  herzen  erstaeret  sint, 

des  froeit  sich  megde  und  stoliiu  kint. 

ende  hat  der  kalte  wint. 

US.  2,  119*  =  MSH.  2,  173», 

alle  herzen  sind  nun  im  frühling  froh  erregt,  aufgestört? 

nhd.  unser  allergnedigoster  und  mächtigster  fürst 
den  bat  darnach  nie  gedürst, 
das  er  eur  römische  kirchen  wöll  erstörn.    fastn.  276,6; 

da  Anaximenes  das  erhöret,  da  bat  er  den  küng,  das  er 
erslöret  dise  stal.  Mdgleiss  gesch.  der  Römer.  Augsb.  1489,  99' ; 

sich  z3,  den  gwalt  dem  schlangen  kalt 
hat  er  mit  gwalt  erstöret. 

Speratcs  bei  Wackermagkl  kirchenl.  154. 
Müizel  1, 51  gibt  verstöret. 

m  anderm  sinne  hat  Stieler  2173    erstören  investigare,   omni 
studio  excogitare,   was  zu  aufstören  stimmt  und  zu  der  vorhin 
angeführten  mhd.  bedeutung. 
2)  reflexiv: 

das  er  nit  wider  fahe  an 

sich  zuo  erstören  mit  alter  letz,    fasln.  1265; 

da  si  tugent  lieszen,  da  liesz  sie  auch  die  lugent  und  ir 
gewalt  erstört  sich.  Mügleis  57".  vgl.  stören,  verstören,  zer- 
stören. 

ERSTÖRER,  m.  demolitor,  destrudor.   erslorrer  voc.  1482  h  l'. 

ERSTÖRUNG,  f  destructio: 

und  von  erstörung  Troy  her.    foMn.  1312. 

ERSTOSZEN,  mhd.  ersl6;en. 

1)  intr.  excuti,  coUidi:  da  mite  wir  unser  langen  annüele 
elewaj  erstöjen  {unsrer  armut  einigermaszen  frei,  ledig  werden), 
myst.  1,379,34. 

nhd.  wo  die  schif  ohn  gegenwehr  von  sich  selbst  zerspal- 
ten, ersloszen  und  ersaufen.    Fro.vsp.  kriegsb.  3, 142". 

2)  tr.  confodere,  contundere,  abstoszen,  niederstoszen :  dasz  in 
die  sucht  erstosze!  Luthers  tischr.  294';  das  dir  die  grosze 
krankheit  das  herz  erstosze!  herz.  Jclics  von  Br.  785;  der 
habicht  hat  die  taube  ersloszen; 

die  kirchen  ist  entweiht,  der  fürst  bei  dem  altar 
erstoszen,  ihre  krön  und  leben  lauft  gefahr.    Grtphius  1, 74 ; 
die  fünfzig,  welch  er  nun  von  sich  nach  hause  liesz, 
die  warens,  die  sein  volk  auf  ersten  weg  erstiesz.    1,144; 

es  hätte  mich  der  degen, 
der  dich  Marceil  erstiesz,  auch  müssen  niederlegen.    1,209. 

3)  reflexiv  mhd. 

daj  er  sich  müese  erstözen 

an  manegen  boumen  grojen.    Lanz.  411. 

nhd.  hat  es  sich  endlich  allein  daran  ersloszen  (gestoszen),  das« 
ich  nicht  hab  mögen  diese  billige  masz  erballen.  Mela.ich- 
THO."»  leben  Luthers  übers,  von  Ritter  s.  l.  75 ;  den  vertrag  zwi- 
schen seiner  gnaden  und  den  von  Nassau,  so  sich  vormalen 
erstoszen,  jetzt  ins  werk  und  zum  ende  zu  bringen.  Melakchth. 
2,502;  worauf  er  alsofort  im  keuchte  (cavea)  sich  erstiesz. 
LouE.NST.  Arm.  1,  611. 


1019 


ERSTRABELN  —  ERSTRECKEN 


ERSTRECKEN 


1020 


ERSTRABELN,  arripere,  indagarc,  ciiw  sldle  Fiscuabts  sp.  S26 
tiuler  ergrabein  angefüjul.  grabeln,  finippeln  liri.tzl  die  Itdndc, 
strabcln,  strappeln,  stranipelu,  zabelii,  zappeln  die  füszc  regen. 
SCUM.  3,  676.  «88. 

EBSTRACKEN,  ngeseen,  slrack,  steif  toerdcn.  ahd.  stracchön, 
Struck  seia  (Gbaff  C,  740).  da  die  belege  nur  parlicipia  gewäliren, 
könnten  diese  aber  auch  zu  erslrecken  gehijren,  obscJton  gewöhn- 
lich erstreckt  gesagt  wird,  die  bedeutungen  steif  werden  und 
ausstrecken  sind  verwandt,  er  {der  schifhritcluge)  auf  dem  kästen 
luelir  dann  halber  lud  lag  mit  crslracktcn  armen  unih  den 
kästen,  ßocc.  1,57',  wo  der  alle  druck  7ü, 30  mit  erstaili-n 
armen,  das  original  jedoch:  tenendo  forte  con  amendue  Ic 
mani  gli  orli  della  cassa;  daher  die  fabeln  bei  den  poelen 
anzeigen,  Deucalion  bab  die  ieut  wider  lebendig,  ja  ans  stein 
menschca  gemacht,  dann  sie  waren  vor  angst  und  forcbt 
schier  gar  verstarrt  und  erstrackt.    Frank  weltb.  82'. 

ERSTRAHLEN,  radios  emilUre,  erglänzen:  der  mond  er- 
strahlt sanft  vom  lichte  der  sonne;  ihr  gesiebt  erstrahlt  von 
Schönheit; 

der  liobcit  edler  glänz  bleilii  unverbor^cn, 

obwol  sie  nur  im  schleclitun  kleide  gebt, 

und  auch  beschäftigt  mit  gemeinen  sorgen 

erstrahlt  sie  noch  von  hehrer  mujcstät.    Gries  hefr.  Jer.  7, 18. 

FRSTR.\NGELN,  suffocare,  sirangulieien.    Stieler  2189. 
ERSTREBEN,  eniti,  nitcndo  assequi,  einoliri.    Stieler  2192. 
mhd.  der  forste  rtj  Diningen  hat  erstrebet 

das  i"ß''  P'"'*  bl  im  behüset  ist.    MSII.  2,  5'. 
vhd.  wer  auf  übrig  reiclithura  traclit, 

der  wird  soiisten  nichts  erstreben.    Logau  1,39,45; 

wer  sein  lob  erstreben  kann, 

den  lobt  auch  ein  könig.    Burmann  ged.  7; 

ich  will  ihnen  einen  solchen  frieden  erstreben,  als  du  nim- 
mermehr erstreben  kannst.  Thomsons  trauersp.  435;  ehre  er- 
streben ; 

sich  rühm  erstreben.    Gökingk  1, 186; 
und  bleibe 

hier  so  lange,  bis  ich  das  ziel  des  krieges  erstrebe. 
BÜRGER  210"; 
wenn  es  {das  kind)  die  brüdcr, 

die  um  Sokraies  einst  der  menschliclikcit  höhen  erstrebet, 

neidisch  entehrt  in  der  grult.  iMise  1,  344; 

was  ich  mir  ferner  auch  erstreben  map, 

das  schöne  ist  doch  weg.    Schiller  39'J'; 

er  hat  nichts  weiter  zu  erstreben, 

wos  irgend  fehlte  späht  sein  blick.    Götbe  12,  293 j 

die  (dicIUung)  zeigt  sofort  ihm  duakelklar 

was  einst  er  war 

und  wieder  wird  erstreben.    Platew  16; 

eine  zeit,  in  welcher  ergebung  statt  kräftigen  handelns  und 
gnade  statt  des  Verdienstes  erstrebt  {gcsuchl)  ward.  Sculossers 
weltg.  4,  586. 

ERSTREBLICH,  impetrabilis,  erreichbar.    Stieler  2193. 

ERSTRECKEN,  cxlendere,  porrigere,  ahd.  arstrecchan,  mhd. 
erstrecken,  vgl.  ausstrecken. 

1)  leiblich: 

mhd.  dai  bcgunde  dem  recken 

sine  brüst  bade  erstrecken, 

§d  die  senwen  tuet  daj  armbrust.    Parz.  35,  30; 

da;  erstracte  im  siniu  brüstelin.    118,17; 

als  pigment  und  ämer 

din  Bliebe  wunden  suieckent, 

die  mir  dar  hf'rze  erstreckent, 

da^  e;  nach  jämer  gwillet.  Wh.  62,  18. 
nhd.  der  tod  erstrecket  ihre  glicdcr.  Spreng  //.  114'; 
das  koierad  oder  knicschibcn  erstrecken,  conlendere  poplitem. 
Maaleb  118';  80  Icit  man  sie  {die  neugrbornen  kinder)  et  wen 
zu  dem  ofen  uf  ein  kilssin,  das  si  ir  glidlin  mögen  erstrecken 
und  von  der  wcrm  gekreftiget  werden.  Keiskrsu.  srlenpiir.  11' ; 
so  war  seine  gcstall  oft  niedergebeugt  im  schmerz  um  die  er- 
hiiodete  Jugend,  dann  stolz  erstreckt,  sich  aufrichtend.  Bet- 
Ti.xE  taydi.  149 ; 

weit  erstreck  ich  dann  die  leeren  arme.    BCacu  99*. 
beute  litber  mit  dem  einfachen  verbuin. 

2)  zeitlidt,  verlängern:  erstrecken,  iirotendcre,  erlcngern.  roc. 
1482  b 2';  also  do  sie  Iren  gewalt  in  dem  dritten  jar  trugen, 
den  sie  selber  on  alle  wal  annamen  und  erstreckten,  begab 
Rieh  mancher  band  misbrauch.  Liviui,  SciiOrrERLiN  45* ;  auf  den 
abend  desscibigen  tags  licHZ  der  crzbiscliof  zu  Trier  d.  Mar- 
lino  durch  den  hem  Am^dorf  anzeigen,  k.  maj.  helle  da« 
geleite  noch  zwenc  tage  erstreckt.  Luther  1. 4 8S*;  derhalbcn 
ire  bitte,  den  lag  auf  ein  monat  zu  erstrecken.  S,41ü';  das 
iht  ihm  IrcuQdlicli  dos  Stipendium,  su  er  dieses  jar  aus  eurer 


Stadt  gemeinen  kosten  gehabt  hat,  er.streckcn  weit,  dasz  er 
es  noch  ienger  gebrauchen  miichte.  Melanchthon  2,  706;  gol 
erstreckt  und  verlengert  dem  könig  Ezechias  sein  leben. 
Melancuthüns  anwcisung,  deutsch  von  Spalatin  137 ;  so  lang 
mir  gütt  mein  leben  erslrecken  thut.  Galmy  35;  gleicher- 
inaszen  war  nicht  dem  crelischen  Jupiter  die  lengst  vvintcr- 
nacht  zu  kurz,  also  das  er  sie  liesz  noch  auf  xlviii  stunden 
erstrecken,  als  er  die  Arginäniiin  beschlief.    Garg.  78*; 

darunter  einer  war,  der  bis  den  vierden  tag 

im  sarcli  und  liusleriiis  der  Krti(\  beschlossen  lag, 

der  vielen  niizuscbn  ausilrücKlicb  dargcgelicri 

sein  festsebiindnes  liaupt  und  sein  erstrecktes  leben 

von  iieueni  ungerührt.    Opitz  tlugo  ürut.  310; 

uns,  deine  kinder  spar  gesund, 

das  leben  uns  erstrecke!    Spke  Irutzn.  101  (177); 

er  würde  ihnen  auch  ihre  lebenslange  erstrecken,  also  dasz 
einer  aus  ihnen  das  alter  Adams  erreichen  werde.  Simjtl. 
Vogelnest  2,  13 ;  o  hält  ich  meine  jähre  erstreckt !  franz. 
Sinipl.  1, 198;  die  bündnüs  ist  nachgehends  wider  auf  30  jähre 
erstreckt  worden.  Zinkgrek  bei  Mosciierosch  de  politico  p.  62. 
man  sagt  die  frist,  den  urlaub  erstrecken. 

3)  räumlich:  den  weg  für  sich  nanicn,  die  nacht  so  weit 
sie  mochten  ritten,  des  andern  tags  frü  auf  waren,  den  übcr.- 
bliebenen  weg  mit  freuden  erstreckten,  so  lang  bis  sie  dem 
herzogen  begegneten,  tue/»  d.  l.  51,  4  =  Galmy  84 ;  welche 
{stadt)  auf  alle  siraszen  und  zugeng  mit  ihren  hinausgeführten 
ecken  erstrecket  ist.    Fronsp.  kriegsb.  1,33*; 

wie  auch  die  klaren  strahlen 
der  sonnen  nicht  nur  blosz  gelild  und  berge  mahlen, 
nicht  nur  an  6inen  ort  erslrecken  ihren  schein.    Opitz  1,6; 

wann  dann  die  feuchte  schar 
der  wölken  rückt  ins  fehl  und  mehr  als  iiöthig  war 
den  nassen  zug  erstreckt.    I.ocau  1,  tU3; 
in  ein  hrillenfutter  musz  bei  hofe  stecken 
augcn,  wer  gesiebte  lange  wil  erslrecken.    2,216,32; 

die  Russen  streben  unablässig  ihre  hcrschafl  weiter  zu  er- 
strecken. 

4)  andere  fälle:  das  macht,  dasz  sie  immer  prassen  und 
wol  leben,  damit  sie  es  erslrecken  können  und  das  man  sie 
frei  ungestraft  leben  leszl,  wie  sie  wollen.  Luther  2, 411' ; 
wolle  solche  unkost  die  freundschaft  erstrecken.  3, 417" ;  da 
er  auch  lernet  die  sünd  in  alle  menschen  erstreckt  und  ge- 
flossen sein.    Melanchthons  liauptarlikcl  verdeutscht,  bl.  9 ; 

erstrecke  über  uns  deine  gnade.    Melisscs  ps.  N3*; 
dennoch  hat  das  liebe  mensch  ein  vertrautes  freundschaftsband 
auf  die  meinen  unverralschl  immer  fort  und  fort  erstrecket. 

LoGAU  2,  4U; 

liebe  kaufte  neulich  tucli,  ihren  mantcl  zu  erstrecken, 
weil  sie,  was  durch  dreiszig  Jahr  krieg  verübt,  soll  alles  decken. 

2,184,35; 

schlechte  kunst  ist  krieg  erwecken, 
schwere  last  ist  krieg  erstrecken.    2,233,40; 

so  lange  du  deine  klagen  erstreckest,  ich  mein  leid  erlän- 
gern  werde.  Bütscuky/;ü«z/.  887;  ich  bin  nicht  befugt  meine 
ueugicrde  so  weit  zu  erstrecken.  Lessing  1, 590 ;  eine  viel 
v\'eiter  erstreckte  bcdeutung.  Kant  2, 164 ;  ein  weit  erstreckter 
logischer  gebrauch,  den  die  Vernunft  von  den  vcrstandcsbc- 
griffen  macht.    2,  305. 

5)  refl.  in  allen  bislur  entwickellcn  bcdetitungcn :  die  ädern 
erstrecken  sich  in  alle  theile  des  leibs;  und  als  er  {der  wolf) 
sich  erstrecket  und  seine  gelider  ranket  {renkt,  reckt).  Stein- 
uöwEL  Esop  1487,54;  des  bergs  höhe  erstreckt  sich  bis  in 
die  fünfzig  tausend  schritt.  Maaler  118';  das  glctschergebiel 
der  Schweiz  erstreckt  sich  vom  Montblanc  bis  zum  Ortler. 
Bäüekers  Sihu'ciz  xlviii  ;  su  sind  on  das  der  menschen  mUgen 
darzii  geartet,  das  sie  sich  erstrecken,  wann  man  sie  nur  übet. 
Garg.  42'; 

nach  hülf  wil  ich  licnintur  blicken, 

mein  witz  erstreckt  sich  nicht  so  weit, 

rinsz  Ichs  verriebt  ohn  andre  Ieut, 

gchülfen  musz  ich  wurllch  hau.    Giliicsics  54; 

so  viel  sich  meine  Wenigkeit  erstreckt.    O^m  :(.  4.S; 

was  hat  der  deutsche  kriep,  der  sich  so  ]  '  fl, 

von  IVüchtuQ  uud  von  null  doch  Immer 

LouAt;  .1,  ■■'I'.  <'.>; 

der  moudoo  stellt  sich  für  die  sonne  und  roachl  »io  flnstcr 

eino  zeit, 
der  wlti  der  gottes  rath  wil  dampfen .  emirerkpi  ►!.  'i 

lanfr  norh  well.     :i,  I 

doch  erstreckt  sich  oft  der  «rhaltpu  und  nia<  hl  sich  ^;.  ....,„ 
lieh  grOszer  nU  der  leib.  Lkm\i\nm  118;  die  grlegenheit  er- 
strecket sich  liiclit   aili'/cil  gleich  schöne.    }x-rs.  baumg.  4,5; 


1021   ERSTRECKLICH  — ERSTREITEN 

sein  alter  erstreckt  sich  schon  über  fiinfzig;  die  krieg^kosten 
erstrecken  sich  auf  eine  million;  abends  erstrecken  sich  die 
schatten  länger;  die  beiden  Stolberg,  Bürger,  Voss,  Hölfy 
und  andere  waren  im  glauben  und  geiste  um  Rlopstock  ver- 
sammelt, dessen  Wirkung  sich  nach  allen  selten  hin  erstreckte. 
GöTHE  26,139; 

auf  Schwert  und  spiesz 

und  aufs  pferd  erstreckt  sich 

die  Vergünstigung. 

5)  die  fisclicr  sagen  von  den  karpfen,  dasz  sie  sich  erstrecken, 
wachsen,  zunehmen  (nach  l)  oder  meint  es  taiclicn?  s.  das  ein- 
fädle sich  strecken. 

7)  intr.  erstrecken,  sußcere,  ausreichen,  hinreichen :  das  geld 
erstreckt  nicht,  reicht  nicht. 

EBSTRECKLICH,  1)  sufßciens,  unerstrecklich  quod  satis  non 
est,  nicht  ausreicht.    Stieler  2194. 

2)  quod  extendi  polest,  erstreckbar. 

ERSTRECKTEICH,  m.  streckteich  für  junge  fische. 

ERSTRECKöNG,  f.  extensio,  prorogatio:  magister  Jacobus 
bitt  um  erstreckung  der  zeit,  das  er  noch  ein  jähr  in  der 
Universität  verharren  möge.  Melanchthox  an  Albrecht  ep.  14; 
die  natur  in  der  Unendlichkeit  ihrer  erstreckung.  Kam  8, 321; 
erstreckung  der  gerichtsbarkeit,  des  Waffenstillstandes  «.s.w. 

ERSTREICHEN,  ahd.  arstrkhan,  mhd.  erstrichen, 

1)  intr.  vagari,  progredi,  streichen,  umher  streichen.  Stieler 
2201:  der  vogel  erstreicht  durch  die  luft,  der  fisch  durch 
das  Wasser;  damit  er  (der  tartanis)  teglich  ausgetrieben  werde 
und  in  kein  bratnest  komme,  zu  solcher  sorglicher  ultima 
materia  nicht  möge  sein  willen  (seinen  willen,  sua  sponte,  gramm. 
3,142)  erstreichen.    Paracelsus  1,314'. 

2)  tr.  caedere,  hauen,  streichen,  ausstreichen: 

wir  wollen  uns  dreien  Marien  gleichen 

und  im  die  haut  gar  wol  erstreichen.    Uhland  756; 

so  hat  ir  dann  der  pfarrer  den  palk  erstrichen, 

das  sie  ie  den  ganzen  abent  get, 

als  ob  sie  den  wolf  geriien  het.    fasln.  41,  27. 

3)  tr.  cursu  nancisä,  einholen: 

mhd.  swer  die  sunnen  wil  erstrichen 

der  sol  niht  sanfte  slichen.    Freida?«k  54,  14. 

4)  tr.  permulccre,  sanß  streichen: 

mhd.  juncfrouwen  entschuohten  umbe  daj, 
da?  Gvburc  im  erstriche 
siniu  nein  c  sim  entwiche.    Wh.  278,26. 

5)  tr.  equum  peclere,  striegeln : 

mhd.  der  hiej  sin  ors  erstrichen.    Pan.  595,23; 
sin  ors  daj  der  terapleys 
gein  im  zer  tjoste  brähtc, 
ein  knappe  des  gedähte, 
ej  wart  nie  ba;  erstrichen  sit.    702,  27. 

6)  canere  fidibus,  die  geige  streichen: 

darnach  nam  si  die  gige  behend, 

die  kundt  si  usz  der  maszen  wol  erstrichen. 

Körners  bist,  votksl.  59. 

7)  an  einen  stein  sireichen: 

gold  an  stein  erstreichen.    Scherfer  163. 

ERSTREITEN,  expngnare,  evincere,  mhd.  erstriten: 

ich  trüte  wol  erstriten,  daj  dSr  küene  man 
dise  starke  übermüete  von  wären  schulden  mficse  län. 

Nib.  116,3; 

öf  ire  leit  er  sine  mahf, 

daj  er  die  vollccliche  erstrite.    tr.  hr.  329; 

dur  dar  wir  lopsen  unser  leben 

und  alle  tüsentvalten  bort 

erstriten  unde  erwerben  dort.    24508; 

nM.  damit  wil  Carlstat,  als  ein  newcr  Grieche,  ans  der 
griechischen  spräche  erstritten  haben,  das  Christus  leib  nicht 
sei  im  sacrament.  Luther  3,  67' ;  also  hat  s.  Paulus  aus  den 
rechten  und  sterkesten  principiis  disen  artikel  erstritten,  das 
wer  die  auferstehnng  der  todten  wil  leugnen,  der  musz  auch 
leugnen,  das  Christus  auferstanden  ist.  6,  225' ;  solch  ungc- 
.schickt  nernsch  gleichnis  ziehen  sie  an  als  ein  ganzen,  klaren, 
gewissen  gnind,  dadurch  schon  erstritten  sei,  das  die  priestcr 
schuldig  sind  u.$.ip.   Melaschth.  im  corp.  doclr.  ehr.  195; 

dann  sie  alt  trübsal  bat  erstritten. 

WicKRASs  bilger  Cl; 
hin  ist  hin  und  schon  fürüber, 
ob  ir^üch  glich  stein  letz  darüber, 
es  musz  uf  erden  sin  erstritten, 
band  ir  schon  etwas  nachteils  glitten, 
so  mnszt  ir  ictz  darbi  erwägen 
den  nutz,  den  ir  oiirii  hnnd  darcägen. 

J.»c.  FcnKP.LiN  spil  von  Lazaro  D4'; 


ERSTREMPFEN  — ERSTÜMMEN 


1022 


wanns  um  und  um  nun  kümmt,  so  ist  ein  wort  erstriten. 

LoGAü  2,  löl,  59; 
ist  ein  esel  zu  erstreiten,  ei  so  suche  dir  zur  band 
einen  richter,  der  nicht  selbsten  ist  dem  esel  anverwand. 

2,238,174; 
allmälich  öfnet  sich  der  pfad  vor  seinen  tritten, 
und  gegen  das  was  er  bereits  erstritten, 
ist  was  zu  kämpfen  ihm  noch  übrig  ist  nur  scherz.    Wikla-^d; 
der  segel  stolze  obermacht 
hast  du  sie  nicht  von  millionen  würgern 
erstritten  in  der  wasserschlacht?    Schiller  20; 

das  böste  erstritten  {überwunden).    Gotthelf  schuldb.  90. 

2)  refl.  sich  erstreiten,  aus  dem  kämpf  heraus  streiten,  frei 
machen : 

Ö5  den  het  er  sich  erstriten, 
da;  er  in  ze  verre  was  entriten.     TlTi.  412,17; 
danne  aber  lewen  wilde,  beren  und  eher  küene 
der  wirt  vol  da?  gevilde,  berge  und  tal  bedecket,  beide  grüene, 
ül  den  allen  kanstu  dich  erstriten.    Albr.  TU.  2878. 

ERSTREMPFEN  und  unrein  hd.  ERSTREMPEN,  suffocare, 
coarctare,  hei  Alberds  ich  erstrempf,  spiritum  faucibus  claudo, 
OS  coarclo  et  fatices;  vom  esel,  der  seinen  herrn  küssen  will: 

der  esel  hatt  im  seinen  mund 

erstrempt,  dasz  er  nit  schreien  kund.    Albercs  Esop  101*; 

nachdem  Achilles  Cygnum  mit  keinem  schwert  noch  waffen 
hat  mögen  umb  brcngen,  sonder  sonst  erstrembt  und  erwürgt. 
Lorich  i»  Wickrams  Orid,  3/ain;  1551. 126'  (1631.411  erstrempt 
und  erwürgt) ;  Benno  schreibt,  sein  abgott,  der  satan,  habe  im 
endlich  seinen  lohn  gegeben  und  erstrempft  im  walde.  Nigrincs 
pap.  inquK.  1582,  367 ;  wie  die  böse  geister  denjenigen,  an  wel- 
chen sich  die  hexen  bcgeren  zu  rechcnen,  aus  bitt  derselbigen, 
den  athcm  nehmen,  sie  erstrempfen  und  also  umbs  leben 
bringen.  T.  Asnaeüs  Privatos  Verdeutschung  der  daemonolatria 
s.  338.  Schmeller  3. 685  hat  strammen,  bestremmen,  bestrempen 
(aus  der  Maingegend)  zusammenziehen,  einengen,  beengen,  stram- 
peln, strampfeln,  die  beine  u-cchselsweise  anspannen  und  ein- 
ziehen, strempfel,  schnob,  stempfei,  angespannte  wiedc.  Stieler 
2300  strempelen,  strempfelen  =  trempeln  fukire,  compingere, 
adstringere.  welterauisch  verstrempen  von  pflanzen,  die  andere 
drängen  und  ersticken,     vgl.  strumpf  und  erstnimpfen. 

ERSTRICKEN,  slrangulare.  Alberüs,  entweder  mit  dem  strick 
würgen  oder  ersticken  mit  eingeschaltetem  r. 

ERSTRICKEN,  lexendo  hieran.    Sheler  2195. 

ERSTRÖMEN,  inundare.    Stieler  2213. 

ERSTRUDELN,  rorlices  volvere: 

dasz  über  dir  Ixions  wirbelrad 
erstrudle.    Siolbero  5,  71. 

ERSTRÜMPFEN,  coarclari: 

mein  sei  erstrumft  aus  marter.    MitrssDS  ps.  M4'. 
vgl.  erstrempfen. 

ERSTÜCKEN  für  ersticken,  nach  häufiger  vermengung  des  i 
mit  dem  ü :  ist  sein  feuer  anhaltend  genug,  dasz  es  unter 
den  Schwierigkeiten  des  reims  nicht  erstückt,  so  reime  er. 
Lessing  3.  306. 

ERSTICKEN,  resarcire,  ergänzen.    Stieler  2223. 

ERSTL'DIEREN,  studendo  explorare:  ach  bnidcr,  ists  nicht 
eine  schand,  dasz  ich  nicht  so  viel  künste  erstudirt  haben 
sol,  vermittels  deren  ich  mich  jetzund  füttern  künte?  Simpl. 
K.  357;  er  hat  ein  amt  erstudiert.    Stieler  2219. 

ERSTÜMMEN,  obmutescere,  erstummen,  stummen,  stum 
werden  mutere,  mulire,  mulescerc.  voc.  14S2  hl'.  M.haler  118'; 
ahd.  arstumra^n  (Graff  6,  681) ;  mhd.  erstnmben,  erstummen : 

da?  mir  erstumbet  an  der  stunt 

diu  Zunge  min  und  ouch  der  munt.    frauendicnst  34,21; 

ouch  erstumbent  in  ze  stunt 

beidiu  zunge  und  ouch  der  munt.    598,  7; 

we  den  koboldcn  die  alsus  erstummen.  MSH.  3,  108'. 
nhd.  er  hat  erstumbt.  Keisersb.  bilger  03' ;  er  ist  erstummet, 
Terentius  1499,20';  das  er  darab  crslumpt  und  nit  ausspre- 
chen mag.  Frank  weltb.  125';  wie  ein  schaf,  das  erstummet 
für  seinem  scherer  und  seinen  mund  nicht  aufthut.  ff.  53, 7; 
und  ich  wil  dir  die  ziingen  an  deinem  gaumcn  kleben  lassen, 
das  du  erstummen  soll.  Ez.  3,26;  und  sihe  du  wirst  er- 
stummen und  nicht  reden  können  Igoth.  jah  sijais  jiahands 
jah  ni  magands  rödjan).  Luc.  1,20;  dein  schelten  gilt  nicht, 
dein  lügen  acht  ich  nicht,  dein  dreuen  furcht  ich  nicht, 
denn  du  erstiimmest  an  diesem  stück  als  ein  stock.  Lltber 
2,158';  wolan  so  denn  der  hohe  geist  erstummet  und  keine 
anzcigung  gibt,  so  bitten  wir  umb  gnade.  3,64';  da  müszt 
ircrstummcn.  3,69';  und  müsset  darüber  erstummen.  3,  35S'; 
crsturamcn  müssen  sie  und  dennoch  daneben  hören.  4,277'; 


1023 


ERSTÜÄIMEN — ERSTUNKEN 


ERSTUNKEN—  ERSUCHEN 


1024 


das  es  {das  herz]  ersliiminen  miiszle.  4,  44S';  das  sie  dagegen 
erstummen  und  nichts  haben  darwider  zu  reden.  5,73*;  also 
dasz  sie  aus  groszer  liebe  erstummelen  und  keins  mit  dem 
andern  mehr  reden  kondt.  buch  d.  I.  Sl,l;  sie  erschracken 
des  unversehenen  handeis ,  dasz  sie  beide  erstummelen. 
199,3;  als  wir  das  hörten,  stunden  wir  wie  die  stück,  waren 
ganz  erstummet.  204,3;  alsbald  hat  man  in  gefragt,  wie  er 
zu  diesem  gelde  sei  gekommen?  darauf  er  erstummet  und 
erblasset.    Hennebergers  pretisz.  landtafd  462 ; 

du  stock,  lies  her,  wie  dasl  erstumbst, 

lies  laut,  was  biin  mich,  das  du  brumbst!    H.  Sachs  II.  1,34'; 

der  mann  erstummet  und  antwortet  ir  gar  nichts.  Kircduof 
u-endunm.  302";  erstumme!  obmulesce!  biencnk.  25';  so  must 
Christus  wol  geschweigen  und  erstummen.  81';  als  fisch  cr- 
stummen.  193*;  erslummen  in  dieser  heilung  [wissen  nicht 
was  sie  dazu  sagen  soUen).  Paracelsus  chir.  sctir.  111' ;  die  Itnit 
oftmals  zu  ersticken  und  zu  erstummen  pflegen,  wann  sie 
derselben  {schwämme)  ein  wenig  zu  viel  geessen  hal)en.  Ta- 
bernaem.  1522; 

es  ist  ihm  ümb  ein  s(,  so  fleuget  Eolus. 
Neptunus  wildes  feld  für  ihm  erstummen  musz.    Flemü^c  5; 
doch  schweigst  du  wahres  lamb  und  sagst  kein  wörtlein  nicht, 
auf  dasz  wir  künftig  nicht  erslummen  fiir  gericht.    9; 
musi  solches  Sprichwort  dan  ob  uns  erstunimen. 

ROMPLER  45; 

ja  wan  das  mundgebet  in  unraacht  fast  erstummt, 
so  hör  das  seufzen  an!       73; 

nun  mag  ich  gleichwol  hie  nicht  allerdings  erstummen, 
dieweil  ich  etwas  doch  zu  singen  forgenummen.    82; 

Sandor  und  flöl  erstummt,  die  laut  ist  ohne  laut, 
ein  bräutgam  suchet  dich,  dich  nicht  mehr  seine  braut. 
Tschering  21; 
mich,  welchem  Tor  sich  selbst  und  seiner  unthat  grauet, 
dasz  ich  so  lang  erstummt.    Gryphius  1,  228; 

denn  erblaszt, 
erstummt  er  und  erstirbt,  bis  sie  des  cörpers  gast, 
den  geist  durch  einen  kus,  durch  wenig  liebeshlicke 
dem  todten  wiedergibt.    Loue?(stein  auserl.  ged.  1,  271; 
0  Schöpfer  mein,  ichs  nit  vernein, 
Tor  dir  ich  musz  erstummen.    Spee  triilzn.  78  (85); 
uf  der  llucher  brummen 
müst  ihr  nit  erstummen.    Mestwkrt /ftfc/i/eu/'ei  82; 

worüber  die  blumen  erstummet  und  die  dornen  zufrieden 
gelassen.  Scriver  seelensch.  1,69;  wenn  solches  im  gewissen 
solchen  losen  Christen  wird  fürgehalten  werden,  da  werden 
sie  erstummen.  Otho  968;  das  gute  mensch  hatte  solch 
compliment  wol  niemals  gehöret,  weswegen  sie  erstummetc. 
nord.  Robinson  2,  63.  in  der  jüngeren  zeit  beinahe  ganz  von 
Terstummen  verdrängt. 

ERSTUMPFEN,  hebelare,  oblundere: 

die  spitze  der  begier  erstumpft  sich  im  genusz. 
Wieland  18,  164. 

ERSTUNKEN,  part.  praet.  ton  erstinkcn.  die  dort  gegebnen 
belege  werden  hier  fortgeführt. 

1)  er  fault,  verfault,  piUref actus: 

mhd.  d£r  in  dem  grabe  erstunchen  lac.    urslende  114,  55; 

d£r  in  dem  grabe  erstunchen  was.    107,34. 
nhd     Tor  was  ich  verprunnen, 

vor  was  ich  derstunken.    ring  3',  26; 

ein  hat  ze  vil  getrunken, 

dai  im  die  leber  ist  erstunken,    fasln.  473,  13; 

das  vich  ist  erstunchen  in  sinem  mist.  gestaüom.  K.S;  wenn 
man  lang  erstunken  nidcrkleit  trage,  soll  schlier  entstehen. 
UiR-SLNC  arzneibuch  2!tS;  gott  der  herr  wolt  den  erslunknen 
.\dam  wider  holen.  Reiszner  Jer.  2,115*;  eine  erstunkene  ge- 
faulete  hef  {faex).  Thur!»eisser  prob.  d.  harnen  103;  erstun- 
kenes leder;  aber  des  genflsches  war  nur  zu  vil  ffir  vier  per- 
sonen,  also  das  es  unmöglich  war  lang  zu  halten,  dann 
es  wer  obeinander  erfaulet  und  erstunken,  wie  der  papirer 
himpen,  welch»  sich  nicht  gebüren  wolt.  Garg.  si';  Ha  er 
[Lazarus)  «chon  vier  tag  im  grab  gelegen  und  erstunken 
war.    Atre«  proc.  2, 10. 

2)  erdichtet,  erlogen,  emenlitus  {sp.  908) :  also  das  es  eriogen 
und  erstunken  ist,  und  Christo  als  einem  lügner  widerstrebt, 
wer  da  sagt,  da»  die  Christenheit  zu  Rom  oder  an  Rom  gebun- 
den sei.  LcTHE«  1,266*;  erstunken  und  eriogen.  3,  so*;  alles 
wu  daselbst  erlogen  und  erstunken  ist.  5,124';  und  niustc 
alles  gewis,  gewis,  gewig  sein,  obs  wol  zweimal  erstunken 
and  dreimal  eriogen  war.  5,251*;  en  ist  alles  «o  garstig  er- 
logen und  erstunken,  als  der  chresem  selbs  ist.  e,  90';  ich 
fleobe  das  kein  goll,  kein  Christus  und  alles  erstuDken  und 


erlogen  ist,  das  man  vom  glauben  sagt,  c,  225';  ja  wenn 
solche  sorge  ir  ernst  und  nicht  eitel  erstunken  faule  grobe 
lügen  weren,  so  würden  sie  sclbs  auch  inen  lassen  an  einer 
gestalt  benügen.  6, 32l';  denn  es  ist  olTentlich  erstunken  und 
erlogen.  8, 11 ;  was  daselbs  erstunken  und  erlogen  ist.  br. 
4,153;  eitel  erstunken  und  erlogen  ding.  Xirerv»  wider  WUzcl 
H3*;  und  sagen,  was  sie  reden  von  ir,  das  si  erstunken  und 
erlogen  und  dasz  er  wisz,  dasz  er  ein  frumme,  züchtige  und 
ein  unbelümde  geuchin  hab.  MvanERS  geuchmatt,  Scfieible  s.iil^; 
Avas  an  im  ist,  das  ist  erstunken  und  eriogen.  Maai.erIIS'; 

und  musz  gelaubcn  ewrcn  Worten, 

wie  wol  sie  hie  an  disen  orten 

sind  gar  erstunken  und  erlogen.    H.  Sachs  V,  352*; 

sagt  wie  der  herzog  hochgeborn 

sein  weib  geritten  tiab  mit  sporn, 

und  sie  tyrannisch  erzoRen, 

ist  crstunlien  und  erlogen.    Soltau  230; 

es  ist  erstunken  undc  dcrlogeu.  Gryphius  dornr.  4  hamll. ; 
andere  mehr  ertichtete  und  erstunkene  fratzen.  Kirchhof 
wendunm.  357*;  aber  es  ist  erstunken  und  erlogen.  Scuocu 
slud.  leben  C;  so  hab  ichs  gniirkt,  dasz  das  sprichwörtl  er- 
stunkn  und  erlogen  seie.  Schware  ttn/cn/'.  B3*;  aber  derent- 
wegen kans  doch  dcrstunkn  und  derlogcn  sein.  s.  60 ;  es  i>;t 
erstunken  und  erlogen.  Judas  1,  291.  300;  es  sei  erlogen  und 
erstunken.    J.  P.  Fixlän  120. 

steht  heute  nur  mit  starkem  nachdruck  und  wird,  gleich  dem 
einfachen  stinken,  sonst  gemieden,  die  frühere  bcdcutung  greu:l 
an  verrochen,  abgestanden. 

ERSTÜRMEN,  vi  earpujnarc."  eine  stadi,  das  feindliche  lager, 
die  schanze  erstürmen; 

mhd.  daj  wart  von  in  gewunncn 

unde  erstürmet  schiere.    Ir,  kr.  21895; 

vische,  vogele,  würrae, 

tier  mit  Hüten 

diner  vröuden  burc  erstürme.    MSII.  3,  53*. 
nhd,    vor  wenig  stunden  kam  die  nachricht  an, 

Eugenie  sei  todt,  vom  pferd  gestürzt, 

an  eurem  orte  sei  sie  beigesetzt, 

als  an  dem  nächsten  platz,  wohin  man  sie 

aus  jenem  feisendickicht  bringen  können, 

wo  sie  verwegen  sich  den  tod  erstürmt.    Göthe  9,  304; 

er  hatte  sprach  und  geschichtskennlnisse,  die  er  so  lauge  ver- 
säumt und  abgelehnt,  endlich  mit  wütender  anstrengung  er- 
stürmt.   30,  233 ; 

hier,  sie  beschwurs,  hier  bleibt  sie,  sie  bleibt  I  nun  berste  die 

mis^unst ! 
sieg  mir!  endlich  erstürmt  ward  von  den  bitten  ihr  herz. 
Voss  Properz  1 , 8,  2S ; 
Gleim,  der  heftige  freund,  wollte  mir  dort  und  dort  sorgen- 
freie musze  für  Wissenschaft  und  poesie  erstürmen  und  bot 
mir  vorläufig  zweijährigen  unterhalt.    Voss,  trie  ward  Fr.  St. 
ein  unfr.  s.  41.  , 

ERSTÜRMUNG,  f.  violenta  expugnatio:  nach  der  erstürmung 
der  Stadt  durch  die  verbündeten  hccrc.    Pertz  leben  Steins  3, 433. 

ERSTUTZEN,  slupescere,  mirari,  stutzen,  stutzig  werden:  zu 
dem  vierdcn  sprich  ich,  das  sanctus  Paulus  auch  crstulzet 
an  der  frag.  Keisebsberg  omeis  57';  das  er  ganz  erstutzet 
und  sein  gesiebt  und  gehör  allen  iren  gebrauch  verlierent. 
irr.  schuf  E2';  also  sind  sie  mit  inen  hinin  gangen  in  das 
grab  und  haben  gesehen  einen  jflngling  zu  der  gerechten 
sitzen,  bekleidet  mit  einem  wciszen  kleid,  ab  dem  seind  sie 
erstutzt  und  erschrocken,  post.  3,  4 ;  als  in  aber  ein  low  an- 
sichtig worden,  ist  er  gleich  ob  dem  knecht  erstotzt  und 
für  ihm  still  gestanden.  Frossp.  fcnVifsfr.  1,115*;  dasz  die  an- 
wesenden über  ihm  ersliitzten.  Pirken  o.W/.  lorb.  22t;  der  er- 
stulzen  möcht  ob  der  grösze  solcher  ehren.  360;  erslutztc 
darüber.    Harnisch  3«.  106. 

ERSTUTZEN,  dctruncare,  sttUzen,  abstutzen:  die  hnare, bäume 
crslutzen.     Stieler  2tS2  gibt  ein  erstulzcn  liicrifacere  an. 

ERSTÜTZEN,  inniti:  sich  auf  die  cllenhogcn  erstülzen, 
cubito  innili.    Maai.ER  IIb'. 

ERSl  (11,  «1.  so  viel  als  das  ersuchen,  gebildet  irie  besuch, 
gesuch,  versuch:  des  ondern  crsuchs  wegen.  Ettnei«  med. 
mnulafff  si9. 

ERSUCHEN,  scrutari,  ahd.  arsuorhan,  mhd.  ersuorhen.  golh. 
ussokjan,  ags.  äst^can,  ehmuls  hdu/iger  gelirauchl  als  beule,  und 
nun  mit  besuchen,  auf>ii.  Iicii.  durchsuchen,  untersuchen, 
versuchen  ausgedrückt. 

1)  erforschen,  ergründen 
ahd.    seriuogcno  »Ine  »unlergenm'  bin  ih  leider  vile  l.ir 
»rtmio  und  »eine  geislllchlu  dinc  er»unchcM.    il»i  < 
nhd.  ou  beljl  Cj  »«Ibo  crsuocben  gar.    Kr.  1iK!6 ; 


1025 


ERSUCHEN 


ERSUCHEN 


1026 


ja  w.-en  man  niender  funde, 

swie  sere  erj  wolde  ersuochen, 

die  krafl  Ü5  arzetbuoclien.  b2'i'i; 
nhd.  ich  der  herr  ersuch  die  herzen  und  bewer  die  nieren 
(vidg.  ego  dominus  scrutans  cor  et  probans  renes).  libei 
1483,367  =  Jer.  17,10,  bei  Lltoer:  ich  der  herr  kann  das 
herz  ergründen  und  die  nieren  prüfen;  zerknirsche  den  arm  des 
gottlosen,  ersuche  {prüfe)  ?eine  bosheit,  so  wird  sein  gottlos 
wcsen  schon  nimer  bestehen.  Luther  2, 66" ;  die  geschrift 
eigentlich  ersuchen  und  als  ein  Hecht  in  disem  finstren  irrsal 
ZwiNGLi  1,  3;  Christus  hat  befolhen,  das  man  dieselben 
Schriften  in  der  schul  sol  fleiszlich  ersuchen.  Relchlis 
augcnsp.  7*;  die  heilige  schrift  fleiszig  ersuchen.  Reiszser 
Jer.  1,4";  fleiszig  und  mit  ernst  ersuchen,  ejrquirere.  Maaler 
US';  so  mag  auch  nicht  gesagt  werden,  dasz  die  erfahren- 
heit  ein  end  hab.  darumb  ist  billich,  was  nicht  end  hab, 
dasz  weiter  ersucht  werde.  Paracelscs  1,632';  er  hat  die 
antiquitäten  ersucht.    Zi\rgref  127,  8. 

2)  durchforschen,  perscrulari,  perquirere,  zumal  räumlich,  kMich : 
mhd.  er  sprach,  ersuocliet  holz  und  graben.    Rol.  203,  7; 

da?  manic  walt  und  manic  herc 
nach  ir  helfe  ersuochet  wart.    Ir.  kr.  909; 
nhd.    hielt  ich  doch  nit  of  das  allein, 

das  du  Til  land  ersuchet  hast.    Brist  34,23; 

und  dis  ist  ein  tropf  oder  vorschmack  der  hellischen  pein 
und  ewiger  verdamnis,  darumb  ersucht  sie  alle  gebein,  kraft, 
saft,  mark  und  was  im  menschen  ist.  Llther  1,  2ü'.  3,2'; 
alle  locher,  wie  ein  krebser  ersuchen,  kriegsb.  des  fr.  lOl ;  die 
hotten  und  brieffrager  niderlegen  und  ersuchen.  Maaler  US'; 

ich  hab  euch  all  ersuchet  fein, 
jetzt  wirt  es  an  dem  jüngsten  sein. 

TuiB.  Gast  Joseph  114. 

3)  ergrübein,  rimari,  hervorsudien : 

wisch  den  mund  mit  diner  hant! 

es  zimmet  wol  den  jungen, 

die  sieh  regieren  kunnen, 

da;;  sie  nach  disch  ersuchen  im  munt. 

stüre  die  zen  zu  keiner  stunt .' 

Kellers  altd.  er:.  543,  12; 
ersucht  und  ergrüblet.    Keisersb.  bilg.  124';    einsi  geschlächt 
ersuchen  und  ergründen,  genas  alicujus  exculere.  Maaler  US'; 
wiewot   dise   sonst  vil  lieber  das  blut  under  der  wollen  er- 
suchen,   bienenk.  237'. 

4)  untersuchen,  inquirerc,  tceniger  als  ergründen  und  durch- 
forschen : 

m/id.  er  ersuochte  want  unde  want, 
unz  er  die  hiistüre  vant 
und  gienc  zuo  in  dar  in.    Iw.  62S3. 

mit  besichtigen  verbunden:  besichtig  und  ersuch  die  wunden 
wol.  Gersdorf  23;  erwog,  wie  Stigelius,  an  eim  jeden  krüutlin 
gottes  fürsehung.  besichtiget  und  ersuchet  etliche  bäum  und 
kräuter,  die  heut  etwas  zweifeis  haben  und  hielt  sie  gegen 
die  alten  buchen    Garg.  1S3'. 

5)  aufsuchen,  inquirere,  inredigare :  der  herr  hat  im  einen 
mann  ersucht  nach  seinem  herzen.  iSam.  13, 14;  nun  wolan 
eilents,  ersuchent  mir  den  ausgang!  Aimün  y3';  du  soll  mir 
schweren  bei  gott,  dasz  du  an  keinem  samstag  mir  nimmer 
nachfragen  noch  mich  ersuchen  wollest,  weder  durch  dich 
seibs-  noch  jemand  anderem  günnen,  gehellen,  verschaffen, 
noch  dich  lassen  darauf  weisen,  dasz  du  mich  denn  immer 
ersuchst  wo  ich  sei,  was  ich  thu  oder  schaf,  sondern  mich 
den  ganzen  tag  unbekümmert  lassen  wollest,  budi  d.  liebe 
264,2;  so  der  mensch  wil  gute  werk  thun,  die  im  allezeit 
mit  groszen  häufen  für  banden  ligen  und  allenthalben  damit 
umbringt  ist  und  leider  für  blindheit  si  leszt  ligen  und  an- 
dere seines  dünkens  und  wolgefallens  ersucht  und  folget. 
Llther  1,  233' ;  wo  fern  nun  all  obgemeldte  wachen,  so  in 
der  schanz  und  bei  dem  feldgeschütz,  durch  die  feind  er- 
sucht oder  überdrangen  würden.  Fronsp.  kriegt,  l,  44' ;  ehe 
sie  sich  in  den  anzog  begaben  oder  den  feind  anwendeten 
und  ersuchten,  schickten  sie  dreihundert  leichte  pferd  das 
land  zu  berennen.  Garg.  201';  das  land  mit  brand  und  nam 
ersucht  (heimgesuchl,  überzogen).  26S';  so  wolt  ich  im  keins- 
wegs  rathen,  dasz  er  dise  neue  predicanten  zu  ersuchen  oder 
die  hugonotischc  reformation  und  absterbung  zu  erfaren  tust 
bekäme,    bienenk.  23l'. 

6)  besuchen,  heimsuchen,  visilare:  were  auch  gar  willig  und 
geneigt  gewcst,  weil  ich  hier  auszen  bin  in  landen,  selbs 
persönlich  euch  zu  ersuchen.  Luther  2,  455';  unser  aller- 
Heblichester  seligmacher  hat  uns  allen  geboten  die  kranken 
zu  ersuchen,    br.  1,  409 ; 

HI. 


sie  dankte,  dasz  ich  sie  bei  dieser  zeit  ersuchte. 
Gbvphiis  1,  203; 

sechs  kirchen  hab  ich  schon  ersucht.  Atheh  fastn.  66', 
d.  i.  in  meiner  icall fahrt  besudit;  es  were  nicht  ohne,  dasz 
i.  f.  g.  zu  unterschiedenen  malen  in  Polen  gezogen,  die  herren 
alda  als  seine  freunde  und  alten  bekannte  zu  ersuchen.  Schwei- 
MCHESs  Heinrich  XI  s.  SS;  als  Clorinde  einsmals  mich  er- 
sucht und  nun  wider  nach  hause  reiten  wolte.  Ett.ners  unw. 
doct.  597 ;  habe  nicht  unterlassen  sollen,  den  herrn  mit  diesem 
brieflein  zu  ersuchen  (heimzusuchen).  Bctscbkv  kanzl.  7,  mit 
der  aufschriß  •bcsuchbrieflein' ;  der  herr  beklaget  sich,  als 
ob  ich  unserer  freundschaft  vergessen,  weil  er  von  mir  eine 
Zeitlang  weder  in  person  noch  durch  schreiben  ersuchet 
worden.  59 ;  dises  schreiben  wird  statt  meiner  um  Verzeihung 
bitten,  dasz  ich  ihn  seiter  unseres  von  einander  scheidens  nie 
in  Schriften  ersuchet.    68. 

7)  ersuchen  in  der  noch  heute  gangbaren  bedeutung  von  rogarc: 
dasz  wir  dieselben  ersuchen  wellen,  solich  löblich  fürnemen 
der  cristenheit  zu  behaltung  und  gut  nochmals  anzunehmen. 
beschlusz  des  reichsreg.  von  1501  §.  2 ;  oder  aber  so  man  dich 
fragte,  ob  du  auch  gelt  bei  dir  trügest  und  du  sprechest 
nein  und  lügest,  auf  das  man  dich  dester  minder  ersuchte 
(angienge)  und  dich  gon  liesz  und  deslerbasz  darvon  möchtest 
kummen.  Keisersd.  s.  d.  m.  23' ;  und  David  ersuchte  {deprecalus 
est)  gott  umb  das  fcneblin  und  fastet  und  gieng  hinein  und  lag 
über  nacht  auf  der  erden.  2  Sam.  12, 16 ;  so  ich  doch  nit 
anders  von  ihm  ersucht  bin,  dann  ob  ich  noch  gesinnet  den 
trevirensem  episcopum  zun  judicem  zu  leiden.  Llthers  br. 
1,340;  sondern  auf  diesmal  auf  bittens  weise  solchs  vom 
grafen  zu  Leisnig  ersucht.  3,  27S ;  das  vil  andere  nation  bei 
in  gesatz  und  weis  zu  leben  ersuchten.  Frank  tcellbuch  9'; 
dasz  ir  mich  zu  disen  ehren  ersuchet  habt.  Melasder  jocos.  1 
n*2Sl; 

er  will  vollführet  sein  der  edle  schöne  lauf 
des  edlen  schönen  thuns,  das  auf  der  Fama  wagen 
bis  über  den  Saturn  wird  hin  und  her  getragen, 
das  der  ersuchte  (erbetene)  herr  des  himmels  selbsten  treibt 
und  in  sein  Sternenbuch  mit  güldner  dinte  schreibt. 

Flexing  101 ; 

sie  hat  zugleich  um  die  ehre  ersucht,  ihnen  ihre  aufwartung 
machen  zu  dürfen.  Lessi^g  ;  ich  ersuchte  meine  freunde  um 
beistand;  ich  ersuchte  sie  freundlich,  der  heutige  Sprachge- 
brauch unteischeidet  zwischen  ersuchen  und  bitten,  jenes  ist  lässiger, 
kälter,  dieses  dringender,  vertrauter;  der  vornehme  wird  den  ge- 
ringern lieber  ersuchen  als  bitten,  der  geringere  den  vornehmen 
eher  bitten  als  ersuchen,  doch  ein  natürlicher  stil  kann  sich 
beider  Wörter  ungezwungen  bedienen. 

8)  die  ältere  spräche  setz4e  ersuchen  noch  in  andern  fällen, 
wo  uns  das  einfache  suchen  genügt:  man  musz  faren  lassen 
die  glossen,  die  fiber  unserm  text  mit  groszem  gewalt  er- 
sucht sind.  LcTHER  1,98*;  darumb  ist  solches  ersucht  ant- 
wort  der  Juden  nur  ein  vergeblich  wehrwort,  das  sie  nur 
nicht  stille  schweigen.  2,241';  sihestu  abermal,  das  eitel  er- 
sucht und  erticht  ding^und  zusatz  ist  mit  dem  geist.  3,71*; 
man  sihet  wol,  das  es  eitel  ersucht  ding  ist  und  im  nicht 
viel  am  glauben  und  gottes  wort  gelegen  ist.  3,  65';  alle  sein 
fürnemen  ein  ersucht  ding.  3,  501' ;  gott  w  ird  solche  geringe 
ersuchte  mangel  wol  heilen,    br.  4, 3S3 ; 

gnad  ersuchen.    Risgwald  laut.  warh.  36.  92; 
ohn  ablasz  suchet  got,  erforschet  seinen  bund, 
ersuchet  seine  gnad,  gehorchet  seinem  mund. 

Weckhekux  230; 

die  thorheit  wird  sich  zwar  damit  beleidigt  sehn, 

was  sie  an  mir  ersucht,  mag  ihr  zum  schimpf  geschehn. 

GC!«THKa  516. 

9)  ersuchen  hatte  ehedem,  obschon  selten,  die  bedeutung  von 
reizen,  erregen,  gleiclisam  hervorrufen :  dasz  ihr  kein  speis  soll 
geben  werden,  die  den  leib  ersucht  oder  belastet,  als  mit 
gewürz,  guten  biszlein.  Paracelsus  1,  701';  unter  erfrettelen 
wurde  eine  stelle  aus  Garg.  lOl'  angeführt,  «0  es  hdsxt  den 
durst  ersuchen. 

10)  in  der  geriditssprache  war  peinlich  ersuchen  so  viel  als 
foltern:  dazu  mit  scharpfer  torlur  und  bedrawung  peinlich 
ersucht  und  angegriffen.  Waldis  psalter  vorr.  aa3'.  vgl  zu 
straf  ersuchen,  quaerere.  Maaler  118*.  eine  schuld  ersuchen 
lucfz  aber  sie  eintreiben,  exigere.    Scnsi.  3, 192. 

U)  sich  ersuchen,  sich  versuchen,  experiri,  andere:  aber  ein 
bergkmann  dermühet  und  dcrsuchet  sich,  schevset  auch  kein 
gcfahr.    Matiiesiüs  141*  =  1560,  201*. 

KßSUCHE.N,  li.  rogatus,  jtrcccs. 

65 


1027   ERSUCHENSVVETSE  — ERTAPPEN 

ERSLCHENSWEISE,  jvecario,  biUneise.  Bütschkt  tanz/.  291. 

EBSL'CHER,  in.  scnlator,  inquisitor.    Maaler  118'. 

ERSUCHSCHREIBEN,  n.  litcrae  rogatoriae:  orsuchschreiben 
timb  ahwendung  eines  durcbzugs.  neue  kricgscanzlei  Dresden 
1677  s.  113. 

ERSLCHUNG,  f.  1)  scntl^io,  inquisüio:  ebenso  bette  ich 
auch  auf  die  nehesten  ersucbung  meines  brieves  halben  im 
wol  mit  einer  solcher  antworl  über  die  schnauszen  zu  bawen 
genusl.  LcTHKR  4,533';  ist  sonst  von  mir  in  ersuchung  der 
qualiteten  ein  recht  salz  an  stal  der  erden  darin  gefunden 
worden.    Thcbneisser  von  irasfem  205. 

2)  rogalus:  auf  ersuchung  vornehmer  leute.  Opitz  jmH.  s.  \ ; 
wir  haben  driimb  angchallcn  und  ersucbung  gelban.  Schock 
sfiirf. /com  H  4 ;  einer  entschuldiget  sich  des  Verdachts  wegen 
nicht  bescbebener  brieflichen  ersuchung.    Bütschky  kanzl.  63. 

ERSl-'CHUiNGSBRlEFE, /ileraesutsjdta/cs.  Stieler  239.  Frisch 
2, 355. 

ERSUDELN,  maculare,  inquinare: 

die  geistlich  h5nd  ersudeln  sich 
im  türsienhlut  vcrmessenlich. 

Fischart  ermanung  an  die  bundpnhsller  v.  49. 

ERSCNDIGEN,  «mprofce,  flagüiose  oblinire :  noch  schmeichel- 
hafter musz  es  sein,  wenn  man  die  Überzeugung  damit  ver- 
binden kann,  diese  belohnung  verdient  zu  haben,  sie  durch 
den  eifer  verdient  zu  haben,  die  verscheuchte  lügend  der 
v.e\l  an  der  band  der  ihr  geweihten  muse  zuzuführen,  nicht 
aber  durch  einen  zügellosen  v\itz,  \\elcber  himmel  und  silten 
lächerlich  macht,  sie  ersündigt  zu  haben.  Lessing  3, 213. 
Stieier  2241  geld  ersündigen,  strafe  ersündigen,  vgl.  ver- 
sündigen. 

ERSUSZEN,  rearcare,  versüszen.    Rädlein  257*: 

disz  und  viel  anders  metir,  von  Tartar  (Tirgctrafren, 
tröst  und  ersüszte  straclis  des  edlen  fräuleins  herz. 
Werders  .4r.  14,  3ti. 

ERSTVERMÄHLT,  ncurermihlt : 

der  abschieristag  brach  an, 

in  thränen  schmolzen  frau  und  mann, 

der  wajren  kam  schon,  bange  scene! 

in  tiefer  Ohnmacht  lag  die  ersivcrmahlte  schöne. 

BcRMANN  fabeln  'lü.  / 

ERSTVERMELDET,  erstgemcldel,  ebcngenannl. 
ERTAG.  m.  was  crchtag. 
ERTAGEN,    1)  dilucesccre,  tagen,  tag  werden: 
mild,  morgen  dö  f  j  was  ertagt.    Iw.  5867 ; 

*  ej  vcl  ertagete.    ]Vih.  750,  1 ; 

als  ej  vruo  was  ertaget.    Lanz.  7171. 

2)  gleich  dem  lag  leuchtend  crschäncn: 

so  ist  im  al  diu  snplde  ertaget, 
diu  im  oder  dcheinem  man 
an  einer  maget  erlagen  kan.     Trist.  24fi,  34; 
(ein  lop)  daj  blücjende  in  die  werlt  erläge.    Haipt  4,538; 
ab   lät   iuch    hiule  dise  cdeln  frouwen  überwinden,   diu  uns 
allen  ze  heile  und  ze  saildcn  ist  ertaget.    Berth.  279. 

3)  Ir.  judiäo  legüimo  oblinere:  das  hus  bette  er  darnach 
umb  das  gericht  kauft  und  mit  gericht  uszerclagef,  ertaget 
und  erwartet  für  sine  8  pfd.  pf. ;  nachdem  als  er  die  vorg. 
guter  mit  gericht  erwart,  ertaget  und  crkobert  bet.  urk.  von 
1417. 1420  bei  Oberliü  354.  ertagt,  tw  gericht  geladen.  Phil. 
lugd.  5.  29G, 

ERTÄNDELN,  nugando  oblinere. 

ERTANZEN,  sallando  oblinere,  quaestum  facere.  Stieler  225C : 
er  hab  »ein  bannen  thun  ertanzen.    H.  Sachs  IH.  3,24*; 
du  will  in   deiner  malzeit   mit  reichen  villeichl  den  hanen 
ertanzen.  Pelr.  16'.  72";  nichts  ertanzen,  rockenphil.  1,80; 

ein  bSr,  der  lange  zeit  »ein  brot  erlanzen  miisscn, 
entrann,  und  wählte  sich  den  ersten  aurcnthalt. 
Gf-llkrt  1,  42. 
ERTAPPEN,  deprehendere,  ergreifen,  erhaschen,  ermschen,  he- 
trclen,  Stieler  2257,  oß  mit  den  praep.  bei,  auf,  über,  in: 
fleuch,  ee  du  Ton  mir  wirst  crtapt.    fnstn.  479; 
ein  kaufmann  betten  sie  ersrhnapl 
und  in  dem  flnstcrn  wald  ertapl.    Wicira»  pi/j.  bl.  59; 
der  kindleinfresser  wolt  unn  haben  erdabt, 
to  bat  ihn  der  k4nig  erichlogcn.    Atrbr  357*; 
«on^len  dif  ftirh  nrihangen  rund, 
»olli  'l'P<'n, 

»1»  irh  dem  hund, 

da  •  1  thet  schnappen.    Sott AV  459; 

dm  ich  kein  Lcut  kan  mrr  erdoppen.    TL  Sachs  1,232*; 
leb  hob  In  bei  eim  ohr  erdapt.    IM.  3, 79\- 
dai  ich  «In  rauteb  drOber  entbt.    Firbh  armbr.  CV-, 


ERTAPPEN— ERTATTERN     1028 

heint  spät  auf  braunen  rappen 

der  mon  in  starkem  lauf, 

gunnt  niiiternacht  ertappen, 

mit  ernsten  triebe  draur.    Spes  trultn.  39  (40) ; 

kalzen,  die  auf  nichts  so  eifrig  sinnen  als  mause  zu  ertappen. 
pers.  baumg.  4,^i;  ich  hatte  aber  meine  sackpfeife  kaum  auf- 
geblasen, da  erdappte  mich  einer  aus  ihnen  beim  llügel. 
Simpl.  K.  40;  endlich  fügete  sich  nun,  dasz  der  heimbürgel 
das  folgepferd  bei  den  obren  erdappete.  pol.  maulaffe  102; 
und  solches  gern  verschwiegen  hätte,  wenn  ihn  nicht  andere 
dabei  ertappt  und  sein  gewissen  geschürft  hinten.  Felsenb.  1,52; 

hättest  du  mit  krummen  ranken   nach  des  nachbars  gut  ge- 
schnappt, 
hättest  du  wol  auch,   wie  mancher,  Naboths  weinberg  leicht 

ertappt.    Günther  hdti; 
berr  henker,  gute  nacht,  ihr  soll  mich  nicht  ertappen.    1039; 

als  ob  man  ihn  bei  einem  hochverraih 
unmittelbar  ertappet  hiille.    Wieland  4,  'Z%i; 

beschämt,  als  hätte  ihn 
sein  fcind  bei  einer  that,  die  keine  fremden  leute 
zu  zeugen  nimmt,  ertappt.    9,  46; 

schade,  dasz  ich  über  diese  lüge  sie  ertappen  musz.  Lessinc 
1, 168;  vorhin  ertappte  sie  mich  auf  eitclkcit,  jetzt  auf  eigen- 
liebe.    1,564;    wird   ein    streitender    ertappt,    dasz   er    unter 
seinem  schreilizeugc  knüllel  oder  keule  versteckt  liegen  habe, 
so  wird  er  auf  ein  jähr  landcs  verwiesen.  Klopstück  12,40; 
erfindung  hat  äugen,  fund  erlappts.  51;  die  strafe  hinkt  dem 
Verbrecher  nach,  bis  sie  ihn  ertappt.  Kant  5, 333;  einen  herrn 
von  Leibnitz  auf  fehlem  eriappen.  8,10;   beweise,  die  euch 
auf   eurem  eignen  gestündnisse  ertappen.    8,227;    wenn  ich 
dich   nur   auf   einer   spur  von  untreue  ertappe.    Fr.  MClleb 
3,327;  man  hat  ihn  auf  frischer  tbal  ertappt; 
und  das  biibchen  war  ertappt.    Cöthe  3,  34 ; 
und  doch  tadelt  ihr  mich  mit  recht,  n  muller,  und  habt  mich 
auX  halbwahren  werten  ertappt  und  halber  Verstellung. 

40,270; 

wer  was  besseres  will  als  er  hat,  der  ist  ganz  starblind,  ja 
ja !  lacht  nur,  er  spielt  blinde  kuh,  er  ertappts  vielleicht. 
aber  was?  17,24;  ich  tadle  mich  nicht,  wenn  ich  mich  auch 
in  dieser  eigenheit  ertappe.  20. 19 ;  ja,  aber  die  klugheit 
nicht  vergessen,  sie  haben  sich  heute  übel  ertappen  lassen. 
Schiller  635*;  dasz  er  nichts  recht  ertappt  habe.  Fichte 
nacbg.  «•erA:e  1, 132;  Albano  ertappte  darin  (in  der  roriibrr- 
eilendcn  sänpc)  im  vorübereilen  nur  einen  scharfen,  gleich 
einem  dolche  gezognen  blick.  J.  P.  Tit.  2, 25.  zu  bemerken 
Lessings  arc.  nach  über.     s.  tappen. 

ERTASTBAR, /onjiti/is.'  erlastbar  ist  er  nicht.  Fichte  nocTig. 
werke  1,  20. 

ERTASTEN,  l)  allingere,  conlrectare,  belasten,  berühren  : 

mild,  swie  grö?,  swic  laue,  swie  breit  ein  wall 

ist,  den  e^  {'las  lliier  Aniilopuft)  mit  dem  selben  hörn  ertastet, 

wie  schier  ej  den  hat  mit  gewalt 

in  kurzen  tagen  verwüestct  unt  vcrwastct.    MSH.  2,379*. 

nhd.    welches  das  ander  dan  ertast 

biiider  dem  ofen  oder  auf  der  pank.    fasln.  395,31; 

ertast  ihn  und  slicsz  ihm  zu  Ion  ein  degen  in  sein  bnist. 
Frank  vellb.  190'. 

2)  taiigendo  peiripere,  palpare :  der  blinde  kann  es  nur  er- 
tasten; ich  weisz,  dasz  du  blind  bist,  du  sollst  es  auch 
nicht  ertasten.  Fichte  nachg.  weike  1.11;  sich  seine  begrilTe 
langsam  und  sicher  ertasten.  Herper  19.31;  da  kriecht  er 
nun,  und  ertastet  sich  mit  mühe  in  monaten  den  kümmer- 
lichen plan  seiner  schlafkammer.    Lichtenberg  5,  341. 

ERTATTERN,  ERTADERN,  sluinre,  trelclw  Schreibung  der  von 
erdattern  sp.  746  vorzuziehen  scheint,  schon  mhd. 

und  dd  man  den  brlef  gelas, 

(\h  enatröt  wip  und  man 

und  .sähen  vaslo  einander  an.    C.l.  2,449; 

nhd.  summa,  er  wonet  in  einem  liecht.  darzu  niemant  kom- 
men mag.  ja  wer  einen  plick  in  dise  sonnen  thut.  der  er- 
ladeit  uiul  erstirbt  also  darab,  dasz  er  niemant  davon  sagen 
kan.  Frank  </i(/(iinarf/i  39';  es  würend  noch  unendliche  ding 
zu  melden  und  wenn  ich  die  sagen,  wird  die  ganz  well 
darab  erlallern.    der  verzucket  Va,<iquinus  1543  fs*; 

und  olsoglelch  ertntlcrt  stund.    H.  Sachs  I,  891*; 

der  müller  ertodert  halb  todt 

stund.  1.  49l*i 

»rh.Ti    ' -" '■"■■    ■'■-  '■>"'  *■""'•• 


Ich 


SP«  riiitiH.  229(151). 


1029 


ERTAUBEN  — ERTOBEN 


ERTÖBLEN  — ERTÖNEN 


1030 


ERTAUBEN,  obsurdcscere,  siupore  opprimi: 
mild,  ir  röter  muat  hat  mich  verwunt, 

daj  ich  in  rehter  liebe  bin  ertoubet.    MS.  1,-14*; 

nhd.  die  Schlüssel  klingeln  disea  schlüsselfeinden  ubel  in 
den  oren,  aber  man  musz  sie  ihnen  zu  leid  nur  des  mehr 
erklingein,  bis  sie  erdauben.  bienenLU';  hingegen  dermönch 
versatzt  ihm  mit  dem  creuzslock  so  ein  unsaubers  zwischen 
den  hals  und  halskragen  aufs  acromibein,  das  er  ertaubet 
und  schwindelet  und  nichts  umb  sich  selbs  wüst,  ob  er  ein 
knüblin  oder  meidlin  wer.    Garg.  254'; 

in  narrheit  ist  all  weit  erdaubt, 

elm  ieden  narren  man  ietzt  glaubt.    Philatid.  2,  4S4. 

ERTAUBEN,  surdum  faccre,  oblundere,  (urbare,  betäuben: 
mhd.  so  wirl  diu  sele  ertaupit.    Diemer  349,  4  ; 
nhd.   und   alle   menschen   ertäubt    er  mit   seim  disputieren. 
Wickram  rollw.  34; 

{die  lituie)  tracht  nicht  wie  sie  die  obren  füll 
und  leut  erdäub.    Fischart  ijeisll.  lieder  98; 
ein  urlheil,  das,  wenn  ichs  nur  Überhin  erwege, 
mir  blitzen  durch  das  herz  und  rauhe  donnerschläge 
durch  mark  und  glieder  jagt,  das  den  erschreckten  geist 
ertaubt  und  aus  der  band  die  leichte  feder  schmeiszt. 
Grtphics  2,  609. 
schimz.  erzürnen.    Gottbelf  erz.  1,  28.  209.     vgl.  ertoben  1. 
ERTAUSCHEN,  commutare,  einlauschen.    Stieler  2265. 
ERTEIGEN,  fracescere,  teig  werden.  Stieler  30S :  erteigende 
biruen,  äpfel. 

ERTHEILEN,  ahd.  arteilan,  irteilan,  mhd,  erteilen,  ags. 
ädfflan,  dls.  idfilian.  heute  auf  die  bedeutung  des  austheilens, 
zutlieilens,  impertiendi  cingeschriinkl,  trährcnd  für  die  des  entschei- 
dens,  bestimmens,  decernendi,  judicandi  urtheilen  eingeführt  wurde, 
doch  hat  die  Bamb.  halsger.  ordn.  von  1507  noch  art.  241 :  als 
du  mit  urteiln  und  recht  zu  der  mordacht  erteilt  worden 
bist,  man  sagt  einem  antwort,  bescheid,  auskunft,  rath,  lob 
oder  tadel,  verweis,  ein  amt,  ein  gut,  ein  recht,  einen  nanien, 
orden,  adel,  titel,  die  erlaubnis,  die  freiheit.  den  ablasz, 
segen,  abschied  ertheilen; 

es  ist  ein  beilsam  arzt,  der  solche  salb  ertbeilt, 
die  alle  wunden  schmiert,  nie  aber  keine  heilt. 
LocAU  3,  217 ; 
dem 
sein  gott  von  allen  gütern  dieser  weit 
das  kleinst  und  gröszte  so  in  vollem  masz 
enheilet  habe.  Lessinc  2,  238; 

ablasz  ist  uns  ertbeilt  für  alle  schulden.    Schiller  429* ; 
seltsam :  mein  herze  neigt  sich  dir.    ertbeil  mich  des  beschieds, 
dasz  ich  guad  haben  soll.  Fleii^cg  29 

für  ertheile  mir  den  bescheid. 

EKTHEUERN,  care  emere:  das  er  euch  durch  sein  blut  er- 
theuret  und  erarnet  hat.  Luther  8,  lOS'  =  br.  5, 538.  mit 
eide  ertheuern  =  betheuern.  Haltaus  410;  zu  den  heiligen 
ertheuren.  Brandenb.  kammerger.  ordn.  1516. 

ERTHÜREN,  forcs  aperire,  so  wie  das  einfache  thüren,  türen 
fures  aperire  vel  claudere.    idiot.  bernense  6S'. 

EHTHÜRME.N,  exaggerare,  aufthürmen:  sie  erthürmten  sich 
stufen.    Herder  2,  97. 

ERTHÜRUNG,  erüfnung:  auch  verstieg  er  sich  in  derselben 

plätterkunst    {des  karlenspiels)  und  augenrechnung  also  hoch, 

dasz  er  beides  in  der  theoric  und  practic,    in  ertiining  und 

erbrechung   derselbigen  vortreflich  ward  berümt.    Garg.  175". 

ERTIEFEN,  deprimere,  vertiefen: 

je  mehr  hernach  der  wind  stark  in  die  wellen  webet, 
je  mehr  wird  deren  grösr  erliefet  und  erhöhet. 
Werders  Ar.  24,9; 
in  meinen  gedanken  erliefet,    norrf.  Robinson  2,  5. 

ERTILGEN,  bei  Stieler  22S5  ab  tncensione  Itberare,  was  be- 
stdtigung  verlangt,     ein  feuer  tilgen  ist  löschen. 

ERTOBEN,  dclirare,  insanire,  ahd.  artop^n,  mhd.  ertoben: 
ich  was  irtdret  und  ertobet.    Dieber  304,  9; 
diu  d«s  niht  tuot  diu  ertobet.    Lanz.  5S90; 
min  lip  von  liebe  raac  ertoben 
swenne  ich  da;  allerbeste  wip 
so  gar  le  guote  htcre  loben.    MS.  1,  78'; 
ich  muo;  ertoben.    MSH.  1,31*; 

Günther  was  so  s(5re  erzürnet  und  ertobt.    Nib.  2295,2; 
dis  was  ich  nähe  in  leide  ertobet 
und  sa;  aldi  versunnen.    Ir.  ir.  I8S50. 
in   dtrsem   sinn   ist   nhd.    ertoben    ungeuühnlieh  und  durch  das 
einfache  toben,  rasen,  wüten  vertreten,   könnte  aber  leidU  wieder 
eingeführt  werden,  vgl.  ertauben  und  verloben. 
2)  refl.  sich  ertoben,  in  wul  geraten: 
nu  het  sich  einer  n:°ih  ertobel 
vor  Zorn  und  vor  leid«,    kindlieit  Jetu  b.  Hahn  86*; 


der  müe?e  sich  erwüeten 

und  iemer  ewecliche  ertoben,    tr.  kr.  3092, 

ffo  das  sich  auch  auf  erwüeten  beschränkt  werden  könnte; 

und  ertobet  sich  des  Willehart, 
der  min  vieni  ist.    MSH.  3,  2öi)*. 

ERTÖBLEN,   süum   ducere,   sdümmeln,   eigentlich  taub,   leer, 

unbraudibar  werden.    Stieler  2262:    den  verlegten,  ertübleten 

oder    verschimleten    in    finsternis    das    liecht    wider    geben. 

Avextin  rorr.     taub  und  toben  mögen  gleiditcol  verwandt  sein. 

ERTÖDTEN,  occidere,  exstinguere,  ahd.  artödan,  vüid.  ertcefeu : 

*  lie;  ich  mich  ertoeten.    Neifes  37,  33; 

dir  des  tödes  sigenunfi 

Sit  ertöte.    Bari.  5«,  7 ; 

darnach  wirt  ertcpdel  Crist.    74,  15; 

ertnetet  und  darnach  begraben.    Silo.  4015; 

gepinet  und  ertoptet  wart.    4119. 
nhd.  des  sun  erlödt  mit  seinem  pferd 

der  Witwe  sun.    Scuwarze?iberg  117,  2; 

lu  schwerer  arbeit  man  si  not, 

manch  knab  von  ammen  ward  ertödt.    156,  1 ; 

Lucretia,  die  keusch  und  frümb 

sich  selbert  ertödt  drümb.     169,  I ; 

fahent  mir  inen,  wann  niemer  wird  mir  wol,  ich  hab  in 
dann  ertödtet.  Aimon  b2';  hab  ich  euch  ewern  sune  Lohern 
durch  mein  hoffart  ertödtet.  c3';  wann  er  hat  drei  unser 
gesellen  ertödt.  a4';  mäniicher  man,  warumb  habt  ir  mir 
die  meine  ertödt?  das.;  warumb  wiltu  denn  meine  seele  in 
das  netze  füren,  das  ich  ertödtet  werde?  iSam.  28,9;  als 
die  sterbenden  und  sihe  wir  leben,  als  die  gezüchligeten 
und  doch  nicht  ertödtet  (goth.  sve  talzidai  jah  ni  afdau{)idai). 
2  Cor.  6,  9 ;  bis  das  vollend  dazu  kemen  ire  mitknechte  und 
brüder,  die  auch  sollen  noch  ertödtet  werden,  gleich  wie  sie. 
offenb.  6, 11 ;  von  discn  dreien  ward  ertödtet  das  dritte  teil 
der  menschen.  9,  IS ;  Jacob  flöhe  für  seim  bruder  Esau,  das 
er  nicht  ertödtet  würde.  Luther  3,  393  ;  alles  ertödt  und  aus- 
triben,  die  statt  mit  frembdem  volk  besetzet.  Frank  chron. 
210';  sie  ertödten  ein  menschen  und  aus  seinem  niderfall, 
bluten,  zerhawen  glidern  verkündigen  si  zukünftig  ding.  welü). 
78* ;  do  sach  man  schinden  und  ertötten.  Thurneisser  archid.  14 ; 

sie  hat  sich  selbs  ertödtet, 
0  weh  der  groszen  not.    .4m6r.  Ib.  365,  69; 
gestern  war  ein  freudenfest,  drauf  ward  in  der  späten  nacht, 
eh  es  jemand  hat  gesehn,  eine  Jungfer  umgebracht, 
einer  ist,  der  sie  vermutlich,  alle  sagens,  hat  ertödtet, 
dann  so  oft  er  sie  berühret,  hat  die  leiche  sich  erröthet. 
LocAD  3,  87,  56; 
ob   es   recht   oder  unrecht   gethan,    den   leichtfertigen  ehe- 
brecher  so  plötzlich  zu  überfallen  und  zu  ertödten?  Felsen- 
burg 2,31$;  vier  Wochen  regen  um  einer  ertödteten  schwalbe 
willen.    Tockenph.  5,31;    das   ertödlende   geschrei   (des   esels). 
Lichtwer  fab.  2, 13 ; 

so  ertödie  den  schrecklichen  Vorsatz!    BirRCER  249*; 
ihr  möszt  gewaU  ausüben  an  euch  selbst, 
die  angestammte  tugend  zu  ertödten.    Scuiller  53^*; 
alle  sind  sie  sehon^ertödtet.    Götub  41,  142; 
auf  den  nasseren  stellen  ist  die  pflanze  ertödtet. 

ERTÖDTUNG,  f  exslinctio :  von  der  ertödtung  der  Sinnlich- 
keit. \yiELASD  1,  73 ;  ertödtung  aller  irdischen  leidenschaflen. 
1,127;  nur  durch  ertödtung  des  thierischen  menschen  wird 
der  geistige  ins  leben  geboren.  27,265;  es  ist  eine  wahre 
ertödtung  des  alten  Adams,  wenn  wir  unser  besondres  ver- 
dienst aufgeben.    Göthe  50, 115. 

ERTOLLEN,  furerc:  diese  aliena  sapientia  ist  ein  schwin- 
delgeist,  der  da  täubt  {tobt)  und  ertollet  wider  alle  mensch- 
liche art.  Paracelsus  2,371*;  gleich  als  einem  narren,  der  die 
sonn  ansieht  und  erblendt  dran,  also  ertollen  sie  auch.  2,166' 
ERTÖNE.N,  sonare,  ersdiallen,  reboare.    Maaler  11s'. 
1)  in/r.  der  wald  ertönt  vom  gesange  der  vögel ;  ringsherum 
ertönen  glocken;  seine  stimme  ertönt;  wider  die  zuckenden 
Wulf,  dasz  uf  discn  tag  und  ins  end  der  weit  ir  manhaftigs 
geschrei  ertönet.  Schade  so/,  h. /xis^.  3.  28 ;  und  diesen  felsen 
von   einem   manne  hätten  die  Athenienser  verachten  sollen, 
weil  die  wellen,  die  ihn  nicht  erschüttern  können,  ihn  wenig- 
stens ertönen  machen?    Lessi.nc  6,400; 
laszt  glnser  ertönen 
zur  ehre  des  mais !    Höltt; 
gleich  des  waldes  erstem  frühlingslaut 
enönt  die  langrergessene  hier  wieder.    MattuissoN; 
de?  Jahres  letzte  stunde 
ertollt  mit  ernstem  schlag.    Voss  4,  95; 
klinget  becken,  en  ertöoel    Göras  40,  421. 

65* 


1031 


EIITOREN  — ERTRAGEN 


ERTRAGEN  —  ERTRÄNKEN 


1032 


2)  Ir.,  mhd.  erschellen: 

ertönet  sein  lob,  erden  !  tönts  sonnen  !    Messias  20,  471 ; 
0  ihm,  dem  mit  entzncknn? 

harmonie  des  pcsiiniheers  emporsteigt, 
und  erzengel  entllammendes  lob 

io  dem  anschniin  ertönen, 
0  lispl  auch,  mein  gesang,  sein  lob  dem .'    20,  G40. 

ERTOREN,  erthorcn,  slullum  esse,  dcsipcrc,  mhd.  crlurcn : 
daj  ich  so  gar  crlürct  bin.    Waltu.  90,25. 

ERTÖFiEN,  bethören,  infaluare: 
wan  kumet  er  dar,  des  war  ?r  wirt  ertft>ret.    Wai.th.  20,  (i; 
nach  der  vil  werden  minne  din 
Wirt  manec  wip  erta-rei.    ir.  kr.  29132. 

nhd.  der  hat  vil  proplietcn  ertöret.    Keisersb.  tilg.  190". 

ERTOSEN,  slrejx-rc: 

nahe  hör  ich,  wie  ein  rauschend  wehr, 

die  Stadt,  die  völkcrwimmelndo,  ertosen.    Schiller  lOS*. 

ERTRABEN,  loUilim  irtredendo  oblinere: 

spanisch  geld  wir  allzeit  ertrahcn 

vor  allen  spanischen  raben.    Weller  licdcr  des  SOj.  kr.  19. 

ERTR.\CHTEN,  excogitare,  erdenken,  ersinnen,  ahd.  irtraUlün: 
ni  mag  man  thnj  irdrahiön, 
noh  niaiiiies  muat  iralilön.     0.  V.  22,9. 
mhd.  siin  elliu  wisheit  ist  ein  wiht, 
die  herzen  sin  ertrahten  kan, 
hat  man  zc  gote  minne  nilit.    IViiisb.  5,  2; 
[mi)  dan  menschen  herze  unde  sin 
immer  mohte  irtrahlen, 
irdcnkca  und  irahten.    IIacpt  5,  525; 
swaj  man  ouch  höher  wiize  kan 
ertrahten  und  erdenken.    Ir.  kr.  1965; 
nune  künden  sij  ertrahten  nie.    Trist.  SCI,  3t. 

nhd.  seltner:  ertrachten,  mit  trachten  erlinden,  excogitare,  ich 
hab  eigentlich  all  mein  unglück  erlrachtet  und  ermässcn, 
medilaia  sunt  omnia  mea  iitcommoda.  MaalerHS*;  und  darauf 
hochbenanntc  Statthalter,  kurfürsten,  fürstcn  und  stände  auf 
viel  gehabt  nachdenken  und  erwügung  gestall  und  gelegcnheit 
aller  Sachen  dieser  zeit  kein  trostlicher  höflicher  mittel  haben 
ertrachten  kunnen  u.  s.  w.  Llthers  6r.  2,  335;  nüw  peen  und 
marler  ertrachten,  neue  strafen  ersinnen.  Riedrer  spiegcl  der 
reüwrik  24'.     beule  ganz  ungewöhnlich,  vgl.  betrachten. 

ERTRAG,  m.  quaeslus,  fructus:  der  ertrag  des  gutes,  des 
geschäfls,  ackers,  feldes;  der  erfrag  eines  Jahres;  der  reine 
ertrag ;  ertrag  einer  forschung.  früher  auch  für  vertrag,  aus- 
trug: solchen  ertrag  desto  fester  zu  hallen,  hat  er  seinen 
söhn  zu  geisel  gesetzet.    MicrXlius  2,  2S0. 

ERTRAGBAR,  lolcrabUui,  erträglich:  das  unerträgliche  er- 
tragbar machen.    Göthe  32, 178. 

ERTRAGEN,  fcrre,  ficrfcrre,  erscheint  weder  ahd.  noch  mhd. 

1)  forttragen,  außebcn,  weil  das  tragen  ein  heben  ist:  daher 
kummet  es,  das  ein  böser  geist  kan  einen  groszcn  felsen 
ertragen  als  ein  vögelin.   Keisersberg  omeisz  54'; 

nechten  sähe  ich  ein  groszen  raben, 

der  führt  hinweg  ein  kleinen  knaben. 

er  sprach,  wie  mag  das  müglich  sein, 

dasz  in  ein  rab  ertrüg  allein?    Walois  3,  9G; 

wer  dann,  wie  got  wil,  fischt,  fischt  redlich  an  dem  t*gc 

und  fängt  auch,  dasz  sein  schif  den  ILschzug  kaum  ertrage. 

LocAU  1,  2uj,  47; 
dai  ft^uenzimmer  kan  wol  centnerlast  ertragen, 
kein  gliedmasz  haben  sie,  es  musz  behangen  sein 
von  tausend  mancherlei,  so  mir  nicht  kommet  ein. 

jitngfernanatomie  s.  110; 

daselbst  fieng  ich  an  so  gro.szc  stein  hinein  {in  den  sce)  zu 
werfen,  als  ich  sie  immermchr  ertragen  kontc.  Simpl.  K. 'H); 
und  was  ich  von  steinen  ihrer  grösze  und  schwere  halben 
nicht  ertragen  mochte,  das  walgert  ich  herbei.    741. 

5)  tudinere,  tolerare,  vertragen,  weil  das  dulden  ein  tragen  ist 
(fero,  luli  «■  goUi.  |iula,  tolero,  vgl.  tollo) :  und  das  land 
mocbts  nicht  ertragen,  da»  sie  bei  einander  woneten.  1  Mos. 
13,6;  ich  vermag  das  volk  nicht  allein  alles  ertragen,  denn 
CS  ist  mir  zu  schwer.  4  Mos.  ll,  11;  denn  ich  fürchte  got 
wie  ein  onfal  tiber  mich  und  kdndlc  seine  last  niclit  er- 
tragen. Iliob  31,23;  ein  land  wird  durch  dreierlei  unrflgig 
und  da«  vierde  mag  es  nicht  ertragen,  spr.  Sal.  3o,  21;  für 
seinem  zorn  bebet  die  erde  und  die  beiden  können  sein 
drewen  Dicht  ertragen.  Jer.  10,10;  meinstu  aber  dein  herz 
muge  CS  erleiden  oder  deine  hcnde  ertragen  zu  der  zeit, 
wenn  ich»  mit  dir  machen  werde?  f,':.  21, 14;  welche  Verfol- 
gung ich  d«  ertrug  {goth.  hvileikös  vrakös  u)it>uiaida).  3  Tim. 


3,11;    kriegsarbeit  leiden  und  ertragen.    Maaler  US*;    sauf, 
dasz  dus  ertragen  kanst.    Melasoer  1  n*99; 
des  herren  ist  die  erd  allein 
und  alles  was  in  ihr  k:iii  sein, 
der  wellkreis  und  was  ihn  besitzt, 
zum  griuide,  der  den  bau  ertregt  {suslinel,  trägt), 
hat  er  die  weite  see  gelegt.     Opitz  ps.  47; 
ein  jeder  tag  erträgt  sein  eigne  plag  und  sorgen. 
LocAU  1,  198,  II ; 
ich  kann  hilzc,  aber  keine  kälte  ertragen; 
was  litt  ich  nicht  von  ihm !  was  büit  ich 
nicht  gern  ertragen!    Lessing  2,  .  .  .; 
weh  ich  ertrag  dich  nicht.    Götur  12,  34 ; 
bezwinget  euch,  ertragt  es  wie  ein  mann!    Scbillk»  523*; 
ertragen  musz  man  was  der  himmel  sendet, 
unbilliges  erträgt  kein  edles  herz.    520'; 

mäszigung!  ich  habe 
ertragen,  was  ein  mensch  ertragen  kann, 
fahr  hin,  lammherzige  gelasscnheit!    42V; 

verspricht  er,  als  christlicher  elimann, 
freudc  mit  ihr  und  tummer,  wie  gott  es  fiigt,  zu  ertragen? 

Luisü  139. 

3)  ertragen,  antragen,  austragen,  betragen:  das  gut  erlr.'if;! 
wonig  an  geld;  die  nutzung  ertregt  die  arbeit  nit,  fructus 
non  rcspondcl  labori.  Maai.er  lls';  dasz  solch  pfand  die  haupt- 
sunimen  nicht  ertragen  konte.    Frankf  ref.  1,45,18; 

weil  das  gut  .  .  .  die  järlich  zinse  nicht  erträgt. 

RiriGWALD  t.  warh.  39; 

es  thut  zebcn  gülden  ertragen.  Atrer  161'; 
ich  hab  diese  pelz  überschlagen  und  befunden,  dasz  sie  ellich 
hundert  gülden  ertragen.  Zinkgr.  2,  38 ;  kritzle  ein  blätlchen 
voll,  das  nichts  darstellt  und  doch  mir  so  unendlich  werlh 
bleibt,  weil  es  mich  an  einen  glücklichen  augcnblick  erin- 
nert, dessen  Seligkeit  mir  diese  stümperhafte  Übung  ertragen 
hat.    GöTUE  IC,  201. 

4)  man  sagte  vormals:  sich  wol  ertragen,  sich  wol  beßnden, 
gphnl)en.    Maaler  llS*. 

EUTRAGENLlCn,  tolcrabilis,  wofür  heute  nur  das  folgende  gilt. 

ERTRÄGLICH,  leidlich:  gewohnheit  macht  alles  erträglich; 
einander  das  leben  erträglich  (leicht)  machen ;  wasser,  wonon 
ich  ein  erträgliches  lägel  füliete.  Felsenb.  1, 144,  ein  zietn- 
liclics?  oder  leiclU  zu  tragendes?;  eine  erträgliche  dirne  mit 
schwarzen  äugen.  Wieland  8,69;  das  abcndessen  war  er- 
träglich {passable); 

der  aberglauben  schlimmster  ist,  den  seinen 
fiir  den  erträglichem  zu  halten.    Lessing  2,  311. 

ERTRÄGLICH,  mediocriler,  non  male,  so  ziemlich:  sie  singt 
erträglich ;  zuletzt  lief  alles  erträglich  ab ;  Erncstine  befindet 
sich  erträglich,  und  ich  trotze  dem  stürm  in  meinem  schSdcl 
Voss  br.  2,  2^5. 

ERTRÄGLICHKEIT,  f.  1)  facililas,  patientia,  verträglirhkeil . 
duldsamkeil:  die  erträglichkeit  scheinet  im  anfang  so  bitter 
als  gift  zu  sein,  wenn  man  sich  aber  darzu  gewöhnet  hat, 
so  wird  sie  honigsüsze.  pers,  baumg.  4,  s ;  von  der  erträg- 
lichkeit gegen  die  schwachen,  überscliriß  in  MCllers  erquickst, 
s.  327. 

2)  mediocrilas,  tolcrabilis  conditio. 

ERTRAGSFÄHIGKEIT,  f  im  Verhältnisse  zu  seiner  ertrags- 
fähigkeil  ist  Europa  noch  lange  nicht  so  bevölkert,  dasz  die 
ernährungsmitlel  nicht  mehr  ausreichten. 

ERTRÄLLERN:  ein  liedchen,  wie  Anakreon  sang,  das 
einige  tausend  jähre  hindurch  menschen,  wie  wir  sind,  einen 
frohen  augcnblick  mehr  erträllcrn  hall.  Thümmel  2,308.  nach 
dem  refrnin  lustiger  licdcr  tralla,  Irallera. 

ERTRAMl'ELN,  conculcarc,  zertrampeln,     s.  ertreppen. 

ERTRÄNKEN,  das  Iransilivum  von  ertrinken,  alut.  irtren- 
chan,  irlranchia  (Graff  5,  542),  mhd.  ertrenken,  ersdufen. 

1(  das  ahd.  wart  drückt  aus  ebriarc,  incbriare,  trinken  machen, 
trunken  machen,  tränken ;  einen  im  wein  erircnken,  tinyrrt 
poculis.    Maai.er  lls*. 

2)  dcmerijere  in  aqua,  sanguine: 
mhd.  er  wurde  irtrcnkii  in  demc  mere.    llolher  3S59, 
Ich  Wille  di(  h  beii;en,  Urtlhere, 
irlrenkin  in  deme  mero.    SU.'iS; 

wnn  sie  in  ir  bluole  nu^en 
ersingen  uml  ertrenket.     A'iirt  69S.1; 

(lurh  »Inor  er  Ir  den  vnler  lAl 

und  ertrenket  ir  «lie  muoier.     Im-t  V.'W: 

die  hici;  Afr  unh^re 

erirenken  in  dem  mAro.    3!):ii 

de«  crircnko  luch  ein  wolkcnbrusil    HA.  2,  tc7. 


1033 


ERTRAUERN — ERTRETEN 


ERTRETTEN  —  ERTRUCKNEN 


1034 


fiM.  Zauberinnen,  hexen  werden  ertränkt ;  wenn  sie  uns  in  eini 

leffel  künden  erlrenken,  sie  thetens  gem.    Schade  3,101; 

als  grosze  sfind  nam  überhand, 

ward  sclinell  erdrenliel  alles  land.    ScnwARZE:«BERG  100, 2. 

3)  reß.  mltd. 

dar  ich  mich  welle  ertranken  in  disen  ünden  breit. 
üib.  1470,2; 

ein  stechel  risc  zetal  ich  Her 

gfin  einem  wa^jer,  da?  was  tief, 

durinn  wolt  ich  ertrcnket  hän 

mich,    da;  was  doch  missetäu.    frauend.  3CC,  1 ; 

daj  si  sich  hcukcnt  oder  ertrenkent.    Renn.  3SS4. 
nlid.  welches  ich  im  Siegestrome  ertränkt  hatte.   Lohenstein 
Aitn.  1,  2. 

4)  vneigailUchj  ich  han  so  vil  gürtel  nnd  peutel,  ich  wöite 
in  darinne  erlrenken.  Stkixhüwei.  dec.  ISO,  12;  wa  ertrenkt 
{löscht)  man  das  liccht?    Garg.  52'; 

dasz  ihr  Ancirr  bliit  mit  blute  gänzlich  zu  verwaschen  denkt? 
durch  geblüte  wird  die  räche  nur  ernähret,  nicht  ertränkt. 

LocAü  3,  101,  12; 
den  männern,  die  auf  weiber  schmäien, 
wenn  sie  der  nachbar  sittlich  macht, 
o  denen  kann  Crispin  erzählen, 
der  wein  ertränke  den  verdacht.    Hagedorn  3,  48; 
ihr  freunde  zecht  wie  unsre  väler  zechten, 
sie  waren  alt  und  klug  genung, 
und  manchen  zank,  bei  dem  wir  söhne  rechten, 
ertränkten  sie  im  rcihentrunk.    3,  100; 

klagen  ertränkt  er  im  golde  der  reben.    Schiller  1'. 
ERTRALERN,  in  Itidu  esse: 

so  wann  Jungs  meidlin  ein  alten  nSra, 

ir  herz  müst  droh  ertrauren.    Garg.  92'; 

swelch  wip  ir  laet  ertrüren  an 

ir  minn,  düst  vaste  missetäu.    frauend.  375,3, 

sich  durch  einen  trauernden  liebhaber  zur  liebe  bewegen  läszl; 
wil  er  ir  da?  ertriiren  an 
daj  si  in  miune,  so  ist  sin  tumber  wän  vil  krank.    42S,  15. 

ERTR.XUMEN,  per  somnum  ridere,  fingere:  also  wenn  heuchler 
und  falsche  Christen  inen  selbs  in  irem  herzen  ein  gott  er- 
»rcumen.  MATnEsics  1562.  2is';  haben  neben  gnug  lesterlichen 
lügen  auch  die  alfenzerei  mit  dem  heiligthumb  und  den  sta- 
tionierern  erträumt.    Kirchhof  »renrfK/im.  435"; 

nie  wird  doch  dem  Ilektor  ein  jeglicher  wünsch  von  Kronion 

ausgeführt,  den  er  jetzt  sich  erträumete.    Voss; 

dasz  zu  Ulrichs  gartenräumen 

soll  ein  verslein  mir  erträumen  (oder  intr.  träumen?), 

ist  ein  wunderbarer  streich.    Göthe  4,  147; 

dies  herz,  du  kennst  es.  stets  von  gram  genährt 

und  thronen,  einem  grausamen  geschick 

zum  raub  dahin  gegeben,  sollt  es  sich 

der  liebe  eitle  schmerzen  noch  erträumen?    Schiller  613'; 

das  hiesze  nichts  anders  als  einen  träum  erdichten  oder  er- 
iräumen.  i.  P.  herbslbl.  3, 159 ;  mein  erträumtes  glück  ist  dahin. 
ERTUEIBEN,  expellere,  vertreiben,  altd.  artripan  (Graff  5.484). 
mhd.  erlriben  nidd  zu  bezueifeln,  doch  unbelegt,  nhd.  ertreiben 
bei  Stieler  als  seltnes  uort  vom  treiben  der  feinde  und  des  vielies. 
ERTRE.Ni\E.\,  solvere,  zertrennen,  lösen:  schif  ertrennt  und 
aufgcthon.  Steishüwel  dec.  107,6;  die  belägerung  ertrennen, 
obsidionem  sohere.  Tacius  6.  Fronsp.  3, 228".  mhd.  ein  schaf 
(cimer)  niuwe  und  unertrant.    MSH.  3, 197". 

ERTREPPEN,  conculcare,  proculcare,  gehörig  zu  trappen,  trap- 
peln, trampeln,  dem  Tamerlan  waren  kindcr  mit  Ölzweigen  in 
weiszem  gewand  entgegengezogen:  aber  er  schaffet  dise  all  mit 
dem  reisigen  zeug  zu  ertreppen.  Fra!«k  chron.  198",  tro  am 
rand:  Tamerlans  zertrept  alle  kinder  und  jungfrewlin;  alles 
ward  verbergt,  venvüst,  zertrept.   496"; 

die  pferd  nach  ihrer  tollen  art 

an  ihren  herren  nit  gedachten, 

durch  schwere  slösz  sie  ihn  umbbrachtcn, 

zertrepten  ihm  den  hals  und  köpf.    Spreng  .\cn.  445', 
bei  ViRCiL  12,  529  proculcare.   so  musz  denn  doch  auch  betreppen 
maculare  1.1712  vom  besudeln  durch  das  treten  in  den  staub  ver- 
standen werden,     vgl.  treppe  und  treppen. 

ERTRETEN,  conculcare,  conterere,  mhd.  ertreten: 

da?  res  fr  mit  den  sporn  twanc 

unt  wolle  sumliche  ertr«ien.    Sertat.  2986; 

da;  was  wol  kunl  in  beiden, 

ob  81  zuo  gesprenget  hxten, 

da;  si  diu  ros  erlra^ten.    Karl  10120; 

man  hacic  f;  {das  kind)  vorwär  ertreten, 

wan  da;  zuo  ime  was  gpwPien 

ein  engel,  da;  im  niht  geschach.    Geo.  3203; 

*r  haete  si  fridcs  wol  erbeten, 

Ode  er  ha-ie  si  ertreten.    Haupt  7,  300; 


da  wart  solicb  gedrenge, 

da;  die  swachen  und  die  jungen 

ertreten  und  erdrungen 

vil  nach  ze  töde  wären,    a.  w.  3,  189; 

nhd.  CS  ist  gut  das  man  den  rossen  vor  und  ehe  man  sie 
auf  das  gras  spannen  wil,  alle  vier  eisen  abbreche  und  die 
hüf  (hufc)  beschneide,  das  sie  das  kom  nit  ertretten.  Sei- 
ter 12 ;  ertritt  mir  meine  hüner  nicht !  sagt  man  zu  einem  schlaf- 
trunl:nen  ; 

die  schlänge  die  man  trifl,  die  musz  man  wol  ertreten. 
LoHsnsT.  .Agripp.  62; 

den  blitz  hat  Dorainic  auf  Albens  fürst  erbeten 

und  selbst  mit  Montforts  fusz  der  ketzer  haupt  ertreten. 
Haller  69  (7S) ; 

ach,  aber  ach!  das  mädchen  kam 

und  nicht  in  acht  das  vcilchen  nahm, 

ertrat  das  arme  Veilchen.    Götbe  1,  ISO; 

den  kurzen  mit  ertretenen  hofnungen  bedeckten  weg  (unseres 
lebens).  J.  P.  Hesp.  1,  95 ;  iandkartensteine,  worauf  die  dunkle 
natur  kleine  ruinen  und  ertretene  städte  geätzt  hatte.  1,220; 
wenn  der  mensch  millionen  unsichtbare  kleine  herzen  mit 
den  füszen  ertritt.  paling.  1,108;  was  oft  räche  scheint,  ist 
blosz  das  harte  kriegerische  durchschreiten,  womit  ein  mann 
lercheneier  und  ähren  ertritt,  der  nie  fliehen  und  fürchten 
kann,  sondern  nur  anrücken  und  stehen.    TU.  1.  5. 

ertreten,  trie  die  beispiele  zagen,  sieht,  gleich  betreten,  immer 
transitiv,  während  das  einfache  treten  sowol  inir.  als  tr.  gesetzt 
icerden  kann,     es  gab  aber  daneben  eine  eigne  sdtwache  transilivform 

ERTRETTEN,  die  das  praet.  ertrcttete,  das  part.  ertrettet 
bilden  vtüste.  ahd.  liest  man  {Diul.  2,  337')  fortratta  prolerü, 
woraus  auch  artrettan,  artratta  sicher  gefolgert  werden  darf 

mhd.  so  hästu  gcnse  ertrettet  vil.    MSH.  3,  10*; 

so  Tast  da;  maneger  wart  da  von  ertrettet.  Lohengr.  2726. 
solche  tretten,  ertretten,  neben  treten,  erlrelen  angenommen, 
schwände  der  oben  sp.  945  getadelte  falsche  reim,  auch  Sertat. 
2985  begegnet  ertreten :  erreten.  wofür  besser  gescltrieben  würde 
ertretten :  erretten,  hinter  retten  brauclU  darum  kein  röten  zu 
stecken. 

ERTRIEFEN,  stillare,  deslillarc,  abtröpfeln :  man  wüschet  das 
fäszlein  sauber  aus,  lässets  ein  wenig  ertriefen.  Taberx.  s.  14; 
die  Sporen  ertriefen  {abtropfen)  lassen.  Frey  garteng.  cap.U; 
ich  netze  aber  die  wagschalen  mit  demselbigen  harn  und  lasz 
die  schalen  wol  wieder  ertriefen.  Thurneisser  prob,  der  har- 
nen 85;  das  giesz  darvon  fein  suber  ab  durch  ein  pfan,  die 
lüchlein  hab.  lasz  wol  ertriefen,  quinta  essentia.  Münster 
1570  bl.  117.  i»  Idzter  stelle  steht  ertreifen,  was  auch  ertreufen 
sein  könnte. 

ERTRINKEN,  demergl,  ersaufen,  das  in/r.  zum  tr.  ertränken 

mhd.  dös  half  mir,  da;  ich  nicht  ertranc, 

gedinge  üf  liebiu  mnere.    Hart«,  eistes  bi4chl.  1717  ; 
und  sollen  wir  alle  ertrinken  in  unserm  eigen  bluot. 

Mmotl  liill; 

nhd.  als  so  man  zu  vil  öl  in  ein  ampel  schulet,  so  ertrinkt 
das  liecht  darin.  KErsER^Sß.  xWen;;ar.  151"  (rj/.  ertränken);  einer 
der  ein  meitün  lieb  hat  und  also  darin  crtninken  ist.  omeis 
90';  in  der  liebe  ertrunken  sein.  pers.  baumg.  3,22;  in  Wol- 
lüsten ertrunken,  fers,  rosenth.  1,19;  in  allen  lästern  ertninken; 
in  der  erzbflbcrei  ertrunken ;  so  schon  bei  Blicker  vos  St.  17 : 
in  unwirde  ertrunken;  ertrunkene  diirfer,  ertrunkenes  land, 
ertrunkene  felder,  vom  wasser  überschwemmte ;  ein  morgenlied,  so 
schmerzenstillend,  dasz  die  thränen,  unter  denen  sein  herz  er- 
trank, den  schmcrzendamm  umbrachen.  J.  P.  uns.  löge  2, 136 
ERTROCK.NEN,  sice^scere,  s.  vertrocknen,  ertrucknen: 

wie  lacht  und  lobt  man  nicht?   doch  ändert  nicht  das  haus, 
zwo  thüren  weit  davon  winl,  wie  ein  fisch  am  sande, 
er  fern  von  seinem  volk,  ertrocknen  am  versL-uide. 
Haller  111  (124). 

ERTROMMETEN,  ERTRO.MPTEN,  buccinando  quaeslum  fatere, 
ertrompeten.    Stieler  2340. 

ERTROTZEN,  extorquere,  abtrotzen,  so  lange  trotzen,  bis  man 

seine  absieht  erreicht:  er  hat  es  endlich  ertrotzt.    Stieleb  332; 

vcrtraun  und  freundschafl  mit  gewalt  ertrotzen.    Güthe  0, 157. 

ERTRÜREN,  turbare,  affligere,  mhd. 

da;  si  hAt  erlrüebet  din  ril  scboeiK!  wIp.    Nib.  804,  2. 
nhd.  das  wasser  ertrüben. 

ERTRUCKNEN,  ertrocknen:  da  da;  pain  erlrukchnct,  gesla 
Rom.  K.  s.  51;  das  häw  sei  wol  erlrucknet.  pflanzb.  49;  salb 
ihnen  zum  andern  mahl,  lasz  ihnen  darnach  auf  ein  weisz 
gedeckfbctt  ligen  bisz  er  erdrücknet.  Bock  frrdH/erd.  30 ;  diesen 
reibe  mit  gutem  starkem  weincssig,  darnach  lasz  ihn  am  lult 


1035     ERTRUMZUMPLMPELEN  — ERVOLGEN 


ERVOLLEN  —  ERWACHEN 


1036 


wider  ertiiicknen.  Thlrneisser  «.  ofcÄ.  1,61;  so  sull  iiiun  es 
lassen  ertruiknen.    Fro?»sp.  kriegsb.  2, 191*. 

ERTRUMZIMPUMPELEN.    Garg.  79". 

sicli  ERTÜCHTIGEN,  tüclUig  machen. 

ERTCLPEN,  caedcre  puynis,  crdreschen.  Maaler  US*,  vgl. 
tülpen,  redlich  daruf  scLlahen.  411*.  Frisius  171*  schreibt  dül- 
peo  und  erdüipen,  vgl.  Sialder  1,  320  und  dalpen,  dilpe,  tölpel. 
tUc  Wurzel  twch  nidä  feägesteUt,  den  nddisten  ansprach  hat  ahd. 
li'lpan,  talp,  tuipim  »=  ags.  deifan,  deaif,  dulfon,  fudere,  da 
graben  teie  hauen  auf  harte,  bätiri'icfte  arbeit  ueist  und  ertülpen 
sehr  u-ol  erdreschen  oder  hauen  ausdrückt,  ein  dilpe,  tilpe,  tölpel 
ist  eben  ein  flegel. 

ERTÜRMELN,  tUubare,  taumeln,  s.  türmeln,  dürmeln,  ver- 
tiirmeln. 

ERÜBEN,  exercere,  agilare:  aber  die  allen  narren,  die  do  sind 
eriibt  (ausgeübt  1, 1007)  in  bosheit.  Keisersb.  bilg.  71';  ob  dir 
scbon  bannherzigkcit,  küscbeit,  gerechligkeit  und  dergleichen 
tagenden  ingegossen  werden,  noch  bastu  nil  ein  lust  sie  zu 
wirken,  du  inust  sie  vor  erüben.  93';  noch  kunipl  (/"lir  kument) 
sie  nit  lieht  an  gute  werk  wirken  und  den  lästeren  wider- 
ston.  bilz  das  sie  erübt  sind,  ebenda;  aber  wo  da  erübte, 
dapfere,  gesessene  menschen  scint,  die  da  schweigen,  da 
gedenke,  das  etwas  darhinder  sei.  i.  d.  m.  in' ;  so  wirft  der 
wind  etwan  berg  nider  oder  in  das  nicer  und  der  wind  üppiger 
eer  wirft  etwan  uinb  die  hohen  groszcn  frunimen  menschen, 
die  follen  lugenden  seind  und  eriible  menschen,  brösamlin 
52*;  denn  es  wirt  im  nit  säur  noch  hat  es  nit  erübet,  scelcn- 
parad.9l';  sich  ein  wenig  in  lugenden  hat  erübet.  127';  aber 
ein  frommer  erübtcr  miinsch,  der  furcht  nit  so  vil,  als  das 
er  gott  nit  erzürne.  151" ;  sie  sollen  sich  vor  wol  erüben  mit 
arbeiten.  Spinnerin  ii';  es  niusz  erübt  sein,  all  die  weil  ainer 
das  nit  tut,  so  lernet  er  es  nit.  d3';  und  noch  oß  bei  ditsem 
schrißstelier.     späterhin  und  licule  wenig  im  gebrauch: 

jetzt  noch  eruht  sich  der  fleisz,  von  glücklichen  kräften  be- 
günstigt, 
nicht  zu  verschmähende  kunst.    Clacoics. 

ERCBER.N,  1)  superesse:  es  erübert  noch  dasz,  reliqiium  est  ut. 

2)  reserrare.  übrig  behalten,  zurücklegen,  sparen:  möcht  man 
davon  üt  erübern,  das  viele  ouch  zuo  den  nützen  der  acht- 
zig marche.  Scureibers  Freib.  urk.  1,371  (a.  1347);  darbei  er 
sich  nit  gepessert,  weder  schlosz,  güeter,  erb  noch  aigen 
nit  erübert,  als  gegenwurtig  der  fürsten  rentmaister  geniei- 
nigklich  thun.  Chmel  urk.  Maximil.  s.  447 ;  wie  kem  ein  chr- 
lichs  ameiszlein  darzu,  das  fein  sperlich  und  gcnaw^  sein  haus 
zur  notturft  versorget  und  den  ihrigen  ein  schctzlein  erübert. 
Mathesiüs  2G*  =  1562,37*;  ich  habe  noch  ein  fasz  wein  von 
meiner  hochzeit  erübert.    Stieler  1374. 

ERÜBRIGEN,  gleiclt  dem  vorlurgelwndcn,  1)  es  erübrigt  noch 
die  frage  u.  s.  w. 

2)  ich  kann  keine  zeit  dazu  erübrigen ;  er  hat  keinen  heller 
davun  erübriget;  im  kriege  erübriget  man  nichts  als  unge- 
sundheit  und  wunden.  Stiei.er  1374 ;  Veit  hatte  so  viel  er- 
übrigt ,  dasz  er  ohne  beschwerde  seine  schuld  abtragen 
konnte;  übrigens  werde  wol  zuweilen  aus  der  armencasse 
etwas  für  das  kind  zu  erübrigen  sein.    Ahmm  kronw.  1,  2S. 

ERCBL.NG,  f.  agitalio :  dann  die  vil  bewegung  und  erübung 
des  Wassers  macht  es  geschlachler  und  frischer.    Seuiz  14. 

ERL.MB  für  herum:  das  er  seine  seele  erumb  hole  aus 
dem  verderben,    lliob  33,  20. 

ERÜMBHER,  herum:  nement  sich  einer  wisen  an  zu  hin- 
ken und  hüpfen  uf  drien  füsziin  umb  die  wend  erümbher. 
Keisersb.  bilger  14«'.     vgl.  erheimer,  crnacher,  erfürher. 

ERL'NTER  für  herunter:  da  werden  die  einhörner  erunter 
müssen.  Ei.  34,7;  die  hofTart  irer  macht  musz  erunler.  Ez. 
30,6;  darumb  musz  es  je  ein  unaussprechliche  gnade,  ja 
eile!  fewr  und  bnmst  der  liebe  sein,  das  er  sich  so  tief 
erunler  le'«zt.    Luther  6,  355*. 

ERVE,  f.  jdfum,  arvum,  it.  ervo,  6«  Stjeier  385  crt,  agt.  enrfe 
(«p.  713):  bonen.  enen  und  gerslen.  Ufpenbach  2,40;  crven, 
klee,  Wicken.  Taber^iakii.  1ü«2;  es  werden  jetzt  hin  und 
wider  in  unserm  allgemeinen  Tallerland  teulscher  nation  eine 
art  erbsen,  genannt  crven  oder  welsche,  in  groszer  anzahl 
ge;t9ft.    llouBEBC  3,  t,  136'; 

weh,  0  web  I  wie  hager  bei  mfimender  «rvc  der  Hier  l«t. 
Vo»«  yiryil  ect.  3,  100. 

ERVENV^CRGER,  m.  tcie  erbsenwurger 
KRVdLGEN,  im  mjlt.  noch  oß,  nach  mfut.  vei$f,  yesrhriebcn 
ßl  trruignn,  t.  6.  bei  Brakt  3ü,  12. 


ERVOLLEN,  l)  im^Aere,  erfüllen : 

mhd.  der  half  im  wol  ervoUeu  in  stürme  sinen  muot. 

Alt.  205,  3; 
ir  gebot  ich  ggrne  ervolle.    Wh.  291,  24. 

n/tJ.  dör  ervollet  daj  allej  sanipt,  daj  im  der  all  man  riet. 
genta  Rom.  K.  89;  hie  mag  ich  wol  den  segen  meins  vater 
ervollen.  99.  voc.  Iheut.  1482  g7*  scfireibl  erfoUen,  aber  auch 
erfüllen. 

2)  intr.  impleri,  voll  werden: 

mhd.  dem  ervollent  dicke  dougen.    Er*.  9787. 

ERVÖLLEN,  implere,  bei  Logau  auf  willen  gereimt,  kündigt 
sich  deutlich  als  erfüllen  an: 

wo  die  complimente  sind,  mangelt  was  gewis  am  willen, 
soDstcn  dörlten  wortc  nicht,  wann  nicht  mangel,  was  ervollen. 

2,  9,  30 ; 
den  himmel  zu  crvöllen,  denken  diese  gern  auf  kinder. 

2,  161,8; 

die  Schrift  die  ist  ein  bricf  von  gottes  ernstem  willen, 
geschrieben  an  die  weit,  denselben  zu  ervöllen.    2,21,74; 
hornung,  die  uns  ganz  ervölll  mit  des  friedens  freud  und  gui. 

2,  197,  12; 
wenn  ich  nicht  wüntsche  des  wuntsrhes  ervöllen, 
lange  noch,  lange  noch  spare  den  willen.    3,  16,  69; 
Witwen  können  noch  wol  dulden,  wann  die  mSnner  gehn  lun 

todten, 
dann  die  lücke  zu  ervöllen  hat  gott  nirgendwo  verboten. 

3,  41,  II; 

nun  der  wuntsch  kümt  zum  gewehrcn,  fällt  viel  ab  von  diesem 

willen, 
und  den  mangel  aller  stücke  musz  die  thorheit  nur  ervöllen. 

3,  188,  83; 

zu  dienen  zweien  herren,  ist  schwer,  ich  diene  dreien, 
dem   nechsten   mit  den  bänden  durch  hülf  aus  gutem  willen, 
kau  holTcntlich  bei  allen  so  meine  plücht  en'öllen. 

3,  241,  129. 

ERVORTELN,  ERVÖRTELN,  kürzung  des  nachfolgenden,  bei 
PuiLANDEK  2.  50  sieht  erforlelle  und  erschacherte. 

ERVORTHEILEN,  lucrifacere:  es  ist  übel  hausgehalten, 
wann  der  herr  seine  diener  nicht  richtig  ausbezahlet,  son- 
dern ihnen  zulasset,  aus  den  unterthanen  und  dem  lande 
zu  erhandlen,  zu  erschachern,  zu  erfurthcilen,  damit  sie  zu 
leben  haben  mögen.    Puilaxder  1,  5S1. 

ERWACHEN,  expergisci.  der  form  und  Vires  verluills  zu  ent- 
waehen  geschalt  sp.  642  meidung. 

1)  mhd.    er  mücste  fruo  erwachen, 

swers  unmüetec  prüeveu  künde.    LS.  1,3S3, 

ine  tt'tr  heute  sagen:  er  müsle  früh  aufstehen,  nhd.  als  nu 
Noah  erwacht  von  seinem  wein.  1  Mos.  9.24;  da  erwacht 
Pharao.  41, 4 ;  da  er  nu  von  seinem  schlaf  erwacht.  ricIU. 
IG,  20;  und  war  niemand  der  erwachet,  sondern  sie  schliefen 
alle.  1  Sam.  20, 12 ;  und  da  Salomo  erwachet,  sihe  da  war 
es  ein  träum.  IAöm.  3, 15;  ich  lige  und  schlafe  und  erwache, 
denn  der  herr  hell  mich.  ps.  3,  6 ;  wenn  ich  erwache,  so 
rede  ich  von  dir.  63,7;  wie  ein  Iraum,  wenn  einer  erwacht. 
73,20;  und  erwacht,  wenn  der  vogel  singet  und  sich  bücken 
alle  löchter  des  gesangs.  pred.  Sal.  12,4;  da  nu  Joseph  vom 
schlaf  erwachte.  Mallh.  1,  24,  wo  alid.  arslanlanli  fon  slife, 
vulg.  e.xsurgcns  a  somno; 

ee  Adam  erstlich  schlafs  erwacht, 

aus  seiner  seil  gott  Evam  macht.    ScuwARZtKBiRC  09,  l ; 

wann  sie  an  einem  morgen  erwachen,  so  gat  das  haus  umb 
Keisersb.  s.  d.  ffl.  9*;  manig  mensch  ist  allwegen  als  wer  es 
halber  trunken,  weiui  es  ati  einem  morgen  erwacht,  das 
kumpl  von  schwacher  natur.  das.;  und  in  dein  da  erwacht 
diser.  22*; 

ich  rief  es,  und  erwachte.    Gkllkrt  1,  216; 

und  gähnt  ...  so  laut  als  eine  esvlln. 

bis  unsre  nymfen  dran  erwachen.    Wiclard  IS,  120; 

des  kleinen  wiege  stand  zu  nacht 

an  nieiiiem  bcit,  es  duiltu  kaum  sich  regen, 

war  ii'li  orwaclit, 

bald  must  leb»  tränken,  bald  es  zu  mir  legen.    Cöt««  12, 1<'>3. 

man  sagte  also  Schlafes  oder  von  dem  schlaf  erwachen;  uns 
der  ohiunachl,  von  dem  lodc  erwachen;  ferner  au  rlwa«, 
viin  etwas,  über  etwas  erwachen. 

2)  bildlich  von  lag,  morgen,  Sturmwind,  veii  man  Um  wan 
jiersönlich  dachte: 

sobald  Jer  tag  erwacht.    ^^^     '^     ''  ">; 
und  heniper  rennet»,  von  ■  nden, 

ward  wölk  im  hoILi-  biini  ..i'U. 

Lk.'tit  j(t;ui.Jf  yril.  10; 


1037 


ERWACHEN— ERWACHSEN 


ERWACHSEX  —  ERWACKERN 


1038 


der  wind  erwacht  und  rasselt  an  der  föhre.    &4; 
plötzlich  erwachte  der  stürm  aus  stiller  ruh 
und  im  walde  hört  ich  die  autwortklage.    106. 

man  vergleiche  die  mhd.  Vorstellung  vom  schlafen,  wachen,  er- 
wachen vnd  erwecken  der  sa-lde.    mylhol.  822,  S23 ; 

dßs  (davon)  maoi  sin  saelde  erwachen.    USU.  3,  173*; 

freude  diu  ist  erwachet.    ilS.  2, '9*; 

min  sselde  erwachet.    LS.  2,  509. 

auch  von  leid,  reue,  unbeil  und  schade  hiess  es,  dasz  sie  wachen 
und  erwachen: 

mio  weinender  schade  wachet.    MSH.  i,  102*; 

nhd.  schad,  der  einem  menschen  erwachet.  Keisebsb.  seetenp. 
113",  also  mit  dal.  der  person,  wie  diu  saelde  wil  mir  wachen. 

3)  ein  andrer  datir,  den  ich  oben  sp.  643  nicht  halle  sollen 
leugnen,  sieht  in  neuerer  zäl  bei  erwachen  tcte  bei  enlwachen : 

bald  werdet  ihr,  selige  Völker, 
unentweihteren  Testen  erwachen.    Messias  6,  350; 
unglückliche  I  wenn  diesem  wehausruf 
das  lager  der  Hellenen  neu  erwachte.    Colli:», 

d.  i.  zu  diesen  festen,  bei  diesem  tcehruf. 

4)  figürlich ,  erwachen ,  aufcrslchn,  sich  zeigen,  erscheinen  : 
das  ende  kompt,  es  kompt  das  ende,  es  ist  erwacht  uher 
dich,  sihe  es  kompt.  Ez.  7,  6 ;  o  wie  plötzlich  werden  auf- 
wachen die  dich  beiszen  und  erwachen  die  dich  wcgstoszen 
und  du  must  inen  zu  teil  werden.    Habac.  3, 7 ; 

bis  endlich  noch  im  fuchs  der  patriot  erwachte. 

Lessi>c  1,  tOS; 
am  tiel  der  lebensreise 
envacbt  sie  (die  liebe  zum  vaterlande)  noch  im  greise. 

Götter  3,  560; 
doch  unser  deutsches  blut  erwacht.    Göki:ice  1,  260; 
wir  fahren  zu  berg,  wir  kommen  wieder, 
wenn  der  kukuk  ruft,  wenn  erwachen  die  lieder. 

Schiller  äl6' ; 
und  neu  erwacht  in  der  erstorbnen  brüst 
die  hofnung  wieder.    515'; 
und  über  dem  stummen  erwacht 
lauter,  unermesziicher  Jammer.    507". 

5)  envachen,  frei,  ledig  werden: 

dardurch  von  grobheit  er  erwacht, 

wirt  dann  auch  artig  und  geschlacht.    II.  Sachs  III.  2,233'': 

die  zu  spät  von  ihrem  betrüge  erwachten  seelen.  Gotteb  3, 11. 

6)  tr.  wie  durchwachen : 

oft  dann  bab  ich  mit  Schlummer  die  langemden  tage  gekürzet, 
dich  zu  erwachen,  o  nacht,  die  du  mir  brachtest  ein  glück. 
RÜCKEBT  "Jti'.t,  ge$.  ijeä.  2, 275, 

dich  wachend  zu  erreichen,  nicht  zu  verschlafen. 

7)  erwachend,  auflebend,  sich  ermunternd :  erwachende  Völker. 
J.  P.  Hesp.  2,  222.  erwacht,  lebendig,  belebt,  aufgeweckt :  nicht 
in  sich  selbst  cnvacht  genug.    Licbtexberc  4.  12. 

ERWACHE.N,  n.  aufwachen:  seliges  erwachen!;  beim  er- 
wachen fühlte  sich  der  kranke  schwach ;  alles  was  einem 
sterblichen  von  seiner  geburt  an  bis  zum  envachen  in  eine 
andere  weit  begegnet.    \Viel.\nd  9,  245. 

ER\V.\CHS,  m.  incrementum,  fruclus,  gdnldet  wie  anwachs, 
aufwachs.    Stieler  2403. 

ERW.XCHSEN,  crescere,  adolescere,  aufwachsen,  did.  irwahsan, 
aus.  iwahsan,  mhd.  envahsen. 

1)  ron  menschen  und  thieren: 

ir  Sit  erwabsen  da  mite.    Iw.  232, 

i'r  wiszt  es  von  jugend  auf;  nhd.  da  er  nu  erwaclften  war, 
nam  er  ein  weib.  Tob.  1,  9 ;  er  seit  alle  erwachsene  menner 
erwürgen.    2  Macc.  5,24; 

was?  ein  kind  ohn  allen  glauben 
erwachsen  lassen?    Lessiiic  2,  303; 
und  so  erwuchs  ich  still  am  stillen  orte 
in  lebensglut  den  schatten  beigesellt.    Schiller  49S"; 
gienge  die  unart  so  hin,  wie  sollte  die  jugend  erwachsen? 

GöTUE  4u,  11; 

sie  waren  mit  einander  erwachsen.  Tiece  4, 199 ;  ein  erwach- 
sener mensch,  ein  erwachsenes  mSdcben ;  dies  buch  ist  mehr 
für  erwachsene  als  für  kinder. 

2)  ron  bäumen  und  pflanzen:  er  gehet  frisch  dran  unter 
den  bewmcn  im  walde,  das  er  ccdern  abhawe,  und  neine 
buchen  und  eichen,  ja  einen  cedcrn,  der  gepflanzet  tmd  der 
vom  regen  erwachsen  ist.  Es.  44, 14 ;  welches  {senßorn)  das 
kleinest  ist  unter  allem  samen,  wenn  es  aber  erwechst,  so 
ist  es  das  gröszc.st  unter  dem  kol,  und  wird  cim  bawm, 
das   die  vögel  unter  dem  himel  kernen  und  wonen  unter 


seinen  zweigen.  Mallh.  13,32;  die  erwachsnen  blctler,  pubera 
folia.  Maaler  119*;  und  wenn  erst  diese  prächtigen  keime  zur 
vollen  reife  erwachsen.    Schiller  104'; 

weil  sein  wipfel 
also  gen  himmel  erwuchs, 
hub  sich  sein  herz  schwellend  empor,  dasz  so  hoch  er 
stünde  !  ile:-sias  20,  347  ; 

erstlich  erwachsen  die  bäum  aus  roanigfaltiger  zeugung. 
Voss   Virijils  landbau  2,  9. 

3)  bildlich:  dann  du  ja  wissen  kanst  was  und  wie  fer  ein 
quint  von  einander  steht  und  die  tön  von  einander  erwachsen. 
Petr.  193';  zu  lob,  ehren  und  nutz  gereicht  und  erwüchse. 
Kirchhof  mil.  disc.  265;  es  erwuchsen  daraus  grosze  vortheile; 

als  solch  begierd  in  im  erwuchsen.    H.  Sachs  II.  4,52*; 
herrengunst  hat  keinen  gruud,  denn  es  hat  nicht  immer  grunJ 
das  woraus  sie  erst  erwuchs,  das  worauf  sie  gerne  stund. 
LocAC  3,  t)4,  3s ; 
das  herz  begunte  in  ihm  wieder  zu  erwachsen,  pol. stockf.  143 ; 

und  wie  sein  zorn,  sein  stolz  sieh  höher  spannte, 
erwuchs  (crebbe)  auch  stärk  und  muth  in  gleichem  grad. 

Gries  .4r.  30,  56; 
und  bald  erwuchs  die  Versammlung.    Bcrces  195"; 
kindischer  geberde 
dich  zu  necken  scheint  sie  dort, 
ddnn  den  muth  zur  erde 
schlägt  sie  mit  envachsnem  wort.    Rcckert  ges.  ged.  1,  300; 

überall  hörte  man  die  Übungen  der  jungen  musik,  die  er- 
wachsen vor  die  fürstenbraut  treten  sollte.    J.  P.  Tit.  3,  SO. 

4)  besonders  oft  ron  entspringenden,  hervorgehenden  Übeln  und  un- 
günstigen dingen:  es  erwächst  uns  noth,  schade,  vcrdrusz.  leid; 
zu  dem  ersten  fragst  du,  was  ist  schlemmen?  zu  dem  an- 
dern, was  schades  erwachset  daraus?  Keisersbergs.  d.  m.  3'; 
schaden  die  erwachsen  usz  uberigem  fressen  und  erwachset 
von  der  füllen  der  tod  der  seien,  ll';  durch  das  hinder- 
reden erwachset  dem  menschen  minderung  scins  lümden, 
das  ist  ein  groszer  schad.  27*;  danimb  kürzlich  bitt  ich  euch 
zu  hören,  was  unrats,  schand  und  schaden  daraus  entstehen 
und  cnvachsen  möge.  Lirius,  Schöfferlin  52';  denn  hohmut 
thut  nimer  gut  und  kan  nichts  denn  arges  draus  erwachsen. 
Sirach  3, 30 ;  der  herzogin  auch  fast  groszes  leid  davon  er- 
wachsen  thet.  Go/my  345;  darumb  lagen  allenthalben  in  den 
häuscrn  vil  todfer  cörper,  danon  vil  böser  geschmäck  er- 
wuchsen. Bocc.  1,4";  aus  diesem  knaben  wird  noch  grosz 
Unheil  auf  der  weit  erwachsen,  pers.  rosenth.  7,20;  schäd- 
liche misbräuche  erwuchsen  daraus; 

besser  ists  in  sark  begraben, 

als  den  bnuch  zum  fasse  haben, 

dorte  wird  man  Sünden  los, 

hier  erwächst  sie  noch  so  grosz.    Locaü  1,S9,  68; 

hieraus  erwuchs  uns  eine  sonderbare  Verlegenheit.  Götde 
31,110;    aus  dem  rechtsstreit  sind  grosze  kosten  erwachsen. 

5)  auf,  an  einen  erwachsen,  gelangen:  das  alles  und  jedes 
sei  von  alter  alwegen  dermaszen  gehalten  worden  und  von 
iren  voreltem  uf  sie  komen  und  erwachsen,  weisth.  1. 476 ; 
so  hätte  die  regiening' vielleicht  auf  sie  erwachsen  mögen. 
Philaxder  1,  535 ;  nachdem  üwer  meinung  an  mich  erwüchse. 
Al.  Seitz  s.  11.  in  etwas  envachsen,  in,  zu  etwas  ausarten, 
gedeihen:  doch  ist  es  heutzutage  bereits  leider  so  weit  kom- 
men und  in  eine  sündliche,  allgemeine  gewohnheit  erwachsen. 
Simpl.  K.  16S.  man  vgl.  den  Übergang  der  bedeulung  wachsen 
in  die  von  werden,  kommen. 

6)  erwachsen,  ron  getreide  gebraucht,  bedeutete  ausgewachsen, 
verderbt  : 

denn  wer  da  gibt  gerinses  masr, 

erwachsen,  radig,  staubig,  nasz.    Rixgwald  I.  varh.  321. 

ERWACHSENHEIT,  /".  aduUa  aetas:  nicht  durch  strafreden 
an  die  schon  verwahrloste  erwachsenheit,  sondern  nur  durch 
erziehung  des  noch  unverdorbenen  Jugendalters.  Fichte  reden 
an  die  d.  n.  221. 

ERWACHSUNG,  f.  erementum,  incrementum,  das  aufwachsen, 
wachslhum:  wiewol  wir  aber  gesetzt  haben  drei  gcburtcn  und 
aufwachsen  des  menschen,  wollen  wir  jetz  sein  stand,  darin 
er  stehet  zwischen  der  erwachsung,  zeit  und  zerbrechang 
melden.    Paracelscs  2,  6S*.    Stieier  2403. 

ERWACHUNG.  f  was  erwachen:  nach  seiner  erwachung. 
RiNCWALD  tr.  Eckh.  k'i'. 

ERWACKERN,  excilare,  erigere,  ermuntern,  ahd.  aiTvacharon, 
irwaccharön:  so  er  (der  eilende  bilger)  lang  ctwan  gefast  het 
und  ferr  gangen  ist,  so  sitzt  er  icrgens  under  einen  boum 
oder  zu  einem  knien  bninnen  und  rüget  ein  wilc  und  er- 
labet sich  ein  wenig  und  iszt  sin  brot  und  sin  winKa  trinkt 


1039 


ER  WAGEN  —  ERWÄHLEN 


ERWÄULEN 


1040 


er.  ouch  wenn  er  etwan  bisz  x  oder  xi  gefastet  het,  da;  im 
die  ougen  und  gesiclit  dunkel  und  finster  ist  worden,  so  er 
denn  gisset  und  gelrinkct  lucsziglich,  so  wiit  im  sin  gesicht, 
Terslentnis  und  kraftlose  wider  uf  geschlossen,  erwackerel 
und  gesterkel  durch  den  win  und  durch  das  brot.  Keisehs- 
BERC  bilg.  IS*;  das  ist  des  schuld,  das  du  dinon  willen  nit 
erwackerst  und  ernüHcrest  zu  got  dem  herren.   133*. 

ERWAGEN,  commoveri,  vibrari,  ahd.  irwagt-n :  peccatores 
irwag^ton  unde  irbibenoton.  N.  ps.  17,  S ;   mhd.  erwägen,  er- 

wagete  : 

diu  stat,  an  der  si  l&gen, 

erbibente  und  erwagete.    Pantal.  1S05; 

diu  stimme  i>j  sime  mundo 

erdÖ5  in  der  stunde, 

dö  er  so  si-re  lilageie, 

da;  da  von  erwagete 

beide  lürne  unl  palas.    klage  Hohm.  G50; 
dö  dfr  herre  Hagene  der  wunden  enphant, 
dö  envagete  im  ungefUoge  da?  swert  an  siner  hant. 
Mb.  1«S0,  1; 

sd  muoj  Oven  unde  brfigge  en\'agen.    MS.  2,  108». 
nhd.  als  der  wurm  des  Stichs  empfand,  schrei  er  mit  ungc- 
hewrcr  lauter  stimm,    dasz  bcrg  und  bäum  davon  erwagten. 
]Vi(jolds  in  prosa  ron  1564  s.  66,  wo  das  alte  gedieht  132,  38 : 

daj  der  wall  al  erhal. 
spdler  icird  es  tingebräiichlicli,  ich  habe  irgendwo  gelesen :  schlug, 
dasz  ihm  die  zahne  im  mund  envaglen.    Frisils  4S7",  Maaler 
119'  getcähren  ein  transitives  erwaggen,   evibrare.     vgl.  das  ein- 
fache wagen,  niorm,  und  auch  erwigen,  erwäg  moveri. 

ERWAGEN,  fehlerhaftes  pari,  von  crwegen,  erwägen  stall 
erwi=gen  orfer  erwogen :  daselbst  ward  der  handel  fürgebracht 
und  der  grosz  nachtheil  erwägen.    Garg.  150'. 

ERWAGEN,  genits  vehictdi:  ilem  wenn  ein  keller  einem  vogt 
mit  einem  erwägen  (ehrenwagen  ?)  zwirend  dient,  so  soll  die  hub 
mit  einem  karren  einest  dienen,  tveislh.  1. 125,  falls  die  Icsarl  sicher. 
ERWÄGEN,  expendcre,  perpendere,  für  erwegen  =  erwügen, 
trie  wir  auch  wägen,  abwägen,  aufwägen,  doch  nicht  bewägen 
(mhd.    bewegen)    und   vcnvägen,   sondern  bewegen,   verwegen 
schreiben,  wie  auch  erwegen  noch  lange  im  16. 17  jh.  fortdauerte, 
wofür  belege   unter   dieser  form  besonders  gegeben  werden,     das 
schweizerische   ä   bei  Frisii's   und  Maaler   ist    viel   consequenler 
durchgeführt   und   bezeichnet   den   mhd.  claut   {in  wäg  via,    er- 
wägen,  ragen  pluvia,   laben,   gäben  u.  $.  «'.)    gegenüber  dem  c 
(in    bewegen    wiorcre,    legen  ])onere).      das  pract.  von  erwägen 
bilden   wir  erwog,   pl.  erwogen,  pari,  erwogen,    statt  des  mhd. 
und  früheren  nhd.  erwac,   erwägen,    erwegen;    auch  verhindert 
das   ä  den  reinen  Haut  in  der  ersten  und  dritten  person  des  sg. 
]/raes.   und   im   sg.   des  imp.  durchzuscheinen,   es  heiszt  jetzt  ich 
erwäge,  er  erwägt  und  erwäge!  stati  des  mhd.  erwige,  erwigct 
und  crwic !     diese  heute  verworrenen  und  gestörten  formen  wur- 
den  schon   1, 1708   unter   bewegen   besjmchen   und  sollen  unter 
den  einfachen  wiegen  {golh.  vigan),  wägen  {mhd.  wegen),  wegen 
(po/A.  vagjan,  mhd.  wegen)  noch  ausführlicher  behandelt  werden. 
Uie  bedeutung  von  erwägen  isl  gegenwärtig  auf  abstractes  per- 
pendere,  examinare,   dcliberare,   reputarc  eingeschränkt,  sinnliclws 
jKinderare   drücken   wir   mit  einfachem  wägen  oder  wiegen  a»s. 
eine    Sache  reiflich,    genau  erwägen,    überlegen,    prüfen;    alle 
umstände  wurden  gründlich  erwogen;  alles  erwogen,  hast  du 
recht;  bevor  ich  bändelte,  erwog  ich  alles;  warum?  erwägen 
sie   doch   nur.     'erwägen !    envägen !    ich   erwäge   dasz  hier 
aiebts  zu  erwägen  ist*.    Lessing  2, 170 ; 
das  wolle 
doch  ja  der  Herr  erwägen!    2,  304; 
da«  habt  Ihr  nun  mit  llfisch  und  blut  erwogen.    2,  279,- 
und  «0  gien^  er  hirimiK,  indosscn  manches  die  an<lern 
weislich  crwo«eii  und  »cluiell  die  wichtige  sache  besprachen. 

(;otue40,283; 

erwäge  selbti.    wird  sie  der  liönigin 

es  Je  vergeben  können,  dii!<z  ein  mann 

an  ilirer  eignen  schwer  crkampricii  tugcnd 

vorüber  gieng?  Schillkr  Mi*; 

bftrt,  wa«  ich  bei  mir  «elksl  erwogen.  491*. 
ERWÄGUNG,  f.  cnnsidcratio :  man  ist  geneigt  diese  ein- 
Rchränkung  zu  vermulheu,  noch  ehe  man  sie  durch  beispiele 
erbartet  sieht,  blosz  aus  erwägung  der  weilern  si)hüre  der 
pocsie.  Lesshc  n,  414;  in  der  Schätzung  der  kraft,  die  durch 
die  Kliwcrc  cnt  Riebt,  musz  die  zeit  in  crwttgung  gezogen 
werden.    Kam  8,  S2. 

ERWAHLEN,  digerr,  kein  gulh.  tisvaljaii,  nur  gavaljan,  ahd. 
irwcliau,  irw<-llan,  prad.  irweliia,  mlui.  crwi-ln,  praet.  erwelle, 
nU.  crweica,   to  bei  Litucr  cm  oß  yd/rauclUet  worl,  bei  Kti- 


SERSBERG  crwclcn  und  in  einigen  Schriften  erwölen,  Iwi  Dasy- 
poüius  envelcn,  bei  Maaler  erwellen,  zuletzt  reiszt  die  schlechte 
form  erwehlen  und  erwählen  ein.  alts.  ags.  und  auch  «/.  ge- 
bricht das  zusammengesetzte,  gleich  dem  einfachen  Wort,  und  gilt 
dafür  äkiosnn,  Aceosan,  verkiezen. 

1)  erwählen  von  personen,  declarare,  dicerc,  dcUgerc: 

und  Titus  Manlius  der  hcld 

zu  Rom  ein  hauptman  wurd  erwclt. 

SCUWARZET4BERG   118,  1  ; 

einen  fürsten,  könig  erwählen ;  sich  eine  frau,  braut  erwäh- 
len; 0  narr,  du  thust  wie  die  kind,  die  bist  haben  an  sil- 
berinen und  guldinen  buchstaben,  hastu  hübsche  geschrift 
lieb,  du  sollest  die  Weisheit  lieb  haben,  die  darin  beschlos- 
sen ist,  du  erweist  die  kellerin  für  die  frau.  Keisersrerg 
narrcnscli.  übers,  von  Pacli.  Straszb.  1520  s.  183 ;  sie  wurden 
der  sach  eins  und  wctlelcn  unib  ein  grosz,  sie  cnvellen  ein, 
der  darüber  urteilen  solf,  wer  gewunncn  bell.  s.  rf. »?».  6*;  er 
hat  seine  jünger  crwüll  für  die  reichen,  waren  arme  lischer, 
und  er  ist  selbs  arm  gewesen  uf  disem  erdreich.  17';  und 
mit  den  erweiten  wirst  du  erwclet  und  mit  den  verkerten 
wirst  du  verkeret,  vulg.  et  cum  electo  eicctus  cris  et  cum 
pcrverso  perverteris.  bibcl  1483,  154'  =  2  Sam.  22,  27  und 
14S3, 26C'  =  ps.  18,  27,  Luther,  bei  den  reinen  bislu  rein 
und  bei  den  verkerten  verkeret;  und  Mose  .sprach  zu  Josua, 
erwele  uns  inenner,  zeuch  aus  und  streit  wider  Anialek. 
2  Mos.  17,19;  siehe  das  ist  mein  knecht,  den  ich  erwclet 
habe  {ahd.  senu  min  kneht,  then  ih  gicos).  ilatth.  12,18; 
nicht  allem  volk,  sondern  uns  den  vor  erwclelcn  zeugen  von 
gott,  vulg.  testibus  praeordinatis  a  deo.  apostelg.  10,41;  du 
weist,  seidher  der  zeit  ich  deinen  söhn  sampt  seinem  ge- 
sellen zu  ritter  geschlagen,  hab  mir  die  sonderlich  für  ander 
mein  hofgesind  erwöhlet.  buch  der  liebe  lih,  i ;  er  ward  könig 
crwehlet.  Kircuuof  «'cnrfunm.  494 ;  meine  erwählte  (trau/);  die 
erwählte  meines  herzens;  sein  erwählter  freund,  vertrauter; 

sein' zitterndes  geschöpf  wird  er  erwählen, 
duich  eine  zarte  Jungfrau  wird  er  sich 
verherlichen,  denn  er  ist  der  allmächlgel    Schiller  451'; 
der  pfeilgerade  schusz  der  schlangen 
erwählt  sich  nur  den  priester  am  aliar.    31"; 
söhn,  fürwahr  du  hast  recht,    wir  eitern  gahen  das  hoispicl, 
denn  wir  haben  uns  nicht  in  fröliclien  tagen  erwählet. 

GöTiiE  40.  249; 

vater,  sprach  sie,  wie  oft  gedachten  wir  unter  einander 
sciiwatzend  des  frölilicheu  tags,   der  liommcu  würde,   wenn 

künftig 
Hermann,  seine  braut  sich  erwählend,  uns  endlich  erfl-eulo! 

40,  249. 
doppelten  acc.  oder  nom.  bei  erwählen  (itic  bei  ernennen,  aus- 
nil'on  und  ähnlichen)  erträgt  die  heutige  sjirache  nicid  mehr,  an- 
dern verwendet  die  praep.  zu:  den  ich  mir  zum  herrn  erwählte, 
quem  mihi  dominum  elegi;  Rudolf  wurde  zum  könig  erwählt, 
rex  elcclus  est;  du  hast  mich  erwelet  zum  könige  über  dein 
volk.  weish.  Sal.  9,7;  nicht  allein  von  den  edlen,  sonder 
von  den  dapfern  bürgern  zu  köiiigcn  erwült  worden  sind. 
buch  d.  l.  233,  2.  die  stellen  aus  Schwahzenuerg  und  Kirch- 
uuK  gewähren  noch  zwei  nominalive. 

2)  erwählen  ron  llucrcn  oder  leblosen  dingen  bedeutet  aus- 
wählen, aussuchen,  seligere:  so  gebt  ims  nu  zween  farren  und 
laszt  sie  erwelen  einen  farren  und  in  zustürken.  Ihm.  18,23; 
und  nam  seinen  stab  in  seine  haiul  und  erwelet  fünf  glatte 
stein  aus  dem  bach.  1  Sam.  17,40;  und  deine  fenster  aus 
chrystallcn  machen  und  deine  thore  von  rubinen  und  alle 
deine  grenzen  von  crweleten  steinen.    Es.  54, 12. 

3)  da  erwelet  im  Lot  die  ganze  gegend  am  Jordan  und 
zoch  gegen  morgen.  \  Mos.  13,11;  eiver  nicht  einem  freveln 
nach  und  erwele  seiner  wege  keinen,  spr.  Sal.  3,31;  rechte 
Vernunft  sagt  nit,  das  man  unib  des  schlecks  willen  köst- 
liche speis  erwelen  sol.  Keisersb.  s.d.m.i';  Maria  hat  das 
gute  teil  erwelet,  das  sol  nicht  von  ir  genomen  werden.  Luc 
10,4t;  butter  und  honig  wird  er  essen,  das  er  wisse  biises 
zu  verwerfen  und  gutes  zu  erwelen.  Es.  7,15;  was  töricht 
ist  fiir  der  well,  das  hat  got  erwelet.  1  Cor.  1,  57 ;  rauhen 
ist  gröszere  sünd  dann  heimlich  stelen,  es  sol  etwan  gar 
ein  fein  ding  sein,  das  Ihorecht  dünken  der  menschen  macht, 
das  wir  das  böser  erwölen.    Keisers«.  s.d.nt.  2o'; 

»neben  die  bonucmlich  sein,  wolln    '•  ■  '••-■<  solbst  bef.liliMi, 
suchen  die  gcfehrllch  »ein,  »olhi  .1  K'Sl  «rwehloii. 

die  flnchl  erwählen  drücJJ  aus  eilends  [inw  n .  ^kH  auf  die  flucht 
machen,  fugam  cafierc:  wer  ein  bieneiiiiest  zer>lcirct,  der  er- 
wcLIe  die  lluchl,  dasz  sie  ihn  nicht  -'■■ ' •"■-  '•"""■'  v  13; 


1041 


ERWÄHLER  —  ERW.\HREN 


ERWÄHREX  —  ERWANDERN 


1042 


0  dasz  der  ernst  die  flucht  envähle ! 

mir  lob  ich  lust  und  raserei.    Hagedob!*  3,29. 

4)  seilen  folgt  auf  erwählen  ein  abhängiger  infinUiv:  er  er- 
wehlet  den  alcoran  zu  lesen,  pers.  rosenih.  6,7.  tnr  sagen: 
wählte  sich  zum  lesen. 

5)  der  erwählte,  eleclus,  sieht  wie  der  auserwählte  oft  sub- 
slanlivisch :  der  erwelete  des  herm.  2  Sam.  21,  6 ;  der  erwählte 
des  Volks;  der  erwählte  meines  herzens. 

6)  erwählen,  erkiesen,  erlesen  sind  oß  gleiehbedeutig.  ursprüng- 
lich geschah  erkiesen  mit  den  äugen,  erlesen  mit  den  bänden, 
jenes  ist  ersehen,  ausersehen,  dieses  auserlesen,  wählen,  goth. 
valjan  scheint  aber  mit  viljan,  wollen  in  Zusammenhang  und 
erwählen  wäre  seinen  willen,  sein  verlangen  durchsetzen,  gellend 
machen. 

ERWÄHLER.  m.  elector,  Wähler. 

ERWÄHLÜNG.  f  electio,  bei  Maaler  erwellung:  •  darumb, 
lieben  brüder,  thut  deste  mehr  fleisz.  ewern  beruf  und  er- 
welung  fest  zu  machen.  2/Wr.  1, 10:  ich  konnte  sehen,  dasz 
man  an  meiner  erwühlung  zu  rerzweifeln  anfieng.  Wiela>d 
2S.  il5;  sie  erkannten  ihre  hohe  erwählung.  Clacdics  7,133. 

ERWÄHNEN,  memorare,  commenwrare,  melden,  vermelden, 
in  diesem  worl  ist  H  kein  dehnzeichen,  sondern  organisclier  kehl- 
laut.  weshalb  es  sich  mit  wähnen,  goth.  Tenjan.  aJid.  wänan, 
mhd.  waenen  nur  scheinbar  berührt,  ahd.  erscJieint  blosz  giwahinan, 
kein  irwahinan.  daneben  aber  das  gleichhedeulige  giwahan  praet. 
gewuoc,  mhd.  gewahen,  gewuoc,  vgl.  nhd.  gewach  menlio  bei 
DiEFESBACH  356'.  dos  uns  heute  so  geläufige  erwähnen  sieht 
noch  nicht  bei  Dasypodics,  Frisics,  Maaler,  Henisch,  auch  nicht 
bei  Lcther;  zuerst  tragen  Stieler  2469  und  Denzler  102*  er- 
wehnen  ein,  es  mag  aber  in  biichem  des  17  jh.  schon  vorher 
auftauchen,  man  sehe  die  gleich  hernach  angeführten  stellen  aus 
Oiearics  und  Praetorius.  Frisch  2, 430'  gibt  keine  älteren 
belege,     es  ist  eins  der  eigenlhümlich  hd.  Wörter. 

1)  einem  etwas  erwähnen,  melden:  erschein  nicht  lang 
nach  seinem  tode  seines  sohnes  secretario,  welchen  er  nach 
Arras  schickte,  mit  einem  sperber  auf  der  rechten  band, 
und  befahl  ihm,  er  wolle  seinem  söhne  erwehnen,  dasz  er 
auf  den  andern  tag  auf  die  stunde  kommen  sollte.  Pbae- 
TORii  wellbeschr.  2,  41. 

2)  von  etwas  melden :  wie  ich  darvon  an  einem  andern  orte 
mit  mehren  erwehnet.    pers.  rosenlh.  7, 9. 

3)  mit  dem  acc.  der  person  oder  sache :  ich  erwähne  ihn  nur 
vorübergehend; 

das  vorhin  envähnle  von  , 

dem  Juden  war  nur  ein  problema?    Lessisg  2,  304. 

das  zuerst  erwähnte  gcmählde  von  Teils  kapelle.  Güthe  . . . 
das  wollen  wir  nicht  weiter  erwähnen ;  der  oft  erwähnte, 
mehr  erwähnte,  ermeldele,  genannte. 

4)  mil  dem  genilic:  in  der  stelle,  deren  im  vorigen  capitel 
erwähnt  worden.  Wieländ  2,203;  hier  ist  die  stelle,  fuhr 
Archvtas  fort,  deren  ich  vorhin  erwähnte.  3, 369 ;  eh  ich 
weiter  fortgehe,  musz  ich  eines  umstandes  erwähnen.  6,158; 
immerhin  mag  auch  des  ruhmes,  als  des  natürlichen  be- 
gleiters  guter  thaten,  erwähnt  werden.  7,11; 

wie  sagten  sie, 
wie  ward  der  königm  erwähnt?    Schiller  283*; 

unter  allen  heidnischen  religionen  hat  diese  grosze  Vorzüge, 
wovon  ich  nur  einiger  erwähnen  will.  Götbe  22, 19 ;  warum 
erwähnt  er  denn  im  texte  dieser  erscheinung  nicht?  59,30; 
wanim  wird  denn  aber  hier  der  sonne  vorzüglich  erwähnt? 
59.50.  folgende  stelle  setzt  einen  acc.  mitten  unter  genitive: 
warum  erwähnt  er  denn  der  färben  hier?  warum  erwähnt  er 
das  gelbe  nicht?  warum  erwähnt  er  des  grünen  zuletzt?  59.204. 

ERW.ÄHNENSWERTH :  das  ist  nicht  erwähnenswerth. 

ERWÄH.NLNG,  f.  commemoralio :  es  geschah  seiner  rüiim- 
liche.  ehrenvolle  envähnung;  ich  Ihue  eines,  von  einem  er- 
wähnung:  ich  liebe  die  könige,  welche  die  erwähnung,  so 
die  geschichte  von  ihnen  thut,  ihren  mätressen  zu  danken 
haben.    Wielasd  6,  06. 

ER  WAHREN,  1)  probare,  wahr  machen,  bewähren,  bewahrheiten : 

disz  wil  er  ietriger  lit  erwaren, 

sin  einigen  sun  uns  olTeDbaren.    trag.  Joh.  F8. 

2)  reflexiv,  probari,  sc  v&ifier: 

ob  an  Zeniden  sich  der  alten  fluch  erwahrt    Wmuno  17, 273 ; 

diese  kunst  ist  noch  nicht  erfunden  und  das  geschwätz  von 
ihr  hat  sich  noch  nie  practisch  erwahrel.    Pestalozzi  6,41; 
HI. 


es  sollte  sich  bei  ihnen  so  recht  erwahren  per  ardua  ad 
astra,  d.  h.  durch  dick  und  dünn  zum  himmel.  Gotthelfs 
erzäfd.  4,  287 ; 

wie  suscht  de  glauben  ischt,  und  wies  si  au  öppen  erwabret! 
CoKRODi  de  herr  docter  s.  160. 

warum  sollte  nidU  für  beide  fälle  audt  erwähren  gelten  ?  Lctbe» 
schreibt  erwehren:  damit  ist  erwehret  (bewährt),  dasz  die  ehe 
nicht  ein  sacrament  heiszt  in  der  schrift.  2,159';  aber  was 
sol  man  dazu  thun?  es  wird  nicht  anders  draus,  und  ist 
nicht  zu  erwehren  '{erweisen),  weil  es  Christus  selbs  nicht 
hat  können  überhaben  sein.  0, 219',  doch  nach  der  ganzen 
stelle  Zusammenhang  mätü  die^  verweliren,  verhindern,  s.  erwehren. 
ERWÄHREN,  durare,  lange  währen,  aushalten,  wie  erdauem 
(sp.  746) : 

mhd.  hie  ergie  s6  manec  grimmer  slac, 
daj  die  werlt  wol  wundern  mac 
von  helmen  und  von  swerten, 
das  s'C  ej  erwerten  {aushielten).    Er.  9154, 
wo  man  kein  erwerten  (wehrten,   erwehrten)  annäimen  darf 

ERWALKEN,  subigere,  durehwaU«n,  erzausen :  den  balg,  das 
feil  erwalken.     mhd. 

ob  man  ir  {der  fohe,  vulpi)  lät  die  winde  {hunde)  den  balg  er- 
walken.   Labers  jagd  432; 
ei  mac  ein  rüde  im  sinen  balg  erwalken.    314. 

ER  WALLEN,  1)  effervescere,  bullire,  aufwallen,  aM.  arwallan, 
ar^vial,   mhd.  erwallen,  erwiel,  ags.  äveallan,  iveoll,  nhd.  mit 
schwachem  praet.  erwallte,  part.  erwallt. 
mild,  da  von  erwiele  engeis  muot.    Harth.  2  bückt.  696; 

alsara  in  ir  ist  erwallen 

der  honec  mit  der  galten.    Greg.  2S5  B ; 

so  der  haven  rätes  vol 

erwallet  wol.    MSH.  2,  299»; 

gemischet  mit  der  galten 

und  ob  der  glüefe  erwallen 

gehertet  daj  gesmide  was.    tr.  kr.  3806. 

nhd.  lege;  sanfte  in  einen  ke^el,  laj  ez,  erwallen,  daj  die 
hut  iht  zubreche.  von  guter  spise  cap.  8 ;  schupe  die  vische 
und  ziuhe  in  abe  die  hut,  swenne  sie  erwallen,  cap.  15; 
lasz  sie  erwallen  und  gib  sie  hin.  cap.  42;  lasz  es  in  einer 
pfannen  erwallen  einen  wal ;  thue  ein  wenig  öl  in  ein  pfan- 
nen  und  thue  die  geislifz  darein  und  lasz  sie  erwallen.  Hacpt 
9,367;  nim  essig  und  gewürz  und  lasz  das  ersieden  und 
darinne  erwallen,  ebenda;  darnach  nim  oleum  terpentini  und 
das  oleum  benedictum  und  lasz  das  undereinander  erwallen, 
dan  heb  es  wider  von  dem  feür.    Gersdorf  32; 

setit  in  eim  wasser  zu  dem  fewr 

die  erbeis  und  liesz  sie  erwallen.    H.  Sachs  V,  392'; 

holderbletter  zerknütschet  und  mit  geiszen  unschlit  erwallet 
und  übergeschlagen  soll  den  schmerzen  des  podagre  stillen. 
Bock  kräulerbuch  7S4;  darein  verschaumpten  honig  gethan, 
der  erwallt  ist.  8 ;  den  hier  lasz  erwallen.  Bock  speiskammer  44; 
dasz  man  die  blätter  in  heiszem  wasser  erwallen  lasse  und 
darnach  die  brühe  einnemme.  Tabebnaemont.  787;  thu  ihn 
über  ein  fewer,  schäum  oder  faim  ihn  wol.  lasz  wol  erwallen. 
Fronsperg  2,219';  wenn  das  blut.  sage  ich.  also  anhebt  zu 
erwarmen  und  erwallen.    Luther  4. 452'.     vgl.  erwellen. 

2)  Iransüiv,  der  neme  die  junge  schosz  der  blätter,  erwalle 
dieselbigen  ein  wenig  in  heiszem  w  asser.  Tabersaemo!«t.  788 ; 
gerstenbrühe  mit  frischen  eierdottern  ein  wenig  erwallet  ist 
ein  köstliche  speis.  158S,  7S2 ;  derbalben  wird  das  pur  für  sich 
und  das  unpur  auch  für  sich,  ein  jedes  allein,  ingeschlagen 
und  nach  verlutierunge  erwalet  (so),  gesotten  oder  gebraten. 
Thlbseisser  prob,  der  harnen  77. 

ERWALLEN,  peragrare,  durchwallen,  durchwandern,  alid.  ir- 
wallon,  irwallüta  (Graff  1,  SOO),  mhd.  erwallen: 
ja  du  frech  uugetriuwer  wip, 
ich  hän  nach  dir  erwallet 
manegen  herten  heidenischen  stic.    Morott  13S1. 

ein  nhd.  beispicl  gebricht,  ist  aber  sehr  mö^ich 

ERWÄLTIGEN,  superare,  bewältigen:  die  stiere  besaszen  so 
viel  kräfte  und  muntcrkeit,  dasz  sie  in  einem  tage  mehr  land 
umrissen,  als  zwölf  joche  ochsen  gewöhnlich  zu  erwältigen 
vermögen.    Musaecs. 

ERWÄLZEN,  rerolrere,  herabwälzen,  ahd.  arwelzan. 

ERWANDELN,  ambulando,  spaliando  obtinere :  um  sich  gt- 
sundheit  zu  erwandeln.    Tieck  tischt.  1.  299. 

ERWANDERN,  invenire,  experiri,  wie  erfahren  sp.  789.  790: 
nun  habe  ich  solches  selbst  erwandert,  da  ich  ein  junger 
kerle  in  der  schule  war.    Weise  freim.  redn.  vorrede; 

66 


1043 


ERWANNEN  —  ERWAUMEN 


ERWARMEN  —  ERWARTEN 


1044 


'sie  sind,  verzeihen  sie  mir,  der  iinverschämieste  linabe', 
setzt  sie  halblächelnd  hinzu,  'den  ich  erwandert  habe'. 

WlEUJiD  4,  31  i 

ein  neuer  stürm,  dergleichen  seit  die  weit 
in  angeln  geht,  noch  nie  erwandert  worden, 
zersplitterte  ihr  schif.    4,21"; 

viel  erwandern.  10,  55.  heute  veraltet,  eher  gilt  noch  die  sinn- 
tiche  bedetttung:  sich  ruhe  erwandern,  von  einem  wandrer;  ich 
habe  ^iel  länder  erwandert;  notizen,  die  der  Verfasser  mühsam 
sich  erwandert  und  erforscht  hat.    Bäderer  Schweiz  s.  iv. 

ERWANNEN,  erentilare.  Maaler  119',  die  fruchl  durch  schtcingen 
in  der  vanne  reinigen,     heule  lieber  blosz  wannen,  renlilare. 

ERWAPPEN?  Bechers  jdgercabinet  cap.  7  s.  23  vom  Hirsch: 
im  siebeuten  jähr  ist  sein  gehörn  vollkömmlich  gestürket,  er- 
wappcn  und  gezeichnet,  wie  es  sein  und  bleiben  soll,  das 
worl  kommt  weder  bei  Döbel  noch  in  andern  jagdbftehern  vor, 
scheint  aber,  gleich  erblappen  sp.  728,  ein  starkes  part.  praet., 
mit  der  bedeulung  etwa  von  crtcacltsen,  ausgebildd.  einem  schwachen 
Wappen  Herb.  5851  musz  der  sinn  von  schlottern  zustellen: 

deme  wappete  der  bart, 
bebte,  heberte,  schwapperte,    und  bei  Frommann  4, 195  stefd  wap- 
peln  schlottern,  was  zu  erblappen  stimmt,     wie  vereinbaren  sich 
diese  bedeutungen? 

ERWARMEN,  calefieri,  aiid.  arwaramin,  irwarmfin,  mhd.  er- 
warmen : 

min  swester  Alle 

enscnl  an  dinim  arme 

niemir  erwärmen.    Rot.  213,21; 

g^rne  wolde  ich  bi  eigenem  flure  erwarmen.    Walth.  28,3; 

w4  wie^  mir  erbarmet 

daj  ir  vuoj  bi  vremdcm  viwer  erwärmet.    Nkidh.  42,33; 

und  mir  der  muot 

in  riuwen  müeje  erwarmen.    MS.  2,  184'; 

mir  ist  erwärmet  nu  daj  bluot.    Bit.  8159; 

]&l  in  an  dinen  armen 

erwarmen  eine  naht.    cod.  kol.  221; 

ich  verbiut  ouch  minen  armen, 

daj  sie  in  nibt  erwarmen 

läjen  an  den  brüsten  min.    232. 

nhd.  anfahen  erwarmen,  intepescerc;  im  reden  erwarmen,  effer- 
vescere  in  dicendo.    Maaler  119*.'; 

bis  im  erwarmbten  seine  glieder.    H.  Sachs  II.  1,  48*; 

itzt  wirst  du,  liebe  leicb,  in  deines  treusten  armen, 

ich,  ich  bin  lauter  glut,  zum  leben  neu  erwärmen. 
Grtphids  2,  79; 

wie  thörlich  handeln  doch,  die  manchmal  so  erwarmen  {hitzig 

werden) 

auf  unser  blut  und  gut.    Logau  1,  196,  3; 

dasz  er  in  den  schneeweiszen  armen 

der  liebesgöttin  mag  erwarmen.    Louenst.  i4rni.  1,1129; 

wenn  er  auf  schnee  meint  zu  erwarmen.    2,  1406; 
wann  du  nun  im  bislumb  würdest  erwärmet  und  nihig  sein. 
Zixkcref  apophth.  11,  7 ;  kaum  war  er  also  in  dem  gastfreien 
hause  dieses  guten  mannes  recht  erwärmt.   Wieland  8,  30S ; 

Salurnia,  die  mit  verschränkten  armen 

euch  kurz  zuvor  wie  eine  sculo  stund, 

ist  kaum  allein,  errathct  mir  den  grund, 

so  sieht  der  hirt  den  marmor  schon  erwarmen.    10,  172; 

dasz  ihn  bedünkt  ihr  kaltes  herz  erwarme.    17,291; 

herein,  in  meinen  armen, 

herzliebster  zu  erivarmcn!    BGrcer  14*; 

denn  ein  herz,  das  ihrer  sich  erbarme, 

wo  sie  noch  einmal  wie  sonst  erwarme, 

schlägt  für  sie  auf  erden  nirgends  mehr.    77'; 

licfiig  Taszt  er  sie  mit  starken  armen 

von  der  liebe  jugendkraTt  durchmannt: 

'hoffe  doch  bei  mir  noch  zu  erwarmen, 

wärst  du  selbst  mir  aus  dem  grab  gesandt  I'    GOrni  1,  246; 

«0  recht!  in  des  mannes  arme 

flüchte  sich  das  bange  weib, 

dasz  ihr  sanftgeschmiegter  leib 

an  der  starken  bnist  erwärme.    45,  81 ; 

in  der  nator  getreuen  armen 

TOD  kalten  regeln  zu  erwarmen.    Schiller  80'; 

«liesc  Schauder  der  bangigkeit  müssen  in  einem  rühmlichen 
cifer  erwarmen.  168*; 

ha,  in  schöner  Trauen  armen 

hftre.  wa»  die  klugheit  spricht: 

(rciiiliK  ilnrf  ilein  herz  erwarmen, 

<li  jiif.  nihe  optre  nicht.    Körni*  t,  290; 

auf  einmal  da  wirds  Ihm  so  eisig  und  kalt, 

alü  sollt  er  nie  wieder  crwnrmcri.    4,  78. 

J)  ladclhaß  für  crwilruicn : 

ihr  T^ii^elrhen  ijunqfern\,  die  ihr  mit  euren  schlanken  ormen 
Bcbr  iils  mit  Ougeln  kunt  die  and>;rn  nrm  erwärmen. 
junQfcrntoh  131; 


mein  weinen  soll,  hoff  ich,  bald  ewer  herz  erwarmen. 

Weckhehlim  841 ; 
und  niemand  hat  erwünschtes  Test  in  armen, 
der  sich  nicht  nach  erwüiischterm  thörig  sehnte, 
die  sonne  flieht  er,  will  den  frost  erwarmen.    Göthe  41,  37. 

ERWARMEN,  n.  das  warmwerden:  versuche  auf  o.xydation 
und  desoxydation,  auf  erwarmen  und  erkalten.  Göthe  31, 25". 

ERWÄRMEN,  calefaccre,  mhd.  erwcrmcn :  haben  wir  nicht 
gcsegenet  seine  seilen  {bcnedixerunt  latera  ejus),  da  er  von 
den  feilen  meiner  lemmer  envermet  ward?  Iliob  31,20;  ir 
kleidet  euch  und  künd  euch  doch  nit  erwermen.  Haggai  l,{i; 
damit  köndestu  dich  envermen  und  reizen,  dasselbige  deste 
lieber  zu  hören.  Luther  6,35*;  ich  meine  ich  wolle  im  sein 
oren  mit  worten  also  envermen  (io  gli  credo  per  si  falta 
maniera  riscaldare  gli  orrecchi),  das  du  hinfür  von  im  soll 
rue  und  fride  haben.    Steinhöwel  dec,  180,25; 

hauchet  in  seine  beide  hcnd, 

darmit  er  sich  envermen  thct.    11.  Sachs  II.  4,  43'; 

oft  envärmt  die  sonne  deinen  hügel, 

ilire  glut  empfindest  du  nicht  menr.    Schiller  6'; 

darauf  schieszt  die  sonne  die  pfcile  von  licht, 

sie  vergolden  sie  nur  und  erwärmen  sie  nicht.    50'; 

der  lenz  erwacht,  auf  den  erwärmten  triften 

schieszt  frohes  leben  jugendlich  hervor.    101'; 

von  euch  verlangt  man  eine  weit  zur  weit, 

wo  dichter,  schauer,  spieler  sich  verbinden, 

sich  wechselscits  erwärmen  und  entzünden.    Göthe  4,48; 

die  träffcn  geister  zu  erwärmen, 

mit  weisen  freunden  weise  schwärmen.    Gotter  1,  418; 

die  Umarmung  erwünnte  alle  seine  kalten  wunden  sanft. 
J.  P.  Ilesp.  3,  65 ;  die  dünne  eisrinde  glitt  ihm  vom  erwärm- 
ten herzen,  uns.  löge  1,97.  wenn  Götue  schreibt:  schmilzt 
aber  von  einer  zurückkehrenden  sonne  der  schnee,  befreit 
sich  ein  erwärmender  boden  nun  einigermaszen  von  dieser 
lästigen  decke.  33, 148,  so  sollte  wol  stehen  'erwärmender',  doch 
der  erste  druck  in  der  lit.  ztg.  1804  n*  91  gibt  riciUig  'erwärmter'. 
ERWÄRMUNG,  f.  das  erwarmen,  Maaler  119': 
erregt  an  des  lenzes  erwarmung.    Platen  31. 

ERWÄRMUNG,  f.  das  erwärmen,  Maaler  119*:  aber  indem 
er  so  sprach,  sah  er  die  glühende  Rabcttc  an  und  wollte 
durch  diese  envärmungen  gleichsam  die  blumenknospe  seiner 
liebe  gewaltsam  sprengen.  J.  P.  Tit.  2,  243. 

ERWARTEN,  exspectare,  wofür  goth.  usbcidan,  ags.  Abtdan, 
ahd.  irpitan,  mhd.  erblten  und  noch  nhd.  chmais  erbeilen 
(sp.  714)  gesagt  wurde,  bis  endlich  erwarten  außam,  das  sich 
schon  bei  Keisersberg  findet,  warten  hiesz  ursprünglich  scJiauen, 
ahd.  erwarten  beschauen,  ausschauen,  mhd.  ftf  erwarten  auf- 
schauen (Bcinh.  63),  woraus  sich  leiclit  die  rorslcllung  exspectare 
enlfallele,  welches  selbst  zu  spectare,  spicere  füllt,  der  wartende, 
ei'wartcnde  scliaul  nach  etwas,  harrt  bis  es  komme.  Maaler  484*. 
485'  setzt  warten  exspectare,  kein  envarten.  in  beidan,  pilan 
scheint  ursprünglich  die  bedeulung  von  ertragen,  aushalten,  fcrre, 
suslincrc  gelegen. 

1)  erwarten  mit  gen.  der  sache  oder  person :  da  einer  frü 
iszt  von  gewonheit  wegen  und  er  mag  der  rechten  zeit  nit 
erwarten.  Keisersb.  s.d.m.  4';  das  ein  verlassener  gedultig 
sei  und  seinen  mund  in  den  staub  stecke  und  der  hofnung 
erwarte,  klagt.  Jer.  3,  29  ;  ich  aber  wil  des  gotles  meines  heils 
erwarten,  mein  gott  wird  mich  hören.  Micha  7,  7 ;  denn  des 
erwarte  ich  zum  richter,  das  ers  urteil  spreche  durch  den 
römischen  stuel.  Luther  1,55';  dieweil  wir  befehl  von  gott 
haben,  sollen  wir  des  ends  erwarten.  3, 12s';  darum  musz 
ich  des  endes  erwarten.  Melanchth.  an  Albrecht  ep.  39  ed. 
Faber;  welcher  [hunde)  die  löwen  auf  dem  gejflg  nit  erwarten. 
Frank  »fc//fr.  192' ;  nach  dem  wolt  Wilzel  des  spils  lenger  nit 
envarten.  Alrerus  widrr  Witzcl  U 3' ;  wo  sie  des  tags  erwar- 
teten, das  Scipio  das  laper  sKlrmcn  würde.  Liviu.f  bei  Rihel 
325;  mit  solchen  freumiHrhen  worten  sie  beide  des  tanzes 
erwarteten.  Galmy  m\;  der  könig  erwartet  des  lages  kaum. 
bucli  d.  l.  89,1;  sie  kundicn  nicht  envarten  dos  folgenden 
tages.  223, 1 ;  mit  groszem  verlangen  des  zukünftigen  tage s 
erwarten.  240, 1 ;  er  im  filrnam  der  zeit  zu  erwarten.  25S,  2  ; 
dasz  ich  von  allen  meinen  kriiflen  kommen  bin  und  nichts 
mehr  erwarte  denn  des  todes.  257,4;  ober  der  wolle  ihrer 
nicht  envarten.  Mir.RXuos  2,259;  es  ist  jeder  stall  art  und 
angebornc  eigenschaft,  dasz  sie  ollen  augeublick  des  feinds 
erwarten  musz.    Fronsp.  2,34'; 

Ich  musz  der  zeit  erwarten, 

bis»  Ich  dB»  giftck  erschleich,    hergrtim  M,  II ; 


1045 


ERWARTEN 


und  erwarte  eines  gnädigen  bescheids.  Ayrer  proc.  1,4;  und 
erwartet  alda  selbsten  des  Moysis.  1,14;  aber  der  hasz  und 
grimm  ewerer  feinde  würde  des  ausspruchs  nicht  erwarten. 
Opitz  Arg.  1,60;  in  meinung  seiner  ankunft  zu  erwarten. 
1,  541 ; 

erwartend  deiner  trew.    Wzckherl«  278; 

wir  wollen,  liebster  freund,  des  endes  nicht  erwarten. 

Fleming  106; 

es  waren  ihrer  viel,  die  sich  gar  sehr  befahrten, 
sie  müsten  vom  Grifon  des  todes  drian  erwarten.! 
WEBBKfis  Ar.  18,  't ; 

erwarte  nur  der  zeit, 

so  wirst  du  schon  erblicken  -     ,  ,     . 

der  sonnen  frölichkeit.    Gkrham)  fn  befiehl  du  d.  w.; 

erwarte  mu*  der  zeit 

in  deiner  traurigkeit, 

so  wirstu  noch  erfreut.    Chr.  Griphics  1,  783; 

und  erwarteten  unsers  Untergangs,  pers.  reiseb.  2,  2 ;  das  schif 
erwartete  der  gesandten,  ebenda;  ich  weisz,  dasz  ich  ein 
sterblicher  mensch  bin  und  jederzeit  des  todes  erwarten 
musz.  ScRivER  1,84;  ein  einiges  ists,  das  ihn  noch  erhält, 
die  göttliche  langmuth  und  gute,  welche  seiner  zur  busze 
envartet.  1, 107 ;  des  göttlichen  berufes  erwartend.  Bütschky 
Palm.  713;  ich  erwarte  dannenhero  dieser  gunst.  kanzl.  21; 
da  Holofernes  der  schönen  Judith  erwartete.  717;  laszt  uns 
diser  euszersten  noth  erwarten.  822;  wolte  des  ausganges 
erwarten.  Weise  kl.  leute  25;  ich  werde  eines  glücklichen 
ausganges  erwarten  können,  überfl.  ged.  2,  511 ;  des  götlichen 
Segens  erwarten,  eomödienpr.  59 ;  von  kummervollen  ahnungen, 
die  meiner  zu  Leipzig  erwarteten,  gedrückt.  Reisress  lebensb. 
41 ;  er  sagt,  dasz  der  altar  ihrer  erwarte.    Lessisg  7, . . . ; 

des  todes  zu  erwarten.    Wieland  18, 15; 

erwartete  mein.    18,  230; 

in  Padua,  wo  seine  Studien 

ihn  fesselten,  erwartete  Fernando  _ 

des  frohen  augenblickes  nur,  der  ihm 

vergönnen  sollte  u.s.w.    Schiller  249*; 

so  kann  der  lehrer,  der  wolthäter  . . .  einer  spöttischen  Un- 
dankbarkeit ei-warten  (gewärtig  sein).  Göthe  29,  103;  wenn 
Flora  unter  mandeln  seiner  erwartet.    Fr.  Müller  1, 149 ; 

nun  lauscht  ich,  der  dinge 

erwartend,  im  ringe 

des  lumpengerichts.    Thömmel  2,  42. 

2)  allmälich  dringt  der  ace.  vor:  sihe  er  mrd  mich  doch 
erwürgen  und  ich  kans  nicht  erwarten  {falls  in  es  nicht  der 
alte  gen.  steckt).  Hiob  13, 15 ;  stelle  dich  zu  ir,  wie  einer  der 
da  ackert  und  seet,  und  erwarte  ire  gute  fruchte.  &r.  6, 19 ; 
wir  erwarten  ihn  schon  seit  gestern;  wir  erwarten  ihn  mit 
schmerzen;  den  feind  festes  fuszes  erwarten;  sie  erwartet 
ihre  niederkunft  im  nächsten  monat;  ich  erwarte  von  dir 
gehorsam ;  das  ende  geduldig  erwarten ;  man  erwartet  in  den 
nächsten  tagen  eine  schlacht  (sielU  ihr  entgegen); 

nun  der  bescheidenheit  genug! 

denn  sie  nur  immerdar  zu  hören,  wo 

man  trockene  Vernunft  erwartet,  ekelt.    Lessisg  2,273; 

ich  habe 
sehr  wichige  gründe,  vor  der  ganzen  weit 
den  mann,  den  ich  erwarte,  zu  verleugnen.    Schiluk  268"; 

geht,  geht,  und  im  audienzsaal 
erwartet  meine  weiteren  befehle.    275"; 
auf  rascher  jugendthat  erwart  ich  dich, 
doch  nicht  auf  tböncht  kindischer.    502* ; 
aber  war  ich  nicht  besser,  zu  widerstehen  da  vorne 
an  der  grenze,  als  hier  zu  erwarten  elend  und  knechtschaft? 

GöTHB  40,  268; 
denk  ich  die  zeiten  zurück,  wie  manche  nacht  ich  den  mond 

schon 
dort  erwartet  und  schon  so  manchen  morgen  die  sonne. 

40,273; 
all  erwarten  sie  straf  im  verschlosz,  inclusi  poenam  expectant. 
Voss  Aen.  6,  614. 

3)  erwarten  ohne  beigefügten  casus,  im  sinne  des  Wartens, 
Harrens:  wol  dem,  der  da  erwartet,  bealus  qui  expectat.  Dan. 
12,12; 

tbu,  was  sie  dir  gebieten  und  erwarte.    Göthb  9,  33 ; 

in  einer  felsenbucht  verbargen  sie 

das  schif  und  saszen  traurig  und  erwartend.    9,  70; 

erwartet  nur  und  faszt  euch  in  geduld, 

bis  nachricht  uns  herüber  kommt  vom  walde.    Schilles  522*. 

4)  mit  nachfulgendem,  abhängigen  satz:  unterdessen  rubelen 
die  Teutschen  nicht,  envarlende,  an  welchem  ort  die  Römer 
etwa  herein  brechen  würden.   Micrälius  l,  75 ; 


ERWÄRTIG— ERWECKRARKEIT       1046 

hier  fielen  nun  die  klägerinnen  zusamt  der  Wahrheit  auf  die 

knie, 
in  demut  also  xu  erwarten,  wie  viel  der  Vortrag  wucher  zieh. 

Gonther  437; 
ich  erwarte,  dasz  du  mir  augenblicklich  gehorchest;  erwarte 
nicht,  dasz  ich  dir  helfe ;  alle  erwarteten,  dasz  der  krieg  zu 
ende  gienge;  er  muste  erwarten  gesteinigt  zu  werden. 
5)  mit  dem  dat.  des  persönlichen  pronomens: 

nichts  schont  er  selber  und  erwartet  sich 
nicht  Schonung.    Schiller  456"; 

ich   hatte   mirs   nicht  erwartet,   sie  hier  in  Paris  zu  sehen 
641';  das  haben  wir  uns  doch  nicht  erwarten  können. 

ERWÄRTIG,  expectans,  erwartend,  gewärtig:  wir  sinds  er- 
wärtig.    Weise  nothw.  ged.  137. 

ERWÄRTLICH,  expeciandus,  zu  erwarten: 
das  keine  hilf  in  disem  jamer  mir  erwärtlich  noch  behaglich. 

WECKHERLiy   112. 

ERWARTUiS'G,  f.  expedatio:  geleuschte,  fehlgeschlagne,  ge- 
spannte erwartung; 

mutter,  man  teuscht  sieb  leicht  mit  erwartungen,  rede  die 

Wahrheit.    Luise  a.  l.  h.  115; 
rennen  andere  nun  in  zweifelhafter  erwartung 
ungebärdig  herum,  da  musz  ich  des  sarges  gedenken. 

GöTBE  40,  324 ; 

wenn  ein  entscheidender  streich  geschehen  sollte,  und  alles 
sich  voll  erwartung  um  seinen  spiellisch  herum  drängte. 
Schiller  745*;  bis  nach  Sonnenuntergang  harrte  der  prinz 
aus,  von  jedem  geräusche,  von  jedem  knarren  der  kirchthür 
in  erwartung  gesetzt,    daselbst. 

ERWARTUNGSVOLL,  expedatione  pknus:  erwartungsvoll 
ruhen  himmel  und  meer.    Schiller  745*. 

ERWASCHEN,  ERWÄSCHEN,  abluere,  perluere,  dthiere,  wie 
auch  für  waschen  waschen  vorkommt,  ahd.  arwasgan,  irwascan, 
mhd.  erweschen: 

wie  so!  ich  riehen  edeln  scbalk 

mit  valschem  muot  erweschen  (:  eschen)?    MS.  2,  206*j 

ein  ieglich  blQemlin  sich  erwaschet 

üj  meigen  ton.    Hätzl.  36'; 

nhd.  das  euch  gott  beide  sehend,  wie  habt  ihr  mir  heut 
meinen  balg  erwäschen.  Menechm.  101';  er  solt  lugen,  ob  vil 
oder  wenig  menschen  in  dem  wasserbad  weren,  weren  wenig 
darin,  so  wolt  er  auch  darin  gon  sich  erweschen.  Keisersb. 
narrensch.S6^';  erwäschen,  wol  waschen  und  seuberen.  Maaleb 
119';  wie  viel  er  mit  einem  zeug  eine  woche  lang  golt  er- 
waschen und  zu  nutz  bringen  kan.  Erker  erzt  und  bergtcerks- 
arten  43' ;  aber  weiter  wollen  wir  einander  den  beiz  basz  er- 
weschen und  weder  roter  hütlin  noch  der  groszen  namen 
schonen.  Paracelsds  chir.  sehr.  342';  so  er  {der  luft)  nach 
dem  regen  wol  erwaschen  und  erläutert  wird.    Sebiz  5; 

einen  mohren  weisz  erwaschen, 

trinken  aus  geleerten  flaschen.    LoGiu  1,  151,  52. 

ERWASEN,  exherbare,  erjäten,  das  gras  ausraufen.  Frisius 
505'.  Maaler  119',  gegenüber  dem  wasen  herbescere.  Maaler 
485*,  vgl.  ergrasen  2.  doch  könnte  erwasen  auch  ausdrücken 
herba  obduci,  wie  ergra'sen  1. 

ERWÄSSERN,  1)  movere  sdivam,  wässern  machen: 
das  wird  den  gasten  gleich  erwässem  ihren  mund. 

SCUERFER   174. 

2)  nimis  irrigare,  verwässern:  der  buchstabe  zu  sagen  statt 
der  buchstab  gibt  eine  erwässemde  Zweideutigkeit.  Fichtb 
im  briefwechsel  mit  Schiller  s.  27. 

ERWATEN,  vadare:  den  sumpf  erwaten. 

ER  WEBEN,  texere,  retexere,  ahd.  arweban,  mhd.  erwSben: 
blivar  mit  golde  erwöben,    kröne  7725. 

nhd.  nur  schwachformig : 

was  ich  mit  arbeit  han  erwebt, 

kein  nutz  kan  ich  bei  ir  erholn. 

derhalb  ich  nichts  erweben  mag, 

webt  ich  bis  an  den  jüngsten  tag.    H.  Sachs  1,524'; 

was  sie  bei  tag  crspunnen  und  erwebet  hat,  bei  nacht  die 
maus  zernagen.  Fischart  ehz.  494.  Stieler  2450  gibt  nur  die 
bedeutung  texendo  lucrari  an. 

ERWECHSELN,  vicibus  transferre:  damit  wil  er  bewert 
haben,  das  Christus  sein  priesterthum,  als  er  gen  himel  ge- 
faren  ist,  auf  s.  Peter  und  s.  Peter  auf  den  bapst  erwechslet 
haL  Luther  2, 11*.  bei  Stieler  2526  erwechseln,  permutando 
lucrari.  ich  habe  mir  drei  ducaten  erwechselt,  gewechselt, 
eingewechselt. 

ERWECKBAR,  qui  excüari  polest. 

ERWECKBARKEIT,  f.  die  erweckbarkeit  und  beliebigkeit 
der  beobachtungen. 

66* 


1047 


ERWECKEN 


ERWECKEN  —  ERWEGEN 


1048 


ERWECKEN.  excUare,  goth.  usvakjan,  ahd.  arwecchan,  mhd. 
erwecken,  erwaclc,  ags.  dveccan  (neben  dem  intr.  onvacan). 

1)  eigentlich  erwachen  machen,  aus  dem  schlaf  erwecken, 
expergefacere : 

mhd.  d6s  wart  so  gröj  ir  UDgehabe, 
da;  ir  vater  dar  abe 

und  ir  muoter  wart  erwalit.    a,  lleinr.  511 ; 
da;  ir  ougcn  rögen  begöj 
der  siäfenden  riiei;e. 
8US  erwabte  si  diu  süeje.    480; 
Ar  stuont  d6r  ohse  leides  Tri, 
milteclichea  als  ein  schäf 
das  bat  genomen  einen  sl&f 
und  drÜ5  vil  sanfte  erwecket  ist.    Sitr.  5115; 

nhd.  schweig  still  und  leg  dich,  erweck  das  kind  nil.  de  gen- 
ctrtoj.  136, 10 ;  in  den  weislhümem  oß  die  schöne  formel  des 
nicht  crschreckens  und  erweckens,  weder  den  hahn  auf  der 
Stange  noch  das  kind  in  der  wiege  (z.  b.  2,  531.  539.  510) ;  so  ist 
ein  mensch,  wenn  er  sich  legt,  und  wird  nicht  aufstehen 
und  wird  nicht  aufwachen,  so  lange  der  himel  bleibt,  noch 
von  seinem  schlaf  erweckt  werden.  Hiob  ii,li;  erwecke  dich 
und  wache  auf  zu  meinem  recht,  ps.  35,23;  erwecke  dich 
herr,  warum  schlefestu?  44,24;  und  der  enge!,  der  mit  mir 
redet,  kam  wider  und  wecket  mich  auf,  wie  einer  vom  schlaf 
erweckt  wird  {vulg.  et  suscitavit  me  quasi  virum  qui  susci- 
tatur  de  somno  suo).  Zach.  4, 1 ;  das  sie  auch  Lazarum  sehen, 
welchen  er  von  den  todten  {aus  dein  todesscldaf)  erweckt  halte 
(golh.  Jianei  urraisida  us  dau|iaim,  vulg.  (juem  suscitavit  a 
mortuis).  M.  12,  9;  und  wissen,  das  Christus  von  den  todten 
erwecket.  Rom.  6,  9 ;  das  der  son  gollcs  wider  komen  werde 
und  aus  unser  aschen  ein  durchsichtigen  corper  erwecken. 
Mathesics  1562,  305";  man  hört  überall  Zelters  melodien  und 
wir  haben  ihm  zu  danken,  dasz  unsere  lieder  und  bailaden 
durch  ihn  von  den  todten  erweckt  worden.  Götiie  an  Schiller  820. 
stärker  als  dies  erwecken  von  den  todten  ist  auferwecken,    bildlich, 

mhd.  da;  er  die  schrift,  diu  6  da  slief, 
mit  bredige  muose  erweclten 
unt  die  süejen  lere  endecisen, 
diu  6  was  beschatewöt.    Maria  128,  23. 
nhd,  doch  zuletzt  befiel  micb  der  schlaT,  und  als  nun  des  morgens 
mich  die  küblung  erweckte,  die  vur  der  sonne  herabfallt. 
GöTUE  40,  25Ü ; 

die  frühlingsonne  erweckt  die  schlafenden  keime,  'die  gildc 
erwecken'  lüesz  bei  der  aufnähme  in  dieselbe  eine  abgäbe  ent- 
richten. RClixg  beschr.  von  Nordheim  s.  63. 

2)  samen  erwecken,  suscitare  scmen:  lege  dich  zu  deines 
brudcrs  weib  und  nim  sie  zur  ehe,  das  du  deinem  bruder 
samen  erweckest.  1  Mos.  38,  8 ;  wenn  nu  deine  zeit  hin  ist, 
das  du  mit  deinen  vetern  schlafen  ligst,  wil  ich  deinen  samen 
nach  dir  erwecken,  der  von  deinem  leibe  komen  sol.  2  Sam. 
7, 12;  Moses  hat  gesagt,  so  einer  stirbt  und  hat  nicht  kinder, 
so  sol  sein  bruder  sein  weih  freien  und  seinem  bruder  samen 
erwecken  {ahd.  arwekfi  samon  sinemo  bruoder).  Mallh.  22, 24. 
Marc.  12, 19  {goth.  ussatjai  barna).  Luc.  20,  2S  {gollt.  urraisjai 
fraiv).  ebenso  sühne,  kinder  erwecken :  denn  umb  Davids 
willen  gab  der  herr  sein  gott  im  ein  Hecht  zu  Jerusalem, 
das  er  seinen  son  nach  im  erwecket  und  erhielt  zu  Jeru- 
salem. lÄwn.  15,  8;  ich  sage  euch,  golt  vermag  dem  Abraham 
aus  diesen  steinen  kinder  zu  erwecken  {alid.  arwekkan  Abra- 
hames  bam).  Matth.  3, 9.  Luc.  3, 8  {goUi.  urraisjan  barnu). 
turaisjan  ist  aufstehen  maclten,  ussatjan  pflanzen. 

3)  ich  wil  inen  einen  propheten,  wie  du  bist,  erwecken 
aus  iren  brüdem.  5  Mos.  18,18;  wenn  aber  der  herr  inen 
Hehler  erwecket,  so  war  der  herr  mit  dem  richter.  rieht. 
2, 18 ;  da  schrien  die  kinder  Israel  zu  dem  heirn  und  der 
herr  erwecket  inen  einen  beiland.  3,  9 ;  auch  erwecket  im 
gott  einen  Widersacher.  1  kün.  11,  23 ;  die  da  bereit  sind  zu 
erwecken  den  Leviathan.  Hiob  3,8;  ich  habe  einen  hell  er- 
weckt, der  helfen  sol.  ps.  89,20;  ich  aber  erwecke  einen 
TOD  mitternacht.  £«.41,25;  ich  wil  grosze  Völker  und  häufen 
aus  dem  lande  gegen  mitternacht  erwecken.  Jer.  50,  o ;  denn 
sie  erwecken  keinen  kOnig  im  lande.  Baruch6,i2;  dem  Vater- 
land einen  held,  einen  dichter  erwecken ; 

der  ruf  von  dir,  der  alle  weit  bewegt, 

der  deinen  n!imr>n  trftgt  auf  allen  Zungen. 

hat  uno  «rwnckt  in  uiuerm  itillen  dort 

und  hergerohrt  zu  dleaei  feste«  Teler.    Scmillbi  478*; 

wenn  ich  nun  sogleich  aber  wieder  an  die  nalur  gieng  und 
di«  verscbifdenen  wölken  formen  nuf  dem  pnpicr  nachzubilden 
nchla,  so  erweckte  ich  auch  jüngrre  männer,  welche  von 
4er  sät  an  mit  geschärfter  aufnierksamkett  das  gleiche  thatea. 


GüTME  51,  208.  'die  erweckten',  nach  frommem  Sprachgebrauch, 
die  innerlich  crwaclilen.     s.  erweckung. 

4)  erregen,  rege  machen:  sie  (die  liebe)  erweckt  die  unge- 
stümen flammen  der  jungen  und  beruft  den  allen  herwider 
ir  erloschne  hitz.  Wvle  tran.sl.  Lucrclia;  ir  brüst  guter  wile 
Ihet  zu  bedersil  brüstlin  wol  apfelgrosz  erheben,  die  ouch 
den  antastern  begirlichen  lusl  erwackten.  ebenda; 
bedräng  der  vögt  die  leut  erschreckt, 
und  ward  der  Schweizerbund  erweckt. 

SCUWARZE?CDERG    116,  1; 

an  dem  tage  wil  ich  erwecken  über  Eli,  was  ich  wider  sein 

haus  gercdt  habe,  ich  wils  anfahen  und  volenden.  1  Sam.  3, 12 ; 

wird  mir  ein  besonder  freund  erwecken.    Kirchbof  mü.  disc. 

209  ;  dawider  Judas  ein  aufruhr  erwecket.  Reiszner  Jer.  2, 109'; 
wann  die  flöh  die  wcibcr  necken, 
wil  die  luft  bald  näsz  erwecken.    Logau  1,  71,  86; 
vergossen  mcnschenblut  nicht  rächen  sondern  decken, 
was  wird  für  gotles  thron  dis  für  geruch  erwecken? 

I,  230,  61; 
schlechte  kunst  ist  krieg  erwecken.    2,  233,  140; 
ein  groszer  stürm  sich  da  gleich  grausamlich  erweckt, 
der  uns  all  und  darzu  den  schifmann  selbst  urschreckt. 
Werders  Ar.  17,  21; 

0  sapperment,  was  erweckte  das  ding  bei  den  1400  raths- 
hcrrn  vor  grosz  aufschens.  Schflmufski/  2,  38 ;  es  würde  am 
besten  sein,  dasz  sie  durch  einen  kleinen  Spaziergang  sich 
einen  appetit  zum  essen  erweckten.    Weise  crjn.  52; 

die  Vögel  wurden  selbst  erweckt 

und  durch  cxcmpel  angesteckt.    Göntukr  316; 

in  ihren  küssen  steckt 

was  lausend  lust  erweckt.    Hagedorn  3,  80; 

hat  sie  der  freunde  rath,  hat  sie  was  sonst  erwecket? 
J.  E.  Schlegel  1,423; 

dnnn  ists  zu  spät!  dann  wird  kein  wein 

den  langst  gestorbnen  witz  erwecken.    Gökingk  1,205; 

furcht,  hasz,  argwöhn,  unmut,  verdrusz,  vergnügen,  freude, 
liebe,  behagen,  dank  erwecken ;  stark  gesalzne  speise  er- 
weckt durst  «.  s.  w.  das  unglück  hat  ihn  aus  seiner  faulheit, 
Stumpfheit  erweckt. 

ERWECKEND,  excUans:  so  schrecklich  die  epoche  war,  so 
musz  sie  doch  für  das  dichterische  genie  erweckend  gewesen 
sein.    Schiller  an  Gollie  617. 

ERWECKER,  m.  Sterne  ist  in  nichts  ein  muster  und  in 
allem  ein  andeuter  und  erwecker.    Güthe  23,  2S2.  49, 126. 

ERWECKLICH,  cxcitans,  crbaidich: 

zu  der  rew  und  busz  crwöeklich.    Weckhkrlin  107. 

ERWECRUNG,  f.  excilalio:  nachdem  es  sich  aber  begibt, 
dasz  sich  reuter  und  knecht  durch  erweckungen  der  feind 
zur  gegenwehr  zusammen  verfügen.  Fro.nsperc  kriegsb.  1,  52. 
oß  in  geistliclwm  sinn: 

{das  wird)  die  thräncn  oft  mir  in  die  äugen  locken 
und  mehr  als  das  creinut  der  glockcu 
erweckung  zum  geoete  sein.    Gökingk  2,  15t ; 

wovon  sich  dergleichen  sinncsverwandle  am  liebsten  unter- 
halten, sind  die  sogenaniilen  erweckungen,  sinnesverände- 
rungcn,  denen  wir  ihren  psychologischen  werth  nicht  ab- 
sprechen.   GöTBE  48,  29. 

ERWECKUNGSMITTEL,  n.  wenn  in  der  natur  alles  licht 
fehlte,  so  wäre  dieser  mangel  des  üuszern  erweckungsmittels 
mit  dem  mangel  der  inueru  kraft  gleichgeltend.  Garve  tu 
Cic.  off.  3,24. 

ERWECKUNGSWORT,  n. 
wol  dennoch  mir!  wer  sanft  entschlaft  in  vaters  armen, 
darf  dem  erweckungswnrt  vertraun.    es  heiszt  erbarmen! 

Matthisson  14. 

ERWEGEN,  schon  oben  sp.  1039  unter  erwügen  behandelt. 

1)  die  schräbung  erwägen  brachte  der  organischen  starken  form 
gefahr  und  trug  nicht  nur  zur  einfilhrung  von  erwögte  für  er- 
wäg, sondern  auch  von  erwilge,  erwflgsl,  erwiigt  für  crwige, 
crwigst,  erwigl  bei.  hier  folgen  noch  belege  mit  der  alten  form. 
Uartpodios  176*.  177*  schreibt  'ich  envige'  expendo ;  leichllich 
der  keiser  des  guten  herzogen  Naimas  rath  bei  im  selbst 
bodrnchtet,  hin  und  her  erwieget.  Aimonci';  bei  im  crwag. 
dt/;  erwäg  m  im  selbst.  t5';  als  sie  in  dem  rat  saszen  den 
handel  zu  crwegen.  Fttr.i  garteng.  9l';  und  will,  das  die  bei- 
sitzen die  sach  basz  erwegen.  Frans  rrllb.  «7*;  die  Sachen 
worden  oftmaln  recht  bedacht  und  erwegen.  WCrtz  5;  die 
fraiiwe  ihm  lief  nnch).'eda(  hie,  er«l  die  grulalf  des  mrmrhs 
erwegen  Ihel.  Galmij  338;  mein  auschlag  fast  gut  zu  voll- 
enden sein  wird,  diewril  ich  den  handel  mit  hOcbstcin  QeiM 


1049 


er\m:gen 


ERWTGEN 


1050 


envegen  habe,  buch  d.  l.  254,  i ;  erweget  nichts  stattlichers, 
als  was  ich  euch  jetzt  sagen  wil.    Ayber  proc.  3,1; 

80  sollte  doch  dieselb  (dt«  junge  iceli)  erwegen. 

Fischakt  <//.  tchif  164; 
drum  ich  erwigs  und  dann  es  wag 

mit  gott,  also  es  glücken  mag.    Moscuerosch  exerc.  acad.  450; 
dein  wort  und  deine  weg  erwegen  und  ermessen. 

Weckhkku:«  'MO; 
envigst  du  den  verdienst.    Opitz  1,  218; 
erwig  ich  aber  auch,  wie  elend  es  gewesen, 
dasz  du  so  lange  zeit  u.s.k.    Roxplek  M; 
erwig  ich  die  geberden 
und  seine  höflichkeit,  so  weisz  ich  wol  es  werden 
bei  höfen  ihm  darin  gar  wenig  gleiche  sein.    115; 
erwiege  recht  bei  allen  die  nutzbarkeit.    53; 

auch  sihet  der  mensch  auf  die  werke,  gott  aber  erwiget  die 
gedanken.    Bltschky  kanzl.  729; 

was  ist  ein  leib,  des  geistes  hülle? 
sein  klumpe  liget  todt  und  stille, 
sobald  ihm  ein  beweger  fehlt, 
nicht  so  der  geist,  der  lebt  und  denket, 
mit  schneller  macht  die  sinnen  lenket, 
erwigt,  beschleuszt,  verwirft  und  wählt. 

DaOLLLIGKR  18; 

die  sprachen  sind  die  dolmetscher  unsrer  gedanken.  erwieget 
man  nun  mit  einigem  ernst  die  unendliche  Verschiedenheit 
der  dinge,  die  sich  gedenken  lassen  v.  s.  ic.  Breitiügeb  crit. 
diciäkunä  2,97. 

2)  besondere  aufmerksamkeit  verlangt  ein  dem  mhd.  'sich  be- 
wegen' (1, 1770)  entsprechendes  reflexives  'sich  erwegen',  das  im 
16  jh.  häußg  erscheint,  im  17  seltner  uird,  im  IS  ganz  rerschtcindel. 
meistens  hat  es  einen  gen.  der  sache  oder  person  neben  sich,  doch 
kann  auch  die  praep.  stehn  oder  ein  abhängiger  sati  folgen,  et 
hat  aber  genau  den  doppelsinn  des  mhd.  tcortes,  und  bedeutet 
bald  sich  zu  etwas  enlschlieszen,  sich  eines  dinges  unterfangen, 
geicarlen,  getrauen,  bald  auf  etiras  verzichten,  daran  verzweifeln, 
ihm  entsagen,  im  ersten  fall  gibt  der  erwegende  sich  an  etwas, 
im  andern  von  etwas,  zuweilen  bleibt  man  der  bedeutung  un- 
schlüssig, die  vielen  belege  aus  LirrnER  zeigen  aber,  dasz  er  dem 
verbum  in  beiderlei  sinn,  meistens  im  positiven,  gern  schwache 
flexion  verleiht  durch  Verwechslung  mit  erwegen  commovere, 

a)  positives  sich  erwegen: 

mhd.  des  hän  ich  mich  erwegen  gar.    attd.  bl.  I,  333; 

nhd.  auf  diese  und  dergleichen  zusagung  und  bcfehl  musz 
man  sich  tröstlich  erwegen  und  mit  rechtem  vertrauen  bitten. 
LcTBER  1,172';  denn  wer  sich  gebens  und  leihens  erwegt, 
der  musz  sich  des  Interesse  zuvor  erwegen,  oder  wird  weder 
geben  noch  leihen  heiszen.  1,193';  aber  er  musz  sich  viel 
neids  und  leids  drüber  erwegen,  das  creuz  wird  solchem  für- 
nemen  gar  bald  auf  dem  hals  ligen.  2,205';  so  ists  besser 
doch  göttlich  und  seliglich  leben  und  sich  der  guten  tage 
verzeihen,  so  die  haben,  die  kein  weib  berüren,  und  sich  in 
die  bösen  tage  erwegen,  umb  sünd  willen  zu  meiden.  2,299'; 
mich  dünkt,  der  Carlstad  habe  sich  ergeben  und  erwegen 
zu  sein  ein  öffentlicher  feind  gottes.  3,87';  darumb,  das  die 
ungebrochene  blöde  natur  sich  schwerlich  ergibt  und  auf 
gott  erweget.  3.290*,  vgl.  br.  2.  SO;  weil  etliche  in  zweivel 
stehen,  etliche  aber  sich  so  gar  und  ganz  erwegen  (erdreisten), 
das  sie  nichts  mehr  nach  gott  fragen.  3,315*,  br.  3,141;  so 
müssen  wir  uns  auch  des  erwegen,  das  wir  geste  sind.  3,384*; 
wer  ehelich  sein  wil,  der  musz  sich  auf  den  spruch  {fluch 
über  mann  und  weib)  erwegen,  oder  des  erwegen,  das  er  zum 
teufel  fare.  4,  26' ;  so  wil  ich  mich  drauf  erwegen  mit  ganzer 
Zuversicht.  4,34';  wann  einer  schon  keine  lust  noch  andacht 
zum  sacrament  hat  und  doch  mit  ernst  sich  erwegt  dahin 
zu  gehen.  5,198*;  wer  den  leuten  in  der  weit  wil  wol  thun, 
der  musz  sich  erwegen  {gewarten,  sich  darauf  gefaszt  machen) 
Undank  zu  verdienen.  5,272*;  also  musz  sich  ein  iglicher 
Christ  des  erwegen,  das  das  crenz  nicht  werde  auszen  bleiben. 
5,311*;  ist  hie  kein  ander  trost,  denn  das  ir  euch  auf  gott 
und  unsern  herrn  Christum  erweget  und  dasseib  frei  beken- 
net. 5,331*;  du  must  dich  des  frisch  erwegen.  5,419";  weil 
wir  nu  sehen,  das  es  gott  selbs  mit  seiner  liehe  also  gehet 
in  der  weit,  so  mögen  wir  uns  des  erwegen  (gewärtig  setn), 
das  wirs  auch  nicht  besser  haben  werden.  6,56';  wer  sich 
des  (dasz  die  well  unsre  guten  Ihaten  verkehret  und  schändet) 
nicht  wil  erwegen,  der  mag  Christum  faren  lassen  uder  ans 
der  weit  gehen,  daselbst ;  darumb  geheis  auch  so  schw  er  ein 
und  stoszet  sich  alle  weit  dawider,  und  feilet  jederman  auf 


ander  ding,  das  die"  Vernunft  begreifen  und  erlangen  kan, 
denn  es  bleibt  ir  doch  imer  frembd  und  verborgen,  das  sie 
es  nicht  für  grosz  achten  noch  für  war  halten  und  sich  blosz 
drauf  erwegen  kan,  weil  sie  es  nicht  fület  noch  tappet. 
6,179*;  darumb  müssen  wir  uns  auch  alle  des  erwegen.  das 
er  (der  teufel)  uns  angreift  von  beiden  seilen,  erstlich  zu 
morden  durch  seine  tyrannen,  darnach  mit  lügen  durch  falsche 
brüder,  die  unter  uns  Spaltung  und  rollen  machen.  6,  44' ; 
weil  ich  aber  mich  eines  andern  lebens  rühme,  so  musz  ich 
mich  dieses  erwegen  und  zu  lohn  haben,  das  mir  die  weit 
also  milferet  und  der  teufel  mich  so  zuspieszet.  6,248';  so 
magst  du  dich  des  wol  frei  er^vegen.  JtscAr.  90';  es  darf  sich 
ein  junger  gesell  in  der  brunsl  wol  eins  vierteil  jars  im  ge- 
fengnis  erwegen  (?)  316";  der  mag  sich  seines  glucks  erwe- 
gen. 93*; 

ich  rath  das  wir  die  furcht  ablegen 

und  hie  zu  bleiben  uns  erwegen.    Waldis  Esop  1,  23; 

ein  gutn  rath  wil  ich  dir  vorlegen, 

du  must  dich  soviel  müh  erwegen.    1,  44; 

wil  euch  zu  gut  mich  des  erwegen, 

zwerg  (quer)  über  diese  bach  zu  legen.    3,  97 ; 

soltu  dich  drum  nit  bald  erwegen, 

an  einem  gröszern  dich  zu  reiben.    3,86; 

bitt,  wolt  der  demut  euch  erwegen.    3,  93; 

hat  er  sich  auch  der  schand  erwegen, 

umb  gelts  willen  mein  son  erstochen.    4,  20; 

der  jung  gesell  thet  sich  erwegen, 

ein  groszen  hauleu  schisz  dazu.    4,  35; 

ails  was  ir  sehen  von  den  leuten, 

so  dürft  irs  euch  von  stund  erwegen, 

wolls  nachtbun,  wie  die  afTen  pflegen.    4,  75; 

das  sie  wie  die  treuwen  pastorn, 

gar  oft  ir  scbäflein  selber  scborn, 

doch  dorflen  sich  des  nit  erwegen 

ofl'entlich,  wie  die  schäfer  pOegen.    4,  66; 

und  bessern  da  mein  sündlich  leben 

mit  beten,  fasten,  wie  sie  pflegen, 

des  wolt  ich  mich  auch  gar  erwegen.    4,  3; 

das  wuchs  .  .  .  sich  allenthalben  wol  erwug. 

RiSGWAU)  er.  K5*; 
ohn  dich  bei  menschen  ist  kein  sieg, 
auf  dich  ich  mich  allein  erwig. 

U.  VoeiUEK  bei  Ringwatd  geistl.  Heder  13S; 

denn  ich  der  wunden  halb,  so  ich  von  im  empfangen,  mich 
genzlich  zu  sterben  erwegen.    Amadis  262; 

sie  siehet,  dasz  er  sich  zu  sterben  musz  erwegen, 
denn  jede  Stadt  ist  gar  zu  weit  dem  ort  entlegen. 

Werdeks  .4r.  24,  BS; 
doch  wann  ich  mich  erwege 
und  gar  zu  schwere  last  auf  meine  scbuhem  lege. 

Oprrz  tiugo  Grot.  2S6; 
doch  wüst  ich  mich  so  weit  noch  zu  erwegen, 
dasz  ich  den  kränz,  den  sie  mir  übergeben, 
hinwieder  kont  in  ihre  bände  legen. 

HoF«A5;<sw.  getr.  seh.  41 ; 
darf  ich,  o  königin,  mich  endlich  noch  erwegen, 
fünf  Wörter  beizutbunj  nimm  mich  zu  diensten  an! 

heldenbr.  75; 
sich  erwegen  (unterfangen,  unternehmen). 

Scherfers  grob.  242. 

da  dieses  sich  erwegen,  »cft  unterfangen  den  sinn  von  dch  er- 
dreisten, erkühnen  annimmt,  darf  man  ihm  nahe  Verwandtschaft 
mit  wagen,  mhd.  wagen  beilegen,  wovon  weiter  unter  wagen  zu 
handeln,     vgl.  das  pari,  unter  c. 

b)  privatives  sich   erwegen,  änem  entsagen,   auf  dwas  ver- 
zichten : 

ich  han  mich  sein  ganzlich  erwegen.    fastn.  411,  16; 

ich  hab  mich  aller  andern  man  erwegen.    620; 

jungfrewiein  werth, 

mich  rewt  auf  erd 

sunst  nichts  denn  du, 

so  ich  mich  nu 

so  gar  musz  dein  erwegen.    .4m6r.  ib.  s.  219,25; 

ach  got,  wie  sol  ich  mich  ernern? 

mein  feins  lieb  hat  mir  urlanb  geben. 

du  dörfst  mir  zwar  nit  Urlaub  geben, 

ich  wolt  mich  dein  wol  selbst  erwegen .'    Uiu.a]io  128; 

solt  mich  raeins  buln  erwegen, 

als  oft  ein  ander  tut, 

solt  fürn  ein  frolicbs  leben, 

darzu  ein  leichten  mut.    1'29; 

sich  seines  lebens  erwegen  helle.  Steinhöwel  dec.  337, 22 ; 
etlich  aber  fielen  dahin,  das  sie  sich  des  lebens  erwegeten. 
weish.  Sal.  17,15;  hallen  sich  ires  lebens  erwegen.  st.  aus 
Esther  7,  6 ;  also  das  wir  uns  auch  des  lebens  erwegen  und 
bei  uns  beschlossen  hellen,  wir  niüslcu  sterben.  2  Cor.  1,  8 ; 


1051 


ERWEGEN 


ERWEGEN— ERWEHREN 


1052 


die  feldmaus  wüste  nirgend  hin,  lief  die  wand  auf  und  abe 
und  hatte  sich  ires  lebens  erwegen,  Luther  5,  272' ;  weil  wir 
denn  hie  nichts  anders  zu  warten  haben,  sondern  uns  des 
lebens,  und  alles  was  darin  ist,  williglich  erwegen  müssen, 
das  unser  leben  und  wesen  eigentlich  heiszet  frustra  nili. 
6,247*;  dem  pfaffen  aber  war  gar  angst  bei  dem  wolf  in  der 
gruben  und  hatte  sich  alle  augenblickc  seines  lebens  erwe- 
gen. Wickram  roUw.  58';  ohne  das,  so  war  mancher  guter 
gesell  darauf  gangen  und  hei  ich  mich  selber  (lebens?)  er- 
wegen, dann  mein  gaul  war  hart  verwundet.  Götz  von  B. 
lebend).  56;  denn  sie  hatte  sichs  ganz  und  gar  erwegen  ihn 
nimmer  meh  zu  sehen,    buch  d.  Udie  6, 3 ; 

§ott  sei  gelobet,  das  wir  han 
eu  bapst  und  biscbof  fahren  lan, 
für  mein  person  hab  niicbs  erwegen, 
für  gelt  kauf  ich  nit  iren  segen.    SValdis  E^op  2,  75; 
sonst  hab  ich  mich  oft  must  erwegen 
meins  lebens  iu  dem  schnee  und  regen.    4, 1; 
wir  waren  allesam  erlegen, 
betten  des  lebens  uns  envegen.    4,  13; 
die  sich  Her  ehren  ganz  erwegen, 
inutwilliglich  in  unehr  legen.    3,98; 
das  sie  umb  einmal  wol  zu  leben 
alles  was  sie  betten  sollen  geben, 
und  aller  wolfart  sich  erwegen, 
das  sie  dem  bauch  wol  möchten  pflegen.    4,  55; 
ich  wolt  meines  leib»  ziemlich  pflegen 
und  doch  des  glaubens  mich  nicht  erwegen. 

Dedbkind  milex  5,  6; 
was  mich  beirifl,  an  mir  ist  zwar  nicht  viel  gelegen, 
ich  dennoch  hatte  mich  des  lebens  schon  erwegen, 
mein  armes  baus  bestellt.  Si>.  Dach  R; 

die  nacht  über  wurde  mir  so  schlimm,  dasz  ich  mich  meines 
lebens  erwog.  Ett.vers  med.  maulaffc  8(53;  man  erwog  sich 
ihres  lebens  (desperabat  de  vita  ejus),  ungew.  ajwlhekcr  271. 
die  bdspiele  sind  nicht  ersdüpß,  doch  reichlich  mügetheilt,  da  sie 
auch  die  bedeulungen  des  mhd.  bewiJgen  außlären  helfen,  deren 
1,1770  eine  unzureichende  zahl  angeführt  wurde,  positiver  und 
negativer  sinn  können  zusammentreffen,  z.  b.  zu  sterben  sich 
erwegen,  des  todes  sich  erwegen  meint  glächviel  was  lebens 
sich  erwegen  (mhd.  des  libes  sich  bewegen),  die  aus  dem 
buch  der  liebe  6,  3  angezogne  stelle  kann  gefaszt  werden :  sie  hatte 
sicli  enlsddosscn  ihn  nie  wieder  zu  sehen,  oder  darauf  verzichtet, 
ihn  je  wieder  zu  sehen. 

c)  das  part.  envegen  (in  seiner  alten  geslalt,  nicht  tn  der 
späteren  von  erwogen)  bezeichnet  einen,  der  äch  unterfangen  hat, 
adjeäivisch  also  einen  kühnen,  dreisten,  frechen  menschen :  gleich- 
wie ein  erwegen  ehebrecherin  die  äugen  aufsperret  und  mit 
vollen  äugen  umb  sich  wirft,  einem  jederman  bereit  zu  sein. 
Luther  2, 124';  so  ist  der  VVitzel  allweg  ein  ehrgeiziger,  rum- 
retiger,  stolzer,  neidischer,  arglistiger,  rottischer,  crwegener, 
unverscbampter  mensch  gewest.  Alberüs  wider  Witzel  FS"; 
und  dürft  der  erwegne  unverschempte  stolz  eselkopf  sich 
nicht  Schemen,  sein  narrenwerk  iderman  an  tag  zu  geben 
sich  zu  unterstehen.  g7';  thun  wie  der  teufel  selbst  und 
alle  erwegene  verruchte  leute.  Melanchtho.v  im  corp.  doctr. 
ehr.  188;  solchen  losen,  leichtfertigen,  erwegenen  bubcn  ihren 
mutwillen  nicht  gestatten.  Bartisch  61;  zum  siebenden  gibt 
solche  bettelei  erwegen  unverscbampte  schelke  und  beige. 
MiLiCD  schrapleufel  v3'.  da  wir  nun  heute  verwegen  ganz  in 
$tüchem  sinn  verwenden,  folgt  schon  daraus,  dasz  dem  verbum 
»erwegen  überhaupt  die  bedeutung  des  ntitd.  bewögen,  späteren 
nhd.  erwegen  zugestanden  haben  müsse,  die  weitere  ausführung 
gehört  unier  verwegen,  beufiele  schon  1, 1770,  Aier  genüge  noch 
ein  beleg:  hab  ich  mich  schon  des  lebens  verwegen.  Abele 
gerichUh.  1, 125.  nicht  anders  hatte  das  mhd,  pari.  bewCgen  den- 
teWen  tinn: 

sus  vihten  die  bewfignen.    altd.  hl.  1,  839; 

wCr  ist  der  recke  vi!  bewogen?    Rab.  383; 

Scharpfe  dir  bewogen  [al.  verwigen).    895; 

dd  danket  in  d<*r  bewägcn.    Dietr.  6366; 

66  «pracb  von  ß6rne  d«r  bewegen.    6272; 

da;  abte  Wolfbart  der  bewegen.    8294;' 

immer  in  der  guten  bedeutung  edler  kühnheii.  doch  die  höflichen 
diehUr  meiden  dies  bewogen,  {ibrigent  kommt  auch  erwegen, 
•••  ttteken  gebraucht,  in  gutem  sinn  vor:  glaub  ist  ein  rrwe- 
Ren  (mutigt)  luversicht  auf  gottes  giiad.  Albero«  wider  Wilzrl 
Et*,  welchen  $ati  Mich.  Neander  im  mrnschensp.  \H*  ausschreibt. 
EhWEGEN,  commovert,  gotli.  usvagjan,  ahd.  rrwegan,  irwe- 
fitaf  mkä.  erwefeo,  erwegete,  erweite:    mhd.  d6  uninocbtcn 


si  den  sark  nie  erwegen  noch  dikein  gelide  von  irrae  übe 
myst.  225,  3 ; 

nhd.  domit  habt  ir  mein  hen  erwegt.    fastn.  149,  33; 

einen    stein    erwegen,   heben,  rücken;    do  erbrach  das  haupt 
Apollinis  des  gottcs  vom  bauch  des  bildes  in  die  erden,  das 
Octavius  und  seine  gesellen  es  nit  mochten  envegen.  Muglix 
11';  einen  krieg  erwegen,  erheben;  zu  der  kirchweihe  kummen 
die  jungen  gesellen  mit  trummcn  und  pfeifen  gewapnet,  als 
zu  einem  krieg,  den  si  auch  etwan  finden  oder  erwegen  und 
geen    oft  mit  blutigen  köpfen  wider  heim.    Frank  weltb.  51'; 
dem    adcl   setzen    sie   auch  sonderlich  hart  zii  und  auf  das 
si  nit  etwa  in  irem  land  ein  anhang  kriegen  und  ein  aufrur 
erwegen,   müssen    si  gefangen  fast  all  sterben.    Frank  welih. 
117*;  die  dein  gemüet  wider  den  teufel  sollen  erwegen,  auf- 
richten, erheben.    Melanchthon  hauptarlikel  der  h.  seh.  4; 
und  als  Rinaldo  erst  den  groszen  schild  erweget, 
da  sich  der  stolze  söhn  Almonts  hat  mit  beleget. 
Werders  .4r.  18, 135. 

später  durch  erheben,  erregen  verdrängt. 

ERWEGEN,  n.  commotio,  erhcbung  (wie  bewegen  1, 1773) : 
solchem  gott  sollen  wir  ja  mit  freuden  und  ganzem  erwegen 
gerne  trawen.  Luther  5, 468*.  oder  ists  enlscIUossenheit,  von 
sich  erwegen  (sp.  1049)  ? 

ERWEGHAFT,  gläch  dem  folgenden,  was  zu  erwägen,  über- 
legen ist.    Stieler  2523. 

ERWEGLICH,  considerandus,  was  in  erwdgung  zu  ziehen  ist: 
envegliche  worte  der  schrift.  Luther /iicAr.  74';  dieses  deuchte 
den  forsten  höchst  erweglich.    zcilvertreiber  1668  s.  428. 

ERWEGÜNG,  f  consideratio,  was  erwägung:  hab  dein  er- 
wegung  auch  von  künftigen  dingen.  Rompler  s.  8;  wenn  ich 
in  erwegung  fasse,  mit  was  angenehmer  freundschaft  ich  be- 
thätiget  worden.    Butschky  kanzl.  164, 

ERWEGÜNG,  f.  commotio,  bewegung:  das  tanzen,  so  eine 
nach  der  musik  eingerichtete  erwegung  des  leibes  ist.  Wie- 
DEMANN  Juli  64;  die  frewde  ist  eine  liebliche  erhebung  und 
erwegung  des  herzens.    Mülman  geisel  7. 

ERWEHREN,  pruhibere,  tueri,  defendere,  ahd.  irwerjan,  mhd. 
erwern,  ags.  äverian. 

1)  das  einfache  goth.  varjan  zeigt  uns  blosz  die  bedeutung 
xcolveiv,  prohibere  und  kein  usvarjan  begegnet,  bei  varjan  steht 
die  person  entweder  itn  dat.  (Marc.  9,  38.  39.  Luc.  9,  49),  oder  im 
acc.  (Marc.  10, 14.  Luc.  18, 16),  die  saclie  im  acc.  (Luc.  6,  29. 
1  Tim.  4,  3).  beim  ahd.  werian,  prohibere  gleichfalls  die  fnrson 
bald  im  dat.,  bald  im  acc,  die  sache  im  acc.  nicht  anders  haben 
nhd.  wehren  und  erwehren  persönlichen  dat.,  sächlichen  acc: 
wehret  ihm  nicht ! ;  ich  wehre  dirs  nicht ;  gesegenet  seiest 
du,  das  du  mir  heute  enveret  hast,  das  ich  nicht  wider  blul 
komen  bin.  1  Sam.  25,  33 ;  aber  er  kam  nicht,  gott  hats  im 
zuvor  erweret.    Luther  3,  347* ; 

so  will  ich  gar  nicht  lassen  ab, 

bis  dasz  ich  einen  gefunden  hab, 

der  dem  keiser  das  weih  erwehrt, 

und  die  weibliche  Oeud  zerstört.    Atrbr  ISC; 

hab  ich  dir  nun  erwehrt  das  stechen. 

CuRYSEi's  hopeufel  H. 

heute  zielU  man  in  diesem  sinn  verwehren  dem  erwehren  vor. 
erwehren,  ohne  beigefügten  casus,  drückt  aus  lündern,  verhüten: 
erwer,  dasz  sie  aneinander  nit  rüren.    küchenmeisterei  cap.  2. 

2)  aus  dem  wehren  prMbere  flieszt  leicM  ein  wehren  tueri, 
defendere,  weil  das  abhalten  zu  schütz  gereicht,  die  wehr  zur  ver- 
theidigung  wird,  das  lat.  defendere  erlangt  im  fr.  defendre  m- 
gleicli  die  bedeutung  von  verbieten,  so  steht  das  ahd.  irwerian. 
mhd.  erwern  häufig  für  tueri,  mit  acc.  der  sarhe:  zi  irwerenne 
stnen  scaz,  ad  tuendas  opes,  und  passivüch  irweret  wi'rdan 
defcndi;  mhd.  diu  burc  ist  erwert,  geschützt,  tHrtlwidigl.  Iivl. 
dir.  10382.  nhd.  hat  fast  nur  das  einfache  wehren  diese  Ver- 
wendung, nion  sagt  das  land,  die  Stadt  wehren,  vertlu'idigen, 
kaum  erwehren,  doch  gehören  hierher  einige  frühere  bcispiele: 
es  ist  erwert,  jederman  hat  drei  lesze  {?).  Fbamk  .'iprichw.  2,  52* ; 
wie  der  luft  die  geschOpf  vor  ersticken  envert  (srhutzt).  Para- 
CELSDS  1,  IS';  und  hat  zuvor  das  lager  ange.<ileckl,  welches 
mit  gutt  erwehrt  worden.  Beütter  kriegtordn.  71;  ohschon  sich 
beidemal  abwehren,  abhalten,  prohiber«  vertüken  tieoe.  ertdutemde 
vergleichung  des  goth.  vnsjan  mii  Tarjan  miMt  Mar  aw/Ufeii. 

3)  de.\lo  häufiger  ist  das  reßexivum, 

a)  hirh  erwehren,  defendere  se:  wer  ist  dieser,  der  »olclies 
sagen  Ihar,  das  die  kindcr  Israel  sieb  solten  erwehren  wider 
den  kOnig  Ncbucadnczar  und  aein  kriegsvolk?  sind  ea  doch 


1053 


ERWEHREN 


ERWEUREX  —  ERWEICHEN 


1054 


eitel  nackete  leute  und  kein  kriegsTolk.  Judith  5,  25 ;  ver- 
sehent  euch  mit  guten  steinen  und  erwerent  euch  nach  allem 
ewern  vermögen.   Aimon  o2*; 

aber  weil  sie  deutsch  gesinnt, 

schaut  sie  wie  sie  sich  erwehrt.    Logad  1,76,4. 

b)  gewöhnlich  mit  dem  gen.  der  person  oder  sacke,  abslmere 
sich  eines  enthalten,  gegen  etwas  schützen,  vertheidigen : 

mhd.  sam  der  TOgel  dSr  sweimen  vert 

und  sich  des  bnesen  luftes  erwert.    Haupt  7,  354; 
nhd.    und  kan  mich  sein  oft  nit  erwern.    fastn.  7S9,  23; 

wie  etlich  kürriser  auf  den  besonnen  held  Twxdank  geschickt 
wurden  in  zu  erwürgen,  der  er  sich  durch  sein  manheit  aher 
erwert.  Teuerd.  S3;  eines  enthaltet  sich  etwan  vor  den  fein- 
den, möcht  er  sich  der  freund  erwern.  KEisERSBERcprerf.  75*; 
gleich  als  einer,  der  sich  der  miicken  in  dem  summer  er- 
wern wil,  der  hat  genug  zu  schaEfen,  da  sticht  die  eine  hie, 
die  ander  dort,  wer  hie,  wer  dort,  brosaml.l^';  er  kan  sich 
aber  der  diebe  und  reuber  nicht  erweren.  Baruch  6, 14 ;  fasset 
er  zu  henden  einen  stecken,  damit  er  sich  der  hund  erwern 
mocht.  Aimon  Fl";  wolt  ir  aber  mann,  nit  weiber  sein,  so 
müget  ir  euch  der  Römer  in  disen  zeiten  basz  dan  je  erwern. 
Livius,  SchOfferlin  75";  man  musz  nur  butzen  und  stil  auf- 
klauben, die  sich  des  bettelns  darauf  kaum  erweren  mögen. 
ScoADE  sat.  u.  pasq.  3, 146 ;  mich  wird  dein  stolze  rede  in  keine 
weg  dahin  bewegen,  darnach  wiszt  euch  all  zu  richten,  wel- 
cher mich  aber  weiters  treiben  wolt,  der  müst  sich  warlich 
mein  erwehren,  buch  d.  l.  252, 4 ;  dasz  ich  mich  selbiges 
{des  sdilafes)  nicht  erwehren  mag.   Amadk  360; 

manch  mann  mit  groszer  müh 

kan  sich  gar  kümmerlich  ernehrn, 

mit  weih  und  kind  hungers  erwehrn.    H.  Sachs  4,  41'; 

ach  Nymfe,  die  du  dich 

hast  eines  gottes  lieb  erwehrt.    Opitz  1,  81; 

warum  sie  sich  seiner  sogar  mit  dem  messer  erwehren  wollen? 
irrg.  der  liebe  472;  Charlotte  war  viel  zu  zärtlich  geriihret, 
als  dasz  sie  sich  seiner  feurigen  küsse  hätte  en\ehren  sollen. 
Mesastes  1,  7 ; 

ich  konnte  mich  der  wehmut  kaum  erwehren.    Gellert  1, 152; 

da  mag  das  herz  voll  guter  dinge  sein, 

nur  musz  der  köpf  des  Tausches  sich  erwehren.     Bürger  19'; 

wie  hätte  sie  auch  dessen  sich  envehren  können?  Wieland 
1,261;  diese  zweifei  ängstigten  ihn  unaussprechlich,  er  rafte 
alle  seine  kräfte  zusammen  sich  ihrer  zu  erwehren.  12,  28 ; 
tiasz  wir  uns  eines  so  schnöden  Verdachts  gegen  ihn  erwehren. 
Stolberg  9, 153; 

indessen  ich  hier  still  und  athmend  kaum 

die  äugen  zu  den  freien  Sternen  kehre, 

und  halb  erwacht  und  halb  im  schweren  träum, 

mich  kaum  des  schweren  traums  erwehre.    Göthk  2, 151 ; 

sie  erwehrte  sich  sein,  ihr  bruder  kam  dazu.  16, 119 ;  die 
sich  kaum  des  lachens  erwehren  konnten,  als  sie  ihn  so 
wol  durchwalkt  sahen.  18,297;  jedermann  suchte  sich  des 
verdachtes  zu  erwehren.  20,  287;  aber  einer  betrachtung  kann 
ich  mich  nicht  erwehren.  26,336;  man  kana  sich  der  rüh- 
rung  nicht  erwehren.  Tieck4,  88;  ich  erv\ehre  mich  des  ein- 
zelnen, da  sich  die  aufgaben  und  auflösungen  ins  unendliche 
vervielfältigen  lassen.  J.  P.  aeslh.  1, 142. 

c)  slcdl  des  gen.  steht  auch  die  praep.  vor: 

mhd.  da^  er  sich  vor  dem  scherjen 

nimmer  mac  erwerjen.    lletmbr.  1626; 

nhd.  hab  also  vil  kleider,  also  dir  not  sind  {dich)  zu  bedecken, 
vor  dem  froste  zu  erweren.    Keisersb.  bilg.  58'; 
Tor  dem  sich  nicht  ein  low  kunt  erwehren, 
der  läszt  sich  durch  sein  weih  kahl  bescheren. 
LoGAU  2,194,99. 

d)  oder  es  folgt  ein  abhängiger  satz :  gedenk  dasz  du  sterben 
mfisf,  damit  magstu  dich  erweren,  dasz  dich  der  lober  nit 
entbor  mag  tragen.  Reisersberg  s,  rf.  to.  34';  man  kann  sich 
nicht  erAvehren  zu  wünschen,  dasz  man  drciszig  jähre  jünger 
sein  möchte.  Wielasd  7, 174 ;  ich  kann  mich  nicht  erwehren, 
sie  zu  erinnern.  29, 175;  sie  konnte  sich  nicht  erwehren,  dasz 
er  nicht  ihren  schuh  küste.  Göthe  17,130;  geht  die  sonne 
des  morgens  auf  und  verspricht  einen  feinen  tag,  erwehr  ich 
mir  niemals  auszurufen :  da  haben  sie  doch  wieder  ein  himm- 
lisches gut,  warum  sie  einander  bringen  können.  16, 100,  wo 
der  dativ  auffällt,  aber  zu  vertheidigen  ist.  denn  so  gut  es  heiszt 
ich  erwehre  mich  einer  sache,  licsze  sich  auch  sagen  ich  er- 
l^eh^e  mir  eine  suche  {nachl);  ich  erwehre  mich  der  thrünen 


nicht  und  mir  die  thränen  nicht,  mit  dem  einfachen  verbum : 
ich  wehre  mich  der  thränen  nicht,  oder  wehre  mir  die  thränen 
nicht,  auch  hieraus  erhellt  die  näJie  des  wehrens  prohibcre  und 
wehrens  defendere. 

4)  die  mhd.  spräche  construierte  beides, 

a)  einen  einem  erwern,  ror  einem  scktUsen: 
fr  wolt  in  gerne  nerigen, 

deme  töde  erwerigen.    fundgr.  2,54,23; 

uns  ne  wSlle  got  nerigen, 

wir  ne  magin  uns  in  \ihnen)  niht  erwerigen.    51,  2; 

ej  enwart  nie  kein  stein  so  herte, 

der  sich  dem  swert  erwerte, 

ej  snite  in  als  ein  holz.    Daniel  1295; 

wie  hän  wir,  herre  trehtin, 

den  Viani  vür  den  vriunt  ernert, 

dem  Übeln  töde  zwir  erwert 

unsern  vint  Tristanden.    Trist.  261,  26. 

b)  einem  etwas  erwern,  abhalten: 
da  wil  ich  in  bewi-eren  bi, 

daj  ich  den  künic  wol  gener, 

so  daj  ich  im  daj  alter  wer.    tr.  kr.  11004, 
doch  in  der  allen  ausg. 

da  ich  im  daj  alter  erwer.    10997. 
nach  a  sagt  Opitz  1,  81 

etwas,  welches  mich  kan  der  gewalt  erwehren. 
ERWEHREN,  n.  praesidium,  defcnsio: 

gott,  der  David  das  erwehren 

gab  vom  löwen  und  vom  bereu.    Logaü  1,  139,  100. 

ERWEHRUNG,  /".  defenäo,  abwehrung. 
ERWEIREN,    1)  mit   dem   weib   erheiraten,   erfreien,    ererben, 
wie  ermannen  4;  dieses  schlosz  ist  jetzt  auf  ein  anderes  ge- 
schlecht erweibet.   Frisch  2,430'  aus  Stumpf  374'; 
Chrysipp,  um  thaler  zu  erweiben, 
warb  um  die  band  der  dummen  TuUia.    Pfeffbl  3,  33. 

2)  sich  erweiben,  was  beweiben,  uxorem  ducere:  der  ein 
reiche  nimmt,  nimmt  sie  nicht,  sondern  er  ergibt  sich  iren 
{ihr),  das  heiszt  alsdann  sich  verweiben  und  nicht  erweiben. 
Fischart  ehz.  488. 

3)  sich  erweiben,  weibisch  werden,  frie  ermannen,  männlich: 
so  erweiben,  erweichen  und  erzärtlen  sie  sich  mit  ihrem  üppigen 
wesen.  Philander  2, 108. 

ERWEICHBAR,  quod  polest  molliri 

ERWEICHEN,  emollire,  mulcere,  ahd.  irweichan,  mhd.  erwei- 
chen, ags.  aväcian. 

1)  eigentlich,  getrocknetes  fleisch,  fruchte  durch  einlage  in 
Wasser,  essig  aufweichen;  zucker  in  wasser  erweichen,  auflösen; 
eine  geschwulst  erweichen;  den  bauch  erweichen  und  flüssig 
machen;  den  stfilgang  erweichen.  Maaler  119';  der  gerher 
erweicht  die  häute ;  einem  die  haut,  den  rücken  durch  schlage 
erweichen ; 

mhd.  ie  doch  het  ör  ir  diu  gelide 
harte  wol  gestreichet, 
mit  bengeln  so  erweichet  u.s.w.    GÄ.  2,  267. 

2)  bildlich,  das  herz,  den  sinn,  mut  erweichen,  einen  er- 
weichen : 

mhd.  min  herze  län  erweichen,    tr.  kr.  21712; 

sweleher  meide  gemüete  man  schier  erweichet; 

mit  gäbe.  Renner  12047; 

damit  er  wolde  erweichen 

iren  valschaften  sin.    pass.  H.  267,  5; 

und  als  er  in  erweichet  hete, 

das  s'u  zorn  gelegen  was.    Herb.  10096; 

w5  dir,  dich  des  nieman  kan  erweichen.    MSR.  3,353'. 

nhd.  ein  solich  hert  herz  laszt  sich  nit  erweichen  mit  bitten. 
Keisersb.  prerf.  54';  darumb,  das  dein  herz  erweicht  ist  über 
den  Worten  die  du  gehöret  hast.  2kön.  22, 19;  als  Aimon  sein 
kinder  dermasz  reden  bort,  sein  herz  ward  im  erweicht,  be- 
gan  zu  weinen.  Aimon  g6';  das  möcht  im  sein  herz  envei- 
chen.  xl';  und  da  Reinhart  seinen  bruder  also  reden  hört, 
sein  herz  erweicht  sich.  x6*; 

ein  man  der  Trauen  dienen  wil, 

der  bedarf  gesangs  und  seitenspil, 

damit  er  hoch  und  nider  reicht, 

wann  süesze  stira  frauen  erweicht,    fastn.  743,  16; 

mit  ihren  bitten  zuletzt  den  herzogen  erweichten.  Galmy2l2; 
wie  kan  ich  immer  dich,  höchster  got,  erweichen? 
Wbcihkrlui  320; 

erweichen  und  erzärtlen.    Philand.  2, 108 ; 

hat  das  gebet  des  gerechten 
meinen  richter  erweicht?    Messias  12,560; 


1055 


ERWEICHEN— ERWEINEN 


ERWEIS  — ERWEISEN 


1056 


aber  Inszt  uns  länger  nicht 
einander  nur  erweichen,  hier  brauchte  tbatl    Lessing  2,Mö; 
der  könig  und  die  kniserin, 
des  langen  haders  müde, 
erweichten  iliren  harten  sinn 
und  machten  endlich  friede.    Borger  13'; 
mein  gefTihl  wird  stets  erweichter, 
doch  mein  herz  wird  täglich  leichter.    Göthe  1,50; 
laszt  ihr  lieben  fraun  und  herrn 
zum  mitleid  euch  erweichen.    GonER  1,  88; 
am  menschen  ist  mirs  ein  beliebter  zug, 
dasi,  wenns  geschick  ihm  eine  wunde  schlug, 
wenn  ein  verdrusz  die  secle  ihm  erweicht, 
der  Sinnenreiz  viel  treicr  ihn  beschleicht.    Lenau  Fauxt  44; 

lasz  uns  seine  knie  umfassen,  ihn  erweichen !  Kotzeboe  dram. 
sp.  3, 318 ;  ein  fester  niund,  den  ein  lächein  erwciciien  soll. 
J.  P.  Kamp.  64;  darin  wurde  Victor,  der  mit  einem  steigenden 
und  trinkenden  herzen  durch  diese  fliegenden  ströme  gieng, 
von  ihnen  gehoben  und  erweicht.    Ilesp.  l,  167. 

3)  erweichen,  molliri :  der  hut  erweichte  vom  regen ;  diese 
pflaumen  wollen  nicht  erweichen;  thon  erweicht  im  wasser; 
mein  herz  möchte  zu  sehr  erw  eichen.  Weisze  Irauersp.  5, 298 ; 
indessen  erweichte  sein  stolz  hei  einer  geringen  achtung,  die 
ihm  der  prinz  von  Wallis  bezeigte.    LiciiTENnEBC  5,  69. 

ERWEICHEN,  n.  emollUio:  nur  aus  dem  trauerspiele  führt 
ein  quergäszchen  in  das  lustspiel,  aber  nicht  aus  dem  hel- 
dengedicht,  kurz  der  mensch  kann  nach  dem  erweichen,  aber 
nicht  nach  dem  erheben  lachen.    J.  P.  Ikup.  3,  3. 

ERWEICHER,  m.  emollilor,  delinitor.    Maaier  119'; 
lieblicher  abend,  erweicher  der  herzen.    Schcbart  jed.  2,181. 

ERWEICHERIN,  f.  cmollilrix: 

du  bist  des  frosts  erweicherin.    Weckherlin  761. 

ERWEICHLICH,  was  erweichbar. 

ERWEICHUNG,/".  etnollUio,  müigalio:  ich  schümte  mich  der 
erweichung.    J.  P.  biogr.  bei.  1,  26. 

ERWEICHLNGSMITTEL,  n.  lenimen,  malagma. 
ERWEIDE.N,  1)  pnsccTc:  die  äugen  erweiden. 
2)  sich  erweiden,  pasd,  deledari: 

man  musz  sich  prächtig  kleiden, 
dasz  aller  äugen  sich  in  reichem  schmuck  erweiden. 

RoJIPLER  18. 

ERWEIFEN,  glomerare  fila.  Stieler  2451,  der  aucli  viclum 
quacTcre  glomerando  ansetzt. 

ERWEINEN,  plorare,  ßere,  aiid.  irweinön,  mhd.  erweinen. 

1)  intr.  lliränen  vcrgieszen: 

akd.  thiu  wib  thgrö  lantliutö 

thiu  irweinötun  thö  lüto.    0.  IV.  26,5; 

du  er  dia  bürg  ana  gesah,  do  irweinuta  gr,  videns  chitalem 
flerit.    N.  ps.  73, 1 ; 

mhd.  Nachor  erweinde  söre 

nach  Josaphäles  I4re.    Bari.  279,  31 ; 

nhd.  erweinen,  explorare,  fast  weinen  und  schreien.  Maaler 
119*. 

2)  tr.  mhd.  morere  alicui  flelum,  einen  unnen  machen : 

«wie  bilde  ör  pflege  Ai^r  ziihte  und  swie  sclupiie  si  sin  lip, 
er  mühte  wol  erweinen  vil  w,Ttlichiu  wip.    Nih.  394,18; 
erweinde  in,  machte  ihn  weinen.    Gerh.  6652. 

3)  Ir.  lacrimis  obtinere,  cxpelere: 

mhd.  »oh  ich  erweinen  giiot,  da?  w:rre  ein  grA^  nnhilde, 

da;  ist  ein  arme  kunst,  dft  man  diir  herren  guot  crweinct.l 

MSII.  3,  6i»" ; 

nhd.  was  er  {der  knabe  Gargantua)  sah,  bcgerl  er,  was  er  be- 
gert,  das  erweint  er.    Garg.  129'; 

ach  wenn  ich  nur  Vergebung  erweine,  so  will  ich  hingehn, 
ihn  vor  allen  niensclicn  bekennen.    ,\lessiaii  6,  5S)>; 
aUo  flehte  der  mann,  den  der  erde  sfimler  in  worlen 
kennen,  verleugnen  im  ihun,  er  erweinle  der  m.i'Hi'T  krutie. 

B,  «Ol, 

ich  werde  den  B&uraenden  tod  doch 
endlich  erweinen.    11,1401; 
die  erweinte  Vergebung.    14,414; 

wenn  die  erweinete 
fast  zu  seliire  stuinle  kommt, 
die  dem  liebenden  nagt,  daiiz  crgeliehet  wird. 

HLOnTOCK   t,  I(l3; 

weintt  du  Laura?    thrSne  sei  verneinet 

die  de«  allen  utrarioiiz  mir  erwrlnet! 

weg  verliefe,  Ihrftne.  »finderln !    Sniti.t.tR  4'; 

■her  wenn  er  nun  k<»mml  mit  der  Inrve  de»  heuclilcn«,  euer 
nhldd  erweint.  106^;  er  konnte  weder  den  manUl  erweinen, 


noch  die  treulose  Hilda  erringen,  ländcmulrclien,  Erfurt  1787 
s.  37. 

4)  rcfl.  sich  erweinen,  sich  ausweinen,  sich  soll  weinen,  saliari 
lacrimis : 

mhd.  ich  hAn  euch  kilme  stunde  gnuoc 
dar  zuo,  daj  ich  erweine  mich 
und  dine  vart  vil  klegelich 
beirüre  in  mime  herzen.    Ir.  kr.  29061 ; 

weinen  kann  er  und  erwcint  sich  sehr  viel.   Klixcer  1,  49. 

ERWEIS,  m.  demonstratio,  gebildet  wie  ausweis,  beweis,  nach- 
wcis :  gründe,  die  zu  einem  erweis  wenig  oder  nichts  laugen. 
Günther  rorr.  7;  wenn  nur  bei  der  löblichen  bescheidcnheit 
und  vorsieht  des  ungenannten  nicht  so  viel  Zuversicht  auf 
seinen  erweis  . . .  zum  gründe  lüge.  Lessing  10,  208  ; 
die  kennt  er  besser 
als  der  erweis,  der  von  folgen  triefet.    Klopstock  1,113; 

und  wenn  ich  sie  zum  erweise  ihrer  anmerkungen  veran- 
laszte,  so  konnte  kein  erweis  wahrer  und  richtiger  sein,  oder 
mehr  zur  sachc  gehören  als  der  ihrige.  11, 13. 

ERWEISEN,  probare,  demonstrare,  ein  alid.  und  mlid.  noch 
unbekanntes  worl,  nur  im  pas.':.  H.  93,  59  taucht  es  auf.  unor- 
ganisch ist  auch,  wie  bä  weisen,  anweisen,  aufweisen,  aus- 
weisen, beweisen,  die  starke  form,  praet.  erwies,  part.  erwiesen, 
die  sich  erst  später  festigte,  im  IG.  17  jh.  hersciU  noch  erweiste, 
erweiset  vor. 

1)  beweisen,  darlhun:  denn  er  überwand  die  Juden  besten- 
diglich,  und  erwefsete  öfTentiich  durch  die  schrift,  das  Jesus 
der  Christ  sei.  apostelg.  18,  28 ;  so  ich  erweiset  wurde,  das 
ich  soll  geiiret  haben.  Luthers  br.  1,  595 ;  das  aber  die  teut- 
schcn  Wörter  vilmals  der  gmeinen  aussprach  halben  eines 
consonanten  doppelung  in  einer  sylb  erfordern,  werden  nach 
wenig  blettcrn  etliche  excnipcl  erweisen.  Seb.  Helber  27; 
'kan  ich  nit  das  auf  dich  erweisen?'  laut  vil  kreftiger  dann 
schlecht  zii  sagen  'ich  kan  das  auf  dich  erweisen',  dann  die 
frag  gibt  so  vil  zu  verstehn,  als  ob  man  sagt  'du  selbs  weist 
und  miist  bekennen,  das  ich  es  auf  dich  erweisen  kan'. 
Ickelsamer  Ds";  welches  doch  falsch  zu  sein  durch  die  er- 
fahning  erwiesen  wird.  Würtz  229 ;  wie  ich  es  denn  bestäten 
und  erweisen  mag.    Maaler  119*; 

erweis,  dasz  du  mein  schütz  und  schilt.    Weckherlik  135; 

doch  haben  wir  erweist 
so  viel,  dasz  wer  nur  ist  mit  recht  uns  grausam  heiszt. 
Grtphil's  1,  81; 
erweise  in  deinem  leben,  dasz  du  die  lehren  begriffen  hast 
Weise  kl.  l.  342; 

eh  von  dem  bau  der  himmel  der  glaube  nöthig  fand, 
dem  narren  zu  erweisen,  dasz  er  durch  gott  entstand. 

Dusca  254; 
ist 
es  denn  schon  völlig  ausgemacht?  erwiesen?    Lessikc  2,  352; 

wenn  vollends 
mir  Daja  nur  was  vorgeplaudert  hätte, 
was  schwerlich  zu  erweisen  stünde?    2,  334; 

ich  höre  dich  erweisen  was 
du  widersprechen' willst.    2,272; 

ein  solcher  philosoph,  wie  ich  meine,  wirft  mir  vielleicht 
ein,  dasz  ich  dies  zwar  sage,  aber  nicht  erweise.  Klopstoci 
11,  211 ;  er  hat  durch  die  that  erwiesen,  dasz  er  ein  kenner  sei. 

2)  mit  beigesetztem  subsl. 

a)  darttiun:  krcftiglich  erweiset  ein  son  gotles,  qui  prae- 
destinatus  est  (llius  dei.  Rom.  1,  4 ;  gleichwie  wir  den  bapst  auch 
deshulben  (als)  den  endechrist  erweiset  haben.  Llther3,  53'. 

der  da  lag  begraben, 

und  sciu  tbun  wird  kräftig  erweist 

und  in  der  Christenheit  gepreist. 

MiJTZELL  yeitll.  lieder  1,  128; 

Weisheit,  die  nicht  das  werk  erwei<l.  Kirchhok  irefirfunm.  310*; 

cnvcisct  gotle»  macht.  Wrckhbrli?«  304; 
eine  aufgestellte  behaupliing  erweisen;  er  hat  diesen  salz 
nicht  erwiesen;  die  vorlreflichkeit  der  sielle  Plalons  sucht 
er  sogar  durch  einen  comnienlarius,  den  er  darüber  macht, 
zu  erweisen.  Ki.opstock  11,224;  wofern  er  die  besrhuMigiiMgeii, 
womit  er  die  lugend  der  srhiinen  Danao  zu  beschmil/cu  sich 
erfrechte,  nicht  bis  zur  unbelruglichslen  rvideru  erwei«ien 
werde.  Wielano  2, 179;  dasz  man  nicht  sagen  kann,  ob  auch 
nur  ein  einziges  verbrechen  auf  Julien  hinittnglich  erwiesen 
worden  sei.   24,364. 

b)  in   dem  Khtrdeheren   «mi  von  tfigen,   Veiten,   kunJgi' 
lei$ten,  anlhun: 

der  leioe  gm»  hat  erweiicl.    nisacn  ktsg  df$  a.  mnni»  4; 


1057 


ERWEISEN 


ERWEISLICH  —  ERWEITERN 


1058 


ihm  vor  seine  erweiste  gute  und  woltliaten  desto  melir  zu 
danken.    Schweinichen  1,  II ; 

der  anfang  ward  indes  mit  einem  plumpen  messer 
von  mir  ailliie  gemuclit,  bis  ich  es  küuitig  besser 
zu  werke  bringeo  werd  durch  angewandten  fleisz, 
und  noch  Tielleicht  hierin  ein  meisterstück  erweis. 
Werders  .4;-.  3,  4; 
so   erweise  denn  die  liebe  an  deinen  landsleuten  umb  dein 
selbst  willen,  pers.  baumg.  1,  2 ;  du  weist,  dasz  ich  dich  herz- 
lich liebe,  warum  erweisest  du  mir  denn  feindschaft  ?  1, 15 ; 
erweise  den  geringem  keine  feindschaft.  1, 19 ;  eine  wolthat 
an  jemand  erweisen.  3,  8 ;  wenn  ein  so  hochbegabtes  gemülhe 
seine    tugend    bei   uns  erweisen  möchte,    pers.  Tosenlh.  1,27; 
es  lehret  aber  die  erfahrung,  dasz  etliche  weibespersonen  einen 
mehren  verstand  erweisen,  als  viel  mannen  Bütschky  Palm.  926 ; 
ein   ort,   da   die   natur  viel  vortrefliche  Wunderwerke  zu  er- 
weisen pflege.  Weise  tTin.  8 ;  es  müste  ein  kluger  baumeister 
darinnen  sein  meisterstück  erwiesen  haben,    kl.  leide  12; 

an  dem  der  jähre  macht  ein  meisterstück  erwiesen. 

GcMüER  670; 
und  was  er  andern  nicht  an  barer  gunst  erweiset. 

Hagedorn  1,  22; 
zum  wolschattierten  lisch,  w^o  trachten  seltner  speisen 
den  fürstlichen  geschmack  des  theuren  kochs  erweisen,    das.; 
erweisen  sie  ein  echtes  frauenherz  I    2,  156(158); 
der   himmel   hat   mir   eine   wolthat  erwiesen,   die  mich  vor 
erkenntlichkeit  zu  thränen  bringt.    Gellert; 

noch  unbekannt  und  ungepriesen 

lebt  hier  und  dort  ein  Jonathan, 

der  gröszre  treu  dem  freund  erwiesen, 

als  man  von  brüdern  hoffen  kann.    1,230; 

die  widerrechtlichen  begegnungen,  welche  wir  euch  darunter 
erwiesen,  dasz  wir  mitten  im  frieden  in  eure  Stadt  gedrungen. 
Heilmanws  Thuc.  398;  väterliche  treue  erweisen; 

nun  gott  vergeh  es  ihr,  belohn  es  ihr! 
sie  hat  mir  so  viel  gutes,  so  viel  böses 
erwiesen.  Less^g  2,  348; 

ich  habe  ihm  so  viel  neigung  erwiesen,  dasz  er  sich  zuletzt 
entschlosz  mir  dieses  offenbare  geheimnis  zu  gestehn.  Göthe 
26,  82.  einem  einen  dienst,  gefallen,  eine  gnade,  ehre,  artig- 
keit,  liebe,  freundschaft  erweisen ;  die  letzte  ehre  erweisen ; 
er  erweiset  mir  damit  einen  gefallen  und  seinem  herrn  einen 
dienst.    Lessi.ng  1,  530. 

3)  refi.  sich  erweisen,  exhibere  se, 

a)  mit  oder  ohne  praedicatives  subslantiv, 

nu  wolde  ouch  Crist  der  gute 
dem  heijwilligen  mute 
zum  ersten  sich  erwisen.    pass.  U.  93,  59; 
weil  Christus  ist  in  dem,  das  seines  vaters  heiszt, 
so  ist  er  auch  in  uns,  wann  trübsal  sich  erweist. 

LoGAü  1,  198,  3; 
weist  du  wer  ein  guter  freund  würklich  ist  und  billich  heiszt? 
der  sich,  wann  du  ihn  nicht  sihst,  deinem  namen  freund  er- 
weist.   2, 180, 10 ; 
wenn   man   entweder   will   edel  sein  und  es  doch  nicht  ist, 
oder  seine  edlen  ahnen  herausstreichet  und  doch  selbst  ein 
dölpel   in   der   haut  sich  erweiset.    Sivnpl  K.  30;    er  erwies 
sich  bei  diesem  anlasz  als  mein  (als  meinen)  feind; 
ich  dränge  mich  zur  königin.    vielleicht, 
dasz  morgen  schon  der  ausgang  sich  erwiesen.   Schiller  270'- 
die  Wahrheit  musz  sich  bald  erweisen. 

b)  oft  mit  praedicativem  adjcäiv: 
aber  wie  oft  hats  sich  erwiesen 

ganz  feindlich  mit  den  Übergüssen?    Fischari  gl.  schif  17; 

dadurch  dein  vater  sich  mit  kühner  prob 

dem  groszen  Heinrich  grosz  enviesen.    Weciherlin  373; 

wo  ihr  dies  tugend  heiszt, 
versteh  ich  wsu-licb  nicht,  wo  hochmut  sich  erweist. 

Griphiüs  2,  384 ; 
er  wiH  sich  aufwartsam,  ja  dienern  gleich  erweisen 
und  bringet  und  kredenzt  die  aufgetragnen  speisen. 

.Hagedorn  1,  27; 
ihr  mann,  den  die  eifersucht  nagte, 
erwies  sich  so  grausam  und  hart.    2,  88; 

ob  ich  gleich  als  kind  mich  wild  und  unbändig  erwies.  Göthe 
23,174;  nur  mag  freilich  manchmal  etwas  mit  unterlaufen, 
v^as  gegen  ein  zarteres  ohr  sich  anstöszig  erweist.  25, 57 ; 
ich  stimmte  mit  ein,  indem  ich  mich  dankbar  envies.  25,348; 
meine  hörerinnen,  die  sich  schon  bisher  ganz  eigen  Iheil- 
nehmend  erwiesen  hatten.  26,5;  eine  schlanke  wolgcbildete 
darae,  die  sich  aber  in  stummer  leidensgestalt  ganz  untheil- 
nehmend  erwies.  31,  23fi;  auch  unsere  letzte  hofnung  sollte 
sich  eitel  und  trügerisch  erweisen,  s.  erzeigen. 
HI. 


ERWEISLICH,  probabilis,  nachweisbar:  ist  aus  teglicher  er- 
fahrung leider  mehr  denn  zu  viel  erweislich.  Kibchbof  wendunm. 
128';  und  wenn  ich  es  nicht  vollkommen  erweislich  mache. 
Felsenb.  3,64;  kan  ich  aus  vielen  andern  seinen  scripturen 
erweislich  machen.  4,  99 ;  welchem  seine  feinde  nichts  er- 
weislich machen,  viel  weniger  ihn  mit  worten  überwinden 
konten.  4,318; 

umsonst,    der  rechte  ring  war  nicht 
erweislich,    fast  so  unerweislich,  als 
uns  itzt  der  rechte  glaube.    Lessinc  2,  2T8. 

ERWEISLICH,  adv.,  diese  behauptung  ist  erweislich  falsch. 

ERWEISLICHKEIT,  /'.  probabilitas. 

ERWEISUNG,  f.  argumentum,  probatio:  welchen  er  sich  nach 
seinem  leiden  lebendig  erzeiget  hatte  durch  mancherlei  er- 
weisung {vulg.  in  multis  arguiuentis).  apostelg.  i,  3 ;  ein  ge- 
siebte oder  erweisung,  t'iäo,  aspectus;  durch  genügsame  er- 
weisungen persuadieren.  Simpt.  E.  490.  s.  diensterweisung, 
ehrerweisung. 

ERWEISZ,  f.  pisum,  erbeiss,  erbse.  ein  geknöpflecht  mus 
mit  gersten  und  erweiszen.  Keisebsb.  irr.  schaf  26*;  wilt  du 
machen  behemmische  erweisz.    von  guter  speise  21. 

ERWEISZE.N,  albescere,  gegensalz  zu  erschwarzen.  mM. 
ervvijen : 

ouch  was  erwiget  im  daj  här.    Gerh.  3740. 

ERWEITEN,  dilatare,  amplißcare,  ahd.  nur  giwitan.  wie  viel 
hab  ich  derer  gesehen,  welche  kragen  tragen,  die  vielmehr  für 
karrenräder  zu  halten  seind?  und  ob  schon  die  sach  mehrers 
nicht  werth  ist,  thut  es  doch  noth  thüren  und  pfosten  zu 
erweiten,  sonst  kommen  sie  nicht  hinein.  Philaxd.  lugd.  5,  288 ; 

suchst  eine  probe  du,  die  deinen  rühm  erweitet, 

so  ist  die  allerbest  jetzund  dir  schon  bereitet. 
Werders  Ar.  4,  57 ; 

aber  meint  ihr,  dasz  der  tod 

solcher  hochgesetzten  leute 

mindre  eures  glaubens  nüth 

und  die  kirche  mehr  erweite?    Haügwiiz  Mar.  Sluarda  4,240; 

wovon  ein  jeder  der  begehrt, 

ins  unermeszliche  die  aussieht  zu  erweiten, 

bei  Lavater  den  rechten  grund  erfährt. 

Kl.  Schsiidi  poef.  6r.  107; 

wie  du  mit  freiheit  unbefangen  schreitest, 

das  herz  erhebst  und  jeden  geist  erweitest.    Göthe  2,  157; 

eine  krystallisation,  die  von  der  mitte  ausgehend  sich  strahlig 
gegen  die  Oberfläche  erweitete.  30,  87 ;  die  handschuhe  er- 
weiten, ueiten  sich.     vgl.  ausweiten. 

ERWEITERN,  dasselbe,  ahd.  nur  giwitaron.  du  wirst  das 
land  erweitert  sehen.  £s.  33, 17;  deren  {der  Ubier)  gegne  von 
wegen  irer  redlichen  glaubhaftigen  treuw  von  den  Römern 
nit  wenig  erweitert  worden  ist.  Fraxr  weltb.  27';  die  aus 
keiner  bösen  meinung  meinen  guten  namen  dadurch  zu  er- 
weitern bedacht  gewesen  sein.    Oprrz  poet.  25; 

und  allgemeine  freuden 

erweitern  gleichfalls  mir  den  mutb.    Hagedorn  3,  87; 

er  nahm  sichtbar  an  umfang  zu  und  seine  kleider  musten 
erweitert  werden;  der  garten  wurde  nach  allen  Seiten  er- 
weitert; unser  verstand  ist  begierig,  sich  durch  urtheilen  zu 
erweitern.  Kant  1,404;  protestantische  katholiken,  männer 
einer  sich  erweiternden  denkungsart.  6,280;  ein  mann  von 
er\veiterter  denkungsart,  wenn  er  sich  über  die  subjectiven 
privatbedingungen  des  urtheils  wegsetzen  und  aus  einem 
allgemeinen  standpuncte  über  sein  eigenes  urtheil  reflectieren 
kann.  7, 153 ; 

wenn  phantasie  sich  sonst,  mit  kühnem  flug, 

und  hofnungsvoll  zum  ewigen  erweitert.    Göthe  12,  40; 

nun  klärt  sichs  auf,  er  kehrt  in  seine  schranken 

der  Völker  scbwall  im  ungemesznen  land, 

nun  wirken  grosze,  gröszere  gedanken, 

erweitert"  grenze,  thätig  innren  stand.    4,64; 

das  Jahrhundert  musz  uns  zu  hülfe  kommen,  die  zeit  an 
die  stelle  der  Vernunft  treten  und  in  einem  erweiterten  herzen 
der  höhere  vortheil  den  niedern  verdrängen.  29,158;  die 
Römer  erweiterten  schon  den  weg,  und  nun  ist  er  sehr  be- 
quem durchgeführt.   16,  221 ; 

der  trunk  erweitert 

nun  bald  das  herz.    Bdrgk>  10*; 

das  aber  getraue  ich  mir  zu  behaupten  und  mein  herz  er- 
weitert sich  dabei.  136';  der  bück  erweitert  sich,  der  geistige 
gesichtskrcis; 

jedem  menschen  für  sein  leben 
ist  ein  masz  von  kraft  gegeben, 
das  er  nicht  erweitern  kann.    Rcckirt  233; 

sein  erweitertes  herz.  J.  P.  Hesp.  3, 137 ;  erw  eiterte  kenntnissc. 

67 


1059         ERWEITERUNG  — ERWENDEN 

ERWEITERUNG,  f.  amplißccUio:  erweiterung  des  reichs; 
die  arbeit  ist  aller  erweiterung  fabig.     herzerweiterung. 

ERWEITERU.NGSL'RTHEIL,   n.    synthetisches    urtheil,    wo 
das  praedicat  nicht  im  begriffe  des  subjects  liegt.  Kant  2,  42. 
ERWEITUNG,  f.  vas  erweiterung. 
ERWELEN,  s.  erwählen. 

ERWELKEN,  fiaccescere,  marcescere,  welken,  verwelken,  ahd. 
irwglchf  n : 

thar  bluent  thir  io  lilift  inti  räsA, 

suajo  sie  thir  stinkiat  iob  elichör  nirwelkönt.    0.  V.  23, 274 ; 
mhd,  die  bluomen  man  hiur  schoene  siht, 
Too  dem  kalten  riTe  in  geschiht, 
dat  si  bangent  val  unde  bleicb 
bidiu  erwelket  unde  weicb.    warnung  2418; 
nhd.    dann  nicht  erwelken  Ihre  bletler 
oder  abfallen  von  dem  weiter. 

Fischart  anmanvng  tur  kindertucht  41. 

ERWELLEN,  fervefaccre,  erwaUen  lassen :  nim  feigen,  wein- 
per,  erwelle  sie  in  gutem  wein,  küchenmeistern  3;  ebenso  das 
hun,  die  därme,  die  mandelmilcU  erwellen.  22.64;  und  het 
die  kuttelbletz  und  kuttelwürst  in  ein  groszen  kessel  gethon, 
wolt  si  sieden  und  erwöllen,  wie  man  dann  thut.  seh.  und 
ernd  1546  bl<Ul  47 ;  käs  und  roggin  brot  gibt  man  eim  {hirlen- 
buben)  in  ein  körblin  mit  zu  tragen  am  ruggen,  znacht  aber 
erweite  (gesottene)  käsmilch,  doch  dessen  alles  zimlich  gnug. 
Platers  leben  13;  nimb  starken  essig,  erwelle  den  wol. 
Seuter  205. 

ERWENDEN,  avertere,  erwinden,  zurückgehen,  aufhören  machen, 
goth.  usvandjan,  ahd.  irwenlan,  irwendan,  praet.  irwanta,  ags. 
ävendan,  mhd.  erwenden,  erwante,  ein  der  allen  spräche  geläu- 
figes, heute  eingeschränktes  wort,  dies  verlangt  hier  nähere  dar- 
stellung. 

1)  mit  dem  acc.  der  Sache,  abwenden,  aufhallen,  zurückhallen, 
hindern : 

daz  arer  scol  wSrden,  da;  ne  mac  nieman  erwenten. 

fundgr.  2,36,43; 
d&  ich;  kan  erwenden.    Iw.  4345; 
ob  ir;  niht  haetet  erwant.    8000; 
het  6i  diu  naht  niht  erwant.    7630; 
op  si  die  not  erwante, 
daj  dienier  vor  unde  nach.    Parz.  217,  4; 
wie  sie  möhie  erwenden 
also  gemeinen  baj.    Er.  3004; 
er  vienc  si  gähes  an  sich 
und  erwante  den  stich.    6156; 
vil  girae  het  ör;  erwant.    Nib.  21S7,  4; 
den  tac  nieman  erwenden  kan.    MS.  1,  90*; 
kein  dinc  mac  da;  erwenden.    Haupt  6,  515; 
an  dem  was  nfilicb  erwant 
sin  leben,    er  lac  nider  töl.    pass.  K.  242,28; 
da;  an  im  ist  gar  erwant.    82,  69; 
wie  mac  si  denne  siniu  leit 
erbenden  mit  ir  sliure?    tr.  kr,  2372. 

2)  mit  acc.  der  sache  und  dat.  der  person: 

sincn  vriunden  ^r  kleit, 

da;  ich;  bet  im  erwant.    Neiobart  62,  18; 

wände;  «in  vreude  wjere, 

beter  uns  die  rede  erwant.    Iw.  241; 

*r  riht  sich  öf  unde  sa; 

unde  erwante  dem  lewen  da;.    3958; 

der  uns  grö;e  freude  crwande.    Flore  6046. 

3)  mit  acc.  der  person,  abhalten : 

ich  mobte  in  nie  erwenden.    Er.  1139; 
da;  si  in  wolte  erwenden.    gute  frau  491 ; 
ich  kan  in  niht  erwenden.    Haupt  5,  274,  197; 
dd  wart  ich  von  in  zwein  erwant.    Engelh,  3922. 

4)  gewöhnlich  mit  acc.  der  person,  gen.  der  sache,  wie  schon 
im  eidschwur  ron  842  ob  ili  inan  ös  irwendan  ne  mag,  wenn 
ich  ihn  nicht  davon  abhalten,  abwenden  kann. 

C;  enil  danne,  da;  mich  dir  xöt  f»  erwende.    Gudr.  2tO,  4; 
dt$  blt  mich  Giselber  mit  6rta  wol  erwant.    Nib.  321,  4; 
wan  In  d<r  reis«  n  wanden  vil  ki^mo  Gunthen  man.    852,3; 
d<r  grtf»  in  d<a  erwande.    gute  frau  960; 
dA  bet  <r  allergemesl 
dei  kampfei  in  erwendet,    tr.  kr.  3559; 
■llei  Werkes  wirr  tr  erwant.    warnung  058. 
hierzu  noch  ein  ultnet  nhd.  beispiel: 

daran  i«l  gar  kein  iweirel. 

deuen  mitg  mich  niemooa  erwenden.    Tu«  19,  ISO. 

6)  ein  feMer  iä,  wenn  in  pau.  K,  88,69  erwante  ßr  dtu 
iftr.  «waot  i/etetit  wird. 


ER\VERB  — ER^VERBEN 


1060 


6)  erwenden  für  verwenden,  anwenden :  übel  erwandte,  un- 
gewisse und  durch  wucher  oder  andere  wege  abgedrungene 
guter.    Luther  3, 93*.     vgl.  erwinden. 

ERWERB,  m.  quaestus,  lucrum:  das  ist  mein  erwerb;  der 
erwerb  ist  schlecht ;  er  kann  nicht  mehr  Ton  seinem  erwerbe 
leben. 

niemand  braucht  ich  zu  danken  als  ihm  und  manches  bedurft  ich, 
der  ich  mich  auf  den  erwerb  schlecht  als  ein  dichter  verstand. 

GüTUK  1,  ;i57. 
s.  broterwerb,  gelderwerb  u.  s.  w. 

ERWERBEN,  acquirere,  obtinere,  consequi,  parare,  ahd.  ir- 
huerpan,  mhd.  erwerben,  erwarp,  erwürben,  wofür  nhd.  bald 
erwürben,  bald  erwarben,  folglich  im  condil.  conj.  schwankend 
erwürbe,  erwörbe,  erwärbe  (wie  verdürbe,  verdürbe,  verdärbc). 
die  Urbedeutung  des  einfachen  worls  goth.  hvairban,  hvarb,  ahd. 
huüi-pan  huarp,  ags.  hveorfan  hvearf,  alln.  hverfa  hvarf  ist 
verlere,  rolrere,  rotare  mit  Übergängen  in  verli,  reverti,  redire, 
gehen,  wandeln,  fortgehen  (vgl.  currere,  trie  cur,  quare,  goth. 
hvar,  warum)  und  mä  dhnlictwn  Vorstellungen  der  abgeleiteten 
schwachen  formen,  goth,  hvarbön,  ahd.  huarpön  und  iiuerpan 
huarpla,  ahn.  hverfa  hverfdi.  neben  ahd.  arhuCrpan  arhuarp 
stellt  arhuerpan  arhuarpla  und  beide  drücken  uiedcrum  reverti 
aus;  neben  mhd.  erwerben  erwarp  zeigt  sich  jedoch  kein  erwer- 
ben erwarpfe  (wie  neben  sterben  starp,  verderben  verdarp  ein 
sterben  starpte,  verderben  verdarpte),  sondern  blosz  starkes 
erwerben  und  zwar  nidil  mehr  mit  dem  sinn  von  reverti,  viel- 
mehr dem  transitiven  von  consequi,  obtinere,  acquirere,  welcher 
Umtausch  der  begriffe  wol  so  zu  verstehen  ist,  dasz  verli,  versari, 
conversari  in  negoliari,  tractare,  parare,  wandeln  gleichsam  in 
handeln,  erhandeln  übertrat;  auf  diese  merkwürdigen  uortrerhält- 
nisse  soll  unter  dem  einfachen  werben  noch  nälier  eingegangen 
werden,  das  ddn.  erhverve  ist  sichtbar,  wie  form  und  bedeutung 
ausweist,  unserm  erwerben  nachgebildet  und  der  nordisclwn  spräche 
entgegen. 

Nu»  können  belege  des  mhd.  und  nhd.  worles  folgen, 
mhd.   Kiöt  ü;  Katelangen  erwarp  Schoysiänen.    Tit.  14,  1; 

Kiöt  des  landes  hörre  pris  het  erworben.    16,  1; 

mit  gewalle  nieman  erwerben  mac  die  maget.    Nib.  58, 1 ; 

so  erwerben  wir  die  frouwen,  swie  c;  uns  darnach  erg*. 

338,  12; 

er  hat  den  lop  erworben.    Iw.  15; 

nhd.    ein  weib  lidt  raarter  übergrosz, 
das  si  verpotten  speis  nit  nosz, 
darzu  bei  sibcn  sün  erwarb, 
das  iedcr  darümb  vor  ir  starb.    Scbwarzs:<berg  158,  2; 

sprichst  du,  wer  gibt  mir  die  gnad  gots?  ich  antwurt,  du 
soll  die  envcrben  von  got  durch  ein  andechtig  gebet.  Kei- 
sersberg  s.  rf.  »J.  18';  sein  lieb  und  huld  zu  erwerben.  .Aivion 
c3';  und  Esau  nam  seine  wciber,  siUie  und  löchler  und  alle 
Seelen  seines  hauses,  seine  habe  und  alles  viehe  mit  allen 
gülern,  so  er  im  lande  Canaan  erworben  halte  und  zoch  in 
ein  land  von  seinem  brudcr  Jacob.  1  Mos.  36,6;  bis  das 
Volk  hindurch  komc,  das  du  erworben  hast.  2  Mos.  15, 16 ; 
ist  er  aber  arm  und  mit  seiner  band  nicht  so  viel  erwirbt. 
Z  Mos.  14,21;  verschlang  sie  mit  ircm  gesinde  und  alle  irem 
gut,  das  sie  erworben  hallen.  sAfo.t.  U,  6;  hab  ich  mich  ge- 
frewct,  das  ich  grosz  gut  halte  und  meine  band  allerlei  er- 
worben hatte?  lliob  31,25;  und  bracht  sie  in  seine  heilige 
grenze,  zu  diesem  berge,  den  seine  rechte  erworben  hat. 
ps.  78,54;  wer  wird  denn  hingehen  und  dir  frieden  erwer- 
ben? Jer.  15,  5;  das  dienet  nicht  gnade  zu  erwerben,  sondern 
viel  mehr  zorn  und  ungnadc.  Judith  8,10;  da  trat  erzu  der 
erste  (knccht)  und  sprach,  herr,  dein  pfund  hat  zehen  pfund 
erworben  (goth.  frauja,  skatls  }>eins  gavaurhia  laihun  skatlans). 
Luc.  19, 16 ;  dieser  hat  envorben  den  acker  umb  den  unge- 
rechten lohn,  apostrlg.  1,18;  zu  weiden  die  gemeine  gulles, 
welche  er  durch  sein  eigen  blut  erworben  bat.  20,28;  welche 
aber  wol  dienen,  die  erwerben  inen  selbs  eine  gute  slufeu 
(|)<-ii  auk  vaila  andbahljandans  grid  g6da  sis  fairvaurkjand). 
1  Tim.  3, 13 ;  man  mnsz  von  dem  hiinmel  hdlflicbe  band 
flehendlich  erwerben.  Bütsciikt  kanzl.  C77 ;  er  (Iberwunde  ihrer 
(der  krieg.<:helden)  viel  und  erwarb  unterschiedliche  »icgc.  pers. 
baumg.  0, 13 ; 

wenn  wir  auch  nicht  den  «leg  erwerben, 

«0  bat  dennoch  das  Unglück  «einen  werih.    Hacrdoin  1,96; 

ein  feuriger  galan,  der  schlechten  dank  erwarb.    2,  95; 

eine,  dio  mit  blauen  augcn 

mehr  aU  niAnncrwii«  vorband, 

könnt«  zur  Minerva  tauftm 

und  erwarb  den  gdttertiand.    3,  78; 


I 


1 06 1       ERWERBEN  —  ERWERBUNGSTRIEB 

ein  reicher  greis,  vom  tode  nicht  mehr  fern, 
und  UDgeschicki  mehr  schätze  zu  erwerben, 
ward  krank  und  wollte  doch  nicht  sterben.    Gellkhi  1,272; 

das  glück  der  weit  genutzt  zu  haben, 
drum  sei  vergnügt,  wenn  du  dir  dies  erwirbst.    1,  275; 

der  in  Falaris  durohglühtem  stier  verdärbe, 
eh  er  in  Frynens  arm  ein  diadem  erwärbe.    Wulasd  9,  1; 
der  himmel  kostet  leiden  hier, 
ich  leide  froh,  kann  ich  von  dir 
mir  einen  blick  erwerben. 

Lenz  an  Minna,  im  musenalm,  1778  s.  46 ; 

das  ansehen,  welches  sie  sich  überall  erwürben.  Mosers  05n. 
gesch.  Ih.  1.  §.  6  nach  der  ersten  und  zweiten  ausg.  von  176S  und 
17S0,  die  dritte  und  vierte  ändern  in  erwarben;  ich  erwerbe 
etwas,  wenn  ich  mache,  dasz  etwas  meine  werde.  Kant  5,  62 ; 
das  hat  mir  wol  eh 

AlhaC  selbst  gesagt,  und  voll  entzücken 

hinzugefügt,  wie  grosz,  wie  edel  dieser 

sein  freund  anwende,  was  so  klug  und  emsig 

er  zu  erwerben  für  zu  klein  nicht  achte.    Lessi5G  2,  241 ; 

ihre  aufrichtigkeit  erwirbt  ihnen  mein  ganzes  mitleid.  Gotter 
3,  38 ;  kein  geringer  gewinn  wäre  es  für  die  Wahrheit,  wenn 
bessere  schriftsteiler  sich  herablassen  möchten,  den  schlechten 
die  kunstgriffe  abzusehen,  wodurch  sie  sich  den  leser  er- 
werben.   Schiller  110"';  vertrauen  will  erworben  sein; 

wenn  ungenützt  sie  dort  im  staub  verdörbe, 

in  unserer  pebieirin  zimmern  hie 

an  ihrem  blick  nicht  schönern  tod  erwörbe. 

RccKERT  ges.  ged.  1,  205. 

auszer  diesen  beispiclen  noch,  in  vielen  andern :  geld,  reichthümer 
erwerben;  gunst,  lob,  preis,  rühm,  namen,  kenntnisse,  Ver- 
dienste erwerben  u.  s.  ic. 

ERWERBFLEISZ,  m.  quaestus  faciendi  Studium.  Kant  rechls- 
lehre  ri9S  s.  124;  je  eifriger  der  erwerbfleisz  die  tage  benutzt, 
desto  ausschlieszlicher  ist  der  abend  den  reizenden  Vergnü- 
gungen der  schönen  künste  und  des  geselligen  Umgangs  ge- 
widmet.   Novalis  Oßerd.  1,  39. 

ERWERBFLEISZIG,  quaestus  faciendi  cupidus;  gebildet  icie 
gewerbfleiszig. 

ERWERBGESEGNET,  quaedu  fdix: 

eur  gastliches,  erwerbgesegnetes  haus.    Plate5  133'. 

ERWERBLICH,  1)  quod  acquiri  poteä,  impetrabilis  Maaler 
119':  alles  durch  den  krieg  er^verbliche  oder  erhallbare  äuszere 
mein  und  dein.    Kant  rechtsl.  257. 

2)  was  erwerbsam:  ein  hausvater  soll  nicht  verthunlich, 
sondern  erwerblich  sein.    Lehsians  1, 403. 

ERWBRBLOS,  quaestu  carens. 

ERWERBLI.STIG,  lucn  cupidus. 

ERWERB.MS,  n.  quaestus:  alle  bisherigen  besitzthümer  und 
e^^verbnisse.  GüTOEe,  205;  man  hatte  ein  gerulliges  erwerbnis 
an  dem  Engländer  gemacht.  Hegner  molkenkur  3, 110 ;  kennt- 
nisse, die  man  auf  diesem  wege  erlangt,  sind  nicht  weniger 
geschenke  des  blinden  zufalls,  als  so  viele  andere  erwerb- 
nisse  menschlicher  thätigkeit.    Thü.hmel  3,  287. 

ERWERBSAM,  quopstuosus :  die  dürre  blosz  erwerbsamer 
Wissenschaften.    Wolfs  mus.  der  aUerUi.  tciss.  1,  riii. 

ERWERBSAMKEIT,  f 

ERWERBSCHAFT,  f  quaestus,  ertrerb,  errungenschaß. 

ERWERBSCHLLE,  f.    Göcking  leben  Nicolais  106. 

ERWERBSGEIST,  n.  erwerbs  und  geschäflsgeist.  Beckers 
Keltg.  12,  50. 

ERWERBSGRUND,  m.  titulus  acquirendi. 

ERWERBSMITTEL,  n.  ratio  quaestus  faciendi:  aufsieht  über 
die  Wirtschaft  und  die  erwerbsmittel  der  Privatpersonen. 
Garve  zu  Cic.  off.  2, 170. 

ERWERBSQUELLE,  f  dän.  erhvcrvskilde. 

ERWERBSUCHT,  f  avidUas  quaestus. 

ERWERRSCCHTIG,  quaestuosus,  lucrosus. 

ERWERBUNFÄHIG,  cui  non  licet  aliquid  acquirere. 

ERWERRUNF.XHIGKEIT,  /. 

ERWERBUNG,  f  acquisitio:  eine  schöne,  gelegene,  wün- 
schenswerlhe  erwerbung;  eine  unendlich  wichtigere  ei-wer- 
bung  als  die  Schlüssel  Jerusalems  oder  die  nägel  vom  kreuz 
des  erlösers.    Schiller  1033'. 

ERWERBUNGSART,  f  modus  acquirendi. 

ERWERBUNGSFÄHIG,  cui  licet  acquirere. 

ERWERRUNGSFÄIIIGKEIT,  f 

ERWERRUNGSRECHT,  n.  jus  acquirendi. 

ERWERBUNGSTRIEB,  m.  die  belebung  des  erwerbungs- 
triebs.    Fichte  über  die  franz.  rev.  332. 


ERWERBINGSZWEIG  —  ERWIDERN       1 062 

ERWERBUNGSZWEIG,  m.  ratio  acquirendi.  Kliscer  12, 113. 
ERWERBZWEIG,  m.    in   einer   groszen  reichen  Stadt  gibt 
es  vielerlei  erwerbzweige.    Göthe  24.  264. 
ERWERFEN,  1)  jactu  occidere,  todt  werfen: 

mhd.  von  der  müre  maneger  tot 

erschojjen  und  erworfen  wart.    Ernst  1315; 

in  der  stat  des  Volkes  vil 

erworfen  und  erschojjen  viel.    Ludwig  2963; 

vil  und  äne  mä;en 
lac  ir  erworfen  und  erslagen.    3180; 
€r  leit  daj  brdt  und  den  kxse  hin, 
und  weit  den  rappen  erworfen  hän.    LS.  2,  171 ; 
mit  einem  stein  erworfen.    Dietr.  u.  ges.  SOS; 
da  wolt  er  den  kleinen  ze  töde  erworfen  haben. 
Ortnit  278,  4 ; 

nhd.    dann  wann  derselb  erworfen  wer, 

so  wurd  kein  kriegsman  bleiben  mer.    Teuerd.  91,  49; 

wann  dann  der  held  erworfen  wer.    94,  48; 
item  Pytaco  erwarf  ein  werkman  mit  einem  beihel  seinen  sun. 
Fhaxk  c/iron.  25' ;  die  im  schlosz  wereten  sich  auch  menlich, 
erschossen  und  erwurfen  ir  vil.  Hexneberger  pr.  landtafel  428 ; 

den  von  der  mawer  ein  weih  allein 

erworfen  hat  mit  einem  stein.    H.  Sachs  HI.  1,  86'; 

gegen  den  fürstenhut  seines  bruders,  der  damit  unterthanen 
wie  Schmetterlinge  erwirft  und  fängt.  J.  P.  uns.  löge  3,61; 
sie  erwerfen  beide  halb  an  der  pillory  des  fensters  und  er- 
würgen sie  halb  mit  dem  halseisen  der  zonge.  biogr.  bei. 
1, 113.    Stieler  255L 

2)  goth.  usvairpan  hiesz  ejicere,  rejicere,  ahd.  arwerfan  ejüxrt, 
projicere,  rejicere,  repudiare,  ags.  äveorpan  proßcere. 

3)  ahd.  arwerfan  hiesz  sowol  gignere,  purere  (rgi.  junge  werfen), 
als  auch  abortum  facere,  verwerfen,  irworfaniu  sind  genita  und 
abortata  (Graff  1, 102S.  1030).  dieser  Sprachgebrauch  hält  noch 
länger  an: 

swenne  diu  Ilwin 

daj  weif  töti;  erwirfet.    KakajA!<  denkm.  75,6; 

s6  si  schol  erwerfen, 

so  vert  si  zeinem  sewen 

und  erwirfet  in  da;  wajjer.    84,  10.  II; 

die  dönr  (tonitrua)  raachent  die  ainlützen  schdf  erwerfend  ir 
fruht.  da  wider  gebeert  da;  man  si  zuo  ainander  samene  under 
ain  dach.  Megesberg  154,  28.  Maaler  119'  gibt  noch  erwerfen, 
entwerfen  {sp.  656),  facere  abortum,  heute  nur  verwerfen. 

ER  WERTHERN,  zum  Werther  machen,  zum  Werther  werden. 

ERWERTHERUNG,  f  die  milchbärtigen  philosophen,  die 
sichs  so  sauer  werden  lassen,  der  erwertherung  das  wort  zu 
reden.    Siegfr.  von  Lindenberg  1784.  1, 297. 

ER  WETTEN,  pignore  acquirere,  durch  wette  gewinnen. 

ERWIDER  für  herwider,  ahd.  hera  widar,  wieder  her,  wieder 
zurück,  in  uneigentlichen  Zusammensetzungen,  wo  man  heute  blosza 
wieder  oder  zurück  gebraucht,  z.  b. 

ERWIDERBRINGEN,  referre,  reportare,  reducere:  denn  gott 
wird  Israel  erwider  bringen  mit  freuden.  Baruch  5,  9 ;  gerew et 
es  in  und  bracht  erwicler  die  drei>zig  siiberliag  den  hohen- 
priestern  (goth.  gavandida  l)ans  |)rinstiguns  silubrinaizS  gudjam, 
ahd.  widarbrähta  thie  drijug  pfenningü).  Afol/A.  27.  3;  welcher 
musz  den  himel  einnemen  bis  auf  die  zeit,  da  erwider  bracht 
werde  alles,  was  gott  geredt  hat.  apostelg.  3,21;  und  der 
glaube  bringet  erwider  dieselben  hindemis  ires  werks,  aLso 
gar  ligt  es  alles  am  glauben.  Luther  1,186';  man  lasz  sich 
das  exempel  bewegen,  wie  viel  dings  were  verblieben,  wo 
der  bapst  und  die  seinen  betten  on  stürm  und  frevel  mit 
mir  gehandelt  und  wie  sie  nimer  erwider  bringen  mügen, 
was  sie  verloren  haben.  1,399*. 

ERWIDERGEHEN:  weil  das  kupfer  nicht  erwider  gehet 
wie  stahel.    Mathesius  79'. 

ERWIDERTHUN,  rependcre:  also  thut  der  man  erwider. 
Luther  3, 191'. 

ERWIDERTREIBEN,  reducere: 

und  rücf  aus  der  hellen 
Luciper  und  allen  seinen  gesellen, 
das  si  von  den  dreien  pdsen  weihen 
das  vieh  erwider  treiben,    fastn.  491,  29. 

ERWIDERN,  ERWIEDERN  m  der  Schreibung  zu  unterscheiden, 
ist  ein  felder,  iric  auch  die  begriffe  wider  und  wieder  zusammen- 
gehören, das  wieder  gebrachte  zugleich  ein  entgegen,  dagegen  ge- 
brachtes ist.  in  diesem  erwidern  liegt  die  partikcl  er  und  kein 
her,  ifte  in  dem  vorhergehenden  erwider. 

1)  das  ahd.  arwidarün,  wie  das  einfache  widarön,  bedeutele 
renuere,  recusare,  advcrsari,  also  entgegen  sein. 

67* 


1063 


ERWIDERN  —  ERVVIEGEN 


EKWIESENHEIT  —  ERWINDEN         1 064 


2)  hieran  read  sidi  unser  heuliges  mildes  erwidern,  entgegnen, 
respondere,  der  rede  anlworl  entyegen  setzen: 

was  soll  ich  sagen?  was  erwiedern?  mag 
der  bnider  worte  linden!    Schillek  49ü*; 

'so  laszt  ärzte  iiolcn!' 
erwiedert  sie,  indem  sie  aihcm  schöpfte.    244*; 

'es  sei  drum'  enviederle  Wilhelm.  Göthe  20,80;  dies  alles 
ernstlich  durclisprechcnd  und  einander  unablässig  crwiedernd. 
21,56;  er  antwortete  dilatorisch,  dann  setzte  er  aus,  diesen 
punct  zu  erwiedern,  dann  waren  seine  worte  zweideutig,  zu- 
letzt schwieg  er  ganz.  21,  203 ;  da  Friedrich,  auszcr  einigen 
späszen,  die  ihm  Jarno  erwicdcrte,  keinen  anklang  für  seine 
possen  in  der  gesellschaft  fand.  20,  22t.  ein  auf  dem  thealre 
fran^ais  vorgestelltes  und  mit  bcifall  erwidertes  neues  stück. 
40, 139  meinl  ein  wol  aufgenommenes,  entgegen  genommenes. 

3)  erwidern,  referre,  rergellen,  erstatten,  dagegen  geben: 

was  die  göttr  versagn  den  glidern, 

das  tbuD  sie  an  der  seel  erwidern.    Atrer  fasln.  4'*; 

ich  kaa  zum  kerne  der  wälschcn  nusz  nicht  kommen,  ehe 
ich  meine  finger  mit  dem  safte  der  euszern  grünen  rinde 
befleckt,  die  harte  schale  zerquetscht  und  erbrochen  und 
endlich  den  weiszgelben  rock  ihm  abgezogen  habe,  dieses 
alles  nehme  ich  gern  über  mich,  weil  der  kern  mit  seiner 
süszigkeit  alle  solche  müh  envidert.  Butscury  Palm.  148 ; 
liebe  mit  liebe  erwidern ;  einen  grusz  erwidern ;  unerw  iderlc 
neigimg,  freundschaft ; 

du  hast  sie  noch  cesehn,  den  letzten  blick 

den  sehnsuchtsvollen  dir  ins  herz  gefaszt, 

das  letzte  wori  bedächtig  aufgenommen, 

dem  letzten  seut'zer  mit  gefühl  erwiedert.    Göthe  9,  315; 

geschnürten  leibs,  geschminkten  angesichts, 

nichts  haben  sie  gesundes  zu  erniedern, 

wo  man  sie  anTaszt,  morsch  in  allen  gliedern.    41,  144; 

beredet  sich  groszmfithig  unbesonnen 

ihr  weiches  herz,  mir  liebe  zu  erwidern.    Schiller  269'; 

sie  kann  der  mutter  freude  nicht  erwidern.    509'. 

4)  erwiedern,  triederholen,  erneuern.    Rädlein  259*. 

5)  sich  erwidern,  mit  der  bedcutung  von  1,  renuere,  sich 
iceigcrn:  ob  ich  wol  mich  sehr  etwas  zu  nehmen  erwiderte, 
hat  er  mir  doch,  was  ich  vor  das  kind  ausgeleget,  wieder 
zugestellet.    Gryphids  1. 942.     vgl.  widern. 

ERWIDERUNG,  ERWIEDERUNG,  f.  entgegnung, 

1)  remuneratio,  Vergeltung:  verzeih,  wenn  du  mich,  in  er- 
wiedening  so  süszer  worte,  so  kalt  findest.  Lessi\g  2.94; 
in  erwiederung  dagegen  wuchs  die  dienstbeflissenheit  Ottiliens 
mit  jedem  tage.    Gütue  17,  69. 

2)  responsio:  seine  erwiederung  war  kurz  gefaszt;  in  erwie- 
derung auf  dein  letztes  schreiben  melde  ich  dir. 

3)  ahd.  würde  arwidarunga  reeusatio,  repudium  ausdrüclicn. 
ERWIDRIGEN,  ERWIEDRIGEN,  was  erwidern:  gott  erwie- 

driget  solche  niedrigkeit  öfters  mit  zeitlichen,  manchmal  auch 
mit  geistlichen  und  ewigen  segen.  Scriver  seelensch.  1, 211 ; 
wiltu  solche  liebe  mit  ungehorsam  erwiedrigcn?  1,393;  nichts 
desto  weniger  crwiedrigte  gott  dem  David  dis  verlangen  mit 
einer  herlichen  verheiszung.  2,  ISO. 

ERWIDRIGUNG,  ERWIEDRIGUNG,  f.  siehst  du  kein  mittel, 
wie  du  ihnen  erstallung  thun  könntest,  so  bete  desto  eifriger 
zu  gott,  dasz  er  aus  seinen  verborgenen  und  reichen  schätzen 
an  deiner  statt  die  erwiedrigung  thun  wolle.  2,240. 

ERWIEGEN,  ERWIGEN.  die  Wörter  wiigcn.  wegen,  wiegen, 
wigen  und  ebenso  envägen,  erwegen,  erwicgen,  crwigen  geben 
ilirer  form  und  bedeulung  nach  mehrfaclicn  anstosz.  setzt  man 
ein  starkes  erwegen  erwäg  peqxndere  an,  so  sollte  das  alte  i 
uur  im  sg.  praes.  ind.  und  imp.,  nirgends  im  pl.  und  conj., 
noch  im  inf.  und  pari,  praet.  rurlrelcn.  ausnalimsweuie  erscheint 
es  aber  auch  hier: 

hie  «olt  von  der  religion 

erwigen  wai  lehrt  Xenophon.    Fisoart  cht.  23; 

diese  und  andere  meh  hausnötige  stück,  so  sie  dem  hnus- 
könig  gründlich  zu  erwigen  fürknmmen,  spüret  er  alsbald 
seine  unvermöglichkeil.  Garg.  64'  {und  in  allen  ausgaben); 
wenn  sie  sich  des  tods  envigen.  Mn.icu  sdirapt.  x3';  wo 
idteraU  tu  ttthen  hdUe  erwegen.  Anders  beschaffen  ist  es  um 
ein  fUichfaUi  äarkes,  aber  intransitives  erwigen  erwäg,  das  den 
n«»  ron  movere,  eoncuti  darbietet  und  aus  dem  das  ir.  cnvegen, 
beregen  morere  tich  ableitet: 

dem  hfitPt  man  ein  glaii  mit  win 

lind  lacht  »in,  du  dai  hui  erwäg  {iclidtirrle).    IIramt  72,  üfl, 

irofär  «rir  oben  tp.  1030  erwägen ,  crwagic  kennen  lernten. 
*Mii  mim  die  einfachen  wiegen,   wegen  und  hernach  das  j>art. 


erwogen,     noch  etwas  anders  war  das  mhd.  erwigen  confeclus  von 
erwihen. 

ERWIESENHEIT,  f.  probabililas :  diese  meinung  ist  von 
erwiesenheit  ziemlich  entfernt.  Wolfs  Mefe  an  Heyne  1797 
X.  112.     s.  erweisen. 

ERWILDEN,   cfferari,  fcrocire,   silvescere,   ags.  ivildan,  mlid. 
erwilden,  würde  goth.  usviljjjan  gelautet  liaben. 
mhd.  sin  w-'n  ist  äne  sücje, 

erwildet  ist  sin  rebe.    MSII.  2,  387»; 
der  sin  ist  mir  erwildet.    IIelbl.  7,  2G0; 
wan  €r  so  gar  erwildet, 
das  ß""  ^ß  jungest  wßnic  birt 
und  gr  kern  obcj  tragende  wirt, 
daj  edel  unde  nütze  si.    fr.  kr.  18588; 
d€r  Talke  was  erwildet.    Sch«f.llkrs  Labers.  177,29; 
nhd.    dis   volk   ist  mit  der  zeit  durch  die  rauhe  gelegenhcit 
des  lands  erwildet.  Stumpf  2,  296';  also  das  die  leut  in  bergen 
wonend   darinn   etwan   also    erwildeten,    das    sie  die  wilden 
thier  übertreffen.    Frank  wcllb.  is';    so  gar  erwilden  und  zu 
beern  und  löwen  werden,  kriegsb.  des  fr.  189;  bisz  die  Juden 
erwildet  und  grimmig  zur  wehr  gegriffen.  Reiszner  Jer.  2, 122'; 
dasz  sie  aus  unbillicher  schmach  zu  erwilden  pflegten.  Taciüs 
b.  Fronsp.  3,239';    dasz  der  schade  alt  were  und  gar  erwil- 
det.   Paracelsds  chir.  sehr.  111';    und   so    es    soll   verhalten 
werden  mit  gewalt,  so  hels  der  luft  dermaszen  erzündt  und 
erwildet  {hier  also  tr.),  dasz  es  hinder  sich  lauft.  346'; 
im  augenblick  ich  gar  erwildet.    11.  Sachs  I,  311»; 
jederman  ist  zum  krieg  erwiit.    lll.  1,  251'; 
crwilden,  rauw  und  wild  werden,  dcgenerare  in  feritatem;  mit 
sinnen    und    worlen    envilden   und   ertouben,    non   consistere 
mente,   lingua.    Maaler  120";    kau    ihme    {dem  weinslock)   der 
häcker  oder  winzer  so  künstlich  mit  dem  rebmesser  schneiden, 
ihme  zu  wehren,  dasz  er  mit  ohnnützen  ruten  nicht  erwilde, 
noch   auf  allen   seilen    zu    geile  sich  ausbreite,     aller  weish. 
lustg.  168;    wenn    ein  raune  {wallach)  draus  gemacht  ist,   so 
höret   er   auf  zu   rinschen   {wiehern)  und  zu  erwilden  {mutig 
zu  sein).  Comenius  sprachenlhär  von  Docemids  178 ;  und  erfolget 
leichtlich,   das    einer  der  dem  wilde  zu  vil  nachgesetzt,   zu- 
letzt selbst  darüber  erwildet.  Bdtschit  Palm.  833.     heule  «n- 
gebrauclU. 

ERWILDERN,  dasselbe,  heule  verwildern.  Rädlein  259*  unter- 
scheidet erwilden  wild  werden  von  erwildern  wild  machen,  besser 
wäre  die  bedeutungen  umzukehren. 

ERWILDERUNG,  f.  wie  das  folgende. 

ERWILDUNG,  f  feritas,  aspcritas:  das  alsbald  daraus  ein 
greuliche  Verwirrung,  scheuchen,  abweichen  und  erwildung 
der  frewdigen  pferde  entstünde.    Stettler  1,  40. 

ERWIMMERN,  ejulando  impetrare:  auch  werdest  du  dir 
keine  hofnung  machen,  jemals  gnade  zu  seinen  füszen  zu 
crwimmcrn.    Schiller  108'. 

ERWINDEN,  ein  früher  sehr  gcldußges  vort,  dessen  enlfaliung 
der  von  erwerben  älineli.  ncmlich  das  einfache  golh.  vindan. 
alid.  wintan,  ags.  vindan,  ahn.  vinda  drückt,  gleich  unserm  heu- 
tigen winden,  aus  torquere,  verlöre,  woher  die  bedcutung  det; 
Wendens,  wandclns,  umdreliens,  umkelirens  entspringt,  bei  Stieler 
fehlt  das  wort  in  allen  seinen  bedeutungen  und  Adelung  thut  die 
vierte  ganz  kurz  ab. 

1)  das  gollu  usvindan  hält  noch  ganz  den  sinn  von  jUectere, 
fledilen,  winden  fest,  doch  usvandjan  wird  schon  zu  abwenden, 
avertere,  so  wie  gavandjan  «'fn(/en,  kehren,  zurückkehren,  reverli  ist. 

2)  ahd.  irwinlan  hat  nwi'ilentlieHs  die  intransitiibedeulung  von 
redire,  reverti  (Graff  1,  749),  d.  /».  umkehren,  umdrehen. 

er  es  6r  io  nirwant.    0.  IV.  20,  25 
heiszl  aber  er  liesz  nicht  davon  ab,   unlerüesz  nicht,  fehlte  nicht, 
und  iro  leid  invindit  an  iro  houbct.  N.  ps.  7, 17  ihr  leid  geht 
an  Hir  haupt,  triß  ihr  hau^ü. 

3)  mJid.  erwiiideu  begegnet  häufig,  hat  alter 
a)  nur  selten  die  bedeulung  von  redire: 

der  geliüre  bogund  erwindcn,  revrrsut  est.    Ileinh.  475, 
dn;  der  «wci;  niht  crwinde,  zurOcktrrle.    Ron.  4H,  101; 
doch   die  unter  c   angeführten  imjirralive  crwindel !   Hessen  sich 
auch  erklären:  redile!  rerertimini ! 

Ii)  da  der  sich  zurückwendende  nur  einen  bestimmten  punri 
erreicht  hat,  von  welchem  er  nicht  weiter  schreitet,  to  drückt  er- 
windcn dieses  räumliche  siel  des  Vordringens  und  stehen  bleibens 
oder  endens  aus: 

sie  sniten  nbe  Ir  gowant, 

dB|  i{  an  den  knion  erwtnt  (al.  wider  wanl). 

kauerdur.  Mattm.  0704 


10G5 


EBWINDEN 


ERWINDEN 


1066 


Diemer  207,  2,  dasz  es  nichl  über  die  knie  gieng,  an  den  knien 

aufhörte; 

unt  d€s  libes  ente, 

da  diu  verse  erwinte.    Dt«/.  3,  52, 

140  die  ferse  außörl,  bis  ans  ende  der  ferse; 

linhosen,  die  ob  ir  enkeln 
wol  einer  hende  erwunden.    Trisl.  68,3; 
obene  da  diu  brüst  erwant.    76,  25; 
daj  här  im  bi  der  erde  erwant.    L<jnr.  469, 
die  mahne  reicfUe  dem  pferd  bis  auf  die  erde,  hörte  erst  da  auf; 

daj  im  da;  swert  ze  tal  wuot, 

unz  6i  im  an  den  zenen  erwant.    2103, 

drang  ilim  bis  an  die  zahne; 

wan  ir  da?  selbe  gewant 

ob  den  enKcln  erwant.    5860, 

«  reichte  ihr  nicIU  tiefer  als  bis  an  die  fuszknöchel,   hörte  schon 
oberhalb  der  knöchel  auf; 

ich  wolt  im  sicherlich  die  zende  schinden, 

da;  min  munt  durch  den  sinen 

ür  dem  gebeine  smatzend  muost  erwinden.    Hadaxar  94. 

dazu    enväge  man  die  berithrung  der  begriffe,  des  gehens,    endens 
und  irendens. 

c)  hiernach  ist  auch  in  andern  fällen  erwinden  soviel  als  auf- 
hören, ablassen,  zurückbleiben,  ruhen: 

done  -wolder  niht  erwinde, 

6t  ne  queme  zu  dem  here.    gr.  Rud.  19,  13; 

der  morgen  niht  erwinden  wil.    MS.  i,  90*; 

da;  Cur  erwindet  niht, 

<!  ej  ersuoch  sin  zil.    Hacpt  1,  125; 

erwindet  nochl  haltet  ein,  lasset  ab!    Iw.  6152; 

erwindet!    A'ift.  2119,  1; 

unde  wil  du  niht  erwinden.    54, 1 ; 

Sit  du  niht  wil  envraden.    64,  1; 

nune  wil  ich  niht  erwinden.    107,  1; 

dö  4r  niht  wolde  erwinden.    618,  1; 

end  ich  erwinde,  prmsquam  omitto.    801,  1; 

er  sold  erwinden  niht.    1959,  1 ; 

s&  ze  hant  als  6;  geschiht, 

66  ne  mag  «;  danne  erwinden  niht.    ülr.  Trist.  156; 

da  von  ger  ich  bi  dirre  frist, 

daj  iuwer  bete  erwinde.    tr.  kr.  21809; 

und  alliu  sorge  erwindet.    Engelh.  54; 

wil  wibes  güete  sus  an  mir  erwinden.    MS.  1,26'; 

hlib  albie  unde  erwint!    pass.  K.  247,  33; 

da;  wir  niht  erwinden  (ruhen,  ablassen) 

unz  wir  in  da  Tinden.    99,  23. 

d)  die  Sache  steht  im  geniliv  oder  nach  der  pracp.  von: 
des  solt  du  erwinden  I    fundgr.  2,  89,  46; 

ich  ne  wils  niht  erwinden.    Nib.  112,  1 ; 
hei,  wan  waer  sis  erwunden.    Tit.  155,  2, 
halte  sie  es  unterlassen,  gemieden; 

daran  gedenke,  und  erwint 

diner  tumben  beginnen.    Flore  3774; 

dö  wolde  ouch  nicht  erwinden 

Megecius  von  derae  gebete.    pass.  K.  45,  76; 

Ton  den  muste  erwinden 

alle  ir  pinliche  not.    60,  24. 

vtjl.  erwenden  3. 

e)  meist  mü  der  praep.  an,  für  person  und  sache: 
swaere  diu  min  herze  treit 

ob  diu  an  mir  erwunde.    Hart«,  erstes  bucht.  1668; 

an  dinem  muote  niht  erwint.    Winsbeke  63,  7 ; 
und  erwint 

lange  an  dirre  Terte  niht.    Silv.  783 ; 

wxre  ich  an  den  stunden 

an  der  verte  erwunden.    Otto  hart  712; 

so  sol  ich  doch  erwinden 

an  also  grö;em  meine.    Engelh.  5517; 

an  in  mac  niht  erwinden.    pass.  K.  261,  1; 

dor  an  den  Tienden  niht  erwant, 

dö  solt  er  an  den  vriunden  sin  erwunden.    MBH.  2,234*. 
4)  nhd.  entsprechen  in  der  früheren  zeit  noch  groszenlhäls  die 
bedeuiungen. 

a)  räumliches   erwinden  =  3,6.*    da  erwindet  der  Rhätier 
landmarcb.    Sroiipr  5*; 

der  Römer  gleich  man  nindert  Tind, 

ir  mm  an  einem  berg  erwind, 

der  berg  wirt  Caucasus  genant 

und  Scithia  dasselbig  lant.    Scuwarzemberc  159,  1; 

er  {der  manlel)  sol  kurz  sin  ...   do  sol  er  ufhören  und  er- 
winden.  Keisersbebg  bilg.  46';    neme   das  rechte  obr  und 


ziechs  lierab  an  den  hals,  das  es  erwindt  beim  wangen  {bis 

zur  uange  reicht).    Sebiz  153; 
denn  was  nach  der  geburt  den  gliedern  noch  erwindet  [mangelt), 
das  setzt  zeit  und  natur,  des  schöpfers  dienstmagd  bei. 
LoHKNST.  Ilyac.  19. 

b)  aufhören,  unterbleiben,  unterlassen,  ermangeln,  fehlen  = 
3,  c  darinne  sol  die  gehorsam  bei  inen  nicht  erwinden. 
Chmels  Maximil.  s.  3  (ct.  1493) ;  dieweil  auch  in  vorigen  refor- 
mationen  und  Ordnungen  genugsam  verseben,  wie  den  ge- 
sprochen urtheilen  execution  beschehen  soll,  damit  die  unge- 
horsamen hoben  und  niedern  Stands  zu  gehorsam  bracht 
{aerden),  und  aber  allein  in  dem  crwindet,  das  den  vor  auf- 
gerichten  Ordnungen  vestiglicb  nachkommen,  gelebt  und  darin 
niemands  verschonet  werd.  deshalb  die  obgemelfe  commis- 
sarien  sonder  bevehl  haben  sollen,  ob  deshalb  einig  mangel 
wer,  dermasz  cinsehens  zu  thun,  dasz  gesprochen  urtheil 
fürderliche  execution  erlangen  mögen,  rächsabsch.  ton  1530 
§.36,  wo  neuere  ausgaben  fehlerhaß  'erwendet'  lesen;  darbei 
ichs  dismal  lasse  erwinden  {bleiben,  beruhen,  vgl.  bewenden). 
G.  NiGRisi  Jesu  und  Jesuwider  1591.  E  8 ; 

fromm,  bider  und  notfeste  lüt, 

die  sich  des  ganz  versehen  nüt, 

das  der  baw  solt  einsmals  erwinden. 

Berchtold  rediv.  lOS; 
denn  ich  je  nicht  erwinden  wil,  ich  hab  dann  den  schänd- 
lichen marschail^übenvunden.    Galmy  297. 

c)  oß  mit  der  p-aep.  an  =  3,  e,  ermangeln,  an  einem  liegen, 
durch  einen  liegen  bleiben:  an  im  erwindet  nit  das  Ruland  todt 
bleib.  Fierabras  ^i;  aber  darneben  und  damit  sich  die  von 
Worms  nit  zu  beclagen  betten,  noch  verhöre  und  handelung 
der  billichkeit  an  mir  envimde,  hab  ich  mich  . .  .  vorzukom- 
men erholten  u.  s.  w.  Fr.\sz  vox  Sicklsgen  uarhaßiger  bcridü. 
1515  B2; 

sonst  wist  ich  bessers  nit  zu  finden, 
ich  glaub  an  hülf  wurds  nit  erwinden. 

Berchtold  rediv.  28; 
daran  auch  an  uns  in  keinem  gar  nichts  erwinden  solle. 
churf.  JoHANS  bei  Luther  i,hi*;  als  doch  an  uns  nicht  erwin- 
den sol.  5,109';  sollte  an  uns  billigkeit  nicht  erwinden. 
los';  als  doch  an  uns  in  keinem,  das  mit  gott  und  gewissen 
zu  christlicher  einigkeit  dienstlich  sein  kan  oder  mag,  er- 
winden sol.  conf.  aug.  bei  Luther  6,  362';  sol  an  mir  nit 
erwinden.  Livius,  Mainz  1557  bl.  35;  es  solt  an  keinem  gelt 
erwinden.  Wickram  ro//ic.  88;  es  erwindt  an  deinem  guten 
willen  nit.  kL  weise  roden  2Zi' ;  wiewol  ich  nun,  dasz  an  euch 
und  ewer  redlichkcit  nichts  hierin  erwinden  werde,  nichts 
zweifelhaftiges  spüre.  Kirchhof  md.  disc.  74 ;  es  en;\indt  nit 
an  uns,  nulla  est  in  nobis  mora;  es  sol  weder  in  dem  noch 
in  anderen  dingen  an  mir  erwinden.  Maai.erI20*;  nichts  sol 
auch  erwinden  an  mir.  ich  will  euch  allzeit  früh  und  spat 
versorgen  mit  gutem  vorrath.  Frossp.  kriegsb.  3,  3*;  solle  an  mir 
nichts  erwinden  noch  unterlassen  werden.  Schweisichen  3, 192 ; 

an  im  ist  warlich  nichts  erwunden. 

ScHiELZL  zug  ins  Ongerl.  9; 
wenn  ich  euch  wol  zu  halten  west, 
solt  es  an  mir  je  nichts  erwinden.    Atrer  3,'>9'; 
und  wenn  es  denn  hieran  alleine  noch  erwindet 
und  sich  zu  seinem  heil  kein  ander  mittel  Hndet, 
so  wil  mit  frewden  ich  es  geben  für  ihn  hin. 

Werders  .Ar.  9,  50; 
könnt  ihr  bei  Gibeon  und  gott  Versöhnung  finden, 
geht  bin,  ich  schwer  es  soll  an  mir  auch  nichts  erwinden. 
Grtphius  t,  573; 
wenn  die  sach  nur  an  denen  5000  fl.  erwindet,  so  will  ich 
alles  gar  gern  hergeben.   Abele  5,148;    das  urtheil  hast  du 
einmal  gegeben  und  erwindet  jelzo  nur  an  deme,  dasz  auch 
dasselbe  unverschont  vollzogen  werde,  gericiäsh.  1, 10 ;  dasz  ich 
sein  schreiben  aber  nicht  beantwortet,  hat  an  den  viirältigen 
geschäflen,  damit  ich  überheuft,  envunden  {gelegen).  Bütschkt 
kanzl.  70;  es  hat  mir  an  mittein  erwunden  {gefehlt).  Schm.  4,170. 

d)  lang  in  gebrauch  blieb  noch  die  redensart  'nichts  erwinden, 
an  nichts  erwinden  lassen',  d.  i.  fehlen,  ermangeln  lassen :  was 
wir  denn  dazu  fördern  köndtcn,  wollen  wir  an  uns  auch 
nicht  erwinden  lassen,  herzog  Fridrich  zu  Sachsen  bei  Lidher 
1,141';  wir  wollen  an  allem  dem  unserthalb  nichts  erwinden 
lassen,  bei  Luther  h,  loa';  darzu  wir  dann  unsers  teils  bisher 
nichts  erwinden  lassen.  slal.<;p.  KarlV.  s.  409  {a.  1547);  daran 
wollen  wir  an  unser  vermöglichheit  nirhtzit  lassen  envinden. 
s.  413;  aber  an  irem  vieisz  nichts  erwinden  lassen,  s.  527 
{a.  1554);  ritterspil,  daran  er  keinen  kosten  bat  erwinden 
lassen,  kl.  weise  reden  25S';  denn  fünvar  solt  ir  mir  glauben 
mein  herr  kein  gut  wird  lassen  erwinden.  Galmy  31 ;  so  sollen 


1067 


EUWINDEN 


ERWINKEN  —  ERWISCHEN 


1068 


wir  doch  an  unserm  fleisz  nichts  erwindcn  lassen.  Uffe.nbach 
2, 19 ;  was  ich  aber  mit  schreiben,  reisen  thun  mochte,  liesz 
ich  nicht  erwinden  {s.  /.).  Schweimchen  1,  2S4 ;  und  liesz  also 
ao  meinem  fleisz  nichts  erwinden.  2, 38 ;  das  sei  weit  von 
euch,  dann  für>var  solt  ihr  mir  glauben,  mein  herr  kein' gut 
an  euch  wird  lassen  erwinden.  buch  d.  liebe  46,3;  des  Gar- 
gantuvalch  vatter  sähe  wol,  das  sein  schöner  filiiis  an  ihm 
nichts  liesz  erwinden  allen  fleisz  fürzuwenden  und  kein  stund 
hinschleichen  liesz,  darin  er  nit  ein  lini  zog.  Garg.UZ*;  wil 
es  an  mir  nicht  erwinden  lassen,  herz.  Jul.  von  Br.  346  ;  dann 
er  ja  an  seinem  kundschaft  sagen  nichts  an  ihme  erwinden 
lassen.  Atber  proc.  1, 15 ;  dasz  er  niemals  an  seinem  fleisz 
icht  was  lassen  erwinden.    das. ; 

damit  sie  auch  geleicher  maszca 

an  ihnen  nichts  erwinden  lassen.    Spreng  II.  134*; 

wil  melns  theils  nichts  lassen  erwinden.    Atrer  126"; 

er  hielt  sich  bei  mir  auf,  wir  lieszen  nichts  erwinden, 

und  kont  er  ohne  müh  sich  in  die  .<:prachc  finden. 

Opitz  2,  144; 

sie  rudern  allesampt  und  lassen  nichts  erwinden, 

in  meinung,  einen  weg  dem  hafen  zu  zu  finden.    3,  55; 

wollte  es  an  ihm  nicht  erwinden  lassen.    Argcnis  2,302; 

lösch  armen  ihren  durst,  lasz  nichts  an  dir  erwinden! 

du  wirst  in  jener  weit  bei  gott  Vergeltung  linden.    Rompler  3"; 

lassen  auch  mit  fressen,  saufen,  huren,  hüben,  raszlcn,  spielen 
und  mummereien  mir  zu  ehren  an  sich 'nichts  erwinden. 
Phil.  lugd.  6,  268 ;  und  ungeachtet  Grotius  an  klugheit  in  der 
kriegsanstalt,  an  tapferkeit  in  den  schlachten  nichts  erwinden 
liesz,  wurden  doch  alle  seine  anschlüge  krebsgiingig.  Lohenst. 
Arm.  1,  879  ;  der  feldherr  liesz  abermals  an  Versorgung  der  ver- 
wundeten, an  beschenkung  der  tapfern  nichts  erwinden.  2,'l227 ; 

weisz  nit,  noch  raags  entrichten, 
wo,  wann,  womit  und  wie 

an  meinem  fleisz  und  ptiiciiten 

ichs  liesz  erwinden  ie?    Spee  irutzn,  59  (64); 

wofern  ich  aber  in  einigerlei  weg  ihrer  zaarischen  majestät 
ohne  beschwerung  meines  gewissens  würde  dienen  können, 
würde  ich  an  meinem  äuszersten  vermögen  nichts  erwinden 
lassen.  Simpl.  K.  795;  wiewol  der  feind  an  sich  nichts  er- 
winden lassen.  Chemnitz  V.  1,  42';  wiewol  die  belagerte  an  sich 
ihm  widerstand  zu  thun  nichts  erwinden  lassen.  IV.  2,  in"; 
so  lässei  CS  denn  auch  der  herr  Jesus  an  sich  nicht  erwinden 
und  stellt  sich  mit  derruthe  des  creuzcs  ein.  Scriver  soc/'-nsc/i. 
1,  802 ;  worinnen  ich  dir  angenehme  dienstc,  rath,  hülfe  er- 
zeigen kan,  wil  ich  solches  an  mir  im  geringsten  nicht  cnvin- 
dcn  lassen.  Butschkt  kanzl.  253;  an  seinem  fleisz  in  irgend 
einem  stück  niemahls  etwas  erwinden  lassen.  Hahn  3,  vorr.  ; 
sie  glaubten,  sie  müsten  an  sich  nichts  erwinden  lassen, 
sondern  auf  die  ausrüstung  einer  neuen  flotte  bedacht  sein. 
Heilhaxs  Thuc.  1031.  dasz  hin  und  wieder  entwinden  statt 
dieses  erwinden  begegnet,    wurde  sp.  600  angemerkt. 

5)  wie  doch  ein  so  lä)endiges,  eingewohntes  wort  in  allen  von 
1 — 4  entfalteten  Verwendungen  unsrer  hd.  spräche  seil  dem  18  j/i. 
absterben  konnte!  wahrsclieinlich  hat  Luther  dazu  milgewirkl, 
der  CS  nirgends  gebraucht,  denn  in  allen  unter  4,  c.  d.  aus  ihm 
angezognen  stellen  gehört  es  andern,  bei  ihm  eingeschalteten  Ver- 
fassern, irre  ich  nicht,  so  enthalten  sich  des  ausdrucks  auch  schon 
Fleüing,  GOnther,  Gellert.  Rädiein  259",  Steinbach  2, 1040 
gebeti  noch  erwinden  lassen,  Hevnatz  antib.  1,393  als  kanzlei- 
mdtzig,  Stalder  2,  453  aus  dem  Bemcr  oberland  erwinden, 
nichts  ausrichten,  es  lag  mir  an,  bct  einer  für  die  sjirachgc- 
tckichtc  merkwürdigen  erscheinung  die  belege  nicht  zu  sparen. 

6)  wol  aber  zeigt  sich  bei  Luther  und  anderudrts  .farsam 
frwinden  im  sinne  von  übericinden,  erweisen:  mit  gericiite  er- 
klagt, erfolget  oder  mit  urteil  erwunden,  weitth.  3,508  (a.  1410), 
wo  nicht  zu  lesen  'erwonncn',  s.  crwinnen;  die  seelcn  im  feg- 
feuer  sind  nicht  sicher  irer  Seligkeit  von  allen  zureden,  es 
ist  auch  nicht  erwunden  mit  schrift  oder  Vernunft,  das  sie 
nicht  mehr  verdienen,  noch  die  liebe  gottes  mehren.  Luther 
1,431';  über  da»  so  hab  ich  in  sibon  köpfen  den  Luther 
aus  eignen  Worten  überzeugt  und  die  Wandlung  erwunden. 
CociEOS  rofi  der  mess  und  priesterwrihe.    Lp.  1534.  U4; 

hin  wir  den  rauchmen  weg  crwnndcn, 

der  woitett  wird  auch  wo!  gclunden.    Fischart  gl.  seh.  4)t9. 

")  erwinden,  Irochlea  elevare,  aufwinden,  in  die  höhe  winden. 
»)  rrfl.    sich  erwinden,    andere,    sich  unlerwinden:    crwinde 
dich  nicht  kampfi«.    buch  der  Mie  hO,  1 ; 

(ebet,   herr,  die  tcbuld  dem  brauche ,   wenn  wir  dioner  um 

erwinden, 
wir,  dl«  wir  euch  lelbilen  pflichibiir,  «Mich  noch  dennoch  an- 
lubiuden.    Looav  8,  220,  tß; 


durch  was  ihörichtc  gedenken 
War  ich  dümmer  als  ein  rind, 
dasz  ich  was  du  gut  gefunden 
zu  belilügeln  micli  erwunden?    Caniti  33(175). 
ERWINKE.N,  nutu  assequi:  er  stand  schon  ferne,  doch  konnte 
man  ihn  noch  erwinken ;  ich  habe  ihn  nicht  erwinken  können. 
Stieler  2543. 

ERWINNEN,  superare,  laborando  acquirere,  ahd.  arwinnan, 
ags.  ävinnan. 

1)  wer  im  hof  von  Remich  mit  erkunden  erwonnen  {über- 
wunden, überführt)  oder  ervolgt  wird,  weislh.  2,  246;  und  wurde 
einer  also  erfolgt  und  envonnen.    daselbst. 

2)  einer  crwinne  das  gelt  oder  nicht,  weisth.  3,  458 ;  bitten 
das  abe  mit  demut,  das  die  andern  mit  heiligkeil  erwon- 
nen zu  haben  meinen.  Luther  1,33";  ir  erwonnen  getraid  auf 
einen  boden  geschüttet.  Kirchhof  wendunm.  279".  oberd.  er- 
winden, s.  Heynatz  anl.  1,  293. 

Eit WINSELN,  cjulando  obtincre: 
in  martern  sollst  du  als  eine  gäbe 
den  tod  von  mir  erwinseln.    Wiklakd  18,  267. 

ERWIRKEN,  efficerc,  impetrare,  wirken,  auswirken,  bewirken, 
ags.  Avyrcean,  T?i/irf.  crwürken: 

hate  Wunders  vil  erworht.  Ileinr.  und  Kunig.  645; 
der  schwiegenaler  muste  seinen  ganzen  einflusz  anwenden, 
um  ihm  eine  art  von  Statthalterschaft  in  einer  entfernten 
provinz  zu  erwirken.  Göthk  23,139;  wir  fühlen  den  körper- 
lichen achsel  und  fersenkitzel  halbwillkürlich  nur,  wenn  wir 
uns  in  einen  fremden  finger  versetzen,  indes  der  eigne  nichts 
dergleichen  erwirkt.  J.  P.  aeslh.  1, 163. 

ERWIRTSCHAFTEN,  administranda  re  familiari  lucrari :  viel 
oder  wenig  erwirtschaften;  geld  erwirtschaften;  das  erwirt- 
schafte getrcid.  Wallensteins  briefc  s.  H  (a.  1027);  viel  ärmer 
gelebt  und  weniger  erwirtschaftet.    Freytag  bilder  2,  214. 

ERWISCHEN,  arripere,  comprchendere,  erhaschen,  erfassen, 
schnell  und  heimlich  ergreifen,  fehlerhaß  geschrieben  erwiischen, 
mhd.  erwischen,  von  sachen  und  personen,  leiblich  wie  geistig, 
bei,  an,  auf,  in  etwas : 

swenn  ein  giresch  man  nach  öre 

dar  an  gedenket  harte  söre, 

ervindet  er  einen  listegen  rät. 

also  dr  in  erwischet  hat, 

so  ist  er  also  vrö  zehant, 

sam  er  erworven  habe  ein  lant.    w.  gast  3227; 

der  hat  erwischt  cinn  guoten  rät.    3804; 

daj  vihe  hat  eines  mannes  zunge 

erwischet  und  wxnt  sprechen  wol.    6447; 

swcnn  er  den  nit  erwischet  hat.     11953; 

wer  gröz  guot  und  crc  erwischet, 

den  dunkct  er  hab  wol  gevischct.    Renner  7724; 

wan  diu  werlt  hat  den  zoum 

aller  untugende  erwischet,    22426; 

hei  waj  ich  des  erwische, 

daj  da  lieijet  sin.    Uctmbr.  1154; 

denn  ich  hab  eine  (laus)  erwischet 

an  disem  pelt  so  blosz.  lldtzl.  2.V; 
n/i(f.  erwisch  ich  in  bei  dem  bare,  fasln.  452,  26; 
da  erwischt  er  ein  bei  dem  haar  und  rauft  in.  seh.  u.  ernst 
1546,8;  da  kam  ein  adler  oder  habich.  was  es  denn  was, 
der  erwischt  in  (den  halin)  und  fürt  in  hinweg.  Keisersherc 
Mariae  himelf  13';  wan  der  wolf  das  schaf  bei  der  gurgcl 
erwischet,  so  hat  er  gwunnen.  also  der  teufel,  wan  er  uns 
bei  dem  frasz  erwischet,  so  hat  er  genug,  s.  d.  m.  3';  wer  da 
ringt  mit  cim  und  in  erwischt  bei  der  gurgel,  der  hat  die  sach 
wol  halb  gewunnen.  9';  und  sie  erwischt  in  bei  seinem  kleid 
und  sprach,  schlaf  bei  mir.  1  Mos.  39, 12;  und  erwischt  in  und 
küsset  in  unverschainpt.  spr.  Sal.  7,13;  und  wo  er  in  er- 
wischet, so  rciszet  er  in  {goth.  jah  |)ishvariih  |iei  ina  gafabifi, 
gavairpi|»  ina).  Marc.  9, 18 ;  bald  erwischt  er  codicem,  las 
und  sticsz  an,  da  er  aufs  wort  acquisivit  (erworben)  kam. 
Luther  1, 130";  es  hat  mich  der  teufel  etliche  mahl  erwischet, 
da  ich  an  dis  heubtslück  nicht  gedacht.  5,138*; 

das  bAwrIin  sAumpt  sich  auch  nil  lang, 

erwisclit  gar  bald  ein  lange  slang.    ALURt»  47; 

ein  stücke  nei.ich  erwischt  ein  hund 

und  trugs  hinwog  in  Keinem  mnnd.    Waldis  1,4; 

erwisclit  gar  bald  ein  zaiuistcckcn.    1,  7; 

so  bald  sie  einen  band  erwischt, 

so  musz  er  pfeifen  was  sie  wellen.    Wickiam  hilger  bt.  28; 

erwischet  au»  des  reichen  laschen  ein  gtildin  kelllin.  Voll- 
wagen 28';  sobald  die  platten  nufgeselicl,  erwischet  ein  jeder 
einen  krainalsTogcl.  KiRCHuor  H^näunm.  213';  bot  sie  ihr  band 


1069 


ERWISCHEN  —  ER  WITTERN 


ER  WITTERN — ERWORGEN 


1070 


zwischen  dem  gitter  hinaus  und  erwischet  die  seine.  Amadts 
165;  und  hierumb  stieg  er  ab  und  erwischt  in  bei  dem  hals. 
285 ;  bin  damit  aufgestanden,  hab  ein  glas  erwischt  und  erst- 
lich der  mutter,  danach  der  Jungfrauen  eins  zugebracht. 
Thürneisser  ausschr.  3, 12 ;  erwischt  der  kerkermcister  ein 
liecht.  Mathesius  1562,303';  zu  Zeiten  soll  auch  ein  hecht 
einer  magd  den  fusz  erwischt  haben.  Forer  175';  auf  solche 
red  warf  er  seine  weite  kleidung  von  ihm,  erwischt  die  spor- 
bierenstang  am  kreuz.  Garg.  204';  jeder  der  nur  drei  oder 
vier  ausländische  Wörter,  die  er  zum  üftern  nicht  versteht, 
erwischt  hat.    Opitz  poeterei  30; 

es  kränkt  mich,  wann  ein  mensch  sein  übeles  beginnen, 
auf  dem  er  wird  emischt,  noch  hält  für  recht  und  wol. 

1,  ns; 
was  freundschaft,  lange  eunst,  was  statt  sucht  und  versprechen 
dem  Michael  verknüpft,  nat  seine  noth  zu  brechen 
den  bloszen  dolch  erwischt.      Gryphils  1,74; 
der  tod  hat  ihn  (den  ßscher),  wie  er  die  fische, 
nunmehr  in  seinem  gam  erwischt.    Logau  3,  239,  118  ;■" 
einen  trostspruch  aus  der  schrift  hatte  Rasa  ihr  erwischet, 
das2  man  dort  mit  Abraham,  Isaac,  Jacob  ewig  tischet. 

3,245,  149; 
jagten  nach  den  bösen  rotten 

und  erwischten  sie  beim  haar.    Soltaü  521  (a.  1692); 
so  brich  dich  doch  berfür,  die  oberstell  erwisch! 

SCHEBFER  24; 

dasz  ich  diesen  («Tis  wasser  gefallenen)  erwischen  und  heraus- 
ziehen wolte.  pers.  rosenlh.  1,  37 ;  eine  mutter,  wenn  sie  ent- 
weder auf  der  gasse  oder  auch  in  ihrem  hause  streit  und 
wunder  vernimmt,  erwischt  sie  ihre  kinder  bei  der  band, 
bringt  sie  in  die  kammer,  dasz  sie  das  unglück  nicht  be- 
trete.   H.  Müller  erquickst.  436 ; 

dasz  endlich  dich  das  glijck  erwischet  bei  der  band. 

Canitz  56; 
der  ist  nicht  klug,  der  vieles  wagt, 
geringen  vortheifzu  erwischen, 
dies  heiszet,  wie  August  gesagt, 
mit  einem  güldnen  angel  fischen.    Hagedorn  1, 100; 

er  wollte  mich  anführen  und  ich  habe  ihn  erwischt.  Win- 
kelmann 2,  59 ; 

ich  werde  wallenl 

und  lasz  ihn  (den  mantel)  fallen, 

wer  ihn  erwischet, 

der  ist  erfrischet.    Göihe  4,  374; 

wenn  er  sich  zu  weit  verliert,  erwischt  ihr  ihn  vielleicht. 
8,94.42,120;  wendet  fleisz  an,  dasz  ihr  ihn  erwischt.  8,148; 
dieselbe  kunst  die  mich  lehrt  bei  gewissen  gelegenhciten  das 
lächerliche  zu  vermeiden,  lehrt  mich  bei  andern  es  glücklich 
zu  erwischen.  36,  83 ;  ich  habe  euch  schon  genug  schwitzen 
und  keuchen  gemacht,  eh  ihr  mich  erwischtet.  . . . ;  es  war 
eine  zeit  da  ich  Saulus  war,  gottlob,  dasz  ich  Paulus  gewor- 
den bin.  gewis,  ich  war  sehr  erwischt  {betrofj'enj  ergriffen), 
da  ich  nicht  mehr  leugnen  konnte.  56,212; 

im  Böhmerwald  erwischt  ihn  hauptmann  Mohrbrand. 
Schiller  359"; 

wenn  ich  einen  wirklichen,  wahren  freund  erwischen  könnte. 
TiECK  15,  353 ;  hätt  er  nicht  ein  trennmesser  meiner  Philip- 
pine erwischt.  J.  P.  uns.  löge  3,51;  darauf  holte  er  sich  beim 
bücherverleiher  vieles,  was  er  von  guten  werken  erwischen 
konnte,  ßegelj.  4, 103 ;  dasz  mich  darüber  der  satanische  can- 
didat  erwischte.  4, 118 ;  so  viele  personalien  von  beiden,  als 
er  erwischen  kann.    TU.  1,  65. 

Zumal  lebendig  wird  der  ausdruck,  wenn  eine  sacke  subjectist : 
dö  begonde  daj  garn  erwischen 
mit  den  buchen  den  sac.    pass.  K.  363,  76; 

wenn  ein  fewr  auskompt  und  erwischt  die  dornen.  2  Mos. 
22,6  {ausg.  von  1534,  ergreift  1545);  der  wind  das  schif  er- 
wischet, b.  d.  liebe  249,4;  das  kannenlicd  (der  decket)  hat 
mir  schier  die  nas  erwischt.  Garg.  93';  das  fieber  hat  ihn 
erwischt ;  der  regen  emischte  mich  noch  auf  dem  rückwcg ; 
ein  dorn  erwischte  (packle)  meinen  rock.  vgl.  wischen,  ab- 
wischen, aufwischen,  auswischen,  entwischen,  verwischen. 

ER  WITTERN,  odorari,  praesagire,  augurari,  wittern,  erspähen, 
ausspüren : 

die  heid  mit  bliiemlin  was  durchgittert, 

icglich?;  üf  sime  stenglin  zittert, 

des  meigen  wint  sie  schön  erwittcrt  (durchweht).    Haiti.  37'; 

er  hat  seine  gedanken  erwittert,  ad  opinionem  ejus  penetraril. 
Stieler  2492;  wol  her,  du  toller  höllenhund,  enviftere  (/aftc) 
dich  nur  wol  an  meinem  madensack,  zcrstümmle  und  zer- 
stücke,  senge  und  verbrenne  ihn.    Otho  311; 


doch  hin  und  her,  durch  flur  und  wald, 

und  her  und  hin,  durch  wald  und  flur, 

verfolgen  und  erwittern  bald 

die  raschen  hunde  seine  (des  wildes)  spur.    Bürger  70*; 

ich  trachte  mir 
ein  Weibchen  zu  erwittern.    Stolberc  5,  231; 
doch  den  dieb  recht  zu  erwittern 
rief  der  schulz  mit  angst  und  zittern 
den  ergrimmten  Wächter  an.    Joh.  Fr.  Kikds  gedickte; 
wo  sich  ein  erz  erwittern  liesz  in  ädern. 

Rdckert  167  (ges.  ged.  1,  171); 

vgl.  witfenmg. 

2)  die  ältere  spräche  gebraudile  es  abstract  für  ermitleln,  aus- 
machen, finden:  erwittern,  achten,  conjicere.  voc.  1482  h3'; 
im  Köschinger  elüiaftding  von  1527  wiederholt  sich  die  formet: 
erwittert  und  zu  urti  und  recht  erkannt,  erwittert  und  zu 
recht  erkannt,    weisih.  3,  632. 

3)  eigenthümlich  ist  ein  bezug  des  worls  auf  das  äuge: 

mhd.  wer  h.Tte  willeclichen  da 
gestriten  tind  gevohten, 
da  sich  nach  wünsche  mohten 
oug  und  herze  erwittern  (  :  erzittern),    tr.  kr,  34091; 
got  vater  hat  sin  meisterschaft 
an  dir,  Maria,  wol  behaft, 
er  gab  dir  schcrne,  kunst  und  kraft, 
die  streich  er  üz,  sines  herzen  saft 
mit  scharpfen  bensein  ungezittert, 
din  schoen  sin  götlich  oug  erwittert.    MSH.  3,  468z; 
nhd.  ich  alters  allein  müszig  sasz 
in  einem  lustgarten,  und  was 
mein  äugen  in  der  grün  erwittern, 
hört  zu  der  vögel  gsang  und  kittern.    H.  Sachs  I,  419'', 

glächsam  das  äuge  erlaben,   erheitern,  erholen,  ausruhen,     s.  er- 
witterung. 

4)  darmit  nit  der  neid  zwischen  unserm  und  seinem  ge- 
schlccht  Widder  erwitteret  wurde.  Wirsung  Cal.  k4.  ange- 
facht, genährt,  unterhalten?  denn  kaum  ist  erwitert,  erweitert 
gemeint. 

ERWITTERER,  m.  augur,  Homo  sagax.    Stieler  2492. 

ERWITTERIN.  /".  femina  sollers,  divinans.    daselbst. 

ERWITTERICHT,  sollers. 

ER  WITTER  UING,  f.  relaxatio,  requies  animi,  erholung:  ew. 
excellenz  werden  zu  gelegener  zeit,  so  e.  e.  vilfeltige  gescheft 
gebürliche  ruhe  und  erwitterung  erfordert,  . . .  freuntlich  ge- 
brauchen u.  s.  w.     aus  einer  dedication  des  11  jh.     s.  erwittern  3. 

ERWITZELN,  argutiis  obtinere:  sie  wollen  es  erkünsteln 
und  erwitzeln.    Hippel  5,184. 

ERWITZEN,  dasselbe,  erkünsteln,  affeclare:  was  lohnt  denn 
so  viel  erwitztes  im  anzuge  ?    Hippel  14,  284. 

ERWOGEN,  elatus,  erhaben,  von  erwigen  oder  von  erwegen? 
Christus,  hoch  erwogn 

auf  einem  güldnen  rcgensbogn.    Ringwald  Ir.  Eckli.  M4'; 
ein  feder  hoch  erwogn.    laut.  warh.  182. 

ERWORRENLICH,  begriffenlich,  adcpte,  acquiäte.  voc.  1482  Ii  :i'. 

ERWORGEN,  suffocari,  ersticken,  wie  beim  einfachen  worgen 
hat  äch  für  die  intransitivbedeutung  das  o  erhallen  (vgl.  mord, 
morgen,  sorge  =  gotli.  maur})r,  maurgins,  saurga). 

mhd.  wan  er  nam  hoch  und  vaijtej  vlaisch  und  här  und 
süt  daj  under  ainander  und  machot  daj  ze  knollon  und  warf 
da/,  dem  dracken  in  den  hals  und  dar  an  erworgot  er  und 
erstickti.    Grieshaber  2, 109  ; 

erhangen  werde  üf  ein  ris, 
an  einer  wit  erworge.    Herbort  2829; 
an  der  spise  wil  ich  erworgen, 
die  ich  ejjen  sol  mit  sorgen.    Renner  5559; 
ersticken  unde  erworgen 
begunde  6t  an  dem  beine.    Silv.  408; 
möhte  an  mir  min  kel  sin  erworget.    MSH.  2,  262'; 
min  lieber  vriunt  habe  im  sin  hunic,  sol  ich  daran  erworgen. 

3,  4bSr; 

ob  fir  an  ir  graste 

ersticket  und  erworget.    Ls.  2,  433; 

die  kele  solde  erworgen, 

dar  ü;  die  stimme  sich  erbot,    pass,  H.  318,  39; 

wand  min  licbe^  kint  nu  hat 
in  sinem  halse  einen  grät, 
davon  ej  wil  erworgen.    pass.  K.  170,  73; 
dA  wolder  län  erworgen 
Mardocheum  den  olden.    244,  74;  15,  92. 
nlui,  ein  zagel  stet  und  bat  kein  pein, 

das  nit  erworgen  an  im  die  hoden.    fastn.  557,  10; 

venite,  lieben  gesellen  mit  sorgen, 

der  kerl  wil  uns  erworgen, 

und  lebt  noch  heute  morgen 

in  convivio  nostro.    de  gen.  ebriosor.l9  (ed.  Zarske  125, 28) ; 


1071        ERWORGICIIT  — ERWÜNSCHEN 

mir  grusei  fibel,  dann  ich  bsorgen, 

Joannes  miiesze  dran  erworgen.    trag.  Joh.  N8; 

das  der  gwandschneider  muesz  erworgen  I 

H.  Sachs  III.  3,70«; 

du  inust  diesen  apfel,  so  du  mir  bereitet  hast,  selbs  in  deinen 
verräterischen  schlauch  fressen,  und  sollest  du  daran  er- 
worgen. b.  d.  liebe  257,1;  an  einem  bissen  brots  erworgen; 
an  gifl  erAvorgen.    M.^aleb  12o'; 

ach  wein,  du  bist  mir  viel  zu  lieb, 
du  schleichst  mir  ein  gleich  wie  ein  dieb, 
drum  lasz  ich  vöglein  sorgen, 
kein  wolf  Trisit  mir  kein  ku  noch  kalb, 
und  solt  er  daran  erworgen,  ja  worgen.    Carg.  98'; 
damit  sie  dran  erworgen  und  ersticken.    Lobwasser  ps.  G<); 
und  solt  er  darob  erworgen.    Soloth.  wbl.  184f>,  143  (a.  1637); 
am  galgen  und  am  sträng  erworgen  ist  nicht  ehrlich. 
0  ehrlich  oder  nicht,  wanns  nur  nicht  war  gelahrlicb. 
LoGAU  2,  104,  2«; 

Demosthenis  und  Ciceronis  reden,  starren  die  nicht  von 
derben  brocken,  daran  unsre  Weichlinge  erworgen  würden, 
wenn  sie  dieselben  verschlingen  sollten?  Reiske  Tliueydides 
roTTcde.     s.  erwürgen. 

ERWORGICHT,  aegrc  gluUendus,  fauces  adslringens:  erwor- 
gicht  obst,  woran  man  worgt.    Stieler  2515. 

ERWORGUiNG,  f.  strangutalio,  faucium  addridio. 

ERWUCHERN,  inüjuo  fenore  acquirere,  dann  übcrhaupl  lucrari : 

daj  du  alle^werelt  erwuchert  hetst, 

dannoch  mustu  von  hinnen.    Muscatöl.  .'s.  244,G3; 

denn  er  {der  Jude),  furcht  seiner  kunst  halben  wiird  er  allda 
nicht  viel  erwuchern.  Kirchhof  wendunm.  119';  und  was  ists 
wunder,  dasz  die  weiber  so  fein  wissen  mit  ihren  ehege- 
trauten umbzugehn,  demnach  sie  es  doch  von  Jugend  auf  mit 
docken  und  puppen  spiehveis  also  gewohnen,  dasz  sie  nach- 
gehends  in  der  ehe  auch  solche  Puppenspiel  mit  ihren  ehe- 
gepareten  üben,  dardurch  sie  dann  ihr  gcgenlieb  erwuchern. 
Garg.  74';  was  hilfls,  das  den  armen  nach  deim  tod  etwas 
vermachst,  an  welchen  bei  leben  das  unvergänglich  gut  helst 
können  erwuchern?  bienenk.  38';  von  denen  hab  ich  den 
judenspiesz  ererbt,  kans  numehro  nicht  änderen,  was  ich  nur 
erwuchern  kan,  das  unterlasse  ich  nicht,  der  schlaf  ist  mir 
nicht  so  lieb.    Callenbach  quasi  vero  59 ; 

gewinnt,  erwucherl  euch  der  Sarder  ihr  metall.    Opitz; 
nichts  rührt  sein  schlaffes  herz,  als  kluge  münzgesetze, 
des  reichihums  majcstät,  die  heiligkeit  der  schätze, 
die  er  mit  list,  mit  Turcht,  die  ihn  zum  sclaven  macht, 
erwuchert,  sammlet,  zahlt,  umarmt,  versteckt,  bewacht, 
■verehrt,  verschont,  beseufzl.         Hagedorn  1,  121 ; 
der  geiz  mag  sein  erwuchert  put 
nur  hüten,  nicht  genieszen.    Uz  1765,  85; 

erwucherter  reichthum.  Rabener  4,  9 ;  erwuchertes  vennögeu. 
4,259;  eine  Schönheit  erwuchern.    J.  V.  holzschn.  \10. 

ERWL'CHS,  m.  proventus :  einen  stattlichen  erwuchs  be- 
kommen, messcm  meiere  maximam.  Stieler  2401;  das  verbäll- 
nis  der  aussaat  und  des  erwuchses  der  verschiedenen  korn- 
arten. .NiEBUHR  kl.  sehr.  1,  65.  s.  anwuchs,  aufwuchs,  nach- 
wuchs, zuwuchs. 

ERWÜHLE.N,  1)  effodere,  eruere,  aufwühlen: 

drum  nur  muthvoll  vorwärU),  auszubeuten 

den  spröden  scbacbt,  den  nicht  crwühlt  ein  scherz. 

RücKERT  s.  48; 
allein  die  fluth,  den  festen  grund  envühlend, 
verrann  und  liesz  zurück  die  odeu  räume.    ge$.  ged,  1, 178. 

i)  refl.  effodere,  scindere  sese,  sich  aufrciszen  : 
und  wie  er  tappt  und  wie  er  ruhlt, 
sich  unter  ihm  die  erd  erwühlt, 
er  stürzt  wol  hundert  klafter.    Götue  10,  250; 
ha!  wies  in  meinem  herzen  reisztl 
zu  neuen  geluhlen 
all  meine  sinnen  sich  erwüblen.    12,  33. 

«ich  ERWUNDERN,  mirari,  verwundern.  Speb  g.  lugendb.  117. 
ERWÜNSCHEN,  exoptare,  mhd.  erwünschen. 
1)  mhd.  mit  dat.  der  person,  meisl  mit  gen.,  zuweilen  acc.  der 
tache: 

mfihte  iu  (vodk)  erwünschen  Mt  min  Up.    Licutinst.  591,4; 

das  in  (eü)  elHu  «nlekeit 

von  rCbie  wicre  bereit, 

der  ein  man  erwünschen  roac.    Flore  7855; 

erwünschen  noch  erbitten 

mobl  t%  oieman  aller  richelt  Abene.    Albr.  TU.  6120,2; 

als  disen  palas  rlchm 

ein  künic  erwünschen  solde.    6138,  1. 
Rfcd.  ach  Hau  ich  es  erwünschen  raöcht, 

daa  er  o»ch  lenger  hie  aolt  leben  1    Aiui  351'; 


ERWÜNSCHEN  — ERWt'RGEN  1072 

mein  andrer  ich  ist  tod!  o  ich  sein  andrer  er 
erwünschte  das  ich  er,  er  aber  ich  noch  war. 
LoGAU  1,  84,  40; 

das  ich  mehr  nicht,  als  meines  zustande»  beharlichkeit  er- 
wündschen  kan.  Bltschky  kanzl.  432;  legte  hernach  meine 
aufrichtige  condolenz  bei  ihr  ab,  welche  sie  mit  weinenden 
äugen  annahm  und  mir  dagegen  alles  erwünschte  vergnügen 
erwünschte.  Felsenb.  3,399;  was  du  in  einsamen  abenden 
mit  aller  Sehnsucht  des  herzens  erwünschtest.  Tieck  Sternb. 
2,  210. 

2)  das  pari,  prael.  halte  mhd.  eine  lebhafte,  günstige  bedeulung, 
worin  noch  der  myUdsclie  schöpferische  Wunsch  nachzuwirken 
scheint  : 

0  hörre  din  erwünschten  lip 
von  schulden  klagen  mac  ain  wip.    Ernst  1243; 
siu  hiej  diu  schcnne  Iblis, 
der  erwünschte  lip  von  saslikcit.    Lani.  4061 ; 
erwünschet  zailen  enden.     Trist.  168,  32; 
ir  ören,  wij,  sinwel  und  klein, 
alse  si  von  häli'etibein 
woeren  erwünschet  dar.     Wigal.  27,  23-, 
si  wären  n&ch  des  herzen  kür 
üj  tiefer  sinne  gründe 
erwünschet  mit  dem  munde 
und  also  rehte  fiu  erdäht.    tr.  kr.  2960; 
reht  als  ein  irdisch  paradis 
diu  stat  erwünschet  dühte.    17445; 
si  was  erwünschet  über  al 
an  libe  und  an  geläje.    20010; 
wart  ie  erwünschter  lip  gesehen.    Engelh.  8G5; 
ditz  ist  ein  erwünschtej  burcstal.    Hacpt  7,  339; 
ob  in  fünf  landen  üj  erwünschet  wncre  ein  holt. 
ilSlI.  2,  382". 

nhd.  blosz  angenehm,  willkommen:  mir  wurde  von  den  herren 
Schweden  alle  erwünschte  gute  und  freundschafl  erzeiget. 
Felsenb.  2,82; 

erwünschte  nachricht  sultan!  freude,  sultan! 

Lessinc  2,  329; 
und  niemand  hat  erwünschtes  fest  im  arme, 
der  sich  eicht  nach  erwünschierm  ihnrichi  sehnte. 

GoTiiE  41,  37; 
und  das  mädchen  gesteht,  dasz  auch  ihr  der  Jüngling  er- 
wünscht ist.    40,  334; 

wäre  es  doch  einmal  noch  möglieb,  den  sehnlich  envünschten 
vater  Gleim  unter  unserm  daCh  zu  bewirten!  Voss  tr.  2,  285; 
erwünschte  gelegenheit,  ei-wünschter  anlasz.  s.  anerwünschen, 
an  wünschen,  venvünschen. 

ERWÜNSCHBRIEFLEIN,  n.  epistola  gralulatoria :  meines 
herren  erwündschbrieflein  ist  mir  wol  eingehändiget.  BuTsciikv 
kanzl.  84. 

ERWCNSCHLICH,  exoplabilis:  es  ist  wol  wahr,  das  es  sehr 
erwünschlich  werc,  wann  ein  meieigut  nicht  weit  von  eiin 
flusz  läge.    Sebiz  10. 

ERWÜNSCHT,  optato:  es  traf  sich  erwünscht;  du  kommst 
mir  erwünscht,  exuptato  adi'enis. 

ERWÜNSCHUNG,  /".  oplatio,  votum:  nebenst  herzlicher  er- 
wüiidschung  eines  frid,  freuden  und  segenreichen  gesunden 
neuen  Jahres.    Butschky  kanzl.  309. 

ERWÜRFELN,  taloi-um  jaclu  acquirere:  wer  sie  erwürfelt, 
braucht  weiter  keinen  Unglücksfall  als  diesen,  dasz  er  die 
ehre  hat  ihr  mann  zu  sein.    Rabexer  3,  232. 

ERWÜRGEN,  strangulare,  suffocare,  ersticken,  den  hals  um- 
drehen, verhält  sidi  zu  erworgen  trie  das  einfache  würgen  zu 
worgen.  indessen  mengen  sich  transilive  und  intransilive  bedeu- 
lung und  dem  würgen,  erwürgen  «rird  späterhin  auch  letztere 
crtheilt,  worüber  die  form  worgen  und  erworgen  ausstirbt. 

1)  transitives  erwürgen,  altd.  arwnrgan,  irwurgan,  mhd.  er- 
würgen : 

unza  si  inein  wurton, 

weder  si  in  crsluogeu  oder  si  in  erwürgten.    fUndgr.  3,54; 

tr  erwürgt  in  als  ein  huon.    Ls.  2,515; 

mit  grdjer  unwfirdn 

ruciu  er  in  an  die  erdo 

unde  wolde  in  orwurgct  haben,    pnss.  II.  175,  73; 

sA  sohle  Ich  Im  verhouwon 

sin  Itibon  undc  erwürgen  in.    Mar.  leg,  101,  177. 

nhd.  dauert   zwar  noch  die  cigentlidte  bedeulung  des  erdross(ins: 

den  Tcint  erwürgen  snm  die  hund.    Hing  4h<,  44; 
so  müssen  ir  iclzund  an  diesen  galgen  gehangen  und  onvür- 
gct  werden.  Aimon  n4';  was  unterschied  ist  es,  da  eines  an 
einem   groszcn   strick    oder  an    rim   kleinen   seilin   orwvlrgl 
wirl?  Keisehsb.  prcd.  64*;  disc  bialler  clwan  erwürgt  sie  ctoea 


1073 


ERWÜRGEN 


ERWÜRGER— ERZ 


1074 


zu  tod.  s.d.m.ii'';  nun  fragst  du.  ist  kutzensireichen  allwe- 
geü  ein  Llatter,  das  sie  den  menschen  alhvegen  erwürgt  und 
erstecht.  31';  denn  sie  wissen,  was  hievor  die  irn  gehandelt 
haben  an  einem  edeJman  von  Eglofstein,  den  sie  wie  ein 
kalb  erwürgt,  urk.  des  Götz  yo.n  Berlicu.  s.  13  {a.  1512).  in 
der  Weidmannssprache  heiszt  es:  der  hase  wird  envürget  (nicht 
geschlachtet,  getödtel).  Döbel  1,  31",  und  überhaupt  das  wild  er- 
würgen: erwürgen  und  erbeiszeu  heiszt,  wann  man  die  hunde 
auf  ein  thier  hetzet,  dasz  dieselben  solches  umbringen  sollen. 
Flemming  deutscher  jdyer  106.  Allein  die  Vorstellung  erweiterte 
sich  allmälich  in  die  allgemeine  des  schlachlens,  lödtens,  umbrin- 
gens,  schon  ein  1513  gedrucktes  ejngramm  Seb.  Bhants  sagt: 

thü  gemach,  die  platren,  feber  und  bil  (?) 
werden  erwürgen  uwer  vil. 

namentlich  gilt  dieser  sp'achgebrauch  bei  Luther,  der  auf  solche 
weise  des  ausdrticks  allein  in  der  bibel  sich  über  ISO  mal  bedient  : 
gott  hat  mir  einen  andern  samen  gesetzt  für  Habel,  den  Kain 
erwürget  hat  (vulg.  quem  occidit  Cayn).  1  Mos.  4,  25 ;  erwür- 
geten  alles  was  menlich  war  (vulg.  interfectis  omnibus  masculis). 
34,25;  bringet  her  und  erwürget  sie  für  mir  (i'u/(/.  interficite 
ante  me,  goth.  usqimi{)  faura  mis).  Luc.  19,  27.  so  wird  auch 
mit  dem  schwert  oder  spiesz  erwürgt:  und  vielmehr  storben 
ir  von  dem  hagel,  denn  die  kinder  Israel  mit  dem  schwert 
erwürgetcn  (vulg.  quam  quos  gladiis  percusserant).  Jos.  10, 11; 
in  aber  hastu  erwürget  mit  dem  schwert  der  kinder  Ammon 
{vulg.  interfecisti  eum  gladio).  2  Sam.  12,9;  und  hat  sie  er- 
würget mit  dem  schwert  (vulg.  occidit  eos  gladio).  l  kön. 
2,32;  das  ire  junge  manschafl  im  streit  durchs  schwert  er- 
würget werden  (vulg.  confodiantur  gladio).  Jer.  18, 21.  nicfit 
anders  heiszt  es:  einen  mit  pfeilen  erwürgen.  Luther  5,199"; 
dieweil  ich  getödtet  und  gemetzget  werden  musz,  so  sol  mich 
die  band  deiner  tochter  umbbringen  und  todten.  Hydaspes 
gedacht,  dasz  Chariclia  auch  gebeten  in  zu  erwürgen,  b.  d. 
liebe  227,4;  diese  aber  gelangen  durch  eine  sondere  list  in 
die  bürg  und  erwürgen  den  kaiser  jämmerlich  vor  dem  altar. 
Gryphiüs  1,5;  wenn  sie  die  nicht  erwürgen  wollen,  die  sie 
lieben.  Schiller  208";  eine  Unschuld  erwürgen  (einen  unschul- 
digen tvdten).  130";  der  schmerz  würde  deinen  vater  nicht  so 
früh  erwürgt  haben.  Klixger  7,  230.  gleichwol  beschränkt  die 
neuere  und  heutige  spräche  erwürgen  mit  recht  wieder  auf  den 
begrif  des  erdrosselns  und  erslickens:  wollen  sie  mich  denn  er- 
würgen? Lessing  1,295;  wenn  ich  nach  meines  weibes  tod 
von  ferne  einen  hochzeitzug  erblicke,  so  ists  als  ob  die 
thränen  mich  erwürgen  wollten.    Arnim  Schaubühne  1, 156. 

2)  erwürgen,  abstracl,  bildlich  genommen:  sihestu,  wenn  du 
also  diu  lidcn  einmol  oder  zwei  in  dir  erwürgst  {unterdrückst), 
so  wird  es  dir  darnoch  licht  zu  envürgen  (überwinden).  Kei- 
SERSBERG  bUgcr  88';  die  da  in  dir  musz  erloschen  und  er- 
würgen alle  weltliche  lieb.  prcd.Z';  sobald  das  kind  erwach- 
sen ist,  habt  irs  flugs  erwürget  durch  euwer  leidige  busze 
und  werklehre.    Luther  5,84'; 

ein  schmerz  verstummeud  uus,  erwürgend  unsre  klage, 
Weckherun  öo3 ; 
der  eigennutz  hat  alle  guten  freunde  erwürget.  Bütschky 
I'atm.  62-  als  wenn  unsre  auf  der  kanzel  herumtrommeln 
und  die  leute  mit  lateinischen  brocken  erwürgen.  Göthe 
^,  176;  er  hörte  die  stummen  erwürgten  klagen  unsrer  herzen. 
J.  P.  Tit.  2,Hi;  nichts  gelang,  lauter  erwürgender  Wirrwarr. 
4,149;  die  durch  Üppigkeit,  selbstigkeit  erwürgte  moralische 
kraft.  Klinger  8, 98 ;  wenn  ihr  hoher  sinn  nicht  von  der 
rnisbrauchlen  kantischen  phiiosophie  erwürgt  wird.  12,150; 
der  belrogne  fürst  weisz  nicht,  dasz  man  ihn  dazu  braucht 
den  wirklichen  dienstcifer  seiner  noch  getreuen  zu  erwürgen. 
11,  76.     vgl.  ersticken. 

3)  refl.  sie  eileten  dem  schif  zu,  jetzund  wolt  ein  jeder  mit 
gcwalt  hinein,  Pelorus  liesz  nicht  zu,  schlug  viel  zu  boden, 
sie  erwürgetcn  einander  wie  die  hund.  buch  d.i.  203,3;  sich 
mit  dem  strick  erwürgen.    Maaler  120*; 

sie  mögen  sich  erwürgen 

am  fusz  um  gut  und  geld, 

er  bleibt  auf  den  gebiirgen 

der  liube  berr  der  we>..    Novalis  Ofierd.  1,  153. 

4)  nachlheilig  ist  das  intransUiv  gebrauchte  erwürgen  anüali 
crvvorgen:  dasz  ihr  alle  hierein  erwürgen  werden,  wie  ein 
vogel  am  strick.  Paracelsus  1,242";  auf  dasz  die  leut  an 
der  Schrift  nicht  erwürgen,  wie  dem  bauren  schier  geschehen 
war,  der  ein  calender  für  coriauder  frasz.  biencnk.  3<j';  ich 
wollte  dasz  ihr  erwürgt  wäret,  unw.  doct.  340;  sie  bauen 
ihnen  ihren  eignen  galgcn  und  erhenkcn  sich  daran  vil  hun- 

IH. 


dert  mal,  bis  sie  endlich  mit  Achitophel  gar  erwüi^en. 
Bütschky  Palm.  625; 

das  sind  mir  allzu  böse  bissen, 

an  denen  die  gaste  erwürgen  müssen.    Göihk  2,  241; 

starke  bissen  gibt  es  zu  kauen, 

wir  müs>en  erwürgen  oder  sie  verdauen.    2,  266; 

du  solltest  mir  den  räuber  fressen  oder  dran  erwürgen! 
8,121.  42,168.396;  dasz  man  Shakspeare  auf  der  deutschen 
bühne  wort  für  wort  aufführen  müsse  und  wenn  Schauspieler 
und  Zuschauer  daran  erwürgen  sollten.  45,56;  leider  weisz 
ich  es,  dasz  du  und  deines  gleichen  am  nachbeten  dessen, 
was  andere  gethan,  erwürgen.  Schiller  206";  bleiben  sie 
donna,  donna!  ich  erwürge  wo  sie  von  der  stelle  gehen. 
Klingers  th.  2,  242. 

ERWÜRGEli,  m.  eigentlicli  carnifex,  dann  aber  occisor: 
ach  wie,  im  stürm  gebrochen,  die  purpurblume  dahin  sinkt, 
also  werden  von  euch  die  geliebteren  vor  der  erwürger 
Schwerte  sinken.  Messias  .  .  . 

ERWÜRGÜNG,  f  strangnlalio.    Maaler  120". 
ERVVÜSCHEN,  s.  erwischen,  erwütschenr  das  volk  wendet 
sich  zur  flucht,  doch  erwüschet  einer  das  fenlin  wider,  reckts 
auf,  da  kert  sich  das  volk  widerum  und  wereten  sich  ritter- 
lich.   Henneberger  preusz.  landlafel  403. 

ERWÜTEN,   1)  furere,  insanire,  toll  werden,  mhd.  erwüeten . 
ich  wünsch  da?  im  erwüeten 
sin  wint  und  ouch  siu  vogelhunt.    Ls.  2,  427. 

nhd.  so  es  (das  thier)  blut  sieht,  so  erwütet  es  und  ergrimpt. 
Keisersberg  schif  der  penit.  13"; 

ei  das  dir  der  wunnen  den  bals  abbrach! 
wirst  du  nicht  gehn  und  luieh  bewegn, 
so  lasz  ich  dich  auf  den  tluirn  legn 
und  lasz  dich  drauf  der  pfeben  iprpnnnm)  bütn. 
'ich  lasz  euch  mit  eurm  thurn  erwüln'.    Ayrer  fastn.  25'; 
es  liilft  in  nicht,  solt  er  erwütn.    63*. 
2)  reß.  mhd. 

nu  scbouwet  an  den  wunderlichen  koppen, 

wie  er  sich  wil  erivüetÄn 

alsam  ein  frecher  fül  an  einem  zoume.    Ncidh.  ixni,  22j 

der  raOe^e  sich  erwüeten 

und  iemer  ewecliche  ertoben!    tr.  kr.  3090. 

ERWÜTSCHEN,  schweizerisch  für  erwüschen,  erwischen  bei 
Fbisiüs,  Maaler  und  andern,  vgl.  Stalder  unter  witschen, 
wütschen:  bei  der  band  erwütschen,  arripcre  manu ;  behalten 
das  einer  erwütscht  oder  ergrilTen;  die  zang  erwütschet,  faszt 
den  zan,  comprehendil  forfex  denlem;  ein  weib  in  der  mitte 
erwütschen,  medium  muliei-em  complecti;  ich  wird  dich  bei 
dem  hart  erwütschen,  te  barba  arripiam;  im  lauf  erwütschen, 
cursu  deprehendere ;  beim  hals  erwütscht  sein,  premi  faucibus ; 
bei  einem  weib  erwütscht  werden,  dcprehcjidi  cum  aliqua  muliere. 

ERZ,  n.  metallum,  aes,  cuprum. 

1)  dem  lat.  aes,  aeris  (für  aesis)  enlspricht  goth.  ais,  aizis, 
ags.  är,  äres,  engl,  ore,  ores,  ahd.  mhd.  er,  eres,  wofür  noch 
nhd.  im  15  jh.  er,  eres  begegnet  (oben  sp.  857).  im  altn.  e\r 
weicht  der  diphlhong  ab,  wenn  man  es  mit  aur  arena,  lutu'm 
und  mit  aurar  numi,  opes  zu  verbinden  hat,  doch  schreibt  Gislason 
eir,  obschon  zu  eyr  auch  das  schwcd.  ör  stimmt,  Übergänge  der 
reihe  ai  in  au  erfolgen  ößer.  in  die  verwandtschaß  gezogen  wurden 
era  (sp.  54),  eis  (sp.  359),  eisen  (sp.  364),  wozu  sich  genug  ana- 
logien  darbieten,  man  sagte  lat.  alicujus  aeris  esse  wie  aesti- 
mationis  esse.  _  skr.  berühreti  sich  hema  aurum  und  heman 
glacies  (=  x'^uimv),  weil  eisberge  am  gipfvl  von  der  sonne  leuclUen. 
das  gemutmaszle  eisan,  ais,  leuchten,  glühen,  brennen  Idszt  sich 
an  skr.  vas  leuchten  oder  an  us,  leuchten,  brennen,  lat.  urere, 
ussi  hallen,  den  glänzenden  metallen  sind  gleiche  namen  zuge- 
legt, dem  erz  und  eisen,  wie  rudus  =  aes,  slav.  ruda,  aes, 
finn.  rauta,  läpp,  route  ferrtim  bestätigen;  sollte  sich  nicht  auch 
aurum  ==  ausum,  lit.  auksas,  fügen  zu  altn.  eyr  und  aur,  wel- 
ches letztere  glarca,  glas,  glänzenden  kies  oder  sand  bedeutet? 

2)  woher  nun  die  weitere,  einen  linguallaut  anhängende,  der 
hochdeutschen  mundarl  eigenlhümliche  wort  form?  ahd.  aruz,  aruzi 
erezi,  aerezi,  metallum,  ferrum,  rudus,  aes;  die  trad.  juvavicnses 
132  haben:  ad  flatum  ferri,  quod  aruzi  dicitur,  und  Aruzapah, 
Arizperc,  Arizgrefti,  Arizgruoba  (Förstemann  2,104.105)  sind 
lauter  Ortsnamen  metallischen  belriebs.  mhd.  gilt  erze  ( :  herze, 
kßrze,  smerze,  geherze  s.  l.  Georg  3900),  nhd.  erz,  zuweilen 
Srz,  im  16.  17  jh.  häufig  auch  erzt,  ertzt  (belege  folgen  nachher 
besonders)  mit  geschärßer  linyualis.  der  tentonista  schreibt  ertze 
minera,  ein  nnl.  erts  wurde  vielleicht  aus  dem  hd.  entlehnt,  aruz, 
aruzi  Idszl  sidi  nicht  geradezu  aus  goth.  ais,  ahd.  ßr  ableiten, 
selbst   wenn  man  äruz,   Aruzi  =  aeruzi,   frezi  und  mhd.  erze 

68 


1ü7J 


ERZ 


ERZ  — ERZÄHLEN 


1076 


gekürst  aus  me  {elua  wie  liörre  aus  h^rre)  annähme,  Übergang 
der  bedeulungen  rudus,  ylarca  in  die  von  aes  begriffe  sieh,  nie 
hätte  erezi  auf  gothisch  zu  lauten,  aizati,  aizuti?  kaum,  anklang 
des  hehr,  arez,  eroz  terra,  des  send,  crezatam  silbcr  =  skr.  ragala, 
tat.  argentum  liefe  u-ol,  da  trir  altd.  z  hier  in  golh.  t  auflösen 
müssen,  auf  letischung  hinaus,  kühn  sehicne  es,  mit  abwurf  des 
a,  aruzi  —  rudus  zu  setzen,  golh.  aruti?,  wodurch  ihm  ti  = 
ais  fremd  würde,  vgl.  4  am  scJdusz. 

3)  gehen  wir  statt  dieser  elymologien,  die  noch  vielfacher  läu- 
terung  bedürfen,  auf  die  bedculung  des  heutigen  erz  ein.  es 
drückt  das  in  borg  und  schachl  ruhende,  daraus  gewinnbare  mctall 
insgemein  aus,  daher  die  zu.^ammenselzungen  LIeierz,  eisenerz, 
glasen,  goldene,  kupfererz,  zinnerz,  was  jenen  Übertritten  des 
vorls  in  die  begriß'e  ehcn,  gold,  kupfcr,  zina  zu  statten  kommt ; 

würze  des  waldes 

und  ^rie  dfs  goldes 

und  elliu  abgrüiule 

diu  sint  dir,  hörre,  künde.    MSF.  30,  28. 

mhd.  pflegte  man  die  Unbestimmtheit  des  ausdrticks  durch  adjcctive 
aufzuheben:  blnn  erz,  guidin  Crz.  zuweilen  liciszt  es  cisen- 
stein,  glasstein,  kupferstein,  rotlislein  für  eisenerz,  giaserz, 
kupfererz,  rolherz.  in  seinem  natürlichen  zustande  erscheint  das 
erz  gediegen,  of«  solidum,  wie  es  dicht  und  massiv  aus  dem  crdbodcn 
kommt,  ohne  vorgSngiges  schmelzen  verarbeitet  und  verprägt  werden 
kann  {vgl.  bauererz);  auch  derbes  erz,  in  nieren,  ne.<dern  ein- 
gesprengt; das  erz  bricht  derb,  bricht  lief  strenges,  sprödes, 
unreines  erz  steht  entgegen  dem  flüssigen,  starkes,  ergibiges, 
reiches  erz,  die  lagerslältcn  sind  rcicli,  reiclihallig: 

da  ist  guidin  frze  eise  gras,    feldbauer  42; 

wir  vinden  starke  frze.     l(jl; 

vindc  wir  da  erze  ganchafl.    389; 

das  lasz  uns  so  gesegnet  sein, 

dasz  (dasz  das)  erz  au  schuhen  klebe,    wundertwrn  1,  ISC; 

eisen  und  erz  sei  an  seinen  schuhen.  5  Afos.  33,  25 ;  das  erz 
blutet  {bluterz),  ist  braunroth.  HEmwic  119";  das  erz  wäciist 
alle  tage ;  das  erz  verzehrt  sich ;  eVz  weist  auf  erz.  Mathesius 
1562,53*;  Mildes  erz:  wenn  die  erz  wilde  sein,  so  henget 
sich  wildigkeit  und  unreinigkeit  unten  an  das  silber.  213'. 
in  diesem  allgemeinen  sinn  des  melalls  heiszt  es  auch  bei  LuinEn 
5  Mos.  8,  9 :  ein  land,  des  steine  eisen  sind,  da  du  erz  aus 
den  bergen  hawest  (vulg.  cujus  lapidcs  fcrrum  sunt,  et  de 
montibus  ejus  aeris  metalla  fodiuntur)  und  wir  verstehen  ein- 
zelne Zusammensetzungen  wie  erzgcbirge,  erzgrubc,  erzgang, 
crzhütte,  erzschicht  u.  a.  m.  von  den  erzen  überhaupt,  gerade 
vie  lat.  aes  omne  melallum,  quod  rüde  effodilur  meint,  hin  und 
wieder  setzen  auch  die  dichter  erz  für  metall  {s.  dieses)  insgemein  : 
in  rauhes  erz  sollst  du  die  glieder  schnüren, 
mit  stahl  bedecken  deine  zane  brüst.    Schiller  452'. 

4)  gleich  all  und  verbreitet  ist  aber,  wie  von  aes  und  er,  die 
einschränkung  des  Wortes  erz  auf  das  kupfcr  odei-  vielmehr  die 
mischung  des  kupfers  mit  messing,  welche  wir  auch  bronze,  in 
noch  engerem  sinne  glockcnspeise  nennen,  und  die  edleren  melalle, 
gold  wie  silber,  selbst  das  eisen  bleiben  dann  davon  au-^gescldossen. 
auf  älinliche  weLv  verhält  es  sich  mit  dem  gr.  ;f«Axog.  so  also 
steht  erz  specifisch  andern  metallen  gegenüber  und  zur  seile :  Zilla 
gebar  den  Thubalkain  den  meisler  in  allerlei  erz  und  eiscn- 
werk  (vulg.  qui  fuit  inallealor  in  cuncta  opera  aeris  et  ferri). 
I  Afo.«.  4,  22;  künstlich  zu  erbeilcn  am  gold,  silber.  erz.  2  Mos. 
31,4;  eisen  und  crz  sei  an  seinen  schuhen.  5  Mos.  33,20; 
hundert  tausent  centner  golds  und  tausent  mal  tauscnt  centner 
Silbers,  dazu  erz  und  eisen  on  zai.  1  chron.  23, 14 ;  so  sende 
mir  nu  einen  weisen  man  zu  erbeiten  mit  gold,  silber,  erz, 
ci.scn.  2  chron.  2,7;  den  meistern  an  eisen  und  erz.  24,12; 
ich  wil  gold  an  stat  des  erzes  und  silber  an  slat  des  cisens 
bringen.  Ea.  60,19;  alle  ir  erz,  zin,  eisen  und  blei  ist  im 
ofen  zu  silbcrschaum  worden.  Ez.  22, 18 ;  wie  man  silber, 
erz,  blei  und  zin  zusamcn  thut  im  ofen.  22,20;  da  wurden 
sie  mit  einander  zermalmet,  das  eisen,  crz,  thon,  silber  und 
gold.  Dan.  2,35;  gefesz  Ton  erz  und  Ton  eisen,  offenb.  IS,  »2. 
in  diesem  sinn  sagen  wir  ein  erzbild,  eine  bildseule  von  erz, 
in  erz  gegossen ;  ein  denkmal  setzen,  das  mehr  ist  als  erz 
und  marmor;  crz  gieszen  orfer  schmelzen,  aes  conflare; 
doch  »ehe,  wenn  in  flammenbAchen 
dM  gifihode  erz  «leb  lelbst  befreit.    Scriilh  79^. 

man  merke,  dasz  die  adjectirbildungen  mhd.  frln,  nhd.  rliern, 
gleirh  dem  lat.  acneus,  aereu»,  ahencus,  nie  von  metall  fiber- 
hauji,  immer  nur  von  bronze  aussagen,  wol  aber  bedeutet  f-rzln, 
•W.  erzen  allgtmfin  mrlallieut,  wonach  ursprünglich  <t  aes,  J'rze 
nutailum,  rudut  wäre. 


5)  erz  steht  wie  das  lat.  aes  für  geld:  aes  alienum,  aere 
suo  emit,  zu  verstehen  aber  ist  kupfergeld,  womit  das  alterthum 
gewöhnlich  zaidte:  ir  solt  nicht  gold,  noch  silber  noch  erz  in 
ewren  gürtein  haben,  Matth.  lo,  9,  gr.  /i^  XTrjario^s  xQvabv 
ftrjSe  y/tlxöv,  ahd.  ni  curct  bisizen  gold  noh  silabar  noh 
scaz,  ags.  näbbe  gc  gold  ne  seolfer  ne  feoh.  Ui.Fir.AS  würde 
hier  unbedenklich  aiz  gewähren,  wie  Marc.  C,  8.  Niebuhr  1, 507 
sagt:  das  crz  im  alten  Italien,  das  erz,  denn  nur  um  nicht, 
wo  es  vermcidlich  ist,  etwas  fremdlautendes  zu  sagen,  nenne 
auch  ich  kupfergeld  was  bronze  ist,  kupfer  durch  einen  Zu- 
satz von  zinn  oder  zink  gicszbar  gemacht,  auch  altn.  eyrir, 
pl.  aurar,  schw.  dän.  ftrc  bedeuten  unria  numerala. 

fi)  erz  für  die  eherne  waffe,  sdiunt  oder  spcr: 
nun  aber  erhob  auch  sein  erz.    BiJRCiR  210», 

wo  auch  IL  3,349  tS^vvro  j^n^-xw,  Voss  aber:  erhob  die 
lanze.  x^^'^ös  drückt  aber  in  vielen  andern  homerischen  stellen 
Schwert,  lanze  und  schild  aus.  unsere  alten  dichter  setzen  weder 
VT  noch  erz  für  das  schwert,  da  sie  nicht  mehr  an  eherne  denken. 
spiUcrcn  drückt  es  auch  messcr  aus: 

die  kräutcr  zwischen  ein, 
die  ich  mit  erz  abschnitt  bei  stillem  mondenschein. 
Gbyimiiis  I,  59. 
7)  crz  für  das  eherne  instrumenl: 

klirret  becken,  erz  ertöne!    Göthk  40,  421. 

ERZ,  dem  gr.  aQXh  lat.  archi,  unmittelbar  aber  dem  it.  arci 
entnommnes  praeßx,  das  die  bedeutung  steigert,  eins  von  den 
allzuoft  und  schon  frühe  in  unserer  spräche  obwaltenden  zeichen 
des  Ungeschicks,  wenn  es  auf  untersclieitiung  ähnlich  lautender 
Wörter  ankommt,  einzelne  Zusammensetzungen  mit  erz  lassen  gar 
nicht  erkennen  was  gemeint  sei,  das  metall  oder  der  steigernde 
vorsalz,  z.  b.  erzdieb  kann  sowol  für  aeris  als  trifur,  erzkammer 
sowol  cubiculum  aerarium  als  archicamera  meinen,  soll  erz- 
gott  den  Zeus  oder  Vulcan  ausdrücken?  und  wie  leiclU  wäre 
der  zweideutigkeil  zu  helfen  gewesen,  zwar  nicht  durch  die  dem 
ohr  entfremdete  mhd.  aussjirache  crz  und  erz,  sondern  dadurch, 
dasz  man  das  archi  in  ausspraclie  und  schrift  gegeben  hätte  arz, 
wie  wir  ja  arzt  für  archiater  sagen  und  sich  auch  wirklich  arze- 
pote  bei  Diemer  371,  12  vorfindet.  Ulfilas  hat  arkaggilus. 
Böhmen  und  Polen  gebrauchen  arcy,  Niederländer  aarts  (unter- 
schieden von  erts,  metall),  Schweden  uiid  Dänen  erke.  die  ersten 
spuren  unsers  erz  zeigt  bereits  das  13  jh.  bei  Verdeutschung  der 
fremden  archidux,  archangelus,  arrhiepiscus,  archipresbyter, 
z  aber  folgte  aus  dem  unmittelbar  rorgelegnen  it.  arci  in  arci- 
duca,  arcivescovü,  arciprcta,  während  sp.  und  franz.  archi  blicl>. 
in  diesen  sfirachen  allen,  wie  bei  uns,  wurden  zahlreiche  schmei- 
chelnde  und  zumal  sclwltende  auf^drürke  mit  dem  praeßx  gebildet, 
bei  der  folgenden  aufzdhlung  fällen  alle  comjyosita  mit  i'rz  iftui 
erz  untereinander,  die  bilduiigen  er-z  sondert  der  sinn  lacht  von 
itinen  ab. 

EKZADER,  f  aeris  vena:  erzader,  doraus  man  golt  oder 
silber  sampnet.  tw.  1482  h  4";  darzu  ist  das  ertrich  inwendig 
begäbet  mit  kostlichen  crzadern.    Cvrillcs  CI. 

EftZAGEN,  l)  aninmm  abjieere,  desperare,  verzagen: 
n\hd.  da?  ir  so  lihtecliche  erzagcnt, 

des  mügent  ir  iueh  sCre  schämen,    tr.  kr.  33288; 
er  wöl  von  hungers  not  eriagen.    Ls.  3,38. 

nhd.  denn  durch  sie  erzagt  der  feind  und  die  seinen  erstar- 
ken in  kühnhoit  und  inannheit.    Fronsp.  1. 174*. 

2)  tr.  animum  alicujus  frangere,  einen  verzagt  maclicn:  pfui 
der  schand,  meins  erachtens  wurd  er  sein  volk  erzagen  und 
werden  im  die  Teutschen  nit  lang  willig  bleiben.  SchCrtli.^s 
br.  177. 

ERZÄHLBAR,  narrabilis:  die  sache  ist  uncrzahlbar,  nicht 
zu  erzählen. 

ERZAHLEN,  reddere,  xurückzalikn,  wiederzalden : 
ob  ich  schon  niemand  etwa«  hab  entwand, 
doch  musz  ich  es  erzählen  und  crsiatten.    Lorwasskr  p».  09. 

Kf.isersrerg  hat  es  auch  für  das  folgende  erzählen:  soll  ich 
die  bletlin  der  cntschuldigimg  alle  erzalen,  mir  wurd  mauls 
gebrcstcn.  ir  haben  ir  damit  genüg,  s.  d.  m.  13*;  dein  lich- 
nam  leidet  ietz  frost.  jetz  hitz.  dann  hunger.  dann  turst  und 
dergleichen  lusenterleig,  wer  wolt  das  alsamen  erzalen?  Mariae 
himelfart  13*. 

EHZXHLEN,  ags.  Alellan,  ahd,  nrzciian,  irtellan,  mhd.  er- 
zelii,  erzellen.  man  unlerseheidt  leiehU,  fnk  miUheilung  im 
grspräch  von  denx  hedaclden,  ffierHthen  tOftny,  wiewl  beide  in 
einunder  laufen. 


1077 


ERZÄHLEN 


ERZÄHLEN  — ERZ  AMT 


1078 


1)  narrare,  enarrare,  recitare:  kurz,  weitläuftig  erzählen; 
laut  und  heiter  erzellen,  clare  recitare.  Maaler120';  und  der 
knecht  erzelet  Isaac  alle  sache,  die  er  ausgerichtet  hatte. 
1  Mos.  24,  66 ;  da  erzelet  er  dem  Laban  alle  diese  sache. 
29,14;  und  er  hatte  einen  andern  träum,  den  erzelet  er 
seinen  brüdern.  37,9;  da  war  bei  uns  ein  ebreischer  Jüng- 
ling, dem  erzeleten  wirs.  41, 12 ;  Mose  kam  und  erzelet  dem 
volk  alle  wort  des  herrn  und  alle  rechte.  2  Mos.  24,  3 ;  er- 
zeleten im  alles  wie  sie  es  funden  hatten.  Jos.  2,  23 ;  sihe 
da  eraelet  einer  einem  andern  einen  träum,  rieht.  7, 13 ;  und 
die  fisch  im  meer  werden  dirs  erzeien.  Hiob  12,  S ;  die  himel 
erzelen  die  ehre  gottes.  ps.  19,  2 ;  ich  wil  erzeien  was  er  an 
meiner  seelen  gethan  hat.  66,16;  alte  geschichten,  die  wir 
gehört  haben  und  wissen  und  unser  veter  uns  erzelet  haben. 
78,  3 ;  und  Tobias  erzelet  seinen  eitern  so  viel  guts,  das  gott 
bei  im  gethan  hatte.  Tob.  U,  IS ;  und  die  aposlel  kamen 
wider  und  erzeleten  im,  v\ie  grosz  ding  sie  gethan  hatten. 
{golh.  usspillödedun  imma,  ags.  cyddon  him,  vulg.  narraverunt 
illi,  gr.  oir^yrjoayro  aincö).  Luc.  9,10;  und  sie  erzeleten 
inen,  \*as  auf  dem  wege  geschehen  war  {ags.  rehton  })a  {)ing, 
vulg.  narrabant,  gr.  i^rjyovirxo).  24.35;  das  kammerweib  er- 
zelet im  die  liebe  irer  frawen  klärlich.  b.  d.  liebe  212,1;  so 
wenig  sich  die,  so  {d.  i.  von  denen)  du  mir  erzelet  {oder  die  du 
mir  aufgezählt?)  hast,  ihrer  liebe  haben  mögen  entziehen,  also 
wenig  mir  auch  solches  möglich  sein  wird.  235,4;  die  er- 
zieherin  vieler  stattlichen  berühmten  leuten,  welche  ich  bei 
anderer  gelegenheit  schon  will  zu  erzehlen  {aufzuzählen)  wissen. 
Opitz  poeterei  2'; 

was  willst  du  es  verhehlen? 
von  eurer  liebe  iian  die  ganze  flur  erzählen. 

Dlsch  verm.  werke  512; 
und  wenn  kein  wiederhall  dir  meinen  gram  erzählt, 
so  frag  die  ganze  flur  wie  sehr  ich  mich  gequält.    553; 
erlaubst  du  wol  dir  ein  geschichtchen  zu 
erzählen?    'warum  das  nicht?    ich  bin  stets 
ein  freund  gewesen  von  geschichtchen,  gut 
erzählt',    ja  gut  erzählen,  das  ist  nun 
wol  eben  meine  sache  nicht,    'schon  wieder 
so  stolz  bescheiden?  mach,  erzähl,  erzähle!'    Lessing  2, 276 ; 

Daja,  !asz 
vor  allen  dingen  dir  erzählen.    2,  192; 
erzählen  wird  man  von  dem  schützen  Teil.    Schiller  53S'; 
was  wirst  du  still,  wenn  ohngefahr 
ich  eines  mädchens  lob  erzäle?    Göeingk  1,S7; 
das  sagen  sie  ihm  treulich  an 
und  können  sich  nicht  satt  erzählen.    Novalis  Oflerd.  1,  155; 

da  schicke  ich  ihnen  die  kleinen  wieder,  sie  mögen  unsere 
Wirtschaft  erzählen.  Göthe  an  fr.  v.  St.  1,  98.  eine  geschichte, 
ein  märchen  erzählen  {beim  volk  auch  verzählen)  ist  heule  der 
technische  ausdruck,  ein  fabel  oder  ein  märle  erzellen.  Maaler 
120',  die  Golhen  sagten  schöner  spillon,  usspi!l6n  und  für  er- 
zähhing  spill,  die  Angelsachsen  spellan  und  spell,  narraliuncula. 
das  -von  einem'  erzählen  will  sagen :  etwas,  die  geschichte  vmi 
einem,  statt  des  dat.  der  person,  welcher  erzälät  wird,  findet  sich 
bei  neueren  die  praep.  an :  ich  bab  es  an  ihn  erzählt,  gleichsam 
rerkfindiyt,  überliefert : 

ich  hab  an  Arkas  alles  klar  erzählt.    Götbe  9,  82; 

was  ich  da  hör,  erzäl  ich  wieder 

an  Bürger.     Gökingk  1,  215. 

2)  enumerare,  rccensere,  herzälden,  aufzälilen,  vortragen: 
all  gründ  erzälen  nach  der  leng 

geprauchet  wort  ein  grosze  meng.    Schwarze:«berg  154,  2; 

in  den  wei.4hümern  öfter  'das  recht  erzählen',  den  rechlsbrauch 
öffentlich  hersagen  und  verkünden:  der  vogtherr  will  das  recht 
erzell  haben,  so  erzelet  man  kein  recht  zu  Enimel,  der  vogt- 
herr und  ein  amptman  unsers  gn.  hern  zu  Willich  von  wegen 
unsers  gn.  hern  seien  dan  persönlich  da.  2,349;  gelobet 
seist  du  herr,  lere  mich  deine  rechte,  ich  wil  mit  meinen 
lippen  erzeien  alle  rechte  deines  raundes.  ps.  119, 12. 13;  und 
andere  bncher,  die  do  erzelet  {aufgezählt)  sind  in  den  geist- 
lichen rechten.  Heucblin  augensp.  19';  wer  ist  so  weise,  der 
die  wölken  erzeien  könde?  {vulg.  quis  enarrabit  caelorum 
rationcm?)  //io6  38,  37;  da  er  erzelet  den  eid  und  bund  den 
vetern  verheiszen.  wrish.  Sat.  IS,  22 ;  wer  ist  nu,  der  den 
bapst  und  papisten  frei  machen  und  entbinden  könne  von 
ilzt  crzeletem  gebot  des  evangelii?  Lctrer  I,6l*;  dieses  ge- 
meinen gcbets  ist  noch  von  alter  gewonheit  blieben  ein  an- 
leigung,  wenn  man  am  end  der  predigt  die  beicht  erzelet 
{hersagt)  und  für  alle  Christenheit  auf  der  canzel  bittet.  1,  240* ; 
sie  schreiben  in  derselben  bullen,  das  die  arlikel,  so  da  auf 
einem  häufen  erzelet  werden,  ellich  ketzerisch,  cllich  irrisch 


seien.  1,346';  ich  musz  hie  zum  exempel  einen  erzeien  {an- 
führen), denn  ich  mit  solchen  geistern  viel  zu  schaffen  habe. 
3,101';  auf  das  aber  ir  deste  basz  seine  tücke  meidet,  wil 
ich  hie  derselben  etliche  erzeien.  3,101';  ich  wil  euch  auch 
etliche  exempel  erzeien  des  christlichen  rechts.  3, 118*;  das 
wir  unsern  verstand  nicht  weiter  beweisen  dürfen,  denn  die 
wort  erzeien,  wie  sie  da  stehen  und  lauten.  3, 48S';  ich 
musz  hie  erzeien  etliche  psalmen  und  text.  5, 169' ;  aber  wer 
kan  solche  feile  erzeien,  weil  es  ungewönlichc  geschichte 
sind?  5,241";  zum  ersten  wil  ich  dich  unten ichten  die  species 
auf  den  linien,  darnach  auf  der  federn,  und  alsdann  die  regel 
de  tri  auf  beide  erzeien.  Adam  Rise  rechnung  A2*;  es  were 
zu  böser  stund  sein  Werbung  dermaszen  zu  erzeien  {werben, 
ausrichten,  reden).  Aimon  bl';  under  dem  begab  es  sich  also 
vil,  das  ewer  sune  sein  botschaft  zu  erzeien  nimmer  wider 
kommen  wird,  wann  er  ward  in  solchem  gemengel  erschla- 
gen. b4';  nach  diesen  beiden  wissen  die  römischen  historien- 
schreiber  keinen  mehr  zu  erzehlen,  der  über  unsere  alte 
landesleute  geherschet  habe.    Micrälius  1,81; 

die  haben  je  ein  hohes  lob, 

den  du  hast  mit  dem  krebs  erzelt.    If.  Sicns  II.  4,58', 

in  welcher  stelle  das  pronomen  'den'  anstusz  gibt,  dat.  pl.  kann 
es  nicht  sein,  als  acc.  sg.  m.  fügt  es  sich  nicht  zu  dem  neutralen 
adj.  hohes,  oder  ein  kühner  Übergang  aus  dem  n.  ins  m.  müste 
statt  finden,  mhd.  war  lop  sowol  m.  als  n.,  die  meinung  ist, 
sie  haben  holies  lob  erreicht,  das  du  hast  durch  die  vergleichung 
mit  dem  krebs  vorgetragen; 

erzehlet  seine  gnad,  erhebet  seine  sterk.  'Weceherli^  247; 
ich  könte  auch  sonsten  viel  vortrefliche  leute  erzehlen  {auf- 
führen), die  auf  diese  kunst  ihren  höchsten  fleisz  gewendet 
haben.  Opitz  poeterei  5 ;  herliche  Sprüche  erzehlen.  3 ;  Carolus 
M.  half  Pipino  nebst  andern  platzen,  welche  Ademarus  er- 
zehlet, die  feste  Stadt  Bourges  gewinnen.  Hahx  1,17;  die 
guter,  so  er  besessen,  erzehlet  Pithoeus  nach  der  Ordnung. 
2, 237 ;  wer  da  glaubet,  es  gehören  zu  vertraulichen,  ver- 
liebten, galanten  briefen  . . .  neue  kunstgriffe,  der  wird  mit 
recht  meinen  satz  für  falsch  halten,  und  dieses  sind  nicht 
etwan  alle  arten,  die  Neukirch  und  andere  erzählen,  es  sind 
nur  äste,  die  sich  wieder  in  viel  kleine  zweige  vertheilen. 
Geliert  5,  203.  allmälich  hörte  diese  Verwendung  von  erzählen 
ganz  auf. 

3)  zu  bemerken  ist  noch  die  praep.  •über'  bei  dem  «ort  im 
sinne  von  aussprechen,  verkünden:  alle  plagen,  die  leiblich  und 
geistlich  sind,  erzelet  er  über  die  Juden.  Luther  3,309'; 
darumb  sag  und  erzele  ich  dis,  ihr  zum  zeugnus,  über  ihren 
köpf.    Frask  weljb.  157*. 

ERZÄHLENHÖBEN,  n.  das  alle  sagen  hören,  erzählen  hören 
substantivisch  gefaszt.    Gökisgi  im  leben  Nicolais  s.  80. 

EBZÄHLENsWEBTH,  dignum  relatu:  erzellens  nit  ward, 
relatu  indigna.    Maaleb  120*. 

ERZÄHLER,  m.  narralor:  ein  guter  erzähler;  der  reichste, 
gewandteste,  berühmteste  erzähler  seines  Jahrhunderts  über- 
nimmt die  geschichte  seiner  zeit  zu  schreiben.  Götbe  46,  233. 

ERZÄHLEBIN,  /.  narratrix:  eine  lebendige  erzählerin. 

ERZiVHLEBPFLlCHT,  f  von  seiner  erzählerpQicht  jedoch 
wurde  er  bald  abgelöst.    Göthe  21, 135. 

ERZÄHLUNG,  f.  narratio,  fabula,  recensio:  [märchen  imd 
erzählungen ; 

wenn  ich 
nicht  fürchten  müste  ihro  majestät 
durch  die  erzählung  zu  ermüden.    Schiller  249'; 

wir  müssen  aber  erstlich  die  persischen  könige  nacheinander 
zelen,  Cyrus,  Cambyses  etc.  diese  erzelung  der  könige  in 
Persien  ist  allen  gelerten  bekant.  Melaxchthoss  Daniel,  deutsch 
von  Jomas  s.  82 ;  erzehlung  der  damals  berühmten  klöster. 
Haun-  2,43. 

ERZÄHLÜNGSÄRT,  f.  modus  narrandi. 

ERZÄHLUNGSWEISE,  f.  dasselbe. 

ERZÄHLLNGSWEISE,  adv.  narrando. 

ERZ.^FLMEN,  mansuefteri,  domari: 
mitd.  erzamen  und  erblügen 

muost  allej  wilt,  daj  in  gesach.    tr.  kr.  603S. 

ERZ.\HMEN,  mansuefacere,  domarc,  mhd.  erzemen. 

ERZAL.\ÜN,  m.  weiszer  vitriol. 

ERZ.VMT,  n.  superius  imperü  munus,  z.  b.  erzmarschallsamt, 
erzschenkenamt ; 

sein  narr  und  freund  (es  ist  nicht  rar, 
erzämter  so  vereint  zu  sehen).    Pfeffil  2,  47. 

68» 


1079       ERZANGELVVEIT  — ERZBEGRCNDET 


ERZBEHELMT  —  ERZBÖSEWICIIT       1 080 


ERZANGELWEIT,   latissinte  patens,  angelioeü,  sperrangdiceil  : 

erzähle,  mein  lieber, 

sonst  niaclit  micli  dus  Geber 

der  nt'upicr  kapor  {kapures) ! 

an  jeglichem  ohr 

sind  thiiren  und  thor 

erzangehveit  oflen.    Kl.  Scbkidt  poel.  br.  G". 

ERZANKEN,  rixv: ,  altcrralionibus  obtinere.  Stiei.er  2598. 
auch  refl.,  du  Last  dies  schon  so  oft  gesagt  und  dich  schon 
so  oft  damit  erzankt.    Pestalozzi  4.  60. 

ERZAPPELN,  trepidare,  mliJ.  erzabelen  (s.  ersiraheln  5p.  1019) : 
das  arme  thier  liegt  und  erzappelt  auf  dem  boden;  der  wurm 
erzappelte ; 

die  räche  ich  fTirhte  und  hän  ervorht, 

da;  diu  süe;e  Arable 

under  sinie  swcrto  erzähle.    VVVi.  355,  22. 

ERZARBEIT,  f.  opus  aeraritim. 

ERZARBEITER,  ni.    l)  mclaUicus,  bergmann,  bergknappe. 
2)  faber.  aerarius,  erz.vhmied,  kiipferschmied. 
ERZ.\RM,  pcrpauper,  blutarm,  sp.  arcliipobre. 
ERZARMUT,  f.  sutnma  paupertas: 

doch  überzeugt,  dasz  deine  müh 

dereinst  ein  üchulg-eld  werde  lohnen, 

wogegen  aller  schätz  der  sitzer  auf  den  thronen 

von  Iteringssirasze  bis  nach  Lissabon 

crzarmuth  ist!    Kl.  Schmidt  porf.  br.  102. 

ERZ.^RT,  f.  genus  acris,  mdalli,  gangart. 

ERZÄRTELIS,  emollirc,  verzärteln:    so  erweiben,  erweichen 
und  erzärllen  sie  sich  mit  ihrem  üppigen  wesen.    Puiland. 
2, 108. 
•  ERZACHSE,  f.  melalli  scoria,  erzsdilackc. 
"ERZAüBERN,  incanlamenlU  efficere,  vgl.   bezaubern,   ver- 
zaubern. 

ERZAUGE,  n.  erz  im  gcslcin,  klänc  puncle  bildend. 

ERZ.\UGLEIN,  n.  dasselbe. 

ERZAUSEN,  rellere,  erellere,  rupfen: 

vor  angst  slach  ich  mein  kinder 

vast  hinhindcr, 

sö  kumbt  ir  mueter  zuogepraust, 

zwar  die  beginnt  ZJio  schelten, 

geh  si  mir  eincj  mit  der  faust, 

des  muost  ich  ser  entgelten. 

si  spricht  'wie  hästns  nu  erzaust 

die  kind  zuo  einem  zelten'  (U'it))\    Wolkekstein  s.33; 

behentlich  wart  ich  zu  ir  mausen 

und  begund  sie  auch  zu  erzausen, 

das  die  petstat  mit  uns  einprach.    fastn.  1205; 

doch  wo  ein  sulcher  esel  wer, 

weit  ich  es  luf  kein  tag  im  ler  (verstriche  Htm  k.  /.), 

er  wurd  also  erzauset.    12S1; 

dar  mit  wirt  dan  der  gemein  man 

so  oft  erzauset  und  gezupft, 

pis  er  stet  als  ein  gans  berupft.    IIaupt  8,  529; 

er  bat,  sie  solt  im  lausen, 

sein  gelbes  härlein  im  crzausen.    Uhlakd  148; 

80  die  lande  wol  crösigct  und  die  bauren  wo!  erzauset  sind. 
kriegsb.  d.  fr.  25; 

das  ich  dein  harldck  lang  und  grosz 

erzaus  uud  scheiicl  dir  dein  har.    H.  Sacbs  DI.  1,54'; 

als  er  nun  wol  erzauset  was.    IV.  3,  .W; 

also  musz  man  den  gscllen  lausen 

und  ihre  scckcl  wol  crzausen.    Frischlings  Susanna  3G5: 

die  hunde  erzausicn  dem  fuchs  den  balg,  zausen  scitänt  mit 
zeisen  carpere  nalirertrandl,  Kovon  unter  den  einfadicn  Wörtern. 

ERZAUSSCHL.\GER,  m.  arbeiler,  der  das  erz  vom  gcstein 
schridel. 

ERZRACFIANT,  m.  Iiomo  insipidus.  Stieler  74.     s.  bathanf. 

ERZBALGEK,  m.  rixator  pugnadssimus,  puijil  audadsnimus. 
Snei-ER  83. 

ERZBANNER,  n.  ardiivexiUum. 

ERZBANNERAMT.  n.  munus  ardiirexilliferi. 

ERZRANN  KR  HERR,  m.  vexillifrr  imperii. 

EPiZBKAMTE,  ni.  dem  ein  erzamt  zusteht. 

ERZBKCKER,  m.  scurra,  possenrriszer :  nm  allenvenigsten 
aber  verstehe  ich  die  crzblirker  und  zollcnschmiedc,  wodurch 
die  obren  der  erwachsenen  leulc  beleidiget  werden,  pol. 
äodcf.  i.     viflleifht  ein.<i  mil  crzbncliant. 

ERZBEGKÜNDET,  xnly.oßarTjS,  bei  Vois  heuer  ehern : 

dann  fahr  Ich  auf 
tu  «rinem  entbegründeten  pallast.    IltiRKF«  14''; 
•■«dann  will  ich  hinauf  in  sein  onrbcgründcien  haus  gchn. 

Jitf. 


ERZBEHELMT,  musenalm.  von  1798  J.  114. 
EBZBEISZER,    m.    calalor  invincibilis,   der   immer  -«m   sidi 
beiszl.    Stieler  126. 

ERZBELASTET,  xtthcoßaQr'is: 

doch  zerschnitt  ihm  die  röhre  der  erzbelnstete  schafl  nicht. 

Bürger  1^^* 
(doch  nicht  völlig  durchschnitt  der  eherne  speer  ihm  die  gurgel. 

Voss). 
ERZREREITEND,  /.aXxehi: 
geschmiedet  vom  erzhereitenden  künsller.    Uürgkr  214'. 

ERZBERG,  m.  was  erzgebirge. 

ERZBERNHEUTER,  m.  nebulo:  heraus,  heraus  du  rpiinla 
essenlia  von  allen  crzbernheutern !  komm  her,  ich  will  dein 
herz  vor  die  hunde  werfen.    Weise  erzn.  174. 

ERZBESCHEISZER,  m.  was  erzbetrieger.  Paracei-SCS 
1590,421. 

ERZBESCHLAGEN,  xaXx^ot]g: 

zwei  crzbeschlagene  lanzen 
schwingend  rief  er  hervor  die  tapfersten  niler  Achaier. 

ItÜRGEK  2ü</; 
traf  ihn  mit  erzbeschlagencm  schaft  und  löst  ihm  die  glieder. 

21  y. 

ERZBESTIE,  f.  nequam:  du  cizbeslie  wer  bist  du,  und 
welcher  Icufei  hat  dich  angeheizt?    «nie.  dod.  058. 

ERZBETRIEGER,  m.  Iwmu  fallax,  mendax. 

ERZIiETTLER,  in.  Iiumo  mendidssimus. 

ERZBETZE,  /".  lupa,  scorlum  vulgare.  Stieler  SO.  vgl.  bütze, 
betze  1, 1100. 1741. 

ERZBEWEHRT,  yaXtcoxoQvarris.    Bürger  104".  166'.  219*. 

ERZBILD,  n.  slatua  aerea. 

ERZBISCIIOF,  m.  ardiiepiscopus,  ü.  arcivescovo,  sp.  arcebispo 
und  arzobispo,  fr.  archevdque,  sdm.  erkebiskop,  dän.  erkebisp, 
nnl.  aartsbisscop.  alid.  erzibischof.  Diut.  3,  250,  in  früheren 
hss.  wahrscheinlidi  arzibiscof;  erzibischof.  Kelle  s[>cc.  eccl.  i<jl ; 

mhd.  iif  stuont  der  erzebiscliof, 
von  dem  dCs  keisers  hof 
gezieret  und  geeret  was.    Karl  671 ; 
da  wart  ein  fürste  wol  geborn 
ze  erzcbischovo  erkorn.    Gerliarl  194; 
min  herre  der  erzbischof.    3470.3022; 
den  erzebiscliof  des  verdröj.    livl.  dir.  11120; 

nhd.  erzbischof,  ein  fürste  der  bischof.  t'oc.  1482  g6'.    'einen 
erzbischof  über  das  feld  machen'   hiesz  einen  außängen,   ihm 
die  lukhsle  sldle  im  fdd  rerldhen.  Aimon  s  2".    auch  eine  muschel 
hcüszt  erzbischof,  weihbischof,  conus  ardiiepiscopus. 
ERZBlSCilÜFLEIN,  n. 

dann  soll  man  ein  erzbischöflein 

mir  [ilrr  Tiber)  noch  pulverisieren, 
den  staub  in  meine  fluten  streun 

und  mich  damit  feileren.    Blumaubr  Aan.  3,  76. 

ERZBISCHt'iFLICH,  ardiiepiscopalis. 

ERZBISTHUM,  n.  arcbicpiscopatus,  betont  (5rzbislhum,  neben 
erzbischof:  d6  stifte  er  siben  er/ebisluom.  Kelle  spcc.  cccle- 
siac  33. 

mhd.  ein  richcj  erzehistuom.    Cerh.  174; 

nhd.  das  erzbiscbofthumb  Hamburg.  MiCRÄLirs  2,165;  der 
erzbischoflhum  zu  Rom.  Moser  2,  ISG.  die  küriung  bisthum 
(2,  4S)  fiir  bischofthum  gleicIU  dem  mhJ.  hcrzcnluoin  für  \ier- 
zogentuom. 

ERZßLINKEND,  aere  fulgens: 

wenn  er  doch  jetzt  ankam  und  vorn  in  der  pforto  de«  sales 
stände  mit  heim  und  schild  uud  zwo  crzbliukendcn  lanzen. 

Od.  I,2.'>7, 

was  hinter  dem  original  bleibt,  schon  wegen  des  ungrantmatisdifn 
zwo  und  mit  dem  auf  getragnen  jxirticip  gegen  den  einfachen  dualis 

SvO    OOVQS. 

ERZBLUME,  f  flos  aciis,  der  für  gutes  anzeichcn  des  erzcs 
gellende  spalh. 

ERZBOSE,  omnium  ncquissimus:  hasz  und  neid  und  cri- 
bösc  tücke.  LuTiiKH  5,  533' ;  und  ist,  sage  ich,  eine  rechte 
crzb<isc  lilckc  des  ergstcn  teufels.  li,  iS2';  Uneinigkeit  und 
erzbösc  tücke.  8,  203 ; 

du  crzböscr  papa !  dein  töchierehen  so  tu  erschrockm ! 
war  lins  recht?  I.ui$a  atug.  l.  h.  14(1. 

ERZRÖSEWICIIT,  m.  homn  sfrleiatissirnns:  wer  im  selb« 
srhoden  liiut,  den  lieixzl  man  biliirh  einen  rrihilsewichf. 
spr.  Sal.  24,  ft;  fraget  sie  der  er/!i(Wewirhl.  der  den  sabbalh 
gelK>ten  hat.  i«)  der  hcrr  im  him«!?    iUacc  15,3; 


1081  ERZBOSHAFT  — ERZEIGEN 

darzu  die  jesuwider, 

als  erzböswiclit,  mit  spott  und  schand 

gejaget  alle  aus  dem  land.    Soltaü  4(50; 

0  ihr  leichtfertige  Schelmen!  o  ihr  erzböswichter!  Simpl.  K.  94. 

ERZBOSHAFT,  scekratissimus :  die  methodisten  sind  in 
England  als  eine  kriechende  gattung  erzboshafter  beuchter 
bekant.    Stürz  2,  379. 

ERZBOTE,  m.  archangelus,  crzengel,  mhd. 

der  bezeiclienet  die  maitiräre, 

die  gotes  arzepolen  wären.    Diemkr  371,12; 

spcht,  dö  sprächen  die  erzeboten.    pass.  II.  151,8; 

die  da  heilen  erzehoteu 

in  der  vreudcn  riebe.    343,  51. 

ERZBßUCH,  m.  aeris  fodina,  sldle  wo  erz  gebrochen  wird. 
Fiiiscn  1,  232".    Steinbach  1, 197. 

ERZBL'BE,  m.  archiscurra,  erzpiib,  erzpubc.  voc.  1482  g6'; 
sint  erzbilhen  in  ir  haut.  Keisersb. /ia5  tm;;/".  Ffl";  einstrick- 
würdiger erzbube.    Bltsciiky  Palm.  853. 

ERZBUBEXSTCCK,  n.  summum  flagilium:  denn  es  stehet 
heiligen  Icutcn  übel  an,  solch  erzbubenstück  und  teuflische 
tücklin  dein  nehesten  zu  beweisen.  Luther  3,382";  solchs 
hat  der  tcufel  in  der  Christenheit  ein  lange  zeit  getrieben 
und  weil  jetzt  seine  tücke  und  schalkstück  durch  doctor  Mar- 
tini lere  offenbart  sind,  so  feret  der  erzbüsewicht  zu  und 
wil  unsere  heilige  sacrament  auch  unter  seine  grewel  rechnen, 
ist  das  nicht  ein  erzbubenstücke?  Alberhs  wider  die  verfluclde 
lere  der  Carhtader  Ff  4'. 

ERZBÜBEREI,  n.  dasselbe:  in  der  erzbüberei  ertrunken. 
Schreiber  bundschuh  48. 

ERZßUHLERIN,  f.  meretrix,  crzhurc:  ich  will  mich  hier  wie 
eine  spinne  zusammen  knäueln,  und  wenn  sie  im  netz  sitzt, 
diese  Kunigunde,  über  sie  herfahren  ....  tüdten,  lödten, 
tüdten,  und  ihr  gerippe,  als  das  monument  einer  erzbuhlerin, 
in  dem  geliälke  der  Steinburg  aufbewahren.  Kleist  Kälhchcn  3, 2. 

ERZDEL'TSCH,  Germanum  tum  dissimulans,  suicolin  tadelndem 
als  rühmendem  sinn :  ich  werde  ihnen  ehster  tags  das  buch 
schicken,  damit  sie  doch  sehen,  was  das  thcater  für  einen 
wunderlichen  und  erzdeutschen  gang  nimmt.  Göthe  an  Schiller 
150;  es  hat  mich  so  ein  erzdeutscher  einfall  ganz  verdriesz- 
lich  gemacht.  355;  dein  Erasmus  ist  ein  monument  erzdeut- 
schon  fleiszes.    Göthe  bei  Merk  2, 183. 

ERZDIEB,  m.  l)  trifur,  mer  dann  ein  dieb.  D.\sypod.  82*. 
314*.    Frisiüs  1330".    Maäler  119". 

2)  für  aeris,  der  erz  sliehlt. 

ERZDIEBIN,  f.  sexungula. 

ERZDIEBSTAHL,  m.  furtum  aeris. 

ERZDOM,  m.  im  loc.  1482h4'  er zlam,  melropolitania,  cathe- 
dralis  ccclcsia. 

ERZDRAHT,  m.  filum  aereiim. 

ERZDRl'SE,  f.  facx  aeris,  s.  druse  und  drusen  2, 1461. 

ERZDUMM,  sttillissimus :  wir  sind  beide  erzdumm  gewesen. 
Lessing  1,304;  ein  ei-zdummer  naiT.    Moser  palr.  ph.  1,175; 

mein  golt,  was  für  gescbrei  erhüben 

nicht  da  so  manche  dumme  buben, 

erzdummer  papa, 

erzdurame  mama, 

erzdumme  leibs  und  seelenamme.    Bürger  64'. 

ERZDÜMMKOPF,  m.  slultus  siullorum. 
ERZECHEN,  potando  parare,  quaeiere: 

günstiger  winde  harrend  sasz  mit  treuen  freunden 
mir  geduld  und  guten  muth  erzechend 
ich  im  baren.  Götue  2,  75. 

ERZEICIINEN,  literis  consignarc,  aufzeichnen,  verzeichnen: 
ordentlich  aufschreiben  und  erzeichnen.  Reütter  Ar/ejsordn.  43. 
vgl.  golh.  ustaiknjan,  darstellen. 

ERZEIGEN,  praeslarc,  praebcrc,  exhibere,  indicare,  osletidcre, 
erweisen,  weisen,  praet.  erzeigte,  mhd.  erzeigen,  prael.  erzeicte 
und  erzeigete.  ahd.  irzeigan  oder  irzeigon  unterzeichnet,  obsciwn 
einfaches  zeigan,  zeigun  vorkommen,  golh.  weder  taihjan,  taibun, 
noch  ustaihjan,  ustaihön,  doch  verwandt  sclwincn  taiknjan, 
ustaiknjan,  welchem  in  einzelnen  stellen  erzeigen  gerade  der  be- 
deutung  nach  entspricht,  der  gcslalt  nach  das  vorausgehende  er- 
zeichnen. in  taiknja  sind,  mit  haftender  lenms  k,  genau  die 
XV  von  Ssixiffit, 

man  kann  über  erzeigen  nicht  sprechen,  ohne  vorweg  auf  das 
einfache  zeigen  cinzugelicn.  wie  sich  erzeigen  und  erzeugen, 
bezeigen  und  bezeugen,  zeigen  und  zeugen  in  den  buclmtaiicn 
und  dem  sinn  berühren  und  vermengen,  liegt  iiinen  auch  der 
analog  gebildete  stamm  zeihen  und  ziehen  unter,  ahd.  zihan  und 


ERZEIGEN 


1082 


ziohan  =  goth.  taihan  und  tiuhan,  lal.  dicere  und  ducere. 
schon  das  mhd.  erzeigen  ( :  neigen,  veigen)  schwankt  in  erzöugen, 
erzöigen  {vgl.  ougen,  üugen  entstellt  in  eigen). 

dicere  ist  künden,  hörbar  machen,  ducere  leiten,  weisen,  sicld- 
bar  machen  =  zeigen,  z.  b.  das  iiaus,  den  weg  zeigen,  mon- 
strarc,  und  alles  geht  hier  auf  sinnliche  Wahrnehmung  und  Weisung 
hinaus,  wenn  aus  videre  ein  frequentatires  visere,  aus  goth. 
vitan  an  veisön  folgt  und  vcis,  ahd.  wisi,  nhd.  weise  der 
seilende  ist,  weisen  sehen  lassen,  so  scheint  auch  für  zeigen  = 
Seiy.t^ivai  eine  sinnliche  grundbcdeutung  nothwendig.  sie  liegt 
im  einfachen  zeigen  noch  unverhüllter  als  in  erzeigen,  das  meisten- 
theils  schon  von  abstracten  siibst.  oder  adj.  beglätet  wird,  ich  be- 
mühe mich  aber  für  erzeigen  ebenfalls  den  sclücier  zu  lüßen  und 
unter  1  wie  3,  a — c  die  Vorstellung  des  Mähens,  leuclttens  d.  i. 
erschcinens,  sichtbar  Werdens  darzulegen,  denn  auch  schinen  ist 
leucltten,  erscheinen  {sp.  957)  ist  zeigen,  declarare,  golh.  gabairhtjan, 
und  augjan,  ougan  fällt  zu  augu,  ouga. 

1)  blühen,  blätter,  blumen  sichtbar  werden,  hervortreten  lassen: 

mhd.  in  den  ziten  da  die  rösen 

erzeigeten  manec  schoene  blat.    MS.  1,  19', 

blätter,  blumen  trieben,  zagten,  vorwiesen,  freilich  auch  hervor- 
brachten, wie  Hei.  132, 15  von  den  bäumen : 

than  sie  brustiat  endi  bloiat  endi  bladu  tögeat, 
löD  antlükit, 

wo  dem  zeigen  togean  =  züugen  begegnet; 

daj  blinde  vollv  dö  düchte, 

wie  des  liecliles  clärheit, 

als  in  erzeigete  sin  cleit, 

Ilerodem  dran  wolde  eren.    paxs.  U.  159,  44,1 

WO  sich  'in'  für  den  dat.  pl.  oder  acc.  sg.  nehmen,  auf  die  leute 
oder  auf  Herodcs  bezichen  läszt,  die  sonnenstraiilen  lieszen  das 
goldne  klcid  erglänzen,  nhd.  erzeige  deine  band  und  rechten 
arm  herlich.  Sir.  36,7;  er  fraget  menniglich,  wo  der  riese 
war,  denn  er  wolt  ihn  mit  streit  bestehen,  also  ward  er 
ihm  erzeiget  (geiviesen,  7nit  den  händen  gezeigt),  denn  er  hett 
sein  Wohnung  auf  eim  starken  schlosz.    b.  d.  liebe  273,4; 

alsdan  auf  dein  gebot  hat  sein  haupt  stolz  und  hoch 
aufrichtend  in  den  luft  ein  jeder  berg  erzeiget. 
Weckherlin  22;<, 

vgl.  ps.  104,  8  die  berge  gehen  hoch  erfür.  wir  sagen  heute 
zeigen,  weisen,  nicht  mehr  erzeigen,     vgl.  hernach  3,  a. 

2)  häufig  bei  abstracten  Vorstellungen, 

a)  kraft,  macht,  gewalt,  muth,  meisterschaft  erzeigen: 
mhd.  ich  wnene  ej  wil  winter  sin, 

der  uns  sine  kraft  erzeiget.  MS.  1, 19"; 
der  erzeicte  getriuwen  muot.  Iw.  2700; 
wan  si  im  erzeigte  ir  libes  meisterscliaft.    Nib.  620,  2; 

nhd.  eben  darumb  hab  ich  dich  erweckt,  dasz  ich  an  dir 
meine  macht  erzeige  {golh.  ei  gabairhtjau  bi  {)us  mäht  meina). 
Rom.  9,17;  und  bette  gott  nicht  räum,  seine  Weisheit  und 
gewalt  über  unser  Weisheit  und  verstand  zu  erzeigen.  Ldther 
6,  so";  hat  doch  zu  unser  zeit  auch  papst  Paulus  seinen 
Obergewalt  erzeigt,    bienenk.  132'. 

b)  hülfe,  gnade,  gunst,  freundschaft,  gute,  treue,  liebe, 
minne: 

mhd.  got  sol  uns  helfe  erzeigen.    Walih.  77,  1 ; 

owe,  kund  diu  minne  ander  helfe  erzeigen.    TU.  71; 

als  ein  stumbe;  tier  dem  man 

vriuntschal^  erzeigen  kan.    /«>.  7768; 

kein  {{reundticUcs)  wort  er  im  nit  erzeiget.    Dioclctian  673; 

warum  redest  du  mit  mir  niht, ". 

du  erzeigest  mir  kein  Iriuntschaft  niht 

weder  mit  Worten  noch  mit  gesilit.    774; 

erzeict  im  sine  minne.    Iw.    3872; 

hie  erzeigte  sine  hövescheit 

her  Gawein  der  bescheiden  man.    2714-, 

getürstekeit  erzeigen,    tr.  kr.  11673; 

dar  du  mir  seit  erzeigen 

gnediclich  genäd  ze  allen  stunden.    Hadamar  172; 

nhd.  bringet  in  herab  zu  mir,  ich  wil  im  gnade  erzeigen. 
1  Mos.  44,  21 ;  er  wird  gott  bitten,  der  wird  im  gnade  erzeigen. 
lUob  33,26;  wird  denn  der  herr  ewiglich  vcrstoszen  und 
keine  gnade  mer  erzeigen?  ps.  77,8;  daselbs  wil  ich  euch 
kein  gnade  erzeigen.  Jen  16, 13;  jedem  erzeigt  ihr  recht  und 
gnade;  gott  erzeigt  mir  reichlich  seine  gute.  ps.  59,11;  er- 
zeige im  gute  und  trewc.  61, 8 ;  das  du  keinen  bund  mit 
inen  machest,  noch  inen  gonst  erzeigest.  5  Mos.  7,2;  und 
barmherzigkeit  erzeige  in  viel  tausent,  die  mich  lieben  und 


1083 


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1084 


meine  gebot  halten.  5,10;  ich  wii  euch  baniiherzigkeil  er- 
zeigen und  mich  über  euch  erbarmen.  Jer.  42,10;  und  die 
baruiherzigkeit  erzeigete  unsern  vetern  (<joth.  taujaii  arma- 
bairti{)a).  Luc.  1,72;  und  nicht  mer  liebe  erzeigen,  //os.  9, 15; 
erzeiget  nu  die  beweisung  ewer  liebe  {goth.  ustaikncin  fria|)v6s), 
2Cbr.  8,  24;  einem  ein  freundlich  hen,  ein  frölich  angesicht 
erzeigen,  ein  väterlich  herz  erzeigen.  Maaler  120';  ein  fröud 
in  den  äugen  erzeigen,  gaudium  ocidis  profcrrc.  ebenda;  das 
du  solch  löbliche  that  gethan  hast  und  Israel  so  grosze  wol- 
that  erzeiget  hast.  Jud.  15,12;  das  sol  mir  angenehm  sein 
und  vi'il  meine  ehre  erzeigen,  spricht  der  herr.  Uaggai  1,  8 ; 
erzeigen  sie  uns  die  ehre  berein  zu  treten ;  einen  dienst, 
gefallen  erzeigen; 

den  traurgen  dienst 

der  traurigen  erzeigend.    Schiller  .  .  .; 

gott  bat  ihm  diese  gnade  nicht  erzeigt.    441'; 
die   gcfälligkeit   erzeigen.    Felsenb.  1, 109 ;    bedankte  sich  vor 
{für)  erzeigende  hüflicbkeit.    unw.  docl.  ü41. 

c)  zorn,  räche,  klage,  untreue,  reue,  schmerz,  neid,  hasz: 
mhd.  erzeigte  ir  riuwe.    Kelle  spec.  50; 

Sit  got  sd  sere  sinen  zorn 

an  dir  gedächt  irzeigin.    Athis  F35; 

Marja  vor  dem  kriuze  trürecliche  klage  erzeiget. 

VValtu.  37,  17; 
nit,  haj,  der  nie  pelac 
den  erzeugte  der  ritter  dö.    Bon.  62,  13; 
ej  erzeicten  ir  geba^rde 
ir  herzen  beswa;rde.    im.  1322 

nhd.  derhalben  da  gott  wolte  zorn  erzeigen  {golh.  viljands 
guj)  ustaiknjan  {)vairhein).  ROm.  9,22;  da  niiist  warlich  der 
vveltermacheriscbc  papst  sein  pUpstliche  choleram  erzeigen. 
bienetik.  235";  so  schv^ere  mir  nu  bei  gott,  das  du  mir  kein 
untrewe  erzeigen  wollest.    1  Mos.  21,  23. 

d)  Wahrheit,  einfalt,  list,  trug,  gewohnheit,  wunder: 

mhd.  da  scol  got  sin  wärhcit 

hiule  hie  eri/jigen.    Uul.  301,  15; 

da;  ir  sine  tugeiite  besceinte 

und  die  rehtea  wärheit  under  in  erzeictc.    303,  14;' 

der  vuchs  erzöugte  sinen  list.    Bon.  lö,  24; 

ach  herre  got,  wie  vil  der  ist 

at  erde,  die  dun  selben  list 

erzöugenl.    33,  33; 

dö  erzeicte  aver  Keii 

tin  alte  gewonheit.    Iw.  108; 

nhd.  und  vergaszen  seiner  thalen  und  seiner  wunder,  die  er 
inen  erzeiget  halte,  ps.  78,11;  in  gesalzen  und  contraclcn 
erzeigen  si  ein  grosze  einfalt,  zanken  nicht.  Frank  ivellb.  193"; 
die  Weisheit  gottes  wird  den  hoffertigen  nur  im  euszern  schein 
ülTenbart,  aber  den  demütigen  wird  sie  in  inwendiger  war- 
beil und  verborgenem  grund  erzeigt.    Luther  1,  32'. 

e)  nicht  seilen  sieht  bei  erzeigen  das  blosze  pronomen  oder  folgt 
an  abhängiger  satz  darauf: 

mhd.  Tristan  sprach  aber,  diz  rauoj  ich 

mit  gotes  helfe  erzeigen.    Trist.  163,  17; 

daj  erjeigten  si  wol  hie.    Iw.  C99« ; 

daj  wart  da  wol  erzeiget.    7091 ; 

ich  sei  in  wol  erzeigen  da;.    A't6.  1404,  4; 

diz  wart  ouch  an  lasöne 

bewaerct  und  erzeiget,    (r.  kr.  11203; 

muge  aber  ich  erzeigen  daj.    Otto  hart  213; 

ber  Nelthart  wart  der  rede  frö, 

wie  wol  erg  nit  erzelgti  dö.    Ring  4*,  7; 

nu  erzeicte  der  töre  ze  haut, 

dn;  der  töre  und  diu  kint 

vil  lihtc  tc  wcnemie  sint.    Iw.  3320; 

op  da{  got  erzeig«, 

da;  ir  niht  sit  veige.    Part.  ibS,  15; 

d^r  Wirt  sinen  gcsten  wol  erzeigen  bat, 

d.-i;  man  si  gerne  sa>he  in  Bürgenden  laut.    Nib.  73S,  2; 

da;  er  in  willic  wsre,  wol  erzcict  er  da;.    1597,  2; 

in  mdirern  diaer  ttellen  hat  auch  das  adv.  'wol'  unmiltelbarni 
bezug  auf  erzeigen,  nhd.  e»  einem,  etwas  einem  erzeigen, 
rijl.  denn  niemand  jamerte  dein,  das  er  sich  über  dich  bette 
erbarmet  und  der  stück  eins  dir  erzeigt.    Ez.  16,  5. 

3)  bei  dem  häufigen  reßexivum  ist  durch  den  unmittelbaren 
turückgang  auf  die  perton  die  sinnliclie  und  lebendige  rorstellung 
gern  fettgehaUen. 

a)  »icb  erzeigen,  blühen,  grünen,  »achten,  hervorthun: 
iwft  «icb  d«r  rose  enelgei.    U.SII.  3,  238*; 
die  mark  erzeiget  «ich«  und  bringt  eckcrn.  wcislh,  3,  416 ;  ge- 
letzt   aber  et   erzeigen   ticb    da  (im  gebütch  der  reimgedichtc) 


Strauch  und  aufschuszlinge,  die  dem  günstigen  leser  behagen 
können.    Rompler  t'orr.  s.  IG. 

b)  leudUen,  sclieinen,  sich  aupteüen,  aufgehen,  sicIUbar  werden 
{vgl.  goth.  gabairbtjan  unter  2,  ü)  :  über  zween  tag  erzeigt  sich 
das  weiter  aber  schön.  Frey  garleng.  35,  «-et  jedoch  auf  'schön' 
gewicld  fallen  könnte;  denn  morgen,  so  bald  es  tag  vird,  so 
wcrd  er  sich  erzeigen  (erscfieinen).    b.  d.  liebe  12,  3 ; 

jetzund,  da  eben  der  hundsstern  sich  auch  erzeiget. 

Weckuerlin  80"; 
was  sieh  ich  aber  dort  für  gaben  einher  bringen? 
es  scheinen  weise  Icut  aus  morgen  da  zu  sein, 
wie  kommen  sie  daher?    und  was  doch  Tür  ein  schein 
erzeigt  sich  ob  dem  haus?  Romplkr  27; 

sobald  sich  aber  der  liebe  tag  im  osten  ein  wenig  eraeigle 
Simpl.  K.  948. 

c)  i'on  Ihieren  und  menschen  leiblich  sichtbar  werden,  vortreten, 
sich  vorstellen:  ein  igel,  als  lang  sich  der  erzeiget  und  berfür 
tut  (aufrolll),  so  reizet  man  in.  Keisersb.  selcnpar.  22';  Fockens 
von  Morillons  süne  kamen  und  erzeigten  sich  dem  keiser 
{stellten  sich  ilim  vor).  Aimon  El';  und  da  die  jungen  ritter 
gcwapnct  waren,  si  gingent  und  erzeigtent  sich  dem  keiser. 
E2';  kamen  und  erzeigten  sich  alle  underlhanen  desselbigen 
schlosz,  ihm  als  ihrem  herrn  erbhuldigunp  zu  thun.  Amadis 
127;  sich  dem  volk,  vor  dem  volk  erzeigen,  committere  se  in 
conspectum.  Maaler  120';  hie  sprechen  sie,  hat  Christus  be- 
fohlen, dem  priester  sich  zu  erzeigen,  das  ist  er  sol  dem 
pricster  heimlich  beichten  seine  sünde.  Luther  1,507';  das 
sie  nu  Chrislus  heiszt  zu  den  prieslern  geben  und  sie  sich 
den  priestern  erzeigen.  4,  487'  {in  der  bibcl  selbst,  Maith.  8,  4. 
Marc.  1, 44.  Luc.  5, 14  setzt  er  einfadm  zeigen,  Ulf.  überall 
ataugjan) ; 

herr,  es  ist  lange  satt,  dasz  ich  dich  nicht  gesehen, 
erzeige  dich,  mein  arzt!  (ersc/tein  mir).    rLEHiNC  30. 

d)  sich  erzeigen,  sich  erweisen,  benehmen,  betragen,  bcwäliren : 
darvon  sollen  die  hausvetter  in  iren  büseren  nicht  gestalten, 
das  das  gesind  iemans  sein  cer  abschneide,  aber  bist  du 
geladen  und  bist  bei  den  lütcn  und  hast  den  gewalt  nicht, 
und  gezimt  dir  auch  nit,  das  du  eim  darin  redest,  so  soitu 
dich  mit  deiner  angesicht  {in  deinen  gebärden)  erzeigen  {es 
steht  erzeugen),  das  man  merkt,  das  du  es  nil  gern  hörest, 
und  soll  in  nit  anglefzen  {anschmunzeln,  1, 354  «af/i:«/ra<;en) 
und  anlechlen.  ist  er  denn  vernünftig,  so  zücht  er  die  pfeif 
in  den  sack  und  hebt  den  Irüssel  zu  und  schweigt.  Keisersb. 
s.  rf.  ni.  28' ;  nun  lobest  du  die  person  allein  darumb,  das  du 
dir  sie  geneigt  will  machen,  das  sie  deinen  willen  thüg, 
darum  gleffest  du  sie  an  {macltst  du  Uir  süszc  vnenen)  oder 
erzeigst  {steht  erzeugst)  dich  sunst  mit  geberden  gegen  ir 
früntlicb,  oder  kartest  mit  ir,  so  dick  du  der  ding  eines 
ihusl,  so  dick  sündest  du  tödlich.  32';  und  mich  derniaszea 
in  meiner  kindheit  erzeiget  und  gehalten,  dasz  münniglich 
daraus  gespürt,  dasz  ich  zu  einem  kricgs  oder  reitersmann 
geralhen  würde.    Götz  von  B.  lebensb.  6 ; 

dasz  ich  mich  wol  weisz  zu  erzeigen.    Atrer  243'; 

und  in  den  nngcwiitern 

erzeigt  sich  erst  der  muth.    Göthb  II,  77. 

e)  sich  erzeigen,  sidi  anstellen,  simulare: 

Triege  ist  ein  valsch  geselle, 
und  kau  sich  doch  erzeigen, 
als  ob  er  helfen  welle.    IIadamir  450; 

mit  gen.  der  sache:  er  aber  erzeiget  sich  der  fliiclit  und  »icho 
zurück.  Tacius  bei  Fronsp.  3,249';  ungeacht  nun,  dasz  er  im 
ersten  schlaf  vvar,  erzeigten  sich  dennoch  die  bürger  alles 
gehorsams.  Schweinichen  2, 100  ;  da  nu  Nicanor  sich  erzeigen 
wolle,  wie  bitter  feind  er  den  Juden  wäre.    2  Macc.  14,  39 

f)  sich  erzeigen,  erscheinen,  hervortreten: 

wo  nutz  sich  nicht  erzeigt,  wo  kein  Rewinn  sich  weist, 
ist  rrcunit.Hchan  nicht  ilulieim.     I.ucau  3,  211,  114; 
nn  dem  sich  gut  verstand  und  lugend  wird  erxeigon, 
d«*  redet  nicht,  bis  er  vermerkt  ein  stillcschweigen. 
pcrt.  roienlh.  4,  7 ; 

und  sagten  was  ich  hiibe 
erzeigt  in  ihrem  angesicht  {in  ihrer  ijegenwnrt). 
I>.  GsRUAiio  29,  50; 

als  er  {der  webergescll)  sähe,  dasz  in  seinem  gewebc  sich 
sichere  bildnisse  mit  einigen  Zieraten  crzcigetcn.  fien.  baumy 
5, 10. 

g)  mit  einem  praedicierenden  subtt.,  dem  aber  in  netierer  teil 
'als'  torgdten  mutz:  sich  ein  freund  erzeigen.    Dastp.  ; 


1085 


ERZEIGEiN  — ERZEMPÖRER 


ERZEN  —  ERZEUGEN 


1086 


so  hab  ich  dörfen  gar  allein 
der  pliariseer  Schützer  sein, 
und  mich  erzeiget  einen  man.    Lobwasser  Cnl.  ;;.  5G; 

sich  einen  redlichen,  frommen  burger  erzeigen.  Maaler120'; 

Sintia  wehrt  ihrer  ehren,  wer  ihr  was  wil  muten  an, 
ei  der  musz  es  schwer  entgelten,  sie  erzeigt  sicli  als  ein  mann. 
LoGAU  2,  55,  9 ; 

ich  komme  endlich  auf  das  dritte,  wodurch  ich  mich  als 
den  advocaten  des  ungenannten  erzeigen  soll.  Lessing  10,  228 ; 
dort  erkletterte  sie  den  mast  und  erzeigte  sich  als  ein  kühner 
matrosc.  Göthe  22,126.  diese  stellen  lehren,  das:  der  casus, 
ivie  bei  älmlichcn  verben  (sich  bewähren,  bekunden,  ankündigen, 
darthun)  im  nom.  sotrol  als  acc.  stehn  darf. 

h)  häufiger  ist  das  adjectivische  keines  als  bedürfende  praedicat, 
wieder  vüt  zttldssigem  nom.  oder  acc. : 

friuntlich  si  sieh  erzeiget.  Ilälzl.  22'; 
da  aber  einer  auch  die  warheit  beschirmbt  und  aber  unbe- 
scheiden ist,  alsdann  ist  es  teglich  sünde.  wan  er  aber  also 
unmäszig  sich  in  seinem  schreien  erzeiget,  also  das  die  Icut 
darab  geergert  würden,  so  möchten  todsündc  daraus  entstan. 
Keisersb.  i.  rf.  m.  41';  ich  wil  eine  fewrige  maur  umbher  sein 
und  wil  drinnen  sein  und  wil  mich  herlich  drinnen  erzeigen. 
Zach.  2,  5;  also  erzeige  dich  heriich  an  inen  für  unsern 
äugen.  Str.  30,  5;  welchen  er  sich  nach  seinem  leiden  leben- 
dig erzeiget  hatte,  aposlelg.  1, 3 ;  sich  frölichen  erzeigt,  ver- 
warimj  landgr.  Wilhelms  1552  a2';  sich  dankbar,  tapfer,  stand- 
haft, rauh  erzeigen;  sich  stark  erzeigen,  pers.  roscnlh.  8,34; 
sich  widerspenstig  erzeigen.  Lokman  fab.  20.  22 ;  solchem  Un- 
heil (dem  aipdruck)  zuvorzukommen,  wollen  sie  für  rathsain 
hallen,  wenn  man  sich  im  bette  verkehrt  erzeige  und  allda 
die  füsze  hinlege,  wo  vorher  der  köpf  gewesen.  Praetorius 
u-ellb.  1,  28.  doch  mögen  einzelne  dieser  adj.  für  adv.  gelten, 
u-ic  es  auch  z.  b.  heiszt:  erzeigte  mich  nicht  anders.  Simpl.  K.  2S2. 
früher  konnte  auch  der  acc.  in  abhängigem  salz  folgen:  da  erzeiget 
er  sich  ganz  gerad  und  geleich  sein.  Br-aunschweig  9. 
ERZEIGEN,  n.  exhibitio,  ericcisung: 

wer  verdachtes  unsrer  fürstin, 

gönnet  sie  dem  herrn  der  bürg 

freundliches  eraeigen.    Göthe  41,  219. 

ERZEIGLICH,  apparens,  sichtbar:  wie  aber  die  stärke  alle 
sind,  erzeiglich  oder  nit,  so  ist  es  die  eine  stärke  in  allen 
gliedern  gleich.    Paracelsüs  1,  317°. 

ERZEIGUNG,  f  exhibitio,  erweisung:  mhd.  erzaigunge  der 
werk.  Grieshaber  1,119;  nhd.  derhalben  bitte  ich  demütiger 
unterthenigkeit,  e.  f.  gn.  wollen  diese  meine  erzeigung  gnc- 
diger  meinung  annemen.  Luther  1,225;  nach  irer  gewonlichen 
fürstlichen  hochgenedigen  erzeigung.  br.  1,  412;  e.  f.  gn.  wollen 
den  guten  fromen  mann  mit  dieser  gnedigen  erzeigung  er- 
freuen. Melanchth.  an  Albrecbl  ep.i;  erzeigung,  das  augen- 
dienen  und  fürhinspiegein,  vendilalio.  Maalek  120';  der  low 
. . .  jetzt  mir  für  mein  gutlhat  mit  dankbarer  erzeigung  zu 
zahlen  sich  understehet.    Kirchhof  wcndunm.  203'. 

ERZEINFÄLTIG,  wie  erzdumm. 

ERZEINFALTSPINSEL,  m. 

ERZEINGEMACHT,  Verstärkung  der  schelte  eingemacht  (sp.230) : 
dasz  die  Juristen  unserer  zeiten  und  ihre  gesetzgeber  von 
zwülfhundert  her  erzeingemachte  eselsköpfe  gewesen  sind. 
Schlosser  bei  Merk  1, 111. 

ERZEISELN, s.  erzeisen:  ein  ding  mit  den  fingern  erzeislen; 
erzeislen,  als  man  die  baumwoll  bereitet.    Maaler  120'. 

ERZEISEN,  n.  stricturae  fem,  materie  woraus  man  das  eisen 
macht.    Maaler  119". 

ERZEISEN,  discerpcre,  decerpere,  discernere,  erzupfen,  klein 
zupfen:  so  wir  gott  anbeten  mit  nuint  oder  im  herzen  und 
die  wort  des  gebetes  nit  wegen  und  betrachten  und  erzeisen 
im  herzen,  so  bleibend  wir  kalt,  raw  und  unberürt  und  un- 
bewegt von  innen.  Keisersb.  par.  der  seien  208';  wann  sich 
die  jungfraw  erspitzet,  erzeist  und  zum  tanz  ufmutzt,  kl.  weise 
reden  läCSi,  289'.  1570,  305'.  s.  zeisen,  zerzeisen,  erzausen, 
zerzausen. 

ERZEITIGEN,  maturescere,  zeiligen,  reifen:  wann  der  samcn 
schier  reif  wird  und  erzeitigt.  Thorneisser  »n/7,  wirk.  47 ;  das 
man  erfahren  müssen,  das,  so  die  flüchtige  materi  des  schwefcis 
des  feuwers  allergcmachesl  gewohnt  und  also  nichts  aus  oder 
von  dem,  das  albcreit  etwas  erzeitigt,  hinweg  weicht,  magn. 
dich.  1,  83 ;  deren  frucht  auch  rotlechl,  so  sie  wol  erzeitigen. 
0.  wciih.  lustg.  739. 

ERZELEN!  s.  erzählen. 

ERZEMPÖRER,  m.  seditionis  dux,  rädehfühnr.  Stiei.er  1467. 


ERZEN,  er  nennen,  wofür  neuere  fehlerhaft  eren :  man  soll 
mich  nicht  irzen,  sondern  erzen;  wer  den  herren  duzt  und 
erzt  den  knechf.    Eschenbürg  denkm.  402. 

ERZEN,  aereus,  gegen  die  sp.  1075  vermutete  cinschränkung 
auf  das  rohe  mctall  streiten  doch  viele  stellen: 

ich  will  dir  kaufen  ein  schamlotschauben, 

ein  sammatn  geller,  ein  erzene  hauben.    H.  Sachs  IV.  3,  20', 

wie  man  in  Ostreich  hauben  aus  golddraJU  trägt?  doch  nach 
Schneller  1,  115  heiszt  im  Nürnbergischen  'erz'  Verbrämung, 
namentlich  um  eine  haubc  und  pelzmülze,  was  vielleicht  ein  draht- 
bcsnt:  oder  borte  war  und  niclU  ai//'irsch  (Schm.  1,  lll)  zu  gehen 
braucht,  eine  kleiderordn.  von  1626  bei  Westenrieder  9,  295  hat 
'spizige,  fehene,  erzene,  sammet  und  atlasene  egglhauben' 
(slahlhauben) ;  ein  erzenes  gefäsz.  Butschky  Pa/Tn.  315;  erzene 
schusseln.    Lohenst.  Arm.  1,17; 

so  wie  der  erzne  Mars  (like  plated  Mars).    Ant.  and  Cleop.  1,1. 

ERZEN,  ex  aere  fundcre,  aus,  in  erz  gieszen: 

ein  geerztes  und  ausgeholtes  (IwUes)  pferd. 

lieinclio  fitclis  1650  s.  321. 

ERZENGEL,  archangelus,  it.  arcangelo,  sp.  arcangel,  fr.  ar- 
change,  poln.  archaniol,  dän.  erkeengel; 

mtid.  enget  und  erzengel.    Gerh.  339; 

erzengel  und  engele.    Hacpt  5,  553. 

vhd.  denn  er  selbs  der  Iierr  wird  mit  einem  feldgeschrei  und 
stimme  des  erzengels  . . ,  komen  vom  himel  (goth.  in  stibnai 
arkaggüaus).  1  Thess.  4,19;  Michael  der  erzengel.  Judä  9; 
dreierlei  engcl  warens,  ein  erzengel  in  ihrer  mitte.  Fr.  Müller 
1,  79 ;  mit  weiblichen  erzengeln  und  männlichen  erzteufeln. 
.1.  P.  Fibel  vorr.  vgl.  erzbote.  die  weisze  oder  taube  nessel 
(lamium)  heiszt  auch  erzengel,  vgl.  engelblume,  angelica. 

ERZERREN,  distrahere,  aufzerren,  auseinander  zerren,  zer- 
zerren : 

ich  zerreisz  im  sein  baubt  gar 

und  erzerr  im  sein  gelbes  bar.    fastn.  452,  28; 

do  erzart  si  mit  iren  zenden  ir  gewant  und  rauft  aus  ir  har. 
gcsla  Rom.  K.  107;  musz  wie  der  schustcr  das  leder  erzer- 
ren, errecken,  erstrecken.    Garg.  104*. 

ERZESEL,  m.:  aber  darüinb  sint  wir  die  erzesel.  warümb? 
wir  hant  die  zeichen  des  esels  in  uns.  Keisersb.  bilg.  128'; 
in  Schwobenland,  wenn  einer  einen  mort  het  begangen,  einen 
zu  tod  geschlagen  oder  im  das  leben  het  genomen,  wo  er 
denn  mag  kumen  under  einen  nuszboum,  oder  ein  esel  bi 
den  oren  mag  erwüschen,  so  ist  er  fri  und  getar  im  nieman 
nüt  gethun.  aber  er  findet  keinen  oder  selten  einen  nusz- 
boum oder  einen  esel,  wenn  es  ist  gar  ein  seltzen  ding  ia 
Schwobenland.    merk  also  thunt  wir  erzesel  ouch.   128'. 

ERZET,  ein  aus  dent  verstärkenden  erz  gebildetes  adj.? 

ich  halt  fürbasz  nichts  mehr  auf  in, 

er  ist  ein  erzeter  unllat.    H.  Sachs  V,  222'; 

er  ist  der  erzet  vater,  rffr  leibhaftige;  er  sieht  seim  rat  er  erzel 
gleich,  aufs  haar  ähnlich.    Schm.  1, 115.     vgl.  erzig. 

ERZEUGEN ,  producere,  gignere,  vom  stamm  ducere,  goth. 
tiuhan,  ahd.  ziohan,  ziehen,  woher  ustiuhan,  arziohan,  erziehen, 
lauter  starke  verba,  und  kein  schwaches  goth.  ustiuhun  (ustiuhön), 
ahd.  arziugön  begegnet;  mhd.  wird  es  sehr  häufig,  erziugen, 
praet.  erziugete,  erziugte,  nhd.  erzeugen,  erzeugte,  aus  ziehen 
entspringt  auch  ein  nomen  ziuc,  geziuc,  zeug,  materia,  supcüex, 
instrumenta,  vasa,  sumplus  und  erst  daher,  scheint  es,  bildete  sich 
das  verbum  erziugen,  erzeugen,  wie  schon  ahd.  giziugün  aus 
giziuc,  giziugi.     zwei  hauptbedeutungen, 

1)  hervorbringen,  aufbringen,  wirken,  machen  tossen,  fertigen, 
a)  bauten  und  anlagen: 

ein  Celle  er  erzlugöte.    Serval.  838, 
er  liesz  auf  seine  kosten  errichten; 

den  turn  er  crziugct  hat 

Ü5  so  gröjen  steinen.    Flore  4170; 

do  was  also  erziuget 

der  selbe  boumgarte.    Er.  8598; 

mit  richer  koste  löno 

gezieret  was  diu  selbe  stat, 

so  lüterbrrre  und  also  glat 

was  ir  goj^cn  e^terich, 

da/,  man  crsach  darinne  sich 

relit  als  in  eime  spiegel, 

wan  er  enwas  von  ziegel 

erziuget  niht  s6  reine, 

er  was  von  marmelsteine 

geworht  nftch  riehen  sachen.    tr.  kr.  17413. 


1087 


ERZEUGEN 


nichl  anders  von  kunstuerk  und  gemähldc:  dies  heidnisch  werk 
soll  Matiisalcin  ufgericht  und  erzeugt  haben.    Fierabras  C\ 
b)  klcidcT,  Waffen,  gerate,  material,  tvaarcn: 

swaj  kleider  ie  getruogen  edeler  ritcr  Kint, 
wider  ir  gesinde  da;  was  gar  ein  wint. 
si  was  so  ricli  des  guotes,  da;  drijec  kiiniges  wip 
£{  möhlCQ  niht  erziugeu,  da;  eine  erziugte  ir  lip. 

JN'ife.  77!t,  4 ; 
da;  mens  (die  luouwc)  in  kurzer  stunde 
niht  ba;  erziugen  künde.    Er.  2300; 
wa;  üf  der  hüben  wnere 
Wunders  erziugct.    Hclmbr.  28; 
mit  höher  koste  lAne 

der  selbe  schilt  crziuget  was.    tr.  kr.  9577; 
wie  daj  (gereile)  erziuget  wsere.    Er.  7477 : 
si  (diu  schibei  wart  erziuget  schöne 
mit  richer  koste  löne.    Paiitul,  1577. 

rkher,  höher  koste  lün  in  Cünrabs  drei  atcllen  bezcidmcn  Jen 
aufwand,  zeug  aber  gehl  uns  noch  heute  auf  kleidiingsstoffe  und 
gerät;  swelich  öjman  oder  frowe  in  sinem  höse  llnwat  er- 
ziuget. Augsburger  üadtbvch  s.  18;  so  ist  ouch  der  gnvvander 
reht,  da;  kein  lodwt-ber  noch  nicmen  der  pewant  erziuget, 
bl  der  eilen  niht  veikoufcn  so!,  s.  30 ;  nhd.  die  apostel  und 
cvangelislen  sind  vielleicht  so  arm  gewest,  das  sie  nicht 
haben  kiind  erzeugen  (herbeischaffen,  anscliaffeti)  so  viel  cinober 
oder  brcsiiien.  LtriiER  3,356';  daraus  wir  das  merken,  das 
gicserne  geschirr  bei  den  allen  nicht  sehr  gemein  gewesen, 
und  das  man  sich  auf  solchen  hausiat  und  gcfesz  gedissen, 
die  nicht  leichtlich  zubrochen  sein  und  lang  gewert  haben 
und  die  der  gemein  man  umb  ein  zinilich  gcld  vom  tiipfer 
hat  erzeugen  (machen  lassen)  können.  Matuesiüs  15G2, '-*:5'. 
in  Osterreidt  hört  man  bü  auf  heule  essig  erzeugen,  Siegellack 
erzeugen  «.  .t.  w.  für  fabricieren.  Luther  schreibt :  gegenwär- 
tiger briefszeiger  hat  nur  drei  jähr  von  meinem  gn.  h.  herzog 
Juhans  kurfürst  e.  f.  gn.  vater  24  fl.  gehabt,  nu  wolt  er  gern 
noch  ein  jar  vollend  hie  studieren,  zudem  das  er  auch  weder 
kleider  noch  bücher  hat  mugen  erzeugen  (sich  anschaffen). 
br.  3,  444.      allgemein  von  dem  aufwand  für  hochzcilgäsle,  mhd. 

wände  si  ladeten  gar 

alle  die  et  körnen  dar 

zuo  den  hörhziten. 

der  vater  frowen  Enitcn 

mnht  fij  niht  erziuget  hftn, 

e;  muoste  an  demlierzogen  stän.    Er.  1395. 

e)  fruchte  erzeugen :  es  wurde  nicht  viel  körn,  doch  habet 
in  menge  erzeugt  (vgl.  gezogen);  zwei  cimer  wein  erzeugen. 
man  braucht  heute  gern  das  fremde  producieren,  für  erzeugnisse 
producte. 

d)  erzeugen,  procreare,  generare  kommt  mhd.  noch  nicht  vor, 
tpäler  aber  in  allgemeinen  brauch :  viele  kinder  erzeugen  ;  von 
bürgerlichen  eitern  erzeugt  sein ;  die  mit  der  ersten  frau 
erzeugten  kinder;  er  hat  sich  keinen  nachkommen  erzeugt; 
wo  kann  eine  mutler  sein,  die  ihr  erzeugtes  kind  nicht  liebt? 
Fb.  MCller  1,306;  Deutschland  hat  mich  erzeugt; 

toll  doch  nicht  als  ein  pilz  der  mensch  dem  boden  entwachsen 
und  verfaulen  geschwind  an  dem  platze,  der  ihn  erzeugt  hat. 

GöTHE  40,  25b; 
er  ist  mein  söhn  nicht,    einen  basilisken 
hab  ich  erzeugt,  genährt  an  meiner  brüst.    Schiller  512'. 

mit  bezug  edler  bildseulen  auf  Veredlung  der  tncnschengestall : 
erzeugten  (es  steht  erzeiglen)  schöne  menschen  (d.  h.  Griechen) 
schöne  bildseulen,  so  wirkten  diese  hinwiederum  auf  jene 
zurück  und  der  Staat  hätte  schönen  bildseulen  schöne  men- 
schen mit  zu  verdanken.    Lessinc  G,  383. 

e)  erzeugen  von  noch  andern  sinnlicJien  oaer  übersinnlichen 
dingen:  der  heisze  sommer  erzeugte  kraukhcilen;  ein  kaltes 
an  den  sümpren  erzeugtes  fieber;  Vorstellungen  und  ideen 
erzeugen.  K.t.M  S,  21 ;  die  nachricht  erzeugte  allgemeine  Un- 
ruhe; und  gewi.s  war  niemand  geschickter  und  gewandter 
erbscbleicbciei  zu  erzeugen  als  er.  Götue  31,222;  die  sache 
erzeugt  ekel. 

f)  refl.  auf  dem  einzigen  st.  Catharincnberge  ei7euget  sich 
dieser  stein.  WixiEriiAMi  3,132;  eine  wahre  biltcrkcil  halle 
«ich  in  ihrem  Terhällni«  zu  Olliiien  erzeugt.  Götue  17,240; 
tcbadliche  dünsle  erzeugen  sich  leicht  in  dieser  gegend. 

i)  erbringen,  trstari,  leslifirari.  friiherhin  holte  es  mir  Ihunlich 
ge$ekienen,  das  wurt  zeuge  unmittelbar  a»/"  ziehen  zurückzuführen 
{RA,  SJ7),  «eil  nach  attdrnt^chem  recläsbrauch  der  zeuge  am  uhr 
gnogen  wurde,  da  indessen  mne  alle  benenuung  golk  veitvAds, 
ahd.  urchundo  lautete,  $o  scheint  richtiger  das  sj^ter  aufgekommne 
zeuge,  wie  zeagen  ttibtt,  üu$  der  vortleilung  producere,  proferre 


ERZEUGEN  — ERZEÜGUNGSKOSTEN   1088 

zu  erklären,  der  zeuge  wird  vorgcbraclU  und  bringt  die  Wahrheit 
vor,  zeugen  und  bezeugen  ist  etwas  als  wa/ir  besldligen,  erzeugen 
als  wahr  erweisen,  glcichriel  ob  durch  gestellte  zeugen  oder  andere 
beweismitlel :  die  wlle  ßr  die  klage  erziugen  mac.  Schwabensp. 
cap.  177  (Wackerjc.); 

(laj  erziuge  ich  mit  dem  riche.    Rot.  298,  9; 

ob  ich;  mit  in  erziugen  sei.    Greg.  34S2; 

so  er  mit  oiemen  mohto 

erziugen  disc  gcschiht.    lio.  1069; 

so  er  snien  golinjrcn 

mit  keinen  scliinlirhen  dingen 

niht  erziugen  möhtc.    1527; 

ich  erziuge/j  mit  dem  golde.    Nib.  790,2; 

ich  erziuge;  mit  dem  gürtel,  den  ich  umbe  hän.    792,3; 

ich  seit  iu  gern  ein  mT^re, 

so  wil  man,  da^  ich;  bewa;ro 

und  (In;  ich  r;  erziuge, 

oder  man  spricht,  ich  liuge. 

wie  sol  ich  e;  erziugen  hie? 

die  liut  ich  al  dn  heime  lie  • 

an  der  stat,  da  es  geschach, 

die  varnt  mir  niht  nach.    ti.4.  3,  33. 

nhd.  wird  dies  erzeugen  selten:  nichts  zu  schreiben,  dann  was 
ich  vor  gott  erzeugen  mag  und  darf.  Paiiacei.sds  chir.  sehr.  17*. 
man  gebraucht  dafür  bezeugen,  bewähren,  merkenswerth  ist  noch 
ein  'dumen  und  erzeugen',  richten  (ahd.  tuoman)  und  über- 
führen (überzeugen),  in  einem  weisthum  von  1421  (2,  30.  31). 

3)  da,  wie  schon  sp.  1081  gesagt  wurde,  die  begriffe  und  Wörter 
zeihen  und  ziehen,  zeigen  und  zeugen  an  einander  stoszen, 
sind  bezeigen  und  bezeugen,  erzeigen  und  erzeugen,  mehr- 
fachem Wechsel  ausgesetzt,  wer  seine  freudc  und  liebe  bezeugt, 
bezeigt  sie  zugleich  (1, 179S);  wer  etwas  erzeugt,  hervor,  vorbringt, 
von  dem  llszl  sich  auch  sagen,  dasz  er  es  erzeige,  zeige,  darlrije. 
leslißcari  ist  also  auch  denwustrare,  monstrare,  ostendere,  und  zu 
beiden,  erziugen  wie  erzeigen,  gesellt  sich  ein  synonymes  bewa'ren. 
wenn  Tiiomasiv  sagt,  dasz  am  jüngsten  (jerichl  jeglicher  seine  mis- 
scthat  'erziugen'  müsse  (w.  gast  5639),  so  meint  dies  mehr  viani- 
festare  als  testari,  und  es  könnte  auch  'erzeigen'  gesagt  sein. 
wanne  er  gröje  liebe  an  in  erziuget  hat.  Berth.  22  hiesze 
besser  erzeiget,  um  so  mehr  schwanken  nhd.  schreiher.  alts. 
tügian  gleicht  buchstäblich  einem  alil.  zoiigan,  bedeutet  aber  was 
zeigon,  und  nicht  anders  begegnet  hin  und  wieder  mhd.  erzöugen 
stall  erzeigen,  sclwn  ahd.  verdeutscht  T.  144  zougilin  das  lat. 
ostenderent. 

4)  diese  Verwirrung  möge  schlieszlkh  noch  eine  lehrreiche  be- 
deutung  bestätigen,  bei  KEisEitstiKac,  den  wir  sp.  1084  erzeugen 
für  erzeigen  schreiben  salien,  begegnet  ein  erzeugen,'  erzügen  im 
sinne  von  aushallen,  lang  ertragen,  hinziehen:  ich  wil  es  wol 
vier  Wochen  erzeugen,  gunkel  5;  wer  wolt  das  erzeugen? 
ebenda;  wer  möcht  das  erzügen,  also  arm  on  gelt  zu  sin? 
ehr.  bilger  120';  so  bin  ich  jung  und  mag  es  basz  erzügen 
weder  ir.  k.  8.  desgleichen  bei  Münster:  sie  mochten  nicht 
diirst  noch  hitz  leiden,  aber  kellen  mochten  sie  fast  wol 
erzeugen,  cosmogr.  386.  auch  Maai.er  120*  slclll  auf  erzeugen 
ferrc,  sufferre,  tolerare:  durst  leiden  und  erzeugen,  sich  des 
dursts  erweren,  sitim  tolerare;  ich  mag  die  arbeit  nit  erzeugen, 
ich  bin  der  arbeil  ze  schwach;  ich  mags  nit  mer  erzeugen 
und  erdulden,  durare  nequeo.  das  alles  schickt  sicli  mehr  für 
erzeigen  als  für  erzeugen,  denn  der  erzeigende,  sich  erzei- 
gende bewährt,  erträgt,  doch  läge  auch  traherc,  ducere  darin. 

ERZEUGER,  m.  genilor,  namentlich  valer,  lat.  parens,  goth. 
beruseis,  si  roditel.  aber  audi  rerfertiger:  der  crzeuger  des 
tuchs. 

ERZEUGERIN,  f.  genilrix,  mader: 

da  ich  so  weit  nachstch  an  crzeugerin  so  wie  an  rüstiuie, 
wundert  es,  wenn  mit  recht  Amnr  mich  nihrt  Im  Iriumf? 
Voss  Piuperi.  2,  8,  39. 
müszigkelt  ist  erzeugerin  von  lugenden. 

ERZEUGNIS,  n.  gencratum,  procrealum:  die  erzeugnisse  eines 
1  an  des; 

wos  von  erzeiignissen  dem  dichtergeist 

im  stillen  tiiul  der  llme  langst  gelungen.    Göthi  4,  27. 

ERZEUGUNG,  f  proereatio,  generalio:  crzoiigung  der  l> 
thierc,  pflanzen,  steine;  man  kann  an  eiucni  dinge  .i 
setze  der  mechanischen  erzeiiguug  versuchen.  Kaxt  7,.  ^; 
die  gescize,  nach  denen  die  natur  in  kryslallerzeugiuigcn 
wirkt.  7,298;  auch  die  erzeuguug  des  slaales  ist  eine  art 
von  reclilserzpugung,  ja  sie  ist  die  höchste  stufe  der  rcrhts- 
erzeupiiiig  iihcrhaiiiil.    Savicnt  syslem  1,  22. 

KIlZKli.!  m.<\i:T,  f. 

tlü^LLcl  Ni.^KUSTEN,  koäen  der  producli«n. 


1089      ERZEUGUNGSORT  — ERZGEWALTIG 

ERZEÜGUNGSORT,  m.  was  halten  diese  vor  den  iinge- 
schnittenen  onyxen  voraus,  dasz  man  sie  allein  nach  ihrem 
erzeugungsorte  benennte?    Lessing  8,  1()3, 

ERZEUGUNGSTRIEB,  m.  gesclilechtstrieb. 

ERZFARBE,  f.  cohr  aeneus. 

ERZFARBIG,  colore  aeneo,  kupferfarbiy. 

ERZFASZ,  n.  dolioluni,  quo  aes  asportatur. 

ERZFATAL,  maxime  fatalis,  perniciosissimus :  für  uns  alle 
wars  ein  erzfalaler  tag.    Sturz  2,  377. 

ERZFAUL,  inertisdmus. 

ERZFAULENZER,  «i.  bernhdiiter. 

ERZFAULHEIT,  f. 

ERZFECHTER,  wi.  homo  pugnax,  raußold:  der  verwundete 
war  ein  erzfechler.    pol.  stockf.  251.    Stieler  453. 

ERZFEIND,  m.  inimicus  capilalis,  todfeind:  der  teufel  als 
der  erzfeind  des  guten.  Picrol  1,  263 ;  gegen  seinen  heimlichen 
erzfeind.    Göthe  33,  214. 

ERZf"ELDHERR,  m.  archidux,  imperator,  ei-zherzog: 
llelit  er  {Chryses)  die 
Achäer  insgesammt,  doch  allermeist 
die  zwei  erzfeldherrn,  Atreus  sötine  an.    Borger  142'.  146'. 

ERZFELSEN,  w».  rupes  aeris. 
ERZFEST,  insigni  dwüie,  eisenfesl: 

ihr  Siegel  ist  itzt  wachs,  vor  wars  erzfeste  treue. 

LoHKNSiEiN  auserl.  ged.  6, 13. 

ERZFLEGEL,  m.  homo  rusticus,  s.  flegel. 

ERZFUNKE,  m.  homo  versulissimus,  erzscMm :  unter  andern 
war  ein  erzfunk  an  demselbigen  ort,  dem  ich  ehmalen  ein 
sfhiin  grosz  stück  wolgelegener  und  fast  lustiger  wiesen  ab- 
practicierl,  das  er  mir  nicht  gönnele.  Simpl.  2,  S6 ;  ja  selbst 
gesehen  hatte,  dasz  der  kühehändler  ein  erzfunk  war.  2,288. 
£.  funke  und  tausendfunke. 

ERZFÜHRMANN,  m.  auriga  aeris,  der  das  nz  in  die  schmelz- 
hütle  fährt. 

ERZFÜHRÜNG,  f.  erzhaltigkeil  äner  lagersldlle. 

ERZFÜRST,  m.  archidux,  crzherzog.    Stieleb  585. 

ERZGANG,  m.  vena  aeris,  erzader,  erzlagerstälte :  viele  hielten 
die  physiognomischen  reisen,  als  nur  ein  tbeil  heraus  war, 
für  einen  neuen  physiognomischen  erzgang.  J.  P.  paling.  1, 74. 

ERZGAUNER,  m.  erzdieb,  erzspitzbube. 

ERZGEBIRGE,  n.  montes  mctalliferi: 

im  Erzgebirge  dürft  ihr  auch  nicht  suchen, 
wenn  ihr  wein  finden  wollt.      Claudius. 

ERZGEBIRGER,  m.  incola  Iradus  monlani. 

ERZGEBIRGISCH:  ein  erzgebirgischer  berghahn. 

ERZGEGOSSEN,  aere  fusus:  am  schweren,  erzgegossenen 
panzer  des  guten.    Fr.  Müixer  1, 369. 

ERZGEHALT,  «i.  bonilas  aeris,  vgl.  goldgehalt,  kupfergehalt 
«.  s.  «•. 

ERZGEISTERSEHER,  m.  theurgus  theurgorum.  Kant  3,  89. 

ERZGEIZHALS,  m.  avarissimus,  sordidissimus. 

ERZGELB,  tcas  erzfarbig.    Stieler  585. 

ERZGEMENGE,  n.  mixtura  metallorum. 

ERZGENERALFELDDUMMHEIT,  f.,  gehäufte  Verstärkungen 
ron  dummlieit:  vielleicht  reizt  auch  wul  einmal  die  erzge- 
neralfelddummheit  die  hohnlache  zum  ausbruche.  BtJnGER  1S4'. 

ERZGEPANZERT,  x^^^oxhcov.  BijRCER  146'.  207'.  Stolderg 
11,51. 

ERZGERÄTHE,  n.  inslrumentum  aereum: 
bist  dus,  0  srhmelternd  lautes  erzgerälhe, 
das  herrisch  auf  zum  kämpf  die  kärapfer  ruft. 

RÜCKBRT  gas.  gedi  1,  71. 

ERZGERÜSTET,  aere  armatus. 

ERZGESCHEIT,  facetissimus :  ein  erzgescbeiter  köpf. 

ERZGESCHMEIDE,  n.  armalura  aenea. 

ERZGESCHREI,  n.  clamor  aere  crebrius  reperto  editns:  erz- 
geschrei  heiszt,  wenn  immer  ein  anbruch  nach  dem  andern 
rege  und  eine  zeche  nach  der  andern  fündig  wird,  dahero 
sagt  man  'es  folgt  immer  ein  erzgesi  hrei  nach  dem  andern'. 
Hertwig  120*.     Frisch  erklärt  aeris  inrentio. 

ERZGESCHWÄNGERT,  aere  praegnans: 

wir  klettern  herab  aus  dem  felsichtcn  scliacht 
zum  erzgeschwängerten  gründe.    Kuhnkr  1,  148. 

ERZGETÖiN,  n.  sonus  aere  edilus: 

cymbeln  mit  der  beckcn  erzgetönc.    Götiik  4t,  249. 
ERZGETRIEBEN,  aere  caelalum: 

dies  erzgetriebene  bildwerk  des  lieds.    Platen  131. 
ERZGEWALTIG,  aere  potens. 
III. 


ERZGEWÄLTiGEft  —  ERZHÜFIG        1 090 

ERZGEWÄLTIGER,  m.  faber,  erzbewdltiger : 
so  ruf  ich  laut  euch  erzgewältger  nun  hervor.    Göthe  40,  3S2. 

ERZGEWINNUNG,  f.  aeris  effossio. 

ERZGEZÄHNT,  denle  aeneo. 

ERZGICHT,  f.  das  auf  einmal  in  die  mimdung  des  Schmelzofens 
gestürzte  erz.     s.  gicht  utid  kohlengicht.  Scheüchenstuel  69.  103. 

ERZGIESZER,  m.  faber  acrarius:  erzgieszer  oder  smelzer 
oder  munzer  oder  glockengieszer.    voc.  1482  h3'. 

ERZGOTT,  m.  deorum  princeps,  Jupiter: 

Mercurius  ruft  aus,  der  erzgoit  ist  beflissen 

zu  zeigen,  dasz  sein  grimm  wie  blitz  und  brand  verzehrt. 

IIOFMANNSWALDAU   Iwcltl.    Qt-d.    S.  18. 

ERZGRABER,  m.  metallicus,  fossor,  bergmann:  erzgraber, 
aerarius.  voc.  1482  gö';  merk,  wir  sint  hie  erzgraber  des 
joraertals  und  graben  mit  groszer  arbeit  das  erz  und  das 
Silber  des  lidens.  Keisersb.  bilg.  86°.  späterhin  umlautend  erz- 
graber. 

ERZGRAF,  m.  archicomes.    Frisch  1,  232'. 

ERZGRAÜPE,  /".  aes  in  minores  particulas  Iritum,  grobe  erz- 
körner,  wofür  man  auch  blosz  graupe  sagt. 

ERZGRAUPEL,  m.  dasselbe. 

ERZGREUEL,  m.  summum  nefas,  scelus:  das  stuck  zeugt 
allein  gnug,  wie  die  papisten  der  rechte  erzgrewel  sei  in  der 
heiligen  stete.  Luther  0,93';  das  ist  die  lesterliche  predigt 
und  der  rechte  erzgrewel  des  leidigen  endchrists.  6,  292'. 

ERZGROB,  rusticus. 

ERZGRORIÄN,  m.  homo  agrestis. 

ERZGRUBE,  /".  aerifodina.    voc.  1482  g6'. 

ERZGUT,  ojMmae  indolis,  ingut:  eine  erzgute,  frohe,  junge 
hausmutier.    Ardinghello  1, 145. 

ERZHAFTIG,  aerosus,  erzhaltig:  eine  grosze  menge  erzhaf- 
tige  steine  aus  dem  gebürge.    Felsenb.  2, 456. 

ERZHALDE,  f.  halda  ist  alid.  clivus,  abhang,  mhd.  halde, 
bergmännisch  aber  eine  meist  kegelförmige  erzanliäufung  vor  der 
grübe  am  tage,  u.'ie  sie  aus  der  grübe  gefördert  und  hier  ausge- 
stürzt wird,  jenachdem  in  dem  häufen  erzgestein  (haldenzeug) 
aufgestürzt  wurde  oder  nicht,  heiszt  er  erzhalde  oder  taube  halde. 

SCHEUCHENSTÜEL    118. 

ERZHALTEND,  aerosus.    Frisch  1,  232". 

ERZHALTIG,  aerosus,  ei-zhapig. 

ERZHALTIGKEIT,  /: 

ERZHALUNKE,  m.  trifurcifer:  den  becher  her,  oder  du  bist 
ein  erzhalunk.  Fr.  Müller  1, 178. 

ERZHASZ,  m.  odium  exiliale,  todhasz,  mordhasz.  Stieler  786. 

ERZHAUS,  n.  domus  aeraria,  yebdude  in  welchem  das  von 
den  zechen  abgeliefeiie  erz  aufbewahrt  wird. 

ERZHAUS,  n.  donnis  primigenia:  Adam,  den  ich  gern  die 
mutterzwiebel  und  das  erzhaus  der  menschheit  nenne.  J.  P. 
Katzenb.  3,  55. 

ERZHAÜS,  n.  für  erzherzogenhaus,  domus  austriaca. 

ERZHAUSHALTER,  m.  oeconomus  accuralissimus. 

ERZHAUSHÄLTERIN,  /•.  die  sich  auf  den  haushält  tücluig 
verstellt. 

ERZHERZOG,  m.  archidux,  litel  der  östeneichiscften  (früher 
auch  der  brabanlischen  und  lothringischen)  herzöge,  der  lat.  aus- 
druck  gieng  voran,  wo  steht  der  deutsche  zuerst?  im  15  jh.  ist 
er  entschieden  gangbar. 

ERZHERZOGIN,  f  archiducissa. 

ERZHERZOGLICH,  archiducalis:  das  erzherzogliche  haus, 
die  erzherzogliche  würde. 

ERZHERZOGTHUM,  n.  arcfiiducatus.  keine  kürzung  in  erz- 
thum,  erzcnihum. 

ERZHEUCHLER,  m.  callidissimus  Simulator. 

ERZHEXE,  f  trivcnefica. 

ERZIHRTE,  aqx'^^oifiiiv:  wann  erscheinen  wird  der  erz- 
hirle.  l  felr.  5,4;  zu  dem  rechten  erzhirten  dem  herrn  Christo. 
Luther  3,  95'. 

ERZHOFMANN,  m.  homo  versulissimus:  wie  schlüpfrig  das 
glück,  hat  der  erzhofmann  Sejanus  an  des  roin.  kaisers 
Tiberius  hof  genugsam  erfahren.    Butschky  Palm.  46. 

ERZHlHlLE,  /".,  kästen  oder  truhe,  karren  zum  fahren  de» 
erzes  in  die  schmclzhülle.    Hertwig  121*. 

ERZHUF,  m.  ungula  ferro  munila,  mit  eisen  beschlagmr  huf. 

ERZHÜFIG,  x"^'<Ö7iovs,  worunter  bei  Homer  die  erzfüszigen 
rosse  der  göller  verstanden  sind: 

also  sprach  er,  und  schirrt  in  das  joch  erzhufige  rosst. 

II.  8,  41 ; 
schnell,  wie  er  ankam,  schirrt  er  ins  joch  erzhufige  rosse. 

13,  23. 

69 


1091 


ERZIIURE  — ERZIEHEN 


ERZIEHEN 


1092 


ERZHURE,  f.  scorlum  vulgare,  proatibulum :  weil  du  solche 
werk  thust  einer  groszen  erzhuren,  t'j.  lf.,S0;  aber  ehe  wir 
derselben  erzhuren  und  leufelsbraut  antworten,  wollen  wir 
zuvor  wuhrt'ii  ghinben  beweisen.  Ldtber  3,71';  von  solcher 
kirchcn,  dii-  sich  über  und  wider  gott  und  sein  gebot  setzt 
und  heit,  neialich  von  des  helliscben  Lvicabers  orzhuren,  da 
die  ilzige  huinwirle,  die  Niclasbischove  in  regieren.  3,518'; 
dos  teufeis  crzhur  fraw  Interim.  Alberus  vom  basiiisken  A2'; 
denn  nur  eine  orzhure  kann  so  leichtsinnig  schlieszen.  Les- 
sing 10,  72. 

ERZHURENTREIBER,  m.  scortalor:  o  wie  fein  lauls,  wenn 
ein  bischof  ein  erzhiirnlreiber  ist  und  heiszt  einen  armen 
pfalTcn  keusch  leben.    Litther  5,  299*. 

ERZHURER,  m.  dasselbe. 

ERZHÜTTE,  f.  erzhaus,  schrnelzhüUe,  officina  aeraria. 

ERZIOHT.  acrosus.    Stieler  360. 

ERZIEHBAR,  condocefaciendtis,  abrichtbar:  aber  ist  der  delphin 
mit  seinem  windungsreichen  gehirne  zähmbarer  oder  erzieh- 
barer als  manche  nagethiere?  Rud.  Wagner  in  den  Göttinger 
gel.  anz.  1S43  «.  1C9. 

ERZIEHEN,  ediicfre,  cxlrahere,  goth.  usliuhan,  alts.  Atiohan, 
ags.  äleon,  ahd.  arziohan,  nibd.  erziehen,  die  praet.  lauten  goth. 
ustauh,  alts.  ätoh,  ags.  ülcäh,  ahd.  arzoh,  nilid.  erzoch,  nhd. 
erzog,     in  der  allen  sjwache  hersclwn  die  sinnlichen  bedeutungcn  vor. 

1)  gladium  slringere,  educere,  vibrare,  das  schwcrt,  bell  ziehen, 
schwingen:  alls.  ac  he  bis  bil  dtöh,  suörd  bi  sidu.  Hcl.  148,22; 
ahd.  arziuh  wafan!  evagina  gladium!   Diut.  1,510; 

m/irf.  sin  swerl  het  er  irzogen.    Alex.  1625  (1779) ; 
Sibclie  nie  swert  erzöch, 
er  was  ie  bi  da  man  vlöch.    Parc.  421,  23; 
Pr  bette  sin  swert  erzogen.    Herb.  5601 
Hccior  bette  daj  sw6rt  erzogen.    8900; 
deDDOch  hfite  er  in  der  hant 
sin  swert  erzogen  über  in.    Flore  6143; 
£  er  erzüge  den  andern  slac.    Iw.  5060; 
die  ax  er  üf  heben  began 
und  sluoc  swaz  er  mohte  erziehen.    Ileinh.  371, 

to  äark  er  schwingen  konnte;  in  einem  wi-ge  stunt  der  engel 
vor  im  mit  erzogen  swerte.  spiegel  der  leute  s.  14.  nhd.  behend 
da  Sprüngen  sie  widerumb  auf,  erzogen  die  schwort  und  er- 
hüben einen  harten  streit.  Wigoleis  prosa  s.  122.  heute  lunszt 
es  einfach  das  Schwert  ziehen,  zücken;  beiden,  dem  ziehen  und 
erziehen  liegt  unter  'aus  der  scheide',  tcie  wir  auch  sagen  'von 
leder',  'von  der  seile'  ziehen,  das  alterthum  war  reich  an  aus- 
drücken: goth.  uslukan  hairu,  ahd.  prettan,  arprettan,  mhd. 
daj  swert  roufen  u.a.m. 

2)  cutem,  crines  slringere,  evellere,  avellere,  haut  und  haar  ab- 
ziehen, ausraufen:  fiengen  (Martellino)  pei  dem  bare,  zu  dem 
crdrich  zögen,  mit  guten  horten  feusten  wol  geschlagen,  im 
sein  haut  und  bar  gar  wol  erzugen.    Steinuöwel  dec.  57,  2. 

3)  abstrahere,  wegziehen,  fortziehen,  hinziehen: 
mhd.  swä  der  beim  was  in  gebogn, 

da  engein  daj  honbet  was  erzogn, 

daj  man  die  würfe  crliande.    l'arz.  579,  18; 

nu  hsete  in  euch  Tristan  erzogen.    Trist.  178,  II; 

bi;  da];  sin  an  den  vicrdcn  trite 

der  minne  erzöch.    487,  '23; 

nhd.  ein  mensch,  der  also  in  wollust  lebt,  dem  ist  gleich 
als  cim,  der  ein  grosz  wolgeladcn  schif  ziicht  in  dem  wasser, 
er  meint  es  sei  liht  {leiclu),  wan  es  aber  uf  dein  land  wer, 
so  möchten  es  v  oder  x  nit  erziehen.  Keiskrsh.  narrensch. 
72*;  XX  hengst  mnchfen  die  selben  bikbor  kuin  erziehen. 
post.  2,65;  das  erdrich  ist  so  steinig,  das  viii  ochsen  kaum 
ein  pllüg  mögen  erziehen.  MI^nster  cosmo^r.  S.33;  nocIis/HUer: 
die  pferde  können  den  wagen  nicht  erziehen;  der  glöcknor 
kann  die  glocken  nicht  erziehen;  die  vier  kleinen  pferde 
konnten  meine  halbchaise  kaum  ei-ziehen.    (Iöthk  :io,  I07. 

4)  educarc,  welches  UU.  wart,  wie  erziehen  auf  ziehen,  auf 
dnccrc  weist,  nur  dasz  wir  die  starke  form  beiheballen,  oduiare 
ron  edurere  atiweicht.  schon  das  einfache  ziehen  drückt  auch 
alere,  nutrire,  Tottpui'  aus,  um  so  mehr  erziehen,  aufziehen. 

a)  man  könnte  die  anwendung  auf  junge  vi'<ii-l  fir  ilir  »rv/inwn;- 
liche  hatten: 

minc  mAg  die  jtingrn, 

di«'  xi  hat  iWcii  Krhalcli  iTtngrn 

und  die  t-'rniikrirhc  Kitit  ciiinogPli, 

tiiil  die  bi  ir  In  der  iiOt.     K'/i.  I.'O,  l.'i, 
die,  teil  sie  aus  der  eisrhute  schluffen,    von  ilir  rrzoijen  sind,  wie 
et  tonä  hrifzt  ix  ro'n-  unnhop  öft'xtov,  a  leneriK  uiiguiculis, 
TOD  kinde,  von  kindeobeinen  an,  von  der  wiege  an,  ab  incuna- 


bulis,  ab  infantia.  die  unguiculi  gelten  am  fügliclisten  auch  von 
röijlein,  obnol  die  zarten  ndgel  der  kinder  gemeint  sein  können, 
sagt  man  nicht  auch  vom,  aus  dem  neste  her?  die  vögel  er- 
ziehen ihre  jungen,  ziehen,  füttern  sie  auf  oder  grosz,  menseben 
erziehen,  füttern  die  vijgel :  ich  woisz,  dasz  unser  arztin  durch 
das  ganze  jähr  turteltauben  erziehen  thut.   b.  d.  liebe  '239,3; 

zehcn  junge  srihne  mit  vierzehti  töchtern,  sie  warnn 

voller  last  zu  lel)en,  mein  weih,  die  trcHiche  heuiic, 

hatte  sie  alle  zusammen  in  einem  sommer  erzogen. 
CöTBE  40,  13; 

uns  beschäftigt  nicht  der  pfauen, 

nur  der  gänse  Icbenslauf, 

meine  muttcr  zieht  die  grauen, 

meine  trau  die  weiszen  auf.    1,  162. 

hiernach  ändert  sich  einigermaszen  ab,  was  1,  783  über  aufziehen 
und  erziehen  steht. 

b)  erziehen  von  vierfüszigen  Ihieren : 

in  Spaiiienlant  und  anderswä, 

wart  nie  dcliciu  schatner;  (ors)  erzogen.    Trist.  168,27; 

warum  ligt  deine  muttcr  die  lewinne  unter  den  lewinnen 
und  erzeucht  ire  jungen  unter  den  jungen  lewcn.  Ex.  19,2; 
und  ist  nichts  bessers,  dann  das  sich  einer  eines  sollichen 
pferds  bald  quit  mache,  er  wird  doch  nichts  an  ihmc  er- 
ziehen. Seuter  19;    einen  wolf  erziehen,    pers.  rosenth.  3,7. 

c)  bäume,  pflanzen,  blumen  erziehen:  ich  bin  aufgewachsen 
wie  die  rosenstöcke,  so  man  zu  Hiericho  erzeucht.  Sir.  24, 18; 
man  pfropft  und  erzieht,  und  endlich  wenn  sie  fruchte  tragen, 
so  ist  es  nicht  der  mühe  werth,  dasz  solche  bäume  im  garten 
stehen.  Göthe  17, 180 ;  ich  erziehe  schon  die  ganze  woehe 
an  einem  strausz  für  sie  auf  morgen,    an  fr.  v.  Stein  1,98; 

blumen,  die  ich  seihst  erzogen.    Schii.lrr  9'; 
kinder  der  verjüngten  sonne, 
blumen  der  geschmückten  tlur, 
euch  erzog  zu  lust  und  wonne, 
ja  euch  liebte  die  natur.    9'; 
freundlich  hat  sich  der  könig  den  freundlichen  garten  erzogen. 

Körnrr  1,  338. 

d)  von  kindern,  menschen: 

ahd.  irzöh  daj  kind  scöno.    0.  I.  21,  14; 
iro   chint,   diu  sie  mit  iro  praedicatoribus  irzugen  unde  ge- 
fastenöton.    N.  ps.  101,14; 

mitd.  wol  sehs  unt  ahzec  meide 

die  frou  Ilelche  bete  erzogen,    kl.  Hohm.  2337. 

nhd.  ich  ziehe  keine  Jünglinge  auf  und  erziehe  keine  jung- 
frawen.  Es.  23,  4 ;  wer  hat  mir  dise  erzogen  ?  49,  21 ;  deine 
söne  werden  von  ferne  komon  und  deine  töchter  zur  selten 
erzogen  werden.  00, 4 ;  die  ich  erneret  und  erzogen  habe, 
die  hat  der  feind  umbbracht.  klagl.  Jer.  2, 22 ;  und  ob  sie 
ire  kinder  gleich  erzögen,  wil  ich  sie  doch  on  kinder  machen. 
IIos.  9, 12 ;  und  er  kam  gen  Nazaroth,  da  er  erzogen  war 
(|)aiei  vas  fodifis).  Luc.  4, 16 ;  mit  Herodes,  dem  vierfürsten 
erzogen,  apostelg.  13,1;  ich  bin  ein  jüdischer  mann,  geboren 
zu  Tarsen  und  erzogen  in  dieser  stad  zu  den  füszen  Gama- 
lielis.  22,  3 ;  were  ouch  das  ein  gotshusman  und  gotshuswip 
aborsturbent  und  kind  lieszend  und  die  niemand  bettend, 
der  sie  crzouge,  so  sol  ein  apt  die  kind  nommen  und  ouch 
das  gut,  so  vatter  und  muler  verlassen  hei  und  sie  danis 
ziechen,  unz  das  sie  siebenjürig  werdend,  were  aber  das  sie 
also  arme  werend  und  kein  gut  hellend,  damit  sie  tnöchtend 
erzogen  werden,  so  sol  sie  ein  apt  und  das  golbusgtit 
ziehen,  bis  sie  siebenjärig  werdend,  weislh.  1,  818 ;  oben  im 
land  da  iszt  einer  schloclite  grobe  speis  und  ist  darbei  vil 
sicrkor,  dan  einer  der  loglich  bei  dem  goschlork  uf  erzogen 
ist.  wir  haben  dos  gosohlocks  zogar  gewollt  und  sein  darin 
erzogen.  Keisersb.  s.d.m.i*;  weil  ich  in  doinoin  hause  von 
deinem  Itrot  erzogen  bin.  jKrs.  rosenth.  1,25;  einen  hoiiulich 
oder  vcrstolcn  erziehen,  furtim  lullere  aliquem.  Maaler  l2o'; 
war  ja  wol 

natürlich,  wenn  das  rhrisli'iitrtrhterrhen 

recht  gut  von  euch  erzogen  werden  sollte, 

dasz  ihr»  als  iiiiur  eigen  tonhlurchen 

criiigl.  I.KKSIMU  2,  3i3; 

die  iiiiiiier  sclionle  kein  bemühen, 

die  kleine  iiYniph«  ni  erziehen. 

^ie  wuchs,  diu  schiUilieii  iiiiliiii  mit  ihrem  kArper  itn. 

Hii>T  .vWhi/cii/.  37.  fiiiiifrri'n.  "Jii ; 
er  ist  nunmehr  erzogen,  ausy<uachsen,  auxor/iigen,  wie  lUiii. 
MANN  (/kW.  in  dn  vorr.)  sagt:  als  ich  drois/ig  jähr  alt  war  und 
also  nach  sparlaniocber  arl  grade  aiisorzogou  zum  erslentnal 
über  poiiiik  schrieb;  icli  tiin  hier  geboren  und  erzogen;  sie 
bat  »ich  an  der  lochlor  eine  freude  erzogen ;  er  lüszt  sein 
kind  auszcr  dem  hause  erziehen,     bei,  in,  mit  etwas  enogeo 


1093 


ERZIEHER— ERZIEHUNGSKÜNST 


ERZIEIIUNGSKÜNSTLER  —  ERZIELEN     1094 


werden:  bei  grobem  brot  erzogeu;  dafür  bin  ich  mit  kar- 
loffeln  und  rüben  erzogen.  Götue...;  die  vorhin  in  seiden 
erzogen  sind,  die  müssen  ietzt  im  kot  ligen.  klaijl.  Jcr.  4,  5 ; 
ich  bin  in  seidc  (in  vornehmen  klddern),  in  leinen  erzogen. 
CotsHORNS  märchen  und  sagen  s.  15 ;  im  wald,  auf  dem  feld 
tTzogen,  nemorum,  ruris  aluinnus;  im  krieg,  frieden,  in  faul- 
heit  und  raüsziggang  erzogen,  aufijewacltsen.  s.  anerziehen, 
auferziehen. 

e)  abstradioncn : 

das  ansehn  wird  geboren,  erzogen  und  gespeist, 
wann,  wie  sich  ihm  gebühret,  ein  jeder  sich  erweist. 
LoGAU  2,  50,  H'S ; 
weil  ihr  verstand  noch  in  der  wiege  liegt  nnd  darauf  wartet, 
dasz  sie  ihn  erziehen  sollen.  Klinger  10, 115 ;  das  männliche 
von  stürmen  erzogne,   von  geschaften  besudelte  herz.    J.  P. 
llesp.  2,  80 ;  so  erzieht  die  natur  unser  herz  zur  höhern  wärme. 
3, 165 ;   zum  künstler,  zum  gelehrten  erziehen,  ausbilden  ;   in 
diesen  traurigen  zeiten,  wo  die  menschen  der  römischen  weit 
mehr  zum  dulden  als  zum  wagen  erzogen  wurden.  Schlosser 
weltg.  4,507;    unser   alterthum   ist  eine  in  sich  geschlossene 
weit  ...  und  bietet  andern  anderes  um  ihre  anlagen  zu  er- 
ziehen und  zu  üben.  Wolfs  mits.  1, 139.     vgl.  wol,  gut,  übel 
erziehen,   unerzogen,   non   aduUus  verscliiedcn  von  ungezogen, 
male  educatus,  moralus. 

f)  sich  erziehen : 

Deutsche  selber  führ  icli  euch  zu,  in  die  stillere  wohnung, 
wo  sich,  naii  der  natur,  mcnsctilich  der  nienscli  noch  erzieht. 
GüTUE  1,  331 ; 
die  fenster  der  abtei,  wo  sich  Klotilde  erzogen  halte.    J.  P. 
licsp.  1,243. 

5)  da  erziehen,  nach  aller  flexion^  in  III.  sg.  pracs.  mhd. 
crziuhet,  nhd.  erzeucht  (s.  b.  Sir.  24,  IS)  bildet,  so  begegnen 
verwecliselungen  mit  erzeugt  von  erzeugen,  ziehen  und  zeugen 
stehen  aber  noch  mehr  ab  von  einander  als  biegen  und  beugen. 

ERZIEHER,  n».  edttcator,  magister,  paedagogus:  seinen  kin- 
dern  einen  eignen  erzieher,  fithrei-  geben ;  dieser  mann  ist 
einer  unsrer  besten  erzieher. 

EHZIEHEI'.IN,  f.  educatrix,  schon  bei  Aventin  1566,132. 

EHZIEHEHISCH,  paedtujogicHS. 

ERZIEHUNG,  /'.  educatio:  er  bat  keine  erziehung,  ist  ohne 
orziehung,  ohne  bddung;  alle  menschen  von  erziehung.  Lich- 
tenberg 4,  174;  eine  gute,  feine  erziehung  erhalten,  genieszen; 
die  erziehung  des  menschengeschlechls.  mit  diesem  wart  bilden 
sich  viele  Zusammensetzungen,  von  welchen  die  folgenden  bcispiele 
genügen  können;  J.  P.  hat  ilirer  einen  häufen  unnützer,  steifer, 
um  dem  ilim  vcrhaszten  -ungs  auszuweichen,  rnit  bloszem  erzieh 
gemaclü,  wie  erziehlehre  für  Icvana,  erziehschreiber  für  schnfl- 
sleller  über  erziehung.     sie  verdienen  keine  aufnähme. 

ERZIEHUNGSANSTALT,  f.  wie  du  nicht  siehst,  dasz  du 
dich  ganz  in  der  nähe  einer  vortreflichen  erziehungsanstalt 
betindest.    Göthe  17,54. 

ERZIEHUNGSARBEIT,  /".  alle  erziehungsarbeit  schränkt 
sich  darauf  ein,  das  vermögen  junger  köpfe  durch  bcslän- 
dige  crmunterung  zu  der  besten  ricbtung  sanft  zu  lenken 
und  an  ihrer  Sinnlichkeit  vorsichtig  zu  bauen.    Sturz  2,  348. 

ERZIEHUNGSBEDÜRFNIS, n.  das  erziehungsbcdürfnis  findet 
seine  befriedigung  allerdings  in  der  väterlichen  gewalt.  Savigny 
System  1,  353. 

ERZIEHUNGSDRUCK,  m.  produetionen  genialer,  jugend- 
licher Ungeduld  und  Unwillens  über  einen  schweren  erzie- 
hungsdrnck.    Götiie  45, 19. 

ERZIEHUNGSG.\NG,  m.  das  ganze  ihres  erziehungsgangs. 
Pestalozzi  4,  5. 

ERZIEHUNGSGESCHÄFT,  n.  mit  wie  wenig  werten  liesze 
sich  das  ganze  erziehungsgcschäft  aussprechen.  Götiie  17,282; 
die  ihm  nach  Vollendung  des  erziehungsgeschäftes  zugesagte 
ruhe.  32,  230. 

ERZIEHUNGSGRUNDSATZ,  m.  überhaupt  aber  würden 
meine  erziehungsgrundsätzc  wol  schwerlich  heul  zu  tag  wo 
beifall  finden.    Wagners  kindermörderin  32. 

ERZIEHUNGSHALRER,  adv.  er  lebte  erziehungshalber  voll- 
kommen  im  Widerspruch  mit  sich  selbst.   Pestalozzi  3,  245. 

ERZIEHUNGSJAHRE,  pl.  es  ist  schwer  zu  bestimmen,  ob  die 
erziehungsjahre  des  Moses  in  die  blüiienden  zeiten  des  instituts 
oder  in  den  anfang  seiner  Verderbnis  fallen.  Schiller  lote'. 

ERZIEHUNGSKUNST,  f  die  elenden  gründe,  aus  welchen 
vorzüglich  das  erlernen  der  alten  spraclicii  im  früheren  aller 
von  der  modernen  crzichnngskunst  besirilten  wird,  bedürfen 
keiner  Widerlegung  mehr.    Schellinc  meth.  des  akad.  st.  "4, 


ERZIEHUNGSKUNSTLER,  «i.  seitdem  es  den  erziehungs- 
künstlern  gelungen  ist,  die  meisten  zur  Veredlung  des  geistes 
führenden  Studien  zu  verseichten.  Götue  37,  Sl.  82 ;  am  wenig- 
sten liesz  sich  überhaupt  diese  nation  (die  englische)  zur  ge- 
ringschätzung  der  allen  lileratur  und  sprachen  durch  er- 
ziehungskünstlcr  und  neuerer  bereden.  Wolfs  mus.  der  alt.  s.  81. 

ERZIEHUNGSLEHRE,  /".  nach  den  grundsätzen  einer  neuern 
erziehungslehre.    Göthe  24, 1S6. 

ERZIEHUNGSLOS,  expers  educationis,  rudis: 

erziehungslos  und  ohne  führer.    Schubart  gcd.  2,  333. 

ERZIELEN,  auf  der  eigenllictwn  bcdeulung  des  einfachen  zielen 
liegt  noch  dunkel,  das  ags.  tilian,  teolian  drückt  aus  parare, 
colcre,  operam  dare,  studere,  tilia  /.•;/  cultor,  agricola,  wofür  auch 
eordtilia,  taricola  gesagt  wird,  beide  dauern  noch  im  engl,  tili 
und  tiller,  earthtiller.  das  alts.  wasimes,  frnhies  tilian  meint 
fructnm  gignere,  fries.  tilia  colere,  bauen  und  gignerc  zeugen, 
nicht  anders  das  nnl.  telen,  es  heiszt  vrucht  telen  wie  kinderen 
telen.  nun  gleichen  sich  die  voislellungen  des  pflügens,  ackerns 
und  zeugcns,  erde  und  wcib  werden  fruchtbar  gemacht;  die  Schwie- 
rigkeit ist  nur  die  daneben  auftauchenden,  offenbar  derselben  wurzcl 
angehörigen  abslractioncn  damit  zu  einigen,  das  goth.  tils  oder 
gatils  bedeutet  aptus,  gatilaba  apte,  benc,  das  ags.  til  ajitus, 
bonus,  tela  bene;  ist  tilian  aus  dem  begrif  ajilarc,  parare,  gleich- 
sam gut,  nutzbar,  zurecht  machen,  oder  timgedreht,  wenn  die  sinnliche 
idee  vorangieng,  gut,  bereitet,  tauglich,  nützlich  aus  fruchtbar, 
befruchtet  entsprungen  ?  in  dein  zilön,  gizilon  unserer  ahd.  denk- 
mäler  bricht  nirgends  die  Vorstellung  weder  colere  noch  generare 
aus,  sondern  die  von  j-onari,  niti,  moliri,  doch  gerade  mit  dem 
gen.  äei-  sacke,  wie  ihn  auch  das  alts.  und  ags.  tilian  bei  sich 
haben  (<etes,  meles  tilian,  cibum  quaerere,  parare).  mhd.  Imi 
auch  dies  conari  auf  und  die  bedeutung  meliri,  praefinire,  tcr- 
minare  waltet,  wie  zil  modus,  lerminus  ist: 

dincr  hrehe,  diner  breite, 

wart  nie  gezilt  anj  ende,    Wh.  2,  1, 

sie  hat  kein  ziel  und  masz.  heute  ist  uns  zielen  intendere  iclum, 
telo  pcterc,  was  wieder  an  conari,  niti  reicht  oder  an  aptare. 
Maaler  hat  zilen,  praeßHire,  ein  ziel  setzen.  Schmelleu  4,  252 
einem  zilen,  ihm  zeit  und  ort  einer  Zusammenkunft  bestimmen, 
aber  aus  einem  gedieht  {des  14  jh.  ?)  führt  er  an : 

minnikleichen  er  mit  ir  spilt, 
uuz  da;  er  ir  ein  kint  zilt. 

Idszt  sich  zu  allen  diesen  bedeutungen  das  in  der  form  zutreffende 
skr.   dul,  tollere,  jacere,  conjicere  halten? 

Nun  behandle  ich  unser,  ahd.  und  mhd.  un überliefertes  erzielen. 

1)  gignere,  generare,  procreure,  erzeugen :  Seinele.  die  den 
Baccbum  bis  genilura  wie  ein  widergebachen  schifbrot  und 
biscuil  erzilet.  Garg.  22' ;  wie  könig  Masinissa,  der  sich  er- 
junget wie  ein  adler,  dasz  er  auch  neunzigjärig  einen  son 
erzielet.  183';  kinder  erzielen.  Zinkgr.  412;  so  viel  grosze 
und  gcjeiirte  leute,  die  Deutschland  erzielet.  Zesens  rosenmand. 
Ilamb.  1651.  s.  170 ; 

ha!  lug  ist  das,  du  wiirst  ein  söhn  des  Zeus, 
denn  wie  so  tief  stehst  du  nicht  .jenen  nach, 
die  in  der  vorweit  vater  Zeus  erzielt.    liÜRCKR  105'; 

er  war  alles  ernstes  auf  die  fortpflanzung  des  adlichen  ge- 
schlechts  bedacht  und  erzielte  mit  seiner  gemahlin  glücklich 
eine  ehiiche  erstlingsfrucht.  Müsaeus  volksm.  5, 156  (512) ;  hat 
unterdessen  mehrere  kinder  erzielt.  Hebel  schatzk.  207.  man 
sagt  auch  bei  denbienen:  eine  junge  königin  erzielen,  dröhnen 
erzielen. 

2)  fruchte  erzeugen,  bauen,  hervorbringen:  getrcide  erzielen; 
heuer  wurde  wenig  obst  erzielt; 

ein  einzige  maron  hat  viel  niaronenbäumc 

erzielet.  Brockes  3,  419; 

kein  herz  mehr  übrig  bleibt,  das  echte  frucht  erzielt. 

Hali.er  149; 
nicht  zu  vergasen  die  menge  des  lautersten  junpfernlmnigs, 
den  mein  bcircuer  Johann,  der  geschäftige,  selbst  erzielet. 

Voss ; 

für  die  rohe  seide,  die  er  erzielt,  inusz  er  dem  könige  schwere 
abgaben  entrichten.    Stolberg  8, 289. 

3)  collincare,  aufs  ziel  nehmen:  eine  schwalbe  im  flug  er- 
zielen; 

auf  wurfesvrciie  sah  ichs  stets  vor  mir, 

doch  könnt  ichs  nicht  erreichen  noch  erzielen.    ScnatBn  405'; 

ha,  wer  mir  jetzt  ein  schwert  in  die  band  gäbe,  dieser  otlern- 
brut  eine  brennende  wunde  zu  versetzen!  v\er  mir  sagte  wo 
ich  das  herz  ihres  lebens  erzielen,  zermalmen,  zernichten 
{könnte),  lio'. 

69* 


1095 


ERZIELER  — ERZITTERN 


ERZITTERN— ERZKNICKER 


1096 


4)  abstract,  inkndere,  erreichen: 

sagt  mir,  ihr,  der  so  vieles  fülilt, 
was  soll  die  elegie  erzielen, 
womit  ihr  mich  hier  abgeliühlt? 

WiBLAHD  Aur.  und  Ccpti.  376j 

so  wirst  du  schönste  g^nst  erzielen: 

den  edlen  seelen  vorzurühlen 

ist  wünschenswerthester  beruf.    22,  262; 

diese  erlogene  wahrheil,  die  ganz  allein  Wirkung  hervorbringt, 
wodurch  ganz  allein  die  illusion  erzielt  wird.  19,184;  nimmt 
man  mit  der  hälfle  vorlieb,  wenn  man  das  ganze  nicht  er- 
zielen kann.    Klincer  1,  470. 

EHZIELER,  1)  m.  genüor,  valcr. 

2)  agricola,  cullor :  me'iüc  vorohern  (erzählt  ein  gewesener  hanf- 
same) seind  in  einem  wald,  da  sie  auf  ihrem  eigenen  erd- 
rcich  in  erster  freiheit  wohnten  und  ihr  geschlecht  ausbrei- 
teten, gefunden,  in  menschliche  dicnste  als  ein  wildes  ge- 
wächs  gezwungen  und  sammentlich  hanf  gcnennct  worden, 
von  dcnselbigen  bin  ich  zu  zciten  Wcnceslai  in  dem  dorf 
Goldscheuer  als  ein  samen  entsprossen  und  erzielt,  von  wel- 
chem ort  man  sagt,  dasz  der  beste  hanfsamen  in  der  weit 
wachse,  daselbst  nahm  mich  mein  crzielcr  von  den  Stengeln 
meiner  eitern  und  verkaufte  mich  gegen  den  frühling  einem 
kramer,  der  mich  unter  andern  fremden  hanfsamen  mischte 
und  mit  uns  schacherte.   Simpl.  K.  8S6. 

ERZIG,  aereus.  vocab.  von  1420  herausg.  von  Sciiroer  n*  1762. 
»n  Auerbachs  dorfg.  1,361  slchl  'das  erzig  roth  schneiderle', 
icird  aber  durch  'ursprünglich'  erklärt,  vgl.  erzet,  Icibhaßig. 

ERZIMMERMANNEN,  nominarc  fabruvi :  und  wenn  sie  den 
ewigen  son  gottcs  wol  durchschendel  und  crzimmcrmannct 
und  an  seiner  kirch  mit  gewalt  angeschlagen  hatten,  musten 
sie  dennoch  endlich  den  ring  an  der  thiir  lassen  und  Christo 
gewunnen  geben.    Matuesios  79*.     vgl.  Marc.  6, 3. 

ERZl.N,  aereus.  Dasypodiüs  5';  erzinne  pforte.  Opitz  1,262 
(26C).     s.  erzen. 

ERZINFAM,  infamia  flagrans:  dasz  sie  ein  erzinfamer  spitz- 
bubc  sind.    Gütue  15,  71, 

EIIZIPPERN,  vcxarc,  angerc:  du  soll  din  kind  zimlich  mit 
Vernunft  strofcn  und  mit  der  rufen  crzipperen.  Keisersbekg 
bilger  74*,  vgl.  Scumeller  4,  277. 

ERZISCn,  aereus:  sie  kommen  aus  den  erzischen  und 
mineralischen  wassern.    Paracelsüs  2, 177*. 

ERZISCIIEN,  sibilum  elfundcrc,  sprülwn: 

selbst  die  gehaltene  fackel  erzischt  in  bethränendem  dampfe. 

Voss. 

ERZITTERLICH,  quod  tremere  facti:  davon  prediget  uns 
der  königlich  prophet  David  mit  ganz  ernstlichen  und  erzit- 
terliclicn  Worten.    Scuerers  wundsegcn  J  l'. 

ERZITTERN,  contremere,  erbeben:  sold  ich  alle  die  bcraffcin, 
die  für  mein  haus  anhin  farcn  mit  den  wägen,  das  die  wend 
erzitteren.  Keisersberg  Aäs/m  dd  3' ;  vor  welchem  dunnerschlag, 
blixen  und  grüselichem  uszspruch  sie  sich  erzitteren  und 
erbidmen.  bilger  70*;  er  erzittert  ab  dem  tod.  schif  der  pen. 
123*;  fahen  an  zu  liegen,  das  das  erdrich  mücht  crzitern. 
icA.  undcrrwtl550  caf.  113;  do  erzittert  der  fuchs.  Steinhöwel 
£vop  1487,111*;  ober  die  herzogin  sähe  in  an,  all  ir  geblüt 
grissell  und  hub  an  zu  bideraen  und  zu  erzittern.  Aimongb*; 
horr,  da  du  von  Seir  auszogest  und  einher  giengest  vom 
fcldc  Edom,  da  erzittert  die  erde,  der  himel  trof  und  die 
wölken  truffen  mit  wasser.  richl.  5,4;  aber  mein  freund  steckt 
seine  band  durchs  loch  und  mein  leib  erzittert  da  für.  hohe- 
Ued  5,4;  die  helle  dninden  erzittert  für  dir,  da  du  ir  zu- 
gegen kämest.  Es.  14,9;  für  im  erzittert  das  land  und  bebet 
der  himel.  Joel  2,10;  erzittert  alle  einwoner  im  lande,  denn 
dnr  tag  des  berrn  kompt  und  ist  nahe.  2, 1 ;  sie  sollen  staub 
lecken  und  wie  das  gcwürm  auf  erden  erzittern  in  iren  löchern. 
Micha  7, 17 ;  da  erzitterten  ire  herzen  und  hendc.  Sirach  48,  21 ; 
und  ir  crzitter  leib  und  blut!    Scbrid  grob.  Vi; 

aber  der  geist,  der  mehr  ist  als  der  leib,  denselhigcn  freurt, 
derselbige  erzittert  und  erbidniet  (macht  beben)  den  ganzen 
leib.    I'aracelsur  1,  548* ; 

wenn  über  Kroxzes  gltick  du  groszcn  jubol  führ«!, 
»o  wird  der  klciiiHie  M\  dich  wiirtcliief  erschüttern, 
bewundrc  nirlitn,  ho  diirfot  du  niclit  iTiillcrii, 
«eoD  das  bewunderte  du  auf  rinm;)!  virlicr.tt. 

Kl.  ScuaiHT  br.  58; 

tifo  der  beld.  doch  Jenen  erzitterten  herz  und  kniee. 

11.  21,  114; 


von  lautem  kriegsgeschrei  erzittern  jetzt  die  zinnen. 

SCUILLBR  32'; 

vor  einem  wahn,  den  nur  Verjährung  weiht, 
erzitterst  du?     21"; 

die  stellen  zeigen  bei  dem  gegenständ,  der  zittern  einßöszt,  die 
praeposilionen  ab,  von,  vor,  für;  Klopstock  brachte  den  bloszcn 
daliv  auf: 

unter  den  mSchtipen  waffen, 
denen  die  himmel  erzittern,  in  niedrigen  staub  hinsinken. 

Messias  4,  198; 
eines  hecrs  gang,  welchem  die  tragenden  Felsen  erzittern. 

8,  127; 
der  Sehnsucht  wollust,  der  die  secl  erzittert. 

nöcKERT  yes.  gcd.  1,  115. 

man  verurrh.'ilc  nicht  damit  den  dat.  in  'mir  erzittert  das  herz'. 
ERZlTTEit.N,  H.  Iremor:  dasz  man  die  grausamkeiten  ohne 
erzittern  nicht  anhören  kann.  Picrot  1,  259 ;  denn  ihr  hüpfender 
busen,  von  keinem  ländlichen  halstuche  bedeckt,  war  ein  zu 
ungewöhnlicher  anblick  für  ihn  und  setzte  seine  nerven  in 
ein  fieberhaftes  erzittern.    Thümmels  IVV/Ae/minc  s.  28  (34) ; 

beuget  dem  herren  euch  mit  stummem  erzittern. 

HÜCKERT  215. 

ERZITTERUNG,  f.  dasselbe:  ich  lag  allda  auf  meidera  bauch 
wie  ein  geprellter  fuchs  mit  erzitterung  und  erbebung.  Simid. 
K.  56. 

ERZiTZELN,  exsngere:  wann  das  kalb  nicht  so  kräftig  ist, 
dasz  es  die  milch  herausziehen  oder  crzizeln  mag.  IIohberg 
S,  241*.  aus  der  zitze,  mamma  saugen?  Scumeller /lat  4,297 
zutzcin  und  3,  302  sutzeln,  suckeln.     5.  erzutzeln. 

ERZ  JUDE,  m.  fenerator  iniquus. 

ERZJUNGFRAU,  f.  gleichsam  archivirgo:  wie  jene  aus  dem 
haupte  des  Zeus  entsprungene  Athene  eine  strenge  erzjung- 
frau  war  und  blieb.    Göthe  33,  223. 

ERZKAMMER,  f.  wie  erzhaus,  erzhütte,  zur  bewahrung  des 
erzes. 

ERZKÄMMERER,  m.  archicamcrarius :  erzkemerer.  2  kOn. 
18, 17, 

ERZKANZLER,  m.  archicamcrarius. 

ERZKAPELLAN,  m.  archicapellanus. 

ERZKARG,  sordide  ararus. 

ERZKASTEN,  m.  arca,  cista  aeris. 

ERZKATHOLISCH,  slrengkalholisch :  schon  hatte  sein  erz- 
katholischer diener,  blasz  wie  der  tod,  das  verbotene  gericht 
auf  die  einsame  tafel  gesetzt.    Tuümmel  Willi.  56  (ss). 

ERZKAUF,  m.  vendilio  aeris,  kauf  oder  verkauf  des  rohen 
erzes:  in  erzkauf  geben,  liefern.    Hertwig  121. 

ERZKAUFSCHREIBER,  m. 

ERZKETZER,  m.  maximus  hacrelicus:  man  sol  die  Christen 
leren,  das  alle,  so  frembden  irrlhum  verteidingen,  nicht  allein 
für  ketzer,  sondern  auch  für  erzketzer  zu  achten  sind.  Lutheb 
1,17'; 

wie  sie  den  Luther  schmehcn,  fluchen 

ein  erzkntzcr,  schalk  und  böswicht.    II.  Sachs  II.  I,  8S'; 

nch  du  durchtriebner  lecker  fleuch! 

du  erzketzer,  schalk  und  böswichl, 

wer  hat  dich  also  abgcrichl?    111.  3,  81*. 

ERZKETZEREI,  f    .Stiei.er  955. 

ERZKETZERISCH:  du  liegest  (menliris)  als  ein  erzkelzeri- 
scber  böswicht,  von  fralris  Joannis  yascn  csel.  Ingolsl.  \h'o  hl.  fil*. 

ERZKIRCHENDIEB,  m.  macht  er  den  leib  und  blut  Christi, 
sü  raubt  eis  der  kirchen  als  ein  erzkiichendieb.  Lutber 
0,  87*. 

ERZKLANG,  m.  dangor  aerit: 

und  so  mag  des  lobens  erzklang 
durch  die  seolo  drohneu  1    Göths  5,31. 

ERZKLAUBER,  m.  der  erzstficie  aus  dem  grubengefalle  her- 
vorsucht. 

ERZKLUG,  callidissimus :  Solande,  der  an  sich  selber  ein 
erzkluger  gast  war.    jiol.  stockf.  2ü5. 

ERZKNAPPE,  wi.  fossor,  bergknappe:  erzknnpp  lilarijus.  «»r. 
1482  g  6',  rg/.  Diekenbach333';  erzknapp,  bergha« er.  FRiscni.iM 
243;  Schmelzer  oder  crzknappc.  Parachlsus  l,  46.%*;  Frey  jnr- 
tvng.  04*. 

ERZKNAPPIG,  terram  fodient:  dise  (würüe)  hiell  er  f(lr 
hcisziger  und  nnatoniieiiger,  als  der  Engellrnder  und  Spanier 
rrrknappigc  künigklein,  kalz  und  nidlzcnneisch.    Garg.  54*. 

EU/KNAUSER,  m.  erzgci-Juüs,  rrzkntrkrr. 

FIIZhWrSEREI,  f 

1  ll/KM('KKII,  f'i    «ir  (Tzknansrr. 


1097 


ERZKÖNIG  -  ERZNARR 


ERZNÄRRIN  — ERZRUF 


1098 


ERZKÖMG,  m.  archirex:  dieser  zeit  dieweil  und  der  erz- 
künig  Beier  in  Germanien  bei  60  jähren  regierte.  Aventis 
42  (43'),  der  überhaupt  zicölf  deutsche  ei-zkiinige  ansetzt. 

E [{ZK ORB,  m.  zum  fortschaffen  des  crzes. 

ERZKRITTELEI,/'.;  erzkrittelei  und  bonzenlist.  Kl.  Schhidt 
poet.  br.  54. 

ERZKRITTLER,  m.  morosus  censor. 

ERZKÜBEL,  m.  zum  fortschaffen  des  erzes. 

ERZKUCHE.N,  m.  altes  und  zerbrochenes  erzgeräth,  das  man 
verhandelt  und  umgieszt. 

ERZKUNDE.  /.  cognüio,  sdenlia  aeris. 

ERZKL'.NDIG.  aeris  peritus. 

ERZKÜNSTLER,  m.  faber  aerarius.    alchimist.  Rädlew  238*. 

ERZKL.NSTLER ,  m.  milk  artium  gnarus,  lausendkünstler : 
der  böse  feind  ist  ein  erzkünstler.  MoscoEnoscH  ehr.  verm.  49. 

ERZKLPPLERIN.  f  lena.    irrg.  d.  l.  127. 

ERZLAGER,  n.  Stratum  aeris. 

ERZLAGERSTÄTTE,  f  cubile  aeris. 

ERZLÄNGWEILIG,  maxime  molestus. 

ERZLASTER,  n.  maximum  scelus:  sich  in  allerhand  erz- 
laslern  henimb  wälzen.   Simpl.  courage  cap.  1.    Stieler  1059. 

ERZLECKER,  liguritor,  erznäscher.    Stieler  1105. 

ERZLIEDERLICH,  dissolutissimus. 

ERZLIEFERER,  m.  Schichtmeister,  der  das  erz  zuliefert. 

ERZLIST,  f  rersutia.    Stieler  1168. 

ERZLISTER,  m.  homo  versutissimus.    Stieler  1169. 

ERZLOTTERBUBE,  m.  spilest  und  doppelst  mit  ihnen  wie 
ein  crzlotterbube.    Mathesics  130'. 

ERZLÜGE,  »?i.  mendacium  apertum:  dasz  man  die  erzlögen 
mit  allen  fünf  fingern  greifen  kann.    Jucundiss.  I9t. 

ERZLÜGE.NHAFT,  mendacissimus :  wenn  es  überhaupt  mit 
aller  geschichte  viel  auf  sich  haben  sollte,  müste  unser  ge- 
schlecht nicht  so  ein  erzliigenhaftes  sein,  wie  es  leider  ist. 
ScnopENHACER  parerga  2,  320. 

ERZLÜG.NER,  m.  wer  sagt,  dasz  er  eine  redlichere  faust 
in  seinen  bänden  gehalten,  als  ich  jetzt,  der  ist  ein  erz- 
lügner.    Fr.  Müller  2, 119. 

ERZLÜMMEL,  m.  liomo  agreslis: 

als  kantor  seinen  erstgebornen,  einen  groszen 
erzlömmel,  der  zur  noth  die  bauembärte  schor, 
sich  zum  adjunct  ersah,  schlug  kantor  einen  bloszen, 
weil  pastor  widersprach.    Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  265. 

ERZLUMP,  wi.  Itomo  aljjectissimus :  wie?  der  lumpendocfor? 
der  erzlump?    Fr.  Mijli.er  2,101. 

ERZLUSTIG,  qui  est  profusa  hilarilate. 

ERZMACHER,  m.  i)  aeris  dator:  wollen  wir  heule  dem 
reichen  gott,  dem  rechten  erzmacher,  und  seinen  gaben  zu 
ehren  vom  bergwerk  reden.    Mathesius  1562.  314*. 

2)  so  nennen  die.  berglcute  auch  einen  erzgewährenden  hauplgang. 

ERZMACHT,  f.  imperium  maximum,  hauptmacht,  groszer  slaat. 

ERZMA.NN,  tn.  fossor,  metallicus,  bergmann:  als  der  mar- 
casit,  der  ist  schön  und  glitzet  wol,  dasz  der  erzmann  nicht 
anders  mag  erdenken,  da  sei  nichts  dann  gold,  so  ers  in 
das  fewr  bringt.    Paracelsls  1,  209'. 

ERZMA.N.N,  m.  gleichsam  archihomo:  ist  ein  pricster  nicht 
ein  erzmann,  ein  mann  aus  höherem  chor?   Hippel  6,90. 

ERZM.VRSCHALL,  m.  archimariscalcus. 

ERZMASSE,  f  ingens  aeris  copia,  groszes  erzstüdt. 

ERZMEHL.  fi.  fein  gemalenes  erz. 

ERZMEISZEL,  m.  celies. 

ERZMI.NE,  f  fodina  aeraria.    Stieler  1278. 

ERZMITTEL,  n.  der  theii  des  erzlagers,  welcher  abbauwürdige 
beslandtheile  mü  sicJi  führt,  ist  er  mit  grubenhauen  so  geöfnet, 
dasz  man  das  vorkommen  der  erze  sehen  und  überblicken  kann, 
so  nennt  man  ihn  aufgeschlossenes  erzmiltcl.  Schecchexstuei.  69. 

ERZMORDER,  m.  maximus  honiicida:  er  wehret  einem  erz- 
mörder.    Llther  3, 14S'. 

ERZMÜHLE,  f  eine  Vorrichtung,  worauf  erze  zwischen  zwei 
mühlsteinen  zu  grobem  sande  zermalmt  werden. 

ERZMUNDSCHENK,  m.  archipincerna. 

ERZMUSTER,  n.  Christus  sol  das  crzmuster  unsers  lebens 
sein.  Mei  A>ciiTnox  scndbr.  an  einen  Kartheuser.  Willenb.  1524.  bL  2. 

ERZMUTTER,  f  erd  und  sieinart,  worin  sich  erz  erzeugt. 

ERZMUTTER,  f  gleichsam  archinuüer,  Stammutter:  Sara,  die 
heilige  erzmutier.    Luther  3,314*.     *.  erztaler. 

ERZMUTZ,  m.  scorlum,  jyro^libulum,  erzhure.    Stieier  1315. 

ERZNARR,  m.  homo  inei4issintus,  bis  stultus:  sie  werden 
doch  ihren  vater  nicht  zu  einem  erznarren  machen.  Lessihc 


1, 250 ;  er  ist  ein  erznarr,  herr  gevatler  Schulmeister.  Fr. 
Müller  1,  254;  der  erznarr  .Mephistopheles  hat  ihn  mit  gewalt 
meiner  räche  entzogen.   2,  2. 

ERZ.NARRIX,  f  die  erznärrin  ist  in  dich  Tsrliebt.  Güthe  19, 81. 
ERZNÄSCHER,  m.  liguritor. 
ERZNÄSCHERIN,  f 

ERZNEI,  /■.  mediana,  früher  ßr  arznei,  ine  schon  mhd.  erzenie 
und  ai-zenie  schwankten  : 

die  erzenie  künden,  den  böl  man  riehen  solt.    Kib.  254, 1  ; 
swaj  so  din  swpster  Isöt 
von  erzenie  hat  gelesen.    Trist.  178,  39; 
s)in,  wiltu  erzenie  nemen, 
ich  wll  dich  leren  einen  tranc.    Winsbeke  14,  1 ; 
nhd.  hört  ir  iemans  der  erznei  wöll  pflegen,    fastn.  699,  8; 

mit  seiner  erznei  hat  er  ertot  manch  und  pratTen.  59, 1 ; 
ire  frucht  wird  zur  speise  dienen  und  ire  blelter  zur  erznei. 
Ez.  47, 12 ;  die  erznei  kompt  von  dem  hohesten.  Sir.  3S,  2 
{doch  Tob.  6, 6  arznei) ;  der  spruch  ist  auch  die  lebendige 
erznei  gewest  meines  hcrzens  in  meiner  anfechtung.  Lcther 
3,  72" ;  und  sol  niemand  dazu  thun,  kein  erznei  noch  mensch- 
liche hülfe  dazu  komen.  6,63*; 

eim  knaben  grawt  für  der  erznei, 
das  nicht  ein  wermut  drunter  sei.    Lobwasser  Cal.  73. 
Dasyp.  und  .Maaler  schreü>en  ohne  umlaut. 
ERZNEIEN,  mederi: 
den  weist  zu  uns,  den  wöI!  wir  erzneien.    fastn.  699,  11; 
den  wil  ich  erznein,  das  er  mir  musz  danken.    753,  3; 
wie  man  den  leib  erzneien  sol.  Ortolfs  arzneibuch  5*;    zum 
ersten  leugt  er,  das  ich  der  kirchen  den  köpf  wolle  abhauen 
und   darnach  den  cörper  erzneien.    Lcther  3,376';    aber  es 
ist  umbsonst,  das  du  viel  erzneiest,  du  wirst  doch  nicht  heil. 
Jer.  46.  II. 

ERZNIERE,  f.  nierenßrmiges  erzslück. 
ERZOFEN,  m.  ofen  zum  schmelzen  der  erze. 
ERZÜRNEN,  begegnet  hin  und  wieder  für  erzürnen  in  transilirem 
wie  intransitivem  sinn,  z.  b.  in  späteren  ausgaben  von  Lcthers 
bibel,  die  von  1545  liest  immer  erzürnen;  bis  zuletzt  die  jung- 
fraw  höchlich  erzürnet  ward,  buch  d.  l.  2S7, 4.  292, 3 ;  herzog 
Beve  ward  erzörnet.    Aimon  cl*; 

ein  flusz,  der  oft  erzörnt  aus  seinem  ufcr  drang 
und  wagen,  mann  und  pferd  in  wilde  Strudel  schlang, 
vermerkt  sich  unverhoft  gezähmt  durch  dämm  und  brücken. 
Orollimgeii  S4. 
ein  unpersönliches  'ime  erzornete  daj'  liest  man  schon  bei  Sper- 
voGEL  MSF.  30,8. 

ERZPFALZ,  f  palatinatus  Rheni.    Frisch  1,232*. 
ERZPHANTAST,  m.  erznarr.    Kant  3,  89. 
ERZPI.NSEL,  m.  was  erzeinfaltspinsel. 
ERZPLAGE,  f  miseria  miseriarum. 

ERZPLAUDERER,  m.  homo  garrulus,  plauderlasche:  Cosme 
hat,  unter  seinen  andern  guten  eigenschaften,  auch  die,  dasz 
er  ein  erzplaudcrer  ist.    Lessixg  7,  2S2. 

ERZPOCHER,  ffi.  qui  frangit,  comminuit  aes:  ein  armer 
bergmann,  sinker,  haspelzieher,  Schmelzer  und  hültcnarbeilcr. 
Mathesius  7*. 

ERZPOETE,  m.  archipoeta.    de  generib.  ebrios.  151, 18. 
ERZPRACHER,  m.  mendicabulum.    Stieler  146S. 
ERZPRAHLER,  m.  homo  vaniloquus,  praldhans. 
ERZPRIESTER,  m.  archipresbyter,  it.  arciprete,  sp.  arcipreste: 
mhd.  dö  sin  erzpriester  gestarp.    Bo».  98,  8. 

nhd.  voc.  14S2  g6';  für  flamen  im  Livius  bei  Rihel  19. 
ERZPROBE,  f  exjtloratio  aeris. 
ERZQUASER,  crapulosus.    Stiei.er  1489. 
ERZQUETSCHER,  m.  ein  werkzettg  der  bcrgleute.  Mathesius 
1502,  196*. 

ERZRECHT,  plane  magnus:  aber  es  ist  ein  erzrechle  abe- 
güllerci.    Luther  3,  205,  eine  ausgemachte,  völlige. 
ERZREICH,  diies  aere. 
ERZREICH,  ixrdives. 

ERZRING,  fcrreus  anulus.    Tae.  Germ.  31: 
man  sagt  wol  von  den  Kalten, 
sie  legten  erzring  an, 
bis  sie  gelöst  sich  hatten 
mit  einem  erschlagnen  mann.    Uhlakds  ged. 

ERZROST,  m.    ummauerter   räum   zum  aufschüUen  der  ene 
mit  kulden  oder  brennholz. 
ERZRUF,  m.  vox  aerea: 

keine  höhre  lust  mir  wissend, 

als  den  erznif  der  trommele, 

Schilder  in  der  sonne  spiegelnd, 

feinde  auf  der  grünen  ebne.    Tjkck  I,  30. 


1099   ERZSANDSTREUER  — ERZSTÜFE 

ERZSANDSTKEl'EU,  «».  gleichsam  arrliiarenarius :  Georg  II 
von  England  lialle  ibn  {könig  Friedrich  Wilhelm  von  Prcuszen) 
immer  nur  des  heil.  röm.  reicUs  erzsandslreucr  genannt. 
BiiCKKBS  u\'ltg.  10,  3ül. 

ERZSATZ,  m.  eine  beim  ausschmclzen  zugesetzte  erzmasse,  vgl. 
erzpicht. 

EUZS.\TYR1SCH :   ein  erzsatyrischer  zug.    Lessing  10,84. 

ERZ.SAU,  f.  mtilicr  spurcissima. 

ERZSÄUFER,  m.  potulor  maximus,  golh.  veinnas. 

ERZSCHARHALS,  «i.  ararus,  geizhals:  weil  ich  all  mein  Ich- 
tagc  gern  um  solche  erzschaheliiilser  gewesen.  Jucundiss.  128. 

ERZSCHACHT,  m.  seclura  aeraria. 

ERZSCHADE,  m.  ruina,  hauptschade.    Stieler  1704. 

ERZSCH.\LK,  m.  nebulo,  vetcrator: 
du  erzscbalk,  prabentreiber  und  leislrotcr.    fastn.  254,25. 

ERZSCHANDER,  wi.  nequissiimts  convicialor.    Stieleb  1731. 

ERZSCHATZMEISTER,  ardtUhesaurarius. 

ERZSCHAL'M,  w.  palea,  spunia  acris,  ichlackcn  auf  dem 
schmelzenden  crz. 

ERZSCHEIDER,  m.  scparalor  acris.    Mathesius  ir)62.  314'. 

ERZSCHELM,  m.  was  erzschalk:  du  stücke  von  allen  erz- 
schehncn.  Weise  erzn.  293;  erzschelni  und  ruchloser  höse- 
wicht.  die  eines  mannes  467;  den  zauhcrer,  den  erzschelm 
fangt  mir!  Fr.  MiJLLER  2,  79  ;  o  du  erzschelm,  fürchtest  keinen 
gott  im  himmel.    Arnim  schaub.  2,327. 

ERZSCHELMEREI,  f.  ein  launiger,  drolliger  cinfall,  voller 
gutimitigen  crzschelmerei.    Sturz  1, 96. 

ERZSCHE.NKE,  m.  archipinccrna.    2kün.  18,19. 

ERZSCHICHT,  /.  so  vici  erz  binnen  24  stunden  ausgcschmolzcn 
werden  kann. 

ERZSCHLACKE,  f.  melalli  scoria. 

ERZSCHLÄGER,  m.  homo  pugnacissimus.    Stieler  isil. 

ERZSCHLECKER,  m.  phago,  gourmand.    Stieler  1830. 

ERZSCHLEICHER,  m.  Simulator  calliJitsimus.    Stieler  1S33. 

erzschlich,  m.  ausgepochles,  ausgcquetsclUcs,  ausgcschlcmmtes 
crz.     s.  schlich 

ERZSCHLCMPER,  m.  laccrnalus,  jmnnosus,  schliukschlank. 
Stieler  1S28. 

ERZSCHMEICHLER,  m.  palpalor,  blandUor. 

ERZSCHÖiN,  pcrpulcJicr :  ein  erzschön  hüchicin.  Carg.  121*. 

ERZSCHREIN,  ni.  archiscrinium :  der  fruchll)riiigen(len  ge- 
sellschafl  ältester  erzschrein,  hcrausg.  von  G.  Krause.  Leipzig 
isrjs. 

ERZSCHREINHALTER,  m.  Stieler  741 :  beständiger  sccretair 
oder  erzschreinhalter.    J.  P.  Filiel  10. 

ERZSCHRItT,  f.  lilerae  aereae: 

in  erzschrift  sei  gegraben 
eur  preis,  dasz  ihn  kein  niund  der  z(Mt  bezwinge. 

itÜCKKRT   132. 

ERZSCHÜFT,  m.  nequam:  diese  Untersuchungen  führten 
mich  zu  dem  äuszerst  interessanten  erzschuft  Josephus,  der 
eine  wahre  sciialzgruhe  für  das  macedonische  Syrien  und 
Ägypten  ist.    Niebuiirs  leben  2,  329. 

EltZSCHl'RKE,  »M.  princeps  flagitiorum. 

ERZSCHWÄTZER,  n.  garrulus: 

0  weh !  crzschwätzcr,  geh !    Stolberg  14,  24. 

ERZSCHWELGER,  m.  lulluo. 

ERZSCHWER,  gravis  aere. 

ERZSCHWERT,  n.  ensis  aenus. 

ERZSI'ASZ,  m.  jocus,  nugae. 

ERZSPASZVOGEL,  m.  homo  joculnris.    Sturz  1, 116. 

ERZSPIELER,  m.  alcalor. 

ERZSPITZRI  RE,  m.  was  erzschelm. 

ERZSPITZRLBI.N,  f.  meine  himmlische  crzspitzbübin  hier 
kann  einem  mann  «schon  gut  sein.    J.  P.  herbslbl.  3,  06. 

ERZSTAND,  m.    die  drei  erzstSnde  der  Christenheit. 

ERZSTÄNKER,  m.  homo  rixae  amanlissimus.  rockenph.  6,  96. 

ERZSTARRENÜ,  aerc  rigens: 
drei  erzutnrrende  thore,  gewaltige.    Vom  Orphetu  Arg,  898. 

ERZSTAER,  m.  pulvis  aerit. 

P^RZSTEIN,  m.  lajiit  aeraritu. 

F.RZSTII-T,  n.  archiepiscnjtalus. 

ERZSTOCKFISCH,  m.  homo  slulli^\imns,  sliprs:  ein  fiichs- 
rollier  crzstorkflKch.  wenn  ihn  der  herr  was  fragte,  hielt 
der  hurftrh  immer  nein  ohr  an  mich,  dasz  ich»  ihm  eiiiblasco 
•«•llle.    drr  a.  m.  im  Tnrkmti.  in. 

ERZSTL'FE,  f.  fruitum  lafiidis  oervfL 


ERZSTÜMPER  —  ERZT  ART 


1100 


ERZSTÜMPER,  m.  homo  imjyerüissimus.  Moser  jmtr.  ph.  3, 82. 
EKZSLNÜE,  f.  scclus  capitale. 

ERZSÜNÜER,  m.  mojnmus  peccalor :    vil    aber  machen  itzt 
aus  got  ain  erzsünder  und  stoszen  den  dorn  irer  sünd  dem 
unschuldigen  guten  got  in  den  fusz.  Franks  pura<ioxa  bl.  27 ; 
ui)t!'läu))ip:o  von  deinem  schlap, 
erzsiiiidtT,  die  niclits  zu  rülireii  vermag, 
die  wird  der  tciifel  mit  ewigen  quälen 
dereinst  so  klein  wie  piilvor  zermalen. 

Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  222. 

ERZT,  n.  aes,  eine  unnütze  formübcrladung.  ilenn  da  schon 
dem  einfachen  er  (==  golh.  ais)  ein  z  beigefügt  wurde  und  i-rze, 
crz  entsprang,  musz  das  nochmals  zutretende  t  lästig  ersclwinen 
und  ist  ohne  alle  analogie.  aucli  zeigt  es  sich  blosz  vom  U>  bit 
ins  18  jh.  und  grciß  nicht  durdi,  das  bessere  erz  behält  immer 
noch  die  Oberhand  und  herschl  endlich  wieder  allein,  hier  sind 
belege,  der  älteste  aus  IIacens  chmnik  bei  Pez  1,1096:  die  zeit 
das  arczt  auf  dem  Guttenberg  ist  erfunden;  miiiera,  mincrale, 
erczt.  vocab.  1429  bl.  18';  goltertzt  oder  erizt.  vocab.  1482  h4"; 
Luther,  Dasvpodics,  Fbisius,  Maaler,  Henisch,  Stieler  ent- 
halten sich  des  auslautenden  t,  auch  Mathesius,  bei  dem  man 
vor  allem  nachsieht,  schreibt  meislentheils  erlz,  doch  müuntir  dicht 
daneben  ertzt,  r.  b.  1,^62,112*  pleiertzt,  bleiertz  142',  crtz  143", 
die  armen  ertzt  löl'; 

das  ertzt  entfärbet  sich.    Fleiinc.  85; 

das  ertzt  verschleiszt  ffir  dir.    564; 

0  tbal,  die  well  in  erlzt  und  cedern  billich  schreibt. 

Lo(;au  1,  84,  47; 
bau  marmor,  ertzt  und  gold  zusammen.    GiJriTHER  186; 
kalk,  stein  und  ertzt  verbindet.    408; 
was  du  in  ertzte  wüst,  soll  auf  papicr  geschobn.    547; 
zu  dessen  blldung  man  ein  meer  voll  ertzt  vergosz.    008; 
im  marmor  oder  ertzt.    715; 
und  stahl  und  ertzt  und  blei.    718; 
in  stein  und  ertzt  zu  prägen.     102S; 

das  der  ton  des  holen  crtztes  überall  zusammen  ruft.    873; 

doch  steht  1015.1059.1068.1070  ertz  gedruckt;  in  begchung  des 

schwcfelerizts.    »?ie(/.  maulaffe  894 ;    kein  erlzt  wird  so  leicht 

wieder  wachsen.  899;  wie  schön  das  ertzt  im  lager  lag.  901; 

der  bunde  lauter  kämpf,  des  crztes  tödlich  knallen 

tönt  durch  das  krumme  tbal  und  macht  dcu  wald   eiscliallen. 

Haller  40; 
der  berge  reicher  Schacht  vergüldet  ihre  hörner 
und  färbt  die  wcisze  flut  mit  köniplicbein  erzt, 
der  Strom  flieszt  schwer  von  gold  und  wirft  ^'edlegne  körner, 
wie  sonst  nur  grauer  sand  gemeines  ufer  schwärzt.    50; 
{spii'(iclwand)  in  hellem  erzt.    IIagkdorh  I,  22; 
sein  donnernd  erzt  zermalmt  sie  schon.     Drollinger  2t ; 
wie  sich  ein  reiches  erzt  in  grauen  kittel  scbmiei(t 
und  scblecbter  Schwefelkies  mit  göldner  färbe  triegt.    82; 
und  wenn  in  deinem  kreis  der  sonnen  schwächro  krafl 
schon  keinen  demnnt  reift  und  deiner  klfiftc  safl 
zu  keinem  golde  kocht,  so  bist  du  doch  dargcgcn 
an  andern  erzten  reich.       83;  * 

0  dasz  doch  so  betöret 
der  mensch  sein  bestes  erzt  in  mordgcwehrc  kehret,    ebenda; 
sie  llocbt  mit  eigner  band  gerechter  sieger  kränz, 
verherlichte  für  sie  das  erzt,  des  marmors  glänz. 

LicHTWKR  reclil  der  vernunfl  72; 
so  giengs  der  ersten  well, 
bis  willer  die  natnr  das  laster  sich  empörte 
und  sich  der  Zeilen  gold  in  erzt  und  eisen  kehrte.    62; 

das  grubenlirht  streuet 
seine  zitternden  stralen  durch  unterirdische  dämpfe 
freudenlos   um   ihn    {den  brrgmnnii)  herum  und  zeigt  ihm  die 

nimmeriiden  erzlc, 
die  er  mit  schwerer  unsäglicher  mühe  geduldig  heraus  haut. 

/.acrariä  Ingsti'ilvn  17S7.  «.  94; 
eine  treulose  wand  schieszt  ein,  begrübt  ihn  im  erite. 

elirniia; 
in  marmor  und  erzt.  Winkelhann  1,  28;  Prologenes,  welcher 
in  erzt  arbeitete.  4,  31 ;   wagen  von  erzt.  4, 33  und  so  durch- 
gänijiq  bei  ihm.  nur  in  band  (\  steht  crz;  die  schienen  von  erzt, 
die  silberne  nahe.    Lessing  6,  4C6; 

und  die  stimme  des  menschen,  vor  allen  snilen  und  enten 

unerscliöpflich,  die  milchtigstü  herscberin  ober  die  honen. 
Mesniiis  i:>,  1017; 

glühend  erzt  war  »ein  fusz.    20,  733; 

strenges  gesetx  grub  ich  mir  «in  in  enl.    Klofstock  %  43; 

ninde.H  gefUsz  von  erzt  (:  ge.schwftnl).    Wiiund  |S,  191. 
manche  urchsettrn  nach  bequcmlichkril  des  reims  mit  beiden  formen, 
zuletzt  /(>«:  man  die  hartklinijende  giinz  falirrn. 

ERZTAIIT   fitr    erznrt  schrrilit  Ka»tnkr  in  seiner  Übersetzung 
der  abh.   der  schurd.   akadcmie   13,  293.   16,  38. 


1101 


ERZTAUCIIER  —  ERZUNFLAT 


ERZUNSITTE  —  ERZÜRiNEN 


1 1 02 


EnZTAüCHEU,  m.  colymbus  urinalor. 
EllZTAüGEMCHTS,  m.  Iwmo  nullius  frugis.    Pierol  3,  54. 
EßZTEN,  iicrcus:  erztenc  schusseln.   Lohenst.  Arm.  1,17; 

hier  fliegt  der  tod  aus  erztnen  röhren. 

Chr.  E.  von  Kleist  sehnmicht  nuch  ruhe  xtr.  4. 
erster  druck  (Godeke  d.  dicht.  1,609'), 

spätere  ausg.  haben  ehrnen.     nhd.  gab  es  vier  formen  für  aereus : 

ehren,  ehern,  erzen  (erzin),  erzten. 

EHZTEUFE,  f.  bergmännisch  für  erztiefe,  mit  dem  diphlh.  des 
ihd.  tiufi  profunditas. 

ERZTEEFEL,  m.  archidiabolus :  der  erzteufel,  der  zu  Mühl- 
haiisen  regiert.  Luther  1,124";  aber  diese  gesellen  mnsten 
die  rechte  hohe  erzteufel  sein,  die  mir  eitel  brot  und  wein 
gaben  und  lieszcn  michs  hallen  für  den  leib  und  blut  Christi. 
6,  lOS";  mit  weiblichen  erzengeln  und  männlichen  erzteufeln. 
J.  P.  Fibel  rorr. 

ERZTFEST,  was  erzfest: 

die  des  Verhängnisses  erztfeste  Schlüsse  stören. 

LoiiENSTEiN  tbrak.  20,  532. 

ERZTGRUBE,  f  was  erzgrubc: 

wie  man  dergleichen  wol  in  den  erztgniben  schawt, 
da  man  die  schachten  stracks  mit  hölzern  nntorbawt. 
Werders  .Ir.  II,  3S. 

ERZTHEIL,  ERZTHEILCIIEN,  m.  n.  particula  aeris. 

ERZTHOR,  n.  porla  aerea,  ferrea. 

ERZTHCRER,  m.  für  erzhurer.    Lohenstein  Ibrah.  4. 

ERZTÖLPEL,  m.  Iwmo  rusticus. 

ERZTRENKE,  m.  archipiucerna,  trenk,  Irenke  gebildet  wie 
schenk,  schenke:  des  herrn  Pantagruel  obersten  lüffelrefor- 
mierer,  erb  und  erztrenk.    Fischakt  groszm.  titel. 

ERZTROG,  m.  alveus  aeris.  Mathesiüs  1502,196';  ärztrög, 
mit  tragend  sie  auf  den  achslen  aus  den  schachten  oder 
Stollen.    Beciiius  Agricola  118. 

ERZTROPF,  m.  homo  sluUissimus,  stipes:  der  erztropf  hätte 
jetzt  noch  einmal  mit  ehren  sich  herausziehen  können.  Pesta- 
lozzi 3,  US. 

ERZTROPFE,  m.  tropfendes,  rothgültiges,  ins  gestein  einge- 
sprengtes erz. 

ERZTRUCHSESZ,  m.  archidapifcr. 

ERZTRUHE,  f.  was  erzhöhle. 

ERZTRUMM,  n.  fragmenlum  aeris:  wenn  man  in  jeder  schiebt 
befürchten  nuisz,  das  dürftige  erztrumm  zu  verlieren.  Hum- 
boldt gasarlen  14. 

ERZTÜCKE,  f  facinus  maliiiosissimum. 

ERZTÜCKLELN,  n.  dasselbe:  ich  meine,  das  sei  ein  recht 
erztücklein  und  das  allerreisigst  stiicklein,  das  mir  der  leidige 
teufel  Leweisen  können.  Luther  3, 335*.  kaum  zu  schreiben 
erzstücklein,  sciton  weil  stücklein  folgt. 

ERZTüGEND,  f.  virtus  cardinalis,  haupttugend: 
die  Weisheit  ist  ein  erzetugent.    Hing  28',  4. 

ERZU  für  herzu :  das  sich  der  teufel  mit  all  seinen  engein 
flugs  erzu  findet.    Luther  6,  343'. 

ERZÜCKEN,  stringere:  rant  einen  ritler,  der  hiesz  herr 
Fockert  mit  erzucktem  schwert  an.  Aimon  cl';  lief  er  Ru- 
landen  mit  erzucktem  schwert  an.  ql";  er  rant  Yonet  mit 
erzucktem  schwert  an.  El',     vgl.  erziehen  1. 

ERZUMPANZERT,  xn^-^oxircor,  11.  2,  438. 

ERZUMSCHIENT,  dasselbe. 

ERZUMSCHHIMT,  dasselbe.    IL  1,  370.  2, 103. 187. 

ERZÜiNUEN,  accendere,  incendere,  vgl.  entzünden  und  den 
Wechsel  zwischen  erwachen,  entwachen. 

»n/irf.  dc)  si  den  hoch  gemuoten  vor  ir  stende  sach, 

dö  erzunde  sich  sin  (besser  'ir')  varwe.    Nib.  291,2; 

wie  einer  l'rowcn  süejcr  munt 

einen  niiiine  gernden  man 

mit  lit'izcn  wunne  erzünden  kan.    Licutenst.  658, 2 ; 

n/i(/.  die  minn  mich  serc  hat  erzund 

inniklich  iti  meins  herzen  grund.    fastn.  775,  13; 

ein  gröszer  feur  on  zweifei  sich  crzundet  helle.  Luthers  br. 
1,512;  mein  zorn  sol  sich  erzünden  über  das  ort.  F'rank 
clirnn.  5o';  und  so  es  solf  verhalten  werden  mit  gewalt,  so 
hfils  der  Inft  dermaszcn  erzündi  und  erwildet,  dasz  es  liinder 
sich  lauft.  Paracklsus  chir.  sehr.  310';  so  eiv.ündet  sie  den- 
noch sein  herz  dermaszen,  dasz  er  von  stund  an  ihnen  auf 
dem  fiisz  nachfolgt.    Amadis  350. 

EUZIjNFLAT  (crzünllal).  m.  homo  spurcissimus :  daher  man 
ein  sciilammigen  tropfen  oder  ungewaschen  maul,  der  ums 
bauchs  willen  garstige  und  lose  possen  reiszet  und  mit 
schamparn   unfleligen   werten   losen   leulen   ein   frcud  oder 


gelechter  machen  wil,  ein  scurram  und  rechten  crzunflat 
nennet.    Mathesius  98'  =  1562, 152'. 

ERZUNSITTE  (erzünsitte),  f.  turpitudo,  immodestia :  nun  erst 
fühlte  der  geistliche  herr  die  erzünsitte,  dasz  der  Jakob  sich 
beigehen  liesze,  einen  echt  christlichen  churfürstlich  säch- 
sischen Superintendenten  mitten  in  Lauchslädt  so  weltlich 
herein  trällern  zu  wollen.    Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  148. 

ERZUNTUGEND  (erzüntugend),  f.  maximum  vitium: 

tausendmal  hab  ich  ihn,  söhn,  an  die  erzüntugend  erinnert I 

Luise  1,  518. 

ERZÜRNEN,  ahd.  irzurnan,  mhd.  erzürnen. 

1)  irritare,  reizen,  aufbringen:  David  ward  fast  erzürnt  über 
in.  Keisersb.  s.  rf.  wi.  30";  der  bossalirer  ist  auch  der  capellan 
in  dem  haus,  was  der  junkherr  und  die  frauw  sagen,  so 
sprichet  er  allwegen  ein  wenig  danach  {sein  amen  dazu),  er 
erzürnt  niemans  [verletzt  keinen),  spricht  der  junkherr  'es  ist 
kalt',  er  antwurt  'es  ist  gefroren',  spricht  er  dann  'mir  ist 
heisz',  er  spricht  'ich  schwitze'.  32';  wer  do  wil  wissen  wer 
er  sei,  der  erzürn  allein  seiner  nachbauren  einen,  der  sagt 
es.  3S" ;  wievvol  in  die  schützen  erzürnen  und  wider  in  kriegen. 

1  Mos.  49,  23 ;  gedenke  und  vergisz  nicht,  wie  du  den  herrn 
deinen  gott  erzürnetest  in  der  wüsten.  5  Mos.  9, 7 ;  durch 
die  grewel  hat  er  in  erzürnet.  82, 16 ;  darumb  das  sie  Ire 
haine  gemacht  haben,  den  herrn  zu  erzürnen.  1  kün.  14,16; 
umb  des  reizens  willen,  damit  du  erzürnet  und  Israel  sün- 
digen gemacht  hast.  21,  22 ;  und  trieben  böse  stücke,  damit 
sie  den  herrn  erzürneten.  2  kön.  17, 11 ;  aber  da  unsere  veter 
den  gott  von  hiinel  erzürneten.  Esra  5,12;  und  sie  erzür- 
neten in  am  hadderwasser.  ps.  106,  32;  denn  sie  haben  mich 
erzürnet,  spricht  der  herr.  Jcr.  4, 17;  auf  das  ir  mich  ja  wol 
erzürnetet  durch  ewr  hende  werk.  25,7;  und  über  einem 
unverstendigen  volk  wil  ich  euch  erzürnen  (goth.  ik  in  aljana 
izvis  brigga  in  un})iudös).  i?öwi.  10, 19 ;  nu  hell  der  graf  den 
Reimuud  gern  gefragel,  wer  Melusina  were,  da  besorget  er 
den  Reimund  daran  zu  erzürnen  und  liesz  es  auch  da  stehen. 
buch  d.  l.  206,  3 ;  auf  jemand  erzürnet  w  erden,  pers.  rosenlh. 
7,  4 ;  darauf  wird  der  vater  erzürnet.  7,  20 ;  zu  ihren  erzürn- 
ten ellern  hatte  sie  das  herz  nicht  wieder  heimzukehren. 
Simpl.  2,  40 ; 

den  könig  haben  sie  erzürnt,  nicht  mich.    Schiller  2.V2''. 
man  gebraucht  erzürnen  auch  von  sachen  oder  Verhältnissen: 

sein  {des  Imbes)  kunstbau  lehret  mich ,  dasz  kein  erzürnt  Ver- 
hängnis 
ihn  mir  zur  strafe  gab,  zu  meines  geists  gelängnis. 

LicuTWER  recht  der  Vernunft  49; 
das  erzürnte  meer.    Gökingk  3,  HO; 
erzürnte  fluten  brausen 
tief  unter  morschem  steg.    Mauhisso!». 

zumal  bemerkenswerth  ist  die  anwendung  auf  erkrankte  gliedet 
und  wunden,  gleich  dem  lat.  irritare,  exacerbare:  wer  (wäre) 
die  wund  erzürnet,  so  nim  guten  weiszen  wein.  ...  so  wirt 
die  wund  wider  lügenhaft.  Gersdorf  32;  und  ist  demnach 
des  gliedwassers  schwam,  und  hat  der  mensch  schmerzen, 
dann  ob  er  schon  im  greifen  nicht  wehe  thut,  so  thut  aber 
doch  dem  kranken  das  glied  wehe  und  ist  rot  und  auch 
erzürnet  und  brennt  in  dem  kranken.    Würtz  34. 

2)  refl.  erzürne  dich  nicht  über  die  bösen,  ps.  37, 1;  erzürne 
dich  nicht  über  den,  dem  sein  mutwille  glücklich  fortgehet. 
37,  7 ;  anstatt  sich  leise  wieder  wegzuschleichen,  erzürnte  er 
sich  ohne  masz  darüber.  VViEr.AND  12, 192 ;  er  erzürnt  sich 
über  die  einen  und  vergöttert  die  andern.  31,279; 

gewaltig  sich  ob  eines  solchen  freveis 
erzürnt.  Lessikg  2,  321. 

3)  intr.  ir  seid  heule  abtrünnig  worden  ton  dem  herrn, 
das  er  heute  'oder  morgen  über  die  ganze  gemeine  Israel 
erzürne.  Jos.  22,  IS ;  wenn  du  sihest,  das  der  könig  erzürnet. 

2  Sam.  11,20;  wenn  sie  an  dir  sündigen  werden  und  du  er- 
zürnest. 1  kön.  8, 40 ;  da  erzürnet  Nacman  und  zoch  weg. 
2  kön.  5,11;  da  erzürnet  der  grimm  des  herrn  über  Usa. 
1  chron.  14,  10;  wenn  sie  an  dir  sündigen  werden  und  du 
über  sie  erzürnest.  2  chron.  6,30;  goll  möcht  erzürnen  über 
deine  stimm,  pred.  Sal.  5,  5 ;  aber  seine  söne  werden  erzür- 
nen und  grosze  beer  zusammen  bringen.  Dan.  11,10;  da 
Jonathas  solch  rühmen  höret,  erzürnet  er.  1  Macc.  10,74; 
als  nun  die  jungfraw  ihren  freunden  ihren  willen  entdeckt 
lialtc,  liengen  sie  schwerlich  an  über  sie  zu  erzürnen,  buch 
der  lu'be  252,2;  ab  diesen  Worten  erzürnet  der  ries  heftig. 
Amadis  126; 


1 103  ERZCRNUNG  — ERZWIDERTEUFER 


ERZWILD  — ES 


1101 


scherze  nicht  mit  groszon  bcrrn, 

die  art  leut  erzQruuu  gem.    arab.  sprichw.  48. 

4)  die  für  alle  bedcutungcn  vcrwandlen  praeposUionen  sind  ab, 
ob,  über,  auf,  um,  wegen. 

ERZCRNLiN'G,  f.  irrilalio:  ein  grosz  übel  und  erzürnung 
gottes.    AvENTiN  117. 

ERZLTZELN,  wie  erzitzeln :  das  das  kalb  an  den  düttcn 
nur  riechet,  aber  nicht  so  kräftig  ist,  das  es  die  milch  heraus 
ziehen  oder  erzutzelen  mag.    Sebitz  97. 

ERZV.\TER,  m.  palriardta  {worin  archi  sMieszl):  ir  menner, 
lieben  brüdcr,  lasset  mich  frei  reden  zu  euch  von  dem  erz- 
Tater  David,  er  ist  gestorben  und  begraben  und  sein  grab 
ist  bei  uns  bis  auf  diesen  tag.  aposlelg.  2,  29 ;  hier  sehen  wir 
sogleich  den  erzvaler  als  kricger  und  beiden.  Göthe24,  209; 
brauner  schweisz  rinnt  von  des  erzvaters  stirne.  Fr.  Müller  1, 7. 

ERZVÄTERLICH,  patriarchalis. 

ERZVEHFÜHRER,  m.  seductor  improbissimus :  der  richter 
will  den  Morio  schon  als  einen  erzverfübrer  verurtheiien. 
Lessixg  4,  410. 

ERZVERLEL'MDER,  m.  calumniator.    Stieler  1152. 

ERZVERLUST,  m.  decremetitum  aeris,  abgang  an  erz  bei  der 
Verarbeitung. 

ERZVERRÄTHER,  m.  prodilor  improbissimus: 
die  erzverräther  wachen, 
wir  schlafen  sicher  ein.    sie  suchen  unscrn  tod. 

Grvphils  1,  13; 
der  erzverräther  wälzt  sich  schon  vor  deinen  füszen.    1,  2C7. 

ERZVERSCHMITZT,  callidissimus.  Meier  von  Ksohw  fabeln  121. 

ERZVERSCHWENDER,  m.  hämo  profusissimus. 

ERZVERSCHWENDUNG,  f   profusa  luxuries.   Stieler  1983, 

ERZVIELFR.\SZ,  m.  lurco  insaliabilis. 

ERZVIELFRASZLAPPSCHEISZIG,  Garg.  n",  i^.  läppe. 

ERZVOGEL,  m.  sceleslus  nebulo:  also  hatten  wir  auch  einen 
dergleichen  bei  unserm  regiment  und  zwar  einen  solchen 
abgeräumten  erzvogel  und  kernböswicht.  Simpl.  K.  295 ;  der 
eine,  w  elcher  ein  ausgelernter  erzvogel  war.  Felsenb.  2, 30 ; 
der  alte  erzvogel.    irrg.  der  l.  187. 

ERZWACKEN,  decerpere,  surripere:  erzwackt  in  der  fuths 
in  sein  klausen.  rfero//c»  M'ewencxrm/>ei  1530, 107';  nit  weniger, 
als  wenn  er  in  schon  erzwackt  bett.  Bocc.  1,  23'  (wo  aber  bei 
Steimiöwel  35, 10 :  nit  minder,  ais  bette  er  in  in  dem  ge- 
ricbten  lacze  gefangen); 

ob  ern  möcht  bei  dem  hals  erzwacken.    H.  Sachs  11.4,44*; 
wo  ich  nur  etwas  kan  erzwacken.    IIL  2,  2,  16G'; 
vermeint  ein  schusz  da  zu  erzwacken.    Ferber  N4*; 
dieselben  was  sie  da  erzwackten, 
flugs  in  ir  wassergscbirlein  stackten. 

FiscHART  flohalz  s.  822  (Sckeible) ; 

in  diesem  stuck  vergleicht  er  sich  mit  keim  fucbs,  dann  die 
fressen  von  kappen,  hünern  und  hcnnen,  die  sie  erzwacken, 
nimmermehr  das  weisz.    Garg.  241'; 

es  ist  auch  nicht  bestämlig,  auch  nicht  so  prosz  und  fein, 
was  man  also  unbändig  an  sich  crzwnckt  allein. 

DoMAN  in  MoRiiOFs  Unterricht  353. 

ri^.  abzwacken,  aufzwacken,  bezwacken,  abzwicken,  auf- 
zwicken. 

ERZWAGE,  f.  wage  zum  wigen  der  erzproben. 

ERZWAGEN,  abluere,  eluere: 

der  srhelm,  den  wir  haben  erzwagt, 

der  hat  uns  warlirh  wol  umbjagt.    Atrer  fasln.  4*. 

ERZWAND,  f  eine  anstellende  erzmasse  im  bergwerk. 

ERZWANG,  m.  extorsio:  wer  das  gebet  als  einen  erzwang 
in  hinsieht  der  Sachen,  die  er  bittet,  ansieht,  irrt  sich.  Hippel 
4,  ICS. 

ERZWANGIG,  xnlyonä^etoe : 

er  traf  dem  Eupeitbcs  des  heims  erzwangige  knppel. 

Od.  24,  523. 

ERZWECKEN,  intendere,  tpeclare,  bezwecken,  erzielen  tind 
ejleich  diesem  oß  auch  erreichen:  sie  kostet  ein  weniges  und 
erzwcckt  ganz  gewi«  apprtit  nach  etwas  besseren.  Lkssinc 
4,475;  so  war  bei  vieler  arbeit  immer  nur  etwas  einzelnes 
erzwerkt.  GiVriiE  55,199;  bessere  bedingungen  crzwecken. 

ERZWEG,  m.  renn  metallifira.    Stieler  2455. 

ERZWF.RK,  n.  opus  aerarium :  der  war  ein  mrislrr  im  erz, 
toi  Weisheit,  verstand  und  kunst  zu  erbeilen  allerlei  erzwerk. 
1  kirn.  7,14. 

EIIZWIDERTEI'FFR.  m.  archianalmfiliida :  da  sind  die  wider- 
teofer  aufs   newe   und  wUlcn  noch   iiner   mit   su   die   end- 


christiscbe  allen  crzwiderteufer,  die  durch  ire  eigen  werk 
sich  geteuft  haben  und  noch  teufen.    Luther  6,  276*. 

ERZWILD,  effrenalus:  das  ist  ein  erzwilder  mensch  dieser 
Vetter,  da  ist  nichts  darüber.    Falks  Joh.  von  der  OMee  l,  Ol. 

ERZWINDREUTEL,  ni.  vaniloquus. 

ERZWINGEN,  cxlorquere,  exlundere,  ahd.  arduingan  (Gbaff 
5,  273),  mhd.  ertwingen : 

ich  trouwe  an  im  ertwingen  beidiu  Hute  unde  lant. 

Nib.  56,  4; 
da  mit  ich  solde  ertwingen  die  vil  berlichen  meit.    59,  4; 
ich  wil  an  iu  ertwingen  swaj  ir  muget  hän.    109,  3; 
ich  wil  6i  sus  versuochen,  ob  ich  ertwingen  kan 
dich  mir  ze  einem  gisel.    228S,  3; 
rehten  erben  an  eriwungen.    Haipt  1,439; 
da;  mir  hie  unser  man 
ertwingen  wil  ein  reiger  an.    GA.  2,  164. 

nhd.  etwas  durch  gewalt  erzwingen,  durch  krieg,  durch  die 
walTen  erzwingen ;  geld  von  einem  erzwingen ;  seine  absieht 
erzwingen,  durch  zwang  erreichen ;  das  geständnis  einer  schuld 
erzwingen;  ihre  einwilligung  war  erzwungen;  wo  erzwingt 
solchs  der  text?  {wie  nölhigl,  zwingt  er  dazu?)  Luther  3,  70'; 
wie  die  wort  mit  aller  gewalt  erzwingen  und  helle  da  stehen 
und  sagen  'das  ist  der  kelch'.  7o';  erzwingets  nicht  der  text? 
75';  eine  grosze  summe  geldes  erzwingen.  Schweimchen 
1,222;  scblieszen  und  erzwingen  {durch  gründe  abnöthigen). 
//arniscA  138;  ich  bitte  aber  hieraus  keine  folge  zu  erzwingen, 
welche  der  ihme  so  theuer  gelohten  wolgewugenhcit  zum 
nachtheil  gereichen  möchte.  Rltschky  knnzl.  09;  nicht  dasz 
ich,  weil  meine  beständigkeit  den  sieg  darüber  erhaiiptet, 
einen  schlusz  ein  untadelhaftigcr  mann  zu  sein  erzwingen 
wolle.  655;  erzwungene  thränen;  erzwungnes  gclübde,  ver- 
sprechen; ich  kanns  nicht  erzwingen,  von  schwerer  ark'it; 

ich  nehme  mir  schon  kleid  und  kopfpuiz  aus, 
die  wette  wird  mir  mehr  als  dieses  bringen, 
mir  soll  gewis  der  nächste  hocbzeitschmaus 
der  damen  neid,  der  männer  lob  erzwingen. 

liAGEDOHH   2,  155; 

0  schweigt  gerechte  klagen ! 

ihr  werdet  nichts  erjagen 

als  dasz  ihr  mir  an  das  gedenkt, 

was  euch  erzwingt  und  mich  nur  kränkt. 

Rost  schnferg.  t09; 
ach  könnt  ich  auch  so  singen 
und  nur  von  Silvien  ein  fretuidlich  wort  erzwingen?    128; 
die  du  zur  gattin  dir  erzwangst.    Gotter  2,431; 
und  ein  scherz,  ein  einfall  kann 
uns  dein  lächeln  kaum  erzwingen?    Gökinck  2,41; 
ich  musz  die  luft  beim  sprechen  schon  erzwingen.    2,  1C5; 

die  beeiferung  hat  mir  etwas  erzwungen  {abgezwungen,  abge- 
nöthigl),  dazu  ich  wol  lust,  aber  keine  rechte  last  hatte. 
Rkiske  Thuc.  rorr. 

refl.  und  unpersünlich,  es  erzwingt  sich,  ergibt  sieh,  folgt 
nolhwendig:  auch  erzwinget  sich  daraus,  dasz  dieser  verstand 
zu  hallen  sei.  Luther  2,235'.  br.  2,309;  aus  den  worten 
erzwingt  sichs.  4,11';  darumb  erzwinget  es  sich,  das  die 
mutter  nicht  von  einem  man  must  schwanger  sein.  4, 124'. 

ERZWUCHERER,  m.  usurarius  iniftrobLtsimus. 

ERZWUNDER,  n.  niiraculum  miraculornm,  hauplwunder. 

ERZWUNDKRLICH,  difßcillimus:  ein  erzwunderlicher  kauz. 

f^RZZANK,  m.  lis  maxima,  hauptzank. 

ERZZÄNKER,  m. 

ERZZEIT,  f  seculum  aeris,  seil  des  crsgeräles,  der  ersvaffen, 
gegenüber  dn  cisenzeit. 

ES,  lat.  id,  golh.  ita,  ahd.  i;,  C;,  mhd.  <<;,  alts.  il,  nd.  it, 
ags.  hit,  engl,  it,  mnl.  nnl.  het,  allfries.  hit,  westfries.  et,  m>rd- 
fries.  hat,  vgl.  oben  sp.  CSO.  rechtfertigt  die  brechung  öj  kühne 
Schlüsse  auf  ein  vorangrgangnrs  6;a  für  \i,nf  dann  müste 
auch  alla;,  plinla;  ein  alla;a,  plinlaza  *=  i/o/A.  allata,  blin- 
data  ahnen  lassen,  wnijegen  doch  rinwdnde  gelten,  sehr  nach- 
theilig wurde  die  nhd.  eingetreinc  Verdünnung  des  v^  in  es  {wie 
mhd.  daj,  wa^,  bi;;,  alle/,,  blindej;  :i«  das,  was,  bis,  alles, 
blindes  verdarb),  wodurch  heillose  Verwirrung,  namentlich  mit  der 
genitivform  enls\irang,  wie  sich  hernach  unter  es  ■>=  ejus  ent- 
falten wird,  daneben  erscheint  im  15.  10  jh.  nicht  selten  noch 
die  volle  Schreibung  esz,  isz,  hin  und  wieder  die  überladen  ge- 
dehnte ehs,  ihs,  ilies  (j.  b.  weislh.  1,  5H1),  ehsz,  analog  unserm 
eimirführten  ihm,  ihn;  sogar  essz  hegegnH  und  trrstiirkteis  etz 
{i.b.  bei  SoLTAU  112.102),  wie  dilz,  salz,  schätz  <h/(T  iii/tiK/rnd 
hetzen,  setzen.  gendseUes  in«,  Ins  für  es  hi-rt  man  in  der 
WrIIrrnu:   mo  ins,  mag  es,  mags  sein;   ins  ras  wur  mm  ^  ist 


iio: 


ES     NOM. 


ES     NOM. 


1106 


ffo/jr;  ins  wills  firdig  brenge  =  es  {der  keil)  mlls  fertig 
bringen.  Stai.der  {nchweiz.  landeasjyr.  108)  gibt  glriches  ins,  inns 
nur  für  den  acc.  es,  nicht  für  den  nom. ,  Gotthelf  setzt 
ihns  n«r  für  betontes  es  im  acc.  von  fiersonen  (mädchen).  ges. 
sehr.  2,  342.  350.  354.  210  H.  0.  Bei  der  anlelwnng  treten  manig- 
fache  kürzungen  ein.  schon  mhd.  irli^.  dii;,  ör?,  wirj,  ir;, 
sie;  für  ich  c;,  dö  e?,  er  ez;,  wir  i-j.  ir  e?,  sie  ez;  mans 
für  man  es;  ich  hin;,  ich  hän;  für  icli  l)in  ej,  hän  e;; 
nim;,  scln-ip;  für  nim  e;,  schrip  ej;  est  /^«r  e;  ist,  wie 
d^st.  deist  /ür  da;  ist.  ntid.  ichs.  dus,  ers,  wirs,  ihrs,  sies; 
ich  bins,  ich  nehms,  schhigs  u.s.w.;  gibs,  nimms,  thus  für 
gib  es  «.  s:  w.  nach  parlikeln  ohs,  wenns  für  ob  es,  wenn 
es.  in  Volksliedern  auch  dasz,  bisz  für  dasz  es,  bisz  es,  wovon 
H11.DEBRAND  s.  309  stellen  beibringt.  est  /"(ir  es  ist  irird  nhd. 
gemieden,  dagegen  schwindet  der  anlaiit  in  sist  für  es  ist, 
welche  aphaerese  mhd.  unstatthaft  war,  in  den  verwandten  sprachen 
aber  noch  gröszeren  umfang  hat,  engl,  tis,  twas  (man  schreibt 
häkelnd  'tis,  'twas)  für  it  is,  it  was;  nnl.  tis  {geschrieben  'tis) 
für  het  is.  int  00g,  int  waler  {geschr.  in  't)  =  in  het  00g, 
in  het  water  entspricht  aber  itnsem  ins  äuge,  ins  wasser  = 
in  das  äuge,  in  das  wasser. 

Dasz  in  ila,  e;.  in  Jiata,  da;,  im  tat.  id  ein  dem  allata, 
blindata,  alla;.  blinda;  unmittelbar  identisches  dement  walte,  ist 
offenbar,  kann  aber  hier  nicht  näher  entfaltet  werden ;  dem  aus 
dem  acc.  in  den  nom.  vorgelrelnen  skr.  neiitrum  am,  lat.  um, 
gr.  ov  gleicht  das  slavisclie  0  (to  ist  J)afa,  da;),  von  vielfachem 
zusammentreffen  unseres  es  =  e;,  ita  mit  das  =  dasz,  dag, 
}iala  wird  die  folgende  abhandliing  zeugen. 

Dies  Wörtlein  es  erfüllt  heute,  gleich  dem  artilwl,  unsere  ge- 
sammte  rede  und  ist  allenthalben  anzutreffen,  sein  gebiet  hat  sich, 
wie  hernach  auseinandergesetzt  werden  soll,  durch  mischung  mit 
dem  genitivischen  scheinliar  noch  ei'wäterl.  im  ganzen  Ui.kil.^s, 
soviel  wir  dessen  noch  übrig  haben,  steht  ita  nicht  mehr  als 
siebzehnmal,  welch  ein  abstand!  einzelne  ahd.  denJimäler  geben 
freilich  gar  kein  e;,  wozu  ilirer  armut  da-  mechanisch  verdeutschte 
lest  nicht  anlasz  bot.  0.  U7id  N.  gewäliren  beispiele,  im  ganzen 
sparsame,  mhd.  hatte  sich  der  lebendige  gebrauch  langst  ent- 
schieden und  nirgends  war  der  ausdruck  mehr  zu  entbehren. 

\)  der  nominal iv  es. 

In  der  alten  spräche  ist  das  subject  des  satzes  entweder  durch 
das  nomen  selbst  oder  ein  pronomen  an  des.'sen  stalle,  meisten- 
theils  aber  durch  die  verbal flexion,  d.  h.  jenen  sie  bildenden,  lieim- 
lich  in  ihr  steckenden  pronominallhril  ausgedrückt,  das  dem  nomen 
überhaupt  eingeprägte  dreifache  geschlecht  bleibt  in  dieser  flexion 
nn geschieden ;  doch  parlicipia,  die  dem  verb.  .lubst.  einzelne  tem- 
pora  der  Vergangenheit  oder  zukunß  umschreiben  helfen,  nicht 
anders  ihm  zugesellte  adjectiva,  sondern  in  ihrer  nominalgestalt 
auch  die  geschlechter,  an  aniat  wie  an  amafur  id  nur  die  person, 
an  amatus  est  sowol  geschlccht  als  jicrson  bezeichnet,  möglich, 
dasz  späterhin  das  frei  vorstehende  particip  auch  ein  vorgeschobnes 
pronomen  heranführte,  z.  b.  das  romanische  cgli  k  amato,  il  est 
aime.  hier  ist  nun  das  geschlccht  zweimal,  an  egii  und  amato 
(il  und  aime)  atisgedrückt,  im  pracs.  egli  ama,  il  aime  nur  ein- 
mal, das  lat.  amat  und  amatur  lieszen  es  unangedeutel,  in  ama- 
tus est  genügte  einmaliger  ausdruck.  das  allmälich  dem  vevbum 
vortretende  pronomen  verhält  sich  wie  der  auch  vor  das  nomen 
rückende  artikel,  beide  gereichen  der  abgeschliffenen  oder  geschwund- 
nen  flexion  zu  hebet,  stütze  und  ersatz,  bieten  sich  aber  auch  zu 
feinen  nebenbestimm ungen  dar. 

Das  neutrum  {ovStze^ov)  ist  eigentlich  kein  wahres,  entwickeltes 
geschlecht,  sondern  nur  dessen  keim  und  andeutung,  diese  unbe- 
s^immlheit  macht  es  schmiegsam  und  die  beiden  andern  geschlechter 
zu  einigen  oder  vertreten  geschickt,  zwar  kann  es  auch  unaus- 
gedrückt  nelien  der  baren  flexion  .sich  sijntactisch  geltend  machen, 
doch  mehr  sagt  ihm  die  duszerlich  hervorgehobne  pronominal  form 
zu.  aus  diesem  grund  spielt  in  unsrer  sjirache  das  neutrum  und 
das  neutrale  pronomen  eine  grosze  rolle  und  erreicht  was  der 
älteren  nicht  in  solcher  weise  möglich  war;  romanisch  schadet 
gerade  das  erlöschen  der  ncutralform,  obgleich  sie  in  der  männ- 
lichen nachwirkt,  die  slavisclie  bedeutsamkeit  des  neutrums  ge- 
währt uns  wicliligc  aufschlüsse  und  bestätigungen. 

Wir  haben  zunächst  das  persönliche  es,  dann  das  unpersön- 
liche, das  erzählende  und  das  vor  dem  praedicativen  nomen  ein- 
tretende zu  untersuchen,  endlich  auch  die  analogie  der  demon- 
strativen pronomina  zu  erwägen. 

A)  persönliches  es. 

von  ihm  gilt  was  von  den  beiden  andern  personen,  mit  welchen 
tt  gleiche'  recht  vnd  gleichen  umfang  hat,  ein  nomen  desselben 
III. 


geschkchts,  worauf  sie  sich  bezielien,  musz  iltnen  unmittelbar  vor- 
ausgegangen sein  oder  in  der  nähe  stehn.  die  gothische,  wie  die 
lat.  und  gr.  spräche,  lassen  diese  persönlichen  pronomina  meistens 
weg  und  setzen  sie  nur,  wo  ein  nachdruch  darauf  fällt.  Matlh. 
7,25  liest  man:  jah  vaivöun  vindos  jah  bislugqun  bi  J)amma 
razna  jainamma,  jah  iii  gidraus,  ohne  ita,  was  sich  auf  razn 
bezöge,  wie  auch  in  der  vulg.  zu  noii  cecidit  kein  ea  im  bezug 
auf  domus  gefügt  sleld.  ahd.  heiszt  es  aber  T.  43, 1:  inti  bliesun 
wintä  inti  anafielun  in  tlia;  hös,  inti  i;  fiel,  bei  Lcther  : 
stieszen  an  das  haus,  da  fiel  es.  hier  sind  noch  andere  bei- 
spiele des  neutralen  nominativs:  oba  tha;  hös  wirdig  wirdit, 
thanne  quimit  iuwer  sibba  uhar  tha;,  oba  i;  wirdig  ni  wirdit, 
iuwer  sibba  zi  iu  wirhit.    T.  44,  S; 

wi/irf.  daj  vierde  dier  nin  evir  was, 

i j  naviti  isirne  cläwin.    Anno  237 ; 

was  entrinnet  iwerm  kriege, 

«5  üieje  oder  fliege?    Parz.  293,  4; 

lifj  pfert  er  sai, 

65  truoc  in  küme  fürbaj.    534,  18; 

wes  mac  sin  ors  da  biten, 

e;  ersirüclie  oucli  über  daj  runzit.    536,35; 

enphähent  daj  cleinople  hin, 

ej  meret  iuwer  magenkralt    Ir.  kr.  9206. 

nhd.  wan  ein  kind  etwann  unrecht  thut  und  man  es  fraget, 
warumb  hast  du  das  gethon?  es  fahet  an  leugnen  und  spricht 
ich  hab  es  nicht  gelhon  und  lügt  umb  forcht  willen,  dann 
es  forcht  man  schlahe  es  mit  der  ruten.  Keisersb.  s.  d.m.  25'; 

ein  Veilchen  auf  der  wiese  stand, 

gelifickt  in  sich  und  unbekaimt, 

es  war  ein  herzigs  veilchen.    Göthk  1,  ISO; 

die  weit  wird  nie  das  glück  erlauben, 

als  beute  wird  es  nur  gehascht, 

leis  auf  den  zehen  komrats  geschliclien, 

die  stille  liebt  es  und  die  nacht.    Scuiller  47*; 

und  so  zahllose  mal  allenthalben,  dies  es  haftet,  wie  sich  das 
rerbum  auch  drehe:  fiel  es?  Iruog  ü;  in?  fängt  es  an?  nur 
lied  und  erzählender  ton  gestatten  sich  seiner  zu  enthalten,  z.  b. 
Göthe  hätte  sagen  können: 

war  gar  ein  herzigs  veilclien. 
dichter   drücken   zuweilen   das   subject   vorher   schon   in  gleichem 
casus  namentlich  aus  und  lassen  das  pronomen  folgen. 

und  dein  äuge  wie  ists  7^»  dem  tode  gerüstet?    Wessi^s  5,  122; 

das  kind  es  denkt.    Gothe  1,  224; 

das  beer  es  kommt  gezogen.    1,  129. 

B)  unpersönliches  es. 

das  eben  besprochne  pronomen  war  auf  ein  schon  feststehendes, 
ausgemachtes  neutrum  gerichtet,  das  es  wiederholt  vorbrachte,  in 
lagen  die  für  jedes  geschlecht,  jeden  mimerus  und  für  alle  verba 
gelten,  allen  sprachen  sind  aber  auch  verba  eigen,  die  haupt- 
sächlich in  der  dritten  person  des  sg.  gebrauclU  werden 
und  wesentlich  ein  neutrum  neben  sich  erfordern,  durch  dies 
neutrum  soll  angegeben  werden,  was  sich  nicIU  näher  bestimmen 
läszt,  sei  es,  dasz  man  mit  dem  vollen  eigentlichen  ausdruch 
zurückhält  oder  ihn  überhaupt  nicht  wäsz,  unsie  spräche  setzt  als- 
dann zu  dem  verbum  ein  'es',  und  jedwedes  rerbum  im  gründe 
gehl  damit  in  einen  unjiersönlichen  begrif  über,  im  latein  genügt 
verben  dieser  art  die  blosze  dritte  person,  der  meislenlheils  kein 
neutrum  anzusehen  ist,  nur  die  mit  participien  geMdeten  prae- 
terita  können  der  neutralbezeichnung  nicht  entrathen,  also  z.  b. 
neben  itur,  eurritur  musz  gesagt  werden  itum,  cursum  est. 
günstig  erzeugen  die  slavischen  sprachen  ein  praet.  activi  mit  dem 
verb.  sul)st.  tind  ihreyn  part.  jiraet.  activi  auf  I,  uelchcs  dabei 
noch  flectierbar  bleibt,  das  verb.  sub.4.  pflegt  in  der  dritten  per.^on 
auszufallen,  so  heiszt  z.  b.  poln.  byt  er  war,  byla  sie  war,  byio 
es  war;  pil  er  trank,  pila  sie  trank,  pilo  es  trank;  böhm.  l)yl, 
byla,  bylo;  pil,  pila,  pilo;  serb.  bio  {==  bil),  bila,  bilo;  pio, 
pila,  pilo.  slavisclie  impersonalia,  als  neutra  driller  person.  geltn 
demnach  immer  im  praet.  auf  lo  aus  und  gewinnen,  da  das 
poln.  böhm.  jest  meistens,  das  serb.  je  ofl,  das  russ.  est  überall 
wegbleibt,  den  schein  einer  gefügen  verbalflexion.  dies  neutrale 
Suffix  0  entspriciU,  wie  man  sieht,  dem  praefix  es  unsrer  unfier- 
sönlichen  verba,  welchem  der  vorziig  beiwohnt,  praes.  und  praet. 
kennbar  zu  machen,  während  das  lat.  um,  sl.  0  fit«r  prcu;t.  oder 
fut.,  nicht  praes.  bezeichnen  kann,  den  romanisclicn  sprachen, 
da  ilir  neutrum  untergegangen  ist,  musz  der  männliche  artikel 
auch  vor  dem  unpersönlichen  verbum,  wenn  sie  ihn  ausdrücken, 
dicnste  leisten,  das  wesentliche  neutrum  vermag  darum  nicht  so 
gefidilt  zu  werden,  wie  im  deutsclien  oder  englischen,  sprachen 
aber,  denen  mit  dem  genus  itu^gemein  das  neutrum  abgclü,  wie 

70 


1107 


ES     NOM. 


ES     NOM. 


1108 


die  finnische,  ungrische,  sind  der  uniiersönlichen  rerha  eiyetUlick 
unfähig,  ihre  dntle  j>eison  des  sg.  rnusz  unverändert  und  ohne 
praefis  jüir  alle  gescMechter  ausreichen. 

Die  hauflarten  dieser  impersonalien  sind  folgende, 

1)  sie  drücken  das  geisterhaße,  gespenstige,  unsichlbare,  unge- 
heuere aus,  wobei  fast  immer  eine  räumliche  beziehung  stattfindet 
oder  leicht  hinzuzudenken  ist :  es  geht  hier  des  nacbls  um,  es 
wandert  tini,  es  geht  irre  im  haus,  es  spukt,  es  wabert, 
wafelt;  dort  in  der  ecke  ists  nicht  geheuer;  bair.  es  weizt, 
da  weizts.  Schm.  4,206;  es  ruht  nicht,  kommt  auf  dem  saal 
gar  nicitt  zur  ruhe;  in  der  kammer  läszts  noch  heut  niemand 
ruhen.  Bange  thür.  ehron.  276;  die  Bareftobalnia  in  einem 
isolierten  ihal  der  Vareinaalpen,  eine  kleine,  helle  und  trockne 
hole,  ist  zu  rufe  gekommen,  weil  sie  wie  manche  ähnliche 
stets  wie  ausgeblasen  ist  und  nichts  venmreinigendes,  wie  laub 
und  moos,  darin  liegen  bleibt,  'es  läszt  nichts  darin',  sagen 
die  hirlen.  Tschudi  ay;>en«'e/<  239;  es  leidet  in  dem  und  dem 
orte  kein  weisz  vieh,  es  druckt  es  stracks,  dasz  es  morgens 
früh  ganz  breit  gedruckt  dort  liegt,  rockenphil.  5,3  (ico  nur 
die  beiden  ersten  es,  nicht  die  beiden  letzten  hergehören) ;  drauszen 
giengs  thür  auf  thür  zu  mit  gräszlichem  gepolter  und  nun 
kams  auch  ans  schlafgcmach.  es  drehte  rasch  am  schlosz, 
versuchte  viele  Schlüssel,  bis  es  den  rechten  fand.  MusXus 
roUssm.  4,60;  heunt  lials  wieder  im  hause  die  thüren  auf 
und  zu  geworfen,  die  öfen  eingesclimissen;  es  hat  sich  schon 
zwei  näcbte  angemeldet;  es  pocht,  klopft  (in  der  wand,  ein 
unheimliches  gesch{>pß.     mhd.  von  der  gespenstigen  Berhte: 

'ej  i.<l  so  griiilicli  getan, 

da;  icli  dirs  iiiht  ^esagen  kan, 

wan  wer  des  vergijjet, 

da;  er  iiilit  vast  ijjot, 

üf  den  kunit  et  und  Irit  in*. 

66  sprarh  da;  kint  'veterDn, 

ist  e;  klein  oder  grö;, 

ist  e;  rüch  oder  blöj, 

ist  e;  ein  si  oder  ein  er, 

oder  wie  kiinit  e;  gesllchen  her, 

oder  wie  ist  e;  geschafTen?"    CA.  3,  34; 

man  ha-ret  da  niwan  we  w5! 

schrien  die  langen  naht. 

des  tagt'S  ist  ez  äne  braht 

und  alles  schalles  l»>re. 

e;  hat;  getriben  wol  zehen  jär, 

des  nahtes  so  verbrinnet  ez  gar 

und  stet  iedoch  des  tagcs  da.     Wigal,  113,6—14, 

ICO  doch  das  persönliche  übergclU  in  örtliches,  gleich  diesem  'es' 
gilt  'was'  oder  'etwas',  die  audi  mit  es  in  der  rede  u-echseln: 
'mein  herr  fürchte  sich  nicht,  wenn  etwan  des  nachts  was 
kumnien  und  ihn  aufwecken  möchte',  nicht  über  zwei  stimden 
kam  etwas  an  die  thür,  steckte  einen  Schlüssel  ein  und  wollte 
aufmachen,  weil  es  aber  nicht  konnte,  so  pochte  es  dreimal 
an,  endlich  gieng  das  ding  fort.  unw.  doct.  400.  'das  ding', 
das  wicht  (vaihts),  der  geist,  gerade  wie  bei  Siiakkspkare  Hamlet 
1,1:  'what  has  tbis  thing  appeard  again  to  night?',  nun  ist 
das  ding  hcunt  wiederum  erschienen?,  'look,  where  it  comes 
again!',  sich  wies  da  wieder  kommt,  'looks  it  not  like  Ihe 
king?',  sielUs  nictit  dem  könig  glnch?,  'it  would  be  spoken  to', 
es  möchte  angeredet  sein,  'tis  gone  and  will  not  answer',  fort 
ists  und  will  nicht  reden.     ylilcMich  hat  Voss  Od.  20,  88 

Tf^3e  yäg  av  fiot  rvxrl  na^dS^ad'iv  eitteXos  avzcp 
übertragen : 

eben  ja  ruht  es  wieder  bei  mir  ganz  ähnlich  ihm  selber, 
IM  das  unpersönliche  'es  niht  bei  mir'  die  traumerscheinung 
fueh  besser  mahlt,  als  das,  wie  ei'yeios  zeigt,  auf  ein  mdnn- 
Uehes  Saifuov  bezogne  7inot8()nd'Ev.  bühm.  zde  slrasj,  da 
tpuJUt,  stra&ilo,  es  spukte;  jioln.  straszy,  praet.  straszalo;  serb. 
utvorilo  mi  se,  es  erschien  mir  (wie  ein  gespenit);  kroat.  na 
ubioku  kucilo,  es  klopfte  ans  fensler. 

2)  sehr  nahe  liegt  dit  anwendung  auf  heimliches  gerduseh  und 
berühren,  lajipen  und  scJUeicIum  überhaupt:  es  raschelt  im  st  roh; 
dort  flOsterts  in  einer  ecke;  als  ich  Ober  den  langen  gang 
daher  gieng,  zupfte  mirhs  am  ertnel ; 

flille!  wa«  Rcliliiprt  durch  din  hecken 

raicbelnd  mit  eilendem  laur? 

rief  et  von  ferne  nicht  lein« 

flßvternden  »tiromen  gleich?    Scbilur  47'; 

und  all  er  vtlll  harrend  am  liebe.tbatim  »am, 

dt  »tuiielt«  im  Innhe,  dii  «rblirh  OK  durchi  grai. 

und  eh  !•»  ihm  /ugefllKiert  ein  wnri, 

da  log  e»  mit  «ammtent-iu  hAndelien  ihn  fort, 

e»  fuhrt  ihn  nllmnlich  mit  heimlii  liem  trill.     ilÜRClta  33' ; 

liier  flimmert  ein  lampchrn,  e«  log  ihn  entlang, 

itim  trhlroner  de«  Itmpcheiii,  den  heimlichen  gang.    33*; 


es  packt  ihn,  wie  mit  krallen  an 
und  schüttelt  ihn  wie  lieber 
hinüber  und  herüber.    52* 

bei  'es  packt,  rüttelt,  reitet  mich'  denkt  man  sich  ddmonisüie 
krankhnten,  deren  name  lieber  unijenannt  bleibt,  dem  'es  schlüpft, 
zupft'  M.  s.  w.  liegt  ein  ich  weisz  nicht  was  unter. 

3)  dahin  gehören  auch  euphemismen.  'es  ist  einem  genommen' 
geht  auf  den  verlud  der  mannhcit,  auf  das  aussdineiden :  wanus 
einem  genommen  ist  worden.  Gabelkhover  arzneibucfi  1599. 
1,363;  es  war  ihm  von  bösen  leuten  angelhan,  eine  krank- 
heit,  die  verschwiegen  bleibt  oder  nicht  anzugeben  ist,  ein  ange- 
zaubertes weh.  'es  beiszt  mich  am  kopr  Garg.  iV  meint  das 
auch  sonst  'ungenannte'  Ihier;  es  beiszt  mich  was,  etwas. 

4)  naturerscheinungen. 

a)  es  lagt,  diese«/,  lucescit;  es  nachtet,  noäescU;  mhd.  e? 
taget,  e;^  nahtet;  i-j  betaget  (1,1692),  e;  ertaget  (3, 1027),  Cj 
benähtet  (1,1464);  ej  äbendet,  vesperascü,  ez,  morgenet,  dilu- 
cescit.     umschrieben,  es  wird  tag,  morgen,  abend,  nacht: 

mhd.  d  da;  «;  wurde  tac.    Nib.  945,  3; 

ej  wirt  tagende,  Abende,  nahtende,  morgende;  ahd.  ij  wirtit 
zi  taga: 

thö  i;  zi  dage  wart.    0.  III.  8,  21 ; 
mild,  e;  sigct  ze  dem  ähende. 

nhd.  es  gebt  gegen  tag,  morgen,  abend,  in  den  abend;  auf 
den  tag,  auf  die  nacht;  als  es  gegen  tag  gienge.  Puiland. 
2,  621.  es  grauet,  lichtet,  dunkelt,  schimmert,  nd.  schummert. 
SciiAMiiAcii  1>>7'.  Danneil  189'.  abend  so  wie  es  schummert. 
oeutr.  de  Fr^d.  le  grand  30,345;  es  ist  gestirnt  (slehn  steine 
am  himmel),  ahd.  so  ij  keslirnet  ist.  N.  Boelh.  51,  lat.  stel- 
latum  est.  es  jähret,  ist,  wird  ein  jähr,  wird  jährig;  es 
sommert,  wintert,  herbstet;  es  wird  sommer,  winter,  früh- 
ling, herbst; 

mhd.  wanne  ö;  sumeret.    Gudr.  260,  3; 
Äst  ein  winder.    Neidh.  52,  21 ; 

es  maiet  (vgl.  sich  ermaien  sp.  9to);  es  merzt  in  den  april, 
es  aprilt  in  den  merz ; 

?;  meiet.    Neidh.  xxxv,  25; 

e;  meiet  biure  aber  als  i.    7, 11.  US.  2,84». 

b)  es  ist,  macht  weiter,  vgl.  fr.  il  fait  beau  temps;  mhd. 
ej  tuot  weter: 

wie  da;  wt^ier  tue.    MS.  2,  228'; 
ej  wileret: 

wie  6;  witer  ze  aller  zit, 

ir  güete  mir  die  freiide  git.    fraucnd.  505,31: 

f';  wiier  sus,  d;  witer  so, 

si  tuot  mich  ze  allen  zitcn  wo.    519,  12. 

aber  nhd.  es  wittert  bedeutet  es  zieht  ein  welter,  gewUter  auf; 
es  wetterleuchtet,  fulgurat,  blitzt  in  dir  ferne;  golh.  Iauhatji|), 
aar()n7tTsi,  ahd.  i;  lohazit,  coruscal,  nd.  it  Iciet,  ags.  hit 
ligctcd ;  ahd.  ij  plecchazit,  ags.  hit  bliceled,  mhd.  ßj  blichzet, 
nhd.  es  blitzt,  fulgurat;  es  schlagt  ein,  fulmine  icilur,  es 
schlug  ein,  iclum  est;  im  ganzen  husche  ist  kein  bäum,  in 
den  es  nicht  einmal  eingeschlagen  hatte.  Lessinc  1,  4S7.  es 
donnert,  lonat,  ahd.  i;  donan'tt,  ags.  Iiit  |>unrad,  altn.  (lat 
})rumar;  landschaftlich  es  driihnl,  es  grommelt  (/r.  nocA  grom- 
meler  entro  ses  dents,  murmeln,  murren),  es  grommelte,  poln. 
grzmialo,  bChm.  hrjmavalo.  es  scheint  (sonne,  mond),  es  ist 
hell,  heiter,  es  klilrt  sich,  heitert  sich  auf;  es  nebelt,  es 
wölken!,  bewölkt  sich,  es  schattet,  wirft  scJuitlen! 
6i  hegundo  schatenrn.     (iiidr.  56,  1. 

es  regnet,  golh.  rignei)),  praet.  rignida,  ohne  ita,  riguidn  svihlu 
jah  funin  us  hiiuina,  ahd.  iz,  reganüt,-  mhd.  ez,  ri'gcnel,  *•/, 
was  sühs  mAiii'it  und  driu  ji\r  ungert'-gent,  luäte  so  lange  nuht 
geregnet,  hier  iu'-ce  sich  ein  alid.  i/,  was  gireganötaj^,  ungircg;i- 
iiötai^  detJicn.  lat.  pliiit,  jn-aes.  und  praet..  it.  piove,  hm  uud 
wieder  egli  piove,  ha  piovuto,  sp,  llove,  a  lluvidu,  ;iur/.  cIiom-, 
tem  chovido,  fr.  il  pleut,  il  a  plu;  es  gieszl,  gieszt  vom 
himmel,  es  gosz  wie  mit  muldeii,  Iniltm.  lilu  (von  Uli),  poln. 
lalo  (von  lac);  es  plUtscht,  platscht,  klatscht,  trütscht,  es 
trütschte  die  ganze  nacht,  niKte  pluit  tuta ;  es  trieft,  treufi, 
tropft,  träufelt, 

■Im  noch  nicht  lang.  dn»i  e»  geregnet  hat, 

die  bftumo  tröpreln  nucli ; 

es  fluaell,  rrt^W  dünn,  xrhtraeh.  es  Ibuut  (ßr  iDUl)  rvr.ii 
mhd.    fj    touwet,    nnl.    bei    dauwt,    agi.  hit  deivad,    »vn^/    ii 


1109 


ES     NOM. 


ES     NOM. 


1110 


dews,  altn.  })at  döggvar,  scliw.  dct  diiggar,  dän.  det  duer.  es 
reift,  roreift.  es  schneit,  niinjit,  goth.  ivol  sneivij)?  ahd.  ig 
sniwit,  firael.  snei,  altn.  \>nl  sniüar,  schw.  det  snöar,  dän. 
det  sneer,  bühm.  snezj  ningit,  snezilo  ninxU.  es  hagelt,  gran- 
(linat,  nnl.  hat  hagelt,  engl,  it  hails ;  nhd.  es  schloszt.  es 
friert,  gefriert,  ahd.  ij  friusit,  mhd.  ej  vriuset,  nnl.  het  vriest, 
schw.  dän.  det  fryser;  es  backt,  klebt  fest  (1,1065);  es  ge- 
rinnt ;  es  eist,  es  setzt  eis  (3, 364),  heunt  hats  ein  eis  ge- 
macht ;  es  brückt,  macht  über  den  ström  brücke  (2, 416) ;  es 
glatteist,  es  abert,  liquescU,  solvitur  (l,  32) ;  es  thaut  (für 
daut),  thaut  auf,  fr.  degele,  ags.  hit  {)avad,  engl,  it  thaws, 
vnl.  het  dooit,  bei  uns  schädlich  zusammengeworfen  mit  thaut 
roral,  worüber  die  rechte  Schreibung  beider  sich  unverwandter  Wörter 
al)handen  kam;  es  schmilzt,  es  flieszt,  rinnt,  strömt;  es 
quillt,  springt,  entspringt,  sprudelt,  spriitzt;  es  kocht,  siedet, 
wallt;  es  verrinnt,  versiegt;  es  wogt,  es  flutet,  es  ebbt,  altn. 
l>atliarar;  es  rauscht,  murmelt,  klingelt,  es  weht,  es  athmet, 
es  haucht,  es  bläst,  es  saust,  säuselt,  es  pfeift,  zischt ; 
es  heult,  es  stürmt,  es  tobt,  es  toset,  mhd.  ej  diujet.  es 
glimmt,  es  funkelt,  es  funkt;  mhd.  ej  ganeistet,  gneistet,  es 
knistert,  prasselt,  es  sprüht,  es  glüht,  es  geht  an,  es  flammt, 
es  flimmert,  es  strahlt,  es  brennt,  es  erlischt,  es  verglimmt, 
CS  geht  aus.  es  duftet,  es  brenzelt  (riecht  brandig),  es  riecht, 
es  raucht,  es  schmeckt,  es  muft,  müö'elt,  müfzet,  es  stinkt, 
es  sandet,  es  stiebt,  es  staubt,  es  beklebt,  bekleibt,  gr. 
y.oarel,  es  keimt,  es  geht  auf,  geht  an,  es  grünt,  frondet, 
serb.  listalo,  fronduit, 

mhd.  ej  gruonet  an  den  esten.    Neidh.  4,  21; 

es  wächst,   es  treibt,  es  schieszt,  es  schlägt  aus,  wirft  aus, 
es   laubt,    ahd.   loupazit ;    es  blüht,    es  trägt,    es  zeitigt,   es 
reift;  es  welkt,  es  steht  ab,  es  fault,  es  verweset. 
5)  erschallende  laute, 

a)  von  menschen:  es  ruft,  es  rief,  böhm.  volalo,  clamalum 
est;  es  rief  zu  den  wafiFen,  conclamatum  est;  es  rief  feuer, 
bühm.  kficeio  ze  horj;  es  schreit  von  dorther;  es  weint, 
es  winselt,  es  seufzt,  es  stöhnt,  es  jammert,  es  wimmert, 
es  ächzt,  krächzt,  es  wehklagt;  es  lacht,  jauchzt,  jubelt; 
es  flüstert,  es  lispelt ;  es  klopft  an,  pulsat,  böhm.  tluce,  es 
pocht,  es  hat  gepocht,  böhm.  tlauklo. 

b)  von  thieren :  es  heult,  es  bellt,  es  wiehert,  es  gninzt, 
es  brüllt,  es  brummt,  es  muht,  es  blökt,  es  kräht,  es  singt, 
es  pfeift,  es  zirpt,  es  summt,  sumst,  es  schwirrt,  es  zischt, 
es  quakt. 

c)  aus  Werkzeugen:  es  läutet,  es  schlägt,  es  schallt,  es 
stürmt,  es  leiert,  bimbell,  klingt,  klingelt,  es  knallt;  es 
bläst,  es  bläst  zur  tafel,  es  wird  geblasen,  es  trompetet,  es 
wird,  hat  trompetet,  cum  bucinatum  est.  Varro  RR.  2, 4 ;  es 
trommelt ;  es  posaunte  dreimal. 

5')  menge  von  menschen,  thieren,  sachcn,  übergehend  in  getöse, 
gewirr  und  geräusch,  wozu  sich  das  goth.  hiuhma  hallen  läszl: 
CS  wimmelt,  scatet,  von  Ungeziefer,  ameisen,  würmern,  fr.  il 
fourmille,  it.  formica,  sp.  hormiguea,  aber  auch  von  menschen : 

der  wart  so  vil,  daj  (dasz  es)  wider  einander  wimelet 
üf  der  rehten  sträje  gein  helle.    Lohengr.  277; 

es  wimmelt  in  dem  buch  von  fehlem ;  es  gribelt,  kriebelt, 
krabelt,  gramselt,  vgl.  die  würmer  gramsein.  Gotthelf  erz. 
3,320;  zwischen  dem  Knubel  und  Rosebabisegg  wimmelte 
und  gramselte  es  von  füszen  und  beinen.  1,304;  gramselte 
ihm  in  allen  gliedern.  3,259;  sie  fühlte  es  gramsein  im  ge- 
liirne;  nnl.  het  wiemelt,  het  krielt.  man  sagt  auch  es  flim- 
mert mir  vor  den  äugen  wie  es  wimmelt,  krimmelt,  kribelt, 
kraliclt;  es  wimmelte,  flimmerte  alles  von  gold.  die  sl.  sprachen 
haben  dafür  auch  ausdrucksvolle  Wörter. 

(<)  abstracte  zustände  und  ereignisse:  es  ist,  es  sei;  es  wäre 
\särc  es  auch;  es  wird,  würde  es;  nun,  wirds  bald?;  es 
hat,  CS  hat  daselbst,  da  hat  es,  fr.  il  y  a;  es  gibt  {gramm. 
4, 230);    es  geht,  ergeht: 

mild,  ej  ergic  den  Niblungen  zcn  gröjen  sorgen.    Nib.  1467,  2; 
es  kommt,  kommt  vor,  fr.  il  arrive; 

wie  kommts,  dasz  du  so  traurig  bist?    Göiue  1,  96; 

nun  ist  es  einmal  so  gekommen;  es  geschieht,  fit,  es  ge- 
schah, factum  est;  es  folgt,  scquitur,  es  erfolgt,  es  begegnet; 
es  scheint,  videtur,  es  schien,  vi.sum  est;  ahd.  also  ii;  nu 
skinet.  N.  Boeth.  5;  also  ij  nu  veret.  12.  es  hebt  an,  be- 
ginnt, endet,  hört  auf,  es  beginnt  zu  dunkeln,  incipit  vespe- 
rascere,   es  hört  auf  zu  regnen,    vgl.  goth.  du  Rumönim,    du 


Galatim  ustauh,  explicil.  eine  menge  mit  dem  verb.  subst.  vnd 
adjectiviscliem  praedicat  gebildeter:  certum  est,  darum  est, 
aequum  est,  dulce  est,  licitum  est,  es  ist  gewis,  es  ist  klar, 
billig,  es  ist  süsz,  es  ist  erlaubt,  wo  auch  die  sl.  adjectiva 
auf  neutrales  o  ausgehen,  ahd.  könnte  ebenfalls  noch  neulral- 
fleiion  vorbrechen:  ej  ist  giwissaj,  mir  ist  bejjerä,  ist  dir 
danne  guotlichörä,  erit  tibi  utilius.  Matth.  20,  28.  den  meisten 
stehn  lat.  einfache  vcrba  zur  seile:  constat,  liquet,  lubet,  licet, 
praestat. 

7)  gefühle  und  empßndungen,  immer  im  geleil  des  dat.  oder 
acc.  eines  persönlichen  pronomens,  das  den  bezug  auf  den  innern 
menschen  beuirkt. 

a)  mit  dat.  und  mtranstlivem  verbum:  c»  ist  mir,  wie  ists 
dir  jetzt?  es  war  mir,  als  müste  ich  sterben;  es  wird  dir 
wieder  anders,  besser;  wie  geht  dirs  jetzt?;  es  geschieht 
mir  oft ;   ich  wüste  nicht,  wie  mir  geschähe.    Fehenb.  1,  60 ; 

wenn  die  rosen  wieder  glühen, 

weisz  ich  nicht  wie  mir  geschieht.    Göthe  1,  64; 

es  gedenkt  mir  noch,  es  gedenkt  mir  nicht  mehr;  es  scheint 
mir,  es  erscheint  mir  so;  ich  irrte,  schien  es  mir;  wenn 
mir  recht  ist,  wenn  ich  nicht  irre;  es  träumt  mir,  es  hat 
mir  geträumt; 

6j  troumde  Kriemhilte  in  lügenden,  der  si  pflac.    Nib.  13,  1; 

es  ahnte  mir,  schwante  mir ;  es  kommt  mir  so  vor,  in  sinn ; 
es  fällt  mir  ein;  es  zweifelt  mir  noch:  als  aber  meisler 
Ulrich  streng  darvvider  prediget,  zwiflet  mir  ie  lenger  ie  mer. 
Plater  38 ;  mir  zweifelt  nicht.  Ettner  hebamme  184 ;  es  wurmte 
mir;  es  graut,  grauset  mir,  mir  graulet.  Lessing  10, 70,  vihd. 
mir  griulet.  Walth.  30,12;  es  schwindet  mir,  es  geschwand 
ihr,  sie  wurde  ohnmächtig;  es  schwindelte  mir  beim  besteigen 
der  leiter;  es  dotiert  mir  (2,1315);  es  ekelt  mir,  stöszt  mir 
auf,  mhd.  mir  unwillet.  es  fehlt,  mangelt,  gebristet,  ge- 
bricht, entgeht  mir;  es  ist  mir  entfallen,  vergessen,  mhd.  ej 
zerinnet  mir  (gramm.  4,239),  meist  mit  gen.  der  sache:  es 
zerinnet  mir.  es  ziemt,  geziemt  mir,  decet  me;  es  gebührt, 
gehört  mir,  me  oportet;  es  fügt  mir,  steht  mir  an,  zu,  es 
kommt  mir  zu,  kommt  mir  zu  statten,  es  frommt,  nützt, 
hilft,  gedeiht,  gelingt,  glückt  mir;  es  schadet,  misglückt, 
verunglückt  mir;  es  ist  uns  allen  übel  gelungen,  es  hat  ihnen 
damit  nicht  gelingen  wollen,  es  behagt,  gefällt,  beliebt,  ge- 
liebt, genügt  mir.  es  gilt  ihm,  es  ist  ihm  bestimmt,  es  war 
ihm  so  beschaffen,  geordnet,  es  begegnet,  widerfährt  mir, 
es  ist  mir  zugestoszen,  aufgestoszen. 

b)  den  acc.  nehmen  zu  sich  meist  transitive  verba,  wiewol  sieh 
die  erstangeführten  des  gelüstens  nicht  als  solche  nachweisen  lassen: 
es  lüstet,  gelüstet  mich,  aiid.  also  mih  lustet,  ex  voluntate 
mea,  N.  ps.  27,7;  es  durstet,  hungert,  schläfert  mich  (vgl. 
einschläfern) ;  es  brunzert,  pissert,  kotzert,  scheiszert  mich, 
cacaturio,  micturio,  es  essert,  trinkert  mich,  esurio,  bibiturio; 
es  friert  mich,  algeo,  verschieden  von  es  friert,  gelal ;  es  juckt, 
kitzelt  mich ;  es  brennt  mich  auf  der  brüst ;  es  schaudert, 
schauert,  überläuft  mich;  es  grimmt,  reiszt  mich  im  leib; 
es  reut,  gereut,  erbarmt  mich  (3,  702),  poenitel,  miseret  me; 
es  rührt,  bewegt,  jammert,  erschüttert  mich ;  ahd.  mih  egisöt, 
mhd.  aber  mir  eiset;  es  schreckt,  erschreckt  mich,  terret  me. 
CS  freut,  erfreut,  labt,  erquickt,  nährt,  belustigt,  ergetzt,  ent- 
zückt mich ;  es  betrübt,  grämt,  kränkt,  kümmert,  drängt, 
zwängt,  zwingt,  nöthigt  mich;  es  dünkt  mich  (und  mir), 
es  wundert,  verwundert,  befremdet  mich.  mhd.  mich  be- 
traget, mich  bevilt,  taedet  me;  es  mahnt,  gemahnt,  ermahnt, 
vermahnt,  erinnert  mich;  es'^hebt,  erhebt,  empört,  fördert, 
erregt,  treibt,  vertreibt,  ergreift,  bestimmt,  verstimmt  mich; 
es  ärgert,  ängstet,  stört,  hindert,  beschSmt,  bestürzt,  belei- 
digt, verletzt,  versehrt,  venvundert  mich. 

8)  der  accusativ  kommt  auch  bei  andern  impersonalien  m  be- 
tracht, 

a)  das  reflexive  sich  bei  abstracten  zuständen,  die  sonst  häufig 
darohne  ausgedrückt  werden  (vorhin  6) :  es  gibt  sich,  es  gab 
sich  leicht;  es  hat  sich  wol,  es  hat  sich  was,  ja  es  hat 
sich  (GörnE  8, 175),  es  begibt  sich,  ereignet  sieh,  es  trägt 
sich  zu;  es  verhält  sich  so;  es  macht  sich  auf  diese  art, 
es  macht  sich  von  selbst;  es  thut  sich  schon,  thut  sich 
nicht ;  es  zeigt  sich,  schickt  sich,  findet  sich ;  'drum  musz 
auch  ein  bürger  immer  in  wafl'en  geübt  sein',  'ja  es  übt 
sich,  wer  frau  und  kinder  hat'.  Göthe  8, 17S.  hierher  gehören 
böhm.  zilä  se,  es  scheint,  zdalo  se,  es  schien,  pnln.  dziaio  sie, 
slaio  sie,  es  geschali  u,  s.  w. 

70* 


1111 


ES     NOM. 


ES     NOM. 


1112 


b)  auszerdem  lebendige  accusativc:  es  gibt  einen  mann  der, 
est  qui,  es  gibt  letite  die,  svnt  qui;  es  gibt  einen  vogel  der 
golden  ausiiieht ;  heuer  gab  es  guten  wein ;  es  hat  an  dem 
ort  schöne  pfi'rde,  il  y  a  de  beaux  dievatix;  es  macht,  legt, 
setzt  einen  tiefen  schnee;  nu  hett  es  ein  groszen  scbnce 
gelegt.    Bocc.  J,  98' ; 

und  wenn  es  legt  ein  newen  schnee, 

so  gschichl  füchseu  und  bascii  wce.    H.  Sachs  I,  42ä'; 

es  schneit  tiefen  schnee;  es  friert  schon  harte  rinde  über 
den  bach;  es  regnet  einen  starken  gusz,  vgl.  rorat  imbreni 
bei  Plinitts  n,l6;  es  weht  einen  ungestümen  wind;  hier  setzt 
es  etwas,  es  setzte  in  diesem  hause  inuner  etwas  neues; 
diesmal  setzte  es  reiche  beute;  es  setzt  einen  raub.  Werth. 
ded.  1,266;  es  setzt  heute  schlüge  ab;  es  setzt  heute  keine 
kramtsvügel.  Lessing  2,525;  es  gelte  den  versuch;  es  trieb 
manchen  Hessen  aus  der  heimat  in  die  fremde,  gute  bci- 
spitle  getfcüirt  das  allmrdisciie :  hana  rak  ylir  liürdinn,  es  trieb 
sie  übers  meer.  Sx.  142;  Aieid  nattina,  es  ijieny,  kam  auf  die 
nacht  (rorlUn  sp.  1108);  her  hcfr  up  sügu,  buciisläblich  hie 
incipit  fabulam,  hier  beginiU  es  die  sage;  skortir  mat,  es  fehlt 
an  speise,  skorli  jiar  ok  eigi  dryck  mikinn,  es  mangelte  da 
nicht  an  trank;  draum  hefir  raik  dreymdaii,  es  hat  mich  einen 
Iraum  geträumt;  skytr  ])eim  skelk  ok  ölta,  es  jagt  ihnen  furcht 
und  schrecken  ein;  hönum  skaut  skelk  5  bringu,  es  schos:  ihm 
einen  schrecken  in  die  brüst,  überall,  wie  man  sieht,  ohne  |)at. 
lassen  sich  solche  accusativc  umsetzen,  so  uird  der  unpersönliche 
ausdnick  persünlidt:  ein  ungestümer  wind  weht,  ein  starker 
gusz  regnet,  ein  tiefer  schnee  schneit,  fällt,  mir  träumt  ein 
träum; 

dem  trourate  ein  troum.    J{t>nn.  605, 

hier  hebt  die  sage  an,  incipit  fabula,  mit  bestimmten  subjeclen. 
«•tr  setzen  dann  auch  es  vor:  es  fällt  ein  tiefer  schnee  (nachC). 
9)  den  unjursünlichen  passivischen  ausdruck  des  lateins  itur, 
itum  est;  currilur,  cursuni  est;  lavatur,  laulum  est,  um- 
schreiben  wir  zwar  auf  getcöhnliche  weise:  es  wird  gegangen, 
es  ward  gegangen;  es  wird  gelacht,  es  wurde  viel  gelacht, 
es  ist  schon  angespannt,  es  wird  eben  ausgespannt,  wobei 
man  nur  bedenke,  dasz  unser  es  wird  geliebt,  das  fr.  il  est 
aime  die  gegenwart,  das  lat.  amatum  est  aber  die  vergangenheil 
ausdrücken;  auch  mhd. 

uns  ist  in  alten  mxren  wunders  vil  geseit.    Nib.  1,  1, 

meint  dicitur,  nicht  dictum  est.  heule  verwenden  wir  ist  für  das 
praet.,  wird  für  das  pracs.  einzelne  activa  erlangen  passivbedeu- 
tumj:  fit,  es  wird  gelhan,  altd.  ig  quidit,  mhd.  i-j  kit,  dicitur, 
nhd.  es  heiszt;  es  trompetet,  es  trommelt  ==  es  wird  trom- 
petet, getrommelt,  reflexivisch,  es  wird  sich  gebadet,  hier 
wird  sich  gewaschen,  hier  wird  sich  geschlagen,  hie  pugnatur. 
lü)  gleich  dem  persönliclien  'es'  haßet  auch  das  unpersönliche  fast 
in  allen  Ugen  der  rede,  in  der  direäen  wie  indirecten :  es  schneit, 
schneits?;  es  tagt,  es  hat  getagt,  tagt  es?  hat  es  getagt?  o  dasz 
es  tage!  tage  es  oder  nicht;  es  steht  damit  besser,  steht  es 
besser?;  es  verhält  sich  nicht  anders,  verhielt  es  sich  gestern 
anders?  verhalte  es  sich,  wie  es  wolle,  zumal  bleibt  'es'  nacli 
den  conjunäionen  dasz,  ob,  wenn,  da:  ich  wünsche,  dasz  es 
tüchtig  schneie;  man  wcisz  nicht,  ob  es  gelingen  könne; 
ich  gäbe  viel  darum,  wenn  es  geschähe;  da  es  heftig  regnete, 
wurde  die  reise  verschoben,  nur  bei  den  passivischen,  mit 
wird  gebildeten  (unter  9)  pflegt  heute  bei  drchungen  des  sntzcs 
das  'es'  wegzufallen,  man  sagt:  es  wurde  viel  gelacht,  es  wird 
gleich  angespannt,  es  ist  uns  gemeldet  worden,  es  ist  oft 
behauptet  worden,  es  ist  getanzt  worden  bis  an  den  morgen ; 
hingegen:  ich  weisz  nicht  warum  gelacht  wurde,  wird  schon  an- 
gespannt? uns  ist  gemeldet  worden,  oft  wird  behauptet,  würde 
behauptet,  ich  höre  dasz  getanzt  worden  ist,  hier  wird  niclit 
geschossen,  da  wurde  auf  einmal  an  die  thiire  geklojift  u.  s.  w. 
solche  tdtze  gleichen  dann  den  hernach  unter  C  angeführten,  allein 
früherhin  mangelt  auch  das  es  nach  der  Umdrehung  nicht,  z.  b. 
da  c%  ausgespannt  wurde,  cum  equi  disjungerentur.  irrg.  d.  l. 
2ft5;  PS  wird  jedermanniglich  hiermit  bekannt  gemacht,  dasz 
es  in  der  nacht  vom  18  bis  den  10  aug.  1732  durch  gcwalt- 
thatigen  einbruch  folgendes  räuberischer  weise  entwendet 
worden.  Belli  Frankfurt  2,  7 ;  ganz  wie  auch  fr.  gilt  qu'il  a 
^l^  aUel^,  qu'il  a  et^  vole,  qu'il  en  a  ite.  ri,  ({u'il  a  et^ 
dans^  do€k  nnd  für  den  dculsclten  brauch  allere  zeugen  voriu- 
fihrtn.  $dwn  die  ahJ.  spräche  srhvtnl  zu  schwanken,  denn  ().  III. 
17,  s&  Meht  *tt  zam,  v/i  diruit,  III.  20,  bh  sü  i^  gi/imi;  N.  Borlh. 
118  ketkibct  ouh  ufto,  pl  aulem  larjie,  Aritt.  211  sÄ  geskihet 


eiewen  war  sagen,  die  mit  mir  und  mich  gebildeten  (unter  7) 
pflegen,  sobald  diese  prorwmina  vor  das  verbum  treten,  das  es 
wegzulas<ten :  mir  gefällt,  mich  gelüstet,  uns  scheint  =  es 
gefällt  mir,  es  gelüstet  mich,  es  scheint  uns,  wiewol  ihm 
auch  die  stelle  gegönnt  wird;  es  dünkt  mich  =  mich  dünkt 
(engl,  me  thinks)  ==  mich  dünkt  es.  man  hört  sowol  mich 
reut,  als  mich  reut  es,  doch  ößer  ich  weisz  nicht,  wie  mir 
ist,  wie  mir  geschieht,  als  wie  es  mir  ist,  wie  es  mir  ge- 
schieht, ebenso  mag  'es'  unterbleiben,  wenn  dem  verb.  subsl. 
ein  ad},  vorausrückt:  wahr  ist,  recht  ist  =  es  ist  wahr,  es 
ist  recht,  dasz  bei  unserm  inf  und  imp.,  die  gar  keine  person 
und  keine  dritte  person  bilden,  vom  es  die  rede  nicht  sei»  kann 
versteht  sich. 

11)  diese  von  1 — 9  gegebnen  betspiele  der  irnj^rsonalien  mögen 
hinreichen  und  gern  wurden  ihnen  entsprechende  lateinische  und 
slaviscitc  verba  zugefügt,  an  welchen  sielt  die  identiläl  der  sufftxe 
'um'  und  'o'  mit  dem  vorangeltenden  'es',  das  ja  in  unserm 
blindes,  gutes  gleichfalls  suffigiert  ersclwint,  verdeutlicht,  nalie 
gelegt  war  nun  verschiedentlich  bei  den  unter  1.  2.  4  angeführten 
Wörtern  das  im  'es'  erblichene  subject  aufzufrischen  und  wieder 
auszufüllen;  diesen  weg  einschlagend  denkt  man  sich  zu  pluit, 
tonat  ein  Jupiter  orfer  deus,  welchent  des  rcyens,  donners  und 
blitzes  Ursprung  beigetnessen  wird,  wie  auch  das  volk  diese  natur- 
erscheinungen  sich  daraus  deutet,  dasz  der  alle  vater  mit  seinem 
wagen  über  die  wölken  rolle  und  feuer  schlage,  die  meisten  fälle 
unter  1  lassen  sich  auf  irgend  einen  dämon  ziehen,  dessen  heim- 
liches nahen  auszusprechen  gemieden  wurde,  allein  es  hat  doch 
bedenken  manigfalte  phänomene  sämtlich  auf  ein  und  dasselbe 
göttliche  wcten  und  noch  mehr  die  einzelnen  auf  besondere  götler 
zu  leiten;  welcite  sitbjecte  aber  gewinnen  rvollte  man  für  die  unter 
3.  5.  6.  7  enthallnen  unpersönlichen  verba.  lieber  erläutere  ich  die 
ganze  form  aus  dem  bereich  der  spräche  selbst,  sie  bediente  sich 
des  dem  neulrum  überhaupt  eingepflanzten  begrifs  der  unbestimmt- 
heü,  um  das  nur  andeutbare,  unbekannte  oder  geheime  zu  be- 
zeichnen, der  grund  dessen,  was  unser  inneres  bewegt,  erfrettt 
oder  traurig  macht,  kann  ebenso  versteckt  liegen  als  die  Ursache 
einer  äuszeren  naturerscheinung,  darum  sagt  dafür  an  leiser 
unpersönlicher  ausdruck  zu,  der  ganz  unterbleiben  könnte  und  in 
andern  sprachen  unlerblcütt.  in  dent  'es'  ist  kein  leibhaftes  subject 
gelegen,  nur  der  schein  oder  das  bild  davon,  erlangt  die  Vor- 
stellung mehr  stärlx  und  festigkeil,  so  wird  das  verbum  persön- 
lich, und  stiUt  es  regnet,  es  scheint  heiszt  es  dann  die  wölke 
regnet,  die  sonne  scheint,  beide  redeweisen  weichen  dennoch 
von  einander  ab,  weshalb  unrecht  wäre,  dem  unbestimmten  pluit 
ein  bestimmteres  deus  pluit  gleichzusetzen  oder  unterzulegen, 
obenhin  besagt  es  zwingt  mich  was  die  uoth  zwingt  mich, 
genau  genommen  liegt  im  unpersönlichen  ausdruck  etwas  weniger, 
wenn  die  annähme  grund  hat,  dasz  im  lat.  tonuit,  folglich  in 
tonat  das  unbezeichucnde  neiitrum  stecke,  was  in  grzmialo  und 
in  es  doinierte  sichtbar  ist,  wie  lieszc  sich  der  männliche  name 
Jupiter  hinzudenken?  ihn  im  sinn  hätte  der  /We  grzmiat,  der 
Deutsche  er  donnerte  gesagt. 

C)  unpersönliches  es  als  vorbote. 

unsre  spräche  Ihal  einen  schritt  noch  weiter,  nicht  genug,  rfü.«; 
sie  unpersönliche  verba  mit  dem  neulrum  driltir  jnrson  erzeugte, 
sie  begann  solch  ein  es  dem  verbum  auch  da  vorangehn  zu 
lassen,  wo  das  wirkliche  subject  unmittelbar  oder  gleich  hin- 
terher folgte,  jenes  mochte  noch  ein  bild,  ein  schein  stall  des 
gegenständes  lunszen,  dieses  üt  ein  bloszer  schon  vorausgeworfner 
schatte,  haufilunterschicd  bcitler  'es'  zeigt  sich  so,  jenes  stdit 
blosz  bei  dem  neutral  aufgefasztcn  sg.  dritter  fierson,  dieses  vor 
dem  sg.  wie  dem  pl.  dritter  personen  jedes  geschlechts;  dort  fehlt 
das  subject  ganz,  hier  tritt  es  noihwendig  auf  und  trandcU  durch 
sein  ersclieinen  den  unpersönlich  beginnenden  salz  alsbald  wieder 
in  einen  }iersönlichen.  .^dtze  dieses  es  mit  dem  folgenden  subject 
können  gebildet  sein  gleich  denen  mit  folgendem  jnraedicat  (unter  D) ; 
eine  probe  gewährt  auch,  dnsz  bei  der  Umdrehung  das  es  in 
erstcren  schwindet,  in  letzteren  haßet,  z.  b.  'es  ist  ein  gotl'  (es 
gibt  einen  gott)  dreht  um  in  'ein  gott  ist',  dagegen  'es  ist  rin 
gotl'  (das  fragliche  wesen  iU  ein  gott)  in  'ein  gott  irt  i 
«f»  beiden  fällen  'deus  est*. 

In   den   classvtchen   sprachen   wird   man  niehtt  erwarten,    was 
unserm   es    vor   dem  subject  entspräche,    und  gitlh.  oder  ahd.  ist 
noch  keine  spur  davon.      nJid.  Ixgegnen  u/'^        '       '      '       '  i 
spiele,  namentlich  gern  zu  eingang  oder  im  'i 

hing,    dither   ihm   der   name  des  erzähle n^.  ■  ..  >.., ;,;<  , 

nhd.  .sind  sie  ebenso  gewohnlich  und  alle  märchen  beginnen  damtt, 
ich  iondcrc  die  Stellung  vor  dem  sg.  utiJ  {4. 


1113 


ES     KOM. 


ES     NOM. 


1114 


1)  vor  dem  sg. 
mhd.  es  wuohs  in  Burgonden  ein  schcene  magedin.    A'ift.  2,  1 ; 
ej  wuohs  in  Irelande  ein  richer  künic  her.    Gudr.  1,  1; 
ej  was  ein  wilder  grife,  der  kam  dar  geflogen.    55,  1 ; 
es  was  ein  küneginne  gesesjen  über  se.    Nib.  325,  1 ; 
6S  ''^as  hie  vor  gesessen 
ein  beiden  gar  vermeKen.    die  heidin  1 ; 
SS  was  ein  wolf  gräwe 
und  ein  man  al  wäre.    USF. 


e%  wart  von  ir  gevidere 
diu  linde  anderstunt  bedaht. 


27,  13; 
/it.  6S0; 
tr.  ir.  8570; 
8738; 


er  wart  üf  al  der  erden 

so  tump  kein  Ingesinde  nie. 

es  wart  üf  al  der  erde 

so  kürlich  riche  nie  gesehen. 

es  wart  nie  besser  nächgebür 

denn  ein  bewa-rtiu  friunlschaft.    11252; 

er  fuor  ein  büttensere 

vil  verre  in  fremdiu  lant.    Seifes  44,  26 ; 

es  stuont  ein  Tronwe  alaine 

und  warte  über  beide.    USF.  37,  4; 

es  weinte  ouch  manec  meit.    Sib.  71,  1; 

dS  verlos  ein  ritter  sine  scheide.    Nkidhabt  iliv,  1 ; 

es  gruonet  wol  diu  beide.    11,  8; 

es  hanget  von  eime  aste 

von  golde  ein  becke  her  abe.    Iw.  586; 

es  kom  gevarn  üf  si  ein  rech.    ülb.  Trist.  511,  15; 

es  mac  der  man  so  vil  vertragen.    MSF.  27,  34; 

es  het  der  künec  .Knüs 

ze  Karidöl  in  sin  büs 

zeinen  pfingesten  geleit 


nach  rieber  gewonheit 
ein  also  schocne  böchzit. 


Iw.  31 ; 

432; 


es  bete  der  gehöre 

ein  ragende;"  här  ruosvar. 

audi  nach  der  conjunction  wan,  vorzüglich  bei  Coxkad: 
wan  es  enwart  nie  man  geborn.    tr.  kr.  7626; 
wan  es  im  an  sin  herze  gie.    S007; 
wan  es  enkam  nie  mensche  wider, 
der  nach  der  wollen  ie  geranc.    9407; 
wan  es  lebte  dannocb 
sin  vrecber  sun  .Achilles. 


11176. 


nhd. 


t 


es  war  ein  mann  im  lande  L'z,  vir  erat  in  terra  Hus. 
Hiob  1,1;  es  ist  ein  menlin  empfangen,  conceptus  est  homo. 
3,  3 ;  es  ist  schon  die  a.xt  den  beumen  an  die  wurzel  gelegt, 
jam  enim  securis  ad  radicem  arborum  posita  est,  ahd.  giu 
ist  aeus  gisezit.  Matth.  3, 10 ;  und  es  folgete  im  nach  vil 
Volkes,  et  secutae  sunt  eum  turbae  multae.  ahd.  inti  folgelun 
imo.  4,  25 ;  es  war  einmal  ein  könig,  der  hatte  drei  söhne ; 

es  was  ein  frisch  freier  reutersmann.    Uhla!«d  341; 

es  war  ein  wacker  megdlein  wolgetan.    185; 

es  war  einmal  ein  schuster.    726; 

es  ist  ein  scbnee  gefallen.    90; 

es  flog  ein  kleins  waldvögelein.    179; 

es  blies  ein  jeger  wol  in  sein  born.    240; 

es  bat  ein  könig  ein  töchterlein.    273; 

es  war  ein  könig  in  Thule.    Göthe  1,  187 

es  war  ein  knabe  frech  genung, 

war  erst  aus  Frankreich  kommen.    1,  181; 

es  war  ein  kind,  das  wollte  nie 

zur  kirche  sieb  bequemen.    1,  224; 

es  lacht  der  mai!    1,  232; 

uie  nach  und,  denn :  denn  es  zerrisz  mit  gewalt  vor  ihr  der 
anmutige   schleier.    17, 319 ;    denn   es   legte  sich  der  stunn ; 
und  es  schwieg  die  stimme;  und  es  schlug  drei  uhr. 
2)  rar  dem  pl. 

es  sini  in  mime  büse  unkunde  degene.    Nib.  84,  2; 

es  fuorten  scharpfe  gereo  die  riter  üs  erkom.    74,  2; 

es  giengen  le  dem  büse  die  iwer  degene.    2270,  2; 

es  säsen  beide  in  einem  sal.    Ecke  2 ; 

es  wären  tiure  vieiscb  mit  den  vischeo.    /w.  6215; 

es  liefen  kreiierende  hie 

bebender  garzüne  gnuoc.    7106, 

ro  Lacbm.    gegen   alle  hss.    lief  schreibl,    det   pl.  aber  sich  mit 
gnuoc  gtU  verträgt,  zumal  dem  ton  einem  gen.  fl.  begleHelen; 

?S  wären  die  töten  reine 
)n  zwäne  marmelsleine 
herte  schöne  geleit.    Ul«.  Trist.  5Sö,  23. 
nhd.  es  giengen  drei  heiige  frauen.    Uhlakd  832; 
es  giengen  zwo  gespilen  gut.     260; 
es  leuchten  drei  stem  am  himmel     168; 


es  waren  zwei  königes  kinder; 

es  ritten  drei  reiter  zum  thor  hinaus; 
es  waren  einmal  drei  brüder;  es  waren  drei  gebnider  könig- 
sön.  seh.  u.  ernst  1550  cap.  14S ;  es  lebten  in  einem  lande  zwei 
Schwestern;  es  häuften  auf  dem  gebirge  zwei  riesen;  es 
gehen  viel  schafe  in  einen  stall;  es  laufen  genug  belller 
herum ;  es  brachen  diebe  ein. 

3)  hier  auch  nl.  beispiele  für  sg.  und  pl. 

desen  cop  makede  Vulcanus, 

bet  bracbtene  ut  Troien  Eneas.    Flokis  676 ; 

het  enhadde  noit  volc  sulke  gbere.    Stoke  4,  944; 

bet  quam  en  grote  aerdbevingbe.    lekeiisp.  2,  200; 

bet  voer  een  ridder  jagen.    Wiixkis  109; 

bet  viel  een  bemels  dauwe.    415; 

bet  waren  twee  coninx  kinderen.    142; 

bet  gingen  drie  ghespeelkens  goet.    176; 

bet  quamen  drie  ruiters  gbelopen.  239. 
die  heutige  spräche  zieht  Ortliches  daar  oder  er  dem  het  vor.  vie 
die  engtisdie  there  dem  it:  er  was  eens  een  koning,  er  leefde 
eens  een  knapje;  there  was  once,  there  were  two  brothers, 
doch  hört  man  auch  it  was  once.  there  is  no  bodr  at  home, 
es  ist  niemand  zu  liause;  there  is  no  purgatory,  es  ist,  gibt 
kein  fegfeuer. 

4)  gleich  dem  latein  setzt  die  it.  sp.  Sprache  das  reine  verbum 
ohne  pronomen :  erant  rex  et  regina,  fu  gia  una  vedova,  fuerou 
tres  niüas.  fr.  aber  musz  das  vortretende  il,  icelches  vie  bei 
Impersonalien  unserm  es  enlsjmcht,  aus  deutschem  einflusz  geleitet 
«erden,  altfr.  il  estoit  jadis  uns  rois,  il  estoient  jadis  dui 
frere.  Meon  3, 393 ;  heute  nur  vor  dem  sg.  il  etait  une  fois  un 
roi  und  nicht  mehr  il  etaient  deux  fr^res.  fast  häufiger  ist 
der  praedicatire  ausdruck  mit  aveva,  habia,  il  y  avait. 

5)  die  vorhin  wahtgenommne  einstimmung  des  slarisdien  -lo 
zu  unserm  es  hört  aber  hier  auf,  d.  h.  das  participium  richtH 
sich  in  genus  und  numerus  jedesmal  nach  dem  subjcct  des  salzet, 
z.  b.  böhm.  byl  otec,  byla  vdova,  byli  tri  bratri;  unstatttta[l 
ersciüene  bylo  otec,  bylo  vdova,  bylo  t.  br.  nach  unsrrm  es 
war  ein  vater,  es  war  eine  witwe,  es  waren  drei  brüder. 
doch  merkwürdig  lassen  zuveilen  russische  märchen  einen  unbe- 
stimmten, neutralen  ausdruck  dem  das  subjeet  enthaltenden  unmit- 
telbar vorangdien:  byvalo  da  shivalo,  shili  byli  starik"  da 
staruschka  =  es  trar  und  lebte,  es  lebten,  «raren  ein  aller  und 
eine  alte,  das  scheint  lebendig  und  dem  epischen  ton  sehr  ange- 
messen,    byvati  ist  iterativ  von  byti. 

6)  trie  bis  auf  heute  in  gewissen  fällen  das  persönliche  pro- 
nomen vor  dem  verbum  unterblnben  kann  (gramm.  4,  21S).  lassen 
auch  Keisebsberg  und  andere  Schriftsteller  des  15. 16  jh.  in  sol- 
chen erzählenden  Sätzen  manchmal  das  anliebende  'es'  fori: 
spricht  da  ein  arzet,  das  mer  sterben  von  dem  frosz  denn 
von  dem  schwerL  s.  d.  m.  u';  waren  arme  fischer  und  er  ist 
selbs  arm  gewesen  uf  disem  erdreich.  17';  was  in  Probant 
ein  frauw,  die  was  besessen  mit  dem  bösen  geist.  24*;  spricht 
der  weis  man.  42".  dochi)eginnen  Paulis  erzählungen  in  schimpf 
und  ernst  stets  mit  'es  war',  oder  bei  Umdrehung  des  satzes  mit 
einem  nomen ;  die  in  selentrost  mit  'it  was',  'dat  was',  *dil 
was'.  Spreng  setzt  hin  und  wieder  an  bloszes  'sprach',  z.  b. 
II.  143'.  340',  doch  nicht  für  es  sprach,  sondern  er  sprach,  und 
auch  im  heuligen  balladenton  ist  das  er  ausgelassen,  nachdem  ein 
es  rorangieng: 

es  war  ein  knabe  frech  genung, 

war  erst  aus  Frankreich  kommen.    Göthk  1, 181 

d.  h.  er  vor  erst,     anderemal  fehlt  augenscheinlich  'es' : 
sah  ein  knab  ein  röslein  stehn.    1,  17; 
hat  der  alte  bexenmeister 
sich  doch  einmal  wegbegeben.    1,237; 
war  einst  ein  riese  Goliath, 
gar  ein  gelährlich  mann. 

Clai'dii's  Uattds6.  böte  3,  170; 
war  einst  ein  jung  jung  zimmergesell; 
war  mal  ein  alter  zecber, 
der  sasz  am  vollen  fasz. 

auch  die  prosa  des  17  jh.  liefert  hin  und  wieder  beispiele,  in 
Ettners  hebamme  s.  754 :  sprach  der  prior  für  es  sprach,  auf 
sprachs,  schricbs  komtnt  die  rede  hernach  11,  D. 

D)  es  in  Sätzen  mit  pracdicativem  nomen. 

an  sich  musz  jeder  salz  ein  subjeet  und  praedicnt  enthalten, 
in  den  unter  C  behandelten  salzen  lag  nun  das  praedicat  im 
verbum,  das  subjeet  im  nomen,  es  war  einmal  ein  könig  besagt : 
ein  kOnig-  war  seiend,  lebend,  häufig  aber  findet  sich  das  subjeet 
im  verbum  eingeschlossen  und  das  nomen  tritt  als  aussage  hinzu. 


1115 


ES     NOM. 


ES     NOM.  ACC. 


1116 


es  war  ein  künig  soll  ausdrücken:  der,  von  dem  die  rede  uU, 
«•ar  ein  künig,  trug  in  sich  die  künigswürde.  sicischen  beiderlei 
sdljen  tritt  der  hertils  angegebne  unterschied  in  hezug  auf  das 
'es'  ein,  das:  es  beim  umdrehen  dort  ganz  wegfällt,  hier  bleiben 
musz.  dort  also:  ein  künig  war  einmal,  oder  fragweise:  war 
einmal  ein  könig?  hier:  ein  kDnig  war  es,  fragweise:  war 
CS  ein  könig?  bei  der  drehung  aber  legt  sich  das  praedical  ins 
es,  das  subjecl  ins  nomen.     so  sind  alle  folgenden  bcispiele  zu  fassen. 

1)  goth.  steht  in  solchen  sdlzen  niemak  ein  ita,  sondern  irir 
im  latein  nur  das  rerbum.  beide  arten  sind  folglich  im  ausdruck 
ununterschieden,  blosz  nach  dem  sinn  zu  nnlersclieiden. 

2)  ahd.  taucht  eine  stelle  auf:  i;  wären  aber  die  wärhaflo, 
die  lurrem  zimberot6n.    N.  Boeth.  174. 

3)  mhd.  gibt  es  viel  bäspiete,  und  wie  unter  C  zeigt  sich  das 
fij  ror  dem  sg.  und  pl. 

a)  sg. 

#j  was  ein  man  böse, 

nihl  des  engels  rät, 

li&T  iiich  betrogen  hat.    Moria  186,  13; 

ej  Wirre  ein  iinmaDheit.    Iw.  (>33; 

si  gibt,  *5  si  ein  lüge.    Walther  6",  25; 

ei  ist  sin  verb  und  unser  segen.     \VU.  31,  29; 

il  w.Tre  wise  oder  sät.    56,  12; 

#;  w<Fre  tat  ode  bSrc.    111,  6; 

^l  was  iedocb  ein  sünde.    113,  18; 

il  ist  Wilhalm  der  marliis.     123,  27; 

ej  si  TOgel  oder  tier.    Part.  5!»2,  9; 

*j  was  wol  milter  morgen  dd.    40,  21 ; 

ej  ist  nocb  tu  hüber  tac.    51, 19; 

«5  ist  Site  der  nabtegal.    MSF.  127,  34; 

^l  ist  ein  klage  und  niht  ein  sanc.    207,  1; 

£st  wunder  daj  ich  niht  verzage.    112,  10; 

6l  ist  ein  wunderlich  geschiht.    tr.  lir.  S630. 

b)pl. 

tl  sint  zwei  jär.    Diul.  3,  110; 

ej  wurden  bundesfliegen.    fundgr.  2,  101,  27; 

6%  wftrn  niht  küneginne.    Parz.  341,22; 

(■%  wären  meide  als  von  der  zit, 

den  man  diu  besten  jär  noch  git.    424,  1; 

ej  wären  wajjersteine.    568,  28; 

es  sint  alle;  klageliet.    ^'EIDH.  xl,  7; 

f  j  sint  guetiu  niuwe  msere.    MSF.  56,  1 ; 

ej  weren  möre  odr  sarajin.    Crane  2846. 
trä}irend  für   dieses   ej   Wolfram    belege   darbietet,    fanden   sich 
keine  aus  ihm  unter  C,  ich  müste  sie  dann  übersehen  haben. 

4)  nhd.  ebenso  häufig. 

a)  sg.  es  ist  ein  groszes  glück;  es  ist  zeit  zu  essen;  es 
war  ein  schlimmer  streich  ;  es  war  ein  briefträger,  der  in 
die  Stube  trat;  es  ist  für  uns  ein  harter  schlag;  es  erscheint 
tda.t  glas)  angelaufen. 

b)  pl.  es  sind  drei  stücke,  die  hierher  gehören;  es  müssen 
drei  sein ;  es  waren  zwei  männer,  die  der  krankheit  zuerst 
erlagen;  es  waren  Franzosen,  die  erschlagen  wurden,  und  mit 
drehung:  zwei  männer  waren  es;  diese  gründe  sind  es,  die 
mich  bewegen ;  so  sind  sie  alle  die  männer,  filze  sind  es, 
hären  sind  es.  K>gf.l  diamanl  128,  «o  auch  stehen  könnte  sind 
sie.  wenn  nun  auch  gleich  in  die.«em  falle  die  obern  runder 
dieser  Vierecke  nicht  liorizonlal  erscheinen,  so  erscheinen 
es  die  untern  desto  mehr.  GOthk  68.313;  sie  gehen  .sich 
nicht  für  meine  feinde  aus,  aber  sie  sind  es  desto  mehr. 

5)  einer  ersten  und  zweiten  jicrson  kann  das  seinem  begriffe 
nach  die  dritte  person  enthaltende  es  nicht  vorangehen,  bei  dirsir 
dritten  itt  es  zulässig: 

1%  sl  ein  sie,  <t  >>  «in  ^r.    Walthki  06,  21 ; 
wir  pflegen   aber   alkn  personen  des  sg.  wie  des  pl.  ein  praedi- 
ralivei  es  naehiusetzen. 

a)  goÜL  ik  im,  ohne  ita,  leie  iytä  rifii,  tat.  ego  sum;  |iu 
ii.  is  ist,  veis  sijum  u.  ».  w.  gr.  av  eh,  lat.  tu  es  u.  s.  w. 

b)  ahd.  aber  nüt  angefügtem  oder  eingeschaltetem  ia;:  ih  bin 
i/,.  0.  Hl.  20,37;  meislar  jA,  ih  ii;  ni  bin.  IV.  12,  h4;  ih  bim 
15.  T.  Matth.  14,27;  L'no  ni  bin  ih  ii;?  26,22;  Pno  bin  ih 
iij?  26,25;  d6  pist  i;;  ob  thu7,  bist.  Mallh.  U,  28;  ir  slt  i/,, 
vo«  esti»  II.«.».  ebenso  ags.  ic  hit  eom,  nun  ic  hit?;  |mi 
hit  eart  u.  *.  w.,  obwol  das  hit  unlerblnbrn  darf 

r)  mhd.   treten  jedesmal   hinter  dem  fi,  auch  noch  eiijenname 
appeUath  oder  ein  andres  prnnomen  zu : 
ich  pIn  i{  Jnneph.     tfint.  3,  110; 
ich  cnbln  <|  nibt  Cbrlit.    fundgr.  1, 135; 


ich  bin  ci  Iwein.    Iw.  2611.7483; 

ich  bin  üi  Minne.    3016; 

da  bin  ich;  diu  maget.    Part.  252,  11; 

ich  bin;  der  sun.    Waltheb  26,  30; 

ouch  bin  ich;  niht  gotes  sun.    cod.  kolott.  283; 

ich  bin;  ein  ruofendc  stimme,    fundgr.  1,  136; 

er  sprach:  ja  bin  ich  e;  der.    tielmbr.  805; 

dil  bist  e;  der  böte  fröne.    Mar.  178,  40; 

bistu;  Iwein  ode  wdr?    Iv.  3509; 

bistu;  Sigüne?    /»arr.  2.52,  28 ; 

ob  du;  der  marcrfive  bist.    Wh.  86,  7 ; 

er  si;  got,  er  slj  der  aimahtige  got.    Kelle  spee.  ecd.  172; 

als  er  i;  wäre  got.    Dieser  131,  22; 

sam  er;  got  solde  sin.     163,11: 

Cr  w<er  i;  ein  gartenmre.    fundgr.  1,  182; 

ob  ir;  der  marcräve  sit.     U'/i.  92,  6; 

sit  ir;  der  mich  räch?    Parz.  307,  24; 

sit  ir;  Lähelin?    474, 1; 

in  bin;  niht  Lähelin.    475,4; 

her  künec,  sit  ir;  der  beste.    Walth.  26,  32; 

und  jähen,  da;  si;  waeren  Liudgeres  man.    Nib.  821,2. 

spätere  beispiele  in  den  geslis  Rom.  K.  verschiedentlich:  ich  pins 
der  kaiser.  56,60;  ich  pins  der  marschalk.  151,  und  ohne 
Zweifel  sonst  noch. 

d)  nhd.  ich  bin  es,  du  bist  es,  er  ist  es,  sie  ist  es,  es 
ist  es,  wir  sind  es,  ihr  seid  es,  sie  sind  es.  fragwebe:  bin 
ichs?  bist  dus?  ist  ers?  sind  wirs?  seid  ihrs?  sind  sies? 
dei-  eigenname,  das  appellaliv  folgen  nur  selten :  bist  dus  Hein- 
rich?, wofern  man  in  diesem  Heinrich  keinen  vocaliv  sehen 
will:  bist  di'is,  Heinrich?  ich  bin  es  dein  bruder;  er  ist  es 
der  könig.  die  praedicativbedeutung  dieses  es,  trie  der  ihm  nach- 
folgenden namen  ist  unverkimnbar. 

e)  nüid.  fügt  sich,  bei  ausgclasznem,  aus  der  vorhergegangnen 
frage  erkennbarem  rerbum,  an  das  antwortende  j4  und  nein  das 
bloszc  ej,  gleich  jedem  andern  persönlichen  pronomen:  jA  ej, 
nein  ßj.     nhd.  musz  aber  dem  es  das  vcrbum  nachfolgen. 

e)  fr.  gilt  in  solclien  praedicativen  sätzen  gewöhnlich  kein  il, 
wie  unter  C,  sondern  das  stärkere  demonstralivum  ce.  doch  sagt 
man:  il  est  des  personnes,  il  est  dcux  ans,  il  est  temps 
und  in  der  drehung:  est-il  des  personnes,  esl-il  dciu  ans? 
esl-il  temps?     man  sagt  aber  auch  o-il,  ncn-il. 

E)  zur  besidtigung  und  erlduterung  alles  dessen,  was  hier  über 
das  neutrum  des  persönlichen  pronomens  torgetragen  ist,  gereicht 
schlieszlich,  dasz  auch  die  demonstrativen  pronomina  das,  dies, 
jenes  und  die  interrogativen  was,  welches  in  gleicher  weise  ver- 
wendet werden,  worüber  ich  auf  gramm.  4,  275 — 278  weisen  darf. 
darum  sahen  wir  unter  B,  2  und  3  was  oder  etwas  neben  es, 
unter  B,  4  altn.  |)at,  schw.  dän.  det  auftreten,  und  auch  das 
schw.  dän.  märchcn  hebt  mit  det  an.  durch  das  engl,  there, 
nl.  daar,  nd.  dar  wird  die  räumliche  Vorstellung  des  il.  ci  und 
fr.  y  =  ibi  ausgedrückt,  das  fr.  il  entspricht  unserm  es,  nur 
dasz  die  männliche  form  zugleich  für  die  neutrale  au.^reicht.  dar, 
there,  y  passen  eigentlich  nur,  wo  der  ort  im  salz  unbezeichnH 
üt,  und  stehen  überßüssig,  wenn  er  selbst  genannt  wird,  beson- 
dtrs  zu  beachten  i.4,  dasz  die  Franzosen  un.ur  unjiersönliches, 
ankündigendes  es  unter  C  mit  il,  unser  jrraedicatives  unter  It 
mit  cc  wiederzugeben  pflegen:  es  ist  ein  glück  heiszt  c'est  un 
bonheur,  ich  bin  es  heiszt  c'est  moi,  er  ist  es  c'est  lui,  wir 
sind  es,  c'est  nous;  das  für  die  dritte  person  passi'nde  c'est 
wurde  auch  auf  die  beiden  ersten  und  den  fd.  erstreckt,  aber 
statt  c'est  nous,  c'est  votis  verlautet  ce  sonimes  nous,  c'^'tes 
vous,  ce  sont  ciix,  wo  der  wahrhafte  pl.,  nicht  in  beiden  ersten 
jyrsonen  der  vornehme  gemeint  ist.  in  dem  ce  oder  rela  für  il 
suchte  die  spräche  einen  schärferen,  nachdn'icklirhem  ausdruck  :u 
erlangen,  vgl.  DiEZ  roman.  gr.  3,88  der  zweiten  ausgäbe. 

H.  der  accusativ  es. 

Sein  entrdth  die  älteste  spräche  weniger  ah  des  nominativs.  da 
dieser  meist  schon  im  verbum  steckt,  jener  aber  ein  v  '  '  ''len 
zu    vertreten   hat,    dessen    ausdruck  nicht  leicht  t,  nf 

deswegen  begegnet  auch  ein  ijolh.  ila  und  noch  «>/..        .'    i/, 

des  aeeusativs:  jabai  augA  |iein  jiata  laihsvö  maryjai  jnik, 
usRligg  ila.  Miülh.  .'.,  2».  vulg.  si  oculus  luns  dexter  scan- 
dalizel  le,  erue  eum;  ahd.  oba  Ihln  rPsuwi  ongA  thih  bisuihht\ 
arlosi  ]/,  Ihanne  inti  arwirph  i;  fon  Ihir.  T.  28,2;  ir  binii 
salz  l-rdA.  ob»  tha^  salz  arllalAl,  in  hift  selzil  man  ij  thanne? 
21,1;  noh  inlprennenl  lioiii  inli  se/.zenl  i;  nnlar  mutli.  25,2; 
thir   tuonlcmo  climosinam,  ni  wij;*  ij  thin  winistrJ.    33,3. 


1117 


ES     AGC. 


ES     ACC. 


1118 


mhd.  und  nhd.  accusalire  dieses  pronomens  anzuführen  «rJre  über- 
flüssig, du  sie  iiUenlhalben  vorkommen,  und  in  den  naehfoigenden 
bemerkungen  beiege  genug  enthalten  sind,  der  romanische  lautet 
nicht,  wie  der  deutsche,  dem  nom.  gleich,  sondern  seiner  mäntir- 
lichen  form  halben  abveichend,  it.  lo,  sp.  lo,  fr.  le,  gegenüber 
dem  nom.  egii,  el,  il. 

A)  oft  könnte  auf  den  ersten  blick  zweifdhaft  erscheinen,  ob  in 
einem  anhebenden  e;  der  nom.  oder  acc.  vorliege;  für  den  acc. 
entscheidet  der  sinn  in  folgenden  beispielen: 

MegJDza  ist  ein  kastei, 
i;  gimerte  manig  belit  snel.    Anno  5(U; 
die  schinint  uns  voa  himele, 
als  i;  sibin  sterrin  nahtis  duont.    571 ; 
dö  ij  Romsre  gesähen, 
tII  harte  si  irquäruen.    kaiserchr.  477 ; 
et  gefriesch  ouch  Slglint  des  edeln  küneges  wip. 
üib.  52,1; 

6i  reiten  sine  liute.    51,  2 ; 

€;  habent  die  kalten  nebte  getan.    USF.  H,26; 

es  tuont  die  rogele  scbin.    t>4,  17 ; 

e;  scbuof  ein  unsxlec  tranc.     Trist.  583,  30; 

e;  möhtea  nibt  mit  guote 

Tergelten  alle  künge  rieb.    fr.  kr.  9220; 

als  e;  gebot  der  künste  tH;.    9561. 

nhd.  verwechseln  sich  leicht  der  acc.  es  mü  dem  gen.  es,  wovon 
hernach,  gleich  dem  nom.  es  kann  auch  der  accusaiiv  zuweilen 
auf  das  mdnnliclie  oder  weibliche  geschlecht,  und  auf  einen  plural 
bezogen  «erden:  sie  TeracLlea  des  Racine  gediciite,  und  ich 
sage  ihnen  aufrichtig,  dasz  sie  es  gar  nicht  zu  lesen  im 
Stande  sind,  solche  Schriften  zu  lesen,  dazu  gehört  mehr 
französisch,  als  sie  verstehn.  Gellebt  3,  26S.  der  form  nach 
wäre  'gedichte'  auch  der  sg.,  den  pl.  aber  verlangt  der  sinn. 

B)  grundlos  ist  Adelcügs  behauptung.  der  acc.  es  schicke  sich 
nicht,  seiner  Unbestimmtheit  wegen,  nach  praeposilionen.  er  gewährt 
ftn«»  nicht  minder  ßhlbaren  sinn,  als  die  accusalire  der  übrigen 
persönlichen  pronomina  und  ohne  anstosz  sagen  wir:  ein  theil 
der  Schweiz  hat  grosze  ähnlichkeit  mit  Schwaben  und  grenzt 
auch  an  es ;  das  kind  lag  am  tode,  um  es  herum  standen 
weinende  eitern  und  geschwister;  er  erreichte  das  haus  und 
war  kaum  in  es  getreten,  so  sank  er  zu  boden ;  im  zimmer 
steht  ein  bett,  wer  sich  auf  es  schlafen  legt,  schläft  anhal- 
tend ^nso  die  ältere  spräche:  do  stund  der  altvatler  für 
das  bild  und  fieng  an  und  schalt  es  und  Quchet  im  und 
warf  es  mit  steinen,  und  do  es  abend  ward,  da  fiel  er  für 
es  und  bat  Verzeihung  und  das  thet  er  alle  tag,  das  er  allweg 
an  dem  morgen  stund  für  es  und  schalt  und  warf  es,  und 
wenn  es  abend  ward,  so  bat  er  verzeihens.  Keisersberg 
geistl.  gunkel  (1510)  f5';  Alexander  hell  ein  pferd  und  wenn 
er  kam  und  wolt  uf  es  sitzen,  so  bog  es  die  knü.  seh.  u. 
ernst  cap.  326 ;  man  hat  sich  mit  futer  uf  es  versehen.  Münster 
cijsmogr.  145S.  ire;!«  diese  an  es,  um  es,  auf  es,  vor  es  richtig 
sind,  warum  sollte  bei  Lichtwer  1, 14.    Berl.  1758.  s.  26 

was  um  es  {das  lamm)  stund,  das  ward  verheeret 

liidel  verdienen?  in  allen  diesen  steUen  klänge  'dasselbe'  für 
'es'  steif. 

C)  in  einem  andern  wiciUigeren  fall  Idszt  ^ch  sagen,  dasz  das 
'es'  zugleich  bestimmt  und  unbestimmt  erscheine,  dieser  acc.  ins- 
(/emein  kann  zwar,  ohne  dasz  ein  subst.  vorausgeld,  worauf  er 
sich  unmittelbar  bezöge,  den  gegenständ  der  rede  bezeichnen,  also 
rieten  Wörtern  zugesellt  werden,  er  pflegt  aber  gewisse  verba 
gleichsam  ständig  und  regdmdszig  su  begleiten;  formell  hat  er 
dann  keine  vortretende  bedeutung,  im  gründe  aber  liegt  eine  nach- 
drückliche verborgen,  wenn  sie  schon  im  vertauf  der  zeit  erblaszt 
ist.  fast  alle  solche  verba  mit  'es'  verlieren  sich  tief  ins  alter- 
Ihum.  gotlusch  sind  sie  noch  gar  nicht,  ahd.  nur  in  einigen  bei- 
spielen aufzuzeigen,  damit  könnte  es  sich  gerade  verhalten  wie 
mit  dem  unpersönlichen  es  des  nominativs,  dessen  die  alten  sprachen 
noch  entrollten,  möglich  wäre  doch  auch,  dasz  ihnen  der  ern^ 
oder  die  dürre  des  lextes  keinen  anlasz  bot,  das  freiere  pronomen 
an  der  stelle  des  gesetzten  oder  gar  nicht  ausgedrücJden  nomens  vor- 
zubringen, mhd.  aber,  seit  der  spraehgeitl  sich  frischer  regte, 
treten  dergleichen  verba  öfter  auf,  nhd.  sind  sie  groszentheds  als 
dunkel  oder  rolt  wieder  aufgegeben,  sie  seheinen  von  kämpf, 
rill .  spiel ,  tanz,  Irinkgelag,  gastmal,  gesang,  kleidung  herge- 
nommen, führen  also  unmittelbar  in  die  anschaulichsten  Vorstel- 
lungen, deren  sich  jeder  redende  von  selbst  betnisl  war  und  deren 
sinn  ihm  nicht  enigieng,  wenn  auch  mekrtre  subslanliea  abtteeh- 
selnd  darunter  liegen  konnten,     tinteitte ,   nkht  uHähnlick  den 


I,  B,  1 — 3  angeführten  nominaliviscJien  'es'  lassen  sich  auch  als 
Verhüllungen  und  euphemismen  für  das  ungeziemende,  nicht  offen 
auszusprechende  betrachten,  wobei  freilich  unvermeidbar  blieb,  dasz, 
sobald  sich  dieser  sinn  festig,  sie  selbst  wieder  unanständig  wurden, 
das  gilt  vielleiclU  von  unzüclüigen  Wörtern  der  spräche  überhaupt: 
entsprungen  aus  natürlicher,  eingepflanzter  schäm  und  zudeckend, 
erscheinen  sie  allmälich  fredientblöszend. 

lateinisch  und  sovid  ich  sehe  slavisch  entsprechen  blosze  verba 
ohne  zugäbe  des  pronomen^  was  den  oben  vorangestdlten  fall  zu 
begünstigen  schiene;  romanisch,  sowol  it.,  sp.  als  besonders  fr. 
gibt  es  einige  von  lo  und  le  bereitete;  nl.  mehrere  mit  het,  engl, 
mit  it,  worin  Johnson  etwas  scherzhaftes  (ludicrous)  sah.  den 
nord.  sprachen  mangelt  ein  pronomen  ßr  unser  es,  und  J)at, 
det  an  dessen  stelle  dem  verbum  beigegeben  findet  'sich  nicht, 
häufig  werden  wir  dem  sächlichen  es  auch  einen  persönliclten 
dativ  und  ein  localadrerb  zugesellt  sehen. 

alle  diese  ausdrücke,  obschon  an  ihrer  stelle  einzeln  aufzu- 
ßhren,  sind  hier  einer  sie  beleuchtenden  Zusammenstellung  werth. 
man  hat  das  analoge  'eins'  sp.  257—259  zu  vergleichen. 

1)  mhd.  e;  rtimen,  loco  cedere,  wobei  man  sich  viele  Wörter 
denken  kann,  den  platz,  weg,  stul,  das  land,  haus,  fasz: 

er  muose  ej  rümen  sä.    Dieieb  4,25; 

bungerjäre  cbömen, 

Ysaac  unde  sin  wip  muosen  i;  rümen.    Diut.  3, 72 ; 

die  berren  rümten  15  dar.    Roth.  4729; 

er  ne  woldij  ime  rümen.    Alex.  1709; 

er  begundij  dar  rümen.    6336; 

unde  begundis  dar  rümen.    6613; 

ich  ne  rümen  i;  ime  niet.    fundgr.  1,2'29; 

da^  si;  rümen  muojen.     Tund.  43,4; 

daj  berj  scbiere  do  rümte.    En.  1964,  wo  Ett».  66,  21 

da;  ber  da;  lant  rümde; 

ich  gerüme;  niemer  hie.    Greg.  3453; 

nü  rümde  man  in;  zestunt 

ze  einem  witen  ringe.    Er.  754; 

die  verdrö;  tU  sere  da, 

unde  rümten  im;  sä.    '2978; 

hei;  in;  rümen  von  dan, 

da  er  lit  in  dem  walde.    5002; 

unde  rümte;  im  oueb  sä.    Im.  3313; 

smorgens  vor  der  veste 

rümden;  gar  die  geste.    Parz.  54,7; 

e  ir;  gerümet  hie.    Kib.  13%,  1 ; 

ir  sult;  bie  rümen.    Gudr.  1345,4; 

da;  man;  den  recken  rüme.    1692,3; 

rüme  e;  winter,  du  tuest  wo.    Neidhirt  4,35; 

winder  bat  e;  bie  gerümet.    19,34; 

unde  der  ubile  drache  der  mu;  i;  hi  rümen.  Griesharer 
sjwacluienkm.  s.  13;  daj  düj  hi  rümis,  daj  dich  niraan  mere 
hi  beschowe.  s.  14.  läer  sitid  auch  beispiele  des  volleren  aus- 
drucks : 

rümt  ime  den  stuol.    Rother  104; 

nü  rüiqen  wir  den  tan.    Nib.  887, 1 ; 

dö  rümten  sie  die  zarge.    Mar.  209,28; 

rüment  den  wec  der  minen  lieben  rrouwen.    US.  1,4'; 

dö  bie;  er  rümen  den  rinc.    Iw.  6931; 

also  da;  minne  noch  ha; 

gerümden  gähes  da;  va;.    7026; 

da  himet  der  ha; 

vrouQ  Minnen  da;  va;.    7038; 

beide  trüren  und  ha; 

rümten  gähes  da;  va;.    7492; 

Alrrechts  vox  H.alberst.'vdt  Verwendung  dieser  redensart,  blickt 
noch  bei  Wickram  {Mainz  1551,169')  durch: 

jedoch  die  sein  nit  mögen  :i(erben, 
wann  gleich  schon  ire  Tasz  verderben, 
und  sie  schon  mö<:sen  räumen  das, 
so  farend  sie  in  andre  fasz. 

auch  mnl.  als  een  siele  sal  rumen  tvat.  lebensp.  1,  20,  22,  mU 
bei  aber: 

sine  mostent  rumen  te  baren  scanden.    Slcke  8,1012; 

mostent  dar  rumen.    8,1174; 

en  rumedent  met  baesten  groet.  10,543. 
DE  Vries  im  glossar  zum  lekensp.  s.  579  versichert,  dasz  het  rumen 
noch  im  17  jh.  oft  gesagt  wurde,  fr,  gleicht  le  c^der.  «eichen, 
nachgeben,  ceder  le  pas,  la  place,  ahd.  ist  nur  rümen  ohne 
unser  pronomen  aufzuweisen:  wanda  andere  fugela  rAnieut, 
sparo  ist  hcirae.  N.  ps.  107,7;  tu  rümest  tero  naht.  Marx. 
Cap.  155 ;  denn  beidemal  konnte  ij  datieben  erwartet  werden. 


1119 


ES     ACC. 


ES     ACC. 


1120 


2)  mkl.  e  5  bieten,  erbieten,  o/frne  (2,  fi),  denken  Usü 
sich  am  ersten  das  brol.  ijlas,  ruHleicIU  auch  die  hand.  faust, 
den  mund,  es  giit  zumal  vom  empfanti  des  gastes,  dem  aber 
auszer  speLv  und  IraiJc  freundliclies  aller  arl  enctesen  wird,  danu 
auch  von  licbeszeichen : 

daj  ej  nie  wirt  m^re 

siiit-m  gaslc  baj  crböt.    Iw.  GöGO; 

nie  lieben  gesten  raanj  so  güetlich  erbot.    Kih.  734, 4- 

dfr  guote  gnioj  der  vn-iit  den  gast,  swenn  er  in  gäi. 

vil  wol  dem  wirte,  daj  in  sime  hiise  slai, 

dai;  er  mit  zühten  wt*se  frö, 

und  biete;  sime  gaste  so, 

(la{  in  der  nille  dünlie  guot. 

den  er  engegen  im  kerei.    MSF.  2'i,  8;  ' 

ein  waltman  in  güetlicli  enphieng 

in  üin  lins  und  bot;  im  wol, 

als  ein  wirt  sim  gaste  sol.    ItON.  91,9; 

er  wolt;  im  bieten  dennoch  ha;.    91,24; 

ein  biderber  wirt  sei  umbe  s«n  reliie  als  ein  valke 

und  soi  ei  wol  irbieien  dorn  biderben  unde  ouch  demsiluillic 

MSH.  3,!>7«; 
den  gesten  St  ig  wirdiglichen  bot.    Suchemw.  12,  S3; 
da  man  ?%  dicke  erbot 
minera  übe  rehte  als  ich  wolle.    MS.  1,65'; 
sol  fj  mir  wol  erboten  sin.    dax.; 
da  biulet  si  mir;  so  rehte  schöne.    1,1"; 
so  si  der  künic  ie  gruojte  und  ir;  schöne  erbot. 

Guar.  1047,1; 
da;  si  vor  unsinne 

e;  niemen  wol  erbieten  mac.    klage  Ilulzm.  3409; 
er  was  gein  mir  des  willen  ic, 
da;  er  mir;  riierliche  bot.    Parz.  303,19; 
op  du  mir;  wol  erbiutes  hie ! 
ich  hörte  von  dir  sprechen  ie, 
du  erbütes;  allen  liuten  wol.    304,3—5; 
ich  erbiut;  iii  durch  mins  hruoder  bei«, 
da;  e;  Ampllisß  Gamurete 
minem  a>heim  nie  ba;  erbot.    40C,  3— 5; 
doch  erbot  si;  einem  ba; 
mit  geba>rden.    IVeidh.  70,14; 
ir  erbuiel  mir  e;  hie  so  wol.     Tiist.  40,19; 
ir  redet  und  bietet  mir;  also.    40, 2fi; 
da;  si;  mit  rede  Tristande  bule.    479,25; 
mit  Worten  und  mit  sinne 
erbutcn  si;  einander  wol.     Wigal.  84,3. 

nhd.  bmpiek  stelm  2,  6  und  3,  723. 

3)  mhd.  gj  bringen,  afferre,  von  kämpf,  kleid,  speise 
und  trank: 

swä  €r  die  durlligen  gesah 

nackit  odir  rrostic 

hungirc  odir  durstic, 

den  brähter  i;  stille.    Aegidius  91  ; 

wan  iegelicher  danne  luot, 

als  in  leitet  sin  muot 

und  als  ^r;  bringen  (vollbringen)  mac.    fundgr.  2,111; 

die  frowen  habcnt  C;  also  bräht, 

da;  ir  von  rShte  wirt  gedäht 

in  der  vonicrstcn  zal.    Er.  7776; 

sus  het  er;  umh  si  alle  bräht  (verdient).    Iw.  2652; 

si  sint  kumen  durch  .«trit, 

wir  wolcn;  in  bringen  lif  da;  feit 

mitten  uuder  ir  gcz<;lt.    IIerii.  134ri, 

fjleidisam  das  heerzeichen,  die  kriegsfahue.  nhd.  häufig  es  bringen. 
den  beclier,  das  glas,  den  wein,  vgl.  2,  3S6.  es  weit  bringen, 
er  hats  weit  gebracht. 

4)  mhd.  «j;  heben,  erheben,  das  spiel,  lied,  den  tanz, 
kämpf: 

i;  ist  wol  erhaben,  sprach  dPr  hell  Rolant,  (IIelbl.  g,  3) 

DU  gedenket  d6r  swerte  an  der  haut!    Hol.  144,  II ; 

i;  was  verm<^;;eolichc  erhaben.    163,5; 

nu  he\en  wir;  in  gole«  namenl    277,27; 

Ut  «;  heben  die  lliunen  !    Mb.  1824,3; 

da{  f;  erhaben  wurde.    1817,7; 

nu  heb  ich;  an  mit  schirmensicgcn.    MS.  2,1*; 

disen  dnhte  die  rede  guot, 

dag  «;  mit  schilTen  wurde  erhaben.    Hub.  4130; 

ich  wil  «i  »6  erbeben.    2128; 

aU  ich;  erhebe,  h6  komet  enzit.    gult  frau  KM»; 

an  6f.r  lieben  Vridcn'inen  hiiop  A;  Engelmftr, 

der  ir  tpiegel  nnm.    Neidhart  78,7; 

*il  aber  Ich  ron  ir  lugenden  sagen, 

dSt  wirt  »6  Til,  «weniic  ich;  erhebe, 

da(  icbs  iemer  rauo;  gedagcn.    JMS.  1, 06*. 

nU.  fät  t$  beben,  e«  erheben  ron  getang  uml  stimme  und 
nun  will  lehn  aber  heben  nn, 
M  will  ichf  aber  beb«a  «n 


sind  gewöhnliche  lii'doiuniiunije  {vtjl.  erhuop  ilaj;  iiel.  Reinh.  2491, 
allmalich  drückte  anheben,  erheben  ganz  abstracl  anfangen,  be- 
ginnen aus.  vgl.  oben  sp.  843  und  ein  nuwiz  irheben.  <«•.  Hud. 
ß',5.  C",12.  ^ 

5)  vihd.  eg  tuon,  in  mehrfacher  antcendung. 
rt)  von  der  helden arbeit : 

vier  und  zweinzic  recken  die  wären  üf  den  plan 

komen  under  schihle,  dö  wart  e;  wol  getan.    Oudr.  184  1; 

der  was  von  ritcrschefle  wunt, 

und  bei;  ouch  da  vil  guot  getan.     Part.  46,19; 

die  beten;  da  vil  guot  getan.    50, 10; 

nu  lät  si;  also  tuon.    720,9; 

hurtä  wie;  da  wart  gclän.    673,10; 

von  den  sinen  wart;  da  so  getan, 

soll  e;  ein  keiser  gellen, 

sölhe  soldier  funde  er  selten.    Wli.  385,  18; 

der  het  e;  vordös  äne  wän 

also  dicke  wol  getan,    /w.  257S; 

da  tet  er;  riteriichen  vor.    Greg.  1840; 

und  heten  e;  orte  so  guot  getan 

an  maneger  rilerschelle.     Wigal.  234,35; 

diu  raaget  tßie;  da  harte  guot.    280,33; 

wie  si;  da  so  gelabten, 

da;  e;  da  sagebscre 

und  wol  ze  lobene  wipre.     Trist.  18,20; 

der  e;  des  lages  und  an  der  stete 

ze  Wunsche  vor  in  allen  tete.    19,18; 

wie  g;  der  hell  strele 

des  selben  tages  ta;le.    gute  frau  1147. 

ß)  faccre  in  re  venerea:  quare  non  farimus?  PtTRONius 
eap.  87; 

ne  faciant  vicibus.    Jlvknxlis  7,240. 
prov.  lo  far,  fr.  Ie  faire,  sp.  iiazerlo: 

s'ah  si  US  colga,  failz  lo  be.    Hay«ioüard  le.rique  3,  261 ; 
li  quens  ne  li  list  la  nuil  mes  (|ue  xx\  feiz. 

Uituteimigne  725; 
ditcs  mei,  bele  Illle,  ad  Ie  vus  fait  c  feiz?    728; 
il  me  Ie  fit  trois  fois  ou  qiiatre.   anc.  llu'atre  fr.  1.372; 

ich  wolt  euch  treuten  also  schon 

und  wolts  euch  zu  acht  malen  thon. 

Kkli.kr  erzäliliingen  30<'..  1 1  ; 
'mein  begehren  ist',  antwortet  das  weih,  'dasz  ihr  niirs  noch 
einmal   thun    soll,   die   weil    die   thür   noch   zu    ist'.    Simpl. 
Vogelnest  1, 12.     in  einem  schträbiscJien  Volkslied  bei  Meier  s.  154 

lieber  nehm  ich  einen  maurer, 

der  kann  mirs  vermauern. 

y)  nM.  es  thun,  wie  in  das  nest  thun: 

duostu  in  dein  eigen  nest.    Mcscatbl.  44,07; 
büinn.    di'lati,   delati   pod   sehe  =   kaleti,    sich  vernnretni.jen . 
do  hnizda  nadelati,  vgl.  bethun,  sich  bethun  1, 1704. 

5)  man  sagt  auch  es  einem  anihiui  ron  zauber  oder  krank- 
licU;  es  einem  zuvor  thun,  ihn  iiberlreffen ;  es  einem  n;uh- 
Ihun,  ihn  nachahmen,  in  'es  thuts,  es  thuts  schon,  es  thiits 
nicht  so'  sind  zwei  es,  nom.  und  acc. 

6)  mhd.  ej  nemen,  benemcn,  auferrc,  inlercipcrf: 
da  wären  sie  mit  iibile  zc  samine  cbomen, 

ne  bele  i;  in  diu  naht  benomen.    Ihui.  3,  8t ; 

der  hcrte  slril  werte  unz  in;  diu  naht  benam. 
Mb.  2022. 1 ; 

diz  werte  in  gröjen  sorgen  unz  in;  diu  naht  benam. 
Gudr.  879,  I ; 

P.r  reit  unz  im;  diu  naht  benam.    Er.  2475; 

die  sluogen  ir  noch  .tne  zal,  A  dn;  diu  naht  In;  na>me. 
lAihengr.  281"; 

er  briBht  si,  ob  im;  ungeliick  nilii  nn<me.    672; 

dA  wipren  si  wol  iiher  komen, 

iedoch  bäte;  in  diu  nahi  gcnomen.    lirl.  cbron.  50SM); 

den  bniodern  ü;  diu  naht  benam.    11765; 

sw^r  deme  andris  iht  g«iiieie, 

da;  er  da;  war  lie;e, 

J;  ne  beneme  ime  der  Iflt 

oder  <>han  nöl.     Ilolh.  49W; 

Ahariiu  not  hat  ii-;  botiomen, 

wan  Ki  leider  ül  der  vari 

von  der  reise  siech  wart.    Iw.  0042; 

dA  si  stuonl  an  ir  gehete, 

als  si  ZR  allen  ziton  t<>te, 

fij  bon.Tmc  Ir  dläf  oder  nia;.     Greg.  1749; 

hirt  ti  Im«  der  löi  nilit  bennmen, 

er  wirre  sit  hOrwidor  kumen.     Tn»l.  243, 1 ; 

diu  wunno  het  im;  benomen.    kimth.  Jc.«u  sS,  OC; 
mnd.    it   ne  ncine  ime  echt  nöU    S.\p.  l,  70.      im  Bacharacher 
ueudAum  (2, 213):  da  wua  er  ime  nachfolgende  uf  des  srhniches 
fni»e  mit  wuUn  geschrei,  mit  gluckcnkiange  durch  den  dustern 


1121 


ES     ACC. 


ES     ACC. 


1122 


walt   als   lange  bis   in    die  swarze  nacht  benam  (lies  bis  es 
im,  oder  bis  im  es  die  s.  n.  b.). 

wer  nun  hier  actusalivisdies  ö^  bezwfifeln  und  nominalirisches 
{nach  I,  D)  annehmen  icollte,  den  widerlegen  \ri  hr.  6042  {wo 
freilich  A.  ij  ir  liest)  und  iin;  Lohengr.  672.  kindh.  Jesu  S8,  66. 
an  welche  subslanlira  läszt  sich  aber  als  lebendigeren  acc.  denken? 
vicllächl  an  tag,  licht,  wo  das  subjecl  nacht  ist,  an  weg,  fart, 
gang,  wo  noth.  das  e;  kindh.  Jesu  8S,  66  wäre  allenfalls  auf 
das  kurz  vorausgeliende  ungemüele  zu  beziehen,  wir  sagen  heule 
voll:  einem  das  licht,  den  albern,  die  freude,  trauer  be- 
nehmen. 

7)  mhd.  e;  briuwen,  brauen,  äeden,  kochen,  ansliflen,  su- 
riclden,  eigentlich  einen  trank,  guten  oder  bösen,  dann  unheü, 
schaden : 

iiu  habent  ej  die  jungen  iif  gebrouwen.    ilSII.  3,287'; 

■wir  suln  ein  niuwes  briuwen, 

dar  nach  si  die  vinger  kiuwea.    Neidhart  13,35, 

denn  'ein  niuwej'  lüszt  auf  'ej'  schlieszen.     nhd.  er  hats  ihm 
gehrauen  (gebrauf),  auch  von  giß. 

S)  mhd.  e;  enblanden,  miscere,  admiseere,  einrühren,  in 
ähnlichem  sinne  wie  brauen,  meist  aber  abstract:  es  einen 
fühlen,  empfinden  kssen,  es  einem  zumuten,  auferlegen,  einen 
bemühen: 

wil  ich  ij  mir  euplanden.    Rot.  85,7; 

wurde  ij  in  enplanden.    89,23; 

ij  wart  in  harte  enplanden.    %,  15; 

ij  wirdet  in  harte  enblanden.    272,3; 

^ot  eine  mac  in  helfen  hin 

ob  er  imj  enblanden  wil.    Iiv.  6343, 

ticii  die  mühe  nehmen,  geruhen  es  zu  thun; 

nu  muose  imj  enblanden.    Tirl.  Wh.  15'; 

kint,  lät  iuj  den  reien  wol  enblanden.    Neidhart  13,23, 

laszt  den  tanz  euch  warm  machen,  das  in  den  ausg.  fehlende  Cg 
scheint  nülhig ; 

die  habent^  in,  nu  wi»et  da;, 

enplanden  v6rre  deste  ba?.    Bit.  11352; 

sie  liejen  in;  enblanden, 

als  sie  des  twanc  diu  not, 

die  swert  in  ir  banden 

diu  warn  von  bluote  röt.    Rah.  599.662. 

statt  des  persönlichen  datirs  findet  sich  aber  oß  der  leib  oder  ein 
glied  ausgedrückt,  dem  es  gleichsam  angethan,  zugemutet  wird: 

wan  da;  si;  pble?ent  enblanden 

ougen  unde  banden.    Er.  5765; 

wir  miie;en;  starke  enblanden 

den  armen  unde  den  banden.     Iw.  6391 ; 

da;  rolk  von  dri;ec  landen 

möht;  den  ougen  niht  enblanden.    Parz.  23t, 26, 

halle  nicht  so  viel  weinen  können; 

swer  Tolget  dem  schilde,  der  sei  e;  enblanden 

dem  libe,  dem  guote,  dem  herzen,  den  banden.    MS.  2,29'; 

swer  mit  Schilden  decken  wil  vor  schänden, 

der  sol  eg  dem  libe  wol  enblanden.    2,37'; 

so  enblandent  sie;  den  ougen  (teeinen  sie).    Flore  457; 

doch  enblienden  sie;  den  ougen.    7757; 

der  werife  ze  minnen 

enblient  er;  sinen  sinnen.    Wigal.  9,3; 

do  enblient  er;  dem  swerie.    Er.  3395. 

9)  mhd.  e  5  liehen,  vorerst  aus  'ein  niuwe;  liehen',  nach 
analogie  von    ein   niuwe;   erheben,    ein    niuwe;  briuwen   zu 

folgern  : 

die  vogele  in  dem  walde 

singent  wünneclichen, 

stolze  megde,  ir  sult  ein  niuwe;  tichen.    Neidh.  25,32, 

das   will  sagen,   euch  zum  tanz   aufmachen,   erheben,      denn  in 
demselben  Hede  geht  voraus: 

der  linden  welni  ir  tolden  niuwer  loube  riehen, 
dar  wider  lä;ent  nahtigal  dar  tichen.    25, 16, 

und  in  einem  andern: 

die  vogele,  die  der  winder  trüric  bei  gemachet, 

die  singent  wunniclichen 

ir  eesanc, 

weint  in  aber  tichen 

den  sumer  lanc.     19,21, 

lins  ist  wieder  den  gesang  anheben,  mdgde  vnd  vögd  ticbent  öj', 
huldigend  dem  sommer.  dies  tirhen,  teich  sdieint  gestalten, 
bilden,  schaffen,  ursprünglich  vielleicht  in  weiciter  masse  bilden, 
leiqen,  ich  verglich  golh.  gadikis  und  scklosz  auf  ein  deikan, 
daik,  Tzlaaaeiv,  das  in  deigan,  daig  übergeht,  wie  sich  ahd. 
III. 


teic  und  teich  =  goth.  daigs,  niasso /5nde<  (Gbaff5,  377),  teig 
cd)er  mollis,  fracidus  ausdrückt,     nun  lesen  wir: 

ir  vil  ^uote  knehte,  swer  f;  mit  eilen  tuot 
und  mir  e;  mit  den  vindeo  biute  bilfet  tichen. 
Gudr.  13S9,  3, 

wo  ej  lieben  gleichviel  ist  mit  es  schaffen  oder  ausriciden; 
wie;  Gisel  da  mit  tanze  tichen  sol.    Neidh.  45, 14; 
wie  si  e;  tichen  üf  dem  wal.    Onoc.  15S'; 
wan  da;  si;  üf  dem  breiten  mer  pa;  chunden  teichen.    46*; 
die  lebenden  da^  tichen  =  schuofen,  worbten, 
da;  die  töten  wären  tot.    Herb.  79<)0. 

die  sclwinbar  abweichende  bedeutung  von  büszen  erklärt  su:h  aus 
ej  biiejen: 

da  si;  mit  jämer  an  ende  muosen  tichen.    HS.  2,15'; 

ich  bin  unsamft  erstrichen 

und  hän  da;  wol  ertichen  =  gebüsU.    uolf  und  geisz  413; 

da;  hat  er  geliehen.    Frackmlob  Eilm.  s.  16; 
mnd.  de  sunde  konde  ik  nicht  diken.    Zeno  906. 

wie  aber  kiesze  tichen  ruhig,  gemächlicli  gehn? 
gät  er  gemach,  so  liehet  fr, 
tuot  er  lise,  so  suchet  er.    LS.  3, 32S, 

welches  tichen  schleichen  St.\lder  1,  280,  deichen  schleidien 
ScHMiD  s.  123  noch  heute  aus  Ulm,  deichen,  dicheln,  lenlo  passu 
incedere  Schm.  1, 351.  352  aus  Baiern  und  Franken  beibringen, 
weil  der  teig  langsam,  allmälich  aufgeht,  könnte  tichen  diesen 
sinn  haben,  ertichen,  oben  sp.  754  schlecht  geschrieben  erdeichen, 
ist  erscldeichen.  den  gesang  tichen,  dar  tichen  län,  hiesze  dem- 
nach ihn  ergdien,  sich  erheben  lassen,  gj  tichen  es  schaffen,  aus- 
riciden, also  jenes  ein  niuwej  tichen,  es  neu  unlieben,  wenn 
man  will  einleigen,  einrühren. 

10)  mhd.  ej  büejen.  büszen,  nach  2,572.573  war  sinn- 
lich erfaszt  reficere,  nähen,  anzünden,  heilen,  ganz  machen,  den 
hunger,  die  lust,  die  sünde  büszen,  ej  büejen  kann  also 
manigfachen  sinn  gehabt  haben  und  hat  am  häufigsten  den  von 
emendare: 

ich  sol;  in  ggrne  bfie;en,  swie  sie  dunkel  guot.    Nib.  ISOO,  1 ; 
ich  sol  e;  aber  der  süezen 
be;zern  unde  bQe;en.    Triff.  132.36; 
als  e;  gel  der  riebe 
enzit  bedenken  müeze 
und  e;  be;;er  unde  büe;e.    373,26. 

meiäens  aber  sind  die  vollen  subst.  dazu  gesetzt, 
nhd.  eile !  wenn  du  nicht  eilest, 

werden  wirs  theuer  büszen  müssen.    Göthe  12,241; 

du  sollst  es  mir  schon  büszen. 

11)  nhd.  es  einbrocken,  interere,  oben  sp.  158.159:  ich 
hab  dirs  eingebrockt,     mhd.  dar  brocken : 

giengen  si;  dar  brechen.    Diut.  3,321. 

tl')  nhd.  es  eintränken,  dare  bittere,  oben  sp.  326. 

12)  nhd.  es  verschütten,  effundere:  das  wasser,  den 
brei,  die  suppe.  Scbmeller  3, 418.  ich  habe  es  bei  ihm  ver- 
schüttet ;  es  bei  den  eUern  nicht  verschütten  wollen.  Ettxer 
«Hif.  doct.  41. 

13)  mhd.  ej  walken,  subigere,  eigentlich  den  fUz,  das  feil, 
dann  iclibus  concurrere: 

die  andern  laetcn  riterschafl 
mit  so  bewander  zornes  kraft, 

da;  sie;  wielken  vaste  unz  an  die  naht.    Pars.  82,7: 
die  kamerspre  bi  der  tür 
wielken  e;  mit  starken  siegen.    Wigal.  242,27; 
der  wielk  e;  in  dem  melme 
under  sinem  belme.    OA.  1,120; 
sie  wielken;  hin  unde  her.    2,368; 
sie  begunden;  rfhie  walken, 
also  dri  wilde  falken 
under  den  kleinen  vögellin.    Geo.  141; 
nu  lä  wir  e;  walken!    Ottocar  512'. 
man  sagt  auch  engt,  walk  it,  nni.  bei  walken. 

14)  mhd.  ej  riben,  terere,  fricare.  die  haut,  das  holz, 
die  fiedH: 

dö  gie  gein  Im  d^r  grSve  Adin, 

mit^im  sebs  videlvre, 

die  woldcn  im  sine  swapre 

mit  ir  videlen  vertriben. 

dö  beeundcn  si  e;  riben 

mit  kiinsteclichen  griffen, 

bi;  im  gar  was  entslifTen 

diu  swa^re  von  dem  herzen  sin.     Wigal.  217,15; 

er  ist  an  dem  tanze  ein  re4iter  treibe!, 

geruoclich  Cr  zispet, 

mit  dem  fuo;e  er;  walket  unde  ribet.    MSII.  2,  W. 

71 


1123 


ES    ACC. 


ES     ACC. 


1124 


nhd.  es  einreiben,  infricare,  oben  sp.  248: 

si  haintz  noch  iiit  ingeriben, 

das  si  soIIkt  licneu  n ölten  si.    Ajtpenzeller  cliron.  125: 

ei  ich  wils  ihm  ein  noch  reiben.    Logau  2,15,41. 

15)  ag$.  hil  prüscan,  triturarc:  se  ))unor  hit  prisced  mid 
lt<ere  Rrenan  äxe,  der  donner  drisclu  mit  der  feurigen  axl. 
Saluin.  und  Suturn.     engl,  thresh  it. 

Ki)  ü5  wikisen,  tellurem  jmlsare  pedc,  saitare: 

ir  briset  iuch  zen  lanken, 

stroulet  ab  die  risen, 

wir  suln  e;  üf  dem  anger  wol  wikisen.    Neidbart  26, 1. 

im  Glainerland  fliegen  die  hexen  nachls  zu  ihren  tanzen,  wiio- 
kiscn,  wukisen  genannt.  Bi.cmeriieer  kanton  Glarus.  1S4G 
T  3IS  und  danach  Rocubolz  Sditceizersagen  2,  175.  das  tcorl 
ist  noch  dunkel. 

17)  mhd.  e;  rüercn,  längere,  perculere,  von  kämpf,  Irotnmel 
und  saUenspiel : 

si  kiinden;  anders  rüeren 

mit  den  ecken.     Wh.  450,26; 

die  vinde  bepiindenj  rüeren.    Guar.  701,2; 

ahi,  wie  er  Cj  rnorte  in  dem  strite!    Rah.  558; 

wir  süln  Cj  mit  strite  vaste  rüeren.    590; 

aller  crcst  si;  manlichen  rnorten.    741 ; 

ahi,  wiej  Wolfliart  da  ruortc  I     749; 

si  sulni  mit  flatschen  rüeren 

den  beiden  üf  den  renden.    DU.  S449; 

ahi,  wie  sie  e;  ruorten 

üf  die  helme  mit  ir  siegen!    Vielr.  3418; 

ahi,  wie  man;  dö  ruort  mit  strite.    SS54; 

abi,  wie  siej  dö  ruorten  mit  den  siegen!    9136; 

und  &i  Amor  darzu  mit  strite  ruortc !    Laber  151 ; 

lüte  rüeret  ß;  der  sumberslegge.    MS.  2, 57'. 

auch  vol  nhd.  am  frühen  morgen  wurde  es  schon  gerührt, 
die  Irommel  angeschlagen. 

IS)  mhd.  iii  klingen,  strichen  län: 

der  liej  ej  ouch  mit  strite  erklingen.    Rab.  730; 

nahtegal  ir  hügen  lict  dar  strichen.    MSII.  3, 219^ 

19)  mhd.  e;  understrichen,  mit  färbe : 

si  wurden  rot  unde  bleich 

als  e;  diu  minne  in  under  streich.    Tritt.  300,6, 

rgl.  nhd.  es  unterstreichen,  linea  distinguere. 

20)  mM.  65  triben,  agilare,  instare,  -das  spiel,  den  hall, 
handel: 

dö  sl  ej  vil  lange  getriben.    Er.  920; 

ich  trib  Ci  kurz  ode  lanc.    Iw.  7792; 

tribet  «r;  die  lenge.    Neidh.  50, 19 

wil  erj  die  lenge  triben.    Eracl.  317; 

fj  hat;  getriben  wol  zehen  jär.    Wigal.  113,12; 

went  ir;  iemer  triben.    MS.  1,61*. 
nhd.  sie  treiben  es  schon  lange  mit  einander;  er  trieb  es  zu 
grub;  auch  von  bösen  dingen,  zauber  und  vollust: 

dmutter  isch  e  hex. 

smeidli  solls  gwis  au  scho  tribe,  dnocbbcre  sages. 

Hebel  266 ; 
er  treibts  im  traura  mit  pferden  (Iräuml  von  pf.) 
ovei^onolel  O'iTntovs.     Arisloph.  wölken  16. 

vgl.  es  eintreiben. 

21)  mhd.  8j  ziehen,   tlringere,   schwerl,   vaffen,   von   leder 

liehen.' 

AA  xluhi;  wiblicbe 

unde  «U  manniciicbe!  (rmmicliche?) 

«WRR  SO  bei  Diemer  123,8  zu  bessern  ist; 

si  xAch  e;  von  der  scheide.    iVib    2310, 1, 

m  aber  swert  eben  vorausgieng,  worauf  ö;  geht. 

22)  mhd.  85  um  bewerfen,  ürcumagerc,  mlrrr.  srh>ml. 
vagen  : 

Cr  warf  «{  umbe  in  der  hnnt.    Wh.  430,28, 

doch  ist  der  bezug  auf  schwort  ausdrücklicli.  nhd.  er  bats  um- 
geworfen, den  karrn,  wagen. 

2:1)  mild.  8j  in  gcrCmen,  tuslinere,  coliibere,  hemmen, 
doM  rad: 

Ar  Kol  wi»en,  kumt  <{  »6,  da(  ich  im;  in  gcrfime, 

d&  den  vinden  sin 

Wirt  ir  herze  ron  gcsiret.    Neiohart  70,6, 

901U  llAOtn'  f.  102  einrcmen  bei  Sciim.  3,  Hi  und  golh.  hramjan 
ßgire  hält,  nur  wäre  dann  geremen  zu  schreiben  und  der  reim: 
«erneme  unrein. 


24)  nhd.  es  einlenken,  flectere  currum,  njiiuin :  wie  ich 
heut  vom  kioiiprinzon  hinauffuhr  und  ich  die  Deiitschhaus- 
mauorn  sah  und  den  weg,  den  ich  so  hundertmal  {kam), 
und  es  dann  rechts  ein  in  die  Schmidtgasse  lenkte.  Cöthe 
und  Werther  s.  69.  kann  auch  vom  einriciUen  des  venenklen 
glieds  gesagt  werden. 

25)  mhd.  05  vcrhengen,  habenam  remiUere,  wo  auch 
bloszcs  verbum  slelU: 

Bucifale  er  verhancte  {den  zügel).    Alex.  1727; 

und  er  nach  riterlichen  siten 

sin  ros  ze  rehte  ersprenget 

und  im  da;  wol  verlienget 

nach  sinem  willen  als  er  wil.    Wigal.  216,  7. 

für  die  bedeutung  gcslaUen,  gescheiten  lassen,  steht  lieber  der  genitiv  : 
wold  es  der  küncc  verhenget  hän.    lio.  7334; 
war  umbe  verhenget  im  des  got.    Greg.  165; 
sit  da;  du  des  verhenget  hast.    Trist.  64,16; 
unz  da;  des  verhancte  got.    üelbl.  8, 1094. 

dem  nlid.  es  verhängen,  über  einen  vcrhüngen  sielU  man  den 
casus  nicht  genau  an. 

26)  mhd.  »•;  undervin,  colübcre,  rctinerc,  den  kämpf,  den 
stand  der  dinge: 

e;  w.-ere  umb  iuch  ergangen, 

het  ich;  niht  undervangen.    lui.  3146; 

da;  ich;  ie  undcrvienc, 

da;  iuwer  ende  niht  ergienc 

des  wil  ich  iemer  nuwec  sin.    3147; 

unz  fir  der  tot  undervie, 

der  alle;  liep  leidet.    Er.  2208. 

ebenso  ßjunderstdn,    es  verhindern,   dazwischen  treten;    e f, 
undertreten: 

wä  sint  nu  die  wlsen  alle,  da;  sie;  undertreten?    MSH.  3, 206". 

27)  mhd.  eg  irren,  impedire: 

ir  irret  i;  allen  disen  tac.    Rot.  54,5. 

28)  nhd.  es  halten,  verhalten,  con/mer«,  rettnere,  das 
Wasser,  den  zorn:  er  konnte  es  nicht  halten;  es  gab  auch 
noch  etliche,  die  es  verhalten  konten.  Simpl.  K.  4S4.  es 
aushalten,  perferre:  ich  hielt  es  endlich  nicht  länger  aus. 

29)  mhd.  e;  scheiden,  bescheiden,  entscheiden,  decer- 
nere:  den  kämpf,  streit: 

muget  ir  i;  gesceiden.    Rot.  19,5; 

obe  i;  got  so  gesccidet.    68,26; 

will  du;  noch  sceiden.    289,  16; 

eines  nahtes  er;  beschiel 

wisen  Romajren  zwein.    Grej;.  2994; 

e^  muo;  under  uns  beiden 

diu  rilterschart  scheiden.    Er.  706; 

und  niöhten  si;  in  beiden 

nach  eren  hän  gescheiden.    Ito.  7275; 

got  müe;  e;  le  rehte  scheiden.    Waltb.  16,31; 

da;  si  e;  niht  gcnirdeclichen  schiet.    MS.  I,6.">'; 

der  mir;  nu  schiede.    2,100'; 

wir  mügen;  noch  wol  scheiden.    JVi7».  119,3; 

noch  beten  e;  gesceiden  genuogc  sküncgcs  man.    825,3; 

e;  kan  nieman  gescheiden.    1823,3; 

der  hcrre  e^  scheiden  began.    1831,4; 

si  weiten;  gerne  scheiden.     1904,2; 

dö  sprach  vater  der  Hilden,  da;  e;  gescheiden  wirre. 

Cuitr.  526,3; 
ouch  möhtcn  si;  wol  scheiden  unz  A;  wurde  tac.    890, 1 ; 
so  schiede  ich  e;  gerne.     MSO,  4; 
möhtet  ir;  gescheiden.    t485, 2; 
wir  suln  e;  hie  mit  banden 
wir  zwiVne  under  uns  beiden 
in  eiiK'iu  ringe  scheiden.     Tritt.  103,11; 
e;  niü(';en  doch  sprr  und  swt^rl 
under  uns  und  in  boschcidni.     161,31, 

welches  letzte  i-j  sich  auch  nominatirisch  fa.t.vn  Hesse.     sA  muo; 
8j  got  scheiden  mit  kämpfe  under  in.    Sdiwsp.  210. 

30)  ni/i(/.  ('5  friden,  placare,  comjionere: 

swie  KCrn  icht  friden  wolle,  der  kOnec  entunt  f*  iiihi. 

Ai6.  2(173,  :i. 

nt)  mhd.  C;  sücnen.  placare,  reconcUiare: 
dö  sprAclinn  fijni'n  tag, 
da;  si;  suontin.     Slvriiiarlo  US; 
•ücna  eg.  riler  kOeno  I    Ai'A.  227."»,  4. 
32)  mhd.  'i%  enden,  finire: 

und  wil  din  h«ir«n  enden,  §4  ich  nlliTbesie  kan. 
A'i6.  hl,3i 


1125 


ES    ACC. 


ES     GEiV. 


1126 


ich  wil  ej  helfen  enden.    2230,4; 

beselit  wie  wir  ej  mit  in  enden.    Lohengr.  268; 

daj  raanj  mit  swerten  endet  in  dem  strite.    279. 

33)  mhd.  cj  läjen,  omillcre,  unterlassen: 
der  wirt  der  bat  cj  läjcn.    Nib.  37, 1 ; 

dö  muoserj  doch  durch  vorhte  län.    lui.  1703 ; 

wan  ich  het  ej  baj  gchijen  v.    677; 

da;  sij  mit  cien  mohten  län.    7355. 
i)bd.    ich    kanns    nicht   länger   lassen;    o  lasz  es!    es  läszts 
wol  («'0  das  erste  es  nom.,  das  andere  acc). 

34)  alid.  ej  chösuii,  loqui,  recilare:  so  wio  ih  ij  cbösoe. 
N.  Bocth.;  wio  mac  ter  ij  hevigur  chösön.  Graff4,602;  alls. 

tha?;  ig  ij  cösän  muoji  de  quodam  duce.    leich  von  Heinrich; 
mhd.  ir  dccheiner  doch  bi  mir  nu  lebt, 

dem  ichj  ze  liebe  kose.     Wh.  3S7, 15. 

ebenso  ej  rftnen  und  iihd.  es  sagen. 

35)  »i//rf.  a  1  lesen: 

ein  riter,  der  gelcret  was, 

linde  ej  au  den  buochen  las.    ho   22; 

der  drille  hiej  Deifebus, 

als  ichj  au  der  historje  las.    tr.  kr.  13251, 

dir  früheren  ausg.,  wo  die  neue  f32G0  das  Hz,,  vermullich  nach 
Haupts  Engclh.  s.  211,  tilgt  hinter  dem  ej  siecht  nicht  inrerc, 
uelches  erst  Iw.  30  folgt,  sondern  ein  dem  fort,  geschribeu  ent- 
sjtrechendes  sitbst. 

36)  solcher  verba  mit  es  wären  manche  noch  anziifilhrcn.  es 
AoH»  darauf  an  die  wichtigsten  zu  geben  und  reichliche  belege 
dazu,  ohne  welche  nichts  auszurichten  isl.  da  der  enger  ange- 
schmiegtc,  aümälich  fast  unentbehrlich  gewordne  acc.  des  prono- 
rncns  überall  aus  einem  ursprünglich  frei  und  natürlich  von  dem 
rcrbum  abhängenden  subst.  hervorgegangen  scheint,  so  fällt  un- 
möglich die  grenze  zwischen  diesem  zugesellten  und  dem  gewöhn- 
lichen fironomcn  genau  zu  ziehen,  das  letztere  es  hat  den  reinen 
bezug  des  verbums  auf  ein  in  der  rede  enlhaltnes  nomen  auszu- 
drücken, hinter  dem  beinahe  nichts  sagenden  tind  wie  überflüssig 
beigefügten  es  steckt  ein  dunkles  nomen,  dessen  sinn  nachhaltt 
und  milverlrclen  wird,  die  classisclien  sprachen  setzen  hier  immer 
ohne  pronominalzugabe  bare  verba,  denen  grüszere  kraß  eigen  ist, 
aber  eine  aus  dem  pronomen  sich  entwickelnde  feinheil  des  aus- 
drucks  entgehen  kann,  wie  ja  auch  der  artiicel  neben  dem  nomen 
ähnliche  vort heile  bringt. 

37)  entsprechende  nl.  franz.  und  englische  brispiele  sind  erst 
hesser  zu  sammeln,  auszer  le  ceder,  le  faire  auch  fr.  l'emportcr, 
unser  es  davon  tragen,  Toser  es  wagen,  lat.  nur  andere,  engl, 
hört  man,  wenigstens  unter  dem  volk,  auszer  walk  it  auch  figlit 
it,  course  it,  lavish  it,  saint  it,  lord  it,  porter  it,  sinner  it, 
rough  it  =  go  through  in  spite  of  obslacle  and  bad  weatber. 

D)  andrer  art  als  die  eben  verhandelte')  fälle  des  es  isl  unser 
nhd.  erst  in  den  letzten  jhh.  aufgekommncs  und  von  den  dichtem, 
denen  an  einem  einsilbigen,  tönenden  worl  gelegen  war,  gern  ver- 
wandtes sprachs,  riefs  für  'er  sprach  es',  welches  sprachs  Butt- 
mann {ausf.  gr.  Sprachlehre  1, 565)  sogar  dem  epischen  tj  für 
t<fTj  an  die  seile  setzt,  in  Stammbüchern  und  unter  glückwunsch- 
versen  schon  des  17  jh.  liest  man:  'schriebs  mit  eilender  band' 
statt  des  schleppenden  'dieses  schrieb,  dieses  setzte,  wollte 
setzen'  für  schrieb  es,  und  bei  Luther  begegnen  gute  kürzungen, 
wie:  danket  gott  und  bracbs.  Matth.  4,19.  apostelg.  27,35,  wo 
das  accusativische  es  folgt,  das  undciemal  vorausgeht: 

sprachs  und  verschwand; 

sprachs,   und  hcmuitc  die  nervichtc  band  an  dem  silbernen 

hefte.    ;/.  2,219; 

sprachs,  und  gab  in  die  bände  sie  ihm.    1,445; 

sprachs.    da  lächelte  sanfl  die  lilienarmigc  Here.    1,594; 

sprachs,  und  reichte  das  glas  ihm  gefüllt  dar.    Luise  3,547; 

jener  sprachs.    doch  Chryses  erschrak  und  gehorchte  der  rede. 

//.  i,^3; 

jener  sprachs.    da  entbrannte  der  Peleion.    1,188; 

jener  sprachs,  und  entliesz  sie,  die  drohenden  worte  befehlend. 

1,325; 

riefs,  da  er  über  die  brach  anrennete,  drückte  die  band  mir. 

Luise  iiiisg.  t.  h.  80. 
ebenso  im  praesens: 

scits,  und  nimmt  e  spning.    irEBEi.  s.  35; 

seits,  und  goht  in  wähl  und  lucget  an  himmel  und  bricgget. 

(.  136; 

seits  und  lachet,  dasz  dblältcr  ziilret.    CuRRuni  prof.  31; 

seils  und  lat  on  süfzper  ab.    57. 
unbedenklich   stünden  auch  andre  einsiWige  praelerila  im  eingnng 
des  tiexameters:    nabms,   gabs,   thals   und  wo  der  sinn  keinen 


acc.  fordert  gleich  wirksam  im  vers  spracli,  nahm,  gab.  der 
ersten  peison  sprach  für  diri,  dixeram  fügt  sich  nicht  so  leicht 
ein  s  an,  man  setzt:  ich  babs  gesagt,  wie  für  ausus  sum  ich 
habs  gewagt,     steif  aber:  ich  habe  geredet. 

ES,  laL  ejus,  goth.  is,  ahd.  mhd.  is,  es,  nhd.  es,  ags.  is, 
fries.  is,  gen.  sg.  des  pronomcns  dritter  person,  hochdeutsch  aber 
auf  das  netttrum  eingeschränkt,  in  den  übrigen  dialectcn,  sowie 
im  lat.  sowol  dem  masc.  als  neulr.  zuständig,  oben  sp.  681 
wurde  die  Vermutung  ausgesprochen,  der  goth.  gen.  is  möge  frülur 
einmal  ijis  gelautet  und  sich  vom  nom.  sg.  m.  is,  welchem  er 
jetzt  gleich  ist,  unterschieden  haben,  is  und  ijis  würden  dann 
dem  lat.  is  und  ejus  begegnen  und  dasz  das  genitivische  is 
schwerer  wog  als  das  nominativische  könnte  aus  den  übrigen  goth. 
nominativen  ains,  blinds  neben  den  genitiven  ainis,  blindis  be- 
slätigung  empfangen,  gleichviel  welcher  vocal  vor  dem  s  des  nomi- 
natirs  gewichen  sei. 

Dies  alles  geht  den  uralten  uns  entrückten  spraclistand  an,  hier 
scheint  folgende  bemerkung  mehr  zur  stelle,  die  ahd.  mundart  hat 
von  jeher,  so  lange  wir  sie  rückwärts  vei- folgen  können,  den  gebrauch 
des  gen.  is,  es  verengt,  wie  namentlich  aus  dem  unorganisch  avf 
die  uureflexive  bedeulung  ausgedehnten  gebrauch  des  possessiven 
sin  hervorgeht,  wo  goth.  alls.  ags.  richtiger  der  gen.  is,  bis  wallet, 
das  reine,  organische  is  des  gen.  sehen  wir  hochdeutsch  blosz  in 
aussterbenden  spuren  des  neutralen  gen.  ös  gehegt,  während  jenes 
nominativische  is  zu  ör  wurde,  umgekehrt  wandelte  sich,  nach 
dem  lautverschiebungsgesetz,  das  ita  des  golh.  nom.  acc.  sg.  n.  in  ahd. 
mhd.  cj  und  parallellaufend  nahmen  nun  auch  die  meisten  übrigen 
pronomina  und  alle  adjectiva  die  (lexion  -er  für  den  nom.  sg. 
m.,  -cg  für  das  n.  an.  solange  dies  ej  aufrecht  blieb,  war  der 
schade  gering  und  sämtliclte  es,  des,  eines,  blindes  sonderten 
sich  in  der  ausspräche  von  ej,  do;.  einej,  blindeg.  als  aber 
die  nähe  der  laute  s  und  5  unorganisclie  schärfungen  des  letzleren 
in  den  ersleren  herbei fiilirte,  als  man  statt  5  ein  sz  und  s,  da- 
gegen statt  s  ein  sz  anhub  zu  schreiben,  risz  die  verderblichste 
und  ärgste  Störung  ein.  in  unsrer  pronominal  und  adjectivflexion 
ist  immer  ein  zweifaches  s  enthalten,  ein  dem  goth.  des  genitivs 
entsprecliendes  und  ein  das  goth.  t  des  nom.  acc.  sg.  n.  vertre- 
tendes ganz  unterschiedenes,  eine  menge  goth.  s  sind  uns  zu  r 
geworden,  eine  menge  golh.  t  zu  s.  die  lautverschiebung  hat  im 
hochdeutschen  sichtbares  unheil  gestiftet,  vorzüglich  unter  den 
lingualen,  wie  rein  und  unverfänglich  stehen  in  allen  schwesler- 
spracfwn  s  und  t  von  einander  ab,  bei  uns  beginnen  lauteres  s 
und  das  aus  th  heivorgegangne  ts  in  manigfacher  stufe  sich  zu 
•mengen;  je  nach  anlaut,  inlaut  und  anstaut  erscheinen  z  und  j, 
lieute  z,  sz  und  (z  unterschieden,  s  wird  mit  5  gemischt,  ss  mit 
5^,  die  Verwirrung  nimmt  immer  zu.  den  unterschied  zwischen 
ÖS  und  iij,  zwischen  blindes  und  blindez;  nicht  zu  wahren  wäre 
mhd.  noch  ein  grobei-  fehler  gewesen;  aümälich  liesz  die  ahge- 
stumppe  lautcmpfindung  zu,  s  mit  sz  auszudrücken,  umgekehrt 
sz  in  s  zu  verdünnen,  inlautendes  sz  in  ss  zu  wandeln,  wie 
alles  unter  den  betreffenden  buchstaben  im  einzelnen  dargcthan 
werden  soU.  bei  'das'  Mit  uraltes  a  (goth.  jiata,  ahd.  da^)  den 
zusammenfall  mit  'des'  ab,  doch  alle  neutralen  noininative  blindes, 
gutes  lauten  uns  wie  ihre  genitive.  zu  abhilfe  solcher  mischungen 
und  wenigstens  theilweise  zu  herstellung  des  früheren  zustandes 
gleiten  vorgeschlagne  besserungen,  wo  sie  noch  eintreten  könnten, 
ab  an  Verwöhnung  oder  gleichgültigkcit  der  sprechenden  wie  schrei- 
benden und  beiderlei  pronominale  es  laufen  unverstanden  durch- 
einander, ihr  unterschied  läszt  sich  nicht  verdeutlichen,  ohne  bei- 
s/nele  aus  der  gleichfalls  erschütterten  syntax  zu  holen,  weil  der 
laulverfall  zugleich  einem  unverkennbaren  trieb  der  jüngeren  sprarlu; 
begegnet,  lebendige,  leise  genitive  durch  stärker  aupretende,  allge- 
meinere accusalive  zu  verdrängen;  in  dem  einen  wie  in  dem 
andern  zeigt  sich  Wechselwirkung. 

Grund  des  genilivischen  c  s  können  subslanliva,  adjectiva  und 
verba  sein,  für  alle  drei  fälle  verleihen  ihm  in  derselben  fügung 
daneben  aufUctende  licnnbar  ausgeprägte  genitive  anderer  prono- 
mina, substantira  und  adjectiva  gewähr,  aus  jedem  mhd.  des 
mag,  auszer  im  gleich  anzugebenden  fall  der  einfachen  abhängig- 
keit,  sicher  ein  Cs,  aus  jedem  nhd.  des  oder  dessen  ein  genüi- 
visches  es  gefolgert  werden,  das  s  der  verschwisterten  spraclien 
ergibt  einen  grund  für  den  gen.,  ihr  l  für  den  acc.  dasz  sich 
bei  anlehnungen  unsere  beiden  es,  mit  aplidrese  des  vocals,  in 
bloszes  s  kürzen  bedarf  kaum  der  erwähnung. 

A)  CS  bei  Substantiven,  ein  rechtes  gebrechen  unserer 
spräche  ist  es  doch,  der  natürlichsten  anwenditng  dieses  genitivs 
verlustig  zu  gellen,  wir  können  ihn  nicht  mehr  von  dem  bloszen 
substanliü  abtidngen  lassen,     was  lat.  pal  er  ejus,   nomen  ejus, 

71* 


1127 


ES     GEN. 


ES     GEN. 


1128 


goth.  alla,  fadar  is,  natnA  is,  ags.  bis  fäder,  bis  nama,  ja 
engl,  its  father,  its  nainc  lautet,  das  wurde  schon  ahd.  unlogisdt 
mU  dem  possessiv  sin  f;itar,  sin  namo,  tr/c  noch  heute  mü  sein 
vatcr,  sein  naine  ausgedrückt,  und  ein  afid.  es  falar,  es  namo 
Kdre  unerhört,  ein  heutiges  es  valer,  es  nanie  vollends  «nciT- 
stdndlich.  das  musz  in  der  llial  auffallen  und  Uiszt  sich  nur 
aus  dem  eignen  ueg,  den  unser  pron.  dritter  fierson  einschlug, 
begreifen;  das  franz.  son  p^re,  son  noni  stehn  auf  demselben 
abiceg.  ausnahmsweise  erscheint  dies  verschwundne  üs  mhd.  durch 
ein  ihm  paralleles  des  vertreten,  z.  b. 

got  selbe  und  des  kunst.    TU.  104,2; 

si  gienc  oiich  da  der  wirt  sar 

und  des  wip  diu  burcräviu.    Parz.  34,9; 

an  des  hant  spranc  Elüne.    Keidu.  31,39; 

nhd.  durch  ein  dessen :  der  mann  und  dessen  frau ;  der  kiinig 
und  allerhiiciist  dessen  gemalilin;  das  schlosz  und  dessen 
Umgebung;  der  gebrauch  des  hier  angemessensten  es  ist  uns  ab- 
geschnitten {gramm.  i,  342).  neben  subslanlitcn  also  gestattet 
einen  solchen  gen.  die  hochdeulscJie  spräche  blosz  dann,  wenn  das 
ihn  regierende  subst.  einem  verbum  rcrgesellschapet  gleichsam  das 
einfache  rerbum  ersetzt,  z.  b.  acht  haben,  dank  haben  ist  so 
viel  als  achten,  danken;  es  gehört  nicht  hierher  zu  erörtern,  in 
icie  fern  der  auch  vom  einfachen  achten,  danken  abhängige  gen. 
seinen  grund  mü  dem  durch  aclit  und  dank  rcrursachten  gemein 
habe,  diese  hapenden,  ihr  schon  rerdunkellen  allen  genitire  strebt 
nun  die  sintere  spräche  auszerdcm  noch  in  accusativische  {den 
umständen  nach  nominalivische)  es,  deren  echte  gcslalt  r/,  sie 
niciU  mehr  davon  unterscheiden  kann,  zu  wandeln,  alles  dies 
Verden  die  wictUigslen  beispiele  klar  machen. 

1)  aM.  gouma,  cura,  gouma  neman  es,  curam  habere  ejus, 
gounia  ndini  dfts,  curam  ejus  habuisti.  ohne  zweifcl  galt  auch, 
wofür  keine  belege  da  sind,  goth.  mik  ist  kara  is,  mir  ist  darum 
sorge;  ni  kar  ist  ina  |)ize  laniiii",  diese  Idnnner  kümmern  ihn  nicht. 

mhd.  einer  ist  tiie  heinie 

nimet  sines  vater  goume.    fundgr.  63,6; 

des  nam  man  guote  goume.    Alex.  1199; 

des  iiam  ich  rehte  goume.    Harih.  1  6i<c/il.  706; 

da  wart  der  edeln  gesie  vil  boese  goume  genoraen. 

Ai6.  2U19,4; 
goume  tnon: 

nu  tuot  is  goume.    fundgr.  53, 19 ; 

wie  die  burgspre 

ir  letze  täten  goume.    Parz.  205, 19. 

2)  ahd.  ahta,  mhd.  ahte,  nhd.  acht,  cura,  ratio,  nutilia: 
eines  dinges  acht  haben,  wissen,  geben,  nehmen,  e^  in  acht, 
obachl  nehmen; 

mild,  das  ich  niht  ahte  wi^jen  kan 

miner  süntlichen  schulde.    Greg.  2785; 
w£r  kxinde  dis  >vij;en  abt.    Gudr.  1444,3; 
done  künde  niemen  wi;;eD  wol  dös  volkes  aht. 
Nib.  1316,2; 

nhd.  ich  nills  acht  haben;  ihr  sollt  es  gute  obacht  haben, 
darauf  aMen; 

lert  solcher  xeichen  haben  acht.    Schwarze!«berc  157, 1 ; 

wie  nun  der  Oroscb  ir  (der  matts)  nit  hat  acht,    älberl's  17'; 
r^oh  ich,  das  adel  und  landscbaft  des  spiels  ein  acht  betten. 
LlTBER  6,  9". 

3)  ahd.  wara,  cura,  mhd.  war,  nhJ.  wahr,  eines  war  nemen, 
laon:  wara  ne  tuot  er  gotes,  deum  non  curat;  ne  tuont  es 
nieht  wara,  achten  nicfU  darauf  nhd.  ich  nehme  es,  nehme 
dessen,  der  sache  wahr,  aber  auch  mil  deutlichem  acc.  ich  habe 
ihn  nicht  wahr  genommen,  er  nahm  das  kind  wahr. 

4)  ahd.  wuntar,  mirum:  mih  ist  es  wuntar,  ich  wundeie 
mich  darftber; 

»ie  was  «s  Qhi  wuotar.    0.  IV.  7,6; 

oi  si  tbih  thCs  wuotar.    I.  22,13; 
mhd.  wunder  mich  des  hAt.    Nib.  001,1; 

dis  bete  luicbel  wunder  die  recken  kQeoe  und  guot.    1521, 4 ; 

die  gar  gelörteo  leiebcren  pfalTen, 

die  singent,  dis  mich  wuhclftr  hit.    USH.  3,6^1 

si  beide  hit  des  wunder.    DU.  4S32; 

Til  wunder  mich  des  h&t.    10330; 

Diicbcl  wunder  si  i6»  naro.    Roth.  603.  En.  248,3; 

den  künec  nam  des  wunder.    Nih.  fi\,  I; 

mich  nimet  des  micbel  wunder.    163, 1 ; 

dai  Is  den  harpher  wunder  nam.    Triil.  U2, 21; 
nhd.  ie%  er  sieb  ^^u^der  nam.  S■te,lJ^Hi^y^nL  dec.  m,  19;  desHn 
ntiDint   mich   wunder,    es   nimmt   mich   wunder,   mich    baU 


wunder,  micii  solls  wunder  nehmen,  in  welcheti  s,  es  die 
s]Kitere  spräche  den  gen.  nicht  mehr  fülilend  nominative  erblickt, 
folglich  auch  das  nimmt,  hat  mich  wunder  ge.italtet. 

5)  alid.  niüt,    alts.  niud,    gaudium,  desiilerium :     mih  ist  üs 
niot,  ich  sehne  mich  danach,  freue  mich  darauf; 
ahd.  thes  ist  sie  iaraer  diu  niot.    0.  V.  22, 7 ; 
thCs  thih  mag  wesan  wola  niot.    V.  6, 14. 
alls.    mit   dat.   der  person:    was    im  thöro  wordo  niud.    Hei. 
41,  22.  47,  19. 

0)  rJid.  lust,   mut,   wille:    ich  habe  es  lust,    habe  dessen 
lust;    ich  habs  mut,  bin  dazu  entschlossen.   Schmeller  2,651; 
nim  dirs  ein  mut.    Uulamd  523. 

7)  ahd.  firiwizzi,  nhd.  fiirwitz,  vorwilz,  neugier: 

Ihiö  armilichiln  wizzi  was  thes  thö  liriwizzi.    0.  III.  20,41, 

die  armen  geister  (ingenia)  waren  darauf  neugierig ;  in  {den  Nen») 
was  furcwizzc  aliero  iro  lido  (seiner  mutter  glieder).  N.  mhd. 
bietet  sich  blosz  mich  ist  firwilz  ohne  gen.  dar. 

8)  ahd.  hi\ii  secretum,  negatio,  occultatio  begegnet  nicht,  ist 
nur  aus  dem  mhd.  hx\e,  nhd.  hehl  zu  schlieszcn.  mhd.  mich 
nimt  es  htele,  ich  hehle  es,  halte  es  geheim: 

d€r  botcschaft  nam  in  häle.    Eilharts  Trist.  ö79G; 

dSs  nam  in  michel  häle.    En.  t5S,  8; 

6s  nimet  dich  michel  häle.    281,17; 

des  nam  si  michel  häle.    287, 1 ; 

nimts  iuch  niht  bael?  (ists  nicht  euer  gelieimnisf)\ 

Part.  467,  20  ; 
des  nam  in  niht  ha>le  (das  heliltc  er  niclit).    TU.  158,2. 
gleichen  sinn  gibt  ich  hdn  es  haele: 

si  he.t  es  vaste  hsele.    A°i6.  1311,3; 

haele  hol  er  des  geriuoc.    Bii.  21S8; 

swer  des  tiuvels  werc  bcgät 

und  €s  hnpje  niht  enhät, 

den  hän  ich  für  ein  engel  niht.    Frkidanc  70, 13. 

nhd.  ich  habe  es  kein  hchl ;  ich  wills  gar  kein  hehl  haben ; 
warum  sollte  ich  es  hehl  haben?  dessen  hehl  haben?  aber 
auch  schon  das.  LuTiiEn  setzt  nominalivisches  das :  für  einen 
fremden  Ihu  das  nicht,  das  dich  kein  heel  hat.  Sir.  8,21; 
ir  wcsen  hat  sie  kein  hcel,  und  riimen  ire  sünde  {vulg.  agnitio 
vultus  eorum  rcspondebit  eis).    Es.  3,  9. 

9)  ahd.  lougna,  mhd.  lougcn,  leugnung: 

thes  nist  lougna  nihein.    0.  H.  3, 1.  III.  20,89; 
mhd.  dar  des  niht  haben  lougen  die  Kriemhilde  man. 

Nib.  Ilotim.  1890,3. 

ig)  mhd.  zwivel,  nhd.  zweifei : 
da  vliujet  noch  der  brunne,  des  ist  zwivel  dehein.    1013,3; 

nhd.  dessen,  dartiher,  daran  ist  kein  zweifei;  es,  das  ist 
kein  zwcifel. 

It)  mhd.  ernest,  nhd.  ernst,  serium :  mir  ist  Ps  <'rnest,  mir 
ist  ernst  damit; 

ob  es  in  änc  valscben  list 
ernest  wirt  oder  ist.    Iw.  7903. 

nhd.  es  wird,  das  wird  jelzt  ernst. 

12)  nhd.  eluc,  rühm,  spolt,  höhn,  jocus,  risus,  irrisio: 
die  gccken  hetiens  fiirwar  kein  er.    Urlind  506; 
aber  die  l'lmer  haben  es  rühm, 

das  sie  so  steiT  gehalten.    Adrian  mUlh.  128; 

ich  habe  es  meinen  spolt,  sf^itte  darüber; 

die  übermüthler  acblelen  das  wenig, 
und  hatteiis  ihren  spou.     Misaeis  kinderkt.  111; 
so  läuft  er  was  er  kann,  die  liebste  xu  erretten, 
der  riese  bei  indes  es  aber  seinen  höhn. 

Werders  Ar.  11.20. 

13)  macht,  vulimacht,  recht:  ich  habe  es  macht,  niarht 
dazu ;  ich  habe  es  macht  zu  lassen  und  habe  es  niaclit 
wider  zu  nemen.  Joh.  10,  is,  vulg.  nur  poleslaleni  haben. 
gnth.  Kildufni  haha;  ich  habe  es  alles  macht,  es  fromml  «her 
nicht  alles.  1  Cor.  6,12.  10,23,  wo  das  erste  alles  mhd.  alle^, 
das  andere  alle;  «rdre;  warum  snilipn  sies  nicht  macht  haben  ■• ; 
letilc  die  es  macht  haben.  Weise  sätenl.  105;  mein  heir  hai 
es  gute  macht  {erlaubnis).  Kh.ners  unic.  doct.  3 ;  du  hast  es 
alle,  volle  macht,  vollmacht ; 

0  lieber  sommer,  ich  gib  dirs  recht.    Uhland  M. 

14)  gewalt.    ahd.  sie  ne  habent  iro  gewall.    N.  ps.  54,21; 

mli't.  der  aller  wunder  hAt  gewall.    Piiii.  43,  •« , 

swnf  Ich  «orgen  Ie  irewnn. 

der  litt  st  gar  gewalu    NEiriii  3,  I&, 


1129 


ES     GEN. 


ES     GEN. 


1130 


Id)  gewinn,  schade - 

nhft.  lasz  Taren  dahin ! 

fie  babens  kein  gewinn.    Lctber,  ein  feste  bürg; 

lasz  fahren,  kind,  sein  berz  dahin, 

er  hat  es  nimmermehr  gewinn.    Bijrgkii  13^ 

keinen  vortheü  davon. 

16)  dank,  gralia: 

mitd.  sd  bän  ichs  doch  tu  höben  dank.    Walthsr  62,24; 

er  wändes  haben  danc.    Reinfi.  277; 

der  danne  jage  beste,  der  sol  des  haben  dank.  ?iib.  S74,3. 
nhd.  babe  dank !  habs  dank !  {habe  dank  dafür) ;  du  sollst  es 
schönen  dank  haben;  ich  weisz  es  dir  dank,  keinen  dank; 
sie  sollten  mir  es  noch  dank  wissen.  Lessinc  2,400;  ists 
noch  kein  dank?  (wird  mir  kein  dank  dafür?  ist  noch  nicht  zu 
danke?)  Felsenb.  4, 24S;  gott  sei  es  dank,'  Lessi:«g  in  der 
eben  angezognen  stelle  meinte  wol  schon  den  acc,  tcie  sjcA  aus 
folgender  ergibt:  wer  wird  ihm  diese  kleine  Üppigkeit  nicht 
\ielinelir  dank  wissen  ?   C,  478. 

17)  bescheid  haLen,  wissen,  thun,  geben:  du  hast  es  jetzt 
bescheid,  deinen  bescheid,  der  sacbe  bescheid;  ich  weisz  es 
keinen  bescheid,  bin  davon  nicht  unterrichtet ;  ich  will  dirs 
bescheid  sagen,  thun;  hiermit  nahm  Eckbart  ein  glas  wein 
und  brachte  es  dem  amtmann  zu,  welcher  es  bescheid  that, 
wie  auch  die  andern,  untr.  doct.  143.  mit  offenbarem  ace.  aber: 
trank  ich  meines  herrn  vaters  gesundheil,  welche  mir  der 
heiT  pfarrcr  und  meine  liebste  bescheid  thälen.  e/i«  eines 
mannes  130;  ich  tbue  dir  schon  ein  gläschen  bescheid. 

IS)  ralh: 

ahd.  want  €s  rät  thö  ni  was.    0.  III.  2i,15; 
vihd.  mir  ist,  wirt  es  rät: 

iu  ist  des  nicbein  rät.    En.  .39S9; 

iedoch  nis  es  ander  rät.    bei  Err«.  117,12; 

des  wirt  danne  guot  rät.    Jw.  944; 

s6  wurd  es  deste  bejjer  rät.    1643; 

ob  es  niht  rät  wsere.    6910; 

des  enwas  niht  rät.    Nib.  32,2.  613,2; 

des  was  deheiner  slabte  rät.    53,4; 

des  wirt  wol  alles  rät.     1689,  2; 

daj  wirs  üf  der  sträjen  haben  guoteu  rät.    1219, 3. 
nhd.  es  ist,  wird  kein  rath;  ich  weisz  es  keinen  rath,  veisz 
mir  in   der   sache   weder  :u  rathen  noch  zu  helfen;    denn  irer 
plage  ist  kein  rat.    Micha  1,9; 

hüte  dich  vor  der  that, 
der  lügen  wird  schon  rat; 

es  (dazu)  kann  ralh  werden;    des  ist  schon  rath  geworden. 
IS')  wort:    er  will  es  nicht  wort  haben,    nicht  eingestehen; 
es  in  abrede  sein  (l,  S").  leugnen,  vgl.  iougna,  unter  9.     doch 
e»  in  abrede  stellen  enthält  den  acc. 

19)  busz,  ahd.  puoj,  mhd.  buo;,  gleicher  bedeutung  mit  rath 
und  hilfe,  ehmals  sehr  verbreitet,  heute  erloschen,  vgl.  2,  570. 

ahd.  thcs.  warth  imo  sAr  buoj.  Ludwigsl.  6,  dafür  ward  ihm 
schnell  rath  und  hilfe; 
mhd.  des  im  nimmer  raere 

nie  ne  sal  werden  buoj.    En.  105,31; 

CS  ne  mac  niht  werden  buoj.    117, 13; 

mir  ist  miner  swaere  bucj  (meinem  leid  abgeholfen). 
Walthbb  20, 1 ; 

doch  wart  im  selten  kumbers  buoj.    Parz.  12,24; 

ir  tuot  mir  site  buoj.    315,17; 

ah  im  des  danach  wirdet  buo?;.     Wh.  iS«t,  28; 

dai  ir  alle  iuwer  not, 

die  iu  durch  sinen  übermuot 

der  gräTB  Aliers  lange  tuot 

und  noch  ze  tuonne  willen  bat, 

der  wirt  iu  buo|  und  rät.    Iw.  3407—13  nach  der  ersten  ausg., 

denn   in   die  xtreite  nimmt  Lachm.,    der  atlraction  'alle  —  die* 
Iteine  redmung  tragend,  3412  eine  andre  lesart  auf; 

zwischen  gellen  zwein  wirt  vil  selten  nide*  buoj.    IfS.  2, 144*; 

dir  wirt  der  sorgen  buoj.    Bart.  18,  J ; 

es  wirt  dir  libte  buoj.    17,  25. 
nhd.  kaum  noch  im  15.  16  jh.:    sintmal  man  seiner  krankheit 
möchte  busz  finden.  Bocc.  1, 107'  =  SrEüm.  dec.  132,  29  {orig. 
2,  S  in  quanto  pure  alcun  modo  si  trOTava  al  suo  scampo) ; 
und  wirt  im  sorgen  nimmer  busz.    Moisbkii  C3'. 

20)  ahd.  lapa,  refectio,  recrealiv:  mir  ist  es  laba,  ich  teerde 
dadurch  erquickt;  er  tuot  dir  is  laba,  recreat  te,  ergetzl  dich 
dafür.    N.  ps.  36,  5 ; 

wanta  es  nbt  laba  furdir.    0.  V.  19, 15. 


21)  noth,  ahd.  mhd.  not:  mir  ist,  wirt,  tuot,  get  es  not, 
opus  est  eo: 

ahd.  DU  ist  es  not.    0.  IV.  30, 31 ; 

thes  was  ni5t.    I.  3, 10; 

ui  si  thir  es  not.    I.  27,7: 

ni  was  imo  es  nihein  not.    II.  4,42; 

harto  wirdit  iu  thes  not.    IV.  -26,32; 

ther  hungar  duit  imo  es  ndt.    II.  4,33; 
ist  is  io  doh  not.  Boeth.  201;  des  ist  n6t.  207; 
mItd.  und  ruowet  bint,  des  tuot  iu  not.    Parz.  35,11; 

des  enwas  nibt  Ci3t.    Sib.  69,2; 

des  wsere  lützel  not.    560,2; 

Zornes  was  im  not.    2152,  3 ; 

iwäre,  YTOUwe,  des  ist  not.    Itc.  1931; 

des  in  zem  übe  was  not.    3343; 

daj  ern  sluoc,  des  gie  im  not.    2050; 

des  vreut  si  sieb,  des  gienc  ir  ndl.    5388; 

des  gie  in  warlichen  not.    Nib.  71,4; 

des  gie  dem  helde  not.    460, 1 ; 

des  get  mir  wa?rliche  not.    864,4; 

dö  gie  ir  tnlrens  not.    1722, 1 ; 

des  get  mir  grdjiu  not.    2151,3; 

des  gät  in  micbel  not.    2175,3. 

fiM.  eines  aber  ist  not,  h'bs  Sä  iaxtv  yoeia.  Luc.  10.42; 
es  ist  nicht  noth;  gar  keine  noth  ist  es  davon  zu  reden; 
es  war  nicht  noth,  dasz  er  kam;  es  tbut  noth.  grosze  noth, 
in  tcelchen  allen  aber  das  heulige  sprachgeßihl  accusalive  annimmt, 
uie  man  aucJi  sagt:  das  ist,  hat.  thut  noth,  keine  noth,  statt 
dessen,  unter  eines  Lt<f.  10,  42  meinte  Lctheb,  der  vulg.  ge- 
mdsz,  Kolirscheinlich  unum,  denn  er  schreibt  iciederum  aposlelg. 
4, 35.  2S,  10  was  im  not  war,  nicht  wes.  solch  ein  mhd.  e; 
oder  daj  tuot  mir  not  gibt  Pfeiffers  Bo.ner  in  eiif  {schon  gramm. 
4,  249  verzeichneten)  stellen,  die  frage  ist  ob  mit  reclit.  den  'es' 
der  hss.  liesz  sich  niciU  ansehen  icas  gemeint  sei,  es  oder  ej,  für 
des  aber  scheint  'da?'  bessentng  des  herausgebers.  bedeuten  mus: 
die  pitrase:  noth  {nom.)  thut  mir  dessen  {dazu),  und  nicht 
noih  {acc.)  thut  es  mir,  doch  ein  adjeetiriscltes  not,  necessarium, 
Kare  zulässig. 

22)  ahd.  dürft,  n6tdurft,  necessüas,  goth.  (laurfts: 

thurfli  slnt  es  harto.    0.  I.  23,  57 ; 
es  sint  uns  harto  thurfti.    V.  12,55; 
es  wämn  in  thö  thurftj.    IV.  5,2; 

zispSri  eines  ist  nutthurft,  unum  est  necessarium  {mithin  gegen 

die  vulgata).    T.  63,4. 

mhd.  ob  mirs  dürft  wäre.    Alex.  3896  (H'wm.  4093); 

des  ist  undurft  {keine  noIh).    anegenge  34,29; 

so  dürft  enwart  mir  räies  nie 

noch  helfericber  Ute.    Ir.  kr.  17S64; 

des  dir  kein  dürft  waere.  Letseb  pred.  72, 32 ;  ob  des  dürft. 
stelle  aus  Frisch,  schon  icd.  2, 1730  angefüliri. 

23)  alts.  tharf,  ags.  J)earf,  necessilas,  ahd.  darba.  Schneller 
zu  Heliand  verzeichnet  zehn  stellen,  in  velchen  mit  is  {est)  oder 
was  {erat)  tharf  der  gen.  verknüpß  leird:  was  im  äles  tharf. 
36,19;  thes  is  tharf  mikil.  133,16;  us  is  thinoro  huldi  tharf. 
47,24;  nis  thüs  tharf  nigiean  {eo  non  est  opus),  zumal  gern 
der  gen.  pl.:  was  im  is  help6no  tharf.  35.18.  92,12;  nu  is 
im  thinoro  helpöno  tharf.  64,1;  was  iin  botuno  tharf  70,8. 
109,1;  US  is  thinaro  l^runo  tharf.  116,20.  genitive  neben  ags. 
|)earf  erscheinen  eben  so  häußg. 

24)  Ursache,  causa:  ich  habe  es  Ursache,  grund  dazu;  er 
hatte  es  alle  Ursache;  ich  bin  oft  eifersüchtig  au£.sic  gewesen, 
'du  hasts  auch  Ursache  gehabt'.  Gütre  14,255;  ich  babe 
dessen  gute  Ursache;  er  hat  seines  zurücktritts  die  schein- 
barste Ursache,  eben  so  bei  anlasz  und  schuld:  ich  bin  es 
schuld,  habe,  trage  es  die  schuld; 

mhd.  daj  ist  des  schult.    MSN.  1,65'. 

25)  ende,  es,  des  geschwätzes  ist,  wird  kein  ende.  ahd.  ist 
unende  slnero  micheli.  N.  ps.  144,  3 ;  tero  wino  ist  unende. 
Arist.  238;  iro  neist  nio  solih  unende.  Boeth.  211;  wirdet 
wunderönnes  ende.    209. 

26)  zeit.  mhd.  ej  ist  zit,  fr.  il  est  temps;  is  ist  zit,  il 
en  est  temps,  es  ist  zeit  dazu,  nhd.  ich  habe  dessen  zeit ; 
jetzt  ist  zeit  des  handelns; 

mhd.  dö  släfeDDes  lit  wart.    Im.  383; 
nu  was  ouch  släfennes  zit.    5S66; 


1131  ES     GEN. 

nu  kam  ein  böte,  des  was  zit.    WüjaL  23,7; 
nu  ist  ÖS  zit,  nu  Itcrc  zuo!    Trist.  225,11. 

älmtich  bei  jabr,  monal,  tag. 
mhd.  ^8  sint  uti  >vol  zülicn  jnr.    /ir.  2()0; 

es  («.  /.)  ist  noch  iiilit  vol  ein  jAr.    Neidh.  42, 14. 

nlid.  aber  auch:  das  sind  nun  zehn  jähre,  so  dasz  in  es  sind 
zehn  jähre  es  der  notn.  uäre. 

27)  herr,  nieisler:  ich  bin  es  herr,  j'eii  suis  Ic  mailrc;  dn 
bist  CS  herr  und  meistcr; 

uhd.  al  gizungilö  thaj  ist, 

thü  druhtin  ein  es  alles  bist.    0.  I.  2,23. 

2S)  wicht,  viele  genUive  hängen  ab  von  goih.  vaihls  res,  all.<. 
abd.  mhd.  wiht,  zumal  in  dcs.ien  Verbindung  mit  der  negation, 
golh.  ni  vaihts,  alls.  ni  wiht,  irozwiscben  ahd.  noch  die  \mrlikd 
io  (unquam)  zu  Irvlen  pßegt,  iowiht,  spälrr  ielit  aliquid,  nidwilif, 
nieht,  h«7(i7,  mhd.  iht  und  niht:  goth.  ni  vaiht  ubilis,  nilid 
mali;  ni  vaiht  niis  vul|)ris  ist,  viilg.  nihil  mca  interest.  Cnl. 
2,6;  ni  vaiht  aljis  hngjij).  5,10;  jah  eis  ni  vaihtai  l)is  IVoliiin, 
vulg.  ndiil  horum  inlellexemnt.  Luc.  18,34;  ni  vaiht  is,  nihil 
ejus,  uofür  nur  kein  beleg  zur  band.  alts.  is  (thes  lilhes)  ni 
was  fitriebid  wiht  hn^rgin  an  thomo  hftsc.  Hei.  Ol,  lt.  ahd. 
ni  wi-ssun  es  nieht  (wuslen  nichts  daroii).  Üiut.  2, 28C';  sie 
ne  tuont  is  aber  nieht.    N.  ps.  IS,  9; 

ist  iamnn  hiar  in  lante, 

es  iawiht  tliolt  firslanle.    0.  I.  17,24; 

ni  znwcta  imo  es  niawiiit.    II.  5,12; 

oba  ir  liiar  findet  iawilit  tbes.    ad  Salom.  7; 

ist  thar  wiiit  so  sarphcs 

odo  iawiht  ouh  so  gelphes.    I.  23,25; 

thar  nist  gallnn  ana  wihi, 
jouh  bitteres  niawiht.    I.  25,27; 
%Ä  fand  ih  in  iu  wiht  giiales.    V.  20,206; 

ni  wiri  düse  fon  gotc,  ni  luohti  tuon  tbes  iowilit,  m  esset 
hie  a  deo,  non  polcral  facere  aliquid.  T.  132, 19 ;  iino  was  iu 
iowiht  ihl's  wan,  numquid  aliquul  defuit  vobis?  166,1;  inti  in 
theino  tage  niih  iowiht  iis  ni  fraget,  et  in  illo  die  mc  non 
rogabilis  quidquam.  174,  6. 

vihd.  wan  man  geloubt  imes  niht.    Iw.  1730; 
sit  inhs  niht  haben  so).    7313; 
des  ich  niht  geantworten  kan.    2972; 
des  si  niht  verlägen.    3044; 
daj  Sr  siner  arbeit 

iht  (niht)  änc  lön  belibe.    a.  Heim:  21 ; 
sine  mugens  niht  erdenken.    Parz.  1,17; 
frouwe,  des  cnweij  ich  niht.    11,23; 
sin  gesiebte  im  des  niht  louc.    41,12; 
dune  darft  mir  dienstes  danken  niht.    49,11; 
ich  bän  mirs  selbe  niht  erdaht.    53,26; 
des  engerte  se  keinen  wandet  niht.    56,27; 
von  siner  haut  Ss  niht  geschiht.    60,14; 
d£r  iquorum)  ich  gencnncn  niht  enkan.    Nib.  10,  4; 
ja  geniujet  sis  niht.    2312,1; 
dus  u  des  nicht,  ou  bist  entwicht.    Muscatpl.  s.  118,64. 

ülTall  id  hier  dus  genitivische  es  abstehend  von  dem  accusali- 
rischen  t';  und  anderes  bedeutend,  wie  beim  verbum  luiußg  ein 
partUiver  gen.  findet  er  sich  auch  hier  beini  subst.,  mit  rf«»»»  sinn 
davon,  darxtber,  franz.  cn,  ndlirend  der  arc.  die  ganze  sachc  aus- 
drückt,  'ich  tuon  es  niht'  heiszt  ich  Urne  nichts  davon,  golh. 
ni  tauja  vaiht  is,  fr.  je  n'en  ferai  rien;  'ich  tuon  i'z,  niht' 
dagegen,  ich  thue  die  sache  nicht,  ni  tauja  ita,  je  ne  le  fais 
pa».  nhd.  hat  der  schon  durch  vergn'iberung  der  laute  unmöglich 
iiewordne  unterschied  auch  deshalb  erlöschen  müssen,  leeil  unser 
'nicht'  in  eine  unlebendvje  negation  übergegangen  i\t,  welche  anfangs 
nur  dadurch  verstärkt  wurde,  das  s  in  uruierm  siehstus  nicht, 
tbustus  nicht?  ist  barer  au.,  ohne  partüive  beimischung.  man 
riß.  nicht  und  nichts. 

B)  e»  bei  adjecliven,  auch  liier  rrsclicinl  der,  übrigens 
noch  die  regel  bildende  genitiv  nicht  anders  ah  im  gelrit  von 
einem  verbum,  meitlens  von  sein,  werden,  bleiben,  den  acc. 
lauen  doch  einzdne,  sjxUe  falle  getrahren.  dem  gen.  entspricht 
auch  der  grieciüsche,  das  lalein  hat  dafUtr  den  at>l. 

I)  frei.  goth.  frijana  braiila  niik  vilödi«  frn\aurhtni«  jah 
«lau|)aus.  Böm.  8,2,  bei  I.ltmkr:  bat  mich  frei  gemacht  \<tn 
dem  gexelz  der  Bünden  und  des  toden;  ahd.  tin  den  man  d^s 
Irlen  duot,  daj  er  niomannex  Bcalh  nc  isL    N. ; 

mki.  htm  fot,  DU  »cbttlt  mich  tr  rri.   M8.  1,96'; 


ES     GEN. 


1 132 


Ich  bin  des  vaxrs  noch  vri.    Pars.  672,23; 

swem  si  missevellet,  der  ist  ougon  vri.    US.  1,25'; 

nhd.  sie  liesz  sie  der  leibcigenschaft  frei.  Münster  774 ;  sie 
hielten  einen  frei  der  ürlen.    KincuuoF  wendunm.  341; 

und  mach  mich  alles  kiimmers  frei.    Urtpiiius; 

als  ich  frei  aller  noth  an  meiner  .Mulden  lag.    I'lksii:<g  tltO; 

vergnügt  und  aller  sorgen  Irei.    Canitz. 

wir  sagen  heute  ich  bin  frei  davon,  nicht  mehr  ich  bin  es  frei, 
an  dessen  früherem  bestand  die  andirn  angeführten  genilivc  nicIU 
zweifeln  lassen. 

2)  ledig. 

mhd.  der  kfmcc  min  bruoder  roehtc 

des  itewi^es  unde  min 

mit  €ren  ledec  und  änc  sin.     Trisl.  39, 12; 

da?  Isöt  dirrc  m:i're 

ledec  und  änc  w;ere.    27S,  IS; 

daj  er  siner  aventiure 

an  sorge  und  an  triurc 

ledec  und  änc  gesaj.    39S,  19. 
nhd.    des  leibes  biüt  du  ledig, 

gott  sei  der  sccio  gnädig.    Rürcer  t5'; 

warum  nicht  auch:  ich  bins  wieder  ledig? 

3)  los. 

mhd.  swie  lügende  lös  er  si.  Trisl.  292,53; 
«/((/.  du  bist  aller  schuld  los;  irh  bins  los.  im  letzten  sah 
die  neuere  spräche  einen  acc.  =  ich  bin  das  los,  wie  sie  auch 
sagt:  ich  bin  das  ficber  glücklicii  wieder  los;  wir  sind  den 
kcrl  endlich  los;  ich  wäre  es  {das  briefchen)  gern  los.  Lessing 
1,543;  so  bald  ich  das  (geld)  los  bin!  1,514. 

4)  verlustig,  ich  bin  des  gcldes  verlustig  geworden ;  er 
ist,  geht  seines  amtes  verlistig;  wir  siuds  nun  verlustig. 

5)  quitt,  nhd.  so  aber  das  weib  dir  nicht  folgen  will,  so 
bistu  dieses  cides  quit.  1  Mos.  24,  8 ;  gehen  sie  dir  nicht,  so 
bistu  meines  eides  quit.  24, 41 ;  kurz  von  der  sachc  zu  kom- 
men, meiner  freundschaft  sind  sie  quitt.  Lessing  . . . ;  wir 
sinds  quitt,     häufig  audi  ohne  beigefügten  gen. 

6)  bar. 

mild,  si  wurden  ahe  mit  den  swdrten 
zehouwen  schiere  also  gar, 
daj  si  ir  beilc  wurden  bar.    Iw.  1028; 
daj  si  der  schilde  wären  bar.    7142; 
ir  herze  was  irucken  gar 
und  bcidiii  ougen  salTcs  bar.     W7i.  69,28; 
der  walt  ist  niuwcs  loubcs  rieb, 
des  niaciieic  in  der  winter  bar.    MS.  2,233'; 

nhd.  des  laubcs,  des  geldcs  bar,  alier  bufnung  bar. 

7)  blosz. 

mhd.  diu  klös  was  freuden  bere, 

darzuo  aller  schimpfe  blöj.    Parz.  437, 17 ; 

uhd.  des  laubcs,  der  k leider  blosz  stehn. 
S)  leer. 

mhd.  was  ienilcr  boum  da  so  grög 
daj  er  siuont,  der  wart  bldj 
und  loubes  also  here, 
als  er  vcrhreiuiet  wäre.    Iw.  66t; 
tUil  sin  voller  zuber  swffre 
wart  aber  wajjers  lacre.    Wh.  190,  10; 

nhd.  der  bechcr  ist  vveines,  der  bcutcl  gcldes  leer,  fdilirher 
leer  von  wein,  geld. 

9)  voll.  goUt.  banjö  fnlls,  ukerihus  plenus.  I.«f.  1C,20;  fulls 
varj)  daunais,  voll  vom  geruch  der  salbe.    Joh.  12,3; 

mhd.  wan  wir  daj  wijjon  wol, 

das  du  bist  bitlers  eilcrs  vol.    Iw.  1&6; 
ouch  gienc  der  walt  wildes  toI.    3272; 

nhd.  der  lag  für  seiner  thür  voller  schworen.  £,mc.  16,  20;  die 
wiese  steht  voll  wassers,  aber  auch  voll  wasser,  voll  von 
Wasser;  der  beutcl  ist  voll  geldcs,  voll  geld;  die  strnsze  i*l 
voll  Volks,  voll  volk.  solche  zulässig  gewordue  (lejionslose  nonima 
können  nicIU  für  acc.  gdten,  da  nie  gesagt  tetrd  voll  das  wasser, 
noch  veniger  voll  das,  voll  es.  voll  des,  vuli  dessen  ist 
gerecht  ; 

ich  bino  voll  zuversiebt:  am  ende 

der  luulbahn  wird  das  kleinod  mir.    Klop«tock  7,JW. 

10)  satt.     altd.  sanges  snt^r,  »ilur  wodis.    N.  Boeth.  179; 

tnlid.  ine  kuro  niomAr  von  dlrre  »tut. 

Ine  niacho  uns  alle  ütrlics  koi.    Air:.  369,12; 
«>r  wurde  pfrno  urlmlzei  *nt.    Ftor«  4774; 
Aö  Ich  nUA  tnkic  loj, 
ungt{,  g«dftnke  ist.    31SS; 


1133 


ES     GEN. 


ES     GEN. 


1134 


nhd.  ich  bin  des  lionigs  übersatt;  er  wurde  des  spiels  bald 
satt,  des  lebens  satt;  ich  bins  satt;  ich  hab  es  satt,  accusa- 
üvischj  ich  bin  das  satt ;  wir  sind  den  mann  satt ;  sie  war 
ihn  schon  lange  satt;  ich  habe  mich  sie  satt  gesehen  = 
an  Vir  s.  g.,  Uirer  s.  g.^ 

11)  müde.  alid.  wart  des  winis  miiodi.  Diemer  122,  5,  trord 
von  dem  ireine  trunken ;  denchennes  muodiu.  N.  cap.  115,  wie 
vorhin  gedanke  sat; 

mM.  es  (ejns.)  waeren  müede  zwfine  smide.    Parz.  537,27; 
nhd.    der  könig  und  die  kaiserin 

des  langen  baders  müde.    Bcrger  13*. 

doch  des  weines  müde  könnte  uns  bedeuten  sowol  müde,  schläfrig 
davon  als  müde  Um  zu  trinken,  accusativisch,  nur  in  letzter m 
sinn,  ich  bin  den  wein  müde,  ich  bins  müde,  bin  das  müde, 
ich  sehe  mich  die  sache  müde,  an  der  sache,  ich  sehe  michs 
müde,  bei  Wieland:  wie  er  mit  der  ganzen  Sammlung  fertig 
war,  ßeng  er  wieder  von  vom  an,  ohne  es  müde  zu  werden, 
11,  24  weisz  man  nicht,  uelchen  casus  er  meint. 

12)  überdrüssig,  ahd.  urdniji.  noch  im  16  jlf  fibetdrüsz. 
ahd.  urdrujiu  dises  libes;  verdrujje  wortener  derö  friskingö 
bluotes.  Graff  5,  249.  nhd.  entzeuch  deinen  fusz  vom  hause 
deines  nehesten,  er  möcüt  dein  überdrüssig  und  dir  gram 
werden,  spr.  Sal.  2o,  i' ;  meine  seele  ist  feind  ewren  newmon- 
den  und  jarzeiten,  ich  bin  derscibigen  überdrüssig,  ich  bins 
müde  zu  leiden.  Es.  1, 14 ;  die  es  (ejus)  bald  überdrusz  werden. 
Luther  6,34*;  das  wir  aller  creaturen,  sie  sei  so  edel  als 
sie  immer  wolle,  müde,  satt  und  überdrusz  werden.  Agricola 
spr.  n'  I.  A4';  des  langen  sitzens,  gehens  wurde  er  über- 
drüssig,    accusativisch,  das  bin  ich  nun  schon  überdrüssig; 

ein  mensch  der  sich  die  weit  nie  überdrüssig  sah. 

LiCHTWER  1,18; 

ihr  werdet  das  eine  sowol  als  das  andere  überdrüssig.  Les- 
sing 1, . . . 

13)  sicher. 

mhd.  ja  ist  er  niht  gar  ein  beiden,  des  sult  ir  sicher  sin. 

Mb.  1201,5; 

nhd.  ich  bin  es  sicher,  bin  dessen  sicher. 

14)  gewis. 

mhd.  ob  ir  des  gewis  sit. 

nhd.  ihr  seid  hier  leibs  und  guts  sicher  und  gewis;  ein 
Christ  sol  seines  sinnes  und  glaubens  gewis  sein,  oder  je 
darnach  streben,  das  ers  gewis  werde.  Luther  6,  IS';  ich 
liesz  mir  bieistift  geben  imd  papier  und  zeichnete  das  ganze 
liild  so  dämmernd  warm,  als  es  in  meiner  seele  stand,  sie 
hatten  alle  freude  mit  mir  darüber,  empfanden  alles  was 
i.  h  gemacht  hatte  und  da  war  ichs  erst  gewis.  Götue  an 
hcslner  in  GOlhe  und  Werther  s.  114. 

15)  gewahr. 

mhd.  dö  ich  din  binden  wart  gewar.    Walthkr  101,12; 
daj  es  ir  kein  wart  gewar.    Iw.  102; 
da}  er  ir  iiiene  wart  gewar.    3472; 
daj  des  Diemen  wart  gewar.    7S06; 
daj  man  des  wuofes  wart  geware.    Nib.  977, 3. 

nhd.  ich  bin  es  gewahr;  ich  ward  dessen  gewahr;  ward  er 
gewar  seines  gelds.  1  Mos.  42,  21 ;  ich  ward  gewar  eines  ner- 
rischen  jünglinges.  spr.  Sat.  7,7;  sie  war  meiner  bald  ge- 
wahr.   LoHEKST.  Ann.  1,  4S9; 

ich  werde  neuer  lust  gewahr.    Hacedor?(  3, 130. 

sehr  oft  mit  dem  acc,  ich  bin  ihn  schon  gewahr;  er  wurde 
die  sache  gleich  gewahr;  allenthalben  sah  ich  mich  um, 
konnte  ihn  aber  nirgends  gewahr  werden ;  ohne  dasz  sie 
es  gewahr  wurde  (acc.  oder  gen.?).    Wieland  2,152. 

16)  ansichtig,  icurde  schon  gramm.  4,  756.  75"  bdiandelt  und 
nachtrage  stehen  vb.  1,461.462.  hier  zeigt  sich,  besonders  bei 
trennung  des  sichlig  ron  der  partikel  an,  der  acc.  ziemlich  frühe 
und  scheint  eben  dadurch  reranlaszt. 

17)  bereit,    ich  bin  es  bereit,  dazu  bereit,    wh.  1,1498. 
Ib)  beidilig,   confitens  (l,  1360   nachzuholen),   alid.   pigibtic: 

ih  wirdu  rs  pigihlic,  es  alles  pigibtic ;  ih  wirdii  gotc  bigihlic 
all«;ru  nilnüro  suntunö;  deru  ih  gihtig  pin  Worten.  N.  Boeth. 
1S8.     nhd.  ich  werde  es  beichlig. 

19)  geständig,  eingeständig,  der  dieb  ist  seines  Verbre- 
chens geständig;  bist  du  der  rede  geständig;  er  war  es  ein- 
gesländig;  will  nichts  geständig  sein,  aber  auch  mU  acc: 
ich  bin  ihm  die  schuld  nicht  ge-släiidig;  er  war  das  alles 
cingesländig.     darum  die  heutigen  rs  zweifelhaft. 


20)  gedenk,  eingedenk,  wofern  sie  mein  will  ingedenk 
sein.  Weise  liebescMance  35; 

jener  verscbwundnea 
sind  die  verbundnen 
fröhlich  gedenk.    Götbe  1,120; 

ich  chromatischer  prüfungen  eingedenk'.  31,231;  ich  bleib 
es  immer  eingedenk,    beispiel  eines  acc.  oben  sp.  1S5. 

21)  zufrieden,  ein  unorganisch  aus  zu  friede,  zu  frieden  enl- 
sivungnes  ad}.,  bei  welctien  meistens  der  gen.  ich  bin  es  zu- 
frieden, des,  dessen  zufrieden  sieht;  er  war  des  titeis  zu 
friden.  Münster  1208;  des  waren  die  burger  wol  zu  friden. 
1220 ;  war  dessen  zufrieden.  t*nu7.  doct.  935.  man  hört  jedoch 
auch:  ich  bin  das  zufrieden,  bin  das  alles  zufrieden,  lau 
diesen  tausch  zufrieden. 

22)  eins,  einig,  Ms  mit  voranstehendem  gen.  wir  sind  des 
handeis  eins;  des  handeis  einig  geworden;  ich  wurde  des 
handeis  einig.  Leipz.  av.  2, 160 ;  mit  welchem  ich  des  han- 
deis bald  einig  wurde,  fekenfc.  1,  44S ;  wir  sinds  lange  schon 
einig ;  der  wähl,  des  Schlusses  einig  {oben  sp.  208,  6) ;  des 
kaufes,  der  sache  eins. 

23)  froh,  mild,  vrö,  gemeit,  geil: 
des  was  er  vrö.    Reinh.  50 ; 

des  bin  ich  vrö  und  gemeit.    317; 
des  wart  Isengrin  unvrö.    1453; 
des  tröstes  wurden  si  vrö.    Iw.  4S03; 
des  wart  der  künec  Artus  vrö.    7603; 
diu  waer  vil  übte  eins  scbimpbes  vrö.    Parz.  515, 6 : 
der  knappe  des  roubes  was  gemeit.    132,25; 
diu  frouwe  was  ir  gastes  geil.    3.^,12; 
ieslicber  was  sins  ortes  geil.    51,29; 
der  herre  in  sime  muote  was  des  vil  gemeit.    Nib.  290,  1; 
alid.  er  was  thSs  aphules  frou.    0.  II.  6,23; 

Job  fuar  si  sines  wertes  frö  thö  beimortes.    III.  11,31; 

nM.  ich  bins  herzlich  froh;  lebensfroh;  des  sind  wir  alle 
froh;  der  botschaft  konnten  sie  nicht  froh  werden. 

24)  mächtig,  gewaltig. 

mhd.  diu  ist  gar  gewaltic  min.    MS.  1,26"; 

nhd.  sie  vergessen,  dasz  sie  nur  eines  armes  mächtig  sind. 
Lessing  1,  520;  ich  will  hoffen,  dasz  du  deiner  mächtig  genug 
wärest.  2,137;  bis  ihr  eurer  glieder  mächtig  werdet,  tinv. 
doc/.  367;  ich  bins  wol  mächtig ;  er  war  keines  hellers  mächtig. 

25)  habhaft,  sie  konnten  seiner  nicht  wieder  habhaft  wer- 
den; ich  bin  es  nun  habhaft. 

26)  gewärtig,  erwärtig.  ich  bin  deines  winks  gewärtig; 
ich  war  mir  eines  so  frühen  befehls  nicht  gewärtig.  Lessing 
2, 121 ;  wir  sinds  envärtig  [oben  sp.  1046). 

27)  werth,  goth.  vairjis,  ahd.  werd.  nist  meina  TairJ)S.  Matlh. 
10,37;  akran  vairjiata  idreigös.  Luc.  3,  8;  vair{>s  auk  ist 
vaurstvja  mizdons  seinaizös.  10,  7.  ahd.  des  werd  ne  sint. 
N.  ps.  87,12;  wert  di?s  diskesideles.  W.  3,10; 

mhd.  doch  Ichs  unwert  si.    Karajar  denkm.  48,14; 
des  was  er  wert  und  was  im  not.    Iie.  6552; 
des  sit  ir  weijgot  wol  wert.    7564; 
guot  man  ist  guoter  siden  w6rt.    Walther  44, 10; 
6j  was  wol  drier  marke  wert.    104, 11 ; 
e;  was  euch  niht  anders  wen  gesteine  unde  golt, 
unde  ob  man  al  die  weite  haete  versolt, 
sin  wa?re  minner  niht  einer  marke  wert.    Nib.  1063,3; 

nhd.  wer  lods  werd  ist.  5  Mos.  17,6;  denn  sie  sinds  auch 
werd.  iceish.  Sal.  1, 16 ;  die  geste  warens  nicht  werd.  Matth. 
22,8;  denn  ein  erbeiter  ist  seiner  speise  werd.  10,10;  ent- 
weder bin  ich  ir  oder  sie  sind  meiner  nicht  werd  gewesen. 
Tob.  3,20;  hat  gethan,  das  der  streiche  werd  ist.  Lur.  12,  48; 
er  ists  werth,  dasz  man  ihn  liebe;  aller  ehren  werth;  seiner 
freundschaft  werth.  Lessing  1,  516;  ist  dieser  tag  keiner  freu- 
digen aufwallung  werth?  2,139;  ist  ers  nicht  werthcr  noch, 
weil  er  nicht  will?  Klopst.  10,20.  mit  acc,  einen  zweiten 
schusz  wäre  er  ja  wol  noch  wcrih  gewesen.  Lessing  2. 151 ; 
diesen  casus  pflegen  wir  bei  angäbe  ron  geldwerth  gern  zu  setzen : 
zweihundert  pfennig  werd  brots.  JoA.  6,  7;  einen  thaler  werth; 
keinen  heller  werth;  dieser  ring  ist  seine  fünfzehnhundert 
thaler  unter  brüdern  werth.  Lessing  1,533.  aber  auch  sonst 
sind  beide  casus  gleich  anwendbar:  es  ist  nicht  der  mühe  oder 
die  mühe  wcrlh.  ihr  seid  euch  werth,  setzt  Gütue  55, 22, 
wo  auch  stehn  dürfte  euer  werth. 

2s)  schuldig,  ahd.  ir  bint  imo  is  sculdig.  N.  ps.  134, 1 ; 
mit   lero   n6te   des   scazzes,    tes  er  sculdig  was.    Boeth.  21 ; 


1135 


£8     GEN. 


ther  ist  sculdig  diiomcs,  thingcs,  hella  faires,  rcus  eril  judicio, 
concdio,  gchcnnae  ijrii,«.  T.  26, 1 — 4;  sculdic  ist  tödes,  reus 
est  mortis.  191,  3 ; 

quad  th£s  wäri  wirdig,  ioh  harto  filu  sculdig.    0.  IT.  19, 70. 

nhd.  des  todes,  det  streiche  schuldig;  ich  bins  wol  schul- 
dig; wir  wissen  uns  der  that  schuldig;  der  ist  einer  niis- 
sethat  schuldig.  3  Mos.  5, 1 ;  der  sol  des  bluts  schuldig  sein. 
17,4;  denn  er  ist  des  tods  schuldig.  4  3/os.  35, 31.  wiederum 
bei  geld  der  acc,  was  bin  ich  schuldig?;  du  bleibst  uoch 
^inen  thaler  schuldig;  was  ich  von  alters  her  schuldig  ge- 
west  zu  geben,  l  Macc.  10,41;  von  wegen  einer  summa  gelds, 
die  er  dem  könig  schuldig  blieben  ist.  13, 15 ;  bis  das  er 
bezalet  hat  alles  was  er  im  schilldig  war.  Malth.  19, 34 ;  icli 
schweig,  das  du  dich  mir  selbs  schuldig  bist;  einem  mann, 
der  in  seinem  leben  keinen  heller  schuldig  geblieben  ist. 
Lessing  1,512;  ich  wüste  nicht,  dasz  er  mir  jemals  etwas 
schuldig  gewesen  wäre.  1,517;  was  können  sie  diesem  mann 
mehr  schuldig  werden?  1,556.  der  acc.  geht  auf  die  ganze 
fArase  schuldig  sein,  werden,  bleiben,  der  gen.  auf  das  blosze 
schuldig,  rcus. 

dies  sdieinen  haufilbeispiele,  den  einflusz  der  rerbalkraß  legen 
adjeäivisch  verwandte  participia  noch  offenbarer  dar,  irofiir  ein 
paar  belege  hinreichen:  er  ist  die  gräfin  hier  nicht  vcrmutbend. 
Lessing  2,  139;  ich  bin  es  fest  entschlossen;  ob  sie  es  denn 
auch  bekant  {geständig)  wollen  sein  öffentlich  für  irer  oberkeit. 
LctherO,  is';  auch  ohne  dasz  man  sichs  bewustist.  Wielaxd 
2,7;  ich  bin  es  mir  bewust; 

und  da  hicng  ich  und  wars  mir  mit  grausen  bewust. 
Schüler  &!*. 
vgl.  gramm.  4,  735. 

C)  es  bei  v erben,  da  die  fügung  beider  casus,  des  gen. 
wie  des  acc.  zum  verbum  geläufiger  ist,  braucht  nicht  so  ueit  in 
die  Syntax  gegriffen  zu  werden,  um  die  unterscJtiede  zwhchen  es 
und  ej  erst  an  andern  nominalformen  zu  erkennen  oder  zu  be- 
stätigen. 

1)  vorzugsweise  wird  auf  den  geniliv  zu  schlieszen  sein,  so  bald 
ein  intransitives  verbum  und  in  der  Vorstellung  etwas  parlilives 
torliegt,  das  sich  auch  durch  davon  umschräben  Uiszl,  während 
tran.<iilivbcgriffe  den  be.'iimmleren  acc.  nach  sich  ziehen:  ich  habe 
es  (gen.)  noch,  bewalire  davon,  mir  ist  dessen  übrig,  dagegen 
ich  habe  es  (acc.)  noch,  bewahre  die  ganze  sarhe.  unter  es 
geben,  nehmen,  essen,  trinken  und  vielen  sohlten  verstehen 
wir  heule  nicht  mehr  die  Iheilweisc,  nur  die  volle  einwirkung, 
doch  mag  ein  beigefügtes  'viel'  oder  'wenig'  den  allen  gen.  heben : 
gib  mirs,  nimm  dirs  ein  wenig,  in  es  kosten,  versuchen 
«.  s.  IT..  intransitiv  gefaszt,  könnte  er  fiüdbarcr  haflen. 

2)  ehmals  hieng  von  walten  der  gen.  ab  {gramm.  4, 658. 659), 
vie  er  sieh  zu  gewalt  haben,  gewaltig  sein  einstellt: 

ahd.    wcliis  thü  thes  liutes.    0.  I.  2, 34 ; 
mild,  da?  er  riches  muotes  wielt.    Er.  313; 

nu  soll  ich  mit  in  beiden 

alrärst  vröude  walten.    Greg.  41; 

die  iwers  rätcs  walten.    397; 

h«r  lies  ^s  got  waldcn.    En.  200,34; 

das  ^8  unruoge  walde!    Parz.  348,30; 

ich  sol  min  lop  tiehalten, 

das  ^'  die  wisen  walten.    S>09,24; 

fr  lac  und  lies  's  walten 

den  de-  helfe  hat  behalten.    568, 1. 

in  Reichem  tinn  fasse  ich  nhd.  lasz  es  gott  wallen.  Keisersb. 
bilg.  193*.  AcBicoLA  jf/nVAtr.  415  und  des  walt  got!  Kkisersb. 
gurüiel  . . .,  ja  noch  später: 

des  gröszem  (ulintzes)  waltet 
sein  Tater  noch.    Lbssiüc  2,208. 

allein  derselbe  Acricola,  während  er  sprichw.  590  im  lexl  schreibt 
gott  wall  es!  g^t  die  Überschrift:  das  walt  goll!  meint  also 
auch  unter  *cs'  den  acc.  nicht  anders  Fisr.iiAfiT  Carg.  100* 
sogar  mit  dopfiellem  acc.:  das  walt  sie  der  valier!  das  walt 
sie  der  teufel!,  so  dasz  unser  heule  oß  vernommenes  'goll 
walts!'  den  gen.  wie  den  acc.  enthalten  könnte  und  der  sprach- 
felder:  das  walle  gott!  statt  desseu  walle  goll!  häufig  und 
paÜutiidi  begangen  wird,  bei  (Jrypiiius  1,  768  :  nu  das  walle 
der  es  wallen  kann  !  sind  gleiclifalh  tclion  zwei  accusalive  gemeint. 

3)  gUiehe  Unsicherheit  uJiuebt  über  glaube  mirs !  glaubt  mirs ! 
naek  dem  alten  brauch  wäre  der  gen.  auszer  zwei  fei : 

ahd.    gilf<u)iei  iUf%  mir!    O.  IV.  19,  &3; 
giloulti  mir  lli«*  worte*!    V.  7,4; 


ES     GEN.  1I3G 

mhd.  er  siindet  swer  des  iiilit  goloubet.    MS.  1,1'; 
obe  ir  mirs  geloubet.    Walther  74,26; 
geloubet  dCs.     ^Vh.  359,12; 
dÄ  von  was  im,  geloubet  mirs, 
nach  dör  vil  clären  desto  wirs.    ir.  kr.  I,V.I>>7. 
doch  auch  uhon  ahd. 

gilouhu  ih  ihaj  giwisso.     0.  Hl.  24,23; 
giloubent  sie  ihaj  kruzi.    V.  0,31. 

auf  einen  unterschied  intransitiven  oder  transitiven  sinnei,  lam'u 
sich  diese  fälle  kaum  zurücktäten,     heute  enlschiedner  acc. 

4)  alid.  danchon  mit  gen. 

thankes  gotc  Diu  fram.    0.  III.  20,107; 

Job  ihankönl  ßs  mit  werte  Krisle  themo  wirte.    II.  10,8; 

thas  Ihü  uns  es  mnajis  tbankön.    II.  24,38; 

danchönl  des  tnihtene.    N.  ps.  29,5; 

thas  thir  es  got  gilhankö.    0.  II.  20,  G; 
mhd.  ich  dankes  mime  heile,  das  ich  dem  tievel  entran. 

AiA.  1938,4; 

dune  darfl  mir  dienstes  danken  niht.    Parz.  49,11; 

si  muoscns  cime  waldc  danken.    Lam.  6560; 

dem  suliis  die  miuse  danken,    [ienner  2220S; 
nhd.    ich  dank  euch  gern  eurer  tat.    fasln.  450, 1 ; 

das  schaf  im  dankt  weiser  lehr.    H.  Sachs  II.  4,49*;  ^ 

ei  des  niusz  dir  der  teufel  danken.    IV.  3,23'; 

dank  dirs  der  teufel! ; 

folge  meinem  rath ,  du  wirst  mirs  {dafür)  danken,  «nie. 
docl.  370; 

gute  nacht!  'danks!  angenehme  ruh!'    Göthk  7,6, 

welches  letzte  es  freilich  auch  acrusaliv  sein  di.rße,  wie  wir  ihn 
nun  allgemein  zu  danken  setzen:  das  dank  ich  melDcm  schöpfcr; 
das  danke  dir  der  teufel ! 

das  hätte 
ich  unaussprechlich  dir  gedankt.    Schiller  29S*; 

ich  halte  ihm  alles,  mein  ganzes  glück  zu  danken ;  ohnehin 
dankt  niemand  den  aufwand  und  die  mühe.  Schiller  an 
Gölhe  240. 

5)  deutliche  geniiive  geben  sich  kund  in  es  denken,  erdenken, 
gedenken,  ersinnen,  sich  besinnen,  erinnern,  mahnen,  ver- 
gessen, schweigen,  geschweigen,  gestehen,  leugnen:  mir 
gcdcnkts ;  es  denkt  mirs  noch  {wo  das  erste  es  »lom.,  das 
andere  gen.);  noch  so  gedenkt  es  nie  keinem  mann.  Keisersb. 
s.  d.  m.  2'; 

man  wird  es  noch  gedenken.    Soltao  449; 

sind  sie  sein  diener?  'ja,  so  lang  als  mirs  denkt'.  Göthb 
14,  83 ; 

mhd.  der  des  erdähte.    Parz.  506,23; 

nhd.  wenn  ich  michs  jetzt  noch  besinnen  kann.  Wieland 
U, 221; 

nun  mans  {mahne  dessen) 

die  kaiserlichen  bund.    IIildebrahd  colksl.  2.10; 

ich  besinns  mich  nicht  mehr  {besinne  mich  darauf); 

vcrwundriinesvoll, 
dasz  ich  daran  noch  nicht  gedacht,  erinnrichs 
mich  jetzo  schnell,  dasz  Nathan,  da  er  weggieng, 
der  Zählung  bücher  trug.    Klopstoc«  10,42; 

du  kannst  dichs  wenigstens  von  deiner  kindheit  her  erin- 
nern. 11,121;  ich  erinnre  michs  sehr  wol,  wie  du  in  seine 
arme  liefst,  die  vom  schwur  herunter  sanken.  S,  130 ;  ich 
vergasz  des  ganzen  handeis  bald;  ich  geschweige  dieser 
ärgerlichen  sache;  du  schwiegst  es  lange  (daron);  ahd.  sol 
ih  is  loiigenen?  N.  Iloelh.  22; 
mhd.  sone  lougen  ich  des  niht.    Iw.  4128; 

der  mir  der  rede  gestio    1034; 

so  Ins  nieman  gestät.    2476; 

der  rede  gesiuont  im  llagene.    Nih.  1139,4; 

swes  Irinc  beguiide,  si  woldcns  alle  im  gosiSn.    lOCA,  I, 

denn  einem  geslen  ist  Htm  bcistchn,  helfen,  hernach  auch  bekru- 

nen,  nhd.  ich  gesteh  es  gern; 

denn,  gesteh  ich  es  nur,  nicht  ruft  die  neue  gefahr  mich. 

GöTU«  40.27n, 

was  heule  accusalirisrh  tjenommen  wird,  denn  fast  ülierall  allmulich 
sind  nl^>en  die.ie  rerlia  acr.  eingedrungen:  das  gediehe  ich  ilir, 
er  hat  den  inord  gestanden. 

Ol  darben,  bedürfen,  entbehren,  mangeln,  das  'es'  bei  den 
tubsl.  darba  und  dürft  rrchtfirligl  iten  schlusz  auf  die  rerba: 
ich  darbe  des  broles;    icii  bedarf  es  norh  langer;    ich  eilt- 


1137 


ES     GEN. 


ES     GEN. 


113S 


Hielire  es  ungern,  brauchen,  indigere  kommt  vor  mü  gen.  und 
aec.  (2, 31S),  doch  zu  darben  und  mangeln  hat  ach  spdler  kein 
acc.  gefügt,  icol  aber  zu  bedürfen  und  entbehren,  jenem  dop- 
pelten und  versdiiednen  es  in  'es  denkt  mirs'  gleichen :  es  darfs 
aber  wol,  das  der  prophet  dUen  tag  so  hoch  rühmet.  Lcther 
5,  6S" ;  es  brauchts  nicht  (ist  unnOthig)  dem  leser  zu  berichten. 
BoDEs  Tr.  Sh.  4,  73 ;  es  brauchts  nicht  eben  just,  dasz  einer 
tapfer  ist.  Götbe  7,69.  mhd.  deutlicher  und  reinlicher:  ej 
zerinnet,  bristet  mir  6s. 

7)  genügen,  genug,  viel,  zu  viel  sein,  mhd.  beviln: 
alid.    so  ist  uns  alles  ginuag.    0.  IV.  15,  2S; 

es  ist  zi  zellence  giuuag.    V.  1,23; 
s6  filo  is  cnuocta.  N.  Cap.  14 ;   irö  ist  filo.   ps.  24, 11 ;    ward 
iru  ülo.    106,  SS; 

mhd.  ja  wäre  des,  ■wi^je  Krist,- 

dem  künige  Artus  ze  vil.    Iw.  4787; 

es  ist  genuoc.    259; 

SIDS  heres  mich  bevilte.    Purz.  214,24; 

des  sinen  kampfgenös  bevilt.    719,10; 

swaj  wisen  liuten  wol  behaget, 

des  enlä  dich  niht  bevilu.    ir.  kr.  15043. 

nhd.  gUt  zwar  noch  dessen  oder  sein  ist  viel,  zu  viel,  genug, 
aber  häufiger  das  ist  zu  viel,  das  ist  genug,  das  genügt,  so 
dasz  uns  es  m  gleicher  läge  nom.  erscheint,  allerdings  könnten 
hier  iciedcr  beide  casus  neben  einander  stattfinden  und  mhd.  die 
rolle  rede  lauten:  ez,  ist  es  genuoc,  da;  ö;  michs  bevilt,  es 
gelU  dann  auf  die  sache,  ej  iü  das  pronomen  vor  dem  unpersön- 
lichen ausdruck,  jedes  dürfte  ausfallen. 

&)  erbarmen,  oben  sp.  702.  in  gott  erbanns  ist  gott  acc., 
'es'  nom.;  ebenso  in  wie  möcbt  ir  ein  kälblein  stechen,  das 
die  äugen  verdreht,  erbannts  euch  nicht?  Garg.  241'  euch 
acc.,  'es'  nom.  dagegen  in  ich  erbarme  michs  musz  'es'  für 
den  gen.  gelten,  dem  dasz  es  einen  stein  in  der  erde  erbarme 
steht  gegenüber  dasz  sichs  ein  stein  in  der  erden  erbarmen 
möge.  Ett.nebs  Itebamme  839.  Aier  kann  leuht  zweifei  obKollen. 
bei  GCstdkb: 

was  gilts,  nun  wird  dichs  oft  der  frommen  treu  erbarmen 
ts<  'es'  der  zu  wird  gehörige  nom.  und  wäre  etitbehrlich. 

9)  erwarten  leidet  beide  casus  neben  sich :  ich  erwarte  dein 
oder  dich  {sp.  1044.  1045),  doch  das  einfache  warten,  wenn  es 
expeclare  ausdrückt,  nur  den  gen.:  eh  ihr  es  euch  verseht, 
ist  ein  buch  fertig.  Wielasd  1.252;  da  er  sichs  am  wenig- 
sten versah.  3, 292 ;  dasz  er  ihnen  erscheinen  wird  eh  sie 
sichs  versehen.    Göthe  br.  an  Lcipz.  freunde  s.  166. 

10)  wünschen,  erwünschen  hatten  ehmals  den  gen.,  beule 
haben  sie  den  acc. 

u)  sich  überheben  zieht  den  gen.  vor,  einen  einer  sache 
überheben :  ich  überhebe  michs,  bin  es  überhoben ;  du  sollst 
es  überhoben  sein. 

12)  sich  schämen,  nolhaendiger  gen.:  ich  schäme  michs; 
pfui,  schäme  dichs ! ;  ich  schäme  mich  sein ;  er  schämte  sich 
des  bettelns. 

13)  sich  überzeugen,  einen  überzeugen,  überführen:  aber 
ich  will  sie  es  redlich  mit  ihren  eignen  Worten  überzeugen. 
Li'THER  0,22';  überzeuge  dichs  vorher.';  ich  bin  es  über- 
zeugt,    immer  der  gen. 

14)  einen  eines  dinges  erwenden.    sp.  1059. 

15)  wo  sich  hetde  ein  davon,  dazu,  daraus,  daran,  darüber 
an  die  stelle  des  es  schickt,  haftet  der  gen.  fester  und  weicht 
dem  acc.  nicht,  ahd.  unser  suester  ist  noh  winag  unde  ne 
hat  noh  der  spunne  niet.  waj  tuo  wirs  nu,  so  siu  hirütes 
scal  gegruojet  wgrdan?  W.  73,1,  was  Ihun  wir  nun  damit, 
mit  ilir?     die  andere  lis.  tuo  wir  iro; 

mhd.  es  wseren  gehcret  driu  laut.    Parz.  594, 7, 
drei  länder  würden  davon  berühmt; 

6s  möhten  starke  velse  wagen.    RTi,  37,4, 
starke  felsen  würden  davon  beben; 

£s  möhten  lewen  weif  genfisen.    40,5; 

es  möhte  biben  des  meres  wie.    41,7; 

€s  soll  diu  stat  lastcr  bau.  114,9; 
nhd.  der  staub  wird  über  alles  land  Egipten  gon,  wan  es 
\ieiden  (werden  daraus)  blättern  in  den  menschen.  Keisebsb. 
s.  d.  n».'2';  wozu  dients,  das  wir  sein  wort  hören  und  an 
in  glauben?  was  sind  wirs  (wir  dadurch)  gebessert,  so  wir 
i:i  angst  und  not  zu  im  seufzen  eL  Lutbers  tischr.  2,87; 
klagt  aber  einer  über  der  treiber  tjrannei,  der  musz  ein  auf- 
rürer  sein,  dem  hawet  man  die  zeune  umb,  verbeut  im  wasscr 
III. 


und  weide  und  allen  gemeinen  gebrauch,  das  gönnen  denn 
die  bauren  dem  pfaffen  wol,  die  treiber  lachens  (lachen  darüber) 
in  ir  faust,  den  herren  ist  ir  mütlein  gekület.  Milichics  schrap- 
teufel  0  3'; 

ich  bin  dir  es  Terpflicht.  Erk  liederhorl  249. 
re)  die  angeführten  äellen  erbringen,  dasz  bereits  ahd.  und  mhd. 
die  neigung  da  war,  es  durch  demonstratives  des  zu  geben  und 
Wolframs  'der  künec  und  des  wip'  konnte  das  längst  rersclwllene 
'es  wip'  =  alts.  is  wif  näher  erreichen,  als  der  gewöhnliche  aus- 
druck 'sin  wip'.  «ir  sahen  oben  auch  dem  nom.  ej  das  demon- 
slratiee  daj  gleichgesetzt,  sind  ja  doch  altn.  })at  und  jigss  durch- 
gehends  an  den  platz  des  goth.  ita  und  is  getreten,  um  so  sichrer 
dienten  das  und  des  =  dessen  den  zweifei  über  nhd.  es  zu 
zerstreuen  und  in  Vim  bald  mhd.  e;  bald  es  zu  erkennen, 

aus  dieser  innigen  Verwandtschaft  zwischen  es  und  das,  es 
und  des,  aus  Vertretung  der  ersleren  durch  die  letzteren  begreift 
sich  umgekehrt  die  gleich  häufige  Vertretung  unseres  arlikels  durch 
das  persönliche  pronomen,  wovon  gramm.  4,  368.  369  ausführlicher 
geredet  ist. 

das  mnl.  dat  wurde  nnl.  durch  het  gänzlich  verdrängt  (gramm. 
4,  372).  unserm  sist  wahr  ==  es  ist  wahr  (sp.  1105)  und  ins 
wasser  =  in  das  wasser  liegen  sichtbar  verschiedene  kürzungen 
zum  gründe;  dem  sinne  nach  scheinen  die  mhd.  ei,  herze,  ej 
buoch,  e;  beste  =  daj  herze,  daj  buoch,  da;  beste  und 
Schwächungen  des  a  in  e  de;  herze,  de;  buoch,  de;  beste 
dazwischen  gelegen,  folglich  keine  e;  herze,  e;  buoch,  e;  beste, 
obschon  auch  i;  herze  u.  s.  w.  geschrieben  vorkommt,  das  nnl. 
het  hart,  het  boek  ist  wirklich  =  E;  herze,  e;  buoch.  man 
musz  bei  diesem  vocalwechsel  zwischen  da;  und  e;  nicht  ver- 
gessen, dasz  neben  goth.  ])ata  der  gen.  J)is  steht. 

ES  =  eins,  in  der  Schweiz,  wie  kes  fiir  keins :  es  chalb 
ein  kalb,  es  kind  ein  kind  (Staldeb  dialect.  s.  90,  wie  mis 
chind,  mein  kind),  daneben  auch  eis,  keis.  mhd.  e;,  id  wird 
gedehnt  gesprochen  es,  äs  (Stalder  s.  lOS).  gerade  umgedreht 
sollte  für  unum  gedehntes,  ßr  id  kurzes  stehen. 

ES  =  sich,  man  nimmt  eingeflickte,  füllende,  nichts  sagende  es 
und  s  an  ;  genauer  zugesehen  haben  alle  flicklaute  ihren  wirklichen 
grund,  sind  nicht  des  klangs  wegen  erfunden,  wie  z.  b.  das  ein- 
geführte mühsame  fr.  a-t-il,  a-t-elle  nichts  ist  als  at  i',  at  eile, 
ncmlich  at  aus  habet  herrührt,  die  schweizerische  Schreibung 
worde-n-ist,  hah-n-ich  für  worden  ist,  hän  ich  unnütz  irre 
führt,  so  wird  sich  auch  das  in  Volksliedern  häufig  neben  pro- 
nomen und  vcrbum  eingeschaltete  s  oder  es  verständigen: 

ei  wer  uns  dieses  liedlein  sang? 

ein  freier  reiter  ist  ers  genannt.    Ib.  15S2,13S; 

der  uns  das  liedlein  neus  gesang, 

ein  landsknecbt  ist  ers  je  genant.    ÜHUUtD  495; 

Albrecbt  von  Roseuburg  ist  eis  genant.    376; 

meister  Paul  ist  ers  genant.    Soliaü  134; 

Gilgenschein  ist  ers  genant.    152; 

CristolTel  Zell  ist  ers  genant.    344; 

Fridrich  Wilhalm  seind  sies  genant.    Hildebra^d  12. 
mhd.  begegnet  der  mediale  ausdruck  hie;  sich  für  hie;  (gramm. 
4,  30),  kam  sich  für  kam,  was  sich  genant  ßr  was  genant : 

der  here  was  sich  Morolt  genant.    Eilh.  Trist.  292; 

in  einer  stede  sä  ze  hant, 

diu  sich  Troie  was  genaut.    Diut.  1,405; 

der  Bemer  gegen  ime  kumen  sach 

einen  ritter  kleine, 

der  was  sich  Uibunc  genant.    Dielr.  u.  ges.  IIagkn  SOI. 

was  ist  deutlicher,  als  dasz  dieses  sich  zu  s  wurde?  mhd.  wird 
auch  ein  sich  zu  Wörtern  des  redens  ge/ugl:  sprach  sich  (gramm, 
4,36)  und  wiederum  lesen  wir: 

sprach  es  die  jungtrau  fein.    UaLA50  S61 ; 
war  es  ein  junger  geselle; 
kam  es  ein  reicher  grafe; 
also  wird: 

ze  Scbwii  ist  ers  gesessen,    ühlawd  405; 
es  reiteu  ein  ritter  durch  baber  und  klee.    ErnsI  BIwm  302; 
wieder  auf  ein  ex  sich  zurückgehn,  desgleichen: 
es  kann  mich  nichts  schöores  erfreuen, 
als  wenn  es  der  sommer  angeht.    Ebks  liederhort  27. 

schwieriger  scheint  diese  deutung  für  die  erste  und  zweite  person : 
ich  sitz  und  schau  michs  um, 

als  wenn  ichs  kaiser  wäre.    DirruBTH  fränk.  volksl.  2,2.47; 
Soldat  bin  ichs  gewesen, 
einen  rock  bab  ichs  getragen.    2,217; 


bis- ichs  endlich  bei  Leipzig 
ganz  schwer  bin  blessin.    da*.; 


72 


1139 


ES  — ESCfl 


ESCH 


1140 


da  bin  ichs  gelegen 
auf  leben  und  tod.    'ins. ; 
kann  suchen,  wo  ichs  bleibe,    das.; 
jungfräwlein,  wölt  irs  mit  mir  gan?    Ublird  146; 
in  Schwaben  bin  ichs  enogen.    237; 
tinds  ir  der  jung  von  Faikensiein?    296; 
ach  schäizchen,  was  hab  ich  erfahren, 
dasx  du  es  willst  scheiden  von  mir?    E«  «.  28; 
willst  du  es  bei  mir  schlafen.    2^3; 
doch   uird   man    der   gramm.  4,319    angeregten   allgemeinen  be- 
ziehung  des  sich  auf  alle  drei  jtersoncn  eingedenk  sein,    hiiszl  es 
wir  setzen  sich,  wir  freuen  sich  =  uns,  weil  wir  sich  wieder 
scheiden  miisten  =  uns.    Simpl.  K.  587;    so   ist   auch  ein  in 
Schwaben  bin  ich  sich  erzogen,   dasz  du  sich  —  dich  willst 
scheiden  von   mir,  willst   du   sich  =  dich  bei  mir  schlafen 
tulässig.     nur  bei  Ernst  Meier  s.  407 

ich  bin  ei  der  jSger  und  du  gehörst  mein 
nehme  ich  kein  sich,  sondern  den  nom.  es  an.     unverkennbares 
sich  lie^  auch  in  folgenden  stellen: 

und  wirt  mir  dann  geschossen 

ein  schenke!  von  meinem  leib, 

so  ihvi  ichs  nacher  kriechen, 

es  srhadt  mir  nit  ein  raeil.    ühi.*?id  i20; 

aeh  schwesterlein !  Tater  i.«t  todt. 

mein  ben  ist  mir  es  betrübet, 

wie  ist  mir  der  himmel  so  roih ! 

Volkslied  m  Stilii!«cs  jHffcnii; 

man  löse  auf:  so  thu  ich  mich  nacher  kriechen,  mein  herz 
ist  sich  mir  betrübt,  ton  sich  blieb  blos  dtr  anlaiil  s,  uoraus 
Unverstand  es  machte,  da  ja  auch  angelehntes  s  offenbares  es 
war.  in  der  Schweiz  sagt  man  si  für  sich,  hin  und  wieder 
Viag  auch  ein  gftl.  es  im  spiel  sein,  i.b. 

wenn  ichs  mall  und  miirte  bin.    Ditfürth  2,221. 
das   in   einem   scidcsischcn   liede   schon  bei  Griphids  1,  784  cnl- 

haltne  sen:  ... 

dar  ist  sen  in  dem  walde  ein  röslin  rotn, 
das  hat  sen  geschaffen  der  liebe  gott, 

Reicht  dem  einsen,  cinsi  (sp.  291.294)  und  ins  (xp.  1104. 1105). 
ES,  in  Baiern,  Tirol,  Österreich  {nicht  in  der  Schweiz  noch  in 
Schwaben)  bis  auf  heute  forllebender  nom.  und  acc.  des  allen 
dualis  zweiter  person,  jetzt  aber  auch  für  den  pl.  dienend,  ge- 
schrieben CS,  ces,  öS,  oder  csz,  ösz,  mhd.  C5,  alid.  wahrschein- 
lich i;  oder  I5  und  goth.  jut,  ags.  git,  altn.  it,  später  jiit,  norJ- 
fries.  jat,  lil.  judu.  weitere  vergleichungcn  und  versuche  über 
dieses  merkwürdige  wort,  in  dessen  auslaut  sichtbar  die  zweizahl 
enthalten  ist,  slehn  GDS.  cap.  39.  der  gen.  cnkcr,  dal.  enk 
wurden  oben  sp.  483.  487  angeführt,  die  nord.  form  t)it  erscheint 
auch  hin  und  wieder  im  bairischen  des,  dös  oder  im  niederlies- 
sischen  de,  und  denselben  eingriffen  des  demonslrativs  begegneten 
wir  vorhin  bei  das  für  es.  mischungen  des  duals  und  phtrals 
beider  erster  personen  nachzuweisen  würde  hier  zu  weil  führen. 
auch  die  vcrbalflexion  der  zweiten  f^son  des  pl.  berührt  sich  mit 
diesem  es:  es  habts  =  ihr  habt,  dl.  oder  pl. ;  es  vögerln, 
tragt«  mein  gnisz  zu  ihr  =  ihr  vügel,  tragt  meinen  grusz  zu 
ihr;  woher  kömts  es?  woher  kommt  ihr?;  gehts  fort  und 
holtsl     vgl.  Höfer  östr.  wb.  1,188. 

ES,  n.  unto,  monas,  gleichviel  mit  as  (l,  578),  fehlerhaß  ge- 
schrieben esz:  es  auf  einem  wurfel.  vocab.  1482  h2';  das  es 
auf  dem  Würfel,  canis.  Maaler  121';  das  es  im  spiel,  unio. 
Frischli»  nomencl.  476;  ses  oder  es,  Bischof  oder  badcr. 
Henisch  934,65;  ses  oder  es,  aut  Caesar  aul  nihil.  Stieler 
398;  gleichwie  Im  bretspiel,  so  einer  zwei  es  bedörfle,  zwei 
ses'darfllr  wirft,  damit  das  spiel  verspielet,  narrensch.  von 
HO;(icER  3'; 

ich  hab  drei  e«,  ich  bin  darron.    H.  Sachs  III.  1,219*; 

wer  rfiltell  ein  qunlwrr,  es  oder  linken, 

•0  Til  mal  musi  er»  glas  austrinken.    Sciiadi  $nt.  u.  pafq.  1, 162; 

nun  wirt  der  wirfei  han  sechs  ort, 
das  erst  ort  das  lol  sein  ein  m, 
das  wirt  »ich  »teilen  uf  die  »e».    Gskciübach  «.  3i5; 
voll  auf  breitspiel  oder  das  schön  llilssen,  es,  daus,  Iroi.  Carg. 
I7l';  zwei  es  oder  zwei  daus.  Simpl.  Ä.  254.     mhd.  galt  esse: 

dane  viel  da;  e»»e  noch  dan  tu».    Amit  24H4, 
•«  doth  eine  ht.  das  es  nach  dem  tu« ; 
dA  «ie  ir  freunde  w*»se, 
den  warf  »ie  übt  xwei  este.    IIslrl.  1,1122. 

ES,  f.   tiefte  esse. 
ESRAN  »ehe  espan. 

KSCH,  m.  thj/maUus  fiixeit,  tonst  auch  »seh.  IIitNiscii  133, 30. 
SnfLU  60;  Ton  seiner  gflt«  und  köstlichkeit  weiren  ist  das 


Sprichwort  kommen  'der  esch  ist  ein  rheingraf.  FonERl74'; 
ein  esche  fahet  an  gut  zu  sein  im  heumonat  und  ist  im 
herbst  am  besten.  Fecrabend  ftschweidwerk  73*.  s.  cschling. 
ESCH,  /■.  cinis.  AinERUs:  in  der  eschen  gebacken,  cinere 
pistus.     s.  aschc  und  eschen. 

ESCH,  n.  und  m.    campus,    arvum,   seges,   goth.  atisk,    alid. 
ejisc  (Graff  1,  529)  ton  der  wurzel  ilan,  ejjan  edere.  weil  man 
die  saat    oder  (rucM   iszt,    und   in   dtr  edda  heiszt  das  getraide 
w\'\;    aus   saat    und   seges   ergab   sich   leicJU   die  bedeutung    des 
Saatfeldes  oder  der  flur.     der  zusammenziehung  wegen  wäre  tscU 
zu  schreiben  und  zu  sprechen,  wie  mhd.  est  aus  ßj  ist  entspringt, 
mhd.    zeigt  noch  der  Schwsp.  173  Wacser?».  das  volle  worl:     t-r 
lät  ouch  sin  phert  wol  treten  in  den  cjesch  mit  den  vordem 
Tüejen,    wo   eine  andre  hs.  esch  hat,    wie  172  s.  168    und  git 
ein   man  in  einen  esch,    welches  die  wcuühümer  id)erall  geben 
ouch  sol  nieman  kein  fröinbdes  vich  haben,  hat  aber  ieinaii 
frömlides  vich,    klein  oder  grosz,   der  sol  es  weiden  in  der 
brach  und  nicht  in  dem  eschc.  1,33;    was  auch  egerden  in 
den  eschen  gelegen  sind  und  einer  verbut  im  diirauf  nit  7.11 
faren.   1,128;    es   sond   auch   unser  eschen  wol  geziint  sin 
1,199;    der  meier  von  Haldingen  soll  machen  in  dem  äsrh 
ein  haust  hewes  meinem  hcrrn  zu  zehenden  von  dem  äsch. 
2,571;    auch    sol    man    dem   richten  von  drien  eschen  hiinr 
geben.  3,645;  und  sol  er  auch  alle  jar  die  esch  {die  ßuren), 
darin    er    snidet,    behüten    ungevarlichcn.    ebenda.       hieraus 
erhellt,    dasz    das    oder   der    esch   bezäiintes   Saatfeld  war,    dem 
egcrde  und  brache  entgegen  stand,   mitten  darin  konnten  striclif 
von   cgerdc   und   brüclifelil  liegen,      um  den  esch  reiten  oder 
blosz    esch    reiten    bezeichnet   den  jährlichen   ritt   um    die   flur. 
ScHMiD  Schwab,  wb.  123.     tmicr  Fnisius,  Maai.er,  noch  Hemsch 
kennen   esch,    DASvronius  6*.  32l'  gab   schon   ager,    esch  oder 
bann,  Schilter  65'  asch,  esch,  eschen  eampestria  loca,  Fniscn 
1,  232*  schreibt  esch,  ösch  und  Hai.taus  1445  unter  ösch  bringt 
lesenswerthe  stellen,     man  unterscheidet  sommeresch  und  winler 
e?ch,   gleichviel  mit  sommeresch  ist  auch  habcresch,  haberfeld. 
für  esch  begegnet  einigemal  die  Schreibung  esz  {aus  ej^ch?):  zu 
mitlem  merzen  sond  (unsere  wisen)  ingeschlagen  werden,  und 
also  bis  das  embd  darus  kompt  im  esz  ligen.  weitth.  1.  no; 
ufgelhan  werden,  nit  lenger  im  esz  ligen.  daselbst  {vgl.  in  egerteii 
ligen  sp.  34).      nicht   anders   fasse   ich  im  hochdeutschen  Eulen- 
spiegel cap.  1h  die  vorlc  des  herzogs:  l'Inspiegel,  bistu  da,  was 
thnstu  in  dem  esz  hie?  wcistu  tiit  das  ich  dir  verboten  hon 
min  land?    es  meint  auf  der  flur,  auf  dem  feld,  und  Lai-pk;* 
BERGS  Vermutung  scheint  mmzig,  vgl.  etzen,  weiden. 

nd.  wohnt  das  wort  hauptsdcldich  in  Westfalen.  ScnriRKt  im 
leutonista  hat  esch  gleichbedeutend  mit  vclt  und  acker.  Lodt- 
MANN  mon.  osnabr.  s.  106  sagt:  esch  Wcstfalis  congorieui 
agrorum  serendo  frumento  destinatornm,  et  utplurimum  divor- 
sos  doininos  habentium  designat,  in  qua  diversorum  domi- 
nonim  agri  n\illa  sepe  aliove  munimento  a  sc  invicem  separati. 
opponimus  VVestfali  huic  vocem  knmp,  agrum  salioni  desti- 
natum,  sed  munimento  manu  facto  separatum  ab  agris  pro- 
pinquis.  in  iilo  finita  messe  commune  universitati  civinm 
aul  rusticorum  solet  esse  pascuum,  non  vero  in  hoc.  hier- 
nach vergliche  sich  esch  als  gemcinflur  der  mark,  dem  gemrin- 
wald.  da  aber  auch  jene  schucizerüchen  esche  bezäunt  sein 
konnten,  wird  kamp,  wenigstens  oft.  mit  esch  eins  sein,  wie 
Strodtman:«  (175(;)  s.  4«  bestäligt.  Moser  osnabr.  gesch.  1,20 
(2  ausg.),  1,17  (3  au.tg.):  esch  ist  ein  gemeines  feld,  »Ins 
mehrere  zusammen  bauen,  hier  erkennen  die  genossen  über 
die  land  oder  wannenwege,  über  die  betreibung  der  stoppeln, 
über  pdugart,  über  die  befricdiguug  und  alles  was  zum  besten 
des  esches  ist.  bisweilen  ist  auch  der  holzgraf  zugleich  im 
esche  richter,  entweder  weil  der  esch  aus  der  mark  genommen 
und  ihm-  das  richtamt  gelassen  oder  aber  weil  er  als  ein  zu- 
falliger genösse  dazu  envühlet  ist.  StI^ve  landgem.  s.  215: 
ein  theil  der  grundstücke  liegt  gesondert  in  geschlosseneu 
kftmpen,  wahrend  andere  in  einem  gemeinschaftlichen  fehle 
oder  esche  vermengt  sind,  wo  denn  auch  auf  diesen  eine 
gemeinschaftliche  hut  und  weide  zu  bestehen  pflegt,  welche 
auf  den  übrigen  nicht  vorhanden  ist. 

dem  estlichen  Kiederdeutsrhlaud  {Uannorer.  IMslein,  Mrklen- 
burg  rummem)  scheint  dir  ansdruck  frrnui  (fehlt  bei  Scmkm- 
BACH,  Danneil,  Scnt'TZF.)  und  trenn  ihn  NiEmina  verwendet: 
übrigens  war  nicht  blosz  die  esch  (/I«r')  dr«  alten  «ger 
romanus,  wie  alles  eigrnihum,  gegen  ein  jedes  ackerpeseU 
gesichert,  sondern  auch  die  alle  nimende  und  was  dazu  ge- 
wonnen war.  ehr   rs   eine  plebes   gab.   1.  ist.  cnnnrri,-  er  mc'i 


1141   ESCHBACH  —  ESCHENGRÜDELEIN 

seiner  wol  aus  Moser  und  wandelte  das  n.  unrichtig  in  ein  f. 
vtjl.  eschlieie,  esclipfat,  eschrose,  espan. 

ESCHBACH,  VI.  an  eschen  hinflieszender  back,  ein  aller  und 
kiufiger  ortsname.    Försteman«  2, 109.     s.  eschenbach. 

ESCHBAUM,  ni.  fraxinus.  Lokicerus  kreuterbuch  66*.  67*. 
Dasypüdids  79*.  man  sehe  eschelbaum,  eschenbaum,  escher- 
baum,  escbern. 

ESCHE,  f.  fraxinus,  weibliche  bildung  des  ursprünglichen  m. 
asch  (1,578).  mild,  galt  nocli  asch.  roc.  theut.  14S2  hZ^  setzt 
esche  oder  ascbe,  das  russ.  jasen,  bOhm.  jesen,  p/n.  jesion 
sind  alle  männlich. 

da  ich  einsam  am  ufer  des  waldes  gedankenvoll  sitze, 
hör  ich  hinter  mir  dunkles  gemurrael  und  Uüsternde  winde, 
die  im  silberneo  lauhe  der  zitternden  eschen  sich  kräuseln. 
Zacuariä  tageszeilen  1U7. 

esche  sleltt  episch  für  den  eschenen  sper: 

Schwinger  des  spers  und  begierig  mit  ausgestreckter  esche 
krachendes  panzergeschmeid   an  feindlicher  brüst  zu  durch- 
schmettern.   11.  2,543  oosy.TJloiv  fiE^Jrjaiv. 

so  auch  ags.  äscum  and  ecguin,  lanceis  ensibusque.  Beov.  3541. 

ESCHE,  /".  cinis  für  ascbe,  uelclies  Luther  festigte  (l,  57S). 
s.  eschen,  in  den  Zusammensetzungen  wird  eschen  undeutlidi, 
da  es  den  bäum  und  die  asche  ausdrücken  kann. 

ESCHELBAUM,  m.  fraxinus.  Serrasüs  i  5".  lat.  ist  esculus, 
aesculus  die  eiche,  aber  beide  bäume,  esche  und  eiche,  galten  dem 
alteithum  für  heilig,  statt  Eschenbach  kummt  geschrieben  vor 
Eschelbach,  ahd.  auch  Eskilinpab  (später  Escbilnbach),  worin 
eskilin  adj.  von  eskil  scheint,  vgl.  Försteman.h  2, 110. 112. 

ESCHEN  für  eischen,  heischen. 

ESCHEN,  /■.  cinis  für  esche,  wie  erden  für  erde  und  der- 
gleichen mehr,  die  schwache  flexion  der  obHijuen  casus  drang  vor 
in  den  nom.  sg.  nement  die  band  vol  eschen.  Keisersberg 
s.  d.  m.  2',  anderemal  schreibt  er  aber  escb;  denk,  dasz  du 
eschen  bist  und  wider  zur  eschen  wirst.  Fischart  bienenk.  207*. 

ESCHEN,  fi.  diminulivum  von  es  oder  as,  unio. 

ESCHEN,  fraxineus,  mhd.  escbin: 

die  eschlnea  schefte.    Er.  9086.9114; 
hoch  mit  eschenem  wurfspiesz.    //.  5,655; 
männer  mit  eschenen  lanzen.    Od.  14,2S1; 

in  der  gelbesucht  drei  eschene  kugeln  von  eschener  asche 
gemacht.  EiTNERr/ici.  mau/a/fe  53S.  Eschwege /u'üii  t«  Lambert, 
der  in  der  nähe  wohnte,  Eschenewege,  welcher  dativ  einen  nom. 
eskinwüc,  via  fraxinis  consila  voraussetzt. 

ESCHENBACH,  m.  was  eschbach. 

ESCHENBAUM,  m.  fraxinus:  ir  (der  lämmci-)  best  futer  ist 
das  laub  ron  rüsten  oder  eschenbäumen  {repositis  ulmeis  vel 
ex  fraxino  frondibus).    Herrs  Columella  77'. 

ESCHENBAUMSBLATT,  n.  folium  fraxineum:  eschenbaums- 
bletter  wasser  vertreibt  unreine  masen  und  flecken  des  an- 
gesichts.   LoNicERüs  kreuterbuch  C7*. 

ESCHENBAUMSLAUB,  n.  dasselbe. 

ESCHENBEBG,  ni.  mons  fraxinis  conscptus. 

ESCHENBRENNER,  m.  was  aschenbrenner,  äscberer  (1,581) : 
were  es  auch,  das  man  einen  eschenbrenner  oder  einen,  der 
den  wald  brennte,  begriffe,  den  sal  man  nehmen  und  sal 
in  ia  ein  wanne  binden  und  sal  in  setzen  gen  einem  füre 
(feuer)  u.  s.  w.    weislh.  1,  466. 

ESCHENBROT,  n.  panis  subcinericius :  ward  Helias  gespist 
von  dem  engel  mit  einem  eschenbrot  und  wasser,  das  sah 
er  do  bi  in  einem  krug.  und  du  christner  bilger,  wenn  du 
eutpfindest  das  du  müd  bist  und  erlegen,  so  erlab  dich 
widerümb  durch  das  eschenbrot  des  heiligen  sacrameuts.  Kei- 
stRSUERG  bilger  197'. 

ESCHENFARBE,  f.  color  cinericius:  die  blätter  scind  zu 
cschenfarb  geneigt.  Bock  kräuterbuch  3;  allein  das  die  färb 
am  kalzenkraut  eschenfarbgrün  (graugrün)  ist.  11. 

ESCHENFLECHTE,  f  liehen  fraxineus,  an  der  esche  wachsend. 

ESCHENGRUDEL,  m.  cinerarius,  wofür  schon  belege  1,  582. 
583  'angeführt  wurden,  eine  stelle  findet  sich  noch  in  seh.  und 
ernst  1522  cap.  098.  in  Visen kRTS  bienenkorb  i29* :  ein  anderer 
eschengriilel  und  mislfink.  oft  in  den  mdrchcn  erscheint  eine 
edle  Jugend  versloszen  in  den  schmutz  der  küdie,  woraus  sie 
nacJiher  gezogen  desto  leuclUender  auftritt,  darum  liciszt  es  im 
S]:richworl.  unmündige  verualirloste  kinder  'aus  der  asche  zieiien'. 

ESCHENGRÜDELEIN,«.  niiu  ein  gieichnis  bei  einer  mutier, 
die  so  vil  kind  hat  und  under  denen  ist  ienen  ein  eschea- 
grüdelin,  das  ist  ir  ein  dorn  in  den  äugen.  Keisersb.  s.  d.  m. 
öü';    du   hast   sechs   oder   siben   kind  und   ist   clwana  ein 


ESCHENHAIN  — ESCÜLING 


1142 


eschengrüdelin  auch  darunder,  dem  bistu  feind,  es  ist  nicht 
also  hübsch  und  fein  als  die  andern,  das  eschengrüdlin 
leget  etwann  den  rechten  schuh  an  den  linken  fusz,  die 
muter  sieht  es,  so  schlecht  sie  das  kind  an  ein  backen,  das 
es  umbtrüralet  (umdurmelt) :  'sich  umb  den  wüst,  wie  er 
daher  kumpt'.  aber  ein  ander  kind  das  ist  der  liebhart,  das 
thut  eben  dasselbig  auch,  das  gefall  dir  wol,  du  lachest  sein 
und  rufest  dem  vater  auch  hinzu,  er  musz  eg  auch  sehen. 
brösamlin  31*. 

ESCHENHALN,  m.  fraxinetum. 

ESCHENHOLZ,  n.  manche  lieben  geräth  von  eschenholz, 
weil  es  hell  und  flammicht  gezeichnet  aussieht 

ESCHENLANZE,  f 

als  schon  Tlepolem 
die  eschenlanze  schwang.    Bübgkr  166*. 

ESCHE.NSPER,  m. 

vor  eile  nahm  des  langen  eschenspers 

jetzt  keiner  wahr  und  keiner  zog  ihn  aus.    daselbst. 

ESCHENVVALD,  m.  wie  eschenhain. 
ESCHENVVECKERLN,  vielleiclä  eschenweckerlin,  massa  fari- 
nacea  oblongioiis  formae  subcinericia  n.,  aschenweck: 

ir  habt  je  auch  ein  schöne  schmeckerin  (nase), 
gefürmiert  wie  ein  eschenweckerin.    H.  Sachs  IH.  3, 16'. 

ESCHENZEIT, /".  fastenzeit,  aschermittwoch :  im  hornung,  liecht- 
messman  (monat),  eschenzeit.    Fischart  groszm.  99. 

ESCHERBAUM,  m.  fraxinus,  für  eschbaum  oder  eschen- 
baum.   LoxicERCS  66'. 

ESCHERBLATT,  n.  eschenbaumblatt.    Lomcerds  49'. 

ESCHERICH,  ff»,  was  äscher,  äscherich,  ausgelaugte  asche. 

ESCHERITZE,  f.  was  eschrose,  svrbus  domestica. 

ESCHERITZENBAUM,  m.  dasselbe:  auch  speierling  und 
sporapfel.  Hobberg  1, 431'.',  weil  der  Strauch  an  den  blällem 
der  esche  gleicht. 

ESCHERMITWOCH:  an  dem  eschermitwoch,  den  man  nen- 
net den  schurtag.   Keisersberg  $.  d.  m.  2*.     s.  aschermitwoch. 

ESCHERN,  m.  fraxinus,  bei  Nem.mch  elatior.  Lomcerüs  66. 
groszer  eschern.  Bock  kräuterbudi  feSS.  scheint  gebildet  wie 
ahorn,  vgl.  bucheschern  2,  474. 

ERSCHERN,  was  äschern,  cinere  macerare  1,  585,  dann  auch 
verbrennen,  in  asche  verwandeln:  und  als  man  sie  verprennen 
und  eschern  wolt  nach  gewonheit  des  lands.  Albh.  v.  Evbe  3*. 

ESCHERN,  s.  espern. 

ESCHERNRAUM,  m.  fraxinus.    Boci  888. 

ESCHERNHOLZ,  n.  lignum  fraxinetim:  diser  bäum  hat 
disz  lob,  das  er  kein  schlangen  umb  sich  leidet,  wie  das 
die  erfahrung  beweist,  darumb  mag  man  eschernholz  und 
rinden  für  Schlangengift  brauchen,    ebendaselbst. 

ESCHERWURZ,  f  fraxinella.    Stieler  2586. 

ESCHFARB,  colore  cincreo,  ascfienfarbig. 

ESCHHEIE,  ESCHEIE,  m.  agrorum  custos,  ßurhhter,  beien 
ist  hüten  (mhd.  wb.  1,  649^  und  einer  der  die  slube  hütä,  immer 
zu  hause  hockt,  ein  slubenheie: 

winder  nieman  vröude  eil 

wan  den  stuhenheien.    risiouART  85,30; 

ebenso  sagte  man  brückenheie,  wiesenheie  (oder  bruckbeie, 
wislieie)  und  lischheie,  holzheie  (weisth.  3,  651.  652),  flurheie. 
letzterem  entspricht  eschheie :  custodes  frumenti,  qui  vulgariter 
eschbaigen  appellantur,  eschhaien  custodes  frumenti  et  pra- 
torum.  Mone  zcUschr.  10,  135;  wenn  ouch  die  gepuischaft 
eschhaien  und  hirten  nimpt,  die  sol  üben  des  ricbters  inaier. 
weisth.  3,  645 ;  so  mag  der  sedelmair  oder  ein  eschei  in  die 
lucken  sten.  3,657;  item  gebröten  ehehalten,  öscheien,  hirten 
{dal.  p/.).  Ulmer  Statut  von  1579  4.  1, 16  s.  91 ;  die  schützen, 
flurer  und  eschaien  bei  denen  bauren  seind  gar  gute,  nutz- 
bare und  nothwendige  leute,  wann  sie  ihr  ampt  mit  treuem 
fleisz  verrichten,    baurenstands  lasterprob  s.  92. 

ESCHLAUCH,  n.  gleichviel  mit  aschlauch  1,  585,  der  erste  theü 
also  von  Ascalon,  Wolter  dies  lauch  eingefiüirl  wurde,  abzuleüen, 
entstellt  in  Schalotte,  scharlotte,  Schlotte,  fr.  dchalute,  iL 
scalogni.  man  versteht  aber  oft  das  blosze  lauch  oder  Schnitt- 
lauch darunter. 

ESCHLEUCHEL,  «.  dasselbe,  wie  man  von  lauch  das  dtmi- 
nutivum  leuchel,  läiichcl  bildet. 

ESCHLLNG,  m.  thymallus,  s.  esch: 

güldllsch  an  zai,  desgleich  eschling, 
der  clzen  mange  drinneu  gieng. 

WiouuM  iir.  bilger  E3  (6/.  16). 


114?  ESCHPEL  — ESEL 

ESCHPEL,  f.  mc$\iilus,  cnlslcllung  von  incspel,  ncspel,  cspel. 

ESCHPFAT,  ESrilFADE,  campi  si-pes.  Ihn  zäun,  s.  oben 
sp.  41  ehefade,  elipfat:  bi?  an  die  öschpfattcn.  IIeideu  dcd, 
lindau.  6S2 ;  land,  mark  und  grünizsleinc  werden  sonsl  mar- 
ken genennet  und  von  den  oschpfutten,  friedhägern  und  gütcr- 
Xäunen  klärlich  unterschieden.   35fi. 

ESCHHOSE,  f.  fcldroKe,  roaa  canina,  aber  auch  für  anemone 
silvesiris  und  ähnliche  blumen  oder  sträuclie. 

ESCHIIÖSEL,  n.  sorbiis  torminalis.  Bock  kräulcrb.  'Ol,  bei 
andern  Crataegus.  Sebiz  betmrkl  zu  Bock  792:  die  cschrüscl 
seind  bei  uns  des  baums  fruchte,  werden  eingemacht,  zu  Bocks 
abbildungcn  296  im  lexl  s.  372  hciszl  es  genauer:  dieser  bäum 
trügt  auch  bicichwcise  gedmngene  biümlin,  fast  wie  der  hol- 
hmdcr,  aus  welchen  wachsen  kleine  graue  birlin,  nit  gröszcr 
dan  oliven,  eines  sehr  herben  rauhen  geschmacks  allerding 
als  die  nespeln.  es  gewinnt  aber  dise  frucht  nit  steinlin, 
sondern  schwarze  kernen  wie  die.  wan  dise  frucht  im  herlisl 
anfacht  weich  zu  werden,  pflegen  die  Icut  dieselben  wie 
ander  ohs  zu  essen,  dann  sie  werden  anmutig  und  verlieren 
den  rauhen  geschmack.  es  bleibt  unsicher,  ob  man  die  blfttcn 
des   Strauchs  einer  rose  oder  die  blätter  denen  der  esche  verglich. 

ESCHRÖSLEIN,  n.  sorbus  torminalis  und  domeslira :  das  som- 
merobs,  quitten,  eschröslein  (surba),  pflaumen  und  deren 
gleichen  soll  man  nach  mhtcn  des  winters  bisz  in  den  halben 
hornung  setzen.  Hebrs  Co/umeWa  143';  die  natur  und  Wirkung 
haben  die  eschröslein  gleich  mit  den  speierlingen  und  nespeln. 
LoMCERCS  6"';  die  beer  (der  myrle)  seind  langlccht,  wie  die 
sperbierlein  oder  eschrösle.  aller  weish.  luslg.  739.  vgl.  äschen- 
röslein  1,  5S3. 

ESCHSCHMALZ,  n.  axungia  Ihymalli.  Henisch  935,  51. 
s   äschschmalz  1,  5SG. 

ESCHTAG,  m.  dies  cinerum,  s.  aschtag  1,  586. 

ESCHTHOR,  n.  jtorla  campi,  gekürzt  estor.  Habsburger  urbar 
143, 15.    espansestor.    Schm.  1, 119.     ester  vcl  valther  (vallor), 

Valva.     DlEFENRACH    606'. 

ESCHWEIHE,  m.  nach  FniscH  1,  232*  nenne»  so  die  rascli- 
macher  einen  der  in  iltr  handwerk  pfusclit.  weihe  kann  den 
raubrogel  meinen,  aber  esch? 

ESCHWINGE,  stupa,  ahd.  Asuinga,  chschwinge,  das  grübst 
am  flachs,  vetlerauisch  die  urschwinge. 

ESEL,  m.  asinus,  ein  durch  fast  alle  europäischen  sprachen 
gehendes  und  seiner  doppelform  wegen  für  Utre  geschickte  merk- 
würdiges wort,  ein  L  der  ableitung  haben  goth.  asilus,  alid.  esil, 
mhd.  esel,  alls.  esil,  nnl.  czei,  ags.  esol  Cädm.  173,  25,  tadcl- 
haß  eosol,  norlhumbr.  asal  Matlh.  21,  2 ;  ir.  gal.  asal ;  lil.  asilas, 
Ictt.  ehseIJs;  altsL  os'l"  =  osilu,  russ.  osel",  poln.  osiet, 
lausitz.  wosol  und  hescl,  böhm.  osel,  serb.  osao  =  osal; 
esln.  esel. 

N  dagegen  'findet  sich  im  lat.  asinus,  it.  asino,  sp.  asno, 
pror.  asne,  fr.  äne  für  asne,  rhätorom.  äsen,  csan,  walach. 
asinu;  gr.  ovoe  für  öavos ;  ags.  assen  f.,  alln.  asni;  welsch. 
asyn,  armor.  azen. 

abgeworfen  ist  der  consonanl  im  cataL  ase,  engl,  ass  {wol 
nach  ags.  assen),  ßnn.  aasi,  der  anlautende  vocal  überall  kurz, 
auszer  in  dem  durch  ausfall  des  s  verlängerten  fr.  Äne,  im  gegen- 
salz  zu  öi'oe,  dessen  aldeitung  von  öaroe  dämm  zweifelitaft 
erscheinen  künnle,  wie  sonst  pumum  aus  posmum,  pöne  aus 
posnc  entspringt,  dasz  ahd.  esil,  mlid.  esel  umgelaiUeles  a, 
keine  brechung  enUiallen,  bewähren  die  reime  auf  fesel.  Diul. 
3,  83.  Martina  6,  00.  MSll.  3,  2s'  und  escle  :  äveselc.  Albb. 
Tit.  5473.     si.  0  =  golh.  lit.  a  ist  in  der  Ordnung. 

gleich  dem  gr.  ot'oe  dient  das  goth.  asilus  für  beide  gesddedder, 
die  in  der  u  declinalion  überhaupt  zusammenfallen,  lat.  alnir  wird 
asinus  von  asina,  ahd.  esil  von  esilin  und  esilinna,  ags.  esol 
von  assen,  aUn.  asni  von  asna  unter sddeden,  das  sclmed.  Ssna 
id  weiblich  und  gehl  auch  auf  das  m.,  das  ddn.  äsen  üt  n. 

Ar.  enlsfiridil  nichts,  der  esel  hriszl  khara,  nach  seiner  raiJien 
tUmme  (BObtunc  2,  COO),  pers.  char,  wozu  sich  vielleicht  sein 
tigmtwme  Curcliofas,  Carcopbas  im  Reinardus  halten  liesze. 
Ihamy  l,  123  will  unser  worl  aufs  hebr.  "jinN  leiten,  so  dasz 
tirh  aus  othin  ein  gr.  cnro,  oriro,  daraus  oni'ot,  ovot  ge- 
bddft  hätte  und  von  den  Griechen  weiter  we.yllich  verbreitet  worden 
wäre,  dieser  hebr.  ausdrucJc  bezeichnet  eigentlich  die  eselin  4  Mos. 
22,11.33.  2*ün.  4,24,  chamor  'n7:n  den  esel  1  Mos.  40,14. 
2  Mos.  13, 13,  welchem  das  uni/r.  »zamlir  auffülend  gleicht,  doch 
tthirne  »rltuim,  dasz  allen  hhrigen  Völkern  die  as  oder  oiform 
erü    OKI   Grirchenland   zugefüiul    und  nidU  schon    zuvor   eigen 


ESEL 


114  t 


gewesen  sein  sollte,  man  erwäge  nodi  das  tiiik.  esclu-k,  uvljak. 
eschak.  mit  recht  vergleicht  Güakk  l,  47S  das  goth.  asiicis,  ags. 
esne,  ahd.  asni,  asneri  servus  mcrccnarius  und  banden  asun, 
manibus  niii  N.  Boelh.  Is7,  alln.  asnaz  servire  modo  asinario, 
s.  escler,  eseln.  die  deutsdw  wurzel  läge  zu  allernächst:  und 
wer  möchte  umgekehrt  diese  Wörter  aus  asinus  herleiten? 
an  diese  etymoiiniicn  reihen  sich  andere  belrachtungcn. 

1)  der  esel  empfängt  in  der  tliicrfabcl,  wo  er  nicht  fehlen 
kann,  manche  treffende  beinamen,  z.  b.  langohr,  sicr.  lambakarna, 
der  geile,  übermütige,  skr.  uddhala,  mhd.  der  balde,  Baldewin, 
altfr.  Baudüuin,  wovon  noch  bandet,  asellus,  mailre  Baudel. 
Lafontaine  5,14;  lastlräger,  Wasserträger,  holzlräger,  sack- 
triiger,  bürdentriiger  (0.  IV.  5,  9),  altfr.  Faisius  =  portcfaix ; 
distelfresser  «.  o.  m. 

2)  ebenso  gereicht  esel  zu  unanslöszigen  namen  oder  beinamen 
der  menschen  und  geschleckter,  man  denke  an  Cn.  Cornelius 
Scipio  Asina,  an  V.  Cornelius  Scipio  Asiua,  vgl.  Macrobius 
sat.  1,6;  Asinius  und  Asino  kommen  gleichfalls  vor.  ein  edles 
geschlecht  in  Baiern  war  beigcnamt  Frumesel,  was  zu  sagen 
scheint  der  alle,  ersigeborne  esel  {vgl.  2  Mos.  13, 13.  34,  20),  wie 
bei  l  iFiLAs  frumabaur,  bä  0.  IV.  13, 12  frumikidi  die  erslge- 
burt  bezeichnet,  die  Ortsnamen  Frumaholz,  Frumapah  mögen 
einen  allen  wald,  back  ausdrücken:  herr  VVeinmar,  der  Frum- 
esel. MB.  5,17  (a.  1277),  Weinmarus  Asinus.  5,29  (a.  12S0); 
ich  Seifrid  der  Frumesel  von  Scherdinge.  5,32  (a.  1290);  in 
PöTERicHS  ehrenbrief  bei  Haupt  6,  39  : 

Ilarzkirchcr  die  vil  fnimen 
Frumesel  als  ich  (urhasz  singen  wil. 

in  Österreich:  dominus  Ulricus  Asinus  de  Gadem.  urk.  von 
llcHigenkrcuz  1,  78  (a.  1230);  L'lricus  et  Hadmarus  fratres 
cognomento  Esel.  1,115  (a.  1247);  ich  Nirlas  der  Esel  von 
Pochvlies.  2,3  (o.  1301);  mit  meins  ohems  insigel  Thomans 
des  Esels.  2,  220  (1353)  ttnd  ohne  zireifcl  noch  oß.  in  Schwaben: 
Wallhcrus  dictus  Asinus  de  Üürreheim  (a.  1256).  Mone  :ei/.<c/jr. 
8,493;  Achaz  Esel,  schultheisz  zu  Waldshut  (a.  1398).  6,473 ; 
Johan  Esel  von  Bechlolsheim  {um  M5o).  3,169;  Eselsberg 
heiszl  der  sitz  eines  cdeln  geschlecitts :  ego  Beli'einus  de  Esels- 
berg claustrum  apud  Hechenshofen  inchoavi  (o.  1240).  Stalin 
2,724;  Werncrus  de  Eselesberc  (a.  1194).  wirlenb.  urk.  2,301; 
Keller  hat  ein  mhd.  gedieht  herausgegeben,  das  mit  den  versen 
schlieszt  : 

unwise  wort  um!  tuml)c  werk 

trib  ich  Elblin  von  Eselbfirk, 

wo  jedoch  der  name  mythisch  zu  fassen  ist.  Keller  führt  s.  9 
die  namen  an:  Rudolf  der  Esel  von  Eselspurg  (132s),  Hans 
der  Esel  (1343)  Peter  Esel  der  jünger  (l3Sü)  Otto  der  Esel 
von  Eselspurg  (1412)  Rudolf  von  Eselspurg  der  Esel  (I540), 
im  Wappen  und  auf  dem  heim  führte  dies  geschlecht  einen  ganzen 
gehenden  esel.     auch  allböhm.  Osel  ein  mannsname. 

3)  der  esel  erscheint  dem  alterlhum,  zumal  in  der  bibcl,  ah 
zahmes,  weidendes  thier,  das  gleich  dem  kamcl,  pferd,  rind  und 
schaf  herden  bildet  und  zum  lasllragen  wie  reiten  nützt,  ohne 
edlen  nebensinn,  prophcten  reiten  auf  c»e\n,  Rileams  (Balaanx) 
eselin,  im  dränge  der  noih,  erhebt  ihre  stimme  und  redet, 
in  der  krippc  des  esels  und  rindes,  diclilelc  man,  hal)e  der  neu- 
gebornc  goU  gelegen.  Luc.  2,  7. 16  stelU  nur  von  der  kripjie,  auch 
0.  L  11,57: 

in  krippha  man  nan  leglta,  thar  man  thnj  flhu  ncrila, 

aber  in  Wernhers  lied: 

(Id  stuont  ein  cürI  und  ein  rint, 
(In^  kciserlirhe  kint, 
(In;  crknnlon  sie  lii-diu, 

und  bei  Waitiier  von  Rheinaü: 

ffir  den  cscl  und  daj  rinl 
leiten  si  diii  kindniin, 
(la{  rint  und  diij  eselin, 
crkiiiidiMi  ir  scliopli.rro  sh. 

einfach  ist  damit  der  aufenthalt  unter  umchuldigen  lärten,  i/fc 
auch  zur  anbeiung  lierbewülen,  ausgedrüdd. 

4)  da  aber  sämtliche  tliierc  dem  menschen  gegenüber  fjlr  Mfver- 
nünßig  und  dumm  gelten,  so  wird  mit  tiiier  und  vich  selbst, 
besonders  mit  rind,  ochs,  schaf  und  esel  ye.<^hm<iht  und  ge- 
sdwllen;  der  esel  heiszt  nidU  nur  arm  und  gering,^  stmdcrn  auch 
dumm.  faul,  träge,  plump,  grob,  frech  und  ged  {aati,yiii),  «reii 
diese  eiyenschaßen  an  seiner  natur  hervortreten .  er  steht  im  grgen- 
satz  zu  dem  ihm  sonst  ähnlichen  eddn  und  ravhen  rosse  und 
wird  vcradUel,  ötov  vß^iaioxtQUi,  onelyiiueQoi  lautet  die 
sdielte  auf  einen  mensdien,  der  Um  glricJU  ;  <|nid  nunc  le.  n<ine, 
lileras  doceain?  non  opus  c«l  vcrbi*  »cd  fuulibu«.  CiciV.«.  30; 


1145 


ESEL 


ESEL 


1146 


auae  sunt  dicta  iu  sluito,  caudex,  stipus,  asinus,   [ihimbeus. 

Ter.  henutont.  V.  1,4; 
neque  homines  magis  asinos  umqunni  vidi.  Plaut,  psetul.  1.2, 4, • 
segnis  acslupidus  torpet?  asinum  vivit?  Boeth.  couso/. 4  pr.3; 

esil,  wi^un  wir  thaj,  theist  fihu  filu  diimba^, 

ni  miduh  mih  therö  wortö,  ist  huarilinaj  harto.    0.  IV.  5,', 

nach  Rhabascs  Macrüs:  est  enim  animal  hoc  immimdiini  et 
prae  ceteris  pene  jumentis  magis  irrationabile  et  stultum  et 
infirnium  et  ignobile  et  oneriferum  magis; 

mhil.  waz  hilfet,  daj  man  traegen  esel  mit  snellem  marine  rennet? 

MSF.  20,  S; 

der  esel  kleine  Torhte  hat 

zes  lewen  kreide,  swä  der  gät, 

daj  entuot  er  niht  durch  kargen  üst, 

wan  daj  er  also  narreht  ist.    Freida^ik  140,15; 

lij  eseln  kan  niht  ros  werden.    Renn.  17-299; 
doch  spriche  ich  daj  sie  esel  sint.    Eckhart  2S1,  4. 

tüid.    wer  hat  euch  esel  her  gebeten, 
das  ir  mir  hie  habt  so  zertreten 
die  mein  schonen  rosen  rot.    Laiirin  ed.  Schade  529; 
und  stech  ich  in  dann  nit  da  nider, 
so  sprecht,  da;  ich  ein  esel  sei.    /fin3  5',25; 
wan  es  ist  nu  der  weite  sit, 
da?  die  esel  und  die  narren 
zeuhent  beid  an  einem  karren.    23',  42; 
ich  torst  euch  auf  die  meuler  schlahen, 
das  ir  solch  esel  bede  mugt  sein,    fattn.  6"=,  15; 
so  esel  merks  recht,  ich  lobs  im  also.    69,12; 
mich  ant,  das  ir  solch  esel  seit.    335,20; 
ir  narren,  knebel,  esel  und  trollen, 
wie  seit  ir  doch  die  gröbsten  knollen.    539,16; 
du  bist  ein  esel  von  din  fier  anen  (»ier  ahnen).    ^4,23; 

unnützer  trunkiier  esel  der  du  pist !  Steinhöwel  S6.  4  (asino 
faslidioso  et  ebriaco  che  tu  dei  essere.  dec.  2,5);  und  ich 
Avill  gcschwigen,  wellich  esel  ich  gesehen  han  erhübet  über 
die  zederböm  Libani.  Wyle  frau  glück;  aber  ich  kenn  dich 
bei  den  langen  oren,  das  du  ein  esel  bist.  Keisersberg 
X.  d.  m.  9';  und  spricht  zn  im  'du  nar,  du  gauch,  du  filz, 
du  esel!'  3"';  werden  sie  {die  papisten)  billich  esel  über  alle 
esel  gescholten.  Luther  5, 11*;  Lasco  ist  ein  grober  esel  und 
böser  dialecticus.  Albercs  wider  die  Carlslader  Ji  7";  mcinslu, 
grober  gesel,  esel  wolt  ich  sagen,  icider  Jörg  Wilzel  B3'; 
der  esel  v,\\  vers  machen  und  kan  nit  quantitates  sylla- 
barum.  B  s' ;  es  gilt,  capias  tibi  asine !    Garg.  98' ; 

botz  esel  mein,  sihe  wolstu  drahen, 

du  mainst  leicht  ich  hab  dein  vergessen, 

halt,  ich  wird  dir  ain  Joppen  messen. 

JoH.  Nasls  iVdseficsei.  Ingolsl.  1570,  16'; 

kein  esel,  glock  und  weib  sind  sonder  schläsre  gut. 
'der  musz  ein  esel  sein,  wer  tobt  auf  frauennlnt". 

Grtphics  2,67; 
als  du  den  Tacitus  vor  kurzer  zeit  vernichtet, 
hat  dir  ein  ander  nicht,  wie  billich,  beigepflichtet. 
den  (von  dem)  meinest  du  er  sei  ein  esel  als  wie  du. 

TscuERNi>«6  ged.  friihling  351 ; 

wäre  dieser  nicht  ein  esel  gewesen,  so  wäre  er  nicht  zu 
einem  vieharzt  gegangen,    pers.  rosenth.  7,14; 

man  schläft,  man  dehnet  sich,  man  trinkt  und  pllegt  den  bauch, 

nach  dieser  faulen  ruh  sehnt  sich  der  esel  auch, 

und  das  ist  seine  schmach.    Disca  verm.  werke  459; 

und  damit  schleudert  er  auf  ihn 

und  traf  die  stirne  gar, 

da  fiel  der  grosze  esel  hin 

so  lang  und  dick  er  war.    Clacdics  Goliath  u.  Datid  slr.6; 

willst  du  zeitlebens  ein  esel  bleiben?  Lessing  1,  22T;  warum 
war  ich  auch  so  ein  alter  esel  und  glaubte  es?  1,  474; 
ja,  Jobsen  Zeckel,  du  bist  wol  ein  dummer  esel  gewesen. 
Weisze  kom.  opern  2,165;  das  sind  schlechte  menschen,  un- 
schlüssige bedächtige  esel.  Göthe  8,113.  42,146;  das  ist  ein 
impertinenter  esel.  Lexz  1,  280 ;  wie  darf  sich  der  esel  das 
unterstehen?  ebenda;  er  flegel!  er  esel!  Fr.  Mi^ller  2,45; 
und  als  ich  anfangs  ihm  den  {scgen)  versagte,  weil  er  arm 
und  ich  ein  esel  war.  Kotzebde  dram.  sp.  1,296;  'und  dann 
setzt  er  es  {das  kind)  zum  erben  ein',  'wenn  er  ein  esel 
ist'.  2,17'^;  wird  der  esel  sich  bald  fortpacken?  2,193;  der 
esel  von  wirth  hat  keine  pferdc.  3,  205 ;  a  e  i  o  u,  ein  grober 
esel  bist  du ! 

5)  eine  menge  aUhergebrachter  redensarten  gehl  auf  fabeln  und 
brauche  und  ist  oß  ron  höhnischer  gd)ärde  begleitet. 

a)  einem   den   esel  bohren,   schon  i,  228  belegt,     hier  noch 
stellen  : 

als  zögen  ims  die  wSnde  ein  fratzengesicht! 

himmel  und  erde  scheint  uns  esel  zu  bohren.    Göthx  14,75; 


aber  es  gehört  etwas  galie  dazu,  um  dem  volk  die  ehre  an- 
ruthun  und  ihnen  esel  zu  bohren.    Wieland  bei  Merk  1,  299. 

b)  einem  den  esel  zeigen. 

das  weib  zeigt  im  den  esel,  spricht 

schaw  mein  man,  rath  wie  vil  sind  der?    H.  Sachs  U.  4,2'*; 

hat  er  dazu  gespottet  mein, 

den  esel  oft  gezeiget  mir.    TV.  3, 36" ; 

zeigten  im  den  esel  und  die  feigen.    V,  396''. 

c)  einem  den  esel  stechen,  den  zeige  und  klänen  finger  gegen 
ihn  ausstrecken,  vährend  die  übrigen  drei  eingebogen  Verden, 
asinlnis  auribus  manu  effictis  illudere.    Schmeller  1, 118. 

redt  nur  geren  schraeichlerei, 

und  sticht  eim  den  esel  darbei.    H.  Sachs  V.  327*. 

d)  einem  den  esel  strecken: 

ich  musz  sonst  die  zungen  ausrecken 

und  auch  den  esel  gen  dir  strecken.    IV.  3,69*. 

c)  einem  den  esel  schnitzen: 

war  auch  mit  worten  glat  verschmitzt, 

das  er  eim  bald  ein  esel  schnitzt.    IV.  3,64*. 

/)  den   esel   krönen :    kein  suddeler  nicht  ist,   so  er  eine 

predigt  gehöret  oder  ein  deudsch  capitel  lesen  kan,  so  machet 

er  sich  selbs  zum  doctor  und  krönet  seinen  esel  (J.  h.  sich). 

Luther  5, 125*. 

g)  einen  auf  den  esel  setzen,  bringen,  erzürnen.  Schmeller 

'  1,  HS : 

ich  wills  auch  auf  den  esel  setzen, 

mich  rechen  und  an  ir  ergetzen.    H.  Sachs  V, 368*; 

lasz  dich  nicht  mit  geringen  dingen 

....  auf  einen  esel  bringen.    Ringwald  l.  tcarh.  117; 

mit  guten  worten  fein  betrogen  und  recht  auf  den  esel  ge- 
setzt. LüTOER /»Vc/ir.  246";  den  dollen  fahnrich,  welcher  mein 
ärgster  fuind  war,  setzte  ich  gleich  auf  den  esel.  Simpl.  K. 
229;  er  hat  mich  in  harnasch  gejagt,  und  wer  ich  nit  so 
wol  gelert,  er  het  mich  auf  den  esel  gesetzt,  rier  dialoge  von 
H.  Sachs  herausg.  von  Köhler  s.  23.  man  pflegte  ungehorsame, 
widerspenstige  zum  schimpf  auf  den  esel  zu  setzen,  vgL  ball. 
Studien  xv.  1, 134. 

h)  sich  auf  den  esel  setzen,  auf  den  esel  kommen,  aus 
einer  geehrten  Stellung  in  eine  niedere  treten;  er  ist  vom  gaul 
auf  den  esel  gekommen; 

glaubt,  dasz  Mepliiboseth  kan  auf  den  esel  kommen, 
der  sein  durchleuchtig  haus  zu  rächen  vorgenommen. 
Crtphius  1,597; 
statt   dessen   setzt   sich   der   mann   auf  seinen  eignen  esel. 
besteht  auf  seinem  bodenlosen  rechte.  Wieland  20,143;    du 
es  mit  dem  gesinge  nicBt  fort  wollte,    da  verlieszen  sie  die 
bank  und  setzten  sich  auf  den  bekannten  schemel,  den  sie 
so   gern  für  einen  richterstuhl  gehalten  sahn,     ob  sie,   wie 
abermal  das  Sprichwort  lautet,  sich  von  dem  pferde  auf  den 
esel  gesetzt,   lasse  ich  deswegen  keineswegs  an  den  ort  ge- 
stellt  sein,   an   den  so  mnnches  gestellt  wird,   weil  fs  klar 
am   tage   liegt,    dasz  sie  sich  von  einem  esel  auf  einen  an- 
dern gesetzt  haben.    Klopstock  12,  262. 

t)  den  esel  reiten,  eine  beschimpfende  strafe,  sclion  frühe  in 
den  schulen  und  noch  spät  für  Soldaten  hergebracht,  Schm.  1, 148, 
auch  ausgesprochen,  um  rasche  zu  mdszigen: 

sw^r  goehe  ist  zallen  ziten, 
der  sol  den  esel  riten.    Freida?«  116,25; 
wilt  du  ze  grehes  muotes  sin 
an  allen  rät  und  unverswigen, 
so  kumt  dir  gar  dar  Sprichwort  wol, 
da;  muotes  alze  greiicr  man 
vil  traegen  esel  riten  sol.     Winsbeke  33,  !0; 
nhd.  wer  zu  vil  gäch  ist  zu  Zeiten, 

der  selb  sol  eitel  es»l  reiten.    Acricola  n''322; 

wan  gäber  man  sol  esel  reiten, 

wie  man  das  sagt  vor  langen  Zeiten.    IT.  Sachs  FV.  3, 11'; 

endlich  zwang  mich  die  nolh,  dasz  ich  etliche  schöne  karpfen 
aus  dem  graben  zu  mir  auf  den  wall  gaukelte,  sobald  es 
aber  der  obrist  innen  wurde,  musle  ich  den  esel  darvor 
reiten.    Simpl.  K.  5S0.     vgl.  RA.  722. 

k)  den  esel  läuten:  die  hangenden  bänc  vor  und  rückwärts 
bammeln  lassen. 

l)  einen  esel  schenken: 

wer  auf  dem  hof  ist  der  legst, 

der  allerfaulsl  und  der  tregst 

mit  stechen  und  mit  andern  Sachen, 

damit  man  schimpf  und  freud  sol  machen, 

dem  wil  man  ein  järing  esel  schenken 

und  tauscnt  silbrcin  schellen  dran  henken,    fastn.  765, 17. 

m)  indes  erblickt  der  herr  den  wüsten  schand  und  heuchel- 
gast,    der  dieses   sein   ehrenraahl  zieret,  wie  der  esel  den 


1147 


ESEL 


rosmarkt,  gleich  gehet  die  musterung  an.  Otho  956 ;  iii  wel- 
ches {auficarlen)  ich  mich  zu  schicken  wüste,  wie  eiu  esel 
ius  Schachspiel.    Simpl.  K.  137; 

den  soll  die  mess  die  süod  abfeeen, 

das  sie  bald  fürn  gen  himel  boch, 

wie  eiu  esel  ins  meuselocb.    Waldis  p.  reich  y4*. 

fi)  wenn  es  dem  esel  zu  wol  ist,  dann  geht  er  aufs  eis 
und  tanzt  (geht  er  aufs  eis  tanzen);  ein  mensch  kan  allerlei 
leiden,  on  gute  tage,  wenn  er  zu  viel  futter  hat,  so  gehet 
er  eben  wie  der  esel  aufs  eis  und  bricht  ein  bein  für  wol- 
tagen.    Ldtber  4,109'; 

wann  den  esel  das  futter  sticht, 

tanzt  er  aufm  eis,  ein  bein  lerbriclit.    froschm.  Ji  1'. 

o)  esel  sackträger:  darumb  kein  esel  den  andern,  wie 
mau  spricht,  darf  einen  sacktreger  heiszen.    Luther  4,19; 

dem  kargen  geht,  wie  dem  esel  geht, 
der  bolz  und  wasser  musz  fronen, 
wärmt  sich  nit  mit,  wäscht  sich  nit  mit, 
zuletzt  musz  er  aus  den  bonen.    Garg.  93". 
mhd.   Wirt  dan  der  wagen  für  diu  rinder  gende, 

treit  dan  d6r  sak  den  esel  zuo  der  niüln.    ilSII.  1,19'i'. 

p)  esel  dislelfresser: 

vert  iemer  esel  reise, 

deist  der  distel  freise.    Fiieida!1k  140,  S; 

doch  lehr  ich  kein  zu  essen  das, 

dieweil  es  ist  unsauber  was, 

und  gehört  für  die  afTenmäulcr 

und  eselische  distelgailer.    flöhalz,  Scheitle  &78; 

für   ein  esel  gehören  disteln.    Joann.  Nas  u-amunysenyvl  ITC. 
j.  eseilicht,  eselsfurz. 
q)  esel  in  löwenhaut: 

esel  in  lewen  hiutc.    MSH.  2,3SS"; 

ist  recht,  das  man  hat  wol  geblaut 

den  esel  mit  des  lawen  haut.    Albkrls  contrafactur  A2'. 

r)  esel  singend,  geigend,  öi'os  7i(iöi  '/.vom;  esel  der  hanat 
oder  schreiet  oder  gigagel,  asinus  rudens.    Maai.er  121'; 
wä  der  esel  klenket  gigendoene.    USU.  3,452"; 
ein  man  niac  sich  wol  selbe  touben 
der  einen  esel  wil  herpfen  lören.    Henn.  23.V48; 
esels  stimme  und  gouches  sanc 
erkenn  ich  an  ir  beider  danc.    Freid.  140,10; 
vor  freuden  hub  er  an  zu  schrein 
mit  seiner  eslischen  schelmein.    H.  Sachs  1,487'; 

das  pasl  wie  der  esel  zum  lautenschlagen ;  wenn  solche  un- 
fletige  geister  von  göttlichen  dingen  reden,  so  gemanet  niichs 
eben,  als  keme  ein  esel  über  ein  harpfen  und  wolt  uns  was 
sonderlichs  machen.    Alberüs  wider  die  Carlslader  Q  l'. 
s)  esel  in  der  schule: 

swer  den  wolf  rehte  lören  sol 

und  den  esel  ze  tanze  gän.    Itcinharl  3.311,1355; 

einen  esel  diu  buoch  Urea.  Amis  1S4. 
()  grauer  esel.  man  sagt  'der  esel  kommt  durch',  ircnn 
das  haar  beginnt  zu  grauen,  s.  grauchen,  grauesel.  der  blaue 
esel  scJtcinl  blaue  beule,  beulenschlag,  beulcnwurf:  das  du  dich 
an  keinen  blowen  esel  kerest,  wirft  man  dir  stein  der  wider- 
werligen  wort  entgegen.  Keisersherg  bilger  145';  tras  bedeutet 
der  krumme  esel  in  einem  spiel?  heute  sols  braf  im  kalten 
bade  gchn,  wann  wir  erstlich  'des  krumbcn  cscls  gesprungen'. 
;*d.  schul  fuchs  18. 

u)  esel  langobr.  der  esel  reckt  die  ohrcn  herfür.  Frank 
weltb.  39'; 

swer  esel  niht  erkennet, 

der  8<!hc  in  bi  den  Aren.    IIklbl.  1,250; 

'herr  nachbar  mit  dem  langen  ehr!' 

'ich,  gähnt  das  träge  thier  und  reckt  die  obren  enipur, 

nicht  dasz  ich  besser  mich  als  andre  leute  mache, 

doch  groszen  dank  dem,  der  mich  esel  werden  bivsz!' 

W|gLA!«D. 

ß)  da  der  esel  mit  groszem  zeugungsgliede  begabt  ist,  dem 
l'riap  heilig  Kar  und  geopfert  wurde,  beyreiß  sich  die  retblümlc 
rentendung  von  esel  für  jmapus: 

da  puolt  ich  umb  unser  miillnerein 

und  redt  mit  ir  gar  hul/schlich  un.<  «cban  {schön), 

il.-i<i  sie  mir  meine  esel  solt  einthan 

und  lipsz  mir  die  kotzen  vor  der  thfir  hangen; 

du  warn  ir  zwen  pfafTen  nachgangen, 

die  betten  grosier  es«!  dan  ich, 

do  verugt  sie  mir  und  verscbmeclit  mich,    fastn.  345,27; 

mein  esel  wart  sich  undcn  regen, 

den  kunt  ich  mit  züchten  nit  niderlegen.    36(1,10; 

und  hast  dcim  esel  fuoter  geben.    357,5; 

ich  leih  dir  mein  esel  auch  auf  Ir  waid.    733,31; 

nempt  ein  der  ein  starken  esel  hat, 

van  auf  cur  wlstn  vil  fütcn  «tat.    749, 3S; 


ESEL  — ESELGRAÜ 

darümb  ir  eim  esel  genunc  habt  zu  gebn 
aus  eurem  rauhen  futerkreben.    749,  27. 


1148 


7)  esel  heiszt  audi  ein  holzgestell  zum  tragen,  lat.  equuleus, 
pluteus,  fr.  chevalet,  support,  z.  b.  chevalet  de  peintre,  das 
gestell  für  sttdßinge  s.  bg.     vgl.  bock  2,204. 

8)  esel,  oniscus  asellus,  s.  kelleresel. 

s.  badesel,  halbesei,  hausesel,  hofesel,  mahlesel,  maulesel, 
miilesel,  palmesel,  plackesel,  saumesel,  tragesel,  waldesel. 
ESEL,  asinalis: 

in  dem  tal  ze  Grausen 

ein  dorf,  hie;  Lappenhausen, 

was  gelegen  wunnecleich 

an  holz  und  wasser  überreich. 

dar  in  vil  esler  pauren 

sajen  ane  trauren.    Ring  2*,  5; 

nicht  den  edeln  und  hofleuten  geleiche,  die  aller  ubel  Un- 
zucht und  bosheit  vol  sin  und  edel  wirdig  person  geheiszen 
wellen  sein,  die  man  biliicher  esel  dan  edel  heiszen  möcht. 
Steinhöwel  dec.  4S,  17,  im  orig.  1,  8  sono  piü  tosto  da  dire 
asini ;  ists  escl  oder  edel  ?  Fischarts  spielverz.  im  Garg.  n*  545. 
vgl.  eselslebcn  und  eseling. 

ESEL.\RT,  f  mos  asininus.     s.  eselsart. 

ESEL.\HTIG,  asino  similu. 

ESELAT,  /".  quantum  portatur  ab  asino,  eselirachl :  zwo  eselat 
mit  kriesen  (kirsclien).   weislh.  1, 423. 

ESELRANK,  f.  schimpflicher  sitz  in  der  schule. 

ESELBAR,  sltiltus,  eselhaß,  mhd.  cselba.'re: 
von  eselb»ren  herren  sol  man  eselmxre  sagen.    USH.  3,8'. 

ESELBÜRDE,  f.  onus,  sarcina  asini.  Stieler  133.  man  hat 
sogar  das  lat.  onus  von  ovos  abgeleitet,  wogegen  sction  der  gen. 
oneris  streitel  und  die  umgekehrte  annähme,  dasz  ovoi  aus  oatos 
fieirorgegangen.     s.  esellasl.  cseitracht. 

ESELICHEN,  ESELCHEN,  n.  asellus,  ahd.  doppeÜ  diminutiv 
esilinchilin,  was  ags.  esolincle  lauten  könnte. 

ESELE,  n.  asellus,  schweizerisch.    Maaler  121'.     nnl.  ezeltjc. 

ESELEI,  /.  stoliditas  asino  non  inJigna:  mhd.  eselie.  wb. 
1,  448'.  nhd.  Lenzens  e.selci  von  gestern  nacht  hat  ein  lach- 
fieber  gegeben.  Göthe  an  fr.  von  St.  1,  29 ;  keine  zote  und 
cselei  der  hanswurstiaden  ist  so  ekelhaft,  als  das  wesen  der 
groszen,  mittleren  und  kleinen  durcheinander.  1, 109 ;  Benin- 
tendi  antwortete,  das  sei  eine  eselei  (che  l'era  un  asinita). 
34,  222. 

ESELELN,  n.  asellus,  gekürzt  cslein : 

hieher,  wanderer,  komm!  schon  schwitzt  dein  ermüdetes  esicin. 

Voss  Virgils  länzeiin  25 ; 
kein  öchselein,  kein  eslein, 
kein  mensch  entkam  der  Hut; 
der  fette  braten  schmeckte 
dem  —  goll  sei  bei  uns!  gut.    Höltt  Tölfel  und  Käthe. 

ESELER,  m.  asinarius,  eseltreibcr,  cselhüter,  mhd.  esela-rc. 
kaiscrchr.  1523. 1734. 1736. 1752.  auch  mercenaiius.  Stiei.er  390. 
vgl.  goth.  asneis.    böhm.  osldf,  lit.  asilninkas. 

ESELEREI,  f  wie  csciel.    ackcrmann  aus  Büheim  cap.  12. 

ESELERIN,  f  asinaria.  frau  des  eseltreibers :  der  lliuuilicir 
mit  der  fraw  esclerin.  Garg.  2S';  wie  auf  dem  land  weder 
die  müllerin  noch  die  eselerin  sicher  sind.    29'. 

ESELERISCH,  in  nwdum  asini  {buchstnblich  aber  asinarü): 
wappeiibricf  müssen  jedem  kalmeuscr  oselcrisch  für  eiu  löwen- 
haut dienen.    Fischart  grosim.  4C. 

ESELFAIIL.  was  eselgrau. 

ESELFEIGE,  /".  gewCilinliclier  eselsfcige: 

und  wil  dir  ein  solche  strafe  zuo  messen, 

da»  du  fürbasz  eitel  csclfoigcn  muost  csson.    fasln.  295,21. 

vgl.  esel  hb. 

ESELFÜLLEN,  n.  pullus  asinae:  und  hatte  drciszig  söne 
auf  dreiszig  oselfüllcn  reiten,  rieht.  \0,i;  der  hat  vierzig  söue 
und  drei<zig  iieffcn,  die  auf  sicbcnzig  csclfüllcu  reiten.  12, 14. 
s.  eselsfilllen. 

ESELGARTE,  «i.    scpimentum  a-iinorum,  geltege  für  treidtnde 

esel.     SlCUtNWIHT  45,  29. 

ESELGASSE,  tia  asinorum,  nach  H.  Mkver  Züricher  vrlsnamen 
t.  50*  n*  974  nennt  das  volk  dort  cselgasse,  «f<w  vom  Hümeruxg 
übenn'lilietien  i.ti,  vgl.  eselweg  und  eselspfad. 

ESELGEZllCIlf,  n.  fmles  asinina:  angefeindet  von  dem 
cselgezilcht  der  pfaffen  und  mönchc.  Voss  im  Virgil  Georg.  4 
is.  828  ausg.  von  1800). 

ESELtJRAF,  canus  instar  asini,  grisbrun,  Rädlkii  200*:  dem 
oselgrawen  Francisraner  münche.  Fiscuart  leben  Ihmtniei  und 
ffuncwci  1571  a  2 ;  ein  eselgrawcs  LIeid.    c4'; 


i 


114b^ 


ESELHAFT  —  ESELLICHT 


ESELIST  —  ESELSARBEIT 


1150 


die  sieht  als  wäre  sie  mit  safran  angestrichen, 

die  kömmt  auch  zum  verdrusz  mit  hönisch  eingeschlichen, 

die  schon  sind  esel^rrau,  die  seihest  böse  waar, 

die  fort  behängen  sind  mit  einem  falschen  haar. 

jungfernaiiatomie  121. 

ESELHAFT,  stuUus,  ruslicus.  adv.  eselhaft  more  asinino. 
Stiei.er  390. 

ESELHAFTIG,  dasselbe.    Simpl.  2,45. 

ESELHEFT,  f.  fibula,  qua  alligatur  oitinus:  der  dritt  hagk 
(unciis)  oder  die  dritt  eselheft,  an  deren  der  esel,  die  seci 
des  menschen  gebunden  ist,  das  ist  vermessen heit  eigner 
Verdienste.    Keisersberg  pred.  93*. 

ESELHEIT,  f.  stultilia,  vgl.  mhd.  tcb.  1,44S': 

s6  wirt  iuwer  eselheit 

ze  beden  siten  vil  breit.    GA.  2,451. 

ESELHIRT,  m.  asinarius.    Maaler  121*. 

ESELHOLZ,  n.  lignum  e  silra  ab  asinis  portandum,  das  üt 
kleines  holz  zum  tragen,  nicht  zum  fahren:  auch  mng  ein  itzliche 
partei  eselholz  darinne  hawen  und  sich  das  gebrauchen  und 
doch  stanghester  stehen  lassen,  das  der  walt  nit  ganz  also 
verhawen  werde,  das  er  eichein  getragen  möge  und  solch 
eselholz  nirgends  anderswo  verkeufen  dan  unter  die  bürger 
zu  Laer.    weisth.  3, 533. 

ESELIN,  f.  asina,  goth.  asilus  auch  weiblich,  ags.  assen,  ahd. 
esilin  und  esilinna,  mhd.  eselin  und  eselinne,  nhd.  eselin: 
Balaam  sasz  auf  einer  eselin.  Keisersr.  s.  d.  m.  i;';  und  er 
hatte  Schafe,  rinder,  esel,  knecht  und  megde,  eselin  und 
kameel.  l.Vox.  12, 16;  da  stund  Bileam  des  morgens  auf  und 
sattelt  seine  eselin.  i  Mos.  22,21;  die  eselin  hat  gesetzt,  ein 
junges  zur  weit  gebracht; 

ich  bin  ein  arbeitsamer  man  .  .  . 
mein  arbeit  wil  mir  nicht  ergeben, 
sonder  verschwind  und  wird  verlorn, 
das  macht,  die  eslin  steht  da  vorn, 
zerkifl,  zernagt,  friszt  und  zerstrebt 
was  ich  mit  arbeit  han  erwebt  .  .  . 
{df-  mnn)  an  allen  orten  thut  das  best 
mit  allem  seinem  hausgesind, 
meiden  und  knechten  und  mit  kind, 
wo  der  ein  faule  eslin  hat, 
darbei  sein  ehweib  man  verstat, 
die  zerhalt  ist  und  gern  sclilerabt, 
was  er  gewint,  sie  im  verdembt. 

H.  Sachs  I,  524'.*; 

wanim  gebt  ihr  nicht  auf  den  pfarrer  acht?  er  ist  ein  esel, 
aber  für  euch  eselinnen  predigt  er  gut  genug.  J.  P.  Ti/.  2.47. 
ESELI.XG,  m.  asinina  proles,  gegenf:atz  zu  edeling: 

nieman  ist  edel,  wan  den  der  muot 

edel  machet  und  niht  daj  guot, 

wan  eine?  sint  edelinge, 

daj  ander  eselinge. 

ein  edelinc  tuet  "edellichen, 

ein  e>elinc  tuot  esellichen, 

doch  siht  man  ofie  dringen 

eselinge  mit  edelingen.    Renn.  1456—61. 

ESELISCH,  ESELSCH,  asininus:  also  schrien  wir  prediger 
redlich,  so  man  aber  sieht,  das  wir  esel  seind  und  ein  eselisch 
leben  füren,  ein  vihisch  leben,  so  förcht  man  uns  nit.  Kei- 
sersberg brösamlin  52';  einfalt  on  fürsichtigkeit  ist  ein  tor- 
beit,  sie  ist  nit  tübisch,  besonder  eselsch.  das  ist  nit  die 
einfalt  der  tauben,  von  deren  der  herr  hie  redt,  mer  es  ist 
ein  eselsche  einfalt.  seelenpar.  162';  wenn  hat  kön.  maj.  zu 
Beiunen  zu  scharf  gedeucht  D.  Fabers  und  dergleichen  lester- 
liche,  eselische  schrift?    Luthers  br.  4,240; 

ganz  eselisch  ward  auch  sein  slim.    II.  SiCHs  1, 153*; 

aus  grober  eselischer  zunfl.    1,482''; 

merkt  auf  mein  eselisch  natur 

und  was  ich  sei  in  der  figur  (dem  bilde). 

JoA.  Nasus  yasenesel  9*; 
aus  eselischem  verstand.  Paraceisus  1,  5R1';  ein  eselischer 
verstand,  chir.  sehr.  256' ;  nun  die  strasz  ist  zu  eim  theil 
gebanet,  ich  vcrsihe  mich  zu  ewerer  kr)pf  runde,  ihr  hnbt 
die  csilischen  Silen  und  Seulen  vcrslanden.  Garg.  19';  die 
cselische  gedull  läszt  ihr  das  feil  gar  abstreifen.  Lehmak  l,  26". 
ESELLICH,  asininus,  oß  geschrieben  eselich:  man  hilft, 
spricht  er,  ja  keinem  zu  groszcn  ehren,  er  sei  dann  von 
vier  anchen  her,  geborn  von  eselichem  geblut,  die  man  dann 
vor  allen  erhöhen  thut.    Nasüs  ?iasenesel  23*. 

ESELLICHT,  dasselbe.  Stieier  390:  wer  ein  esellicht  lieh 
hat  und  sin  liehsles  nit  grziechen  kann  zu  keiner  zucht 
noch  zu  keiner  eren,  der  sal  isz  heiszen  disteln  tragen,  dan 
das  man  vil  den  esel  dribet  zu  dem  klehe,  so  wi!  er  doch 
hi  den  distcin  sin.    alld.  wäld.  l,  155. 


ESELIST,  m.  im  bapsfum  sind  des  bapsts  esel,  Schreiber 
oder  saphra,  die  canonisten  oder  eselisten.  Luther  S,  64'; 
oder  haben  die  eselisten,  Juristen  wollt  ich  sagen,  ire  jura 
also  studiert,  das  sie  noch  nicht  wissen,  was  subjectum,  und 
finis  sei  juris  civilis?    br.  5,505. 

ESELKLIEBER,  m.  der  den  esel  klcuht,  spaltet,  zerreiszt:  ei 
man  solts  dem  eselkliber  (so)  und  rosarzt  nicht  thun.  Nasus 
.Yasenesel  65'  am  rande.  gemeint  ist  Georg  yigrinus,  der  von 
bruder  Johann  Nasen  esel  geschrieben  halte. 

ESELKOPF,  m.  Schimpfwort,  gewöhnlicher  eselskopf:  und 
dürft  der  erwegne  unverschempte  stolz  eselkopf  sich  nicht 
Schemen,  sein  narrenwerk  iderman  an  tag  zu  geben  sich 
zu  unterstehen.    Ai.berüs  wider  Witzcl  g"'. 

ESELMACHER,  m.:  Iinnpensamler,  erwöhlter  eselmacher, 
säwverschneider.    Fischart  groszmulter  49. 

ESELMANN,  m.  wie  eseling:  einer  der  über  feld  gat  und 
kein  pferd  hett,  sieht  er  iergens  einen  mit  einem  pferd  riten, 
iergens  einen  viheschen  edelman,  der  nit  noch  Vernunft  lebt, 
so  spricht  er,  'der  ist  einem  eselman  glicher,  denn  einem 
edelman,  das  pferd  und  er  leben  glich  vernünftig,  darüinb 
ist  er  ein  eselman  und  nit  ein  edelman,  wann  er  lebt  vihe- 
lich'.  dorusz  macht  man  ein  retters  und  spricht :  rot  was 
ist  das?  es  ist  ein  vihe  und  nit  ein  vihe,  es  trcit  ein  vihe 
und  louft  im  ein  vihe  noch,  es  ist  ein  vihe  und  sitzt  uf 
einem  vihe,  und  sitzt  ein  vihe  uf  im  und  het  ein  vihe  {einen 
hund)  hcrnoher  loufen.    Keisersberg  bilger  126"; 

sprachen  den  jungen  esel  an, 

wie  gehts  dem  alTen  eselman?    Waldis  2,90; 

solchs  alls  ist  geng  im  schlaurafTenland, 

ire  ros  sein  esel.  faul  ohne  scliand, 

ir  bestes  vich  sein  hund  und  schwein, 

ein  jeder  mag  drin  eselman  sein.    Nasus  Sascncscl  15'; 

edelleute  musz  man  lassen 

von  den  eselleuten  hassen.    Logad  1,25. 

ESELMÄNNISCH:  insonders  hochgeöhrter  eselmännischer 
Hanswurst!    Riemers  reime  dich.  s.  \. 

ESELMÄSZIG,  asino  aptus:  der  do  ergert  einen  von  discn 
kleinen,  die  an  mich  gelauben,  im  gezimt,  das  ein  esclmesziger 
mülslein  werd  gehenkt  an  sein  hals  und  werd  gesenkt  in  die 
tief  des  meres.  bibcl  von  14S3,  4:s'.  Matlh.  IS,  6,  vulg.  ut 
suspendalur  mola  asinaria  in  collo  ejus.     *.  eselsmüle. 

ESELMILCH,  f.  lue  asininum.  so  lieL'!zt  auch  eine  pflanze, 
euphoibia  esula.  im  voc.  14S2  h2'  esula  minor.  Diefenbach 
211".  offenbar  hängt  esula,  esola  mit  jenem  namen  zusatnmcn. 
s.  eselsmilch. 

ESELMON.\T,  m.  majus:  im  meien,  im  eselmonat,  wan 
die  Walchen  die  esel  zum  tanz  bekränzen,  die  schif  krönen 
und  hochzeit  auf  dem  wasser    halfen.    Fischart  groszm.  lOfi. 

ESELN,  1)  intr.  opus  facere  asinarium,  wie  ein  esel  arbeiten, 
vgl.  asneis  mercenarius,  altn.  asnaz :  es  hilft  kein  eseln.  wo 
gottes  segen  nicht  ist.  Stieler  390;  tröstete  sich  damit,  wenn 
er  gleich  noch  einen  winter  eseln  müsse,  so  werde  er  doch 
die  wallfahrt  des  lebens.  nicht  auf  dem  traurigen  mülenpfade 
enden.  MusÄos  volksm.  4,  149.  nnl.  ezelen :  ik  zal  morgen 
weer  moeten  ezelen. 

2)  tr.  vexare,  gleich  einem  esel  plagen:  lieber,  lasz  die  tlieo- 
logos  ungeeselt  oder  ich  wil  dich  wieder  eseln.  Luther  iLschr. 
405';  wie  ein  pfaffe  einen  Teutschen  geeffelt  und  geeselt  hat. 
24G';  es  was  umb  nichts  anders  dan  eselns  willen  angefangen. 
Kirchhof  wendunm.  246;  geht,  quälet  und  eselt  die  e?els- 
gemüter.    Wiedemax  juni  109. 

3)  sich  eseln,  sich  abmühen?  oder  zum  esel  machen? 

da  mit  ör  sich  eselt  hie.  Helbl.  2, 1482, 
denn  im  Renner  nach  7521  s/t7i(  die  rubrik :  ein  maere  von  einem 
esel,  der  sich  in  eines  lewen  hiute  uneselt,  d.  i.  enteselt,  zu 
etwas  anderm  als  einem  esel  maclit.  nhd.  er  musz  sich  gnug 
in  der  «cliule  eseln,  rumpUur  schnlasticis  laboribus.  Stieler  390; 
sich  eseln.  sich  placken.  Rädi.ein  260".  vgl.  einesein  und  ereseln. 
ESELOHR,  n.    s.  eselsohr. 

ESELREITER,  m.  der  zum  schimpf  auf  dem  esel  reiten  musz. 
ESELHAPEL,  m.  nobUitas  asinina.     von  Georg  Sigrinus: 
er  ist  ja  einer  von  Battenberg, 
vom  guten  esels  adel  ein  scherg.    Nascs  Nasencsel  23'. 

ESELSARBEIT,  f.  labor  asininus,  schwere  niedrige  arbeit,  wie 
man  sie  durch  esel  verrichten  Idszl :  mit  brieven.  schreiben  und 
lesen  in  der  canzelei  umbgehen,  das  ist  schreiberisch,  in 
hendeln,  reten  und  botschaflen  erbeilen  ist  knechtisch  und 
nicht  banrn  sondern  auch  eselserhcit.  Luthers  auslegung  von 
p.«.  101,   Wittenb.  1535,  Q3*;  wann  die  groszen  herm  die  wild- 


1151 


ESELSART  —  ESELSFRESSER 


ESELSFCLLEN  —  ESELSHORN 


?V52 


bahne,  die  fischereien  und  andere  gute  intraden  zu  sich  ge- 
zogen haben,  haben  sie  vermeint,  damit  werden  sie  einen 
stui  im  bimniel  nechst  bei  dem  könig  David  verdienen,  wann 
sie  die  übrige  brücklein  nehmen  und  ein  paar  Schulmeister 
davon  erhalten  und  legen  ihnen  eselsarbeil  auf  und  geben 
ihnen  zeisleinsfutter.    Scikjppiüs  54; 

eselsarbcit  und  leisigsfutter 

ist  des  Überdrusses  mutier.    Simrock  spr.  21SS. 

ESELSAJtT,  f.  so  ist  auch  disz  ein  recht  esels  art,  das 
du  (yiijrinus)  erholst,  wie  der  esel  in  der  archen  Noe  hali 
ein  gerumpi  gehabt  und  nit  wölln  in  der  predig  still  sein. 
Nasus  Nasenesel  23*;  du  bist  der  groben  uucnipfmdlichen 
cselsart.    pers.  roscnth.  2, 24. 

ESELSATTEL,  m.  clüella.    voe.  1482  h2'.   DiEFEsnACH  167'. 

ESELSAUGE,  n.  sihest  du  nit  mit  deinen  groszen  esels- 
augen, das  du  dich  und  deines  gleichen  probierst  unmensch- 
licher handeln,  dan  öie  beiden.    Nasus  Nascnesel  08'. 

ESELSBACKE,  m.  maxilla  asini: 

weil  Onander  cselsbacken  einen  mehr  als  Simson  trägt. 
LOGAU  2,227,  103. 
ESELSREIN,  n,  dasselbe.    Stieleb  124. 
ESELSBOH.NE,  f.  vicia  faba,  ßzebohne. 
ESELSBOSSE,  m. 

der  wagen  soll  dir  ziehen  drosz  (die  roxse), 

das  ist  ja  ein  recht  cselsbosz.    Nisus  ?iasenesel  36'; 

sonderlich  aber  ist  das  ein  rechts  esels  böszlein,  da  du  .  .  . 
don  ganzen  bochgeloblen  adel  für  esel  ausrufst.  23*. 

ESELSBRATE,  m.  pers.  rosenlh.  2,  20.  pers.  rcisebeschr.  4,  43. 

ESELSBRÜCKE,  f.  inerliae  adjiirnentum,  fr.  le  pont  aux  Anes. 
der  ausdruck  soll  durch  Johann  Buridan  im  11  jli.  aufgekommen 
sein,  der  spöUisch  asinus  Buridanus  und  dessen  scliriß  super 
summidas  'asini  pons'  genanul  wurde.  Bitter  gesell,  der  philo- 
sopläe  8,  606.  andere  verstellen  darunter  eine  scliivierigkeit,  wovor 
unwissende  stutzen,  wie  der  esel  vor  der  brücke. 

ESELSDELTE,  f.  res  vilissima:  so  aber  sollet  ihr  nicht 
eine  alte  eselsdeutc  mehr  von  mir  erfahren.  SdUampampes 
tod.  s.  51.     s.  deute,  diite. 

ESELSDISTEL,  f  Carduus  nutans,  audi  onopordon. 

ESELSDLMM.  slupidissitnus. 

ESELSEHRE,  /".  tionor  asininus:  irren  und  fehlen  wir,  sii 
sagen  sie,  es  sei  alles  recht,  wir  sein  aber  dermaszen  blind, 
das  wir  nicht  sehen,  das  solches  eine  eselsehre  ist,  darauf 
wir  in  diesem  wüsten  Jerusalem  reiten.  Butschky  Palm.  251. 

ESELSEICHE,  f.  lolium  est  urina  asinornm.  voc.  ex  quo  U'h. 
eselsaich.  voc.  14S2  h2'.    Diefenbacu  336°. 

ESELSEULE,  /".  stris  otus. 

ESELSFARX,  f».  adianthum  capUlus  Vencris,  sonst  aucU  ]irü][- 
farn,  von  der  gestalt  der  bldller,  mauerraule,  slcinraute.  Lüni- 
CEBÜS  24S'. 

ESELSFEIGE,  f.  stercus  asiniuiutn :  non  solum  auribus  asini 
est  dignus,  sed  etiam  ejus  ficubus,  vulgariter  eselsfeigen,  quales 
Fridericus  barbarossa  mediulanensibus  civibus  dedit  luandu- 
candas.    de  fide  concub.  p.  131 ; 

das  er  uns  gibt  eitel  eselsrcigen  zu  fressen,    fastn.  350, 17. 
*.  eselspdaume  und  eselfeige. 

ESELSFELL,  n.  membrana  deletitia,  pergament.  in  gemeiner 
spräche  auch  von  der  menschlichen  haut: 

ich  schrieb  mirs  auf  mein  esclsfcll.    Blcbauer  .\en.  1, 110; 
zum  mindstcii  soll  mein  tumus  brav 
dein  eselsfcll  dir  gcrbun.    3,  'M. 

Peau  d'äne,  ein  mdrclien. 

ESELSFIEBER,  n.    siehe  ocbsennebcr. 

ESELSFREIHEIT,  f.  die  freiheil  plump,  grob  und  unvcrtchdml 
XU  tein. 

ESELSFH  ESSER  wurden  die  Scldcsier,  die  Üratisfeldcr  und 
wd  noch  andere  getehoUen,  weil  «ii*  einen  esel  stall  eines  hasen 
gefressen  hdttcn:  mit  diser  weis,  wann  dis  gellen  soll,  milcht 
einer  ein  jeden  hauljuckigen  vugel  für  ein  gauch  ansehen, 
ein  «au  für  ein  Baier,  ein  nusz  für  ein  Schwaben,  ein  geisz 
für  ein  Schneider,  ein  niaulthier  für  ein  Frauken,  ein  schle- 
si«chcu  csci  für  aller  hasen  gro.szmutter.    t.'/r/.  \t>' ; 

dicia,  Grille,  aiino«  Sllesiu  devorni  omn<'^. 
»i  vrriitii  ftst,  ne  te  devorc-l  illu  cuvi- ! . 
daii7  "  '  ilicn  den  eicl  gefremen, 

inl  •  I  Ni«  oder  bleibet  vcrgetaon, 

■onsi :..<:  (rfttnUiu  «ich  eigen  gi-wnlmcn, 

nach  »cltle«i(cb«m  füuer  ilcb  nimmer  zu  «ebnen. 
LoGAU  1, 150,77. 
9fL  deuUch«  mjfthoL  «.  43. 


ESELSFCLLEN,  m.  aselliis:  siehe  dein  könig  komt  reitende 
auf  einem  eselsfullen.    M.  12, 15.    lU.  asilatis. 

ESELSFURT,  m.  vaiium  asini,  urtsname.  Meyer  Zürcher 
ortsu.  n'  971. 

ESELSFURZ,  m.  crepitus  asini  und  dann  eine  von  dem  esel 
aufgesuclUe  distelart,  die  beim  fressen  kracht,  onojmdum  acan- 
Ihiiim,  lat.  crepitus  lupi,  fr.  pet  d'dne,  ü.  sp.  onopordo,  die 
bii-ile  wegdislel,  7inl.  ezelsdorn:  dieser  ist  ein  köstlicher  meister, 
den  sült  man  mit  eselsförzen  krönen,  setzt  das  hinderst  zu 
forderst.  Luthers,  67*;  auf  das  aher  niemand  solchen  diabo- 
lolalis  (leufelsschwetzern)  mit  fürsichtigkeit  enipflieheu  möchte, 
sihe  so  werfen  sie  den  catholisclien  grobe  eselsfürz  in  den 
wog.  Artsenese/  17';  wer  von  drohen  stirbt,  den  begrübt  man 
mit  eseisfürzen.  26*; 

die  kinzer  hnhcns  heillbum  veracht, 

ilniuib  bat  ihn  mein  rosz  eselsfürz  bracht.    27'; 

der  h.  aposlel  sagt,  die  lieb  bedecke  die  Sünden,  dise  e'sels- 
fürz  sagen,  wer  dergleichen  treib  und  lehr,  sei  ein  blinden- 
fürer.  S9*;  und  musz  bei  der  weis  also  aufgeweckt  auch 
wider  aufslehn  und  noch  vil  mehr  solcher  verdorrten  esels- 
fürz  den  hcwschrecken  zu  essen  geben.  Jon.  Nas  warnungs- 
enyel  170; 

si  moriere  miiiis,  asini  tumulabcre  bombis. 

wer  sich  mit  dräuwort  lessot  todten, 

dum  sei  man  mit  eselsfürzt^n  zum  );r.-)b  Icutcn. 

Gartiieri  ilicla  provcibialia  OS'; 

qui  moritur  minis,  illi  pulsabitur  bombis.  wer  für  dräuen 
stirbet,  dem  lautet  man  mit  eseisfürzen  aus.  Gryimiius  l,  796. 
vgl.  RA.  095  und  eselsglocke. 

ESELSFUSZ,  m.  jks  asini:  der  teufel  erschien  einmal  als 
ein  reuter  mit  eselsfüszen.  Wolfs  zcitschr.  für  d.  myth.  2,63. 

ESELSGANG,  wi.  incessus  Icntus:  geht  euern  eselsgang, 
wenn  ihr  träges  blut  habt,  wundert  euch  nur  nicht  über 
andre  die  feuer  haben.  Lenz  1,190;  schweig,  und  geh  deinen 
trägen  eselsgang.    Kiingers  Ih.  2. 138. 

ESELSGEHIRN,  n.  homo  stupidus:  so  einem  manne  so 
einen  streich  zu  spielen,  weil  si*  h  das  eselsgehirn  einbildet, 
dasz  der  mann  kein  gcld  habe.  Lessing  1,  551.     s.  eselshirn. 

KSELSGICSANG,  wi.  sie  werden  den  eselsgesang  singen, 
hoch  anfangen,  aber  niedrig  aufhören.    Luthers  lischr.  329'.  ^ 

ESELSGESCHLECIIT,  n. 

fragst  wa  man  lind  scblaurafTcnland? 

bein  prediivauzcn  wol  bekam, 

dann  wa  man  in  der  weit  hinkumbt 

und  alle  stand  wol  übersurabt, 

Ihidt  man  niemand  so  esels  geschleclit, 

ausz  scIilnuialTcn  gleich  wer  mir  rocht, 

als  nun  die  pre<likanti'ii  sein, 

das  will  ich  auch  probieren  fein.    Saseneset  15'. 

ESELSGESCHREI,  n.  ruditus  'asini. 

ESELSGLOCKE,  f.  wer  von  solchen  worlen  stirbt,  ist 
werlh  dasz  man  ihm  mit  eselsglocken  zu  grabe  lautet.  Weise 
sUtenl.  08.    s.  eselsfurz. 

ESELSGOSCHE,  f.  os  impndens:  o  gut  ruten,  ja  starke 
bengel  und  distel  für  ein  solche  eselsgoschen  und  Qodcrmaul. 
Nasenesel  22'. 

ESELSGRILLE,  f  inc/rfMc,  dummer  einfall:  ungeschickte 
eselsgrilleu.    Schekfi.eks  kdiruisrh  s.  56. 

ESELSGl'RKE,  /".  momordica  elalerium,  hundsgurke,  igelskraut. 

ESELSrUVAR,  n.  pilus  asininus. 

ESELSHAUT,  f  was  eselsfeil :  trulz  dir  und  pfui  dich  nur, 
du  grober  esel  hinwider,  in  dein  eselshaut,  so  oft  du  trotzt. 
Nasenesel  75';  sie  sein  all  gute  leut,  gute  hiiut,  jucken  ein- 
ander wie  die  eselshiiut.    wurnunißengel  138. 

ESELSHEIM,  nj.  Eselsberg  ."71.  1144: 

cot  mir  d<>s  nibt  gunde, 

(in;;  ich  inder  vumle 

ni'ilim  hi  ein  nnder  stftn 

KilxMi  ri'htfl  Osiermnii. 

nn  hi^r,  na  gwunt,  an  gebier 

islicher  gerne  w.it 

von  Kselsheim  \)i  der  stat.    IIrlbl.  2, 1470. 

ESELSHIRN,  n.  was  eselsgehirn :  inerks  du  gn)bc«  cscl$- 
hirn,  ich  will  dirs  kurz  teutsch  und  verstandig  in  deine  lange 
ketzerische  eselsohreu  reiben.  Nisenrsel  is\)* ;  sag  an  du  esels- 
hirn,  ob  nicht  das  wissen  uuder  die  sinligkeii  gehört?  93'; 
ob  er  gleich  mit  seinem  cscishirn  in  eine  Iowenhaut  kröche. 
BursruKY  /Wim.  39U. 

KSKLSHORN,  n.  der  ]ude  SCkuixt  »on  Tmii»mc  sin«;«  MSH, 
2,  25«' : 


I 


1153   ESELSHUF  — ESELSKRANKIIEIT 


ESELSKR  AÜT  —  ESELSOHR 


1154 


unt  da;  der  escl  hete  hörn, 
die  liute  er  nider  stieje, 
und  noch  haben  die  Juden  in  Deutschland  die  redensart  'es  ist 
gut,  dasz  der  esel  keine  liOrner  hat',  tcomil  gesagt  werden 
soll,  dasz  er  nach  seinem  bösen  uillen  nicht  handeln,  verderblich 
uerden  kann;  erkenn,  herr  got  im  himmel,  wer  die  oberkeit 
und  das  ganze  land  umbreiszen  dörfl !  nit  der,  der  deine 
knecht  also  verleugt  und  umbjagt  (es  ist  Luther  gemeint  als 
gegner  des  Carlstat),  nit  der.  der  gern  esels  hörner  hctt,  do 
mit  er  alle  die  über  kalte  klingen  hupfen  liesz,  so  im  mit 
einigem  wort  widerweren.    Ickelsamer  dag  etlicher  brüder  63*. 

ESELSHUF,  m.  ungula  asini:  sihe  nur  wol  sucht  mein 
esel  so  genau  mit  seinem  esels  huf.  das  man  den  glauben 
nicht  kan  greiflich  machen.  !iaseuesel  93*.  an  den  pferden 
nennt  man  eselshuf  einen  fehlerhaften  hohen  huf  mit  engen  fersen, 
dann  name  einer  pflanze,  tussilago  farfara,  brautlatlich,  esels- 
huf, roshuf.    LoxicERcs  254'. 

ESELSK.\RRE,  m.  carrus  asini: 

er  musz  ziehen  im  eselskarren.    H.  Sachs  IV.  3,  10'. 

ESELSKINNBACKE,  m.  maxilla  asinina:  und  er  fand  einen 
faulen  eselskinbackcn,  da  reckt  er  seine  band  aus  und  nam 
in  und  schlug  damit  tausent  man.    rieht.  15,13; 

ein  reglment  philisler  schlagen 

mit  esclskinnebacken,  das 

war  ehren  Simson  nur  ein  spasz. 

Kl.  Schmidt  poet.  br.  181. 
ESELSKNOCHE.  m.  os  asininum: 
dasz  aus  einem  bauren  ietzt 
Mars  bald  einen  herren  schnitzt, 
warum  nicht?    es  wird  gebrochen 
manche  pfeif  aus  eselsknochen.    Logad  1,73,95. 

ESELSKOPF,  m.  caput  asininum.  häufige  schelte  wie  das  ein- 
fache esel  oder  dummkopf: 

ach  du  Terbeiter  eselskopf!  fasln.  334,16; 
sie  weren  wol  eselsküpf  gewesen,  das  sie  also  hertiglich  ge- 
lebt hellen.  Keisersberg  bilg.  T ;  sie  aber  belagerten  die  slad, 
bis  das  ein  eselskopf  acht  silberlinge  und  ein  vierteil  kab 
daubenmist  fünf  silberlinge  galt.  2  kön.  6,25;  ir  groszen, 
groben  eselsköpfe.  Luther  3,78';  kein  eselskopf  ist  so  un- 
gelert,  wenn  er  nur  wider  den  Luther  schreibt,  so  ist  er 
gclert.  514';  und  die  eselsköpfe  wollen  draus  schlieszen,  die 
kirche  sei  über  das  evangelium.  52l';  der  hat  solche  esels- 
köpfe in  die  schrift  gejagt,  gleich  als  wenn  einer  mancherlei 
(hierin  einen  thiergarten  gebracht.  4,  3S2';  ich  wil  am  jüngsten 
lag  auch  ein  gut  register  bringen  von  meinen  guten  werken, 
damit  ich  meinen  engsten  feinden  gedienet  habe  wider  meine 
wütige  tyrannen  und  feinde,  und  wer  die  sind,  die  groben 
eselsköpfe  und  lügenmeuler,  die  ilzt  gar  nichts  können  on 
allein  wider  den  Luther  schreien.  6,62';  etliche  weiber  sind 
grobe  ochsen,  eselskopf  und  unlläter,  stellen  sich  gegen  eim 
IVembden  menschen,  den  doch  ihr  man  gern  sihet,  als  wer 
er  ein  hund  oder  as.  älbercs  elibüchlin  g  7.^ ;  wie  der  vollen 
zänkischen  eselskopf  art  ist.    KiRcnnoF  vendunm.  194'; 

der  künig  buch  bekent  auch  frei, 

wie  das  ein  esels  köpf  werd  sei 

achtzig  silberling  gut.    ^asenesel  14*; 

da  musz  ich  nun  probieren,  dasz  diejenigen  billicher  grobe 
eselsküpf  genannt  werden,  die  uns  also  zu  intituliem  meinen. 
20';  Christus  sagt  wir  sollen  verzeihen,  so  werde  auch  uns 
verzihen,  die  eselsküpf  sagen,  es  sei  ein  heuchlerische  lehr. 
89*;  wann  dem  nun  also  ist,  wo  bleiben  dann  sie,  die  alten 
eselsküpf,  die  ungerechtfertigten,  ja  verbantesten  hundsbuben, 
die  verwirkten  irrigen  predicauzen  all  auf  einem  häufen,  be- 
sonder derjenigen,  so  sich  nicht  wollen  weisen  lassen,  war- 
nungsengel  164; 

soll  mir  der  barm  das  blut  aus  allen  ädern  saugen, 
wann  ihr  ein  eselskopf,  der  nichts  versteht  noch  kennt, 
und  alle  tugend  haszt,  mich  den  poeten  nennt?    Opitz  2,28; 
faste  du,  du  fTesser  sonder  gleichen, 
toller,  voller  eselskopf!    Grtphus  1,643; 

du  eingemachter  eselskopf!  Weise  er;n.  12;  wie  ich  denn 
also  stunde  und  in  meinem  eselsköpfe  bedachte,  wie  ich 
dem  novizenmeister,  wann  er  ankommen  würde,  begegnen 
soll.  fr.  Simpl.  25;  ein  gefallen  ist  doch  des  andern  werfh, 
verstehst?  'eselskopf,  ja'.  Fr.  Müller  3,77;  wen  dummkopf. 
wen?  so  kalt,  so  leer  fragst  du,  wen?  hat  michs  doch  an- 
gepackt wie  der  Schwindel !  wen,  eselskopf,  wen  ?  Schiller  137'. 
ESELSKR.\NKHEIT,  f.  von  den  schrundcn  der  huf  {hufe, 
vngularum),  so  man  die  eselskrankheit  zu  nennen  pflegt, 
dieses  sind  etliche  gewisse  kleine,  enge  und  kurze  schninden, 
80  die  croD  oder  wurzel  an  ihrem  vordertbeil  rings  herumb 
III. 


einnemen,   sich   nach  der  lenge  erstrecken,   etwan  blut  von 
sich  geben.    Uffenbach  2, 2S9. 
ESELSKRAUT,  n.  euphorbia  esula. 

ESELSKUNST,  /".  ars  asinina,  stulla:  und  wolle  mit  solchen 
Worten  ire  eselskunst  brauchen.    Luther  3,521'; 

dein  eselskunst  ist  gar  kein  nutz, . 

beschlagen  hat  dich,  hör,  anders  schmid, 

sich,  lieber  esel,  beisz  mich  nit. 

dann  weil  dichs  reimen  kumpt  an  schwär, 

so  wil  ich  brauchen  ein  ringere  schär.    Xasenesel  16'; 

zu  dem  sieht  iederman  wol  sein  esels  kunst  an  der  cabo- 
listerei,  da  er  aus  meinem  namen  schlieszen  und  probiem 
wil,  ich  sei  ein  esel,  ursach.  Ich  heisz  Nasus,  und  esel  und 
nasen  sei  ein  ding  in  buchstaben.  21". 

ESELSKÜRBIS,  m.  cucumis  erraticus.    Stieler  1015. 

ESELSL.^ST.  f.  sarcina  asinorum,  eselslraclit. 

ESELSLATTICH,  »i.  tussilago  farfara. 

ESELSLEBEN,  n.  o  edelsleben  (du  mögst  wol  eselsleben 
sagen)  in  welchem  man  sich  auch  nichts  umb  die  medicin 
bekümmert!  &mf4.  K.  29.  hier  liesze  sieh  esels  auch  adjedi- 
fisch  fassen,  s.  oben  sp.  1148. 

ESELSLCGNER,  m.  grober  lügner:  ist  derhalben  leidlicher, 
man  habe  iedermann  entschuldigt,  ausgenomen  disen  caballum 
oder  eselslugner  (Sigrinus).    ^asenesel  2l'. 

ESELSLUST.  f.  ononis  arvensis,  hauhecM.  Bock  kräuterb.  682. 

ESELSMAUL,  «.  trie  eselsgosche:  ei  für  solche  eselsmeuler 
gehört  ein  solcher  salat,  sprach  Crassus,  da  er  ein  esel  sah 
dislel  fressen.  !\asenesel  5";  jetzt  verbergen  sie  sich  nicht 
under  schafbeiz,  sonder  reden  durch  Wolfs  Feram  (zu  Gotha) 
eselsmaul.    icarnungsengel  90. 

ESELS!^IILCH,  f.  1)  loa  asininum:  Plinius  spricht  daj 
der  eselinne  milch  gar  weij  sei  und  daj  si  auch  helf  der 
menschen  (vel  ?)  weisen,  und  da  von  list  man,  daj  des  kaisers 
Neronis  hausfraw  sich  padet  in  esels  milch.  Mege>berg  120,  5. 
hier  folgt  eselsmilch  gleich  hinter  eselinne  milch  und  beides  ist 
reclit.     goth.  würde  es  hnszen  miluks  asilaus  oder  asilumiluks. 

2)  name  des  kraiäs  euphorbia  esula,  hundsmilch,  Wolfsmilch. 

ESELSMIST,  m.  sterciis  asininum,  vgl.  eselztirk  : 
aus  esels  mist  die  bibel  (=  wibel,  fc«rcr1  kommen, 
die  mit  iren  flügeln  schnurren  sehr.    Kasus  Nasenescl  13'; 
wer  aber  sunst  cathoüsch  ist, 
das  hat  kein  lust  zu  eselsmist.    3»*. 

ESELSMÖHRE,  f  daucus  carotta. 

ESELSMÜLE,  f  mola  asinaria,  goth.  asiluqairnus.    eselmüle, 

MaALER    121*.     R.ÄDLEIN-    260*. 

ESELSMUT.  m. 

mein  esel  (Sigrinus)  sagt,  sein  lom  gut 

hab  im  gemacht  den  eseismut.    Nasenescl  22'. 

ESELSOHR,  n.  aurb  asinina,  oß  ein  zeichen  des  hohns  und 
Spottes : 

er  wolle  euch  löuwen  spränge  pflegen, 
dö  erkös  an  im  sin  meister  esels  ören.    JUS//.  3,8'; 
ir  gesibt  was  scherpfer  den  die  dorn, 
si  truogen  alle  esel  ^rn.    3, 305"; 
nhd.  dardurch  si  worden  sint  zu  thoren, 
darumb  si  tragent  esels  oren, 
gauches  federn  und  narren  kappen,    ftutn.  25S,  8.  283,19; 

die  Zungen  heraus  gestreckt,  eselsoren  binden  aufgesetzt  und 
ein  schnall  daran  geschlagen,  de  fide  concub.  130;  wenn  du 
sihest  das  einer  dich  lobet,  so  hallet  er  dich  für  ein  narren 
und  für  ein  kind,  das  man  mit  bappen  geschweigt,  er  wil 
dir  bappen  instreichen  oder  er  wil  dir  eselsoren  machen 
und  aufsetzen.  Keisersb.  s.  d.  m.  35';  so  bald  der  selb,  den 
si  gelobt  haben,  den  rücken  kert,  so  gebent  si  im  den  muf, 
machent  im  den  slorken  nach  oder  strecken  die  zung  aus 
oder  setzen  im  eselsoren  uf  und  sprechen  denn,  ich  hab 
meinen  herren  redlich  geeffel  und  gesalbet,  ebenda;  heut 
gnädiger  herr,  raorn  stoszt  man  die  zung  über  dich  aus  und 
macht  dir  eselsohren.  Irostspiegel  BB3';  das  aber  der  halb 
theil  lateinischer  wort  vorbliben  ist,  das  hab  ich  mit  fleisz 
gethon,  wolgedacht,  darmit  einen  hasen  mit  langen  esels- 
ohren zu  fahen,  der  hiemit  ein  rillerliche  that  begehn  raucht. 
Nasenesel  46'  ;  da  würstu  dein  eselsoren  greifen  weren.   47* ; 

es  ist  die  ganz  weit  narren  voll, 

mancher  sich  selb  fTir  witzig  belt 

bisz  im  ein  eselor  empfelt  (entfätll), 

das  in  all  weit  für  nnrrecht  zeit. 

Fr?iKF.LiN  spiel  von  Ixitnra  A5'; 
der  betrogen   ist,    hat  eselsohren  davon  getragen.    Lerhanx 
107 ;  warum  setzet  man  solchen  geldnarren  keine  eselsohren 
auf?    Weise  erzn.  119 ; 

deutet  einer  dem  andern  ein  eselsohr,    Götbk  13,3, 

73 


1155 


ESELSPFAD  —  ESELSSTÜCK 


ESELSTAMM  —  ESELZÜLL 


1156 


2)  foUum  libri  complkatum,  an  mcrkzcichen  im  gelesenen  buch 
durch  einbiegen  einer  blallccke:  darum,  welcher  mit  mir  daran 
ist,  der  mache  ein  eselohr.  narrenbuch  ed.  von  der  Hagen  $.  54 ; 

drein  {in  die  hücher)  setzt  er  manche  hand 
und  Stern  und  eselsobr  und  durcligcllochten  band. 
Gbtphius  2,99; 

selten  ein  buch  ohne  eselsohr. 

3)  name  verscfUedner  musclieln:  haliotis  asinina,  strombus 
auris  Dianae. 

4)  der  pl.  eselsohren  dient  für  mehrere  pflanzen :  arum  macu- 
latum,  lathyrus  lalifoL,  sympliytum  officinale. 

ESELSPFAD,  f?i.  semila  asinorum,  ein  von  escln  viel  betre- 
tener pfad,  besonders  bei  mülen,  auf  bergen,  dessen  breite  danach 
bestimmt  zu  icerden  pflegt,  dasz  ein  esel  mit  seinem  sack  darauf 
einherschreiten  könne:  land  an  dem  eselspadc  vor  dem  waldc 
gein  Minzinberg.  Baürs  urk.  von  Arnsburg  s.  600.     s.  esciweg. 

ESELSPFLAUME,  f.  stercus  asininum,  klumpen,  die  der  escl 
fallen  Idszt,  wofür  auch  feige,  so  wie  apfel  von  dem  pford, 
bohne  von  der  ziege  gesagt  u-ird:  in  maszen  des  Luthers  bücher 
und  gemehl  wider  kaiser,  kiinig,  babst,  bischof  und  alle  catlio- 
lische  lehrer  mit  solchen  eselspflaumen  gewirzt  und  gespickt 
seind.    ^'asenesel  19"; 

hie  sitzt  der  Nas  aber  zu  ros 

auf  seinem  esel  und  selizamen  drosz, 

dann  hund  und  säw  im  folgen  nach, 

nach  eselspflaumen  ist  im  (dem  tmsz)  gacb, 

welche  verzet  {vcrtettei)  Georg  ßatteman  (Nigrinui  von  Bat 

lenberg). 
sporn  und  distel  wird  sein  Ion, 
dann  er  Schmidt  lauter  esels  thon.    daselbst  64'; 

«6er  auch  u-irklich  prunum  maximum.    Frisch  1,  232'. 

ESELSPUÜGEL,  m.  verber  asini:  Dietmar  von  Merseburg 
sagt  von  dem  gemeinen  volke  in  Polen,  es  müsse  ochsen- 
fuller  und  eselsprügel  bekommen.  Beckers  wellg.  4,  371  (Thieth. 
8,  2  populus  more  bovis  pascendus  et  tardi  rilu  asini  casli- 
gandus). 

ESELSRECTER,  m.  ei  solt  dann  der  grosze  herr  aller 
herrn  nit  auch  seine  einfältige  narren  und  eselsreuter  haben  ? 
I^'asenesel  19*. 

ESELSRIPPE,  f  Costa  asinina: 

{salbe)  die  ist  gemacht  aus  eselrippe.    fastn.  680. 

ESELSRÜBE,  f  yitis  alba.    Gersdorf  105. 
ESELSRÜCK,  RÜCKEN,  m.  dorsum  asini,  fr.  dos  d'ane: 

1)  ein  spitz  zulaufender  gewölbebogen. 

2)  an  den  schiffen  eine  öfnung  über  dem  loch  des  koldcrslocks. 
ESELSRÜHELN,  n.  rudüus,  eselsgcschrei.    fiascnesel  17".  7l'. 
ESELSSALAT,  m.  IcuUuca  asini,  die  distel:  ich  mfisz  im  der- 

halben  ein  wenig  übersehen  und  musz  im  nur  obiter  etliche 
distelein  für  esels  salat  geben  ein.    Nasenesel  87*. 

ESELSSCHÄDEL,  «i.  cranium  asini.  Steinhöwel  rfec.  411,25. 
29.  ed.  1580.  2.  28  eselschedel. 

ESELSSCHATTE,  m.  umbra  asini,  oß  in  WiEt.ANDS  AbdcrÜen. 

ESELSSCHERZ,  m,  facetiae  ursi,  plumper  scherz.  Stieler 
17C2. 

ESELSSINN,  m.  indoles  asinina:  löwenraut  mit  esclssinn 
oder  hund  mit  kalze  zu  paaren.  Siegfr.  von  Lindenb.  2,282. 

ESELSSITTE,  f.  dasselbe: 

verdreuszt  mein  esel  nun  das  schreiben, 
so  legt  er  ab  sein  esels  sitt.    Naienesel  38'. 

ESELSSTALL,  m.  asini  stabulum: 

die  geistling  und  die  bischof  all, 

die  zwing  in  deinen  escisstall.    Natenesel  118*. 

ESELSSTAUB,  m.   slrigmenum   asininum,   so   ab    dem    cse! 
gestriglet.    Maaler  121*. 
ESELSSTIMME,  f  rudUus,  Stieler  2161: 

was  hat  er  doch  nutzlichs  an  im, 

damit  er  schmuck  sein  esels  stim?    Katenesel  12*. 

ESELSSTOLPER,  m.  lapius  asini:  zu  goscliweigcn,  dasz  es 
ein  groszcr  eselsslolper  an  ihm  ist,  dasz  ich  als  ein  catho- 
ÜKcbcr  Christ  i'inen  gott  wie  der  Jude  und  nicht  einen  drci- 
finigen  anbeten  8olle.    Schkitleii»  kehrwisch  1604  «.  55. 

ESELSSTOSZER,  m.  asinarius:  ir  möchls  auch  dnrrli  die 
edeUstoszer,  welche  ir  inauleRcl  gemeinlich  aus  Italien  ins 
gebürg  treiben ,  ganz  füglich  von  dannen  bringen  lassen. 
bienenk.  241*. 

ESELSSTREICn,  m.  was  esclei,  ein  plumper,  dummer  streidi. 

EStLSSTl;('K,  n.  dastrlbe:  hie  verstehen  die  gelrrlrn  wol, 
welch  ein  grob  esels  stücke  da*  ixt.    Lurnir   '   v -'     iIcmm 


erstlich  braucht  er  ein,  ein  sehr  groszes  esels  sluck.  Nasen- 
csd 21";  eben  ein  solches  eselsstuck  brauchet  der  sceleslus.  6a'. 
ESELSTAMM,  m.  genus  asininum: 

zum  frühstück  bring  ich  dir 
den  kern  des  eselstamms,  dort  jenes  feiste  thier. 
Hagedob«  2,134(136). 
ESELSTAND,  m.  alberner  land,  Spielerei: 
ein  predigkant 
ist  sovil  als  esels  tant.    Nasencsel  21". 

ESELSTANZ,  m.  grober  tölpischer  tanz: 
aide,  scliaw  dapfer  auf  die  schanz, 
gib  nichts  bevor  im  esels  danz!    Nasencsel  118". 

ESELSTERN,  m. 

der  eselstern  nach  miltcrnaclit 

blieb  allein  mit  tunkein  vermacht,    froschm.  IIb  3». 

ESELSTON,  m.  eselsgeschrei,  lied: 
sporn  und  distel  wird  sein  Ion, 
dann  er  schmidl  lauter  esels  ton.    Nascnesel  64'; 
ja  aufs  maul  gethon 
im  eselstoni    110'. 

ESELSTRAR,  m.  gressus  asini  incitalior: 
Bav  selbst  hat  manchen  guten  schauer, 
war  eselstrab  auch  nur  von  dauer.    Lessinc  1,  .  .  . 

ESELSTREIRER,  m.  axinarius:  ja  alle  Christen  würden 
elwan  esel  und  eselstreiber  geschmäht  unib  Christi  willen. 
Nasenesel  19'. 

ESELSTÜL,  m.  bd  zimmerleuten,  böltcliern  der  schneideslul. 
s.  esel  7. 

ESELSURTHEIL,  n. 

hier  taugt  kein  Midas  nicht, 
der  eselsohren  hat  und  eselsurtheil  spricht.    Orrrz  2,39; 
lasz  einen  eselskopf  ein  eselsurtheil  fassen. 

TscHERNiNC  ged.  frühling  362. 

ESELSWEIN,  m.   wein,  der  unlustig  macht.    Stieler  2478, 
vgl.  gänsewein,  sauwein. 
ESELSWEISE,  f. 

wer  weit  meinen  esel  verdenken, 

das  er  sich  so  thut  lenken 

nach  aller  spötter  esels  weis.    Nasencsel  37'. 

ESELSWEISHEIT,  /".  denn  das  ist  ein  cselsweisheit.  Luther 

5,  U". 

ESELSWICKE,  f  hedysarum  onobrydik,  süszklce,  hvili(}lieu. 
ESELSWOLF,  m.  grober  esel  und  grimmiger  uvlfin  einer  jirsun : 

freilich  sich  all  ding  vcrkerl, 

mein  eselswolf  (==  Sifiriniis)  will  sein  ein  birt. 

du  stinket  bock  wölst  gärtner  sein.    Snscncsel  36'. 

ESELSZAHN,  m. 

bestreichen  frawen  luide  man 

mit  cim  vergulten  esciszan.    If.  Sachs  II.  1,86*. 

ESELTRACHT,  f.  sarcina  asino  imposila. 
ESELTREIBER,  m.  wie  eselsiroiber. 
ESELTREIBERHAFT,  wie  csclhaft: 
so  eseltreiberbaft  sein  ganzes  anschn  war.    Wiklani»  18,  160. 

ESELTREIRIG,  dasselbe:  das  cseltreibig,  lonsorgig,  aupeii- 
dicnslhaft  (in  allen  ausg.  augendienschaft)  gesind  ist  im  kaum 
gehorsam.    Garg.  69*. 

ESELUNG.  /■.  labor  moleslus.    Stieier  390. 

ESELVOLK,  n.  slultum  genus: 

doch  sprach  er  bei  sich  selbst,  ihr  scbandgcnossen, 

kommt  auf  den  platz  nur  morgen  zum  gefechl 

und  zeigt,  wie  fest  ihr  sitzt  niif  cnern  ro.sscn, 

ihr  esclvolk,  vcrmaladeit  gesclilucht!    Griks  Dejardo  1,1,15. 

ESELVOLL,  crapulae  plenus:  et  Uli  dicunlur  habere  ebrie- 
tatcm  asininam,  vulgo  cselvoll  oder  trunken,  de  genrribus 
ebriosorum  p.  122. 

ESELWEG,  m.  und  ist  genant  ein  eselweg,  sol  sin  das 
ein  ros  ein  zweimütligen  sack  da  tragen  mag.  weislh.  1, 119. 
s.  cselgasse.  eselspfad. 

ESKLWKHK,  n.  res  {>lena  lahorum.    Stiei.er  2556. 

ESELWORT,  n.  zu  Lübeck  war  ein  verlaufner  inünrh,  der 
schriebe  in  cim  brief  disz  eselworl  'exulonim'  pro  'extiluin'. 
daher  wirt  er  Exuloruin  genant  bisz  auf  den  iicutigen  lag. 
Ai.iiKRUS  wider  die  Carlslndler  kkl*. 

ESELWURZ,  f  chelidonia,  schdwurt,  goldwun.  toc.  1482 
2  h'.  h3'. 

ESELZÜLL,  f.  crcberäa,  nolUuJt.    roc  14J».   rof.  14S2  k  2* 
X6*.    DiErENRAcn  15.V.    Fniscn  2,20,   ein  leidiler  ron  cr/n  qt 
zogner   naclwn?     idter   jtiille  otier  rille  id  Scimni>n  4.  .1   .a 
/,.„..,     ,,,,    ..,.-•     (|v)     i[.|'.  '  bfi-l    <•»    zull.    ein    klriii      liiilKiu, 


1157 


ESELZÜRK  —  ESPENBLATT 


ESPENLAUB  — ESSE 


1158 


scaga  est  le\is  navicula  de  una  tantum  arbore  facta,    scaga 
scheint  verderbt  aus  scapha. 

ESELZCRK,  n».  stercus  asininum,  eselsmist :  nimb  ein  newen 
hafen,  fülle  den  halb  mit  eselzürch.  Seuteb  425.  s.  Scumeller 
4  284  und  mehr  utUer  zürk. 

ESERLEIN,  s.  äserlein  1,586. 

ESO  =  EINSO  Kurde  sp.  300  besprochen,  das  n  könnte 
bloss  näseln  vnd  sich  verhalten  wie  im  fr.  ainsi,  neben  prov. 
aissi,  sp.  asi,  von  den  berührunijen  zwischen  goth.  sva,  s?ah  und 
lat.  si,  sie,  roman.  si  wird  unter  so  die  rede  sän.  Weigand 
meldet  mir,  dasz  esö,  dies  verstärkte  lebendige  so,  auch  wetlerauisch 
und  oberhessisch  {sicher  auch  niederhessisch)  ist:  wanns  weiter 
es6  bleibt,  dann  ists  gut;  es  ist  esö,  so  und  nicht  anders; 
wer  weisz  ob  wir  es6  wieder  zusammen  kommen; 
hab  gar  e  schin  schätzi,  wanns  nur  esö  bleibt, 
dann  stell  ichs  ngarte,  dasz  (dasz  es)  spatze  vertreibt. 

ESPAN,  m.  n.  freier  platz  in  einer  flur,  der  zur  Viehweide 
benutzt  wird,  verderbt  aus  eschbann,  also  einem  älteren  ejjiscbban, 
wiewol  diese  vollen  formen  unbelegt  sind;  fast  nur  in  aleman- 
nischen, schwäbischen,  bairischen,  vüttelfränkischen  landstriclien  : 
si  sagend,  das  der  dorfbach  sol  gon  durch  die  brunnenwis, 
und  der  grab  soll  so  weit  und  so  tief  sein,  das  zwai  pflugs- 
reder  dardurch  under  dem  wasser  wol  gon  mögend,  und  als 
lang  hinab  auf  das  espan,  als  acht  stiinder  lenge,  und  wer 
das  espan  hett,  derselb  soll  den  bach  im  selbst  füoggen 
(fügen,  in  Ordnung  halten),  ob  er  will,  wer  auch  der  brunner 
wis  inhat,  der  sol  den  graben  füoggen.  weisth.  l,  271 ;  2  morgen 
wisen  bi  dem  eispen.  Mone  zeitschr.  4,  326  (a.  1472) ;  u;  ge- 
nomen  einer  wisen,  die  man  da  nennet  an  dem  espan.  6,190 
(a.  1327) ;  minen  wingarten,  den  man  nemmet  den  Tüwinger,  und 
gelegen  ist  bi  dem  espan  in  Überlinger  etter.  10,  467  (a.  1333) ; 
in  sinem  wingarten,  der  bi  dem  bilde  lit,  und  stoszet  an  das 
6span.  10,481  (a.  1356);  das  espan  infangen,  das  espan  usz- 
lassen,  die  gemeinweide  aufthun,  beschlieszen  (a.  1290).  Jägers 
mag.  für  reichsstädte  3,  219 ;  nit  triben  uf  die  espan  und  uf 
die  üchtweide.  urk.  von  Wiblingen  a.  1342;  äcker  auf  dem 
eespan.  MB.  24, 143  (a.  1463) ;  una  fihrout  {viehrotte)  debet  ire 
de  espanestor  {vom  tor  des  eschbanns?)  usque  in  Iseram  {a.  1295). 
Meichelbeck  II.  1, 102;  dasz  die  vierer  und  gemeind  des  dorfs 
unter  andern  ihnen  zuständigen  grund  und  vieheweid  auch 
ein  flecken  und  esban,  der  holzgraben  genant  gelegen  haben. 
Haltads  414,  ohne  angäbe  des  orts  und  der  zeit,  sichtbar  aus 
später,  das  verlängerte  öspan  darf  an  der  ableilung  von  esch 
nicht  irre  machen,  sondern  sie  bestärken,  aus  fspan  konnte  leicht 
eispen  werden,  bedenklicher  ist  das  immer  einfache  n  und  das 
schwankende  genus,  so  dasz  man  den  zweiten  thäl  vielleicht  anders 
als  aus  bann  zu  deuten  hätte,  in  der  Oberpfalz  gilt  noch  heule 
espe,  espet.  Schm.  1,  219.  Frisiüs,  Maaler,  Stalder,  Tobler 
kennen  das  wort  nicht  mehr,  in  Frommanss  deutschen  mund- 
arten  2,  245  steht  aber  espan  als  ein  in  Mittelfranken  fortlebender 
ausdnick  für  Viehtrift,  weideanger  und  wird  bcmeikt,  dasz  das 
volk  eschba  ausspreche,  henncbergisch  aspe  {daselbst  4, 460). 

ESPE,  f.  populus  tremula,  früher  aspa,  aspe  (1, 587),  den 
umlaut  musz  entweder  ein  zwischentretendes  i  (aspia,  espia)  oder 
ein  neutrum  espi  herbeigeführt  haben,  ags.  äspe,  engl,  asp,  altn. 
cspi,  lett.  umgestellt  ap^a.  name  und  begrif  rührt  aber  an  esche 
fraxinus,  wie  auch  aus  den  bildungen  beberesche,  zitteresche 
erhellt,  und  poln.  die  espe  osica,  osina  heiszt,  litt,  drebulle  von 
drebeti  beben,  weil  die  bldtter  langgestielt  sind,  bewegt  sie  der 
leiseste  luftzug:  das  mädchen  zitterte  wie  eine  espe;  wollten 
den  blettern  der  espen,  so  umbher  stunden,  an  zittern  nichts 
bevor  geben.    Opitz  2,284; 

seufzender  zittert  auch  itzt  der  traurige  nächtliche  zephyr 
durcli  die  schlanken  espen  am  bach,  ein  heiliges  erauen 
wandelt  mir  aus  dem  innersten  haine  sanlt  lispelnd  entgegen. 
Zacbariä  tageszeiten  1Ü8; 
von  jenen  todtenbügeln, 
auf  dem  die  espe  bebt,  stürzt  sich  auf  schwarzen  flügeln 
ein  flnstres  rabenheer  auf  mich.    W'eiszs  trauerspicte  4, 92. 
ESPEN,  populeus,  mhd.    espin  fraxineus.    Diul.  2, 272.     mit 
espen  negeln  genegelt,  weisth.  l,  698 ;    espene  teller.   Matue- 
siüs  1562,  272'.     dies  adj.  liegt  auch  den  scheinbaren  Zusammen- 
setzungen espenlaub,  espenzweig  u.  s.  w.  unter. 
ESPENAU,  f.  populetum: 

in  deinen  espenauen,  o  kaiscrstrom  (Donau) 
flammts  auf.    De^iis  im  Leipz.  mutenatm.  1779  $.  239. 

ESPENBL.4TT,  n.  folium  populeum: 

und  er  (der  mond)  gieng  fort  mit  einem  zittern, 

gleich  wie  die  espeiibletter  flitiern.    froschmeuieler  übi*; 


menget  lieder  ins  getöne, 

das  die  morgenglocke  tönt, 

ins  geschwirr  der  espenblätter, 

und  erweckt  den  wiederklang.    HöuT  mailied,  erster  druck. 

ESPENLAUB,  n.  dasselbe: 

mhd.  er  bibent  unde  wägete 

vor  sorgen  als  ein  espin  loub.    tr.  hr.  20697; 

nhd.  ein  kind,  dem  man  einen  gülden  neme  und  gebe  im 
einen  zalpfenning  oder  ein  espenlaub  dafür.  Lcther  3,  356' ; 
pampeln  und  schweben  wie  ein  espenlaub.  3,374';  die  meide 
pald  an  das  fenster  gieng  und  von  dem  schein  des  himels 
wol  erkante,  das  es  ein  nackender  mensch  was,  darzu  par- 
schenkel  in  einem  hemdlein  arm  und  elendiclichen  in  dem 
türlein  sasz  und  von  frost  zittert  als  ein  espenlaub.  Stein- 
HöwEL  62,15  {dec.  2,2  blosz  tremando  forte);  zitern  wart  als 
ein  espelaub.  530, 10 ;  der  engstiget  und  furchtet  sich  und 
erschrickt  vor  einem  rauschenden  blat  oder  bebet  on  under- 
lasz  wie  ein  espenlaub.  Mathesics  1562,285';  diese  worte 
redet  sie  mit  solcher  begirde,  dasz  sie  zittert  wie  ein  espin 
laub.  Amadis  23;  ich  zitterte  am  ganzen  leib  wie  ein  espin- 
laub.  fr.  Simpl.  1,19;  zitterte  wie  ein  espenlaub.  irrg.  der 
liebe  610;  das  mädchen  zitterte  wie  espenlaub.  Moser  pair. 
ph.  1, 165.  Wieland  8, 133 ;  er  zitterte  wie  espenlaub,  da  er  mir 
den  rock  von  der  hecke  los  machte.  8,  268 ; 

sie  zitterten  wie  espenlaub 

und  Hohn  nach  Roszbachs  gründen.    Löwen  romanzen  59; 

er  fühlt  sein  herz  wie  espenlaub  erbeben. 

Gaus  Äriost  42,51; 

ein  Sprichwort,  das  ich  glaube, 

sagt:  weiberzung  hat  nimmer  ruh, 

sie  ist  von  espeulaube.    Borger  49*. 

ESPENMARDER,  m.  mustela  martes. 
ESPENSPINNER,  m.  phalaena  anastomosis. 
ESPENWALD,  m. 

holdes  gesäusel  bald, 
schmeichlerisch  linde, 
wie  durch  den  espenwald 
buhlende  winde.    Schillsr  3*. 

ESPENWIPFEL,  pl.  cacumina  populorum: 

klaget  ihn,  den  guten  hainenwandler, 

espenwipfel,  wieget 
eure  lauen  tlügel,  sommerlüftchen 
au  dem  frommen  hügel! 

HöLTT  auf  einen  sladlkirchUof  24; 
auf  des  waldes  farrenkraut 
setzt  vertraut 

euch  zusammen,  kost  und  singet, 
bis  des  abends  falber  schein 
in  den  hain 

durch  die  espenwipfel  dringet.    Salis  86; 
welches  säuseln  regt  die  espenwipfel? 
welches  flüstern  spricht  im  fliedergang? 

Kosegarten  poesicen  2,337. 
ESPENWOLLE,   f.    lanugo  foliorum  populeorum,   oder  iuli, 
kdtzclien : 

und  von  blettern  und  espenwoll 

der  see  schwamm  allenthalben  voll,    froschmeuseler  II  h  4*. 

ESPENZWEIGLEIN,  n.  ratrrulus  populeus: 

het  mir  ein  espes  (^  espenes)  zweigelein 

bogen  zu  der  erden, 

den  liebsten  bulen  den  ich  han, 

der  ist  leider  alzu  ferre. 

Förster  frische  liedtein  3  n*27.  4  n'32. 

ESPERER,  m.  fraudalor,  fallax.    Stieler  897. 

ESPERN,  vexare,  irritare.  Stieler  897,  sonst  auch  eschern. 
vgl.  abeschem,  in  Leipzig  eschpern,  abeschpern  {wie  espe  und 
esche  wechseln)  und  ekstern,  extern  {sp.  399): 

der  böse  gast  (der  liebesgotl) 
wird  im  vertrauen  mir  zur  last, 
er  äspert  mich  so  viel  er  kann, 
denn  was  er  siehet,  steht  ihm  an.    Glei«. 

ESPICH,  n.  populetum,  wäre  ahd.  espahi:  es  {das  grosze 
wassei)  gieng  über  nl  und  in  deme  espich  hocher,  danne  ein 
man  lang  ist.    Stolle  thüring.  chron.  171. 

ESPRING,  m.  Impetigo,  schorf,  grind,  gleichviel  mit  anspring 
1,470:  espring  oder  nerisz,  durrer  grind,  truckener  grind, 
das  versegent  oder  zit rächt,  toc.  14S2h3'  (x4'  steht  urspring). 
fiocA  andere  namen  mehr  bei  Diefenbacb  288'.  289*.  das  e  zu 
nehmen  für  ahd.  mhd.  i,  wie  eschwinge,  ewerg  stupa  vor- 
kommen statt  altd.  äsuinga,  dwirchi. 

ESSE,  m.  monas,  das  eins  auf  würfeln  und  karten,  sonst  as 
oder  es  {falsch  geschrieben  asz,  esz) ;  unter  es  sind  schon  belege 
für  das  mhd.  esse  gegeben,  ahd.  esso,  canis,  unio,  steht  in 
Wackernagels  vocab.  oplimus  seile  35*. 

73* 


1159 


ESSE  — ESSEGELD 


ESSEKOST  — ESSEN 


1160 


ESSE,  f.  uärina,  feuerherd,  schornslein,  sicher  ein  uraltes  wort, 
dessen  goth.  geslalt  uns  leider  entgehl,  ahd.  essa,  mhd.  ßsse 
( :  »esse,  presse),  schw.  äsja,  esja,  essja,  dän.  esse,  noru\ 
esja  glühende  asche,  aus  finn.  alijo  ustrina  ein  goth.  asja,  asjA 
(oder  isja,  isju)  zu  schlieszen?  da  sich  finn.  h  und  goth.  s  be- 
gegnen (luhansi  ==  |)usundi);  auch  essa  scheint  aus  fisia  ent- 
sprungen, für  die  würzet  bieten  sich  goth.  azgü,  ahd.  ascä,  ags. 
ysele,  cinis,  alid.  usilfaro  güvus,  lal.  urcre  ussi  ustura  und 
ustrina,  skr.  us  urere,  lucere  zu  naher  vcrgleichung  dar,  viel- 
leicht eis,  eisen,  er  und  ßra,  nenn  sp.  54.  359.  364.  1074  recht 
gemutmasit  wurde,  im  15.  16  jh.  erscheint  esse  oft  in  es,  oder 
wie  geschrieben  wird,  esz  gekürzt. 

mhd.  als  man  daz  golt  sol 

Hütern  in  der  tsse  :  wfsse.    Er.  6785; 

dö  gloste  ich  als  da;  isen, 

so  man  da  von  silit  risen 

in  der  esse  daj  sinder.    Serval.  3511; 

die  s^le  Tiiorten  si  dannen 

ze  einer  gluondon  esse  :  presse.    Tund.  54,7; 

die  brunnen  als  ein  esse, 

die  ein  smit  erbläsen  bat.    *rone  27422; 

sin  muot  der  was  s6  wpsse, 

reht  als  ein  smides  esse 

da;  starke  liure  gluote.    Martina  212,58; 

von  zinken,  qiiäter,  esse 

sitzet  manger  fh  kumers  £sse.    Renn.  11407  j 

dö  truoc  er  von  der  össe  da;  wuniclicbe  werc. 
Ortnü  176,2. 
nhd.    man  sacb  Ton  seinem  munde  gan 

als  von  der  esse  tbut  das  fewer.    Laurin  seh.  855; 

gol  schlecht  dise  münz  in  siner  essen.  Keisersberg  &%■;•  83' ; 
es  ist  ein  gute  münz,  gol  schlecht  si  selber  in  siner  essen. 
84';  funken  die  da  sluben  usz  der  es.  omeis  81';  die  esse 
prüfet  das  gelötet  eisenwerg.  Sirach  31,31;  also  der  schmid, 
der  musz  bei  seinem  ambosz  sein  und  seiner  schmitfe  warten 
und  wir!  mat  vom  fewr  und  erbeit  sich  müde  über  der  esse. 
38,  29 ;  hab  ichs  (das  büchlcin)  vviderumb  von  neuem  in  die 
esse  gestoszen  und  gebessert.  Llthers  fcr.  4,151;  aus  der  es 
zu  truck  gelangen.  Wertbeimer  ded.  vorrede;  der  obriste  ent- 
erbte sich  {errölhete),  als  wann  man  eine  esse  entzündet 
hätte,  med.  maulaffe  241 ;  ich  hänge  ihn  in  der  esse  auf,  dasz 
das  naseweise  gesicht  ein  bischen  geräuchert  wird.  Weisze 
kom.  opem  2,145;  dasz  ihr  mir  ja  keine  waldsänger  auf  die 
esse  bringt!    Klopstock  in  der  Hermaniisschl. ; 

es  erstarr  an  der  esse  die  amboszband !     . .  .; 

sah  ich  den  rauch  und  die  gint  und  die  holen  mauern  und 
essen.  Göthe  40, 250, 
d.  i.  die  ausgebrannten  Schornsteine,  eine  schuld  in  die  esse 
schreiben,  w  aufgeben,  Zahlung  nicht  mehr  hoffen,  es  gehet 
erst  aus  der  esse,  recens  opus.  Hemsch  914,  23,  wie  wir  sagen 
funkelneu  für  frischgeschmiedet,  eben  aus  der  schmiede  oder  münze 
gehend:  die  prediger,  sonderlich  wenn  sie  new  sind  und  erst 
aus  der  esse  komen.  Luther  3, 229' ;  zu  der  zeit  war  ich 
prediger  allhie  im  kloster  und  ein  junger  doctor,  neulich 
aus  der  esse  kommen,  hitzig  und  lüstig  in  der  heiligen  schrift. 
Luther  ed.  Irmischer  26,50;  es  kumpt  aus  einer  es,  ist  in 
einer  es  oder  Werkstatt  geschmiedet,  ex  eadem  offtcina.  Maa- 
LEB  121*.  Heniscb  944,  25.  ncucrdings  braucht  man  auch  esse 
von  der  engen  aufrechten  röhre,  welche  die  durch  Verbrennung 
erzeugten  gase  und  dämpfe  ins  freie  fuhrt. 

ESSE,  n.  Salus,  incolumitas,  wolsein,  der  substantivhch  gesetzte 
lal.  inf.  esse:  ich  sprich,  das  ...  das  gesrhiechl  des  herrcn 
Horgulantua  vor  andern  sei  in  esse  erhallen  und  vil  besser 
dann  der  Harlunger,  Amelunger  oder  Rechlunger  stammen. 
Carj;.  3o';  dahingegen  wolle  der  kOnig  die  sladt  nicht  lassen, 
sondern  jederzeit  schützen  und  scliirmen,  ihre  privilegia  in 
Tollem  esse  erhallen  und  sie  in  nichts  dawider  beschweren, 
(o.  1631).  ('hemkitz  schwed.  krieg  l,24i';  in  esse  bringen  [in 
den  itand).  WALLErtsTKi.ts  briefe  81  (a.  1628);  es  hätten  aber 
i.  f.  g.  den  gehorsam  von  ihnen  gespüret  und  die  Übung  noch 
in  ziemlicher  (w)  esse  gefunden.  Schweimchens  herzog  Hein- 
ruh XI  «.81  (a.  15S0);  man  sagt  heute:  hier  ist  er  in  seinem 
e»»e,  hier  fühlt  er  sich,  seiner  nalur  nach,  behaglich  und  unbe- 
Idsligt.  uhon  matter  Eckhart  121,14:  da  sitzet  er  in  sline 
n^hnten,  in  Htm  isse,  alle;  in  sich,  nicrgen  Ajer  sich. 
ESSEGELD,  n.  im  gegensalz  zu  trinkgeld: 

wie  kümts  daiz   ein  gem<-incr   mann   um  trnnkgeld  pllefrl  lu 

bitii'n? 
auf  euegnid  begehrt  er  nlrbi».    <>ii  »Ind  noili  dnutiiclic  »meu. 
LocAU  3,  'iM,  1137. 

tsiefelt,  Mymbvium,  prelium  coenat.    Stielib  031. 


ESSEKOST,  f  cibus,  speise,  lebensmittel :  des  lachten  sie  (die 
wilden)  und  sagten  'da  kompt  unser  essekost  her  huppende' 
d.  i.  den  wir  essen  wollen.  Hans  Staden  h  l  =  133.  vgl. 
essenspeise. 

ESSELAL'BE,  f  triclinium,  Speisesaal:  Samuel  aber  nam  Saul 

und  seinen  knabcn  und  füret  sie  in  die  esseleuben.  1  San\.  9,  22 ; 

esseloube.    mysl.  1,162,35;  esselöube.  Rothe  thür.  ehr.  c.  14'. 

ESSELECHTIG,   acidtis,   acidulus:     die  Heischbrühe   wird 

esselechtig,  jusculum  coacescit.    Stieler  897. 

ESSELEN,  atvscerc,  fast  säur  oder  essächtig  sein.  Maaler 
121';  der  wein  esselt,  vinum  acet.  Stieler  896.  5.  essichcn. 
ESSELING,  m.  weüzfisch.  Frisch  1,  233'. 
ESSEN,  edere,  goih.  itan,  ahd.  öjan,  ßjjan,  mhd.  g;;en,  alls. 
ags.  etan,  engl,  eat,  nl.  den,  fries.  ita,  i-ta,  schw.  äta,  dän. 
ädc.  neben  ejan  ahd.  auch  gie;an,  gejan,  comedere,  mhd. 
gejjen,  nhd.  kein  gesscn;  ags.  gel'tan.  praet.  und  pari,  prael. 
machen  eigne  Schwierigkeit. 

fürs  goth.  praet.  at,  etun  w<  der  sg,  ohne  beleg  und  die  an- 
seheinende analogie  von  frft,  frflun,  altn.  At,  Ato  könnte  auf 
tl.  f'tun  leiten,  doch  frfet  enU:prang  vielmehr  aus  fraat,  bestätigt 
also  at.  ags.  ät,  aton  oder  a;t,  a-ton?  engl,  eat,  ate.  altn. 
ät,  Ato,  schw.  ät,  Ate,  dän.  aad.  durch  solche  production  des 
sg.  wird  ein  ablautsgesetz  gekränkt,  ahd.  aj,  Ajun,  die  kürze  des 
sg.  nach  mhd.  a;  ( :  laj.  I'arz.  217, 11.  21S,  16),  Ajen,  gUichwol 
steht  geschrieben  ä;  bei  N.  Boelh.  179,  bei  Grieshaiier  2,6«.  113 
und  vrA;  :  unlerla/,  gerciinl  Serval.  2955;  auch  netten  nt.  at 
taudd  aat  auf.  nhd.  asz,  aszen.  das  compositum  ahd.  giaz;, 
giäzun  oder  gaj,  gAjun,  namentlich  gewälirt  0.  IlL  6, 18  gAji 
will  IIL  6,  43.  IV.  11, 1.  V,  15, 1  gAjun.  mhd.  gaj,  gA;en,  gaejc 
(wb.  1, 759").     nhd. 

alsbnid  er  nun  das  imbis  gasz, 

er  wider  auf  seim  pTerdlin  sasz.    Wickrais  bilg.  36, 
doch  später  kein  gasz,  gaszen.     ags.  geät,  geaeton. 

dem  pari,  praet.  i.it  goth.  zuzutrauen  itan,  ags.  gten,  engl. 
eatcn,  altn.  lautet  es  etinn  m.  etil  n.,  schw.  ätit,  dän.  ädt. 
ahd.  belege  sind  unverzeiclinet,  ejjan  und  gejjan  für  giejjan  = 
ags.  geeten  höchst  wahrscheinlich,  wobei  nur  zweifelhaft  bliebe,  oft 
das  anlautende  g,  gi  blosz  dem  pari,  von  ejan  zidrilt  oder  die 
composilion  durch  das  gesamte  wort  zieht,  auf  ungäser  incoenalus 
(Graff  1, 528)  werde  ich  sogleich  kommen,  mlid.  gellen  zwei 
formen  nebeneinander,  gejjen  und  gAj: 

ich  ne  bete  sin  inbi;;en, 

ne  bete  si  ij  6  gesjen.    fundgr.  2,20,6; 

nü  babent  si  wol  gßjjen 

und  sint  dar  nach  gesehen.    Er.  8363; 

dö  si  getrunken  hüten  und  gcjjen  überal.    Nib.  1612,1; 

der  bunt  hat  leder  gejjen.    Khkidank  138, 17 ; 

dö  weit  er  aber  gt'Sjeu  haben,    pass.  K.  276, 17 ; 

bästu  daj  obej  gä;?    anegenge  18,25; 

da  du  ane  hast  gä;  den  tot.    fundgr.  2,20,3; 

ejn  si  denne  gar  ein  vrAj, 

weit  ir,  si  babent  gcnuoc  da  gaj.    Parz.  638,5; 

well  ir,  si  hänt  da  gä;  genuoc.    815,21; 

ür  sluonden  die  da  beten  gJg  ( :  sa^-     •''••  277, 11; 

ö  das  ich  mit  in  het  da  gäj  (  :  da;),    frauendienst  336, 15; 

het  ich  mit  in  nibt  gä;  aldä.    336,19; 

als  sie  woltc  haben  gäj  (  :  saj).    kröne  13629; 

als  schier  si«  hälcn  gä;  ( :  gesaj).    14804; 

dö  si  alle  warn  pesejjen 

und  wol  halbe  bäten  gäg  (  :  va;).    27S04; 

schiere  bäte  er  gnuoc  gä;.    2S876; 

dö  da;  gesinde  het  g*;  (  :  ba;).    Wigam.  2664; 

het  er  äne  zannen 

sin  Heisch  getragen  dannen 

unt  gä;  mit  gemache,    n.  w.  3,172; 

nu  da  g&;  was  genuoc.    Mai  219,15; 

da;  Iie;eD  «i  wol  äne  ha;, 

wan  si  lutzrl  biMen  gä;.    219,18; 

deei  bot  der  uni;etriwe  flrä; 

in  vil  kurzer  trist  gfl;.    a.w.  3,180: 

ich  bin  pew/isen  zwelf  wochon  und  ein  jAr, 

da;  ich  keiner  menschen  spise  nie  bän  gä;.    Oswalt  1781 ; 

ich  hAn  gAi;,  ich  hAu  getrunken.  niEHRR  382,23;  da;  diu 
weifer  gAj  hahent  die  hruseni.  fundgr.  1,101,10;  Aai,  fr  auf 
dem  wöge  hAt  geA;  und  geirunken.  Grieshabkr  i,h^•,  und 
sicJier  totul   noch    öfter,      die   strltvn   für   ffiii,    weisen  mnM  auf 

Haiern  und   (hterreich,    nur   der  dichter    '•••   ••<  branclil  k  ". 

und    gi'J^en    unmiltellmr   hinler   eiunfiil-  ihan^«,    Gim 

rniEt),    CoNHAii  sind   keine    ftm/wc/r    i/r  >    ,  ,      -  n   gAj  nelirn 

haben,  ein  im  mhd.  wb.  l,  761  unbeijretflich  ani/eimßirs 
•i  ä{iu  gi*  und  quAuin,    Alliu  C,  164 


I 


1161 


ESSEN 


ESSEN 


1162 


gehört  vollends  nicht  hierher,  denn  gas  ist  =■  gähes,  subito.  geAg, 
gäj,  oder  nach  vielen  reimen  gaj,  geicinnl  fiir  unsre  grammatik 
uerlh,  ich  silie  darin  die  erloschne  form  eines  pari,  praet.  activi, 
välirend  gejjen  pari,  praet.  pasävi  ist.  beide  gäj  und  gej^en 
gleichen  merhrärdig  den  sl.  participien  jed  und  jeden  und  Slaven 
grenzen  an  Ostdeutschland,  zwar  hat  in  den  voranslchcnden  be- 
legen gäg  rüllig  die  passivbedeutung  von  genea  und  eins  dieser 
tpürter  scheint  entbehrlich,  iceshalb  uir  ihm  auch  spdler  entsagt 
haben,  allein  der  schwankende  oder  wechselnde,  bald  transitive 
bald  intransitive  sinn  von  essen  mochte  längst  den  der  participien 
verwirren,  man  sagte  ich  han  gej5en  für  intransitives  edi,  comedi, 
ich  hän  gäj  den  t6t  für  transitives  edi  mortem,  während  es  im 
ersten  fall  ich  hän  gäj,  tw»  andern  ich  hän  den  tot  gcj^en 
heiszen  sollte,  dasz  gäj  ursprünglich  einen  aussagt  der  gegessen 
hat,  folgt  unwidersprechlich  aus  seiner  unabhängigen,  adjectivischen 
Verwendung,  die  auch  verneinendes  un  vorschiebt  und  der  wir 
eben  bei  Hartmans  begegnen,  welcher  sich  des  hän  gäj  enthielt; 
es  sind  die  redensarten,  wo  sich  dies  parlicipium  mit  den  Wörtern 
sein,  sitzen,  ligen,  fahren  u.a.m.  bindet: 

dö  er  Tierzic  tage  was  ungäi;.    anegenge  10,24; 

so  da^  er  sins  gebetes  pblac 

uagä;  unz  an  den  dritten  tac.    Greg.  2398; 

so  niuoj  er  da  iingäj  ligen.    2699; 

manegen  tac  ungäj  er  gienc.    Parz.  4S5, 29; 

ungäj  lif  dem  gerilde 

dolten  si  die  hungers  not.     Wigal.  254,19; 

dö  icli  also  trüric  saj, 

ungäj,  gedankes  sat.    Flore  3185; 

fr  was  ungä;,  gedenke  sat.    3026; 

da^  er  ungä;  muose  sin 

durch  eüi  kleine j  miuselin.    IIaupt  7,360; 

er  wa?r  wol  ienier  ungä; 

und  von  aller  swaere  genesen.    8,  ISO; 

nieman  mac  lernen  ungäj.    Reinh.  s.  337,1248; 
und  iige  hiut  den  driten  tac  ungäj  und  angetrunken.  Gries- 
BAbER  1,  86. 

überein  mit  diesem  angetrunken  kommt  freilich  ungejjen: 

ob  ich  nu  hie  ungej^en  sitze.    Renner  16397; 

ich  bin  hiut  den  dritten  tac 

zwäre  ungejjen.    G.4.  2,571; 

der  dö  waere  gesejjen 

dri  tage  ungej^en.    3,115; 

als  iwer  geselle  trinken  sol, 

so  Sit  ungejjen,  daj  stet  wol.    Haipt  7,176; 

und  niuost  du  ungej^en  wesen.    7,359; 

noch  was  Jacob  ungejjen.    passional  H.  95,  57 ; 

das  ^'u  niin  vil  lieber  vrunt 

ungej;en  von  mir  vure.    36,94; 

wände  si  binnen  vier  tagen 

ungej^en  aldä  lägen.    271,60; 

da;  si  hint  sin  unge^^en.    pass.  K.  144,79: 

ich  wil  ungejjen  bliben.    226, 21 : 

lies  man  in  wesen  ungejsen     275, 1 ; 

von  dem  morgen  dicke  er  las 

unge;;en  an  die  vesperzit.    508,9. 

ein  ahd.  beleg  für  ungäj  incoenatus  wurde  vorhin  angeführt  und 
von  ihm  aus  läszt  sich  folgern,  dasz  aucli  ahd.  gäj  und  gegan 
neben  einander  galten,  ob,  ohne  jwaefix,  analoge  participia  ahd. 
äj  und  ej^an,  mhd.  ä^  und  e^jen  bestanden,  ist  nicht  zu  erwei- 
sen, an  sich  aber  walirscheinlich,  demnach  müste  gleiclifalls  unä? 
oder  uni-j^en  incoenatus  ausdrücken,  s.  sp.  1163  aus  Amgb.  22'. 

erklärbar  ist  die  sdion  früh  auftauchende  Verdopplung  des  prae- 
fixes,  gleich  als  sei  die  würzet  des  verbums  nicht  ejjen,  sondern 
gejjen  und  dieses  mit  den  völlig  unverwandten  ergejjen,  ver- 
gejjen,  oblivisci  in  eine  reihe  zu  stellen;  ein  goth.  gaitan  {wie 
fraitan,  frejan)  würde  nichts  verwirren,  da«  altd.  giejan  konnte 
zu  g??an,  gia;  zu  gaj  werden  und  verführen,  noch  leichter  mhd. 
gi'?/,en,  gi/,;et,  wobei  man  das  ge  in  gleich,  genug,  glauben, 
geglaubt  betrachte,  bä  Griesbaber  3,  53  lesen  wir:  dag  du  des 
boiinics  hast  gcgäg;  5,66  warumbe  er  den  apfel  hÄte  gegäj. 

nhd.  bilden  wir  heute  zu  essen,  asz  ein  pari,  gegessen,  statt  des 
organischen,  twch  bis  ins  16  jÄ.  allgemein  gültigen  gessen.  geesscn. 
wie  Keisersberg,  Lutueb,  Hans  Sachs,  Fischart  und  alle  Uire 
Zeitgenossen  richtig  schriAen :  und  Adam  sprach,  das  weib,  das 
du  mir  geben  hast  zu  einer  gcsellin,  die  hat  mir  geben  von 
dem  holz  und  ich  hab  davon  gessen.  Keisersd.  s.  d.  m.  12'; 
die  schlang  bat  mich  betrogen  und  ich  han  geessen.  bibel 
1483,  6'.  1  Mos.  3, 13 ;  das  dicii  niemand  kenne  bis  man  ganz 
gessen  und  getrunken  hat.  Ruth  3,  3 ;  und  da  Duas  gessen 
und  getrunken  hatte.  3,  7;  die  aber  gessen  hatten  der  waren 


bei  fünf  tausent  man.  AfoMA.  14,  21;  wir  haben  für  dir  gessen 
und  getrunken.  Luc.  13.26;  da  sie  das  brot  gessen  hatten. 
Joh.  6,  23 ;  davon  wil  ich,  alsbald  wir  geessen,  in  den  wald 
gehn.  /cj/ende  6et  Luther  6,  50t';  da  man  geessen  hatte.  501* ; 
ich  bette  nit  ein  bitzlin  geessen.  Plater  26;  brosmen  u.sz 
den  kieken  (rUzen)  gesucht  und  geessen.  27;  die  betten  sie 
denn  gedöttet  und  gessen.  Hans  Staden  reise  s.  129 ;  das  es 
so  lang  ungessen  hieng  über  dem  fewr.  s.  156;  der  eifer 
deines  bauses  hat  mich  gessen.  Reiszner  Jerus.  1, 48* ;  in 
Italien  werden  die  delphin  von  niemand  gessen.   Fokek  96*; 

gessen  ungelrunken  ist  gehunken, 

getrunken  ungessen  ist  zwischen  zwein  stülen  niedergesesseu. 

Garg.  52'; 

warumb  wolt  man  sonst  gessen  haben?  84',  wo  ungessen 
zugleich  jenes  mhd.  ungejjen,  ungäj  {ohne  gegessen  zu  haben) 
belegt,  manche  schreiben,  wie  schon  die  stellen  zagen,  auch  ohne 
syncope  geessen,  z.  b.  Helber  B  6'.  H.  Sachs  III.  1, 120',  welches 
ganz  einerlei  mit  gessen  ist,  kaum  einer  scitreibt  gegessen,  den- 
noch mögen,  nach  vorausgang  des  mhd.  gegäj  auch  ein  paar 
gegessen  früher  vorkommen,  Bocc.  1,  32'.  33*  (Frankf.  1580)  liest 
man  hinler  einander:  das  eine  brot  gegessen  hatte,  das  ander 
brot  auch  gessen,  da  man  nun  gessen  hatte;  bei  SteinhOwel 
46.  47  steht  alle  dreintal  gessen.  tm  17  jh.  nimmt  die  schlechte 
form  gegessen  überhand,  hin  und  wieder  haftet  gessen:  unge- 
achtet wir  hier  köstlicher  gessen  haben.  Lohesst.  irm.  1,585; 
Vogelnester,  die  für  die  niedlichste  speise  gessen  werden. 
1,  642 ;  gleichsam  als  wenn  man  in  einem  capucinerconvent 
gessen  hätte.  Simpl.  K.  165;  der  gift  gessen  hat.  Hohberg 
3, 178'.  217*.  246*.  im  18  jh.  drang  gegessen  durch,  von  Stieler 
894  war  noch  aufgestellt  worden:  gegessen  und  gessen,  von 
Frisch  1,  233  blosz:  ich  hab  gegessen,  bei  Gottsched  und 
Adelung  erscheint  gegessen  allein  richtig,  Geuert  setzt 

arm  hat  er  sich  noch  satt  gegessen.  1,79; 
du  hast  zu  mittage  blähende  Sachen  gegessen.  3,  226,  er 
würde  sich  hüten  gessen  zu  gebraudien,  doch  hat  man  es  späterhin 
für  den  naiven,  traulichen  ausdruck  wieder  zugelassen:  schenk 
mir  was,  ich  habe  kein  brot  gessen  gestern  und  beut.  Göthe 
8, 19  =  42,  22 ;  wenn  ihr  gessen  und  trunken  habt,  seid  ihr 
wie  neu  geboren.  42, 12  (s,  12  gegessen  und  getrunken) ;  aber 
wir,  wenn  wir  gessen  und  trunken  haben.  42, 13  (8, 12  ge- 
gessen, getrunken); 

ich  habe  gestern  auch  ^ine  erlegt, 

am  feuer  sie  gezeitigt 

und  gessen  mit  meinen  brüdern.    33,256; 

fiir  drei  jähr  trauben  gessen.  Göthe  bei  Merk  1, 1S4 ;  und  als 
er  gessen  und  getrunken  hatte.  Fr.  MCller  1,124;  es  beiszl 
mir  scharf  in  die  nase,  als  hält  ich  meerrettig  gessen.  1,  292 ; 
die  leute  haben  gessen  und  schlafen.  Klisgers  theat.  2,  272. 
gessen  und  trunken  stehen  einander  gar  nicht,  nur  scheinbar 
parallel,  wol  aber  gessen  und  getrunken,  so  kann  sich  die 
Sprache  verwöhnen. 

das  andere  pari,  gasz  kennt  sie  in  der  schriß  gar  nicht  mehr, 
unlerm  volk  in  Hessen  unä  am  Main,  wahrscheinlich  sonst  noch, 
ist  genug  zu  hören  'ich  han  gasz'.  Schmeller  2,  73  unter  gäsz 
gegessen  weist  auf  essen  und  asz  1, 116. 119,  ico  f?ian  auch  ich 
han  gasz,  ich  habe  gegessen  angemerkt  findet. 

grosz  ist  die  urrerwandtschaß  zu  unserm  essen :  skr.  ad,  gr. 
eSeiv,  lat.  edere,  comedere  =  gessen,  sp.  comer,  wofür  it. 
mangiare,  fr.  manger  =  manducare  aus  mandere,  ir.  gal.  ith, 
welsch  it,  /«/.  esti,  lelt.  ehst,  preusz.  ist,  altsl.  iasti,  russ.  iest", 
poln.  ie^<?,  böhm.  jisti,  in  dtr  ersten  pers.  des  praes.  lit.  edmi, 
sl.  iesm',  iam'  für  iadmi,  böhm.  jim  für  jedm. 

fiach  dieser  einem  so  althergebrachten  wort  gebührenden  dar- 
legung  seiner  form  kann  auf  die  bedeutungen  eingegangen  werden. 

l)  «r6cdei</«ng  des  essens  schänt  beiszen  und  kauen,  wie  poln. 
iesc,  serb.  jesti  ausdrücklich  besagen,  enbeiszen  {sp.  446),  ags. 
onbitan  ist  anbeiszen  und  essen,  unser  entstelltes  imbs  mcdilzeit. 
der  rost  iszt  das  eisen,  cdit  ferrum,  beiszt,  nagt  daran,  man 
erwäge  manducare,  mangiare,  manger,  die  den  begrif  masticare, 
mächer  ermdszigcn.  eine  bestätigung  liegt  in  zahn,  ahd.  zand, 
ags.  töd,  goth.  tunj)us,  lat.  dens  dentis,  welsch  dant,  ir.  deat, 
lit.  danlis,  skr.  danta,  welche  sämtlich  schon  in  frühster  zeit  des 
anlautenden  vocals  verlustig  giengen,  der  nur  in  ooovg,  oSdvxos 
haßcte.  die  oSövrti  sind  aber  edentes,  nicht  sowul  essende,  als 
beiszende,  malende,  malmende,  denn  essend  wäre  auch  zunge  und 
gaume.  man  sa^  ^eicIUiedeutig  ein  buch  essen,  beiszen,  schlin- 
gen (s.  hernach  unter  to)  und  auch  eisen  essen,  beiszen,  fressen, 
kauen,  liagen  sind  synonym. 


1163 


ESSEN 


ESSEN 


1164 


2)  der  Golhe  setzt  geiBöbnlich  matjan  für  tpayeiv,  io&leiv, 
r^coystv,  ßißocöaxetr,  selten  itan  für  ia9ietv.  wäre  nicht 
unmittdbar  Zusammenhang  zwisclten  mandere  und  matjan?  der 
golh.  vocal  L<i  kurz  und  keine  spur  von  Verengung  des  worts,  wie 
sie  auch  mats  cibus,  ahd.  inaz;,  alln.  matr  abweisen,  nur  scheint 
die  buchstäblich  recläferlige  herleilting  von  matjan  aus  mitan  dem 
sinne  zu  tciderstreben,  es  müsle  denn  im  kauen  ein  messen,  ver- 
messen liegen,  gleich  matjan  jah  drigkan,  manducare  et  bibere, 
iad'istv  xai  rct'vsiv  Matth.  11, 18.  19,  6tun  jah  dnigkun  Lue. 
17,27.28  stehen  essen  und  trinken  gern  beisammen: 

mhd.  si  trunken  sire  und  äjen.  Ir.  kr.  16316; 
nhd.  mit  im  a;  und  tranc.  Griesbaber  1,  53 ;  liebe  seele,  isr, 
trink  und  habe  guten  mut.  Lue.  12, 19 ;  so  er  denn  gisset 
und  trinket  mesziglich.  Keisersb.  Wjer  18';  isset  oder  trinkt. 
18*;  pfuch,  alles  das  er  isset  und  trinket,  das  lügt  er.  s.  d.  vi. 
1b*;  ir  werdet  essen  und  trinken  mit  mir  an  meinem  tisch. 
Reiszxer  Jerus.  1,16*;  und  zahllose  mal  anderwärts, 

der  kein  verdienst  besnsz, 

als  dasz  er  vornehm  trank  und  asz.    Gellbrt  1,182; 

er  sasz  in  angst  dabei  und  asz  und  trank  nicht  mehr. 
LicuTwia  144. 
zu  essen  und  zu  trinken  geben: 

hei;t  uns  dritte  ze  Sjjen  geben.    IIelbl.  1,122t. 
man  sagte  sonst:    ab  der  band  essen,  vesci  ex  manu.  Maaler 
121*,    heule   aus   der   band;    den  verliebten  schmeckte  es  so 
wol,  dasz  sie  einander  das  confect  aus  dem  mäulchen  aszen. 
pol.  maulaffe  17. 

3)  das  golh.  fraitan  ist  xaxead'Ceiv,  aufessen,  verzehren, 
schlingen,  ein  etwas  härterer  ausdruck  als  itan:  frdt  deroravit. 
Luc.  15,30;  fugiös  frßtun  |)ata  fraiv,  volucres  comederunt  illud 
semen.  8, 5.  auch  unser  hetdiges  Sprachgefühl  legt  essen  den 
menschen  bei,  fressen  den  thieren :  ein  unvernünftig  thicr  friszt 
kaum  das  ander,  solle  dann  ein  mensch  den  andern  fressen  ? 
Hans  Stades  reise  154,  welche  thierische  grausamkeit  wir  dann 
mä  dem  ausdruck  menschenfresser  bezeichnen,  doch  ahd.  manßjo, 
ambro  und  Keisersberg  s.  d.  m.  29'  drückt  sich  so  aus:  kein 
tbier  isset  das  ander,  kein  sperber,  falk  isset  den  anderen, 
on  allein  ein  wülpin,  die  isset  ein  (=  einen)  wolf,  so  sie 
bungerig  ist.     hier  sdiiene  frisset  zutreffender: 

ein  mensch  sol  ejjen,  ein  wolf  frejjen, 

und  sol  sins  iibes  pfrüende  m^jjen.    Uenn.  9568, 

seine  nahrung,  speise  schlingen,  welches  mejjen  sich  für  die  ab- 
leitung  von  matjan  brauchen  liesze; 

wolf,  nu  frij  da?  lampl    MS.  2,171'; 

ze  hant  ir  da^  lamp  vraj.    a.  w.  3,170; 

so  diu  katze  vrijset  vil, 

zebant  sA  hevet  si  ir  spil.    Iw.  823; 

d€s  hete  €r  (der  slange)  gerne  vrej^en 

den  riter  edel  unde  starc.    tr.  kr.  9792; 

niun  vögele  die  der  slange  vra;.    24202; 

nhd.  der  Sperling  pickt  und  friszt  die  körner,  der  linke  friszt 
mir  aus  der  band,  der  käfer  friszt  das  laub,  die  raupe  den 
kohl,     doch  Flehi.ng  487: 

zu  zählen,  vrie  viel  blenen  essen 
▼on  Ilyblens  süszem  klee. 

wenn  Otfried  von  den  mit  brot  und  /ischen  gespeisten  leuten  sagt : 
so  sie  thar  tbö  g&Kun  tbie  in  tbemo  grase  sfijun.    III.  6,43; 
ioh  ward  therä  äleibd,  tberd  Üse6  iob  thfird  leibö, 
ni  frä{un  sie  i{  alla^,  sibun  korni  ubar  tha;.    56, 

(0  meint  hier  fräjun  verzehrten.  niclU  selten  steht  aber  ?;;en 
von  thieren,  zumal  den  hauslhieren  pferd  und  hund  (die  man 
auch  anredet): 

ich  w«n  dtn  ors  dicke  gaj 

ze  Munsalvxsche  ba;  dan  hie.    Part.  485,14; 

e{e  <(  böi,  ei  wnr  ein  ft-emdei  pfert.    Walthkr  82, 19 ; 

darzuo  diu  ros  unge^uen  Ut.    Amgb.  72*; 

AtT  huot  eninet  bOuwes  nibt.    Frbidank  138,11; 

d«r  bunt  hftt  Kder  g«s{en.    138,17; 

mit  man  auch  bunti;  für  hundekod  tagte,  fraw,  ich  bit  dich, 
hüte  ein  wenig,  das  der  hund  die  «speis  nicht  esse,  die  ich 
uf  den  tisch  stelle.  SteinbAwbij  Aesop  1555.  16.  die  bibrl 
1483,169*.  Ikön.  21,23  setzt:  die  hund  werden  essen  Jczabel 
in  dem  acker  Jczrahel,  wo  LurneR :  die  bunde  sollen  Isebel 
frc<tsen  an  der  mauren  Jesreel.  sie  lieszrn  die  ros  es«rn. 
Iiueh  d.  l.  217,  4 ;  darnach  gab  er  seim  ros  zu  essen,  ebenda ; 
und  sol  man  dem  pfrrde  xlrnwcn  bis  an  den  bnrh  und  ein 
kripf  und  rauf  in  dem  kL-iII  mnrhcD,    esze  daii  er  {der  rogt) 


und  das  pferd  gern,  do  luge,  wo  er  es  neme  {d.  h.  slroh, 
krippc  und  raufe  hat  das  pferd  im  stall,  fürs  fulter  sorge  der 
vogt).  weisth.  1,  743.  Seüter  und  Uffenbach  m  Hiren  arznä- 
bücltern  gebrauchen  immer  essen  für  fressen  von  den  pferden, 
z.  b.  wenn  das  pferd  den  wolfszan  hat,  mag  es  nit  wol  esseu. 
Seuter  341.  im  kindermärchen  wird  der  traulichen  hausschlange 
zugerufen:  'ding,  isz  auch  brocken!',  andere  erzählen  'frisz 
auch'  {mylh.  s.  560),  jenes  aber  ist  passender.  Ihiere,  die  unter- 
einander redend  aufgefülirl  werden,  läszt  man  ebenfalls  'essen' 
sayen,  so  die  matis: 

nu  \i  an,  trüt  gespil!    Bow.  15,20; 

\l  vaste,  wir  sin  wol  behuot 

vor  hunden  und  vor  katzcn.    15,21, 

weil  es  natürlich  ist,  in  der  fabel  den  thieren  auch  die  mcnsch- 
liclien  ausdrücke  zu  gestatten,  wie  überall  »m  Rviiiekc  fuchs  ge- 
sdiidil.     auch  die  Verwünschungen  merke  man: 

da;  dich  eejcn  die  maden !    Hklbl.  1,1212; 

$6  g;;en  si  die  wilden  krftn!    Keller  erz.  190; 

die  wurme  Sssent  uns  da;  hörze.    Dieiir  219, 10. 

des  Boelhius 

vultur,  dum  satirr  est  modis, 
non  traxit  Tityi  jecur 

verdeutscht  N.  179  unde  sanges  sattr  ne  ä;  ti-r  gtr  inin  diu 
Tilyo  dia  lebera.  der  wolta  mit  Latona  släfen.  daj  rah 
Apollo  mit  tiu  daj  imo  der  gir  dia  lebera  äje  unde  also  filo 
er  geäje,  daj  si  also  filo  gewuohse. 

4)  die  veiba  essen  und  trinken  stehen  intransitiv,  wenn  ihnen 
kein  acc.  folgt,  transitiv  wenn  ein  sulclwr  von  ilinen  cAhnngt.  sie, 
sowie  alle  ihnen  gleichbedeutigen  sind  vorzugsweise  geeignet,  den 
parlUivbegrif  des  gcnitivs  von  dem  auf  den  ganzen  gegenständ 
gerichteten  accusaliv  zu  unterscheiden  (gramm.  4,  649)  und  neben 
diesem  zeigt  dann  das  verbum  transitive,  neben  jenem  intransitive 
bedeutung.  des  brotes  essen,  manger  du  pain  heiszt  ein  stück 
davon,  das  brot  essen,  manger  le  pain,  das  ganze  aufessen, 
doch  unsre  heutige,  die  genitivfügungen  einengende  .'spräche  zieht 
ein  unarliculiertes  brot  essen  dem  früheren  brotes  essen  ror, 
was  näher  zu  enlwiclccln  nicht  hierher  gehört,  beispiele  des  par- 
lüiven  genilivs:  ahd.  aphules,  opakes  öjan,  ags.  ofäles  etan, 
onbitan ; 

mhd.  &  ich  nü  der  spise  wolde  l€ben, 
diu  kinde  wirt  von  örste  gegeben, 
eins  wilden  wolves  a>{e  ich  6.    Freidank  23,9; 
si  sprach  'ir  sult  min  eaen  niht'.    Parz.  131,24; 
dar  zuo  ij  du  der  apfel  und  der  kriechen.    US.  2, 101"; 
dßr  brüigoum  vaut  in  d6r  hant 
ein  palmris  mit  siner  vruht, 
dar  abe  in  lieblicher  zuht 
er  mit  der  brüt  des  apiels  a;.    pass.  H.  247,83; 
der  rab  der  botschaft  gar  vergär, 
dö  er  ein  äs  vant,  des  er  ai-    Renn.  2563; 

nhd.  du  will  der  ersten  tracht  nit  essen,  du  hoffest  es  wcrd 
eine  bessere  hernach  komen,  deren  wiltu  essen.  Keisersb. 
siben  scfieiden  6;  wenn  ir  ins  land  komet,  darein  ich  euch 
bringen  werde,  das  ir  esset  des  brofs  im  lande,  solt  ir  dem 
berrn  ein  hebe  geben.  4  Mos.  15, 19 ;  wenn  du  gleich  mich 
hie  hellest,  so  esse  ich  doch  deiner  speise  nicht.  ricM.  13,  IC ; 
wcnns  essens  zeit  ist,  so  mache  dich  hie  herzu,  und  isz 
des  brots  und  tunke  deinen  bissen  in  den  essig.  Ruth  2, 14 ; 
80  sol  iederman  seines  weinstocks  und  scins  feigenbawms 
essen  und  seines  brunnes  trinken.  2  kün.  18,31;  esset  ihr 
der  fruchl,  «o  werdet  ihr  sterben,    buch  d.  liebe  201,4; 

der  mcins  brots  asi.    Melissus  pi.  SI*; 

mein  nöchster  freund, 

der  meines  brots  iszt.    Opitz  pt.  41. 

5)  statt  dieses  gen.  reiszt  bald  die  praep.  von  ein:  du  soll 
essen  von  alleriei  bcwmcn  im  garten.  iMos.  2,16;  und  also 
brach  sie  ein  feig  von  dem  bauin  und  asze  davon  und  gab 
sie  Adam  zu  versuchen.  Keisersb.  s.d.m.  12*;  so  oft  ir  von 
diesem  brot  esset  und  von  diesem  kelch  trinket.  1  Cor.  11,20; 
und  er  wOlte  von  keinem  mehr  essen.  Hans  Stades  nw*  138  ; 
ich  bin  nit  her  kommen,  das  ich  von  dir  essen  wolle.  141 ; 
leben  daran  wol  und  lassen  in  wol  sein,  essen  fast  von  milch, 
finden  und  süszem  ding.  Frane  mW//».  147*;  ich  mochte  nicht 
davon  essen;  er  asz  von  dem  obst  und  liesz  alles  andere  »lehn ; 

Ihr  «pftrtet  Ihn  au«  und  hftitct  um  alle» 
Ri>rn  von  der  waare  gegessen.    Gftjut  4o,  U; 
leider  bub  irh  lu  viel  von  einir  »pciso  pcK«"»»«''-    40,  2.1. 

6)  der  acc.  findet  sich  sehr  häufig,  wo  r«<rn  in  <j//</mir»nrm 
sinn  genommen  iM  oder  verzehren,  aufessen  bedeutet:  brot,  fleisch, 


1165 


ESSEN 


suppe,  gemOse,  obsf,  lionig,  fruchte,  kirsclien,  nflsse  essen; 
ich  will  etwas  essen;  ich  gebe  dir  gleich  zu  essen,  du  be- 
kommst wenig  zu  essen;  es  hat  zwölfe  geschlagen,  essen 
wir  bald  was?; 

bleib  ich  hier,  was  sollen  wir  essen?    Göthk  40, 3S; 

esset  ihr  mause  so  gern?    ebenda; 
wes   brot   ich   esse,   des   lied   ich   singe;    das  trockne  brot 
essen;    er   hat  nicht   einmal   das  liebe  brot  zu  essen;    das 
gnadenbrot  bei  einem  essen;    mehr  können  als  brot  essen; 

isit  was  er  kan  verdewen.  Oprrz  Zlatna  409; 
an  eines  tisch  essen;  an  fremder  leute  tisch  essen;  ich  be- 
reit uch  als  mir  min  vatter  bereit  hat,  das  ir  essend  uf 
minem  tisch.  Keisersb.  tiigerl99';  aus  einer  schiissel  essen; 
gut  gesessen  ist  halb  gegessen ;  hat  der  jfmgling  den  imbisz 
mit  dem  andern  hofgesind  gessen.  buch  d.  liehe  233,  4 ;  das 
mahl  essen.  Bocc.  1,  27'  =  Steinhöwel  4, 18 ;  eine  malilzeit 
essen.  Weisf  erzn.  93. 114 ;  zu  mitlag,  zu  abend,  zu  nacht  essen, 
mit  der  band,  mit  dem  löffel,  mit  messen  und  gabelessen. 

7)  man  sagte  es  essen,  den  tod,  das  fieber,  die  krankheit 
an  etwas,  an  einer  speise  essen: 

si  sprach  'nu  ij  den  grimmen  tot!    Strickbr  //.  11,62; 

er  hets  an  vischen  gessen.    Appenteller  krieg  193; 

er  hats  an  eim  haiszen  prei  gessen.    fastn.  683,16; 

voraus  ein  {krarMeit),  die  heiszt  darmvol, 

die  hat  er  gegessen  an  eira  eichen  kol, 

noch  eine,  die  ich  auch  wol  waisz, 

die  hat  er  gessen  an  eim  prei  haisz.    684,21.26; 

die  krankheit,  die  in  hat  besessen, 

die  hat  er  an  eim  seusack  gessen.    697,5; 

sonst  isset  man 
gar  bald  das  leidig  fieber  dran.    Alberus  61'; 

wie  wol  Adam  und  Eva  den  tod  darvon  geessen  haben. 
]\EvcBUTi  augensf).  8'.  lo';  wehe  dem  menschen,  der  ungedul- 
dig sie  ertrotzend,  an  dem  sauren  genusz  sich  den  tod  iszt. 
GöTBE  57,  63 ;  zu  einem  gasimahle  laden,  wo  sie  dann  die 
wähl  haben,  den  tod  entweder  an  unsem  deichen  zu  essen 
oder  in  gutem  cyprier  bescheid  zu  thun.  Schiller  164*;  wüste 
der  mensch,  dasz  er  an  diesem  apfel  den  tod  essen  sollte. 
209'.  ähnlich  ist :  ach,  weint  ich  nur  auch  vor  lauter  freude ! 
aber  ich  esse  mein  bitteres  stück  schmerz  mit  dazu.  J.  P. 
Tit.  4, 146 ;  das  leid,  der  kummer,  die  sorge  essen,  fressen, 
verzehren  mich: 

die  sorge  frasz  sein  herz.    Lichttter  144; 
altn.  sorg  etr  hiarta.    Swm.  25'; 
alles  einessen,  in  sich  essen,   fressen,   verschlucken  müssen 
(oben  sp.  168.235),  man  vergleiche  noch  fundgr.  2,70: 

er  scol  alles  leides  irg^^jen, 
d^s  er  sich  nu  lange  bat  frej^en. 

vom  spielen  sagt  Konrad  tos  Haslaü  (Hacpt  8,  560) : 

§j  prüevet  aller  schände  hört, 
manslaht  unde  brpsiu  wort, 
grisgrammen,  sich  selben  ejjen, 

d.  i.  zornig,  mürrisch  werden. 

vor  zome  er  sich  selber  aj.    G.4.  3,66; 

und  wann  nid  (f.)  kiflet,  nagt  langzit, 

so  iszt  sie  sich,  sunst  anders  nil.    Brant  53,24. 

8)  essen  mü  adjectiven  verbunden, 

a)  satt  essen  (saturari):  jah  gairnida  saj)  itan  haumi, 
irve&vuet  ysuiaai  ttjv  xoiXiav  avrov  and  rötv  y.eoaTicov. 
J.uc.  15,16;  jah  gairnida  sa|)  itan  drauhsnö,  xoQTaa&rlrai 
Ütio  zäif  xpixiorv.   16,  21 ; 

arm  bin  ich  zwar,  doch  ess  ich  satt.    Borger  37". 

b)  das  fleisch  roh,  gesotten,  gebraten  essen: 

den  krehj  wolt  ich  6  ejjen  rö.    Walther  76,9; 
den  teller,  die  Schüssel  leer  essen  (r/e  das  glas  leer  trinken); 
den  bauch,   wanst,   kröpf  voll  essen    {vgl.  Pari.  132,  2  einen 
guoten  kröpf  er  a;);  gjjen  in  den  grans.    Helmbr.  455. 

f)  sich  satt  essen  {saiurare  se),  sich  nicht  satt  essen ;  wir 
aszen  uns  an  dem  braten  satt;  asz  mich  an  einer  abgesot- 
tenen groszen  fohr  (forelle)  gesund.  ScnwEixicnEN  2, 185;  hatte 
sich  an  einer  gänseleber  krank  gegessen;  sich  dick,  sich 
dick  satt,  sich  rundherum  satt  essen; 

(ie  aszen  sich  an  gänsen  dick.    Licbtwir; 
man  bilde  sich  einmal  ein  junges  mädchen  ein, 
das  sich  von  fetter  milch  die  backen  rund  gegessen. 
Rost  tchäferert.  57. 

9)  in  der  letzten  stelle  ist  sich  datir,  in  den  vorausgehenden 
ate.    einen  dat.  ßgt  zu  essen  auch  Logaü,  1, 140, 3: 


ESSEN  1166 

mein  tisch  der  darf  mich  nicht  um  Übersatz  verklagen, 
der  gurgei  ess  ich  nicht,  ich  esse  nur  dem  magen. 

10)  wian  sagte:  ein  mal  essen  ist  göttlich,  wer  zwiret  iszt 
der  ist  ein  mensch,  wer  drü  mal  iszt  der  ist  ein  vich,  wer 
vier  mal  iszt  der  ist  ein  teufel,  und  wer  fünf  mal  iszt  der 
ist  des  tüfels  muter  genant.  Keisebsberc  5.  d.  m.  5'.  dem 
ziemlich,  zflcbtig  essen  gegenüber  steht  unzüchtig,  geitig,  gierig : 
ein  mensch  der  da  zimlich  isset,  wenn  er  an  dem  morgen 
erwachet  und  abgetouwet  hat,  so  begegnent  im  die  ding  so 
dar  und  lauter  und  in  einer  solicher  feiner  ordenung,  das 
er  ein  ganzen  tag  sunst  nicht  finden  möchte.  7";  also  asz 
Esau  geitiglichen  ein  Schüssel  mit  linsen  aus,  darumb  ward 
er  beraubt  des  segens  von  gott,  dan  er  het  totlich  gesundet, 
da  er  also  geitiglichen  und  giriklichen  het  gessen.  5'.  ich 
esse  gern,  edcre  cupio,  pruriunt  mihi  denies:  die  Juden,  da  sie 
in  der  wüste  waren  und  waren  des  himelbrots  maszleidig, 
sie  betten  gern  fleisch  gessen  und  sprachen  'uns  unwillt  ab 
der  speis'.  4';  also  hat  er  ein  schleckerhaftige  speis  vor  im 
ston,  die  er  gern  isset,  so  hungert  in  darnach,  das  er  wolt 
das  er  mee  essen  mücht  und  ist  im  leid,  das  er  niht  mer 
mag.  oder  ist  sollicher  speis  nicht  genug  da,  die  er  gercn 
isset,  so  hungert  in,  das  nit  noch  mer  da  ist,  das  er  den 
sack  fülle.  10".  'es  gern  essen'  steht  sodann  überhaupt  für 
'gern  haben':  'sehe  da,  was  mir  gefehlet  hat,  diser  bäum 
sol  mir  für  ein  leitstab  und  spiesz  dienen',  risz  in  derwegen 
flugs  leichtfertig  aus  wie  ein  anderer  Christoffel,  behieb  im 
die  äst  und  machts  wie  irs  gern  eszt.  Garg.  232*.  so  meint 
auch  essen  sich  einer  andern  uneszbaren  sache  gierig  bemächtigen 
und  ein  buch  essen  hiesz  es  gierig  lesen,  wie  wir  heute  sagen 
es  verschlingen : 

und  dunkt  |ich  strifecht  und  gelert, 
so  er  die  bucher  hat  umb  kert 
und  hat  den  psalter  gessen  schier 
bisz  an  den  vers  beatus  vir.    Brast  57,5 

{vgl.  entschlafen  1  sp.  601) ; 

ein  gelerter  heijt  ein  buochbij.    Ls.  3, 328, 
einer  der  hücher  iszt  oder  in  sich  schling. 

10*)  ermahnung  zu  essen:  ij  vaste  und  schäm  dich  niht. 
meisler  Eckhart  625, 36,  vgl.  seh.  u.  ernst  1555, 316 :  der  bnider 
sasz  nider  und  asz  allerlei  trachten  die  man  darsetzt  on 
schäm,     vgl.  i;  an,  i?  vaste  sp.  1164  unter  3. 

11)  wie  vom  essich  beiszen  gilt  vom  gährenden  wein  essen, 
was  eine  hübsche  stelle  bei  Keisebsberc  lehrt:  darumb  mustu 
dir  selber  einen  starken  gewalt  und  getrang  an  thun,  wie 
man  dem  guten  win  thut,  der  do  sol  kreftig  luler  und  stark 
werden,  den  thut  man  in  ein  stark  wol  gebunden  vasz,  da» 
wol  verschlagen  ist  und  lot  im  kein  liblochlin,  und  so  wird 
er  heisz  in  im  selber  und  vocht  an  im  vasz  zu  lesen  und 
südet  und  thut  vigentlichen  (feindlich),  so  thund  sich  die 
tugen  (dauben)  uf  und  wil  usz  dem  vasz,  so  bindet  man  die 
vasz  mit  groszen  strengen  und  seilen  und  ist  angst  und  not 
das  er  im  vasz  blib.  so  gesitzt  dan  der  win  und  isset  und 
verieset  in  im  selber  uni  das  werden  denn  die  besten  win. 
büger  87*. 

12)  eisen  essen  ist  was  eisen  beiszen  und  geht  schon  auf 
iarn  bita  der  wütigen  Berserker  zurück: 

6r  ist  geheijen  Ungenant 

und  dünket  sich  so  ra'je, 

#r  springet  an  froun  Geppen  hant: 

hei  waj  er  isens  aeje.    >'eiDHART  215, 

vgl.  eisenbeiszer,  eisenfresser,  eisenkauer.  apfel  essen  1,533. 
einen  vor  liebe  essen,  «reii  küssen  und  essen  mit  dem  munde 
gesckielU,  rgl.  aufessen  und  freszlieb.  des  Terenz  worte  Eunuch. 
V.  8,  56 

at  ego  pro  isto,  Phaedria  et  tu  Chaerea, 
hunc  comedendum  et  ebibendum  vobis  propino, 

lauten  in  der  Verdeutschung  von  1499,  83'  du  Phadria  und  du 
Cherea,  so  wil  ich  üch  darum  den  zu  essen  zu  trinken  und 
zu  verspotten  schenken,  bittere  mandeln  essen,  vorwürfe, 
Schmach,  leid  erdulden : 

lasz  die  weiter  unterdessen 

über  iinsrer  Unschuld  stehn, 

must  du  bittre  mandeln  essen 

und  vorletzt  aufdornen  gehn.    GEnther  256: 

wer  nicht  kommt,  hat  gegessen  =  irer  nicht  kommen  oder 
dabei  sein  will,  der  bleibe  weg;  nun  konnte  essen  wer  brot 
mitbrachte,  nach  der  alten  sitte  brot  zum  mahl,  das  wesentlich 
aus  fleisch  und  brfihe  bestand,  wie  bei  den  heidnischen  opfern, 
gleich  dem  mes.<!er  mitzubringen;  ich  isz  mein  theil  unge- 
schlagen. Garg.  94',  brauche  mich  nicht  zum  essen  treiben  zu  lassen; 


UG7 


ESSEN 


ESSEN  — ESSENSPEISE 


11&8 


im  essen  bist  du  schnell,  im  gehen  hisi  du  Taul, 
isi  mit  den  füszen,  freund,  und  nimm  zum  gelin  das  maul. 

Lessijig  1,23. 
friihstücken  jentare  hehzl  bei  Keisersberg  frü  essen,   s.  rf.  m. 
6*,   an    dem   morgen  frü  ein  suppen  essen.    4*.      die  nieder- 
deutsche spräche  hat  für  eten  ein  trauliches  diniinutirum  eleken. 
Tctresken  kinderb.  a  5',  dem  nichts  hochdeutsches  entspricht. 

1.1)  die  alte  spräche  icar  maniijfalter  in  Wörtern  für  essen,  die 
den  hegrif  nach  vielen  seilen  abschatteten,  mehrere  einfache  rerba 
lassen  ihn  heute  entweder  gar  nicht  oder  nur  einge.<;chränkt  blicken, 
des  goth.  maljan  wurde  rmhin  gedacht,  so  galt  neman,  capere 
für  essen  und  weiden,  wie  wir  noch  sagen  etwas  nehmen,  in 
sich,  zu  sich  nehmen;  ninjan,  goth.  niutan,  nieszen,  genieszen ; 
brauchen,  ags.  brftcan  war  frui,  vesci  (2,315);  entluden,  ags. 
nnb'itan  (3,494);  naschen  geht  auf  leckerheU,  nagen  istrodere: 
der  die  halben  bir  nuoc.  GA.  1,214.  speisen,  ein  noch  nicht 
aufgehelltes  wort,  setzen  u-ir  vom  essen  vornehmer  leule.  schlingen 
und  schlucken  bedeutet  hastiges  essen,  kauen  langsames,  gemäch- 
liches: der  mewet  die  speis  vorhin  (ruminat,  kaut  wieder)  ec  er 
sie  isset  wie  ein  ochs,  der  die  speis  nach  dem  essen  niewct 
und  douwet.  Keisersberg  s.  d.  m.  7'.  «'fV  sagen  in  sich  füllen, 
in  sich  schwingen,  in  sich  bringen,  hinunter  bringen,  asz 
über  alle  macht,  soviel  er  nur  hinunter  bringen  konnte,  irrg. 
rf. /.  191.  aj  in  sine  hftt.  forf.  pa/.  361,  40*;  aj  in  sinen  mnnt. 
tr.kr.  241S7;  in  den  mund  werfen,  schieben,  zu  munde  weisen, 
fuhren;  dem  munde  bieten;  einreiben;  einschieben;  ein- 
packen; zu  faden  schlagen ;  räumen,  aufrSumen ;  zeliden,  zer- 
slüchen,  zeliden  noch  ej^en.  Karajan  dcnkm.  82,1,  vgl.  stück 
und  frühstücken;  ein  lützcl  brotes  toeten.  Renner  5256; 
schnabelieren,  krusteliercn  u.  a.  m.  von  den  meisten  wird  an 
ihrer  stelle  nälier  gehandelt.  Adelung  führt  landschaftliche,  haupt- 
sächlich niederdeutsche  Wörter  für  langsam,  gierig,  viel,  wenig, 
unreinlich  essen  an.  bausen,  schlemmen  und  dcmmen  geht 
auf  übermasz  und  ausschwdfung,  doch  zumdst  in  trank: 
ich  isz  nit  wenic  und  trink  dest  mer.    fasln.  562,15; 

lautet  heute: 

ich  esse  nicht  wenig,  der  trunk  erhält  mich. 

s.  esch  =  e^jisc,  fressen,  gessen,  abessen,  anessen,  aufessen, 
ausessen,  cinessen,  niitessen,  asz,  äszig,  atz,  ätzen,  etzen. 
ESSEN,  n.  cibus,  prandium. 

1)  cibus,  speise,  Iracht,  gericlit :  ein  gutes,  schlechtes,  schmack- 
haftes, gesundes,  köstliches,  leckeres  essen ; 

din  ^iicn  ist  vil  kleine.    IIelbl.  1,966; 
din  ßjjen  wirt  wol  bereit.    1,1025; 
daj  ejjen  mir  gar  widerstet.    1, 1039. 
mach  mir  ein  essen,  wie  ichs  gern  habe  und  bring  mirs  erein, 
das  ich  esse.  1  Mos.  27,  4 ;  und  gab  also  das  essen  mit  brot, 
wie  sie  es  gemacht  hatte  in  Jacobs  band  irps  sons.    27, 17 ; 
und  der  könig  gieng  weg  in  seine  bürg  und  bleib  ungesscn 
imd  liesz  kein  essen  für  sich  bringen,  kund  auch  nicht  schlafen. 
Daniel  6,  IS;    wie   der  hausknecht  ein  essen  krebs  auftrüge. 
KiRCHnor  wendunm.  187';  die  essen,  welche  von  der  Arsace  tisch 
waren  aufgebebt  worden,  disz  waren  köstliche  essen,  buclid.l. 
211,3;  ^in  essen  oder  zwei  bereiten,    seh.  u.  ernst  1555,318; 

schau,  ob  du  kommest  an 

ein  essen  flsch  zu  han.    Atrer  fastn.  54'; 

doch  nimmt  ein  kluger  koch  die  mitteimnsz  in  acht, 

dasz  durch  zu  vil  gewürz  sein  essen  nicht  verderben. 

ItOMPLER   153; 

und  opfern  kuchen  und  andere  essen,  pers.  rosenth.  C,  3 ; 
richtet  etliche  essen  zu.  pers.  rosenth.  3, 1 ;  hiermit  wurde 
dem  boten  von  der  frauen  ein  stück  essen  und  ein  trunk 
hier  zu  geben  anbefohlen,    unw.  doct.  143; 

sie  fingt  und  trägt  das  essen  singend  auT.    Gellf.rt  1,03; 

indem  er  dies  noch  sprach,  trat  Fiekgen  selbst  biTcin, 

und  trug  ein  essen  auf.    1,202; 

arm  hatt  er  sich  noch  satt  gegessen, 

reich  hungert  er  bei  halbem  essen.    1,79; 

bald  all  er  essen  sah  und  roch, 

befhigt  er  sich  'wie,  leb  ich  noch?' 

und  zog  ein  messer  aus  der  scheiden.    IfACRDOR:«  3, -33; 

«in  mtuMben,  «prach  er,  iit  mein  essen.    Licbtwer  6S; 
das  essen 

itebt  auf  dem  lisch.    Schiller  592'; 

CS  soll  euch  mein  weibchon 

gut  nnd  mit  ehren  empfangen,  ein  schmarkhafl  essen  bereiten. 

r.6TNR  40,  4U; 

ein  brintigam  gehOrt  tcbon  fu  den  seltnen  essen. 
Korrkr  :t,3:t3. 

2)  yranäium,  cocna,  ituMzeÜ,  gaänuM:  ein  essen  anstellen, 
iMin  rtseo  einladen; 


es  ist  heut  fnstnaclu,  und  ein  essen  wird 
gegeben  auf  dem  schlosz.     Schiller  3<iy. 
s.  abendessen,  mittagessen,  morgencsscn,  nachtessen,  meistcr- 
i'ssen. 

3)  man  sagte  sonst  vor  essens,  nach  essens,  mit  ausgelasznem 
nomen  'zeit',  troron  die  genilive  abhängen,  wie  in  vor  mittags, 
nach  mittags,  über  nachts,  unter  tags,  schw.  i  aftons,  i  morgens  : 
nach  essens  spicileut  einher  bracht.  Waldis  4,4  6/.  213'; 
nach  essens  so  tanzet  mau  wider.  Avrkr  230'; 
vor  essens,  nach  essens.  Gersdorf  21;  das  ich  von  meinem 
gn.  h.  zu  dem  morgenessen  erfordert  und  nach  essens  ver- 
hört worden  bin.  Schertiins  br.  OO;  vor  essens  wird  kein 
tanz.  irrg.  der  liebe  399.  andere  belege  sind  gramm.  4.  202  an- 
geführt, unterm  essen,  zwischen  dem  essen,  während  dem 
essen,  bei  dem  essen,  nach  dem  essen. 

ESSEN,  n.  blättern  der  kinder  im  mund,  entweder  weil  sie 
um  sich  fressen  oder  die  man  wol  essenden,  zehrenden  Würmern 
beilegte:  weiszgalgenwurzwasser  mit  honig  vermischt  und  den 
mund  damit  gewaschen  heilt  fast  seer  die  feule  und  das 
essen  des  munds.  Barth.  Vacter  arzneibuch  1532.  f  14 ;  tor- 
mentillwassser  ist  sehr  dienlich  den  jungen  kindcrn ,  die 
das  essen  im  mund  haben,  denn  es  heilet  die  blöterlein, 
so  sie  oft  damit  gewaschen  werden.  Tabernaemontanus  s.  452; 
wenn  die  jungen  kinder  das  essen  im  munde  haben,  soll 
man  den  mund  mit  ackeleienwasser  auswaschen,  s.  loo. 

ESSENBITTER,  m.  qui  invitat  nd  coenam :  tragen  die  bering 
an  der  Stangen  inn  bach  für  erdfortischc  (erfurlische)  essen- 
bitter.   Garg.  51".     s.  leichenbiltcr. 

ESSEND,  eigentlich  edens,  dann  aber  wie  andere  pari,  praes. 
mit  der  passivbedeulung  edcndus,  edulis,  eszbar:  ein  mel  und 
etwas  essents  ding.  Katzmaib  105 ;  so  iemand  durch  recht 
hungers  not,  die  er,  sein  weib  oder  kinder  leiden,  etwas 
von  essenden  dingen  zu  Stelen  geursacht  würde.  Carolina  160 ; 
wo  aber  iemand  bei  tag  essend  frücht  nem  und  damit  durch 
wegtragen  derselben  nit  groszen  geverlichen  schaden  thet.  167 ; 
ob  solchs  essend  viech  darauf  gangen  wer.  213 ;  das  man  von 
essundcr  war  kein  maut  schuldig  sei ...  und  gelaub  nicht,  das 
die  essund  war  mautfrei  sei.  Chmel  Maximil.  s.  309 ;  essende 
wahr.  Werlh.  dcd.  1, 201 ;  nun  war  ihm  mit  essender  waare  mehr 
gedienet  als  mit  gelde.  pol.  slockf  21 ;  dasz  alle  dörfer  und  heuser 
auf  dem  land  mit  wein  und  anderer  essend  speis  vollsteckten. 
Aventin  1, 63 ;  essende  speis.  Keiskrsb.  schifder  pen.  IOC" ;  sunst 
taug  kein  ander  zu  essenden  dingen.  Aür/n-nm.  a8;  auch  das 
diese  beide  die  almoscn  an  essender  speise  und  vorrat,  welche 
verderbhch,  teglich  unter  die  armen  austeilen.  Luther  2,  204'; 
was  sie  für  essende  speis  bedürfen.  Frey  garteng.  53 ;  pro- 
viand  ist  allerlei  essende  speis  und  trank.  Kirchhof  mil.  disc. 
134;  essende  und  trinkende  speis  zu  holen.  Fhoxsperg  1, 109*; 
also  das  etliche  essent  kraft  {nahrungsstof)  im  kraut  ist,  ellich 
in  würzen,  etlich  in  sanien.  Paracelsus  4o';  so  borgte  auch 
essende  waare  niemand  mehr.  Schweinichen  1,  23S ;  dasz  sie 
an  essenden  wahren  die  leule  zu  übersetzen  pflegen.  ;«'rx. 
rosenth.  2, 1.  doch  der  im  deutschen  recht  herkömmliche  ausdruck 
'essendes  pfand'  bezeichnet  nicht  eszbar,  sondern  essend,  fre.<scnd 
xind  gilt  von  verpfändetem  rieh.  frc»A7/(.  1,  32.  228.  2,  475.  ebenso: 
ob  solchs  essend  viech  darauf  gangen  wer.  lÄtrolina  213 ; 
essende  wahr  als  pferd  oder  vich.    Frankf.  reform.  1, 12.  9. 

ESSENFASZ,  n.  mcnsorium.   roc.  14S2  h  2'.  Uikfenbacu  35o'. 

ESSENKEIIKEß,  ni.  caminorum  purgalor:  die  bücbslen 
Staatsmänner  gehen  wie  hohe  geistliche  in  ihren  schwarzen 
gallakleidern  als  höhere  essenkehrer  durch  die  straszen  und 
besteigen  zum  abkehren  und  abkratzen  den  Staat  mit  siuiip- 
besen  und  galgeiileiter.  J.  P.  nachdämm.  SO. 

ESSENSLIST,  f.  edendi  desidcrium,  unbequemer  aU  appelil, 
»•(»rot/s  sich  appetitlich  bilden  Idszl: 

als  sie  nun  die  esscnslust 

gestillt.  WlKLAMD    IH, '20; 

das  kochen  gibt  mir  essensliisl.     GOinr.  45,9t; 
denn  weil  er  selbst  niclii  mehr  die  essonslust  knn  bfisien, 
gibt  er  sein  eigen  ilcisrh  ilm  »unnorii  zu  gcnirsji-n. 

LooAi;  1. 7, 1 1 
(.  fsziust. 

ESSENSPEISE,  f.  nlms:  i.  h  cwer  essenspeise  komme  (iJi 
den  itir  essen  wollt).  Hams  Staue  125  (vgl.  essekost);  mich  den 
h'riedberfier  hochzeil  und  kindtaufordnuni/rn  von  101'.».  1034.  ir,i:i. 
I(;r,3  sollen  kinder  und  gesinde  von  der  lutcIreU  weyl>lril>rn  und 
darf  nietnand  esseiispcis  hnmsihirken ;  weil  des  pfelTers  vil 
zu  den  essenspeisen  grlirniicltl  wiril.  aller  «n.v/i.  luslg.  71"; 
uiiib  die  zeit,  wann  die  soune  um  hil^iigitten  bieunel,  wurde 


1169 


ESSENSZEIT  — ESSICH 


ESSICH  — ESSICHEN 


1170 


man  viel  mehr  trank  als  essenspeise  begcrcn.  75S;  allerlei 
essenspeis  kaufen,  iräbcrgeheimnus  Albert,  magn.  Frankf.  1569 
s.  200;  redet  von  essenspeis,  bausrat  und  andern  nothwen- 
digen  sachen.  Simpl.  K.  TS;  ich  dachte  nicht  so  viel  umb 
essenspeis.  99 ;  als  ich  wieder  beim  käme,  befand  ich.  dasz 
mein  feurzeug  und  ganzer  bausrat  sampt  allem  vorrat  an 
meinen  armseligen  essenspeisen,  die  ich  den  sommer  hin- 
durch in  meinem  garten  erzogen  und  auf  künftigen  winter 
vorm  maul  erspart  hatte,  mit  einander  fort  war.  ebenda;  nam 
von  essenspeis,  was  ich  fand  und  tragen  mochte.  263;  sin- 
temalen ich  vom  mährischen  landmann  beides  essenspeis  und 
alte  kleider  erbettelte.  Springinsfeld  cup.  14.  ßr  die  bedeuhing 
des  vortes  speise  zu  beachten,  dasz  man  für  nOthig  hielt  essen 
{wie  vorhin  essende  und  nacUier  essentbafte,  essige)  6«':»- 
ßgen. 

ESSENSZEIT,  f.  edendi  teinpus:  gebührt  sich  dann  nicht 
gottes  namen  zur  essenszeit  zu  erheben,  der  uns  speise  und 
nahrung  giebet?  pers.  baiimg.  2,2.  mhd.  ejjennes  zit,  doch 
steht  Trist.  S9,  27 

eiQ  lützel  nach  der  äjienzit, 
und  in  einer  Iis.  sogar  a;zit. 

ESSENTHAFT,  edulis,  eszbar:  was  sie  von  essenthafter  speis 
funden.    Wickram  rollw.  9t.     besser  tvol  essenbaft. 

ESSENTRÄGER,  m.  praeposilor,  fursetzer.    roc.  14S2  h2'. 

ESSER,  m.  edo,  esor,  ahd.  ejjo:  esser  oder  slinder  oder 
sHcker,  pransor.  roc.  14S2  b2';  ein  guter,  starker  esser;  ein 
feiner,  leckerer  esser;  wird  aber  jemand  am  dritten  tage 
davon  essen,  so  ist  er  ein  grewel  und  wird  nicht  angeneme 
sein  und  derselbe  esser  wird  seine  missethat  tragen.  3  Mos. 
19,  8 ;  er  hat  viele  esser  {kinder) ; 

der  esser  trocknen  brots.    Gotter  1,302. 

ESSERIG,  eduiis:  ihre  dienerin  die  statt  schickten,  esseiige 
speis  zu  kaufen.  AmadisiS';  dasz  er  uns  was  esserige  speis 
kaufe.  361.     5.  esserlich. 

ESSERIN,  f.  estrix:  eine  schwache,  starke  csscrin,  dte 
wenig  oder  viel  üzt.  aber  auch  frauen  sagen:  ich  bin  kein 
starker  esser. 

ESSERLICH,  eduiis:  er  hettc  wol  mügen  schlecht  sagen, 
ich  bin  der  mensch,  der  für  euch  gegeben  ist,  darinnen  kein 
gestalt  eins  esserlichen  und  trinklichen  dings  were  gewesen. 
Luther  3,70';  eins,  das  csserlichem  ding  gleich  ist.  das.; 
ist  das  nicht  ein  schmUhwort,  das  diese  zuchtige  und  be- 
scheidene leute,  die  niemals  schmähen  wollen,  uns  fleisch- 
fresser  heiszen  und  sagen,  das  wir  einen  esserlichen  und 
brötern  gott  anbeten,  br.  3. 46.  mir  ist  es  nicht  esserlich, 
nicht  wie  essen,  dem  esserlich  würde  auch  trinkerlich,  dem 
trinklich  esselich  oder  esziich  entsprechen. 

ESSERN,  esurire:  mich  essert,  mihi  denies  pruriunt. 

ESSESCHWEIN,  n.  ein  schwein,  das  schon  geschlachtet  ist 
oder  gleich  geschlacldet  und  verzehrt  werden  kann,  im  gcgensatz 
zum  mastsch«  ein  und  speckschwein :  verehret  einen  geschlach- 
teten ochsen  und  ein  esseschwein.  Scbweimches  2,144;  gien- 
gen  auf  solchem  taufen  mir  auf  ein  guter  ochse,  zwei  esse- 
schwein, fünf  kälber  u.  s.  w.  2,182;  ein  spickschwein,  ein 
esseschwein.  2,  312. 

ESSICH,  fn.  acelum,  goth.  akeits  m.  oder  akeit  n.?  ags. 
eced,  alls.  ecid,  it.  aceto,  biAm.  poln.  ocet,  serb.  slov.  otzat, 
ungr.  etzet,  ahd.  ejih,  ej^ich,  mhd.  ejjich,  bei  Megenberg 
353, 30  ejjeich,  so  auch  bei  Diefenbach  9',  nhd.  essich  und 
fehlerhaß  geschrieben  essig,  da  dem  wort  wie  fitticb,  eppich, 
lattich,  teppich  ch  gebührt,  nnl.  edik,  gekürzt  cek,  schw.  eltika  f. 
ddn.  eddikc,  ßnn.  est.  etikas,  lelt.  ettikis,  gr.  o^os,  russ.  uksus, 
lit.  nksosas,  woljak.  uksus.  den  klaut  fuUten  acetum,  akeit, 
eced,  ecid;  er  wurde  zischend  in  acelo,  ocet,  otzat;  in  ej'ih 
für  akeit  sclieincn  lingual  und  gidlural  die  stelle  zu  wcckteln, 
so  dasz  aus  einem  nie  vorkommenden  echij  ejih  entsprang,  das 
hernach  in  edik,  eddike,  eltika.  etikas  zurückgiettg.  für  sich 
stehen,  obgleich  nahrerwandt,  ö^os,  uk«us,  uksosas.  sichtbar 
aufgedeckt  liegt  die  würzet  von  acetum  in  acere,  acescere,  von 
o|os  «n  ö|i''s,  wegen  der  bciszenden  schärfe  und  säure,  man 
wäre  versucht,  ohne  annähme  eines  lautwechsds,  bei  ejih  gleichfalls 
an  e^an  beiszen  zu  denken,  zumal  in  esselen  acescere  der  oi/W- 
lende  gutturallaut  mangelt. 

die  betrachlung  aller  dieser  wortformen  ist  merkwürdig  und 
noch  nicht  abzuschlieszen.  Deutsche  wie  Staren  müssen  doch  von 
jeher  einen  so  unentbehrlichen  ausdruck  besessen  haben,  es  verhält 
sich  damit  wie  mit  wein  und  bier.    festigte  zu  irgend  einer  zeit 

in. 


der  Handel  und  verkehr  mit  Römern  und  Griechen  hier  und  da 
die  namen  acetum  und  o^os,  oder  war  das  ahd.  ejih  davon 
unabhängig?  füj  weinessich  und  essich  überhaupt  führte  sich 
it.  vinagro,  sp.  vinagre,  fr.  vinaigre.  engl,  vinegar  ein,  wobei 
die  Engländer  nicht  weiter  an  wine  darltlen,  die  Iren  bei  fionn- 
geur  aber  an  fionn.  isländisch  entspricht  nichts  jenem  etlika, 
eddike,  man  sagt  ölvinan. 

ahd.  mir  was  pitter,  daj  ib  da;  ne  fant,  da;  ib  suolila, 
unde  iro  alti  was  mir  e;;ich.  N.  f>s.  68,  22  {bei  Luther  69, 22 
sie  geben  mir  gallen  zu  essen  und  essig  zu  trinken  in  meinem 
gioszen  durst); 

»nhd.  im  was  der  pfefTer  tiure, 

da;  salz  und  der  ej;ich.    Iw.  3339; 
der  Iruhsseje  der  truoc 

den  e;jicti  in  den  ougen  {sah  sauer).    Trist.  282,  25; 
für  der  süejen  wunne  mete 
der  sorgen  e;?ich  trinken.    Engelh.  2117; 
nhd.  dein  part  wirt  dir  mit  sichten  abgeschorn, 

und  wirt  dir  dein  antlüiz  mit  essich  gewaschen. 
fasUi.  297,1b; 
wie  rouch  den  ougen  ist  nit  guot, 
wie  essich  ouch  den  zenen  duot.    Bramt  97,6; 

da  biesz  sie  ir  ein  schal  und  scharpfen  essig  darin  bringen 
und  nam  ein  berün  von  dem  or  herab,  das  was  fast  köst- 
lich und  grosz  und  legt  es  in  den  essig,  da  verzart  der  essig 
das  berlin.  Keisersc.  s.  d.  m.  6';  der  sol  sich  weins  und  starks 
getrenks  enthalten,  Weinessig  oder  starks  getranks  essig  sol 
er  auch  nicht  trinken.  4  Mos.  6,  3 ;  isz  des  brots  und  tunke 
deinen  bissen  in  den  essig.  Ruth  3, 14 ;  wie  der  essig  den 
zenen  und  der  rauch  den  äugen  thut,  so  thut  der  faule  denen, 
die  ihn  senden,  spr.  Sa/.  10,  26 ;  wer  eim  bösen  herzen  iieder 
singet,  das  ist  wie  ein  zurissen  kleid  im  winter.  und  essig 
auf  der  kreiten.  25.20;  man  kann  aus  essich  keinen  wein 
machen;  aus  dem  besten  wein  wird  der  sauerste  essich; 
der  wein  zickt  auf  essich,  acescere  incipit,  hat  einen  zick  oder 
stich  auf  essich,  acetosus,  das  auf  essich  zicket.  Dasyp.  2', 
das  auf  essich  sich  zicket.  322*,  sonst  auch  der  wein  zickt 
an,  ist  anzickend,  vgl.  1,  526  und  Scn».  4,  223 ;  süszer  wein 
gibt  sauren  essich;  es  kann  kein  essich  werden,  eh  es  in 
den  krug  kommt ;  er  hat  essich  im  herzen,  acetum  in  pcctore 
habet,  saf-it; 

brinet  essig,  helft  sie  kühlen, 
bringt  baisam  [sie  beginnt  die  frische  luft  zu  fühlen. 

Gryphius  1,164; 
des  unmuths  nebel  ist  verflogen, 
der  essig  meines  bluts  versüszt.    Thcixel  2,4; 
sonsten  liiesz  es,  böse  frauen 
können  guten  essig  brauen, 
sei  statt  böse  du  nur  scharf.    Rcceert  230; 
war  der  essig  nicht  scharf  und  baisaraisch  das  nuszöl? 

Luise  1,  77. 
essich   auf  einen   scJielm  angetcandt:    mein   herr  hatte  einen 
ausgestochenen   essig  und  durchtriebenen  funken  zum  page 
neben  mir.  SimfA.  K.  159.     s.  bieressich,  tausendessich,  wein- 
essich. 

ESSICH,  m.  name  eines  pferdes.  Garg.  134",  viellcidit  vom 
scharfen  trab? 

ESSICH.\AL,  m.  vibrio,  anguille  du  vinaigre,  ein  infwions- 
thierchen.  das  sich  im  essich  findet. 

ESSICH.XLCHEN,  n.  dasselbe. 

ESSICH  BAUM.  m.  rhiis  coriaria. 

ESSICHBECHER,  n>.  peziza  acdabulum,  eine  schwammart  ton 
der  gestalt  eines  bechers. 

ESSICHBEIZE,  f.  man  legete  also  den  hasen  in  eine  scharfe 
essigbeize.    Leipz.  arant.  1, 54. 

ESSICHBLATT,  n.  oxalis ,  sonst  Sauerklee,  giickeslauch. 
Bock  kräuterb.  414. 

ESSICHBRATE.  m.  assum  aceio  maceralum,  sauerbrate. 

ESSICHBR.UER,  m.  coctor  aceti. 

ESSICHBR.\l  EREI,  f. 

ESSICHBRÜHE,  f.  was  essichsausze. 

ESSICHDORN,  m.  berberis  vulgaris,  sonst  auch  saurach  und 
erbsal  {oben  sp.  738). 

ESSICHEIXE.N,  acelum  sapere,  olere,  nach  essich  schmecken, 
riechen.    H.  Sachs  I,  518*.  519'. 

ESSICHEN,  acescere,  essden.  Stieler  896;  essigender  wein, 
säur  wein.  Dastpodiis  2';  speis,  die  zu  sere  gcessiget  ist. 
küchenmeisterei  d7;  wann  ein  wein  essigt  oder  anzickt  Ta- 
bernaem.  604;  das  eilft  zeichen  {der  schwangerschap),  dasz 
etlichen,  frawcn  kopplet  {aufstöszl)  und  das  oft  köppen  essigt 
(sauer  schmeckt)  in  der  kelen.   Röszlin  hebammenbüchlin  it'. 

74 


1171 


ESSICIIEN— ESSICHS 


ESSICHSIEDER — ESTRICIISTEIN       1172 


ESSICHEN,  acidus,  acetosus,  wäre  mM.  cj;ichin.   s.  essichsen. 

ESSICHFASZ,  n.  duliim  aceli,  cJtd.  aber  ejilifaj  acetabulum. 
Grafk  3,720.  tw.  14S2  li2'.  h3'.  auch  zut^  sdiellc:  dus  alt 
essigfasz  (velula).    Birk  eliespiegel  41. 

ESSICHFÄSZCHEN,  n.  cupa  acctaria.  Stieler  436.  essich- 
fäszle.    Maaler  121\ 

ESSICriFLASCHK,  f.  acetabulum.    Stieler  496. 

ESSICHGÄMRLNG,  f.  fermenlum  aceti. 

ESSICHGEIST,  m.  spirilus  aceli. 

ESSICIIGERUCH,  w».  odor  acidulus. 

ESSICH  GESCHMACK,  m.  sapor  acidulus,  saurer  gesdmack. 
Bock  krätUerb.  778. 

ESSICHGLÄS,  n.  acetabulum.    Stieler  662: 

liesz  es  die  würde  zu,  wir  gicngen  selbst  zur  küclie 
nach  einem  essigglas.     Schiller  592*. 

ESSICHGURKE,  f.  cucumis  acclo  macerala. 
ESSICHHANDEL,  vi.  mercalura  acelaria.     s.  essirlikram. 
ESSICHHANDLER,  m.  mercator  acelarius,  vgl.  cssiclikriimcr. 
ESSICHHANDUNG,  f. 

ESSICHHOMG,  m.  mel  acelo  mixtum,  saumiwnig. 
ESSICHISCH,  acetosus.     s.  essiclis. 
ESSICHKRAM.  »«.  kleinverkauf  des  cssichs. 
ESSICHKf{ÄMER,  m.  pro}>ola  aci'lum  minulim  veiidens. 
ESSICHKRAUS,  «i.  acetabulum,  «/^moslkraus,  mostkrüglein. 
Stieler  1029. 

ESSICHKRUG,  m.  acetabulum: 

der  drilt  der  bot  ein  essichknig.    Hing  34',  39; 

dann  ein  weib  und  ein  essigkrug 

seind  allein  in  eim  hnus  genug, 

dann  sie  gehören  in  das  haus, 

unnot  ist  sie  zu  füren  aus.    Atrer  307'; 

du  weist,  ein  weib  und  essigkrug 

sollen  daheim  bleiben  im  haus.    Atrer  fasln.  71'; 

die  köchin  hat  das  fleisch  versalzen  und  venvürzt, 

auch  ist  der  essichknig  beim  oTcn  umgestürzt. 

probe  einer  bösen  sieben  s.  130; 
ihre  rede  ist  so  süsze 
als  ein  alter  essichknig. 

Jon.  Matthesow  der  neue  epliorus. 
Ilamh.  1727.  s.  208. 

ESSICHKRÜGLEIN,  n.    Stieler  1043. 

ESSICHLEN,  acescerc:  das  seurclet  und  essiglet.  Fnisii-s  21*. 

ESSICHMETH,  «I.  mulsum  acelo  mixtum,     rql.  essirhiionig. 

ESSICHMIE.NE,  f.  saures  gesichl:  erbittert  durcii  die  essig- 
mienen  und  giflblicke  und  die  unUürbarkeit  seines  bluls- 
.  freundes.    J.  P.  Hesp.  3, 12. 

ESSICHMILCH,  f.  oxygala,  saueimilch. 

ESSICHMÜCKE,  f.  culex  minutissimut,  ex  aceli  fimo  gcnitus. 
Hemsch  951",  vgl.  cssichälchen. 

ESSICHMUTTER,  f.  fmnnosa  aceti  faex.  Stieler  41:  aus 
verdammter  langer  weile,  dieser  essigmutfer  aller  laster  und 
lugenden.  J.  P.  Ilesp.  1,400;  ich  musz  befürcliten,  dasz  Mat- 
thieu  neuen  kriitenleicli  und  eine  neue  essigmutter  des  clends 
an  die  wärme  Jenners  bringt.  4, 167, 

ESSICHNÄPFCHEN,  n.  acetabulum: 

jetzt  zum  schlusz  das  rssichnäprchen 

mit  dem  wol  verwahrten  zäpfcfien 

d-is  im  haus  nicht  fehlen  darf.    HCxkert  230. 

ESSICHNELKE,  f.  cariophyllum  lu>rten.<ie.    Stieler  1325. 

ESSICHROSE,  f.  rosa  gallica,  wie  essiclincike. 

ESSICHSALZ,  rt.  sauersaiz,  namentlich  Weinstein  mit  vilriol 
und  essich  geschwängert. 

ESSICHSAUEB,  acidissimus:  der  apfcl  ist  noch  essigsauer, 
ganz  unreif 

ESSICHSÄURE,  f.  acor  aceti. 

E.SSICHSAUSZE,  f.  acelaria,  sauce  de  vinaiffre.  Maaler  121'. 

E.SSICHSCHÄLCHEN,  n.  acetabulum.    Stieler  1716. 

ESSICHSCHA RF,  acidissimus. 

ESSICHSCHÄRFE,  f  acor,  asperitas  acdi. 

ESSICHSCHUSSEL,  f  acetabulum. 

ES.SiCHS,  ESSICHSEN?  quod  acetum  sapÜ,  u.n  u.uh  essich 
rieehl:  clllirh  probieren  die  beslUndigkeit  der  wein  also,  si 
dunkcn  ihre  band  in  den  wein  und  Inssens  von  inen  scllis 
tnirkcn  werden,  dann  riechen  si  an  die  band,  haben  sie 
dann  ein  MRigsen  geruch,  so  ist  der  wein  nit  besttlndig, 
riechen  nie  aber  wol  nach  wein,  su  int  er  gut  und  bleibt 
l>e«ländig.  Herr  frldbau  70',  diese  worthildung  sriieint  iitinc 
anatogie,  man  miisUe  denn  da»  alln.  gang«i,  sriiiv.  gün^se,  ddn. 
gingt,  gangbar  hinzu  hallen  diirfen.  druckfelder  /iir  cssiglcn, 
ki^rnng  aus  eMicbi»cb  ul  audi  unwalirsrhemluh. 


ESSICHSIEDER,  m.  cssicitbrauer. 

ESSICHSPEISE,  f.  oxygarum. 

ESSICHT,  acetosus:  ein  sauren  essigten  wein.   seh.  «.  ernst 

1555,  315. 

ESSICHTOPF,  m,  olla  aceli,  ßgiirlich  ein  mümscher,  sauer- 
schender  mensch. 

ESSICHTUNKE,  f.  acelaria.    Stieler  2263.     s.  essicbsausze. 

ESSICHWASSER,  n.  aqua  acelo  mixta. 

ESSICHW EICHER,  m.  coctor  aceti:  baubenstreicher,  essig- 
weicher, kretschmar,  rcbknecht.    Fischart  groszm.  78. 

ESSICHWEIN,  n.  generosuin  acetum,  weinessich. 

ESSICHZUCKER,  m.  saccharum  acctosum. 

ESSIG,  acetum.    s.  essich. 

ESSIG,  cdulis,  eszbar:  essige  ding,  edulia.  Dasypodiüs  fio'; 
crustuin,  ein  stück  essig  dings,  als  brot,  kesz,  leckuchen. 
Serranüs  f2';  unim  kernen,  haber  und  umm  ander  essige 
speis.  tfe».'i//i.  1,97;  sagten  die  bachanlen  zamen,  wie  es  in 
Missen  und  Schlesc  der  bruch  weri,  das  die  schuler  derflen 
gens  und  enten  und  andre  essige  spis  rouben.  Piater  It! ; 
pomum,  allerlei  essige  frucbt  von  beumcn,  obs.  glosse  zu  ed. 
1,  38  in  Virg.  ed.  Egenolph  1597,  312*.  versdticden  von  äszig, 
gefrdszig  1.  590,  doch  mit  üßerer  mischung. 

ESSISCH,  acer,  mordens:  das  also  durch  solch  essische 
und  tartarische  kelte  die  glieder  nit  mögen  gerürt  werden. 
Paracelsüs  1,  508*. 

ESSUNG,  /.  pliagclium  i.  e.  comcstio.  voc.  1482  h  2'.  Diefen- 
BACH  222';  ohne  alhemholen,  ohne  stulgänge,  ohne  essung. 
Praetorius  slorchs  wintcrq.  290. 

ESTER,  n.  fallgutter,  weidegaller,  gekürzt  aus  esbansthor, 
eschthor,  eschtürli.  s.  oben  sp.  1143  unter  espan  und  anzeiger 
fiir  Schweiz,  gcsch.  1855  s.  18. 

ESTERICli,  ESTRICH,  m.  n.  pavimentum,  ahd.  astcrib, 
esterih,  mhd.  esterich,  nnl.  estrik,  it.  lastiico,  mlat.  astracum, 
Dücange  1,  457',  richtiger  ostracus  4,  747',  Diefenbacu  403',  da 
sich  das  wort  von  öaxQaxov  leitet,  man  pflasterte  mit  scherben 
und  Ziegeln,  »y.  plastar,  astnci«  fcet  Graff  3,  302.  6«rfe  est  rieh 
und  pflaster  sind  fremd,  aber  frühe  schon  bei  uns  eingeführt. 
N.  Cap.  18  crepidas  situ  ninrcidas  vcrdvulschrnd  schwankt :  fore 
alti  fcrmulite  astericha,  aide  so  sumeliche  cbedent  kenimfene 
scüha,  welches  letzte  das  rechte  war,  denn  bei  astericha  dachte 
er  sich  crepidines  statt  crepidae. 

mhd.  da;  himiliz  unde  der  estirich.    Dieher  110,12; 
dar  zuo  was  der  esterich 
mit  guotcn  teppechen  gebreit.    Er.  8598; 
er  spranc  üf  den  estrich.    Parz.  571,17; 
mit  bluoie  was  betouwet 
der  kemcnälen  estrich.    573,27. 

iM.  und  er  bedeckt  den  estrich  des  hanses  mit  gehobelten 
tannen.  biliel  1483, 159',  et  tcxit  pavimentum  domus  tabulis 
abiegnis.  1  kOn.  0, 15,  bei  Lltiier  und  tefelt  den  boilen  des 
bauscs  mit  tennen  breiter;  und  er  pflastert  den  estrich  des 
tempels  mit  köstlichem  marinelslein  und  mit  gar  schönem. 
198'  =  2c/Mon.  3,  6;  mein  sele  ist  angehafiel  zi°i  dem  estrich, 
erquick  mich  nach  dinem  wort.  Keisersr.  W/i;.  131';  gestampft, 
geschlagen  esterich,  pavimentum.    Dasyp.  279'; 

so  beisz  ich  Kunz  Knopf  von  Hausen 

und  kan  einem  ein  pnich  bei  dem  meusch  einlausen, 

und  kan  ein  estrich  darein  schlagen, 

es  bet  einer  mit  den  zennon  zu  nagen,    fastn.  239,7; 

die  halrac  zermalmet  das  estrich,  leret  nrea  cutmos. 

Voss  Virgil.  georg.  I,  192; 
siehe,  wie  ring»  um  den  rand  die  netten  bänkc  sich  dehnen, 
wie  Ton  buntem  gestein  schimmernd  das  estrich  sich  hebt. 
Schiller  89'; 

flicht  um  die  «culon  den  sprösziing  der  mirie  mit  silbernen 

bluten, 
und  auf  den  estrich  ergeusz  purpur  und  gold  und  aiiir. 
Matthlsson  250. 

ESTERLING,  m.    acipenser  huso,   der  hause,   der  stör,   fr. 

eslurgeon,  it.  sturione: 

die  ander  krankheit  heiszt  die  cfling, 

die  hat  er  gessen  an  esterling.    fnsln.  CS4, 24. 

ESTRICHRODEN,  ni.  pavimentum.  wc.  1482  h 2',  flennasmus, 
da  eslriib  schon  gleichsteht  mit  boden, 

ESTRIt'HEN,  juirimentare.  estrich  machen,    fiiendaselbsl. 

mint,  ein  »IrAje  ör  drt  govionc. 

diu  wa»  gOÄiricIil  undc  breit.     Puri.  142,  5. 

ESTRICHSCHLEGEL,  parirula.    Stiele«  «stl. 

E^TIIIi'H"^THN.  vf    r ■■!   "pilhrfl.  ror.li>.'!.''     .,.„llir,i 


1173 


ESTRICHSTRICH  — ETC. 


ETC.  —  ETKIM 


1174 


ESTRICHSTRICH,  m.  rudits  novum  e  lapide  conluso. 
ESZAPPETIT,  m.  eszlust.    Tobler  172'. 
ESZBAR,  edulis,  esculentus,   e^zper,  rescus,  eomestibiiiSf  deü- 
ciosus.    voc.  1482  h3*; 

mit  iTurzeln,  die  allein  der  bunger  eszbar  macht, 
sind  sie  oft  manchen  tag  genöthigt  sich  zu  nähren. 
Oberon  7,  Sb. 

ES2rBARKEIT,  f.  natura  esculenta:  das  einzige  mineral,  das 
eszbarkeit  hat.    Lichtexberc  5, 294. 

ESZBEGIER.  f.  gula. 

ESZr.EGlERDE,  f.  dasselbe. 

ESZFLEISCH,  n.  earo  edulis.    Mo!«e  arcldv  2,  29§. 

ESZFREUND,  m.  sodalis,  der  mit  mir  iszt  und  trinkt,  gerade 
so  ahd.  gimajjo  conviva,  von  mag  cibus,  altn.  mati  sodalis,  nnl. 
inaat. 

ESZGELAG,  n.  eonrivium,  sdtmaus,  vgf.  trinkgelag. 

ESZGEMACH,  n.  c^)enaculum,  eszzimmer. 

ESZGESCHIRRE.  n.  rasa  escaria. 

ESZGESELLSCHAFT,  f.  sodalüium. 

F.SZGIER.  f.  tcie  eszbegier. 

ESZGIERIG,  gulosus. 

ESZGLOCRE,  f.  compana  vocans  ad  prandium :  mein  freund- 
liches bitten,  du  wollest  zu  rechter  eszglocke  mein  gast  sein. 
BiTscHKT  kanzl.  246 ;  zur  zeit  der  eszglocken.  370 ;  die  esz- 
glocke läutete,     rgl.  freszglocke. 

ESZHAUS,  fi.  pransorium,  coenaculum.    roc.  14S2  h2'. 

ESZKORB,  ffi.  tragkorb  für  das  essen. 

ESZKRAUT,  n.  herba  tesca:  Galenus  lobet  den  iattich  für 
alle  eszkräuter.    Bock  krduterb.  207. 

ESZLAL'BE,  f.  coenaculum.  esselöube.  Rothe  thür.  ehr.  cap.  14' ; 
bibel  1483.  Marc.  14, 15 ;  die  thür  der  mittlen  seilen  was  zu 
dem  rechten  teil  des  hauses  und  sie  stigen  auf  durch  einen 
Schnecken  in  die  mittlen  eszlauben  und  von  der  mittlen  in 
die  dritten.  i5S'  =  1  kün.  6,  8,  in  medium  coenaculum,  bei 
Luther  dar  man  durch  einen  Wendelstein  hinauf  gieng  auf 
den  mitteigang.  der  voc.  1482  h  2*  setzt  esziaube  für  Solanum, 
Sommerhaus,  sommerlaube. 

ESZLÖFFEL,  m.  cocblear  cibarium: 

da  eilten  mama  und  die  freundliche  tochter 
schnell  zu  dem  kahn  am  ufer,  und  brachten  im  zierlichen 

tischkorb 
feines  gedeck,  e«zlöffel  und  englisQhe  messer  und  gabeln. 

Luise  1,459. 

die  är:te  lersckreiben  einen  eszlöffel  als  grüszeren,  theelöffel  als 
klfineren. 

ESZLUST,  f.  appditus,  s.  esscnslust:  die  eszhist  Tcrnichten. 
WiELAXü  IS,  S2 ;  die  eszlust  erhöhen,  reizen ;  alle  eszlust  ver- 
schwand bei  diesem  anblick. 

ESZLL'STIG,  edendi  cupidus,  veniger  als  eszgicrig. 

ESZSAAL,  m.  coenaculum,  eszgemach,  coenatio: 

an  dem  eszsaal  nebenbei 
versteckt  ihr  sie.        Schiller  ... 

ESZSCHÜSSEL.  f  palina  cibaria. 

ESZSCHWAMM,  ni.  fungus  edulis,  esAarer  schwamm.  Lom- 
CEROS  kräulerbuch  86*. 

ESZSCHWELGER,  m.  Muo,  übellautender  plconasmus,  dessen 
sich  J.  P.  3C,  87  statt  des  einfachen  schwelger  bedient,  worin 
schon  dasselbe  lie^. 

ESZSTl'BE.  f  coenaculum. 

ESZSTINDE,  f  hora  dbi. 

ESZSUCHT, /■.  edendi  Pruritus :  die  eszsuchl  der  schwangeren. 
J.  P.jubdsen.  161. 

ESZTISCH,  m.  mensa  escaria.  vorzugsweise  lag  schon  im  ahd. 
tisc  selbst  die  hedeutung  ferculum,  aufgetragne  speise  und  wir 
sagen  zu  tische  gehen  für  zum  essen. 

ESZTISCHCHEN,  n.  mittlerweile  wurde  ein  esztischchen 
mit  zwei  couverts  hereingetragen.    Thihmel  3,  463. 

ESZVVAARE,  f.  edule:  mit  eszwaaren  bandeln;  mit  esz- 
waaren  verschen.    Felsenb.  3,  41.     s.  essende  waare. 

ESZWERK.  n.  alles  was  eszbar  ist. 

ESZWILDBRET,  n.  caro  ferina. 

ESZZEIT.  f.  hora  prandii,  essenszeit. 

ESZZIMMER,  m.  coenaculum,  Speisezimmer. 

ETC.,  wer  im  reden  oder  schrnben  einltält,  weil  fortzufahren 
weilläuflig,  überflüssig  uiul  lästig  wäre,  bedient  sich  der  formet 
et  cetera,  die  dem  gr.  xt?..  ='xat  rn  )Minä  entspricht,  wofür 
wir  u.  s.  w.  =  uüd  so  weiter  gebrauchen,  ?iiederldnder  enz., 
Men  itd.  =  i  tarn  dalcv.  Bolimen  atd.  =  a  tak  dale.    in  den 


allen  vocabularen  sieht  farbasz,  vorbasz  und  anders.  Diefes- 
BACH  211*.  dies  etcetera  galt  aber  auch,  wenn  unbeliebte,  un- 
an.stdndige  namen  oder  Sachen  ungesagt  bleiben,  nur  angedeutet 
sein  sollten:  auf  ein  etcetera  folgt  eine  ohrfeige.  SixROCK2217; 

er  raunt  vom  ersten  bis  ann  lesten, 
das  was  der  erst  der  chünig  so, 
der  ander  was  ir  herzog  do, 
der  dril  der  graf,  et  cetera, 
die  vielend  all  vor  im  alda. 

WiTTKswKiLKRs  ring  s.  246 ; 
in  dem  Oonat,  der  reiflLn  hat, 
hab  ich  es  oft  gelesen, 
quod  nomen  sit,  das  ialt  mir  nit, 
man  trinkt  ihn  aus  den  gläsern, 
vinum  quae  pars, 
und  hast  kein  glas, 
so  sauf  mir  aus  dem  etc.  a.    Garg.  91*; 

also  auch  ein  münch,  der  ackert  nirht  wie  der  baursmann, 
beschützt  nicht  land  und  leut  wie  ein  kriegsmann  .... 
sonder  et  cetera,  ihr  versteht  mich,  er  zeigt  nur  stäts  die 
blotte  blatt,  dann  er  ist  umbs  maul  dahinden  glatt.  245'. 
der  redensart  'reime  dich  bundschuh ! '  wurde  schon  2,  523  ge- 
dacht; wie  die  alten  Schreiber  an  den  schlusz  des  alphabets  ein 
etc.  etz.  setzten,  pflegten  sie  Meinen  gedichten  'etcetera  bund- 
schuh' scherzhaft  oder  spöttisch  anzuhängen,  so  endigt  das  auf 
kOnig  Wenzels  landfrieden  {a.  1398)  bei  Hacpt  1,  433  : 

et  zetera  buntscbuch, 

hanget  der  zagel  durch  die  bruch; 

das  lied  vom  grafen  von  Zolre  a.  1423  (ed.  Laszbebg  1842)  nach 
vers  460  wieder: 

et  cetera  buntscbuch; 

endlich  in  der  fasznacht predigt  von  doctor  Starxgs  (herausg.  von 
Karajax  1S51): 

da  der  kuecht  des  nachts  thät  singen 
und  ihm  die  schellen  thäten  klingen, 
et  cetera  buntscbuh. 

die  redensart  im  decam.  8,  2  credete  Toi  fare  a  me  come  voi 
faceste  alla  Biliuzza,  che  se  n'andö  col  ceteratojo,  was  die 
crusca  von  cetera  (cithara)  leitet,  verdeutscht  STEi:fBöwEL  472, 2 : 
ir  meint  mir  ze  thun  als  ir  Biliucza  getan  habt,  die  mit 
dem  etcetera  liegen  lief,  und  so  geben  auch  die  späteren  aus- 
gaben. 

ETESINNEN,  pJ.  f.  gr.  oi  irrjatat  (avsfun),  lat.  etesiae  tn., 
it.  etesie  f.  passatwinde: 

und  dasz  der  heisze  tag  dir  mache  nicht  verdnisz, 
so  beut  die  weide  dir  zum  sessel  ihren  fusz, 
zum  schirm  ihr  laubicbt  haupt.    die  etesinnen  wehen. 

Flbmwg  630. 

ETIAM,  fl.  merces,  lohn,  bezahlung:  er  hat  sein  etiam  em- 
pfangen =s  auch  sein  gebührendes  Iheil,  man  soll  ihm  sein 
etiam  nicht  vorenthalten,  «rie  man  andere  lat.  parlikeln  mehr, 
z.  b.  'tu  autem'  substantivisdi  verwandte,  schon  Fou  in  der  lehre 
vom  baden,  fastn.  1252: 

welcbs  dir  der  doctor  messe  zuo, 
den  bit,  das  er  den  fleisz  vort  tbuo 
mit  dir  wie  vor,  und  tracht  darbei, 
das  auch  sein  etiam  do  sei, 
umbsunst  arbeiten  bringt  unlust. 

ETKl'M,  m.  zelus,  synonym  mit  äfer,  äfersucht,  an  dunkles, 
schwieriges  wort,  das  nur  im  Elsc^z  und  in  der  Schweiz  vor- 
kommt: ein  guter  etkum  und  iferen  eins  bescheidnen,  göt- 
lichen  entbranten  ernsts,  der  dir  entspringt  usz  dem  braut 
golHcher  und  christenlicher  lieb  ...  so  hat  er  ein  iferen, 
also  das  er  nit  mag  geliden,  das  einer  mit  im  gemein  hat, 
das  ist  ifer  oder  etkum.  Keisersberg  bilger  136';  ein  guter 
etkum  und  iferen  gegen  allem  dem  das  wider  got  ist.  136'; 
usz  dem  schmerzen  entspringt  dann  ein  etkum,  ein  iniferen, 
ein  inmaseren.  137*.  wie  eifersucht  mit  sucht,  schiene  etkum 
mit  einem  verlornen  m.  kum,  ahd.  chftm  aegritudo,  wovon  noch 
chCtmo  aegre,  nhd.  kaum  übrig  sind,  gebildet,  die  untergegangne 
nhd.  form  würde  also  lauten  etkaimi,  und  et  aus  der  ahd.  partUcel 
ita,  it,  mhd.  it,  ags.  ed  zu  deuten  sein,  was  eigentlich  wieder  atis- 
drückt,  dann  aber  blosz  intensire  kraft  hat.  ba  kaum  triW  ich  ein- 
mal den  gedanken  an  kauen  wagen  (vgl.  säum  und  siuwen.  floum 
und  flOuwen,  doch  mit  ou,  nicht  A),  da  auch  ahd.  itaruochan, 
u^.  cdiecan  ruminare  dasselbe  it  und  et  zeigen;  im  kauen  liegt 
etwas  mühsames,  krankheit,  eifersucht  kauen  Utren  schmerz  gleich- 
sam wieder,  nur  steht  das  in  kaum  waltende  ä  für  etkum  noch 
keineswegs  fest,  wenn  im  voc.  1482  h3*.  Diefesbach  2I1'  etkum 
für  etbica  d.  i.  hectica,  Schwindsucht  genommen  wird,  so  sclieint 


1175 


ETKUMEN  — ETLICH 


ETLICH 


1176 


dies  zwar  termischung  mü  dem  gr.  vott,  gemahnt  aber  xugkidt 
an  den  Schweiz,  ausdruck  ettig,  ettik,  ettika,  der  fressige  ettika, 
heiszhiingcr  (Stalder  1, 117),  ettik  m.  tabes,  Schwindsucht,  die 
schH  inend  sucht.  Frisius  12S5*.  Maaler  121*,  voran  CDS.  468 
sogar  mylhisclie  Vorstellungen  geknüpft  wurden,  des  Goliüs  (auch 
eines  Elsdszers)  onomasticon  tat.  gcrm.  sp.  262  und  des  Twinger 
rocab.  bei  Oueri.in  1, 3(i0  geben  gleicherweise  der  cttike  oder 
ctkum  hectica,  den  schweinenden  cltikum  haben,  cxlabescere. 
gesetzt  nun  eltikura  sei  aus  einem  ahd.  acc.  ctlichun,  ettichon, 
dessen  nom.  etlicho  lautete  hervorgegangen,  wie  andere  acc.  in 
den  num.  traten,  so  mäste  die  Zusammensetzung  mit  kum  auf- 
gegeben werden  und  etticho,  elticha  könnte  dennoch  aus  hectica 
geworden  sein,  nur  streiten  die  folgenden  com}H)sila  etkumen 
und  etkiiniig  wieder  für  kum  und  Keisersbergs  bedeulung  zHus 
stimmt  nicht  zu  tabes. 

ETKUMEN,  zclosus :  diser  enhrant  göttlich  bescheiden  ernst 
anfohet  niiiglich  (mühsam,  beschweiUcIi),  etkumen  und  eiferen 
(eifrig)  zu  werden  über  das  übe!  und  unrecht,  das  wider  golt 
den  herren  geschieht.    Keisersberc  bilg.  137*. 

ETKL'MIG,  dasselbe:  so  wird  er  etkiimig,  es  ifert  und  nagt 
in.  13C'.  diesem  bcgi'gncten  vir  oben  sp.  24  bei  Philander  in  der 
assimilierten  gestall  eckkümig  mit  der  bcdeutung  von  murosus, 
difßcilis.     hectisch  scheint  wieder  untreffend. 

ETLICH,  aliquis,  quidam,  nonnullus,  ein  fast  eigenlhitmlich 
hochdeutsches  adjectiypronomen,  dessen  Ursprung  dennoch  sciton  in 
einer  gvthischen  parlikcl  haftet,  ich  werde  darauf  bei  der  älteren 
nebenform  etslich  zurückkommen.  Adelung  im  wb.  und  im  lelirg. 
§.  2S2  will  einig  der  edlern  Schreibart,  etlich  dein  gemeinen  leben 
xuweisen,  das  ist  aber  ganz  falsch,  etlich  erscheint  von  allershcr 
in  der  Schriftsprache. 

1)  ahd.  etaiih,  ctlalih  (Ghakf  1, 146),  mhd.  elelich,  im  sg. 
vie  pl.  bräuchlich: 

wand  ich  pevüepej  wol  also 

mit  etelicliem  dinge.    Iw.  Ii63; 

wander  im  bcscheinet 

an  etelicher  sware.    2687; 

daj  in  unser  tiorre 

wisje  in  ettehch  lant.    Greij.  1657; 

da;  disiu  selbe  sieclicit 

wa-re  vil  niislicli 

und  eielicbiu  genislicli.    a.  Heinr.  168; 

si  sagte  roirs  ellichen  danc.    1  biichl.  2t6; 

ej  möbte  eiliches  mag  beklagen.     Wh.  58,28; 

etliche  mftge  raine.     110,22; 

so  sull  ir  mir  ühen  einen  suocbraan 

und  etelichen  bracken.    JVJ6.  S56,  4  ; 

ich  fürbte  harte  scre  etelichen  rät.    865, 1 ; 

dd  was  etelicher,  der  drier  tage  lanc 

Tor  dem  gröjen  leide  niht  aj  noch  eniranc.    1012, 1 ; 

irre  ouch  ftelichen,  der  got  und  in  girret  bat. 

VValtuer  10, 21  ; 

nlwan  durch  Aai  vil  arme  klagen, 

dai  hie  bi  zetelichcr  zit 

verborgen  in  dem  herzen  lit.     Trist.  6,39; 

so  weij  ich  wol,  diz  mirre  gil 

den  liuien  ze  etlicher  zit 

vorbilde  in  guoter  l^re.    Bart.  4,38; 

genuoger  got  was  ein  swin, 

«tlicber  got  ein  scbacfelin.    265,6; 

Etlicher  ist  ze  karc.    Gertiart  5471 ; 

wxr  mir  etlich  böne  gezalt.    IIelbl.  2,303; 

etitche  lueister  bint  gesprochen.  Eckhart  282,  15;  Ctlichiu 
Torhle  ist  schedelich.  287, 29 ;  ßlleich  omacht.  Mecenberg 
9,7;  in  (■ticichcm  geperg.  485,28.  nhd.  wird  der  sg.  seltner, 
ttelU  aber  noch  bei  Keisersberg,  Luther  und  andern:  etilicher 
ist  so  weis,  das  er  nunmieu  drei  nnmdfol  von  einer  traciiten 
isscl  und  laszt  die  andern  slon.  s.d.m.W*;  sie  werden  aber 
in  seine  band  gegeben  werden  eine  zeit  und  etliche  zeit  uiul 
eine  halbe  zeit.  Dan.  7,25;  denn  das  gesicht  wird  nach 
etlicher  zeit  geschehen.  lO,  14;  etlicher  schweiget,  darumb 
das  er  sich  nicht  kau  verantworten,  etlicher  aber  schweiget 
und  wartet  seiner  zeit.  Sir.  20,5.6;  und  indem  er  scel,  fiel 
etlichs  an  den  weg,  ctlirbs  flel  in  das  steinichtc,  cllichs  fiel 
unter  die  dornen,  etlichs  fiel  auf  ein  gut  land  und  trug 
fruchl.  etlichs  hundcrtfellig,  etlichs  secbzigfcltig,  etlichs  drei- 
szigfeltig.  Matlh.  13, 4 — 8,  iro  die  ahd.  rcrsion  den  pl.  sunui 
und  andaru  hat,  das  dllert  fragm.  bei  Maszm.  5.  3  sunt;  ebenso 
Marc.  4,4 — S,  wo  yolh.  suui  und  an|»nr;  etlicher  trcgt  hun- 
dertfeltig,  etlicher  aber  srchzigfcliig,  etlicher  dreiszigfclllg. 
Mallh.  13,  23 ;  etlicher  suchet  ungern  und  war  fro  dasz  er  in 
nicht   fand,   buch  d.  l.  01,2;    nach    etlicher  zeit.    MiciÄLit;« 


1,43;  im  mit  etlichem  gelt  soll  zu  steuw  er  kommen.  Kirch- 
hof wc/irfunm.  144*.  in\  l~  jh.  in  etlicher  sach  beholfen  sein. 
Heniscb  952,43;  zu  etlicher  zeit,  aliquando.  952,43;  etlichs 
theils,  aliqua  ex  parte.  952,41;  mit  etlichem  volk.  Opitz  Arg. 
156.  noch  heute  darf  gesagt  werden:  ich  unternahm  es  mit 
etlichem  erfolg,  die  sache  verursachte  etliche  mühe,  etliches 
stand  uns  entgegen. 

2j  noc/i  Adu/ij/er  zeiy/ stcA  der /)/.  unrf  aus  Keisersberg,  Luther, 
Maaler  und  ihren  Zeitgenossen  wären  haufenweise  belege  anzu- 
führen: und  an  etlichen  enden  was  verboten.  Keisersberc 
s.d.m.h*;  etliche  (betrunkene)  werden  traurig  und  erschlaigen, 
ein  teil  werden  zornig,  wollen  schlahen,  hauwen  und  siechen, 
etliche  weinen  das  trunken  eilend.  9";  und  saszen  etliche 
tage  im  gefengnis.  1  Mos.  40, 4 ;  da  waren  etliche  menner 
unrein  über  einem  todlen  menschen.  4Mos.  9,  6;  aber  el liehe 
lose  Icute  sprachen.  iSom.  10,  27;  gleichwie  die  grünen  hietter 
auf  einem  schönen  bäum,  etliche  abfallen,  etliche  wider 
wachsen,  also  gehts  mit  den  leuten  auch.  &>.  14, 19;  etliche 
aber  schlugen  in  ins  angesichtc.  Mallh.  26, 67 ;  und  über 
etliche  tage  gicng  er  gen  Capernaum.  Marc.  2, 1.  auch  im 
17  jh.  und  in  der  ersten  hälfte  des  is  mangeln  keine  bei.ipiele : 
etliche  cier  sind  weisz,  etliche  blcicbfarb.  IIenisch  952,33; 
an  etlichen  orten  besser.  952,38;  ich  habe  etliche  stücke 
schöne  spitzen  zu  verkaufen.  Grtpuius  l,  780;  ob  zwar  etliche 
anfiengen  zu  melzgcn.  Simpl.  K.  48.  3;  etliche  schütteten  die 
federn  aus  den  betten.  48,12;  über  etliche  jähr  hernach. 
66,  25 ;  ich  verharrete  etlich  stund  neben  dem  grab.  86,  21 ; 
über  etlich  tag  nach  dem  ableiben.  89, 3 ;  etliche  stunden 
zuvor.  Weise  erzn.  17;  etliche  tage  von  seinem  alter.  18; 
elliche  stunden  vor  mittage.  20;  nach  verlauf  etlicher  stun- 
den. Felsenb.  2,20;  seit  etlichen  wochen.  2,39;  nahm  von 
demselben  auf  etliche  vvochen  abschied.  2,  54 ;  es  ist  wahr, 
ich  bin  etliche  jähre  älter.  Gellert  3,  9;  ich  habe  noch  etliche 
anstaltcn  in  der  küche  zu  machen.  3, 28 ;  und  vielleicht 
würde  ihre  beiderseitige  wehmuth  zuletzt  in  etliche  sehr 
freundschaftliche  küsse  ausbrechen.  3,  43.  Späterhin  trat  aber 
die  änderung  ein,  dasz  das  hergebrachte,  ehrliche,  zu  detn  haf- 
tenden etwa  und  etwas  stimmende  etlich  zurückwich  und  dafür 
einig  gesetzt  wurde,  ich  weisz  nicht,  ob  Adelungs  lehre  einwirkte 
oder  sie  selbst  schon  dem  wechselnden  Sprachgebrauch  entnommen 
war.  bei  Lessing,  Göthe,  Schiller,  u'o  sii7i  etlich  erwarterj /imi, 
slöszt  man  auf  einig,  womit  doch  nicht  gesagt  wird,  da.^z  ihnen 
oder  andern  schrißüellern  nicht  auch  noch  einzelne  etlich  ent- 
schlüpft sein  sollten: 

etliche  w-ochen  sann  ich  darüber  und  sucht  es  zu  rächen. 

GöTHK  40,78; 

die  neue  gewohnheit  ist  aber  (von  etlichemal,  etlichermaszen  ab- 
gesehen) im  ganzen  durchgedrungen,  und  wenn  wir  unser  jetziges 
gefühl  um  einen  unterschied  beider  Wörter  befragen,  so  klänge 
etlich  sinnlicher,  stärker,  einig  abgezogner,  man  wird  eher  sagen 
etliche  bäume,  etliche  äpfel  als  etliche  begrilTe,  Vorstellungen, 
doch  geläufiger  geworden  isl  uns  einige  bäume  wie  einige  be- 
griffe, es  helszt  nach  einigem  zaudern,  nach  einigem  Wider- 
spruch, niciü  nach  etlichem,  beide,  etlich  iric  einig  s/tVie»»  der 
Vorstellung  des  wenigen  nah,  etliche  bäume  sind  nur  wenige. 

3)  mit  etlich  verband  sich  gern  der  gen.  pl.  jtersönlicher  ]iro- 
nomina,  dann  auch  anderer  substanliva,  und  gelU  voraus :  unser, 
euer,  ir  etliche:  und  ich  wil  ein  zeichen  unter  sie  geben, 
und  ir  etlich,  die  errettet  sind,  senden  zu  den  beiden.  Es. 
66,19;  wohin  ich  wil  ewer  etliche  uberig  behalten,  /er.  15,11; 
und  sie  werden  ewer  etliche  tödten.  Luc.  21,  IG;  der  capilan 
behielt  unser  etlich  bei  sich.  IL  Stauen  rci.ws.  114;  ich  halte, 
dasz  der  schönen  fabeln  etliche  daher  kommen  sind.  Luthers 
tisclir.  1,77.  den  gen.  ersetzen  praeposilionen :  etliche  unter  den 
schriftgelerten.  Mallh.  0,3.  auch  kann  der  gen.  nachfolgen: 
davon  entzii'hent  sich  ettliche  der  selben  frummen  menschen 
v(m  gescischaflen.  Keisehsb.  s.  rf.  m.  30';  etlich  seiner  leule, 
etlich  der  seinen.    IIenisch  952,  20  aus  Maaler  121*. 

4)  man  sagte  sonst  etlich  viel  und  cllich  wenig  im  sinne  des 
heutigen  ziemlich  viel,  ziemlich  wenig:  es  lief  das  volk  zu  und 
kamen  etliche  viel  tausent  zusamen,  also  das  sie  sich  untern 

ander   traten,   vulg.  inultis  autein  turbis  circuinstantibus,   ita         — 
ut    se    invicem    conculrarent.    Luc.  12,1;    ich    habe  gotl  loh        « 
etliche    viel    siedle  erfahren.    Luther  5, 172'.    /»r.  4,  in;    die         iM 
etliche   so    viel  jähr   da«  sacrainent  verncht.    br.  5,226;    so 
das  ein  junger  knab,  der  ander«  nicht  gar  ein  tölpel  ist,  in 
einem  jähr  mehr  studieren  und  lernen  kann,  denn  ziivor  in 
etlichen  viel  jahicn.  lischr.  2,17-,  etlich  viel  wagen  mit  mokt 


1177 


ETLICH  — ETMEX 


ETSCH  — ETSLICH 


tl7S 


abgebeutet.  Werthcimer  ded.  1,261;  nachdem  er  nun  etlicbe 
viele  jähre  mit  dieser  frau  in  er\vünschlem  frieden  hinge- 
bracht, erkrankte  dieselbe.  Senn  er  seelensch.  2,325;  durch 
etlich  wenige  zeilen  mit  nächster  post  berichten.  Bctscbky 
kanzl.  11.  doch  in  folgenden  beiden  stellen  scheint  etlicher  der 
von  viel  abhängende  gen.  j4. :  wie  etlicher  viel  gelhan.  Lctder 
8, 124" ;  wie  sie  unter  einander  selbs  wol  wissen,  auch  etlicher 
viel  bekennen.  8,  251',  falls  nicht  etliche  zu  bessern  ist. 

5)  bei  Chehmtz  heiszl  es  immer  'ein  tag  etliche'  für  etliche 
tage,  icenige  tage,  ein  paar  tage:  zu  und  bei  Sittaw  rubele 
der  feldmarschall  ein  tag  etliche.  IV.  2,115';  also  das  selbige 
{die  armee)  den  Elbsfrom  passieret  und  der  enden  auf  drei, 
vier  und  fünf  meilen  herumb  ein  tag  etliche  gerastet.  IV.  3, 37'; 
womit  er  ein  tag  etliche  sehr  belästiget  und  überhäuft  ge- 
wesen. IV.  6,53".  das  wird  zu  fassen  sein:  einen  und  ellichCj 
einen  oder  etliclte  tage,  rgl.  sp.  114.  693. 

6)  die  zahl  folgt  dem  etlich  nach:  etliche  zwanzig,  etliche 
hundert,  oft  mit  und  dazwischen:  pit  ich  das  du  mir  gebest 
etlichen  schüjlinc  und  zwei  (f  zwen)  desselben  paubmes. 
gcsta  Rom.  K.  26;  er  ist  gefangen  worden  und  über  etlich 
und  zwanzig  jähr  gefangen  gesessen.  Luther  lischr.  2,99; 
mit  einer  guten  anzahl  musquelirern,  auch  etlich  und  fünfzig 
armirten  pferden  unversehens  überfallen.  Werlheim.  ded.  1,  261; 
als  sie  etliche  fünfzig  meilen  hinter  sich  hatten.  Weise  «sn.  8 ; 
sogleich  kuckte  etwas  aus  dem  fenster,  das  ein  kopfzeug 
aufhatte  und  einem  mädchen  von  etlichen  zwanzig  jähren 
ähnlich  sah.  Voss  briefe  1,  219 ;  vgl.  oben  sp.  209  einige  zwan- 
zig, einige  und  zwanzig,  gerade  wie  Lessi.ng  sagte  in  einige 
sechzig  Zeilen,  vor  einige  dreiszig  jähren,  findet  sich  auch  bei 
ihm :  eine  reise  nur  von  etliche  tausend  meilen.  4,  444.  heute 
schreiben  wir  einigen,  etlichen  und  ziehen  es  auf  zeilen,  jähren, 
meilen,  er  bezog  es  auf  sechzig,  dreiszig,  tausend. 

ETLICHEMAL,  aliquoties,  fr.  quelque  fois :  du  wärest  recht 
böse  geworden,  weil  er  es  etlichemal  versehen  hätte.  Gellert 
3,  22;  schon  etlichemal  ist  mirs  so  aufgefahren.  Göthe  16,  77; 
ais  ich  etlichemal  sachte  an  der  wand  hin  und  her  gieng. 
18.22;  etlichemal  aufgeführt.  18,27;  etlichemal  wollte  er 
seinem  freunde  in  die  rede  fallen,  is,  133.  vgl.  ellichmal, 
einigemal. 

ETLICHERMASZEN,  quodam  modo:  kh  kenne  etliche,  die 
sich  bedünken  lieszen,  wie  sie  etlichermaszen  entzücket  wären. 
Luther  eJ.  IVa/c/j  2,139 S;  begonnte  mich  auch  dermalen  allbe- 
reit etlichermaszen  umb  die  Jungfrauen  zu  thieren.  Schwei- 
NicHEs  1,  63 ;  Sachen,  so  etlichermaszen  päpstlicher  demuth 
zuwider  scheineten.  Zinkgb.  1,  6 ;  allzuviel  zeit  mit  studieren 
und  lesen  verschleiszen  ist  etlichermaszen  ein  scheinbarer 
müsziggang.  Bütsciiry  Poim.  626;  zu  etlichermaszen  beslillung 
des  gemütes.  kanzl.  230;  dasz  ihre  gedanken  nur  etlicher- 
maszen so  nach  mir  gerichtet  wären,  wie  die  meinigen  zu 
ihr.  TiECR  4, 314.     rgl.  einigermaszen. 

ETLICHGROSZ,  aliquanlus.  roc.  14S2h3*.  vgl.  ahd.  eddes- 
raichil. 

ETLICHMAL,  aliquoties:  gott  hat  ein  wort  geredt,  das  hab 
ich  etlichnial  gehört,  ps.  62,  12;  etlichmal,  aliquolfariam. 
Maaler  121'; 

liab  ich  nicht  ellichmal  erwählet 

bei  nacht  ein  naszbetautes  gras?    Neukark  lustw.  75. 

ETLICHTÄGIG,  einige  tage  anhaltend,  gebildet  tcie  eintägig, 
mehrtägig:  allein  ich  trauete  dem  laudfrieden  so  sehr  eben 
nicht,  weil  mir  das  immerwehrende  gegitzschere  und  bestän- 
dige ohrenbläsereien  verdächtig  vorkamen  und  endlich  wurde 
ich  nach  einer  etlichtägigen  unpassionierten  aufführung  durch 
ein  Schlüsselloch  gewahr,  dasz  mein  lieber  bruder  bei  ange- 
zündeten Wachskerzen  vor  einen  kleinen  altar  niederkniete. 
Felsenb.  4, 176. 

ETMEN,  spirare,  halare,  athmen,  edmen  {sp.  31),  wie  schon  die 
kaiserchronik  verschiedentlich  aetemen,  Megesberc  33, 33  «etempt, 
und  ein  späteres  meisterlied  sogar  etnen  schreibt:  was  musz,  nach- 
dem es  gleich  geformirt,  lenger  in  glüender  hitz  ligen  und 
etmen,  dann  das  glas?   Thlrseisser  pro6.  der  harnen  15; 

der  per  lief  auf  in  (den  üch  todt  stellenden)  sere 

und  det  in  gscliwinu  umbkere, 

walget  in  hm  und  liere, 

ob  er  noch  leben  het. 

er  etnet  zu  seim  munde 

ob  er  noch  athem  runde, 

do  er  keines  cmpfunde, 

liesz  er  in  an  der  stet,    meiilerl.  fol.  23  n'  36. 

noch  jetzt  in  Leipzig  er  etlente  sehr. 


ETSCH,  spöttischer  von  Schadenfreude  oder  räche  eingegebner 
ausruf,  bereits  1, 595  unter  ätsch  aufgeführt,  zuerst  erscIteiiU 
diese,  in  den  Wörterbüchern  übergangne  interjedion  bei  Filidur 
d.i.  ScHwiECER,  Wittekinden  K3'  (a.  1666): 

etsch,  wenn  du  mich  letzt  kenntst! 
wie  würd  es  mir  doch  gehen? 

Voss  2, 101  in  der  bleicfierin,  wo  es  heiszl : 
nun,  jüngferchen,  weisz  ichs, 

stand  vorher:  etsch,  Jungfer,  nun  weisz  ichs;  etsch,  hab  ich 
doch  auch  einen  ring  I  etsch,  du  hast  schlage  gekriegt !  etsch! 
ihr  könnt  mir  nichts  beweisen.  Kotzebue  dram.  sp.  2,  331 ; 
etsch  I  das  ist  ja  pure  mistjauche.  Haltrich  märchen  2Sl ; 
etsch.  schaberübchen !     s.  das  folgende. 

ETSCH,  /".  Alhesis,  it.  Ädige  m.,  ahd.  Etisa  f.  aus  einer 
stelle  des  Padl  Oleariüs  de  fide  concub.  101,  21 :  alter  privatus 
ad  Athesim  se  parat,  vulgariler  'uf  die  Etsch'  will  Zar:;ke 
s.  250  unwahrscheinlich  jenes  etsch  machen,  ausetschcn  ableiten, 
vgl.  vielmehr  autsch  1, 1045. 

ETSCHLAND,  n.  regio  athesina.  Maaler  121'  schreibt:  die 
Etsch  ein  flusz  im  Ätschland. 

ETSCHWEIN,  m.  vinum  athesinum,  wie  er  um  Bolzen  wäcJisl. 
ETSLICH  und  verderbt  etzlich,  mhd.  eteslicJi,  etslich,  ahd. 
etislih,  eleslih,  edeslih,  eddeslih,  elhaslih  (Graff  1,  146), 
unter  welchen  eddeslih  die  älteste  form  und  der  partikel  eddo 
zunächst  steht,  eddo  aber  ist  das  golh.  aij){)au,  scIieitU  also  schon 
verditnnung  eines  älteren,  nirgend  aufzuweisenden  eiddo,  dessen 
diphthong  nicht  nur  im  goih.  ai,  sondern  auch  im  tat.  au  von 
aut  und  autem  hinlänglichen  grund  findet,  wir  gerathen  hier  in 
eine  der  ältesten  und  dunkelsten  conjunclionen.  offenbar  liegen 
goth.  i{)  und  das  in  aijjjiau,  eiddö  steckende  ai{),  aid  den  lat. 
Partikeln  it,  wie  es  in  iterum  enthalten  ist,  aut  und  autem  ver- 
wandt und  die  lautverschiebung  stimmt  nur  in  diesmn  fall,  denn 
die  übrigen  ahd.  formen  verwischen  wieder  alle  spur  des  gesetzes. 
möglich  aber  ist  auch,  dasz  das  ahd.  etas,  etes  und  etalih  unmit- 
telbar auf  ij)  zurück  geht  und  niciU  aus  aij)  gekürzt  wurde,  wie 
nun  die  Vorstellungen  aut  und  forte  in  einander  greifen,  dies  zu 
untersuchen  gehört  noch  nicht  hierher,  sondern  erst  unter  die  con- 
junclion  oder,  hier  üt  bloss  gelegen  an  der  bildung  eddes,  edes, 
etes,  die  sich  mit  15h  und  wie  wir  nachher  sehen  werden,  mit 
den  fragwörtern  was,  wer,  wie  und  wo  verbindet»  kein  ent- 
sprechendes goth.  ai{){)is  ist  in  den  bruciistücken  überliefert,  wäre 
gleichwol  denkbar  und  könnte  den  bekannten  allis,  raihtis,  halis 
zur  seile  stehen,  ja  mit  rücksicht  auf  ai^^ia  sogar  ai{)|)aus  {analog 
dem  filaus)  lauten,  in  den  frühsten  ahd.  glossen  erscheint  wirk- 
lich ein  allein  auftretendes  ethas  tandem  (Hattemer  1,  212"),  tro 
es  nicIU  mit  dem  vorausgehenden  wanne  demum  zu  verbinden 
ist,  wie  auch  hernach  ethashuanne  tantundem  folgt,  dies  praefix 
etes  oder  eta,  welchem  vielleicht  gleiches  alter  einzuräumen  ist, 
hat  nun  deutlich  in  den  Wörtern  eteslih,  etalih,  eteshuer,  eta- 
huer,  eteshuaj,  etahuaj  «.  s.  w.,  die  kraß  des  lat.  ali  in  aliquis, 
aliquid,  aliquot  u.  s.  w.  d.  h.  es  kommt  dadurch  in  die  Vorstel- 
lung etwas  unsicheres,  wie  wir  es  auch  durch  irgend  ausdrücken, 
der  etsliche,  etliche  ist  irgend  einer,  etswas,  etwas  irgend  was 
hier  mag  schon  vorläufig  daran  erinnert  werden,  dasz  selbst  in 
den  disjunctionen  aut,  eddo,  edo,  odo,  oder  ein  anklang  von  alius 
und  alter  ist,  da  durch  aut  die  einheit,  durch  alter  die  einzalU 
Überschriften  und  aufgehoben  erscheint. 

Diese  höher  schwebenden  fragen  bei  seile  gesetzt,  reizt  es  zu 
forschen,  welche  mhd.  dichter  eislich,  eteslich  statt  ctelich,  so  wie 
die  nachfolgenden  i-teswd,  eteswaj  «.  s.  w.  statt  etwa,  etwa;  je- 
brauchen  oder  welche  beide  nebeneinander  anwenden,  «illkür  der 
Schreiber  hatte  doch  hier  viel  freie  hand : 

etslicher  was  ein  rubin.    Parz.  85,4; 

ouch  heten  die  este  und  etslich  dorn 

ir  hemde  zerfüeret.    257,9; 

etslicher  riet  ir  bntder  lip, 

daj  si  diu  werc  volbrähle.    518,26; 

Tor  ungedolt  er  sich  so  want, 

da;  brasl  etslich  sin  wunden  bant.    587,24; 

etslich  frouwe  wart  gehurt.    777,11; 

etslich  man  da;  priste.    HVi.  4,22; 

etsliche  wollen  da;  bewarn.     1S2,  8; 

etsliche  nämen  sinen  soll.    184,21; 

enlsliu;  H(  da;  tor, 

ich  erzürne  eteslichen  noch  biute  davor.    Nib.  457,2; 

ganzer  tage  dri  und  etesliche  naht.    MSF.  126,21; 

doch  sa'he  ich  an  ir  cteslichem  gerne  ein  schänden  mal. 
Waliber  30, 23 ; 


1179 


ETSLICH  — ETSWAS 


ETSVVENNE  — ETTER 


1180 


waj  ob  ir  «teslicher  üf  lieb  gciliiifte  mir  gelicliem  kumber  h&t. 

Mü.  1,154'; 
£uUchen  den  list  oder  den  rät.     Tikl.  3S5, 19; 
nu  bnete  ich  gerne,  möhtöj  sin, 
eislicher  helfe  dich,    liarl.  124,25; 
Jse  t'tslicher  stuude.     Gerltait  2994; 
ouch  fuoren  zuo  dem  riche 
dCs  mäles  etesliche.    (r.  kr.  25028; 
unde  eieslichen  gräven.    Helmbr.  415. 

die  stellen  lehren,  dasz  das  aJid.  eddeslih,  etcslih  auch  zur  mhd» 
seit  furtbesland.  man  könnte  eieslich  dem  bairischcn,  t"(clitb 
dein  schwäbischen  dialect  beilegen  wollen,  doch  sehen  wir  selbst 
Wolfram  ztcischen  beiden  bilditngen  schicanlien  und  bei  Megen- 
UERC  findet  sich  zwar  ctswie,  überaus  oft  elleich,  nur  seilen 
ctslich,  z.b.  2S,  32;  umgekehrt  mangelt  i'tslich  weder  in  Got- 
KRiEDS,  Conrads  noch  Rudolfs  dicIUungen,  wie  es  auch  spdlcrliia 
clsäszische  und  scliwäbische  Urkunden  gewähren. 

man  begreift  leicht,  wie  etslich  zuletzt  nhd.  in  die  schlechlc 
Schreibung  ezlich  und  elzlich  übergicng,  da  in  unscrm  atilau- 
tenden  und  zuweilen  audi  auslautenden  z  der  tslaut  cnihaüvn 
ist  und  z.  b.  für  seltsam  häufig  scllzam,  für  gotes  kotz,  potz 
gesetzt  wurde.     Rotiies  thfir.  ehr.  hat  fast  immer  etzlicli. 

der  sagten  etzlich  grausam  mer.    Schwarze!«berc  104, 1 ; 

vor  elzlichen  jaren.    Hebucn  klag  des  armen  mtinnes  6.3. 

indessen  geiieth  die  form  bald  in  abnähme.  Dasypodiüs,  Maaler, 
Deszler  stellen  nur  etlich  auf,  kein  etzlich,  Henisch  951,18 
und  Stieler  884  geben  noch  etzlich  an.  Frisch  1,  234  mit  rich- 
tigem bezug  auf  eddeslih,  bei  Adelung  ist  es  nichts  als  gemeine, 
oberdeutsche  mundart.  belege  für  etzlich  liefern  die  Chroniken  von 
Kömgshoven,  AxsnELM,  WuRSTisEN  «.  0.  m.  der  Scliweidniizer 
sladlschreiber  Jacod  Garthener  in  seinem  bericht  von  den  tinruhen 
in  den  j.  1520—1524  sagt  s.  394:  siilch  vorhoren  vorzugk  sich 
'einen  etzlichen  tag',  d.  i.  änen  oder  etlichen  lag,  etliche  tage, 
fast  wie  sich  Chemnitz  {vorhin  sp.  1177)  ausdräcki  das  etzlich 
moclile  also  in  Sciüesien  haften,  unter  den  dichtem  des  17  jh. 
hängt  ihm  Opitz  besonders  an,  obschon  er  auch  eükh  gebraucht  : 

hilf  gottl  hat  denn  der  krieg  nicht  volk  genug  gefressen 
von  etzlich  jähren  her?    2,34; 
von  etzlich  tausend  jähren.    2,105; 

ctzliche  vernicliten  die  poeterei  gar  mit  einander,  etzlichc, 
und  diese  die  klügsten,  gestehen  u.s.w.  (a.  1022)  2,  247;  nicht 
weit  von  ihnen  lagen  etzlichc  lauten,  geigen.  2,265;  und 
bestetigen  mich  in  dieser  meinung  elzliche  Holländer,  pivsod. 
germ.p.bi;  etzliche  sein  der  meinung.  Hofmannswaldau  t'orr. 
wnd  oft.  so  steht  auch  im  erzschrein  der  fruchlbr.  ges.  s.  129  für 
etziicher  zeit  (a.  1638);  s.  45  etzliche  andere,  in  Riemers 
reime  dich  s.  2  etzliche  unnütze,  doch  lustige  falle;  s.  5  ein 
schlechtes  liihnchen,  nemlich  das  lob  etziicher  wenige;  5.  12 
«Izliche  mengen  unter  die  wahrheil  ganz  ungeschehene  dinge; 
etzliche  nennen  sich  unverschämte  historienschreiber  «.  s.  w. 
und  ebenso  oft  in  seinetn  pol.  stockf  (1681):  elzliche  liebesblicke 
.  iazuernlen.  s.  90;  etzliche  blicke,  s.  123;  etzliche  mal  ge- 
ichet.  «.133;  wisset  ihr  nicht,  dasz  Cupido  zweierlei  pfeile 
luhret,  etzliche  womit  er  zwinget  und  verwundet,  etzliche 
über,  womit  er  rächet  und  strafet,  s.  144;  bisz  auf  etzliche 
iiigenblick.  s.  146 ;  etzliche  unter  denen  medicis.  s.  335.  Stieler 
•<J  stellt  etzlich  neben  etlich.  aus  dem  18.  19  jh.  läszt  sich 
icnig  oder  nichts  anführen,  wenn  gleich  das  wort  im  leben  und 
I»  büchern  hin  und  wieder  vortritt;  es  hat  dann  zuweilen  einen 
gcsuclUcn  oder  scherzhaften  nachdruck. 

ETSWA,  hier  und  da,  irgendwo,   mhd.  CleswÄ,   ahd.  Cddes- 
huür,  eteshuär: 

wft  wcre  dar?   '<ftesw&'.    Iw.  180C; 

da{  Cr  wäre  £uwi, 

dai  man  noch  wip  enw^ste  wt.    3217; 

die  h^lme  wurden  «teswA 

vil  idre  verschroten.    7228; 

diu  iuwi  iinschulde  enkalt.    Wh.  152,30; 

•4  wa*  ouh  d«r  trubiiic{e  d& 

eteiwenne  und  fiteiwA.    Tritt.  226,2; 

d«r  tracbe  d«r  wer  CuwA  dA.    220, 11; 

den  Uc  geniowea  eietwi.    228,34; 

ro/Ör  mth  nhd.  im  15. 16  jh.  cUwa,  etzwo  darbieten,  kann,  t.  b. 
ÜiF.reNBAcn  22*;  ciswo  hin,  aliquo.  fastn.  i.vj,  23;  vgl.  etwa. 
ETSWAS,  mArf.  Cteswa^,  aliquid,  gen.  i'-IcswCs: 

mir  wehnet  Cteüwa;  hier  nn, 

d«(  mioae  meinci  undc  man.    Tri§t.  28,27; 

te  boTs  wielMD  «tetw«a.    tr.  kr.  1066; 


herre,  gebt  mir  eieswaj.    Helbl.  2,1312; 

ich  waisz  das 

und  noch  iner  etzwas, 

das  das  hoffolk  nit  eukan.    fastn.  397,5; 

die  ungeselten  hai;  ich,  die  etswaj  ain  menschleicU  gestalt 
habent  an  dem  leib.  Megenuerc  486,22;  den  pat  Alexander 
Maccdo,  dag  er  im  Ctswaj  schrib  von  irm  lüben.  491.36;  in 
den  Urkunden  öfter  etzwas,  unterm  volk  auch  etschas,  ölschas, 
ütsches.  Frommann  3,  399.  4,  322.  s.  etwas. 
ETSWENNE,  aliquando: 

der  so  lange  rüel^  in  einen  touben  walt, 

ej  antwurt  iuie  dar  üj  etcswenne.    MüF.  127,14; 

die  vil  görne  miner  hant 

ctswenne  durch  min  gäbe  nigen.    Wh.  131,19; 

irte  iuch  etswenne  dej  guot 

michcl  harter  danne  dßr  muot.    Iw.  2905; 

eteswcnne  und  eteswä.     Trisl.  226,2; 

6r  sprach  ir  ßteswenne  zuo 

liepliche  sunder  lougen.    Ir.  kr.  159Ü4; 

des  wolle  im  gteswcnne 

zerspalten  sin  daj  herze.    160S2. 

nhd.   elzwan.   Schannat  dient,  fuld.  p.  356.      in  Rotues   tliiir. 
cliron.  etzwan  und  clzwanne.     vgl.  ctwan. 

ETSWER,  aliquis,  mhd.  öteswer,  gen.  cteswijs,  acc.  eteswen: 

S(3  miiejt  ir  etswcn  kiesen,    lü.  1826; 

heijet  eteswen  komen.    2604; 

ir  het  vunden  eteswen.    4518. 

nhd.  ptzwer,  z.  b.  Schöpflin  Als.  dipl.  747 ;  m  der  Volkssprache 

etschcr.    Frommann  3, 399.     s.  etwer. 
ETSWIE,  qnodam  modo. 

etswie  ernert  ich  den  lip.    Iw.  2S35; 

si  dähten  sä,  daj  Marke 

etswie  wa!re  komen  dar.     Trist.  443,15; 

in  etswie  \il  tagen.  Megenuerg  8, 13 ;  so  daj  geschiht  etswie 
vil.  24,22.32,0.35,27.433,32;  s/xi/w  etzwie  :  vor  etzwie  langen 
ziten.  Schreiber  Freit,  urk.  2,  60 ;  und  do  wir  dag  ettzwie 
dick  vor  unserm  rate  mit  inen  reltent.  daselbst,  unterm  volk 
etschwie.  Frommann  4, 522.  s.  etwie. 
ETT,  ETTE,  patcr.    th.  1,  595. 

dann  was  ist  lieblichers  zu  hören, 

als  wann  die  kinder  reden  lehren  (Jemen)? 

wanns  heraus  lispeln  halb  die  red 

und  rufen  abha,  vatter,  eit.    Fiscuart  geistl.  lieder  92; 

sein  ette  hat  mein  cttc  kennt, 

me  ebne  seinen  ebne  gnent.    Frischukordm  Susanna  p.  303. 

ETTER,  m.  sepes,  septum,  alts.  Cder,  ags.  edor,  ahd.  etar, 
mhd.  eter,  noch  heute  in  der  Schweiz  (Stalder  1, 115)  und  in 
Itaiern  (Scumeller  1,12S)  etter,  ein  uralles  wort,  wofür  sich 
schon  ein  goth.  idrs,  wo  nicht  aidrs  vermuten  läszt,  da  auch  finn. 
der  zäun  aita,  estn.  aid,  aed,  läpp,  aidde  hriszt.  auf  der  andern 
siile  lUingt  das  ir.  ithir  an,  a  cornfield,  also  the  soil  of  any 
ground,  wobei  man  das  ir.  und  welsdte  ilh  granum  erwägen 
kann,  es  war  natürlich,  dasz  die  Vorstellungen  zäun  und  ein- 
gezäuntes feld  oder  grundslück,  flur  einander  vertraten,  wie  gerade 
zun,  ags.  tön  sepes  im  altn.  tön  viridarium,  oppidum  ausdrücken. 
edor  kann  daher  auch  den  eingefriedigten  räum  des  ackers  wie 
des  liauses  bedeuten: 

li^ddun  ina  wlanke  man 
erlös  under  ederös,  thar  was  eld  mikil.    Ilel.  151, !, 

sie  leiteten  ihn  unter  die  zäune,  in  den  hof  zur  feuerstdtlc; 
h('ht  |)Ä  corla  hlco  ealitn  mearas 
fated  hieore  on  llet  teon, 
in  under  coderas.    Bcoe.  20G8, 

er  hiesz  die  adU  pferde  in  den  vorhof  {das  flelzc),  unter  die  citer 
ziehen  ; 

eorl  visade  in  under  cdoras.    CtvJm.  147,25; 

in  under  edoras.     150,5, 
welche  beiden  letzten  stellen  deullidi  das  haus,  die  Wohnung  sdbsl 
meinen. 

ich  hdrte  grdjen  vogelsanc 

in  dem  garten  wnnnerlich 

öf  einer  linde  lobelich, 

diu  stnont  ob  einem  hrunnen 

lind  schirnido  in  vor  der  sunnen 

und  vor  iilleni  wintere. 

iniierthiili)  dem  etero 

«4{  diu  liobo  vrouwe  min. 

HiiNiKUNs  minnelehre  1616, 

Akt   i.«i/    der  etter  ein  brunnengehege  unter  der  linde  im  garlm. 

ili'in  die  winrcben  zu  Wiiiningen  sullend  nlüo  in  giitcui  Irid 

sciu  und  ligen,   als  ein  gut  iu  uUn  etleru  (m  Neun  zäunen). 


IISI 


EITER— ETWA 


ETWA  — ETWAX 


1S2 


veidh.  l,  139 ;  wer  ouch,  das  dehein  man  des  vogtes  ungnade 
verschuldet  bette  mit  Unzuchten,  flühe  der  ze  sant  Marien 
in  den  eitern,  so  sol  ime  der  TOgt  nit  nachfolgen  weder  ze 
rosse  noch  ze  fusze  denne  unz  an  den  ettern,  wand  das 
golzhus  von  alter  also  gefriget  ist,  das  man  da  nieman  vahen 
noch  slahen  sol.  1, 339.  um  das  dorf,  um  die  mark  herum 
befand  äch  eine  solche  hegung,  welche  der  dorfetter,  dorfitter 
hiess,  ueislh.  1,  752.  753,  und  wonach  auch  einzelne  dörfer  den 
namen  führen,  z.  b.  Itter,  in  Oberhessen,  man  sagte  innerhalb, 
oder  auszerhalb  etters  stehen,  weislh.  1,29.121;  binnen  dem 
eder.  3,797;  den  etter  räumen,  den  eder  mimen.  3,146; 
missethdter  musten  bis  an  den  etter,  vor  den  etter  zugeliefert 
werden.  3,  644.  797. 

etter  und  zäun  wurden  aber  im  allerlhum  weder  aufgeschlagen 
noch  gesteint,  sondern  immer  aus  rulhen  und  dömern  geflochten : 

do  grabt  man  schwefel,  macht  salpeler, 
der  zäunt,  ein  ander  flieht  das  eter. 

Thurtieisser  archidoxa  bl.  II. 

zu  beachten  sind  die  stellen,  wo  zwischen  zäun  und  etter  unter- 
schieden wird,  im  bairischen  volksrecht,  cap.  de  sepe  rupla  heiszt 
es:  si  illam  sepem  irruperit  vel  dissipaverit,  quam  egjiscziin 
vocant,  cum  uno  solido  componat  et  restitutione.  superiorem 
vero  virgam,  quam  etarcartea  vocamus,  quae  sepis  continet 
firmitatem,  si  eam  injuste  reciderit.  simili  modo  cum  solido 
componat,  eo  quod  minime  tunc  sepis  vitiata  animalis  sustinet 
impetum.  die  etarcartea  d.  i.  ellergerte  festigte  hauptsächlich  den 
getraidezaun  (ejjisczün),  war  also  nur  ein  theil  deszauns;  weislh. 
3,  8S9  ist  die  rede  von  einem  neun  etter,  d.  i.  ruthen  hohen 
zäun:  item  ein  hune  (henne)  sal  einen  gank  han,  so  fern 
als  einer  uf  einem  hause  gritelig  (gcsfjreirJ)  sitzend  mit  einem 
ei  wirft,  thut  sie  aber  schaden,  so  sol  man  machen  einen 
zun  IX  edere  hoch,  Dugt  sie  dan  darüber,  so  bat  man  macht 
sie  zu  erschlagen,      s.  die  vorhin  aus  1, 139  angeführte  stelle. 

ETTERGERTE,  f.  virga  sepis,  ward  eben  angeführt. 

ETTERGPiABE,  m.  heiszt  s.  b.  ein  grabe  bei  Gieszen,  der  von 
der  Lahn  an  nach  der  Wieseck  sich  erstreckend  die  stadl  auf  der 
nördlichen  und  nordöstlichen  seile  umschlieszt. 

ETTERN,  sepire:  sollen  die  zeun  mit  zweien  äfern  geätert 
sein,  veisth.  1,263;  und  hat  ein  vogt  nicht  me  rechtens  in 
dem  forst,  dan  das  er  einen  wagen  voller  gerten  zu  einem 
geetterfen  zäun  . . .  hawen  möge.  1,  584.  es  gab  also  geellerle 
und  ungeetterte  zäune. 

ETTERRUTHE,  f  wie  etlcrgerte.  Schveller  1, 128.  Stalder 
1.  llö. 

ETTERZALN,  m.  schon  langob.  iderzün.    Rothab  290. 

ETTERZEHEND,  m.,  der  bis  an  den  etter  oder  für  den  clter 
entrichtet  wurde. 

ETTICH.  /".  phthisis,  s.  atzmann  1,597.    etkuni  3.  1174. 

ETTLEIN,  n.  paterculus,  väterkin,  väterclien: 
und  wolt  nieroant  nach  uns  fregen, 
so  weist  sie  hin  gen  Erlestegen 
oder  hinüber  zu  dem  tauben  eileln, 
da  sol  heint  unser  herberg  sein,    fastn.  96. 

*zum  tauben  ette',  scherzhafter  name  einer  weil  entlegnen  her- 
bcrge,  so  wie  'gen  Erlenstegen'. 

E'nVA,  aliquando,  forte,  bei  dieser  partikel  ist  vorsieht  nöthig. 
ein  scheinbar  entsprechendes  mhd.  etewä  kommt  kaum  vor,  nur 
eteswü,  und  würde  gleich  diesem  alicubi,  uspiam  bedeuten,  also, 
da  mild.  w4  ubi  zu  nhd.  wo  wird,  etwo,  etzwo  lauten,  welches 
aucli  hernach  folgt,  gewöhnlich  ist  nhd.  etwa  abgestumppcs  etwan 
(i.  dieses),  doch  hat  es  sich  daneben  auch  im  sinn  von  etes- 
wenne  atiquando  erlialten. 

1)  etwa,  alicubi,  mhd.  elesw3:  got  ist  nindert,  dann  das 
etwa  ist,  das  ist  in  ein  stat  eingeschlossen.  Frank  chronik  368*. 
Dastp.  322'.    Frisch  1, 233'. 

2)  etwa,  forte,  vielleicht:  umb  etwa  einer  unlust  willen, 
vulg.  propter  aliquam  foeditatem.  5jtfos.  24,  l;  kom  und  setze 
dich  etwa  hie  oder  da  her,  vulg.  declina  paulisper  et  sede 
hie.  Ruth  4. 1 ;  denn  ich  hab  auch  meinen  knaben  etwa  hie 
oder  da  her  bescheiden,  pueris  meis  condixi  in  illum  et 
ilinra  locnm.  t  Sam.  21,2;  jage  im  nach,  das  er  nicht  etwa 
für  sich  feste  stede  finde,  ne  forte  inveniat  ciritates  munitas. 
2  Sam.  20,  C;  du  hast  etwa  deinem  bruder  ein  pfand  genomen 
on  ursacb.  Hi<A  22,  6 ;  wie  kan  er  an  dem  allinechtigen  lust 
haben  und  gott  etwa  anrufen.  27,10;  wird  ja  des  finstem 
etwa  ein  ende.  28,3;  o  bette  ich  fliigel  wie  tauben,  das  ich 
flüge  und  etwa  bliebe!  p-i.  55,  7,  tro  vielleicht  etwo  stehn  sollte; 

s  etwa  1 ;  meinstu  nicht,  das  etwa  ein  eisen  sei?  Jer.  15, 12 ;  und   I 


die  so  im  lande  umbber  gehn  und  etwa  eines  menschen  bein 
sehen.  Ez.  39, 15 ;  und  wenn  sie  etwa  zu  einem  euszern  vor- 
hof  zu  dem  volk  herausgehen.  44, 19 ;  die  wechter  in  Ephraim 
hielten  sich  etwa  an  meinen  got.  Hosea  9,  S ;  als  wenn  ein 
zimmerman  etwa  einen  bawm  abhawet.  weisli.  Sal.  13,  U; 
sähe  auf  alle  straszen,  da  er  her  komen  soll,  ob  sie  in  etwa 
ersehe.  Tob.  10,8;  auf  das  du  nicht  etwa  deinen  fusz  an 
einen  stein  stüszest,  goth.  ei  hvan  ni  gastagqjais.  Luc.  4,10; 
auf  das  er  nicht  etwa  dich  für  den  richter  ziehe.  12,  58 ;  so 
setze  dich  nicht  oben  an,  das  nicht  etwa  ein  erlicher  denn 
du  von  im  geladen  sei.  14,  8 ;  auf  das  sie  dich  nicht  etwa 
wider  laden,  goth.  ibai  auftö  jah  eis  aftra  haitaina  Jiuk.  14. 12 ; 
wehneten  die  scbifleute,  sie  kemen  etwa  an  ein  land.  apostelg. 
27,  27 ;  so  ein  mensch  etwa  von  einem  fehl  übereilet  würde, 
goth.  jabai  gafahaidau  manna  in  hvizai  missadede.  GaL  6,  l ; 
ist  etwa  ein  tugent,  ist  etwa  ein  lob,  dem  denket  nach,  goth. 
jabai  hv6  gödeino,  hvö  hazeinö.  diese  stellen  zeigen,  dasz 
etwa  gern  den  conjunctionen  dasz,  wenn  und  ob,  so  wie  in 
fragen  hinzutritt,  um  die  Unsicherheit  des  ausdrucks  zu  erhöhen, 
weshalb  wir  auch  und  etwa,  oder  etwa,  nicht  etwa  häufig  ver- 
binden, so  wie  dem  hier  und  da,  dieser  oder  jener  und  ähnlichen 
disjnnclionen  ein  etwa  voraussenden,  vielleicht  etwa  äeht  pleo- 
nastisch:  derowegen  habe  von  meinem  Überflüsse  vielleicht 
etwa  euren  mangel  ergänzen  und  ersetzen  wollen.  Felsenb. 
4, 181 ;  bin  ich  etwa  ein  Schach  Riar  ?  Wielam)  7,  60 ; 

damit  nicht  ein  andrer 
etwa  dieses  und  jenes  von  mir  im  stillen  begangnen, 
unbekannten  Verbrechens  dereinst  bezücbtiget  w'erde. 

GöTHE  "40,  67 ; 
grosz  ist  er,  ich  aber  bin  klein,  und  könnt  es  mir  diesmal 
etwa  mislingen,  so  hätten  mir  alle  die  listigen  streiche 
wenig  geholfen.  40,206. 

alle  schrifläeller  von  LtrrnER  bis  auf  heute  flieszen  fiber  in  bei- 
spielen  für  dieses  etwa,  das  sich  doch  nur  in  der  syntax  vM- 
ständig  erörtern  läszt.  nur  sei  noch  angeführt,  dasz  wie  für 
etwer,  etwas,  etwie,  etwo  bloszes  wer,  was,  wie,  wo  gesetzt 
werden  mag,  auch  für  etwa  bloszes  wa  begegnet: 

und  lassen  sie  sich  wa  nicht  weisen, 

so  sollen  sie  alle  teufel  zerreiszen.    Göths  57,254. 

die  Volkssprache  macht  aus  etwa  eppa,  eppe. 

3)  etwa  für  etwan,  mhd.  eteswenne,  olim,  aliquando:  das 
er  inen  brechte  ins  land  die  gefesze  des  hauses  des  heim, 
die  etwa  aus  dem  tempel  weg  genomen  waren.  Baruch  l.  s ; 
Trypbon  ein  heubtman,  der  etwa  des  Alexandri  freund  ge- 
wesen war.  l  Maec.  11,39;  den  bund  so  zwischen  uns  etwa 
gemacht  ist,  widerumb  zu  vernewern.  12, 3 ;  abschrift  des 
briefes,  welchen  Areus  uns  etwa  gesand  hatte.  12, 19 ;  ich 
aber  lebete  etwa  on  gesetze,  iycö  Se  i%c"v  xcooie  vöuov 
Ttore,  vulg.  ego  autem  vivebam  sine  lege  aliquando,  goth.  ip 
ik  simle  inu  vito{)  libaida.  Rom.  7,  9,  auch  simle  bedeutet  einst, 
ehedem;  es  ist  er  Paulus  Lindenauer,  etwa  prediger  zu  Zwickau, 
bei  mir  gewest.  Lütders  br.  3,  344;  dr.  Usingen,  ein  Augustiner 
mönch,  der  etwa  mein  präceptor  war.  Luthers  tischr.  1.27; 
etwa  da  ich  las,  die  heiligen  väter  hätten  gelebet  von  wur- 
zeln, meinet  ich,  sie  hätten  die  wurzeln  von  bäumen  gesscn. 
3,16;  dr.  Hillner,  syndicus  zu  Regenspurg  und  etwa  pfalz- 
graf  Philipsen  rat  und  diener.  Ave.-^tins  leben  vor  seiner  bair. 
chron.  s.  2.   ausg.  von  1566  {die  von  1580  hat  etwan). 

4)  mdn  merke  'etwa  lange':  wenn  sie  (die  wölke)  aber  zween 
tage  oder  einen  monden  oder  etwa  lange  {vulg.  longiora  Icm- 
pora)  auf  der  wonung  bleib,  so  lagen  die  kinder  Israel  und 
zogen  nicht,  nnd  wenn  sie  sich  denn  erhub,  so  zogen  sie. 
AMos.  9,22.     so  bereits: 

daj  ouch  her  konic  Davit 

hat  vor  hin  lange  zit 

in  sincm  psaltersange 

vor  hin  etwa  lange 

geschriben  unde  gescit.    erlösung  2929, 

wozu  man  halte:  hernach  etwan  lange  was.  1143. 

5)  etwa  hin,  aliquo.  Diefenbacb  23*.  Dasyp.  322',  s.  elwo 
hin,  etzwa,  etzwo  hin. 

ETWAIG,  fortuitus,  steife  bildung  der  neueren  geschdßssprache, 
neben  etwanig,  wie  daig,  hieig  neben  dasig,  hiesig:  etwaige 
schulden,  ausgaben,  ansprüchc;  die  etwaigen  eicei-pte.  Rll- 
■  exbach  bei  Merk  1, 414. 

ETWAN,  dieselbe  f>artikel,  deren  ahstumpfung  wir  vorhin  unter 
etwa  erörterten,  für  ihre  zweite  bedeutung  kommt  dabei  das  mlid. 
eleswenne  (Nu».  1356  nach  einigen  hss.  auch  ellewenne)  in 
betrachl,   ßr  die  erste  aber  zugleich  das  ahd.  üdowän,  t^dowän, 


1183 


ETWAN 


ETWAN  — ETVVAR 


1184 


ßlwän  forte  (Graff  1,  862),  vodurch  die  oben  angere^e  berüh- 
rung  zwischen  ui|i}iati,  fddo  und  eta  neu  bestärkt  und;  schtrer 
hält  es  sich  über  \v;in  und  wan  [yolh.  livaii)  2«  entscheiden. 

i)  etwan,   forte,   das    nit  ctwan,    ne  quando.    Maaleh  121'; 
so  etwan,  si  quando.  121*;  etwan  einer,  aliquis.  121*; 

sctionlieit  des  libcs  man  vil  acht, 

wert  elwan  doch  kum  über  nacht.    Brant  6,  S2; 

ob  ich  auch  villeicht  einen  etwan  mocht  erwerben.  Stein- 
HüwEi.  Esop  92;  ungcwonlich  speis  essen,  so  man  etwan 
speis  maciit,  allein  das  sie  seltzam  scind.  Keisersi;.  s.  rf.  m.  5'; 
inen  schadet  ein  glas  mit  wein  mer,  denn  wenn  etwann  einer 
ein  halbe  masz  trünke.  9";  wenn  ein  sollicher  füller  ze  nacht 
heim  kummet  von  der  stuben  und  etwann  foll  ist.  9';  das 
schweren  geschieht  etwann  recht,  etwann  unrecht.  21';  dise 
blatter  etwann  erwürgt  sie  einen  etwann  zu  lod,  das  ist, 
das  er  tödlich  silndct,  elwan  tcglich.  2l';  wenn  ein  kind 
etwann  unrecht  Ihut,  und  man  es  fraget,  warum  hast  du 
das  gelhon?  es  fahet  an  zu  leugnen.  26';  es  sol  etwann  gar 
(wol  noch  gar)  ein  fein  ding  sein.  26*;  wenn  das  hinderreden 
also  in  der  bösen  meinung  geschieht,  so  ist  es  todsünd  und 
ist  etwann  groszer  sünd,  denn  esseslu  fleisch  an  dem  kar- 
freilag.  27" ;  wer  ist  der  . . .  das  im  nit  etwann  entwüsche 
ein  eerabschneidig  wörtiin.  2S' ;  davon  so  die  frumnien  men- 
schen etwann  (viclleicJU  zufdiliy)  bei  den  liitcn  sind,  da  man 
dem  nechstcn  sein  eer  abschneidet,  so  fürchten  sie  sich  und 
dürfen  nit  darein  reden.  30';  nun  lug  wie  viel  todsünd  einer 
etwann  in  einer  todsünd  thfit.  32';  also  wenn  die  groszen 
herren  fallen  in  grosze  schwere  sünd,  so  machen  die  lieb- 
leller,  das  da  seind  tüfelsammen,  ein  spnmg  daraus  und 
sprechen:  es  ist  ein  grosz  herlich  werk,  das  ir  do  gethon 
haben,  ist  (es)  ein  arm  man,  musz  auch  etwann  ein  zan 
zeugen.  32';  fluchen  mag  geschehen  in  dreierlei  weis,  und 
derselben  meinung  nach  so  ist  es  kein  sünd,  etwan  teglich 
Rfind,  etwan  todsünd.  38';  wann  ein  reicher  man  ein  gülden 
in  die  ein  Schüssel  legt,  so  hastu  etwann  nit  me  dan  blaphart 
in  die  selbige  gcleget.  41';  das  e.  k.  f.  g.  wollen  seinen  zwcen 
sönen  gnüdiglich  etwann  ein  geistlich  leben  zuwerfen.  Luthers 
br.  5,725;  dieses  wächst  etwan  so  lang,  das  man  grosze 
bürden  gras  darein  binden  mag.  Tabernaem.  1215;  er  kan 
auch  etwan  was  künftiges  errathen.  Mathesics  1562, 302'_; 
wa  er  etwann  nicht  zugegen  war.    Garg.  200'; 

uns  trüg  etwan  ein  streflein  ein.    Atrf.r  fastn.  100'; 
tolt  etwan  heute  noch  ich  vor  dem  feinde  sterben. 
Fleiinc  HO; 
wir  Schrein  einander  zu, 
dasz  keiner  etwan  nicht,  was  ihm  verfänglich  thu.    111; 

müste  er  mich  in  sonderlicher  Wartung  hallen,  dasz  ich  nicht 
etwan  stürbe.    Weise  erzn.  74; 

und  was  etwan  übrig  blieben 

wird  in  keinem  segen  stehen.    Camitz  s.  33; 

wer  nur  ciwan  halb  geglitten, 

wird  beredt,  verhöhnt,  verschnitten.    GE!«TnKR  «.80; 

er  kommt  und  etwan  bahl.    546; 

was  die  böse  weit  etwan  sagen  werde.  Liscov  5;  ohne  dasz 
wir  derselben  anders  als  etwan  durch  den  genich  gewahr 
werden.  65;  alles  was  ihnen  etwan  zu  hoch  ist.  183;  wenn 
ihm  etwan  eine  schrift  nicht  genilh.  264;  weil  er  etwan  den 
rausch  noch  nicht  völlig  ausgeschlafen  hat.  729 ;  was  meinen 
lescrn  etwan  widerfahren  sollte,  dafür  kann  ich  nichts.  Ra- 
iiE7(er  2,93;  denken  sie  etwan,  dasz  ich  so  wenig  einsieht 
habe.  Gellert  2,  342;  wenn  etwan  unser  gute  Homer  einmal 
schlummert.  Hamler  dicIUk.  des  Ihraz  s.  113;  liald  ward  die 
grille  von  einer  andern  verdrängt,  so  wie  elwann,  so  wie  etwann 
—  schade  dasz  ich  kein  gleichnis  dazu  finden  kann.  Lkssinc 
1,  231 ;  wofern  ihn  etwann  eine  Versuchung  dazu  ankommen 
sollte.  Wieland  3,  «7;  so  wird  er  sich  etwann  des  socrati- 
srhen  gehcimnisscB  bedient  haben.  3, 81 ;  ganz  neuerdinge 
haben  wir  ihn  nicht  etwann  von  ricsen  oder  bezauberten 
mobrcn,  sondern  von  gemeinen  bauerjungen  abbläuen  lassen. 
12,7;  bat  dich  ein  narbigesicht  etwann  mit  schrerkgeslallen 
befallen?  33,2«;  wollen  sie  mir  elwann  gar  verbieten,  dasz 
ich  nach  meinem  eingebrachten  fragen  soll?  Weisze  kam. 
op.  2, 2«i;  da«  mädchcn  gefiel  mir.  ich  glaubte  sie  wtirde 
etwann  luitt  liahrn,  eiimial  die  stadt  zu  sehen.  3,nn;  he 
•cbweslcr,  wenn  du  den  elwan  ntuh  nicht  willst,  »o  lasz 
mir  ibn  doch.  3.  m ;  auch  wind  unsre  zOglinge  hier-  nicht 
elw»n  ringriiperrt.    ÜOtoi  SI,1I7. 


2)  etwan,  aliquando,  olim: 

etwan  in  der  alten  ee, 

do  viel  gar  ein  kalter  schnce.    fasln.  1414; 

ich  hab  etwan  sagen  hören  von  zweien  kaufleulen.  Steijj- 
HöwEi,  Esop  92 ;  Gonella  etwan  ein  fast  schimpfiger  narr  und 
.spilman.  Brant  tW  Äd/j/iöuc/ 146;  ist  der  etwan  in  dem  eilend 
in  der  fremde,  der  mag  etwan  in  ein  ersam  durf  kämmen. 
Keisersiierc  bilgeri'2';  das  bond  die  Römer  etwan  gespürt. 
«.  rf.  m.  5';  die  heupter  und  regenten  sollen  ineszig  sein  in 
essen  und  trinken,  so  sein  sie  die  alierföllesten  krüg  etwann. 
9';  deshalben  seind  die  Walhen  fast  subteile  lül  (im  zerlegen 
eines  bratens)  und  seind  über  uns  in  dem,  etwann  warent 
wir  über  sie  und  betten  uns  gescliampt,  das  wir  eim  ein 
lügin  zugesagt  sollen  haben,  aber  ietzundan  streichen  wir 
den  kulzen  und  seind  eins  leders.  1'.»';  er  meint  er  wolt 
gegen  seinem  sun  alles  übel  verzeihen  on  das  liegen  {lügen), 
das  spilen,  prassen  und  huren  würd  im  doch  etwan  vergon. 
25";  etwann  gieng  man  den  fruminen  armen  entgegen  und 
nam  sie  in  die  hüser  und  gab  inen  z8  essen,  . . .  aber 
ietzundan  ist  es  nicht  mer.  33';  es  ward  einmal  gesaget, 
dasz  man  etwan  viel  gelesen  und  geschrieben  habe  ohn  allen 
verstand.  Luthers  lischr.  1,30;  etwan  hat  man  den  klöstern 
voll  auf  gnug  können  geben,  itzt  gibt  man  christlichen  lehrern 
nicht  gerne  einen  heller.  1,55;  etwan  bei  unsern  zeilen  war 
bös  studieren.  1,67  {in  diesen  drei  stellen  rührt  elwan  rom 
heraiisgeber  der  lischreden,  da  Luther  selbst  elwa  schreibt) ;  der- 
gleichen haben  auch  gethan  Job.  von  Trillenheim  und  Con- 
rad Celtis,  etwan  mein  lehrmeisler.  Avicntit«  ein/,  zur  bair. 
chron. ;  ich  bekenne  mich,  dasz  ich  auch  etwan  zu  frauwen 
und  jungfrauwen  liebe  getragen  hab.  buch  d.  liebe  243,4; 
elwan  trift  er  auch  seinen  man.  H.  Sachs  1,416'; 
weil  ich  war  etwann  stark  und  jung.  II.  4,54'; 
etwann  feurt  (d.  t.  feiert)  man  die  heiligen  und  verbrant  die, 
so  die  gemeine  münz  entheiligten,  jetzund  feurt  man  die 
gemeines  nutzes  entheiliger  und  liegt  sie  schier  auf  den 
henden  und  verbrcnt  dargegen  die  heiligen.  Garg.  lOo';  käl- 
berten sich  etwann  auf  einer  schönen,  grünen  wisen.  193*; 
Äugst  etwan  genant  Hurich.  ¥iscn\RT  gl.  schif  4h';  dieSalomon 
etwan  dent  könig  Hyram  schenken  wolle.  Matuesius  5";  es 
sollen  solche  spiele  nicht  täglich,  sondern  je  elwan,  doch 
selten  getrieben  werden.  Slraszburger  polizeiordn.  tit.  12  bei 
MosciiEROscD  de  cxercit.  344; 

als  wenn  ich  früh  und  spät,  nachdem  es  etwann  kam, 

in  deiner  gegcnwarl  die  deutsclie  laute  nahm.     Güntukr  373; 

0  löscht  die  wapen  aus!  ha,  wirft  ein  klngling  ein, 

der  etwann  in  der  weit  so  weit  herum  gezogen, 

als  unserm  bader  nächst  die  praue  gans  entflogen.    374. 

simlcrlm  uird  diese  bedeutung  seltner  und  hört  endlich  auf. 

3)  elwan  lang,  aliquantisper.  Maau^r  121*.  s.  etwa  4.  elwan- 
hin,  aliquo.    Diefenbach  23'. 

4)  es  fragt  sich  nach  dem  heuligen  gebrauch  der  formen  etw  an 
und  etwa.  «•»>  haben  jene  für  die  allere,  diese  für  die  abge- 
stumpflc,  des  n  valusligc  erkannt,  einzelne  schrißsteller  schreilien 
durchgängig  etwan,  andere  etwa,  und  da  in  unsrer  spräche  übn- 
Pusz  an  n  ist,  so  scheint  etwa,  als  uvl lautender,  den  vorzug  zu 
verdienen,  beide  nebeneinander  zu  behalten  und  etwa  zu  setzen, 
tco  ein  consonant,  elwan,  ifo  ein  vocal  folgt,  ist  unbegründet. 

ETWANIG,  fortuilus,  ungefdhrig:  'wenn  nicht  vollkommen 
eben  denselben,  doch  einen  elwanigcn'.  der  elwanige  begiif 
wäre  hier  unnütz  oder  gefährlich.  Lessing  10,  256;  die  elwanige 
dunkelheit  des  ausdrucks.  Klopstoc«  12, 46 ;  bei  etwanigen 
klagen.  12,5«;  elwanige  alle  inihümer.  Kants,  400;  an  einen 
etwanigen  träger  der  accidenzen  ist  nicht  zu  denken.  Fichte 
grundl.  Ifil ;  ich  biiszc  clwaniges  lob  ein.  J.  P.  Siebcnk.  1,  ix ; 
elwanige  eiiiwciidiingen.  kühner  tnachle  MichXiiis  5,355  das 
etwan  selbst  zum  adj. :  halten  sie  sich  bemühet,  wie  die  pom- 
niersrhen  lande  in  etwanem  stände  bei  dem  ihrigen  erhalten 
bleilien  nnigen. 

KTWAH,  usjiiam,  mlid.  i'lesw.'^  für  i-leswar,  Plewar:  elwar 
aiifliaiiwen,  iuaedificare.  elwar  in  sein,  inesse,  das  man  dich 
elwar  fiirhalie,  ut  tu  nliquid  esae  ridcarr  (rffl.t;  man  dich  für 
rliras  holte,  wofür  halle).  Maai.er  121* ;  es  gehet  elwar  mit 
iler  lliiir.  Wirsunc  (u/i.v/h.i  rc;  die  weil  man  elwar  (»Vi^-hi/mc«) 
daselbst  von  linden  lierauf  mit  srhiirken  hat  gehandeil.  liimi  Ml". 
etwarhin,  aliquorsum.  DiEFRNRAcn  2.1*.  feidrrhafi  schnnl  u/nt 
elwar  aliquis,  nescio  quLi.  ullus.  Dasypoiui;«  322'^  und  danach 
Serkanus  dici.  V  O'.  «»/«.  II  ii'.  <^i.inüer  gramm.  83.  s«  iialt  elwer, 
mhd,  cl»wer,  da  man  nicht  war  für  wer  sagen  kann. 


1185 


ETWARÜM  — ETWAS 


ETWAS 


1186 


ETVVARLM,  um  elwas,  heute  etworum:  elvvarumb  gestraft 
weiden,  luere  comntissa.    Maaler  121*;  Hemsch  952; 

und  solches  geschieht  nicht  umb  preis  und  rum, 
als  wan  manwettlault  etwarumb. 

Fischart  ehz.  56  (453.  1597  D4'). 

ETWAS,  aliquid,  ahd.  eddeshuaj,  doch  bei  N.  etewaj  (Graff 
4, 1192),  «jAii.  vorwiegend  eteswaj,  etswaj,  in  Helles  spec.  146 
etlewaj,  ettiwag,  auch  im  passional  K.  35,61.  193,80.  229,35 
etewa;;  nhd.  wiegt  aber  etwas  vor,  und  etzwas  erscheint  nur 
selten;  tadelhaß  iclitwas,  da  icht  =  ahd.  iowiht  an  sich  schon 
aliquid  ausdrückt,  vgl.  nnl.  iet,  iets.  die  Volkssprache  assimiliert 
etwas  zu  eppas,  eppes  loben  sp.  679),  wobei  einem  das  lat. 
qiiippe,  quippiam,  quispiam,  uspiam  einfällt. 

1)  allein  stehend:  so  du  etwas  verkaufest.  Keisersbekg 
s.  d.  m.  2';  also  das  ein  allwegen  etwas  übe  {dasz  einer  immer 
etwas  arbeite),  tl";  als  dick  du  etwas  kaufest  oder  verkaufest, 
so  zühest  du  gott  darz«  (misbrauchst  du  dabei  gottes  namen). 
21';  solt  dem  herrn  etwas  unmüglich  sein?  1  Mos.  18.14; 
und  solt  nichts  davon  über  lassen  bis  morgen,  wo  aber  etwas 
über  bleibt  bis  morgen,  solt  irs  mit  fewr  verbrennen.  2  Mos. 
12, 10  ;  etwas  tbun,  ausrichten ;  etwas  betrachten,  dejingere 
cogiiatione.  Maaler  121'';  etwas  sein,  aliquid  esse,  in  ansehen 
stehn;  es  ist  etwas,  est  aliquid;  lasz  mich  auch  etwas  sein 
oder  gelten.  122';  nicht  viel  ist  doch  etwas.  Lessing  1,467; 
das  testament,  von  eben  derselben  Verfasserin,  ist  noch  so 
elwas.  7,115;  der  theil  (der  menschen)  konnte  sich  schon 
etwas  dünken.  Götbe  24,213;  und  nur  um  etwas  zu  sagen, 
versetzte  er,  nachdem  er  tief  athem  geschöpft  hatte.  19,125; 
glücklicherweise,  dasz  die  gemählde  so  hoch  stehen  und  die 
täfelung  auch  etwas  aushält.  21,21;  einige  graue  haare  konnte 
er  nicht  verbergen  und  von  runzeln  schien  sich  auch  etwas 
eingefunden  zu  haben.  22, 38 ; 

närrisches  kind ! 

du  sollst  ja  nur  elwas,  nicht  alles  werden, 

wie  kannst  du  dich  denn  so  erstaunt  geberden 

zu  sehen,  dasz  andere  auch  etwas  sind.    Rcckert  317; 

er  hat  sich  etwas  damit,  hält  elwas  darauf;  es  hat  sich  etwas ! 
=  daran  ist  kein  gedanke;  ach  hat  sich  etwas!  Engel  Lor. 
Stark  300 ;  etwas  davon  tragen,  abkriegen ; 

aber  das  gegentheil  that  er  hernach,  und  kriegt  er  darüber 
etwas  ab,  so  hab  ers  auch.  Göihe  40,202; 

erzähle  mir  etwas;  welchem  so  wol  als  mir  zeit  und  weile 
lang  wurde  etwas  erzählen  zu  hören.  Felsenb.  1,  29 ;  und  so 
in  zahlloser  anwendung. 

2)  neben  einem  davon  abhängigen  genüiv, 

a)  des  Substantivs:  und  Joseph  gieng  in  das  haus  und  tet 
etwas  Werks,  tifte/ fon  14S3,  34=  1  3/os.  39, 11,  ut  operis  quip- 
piam faceret,  bei  Luther  sein  gescheft  zu  thun ;  etwas  rats  oder 
Ihats.  Lltheb3,2;  gröszere  stück,  die  etwas  ansehens  hetten. 
4,160';  niemand  meinet,  das  elwas  trosls  da  sei.  4,215;  wenn 
er  etwas  anligens  helle,  so  höret  er  in  gern.  seh.  u.  ernst 
1555,208:  elwas  hirnes.  Forer  116";  bei  nacht  etwas  Scheines 
geben.  148";  zu  etwas  Unwillens  ursach  geben.  Fischart  e//J.  7 ; 
elwas  dings,  a/j^uid;  elwas  gewinns.  aliquid  lucri ;  elwas  eeren, 
nennullus  honos;  er  hat  etwas  forchts,  timor  aliquanlus;  ich 
wil  dir  elwas  meiner  biicheren  zuschicken,  aliquid  de  meis 
scriptis  mittam.  Maaler  121*.  122*;  meine  abneigung  elwas  dieser 
dinge  gedruckt  zu  sehen.  Göthe  20, 92.  doch  heute  meidet 
man  solclte  gcnitive  und  apponiert  entweder  das  subst.,  z.  b.  etwas 
ehre,  elwas  furcht,  elwas  trost,  etwas  geld,  elwas  volk. 
Schiller  743 ;  oder  braucht  die  praep.  von :  elwas  von  diesen 
dingen,  sachen,  elwas  von  meinen  büchcrn;  ich  hatte  zwar 
gern  elwas  von  versen  gemachet,  welzabend  al'.  am  liebsten 
aber  setzt  man  an  die  stelle  von  elwas  ein  adj.,  z.  b.  einige 
ehre,  einige  furcht. 

6)  des  adj.:  ahd.  etewag  giiotes,  grüenes,  lindes,  niuwes, 
elewa;  andares,  etewa;  pejjirin,  m^ririn;  nltd.  wer  etwas 
liebes  hat.  altd.  wäld.  l,ihb;  wenn  eine  seelc  elwas  unreines 
anrüret.  Z  Mos.  5,2;  das  fleisch  das  elwas  unreines  anrürct. 
7,19;  ist  aber  an  dem  vieh  elwas  unreines.  27,27;  wird 
aber  der  herr  etwas  newes  schaffen.  4  Mos.  16,30;  wie  kan 
ich  etwas  anders  reden?  22,38;  so  sie  etwas  tödüchs  trin- 
ken. Marc.  10,18;  sündige  fort  nicht  mehr,  das  dir  nicht 
etwas  ergers  widerfare,  vulg.  ne  dctcrius  tibi  aliquid  con- 
lingat.  Joh.  5,14;  denn  du  bringest  etwas  newes  für  unsere 
ohreo,  vulg.  nova  quaedam  infers,  apostelg.  17,20;  ir  wöllind 
dan  elwas  weiters  oder  merers,  nisi  quid  adhuc  forte  vullis. 
MAALEm22';  heute  gab  es  wieder  etwas  neues;  sie  gerielhen 
IIL 


auf  die  gedanken,  dasz  ich  vielleicht  auszerhalb  etwas  liebes 
haben  müsle.  Hesse  1,  42 ;  zeigete,  dasz  ich  keinesweges  etwas 
liebes  besuchet  hatte.  1,  43 ;  hindert  mich  irgend  elwas  rechtes 
zu  beginnen.  Wieland  bei  Merk  1,  97;  wenn  auch  etwas  starkes 
vom  feinde  käme,  oeuvres  de  Fred,  le  gr.  30, 178 ;  solang  noch 
etwas  feindliches  in  dem  feld  ist.  diese  adjeclivc  sind  nach 
analogie  der  subst.  unter  a  eigentlich  gcnitive,  die  heutige  dem 
gen.  abgänstige  spräche  faszt  sie  aber  als  nom.  oder  acc.  auf. 
ahd.  und  mhd.  entscheidet  die  schräbung  güotes,  niuwes,  wie  auch 
auf  vil  und  wenec  solche  genitive  folgten,  nach  d'nväaiuöv  ri 
läszt  sich  Marc.  16, 18  der  acc.  vertheidigen. 

3)  der  acc.  elwas,  aliquid  stellt  adverbial  für  ein  wenig,  paulum, 
paulisper,  neben  verbum,  pari,  und  adj.  ahd.  etewaj  slufen. 
N.  Cap.  101;  ez,  triffet  an  die  misse  elliwag.  Kelle  spec.  146; 
da;  nider  anllüte  sihet  etwaj  her  abe.  Eckhart  59,5; 

nhd.  wa  sie  ist  etwas  gar  reich, 

zwar  man  vint  im  dort  nit  iren  gleich, 

wann  sie  kan  gar  wol  spinnen 

und  last  sich  etwas  gar  gern  minnen.    fasln.  577; 

den  sah  ich  etwas  freuntlich  an.    Kellers  erz.  479,19; 

gleichwie  ein  lorbaum  etwas  sonderlich  pranget.  Luther  2,  81; 
allein  an  holz  ist  etwas  ein  inangel.  FnANUfeW.  187*;  etwas 
beredter  als  die  zur  hochzeit  laden.    Garg.  21l'; 

entsetzt  er  sich  wol  etwas,    froschm.  D2'; 

essen  und  trinken  herfür  langen, 

das  etwas  anders  sol  her  prangen, 

denn  diese  arme  bettelei.    Gl*; 

dasz  der  angenehme  saft 

etwas  in  die  stirn  ist  kommen.    Opitz  2,203; 

da  die  herbe  und  bitlere  qualilät  etwas  stark  ist.  Jac.  Böhme 
Aurora  {Stuttg.  1835)  s.  119 ;  der  feldmarschall  liesz  seine  armee 
elwas  rasten.  Chemnitz  iv.  2, 113';  kam  ich  etwas  prächtigers 
{ein  wenig  prächtiger)  herfür.  fr.  Simpl.  1, 38 ;  weil  er  noch 
etwas  gelebet,  colica  232 ;  etwas  eingeschlummert,  irrg.  der 
liebe  247;  etwas  vertieft.  255;  so  hieben  sie  von  den  Phlia- 
siern  einige  nieder,  verloren  aber  selbst  noch  etwas  mehrere, 
so  von  den  Korinlhiern  erlegt  wurden.  Heiln<ins  Thuc.  710; 
etwas  schwer,  etwas  grob,  elwas  bitter; 

und  der  könig  vergönnt  es.    da  wurd  es  Reineken  wieder 
etwas  leichter  ums  herz,  er  hofie  glücklichen  ausgang. 

GöTUE  40,67; 

man  fand  diese  bebauptungen  neu,  aber  etwas  kühn;  es  ist 
schon  etwas  finster. 

4)  elwas  nach  praepositionen,  unflecliert:  e.  mt.  lasz  hie  einen 
haubtinan  in  besalzung  mit  elwas  volks.  Garg.  219';  ich  kann 
ihm  schon  mit  etwas  dienen;  so  begriffe  ich  auch  mithin 
in  Steier,  Kärnten  . . .  um  elwas  die  teutsche  sprach.  SimpL 
Springinsf  cap.  10 ;  v\enn  ihr  mir  den  verdienst  zuwendet  und 
wir  ihn  nicht  blosz  verschmausen,  so  will  ich  schon  zu  elwas 
kommen.  Götbe  24,277;  nun  freue  er  sich  an  mir  einen 
mann  zu  finden,  der  doch  nach  etwas  aussehe.  30,  331 ;  blieb 
er  also  zwar  bei  Gura  ia  etwas  (paululum)  stehen.  Chemnitz 
IV.  2, 107';  ich  stutzte  in  etwas,  felsenburg  1,44;  dasz  Con- 
cordia  sich  wieder  in  elwas  ermunterte.  1,202;  indem  ein 
oder  zwei  credilores  schon  von  ferne  in  elwas  zu  brummen 
anfiengen.  2,  243 ;  wir  höreten  zwar  alle  drei,  jedoch  nur  in 
elwas,  dasz  sie  weiter  mit  einander  redeten.  4, 335 ;  deren 
Purpurfarbe  er  nur  in  etwas  erblicken  können,  irrg.  d.  l.  66; 
dasz  ich  das  Schachspiel  auch  in  etwas  gut  spielen  konte. 
561;  erholte  mich  in  etwas  und  sprach.  564;  vergieng  mir 
die  angst  in  elwas.  Pierot  l,  352 ;  es  werde  dadurch  das  böse 
gesinde,  wo  nicht  vollständig,  doch  in  elwas  gebändiget 
werden.  Unterricht  an  hausmägde  s.  36;  wenn  sie  sicli  nur  ein 
paar  wochen  in  etwas  ausgefressen,  hebt  sie  auch  an  laut 
zu  werden.  43;  'sie  begaben  sich,  sobald  sich  der  stürm  in 
etwas  gelegt  hatte,  wieder  in  die  sce.  Wieland  1,46;  dieser 
kräftige  Zuspruch  beruhigte  das  gemül  unsers  bekümmerten 
beiden  wieder  in  elwas.  11,  244 ;  den  ersten  Unwillen  hatte 
die  zeit  schon  in  elwas  gebrochen.    Schiller  715'. 

5)  elwas,  substantivisch  genommen,  ein  ding,  ein  icht,  wicht: 

eh  Wörter  und  begrif  so  wahr  als  zierlich  passen 
und  in  des  lesers  ohr  ein  gründlich  etwas  lassen. 
Gc:«TtiER  386; 

ein  gewisses  imnennbares  etwas,  das  sich  vielleicht  eben 
deswegen  nicht  nennen  läszt,  weil  es  ein  bloszes  nichts  ist. 
Engel  p/ii7.  f  d.  weit  30;  ein  elwas  oder  wirkliches  wesen. 
Kant  2,512;  mich  treibt  ein  guter  oder  böser  geist  in  die 
brustlaschc  zu  greifen,  ein  winzig  kleines,  «tachlichtes  elwas 

76 


1187 


ETWE  — ETWO 


ETWOHIN  — ETZEN 


1188 


kommt  mir  in  die  liand.  Güthe  23,19;  ich  lese  in  euren 
äugen,  in  den  gesiciilcrn  der  Genucser  ein  etwas.  Schiiier 
145';  ich  habe  schon  längst  ein  etwas  in  meiner  brüst  ge- 
fühlt, das  sich  von  nichts  wollte  ersälligcn  lassen.  152'; 
kuckte  etwas  aus  dem  fensfer  {üben  sp.  1177)  ...  ich  gicng 
darauf  zu,  Hölly  blieb  stchn.  'sind  der  hciT  pastor  zu  hause?' 
fragte  ich  das  etwas,  'nein',  versetzte  das  etwas,  'mein 
brudcr  ist  ausgegangen'.    Voss  br.  1,  219 ; 

ein  leises  etwas,  nenn  ich  wink  es  oder  gnisz, 
weht  von  dir  zu  mir.    Platen  85'. 

c)  wiederum  sei  angemerkt,  dasz  auch  was  für  etwas  gesagt 
vird :  schäme  dich  was  =  etwas,  änwenig;  lerne  erst  was; 
er  bildet  sich  was  ein ; 

enaiilt  mir  «loch !  'ich  stand  an  seinem  Sterbebette, 

es  war  was  besser  als  von  mist, 

von  halbgefaultem  slroh'.     Götue  12,153; 

und  siebe  da,  der  hcrzop  sorgt  daTür, 

dasz  auch  was  holdes  uus  das  aug  ergötze.     Scuiller  331\ 

ETWE,  s.  ctwic. 

ETWELCH,  aliquis,  trgend  uelch,  elwelcher,  unus  el  aller. 
Stieler  SS4;  etwelche  leutc,  nonnulli ;  zu  ctwelchcm  behuf 
(o.  1728).  Belli  Frankfurt  1.87;  so  bitte  ich  nur  etwelche 
linien  an  herrn  Maasz  zu  schreiben.  Merk  1.397;  aber  wenn 
man  dieselben  mit  etwelcher  empfindsanikeil  kitzelte,  so  thaten 
sie  die  üuglein  zu,  wie  eine  katze,  die  man  am  köpfe  kraut. 
Kotzeole  dram.  sp.  2, 329.  nii7  abgeuorfnem  et :  es  kamen 
welche  =  einige,  elliclie. 

ETWER,  aliquis,  nonnullus:  mhd.  üb.  3,567*;  etwer  oder 
iemand.  ullus,  aliquis,  etlicher  mensch,  rocab.  1482  h3*;  Jhesus 
sprach,  mich  hat  etwer  gerürl,  wann  ich  hab  erkennt,  das 
die  kraft  von  mir  ist  ausgegangen,  bihel  1483,  500"  =  Luc. 
8,46,  vulg.  teligit  me  aliquis,  gollt.  tailök  mis  sums,  Luther 
es  hat  mich  iemand  angeriiret;  meinten  es  were  etwer,  der 
das  der  nachperschaft  mer  zu  leide  Ihct.  Steinhöwel  dec. 
85.  22 ;  die  weit  musz  etwer  {für  etwen)  haben,  darauf  sie 
glaffe  (?  gaffe)  und  den  sie  für  gott  achte.  Frank  c/irore.  296'. 
/«•«/<•  auszer  gebrauch,     s.  etswer,  etzwer. 

E'nVERLKI,  uelcherlei:  etwerlei  betrug.  Melissüs  ps.  Nl'; 
mit  etwerlei.  y2'. 

ETWIE,  der  ahd.  instrumental  etawiu,  quodammodo,  einii]cr- 
piaszen,  mit  dem  unbeslimmtcn  sinn  von  ziemlich,  vgl.  ze  etcwiu 
(Graff  4, 1192),  nicht  allein  stehend,  sondern  mit  den  culj.  oder 
adv.  manig,  vil,  lang,  dicke  «.  a.  m.  verbunden:  bilgerin  ettcwie 
rile  gingent  von  Ihiuscheme  lande  zuo  sante  Jacobe,  predigl- 
märlein  22,  29 ;  der  ritter  und  der  hcrren  gicngcnt  ctlewie 
vil  zuo  des  kfiniges  bruoder.  25,20;  also  koni  er  in  eine 
slat,  diu  bieg  Sichern,  in  der  was  er  etwie  lange.  Gries- 
BABEI   2,61; 

nicht  ^in  mal,  ettwie  dicke.  Diocl.  8377, 
niciU  einmal,  sondern  ziemlich  oft;  ouch  andere  etlewie  viel 
erbere  lute.  weisth.  1,  699  ;  und  da  Hans  Snider  nf  die  vesti  ge- 
fürt wurde  und  etwie  manigen  tag  gevangcn  lege.  ScnnEiRER 
/■Ve«/».  «rfc.  2,  64 ;  und  da  da?  etwie  lang  gestuond,  da;  sü  ein 
kint  hatte  und  da;  ander  tiiiog.  2,  65;  etwie  lang,  aliquanlispcr, 
aliquanlum  diu.  voc.  1482  h3';  etlichmal  oft,  etwie  oft,  ali- 
quoliens.  ebenda,  für  etwie  icird  auch  etwe,  d.  i.  etwe  ge- 
schrieben: das  man  wandi,  daslu  das  alles  betest  oder  etwe 
vil.  hihtebuch  s.  iO ;  auch  sind  meine  wismader  zu  dem  ncwen 
weg  gen  Hall  werts  etwevil  genouien.  Cnyiv.i.  Marimil.  s.  4\'l; 
ellwemanig  jare  inne  gehabt  und  genossen.  Mone  zeilxchr. 
3,179;  80  dan  daselbs  zu  Hrurhsel  ettwemanig  jare  gescheen 
ist,  3,180;  dadurch  sirh  der  gang  des  wassers  etlwevast  gen 
Nuszdorf  bewegt,  notizenblalt  6,596;  wir  haben  nu  ellwe  oft 
begert.  6,  597.  icahrsclieinlich  steckt  in  eltenäher  (KEr  lk  spec. 
158)  ein  etwe  n/iher,  iMwiu  nähor,  ein  venig  milur.  diese 
gefüge  und  beholfcne  partikel  gefil  der  späteren  spräche  ab.  siehe 
etüwie. 

ETVV'O,  alieuhi,  irgendwo,  mhd.  i'leswA,  aus  tnhd.  wA  tibi 
rnlsfiringl  nhd.  wo:  bei  diesen  allen  habe  ich  wonung  ge- 
«ncht,  das  ich  clwo  stat  fünde.  Sir.  24,10;  und  ob  elwo 
gebrechen  und  feil  an  ir  ist.  Luther  6,35«';  wenn  etwo 
kram  were,  der  schamrot  feil  lietle,  dürft  ich  den  lüden  ein 
par. gülden  schenken.  H,'h';  wo  aber  elwo  solche  not  für- 
flete.  9,19«';  nu  musz  ja  derselbige  häufe  etwo  einen  rauni 
haben,  n,  197*; 

*o  er  etwo  nur  «tolprrt.    MrLtiiti  p;  P6*; 

wir  mfiniien  mehr  kmifen  blelwci«, 

vad  aucli  «iwo  iwel  lolh  spongrün.    Atsir  fait'i.  7' ; 


villeicbt  ich  etwo  rat  möcht  finden.    nuBUN  Susanna  A4; 
wo  ich  sie  leglich  nicht  soll  sehen 
um!  etwo  nahend  umb  sie  geben.    B2; 
wenn  gar  allein  sie  etwo  were.    B2, 
die  zweite  ausgäbe  liest  etwa,  m-ic  umgedreht  sonst  etwo  für  etwa 
gesetzt  wird,  z.  b.  ilein  es  sein  sonst  andere  mer  entleibung, 
die   etwo    (Gobler  nonnunquam)  aus  unstrcflichen  Ursachen 
beschehen.    Carolina  150,    vgl.   wa   und  wo.     Iieule  mit  abge- 
worfuem  et: 

ich  kenne  wo  ein  festes  schlosz.    Novalis  1, 154. 
ETWOHIN,  alicunde.    voc.  1482  h3*. 
ETZ,  f.  pascuum,  Weideplatz,  auch  geschrieben  ötz.   Scbmeller 
1,133. 

ETZ.\RZT,  m.  medicus  causlicus,  qui  sanat  rodendo:  damit 
ir  nit  vergleicht  werden  den  etzarzlen,  die  da  meinen,  wann 
sie  das  stück  fleisch  hinweg  nemcn,  so  sei  auch  hinweg 
genommen  die  kraiikhcit.    PAnACELSts  chir.  sehr.  225'. 

ETZEMATTE,  f.  pascuum,  weidemalte,  weisth.  1,334.  s.  etz- 
wiese. 

ETZEN  verliält  sicli  zu  essen  wie  goth.  atjan  zu  itan,  be- 
deutet also  essen  machen,  speisen,  füttern,  weiden,  cibare,  pascere, 
unter  der  neueren,  schlccläeren  schreiburg  ätzen  bereits  1,  596 
vorgciragen. 

1)  von  menschen:  etzen  und  Irenkcn,  mit  speise  und  trank 
veraehen:  auch  solche  thäter  nicht  beherbergen,  behausen, 
etzen  oder  trenken,  enthalten  oder  gedulden,  landfr.  von 
1495,  aucli  1521.7,10;  und  wollen,  das  ir  den  vorgeniellen 
Marlin  Luther  nicht  hauset,  höfet,  etzef,  trenket  noch  ent- 
haltet. Llther  2,430";  denn  ein  mensch  lesset  sich  wiegen, 
tragen,  etzen  und  trenken.  6,66';  Maria  hat  seiner  müssen 
warten  und  pflegen,  in  sengen,  etzen,  auswischen.  lischr.Tl'; 
lasz  meine  Schwester  Thamar  komen,  das  sie  mich  etze. 
2  Sam.  13,  5 ; 

aus  mutterleib  nacket  und  bfilflos 

ganz  durstig,  eilend  und  blosz 

verdorlien  werst  in  deim  utillat, 

wer  alter  dir  zu  liilf  nit  klimmen 

mit  wischen,  waschen,  baden,  zwagcn, 

mit  sengen,  etzen,  legen,  tragen.     H.  Sachs  1,368'. 

2)  rom  vieh:  die  pfcrde,  rinder,  schafe,  gänse  etzen,  weiden, 
pascere.  es  heiszt  aber  auch  das  vieh  etzt,  weidet,  fnszl  das 
gras,  dejiascil  herbam,  und  der  liubner  etzt  die  wiese,  weidet 
sie  mit  dem  vieh  ab:  item  den  lankhalni  sol  ein  ieclicher 
hoifner  etzen  binnen  dem  banne,  weisth.  3,  380  und  in  solchem 
sinn  slehn  häufig  'etzen  und  treten',  'treten  und  etzen'  rcr- 
bunden.  weisth.  1, 164. 165.  3,  732.  etzen  gcltl  auf  futter  und 
gras,  treten  auf  den  trat,  d.  h.  das  betreten  des  wiesengrundes 
mit  weidendem  vieh.  also  das  die  burger  zu  Ortenberg  (in 
der  Wcllcrau)  dieselbig  weide  {auf  dem  Stutlipp)  mit  ihrem 
viehe  brauchen  und  etzen  sollen  imd  mögen,  geridilfhuch  von 
Ortenberg  unter  dem  j.  1572 ;  ich  sol  sie  (die  gans)  warlicli  schim 
ätzen.  Steinhöwel  dec.  244,12;  der  storch,  der  seinen  vater 
etzct  und  treget.  Mathesius  102'.     vgl.  abetzen,  nufelzen. 

3)  wie  etzen  zu  essen  stelä  auch  beizen  zu  beiszen  und  wir 
sahen  .tp.  11()2,  dasz  essen  ei'(;en//«f/»  beiszen  war.  daraus  ßieszl 
also  die  bedeulung  von  mordere,  rädere,  beizen  für  etzen :  so 
man  dis  pflaster  dem  viehe  über  die  augengeschwär  leget, 
reiniget  es  dieselbigen,  doch  soll  maus  geziinlich  brauchen, 
dasz  es  nit  zu  viel  elze.  Tabernaem.  908 ;  und  wo  sie  (die 
durch  das  land  ziehenden  heerhau fen)  darein  seichen,  da  elzl 
es,  besser  als  Hannibals  siedender  essig,  straszen  durch  die 
bcrg,  fürnemlich  wann  sie  den  kalten  seich  und  die  pferd 
die  streng  haben.  Carg.  223';  ein  hauptmanns  fluch  etzt 
durch  neun  hämisch.  244'; 

denn  je  der  Uhcin  on  alle  sclieu 

etzt  durch  sie  (die  benje)  eine  straszen  fTeL    gl.  »iJnf  i\0. 

namentlich    drückt    auch    etzen     einbrennen,    emaiUierfn    aus. 
ScimEi.i.EB  1,133,  und  die  kupferstecher  etzen  mit  scheidetrasser : 

ein  ritter  ilineii  gleich  indes  begnnt  ru  nahen, 
an  dum  ein  walTun  sie  gcotil  mit  gohle  sahen. 

Wkrixii  Ar.  25,72; 
gar  icböne  Itilder  hat  er  auch  dahin  versetzet, 
die  waren  wunderlich  und  künstlich  ausgcettet.    2.%  S.t. 

4)  plaudern,  atzen  blalerare.    Stieler  72: 

ein  t'lsler  diiiikt  sich  stolz  und  klug, 
wollt  trinken  iiuü  i'im  sc  liom-ii  gro.irn  wasierkrug, 
sie  sniit  »ich  dranf.  »ii-  «nng  ""d  ptif  frisch  drauf, 
•ic  etzct  sehr  und  trieb  viel  mnnrhrrlei  Rdiichwftu. 

llorHAKNt  gtiftluli.  ttedcr  n*  172  (2  uu«j/.  371). 

vgl.  den  namen  «Izel,  gttchwottige  tlüer. 


1189 


ETZLER  — EU 


EU —  EUCH 


1190 


ETZLER,  m.  edax,  rorax: 

e'iDS  mals  ein  nietzier  sasz  und  schlief 

bei  seinem  neiscli.    indem  her  lief 

ein  groszer  iiund,  bald  in  eim  ruck 

erwüscht  vom  fleiscli  ein  groszes  stuck, 

lief  bald  davon,  da  erwacht  der  meizler 

und  rief  im  nach  'hie,  hie,  du  etzler, 

lauf  hin,  jetzt  bist  sicher  vor  mir, 

dasz  ich  nicht  kau  nachlaufen  dir'.    'Waldis  1,47. 

ETZLICH,  s.  etslich. 

ETCT,  f.  feuerstdile,  esse  oder  trog?  der  kupfcrschlag,  so  in 
der  etzt   oder  auf  dem  ambosz  gesammlet  wird,    soll  wider 
die    faulung  dienlich  sein.    Otho  krankentrost  612.     vgl  das  t 
in  erzt.  obst  u.  a.  m. 
ETZUNG,  f.  pastus. 
ETZ\V.\S,  s.  etswas. 
ETZWER,  s.  etswer. 
ETZWERK,  n.  email: 

was,  Caesar  hat  doch  seine  macht 
mit  solchem  etzwerk  und  buchsiaben 
auf  seiner  feind  haut  eingegraben, 
als  du  gethao.    Weckhebi]!!«  365. 

ETZWIE.  s.  etswie. 

ETZWIESE,  f.  pascuum:  auch  weist  man  zu  recht  eine 
etzwiesen,  die  zu  verreidelen.  treisth.  3,  416.  bei  Bitdingeti  führt 
noch  eine  wiese  diesen  namen. 

EU,  ein  diphlhong,  dessen  Ursprung,  beschaffenheit,  ausspräche 
und  unterschied  ron  ie,  äu,  ei  zu  prüfen  ist. 

1)  nhd.  eu  entspringt  wesentlich  aus  mhd.  ahd.  goth.  iu  und 
seine  natur  ist  in  der  fünften  ablautsreihe  zu  erkennen,  seitdem 
aber  brechung  eintrat  und  i  lu  e,  u  3u  o  wurde,  wandelte  sich 
in  glädier  läge  iu  in  io,  mhd.  in  ie,  neben  welchem  wir  iu  nur 
im  imperativ  sg.,  so  wie  in  der  2  und  3  person  praes.  ind.  ge- 
schützt finden,  dem  verhalt  des  ahd.  io  :  iu,  mhd.  ie  :  iu  ent- 
spricht also  nhd.  ie  :  eu,  um  hier  beitpiele  nach  dem  imp.  zu 
geben,  in  scheub  sieub  schleuf  treuf  beug  leug  schmeug  kreuch 
reueh  fleuch  zeuch  beut  seud  fleiisz  gcusz  neusz  scheusz 
schleusz  verdreusz  keus  Terleu«.  allein  schon  lange  klingen 
diese  eu  alterthftmlich,  versdwllen,  höchstens  dichterisch  und  lassen 
sich  nun  ebenfalls  brechung  in  schieb  stieb  schlief  «.  s.  w.  ge- 
fallen, da  die  spräche  doch  gib  nimm  wirf  u.  s.  w.  behält,  daraus 
erwächst  uns  offenbarer  nachtheil. 

2)  ifo  sich  auszerdem  ie  und  eu  zur  seile  stehen,  wie  m  dieb 
deube,  tief  teufe,  siech  seuche,  schiech  scheuche,  Hecht 
leuchten,  darf  man  auf  verloren  gegangne  starke  rerba  schlieszen; 
ichuerer  fällt  der  scMusz,  wo  das  eu  allein  stellt  und  die  her- 
Uitung  dunkel  wird,  wie  in  neu,  treu,  spreu,  reue,  euch,  feucht, 
feuer,  geheuer,  scheuer,  Steuer,  beule,  eule,  neun,  freund, 
bcunde,  reuse,  deuten,  reuten. 

3)  die  goth.  fltiion  zeigt  iu,  Jtcar  schon  zu  j»  geworden,  in 
den  nom.  pl.  jus,  sunjus,  följus,  handjus,  woron  ahd.  keine 
spur,  hingegen  gewährt  der  dal.  sg.  suniu,  fuoziu  statt  des  goth. 
sunau,  fülau.  gröszeren  umfang  hat  der  ahd.  mhd.  ausgang  des 
nom.  sg.  f.  und  nom.  acc.  pl.  n.  einzelner  frronomina  und  aller 
ailjecüve  diu,  blindiu,  guotiu,  in  merkwürdigem  abstand  ron  dem 
goth.  blinda,  goda.  reäe  daran  laufen  noch  nhd.  ins  14. 15  jli., 
Mecesberg  schreibt  allencärts  sichareu  5,  7.  edleu  glider  9, 11. 
ein  holeu  ader  9, 18.  siechen  äugen  9, 30.  kalteu  ding  10, 11. 
groejereu  herz  26,  29  u.  s.  w. 

habt  dank,  junkfrau  seligeu, 
das  mich  got  mit  euch  erfreu!    fastn.  615,26; 
ganz  wie  mhd. 

er  ist  mein  herre  und  ich  sein  diu, 

doch  bin  ich  vil  unwirdigiu.    aneyenge  30,66; 

entriwen,  ich  liejc  üf  ein  rat 

binden  mich,  ich  sündigiu, 

erbe  mich,  vrouwe,  ich  bin  din  diu.    Hacpt  8,300; 

die  mhd.  Unterscheidung  dri  Ires,  driu  tria  wahren  oberdeutsche 
roUcsmundarten  bis  auf  heute,  drei  und  dreu.  in  heuer  und 
heule  waltet  das  alte  instrumentale  hin. 

4)  da  aus  golh.  iu  der  ablaut  au  flieszt,  im  pl.  aber  wieder 
kurzes  u  vortritt,  wie  auch  in  der  flexion  sunu«,  sunaus,  sunjus 
die  drei  laute  wechseln,  so  ergibt  sich  die  nahe  rerwandtschaß  des 
au  in  vielen  Wörtern,  ahd.  mhd.  tcird  dieses  au  bald  zu  ou, 
bald  verdichtet  zu  6.  nhd.  überall  zu  u  oder  gar  gekürztem  o, 
nur  in  taugt  haftete  das  au  und  in  einer  menge  ron  ableüungen 
wie  staub,  erlaucht  und  den  dunkeln  laub,  glaube,  raub,  taub, 
auch,  kaufen,  raufen,  taufen,  äuge,  pauke,  bäum,  träum 
U.S.W.,  welche  im  umlaut  äu  annehmen:  stäubchen,  ISublein, 
gläubig,  käuflich,   äugen,   äuglein,   bäume,   träume,   dies  äu 


aber  tritt  der  ausspräche  von  eu  ganz  nahe,  das  auch  in  ein- 
zelnen, wie  heu,  freuen,  streuen,  leugnen,  mhd.  höuwe,  früuwen, 
ströuwen  haftet,  wenn  Mege^bebc  neben  leute  auch  läute 
schreibt,  so  gleicht  dieses  dem  golh.  laudeis,  jenes  dem  ahd.  liuti. 

5)  endlich  gab  es  ein  ahd.  mhd.  ft,  dem  wiederum  der  umlaut 
iu  zu  theil  wurde,  das  aber  nhd.  in  au  nii7  dem  umlaut  äu  über- 
trat: bau  sau,  faul  gaul  maul,  kaum  räum  schäum  daume, 
braun  zäun  laune.  bauer  dauer  mauer  sauer  trauer,  haube 
traube.  auf  häuf  saufe,  sauge,  bauch  schlauch  Strauche  tauche, 
rauh,  braut  haut  kraut  traut  laut,  aus  braus  daus  haus 
knauser  laus  maus  saus,  kauz.  umgelautet  gebäu  säue  faule 
—  mause  käuze.  man  zieht  äu  dem  eu  {wie  ä  dem  e)  tw. 
Ml»  den  umlaut  sichtbarer  zu  machen,  nur  ausnahmsweise  dauert 
eu  daneben:  seule,  säule,  eugen,  äugen. 

6)  ladelhaß,  zum  theil  aber  schon  alt  sind  rerwechselungen  des 
eu  mit  ei:  heurat  und  heirat,  eugen  und  ereignen,  zeugen 
und  zeigen,  reuter  und  reiter,  steusz  und  steisz;  Garg.  68' 
sieht  leuchteret  für  leichteret,  190*  feurt  für  feirt.  aus  dem 
bekannten  namen  Steinhöuwel,  Stcinhöwel  wurde  Steinheil. 

7)  golh.  iu  hatte  die  ausspräche  iu,  mit  dem  ton  auf  i,  nicht 
iii,  und  zu  golh.  biudan  bildet  schw.  bjuda,  ddn.  byde  den  gegen- 
salz; wie  hätte  aus  |)ius  der  gen.  J)ivis,  aus  qius  qivis,  aus 
ganiujan  ganivida  hervorgehen  können,  wenn  i  nicht  betont  ge- 
wesen wäre?  nur  in  der  tonlosen  flexion  wandelte  sich  sunius 
in  sunjus  und  doch  bekommt  der  gen.  trieder  sunivf.  gleich 
unzweifelhaft  isl  ahd.  mhd.  iu,  aus  welchen  keine  brechung  io,  ie 
hätte  entspringen  können,  wenn  die  ausspräche  iü  war;  nicht 
anders  zeugt  das  nhd.  eu,  das  mit  äu  reimt,  für  den  vcdlen 
diphlhong.  es  ist  darum  falsch  dem  mhd.  iu  die  ausspräche  iii 
oder  gar  ü  beizumessen,  woraus  gar  kein  Übergang  in  nhd.  eu 
möglich  geworden  wäre  und  selbst  in  der  flexion  sahen  wir  sün- 
digiu :  diu,  seligeu  :  erfreu  reimen,  wenigstens  scheint  für  die 
gothische  und  bairische  mundart  solch  reines  iu,  eu  gerecht  und 
gedämpftes,  gedrücktes  ü  rerwerßich,  wie  die  reuchlinische  aus- 
spräche für  den  altgriechischen  vocalismus.  ob  der  alamannische 
dialect  schon  frühe,  wie  der  heutige  schtceizerische,  davon  abge- 
wichen sei,  kann  hier  nicht  untersucht  werden,  übrigens  reimen 
nhd.  alle  arten  des  eu  und  äu  aufeinander,  heu  :  neu,  läub- 
lein :  träublein,  da  doch  mhd.  höuwe  :  niuwe,  löubelin  :  triü- 
belin  unslalthaß  wären. 

EUCH,  ro&is,  vos,  wie  uns  nobis,  nos  zusammenfallend,  wäh- 
rend ahd.  uns  und  unsih,  iu  und  iuwih,  mhd.  iu  und  iuch 
geschieden  sind,  uns  und  unsich  nur  tn  frühster  zeit,  zwar  im 
sg.  mir  und  mich,  dir  und  dich  halten  wir  den  urallen  unter- 
schied des  golh.  mis,  mik,  |)us,  J)uk  fest;  in  sich  und  sich  rer- 
rinnen  uns  sis  und  sik.  dagegen  warf  schon  der  Gothe  die  dal. 
und  acc.  dl.  wie  pl.  zueinander:  ugkis  ugkis,  igqis  igqis,  unsis 
unsis  {neben  uns),  izvis  iz\is.  das  heulige  mich,  dich  einiger 
Volksmundarten  für  beide  casus  und  die  syntactische  Verwirrung  hat 
also  enlschuldigungen.  schweizerische  mundarlen  setzen  üch  ßr 
beide  casus,  hessische  uch,  nnl.  gilt  u.  übrigens  begegnet  der 
richtige  mhd.  dat.  eu  zuweifen  noch  späterhin,  so  bei  Ktericu: 

versigelt  und  verpunden 

sei  diser  brief  mit  eu, 

also  das  ich  hab  funden 

eur  werde  güet  mit  stäter  treuer  treu.    IIacpt  6,59, 

und  oberdeutsche  Urkunden  des  15. 16/ft.  werden  manches  beispiel 
darbieten,  vgl.  aus  Chmels  Maximilian  folgende:  daj  wir  mit 
gnaden  gen  ew  erkennen  wollen,  s.  17  [a.  1493) ;  so  soll  ir 
ine  die  mandat,  so  wir  ew  biemit  geben,  durch  unsern  herolt 
überantworten.  5.  33  (a.  1494) ;  empfehlen  wir  ew  mit  ernst. 
*.  56  (a.  1494) ;  und  wann  ir  aber  f reiheit  zu  haben  vermainet, 
das  niemands  andern  enden,  dan  bei  ew  Iraid  heben  und 
anschütten  sulle.  «.125  (a.  1496);  nachdem  wir  ewjungsilich 
bevolhen  haben,  ew  all  auf  das  höchst  und  sterkist.  s.  296 
(a.  150S).  allein  es  steht  auch  für  den  ace.  oft  dasselbe  ew  und 
entscheidende,  tonangebende  scJirißsIeller  setzen  im  dat.  wie  acc. 
euch. 

Es  soll  hier  nidä  in  die  nrverwandlschaß  des  pronomens  zweiter 
person,  noch  in  die  herieüung  des  euch  atis  ihr  eingegangen  wer- 
den, was  passender  erst  unter  ihr  geschieht,  ahd.  iu.  iuwih, 
mhd.  iu,  iuch,  ags.  eov,  eovic  stimmen,  bedeutsam  weicht  von 
ihtien  das  golh.  izvis  ab,  dessen  ähnlichkeil  mit  dem  gr.  otpiai 
überrascht,  welches  in  der  reget  freilich  für  die  dritte  person  gilt, 
bei  Homer  aber  auch  von  der  zweiten  gebraucht  ist  (jiera  ofiaiv, 
unter  euch,  II.  10, 39<i).  denn  auch  son^  scheinen  pronominal- 
bildungen  aus  einer  in  die  andere  person  über  zu  laufen:  wenn 
izvis  in  unvordenklicher  zeit  vielleicht  der  drillen  i^'rson  heim  fiel, 

75» 


1191 


EUCH  — EUER 


EUER  — EULCFIEN 


1192 


so  würde  der  acc.  pl.  erster  fierson  rollkomtnen  xum  nom.  der 
xweÜen  treffen  (jus,  uns  nie  sunjus,  sununs),  wogegen  goth.  veis, 
ahd.  irir  *»  nos  gerade  den  anlaut  der  lal.  zweiten  pcrson  vos 
zeigen. 

1)  in  hapicfier  anrede  vertritt  euch,  rte  ihr,  den  sg.  :w6tcr 
perion,  wofür  es  keiner  beispiele  bedarf,  vgl.  2, 1476. 

2)  da  in  keiner  leicht  die  Vorstellung  der  mehrlieit  liegt,  lassen 
sich  euch  und  uns  dazu  apfionieren:  ich  mag  uns  keinen  dahin 
senden,  euch  keinem  zumuten  statt  unser  keinen,  euer  keinem 
oder  keinen  vun  uns,  keinem  von  euch; 

Ich  mag  euch  keinen  hören.    Stbpha?«ie  des  jungem  sämllicbe 
Singspiele.    Liegniti  1792  s.  3U0. 

3)  euch  rird,  gleich  dir,  ah  dat.  commodi  vrl  incommodi, 
in  die  rede  traulich  angeschaltet,  besonders  gern  nach  haben 
igramm.  4,  363)  : 

mhd.  d»i  habe  du  dir  ze  botschefte.    !\'ib.  1900,  4 ; 

daj  habe  dir  A(s  ron  Riuwental.    Keidhart  25,11; 
nu  habt  iu  xe  raten.    Wigal.  170,36; 

fihd.  'des  habt  euch  hie  meine  trew  zu  eim  pfand',  damit 
sie  im  ir  scbneeweiszes  Landlin  bieten  thct.  buch  der  liebe 
m,  4 ; 

er  ist  aurs  geben  euch  so  eirersücbtig, 

80  neidisch!  Le«sing  2,240; 

wir  jagten  zusammen, 

llengen  ein  kalb!  ihr  liebt  euch  die  »peise.    Götrb  40,183; 

kommt  mit  mir  nach  hause,  ilir  werdet  da  meine  Martha 
finden,  es  i<t  euch  noch  ein  flinkes  weih.  Weisze  kom.  opern 
3,87;  zu  pferde  sasz  euch  der  bursch  als  eine  puppe,  saht 
jlir  ihn  tanzen,  so  stahl  er  euch  vollends  das  herz  aus  dem 
leihe.    Sitgfr.  von  Lindenbrrg  1,  53. 

EUER,  vestri,  golh.  izvara,  ahd.  iuwar,  mhd.  iuwer,  iwer.  diese 
pronominalen  gen.  pl.  haben  eine  sonst  in  der  spräche  unerhörte  form, 
kein  golh.  gen.  pl.  dl.  auszer  unsara,  izvara,  ngkara,  igqara  {und 
seina)  gehl  auf  a,  kein  ahd.  auszer  unsar,  imvar,  unchar,  inchar 
(und  sin)  gdtt  consonanlisch  aus.  da  0.  in  den  possessiven  unsar, 
iuwar  das  ar  häufig  abschneidet  und  blosz  uns,  iu  setzt,  den  gen. 
sg.  unses,  iunes  für  unsares,  iuwares  u.  s.  w.  bildet;  liesze  sich 
denken,  dasz  ihm  auch  im  gen.  pl.  des  persönl.  pron.  ims  und 
iu  für  unsar,  iuwar  genügte,  wozu  sich  doch  keine  belege  dar- 
bieten, umgekehrt  pßegte  man  nhd.  den  gen.  pl.  unser,  euer  ein 
unorganisches  er  anzuhängen:  unsrer,  eurer,  unserer,  euerer; 
wahrscheinlich  halte  darauf  das  glcichschlechte  meiner,  deiner, 
feiner  für  mein,  dein,  sein  und  ihrer  für  ihr,  derer  für  der 
einflusz.  das  erste  beispiel  dieses  fehlers  bietet  mir  Opitz  dar: 
die  ganze  zeit  über,  als  ich  ewerer  in  Maurilanicn  gewartet 
habe.  Argcnis  2,323;  im  i%  jh.  erscheint  er  aber  bei  den  besten 
sclirißstellern :  wenn  einer  viel  sich  durcharbeiten.  Klopstock 
Hermannsschi.  1,S9;  der  verlust  eurer.  Kleist  2,106;  denn 
es  ist  ein  löblicher  stolz  eurer  wcrth  zu  sein.  Göthe  22,  211. 

nach  dieser  erOrterung  der  form  sei  für  die  synlax  bemerkt, 

1)  in  der  apposition  'euer  aller'  stehn  beide  geniliie  nicht  auf 
gleicher  linie,  wie  die  goth.  form  izvara  allaizft,  ahd.  iuwar  allCrö 
lehrt:  gairnjands  ras  allaizf  izvara,  iTtijiod'tüv  t;v  TiniTm 
vfiät.  bei  Luther:  er  nach  euch  allen  verlangen  halte,  rhitipp. 
2,  J8;  iuwar  allerÄ  hirro;  nhd.  euer  aller  herr;  ich  gedenke 
euer  aller,  ewer  blulsaugcr  klag  in  Fischarts  flohalz,  Scheible 
856  ^  euer  der  bl.  kl.  gleicht  dem  mhd. 

min  sündiprrs  kraft.    Senat.  44, 
dem  gr.  iftelo  xvt'ös    II.  6,  344. 

2)  der  absolute  ausdruck  'gegenwflriig  euer'  sollte,  wenn  er 
den  wahren  pl.  vobis  praescntibus  entlidlt,  laule>i  euer  gegcnwür- 
tiger,  wenn  er  hOfUch  für  le  praesente  gesetzt  ist,  euer  gegen- 
wärtiges, ic/j  finde  aber  nur  den  abgestumpften  casus  des  adjeclivs: 
Tor  icii  mit  euerm  nrlaub  clliche  wort  mit  euer  frawen  reden 
müge  gegen«  iirlig  euer.  Stkimkiwel  dec.  1!)0, 10,  ausg.  15S0. 
1,157'  gegcfiwerlig  ewer.  in  gegenwart  euer  wäre  unnnslüsiig 
und  $0  könnte  auch  der  gen.  von  gegen wilrl ig  abliängen. 

3)  dock  tun  jeher  liebt  un.ve  spraclie  das  jwsfe.i.uvum  und  nicht 
den  gen.  des  permnlidien  pron.  neben  Substantiven  {gramm.  4, 33«). 
jenes  in  gegenwart  euer  heiizt  deutscher:  in  eurer  gegenwart. 
euer  majestat,  euer  durchlaurht  ist  reslra  majestas,  celsiiudo. 
nur  im  unmittelbaren  geleü  eines  subst.  mag  der  gen.  stehn,  z.  b. 
in  mein  de«  »chreiber«,  in  euer  de«  richter»  gegenwart. 

4)  die  interrvgatira  wer,  welcher,  wie  auch  jemand,  niemand, 
jeder,  jeglicher  hal)en  den  gm.  euer  bet  sich,  sjMtter  die  praep. 
*on,  unter:  welciier  euer  mag  gedenken  zuzelegen  zu  seiner 
gewecbtt   einen    elcnbogen?    bthel  i««i3,472'  -m  Mniih.  fi,  27, 


vulg.  quis  vestrum,  golh.  hvas  izvara,  alid.  welih  iuwar,  Lüthkr 
wer  unter  euch ;  euer  jeglich,  jeglicher  von  euch,  jemand, 
niemand  unter  euch,  ebenso  wie  viel  euer  und  6«  xalUen : 
euer  zwanzig,  euer  sind  hundert. 

5)  am  häufigsten  steht  euer  neben  verben:  gnadherr,  wir 
haben  ielzunt  euwer  gedacht.  Keisersb.  s.  d.  m.  29' ;  wo!  erin- 
nerten wir  uns  euer; 

es  lachen  euer  die  wrsen.    E.  tok  Kleist  2, 131. 

EUER,  vcster,  goth.  izvar  {nie  izvars),  ahd.  iuwar,  mhd.  iuwcr, 
gekürzt  iur,  i.  b.  des  iuren.  Haupt  1,444,190;  iur  starken 
übe,  iur  schcene  jugcnt.  Wh.  6,10;  iure  :  stiure.  Lohengr. 
6027.  wie  vorhin  gesagt,  wurde  ahd.  iuwar  bei  0.  oß  gekürzt, 
umgekehrt  nhd.  euer  auszerhalb  dn  flexion  von  einigen  erstreckt 
in  euerer,  eurer:  euerer  gcmahl,  euerer  wille,  euerer  abschied. 
Opitz  Arg.  2,  ded.  und  297  für  euer,  wo  flexion  erfordert  wird, 
musz  diese  freilicfi  im  nom.  m.  gleichfalls  euerer  haben :  es  ist 
mein  wille,  wie  eurer; 

wo  ist  ein  name  in  dem  waldgcbirg 

ehrwürdiger  als  eurer  und  der  eure?    Schiller  524*. 

übrigens  ist  in  der  flexion  sowol  euerer  cucrs  euerm,  cuern 
als  eurer  eures  eurem  euren  zulässig,  im  pl.,  wenn  kein  subst. 
folgt,  sind  die  euern,  die  euren  vestii,  vesirales:  her,  was 
wollen  die  euren  von  euch  sagen  in  eurem  reich,  sie  haben 
euch  alle  lieb.  Keisersberg  narrcnsch.  87'.  man  zieht  heute 
vor  die  eurigen. 

EUEKHALREN,  veslra  causa:  ich  danke  meinem  gott  alle- 
zeit ewer  halben.    1  Cor.  l,  4. 

EUERIG,  EURIG,  vcster,  vestras,,  doch  nur  mit  arlikel:  der 
eurige. 

EUERLEI,  vcstras,  eurer  art  einer:  eurs  lands,  eurs  volks, 
cuerlei,  veslras,  curlei  ve.':trates.  voc.  14&2  h  4',  vgl.  allerlei, 
anderlei,  beiderlei,  einerlei,  keinerlei,  mancherlei,  mehrerlei, 
vielerlei,  solcherlei,  welcherlei. 

EUERTHALBEN,  veslra  causa:  welches  mich  euwerlhalbcu 
in  merklichs  leid  bringen  thet.    Galmy  37. 

EUERTWEGEN,  dasselbe: 

so  wil  ich»  von  ewertwepcn  tragen.    Umland  1,10; 

Jupiter  wird  von  ewertwrgcn 

nicht  erst  stral  brauchen  euch  lu  legen,    flohatt  SS«; 

ob  ich  mich  schon  von  cuwcrtwegen  iif  den  tod  geben  soll. 
Colmp  112.     s.  curentwegen. 

EUERTWILLEN,  dasselbe:  das  ist  ein  köstliche  gab  und 
wir  wollen  sie  {die  srharlachmäntel)  umb  ewcrlwillcn  gern 
dragen.    Aimon  m  4.     s.  eurentwillen. 

EUGELN,  wie  iiugeln  (1,801)  oculieren:  wie  man  eugcin 
solle.    HouBEnG  1,  405*.  406'. 

EUGEN,  ostendere,  goth.  augjan,  ahd.  ougan,  s.  Sugen  1,801: 

ein  bös  frow  släts  ir  bosheit  eugt.    Bhant  64,43. 

gewöhnlich  reflexirisch:  er  auch  nit  sprechen  noch  sich  gen 
in  angen  wolt.  .Steinhöwei.  der.  478. 9,  wo  1580  2,  82'  auch 
sich  gegen  ihn  nicht  engen  wolle;  das,  wo  ein  sonderlich 
stück  sich  enget  im  gehet,  das  man  da  slill  halt  und  rüge. 
Luther  1.  6S" ;  sintemal  sich  die  art  gdlllichs  worts  und  werks 
hie  enget,  welchs  allzeit  denn  am  lucislen  zunimpt,  wenn 
maus  aufs  höhest  verfolgen  und  dempfen  wil.    2,  470'; 

wie  {s.  t.)  mir«  ecciipsis  de  anzeigt 
und  es  bishar  sich  hat  geengt  («.{.)    Geügb^ibaoi  78,35; 
ir  werdend  sehen  hie  ein  »pil, 
in  dem  Ir  werdent  merken  vi! 
von  erst,  wie  sich  die  juget  eugt, 
,ilzii  u(  boslicit  ist  geneigt.    Kolrosz  bcirachinus  A2; 
mit  wascr  macht  sölchs  sich  aiget.    Mklissl's  ;>«.  L6'; 
sich  regt  unt  aigt  rooini  leiden«  schraerx.    QSV 
verschwindet  spdterlun. 

EUhE,  f  was  auke  1,816:  krflte  oder  cuke.  W'olts  teilsckr. 
für  mylh.  2,  73.     *.  eutze. 

EUhEL.  f.  ruga  fronlis,  ein,  mit  den  vier  folgenden  alileilungen . 
nur  bei  Hemsch  054  und  daraus  bei  Stiei  er  35S  vorkommendes 
wort,  das  in  idiotiken  niclU  erscheint,  die  herlettung  r^m  ekel 
kann  nicht  statthaß  sein. 

EI'KELKN,  caperare  frontem. 
EUKELER,  m.  qui  frontem  caperat. 
EUKKLIS("H,  severus,  vultuosus. 
EUKELUNG,  f.  frontis  contraclw,  momsUas. 
El'L(;ilEN,  n.    norlua  parva,    kimrhen,    dann  aber  auch  bc- 
nennung   einer   kleinen   jihalaene,    wetl  sie  gleich  der  eule  nachts 


1193 


EILE 


EILEN  —  EULEMILMMEL 


1194 


ausfliegt,  nnl.  uiltje  und  ebenso  bOhm.  sovka.  nd.  uleken  rndte, 
kleidenileken  kkidermolte. 

ich  sah  die  kleinen  eulchen  schweben, 
die  man  ephemeris  sonst  heiszt.    Bbockes  4, 3öl ; 
ein  weiszes  eulchen, 

es  schien,  ob  sucht  es  blosz  am  lichte  sein  vergnügen. 

5, 1U7. 

ELLE,  f.  ulula,  ahd.  iuwilä,  mhd.  iule,  ags.  eovie  (denn  in 
aner  urk.  bei  Ke.mble  6.  21G  sieht  euvlangelad,  eulentceg),  spdler 
üle,  enyl.  owl,  nnl.  uil,  aUn.  ugia,  schic.  uggla,  dän.  ugle. 
den  goih.  namen  würden  uns  mehrere  slcUen  des  Ä.  T.  kennen 
Idtren.  es  ist  klar,  dasz  alle  diese  formen  diminutiva  sind,  icie 
sie  sieh  für  das  kleinere  weibchen  ulula  oder  nuetua  schicken,  im 
gegensatz  zum  männlichen  üwo,  uhu,  bubo.  da  nun  aber  für 
ftwo  gewöhnlich  hüvo,  L&o  (Gbaff  4, 835)  erscheint,  neben  iuwilä 
biuwilä,  hüwclä.  so  Idszl  sich  das  rerbum  hiuwiltin,  mhd.  hiulen, 
nhd.  heulen  Iteranziehen,  folgern  dasz  auch  eule  ursprünglich 
beule,  lat.  ulula  vielleicht  culula,  quulula  lauten  und  der  kehl- 
laut  abgelegt  wurde,  wie  in  ubi,  uter  für  cubi,  euler;  ululare 
slimml  zu  ulula  und  die  gelegenste  deutung  des  namens  ist  aus 
dem  klagenden  wehruf  des  vogels.  rolle  bestätigung  bringt  das 
d.  sova,  dessen  s  sich  zum  h  ton  biuwo  verhält,  wie  in  osm 
XU  ahtau  u.  a.  m.  die  diminution  sovka  gleicht  der  von  biuwila, 
und  bei  N.  sind  sich  buwo  w>.  und  buwela  /".  zur  seile  stehend. 
Ut.  heiszt  das  männchen  pas,  gen.  -o,  das  wäbchen  jTa,  gen. 
-OS,  wiederum  mit  aphärese  eines  kehllauts,  für  welchen  auch  das 
fr.  chouant  {=  buanl)  und  chouelte,  huette,  bibou  und  hulotfe 
zeugen,  wie  neben  unserm  ubu  schuhu,  schufut,  nnl.  schuifuit 
vorkommt,  mehr  hierüber  und  über  den  verhall  von  hnvo  zu  bubo 
unter  uhu.     selbst  das  jüngere  kauz  muiz  verwandt  sein. 

1)  wie  diesen  tagscheuen,  schöngebildeten  und  klugen  vogel  alles 
andere  gerOgel  meidet  und  hi>hnt,  galt  er  auch  den  menschen  von 
jeher  für  gespenstig  und  unheilweissagend.  Jäger  und  bauern 
nageln  sein  haupl,  gleich  dem  anderer  raubrögel  an  thorweg  und 
Scheune,  am  hellen  tage  blinzt  die  eule.  eulen  hecken  nicht 
Sperber  aus.  Mathesiüs  lo';  wer  nicht  sperber  hat,  musz  mit 
eulen  beiszen.  N.iscs  ^asenesel  25";  so  eins  falken  nit  hat, 
musz  CS  mit  eulen  beiszen.  AVirscxg  Calisl.  f2,  das  heiszt  wer 
das  rechte  oder  bessere  nicht  hat,  musz  das  geringere  gebrauchen. 
'darum  hat  der  teufel  seine  eule  auch  hierher  setzen  wollen', 
Mathesics  1562,  302",  hier  auch  jagd  hallen  wollen;  nd.  'dar 
het  ene  ule  seien',  'ast  klappen  schol,  so  hadder  ene  ule 
seien',  am  ende  lief  die  Sache  auf  nichts  hinaus.  Brem.  wb. 
5,146;  'et  is  beter  bi  der  ulen  to  sitten,  as  bi  der  exter  to 
wippen'.  Strodthax5  s.  262 ;  wann  aber  einer  eine  alte  eule 
in  der  tasche  hätte,  und  wolle  die  auf  diesem  löblichen 
bauertage  ausfliegen  lassen,  demselben  will  ich  auf  befehl 
der  ganzen  bauerschaft  verboten  haben,  weisth.  3,  307 ;  es  ist 
mir  eine  eule  aufgesessen,  res  nora  acddit.    Serz  39'; 

ich  glaub  nit  das  ein  euwel  jetzt  hat 

solch  Weisheit  wie  in  alten  jaren.    Waldis  2,27.  bl.  93*; 

mein  fromsein  machte  mich  zum  phönix  in  dem  lande, 

nachdem  ich  aber  mich  in  böser  glut  verbrennt, 

so  gibt  die  ascbe  nichts  als  eulen  voller  schände. 

pol.  (lockf.  357 ; 
weisz  nicht  die  weit,  wie  auch  ihr  eulen  raubt  und  stehlet? 

WiiiAMOV  diatogifche  fabeln.    Berlin  1765  s.  43; 
e?  heulen  euien  durch  die  lufl 
und  Varus  wird  dreimal  geruft.    Kretscbxa;«5  Rhingulph  5S; 

geh  in  tausend  griifte,  du  eule,  wer  hiesz  dich  hieher  kom- 
men? (sagt  Franz  Moor  zu  Moser).    Schiller  139'; 

ich  ward  um  sechs  uhr  zu  ihr  hin  beschieden, 
der  tag  brach  eben  an.    sie  hatte  nicht 
geschlafen  und  sah  aus  wie  eine  eule.    606', 

struppig,  mit  federn  im  haar;  eine  eule  fangen,  nnl.  ecn  «illje 
vangen,  ein  millagschläfchen  halten;  er  sieht  wie  eine  eule 
aus,  horridus  aspeäu. 

mhd.  rfht  alsam  diu  iuwel 

ist  der  vogel  griuwel.    ilarlina  116,64. 

2)  der  eingang  eines  mhd.  gedichis  bei  Haipt  7, 333,  rJr/m«'Ar 
der  ihm  zum  grund  liegenden  thierfabel: 

eins  tages  dö  sa^  eine 
iule  ür  einem  steine, 
sie  hete  sich  wol  bestrichen, 
dö  kom  dar  zuo  geglichen 
ein  adelar  wol  gezogen, 

Uingl  wieder  in  forllebenden  Sprüchen  des  niederdeutschen  voUcs: 
de  ule  sat  up  de  berwerdor  im  platfusete  sik,  do  quam  de 
plinder,   de  plander,  de  piuntenschlärger  u.  s,  r.    altd.  wäld. 


2,192;  en  ulken  sat  np  de  achterdöre  un  plattfusede  sik. 
da  quam  de  pliler.  de  plater,  de  plinkenschlüger  u.  s.  w. 
münstersclie  sagen  1S25  s.  237 ;  da  set  en  ol  ül  in  de  eck  un 
klabüster  sik.  da  kfim  son  lirumlarumpimpensläger  un  sloeg 
de  ül  op  äreu  platlfoet  u.  s.  w.    Milixshoff  sagen  503. 

3)  eule  heiszt  audi  ein  langer  haarbesen,  die  wände  und  decken 
zu  rdnigen,  kebreule: 

es  kommt  mit  der  eul  und  feget.    Elopstock  .  .  . 

4)  eule,  mitella  infantum,  kinderhaube,  weil  federn  in  Vir 
hängen  bleiben?    Frisch  234'.     vgl.  eulennest  3. 

viele  zusammcnselzungen :     baumeule,    homeule,    nachtcule, 
ohreule,  Schleiereule,  sleineule,  thurmeule,  waldculc,  wcineulc. 
EL'LEN,  1)  ululare  s.  heulen,    cwlen,  cucubare.  Maäler  122'. 
2)  purgare,  mundare,  fegen. 
EULE.NART,  f. 

Rousseau, 
der  stets  verfolgt  von  einer  hohen  grille, 
nach  eulenart,  der  raitternächte  stille 
und  Lünens  schein  nach  Piatos  art  genosz.    Tuühsel  3,  318. 

EL'LENAUGE,  n.  das  funkelnde  äuge  der  eule,  wonach  Athene 
y)M.vy.cÖ7tis,  dann  aber  auch  das  geblendete,  blinz^nde: 

mhd.  unser  herzen  Stent  gen  gotes  tougen, 

als  gen  der  suunen  iulen  ougen.    lienner  18633; 

nhd.    zur  sonne  schaut  der  aar  mit  muth, 

die  weh  dem  eulenauge  thut.    Rif ceert  ges.  ged.  2, 447. 

EULENB.^D,  n. 

nun  war  ihn  klent  (beschmiert)  köpf,  iend  und  bnist, 

das  sich  ihr  jeder  ducken  must 

unters  wasser,  den  dreck  abwusch, 

ein  jeder  zitiert  und  sprach  husch,  husch ! 

der  glaser  sah  das  als  gerad 

und  schrei  'gsega  euch  das  ewlenbadl'    II.  Sachs  U.  4,80'. 

EULENBART,  m.  scrophulae  cicatrices  sub  mento. 
EULENBEISZE,  f.  jagd  mU  eulen: 

der  eulenpaisz  wil  ich  geraten.    IT.  Sachs  1,517*. 
EL'LE>'FIST,-fn._ 

heisz  Ott  Eulenvist  vom  Pirntan.    fastn.  SIS,  35. 

EULENFLUCHT,  f.  crepusculum,  tempus  quo  erolant  noctuae 
phalaenacque,  für  eulenflug:  in  der  ulenflucht  kam  ck  erst 
weer  in.  Schambach  239";  in  der  späten  eulenflucht  zu  ihm 
gieng.  CELA^DERS  verliebter  Student.  1709  5. 12.  nnl.  uilenvlugl. 
ein  westfälischer  volksreim  lautet: 

det  obends  in  der  ulen  (zeit,  flucht) 

dan  spinnet  de  fulen, 

dau  geit  dat  rad  klip  und  kiap, 

dan  hedden  se  geren  upn  haspel  wat. 

man  nennt  auch  eulenflucht  das  dreieckige  loch  unter  der  giebel- 
spilze  des  hauses,  wo  die  eule  iftren  aus  und  eingang  hat,  vgL 
Petersex  die  pferdekOpfe  auf  bauerhdusem  s.  15. 

EULENFLUG,  m.  volatus  noctuae,  welcher  schwer,  aber  sehr 
leise  iä: 

begraben  bort,  verborgen  sin  der  w€rlte  frumt 

alsam  der  iuweln  Du«).  HS.  2,174"; 

das  Zerrbild  meines  ichs, 

das  gestern  Morpheus  mir,  in  schwerem  eulenOug, 

gleich  einem  savoyard  auf  seinem  breiten  rücken, 

als  wärs  ein  murmelthier  in  träumendem  entzücken, 

mit  mohn  bekränzt,  vorüber  trug.    Tucmxel  5,  2v2. 

EULENFLCGEL,  «I.  ala  noctuae: 

um  den  geist  des  trübsinns  zu  beschwören, 

der,  wenn  die  flur  in  dumpfer  stille  traurt. 

im  scbneegcwölk  mit  eulenllügeln  laurt.    WiEutno  23,99; 

Otterzungen,  stacheligel, 

eidechspf'oten,  eulentiügel, 

Zaubers  halber,  werth  der  müh, 

sied  und  koch  die  böllenbrüh.    Schiller  572*. 

EULE.NGEBÜHR,  f  loch,  das  der  eule  unterm  giebel  gelassen 
%[ird.    Petersex  o.  a.  o.  16. 

EULENGESCHLECHT,  n.,  eulenart:  sie  halten  sich  bei  ihrer 
Unwissenheit  für  glücklich,  sie  scheuen  das  licht  der  gelehr- 
samkeit.    'das  eulengeschlecht!'    Lessixc  1,250; 

0  wie  viel  neue  feinde  der  Wahrheit!  mir  blutet  die  seele, 
seh  ich  das  eulengeschlecht,  das  zu  dem  liebte  sich  drängt. 
Schiller  93*. 

EULENGESCHREL  n.  ululaius, 

EULENGESICHT,  n.  vuUus  horridus,  tnU  ^olzaugen. 

EULENGEWÖLBE,  n.  eulenheh  oben  in  der  kirche,  s.  eulen- 
grbühr  und  rt^.  GDS.  117. 118. 

EÜLENHIM.MEL,  m.  dasselbe:  sie  senden  eine  taube  aus 
ihrem  colenhiinmel,  nachdem  sie  danor  brennende  stupfein 


119£ 


EULENJAGD  —  EULENSPIEGLER 


EULENTON  — EUROPA 


1196 


oder   flachs    und   LiicLsenpuhcr  draus  gcwurfen  haben,    die 
kindcr  nut  zu  schrecken,    bifiwnk.  150'. 

EüLENJAGD,  f.  Jagd  mil  oder  auf  culvn,  wie  culenbeisze : 
kühn  aur  die  eulenjagd  hinaus  zu  ziehn.    Fr.  .Möller  2,  »Gü. 

EULENLIED,  n.  cantus  ulularum:  weil  ihn  die  fürstin  nn 
jedem  morgen  mit  einigen  Strophen  aus  dem  busz  und  culen- 
liede  über  aufruhr,  Ankerstrüm  und  Propagandisten  ansang. 
J.  P.  Hesp.  4, 133. 

EULE.NLOCH,  n.  giebclloch  in  der  scheune  zum  ein  und  aus- 
fliegen der  mause  fangenden  eulen.     wellerauisch  eulsluch. 

EL'LE-N.MCCKE,  f.  lipuld  plialaenoides. 

EL'LENMUCKEIt,  m.  dumpfrufende,  liclilscheue  eule: 

sein  dixi  sprach  der  arme  scbluckcr 

und  ritt  auT  seinem  eulcnmucker 

zum  Paradiese  ritterlich.    Kl.  Scuhidt  hom.  dicht.  215. 

EÜLENNEST,  n. 

1)  nidus  bubonum,  ulularum. 

2)  altes  gemduer,  als  aufenlhaltsort  der  ettkn,  vgl.  felsennest : 
damit  die  sonne  doch  endlich  einmal  in  das  alle  ratten  und 
eulennest  hineinscheine.    Göthe  52,  w. 

3)  perucke,  wie  atzel  (1, 596)  und  auch  storchnesl.  Siegfr. 
von  Lindenb.  1,  78.     viß.  eule  4. 

EL'LE.NSCHLACHT,  f.  icas  eulenart,  eulengeschlecht : 

mhd.  mich  dunket  t'r  si  iuvreliislaht, 
swer  vür  den  tac  nimi  die  naht. 

Freida!<k  145, 19.  llenner  105U4; 
wie  bin  ich  sus  iuwelnsiaht? 
si  (eam)  siht  min  herze  in  vinstor  naht.    Wolfr,  lieder  5,  20. 

EULEN'SCHWLNGE,  f.  vie  eulenflügel: 

es  erlischt  des  tnires  licht, 

der  erzürnte  donncr  spricht, 

und  mit  schwarzen  eulcnschwingen 

fühl  ich  es  gchaiinen  flugs 

sich  um  meine  sohläTe  schlingen. 

Grillparzer  ahnfrau  aufz.  2. 

EÜLENSEELE,  f 

schweig  mürrische,  rief  philomele, 
du  denkst  mit  einer  culcnseele 
und  machst  dir  selbst  die  weh  zur  wQstenel. 
iiiR«A:iN  fabeln  ST. 

EüLENSPIEGEL,  m.  noctuae  speculum,  ein  Schalksnarr,  vgl. 
Aulnspiegel  1,817.  der  name  mag  früh  im  miltelalter  aufge- 
kommen sein,  als  man  auch  Schwabenspiogcl ,  laienspiegel, 
speculum  historiale  sagte,  die  besten  schwanke  von  Eulcnspiegel 
musten  lange  vor  der  1519  zuerst  gedruckten  hochdeut.H'hen  bcar- 
beitung  und  der  erwähnung  in  der  scliriß  de  geneiibus  ebriosorum 
1515  (Zarnke  126, 10)  bekannt  sein,  vnter  andern  namen  oder 
ohne  namen  der  handelnden  person,  nach  dem  eingang  des  Volks- 
buchs hiesz  bereits  Eulenspiegels  valer  Claus  llenspiegel,  was 
doch  späterer  zusatz  scheint,  da  der  name  offenbar  auf  den  söhn 
gemünzt  ist.  die  Franzosen  bddeten  Ulespii>gle  und  kfazten  danius 
espi^glerie  und  «n  adj.  espiegle.  jmln.  Sowizdrzal,  Sowizr/;il, 
bChm.  Sovjzrcadlo.  Eulenspicgel  gemalmt  an  Morolf.  an  Amis, 
an  den  finnischen  Soini  kaiki  (sduilk)  oder  Kullervo,  selbst  an 
Loki. 

doch  bin  ich  nirgends  lieber  gewesen  als  zu  Heimsladt 
und  zu  Jena,  ho  was  habe  ich  da  nicht  angestellct?  ninn 
könte  einen  ganzen  Eulcnspiegel  darvun  schreiben,  pcd.  schul- 
fuchs üS ;  ihr  seid  ein  Eulenspiegel,  dasz  ihr  mit  armen  leuten 
so  sprecht.    Arnim  schaub.  2, 129. 

EULE.NSPIEGELEI,  f  espUgterie:  die  meinigen  erzählten 
gern  allerlei  eulcnspiegeleien ,  zu  denen  mich  jene  sonst 
ernste  und  einsame  männer  angereizt.  Güthe  24, 13 ;  solche 
culenspiegeleien  geziemen  dem  genie  nicht.    40,  118. 

EL'LENSPIEGELN:  Felix  eulenspiegelte  um  sie  her  und 
trachtete  in  allerlei  thorheiten  und  venvegenheilen  sich  licr- 
vurzuthun.    Göthe  21,  94. 

EULENSPIEGELHAFT,  csjnegle:  Friedrich  brachte  nach 
seiner  art  mit  himdert  cilatcn  und  eulenspiegelhnrten  an- 
spichingen  die  gesellschaft  zum  lachen.    Güthe  2o,  3ü1. 

EULE.NSPIEGELI.SCH,  esjii^gle:  im  menschen  hausen  oft 
zwei  eulenspicgelsrhe  wünsche.    J.  I*.  Tit.  2,  i:i. 

EULE.NSPIEGELSPOSSEN,  ;>/.  wie  glücklich  fühlte  sich  der 
lose  knabe  nun  in  der  freien  weit,  da  ihm  seine  Entenspic- 
gelspossen  überall  eine  gute  aufnähme  vcrschaflen.  GOthe 
1«, 115. 

EILENSPIEGELSSTÜCK,  n. 

et  int  ein  EuleMpiegolutück.    Atim  (aHn.  %*. 

ErLENSPIEGLEK,  m.  beutellrescber,  schleck,  eulenspicgler, 
krtmer,  wecbsler.    FitcHAar  grotzm.  »7. 


EULENTON,  m.  ululatus: 

üugs  kreischt  ein  eulenton  durch  Ifymens  schönen  tempel. 
KiiTZEBi'K  8, 148. 

EULENWINKEL,  m.  verborgner  aufenthalt  der  eulen. 

EULENZUNFT,  /.  culen-KhlaclU,  eulengesddccht : 
ja,  hliiizt  und  tobt,  ihr  eulcnzunfl, 
das  wort  sull  leuchten  und  Vernunft.    Voss  5,41. 

EULER,  m.  figulus,  töpfer,  hdfner,  von  aul,  oUa,  topf,  hafen 
1,817. 

EULNER,  m.  dasselbe.  Heinricus  dictns  Ulnere.  Böhxer  cod. 
francof  257,  wie  noch  Iwute  Euler  und  Euiner  Muflge  eigen- 
namen  sind,  in  den  wcUerauischen  weisthümern  schwanken  ulner 
und  euler,  wie  lat.  olla  und  aula. 

EULWERK,  n.  opus  ßglinum,  tüpftrwaare. 

EURENTHALBEN,  vestra  causa:  denn  ewrenthalben  wird 
goft  gelestert  unter  den  beiden.  Rom.  2,  24.  s.  eucrbalben. 
das  cnt  wie  in  mcinent,  deincnt,  seinent,  ihrent,  derent,  dcs- 
sent,  unscrnlhalbcn,  allenthaihen,  beidenthalben,  u.  s.  w.  und 
darf  vorläufig  auf  gramm.  3,  214 — 218  verwiesen  werden. 

EURENTWEGEN,  vestra  causa,  s.  euertwegen: 

das  beschicht  von  ewrentwegen.    Teuerdnnk  105, 91 ; 
als  wir  eurentvvegen  sehr  besorgt  waren.    Felsenb.  4,  237. 

EURENTWILLEN : 

ist  nur  um  eurentwillen  zum  hoben  altare  gekommen. 
Messias  1,  419, 

in  der  neusten  ausg.  euretwillen ;  um  eurentwillen.  Klopstock 
9,  87  auch  in  der  neusten  ausg. 

EURETWEGEN:  ihr  wiszt,  mein  schätz,  dasz  ich  curel- 
wegcu  keine  schmach  der  weit  achte,  pol.  stockf  347.  das 
et  wie  in  meinet,  deinet,  scinet,  ihret,  unsertwegen. 

EURETWILLEN : 

ich  musz  und  blosz  um  euretwillen, 
ihr  öden  triften,  von  euch  lliehii, 
genup,  ihr  trennt  mich  von  Myriillen, 
das  ist,  ihr  heiszt  mich  weiter  zielin. 

Rost  schäferg.  149. 

der  EURIGE,  vester,  verhält  sich  zu  der  eure,  wie  der  mei- 
nige, deinige,  seinige,  unsrige  zu  der  meine,  deine,  seine, 
unsre.  die  letzteren  formen  sind  älter,  edler,  einfacher:  das  ist 
nicht  mein  hut,  sondern  der  eurige;  ich  habe  meine  ptlichl 
gethan,  thut  ihr  die  eurige.     besser,  der  eure,  die  eure. 

EURINGSSTRASZE,  /.  na  laclea,  nach  dem  held  Euring,  der 
gewöhnlich  Iriiig  oder  Eiiing,  einmal  abn  schon  in  einer  aJul. 
glosse  luwaring  heiszt  (mythol.  332),  so  dasz  hier  wieder  ein  frühes 
beispiel  für  den  Wechsel  zwisciwn  ci  und  eu  vorliegt,  bei  i/cw 
namen  ist  doch  auch  Eburdring,  Eburdrung  für  Orion  (myth. 
689.  690)  zu  erwägen  und  vielleicht  aufzulösen  in  Epurduring. 
AvKNTiN  102'  macht  aus  diesem  Euring  einen  künstler  uiui  ge- 
stirnkundigen zu  Schirmburg,  was  jetzt  Sine  hing  luisze,  da  wo 
die  Drau  in  die  Donau  fällt,  und  Stieler  2196  sogar  einen  rex 
in  Sinihingen,  qui  astrologus  excellcns  fuit.  gemeint  wird  das 
alte  Sirmiuni  (Aventin  83'). 

EUROPA,  n.  gen.  Europas,  bei  Brant,  Frasr  u.  a.  m.  aber 
mit  dem  lat.  gebildeten  gen.  Europe  =  Europae,  acc.  Europam : 
als  die  Sciavini  'alles  Europam"  flberlielen.  weltb.  29*.  norA 
neuere  gewähren  den  gen.  Europens:  das  feste  land  des  ge- 
sammten  Europens.  Kant  9,  38  (1756),  den  dat.  Europen : 
Asien  risz  sie  von  Europeq.    Schiller  59". 

Zwar  sind,  nach  dem  }dan  des  wörterbuclis,  rigennamen  der 
leutc  und  örter  davon  ausgeschlossen,  ausgenommen  wo  ste  appel- 
latirisch  werden  oder  andere  hierher  gehörige  bczüge  bieten,  z.  h. 
Deutschland  2, 1052.  Engelinnd  3,  474.  481.  BOheim  3,  222.  an 
gegenwurliger  stelle  mag  die  brhandlung,  mwtens  mishandlung  aller 
ländernamen  in  utisrcr  spräche  einmal  kurz  (r wissen  werden. 

1)  flu  Zusammensetzung  eintritt,  iä  die  geitall  schlefn^nd,  doch 
an  sich  untadelha/t. 

a)  mil  dem  gen.  /»/.  des  rolknamens:  ahd.  Walholant,  Lanc- 
partölant,  IVigir6lant,  FranchoniMant,  Sahsonölant,  Suäb^rlchi. 
heute  Buierlund,  Frankenland,  (iriechenlaud,  Schwabenland, 
Ungerlaiid,  und  iß'kürzt  England,  Fiiesland,  Finnland,  Irland, 
Lappland,  Rusziand,  Schottland;  Frankreich  (statt  Franken- 
reich). 

b)  mU  einem  adj.  Deutschland,  Welschland,  t")gterreicb. 

c)  md  einem  sulist.  Holland  für  Hollland,  Holzland,  Hol- 
stein für  Holtsctcii,  Holzsaszeu. 

2)  wie  eine  virnye  Ortsnamen  im  dativ  sithn,  der  allmdlich  :um 
noHi.  (/('« (iri/cfi  ist,  haben  auch  ländernamen  sieh  mit  dem  d<U. 
pl,  der  volkernamen  geOiidet  (lUti'T  'i,  4uu).    aH$  ah<t.  in  Walabuiu, 


1197 


EUROPA  — EUTER 


EUTER— EUWRISCH 


1198 


in  Suäpum,  zi  Lancparlum,  zi  Pcigiruni,  mhd.  in  Walhec, 
Swäben,  ze  Lancbarten,  Beiern  entsprang  an  nhd.  Schwaben, 
Baiern.  man  halte  ach  erst  gedaciä:  im  lande  ze  Swäben, 
Beiern,  vie  es  mit  dem  gen.  hiesz  Swäben  lant.  Beier  lant,  und 
diese  gewohnheü  zog  endlich  den  gedanken  von  dem  ursprünglichen 
dat.  und  gen.  pl.  ab  und  führte  einen  neutralen  sg.  für  alle 
casus  ein.  so  also  Engern,  Franken,  Hessen,  Preuszen,  Sachsen, 
Thüringen,  Westfalen. 

3)  ein  andres  en,  zu  velclier  endung  bei  uns  alles  drängt,  ent- 
nahm man  aus  dem  acc.  lal.  ländernamen  auf  ia,  so  dasz  sich 
das  rolle  iam  erst  in  iän,  ian,  zuletzt  in  ien  verdünnte  und  den 
von  nalur  veiblichen  namen  neutrales  geschlechl  mit  dem  gen. 
iens  zugelheilt  wurde,  vir  sagen  heute  Allemannien.  Asien, 
Assyrien,  Australien.  Bosnien.  Britannien,  Dalmatien,  Gallizlen, 
Germanien,  Indien,  lonien,  Italien,  Lydien,  Macedonicn,  Moc- 
sien.  Pannonien,  Pensylvanien,  Persien,  Sardinien,  Scythien, 
Serbien,  Sicilien,  Spanien,  Syrien,  vährend  mhd.  dichter  zwi- 
schen iam,  ian,  ien  schwanken,  wie  ich  bä  Hacpt  S,  409.  410 
belegt  habe  und  noch  vielfach  bestätigen  könnte.  Lcthee  schreibt 
im  nom.  Asia,  Assyria  u.  s.  w.,  im  acc.  Asien,  Assyrien,  aber 
dem  schon  angeführten  'alles  Europam'  aus  Franks  weltbuch 
läszt  sich  aus  seiner  chronik  22S  'der  alles  Ilaliam  aufrürig  fand' 
an  die  seile  stellen,  mhd.  dichter  behandelten  solche  namen  noch 
gern  weiblich:  Asia  diu  wite,  diu  obere,  diu  nidere  Geimanie. 

4)  anders  und  richtiger  verfuhr  man  mit  rinzelnen  lal.  ia,  die 
sdion  mhd.  ie  behalten  hatten  und  nhd.  ei  erhielten,  aber  ihr 
weibliches  geschlecht  nicht  einbüszlen:  Barbarei,  Bulgarei,  Lom- 
bardei, Romanei,  Türkei,  Walachei,  früher  auch  Sirfei  für 
Serbien  (AvEsnx  46').  doch  sagen  wir  die  Normandie,  nidit 
Normandei. 

5)  das  seltnere  a  der  ländernamen  haftet  in  Europa.  Afrika, 
Amerika,  Corsica,  Toscana.  v(^.  Parz.  496,3.  für  Europa 
der  nom.  Enrope  tr.  kr.  2396C,  und  von  Europe  23977. 

EUROPÄISCH,  europaeus.  früher,  als  Europe.  Europen  galt, 
europisch:  halten  viele  andere  europische  forsten  neben  sich. 
MicRÄLics  2,  273,  wie  wir  auch  asisch  für  asiatisch  sagen  solUen, 
da  indisch,  persisch  allgemein  gelten. 

EUKOPAMCDE,  quem  tenel  Europae  satielas. 

EUSEL,  f  hausirum,  schOpfrad,  einur,  schaufei,  das  wasser 
aus  dem  schif  zu  schöpfen,  von  dem  alten  ausen,  ösen.  haurire, 
altn.  ausa.  vgl.  erösen  sp.  935,  ein  seltnes  wort:  in  denen 
dingen  ist  diser  waidling  [naclie]  gleich  dem  schif,  aber  nit 
in  der  eusel  oder  schauflen  der  beicht.  KeisebsbebgjcAj/ der 
pen.  54*.  Schwab,  ose,  Schöpfeimer,  wem  fällt  nicht  das  goüi. 
iiisila  nveat?  ein  ? 

EL'SER,  noster,  üser,  unser,  in  Stalders  dial.  104  euser,  öser: 

es  ist  doch  nicht  mein  fräuelein, 

es  ist  doch  numroen  euser  liebstes  kind, 

wo  wir  so  lang  verloreo  hei  gban.    Uulaüd  276. 

EI'SZERE,  s.  äuszere  1, 1032. 

EISZERN.  s.  äuszem  1,1036. 

ELSZERST,  s.  äuszerrt  1, 1033. 

ELTER,  m.  n.  über,  ein  last  alle  urverwandten  sprachen  durch- 
laufendes, sicher  uraltes  wort,  skr.  ödhar,  üdhan.  späterhin  udhas 
(BöHTLixc  1,  lOlS),  gr.  ovd'aQ,  goth.  zu  vermuten  udr,  alid.  ütar 
(Graft  l,  158),  welche  unumlautende  form  schon  1. 1044  «n/er 
auter  besj/rochen  ist,  doch  erschänt  auch  mit  umlaul  fitir,  mhd. 
wahrscheinlich  iuter  ((f&.  3,195'),  fcei  Mecenberc  25, 18  äuter,  nhd. 
euter,  ags.  üder,  engl,  udder,  nnl.  uidcr,  uir,  uijer,  daneben 
jadder,  jaar;  gal.  uth,  ugh,  tr.  nit,  uilch;  lit.  vdra  zu  folgern 
aus  udroli  etdem  und  aus  priudrojusi  kiaule,  euternde,  mil- 
chende sau;  finn.  utar,  utara,  est.  uddar,  uddaras.  andere 
hauptform,  aeol.  ovfaQ  (wie  ffr,q,  tpr^oiov,  tat.  fera  für  d'rio, 
&r,piov),  lat.  über  {wie  ruber,  rufus  =  i^vd'qös),  altn.  jufr, 
jugr,  schw.  jufver,  jnr,  ddn.  yver. 

die  würzet  verborgen,  doch  musz  sie  die  Vorstellung  des  nährenden, 
fruchtbaren  enthalten  hdjen,  wie  aus  dem  gr.  ov&aQ  aQovqrjg, 
vorzüglich  aus  dem  lat.  adj.  über  folgt,  das  skr.  wort  gilt  auch 
vom  euter  des  himmeh ,  d.  i.  der  wölke  und  vom  nährenden 
busen.  fidhanja,  itdbasja  üt  milch,  die  übrigen  sprachen  setzen 
es  von  der  zilze  der  hausthiere,  der  sluten,  esel,  kühe.  ziegen, 
schafe.  hunde,  auch  der  hasen.  du  scholt  auch  wi^/.en,  da^ 
der  unvernünftigen  lier  milchwäppel  aigenleichen  äuter  hai^ent, 
aber  an  der  frawen  hai?ent  si  priisfel  oder  tülel.  Mecesberc 
25,  n — 19.  culcr  oder  prustlein,  mamma,  tudl.  «/»er.  voc. 
14S2h4*;  sumen,  ein  schweinüter.  Dasvp.  291';  uter,  »lamma, 
mammula,  mammilta,  über.  450*;  IT.  Sachs  1, 156*  hat  den  pleo- 
nasmus  brusteuter  von  der  frauenbrusl.    man  sagt  volle,  straffe, 


angespannte,  strotzende  euler ;  alid.  drozinta  (itir,  distenla  ubera. 
Haui-t  5,  329,  schwed.  stinnt  jufver.  im  norwegischen  mdrchen 
kommt  zu  dem  guten  mädchen  eine  kuh  mit  dem  melkefasz  zwischen 
den  hörnern,  und  ihr  euler  war  so  roll  und  rund:  'melke  mich, 
die  milch  sprengt  mich,  trink  so  viel  du  willst  und  schütte 
den  resl  auf  meine  klauen,  so  will  ich  dir  wieder  helfen'. 
Asbjöbnses  s.  7S.  nach  dem  schwedischen  weidet  die  kuh  im 
grünen  gras,  trägt  den  melkkübel  auf  den  hörnern  und  man  sielU 
ihrem  strotzenden  euter  an,  dasz  es  lange  nicht  gemolken  ist: 
'melke  mich  und  trink  so  viel  du  willst,  lasz  aber  nichts  auf 
den  boden  fallen,  giesz  das  übrige  auf  meine  klauen  und 
hänge  den  kübel  wieder  auf  die  börner'.  Cavallils  s.  431.  wie 
lieblich  sind  diese  züge.     die  gewöhnliche  melkfurmcl  lautet: 

stripp  strapp  stroll, 
so  war  der  eimer  voll. 

es  heiszt,  die  kälber  ans  euter  lassen,  legen ;  am  euter  hangen, 
ubere  haerere. 
nnl.  tgras  verquickt  het  vee  en  spant  den  uier  aan; 

tgezwollen  uier  wort  met  volslagen  hant  gemolken; 
nhd.  wie  sein  satt  vieh  dem  stall  zueil 

und  heim  trägt  «/.  trag)  volle  utern  schwär, 
welchs  bald  wolt  dasz  man  sie  entlär  [distenta  siccet  ubera). 
FiscBART  landlust  306; 

mir  bringt  das  zahme  rind  den  saft  aus  gras  und  kräutern, 
verwandelt  um  zu  milch  in  ausgespannten  eutem. 

Dlsch  poet.  werlie  1,156; 
und  ist  der  süsze  scbaum  der  euter  ausgedrücket, 
so  sitzt  das  müde  paar  zu  schlechten  speisen  bin. 

Haller  3S; 
wir  treiben  tag  JTir  tag  die  magern  schafe  weiter, 
des  abends  kommen  sie  doch  wol  mit  schlaffem  euter 
und  ohne  milch  zurück.  Rost  schäjerg.  61 ; 

setzte  sich  dann  und  melkte  die  scharundroeckeroden  ziegen, 
alles  der  Ordnung  gemäsz,  und  die  säugliiise  legt  er  ans  euter. 

Od.\M-2; 
knaben,  die  scbaf  ins  kühle !  verfängt  die  hitze,  wie  neulich, 
wieder  die  milch,  dann  klopft  man  umsonst  mit  den  bänden 

die  euter.     Virgits  idylten  3, US; 
und  wie  sogar  zehn  äpfel  verführerisch  werden  dem  mägdlein, 
oder  ein  böckchen  vom  railchströmenden  euter  gesandt. 
Properz  II.  34,70; 
da  kommt  mit  vollem  euter 
die  alte  geisz  gesprungen.    Rcckrt  110(413). 

schädlich  wird  euter  mit  eiter,  renenum,  pus  verwechsell. 

ELTERBOGK,  m.  ziege  die  nicht  trächtig  tcird,  nd.  fiterbock. 
Schambach  251*. 

EUTER  BRÄT  LEIN,  n.  gebratnes  kuheuler:  gebratene  pfafTen- 
biszlin,  geröstets  katzengeschrei,  euterbrätlin,  schöne  wampcn 
und  schunken  oder  feiszte  hennensüpplin,  kindbetterbrühlin, 
weinwarm,  matzisbnihlin  von  der  ersten  sut.    Garg.  160*. 

EUTERLEIN,  EUTERLE,  f?.  mammula.    Stieler  311. 

EUTER.N,  lade  repleri,  lit.  udroti:  (fie  kuh  eutert  schon, 
lAr  euter  füllt  sich  mit  milch. 

EUTZE.  f.  bufo,  s.  euke,  auke,  in  einigen  mundarten  filze, 
ötsche :  man  tritt  die  eutzen  so  lang,  dasz  sie  sich  wendet ; 
wo  eutzen  sind,  da  sind  auch  wol  hailbaten  (storche).  Henisch 
957, 13 ; 

daselbst  durch  gottes  wunderhand 
frösch,  padden,  eutzen  menschen  worden. 

fnixcttm.  HI.  3, 12  (Bbb  8'). 

EUWRISCH,  sererus,  austerus,  ferus?  es  seind  auch  noch 
Sprichwörter  vorhanden,  dasz  man  spriciit  'du  siehst  euwrisch", 
bist  rabisch,  von  denen  die  ernstlich  sein  und  auf  die  reis 
herfür  gebutzt  und  aufgemacht.  Aventin  (1566)  61 ;  GCnzels 
haubtschl üs.ul  {\6i'>)  hat  s.  4o':  awcr,  ein  altes  leutschcs  Sprich- 
wort, so  vom  wort  awc  herkombi,  so  vi!  (als)  awerisch.  wil- 
disch, das  in  der  awen  ist  oder  in  der  wildnis.  nach  Reix- 
WAi.D  1,  2S  soll  bei  Frisch  {aber  wo?)  aus  einer  schrill  ron  1545 
stehen:  'sich  eurisch  stellen',  für  mürrisch,  man  denkt  an 
Sccuenwirts  46, 118 

du  bist  ein  rechte  auwerin !  ein  wildfang. 

nun  aber  zeigt  sich  die  doch  wol  identische  form  eudrisch: 

veracht  nicht  gar  als  gut  gcselln 

und  tliu  dich  nicht  »o  ewJrisch  stelln.    H.  Sachs  II.  4,6*; 

ist  eins  eudrisch  zu  aller  zeit, 

so  soll  das  andre  machen  freud.    EriniG  2,573. 

Reinwald  gibt  hinler  eurisch  auch  euterisch,  schüchtern,  blöde. 
SiALtiER  1.347  hat  in  euders  gehen,  zerfallen,  zu  gründe  gehen, 
form  und  bedeutung  bedürfen  besserer  außlärung,  an  eifrig, 
:orni(7,  eiterig,  gißig  läsit  $ich  kaum,  eher  an  uriscli,  aueriscb 
denken. 


1199 


EVA  — EVCHEN 


EVEN  — EWIG 


1200 


EVA,  f.    gen.  Evas,  frülur  Evens,  dat.  Even: 

vim'ttz  ist  an  uns  geborn 

von  frouwen  Even.    Henner  1932; 

als  Adam  hackt  und  Eva  spann, ^ 

wer  war  alUla  der  edelmann; 

ibm  schmeckt  kein  mahl,  er  scbluminen  süsz 

bei  federleichtem  sinn, 

und  träumt  sich  in  ein  paradis 

mit  seiner  Eva  hin.     Uorger  4'. 

Evens  nachfülger  «=  die  ueiber.  Keslf.  Rob.  14.  s.  Evchen, 
Evcntochtpr. 

EVANGELl,  n.  erangelium,  Oper  bei  Schwarzenderg  x.  b. 
111,2.152,2;  'sitzt  still,  sitzt  still!'  sagt  jenes  scbuitheiszen 
fraw  im  newen  scüurz  und  kürsen  (pelz)  zu  den  weibern, 
die  zum  euangeli  aufstunden,  'es  gedenkt  mir  auch  das  icli 
ewers  gleichen  war  und  die  noilplon  hicsz'.  Carg.  I5l'.  nach 
dem  nachtessen  kamen  auf  den  plan  die  schüne  euangeli 
von  holz,  das  ist  volauf  prettspil  oder  das  schön  Aussen,  es, 
daus,  troi.  17t'. 

EVANGELIE,  m.  evangelium : 

mhJ.  daj  er  den  t^wangeljen  da 
predjcn  solle  und  anderswä 

IQ  dem  selben  lande.    Walther  \o:k  Rusinau  141,25; 
ir  süllent  in  die  weit  gän, 
den  ßwangcljcn,  den  ich  hün 
eelcrt  und  (rehört  hänt  von  mir, 
den  so  prcdjeut  ouch  ir.    22ü',  18. 

$0  audi  ahd.  euangdlio  m.,  gen.  euangelien ;  goth.  aber  aivag- 
gßljö  f. 

EVANGELIER,  f?i.  kvila,  diaconus.  i'oc.  1482  h4';  her  Hein- 
rich, ein  ew angelier.  Schreibers /Vet'fcttryerMrA.  2, 160;  cpisller 
und  euangelicr  waren  die,  so  in  der  messe  die  epistel  und 
euangelium  lasen.  Lcther  6, 104';  desglichen  redt  Paulus  ouch 
von  den  diaconis,  die  wir  nennend  evangelier.  Zwingli  1,133; 
es  ist  ein  gewonhcit,  wenn  man  priestcr  weihet,  das  man 
dem  letzten  euangelier  oder  epistier  den  levitenrock  auf  dem 
hals  ligen  Icszt  und  derselb  musz  dem  bischof  das  euan- 
gelium oder  cpisteln  singen,  dem  anderen  stoszt  man  den  rock 
nur  an  den  hals,    schimpf  u.  ernst  1522  cap.  103.  1555  cap.  118. 

EVANGELIEH KLEID,  «.    coUibium  i.  e.   veslis   diaconi.    voc. 

14S2    h4'.       vgl.    DlEFEXBACH    132'. 

EVANGELIGEMÄSZ,  evangeliciis :  dieweil  er  seins  vorfahren 
evangeligemäsze  Ordnung  nit  het  gehalten,    bienenk.  129'. 

EVANGELISCH,  evangelicus :  leide  dich,  thu  das  werk  eines 
evangelischen  predigeis.  2  Tim.  4,  5 ;  dann  aber  auch  evan- 
gelicae  formulae addiüus,  protestantisch:  evangelisch  werden,  zum 
protestantischen  glauben  übertreten;  er  ist  gut  evangelisch,  ein 
gläubiger  frrotestant;  herr,  ich  hin  gut  evangelisch,  denn  mein 
groszvaler,  mein  vater  und  mutier  und  alle  meine  freund  sind 
in  dem  evangelischen  glauben  geboren,  getauft  und  erzogen 
worden,  fr.  Simpl.  1,  55.  aufs  aller  evangelischte  gelebt. 
Luther  4,95  statt  des  harten  evangelischiste,  wie  er  4,114' 
sagt  die  hübschien  wort  für  hübschisten,  hübschsten  imd4,139 
am  höchsten  und  festen  für  festesten. 

EVANGELISIEREN:  um  der  armen  willen  uf  erden  kumen 
(gekommen),  sie  zu  evangelisiren.    Keisersberg  narrensch.  52'. 

EVANGELIST,  m.  evangelista.  voc.  MS2  h4';  vier  evangc- 
lislen.  Keller  CT-zdW.  192;  und  der  euangelist  sanclus  Matheus 
hat  uns  des  brief  und  siege!  geben  in  der  heiligen  geschrift. 
Keisersberg  s.  d.  m.  22';  die  geschieht  und  marter  des  seligen 
bruder  Heinrichs  von  Sülphen  ewers  euangelislen.  Luther 
3,27';  Marlinus  Luther  unwirdigcr  ecciesiast  und  euangelist 
zu  Wittemberg.  3,103';  und  bitte  ewre  euangelislen,  das  sie 
euch  von  Luther  und  Carlstad  weisen  und  immer  auf  Christum. 
3, 105*;  ein  audrer  hätte  golt  gedankt,  daaz  er  drei  evange- 
listcn    seines  lebens  (biograjJien)  bekommen.    J.  P.  Filwl  194. 

EVANGELIL'M,  n.  ohne  artikel:  ich  wolt  für  mein  teil  eiian- 
gelium.4,  so  ich  von  meinem  lieben  vater  in  Christo,  d.  Mar- 
lirio  Luther  gelernt  hab,  nit  der  ganzen  weit  gölcr  nehmen. 
AuBkOS  wider  WUzel  Fe'; 

mancher  pfaf  ein  evangelium  »ingt, 
daf  in  der  kirchen  und  clior  erklingt, 
ventebt  doch  ein  wort  des  Inhalts  nit. 

tch.  u.  crnit  1555  cap.  118. 

EVANGELIUMCHEN,  n.  erangeliolum :   ade,  ade,  du  armes 
Jurfligea  euangcliuinchen.    ALnERt:»  vider  Wtlul  II  s'. 
EVCHEN,  n.  purUa  nmata,  Itvbchen : 

Ao<\\  -.ri,    .%  ..  -ii,,.  i,h  Id  den  wind, 

Uli.!  ? 

0  I-  'iiin  gcurhwind 

0   '  i.'-lll'.!      lllMCtR  4'. 


EVEN,  f  avena,  haher,  fr.  avoine,  t/.  avena,  vena,  ahd.  evina 
(Grakf  1, 176),  in  der  Freckenhorsler  heberolle  eveiia:  weisen  sie 
dem  vogt  ein  malter  eveu,  genant  vogtseven,  das  haben  die 
vorfaren  abt  gelassen  dem  vogt,  dasz  das  leben  desto  besser 
seie,  war  vormals  genant  das  grün  malter  even.  «mM.  2,  392. 
vgl.  vogtevcn,  raucheven. 

EVENÄPFEL,  pl.  Eeae  jwna,  mamniuc: 
Evenäpfel  sind  zum  locken  oft  mit  bleiweisi  überkreidet. 
LoGAU  3, 106,  tM. 

EVENEN,  avenaceus,  alid.  evcnin :  cvenin  prot,  hubcrbrot, 
evenin  malz,  habermalz. 

EVENMONAT,  m.  habermonat,  benenming  eines  herbst  oder 
erntemonats,  bald  des  sepleinbers,  bald  novembers,  nnl.  evenmaent, 
evenmaand  und  auch  gerstmaand,  pielmaaud,  spellmaand. 
GDS.  89.  90 :  zwischcnt  beiden  unser  lieben  frauen  lagen  im 
evenmonat.    uä.sth.  2,  617. 

EVENTOCIITEH,  f  ein  eitles,  lächtsinniges  mddchen. 

EVER,  m.  navicula,  lembus,  scapha,  kleines  fahrzeug.  das  sich 
an  grüszere  hängt,  boot,  fischerkahn,  ueidling,  ein  nd.  uort,  doch 
nicht  in  allen  gegenden  üblich,  Schambach  und  Da.n.neii.  führen  es 
nicht  an,  es  gilt  zu  Hamburg,  Bremen,  in  DUmarschcn,  Holstein,  Ost- 
friesland: fluszschif  von  scharfem  bau  (scharf  in  den  Wasserspiegel 
einschneidend),  mit  einem  mast,  im  Ilarlingerland  auch  ein  bin- 
nenscltif  Stürenbürc  49.  man  sehe  die  stellen  bei  Neocürüs  2, 300. 
302.  385.  weder  nl.  noch  ewß.  und  .<icandinavisch,  allen  hochj. 
glossarcn  mangelnd,  zuerst  bei  Fiiiscii  1.  234,  aus  einem  Iractat 
von  der  averei  (haverei)  angeführt:  kaufmannswaan^n  in  einen 
ever  oder  boot  laden,  welche  samt  dem  schif  verunglücken  und 
zu  gründe  gehen;  doch  brauchte  den  ausdruck  schon  vor  ihm 
ßnocKEs  8, 187 :  da  ward  ein  groszer  fischerever  von  weitem 
unser  noch  gewahr  und  näherte  sich  unsrer  jagd  . . .  deun 
wenn  nunmehr  das  schif  auch  brechen  würde,  wir  uns  . . . 
in  den  ever  retten  konnten,  unrichtig  als  n. :  es  fand  sich, 
dasz  sein  schif  ein  bloszes  ever  mit  einem  verdeck  war.  Lich- 
tenberg 8,  240.  Adelung  stellt  auch  ein  gänzlich  unhelegtes  hd. 
eher  auf,  dessen  geslalt  dem  nd.  zwar  gemäsz  wäre,  ein  gedanke 
an  eher,  aper  würde  ins  hohe  alterlhum  versi'lzen,  das  schi/fe  nach 
Ihieren  benannte;  weder  ailn.  iöfur,  noch  ags.  eofor  zeigen  irgend 
die  bedeutung  eines  fahrzeugs  und  in  den  früheren  jhh.  müste  ein 
solcher  eher  oder  ever  erst  aufgewiesen  werden,  bessere  auskunß 
soll  willkomnwn  sein. 

EWE,  /■.  acvum,  seculum,  ahd.  ewa,  Aa,  mhd.  f-wc,  mnl.  4we, 
nnl.  ceuw.  das  goth.  aivs  war  aber,  gleich  ai(öv  m.,  gen.  aivis, 
dat.  aiva,  acc.  pl.  aivins,  vcihält  sich  also  u-ie  snaivs,  ahd.  sato, 
mhd.  sniS  nnl.  sneeuw.  aus  der  bedeutung  zeit  entfaltete  sich 
die  der  dauernden  reget,  des  geselzcs  und  der  ehe,  wie  ditn  sp.  39 
dargelhan  ist;  die  im  nnl.  eetnv  erhallne  von  seculum  ist  unserni 
schleppenden,  erst  spät  gebildeten  Jahrhundert  (Stiei.er  SOS)  ror- 
zuziehen,  obschon  es  im  seine,  aihundiade,  dän.  aarhundrede 
nachgeahmt  wurde,  dem  goth.  acc.  aiv  entsprossen  die  weit  ein- 
dringenden parlUieln  aiv  und  ni  aiv,  ahd.  eo,  ni  ^0,  allmJlich 
io,  nio,  mhd.  ic,  nie,  fdid.  je,  nie,  und  niciU  anders  den  dal. 
acc.  pl.  die  adverbia  du  aivam,  in  aivani,  in  aivins;  auf  ähn- 
liclie  weise  steht  vom  ahd.  Ha  der  acc.  sg.  dat.  pl.  in  öwa,  in 
ewun,  zi  C'wöm  adverbial,  mhd.  in  dwe,  ze  fiwcn,  von  fwen 
unz  zewen.  verwunderlich  wäre,  dasz  ein  so  gangbarer  ausdruck 
nhd.  im  15. 16  pi.  bereUs  erloschen  sein  sfdite.  Dheri.in  sp.  364 
bringt  aus  einem  handscliri/llich<-n  tr.  Belial  contra  Christum  bei: 
golles  barmherzigkeit  weret  von  ewen  unz  zu  ewen;  die  vor- 
rede zu  Heinr.  (iESZLERS  tüt.iclwr  relhorik  schlieszt  mit  dem  sjtrurh  : 
alpha  und  0,  herr,  anfang,  mittel  und  end,  dir  sei  loh.  ere 
und  glori  von  ewen  zii  ewen.  amen;  noch  lange  ins  16  jlt. 
wird  oberdeutsch  gebetet  worden  sein  von  ewen  zu  ewen  für  m 
.wcula  .seculorum.  andere  beitinele  suche  man  in  iirJtiinifen  der- 
selben zeit,  ob  aiv,  /■(>,  ie  zusammen  hangen  könne  mÜ  air, 
er,  6  prius,  führt  in  schwere  erOrterungen. 

E\VICH,Hi.  zuweilen  falsch  geschrieben  für  ebich.  eppich. 
hedera,  x.  b.  inauerewich,  hedera  baccifera.  Schwenkkkiü  ü\rp. 
Sil.  p.  100. 

EWIG,  aeternus  (für  aevilernns,  wie  aela»  für  ae>ilas,  vgl. 
longaevitas),  goth.  ajiiks  (aus  ajiikdii|is  zu  folgern  und  gebddet 
wi«  ibuks,  rttngradus)  und  aivein«,  ags.  i'cc,  a'ce  {für  iHvece?, 
da$  y  ge$ehwuntien  wie  in  sriiiiee  mier  ih  umserm  einch,  golh. 
.livisk««),  ahd.  <Swtc  (für  f'wili?)  und  H\n,  daneben  auch  ^wlnic, 
mhd.  öwic,  nhd.  ewig.  alts.  ßwig  und  h\\\u,  nnl.  eeuwig,  altn. 
wOnlegr,  schw.  ddn.  evig,  nach  hä.  ewig,  daneben  tchw.  evin- 
nerlig.  ddn.  evindelig  mich  altn.  »•Dnlegr  «dir  ciM.  <^wtnic. 
eviniieilig  und  eviinlfli};  wi'  i..fi..t,,-r^  fu^er  nl'  r\\r.    •    "rv/rn 


1201 


EWIG 


EWIG 


1202 


aber  stehen  sie  in  verstäTklem  ausdruck  gehäuß:  dän.  evig  og 
evindelig.  Asbjörsses  folkecventyr  s.  53.  engl,  etenial  nach  fr. 
^lerael. 

unser  ewig  bedeutet  nun 

1)  das  immerwährende,  endlose:  der  ewige  gott,  vater,  der 
ewige  söhn;  Abraham  aber  pflanzt  bewme  zu  Bersaba  und 
predigt  daselbs  von  dem  namen  des  herrn,  des  ewigen  gottes. 
l  Mos.  21,33;  die  ewige  Jungfrau; 

sie  hält  den  ewgen  söhn  an  ihrer  bmst.    Schillsr  4S6'; 

sie  (die  göUer)  halten  die  herschafl 

in  ewigen  händcn.    Göths  9,78; 

eh  Tor  des  denkers  geist  der  kühne 

begrif  des  ewgen  raumes  stand, 

wer  sah  hinauf  zur  Sternenbühne. 

der  ihn  nicht  ahnend  schon  empfand?    Schiller  23"; 

als  wäre  um  ihn  her  die  weit  weggeblasen  und  er  allein  mit 
dieser  Julia  im  ewigen  leeren?  145';  bergmännisch,  ewige  teufe, 
eine  unbegrenzte  tiefe,  ewige  ganze,  unbegrenzte  länge  eines  gruben- 
maszes;  verleihen  in  ewige  teufe,  bei  streichendem  grubenfelde 
dem  beliehenen  das  recht  ertheilen  innerhalb  seiner  feldlänge  die 
lagerstälte  so  tief  abzubauen  als  sie  reicht  oder  er  vermag;  ewiger 
tag,  ewige  nacht,  ewige  finsternis;  die  ewige  zeit;  da  wird 
keiner  in  ewige  zeit  {jemals)  frei  gelassen.   Frank  iceltb.  1S3' ; 

ein  blutger  hasz  entzweit  auf  ewge  tage 

die  häuser  Friedland,  Piccolomini.    Schiller  3SG*; 

das  ewige  leben,  die  ewige  Seligkeit;  teglich  sünd  hindern 
dich  an  dem  verdienst  ewiger  selikeit.  Keisersb.  s.d.  m.  7'; 
auf  das  alle  die  an  in  gleuben  nicht  verloren  werden,  son- 
dern  das  ewige  leben  haben.    Joh.  3, 15 ; 

hinüber  zur  ewigen  freude  sie  schlief. 

Schmidt  vo^  Wer».  295. 

das  ewige,  immer  fortrinnende  wasser,  das  ewige  tmmer  unler- 
haUne  feuer;  die  ewige  lampe; 

felsen  stehen  gegründet,  es  stürzt  sich  das  ewige  wasser 
aus  der  bewölkten  klufl  schäumend  und  brausend  hinab. 
GöTHE  1,317; 

wer  ist  unter  uns,  der  bei  der  ewigen  glut  wone  ?  Es.  33, 14 ; 
und  werdest  in  das  ewige  fewer  geworfen.  Matth.  IS,  8 ;  gehet 
hin  von  mir,  ir  verfluchten,  in  das  ewige  fewer.  25, 4t ;  ewiger 
Schnee  lagert  auf  dem  gipfel  des  berges ;  marmor  und  feuer- 
steine,  die  ewigen  begleiter  dieses  edleren  kalkgesteins.  Güthe 
28,160; 

ja,  es  ist  alles  beseelt  in  deinen  heiligen  mauern, 

ewige  Roma,  nur  mir  schweiget  noch  alles  so  still.    I,2ö9. 

2)  einen  ewigen  namen  wil  ich  inen  geben,  der  nicht  ver- 
gehen sei.  Es.  56,  5;  ein  ewiges  gedächtniS,  andenken; 
ewiger  rühm,  ewiges  lob;  ein  ewige  gnade  wird  aufgehen. 
ps.  89, 3 ;  gedenke  an  den  ewigen  bund  zwischen  gott  und 
allem  lebendigen  thier  in  allem  fleisch,  das  auf  erden  ist. 
l  Mos.  9,16;  ich  wil  mich  in  ein  ewigen  und  keuschen  stand 
begeben  {nonne  werden,  ewige  jungfrauschaß  geloben),  buch  d.  l. 
239, 2 ;  einen  ewigen  frieden  schlieszen ;  ewige  treue  geloben ; 
ein  ewig  recht  sei  das.  3  Mos.  16,  31 ;  ich  hatte  meinen  ewigen 
anspruch  auf  die  freuden  der  weit  zerrissen.  Schiller  204'; 

0  gott,  ihr  kommt,    'den  letzten,  ewigen 
abschied  von  meiner  königin  zu  nehmen'.    439*; 

gleich  den  folgenden  tag  schrieb  Oranicn  der  regenfin  den 
abschiedsbrief,  worin  er  sie  seiner  ewigen  achtung  versicherte. 
849*;  und  ewige  Jugend  schwör  ich  mir  selbst.  Schleier- 
MACHER  monologen  140;  die  äuszere  weit  mit  ihren  ewigsten 
gesetzen,  wie  mit  ihren  flüchtigsten  erscheinungen.  s.  5;  das 
gefühl  ewiger  dankbarkeit; 

bei  meinem  saitcnspiele 

segnet  der  sterne  beer 

die  ewigen  gefühle. 

schlafe!  was  willst  du  mehr? 

die  ewigen  gefühle 

heben  mich,  hoch  und  hehr, 

aus  irdischem  gewühlc. 

schlafe!  was  willst  du  mehr?    Göthe  1,98. 

ewige  lieder  singen,  von  des  verbannten  Ovids  gedickten  im 
Getenland  redend  sagl  Fleming: 

das  ewige  latein 
brach  Zynops  wilde  Out,  hiesx  Sagarn  xahmer  sein.    76; 

und  anderwärts: 

das  ewige  latein 
war  ihm  fast  mit  der  milch  der  mutter  gangen  ein.    136, 

das  unvergängliche,  nicht  aussterbende  latnn.     im  deutschen  recht 
heuzen  abgaben,  die  immer  besttlien,  nicht  erlöschen  sollen,  ewige : 
ewig  kernengelt.  wehth.  l,  212 ;  \x  simmern  korngeldis  ewiger 
UI. 


iserngulde.  Bacr  Arnsb.  urk.  s.  707  (a.  1416);  eine  ewge  gans 
alle  jar  zu  geben.  Thomas  oberhof  s.  303  (a.  1354) ;  vgl.  ewig- 
geld,  ewigkuh,  eiserne  kuh,  ewiges  rind  und  RA.  593. 
8)  ewige,  dauernde  schände; 

mhd.  S;  wirt  ein  ewic  schände 

den  Griechen  algeliche.    tr.  kr.  22630; 

auf  das  ir  land  zur  wüsten  werde,  inen  zur  ewigen  schände, 
das  wer  für  übergehet  sich  verwundere  und  den  köpf  schüt- 
tele. Jer.  18,16;  und  viele,  so  unter  der  erden  schlafen  lig^n, 
werden  aufwachen,  etliche  zum  ewigen  leben,  etliche  zu 
ewiger  schmach  und  schände.  Dan.  12,  2 ;  das  wort  we  in 
der  geschrift  wirt  gemeinlich  genumen  für  ewige  verdamnis 
und  umb  todsünd.  Keisersb.  s.  d.  m.  6';  das  ist  ein  gewis 
zeichen  ewiger  verdamnis,  so  es  einem  in  Sünden  wol  gat. 
IS';  ewige  strafe,  gefangenschaß;  ewige  Verbannung,  landes- 
verweisung;  ewige  feindschaft,  ewiger  hasz,  krieg; 

es  erben  sich  gesetz  ued  rechte 

wie  eine  ewge  krankheit  fort, 

sie  schleppen  von  geschlecht  sich  zum  geschlechte 

und  rücken  sacht  von  ort  zu  ort.    Göthe  12, 97. 

4)  oß  drückt  ewig  nur  das  langtcierige,  dann  auch  leicht  pein- 
liche, langweilige  aus:  so  manches  ewigs  jar.  Mcrxehs  luth. 
narr  2279 ;  das  ewige  geplaudre.  Lessing  1,  267 ;  hast  du  mir 
nicht  so  eben  versprochen,  das  ewige  geächz  und  gcjträchz 
zu  unterlassen  ?  Wagner  kinderm.  59 ;  ich  sah  sie  den  gestrigen 
langen,  ewigen  tag  nicht.  Rlinger  1,376;  dasz  man  sie,  wenn 
alle  theile  beisammen  wären,  von  dem  ewigen  suchen  ab- 
bringen könnte.  Göthe  20,  277 ;  dasz  man  mit  nachbarn  und 
nachbarinnen  im  besten  vernehmen  und  immer  in  einem 
ewigen  gefälligkeitswechsel  stehen  müsse.  20,  290 ;  dasz  ein 
ewiger  Wechsel,  er  sei  nun  von  officieren  oder  gemeinen, 
auf  die  einquartierung  des  grafen  folgen  würde.   24, 135 ; 

und  ihr  leben  ist  immer  ein  ewiges  geben  und  kommen. 

40,311; 

wie  sodann  auch  solche  unschuldige  seelen  botanische  lehr- 
bücher  in  die  band  nahmen,  so  konnten  sie  nicht  verbergen, 
dasz  ihr  sittliches  gefühl  beleidigt  sei,  die  ewigen  hochzeiten, 
die  man  nicht  los  wird,  bleiben  dem  reinen  menschensinn 
unerträglich.  58,177;  meine  ewigen  fluszfieber  kehren  immer 
wieder.  Niebühr  2,  310 ;  bei  jeder  mahlzeit  die  ewigen  kar- 
toffeln. 

5)  in  allen  angeführten  steüen  war  ewig  attrSndiv,  es  kann 
aber  auch  für  sicli  allein  stehen: 

wer  ewigs  umb  zergenglichs  git.    Braut  89,32, 

das  ewige  fitr  das  vergängliche;  weger  wer  dir  gewesen,  das 
du  ein  zeitlichs  bettest  verloren,  weder  das  du  des  ewigen 
must  beraubt  sein.  Keisersb.  s.  d.  m.  22';  nun  wirt  weiter 
niemands  von  dir  frucht  essen  ins  ewige.  Reiszner  Jer.  1. 114'. 
oder  praedicativ:  sein  gute  ist  ewig.  ps.  128,8;  denn  was 
sichtbar  ist,  das  ist  zeitlich,  was  aber  unsichtbar  ist,  das 
ist  ewig  {golh.  {)0  gasaihvanona  riurja  sind,  i{)  J)6  ungasaih- 
vanöna  aiveina).  2  Cor.  4,  fs ;  ein  haus,  nicht  mit  henden  ge- 
macht, das  ewig  ist  im  himel  (gard  unhanduvaurhtana  aivei- 
nana  in  himinam).  5,1.    hier  zeitlich,  dort  ewig.  Schdppius  278. 

6)  man  merke:  welchs  doch  mannichs  ewigs  mal  von  den 
allerbesten  catholischen  vergessen  wird,  bienenkorb  196'  = 
oß  und  lange. 

EWIG,  n.  substantivische  fassung  des  adjectirs:  ich  bin  mit 
dem  allerunmenschlichsten  ritter  von  hinnen  gefaren  gen 
Corinthum,  ich  arme,  ein  zweijerigs  ewig  ich  da  mit  dem 
gelitten  hab.    Terenz  1499,146'  =  Hecyra  87: 

quae  cum  milite 
Corinthum  hinc  sum  profecta  inhumanissumo, 
biennium  ibt  perpetuom  misera  ilium  tuli, 

so  dasz  aus  dem  lat.  subst.  ein  adj.,  aus  dem  adj.  ein  tubst. 
gemacht  ist; 

da  ich  solte,  kont  ich  leben, 

da  ich  solte,  kont  ich  sterben, 

denn  das  ewig  zu  erwerben, 

kont  ich  sterblich  leichte  geben.    Logad  1.9,21. 

in  unserm  auf  ewig  =  auf  immer  wird  man  doch  lieber,  wie 
in  auf  lange,  auf  kurz  oder  lang,  ein  adj.  annehmen: 

auf  ewig  ihn  bei  seinem  hause  xu 

erhalten.  Lessi?ig  2,  277 ; 

ich  sollte  schweigen  anf  ewig,  ich  sollte  seine  schände  Ter- 
hüllen  auf  ewig.    Schiller  103'; 


aber  ihnen  schlosz  auf  ewig 
Uekate  den  stummen  mund.    59* 


76 


1203 


E^VIG 


EVVIC  — EWIGHEIT 


1204 


EWIG,  adv.    ahd.  iwtgo,  ad,  semper. 

1)  neben  verben: 

der  engel  örnb  ain  ainig  sund 

rill  evrig  io  der  belle  grund.    Schwarzenberg  9S,  1; 

wie  ir  meiniing  nil  were,  das  ir  herr  umb  iren  willen  sölt 
ewig  aus  seinem  lande  sein.  SteinhÖwel  dec.  229,13;  ist 
sacbe  das  man  nach  dem  tode  aucL  lieb  bat,  so  sol  ich  in 
ewig  lieb  haben.  251,33;  denn  er  hat  mir  einen  band  ge- 
setzt, der  ewig  und  alles  wol  geordent  und  gehalten  wird. 
2  Sam.  23,  5 ;  das  er  gütig  ist  und  seine  bannherzigkeit  ewig 
weret.  2  chron.  5, 13 ;  denn  der  mensch  feret  hin,  da  er  ewig 
bleibt,  pred.  Sal.  12,  5 ;  was  gilts,  ob  ich  solcher  irer  werk 
ewig  vergessen  werde.  Arnos  8,  7 ;  der  da  aber  ewig  lebet, 
alles  was  der  macht,  das  ist  volkomen.  Sir.  18,1;  denn  er 
gedachte  ewig  an  mir  zu  haben  [mich  immer  zu  behallen). 
Simpl.  K.  278;  ewig  schade  darum  {ist  es);  ewig  schade! 
irrg.  der  liebe  A5;  ewig  schade,  dasz  du  nicht  ein  Gyges  mit 
hundert  bänden  bist  worden.    Riemers  reime  dich  s.  106 ; 

röslein  sprach:  ich  steche  dich, 

dasz  du  ewig  denkst  an  mich.    Göthe  1,17; 

immer  heftiger  rief  es  am  Strand,  da  wollten  die  füsze 

mich  nicht  tragen,  ich  rief:  Dora,  und  bist  du  nicht  mein? 
'ewig!'  sagtest  du  leise.    1,300; 
drum  prüfe,  wer  sich  ewig  bindet, 
ob  sich  das  herz  zum  herzen  findet.    Schiller  98'; 
ich  steh  nicht  auf,  hier  will  ich  ewig  knien.    250'; 
dem  herzog  wurmt  es  ewig  um  Burgund.    Umlands  Ernst  27. 

2)  neben  parlicipien  und  adjediven:  zeitlich  und  ewig  ver- 
dorben ; 

setz  ich  die  feder  an  und  will  von  dir  nichts  schreiben, 
so  schreibt  sie  von  sich  selbst  'geliebte  Doris'  hin, 

ach  kind  wie  solt  ich  dir  nicht  ewig  treu  verbleiben, 
da  ich  im  geiste  stets  bei  dir  zugegen  bin. 

Rost  schäferged.  66; 

sitz  unaussprechlicher, 

mir  ewig  entrissener  freuden  1    Gotter  2,487; 

ewig  »larr  an  deinem  mund  gehangen.    Schiller  3'; 

eine  nur  ists,  die  ich  suche, 

sie  ist  nah  und  ewig  weit.    49'; 

ewig  jung  und  ewig  grän.    39'; 

dein  orakel  zu  verkünden 

warum  warfest  du  mich  hin 

in  die  Stadt  der  ewig  blinden 

mit  dem  aufgeschlosznen  sinn?    61'; 

ja,  alter  mann,  dein  söhn  ist  ewig  verloren.  141';  von  em- 
pfindung  zum  ausdruck  der  empfindimg  herscht  eben  die 
schnell  und  ewig  bestimmte  succession,  als  von  wetterleuchten 
zu  donnerschlag.  699*.  doch  wo  ein  sein  oder  bleiben  dabei 
valiel,  müssen  auch  diese  in  anschlug  kommen  und  ziehen  das 
adv.  vielmehr  an  sich:  das  du  mich  doch  nicht  gctüdtet  hast 
in  mutterleibe,  das  mein  mutler  mein  grab  gewesen  und  ir 
leib  ewig  schwanger  blieben  were.    Jer.  20, 17 ; 

ich  fühle  klar  und  belle  was 
mir  ewig,  ewig  dunkel  bleiben  sollte.    Scdiller  251'. 

nicJd  seilen  entspringt  auch  Zusammensetzung  u-ie  in  cwiggrQa 
u.  t.  V. 

3)  in  folgenden  ausdrücken  verbindet  sich  ewig  mil  immer 
oder  vertritt  es. 

a)  immer  und  ewig:  golt  dein  sluel  bleibt  imer  und  ewig 
(pulg.  in  seculum  seculi).  ps.  45,  7 ;  noch  öfter  slelU  immer 
und  ewiglich. 

b)  ewig  fori  =  immer  fort: 

du  gleichst  der  unbeweglichen  gestalt, 

wie  sie  der  könstler  in  den  stein  geprägt, 

um  ewig  fort  dasselbe  zu  bedeuten.    Schiller  668'. 

e)  einmal  für  ewig  =  einmal  für  immer,  ein  für  allemal: 
Aber  den  artikel  der  religion  war  die  entsclilieszung  dieses 
monarchea  einmal  für  ewig  gefaszt.    813*. 

d)  nicht  ewig  &=  nidU  immer:  herr,  zörnc  nicht  zu  seer 
und  denke  nicht  ewig  der  Sünden.    Es.  m,  9. 

e)  ewig  nimmer,  niemals  »=  nimmer,  niemals: 

fahret  wol,  ihr  goldgewebten  träume, 

psradiesesitinder,  fantasien ! 
wen,  sie  starben  schon  im  morgenkeime, 

ewig  nimmer  an  das  licht  zu  blühn.    Schill»  5'; 

ibre  liebe  ist  für  einen,  der  verloren  ist  und  wird  ewig  niemals 
belohnt.  132';  gebet  hin  zur  rechten  und  linken,  wir  wollen 
ewig  niemals  geroeine  sache  machen.  143*;  was  ich  gestürzt 
habe,  steht  ewig  niemals  mehr  auf.    113'. 

4)  iuiceilen  hat  'ewig'  die  leisere  bedeulung  wn  'nur',  me  wir 
m  mmA  mä  'nur  immer',    'nur  einmal',    'in   aller  wtif  MT- 


knüpfen :  vor  Nansa  (Nancy)  ward  herzog  Carol  von  Burgund 
erschlagen  und  verlorn,   das  man  nit  wist,  wa  er  ewig  hin- 
kuniinen  was.    Frank  chron.  211'; 
nicht  wisz  wir,  wies  ewig  zugeht, 
dasz  Pipinus  könig  in  Frankreich 
mit  seiner  hilf  so  von  uns  weich.    Atrsr  274*; 

erwig  ich  fernerhin, 
wie  unvermöglich  ich  zu  euten  werken  bin, 
so  wird  mir  wider  angst,  kan  für  mich  selbs  nicht  denken 
noch  reden,  wie  ich  soll,  die  thatcn  minder  lenken 
wie  du  befohlen  hast,    was  heb  ich  ewig  an! 

Rohpler  33; 
allein,  wie  ward  es  ewig  kund? 
hat  es  ein  schlauer  maiui  erfahren? 
verrieth  es  einer  frau  waschhafter  mund?    Lxssing  1,117; 

was  soll  ich  ewig  davon  denken  ?  1, 316 ;  wie  haben  sie  es 
ewig  angefangen,  mein  herr,  dasz  sie  ein  solches  felsenherz 
zur  liebe  haben  bewegen  können?  1,386;  aber  ich  möchte 
nur  ewig  wissen,  was  unsern  klugen  vatcr  auf  den  närri- 
schen einfall  gebracht  hätte  alle  unsre  freier  abzuweisen. 
2,435;  das  weisz  ich  ewig  nicht  (hob  ich  nimmer  gehört); 
was  wird  doch  ewig  daraus  werden?  Stieler  335.  ebenso 
•immer  und  ewig":  was  weiden  doch  immer  und  ewig  die 
musicanten  denken?  Schelmufsky  2,45;  was  werden  immer 
und  ewig  die  leutc  dazu  sagen?  älmlich  ist  folgende  allere 
ausdrucksweise : 

er  gedacht,  ach  heint  und  immer  mer, 

was  mag  nur  der  frawen  sein?    Keller  ert.  270,8  = 

was  mag  nur  immer  der  frau  sein? 

5)  ewig  =  immer  noch,  itnmcr  schon:  dieser  rock  da  \<l 
ewig  gut,  wenn  gotles  liebe  sonne  nicht  durch  den  ermel 
scheint.    Schiller  210'. 

EWIGBANGE,  perpcluo  terrorc  pressus,  a/fccius : 

durch  die  räuberischen  winde  ward  in  einer  unglücksnacht 
Nordens  ewigbanger  wüste  manches  Tempe  gleich  gemacht. 
Hagedorn  2, 14. 

EWIGBLÜHEND,  semper  florens:  ewigblühende  Jugend. 
Klincer  2, 184. 

EWIGDAUERND,  perpcluo  durans :  der  nach  unsterblichkeil 
dürstende  mensch  musz  suchen  den  himmel  schon  auf  erden 
zu  finden  und  ewigdauerndes  zu  verflöszen  in  sein  irdisches 
tagewerk. 

EWIGEN,  perpetuare,  j>erpeluis  temporibus  possidendum  dare, 
perennem,  immortalem  reddere,  mhd.  fiwigen :  dA  von  ßwigit  i; 
daj  gemüele.  myst.  1,  159;  daj  leben  wirt  halt  gefiwiget. 
Leyser  pred.  7,  8. 

nhd.  In  disem  buche  werdit  nu 

gecwiget  ir  name.    Rothb  Ihür.  ehr.  s.  7 ; 

und  haben  das  dem  genanten  altar  zugeeigenl,  gefreihet  und 
geewiget.  urk.  von  1432  fcpi  Haltaüs  416;  gott  ist,  der  da  er- 
loucht  zu  erkennen,  ewigt  zur  untödlichkeit,  erfüllt  zur  Selig- 
keit. Frane  chron.  l';  die  stammen  der  edeln  sind  seilen 
oder  nie  geewiget  und  geerbt  worden.  13'  und  öfter  noch; 

du  ewigst  deinen  rühm,    von  Birken  Guelßs  317; 

wenn  die  volle  gewisheit  zeugt  von  grösze  der  unthat, 

ewigen  diese  geschieht  und  gesang.    Klopstock  2, 163; 

sollen  vielleicht  dem  erobercr  nur  Schandmale  den  lauten 

namen  ewigen?    2,170; 

horchend  dem  lehrenden  licde,  s5ng 

ich  deinen  bopflanzer,  o  insel,  nAhm 

ich  des  hains  flügel,  und  eilt,  heilig  laub 

iu  der  band,  ihm,  wo  der  rühm  ewiget,  nach.    1,228; 

eine  nur  der  göttergabcn 

ewiget.       Herder  4,42. 

j.  verewigen. 

EWIGFEST,  firmissimus.    Götter  2,303. 
EWIGFRUCHTLOS,  fruslra: 

ewigH-ucbtlos  suchst  du  seine  spur.    Scuiller  .  .  . 
EWIGGELD,  n.     3000  fl.  werden  als  ewiggcld  oder  erste 
hypothek  bis  Michaeli  gesucht,  ohne  unlcrhündler.  Mündmer 
teitunqen. 

EWIGGETREU:  deine  cwiggeircue  mutler. 
EWIGHALTUNG,  f  fida  parlorum  observatio.   urk.  von  1470 
bet  Haltaus  416. 
EWIGHEISZ: 

doch  herscht  er  mit  dem  lamm  In  immersflsien  fk-cuden 
und  schauet  seine  wölf  in  ewighelsxcm  loiden. 

LocAU  1,120,13. 

EWIGHKIT,  f  aeternitas,  mhd.  Awicheil : 

der  hlmmcl  i.M  das  hnui  drr  relchrn  owigheil. 
Doch  liebt  mnn  doch  su  sehr  da«  Hau«  der  «lielkelt. 
LooAV  1,190,6». 


1205 


EWIGJüNG  —  EWIGKEIT 


EWIGJüNG: 

ein  reihentanz  ron  ewigjungen  freaden.    Höltt; 

ewigjung  die  erde  blühet.  Gottkr  1,463. 
EWIGKEIT,  f.  aelernitas,  nach  maszgabe  des  adj.,  goth.  ajukdu])S 
{für  ajukj)u|)s  =  lal.  aetas,  aetatis,  uie  sich  auch  ibukdu|)s 
lind  viele  andere  denken  lassen,  belegbar  sind  managiiu[)s,  niikil- 
du|)S,  gamaindujjs,  communitas) ;  ags.  ecnis  {golh.  ajuknassus  ?) ; 
ahd.  ^wlcheit,  enigbeit,  mhd.  ewecheit,  nhd.  ewigkeit  {bei 
Gryrhius  ewikeit,  wie  tranrikeit  u.  s.  «■.),  nnl.  eeuwigheid, 
schw.  evighet,  ddn.  evighed,  isl.  eilifd  =  immerleben,  die  Vor- 
stellung der  ewigkeit  geht  soicol  auf  Vergangenheit  als  Zukunft. 

1)  man  sagt  die  graue  ewigkeit  wie  das  graue  alterthum : 
docli  stellt  man  den  endlichen  ausschlag  der  grauen  ewig- 
keit anheim.  Weise  erzn.  123;  und  diese  flamme  brenne  in 
deinem  busen  bis  die  ewigkeit  grau  wird.    Schiller  121"; 

ewiekeiten,  grauen  weiten 
wirds  ein  weiszer  marmor  melden.    .  .  .; 
tgl.  vor  grauen  jähren  lebt  ein  mann  im  osten.    Lessisg  2,276. 

2)  ewigkeit,  lange  dauer  in  der  zeit: 

du  sollst  betasten  eichen 
und  derer  festem  stark  mit  nichten  dürfen  weichen, 
der  lorberbäume  frisch,  der  cedern  ewigkeit 
und  was  noch  mehr  macht  stumpf  den  argen  zahn  der  zeit, 
soll  nicht  dein  meister  sein.  Logaü  1,193; 

ich  habe  todesurtheile  zerrissen  und  manche  entsetzlich« 
ewigkeit  auf  galeeren  verkürzt.  Schiller  191';  seit  einer  ewigkeit 
habe  ich  euch  nicht  gesehen.  Rameaus  neffe  18  =  Göthe36,  9; 
er  bleibt  eine  ewigkeit  aus.  die  ewigkeit  meint  auch  das  ewige 
leben,  das  andere  leben:  seine  frau  ist  ihm  in  die  ewigkeit 
vorangegangen ;  er  ist  in  die  ewigkeit  hinüber  geschlummert. 

3)  ewigkeit  des  raums: 

nein,    sehr  gering  ist  die  anzahl, 

darunter  ich  verhof  zu  bleiben, 

die  einen  namen  in  den  «al 

der  ewigkeit  recht  könden  schreiben.    Weckherlin  379; 

ihm  war,  als  wehe  ihre  (der  freundschaft)  lebensluft  aus  der 
ewigkeit  herab.  J.  P.  Tit.  2,  85 ;  nun  fuhr  mich  mein  postkerl 
eine  ewigkeit  von  strasze  gerade  hinunter.    Seome. 

4)  der  pl.  steht  seilen,  da  schon  dem  sg.  die  Vorstellung  des 
unaufhörlichen  furtschrills,  also  der  Vielheit  beiwohnt: 

wenn  begann  er?  und  wo  ist  er, 
die  wie  gott  würdig  meiner  liebe  sei? 
der  ewigkeiten,  die  weiten  all  herunter 
ist  keiner.  Klopsiock  1,147; 


gott,  Jehova,  er  der  lebet, 
der  von  ewigkeiten  war.    ' 


267 


in  einem  heitern  augenblick 

auf  ewigkeiten  sich  verbinden.    Götter  1,7; 

nach  deutschem   recht  soll  keiner  seine  guter  an  ewigkeiten  ver- 
kaufen, ad  manus  aeternas,  an  die  todte  hand.    Haltaüs  41S. 

5)  in  ewigkeit,  auf  immer,  für  immer,  in  ewigkeit  nicht, 
nie,  nimmer,  nimmermehr:  und  du  hast  Israel  zubereit  dir 
zum  volk  in  ewigkeit.  2  Sam.  7,  24 ;  so  bekreftige  nu,  herr 
gott,  das  wort  in  ewigkeit,  das  du  über  deinen  knecht  und 
über  sein  haus  geredt  hast.  7,  25 ;  so  wird  dein  name  grosz 
w  erden  in  ewigkeit.  7,  26 ;  und  werden  brennen  und  heulen 
in  ewigkeit.  Jud.  16,  21 ;  der  da  gelobet  ist  in  ewigkeit.  Rom. 
1,  25 ;  der  da  ist  gott  über  alles,  gelobet  in  ewigkeit  {golh. 
})iu|)i{)s  in  aivam).  9,5;  seine  gerechtigkeit  bleibet  in  ewig- 
keit (usvaurhts  is  visij)  du  aiva).  2  Cor.  9,  9.  man  sieht  hier 
dem  ewigkeit  den  casus  nicht  an,  doch  hat  die  vulg.  in  secula, 
in  aeternum,  also  bezug  auf  die  zukunft.  du  wirst  in  ewigkeit 
keine  weisze  haut  bekommen.  Lokman  fab.  17 ;  ich  habe  mich 
mit  meinen  brüdem  veruneinigt  und  so,  dasz  ich  mich  in 
ewigkeit  nicht  wieder  mit  ihnen  aussöhnen  werde.  Lessixg 
1,161;  das  geschieht  in  ewigkeit  nicht;  davon  werde  ich  in 
aller  ewigkeit  mich  nicht  überzeugen. 

6)  von  ewigkeit  zu  ewigkeit:  gelobt  sei  der  herr  von  ewig- 
keit zu  ewigkeit.  1  chron.  17,  36 ;  lobet  den  herrn  ewrn  gott 
von  ewigkeit  zu  ewigkeit.  Neh.  9, 5 ;  gelobet  sei  der  name 
gottes  von  ewigkeit  zu  ewigkeit.  Dan.  2,  20 ;  welchem  sei  ehre 
von  ewigkeit  zu  ewigkeit  (golh.  {)ammei  vuljius  du  aivam).  Gal.  l,  5. 

7)  von  nun  an  bis  in  ewigkeit:  gelobt  sei  der  herr,  der 
gott  Israel  von  nun  an  bis  in  ewigkeit  {vulg.  a  seculo  in 
seculum).    ps.  41, 14. 113,  2. 115, 18 ;  Es.  9,  7.  59,  21.  Micha  4, 7. 

8)  von  aller  ewigkeit: 

und  er  liebt  dich,  und  thut 
für  dich  und  deines  gleichen  stündlich  wunder, 
ja  hat  sie  schon  von  aller  ewigkeit 
für  euch  gcthan.    Lessüig  2,199; 

von  ewigkeit  her  in  alle  ewigkeit. 


EWIGKEITHOFFEND  —  E\A1GTHEÜER      1206 

9)  in  ewigkeit  steht  auch  wie  ewig  4:  sagen  sie  mir  nur 
in  ewigkeit  was  sie  wollen.    Lessing  1,  367. 

EWIGKEITHOFFEND  :  doch  das  ist  alles  nichts  als  schein, 
nicht  wonne  des  mannes,  nicht  seelenwonne,  nicht  gefühl  des 
ewigkeithofl"enden.  Bürmans  jcd.  o/ine  i?.  56.     besser  unangefügt. 

EWIGKEITSSOHN,  vom  menschlichen  geiste: 

schwing  dich  empor!  weiten  sind  staub! 
Wohnungen  des  lichtes  sind  dein! 
engelgespiel,  ewigkeitssohn, 
dort  dort  harrt  dein  dein  Vaterland! 

Leipziger  musenalm.  1773  ».103. 
EWIGKLÄR: 

ewigklar  und  spiegelrein  und  eben 

flieszt  das  zephyrleichte  leben 

im  olymp  den  s'eligen  dahin.    Scbiller  72". 

EWIGRUH,  f.  eiserne  kuh,  s.  ewig  3. 
EWIGLANG: 

dieweil  in  Mosis  buch 
nichts  anders  ist  zu  lesen, 
als  sterben  und  verwesen, 
als  ewiglanger  fluch. 

Ar>'scuwa!«ge;<s  geistl.  lied  in  Dilherrs  heilig- 

epistolischem  bericht,  licht,  geleit  und  freud. 

Nüruberg  lbti3  i.  37. 

EWIGLICH,  EWIGLICHEN,  perpetuo : 

1)  das  zeigen  uns  sein  heiige  wort, 
den  nit  zu  glauben  wer  ein  mort, 

der  ewigklichen  tödt  die  seel.    Schwarzenberc  157,2; 

wer  aus  disem  wasser  trinket,  den  wirt  nit  mer  dürsten  ewig- 
klich.  Keisersberg  s.  d.  m.  12*;  darum  straft  er  sie,  das  inen 
der  hals  etwan  krum  wirt,  oder  gehelingen  sterben  und  dort 
ewigklichen  verloren  werden.  20' ;  darumb  ist  weger  ein  zeit- 
licher schad,  weder  ein  solicher  schad,  das  ein  mensch  müst 
dammb  ewigklichen  verloren  sein.  22*;  sunder  das  er  sich 
beker  und  ewiglichen  leb.  manuale  curatorum  108,  2 ;  ich  heb 
auf  mein  hand  zu  dem  himel  und  sprich  ich  leb  ewigklich. 
bibel  14S3,  99*  =  4  Mos.  32,  40,  vulg.  vivo  ego  in  aeternum ; 
ich  lernt  das  alle  ding,  die  got  tet,  beliben  ewiglich,  wir 
mugen  nicht  zulegen  noch  abnemen  kein  ding.  ZOl' =  pred. 
3, 14,  perseverent  in  perpetuum.  auch  in  der  lutherschen  bibel 
sehr  häufig,  z.  b.  esse  und  lebe  ewiglich.  1  Mos.  3,  22 ;  das 
ist  mein  name  ewiglich,  da  bei  man  mich  nennen  sol  für 
und  für.  2  Mos.  3, 15 ;  und  sollens  besitzen  ewiglich.  32, 13 ; 
du  soll  inen  weder  glück  noch  guts  wündschen  dein  leben- 
lang ewiglich.  5  Mos.  23,  6,  vulg.  cunctis  diebus  vitae  tuae  in 
sempiternum;  wer  aber  den  heiligen  geist  lestert,  der  hat 
keine  Vergebung  ewiglich  {goth.  ni  habaij)  fralet  aiv).  Marc. 
3, 29 ;  nu  esse  von  dir  niemand  keine  frucht  ewiglich  (ni 
{)anaseij)s  us  {)us  aiv  manna  akran  matjai).  11, 14 ;  und  er 
wird  ein  künig  sein  über  das  haus  Jacob  ewiglich  {golh.  in 
ajukduj)).  Luc.  1,33;  wer  aber  des  wassers  trinken  wird, 
das  ich  im  geben  werde,  den  wird  ewiglich  nicht  dürsten. 
Joh.  4,14. 

2)  verstärkt  immer  und  ewiglich:  iren  namen  vertilgest  du 
imer  und  ewiglich,  ps.  9, 16 ;  der  herr  ist  könig  imer  und 
ewiglich.  10,16;  er  bittet  dich  umbs  leben,  so  gibstu  im 
längs  leben  imer  und  ewiglich.  21, 5 ;  und  wird  nicht  zu 
schänden  noch  zu  spot  imer  und  ewiglich.    Es.  45,17. 

3)  wie  ewig  4:  was  soll  ich  ewiglich  sagen?  quid  respon- 
deam  equidem  ignoro.    Stieler  355. 

EWIGSCHWARZ : 

auf  ewigschwarzer  regenwolke 

mit  grauer  tracht  von  nebel  angethan 

betritt  der  weinmond  seine  bahn. 

Kl.  Scbxidt  p.  triefe  129. 

EWIGSEIN,  n.  vila  aelerna,  das  ewige  leben,  mhd.  iem  er- 
leben : 

Hermes  soll  die  flügel  fassen 

dasz  sie  sie  verkünden  lassen, 

zu  dem  ewigsein  gesellt.    Logad  1,2; 

es  ist  sehr  gut 

durch  Christus  blut 

das  ewigsein  im  himmel  erben.    1,161,89. 

EWIGSELIG: 

fühle,  dasz  leiden  des  lebens  wie  schnelle  minuten  bald  hin  sind, 

und  dem  weinenden  leben  ein  ewigseliges  folge. 

Bi-R>A!«:«  ged.  ohne  R.  39. 

EWIGSTÄT: 

man  Hihrt  uns  ja  aus  diesen  würgelanden 

ins  ewigstete  reich.    Haccwttz  Maria  Stunrda  4,97. 

EWIGTHELER : 

bewahre,  treue  rinde, 

den  ewigtheuren  namen!    Gotter  1,363. 

76* 


1207 


EWIGVATER  —  EXEMPEL 


EXEMPELCUEN— EXTRAVERGÜTÜNG      1208 


EWIGVATER,  m. 

von  herzen  wollen  wir  uns  ft-eun, 
der  ewigvater  waltet.    Voss  5, 157. 

EWIGVIEH,  wie  ewigkuh. 

EWIGWÄHREND:  der  ewigweürende  befehlshaber.  pert. 
houm^.  1, 1 ;.  willstu  einen  ewig^vehrenden  nainen  haben  7  1,5; 
Simplicissimi  ewigwahrender  calender. 

EWIGWALTEND : 

die  ewigwaltenden  götter,  d'eol  alev  iövxes. 

BÖKGEK  1S9*  =  n.  i,  29U. 
EWIGWEIBLICH: 

das  unbeschreibliche 

hier  ists  gethan, 
das  ewigweibliche 

zieht  uns  hinan.    Götbe  41,344. 

EWIGWEISE : 

wolan  dan,  ewigweiser  chor!    Wsckdekuk  422. 
EWIGWESEN,  n.  wie  ewigsein: 
rettet  ihn  aus  sünd  und  noth,  vom  verderben  zum  genesen, 
nimmt  ihm  die  vergäuglichkeit,  schenket  ihm  ein  eWigwesen. 
LOGAU  1,  ISO,  81. 

EWIGWIERIG,  ewigwährend: 

ein  lob  ewigwührig.    Weckhkblin  572. 

EXAMEN,  n.  prüfung:  das  examen  besteben,  im  examen 
dorcbfailen,  strenges  examen. 

EXAMINIEREN,  prüfen,  ausfragen:  werdens  droben  nicht 
80  genau  examinieren.    Fr.  Müller  3,  304. 

EXCELLENT,  ein  excellenter  diener,  excellentes  stück; 
ein  excellent  hanrei.  Heinr.  Julius  439;  gute  nacht  freunde, 
es  gieng  excellent.    Fr.  Müller  3, 127. 

EXCELLE.NZ,  f.  excelknlia,  praestantia,  tUel,  bei  uns  für 
minisler,  höhere  hoßeule,  im  it.  eccellenza  allgemein  für  vor- 
nehmere: er  hat  die  excellenz  bekommen,  soll  cxcellenz  an- 
geredel werden;  'excellenz  sind  nicht  zu  hause'  sagl  der  lakei. 

EXCELLIEREN,  sich  hervorlhun: 

sein  geruch  thut  excellieren.    Weckherli;«  531. 

EXCESS,  m.  immodestia,  liceiUia,  scelus,  frevel,  ausscliweifung. 

EXCESSCHEN,  n.  ein  klein  excesschen.    Weise  erzn.  323. 

EXCUSIERE.N :  sie  werden  sich  gegen  ewern  objectionibus 
excusiern,  wie  das  alle  zeit  der  mehrer  teil  gottlos  gcwcst 
sei.    Albercs  wider  Wilzel  Ml'. 

EXE,  f.  securis,  was  ax,  axt  1, 1046.  das  zeichen  des  holz- 
hatieiis  ist  eine  exe. 

EXEMPEL,  n.  beispiel,  zu  betonen  exempel.  Keisersberc 
oß  'ein  exempel'.  s.  rf.  ;;>.  9'.  10".  2o'.  25";  'nim  das  exempel'. 
10";  'des  haben  wir  ein  exempel'.  lO'.  29';  des  ist  die  ganze 
Schrift  voll  exempel.  seh.  und  ernst  1555  cap.  253 ;  geben  den 
andern  böse  exempel.  cap.  257;  bösen  cxempeln  und  ciger- 
nissen  widerstreben.  Luthers  vorreden  s.  33t;  nachvolgen  mit 
Sre  und  exempel.  theologia  deutsch  s.  119 ;  und  solcher  exempel 
und  grif  hat  er  zu  unsern  zeiten  in  andern  feilen  den  häufen. 
Frank  weltb.  2l',  wie  es  heiszl  ein  beispiel  greifen,  heraus  greifen, 
nehmen ;  zum  exempel  und  beispiel.  Musculus  hosenteufel  D  3* ; 
ich  wil  ein  exempel  an  dir  statuieren,  exempla  faciam  in  le. 
Tadiiiia:<ns  Plautus  573'; 

wie  nu  die  bösen  mir  ein  gratis, 

wie  mir  verdrüszlich  ihr  exempel.    Weckuekur  116; 

der  Schönheit  ein  exempel.    844; 

man  bat  exempel.    Oberon  3, 6C; 

weil  man  exempel  hat.  Lessing  1,507;  mein  herr,  zum  exempel. 
zum  exempel,  mein  herr.  1,  308 ;  ich  musz  dieses  dem  exempel 
meiner  zärtlichen  liebhaber  zuschreiben.  2,365; 

er  winkte  jüngst,  und  näher  noch  bei  ihm 

steigt  spater  nachweit  zum  exempel 

ein  prächtiger  Hinerventempei.    Willaiot  poet.  $chr.  16! ; 

die  neugier  sitzt  in  allen  kinssen 

des  lieben,  schöneren  geschlechts! 

frau  Hevas  inbitz,  zum  exempel, 

was  kostet  er  die  nachwelt  nicht?    Kl.  Schmidt  poei.  br.  1.19, 

ein  Wagehals  nimmt  kein  gutes  ende,  davon  haben  wir  ein 
exempel  in  der  bistorie.  Göthe14,  04;  zum  exempel!  14,27»; 
es  mu«  ein  exempel  statuiert  werden.  14,300;  gut  exempel 
kalbe  predigt;  exempel  ^  rechenexempol; 

>i\n  nie  Im  kinsirr  dort,  das  mit  cxeiiipolii 

der  tnirend  prsngt,  »ich  jeder  schuld  hcrrcit. 

teho  sie  umher  und  ipiiin  In  allen  teinpeln 

nach  den  gebeimnitsen  vnn  (ihri!>ti  leid,    (jries  Ar.  5,99; 


nicht  schlechter  will  ich  wohnen 

allhier  im  Vaterland. 

0  baut  mir  meinen  tcmpel 

nach  Albions  exempel.    Rockest  172. 

«IC  sich  beispiel  und  exempel  geliduft  neben  einander  stellen, 
heiszt  es  auch  scherzhaß  'beispiele  von  exempeln'.  Gotthelf 
sagen  5,  38. 

EXEMPELCHEN,  n.  me  beispielchen:  manch  schön  cxem- 
pelchen.    Fr.  Müller  1,314. 

EXEMPELSWEISE,  als  Vorbild,  beiipiel:  wandelt  mit  sol- 
chen leuten,  die  euch  in  erbarer  geschicklichkeit  exempeU- 
weis  können  vorgehn.    Fischart  ehz.  75. 

E.XEMPLAR,  n.  muster,  vorbild,  stück,  abdruck,  betont  exemplär, 
tnhd.  exemplär: 

hie  mite  h&t  ein  ende 

diu  kröne,  die  min  hende 

nach  dem  bebten  gesmit  hänt, 

als  sie  min  sin  vor  ime  vant, 

ü;  einem  exemplär.    kröne  29970; 

wan  du  ein  gemeine;  und  ein  volkomenej  excmplAr  bist 
aller  lugende  höhen  und  nidern.  myst.  l,  314.  nhd.  ein  präch- 
tiges exemplär,  prachlslück;  das  buch  ist  in  dreihundert 
cxemplaren  aufgelegt  erschienen;  defectes  exemplär;  er  ist 
ein  exemplär  der  alten  redlichkeit; 

o  modul  aller  angst, 

0  exemplär  zu  dulden!    Flekinc  9. 

EXEMPLARISCH,  muslerhaß:  ein  exemplarischer  mann; 
ein  exemplarisches  leben  führen. 

EXPONIEREN,  \.)  auslegen,  deuten:  ich  will  es  exponieren. 
2)  aussetzen:  ich  kann  mich  der  gefahr  nicht  exponieren; 

und  also  mag  man  exponieren 

die  kinder  bei  den  giltigen  thieren.    fasln.  S04, 10. 

EXPRESSER,  m.  nuntius  proprius:  einen  expressen  boten 
schicken. 

EXPRESZ,  ausdrücklich :  vor  diesem  herrn,  der  expresz  mit  mir 
aus  Frankreich  gekommen  ist.  Göthe  10, 71 ;  es  expresz  befehlen 
EXTERER,  m.   vcxator :    das   ist   ein  rechter  exterer,    der 
exfert  einen  den  ganzen  tag. 

EXTERN,  vexare,  schon  sp.  399  unter  der  Schreibung  ekstem 
aufgestellt,  es  bedeutet  anhaltend,  bis  zum  peinlichen  quälen, 
durch  zudringliches  bitten,  durch  necken  u.  s.  w.  man  soll  ein 
kind  nicht  extern,  nicderrlieinüch  auch  exern.  auszer  an  dcu 
folgende  extra  liesze  sich  an  eschcrn,  espern  sp.  1159  denken. 

EXTRA,  besonders,  nebenher,  auszerdem:  das  macht  einen 
gülden  extra ;  eine  Steuer  wird  noch  extra  auferlegt ;  ein  glas 
wein  und  ein  zuckerwasser  extra;  jetzt  thu  ichs  extra,  ab- 
sichtlich, mit  fleisz;  sie  läszt  dich  extra  grüszen;  etwas  exüa, 
nebenbei  treiben;  extra  gehen,  auf  ncbenwegen,  aus  dem  weg 
traben  (fasln.  246) ;  damit  es  sein  alter  vater  nicht  erführe, 
dasz  er  extra  gegangen.  Schuppius  1GS4,  503 ;  «n/reu  sein,  vom 
mann  wie  von  der  frau  gesagt;  nach  den  sp.  834  angeführten 
Versen  fdJtrt  der  dichter  fort: 

reist  ihren  buhlen  nach,  versperrt  den  lahmen  alten 
und  laszt  ihn  hämmern  wol.    wie  denn  der  gute  mann 
itzt  so  viel  hat  zu  thiin,  dnsz  er  nicht  schlatcn  («.  {.)  kiinn, 
er  sol,  weisz  nicht  wie  viel  der  harnsche  IVrtie  haben 
bald  auf  den  ersten  mai.    indessen  kann  sieb  laben 
die  Venus,  wie  sie  will,  so  viel  zeit  hat  er  nichi. 
dasz  er  seh  eins  darnach,  ob  sie  noch  brenne  lierhl, 
ob  sie  entschlummurt  sei,  ob  sie  sei  extra  gangen. 
Flehing  162  (166). 
EXTRABEILAGE,  f. 
EXTRADCMM: 

es  wird  zwar  manch  dumm  gewftsch  enuiehn, 
doch  lasz,  was  extradumraes  Ist  auch  schön. 

Wag!<ers  Prometiteus,  DtHkalion. 
EXTRAEINNAHME,  f. 

EXTRAFEIN,  superfein,  ganz  besonders  f^n :  extrafeines  tuch, 
extrafeine  hüte. 

EXTRAGESCHENK,  n, 

EXTRAMENSCH,  n.  hiesz  am  Dresdner  hofe,  in  der  amtlichm 
spräche,  eine  der  kammerfrau  beigegehne  gehülfin. 

EXTRAPOST,  f.  die  neben  dem  geuiihnlichen  lang^am^  posl- 
wagen  schneller  geförderte  reiseanstalt : 

die  groszen  herren,  wie  bekannt. 

gehn  mit  der  eitrapost  durchs  weite  land  der  liebe. 

Kl.  Schhidt  *<«»ri.  diehl.  172; 

concubine,  die  exli^post  der  ehe.  J.  P.  grviU.  rmen  184 ;  r« 
geht    alles  mit  extrapost,   es  wird  in  der  sache  eilig  verfahren. 

EXTH ATANZ,  m. 

KXTMWFRGÜTUNG,  /. 


1209 


1210 


F. 


iäner  gestall  nach  dtgamma  {doppeltes  g),  welches  semitischem  vau, 
dso  der  Spirans  v  gleich  gesprochen  wurde,  tcie  auch  lat.  y  häufig 
für  gv,  goth.  q,  ags.  c\  steht  (virus  für  guivus,  goth.  qius, 
venire  für  giienire,  goth.  qiman,  ags.  cveman),  inlautendes  goth. 
gg,  ggv  gern  dem  y  entspricht  (triggvs,  bliggvan  =  ahd.  triuwi, 
pliuwan ;  tiiggö  für  tuggvu  =  lat.  lingua,  dingua).  welschem 
gw  zur  seile  findet  sich  irisches  f  und  beide  drücken  lat.  v  aus 
(gwin,  fionn.  vinura).  it.  guardare,  guanto,  fr.  garder,  gant 
ist  unser  warten  und  mlat.  wantus,  altn.  vüttr  und  die  Lango- 
barden sagten  Guodan  für  Vöden,  Wuotan,  Odin ;  goth.  Vulfila 
kommt  geschrieben  ror  Gulphilas,  ülphilas;  goth.  mavi  entsprang 
aus  magvi  und  bneivan,  bnaivjan  ist  ahd.  hnigan,  bneigan. 
die  consonanz  v  irar  unmittelbar  geflossen  aus  rocalischem  u, 
nd)en  solcher  s/iirans  empfiengen  lateinisches,  danach  auch  goth. 
wie  überhaujit  deutsclies  f  stand  und  bedeutung  der  aspirata,  wäh- 
rend irisclics  f  die  Spirans  festhielt,  die  Römer  trugen  zwar  be- 
denken in  übernommnen  gr.  Wörtern  f  durch  f  zu  bezeichnen, 
lieber  setzten  sie  ph  dafür,  umgekehrt  gaben  die  Griechen  lat.  f 
durch  ihr  tp,  wie  auch  in  urgemeinschafllichen  Wörtern  beider 
sprachen  f  und  tp  zusammenfallen  (fero  fioco,  fülium  q^vXXov). 
auf  consonantischen  stufen  rühren  aspirata  und  Spirans  dicht  an- 
einander, ch  an  h,  th  an  s,  folglich  auch  ph  an  v;  leicht  hatte 
statt  des  vernehmbaren  anhauchs  eine  rerengung  sich  geltend  ge- 
macht, wofür  die  einfachen  zeichen  x  ^  f  eingeführt  wurden,  hin 
und  wieder  mag  die  ausspräche  einen  unterschied  gefühlt  haben 
zwischen  toller  und  enger  aspirata,  so  dasz  sie  den  Spiranten  bald 
abstand,  bald  in  sie  überlief,  alle  diese  andeutungen  lassen  ge- 
nug ahnen,  dasz  sich  f  und  v  vielfach  vertreten. 

Unser  deutsclies  F  erscheint  in  mehr  als  einer  läge,  am  ge- 
wöhnlichsten 

1)  in  der  lautversdiiätung  P  F  F,  wo  elassischem  p  rädU  nur 
goth.  sondern  auch  hochd.  f  gegenüber  stehn,  tenuis  schob  sich  in 
verengter  asp.  und  stockte  dann,  genau  wie  classisches  k  sich  in 
goth.  und  ahd.  b  umsetzte;  denn  nur  in  dei  lingualreihe  ergieng 
der  lauticandel  ungestört  t  tb  d,  wohingegen  die  gutturalen  k  h  h 
statt  k  ch  g,  die  labialen  p  f  f  anstatt  p  ph  b  darbieten,  in 
diesen  beiden  sehen  wir  goth.  der  hd.  stufe  begegnen,  überall  aber, 
wenn  zwei  stufen,  die  von  einander  sein  sollten,  zusammenfallen, 
gebricht  etwas  am  verschieben,  hier  folgen  beispiele  für  anlaul, 
inlaut  und  auslaut:  pater.  goth.  fadar,  ahd.  fatar;  palma,  alts. 
folma,  ahd.  folma;  skr.  patra,  tttsoov,  ags.  feder,  ahd.  fedara; 
skr.  pätra,  theca,  vagina,  goth.  födr,  nhd.  futter;  paucus,  goth. 
faus  gen.  favis,  ahd.  füb ;  peciis.  goth.  faihu,  ahd.  fibu ;  Ttivrs, 
TisuTtB,  goth.  fimf;  piscis,  goth.  ifisks,  ahd.  fisc;  ■jirjvoi,  goth. 
fana,  ahd.  fano;  Tto'Kvs,  goth.  filus,  ahd.  filu ;  porro,  goth. 
fairra,  ahd.  ferro ;  porca,  ahd.  furicbä ;  ttwÄos,  pullus,  goth. 
fula,  ahd.  folo;  sl.  pjast,  ahd.  füst,  nhd.  faust;  ■jiovs,  pes, 
goth.  fotus,  ahd.  fuoj;  rrro,  ahd.  fiuri,  n/xi.  feuer;  plenus, 
goth.  fulls,  ahd.  fol;  pulex,  ahd.  flöh;  sl.  pluk,  polk,  ags.  folc, 
(üid.  folch;  Tulpes,  goth.  vulfs,  ahd.  wolf;  ttj«'«,  ahd.  fnibu, 
pa«<.  fnah;  nood-uö?,  ags.  fyrd,  oAd.  fürt ;  primus,  30//1.  fruma ; 
goth.  |)arf,  t)aurfta,  oAd.  darf,  durfta;  capio,  goth.  hafja.  ahd. 
hefu.  beffu.  diesen  stand  des  lauts  hallen  goth.  ags.  alts.  fries. 
allnord.  mundart,  nur  dasz  goth.  und  alts.  inlaut  in  b  schwankt; 
hoclideutsche  denkmdler  weichen  in  v  aus  und  es  entspringt 

2)  die  formet  P  F  V,  die  allerdings  jenem  theoretischen  p  ph  b 
näher  tritt,  da  sich  aus  b  leicht  aspiriertes  bh  und  dann  v  ent- 
faltete, dies  hd.  y  gleicht  zwar  dem  inlautenden  goth.  b,  erscheint 
aber  anch  anlautend  und  vertritt  alle  unter  1  angeführten  t 
weder  die  goth.,  noch  ags.  und  altn.  spräche  konnten  es  ent- 
wickeln, da  ihnen  einfaches  v  die  reine  Spirans  ausdrückte;  doch 
ahd.,  sobcdd  w  =  doppeltes  v  aufkam,  liesz  sich  das  einfache 
anders  verwenden  und  tcir  finden  es  auf  dem  platz  der  im  Orga- 
nismus der  Verschiebung  dem  b  angewiesenen  dritten  stufe,  wie 
umgedreht  manche  organische  w  zu  b  werden  (bas  für  was,  beip 
für  weib,  vgl.  1, 1054,  8*).  genauere  forschung  hat  erst  01I,  zeit 
und  regel  dieses  hochd.  v  für  f  festzustellen,  die  ältesten  aleman- 
nischen glossen  geben  es  noch  nicht,  bei  K.  und  T.  brechen  nur 
eimdne  1  sparsam  hervor  und  f  bleibt  die  regel,  in  den  monseeschen 


glossen  und  bei  N.  wird  aber  y  häufig  und  wechselt  mit  f,  wel- 
chem Wechsel  auch  eine  Verschiedenheit  der  ausspräche  zum  grund 
liegen  musz,  wie  namentlich  aus  Noteers  gesetz,  das  die  anlaute 
nach  den  vorangehenden  auslauten  bestimmt  {gramm.  1, 130.  CDS. 
256.  257),  sicher  folgt,  denn  schreibt  er  da?  füre,  ioh  folletän, 
a&er  dero  vinstri,  er  verleidot  gerade  wie  daj  pant,  ioh  ketän, 
dero  belgo,  er  begibet,  so  kann  ihm  f  nur  härter  als  v,  uie  p 
härter  als  b  gelautet  haben,  auf  ähnliche  weise  mischen  sich  mhd. 
t  mit  y  und  jene  nutkersche  regel  scheint  hin  und  wieder  nach- 
zuzucken,  z.  b.  in  so  rriunt  nach  friunden  tuot.  Piib.  1654.  2 ; 
des  frumten  si.  2151,  4 ;  ouch  fuort.  S96, 1 ;  minen  vriunden. 
1390,3;  mine  vrcuwen.  1391,2;  obschon  gleichfalls  dö  fuorte 
steht  898,  4 ;  so  dasz  sich  die  feinere  ausspräche  bald  erhalten  bald 
verwischt  zu  haben  scheint,  man  wählte  das  f  vorzüglich  gern, 
wenn  ein  u  folgte  und  setzte  für  neben  vor,  wie  schon  die  mons. 
gl.  Tora  uud  furi  schrnben,  doch  schwankt  auch  diese  Unterschei- 
dung, den  ahd.  und  mhd.  verhalt  sollten  eigne  abliandlungen 
erörtern,  hier  fassen  wir  eigentlich  nur  den  nhd.  ins  äuge  und 
gewahren,  dasz  f  wieder  die  oberhand  erlangt  hat,  von  dem  y 
nur  Überreste  bleiben  und  immer  mehr  abnehmen,  bei  Dastpo- 
Dios  findet  sich  noch  vast,  ratler,  veld,  velg,  ver,  vest,  Tich, 
vier,  vil,  vi<ch,  vleisz,  vogel,  volgen,  volk,  voll,  von,  vor, 
vorder;  bei  Maaler  vach  ocfer  vich  pecus,  vähe  caplus,  neben 
fahen,  väld  campus,  vast,  ratter,  vels,  vest,  vetter,  vier,  vil, 
Tisch,  Togel,  volgen,  volk,  voll,  volle,  voppen,  vor,  vorder, 
vorne;  zwischen  väszie  und  fäszle  ist  er  selbst  unsicher,  ob 
man  damals  zu  Stra.^zburg  und  Zürich  diese  v  merklich  anders 
aussprach  als  die  menge  der  fanlaute?  auch  Stieler  behält  vast, 
Tater,  vech  bunt,  vehine,  ver,  vest,  vetter,  vieh,  viel,  vier,  vogel, 
volk,  voll,  vor.  davon  behaupten  sich  heute  nur  vater,  vetter, 
ver,  vieb,  viel,  vier,  vogel,  volk,  voll,  von,  vor,  vorder,  vorne, 
ohne  dasz  die  ausspräche  im  geringsten  von  dem  laut  abweictd,  den 
wir  dem  f  geben,  mein  vorschlug  l,  twr.  lxii  uns  dieser  wenigen 
reste  völlig  zu  enläuszem  mag  annoch  zu  keck  sein,  weil  sich  darunter 
gerade  sehr  häufig  gebrauchte  Wörter  befinden,  durch  deren  abge- 
änderte Schreibung  der  Sprachgebrauch  gewallig  gestört  würde  und 
sie  sind  auch,  wie  wir  sahen,  zeugen  dessen,  was  vor  alters  galt ; 
allein  sie  verhüllen  uns  jetzt  den  Zusammenhang  einzelner  wort- 
geschlechler  und  nölhigen  fülle  und  voll,  für  und  vor  unter  zwei 
buchstaben  von  einander  zu  sprengen,  wissen  doch  mhd.  glossare 
nicht,  ob  sie  diese  anlaute  unter  f  oder  v  zusammenwerfen  schien. 

bedeutsam  bleibt  der  durchgreifende,  aufrecht  erhaltne  bestand 
dieser  anlautenden  v  im  niederbindischen  dialect  und  die  beob- 
achtung  einer  Verschiedenheit  der  ausspräche,  v  in  vallen,  visch 
klingt  einem  fiiederländer  anders  als  f  in  den  lehnwörtern  fakkel, 
fijn,  das  y  ist  sanfter,  das  f  härter,  aber  minder  weich  ist  y  als 
w.  bereits  alle  mnl.  werke  befolgen  den  unterschied  zwischen  y 
und  f,  ja  sie  lassen  auch  das  notkersche  gesetz  spüren,  wenn  sie 
neben  veld,  volk  schreiben  tfeld,  tfolk.  im  alts.  Heliand  waltet, 
wie  ags.  fries.  nord.,  nur  f,  kein  v,  umgekehrt  gewährt  die  hebe- 
rte von  Freckenhorst  schon  viele  v,  die  von  Werden  sogar  nichts 
als  y.  im  nd.  schwanken  bis  auf  heutigen  tag  v  und  f  nach 
hd.  weise,  ohne  dasz  die  ausspräche  Verschiedenheit  empfindet. 

beispiele  des  inlauts:  goth.  afar,  post,  ahd.  avar.  mhd.  aver 
und  aber;  goth.  afar  posteritas,  dat.  us  afar,  e  progenie ;  alts. 
abbaro,  ags.  eafera  proles ;  ahd.  avard  pyramis,  statua;  ahd. 
braban,  corrus,  daneben  auch  ravan,  ags.  hräfen,  engl,  raven, 
mhd.  raben,  nni.  raaf  pl.  raven :  ahd.  ovan  fomax,  mhd.  oven, 
nhd.  ofen ;  ahd.  havan,  olla,  mhd.  haven,  nhd.  hafcn ;  lat.  aper, 
ags.  eofor,  nhd.  eber;  lat.  caper,  a^s.  häfer,  altn.  hafr,  ahd. 
etwa  habar,  bavar;  goth.  ainlif,  pl.  ainlibeis,  ahd.  einlif,  pl. 
einlivi  (o6en  5p.  109);  tvalif,  duodecim,  pl.  tvalibeis,  ahd.  zuelif, 
pl.  zuelivt;  goth.  vulfs,  vulfis,  ahd.  wolf.  woWcg;  goth.  fimf 
quinque,  ahd.  fimf,  finf,  pl.  finvi.  nhd.  fünf,  fünfe.  die  letzten 
Wörter  zeigen,  dasz  kein  hochd.  auslaut  auf  y  stattfindet,  sondern 
nur  f  steht,  schwer  aber  fällt  es  diese  inlaute  und  die  aus  b 
entspringenden  voneinander  zu  sondern,  tadelhaft  sehreibt  man 
bafer  für  habcr,  elf  für  elb,  da  doch  niemand  kalb  oder  halb 
in  kalf,  half  verändern  würde. 


1211 


1212 


3)  B  P  F,  ganz  abtceichend  von  den  beiden  vorigen  Verschie- 
bungen, hinler  welchen  classische  lenuia  lug  und  der  golh.  asp. 
auch  hd.  asp.  entsprach;  hier  aber  wird  classisclic  med.  zu  golh. 
ten.  und  hd.  aspirata.  dort  hatte  der  anlaut  die  vieistcn  bei- 
spiäe,  hier  fällt  der  anlaut  völlig  aus,  d.  h.  so  urnig  echt  golh. 
vörter  mit  p  beginnen,  entspriclit  dem  lat.  oder  gr.  b  ein  echt- 
hochdeutsches, das  auf  f  anlautete,  alle  hocMeutschcn  fanlaute 
sind  immer  den  gothischen  gleich  und  gehören  unter  1.  abgcsehn 
vom  mangel  des  anlauts,  den  erst  untere  forschungen  über  das 
lat.  und  gr.  b  aufteilen  können,  wird  nach  dieser  dritten  formet 
völlig  regelreclit  gesclioben  und  b  p  f  stelU  parallel  dem  d  t  lli 
und  g  k  eh.  beL^piele:  giith.  iiip,  afid.  ftf,  nhd.  auf;  ags.  hcope, 
ahd.  hioß,  mhd.  hiefe  rubus;  lit.  duhbus,  lelt.  dtdibis,  goth. 
diups,  ttlui.  tiuf,  nhd.  tief;  ags.  sccap,  engl,  shcep,  ahd.  scäf, 
}ihd.  scbaf;  goth.  hiips,  hiipis,  coxa  (für  cobsa?),  ahd.  hilf, 
nhd.  hüfte;  «>.  abhal  pomum,  lit.  obolys,  altn.  epii,  ahd.  a(Tal, 
apfal,  epfili ;  golh.  slepan,  ahd.  släfan,  nlid.  schlafen ;  golh. 
\^pn,  ahd.  wafan  arma,  nhd.  wallen;  reipus,  ags.  n'ipe,  engl. 
rope,  nlid.  reii  circulus ;  a//.«!.  ripi  viaturus,  a/i<f.  rifi,  nhd.  reif; 
altn.  drepa,  ahd.  trefan,  nhd.  troffen;  lit.  grebli,  graibyti,  goth. 
grcipan,  ahd.  krifan,  nhd.  greifen ;  lat.  sebum,  ags.  säpe,  cJid. 
seifä;  golh.  hiaupan,  ags.  hlcäpan,  ahd.  hloufan,  nhd.  laufen; 
goth.  kaupatjan  schlagen,  ahd.  choufan,  nhd.  kaufen  d.  i.  kauf- 
schlagrn ;  altn.  driiipa,  ahd.  triofan,  nhd.  triefen ;  Hl.  gelbeti, 
golh.  liilpan,  ahd.  hflfan  ;  lat.  cannabis.  ahd.  hanof,  nhd.  hanf ; 
lat.  turba,  goth.  |)aurp,  ahd.  dorf;  ags.  scearp,  alls.  scarp,  ahd. 
scarf,  sarf,  nlut  scharf;  golh.  vairpan,  ags.  veorpan,  ahd.  vverfan; 
lal.  sorberc,  golh.  supon,  ahd.  sfifan. 

4)  berührnngen  zwischen  labialen  und  lingualen  taufen  zurück 
in  hohes  alterthum,  man  gedenke,  um  weil  atiszuholen,  an  skr. 
dhftma,  gr.  -d^iuöi,  alut.  touin,  lat.  fumus,  an  skr.  Trita, 
zend.  Thraetaonas.  i)ers.  Feridun,  an  taran,  xeoawös,  perun, 
fairguni,  an  rirzo^s-;,  fidvör,  vier  und  an  das  russ.  f  für  th, 
Feodor,  Afanasja  =  Theodor,  Athanasia.  lat.  fera,  aeol.  cpriQ, 
gr.  d'rio  und  fortgeschuben  goth.  dius,  ahd.  tior,  mhd.  tier,  nhd. 
thicr;  lat.  fores,  ^.  &i'Qa,  goth.  daiiro,  ahd.  tiiri,  mhd.  lür, 
nhd.  thür;  aeol.  ovfao,  ifr.  ovd'aQ,  lal.  über,  alln.  jufr,  nhd. 
euter  (.<;p.  1197);  goth.  j)laihan,  alid.  flifhan;  gulh.  {iliuhan,  ahd. 
flioban,  nhd.  fliehen  {ryl.  biegen,  fugere  1,1S14);  [)lauhs,  fupa, 
flucht;  golh.  Jirafstjan  solari,  ags.  frSfrian,  alt.t.  frnofrian,  fruo- 
brian,  atid.  fluobaron ;  goth.  })laqiis  vwllis,  lal.  üaccus,  flac- 
cidus ;  ahd.  dinstar  caiujinusus,  mhd.  dinster,  ahd.  linstar,  nhd. 
finster;  finn.  pimeä,  alln.  dimmr,  ags.  dim,  ahd.  timbar;  golh. 
))vasts  firmus,  ahd.  fesli,  nhd.  fest;  ags.  [jäcele  tmd  fäccle 
fax,  fackel;  alln.  l)engill  and  fengill;  alln.  jiiöl,  jiiel  lima,  ags. 
feol,  ahd.  fihala,  nhd.  feile  u.  s.  w. 

5)  F  m  fremden  Wörtern,  einige  haben  sehr  frühen  eingang 
gefunden,  wie  goth.  faskja ;  a)ul.  fachala  fackel,  falcho  falke, 
fidula  fiedel  fidicula,  fiebar  febrU,  figa  ficus,  fira  feier  feriae, 
fenstar  feneslra,  flasca  fJascIte,  forst  nemus,  fruht  fruclus.  mhd. 
auch  valsch  falsch  falsus,  vasanl  fasan  phasianus,  flamme,  nhd. 
endlich  fabel,  familie,  fatal,  Abel,  floskel,  flöte,  flotte  u.  a.  m. 
viele  sind  aber  in  pf  aufzuschlagen. 

6)  FF.  unsere  spräche  hält  kein  masz  in  Verdoppelung  weder  der 
rocale  noch  consonanten,  sie  14  dadurchbreit  undsddeppend  geworden. 
bald  soll  damit  Idwfe,  bald  kürze  oder  gröszere  deutlichkeit  aus- 
gedrückt sein,  wir  sind  in  die  üble  gewohnlieit  geraten  unniithige 
zeichen  zu  häufen,  eine  der  ärgsten  doppelungcn  ül  nun  die  des 
f,  das  ja  aus  ph  hervorgegangen  schon,  nenn  es  einfach  .i/e/U, 
einen  starken  laut  ertönen  läszt.  im  15  jh.  begegnet  sogar  anlautendes 
ff  oder  auch  an  dessen  stall  fli,  doch  haben  beide  wenig  eingang 
gefunden,  desto  öfter  galt  und  setzte  es  sich  fest  in  und  aus- 
lautend, griff,  schiff  nehmen  sich  aus,  wie  wenn  man  ihh,  mihh, 
siehh  anstatt  ich,  mich,  sieh  schriebe,  oder  wie  das  nodi  an- 
Muigere  %%  in  den  auslauten  tohs  für  ros  und  dass,  gross  für 
dast,  grosz.  dasz  ahd.  und  mhd.  seif,  sdiif  geschrieben  steht, 
kümmert  die  seit  dem  14.  15  jh.  aufgekommnen  p/leger  und  hüter  des 
umkrault  der  dopj^elung  nicht ;  zwar  nach  langem  rocal  und  nach 
liquiden  hat  man  Iteute  das  ff  fahren  lassen  und  setzt  schaf,  auf, 
Wulf,  dorf,  doch  in  zMlosen  eußn'iamen  wuchert  z.  b.  Haufl', 
Kauffinano,  Wolff,  Dorff,  als  ständen  namen  auszerhalb  dem 
allgemeinen  $ckreibgetelx.  beweiset  bedarf  es  nicht,  dasz  der  kurze 
voeal  auch  vor  etufachera  eotuonantauslaul  rietuig  gesprochen  werde. 
die  Engldndtr  uiüendieiden  ihre  parlikrln  of  und  off,  in  der 
Anteil  $predie»  äe  da»  t  gelinder,  in  der  zueilen  das  ff  sldrkir 
out,  jenet  ungefilkr  gleich  dem  nl.  anlautenden  v,  das  andere 
flmeh  dem  nl.  f.  «/?».  rind  doch  beide  dassrlhe  of,  wofür  der 
vunderliehe  verfauer  da  Ormulum  umgedreht  jedesmal  off  setzt. 


sonst  aber  mangelt  es  an  engl,  partikeln  nicfU,  du  für  von  einander 
abweicliendc  bcdeutungen  dennoch  einförmig  geschrieben  werden  und 
in  unzähligen  Wörtern  erreicht  die  schriß  die  manigfalle  bedeulung 
nicht,  wie  man  die  russisciun  namen  Popov,  Chrulev  und  eine 
menge  solchei-  auf  deutsch  darzustellen  hcd)e,  ob  so  oder  Popow 
Chrulcw?  Popof  Chrulef?  Popoff  Chruleff?  weisz  zur  stunde 
niemand;  nur  das  erste  scheint  das  rechte,  der  feine  dem  auslaut 
gebührende  schwang  bleibt  unausdrückbar. 

inlautend  kann  man  sich  nach  kurzem  rocal  ff  gefallen  lassen, 
weil  die  doppelconsonanz  sich  auf  zwei  silben  verlheilt,  d.  h.  af-fen, 
schif-fen  gesprochen  wird,  denn  die  Silbentrennung  aS-cu,  schiff-en 
15/  höchst  verwerflicii,  ein  lebendig  sprechender  will  niemals  ab- 
stammung  oder  wurzel,  immer  nur  den  natürlichen  laut  erfassen, 
hingegen  musz  liel-fen,  dür-fen  ausgesprochen,  also  helfen,  dürfen 
geschrieben  werden. 

7)  PH  ül  eine  organisclie  bezeichnung  des  F,  wie  schon  die 
Römer  gr.  (p  in  ph  auflösten,  doch  mit  dem  laute  ihres  eignen  f, 
orfer  niclit  fern  davon,  aussprachen,  darum  konnten  auch  Italiener 
und  Spanier  sielt  wieder  zum  gebrauch  des  heimischen  einfaciten 
i  in  gricch.  Wörtern  wenden,  ohne  dasz  die  eingewöhnte  aus- 
spräche anders  geworden  wäre.  Böhmen,  Polen  setzen  dann  eben- 
falls das  ilincn  sonst  unübliche  f.  wenn  nun  ahd.  häufig  ph 
stall  f,  da  die  mönchc  lat.  ph  eingeführt  halten,  vorkommt,  so 
läszt  sich  hier  noch  weniger  bezweifeln,  dasz  beide  buchstaben 
gleich  lauteten,  in  den  meisten  fällen  mindestens,  wir  sehen 
phentinc,  .phlanza,  phruonta,  sciph,  aphul  neben  fentinc, 
flanza,  fruonta,  seif,  affiil.  ausnahmsweise  scheint  sicli  aber 
das  p  mit  dem  h  nicht  sowol  zu  mischen,  als  ihm  vorzu.fchlagen, 
woraus  eine  in  pf  übergehende  aussprudle  entsprang,  namentlich 
mochte  sie  den  inlauten  zustehen,  wo  sich  aus  af-fules  ap-hules 
leicht  ap-fules  bildete,  mhd.  wird  dies  ph  selten,  nhd.  begegnet 
es  nur  in  griechischen  Wörtern  wie  philosoph,  philomele  u.  s.  w. 
mit  flaut. 

8)  PF,  ein  zusammengesetzter  laut,  kein  einfacher,  auch  den 
Grieclicn  in  Wörtern  teie  ^aiKfca  bekannt,  womit  in  andern  reihen 
Batcxos,  Mai 9'aios  parallel  laufen,  ahd.  entspricht  jif  deni  cc{i 
und  Iz,  welche  alle  drei  dem  hochdeutsdien  dialect  charaderutisch 
eigen  sind,  inlautend  scheinen  sie  gern  bei  nachfolgendem  i  auf- 
zutreten, och  hat  sich  in  der  schrißs])rache  wieder  verloren,  tz  Mi 
im  anlaut  und  auslaut  z  geworden,  dauert  aber  inlautend  fort, 
pf  bleibt  im  anlaut,  inlaul  und  auslaut  luiufig  und  belebt  unsere 
spräche,  die  anlaute  werden  an  ihrer  alphabetischen  stelle  auf- 
geführt, beispiele  des  inlauts  und  auslauls  geben  apfel  klapf  napf 
zapf  gipfel  wipfel  zipfel  köpf  topf  tropfe  zopf  schöpfen  zupfen 
hüpfen,  ampfer  dampf  kämpf  stampf  dumpfen  kämpfen  glimpf 
schimpf  zimpferlich  dumpf  klumpfe  kumpf  rümpf  schrumpfen 
strumpf  stumpf  sumpf  rümpfen  stumpfen  u.a.m.  wir  würden 
diese  frischen  pf  ungern  gegen  das  einfadie  f  oder  p  entbehren, 
in  empfangen,  emplindcn  für  enifangcn,  entfinden  und  allen 
solchen  hat  f  den  wandet  des  ent  in  emp  verursacht,  man  i^edte 
und  theile  em-pfangen,  em-pfinden,  so  wie  klo-pfen,  tro-pfen, 
däm-pfen,  schim-pfen,  denn  pf  ist  enger  verwachsen  als  ff. 
meines  Wissens  haben  lediglich  die  Böhmen  unser  pfi,  pfui!  in 
ihrem  pfa,  pfuj !  nachgeahmt,  die  Polen  sagen  fe,  fa !,  doch  kommt 
auch  pfe  vor,  die  Russen  tfy!  die  Liltauer  czui  (sprich  tschui) ! 
lat.  nur  fi  und  phy !  schw.  dncn.  fy ! 

9)  ron  alleren  grammatikem  wird  einigemal  versucht  in  die 
natur  des  lautes  einzudringen.  Ickei.samer  gramm.  B  1*  drückt 
sich  aus:  das  f  wird  geblasen  durch  die  zene  auf  die  undern 
lebtzcn  (lefzcn)  gelegt  und  stimmet  wie  nasz  oder  grün  holz 
am  fciire  scüf.  dieses  sieden  (fervere,  bullire)  würde  ebenwul 
das  pfcisen,  zischen  des  bratenden  apfels,  also  s  oder  z  bezeich- 
nen, physiologische  Untersuchungen,  wenn  sie  allgemein  und  im 
zu.<iammenhang  angestellt  werden,  können  zu  glücklichem  aufscMusz 
führen,  im  einzelnen  vermögen  sie  nichts  und  belehren  gar  nicht 
aber  die  stufen  und  den  Wechsel  des  lauls  in  einer  besonderen 
mundarl.  bei  <)i.incer  gramm.  11  hcL^zl  es:  litlera  f  profertur 
naturaliler,  scd  apud  nosirales  propicr  abusum  propc  nihil 
differt  ab  v  consonante,  tam  pronunciando  quam  scribcndo. 
cxcmplum:  das  macht  ine  vast  schwach,  da»  er  stets  fa-' 
(fastet)  und  nicht»  isset.  differentia  ex  usu  et  originc  voc;. 
biilorum  discenda  est.  dasz  die  ausspräche  in  dem  anlnul  dei 
Wörter  fast  und  fasten  keinen  unterschied  macht  war  nn«  be- 
kannte sarhe. 

in)  man  pflegte  schon  wr  allen  lügen  äurth  'üit^tn  ohne  f 
au-izudriicJcen,  dazu  gdtürt  aber,  dasz  man  auch  wie  mhd.  liegen, 
ahd.  liognn  schreibe  und  nichl  nach  heutiger  ««.««•  Itlgen.  unser 
liegen  jacere  äaU  iigen  sog  erst  den  fehler  lügen  nach  sich: 


1213 


FABEL 


FABEL  ART— FABELER 


1214 


behöne  keine  guten  mann 

und  Qeug  nicht  obne  f, 

das  man  dich  nicht  mit  einer  kann 

als  einen  spötter  treff  {d.  i.  treffe).    Ri:«gwild  tr.  Eckhart  0  8», 

dasz  man  dir  nicht  eim  bierkanne  an  den  köpf  werfe; 

dasz  ich  pfleg  ohn  ein  f  zu  fliegen.    Weckherlin  S29. 

11)  etwas  aus  dem  ff  thun,  spielen,  geigen  hezieiü  sich  auf 
das  zeichen  ff  in  der  mttsik  für  forlissimo  und  mll  sagen:  mit 
nacbdruck  ausführen,  schlage  aus  dem  ff  (efef),  tüchtige.  Tobler 
178'.  den  Juristen  ist  aber  die  abkürzung  ff  ßr  digesta  aus 
einem  durchstrichnen  D  entsprungen,  das  tcie  ff  aussah. 

FABEL,  f.  fabula,  ü.  favola  und  umgestellt  fiaba,  sp.  habla, 
fabla,  fr.  fable  scheint  bei  uns  seit  dem  15  jh.  recht  in  gang 
gekommen,  .Steishüwel  hat  es  im  dec.  19, 11.  39,  6  und  noch 
öfter,  DiEFENBACH  führt  es  aus  der  getnina  gemmarum  151S  an 
und  schon  in  dem  älteren  fastnachtspiel  von  Elslin  Tragdenknaben 
heiszl  es  S92,  29 : 

das  sind  doch  wunderselzam  sachen, 

der  wilden  lablen  musz  ich  lachen; 

mhd.  belege  folgen  unter  3,  doch  Stricker  und  Boneb  bedienen 
sich  keiner  andern  als  der  deutschen  ausdrücke  bispel,  bischaft, 
maere. 

1)  rede,  geschwdlz  der  leute:  ich  wurd  iedennan  zu  einer 
fabel.  Nie.  vo»  VVyle  53, 17 ;  und  Israel  wird  ein  Sprichwort 
und  fabel  sein  unter  allen  Völkern  (eritque  Israel  in  prover- 
bium  et  fabulam).  1  kön.  9,  7 ;  und  werde  es  zum  Sprichwort 
geben  und  zur  fabel  unter  allen  Völkern.  2  chron.  7,  20 ;  das 
sie  sollen  zu  schänden  werden,  zum  Sprichwort,  zur  fabel 
und  zum  fluch  an  allen  orten,  dahin  ich  sie  verstoszen 
werde.  Jer.  21,  9 ;  sie  soll  die  fabel  von  ganz  Wien  werden. 
Kunger  1,473. 

2)  erdichlung,  im  gegensalz  der  Wahrheit :  und  werden  die 
obren  von  der  Wahrheit  wenden  und  sich  zu  den  fabeln 
kehren.  2  Tim.  4.  4,  goth.  af  sunjai  hausein  afvandjand,  i{)  du 
spillam  gavandjand  sik; 

der  letzte  tag  in  ihrem  bunde, 

der  letzte  kus  von  ihrem  munde 

nahm,  wie  der  erste  sie  noch  ein. 

sie  starben,  wenn?  wie  kannst  du  fragen? 

acht  tage  nach  den  hochzeittagen, 

sonst  würden  dies  nur  fabeln  sein.    Gellert  1,146; 

jede  erdicbtung,  womit  der  poet  eine  gewisse  absieht  ver- 
bindet, heiszt  eine  fabel.  Lessing  5, 358 ;  die  aufgäbe  sei 
fabel  oder  geschichte.    Göthe  38,16; 

dieses  ist  der  sinn  des  gesangs,  in  welchem  der  dichter 

fabel  und  Wahrheit  gemischt.    40,229; 

aufrichtig  ist  die  wahre  Melporoene, 

sie  kündigt  nichts  als  eine  fabel  an, 

und  weisz  durch  tiefe  Wahrheit  zu  entzücken, 

die  falsche  stellt  sich  wahr  um  zu  berücken.'  Schiller  100"; 

es  sind  eitle  fabeln,  Unwahrheiten,  lügen;  die  sache  ist  nichts 
als  fabel;  er  tischte  uns  eine  pure  fabel  auf. 

3)  besonders  aber  äne  schon  umgehende,  niedergesetzte  dichtung, 

a)  das  mirchen,  fivd'oi. 

mhd.  fabeln,  zale  und  spcl.    IIerbort  3150; 
die  fabeien,  die  hier  under  sint, 
die  sol  ich  werfen  an  den  wint.     Trist.  463,29; 
als  ej  diu  welsche  fabele  hat.    Flore  6814; 
diu  fabel  an  dem  buoche.    kröne  18113; 
swa;  mir  ie  diu  fabel  bot.    18179; 
als  diu  fabel  seit.    22202; 
da;  iu  dar  an  iht  benem 
min  unmuoj  der  fabeln  sage.    23217; 

nhd.  auch  nicht  acht  haben  auf  die  fabeln,  uTjSi  Ttgoof-xsiv 
fivd'ote,  goth.  ni{)()an  atsaihvaina  spillö.  irim.  1,4;  und  nicht 
achten  auf  die  jüdischen  fabeln,  jurj  TtooaixovrES  tovSai'xoTs 
ftvd'ots,  goth.  ni  atsaihvandans  judaiviskaize  spüle.  Tit.i,U; 
der  ungeisllichen  aber  und  altvettelschen  fabeln  entschlahe 
dich.  Tovi  Sa  ßeßrjXovs  xai  yoaciSeis  ftvd'ovs  TCaomrov, 
vulg.  ineptas  autem  et  aniles  fabiilas  dcvita,  goth.  j)ö  usvei- 
höna  sv^  usallianaizö  spilla  bivandci.    1  Tim.  4,  7 ; 

die  fabel  ist  der  liebe  heimatsweit, 

gern  wohnt  sie  unter  feen,  talisninnen, 

glaubt  gern  an  gotter,  weil  sie  göttlich  ist.    Schiller  34S". 

b)  die  griechische  sage,  mylhologie :  in  der  zeit  der  fabel  oder 
der  heroischen  geschichte.  Winkelmanm  2,  462 ;  bekannte  bilder 
aus  der  fabel.  2,477;  die  Vorstellungen  der  griech.  künstler 
waren  aus  ihrer  eigenen  fabel  und  heldengeschichte  genommen. 
3,  IV ;  die  geschichte  der  Herakliden  grenzet  noch  mit  der  fabel. 


3,  xivii;  werke  die  von  der  fabel  und  von  der  heldenge- 
schichte handeln.  3,xxxi;  eine  Untergottheit  der  fabel.  Kant  6, 9. 
c)  die  aesopische  fabel,  thierfabel,  a7t6).oyos.  fabeln  und 
erzählungen.  Gellert  1,37;  nachricht  von  alten  deutschen 
fabeln.  1,5;  fabeln,  drei  bücher.  Lessisg  1, 130;  ich  erzehlte 
eine  blosze  fabel,  aus  der  du  selbst  dielehre  gezogen,  ebenda; 
ich  hatte  mich  bei  keiner  gattung  von  gedichten  länger  ver- 
weilet als  bei  der  fabeL  5,356;  die  fabel  musz  eine  lehre 
enthalten,  denn 

die  fabel,  die  nicht  lehrt,  kehrt  sich  in  leere  dünste, 
und  füllt  das  haupt  mit  rauch,    das  sind  der  Perser  künste. 
LicHiWERs  fabeln.  1775, 141 ; 

feierlich  leg  ich  indessen  dem  publicum  das  gelübd  ab,  keine 
zeile  fabel  mehr  zu  schreiben  oder  aufzulegen,  es  müste  denn 
die  wenige  quintessenz  von  diesen  sein.  Bcrmasss  fabeln  vor- 
rede; neue  originalfabeln  und  erzählende  dichtungen  von 
August  Doye.    Berlin  1856. 

4)  die  handlung,  der  fadische  inhalt  eines  Schauspiels  heiszt  die 
fabel  des  Stücks  und  schon  bei  den  Römern  fabula:  Mene- 
demus  mit  dem  rechen,  von  welchem  die  fabel  als  von  dem, 
der  sich  selbst  krütziget  {heaulon  timorumenos),  den  namea 
genummen  hat.  Terenz  von  U99,Si*;  die  fabel  des  Stücks  ist 
anziehend,  aber  die  darstellung  verunglückt,  in  solchem  sinn 
redet  man  von  einer  tragischen  fabel  als  dem  geholt  des  trauerspiels. 

FäBELART,  m.  gerro,  nugator,  gleichsam  fabelhart,  pappel- 
hart,  nach  dem  franz.  babillard  i'on  Fischart  gebildet:  ir  waffel- 
arten, babcler  und  babelarten,  fabelarlen  und  fabeler.  Garg.  17'. 

FABELAUE,  /.  fabelberühmlej  in  der  fabd  gefeierte  aue,  vgl. 
fabelland: 

schön  ists  von  Aetnas  haupt  des  meeres  plan 
voll  grüner  eiland  und  die  fabelauen 
Siciliens  und  Strombolis  vulkan 
begiänzt  von  Phoebus  erstem  strahl  zu  schauen. 
Matthissos  11  (?>lj. 

FABELAUSLEGUNG,  f.  exposüio  fabulae.    Stieler  1114. 
FABELBUCH,  n.  fabularum  liber: 

aus  einem  alten  fabelbucbe, 

(der  titelbogen  fehlt  daran, 

sonst  führt  ichs  meinen  lesern  an), 

aus  dem  ich  mich  raths  zu  erholen  suche, 

wenn  ich  selbst  nichts  erfinden  kann.    Gellert  1,214; 

ich  will  doch  sehn,  ob  mir  mein  trauter  Geliert  mehr  be- 
ruhigung  geben  wird,  fürwahr,  dieses  fabelbuch  ist  und  bleibt 
doch,  wie  das  liebe  tägliche  brot,  schmackhaft  und  gesund 
zugleich,  alle  essen  davon,  niemand  wird  es  überdrüssig, 
jedermann  kehrt  mit  appetit  zu  ihm  zurück.  Kretschmaxn  der 
alle  böse  general  52; 

hexe,    sinn  und  verstand  verlier  ich  schier, 
seh  ich  den  Junker  satan  wieder  hier! 

ileph.  den  namen,  weib,  verbitt  ich  mir. 

hexe,    warum,  was  hat  er  euch  gethan? 

Meph.  er  ist  schon  lang  ins  fabelbuch  geschrieben, 

allein  die  menschen  sind  nichts  besser  dran,   ' 
den  bösen  sind  sie  los,  die  bösen  sind  geblieben. 
GöTHK  12,128. 

FABELBUHLER,  m.  amator  fabularum,  nugarum,  fabellieb- 
habcr:  dieweil  sie  (Jesuiten)  doch  zu  Dillingen  gleichmäszise 
grillen  anno  1571  in  des  Gregorii  magni  vier  büchern  der 
gespräch  von  erscheinung  der  welschen  seelen,  so  von  dem 
eiferigen  fabelbuler  Adam  Wallaser  nach  verteutscht  worden, 
haben  lassen  trucken.    Fiscoart  bicnenk.  215*. 

FABELCHEN,  n.  fabella,  Hemsch  995:  können  sie  mir 
denn  auch  epische  gedichte,  tragödicn,  satyren  und  fabel- 
chen machen  lehren?  Weisze /«s/sp.  1,91;  wenn  es  ein  fabel- 
chen wäre,  so  würden  beide  Jungfer  Schwestern  noch  elier 
unsern  lieben  freunden  ein  geneigtes  ohr  g'iünen.  -/•■«>(■«  kin- 
derfreund 4, 145 ; 

dies  fabelchen  führt  gold  im  munde : 

'weicht  aus  dem  recensentenhundc !'    Bijrcsr  32*. 

FABELDEUTUNG,  f.  affabulatio,  epimylhium.   Stieler  309. 
FABELDICHTER,  m.  fabularum  auctor. 
FABELDICHTUNG,  /. 
FABELEI,  f  uugae,  mhd.  favelle: 

si  huuben  churzwile, 

si  sagctcn  ir  favelie.    Jlo/.  64, 11 ; 

es  war  aber  eitel  fabele!  zur  kurzweil  ausgedacht.  MusÄcs 
volksm.  5, 229 ;  die  fabelei  des  Eiilogius  verdient  nicht  die 
geringste  beachtung.    NiEBunR  2,  551 ; 

doch  cur  Merkur  und  Jovis  glänz  und  Venus, 
das  alles  ist  nur  fabelei.    Tikck  3,331. 

FABELER,  m.  fabulalor,  nugalor.    Garg.  17\     j.  fabler. 


1215 


FABELFROU  — FABELN 


FABELFROH,  fabtilis  laelus:  die  fabelfrohe  kindheiL 
FABELGEMISCH,  n.     ein    recht   buntes,   dummes,  abge- 

»chmackles  fabelgemisch.    Tieck  ges.  nov.  6,  254. 

FABELGESCHICHTE,  f.   hisloria   fabulosa:    Hercules  gibt 

denen,  welche  die  fabelgeschichte  abhandeln,  ein  reiches  feld. 

Wl.^IELMAN.it    2,  507. 

FABELGEWEBE,  n.  gewAe  von  erdichtungen 
FABELHAFT,  l)fabulosus,  fictus:  eine  fabelhafte  erzühiung ; 
fabelhafte  zeit;  fabelhafter  reicbthum; 

tchöoe  weit,  wo  bist  du?  kehre  wieder, 

boldes  blütenaltcr  der  natur! 

ach,  nur  in  dem  feeoland  der  lieder 

lebt  noch  deine  rabelhatle  spur.    Schilur  22*; 

•in  guter  engel  schienst  du  hingestellt, 

mich  aus  der  kindheit  Tabelharten  tagen 

schnell  auf  des  lebens  giplel  hinzutragen.    395'; 

diese  meldung  geht  ins  fabelhafte,  unglaubliche ;  so  wüste  er 
auch  manche  kleine  zurälligkeitcn  dahin  zu  lenken,  dasz  sie 
bedeutend  erschienen  und  in  fabelhaften  formen  durchgeführt 
werden  konnten.  Göthe  26, 137 ;  übrigens  wurde  dieses  fabel- 
hafte fratzenspiel  mit  ftuszerlichem  groszen  ernst  betrieben. 
daselbst. 

2)  früher  auch  in  dem  sinn  von  geschwätzig,  kindisch:  als  er 
aber  endlich  altershalber  des  lesens  und  studierens  über- 
drüssig und  auf  der  kanzel  etwas  fabelhaft  zu  werden  be- 
gunte,  hat  ihn  die  gemeine  des  dienstcs  befreiet.  Olearius 
pers.  reise  167. 

FABELHAFT,  fabulose:  das  klingt  fabelhaft;  fabelhaft  bil- 
liger preis. 

FABELHAFTIGKEIT,  f.  fabulosüas:  die  fabelhaftigkeit  der 
nachricht  leuchtete  ein. 

FABELHANS,  m.  fabulator,  fabeler.  Stieler  73.  765 :  trac- 
tötlein  genant  der  verthädigte  fabelhans.  Schuppius  607;  der 
semperlustige  fabelbans  oder  knospus  {von  Megerle).  1703; 
wenn  ihm  ein  fabelbans  von  drachen  spricht,  die  auf  hohen 
felsen  und  in  zerstörten  bergschlüssern  hausen.  Hebels  schatz- 
kdstlein  107.  vgl.  faselhans,  junghans,  karsthans,  maulhans, 
prahlhans,  Schmalhans  u.  a.  m. 

FABELHELD,  m. 

FABELLAND,  n.  terra  fabulosa: 

tcbüne  Wesen  aus  dem  fabelland!    Scuillkr  21'; 

oft  noch  steh  ich  an  des  Aetna  rande, 

staune  seine  wolkenseulen  an, 

die  aus  seinem  srhiund  die  Tabellande 

vor  der  Weltgeschichte  steigen  sahn.    Skume  s.  624. 

FABELLEHRE,  f.  mylhologia. 

FABELLEHRER,  m.  mylhologus.  Mendelsohns  Phädon  s.  167. 
209. 

FABELLESE,  f.  fabularum  collectio,  vgl.  Ährenlese,  weinlese: 
Ramlers  fabellese. 

FABELLOS,  historicus,  der  fabel  entrückt: 

wie,  oder  ists  vielmehr  in  Tabellosen  zeiteo 

ein  neuer  göttlicher  Apoll, 

der,  schwerentbehrt,  mit  schnell  zurückberufnen  saiten 

den  himmel  wieder  füllen  soll?    Lkssing  1,99. 

FABELMACHER,  m.  was  fabeldicbter:  ein  fabelmacher  ist 
glücklich,  wenn  an  ihm  nur  solche  kleiuigkeiten  zu  tadeln 
sind.    Hacedork  2,  4S. 

FABELMÄRE,  f.  pleonastisch,  da  in  fabel  wie  in  märe  der- 
selbe begrif  liegt,  doch  mit  verstärktem  nebensinn  von  dantmär 
(tandmäre),  deliramentum,  delirium  insulsum,  nugamentum.  Ser- 
iA?sts  syn.  63*. 

FABELMENSCH,  m.  ein  menscli  aus  einer  fabel:  man  hieng 
nicht  so  leidenschaftlich  am  spiel,  um  darüber,  wie  die  licht- 
werschen  fabelmenschen  sich  selbst  und  die  ganze  weit  um- 
her zu  vergessen.  Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  352.  vgl.  Lichtwers 
zweite  fabel  des  dritten  bucht. 

FABELML'SE,  f.  stolz  auf  den  beifail,  den  euer  hochwol- 
gebürnen  meiner  fabclmuse  seit  vielen  jähren  gönnen,  er- 
dreustet  sie  sich  u.  s.  w.  Burma^vns  fabeln  m  der  Widmung  an 
C.  G.  von  Nitszler. 

FABELN,  fabulari,  nugari,  delirare,  fingere.  Hk?«iscu  066. 
Stielei  72:  fahlen  oder  milrlin  zcllen  oder  sunst  etwas  leicht- 
ferigs  mit  cinanderen  schwätzen.  Frisics  2S7*.  Maalkr  12s'; 
■lio  lag  ich  ein  paar  lag  dort,  dasz  ich  nichts  von  mir  selber 
wuste,  sondern  wie  ein  hirnsrbelliger  fabelte.  Simpl,  K.Mt; 
di«  gefabelte  göllin.    Gkszmkrs  Abel  137; 

si«  w«>ini  ja  nicht,  sie  sluselt, 
lallt  muiik,  wie  rNbrli«  \on  drr  scbAaen 
weide  der  vorfabr!    Klontoci  2,21; 


FABELN— FABELVERRICHTUNG        1216 

wenn  mir  der  ruf  nicht  fabelt.    2, 6S; 

wähnt  nicht  ich   fable,  wenn  ich  von  den  seelen  singe  der 

Sterne.  7,21; 
war  ein  fuchs,  sah  trauben  hängen,  sprang  vergebens  dar- 
nach, lief  fort  und  sagte  'sind  der  sauren!'  ist  gefabelt, 
denn  der  fuchs  friszt  keine  trauben.  12,143;  im  anfang.  als 
Geliert  und  Gleim  noch  neu  waren,  da  fabelten  oder  liedelten 
sie  {die  ankündiger  und  ausrufer).  12,  202 ;  erdreuslet  sie  sich 
(s.  fabclmuse)  ihnen  ihre  letzten  producte  zu  überschreiben 
und  durch  diese  Zueignung  ihren  gefabelten  kleinigkeiten 
einen  würdigen  werth  zu  geben.    Burmann  in  der  Zueignung; 

ganz  gram  rief  er:  sie  liebt  mich  nicht, 

mein  leben  ist  ein  träum,  ein  fabelodes  gedieht! 

was  hilft  mir  ohne  Sylvien 

der  reicbthum  beider  Indien?    101; 

aber  er  schwärmt  selbst,  sobald  er  von  schönen  seelen,  von 
der  Zauberei  der  empfindung,  von  Sympathie  mit  der  natur 
und   von  der  göttlichkeit  der  tugend  fabelt.    Wielaxd  7,25; 

kommt  mit  zacken  und  mit  gabeln, 

wie  der  teufet,  den  sie  fabeln.    Götur  1,  234; 

ich  bin  verloren  und  du  bist  der  mördcr! 

'du  fabelst,  kleiner  schätz.'    11,158; 

er  fabelte  gewis  in  letzten  zögen, 

wenn  ich  nur  halb  ein  kcnner  bin.    12,153; 

wir  fabeln  so  genug,  als  dasz  wir  diese  gefahrliche  eigen- 
schaft  unsers  geistes  noch  steigern  sollten.  21,94;  die  mond- 
schcine  sind  hier  wie  man  sich  sie  denkt  oder  fabelt.  29,  57; 
gestern  waren  sie  im  land  der  kleinen  Spielchen,  der  prinz 
kam  zu  mir  von  ihnen  her,  unter  mein  dach  wo  ich  mit 
Knebeln  einige  stunden  gelacht  und  gefabelt  hatte,  an  fr. 
von  Stein  1,122; 

meine  Phantasien  flogen 

der  gereizten  liebe  nach, 

und  mit  blnuem  flor  umzogen 

fabelte  des  himmels  bogen 

mein  und  .Margots  brautgemach.    Thcrhf.l  2,309; 

wie  er  (Lafontaine)  unbekannt  mit  seiner  grösze,  sorglos  um 
seine  tägliche  nahrung  und  kleidung  durch  die  weit  fabelte 
{fabeln  dichtete).  2,363; 

löblich  hast  du  gethan,  Lysippus,  dasz  du  vor  alle 
sieben  weisen  das  bild  unsrcs  Acsopus  gesetzt. 

jene  lehren  die  pflicht  in  schwer  aufzwingenden  spnicben, 
dieser  fabelnd  mit  uns,  spielet  uns  weisbeit  ins  herz. 
Herders  zersir.  blätter  2,50; 

für  die  zeit  der  römischen  könige  ist  eben  die  Chronologie 
durchaus  ersonnen  und  gefabelt.    Niebuur  1,282; 

Roland  singt  er,  er  singt  das  gefabelte  schwert  Rinalds. 

Platrk  121*. 

FABELREDE,  f.  apologus,  nugae.   Stielkr  1540. 
FABELREICH,  n.  territorium  fc^ulae: 

durch  deine  {des  ireins)  Zauberkraft  eathOlll 

sich  götterbild  auf  götterbild 

und  holde  fabelreiche  blühen.    ÜACtDORrc  .  .  .; 

im  Innern  theil  des  fabelreiches, 

wohin,  krall  ewigen  Vergleiches, 

nur  dichteraugcn  sich  erstrecken, 

liegt  eine  trenich  grosze  sladt, 

die  käfer  zu  besitzern  hat.    Lichtwir  21. 

FABELREICH,  reich,  frudUbar  an  fabeln: 

dann,  hehre  götiin,  freu  ich  dein 
mich  tief  im  fabelreichen  hain.    Vom. 

FABELSAGE,  f.  mythus:  eine  vermischte,  zusammenge- 
worfnc  fabelsage.    Herder. 

FABELSAGER,  m.  fabulator,  narralor,  erzählet.  SrEifiuiPwEL' 
Aesop  1487  97*.  und  vergönnet  {der  könig)  dem  sager  xu 
schlafen.    9"'. 

FARELSAMMLLNG,  f.  coüectio  fabularum. 

FAHKLSCIIMID,  m.  con/ex<or,  auctor  fabularum,  nugarum. 

FABELSCHMIKDER,  m.  dasselbe:  Sorrates  war  dem  fabel- 
Bchmider  Aesopus  an  iingestalt  nicht  gar  ungleich.  Bi  tscuiy 
kanzl.  232. 

FARELSINN,  m.  epimylhium,  sensus  fabulae.    Stieler  2031. 

FARELSI'RACHE,  f.  das  wort  mRnnIhier  {für  mensd»)  ist 
aus  dem  friisrhmäuselpr  und  k;inn,  wie  mich  diiiikt,  in  der 
fnbeUprac  he  der  thiere  seine  stelle  behaupten.  Hacfdorx  2, 123. 

FARKLSTICK.  n.  pars  dramalts.  ad,  aufiug.    Stieler  2221. 

FARKLVERRICHTIING.  f.  statt  der  edlen  poetisch  reichen 
und  schönen  fabclverrichlungen  der  alten  homeri»chen  göller. 
HeROBR  14,  85. 


1217 


FABELVOLK  —  FABULIEREN 


FABULIST  — FACH 


1218 


FABELVOLK,  n.  gens  fabulosa. 
FABELWAEN,  m.  opinio  falsa,  error: 

auch  du  erwähnest  solches  Ursprungs  fabelwahn. 
GöTus  4u,4u3. 
FABELWEISE,  fabulose.    Hexisch  966.     bildlich: 
mein  vater  spricht  zuweilen  fabelweise 
und  meint  es  nicht  so  ernst.    Tieck  10, 43. 

FABELWEISHEIT,  f.  die  fabelweisheit  ist  die  erste  und 
yielleicht  einzige  der  well. 

FABELWELT,  f.  seculum  fabidarum,  märchenweit. 

FABELWEBK,  n.  fabula,  nugae:  Ovid  will  durch  solches 
fabelwerk    den    lauf   der   sonnen ,    der   gestirne    anzeigen. 

BcTäCHKT   771; 

mir  gilt  dein  ja  und  nein  weit  mehr  als  tausend  schwüre, 

was  du  mir  zugesagt,  ist  stets  gewis  bei  mir. 
gesetzt,  dasz  ich  einmal  das  gegentheil  erführe, 
so  nennt  ichs  fabelwerk  und  glaubte  dennoch  dir. 
Rost  schäfergedidue  80; 
ihm  {dem  aberglauben)  schüut  geweihtes  wachs,  statt  lorbers, 

vor  dem  blitze, 
und  heidnisch  fabelwerk  weicht  frommer  mönche  witze. 

LiCHTWER  recht  der  ternunft  S6; 
von   dem  die  menschen   dann  nachher  als  wie  von  einem 
fabehverke  sprechen.    Tieck  14, 156. 

FABELWESEN,  n.  creatura  fabulae,  geschüpf  der  fahel:  so 
ists  mit  allen  fabelwesen,  sie  mögen  über  oder  imter  das 
thierreich  gestellt  werden.    Herdeb  20,37; 

die  alten  fabelwesen  sind  nicht  mehr, 

das  reizende  geschlecht  ist  ausgewandert.    ScHn.i.ER  34S'. 

FABELZEIT,  n.  tempus  fabulosum:  nach  dieser  fabelzeit 
ist  eine  grosze  lücke  in  der  geschichte  der  künstler.   Wm- 

KELBANN    6,  6  ; 

ach,  all  die  recken  der  fabelzeit 

sind  gegen  ihn  ein  kleinigkeit.    Kl.  Schxidt  kom.  dicht.  207 ; 

eine  sage  der  fabelzeit.    Klixcer  8, 344. 
FABELZUCKER,  m.  fabulae  dulcedo: 

glaubt  nicht,  als  ob  der  zweck  niu'  die  Vergnügung  würe, 
der  fabelzucker  deckt  oft  eine  bittre  lehre.    Licutwkr  141. 

FABLER,  m.  fabulalor,  nugator.    Stieleb  73; 

so  etwas  freut  mich  alten  fahler.    Göths  41,166; 
aus  den  ältesten  Zeiten  wo,  wer  etwas  umständlicheres  an- 
gibt,  schon   dadurch   als   fahler   erscheint.    Niebchr  3, 559 ; 
der  gute  fahler  {Lafontaine)  lebte  beinahe  nur  von  den  almo- 
sen  einiger  wenigen  freunde.    Thüxxel  2.  362. 

FABLEREI,  f.  tcas  fabelet: 

den  Unmut  abzuthun,  die  weile  zu  verzehren 

hört  mancher  was  ihr  sagt,  sagt  was  ihr  gerne  hört, 

bis  dasz  er  dann  ist  sat,  ihr  aber  seid  betbört. 

dann  merkt  und  nimmt  man  ab,  dasz  eure  fablerei 

ein  wiederhall,  vielleicht  noch  weniger  was  sei.    Logau  %  70. 

FABRIK,  fabrica,  ofßcina,  schmiede,  fr.  fabrique,  steA/  noch  nicht 
bä  Stieler  unter  den  deutschen  tcürtem,  zuerst  uol  bei  Frisch 
1,  236',  hernach  hat  sich  der  gebrauch  sehr  gehäuft :  das  ist  ein 
märchen  aus  seiner  fabrik,  sänes  machuxrks,  aus  seiner  schmiede; 
das  schnarren  und  rassein  der  bewegten  spulen  und  webe- 
stühle  in  einer  groszen  fabrik.  Göthk  ...;  rgl.  bandfabrik, 
lederfabrik,  messerfabrik,  nadelfabrik,  Strumpffabrik,  zwim- 
fabrik  u.  s.  w.     verächtlich  hmzt  es  bücherfabrik,  gedankenfabrik. 

FABRIKANT,  m.  fabricator,  verfertiger,  macher ;  man  hört  in 
Ostreich  kammerzeuger,  siegellackserzeuger. 

FABRIKARBEITER,  m. 

FABRIKAT,  n.  machwerk,  erzeugnis. 

FABRIKGEBÄUDE,  n. 

FAFRIKHERR,  m.  eigner  der  fabrik,  der  u-erkstdtte. 

FABRIKMÄSZIG,  unfrei  und  einförmig  behandelt:  den  inbe- 
grif  der  gelehrsamkeit  gleichsam  fabnkenmaszig  durch  ver- 
theilung  der  arbeit  behandeln.    Kant  1,211. 

FABRIKORT,  m. 

FABRIKSTADT,  f.  urbs  opißcibus  ulebris. 

FABRILL,  f.  sp.  fabriella,  habiiila,  gerede,  märchen,  schwatz 
der  leute:  er  ist  zu  einer  fabrill  und  gassenrede  worden,  fabula 
fadus  eä.    Frisch  1,  236*  aus  Stettler  1,  438. 

FABRIRUNG,  /".  fabrica.  verkstätte:  der  die  krankheit  ver- 
treiben will,  der  musz  kunst  wider  kunst  brauchen,  wider 
die  instrument  handeln  und  das  werk  in  seiner  fabrirung 
zubrechen.    Paracelscs  cAir.  sehr.  140'. 

FABR1ZIERE.N,  fabricari,  zimmern,  schmieden,  erzeugen:  mich, 
den  die  natur  so  lang  fabriziert  hat,  dasz  ich  mich  schände 
halber  knimm  biege.  Fr.  Miller  2,  ISO.     vgl.  selbstfabrizierL 

FABULIERE.N,  fabulari,  fabeln,  plaudern,  schwätzen:  mit  im 
geredt  und  fabuliert.  Rrk^i  bei  Sleinhöwel  ^äsop  Hl* ;  der  ritter 

in. 


fügt  sich  zu  dem  kaufmann  und  fabuliert  mit  ihm  und  fragt 
ihn  wo  er  her  kam  oder  wohin  er  wollte?  sdümpf  u.  ernst 
1522,224.  1555,263; 

davon  man  fabulieret  gern.    H.  Sachs  IV.  3, 88' ; 

vom  vater  hab  ich  die  statur, 

des  lebens  ernstes  führen, 

von  mütterchen  die  frohnalur 

und  lust  zu  fabulieren.    Göths  4,393. 

FABULIST,  n.  fabeldichter :  man  mag  ein  historicus  oder 
fabulist  werden  wollen.  Hagedorn  1,104;  die  eigentliche  Ur- 
sache, warum  sie  der  fabulist  za  moralischen  wesen  erhebt. 
Herder  17,  73. 

FACENETLEIN,  n.  sudarium,  taschentuch,  schnupßuch,  lat. 
fasciola?,  oder  aus  unserm  fetze,  läppe?,  it.  fazzoletto,  noch 
heute  in  Schwaben  fatzenelli,  fafzenetle,  fatzeneitle,  in  Steier 
fazonetelj,  in  der  Schweiz  falzeneetli,  fatzenetzli,  bei  Maaler  130' 
fätzle  linteolum,  132*  fatzeletle:  mit  einem  weiszen  fatzeletle 
das  antlit  wüschen;  in  Appenzell  fatzenetzli;  und  legt  die 
kleinot  in  ein  facenetlin  zusammen.  Fortunat  L4;  der  ritter 
ein  weisz  facenetlin  um  seinen  verwundten  finger  wandt,  buch 
der  liebe  60,3;  zu  dem  zwölften  die  faciletlin,  die  rotztüch- 
lein  seind  auch  nutz.  Keisebsb.  wannenkrämer  96';  mailen 
oder  faciletlen  schenken.    scMf  der  pen.  19*; 

darmit  wirt  manche  uberredt, 

das  sie  mir  scbenkl  ein  facilet.    H.  Sachs  I,  305'; 

sag,  wann  {woher)  kam  dir  das.facilötlein, 

das  du  nun  schenkest  deinem  Ötlein?    1,513'; 

sich  da,  mein  Hilla,  du  im  gib 

das  mein  ausgenäht  facilet.    III.  1, 197*. 

FACH,  n.  ein  in  der  alten  spräche  lebendigeres  worl,  das  aber 
dem  goth.  dialcct,  soviel  wir  ihn  kennen,  und  dem  altn.  abgelit. 
ahd.  fah,  gen.  faches,  facches,  mhd.  vach,  nd.  fak  {wonach  dän. 
fag),  nnl.  vak,  ags.  fäc,  engl,  erloschen,  scholt.  faik,  fries.  fek, 
vgl.  serb.  fijoka,  fioka  f.  natürliche  würzet  scheint  fahan  capere, 
M.  fähan,  mhd.  vähen,  die  production  war  aber  unursprünglich, 
und  durdi  h  herbeigeführt,  zwar  weicht  auch  die  asp.  oder  tenuis 
des  auslauts  von  dem  h  tn  fahan  ab,  doch  erwäge  man  den 
imp.  vach,  das  häufige  fachen,  facht  und  das  altn.  fä  pra^. 
feck  «fie  den  Übergang  in  fangen,  fieng.  urverwandt  liegen  skr. 
pax  capere,  lat.  pango  pepigi,  compingo  compegi,  gr.  ^r;ytiui, 
folglich  die  nomina  Ttäyrj,  Ttayos,  Ttrjyos,  rcr-yj^  u.  s.  w.,  icozu 
1, 1065  unser  bachen  und  bach  gehalten  wurde,  den  Wechsel 
anlautender  b  und  f  bezeugen  noch  viele  andere  Wörter,  schwerer 
scheinen  vereinbar  die  bedeutungen,  obschon  der  Übergang  des 
kochens  in  frieren  einen  anhält  gab.  für  unser  fach  gewährt 
fangen  den  offenbarsten  sinn. 

1)  fach,  falle,  schlinge,  Tiayr;,  Tiayis,  compages,  caplura 
jnscium,  was  die  fische  fängt  und  festhält,  ahd.  fisco  fähunga. 
unsere  vordtern  legten  in  flüsscn  fächer  an ,  führten  wände, 
dämme,  wehren  von  stein,  holz,  flecläwerk  mitten  durch  den  fiusz: 
villis  in  Zuisgenfacchon  in  Fahhonorö  marcu  posifis.  Dromb 
cod.  dipl.  fuld.  353,  zuisgen  dat.  pl.  von  zuisgi,  zuisci  hinus, 
es  waren  hier  doppelte  fächer  gebaut,  der  unmittelbar  voraus- 
gehende nom.  Zuisgenfacho  schiene  sprachwidrig,  doch  stehn  alle 
ursprünglichen  dalive  der  Ortsnamen  allmälich  nominaiirisch.  meint 
zuisgen  unsere  praeposüion,  so  wäre  inter  capturas  zu  erklären, 
vgl.  Interlachen,  inter  locus,  die  jüngeren  Irad.  fuld.  ed.  Dro^ke 
74  p.  151  besagen  von  anderem  unfernem  orte:  de  maceria,  qiiae 
per  medium  Duminis  disposita  est,  quae  maceria  vulgo  'vah' 
Tocatur.  Faccha  f,  heute  Vacha  an  der  Werra,  mag  den  an 
solchem  fach  gelegnen  ort  ausdrücken.  Förstema>s  2,  479  nennt 
mehrere  örter  des  namens  Faca,  Facha,  Faccha,  daneben  Fah- 
dorf,  Fahstat,  Facheim.  Mose  {zeilschr.  4,  75)  führt  an,  die 
salmenfänge  in  den  wägen  d.  i.  wogen,  Strömungen  und  strudeln 
des  Rhetns  heiizen  in  den  Urkunden  'fecher  und  weide'  und  es 
scheine,  dasz  man  die  Überreste  römischer  ßuszbauten  zu  sulciien 
stehenden  cinriclüungen  des  fischfanges  benutzt  habe,  in  der  Slrasz- 
burger  Ordnung  der  Rheinfischerei  von  1449  {das.  s.  83)  heiszt  es: 
es  sol  euch  nieman  von  angondem  merzen  unz  dem  meige- 
tage  deheine  'fach'  noch  deheine  kelle  nit  versetzen  noch 
verstellen  mit  riusen,  mit  körben,  mit  wartoifen  {spitzen  netzen.) 
eine  urk.  von  1480  MB.  9.  300  verordnet  'der  facher  halb  auf  der 
Ammer'  dasz  auf  den  einzelnen  fischlehen  acht,  zwelf  oder 
sechzehen  facher  gemacht,  jedes  fach  sieben  schuh  lang,  einen 
schuh  hoch  und  eins  von  dem  andern  eine  ackerlange  entfernt 
sein  sollen,  dieser  landdrich  an  der  Ammer  hätte  gleich  dem  an 
der  Werra  vormals  Fachonorft  {assim.  für  Fahunäru)  marcha 
genannt  werden  können,  so  ein  mäsziger  fisch  ist  dieser,  dasz 
er  sich  mit  keinem  aas  in  die  fach  reitzcn  läszt.    Forer 

77 


1219 


FACH 


FACU 


1220 


fischb.  21'.  Fbisiüs  49"'.  Maaler  128'  haben  fach  oder  feimer 
excipulus.  excipula  «i  inslrumenlum,  quo  aliquid  interdpitur, 
vi  septum  ex  riminibus  conlexlum  ad  capiendos  pisces  [reusc). 
Hemsch  307,  8  schreibt  fachfeiraer  in  an  tcort  zusammen,  vgl. 
noch  Stalder  1, 347.  Schmid  173  über  fach  =  wehr  und  die 
arlikel  gegenfach,  leichtfach,  springfach.  mhd.  von  einem  held: 
6t  was  riuse  und  venpec  vach.    Parz.  317,23; 

allegorisch  von  einem  mülrad: 

da;  rat  ist  diu  ire  din 

und  tribet  da;  ein  sneiler  bach, 

triwe  genant,  an  alle;  vach.    Haiti.  199,12, 

ohne  das:  ein  fach  hindurch  geführt  ist. 

2)  fach,  captura  avium,  strick  und  netz  des  vogehteUers: 
säht,  den  besluoc  sin  tiost  mit  tödes  räche.    Albr.  Tit.  2014, 

sein  kämpf  schlug  das  netz  des  todes  über  um ; 

stricke  noch  aller  vencvache  (s.  l.) 
bin  ich  fri,  daj  ich  da  mit  ie  vaeric 
wart  gein  iu  noch  nieman.    das.  3012, 

weder  euch  noch  andern  habe  ich  stricke  oder  netze  gelegt,  bild- 
lich fach  für  falle,  schlinge,  hintcrhalt:  wie  er  4  fendlin  knecht 
auf  uns  hab  lassen  warten  und  uns  also  in  ein  fach  ge- 
bracht.   Schertuns  br.  s.  186. 

3)  vielleicht  wurden  auch  wäldcr  durch  fächer  eingehegt,  bei 
DüCANGE  3, 179'  ist  fachia  silva  incaedua,  ex  incaeduis  arboribus. 
vgl.  captura  oder  bifanc  BA.  539,  bifanc  grenzt  an  facii.  bei 
Jamieson  1,369  ist  das  schottische  faik  scinchle  und  Inger  in 
steinbrüdien. 

4)  fach,  wand,  mauer,  ablhcilung  in  hdusern: 
mhd.  ^r  mürte  sunderthalp  ein  vach.    Serval.  2465; 

da;  6t  ngme  gesinde 

und  im  ein  palas  mache 

mit  alsulchem  vache 

wol  meisicrlichen  undersniten.    pass.  IL  245,41; 

in  eines  gadmes  vach.    pass.  K.  630,59; 

in  eines  höselines  vach.    644,91; 

ein  tier  so  vremd;  ich  nie  gesach 

gemalt  an  einer  wende  vach.    WS//.  2,246'; 

nrd.  welk  landschap  zult  gij  op  dat  vak  laten  schilderen? 
was  wollt  ihr  an  diese  wand  malUen  lassen? 

'dach  und  fach'  (-2,602)  bezeichnet  uns  noch  heute  wohniing  und 
gebdude,  ein  haus  in  dach  und  fach  hallen  das  römische  sartum 
tecium  aedium  tuen.  nd.  dal  hus  in  dak  un  fak  underholdcn. 
weil  wir  in  unserm  haus  schlecht  versehen  waren  und  der 
herr  Sparmunkäs  dach  und  fach  bezogen  hatte.  Jucundissimus  6, 
wie  Günther  1050  sagt: 

bald  legt  sich  Schmalhans  in  das  zimmer; 
doch  wirst  du  weitergehen 

ins  innerste  gemach, 
wirst  du  sehn  andre  stehen, 

die  füllen  dach  und  fach,    ivunderhorn  1,266; 

kalt  wehen  die  lüftchen,  kein  dach  und  kein  fach 
beschirmet  uns,  komm  in  mein  stilles  gemach.    Kürger  33'; 

wie  mein  Taler  als  bötlicher  für  den  kellcr  gesorgt  hatte,  so 
sorgte  ich  nun  (als  Zimmermann)  für  dach  und  fach.  Göthe 
21,25;  nun  hatte  ich  doch  hei  allem  mangel  von  dach  und 
fach  auszer  meinem  manlel  noch  einen  zweiten  schütz  ge- 
wonnen. 30,73;  brichst  betroffen,  dasz  wir  dach,  fach  und 
hcrd  eiligst  verlassen  sollten.  30,130;  einem  dach  und  fach 
geben,  ilin  ins  haus  aufnehmen,  man  sagt  ein  haus  von  sechs 
fächern,  sechs  sparren,  nd.  cn  hus  van  ses  faken,  domus  Habens 
ux  dislindiones.  ähnlich  von  Samenkapseln  der  pflanzen :  runde 
knöpflein,  wie  die  flachsbollen  in  sechs  fachen  unterschieden. 
Tabernaem.  181.     s.  füchlein  1.     capsa,  Capsula  von  capcre. 

5)  fach  in  einem  aus  fadiwerk  erriciäeten  haus  ist  nicht  allein 
das  ablheilende,  die  wand  bindende  gebdlkc  und  holz,  sondern 
auch  die  dazwiscJicn  bestehende  Ofnung ,  intercapedo,  der  leere 
räum  zwischen  stielen,  rahm,  schwelle  und  riegcl.  solche  facher 
werden,  um  die  wand  zu  sddieszen,  entweder  ausgemauert  oder 
auMjeslakl  und  mit  Irhm  bekleidet,  von  einem  zerstfirlen  kloster: 
die  kirchc  alles  zubchnrs  beraubt,  zimmer  und  siile  ohne 
das  mindeste  hausgcrSth,  die  zcllenwände  eingeschlagen, 
die  thürcn  nach  den  giingen  mit  riegeln  verzimmert,  die 
fache  nicht  ausgemanerl,  der  schult  umher  liegend.  fiOrnE 
43,  201.  fach  beiszt  auch  eine  nuszufällende  fensterüfnung, 
das  futter  und  die  eingeseJzten  ßiifjrl:  zu  einem  hau  sind  so 
tmd  so  viel  fach  fensler  anzufertigen,  man  tagt  'ein  fach 
brechen,  rciszen' «=  rin  loch  machen:  nnl.  de  Trojanen  brcken 
ccn  vak  iiit  de  ve«len,  brechen  eine  liicke  in  die  feslung ;  denn 
der  teufel  roch  den  braten  wol,  wo  die  sprachen  herftlr 
keinen,    würde   sein   reich  ein  fach  goniuucn.    das  er  nicht 


künde  leicht  wider  zustopfen.  Luther  2,  474' ;  mi  ist  der  auf- 
zug  {verschub)  die  länge  föhrlich,  das  der  satan  durch  biise 
Zungen  die  sach  auf  beiden  seilen  bitter  und  ärger  mach, 
weil  es  also  hinget,  und  zuletzt  ein  böses  fach  reiszen  mocht 
im  pöbel.  br.  2,380.  'ein  gut  fach  ausführen'  meint  tapfer 
arbeiten,  etwas  rechtes  beschicken  und  die  lücke  ausffdlen,  was 
oft  auch  auf  essen  angewandt  wurde:  ein  gutes  fach  verzehren, 
ein  loch  in  die  speise,  in  die  schüssel  voll  spcüse  machen;  ich 
musz  noch  hingehn  ein  fach  auszuführen  und  ein  schniltlein 
weichen  (äne  brotschnitle  in  wein  aufweichen).  Garg.  103';  in 
willens  ein  gut  fach  bei  ihm  auszuführen,  tücMig  bei  ihm  zu 
schmausen.    Katzenveil  102.     singt  jedoch  Günther  1050: 

du  weist  wol,  wenn  wir  dichter  reisen, 

80  schwindet  stets  das  beste  fach, 

kann  nicfUs  anders  verstanden  werden  als  die  im  geld  enlspntngne 
lücke. 

6)  hierzu  stimmt,  dasz  fach  in  die  abstractc  bedeutung  von 
räum,  sowol  des  orls  als  der  zeit  übergieng,  den  Angelsachsen  ist 
ftic  spalium,  intervallum,   lylel  füc  parvum  inlervcülum,  vyscte, 

bat  he  lyte.l  fac  leng  gestreona 
bröcan  mösle.    Beov.  4472, 

wünsclUe,  dasz  er  noch  kurze  zeit  länger  des  Schatzes  genieszen 
möchte;  tvegra  daga  fäc,  biduum;  fif  vintra  Täc,  quinquen- 
nium;  binnan  sex  manna  sibba  fäc,  intra  sextum  cognalionis 
gradum;  der  dal.  pl.  facum  drückt  aus  luslris,  alle  fünf  jähre, 
hier  findet  das  nl.  und  nd.  adverb  vaken  seine  deutung,  es  be- 
sagte spaliis  temporum  und  dann  saepe,  weil  das  sidi  nach  jähren 
wiedci-holende  oft  geschielU,  wie  wir  zeitlich  für  frühe  und  oft 
setzen,  das  alln.  tidr  ist  frequens,  schw.  tidt  och  ofta  frequenter, 
saepiiis.  bei  Scherfer  68  steht  nhd.  gefach  im  sinne  von  vaken, 
eine  schrift  von  1460  verknüpft  'gefach  und  viel',    oft  und  viel. 

7)  mhd.  vach  ist  auch  plica,  falte,  läge,  stufe,  stück,  fetze, 
wie  sie  hemd,  manlel,  kleid,  halsberge  und  schild  abtbcilen: 

als  der  mantler  {mantelmacher)  min  noch  mfir 

wenden  tuot  sin  alte  fach.    Ls.  2,55t; 

under  dines  mantels  vachen.    MSII.  3,468"; 

da;  hcmde  was  von  hundert  vachen.     Wolfd.  349  (Haupt  4, 441) ; 

fir  zart  im  von  dem  diehe 

ein  vach  der  halsberge.    Hol.  179,10; 

da;  er  durchstach 
die  Schilde  und  der  halsberge  vach.    Ulr.  Wh.  120'; 
vil  maneges  halsbcrges  vach 
wart  von  im  zetrennet.    213*; 

ein  schilt  von  drien  vachen.    Laurin  C.  v.  d.  Ron  67.  68.69, 
wie  der  schild  sonst  trijdex,  sefdemplex  heiszl; 

sein  wappenrock  der  was  seidein, 

von  gestein  gab  er  gar  licchten  schein, 

so  gar  von  manchernande  sachen, 

gemacht  mit  zwei  und  sibenzig  fachen.    Laurin  cd.  Schade  401 ; 

und  da;  im  sin  rennegewanl 

würd  ein  alte;  plahenvach.    IIeldl.  8, 325, 

eine  alte  tuchfetze,  vgl.  blähe,  grobes  tuch  wb.  2,  61 ; 
swgihe  rote  er  mohte  erlangen 
mit  siner  swaeren  standen, 
der  sluoc  er  ab  ein  michel  vach.    Ernst  4779; 
ein  michil  vach  der  viende  schar 
betten  sie  zu  fujo  brächt 
ouch  tot  gevalt.    Ludwig  1969; 

Speicrer  Verordnung  über  hochvertige  kleider  und  getierde  (Momes 
zeitschr.  7,59):  der  vrouwcn  sol  dehcinc  kein  schappel  dragen 
oder  dcheinen  slciger,  genajit  kriuseler,  der  me  habe  umbe 
gewunden  danne  vier  vach,  also  daj^  die  selben  vach  an  den 
flocken  daran  von  der  Stirnen  über  sich  uf  nil  höher  sint 
oder  sin  söUent,  danne  eins  twerchvingers  hoch,  schottisch 
faik,  a  fold  of  any  Ihing,  a  ply  of  a  garmenl,  a  }>laid.  Jamieion 
1,  309.  suppl.  1,  381.  um  so  merkwi^irdiger,  da  diese  bedeuiung 
von  falle  und  plaid  an  die  von  mantel,  tunica  und  tünche  reicht, 
womit  gemduer  und  fachwerk  ausgefüllt  oder  bekleidet  irerden, 
s.  DucANCE  4,  245  unter  mantellus  und  mhd.  wb.  2,  62*.  nennen 
wir  doch  die  mauer  um  einen  ofen  mantcl,  den  raudifang  rauch- 
manlel,  was  für  fach  =■  fang  zeugt. 

8)  fach,  die  falle,  in  anwendung  auf  das  innere,  in  mirm 
Mnricnliede : 

mhd.  got  wil  kumen  in  din  vach.    Müll.  3, 468i>; 
(IT  lio  sich  zuo  ir  in  ir  vach.    dat.; 
In  sine«  reinen  herzen  vnch.    pai«.  Ä.  248, 74 ; 
dn;  im  in  sine«  herzen  vnch 
der  nnme  sohle  »tn  ergraben,   pau.  K.  167,  &9; 
hcimelich  In  »Ine«  herzen  vach.    227,7«; 
«r  wi'rc  In  ir  herzen  vach.    4S0, 31; 
in  de»  h«rzen  vnchcn.    693, 10. 


1221 


FACH  — FÄCHEL 


FÄCHELN 


1222 


nhd.  wann  öfnen  wir,  zufriednen  mädchen  gleich, 
die  ihren  schmuck  einander  wiederholt 
zu  zeigen  l<aum  ermüden,  unsres  herzens 
geheimste  Fächer.    Götub  9,291, 

Kelchem  doch  auch  die  folgende  bedeulung  vorgeschwebt  sein  kann. 

9)  fach,  abtheilung  in  schrein  und  kosten  {vgl.  4) :  meine 
bücherbrete  bilden  fünf  fachet;  unterm  tisch  ist  noch  ein 
verborgnes  fach;  diebe  brachen  ein  und  leerten  allefächer; 
hinten  in  der  lade  noch  ein  fach  anbringen;  er  ist  nicht 
aus  dem  rechten  fach,  nicht  von  dem  rechten  schlag  leule.  vgl. 
bücherfach,  querfach,  seitenfach,  Schubfach. 

10)  fach,  frovincia,  das  einem  übenciesene,  von  ihm  betriebene 
geschäß :  ein  mann,  der  sich  in  seinem  fache  fühlt ;  sein  fach 
war  die  theologie;  er  blieb  bei  seinem  fach,  zeichnete  sich 
aus  in  mehr  als  einem  fache  der  Wissenschaft,  glänzte  in 
allen  fächern;  das  ist  nicht  mein  fach,  schlägt  nicht  in  mein 
fach,  gehört  nicht  vor  mich;  er  ist  stark  in  seinem  fach; 

freunde,  mir  ist  die  Vernunft  zu  schwer, 

aber  die  liebe,  das  ist  mein  fach.    Platen  84'; 

der  graf  musterte  indes  die  übrigen,  er  fragte  einen  jeden 
nach  seinem  fache  und  änszerte  gegen  Melina,  dasz  man 
streng  auf  fächer  halten  müsse.  Göthe  18,  239 ;  Laertes  war 
hier  gerade  in  seinem  fache,  er  gieng,  den  Stallmeister  im 
namen  des  knaben  heraus  zu  fordern.  18,225;  wie  er  die 
gesellschaft  in  fächer  eintheilen  und  einem  jeden  seine  be- 
stimmte mitwirkung  übertragen  wollte.  18,  248 ;  da  die  weiber 
weder  den  mann  noch  sein  fach  verstehen.  J.  P.  papierdrache 
1.  108;  recensionen  aus  allen  fremden  fächern.  Fibel  25. 
ebenso  nnl.  het  was  een  groot  man  in  zijn  vak;  gij  moet 
het  vak  der  geschiedkunde  beter  beoefenen.  fc«  Staldeb  1, 348 
fach,  lagewerk,  pensum.    vgl.  hauptfach,  nebenfach. 

11)  tcas  heiszt  fasln,  sp.  1201: 

der  Herd  ist  nit  gespeist  zu  fach, 
dem  sinne  nach  tcol  nicht  vollkommen,  nicht  satbam,  so  dasz 
sich  die  falten  seines  magens  erfüllen?  denn  von  fachen,  fallen 
des  magens  ist  auch  sonst  die  rede:  das  ist  ein  zeichen  das  er 
hat  hitzige  dunst  in  den  fachen  des  mages.  küchenmeislerä  i6. 
es  könnte  aber  auch  gemänt  sein :  er  ist  noch  nicht  zu  dach  und 
fach  satt. 

FACH  als  adj.  entspricht  der  siebenten  bedeutung  des  subst., 
erscheint  jedoch  nie  auszerhalb  der  Zusammensetzung,  so  wenig 
als  ein  adj.  falt,  oder  gr.  ein  TtXovi,  lal.  ein  plex  erscheint, 
aber  die  composita  einfach,  zweifach,  dreifach,  vierfach  u.s.w., 
vielfach,  manigfach  sind  synonym  mit  einfalt,  zweifalt,  drei- 
fall, Vielfalt,  manigfalt,  welchen  heute  meistens  noch  ein  -ig 
angehängt  wird,    fach  =  plica  erlangt  dadurch  volle  bestdligung, 

daj  verraten  ist  drier  vacher.    Ls.  1, 435 
hat  den  sinn  von  ist  drivach.     doch  finden  sich,  wie  goth.  ain- 
falj)s  ahd.  blosz  in  übung  einfalt,  zuifalt,  drifalt  u.  s.  w. ;  ein- 
fach (o6en  sp.  168),  zweifach,  dreifach  (2, 1378)  zeigen  sich  erst 
späterhin. 

FACH,  j.  fech. 

FACHBAÜM,  m.  1)  longurius  molaris,  Stieler  114,  sonst  auch 
wehrbaum,  grundbaum,  der  das  wasser  vor  dem  gerinne  in  der 
höhe  erhält. 

2)  ein  Werkzeug  der  tuchmacher  zum  fachen  der  woüe. 

FACHBOGE,  m.  was  fachbaum  2. 

FACHE,  f  die  gefachte  wolle,  s.  fachen. 

FÄCHEL,  m.  F.\CHLEIN,  n.  1)  flameum,  flameolum,  peplum, 
voc.  1482  hs'.  DiEFENBACU  238*,  ein  schleier  der  Jungfrauen, 
nonnen,  velum,  mhd.  rise,  risella :  in  mehrer  anmerkung,  dasz 
,  sein  fürst,  weil  er  ihm  diese  Schönheit,  so  allbereit  zum 
fechel  gewidmet,  anders  nicht  habhaft  zu  werden  getraute, 
solche  auch  mit  gefahr  seines  lebens  zu  entführen  gänzlich 
entschlossen.  Hofmasnswaldao  heldenbr.  s.  26;  dasz  .\belard 
gezwungen  war  seine  ehegatten  nach  Argenteil,  unfern  von 
Paris  gelegen  zu  senden  und  sie  bis  auf  den  fechel  alldar 
einkleiden  zu  lassen,  s.  149; 

vertausche  demnach  nur  den  fachel  vor  die  haube, 
denn  er  ist  sicherlich  ein  schweres  freiheitsband. 
GcnTUER  594; 

nie  lob  Ich  sie  beim  spinner&dchen, 

denn  dieses  weisz  sie  nicht, 

wer  kann  da  etwas  schönes  sehen 

was  nur  die  häurin  thut? 

schön  kann  sie  ihren  fechel  drehen, 

denn  dieses  weisz  sie  gut. 

Osse:<felder  öden  und  licder  114; 

fechel,   leinwand  die  an  den  schleier  geheftet  herabhängt.    Haus- 

LEUTNEBS  schwöbisdies  archiv  2, 221.     offenbar  das  mhd.  falle 


Parz.  301, 28.  802, 1,  lat.  velum,  franz.  volle,  nnl.  wiel  und 
von  dem  folgenden  fächel  ftahrum  ganz  verschieden,  die  bäurin 
in  der  letztangeführlen  stelle  schieiert  siiJi,  trägt  aber  keinen  fächer. 
2)  fächel,  flabellum,  fächer,  eventail,  ü.  ventaglio,  sp.  abanico, 
aus  dem  folgenden  fächeln  gebildet: 

Eolster  einzuwiegen, 
rillen  zum  betnegen, 
fechel  wind  zu  machen, 
mehr  noch  solche  sachen 
sind  bei  bof  in  häufen 
niemand  darf  sie  kaufen.    Locau  . . . 

FÄCHELN,  ventilare,  regt  sich  noch  nicht  ahd.  mhd.,  auch 
haben  die  schweslersprachen  nichts  ähnliches,  aus  der  volksmundarl 
ist  höchstens  anzuführen  das  zerfächeln  des  Berner  Oberlandes 
für  auseinander  fallen,  zersplittern  (Stald.  1,  34S),  tcas  zerwehen 
bedeuten  könnte,  die  andern  composita  anfücheln,  auffächeln, 
befächeln,  erfächeln,  zufächeln  gehn  auch  nicht  weit  zurück 
und  weichen  bald  in  feckeln,  bald  in  wecheln,  wozu  sich  poln. 
wachlowad  fächeln  und  wachlanz  fächer  stellen  läszt,  vgl.  den 
eigcnnamen  Wachler.  bvhm.  gilt  fochrugi,  fochrovati  für  fächern, 
fächeln,  wecheln  beglaubigt  Diefe.nbach  611*  und  des  Mathe- 
siDS  aufwecheln.  selbst  bangein,  banklen  (l,  1104)  wäre  zu 
bedenken,  kaum  lat.  focillare,  refocillare,  außdcheln.  vgl.  auch 
fachen  und  wehen. 

unsem  dichtem  muste  das  einfache  wort  willkommen  sein,  zeigt 
sich  aber  erst  im  17  jÄ.,  häufiger  in  des  18  zweiter  hälfle. 

1)  intr. 

0  liebster,  was  bedeut  das  ungewohnte  röcheln? 

die  furcht  der  beiszen  brüst?  der  matten  lungen  fecheln? 

Fleiinc  144; 
lächelnde  weslwinde  schwärmen  um  ihn  und  kühlen  die 
Wangen.    Zacbarü  tagest.  37  (2,  33) ; 
der  mittag,  begleitet  von  fächelnden  stunden, 
eröfnet  sein  rüllhorn,  mit  blumen  umwunden, 
und  gieszt  es  auf  alles  verschwenderisch  aus. 

dessen  gedickte  1761  s.  539 ; 
immer  kann  der  west  nicht  fächeln, 

auch  der  nord  musz  einmal  wehn, 
will  man  sehn  den  himmel  lächeln, 

musz  man  ihn  auch  weinen  sehn.    Bdrhas!«  ged.  44; 
der  kannte  nie  der  liebe  lust  und  schmerz, 
der  nie  erfuhr,  wie  süsz  ihr  athem  fächelt.    Borger  69*; 
mich  labt  der  weste  lächeln 

am  hainquell.    Matthissok  124; 
vor  meines  liedes  fächeln 
scheint  ihm  die  weit  zu  lächeln.    RCcxzrt  199; 
blumen,  die  ich  mit  thränen  der  sehnenden  liebe  geträumel, 
die  ich  sprossen  gemacht,  lächelnd  mit  hauchen  des  webs. 

266; 
so  frug  ich  bange  zweifelnd  und  empfand 
im  wind  das  fächeln  schon  der  todeshand, 
und  fühlt  es  kühler  schon  im  herzen  flieszen. 

Lesau  n.  ged.  95; 

ein  fächelnder  abendwind.  J.  P.  Hesp.  4,  47 ;  er  wüste  nicht, 
wofür  er  das  ding  zu  nehmen  habe,  das  unsichtbar  an  der 
feuermauer  auf  und  nieder  hobelte  und  so  verdächtig  um 
ihn  ßchelte.   papierdrache  ^2,  41. 

2)  tr.  anwehen,  heranwehen, 

der  verliebte  himmel  lächelt 

in  die  gleicherwärmte  luft, 

welche  gleichsam  küsse  Tächelt 

auf  der  schwangern  erden  kluft.    Fleming  363 ; 

ein  bunter  thor,  der  tändelnd  uns  umflattert 

und  unterdes  er  sich  im  spiegel  selbst  belächelt, 

studierte  seufzerchen  mit  schaler  anmut  fächelt  (/'rüher röchelt). 

WiELAWD  y,  19 ; 
lose  kleine  amoretten, 
die  ihre  rege  glut  mit  goldnen  schwingen  fächeln.    9,293; 

lächelt 
denn  auch  so  schön  wie  hier  in  ihrer  lilienbrust 
die  Wollust  selbst  den  geist  der  jugendlust?    10, 182; 
süsze  liebe!  morgenrosen 
athmen  reiner  nicht  den  duft, 
sanfter,  ihnen  liebzukosen, 

rächelt  zetii  uiclit  die  luft.    Bois  in  Voss  musenalm.  17S9  s.  101 ; 
lieblich  fächeln  euch 

sanfte,  kühle  weste.    Weuze  kam.  opem  1,3; 
wenn  du  den  mittag  fühlest, 
gedrückt  von  heiszem  sonnenstral, 
'brichst  du  gesträucb  und  kühlest 
mich  fächelnd  allemal'.    1, 140; 
sanft  und  lieblich  ist  der  west, 
thal  und  aue  lächelt, 
wann  er  an  der  Flora  fest 
ihre  kinder  fächelt.    3,120; 

Dorchen  sinkt  halb  in  ohnmacbt,  Kunz  läuft  zu  ihr,  kniet 
neben  ihr  bin,  nimmt  ihre  band,  iüchelt  sie  mit  dem  hüte 

77* 


1223 


FACHEN —FÄCHER 


FÄCHERALOE — FACHREDE 


1224 


und  thut  alles  sie  wieder  zu  sich  zu  bringen.  Weisze  die 
jubclhochzcü  s.  172;  bei  welchem  actus  der  häuslichen  Juris- 
diction sie  selbst  mit  dem  kehrbescn  den  verabschiedeten 
ehegespan  zur  thür  hinaus  fächelte.  MusÄus  rotom.  650;  labe 
dich  indessen  an  dieser  luft,  die  jetzt  noch  so  wollüstig  deine 
reizbare  baut  fächelt.  KLI.^GEB  7,  140;  unsichtbare  bände 
fächeln  ihn  (den  mensclien)^  wenn  er  brennt  und  tragen  him- 
melsbluraen  vor  ihm  zur  Stärkung  vorüber.  J.  P.  papierdr. 
2,171;  verflucht  sei  die  luft,  die  dich  fächelt.  Scdiluer  151'; 

die  rose  spricht:  sein  mutb  ist  ungeraubt 

tlom  zefir,  meinem  dicner,  der  mit  >vitze 

mir  kühlung  gegen  deinen  brand  zu  rarlicln, 

und  daTür  zu  verdienen  weisz  mein  lächeln.    Rückert  402. 

3)  reß. 
Lisetie  .schweigt,  und  l.nchelt, 

wie  eine  dame  thut,  die  sieb  gelassen  ßcbelt.    Zacbariä; 
EO  schmachtet  er  am  bach,  wo  sich  die  musen  Tächeln, 
ein  iweiter  Tantalus.  Gotter  1,335. 

FACHEN',  discriminare,  aus  dem  vorausgehenden  fach  loculus, 
flica  lierzuleüen, 

1)  in  fachet  ublhcilen,  vgl.  einfachen  3, 168.  ausfachen  1, 852 
und  verfachen,  veithcilen.    Stieler  393. 

2)  canHj'narc  pUos,  lanam,  peclcndo  carpere,  ahd.  zeisan :  der 
hutmacher  facht  die  haare  mit  dem  fachbogen.  Broseniüs 
tcchnologie.  Leips.  1806  s.  129.  Scubid  175  schreibt  facken,  flachs 
brechen. 

FACHEN,  1)  sufflare,  nalivertvandt  mit  fächeln,  und  auch  erst 
seit  dem  17.  18  jh. 

ein  bfindel  reiser  wird  auf  dürren  kien  gelegt 

und  als  sie  ascli  und  kühlen  auTgeregt, 

facht,  bläst  und  hustet  sie  den  ganzen  stosz  zu  (lammen. 

Hacedorm  2, 101 ; 
wo  jeder  athemzug,  geschwellt 
von  dieser  zaubcriust,  den  funken 
des  horhgeliihl$,  das  uns  zu  göttern  macht, 
selbst  in  der  engsten  brüst  zur  hellen  flamme  facht. 

WlELAND   ö,  löO ; 

so  wie  nahrung  empfangt  von  wehenden  winden  ein  kleines 
unter  umhüllender  asche  geheim  verborgenes  fünklein, 
wie  es  erwächst  und  gefacht  zu  den  vorigen  kräfien  empor- 
steigt.   Voss; 

bis  ins  innerste  mark  fachte  er  mir  die  flammen,  die  ihn 
durchwühlten.  Götbe  10, 148 ;  der  tausend  legionen  schuld- 
loser engel  in  rebellisches  feuer  fachte.    Schiller  122'; 

stein  uud  ftlsen  ihre  herzen, 

ihre  seelen  nacht, 
von  des  himmels  flammcnkerzen 

nie  in  glut  gefacht.    lü'; 
(Ja*  reclil),  das  Wissenschaft  und  geistesglut 
getreulich  nährt  und  facht.    Uulanp  ged.  114; 
wenn  Kamilla  nun  erwacht 
und  das  lämpchen  freundlich  facht.    191 ; 
das  ist  der  Taillefer,  der  so  gerne  singt, 
im  hofe,  wann  er  das  rad  am  bninnen  schwingt, 
im  saale,  wann  er  das  feuer  schüret  und  facht, 
wann  er  abends  sich  legt  und  wann  er  morgens  erwacht. 

405  (421) ; 
wenn  zur  flamm  den  funken  facht 
ginge  nachsieht.    Tieck  1,421;         ^ 
der  samenfUnke  glimmt  im  erdrelche, 
bis  man  die  tulpenflamme  facht  endlich.     Pi^lten  76*; 
auch  satte  sie,  ■nie  ihr  berichtet  ward, 
dasz  KoTands  schwert  gewaitgen  bader  fachte 
im  Sericanen  und  in  Mandricard.    Gries  ^r.  31,47. 

üblicher  ist  die  gleidibedeulige  Zusammensetzung  anfachen,  man 
darf  facht  sufßal,  accendit  nicht  vermischen  mit  facht  für  fahl, 
fäht  eajiit  von  faben. 

2)  refl.  sich  fachen,  fächeln,  fächern: 

dann  crbolten  sieb  die  dumen,  husteten  und  fachten  ticb. 

DiscH  der  »clwszhund.  Allona  1756  $.  40; 

nach  den  losten  eingetheilt  saszen  lords  bei  ihren  damen, 
und  die  letzten  fachten  sich,  wenn  die  ersten  tohack  nahmen.  45. 

FÄCHER,  ffl.  carminator,  ein  das  fachen,  »eisen  verrichtender 
luchbcreitrr,  hutmacher. 

FÄCHEH,  m.  flabellum,  was  fächel:  ein  so  freundschaft- 
licher verweis  ist  in  der  freundschafl  so  angenehm,  als  in 
der  liebe  ein  schlag  mit  dem  f^cher.  aber  machen  sie  es 
ja  auch,  wie  ein  mädchen,  das  seinen  geliebten  mit  dem 
fftchcr  schlagt.    Cbo;<eck  bei  Geliert  8,183; 

iizt  schllRt,  Uzt  droht  *ie  mit  dem  fAchcr, 
sie  scherzt  mit  ihrer  nn(  hharin. 

ItosT  hiilttti-  im  tatchenb.  für  dichter  6,117; 
ibre  ftcber  waren  lefrrs  flUgcl 
uud  der  morgeuhaiu  Ibr  putzgemacb.    IIÖLn  198. 


FÄCHERALOE,  f  aloe  plicatüü. 

FÄCHEUßAUM,  m.  geldnderbaum,  der  an  den  fächern,  Spa- 
lieren stelU. 

FÄCHERBLATT,  n.  er  rupfte  immer  mehr  breite  fächer- 
blätter  aus  seiner  grünenden  spanischen  wand  {aus  der  dichten 
laube).   J.  P.  Tit.  2, 15. 

FACHERCHEN,  n.  flabeUulum. 

FÄCHERFALTE,  /".  plica  flabeUi:  der  grundrisz  dieser  Stadt 
gleicht  einem  fücher,  in  welchem  das  markgräfliche  schlosz 
den  knöpf,  die  verschiedenen  hauptstraszen  eben  so  viele 
fächerstäbe  oder  fücherfalten  vorstellen.  Campes  Amder  und 
jiigendschr.  1830.  18, 197.  es  könnte  auch  hciszen  fächerfach, 
denn  hier  sloszen  die  bcdcutungen  fächer  (lou  fächern,  fächeln) 
und  fach  an  einandn. 

FÄCHERFALTER,  m.  phalacna  ducita,  eulchen,  geistchen, 
motte. 

FÄCHERFARN,  m.  adiantum  flabellatum. 

FÄCHEHFISCH,  m.  coryphaena  velifera. 

FÄCHERFÖRMIG,  flabeUifurmis. 

FÄCHERIG,  loculalus,  in  fächer  abgetheilt. 

FÄCHERMACHER,  m.  confedor  flabellorum. 

FÄCHERN,  ventUarc: 

netter  würden  oft,  dir  zum  verdrusz, 

nach  mir  schielend,  sich  die  mädchen  fächern. 

ScuaiDT  vox  Wernilchin  t.  92. 

FÄCHERPALME,  /".  borassus  flabclliformis. 
FÄCHERSCIILAG,  m.  hinaus!  oder  ich  lasz  mein  kammer- 
mädchcn  kommen  und  ihnen  mit  fächcrscblägen  diesen  läster- 
mund  zerplatzen.  Klingers  th.  2,  224;  Schoppe  führte  ein  tage- 
buch,  worin  sein  freund  lesen  durfte,  nur  musters  vergeben, 
wenn  er  darin  zornige  facherschläge  und  noch  dazu  mit  dem 
harten  ende  wegtrug.   J.  P.  Tit.  4,  5. 

FÄCHERSCHWAMM,  m.  spongia  flabclliformis. 
FÄCHERSCHWANZ,  m.   loxia   flabeliifera,   fr.   la  queue  en 
^vcntail,  ein  ausländischer  fisch. 
FÄCHERSPIEL,  n. 

das  eitle  flittcrmädchen 
vergasz  bei  dir  des  fachcrspiels. 

Voss  im  musenalm.  von  1777  s.  174. 

FÄCHERSTAB,  f?).  to«7/«nj/?aie//i.'  sie  guckt,  wie  verschämt 
vor  Gürgc,  durch  die  fächerstäbe  hindurch.  VVeisze  kom.  opern 
1,  77.     vgl.  fächerfalte  und  fächern. 

FÄCHERTRÄGERIN,  f.  flabeliifera. 

FÄCHERWIND,  m. 

unsrer  schönen  kreise  iacherwind.    Herder  3,32. 

FACHGELEHRT,  suam  artem  doctus. 

FACHGELEHRSAMKEIT,  f. 

FACHGENOSZ,  m.  coUega. 

FACH  GERTE,  /".  gefleckt  um  das  fachholz. 

FACHGRINT,  repagulum,  crales  ad  capiendos  {nsces,  ton  fach  1 : 
da;  wir  verluhen  haben  . . .  burgern  zu  Spire  und  iren  erben 
die  hienachschriben  salinengrundc  uf  dem  Rinc,  von  ersten 
da;  Reldcch,  andenvarbe  Santwich,  andenvarbe  Vacbgrini 
obewendig  Germerslieim  gelegen,  anderwarbe  da;  Piilserboubct 
«.  s.  ff.  urk.  pfalzgraf  Biipixchls  von  1357  «n  Mones  zeitschr. 
4,  75.  76.     grint  ist  das  ahd.  krintil,  ags.  grindel. 

FACHHOLZ,  n.  sciwaches  bauholz  zu  den  vänden,  das  nicht 
rieikanlig  gearbeitet  werden  kann. 

FAClilCHT,  loculatus,  du:tinclus,  in  fächer  getheilt.  Stieler  393. 

FÄCHIG.  dasselbe:  cinPächig,  zweifächig  u.s.ie.    s.  f^chtig. 

FACHKENTNIS,  f.,  die  für  ein  gewisses  fach  erforderte. 

FACHLEHRER,  m. 

FÄCHLEIN,  n.  1)  locellus,  kleines  gefach:  nach  den  blumen 
folgen  dicke  knöpflcin  mit  zweien  filrhlein,  welche  voll  samens 
sein.  Tabernaemontasds  1208.  bohnenfachlein  fabarum  valvulae, 
ncbenrjchlein  lu  der  lösche.   Stieler  392. 

2)  Schleier,  s.  fächel  1. 

FACHMÄNNER,  pl.  mdnncr  vom  faclie. 

FACHMENSCIL  m.   homo   ad  suam  provincMm  a/^.-       .. 
hfthcrn    Icbranstaltcn    haben  den  /werk   für  den  .staal  mi.p- 
liclist  brauchbare  fachmcnscheu  grosz  zu  zicbii.  nilg.  am.  der 
Deutschen  1S45  s.  3609. 

FACHORÜNER,  m.  distrWutor  loeorum  scientuie:  derselbe 
grosze  mann  und  fnchordncr  (Liime).    J.  P.  dofpelirOrter  s.  \<. 

FA(  HORDNUNG,  f. 

KA(  IIREDE,  f  sermo  taptiosut,  rerflngliche  rede,  die  ein  fnrh, 
ctnen  htnterhnll  marht:  eben  diese  scblusz  und  f.ichrod  wollen 
wir  auflösen.    Frank  31. 


1225 


FACHREÜSE  —  FÄCHSER 


FACHSEREI  — FACIT 


1226 


FACHREUSE,  f.  nassa,  fisdireuse,  fachgrinl,  gleichviel  mit  dem 
bloszen  fach. 

FACHS,  m.  coma,  caesaries,  ahd.  fahs,  mhd.  vahs,  ags.  feax, 
altengl.  fax,  altn.  fax,  juba.  nhd.  edosclien,  eine  spur  davon  im 
lolhringischen  scheinbaren  pl.  faces  für  locken:  rouler  ses  faces. 
ses  cheveux;  qui  tous  a  fail  vos  faces?  qui  tous  a  peignc? 
wer  hat  dir  deine  locken  gemaclU  ?  Micbel  diction.  lorrain.  l^ancy 
1S07  p.  S7.  auch  übrig  im  Schweiz,  fachs,  schlecliles  bergheti 
(Stald.  1,  34S),  da  sich  tcürter  für  gras  und  haar  begegnen  ;  sodann 
im  bair.  feuerfachs,  roflthaar,  rotlJMpf,  von  menschen,  pferden, 
hunden  (Scas.  1, 508.  Hofer  1,  213).  von  uns  entlehnt  böhm. 
faus,  fausek,  ptlln.  was,  barthaar  und  auch  ranke  der  pflanzen^ 
vgl.  gal.  feusag  hart,  \r.  fesog  (Stokes  p.  42).  würzet  falian, 
wie  capillus,  cabello  ton  capere,  vgl.  pectere,  peclim  explicare. 

FACHS,  m.  nugator,  scurra,  östr.  steirixh,  salzb.  fex,  feggs 
blödännig,  cretin,  zu  f  feckin  sich  verhaltend  wie  fuchs  zu  fobe, 
lapps  zu  lappin,  tapps  z«  tappin  (Scbm.  I,  510).  die  mildere 
bedeutung  possenreiszer  bd  Hüfer  l,  214  und  in  der  zeilschr.  für 
mundarten  2, 341  unter  fax  und  fex.  Phil.\nder  1, 42S  sieht 
feix,  offenbar  dem  folgenden  unmittelbar  rawandl,  kaum  mit 
facbilator,  praestigialor  bei  Ducange  3,  i'i9. 

FÄCHSE,  FAXE,  f  jocus,  nugae,  zumal  im  pl.  faxen  passen, 
spdsse,  einfalle,  geh,  das  sind  faxen!  Sch».  1,508.  brem.  wb. 
1, 334.  faxenmacher,  possenreiszer.  zeitschr.  f.  mundarten  2,  341. 
5,  227.  in  fächs  scherzweise  hat  Schjcid  173  und  narrenfex  narr. 
die  ableitung  aus  tat.  facetiae  sehr  unsicher,  obxhon  auch  falzen, 
fatzmacher  zu  erwägen,     vgl.  flxfax,  nl.  ükfakken. 

FACHSEN,  FECHSEN,  FEXEN,  messen»  facere,  heimschcn,  ein- 
heimschen,  einernten.  Schm.  1,  505.  zeilschr.  6,  ISO.  Hüfer  1,  208. 
liesze  es  sich,  statt  unmittelbar  auf  fahen,  fangen,  nicht  zunächst 
auf  fachs  coma  beziehen,  dem  wir  die  bedeutung  von  heu  und  gras 
zustehen  sahen?  fächsen  ifdre  dann  grasen,  heuen,  abgrasen, 
ernten,  wobei  die  Verwandtschaft  zwischen  haru  linum  und  bar  crinis 
in  betracht  käme,     auch  scheint  dafür  zu  sprechen  das  folgende 

FÄCHSER,  FECHSER,  m.  viviradix,  würzling  (von  w-urz,  goth. 
vaurts,  radix,  neben  aurts  herba),  von  fachs,  haar,  gras,  faser? 
fast  entscheidend  ist,  dasz  die  in  erde  gelegten  rebknoten  im  ersten 
jähre  gräslinge  und  erst  im  zweiten  jähre,  wenn  sie  hekleiben, 
fächser  heiszen,  der  lat.  Sprachgebrauch  unterscheidet  propagines, 
nviradices  und  sarmenta,  gräslinge,  fachser  und  senker,  obschon 
diese  Zusammenstellungen  nicht  ganz  sicher  sind.  Luther  sagt 
feser  der  reben  {Es.  5,  7.  16,  8.  17, 10.  fiahum  2, 3),  welches 
feser  nach  nd.  weise  mit  ausgeworfnem  ch  dem  hd.  fechser  ent- 
spräche, wobei  auch  böhm.  fazar  2«  vergleichen  wäre,  mehr  davon 
unter  faser.  Frisius  und  Maaler,  Dasypodius  haben  unser  worl 
nicht,  zuerst  finde  ich  es  bei  Hexisch  1027 :  fechser,  banimer- 
ling,  schieszling,  malleolus,  surculus  nodosus  aptus  ad  germen 
et  incisionem  rilium  generandam,  ein  behendigke.it  weinfechsere 
fortzupflanzen,  fechser,  junge  fechser,  semina  rineatica,  ein 
ort,  da  man  junge  fechser  auferzeugl,  semtHariHm.  tnTnERASDERS 
aenigmatographia  rythmica,  rätzelbuch  in  teudsehe  reim  verfasset, 
o.o.u.j.  {aus  dem  anfang  des  l' jh.)  heiszt  es  vom  weinstock: 
vil  töchterlein 
kann  ich  oha  mann  wol  zeugen  fein, 

mit  der  anmerkung  'fächser'; 

das  annoch  junge  reis,  das  an  der  wunel  klebet 
und  noch  der  jugead  saft  mit  zarten  fechsern  zeucht. 

Weise  noifiwend.  ged.  s.  49 ; 
Noah  hat  uns  ihm  verbunden, 
dasz  er  most  und  wein  errunden, 
und  die  fecbser  erst  gesetzt,    pot.  colica  ü3. 

Stieleb  524,  der  aus  Hesisch  schöpft,  fügt  hinzu  fechser  legen, 
semina  ponere,  traducere;  einen  weinberg  mit  jungen  fechsern 
aussetzen,  vineam  malleolis  novis  restaurare.  fechser  in  Wein- 
bergen legen.  Hoiiberg  3,  92*.  Tdränuart  im  weinbau.  Naum- 
burg 1S45  s.  33 — 39  unterscheidet  senker,  senkreben  von  fäcbsem, 
slockflichsern,  kaum  waren  die  ausdrücke  sich  überall  gleich, 
fächser,  das  heute  auf  den  weinberg  eingeschränkt  bleibt  wird 
früher  allgemeiner  auch  von  den  ersten  trieben  und  schieszlingen 
andrer  gewächse  gegolten  haben,  wie  ahd.  isnild  wlnarCpönft 
sarmenta,  snitilingd  surculi,  sumarlatd  propagines,  vibiccs.  unsere 
neueren  dichter  enthalten  sich  des  wortes  fächser  oder  kennen  es, 
wie  fachs,  nicht  mehr,  i.  P.  braucht  es  begierig:  denn  dieperücke 
schien  aus  dem  köpfe  ...  als  eingeborner  und  fechser  her- 
ausgewachsen. Ilesp.3,U;  der  erbprinz  Luigi,  der  letzte  hohl- 
rfthrigc  schusz  und  fechser  des  Hohenflieszer  mannsstammes. 
Tit.  1,  76 ;  wie  schulleute  mit  den  Säuglingen  nnd  fechsern 
ihrer  seeie  zu  reisen  haben,  lii.  nachl.  4, 163 ;  weintächser 
von  Frankfurt  angekommen.    Gütbe  an  fr.  v.  Sl.  1, 160. 


FACHSEREI,  f.  nugae,  possen: 

der  gaudieb  macht  ihr  tausend  faierein, 
läszt  jetzt  sie  nahn,  ganz  langsam  srbleicbend, 
eutl'erut  sich  dann  und  flieht  dem  winde  gleich. 
Gries  Bojardo  2, 17, 3. 
FäCHSERN,  propagare,  propaginibus  ampliare,  fast  nur  in  den 
Zusammensetzungen  ausfächsem   1,  842.     beföcbsem.    Stieler 
524.     enträchsern  3,  516. 

FACHT  für  fach  begegnet  zuweilen  in  einfach!,  zwlfacht,  drei- 
facbt  u.  s.  w.  Ölingers  gramm.  s.  81.  mit  unorganisch  ange- 
hängtem t,  wie  in  erzt,  axt,  obst,  habicht,  käficht  u.  a.  m. 
vgl.  ßchtig. 

FACHT,  f.  flabellum,  auch  ausgesprochen  focht,  tu  der  Wetterau 
für  fächer,  z.  b.  sonnefocht,  sonnenfächer.  s.  fächlel  und  focher, 
fucher. 

FACHTAG,  tn.  fangtag,  an  dem  man  Üuere  fängt,  eriegl: 

war  ist  des  ahen  Sprichworts  sag, 

es  sei  wol  alle  tag  jagtag, 

fachtag  sei  aber  nit  allwegen.    11.  Sachs  1, 427*. 

FÄCHTEL,  was  fächel.    Daxneil  48": 

spannt  sich  gleich  einem  fachte!  aus.    Bsockes  3, 594.  4, 129. 

FÄCHTELCHEN,  n.  flabellulum: 

durch  ihrer  flügel  spielen 

als  mit  zwei  fäcbtelchen  ...  zu  kühlen.    Brockis  1,217. 

FACHTEN,  abeichen,  visieren,  pfächten.    Schxelier  1,  507. 

FACHTIG,  in  zwifachtig,  duplex,  voc.  ine.  teut.  ante  lat. 
wetterauisch  fächtig  :  einfachlig  «.  s.  w.  bair.  zwifachli,  dri- 
fachti.    ScHX.  1,508. 

FACHTISCH,  ffl.  tisch  zum  fachen  der  wolle. 

FACHTL'A'G,  f.  'gediilf,  gedult'  sagte  ich  zu  mir  'gut  ding 
wil  weil  haben,  erlangst  du  diesen  dienst,  so  kanst  du  diesen 
schindhunden  diese  fachtung  schön  eintränken',  Simpl.  Spring- 
insfeld 1,1,  unverständlich  und  vielleicht  absichtlich  verdreht  oder 
entstellt. 

FACHCNG,  f.  loculorum  distinclio.  Stieleb  393  und  ebenso 
ausfacliung.  einfachung,  verfachung. 

FACHWAND,  f.  wajid  aus  fachwerk,  im  gegensatz  zur  steinwand. 

FACHVVEISE,  loculatim:  alles  fachweise,  nach  fächern  ge- 
ordnet. 

FACHWERK,  n.  l)  parietes  craticii,  die  fächer  der  wand, 
bildlich,  die  vier  wochen  in  Karlsbad  denke  ich  einer  revision 
meiner  naturwissenschaftlichen  bemühungen  zu  widmen,  ich 
will  sehen,  dasz  ich  ein  Schema  dessen  was  ich  schon  ge- 
than  habe  und  wohin  ich  mich  zunächst  wenden  musz  auf- 
setze, um  nur  erst  ein  fachwerk  für  die  vielen  zerstreuten 
erfahrungen  und  betrachtungen  bereit  zu  haben.  Göthe  an 
Sdtiller  77. 

2)  ein  im  fach  einer  Wissenschaft  ausgearbeitetes  werk. 

FACHWISSENSCHAFT,  f 

FACHZAHN,  m.  dens  praedae  cajxendae  destinatus,  der  fang- 
zcthn  eines  hundes  oder  ebers: 

als  aber  der  hund  wurd  beladen 
mit  jaren  und  Qlter  beschwert, 
wurd  er  treg  «nd  der  rhu  begert, 
wann  ihm  waren  sein  fahzeen  voren 
verstumpft,  het  ir  ein  theil  verloren. 

H.  Sachs  II.  4,  S4'; 
der  fachzabn  eines  hauenden  wilden  scbweins.  Hohbebc  1, 292' ; 
die  zween  fachzähne  {des  hoßundes)  sollen  lang,  scharf  und 
stark  sein.   2,316'. 

FACILET,  s.  faccnedein.  ßr  die  herleitung  aus  fascia, 
fasciola,  it.  fascinola  spräche  folgende  stelle:  die  männer  tragen 
ein  facilet  auf  dem  haupt  nach  mörischen  sitten.  Fraük 
wellb.  213'.    fatzolin,  fatzeunlein,  facitergium.  voc.  th.  14S2  h4\ 

FACIT,  n.  summa,  gebildet  tcie  debet,  placet  u.  a.  m.  das 
facit  herausbringen,  conficere  summam,  die  rechnung  macht 
(facit),  bdrägt  zehn  gülden; 

lege  recht,  schreib  recht,  sprich  recht, 

so  kompt  dir  auch  das  facit  recht.    Hemsch  967 ; 

seid  ihr  mit  der  rechnung  fertig?  wie  viel  ists  denn?  'dar 
sehet  ihr  das  facit'  (gibt  ihm  das  brct).  Heixb.  Jdliüs  s.  467. 
oft  für  ergebnis,  ertrag,  endlicher  schlnsz:  schweig!  das  facit 
'diese  well  keines  pfifferlings  werth*.  Fr.  MJjller  2,22;  ge- 
wöhnlich vergeszt  ihr  aber  auch  über  eurem  addieren  und 
balancieren  das  eigentliche  facit  des  lebens.    Göthe  IS,  51 ; 

entweder  beides  oder  kein« 

must  du  in  rechnung  schreiben, 

und  immer  wird  das  facit  eins 

dein  eigner  werth  dir  bleiben.    RCcckkt  234. 

man  sagte  sein  facit,  seine  rechnung  auf  etwas  machen :  hatte 
sein  facit  auf  die  baieriscbcn  gemacht.    Chemnitz  it.  5,  272'. 


1227 


FACK— FACKELBOTE 


FACKELBRAND  —  FACKELN 


1228 


FACK,  n.  porcellus,  porcus,  mit  ausgeworfnem  r  in  Baiern, 
Tirol  u.  s.  w.  für  das  ahd.  farh,  farah,  pl.  farihir,  fcrihir,  mhJ. 
varch:  woher  hast  du  denn  die  kutt  (lierdf)  facken?  Zincerle 
hausmärchen  2,  9.     Stalder  1, 348  schreibt  fack,  fähg.    s.  fackeln. 

FÄCKE,  m.  ala.    s.  fiicken. 

FACKEL,  f.  fax,  facula,  taeda,  ahd.  facchala,  fachala,  ags. 
fäcele  und  })äcelc,  nihd.  vackel,  nnl.  vakkel,  schw.  fackel,  ddn. 
fakkel;  oft  in  biid  und  gleichnis.     mhd. 

da;  schcene  wip  von  hüber  kür 

bescheidenliclie  dühte, 

daj  ir  von  herzen  lühtc 

ein  vackel,  des  geloubcnt  mir, 

diu  gewahsen  wäre  üj  ir.    tr.  kr.  357. 

nhd.  und  er  teilete  die  dreihundert  man  in  drei  häufen  und 
gab  einem  iglichen  eine  posaun  in  seine  hand  und  ledige 
krüge  und  fackeln  drinnen,  rieht.  l,l&;  also  bliesen  alle  drei 
häufen  mit  posaunen  und  zubrochen  die  krüge,  sie  hielten 
aber  die  fackelen  in  irer  linken  hand  und  die  posaunen  in 
irer  rechten  hand.  7,20;  aus  seinem  munde  faren  fackeln 
und  fewrige  funken  schieszen  heraus.  Ihob  41,10;  bis  das 
ire  gerechtigkeit  aufgehe  wie  ein  glänz  und  ir  heil  entbrenne 
wie  ein  fackel.  Es.  62, 1 ;  seine  äugen  wie  ein  fewrige  fackel. 
Dan.  10,6;  und  Elias  brach  erfur  wie  ein  fewr  und  sein 
wort  brant  wie  eine  fackel.  Sir.  48, 1 ;  kompt  er  dahin  mit 
fackeln,  lampen  und  mit  waffen  {goth.  mi|)  skeimam  jah  haizam 
jah  vfpnam).  Joh.  18,3;  und  es  waren  vil  fackeln  auf  dem 
Söller,  da  sie  versamlel  waren,  apostelg.  20,  8 ;  und  es  fiel 
ein  groszer  slern  vom  himel,  der  braute  wie  eine  fackel. 
offenb.  8, 10 ;  'das  licht  macht  eine  fackel',  wenn  es  zu  grosz 
brennt; 

der  ist  ein  narr,  der  macht  ein  für 

das  er  dem  sunnenschin  geh  stür, 

oder  wer  fackeln  zündet  an^ 

und  wil  der  sunneo  glast  zu  stan  (beislehen).    Brant  28,3; 

lasset  euch  die  fackel  ofTentlicher  warheit  unter  die  nasen 
stoszen.  Jon.  Wigand  die  netven  Willenberger.  Künigsb.  lh^b.  lo'; 
der  kadi,  diese  fackel  der  gerechtigkeit,  die  der  sultan  den 
geraden  weg  des  rechts  und  die  krummen  und  finstern  pfade 
des  Unrechts  zu  beleuchten  aufgestellt  hat.  Wieland  8,377; 
er  drehet  aus  den  banden  des  gefesselten  Hymen  die  hoch- 
zeitliche fackel,     Thümmel  Wilhelmine  125; 

das  ach  und  weh  dar  crcatur 

hat  laut  dich  vor  gericht  pefodert, 

wo  hoch  der  räche  fackel  lodert.    Borger  71'; 

der  enge),  der  mit  leichtem  llug 

die  fackel  seines  schönen  lebcns 

bellleuchtend  sonst  voran  vor  unscrm  Lessing  trug, 

kehrt  rasch  mit  einem  mal  sie  um.    Gökingk  3,233; 

des  lebens  mai  blüht  einmal  und  nicht  wieder, 

mir  hat  er  abgeblüht. 

der  stille  gott,  o  wninet  meine  brüder, 

der  stille  gott  taucht  meine  fackel  nieder 

und  die  erscheinung  flieht.    Scbiller  20'; 

damals  trat  kein  gräsziiches  gerippe 

vor  das  bett  des  sterbenden,    ein  kus 

nahm  das  letzte  leben  von  der  lippe, 

seine  fackel  senkt  ein  genius.    22'; 

0  schleudre  nicht 
die  fackel  in  das  unglückselge  land, 

das  noch  vom  alten  kriegeshrande  raucht.    Uulands  Er» «{  44 ; 
todt  ist  der  Werner,  todt  ist  Kiinrads  feind, 
die  fackel  und  das  heerhorn  alles  Streits.    130. 

laufende  fackeln  sind  Irrlichter,  unw.  doct.  747.  eine  kieferarl 
führt  den  nnmen  fackel,  pinus  laeda,  auch  die  köpfe  und  bluten 
der  distel  heiszen  zuweilen  fackeln,  s.  fackeldistel,  und  Scnmo 
175  hat  fackel  für  papaver,  mohn.  in  der  Sternkunde  wnden 
die  helleren  flecken  der  sonne  (ßeichfalls  fackeln  genannt. 

FACKELARTIG,  inOar  faät:  flamme,  die  bell,  fackelartig 
brennt. 

FACKELAUFZUG,  m.  pompa  festa  cum  faeibus  ardentibus, 
t.  fackelzug. 

FACKELAUGE,  n.  leurhlendes,  funkelndes  äuge:  Albano  sah 
feurig  nach  ihr  {der  maske),  »eil  ihm  vorkam,  es  könne  Ho- 
(luairol  sein,  denn  sie  hatte  dessen  wuchs  und  fackelaugc. 
i.P.  Tit.  3,105;  schlug  mit  ihrem  schwarzen  fackelaugc.  Ut. 
nachl.  4,241. 

FACKELBAUM,  m.  viburnum  opulus. 

FACKELBELEUCFITUNG,  f. 

FACKELBLUME,  f  rerbaseum  Ihapsut,  vidleieht  vom  fackeln, 
hin  und  herfahren  der  .'itaude? 

FACKELBÜTE,  m.  prarlucent  famulus:  verlangt  dem  herreu 
auch  nach  seinem  fnrkciboten?  *magd  wie  viel  Kchlug  es 
jetzt?'  jungfernanatomic  125. 


FACKELBRAND,  m.  fax  vilae,  lebens  fackel  : 
er  führet  dich  bei  seiner  band, 

weicht  nie  von  deiner  selten, 
gibt  nahrung  deinem  fackelbrand 

ohn  zahl  der  jähr  und  zeiten.    Spee  trutzn.  170(187). 

FACKELDISTEL,  f.  hellblühender  cadus:  fackeldistel,  die 
sich  blosz  durch  stacheln  nährt.  J.  P.  dämm.  C5;  Pope  mag 
als  eine  aufblühende  fackeldistel  io  der  wüste  prangen,  aeslh. 
1, 196.     s.  fackeiblume. 

FACKELCHEN,  n.  facula,  fackelchin.    Hemsch  967. 

FACKELEL  f.  discursus,  herumschweifen,  vgl.  fackeln:  wo 
christliche  oberkeiten  die  Studenten  von  den  üppigen  klci- 
dungen,  von  den  rülpischen  gebärden,  von  den  rekelischcn 
fackeleicn  nicht  ernster  abhalten,  werden  sie  am  jüngsten 
gericht  schwäre  rechenschaft  zu  geben  haben.  Philander 
1,  439  (440). 

FACKELFEUER,  n.  flammendes,  gtoszcs  feuer ,  loderfeuer. 
Stieler  476. 

FACKELFLIEGE,  f  fulgora,  ein  leuchtendes  insecl,  sonst  latem- 
träger,  engl,  lanthornfly. 

FACKELFÖHRE,  f  pinus  süveslris. 

FACKELGLANZ,  m. 

lieblich  strahlt  des  baches  spiegel 

Uespers  fackelglanz  zurück.    Hatthisson  213. 

FACKELGLUT,  f 

aus  seinen  äugen  sprühts  wie  fackelglut.    Gries  Ar.  3G,  57. 
FACKELHOLZ,  n.     item,   welcher  bei  tag  ein  staud  oder 
fackelholz   abhawct   und   ergriffen  wird,    ist  schuldig  jiuiker 
Hansen   10  malter   habern   zu  verleidingen  und  dem  förster 
ein  gülden,    weisth.  1,444.     was  für  ein  holz?    die  hohe  busze 
deutet   auf  ein  geweihles.     verbascum  thapsus  heiszt  sonst  liiui- 
melbrand,  königskerze,  gewöhnlich  fackeiblume,  fackelkraut. 
FACKELJAGD,  /".  nächlliclie  jagd  bei  fackelschein. 
FACKELJÜNGLING,  wi.  der  die  fackel  senkende  todesengel : 
ruht,  ihr  weichen  seelen, 
die  das  leben  kalt  umstürmt  1 
ruht,  wie  in  den  schlummerhölen, 
die  der  fackeijüngling  schirmt!    Tiedgr  elegieen  1,124. 

FACKELKRAUT,  n.  verbc^cum  thapsus,  s.  fackclholz. 
FACKELLAUF,  m.    lafiziaSrjS^onia,    wctüauf  mit  fackeln, 
welche  die  Schnelläufer  brennend  erhalten  musten. 
FACKELLICHT,  n.    mhd.  vackelnlieht: 

üf  dem  mäste  dar  enboben 

ein  vackelnlieht  so  schöne  quam.    Marienlegendcn  87,96, 

WO  das  Dioskurenlicht,   wie  es  auf  den  maslbdumen  der  .<cA»/fe 
flackert,  gemeint  wird;  nhd. 

welch  ein  freundlicher  gott!  wie  er  sein  fackelHcht 
unter  die  schatten  des  hains  und  der  gesträuche  mengt, 
wie  er  den  silbernen  teppich 
über  die  scheiteln  der  hügel  wirft! 

HöLTT  hymnus  an  den  mond  8. 
FACKELMACHER,  m.  lychnopoeus.  Stieler  1193. 
FACKELN,  l)  vibrare,  agilarc,  concutere,  alid.  faciian,  faclan. 
Maltli.  12,  20  wird  arundinem  quassalam  m  der  alten  übcrsetzunij 
gegeben  rörea  gafaclita  {bei  Litther  das  zustoszen  rhor,  agi;. 
töcvysed  hreod),  was  Graff  3, 446  sogar  für  einen  lesefchlcr 
hält,  und  nicM  mit  facula  3,  433  zusammenstellt,  doch  bedeutet 
auch  nhd.  fackeln  die  unstilc  bcwegung,  wie  sie  von  der  flamme 
ausgeht,  das  flackern,  flattern  und  schultern,  schwanken:  das 
ists  was  ihm  fehlt,  cntschlossenhcit,  kühles  blut.  da  fackelt 
der  köpf  gleich  hinauf,  hinunter,  sieht  tausenderlei  um  sich 
her.  Fr.  Müllers,  177;  ich  sollte  des  gebrauchs  der  Sprich- 
wörter entbehren,  die  doch  statt  vieles  hin  und  herfackelns 
den  nagel  gleich  auf  den  köpf  treffen.  Gütiie  25, 58 ;  die 
lanternen,  die  da  all  mit  leutlein  durch  die  strasze  fackelten. 
Bettina  br.  2,180; 

die  flamme 
fackelt  noch  einmal  auf  und  erlosch. 

Kosrcahtin  ged.  {Hitogar  und  Wanda). 

Alb.  von  RUtte  23   führt  aus  GorrnELF  an  feckeln,  flackern 
eigentlich  und  bildlich. 

2)  dies  untichere  sdiwanken  drückt  dann  auch  zweifeln,  fabeln  aus : 

die  glocke,  gincko  tAnt  nicht  mehr, 

die  mutter  hat  gefackelt. 

doch  welch  ein  schrecken  hinterher, 

die  glocke  kommt  gewackelt.    Görni  1,224. 

3)  nicht  fackeln  meint,  seiner  sache  sidter,  nicht  zaudern  oder 
säumen,  keine  umstände  machen  etwas  in  thun:  welcher  linr- 
nuf  nicht  gefackelt,  sondern  sich  in  aller  »lillr  in.^  haus 
praclicieret.  Fcheub.  1,114;  diejenigen,  welche  mit  der  litn- 
incrait  umzugehen  \^ ••■='■•"    firkcltcn  auch  nicht.  3,271;    da 


1229 


FACKELN— FACTOTUM 


FÄDCHEN— FADEMEN 


1230 


ich   denn   nicht   fackeln   werde,   ihm  das  lebenslicht  auszu- 
blasen. 4,221;  wollts  nicht  mit  Lessing  verderben,    er  fackelt 
nicht.  Claudius  1, 130 ;  ich  werde  da  nicht  lange  fackeln;  de 
buur  fackelde  nich  lange.  Lyra  plattd.  br.  101; 
a  Wittfrau  dörf  nit  fackln  lang, 
sie  bleibn  hocked  gern  (6/.  sitzeti). 

Weikert  ged.  in  ISürnb.  mundart  185. 
FACKELN,  porcellos  parere,  ferkeln :  wie  Tiel  dieselbe  ferkeln 
trage  und  wann  sie  werde  fäcklen  oder  werfen?   'sie  werde 
folgendes  tages  fäckelen'.    a.  weish.  ludg.  212.     s.  fack. 
FACKELSCHEIN,  m.   lumina  taedarum:    bei  fackelschein, 

ad  lumina; 

ein  schauerchen  fuhr  mir  beim  fackelschein 
im  heiliglhum  durch  das  gebein.    Secmi; 
der  fackelschein  der  phantasie.    J.  P.  Tit.  1, 142. 
FACKELSCHIMMER,  m. 
FACRELSCHWINGER,  m. 

Hvmen.  den  ich  benedeie, 

se'i  willkommen,  fackelschwinger !    Bcbgir  75". 

FACKELSTÄNDCHEN,  n. 

FACKELSTLHL,  wi.  gesteil  zum  aufsiecken  äner  fackeL 

FACKELTäNZ.  m.  saltatio  solemnis  facibus  praelucentibus: 
dasz  ich  anklopfe  und  im  fackeltanz  hinabführe  meinen  bräu- 
tigara.    Fb.  MluER  2, 172; 

jüngst  in  Basel  seis  geschehn, 
dasz  man  zu  seiner  ehre  fackeltani 
anstellte.    ühla:«ds  Ludwig  d.  B.  228; 
iieut  abend  ist  hochzeit  und  fackeltanz.   Kotzebüe  dram.  sp. 
1,  33.     der  Mercure  gallanl  von  1684  beschreibt  den  am  fiannüver- 
schen  hofe  üblichen  fackeltanz  folgcndergestall :  douze  des  prin- 
cipaux    des    deux  cours  dansoient  d'abord  se  tenant  deui  ä 
deux  par  la  main  et  ayant  dans  l'autre  chacun  un  gros  Oam- 
beau   de   la   hauteur  de  six  pieds.     les  princes  et  les  prin- 
cesses  suivoient  et  six  autres  serroient  la  file.    cette  danse, 
qui  est  une  ancienne  ceremonie  du  pais,  dura  environ  deux 
heures.     ich    kenne   einen   schönem   fackeitanz  der  forsten, 
als  den  kurzen  der  vermählungsfeier.   J.  P.  pol.  faslenpr.  60. 

FACKELTRÄGER,  m.  taedifer. 

FACKELW'ÄCHTER,  m. :  als  die  Athener  durch  ihre  fackel- 
wächter  die  verabredeten  zeichen  erhielten.  Jacobis  Thuc.  3, 192. 

FACKELZUG,  m.  wie  fackelaufzug :  einem  einen  fackelzug 
bringen. 

FACKEN,  fangbaU  spielen,  davon  fackeball  m.,  in  Sachsen, 
Thüringen;  das  werfen,  aufwerfen  des  ballshäszl  facken,  zuweilen 
auch  das  fangen  (auffacken) ;  einzeln  auch  von  anderem  werfen, 
lünwerfen  gebraucht,  ein  schu-äz.  facken,  fackeln,  sich  hin  und 
her  bewegen,  hin  und  her  laufen  bri  Stalder  1,  348. 

FÄCKEN,  m.  ala.  Frisics  70*.  Stalder  1, 348.  fecken.  Alb. 
VON  RCtte  23.  fecka  und  flecka.  Tobler  178,  Take  im  idiot. 
bernense  2C',  daneben  auch  fäckten:  auf  dem  rücken  hat  er 
zween  fäckten,  die  (?  den)  erste  klein,  die  ander  grosz.  Forer 
43' ;  hat  zwei  (so)  kleine  ßickten  bei  den  obren,  andere  zwei 
kurze  am  bauch.  4S';  etliche  wollen,  dasz  die  jungen  (ßsdie) 
durch  ire  ßickten  oder  flngel  beschirmpt  werden.  66'.  fecka 
öherchoh,  flügel  bekommen  heiszt  verloren  gehen,  entfliegen,  bim 
fecka  neh,  beim  flügel  nehmen,  anpacken,  dfäke  la  lampc,  die 
flügel  hängen  lassen,  animo  frangi,  dfake  beschrote,  die  flügel 
beschneiden,  es  ist  nicht  leiclit  über  dies  wort  zu  urtheilen.  fäcke, 
fecka  gemahnt  an  fach,  läppe,  fetze  {sp.  1220),  bedeiUet  auch  nach 
Stalder  schosz  eines  kleides,  ficke,  rocktasclie,  nach  Tobler  einen 
vorstehenden,  herabhängenden  läppen,  den  wir  sonst  flügel  eines 
rocks  nennen,  nnl.  ist  yachl  fiaul  oder  wolle  eines  lamms,  iemand 
bij  zijne  vacht  krijgen,  hem  bij  de  lurven  pakken.  Staldeb 
führt  fackete  f.  für  tasche  an,  facketezeit  ist  taschenuhr.  dann 
al>er  liesze  sich  auch  an  fackeln,  feckeln,  flattern  denken,  endlich 
könnte  fäckten  Umstellung  von  fettich,  litlich  sein,  Frisids  schreibt 
neben  facken  ohne  weiteres  fätchen  und  Maaler  129"  gar  nicht 
anders:  mit  den  fätchen  schwelen,  die  fätchen  erschütten, 
die  fätchen  erschwingen,  plaudere  alis.  tch  und  ck  tauschen 
leicht,  unmittelbar  nach  labialen  fällt  aber  1  gern  aus.  v^.  feder, 
feder«-isch,  fledcrwisch,  fittich. 

FACTION,  /.  forma,  it.  fazione,  fr.  fa^on,  zuberätung: 

was  kleidung  nur  aufkommen  kan 

seltzamer  arl  und  faciion.    H.  Sachs  II.  2,48*. 

heule  parlä,  rotte. 

FACTOTUM,  n.    omnium  verum  minister:    er  ist  allein  der 

würfelträher,  das  fac  totum,  der  könig  des  immenschwarms. 

bienenk.U';  vor  allem  für  den  magen,  sein  groszcs  factolum 

sorge  getragen.  Wielawd  18,109; 

hier  wo  sich  jeder  seines  weges  treibt, 

wo  ein  fiivtotum  unentbehrlich  klt'xbi.    Gdnt  13, 139. 


FÄDCHEN,  n.  ßum  tenue,  für  fädenchen,  fademchen,  nnl. 
vadjc:  knüpfte  ich  eine  menge  fädchen  wieder  an,  die  ich 
zerrissen  fand.  Göthe  8,69.  42,75,  wo  doch  die  erste  ausg. 
j.  72  fädger  liest;  sie  erwiederte  seine  artigkeiten  nicht  son- 
derlich, sie  war  von  einem  andern  fadchen  gebunden.  19,  278  ; 

drollichtes  mädchen, 

an  einem  fädchen 

bangt  mir  das  herz,  wenn  ich  dich  seh, 

reisz  es  nicht  ah,  au  weh,  au  weh  1 

GoTTsa  die  dorfgala  t.  63 ; 

doch  du,  loses  mädchen, 

fahrst  rasch  an  den  fädchen 

der  goldenen  leier 

herauf  und  hernieder 

und  stimmest  sie  freier 

iür  festliche  lieder. 

Khetsch«a;«5  launen,  erzählungen. 
Leipz.  17S9  1,58; 

bald  schnurrt  das  rädchen, 

bald  läuft  das  fädchen 

vom  vollen  rocken  ab.    Voss  4,149; 

auf  meinen  stuhl  lehnt  er  den  arm 

und  rühmte  sehr  das  feine  fädchen, 

sein  naher  mund,  so  roth  und  warm, 

wie  zärtlich  haucht  er  'süsies  mädchen!'    4,185; 

die  mich  hat  am  fädchen, 

stehet  auf  der  grenze  still 

zwischen  kind  und  mädchen 

und  ist  beides,  was  sie  will. 

RccKEBT  ges.  ged.  1,299. 
FADE,  f.  sepes,  golh.  fa|)a,  oben  sp.  41. 
FADE,  insipidus,  ineptus,  nach  dem  fr.  fade,  schw.  fadd,  ddn. 
fad,  noch  nicht  bei  Stieler,  Frisch,  Adelusg,  aber  schon  im 
brem.  wb.,  verwandt  scheint  das  engl,  fady  flaccidus,  welk,  nnl. 
vadde  und  vadze,  aus  welchen  das  fr.  den  übrigen  vornan, 
sprachen  fremde  wort  {wo  es  nicht  zu  fatuus  gehört)  stammen 
könnte,  denn  alln.  fadr  pclitus,  orncüus  liegt  ab :  eine  fade  speise ; 
ein  fader  mensch,  fades,  läppisches  geschwätz;  der  charaktcr 
des  fribble,  eines  faden,  süszen  herm  war  sonst  Garricks 
lieblingsrolle.    Stürz  1,  23. 

FADECHTIG,  /i/o  similis:  runde  würzlein,  {?würmlein)  wer- 
den an  einem  fadechtigen  wurzlein  gefunden.  Taberraejion- 
tancs  421. 

FÄDELEIN,  n.  was  fädchen: 

trille,  rädchen,  lang  und  fein, 

trille  fein  ein  fadelein 

mir  zum  busenschleierl    Bijrcer  29'. 

FÄDELKRAUT,  n.  Colchicum  autumnale. 

FÄDELN,  1)  für  einfädeln,  oben  sp.  168: 
so  was  zu  ladein  hast  du  eine  seltne  gäbe.    Göih«  7,  S2. 

2)  sich  fädeln,  filaüm  solri,  faden  fahren  lassen,  sonst  auch 
sich  faseln,  fasern. 

FADEM,  m.  filum,  ahd.  fadam,  fadnm,  mhd.  vadem,  nd.  nnl. 
vadem,  vaam,  vaem,  alts.  fathmös  brachia  bina,  ags.  fä|)m,  flidm 
cubitus,  ulna,  amplextis,  sinus,  engl,  fathom,  altn.  fadmr.  am- 
plexus,  sinus,  orgyia,  schw.  famn,  d&n.  favn.  aus  der  einigung 
dieser  scheinbar  abstehenden  bedetitungen  ergibt  sich  aufschlusz  über 
die  Wurzel,  welche  keine  andere  sein  kann  als  fahan.  fadum  »*/ 
fahadum,  wie  4tum  =  ahatum  (1,  591)  gerade  nach  der  üblichen 
kürzung  des  fahan  in  mhd.  van,  altn.  fd.  arme  umfahen,  schlieszcn 
an  den  busen,  die  eile,  ein  Iheil  des  arms  (3, 414),  umfängt,  miszt 
das  gewand,  ebenso  thut  der  faden,  beide  deulungen  von  4tum 
wie  von  fadum  wurden  schon  gramm.  2, 150.  260  versucht  und  ^ 
doch  sclieinen  die  äuszerlich  vergleichbaren  potam,  puosum,  eidam 
nicht  auf  diesem  wege  zu  erklären,  die  alte  voiU  form  fadem, 
pl.  fademe,  fädeme  begegnrt  noch  hin  und  wieder,  z.  b.  bei  Kei- 
sersberg:  wan  ein  muck  oder  flieg  in  ein  spinnweb  klim- 
met, so  sie  dann  in  den  fedmen  behangt.  XV  staffeln  3o'; 
bei  Lither4,  196,  der  doch  in  der  bibcl  faden  setzt;  t«  Taber- 
NAEJI0ST.ASCS352:  henket  sich  mit  seinen  langen  fädemen  an 
den  gnind  hin  und  wieder  an ;  bei  Harnisch  163 ;  gewöhnlich 
steht  aber  faden. 

FADEMCHEN,  n.  was  fädenchen,  fädchen,  vetterautsch 
färremchcn. 

FADEMECHT,  trie  fadechlig,  fadig,  fädig, /osmj ;  birkenholz 
sehr  fademecht  und  aderig  ist.  a.  weish.  lustg.  451 ;  fädemichte 
blumcn.    Lohesst.  ;4rm.  2, 438. 

FADEMEN,  FÄDEMEN,  welterauisch  färreme,  nnl.  vademen, 
oft  auch  fadmen,  fädmen  =  fädeln,     nüid.  vedemen  (wb.  3, 201"). 

1)  einfädinen  {sp.  169):  ein  nadel  fädmen,  lini  caput  per 
foramen  acus  trajicere;  dadurch  der  wall  so  helle  geworden, 
das  man  wol  eine  nadel  dabei  hatte  ßdemen  können.  Micrälics 
5,368;  sie  kann  ihre  nadel  blindlings  fädmen;  wann  ir  die 


1231 


FÄDEMIG  — FADEX 


FADEN 


1232 


nadlen  gcfadmet  haben,  so  vergessen  das  nicht,  das  ir  an 
das  ander  cnd  machen  ein  knöpf,  oder  ir  stechen  manchen 
stich  umhsunst.  dan  hat  der  faden  kein  ursach,  das  er  usz 
der  nadlen  wüschet.  EuUnspiegel  cap.  50 ;  perlen  fädmen,  auf- 
reihen, an  eine  schnür  ziehen;  zutceilert  auch  fadmen  nere,  spin- 
nen, fädcn  drehen,  voc.  1482  hs',  ü.  filare,  fr.  filcr;  den  waid 
fädmen,  inil  einem  faden  umziehen;  aber  wenn  ihr  von  stuck 
zu  stuck  gesehen  hcttet  das  schön  gcpräm,  die  fransen, 
karsaminpasament  {posament,  fr.  passement),  segment,  bendein, 
geslepp,  gebord,  die  slösz  daran,  und  wie  es  alles  gepleiget, 
gefademet,  durchstrickt  und  durchstickt  war.  Garg.  115*.  He- 
NiscH  968  schreibt  fadmen,  fidmen. 

2)  abfddmen:  die  höhnen  fddcmcn,  ihnen  die  fdden  an  beiden 
seilen  der  schote  abziehen,  welterauisch  bune  färreme. 

3)  sich  fädmen,  in  fdden  absondern  und  außüscn,  sich  färreme. 
FÄDEMIG,  fädmig,  was  fadig, 

FADEMLE,  FÄDEMLEIN,  n.  1)  fddchen,  fädelein:  nicht  ein 
fädemle,  neque  hilum,  nihilum,  nihil,  wonach  die  sp.  ausspracite 
hilo  für  filo  schon  uralt  erscheint;  ellich  gelobten  sich  zu  dem 
heiligen  schweisztuch  gen  Cammerich,  aber  es  verbran  drei 
monat  hernach  so  sauber,  das  nicht  ein  fademlin  davon  uber- 
bleib.  Garg.  200';  es  hangt  an  einem  füdcmle,  de  fdo  pendcl. 

2)  fädemlein  heiszt  eins  der  sieben  zeichen,  daran  die  jäger 
die  fährte  des  hirsches  erkennen,  vgl.  altd.  wdld.  3,  145 ;  dem 
hirsch  gehet  mitten  durch  den  fusz  zwischen  dem  spalt  ein 
klein  fademlin,  welches  an  einem  wild  viel  anders  ist,  denn 
der  faden  ist  zu  grosz,  darauf  auch  viel  zu  merken  ist. 
Feierabend  jag  und  weidwerkbuch  36';  nun  gehet  dem  hirsch 
zwischen  dem  spalt  damilten  durch  ein  klein  ausrecht  als 
ein  fedemlcin,  das  mag  kein  binde  thun,  dann  der  faden  ist 
zu  grosz.  das  zeichen  heiszt  fedemlin.  Medrer  94'  und  ebenso 
im  auszug  bei  Sebiz  572. 

3)  fädemlein  an  den  kräutern  ist  filamenlum,  der  faden,  Staub- 
faden, der  träger;  filamenta  «nd /axcrn,  zasern,  fädchen :  bringt 
blümlein  von  färben  braunroth,  in  der  mitte  haben  sie  gar 
lange  fädemlein.    TAnERXAEMONT.  770. 

4)  fädemle,  fringüla  linaria,  wofür  viele  namen  vorkommen, 
bluthänfling,  rothhänfling,  grasel,  gräslein,  zitrinchen,  zise- 
rinchen,  schwederlein,  leinling.  leinling  und  linaria  gehen  auf 
linum,  ßachs  zum  spinnen  oder  auf  leine,  engl,  line,  faden, 
schnür,  fädemle,  ein  kleins  vögele  also  genannt,  scrinns. 
Maaler  129*.  Henisch  968,  7.  serin  ist  kanarieniogel,  bä  Stieleii 
verdruckt  scrinus. 

FADEMWCRMLEIN,  n.  (ilaria,  ein  eingcweideivurm,  der  sich 
gleich  fäden  zieht:  für  die  fadenwürmlein  magstu  auch  brauchen 
krausemünz.    Feierabend  falknerci  55'. 

FADEN,  m.  filum,  s.  fadem,  das  n  in  faden  verhält  sich 
tvie  das  von  boden,  busen  und  auch  cidem  wird  zu  eiden. 
der  pl.  lautet  heute  fäden,  doch  hin  und  wieder  faden,  ahd. 
fadumd,  2.  b.  bei  Wieland  9,  241  oder  in  andern  der  folgenden 
helegslcllen.  feläerhaß  setzt  Butsciiky  kanzl.  890  den  nom.  sg. 
fade,  schon  Dasipodics  74'  fade,  323'  sogar  fad,  wie  wir  frei- 
lich allgemein  sagen  rabe,  wölke  statt  raben,  wölken. 

1)  den  faden  drehen,  spinnen,  torquere,  i}cre;  ihn  fein, 
klein,  rein,  dünn,  dicht,  dick,  grob,  stark  spinnen;  den  faden 
lang  ausziehen,  netzen; 

es  ist  kein  Tadcn  so  fein  gesponnen, 
er  kommt  endlich  an  die  sonnen; 

dreht  um  die  schnurrende  spindc!  den  faden.    Scuillrr  7S'; 
der  faden  hält,   bricht,    reiszt,   wirrt  sich,   zumal  vom  faden 
deg  Icbens  und  Schicksals  und  oß  bildlich: 

weil  die  parzc  deiner  tage  faden 

seiden  spinnet.    Götter  1,84; 

ach,  den  fadon  meiner  tage, 

milde  parze,  reiüz  ihn  ab!    2,507; 

und  kaum  beginnt  der  lenz  von  ihrem  leben, 

10  reiszt  der  morsche  faden  ab.    Dcscu  verm.  werke  420; 

das  menschenleben  mutz  sein  ziel  erreichen, 

sobald  das  rad  die  faden  ganz  bewahrt.    Gmies  ;4r.  35,10; 

der  faden  seines  Schicksals  halte  sich  so  sonderbar  ver- 
worren. GöTHE  19,68;  wir  hören  von  einer  besondern  cin- 
richtung  bei  der  englischen  marine,  sämtliche  tauwerke  der 
kCniglicben  Ootte,  vom  stärksten  bis  zum  schwach<;lcD,  sind 
dergestalt  gesponnen,  dasz  ein  rolher  faden  durch  das  ganze 
darcbgeht,  den  man  nicht  herauswinden  kann  ohne  alles 
aufzulösen,  und  woran  auch  die  klcin'^len  stücke  kenntlich 
sind,  daiz  sie  der  kröne  gehören,  ebenso  zieht  sich  durch 
Ottiliena  tageburh  ein  faden  der  ncigiing  und  anhänglichkcit, 
der  alles  Tcrbindet  und  das  ganze  bezeichnet.  Gi'itmk  17,212 ; 


manches  eigene  von  innigerem  bezug  wird  an  dem  rothen 
faden  wol  zu  erkennen  sein.  17,238;  ich  spinne  meinen 
faden  langmütig  fort,  an  Jacobi  238 ;  freilich  sind  diese  fäden 
nur  dünn  und  lose,  aber  sie  gehen  doch  durchs  ganze  stück, 
und  halten  zusammen,  was  sonst  auseinander  fiele.  19,161; 
ich  werde  vielmehr  noch  späterhin  manchen  faden  aufneh 
mcn  und  forlleiten,  der  sich  unbemerkt  durch  die  ersten 
jähre  schon  hinzog.  24, 111; 

der  diclitung  faden  laszt  sich  heut  nicht  fassen.    4,123; 

die  sultanstocliler  erschien  demnach, 

als  eben  von  seiner  geduld  der  letzte  faden  brach. 
WiKLAjtD  5, 19 ; 

denn  was  jegliche  zunfl 

hat  gescliaft  und  gewonnen, 

wird  von  des  denkers  Vernunft 

in  geistige  faden  gesponnen.    Rückert  148; 

da  er  alle  fäden  in  seiner  band  hielt,  konnte  er  die  sache 
weiter  und  bis  zu  ende  verfolgen. 

2)  faden  zum  nähen,  sticken,  stricken,  binden:  der  faden 
will  nicht  in  die  nadel,  den  faden  wichsen,  knüpfen,  schürzen, 
doppelt  nehmen,  abschneiden,  abbeiszen ;  dem  seidentuch 
waren  buchslaben  mit  goldncn  faden  eingestickt ;  der  wunde 
finger  wurde  mit  einem  streifen  tuch  bewunden  und  ein 
faden  darum  gebunden ;  und  als  sie  itzt  gebar,  that  sich  ein 
band  heraus,  da  nam  die  wchmutter  und  band  einen  roten 
faden  darumb  und  sprach  'der  wird  der  erste  heraus  komen'. 

1  Mos.  38,  28  ;  darnach  kam  sein  bruder  heraus,  der  den  roten 
faden  umb  seine  band  halte.  38,30;  und  schlug  das  gold 
und   schneils    zu    faden,   das  mans  künstlich  wirken  konte. 

2  Mos.  29,3;  und  die  stricke  an  seineu  armen  wurden  zu 
faden,  die  das  fewr  versenget  hat.  ric/i/.  15,  4;  und  er  zureisz 
sie  von  seinen  armen  wie  einen  faden.  16, 12.  ein  faden 
wird  um  den  bäum,  um  den  garten,  um  den  wald  gezogen : 
der  wald  soll  also  frei  sein,  dasz  wann  ein  seidenfaden 
darumb  gezogen  werc,  dasz  derselbig  nit  gekrenkt  oder  zer- 
brochen werden  soll,  weisth.  2, 183.  RA.  182. 183.  auch  die 
ringe  der  hämische  waren  mit  drahtfäden  gcheflä  oder  gebunden : 

sin  iscn  und  sin  ander  dinc, 

des  bleip  da  weder  vadem  noch  rinc.    Trist.  239,30. 

häufig  bildlich,  z.  b.  dieser,  weisz  ich,  genieszt  einer  ausge- 
breiteten bckanntschaft  mit  allem  was  in  dieser  weit  durch 
irgend  einen  edlen  faden  verbunden  ist.    Göthe  21,  214. 

3)  faden  am  gewebe,  Hemd  und  kleid,  oi//' spinnen  folgt  weben : 

ahd.    thie  gotcs  drülthe(?anS,  thaj  sint  ihie  scönun  faduraä, 

mit  in  ist  io  mit  cbinu  tliiu  tunichä  giwebiuu.    0.  IV.  29, 13; 

wanta  sia  span  scöno  karitas  in  fröno, 

sie  thie  faduraä  allö  gab  ioh  sia  s6lbo  giwab.    29,34; 

mhd.  stn  vadem  dör  was  oben 

kleine  gespunnen,  dicke  geweben 

und  Cif  den  vadem  geschorn 

diu  wolle  lüter,  üjerkorn.    kröne  6843. 

man  sagt  einen  mantel  so  lange  tragen  bis  sich  inwendig 
und  auswendig  alle  faden  daran  zählen  lassen,  bis  die  faden 
daran  scheinen,  bis  er  fadenscheinig  wird; 

prahlt  mein  rock  gleich  nicht  mit  kreuz  und  gold, 
läszt  er  gleich  die  faden  sclion  erscheinen, 
warst  du  darum  nie  mir  minder  hold. 

SCUIIDT  VON  W.  '  -  ; 

lumpen,  an  denen  alle  faden  auseinander  gegimgcn  waren. 
med.  maulaffe  121.  faden  zupfen ,  ausziehen,  charpie  zupfen 
(2,012);  auf  allen  gebrauch  gründen  musz  sich  folgendes:  du 
hast  mir  mit  deiner  lieplichcn  (x.  /.)  zuchl  den  faden  aus 
dem  hemde  gezogen.  Steiniiöwei.  decam.  567, 28  (tu  m'hai 
con  la  piaccvolezza  tua  tratto  il  lllo  della  camiscia.  dec. 
9,  6  ==*  fatlo  innamorar  pazzamenic).  als  in  l'arzivals  mantel 
die  sclinur  fehlt: 

Cunnow&re  sus  goAior, 

von  blanker  site  ein  snücrelin 

sl  zucte  und  zähe;  im  darin.    Part.  306,20; 

wfllch  wip  vcrscit  im  einen  vaden? 

giiot  man  ist  gnotcr  sidcn  wPrt.    Walthi«  44,9; 

faden  und  bänder  waren  vielfache  zeichen  des  einverstdndnis.<:es 
oder  auch  der  entsagung,  nacMem  sie  gegeben  oder  hingeicrfrn 
wurden,  vgl.  zu  Wai.th.  s.  170.  in  Wickrams  Leufried  rmpfdni/t 
dieser  einen  goldfaden  spottweise,  mhnriilt-l  xirh  die  haut  auf  der 
brüst  und  heul  ihn  .vi'cA  ein: 

der  fronen  ticr 

den  fudril  mir 

ccKoben  hat  mit  frcudrn, 

domniit  noch  gold, 

noch  rflchiT  sohl 

null  jo  v(]|i  im  niirli  »rlii'iilrn. 

ilii  r.fili'ii  nii'iii 

lollil  bei  mir  nein  '.     <.  'iQ. 


1233 


FADEN 


FADENBEISZ  — FADENNACKEND   1234 


es  bleibt  kein  faden,  kein  trockner  faden:  kein  faden  war 
übrig,  jenes  ne  hüum.  nihil  {sp.  1231);  ehe  ich  wolt  einen 
faden  regen  {das  geringste  thun)  umb  iren  willen.  Luther  5, 28"' ; 
ich  habe  nicht  einen  faden  von  euren  sachen.  Frisch  1,237*; 

ich  hab  der  pesten  wurfel  drei, 

die  mir  so  getreulich  beigestan, 

das  sie  mir  oft  ein  faden'am  hals  nit  lan.    ^a«(n.  373, 10 1= 

das  sie  mir  oft  kein  faden  an  lan.    791 ; 

soll  ich  nacket  gen  kirchen  gan? 

nun  hab  ich  nirn  kein  faden  an.    HiCPT  8,526, 

kein  hemd  auf  dem  leib;  er  kam  so  in  den  regen,  dasz  kein 
trockner  faden  an  seinem  ganzen  leibe  blieb ;  behielt  keinen 
faden  am  hemde  trocken,     vgl.  fadennacket,  fadennasz. 

4)  faden  als  masz  der  tiefe,  liüfie,  länge,  vgl.  eile,  klafter 
«nd  die  Vorstellung  des  vmfassens,  umklaßerns.  eigentlich  und 
ursprünglich  tcar  faden  so  viel  als  ein  mann  mit  ausgesireckten 
armen  umfangen  kann:  ein  faden  holz,  nnl.  een  vadem  hout, 
ein  häufe  scheiter  drei  eilen  lang  und  hoch,  man  sagt  holz  in 
faden  setzen,  klaftern;  der  brunne  ist  zwölf  faden  tief;  und 
machet  zwo  eherne  seulen,  ein  igliche  achzehen  eilen  hoch 
und  ein  faden  Ton  zwelf  eilen  war  das  masz  umb  igliche 
seulen  her.  1  kön.  7. 15 ;  das  schif  geht  sechs  faden  unter  dem 
Wasser,  nnl.  zes  vademen  diep ;  die  festung  ist  mit  dritthalb 
faden  dicken  mauren  umbgeben.  pers.  reiseb.  1, 4 ;  zudem  mag 
ein  jeder  verstendiger  selbst  bedenken,  ob  es  wol  möglich 
sei,  das  der  börnstein  auf  dem  grund  ein  hundert  faden 
tief  und  oft  höher  treiben  könne,  da  doch  der  ström  am 
sudanischen  strande  dreiszig  oder  rierzig  faden  unter  sich  des 
Steines  nicht  gewaltig  ist.  Schütz  beschr.  der  lande  Preuszen  43. 
das  naulisclte  Idngenmasz  weicht  vielfach  ab,  der  englische  fathom 
hält  sechs  fusz,  der  französische  fünf  pieds  du  roi,  der  deutsche 
zwischen  fünf  und  sechsen.  anderes  mag  anders  gemessen  worden 
sein,  nach  Jägers  67m  510  durpen  geschlechlerinnen  schleier  von 
zwanzig,  handwerksfrauen  nur  von  zwölf  faden  tragen,  sind 
fächer,  falten  des  Schleiers  gemeint?  bildlich,  wenn  diegeschöpfe 
so  viel  in  sich  begreifen,  dasz  der  faden  des  menschlichen 
gemüthes  zu  kurz  fallt,  ihre  geheimnisse  zu  ergründen,  wer 
will  dann  und  kann  die  tiefe  der  gotlheit  erforschen?  Scriver 
seelensch.  2, 899 ;  traun,  denen  verliebten  ist  niemand  klug 
genug  und  dessen  vemunft  erfordert  einen  langen  faden, 
welcher  dergleichen  leule  ergründen  soll.   pol.  stockf  340. 

5)  zimmerleule,  maurer,  gärtner  und  andere  handwerker  ar- 
beiten nach  schnür  und  faden,  müssen  den  faden  einhallen, 
dürfen  ihn  nicht  verlieren,  auch  beim  schattieren  äner  Silhouette: 
strich  vor  strich!  golt,  wie  ruhig  musz  man  dazu  sein,  wie 
kallblQlig!  Wilhelm,  gib  ja  acht,  dasz  du  den  faden  nicht 
um  eine  haarbreile  verlierst.  H.  L.  Wagner  die  reue  nach  der 
thal  s.  7.  bildlich,  den  faden  seiner  rede,  der  Untersuchung  ver- 
lieren: ich  glaubte  einige  gelassene  augenblicke  zu  haben, 
darum  liesz  ich  sie  rufen,  sie  sind  nun  da,  nnd  ich  habe 
meinen  faden  verloren.    Göthe  19.86; 

der  dichtung  faden  läszt  sich  heut  nicht  fassen, 
ich  bitte  mir  die  blätter  weisz  2u  lassen.  4, 123. 
Kant  10,180  tlieilt  eine  unwahrscheinliche  deutungmit:  ein  eng- 
lischer advocat  war  gewohnt,  beim  plaidieren  einen  bindfaden 
aus  der  lasche  zu  nehmen,  den  er  unaufhörlich  um  den  finger 
auf  und  abwickelte,  da  dann,  als  sein  gegenadvocat  ihn  heim- 
lich aus  der  lasche  practicierle,  jener  in  Verlegenheit  kam, 
weswegen  man  sagte,  er  habe  den  faden  seiner  rede  verloren. 

6)  nocA  andere  redensartcn. 

a)  es  hängt  an  einem  faden,  dünnen,  seidnen  faden,  schwebt 
in  gefahr  des  abreiszens:  da  hieng  die  römische  ere  an  eim 
kleinen  vaden.    MCglein  113'; 

wer  land  und  leut  durch  unrecht  drengt, 

ob  dem  das  schwert  am  faden  hengt. 

ScHWARZE^BERG  bei  Sponqenberg  vom  jagen.  32'; 
unser  leben  hängt,  auch  wenn  wir  frisch  und  gesund  sind 
und  mit  lust  essen  und  trinken,  an  einem  seidenen  faden. 
Scriver  seelensch.  2,  443 ;  mein  leben  würde  so  dünne  als  ein 
seidener  faden  worden  sein,  wenn  nicht  gutherzige  leule  da- 
zwischen getreten  und  meine  Schutzengel  geworden  wären. 
Felsenb.  2,  476 ;  ich  wusle  gewis,  dasz  mein  leben  an  einem 
seidenen  faden  bienge.   2, 498. 

b)  zu  faden  schlagen  gilt  eigentlich  vom  Schneider,  der  zu 
ndhen,  vom  weber,  der  zu  weben  anhebt,  dann  aber  auch  von 
begonnener  anderer  arbeil:  die  nachbarsleut  sein  schon  alle 
80  zfaden  gschlagen  gwesen  {standen  so  dicht  gedrängt),  daszs 
gar  kein  schneidergsell  besser  künnen  hält  {enger  Itdtte  nähen 
können).  H.  Jörgel.  Wien  1833.  10,17;  zfade  ichlah,  vorläufig 
nieder  ndhen.    A.  von  RCtte  22; 

ill. 


sein  text  ihm  (dem  pfarrer)  schon  die  adem  reget, 
drauf  er  sein  werk  zu  faden  schlaget  (drauf  logpredigt). 

MöRiKE  der  alte  thurmhahn ; 
zu  solchem  ende  gieng  ich  in  eine  kirche,  weil  ich  mir  sagen 
lassen,  die  meinste  buhlschaften  würden  in  Italien  an  sol- 
chen heiligen  örtem  gestiftet  und  zu  faden  geschlagen  {an- 
geknüpß).  Simpl  Springinsf  cap.  19 ;  kriegte  ich  eine  geräu- 
cherte bratwurst  beim  zipfel  und  schlug  selbige  auf  abschlag 
zu  faden  {begann  sie  zu  bearbeiten,  zu  verzehren).  Vogelnest 
cap.  3;  worauf  wir  sich  lustig  zusammensetzten,  die  capau- 
nendorten  {fasteten)  sampt  dem  gebratenen  und  dem  confect 
zu  faden  schlugen,  cap.  7;  als  welche  über  einmal  12  pf. 
fleisch,  2  laib  brot  und  ein  viertel  wein  zu  faden  schlagen 
(c<Tar6€»/en)  können.    Simpl.  3, 224.     s.  fadenschlag. 

c)  glaub  mir,   wenn   ich  so  klar  wie  faden  mit  du-  redte, 
du  bist  mit  mir  in  allem  einig.    Göthe  an  fr.  v.  St.  l,  23. 
als  ob  ein  vaden  reine 
von  siden  wsre  dar  gezogen,    tr.  kr.  19928. 

s.  bindfaden,  breisfaden,  drahtfaden,  eisenfaden,  goldfaden, 
nähfaden,  pechfaden,  schwefelfaden,  seidenfaden,  sUberfaden, 
wachsfaden,  zwirnfaden. 

FADENBEISZ,  m.  filum  mordens ,  fadenbeiszer,  schelle  auf 
einen  Schneider,  wäre  mhd.  vadenb!;,  vadenbi^e  «nd  gdtildet  vte 
buochbij,  isenbi;  «.  a.  m. 

dis  ailf  Schneider  und  vadenpeij.    Behax  Wien  9,  27. 

FADENBINS.  m.  juncus  filiformis. 

FADE.NBRECHEN,  n.  ruplio  ßi: 

Pallas  will  sich  an  dir  (parte)  rächen! 

du  mit  deinem  fadenbrechen 

hast  sie  so  entrüst  gemacht.    Rompler  93. 

FADENBRüCH,  m.  ruplura,  ruga  telae,  ein  bruch  im  gewebe. 

FADENBUND,  n.  glomus: 

er  kam  von  seiner  bürg  herab 

und  hatt  das  fadenbuoa.    Herdes  8, 64. 

FÄDENCHEN,  n.  wie  fädemchen,  fadchen. 

FADENDÜNN,  tenuis  ul  filum:  ein  fadendünner  mensch, 
ein  überaus  hagerer;  fadendünne  gerte,  allzudünne. 

FADENEISEN,  n.  den  Strumpfwirkern  schmale  eiserne  däbe 
mit  löchern  am  webersluhl.  durch  welche  die  fäden  gehen. 

FADENFLECHTE,  f  lichenis  spedes. 

FADENFLIEGE,  /.  scatopse,  fliege  mit  fühlhOrnem  wie  faden. 

FADEN FÖR.MIG,  filiformis. 

FADENFÜHRER,  m.  «ne  gamweife,  s.  fadenleiter. 

FADENGANG,  m.  positio  fibrarum :  den  fadengang  des  holzes 
beobachten.    Campe  kinderschr.  18,  87. 

FADENGERADE,  adv.  filatim,  recto  filo,  schnurgerade:  ein 
gewebe  fadengerade,  dem  faden  entlang  durchschneiden;  die 
pferde  laufen  fadengerade. 

FADENGEWÄCHS,  n.  herba  filifomüs: 

siehe,   den  spiegel  (der  quelle)  verschleiern  gebreitete  faden- 
gewächse.    Röckmt  ge$.  ged.  2,  290. 
FADENGLEICH,  wie  fadengerade. 

FADENGOLD,  n.   filum  aureum,   goldfaden,   ahd.  fedelgold, 
daj  chit  filo  dünne  gold.  ^N.  M.  Cap.  70; 
die  schönste  war  geschmückt 
mit  einem  leichten  kleide 
von  rosenfarbner  seide 
mit  fadengold  durchstrickt.    Böten  il*. 

FADENGRAS,  n.  gramen  filiforme,  filago. 

FADENGROSZ. 

FADENHALTER,  m.  Werkzeug  zur  Seidenweberei. 

FADENHEBEL,  m.  litze,  wodurch  die  weber  den  ketlenfaden 
zielten. 

F.\DENHOLZ,  n.  brtnnltolz  nach  faden  gemessen. 

FÄDENIG,  was  fädemig:  feinfädenig,  grobfadenig. 

FADENKÄFER,  m.  alumus,  wie  fadenfliege. 

FADENKNÄUEL,  m.  was  fadenbund.  in  knäuel  allein  liegt 
sdwn  dasselbe. 

FADENKRALT,  n.  ßago. 

FADENKREBS,  m.  Cancer  ßiformis. 

FADENLEITER,  m.  am  seidenhaspd,  wie  fadenführer,  faden- 
halter. 

FADENNACKEND,  FADENNACKET,  plane  nudus,  spiüler- 
nackend: 

sieben  die  königin 

fadennacket  aus.     Matte.  Haiiir  bist,  rotengarlen. 
Zwickau  1654  s.  267 ; 
da  sie  auf  ihrem  bekenntnis  verharrten,  zog  man  sie  faden- 
nackend, sowol  die  mannes  als  weibsbilder  aus  und  brannte 
sie  mit  glühenden  zungen.  Scbiveb  seelensch.  2,  C94.    vgl.  fasen- 
nacket. 

78 


1235 


FADENNASZ  —  FÄDLEIN 


FÄDMEN  — FÄHEN 


t236 


FADENNASZ,   uvidus:     kann   ich   selten  einen  gang  nach 
der   Stadt  thun,   ohne  mit  der  adiichcn  daine  im  Wakefield 
fadennasz  zu  sein.    Hamann  6,  25t. 
FADENN.\rrER,  f.  coluber  fUiformis. 
FADF.N.NEÜ,   plane  novus,    neu   vom   weber  oder  sdineider 
kommend  : 

wie  grallich  in  mim  sunnti^Rvtand? 

s  chuiint  fadenneu  us  scbniders  hand.    Hebel  235. 

FADENNLDEL,  f.  in  feine  fäden  geschniUne  nudel. 

FADENPILZ,  m.  boletus  filiformU. 

FADENRECHT,  n.  norma,  richlschnur  nach  dem  faden,  im 
16.  17  jh.  oß  sein  fadenrecht  thun,  machen,  treiben,  seiner 
weise  folgen,  nach  seinem  gesell  leben: 

mach  dein  Tadenrecbt  für  dich!  Scheid  grobian  a3; 
dann  zwen  umb  ein  ist  fadenrecht.  Brant  9G,  24; 
ihr  Tcrsteht  mich  wol,  derhalben  laszt  mich  in  diser  gugel 
nur  mein  fadenrecht  treiben,  ich  will  bei  dem  groszen  Schaf- 
huser  gott  dir  und  deim  gaul  genug  zusaufen.  Garg.  240'; 
so  er  doch  im  kloster  oder  stift  die  huren  und  sein  gut 
warm  nest  beides  bei  einander  gar  wol  haben  mag  und  die 
wähl  Tollauf,  und  wenn  ihm  eine  nicht  gefällt,  kan  er  ein 
andere  bekommen,  wo  er  will,  und  sein  fadenrecht,  ja  Un- 
zucht treiben  ohn  alle  straf.  Jac.  Heerbrand  ketzcrkalzen  1589 
s.  133;  sie  mögen  all  bitten,  wenig  aber  werden  geweret,  ein 
jeglicher  thut  das  sein,  also  auch  ich  das  mein,  ein  jeglicher 
sein  fadenrecht,  ich  das  mein.  Paracelsüs  2,470'.  s.  Frisch 
1,  237'  und  die  folgenden. 

FADENRECHT,  directus  ad  amussim,  schnurgerade:  Luthers 
t/scAr.  102';  schnurgleich  treffen  und  fadenrecht  machen.  331* ; 
es  sein  oves  oder  ova,  so  sihet  mans  ja  vor  äugen  an  den 
schalen,  so  in  der  Schüssel  ligen,  was  ich  gessen  habe,  ihr 
wolt  alles  fadenrecht  haben.    Melander  jocoscria  2  n°  508. 

FADENRICHTE,  f  amussis: 

wand  er  die  vadenrichte 

vor  dös  in  voller  suchte 

an  jenen  hielt  und  ouch  an  disen.    pnss.  K.  507,47; 

dgr  hielt  die  vadenrichte.    603,59. 

FADENSCHEID,  m.  die  kichteste  art  gold  oder  sübergespinst, 
was  gleichsam  die  faden  scheidet,  unterscheidet. 

FADENSCHEIN,  was  die  faden  durchsclieinen  Idszt:  einer  der 
ein  beschabens  mentelin  an  hat,  oder  ein  rock  der  faden- 
schein ist,  der  mag  eben  als  wol  darin  üppige  eer  suchen 
als  einer,  der  da  ein  iündisch  nüwen  rock  oder  mantel  an- 
tregt.    Keisersberc  brüsamlin  54*.     vgl.  faden  3. 

FADENSCHEINIG,  dasselbe:  fadenscheiniger  rock,  abge- 
griffen ;  eine  der  fadenscheinigsten  teuschungen,  die  offen  liegt 
und  leicht  zu  durchschauen  ist. 

FADENSCHIMMEL,  m.  mucor  embolus. 

FADENSCHLAG,  m.  nennen  Schneider  das  lose  zusammen- 
heßen  der  zugeschnittenen  stücke,  es  wird  nur  ein  faden  lündurch 
geschlagen,     s.  faden  6'. 

FADENSICHTIG,  wie  fadenscheinig. 

FADENSILBER,  n.  silberfaden:  etliche  pöllerl  von  ausge- 
brenlem  fadensilber.    Abele  2,  254. 

FADENSO.MMER,  m.  fila  divae  virginis,  übersetzt  Schlegel 
das  engl,  gossamer  in  Romeo  2,  6  und  Lear  4,  6.  der  gewöhn- 
liche name  ist  Marienfaden,  Mariengarn,  Mettensommer,  Met- 
lenfaden,  fliegender  sommcr.    mylhol.  744. 

FADENSTEIN,  m.  inolUhus. 

FADENWEIS,  filatim:  damit  wirs  fein  fädenweis  hernach 
wieder  abzupfen.    Fr.  .MIli  er  3,  218. 

FADENWIKRWARR,  m.  tricae:  wenn  gleichwol  die  erde 
mitten  unter  dieser  allmacht  der  zußlligkeilen  um  eine  höhere 
Bonne  zieht,  als  wir  sehen,  so  musz  gewis  viel  Vorsehung 
und  viel  gott  in  diesem  fadenwirrwarr  walten  und  schlichten. 
J.  P.  dämm.  58. 

FADENWL'RM  m.  filaria,  ein  fadenförmiger,  glaUer  wurm  in 
den  eimiewriden.   « 

FADENZÄHLER,  m,  auf  dem  markt  zu  Ulm  waren  faden- 
zibler  angestellt,  welche  die  bestimmte  zahl  der  füdcn  für 
jeden  hanpel  und  schneller  überwachten.    Schmid  173. 

FÄDERN  für  frtdeln :  o  ihr  liigmdreher,  ihr  habt  es  viel 
zu  knimh  gemacht,  das  iiirs  nicht  habt  födern  können. 
Nicm^tiifi  pafisl.  inquisition  102. 

FADHEIT,  f  faiuitas,  abgesdimarJUliril. 

FADLEIN,  n.  für  fädenlcin,  wie  fadchen  für  Hidenchcn : 

wir  fanicen  tnftdlein 

In  mciienftdlein  (inetrhenfailen,  flienenden  Bommer) 

tut  duftender  au.    MuLTaAnxin  Schitlcn  muienalm.  1706  (.43, 


FÄDMEN,  fädemen,  fademen: 
denn  wenn  irs  allzu  grob  wolt  spinnen, 
werdt  irs  zuletst  nit  fcdmen  können.    Waldis  3,88.  179'. 

FAGIEREN,  vagari,  hier  als  beispiel  der  frühe  schon  stattfin- 
denden ausspräche  des  lat.  oder  roman.  v  durch  unser  f  ange- 
führt: darumb  so  soll  der  mensch  allwegen  etwas  haben, 
darzu  er  sich  sol  keren.  wan  er  empfint,  das  er  also  fagieren 
wil,  so  Sprech  er  zu  im  selber  'o  landfarer,  wa  wilt  du  hin?' 
Keisersb.  narrensch.  134".  so  wird  noch  heule  im  elsdssisdien 
idiom  vous  und  votro  zu  fous,  folre,  wie  uns  allen  Valentin, 
Venus  :«  Falentin,  Fenus,  vogt  zu  fogt. 

FAGOT,  m.  fascis,  bündcl,  fr,  fagot:  dieselben  fagot  oder 
büscheln  zu  verbrennen.  Reuchun  augensp.  12'.  fagot  basz- 
pfeife.    Frisch  1,  237*. 

FÄH,  varius,  bunt,  s.  feh,  fech. 

FÄHE,  f  für  feile,  mhd.  vßhe,  inimicilia:  also  das  vil 
{Juden)  glauben,  wa  si  gott  noch  heut  einsetzet  in  das  ge- 
lobt land,  si  möchten  es  selbs  ein  jar  nicht  behalten,  wa 
gott  gleich  durch  die  finger  sehe  (sälie)  und  sein  Tähe  nit 
anzöhe  oder  rechet.  Frank  weltb.  159";  die  Juden  kriegten 
auch  nit  umb  eine  jede  fähe,  sonder  allein  von  wegen  ires 
gesatzs.  kriegsb.  des  fr.  173 ;  o  du  mensch,  wer  bistu,  der  du 
also  eine  ruth  über  dein  eigen  ars  und  ein  urteil  über  dein 
eigen  köpf  feilest,  indem  das  du  dein  vater  Adam  verdam- 
mest und  nit  gedenkest,  das  du  mitten  in  im  und  seiner 
vähc  (strafe?)  steckest?    Seb.  Brand  bäum  des  wisscns  130'. 

FÄHE,  f.  weidmännisch  das  weibchen  der  hunde,  wülfe,  füciise 
und  aller  raublhiere.  walirschänlich  das  altd.  fohä.  mhd.  vohe, 
golh.  fauhö.  da  es  dann  unter  den  riiddcn,  wo  ihrer  etliche 
zu  einer  hitzigen  fahe  kommen,  ohne  ein  gewalliges  raufen 
und  würgen  nicht  abgeht.  Heppe  leiüiund  296.  s.  366  iü  es 
eine  füchsin. 

FAHEGÜLDEN,  m.  fanggulden.    Frisch  1,  237'. 

FÄHEN,  capere,  golh.  fahan  faifah,  ahd.  fdhan  fio  fie,  nüid. 
vähen  vie,  alts.  fdhan,  ags.  fön,  engl,  ganz  erloschen,  mnl.  vaen, 
nnl.  vaan,  fries.  fän,  altn.  fa  feck,  schw.  fä  fick,  ddn.  faae  fik. 

der  nasalfoi-m  golh.  also  noch  keine  spur,  es  gilt  weder  faggan 
noch  ein  subst.  faggs.  ahd.  aber  zeigt  sich,  neben  dem  praes. 
fähan,  zwar  das  pracl.  fie,  seilen  pl.  ficguii,  gewöhnlich  fiang 
pl.  fiangun,  pari,  gifangan.  das  mhd.  vähcn,  gekürzt  vAn, 
praet.  vie  und  vienc,  pl.  nur  viengen,  pari,  gevangen  stellen 
fast  ebenso;  nhd.  beginnt  fangen  auch  ins  praes.  vorzudringen, 
obgleich  fahen  fortbesteht.  Luther  gibt  dem  praes.  nocli  überall 
in  der  bibel  fahen,  nur  Col.  2,  20  und  2  Macc.  12,  35  hat  sich 
fangen  eingeschlichen,  doch  im  praet.  sg.  das  fie  aufgehört,  nur 
fieng  und  fiengen  sind  üblich,  heute  klingen  uns  fahen,  an- 
fahcn,  cmpfahen,  umfallen  edel  und  feierlich  gegen  die  lierschcn- 
dcn  fangen,  anfangen,  empfangen,  umfangen. 

nicht  anders  erscheint  neben  ags.  fön  das  praet.  feng,  fengon, 
alts.  neben  fahan  feng  fengun,  fries.  neben  fdn  feng  fengon, 
n/.  neben  van  vieng  viengen.  den  nord.  sprachen  konnte  der 
nasallaut  erst  in  den  pl.  praet.  und  das  pari.  ein.''rhreilen,  praes. 
und  sg.  praet.  hielten  sich  frei  daran,  altn.  fil  feck  fengo  fenginn, 
schw.  fa  fick  fingo  fdngen,  ddn.  faae  fik  {für  sg.  und  pl.)  faael. 
in  feck,  fick,  fik  erscheint  die  len.  härter  als  die  golh.  asp.  in 
faifah,  welche  im  ahd.  fio  fie  völlig  abfiel,  nur  dasz  im  pl. 
allerer  denkmäler  noch  fiegun  ausbricht,  die  gendseUm  formen 
ergeben  sdmllich  ng  {strengahd.  nk),  auslautend  und  im  anprall 
an  t  tfird  auch  nhd.  fahen  zu  fach  und  facht  =  \x\.  ervdgl 
man  alle  Verschiedenheiten,  so  folgt,  dasz  fallen  die  ältere  gestall 
des  verbums  war,  fangen  die  jüngere. 

beide  steigen  aber  schon  auf  in  urverwandten  sprachen,  sp.  1218, 
bei  Untersuchung  der  würzet  von  fach  wurde  zu  fahan,  ßhan 
das  skr.  pax,  am})lecli,  cajKrc,  gr.  cxrjytTfu,  jtinrjya,  inäyTjv, 
lat.  pango  pepigi,  paciscor,  paclus  suni  gestellt,  pax,  pacisci, 
fahan  sind  nacJi  der  regel  verscJtobcn  uud  g<Ah.  alid.  h  neben 
lat.  len.  für  ch  eingetreten,  wie  jener  imp.  vAch  und  das  Sid)sl. 
fach,  ags.  fäc  bestätigen;  audi  im  nord.  feck,  fick  deutet  ten. 
auf  ältere  asp.  zum  nasallaut  bekennen  sich  n^p-vfity  pango, 
compingo,  hallen  ilin  aber  vom  jiraet.  pepigi,  compegi  fein, 
wahrend  er  umgedrelä  bei  uns  wrzugsweise  dem  praet.  zu  thetl 
wurde,  ähnlichem  verhalt  begegiieti  wir  bei  liahan,  geben  und 
stehen  neben  hangen,  gangen,  standen,  doch  mit  oß  «6m»- 
dtender  entmicktung. 

Das  aUermerktcurdigstc  wäre  eine  kaum  mt  fermmntnde  nal-e 
berührung  zwuciten  fahen.  hehni  und  haben,  vMienlal.  paugere, 
f allere  und  iiabere  zur  .':rile  fleht,  von  haben  -»  habere  ausfükr- 
lirltrr  zu  reden  musz  auf  dir»  teort  selbst  vcrsparl  bleiben,     capere 


1237 


PAHEN 


FÄHEN— FÄHIG 


1238 


ist  aber  ßrvilich  unser  heben,  golh.  ha^an,  der  bedeutung  nach 
unser  fahen,  irie  sehr  sich  die  begriffe  des  hebens  und  nehmens 
verwandt  liegen,  denn  der  außebende  nimmt  und  der  nehmende  faszt 
oder  fängt,  beginn  ist  sowol  anheben  als  an  fang,  durch  diesen 
einklang  ihres  gehalts  tcird  man  auf  die  rermutung  geleilet,  dasz  die 
vürter  selbst  auch  einer  wurzcl  angehüreti,  was  sich  nur  aus  lautum- 
stellung  erklären  liesze.  cap  ist  umgeslelUes  pac  und  fah  umge- 
stellles  haf  {vgl.  pecus  faihu,  pectu  und  capillus,  fahs  sp.  1225). 
alle  einen  solchen  wandel  vermittelnden  Vorgänge  müssen  aber  in 
liefe  Urzeit  zurück  verlegt  werden,  sie  ermöglichten,  dasz  in  äner 
und  derselben  spräche  beide  erscheinungen  n^eneinander  festgehalten 
wurden,  lassen  auch  einzelne  daraus  hervorgegangne  Störungen  der 
lautrerschiebung  wol  begreifen,  die  reduplicationen  faifah,  pepigi, 
neTtrjya  sehen  wir  auf  gleicher  linie,  während  die  blosz  ablau- 
tenden cepi  und  böi  eine  ältere  reduplicalion  ahnen  lassen,  die 
geschwunden  ist.  capere  und  ha^an  würden  hiernach  einmal 
dem  pangere  und  fahan  vorausgegangen  sein,  unserm  fahen 
wohnt  der  sinn  von  capere  ein. 

bedeutungen  des  heutigen  fahens  {lauter  praesens  formen), 

1)  menschen  fahen:  welche  du  mit  deinem  schwert  und 
bogen  fehest,  die  schlahe.  2k0n.  6,22;  er  fehet  die  weisen 
in  irer  listigkeit.  Hiob  5, 13 ;  noch  fehet  man  in  mit  seinen 
eigen  äugen.  40, 19 ;  ir  seid  ausgangen,  mit  schwerten  und 
mit  Stangen,  mich  zu  fahen  (goth.  greipan  mit).  Mallli.  26,55. 
Marc.  14,  48 ;  fürchte  dich  nicht,  denn  von  nun  an  wirst  du 
menschen  fahen  {goth.  fram  himma  nu  manne  siud  nutans). 
Luc.  5,10;  noch  kam  es  darzu,  dasz  es  dem  vatter  kund 
ward,  der  denn  sobald  verschuf  den  ritter  in  still  zu  fahen. 
fcucArf.  1.  235, 3;  sol)ald  der  könig  sein  hinwegscheiden  würde 
vememmen,  würde  er  ihm  eilends  nachhangen  und  ihn  unter- 
stehen zu  fahen.  257,1;  dis  ward  der  pOeger  inne,  schicket 
hin  sie  zu  fahen.  Hewedergeb  preusz.  landt.  343;  man  fahe 
die  beiden  andern  und  thue  ihnen  ebenso,  riefen  einige. 
WlELA-ND   8, 178 ; 

alle  diese  liebeswaffen  leg  ich  an, 
sie  zu  fahn.     Götter  3, 5"i0; 

du  hast  alle  anstauen  gemacht,  die  übrigen,  welche  bezeich- 
net sind,  zu  fahen.    Göthe  8.250; 

Reineke  fuchs  sei  schuldig  des  todes!  so  soll  man  ihn  fahen, 

soll  ihn  binden  und  hängen  an  seinem  halse.    40,62; 

zornig  sagt  es  der  könig  und  liesz  im  augenbllck  beide 

fahen,  binden  und  schiieszen.     40,  V2; 

es  ist  des  kaisers  will  und  Ordonnanz, 

den  Friedland,  lebend  oder  todt,  zu  fahen.    Schiller  397*; 

dasz  mich  der  landvogt  fahen  liesz  und  binden.    540*; 

er  wollte  nicht,  dasz  einer  von  dem  bäszlichen 

zwerg\-olke  mich,  das  kiud  des  himmels  fahe.    Rückkrt  165; 

fahen  läszt  er  einen  zwerg, 

den  er  bettelnd  auf  dem  markt  erblickte.    Plateti  325*. 

2)  wild  fahen :  so  nim  nu  deinen  zeug,  kücher  und  bogen 
und  gehe  aufs  feid,  und  fahe  mir  ein  wildbret.  l.Vos.  27,  3; 
und  welcher  mensch,  der  ein  thier  oder  vogel  fehet  auf  der 
jaget,  das  man  isset,  der  sol  des  selben  blut  vergieszen  und 
mit  erden  zuscharren.  3  Mos.  17,11;  fahet  uns  die  fuchse, 
die  kleinen  fuchse,  die  die  Weinberge  verderben,  hohelied 
2,15;  gottlose,  die  den  leuten  stellen  und  fallen  zurichten 
sie  zu  fahen,  wie  die  vogeler  thun  mit  kloben.  Jer.  5,26; 
ein  falsch  herz  ist  wie  ein  lockvogel  auf  dem  kJoben  und 
laurel  wie  er  dich  fahen  mOge.  Sir.  11,31;  abermal  ist  gleich 
das  himelreich  einem  netze,  das  ins  meer  geworfen  ist,  da- 
mit man  allerlei  gattung  fehet.    Matlh.  13,  47 ; 

den  leuten  fah  das  schädlich  wild.    Scuwarze:«berg  138,2; 
die  spinne,  die  sich  in  ein  garn  oder  webe  wirkt,   dasz  sie 
damit  die  fliegen  fahen  möchte,  buch  d.  l.  289, 3 ;  man  facht 
sie  {die  ßsche)  mit  garnen.  Foreb  1';  solche  fisch  facht  man 
im  frühling.  58'; 

und  dachte  wie  ein  wild  für  leine  küch  er  fahe. 
LoGAD  2,64,57. 

3)  sich  fahen  lassen :  der  fuchs  läszt  sich  nicht  leicht 
fahen ;  wie  das  sacrament  kompt,  feilt,  so  ists  gottes  sacra- 
ment  und  leszt  sich  fahen  mit  dem  glauben.  Lcttreb  1, 415\ 

4)  ich  wil  an  ewr  küssen  {ad  pulvillos  vestros),  damit  ir  die 
Seelen  fahet  und  vertröstet  und  wil  sie  von  ewren  armen 
wegreiszen  und  die  seelen,  so  ir  fahet  und  vertröstet,  los 
machen.    Ez.  13,  20 ; 

neige  dich  den  letzten  bauch  zu  saugen 

und  im  fluge  meinen  geist  zu  fahn.    Borger  100*. 

5)  die  Stadt,  bürg  fahen,  urbem,  arcem  capere,  occupare, 
einnehmen: 


nun  wird  er  fahn  die  weitgedebnte  Stadt.    Bökcxb  149^. 
heute  auch  blosz  nehmen,  fr.  prendre  la  ville. 

6)  ehmals  sagte  man  eines  band  oder  bände  fahen,  was  heute 
fassen,  ergreifen,   halten  heiszt: 

mhd.    so  wolder  dar  gäben 

und  ir  die  bende  vähen, 

da;  si  sich  nien  slüege  mi.    Iw.  1342; 

als  er  vil  gerne  hin  vür 

ZUG  ir  wolte  gäben 

und  ir  die  bende  vähen.    14S2. 

ebenso  die  füsze,  wie  noch 

bisz  das  ich  damit  fach  dein  füsz.    Schwixzkrbki6  123,  t. 

7)  den  ball  fahen,  jnlam  excipere.  in  Fischarts  spidaer- 
zeiclmis  unter  69 :  nu  fah  den  ball  ehe  er  fall. 

S)  den  harn  fahen,  urinam  reddäam  excipere: 

deckt  ihn  zu  gar  warm 
und  laszt  ihn  fahen  einen  härm.    H.  Sachs  II.  4, 7*. 

9)  ram  fahen,  sorde  se  vmculare: 

wer  sich  an  alte  kessel  reibt,  der  fahet  gerne  ram. 
Hitdebrandstied ; 
SO  soll  sich  ire  hohe  kunst  an  den  alten  kessel  reiben  und 
den   rechten   ram   fahen.    Lutheb  8,  ö' ;    ich  meine,   er  solt 
anlaufen  und  ram  fahen.    8,  59*.     Stieleb  1512  nimmt  ram 
fahen  abstract  für  spe  sua  fallL 

10)  fahen,  in  se  redpere,  annäimen,  aufnehmen:  ist  aber 
das  verbrunnene  gut  kupferig,  so  ist  es  desto  besser,  so 
mustu  ihm  kupfer  zusetzen,  dann  es  wird  der  abgezogene 
zeug  scbmeidiger  davon  und  fecht  das  blei  das  silber  und 
gold  lieber  in  sich,  als  allein  aus  dem  unartigen  zin.  Ebkeb 
beschr.  der  erzt.  34'. 

U)  gedanken,  lehre,  Wahrheit  fahen:  nein,  solche  gedan- 
ken  fehet  er  nicht  aus  dem  exempel.  LtrrHER  5,  70';  das  ein 
mensch  die  zarte  warheit  fehet  und  preiset,  br.  2,162;  wer 
meine  lere  mit  rechtem  herzen  fehet.  2,  243. 

12)  was  wir  fahen,  haben  wir  nit,  und  was  wir  nit  fahen, 
haben  wir.    MCglei.x  röm.  gesch.  135'. 

13)  stelU  kein  acc.  dabei,  so  wird  die  bedeutung  intransitiv, 
z.  b.  der  zunder  fäht  nicht,  will  den  funken  nicht  aufnehmen; 
die  pflanze  fäht  nicht,  will  nicht  wurzeln,  beUeiben  ;  denn  meine 
rede  fehet  nicht  unter  euch,  sermo  meus  non  capit  in  vobis 
{golh.  vaurd  mein  ni  gamöt  in  izvis).  Joh.  8, 37 ;  daher  kompt 
es,  das  auch  gots  wort  nit  bei  ihr  {der  weit)  fiihet.  Frank 
paradoxai';  ein  jeder  stem  fähet  nach  seiner  kraft  und  art 
von  der  sonne.  Jac.  Böhmes  Aurora,  Stutig.  1825  s.  108;  der 
lebendige  geist  fähet  in  der  süszen  qualitäL  s.  118.  besonders 
merke  man  fahen  in  der  eigentlichen  bedeutung  des  fahens,  um- 
fahens,  ohne  beigesetzten  casus,  der  sich  leicht  hinzudenken  läszt: 
und  ging  nit  für  {ergieng  nicht)  eincher  kus  noch  einch  wort 
umbsunst  oder  unvergolten,  jetzt  facht  er,  dann  facht  sie. 
Wyle  transl.  72,33.     Wolfram  hat  den  acc.  dazu: 

er  bat  die  küneginne  rieh 

in  küssen  unde  vähen  zir.    Part.  47, 1. 

vgl.  anfahen,  befahen,  empfahen,  umfahen,  hauptsächlich  aber 
fangen,  dessen  praeterita  sclwn  frühe  zu  fahen  gehörten. 

FÄHE.\,  cribrare,  s.  fehen. 

FAHER ,  ffl.  captator,  ahd.  vähare,  pressor.  Gbatt  3,  410. 
Stieleb  393 ;  die  edlen  ergüsse  der  Zärtlichkeit  leiden  keinen 
laurer  und  faher.    Hippel  6,  226. 

FAHEZAHN,  m.  denspraedamexcipiens,  fangzahn:  die  marder 
gewohnen  leichtlich  bei  den  menschen,  doch  sind  sie  heim- 
tückisch, darum  ihnen  von  etlichen  die  scharfen  fahezähne 
ausgebrochen  werden.    Hohbebg  2,  638*. 

FÄHIG,  capax,  habilis,  also  auf  capere  vie  habere  weisend; 
weder  ahd.  fähic  (nur  widervdhig),  noch  mhd.  vaehic  aufzu- 
zeigen, während  ahd.  fengic,  mhd.  vengic  vorkommen,  nhd.  aber 
haben  Dastpod.  25*.  325'  fehig,  Frisics  187'.  Maaler  129'  fähig, 
bei  Ldtbeb  erscheint  es  nicht,  hingegen  bei  Zwingu,  Fba.nk  und 
andern,  später  mehd  sich  sein  gebrauch. 

1)  was  gefangen  werden  kann,  fan^ar :  nimt  ers  nit  in  dem 
selben  ougenblick,  vergat  es,  als  die  fischer  und  vogler  ge- 
wont  sind,  denn  die  fisch  und  vögel  haben  ihr  gewisse  zit 
und  sind  nit  alle  zit  fähig.    Zwingli  1, 10. 

2)  was  fassen,  enthalten  kann:  Speusippus  hat  erfunden 
breiter  zu  schneiden  und  aus  dünnen  hölzern  fähige  fasz 
lernen  machen.  Fbakk  (Aron.  96*;  der  becher  ist  eines  nösels 
fähig,  calix  sextarii  capax.    Sheleb  393. 

3)  fähig  zu  haben,  zu  erwerben,  mit  gen.  der  sacke:  item 
wann  jemand  beklagt  würde  von  sachen  wegen,  so  er  der 
überwunden  sein  leib  und  gut  verwürkt  hell  und  aus  forcht 

78* 


1239 


FÄHIG  — FAHL 


FAHL  —  FAHLGESCHÜRZT 


1240 


solcher  verschuldter  straf  sich  selbs  ertödt,  des  erben  sollen 
in  disem  fall  seins  guts  nit  vehig  oder  empfengklich  (bono- 
rum neutiquam  capaces.  Gobler),  sonder  solch  erb  und  guter 
der  oberkeit  heitngefallen  sein.  Carolina  135;  einsi  freund- 
scbaft  fähig  oder  beging,  capax  amicUiae.  Maaler  129';  sie 
{die  fürstinnen)  könten  beide  des  herzog  Fricdebalds  nicht 
fähig  werden.  Lohenst.  Arm.  1,160;  Livia,  welche  von  dem 
abschied  nehmenden  Tiberius  noch  aufs  flehentlichste  ersucht 
worden  war,  ihn  Thusneldens  durch  alle  euszerste  mittel 
fähig  zu  machen  (m  Th.  besilz  zu  setzen).  1,1256;  die  ehre 
in  des  herrn  freundschaft  zu  gelangen  ist  mir  so  lieb,  dasz 
ich  nimmermehr  glückseliger  als  disesmal,  da  ich  derselben 
fehig  worden,  mich  ermesse.    Botschky  kanzi  39. 

4)  fähig  etwas  zu  thun,  aufzunehmen,  zu  empfinden,  gleich- 
falls mit  gen.:  das  man  sein  gemüte  erkennen  sol,  wenn  es 
einer  oder  der  andern  sache  am  fähigsten.  Butscbky  Palm. 
940;  hiezu  kam  noch  die  Jugend  des  tyrannen,  welche  seine 
noch  nicht  verhärtete  seele  neuer  eindrücke  föhig  machte. 
VViELAND  2,277;  unglücklicher  weise  war  das  volk  so  vieler 
mäszigung  nicht  fähig.  2,  2S5;  aber  meinen  freund  Ogul  soll 
er  ungehudelt  lassen,  wenn  anders  ein  philosoph  eines  guten 
rathes  fähig  ist.    6,  59 ; 

Seelen,  lahig  edler  triebe.  Gotier  1,74; 
hab  mir  alle  die  vorwürfe,  die  sie  mir  machen  können,  schon 
selbst  gemacht,  aliein  wessen  ist  eine  unglückliche  liebe 
nicht  fähig?  H.  L.  Wagner  reue  nach  der  Ihat  s.  92;  die  poe- 
üsche  seele  ist  im  junius  der  jugcnd  einer  wonne  fähig,  von 
der  nur  sie  ahnung  hat  und  die  nur  sie  erlangen  kann.  J.  P. 
papierdr.  2,  225 ;  er  lebte  nur  vor  sich  hin,  er  schien  keine 
tträne  mehr  zu  haben,  keines  Schmerzes  weiter  fähig  zu 
sein.  GöTHE  17,  412.  doch  setzt  er  auch  (nach  sp.  1133.  34)  den 
acc. :  wenn  ihr  das  fähig  wärt,  ich  müste  vergehn.  8, 130. 
42,386;  du  kennest  nicht  was  eine  liebende  getreue  gattin 
fähig  ist.  Wieland  26,18;  o  lernet  erst  das,  was  ihr  fähig 
seid,  genieszen.  32,176;  s<aW  dessen,  wessen,  man  wolle  denn 
eine  ellipse  von  'zu  thun'  annehmen,  für  'er  ist  es  (ejus)  fähig' 
redd  das  fr.  il  en  est  capable.  zuweilen  Idszt  sich  der  gen.  in 
ein  passivum  außösen:  solche  augenblicke  sind  keiner  be- 
schreibung  fähig.  Wieland  2,  77 ;  das  buch  ist  keines  auszugs 
fähig  =  beschrieben,  ausgezogen  zu  werden,  den  inf.  mit  zu 
belegen  folgende  stellen :  ich  bin  ihn  itzt  zu  sprechen  ganz  und 
gar  nicht  fähig.    Lessing  2,  295 ; 

lehr  ein  mittel 

mich  erdenken, 

das  den  ranken 

des  verwegnen 

lu  begegnen 

rahig  sei !    Gotter  3, 521 ; 

das  wir  also  nicht  das  all  von  neuem  nur  anzuschauen  fähig 
sind.  J.  P.  papierdrache  2, 193.  es  kann  aber  auch  zu  »mV  einem 
nomen  oder  pronomen  folgen:  er  ist  wol  dazu  fähig,  dazu  ge- 
schickt; ich  kenne  meinen  söhn  zu  genau,  als  dasz  ich  ihn 
zu  kahlen  entschuldigungen  fähig  halten  sollte.  Rretscumans 
fom.  Eichenkron  25. 

5)  fähig,  habilis,  facilis,  aplus,  ohne  davon  abhängigen  casus: 
frOmbkeit  rieht  es  allein  nicht  aus,  saget  er,  er  musz  auch 
geschwind  und  fehig  {schnell  fassend)  sein  und  sich  in  die 
weit  und  ire  hendel  zu  schicken  wissen.  Matbesiüs  151* ;  auch 
schien  dieses  versehn  dem  vater  sehr  willkommen  zu  sein, 
der  das  grosze  vergnügen,  sein  söhnchen  so  fähig  (begabt)  zu 
sehen,  wolbedächtig  nicht  an  den  tag  gab.  Güthe  18,26;  er 
ist  einer  der  fähigsten  köpfe  im  ganzen  land;  unser  fähigster 
Schüler,     t.  baufähig,  hoffähig,  unfähig. 

FÄHIGKEIT,  /■.  nicht  capacilas  nach  fähig  1.  2,  sondern  facultas: 
das  thier  bat  nicht  die  fähigkeit  zu  sprechen ;  leser  von  der 
eingeschränktesten  fähigkeit;  fähigkeit  zu  allem  guten;  wir 
aber  nehmen  uns  die  freiheit  zu  behaupten,  eine  jede  dieser 
kleinen  erböhungen  sei  von  der  natur  mit  fähigkeit  begabt 
eine  schale  zu  bilden.    GOtbe  55,328. 

FAHL  [fal],  pallidus,  flatus,  subflavus,  gilvu»,  gelbgrau,  ahd. 
fälo  gen.  falawes,  mhd.  val,  valwes,  nhd.  fahl,  falb,  mni  vael, 
valuw,  nnl.  vaal,  ag$.  fealo  fealevcs,  engl,  fallow,  alln.  fölr,  fr. 
fauve,  tkr.  palita,  gr.  ntXXöt,  naXiöe,  noXtöt,  lat.  pullus,  liU. 
palvaa,  bohm.  plavy,  poln.  plowy.  pallidus  gleicht  dem  palila, 
dai  unvenehobne  flaviis  hat  ganz  den  auslaut  der  deutschen,  lit. 
$L  formen,  enlipnchl  aber  unierm  blau,  alid.  pl.1,  pl.'iwes  (2,81), 
wk  neh  auch  die  bedeutungm  ftavun  und  lividus  berühren.  plA 
wind»  ton  bliggran,  lividni  von  fligere  geleitet,  u'O  wir  v  ^ 
gv,  g  erfermieii.     iwij«r  b  in  falb  gitng  hervor  aus  falw  wie  in 


färb,  herb,  gelb  u.  a.  m.,  die  schlechte  Schreibung  fahl  ist  wie  in 
kahl,  mahl;  fahl  und  falb  sind  dasselbe  wort. 

fahl  gilt  vornemlich  von  bart  und  haar,  dann  von  pferden, 
aber  auch  von  metall,  getraide  und  andern  dingen  ähnlicher  färbe. 

1)  etliche  schwarze,  kesselbraune  oder  fahle  oder  gelblicbte 
kupfer.  Mathesiüs  74';  zohe  ein  fahles  kleid  an.  Felsenb.2,m. 

2)  streiften  ihm  den  groszen  fahlen  bart  abe,  banden  ihn 
dem  tatterischen  heubtman  an  den  spiesz.  Waisselics  chronica 
aller  preusz.  hislorien.    Königsb.  1599  s.  134. 

3)  und  ich  sähe  ein  falb  (al.  falb)  pferd  (Ittttos  x^ojqÖs, 
vulg.  equus  pallidus)  und  der  drauf  sasz,  des  name  hiesz 
tod  und  die  helle  folget  im  nach,    offenb.  6,8; 

und  wenn  wir  ains  mer  auf  ainem  valben  pfert  finden. 

fasln.  321,5; 
ich  hab  dich  oA  gefunden 
auf  einem  falhen  pferd.    Ambr.  Ib.  70,43; 

under  disen  reden  kam  ein  bot  auf  eim  falhen  pferd.  Aitnon  b  3' ; 
ob  ich  sie  find  über  der  karten 

und  auf  dem  faalen  pferd  ertap.    Ueimr.  Jul.  t.  Br.  564; 
ob  er  sie  auf  eim  fahlen  pferd 
unversehens  eins  finden  werd.    607; 
zeuch,  fahler,  zeuch ! 
balde  wollen  wir  Tylli  dreschen!    wunder/».  2,93, 

anderwärts, 

zeuch,  fohle,  zeuch, 

morgen  wolln  wir  habern  dreschen; 

ist  dieses  pferd  graw  oder  fahl?    Weckherlü»  528; 

das  schulrecht  mach  ich  hier  gemach 

dem  tod  auf  seiner  fahlen  nacn.    Czepko  bei  Grypkius  2,35; 

wer  einmal  auf  einem  fahlen  pferde  ertappet  wird,  dem  glaubt 
man  nicht  leichte  mehr.  Butschky  Polm.  612;  will  nicht  hoffen, 
dasz  mich  jemand  auf  dem  fahlen  pferde  wird  angetroffen 
haben.  Weise  com.  probe  7;  dabei  er  denn  wol  schwerlich 
gedacht  hat,  dasz  ein  musicus  ihn  so  oft  auf  einem  fahlen 
pferde  finden  sollte.  Jon.  Mattheson  der  neue  ephorus  1727 
s.  49 ;  und  schlich  so  lange  nach  der  frau,  bis  er  auf  dem 
fahlen  pferde  attrapieret  wurde.  Felsenb.  3, 415 ;  da  er  sich 
aber  hier  auf  dem  fahlen  pferde  finden  läszt,  wie  kann  man 
ihm  im  übrigen  trauen?  Lessing  3,  2S1;  hier  war  der  ort, 
wo  sich  Slilling  in  ansehung  der  versöhnungslehrc  zuerst  auf 
dem  fahlen  pferd  erwischte.  Stillinc  5,24;  jemanden  auf 
dem  fahlen  pferde  treffen.  Hermes  Sopli.  rase  6,  306.  Stieler 
425  crÄ/ar(  er  reitet  ein  fahl  pferd  durch  mentitur,  falsus  est 
und  gibt  auch:  man  hat  ihn  auf  einer  fahlen  ziege  ertappt, 
tri  falsa  et  mendaäis  deprchensus  est.  das  ist  aber  zu  eng  und 
finden,  treffen,  ertappen,  erwischen  auf  dem  f.  pf.  musz  über- 
haupt meinen  einen  auf  einer  unthat,  auf  einem  irthum  betreten. 

4)  fahl,  bleich,  abgeblaszt,  welk,  mhd. 

mitd.   beide  und  an^er  und  diu  tal, 
diu  hat  der  winter  aber  val 
gemachet  und  die  ouwen.    MS.  1,11^ 

nhd.    so  fahl,  so  scbahl,  so  kahl  gebts  aus. 

Fiofchm.  am  sclilusx; 

und  wie  kahl  und  fahl  ist  ihr  feuer,  ihre  pbantasie.  J.  P. 
TU.  2, 3 ;  mich  macht  verdrüsziich,  dasz  der  mensch  alle 
tage  seines  lebens  leichter  überlebt,  als  (den  letzten  ausge- 
nommen) den  ersten,  und  dasz  ebenso  unser  realblatt  zu 
kahl  und  fahl  aufzieht,  anh.  zu  Tit.  1,6;  ein  solcher,  dessen 
fahles  herz  nichts  weisz  von  der  bruderuniläl  befreundeter 
lierzen.    Ucsp.  1,12(48); 

euer  fahles  wcscn,  schwankende  rositur, 
euer  tripplen  und  krablcn  und  srnneuiernnlur. 
GöTHE  57,  262; 

welch  ein  gesiebt  so  fahl  und  grimmig  kalt, 
wie  hat  sein  blick  so  schrecklich  mir  gestraltl 
Lenau  Faust  19; 

wenn  du  hinaus  auf  die  fehler  gehst, 

im  grOiif^n  drausien  als  fnihling  stehst, 

so  ist  bipr  hcrb.it  in  der  todien  Stadt. 

meine  wiin(,'o,  die  fahle  flur 

hat  geronnene  Ihrdnen  nur. 

und  mein  herz  ist  ein  welkei  blatt.    Röceert  .Vi6. 

FAHLXUGIG,  pallidis   oculis:    der  faläugigen  wegmcisterin 
und  braunmctzen  fraw  Mona  (Luna).    Fiscbart  grosim.  03. 
FAHLERZ,  n.  niinero  argenti  grisea. 
FAHLGELB,  fulvus,  luridus,  schmiäxiggM  mit  grauem  lehem, 
was  alles  schon  im  einfachen  fahl  liegt. 

KAIILGESCHÜRZT.  p'-'  ' "^  " 

wenn  au«  den  ^cn  wölken 

hogel  auf  thuin  ..<  itüriel. 

Vitit  m  Letpt.  alm.  1779  «.340. 


1241 


FAHLLEDER— FABNE 


FAHNE  —  FAHNENLEHEN 


1242 


FAHLLEDER,  n.  auch  schmalleder,  den  gerbein  das  zum 
Oberleder  der  schuhe  benutzte  wachere,  schmeidigere,  ungeschtcdrste, 
vou  der  blassen  erdfarbe,  die  es  beim  schwellen  (auftreiben)  be- 
kommt.   Bbosesids  lechnol.  1,  64. 

FAHLROTH,  schmutsi^laszroth. 

FAHLSTEIN,  m.  grauer  schiefer. 

FAHM.  spuma,  s.  faum. 

FAHMEN.  5.  fäumen. 

FÄHNCHEN,  n.    1)  partum  vexiUum. 

2)  äne  kleine  schar  krieger. 

3)  restis  minuta:  in  einem  leichten,  gestreiften,  seidenen 
fähnchen  sah  die  kleine,  niedliche  figur  einer  putzmacherin 
ähnlicb.    Göthe  2S,  37. 

FÄHNCHENFCHRER,  m.    der  pastor,  der  kreuzzüge  thun 
inuste  und  in  gewisser  art  fähnchenführer  war.  Hippel  1,105. 
FÄHNDEL,  n.    die   kleinere   reuterfahne,   Standarte,   elendard, 
auch  fahnentcache : 

und  ist  es  dann,  wenn  das  beer  halb  ins  gefild  strömt, 
nur  unschuldig?   nicht  auch,  wenn  bäche 
rinnen,  das  ßhndel  nicht  droht?    Klopstoce  2,74. 

vgl.  reiscgespräche  Friedrichs  des  gr.  1779  5.  54. 

FAHNDELN,  vexillum  evolvere,  die  fahne  wehen,  flauem  lassen. 
Staldeb  1,350. 

FÄHNDELSTANGE,  f.  fahnenstange  bei  der  cavallerie. 

FAHNDEN,  rimari,  tentare,  explorare,  schlechte  Schreibung  für 
fanden,  fanten,  ahd.  fanton  (Geaff  3,  539),  alts.  fandön,  ags. 
fandian,  uns  nur  übrig  in  der  gerichissprache :  auf  einen  ent- 
wichenen missethäter  fahnden,  ihm  nachstellen,  um  seiner  wieder 
habhaft  zu  werden;  es  ist  gleich  auf  den  mörder  gefahndet 
worden ;  laszt  uns  alle  auf  Reineke  fahnden !  Schhid  176. 
wol  verwandt  mit  finden,  suchen. 

FAHNDER,  m.  vejHUifer,  s.  fähner. 

FÄHNDRICH,  m.  dasselbe,  nnl.  vaandrig.     s.  fahnrich: 
Ticnhalb  tausend  wurden  gefangen, 
darzu  auch  etlich  fendrich  gut.    Soltad  41'- 

FAHNE  [fane],  /.  vexillum,  ahd.  fano  m.,  mhd.  van  m.,  nnl. 
Taan  f,  ags.  fana  m.,  engl,  erloschen,  doch  im  fr.  fanon,  das 
aus  fano  stammt,  wieder  aufgenommen,  im  16  jh.  findet  sicA 
nicht  selten  geschrieben  fanne,  fann  und  das  männliche  geschlecht 
festgehalten,  das  isl.  fäna  f.  erst  in  späterer  zeit  aus  dem  schw. 
fana,  dän.  fane,  und  diese  unserm  deutschen  wort  entlehnt,  das 
uralte  goth.  fana  m.  hat  die  allgemeinere  bedeutung  des  lat.  pannus, 
luch,  gewebe,  gr.  Tiiivos,  welchen  es  sichtbar  verwandt  ist.  ein 
vorschlagendes  s  zugestanden,  lassen  sich  spannen  und  spinnen 
für  die  wurzel  vergleichen. 

1)  dieser  zum  gründe  liegende  sinn  eines  tuches  tritt  auch  in 
den  ahd.  Zusammensetzungen  ongafano,  halsfano,  hantfano, 
sumarfano,  sweijfano,  tiscfano  u.  a.  m.  deutlich  an  den  tag, 
wie  man  noch  heute  in  Baiem  und  Ostreich  fahn  ßr  hatstuch, 
Schleier,  Schnupftuch,  schürze  und  andere  thdle  der  weiblichen 
kleidung,  wenigstens  scherzweise  oder  verächtlich  gebraucht,  auch 
in  Sachsen,  Thüringen,  Hessen  und  den  meisten  übrigen  gegenden. 
vgl.  fähnchen  3.  fahnenstaat  bezeichnet  einen  kleiderstaat,  der 
zwar  in  die  äugen  fällt,  aber  keinen  werth  hat.  Schmeller  1,  533. 
einem  Schneider  erschien  im  träum  der  teufel  mit  schere  und 
fahn,  den  er  ihm  um  den  köpf  schwang,  so  oft  nun  der 
meister  beim  zuschneiden  einen  läppen  auf  die  seile  warf, 
zupfte  ihn  sein  lehrjung  und  rief  'meister,  gedenkt  an  den 
fahnenl'  Fuchsmundi  37S.     bei  Ulfilas  ist  fana  geradezu  läppe. 

2)  Streitfahne,  kriegsfahne,  ahd.  gundfano,  woher  fr.  gon- 
fanon,  it.  gonfalone.  es  heiszt  die  fahne  tragen,  aufrollen,  auf- 
slecken, aufwerfen,  entfalten,  falten,  heben,  senken,  schwingen, 
schwenken,  fliegen,  wehen  lassen,  zur  fahne  schwören,  der 
fahne  folgen,  treu  bleiben,  bei  der  fahne  halten,  seine  fahne 
verlassen ; 

braucht  er  das  kreui  zu  einem  fahnen.    0.  Sachs  IV.  1,117*; 
zwar  er  hats  erfam,  das  er  am  fannen  gefürt,  das  der  low 
vom   stammen  Juda  gesigt.    Nascs  nasenesel  72';    mit  einem 
weiszen  ausgestecklen  fahnen.    Kircubof  disc.  mit.  36; 

und  führt  sie  fein  in  voller  fahn 

zu  aller  tugend  mehlich  an.    Ri:«gw*ld  /.  trar/i.  222; 

in  voller  aufgerichter  fahn 

dem  feind  entgegenrücken.    381 ; 

den  obersten  gehorchen  müst 

und  euch  von  ihnen  in  der  fahn  (kriegerschar) 

regieren  lahn.    2%; 

das  wir  als  treue  unterthan 

festhalten  bei  der  rothen  fahn.    crang.  N6*; 

die   deutsche   pocsie,   zu   welcher  ich,   nach  meinem  armen 
vermögen  allbereit  die  fahne  aufgesteckt.   Orrrz  poeterei  s.  13 ; 


die  ernste  gravität  läsit  seine  fahne  fliegen.    Flmuss  140; 
wird  nun  der  fan  geschwungen.    Rompler  151; 

gab  mir  mein  oberster  gleich  im  andern  jähre  den  besten 
nnterofficiersplatz  nebst  der  hofnung  dasz  mir  mit  ehesten 
eine  fahne  in  die  band  gegeben  werden  solle.  Felsenb.  l,3ö% ; 
für  mich  wäre  ich  gai-  nicht  abgeneigt  auch  zu  deiner  fahne 
zu  schwören  (bildlich).    Göthe  22,46; 

zum  frohen  zug  die  fahnen  sich  entfalten.    Scbilub  336*; 

doch  meine  fahne  seh  ich  nicht,    wo  ist  sie? 

nicht  ohne  meine  fahne  darf  ich  kommen.    4S6'; 

so  ganz  geblendet  wart  ihr,  so  bethört, 

dasz  ihr  euch  schartet  unter  Ostreichs  fahne. 

Uhlakds  Ludwig  14S; 
und  wider  mich  des  aufruhrs  fahne  schwang,    dessen  Ernst  12; 
hab  ihm  die  fahne  mit  verdrusz  geschwenkt.    95; 
umflort  ist  ihr  panier,  die  schärpen  schwarz, 
das  ist  Warin,  der  Schwabens  fahne  trägt.    95; 

wie  die  tugend  einen  ganz  rühmlichen  abzuf  aus  dieser  weib- 
lichen festung  mit  klingendem  spiel,  fliegender  fahne,  bren- 
nender lunte  hält.    J.  P.  pap.  drache  1,  232. 

3)  die  fahne  weht  auf  der  erstiegnen  mauer,  auf  dem  thurm 
der  bürg,  auf  dem  dach  des  bauses ;  Amor  schüttelte  seine 
flügel,  floh  und  stellte  sich  auf  die  knarrende  fahne  des 
kirchthurms.   ThCmsel  Wühelmine  126; 

am  himmel  ist  geschäftige  bewegung, 

des  thurmes  fahne  jagt  der  wind.    Schiller  399*; 

an  alter  fanna  aifn  doch, 

dan  soll  der  wind  göih,  wöi  er  mog, 

er  droht  si  niet,  knarzt  in  der  häib, 

dasz  an  der  kupf  in  bett  thout  weih.    Grcbel  2,120. 

4)  fahne  ist,  wie  ßhnlein,  auch  benennung  des  kriegshaufens, 
der  sich  um  sie  sammelt  und  der  auf  sie  schaut:  es  wurden 
alsbald  zwölf  fahnen  volk  aus  den  schifl"en  ans  land  gesetzt. 
Oleaeics  Orient,  insuln  s.  152;  hauptmann  über  eine  fahne, 
über  eine  compagnie. 

5)  bair.  auch  der  fan,  fanen,  landfanen,  verächtlich  von  einer 
im  land  herumschwdrmenden  Weibsperson,  soldalenhure. 

6)  fahne,  die  niederhangende  haut,  der  läppe  am  hals  des 
rindriehs,  Iriel,  halswamme,  halswampe,  in  Baiern  der  fan. 

7)  fahne,  weidmännisch,  der  schwänz  des  eichhorns. 

8)  fahne,  ein  kleines  netz  an  der  dange  zum  lerchenfang. 

9)  das  oberste  blatt  der  schmelterlingäilumen,  vexillum. 

10)  an  der  feder,  der  zu  beiden  seilen  mit  fasen  besetzte  Iheil 
des  kiels:  diese  feder  hat  eine  schöne,  breite  fahne;  die 
fahnen  der  schreibfeder  abstreifen,  hierbei  ist  das  lat.  pcnna 
fielen  pannus  zu  erwägen  und  it.  pennone  dazu. 

U)  Schenkwirte  kreideten  sonst  mit  stricfien  an,  die  man  fahnen 
hiesz.     eine  fahne  hier,  eine  zeche. 

12)  den  buchdruckern  heiszt  der  abzug  von  einzelnen  seilen  eines 
bogens  eine  fahne.     auch  das  nachweisungszeichen  im  manuscript. 

13)  er  hat  eine  fahne,  Schweiz,  es  föhnli,  ist  angestochen, 
hat  einen  spitz. 

s.  dachfahne,  goldfahne,  hauptfahne,  hausfahne,  hoffahne, 
kriegsfahne,  leibfahne,  Streitfahne,  sturmfahne,  thurmfahne, 
trauerfahne,  Wetterfahne,  Windfahne. 

FAHNENBILD,  «.  auf  dem  oherplatz  kam  der  patriarch 
mit  seiner  clerisei,  bei  400  popen,  in  priesterlichem  schmucke 
mit  sehr  vielen  fahnenbildem.   pers.  reisebeschr.  1,  8. 

FAHNE.NFETZEN,  panniculi  vexillorum,  läppen  zerschossener, 
vervilteter  fahnen: 

auch  flattern  fahnenfetzen  bei  Standarten, 

die  frischer  lüftchen  ungeduldig  harrten.    Götu  41,274. 

FAHNENFLÜCHTIG,  signa  deserens,  von  seiner  fahne  weichend. 

FAHNENFLCCHTLING,  m.  desertor  signorum. 

FAHNENFUHRER,  m.  signifer,  vexillifer. 

FAHNENFUTTER,  n.  involucrum  vexilli. 

FAHNENGELD,  n.  eine  abgäbe  bei  belehnungen. 

FAHNENHABER,  m.  arena  sativa,  mit  breiter,  schwebender 
ähre.  vgl.  fahne  10.    fähnlein  3. 

FAHNENJUNKER,  m.  subsignifer,  ein  dem  fähnrieh  beigeord- 
neter fahnenträger. 

FAHNENJÜNKERIN,  f  das  mü  dem  schnupftuch  wedelnde 
mädchen.    J.  P.  uns.  löge  3, 138    (erste  ausg.  von  1793.  2, 390). 

FAHNENLEHEN,  n.  feudum  vexillare: 

und  darum  haben  wir  den  heutgen  tag, 

als  einen  freudenreichen,  auserkiesi, 

dem  fursten  das  verwirkte  fnhnculehn 

des  herzogibums  von  Schwaben  neuerdings 

vor  ofner  reichsversammlung  zu  verleihn.    Ublard  Entsi  t.  30. 


1243 


FAHNENMARSCH — FÄHNRICH 


FAHR 


1244 


FAHNENMARSCH,  m.  classicum  vexillarium,  beim  holen  und 
zurückbringen  der  fahne  gespielt. 

FAHNENMUSTERÜNG, /■.  luslratio  vexillorum:  verwunderten 
sie  sich,  wie  ich  zu  diesem  komme,  dasz  ich  nach  jeder 
fahnenmusternng  die  fahnen  in  ring  führet  und  dem  tähn- 
drich  überantwortet.    Scuweimches  1, 170. 

FAHNE.NSCHMID,  m.  faber  ferrarius  apud  equUes,  hufschmid 
bei  einer  schwadron  reUer: 

das  alte  iied,  das  alle  lied 
von  dem  TersoTnen  fahnenschmied, 
und  wer  das  alte  lied  nicht  kann, 
der  fang  es  nur  von  vorne  an. 
ttfid  SO  fort  von  rorne  immer  wiederholt. 

FAHNENSCHUH,  m.   lederscheide,   in  welche  der  faknenstock 
beim  tragen  geschoben  wird. 
FAHNENSCHWENKER,  m. 

FAHNENSCHWENKLNG,  /".   vibratio  vexiUi:    probeschüsse 

im  befehlen,  fahnenschwenkungen  des  commandoslabs.  J.  P. 

biogr.  bei.  1, 146 ;  fahnenschwenkungen  des  zepters.  leufelsp.  1, 136. 

FAHNENSCHWINGEN,  n.   exercitium   rcxillum   variis  inodis 

torqiiendi. 

FAHNENSTANGE,  /".  pertica  vexiUi. 
FAHNENSTOCK,  m.  dasselbe. 

FAHNENTRÄGER,  m.  vexiilifer.    Serranüs  syn.  64': 
und  schnell  dem  fabnenträger  aus  der  band 
risz  sie  die  fahn,  und  vor  dem  znge  her 
mit  kühnem  anstand  schritt  die  mächtige.    Scbillkr  4ä7^ 

ältere  schreiben  fantrager,  panirfurer.    voc.  1482  h5'. 

FAHNENTUCH,  n.  vexillum,  pleonastisch,  da  in  fahne  die 
Vorstellung  tuch  enlhallen  ist: 

kennst  du  die  stimmen  nicht  in  deinem  obre? 

mit  deinem  äuge  nicht  die  fahnentücber?    Rdckekt. 

FAHNENWACHE,  f  excubiae  vexillares. 
FAHNEN WEHIE,  /.  vexillorum  consccratio:  nun  wird  hoch- 
anit  gehallen,  hierauf  fahnenweihe.    Dahlmann  fr.  rev.  335. 
FAHNENWEISE,  turmalim,  scharenweise,    s.  rähnleinweise. 
FAHNFÜHRER,  m.  was  fahnenführer,  signifer:  als  sie  ihre 
fahnfiihrer   bei   und   um   den  landmeister  und  bei  den  brü- 
dern  sahen.  Scnürz  beschr.  pr.  lande  49 ;  Tacitus,  welcher  ge- 
rühmel  wird  ein  fürst  und  fahnführer  aller  gescliichtschreiber. 
Bdtscdky  Palm.  421. 

FAHNJU.NKER,  m.  was  fahnenjunker. 
FAHNLEHEN,  n.  was  fahnenlehen. 

FAHNLEIN,  n.  l)vexillum:  also  werden  sie  auch  das  fenlin 
nicht  auf  dem  mastbaum  ausstecken.  Es.  33,23;  mit  unver- 
zagtem herzen  bei  euch  stet  und  fest  halten,  weil  (solange) 
das  fenlin  fleugt  und  ein  stuck  an  der  Stangen  ist.  Reuter 
kriegsordn.  27 ; 

0  schirmann, 

lasz  du  das  Tänlcin  nimme  drehn, 
lasz  du  das  schillein  untergebn.    Uhlamd  267; 
und  auch  daselbs  ir  fenlin  han 
frei  (liegen  lassen.    Gödekes  Gencenbach  «.399; 
vierzehen  fenlein  sach  man  fliegen.    Soltau  413; 
die  fendlein  sach  man  fliegen.    416; 
ja  wir  sehen  die  fähnlein  schweben.    Atrer  434'; 
sei   kein   balger,   aber   wan   man   die  fähnlein  fliegen  läszt, 
dann   so  sei  keck  und  fleuch  nit.    PiiilaiVd.  1,633.     er  läszt 
das  fähnlein  fliegen,  homo  liberaiis  et  dissolulus. 

2)  fähnlein  reiter,  lurma  equilum:  den  hauptleuten  folgen 
mit  halbem  oder  ganzem  fenlein.  Revteh  kriegsordn.  t9 ;  lagen 
etliche  fendlein  knecht  ein  Zeitlang  zu  Wirzburg.  KiRcoHor 
»endunm.  206'.  auch  von  aufrührisclier  rolle:  das  sich  etwa 
ein  fahnlin  aufwerfe,  auch  rotte  sich  ein  häufe  zusammen. 
LuTBER  ed.  Irmischer  2,  4. 

3)  fähnlein  an  den  röhren  in  den  weiern,  fliegenwedel  und 
kehrwisch  daraus  zu  machen,  dmpl.  calender  168,  s,  fahne  10 
und  fahnenhaber. 

FÄHNLEINWACHE,  f.  top  solchen  piquets  und  den  fähn- 
leinwachen werden  sogleich  redans  {eine  art  schanzwerk),  so- 
bald in  ein  lager  eingerückt  wird,  aufgeworfen,  oeuvres  de 
Frid.  le  gr.  30,95;  die  fähnricbe  und  cornets  thun  ordon- 
nances  und  fähnleinwache.    97. 

FAHNLEINWEISE,  lurmaUm :  fühnleinweise  zogen  sie  hinab 
nach  den  Wohnungen  des  orcus.    Sturz  1,  212. 

FÄHNRICH,  m.  vexiilifer:  leutcnampl,  fenrich,  furiercr. 
KiacBHor  diu.  mü.  &3;  der  dollc  fübnricb.  S'im;>/.  if.  198.  248; 

treuer  fihnrich  du  !    Ublandi  ErnU  134. 
tmfachtr  ahd.   faoari  {golk.  fanareis?),  gundfanari,  ü.  gonfa- 
loaiere,  mhd.  veore. 


FAHR  [far],  m.  unus  e  majoribus,  qui  ante  nos  vixeruiü,  ahd. 
faro,  mhd.  var,  gewöhnlich  forafaro  oder  auch  foralido  (von 
lidan,  goth.  Iei|)an  ire),  mhd.  vonar,  pl.  vorvarn  Serv.  222. 
2950.  w.  gast  3S75.  4282.  7597.  Flore  1564.  nlid.  vorfahr,  pl. 
vorfahren:  auch  bekennen  wir  oben  genante  gemein,  das 
diese  Weisung  unser  eitern  und  fahren  auf  uns  bracht  und 
so  gehalten  haben,  weisth.  3,  500.  Faro  ein  bekannter  eigcn- 
name  (Förstemann  1,399). 

FAHR  [far],  f  res  mobilis,  fahrende  habe:  wird  keiner  dar- 
auf gesetzten  strafe  von  verlust  der  fahr  und  habe  gewahr, 
sieht  keine  stäupe  über  seinem  haupte  schweben,  kein  ge- 
fängnis  die  pforte  für  ihn  öfnen.  Bodes  Trislr.  Shandy  2, 125. 
vermutlich  in  der  gerichlsprache  noch  öfter  und  voll  geschrieben 
'fahre',     'dat  is  faar  un  have'  im  brem.  wb.  2,  606  falsch  erklärt. 

FAHR  tfar],  n.  porlus,  Tiood'ftoe,  Irajeclus,  der  ort  am  meer 
oder  slrom,  wo  man  an  und  ausfdlirt,  überfährt,  aiid.  far,  mhd. 
var,  nnl.  veer;  die  nahe  Verwandtschaft  der  lat.  und  gr.  Wörter 
nicht  zu  verkennen,  sie  fügen  nur  eine  lingualableitung  hinzu,  wie 
umgedreht  unser  fahrt,  «7cr  thut,  ttoqos  gegenüber: 

thaj  sie  ouh  giwar  wärin, 
ioh  ubar  ttiaj  far  fuarin.    0.  HL  8,8; 
mhd.  si  sticken  an  und  vuoren  dan 
so  lise,  daj  £s  Tristan 
noch  Kurvenal  nie  wart  gcwar, 
unz  si  si  haelen  von  dem  var 
wol  eine  gröje  mile  bräht.    Tiist,  59,32; 
und  kam  schiere  an  den  val, 
da  daj  tiefe  wajjer  vlöj, 
Dil  sach  er  daj  var  blöj 
an  allerhaude  übervart.    kröne  12921 ; 
als  sie  nü  körnen  an  daj  var, 
dö  was  ein  schif  da  ungereit.    Flore  3512; 

nhd.  fahr,  Irajeclus  Dasypodius  323',  faar  Maaleb  128';  und 
wie  er  gen  Windisch  an  das  faar  komt.  Tschudi  1,241;  von 
der  statt  Tanagra  ist  ein  fahr  (Irajeclus)  über  meer  in  die 
insel  Euboea.  Livius  bei  Rihel  520.  das  wort  ist  selten  und 
heule  fast  ungebräuchlich,  Stald.  1,350  hat  es  noch  für  die 
Schweiz,  Schm.  1,  547  nicht  mehr  das  einfache,  nur  die  Zusam- 
mensetzung urfar.  beide  schräbungen  faar  und  fahr  taugen  nichts, 
da  dem  wort  ursprünglich  kurzer  rocal  gebührt  und  es  sich  nun 
mit  fahr  periculum  vermiscld,  dessen  a  lang  ist. 

FAHR,  f.  insidiae,  dolus,  periculum,  wofür  sich  nadi  ffrja, 
insidialor,  ein  goth.  f'era  vermuten  läszt,  das  sich  gleichwol  von 
f^ra,  latus,  ripa  ==  ahd.  fiara  unterschieden  haben  musz.  jenem 
fera  entspricht  ahd.  fara  (Graff  3,  575),  mhd.  väre,  welches  vor- 
zugsweise bei  GüTFRiED   begegnet: 

und  was  da;  äne  väre.    Tiist.  326,31; 

Tristan  nam  keiner  väre 

noch  keiner  slahte  merke  war.    339,26; 

und  was  in  sta>ter  väre.    343,28; 

öj  leite  sine  väre 

an  rede  und  an  gebäre.    368,29; 

wan  ir  sit  so  bevangen 

mit  merke  und  mit  väre.    365,17; 

und  wol  sonst  hin  und  wieder  noch,  die  meisten  mhd.  dichter 
setzen  aber  vär  m.,  gen.  vAres,  welchem  zwar  kein  ahd.  för, 
doch  das  alts.  fär  fdres  (Hei.  116,  4)  und  nl.  vaar  vaars,  ebenso 
das  ags.  faer  fa'res  glächsleht.  den  mhd.  nom.  vär  bietet  Wb. 
457,19,  ößer  kommt  der  acc.  vor: 

an  allen  vär.    Part.  252,29.  431,22; 

da  k^rt  si  gegen  ir  hArzen  vär.    606,11; 

Parziväl  dar  cläro 

wart  d#s  äne  väre  {acc.  pl.) 

überparlieret.    6ii0, 16; 

er  leite  dar  Of  ilnea  vär.    Try.  15462; 

erbieten  vientlicben  vir.    Ernst  2802; 

äne  vär.    Flore  6236; 
die  dative  entscheiden  (ohne  vorsiehenden  artikel)  nicht,  da  ihr  e 
im  m.   wie  im  f.  haften  oder  schwinden  mag:    uns  te  vflrr. 
M.  2068,4; 

dat  spricbe  Ich  dir  noch  niemen  le  vlre.  fü.  106, 1 ; 
altmannet  rede  nit  niht  zo  vär.  Part.  163, 1«;  le  vir«  594, 2 ; 
geio  h(<rzcclichen  vären.  346,7; 
deutlich  ist:  mit  dem  v4re.  MSH.  2,28*.  diese  fentkiedenheü 
des  mhd.  genus  ist  merkwürdig,  nhd.  hört  sie  auf  und  das  f. 
greift,  wie  ahd.,  wieder  durch.  Dastpodios  8J8*  ithrtibl  fahr, 
Maai.eh  181'  gfaar,  denn  gefahr  ist  ganx  dasselbe  wort,  vorge- 
schobnes go  macht  keinen  unterschied,  mnl.  v«re.  vacr  periculum, 
mettts,  nnl,  vaar.  wie  sich  fAra  tnstdut  und  far  Irajcctus  etymo- 
logisch verhalten,  soll  nachher  unter  fahren  erörtert  werden. 


1245 


FAHR 


FAHR— FAHRBESTÄNDER 


1246 


i)  unser  nhd.,  noch  im  16  jh.  und  zumal  bä  Luther  oß  ge- 
brauchtes fahr  weicht  allmälich  dem  gefahr,  hat  aber,  tri«  dieses, 
den  sinn  von  periculum,  icelclien  auch  Dastp.  und  Maaler  an- 
setzen: so  kom,  denn  es  ist  friede  und  hat  keine  fahr,  so 
war  der  herr  lebt.  1  Sam.  20,  21 ;  oder  wenn  ich  etwas  fal- 
sches gethan  hette  auf  meiner  seelen  fahr.  2  Sam.  18, 13  ; 
wir  müssen  unser  brot  mit  fahr  unsers  lebens  holen,  kla^. 
Jer.  5,  9 ;  denn  wer  sich  gern  in  fahr  gibt,  der  verdirbt  drinne. 
S/r.  3,  27;  und  bin  oft  in  fahr  des  tods  drüber  komen.  34,13; 
darnach  so  ir  die  feinde  geschlagen  habt,  künd  ir  plündern 
sicher  und  on  fahr.  1  Macc.  4,  IS;  gedachte  er,  er  weite  sie 
des  sabbaths  on  alle  fahr  angreifen.  2  Macc.  15, 1 ;  denn  es 
stund  die  stad,  der  gottesdienst  und  der  tempel  in  fahr. 
15, 17 ;  weiber  und  kinder,  brüder  und  freunde  fahr  achteten 
sie  nicht  so  hoch.  15,18;  und  die  wellen  überfielen  sie  und 
stunden  in  groszer  fahr  (golh.  bir^kjai  vaur{)un).  Luc.  8,  23 ; 
denn  wir  stehen  in  der  fahr,  aposlelg.  19,  40;  und  was  stehen 
wir  alle  stunde  in  der  fahr?  (duhve  |)au  veis  bireikjai  sijum 
hveilo  hvüh?)  1  Cor.  15.30;  es  ist  friede,  es  hat  keine  fahr 
(gavair{)i  jah  tu]gi|)a.  etot^tn]  xai  aofä'/.eia).  1  Thess.  5, 3 ; 
denn  die  historin.  erinnert  den  leser  von  rielen  sachen,  nem- 
iich  in  was  fahr  die  kirche  stehe.  Luther  1,1*;  Carlstad 
zwinget  uns,  das  wir  mit  im  die  zeit  verlieren  und  in  fahr 
geben  die  hohen  stücke  zu  vergessen.  3,37';  sol  uns  nichts 
helfen,  das  wir  mit  solchem  ernst  und  fahr  streiten.  3,50*; 
der  teufel,  der  durch  Carlstads  köpf  gerne  wolt  Sünde  und 
grewliche  fahr  auf  die  gewissen  laden.  3,  50* ;  darumb  sihestu, 
wie  in  diesen  geringen  dingen  nicht  geringe  fahr  stehet. 
3,63*;  wo  man  gebot,  verbot,  Sünden,  gute  werk,  gewissen 
und  fahr  machen  wil,  da  gott  freiheit  haben  wil.  3,  63* ;  da 
keine  fahr  ist.  3,  'O' ;  das  damit  eine  fahr  im  volk  entstehen 
möchte.  3,  90';  wo  ich  sehe,  das  Carlstad  unschüldiglich  fahr 
leibs  und  guts  entstünde.  3, 109";  von  der  fahr  göttlichs  zorns. 
3,115*;  das  sie  euch  füren  in  fahr  leibs,  guts,  ehre  und  seele. 
3.117*;  euch  in  die  fahr  zu  setzen.  3,120';  ob  du  gleich 
fahr  und  den  tod  drüber  wagen  müstest.  3.147*;  sol  man 
denn  leiden,  das  also  jedermans  weib  und  kind.  leib  und 
gut,  in  der  fahr  und  schände  stehe?  3.320*;  weil  ich  iren 
(der  fürsten)  stand  in  solche  fahr  setze.  3,322';  da  des  todes 
fahr  für  äugen  ist.  3,329*;  denn  die  fahre  sind  warlich  grosz 
und  mancherlei,  der  weg  ist  schlipferig.  3,  3S9*;  und  ging 
doch  so  viel  kost,  mühe,  fahr  und  arbeit  drauf.  3,437';  one 
fahr  {absque  periculo).  4,  9* ;  es  stehet  eine  fahr  darauf.  4,  374'; 
denn  sonst  möchte  m.  gn.  h.  eine  fahr  so  wol  als  uns  allen 
drauf  stehen.  4,374*;  weil  jetzt  böse  luft  und  sonst  allent- 
halben fahr  ist.  5, 12';  das  ich  nicht  in  die  fahr  mich  wagte. 
5.13*;  one  schaden  und  fahr  seines  glaubens.  5,16*;  sondern 
ein  iglicher  sol  als  denn  für  sich  selbs  stehen  und  nicht 
die  fürsten  mit  in  die  fahr  ziehen.  6,3';  denn  ob  wol  die 
fahr  darnach  folget,  das  du  das  creuz  tragen  und  drüber 
leiden  must.  6,34';  denn  wozu  dürften  wirs,  das  wir  solten 
umbsonst  auf  uns  laden  aller  leute  hasz  und  feindschaft, 
Verachtung,  fahr  und  Unglück?   6,57*; 

dis  wort  gewisüch  bleibet  war, 

wie  wol  es  hat  so  manche  fahr,    tischr.  15'; 

in  fahr  schweben  und  weben.  107';  ha  Reinbarf.  lieber  bruder, 
wollent  ir  das  mir  (==  wir)  all  ersterben  und  uns  in  tödlich 
fahr  stellen?  Aimon  q2';  besahen  ire  wunden,  funden  kein, 
darauf  tödliche  far  stund.   E6'; 

danirab  ich  das  auch  nicht  wagen  thar, 

möchl  sonst  liomen  in  gröszere  far.    Schade  pasq.  1,75; 

die  statmaus  sprach,  es  ist  wol  wahr, 

dasz  ich  beslan  musz  oft  die  fahr.    Alberus  28'; 

steckt  voller  fahr  und  bitterkeit.    29'; 

ein  schendlich  laster  ist  förwar 

Undankbarkeit,  und  in  der  fahr 

kan  jederman  verhciszen  vil, 

und  darnach  nichts  drausz  werden  wil.    142'; 

das  er  {Luther)  mit  seins  leibs  und  lebcns  fahr  zu  wegen 
bracht  hat,  das  ein  priestcr  ein  ehiich  weib  nemen  mag. 
wider  Jirg  Wi!:el  Fl';  ihr  wollet  cwcr  armen  seien  Seligkeit 
nicht  also  in  die  fahr  setzen.  K4*;  mehr  in  die  fahr  imd 
Verderbnis  gesetzt.  VnA'st  krigb.  des  frides  192 ;  solcher  groszen 
fahr  halben.  Fridmoi  saupeu fei  B  4';  in  kleinen  wassern  fahel 
man  gute  fisch,  darbei  ist  auch  gut  sein,  mit  weniger  fahr 
und  geringer  muhe,  kluge  weise  reden  21*;  nn  wer  es  fein 
wer  on  des  herrn  dienst  leben  künte,  der  wer  viler  fahr 
und  nolh  überhaben.  21* ;  dartiber  er  dann  in  fahr  leibs  und 
guts  käme.  23'; 


do  stund  der  birscb  in  todes  fahr.    Waldis  1,42; 

helt  sieb  der  arm  zum  reichen  dar, 

geschiebt  selten  on  des  armen  fahr.    1,%; 

es  hat  nicht  halb  so  grosze  fahr.    2,68; 

hilf  mir  aus  dieser  todes  fahr.    3,  51; 

seit  ich  aber  noch  die  fahr  stan, 

wie  ich  für  zelten  hab  getan.    ME5ms  bapstum  a5; 

derhalb  wir  all  in  groszer  fahr 

der  martern  warten  immerdar.    c3; 

mein  hals  hab  ich  so  ferr  gewagt 

und  manche  fahr  manchs  orts  bestanden. 

Calagii  Stuanna  3,2; 
los  von  aller  sünd  und  fahr.    Rwgwau»  geistl.  lieder  ES'; 
in  groszer  fahr  leibes  und  lebens.    G4'; 

es  ist  aber  nit  ohne  fahr,  so  die  regiment  weit  von  einander 
gesondert  liegen.  Kirchhof  mil.  diso.  129 ;  in  keiner  fahr  des 
todes.  MüLMAXX  17;  niemand  den  gift  wolt  aussaugen,  weil 
fahr  dabei  war.  Freder.  im  17  jh.  wird  es  seltner,  bei  Opitz, 
Flemisg,  Gryphids  lese  ich  nur  gefahr,  kein  fahr;  in  Simpl. 
Vogelnest  2, 17  steht  der  Spruch  : 

zu  solchen  künsten  lusten  haben, 
sind  teufeis  und  nicht  gottes  gaben, 
der  sie  gebraucht  hat  fahr  darvon, 
bekomt  auch  letzlich  bösen  lohn. 

das  18  jh.  hat  den  ausdruck  wieder  hervorgeholt: 

in  euerm  stand  geht  man  oft  gröszrer  fahr  entgegen. 

WlELA!«D  21,30; 

ich  soll  von  tmgewisser  fahr  mich  schrecken  lassen? 

22, 64 ; 

wie  war  mir  zmutb,  schwebt  ich  in  einer  solchen  fahr? 
36, 382 ;  wir  stehen  in  der  fahr,  dasz  wir  verklaget  möchten 
werden.    Claudius  6,  4 ; 

grosze  fahr 
ergreifet  nie  den  unbeherzten  mann.    Herder  10,324; 
wer  frisch  umher  späht  mit  gesunden  sinnen, 
auf  gott  vertraut  und  die  gelenke  kraft, 
der  ringt  sich  leicht  aus  jeder  fahr  und  notb.    SceaLEB  532* ; 

entschied  er  zu  unserm  groszen  vergnügen,  dasz  wir  ohne 
die  geringste  fahr  noch  sorge  den  weg  in  dieser  so  gut  als 
einer  früheren  Jahreszeit  machen  könnten.  Göthe  on  fr.  v.  St. 
1,272; 

ehrenpreis 

ist  eine  pflanze,  die  trägt  ehr 

an  jedem  reis, 

die  soll  mir  wachsen  iramermehr. 

nichts  ihr  bringe  fahr  und  sehr!    Röcesk  385. 

man  merke  die  redeweisen :  es  ist  fahr,  es  hat  fahr,  die  fahr 
stehen,  in  fahr  stehen,  in  fahr  bringen,  geben,  setzen,  stellen, 
sich  in  fahr  wagen,  und  vergleiche  überall  das  compositum 
gefahr. 

2)  die  bedeutung  des  mhd.  väre  und  vSr,  dolus,  böse  absieht, 
arglist,  hatte  sich  zulangst  in  der  nhd.  gerichtssprache  erhallen, 
worüber  Haltaüs  sp.  435—38  lesenswerlhe  belege  beibringt,  in 
der  Carolina  art.  128  und  üfler  steld  geschrieben  farhe  für  fahre : 
mutwillige  beschediger,  voq  denen  die  leut  je  zu  zeiten  wider 
recht  und  billicheit  merklich  beschedigt  werden,  auch  farhe 
und  beschedigung  von  den  selben  leichtfertigen  personen 
warten  müssen  u.  s.  w.  hin  und  wieder  auch  sonst:  Wilhelm 
Teil  gieng  mermals  on  reverenz  für  den  hut,  ...  zu  red  ge- 
stellt sprach  er,  es  were  on  fahr  geschehen,  er  hett  umb 
das  holt  nicht  gewist.  Fra^i  chron.  222*.  cUlmdiich  scheint 
man  ßr  diesen  sinn  die  neutrale  form  gefähr,  gefehr  roriu- 
sieben,  welche  auf  ahd.  fAri,  mhd.  vaere  zurückgeht:  nit  mit 
gefär,  sine  dolo  mala.  Steishöwel  dec.  259,  30 ; 
on  alls  gefehr.    Waldis  1,54.2,31, 

und  heutzutage  heiszt  es  ohne  fäbrdc,  gefährde,  aus  'on  geßr* 
=  mhd.  äne  vär  hat  sich  unser  adr.  ungefähr,  falsch  geschrieben 
für  ohngefähr  ergeben,  weil  das  absichtslose  als  zufällig  gesdiehen 
angesehn  wird,     man  vergleiche  fahren,  cdid.  fdren.  mhd.  vären. 

F.\HRBAHN,  /".  in  flüssen,  auf  dem  lande  und  im  schnee  der 
zum  fahren  beste  strich:  mit  mühe  fahrbahn  durch  den  tiefen 
schnee  machen. 

FAHRBAR.  1)  quod  relU  f>otest:  fahrbares  gut,  vas  zu  vagen 
fortgeschafl,  fcrlgcfahren  werden  kann. 

2'  curm  commodus:  ein  fahrbarer  weg,  Dusz;  die  strasze 
ist  nicht  mehr  fahrbar;  die  Fulda  ist  von  Hersfeld  aufwärts 
nur  mit  knhnen  fahrbar. 

FAURBARREIT,  f 

FAHRBESTÄNDER,  m.  narigii  veclorii  conduclor,  pddüer  der 
fähre. 


1247 


FAHRBETTE  — FAHREN 


FAHREN 


1248 


FAHRBETTE,  n.  1)  ledtis  vilalis,  lectus  vUimi  discriminis, 
Sterbebett,  läszt  sich  doppelt  auslegen,  als  bett  der  todesgefahr,  oder 
von  dem  aus  die  fahrt  in  die  andere  well  angetreten  wird,  bell 
zur  letzten  fahrt:  gift  in  dein  varbedde,  donatio  moribundi. 
Haltaüs  438. 

2)  mobilis  domus  opUionis,  schäferkarren:  er  machte  also  ein 
thürchen  am  fahrbetle  des  scliäfers  auf.  J.  P.  Hesp.  l,  176. 

FAHRBOGEN,  m.  der  schrifHiche  bericfU  des  berggeschtcornen 
über  die  im  laufe  der  wochc  befahrnen  gebäude. 

FAHRBUCH,  n.  das  buch  auf  einer  zeche,  in  welches  die 
Schichtmeister  aufzeichnen,  welchen  tag  sie  gefahren  sind. 

FAHRBCCHSE,  f  in  welche  der  münzwardein  das  probierte 
geld  zu  werfen  pflegt. 

FAHRDAMM,  m.  viele  dämme  gegen  übertretende  grosze  flüsse 
sind  zugleich  fahrdümme,  mit  einer  kunstslrasze  versehen,  die 
fahrdiimme  für  eisenlialmen. 

F.\HRDE,  /■.  ahd.  fdrida,  vihd.  vaerde,  gleidtvicl  mit  falir, 
gefahr,  heute  gerährde. 

1)  periculum,  gefahr: 

in  rährden  und  in  nöthen  zeigt  erst  das  volk  sich  echt, 
drum  soll  man  nie  zertreten  sein  altes  gutes  recht. 

UuLAMDS  ged.  416  (433), 
dagegen  ich  ein  reisemüder  mann, 
der  sehnlich  wünscht,  nach  manigfachen  fährden, 
zum  port  des  ehstands  eingelotst  zu  werden.    489  (516). 

2)  dolus,  arglist,  hinterhall: 

darum  schwör  ich  feierlich 
und  ohn  alle  Tahrde, 
dasz  ich  mich  nicht  freventlich 
wegbegeben  werde.    Götus  1,134; 
als  drauf  ohn  alle  fäbrde 
der  graf  sich  nicderliesz 
und  neben  in  die  erde 

die  Jägerstange  stiesz.    Uhlands  ged.  427  (449). 
FÄHRDEN,  in  discrimen  vocare,  in  gefalir  bringen,    s.  fähren 
und  gefährden. 

FAHRE,  s.  oben  fahr  in  drei  bedeutungcn,  denen  allen  älteres 
fahre  unterliegt. 

FAHRE,  /■.  1)  sulcus,  orbita,  fahrgleis,  faiirleise,  vgl.  furche, 
schw.  fdra,  nnl.  Tore:  auf  das  damit  ein  anfang  werd,  den 
ganzen  zinskauf  zu  rechte  und  in  seine  billiche  fahre  zu 
bringen  mit  der  zeit.  Lcthers  br.  2,  521 ;  auf  den  ungeackerten 
(L  umgeackerten)  ackern  liegen  sie  {die  hasen)  gerne  in  den 
fahren  und  wo  man  einen  findet,  ist  der  andere  nicht  weit 
davon.  Bechers  jägercabinet  s.  68,  vgl.  kindermärchen  187,  wo 
'führ'  =  furche; 

herzchen,  zwar  verdrieszt  es  dich, 
dasz  der  schnee  noch  immer  sich 
in  den  fahren  will  verstecken.    Schiidt  v.  W.  54; 
dort  des  knoblauchs  purpurne  blum  in  den  fahren  der  hufen. 

122. 
2)  zuwälen  auch  was  das  folgende. 

FÄHRE,  f  scapha  major  flumini  trajiciendo,  oAn.  ferja,  scAtc. 
färja,  dän.  färge,  etu/l.  ferry,  ein  ags.  ferie  zu  vermuten,  auch 
ixin  ahd.  feria,  mhd.  ver  aufzuweisen,  obwol  der  naula  alid. 
ferio,  mhd.  verje  heiszt.  für  navigium  ahd.  ferid,  ferit  (Graff 
3,  588)  vgL  ags.  farod  littus.  fähre  unlersdwidet  sich  wenig  von 
fahr  trajectus  und  auch  nnl.  vcer  n.  drückt  beides  aus,  überfaJirt 
und  den  sitz  des  überfahrenden,  als  urverwandte  schlagen  an  gr. 
Tzioa/ia,  lit.  paramas,  russ.  parom",  poln.  böhm.  prani  =  aiid. 
faram,  farm  navis,  alls.  farm  Her,  trajectus,  altn.  farmr,  onus 
nari  imposilum.  das  zugetrelne  m  gleicht  dem  in  TtOQ&fiös  hafen 
und  TtoQ&fievi  =  ferio,  ferge,  fälirmann.  anno  1422  zwang 
der  polnische  könig  den  orden,  das  sie  ihm  die  halbe  fehie 
über  die  Weichsel  musten  abtreten.  Henneberc  4.S3 ;  da  keine 
wasserfarl  ist,  da  Tährt  man  mit  einem  fahrschif,  praam,  über 
und  wird  eine  überfart  fehr  genant.  C<jmenius  von  Doctmus  472 ; 
und  als  sie  kamen  an  die  Reusz,  wo  man 
auf  einer  fähre  sich  Iftszi  übersetzen.    Schiller  640*. 

bildlich:   handlungcn    galten  von  jeher  für  die  besten  fähren 
zum  herzen.    J.  P.  flegclj.  2, 126. 

FAHREN  [faren],  praet.  fuhr,  goth.  faran  für,  aber  wenig  ge- 
braucht, ahd.  faran  fuor,  mlid.  varn  vuor,  alts.  ags.  faran  för, 
en^.  fare  fared,  altn.  fara  für,  schw.  fara  for,  ddn.  füre  focr,  ein 
«eitgreifendet  wort,  dem  gr.  noQevea&at,  so  wie  fiiliren,  fftrjan, 
fiioran  dem  jioQeieiv  ^chstehend.  schon  oben  sticszen  wir  auf 
die  sckwim^uä  far  noQOt  und  fftra  insuiiae  unter  den  hui  von 
faran  fAr  xu  bringen,  und  doch  müssen  sie  nahe  verwandt  iinien, 
wie  titk  X.  b.  auch  lal.  tendcre,  das  oß  irc  hrdrulct,  niil  ten- 
dicda  begegnH.  man  hol  also  zu  ihrer  einigung  ein  Älteres 
fairan  far  fßrun  fauran  {jjramm.  2,  56  n*  673)  •»  ahd.  fifran 
far  ttruQ  foran  anzunehmtn,  die  in  der  $yra(he  uhwunikn,  aus 


denen  aber  der  jüngere  ablaut  goth.  faran  f6r,  ahd.  faran  fuor 
flosz  und  haßele.  jenem  fairan  glich  das  gr.  Tisi^co,  negnco, 
wozu  TiÖQOS  sich  verhält  wie  zu  fe^co  cpö^oe,  zu  reiga)  toqÖS, 
zu  /leiQOftai  fiö^og.  aus  fairan  war  entsprungen  fairina  facinus, 
dolus,  ahd.  firina,  eine  menge  von  partikeln  suchen  hier  iiirc  würzet, 
far,  fair,  faur,  lat.  per,  gr.  Tii^,  ndqa,  -jieQi.  sollte  auf  höherem 
slandpunct  zwL<:clu;n  fairan  faran  und  bairan,  zwischen  tat.  parere, 
parare  und  ferre,  gr.  nei^eiv  und  fiqsiv  gemeinschaft  zulässig 
sein,  so  würde  auch  TttQafin,  paramas,  faram  wiederum  reichen 
an  baram,  barm  (1, 1134)  und  lat.  forma,  eine  lautreihe  wedisell 
leiclU  ihre  stufen. 

noch  kühner,  zu  labialen  gutturale  hallend,  stellt  Bopp  (gl. 
sanskr.  120'.  alban.  spr.  s.  80)  unser  faran  zusammen  mit  skr.  car 
aus  kar  (kri)  nach  analogie  von  fidvör :  quatuor,  vulfs  :  vilkas, 
so  dasz  faran,  parare  und  ahd.  karawan,  altn.  gera,  nhd.  gerben 
in  eins  flössen,  aus  der  bedeutung  des  gehens  die  des  thuns,  voll- 
bringens  hervorträte,  wie  sie  in  car  geradezu  beide  liegen,  oline 
diese  elymologie  erschiene  unserm  faran  gar  niclits  verglciclibar  im 
sanskrü. 

bedenken  macht  freilich  ein  altn.  fara  und  gera,  ahd.  faran 
und  karawan,  nhd.  fahren  und  gerben  nebeneinander,  beide 
Wörter  scheiden  sich  den  buchstabcn  wie  dem  sinne  nach;  allein 
die  geselze  und  einirille  statthafter  um.'ilellung  und  Verschiebung 
sind  groszentheils  noch  unerforscht,  haben  wir  doch  oben  gewagt 
ein  hafjan  und  fahan,  als  gleicher  wurzel  entsprossen,  einer  und 
derselben  spräche  beizulegen,  ist  die  urverwandtschaß  des  lat.  vulpes 
und  lupus,  deren  jedes  gesondert  steht,  jemals  verkannt  worden? 
Übergänge  der  bedeutung  des  gelu:ns  und  fahrens  in  die  des  thuns 
und  handelns  bestätigen  sich  von  vielen  seilen,  sie  erscheinen  voll- 
kommen natürlich,  das  gehen  ist  der  that  beginn,  aus  cedere, 
incedere  wird  ein  procedere,  in  unserer  rerfeioi^e/i  «iro«/"  gehen 
oder  fahren  daher  oß  ein  ausdrückliches  thun  und  machen  folgen 
(geh  und  thu  das,  fahr  und  mache);  beide  werden  auxiliariscli 
vor  andere  verba  gestellt  {gramm.  4,  96.  97),  er  fuhr  fischen, 
fr.  alla  pecher  ist  fast  was  er  that  fischen,  er  fischte,  im  ahd. 
faru  garawen,  lal.  vado  parare,  fr.  je  vais  faire  stecken  pleo- 
nasmen  oder  Umschreibungen  des  futurums,  was  alles  unter  gehen 
genauer  erörtert  werden  soll,  in  den  Wörtern  angelien,  begehen, 
verfahren  u.  o.  zeigt  sich  unmittelbare  anwendung  des  gehens 
auf  die  handlang  offen  genug  und  die  hernach  unter  11  und  12 
angeführten  redensarten  lassen  sich  bald  fahren  ire,  bald  fahren 
agere  deuten,  in  dem  vermuteten  fairan  lag  ein  thun,  in  fairina 
facinus.  als  in  grauer  vorzeil  die  spräche  aus  einem  bereits  vor 
handnen  verbum  ein  neues  bildete,  von  kri,  kar  ein  dar,  von 
fairan  ein  faran  entnahm,  war  es  ihr  darum  zu  titun,  den  ge- 
hall der  Wurzel  zu  ermäszigen  und  weila-  zu  bestimmen;  verlor  sich 
nachher  die  eine  oder  andere  dieser  formen,  so  konnten  von  jedweder 
derselben  cinzelheilen  der  bedeutung  auf  die  verbleibende  faümi. 

Fahren  und  gehen  ist  oß  gleichviel,  daneben  aber  auch  ztci- 
schen  beiden  ein  unterschied  merkbar. 

1)  gehen  drückt  die  ruhige  menschliche  bewegung  aus,  wie  ja 
aufrechter  gang  unsere  eigenimt  ist,  fahren  bezeichnet  gern  das 
rascliere  springen  oder  fliegen  der  thiere,  und  weidmännisch  wird 
diesen  fährte,  keine  fuszspur  beigelegt,  in  der  fabcl,  die  ihnen 
menschliche  weise  leUU,  ersciteincn  sie  audi  gehend. 

d6r  leu  vert  mit  mir  alle  zit.    Iw.  5293; 

fr  sprach,  ich  wil  sin  erkant 

hi  mime  leun,  der  mit  mir  vert.    5497; 

min  leu  vert  mit  mir  durch  daj  j4r.    6701; 

ob  d^r  ritcr  hör  kumt 

mit  tcm  dör  leu  varcnd  ist.    7927; 

ir  sult  den  hrnken  l.'ijen,  ich  sihe  einen  hSm, 

der  sol  mit  uns  binnen  z^ii  berbArgcn  varn.    Nih.  S8S,  3, 

doch  902,2  steht  auch:  di  dür  bore  gie.  der  hase  führt, 
rückt  gen  feld  oder  holz.  Di)DELl,30';  kommt  her  gefahren. 
30* ;  fährt  auf.  Becher  08;  der  hase  fährt  oder  rutschet  auf-; 
gras  oder  die  weide,  von  holz  zu  holz.  Heppf  leithund  i:ii  : 
das  kaninchen  fährt  nach  seinem  bau.  DönKi.  l.  31.  vgl.  aiif- 
faliren,  erschrecken;  der  adler  fährt  auf  und  nieder;  aus  den 
«hrenfeidern  fuhren  Icrchen.  J.  P.  TU.  2,280;  die  schwalbe 
fälirt,  schwirrt,  schneidet  durch  die  luft; 

am  dach  die  schwalben  zwitschernd  fahren.    Ann.  ▼.  Drost«  7.'i  ; 
käfer  fahren  durch  die  Infi; 

fr  (der  br£mc)  fuor  in  ein  hol.    a.  w.  3,  t83; 

dd  fUor  diu  fliege  aber  dar.    3, 22<i; 
da  die  thier  unter  sie  füren,    weish.  Sal.  17,  9.     nur  dem  be- 
dächligtn  rind  wird  imnter  gang  und  (chrill  beigeltgl,   d«n  mtt 
i/ifli  die  Hjcnsf/ien  einhalten: 


1249 


FAHREN 


FAHREN 


1250 


caminan  para  Arlancon, 

ai  paso  que  andan  los  bueyes, 

y  a  las  vueltas  que  da  el  sol. 

vgl.  fahrend  2  und  fährte. 

2)  der  mensch  geht  zu  fusze,  fährt  zu  wagen,  karrn,  nachen, 
schiffe,  auf  dem  schütten,  eis,  auf  der  eisenbahn.  die  mecha- 
nische Vorrichtung  fördert  iJin  scltneller.  wagen,  kahn,  boot, 
schif  fahren,  der  wagen  fahrt,  rolU  über  das  pflaster.  wall- 
fahren 6«  Schiller  409'  ist  waUfahrten,  s.  8. 

3)  auch  in  naturerscbeinungen  unterscheidet  sich  die  sanfte  be- 
vegung  von  der  heßigen:  die  sonne  geht  auf  und  nieder, 
gdt  ze  sedel,  die  sterne  gehen  am  himniel  in  ihrem  kreis, 
der  fallende  stern  fährt;  der  wind  weht,  geht,  der  stürm 
fährt;  der  wind  bleset,  wo  er  wil,  und  du  hörest  sein  sausen 
wol,  aber  du  weist  nicht  von  wannen  er  kompt  und  wohin 
er  feret.  JoA.  3,  S,  ico  es  ags.  heiszt:  gast  oredad  J)aer  he  yUc 
and  l)u  gehyrst  bis  stefne  and  {lü  näst  hvanon  he  cymd,  ne 
hvider  he  gaed; 

sein  sausen  ihr  wol  hört, 

allein  ihr  wisset  nicht  woher, 

wiszt  nicht  wohin  er  fährt.    Bcbger  3'2*; 

die  wölken  faren  durch  die  ganze  weit  und  thun  was  sie 
gott  heiszt.  Baruch  6, 61 ;  also  liesz  der  herr  hagel  regen 
{regnen),  das  hagel  und  fewr  unternander  füren.  2  Mos.  9, 24  ; 
sihe  da  rauchete  ein  ofen  und  ein  fewerflamme  fuhr  zwischen 
den  stücken  hin.  lAfos.  15, 17;  denn  fewr  ist  aus  Hesbon  ge- 
faren.  4  Mos.  21,  28 ;  aus  seinem  munde  faren  fackeln.  Hiob 
41,10; 

aus  unterirdscben  Schlünden  fahren  flammen.  Schiller  350'; 
der  donner  fährt  am  himmel;  blitze  fahren  aus  den  wölken 
in  die  bäume; 

sein  blitzend  schwert 

fährt  aus  den  wölken.    Uhlat<ds  Ernst  122; 

hört  den  nordwind  blasen, 

hört,  er  pfeift  und  fährt.    GEnther  920; 

und  als  der  herbstwind  über  die  flur 

und  über  die  Stoppel  des  hafers  fuhr.    Bürger  61'; 

mich  deuchtet  es  sei  ein  windwirbel  in  eine  bortenwürker- 
bude  gefahren,  pol.  stock f  rorr.;  gerade  in  deinem  16  Va  jähre, 
wo  schon  die  frühlingswinde  der  leidenschaften  über  die 
blutwellen  fahren.    J.  P.  TU.  1,132. 

4)  viele  beu:egungen,  zumal  lebloser  dinge,  geschehen  rasch  und 
für  sie  ist  nur  fahren,  nicht  gehen  statthaft:  er  schlug  die 
Ihür,  dasz  sie  aus  ihren  angeln  fuhr; 

diu  tur  Tert  Ü5  den  angen.    Itc.  3297; 

und  weis?  doch  das  er  sterben  mQsz, 

wie,  wenn  und  wie  ist  im  nie  kund, 

bisz  dasz  die  sei  fert  usz  dem  mund.    Bra^t  29,20; 

das  Schwert  fuhr  aus  der  scheide;  0  du  schwert  des  herm, 
wenn  will  du  doch  aufhören  ?  fare  doch  in  deine  scheide 
und  rüge  und  sei  still!  Jer.  47,  6;  schwert,  fare  durchs  land! 
Ez.  14, 19 ;  so  wird  mein  schwert  aus  der  scheiden  faren 
über  alles  fleisch.  21,4;  und  soll  daselbs  dem  herrn  ein 
steinern  altar  bawen,  darüber  kein  eisen  feret.  5  Mos.  27,  5 ; 
und  traf  den  philister  an  seine  stim,  das  der  stein  in  seine 
Stirn  für.  1  Sam.  17, 49 ;  und  der  spiesz  fuhr  in  die  wand. 
19,10;  die  a.xt  fuhr  vom  stiel,  fuhr  ihm  aus  der  band. 

5)  fahren  an,  in,  auf,  zu,  nach,  über  etwas  drückt  schnelle, 
plötzliche  berührungen  aus:  so  soltu  die  bewme  nicht  verderben, 
das  du  mit  exten  dran  ferest.  5  Mos.  20, 19 ;  kam  eine  otter 
und  fuhr  Paulo  an  seine  band,  apostelg.  2S,  3 ;  wo  man  allein 
mit  der  faust  daran  feret.  Lctoer  3,  88' ;  fährt  mit  nerviger 
faust  in  die  rauhe  brüst;  er  fuhr  bäurisch  mit  dem  löffel 
in  die  schüssel ;  in  seine  stiefeln,  handschuhe  fahren,  sie 
schnell  anziehen;  nachts  kam  feuer  aus,  kaum  hatte  ich  zeit 
in  die  kleider  zu  fahren  und  das  haus  zu  verlassen; 

obgrleicl)  der  weisze  schnee  itzt  thal  und  berge  decket 
und  manch  geschwinder  flusz  in  einen  hämisch  fährt. 
Grtphii's  2,311, 

plötzlich  gefriert,  gleichsam  rock,  panzer  anlegt,  da  er  sonst  nackt 
geflossen  hatte,  tgl.  it.  andare  in  arnese,  vielleicht  sich  entrüstet, 
starrt?  wie  es  heiszt  in  barnisch  fahren,  zürnen,  in  hämisch 
jagen,  einen  erzürnen;  Gottlieb  fuhr  fluchend  durch  alle  taschea 
(durchsuchte  sie),  der  wagenschlüssel  war  in  keiner.  J.  P.  TU. 
1,95;  eine  unlusl  jst  es,  wenn  man  so  oft  musz  zu  bcutel 
fahren  (in  den  b.  greifen,  zahlen).  Butscbkt  Paim.  162;  die 
ganze  gesellscbaft  fuhr  nach  den  gläsern.  Rare^cer;  er  fuhr 
ihm  in  die  haare,  zauste  Um;  sie  sah  ihn  an,  fuhr  auf  einmal 
nach  dem  herzen  [führte  die  hand  dahin).    Güthe  18,  2^8 ; 

in. 


dann  stürmen  gleich  durch  alle  saiten  fahren  (greifen).  2, 16; 
mit  der  hand  über  den  tisch  fahren  (wischen);  sie  halten 
sich  bei  den  beiläufigen  erläuterungen  auf  tmd  über  die  haupt- 
sache  fahren  (schlüpfen)  sie  hin.  Lessixg  8, 196 ;  über  die 
schnür  fahren,  hauen,  greifen,  das  masz  überschreUen ;  wenn  man 
ein  wenig  zu  viel  lachet  und  über  die  schnür  feret.  Lltber 
4, 128' ;  so  müchl  man  mir  vielleicht  übers  maul  faren  (mir 
ungebührliches  sagen).  4,405';  eine  sau  ist  darum  eine  sau, 
weil  sie  den  majoran  veracht  und  mit  dem  rüssel  in  alle 
weiche  materie  fährt.  Weise  erznarren  92.  vgl.  herausfahren, 
heftig  sprechen;  zankend  dazwischen  fahren. 

6)  zumal  merkwürdig  ist  das  'fahren  aus  der  haut',  das  'fahren 
in  einen  und  aus  einem',  wodurch  plötzliche  Verwandlungen 
(metamorphosen)  bezeicJinet  werden:  es  ist  um  nur  gleich  aus 
der  haut  zu  fahren,  iric  es  sonst  heiszt,  um  zu  verzw  eifeln,  um 
vor  ärger,  wut,  zorn,  aber  auch  freude  zu  bersten,  pour  crever 
de  honte,  de  depit; 

geht  auch  itz  ab  zu  unsern  zelten, 

das  euch  auch  lauft  ein  spule  1er, 

so  klagt  ihr  sehr  und  ist  euch  schwer 

und  wolt  nur  faren  aus  der  heut.    H.  Sachs  II.  4, 1'; 

mancher  gehet  dahin  zwenzig  jar,  hat  keinen  anstosz,  wenn 
einmal  ein  fieber  kompt,  das  über  drei  tage  wehret,  so  wil 
er  aus  der  haut  faren.  Lctder  4,  50S";  ich  meinte,  das  weih 
müste  aus  der  haut  fahren.  Elisab.  vo.n  Orleans  223;  weite 
vor  freudcn  aus  der  haut  fahren,  unw.  dod.  S56;  Serendo 
wolle  aus  der  haut  fahren,  dasz  er  zu  langsam  gekommen 
war.  Salinde  s.  13;  vettern  und  basen  schauen  abends  zu, 
wie  ich  aus  der  haut  fahre  vor  elend.  J.  P.  komet  2,68; 
vater,  ich  fahre  aus  der  haut.  Güthe  11, 105.  mhd.  'Ü5  der 
hiute  triefen',  klage  4419  Holzm.;  altfr.  'issir  de  sa  pel': 
dont  Kallemalnne  ä  poi  nist  de  sa  pel.    Ogier  6688. 

vgt.  mythol.  904,  was  sich  alles  auf  den  uralten  aberglauben  gründet, 
dasz  der  mensch  in  bedrdngnis  oder  entzückung  eine  andere  gestalt 
anzunehmen  vermöge,  daher  auch  vorkommt  'man  möchte  eine 
katze  werden  vor  ungedult,  oder  eine  geisz,  ein  dachmarder!* 
Hebel  in  einem  br.  bei  Friedr.  Becker  s.  124. 

mhd.  der  übel  ätem  (der  böse  geisl) 
fuor  in  die  nateren, 
da;  er  dar  inne  sich  ferhäle.    Diu/.  3,49; 

denn  es  waren  viel  teufel  in  in  gefaren  (unte  unhul|)uns 
managös  galijmn  in  ina).  Lmc.S,  30;  da  füren  die  teufel  aus 
von  den  menschen  und  füren  in  die  sew  {usgaggandans  {)aa 
suns  ])ai  unhul[)ans  af  l)amma  mann  gali|)un  in  {xj  sveina). 
8, 33,  vgl.  Marc.  5, 12. 13 ; 

fuhren  meine  ahnen  ohne  scheu 
einst  in  der  Gergesener  säu, 
so  kann  ja  wol  mit  haut  und  haaren 
mein  bruder  in  einn  professor  fahren. 

Rost  der  teufet  an  Iterrn  Golifched,  in 
ScuMios  antbologie  1,217. 

noch  in  anderm,  aber  ähnlicltem  sinne: 

der  geist,  durch  den  ein  Calo  grosz  geworden, 
fahrt  in  kein  band  und  ruht  auf  keinem  ordcn. 
Hagedorn  1, 12. 

7)  wäler  noch  fahren  neben  praeposilionen, 

0)   'nun,  brüder,  ist  es  zeit,  brecht  auf,  es  ist  vier  uhrl' 
so  sprach  von  Torf,  als  er  von  seinem  stuhle  fuhr. 

ZachariI  renommitt  1, 16, 

plötzlich  taumelnd  aufstand. 

b)  die  gesellscbaft  fuhr  erschreckt  auseinander.  Gütbe 
19,  38 ;  oft  fuhr  sie  bei  dem  säuseln  der  blätter  bebend  aus 
ihrem  nachsinnen.  Klixceh  5,  325.  erschrecken  ist  auffahren, 
aufspringen,     ebenso  zusammenfahren. 

c)  versuchte  Amando,  ob  er  nicht  durch  ihren  sinn  fahren 
könte.  Weise  kl.  leute  155,  ihr  durch  den  sinn  fahren,  in  die 
quere  kommen,  widerspreclten ;  dem  wahnwitzigen  darf  man  nicht 
durch  den  sinn  fahren,  damit  er  nicht  rasend  werde.  Leisb- 
wiTZ  Jul.  V.  Tar.  s.  24 ; 

unerträglich 

fährt  es  mir  durch  alle  glieder.    Göthx  2,28; 

ich  fahr  ihnen  alle  tag  durch  den  sinn,  sag  ihnen  die  bit- 
tersten  Wahrheiten.  8,146.42,197;  dem  hauptmann  fuhr  das 
durch  die  seele,  denn  er  sah  einen  reinlich  gezeichneten 
plan  auf  diese  weise  verunstaltet.  17,87;  was  mir  bei  diesen 
Worten  durch  die  seele  fuhr,  denke  jeder.  23, 191 ;  mir  fuhr 
wie  ein  blitz  durch  die  seele.  24,335;  als  mir  ein  anderer 
und,  wie  mich  däuchte,  sehr  glücklicher  gedanke  durch  den 
geist  fuhr.   25, 351 ;    es  fuhr  mir  durch  den  köpf,   dasz  es 

79 


1251 


FAHREN 


FAHREN 


1252 


vielleicht  unschicklich  sei,  den  guten  kindcrn  solche  fratzen 
zu  erzählen.  26,  6 ;   es  fuhr  mir  durch  mark  und  bein ; 

cujus  animam  dolentem, 

contristaiara  et  dementem 

pertransivit  glaiiius, 

hier  haben  wir  die  bedetdung  mn  rcei^eiv  durchbohren,  durch- 
dringen. 

d)  sie  rannten  hin  und  wieder 
und  stieszen  einander  an, 
das  fuhr  mir  in  die  glieder, 

dasz  ich  den  Trost  gewann.    Götbe  3, 201 ; 
das  Aihr  dem  woir  in  die  glieder  und  schreckt  ihn.    40,53; 
der   tact   ist  das  einzige,  was  ich  von  der  musik  höre,   da 
Tahrts   einem    so  recht  in  die  beine.    14,  93 ;    in  alle  glieder 
ist  es  mir  gefahren,  ich  tccrde  krank. 

e)  denn  er  ferel  über  mich  mit  ungestüme  und  macht  mir 
der  wunden  vil.  Hiob  9,17;  und  des  Schwerts  blitzen  wird 
mit  schrecken  über  in  faren.  20,  25 ;  w  er  aber  drüber  feret 
und  gebeut  oder  verbeut.    LurnER  3,54"; 

als  ich  des  ruhms  gedachte, 

dacht  ich  auch,  Herman,  dich, 

das  schrecken  deines  todes 

fuhr  eiskalt  über  mich.    KRETscHVAns  werke  1, 134. 

f)  wenn  man  einzeln  am  laufenden  tage  etwas  ins  publi- 
cum bringt,  was  den  leuten  vor  die  kopfe  fährt  und  womit 
sie  nicht  zu  gebaren  wissen.    Güthe  an  Zelter  515. 

8)  fahren,  proftcisci,  pcregre  abire,  über  land,  durch  die  Uinder 
fahren,  reisen,  lealkn,  wallfahrten,  TiOQsvsad'ai.  dies  gr.  wort  aber 
gibt  Vltilks  nicht  durch  iarm,  sondern  gaggan.  galeijjan,  vratun, 
wie  er  überhaupt  faran  ziemlich  selten  braucht,  ahd.  ist  faran 
allcru'ärts  pruficisci,  pergere,  pemreare.     das  alle  reiselied  beginnt : 

in  gotes  namen  vare  wir.    GA.  2,474; 

von  gots  gepoten  faren  wir.  Scuwarzenberg  152,2'; 
in  gottes  namen  faren  wir.  kluge  weise  reden  1';  er  fart  gen 
Venedig,  gen  Antorf,  gen  Leon,  daraftcr  uberal  und  lugt, 
was  er  ze  schaffen  hab  und  vergiszt  dabei  leib  und  seel. 
Keisefsberg  brOsaml.  6"';  itz  so  müssen  wir  zu  Baden  farn, 
jetz  zu  den  heiligen,  jetzt  auf  die  kirwen,  jctz  in  den  wald, 
da  wir  lust  suchen,  pred.  über  das  narrensch.  133';  sie  faren 
narren  hinweg  und  kummen  noch  vil  gröszer  narren  her- 
wider.  134*;  Ahab  aber  für  und  zoch  gen  lesreel.  lAün.  18,45; 
zeuch  hinauf  gen  Ramolh  in  Gilead  und  far  glückselig.  22,12; 
und  für  tag  und  nacht,  das  er  ja  bald  hinkeme.  2  Macc.  9,4; 
do  aber  im  die  Juden  nachstelleten,  als  er  in  Syrien  wolt 
faren.  aposlelg.20,3;  Martin  ist  mit  80  welschen  bogenschützen 
über  die  Rüsz  gefaren,  die  paner  und  das  schützenfändli  sind 
heim  gefaren.  Büllinger  3, 187 ;  aus  dem  land  fahren  müssen, 
verbannt  werden,  hierher  gehört  das  fahren  der  armen  leute, 
der  betller,  der  Schüler,  wozu  unter  fahrend  stellen  folgen,  vgl. 
auch  landfahrer,  Seefahrer,  mecrfahrer.  heule  wird  doch  reisen 
diesem  fahren  vorgezogen. 

9)  fahren,  cedere,  eicedcre  vita,  sterben,  abfahren,  hinfahren, 
von  hinnen  fahren,  heimfahren,  zu  gott,  zu  den  vätern,  zum 
groszen  beer  fahren,  zum  alten  häufen  faren.  Maaler  ISl*, 
aus,  von  der  weit  fahren,  ahd.  gifuor,  obiit,  er  ist  an  die 
lange,  an  die  letzte  fahrt,  vgl.  skr.  prfita  =  praila,  qui  abiit, 
exiil,  periit,  der  dahin  gicng  {so  dasz  tat.  peritus  eigentlich' ver- 
fahren, fotigefaliren  bedeutend  hernach  nur  im  sinne  von  erfahren, 
kundig  gilt),  es  steht  aber  auch  bloszes  'fahren'  und  die  gefahrnen 
sind  die  heimgegangnen,  dahingefahrnen,  die  ludten. 

mhd.  ich  wil  nu  teilen  «  ich  var.    Walthkr  60,34. 
foi  gebe  dir,  frowe  (HV/(),  giioie  naht. 
Ich  wil  xe  faerberge  vara.    lul,22; 

nhd.  ein  edelman  der  het  ein  narren,  der  war  im  lieb,  dem 
mncbet  er  ein  hübschen  lidcrn  kolben  und  sprach  zu  im, 
narr,  disen  kolben  gib  niemand,  er  sei  denn  närrischer,  denn 
du  bist,  der  narr  sprach,  ja.  nun  es  begab  sich  auf  ein 
zeit,  das  der  edelman  krank  ward,  der  arzt  kam  alle  tag 
zu  im  und  besähe  in,  und  wenn  er  denn  von  im  «ieng,  so 
fragt  in  die  fraw  und  der  knechl,  wie  im  sein  junker  gficl, 
»0  sprach  er  denn  'er  wird  faren,  er  bleibet  nicht*,  der 
narr  stund  darbci  und  horl  die  wort,  die  der  arzt  zu  der 
frawen  und  zu  den  knechten  redet,  und  wenn  er  denn  huret 
sagen  'der  junker  wird  fann,  er  bleibet  nicht",  so  lief  der 
narr  in  den  stall  zu  den  pferden,  und  luget  ob  man  die 
pferd  auch  sattelt,  und  zum  reiswagen,  und  besieht  ob  man 
ia  auch  nistet  und  aufmutzet,  da  er  darzu  kam,  dn  sah  er 
nichts,  und  wenn  denn  morgens  der  arzt  widcruinb  vom 
Junkero   gicng,   da  fragten  in  des  juukcrn  knecht  über  uud 


sein  hausfraw,  wie  es  umb  in  ein  gestalt  hettc  und  wie  er 
im  gefiele?  der  arzt  sagt  zu  den  knechten  und  der  frawen 
'habt  sorg  zu  im,  er  wirt  nit  bleiben,  er  wirt  faren'.  der 
narr  lief  aber  umb  und  luget,  aber  er  fand  kein  rüstung, 
und  gieng  selber  zu  dem  hcrrn  und  fragt  in,  'herr,  sie 
sprechen,  du  wölst  faren,  du  bliebest  nit,  wie  lang  wiltu 
ausbleiben,  ein  jar?'  'o  lenger,  lieber  gesell',  'zchen  jar?' 
'0  lenger,  ich  weisz  nicht  wie  lang',  'nun  sihe  ich  kein  zu- 
rüstung  in  dem  hof,  saget  der  nan-,  darumb  wil  ich  dir 
mein  kolben  geben,  wenn  du  bist  viel  närrischer  denn  ich. 
denn  soll  ich  so  lang  aussein ,  ich  wolle  etwas  dorthin 
schicken,  darmit  ich  zu  leben  het  und  nicht  mangel  litte, 
darumb  so  hab  dir  mein  kolben,  er  gehört  dir  von  rechts- 
wegcn  zu',  der  edelmann  nam  die  wort  auf  und  bessert  sich 
und  macht  sein  teslament  und  seelgerecht  (/.  seelgeräte)  und 
rüstet  sich  zu  'faren',  das  er  ein  kind  ward  der  ewigen  freud. 
schimpf  u.  ernst  1555, 198.  1550,  40.  1522,  45.  danach  ein,  weisz 
niciil,  ob  dlicrer  oder  späterer  mcistergesang,  wo  es  heiszt. 

er  pleibet  nicht,  den  tag  wirt  er  noch  faren, 

der  doctor  det  heut  sagen 

'du  würst  (ttftr(/es/)  faren,  du  plibest  nicht. 

meistert.  Üb  bt.  23; 
bleibt  es  demnach  fest  gestellt, 

auf  der  weit 
minder  wirt  als  gast  zu  heiszen, 
ei  so  laszt  uns,  weil  es  währt, 

eh  man  fährt, 
UDsrer  lust  beOeiszen.    GBnthkr  914. 

mnslens  geleitet  eine  partiicel  oder  ein  nomen :  indem  die  jung 
frawe  sich  zii  irem  ende  komen  sähe,  mit  senfter  stimm  ir 
letstes  wort  sprach  'stet  mit  got,  ich  far  dohin'  (2, 687.  6Ss), 
ire  äugen  sich  zu  theten,  alle  sinn  und  Vernunft  bei  ir  ver- 
schwunden, also  aus  disem  elenden  leben  schied.  Steinhöwel 
dec.  256,14;  der  mensch  feret  hin.    prediger  Sal.  12,5; 

das  braune  mädel  das  erfuhr, 

vergiengen  ihr  die  sinnen, 

sie  lacht  und  weint  und  bett  und  schwur, 

so  fuhr  die  seel  von  hinnen.    Göthe  I,1S1.  10,249; 

und  also  ist  der  grosze  held 

von  dieser  weit  gcl'aiircQ.     Pacl  Gerhard  26,24; 

und  du  soll  faren  zu  deinen  vetern  mit  frieden.  1  Mos.  15, 15. 
allerhäufigst  aber  zur  hölle  {urspri'inglich  zur  unterwell,  ins 
todlenreich)  und  in  den  himmei  fahren,  das  descendit  ad 
inferna  im  chmllidien  glaid)ensbekenntnis  wurde  erst  verdeutsclU 
steig  (nidar  steig)  zi  helliu,  licrnach  zi  hello  fuor,  hin  ze 
helle  vuor;  gestorben  und  zu  der  hellen  gefaren.  Keisers- 
BERG  jm/ro.s/s/)icgf/ BB3';  hinunter  in  die  helle  wird  er  faren. 
Hiob  17,16;  auf  das  nicht  ich  gleich  werde  denen,  die  in 
die  helle  faren.  ps.  28, 1 ;  der  tod  übereile  sie  und  müssen 
lebendig  in  die  helle  faren.  55, 16 ;  ein  mensch  der  am  blut 
einer  seelen  unrecht  thut,  der  wird  nicht  erhallen,  ob  er 
auch  in  die  helle  füre.  spr.  Sal.  28,17;  das  du  dich  verun- 
reinigst unter  den  todten?  das  du  unter  die  gerechnet  bist, 
die  in  die  helle  faren?  Baruch  3,11;  es  ist  dir  besser  das 
du  ein  krüpcl  zum  leben  eingehest,  denn  das  du  zwo  hende 
habest  und  farest  in  die  helle  {goth.  galeil)an  in  gaiainnan). 
Afarc.  9,43;  du  will  nit  zu  got,  du  will  in  die  hell  faren. 
seh.  u.  ernst  1555, 199.  ebenso  im  glaubensbckenntnis  ascendit  ad 
coelos  erst:  steig  (öf  steig)  zi  himilom,  dann  fuor  zi  himilo, 
fuhr  gen  himmei;  und  Elia  für  also  im  netter  gen  himel. 
2kün.  2,11;  füre  ich  in  himel.  so  bistu  da.  ps.  139,8;  wer 
ist  gen  himel  gefaren  und  hat  sie  geholet?  Baruch  3,29; 
und  da  die  cngel  gen  himel  füren  (goth.  gali|iun  in  himin). 
Luc.  2,15;  und  niemand  feliret  gen  himel,  denn  der  vom 
himel  erniden  komen  ist.  Juh.  3, 13;  der  gen  himel  gefaren  ist. 
Uebr.  4, 14.  dltnlich  sind  in  den  abgruud,  in  die  grübe  fahren. 
10)  zu  berg,  zu  thal  fahren,  aufwärts,  abwMs,  auf  und 
nieder:  zu  berg,  in  den  schachl  fahren,  steigen; 

wir  luln  io  recken  wise  varn  ze  inl  den  Ria.    Kib.  3,18,9; 

di^  vlrisc  Inlfinc  diu  erda, 

dir  gei.tt  vuor  üp  ci  berga.    i4nno  768. 

doch  hiesz  es  auch  ze  bCrge  gfln.  die  hirten  mit  der  herde 
fahren  ins  gebirge,  auf  die  weide,  in  die  alp,  auf  die  alpen 
(»Ipfahrl,  Stai.der  1,351  bezeugt  'fahren'  als  technischen  atisdruck 
der  Schweiznhirten) ; 

wir  fahren  tu  borg,  wir  kommen  wieder, 
wann  der  kukuk  rutt,  wann  erwnchon  die  Il«d«r. 
SCHILLSa  blo'i 

I«  berge  zlehn  die  hcnisn,  _ 

fuhr  «rit  der  scboeo  lu  ihM.    l  hh^d  gr<i.  4<0i 


1253 


FAHREN 


FAHREN 


1254 


der  bauer  fahrt  aufs  feld,  auf  den  acker,  zu  acker,  gen 
acker,  in  acker,  mit  pflüg  oder  egge  zur  feldarbeit;  do  er 
auch  vormals  mit  stuten  gen  acker  gefaren  was.  Steisböwel 
dec.  261, 16 ;  der  bauer  fährt  ins  heu.  den  schlag  der  kohl- 
meise  im  frühjahr  legt  man  aus,  als  redete  sie  den  bauer  an: 

spitz  die  schar  {pflugschar), 
in  acker  fahr! 

zu  walde,  zu  holze  fahren  kann  nun  hciszen  zur  lust  in  wald, 
icie  in  der  vorhin  sp.  1251  angezognen  slelie  aus  Keisersbebgs 
narrenschif  133',  mag  aber  noch  andern  sinn  gehabt  haben: 

wa;  buotes  du  däse, 

ubele  hornbläse, 

du  soldes  billecher  da  ze  holz  varen, 

dan  die  megede  hie  bewaren.    keiserchr.  12201, 

als  holzfrau,  waldfrau,  zaitberin  dich  im  walde  umtreiben,  hin  tn 
den  wald  verschwinden.  Steishöhel  dec.  65, 10  am  schlusz  einer 
erzählung,  wo  er  die  worte  et  i  tre  masnadieri  andarono  a  dar 
de'  calci  a  rovajo  {lieszen  ihre  fersen  in  die  luß  hängen,  d.  i. 
wurden  aufgehängt)  nicht  genau  faszte,  setzt  dafür  passend:  "die 
drei  rauber  gen  holze  füren,  stillen  noch  wider  komen',  sie 
verloren  sich  im  wald,  kehrten  nimmer  wieder,  d.  h.  wurden  hin- 
gerichtet,    der  eigentliche  sinn  der  seile 

Phol  ende  Wddan  vuorun  zi  holza 
entgehl  uns  leicht,  sie  mahnt  an  das  aus  dem  holze  fahren  des 
eddischen  Volundarliedes : 

era  sä  nü  hyrr  er  or  holti  ferr. 

11)  gern  steht  fahren  im  imperativ :  ahd.  far  satanas  I  vulg. 
vade  satanas,  vTiays  oTtiao}  fiov,  ags.  gang  {)u  sceocca  on 
bäc!  bei  Luther  heb  dich  weg  von  mir  salanl  Malth.  4,10. 
zumiü  im  geleil  eines  adverbs:  fahr  wol!  vale: 

ich  scheide,  führe  wol!  dies  leben  dient  mir  nicht. 

Hagedorn  1,27; 
fahr  wol  (d.  i.  fürt  mit  dir,  ich  mag  dich  nicht)  o  beifall  derkenner ! 

WiiLA!^D  4,4; 

fahre  wol,  du  blume  und  zierde  aller  feenritter!  12,26; 

fahre  wol !    'leb  wol ! '    Göthe  10,  272, 
was  nach  der  spräche  heiszen  sollte  fahr  wo!  und  lebe  wol!; 

fahret  wol,  ihr  freiiden  dieser  sonne, 

gegen  schwarzen  mcder  umgetauscht! 

fahre  wol,  du  rosenzeit  voll  wonne, 

die  so  oft  das  mädcheii  lustberauscht! 

fahret  wol,  ihr  goldgewebten  träume, 

paradiesesidnder,  Phantasien!    Schiller  5"; 

liebe  fahre  wol,  warst  so  klug,  so  fromm,  verschämt, 

mir  lieber  noch  als  eine  tochter,  liebe,  fahre  wol! 

ScHUBART  talerlandschronik  t.  206; 

SO  fahrt  denn  wol,  ihr  götterflügel  und  ihr  mächtige  einge- 
bungen,  fahret  wol !  ich  dank  euch  ab.    Klingers  th.  2,  206. 

mhd.  zieht  iuch  selbe  und  vart  ein  wgnic  schöne!    Neidhart  s.  149; 

ei  vare  al  schöne  (schonend)l    pass.  K.  1S9,  50.  5S8,  90; 

yar  schön!  so  sprach  her  Weldereicb.    Ecke  292; 
fiAJ.  was  ist  das?  far  schon  {behutsam,  nicht  so  rasch),  lieber 
gesell!    de  ßde  concub.  100,15; 

«0  spricht  sie  zu  mir,  'narr,  far  schon, 

erschreck  mich  nit,  ich  pin  noch  jung!'    Haupt  8,  515; 

fart  schon,  fart  schon!  lieber  roltengeist!  LctherS,  50';  far 
schon,  Mose,  weist  du  auch  mit  wem  du  redest.  8,55*;  box 
angst,  herr  cardinal,  fart  schon!  Schade  sal.  u.  pasq.  2,252; 
ei  Junker,  fart  schon!   3,102; 

drumb  thüt  gmach  und  faret  schon !    11.  Sachs  I,  478*. 

in  glächem  sinn,  fahr  hübsch,  hübschlich,  fahr  sittiglich,  fahr 
gemach:  fahrt  hübschlich,  ir  gesellen!  bienenk.  45*;  far  ge- 
mach, das  du  nit  feiest  (fehlest)!    Keisebsberg  omeis  19'; 

der  könig  Agamemnon  sprach 

'mein  freund  Ulysses,  fahr  gemach!'    Spreng  It.  313'; 

Patrocle,  fahr  gemach,  halt  still!    3S3'  i%ä^£0  Sioyevis 
JlaTQOxXeis.    11.  16,  707). 
and  faret  nicht  hoch  her,  xal  firj  ftsrecooi^sad'e.  Luc.  12, 29. 

12)  so  gesellen  sich  dieselben  adrerbia  überhaupt,  wol  fahren 
heiszl  prospere  proccdere,  succedere,  übel  fahren  parum  suecedere: 
dabei  der  orden  und  die  lande  wol  weren  gefaren.  Schütz 
besclir.  v.  Preuszen  146;  wir  sind  wol  damit  gefahren;  weiter 
wüste  ich  nichts  und  wünsche  diesem  werke  gut  zu  fahren. 
Göthe  an  Schiller  222; 

so  fährt  der  wol,  der  seine  seele  fragt.    Götbe  57,81; 

auf  dringende  Vorstellung  jedoch  und  einige  winke  des  boten, 
dasz  man  mit  mir  nicht  übel  fahre.  30, 220 ;  bis  ihr  manu . . . 


den  baron  herausforderte  und  heute  verwundete,  doch  ist  der 
obrist,  wie  ich  höre,  noch  schlimmer  dabei  gefahren  {weggekom- 
men). 20, 17 ;  sie  sprang  mit  ihren  preisen  und  Zeugnissen  in 
den  zimmern  herum  und  schüttelte  sie  auch  Ottilien  vor  dem 
gesiebt,  'du  bist  heute  schlecht  gefahren',  rief  sie  aus.  17,  62 ; 
an  und  für  sich  hätte  der  gute  Bastian  schon  gut  genug  fahren 
können.  J.  P.  Hesp.  3,63  (S7);  der  Staat  kann  hierbei  sehr 
übel  fahren.  Kant  1,261;  ich  glaube,  wenn  anders  das  frauen- 
zimmer  eine  gute  wirtin  ist,  dasz  sie  nicht  übel  mit  ihr  fahren 
sollen.  Leipz.  avant.  1, 166 ;  mit  dem  neuen  bedienten  sind 
wir  übel  gefahren  (schlecht  angekommen),  warum  sollte  nicht 
schon  ahd.  gesagt  werden  scöno  faran,  lepide,  belle  agere?  mhd. 

nein,  ir  müget  wol  schöner  vam!    Bueer  von  Steinach  195; 

heute  heiszt  es  schön  thun,  gemach  thun.  niefU  mehr  schön, 
gemach  fahren:  ich  gib  dir  antwurf,  das  du  gemach  soll 
faren,  nit  so  frevel  sein  in  deiner  rede.  Keisersb.  omeis  19'; 
darumb  findet  man  oft,  das  unser  text  höher  feret,  denn 
der  ebreisch,  doch  in  gleicher  meinung.  Luther  1,  9S';  das 
were  zu  hoch  gefaren  und  nach  endechristischer  hoffart. 
5,  87*;  widerumb  ist  das  auch  gewis,  das  herzog  George  und 
ewre  verreter  und  mitverfolger  viel,  viel  zu  hoch  faren.  6,12*; 
wenn  sie  hoch  komen,  denken  sie  nach  gut  und  eer,  wie 
sie  reich  werden,  hoch  her  faren  und  den  kindern  grosz  gut 
erben.  Luthers  rorr.  zu  Menius  a  2*.  vgl.  hochfahrend,  hoflfart. 
roh  fahren,  hart  fahren: 

dasz  bisher  mein  herr  schweher  hat 

zu  hart  gefahren  gegen  eim  rat.    Atrbr  58*. 

wenn  du  allzu  gelinde  fährest,  so  werden  dich  deine  unter- 
thanen  verspotten,  pers.  baumg.  1,  5 ;  und  was  war  den  blut- 
dürstigen unseligen  tyrannen  zu  Costnitz  not,  das  sie  nait 
dem  toden,  verbranten  Johan  Hus  so  greulich,  unmenschlich 
füren  {verfuhren,  handeilen)'!  Luther  1,  344*;  du  werdest  nicht 
mit  mir  so  schrecklich  fahren.  Ri.ngwald  ecang.  L7';  es  ist 
besser,  man  halte  herzog  Georgen,  das  er  herrisch  mit  sol- 
chem eide  fare.   Luther  6,  8* ; 

ei  Sprech  ich,  war  mir  gott  geneigt, 

da  wir  noch  feinde  waren, 

so  wird  er  ja,  der  kein  recht  beugt, 

nicht  feindlich  mit  mir  fahren 

anjetzo,  da  ich  ihm  versühnu    P.  Gerhard  23,15; 

denn  die  furcht  gottes  leret  klüglich  faren  in  allem  handeL 
Sir.  19,18;  und  sol  ein  könig  regieren,  der  klüglich  fare. 
Luther  3,425*;  ich  wil  itzt  dem  friede  zu  gut  seuberlich 
faren  mit  dem  splitterrichter.  6,20*;  bedeutet,  dasz  man  mit 
groben  leuten  säuberlich  fahren  musz.  Alberos  Esop  s.  ix; 
obwol  Bolislaf  sonst  gar  säuberlich  mit  ihnen  fuhr.  Micräiios 
2, 191 ;  bitte  doch  säuberiich  mit  dem  knaben  zu  fahren. 
Wieland  6«  Merk  1,  87 ;  doch  da  wir  einmal  mit  ihm  säuber- 
lich fahren  sollen.  1, 117 ;  und  gedachte,  das  sein  weih  gegen 
im  untrewlich  führe,    buch  d.  liebe  273,  2 ; 

kummer,  der  das  mark  verzehret, 
raub,  der  hab  und  gut  verheret, 
grausamkeit,  die  unrecht  fehret  {nicht  kehret), 
sind  die  frucht,  die  krieg  gewehret.    Locad  1,107,49; 
menschen  sind  als  teufel  ärger,  weil  der  teufel  nirgend  schwur, 
denn  er  weisz,  dasz  er  ein  lügner  und  betrieglich  immer  fuhr. 

2, 26, 96 ; 

in  diesen  beschwerlichkeiten  fuhren  (verfuhren)  die  jungen  her- 
zogen so  gescheide,  dasz  sie  den  Städten  erlassnng  des  halben 
Zolles  zu  Wolgast  willigeten.  Micr.äliüs  3,520;  wie  sicher 
würden  sie  gefahren  sein,  wenn  ihre  arbeit  vor  den  richter- 
stuhl solcher  gelehrten  wäre  gebracht  worden.  Wixkelmann 
I,  65  ;  noch  erbärmlicher  fährt  der  leser  und  noch  behaglicher 
der  Schreiber.  J.  P.  büciterschau  2,  8.  es  kann  auch  die  praep. 
an  mit  dem  Superlativ  stehen:  die  besten  menschen  würden 
gerade  am  schlimmsten  dabei  gefahren  sein.  Wieland  8,  224 ; 

und  wer  dabei  am  schlimmsten  fähret, 
ist  doch  zuletzt  der  schacL.    10,31b; 

ich  bin  freilich  unter  meinen  geschwistern  am  besten  dabei 
gefahren.  Göthe  20,168;  wie  denn  der  künstler,  der  sich 
treu  an  die  natur  halte,  am  besten  fahren  werde.  30,228; 
die  lichter  fahren  am  vernünftigsten,  die  u.  s.  tr.  J.  P.  teufelsp. 
1,  02.  ebenso  darf,  ohne  ein  solches  adv.,  bloszes  fahren  gesetzt 
sein,  oder  die  partikel  also,  wie  daneben:  wie  er  feret  mit  allen 
menschen,  die  er  angreift.  Lcthee4,22';  also  feret  gott  mit 
allen  seinen  gleubigen.  4,78";  ich  hab  mit  euch  gefaren,  wie 
ein  vater  mit  seinem   kind.  4,489*;    meinst  du  ich  wisse 

79* 


1255 


FAHREN 


FAHREN 


t256 


nicht,   wie   du  und   deine   gesellen  mit  mir  gefahren  habt? 

Ayrer  proc.  1,  6  p.  124 ; 

ir  herren,  nun  sie  sehen  liier, 

wie  sie  gefahren  sein.    Leccoleo?)  115. 

wenn  der  philosoph  ihn  eine  Zeitlang  nach  seinem  eintritt 
in  die  well  fragte,  wie  er  gefahren?  Kmnger  11,41.  noch 
häufiger  finden  sich  praeposition  und  subsl.,  vorzugsweise  mit: 

fiiM.  hiT-ret  waj  ich  ziio  der  buoje  tuo, 

daj  ich  mit  zouber  niht  envar.    MS.  1,"3'; 

nhd.  noch  sind  viel  hoffertiger  heiligen,  die  mit  irer  gercch- 
tiekeil  faren  und  wollen  ie  für  sich  selber  pricstcr  sein. 
LuTBER  1,  95*;  Carlstad  hclt  und  feret  mit  dem  brot  und  wein 
des  herrn,  als  were  es  schlecht  brot  und  wein.  3,76';  kurz 
und  umb  so  mit  seien  faren,  als  wer  er  ir  gott.  3,53';  das 
sie  selbs  on  ordenung  drein  fallen  und  nicht  mit  ordentlicher 
gewall  faren.  3,  39';  musz  ich  hie  die  weltliche  oberkeit  un- 
terrichten, wie  sie  hierin  mit  gutem  gewissen  faren  sollen. 
3,124';  vorhin  wollen  sie  mit  dem  Schwert  faren  und  als 
christliche  brüder  für  das  evangelium  streiten.  3,144';  und 
gotles  wort  gibt  dir  nicht  freiheit,  das  du  farest  mit  gottes 
namen  und  crealur  wie  du  selbs  will.  6,  2S4';  diese  gottlose 
Verächter  und  nmtwillige  freveler,  die  mit  gewalt  füren.  Ma- 
TOESics  lO';  man  fehret  mit  gewalt.  Neander  syll.  loc.  244'; 
und  ermaneten  mit  rechte  uud  nicht  mit  gewalt  zu  fahren. 
ScaCTz  l'rcuszen  142; 

wenn  er  so  mit  dem  donner  fährt, 

dasz  alles  praszt  und  krachet.    Lobwa«.ser  ps.  68, 

vas  deutlich  auf  den  am  himmel  fahrenden  donnerwagen  geht; 
eine  solche  gesellschaft,  wenn  sie  mit  ernst  und  Wahrheit 
f;ihrt,  ist  sehr  respectabel.  Clacdils  4,33;  ein  mensch,  der 
glauben  und  vertrauen  zu  sich  und  seiner  sache  hat,  fahrt 
mit  vollherzigkeit  und  Sicherheit.  7, 178.  zuweilen  auch  nach 
vnd  in :  in  solchen  Sachen  haben  sie  nicht  gefahren  nach 
menschen  dünken.  Luther  4, 153';  ir  gebt  für,  ir  wollet  nach 
dem  göltlichen  recht  faren  und  handeln.  3,116';  wenn  denn 
solche  leut  zum  regiment  kommen  in  der  gemeine,  die  kön- 
nen freundlich  und  wol  regieren,  faren  nit  aliweg  nach  ireni 
bedunken.  k'uge  weise  reden  1505, 15l'.  1570,161';  wer  in  der 
Schrift  faren  wil  und  wol  auslegen.    Luther  4, 172'. 

13)  fahren  lassen,  was  man  hält  loslassen,  viittere,  emittere, 
dimillere,  wie  gehen  lassen,  fallen  lassen  u.  s.  w.  die  band 
läszt  den  sper,  den  sie  schwingt,  fahren,  den  gefangnen  vogel, 
den  sie  faszl,  fahren,  fliegen;  er  liesz  ihre  band,  die  er  er- 
griffen hatte,  wieder  fahren,  den  zweig,  den  er  herangezogen 
hatte,  wieder  fahren;  und  es  war  ein  jungling,  der  folgete 
im  nach,  der  war  mit  linwat  bekleidet  auf  der  blüszen  baut 
und  die  Jünglinge  griffen  in.  er  aber  liesz  den  linwat  faren 
und  floh  blusz  von  inen  (goth.  i\)  is  bilcijiands  [lanima  leina 
caqat)s  ga|)lauh  faura  im).  Marc.  14, 52 ;  bis  das  er  hende 
und  fusze  faren  lasse,  an  im  selbs  verzweivele.  LütuerI,  66"; 
nach  einigem  zaudern  nahm  er  ihre  band,  erschreckt  von 
der  kälte,  liesz  er  sie  sogleich  wieder  fahren.  GöTnE20, 281. 
nalürlich  wird  aber  oß  nur  entlassen,  aufgeben,  hingeben,  daiiin- 
geben  gemeint,  ohne  den  gedanken  an  eine  Iriblictie  haß:  herr, 
nu  lessest  du  deinen  diener  im  friede  faren.    Luc.  2,  29 ; 

gott  leszt  seine  diener  fahren,  aber  doch  im  friede, 

nerren  lassen  diener  fahren,  wann  sie  ihrer  müde. 
LoG*u  2,210,üü; 

darnmb  ich  sie  ganz  hah  la  farn, 

mein  weibnemen  wil  ich  lenger  spam.    fasln.  703,23; 

ich  wollte  ihnen  ein  schönes,  junges  frauenzimmer  mit  einem 
rittergute  anbieten,  wenn  sie  Julchen  wollten  fahren  lassen. 
Gellert  1,  217; 

lasi  fahren  dahin,  lasz  fahren.    Scbillkr  SSO*; 

wenn  sie  damit  den  jungen  mann  erlangt, 

•0  läsit  sie  ihn  nicht  wieder  fuhren.    Gothk  12,215; 

was  lissest  du  das  schöne  mädchen  liihn  :i, 

das  dir  zum  tanz  so  lieblich  sang?    12,21' 

meine  heiterkeil  war  zurückgekehrt.  i(  h  hiWir.  s\f  {inrine  ge- 
liebte) um  alle»  in  der  weit  nicht  fahren  lassen.  23,85;  denn 
du  lessest  in  {den  menfchen)  faren  {vutg.  eniiltes  eiim).  Hiob 
14,30;  und  nu  sage  ich  euch,  lasset  nb  von  diesen  men- 
(cben  und  lasset  sie  faren.  ajmstelg.  .'>.  38 ;  lasset  sie  {die 
fharinier)  faren,  »ie  »ind  blind  und  blinde  Iciter  {ahd.  \{yi,et 
•ie,  sie  «int  blinti  inti  Mitit^rA  Icitidon).  Matth.  i.'i,  14.  eigen- 
thumltth  ist:  !a«z  dein  brot  über  da»  was»er  faren,  «o  wirst 
du  CS  linden  niif  lange  zeit.  pred.  Sal.  II,  t,  vnlq.  mitte  pnnem 
toom  lupcr  lran<cuntes  aqust,  LXX  inöarnkov r'ov  ä^nor 


oov   iitl   TXQoauiziop  tov  vBaroi,    Iheäe  es  freigebig  mit  den 

armen,  gib  es  hin. 

Keisersberg  sagt  ößer  in  seinen  predigen:  das  lasz  ich  jetz 
faren,  das  lasse  ich  jetzt  vorbei,  duron  will  ich  nicht  reden,  s.  b. 
has  im  pf.  Bbs'.  scIi.  der  y>en.  120*  (so  wie  auch  das  lasz  ich 
bangen,  fallen);  um  deren  menschen  willen  soll  man  kein 
gut  faren  lassen,    narrensch.  151' ; 

ich  halis  mit  werten  nit  verplümt 

und  unversunnen  heraus  lan  farn.    fastn.  260,6; 

Süllen  wir  ims  umbsunst  varn  lan  (urgesliafl  hingchn  l.), 

das  niuosz  mir  immer  wesen  leit.    415,22; 

laszt  fahren  hin  das  allzu  flüchtige!  Göthb  3,76; 
was  ich  fest  zu  halten  wünschte,  musz  ich  fahren  lassen. 
20,  285 ;  manches  was  der  aufbewahrung  wol  werth  gewesen 
wäre,  gleichgültig  dahin  fahren  zu  lassen.  60,  297 ;  denn  sie 
hat  des  herrn  wort  verachtet  und  sein  gebot  lassen  faren. 
i  Mos.  15,31;  wir  haben  uns  unibgekercl  und  dein  gebot 
lassen  faren.  Esra  9, 14 ;  und  wird  den  bund  faren  lassen, 
den  ich  mit  im  gemacht  habe.  5  >/os.  31,10;  darumb  schicke 
ich  dir  ein  geschenke,  silber  und  gold,  das  du  faren  lassest 
den  bund,  den  du  mit  Baesa  hast,  i  kOn.  15,19;  mein  kind, 
beware  die  gebot  deines  vaters  und  lasz  nicht  faren  das 
gesetz  deiner  mutier,  spr.  Sal.  6,20;  höret  die  zuchl  und 
werdet  weise  und  lasset  sie  nicht  faren.  8,  33 ;  gedenke  an 
das  ende  und  lasz  die  feindschaft  faren.  &r.  28,6;  und 
lieszen  also  irer  veler  silten  faren.  2  Macc.  4, 15  ;  ob  er  (Heuoch) 
auch  widerkomen  werde,  wie  man  bisher  gesagt  bat,  lasz  ich 
faren,  ich  gleub  es  nicht.  Llther  4,  43' ;  rede  ihr  doch  zu, 
dasz  sie  ihren  eigensinn  fuhren  läszt.  Geliert  3,10;  den 
anschlag  fahren  lassen.  Kant  9, 16 ;  alle  hofnung  fahren  lassen, 
ihr  entsagen ;  sie  liesz  die  gedanken  hin  und  her  fahren  (spielen), 
fol.stockf.  71;  sie  müssen  hier  vorurtheile  fahren  lassen.  J.  P. 
?iepomukkirche  130.     einen  fahren  lassen,  oben  sp.  134, 13'. 

M)  fahren,  in  allen  bisher  behandelten  fällen,  war  immer  in- 
transitiv, und  kommt  auch  seilen  in  transitiver  bedeutung  vor, 
für  welche  eigentlich  ein  anderes  verbum  besteht,  führen  =  fahren 
machen,  mit  dem  ablant  gebildet,  wie  legen,  wenden  =  liegen, 
winden  machen. 

ü)  fahren,  vehere,  im  wagen  fortbringen :  w  er  wil  uns  in  den 
himel  faren?  5  Mos.  30,12;  das  körn,  heu  in  die  scheune 
fuhren  ;  der  kutscher  hat  uns  rasch  gefahren,  wenn  es  heiszl 
jemand  fahren  lassen,  bleibt  zweideutig,  ob  vehere  oder  vehi  ge- 
meint ist:  er  wird  sich  nicht  weigern  seine  holde  Ciarisse 
auf  die  hochzeit  fuhren  zu  lassen.    Tuümmei.   Wilhelminc  49. 

b)  im  nachcn,  schiffe:  wer  wil  uns  über  das  meer  faren? 
5  Mos.  30, 13 ;  der  fahrmann  fuhr  eine  menge  unsichtbarer 
zwerge  über  das  wasser. 

c)  den  wagen  fahren,  currum  agere:  wer,  welcher  kutscher 
fahrt?;  hab  ich  nicht  gefahren  wie  cxtrapost?  GötheIO,  129; 
je  fahre,  galgenvogel,  fahre  und  schmeisz  da  ehrlicher  leule 
kinder  um!     Schlampampe  kraukheit  24. 

d)  den  acker  fahren,  pflügen:  der  acker  ist  wol  gefahren 
und  rein  von  unkraut.    Pestaiozzi  10,  iGfi. 

e)  refl.  der  wagen  führt  sich  gut,  schlecht;  Charon  ruß  aus : 
allein  an  leuten  eurer  art. 

die  stolze  poivhistorn  waren, 

hab  ich  mlch'schon  bald  lahm  gefahren.    Gbllkrt  1,217. 

dem  transitiv  gebüJtrt  im  praet.  haben,  dem  intr.  sein,  die  unter 
12  angezognen  stellen  lehren  aber,  dass  auch  erslerem  sein  gegeben 
wird,  viel  intransitiva  werden  durch  Zusammensetzung  tian^iliv. 
z.  b.  gehen,  fliegen,  springen  in  angeben,  begehen,  erllicgcn, 
bespringen,  ebenso  fahren  in  anfahren,  befahren,  durchfahren, 
einfuhren,  vorzüglich  aber  in  erfahren  (sp.  788).  intransitiv 
bleiben  abfahren,  auffahren,  entfahren,  herfahren,  hinfahren, 
mitfuhren,  nachfuiuen,  verfahren,  vorfahren,  zufahren,  deren 
transitira  mittelst  füliren  zu  bilden  sind. 

FAIIUEN,  intendere,  insidiari.    goth.  weder  ein  feran  f«^raida. 
noc/»  fi'rjan  ferida,  wol  aber  fn'y.i  ins-idiator.     ahd.  fArAn  f ' ■ '■' ; 
mhd.  vären  vArte;    alts.  fdran  fArda,  »in/,  varen  vaeni. 
fyran  farrde,  Afa-ran  Afa-rde,  engl,  fearfeared  ;  den  nord.  s;    .  . 
mangelnd,     die  bedeutung  i.it  dehnbar  und  schwankend,     legt  man 
nnrkstellen    zum   gründe,   so   kann    dies  in  übelm,   aber  auch  in 
gutem  sinne  für  nach  etwas  sirelien,  begehren  genommen  werden, 
nanientltcli  ahd.  desidcrare,   0}4arc   ausdrücJcen.      den  salx  cujus 
vero  causa  quid  expelilur,    id  ma\iuie  vidclur  oplari   gibt  N. 
hlh.  MO    lAr   umbe    dingoliche»    keg.'rÄI  wirf,    ü'»  fArAl  man 
d.irana    in    boubri ;    und  gleich  darauf  \eh\U  si  «.tluti« 
qnispium  velil  equilare,  mm  tain  equitandi  moltun  d. 
»piam  Haiuli»  effectum:  also  (br  iic  fAn'i  tir  umbe  gc>i, :,. 


1257 


FAHREN 


FAHREN— FAHREND 


1258 


ritet,  wio  6r  sih  ritendo  erwekkS,  nube  daj  er  gesundere 
werdß.  N.  verbindet  mit  der  bedeutiing  insidiari  den  dal.  der 
pcrson:  derao  ßrft  Pr.  jjs.  10,8;  ßrfeton  sie  mir.  56,7,  a6er 
den  gen.  der  sache:  färeton  mines  übe?.  53,5;  andere  haben 
überall  den  gen.  der  person  und  sache:  färeta  sin,  insiäiabatur 
iUL    T.  -9,2; 

sie  färent  tbines  Terahes.    0.  III.  23, 31 ; 

thaj  fiant  io  ti  wäre  min  wei^in  ni  gifäre.    V.  3,  4. 
auch  mhd.  begegnet  nur  der  gen.,  in  den  folgenden  belegen  irird 
sich  leicht   der  ungünstige  oder  günstige  sinn  ron  selbst  ergeben: 

der  unser  viantliche  räret.    Haupt  8, 155; 

si  värten  min  genöte, 

vrö  unde  späte.    Kelle  spec.  eccl.  147,39; 

er  enwil  deheioer  lüne  vären.    Walihzr  35,12; 

swgf  miner  railte  vären 

Tcrgebene  wil,  der  sümet  sich.    Parz.  142,25; 

dune  solt  sin  sus  niht  vären.    353,  IC; 

woh  man  der  bürge  vären.    65S,  "23; 

daj  du  iht  värest  min.    Gudr.  363, 2 ; 

dar  man  der  {boten)  da  ervärte,  daj  was  im  grimme  leil. 

6l'J,  2 ; 

si  künden  wunden  vären  (heilen).    785,4; 

beginnet  sin  ieman  vären,  s6  helfet  im,  guote  reisen,  danne. 

1113,4; 

raanc  bunt  vil  wol  gebäret, 

der  doch  der  Hute  väret.    Freidank  138,  10; 

done  wolde  er  ir  niht  vären.    Wigal.  219,16, 

si  begunden  d6r  orse  vären.    Eracl.  4S00; 

doch  kan  si  wol  mannes  bßrzen  vären.    MS.  1,60'; 

und  ich  niender  des  envärte, 

da;  ir  eren  missezxme.    2, 159'; 

dfr  rehtes  künde  vären 

und  ungerihte  störte,    tr.  kr.  2584; 

und  mit  einander  vären 

begunden  kampfes  alzehant.    9971 ; 

well  an  iuch  minne  richsen 

und  iuwer  langer  vären.    21979; 

daj  si  din  weiten  vären 

mit  unkiusches  herzen  gir.    schmiede  IISO; 

wan  si  niht  weiden  vären 

hovelicber  dinge.    Emgelh.  4682; 

ir  magetuomes  vären 

gar  minneclich  er  wolde.    Frib.  Trist.  750; 

eins  winkeis  vären.    MSH.  3,5"; 

ich  förhte  da;  er  väre 

wie  er  gewerbe  minen  schaden,    minnelehre  1264; 

si  Ifret  rebt  gebären 

und  Werder  minne  vären.    Doce!«  misc.  2,179; 

das  sie  vil  unverdroj;en  der  ungefüegen  räche  wollen  vären. 
Albr.  tu.  3828,2; 
si  scliiuhent  oucU  deheine  arbeit  . . .  noch  värent  (begehren) 
gemaches,  myst.  1,  311,  27.  nhd.  beispiele  gewährt  rorzüglich 
Keisebsberg:  nun  das  erst  stuck,  dadurch  du  magst  frieden 
erlangen,  ist  foren  (=  fären)  fremdes  willens  (thiin  icas  ein 
anderer  vill),  das  ein  mensch  hig  in  allen  dingen  bereit  sein, 
das  er  sich  fleisz  und  thue  eines  andern  willen,  fore  fremds 
willens  mer  dan  seines  eigen  willens,  sieben  schwert  bb  6' ; 
der  einen  andren  manschen  vast  lieb  hat,  den  haltet  er  in 
eren,  er  foret  seins  willens.  j>arad.  der  selc  l";  der  münsch 
hat  mich  lieb,  der  mir  {dat.,  wie  ahd.  bei  N.)  meines  willens 
foret  und  geflissen  ist  zu  tund,  was  ich  gern  hab.  l';  si 
wöllent  golt  in  sich  richten,  in  lieb  haben,  sines  willens 
foren  umb  ires  nutzes  willen.  2';  als  wie?  hast  du  einen 
mönschen  lieb,  du  fliszest  dich  sines  willen  ze  foren.  5*; 
soll  er  bereitet  sein  seines  willens  ze  foren.  16';  derselbig 
emsig  flisz,  gott  dem  herrn  in  allen  dingen  wollen  gefallen, 
seines  willens  foren,  ingebirt  clarc  erleuchtung.  16*;  also 
jungen  leuten  schwatz  gestatten,  ir  stolzheit  und  Üppigkeit 
übersehen,  ires  willens  foren.  51";  fleisz  dich  seines  willens 
ze  foren  als  ferr  du  iemer  macht.  55*;  er  soll  sein  nit  ver- 
gessen, seines  willens  foren.  56';  begert  er  allein  damit  seines 
willen  ze  foren.  62'  und  noch  oft.  foren  der  gedult  (der  g. 
sich  befleiszen).    sdtif  der  pen.  76'; 

ich  will  kein  flisz  noch  arbeit  sparen 

sins  willen»  ewig(lich)  zfaren.    traii.  Joh.  N5; 

item  tat  ein  richter  nit  umfrag,  oder  wurd  erteilt,  das  es 
nit  lagzeit  wäre  zu  richten,  .«o  wäre  die  busz  der  drei  Schilling 
niemand  verfallen,  ob  ein  ricliler  iemands  farcn  wült  (sie  ron 
jemand  begehrte).  weüUh.  1.274  (a.  1432);  doch  wa  es  ungefer- 
licherweise  beschehe  (dasz  eine  arbeit  ungehallig  väre),  so  soll 
niemand  am  feinhalt  umb  ein  qtiintlein  gcfart  (gefährdet)  sein. 
goldsdimiedordnung  ron  1563  in  Moüe  zeitschr.  3, 162.     allmdlieh 


erlischt  uns  aber  dies  fahren  gleich  dem  subst.  fahr  und  an  ihre 
stelle  tritt  gefährden,  gefahr.  Luther  hat  das  «ort  in  der  bibel 
nicht,  in  einigen  stellen  seiner  briefe  könnte  es  haften:  wo  ir 
strenges  rechts  wollet  faren,  möchte  vil  unglücks  daraus 
komen.  6,  531 ;  jederman  schreiet,  wolan.  so  wollen  wir  keine 
gute  werk  thun  und  faren  flugs  des  holzwegs.  4, 457,  falls 
der  sinn  ist  den  Itohweg  aufzusuchen,  vielleicht  aber  «rird  faren 
ire  gemeint  mit  adverbialisch  zugefügtem  gen.,  vgl.  zu  holze  faren 
(sp.  1253).  uns  verbleibt  heute  fast  nur  die  Zusammensetzung  will- 
fahren, morem  gcrere,  nach  Keisersbergs  schreibueise  willforen: 
in  sollichem  wollen  den  obren  willforen,  das  wer  nit  recht 
parad.  d.  sele  17',  tras  niciU  auf  faran,  sondern  faren  zurück- 
geht, und  wilirahrigmonjerKsau/mM.  willevaeric,  tro/Ttr  Lcther 
Matlh.  5,  25  wilferlig,  als  stamme  es  von  fahren  (ire).  in  der 
Schweiz  dauert  fahren,  gefahren  =  vären  bis  auf  den  heutigen 
tag.  Maaier  128'  hat  faaren,  auf  ein  ding  faaren  collimare, 
der  zeit  faaren,  der  rächten  zeit  faaren,  warnemmen,  fon- 
sulere  tempori,  seiner  eeren  faaren,  velißcare  honori  suo,  er 
faaret  der  gelägenheit  mit  dem  künig  ze  reden,  imminet  occa- 
siuni  alloquendi  regem;  Stalder  1,351  gibt  gfahren,  gfohren, 
gefährden,  Toblfr  219'  gfohra  und  'i  gfohr  mi  nfid'  ich  nehms 
nicht  so  genau,  thcile  nicht  die  gefahr.  'nicht  gfahren  mögen' 
hei  Alb.  v.  Ritte  s.  29  vielleicht  unrichtig  erklärt.  Schmeller 
1,  551  nur  gelaren,  gefärden,  färden,  kein  einfaches  faren.  ich 
bin  nicht  gefaret,  sine  periculo  sum.    Stieler  402. 

die  bedcutung  des  ags.  faeran,  äfaeran  terrere  entfaltet  sich 
lacht,  da  die  begriffe  gefahr  und  furcht  einander  nahe  liegen, 
das  engl,  fear  ist  sotcol  terrere  als  timere,  metuere,  vgl.  mhd. 
ervseren,  nhd.  erlahren  (oben  sp.  791) ;  nnl.  ist  varen  veraltet, 
KiLiAX  führt  es  noch  für  fürchten  (vreezen)  auf  und  Halma 
schrieb:  dat  zal  mij  geweidig  varen,  verdrieszen,  ärgern. 

FAHREND,  mobilis,  movens,  partidpium  praes.  von  fahren, 
ire,  movere. 

1)  ein  fahrender  mann,  ein  reisender,  vandersmann,  fahrende 
leute,  die  von  einem  ort  zum  andern  ziehen,  zumal  beitler,  schüler, 
spielleute,  mhd.  varndiu  diet,  fahrendes  volk; 

umb  ir  milte  fraget 

varnde;  volc.    Walthkr  84, 18 ; 

varndej  wip,  fröuwelin,  ein  herumschweifendes,  liederliches 
mäddien.  varnde  fraw,  ramd  weip,  mima.  roc.  1482  hh  4'  (iro 
das  beigefügte  'vel  mensura  bladi'  aber  mina  ist.  Dcca^ge  4, 4to') ; 
vgl.  Haltacs  441.  442 ; 

die  gebüre  sprechent  gemeine, 

ich  si  ein  scbuoler  varnde.    a.  v.  2,56; 

ein  wilder  schuolxre.    2,49; 

ich  wil  ein  farnter  schuler  sein,  fastn.  688,22; 
farende  schüler  seind  vor  zeiten  im  land  umgangen,  die  betten 
gele  gestrickte  netz  an  dem  hals,  grosze  leutbescheiszer. 
sf/iimp/'«.  erns<  1546,  31 ;  die  fremden  geste,  die  in  den  stedten 
handlung  trieben  und  alle  gehende,  fahrende  und  lose  leute. 
ScntTz  beschr.  von  Pr.  88;  farende  schuler.  Garg.  276; 
ein  fahrender  scolast.    Götbe  12,69. 

2)  fahrende  habe,  fahrendes  gut,  res  mobiles,  ahd.  faranti 
scaz.  sowie  unfarent^  scazä,  res  immobiles,  liegende  habe;  do 
schuf  er  dem  eltisten  sun  allej  sein  erib  auf  dem  land  (oben 
sp.  709.  710),  dem  andern  sun  schuf  er  varent^  gut.  geäa  Rom. 
Ä  52;  nu  wil  ich  alle  dein  hab  varend  und  unvarend  dir 
nemen  und  im  geben.  154; 

Are  und  varnde  guot.    Walther  8,14; 

ich  wil  nu  teilen,  e  ich  var, 

min  varnde  guot  und  eigens  vil.    60,35: 

diu  liebe  hat  ir  varnde  guot 

also  geteilet,  da;  ich  den  schaden  hän.    US.  1,63'; 

weit  ir  und  diu  muoter  min 

mir  teilen  iwer  varnde  habe.    Parz.  9,21; 

liute,  laut  noch  varnde  guot, 

der  decheine;  mac  gehelfen  dir.    267,  10: 
heb  an  und  sag, 

was  die  praut  von  farnder  hab  und  gut  hab.    fastn.  516,33; 

ligends  und  farends  ist  dahin.  H.  Sacbs  III.  1,114*; 
die  klosterleut  globcnd  die  allerstrengest  armut,  das  sie  auch 
nichts  farends  wollen  in  gemeine  haben.  Keisersberc  pred. 
64';  die  geistlichen  sollen  nichts  besitzen,  weder  gold  noch 
Silber,  weder  farends  noch  ligends.  Frask  rhron.  378' ;  er 
setzte  eine  dreijährige  schatzunge  auf  erbe,  liegende  gründe 
und  farende  habe.    Scnf}Tz  Pr.  88; 

die  fahrend  hab  gat  auf  und  ab.    Garg.  89*; 
liegende  und  fahrende  habe.    Wieland  S,  142;    den  gröszten 
theil  seiner  fahrenden  habe  vertheilte  er  unter  einige  andere, 


1259 


FAHREND  — FAHRIG 


FÄHRIG  — FÄHRLICH 


1260 


die  etwas  zu  seinem  und  Perisudebs  andor.licn  zu  besitzen 
würdig  waren.  8,320;  herzog  Geihard  von  Schleswig  so  ver- 
ständig war  in  seinem  herzoglhura  alle  Schenkungen  von 
grundstücken  an  die  todtc  band  zu  verbieten,  nur  fahrende 
habe  offen  zu  lassen.  Daulnan.v  dän.  gesch.  2,  G5.  da  nun 
fahrende  habe  ursprünglich  in  vieh  bestand,  so  wirft  dies  licht  auf 
das  "fahren'  der  ÜUere  (sp.  1248),  gleichwol  Iwiszt  es  all»,  gangandi 
fß,  pecora,  was  man  auf  das  geben  der  rinder  bezielten  dürfte. 

3)  fahrend,  caducus,  hinfällig:    fahrendes,  fallendes  laub ; 

dör  (kurze  sumer)  brähte  uns  varnde  bluomen  unde  blat. 
Waltukr  13,22; 
fahrender,  schwindender  muth: 

min  varende  muot  si  abe  gezelt.    Dlikeb  v.  St.  181 ; 

fahrender  lohn,  der  niclU  hinhäll,  bald  zerrinnt: 
ein  varnden  lön  erwürbe  ich  wol, 
davon  ich  einen  sumer  möhte  lachen, 
als  ich  denne  den  erwürbe 
der  wa>r  «instTt  sam  der  klö, 
mit  den  bluomen  er  verdürbe, 
so  müesi  ich  werben  aber  als  6. 
nach  heile  müeje  ej  mir  erpän, 
i'n  ^er  eins  varnden  16nes  niht, 
micn  fröut  noch  baj  ein  lieber  wän.    MS.  1, 165'; 

fahrendes  leid,  weicliendes,  jeweiliges: 
der  vogel  süejej  schallen 
hat  mich  hügende  bräht, 
das  min  varndes  leit  ein  teil  geringet  ist.    1,170*. 

fahrende,  dahinfahrcnde,  vergehende  sorge. 

4)  fahrende  post,  im  gegensalz  zur  reitenden,  in  ihren  fahren- 
den kerkern  antworteten  die  löwen  zürnend  dem  schmettern 
vorüber  eilender  posthörner.   J.  P.  herbslbl. 

FAHRENSZEIT,  f,  zeit,  da  ein  pächter  oder  miethsmann  das 
grundslück,  den  hof  wieder  verlassen  musz :  dasz  der  wehrfester 
auf  zehn  jähre  für  die  steuern  und  verwirkte  holzungsbrüchten 
der  neucinziehenden  haften,  und  falls  der  heuermann  sich 
aufs  betteln  lege,  denselben  auf  nächste  fahrenszeit  wegschaffen 
müsse.    Stüve  landgem.  140. 

FAHRER,  m.  viator,  veclor,  der  reisende,  s.  kauffahrer,  land- 
fahrer,  seefahrer,  grönlandfahrer,  ostindienfahrer,  auch  lenker 
eiMS  fulirwerks: 

bei  sa  sa  sa, 

nun  sitz  ich  schon  da  {im  Schlitten). 

berr  fahrer,  hinten  daraufl 

voran,  du  knallender  reiter, 

sei  uns  ein  sichrer  leiter, 

fort  und  beginne  den  lauf. 

Weisze  briefwechsel  des  kinderfreundes  1,227. 

FAHREREI,  f.  veclura:  wer  denkt,  dasz  ich  gefallen  an  so 
einer  fabrerei  habe,  belriegt  sich.    TutJMMEL  5, 160. 

FAHRGASSE,  f  via  publica,  in  den  meisten  allen  städlen 
heisit  die  zum  Ihor  führende  hauyislrasze  fahrgasse. 

FAHHGEUÜHU,  f  was  das  folgende. 

FAHRGELD,  n.  porlorium,  fahrlohn,  fuhrlohn,  auch  wegegeld, 
brückengeld. 

FAHRGELD,  n.  peeunia  nautae  solvcnda,  geld  für  die  über- 
fahrt :  und  da  er  ein  schif  fand,  das  aufs  meer  wolt  farcn, 
gab  er  fehrgeld  und  trat  drein.    Jona  1,  3.     s.  führschatz. 

FAHRGELEGENHEIT,  /.  ein  ermüdeter  fuszgänger  benutzt 
gerne  fahrgelegenbcit,  um  auf  seinem  wege  weiter  zu  kommen. 
in  abgelegenen  orten  trift  man  selten  fuhrgelegenheit  an. 
eine  zurückkehrende  leere  kutsche  ist  für  den  Wanderer  will- 
kommene fahrgelegenbcit. 

FAHRGE.NOSZ,  m.  comes,  sodalis:  er  wird,  wo  nicht  des 
Schiffes  reiter,  doch  sein  treuer  fahrgcnosz  und  Wächter; 
auch  ein  feldnachbar,  der  zugleich  oder  neben  einem  bauer  auf 
den  atker  fährt,  heiszt  fahrgenosz. 

FÄHRGERECHTiGKElT,  /".  befugnis,  leule  überzufahren. 

FAHRGLEIS,  n.  orbila,  wagengleis,  wagenleise:  staare,  die 
io  einer  reibe  aus  dem  fahrgleis  trinken,  colica  233;  der 
strausz  legt  sein  ei  ins  fabrgleis,  hernach  kommt  die  sonne 
und  brütet  es. 

FAHRHERR,  m.  Inhaber  einer  fdhre. 

FAHRIG,  rolucer,  erpeditus,  rasch,  hurtig,  hastig,  flüchtig,  bri 
Maaler  134*  ferig:  von  der  band  ferig  und  behend,  jtromjilior 
manu;  ferige,  ringe  band,  dextera agUis ;  ferige  ziing  deren  wol 
gelöst  ist,  voiubilit  oralor ;  adv.  ferig  und  gscliwind  cursim;  ein 
buch  ferig  durcblttsen,  ring  dardurch  fareii,  gcstrackt  aus.  die 
tpOlerm  habe»  u  nicht,  erst  gegen  das  ende  des  18  jh.  erscheint 
wieder,  dodt  ohne  umlaut,  fahrig:  einer  von  uns,  der  fahrige 
genannt,  hatte  ein  licbcsverttändnis  mit  der  tocbler  des  bauses. 
OiiTHE  xt,  113;  mit  meinem  lebhaften,  fahrigm  und  immer 
ref»"'"'"'    ■■  ■  ' '       '  !  1  :.  :■      .-IS  starke,  ge- 


drängte figur  war  er  in  seinen  bewegnngen  heftig,  etwas 
fahrig  in  seinen  äuszerungen  und  unstüt  in  seinem  betragen. 
25, 137 ;  der  junge  Camper  ist  auch  hier,  ein  fähiger,  unter- 
richteter mann,  lebhaft  und  fahrig,  an  Knebel 'h;  ihr  zackiges, 
fahriges  leben  ist  schon  jetzt  merkwürdig  genug  und  wer 
ihnen  nachläuft,  geräth  in  morast.  Tieck  tioi».  kr.  4,34;  du 
fahrige  scidcuflocke!  thou  idie  imraaterial  skein  of  sieave 
silk!    Troilus  and  Cressida  5,1. 

FAHRIG,  1)  insidiosus,  nach  den  bcdeutungen  von  fahr  und 
fahren  ==  jnhd.  vdr,  vdren: 

da;  uns  niht  vähe  dSs  tiuvels  list, 
da  behüete,  siiejer  gnanne,  uns  vor 
wan  er  uns  alze  vjerec  ist.    Winsbeke  79,  6; 
vfBrec  als  der  slange.    Georg  4154; 
sie  sint  vrcric  knchte.    IIelbl.  13,142; 
stricke  noch  aller  vennevache 
bin  ich  l'ri,  daj  ich  da  mit  ie  vasric 
wart  gein  eu  noch  nieman 
von  kindes  jugent  über  naht  noch  uben-i>ric. 

Albr.  tu.  3012,3. 

alid.  färic,  infestus  Gratf  3, 677 ;  der  värigo  Ifiwo,  dör  in 
weido  gät.  N.  ps.  16, 12.  nhd.  nur  übrig  in  wilirährig,  dessen 
sp.  1258  erwdhnung  geschah. 

2)  forslmdnnisch,  fähriges  holz,  fähriger  wald,  junges  hoch 
aufgeschossenes  holz,  dessen  gipfel  das  t^h  nicht  mehr  erreicht, 
falls  es  aus  värcn,  in  die  holte  streben  zu  erklären  ist.  es  könnte 
audt  von  varn,  ire  abstammen  und  auffahrend,  emporwachsend 
bedeuten. 

FÄHRKAHN,  m.  kahn  bei  der  fähre  zum  übersetzen. 

FAHRKAPPE,  f  kappe  der  bergleute,  wenn  sie  zur  grübe  fahren. 

FAHRKARPFE,  m.  der  bei  der  fischcrei  für  die  führe  gegeben 
wird,  vgl.  fischerkarpfe. 

FÄHRRNECHT,  m.  kneclü  des  fährherrn. 

FAHRKUMMT,  n.  ein  ledernes  kummt  zum  fahren,  im  gegen- 
salz zum  ackcrkummt. 

FAHRKUTTE,  /".  wie  fahrkappe,  anzug  des  bergmanns. 

FAHRLÄSSIG,  ncgligens,  iners,  gebildet  wie  lässig,  ablässig, 
unablässig,  antlässig,  hinlässig,  nachlässig,  der  träge  ist  sich 
zu  bewegen,  zu  fahren,  oder  die  dinge  fahren  Idszt,  gclin  wie 
sie  wollen?  varlessig.  Diefenbacii  377';  hüt  dich  vor  disem 
fulen,  verlegenen  dorflötschen  (2, 1282)  . . .  das  macht  dich 
so  ganz  farlessig  und  scbleferig.  Keisersberc  bilg.  142*;  es 
ist  ir  Ordnung,  das  ein  ieglicher  in  dem  klosler  alwegen 
ein  nadelen  bei  im  tragen  sol,  so  geht  elwan  in  ihr  ca- 
pitel,  wenn  sie  alle  beieinander  seind,  und  sagt  dem  abt, 
das  er  euch  sein  nadel  zeig,  so  wird  er  sie  nicht  haben, 
. . .  denn  so  habt  ihr  ein  ursach  wider,  ist  er  so  farlessig 
und  seuinig  in  einem  kleinen  ding.  seh.  und  ernst  1555,317; 
einem  bischof  hat  er  (Carl  der  gr.)  das  bislumb  strack  des 
andern  tags,  nachdem  ers  ihm  gehen,  wieder  genommen, 
die  weil  er  eine  grosze  gastung  angestellt,  sich  beweinet  und 
das  h.  anipt  darüber  verschlafen  hatte,  zu  dem  sagt  er  "bistu 
gleich  am  ersten  tag  so  fahrlässig,  wie  würdest  du  dann 
erst  sein,  wenn  du  nun  im  bistumb  würdest  erwärmet  und 
ruhig  sein?'  Zinkchef  apo;)WA.  1,  9(ll);  so  gut  sie  sonst  zu- 
vor in  ihren  diensten  gewesen,  so  vergessen  und  fahrlässig 
stund  sie  nachmals  ihrer  küchen  vor.  pol.  slockf  79;  ein 
fahrlässiger  mensch,  ein  fahrlässiges  betragen. 

FAHRLÄSSIGKEIT,/,  ncgligenlta.  Diefknhach  377*.  Keisers- 
berc s.  d.  m.  78 ;  aber  sie  lassen  es  geschehen  und  geben  inen 
ursach  darzu  von  ircr  farlessigkeit  wegen,  narrensrh.  79' ;  da 
ich  dann  !^o  viel  vernommen,  dasz  es  durch  fahrlässigkeit, 
Verachtung  und  liederlichkeit  versäumt  sei  worden.  GOrz  v.  B. 
Hc/i44;  hat,  so  es  nachher  mislingl,  nicht  dem  glück,  son- 
dern seiner  fahrlässigkeit  die  schuld  beizumessen.  RirscukT 
Palm.  200. 

FAHRLEDER,  n.  das  artehleder  der  ber^euU: 

FAHR  LEHEN,  n.  ein  khen,  auf  dem  fahrziiu^  ruhen. 

FAHRLEISE,  f  orbita,  wagenleise,  fahrgleis:  ich  liesz  um 
so  eher  aus  der  schrecklichen  fahrleise  hinabwArts  ausbiegen. 
Götme  30,40. 

FÄHRLEUTE,  pl.  von  föhrmann. 

FÄHRLICH,  periculostis,  infestus,  ancept,  ahd.  (Amiib,  mkd. 
vterllch:  ferllche;  birsen.  Laiif.r  46;  tüui.  denn  unser  sii- 
schlege  sind  fchrlicb.  weish.  Sal.  0,14;  es  ist  ein  fehrlicb 
ding  umh  einen  schweizer.  Sir.  9,25;  da  nu  mehr  fchrlich 
war  zu  schiffen,  afmtelq.  27,19;  denn  es  i«!  fchrlich,  also 
mit  gotles  Worten  spielen.  Luther  3,  77*;  io  dic»er  fobrliciien 
nacht.  3,  lo:/;    ilr- •  "  ni  der  zeit  gor  fehrlich,  erger- 


1261 


FÄHRLICH— FÄHRLICHKEIT 


FÄHRLICHKEIT  — FÄHRMEISTER       1262 


lieh  und  grosze  lesterange.  3,233';  diese  allesampt  sind  in 
febriichem  stände.  3,329';  ein  fehrlicher  und  verderbliclier 
friede.  3,430';  denn  es  fehrlicher  und  nötiger  ist  bei  dem 
becher.  3,494';  denn  es  auch  fehrlich  ist.  4,  S';  wie  fehrlich 
es  ist  im  überflusz  leben.  4,  Sl";  diese  sach  ist  vil  gröszer 
und  fehrlicher  gewesen.  5,  7' ;  wie  die  welllichen  stende  fehr- 
lich und  verdampt  seien.  6,9';  ist  doch  alle  ire  lere  gewest, 
das  alle  ander  leienstende  weltlich  und  fehrlich  heiszen  musten 
und  allein  Ire  müncherei  geistlich  und  heilig.  6,  23';  das  dem 
teufel  gewehret  werde  mit  seinen  fehrlichen  pfeilen  und  an- 
fecbtungen.  6,77';  wiewol  es  bei  fehrlichen  richtern  ein  arg- 
won  machen  wird,  das  ich  dis  buch  ürbani  Regii  wider  die 
rottengeister  zu  Münster  geschrieben  mit  meiner  vorrede 
schmücke.  6,  315* ;  sollich  nacht  ist  den  kindern  gar  färlich. 
Frask  icellb.  152'; 

dieselben  (landsknechte)  sind  gar  larlich  leut.    Uhlaüd  540; 

der  weg  war  fem  und  ein  fehrliche  reise.  Mathesius  2o'; 
alle  wachten  in  lägern,  schanzen  und  andern  föhrlichen  orten. 
KiRCBHOF  mjl  disc.  92; 

mit  mühsamer  gefahr  und  fährlichen  beschwerden, 
neugierig  auszuspäba  und  so  ibr  herr  zu  werden. 
Lkssiiig  1,175; 
denn  ein  groszes 
bollwerk  ist  er  den  Griechen  la  diesem  fährlichen  kriege. 

Bürger  ISy*; 
ob  wir  fährlichen  krieg  und  wüthende  schlachtea  von  neuem 
wollen  erregen,  oder  zu  freundschaft  beide  vereinen?    212'; 
Zeus  nur  wendet  es  anders,  denn  der  wies  fäbrliche  zeichen. 

217'; 
0  wie  leicht  ist  selbbetrug, 
0  wie  lahrlich  der  gewinn!    Rcckeri  ges.  ged.  1,452. 

.'ifi   Schreibung  sditcankl  zwischen  färlich,   fährlich,   ferlich  und 
fehrlich.     heule  übei-u-iegt  gefährlich,  iras  man  vergleiche. 
FÄHRLICH,  adv.  insidiose,  pericubse,  mhd.  veerliche,  vaerlichen  : 

der  (tiuvel)  trabtet,  wi^^ei  wa?rlich, 

wie  er  diu  kint  vaerlicb 

elliu  muge  ertceten.   jb.  der  berl.  gen.  9,178; 

ir  falscher  mut  iuch  faerlichen  erfaeret.    Liber  409; 

du  hebest  dich  envärlich  her.    Hacpt  S,  92, 

was  aus  dem  adverbialischen  envär  gebildet  ist.  nhd.  er  feilet 
fehrlicher  durch  solche  rede,  denn  so  er  vom  sölIer  fiele. 
Sir.  20, 19 ;  wagets  fehrlich  gnug  mit  seinem  predigen  und 
schelten.    Luther  3,230; 

ein  ding  ist  fehrlich  anzuheben, 

wo  die  uatur  thut  widerstreben.    Waldis  2,81  s.  129'; 

forschend  stehn  sie,  was  du  unternähmest? 

grosze  plane,  (ahrlich  blutigen  strausz?    Göihe  3,253. 

meistens  steht  gefährlich. 
FÄHRLICHERMASZEN: 

weh  mir  armen,  ich  besorg  das 

Phedria  gar  schwerlichen  hasz 

getragen  hab  fehrlicher  maszen. 

das  ich  in  nlt  hab  eingelaszen.    H.  Sachs  V,  214*. 

FÄHRLICHKEIT,  f.  periculum,  hat  sieh  in  häufigerem  gebrauch 
erhallen  als  das  ad}.,  und  während  wir  dieses  duich  gefährlich 
lu.  ersetzen  pflegen,  ziehen  wir  ßibrliehkeit  dem  geHihrlichkeil 
vor.     die  fasnacht  spricht: 

wo  jeroant  ferlichkeit  zustunt 

durch  mein  person,  so  wer  wol  recht, 

das  niemant  mein  zu  gut  tredecht 

und  aus  der  cristenheit  mich  reut, 

das  mich  fund  weder  vich  noch  leut.    fasln.  38S,28; 

sich  in  fehrlichkcilen  hegeben,  reichsabsch.  von  Ihn.  4,  b ;  mer 
so  fürgewendt  wird,  der  todschläger  wer  dem  benütigcr  wol 
fiiglichcrweis  und  on  ferlicheit  seins  leibs,  lebens,  ehren  und 
guten  leumuts  halben  entwichen.  Carolina  142  (ico  die  bam- 
bergische halsgerichtsordn.  von  1507  ort.  167  'verdligkeit'  setzt, 
was  ganz  verwerflich  iit);  die  auf  das  meer  faren,  die  sagen 
von  seiner  fehrlichkeit,  und  die  wirs  hören,  verwundern  uns. 
Sir.  43,  26;  wer  wil  uns  scheiden  von  der  liebe  gottes?  trüb- 
sal  oder  angst  oder  Verfolgung,  oder  hunger  oder  biftsze  oder 
fehrlichkeit  oder  schwort?  Äwm.  8,  35  (vulg.  an  periculum  an 
gladius?  golh.  |)au  slei|)ei,  |)au  hainis?);  ich  hab  oft  gereiset, 
ich  bin  in  fehiliclikeil  gewesen  zu  wasser  u.  s.  v.  2C^.  11, 26 
{vulg.  fui  in  itincribus  saepe,  pcriculis  fluminum  etc.,  golh. 
vas  vralödum  ufla.  birekeim  abv6,  für  xivSvvoe  steht  dort 
slei))ei,  hier  birekei).  seltsam,  dasz  Lither  in  allen  drei  stellen 
ferligkeil  schreibt,  da  er  doch  sonst  dem  adj.  fchrlicii  gibt,  die 
folgenden  stellen  schwanken  in  den  drucken:  dadurch  >iel  an- 
dere  auch   des  fleiscbes  fehrlichkeit  fliehen.    LoTHtn  3,99'; 


zu  verhüten  und  zu  venvaren  e.  f.  gn.  seelen  fehrlichkeit. 
3,171';  bei  fehrlichkeit  meiner  seelen.  3,172';  und  stehe 
darauf  fehrlichkeit  der  seelen  Seligkeit.  3,263';  wie  kan  denn 
da  gute  zeit  sein,  dar  leib  und  seele  teglich  in  fehrlichkeit 
stehen?  3,304';  hülfe  und  errettung  von  allem  Unglück  und 
von  aller  fehrlichkeit.  3,  429';  das  er  lang  in  fehrlichkeit 
were.  4, 14t;" ;  weil  die  oberkeit  solches  geboten  hette  und 
die  fehrlichkeit  dadurch  kiindte  vermidden  werden.  6,  IS'; 
da  zeigt  er  ja  klerlich  an,  das  unter  den  Christen  das  wort 
und  sacrament  und  taufe  solle  so  in  fehrlichkeit  geraten, 
das  schwerlich  jemand  dadiu-ch  müge  selig  werden.  6,85"; 
die  leien  mochten  gleuben,  sie  empfiengen  in  einer  gestalt 
nicht  so  viel  als  in  beiden,  das  were  eine  grosze  fehrlich- 
keit. 6,321';  in  fehrlichkeiten  that  er  gott  gelübd.  tische.  6'i' ; 
verachtet  den  tod  und  alle  fehrlichkeit.  215';  warlich  ich 
fürchte  etwas  fährlichkeit  unter  diesen  dingen  verborgen  sei. 
Ga/my  15S;  in  dieser  hohen  und  vollen  schrecklicher,  groszer 
fährlichkeit  sachen.  Kirchhof  mi7.  dtsc.  92;  da  man  nicht  zeit 
und  weil  hat  den  fehrlichkeiten  zu  begegnen.  Froxsperc  1, 57' ; 
dorft  sich  bsorgen  keinr  fehrlichkeit, 
im  solt  geschehen  kein  leid.    Waldis  1,43; 

förlichkeit  schreibt  Stieles  403; 

junge  gemsenböcke, 
die  ich  mit  fährlichkeit  an  einem  thale  fand. 

OvERBECKS  Virgil  33; 
um  Dindonetten,  das  beste  mädchen  der  weit, 
aus  einer  fährlichkeit  zu  winden.    Wielajtd  4,165; 

durch  eine  reih 
von  unerhörten  fahrlichkelten 
zu  wasser  und  land.    4,216; 

das  glaub  ich  nach  solchen  ausgestandenen  föhrlichkeiten  I 
30,  2S6 ; 

bei  solchen  fährllchkeiten  denkt  ihr  leicht, 
dasz  das  verdienst  sein  ziel  erst  spät  erreicht. 

Götter  1, 167; 
minnesold  lehrt  frei  verachten 
aller  fäbrlichkeiten  noth, 
flammen,  Wasserfluten,  schlachten.    BjJrger  17»; 

und  bringet  seine  alten  tage  in  viel  arbeit  und  fährlichkeit 
zu.  Clacdics  3, 121 ;  von  mancherlei  fäbrlichkeiten  mit  hei- 
terem ausgang.  Göthe  48, 162 ;  ich  bin  gestern  noch  in  viel 
fäbrlichkeiten  kommen,  muste  über  thür  und  zäune  weg- 
steigen,   an  fr.  v.  Stein  1, 102 ; 

liebste,  solche  fahrlichkelten 

hat  dein  flüchtger  freund  bestanden. 

RüccERT  ges.  ged.  1,359; 

dasz  er  unter  gottes  beistand  zwar  mit  ehren  bestehen  und 
die  dame  retten,  aber  auch  irgend  einer  Ehrlichkeit  nicht 
entgehen  würde  um  des  willen,  was  die  dame  im  sinn  zu 
thun  gehabt.  Eicbendorf  Lucanor  12;  Saxo  selber  hat  nur 
für  die  fäbrlichkeiten  ein  recht  helles  äuge,  in  welchen  die 
heldenbrüder  Absalon  und  Esbern  so  immerdar  die  ersten 
waren.    Dahlmahn  dän.  gesch.  l,  299. 

FÄHRLOHN,  m.  und  n.;  wie  fährgeld:  hat  ihm  die  taute 
ein  so  reiches  fährlohn  ausgesetzt,  wenn  er  sie  gesund  über- 
liefert ?   Tbümmel  4,  401 ; 

auch  noch  anderes  möcht  ich   euch  gern  mitbringen  zum 
lahrlohn.    Od.  15,448. 

FAHRLOS,  l)  erpers  pericuU,  gefahrlos:   ein  fahrloser  weg. 
2)  erfolglos,  vergeblich,  fxaxjjiSios. 

FAHRLOS,  adv.  l)  tute,  gefahrlos:  'faul  und  fahrlos*  hei 
Frisch  1,  239'  aus  Gobler  reichssp.  248  ohne  erklärung; 

fahrlos  mit  dir  bin  ich  gefahren 
schon  in  gefahren  tausendfachen. 

Ri:cKERT  ges.  ged.  2,  449. 

2)  vergeblich,  fiaxfJiSicos, 

nicht  ist,  freradling,  im  busen  ein  herz  mir,  welches  so  fahrlos 
brennte  vor  jähem  zorn.      Ud.  7,  ;i(i9; 

halten  sie  üppigen  schmaus  und  Irinken  des  funkelnden  weines 
ganz  fahrlos.    17,  537. 

FÄHRMANN,  m.  nauta,  ahd.  ferio,  mhd.  verge: 

frisch,  fährmann,  scbaf  den  biedcrmann  hinüber  I 

SCHILLKR  517'; 

an  dem  groszen  flusse  lag  in  seiner  hütte  der  alte  fährmann 
und  schlief.    Göthe  15, 210. 

FAHR.MAIS,  f.  ein  mensch  mit  fahrigem,  unstdt  zufahrenden 
wesen. 

FÄHRMEISTER,  m.  nauta.  vedor:  deswegen  ist  denn  aber 
auch  ein  tiichliger  fäbrmeister  höchst  nöthig.  der  unsere 
bewies  kraft  und  gewandtheit,  indem  er  bald  hier  einen  vor- 


1263 


FAHRNÄIIE  — FAHRT 


FAlIftT 


1264 


geschobenen  kies  zu  vermeiden,  sogleich  aber  dort  den  an 
steiler  felswand  herflutenden  ström  zu  schnellerer  fahrt  kühn 
zu  benutzen  wüste.    Götbk  30, 176. 

F.\HRNÄHE,  f.  eine  zu  regelmdsziger  fahrt  gebrauchle  ndhe. 
das  Oppenheimer  kreisbauanit  schreibt  unterm  7  jan.  1861  die 
lieferung  einer  fahrnähe,  im  anschlag  von  1960 /7.j  für  den  dienst 
der  dortigen  fliegenden  brücke  aus.     s.  nähe. 

FAHRNIS,  /■.  fahrende  habe:  verlegt  einen  arrest  auf  ros 
und  fahrnis.  Schweinichen  1,210;  ungeacht  der  stattlichen 
erbschaft,  so  an  fahrnis  vorhanden  war.  2, 168 ;  angefälie 
von  meiner  schwieger  frau  nmlter,  welches  doch  nicht  am 
geld,  sondern  fahrnis  gewesen.  2, 193 ;  meines  bruders  ver- 
lassenschaft  beides  an  fahrnis  und  erbe.  2,  260 ;  den  zwan- 
zigsten Pfenning  von  aller  fahrnus.  Philandeh  1,29;  eine 
liste  aller  in  jedlichem  gemach,  gewölbern,  kellern,  kästen 
verbliebenen  fahrnis.  Hohderg  1, 18 ;  in  der  fahrnus  aber  hat 
das  cinstandsrechl  nicht,  sondern  allein  in  unbeweglichen 
gutem  statt.  3,  33*.  fahrnis  ^ör  hure,  faltrende  dirnc.  Scumiu 
schw.  tcb.  181. 

FAHRORDNUNG,  f  bei  posten,  eisenbahnen. 

FÄHRF'ACHT,  m.  conductio  pontonis. 

FÄHRPÄCHTER,  m.  condudor  pontonis. 

FÄHR  PLAN,  ni.  wie  fahrplan. 

FAFIRPLATZ,  m.  der  im  Kagen  für  die  reise  bestimmte  ylalz. 

FÄHRPOST,  f.  cursus  vehicularis,  fahrende  post. 

FAHRRAUM,  m.  es  ist  hier  kein  fahrraum,  kann  hier  nicht 
gefahren  werden. 

FAHRRECHT,  n.  strandrecht,  bergegeid  für  gestrandete  schiffe. 

FAHRRIEME.  m.  womit  die  in  den  berg  einfahrenden  knappen 
ans  seil  geschnallt  werden. 

FAHRSAND,  n.  asclepias  vincetoxicum,  fr.  domtevenin,  giß- 
wende, Schwalbenwurz,  in  fahrsand  scheint  auch  ein  imperativ 
zu  liegen  und  sand  das  gestreute  giß:  fahr  dahin  sand! 

FAHRSCHACHT,  wi.  der  schachl  zum  ein  und  ausfahren. 

FÄHRSCHATZ,  m.  ahd.  feriscaz,  porlorium.    Haltaüs  443. 

F.\HRSCH1F,  n.  schif  zur  {^erfahrt. 

FÄHRSEIL,  n.  woran  der  fährmann  den  nachcn  leitet. 

FAHRSESSEL,  wi,  mit  kleinen  rädern  an  den  füszen,  um 
darauf  gefahren  zu  werden. 

F.\HRSPUR,  f  vetligium  ferae,  fährte. 

FÄHRSTANGE,/",  naulae  contus:  in  der  mille  steht  Phrontis 
der  Steuermann,  die  fährstangen  bereit  haltend.  Güthe  44,  102. 

FAHRSTEIGER,  m.  aufseher  des  grubenbaus. 

FAHRSTOSZ,  m.  der  kurze  stosz  oder  die  breite  seile  eines 
fahrschachtes. 

FAHRSTRASZE,  f  via  publica:  wenn  einer  soll  über  land 
reisen,  so  bleib  er  nur  auf  der  fahrstrasze  und  lasz  sich 
kein  abweg  kümmern,   wegkürzer  2; 

wer  heute, 
vom  Strome  fortgerissen  sich  ver^iszt, 
wird  nüclitern  werden,  sieht  er  sich  allein, 
nur  seine  unmacht  fühlen  und  geschwind 
umlenken  in  die  alte,  breitgelretne 
fahrstrasze  der  gemeinen  pllicht.    Scbillkr  341*. 

vgl.  fahrgasse,  fahrweg. 

FAHRSTUHL,  m.  wie  fahrsessel.  auch  der  schwebende  sitz 
des  dachdeckers  am  thurm  heiszt  so. 

F.\HRT  [fart],  f.  Her,  kommt  golh.  nicfU  vor,  sondern  anstatt 
seiner  sinjjs  (doch  vgl.  U8far|)6  mit  ahd.  urfart),  ahd.  fart,  gen. 
dat.  ferli,  mhd.  vart,  verte;  heute  bleibt  fahrt  im  sg.  unfleclierl 
{wie  kraft,  macht,  band  u.  s.  w.),  der  pl.  lautet  uns  fahrten ; 
alts.  fard,  gen.  ferdi,  ags.  färd,  engl,  ausgestorben,  mnl.  vaert, 
vaerde,  verde,  nnl.  vaard  oder  vaart,  gen.  vaarde;  altn.  fcrd, 
schw.  färd,  ddn.  fürd  und  fart.  die  bcdeutungen  entsprechen  denen 
von  fahren  und  wie  dieses  zu  gehen,  steht  auch  fahrt  zu  gang. 
1)  fahrt,  reise,     mhd.  komendiu  vart,  ankunß: 

der  Wirt  sprach  'birre,  wo!  mich  wart, 

da{  iwer  her  komendiu  vart 

in  min  hü»  ist  gedigeu'.     Wh.  135,22; 

ouwö  din  eines  liomendiu  vart!    03,11  cod.  m; 

wii;et  ir  war  A6  sin  vart 

wurde?  des  bewisel  mich.    iw.  68S8; 

d6  sl  d«r  vart  beguode.    7946; 

sieb  nrtCD  zuo  der  rene  die  reken  küene  unde  rieh. 

Nib.  3ib,ii 

nhd.  er  ist  auch  verordnet  von  den  gemeinen  zum  geferlen 
unser  fart.  1  Cor.  8, 10,  wo  die  beiden  lelzlen  worte  zu  enl- 
btkren  trdren,  da  sie  hinreichend  bezeichnet  lind  durclt  geferle,  gr. 
«vphtirifiOi,  vulg.  comes  peregrinationis,  tfvth.  Uii|)g!><in))a, 
'  mr  retsegefahrte  sagen  fur  gcfährte; 


de  koninc  sprak  'höret  mi,  Reinaert, 

gl  moten  mit  uii  iip  de  vart, 

ik  kan  de  stede  allene  nicht  raken'.    Beincke  24S2; 

ich  stellt  mein  sach  auf  reis  und  fahrt.    Göthb  1,  146; 
sich   auf  die  fahrt  machen,   die  reise  antreten;    das  beer  hat 
seine  fahrt  angetreten,     vgl.  bergfahrt,   himmelfahrt,  höllen- 
fahrt,  lustfahrt,  hcerfahrt,  tagfahrf. 

2)  wasserfabrt,  scefahrt: 

mhd.  nu  hol  mich  hie,  verge, 

s<5  gib  ich  dir  ze  miete  von  golde  ein  bouc  vil  rdt, 
ja  ist  mir  dirre  verte,  da;  wijjest,  wirrlichen  not. 
MI).  14'.)0,  4; 
nlid.  hier  war  eine  fahrt  {Iransilus)  über  das  wasser,  aber  ein 
einziger  kahn  zum  Iransport,    der  arme  mann  im  Tockenb.  Ibi ; 
treuer  lenkt  des  scIiilTers  nudel 
nicht  gen  norden  seine  fahrt. 

BoiK  in  Voss  musenalm.  1798  x.  lOI ; 
die   niederländische    für   die   'grosze   fahrt'  bestimmte  kauf- 
farteiflotte.    die  schiffe  für  die  'kleine  fahrt',  ihre  grösze  ist 
von    40    bis  zu  255  tonnen.     Weserzcilung  1853  n*  2974.      ryl. 
meerfahrt,  seefahrt,  kauffahrlei. 

3)  nach  fahren  9,  die  letzte  fahrt,  hinfahrt,  rme  in  die 
Unterwelt : 

uns  ist  unsers  sanges  meister  an  die  vart, 

den  man  &  von  der  Vogelweide  nande, 

diu  uns  nach  in  allen  ist  vil  unverspart. 

vo;*  SiKGKNBKRG  bei  Walther  108,6; 

ganges  meister  lebent  noch,  si  tjene)  sint  in  tddes  vart. 

US.  2,173"; 

damit  fuor  6r  die  lesten  vart 

dahin  zuo  gotes  hulden.    Sucusi^wirt  34,105; 

mein  pusz  hah  ich  so  lang  gespart, 

bisz  ich  bin  auf  der  letzten  fart.    Sciiwarzskskrg  114,1; 

ich  red  es  auf  mein  jüngste  fart.    fastn.  880,13; 
oß  wird  in  Urkunden  betlicuert:     das  es  war  sige  {sei)  bi  der 
varte,  so  er  faren  muoste.  Schreiber  Freib.  urk.  l,  193  {a.  1349) ; 
mnl.    ic  mane  hu  bi  der  selver  vaert, 

dat  ghi  mi  secht,  Reinaert, 

die  hu  siele  varen  sal, 

dat  ghi  ons  secht  de  waerheit  al.    Ileinaert  2101; 
mnd.  se  sprak,  ik  vormane  iu,  Keinart, 

up  de  lange  hennevart, 

de  iuwe  sele  nu  varen  schal.    Reineke  2060; 

dat  de  schal  sus  gestolen  wart, 

des  dcde  min  vader  ene  quade  vart, 

van  desser  werlde  to  ewigem  schaden.    2ü.'>2; 

und  dasz  man  ihn  stahl,  das  brachte  denn  leider 

meinen  eigenen  vater  in  grosze  nMhcn,  es  bracht  ihn 

frühe  zur  traurigen  fahrt,  vielleicht  zu  ewigem  schaden. 
GöTiiB  40,  70. 

4)  fahrt,  facinus:  da  sie  aber  selbiges  orls  keinen  kriif- 
ligen  beistand  wüsten,  lieszen  sich  die  bubcn,  ihre  racbgier 
auf  frischer  fahrt  auszuüben  vor  diesesinahl  vergehen.  )V/- 
scnb.  2,15;  ich  will  mich  mit  dem  bericht,  wie  es  denen  auf 
frischer  fahrt  ertappten  erzdicben  ferner  ergangen  vorilzo 
nicht  aufhalten.  2,  504.  wie  es  sonst  heiszt  auf  frischer  that. 
diese  redensarl  dient  also  den  Zusammenhang  zwisclien  fahrt  und 
that  (sp.  124S)  zu  bcsldligen. 

5)  fahrt,  Strömung,  getvalt  des  gewdssers :  jetzt  stieg  das  wasser 
mit  noch  grCtszerer  fahrt,  als  womit  es  gefallen  war.  es  lief 
sogleich  wieder  hinaus  mit  erstaunlicher  fahrt.  Weicneitung 
1S53  n'  2932.     älinlich  die  fahrt  des  feucrs,  der  flamme : 

hat  die  liebe  feuers  art, 

weil  sie  hitzt  und  brennt, 

wie,  dasz  ihrer  flammen  fahrt 

sich  thalein  (hernieder)  denn  wcndt?    Lociu  1,12. 

6)  fahrt,  ferae  vestigtum,  weil,  wie  wir  sp.  1248  sahen,  das 
wild  fährt; 

i\6  sprach  der  hArre  Sifrit  'ich  hin  dar  hunde  r&t, 
wan  einen  hrnckcn,  der  sA  penojjen  hftt, 
dag  er  die  verte  erkenne  d<'r  tiere  durch  den  tan'. 
Aifc.  875,3; 
tthr  oft  in  Labebs  jagdgtdicht,  :.  b. 

ich  wil  hin  nach  dör  ferte  jagen.    IS5; 
tl  mag  die  fart  üf  uns  her  wider  bouwen.    221 ; 
sw6r  vil  mit  WAgen  (einem  humt)  wil  die  fart  eroiuwen.    2'>»; 
und  besonders  im  pl. 

wil  ^r  nAch  allen  ferten  balde  abe  stdjon.    48; 

Ä  *r  gerecht  vcrniuwe 

die  fürt,  durch  die  er  alle  forte  midet.    &1; 

du  findest  ferte  niuwe, 
die  sich  in  ougen  sOe{en.    52; 

die  ungebahnte  bahn,  der  wilden  tbiere  fahrt.    Omi  1,1. 
die   fahrt,    noch   rerschitdentUch   bei   Huhberc   im   12  buch  dt* 

zweÜtn  lluil»,    wditrend  sunJ  nhd.  der  num.  »y,  labil.'  lurwteyl. 


1265 


FAHRT 


FAHRTAG  — FAHRWEG 


1266 


nach  der  fahrt  wird  weidmännisch  das  zeichen  der  Ihiere  erkannt: 
item,  wo  der  hirsch  nur  stallet,  so  stallet  er  allwegen  neben 
aus,  'aus  der  fahrt',  recht  als  ein  hund,  davon  das  zeichen 
heiszt  hunds,  wolfs,  aber  das  eine  fut  hat,  das  seichet  eben 
'in  die  fahrt'  und  in  den  weg.  Bechers  Jäger  cab.  42;  wenn 
man  einen  alten  hirsch  erkennen  wil,  sol  man  auf  die  grosze 
breite  fart  achtung  geben.  Feyerabexd  jagd  u.  iveidwerk  36". 
auch  die  gänge  im  bau  des  dachses,  fuclises,  maulwurfs  heiszen 
fährte  oder  fahrten,     vgl.  mhd.  tib.  3,  252*. 

7)  fahrt,  die  leitet  auf  welcher  der  bergmann  ein  und  aufsteigt. 
scalae,  farten.    Golii  onomast.  15S2  sp.  75 ; 

oftmals  stürzt  er  herab  von  halbvermoderten  fahrten. 
Zachariü  tagsz.  2,71. 
im  Erzgebirge  überhaupt  fahrt  für  leiter. 

8)  nach  allen  diesen  sinnlichen  bedeutungen  lassen  sich  auch 
bildliche  und  abgezogne  erwarten: 

das  er  muoj  läjen  wilde  vart.    Blieer  v.  St.  182; 
unz  si  mich  brähte  üf  die  vart  {dabin) 
daj  ich  ir  nach  jehnde  wart.    Itc.  29S6; 
DU  grifwir  wider  an  die  vart.    Er.  1837 ; 
nhJ.  in  deim  beruf  dein  gwissen  halt 

in  gotiesfurcht,  es  gschicht  sonst  bald, 
das  man  glaub  und  gewissen  zart 
verletzt,  und  kömpt  auf  böse  fart. 

Seläeccer  psalmen  u.  kircliengesenge.  I.pz.  15S7  s.  418; 
ist  er  aufgeblasen  und  schneller  fahrt,  so  lauft  man  von  ihm 
weg.    pers.  baumg.  7,  29 ; 

ich  weisz  die  göldne  frucht,  ich  weisz  die  reichen  fahrten, 

da  was  man  darf  mau  holt.  Logau  2,42; 

freude,  die  gezwungen  ist,  geht  in  schwerer  fahrt.    2, 78, 99 ; 

seine  band  leg  an  den  pflüg,  wer  dazu  berufen  ward, 

wer  vergebens  sitzt  und  fault,  kömpt  zuletzt  auf  breite  fahrt. 

2,201,33; 
wann  mich  gott  für  schänden  dort  und  für  schänden  hier  be- 
wahrt, 
wann  er  an  mir  seelenbrot,  wann  er  mundbrot  nur  nicht  spart, 
geht  mein  glücke,  wie  ich  wil,  in  der  allerbesten  fahrt. 

2,238,172. 

9)  auf  der  fahrt  bedeutet  auf  der  stelle,  alsobald,  ülico,  sur 
le  champ,  wie  äch  schon  nach  mhd.  Sprachgebrauch  {wb.  3,252) 
annehmen  liesze: 

wan  si  leider  üf  der  vart 

von  der  reise  siech  wart.    Iw.  6043, 

da  es  sonst  neben  von  der  reise  überflösse,     deutlicher 

üf  der  vart  kam  er  ze  hant.    Bon.  39,7; 
mnd.  do  her  Zeno  kam  up  de  erde, 

se  koren  on  up  der  verde.    Zeno  876; 

he  vel  vor  ore  vote  rechte 

un  sloch  sin  hovet  up  der  vart 

gar  legen  de  erden  hart.    Marina  274. 
nhd,    Woltrost  man  mich,  gut  bruder,  nent, 

sag  mir  doch  auch  deins  namen  art. 

ich  antwort  im  auf  diser  fart, 

Hans  Unmut  auch  mein  namen  haiszt.    Schwarzenberg  151*; 

den  Woltrost  bat  ich  auf  der  fart 

mir  nennen  dise  widerpart.     153'; 

mit  groszen  ehren  diser  fart  {dieses  mal) 

herr  Johann  Gösel  doctor  wart.    Scbhelzl  lobspruch  81; 

ob  gleich  der  Jupiter  was  langsam  urtheil  spricht 

und  nicht  stracks  auf  der  fahrt  nach  einer  jeden  Sünden 

mit  donnerkeilen  wil  die  heisze  luft  entzünden, 

so  denkt  er  doch  sehr  weit,  die  Themis  schreibt  es  an. 

Opitz  2,53. 

10)  ictr  ziehen  heute  allzumal,  zumal  vor,  wie  denn  die  aus- 
drücke sin{),  fahrt,  stunde,  zeit,  mal  {gramm.  3,  230 — 33)  sich 
in  gleichem  sinn  mit  ein,  ander,  all  verbinden,  einmal,  ein  oder 
zweimal,  allemal: 

man  musz  euch  ^in  fart  oder  zwirnt  inn  lischpach  tragee. 

fustn.  (jtiü,  3o; 

lieber  vater,  mein  gewonheit  ist  zu  dem  minsten  die  wochen 
ein  fart  ze  peichten,  wie  wol  ich  oft  mich  mer  gepeicht  han. 
Steinhöwel  dec.  22,27;  ein  geselschaft  von  fünfundzweinzig 
person  machten,  die  sich  zu  dem  minsten  des  monets  i\a 
fart  pei  einander  funden.  531.30; 

ein  guten  acker  hat  sie  dabei  ligen, 

er  ist  einer  solchen  guten  art, 

er  tungt  sich  selber  alle  fart.    fastn.  517,13; 

so  spricht  sie  wieder  an  der  fart  {nochmals).    Ekvn  8,513; 

die  (mngd  und  knecht)  musz  ich  haben  alle  fart 

zu  meiner  pfleg  und  tägling  wart.    H.  Sachs  III.  2,31*; 

da  kömpt  der  herr  zur  andern  fart, 

sich  ihnen  wieder  offenbart.    Rüigwald  evang.  ik'*; 

ein  ander  fart.    H5'; 

zu  jeder  fart.    laut,  learh.  206.229.242  und  oft. 

11)  ungewöhnlich  und  erst  späterhin  findet  sich  auch  fahrt  für 
fahmis,  fahrende  habe:  sich  mit  hab  und  fahrt,  mit  herz  und 
seele  hingeben.   Kliscer  1,421;    hab   und  fahrt  verprassen. 

III. 


3,  94 ;  vor  einiger  zeit  brannten  häuser  mit  habe,  fahrt  und 
der  eingeführten  ernte  ab.  8, 44. 

FAHRTAG,  m.  dies,  tempus  migrationis,  lag  der  abreise,  altn. 
fardagi,  schw.  fardag. 

FÄHRTE,  f.  was  fahrt  6.  als  steh  die  alle  flexion  des  gen. 
dat.  sg.  verlor  und  einförmiges  fahrt  eingetreten  war,  setzte  man 
für  die  haßenden  redensarten  zu  der  fährte,  ein  zeichen  der 
fährte  i*.  s.  w.  nun  auch  einen  nom.  acc.  fährte  an,  welcher  die 
organiscite  form  fahrt  verdrängte,  neben  dem  unveränderlichen 
sg.  fahrt  Her  festigte  sich  also  ein  gleich  unveränderliches  fährte 
vesligium,  während  dcLS  alte  vart  gen.  verte  in  beiden  bedeutungen 
galt,  die  fährte  wird  der  ort  genennet,  wo  der  hirsch  hin- 
getreten hat.    Dübel  1,17'; 

Wala  und  Kaimes,  der  in  der  färte  des  urs, 

imd  der  geboren  in  der  ulme  kühlung,  beide  führer  der  scharen  ! 
Klopstock  9, 2ü4; 
segne  die  brüder  der  jagd 
auf  der  fährte  des  wilds.    Götue  2,66; 

er  sollte  zugleich  wie  der  stier  am  pOuge  ziehen,  wie  der 
hund  sich  auf  eine  fährte  gewöhnen?  18,129;  meine  spür- 
kraft  gieng  auf  dieser  fährte.  24, 108 ;  lasz  sehn,  ob  ich  auf 
der  rechten  fährte  bin.  Fr.  Müller  2,  66 ;  überall  folgen  spuren 
unsrer  fährte.  3,  2S3 ; 

des  geistes  gicht, 
die  schwermuth,  hinket 
mit  schwerem  tritt, 
zählt  ihre  fährten 

bei  jedem  schritt.    Kl.  Schmidt  poef.  br.  11; 
zerhärmt  in  sich  sein  herz,  und  mied 
der  menschen  fährten  überall  umher.    Bcbcer  171*; 
(der  sterblichen  pfade  vermeidend.    Voss  //.  6,202); 
so  sprach  ich  oft  und  zog  allein 
des  raubthiers  fährte  zu  erkunden.    Schiller  65'; 
und  lief  nach  deinen  fährten,  edles  wild.    Uulamds  Ernst  55; 
auf  des  entflohnen  glückes  dunklen  fährten. 

Lenac  neuere  ged.  206 ; 
auf  keine  fährte  stöszl  mein  spürend  aug.    Plates  200'; 
dasz  sich  sein  blut  abkühle,  dasz  er  nicht 
auf  eines  mädchens  fährte  läuft,  anstatt 
zum  schütz  des  volks  dem  lande  vorzustehn.    233'; 

hat  der  hund  mir  angeschlagen,  es  nahe  sich  einer  auf  heim- 
licher fährte,  dem  mein  herz  entgegenschlägt?  Bettixa  Ja^ 
buch  53.  man  sagt  der  hund  findet  die  fährte,  hat  sie,  nimmt 
sie  an,  folgt  ihr,  verliert  sie. 

FÄHRTEXLACT,  weidmännisch,  wenn  ein  hund  schon  bei  der 
gefundnen  fährte  laut  wird. 

FÄHRTGERECHT,  wenn  er  die  fährten  recht  erkennt. 
FAHRTHASPE,  f  bergmännisch,  haspe  zur  befestung  der  fahrten. 
FAHRTkUNST,  f.  mechanische  Vorrichtung,  um  in  die  schachte 
auf  einem   knebel,   knecht   oder   saltel  sitzend  hinabzulassen  oder 
heraufzuziehen.    Scheüchenstüel  s.  72. 

FAHRTMESSER,  m.  Werkzeug  zum  messen  eines  wegs,  wegmesser. 
FAHRTMÜDE,  itinere  fessus,  wegemüde: 
mhd.  sine  wollen  ninder  fürhaj  varen 

mit  ir  vartmüeden  scharen.     Wh.  302,24; 
ahd.    lesan  wir  thaj  Tuori 

ther  heilant  lärtmuodi. 

FAHRTRENSE,  f.  trense  am  pferdezaum.     s.  trense. 
FAHRTSCHENKEL,  m.  die  bäume  der  bergmännisclien  leiler, 
worin  die  sjyrossen  befestigt  sind. 

FAHRTSPROSSE,  f  sprosse  der  fahrt  oder  leiler. 
FAHRVOLL,  periculosus,  gefahrroll: 

auf  fahrvollem  passe  reiche  mir  die  band. 

RiicKERT  yes.  yed.  2,  445. 

FAHRWÄGELCHEN,  n.  er  schnitzte  und  drechselte  den 
kindern,  stall  sie  zu  unterrichten,  artige  püppchen,  baute 
ihnen  fahrwägelchen.   Weisze  kinderfr.  12, 121. 

FAHRWASSER,  n.  aqua  navigabilis,  in  den  flüssen  und  strömen 
der  zur  fahrt  geeignete  strich,  durchdämmung  der  prielen  oder 
spranten,  wie  wir  die  bei  der  ebbe  nicht  austrocknenden 
kleinen  arme  der  fahrwässer  nennen.  Niebühr  ki.  sehr.  1,69; 
einem  breites  fahrwässer  gestatten,  ihm  freie  hand,  weilen 
Spielraum  lassen;  jetzt  kommt  er  in  sein  fahrwässer,  ist  in 
seinem  fahrwässer. 

FAHRWEG,  m.  via  publica,  fahrstrasze: 

unser  drei  an  eim  farweg  lagen, 

da  kam  einer  mit  einem  wagen, 

das  pain  zoch  ich  iiit  an  mich  schir, 

darumb  für  er  darüber  mir.    fastn.  565,11. 
bildlich,  was  du  mir  künftig  magst 

zu  hinterbringen  haben,  sprich  es  nie 

mit  sllhen  au-<,  venrau  es  nie  den  iippen, 

den  allgemeinen  führweg  der  gedaoken 

betrete  deine  zeituug  nicht!    Scuilusr  2öS'. 

80 


1267 


FAHRWIND  — FALB 


FALB— FALBEL 


1268 


FAHRWIND,  m.  venius  secundus,  ovqos,  bei  den  Griechen 
meistens  von  Zeus,  bei  unsern  vor  fahren  von  Wuolan  erregt, 
daher  Wunschwind  {mylhol.  136),  altn.  Oskabyrr, 

fern  so  weit,  als  etwa  den  tag  ein  geräumiges  mecrschif 
segelte,  wann  mit  geräusch  i'abrwind  anwehte  von  hinten. 

Od.  4, 357 ; 
all  ich  Tollbracht,  da  kehrt  ich  zurück,  und  es  sandten  mir 

fahrwind 
himmlische,  welche  mich  bald  zum  Taterlande  gefübret. 

4,5S5; 
uns  nun  liesz  in  die  segel  des  scbwarzgeschnSbelten  schilTes 
fahrwind,  schwellendes  Hauchs,  nachwehen  als  guten  begieiter 
Kirke  die  schöngelockte,  die  hehre  melodische  göttin.    11,7. 

Ki^y-Tj  mahnend  an  Herkja,  Herche,  Helche  {myth.  232).  bildlich  : 
lob  ist  zwar  freilich  ein  herlicher  fahrwind  in  die  segel  jedes 
biedermanns,  aber  wie  oft  treibts  nicht  auch  auf  klippen.  Bürger. 
FäHRWOL,  n.  vale,  lebewol,  den  imperativ  {sp.  1253)  substan- 
tivisch genommen,  engl,  the  farcwell: 

manches  fahrwol  noch  nachgerufen,  noch  manches  gedenkmein 
nachgewinkt  aus  der  fern  mit  weiszen,  flatternden  tüchern. 
KOSEGARTKN  ekl.  6,  (>3. 

FAHRZEIT,  /.  1)  die  bestimmte  zeit  zur  abfahrt  der  süge  auf 
posten  und  bei  eisenbahnen:  die  fahrzeit  ist  um  12  uhr. 

2)  die  dauer  der  fahrt:  die  fahrzeit  verlängert  sich  durch 
den  umweg  eine  ganze  stunde. 

FAHRZEUG,  n.  vehiculum,  navigium,  zu  lande  oder  zu  wasser, 
nnl.  vaartuig:  mit  allem  fahrzeuge.    Lohenst.  Arm.  1,225; 

Tergebens  stumpft  er  sich 
die  äugen  ab,  im  schosz  der  grenzenlosen  höhen 
mit  angestrengtem  blick  ein  fabrzeug  zu  erspähen. 

WiKLAND  Oberon  7,93; 
wehe  dem  fahrzeug,  das,  jetzt  unterwegs 
in  dieser  furchtbarn  wiege  wird  gewiegt!    Schilikr  539'; 
wenn  die  finstern  stürme  walten 
und  das  morsche  fabrzeug  bricht.    Tiedgk  clegieen  1, 103. 

FAHRZINS,  m.  census  progressivus,  ein  zins,  welcher  steigt, 
venn  er  nirhl  rechtzeitig  erlegt  wurde. 

F.UIRZOLL,  m.  bei  einer  fähre  zu  entrichten. 
FAHSTRICK,   m.   laqueus,   tendicula.    Serra.nos  synon.  «4*. 
s.  fangsirick,  fallstrick. 

FAHCNG,  f.  caplura,  comprehensio.  Stieler  395:  wer  hatte 
mir  gesagt,  dasz  ein  gott  im  himmel  wäre,  wann  keine  krieger 
meines  knans  haus  zernichtet  und  mich  durch  solche  fahung 
unter  die  leut  gezwungen  hätten?    Simpl.  K.  45. 
FAHUNGSSTRICK,  m.  wie  fahstrick: 
im  fahungsstrick, 
0  ungelück! 
da  lag  sie  ganz  umschlossen.    Reinke  fuchs.  1650  ;.  95. 

FAIM,  spuma,  s.  feim. 

FAISCH,  cruor,  s.  feisch. 

F.\L,  error,  menda,  s.  fehl. 

FALADIRIDON,  in  einem  ß.  hl.  um  1620,  mhd.  faladariturei ! 
MS.  1,45*.     sonst  falladerallala!  u.s.w. 

FALAND,  m.  malus  genius,  diabolus,  mhd.  välanl,  sonst  auch 
foland,  Toland  oder  blosz  fahl,  phol.     vgl.  mylhol.  943.  944. 

FALB,  luridus,  gilvus,  subflavus,  ahd.  falo  falawes,  mhd.  val 
Talwes,  ags.  fealo  fealevcs,  altn.  fölr,  lit.  palvas,  einerlei  mit 
faiil.  nach  mhd.  val  bildete  sich,  mit  eingcfchalletcm  dehnzeichen, 
fahl,  nach  mhd.  valwer,  ohne  dehnung,  falber  und  auslautend 
falb,  wie  aus  gel  gelb,  aus  var  färb,  aus  swalwe  schwalbe, 
während  aus  kai  kalwes  ntir  kahl,  kein  kalb  wurde,  in  der 
bedeulung  eigeullirh  kein  unterschied  beider  formen,  doch  hat  man 
sich  an  die  eine  oder  die  andern  in  gewissen  anurndungen  gewöhnt. 
falb  klingt  etwas  vornehmer,  hiiher. 

1)  falb  ton  haar  und  gepcder:  sihet  aber  der  priesler,  das 
das  har  nicht  falb  ist.  ^  Mos.  13,31;  und  falb  bar  daselbst 
aufgangen  ist.  13, 37 ;  durch  falb  haar  wird  das  falb  herz 
erkannt.  Paracelsus  2,  390';  mhd.  valevahs,  blondyelocIU; 

wollt  sie  wAr  meine  braut  I 

Ja  wol,  die  blonde,  die  falbe! 

lie  flttigt  (0  zierlich  wie  die  schwalbe.    GöniE  3,155; 

heute  heiszt  es  meistens  blond ; 

wie  wenn  Pandareo«  tochlcr,  die  nachtigall,  falbe«  gefleders, 

holden  geiaag  anhebt  in  des  frühlings  junger  erneuung. 

Od.  19,518, 
xiMprjle  aT}B(ov.     zumal  gern  von  fferden,  vgl.  apfcigrau,  ags. 
appelfealo.     den  redcnsarlcn  vom  fahlen   liengsl  (sp.  12401  sind 
folgende  ganz  gleich:    einem  den  falben  hengst  strichen  oder 
feddcr  lesen.    KEisKRüiiERr.  jiost.  3,43; 

den  filwen  h^n?<t  irlntt  kennen  utrclchlen.    trag.  Joh.  K4; 

den  falben  )>•  l  haut  HH); 

mit  ilrn  wori'  i 

Jtuwl_^r  wol  il...  .Uno.    Teuerdank  W.Wj 


das  sOsz  umbs  maul  streichen,  den  falben  hcngsl  streichen. 
FuANK  sprichir.  1,20*;  muli  citius  loquentur.  du  heltests  so- 
bald nit  auf  einem  falben  hengst  erritlen.  2,53"; 

auf  meim  falben  röslcin  erreit.    H.  Sacus  iV.  3,61'; 
den  falben  hengst  reiten,  adulationem  inducere.  Jac.  Meier  adagia 
57;  den  falben  hengst  streichen,  os  sublinere.   Frisch  1,241'; 

musz  loben  das  er  schelten  sol, 

denn  ohrenkrauwen  thut  gar  wol, 

den  falben  hengst  nach  willen  streicheln. 

KiRcuHOF  wendunm.  43'. 

2)  vom  bleichenden  grün,  von  der  herbstlichen  färbe: 
der  erden  schöner  schmuck 

grün,  gelb,  falb  oder  weisz.    Wkckhehlin  270; 

die  äste  stunden  kahl,  das  falbe  gras  erstarb. 

Grtpuii's  2,54; 

ein  fuchs,  der  auf  die  beute  gieng, 

traf  einen  weinstock  an,  der  voll  von  falben  irauben 

um  einen  hohen  ulmbaum  hieng. 

sie  schienen  gut  genug,  die  kunst  war,  abzuklauben. 
Hallers  (jrd.  210, 
es  scheinen  reifende,  sich  bräunende  gemeint,   oder  uvae  helvolae, 
quae  colorem  habeiit  medium  inier  purpureum  et  nigrum? 

soll  ich  mich  des  grünen  freuen, 

dem  ich  schatten  erst  verdankt? 

bald  wird  stürm  auch  das  zerstreuen, 

wenn  es  falb  im  herbst  geschwankt.    Göthb  1, 132  x=  3,  S7; 

was  der  sommer  reift  und  rötbct 

sinkt  vom  falben  herbst  getödtet. 

BoiB  im  musenalm.  t7S9  s.  102; 
und  wenn  es  ihm  auch  nur  war,  was  ein  falbes  blatt  ist,  das 
der  wind  vor  seinen  füszcn  hinwirbelt.  Bettina  tagebuch  204. 

3)  t'on  der  haut,  die  ihre  rölhe  verliert,  von  der  grauen  erde 
sieht  lieber  fahl : 

er  noch  beide  lefzen  rühret, 

beide  lefzen,  bleich  und  fahl. 

ach  üir  seine  lefzen  beiden, 

beide  purpurschwcsterlein, 

auch  der  falbe  tod  bestreichet, 

färbet  euch  mit  bleicher  noth.  Spu  (ru<2n.  233; 
als  sie  in  eine  t'ödtliche  krankheit  gefallen,  hat  sie  stets 
gesagt,  es  würde  zum  tode  keine  noth  haben,  bis  sie  end- 
lich gemerket,  dasz  dieser  falbe  postreuter  vorhanden  wäre. 
ScRivER  goldpredigten  30;  jene  verdorrten,  falben  menschen. 
J.  P.  Hesp.  vorr.  xx ; 

ein  falber  staub.    Zachariä  1,  120. 

4)  von  dem  malten  licht :  wie  angenehm  der  falbe  mond- 
glanz  zwischen  den  bäumen  dort  unten.  Fr.  M15ller  3.164, 
soweit  wir  bei  falbem  licht  umhersahen.    Göthk  30,96; 

der  felsen  hörncr  bleicht  ein  falbes  licht, 
wie  vollmondglanz  in  dunkle  klosterhallen 
durch  trübe  Scheiben  bricht.    Mattuissok  199. 
6)   den  wahren  glänz  erkauft  kein  falber  schätz  (gold). 

Dusch  verm.  wrrkc  412; 
der  lange  Türke   trinkt  im  falben  burgundcr  die  gesundheit 
des  allerchristiichstcn  königs.    ThCmmel  ]Vilhelmine  1764.  87. 

FALBBÄRTIG:  die  Sachsenkeiles  falbbärtig,  weil  sie  hier 
saufen.    Garg.  212*. 

FALBE,  m.  equus  gilvus,  it.  cavallo  falbe,  zuweilen  auch 
f.  equa,  vacca, 

ein  falbe  schleifet  {im  schlitlen)  den  vierten, 
ein  püppcben  siegwartschen  gcsichts. 

KRETsciiaA?!:«  launcn  1,70. 
FALBEL,  f.  limbus,  lacinia  vesli  assula,  sp.  falbalä  f.,  far- 
balä,  farfalä  (Diez  137),  fr.  falbala  m.,  deutscher  falle  oder 
mM.  g^re,  engl,  furbelow.  in  Ll'tiiers  tischr.  60*  heiszt  es  ton 
den  adlichen:  sie  scharren  und  kratzen,  wuchern  und  sind 
in  dem  umbschlage  und  haben  dns  falbel,  denn  sie  wölleu 
irc  kinder  zu  fürslen  und  herren  machen;  kann  der  sinn 
sein,  sie  tragen  Umschlag  und  falbel? 

mit  welchem  ernst  er  den  anfnng  der  zierlichsten  wade  be- 
trachtet, 
den  ihm,  verschönert  vom  dämmernden  licht, 
ein  Amor,  luiter  den  fälbeln  von  ihrem  rocke  verstecket, 
80  wie  sie  zurück  gelehtit  sitzt,  mit  schlauem  lächeln  entdecket. 

WlKLAND  4, 12. 

GiiTHE  57,100  nach  der  französischen  form:  wir  halten  keine 
falbalas  zu  zerreiszen,  keine  blonden  zu  verschmutzen. 

FALBEL,  m.  gutmütig  von  einem  men-^chen,  etwa  wie  zipfel : 
der  blinde  war  ein  schlechter  falbel.  Witzenbürger  3, 13 ;  ach 
du  schlechter  falbel!  3,54;  o  du  armer  falbel!  Meianokr 
2  n*355;  diese  beede  hielten  den  guten  falbel  mit  ihrem  ge- 
spräch  über  die  vier  ganzer  stunden  auf.  Arftim  /iHrrfi.«/iir.,W  70. 

FALBEL,  n.  rpilcpsia:  'das  falbel  gehe  dich  an  I '  nUn  reden 
die  Sach'ien  und  Dilriiiger,  sonst  soll  es  heiszen  'das  fallend 
übel',  morbus  couiilialis.  Achicola  «;>r.  475,  die  fallende  sucht, 
das  faltende  lad  (mylh.  Ilto),  gekürzt  aus  fallilbel?  Al»kri!S  lex. 
beim  Wort  trieb:  elimo,  extenaino,  ich  Ireib  für  laufend  faibcL 


1269 


FALBELN— FALK 


FALK  —  FALKENGESCHÜHE 


1270 


das  wird  der  ritt  und  falbel  walten.  Haiskcciüs  Hansoframea  1, 4 ; 

komm  dichs  falbel  an!    2,2; 

und  hab  dirs  falbel  auf  den  köpf!    Gilhüsics  148; 

steig  herab  ins  falbeis  namenl    eselkönüj  317. 

FALBELN,  FÄLBELN,  jAicare,  in  falten  ziehen:  der  wirth 
ringelte  und  fälbelte  sein  gesiclit.  J.  P.  lit.  nachlasz  4,172; 
gefälbeltes  kleid. 

FALBEN.  1)  flarescere,  ahd.  falawen,  mhd.  valwen,  ags.  feal- 
Tian :  ahd.  daj  loub  falewet ; 

mhd.  nu  siht  man  aber  die  beide  val, 

nu  siht  man  valwen  grüenen  walt.    Neifkn  29,37; 

05  valwent  liehtiu  bluomen  üf  der  beide.    MS.  1,4'; 

waj  darumbe,  valwent  grüene  beide?    MSF.  169,11; 

und  valwet  oben  der  walt.    HS.  1,  41*; 

8w6r  hiure  schallet  und  ist  hin  ze  järe  bopse  als  6, 

des  lop  gruonet  unde  valwet  so  der  klß.    Walth.  35,14; 

iezuDt  falnel  der  walt 

und  ist  rehte  in  der  zit, 

dd  da?  holz  wider  git 

sin  loup  dem  winter  durch  getwanc.    Geo.  202t ; 
nhd.    schau,  wie  diese  gräslein  falben.    Birkkn  OL.  303; 

die  blatter  falben  schon.    Herder  3, 131. 

2)  Ir.  falben,  falb  machen,  vgL  entfalben  sp.  513. 

3)  refl.  sich  falben, 

tief  falbte  die  rosichte  haut  sich.    Bcrger  225', 

/isXnirero  Si  XQÖa  xnXöv.     IL  5,  354. 
FALBEN,   flavum  reddere:     der  anhaltende  regen  fälble 
das  laub; 

nihtl.  diu  höhvart  velwet  ören  iwi.    WinsbeÄi«  4,7. 

FALBENBOCK,  m.  equiselum,  iTiTtovQts,  sonst  auch  schaft- 
heu, pferdeschwanz,  fr.  qiieue  de  cheval,  it.  coda  cavallina, 
also  herzuleiten  von  falbe  equus  gilvus  und  rock  colus,  weU  pferde- 
schwanz  einem  siAnnrocken  ähnelt,  daher  auch  nd.  duwenwocke, 
duwok  (Schambach  53')  und  nortveg.  kjeringerok  (.\asen  215'). 

F.\LBEU,  Salix,    s.  felber. 

FALBIG,  ftarens: 

nur  entblätterte  bäume  sind  häsziich, 

häs7lich  das  ros,  dem  mahne  den  falbigen  nacken  nicht  einhüllt, 

colla  flavetiiia    Ov.  met.  13, 848.    Voss  »*  54, 91. 

FÄLBINGER,  j.  felbinger. 

FÄLBEIN,  n.  name  für  pferd  und  rind.  fastn.  248,5.  Kelleb 
erz.   205.  36. 

FALDRI.AN  statt  baldrian,  wie  felche  für  belebe  u.  o.  m. 
schreibt  z.  b.  Hohberg  1,  242'  in  faldriangeist,   faldrianwasser. 

FALGEN.  s.  feigen. 

FALK,  FALKE,  m.  ahd.  falcho,  mhd.  valke,  nnl  valk,  alln. 
faiki,  schw.  dän.  falk,  engl,  falcon,  it.  falcone,  fr.  faucon,  sp. 
halcon,  alle  nach  dem  lat.  falco.  unser  eigentlicher  jagdvogel 
icar  der  habich,  habicht,  welchem  ir.  seabhac,  welsches  hebog 
entsprechen  und  sowol  falk  als  habicht  bedeuten;  doch  giU  auch 
welsches  gwalch,  ags.  vealbhafoc,  das  zu  altn.  valr,  falco  stim- 
mend, ein  Zeugnis  für  die  berührung  der  laute  gw,  f  und  y  ist. 
schon  frühe  begegnet  der  mannsname  Falacho  (Förstemann  1, 397), 
der  sich  vielleicht  anders  deuten  liesze  {GDS.  631),  doch  aus  dem 
ags.  namen  Veslerfalcna,  söhn  des  Sjefugel  (schwan)  bestärkt  wird, 
mit  falco  scheint  das  sl.  sokor',  lit.  sakalah,  nach  leichler  Um- 
stellung und  vertausdiung  des  f  mit  s  verwandt,  ob  auch  skr. 
?akunas,  gakiini,  welchem  auch  lat.  ciconia  vergleichbar?  den 
falken  bezeichnet  schon  patri  d.  i.  vogel  überhaupt,  die  alte  etymo- 
logie  falco  ron  falx,  sichel,  wegen  der  krummen  krallen  (DiEZ 
137),  Idszt  sich  immer  noch  hören. 

1)  der  falke  streicht  und  schlägt,  hurtet  und  stöszt,  läszt 
seine  scharfen,  glänzenden  äugen  schweifen,  sitzt  auf  der 
Stange,  fällt  in  ein  ander  land,  wird  gezogen  {gezähmt,  zur 
jagd  abgericIUet) ,  geStzt,  gelockt,  in  seine  flügel  wird  gold, 
um  seine  fü?ze  ein  rieme  gewunden : 

mhd.  Artus  valke  al  mite  streich, 
da  wol  tusent  gense  lägen, 
da  wart  ein  michel  gägen. 
mit  hurte  vloug  er  under  sie, 
der  valke,  und  sluog  ir  eine  hie, 
daj  sim  harte  küme  enbrast.    Pan.  282,12; 
tt  troumde  Kriemhilde  in  tugenden  der  si  pQac 
wie  si  einen  valken  wilden  züge  manegen  tac.    Nib.  13,2; 
loh  zöch  mir  einen  valken  möre  danne  ein  iär. 
dö  ich  in  gezamete  als  ich  in  wolte  hän 
und  ich  im  sin  gevidere  mit  golde  wol  bewant, 
er  buop  sich  üf  vil  höhe  und  llouc  in  anderiu  lant. 
Sit  sach  ich  den  valken  schöne  fliegen, 
ir  fuorte  an  sincm  fuo^e  sidine  riemen, 
und  was  im  sin  gevidere  alröt  guldin. 
Kot  sende  si  zesamene  die  gerne  geliebe  wellen  sin. 
•  USF.  9.9; 


6j  stuont  ein  frouwe  alleine 
und  warte  über  beide 
unde  warte  ir  liebe, 
so  gesach  sie  valken  fliegen, 
'so  wol  dir,  valke,  da;  du  bist, 
du  Dingest  swar  dir  liep  ist'.    37, 7 ; 
da  wseren  valken  veile 
und  ander  sch'Ene  vederspil.    Trist.  66,6; 
si  liej  ir  ougen  umbe  gän 
als  der  valke  üf  dem  aste.    277,3; 
ja  brinnent  ime  diu  ougen  sin 
rehte  in  sime  houbet 
also  eime  wilden  falkelin.    Morolt  2166; 
n/irf.  so  lasz  dein  äugen  umbher  gehn, 

gleichwie  man  thut  vom  falken  sehn,    grobianus  233'; 
der  fürst  ist  hinder  dir  und  jagt  so  hurtig  nach, 
als  der  geschwinde  falk  den  tauben  an  der  bach. 
Grtphius  1, 55; 

die  äugen,  die  vormals  als  die  falken  hier  und  dorthin  ge- 
flogen, werden  dunkel  und  verglasen  sich.  Ett^ers  hebamme 
802;  ich  merkts  aber  gleich  und  habe  wie  dn  falke  achtung 
gegeben,  dasz  er  mir  dem  mädchen  nicht  gar  zu  nahe  kömmt. 
Weisze  kom.  opern  3, 1S2;  da  ich  gewohnt  war  wie  ein  falke 
das  gesinde  zu  beobachten.  Göthe  40,  49,  es  heiszl  sonst  auf- 
passen wie  eine  dohle; 

die  Waldungen  leben, 
und  adler  und  falken  und  hahichte  schweben 
und  wiegen  die  flügel  im  blendenden  strahl.    Schilleb  9*. 

man  sagte  'den  falken  streichen'  für  schmeicheln: 

imd  must  den  falken  künnen  streichen. 

H.  Sachs  I,  257».  542«.  (ed.  155S)  =  189*.  405'  (1589) ; 
er  kont  den  falken  gar  wol  streichen.    lY.  3, 7'.  73' (1578) 

und  vfler,  kän  Schreibfehler  ßr  das  gleich  berechtigte  'den  falben 
streichen',  irie  sonst  auch  'den  fuchsschwanz  streichen',  s.  falke  4. 

2)  auffallend  ein  Sprichwort: 

hoc  vulgus  fatur,  quod  corpus  falco  vocatur.  der  leib  heiszet  falk. 
Gartneri  prorer6ia/ia  dicteria  (zuerst  157S)  s.  25*.  119* 

und  daraus  Henisch  979, 39 ;  nnl.  \  lijf  heet  valk.  Grüter 
prm>.  belg.  1,113  und  danach:  het  lijf  heet  valk.  Harrebomee 
2,30'  mit  der  erklärung:  dat  wil  zeggen,  het  leven  is  voor 
den  mensch  van  de  grootste  waarde.  lijf  geldt  hier  voor 
leven.  de  valk  is  een  edele  vogel.  ungefähr  mie:  der  leib 
ist  das  hauptgut. 

3)  ein  grobes  geschütz  hiesz  ehmals  falk,  falkaune,  falkanet, 
vgl.  falkonet.  das  vierd  und  letzt  geschlecht  des  feldgeschütz 
ist  ein  falka  und  auf  unser  sprach  falkanet  genant ,  die 
scheuszet  gewönlich  2  pfund  blei.    Fronsperg  1,  72*. 

4)  falke  wird,  wie  sonst  falbe,  pferden  und  ochsen  zu  namen 
gegeben.    Frommasn  6,  232.     bekannt  ist  Falke  Dietrichs  ros. 

FALKAüNE,  f.  gebildet  wie  kartaune,  posaune.  Fronsperg 
1,  72'  schreibt  falchana:  das  dritt  geschlecht  des  feldgeschützes 
ist  ein  falchana,  so  man  ein  halbe  schlangen  nennt  und 
scheuszt  ungefehrlich  4  oder  5  pfund  eisen,  der  name  ist 
offenbar  vom  falken  entnommen,  der  gleich  der  kugel  durch  die 
luft  fliegt,  vgl.  schlänge,  nachtigall  «.  a.  m. 

FÄLKCHEN,  n.  kleiner,  junger  falk,  fedco  palumbarius,  nnl. 
valkje. 

FALKENACGE,  n.  scharfes  äuge,  wie  adlerauge :  er  sieht  mit 
falkenaugen.    Moser  4,  84 ; 

und  dennoch,  zweiflerin,  bewacht 

dein  falkenauge  mich  getreuen? 

kaust,  wenn  ein  mädchen  mit  mir  lacht, 

mir  kaum,  dem  mädchen  nie  verzeihen?    Gökikge  1,87; 

er  umgab  die  kirche  mit  allerlei  falkenaugen.  J.  P.  uns.  löge 
1, 104.    in  den  serbischen  liedern  ofl  oko  sokolovo  schmeichelname. 
FALKENÄUGLEIN,  n.  falkenäuglein  schieszen  lassen,  gro- 
biantis  109*. 

FALKENBEIZE,  f.  jagd  mü  falken. 
FALKENBLICK,  m.  wie  falkenauge: 
aufs  neue  wird  der  ganze  felsenrücken, 
wird  jeJor  'vinkel,  jeder  Strauch, 
der  ihn  vielleicht  versteckt,  durchsucht  mit  falkenbUcken. 

Ofteron  9, 51 ; 
wer  sieht  so  scharf,  so  tief, 
wer  anders  als  der  falkenblick  der  liebe?    Schillkr  . . .; 

der  falkenblick  dieses  spürers  verfehlte  auch  hier  seinen 
mann  nicht.  7ll'. 

FALKENEÜLE,  f.  strix  acäpUrina.  ein  bekannter  sprucli: 
wer  keinen  falken  hat,  musz  mit  culen  beizen. 

FALKENFLCGEL,  m.  schnellen  flug  bezeichnend:  die  falken- 
flügel  fröhlicher  stunden,    i.?.  uns.  löge  3,106. 

FALKENGESCHÜHE,  n.  das  geriem  für  die  ffuze  zahmer  falken. 

80* 


1271 


FALKENHAUBE  — FALL 


FALL 


1272 


FALKENHAUBE,  f.  velamen  ocuüs  falconuni  objeäum:  dasz 
wir  von  seinen  äugen  die  falker  haube  abthaten.  J.  P.  teu- 
felsp.  1,52. 

FALKENHELL,  clarissime: 

mein  äuge  srhoute  falkenhell 

durch  meileulange  räume.    Bdrgrr  6'. 

FALKENHOF,  m.  gebdude  zur  abrichtung  der  fdken. 
FALKEMER,  m.  (alconariuSj  fr.  fauconnier,  s.  falkner. 
FALKENJAGD,  /. 

als  wären  wir  an  einem  schönen  tag 

hinaus  geritten  auf  die  Talltenjagd.    Uulands  Ernst  54. 

FALKENJL'NGE,  m.  lehrjunge  des  falkners. 
FALKE.NKAPPE,  /".  was  falkenbaube. 
FALKE.NMEISTER,  m.   der  dem  falkenhof  vorsteht. 
FALKENPILLE,  f   kügelclien   aus   ftaclisuerk,   die  mit  fleisch 
umliülH  den  fdken  eingegeben  werden. 

FALKENBECHT,  n.  das  die  falken  betreffende  recht. 

FALKENKIEME,  m.  lorum  pedes  falconum  alligans. 

FALKENSCIIELLE,   f   schelle  an  den  füszen  des  Jagdfalken. 

FALKENSCHLAG,  m.  herabfliegen  des  falken  aus  der  luß. 

FALKE.NSCHUH.  m.  einer  der  falkenriemen.  s.  falkengeschühe. 

FALKENSTANGE,  f. 

FALKENSTOSZ,  m.    l)  niederfahren  des  falken  auf  seine  heuie. 

2)  neii  zum  falken  fang. 

FALKENWÄRTER,  f».  custos  falconum. 

FALKENWEG,  m.  volalus,  ascensus  falconum. 

FÄLKLEIN,  fi.  fdlkchen. 

FALKNER,  m.  falconarius,  oft  auch  zum  eigennamen  geworden : 

mhd.  japer  unde  valkener, 

des  iiüneges  amptman,  dirre  und  der, 

die  huoben  üf  die  sträje  sich.    Heinrichs  Trist.  4361 ; 

wir  baben  Hansen  Sirattner  unserm  valkner,  aus  gnaden 
und  sein  verdienens  willen  einen  wappenbrief  frei  zu  schen- 
ken und  zu  geben  zugesagt.  Chmel  urk.  Maximilians  p.  94 
(o.  149G); 

wolt  ir  mit  auf  das  jäid  hinaus, 

oder  ein  weil  zum  ringlein  rennen,  • 

oder  sehen  schöns  feurwerk  brennen 
und  wie  die  falkuer  mit  falken  beiszen?    Atrrr  179"; 
Tür  ein  falkner  gab  er  sich  aus.    355". 
FALKNEREI,  f    l)  die  kunst  falken  abzuriMen. 
2)  tra.<  falkenhof. 

FALKNEHKLNST,  f.  wie  falknerei  1. 
F.\LKO.\ET,  n.  kleine  falkaune. 

FALL,  m.  pl.  fälle,  casus,  lapsus,  ruina,  von  fallen,  cadere, 
labi,  ruere.  nicht  golhisch,  wo  drus  und  driusö  von  driusan ; 
ahd.  fal,  falles,  früher  wol  fallu,  nach  dem  dat.  fona  falliu 
ZH  schlieszen,  mhd.  val,  valles;  dls.  fal,  falles,  nnl.  val,  vals; 
ags.  feal,  fealles,  engl,  fall;  alln.  schw.  fall  n.,  ddn.  fald. 
1)  sinnlich, 

a)  ruina,  slurz,  ein  fall:  da  nu  ein  plalzregen  fiel  und  kam 
ein  gewesser  und  vvebeten  die  winde  und  slieszen  an  das 
haus,  da  fiel  es  und  thal  einen  groszen  fall  {did.  inti  ij  fiel 
inti  was  sin  fal  niichil,  ags.  and  |)ät  hfts  feoll,  and  bis  hryre 
Täs  micel,  goth.  jab  gadraus,  jah  vas  drus  is  mikils).  Matlh. 
7,  27.  man  sagt,  das  haus  droht  den  fall,  steht  auf  den  {oder 
dem)  fall; 

die  weit  fault  in  sich  selbst  und  ihre  sitten  stinken, 
ihr  baus  steht  auf  dem  lall  und  hebt  schon  an  zu  sinken. 
LoGAU  1,2U9,6U. 
ändert  angewandt: 

des  leibes  guter  hier  und  was  das  glücke  schenket, 
die  können  eigentlich  und  recht  nicht  guter  sein, 
sie  stehen  niu  den  fiill,  ihr  wesen  geht  bald  ein, 
die  tugend  bleibet  stets,  ihr  gut  wird  nie  versenket. 
Opitz  1,  345. 

der  fall  des  baumcs,  die  flehte,  in  ihrem  fall,  erschlug  einen 
menscbcn.  fall  der  wand,  mauer,  einsturz,  vgl.  erdfall  1; 
fall  <ler  bürg,  feste,  tn  eigentlichem  sinn,  wenn  ihre  wdle  und 
mauern  gebrochen  sind,  stürzen;  fall  der  decke,  des  daches, 
giebeis,  thurras;  fall  dc^  deckenden  himmels:  wir  hätten 
uns  eher  den  fall  des  himmels  vermutet;  hätten  sich  viel- 
mehr des  himmels  fall,  als  dies  verseilen.  ScHWEi.'HicnEM  2, 107. 

b)  fall  des  wasser»,  bachcs,  fliisses,  calarracta,  dejeclus: 
indem  nun  ein  sanftes  licht  von  dem  klostcr  zu  den  linden 
und  weiter  hin  sich  zieht  . . .  lodann  iiIht  den  {s.  /.)  sanften 
flusz  und  die  rauschenden  fülle,  über  bcrden  und  fischcr 
ziirUck  gleitet.  GAthk  30,207;  der  staub  de«  falles,  das  ur- 
ääubende  vasser.  rgl.  Kheinfnit,  Niagarafall,  wagserfall.  fall 
de«  regen»,  hageis,  scbnccs,  der  tropfen. 


c)  fall,  slurz  vom  pferdc,  bäum,  tisch,  stui,  von  der  leiter, 
aus  dem  fcnsler,  auf  dem  glatten  eise,  dem  schlüpfrigen 
boden,  auf  der  treppe,  aufdiefüsze,  auf  den  köpf,  ins  wasser, 
der  fall  in  das  bett  (1, 1723).  die  frau  hat  einen  schweren, 
harten  fall  gethan.  den  fall  brechen,  hemmen,  aufhalten, 
einen  im  fall  erwischen,  auffangen. 

d)  der  fall,  die  fallung,  niederlegung  des  stehenden,  casus. 
der  fall  des  laubes,  obstes,  der  windfall,  was  der  wind  gefdlt 
hat.  der  fall  des  feindes,  des  mannes,  mannfall,  durcli  speer 
und  kugel; 

ik  fürht  ich  dinen  val.    Nib.  867,  1 ; 

vom  zahmen  thier  val,  tötval  und  jus  caduci  (RA.  364);  beson- 
ders aber  vom  wilden  thier,  weidmännisch  der  fall  =  dos  erlegte, 
gefallene  wild: 

bläsä  ze  valle ! 

der  vuhs  ist  erloufon.    LS.  3, 123 

hierher  der  lebendige  ausdruck  'knall  und  fall',  wie  sie  bei  blitz- 
slrahl  und  feuergesclwsz  hintereinander  erfolgen :  knall  und  fall, 
das  schöne  thier,  das  arme  reb  wülzl  sich  in  seinem  blut; 
dann  ihn  drei  mörder  vor  einen  mann  einmal  auf  dersiraszen 
angegriffen,  deren  einen  er  stracks  mit  dem  pistol  erlegt,  dasz 
knall  und  fall  eins  gewesen  (oben  sp.  253).  Simpl.  3, 760 ; 
schössen  das  schaf  gleich  knall  und  fall  todt.  Pierot  3,326; 
lieber  tod,  wenn  du  einmal  in  meine  slube  trittst,  so  er- 
weise mir  den  gefallen  und  schiesze  mich  knall  und  fall  todt. 
J.  P.  uns.  löge  2,  129.  sehr  oft  figürlich,  für  schnell,  auf  nnmal : 
was  hiesz  denn  das,  dasz  ihr  so  knall  und  fall 
euch  aus  dem  staube  machtet?    Lessing  2,  2'.)ü; 

sollte  er  {der  schuhneisler)  aber  eben  so  unwissend  sein,  als 
sie,  so  will  ich  kommen  und  die  bauern  aufhetzen,  dasz  sie 
ihm  knall  und  fall  die  schippe  geben.  3,  409 ;  du  hast  eine 
eroberung  gemacht,  Schwester,  der  Loimenil  ist  knall  und 
fall  sterblich  in  dich  verliebt  worden.  Schiller  656';  die 
diebische  grobianin  musz  man  knall  nnd  fall  aus  dem  dienst 
jagen ;  die  natur  soll  übermorgen  knall  und  fall  aufrecht  vor 
mir  stcbn.  J.  P.  biogr.  bei.  1,3;  die  orientalische  frage  soll 
durchaus  knall  und  fall  gelöst  werden,  von  uns  entlehnt  schw. 
knall  och  fall,  ddn.  knald  og  fald. 

e)  der  fall,  stürz  eines  fahrenden  wagens : 

und  ich  hiesz  den  kutscher  eilig 

unserm  obdach  zuzujngcn, 

doch  eh  wirs  erreichen  konnten 

kam  die  eil  mit  uns  zu  falle. 

und  kaum  halt  ich  zeit  zu  rufen, 

als  ich  fühlt  es  sank  der  wagen. 

'golt  kann  dich  nicht  lassen  sinken 

iioer  beut  in  vierzehn  tagen!'    Rückbrt  294. 

f)  fall,  entehrung  einer  Jungfrau,  violdio  virginis,  eine  dirne 
fällen,  schwächen,  zu  fall  bringen,  siernere,  vivlare:  hatte  ein 
im  ehestand  lebender  mann  sich  gelüsten  lassen,  eine  ledige 
dirne  zu  falle  zu  bringen.    Felsenb.  2, 56 ; 

der  mehr  verstummt,  in  staunen  ganz  verloren, 

dasz  eine  Jungfrau  ihn  zu  fall  gebracht  (mit  dem  npeer  gefällt). 

Griks  .4r.  36,50. 
(di  maraviglia  il  pngnn  resta  miuo, 
ch'una  douna  a  cader  l'abbia  coudotto). 

intr.  zu  falle  kommen,  entehrt  sein,  fallen:  das  mfldchen  ist 
gefallen,  zu  fall  gekommen,  in  anderm  sinn,  zu  falle  bringen, 
aus  der  hand  fallen  machen,  überhaupt  fällen: 

doch  unvermögend  streben,  nachgolalle, 
bracht  oft  den  siift,  den  piiiscl  brarhis  zu  falle. 

GoTiiK  3,  137; 
wüst  ich  Isegrim  nur  in  diesem  loche,  so  wie  ich 
euch  zu  falle  gebracht.    4U,  41. 

g)  fall,  casus,  prolapsus,  Senkung,  niedcrfdl:  der  fall  eines 
geworfnen  Steins,  einer  gesciiossonen  kugcl.  der  fall  des 
nebeis,  der  wölken;  der  fall  des  quocksilbers,  des  barome- 
Icrs;  das  steigen  und  der  fall  des  wassers;  der  fiusz  hat 
viel,  wenig  fall;  der  fall  der  stimme,  des  tons,  des  lauts; 
der  fall  der  silben  und  verse:  den  albernen  fall  und  klang 
der  alexandriner,  den  geschraubtplatlen  dialog  hatte  er  bald 
gefaszt.  GöTHE  19,  119.  der  fall  des  zilpfthi-ns,  zilpfloins. 
prolapsus  uvulae,  inflammalio  cuhinirllae;  der  fall  der  miillrr, 
hyilerujilosis.  auch  das  durch  den  fall  oder  stürz  verursachte 
übel :  ist  einer  gefallen  und  das  blut  geronnen,  nimm  rosenoi 
uml  essig,  nchlags  warm  über  den  fall,  «o  hOrel  der  •chmerzcti 

auf.     HOIIHKRG    I.  30l\ 

h)  bcrgniinnisch  ust  fall  vfnarum  fihra.  was  auch  kliifl,  nosi, 
nicrc  lieistt,  eine  crthdtigc  spalte:    der  fall  unterscheidet  sich 


1273 


FALL 


FALL 


1274 


von  dem  gang,  fährt,  schiebt  durch  den  gang,  kommt  aber  oft 
mit  zu  tag  aus;    es  heiszt:  die  falle  mit  ihren  unartigen  ge- 
hülfen  verrücken   den  gang,   der  gang  wirft  sich  den  fällen 
entgegen.   Hertwic  s.  12S'.     s.  fällchen  1. 
2)  abstradion  der  sinnlicben  vorslellungen. 

a)  aus  fall,  stürz  trird  Untergang,  Verderb,  tod,  Unfall:  aber 
Michal,  Sauls  tochter  hatte  den  David  lieb,  da  das  Saul  an- 
gesagt ward,  sprach  er,  das  ist  recht,  ich  will  sie  im  geben, 
das  sie  im  zum  fall  gerate  und  der  phiiister  hende  über  in 
komen.  iSam.  18,  21;  da  trat  ich  zu  im  und  tödlet  in,  denn 
ich  wüste  wol,  das  er  nicht  leben  künde  nach  seinem  fall. 
2Sam.  1, 10;  denn  er  ist  mein  hört,  das  mich  kein  fall  stürzen 
wird,  wie  grosz  er  ist.  ps.  62,  3 ;  stolzer  mut  kompt  vor  dem 
fall  {hochmul  kommt  vor  dem  fall),  spr.  Sal.  16, 18 ;  frewe  dich 
des  falles  deines  feindes  nicht.  24,17;  für  menschen  sich 
schewen  bringet  zu  fall.  29,25;  und  werden  erschrecken  und 
sich  entsetzen  deines  plötzlichen  falls.  Ez.  26, 16 ;  das  inen 
das  herz  entfallen  wird  über  deinem  fall.  32, 16 ;  o  das  ich 
künde  ein  schlosz  an  meinen  mund  legen,  das  ich  dadurch 
nicht  zu  fall  keme.  Sir.  22,33;  sihe  dieser  wird  gesetzt  zu 
einem  fall  und  auferstehen  vieler  in  Israel.  Luc.  2,34  {golh. 
sa  ligij)  du  drusa  jah  usstassai  managaiz^);  die  stehen  gar 
nahe  dabei,  das  sie  einen  groszen  stürz  und  fall  nemen. 
Luthers  br.  2,  454 ; 

gott  geh  dem  geheimen  fal  und  übel.    IT.  Sachs  IV.  3,4'; 
die  sonne  trübt  der  fall,  der  ihren  schöpfer  tritt. 
Fi.K3ii;<G  10; 
der  groszen  ahnen  fälle 
ersetzet  sie  (die  nntur)  durch  euch,  dasz  ihr  an  jenner  stelle 
sollt  andre  propfen  ein.    155; 
es  ist  zu  deinem  fall,  wenn  du  ihm  dies  gewährst. 

J.  E.  Schlegel  1.267; 

vielleicht  sollte  er  einen  fall,  dem  nicht  mehr  zu  entfliehen 
war,  mit  anstand  thun.  Schiller  807*;  die  union  neigte  sich 
zu  ihrem  falle,  eben  als  die  ligue  mit  neuen  und  frischen 
kräften  sich  ihr  entgegen  stellte.  894';  dieser  tiefe  fall  von 
allen  seinen  aussiebten  und  hoffnungen  in  Äegypten  zum 
viehhirten  in  Arabien.  1017*  «.  s.  w.  der  fall  einer  feste  ist 
uns  blosz  ergebung  und  niemand  denkt  dabei  an  die  gcbrochne 
mauer. 

b)  fall,  lapsus,  vergehen,  misselhat,  sündenfall:  aus  irem  fall 
ist  den  beiden  das  heil  widerfahren,  denn  so  irer  fall  der 
weit  reichthum  ist  und  ir  schade  ist  der  beiden  reichthum, 
wie  viel  mehr  wenn  ir  zal  voll  würde  {gr.  naqäTtronfia, 
vulg.  delictum,  golh.  missadeds).    Mm.  11,11.12; 

als  unser  vatter  Abratiam 
anfänglich  gottes  ehe  annara, 
förcht  er  der  frommen  Sare  fal 
an  des  küngs  Abimelech  sal. 

Scuwarze:«bcr6  156, 1  (1  Ifo;.  20) ; 

mancherlei  gebrechen  und  feile  sich  begeben.  Lcther  8,342'; 
bekennt  er,  bösesthun  sei  nicht  für  nutz  zu  rechen, 
gesteht  er,  grober  fall  sei  nur  ein  lileia  verbrechen. 

LoGAO  3,218; 

heut  darf  Adam  sich  des  verziehenen  falles  erinnern. 
Messias  10,823; 

von  dem  falle  bis  an  den  gerichtstag.    13,673; 

wir  fielen  tief,  wir  fielen  tief, 

du  (goti)  hast  den  fall  gesehen.    Schcbart  ged.  2,83; 

die  stimme  ist  so  sanft,  wie  die  des  ehebrechers,  der  zum 
ersten  falle  lockt.    Kli>ger  3, 151. 

c)  fall,  foTs,  fortuna,  zufall,  ein  glücklicher,  unglücklicher 
fall,  trie  sich  glück  und  fall  verbinden,  glücksfall,  wechselfall, 
uobei  ursprünglich  icol  an  den  fall  des  würfeis  im  spiel  gedacht 
wurde,  also  sinnliche  bedeutung  unterlag: 

die  christlich  kirch  hat  glück  und  fal 

von  meng  der  klusterlicben  zal.    Scbwarze:<berg  139,1; 

0  glück  hilf  mir  durch  würfeis  fal.    146,2; 

sie  gaben  dem  glück  und  fal  wenig,  gottes  ffirsehang  alles. 
Frasr  veltb.  143"; 

ich  hab  den  fall  und  das  gclfirk, 

dasz  wo!  geraten  all  mein  stück.    H.  Sachs  V,217'; 

ein  weiser  schätzt  kein  spiel,  wo  nur  der  fall  regieret 

und  kiugbeit  nichts  gewinnt  und  dunimbeit  nichts  verlieret. 

Lessi:<g  1, 17ü; 
der  immer  gleiche  sinn,  den  fälle  nicht  zerrütten. 
Wahrhaftigkeit  im  mund  und  Wahrheit  in  den  sitlen. 
IIagedor!«  1, 16. 

d)  fall,  casus,  Vorfall,  errignis:  ein  harter,  schwerer,  trau- 
riger, betrübter,  widriger,  schrecklicher,  gewöhnlicher,  unge- 


wöhnlicher, seltner,  seltsamer,  wunderbarer;  ein  lustiger, 
heiterer,  erwünschter  fall;  ein  möglicher,  unmöglicher,  uner- 
warteter, unvorhergesehner  fall,  im  gemeinen  fall  stecken. 
Fb.\5k  bäum  des  urissens  131;  in  gott  ist  kein  anmat  oder  Zu- 
fall und  fall,   paradoxa. 

Jesus  seiner  muter  antwort  schnell 
•weih  was  bringts  mir  und  dir  für  feil?' 

ScHXELZL  Iwchzeit  S*, 
«05  geht  es  mich  und  dich  an,  dasz  der  wein  zu  ende  ist? 

werke  stehlen  uns  die  zeit, 

fälle  die  vermöglicbkeit.    Logau  1,149,46; 

wo  tugend  herscht  das  glücke,  wo  Weisheit  zwingt  die  falle, 

hat  hocbmut  kein  gehör,  hat  unmut  keine  stelle.    3,38,95; 

wie  man  auch  in  ungeheuren  fällen,  wo  alles  auf  dem  spiel 
steht,  noch  immer  so  fort  lebt,  als  wenn  von  nichts  die  rede 
wäre.  GöTHE  17, 149 ;  eine  solche  Unordnung  litt  er  nie,  auch 
nicht  in  den  äuszersten  fällen.  24,156;  das  mädel  ist  auf- 
richtig, ein  seltner  fall.  Wagners  reue  nach  der  ihat  s.  47. 
vgl.  ausnahmsfall,  gewissensfall. 

e)  es  ist  der  fall,  c'est  bien  le  cos,  es  verhält  sich  so,  dies 
ist  gewöhnlich  der  fall;  es  war  genau  der  fall,  c'etait  preci- 
sement  le  cns;  dies  ist  der  fall  der  allermeisten  von  diesen 
wandersmännern.  Wieland  14, 317 ;  dies  letzte  war  eigentlich 
der  fall  der  Römer.  14, 345 ;  der  fall  tritt  oft  ein,  kann  nicht 
wieder  eintreten;  derselbe  fall  wiederholt  sich  hier;  wir  wollen 
einmal  den  fall  setzen;  gesetzt  den  fall,  posito;  im  ersten, 
andern  fall;  ich  bin  auf  den  fall  gefaszt; 

was  künste!  unser  ^ott  weisz  das  all. 

'ob  er  sie  sagt,  das  ist  ein  andrer  fall'.    Göthk  13, 102, 

das  steht  dahin;  so  steht  der  fall,  so  liegt  die  sache: 

so  steht  der  fall,  nichts  andres  bleibt  mir  übrig. 
Schiller  3t>8*. 
wir  dürfen  also  nicht  mehr  verlegen  sein,  einen  Übergang 
von  der  sinnlichen  abhängigkeit  zu  der  moralischen  freiheit 
zu  finden,  nachdem  durch  die  Schönheit  der  fall  gegeben 
ist,  dasz  die  letztere  mit  der  erstem  vollkommen  ztls^mea 
bestehen  könne.    1177'. 

f)  gern  werden  hier  possessiva  gesetzt:  das  ist  mein  fall,  c'est 
mon  cos,  das  ist  bei  mir  der  fall,  in  solcher  läge  befinde  ich 
mich;  das  ist  aber  nicht  mein  fall;  das  verlangen  von  seiner 
amazone  etwas  zu  erfahren,  gab  ihm  vertrauen  zu  Jarno,  er 
entdeckte  ihm  seinen  fall  und  bat  ihn  nm  seine  beihülfe. 
Göthe  20,26;  denn  setzet  euch  in  ihren  fall.  Gotter  1,91; 
dein  fall  ist  ganz  ein  andrer;  der  sultan  hatte  eine  sehr 
unruhige  nacht  gehabt,  die  sultanin  schlief  nicht  ruhiger, 
aber  ihr  fall  war  anders.    Klinger  10, 135. 

g)  im  fall  sein,  sich  in  dem  fall  finden,  etre  dans  le  cos, 
se  trouver  dans  le  cos:  ^ 

sind  in  dem  falle  nicht  zu  wissen.    Wiela;«d  15,266; 

so  bin  ich  meiner  selbst  nicht  mächtig,  bin 

im  falle,  toll  und  wild  das  äuszerste  zu  wagen.    Götus  10,248; 

ach;  ich  war  auch  in  diesem  falle.  47,3; 
wer  kann  den  werth  und  unwerth  irdischer  dinge  besser 
kennen,  als  der  sie  zu  genieszen  von  Jugend  auf  im  falle 
war.  18, 242 ;  dasz  er  aus  dem  Stegreife  mit  artiger  para- 
phrase  einen  freundlichen  dank  und  ein  zierliches  compli- 
ment  entgegen  zu  bringen  im  falle  war.  22,70;  dasz  ich 
ihnen  sämtlich  ein  hinreichendes  tagewerk  auf  mehrere  jähre 
anzubieien  im  fall  bin.  23,130;  hier  sind  wir  nun  in  dem 
falle  in  erinnerung  zubringen.  29,194;  Holbein,  dessen  talent 
man  hier  ganz  zu  überschauen  und  zu  würdigen  im  fall  ist. 
43,344;  wer  übrigens  die  Schwierigkeiten  kennt,  wird  eher 
im  fall  sein  zn  wenig  als  zu  viel  zu  erwarten.  Schiller  28*; 
er  fand  sich  in  dem  falle  zu  bemerken,  dasz  ein  richtiger, 
wolgefaszter  hauptgedanke  in  der  ausführung  mannigfaltigen 
hindernissen  unterworfen  ist.  Göthe  22,74;  ich  beschäftigte 
mich  mit  ihrer  geschichte  und  fand  mich  in  dem  fall,  davon 
rechenschaft  zu  geben.  26,306.  beide  ausdrucksweisen  sind 
früherliin  nicht  gebraucht  und  scheinen  dem  französischen  nach- 
•^bildet.  denn  das  folgende  'einen  in  dem  fall  erfinden'  6e- 
deulet  auf  der  Ihat  betreten  und  gehört  zu  fall  b:  Wemhart,  dir 
soll  gänzlich  verziehen  sein,  aber  wo  ich  dich  mehr  in  sol- 
chem fall  erfinde,  ich  dich  härtiglichen  strafen  wil.  Galmy  356. 
h)  in  den  fall  kommen,  geraten :  die  gemeine  menschen- 
vernunft  geräth  mehrmalcn  in  den  fall,  sich  mit  sich  selbst 
zu  entzweien.  Kant  2.  369 ;  für  genüsse,  die  er  mit  andern 
zu  theilen  kaum  in  den  fall  kommt.  Göthe  30,192;  da  wir 
denn  in  den  fall  kommen,  sein  individuelles  wesen  nnbe- 
dingt  zu  verehren.  43,419. 


1275 


FALL 


FALL  — FALLBRÜCKE 


1276 


f)  am  abgezogensten  encheinl  fall,  wenn  es  partikeln,  nament- 
lich conjunclionen  und  adverbien  ausdrücken  hilft, 

a)  man  sehe  den  gen.  falls  an  seiner  alphabetischen  stelle, 
ß)  im  fall,  mit  folgendem  oder  auch  u-eggelassenetn  dasz, 
N)  elsi,  obschon :  si  hat  2  mägde  hinder  ir  her  gleichwie 
ein  ander  fromme  fraw,  im  fal  das  sie  in  Unehren  lebt  und  ein 
Schandfleck  ist.  Katziporus  d6;  über  ein  halbe  stund  stirbt 
der  gute  pater,  im  fal  das  er  es  nit  gern  thet.  e7;  es  wolt 
im  der  athem  zu  kurz  werden,  im  fal  das  er  windes  genug- 
sam het.  f ;  es  schmeckt  ir  auch  keiner,  im  fal  das  sie  keinen 
Tersucht.  1 6 ; 

du  hast  auch  nicht  Terschmäht  der  armen  hinten  lied, 
im  fall  es  schon  nicht  war  mit  werten  auserlesen. 
Opitz  3,  iy4  (184). 

!l)  si,  quod  si  acciderit, 
erhöre  mich,  auf  dasi  ich  ihrer  rott, 
im  fall  mirs  ühel  geht,  nicht  gar  musz  sein  ein  spott. 

Flesii!ic  19; 
wer  weisz,  obs  manchem  u.s.  w.  {oben  sp.  841,5), 
im  fall  er  eilen  musz.     53; 
und  dasz  das  wilde  wild  Amflon  nachgezogen, 
im  fall  er  stimm  und  spiel  zu  gleiche  tönen  liesz, 
ist  mancher  klügling  noch  zu  glauben  ungewis.    57; 
sind  aber  nur  die  ersten  gut,  so  geht  ihr  (reime)  euren  schritt, 
im  fall  ihr  gleich  nicht  forder  seid,  doch  unter  andren  mit. 
LocAü  3,  2tO,  248; 
weisz  ganz  genau, 
ganz  zuverlässig,  wie  und  wo,  wie  stark, 
Yon  welcher  seile  Saladio,  im  fall 
es  völlig  wieder  losgeht,  seinen  l'eidzug 
eröfnen  wird.  Lessijic  2, 219; 

nur  sollte  er  sich,  im  fall  dasz  er  andere  Charaktere  als  die 
historischen,  oder  wol  gar  diesen  völlig  entgegen  gesetzte 
wühlet,  auch  der  historischen  nanien  enthalten.  7,150;  wenn 
er  denn  nur  bescheiden  spricht,  im  fall  er  sich  gezwungen 
sieht,  von  einer  solchen  sache  zu  sprechen.  8,36;  sobald 
als  Schickard  mit  seiner  arbeit  vollends  zu  stände  sein  würde 
oder  auch  noch  eher,  im  fall  es  der  kaiser  zu  sehen  be- 
gierig sein  sollte.  9,70;  dasz,  im  falle  er  seinen  aufenihalt 
verlängerte,  auch  von  seinem  hofe  nicht  sehr  auf  Unter- 
stützung würde  zu  rechnen  sein.  Schiller  743*.  in  folgender 
stelle  hat  mon  'im  falle'  zu  verstehen  'wenn  dies  der  fall  isl' : 
ob  ich  nun  gleich  bei  dieser  ungewisheit  ihren,  wie  es  scheint, 
schon  festgesetzten  reisetermin  nicht  weiter  hinaus  schieben 
möchte,  so  werde  ich  doch,  sobald  ich  meiner  sache  gewis 
bin,  ihnen  unter  einschlusz  meiner  mutter  schreiben,  ver- 
nehmen, ob  sie  noch  in  Frankfurt  sind  und  im  falle  mich 
in  ihrer  gesellschaft  auf  den  weg  erfreuen.  Guide  an  Gerning 
14  jun.  1797;  freimüthig,  wolthatig,  brav,  ja  tapfer  im  fall 
^tro  ei  nolh  Ihat,  en  cos  de  bcwin).  Gütue  17, 15.  in  allem, 
in  jedem,  in  keinem  fall,  so  auch  im  günstigen,  besten  oder 
im  ungünstigen,  widrigen  fall  (z.  b.  Olearios  orienf.  insuln 
s.  151),  wofür  heule  das  genitivische  allen,  jeden,  keinen  falls, 
günstigen,  widrigen  falls  vorgezogen  wird,  im  vorliegenden 
fall;  in  dem  vor  uns  habenden  falle.  Bodes  Trislr.  Sh.  1,80. 
y)  auf  allen  fall,  en  tout  cos,  auf  jeden  fall: 
ich  will  vor  willen  nehmen 

und  mich  auf  allen  fall  und  was  du  gihst  bequemen. 

Fleming  92, 
ICO  jedoch  auf  allen  fall  nocA  von  bequemen  abliängt,  mich 
richten  nach  dem,  was  du  gibst;  so  wie  kurz  zuvor  Gates  ab- 
gehet, ihre  freunde  auf  allen  fall  in  bereitschaft  zu  halten. 
Lessinc  G,  172;  er  sage  es  selbst,  aber  auf  allen  fall  erlaube 
er  mir  auch,  ihn  um  ein  paar  beispiele  zu  ersuchen.  8,140; 
Langcns  feinde  haben  ausgesprengt,  seine  krankheit  wäre 
unheilbar,  auf  allen  fall  will  ers  deswegen  vom  medico  attestiert 
haben,  wie  es  eigentlich  um  seine  gesundheitsumstünde  aus- 
sieht   WAC.tEBR  reue  nach  der  that  119. 

S)  auf  alle  fälle,  dans,  pour  lous  les  cas:  nun  fieng  man 
an,  sich  auf  alle  fälle  zur  vcrlheidigung  einzurichten.  Götbe 
1», 33;  'was  für  eine  Stellung  hab  ich  denn  einzunehmen?' 
auf  alle  fälle,  versetzte  der  auf.scher.  zuerst  die  arme  über* 
die  brüst  und  ernsthaft  froh  nach  üben  gesehen,  ohne  den 
blick  zu  verwenden.  22,  4 ;  ich  schreibe  ihnen  dieses  sogleich, 
um  auf  alle  falle  mich  noch  mit  ihnen  darüber  schriftlich 
unterhalten  zu  kennen.  43,5;  auf  alle  HUle  könnten  wir  uns 
künftig  vereinigen.  43,14; 

und  wai 

du  etwa  Kr)n«t  an  klrlnlcliPlten,  die 

In  ^  i.ii  dürfen, 

•n   :  ,„ 

^<Ji kurz  deine 

bneriatche.  'wgtu  aber?'  nur  auf  alle  fhJle.    Scutuu  286*i 


beim  hinausgehen  fragte  mich  der  Russe,  ob  wir  geladene 
pistolen  bei  uns  hätten?  'wozu?'  sagte  ich.  es  ist  auf  alle 
fälle,  versetzte  er.    721*.     auch  für  alle  fälle. 

c)  in  allen  fällen,   unter  allen  umständen,     ddn.  i  alt  fald, 
es  stellt  in  allen  lallen 
XU  deinen  dienstcn  wieder.    Lessing  2,307. 

S)  zu  jedem  fall,  in  allem  fall,  auf  (ülen  fall: 
also  soll  eins  weibs  zorn  und  galt 
unschädlich  sein  zu  jedem  fall.    Fisckabt  eht.  51. 

V)  fall  für  fall,  deinceps,  ex  ordine,  der  reihe  nach,  nachein- 
ander, alius  posl  alium:  etwas  fall  für  fall  erzählen; 
die  perle  die  der  miischel  entrann, 
die  schönste,  hochgeboren, 
zum  Juwelier,  dem  pulen  mann, 
Spruch  sie  'ich  bin  verloren! 
durchbohrst  du  mich,  mein  schönes  all 
es  ist  sogleich  zerrüttet, 
mit  .-ichwesiern  musz  ich,  fall  fTir  fall, 
zu  schlechten  sein  geküttet'.    Götuk  5,234. 

3)  fall,  casus,  im  grammalischen  sinn  an  sich  passend  und 
beholfen,  vorzüglicher  als  endung,  oder  gar  als  das  mühsame, 
von  Rask  gebrauchte  ddn.  forholdsform,  da  ja  die  conjugalion 
gleich  der  declination  endungcn  und  Verhältnisse  zeigt,  weshalb 
auch  beugefall  unbestimmt  lautet,  nnl.  naamval  für  casus,  aber 
für  unsere  fünf  casus  wird  nennfall,  zeugfall,  gebfall,  klagfall, 
ruffall  (ablativus  nehmfall)  schlqijiend;  noch  übler  sind  neben 
fallendung  casus,  für  die  einzelnen  nennendung,  geschlechts- 
endung,  gebendung,  klagendung,  rufendung,  nehmendung. 
flf//erc  grammatiker  versudilen  ncnner,  gebärer,  geber,  anklager, 
rufer,  nchmer.  bloszcs  zählen  taugt  nicht,  man  hat  sich  end- 
lich überzeugt,  dasz  auch  für  sprachvergleicliendc  forschung  noth- 
wcndig  ist,  die  lateinische  (aus  der  griechischen  stammende)  ternti- 
nulogie  zu  behalten. 

s.  abfall,  anfall,  ausfall,  baufall,  beifall,  blattfall,  blutfall, 
buszfall,  dachfall,  durchfall,  einfall,  erbanfall,  erhfall,  erdfall, 
fruchtfall,  fuszfall,  glücksfall,  grasfall,  haarfall,  hausfall,  heim- 
fall, hinfall,  jammerfall,  kniefall,  laubfall,  lehnfall,  leibfall, 
mannfall,  nebelfall,  niederfall,  nolhfall,  obstfall,  rechtsfall, 
regenfall,  rückfall,  Schneefall,  sterbfall,  starnfall,  siraffall, 
Sündenfall,  todfall,  todesfall,  trauerfall ,  tropffall,  Überfall, 
umfall,  Unfall,  verfall,  Vorfall,  Wasserfall,  windfall,  wolfsfall, 
wunderfall,  würfelfall,  zerfall,  zufall,  Zwischenfall. 

FALL.\DEiN,  FÄLLADEN,  m.  laden,  den  man  fallen,  nieder 
lassen  kann. 

FALLBAHRE,  f.  ein  stück  am  strumpfwirkersluhl. 

FÄLLBAR,  quod  caedi  polest,  holz  das  gefällt  werden  darf. 

FÄLLBARKEIT,  f.  beschaffenheil  der  bäume. 

FALLBAUM,  m.    l)  starker,  gespitzter  bäum  zum  sperren. 

2)  ein  bäum  neben  dem  vogelherd,  worauf  die  vOgel  fallen  = 
sich  setzen  können. 

FALLBEIL,  n.  machina  capUibus  detruncandis,  guillotine,  ein 
Werkzeug  mit  fallender  schneide  zur  enthauplung.     schw.  fallbila  f 
das  worl  findet  sich  aber  schon  früher,  in  anderm  sinn: 
so  bald  die  uhr  ausläun,  fällt  auch  mein  fallbeil  ein. 

LouENSTEiN  Cleop.  80,795; 
hängt  fallbeil  in  das  schlafgemach.    102,676. 

FALLBEREIT,  zum  fall  bereit,  fallferlig. 

FALLBLOCK,  m.  rammldotz  (1,  1124). 

FALLBLUME,  f.  papaver  caducum,  wilder  mohn,  wozu  sich 
ir.  codlainean ,  gal.  codalan  papaver  vergleicht  von  cadaim, 
cado,  weil  der  mohn  in  schlaf  fallen  macht. 

FALLBOCK,  m.  dasselbe,  wie  fallblock :  das  bürgerliche 
leben,  in  dem  sich  der  arme  expedilionsrath  von  Mensch 
herumtreibt,  bis  ihn  der  fallbock  des  pflasterers  {tod)  auf  den 
morastigen  drehplatz  einrammt.    J.  1*.  Hesp.  3,  64. 

FALLBRET,  n.  asser  mobilis,  das  niedergelassen  «erden  kann, 
um  zu  sinken  und  sperren,  oder  aufgelassen,  um  tu  fangen : 
allcinc  die  Sicherheit  einer  herschaft  auf  rcichthum  bauen, 
halte  ich  vor  eine  grosze  cilelkeit,  weil  dieses  so  vieler  mäch- 
tigen reiche  fallbreL,  armuth  aber  des  so  groszcn  römischen 
grundfcsle  gewesen  isl.  Lohemstkin  Arm.  1, 179 ;  rückte  dannit 
recht  gegen  das  ihm  grstelllc  fallbrct.  1,956;  dasz  sie  auf 
ein  falibrel  treten  würden.  1,1045;  der  grund.sicin  des  eigen- 
nutzes  ist  insgemein  ein  fallbret  des  gemeinen.  1,1155;  dasz 
wir  in  unser  eigen  unglütk  auf  der  post  rennen  und  über 
ausziinmerung   unseres   eigenen    fallbrcts  srhvMi.-i-n     i.r.'v. : 

(-14  braucht  da  keinen  zaubnrkrcii, 

noch  znuberrauch.  noch  miihiTworio, 

noch  fnllbrct,  noch  geheime  pforte.    Win.oP  9,  IM. 

FALLRROCKE,  f  pons  versalilis,  ziehbrücJsc,  zui^rücke,  engl- 
drawbridge,  nnl.  vallcbrug:  aber  sie  trauten  nicht  mehr  auf 


1277 


FALLBUND  — F.\LLEN 


FALLEN 


1278 


diese  fallbiücke  zu  treten.  Lohenst.  Arm.  1,  9S4 ;  David  ging 
auf  dem  dache  seines  hauses  spaziren,  um  frische  luft  zu 
schöpfen  und  siehe,  der  teufel  hatte  ihm  eine  fallbiücke  be- 
reitet, dasz  er  einen  schweren  fall  that  mit  der  ßathseba. 
ScBiTEa  seelensch.  1,  S95 ; 

het  meisje  al  over  de  vallebrug  reed, 

het  buideltje  van  haar  zijde  gleed, 

het  zonk  al  na  den  gronde; 

läge  mir  noch  viel  an  seiner  gunst,  so  hätte  ich  den  auf- 
trag  sie  zu  begleiten  in  keinem  fall  angenommen,  er  ist  eine 
faUbrücke.    Arsix  2,338. 

FALLBÜND,  m.  tnunimentum  capitis,  faWiut: 
und  sab  dich  gleich  ein  dorf  in  kapp  und  fallbund  gehn. 

J.  E.  SCHUEGEL  4, 118. 

».  bund  1. 

FÄLLCHEN,  n.  bergmännisch,  erz,  das  in  nestern  oder  nieren 
(klüflen  und  fällen)  bricht,  nicht  in  den  groszen  gangen,    s.  fall  l,  A. 

Fällchen,  n.  üeine  falle,  nnl.  valletje.  mäuschen  gieng 
ins  fidlchen. 

FALLE,  f.  repagulum,  deäpula,  laqueus,  ahd.  fallä,  mhd. 
valle,  nnl  Tal.  eine  falle  legen,  richten,  stellen;  in  die  falle 
gehen,  geraten;  die  falle  steht  offen,  schlägt  zu;  falle  an 
der  thüre,  klinke,  klappe.    St.\ij)er  1,352. 

mhi.  ein  ralle  was  ouch  innen 

hin  ü{  geleitet  durch  die  want.    Trist.  426,33; 

die  in  des  tödes  vallen 

sint  alhie  beklemmet.    Martina  11, 4S; 

Cr  satzt  manec  vallen  dar.    LS.  3,53; 

si  geriet  die  vallen  nagen 

bij  ir  diu  hüt  entsleif, 

diu  valle  si  begreif,    das. : 

ein  boese  wip  ist  ein  valle, 

da  hüeten  sich  vor  alle.    3,54; 

rüid.  sein  strick  ist  gelegt  in  die  erden  und  seine  falle  auf 
seinem  gang.  Hio6  18. 10;  ir  tisch  müsse  für  inen  zum  strick 
werden,  zur  Vergeltung  und  zu  einer  falle,  pj.  69,23;  die 
hoffertigen  legen  mir  stricke  und  breiten  mir  seile  aus  zum 
netze  und  stellen  mir  fallen  an  den  weg.  140,6;  beware 
mich  vor  dem  stricke,  den  sie  mir  gelegt  haben  und  fax  der 
falle  der  ubeltheter.  141,  9 ;  denn  man  findet  unter  meinem 
Yolk  gottlosen,  die  den  leuten  stellen  und  fallen  zurichten 
sie  zu  fahen,  wie  die  vogeler  thun  mit  kloben.  ier.  5,26; 
sie  richten  fallen  zu,  ja  gruben  graben  sie.  Weckhkru?«  179» 
du  bist  nun  einmal  drin,  nun  hilf  dir  aus  der  falle! 

GöTHB  7,tj3; 
den  mausen  stellt  man  fallen.  14,189;  er  ist  eben  auf  dem 
landhause,  wohin  diese  betrieger  zusammen  in  die  falle  gehen. 
14,222;  seitdem  ihn  jene  grausame  entdeckung  von  der  seile 
Marianens  gerissen  hatte,  war  er  dem  gelübde  treu  geblieben, 
sich  Tor  der  zusammenschlagenden  falle  einer  weiblichen 
Umarmung  zu  hüten.  18,197;  wir  sind  jetzt  in  eigner  falle 
gefangen.  Fb.  MirixER  3,  281 ;  ehmals  las  ich  um  meine  men- 
schenkenntnis  zu  erweitern,  mich  vor  den  fallen,  die  man 
mir  stellen  möchte  zu  hüten,  und  fiel  dennoch  hinein.  FL  L. 
Wagseb  Evchen  Humbrecht  72; 

trauet  nicht  den  rosen  eurer  jugend, 
trauet,  schwestern,  mänuerschwQren  niel 
Schönheit  war  die  falle  meiner  tugend, 
auf  der  ricbtstatt  hier  verfluch  ich  sie.    Scbillir  5\ 
*.  mausfalle,  rattenfalle,  marderfalle. 

FALLEHEN,  n.  tcas  fallgut. 

FALLEISEN,  n.  klinke,  Ihürklinke. 

FALLEN,  cadere,  labi,  ahd.  fallan  flal  fiel  fielun,  mhd.  Tallen 
viel  vielen,  aUs.  fallan  feil  fellun,  mnl.  vallen  vel  vellen,  nnl. 
Valien  viel  vielen,  ags.  feallan  feoll  feollon.  engl,  fall  feil, 
alln.  falla  feil  fello,  schw.  falla  füll  föllo,  dän.  falde  faldt  und 
füll,  vgl.  CDS.  839.  das  merkwürdigste  ü^  die  gändirhe  abwe- 
senheit  des  tcorts  im  golh.,  vo  man  fallan,  faifall  erwartete,  ico 
aber  für  Ttimeiv  driusan,  gadriusan  erscheint,  ags.  dreosan, 
icdkrend  vom  afid.  triosan  nur  das  schtrache  tröran,  goth.  drausjan 
und  trör,  cruur,  alln.  dreyri,  das  fallende,  triefende  blut  übrig 
ist.  auch  TTTcüfia  (cadarer)  und  Tircüais  sind  bei  Uuilas  rer- 
deiäschl  leik  und  drus,  nicht  durch  fall. 

urverwandt  unserm  fallen  steht  nun  zunächst  das  lU.  pulti,  lett. 
pult,  und  lit.  pulis  ist  fall,  pulimas  niederlage;  frage  ist,  vie 
kann  das  1  beider  formen  mit  der  lingualis  des  skr.  pat  cadere 
und  volare,  des  sl.  padati,  pasti  cadere  ausgeglichen  werden? 
1  und  d  wechseln  sattsam  {GDS.  354.  355),  11  :u  deuten,  braucht 
man  nicht  ans  sl.  padl  gefallen  zu  denken,  das  sich  in  II  assimiliert 
hdlle.  nCmoi  7ii7tTO>xa  scheint  ■niTiero)  aus  nirco,  Tierofuzif 
Tterafint  fliege,  falle  in  die  hohe,  nach  dem  duppeUinn  des  skr. 


pat  (cadere  tmd  volare,  devolare  und  evolare,  niederfliegen  und 
auffliegen),  wie  sich  bei  risan,  reisan  die  bedeutungen  cadere  und 
surgere  nebenänander  entfallen  {GDS.  664),  obschon  fallen,  pulti 
und  padati  nur  Senkung,  nicht  erhebung  auszudrücken  sciieinen 
{doch  sehe  man  hernach  der  nebel  fallt);  vgl.  auch  lat.  petere 
und  unser  bitten,  zur  erde  fallen  (2,  52),  noch  mehr  licht  ver- 
breitet sich  auf  diese  wurzel  durch  die  Wörter  jiiroJ.ov,  Tiereiyoy 
und  Ttreoöv,  ahd.  fedara,  alln.  fiödur,  lit.  plunksna,  lat.  penna, 
wo  die  golh.  gestalt  wieder  entgeht,  ob  sich  lat.  cado,  ir.  cadaim 
zu  sl.  padu,  padam  verhält  wie  quatuor,  ceathair  zu  pcdwar, 
fidvör?  doch  hat  Bopp  cadaver,  den  gefallnen  leib,  leichnam 
verglichen  mit  skr.  kalevara  (Bohtli.ng  2, 165),  wo  äch  dann  k 
für  p  und  schon  1  für  d  oder  t  eingefunden  hätte,  man  dürfte 
auch,  zumal  für  unser  transitives  fallen,  das  gr.  7täjJ.etv 
schwingen,  lat.  pellere  treü>en  in  encägung  ziehen. 

fallen  steht  immer  intransitiv,  das  tranalivum  lautet  fallen, 
nur  die  composHa  anfallen,  überfallen,  befallen  werden  transitiv, 
höchstens  liesze  sich  in  den  redensarten  einen  todt  fallen,  sich 
todt,  lahm  fallen  an  transilivbedeutung  denken,  sie  meinen  aber 
im  fallen  tödten,  lähmen  und  nicht  fallen  =  todt  schlagen,  vgl. 
sich  einen  zahn  ausfallen. 

A)  sinnliche  bedeutungen. 

1)  das  stehende,  hängende,  getragne  fällt,  sinkt,  stürzt:  das 
haus,  die  wand,  raauer  fällt;  und  es  {das  haus)  fiel  bald 
{goth.  gadraus).  Luc.  6, 49 ;  städte,  bürgen,  festen  fallen,  stürzen  : 
der  bäum,  stamm  fällt ;  wenn  der  bäum  feilt,  auf  welchen  ort 
er  feilet,  da  wird  er  ligen.  pred.  Sal.  11,3;  das  laub  fällt,  die 
blätter  fallen,  mhd.  risent ;  der  apfel  fällt  nicht  weit  vom  stamm ; 

wenn  die  blätter  fallen 

in  des  Jahres  kreise.    ScHrLUR  510'; 

das  thier  vom  pfeil,  von  der  kugel  getroffen  fällt;  üherhaufi 
das  thier  fällt,  stirbt,  crepiert:  es  sind  mir  zwei  meiner  besten 
pferde  gefallen,  umgefallen,  gestorben;  der  mann  fallt  im  krieg, 
kommt  um; 

mhd.  dö  was  verendet  der  strit, 

und  viel  von  d6r  sw;pre, 

als  ^i  ein  boum  weere.  Im.  5073 ; 
seine  söhne  fielen  vor  dem  feind;  und  alle  die  des  tages 
fielen,  beide  man  und  weiber,  der  waren  zwelf  tausent.  Jos. 
8,25;  und  ist  viel  volks  gefallen.  2  Sam.  1.4;  der  gleitende 
fallt;  wenn  du  deines  bruders  esel  oder  ochsen  sihest  fallen 
auf  dem  wege,  so  soitu  dich  nicht  von  im  entziehen,  son- 
dern solt  im  aufhelfen.  5  Mos.  22, 4 ;  der  wagen  muste  fallen ; 
der  stuhl,  die  leiter  fällt; 

eines  schickt  sich  nicht  für  alle, 

sehe  jeder  wie  ers  treibt 

und  wer  steht,  dasz  er  nicht  falle. 

der  Vorhang,  die  fahne  fällt;  sein  gewand  fiel  und  er  stand 

nackt  da;  der  schleier,  die  larve  fällt;  die  fessel  ist  gefallen; 

da  sah  man  millionen  ketten  fallen.    Schiller  25*. 

2)  aus  der  höhe  fallen,  niederfallen:  die  vögel  fallen  auf 
den  bäum;  feuer  fällt,  regen,  schnee,  hagel,  thau  {sl.  rosa 
pada,  lat.  ros  cadil) ;  da  na  ein  platzregen  fiel.  Matih.  7,  25, 
{vulg.  descendit  pluvia,  goth.  atiddja  dala})  rign) ; 

dann  fallet  ein  schlagregen.    Weckherlit«  62$; 
doch   welche   sich   vor   dem  reifen  schewen,   über  die  wird 
der  schnee  fallen.  Hiob  6, 16 ;  dasz  sie  eine  haut  hat  wie  ein 
gefallener  schnee.  Weise  comöd.  probe  281; 

mhd.  als  ein  niuwevallen  snÄ.  tr.  kr.  19973; 
und  wenn  des  nachts  der  thaw  über  die  lager  fiel.  4  Mos. 
11,  9 ;  die  selbigen  werden  haben  den  thaw,  der  früe  feilet. 
Hos.  13,3;  denn  alle  menschen  und  vieh,  so  der  hagel  auf 
sie  feilet,  werden  sterben.  2  Mos.  9,19;  und  wird  dicker  hagel 
fallen,  aus  dem  zorn  der  donnerschlege.  weish.  Sal.  5, 23 ; 
sihe  es  wird  ein  schrecklich  ungewitter  den  gottlosen  auf 
den  köpf  fallen.  Jer.  23, 19;  wer  einen  gefallnen  donnerstein 
bei  sich  trägt,  wird  nicht  vom  blitz  getroffen ;  wo  die  .steine 
mit  starkem  poltern  fielen,  weish.  Sal.  17,19;  die  kugel  fällt, 
aufwärts  und  niederwärts,  fliegt  in  die  höhe  und  senkt  äch;  der 
scimsz  ßllt; 

es  ist  ein  scbusi  gefallen.    Göthk  2,277; 

kein  schusz  darf  hier  fallen ;  eine  bombe  fiel  ins  haus ; 
mhd.  der  stein  was  gevallen  zwelf  klafter  dan.    üib.  436, 1. 
fallende  steme.     der  nebel  fällt,  nebula  eadil,  aber  auch  turgit, 
sowol  fällt  nieder  als  steigt  auf     in  folgender  stelle 

ergraut  ist  schon  die  weit, 

die  luft  gekühlt,  der  nebpl  f3lh.    Götbk  12,  CT 

wird  deutbrh  der  nahende  abend,  die  einfallende  dunkelheit,  also  der 
aufsteigende,  nnhüUeade  ne6e/  gemeint,  während  anderemal  der 


1279 


FALLEN 


FALLEN 


1280 


nebel  fällt  {böhm.  mhla  pada)  heiszt  der  nebel  reiszt,  fdlU  zu  boden. 
hier  hallen  wir  den  urallen  doppelsinn  des  fallens,  cadere  und 
surgere,  descendere  und  ascendere,  wie  die  wMer  volare,  fliegen 
an  sich  nichl  besagen,  ob  auf  oder  nieder,  die  sonne  fällt, 
sinkt,  aus  ihrer  miltagshöhe  herab,  steigt  nieder,  alln.  sfilarfall 
occasus  und  sölsetr,  sie  setzt  sich  nieder;  ebenso  der  tag  fällt: 
da  sie  nu  bei  Jebus  kamen,  fiel  der  tag  fast  dahin  {vulg. 
dies  mutabatur  in  noctem).  ric/i/.  19,  U;  die  nacht  fällt,  la 
nuü  tombe,  die  nacht  bricht  ein,  was  sich  wieder  nehmen  liesze, 
sie  steigt  am  himmel  auf.  das  wasser  fällt,  sinkt  wieder,  nach- 
dem es  gestiegen  war:  und  die  wasser  fielen,  vulg.  et  immi- 
nutae  sunt  aquae.  iMos.  8,1;  darnach  liesz  er  eine  tauben 
von  sich  ausfliegen,  auf  das  er  erfiire,  ob  das  gewesser  ge- 
fallen were  auf  erden  {vulg.  si  jam  cessassent  aquae).  8,  8 ; 
der  flusz  steigt  und  fällt;  es  bricht  ein  solcher  bach  erfür, 
das  die  drumb  wonen  den  weg  daselbs  verlieren  und  feilt 
wieder  und  scheuszt  dahin  von  den  leuten.  Hiob  28,  4.  so 
auch  das  wctterglas,  quecksilber  steigt  oder  fällt,  die  stimme 
lallt,  das  zäpflein  fällt,  'das  losz  fällt',  «'i'e  es  auch  geworfen 
vird,  nacli  dem  fallen  des  zwcigs  oder  auch  des  Würfels. 

3)  fallen  nasci,  geboren,  gesetzt,  in  die  well  gesetzt  werden, 
von  filieren,  gleichsam  prolabi  ex  utero:  in  den  geslülen  heiszt 
es  'aus  der  stute'  und  'nach  dem  hengst'  fallen;  ich  wil 
heute  durch  alle  deine  herde  gehen  und  aussondern  alle 
fleckele  und  bunde  schafe  unter  den  lemmern  und  die  bunden 
und  flecketen  ziegen,  was  nu  bund  und  flecket  fallen  {d.  i. 
von  den  träclUigen  thicren  zur  well  gebracht  werden)  wird,  das 
sei  mein  lohn  sein.  I^/os.  30,  32;  von  den  jungen  zuchtstuten 
waren  zwei  füllen  gefallen.  Felsenb.  2,  78 ;  ich  wurde  etwas 
sehr  bedenkliches  an  dem  rosse  gewahr,  da  Horst  wegreiten 
wollte,  'es  ist  ja  kein  heiliges  waldros',  ist  aber  von  einem 
solchen  gefallen !  {eines  solclien  kind).  Klopstock  10, 203.  sprich- 
wörtlich: von  schönen  pfcrdcn  fallen  schöne  füllen;  nicht 
von  jeder  stute  fallen  schöne  füllen;'  der  hase  ist  da  am 
liebsten,  wo  er  fällt  {geheckt  ist),  dies  fallen  sieht  dem  vorhin 
angeführten  fallen  =  crcpieren  geradezu  entgegen,  ähnlich  bei 
pflanzen:  es  sollen  vom  nelkensamen  dunkle  färben  fallen. 
J.  P.  grönl.  proc.  36.  auch,  das  in  unserer  Stadt  fallende 
{erzeugte)  salz.    Gbefe  saline  Lüneburg  s.  31. 

4)  oft  folgen  dem  fallen  praeposilionen. 
a)  in. 

mhd.  Til  der  guoten  recken  vor  Wolfhartes  hant 

mit  töde  muose  vallen  von  swerten  in  da;  bluot. 

Nib.  2219,3; 
ä6  viel  in  die  bluomen  dör  Kriembilde  man.    929, 1 ; 
nhd.  ins  gras,  in  die  blumen  fallen;    das  fällt  in  die  äugen, 
sanft  in  die  obren;  besser  zu  fallen  in  goltcs  band  als  der 
menschen ;   ich  bin  in  gute  bände  gefallen ;    ins  wasser,   in 
den  brunnen,  in  die  grübe  fallen;  die  flagge  fällt  ins  mcer; 
das  kind  fiel  ins  feuer;    er  feilt  oft  ins  fewr.    Mallh.  17,15; 
ins  bett  fallen,  sinken,  mhd.  in  daj  bette  vallen,  sigen.     mit 
der  Ihür  ins  haus  fallen,  plump  lierangehen:   ein  freiersmann 
sollte  nicht  mit  der  Ihüre  ins  haus  fallen.    Göthb  11,22; 
er  falle  wenn  er  jemals  freit 
nicht  mit  der  thür  ins  haus.    11,38; 

sie  falle  mit  der  thür  ins  haus,  betäube  mich  mit  cineni 
derben  schlag  und  verlange,  man  solle  alsobald  sein  liedchen 
pfeifen  und  von  einem  gegenständ  zum  andern  hüpfen.  31,174. 
schon  Simpl.  K.  807  scherzliaft  umgedreht:  die  reden  überein- 
ander werfen,  wie  der  Schuhmacher  den  leist  und  also  mit 
der  Stuben  (wie  man  im  Sprichwort  redet)  in  die  thür  hinein 
fallen,  der  topf  ist  in  die  asche  gefallen,  die  s]>cise  versrJiätlet, 
bildlich  für  vereitelt:  es  solle  sich  verziehen  und  zuletzt  in  die 
ascben  fallen.  Luthers  6r.  5, 197.  der  Main  fällt  in  den  Hhein, 
mein  weg  fällt  in  deine  strasze;  es  sei  denn  das  das  weizen- 
korn  in  die  erden  falle  und  ersterbe,  so  bleibts  alleine.  Job. 
12,24  (kaurnu  hvaiteis  gadriusandA  in  air))a);  der  schlaue 
fuchs  ist  doch  endlich  in  den  strick  gefallen;  in  eine  krank- 
heit  fallen,  in  morbum  incidere,  aufs  krankenlager  fallen,  tomber 
malade:  das  sich  die  armen  schuler  fiberaszen  und  oft  in 
grosze  krankheit  fielen.  Tho.  Piater  20 ;  in  krämpfe,  Zuckungen 
(GOthe  17,403),  in  ohnmacht,  schlaf  fallen; 

hör  aber  wa«  geurhiehet  drauf,  das  klare  glas  zerbricht, 
der  reine  wein  verraucht,  der  freund  rallt  schmerzlich  in  die 
Kicht.     LuCAU  'i,37,38. 
io,  unter  die  leute  fallen,  ruere  in  homines: 
mhd.  unz  li  In  kom  vil  nAhen  bl 

und  viel  enmtticn  under  tl.     Iw.  104. 
in  mtdiot;  lüui.  in  die  feinde  fallen,  riwre  in  hostet;  kör  umb, 
flll  tB  den,  itosz  di««-    ••■■i  i-n  nichl  mcr.  K"«n^  •■■io.  f-' 


aber  von  der  heftigkeit  ihres  feuers  wendete  er  sich  zur 
rechten  und  fiel  in  die  Sachsen  mit  solchem  ungestüm,  dasz 
ihre  glieder  sich  trennten.  Schiller  934";  wenn  deudsche 
fürsten  in  einander  fielen,  das  mücht  den  bapst  frölich  machen. 
Luther  5,  75' ;  da  valer  und  son,  brudcr  und  vetter  in  ein- 
ander fallen.  8, 4l';  das  die  gelehrten  aus  eigener  räch  in 
einander  gefallen  sind.  Mel&nchthon  im  corp.  d.  ehr.  539 ;  so 
würden  sie  selbs  in  ir  aigen  stal  innanander  fallen.  Relchlin 
augensp.  19'; 

ihr  sollt  uns  büszcn.    fallt  in  ihre  herde  I 

die  hülte  reiszet  ein,  brennt  und  schlagt  nieder! 

SCUILLER  518'. 

in  die  saiten,  in  die  Speichen  fallen,  greifen,  fassen: 
der  Sänger  rasch  in  die  sollen  fällt 
und  beginnet  sie  mächtig  zu  schlagen.    Schiller  69'; 

sie  wollen, 
allein  in  ganz  Europa,  sich  dem  rade 
des  wellverhängni.sses,  das  unauflialtsam 
in  vollem  laufe  rollt,  entgegen  werten, 
mit  menschen  arm  in  seine  Speichen  fallen?    279', 

haar  das  in  locken,  ins  schwarze  fällt. 

b)  einem  in:  es  begab  sich  aber  auf  einen  tag,  da  Tobias 
heim  kam  . ..  und  sich  neben  eine  wand  leget  und  entschlief, 
schmeiszte  eine  schwalbe  aus  ircin  nest,  das  fiel  im  also 
Leisz  in  die  äugen,  da  von  ward  er  blind.  Tob.  2,10;  es  fällt 
mir  in  die  äugen,  ich  schaue  es;  da  seht  um  euch  her,  und 
was  verboten,  was  verflucht  ist,  wird  euch  in  die  äugen  fallen. 
GöTHE  20,  268 ;  der  ganze  schätz  fiel  den  feinden  in  die  bände ; 
sie  fiel  ihm  in  die  arme,  umarmte  ihn,  liesz  sich  umarmen ; 
einige  leule  fielen  dem  Seiltänzer  sogleich  in  die  arme.  Götue 
18,160; 

aber  da  fielen  die  kinder  mit  schrein  und  entsetzlichem  weinen 
ihr  in  die  kleider  und  wollten  die  zweite  mutler  nicht  lassen. 

40,314; 
wenn  gott  in  seiner  rechten  alle  Wahrheit  und  in  seiner 
linken  den  einzigen  immer  regen  trieb  nach  Wahrheit,  ob- 
schon  mit  dem  zusalze,  mich  immer  und  ewig  zu  irren,  ver- 
schlossen hielte  und  spräche  zu  mir  'wähle!'  ich  fiele  ihm 
mit  demulh  in  seine  linke,  und  sagte :  'vater  gib  1  die  reine 
Wahrheit  ist  ja  doch  nur  für  dich  allein!'  Lessixg  10,49; 
es  ist  mir  in  (auf)  alle  glieJcr  gefallen;  die  streitenden  fielen 
einander  zuletzt  in  die  haare  und  rauften  sich ;  die  draguner 
sollen  dem  feind  in  den  rücken,  in  die  seile  fallen ;  dem 
hunde  fiel  das  fleisch  aus  seinem  munde  in  den  bach;  das 
mädchen  spielt  und  die  kugel  fällt  ihm  in  den  brunnen ;  nun 
ist  mir  alle  meine  freude  ins  wasser  gefallen;  dem  wagen 
in  die  räder,  dem  rad  in  die  Speichen,  dem  pferd  in  die 
Zügel  fallen;  ein  bettler  fiel  ihm  in  den  weg. 

c)  auf.  auf  den  köpf,  die  nase  fallen;  bildlich,  er  ist 
nicht  auf  den  köpf  gefallen,  kein  dummkopf;  und  ein  groszer 
hagel  fiel  auf  die  menschen,  offenb.  16,21;  auf  den  boden, 
auf  die  erde  fallen  (wie  die  erde  suchen  =  niederfallen) ;  die 
nadel  fiel  ihr  auf  die  erde;  fiel  auf  die  erden  und  betet. 
Marc.  14,35;  und  fielen  auf  die  knie  und  beteten  in  an. 
15, 19 ;  80  dicht,  so  gedrängt  stehen,  dasz  kein  apfel  auf 
die  erde  fallen  kann ;  bildlich  es  ist  auf  die  erde  gefallen, 
nicht  behalten  worden,  verloren  gegangen;  kauft  man  nicht  zwen 
Sperlinge  umb  einen  pfennig'?  noch  feit  derselbigen  keiner 
auf  die  erden  on  cwren  vater  (golh.  jah  ains  ui  ni  gndriusi|) 
ana  air|)a).  Mallh.  12,29;  es  sol  kein  bar  von  deinem  sou 
auf  die  erden  fallen.  2  Sam.  14,12;  Wilhelm  war  überzeugt, 
es  sei  kein  worl  seiner  geschichte  auf  die  erde  gefallen. 
GöTHE  18,  29 ;  diese  Vorstellung  fiel  dem  künige  zwar  nicht 
auf  die  erde.  Schiller  813*;  bei  einem  so  streng  katholischen 
fürsten  konnte  ein  solcher  wink  nicht  auf  die  erde  fallen. 
917*;  liätten  sie  den  schimpf  beantwortet,  so  würden  sie  ihm 
dadurch  eingestanden  iiaben  sie  verdienten  ihn.  dn  sie  ihn 
aber  ganz  platt  auf  die  erde  fallen  lieszen,  so  ward  er  kraft- 
los. Klimcer  3,71;  und  ellichs  fiel  auf  den  fels.  iur.  9,  fi; 
da  das  die  jünger  höretcn,  fielen  sie  auf  ir  augesichte  und 
ersfhracken.  Mallh.  17,6;  da  fiel  Abram  auf  sein  angesicht. 
\  Mos.  17,3;  da  fiel  Joseph  auf  seines  vater»  angesicht.  50,1; 
und  das  gevogel  fiel  auf  die  as,  aber  Abram  scheuchet  sie 
davon  {vulg.  volucres  descenderunt  super  cadavern).  l  Mos. 
15,11;  und  sie  würfen  das  losz  über  sie  und  das  iosz  fiel 
auf  Matthiao.    apostelg.  t,  26 ; 

0  damals 
wollt  er  den  tempel  nehmen,  von  dort  auf  Jerusalem  r.illni. 
tlfttLiot  fi,  3US ; 

lasi  auch  nach  Argos  mich  onikoranipn,  mit 
\ircluten  scharen  fallen  sie  auf  mich.    Schulk«   •    • 


1281 


FALLEN 


FALLEN 


1282 


da  nu  die  sonne  untergegangen  war,  fiel  ein  liefer  schlaf 
auf  Abram  {inuit  supra).  1  Mos.  15, 12 ;  wie  wir  beide  zugleich 
auf  das  Strumpfband  zu  boden  fallen  {uns  werfen,  eiligst  bücken). 
Schiller  19"';  es  ist  mir  auf  die  brüst  gefallen. 

d)  zu.  ich  falle  zu  füszen  {poln.  upadam  do  nog),  bin  ein 
gehorsamer  diener;  trat  zu  im  ein  mensch  und  fiel  im  zu 
füszen.  Malth.n,  li;  und  da  er  in  sähe,  fiel  er  im  zu  füszen 
(gadraus  du  f6tum  ISsuis).  Afa;c.5,  22;  da  das  Simon  Petrus 
sähe,  fiel  er  Jesu  zu  den  knien  (draus  du  knivam  lesuis). 
Luc.  5,  8 ;  als  nu  Maria  kam  da  Jesus  war  und  sähe  in,  fiel 
sie  zu  seinen  füszen  (draus  imma  du  fotum).  Job.  11,  32.  der 
unterschied  von  zu  den  füszen,  knien  und  auf  die  füsze,  knie 
fallen  ist  also  gewöhnlich,  dasz  jenes  die  füsze,  knie  des  herrn, 
dieses  die  des  kneclUs  meint,  in  fuszfall,  kniefall  kann  beides  liegen; 

da  sah  man  mir  sie  selbs,  die  mein  haupt  mit  dem  fusz 
2u  trümmern  stolz  gedacht,  ganz  zitternd  zu  fusz  fallen. 
Weckherli!«  71. 

mhd.  mir  troumte  hinte  leide,  wie  obe  dir  ze  tal 

Tielen  zw4ne  berge.    Nib.  &67, 3; 

die  ilhrdnen)  Tielen  in  genöte  von  den  ougen  ze  tal. 

362,4; 
nhd.  zu  grande  fallen,  zu  boden  fallen,  zur  erde  fallen,  sinken: 
das  wir  versinken  oder  zu  grund  fallen  werden.  Luthers  br. 
3,  551.  zu  häuf,  häufen  fallen,  cormere,  zusammenfallen,  über 
den  häufen:  darauf  sich  dieses  alt  wacklende  gebäw  stützete, 
dasz  es  nicht  zu  häuf  fiele.  Philaxd.  1,262;  die  finstere 
nacht  konte  ihren  schnellen  lauf  nicht  hindern  und  ob  sie 
gleich  oft  an  stück',  stein,  stamm  und  bäum  liefen  und  noch 
öfter  zu  häufen  fielen,  raften  sie  sich  doch  geschwind  wieder 
auf.   Simpl.  K.  261;  alts.  te  hopa,  ags.  to  heäpe. 

e)  ab,  von.  fiel  ab  sinem  pferd,  descendit.  Eulensp.  25. 
vom  stuhl,  tisch  fallen;  sie  sprach,  ja  herr,  aber  doch  essen 
die  hündlein  von  den  brossamlen,  die  von  irer  herrn  lisch 
fallen.  Malth.  15,27;  und  begeret  sich  zu  settigen  von  den 
brosamen,  die  von  des  reichen  tische  fielen  (jah  gairnida 
sat  ilan  drauhsnö  |)iz6  driusandeinö  af  biuda  Jiis  gabeigins). 
Luc.  16,21;  er  ist  vom  pferde  gefallen;  und  Rebecca  hub  ire 
äugen  auf,  und  sähe  Isaac,  da  fiel  sie  vom  kamel.  1  Mos. 
24,64;  der  apfel  fällt  vom  bäum; 

da  fielen  von  im  auf  der  fert 

zeben  von  den  zwelf  geschlechten.    Schwarzksberg  108, 1, 

fielen  ab  von  ihm;  du  fällst  vom  fleisch,  siehst  aus  wie  ein 
lodtengeripp.  Lenz  1,  207;  und  die  kellen  fielen  im  von  seinen 
bänden,  apostelg.  12, 7 ;  es  fiel  mir  wie  schuppen  von  den  äugen ; 

wem  hier,  wem  itzt 
die  schuppen  nicht  vom  äuge  fallen.    Lesstng  2,249. 

/)  aus.  aus  dem  schif,  nachen  fallfn;  das  kind  fiel  aus 
dem  fensfer,  aus  dem  wagen;  der  same  fällt  aus  der  kapsei; 
der  sand  aus  dem  fasz;  und  eine  stimme  fiel  aus  der  wölken 
und  sprach  (jah  qam  stibna  us  [lamma  milhmin).  Afarc.9,  7; 
jeder  schaltete  ein  und  änderte,  wie  es  ihm  gut  dünkte  oder 
aus  der  feder  fiel.  Lessing  10,336;  der  fusz  ist  aus  dem 
gelenk  gefallen ;  dem  etwas  war  aus  seinem  munde  gefallen, 
woran  der  könig  sich  stiesz.  pers.  baiimg.  1,31;  die  pfeife 
fiel  ihm  aus  dem  munde;  bände,  aus  denen  jeden  tag  neu- 
jahrsgeschenke  fielen.  J.  P.  flegelj.  1,4;  wenn  das  mädchen 
redete,  fielen  blumen  aus  seinem  munde. 

g)  um.  fiel  (warf  sich)  im  umb  den  hals  und  küsset  in 
und  sie  weineten.  1  Mos.  33,4;  und  da  er  in  sähe,  fiel  er 
umb  seinen  hals  und  weinet  lange  an  seinem  halse.  46,29; 
dunkle  locken  fielen  ihr  um  den  weiszen  hals. 

h)  über,  über  einen  stein,  über  ein  stück  holz  fallen ;  über 
einen  fallen  (ihn  überfallen)  und  ihn  mishandeln.  die  locken 
fielen  ihr  übers  gesiebt. 

i)  unler.  es  war  ein  mensch,  der  fiel  unter  die  mörder. 
Luc.  10,36. 

5)  es  folgen  adjediva  oder  adverbia. 
mhd.  doch  viel  er  vor  dem  videlare  tot.    Nih.  2009,4; 

dd  vielen  beide  erslagne  Gcrnöl  und  Rüedegfir.  2158,2; 
nhd.  er  fiel  todt  zu  boden;  es  fielent  die  leul  hungers  halber 
todt  darnider.  Aimon  x3';  fiel  todt  zur  erden,  et*.';  berg- 
männisch, der  gang  ßllt  seiger  (senkreclU),  Tällt  schräge,  die 
locke  Tällt  schief;  das  zeug  Tällt  schön  (im  kleide);  die  falte 
fällt  gerade;  diese  falle  musz  reicher  fallen.  Göthe  14,208; 
das  seil  fällt  lang,  fällt  zu  kurz;  aufrecht  zur  erde  fallen;  die 
kugel  fällt  zu  hoch,  zu  lief;  ich  bin  hart,  weich  gefallen; 
der  stein  fiel  schwer  auf  die  erde;  der  schlaf  fiel  schwer 
auf  meine  müden  äugen ;  das  füllt  leicht,  schwer  ins  gewicht, 
wiegt  leicht,  schwer: 

in. 


ein  aucrenzeugnis,  ein  erhaschtes  wort, 
eia  blatt  papier  fällt  schwerer  in  die  wage, 
als  mein  lebendigstes  gefühl.    Schiller  26ö*; 
die  heerbahn  fällt  zu  weit,  der  fuszpfad  lauft  geschwinder. 
Grtpuius  1,  54v), 

zwar  in  diesem  fallen,  abfallen,  ablenken  liegt  schon  abstraction. 

6)  einigemal  finden  sich  persönliche  dative  neben  fallen,  wer 
bistu,  das  du  einen  fremden  knecht  richtest?  erstehet  oder 
feilet  seinem  herrn  (seinamma  fraujin  standij)  aij)|)au  driusij), 
vulg.  suo  domino  stat  aut  cadit).    Rüm.  14,4; 

die  fiel  dem  donner  des  todes  und  aufstehn 
wird  dem  lautereu  hall  der  auferstehungsposaune. 
Messias  12,676; 

solche  Sieger  waren  wir  einst  auch,  da  wir,  nachdem  durch 
das  blut  der  zwanzig  centurione  der  bund  gemacht  war,  die 
beute  vor  der  schlacht  losten,  dem  Sueven  fiel  das  gold, 
dem  Cherusker  die  pferde,  dem  Sicambrer  die  gefangnen ! 
Klopstock  9,  254,  vgl.  das  losz  fällt  (sp.  1279);  nim  die  Wörter, 
wie  sie  dir  fallen.    Riemer  reime  dich  s.  66. 

7)  fallen  lassen. 

mild,  die  segele  recte  man  h«r  vur 

und  liej  den  wint  vallen  drin.    pass.  H.  380,80; 

tüid.  da  liesz  gott  der  herr  einen  tiefen  schlaf  fallen  auf  den 
menschen  und  er  entschlief.  lAfos.  2,  21;  aber  da  Onan  wüste, 
das  der  same  nicht  sein  eigen  sein  soll,  liesz  ers  auf  die 
erden  fallen  und  verderbts  (LXX  i^e^etv  inl  rrjv  yrjv,  vulg. 
semen  fundebat  in  terram).  38, 9,  wo  Luther  passend  das 
euphemislische  'es'  (sp.  1118)  anwendet;  da  hieben  die  krlegs- 
knechte  die  stricke  ab  von  dem  kahn  und  lieszen  in  fallen. 
apostelg.  27,32;  er  liesz  das  glas  aus  der  band  fallen  und 
der  wein  vergosz;  die  dirne  liesz  den  eimer  fallen,  dasz 
alles  verschüttete ;  das  mädchen  hat  das  kind  aus  dem  fenster 
fallen  lassen;  sie  war  unvorsichtig  genug,  über  ihre  v\ahre 
leidenschaft  einige  worte  fallen  zu  lassen.  Göthe  20,  98  ;  jene 
liesz  ihre  langen  augenwimpern  fallen.  22, 112. 
B)  abstractionen. 

1)  ohne  praeposUion. 

mhd.  daj  reht  was  im  gevallen  {zugefallen),    Erec  1107; 
da  von  er  was  gevallen 
bi  der  selben  zit  also.    Silvester  154; 

nhd.  wenn  die  not  und  leiden  daher  fallen.  Luther  1,  80* ; 
mhd.  diu  höchzit  was  gevallen  an  einen  phinxtac.  Nib.  1305, 1 ; 
nhd.  ostern,  pßngsten  fallen,  treten  ein,  fallen  dieses  jähr 
spät;  man  musz  die  feste  feiern  wie  sie  fallen;  der  zins 
fällt,  ist  fällig,  musz  entrichtet  werden:  nu  manet  uns  der  schös- 
ser  leglich  strenger  und  wir  doch  dasselbe  nicht  mügen  be- 
zalen,  weil  unser  zinse  nicht  fallen  noch  bisher  gefallen  sind. 
Luther  2,514';  der  brauch,  die  sitte  fällt,  geht  unter,  verliert 
sich;  wenn  ihr  diesen  Vorschlag  annehmt,  musz  jener  fallen; 
das  stück  ist  gefallen,  durchgefallen;  die  curse  fallen,  weichen; 
der  werth  der  häuser  ist  im  fallen,  das  handlungshaus  ist 
gefallen,  fallit  geworden,     mir  fällt  der  muth. 

2)  bei  pracpositionen. 

a)  dies  blaue  fällt  ins  grüne,  dies  roth  in  violett;  sein 
witz  fällt  ins  bitlere;  das  leid  fällt  in  freude; 

des  schaden  in  ein  frommen  feit. 

RiNGWALD  geistt.  lied.  D2'.  G5»; 

er  ist  in  schlechte  gesellschaft  gefallen; 

gewinnlich  der  nach  tugend  stelt, 
der  nil  in  pös  gesellschaft  feit. 

Schwarzemberg  128,2; 

er  ist  in  die  gröszte  noth  und  Verlegenheit  gefallen ;  die  allge- 
meine Verachtung,  in  die  er  deswegen  fiel.  Wieland  t,  77 ; 
die  Zwischenzeit  war  ins  vergessen  gefallen.  Göthe  17,396; 
jedem  fielen  seine  eigenen,  obgleich  viel  geringern  schätze 
dabei  wieder  ins  gedächtnis.  19,53;  welches  mir  nie  in  sinn 
noch  fedder  gefallen  ist.  Luther  1,426';  das  fällt  mir  nicht 
in  den  sinn,  in  die  gedanken,  fällt  mir  nicht  ein;  das  fällt 
nicht  in  die  sinne,  äugen,  leidet  keine  sinnliche  Wahrnehmung, 
vgl.  augenfällig,  sinnfällig,  einem  in  die  rede,  ins  wort  fallen, 
ihn  unterbrechen : 

ich  bin  dir  gar  zu  gut.    'ich  dachte  was  es  wäre', 
du  fällst  mir  in  das  wort,    'nun  rede  nur,  ich  höre'. 
Rost  schdferg.  114; 

sie  ergreift  die  guilarre,  und  nachdem  sie  eine  weile  schwer- 
mütig praeludiert  hat,  fällt  sie  in  den  gesang.  Schiller  349'; 
diese  musik  fällt  gar  nicht  ins  gehör;  er  ist  ihm  in  sein 
amt  gefallen;  der  feilet  in  golles  eigen  ampt.  LctherS, 54*; 
das  fällt  in  die  leit  meiner  jugeod; 

81 


1283 


FALLEN 


FALLEN— FÄLLEN 


1284 


den  lorn,  der  oftersmals  den  zaura  zerreiszen  will, 
mit  maciit  zurQcke  ziehn  und  Tallen  in  sein  ziel. 
Opitz  :i,  -nz. 

b)  da  Petrus  noch  diese  wort  redet,  fiel  der  heilige  geist 
auf  alle,  die  dem  wort  ruhöreten.  apostelg.  10,  ii;  angst  und 
furcht  war  auf  ihn  gefallen;  man  musz  nicht  auf  die  guter 
gottes  fallen  und  sich  ir  annemen,  sondern  durch  sie  hin- 
auf zu  im  dringen.  Lütuer  1,  4S5';  wenn  man  nur  den  namen 
dran  hengt,  so  feilt  jederman  drauf  und  helt  es  für  köstlich, 
4,45";  er  feilet  nicht  allein  auf  das  übel,  sondern  behelt  für 
äugen  alle  gute  und  woltbat  des  herrn.  5,45^;  seine  gedan- 
ken  fallen  auf  alles;  denn  es  fall  auf  welchen  weg  {wohin) 
es  wolle,  zur  eroberung  oder  ergebung.  Kibchhof  mü.  disc.  35 ; 

allein  der  wilden  schar 

fiel  auf  die  Dritten  los.    Gellert  1,56; 

es  ist  eine  rechte  noth,  seitdem  die  groszen  herren  auf  das 
incognito  gefallen  sind.  Güthe  14,3;  Friedrich  ergrif  manche 
gelcgenheit,  um  auf  eine  neigung  Wilhelms  gegen  Natalien 
zu  deuten,  wie  konnte  er  darauf  fallen  (verfallen)  ?  20,  293 ; 
sie  fielen  daher  sämtlich  drauf,  das  was  sie  natur  nannten, 
der  cultur  und  der  kunst  entgegen  zu  setzen.  36,178;  und 
blosz  deswegen  thul  er  dieses,  weil  die  folgen  jetzt  anders 
auf  den  könig  fallen.  ScaiiiEn  815";  Stosz,  dem  noch  immer 
das  bauchgrimmen  im  köpfe  steckte,  fiel  am  wenigsten  auf 
ein  dankgebet.  J.  P.  komet  2,118;  es  fällt  mir  schwer  aufs 
herz,  aufs  gewissen. 

c)  all  ding  ir  zu  euch  fallen  secht  {nach  Matlh.  6,33). 

SCHWARZENBERG    111,1; 

damit  ich  nicht  zum  argwöhn  falle.  Luthers  br.  5,  287,  zu  etwas 
fallen  =  lierabfallen,  sinken,  sicii  senken,  mildern:  dessen  gliih- 
feuer  erst  durch  eine  enlfernung  zur  wehenden  wärme  fiel. 
J.  P.  1(715.  löge  3,  25;  die  aipenechos  klangen  in  die  weite  nacht 
zurück  und  fielen  zu  einem  tönenden  hauche.  3, 109. 

d)  ir  habt  Christum  verloren,  die  ir  durch  das  gesetz  ge- 
recht werden  wolt,  und  seid  von  der  gnade  gefallen  (gotli. 
US  anslai  usdrusu|)).  Ca/.  5,4;  das  sie  mehr  sorgen,  das 
gottes  gunst,  lob  und  ehre  von  inen  falle,  denn  das  sie  ver- 
damnet  werden.  Luther  1, 20*.  3, 3 ;  sint  der  zeit  ist  mein 
herz  von  im  gefallen.  4,374';  diejenigen,  so  nicht  vom  text 
fallen,  sondern  bleiben  bei  dem  text.  8,65';  wo  man  einmal 
vom  rechten  verstand  der  schrift  feilet.  8,88'; 

ihr  denket  ich  sei  der  herr  abt  von  sanct  Gallen. 

'ganz  recht,  und  das  kann  von  der  Wahrheit  nicht  fallen'. 

ÜÜRGER  07', 

das  kann  nicht  anders  sein,  a  vero  non  abhorrct. 

e)  der  Carlstad  ist  aus  dem  reich  Christi  gefallen  und  hat 
schifbruch  am  glauben  erlitten.  Lutueb  3,57";  er  ist  aus 
seinem  concept  gefallen. 

f)  und  fiel  eine  furcht  über  sie  alle,    aposlelg.  19, 17. 

g)  die  schichten  des  muscbelkalks  fallen  alle  gegen  das 
meer.    Göthe  28, 169. 

3)  bei  adjediven: 

und  bringst  den  feind  so  weit, 
da<i  er,  vvie  schwer  es  lallt,  für  sieg  genade  schreit. 

Opitz  1,5; 
der  tod  fallt  nicht  so  leicht.    Grtphids  1,496; 
ihr  fällt  das  licht  zu  stark,  obgleich  der  tag  sich  wendt. 

1,601; 
leichte  fSIlt  es  lieb  bekummen, 
leichte  rallts  ein  weih  genuramen.    Logad  1,121,17; 
noch  dennoch  war  mir  wol  und  alles  flel  geliebet  (nac/i  wünsch), 
weil  ruh  mir  wol  geüel.    3,528,56; 
zipollen  stinken  zwar,  doch  einem  glcichwol  deucht, 
wenn  man  sie  etwan  aus  des  schönen  munde  reucht, 

es  angenehmer  (alt, 

als  rosen,  so  die  band  des  heszlichen  für  hält. 

pers.  roxvntli.  6,2; 

als  den  rätben  die  zeit  unsre  proposition  anzuhören  zu  lang 
fallen  wolle,  pers.  reisd.  1,9;  diese  reise  wird  dir  höchst 
beschwerlich  und  gefährlich  fallen,  per».  ro5fn/A.  2, 11 ;  zumaln 
auch  die  armulh  dir  selbst  zu  dienen  und  das  werk  der  Seligkeit 
zu  treiben,  nicht  hinderlich  fället.  Scriver  scWe/iic/i,  2, 181 ; 

nachdem  der  lohn  vor  meine  lieder 

im  vaierlande  mager  ßlll.      GÖNTum  188; 

an  hören  lAllt  fn  schwer  das  alter  zu  erreichen, 

das  mancher  schlechter  greis  in  niedern  hfiilen  Tand, 
HacrdoR!«  V,  )iä; 
damit  ihre  Wachsamkeit  ihm  nicht  hinderlich  fiele.  J.  E. 
SciLEceL  6, 197 ;  es  gibt  wiederum  andere  (dinge),  gegen  die 
alle  kraft  der  legislation  zu  kurz  fallt.  Lf.ssi:<ic  7,  32 ;  beides 
wflrde  manchem  andern  regenlen  unendlich  schwer  und  viel- 
Iricht  ganz  anmöglich  gefallen  sein.  Wiki.a!«u  7, 274 ;  der 
irtbrheU  nicht  hinderlich  fallen.    Ki.iT  8,11; 


sie  sagt  ihm,  dasz  er  unter  allen 

ihr  einzig  und  alltMn  purullen. 

nichts  tiel  ihr  zu  bekennen  schwer, 

sie  sagt  ihm  dies,  wer  weisz  ob  nicht  noch  mehr. 

Rost  schäferged.  29.  schäfererx.  22 ; 
die  fürsten  sind  ein  schlag  von  leuten, 
der  warlich  gut  genug  noch  fallt.    Gökijick  1,27; 
verzeihen  sie,  madam,  wenn  ich  beschwerlich  Talle. 

Götur  7,  ö2; 

aber  wer  ein  positives  übel,  zahnweh  oder  Unfrieden  im  hause 
bat,  der  frage  keinen  arzt  und  kein  orakel.  ihr  wissen  fällt 
zu  kurz.  14,6;  einem  zur  last  fallen; 

dem  alten  manne,  der  in  zwanzig  schlachten 

dem  tod  für  sie  entgegen  gieng,  fällt  es 

doch  hart  sich  so  entfernt  zu  sehn.    Schiller  288*; 

der  Verlust  muste  der  schwedischen  parfei  um  so  empfind- 
licher fallen.  983';  wo  ihm  die  Schreibstube,  das  einkaufen 
der  wolle,  das  dingen  und  zahlen  unleidlich  fiel.  Armm 
kronenw.  1,  293. 

4)  fallen  lassen,  fahren  lassen,  oß  in  der  entgegengesetzten 
bedeutung  des  verschwägens  und  aussprcchens :  es  luter  fallen  lan. 
Keisersb.  bilger  56';  losz  ich  ietz  fallen.  57';  wie  aber  die 
mönche  dis  ir  heilig  leben,  da  sie  von  rühmen,  halten,  wollen 
wir  hie,  umb  glimpfs  willen,  fallen  lassen  (übergehen,  vorbei 
lassen,  verschweigen).  Luther  6,  373';  die  weil  ihr  nun  sterben 
müszt,  so  laszt  alles  zeilliche  fallen,  denn  es  euch  zu  dem 
ewigen  nicht  genutzen  mag.    Galmy  319 ; 

seine  forcht  liesz  er  doch  fallen.    Weckherlih  316; 

laszt  nur  den  blinden  wahn  aus  euren  herzen  fallen. 
Gryphiis  1,495; 

dergleichen  künste  als  ihr  im  spielen  gezeigt  habt,  müssen 
ihren  mann  niemals  fallen  lassen.  Felsenb.  2,  383  (ihn  immer 
in  hohem  wolsland  erhalten);  den  mechanismus  in  den  erzeii- 
gungen  der  natur  fallen  lassen  und  in  der  erklärung  der- 
selben vorbei  gehen.  Kant  7,  288 ;  er  hatte  sogar  bereits  von 
seinen  anschlügen  gegen  diese  wackern  leule  manches  gegen 
den  sultan  fallen  (verlauten)  lassen.  Wieland  7,  360 ;  lassen 
wir  das  gespräch  fallen ;  ich  liesz  die  sache  fallen  (gieng 
darüber  hin),  ohne  sie  abzulehnen.  Göthe  27,  229 ;  dasz  du 
mir  ja  das  thema  über  musik  nicht  fallen  läszf.  Bettina  br. 
1,279;  soll  ich  dem  mädchen  von  dem  nahen  glücke  sagen? 
so  etwas  musz  ich  fallen  lassen  (aussprechen).  Arnim  schaub. 
1, 139 ;  ich  liesz  fallen  (erzählte  neben  her),  dasz  ich  viel  geld 
verspielt  hätte. 

s.  abfallen,  aufallen,  auffallen,  ausfallen,  befallen,  beifallen, 
dahinfallen,  darfallen,  dazwischenfallen,  durchfallen,  einfallen, 
entfallen,  entgegenfallen,  gefallen,  herfallen,  hinfallen,  mis- 
fallen,  nachfallen,  niederfallen,  überfallen,  unterfallen,  ver- 
fallen, vorfallen,  zerfallen,  zufallen. 

FALLEN,  n.  l)  casus,  ruina,  lapsus,  gen.  des  fallens,  in  wel- 
chen formen  man  doch  im  gründe  lauter  verbale,  tat.  gerundien 
ähnliche  sehen  darf: 

ich  aber  seh  in  so  gelungner  wähl, 
ist  Thyrsis  hier,  die  stunden  spielend  wallen, 
wie  diesen  bach,  der  durch  das  gnine  thal 
so  lauter  schleicht,  und  ohne  brausend  fallen. 

Hagedorns  versuch  in  poH.  fabeln  und 
ert.  1738  ».  138, 
was  er  nachher  änderte  in: 

wie  pflegten  mir,  nach  so  beglückter  wähl 

in  Thyrsis  arm  die  stunden  zu  entweichen  f 

so  seh  ich  itzt  durch  dieses  grtiii«  thal 

den  lautern  bach  um  gras  und  hlunien  schleichen.    2,79; 

flel  eine  krön  ihm  zu,  und  es  hedürfte  nur 

sie  mit  der  band  im  fallen  aulzuhaschen, 

er  streckte  nicht  die  band.    Wirland; 

sie  flel 
ohnmSchtig  hin  und  ritzte  sich  im  fallen.    Scrilur  . . , 

2)  bergmännisch  Senkung:  ein  lagcr  oder  flötz  mit  geringem 
fallen ;  an  verschiednen  puncten  des  fallens. 

FÄLLEN,  caedcre,  fallen  machen,  golh.  drausjan  *=*ahd.  troran. 
ahd.  fallian,  fellan,  mhd.  vellen  valtc,  nnl.  vellen  velde,  enyl. 
feil,  altn.  fella,  schw.  fälla,  ddn.  fillde.  nur  die  ///  $g.  laittH 
der  von  fallen  gleich,  son.tf  scJieiden  sich  alle  formen  des  inir. 
fallen  tind  tr.  fällen,     gemahnt  oß  an  ßäXketv. 

1)  holz  fällen,  bäume  fallen:  und  werdet  feilen  alle  gute 
bewme.  2itrin.  3, 19;  follelen  alle  gute  bewme.  3,15;  und  da 
einer  ein  holz  feilet,  fiel  das  eisen  in«  wasser.  6,5;  feilet 
bewme  und  macht  srhtltle  wider  Jcnisalrm.  Jer.  6,6;  böum, 
wäld  feilen  oder  abhauwen,  robnra  demillere  ferro.  Maalrr 
133*.  134';  man  feil  den  ganzen  wald  schif  zo  machen,  in 
c/oMMi  eaäit  omn$  nemus.  133'; 


1285 


FÄLLEN 


FÄLLEN  — FALLExND 


1286 


da  sah  ich  TöfTeln  an  den  hecken,  ' 

er  fällte  holz  und  püf  dazu.    WsisZB  kom.  op.  3, 5. 

2)  mauern,  thürrae  ßlllen: 

daj  er  im  mit  gewalte 

genuoge  bürge  valte.    Trist.  10,30; 

die  Stadtmauer  soll  gefällt,  niedergerissen  werden ;  herumb  wil 
ich,  das  ewer  ieder  bleiden  zurüst,  darmit  man  den  groszen 
thurn  darnider  fei.  Aimon  x4';  sprich  zu  den  tünchern,  die 
mit  losem  kalk  tünchen,  das  abfallen  wird,  denn  es  wird 
ein  platzregen  komen  und  werden  grosze  hagel  komen  die 
es  feilen,  sihe  so  wird  die  wand  einfallen.  Ez.  13, 11.  auch 
steine  vom  schild  schlagen: 

vil  der  edelen  steine  gevellet  üf  daj  gras 

abe  liebten  schildes  spangen.    Sib.  37,3. 

3)  wild  fällen,  erlegen: 

nü  da;  der  hirj  gevellet  wart.    Trist.  71,28; 

räh,  hirsch  und  andre  wilde  thier 

zu  lallen.    Weckherli?!  429; 

hasen  fället  auch  er  und  jagt  nach  anderem  wilde. 

OVEBBECK   177, 

xal  jTTßJxos  ßäXkti,  xal  d'Tj^ia  t  ä?J.a  Sicöxet. 

Theoer.  1,109; 
die  erlaubnis  hohes  wild  zu  fällen.  Moser  2, 154.  die  genaue 
iceidmännische  spräche  unterscheidet  zwischen  fällen  und  schlagen, 
zwischen  errällen,  erschlagen,  erlegen,  der  hirsch,  das  reh  wird 
gefallt,  nicht  erschlagen,  der  bar,  wisent  «.  s.  w.  geschlagen. 
wie  erlegen,  zerlegen  den  schlusz  auf  legen  gestaltet,  darf  man 
aus  zevellen  Greg.  3120  vielläcld  folgern,  dasz  auch  die  fischer 
Teilen  auf  den  fisch  anwandten. 

4)  häufig  von  menschen, 

a)  zu  boden  werfen,  ohne  tödtung.    Nib.  434, 4. 
6)  fällen,   tödten,   oß  mit  beigesetztem  acc.  des  adj.  tot  (wie 
ipjr  den  nom.  bei  fallen  slehn  sollen  sp.  1281) : 

ja  vellent  sine  dcpne  manegen  helt  tot.    Nib.  1939,2; 

daj  du  mich  tot  niht  Teilest.    Parz.  266,26; 

6  da;  si  Teilen  töten.    Neidhart  xxun,  1 ; 
aber  auch  darohne: 

mit  grimme  begreif  er  da;  swgrl 

und  gedäht  et  Teilen 

sinen  kampfgesellen.    Erec  9193; 

wolt  Teilen  in  des  tödes  grünt,    fcrone  21269; 

da;  ern  z6r  erden  Talte.    Trist.  177,20; 
namentlich  in  der  Verwünschung : 

got  müe;e  iuch  Teilen.    Parz.  516,2; 

got  müe;e  den  Teilen.    En.  222,36; 

dfis  Teile  sie  dSr  gotes  segen.    kröne  16712; 

den  Teile  gotl    tr.  kr.  26S*s7; 

got  selbe  müest  in  Teilen  nider.    IIelbl.  8, 1150. 
auch  verkniipß  sich  vellen  mit  veigen: 

hei  was  da  guoter  knehte 

gevellet  und  geveiget  wart.    Trist.  43,31; 

gcTellet  und  geveiget 

Til  schiere  wurden  tüsent  man.    Pantaleon  1500. 

nhd.  und  wil  in  durchs  schwert  feilen  in  seinem  lande.  2  kön. 
19,7;  felleten  in  daselbs  durchs  schwert.  2  cAron.  32,  21 ;  die 
gottlosen  ziehen  das  schwert  aus,  und  spannen  iren  bogen, 
das  sie  feilen  den  elenden  und  armen,  ps.  37,14;  denn  sie 
hat  viel  Ten^und  und  gefeilet,  spr.  Sctl.  7,26;  wie  bistu  vom 
himmel  gefellet  du  schöner  morgenstern,  wie  bistu  zur  erden 
gefellet?  £5.  14,12;  und  wil  in  durchs  schwert  feilen  in 
seinem  lande.  37,7;  und  wil  sie  durchs  schwert  feilen.  Ez. 
25, 13 ;  und  stellet  sich  als  woll  er  dir  helfen  und  feilet  dich 
meuchlings.  Sir.  12, 18 ;  erreicht  er  einen  rilter  und  feilet 
inen  fodt  zur  erden.  Aimon  cl';  wo  reuter  oder  knecht  von 
oder  durch  die  feind  angerennt  und  erlegt  oder  gefeilt  würden. 
Fbo.>sperc  kriegsb.  1,05'; 

so  Paris  heut  den  Menelaos  fällt, 

so  bleib  ihm  Helena.    Bürger  154*; 

Knud  schickte  Edmunds  kinder  seinem  Stiefbruder,  dem 
künig  Olaf  von  Schweden  zu,  der  aber  unwillig  ihre  Jugend 
zu  fällen,  ihnen  eine  freislätte  am  ungrischen  hofe  Schafte. 
Dahimanx  dän.  gescii.  1,104;  am  söhne  war  nichts  zu  fällen, 
sondern  am  vater,  für  den  man  den  wald  und  opferhammer 
so  lang  aufgehoben  schweben  läszt.  bis  er  mit  seinem  köpfe 
darunter  steht.  J.P.Hesp.  3,125;  der  Scharfrichter  fällte  das 
haiipt  mit  einem  streich. 

5)  eine  Jungfrau  fillen,  entehren,  schwächen,  vgl.  fall  l,  f. 

meidet  m.-innsbilder  und  jung  esellen, 
die  euch  an  ehrn  mochten  feilen.    Atker  7*; 
und  giene  hin  mit  seinen  gesellen 
die  jungiraw  iimb  ihr  ehr  zu  feilen. 

W.  Spatigenberg  auüind  oder  fangbriefe  Cl*. 


6)  den  anker  füllen,  fallen  lassen,  niedersenken,  auswerfen. 

7)  einen  Schacht  fällen,  tiefer  senken. 

8)  eine  linie  fällen,  senkrecht  fallen  lassen:  eine  linie  auf 
eine  andre  fällen.   Katp  8,  99. 

9)  einen  aufgelösten  stof  ßllen,  niederfallen  lassen,  prae- 
cipUare:  das  durch  unterschiedliche  safte  gefaltete  eisen.  Kant 
10,  41.     unsere  Chemiker  bedienen  sich  fast  nur  des  fremden  worts. 

10)  die  Zähne  fällen,  fallen  lassen,  wechseln,  gleicht  dem 
ßaß.Xsiv  oSövras. 

11)  die  bruech  feilen,  die  hosen  fallen  lassen,  abziehen,  ab- 
werfen.   Keller  erz.  672,  26. 

12)  in  die  grübe,  in  das  grab  fallen,  stürzen  machen:  im 
herzen  denket  er,  wie  er  dich  in  die  gruben  feile.  Sirach  12, 16 ; 

den,  den  die  grimme  weit 
Tom  höchsten  himmel  aus  bis  in  das  grab  gefällt. 

Flexi^g  3; 
wilst  du  dich,  mich  und  sie  in  6ine  grübe  lallen?    620. 

13)  das  gewehr  fällen,  senken,  zum  angriff:   fällts  gewehr! 

14)  abstraä,  stürzen,  verderben,  überwältigen,  besiegen: 
du  mainst,  in  der  theologei 

seist  ganz  von  meinen  stricken  frei. 

geiz,  unkeusch,  hoffart  ich  dir  stell, 

damit  ich  tu  deins  gleichen  feil.    ScHwiBZSMiae  123, 1 ; 

ist  doch  seine  sitsamkeit 

nicht  wie  deine  fertigkeit 

durch  ein  andre  lieb  zu  ßllen.    Weckherli!»  402; 

was  noch  das  gröszest  ist,  die  feinde  seh  ich  stellen 

auf  allen  selten  auf,  wie  sie  nur  mögen  lallen 

mein  abgeseelte  seel.      Flev^g  19; 

so  wird  mit  ihm  verloren 

was  in  der  zeit  geboren, 

die  alles  fällt  und  stürzt.    Grtphiüs  2, 181 ; 

es  kriegt  ihm  Mars  jetzt  selbst,  und  das  was  er  erkrieget 

bt,  dasz  er  lallt  die  weit  und  selbst  mit  ihr  erlieget. 

LoGAD  1,98,8; 

die  thränen  einer  schönen  fällen  Zeus.    Schiller  15*; 
lögen  sind  nur  die  waffen  der  hülle,  die  braucht  Fiesco  nicht 
mehr,  seine  Julia  zu  fällen.   171*. 

15)  den  Spruch,  das  urtheil  fällen,  ergehen,  fallen  lassen: 
der  Spruch  ist  schon  gefällt;  und  feile  ein  urteil  über  uns. 
1  Mos.  43, 18 ;  der  herr  feile  heut  ein  urteil  zwischen  Israel 
und  den  kindern  .4mmon.  rieht.  11,  27 ;  und  das  urteil  erschall 
für  dem  ganzen  Israel,  das  der  könig  gefellet  hatte.  1  kön. 
3,  28 ;  er  feilet  nach  seiner  gewiszne  ein  urlheil.  Wickras 
rollw.  93 ;  ein  urtheil  fällen.  Käst  7,  61  und  oft.  ebenso  die 
wähl  fällen: 

und  schlosz  er  wolt  ihnen  einen  stellen, 

würden  sie  die  wähl  auf  ihn  feilen, 

er  soll  ihn  die  hauben  rucken,    froschmeus.  2, 5(J14'). 

16)  refl.  sich  fällen:  stürzt  er  sich  über  ein  mauer  ab  und 
feilet  sich  zu  todt  aus  begird  eins  bessern  lebens.  Frank 
chron.  lOS',  wo  sich  freilich  aus  feilet  nicht  entnehmen  läszt,  ob 
der  inf.  fallen  oder  feilen  lautete,  die  folgenden  stellen  scheinen 
für  fällen  zu  sprechen: 

die  ihm  mancherlei  weis  nachstellen, 
ihn  Ton  dem  glauben  abzufeilen.    H.  Sachs  V,  100*, 
abfallen  zu  machen,  was  schon  1,37  aufzuführen  gewesen  wäre; 
die  füsze  matt  und  krank 
und  die  sich  selbsten  fällen.    Fleming  639. 
es  heiszt  aber  sonst  sich  todt  fallen,   zu  tod  fallen,   sich  den 
hals   abfallen   und   man   wird   auch  hier  unterscheiden  müssen 
fällen,  fallen  machen,  stemere  von  fallen  cadere;  hierruuh  gebührt 
der  frankischen  stelle  fallen,     vgl.  Terfällen. 

FÄLLE.N,  n.  caesura:  das  fällen  der  bäume  verursacht  ab- 
nähme der  bäche. 

FALLEND,  cadens,  cadueus. 

1)  die  fallende  sucht,  epilepsia,  morbus  comilialis,  bvhm.  padaucj 
nemoc,  ahd.  faliandiu  suht.  Diut.  2,  193';  'daj  vallende'. 
ROcEERT  zu  Berit  s.  125; 

die  beten  die  Tallenden  suht.    Ulrich  1092; 

die  diu  vallunde  suht  warf  nider.    Serval.  1572; 

sweme  wirret  diu  vallende  suht.    kaiserclir.  6491; 

ir  brach  diu  Tallende  suht 

harte  vil  mit  ungenuht.    Haupt  8,185; 

ei  harr  und  hab  dirs  Tal  und  (/.  fallund)  ubell 

n.  Sachs  m.  1,199»; 
du  schendlichs  fallund  übel!  V, 344*; 
gekürzt  in  faldubei.  fastn.  36,13.37,11.47,22.81,2.255,15,  ja 
in  falbel  (oben  sp.  1268).  später  das  fallende  leid,  die  fallende 
krankheit,  'das  fallende',  vgl.  Germania  2,377  und  myth.  lllo. 
vom  namen  der  fallenden  krankheit  wissen,  das  von  den 
arzten  viel  ihr  bcschreibung  sind  . . .  darunib  so  bleibt  der 
nam  'das  fallend'.  Paracei.süs  1,542*;  es  (das  öl)  bebt  auch 
die  leul  im  fallendea  siechtumb  auf.   1,693*. 

81* 


1287        FALLENDSÜCHTIG  — FALLHUT 

2)  das  fallende,  im  metrum,  die  cadenz.  der  lieblich  falleode 
abbrucb  in  der  mitte  der  langen  versen.    Weckbeblin  von. 

3)  das  fallende  laub,  blatt.    louprise. 

41  der  fallende  bach:  ich  dann  im  hohen  grase  am  fal- 
lenden bache  liege.  Göthe  16,  8 ;  ihr  blühenden  wiesen,  fal- 
lende bäche,  steigende  wälder.    Fr.  Müller  1, 18. 

5)  in  die  äugen  fallend:  an  dem  sichtbarsten,  in  die  äugen 
fallendsten  orte.    Lessing  10,  43. 

6)  rinne,  rinne  flüchtige  nacht,  und  verdecke  mir  die  fal- 
lende sonne  nicht  lange!  J.  P.  Hesp.  2,247;  etwas  unaus- 
sprechlich mildes  und  weiches,  was  oft  im  weiblichen  ge- 
siebt das  brechende  herz,  das  fallende  leben  bezeichnet. 
2,201;  den  kummer  der  fallenden  freundschaft.  2,165;  die 
Zeiten  fallenden  geschmacks.  aesth.  2,213;  und  die  grüne 
erde  geht  auseinander  und  schlügt  über  meine  fallende  puppe 
mit  ihren  blumen  zusammen.    Ilesp.  1, 149. 

FALLENDSÜCHTIG,  epileplicus :  folgends  hett  er  ein 
Schlachtordnung  von  ..»  faulen,  mürben,  würmwiblenden 
und  fallendsüchtigen  käsen.  Garg.  54',  es  sieht  fallensichligen 
und  in  andern  ausgaben  fallendsichligen ;  Hl'  kreuschen  und 
fallendsüchtig  werden. 

FALLENDCNG,  f.  casus,  bühm.  päd:  lateinische  und  grie- 
chische fallendungen.    J.  P.  aesth.  2,  225. 

FALLENOHR,  n.  das  was  den  riegel  im  schlösse  bewegf,  gUnch- 
sam  ohr  der  falle. 

FALLENSÜCHTISCH,  epilepticorum  more:  wie  die  Spanier, 
die  auf  cilicisch  und  fallensüchtisch  aus  der  erschlagenen 
wunden  blut  saufen.    Garg.  234'. 

FALLENWILLIG,  ruinae  proximus: 

bedenket 
den  verfaulten  grund  der  schon  gelenkten  seulen 
die  fallenwilljg  sein.      Scuottel, 

eine  falsche  worlbildung,  da  kein  inf.  in  die  composiUon  eingehen 
darf  keine  ausnähme  macht  thunlich,  was  man  sehe,  doch 
künnle  das  Substantiv  fallen  gemeint  sein. 

FALLER,  m.  hat  man  für  Irochaeus  gebraucht. 

FALLER,  n.  für  falter,  falltor :  inwendig  dem  faller.  weisth. 
i,  480. 

FALLETER,  n.  dasselbe,  wie  esfer  für  eschtor  sp.  1172. 

FALLFORM.  f.  casus,  unbrauchbar  wie  faliendung. 

FALLFERTIG.  fallbereU,  nah  daran  zu  fallen. 

FALLFERTIGKEIT,  f. 

FALLFLECK,  m.  labes,  labecula  in  cule  lapsi,  verletzte  haut 
eines  gefallenen. 

FALLFREI,  liber  a  lapsu: 

CO  halt  du,  herr,  micti  stets  fallfrei!    Weceherlin  114. 

FALLFRIST,  f.  nach  der  öslerreicldsclten  gerichlsordnung  für 
Düthfrist,  Verfallfrist. 

FALLGANG,  m.  abtheüung  im  (ischwasser. 

FALLGATTER,  m.  n.  catarracla,  galter  oder  gilter  am  Ihor, 
das  herabfällt:  das  obere  thor  ist  neu  und  gut  gebaut,  ein 
scheinbares  fallgatter  scblieszt  den  obern  halbzirkel.  Gothe 
43,66;  das  dicke  fallgatter  seiner  schmalen  stirn  lasset  keine 
fremde  meinung  ein.  J.  P.  klagdied  der  mdnner  4.  ryl.  ein  fal- 
lender schuszgatter.    Garg.  105". 

FALLGELD,  n.  beim  lehnsanfall  zu  enlridUen. 

FALLGITTER,  n.  wie  fallgatter. 

FALLGLCCK,  n.  lapsus  absqne  laesione.    Stieleb  675. 

FALLGRARE,  m.  fussa  munimentum  cingens:  fallgraben  um 
die  feslung  anlegen. 

FALLGRURE,  f  fovea  ferae  capiendae:  der  minister  wurde 
io  der  letzten  tiefen  fallgrube  des  Schicksals  ganz  muthlos 
angetroffen.  J.  P.  Tit.  3, 154. 

FALLGL'T,  n.  beim  lodeffall  heim  fallendes  gut:  was  von  fall- 
gütern  dem  berrn  von  rechtswegen  heimfilllt.  Houberg  3, 1,42*. 
«eitth.  1,6GI. 

FALLHAUS,  n.  wohn  der  abdecker  die  hdute  außewahrt. 

FALLHOF,  m.  ein  probst  zu  s.  Alban  hat  fünf  fallhof  zu 
Kemps,  da  jeglicher  hof  git  einen  fall,  so  ein  lehenman  stirbt 
oder  abgat,  das  ist  das  beste  baupt  vieh  ohne  eines,  weisth. 
1,  «56. 

FALLHÖHE,  f  höhe,  von  wo  ein  kOrper  fdlU.  Brandes  vorl. 
iber  astronomie  1S27.  1, 122. 

FALLHOLZ,  n.  holzfall,  wind  fall,  gcfailnet  holz. 

FALLHL'T,  m.  viuninifntum  capitis,  hülchrn,  dm  köpf  des 
kindet  beim  fallen  zu  srhülzm :  er  warf  fallhul  und  flügelkleid 
weil  weg.  J.  P.  ri/.  1,110;  so  handeln  beiszl  mit  dem  fallhut 
cbapcau  bas  gebn.    lU.  nacM.  4,11. 


FALLIEREN — FALLMEISTER 


1288 


FALLIEREN,  fr.  faiUir,  ü.  inline  (Diez  137),  mhd.  filieren, 
fallieren,  mnl.  failgieren: 

wol  da  getjostieret  wart 
von  den  zwein  jungen  äne  hart 
sunder  fälieren.    Purz.  211,17; 
sunder  fälierens  misse.    465,24; 

unde  täten  goume 
swenne  si  panierten, 
da?  si  nilit  fallierten.    738,28; 

da  wart  failieren  gar  vermiten.  Wh.  87,25; 
ja,  sin  wort  falliret  nitit.  Haupt  5,553; 
wan  waj  dise  Sibille  sagete,  da;  wart  war,  wan  di  schrifl 
saget  von  den  anderen  Sibillen,  der  wären  eilfe,  der  pro- 
phezle  fallirte,  aber  dise  Sibille  fallirte  nicht,  myst.  127,24. 
nhd.  fallieren,  triegen.  Heniscu  991,  22 ;  der  sonsten  in  seinen 
Worten  niemaln  falliret  bette.  Spee  g.  tugendb.  197.  heule  in  dem 
eingeschränkten  sinn  von  unvermögend  sein  zu  zahlen:  etliche 
kaufleut  beben  ire  hiindel  so  hoch  an,  dasz  si  in  {einen  handel) 
nit  hinausz  künden  fueren  und  müssen  darüber  entlaufen, 
welchs  man  aufstehn  heiszt  oder  gefalliort;  in  Hispanien 
heiszt  es  bankerota.  Albercs  dial.  vom  inlerim.  P2';  holla, 
Vetter,  warum  so  sinnend?  haben  wir  (d.  i.  habt  ihr)  etwa 
fallirt,  dasz  ihr  so  bankrut  dasteht?  Fr.  Müller  3,  259.  im 
Volke  auch  noch  es  hat  ihm  falliert,  fehlgeschlagen,  vgl.  fehlen. 
FÄLLIG,  caducus,  deciduus. 

1)  fällig  im  kämpf,  vor  gerichl,  überwunden :  fällig  im  recht, 
caducus  in  causa;  wo  er  (der  ankläger)  die  peinliche  recht- 
fertigung  nicht  auszfüren  oder  sunst  im  rechten  fellig  würde 
(aliasve  in  jure  defeccrit.  Gorler).  Carolina  art.  12 ;  wo  er 
aber  nicht  fellig  noch  mit  heiliger  schrift  überwunden.  Luther 
3, 410';  der  von  diesen  schuldig  oder  fellig  erfunden  wird. 
Frank  weltb.  67';  das  bestund  nicht  lange,  es  wurden  ellicb 
fellig.    Wickram  roUw.  63'. 

2)  fällig,  labilis,  zu  boden  fallend,  niederfallend:  frucht  an 
den  weg  fellig.    weisth.  3,741; 

die  falwen  blätter, 
die  wann  der  winter  kommt  das  ungesclilaclite  weiter 
erscliröckt  und  fällig  maclit.  HoapLER  118. 

dann  bildlich,  in  sünde  fallend: 

dreiliundert  sechzig  fünfe  sind  tacre  von  dem  jähre 
wenn  siebenmal  des  tages  der  fromme  frillig  wäre, 
was  meint  man  was  für  summen  der  sünde  werde  spinnen 
der  böse?  Locad  3, 78, 15. 

3)  fällige  einstürzende  wand;  i<illiger  thurm;  fälliges,  bau- 
fälliges haus: 

die  träm  und  durchzfig  auch,  die  sparren  samt  den  wänden, 
so  disem  fälligen  gebäu  hocbnölhig  sein.    Rompler  U9; 

wir  bauen  grosze  heuser,  die  doch  endlich  die  zeit  durch 
ihren  eisernen  zahn  wegfriszt  und  fällig  macht.  Bdtscbkt 
Palm.  6G3. 

4)  fällige  wunde,  durch  einen  fall,  stürz  henorgebrachie?  vgl. 
fallvvunde,  oder  eine  heilende,  zufallende?  von  dem  underrichl 
der  erkantnus  der  glücksamen  und  unglücksamen,  der  fälligen 
und  unfälligen  wunden.    Paracelsüs  chir.  sehr.  37'. 

5)  fällig  geben,  hingeben,  mUllieilen,  zufallen  lassen,  s.  1, 513. 
514  unter  anwand. 

6)  fällig,  solvendus:  das  geld,  der  zins  ist  fällig;  ein  noch 
nicht  fälliger  Wechsel. 

s.  abfällig,  anfällig,  auffällig,  augenfällig,  baufällig,  bnsz- 
fällig,  erlifäliig,  fuszflillig,  gefällig,  giücksfällig,  hinfällig,  niis- 
fällig,  niederfällig,  peinfällig,  rechtsfdJIig,  rückfallig,  sachf;iliig, 
straffällig,  windfällig,  zufällig. 

FALLINIE,  /".  senkreclit  fallende  linie.    s.  fällen  8. 

FALLKÄFER,  m.  cryplocej^alus,  eine  käferarl,  die  von  der 
pflanze  abfallen,  wenn  sich  eine  hand  ndlierl. 

FALLKESSEL,  m.  zum  niederschlag  gefdllttr,  flüssig  aufge- 
löster erze.     s.  fällen  9. 

F.\LLKLAPPE.  f.  eine  klappe,  die  leicht  niederfallt. 

FALLKLINKE,  f  klinke  mit  einer  feder,  vgl.  fallenohr. 

FALLKLOTZ,  m.  was  fallblork. 

FALLKNECHT,  m.  des  abdeckers  knrrht ,  der  das  gefalhe 
thier  holt: 

nach  dem  fallknecht  schickte  jener,  dnüi  er  weg  den  ocb*«n 
bringe.    Platkn  'M. 

FALLKRAllT,  n.  arnica  montana  und  inula  hirta,  echtes  und 
unechtes  fallkraut,  nnl.  vallkruid,  auch  wolvcrloih.  rindvr 
lassen  das  wolverleih  stehen,  ziegen  fressen  es  oline  gefalir. 

FALLMANN,   der  den  fall,  lodfall  entrichten  musz.    wn.'^lh 

1,  650.  003. 

FALLMEISTER,  m.  mortidna  roriis  exuens,  abdecker,  schindrr. 
wuscnmeisler ;  'es  kann  auch  ein  fallmeister  sein,  wir  greifen 


1289 


FÄLLMITTEL  — FALLS 


FALLSACK— FALLTON 


1290 


ihn  nicht  ao'  (als  die  bauem  einen  auf  dem  felde  todt  gefund- 
fipn  belller  begraben  sollten),  i.  P.  biogr.  bei.  1, 170 ;  wenn  sie 
aber  ein  gelüsten  trugen  mit  jemandem  anzustoszen,  so  war- 
teten sie  bis  der  gevatter  fallmeister  vorüber  kam.  Hebbel 
Maria  Magd.  74.     s.  fallkneclit. 

FÄLLMITTEL,  n.  zum  fällen,  praeäpitieren. 

FALLMÜTZE,  f.  wie  fallhut. 

FALL.NETZ,  n.  zum  einfangen  icilder  Ihiere: 

als  er  wieder  kam,  stellt  ihm  der  fürst 

ein  neues,  feingewebtes  fallnetz  auf.    Borger. 

FALLOBST,  n.  ton  selbst  gefallnes,  bei  Haltacs  988,  25  noch 
fallobs,  foma  caduca;  ein  wahres  umgestürztes  fruchthorn, 
bei  dem  das  unter  dem  schreibenden  leben  goch  nachkom- 
mende fallobst  gar  nicht  einmal  angeschlagen  wird.  J.  P. 
papierdr.  rorr.  vi. 

FALLPFAHL,  m.  was  fallbaum. 

FALLRALM,  m.  für  frei  fallende  körper.  Brandes  vorl.  über 
astr.  1,  200. 

FALLRECHEN,  m.  was  fallgatter:  ihr  plan  war  sich  unter 
die  thore  zu  stellen  und  zu  verhindern,  dasz  man  die  fall- 
rechen nicht  herunter  liesze.    Schiller  10S2'. 

FALLREIF,  von  überreifem  obst,  das  abfallen  will. 

FALLRICHTü.NG,  f  directio  casus:  der  stosz,  welcher  die 
weltkürper  von  ihren  fallrichtungen  abgelenkt  und  in  bahnen 
gezwungen  hat.    Cotta  briefe  über  Humboldts  kosmos. 

FALLRIEGEL,  m.  wie  fallklinke. 

FALLRIEME,  m.  am  pferd.    wmslh.  2,  24". 

FALLS,  st  forte,  dummodo,  im  fall,  zuerst  bei  Stieler  419 
und  Frisch  1,  242',  von  Adelung  getadelt,  und  neben  unserm 
wenn  oder  ob  klingt  auch  die  parlikel  steif.  Gellert  setzt  sie, 
glaube  ich,  nicht,  wol  aber  Hagedorn: 

ein  jeder,  der  in  diesen  jähren 

mir  ohne  lachen  widerspricht, 

ist  glücklich,  falls  er  nicht  erfahren, 

wie  oft  man  treu  und  glauben  bricht.    2,33; 

falls,  ruft  Philemon  aus,  ein  flehen  dir  gelallt, 

das  itzt  die  liebe  wagt,  die  uns  zuerst  gesellt.    2,103; 

erwache,  schöne  schläfeiin, 

falls  dieser  kus  nicht  zu  bestrafen.    3,37; 

und  falls  mich  kein  gedieht  berückt, 

so  ist  der  winzer  gleich  erstickt, 

der  seiner  beeren  kost  zum  erstenmal  genossen.    3,46; 

herr  Jost  ist  todt,  der  reiche  mann; 

war  er  nicht  reich  gewesen, 

wir  würden,  falls  ich  rathen  kann, 

auf  ihn  kein  Carmen  lesen.    3,112; 

und  andere  mehr:  falls  ihr  allein  euch  sonst  nichts  wich- 
tigeres zu  sagen  habt.  Lessing  2,  538 ;  aber  wenn  dem  Ver- 
fasser die  fremden  Verkürzungen  nicht  anstehen,  so  mache 
er  selbst  welche,  falls  es  ihm  der  mühe  werth  dünket.  7.  62 ; 
desto  quälender  das  mitleid,  welches  er  voraus  sähe,  falls 
Merope  an  der  Vollziehung  nicht  zu  rechter  zeit  verhindert 
würde.  7,215;  falls  man  einen  versuch  damit  machen  wollte. 
8, 127 ;  weil,  wie  er  meinte,  alle  diese  bücher  zu  nichts  bes- 
serm  taugten,  falls  nichts  darin  enthalten  wäre,  als  was  man 
im  koran  kürzer  und  besser  gegeben  fände.  Wieland  6,190; 
falls  aber  der  hof  fortführe,  die  beschwerden  der  stände  mit 
gleichgülligkeit  anzusehen.  7.195;  falls  jemahls  über  den  ver- 
stand eines  gesetzes  oder  die  anwendung  desselben  in  einem 
besondern  falle  ein  billiger  zweifei  entstehen  sollte.  7,222; 
ein  getaufter  mensch  müsse  durchaus  hienieden  sein  ganzes 
allodialvermögen  weiter  niemanden  vermachen  können,  als 
blosz  Sätzen  und  Wahrheiten,  falls  nur  die  leiblichen  erben 
die  quarta  bekämen.   J.  P.  papierdr.  1,  4 ; 

und  wisse,  dasz  falls  du  mich  reizest,  gewalt  ich  brauchen  kann. 
Chahisso  <jed.  318. 

auszerdem  gelten  die  absolut  gesetzten  günstigen  falls,  nöthigen 
falls,  möglichen  falls,  erforderlichen  falls,  entgegen  stehenden 
falls,  widrigen  falls,  deren  adj.  und  subsl.  aneinander  rücken, 
mehr  anstosz  gaben  allenfalls,  andernfalls,  jedenfalls,  da  all, 
ander  und  jeder  ursprünglich  schwacher  form  unfähig  erscheinen, 
die  ihnen  doch  allmälich  zu  Iheil  wurde,  allenfalls  und  andern- 
falls stehen  schon  bei  Stieler  (1691)419,  in  Hahns,  Bünaus  und 
Mascocs  geschicl$ten  sollten  wol  belege  anzutreffen  sein;  jeden- 
falls will  man  zuerst  in  erlassen  ron  1741  (Herz  über  Lachm. 
beil.  xxxix)  und  1747  (hess.  zeilschr.  5, 939)  aufgespürt  haben, 
ich  versudile  wb.  1, 206.  219  ihnen  einen  au.  allen ,  andern, 
jeden  fall  unterzulegen,  dem  ein  geniliviscltes  s,  das  od»,  hervor- 
iuheben,  beigetreten  sei,  ungefdlir  wie  aus  diesseil  jenseit  vollend 


ein  diesseits  jenseits  vollends  wurde,  aus  groszen,  andern  theil 
groszentheils,  anderntheils.  seit  jedoch  ein  bereits  mhd.  allen 
gähens  (Diemers  beitr.  l,  125. 126,  für  alles  gahes.  Trist.  310) 
vorliegt,  begreift  man  auch  allenfalls,  jedenfalls,  solchenfalls, 
diesenfalls  als  schon  vor  Stieler  mögliche  formen  und  es  scheint 
ungeboten,  den  heuligen  Sprachgebrauch,  nach  dem  maszstab  von 
jederzeit,  durch  ein  steifes  allesfalls.  jedesfalls  zu  stören,  an 
den  anomalien  allerdings,  schlechterdings  nimmt  längst  niemand 
anstosz.  ohne  ßexion  stelin  die  ersten  theile  in  ebenfalls,  gleich- 
falls ;  in  desfalls,  diesfalls,  die  schon  das  16  jh.  hat,  wallet  der 
richtige  gen.;  besser  als  falls,  desfalls,  allenfalls  u.s.w.  lauten 
in  dem  fall,  in  allem  fall,  am  steifsten  die  adjectirbildungen 
allenfallsig,  desfallsig,  die  man  den  kanzleien  lasse,  obschon  Les- 
sing  allenfalls,  Göthe  allenfallsig  gebraucht. 

FALLSACK,  m.  den  fischem  ein  groszes  netz  mit  langen  wänden. 

FALLSCHIRM,  m.  adjumentum  cadentes  sublevans,  schirm,  der 
niedergelassen  werden  kann;  fallschirme  der  luftschiffer. 

FALLSCHLOSZ,  n.  das  zuschnappt  ohne  Schlüssel. 

F.\LLS1LBER,  n.  gefälltes,  niedergeschlagnes  silber. 

FÄLLST.ÄTTE,  f  ort,  wo  wild  gefällt,  erlegt  wird:  aber  die 
namhaftigen  fellstet,  der  ir  wölf  euch  lang  gebraucht,  der 
müssent  ir  und  wir  uns  nu  ganz  entschlagen  . . .  denn  da- 
selbst wurd  man  streng  auf  uns  dausen,  und  für  solche  fell- 
stet müssen  wir  seltsame  ort,  dar  vor  nit  gefeilt  worden, 
einnemen  und  ein  ieklichen  busch  unsern  hag  lassen  sein. 
Schade  sal.  und  pasq.  2,  71. 

FALLSTEl.N,  m.  scandalum,  stein  des  anstoszes,  anstöstige 
Sache:  und  so  setz  ichs  denn,  diesen  zum  fall-,  jenen  zum 
prüf-  und  ecksteine  hin.    Herder. 

FALLSTRICK,  m.  n.  laqucus:  noch  fehet  man  in  mit  seinen 
eigen  äugen  und  durch  fallstrick  durchboret  man  im  seine 
nasen.  Hiob  40, 19 ;  denn  wie  ein  fallstrick  wird  er  komen 
über  alle  die  auf  erden  wonen  {ags.  sva  sva  grin  he  becyrnd 
on  ealle  t>a  ^e  sittad  ofer  eordan).  Luc.  21,  35 ;  in  Simonis 
haus  bei  seinem  wirt  macht  ers  höflich,  leget  im  auch  ein 
höflichen  falstrick,  darin  Simon  bestricket  und  gefangen  wird. 
Mathesiüs  133*;  gott  behüte  mich  vof  allen  fallstricken,  die 
mir  gelegt  werden.    Schweixicben  1,  26S ; 

hat  der  feind  gleich  für  und  für  gesponnen 
mir  fallstrick,  netz  und  garn.    Griphils  2,406; 

ein  so  gefahrliches  fallstrick  gelegt.  Liscov  616;  unsre  lie- 
benden verliefen  sich  also  mit  der  sorglosesten  Unvorsich- 
tigkeit, welche  Hippias  nur  wünschen  konnte,  in  die  fall- 
stricke,  die  er  ihnen  legte.  Wieland  2,162;  sogar  die  Ver- 
gnügungen der  einbildungskraft  hieszen  ihm  gefährliche  fall- 
stricke.  6,126; 

der  verrätherische  fallstrick !    Scbuxer  .  .  . ; 
gleichgeschickt   im   cabinet  wie  im  felde  zerrisz  er  die  fall- 
stricke  einer  hinterlistigen  Staatskunst.  . .  . ;   mit  einem  sol- 
chen herzen  voll  streiche  und  fallstricke.  J.  P.  flegelj.  l,  3. 

FALLSTRICKSEELE,  f  der  lord  zerfaserte  diese  fallstrick- 
seele  nicht,  da  sie,  wie  er  sagte,  zu  unbedeutend  zur  genug- 
thuung,  zu  schwarz  gebeizet  zur  strafe  sei.  J.  P.  Hesp.  4. 178. 

FALLSUCHT,  f  epUepsia,  vgl.  fallend. 

FALLSÜCHTIG,  epilepticns. 

FALLSWEISE ,  casu ,  zufälliger  weise :  ich  befand  mich 
fallsweise  in  einer  groszen  Wüstenei.  Adgsbürgers  Arnalle 
1642.  A,  14. 

FALLTHOR,  n.  thor  mit  fallbäumen,  auch  ein  von  selbst  zu- 
fallendes zaunihor.  mhd.  valletor  {wb.  3, 49'),  weisth.  3,  449. 
ScHMELLER  1,  522.  MoNE  zeilschr.  5,  270.  s.  falter.  der  com- 
mandant  des  Schlosses  liesz  das  fallthor  nieder.  Schlosser 
wellg.  9.306. 

FALLTHORSEl'LE,  /".  verdünnt  falterseule. 

F.\LLTHÜR,  f.  recidens  janua,  namentlich  die  thür  einer  ge- 
stellten falle: 

dem  gott  reiszt  die  geduld.    er  flucht,  hebt  toII  rerdnisz 
die  feulihür  endlich  auf  und  schaut  herab  vom  himmel. 

GorrKR  1,C3; 

was  ist  ehre  als  der  zunder  des  stolzes,  was  ist  reichthum 
als  die  wurzel  des  geizes  und  was  ist  liebe  als  die  falllhür 
der  leidenschaft,  die  edle  freiheit  des  herzens  zu  berücken  ? 
MusAEUS  volksm.  1,  261. 

FALLTON,  m.  vocis  sonus  cadens:  in  solchen  rhythmischen 
falllönen  fiel  natürlich  die  spräche  auseinander.  Herder  1,155; 
nach  langer  dürre  ein  stiller  gewitterregen,  das  saugende 
auffassen  der  bäume,  der  ruhige  fallton  des  Iräufelns.  J.  P. 
papierdr.  "2,  249. 


1291 


PALLTRANK— FALSCH 


FALSCH 


1292 


FALLTRANK,  n.  «n  miUel,  das  man  krankem  vieh  gegen  den 
fall  eingibt.    Stalder  1,  353. 

FALLTREPPE,  f.  scalae  cadenles :  ob  er  nicht  irgendwo  einen 
Lezauberlen  scbrank  oder  eine  faillreppe  entdecken  möchte, 
die  in  einen  unterirdischen  palast  führte.    Wieland  11,  32. 

FALLTLCH,  n.  ein  xeug  in  den  slellneizen  der  ßger  zum 
auf  und  niederlassen. 

FALLÜREL,  n.  epUepsia,  das  fallende  übel,  weh,  Stieler  : 
denn  auch  die  Deudschen  sagen,  das  fallübel  gehe  den  an, 
ders  besser  macht,  denn  er  kan.  Luther  6,146";  und  nach- 
dem er  das  fallübel  oder  die  fallende  seuche  hatte.  8,28"; 
was  hastu  mich  zu  lehren?  lehre  deine  kinder  und  hab  dir 
das  fallübel  umb  dein  angesicht !    Alberus  Esop  s.  13 ; 

du  werst  werth  .  .  .  dasz  ich 
mein  scharpte  zän  an  dir  versucht 
und  dir  das  fallend  übel  Aucbt.    t.  78; 

und  zusammengezogen: 

komm  dicti  das  falbel  au !    47. 

vorhin  sp.  1269  hallen  wir  falbel  in.  in  äner  mehr  dunkeln  be- 
deulung.     vgl.  fallend  übel  1286. 

FÄLLUNG,  f  lapsus,  aJid.  fallunga:  dieweil  unser  seele 
wol  von  im  (golt)  abweichen  kan  und  sich  zur  Sünde  be- 
geben, on  gieichwol  schwerliche  vergreifung  oder  fallung  in 
den  zorn  gottes.  bienenk.  106*.  bei  Stieler  420  debilUas,  labe- 
faäalio,  solutionis  dies. 

FÄLLUNG,  /.  caesura,  erlegung,  lödtung.   1)  füiiung  des  holzes, 
der  bäume,  des  ankers,  der  menschen  und  thiere  : 
ein  vellunge  und  ein  gift.    Teichnbr  32. 

2)  fällung  des  urtheils,  Spruches. 

3)  praedpitalio,  fällung  der  eisenihelle,  die  in  allem  thier- 
blute  enthalten  sind.    Kant  10,  37. 

FÄLLUNGSMITTEL,  n.  praecipüans. 

FALLVERSUCH,  m.  versuch  über  das  fallen  der  körper:  Ben- 
zenbergs fallversuche.    Brandes  vorl.  über  die  astronomie  1,  v. 

FALLWASSER,  n.  decidens  aqua.    Stieler  2444.    Wasserfall. 

FALLWILD,  FALLWILDPRET,  n.  umgckommnes  wild,  be- 
sonders im  winter  und' zumal  von  rehen  geltend,  im  Zillerllial 
heiszl  der  Steinbock  fallwild. 

FALLWIND,  m.  landwind,  der  heßig  zwischen  bergen  herfällt. 

FALLWUNDE,  /.  laesio  ex  casu,  durch  einen  fall  verursachte 
wunde.    Stieler  1388.     vgl.  fällig  4. 

FÄLLZEIT,  f.  die  jahreszdt  in  welcher  das  holz  gefällt  wird. 
als  beste  fällzeit  bezeichnet  man  die  wintermonate,  nemlich  den 
november,  december,  Januar: 

wer  sein  holz  im  winter  fällt, 
dem  sein  gebäude  zehnfach  hält. 

FALMISCH,  f  favilla.  Henisch  991,  35  erUsteUt  aus  falwisch, 
ahd.  falawisca,  mhd.  valwische,  die  falde,  glimmende  asche. 
tgl.  m  für  w  in  mir  für  wir,  schwdb.  mo,  morum  für  wo, 
worum,  Muot  für  Wuot.     bei  Schottel  1312  falmsch. 

FALSCH,  falsus,  ein  undeutsches  wort,  dessen  noch  keine  spur 
bei  Ulfilas,  welclier  y^evdrjs,  rf^evSos  mit  galiug  ausdrückt,  so 
wie  ahd.  falsus  übersetzt  wird  lukki,  lugilih,  alls.  luggi,  ags. 
aber  leäs  {los),  aus  dem  ahd.  verbum  falscan,  falscun  refellere, 
confutare  läszt  sielt  gieichwol  auf  ein  adj.  falsc,  das  sich  in  den 
denkmdlern  noch  nicht  gezeigt  hat,  schlicszen.  auch  erscheint  im 
10  jh.  der  eigenname  Falsco.  mhd.  ist  valsch  ganz  geläufig, 
mnl.  valsc,  nnl.  valsch,  schw.  ddn.  iahk  und  danach  isl.  falskr; 
engl,  false  nach  der  romanischen  form,  it.  sp.  falso,  prov.  fals, 
fr.  faux,  früher  faulx.  falsus  ist  das  pari,  von  fallere,  den  zu- 
tretenden kehllaut  könnte  das  abgeleitete  fallax,  it.  fallace  heran- 
geführt haben,  lieber  beruht  er  auf  der  neigung  unserer  spräche 
8  in  seh  übergehen  zu  lassen,  scliwciz.  fallscb,  fUltsch.  Tobler 
175,  wie  wütschen  f  wischen. 

falsch  ist  das  unwahre,  unechte,  was  nicht  so  iä,  wie  u  «ein 
uAl  und  wofür  es  sich  ausgibt. 

1)  falscher  gott:  unser  veter  haben  falsche  und  nichtige 
götter  gehabt.  Jer.  16,  20.  falsche  götter,  gölzen,  goth.  galiu- 
gaguda.  t  Cor.  10,10.20;  ich  wil  ausgehen  und  wil  ein  fal- 
scher geist  sein.  ikOn.  22,22;  ein  falscher  prophet.  Matth. 
24,11.24.  Marc.U,T.i.  Luc.  (i,U.  goth.  galiugapraufetus,  nhd. 
lOgenprophet,  ahd.  luggi  wt;ago,  agt.  leäs  vttega;  falscher 
apostpl,  golh.  galiugaapaiislaulus.  2  Cor.  11,13;  falsche  brüder, 
goÜL  galiugabrüt)rjus.  2  Cor.  11,26.  Gal.  2,4;  fulsclHrr  zeuge. 
i  Mos.  23, 1.  5  J^O«.  19,  1«.  p*.  27,  12.  Matth.  26,  h'K  Marc.  10, 19. 
1  Cor.  15,  Ib.  goth.  galiugaveilvdds,  ahd.  lukki  urchundo ; 
also  ibot  ein  falscher  mentch  mit  ■einem  uebesten.  sjtr. 
Sal.  36,1»; 


aus  deiner  felnd  und  falschen  brüdern  wunden. 
Weckherlin  648; 
ein  falscher  freund;  weicht  falschen  freunde!  Günther  298; 
mhd.  in  der  w£rlde  ist  manec  man 

valsch  und  wandelbaere.    Iw.  199. 

2)  besonders  int  liebesverhdllnis  ungetreu,  inßdelis,  inßdus :  ein 
fal.schcr  liebhaber,  eine  falsche  geliebte;  du  falscher!  du 
bist  falsch  gewesen; 

ich  träumte,  wie  um  mitternacht 

mein  falscher  mir  erschien.    Bürger  16'; 

immor  hin 

falsches  herze,  leichter  sinul    Mbnantes  gal.  well  1,62; 

klag  und  weine  nur, 

falsche  creaiur!    Gckther  283; 

wer  ein  falsches  herz  verlieret, 

dessen  schaden  ist  gewinn.    310; 

Damöt,  Damöt  ist  falsch,  so  treu  er  auch  erst  schien! 
Geller?  3,  316; 

geh,  falscher,  geh  nur  hin,  du  kannsts  ihr  wiedersagen!  394; 
so  du  feines  thierchen?  hat  dich  mein  herr  selbst  schon 
einmal  versteckt?  nun  weisz  ich  doch,  wie  ich  die  gestrige 
ohrfeige  auslegen  soll,  du  falsche!  Lessing  1,253;  ha,  fal- 
sches, treuloses  herz,  wie  du  deinen  meineid  beschönigen 
willst!    Schiller  132*. 

mhd.  daj  wende,  smiec  frouwe  min, 

daj  ich  der  valschen,  ungetriuwen  spot 

von  miuer  sta;te  iht  müeje  siu.    Walih.  97, 10. 

3)  falsch,  verstellt,  tückisch,  heimtückisch:  ein  falscher  kerl,  ein 
falsches  tbier;  falsches  pferd,  das  sciddgt;  falsche  schlänge, 
die  sticht;  falscher  hund,  der  beiszt;  falsche  katze,  die  kratzt. 
katzcngold,  sagte  der  knabe  lächelnd,  und  warum?  wahr- 
scheinlich, weil  es  falsch  ist  und  man  die  katzen  auch  für 
falsch  hält.    Göthe  21,3; 

Dichte,  ihr  seid  falsch.     Schiller  349'. 

4)  falsches  geld,  numus  adulterinus,  falsche  münze,  falsches 
gold;  falsche  perlen,  edelsteine;  falsche  münzer  verbrennet 
man.  Luther  3,  3C9;  der  Verbrecher  war  ein  falscher  münzer 
{s.  falschmünzer).  Göthe  43,104;  falsche  Wechsel,  papiere; 
falsche  Würfel,  mhd.  ungeliche;  oder  soll  ich  unrechte  wage 
oder  falsche  gewichte  im  sekel  billichen?  Micha  6,11;  fal- 
sches lothundmasz;  falsches  siegel ;  falsche  haare,  falscher 
hart,  falsche  waden ;  brücken,  die  sehr  bös,  schwankend, 
lang  und  von  falschen  klüppeln  zusammengesetzt  sind.  Göthe 
IG,  261. 

5)  falsche  meuler  decken  hasz.  spr.  Sal.  10, 18 ;  die  ohren- 
bleser  und  falsche  böse  meuler  sind  verflucht.  Sirach  28. 15 ; 
sie  haben  ir  gottloses  und  falsches  maul  wider  mich  aufgc- 
than.  ps.  109,2;  vernim  mein  gebet,  das  nicht  aus  falschem 
munde  gehet.  17,1;  hohe  äugen,  falsche  zungen.  spr.  Sal. 
6,17;  Freidank  sagt  diu  übele,  bocse  zunge;  trachten  und 
lichten  falsche  wort  aus  dem  herzen.    Es.  59,13; 

die  alten  sagten  falsche  wort, 

von  discm  wuib  vor  nie  erhört.    Schwarzenbbrg  110,1; 
mhd.  nü  sprechent  ir  doch,  ir  sit  vri 

valscher  rede,  wie  schinet  daj?    Iw.  2511; 

man  drücke  die  Icute  mit  arbeit,  das  sie  zu  schaffen  haben 
und  sich  nicht  keren  an  falsche  rede.  2  Mos.  5,9;  meine 
rede  sollen  on  zwcivel,  nicht  falsch  sein.  Hiob  36,4;  und 
leugnet  solchs  mit  einem  falschen  eid.  3  Jtfos.  6,3;  du  soll 
keinen  falschen  eid  Ihun  (goth.  ni  ufarsvarais,  ahd.  ni  far- 
sueri  dih,  ags.  ne  forsvere  |)ö).  Matth.  5, 33 ;  sie  schweren 
leichtfertig  falschen  eid.  weish.  Sal.  14,28;  sein  schwur  war 
falsch;  du  soll  kein  falsch  zeugnis  reden  wider  deinen 
nehesten.    2  Mos.  20,16.    h  Mos.  5,20; 

weil  ein  fremd,  ein  falsch  gelübd  euch  band.    Göthe  I,  249. 
den    falschen    eid   benennt   die  gaunerspradie   'linkgahel',    ron 
link  =  falsch  und  gabel  =•  gabelförmig  ausgestreckte  schwurfinger. 

6)  auf  falschem  wege  gehen,  den  falschen  pfad  einschlagen  ; 
wende  von  mir  den  falschen  weg.  ps.  119,2!);  darum  hasse 
ich  alle  falsche  wege.  119. 104 ;  meine  uhr  gehl  falsch,  unrecht : 
eine  falsche  schwankende  uhr  des  Stadthauses.  Thümmel  Wil- 
helmine  70  (102);  falscher,  unrechter  Schlüssel;  der  falsche, 
unrechte  schuh;  so  bemerkten  wir  nur  erst,  als  alles  auf  das 
flciszigste  und  bunteste  gemahlt  war,  dasz  wir  einen  falschen 
flrnisz  genommen  hatten,  der  nicht  trocknen  wollte.  Cörnv. 
26,33;  ein  falsches  nugc,  ein  schielendes;  fa!«< '"•-  •■• '••■n. 
suffusio ;  der  falsche  blick,  das  .«AiWc/i ;  einen  !  il 
thiin.  unw.  doct.  um ;  es  fehlte  wenig,  dasi  sie  u  .r 
liebe  {der  wollust,  umucht)  pdcge.  bueJider  lub*llij%;  falsche 
weheo,  spurü  parturienttum  doloru; 


1293  FALSCH 

der  sonnenblick  betrüget 

mit  mildem  falschem  sctiein.    Göths  3,36; 

erst  wollte  sie  unser  betragen  billigen,  nachher  merkte  sie 
an,  was  sich  doch  auch  für  ein  falsches  licht  darauf  werfen 
lasse.  8,217;  dasz  ihr  leute  so  gerne  von  dingen  plaudert,  die 
ihr  gar  nicht  versteht,  ist  es  ein  wunder,  dasz  ihr  alles  in 
einem  falschen  lichte  sehet?  H.  L.  Wagxer  die  frohe  fraus.  13; 
knecht  sind,  die  das  gut  in  ihrer  alten  haut,  onversetzt  mit 
etwas,  einem  ha?z  und  Unwillen  des  herzens  und  falschem 
aug  äffisch  anmaszen,  lohnsüchtig  leut.  Frank  panit/oja  116*; 
dan  falsch  wirt  genent  in  manigerlai  gesfalt,  underwilen  haiszt 
man  die  bucher  falsch,  die  nit  recht  corrigiert  sind,  als  da 
ain  wort  uszgelassen  oder  zu  vil  ist.  Plinius  bist.  nat.  ist  in 
hundert  jaren  nie  gerecht,  sunder  allwegen  falsch  gewesen. 
Recchlis  augensp.  15'; 

der  Preusze  (Gottsched),  welcher  erst  die  Deutschen  deutsch 

gelehrt, 
TOD  welchem  Leipzig  nie  ein  falsches  wort  gehört, 
er  spräche  deno  latein.    Rost  das  Vorspiel  s.  t>; 

ein  falsches  unrechtes  wort  brauchen;  falsche  sprachform; 
einen  falschen  ton  singen,  angeben;  falsche  angäbe,  nach- 
richt;  falsche  rechnung;  falscher  grund,  falsche  Ursache; 
falsche  beschreibung,  Schilderung;  ich  habe  das  portrail  hier 
angesehen  und  mich  vei-wundert,  wie  ein  mahler  zugleich  so 
wahr  und  so  falsch  sein  kann.  Götbe  20,162.  irie  recht, 
unrecht  haben  häszt  es  'falsch  haben': 

und  Epicur  hat  falsch  uns  dieses  einzustreiten. 
Gß:«THER  729. 

7)  ein  falsch  herz  ist  wie  ein  lockvogel  auf  dem  kloben 
und  laufet  wie  er  dich  fahen  miige.  Sir.  11,31;  gute  werte 
aus  falschem  herzen  geben.    Lokmans  fab.  30; 

so  falsch  und  boshaft  war  sein  herz.    Gellert  1,108. 
falsche,  triegende  träume;    ich  wil  an  die,  so  falsche  treume 
weissagen.  J«-.  23,  32;  falscher  als  wie  galgenholz.  Elis.  Cuarl. 
TON  Orleans  s.  497 ;  ein  falsches  trehcrlin,  das  sie  die  äugen 
ribende  kum  mit  gewalt  herus  drucket.    Terenz  1499.  37'; 

seht,  wie  ihm  von  den  rothen  backen 

die  falsche  thräne  rinnt, 

seht  ihn  mit  nassem  äuge  lachen.    Götter  1,361; 

mein  trinlien  ist  nicht  falsch,  ich  darf  mir  nicht  gedenken 

es  sei  gebrauen  zwier  vom  bräuer  und  vom  schenken. 

LoGAC  1,51,4; 
knabe  sasz  ich,  flscherkuabe, 
auf  dem  schwarzen  fels  im  meer, 
und  bereitend  falsche  gäbe 
sang  ich  lauschend  rings  umher.    Götbe  3,  34. 

8)  falsch,  :ornig_.  böse:  einen  auf  jemand  falsch  machen; 
mache  mich  nicht  falsch,  jage  mich  nicht  in  zorn ; 

der  vater  schnitt  ein  falsch  gesiebt.    Schiller  12"; 
er  war  ganz  falsch  auf  ihn ;  nun  wurde  er  falsch. 

9)  bergmännisch  falsch  ding:  wie  zwar  auch  ir  bergleut 
alle  taube  und  lere  bergart  und  hallen  falsch  ding  pfleget 
zu  nennen,  das  kein  silber  oder  ander  gültig  metall  bei  sich 
hat.    Mathesips  108'. 

FALSCH,  faho,  adv.  falsch  schwören,  pejerare;  ir  solt 
nicht  falsch  schweren.  3  Mos.  9, 12 ;  falsch  zeugen,  falsches 
Zeugnis  ablegen;  falsch!  das  verhält  sich  anders; 

0  gott,  dein  wort  und  reich  gieng  erstlich  auf  vom  morgen 
bis  UDsrer  grenzen  zu.    hilf  dasz  wir  falsch  besorgen, 
dasz  nicht  von  uns  hinweg  dein  wort  und  dein  altar 
sich  wende  wieder  hin,  wo  er  am  ersten  war. 

LoGAü  I,l!)S,  12; 
du  hast  sehr  falsch  gehört.    Gellert  3,325; 
das  tüchtige  und  wenn  auch  falsch, 
wirkt  tag  für  tag,  von  haus  zu  haus.    Götbe  .  .  .; 
o  dann  wählte  die  seele  falsch.    Klopstock  . . .; 

den  text  falsch  deuten,  die  worte  falsch  auslegen,  aussprechen, 
du  hast  es  falsch  verstanden,  möchtest  für  dein  leben  gern 
gewinnen  und  doch  nicht  falsch  spielen.  Wagner  Macbeth  27. 
FALSCH,  m.  selten  n.  falsum,  titium,  falsitas,  dolus,  trug, 
unKahrheit,  lüge,  poln.  falsz,  bvhm.  fals,  fale§. 

mhd.  iz  ist  in  unsern  kurzen  tagen 

nach  minne  valsches  vil  geslagen.    Waltbxk  82,4; 

diu  wären  äne  valsch  geworht.    31,5; 

wä  funde  ich  denne  ein  also  wol  getane^ 

diu  so  w<ere  valsches  äne?    119,9; 

da;  sin  lip  mit  triwen  vert 

unid  sichs  valsches  hat  erwert.    Pars.  322,23  und  oft  noch, 
nhd.    den  falsch  der  saiten  bald  vernimpt 

ein  harpfenschlaher,  dem  das  ziropt. 

ScHWARZEr<BSR6  gcbüfUche  teerh  34'; 


F.\LSCH  — FÄLSCHEN 


1294 


als  In  dem  saitenspil  und  der  pfeifen  ein  klainer  falsch  von 
dem  verstendigen  derselben  kunst  gemerkt  wirt.  35' ;  welcher 
masz,  wag,  gewicht  oder  ander  kaufmanschaft  felscht,  der 
soll  gestraft  werden  und  es  möcht  solcher  falsch  als  oft 
grüszlich  und  boshaftig  geschehen,  dasz  der  thäter  zum  tod 
gestraft  werden  soll.  Carolina  art.  113 ;  seht  der  ist  ein  rechter 
Israelit,  in  dem  da  nit  ist  ein  falsch,  bibel  1483, 511*,  ecce 
Israelita  in  quo  dolus  non  est.  Joh.  l,  47 ;  ir  zung  ist  ein  ver- 
wundend geschosz,  sie  hat  geredt  den  falsch.  364',  sagitta 
vulnerans  lingua  eonim  doluni  locuta  est.  Jer.  9,  8 ;  sein  mund 
ist  vol  fluchens,  falsches  und  trugs.  p«.  10,  7;  wol  dem  men- 
schen, in  des  geist  kein  falsch  ist.  32,2;  wer  on  falsch  ist, 
der  wird  sie  erlangen.  Sir.  4, 17;  seid  klug  wie  die  schlangen 
und  on  falsch  {i'ulg.  simplices  sicut  columbae).  Matth.  10, 16.; 
ein  rechter  Israeliter,  in  welchem  kein  falsch  ist.  Jvh.  l,  47 ; 
ein  fromer  fi-eundlicher  man  on  allen  falsch.  Lctber  5, 499'; 
es  ist  darbei  hoch  zu  gedenken,  dasz  kein  irrung,  falsch 
oder  betrug  darhinder  sei.  buch  d.  l.  224,  4 ;  damit  man  nenne 
alle  lügen,  eitelkeit,  falsch  und  betrug.  Matbesics  108';  da 
sihe  den  betrug,  wie  die  arznei  im  falsch  bisher  gestanden 
ist.  Paracelsds  1,  69';  dann  das  wer  der  falsch,  so  wir  wollen 
solche  ding  erlangen  und  wollen  von  uns  nit  ohn  mittel  zu 
gott  gehn.  1,114';  wie  ein  fewT  verzehrt  den  falsch  vom  silber 
und  gold  und  laszt  das  lauter  ligen.  1,826';  offenen  falsch 
allenthalben  vermehrt.    Lerx.vn  trorr.  zur  speir.  dir.; 

welcher  das  gemeine  falsch,  das  die  weit  für  witz  verhandelt, 
kennt  und  haszt,   dem  wird  sein  herz  auf  betrübten  mut  ge- 
wandelt.   LoGAD  2,46; 

dasz  man  falsch  für  gut  gewehret,  dasz  man  trew  und  schwur 

versetzet.    3,227,50; 

trug  und  falsch  und  tückische  arglist.  Fr.  MI^ller  3, 184 ; 
ohne  falsch.  Götter  1,  29.  429.  2,  287.  3,  28,  sine  fueo  et  fal- 
laciis.     rgl.  Schmeller  1.  529. 

FALSCHBESCHEIDEN:  Horaz  spielt  nicht  den  falschbe- 
scheidnen.   Ramler' rficM-.  des  Hör.  121. 

FÄLSCHE,  f.  falsitas :  derhalben  will  ein  man  lernen  ken- 
nen, so  handel  mit  im  und  prüfe  in  mit  gelt,  halt  er  da 
die  prob  und  findest  kein  untrew,  praclic  oder  falsche  . . . 
der  ist  ein  biderman.  kluge  weise  reden  1565,  201' =  1570,  213*. 

FÄLSCHELER,  m.  falsarius,  betrieger,  weniger  als  falschspieler: 

mhd.  wiltu  din  öre,  als  maneger  tuot, 
den  velschelfpren  bieten  dar, 
so  wirst  du  selten  wol  gemuot.    Winsbeke  23,9. 

nhd.  falschler.  fr.  tricheur,  der  beim  spiel  betriegt, 

FÄLSCHELN,   beim   kartenspiel  triegen,   fr.  tricher:     er  hat 

gefalschlet.  gerällschlet.    Staijjer  1,  353. 

FÄLSCHEN,  vitiare,  corrumpere,  alid.  felscan,  mhd.  velschen 

valschte. 

1)  gesetz,  gericht,  gelübde,  eid,  wort  fälschen: 

mhd.  Sit  Jason  wider  mich  sin  6 

gevelschet  hat  so  sere.    ir.  kr.  11272; 

und  ir  i  vil  üj  erkorif 

gevelschet  hat  mit  siner  kunst.    SUv.  1492, 

doch  velsche  ich  mit  nihte 

iur  keiserlich  gerihte.    Eracl.  4122; 

den  eit,  den  ir  hat  gesworn, 

den  velschet,  ob  ir  weit  genasen, 

oder  e^  muo;  iuwer  ende  wesen.    Otto  hart  290; 

und  velschet  oiTeoliche  die 

gelübde  sin  mit  worteu.    Silv.  3926; 

du  ne  darfl  niht  velschen  diniu  wort.    En.  279,37. 

nhd.  felschen  auch  nicht  gottes  wort  (golh.  nih  galiug  tau- 
jandans  vaurd  gu|)s).  2  Cor.  4, 2 ;  mit  nichten  wil  ich  meinen 
eid  fälschen,  iimon  Ol';  eine  Urkunde,  ein  teslament  filschen, 
unterschieben,  oder  etwas  falsches  hinein  bringen;  einen  Wechsel 
fälschen;  Schriften,  gedichte  fälschen,  interpolieren;  ihr  lebt 
also  frei  von  allem,  was  die  sinne  der  sterblichen  fälscht. 
Wieland  25,285; 

von  der  falschen  gestalt 
nicht  getäuschet,  die  sie  fälschten,  die  unbelehrt 

muster  sahn  und  natur.    Kloktock  2,58; 
trügende  fälschen  schon  lang  umsonst  den  ^edanken,   der 

obsiegt.     7,6; 

die  fiffentlicbe  meinong  fälschen ;  treue  und  Wahrheit  fälschen. 

2)  namen  ßlschen,  einen  falschen  unlerschiel>en ;  die  nameu 
eines  geschlechts  fälschen,  ihnen  fremde  beimischen: 

was  will  Sisyphus  söhn,  an  trug  und  ranken  ihm  ähnlich, 
durch  fremdartige  namen  den  stamm  des  Aeacus  fälschen? 
(Inserit  Aeacidii  alienae  nomina  gentis).    Ov,  met.  13,33, 


1295 


FÄLSCHEN— FALSCHHEIT 


FALSCHHEITSVOLL— FALSCHSPIELERIN  1296 


3)  die  färbe  fälschen,  die  haut  schminken,  fucare: 

mhd.  gerelschet  vrowen  varwe  vil  lützel  man  da  vant. 

Hib.  1594,  1. 

den  laut  fälschen,  rerrirren,  stören,  trüben: 

das  erho  hier  im  lande  fälscht  den  laut, 
uud  was  2urückschwebt  an  der  liorcr  seele, 
ist  immer  drohung,  zorn  und  schlachtgeschrei. 
Fr£¥Tac  I'abicr  s.  17. 

4)  gold,  Silber,  wein  fälschen,  mit  geringeren  Stoffen  versetzen: 

doch  fälscht  ein  rebenhasser 

den  feuertranli  mit  wasser, 

frisch!  trommelt  auT  den  tisch!    Voss  4,132; 

fälscht  seinen  wein  durch  jenen  bach 

und  rühmt  sich  nur  der  wasserkunde.    Hagedorn  3,125. 

den  becher,  den  krug  fälschen,  den  trank  vergißen,  giß  mischen. 
die  waare  fälschen,  die  milch  mit  wasser,  den  inilchrahm, 
den  Zucker  mit  mehl,  den  kaffe  mit  rüben  fälschen;  daj 
himelprot,  dd  wir  hie  von  reden,  da;  wirt  oft  gevcischt  mit 
honig,    oft  mit  iekrilzcn  diu  gepulvert  ist.    Megenberg  91, 1 ; 

er  felscht  nieszwurz  und  enzian.    H.  Sachs  II.  4,4'; 

der  Zucker  ist  jetzt  so  gemein,  fisch,  vopcl,  thier  und  frucht 

taug  nicht,  wie  die  natur  es  j?ab,  im  zucker  uirds  gesucht. 

jedoch  der  zucker  machet  schleim  und  krulimecl  fälscht  ihn 

oft.    LoGAU  3,2ü->,  6ü. 

5)  masz,  wage,  gewicht,  eile  fälschen :  den  sekel  steigern 
und  die  wage  felschen.  Arnos  8,  5.  aus  dem  namen  eines  alten 
dichters  Velschberger,  Vclschcnberg  foljt  rin  den  berg  fälschen, 
im  berge  erz  veruntreuen,  verderben  ? 

6)  die  hift  fälschen,  gäler  l'air,   ritiare  aerem,  federe:. 
der  ätem  ging  im  wilde  von  dem  munde, 

darzu  so  velscht  er  oft  den  luft 

rast  ungehabig  niden  an  dem  gründe.    Wolkesstein  s.  60; 

der  ander  tauf  (rcinigung,  waschung  bei  den  Türken)  ist  von 
nöten,  so  oft  man  sich  von  dem  unflat  des  leibes  ringer 
macht  und  den  bauch  ausleeret,  oder  so  einer  mit  dem  hin- 
dern ein  wind  macht  und  den  luft  felscht,  da  müssen  sie 
sich  nit  allenthalb,  sondern  an  heimlichen  orten  binden  und 
fernen  waschen.  Frank  ue/ift.  107*;  hinaus  mit  dem  hund,  er 
hat  die  luft  gefälscht ! ;  Azorchen,  hinaus  Azorchen ! 

j.  anfälschen,  nachfälschen,  verfälschen. 

FÄLSCHER,  m.   falsarius,   falsus   signator,   inlerpolator,   Ver- 
fälscher,    s.  brieffälscher,  geldfälscher,  weinfälscher. 
,  FALSCHEREI,  f.     besser  mit  Wahrheit  undank,  dann  mit 
folscherei  dank.    Lehman  2,  27. 

F.\LSCHEHIN,  f.  falsatrix.     s.  milchfälscherin. 

FALSCHFÄRBIG,  fucalus: 

was  ängstigt  sie  {die  seele)  sich  doch,  wan  nach  den  Sonnen- 
strahlen, 
so  ihr  die  wollust  pflegt  falschfärbig  fürzumahlen, 
ein  schneller  stürm  einbriciit.    Rompler  73. 

FALSCHFREUNDLICH:  aber  die  schlänge  verbarg  das 
nattergift  tief  in  ihrem  busen,  that  falschfreundlich  gegen  sie. 
Mt'SÄcs  volksm.  2,  93. 

FALSCHGEBORGT,  auch  falscherborgt,  aliunde  assumlus: 

wie  der  mohn  (mond) 
mit  falschgeborgtem  glänz  zu  scheinen.    Weckberlin  3S1. 

FALSCHGESIN.NT,  falsus:  einem  falschgesinnten  ist  nichts 
leichter  als  schmerz  zu  zeigen,  wo  er  keinen  fühlt.  H.  L. 
Wagner  Macbeth  59. 

FALSCHGL.\UBIG,  falsam  ßdem  sequens,  gegensatz  von  recht- 
gläubig orthodoxus:  ein  loser  waiin  oder  dunkel  des  herzen, 
wie  die  falschgleubigen  haben.    Llther  5, 15*. 

FALSCHHEIT,  f.  falsitas,  fallada: 

kein  falschheit  er  an  mir  erkant 

an  meinem  ganzeo  leibe.    Ambr.  Ib.  7,23; 

dein  maul  lesscstu  böses  reden  und  deine  zunge  treibet 
falscbeit.  p$.  50,19;  ah  wo  kompt  doch  das  büse  ding  her, 
das  alle  weit  so  vol  falscheit  ist?  Sir.  37,  3;  du  schändlicher 
Tcrräter,  umb  dein  falschheit  hab  ich  vorlangst  gewist.  buch 
der  liebe  256,  4 ; 

laiz  mich  abgötterci  und  falschheit  nimmermehr 
doch  deiner  worten  trew  allzeit  eetrewiich  glauben. 

WECKIIKRI.IN  •Ml; 
eenug,  die  treu«  meiner  schönen 
bürgt  mir  vor  falscbbeit  und  verlusl.    Rost  tchiferged.  34 ; 

falschheit  menschlicher  lugenden.  llAU.Etm  gedieht  {von  1730); 
die  nrnilichen  faischheiten  {irrthümer),  welchen  er  auf  die  glaub- 
würdigste arl  widerspricht.  LbssiNC  9, 359 ;  das  gegentbcil 
«on  Wahrheit  i«t  die  falschheit,  welche,  wenn  sie  für  wahr- 
heil  lebalteo  wird,  irrtbum  beistt.   lUirr  1,  S80;   der  wider- 


streit der  Sätze  entdeckt,  dasz  in  der  Voraussetzung  eine 
falschheit  war,  2,400;  ich  hätte  sie  nicht  irrthümer,  falsch- 
heiten  oder  auch  Verblendungen  nennen  sollen.  8,12;  der 
schlaue  diener  hinter  dem  rücken  des  armen  magisters  die 
galante  falschheit  widerlächelnd  bewunderte.  Thümmel  Wil- 
helmine 66;  es  gibt  eine  menge  kleiner  moralischer  falsch- 
heiten,  die  man  übt,  ohne  zu  glauben,  dasz  es  schädlich  sei. 

LiCHTENBEBC    1,  148; 

hier,  wo  die  alte  treue  heimisch  wohnt, 

wo  sich  die  falschheit  noch  nicht  bingefünden.    Scbillir  ... 

FALSCHHEITSVOLL,  plcnus  fallaciae: 
fern  vom  lärm  der  falschheitsvollen  Stadt.    Zachariä  2,375. 

FALSCHHERZIG,  wie  falschgesinnt,  infidus.  Sheler  831: 
unser  gott  hilft  den  aufrichtigen  von  herzen  und  nicht  den 
falschherzigen.    Luther  4,  541'; 

wahnwitziges  gezücht,  falschhcrziges  geschlecht  I 
VVeckuerlin  239. 
FALSCH KLUG, 

o  wie  wimmelt  der  saal  von  reichthumprahlenden  röckan 
und  falsclikliigcn  gesiebtem.     Zaciiakia  2, 2ä. 

FALSCHLÄCHELND : 

schimmerst  du,  faUchlächelnder  mond,  auf  seinen 
ragenden  grabstcin?  Voss  3,59. 

FÄLSCHLICH,  adv.  falsa,  fallaciter:  ir  soll  nicht  sielen, 
noch  liegen,  noch  feischlich  handeln.  3  Mos.  19, 11 ;  denn  ir 
deutets  feischlich.  Iltub  13,4;  und  schweret  nicht  felschlich. 
ps.  24,4;  darumb  das  ir  das  herz  der  gerechten  felschlich 
betrübet.  Ez.  13,22;  und  werden  über  einem  tische  felsch- 
lich mit  einander  reden.  Dan.U,il;  die  bei  meinem  namen 
felschlich  schweren.  Zachar.  5,  4 ;  besorgen  sich  keines  Scha- 
dens, wenn  sie  felschlich  schweren,  weish.  Sal.  14, 29 ;  mit 
niemand  felschlich  umbgehcn  in  werken  sonol  als  in  der 
lere.    Luther  3,  221. 

FÄLSCHLICHEN,  dasselbe:  der  hat  euch  fälschlichen  ver- 
raten. Aimon  ol";  ir  scheltcnt  mich  einen  Verräter,  aber  ir 
liegents  fälschlichen.  o6'. 

FALSCHLISTIG,  fraudulentus :  was  seit  man  mit  solchen 
falschlistigen  herzen  und  zungen  guts  ausrichten.  Luthers 
br.  1,311. 

FALSCHLOS,  simplex,  sincerus,  arglos. 

FALSCHLOSIGKEIT,  f.  mit  der  Schlangenklugheit  die  falsch- 
losigkeit  einer  taube  verbinden.  Nicolais  &Md«.?  3,  64 ;  auch 
gegen  den  zahn  ihrer  witzesschlange  möchte  ich  mit  dieser 
zauberraute  die  taube  meiner  falschlosigkeit  umpanzern.  J.  P. 
freih.  büchl.  74. 

FALSCHMÜNZEN,  monetam  exercere  adulterinam:  wenn  eine 
Stadt  das  münzrecht  hat  und  dieses  durch  beschlusz  von  1/3 
ihrer  mitglieder  zum  falschmünzen  misbraucht  wird.  Savicny 
System  2,310.  bildlich:  der  die  gcsetze  falschniünzt  und  das 
äuge  der  gerechligkeil  übersilbert.    Schiller  119*. 

FALSCHMÜNZER,  m.  was  falscher  münzer  sp.  1292.     bildlich, 
ich   münzte   daher   meinen   namen   als    mein    eigner  falsch- 
münzer  um.    J.  P. ;    durch  beides  gewann  der  falscbmünzer 
der  Wahrheit,  nemlich  der  argwöhn.    Tit.  8,  22 ; 
das  gefTihl 
des  rechts!  0  du  falscbmünzer  der  gefTihlel 

Heinr.  von  Kleist  1,9. 

FALSCHMÜNZERBANDE,  f. 

FALSCHMÜNZEREI,  f. 

FALSCHNAGEL,  m.  ein  verloren  angebrachter  najW. 

FALSCHNAMIG,  pseudonymus. 

FALSCHPARIG,  dispar,  ungleich  gepaart. 

FALSCIIREDER  oder  trugenhaftiger,  subdolus.  voc.  1482  h  5  . 

FALSCHRUHIG,  mit  verstellter,  scheinbarer  rulie: 

sie  sagt  es  und  fängt  an  falschnihig  sich  zu  fächeln. 
Zachariä  1, 162. 
FALSCHSAGUNG ,  f.   faivhe  Weissagung,   propheseiung,   der 
Wahrsagung  gegensalz.    J.  P.  herbslbl.  3.  222. 

FALSCHSCiiREIRUNG.  f.  der  eine  hat  eine  falsche  rccht- 
schrcibung    und    der    andere    eine    rechte   falschschrcibung. 

Lir.HTEMlERC    1,327. 

FALSCHSCHW'ORER,  m.  perjnrus:  wer  solch  falschschwercr 
mit  wissen,  fürselzlich  und  argli^liglich  darzu  nnrirhtel,  der 
leidet  piciche  peen.  ihroUnaait  mit    humh.  halsoerichtsordn.  \2s. 

FAI.SCIISICIITIG,  limus.  .^. 

FALSCHSI'IKLER,  m.  lusvr 

FALSCHSPIELERIN,  f.  falsatiu:  wenn  sie  e«  ist,  h.il  die 
geschichte  gelugen  oder  die  natur  selbst  ist  eine  falsch- 
Spielerin.    Sbume. 


1297 


FÄLSCHUNG  — FALTE 


FALTE 


1298 


FÄLSCHUNG,  f.  corruptio,  in  allen  bedeulungen  von  falsch: 
fiilschung  der  milch,  des  geldes  «.  s.  w. 

FALSCH\'ERSTANDEx\,  viisverstanden :  tausend  opfer  einer 
falschverstandnen  andacht.    Schiller. 

FALSCHVVERBER,  m.  unbefu^  Kerber. 

FALSCHVVERBEREI,  f. 

FALSCHWITZIG,  nach  seiner  art,  falschwitzig,  bisweilen 
schmutzig.    Ramler  dkhtk.  des  Hot.  s.  85. 

F.\LSET,  n.  canlus  acutus  praeter  naturam,  gefälschte  stimme, 
das  singen  durch  die  fistel.  doch  genauer  scheint  falset  die 
höhere,  erzwungne  Stimmlage  bei  männem  {lenor  und  bas),  fislel 
bei  wabern: 

bald  will  ein  graubart  das  falset  erzwingen. 

Matteso:*  der  neue  goUinyische  eplwrus  s.  87. 

FALSETHÖHE,  f.  seine  {des  Sängers)  stimme  hatte  wieder 
ihre  grausame  falsethöhe  gewonnen.    Arnim  2,322. 

FALSETSTIMME,  f. 

FALSUM,  n.  fraus,  betrug:  das  falsum  bclief  sich  auf  tausend 
thaler.     früher  hätte  es  (jeheiszen  der  valsch. 

FALT,  m.  flica,  ruga,  gcth.  fal{)s,  aus  dem  folgenden  adj.  zu 
schlieszen,  ahd.  fald  (Gbaff  3,514).     mhd.  valt: 

er  [der  rock)  nam  den  valt  und  den  val 

under  den  vüe^en  also  vil 

als  iuwer  iegeUcher  wil.     Trist.  274,40; 

Tür  baj  da  viel  er  {der  mantel)  selbe  wider 

und  nam  den  vah  al  zende  ulder, 

da  man  diz  und  da;  sacb, 

ich  meine  vedern  unde  tach.    275,32; 

der  selbe  phelle  der  tet  sich 

an  den  valt  und  an  den  strich 

alse  nähe  und  alse  wol, 

als  ein  phelle  von  rebte  sol.    280, 10. 
s.  falte. 

FALT,  goth.  tal^s,  nur  in  den  Zusammensetzungen  ainfal))s, 
managfal{)s,  aiid.  fald,  später  falt,  wiederum  in  einfald,  manac- 
fald  u.  s.  w.,  mhd.  valt,  nhd.  falt.  auch  das  lal.  plex,  plus,  gi: 
rrAf(|,  7t/.6os  nicht  einfach,  nur  in  simples,  simplus,  duplex, 
duplus,  UTi/.oii,  Si7c).öos  SiTx/.ovs  >crX.     s.  fach. 

FALTBAR,  plicabilis,  fallper,  foc.l482h4*.  vgl.  entfallbar, 
unentfaltbar.    Stieler  429. 

FÄLTCHE.N,  n.  ruga  exigua,  nnl.  vouwtje:  ganz  sanfte  und 
fast  unmerkliche  fältchen.  Winkelma.\\  3,105;  die  schürze  ist 
sehr  gesteift,  in  kleine  dichte  fältchen  gelegt.  Kroxbiegel 
Altenburger  trachten  s.  39 ; 

wie  sich  nur  ein  fältchen  ruckt,  , 

Witz  heraus  mit  lachen  guckt.    Rccsert  10. 

FALTE,  /.  plica,  fimbria,  ruga.  ahd.  begegnet  nur  fald  n;., 
mlul.  oft  der  nom.  unsicher  valt  m.  oder  valde  f,  seltner  valte 
(iVü».  1210,  2),  tco  Lachm.  yalten,  man  sieht  nicht  icclcher  schlechten 
hs.  entnimmt,  die  guten  haben  valde;  dann  auch  Trist.  322,31 
und  Renner  14206,  nhd.  allgemein  falte,  mnl.  voude,  nnl.  vouw, 
ags.  feald,  engl,  fold,  altn.  faldr  und  falda,  schw.  fall,  dän. 
fuld.  Polen  und  Böhmen  haben  von  uns  falda,  fald  übernom- 
men, aus  engl,  fold  erwuchs  das  welsche  ffald.  mehr  unter  dem 
rerbum  falten,  die  bedeulungen  stimmen  zu  der  siebenten,  achten 
und  neunten  von  fach,  allen  wohnt  die  Vorstellung  des  zusam- 
menfügens  und  legens  bei. 

1)  falte  in  kleid,  gewand  und  schmuckbinde,  wobei  das  it.  falda, 
altfr.  faude,  mlat.  falda  fimbria  und  faldo  indumentum  (Docange 
3,193.194),  aber  auch  palla,  pallium  zu  erwägen: 
mhd.  in  valde  ( :  balde) 

lac  ir  virelich  gewant.    Nkidhari  nxvi,  28; 

ob  er  mich  des  libes  ie  gebaete, 

8Ö  sis  unlange  stxte 

diu  valde  an  miner  wxte.    6, 38, 

$0  soll  die  falte  meines  gewandes  bald  nachgden; 

dd  bete  ich  aber  da;  mine  {liemde) 

faeimeliche  in  minem  schriue 

in  reinen  wi;en  valten 

verborgen  unde  behalten.     Trist.  322,31; 

die  valden  ich  niht  geprüeven  kan, 

die  wären  so  listic  und  reine.    Tcrl.  Wh.  137"; 

und  habe  wir  gar  gehebe  valten  (:  alten).    Renner  14206; 

an  aller  bände  valde  (:  halde) 

ej  \ilas  tuch)  von  im  selber  üf  gel.    Marienleg.  91,44; 

diu  w.Tle  was  gevalden  wol, 

ieslich  valde  bleter  vol 

was  gehangen.    Licbtknstei:«  296,10; 

diu  (wiel)  mit  valden  was  behuot.    452,  3. 
nhd.  der  mantel  bat  gar  vil  krummer  Talten.    fastn.  671,12; 
das  bar  auf  deinem  heubt  ist  wie  die  purpur  des  königs  in 
falten  gebunden,    hohelied  7,  5 ; 

das  wammes  von  falten  zu  fallea  gespalten,    «under h.  2,96; 
III. 


die  gefallene  und  eingeschnüerete  reitröck,  wie  die  kochers- 
pergische  faltenjuppen  waren  noch  nit  aufkommen,  dann 
was  soll  dis  ruckenspannen  und  sorgfältig  einfalten,  ein- 
stechen und  einwinden  der  weiberröck  ?  kurzumb  wann  man 
die  stifel  nicht  meh  wachtelt,  so  müssen  die  kleider  gewach- 
telpfeifelet  werden,  wolan  so  secht  wol  zu,  dasz  es  nicht 
aus  den  falten  komm,  der  bub  müst  es  sonst  gethan  haben, 
macht  eh  eigene  wachlelhölzer  darzu  wie  zu  den  hembd- 
krösen.  aber  was  gehen  mich  ewere  falzenschindelen  an,  ich 
mag  euch  die  falten  nicht  weiter  verrücken.    Garg.  116'; 

drei  acte  hab  ich  selber  erdicht, 

die  andern  2  hat  meister  LoUinger  in  die  falten  gericht. 

Grtpbius  1,  732; 
wenn  ihr  nur  sonst  nicht  was  hier  aus  den  falten  rückt. 

Cakitz  «.  2bö ; 
da  stört  ihn  flieg  und  schäm,  da  irren  ihn  die  sinnen, 
da  darbt  sein  überDusz.    die  Weisheit  steckt  zwar  drinnen, 
will  aber  nicht  heraus,  wie  sehr  er  spuckt  und  drückt 
und  unter  tausend  angst  die  kraus  in  Talten  rückt. 

Gc^TUER  409; 
stürmt  im  haare  und  im  schlender,  runzelt  tiefe  falten  drein. 
Dusch  der  schoszliund  s.  32; 
der  schwarzgraue  mantel 
dunkler  streilichter  wölken,  in  den  die  nalur  sich  gebüllet, 
rollet  sich  plötzlich  in  langen  wallenden  falten  vom  himmel. 

Zachariä  tageszeiten  4 ; 
vergeszt  nur  nicht  dem  Schneider  einzuschärfen, 
dasz,  so  lieb  sein  köpf  ihm  ist, 
die  hosen  keine  falten  werfen.    Götbe  12,111; 
und  rocke  so  lang  und  falten  so  weit.    13,110; 
und  verbirgt  der  tbränen  stürzenden  quell 
in  des  mantels  purpurnen  falten.    Schiller  70*; 
breitet  ihm  vor  die  falte  des  silberhellen  gewande», 
jtoöad's  Se  Ol  nävXoio  yastrov  Tnvyft    iy.ä},irwey. 

lt.  5, 315. 
es  heiszt:  ein  gewand  in  die  falten  legen,  rücken,  kneipen 
(s.  faltenknif) ;  einen  mantel  in  die  fallen  stechen  (Stieler  429), 
richten,  setzen,  schlagen,  winden,  fügen,  bringen,  streichen. 
intransitiv :  das  tuch  kommt,  rückt,  schiebt  sich  aus  den  falten  ; 
zieht  falten;  das  gewand  schlägt,  wirft  reiche  falten,  läszt 
schöne  falten  fallen;  die  falte  bauscht  sich,  eine  bauschende 
falte,  turgens  plica;  kriechende,  schrumpfende,  zusamriien- 
laufende  falte,  plica  repens,  fr.  pli  rampant: 

si  se  vesti  d'une  vert  cote, 

molt  bien  faudee  ä  plois  rampanr.    Meos  4, 11. 

sprichw.  schaube  ohne  falten  ist  armer  leufe  hoffart. 

2)  falte  des  gesichts,  der  haut,  stirne,  des  mundes: 

hett  sie  zwelf  jar  an  knicken  krochen, 
und  den  ars  in  die  falten  gstochen, 
noch  ist  sie  juh  mein  keiserein 
und  auch  die  allerliebste  mein. 

Mi;rners  schetmenzunft  30*  {Scheible  J.855); 
der  köpf  («<irn)  steht  schon  in  falten.    Uiloebrand  votksl.  403; 
das  antlitz  schlecht  sich  zu  falten.    PnaANO.  lugd.  5,  284 ; 

die  zofe 
trocknet  die  äugen  sich  ab  imd  legt  die  lippen  in  falten. 

Zachariä  1,259; 
0  redner,  lege  doch  dein  maul  erst  in  die  falten, 
dein  maul,  das  so  erbärmlich  spricht.    Lessi^g  1,21,  hernach: 
0  redner!  dein  gesiebt  zieht  jämmerliche  falten, 
indem  dein  maul  erbärmlich  spricht, 
wer  wollt  in  seinen  blütentagen 
die  Stirn  in  düstre  falten  ziebn?    Uöltt. 

seine  stirne  legt  sich  schon  in  falten;  er  legte  sein  gesicht 
in  falten. 

3)  falte  des  herzens,  der  sinne,  seele,  des  gemüts: 
mhd.  in  d^s  herzen  valden 

gottis  wort  behalden.    pass.  U.  108,58; 

wände  in  dir  aide  sunden  scbimel 

nicht  lenger  dar  behalten 

in  ir  valschen  valten.    111,34; 

swer  in  des  herzen  valden 

die  vrucht  der  lere  hat  genumen.    242,39; 

eya  mensche,  kum  her  vur, 

ich  meine  A;  sunden  valden, 

ob  du  da  sist  behalden.    66,31; 

dis  ich  ot  behalde 

in  mines  herzen  valde 

den  lieben  herren  Jesum  Crist.    pass.  K.  164,17; 

nhd.  setzt  eure  sieben  sinnen  in  die  falten,  herr  Peter  Squenz 
hat  etwas  nachdenkliches  anzumelden.  Gbtphiüs  1,  720;  hätte 
ihnen  doch  ihr  edelmüthiges  und  über  alles  mistraaen  er- 
hnhne<  herz  eher  erlaubt  die  falten  des  seinigen  zu  durch- 
schauen!   Drawes  freigeist  138 ; 

82 


1299 


FALTE  — FÄLTELN 


FALTEN 


1300 


wie  alter,  immer  noch  des  argwohns  düstre  Talten? 

WlELANO; 

leer  ron  lieb  ist  jede  fulte 

meines  herzens.    Gotter  1,206; 

Tergrehen  des  Verdrusses  falten 

nach  einem  flCigel  vom  kapaun?    Göki!<gk  1,203; 

es  kömmt  auf  gewohnheit,  Übung,  neigungcn,  gemiilhslie- 
schaffcnhcit,  winkel  und  falten  der  seele  an,  wohin  die  auf- 
merksamkeit  bei  erblickung  eines  gegenständes  sich  lenken 
soll.  Mexüelsohn  im  Gükingks  leben  ?iicolais  191;  ein  mann, 
der  die  geduld  sich  in  alle  umstände  zu  schicken  und  das 
talent  sich  in  alle  falten  zu  legen  auf  das  vollkommenste 
bosasz.  Garves  überx.  des  Cic.  de  off.  1,S3;  ob  die  falten,  die 
sich  in  mein  geinüth  geschlagen  und  gedrückt  haben,  wieder 
auszutilgen  sind.    Götue  27,  34 ; 

es  schwinden  jedes  kummers  falten, 

so  lang  des  liedes  zaubcr  nahen.     Scbiller  80'; 

in  seinem  herzen 
war  diese  falte  wirklich  mir  entgangen?    285"; 

nun  haben  die  bekannten  töne  an  mein  herz  geschlagen, 
eine  lange  verschlossene  falte  hat  sich  wieder  aufgelhan  und  da 
wimmelts  plötzlich  an  erinnerungen.  Kotzebue  </raj?i.  .tp.  3,302. 

4)  falte  gehl  leicht  über  m  die  Vorstellung  eines  gefaclies.  Schreins, 
einer  lasche,  die  sich  fallen,  schlicszen,  entfallen  und  öfnen: 

mild,  dö  wart  üj  der  valde  vil  richer  kleiiler  Cdnomen. 

Mb.  2ü2,4; 
swaj  man  in  der  valde  der  guotcn  w.rte  vani.    275,2; 
dö  wart  ÜJ  der  valde  richer  w.rte  vil  genomen.    52S,  4; 
sie  suohten  üi  d€n  valden  des  vil  dar  inns  lac. 

1210,2  vgl.  Uvlzin.  1293,2; 
min  röckel  in  der  valde  lit.    MSH.  3, 227* 

oder  trie  in  der  stelle  unter  1  liegt  in  falten,  gcfallcl?  nhd.  fall, 

fach  oder  täte  in  einer  laschen,  locellus,  forulus,  parva  bursa. 

voc.  14S2  h4'.     Diefexbach   335*,    der   244'   taschenvald   und 

taschenfach  anführt; 

seinen  beutet  baue  vor,  wer  ein  wüstes  gut  wil  pflügen, 
wann  das  gut  wird  sein  erbaut,  wird  der  beutet  wüste  liegen, 
wird  sich  kaum  ums  sechste  jähr  wieder  aus  deti  falten  fügen. 
LocAU  2,  220,  6'J, 

wie  vir  noch  heule  sagen,  sein  beutel  hat,  wirft  fallen,  ist  nicht 
mehr  rund  gefüllt,  darum  konnte  er  selbst  falte  heiszen,  wie  die 
fahende  lade  fach  hciszt. 

5)  falte,  spall,  scldupfwinkcl,  rima,  recessus,  septum: 
besit  in  einer  valden.    pass.  K.  235,86; 

in  der  cellen  valde.    542,69; 
nhd.  in  jedes  berggel.indes  falte 
der  nebel  weilt, 
bis  des  geklippes  scharfe  spalte 
den  dunst  zertheilt. 

Fb.  Brcm  im  musennlm.  1796  s.  183. 

diese  bedeuiung  eines  abgelegnen,  eingeheglen  raums  mag  eine  der 
ältesten  sän,  da  sich  schon  mlat.  falda  für  septum  und  stabulum 
findet.  Dixaxce3,  192;  ags.  fald,  fcoi/7e,  ovile,  engl,  scholl,  fold, 
sbeepfold.     heule  ist  sie  uns  fast  erloschen. 

6)  falle,  implicalio,  umschlingung: 

der  lagel  [des  irurmes)  was  umbc  si  gegeben 
wol  mit  drin  valden.     H'iyii/.  131,2t!, 

halle  sie  dreimal  umschlungen,     s.  die  mit  fall  gebildeten  adjecitra. 

')  figürlich,  ein  durchtriebener  unrechtsgelehrter  wird  schon 
wissen  die  sache  in  so  viel  falten  zu  legen  und  .so  anzu- 
streichen, dasz  die  gegenparlei  wünschen  wird,  davon  los  zu 
sein.  ScHivER  seelensch.  1,  854.  auch  die  unter  3  angeführten 
ürlltn  stehen  figürlich. 

F.\LTECHT1G,  lacinio.<tus,  fallichl,  faltig:  faltechtigc  kleider. 
SriEiER  429. 

FALTEISKN,  n.  was  faltmesser.     s.  falzeisen. 

KALTKKA.MMKR,  f  der  ort  in  Zuckerfabriken,  wo  die  zucker- 
hüte in  papier  eingeschlaißn,  gefaltet  werden. 

FÄLTELN,  complicare  in  minutos  sinus,  il.  faldellare:  dein 
geschir  (klridervorral)  mustu  etwan  dick  widerumb  besehen, 
zclen,  schütten,  fehlen,  zusammenlegen.  Keiseksb.  narrensch. 
c*';  wurden  zu  seinem  hembd  aufgenommen  ...  zweihun- 
dert ballen  des  schmalen  sindals  von  Spinal  und  Kidn,  zu 
underfniler  oben  am  hals,  wie  bombesin,  gar  subtil  als  man 
unter  die  siitlnl  fulert.  denn  es  war  nicht  gekruset  noch 
geninzelet,  gekräuselet,  gekrisamet,  geniltelet,  gevolschlegel, 
g«"ri««en  oder  gewunden.  Garg.  113*;  predigerköpfe  in  breiten, 
•Icifgefaltellen  baiskrausen.  Armin  1,  268 ; 
den  bogen 
r«lo  feftlull  In  der  lur.b*.    Ann.  v.  Daotri  217. 


FALTEN,  plicare,  goth.  fal|.an  faifal|),  ahd.  faldan  fiald,  fialf, 
mhd.  valden  vicit,  ags.  fealdan  feold.  zu  altn.  falda  Aa«»  ic/» 
das  praet.  feld  nicht  aufweisen,  alle  übrigen  dialecle  bilden  es 
schwach:  nhd.  falten  faltete  {doch  mit  lange  forldauerndem  ge- 
fallen, das  edler  klingt  als  gefaltet),  »ini.  vouden  voudc  (denn 
kein  velt  zu  belegen),  nnl.  vouwen  vouwde,  engl,  fold  folded, 
schw.  fiilla  falladc,  d<in.  folde  fol.lede.  nothwendig  zur  seile 
stand  dem  gulh.  |)  ahd.  d  und  schädlich  wich  davon  das  spätere 
t  ab,  man  stellte  fallen  auf  gleiche  linie  mil  hallen,  wallen, 
deren  tenuis  riciuig  (>/,  weil  ihnen  goth.  haldan,  valdan  eiUspricJd, 
für  falden  hätte  dieanalogie  ron  balde  audacter  anschlagen  sollen, 
nicht  minder  tadelhaft  entfernen  sich  «</.«.  fealdan,  a//n.  falda  »on 
der  asp.  d,  die  ihnen  gebührte,  die  nl.  mundart  scheidet  keine 
med.  und  asp.  des  imguallauts,  houden  verhält  sich  wie  vouden, 
dessen  Verdünnung  in  vouwen  kaum  nachwirken  der  aspiration 
sein  kann. 

fal{)an  ist  nun  plicare,  fal|)s  plcx,  mil  umgestelltem  1  {wie  in 
halls  claudus,  vulfs  lupus,  miluks  lac  =  mlac),  während  im 
nahe  liegenden  flaihtan  ==  pleclere  n  und  pl  unrcrrückl  sind, 
gr.  TiXixEiv  mehr  pleclere  als  plicare  ausdrückt  {s.  unter  flechten). 
dem  J)  würde  lal.  l  entsprechen,  folglich  fal)>an  =  plitare,  pletarc 
stelin  oder  umgedreht  plicare  auf  falhan  führen,  wozu  sich  sogar 
filhan  scpelire,  gleichsam  einfallen,  in  leichenlücher  falten,  nehmen 
liesze,  dem  wir  doch  1, 1253  ganz  andere  grundlage  ansmiltelten. 
zu  plitare,  mit  au.<igeslo<;znem  I  würden  sich  Ttxvaoeiv  und  TCTi^yua 
fügen,  aus  lal.  plicare  ward  il.  piegare,  sp.  plegar,  prov.  pleiar, 
fr.  ploier,  plicr  und  die  nl.  spräche  naJim  dies  ploojen  auf,  da 
sie  doch  vouden,  vouwen  besasz,  beide  verba,  ploojen  und  vouwen 
scheinen  derselben  wurzel.  auch  das  subst.  falte  lautet  nnl.  beides 
vouw  und  plooi  =  fr.  pH,  ploi,  .•;/).  pliegue.  it.  picga.  das 
Schott,  plaid  scheint  eigentlich  faltenmantel,  fallenkleid.  umgekehrt 
gieng  in  das  altfr.  neben  ploier,  plier  fauder,  unser  fallen  ein. 
Polen  und  Böhmen  entlehnen  aus  unserm  falten  iVir  fatdowac, 
faldovali.  wie  aber  an  pleclere  flectere,  stüszt  an  piegare  sogar 
unser  biegen  und  fliehen. 

1)  ein  hemd,  einen  rock  falten,  einen  halskragen  falten; 
hatten  sammt  (allesammt)  gefallene  rocke  an  und  führeten 
gewundene  ketten.  Schweimchen  1,  54 ;  einen  in  ein  gewand  : 

diesen  zierlich  und  kräftig  doch 
kaum  geborenen  sängling 
faltet  in  reinster  windeln  flaum, 
strenget  in  köstlicher  wickeln  schmuck 
klatschender  Wärterinnen  schar 
unvernünlligen  wähncns.    Göras  41,231. 

2)  die  lippen,  den  mund,  die  slirne  falten,  die  obren  falten  : 
da  ich  in  meiner  kindheit  keine  hauben  um  die  obren  litt, 
so  kann  ich  sie  gleich  einem  wilden  bewegen  und  spitzen 
wie  ein  pferd  und  höre  Ireflich,  indessen  das  gehaulile 
publicum  seine  obren  so  wenig,  als  wären  sie  von  silbcr, 
falten  kann.  J.  P.  paling.  I,  23.  besonders  aber  die  bände  falten, 
wie  flehende,  bittende,  betende  thun : 

mhd.  min  hende  ich  valde 

mit  triwen  algCrnde  M  ir  füeje.    LicnrKMsT.  394,26; 

nhd.  sollte  er  da  nicht  auch  von  gewissen  leuten  gelesen 
haben  ,  .  .  welche  die  religion  in  äuszerlichen  dingen,  in 
geberden  und  mienen,  in  kleidern,  in  der  enthaltung  von 
speisen,  in  gebelsfornieln,  in  kläglichen  tönen,  in  gefaltneu 
bänden,  in  verzagten  schritten  suchten,  imd  bei  ihrer  heiligen 
gestalt  ein  boshaft  herz  halten  und  behielten.   Gellert  3,  3 ; 

strecke  die  hciszgefalteten  hfindo  zu  dem,  der  erwürgt  wird. 

Meimius  8,617; 

hub  vor  seine  stirn  die  festgelnlteten  hftnde.    10,790;  11,549; 
doch  erhub  er  gefaltet 

seine  bände  gen  himmel.    11,1146; 

mit  hocbgefulteten  bänden  des  preises 

sieht  er  um  sich  die  dornigen,  welch  er  labte.    \6,^iund  oft ; 

oft  nun  fallend  die  händ,  tind  oft  mit  lauterem  murmeln 

las  er  die  tröstenden  sprücli  und  ermnhniingen.    Vo.»s  2,268, 

ehe  man  sich  setzte,  bewunderte  man  seinen  geschmack  in 
einer  minutenlangen  stille  und  faltete  dabei  die  bände.  ThI«- 
HEI.   Wdhelmine  109; 

festlich,  band  in  hnnd  gefnliet, 

itchn  wir  um  den  göttertliron.     ROrcir  V; 

bei  der  arbi'lt  war  sie  eiiij,'C"irhliifrn, 

dns  gestrickin  mit  den  iimlcln  riihie 

zwischen  den  gefoltnen  zurtcn  huiiden.    Gönn  3,105; 

mit  gefalincn  blinden  knien.  Klinger  3,  254.  ebenm  die  knie 
fallen,  plirr,  fiechtr  les  genou.r,  geniia  plicare,  flecUrr. 

3)  das  papier,  den  lirief  fallen:  er  faltete  den  brief,  (ilter- 
■ckrieb  ihn,  zum  siegcIo  war  es  tu  spflt.  GOriit  17,38«.    ein 


130 1   FALTENBAUSCH  —  FALTENWURF 


FALTER— FALZ 


1302 


kraut,  das  bei  der  leisesten  berührung  seine  bläller  faltet ;  der 
Schmetterling  faltet  seine  flügel.  die  fahne  falten,  in  falten 
legen,  zusammenlegen. 

4)  die  ungeheure  gewalt  der  musik  auf  mich  in  diesen 
tagen !  die  stimme  der  Mieder,  das  klangreiche  der  Szj  ma- 
nowska,  ja  sogar  die  üflentlichen  exhibitionen  des  hiesigen 
jägercorps  falten  mich  auseinander,  wie  man  eine  geballte 
faust  freundlich  flach  läszt.    Götue  an  Zelter  414. 

5)  sich  falten,  sich  biegen,  krümmen:  die  blume  faltet  sich; 

mhd.  des  vielten  sich  ir  egge,  dö  si  sollen  tiän  gesniteo. 

WALIUE8  31,7; 
nhd.    doch  i  und  ein  Oügelpaar 

faltet  sich  los!    Göthk  41,242; 

die  fromme  band,  die  sich  zur  andacbt  faltet.    Hagedorn. 

5.  auffalten,  ausfalten,  befalten,  durchfalten,  einfallen,  ent- 
falten, umfallen,  zufallen,  zusammenfalten. 

FALTENBAUSCH,  m.  tumor  plicarum. 

FALTENBLUME,  f.  coniolvulus,  die  tcinde,  treil  sie  sich  faüel. 

FALTENBUND,  m.  trochus  luber,  eine.  muscMart. 

FALTENFALL,  m.  uas  faltenschlag  2. 

FALTENFLECHTE,  f.  liehen  plicatus. 

FALTENHEMD,  n.  ein  gefallenes,  yefdllelles  hemd: 
auch  (tonntet  ihr  anständig  nackter  gehen, 
das  lange  falteuhemd  ist  übersittlicb.    Göthe  41,330. 

FALTENJUPPE,  f.  linea  tunica  laciniosa.  Garg.  116'  (oben 
sp.  129S). 

FALTENKLAPPE,  f.  spondylus  plicalus,  muschel. 

FALTENKLEID,  n.  ein  «eiles  faUen  schlagendes  kleid,  vestis 
sintiosa. 

FALTENKNIF,  m.  der  rechte  grif,  das  geschieh  eine  falle  zu 
legen  und  dann  auch  die  gelegte,  sitzende  falte,  s.  knif  und 
faltenschlag. 

FALTENKORB,  m.  madra,  backtrog,  korbmusckeL 

FALTENKRAUSE,  f  lacinia  crispata. 

FALTENKREIS,  m.  rugarum  circulus:  seinen  lächelnden 
mund  umzingelten  unzählige  grosze  faltenkreise.  J.  P.  Til.b,  114. 

FALTENLEER,  expers  rugarum,  sercnus: 

so  komm  denn,  und  vergisz  mir  nicht, 

ein  faltenleeres  angesicht 

und  deine  harfe  mitzubringen.    Göki>'gk  1,203. 

FALTENLOS,  dasselbe:  faltenlose,  ^alte  stirn. 
FALTENLOS,  adv. 

sein  leben 
liegt  faltenlos  und  leuchtend  ausgebreitet.    ScniLtER  399*. 

FALTENLOSIGKEIT,  f 

FALTENMAGEN,  m.  omasus,  hlättermagen. 

F.\LTENMANTEL ,  m.  faltiger  und  nachlässiger  Überwurf, 
salope.     s.  Zwickelmantel. 

FALTENREICH,  sinuosus,  rugosvs:  als  sie  nach  färbe  und 
pinsel  grif  und  ein  faltenreiches  gewand  mit  soviel  reinlich- 
keit  als  geschicklichkeit  anlegte  {zeichnete).    Göthe  17, 217. 

FALTENROCK,  m.  was  faltenjuppe. 

FALTENSCHLAG,  m.  l)  sinuum  adomandorutn  ratio:  der 
künstler  fand  für  gut,  einen  theil  dieses  mantels  über  den 
einen  Schenkel  zu  werfen,  um  einen  schönen  faltenschlag  zu 
zeigen.  Winkelmann  5,36;  da  nun  der  fallenschlag  nach  den 
ältesten  und  folgenden  zeiten  der  kunst  verschieden  ist.  5,  47. 

2)  der  faltenfall  selbst,  die  art  und  weise  wie  die  falten  am 
gewande  fallen:  alle  die  schönen  formen,  die  ich  aus  jedem 
fallenschlag  ihres  florkleides  mir  abzog.  TnrHMEL  3,  76  vgl. 
3,557.  4,158;  der  vortheilhafte  faltenschlag  ihres  halstuchs. 
6, 33 ;  der  faltenschlag  ist  sehr  zierlich,  auch  fehlt  es  nicht 
an  schönem  faltenschlag.  Göthe  44,  S7;  der  flatternde  mantel 
von  sehr  gutem  faltenschlage.  44,  89.  die  belege  zeigen,  dasz 
sich  beide  bedeutungen  des  kunstmäszigen  und  natürlichen  falten- 
schlags  mischen  oder  schwer  zu  sondern  sind,  falten  werden 
geschlagen  und  das  kleid  schlaf  sie  selbst. 

FALTENSCHWAMM,  t».  agaricus  plicatus,  ein  pilz  mit  in- 
wendig gefallenem  köpf 

FALTENTRÄGER,  m.  lacerta  plica. 

FALTENVOLL,  plenus  sinuum,  rugarum. 

FALTENWALZE,  f  toluta  plicaria.  eine  muschel. 

FALTENWEISE,  adv.  plicaiim,  lacinialim,  in  falten 

FALTENWURF,  m.  wie  faltenschiag :  ein  reicher  falten- 
wurf ;  die  schöne  mode,  dasz  die  weiber  durch  einen  kleinen 
fallenwurf  ihre  wade  vorzeigen.  J.  P.  TU.  1,  67.  figürlich,  wie 
der  himmel  den  fallenwurf  seiner  wölken  versuchte  und  färbte. 
uns.  hge  3,  76 ;    so   steht  sie  am  raude  der  erde  und  blickt   I 


ihren  groszen  vor  ihr  stehenden  frfihling  an,  dessen  fallen- 
wurf thäier  sind. 

FALTER,  «I.  papilio,  weil  er  ruhig  sitzend  die  flügel  fallet, 
wie  man  ein  zeit  (it.  padiglione,  sp.  pabellon,  fr.  pavillon)  ent- 
faltet, passenderer  name  als  Schmetterling,  vgl.  tagfalter,  nacht- 
falter,  sommerfalter,  fenchelfalter,  weinfaller,  besonders  aber 
zweifalter  und  feifalter,  üfalter,  wo  mehr  gesagt  werden  soll. 
Henisch,  Stieler,  Steinbach,  Frisch  haben  noch  kein  faller, 
doch  nach  Schm.  1, 530  leben  feurfalter,  beinfalter,  weinfaller 
u.  s.  w.  unterm  rolk,  vgl.  Schmid  175. 

FALTER,  n.  abgeschwächtes  fallthor,  oft  in  weUerauischen  Ur- 
kunden, z.  b.  ein  schlosselicht  (einen  schlüssel  bildender)  acker, 
vor  dem  obersten  falter  gelegen.  Polgönser  kirchcnaclen  von 
1569  s.  11 ;  von  der  hobreide  bei  dem  falter  zu  Kirchguns. 
ebenda  s.  32. 

FÄLTERLEIN,  FÄLTERLE,  n.  kleiner  Schmetterling. 
FALTERSEULE,  /".    s.  fallthorseule. 
FALTIG,  sinuosus,  rugosus:  faltiges  kleid,  fallige  stirne: 
wenn  ihr  nicht  alle 
ihre  geberden  kennt,  nicht  ihre  winke,  die  stim  nicht, 
die  nun  faltig,  nun  sanft  verbeut.    Klopstock  2,  20U; 
auf  ihren  faltigen  mund, 
upon  her  skinny  lips.    Alacbeth  1,3. 
(6et  Schiller  55S'  an  die  welken  lippen) ; 
Stirnen,  die  Juwelen  tragen, 
neigen  sich  von  k-ummer  faltig.    Platen  57. 

der  Zusammensetzung  manigfaltig,  multiplex  erlassen  wir  den 
umlaut,  nicht  dem  vielfalüg,  noch  den  zäldenden  einfältig,  zwie- 
fällig,  dreifältig  u.  s.  w.,  doch  bleibt  auch  dreifaltig  für  den 
geistlichen  sinn  ton  trinus. 

F.\LTIGKEIT,  f.  die  beschaffenhät  des  gefallenen,  ohne  um- 
laut, die  dreifaltigkeit,  trinitas,  manigfaltigkeit,  rarietas;  mit 
umlaut  einfälligkeit,  dreifältigkeit,  Vielfältigkeit  u.  s.  w. 

FALTMESSER,  n.  scaivum  (l.  scalprum),  ansarium,  cloloria. 
roc.  14S2  h4'.  hö'  (DiEFENBACH  37*.  128'.  515'),  ein  messer  zum 
fallen,  falzen,  falzbein,  falzmcsser. 

FALTRIAN,  m.  convallaria  majalis,  maiblume,  thalblume. 
Höfer  1, 196,  entweder  aus  dem  lat.  convallaria,  oder  rerwechse- 
lung  mit  baldrian,  Valeriana,  wie  oben  sp.  1269  angenommen 
wurde. 

FALTSTOCK,  m.  ein  holz  zum  legen  der  falten. 

FALTSTUL,  »i.  sella  plicatilis,  mlat.  faldeslolium,  falde- 
storium  (Blcange  3, 193. 194.  Diez  137),  it.  faldistorio,  altfr. 
faudesteuil,  faudeteuil,  heute  fauteuil,  ahd.  faldistuol,  faldilstul, 
faltstuol  (Graff  6,  664),  mhd.  valtstuol : 

ir  wart  ein  valtstuol  rorgesat 

ze  tische  engegeu,  als  er  bat, 

durch  das  ^r  die  frouwen 

deste  ba;  möhte  schouwen.    Er.  6429; 

nhd.  versdiwunden,  die  deutschen  fürsten  gebrauchen  das  fr.  wort 
statt  des  heimischen,  aus  welchem  jenes  fremde  entnommen  ist. 
engl,  dauert  noch  faldstool,  auf  den  die  künige  bei  ihrer  krönung 
niederknien,     s.  falzstul. . 

FALTTAFEL,  f   tafel,   worauf  zeuge  zusammengelegt  werden. 

FALTUNG,  f  plicatto:  wenn  nun  das  ohr  fähig  ist  unend- 
lich verschiedene  faltuugen  (nuancen)  an  sich  zu  nehmen,  wie 
ungleich  und  wie  dunkel  musz  sein  urtheil  von  dem  harten 
und  sanften  sein.  Bodmer  in  Danzels  Gottsched  s.  193.  rgl.  ent- 
faltung,  umfallung,  zusammenfaltung. 

FALZ,  m.  plica,  junctura,  Stria,  gleichriel  mtt  fall  (s.  falzen), 
poln.  bühm.  falc.     von  balz  tzn/er3,  Winkeljiann  sf/irci/»<  pfalz. 

1)  man  hol  schon  ein  ahd.  falz  zu  setzen  nach  dem  compo- 
situm anafalz  ineus  (Graff  3,  519),  ags.  onfilt,  engl,  anvil,  nnl. 
aanheeld,  ambeeld.  da  nun  dieses  wort  sonst  lautet  anapö;, 
nhd.  ambosz,  zurückgehend  auf  pöjan,  böjen,  in'c  lat.  incus 
auf  cudere,  sl.  nakovalo  auf  kovati  (1,  277),  so  musz  auch  in 
falzen  eine  entsprechende  sinnliche  bedeutung  entitalten  sein,  welche 
hernach  für  das  rerbum  näher  zu  ermitteln  ist.  für  das  subst. 
schickte  sich  etwa  schlag,  stosz,  fuge,  falte,  spalte,  mhd.  der 
wunden  valz,  die  gesdilagne,  gespaltne  wunde: 

warf  dö  salz 
üf  die  koln  und  üf  der  wunden  valz.   pats.  K.  123,  'S. 

2)  mhd.  begegnet  valz  zumal  vom  schwert  und  bezeichnet  des^n 
klinge  selbst,  int  yegensatz  zur  schneide  oder  ecke,  aho  ganz 
eigentlich  das  geschmiedete,  geschlagne,  gefaltne  schwert.  folgende 
beide  stellen  geben  den  pl.  valze: 

da;  swert  lieht  unde  lanc, 

ze  beiden  silen  vil  gerehi, 

valze  und  ckc  im  wären  sl^hl, 

da{  gehilze  stark  und  wh.    Wh.  295,  t4; 

82* 


1303 


FALZ  — FALZEN 


FALZEN — FALZWUNDE 


1304 


Sr  warf  fj  umbe  In  der  liant, 

er  lobt  im  valze  und  ecke  sin.    430,  20. 

in  Albbechts  TU.  der  sdmadie  pl.  valzen,  der  sich  auf  einen 
sg.  valze  f.  beziehen  liesze: 

man  jach  drr  Baldakönen 

ecken,  daj  die  sniten  über  die  valzen.    3918,4; 

ob  sinem  swgrt  die  valien 

inder  wapren  mit  varwe  dem  geliche, 

das  ^0"  'm  <i^  künigc  und  amajiure 

zer  frden  wa-rn  gevellet, 

drs  nam  den  ellenthaften  gar  untiure.    41S7, 2. 
bUdlich, 

manec  man  g^t  üf  Aren  valze 

hoch  enbor,  als  ob  er  walze.    Renner  928, 

strd)l  auf  der  ehren  Idinge  empor,     vgl.  felze. 

3)  mhd.  aber  auch  valz  vom  begatten  der  vögel,  namentlich 
der  vilden  höhne,  auerhdhne,  falken.     Hadamar  von  Laber  212: 

ich  hän  bi  mangem  Talze 

gehalten  wol  durch  hoeren, 

doch  was  min  sin,  §z  walze, 

#5  lig,  ej  st6,  daj  sol  ich  niht  zesloeren. 

der  Jäger  lauscIUe  den  Ihieren,  ohne  sie  zu  stören,  sdion  1,1094 
wurde  balz  oder  falz  {vgl.  blach  für  flach  1, 1053.  2,  58,  bclclie 
für  felche,  barch  für  farcL  u.  a.  m.)  mit  recht  von  falzen  ab- 
geleitet, Kelche  sinnlidie  bedeutung  man  ilim  auch  unterlege,  dasz 
heutzutage  der  irndmann  die  falz,  die  balz  sagt  statt  des  alten 
der  falz,  verschlägt  nichts. 

4)  nhd.  dauert  falz  bei  versdiiednen  handwerkem  fort, 

a)  kupferschmieden  ist  es  der  umgebogene,  gefallene  rand  eines 
gefäszes,  was  den  mhd.  valz  des  Schwertes  bestätigt,  an  den  ttieilen, 
die  sie  mit  einander  verbinden  machen  die  kupfersdimiede  einen 
falz,  einen  falz  legen  oder  schleifen,  gefäsze  mit  einem  hohlen 
bauche  mit  ihren  pfalzen  und  hohlkehlen  am  rande,  am  fusze 
und  am  deckel.  Winkelmann  5, 114;  oder,  wenn  sie  hohl  sind, 
so  sind  sie  ohne  bauch  und  ohne  pfalze  und  hohlkehlen 
cyjindrisch  ausgedehnt.  5, 115. 

b)  burhbindern  das  brechen,  zusammenlegen,  fallen  der  gedruckten 
bogen:  hinten  am  bogen,  wo  der  falz  ist;  ein  buch  mit  einem 
tiefen  falze;  auch  stoszen  sie  einen  falz  an  die  deckelbreter,  damit 
sie  in  den  falz  des  buches  passen,     schon  mhd. 

enbinnen  der  buche  valz.    pass.  K.  363,87. 

c)  gerbern  und  rieniern  heiszt  der  umgelegte  Iheü  des  schab- 
messers  der  falz: 

ir  haut  mit  einem  scharpfen  falz  bezugst.    II.  Sachs  1,501. 

d)  tischlern  ist  falz  die  fuge,  kerbe,  rinne,  um  zwei  breier  an 
einander  zu  fügen. 

e)  auch  an  einem  büdisenschafle  wird  die  rinne  oder  hohlkehle 
der  falz  genannt. 

/)  ebenso  an  seulen  die  fuge,  Stria:  der  falz  an  der  seule, 
die  falze  der  seulen,  s.  die  stellen  Winkelmanns  unter  a  und 
hernadi  ausgepfalzl  unter  falzen. 

g)  sicher  noch  in  andern  hier  unaufgezählten  bedeutungen: 
vermaclie  (schliesz)  aber  den  falz  (die  fuge)  an  dem  alembico 
(alambic,  deslllliergefdsz)  gar  wol,  das  nichts  darvon  verriechen 
möge.    Thcbneisser  magna  alch.  1,  90. 

FALZAMBOSZ,  m.  kupferschmieden  ein  ambosz,  auf  welchem 
sie  zwei  ilücke  aneinander  falzen,  man  begreift  hiernach,  dasz 
der  ambosz  selbst  anfalz  heüszen  konnte. 

FALZBANK,  f  lisrhlern  und  zimmerleulen  eine  bank,  worauf 
die  breier  befestig  werden,  weldien  der  falzhobel  einen  falz  geben  soll. 

FALZBEIN,  n.  rin  breites,  dünngeschliffenes  Werkzeug  von 
knochen  oder  hartem  holz,  um  damit  papier  zu  fallen,  zu  schnei- 
den und  glatt  zu  ^reichen,  it.  stecca  da  piegare,  fr.  plioir. 

FALZBLT3ME,  f  micropus. 

FALZBOCK,  m.  hölzernes  geslelle  der  gerber,  das  lohgare  leder 
darauf  zu  falzen.     Brosenids  1,64  sehreibt  falzblock. 

FALZBRET,  n.  bei  den  buchbindem  ein  bret,  die  bogen  eines 
buchet  darauf  zu  falzen. 

FALZE,   f   verschiedentlich  für  falz  rn.  in  allen  bedeutungen. 

FALZEISEN,  n.  culter  rasorius,  lohgerhern  eine  gerade,  breite 
klinge,  mit  umgelegter  schneide,  zum  abschaben  des  fleisches  von 
den  hauten. 

FÄLZELN,  wie  fälteln,  ein  wenig  falzen. 

FALZEN,  plieare,  ttriare,  mhd.  valzen  und  nach  uns  schie. 
faltga,  falsa,  ddn.  fal«e,  poln.  falcowad,  böhm.  falcovati.  der 
angel,  um  den  sieh  hier  alles  dreht,  ist,  dasz  falten  und  falzen 
ein  und  dasselbe  wort  sind,  wie  schon  die  doppelt  vorkommenden 
tind  gleichbedeuligen  Zusammensetzungen  fnlleiien  fnllmciser  falt- 
•tol  mbnt  Cilidaen  f.ilzme««*^  falzitttil  anzeigen,  dem  mhd.  vallcn 
tWI  gerallen  tur  mit  lief  ein  gans  paralleles  valzen  viel»  geT»lzcn,   | 


wenn  schon  vielz  noch  unbelegbar  ist,  aber  aus  gevalzen  folgt, 
die  sl.  faldowad,  faldovati  neben  falcowad,  falcovati  entsprechen 
unserm  falten  falzen,  woher  sie  entlehnt  wurden,  gotli.  galt 
freilich  nur  faljjan  faifalj),  durchaus  kän  faltan  faifalt,  so  mög- 
lidi  es  der  form  nadi  (leie  saltan  saisalt)  gewesen  wäre,  in 
ahd.  glossen  hingegen  erscheint  falzit  fulcit,  wofür  falcat  wird  zu 
lesen  sein,  und  gifalztiu  suürt,  falcati  enscs  (Graff  3, 51S),  jenem 
mhd.  valz  der  schwerler  entsprechend,  also  niclit  gifalzaniu 
suört.  bei  falcatus,  sichelförmig  gekrümmt,  in  modum  falcis  cur- 
valus  wurde  der  glossator  leicht  geführt  auf  gifalzit,  plicalus,  bei 
anafalz  incus  liesze  sich  an  keine  sichel  denken,  sichd  hiesz  in 
unsrer  spräche  niemals  falz,  falzen  ist  uns  falten,  nicht  sdineiden. 
dazu  kommt  ags.  onfilt  =  anafalz  und  das  noch  merkwürdigere 
nl.  aanbeeld,  aenbeld,  im  Teulonista  aenliilt,  dessen  b  dem  in 
balz  für  falz,  dessen  cid,  ilt  aber  dem  ald  des  ahd.  fald,  dem 
al})  des  goth.  fal{)  entspricht,  ohne  dasz  sich  til.  aenboud,  aenvoud 
nach  analogie  von  vouden  ergab,  ahd.  faldan  scheint  sich  dem- 
nach in  faltan  und  falzan  fortbewegt  zu  haben,  mhd.  valten  »n 
valzen,  gerade  wie  golh.  Jjvairhs  zu  ahd.  duerah,  mhd.  twgrh, 
nhd.  zwerch,  goth.  |)vahan  3«  alid.  duahan,  mhd.  twahen,  nhd. 
zwagen,  Jjvingan  zu  ahd.  duingan,  mhd.  Iwingen,  nhd.  zwingen 
wurde,  oder  um  ein  beispid  des  inlaids  zu  geben,  ahd.  sftftun  in 
mhd.  siuften  und  siufzen,  nhd.  seufzen  übergieng.  lauter  prae- 
occupationen  regelrechter  Verschiebung,  wie  siuften  und  siufzen 
erscheinen  falten  und  falzen  gleichzeitig  neben  einander  und  wenn 
unterschiede  der  bedeutung  zwischen  beiden  formen  gelten,  so  ge- 
wahren wir,  dasz  falten  im  edlen  slil,  falzen  im  gemeinen  und 
handwerksmäszigen  plieare  ausdrückt,  falzen  ist  immerhin  auch 
ein  falten,  doch  falten  ist  nicht  überall  falzen,  man  sagt  nicht 
die  bände  falzen,  das  gewand  falzen,  nur  das  schwert,  das 
bret,  das  papier  falzen  =  falten  und  auch  in  falzen,  begatten 
liegt  dieselbe  gemeinhdt.  die  edle,  poet'isdie  spräche  hielt  am  allen 
laut,  die  prosa  schob  ihn  gewaltsam  weiter,  die  ganze  erscheinuno 
ist  aber  in  der  gesdiidite  unsrer  spräche  eine  der  lehrreidisten 
und  auf  ähnliche  fälle  anwendbar,  auf  den  laut  i  oder  e  im  ags. 
onfilt,  nl.  aenbeld  wird  später  unter  dem  worte  felze  zurück- 
gekommen. 

das  part.  gevalzen  biclet  sich  nur  in  unechten  Neidharten  dar: 

er  ist  umb  sinen  lenken  vuoj  gevalzen.    MSH.  3,213"; 

haet  er  ouch  ein  hant  im  hin  gevalzen.    3,278'; 

beidemal:  balzen  und  in  der  bedeutung  von  gekrümmt,  gebogen, 
nhd.  immer  schwachformiges  prael.  und  part.,  z.  b.  ward  allda 
ein  so  grosz  geschal  von  gelächter,  das  die  eine  die  ander 
nit  hören  noch  verstehn  kundt,  das  ich  der  Ursachen  halb 
mein  pappir  zufalzet  {zusammenlegte)  und  vermeinte  darvon  zu 
schleichen,  spinnrockenevang.  G  4'.  falzen  ganz  deutlich  für  fallen : 

beim  spiegcl  allzeit  rath  thun  holn, 

wie  sie  die  Schleier  falzen  soln.    Etring  1,761. 

auf  einer  viereckigten  ausgepfalzten  base  stehet  ein  nackendes 
kind.  Winkeimann  sendschr.  rondenherculan. entdeckumjen.  Dresden 
1702  s.  50.  .stellen  über  das  falzen  der  vögel  stehen  schon  1,  1094 ; 
der  auerhahn  falzet  oder  balzet.  Döbei.  1,45';  die  kanonen 
des  kriegs  und  die  stoszwinde  des  lebens  hören  sie  so  wenip 
in  der  lust,  als  der  auerhahn  einen  schusz,  wenn  er  falzt. 
J.  r.  anh.  zu  Tit.  1,48.  Nemsicit  sp.  lö70  will  unter  falzen, 
balzen  vox  falconum  ad  coUum  prurientium  verstehen. 

FALZKNSCHINDEL,  f :  aber  was  gehn  mich  ewere  falzen- 
schindelen  an,  ich  mag  euch  die  falten  nicht  weiter  ver- 
rücken.   Garg.  116*. 

FALZHOLZ,  n.  falzbdn. 

FALZMKSSEB,  n.  falzbein,  falzeisen,  vgl.  fallmesser. 

FALZONE,  /".  name  eines  Schwertes: 

fir  het  i'ij  manigen  riehen 
ein  edel  swtrt  gewellet  (gewälzt), 
dA  mit  vil  ritterlichen 
wart  manic  stolzer  d/'gen  sit  gevellet. 
6t  brälitej  an  stn  ende  und  bieg  «{  TalzAne, 
in  manigcm  stürme  herte  wart  e;  sit  erkani  an  stnem  <t4oe 
Alm.  Tit.  1228. 

FALZSTUL,  m.  was  fallslul.  alid.  valzstuol,  eurulis  (tiih). 
Diut.  3,150.    sumerl.  33,20. 

FALZUNG,  f.  wie  fallung,  plicalio,  jundura:  gedachie  bn'-r 
hat  die  wahre  flgyptische  form  der  einHlltigen  falzung,  die 
allen  bas  und  gebftuden  dieser  nation  eigen  ist.  Wii<kKLMA'<ii 
n,  III. 

FALZWUNDE.  f.  weirhl  atif  die  «eile,  oder  wer  den  degcn 
auf  die  letzt  wird  in  der  sciieide  bchallen.  der  soll  die  erste 
falzwunde  im  gesichle  haben.    Wi-isb  neu«  proben  202. 


1305 


FALZZANGE  —  FAMILIE 


FAMILIE  —  FAMILIENFEHLER 


1306 


FALZZANGE,  f.  zange  mit  stumpfen  knäpen. 

FALZZIEGEL,  m.  oder  f.  dachziegel,  die  sich  fallet,  überein- 
anderlegt, rgl.  biberschwanz. 

FAMA,  f.  gr.  ^r;ur„  tcelche  personificalion  unsere  vorfahren 
zwar  auch  ab  frau  Melde,  gewöhnlich  aber  als  einen  männlichen 
Hüumunt,  mbd.  Liumet,  Liument  oder  als  ein  n.  Märi,  Ma;rc, 
Skis  geflügelt  und  fliegend  sich  dachten,  rgl.  myth.  S49— 851. 
^«  den  späteren  dichtem  sind  alle  diese  vor  der  lateinischen  Fama 
zurückgetreten : 

frau  Fama  gehet  vor  und  bläst  des  beiden  sacheo, 
die  thaien,  die  für  sich  ihn  herlich  können  machen, 
in  ganzer  gegend  aus.    der  ungewohnte  ton 
macht  dasz  das  breite  land  wie  littrend  wird  davon. 
Fleüi^g  139; 

er  gibt  der  Fama  geist  und  schall.    Gdhihbr  136; 
die  Fama  trägt  sein  conterfei.    140; 
und  auf  Famas  tausendfach  rauschenden  flügeln 
wirds  Ton  meeren  schallen  und  brausen  von  bügeln. 
Schiller  16*. 

Stieler  431  führt  ein  abgestumpßes  'nam  und  fam',  nomen  et 
rumor  an,  wofür  doch  keine  belege  vorhanden  sind,  offenbar  dem 
nnl.  faam.  'naam  en  faem'  nachgd>ildet  und  unhochdeulsch. 

FA.MCHE\,  n.  famella,  gleich  unbelegt  und  vielleicht  von  Stieler 
erfunden,  obwol  ein  nl.  faamtje  möglich. 

F.\MEN,  schäumen,  s.  faumen,  feimen. 

FAMILIE,  f.  aus  dem  lat.  familia,  it.  famiglia,  sp.  familia, 
fr.  famille,  seü  dem  beginn  des  18  jh.  mit  macht  allenthalben 
eingedrungen,  nnl.  dän.  familie,  schtr.  familj,  engl,  family,  poln. 
familia,  bühm.  familie,  russ.  familija;  galische,  irische,  welsche, 
armorische  Wörterbücher  geben  es  nicltl,  und  wahren  ihre  eignen 
ausdrücke,  ebenso  die  litauischen,  letlischen,  finnischen,  bei  uns 
fährt  es  Stieler  noch  nicht  auf  und  dem  17  jh.  blieb  es  unge- 
braucht wie  dem  13;  Frisch  und  Adelung  können  sich  seiner 
nicht  mehr  enthalten,  wie  lang  dauerte  aber,  bis  das  fremde  wort 
unter  bürger  und  bauern  gebracht  und  von  ihnen  verbanden  wurde, 
so  schön  und  gefüge  es  an  sich  selbst  sei,  hat  es  doch  gleich  zahl- 
losen andern  ausländischen  Wörtern  unsere  hergebrachten  hämi- 
schen gestört  und  manche  natürliche  redensarten  durch  seinen  aus- 
gedehnten einßusz  beeinträchtigt,  die  älteste  benennung  der  familie 
war  goth.  heiv  {verwandt  mit  lat.  civis  und  wahrscheinlich  mit 
bus,  haus),  ahd.  hiwiski,  hieske,  hiuske,  höske  (Graff  4, 1068), 
ags.  hivisce,  vgl.  altn.  hiuskapr  malrimonium  und  unser  heurat, 
beirat.  nur  baus  behält  auch  heule  den  allgemeinen  sinn  von 
familie,  welche  andere  deutschen  ausdrücke  ionst  galten  oder  noch 
gelten,  ist  aus  der  den  folgenden  beispielen  und  belegen  hinzuge- 
fügten erklärung  zu  entnehmen,  den  ^aven  gilt  rod  (=  art) 
und  rodina,  poln.  rodzina. 

dies  ist  meine  familie,  hier  ist  meine  ganze  familie,  hier 
ist  mein  ganzes  haus  {oixia),  hier  sind  alle  meine  leute,  die 
meinigen,  meine  lieben  oder  trauten,  frau  und  kinder ,  auch 
die  dienstbolen,  wofür  leute  zumal  haftet.  Gellert  meidet  noch 
gern  familie  und  schreibt:  grüsze  mir  dein  ganzes  haus;  ich 
grüsze  und  segne  ihr  ganzes  liebes  baus.  10, 25 ;  grüszen 
sie  ihr  ganzes  haus  von  mir.  10,26;  viele  freuden,  die  ich 
ihnen  und  ihrer  jgfr.  Schwester  und  ihrem  ganzen  hause 
gönne.  10,  28 ;  ich  habe  es  beständig  als  eine  der  gröszten 
wolthaten  von  gott  erkannt,  dasz  er  mich  in  ihr  haus  und 
in  ihre  bekanntschaft  gebracht  hat.  Garve  an  Gellert  10,  39. 
doch  ihm  antwortet  auch  Gellert:  gott,  den  sie  fürchten,  lasse 
es  ihnen  mit  ihrer  ganzen  familie  wol  gehn.  10,  42.  Craxer 
an  Gellert:  jetzt  bin  ich  in  Lingbye,  wo  ich  für  meine  familie 
ein  logis  für  den  ganzen  sommcr  gemietbet  habe.  8, 130 
stall  für  die  meinigen  eine  wohnung.  bei  allen  spätem  must 
es  immer  geläufiger  geworden  sein :  wenn  er  wiederkommen 
sollte  und  sollte  sehen  wie  es  mit  seiner  familie  stünde. 
LESSI5G  1, 468 ;  genug,  dasz  das  geld  in  der  familie  bleibt. 
2,540;  die  ganze  weit  sollte  nur  ^ine  familie  sein,  ebenda; 
ihre  familie  ist  doch  auch  recht  wol  und  munter?  12,341; 
lebte  ruhig  in  der  familie  und  war  sehr  still  und  in  sich 
gekehrt.  GüTnE24,  224;  die  bedeutendsten  wellbegebenheiten 
ist  man  bis  in  die  gebeimnisse  der  familien  zu  verfolgen  ge- 
nülhigt.  24,211;  mein  tischgenosse  ....  leistete  mir  man- 
chen dienst,  indem  er  mich  in  verschiednen  Ortschaften  und 
familien  tbeils  persönlich,  theils  durch  empfehlungen  ein- 
führte. 25,339;  wir  fanden  den  vater  ganz  allein,  denn  die 
familie  {seine  leute,  nicht  blosz  die  dienstbolen)  war  auf  dem 
felde.  25,341;  dieser  .  .  .  ward  noch  mehr  durch  die  hof- 
nung  eines  guten  empfangs  in  einer  so  angenehmen  familie 
belebt.  26,32;    durch  solche  anaogenebme  kleine  zwischen- 


fälligkeiten  wurden  wir  jedoch  so  wenig  als  doctor  Primrose 
und  seine  liebenswürdige  familie  in  unserm  heitern  leben 
gestört.  26,33;  es  war  nicht  das  erste  und  letzte  mal,  dasz 
ich  mich  in  familien,  in  geselligen  kreisen  befand  gerade  im 
augenblicke  ihrer  höchsten  blute.  26,34;  die  ländliche  familie, 
der  ich  befreundet  war,  hatte  verwandte  häuser  in  der  Stadt. 
ebenda,  in  groszen  bäusem  wohnt  gev*öhnlich  mehr  als  eine 
familie.  man  sagt  von  einem  kinderlosen:  er  hat  keine  familie; 
wie  stark  ist  deine  familie?  wie  riel  kinder  hast  du?  eine  edle, 
berühmte,  ansehnliche,  ehrbare,  zahlreiche,  grosze  familie ; 
eine  arme,  kleine,  dürftige  familie,  bettlerfamilie ;  diese  all- 
gegründeten  familien.  Götbe  48,70;  die  familie  blühte  noch. 
48,  71 ;  er  ist  von  guter  familie,  von  gutem  geschlecht,  stamm, 
von  adel;  von  einer  geringen  familie,  aus  bürgerlichem  stand; 
sippe  ist  Verwandtschaft; 

familie  reiht  sich  an  familie,  stamm  an  stamm.  Göthe; 
seine  familie  {sein  geschlecht)  ist  ausgestorben,  ausgegangen,  in 
der  naturgeschichle  vnrd  von  familien  {geschlechtern,  arten)  der 
thiere,  pflanzen,  steine  geredet  und  selbst  bei  handschriflen,  die 
von  einander  stammen  oder  nebeneinander  laufen,  die  einzelne 
familie  unterschieden,  in  der  familie  der  oberen  erkenntnis- 
vermögen  gibt  es  ein  mittelglied  zwischen  verstand  und  Ver- 
nunft. .Kant  7,15.  die  Zusammensetzungen  werden  vielsilbig,  und 
ihre  unerschöpfliche  reihe  zeigt,  wie  tiefe  würzet  dies  wort  unter 
uns  geschlagen  hat. 

FAMILIENABENTECER,  n.  ein  ereignis,  das  eine  familie  be- 
troffen hat:  als  Jüngling,  wegen  des  schrecklich  sonderbar- 
sten familienabenteuers  feldOüchtig.    Götbe  . . . 

FAMILIEN'ABSICHT,  f.  meine  handlung  und  gewisse  fami- 
lienabsicbten  erfodem  es.  Weisze  briefwechsd  der  fam.  des 
kinderfr.  4.  90. 

FAMIL1EN.\HNLICHKEIT,  f.  gentilis  similUudo:  hast  du 
nicht  satt  das  repelierwerk  unseres  freuden  und  trauerge- 
läutes,  die  familienähnlichkeit  aller  abende  und  zeiten?  J.  P. 
Hesp.  1,121;  das  leidende  weih  {Klingers)  hat  Tieck,  von  der 
familienähnlichkeit  verführt,  Lenz  zugeschrieben.  Gervincs 
nat.  lit.  1843.  1,  584.     vgl.  farailienzug. 

FAMILIENANGELEGENHEIT,  f.  um  ein  näheres  gespräch 
einzuleiten,  erklärt  ich  mich  für  einen  Zeichenkünstler  von 
Gotha,  der  wegen  familienangelegenheiten  in  dieser  unfreund- 
lichen Jahrszeit  Schwester  und  Schwager  in  Braunschweig 
ZU  besuchen  habe.    Göthe  30,  224. 

FAMILIENANHANG,  m.  vilium  heredüate  propagatum:  hab 
keinen  firmen  ödem,  ein  kleiner  familienanhang,  so  was  aus 
meiner  alten  nobilität.  Fr.  MCller  2, 175.  a6er  auch  in  gewöhn- 
lichem sinn:  ein  groszer  familienanhang  ist  unbequem. 

FAMILIENANZEIGE,  f  in  öffentlichen  bldUern,  familien nachricht. 

FAMILIEN  AUFTRITT,  m.  verfall  in  der  familie:  diese  fami- 
lienauflritte,  ehe  sie  sich  in  eine  geschiebte  des  israelitischen 
Volks  verlieren  sollten  u.  s.  w.    Göthe  24,  222. 

FAMILIENAUSTRAG,  m.  Schiedsgericht  in  familienslreitigkeiten. 

FAMILIENBAND,  n.  necessitudo,  Verwandtschaft:  die  ver- 
wandten seiner  frau  lassen  sich  nicht  einmal  durch  familien- 
bande  hallen.    Göthe  6,  208. 

FAMILIENBEGRÄBNIS,  n.  sepulcrum  gentilicium,  erbbegräbnis. 

FAMILIENBEZUG,  m.  relatio  familiaris:  sind  doch  ortsver- 
hältnisse,  familienbezüge,  herkömmlichkeilen  und  gewohn- 
heilen schon  abstumpfend  genug.    Göthe  32, 178, 

FAMILIENBILD,  n.  imago  gentilicia:  vom  ehrwürdigsten 
familienbilde  bis  zum  frivolsten  kupferstich,  eins  wie  das 
andere  muste  leiden.    Göthe  17,  245. 

FAMILIENBRIEFE,  literae  familiäres,  vertrauU  briefe. 

FAMILIENBUCHE,  /.  fagus  gentüis,  antiqua: 
lagern  wir  uns  im  schatten  der  alten  familienbuche. 
die  vorlängst  uns  bekennt  mit  schon  auswacbsenden  namen. 

Luise  t,  2öO. 

FAMILIENELEND,  n.  wie  familienunglück,  elend,  schimpf,  der 
ein  geschlecht  getroffen  hat.    Klinger  1,  431. 

FAMILIENEMPFINDÜNG,  f.  sie  hatte  nur  freundliche,  bräut- 
liche familienempfindungen  bei  sich  genährt.    Göthe  17,  326. 

FAMILIENERBE,  n.  gentile  bonum,  Patrimonium,  viel  schöner 
und  bezeichnender  ahd.  nodal,  alts.  6dil,  ags.  idel,  vgl.  RA.  265. 492. 

FAMILIENERBTHEIL,  m.  pars  hereditatis  gentiliciae. 

FAMILIENEREIGNIS,  n.  bedeutendes  und  für  die  folge 
fruchtbares  familienereignis.    Göthe  31,  53. 

FAMILIENFEHLER,  m.  vüium  heredüate  tradUum,  erbfehler, 
der  im  geschlecht  haftet:  pedanterei  ist  unser  familienfehler 
nicht.    Rabener  3, 327.  6,  58. 


1307    FAMILIENFEINDSCHAFT— FAMILIENHAUPT 


FAMILIENKRANKHEIT— FAMILIENTISCH     1 308 


FAMILIENFEINDSCHAFT,  f.  sein  bruder  ehric  das  ver- 
sprechen, welches  er  dein  olieim  gegeben  hatte,  die  politi- 
schen zwiste  niemals  in  familienfeindschaft  ausbrechen  zu 
lassen.    Daulman^  fr.  rev.  32S. 

FAMILIENFEST,  n.  luiuslkhes,  unter  verwandten  und  freunden 
begangnes:  er  meldete  mir  sein  behagen  an  den  dortigen  zu- 
ständen aufs  reizendste,  beschrieb  verschiedene  familienfeste 
zur  feier  seines  geburtstags  und  des  grafen  anmutig  und  um- 
ständlich.   GöTHE  31,  4S. 

FAMILIENFRAGE,  f  quaesiio  familiaris,  vertrauUcIie  frage: 
indessen  will  ich  die  kleinen  familienfragen,  die  ew.  hochgeb. 
an  mich  gethan,  kurz  beantworten.  Gellert8,23;  er  wollte 
sich  die  freiheit  nehmen  und  einige  vertraute  fragen  an  mich 
thun,  ob  ich  verheirathet  wäre,  ob  ich  kindor  hätte,  wie  hoch 
sich  meine  einnähme  beliefe,  ob  ich  jemanden  zu  versorgen 
hätte,    ich  beantwortete  diese  familienfragen  sehr  kurz.  8,  'M. 

FAMILIENFREL'DE,  f.  im  gegensalz  zu  familienleid,  fami- 
lientrauer,  ;.  b.  bei  yeburt  eines  kindes,  bei  einer  hochzeit. 

FAMILIENGEDANKE,  in.  da  stirbt  des  gefangenen  recht- 
mäsziger  söhn  und  nun  wachen  dem  alten  familiengedanken 
auf  {zu  neuer  Vermählung).    Daiilmann  fr.  rev.  179. 

FAMILIENGEFÜHL,  n.  familiengefühl,  diesen  hauptstamm, 
auf  den  alles  ankommt,  dessen  boden  nur  das  Vaterland  ist. 
GöTHE  33,109.     heimuschci,  lieimalsgefüld. 

FAMILIENGEHEIMNIS,  n.  arcanum  domus:  familiengeheim- 
nisse  bewahren,  bekannt  machen ;  ihr  habt  immer  solche 
familiengeheimnisse.    Göthe  20,  293. 

FAMILIENGEIST,  »;i.  esprit  de  fatnille. 

FAMILIENGEMÄHLDE,  n.  1)  was  familienbild:  familien- 
gemählde  hebt  man  blosz  der  tracht  wegen  als  eine  rarität 
auf.  Rabeneb  2,92;  ein  groszes  faniiliengemählde  über  dem 
kamin.    Göthe  26,  28S. 

2)  fabula,  narraliu  familiaris:  geben  sie  uns  familiengemählde. 
doch  ist  es  mit  den  familiengemählden  eine  eigene  sache. 
sie  sehen  einander  alle  so  gleich  und  wir  haben  fast  alle 
Verhältnisse  derselben  schon  gut  bearbeitet  auf  unsern  theatern 
gesehen.  Göthe  12,176;  es  (et;i  chinesisches  drama)  ist  ein  ganz 
eigentliches,  nicht  im  besondern,  sondern  ins  allgemeine  ge- 
dichtetes familiengemählde.  49, 145. 

FAMILIENGERICHTSBARKEIT,  f.  jurüdictio  patrimonialis : 
da  es  keine  familiengerichtsbarkeit  mehr  gibt,  so  musz  man 
zu  dem  barbarischen  despotismus  der  verhaftshriefe,  wenn 
es  die  Züchtigung  verbrecherischer  kinder  gilt,  lieber  greifen, 
als  zu  den  langsamen  förmlichkeiten  einer  blinden  und  pedan- 
tischen gerechligkeit.    Dahlmann  fr.  rev.  178. 

FAMILIENGESCHICHTE,  f.  uie  familiengemählde  2. 

FAMILIENGESELLSCHAFT,  f.    Gotter  3,357. 

FAMILIENGEWALT,  ^  palria  jwlestas :  der  edle  und  mensch- 
liche gebrauch,  den  der  hausvater  von  seiner  familiengewalt 
machen  soll.    Savignt  System  1,  350. 

FAMILIENGLIED,  n.  membrum  familiae,  hausgenosz:  sämmt- 
liche  nachbarn  und  verv^andte  wurden  abermals  vorgeführt 
und  es  erschien  meiner  einbildungskraft  ein  solcher  schwärm 
von  onkeln  und  tauten,  vetlern,  basen,  kommenden,  gehen- 
den, gevatlern  und  gasten,  dasz  ich  in  der  belebtesten  weit 
zu  hausen  glaubte,  alle  familienglieder  hatten  einige  worte 
mit  mir  gesprochen.    Göthe  25,  344. 

FAMILIENGLÜCK,  n.  felicUas  domestica,  häusliches  glück: 
zu  jenem  eigenen  familienglück,  einem  hohen  und  gesun- 
den aller  gelangen.  Göthe  37,  6;  untergrabenes  familienglück 
ist  hier  das  thema.    Gebvinüs  not.  lit.  1,584. 

FAMILIENGRCFT,  f.  familienhegrdbnis : 

nicht  kann  geben  die  mutier  ilcr  gütigen  erde,  was  pilicht  ist, 
noch  lur  ramilieti^nif't  bringen  verwandte!)  gebein 
(nee  pole  cognatOB  inter  humare  rogos).      I'ropcrz  iv.  7, 10. 

F.\M1LH-NGLT,  n.  famüienerbe:  das  schwäbische  reichsdorf 
selbst ,  dieses  competenzstUck  und  familiengut  der  göltin 
freiheit.    J.  P.  pap.  dr.  1,264. 

FAMILIENHAND,  f  cognata  manut :  dank  es,  unbesonnener, 
diesem  eisgrauen  köpf,  der  von  familienhänden  zu  grabe  ge- 
bracht sein  will.    Schiller  158*. 

FAMILIENHANDEL,  m.  fanulienangrlegcnheU :  bei  jedem 
familienhandel  haben  sie  die  band  im  .<«piele.  Gotter  3,23; 
das  sind  blosze  fainilienhäudel. 

FAMILIENHASZ,  m.  odium  domeslicitm,  familienfiindschaß : 
das  Schauspiel  stürm  und  drang  mahlt  scholl ischeii  familien- 
basz  in  grellen  zügen.    Gervikus  1,  bHi. 

FAMILIENHALIT,  n.  caput  familiae,  genl,>. 


FAMILIENKRANKHEIT,  f  erbliches  übel. 

FAMILIENKREIS,  m.  circulus  domeslirus:  auch  wollte  unser 
junger  ankömmling  noch  vor  seiner  abreise  das  seinige  thun 
und  lud  das  junge  paar  mit  einem  engeren  familieiikreisc  zu 
einer  wasserlustfahrt.  Göthe  17,330;  hatten  wir  in  langen 
Winterabenden  im  familienkreise  ein  buch  angefangen  voi-zu- 
lesen,  so  musten  wir  es  auch  durchbringcn.  24, 229 ;  die 
untcriiallung  bei  tische  erweiterte  die  ansieht  jenes  land  und 
familicnkicises.  25,346;  man  gewinnt  die  freudenperlen  des 
Ichens  nicht  im  Weltmeer  der  gescllschaft,  sondern  nur  zu 
hause  im  familicnkrci.-ie  {au  sein  de  la  famille).  J.  I'.  papierdr. 
2,11)1. 

FAMILIENKRUG,  m.  urctus  avüus: 

auch  bringet  der  greis  den  künstlich  geforinten 
alten  familienkrug  mit  jährigem  moste  gcPüliet.    Voss  2, 3t9. 

FAMILIENLABYRINTH,  n.    Göthe  6,  205. 

FAMILIENLEBEN,  n.  rila  domestica. 

FAMILIENLEIDEN,  n.  calamitas  domestica:  bei  gelegenhril 
dieses  fainiiienleidens  will  ich  auch  noch  eines  bruders  ge- 
denken u.  s.  «'.    Göthe  24,  53. 

FAMILIENMÄRCHEN,  n.  fabula  domestica,  hausmärcheu : 
durch  solche  und  andere  geistreiche  scherze  ward  unser 
wunderliches  mariagespiel  wo  nicht  zum  Stadt,  doch  zum 
fainiüenmärchen,  das  den  müttern  unserer  schönen  gar  nicht 
unangenehm  in  die  obren  klang.    Göthe  26,  351. 

FAMILIENMLTTER,  f  golh.  hcivafrauji?  ahd.  hftsfroii«A? 
nhd.  hausfrau,  vgl.  kindermutter.  familienmulter  steht  bei 
Klin'ger  1,  395. 

FAMILIENNACHRICHT,  f  über  ihre  familiennachrichlen 
habe  ich  mich  sehr  vergnügt.    Babener  6, 186. 

FAMILIENNAME,  n.  nomen  gcnlilicium,  geschlechlsnante,  der 
geerbt,  nicht  ertheill  wird,  es  gibt  auch  familienvornamen,  die 
im  gcfcUkcbl  immer  vorkommen. 

FAMlLIFxNNOTH,  f.  miseiia  domestica. 

FAMILIEN  BACHE,  f  vindicta  domestica. 

FAMILIENRATH,  wi.  conseil  de  famille,  nnl.  familieraad, 
ausschusz  von  gliedern  der  familie,  um  gemeinschnßliche  ange- 
legenlieitvn  zu  beralhen  und  zu  leiten. 

FAMILIENRECHT,  n.  jus  familiae. 

FAMILIENRÜCKSICHTEN,  ralivnes  domeslicae.  s.  fainilien- 
umstand. 

FAMILIENSACHE,  f.  causa  domestica,  familienhandel,  im 
gegensatz  zu  staatshandcl. 

FAMILIENSCENE, /".  «(wfamilienauftritt:  von  nun  an  gehen 
die  manigfaltigen  familienscenen  abwechselnd  vor  sich.  Göthe 
24,  217. 

FAMILIENSCHATZ,  m.  privatschatz :  ich  besitze  einen  fami- 
lienschatz  von  einigen  hundert  projecten.  Rabener  4,230, 
diesen  unsern  alten  (cr6/i(7ien)  familienschatz.  diese  lebensfreude 
meines  groszvaters  linde  ich  hier  aufgestellt.    Göiue  20, 165. 

FAMILIENSCHLAG,  m.  genus,  indoles  stirpL^,  der  schlag,  das 
geprägc,  die  eigcnheit  eines  Stammes  oder  geschlechls:  das,  was 
ich  den  fainilienschlag  nenne,  wo  sich  etwas  charakleristisches 
endlich  so  tief  in  die  zeiigungskrafl  einprägt,  dasz  es  einer 
Spielart  nahe  kommt  und  sich  wie  diese  perpeluiert.  Kant  to.  27. 
vgl.  leuleschlag,  mcnscbeiischlag,  ein  schlag  leule  oder  menschen. 

FAMILIENSCHNITT,  «i.  einen  katholischen  national  und 
familienschnilt.    Göthe  an  fr.  r.  St.  2,  ISS. 

FAMILIENSINN,  m.  sensus  domesticus,  häuslicher  sinn  :  Dide- 
rots  hausvater,  der  ehrliche  Verbrecher,  der  essighändler 
u.  s.  w.  waren  dem  ehrbaren  bürger  und  familiensinn  gemäsz, 
der  immer  mehr  obzuwalten  aiitieng.    Göthe  26, 196. 

F.\MILIENSI'AZIKRFAHBT.  /".  wie  eine  familienspazierfahrt 
im  Sommer  durch  ein  pliitzliches  gowitler  auf  eine  höchst 
verdrieszliche  v\eise  gestört  wird.    Göthe  21,51. 

FAMILIENSTHTLNG,  f. 

FAMILIENSTOLZ,  m.  faslus  genlilicius,  adelstolz. 

FAMILIENSTÜCK,  n.  pretiosum  familiae.  ein  forlgeerbtes.  ver- 
hleibrndes  hansgerdlh,  erbsliick,  z.  b.  dieser  eingelegte  schrein  ist 
ein  familicnslück.  zumal  ein  genuildde,  das  die  familie  inter  einen 
theil  davon  darstellt,  beide  hetleutuni/en  schon  /»W  Frisch  1,21«'. 
auch  langjährige  dienslleute  des  hau.vs  heiszen  fainilienslilrke. 

FAMILIENTAFEL,  f  viahlzeit,  an  der  nur  familirngliedrr 
theü  nehmen. 

FAMILIENTAG,  ni.  dies  festus  familiae,  nnl.  fnmilirdag,  ge- 
burtslag  u.  s.  w.      auch  für  r(v/r/m<I.v;ii/c  zusanunenkiinfle. 

FAMILIENTISCH,  m.  mensa  domeslica:  die  »chrecknissc 
eines  lainilientisches,  wo  jedes  glied  mit  fremden  gedanken 


1309 


FAMILIENTROSZ  —  FÄXDRICH 


FANFRELÜSCHE  —  FANG 


1310 


beschäftigt  sich  niedersetzt,  ungern  hört,  in  Zerstreuung 
spricht,  muffig  schweigt.  Gothe  21, 103.  ein  Student  hat  einen 
familientisch,  freilisch  in  einem  hause, 

FAMILIENTROSZ,  m.  grex,  agmen  familiae:  in  zwei  tagen 
musz  ich  den  Rhein  verlassen,  um  mit  dem  ganzen  familien- 
trosz  in  Schlangenbad  zusammen  zu  treffen.  Bettine  6r.  1,309. 

FAMILIENTUGEND,  f.  rirtus  privala,  heredilaria :  gelassen- 
heit  ist  eine  familientugend  der  eseL    Rabener  4,  27. 

FAMILIENCBERRASCHLNG,  f.  das  taient  eines  leichten, 
gefälligen  reims  zu  familienüberraschungen.    Götter  3,  xvi. 

FAMILIENUMGANG,  m.  consuetudo  familiaris,  vertrauter 
Umgang. 

FAMILIENUMSTAND,  m.  causa  domesiica. 

FAMILIENURKUNDE,  f.  tabula  gentiliäa. 

FAMILIENVATER,  m.  paterfamilias ,  otxoSsoTtörr^s,  goth. 
heivafrauja,  hausvaier,  kinderrater,  hausherr.  wie  er  [Wieland) 
in  seiner  ganzen  liebenswiirdigkeit  erschien  als  haus-  und 
famiiienvater,  als  freund  und  gälte.    Göthe  32,  259. 

FAMILIENVERBINDÜNG,  f.  conjiindio  familiamm. 

FAMILIEN  VEREIN,  m.  foedus:  seitdem  die  ersten  familien- 
vereine  in  mehr  oder  weniger  republicanische  Staaten  über- 
gegangen waren.    Wolfs  mus.  der  alterth.  w.  s.  123. 

FAMILIENVERHÄLTNIS,  n.  ratio  familiarum:  an  den  un- 
schuldigsten zustand,  der  sich  auf  erden  denken  läszt,  an 
den  des  ackermanns  ist  ein  protestantischer  landgeistlicher 
durch  gleiche  beschäftigung  so  wie  durch  gleiche  familien- 
rerhällnisse  geknüpft.  Göthe  25,334;  die  grosze  charte  bota- 
nique  d'apres  Ventenat  machte  mir  die  familienverhältnisse 
{der  pflanzen)  augenfälliger  und  eindrücklicher.    31,  25S. 

FAMILIENVERMÄCHTNIS,  n.  legatum  gentilicium. 

FAMILIENVERTRAG,  m.  pactum  gentilicium. 

FAMILIENWAPPEN,  n.  insigne  gentilicium.  nnl.  familiewapen. 

FAMILIENWEISE,  per  familias:  dort  hatten  sich  die  bewoh- 
ner  vor  ihren  häusem  versammelt,  sie  standen  nicht  in  reihen, 
sondern  familienweise  natürlich  gruppiert.   Göthe  t",  103. 

FAMILIENWESEN,  n.  familia  ipsa :  das  familienwesen  eines 
jeden  handwerks,  das  gestalt  und  färbe  von  der  beschäftigung 
erhielt.  Göthe  24,  239  ;  da  nun  aber  alles  öffentliche  auf  dem 
familienwesen  ruht,  so  wendet  er  (Moser)  auch  dahin  vor- 
züglich seinen  blick.  26,  242. 

FAMILIENWITZ,  m.  ingenium,  natura,  angAorene  naturan- 
lage,  muttericüz. 

FAMILIENWOHNLTSG,  f.  für  eine  familie  eingerichtet. 

FAMILIENZIRKEL,  m.  trie  familienkreis,  trauliche  gesellschaft. 

FAMILIENZUG,  m.  nnl.  familietrek.  1)  similitudo  lineamenli, 
faciei  nalira.  familienähnlichkeit :  ob  die  menschen  dies  und 
jenseits  sich  in  allgemeinen  famiiienzügen  ähnlich  sind,  lasse 
ich  hier  unerörtert.  Siegfr.  von  Lindenberg  2, 36 ;  den  enkel 
an  einem  familienzug  erkennen,  den  er  mit  dem  groszvater 
gemein  hatte. 

2)  agmen  familiae:  der  anblick  eures  kleinen  familienzuges 
{hseph.t,  der  mit  u;eib  und  kind  ziehl).  Göthe  21,  7 ;  dasz  er 
mit  seinem  familienzug  abends  in  das  alle  klosterthor  ein- 
dringen kann.  21,  37. 

FAMILIENZUSTAND,  wi.  dergleichen  mummereien  innerhalb 
eines  einfachen  familienzuslandes  waren  mir  immer  wider- 
wärtig.   Göthe  31, 49. 

FAMILIENZWIST,  m.  discordia  domesiica. 

FAMOS,  famosus:  jenes  famose  stück  'götter,  beiden  und 
Wieland'.  Göthe  26,  328 ;  auf  heute  abend  hatte  ich  mir  den 
famosen  gosang  der  Schiffer  bestellt,  die  den  Tasso  und  Ariost 
auf  ihre  eicnen  melodien  singen.  27, 131.  ein  oß  und  riel- 
deulig  gebrauchter  bursclienausdntck.  eine  nelkenarl,  dianthus 
superbus  nannte  man  sonst  famose,  Hochmut,  studentenhochmut, 
Studentenblume. 

FAND,  ahlaut  ron  finden,  goth.  fanj)  fun})un,  ahd.  fand  fundun, 
später  auch  fant  funtun,  mhd.  vant  vunden,  ags.  fand  fundon, 
nnl.  vond  vonden,  altn.  schir.  fann  funno.  unorganisch  lautet 
der  heutige  pl.  fanden,  dän.  fandt. 

FÄ.NDLEIN,  n.  iHirrum  vexillum,  fänlein,  fdhnlein: 
die  zwei  fändtein,  wie  ich  sag, 
besoldet  ein  ehrsamer  ralh.    Soltad  402; 
so  in  Frankfurt  gelegen  sein 
_  eiir  fhndiein  in  aller  refler.    403. 

FÄNDRICH,  m.  signtf'r,  fenderich,  rähurich: 
der  Wiszpeck  mit  sein  leuten 
der  stat  zu  trani;,  mit  groszem  zwang 
treib  er  si  an  den  graben 
recht  [x.  l.)  als  das  vich,  der  fenderich 
tbet  seinen  fan  aufhaben.    Soltac  ISl; 


zehen  paner  {mhd.  banier)  das  ist  ofTenbar, 
mit  iren  fendrich  auch  für  war 
sind  da  worden  gewunnen.    211. 

FANFRELCSCHE,   f.    zunächst  aus  fr.  fanfreluche,  nugae, 
inepliae,  res  frivolae,  alfanzerei,  aber  auch  ungefähr  trie  craman- 
zen  (2,  637.  63S)  für  flitler,  eitler  putz  gebraucht,     fanfreluche, 
altfr.  fanfelue  selbst  ist  das  it.  fanfaluca,  mlat.  famfaluca,  fam- 
feluca   (DiEz  138.   Diefexbach  224'),   die  sich  auf  irouföXv^ 
bulla,  so  wie  it.  fanfa,  fanfano  schwulst,  prahlerei,  auf  Ttofiyos 
zurückßhren.     läer  bereitet  dem  worl   einen   platz,    dasz  schon 
Fischart  Garg.  34  des  Rabelais  fanfreluches  antidotees  nach- 
ahmt und  überbietet  durch  widertode,  witarborstige,  witerwet- 
terige  und  witarsinnige  fanfrelischeit  und  wissagung.  Rabelajs 
im  zweiten  buch  setzt  auch  ein  rerbum  fanfrelucher. 
nun  denkt,  wenn  ihn 
die  fanferlüschen  in  die  mitte  kriegten  (ihr  kennt  ja  hofessitte), 
wies  da  dem  guten  paladin  ergehen  mochte.  Wi£la:(d  21,  Sl, 

die  fanferlüschen,  die  eitlen  gecken. 

F.VNG,  m.  captura,  praeda,  ictus,  aber  auch  das  fangende, 
greifende,  aufnehmende,  kein  goth.  faggs,  sondern  von  fahan, 
gafahan  das  subst.  gafah,  äyoa,  wozu  man  fach  sp.  1218  halle, 
ahd.  fanc,  mhd.  vanc,  ags.  alls.  fang,  nnl.  vang,  altn.  fang,  schw. 
ßng,  dän.  fang,  wofür  doch  heute  fängst,  fängst  vorgezogen  werden) ; 
viel  weiter  ab  liegt  die  Verwandtschaft  von  fasz,  ags.  altn.  fat. 

1)  der  fang  des  wildes :  auf  den  fang  ausgehen  ;  wir  haben 
einen  tüchtigen  fang  gethan,  Hirsche,  rehe,  hasen  erleg/t  und 
gefangen;  wir  musten  diesmal  ohne  fang,  leer  nach  hause 
ziehen ;  ein  guter  fang  wurde  heimgetragen,  verschenkt,  ver- 
kauft, der  fang,  aucupium,  die  vogel,  die  man  gefangen  hat. 
Maaler  131';  vgl.  fischfang,  Vogelfang,  hünerfang,  heringfang. 

2)  die  dem  feind  abgenommne  beule  an  menschen,  vieh,  Waffen, 
geld,  vgl.  ahd.  ndma  rapina. 

3)  in  allgemeiner  bedeutung,  wessen  man  habhaft  wird,  was 
man  erlangt:  das  war  ein  guter,  ein  schlechter  fang,  ein 
glücklicher,  erwünschter  fang;  grübe  oder  fang  im  bergbau; 
fang  und  frucht,  alle  feng  und  frücht,  ertrage  des  feldes. 
ScHM.  1,539;  fangis  mache,  im  weltlauf.    Tobler  176; 

auch  schlägt  mich  kein  verdacht  als  spielt  ich  diese  list, 

um,  da  du"jetzo  mit  der  gröszt  in  Leipzig  bist, 

ein  fettes  schreiberarat  ohn  darlehn  weg  zu  kriegen 

und  durch  dein  starkes  wort  viel  stimmen  zu  besiegen. 

nein,  war  auch  gleich  mein  sinn  auf  solchen  fang  verpicht, 

so  traut  ich  doch  gewis  vor  deiner  klugheit  nicht. 

GCSTHE«  2%; 

noch  diese  nacht 
bist  du  um  deinen  fang  gebracht.    Göthe  . .  . 

4)  der  fang,  ictus,  stosz,  schlag  oder  tref,  der  dem  gefangnen 
(hier  gegeben  wird:  dem  hirsch,  dem  wilden  schwein  wird  ein 
fang  gegeben,  oder  er  wird  abgefangen,  nicht  gestochen.  Döbel 
1,  is'.  24' ;  genickfang,  knickfang,  einem  rehbock  den  genick- 
fang geben,  ihm  das  genick  brechen;  es  mögen  auch  die  Jäger, 
so  sie  wollen,  in  einem  kleinen  schiflein  zum  hirsch  {der 
gejagt  ins  wasser  gesprungen  ist)  fahren  und  so  sie  können  zu 
ihm  mit  einem  schwert  in  der  faust  selbst  hineinschwimmen 
und  also  im  wasser  ihm  einen  fang  geben,  weidwerk  gedruckt 
bei  Feierabend  52*;  wenn  man  dem  schwein  den  fang  gibt, 
schreiet  es  nicht,  bevorab  ein  groszes  schwein,  der  bach 
aber  thut  das  gcgentheil.    60'; 

ein  groszes  schwein  reist  durch  den  wald, 

dem  wollen  wir  nacheiien  bald, 

das  wir  ihm  geben  einen  fang.    Atrkk  327*. 

auch  vom  stechen  nach  dem  pferde:  da  er  {Gustav  Adolf)  dan 
seinen  reutern,  welche  zum  theil  geringe,  schwache  pferde 
hatten,  sonderlich  diese  lehre  und  Unterricht  gab,  dasz  wen 
sie  auf  die  keiserliche  curassierer,  so  grosze  schwere  hengste 
ritten,  treffen  müsten,  und  dem  mann  wegen  der  waffen  so- 
bald unter  die  ribben  nicht  kommen  könlen,  sie  nur  dem 
pferde  einen  fang  geben,  den  dcgen  weidlich  umbdrehen  und 
die  wunde  aufzerren  sollen,  so  würde  pferd  und  man  bald 
übern  häufen  gehen  und  zugleich  geschlagen  sein.  Chemsiti 
1,207'.  desgleichen  von  menschen:  wie  ich  nun  mit  meinen 
hinder  sich  gestreiften  ermein  vom  wagen  herab  stiege,  wurde 
mein  Hans  durch  meine  weisze  arm  so  heftig  inQammiert, 
dasz  er  ihm  nicht  abbrechen  konle  mich  zu  küssen  und 
weil  ich  mich  nicht  sonderlich  wehrte,  vermochte  es  der 
rittmeister,  vor  dessen  äugen  es  geschähe,  nicht  zu  erdulden, 
sondern  sprang  mit  bloszem  degen  aus  dem  zeit,  meinem 
armen  liebhaber  einen  fang  zu  geben,  aber  er  gieng  durch 
und  vergasz  das  wiederkommen.  Simp/.  318;  wie  leicht  könte 
ich  eine  sache  wider  einen  cdelmann  gewinnen,  der  mirs 
nachtrüge  und  mir  wol  gar  einen  fang  mit  dem  kalten  eisen 


1311 


FANG  — FANGEN 


FANGEN 


1312 


gäbe.  Weise  erzn.  207.  figürlich,  wenn  die  (die  recensenlen) 
sich  unter  einander  fange  geben,  isls  nur  hälschel  und  fäl- 
schel,  wobei  keinem  die  nase  überlauft.    Fb.  Mülleb  2,20. 

6)  die  Zähne  der  rauUlücre,  krallen  der  raubvögel  Itciszen  fÜnge, 
veil  sie  fangen  und  ergreifen:     fange  sind  die  groszen  zäune 
des  baren,  wilden  Schweins,  woifs,  fuchses,  dachses,  hundes. 
Flemminc  deutscher  Jäger  IOC;  woifsfang.  Dübel  1,35'; 
mit  fuiikeludem  aiige,  mit  knirschendem  fang, 
mit  lautem  geklalTe  verlolgt  er  {der  /iiuirfl  ihn  lang. 

KosECARTEM  Qcti.  {OiHns  höllenfohH) ; 
die  raubTögel  haben  fange  oder  klauen,  keine  füsze.  Dübel  73; 
und  aus  den  lüften  schwang  ein  adler  sich 
herab,  ein  litlernd  reh  in  seinen  langen, 
und  legt  es  schmeichelnd  in  den  schosz  des  kindes. 
Schiller  501*. 

6)  es  gab  oder  gibt  noch  manche  composita  wi/7  fang,  in  wel- 
chen es  gleichfalls  das  auffangeride,  fassende,  ergreifende  ausdrückt, 
1.  b.  ahd.  sueijfanc,  sudarium,  ein  den  schweisz  aufnehmendes 
tuch,  mhd.  wintvanc,  das  den  wind  fangende  segel,  nhd.  litht- 
fang,  ein  das  liclU  sammelnder  schirm,  rauchfang,  der  den  rauch 
einnehmende  scfiornslein.  man  kann  aber  nicht  aupüsen:  ein 
fang  des  schweiszes,  windes,  lichtes,  rauches.  in  den  ags. 
und  flies,  gesetzen  begegnet  beardfang,  feaxfang,  healsfang  für 
grif  oder  fassen  in  den  hart,  in  das  haar,  an,  um  den  hals, 
unter  wildfang  versteht  Keisebsberg  owie«  89'  das  wilde  holz, 
den  wilden  zweig  im  gegensalz  zum  süszen,  veredelten  obsl  tind 
noch  in  Meiers  vox  Knonaü  fabeln  s.  101  ist  wildfang  das  uilde, 
geile  holz,  welches  die  gdrlner  absägen;  damit  scheint  die  aus  dem 
alld.  reclU  bekannte,  heute  allgemein  verwendete  benennung  eines 
wildfangs  {RA.  327)  im  Zusammenhang,  obschon  sie  auch  von 
einem  vogel  statt  von  einem  bäum  herleitbar  ist,  wie  die  namen 
wildvogel,  waldflügel,  Waldvogel,  irrevogel  zeigen,  s.  anfang, 
bifang.  einfang,  empfang,  misfang,  überfang,  umfang. 

FANGE,  f.  tendicula,  falle,  um  thiere  zu  fangen  gestellt,  s.  niaus- 
fange  =  mausfalle ;  fliegenfange,  muscicaiia,  fliegen fänger,  calcher. 

FANGEBALL,  FANGBALL,  m.  pila  lusoria:  fangeballs  spie- 
len. Harnisch  190;  fühlst  du,  wie  sich  dieser  fangeball  des 
Schicksals,  dieses  Lxionsrad  der  wünsche  (das  herz)  so  schmerz- 
lich in  uns  bewegt?  nur  die  brüst  ohne  herz  wird  ruhig. 
J.  P.  Ti/.  1,189;  Titan,  du  spielst  mit  der  Weltkugel  fangball. 
Gutzkow  ritler  vom  geiste  5,  494.  Ernst  Meier  in  den  schwä- 
bischen kinderspielen  beschreibt  s.  142  auch  ein  fangballis.  viel- 
leicht gehört  das  facken  des  balls  {sp.  1229)  zu  fach  und  fahen, 
folglich  auch  zu  fangen,  vgl.  den  ball  fahen  sp.  1238,  7. 

FANGEBBIEF,  m.  literae  de  comprehendendo  malefico,  hafl- 
brief,  Steckbrief. 

FANGEGELD,  n.  pretium  pro  captura,  für  erlegtes  raubwild. 
t.  fanggeld. 

FANGEISEN,  n.  l)  venabulum,  um  dem  wild  den  fang  zu 
geben,   vgl.  nord.  Robinson  1,  80.  94. 

bis  der  borstige  keuler  auT  euer  fangeisen  anlünft. 

Zachariä  iaijesteiien  8(i. 
bildlich,   sie  freute  sich,  dasz  Victor  seinen  alten  freund  von 
den    fangeisen   und   fangzähnen   dieses  Wüstlings  wegführen 
würde.   J.  P.  Hesp.  1,  48. 

2)  pedica,  fuszeisen,  fange. 

FÄNGEL,  FENGEL.  m.  susceptor,  mhd.  vengcl,  alln.  fengill: 
da{  sin  erbarmede  si  dir  vengel.    Aldr.  TU.  4309, 

dasz  sein  erbarmen  dich  aufnehme. 

FANGEMESSEB,  »i.  spitziges  messer  des  Weidmanns,  um  damit 
dem  wilde  den  fang  zu  geben  und  es  hernach  zu  zerlegen,   s.  fünger  3. 

FANGEN,  die  aus  fahan  entsjiringende  nasalform  (sp.  1230), 
analog  dem  hangen  aus  hahan,  dem  gangen  aus  gahan,  wobei 
die  ahd.  mlid.  kürzungen  vän,  hän,  gün,  alle  ein  ausgefallnes  h 
voraussetzend,  zu  erwägen  sind.  Ulfilas  überliefert  uns  weder 
faggan  noch  haggan,  in  der  goth.  spräche  können  sie  doch  schon 
frUhe  aufgetaucht  sein,  da  sich  gaggan  neben  gahls  findet  und 
auch  das  verwandle  llggrs,  finyer  (s.  dieses  wort)  auf  faggnn  zu 
schlieszen  berechtigt,  ahd.  erfolgle  produclion  des  fahan  in  fAhnn, 
hahan  in  hfliian,  mhd.  vMien,  bähen,  der  bedeutung  von  fahen, 
fangen  entsprirld  das  goth.  niman,  alid.  ni'man,  gr.  laßelv. 
neijen  fähan  flang  hatte  sich  auch  für  abstraete  begrilfe  ein  schwaches 
fangen  fangüta  erzeugt  (Graff  3,414.415),  welchem  keine  mhd. 
noch  nhd.  bildung  entspricht,  auszerdem  vergleiche  man  fassen, 
ahd.  fa^^ön,  dessen  sinn  sehr  nahe  liegt,  das  aber  anders  wurzelt. 

1)  men<tchen,  leutc  fangen :  mach  dich  auf  Barak,  und 
fange  deine  fengcr.  rtcA<.  5, 12 ;  und  flengen  zwern  fürsten 
Arr  Midi.iniler,  üreb  und  Scb.  7,25;  fleng  er  einen  knoben 
auH  den  Icuten  zu  Sucoth.  8,14;  und  David  llcng  aus  inen 
tauscnt    und    sieben    hundert    reuter.    2  .Sani.  8,4;    rrgriOen 


Zedekia  im  felde  bei  Jeriho  und  fiengen  in.  Jer.  39, 5 ;  er 
fieng  die  feinde  des  herrn.  Sir.  46, 4 ;  überlieleu  den  Johan- 
nen! und  fiengen  in.  l  Macc.  9,30;  Juda,  der  ein  furgenger 
war  dere,  die  Jesum  fiengen.  aposlclg.  i,ie;  für  er  fort  und 
fieng  Petrum  auch.  12,  3 ;  der  dieb  entfloh  und  niemand  konnte 
ihn  fangen,  ahd.  fieng  ird  haut,  tenuit  manum  ejus.  T.  00,15, 
faszte,  hielt  ihre  hand;  fieng  sinan  hart,  fasüe,  grif  in  seinen 
bort,     fangen,  einnehmen,  gewinnen: 

gewis  du  Hingst  mich  nicht,  lasz  mich  nur  ungestört, 
und  liebe  nur  lür  dich,  das  ist  dir  unvernchrt. 

Rost  schäferg.  133. 
bemerkenswerth  ist  nocit  fangen  in»  sinne  von  anbindcii  zur  fcler 
des  gd)urts  oder  namenstages : 

sondern  müssen  euch  mit  verlangen 
auf  ewers  namens  tag  heut  fangen. 

WöLFu.  Spa!icemberg  anbinii  oder  fangbriefe  ß  i' 
Unit  sonst  sehr  oft, 
ScHM.  1,539    aus  Scuö.nsleder:     nalali   suo  aliquem  necter^, 
amica  vincula  injicere,  nalalilio  serto  honorare. 

2)  thiere  fangen:  und  Simsen  gicng  hin  und  fieng  drei 
hundert  fuchse,  rieht.  15,  4 ;  da  das  die  beiden  von  im  (dem 
lewen)  hüreten,  fiengen  sie  in  in  ircn  gruben  und  füreten 
in  an  keten  in  Egyptenland.  Ez.  19,  4.  8 ;  meister  wir  haben 
die  ganze  nacht  geerbeitct  und  nichts  gefangen  (goth.  vaiht 
ni  nemum).  Luc.  5,5;  und  in  dersclbigen  nacht  fiengen  sie 
nichts.  Joh.  21,3;  bringet  her  von  den  fischen,  die  ir  ilzl 
gefangen  habt.  21, 10.  auch  von  kleinen  thieren,  mause,  ralleii, 
käfer,  fliegen,  mucken,  flöhe,  lause,  Schmetterlinge  fangen, 
haschen,  wo  die  alte  spräche  schwerlich  niman  gebrauchte,  und 
wo  sich  oß  nehenbedeutungen  entwickelten,  z.  h.  mauhvürfe  fangen 
hicsz  in  die  erde  kriechen,  sterben:  und  durch  seins  meisters 
des  teufeis  hilf  kriegt  er  (Johannes  19)  endlich  die  papslkron 
ums  jar  1005,  behielt  sie  aber  nur  5  monat  und  darnach 
gicng  er  mollen  fangen  und  reist  zu  seim  meister  auf  die 
fegfeurkirben  ins  seelfegerland  oder  daselbst  umher,  bietienk. 
218*;  grillen  fangen  ist  nugari,  ineptire,  inanibus  curis  indulgere: 

pursche  fangen  grillen, 

aber  wenn  sie  füllen 

und  die  pfeifen  glühn, 

musz  der  schmerz  so  weit  entfliebn, 

als  die  spnnsclie  dcgenklinge 

vor  dem  tapfern  Binge.    Gcnther  919; 

fleng  die  schlimmste  aller  grillen.    Wieland  22,271; 
vgl.  mhd.  nu  hüet  er  siner  grillen, 

der  er  da  hat  gewalt.    3/S//.  3,262», 
mehr  davon  unter  grille  und  beimchen;    die  mückeu  fangen, 
culices  legere,  etwas  geringes,  unbedeutendes  verrichten: 

er  denkt,  er  trägt  die  weit  aufm  rücken, 
fang  [l.  fleng)  er  uns  nur  einmal  die  mucken  I 
aber  da  ist  nichts  recht  und  gut, 
als  was  herr  paler  selber  ihut.    Götiie  13,72. 

3)  feuer  fangen,  ignem  concipere:  das  slroh  fieng  fcuer; 
pulver  Hingt  leicht  feuer;  der  zunder  fangt  nicht; 

daj  de;;  liur  möhte  sin 

gevangen  mit  eim  schoubc.    Er.  9207 ; 

du  siehst  die  schöne  soim  auf  ewip  schlafen  gehu, 

die  Wälder  fangen  feur,  die  kühle  liache  stebu 

und  seigen  (versiegen).    Crtphics  1,  701 ; 

die  geister  fangen  glut,  die  muntern  flnger  spielen 

und  müssen  diese  traft  in  jeder  sehne  fübleii.    Gc^thfr  71' 

seitdem  fleng  mancher  sch.ifer 

aus  Chloris  äugen  feuer.    Hageporn  3,66; 

wie  ist  ihm  zu  thun,  dasz  ich  dereinsten  nicht  auch  iiiu>riii 
sollls  anders  dahin  kommen,    dasz  der  funken,   so  etwa  in 
mir   ist,    noch   fienge.    Klopstück  12,  HS;    der   stöszer  fieng 
feuer  bei  dem  Schornstein  des  gaslhofs,  aus  dem  das  leder- 
gespeiist  dreimal  geschauet.    J.  V.  komet  3, 167 ; 

der  nacht  tiefscliwarrcr  schleier 
fängt  nun  im  schifresbrand«  pluizlich  feuer 
und  leuchtet  weithin  übers  wilde  mccr.    Lenau  Faust  14S. 

4)  Wasser  fangen,  einlaswn:  das  schif  fängt  wasser  durch 
alle  fugen,  navis  aquan^  omnibus  contpagibus  aceipit.  Lirius 
35,27;  als  wir  nun  mit  erschrockenem  herzen  in  der  irre 
herum  fuhren,  fieng  unser  schif  mit  gewall  wasser  zu  fangen 
an  (ungeschickte  häufung  von  fangen  und  anfangen).  IlEiirnrn 
1,153;  wer  von  solchem  ledcr  winterslifel  hei,  der  niulit 
getrost  nach  ustern  fischen,  dann  sie  würden  kein  wa-ser 
langen.  Garg.  247*.  den  brunnen  fangen,  m-m!  den  harn  fahen 
(sp.  1238,  8): 

mein  alle,  ich  hnb  mich  bedacht, 

und  hnb  vor  mein  brunnen  gefangen.    11.  Sacmi  V,  S6S'; 

doch  thet  zu  meinem  iflürk  gleich  «tallen 

mein  gr.-iwe,  <Ih  lleiitf  ieli  im  liiirm 

111  iiieiii  kutrolf  iioeli  ol«0  wiirro.     351*. 


1313 


FANGEN 


FANGEN 


1314 


in  aiiderm  sitm  hicsz  das  wasser  fangen  es  anfangen,  einfassen, 
eindämmen:  ilem  welcher  aus  weihern  oder  beheltnus  fisch 
stilt,  ist  auch  eini  diebstal  gleich  zu  strafen,  so  aber  einer 
aus  einem  Dieszenden  'ungefangen'  wasser  üeng,  das  einem 
andern  zustund,  der  ist  an  seinem  leib  oder  gut  ...  nach 
rat  der  rechtverstendigen  zu  strafen.  Cnrdina  169  und  ebenso 
bamb.  halsgerichtsordnung  ron  1507  art.  195.     vgl.  fach  sp.  1218. 

5)  ein  kind  fangen,  concipere  prolem,  trie  empfangen  oder 
enipfahen  {sp.  421.  422),  altn.  fa  son,  dotlir,  filium  ßliamve  con- 
cipere. auch  von  Ihieren:  stuten,  so  zum  ersten  belegt,  bald 
gefangen  haben.  Hohberg  1,  lOS'.  desgleichen  sagt  die  hebamme, 
dasz  sie  kinder  fange  d.  i.  hole,  bringe,  hebe:  meine  liebhol- 
dinne  hat  ihre  zwei  sühne  auf  dem  bette  geboren  und  sind 
lebendig  blieben  und  wol  gefangen  worden  von  einer  alten 
frauen  von  70  jähren,  die  auch  mich  und  meine  brüder  aus 
meiner  mutter  leibe  in  ihrer  Jugend  und  mehr  als  5000  an- 
dere ihrer  bedienungszeit  also  gezogen,  auf  keinem  harten 
henkerstul,  sondern  im  weichen  bette,  die  füsze  sind  ihr  nicht 
in  stücken  getreten  worden,  ob  sie  gleich  damals,  als  sie 
meine  sühne  brachte,  an  einem  stecken  gieng.  Ettxer  553. 
vgl.  golh.  fitan  parere,  unten  unter  fassen. 

6)  gift  fangen,  ansteckungsstoffe  einsaugen,  krankheitcn  fangen : 
wasgestalten  an  hiesigen  stadtthoren  die  Verfügung  geschehen, 
keine  fremde  betteljuden  und  anderes  ohnnütziges  gesindel 
hereinzulassen,  sofort  abzuweisen  .  .  .  keine  leichtlich  gift 
fangende  waaren,  guter  und  personen,  wo  die  auch  herkommen 
möchten,  ...  in  hiesige  Stadt  (Frankfurt)  gelassen,  (a.  1738). 
Belli  2,  86 ;  doch  hören  wir  oft  ihre  Orakelsprüche  gern  und 
fangen  endlich  die  krankheit.  Sturz  1,3;  es  ist  eine  böse, 
ansteckende  krankheit,  die  sich  sogar  durch  die  luft  mittheilt, 
ich  wollte  wetten,  sie  haben  sie  gestern  abend  in  der  atmo- 
sphäre  der  schwimmenden  inseln  gefangen.  Güthe  56, 201.  man 
sagle  auch  fangende  krankheit,  morbus  contagiosus.  Stieler  395. 

7)  luft,  athem  fangen,  schöpfen,  ziehen,  einziehen,  holen,  nach 
Senn.  1,  538  mühsam  alhem  holen,  gewöhnlich  aber  blosz  alhmen : 
unter  dem  die  geklemten  und  gepresten  jüden  wider  athem 
fiengen,  verschnauften  und  erquicket  worden.  Mathesics  S4'; 
im  garten,  auf  dem  wall  ein  wenig  frische  luft  fangen;  doch 
einest  ein  attem  finge  (aufathmcle).  Steindöwel  dec.  567,  22 ; 

mild,  dö  wolt  er  eine  küele  vän.    Lanz.  3127; 
die  Jufl  wolle  da  vähen  er.    Ludwig  6177; 
ein  rör  in  daz  schiffelin  giene, 
da  mite  Moroh  den  ätem  vienc.    UoroU  1S24. 

8)  eine  gräte,  einen  dorn,  splitter  fangen,  einzielten:  sein 
hals  fieng  eine  gräte,  an  der  er  bald  erstickt  wäre;  mein 
finger  hat  am  rosenstock  einen  dorn  gefangen;  als  wenn 
ein   organischer  korpcr  einen  splitter  fienge.    Götbe  32,123. 

9)  das  fallende,  zugeuorfne  fangen :  den  ball,  das  Schnupf- 
tuch fangen;  die  betteljungen  wissen  das  geld  zu  fangen. 
vgl.  facken  sp.  1229. 

101  ahd.  ma;  fähan,  cibtim  caf-ere,  altn.  fä  mat,  speise  ein- 
ndimen,  zu  sich  nehmen,  altn.  fä  sveila,  sudare:  J)a  er  bann 
svaf  feck  bann  sveita,  als  er  schlief  bekam  er  schweisz.  Snorri  7, 
trozu  ahd.  sueijfanc  sudarium  stimmt; 

mhd.  eine  varwe  gevienc.    Trist.  1S3,38, 
eine  färbe  annahm; 

dar  zuo  gevie  der  selbe  slac 
einen  also  griulichen  smac.    184,2, 

begann  so  greulich  zu  stinken,  nahm  Übeln  geruch  an. 

11)  mhd.  die  berge  vähen,  ins  gebirge  gehen.  Diemer  141,16. 
143, 10 ;  einen  wec,  st'ic  vän,  einen  tceg,  pfad  einschlagen : 

dar  zuo  ein  breitiu  siräje  giene, 
die  Ernst  mit  den  sinen  vienc.    Ernst  3680; 
einen  slic  ich  dö  gevienc, 
der  Iruoc  micti  üj  der  wilde,    iic.  274; 
alsus  Mariinus  aber  vienc 

den  wec,  den  er  gein  lande  giene.    paus.  K.  595, 75, 
Ute  ^rir  heule  sagen  den  weg  nehmen,  viam  capere. 

12)  der  regen  fängt  den  staub,  fasU  ihn,  führt  ihn  fori; 
mhd.  daj  waj^er  was  geleitet 

in  da;  hüs,  da  ez  vienc  misi, 
den  fuorte;  hin  in  kurzer  frist.    Ernst  2469, 
die  vasserlcilung  ergrif  allen  unrath  und  führte  ihn  aus  dem  haus. 

13)  herberge,  künde,  nachricht  fangen,  domicilium,  tiotitiam 
cafiere.  ein  schöner  beleg  zu  herberge  vän  Parz.  638, 5  stdU 
schon  xp.  182  ausgeholten: 

du  will  ze  tumbc  der  riltcr  künde  vähen.    Nkidhart  27,28; 
drei  tausent  sinnfreticble,  wol  mehr  noch  sind  gegangen, 
um  hin  und  her  zu  streifen  und  nachricht  wo  zu  fangen, 
ob  achten,  ob  verachten  bei  klugen  zu  erlangen. 

LoGAU  3.211,130. 
HI. 


14)  mhd.  den  sile  vdhen,  morem  recipere,  einen  brauch  ein- 
führen, befolgen,  üben: 

ein  Site  was  da  gevangen, 
der  selten  wart  übergangen. 

Strickers  Daniel,  im  eingang. 

hierzu  stimmt  das  ahd.  situfangön  (Gbaff  3,  414),  doch  nhd.  kommt 
die  redensarl  nicht  mehr  vor. 

15)  nhd.  ein  herz  fangen,  den  muth  fangen  =  fassen:  da 
aber  die  Jungfrau  sein  mannliche  that  nun  so  oft  gesehen 
hatte,  da  fieng  sie  ein  herz  zu  im  und  sprach.  Wigalois 
prosa  s.  50; 

mhd.  si  geväbet  lihte  ein  müetelin, 

des  man  gerne  äne  wolle  sin.     Trist.  449,35, 

sie  verfällt  leicht  auf  etwas,  das  vian  lieber  unterlassen  sähe, 
ahd.   er  sär  thia  beldida  gifiang, 

thaj  er  in  iha;  grab  giang.    0.  V.  5, 9, 

er  faszte  sich  ein  herz  in  das  grab  zu  gehen,  ähnlich  ist  dröst 
gifähan  eines,  0.  I.  20,  30  sich  eines  getrösten. 

mhd.  der  abbet  vienc  der  rede  haj.    Haupt  8, 103, 
ärgerte  sich  über  die  rede. 

16)  wie  fr ülier  •c'\i\es\  'zu  etwas',  sapen  «•iVAeu/e 'nach  etwas' 
fangen,  greifen:  er  fieng  nach  dem  ball  (r<;/.  fangeball);  der 
hund  fängt  nach  dem  zugeworfnen  knochen ;  daher  befürcht 
ich  allemal,  das  was  ich  der  tochter  vortrage  langweile  die 
mutter,  und  ich  fange  mit  recht,  wenn  diese  kömmt,  nach 
einem  besseren  redefaden.  J.  P.  Hesp.  2, 17,  wie  es  auch  heiszt 
den  faden  fassen,  und  faden  selbst  sich  aus  fahen  herleitet 
{sp.  1230);  diese  Stadt  fängt  nach  viel  solidem  dingen,  teufelsp. 
1,  8 ;  sagte,  der  teufel  fienge  schon  sichtbar  nach  meiner  seele. 
papierdrache  2, 117. 

17)  im  unpersönlichen  ausdruck,  d.  h.  so  dasz  von  einem  ab- 
stracten  subst.  auf  die  person  eingeflossen  tcird :  ahd.  mih  gifähit 
{wie  sonst  nimit)  wunfar,  niiror; 

sie  ihö  wuntar  giflang.    0.  III.  16,5; 
wanda  is  mih  so  hevig  wunder  gefahet,  quoniam  hoc  me  mira- 
cultim  maxime  perturbat.    N.  Bth.  209;    den   ne   gefahet    tßs 
nehein  wunder,  minime  miratur.  216; 

mhd.  ir  gruo;  mich  vis.    MS.  1,76*; 
wunne  vie  mich; 
ein  michel  vreude  gevie 
die  ritterschaH  über  al.    Lanz.  7656i 
dö  er  zwo  mile  vor  gie, 
diu  müede  in  harte  gevie.    kröne  12384, 

die  müdigkeit  faszte,  ergrif  ihn,  occupavit  eum;  nhd.  den  un- 
gütigen vahcn  sein  bosheit  und  er  wird  gebunden  mit  den 
stricken  seiner  Sünde,  iniquitates  suae  capiunl  impium  et  funibus 
peccatorum  suorum  runsiringitur.  bibel  von  14S3,  297  =  spr.  Sal. 
5,  22 ; 

uns  fieng  nach  dir  schier  verlangen. 

Val.  Bolz  öliing  Daridis.    Basel  1554  C, 

sehnsuclU  erfaszte,  ergrif  uns.  gewis  noch  andere,  z.  b.  angst, 
furcht,  freude  fieng  uns,  nalim  uns  ein. 

IS)  ohne  subject,  das  sich  leicht  hinzudenken  läszl,  steht  fangen 
ft'ir  treffen,  fesseln:  hals  gefangen?  Schiller  133'; 

jung  bin  ich  und  unerfahren, 
wie  man  fangen  und  bewahren 
und,  der  losen  ranke  voll 
weilen  nun,  dann  fliehen  soll. 

BoiE  in  Voss  musenalm.  1790  t.  174. 

vgl.  der  zunder,  die  pflanze  fäht  nicht  {fängt  nicht)  oben  sp.  1238. 
in  einer  urk.  aus  dem  beginn  des  16  jh.  heiszt  es  in  Cahels 
Maanmilian  s.  417:  wo  die  guetigkail  nit  gefangn  wurde,  recht 
crgen  lasse  ==  wo  die  gute  nicht  fangen,  nichts  verfangen  werde, 
solle  recht  ergehn. 

19)  das  f>arlicipium  gefangen  verbindet  sich  mit  stehn,  sitzen, 
liegen,  bleiben,  halten,  nehmen,  geben: 

fest  im  eise  stand  sie  gefangen  und  könnt  ihm  nicht  wehren. 

Götbe  40,192; 

er  liegt  gefangen  im  tiefen  kerker,  sitzt  schon  zehn  jähre 
gefangen;  hier  hielt  er  mit  himmlischer  musik  die  hörcr  der 
lüfte  (ältere  ausg.  die  nachtigallen)  gefangen.  Schiller  132'; 

doch  mehr  als  ringlein,  Perlenschnur  und  spangen 

hielt  eine  münze  meinen  blick  gefangen. 

Lemau  neu.  ged.  14; 

.\lbrecht  nahm  seinen  eigenen  verstand  gefangen.  Scblosser 
weltg.  14,36;  hierauf  hätte  sich  zwar  manches  einwenden 
lassen,  aber  wir  gaben  uns  aus  kindlicher  achtung  jedesmal 
gefangen.  Gothe  26,  326,  vgl.  sich  ergeben  sp,  816  und  ergibt 
sich  gott  gefangen  sp.  1316  unter  fangnis. 

83 


1315 


FANGEN  —  FANGGEWEBE 


FANGHOLZ  —  FANGSTEIN 


1316 


20)  reß. 

mhd.  bl  henden  sich  dö  viengen  zwAne  d^gene.    Kib.  1688, 1 ; 

si  Tiengen  sich  bi  hende.    Jlab.  29. 1U3. 140.340; 
tihd.  sich  bä  der  hand  fassen. 

mhd.  vie  sich  in  da;  här.    Greg.  3137, 

nhd.  sich  in  das  haar  fassen,  greifen: 

mhd.  sich  het  diu  maget  riche 

in  einen  mantel  gevangen.    Wigal.  25,17, 

sich  in  einen  mantel  gewunden,  gekleidet,  gcfaszt,  vgl.  ahd.  gifang 
veäis.  nhd.  die  maus  hat  sich  in  der  falle  gefangen ;  zum 
spatz,  der  sich  auf  dem  saale  gefangen  hatte.  Dürger  20*; 
er  fangt  sich  in  seinen  eignen  reden;  der  wind  Tiingt  sich 
in  einer  schlucht. 

21)  endlich  bedeutet  auch  fangen  einigemal  so  viel  als  fangen 
machen,  mit  dem  dal.  der  pcrson:  fang  mir  den  ball,  mrf  ihn 
mir  zu,  ganz  wie  facken  sp.  1229 ;  einem  eine  fangen,  einen 
beohrfeigen,  vie  sonst  eine  stechen,  geben,  so  altschw.  fa  für 
gifva,  tillställa,  überreichen,  zustellen, 

vgl.  abfangen,  anfangen,  auffangen,  befangen,  einfangen, 
empfangen,  umfangen,  verfangen,  zufangen. 

FANGEN,  FENGEN,  incendere.  'sengen  und  fengen'  sengen 
und  brennen,    veisth.  1,  493.     s.  fänken,  fenken. 

FANGER,  FÄNGER,  m.  caplor,  captalor,  ahd.  fangari,  nhd. 
setzt  Stieler  nur  die  umgelaulele  form. 

1)  'dieser  schlaue  fanger'  heiszt  es  in  einem  1724  gedruckten 
buch;  siehe  da,  auch  die  Schwalbennester  im  schioszhof, 
auch  das  garlenthürchen  und  diese  ecke  am  zäun,  wo  du 
so  oft  den  fanger  (rogelfänger)  belauschtest  und  necktest. 
Schiller  128'.  s.  die  Zusammensetzungen  Vogelfänger,  mäusc- 
ßnger,  rattenfanger,  grillenfänger,  fliegenfängcr,  teufelsfänger 
und  die  abstracten  anfänger,  empfanger,  wortfänger, 

2)  der  fänger,  von  einem  Hunde  gebraucht.  Göckinck  3, 17. 
vgl.  saufänger. 

3)  fanger,  fänger  culter  vcnatorius,  renabulum:  ha,  ich  will 
ihnen  mit  meinen  fangern  den  bauch  schlitzen,  dasz  ihnen 
die  kutteln  schuhlang  herausplatzen.  Schiller  12l'.  vgl.  genick- 
fänger,  hirschfänger. 

4)  fangzaltn  des  ebers,  hundes: 

es  stürmt  das  schicltsal  auf  mich  los  allmächtig, 

und  weizt,  ein  el)er,  gegen  mich  die.  Tanger, 

von  leid  ist  jegliche  miaute  schwanger, 

von  sclimach  ist  jegliche  secuude  trachtig.    Platf.n  210". 

5)  fangendes,  lockendes,  buhlerisches  äuge:  das  mödchf^n  lint 
ein  paar  fanger  im  köpf,  die  sich  gewaschen  haben.  .Moser 
werke  4. 105. 

FÄNGER,  venustus,  reizend,  coquett:  ein  fängres  mädchen, 
das  mädchen  hat  fangere  äugen,    ebenda. 

FÄNGEREI,  f  schlägt  M(1ser  für  coquetterie  nnd 

FÄNGERI.N,  f.  für  coquette  für.  teufelsfän gerin  setzt  Fischart 
Garg.  47'  für  hexe. 

FANGESTOCK,  m.  hakenstock,  um  herbeizuziehen. 

FANGFIjSZ,  m.  pes  captatorius,  kralle  des  raubihters. 

FANGGABEL,  /".  excipula:  ein  armer  Vogelsteller  lauerte 
auf  den  anhiipfenden  ftnken,  um  ihn  an  der  fanggabel  her- 
einzuziehen. J.  P.  Fibel  12  (18). 

FANGGEDÄCHTNIS,  n.  memoria  excipiens:  ich  setzte  da- 
durch die  Britten  in  stand,  es  wie  jener  alle  poet  zu  machen, 
der  die  gedichte,  die  ein  andrer  poet  (»irenllich  herlas,  augen- 
blicklich in  seinem  fanggedilchtnis  behielt,  paiing.  1,  xxvii. 
«.  das  folgende. 

FANGGEKiER,  m.  einer  der  das  geigen  von  selbst  gelernt  hat, 
bloss  nach  dem  gehur,  nicht  nach  noten  .spielt.  Schmeller  1,  530. 

FA.NGGELI),  n.  was  fangegeld,  Schneller  1, 530 : 
ei  tregt  ein  ein  giildcn  fanggelt.    Atrer  182'; 

der  gerichlsdiener,  welcher  die  diebin  hin  und  her  begleitet 
balle,  begehrte  auch  sein  gebühr  und  fanggeld.  Adele  4, 220. 
FANGGESTELL,  n. 

über  aus  robr  nicht  jener  ein  fanggestclle  TOr  RTlllen. 
OvuRBKCK  geil,  t  lU. 

avTOf  oy    av&e^ixoiai  ttahiv  nh'xn  dxQiSo&i'jqnv. 

Theoer.  1,52. 
jener  flicht  lieh  von  halmen  die  ilerliche  grillenrolle.  Vou. 

FANGGEWEBE,  n.  alle  flebpr,  «o  auch  die  geistigen,  kühlt 
drr  neue  \rw\\c  morgen,  «o  wie  nie  alle  der  bniige  abend 
flnhend  «chlirt.  welcher  von  un«  wickelte  sich  nicht  an 
ahf  nden  ...  in  den  faden,  den  er  Relbcr  spann,  den  er  aber 
für  benides  fanggewebe  biell,  immer  enger  durch  eniflieben 


und  wenden  ein,  bis  er  am  morgen  seinen  schlieszer  vor 
sich  sah,  nemlich  sich?  J.  P.  TU.  3,27. 

FANGHOLZ,  n.  wie  fanggabel:  aber  eben  da  er  denTinken 
am  fangholze  herein  zog,  stand  die  hebamme  schon  mit  Fibeln 
auf  beiden  armen  vor  ihm  und  hielt  ihn  ihm  hin,  er  gab 
blosz  die  worle  von  sich  und  grif  nach  dem  vogel  und  sah 
den  kleinen  an:  'hab  ich  ihn?'  J.  P.  Fibel  12  (is). 

FANGHUND,  m.  wie  fänger  2 :  ich  peitschte  meinen  pachter, 
weil  er  meinen  besten  fanghund  stach,  dasz  er  starb.  Klinger 
1,26;  wie  ein  gefangener  eher  unter  den  zahnen  der  fang- 
hunde.  6,  79. 

FANGKÄFIG,  m.  käfig  zum  einfangen  von  vögeln. 

FANGKLACE,  f  wie  das  folgende. 

FANGKRALLE,  f  ungula  avis  rapacis,  womit  der  raulivogd 
seinen  fang  packt. 

FANGLEINE,  f  funis,  quo  alligatur  navis. 

FÄNGLICH,  captivus,  adj.  und  ade.  statt  des  heutigen  ge- 
fänglich: einen  fänglich  annehmen,  einbringen,  verwahren, 
captiimm  ducere;  kais.  maj.  hat  den  prediger  am  mittwoch 
nächst  fänklichen  annehmen  und  den  von  Augsburg  anzeigen 
lassen,  das  i.  m.  ihn  in  frohnvest  habe  bringen  lassen.  Me- 

LANCHTHON    2,  201. 

FANGNIS,  FÄNGNIS,  f  custodia,  carcer,  ahd.  fancnissa: 
mhd.  hilf  mir,  heiliger  geist, 

deich  mich  von  siner  vancnisse  erlcese.    USF.  29,12;     • 

siechtuom,  vancnüsse  ode  dar  tot.    Iw.  2934; 

da  mite  er  sich  woide 

der  meide  in  vancnisse  geben,    kröne  18104; 

oder  dA  wider  zem  andern  mal 

in  die  vancnisse  koeme.     1S923; 

mit  jämer  und  in  jAmers  klage 

in  der  vancnisse  leben.    2UU41; 

was  mit  sollien  firen  vri 

von  der  vancnisse  worden.    29886; 

unz  er  mit  sinem  tröste 

von  der  vancnüsse  in  löste,    ßarl.  Ifi2,  6; 

nhd.  zu  haft  und  fengknus  des  wolngeborn  hern  Ludwigs 
von  Isenburg.  urfehde  des  Cunz  Neusel  aus  Selbolt  von  1499; 
zu  haft  und  fengnis.  urfehde  des  Henne  Geisz  zu  Büdingen  von 
15tl;  ire  eitern,  die  schulden  oder  anderer  Sachen  halben  in 
fengknus  kommen.  Nürnberger  rcformation  ISO';  ergibt  er  sich 
gott  gefangen,  derselbe  nimbt  in  an  und  ist  ein  sälige  fank- 
nus,  dadurch  er  von  posen  panden  frei  und  ledig  wirt  und 
kumbt  in  gnadenreiche  pand.  Bertold  teutsch  Uieol.  c.  29,12; 

auch  liet  wir  fert  gut  frid  im  land, 

lieur  hab  wir  f'cnknus,  raub  und  brant.    H.  Sachs  III.  1,242'; 

nur  euer  wort  verlang  ich,  dasz  wenn  ihr 

nicht  dio  bcdingungcn  erriillen  könnt, 

iiir  euch  bis  auf  die  nächste  Sonnenwende 

unfeliibar  in  die  l'angnis  wieder  stellt.    Uiilands  Ludwig  122. 

heute  gefangenschaft  oder  gefängnis,  vgl.  cmpfängnis. 

FANGPFEIFER,  m.  wie  fanggeiger. 

FANGREDE,  f.  sermo  captiosus,  insidiosus:  was  isis  anders 
denn  ein  lauter  fangrede  und  ein  tückische  verkerung  der 
Wort  Christi?    Luther  4,378'. 

FANGREUSE,  f  nassa,  crcipuh.  Stieler  1503.     vgl.  fach. 

FANGSCHRECKE,  /".  manlis  locusta,  hausgrille,  hausheimchen, 
auch  genannt  vates,  Weissagerin,  gollesanbi'lcrin,  weil  auf  ihre 
hinlerfüsze  sich  stellend  sie  die  vorderfnszc  zum  gebet  auszustrecken 
scheint,  heiszt  auch  das  wandelnde  blatt,  folium  ambulans  und 
gilt  in  der  thierfaliel  für  einen  singenden,  zi)-penden  pfaffcn,  woher 
der  serb.  name  popak.     vgl.  Reinhart  fuchs  s.  cxxv. 

FANGSCnt'RZE,  f  bergmännisch,  die  kette  am  schachlgestdngr. 

FANGSPIEL,  «.    siehe  fangstein. 

FANGSTAHL,  »i.  setzt  Voss  iri)enduo  für  fangeisen. 

FANGSTEIN,  «i.  ein  jeder  stein  beim  dalschelspiel  (2.  R26), 
weit  er  vom  spielenden,  der  ihn  in  die  liöhe  wirß.  mit  der  hand 
wieder  aufgefangen  werden  musz.  in  der  Willeran  dat^clisiein. 
hochdeutscher  ist  zu  schrriben  talschspiol  (s.  iMt^rhen,  liltseheln). 
am  anschaulich.ften  hat  V.Hssr  Mhicr  in  seinen  schwiiliisclien  kindn- 
spielen  s.  145 — 147  das  aiiflätscherles,  auflüt/.eles  oder  sleinb's 
geschildert,  es  wird  fast  nur  von  mndehen  yrnpielt  und  nach  iri- 
schiedner  uvise.  gewöhnlich  dwnen  dazu  fünf  glatte  striurJirn. 
unter  welchen  jedoch  eins  gröszer  und  kug<-lfi>rmiger  zu  sein  pflegt ; 
bald  heissen  sie  alle  fangsteine,  bald  nur  der  grösiere,  wie  er 
auch  ho[>per,  liacker.  dt)pser  oder  sriil.'igeriii  genannt  wird,  die 
vier  kleineren  wir/t  das  kind  auf  den  hinten  nriirn  neh,  so  daitz 
sie  nicht  allzu  weil  auseinander  liegen,  und  den  fungstein  in  die 
liohe ;  wahrend  er  fliegt,  mlissrn  die  übrigen  flink  in  die  hand 
gestrichen  und  der  aufgeworfne  dazu  gefangen  werden^  ohne  dost 


1317 


f AKGSTRICK  —  FAKKEL 


FANKELN—  FANTASEI 


1318 


einer  niederfällt,  es  kann  auch  erst  ein  stein  hinzugenommen 
und  mit  dem  fangstein  in  die  luft  geworfen  icerden  und  so  all- 
mälicJt  der  zweite,  dritte,  vierte,  bis  sie  alle  nisammen  aufge- 
fangen sind,  alles  aber  geschieht  mit  einer  und  derselben  hand 
und  die  andere  (linke)  darf  sich  nicht  emmisclten.  zuweilen  Idszt 
man  den  fangstein  durch  die  gekrümmten  letzten  ßnger  gleiten, 
und  er  heiszl  dann  in  der  Wetlerau  'eileger'.  zwar  kann  sich 
ein  einzelnes  mddchen  mit  dem  spiel  ergeizen,  meistens  spielen 
mehrere  zusammen  und  kommen  nach  einander  an  die  reihe,  vie 
versdiiedne  gänge  des  spiels  abwechseln  und  besondere  namen  fiUtren. 
Rochholz  kindersp.  391  leitet  das  auftütscherles  von  einem  ball- 
spiel,  balledätsche  lier,  so  dasz  arme  kindcr  statt  der  balle  stein- 
chen genommen  luiben  mästen;  umgekehrt  scheint  die  vornehme 
Kell  ihr  fangballes  dem  einfacheren  steinles  abgesehn  zu  haben, 
im  arabischen  heiszl  das  spiel  lakud  d.  i.  fangen,  bei  uns  fiüirt 
es  noch  manche  andere  namen,  vgl.  knöcbeln,  entsclinickea. 

FANGSTRICK,  m.  laqueus,  tendicula,  fange. 

FA.NGVOGEL,  m.  avis  rapax,  habicht,  stoszrogel. 

FANGWALD,  m.  silva  aucupis:  im  fangwalde  seines  vaters 
stand  ein  einsames  jägerliaus.   J.  P.  Fibel  37  (53). 

FANG  WANZE,  f  cimex  erosus. 

FANGWEISE,  /".  modus  aucupandi:  eine  andere  jalirszeit 
brachte  Gotthelfen  wieder  andere  freuden,  ncmlich  andere 
Vögel  und  fangweisen  derselben.    Fibel  14  (21). 

FANGZAHN,  m.  dens  praedae  capiendae.  bildlich,  in  dieser 
rücksicht  sind  verschiedene  finger  fangzähne  des  gewinstes. 
teufelsp.  1,  75,  vgl.  die  unter  fangeisen  ausgehobene  stelle. 

FANGZECG,  n.  instrumenta  piscatoria: 
bald  war  nahe  der  holm,  wo  netz  und  hamen  auf  ealTeln 
trockneten,  und  für  die  nacht  faugzeug  auslegte  der  Äscher. 
Luise  a.  t.  U.  57. 

FANK,  m.    siehe  fankel. 

FANKE,  ffl.  scintilla,  funke. 

mhd.  dem  vanken  in  dem  ßure 

sölher  gelpfheit  ie  gebrast.    TV?».  33,20; 

dö  stoup  üi  dem  helme,  sam  ron  brenden  grö;, 

die  viwerröte  ranken  von  des  beides  hant.    Aiö.  185,3; 

hei  wa^  röter  ranken  ob  sime  helme  gelac.    1990,4; 

fiuwer  was  in  tiure,  walt  beten  si  geniioc, 

Ü5  eim  beriea  reisen  er  manegen  ranken  sluoc. 
Gudr.  104,2; 

und  sluoc  im  einen  solhen  slac 

daj  riures  ranken  gelac 

ril  geströut  über  rant.    Bit.  3642; 

den  Steines  ranc  mit  slage  bei  enzündet.    Lohengr.  5463; 

sunder  Teures  ranken.    Albr.  Til.  3«ö3; 

hoch  über  alle  sunneranken.    31,4; 

mit  starken  feures  ranken  begundej  ab  in  smelzen.    3734; 

da;  si  den  feures  ranken  und  sunnen  breben  gäben  wider- 

stöjen.    4012; 

da^  chreflisr  fewr 

pegund  treiben  auch 

die  ranken  und  den  rauch.    Ottocar  375'; 

und  danij  farnt  heije  liures  fanken.    Laber  513. 
Walther,  Hartmax,  Gotfrid,  Rudolf  brauchen  das  wort  nidU, 
es  scheint   mehr   bairisch,    üstreichisch,   wohin   auch   die  Idiotiken 
weisen,     nur  Schm.  1.  543  hat  heule  noch  das  einfache  der  fankea 
(für  fankel.     s.  funke. 

FANKEL,  n.  scintiüula,  ßnklein,  ßnkdien.  bair.  es  is  kae 
fankel  fuie  da,  kein  fünkchen  fcuer.  östr.  das  fankarl,  an 
schwacher  funke.    Castelli  123. 

FANKEL,  FA.NKARL,  FÄNKERL,  m.  diabolus,  der  funken 
sprühende,  glühende,  wie  Loki  selbst  feuer  und  Me  bedeutet 
(myth.  221),  der  teufd  gleich  dem  feuer  los  icird  (myth.  963). 
den  namen  bezeugen^  Castelli  123.  Schmeller  1, 543.  Scbüx- 
WERTH  3,40  und  folgende  stellen:  darüber  rausz  ich  erst  ein 
glarten  comentari  schreibn,  sunst  mücht  der  Hinker]  (könnte 
niemand)  mein  briefel  verstehn.  Schwabe  tintenf.  38;  aber 
stellt  CS  enker  (Uir  euer)  tribiiliren  nit  ein,  nacher  soll  enk 
der  Tankerl  sucht  haltn,  wan  ich  enk  bei  der  carthausn  er- 
wischn  thue.  s.  50;  aber  hein!  sag  mir  doch,  wo  dich  der 
funkerl  schon  zwei  geschlagne  tag  hintereinander  hat.  i.  61; 
in  Leipzig  oder  Hall,  oder  wo  enk  der  ränkeri  hat.  Be'; 
bair.  e  bue  wie  de  fankel,  ein  leufelsbuhe ; 

zumabi  wann  da  bös  faukerl  uns  fecbtn  wollt  an. 
Skidl  nlmer  3,  .^o. 
es  er!:chetnt   aber  noch  dn  verstärktes  sperifankcl,   spirifantel, 
sperifankerl : 

dr;ih  dih,  wüliwingerl, 
sperirankerl,  auwen  !    SeidlS,  6, 
tfo;u  ScHö.-iwtRTH  das  alts.  g^rfiund  Ild.  32,  2  vergleicht,  wohn 
aber  auch  das  ahd.  zi  spcri,   zispcriu,  zi  spari  utique  (Graff 


6, 353.  355)  anscidagen  könnte,  verderbt  sind  wol  spadifankerl, 
spanifankerl,  wo  nicht  gar  entsprungen  aus  spadifantel,  il  fante 
di  spada,  $.  fant. 

wie  ihm  sei,  dem  fankel  identisch  zdgt  sich  der  in  den  sagen 
von  Vorarlberg  und  Tirol  einheimische  fank,  pl.  fanka,  dem  auch 
dn  wdbliches  wesen  fanka.  fanga,  fenggi  zur  seile  steht,  worunter 
man  sich  nidit  sowol  teufd,  als  elbe  und  wilde  leide  zu  denken 
hat,  die  später,  gleich  andern  gestalten  des  luideiühums  in  teufd 
vergröbert  wurden,  elbe  und  lichtelbe  (liosalfar)  gelten  aber  für 
leuchtende,  strahlende  geister  und  keine  Schwierigkeit  tial  es  auch 
die  benennungen  fank  oder  feng  auf  fanke  funke  oder  fangen, 
langen  inccndere  zu  beziehen,  selbst  dn  aUn.  name  des  mondes, 
fengari,  der  genau  zum  ngr.  cpsyyäoi,  fsyydgtov  und  zu 
fäy/os  lidU,  glänz  stimnd,  könnte  anklingen,  die  mytlten  von 
den  fangen,  fenken  oder  fenggen  berichten  t//isVoNBDX  «.  1 — 15, 
ZiSGERLE  n'  45,  Alpesbürg  myth.  s.  67.  63,  sagen  s.  166.  209. 
Rochholz  kennt  die  fenka  1, 364. 382  nur  aus  dem  Engadin 
und  Prättigau. 

FANKELN,  FÄNSELN,  sdntillare,  funkdn.  Fromxanx  mund- 
arten  3,  405.  4,  411.     anfänkeln,  anfunkeln,  anrdzen.  Schmeller 
1,  543.    Castelli  fankarln  scherzen,   dn  wenig  schneien,  flocken. 
FANKE.N,  accendere,  mhd.  venken  van  et  e: 
Wirt  minnen  fewer  gerenket.    Albr.  Tit.  31,2; 
gelicb  dem  fewer,  da;  sich  ron  kleine  renket.    495,4. 
FANKEZEN,  FANKIZEN,  fulgere,  glänzen.    Höfer  1,197. 
FANT,  wi.  famulus,  servus,  barsche,  bube,  kerl,  Ü.  fante,  zu- 
erst bei  Hemsch  1001    fante  pedisequus,    fante,   fente  juvenis 
Stieleb  460,  bair.  fant  Scbx.  1,  545,  knabe,  bub,  gern  mil  dem 
nebensinn  dnes  leichtfertigen  menschen,   schalks  und  geckea,   ein 
leichter  fant : 

mein  bruder  Gerard,  der  die  reise  mit  uns  machte, 
so  fuhr  er  fort,  ein  muntrer  fant, 
mit  seinem  falken  auf  der  band. 

Oberon  1,32,  nach  der  ersten  ausg., 
was  aber  in  der  folge  geändert  wurde; 

ihm  zur  seite  sasz  ein  fremder  junger  fant.    Wula;<d  22, 169 , 

und  als  er  kam  zur  felsenwand 

da  sprach  der  ries  mit  lachen, 

was  will  doch  dieser  kleine  fant 

auf  solchem  rosse  machen?    Uhlatids  ged.  396. 

da  nun  das  tt.  fante,  fr.  fanlassin  zugleich  pedes,  fuszgänger, 
fanteria  copiae  pedestres,  fuszvolk  ausdrückt,  wofür  sonst  infante, 
infanteria  gellen,  so  scheint  die  herleüung  von  infans  gerecht, 
hier  aber  kommt  m  betrachl,  dasz  schon  ags.  ein  feda,  ahd. 
fendeo,  fendo,  fuojfendo  pedes,  phalanx,  tnhd.  vende  vorhanden 
waren  und  letzteres  lange  zeit  für  den  bauer  im  Schachspiel  fort- 
bestand, welcher  it.  pedona,  fr.  pion,  so  wie  der  fuszgänger  it. 
pedone  und  auch  fante,  fr.  pietoo  häszt: 

dd  gab  er  beidiu  roch  umb  einen  renden.    MSF.  27,26; 

die  geliche  ich  zuo  dem  renden.     Warlb.  kr.  Simr.  155; 

ich  hän  den  künic  alleine  noch 

und  weder  ritter  noch  daj  roch, 

mich  stiuret  niht  sin  alte  noch  sin  rende.    MS.  2,146'; 

si  wolden  mir  den  renden 

vor  ziehen  mit  listen.    G.4.  2, 442. 

cor»  diesem  vciide  wüsten  n'iclds  die  später  nochmals  fante  unver- 
ändert in  unsere  spräche  aufnahmen,  das  fuszvolk  im  heer  hätte 
deutscher  als  infanleiie  gehdszen  'der  fende'.  auf  das  altn. 
fantr,  nnl.  vent  werde  ich  unter  fanz  zu  sprechen  kommen. 

F.\NTASEI,  /.  phantasia,  ü.  fantasia,  fr.  fantaisie,  engl. 
fantasy,  fancy,  einbildung,  gebildd  wie  ablei,  voglci,  fabelei, 
arzenei,  klerisei,  sakristei,  polizei  und  viele  andere,  ein  mhd. 
fantasie  voraussdzend: 

nun  müosze  sein  der  teufel  pflegen, 

der  uns  aber  wil  hie  belriegen 

mit  seiner  fautasei  und  liegen.    Laurin  1258  Sdiade; 

wa  kummen  ir  mit  der  fantasy  (d.  L  -i,  ei)  her,  was  wollen 
ir  mit  ze  schaffen  hon?  es  ist  ein  fantasy.  Keisersb.  onteis 
20'.';  wir  sollen  nit  eigne  fantaseien  erdenken.  Mela^ichthom 
anriclUung  der  tat.  schul.  Bonn  1543  c2';  welcher  (Julianus 
apostata)  auch  das  evangclium  angenummcn  hatte  und  dar- 
nach, als  er  merkt  das  (dasz  es)  ein  verachte,  lose  und 
schendliche  fanlasei  wer,  widderumb  davon  abzufallen  sich 
nit  schemct.    Alberüs  wiiier  Witzeln  Hs'; 

darumb  so  tliiit  ihr  stille  ston 

und  trcibent  nicht  vil  fantasei, 

damit  man  möge  hören  frei. 

Hart.  Mo>rrA!«cs  Titui  und  Gitipput  a4; 
fantasei  oder  gesiebt,  so  einem  fürkompt,  ßgmentum.  Maaler 
131';    ich   hab   es    nach   meiner   fantasei   ausgelegt,   exposui 
arbitraiu  meo.  das.;  nach  seiner  fantasei  und  gefallen  laben. 

83* 


1319 


FANTASIE  — FANTAST 


FANTASTEREI— FANZ 


1320 


das.;  nicht  nach  gab  und  gift  oder  feindschaft,  hasz  oder  neid, 
auch  nicht  nach  freundschaft,  liebe  und  fanlasei.  Reuter 
kriegsordn.  52; 

man  meide  solche  fantasci  und  reisi  sich  nicht  mit  diesen 
posscn.    Simpt.  409; 
nach  seiner  fantasei  leben,  tili  aniino  suo.   Stieler  444.     die 
neueren  diciäer  setzen  es  noch  dem  reim  zu  gefallen: 

allein  der  schönste  nisz  liesz  meine  Tantasei 

in  stoUer  ruh,  und  wärs  Genevrens  fusz  gewesen, 

es  war  ein  fusz,  mehr  dacht  ich  nicht  dabei,    überon  4,1; 

dasz  es  wahr  sei,  was  den  pilger  freute, 

dasz  noch  jenseits  ein  gedanke  sei, 

dasz  die  tugend  übers  grab  geleite, 

dasz  es  mehr  denn  eitle  fantasei?    Schiller  6'; 

auszerdem  klänge  es  feierlich  und  veraltet.  ' 

F.\NT.\SiE,  /".  doch  wieder  phantasie  geschrieben,  die  heule, 
Kenigslens  in  prosa,  herschende  form:  fanlasie  an  Laura. 
Schiller  2"; 

kühne  seglerin,  fantasie, 

wirf  ein  muthloscs  anker  hie!    C; 

wenn  phantasie  sich  sonst,  mit  kühnem  flug, 

änd  hofnungsvoll  zum  ewigen  erweitert.    GOthe  12,40; 

mögen  bunte  phanlasien 

fTir  des  tagcs  mode  blühen.    12,274; 

unter  wonnemelodicn 

Ist  der  junge  lenz  erwacht, 

seht,  wie  froh  den  phantasien 

neuer  lust  sein  äuge  wacht.    ßÖRCER  I*. 

FANT.\SIEREN ,  pliantasiae  vi  ahrifri,  delirare,  schwärmen: 
also  fantasiren  dise  auch  narrenwerk.  Keisersu.  narrensch.  loi" ; 
das  birn,  in  dem  ein  inenscb  hat  die  kraft,  das  er  mag  be- 
trachten, ratschlagen,  fantisiren  und  desgleichen.    ]ncd.  lio"; 

und  ward  sere  davon  fantasiern, 

damit  da  schwecht  ich  mein  hiern.    fasln.  1010,  24 ; 

fah  mucken  oder  fantasier.    Scheid  grobianus  B4; 

sag,  wenn  du  in  der  spiler  zunft 

sitzt,  fantasirst  und  alienteurst, 

wie  oft  du  selbst  dein  sinn  verleurst.    11.  Sachs  1,228'; 

nur  eine  angst  vergällt  den  rnhin, 

den  ich  mir  phantasiere  [einbilde,  erträume), 

dasz  einst  nicht  wie  iloraiium, 

mich  lians  und  Kunz  vertiere.    Rürger  40'. 

auf  dem  clavicr,  der  geige  phantasieren,  träumen. 
FANTAST,  wj.  fanalicus,  Schwärmer,  narr: 
sol  ich  das  nit  mit  siegen  rechen, 
so  pin  ich  wol  ein  groszer  fantast.    fastn.  165,19; 
den  kunstner  heiszt  ein  fantasten  die  weit, 
und  den  kunstlosen  ein  pulli'l.     meistert,  /o/.  23  n'245; 

fantast,  si  est  suppositum  {suhditus,  scholaris),  vcl  Fritz  Hanen- 
feder,  si  est  laicus  vel  eques.  H arth er  </<•/?(/<;  niere/r.  82,  6  (/n/er 
altributa  quae  merctriccs  danl  suis  amaloribus) ;  usz  sinem  kappen- 
ziptel  mach  ein  brüst,  und  überred  den  (üilen  fantasten,  er  hab 
in  uf  der  kirchwihen  vergessen.  Olearius  de  fide  concub.  99, 9 ; 
der  da  anders  sagen  und  leren  wolt,  der  wurd  geschätzt  für 
einen  posteuzler  (1,535)  und  fantasten  und  wurd  verspolt  als 
ein  unweiser,  rasender  und  tauber  inenscb.  Keisersu.  j)red. 
144";  Domicianus  der  keiscr  der  was  aliwegen  in  dem  tag 
ein  stund  oder  zwo  allein,  uf  das  man  meinen  sult  er  iibele 
v*eishciten,  imd  die  selb  weil  Ibet  er  niit  anders  dan  mit 
einem  grilTel  mucken  zu  lud  stechen,  da  kam  einer  in  palast, 
der  wer  gern  zu  im  gewesen  und  fragt  üb  der  keiser  allein 
wer?  er  (der  gefragte)  antwuri,  ich  mein,  es  soll  dalroe  kein 
muck  mc  bei  im  sein,  denn  er  wist  wol,  das  der  keiscr  ein 
fantast  was.    brüsamlein  55'; 

der  Murner  .«pracli,  schwig  du  fantast, 

woltst  du  mich  erst  vexieren  fast, 

so  wurdst  den  geisi  gar  bald  vertriben.    Gkncinbacb  2$0, 913; 

disz  hat  der  hochglert  getreu  man 

Martin  Luther  gesehen  an, 

und  ist  n.-lher  gegangen  hin  zil, 

dann  kein  toller  fantast  mog  thu.     Schade  sat.  u.  panq.  1,23; 

du  fanlast,  was  darfst  du  mich  fretlen?    II.  Sachs  1,225'; 

wie  mOrht  sein  hasz  eim  gauch, 

so  man  im  erlaubet  auch, 

das  er  uns  zu  faniniiien  tar  machen, 

des  Wirt  ieder  hinderm  win  wol  lachen.    Soltau  254; 

der  fantast  Borget  alle  zeit,  »eine  frau  wurde  ihm  lebendig 
gefressen.  Wickram  ro//r.  90* ;  der  {wein)  wird  ein  kranken 
mutiger  und  getroster  machen,  als  ein  langweiliger  laiig- 
Rcbaiibiger  slirnrunzelter  fantast.  Carg.  13 ;  ward  mit  gewalt 
zu  eim  sturkfisch,  blateisel,  tölpel,  fantasten  und  sonst  niciits 
fast.  143';  was  underscbcids  sei  zwischen  cwcren  matbcu- 
logiscbcn  kunslhitmplern,  wei<iheitvcrkaufern  und  fanlasten 
•US   der  allen  weit  und  den  jungen   Icuten  discs  unseren 


newen  Wesens.  14 1';  darüber  habe  ich  mich  scbier  zum  narren 
und  fantaslen  gedacht.  Hkinr.  Jul.  von  Rraunschw.  s.  174; 
einem  jeden  fantaslen  rencbt  sein  dreck  besser  dan  eine 
pomcranze.  Melander  ;«coseria  2  n'355;  aus  euern  reden  haben 
wir  vernommen,  dasz  man  die  fantaslen  weder  mit  eilen  aus- 
messen noch  mit  pfunden  abwägen  kr)nne.  Weise  A7. /eiWe  60 ; 
bei  den  fantasten  kan  ich  nichts  erfahren,  comöd.  pr.  62. 
späterhin  seltner  gebraucht,  aber  auch  «/.  dän.  phanlasi,  schw. 
fantast. 

FANTASTEREI,  f  nugae. 

FANTÄSTIG,    cerebrosus,  kibig,  einbildisch,  zänkisch.    Maaler 
131*. 

FANTASTISCH,  delirus,  ineplus:  fantastische  krüg,  lüden, 
büchsen  und  bäfen,  wie  wir  sie  beut  in  den  apotheken  stehen 
sehen.  Garg.  18*.  jetzt,  ohne  umlaut,  phantastisch : 
auf  ein  phantastisch  blatt.  Gellert  1,221. 
FÄNTCHEN,  n.  diminuierics  fant,  nnl.  venlje:  diese  rede 
wollte  dem  jungen  fäntchen  nicht  zu  sinne.  Weise  erzn.  6; 
das  junge  fäntchen  fragte  wieder.    149 ; 

lausend  junge  fäntchen 

leckten  ihm  das  händchen.    Höltt; 

das  junge  fenichcn, 

herr  Amor  auch 

spielt,  nach  dem  brauch 

von  Paphos,  mit.    Kl.  Schmidt  ;)oct.  tr.  23. 

FANTEL,  m.  dasselbe.    Schmellf.r  1,515. 
FANTERTEUSCIIIG,   ein   unverständliches  wort  bei  11.  Sachs 
1,449': 

mit  ir  kicidung  ist  sie  fiirwitzig, 
fanlerlewschig  und  sehr  popilzig. 
es  scheint  darin  ertäuschig,  commutans  gelegen. 
FÄNTLEIN,  M.  was  fäntchen.  j;.  fänzlein. 
FANZ,  FENZ,  FANZE,  FENZE ,  m.  ncbulo,  nequam,  ein 
schwieliger  ausdruck,  von  dem  schon  1,  203  unter  alefanz  gehan' 
delt  ist  und  auf  welchen  die  betraclUung  nochmals  untn  firlefanz 
zurftcklenken  wird,  lautverschoben  stimmt  das  altn.  fantr  nebulo, 
faluus,  norw.  fant  cno,  nequam  (fremder,  landstreichn,  scMm), 
dän.  faiite,  fjante,  schw.  fant  und  daneben  fänta  f.  dune,  norw. 
fenia,  fuhrende  dirne,  nnl.  vent,  nd.  vent,  doch  diese  beiden  mit 
dem  milderen  sinn  von  junger  bursche,  kerl,  der  gleichwol  in 
einen  verächtlichen  übergeht,  das  nl.  v  weist  auf  ein  heimisches 
wort,  denn  nie  wird  fent  geschrieben,  in  form  und  bedeutung 
entspreclien  ahd.  cübenzo,  elivenzo,  alfanz.  bemerkenswerth  sind 
die  beiden  folgenden  stellen  für  das  einfädle  worl:  als  die  geisel- 
briider  a.  131!)  im  Elsasz  herum  zogen,  liefen  die  lente  hinaus 
die  'schönen  faiizen'  zu  sehen.  Wlrstisen  Basler  chronik  zu 
1319 ;  KöNiGSHOi'EN,  als  er  von  den  geiseiern  redet,  bedient  sich 
des  ausdrucks  nicht,  offenbar  werden  die  schönen  fremdlinge  be- 
zeichnet, die  das  land  durchzogen,  die  elibenzon  fremidS.  im 
Eulenspiegel  von  1519  Iwi^zt  es  cap.  42:  eines  andern  tags  da 
was  ein  schuchmacber,  der  gicng  vi!  lieber  uf  dem  markte 
schleichen,  wenn  da;  er  arbeit,  und  hiesz  Ulenspiegeln  zu 
schneiden.  Dienspiegel  fragte,  wa;  'fanzen'  er  haben  wolt? 
der  schuchmacher  sagt,  schneid  zu  grosz  und  klein,  wie  der 
scbweinhirt  usz  dem  dorf  treibt.  Llenspiegel  sagt,  ja  meister 
gern,  der  scbuhmacber  gieng  usz  und  L'lenspiegel  schneid 
zu  und  machte  von  dem  ledcr  schwein,  ochsen,  kejber,  scbaf, 
bock  und  allerlei  vihes.  man  möclile  wissen,  wie  die  nächsten 
ausgaben  lesen,  die  neuen  setzen :  er  fragte  den  meister,  was 
form  er  haben  wolle,  eine  nl.  von  1575 :  nieester,  w  at  fatsoen 
sal  ik  snijden?  die  späteren:  meesler  wat  falzoen  zal  ik  daa 
sneiden?  form  und  fai^on  treffen  die  meinung  ganz  gut,  dock 
das  urspr angliche  fanzen  entspriniit  nicht  aus  fantasien  (fancies), 
es  will  sagen  'kerle,  bur.scJien  oder  etwa  'fralzen.  Waldis  3,  41 
Idszl  den  schwanzlosen  fuchs  zu  den  andern  fiichsen  sagen: 

ir  wiszt  wie  uns  die  Iniigi'ii  schweiizen  (/.  schwenzc) 

narhzdieii  wie  die  gippeii  fenzen  (/.  fenze), 

werden  uns  ott  vom  regen  schwer, 

zielieii  wie  nasseii'lliegen  her. 

ZU  gippen  halte  man  gippen  gappen  (Sei<lh.  xlv,  27),  gippen- 
fanz  ist  dunkel,  es  konnte  schlepftträger,  (jestator  syrmatis  sein, 
oder  aucli  eine  sächliche  Vorstellung  enthaiten ,  in  welche  wir 
alefanz  häu/ig  iibergehen  saiien.  Ki.oi'Stocr  in  der  iflelirtenrep. 
12,95  duszerl  .<tich  von  den  modewortern:  da  werden  »ir  dann 
in  den  biichern  allerwärts  hingestellt  des  endes,  d.isz  sin 
darthun  sollen  allerb.ind  theoreien,  die,  weil  sie  fau/.en  und 
liat/cn  sind,  niriits  kann  d.irlliuii,  am  mindesten  aber  wörllein. 
«IC  fialz  Oller  fiat/.e  auf  eliius  fiersunliclies  zuriickgeht.  kunnle 
es  auch  fanz,  oder  lug  ihm  jenes  engl,  fancy  im  sinn?  dasx 
fanz  ein  altdeutsches  wori  ist  und  nicht  aus  it.  fanic  entspringen 


1321 


FÄNZELEIN— FARBE 


FARBE 


1322 


tonn,  obirol  dieses  in  fanciulio  zischend  wird,  leuchtet  ein.  wäre 
fant  schon  ahd.  mhd.,  so  liesze  sich  allerdings  eine  forlschicbung 
in  fanz,  tcie  bei  fallen  in  falzen  annehmen. 

FÄ>"ZELEIN,  n.  diminution  von  fanz,  mhd.  Tänzelin  schon 
1, 204  belerß.  freilich  rührt  die  bedeulung  von  fantchen  nahe 
an,  und  das  nnl.  ventje  entspräche  einem  nhd.  ianzchen  genauer 
als  dem  fantchen. 

FANZELN,  nugari.    Reinwald  henneb.  id.  1,  30. 

FÄNZIG,  FE.NZIG,  puerilis,  juvenilis,  desgl.  adv.  jurenililer, 
eleganter : 

doch  zeucht  sich  cwer  man  ietr  glenzi^ 

in  seiner  kleidung,  hurtig  und  fenzig, 

mehr  dann  in  seineu  jungen  tagen.    U.  Sachs  1, 431^ 

ScHM.  1,545  hat  ein  bair.  fanzi,  gfanzi,  pfanzi  ==  fenzig,  galant, 
artig,  munter  und  führt  ein  schträb.  unfanzig,  ungezogen  an. 
vgl.  alfanzig  1,  205. 

FÄRB,  ad}.,  erscheint  gleich  dem  lat.  color  nur  in  Zusammen- 
setzungen und  lautete  ahd.  faro  gen.  farawes,  mhd.  var,  gen.  varwcs 
{wb.  3,  237 — 41),  :.  b.  ignicolor,  mullicolor  =  ahd.  fiurfaro, 
filufaro,  »nÄd.  viurvar,  vilvar,  nM  fenerfarh,  vicifarb.  ailmälich 
hat  man  dem  einfachen  färb  das  abgeleitete  farbig  vorgezogen  feuer- 
farbig, vielfarbig.  Lutheb  und  die  älteren  schreiben  noch  färb, 
gen.  farbes,  schwach  der  färbe,  z.  h.  rosinfarb  wolle.  3  Mos. 
14,6.  RCciERT  ges.  ged.  2, 42S  wafjt  wieder  rosenfar.  fehler  ist 
es  aber,  im  nom.  färben,  schwach  der  farbene  zu  setzen. 

FARBE,  f  color,  ahd.  farawa,  mhd.  varwe,  nnl.  verf,  verw, 
verwe,  ags.  farbu  (Äifr.  Boelh.  19''),  dän.  faiTe  urid  danach 
isl.  farvi,  norir.  fargje,  schw.  ftirg,  poln.  farba  und  banva, 
böhm.  barva,  slov.  und  illyr.  farba,  letl.  pehrwe,  lit.  pärbas 
und  daneben  kvärba,  finn.  kar^a.  von  Wichtigkeit  wäre  das  goth. 
Kort  zu  vernehmen,  im  neuen  lest,  begegnet  es  nicht,  aus  dein 
alten  würde  man  es  lernen,  namentlich  aus  Ez.  23, 14.  weish. 
Sal.  13, 14.  &r.  43, 12.  50,  8.  wahrscheinlich  ist  unser  farawa, 
Tarwe  gegen  norden  und  Osten  vorgedrungen,  denn  die  alln.  spräche 
hat  dafür  Ihr  =  goth.  vlits  und  der  altsl.  russ.  serbischen  mangelt 
jenes  südsl.  farba,  barva,  das  lit.  pärbas  steht  in  rechter  Ver- 
schiebung, kvarba  für  farba  zeigt  kv  =  f  {sp.  1209),  wonach 
selbst  lat.  varius,  bunt,  finn.  vüri,  färi  und  skr.  varna,  color 
erwogen  werden  müssen,  finn.  karva  verhielte  sich  zu  parva, 
wie  k  zu  p  in  vielen  Wörtern,  manche  zweifei  hätte  der  goth. 
ausdruck  gelöst,  bei  allen  diesen  einslimviungen  schwebt  noch 
dunkel  über  der  würzet ;  nähme  man  farawa  zu  faran  {sp.  124s), 
so  würde  die  bedeutung  des  thuns  im  goth.  (aujan  geradezu  an 
ahd.  zouwan,  zawan  parare,  tingere  reichen,  denn  das  eintauchen, 
ßaTiretv  ist  ein  färben  (sp.  320).  da  die  Vorstellung  färbe  viel- 
seitig bald  von  dem  färbestof,  bald  vom  aussehen  des  gesichts, 
der  haut,  des  haars  oder  gefieders  entsj/ringt,  so  ergeben  sich  manig- 
faUe  namen  in  allen  sprachen,  das  altn.  litr  bezieht  sich  auf 
den  natürlichen  glänz  des  antlilzes,  ebenso  das  norw.  Hl,  dän. 
lud,  wogegen  farvi,  farre,  fargje  die  künstliche,  gemachte  färbe 
bezeichnen,  nicht  anders  verhält  sich  das  schw.  Iiy  und  farg. 
ags.  stehen  bleoh,  alts.  bli,  altengl.  blee,  fries.  blie  oder  auch 
ags.  hiv,  engl,  hew  gegenüber  dem  deäb,  engl,  die,  der  tünche 
oder  schminke,  gr.  ßtiuua.  bleoh  wurde  2,  Sl  zu  blau,  blühen, 
blank  und  blinken  gehalten,  vielleicht  lassen  sich  auch  XQOiä 
'/ooa  yocöfia  XQcös,  die  alle  haut  und  färbe  besagen,  dem  altn. 
gröa  virescere,  florere  und  groenn,  yJ.o>o6s,  viridis,  unserm  grün 
vergleichen,  zumal  das  russ.  Izvjet  blume  und  färbe  bedeutet; 
das  lat.  color  =  colos  =  coros  könnte  dem  russ.  kraska  färbe, 
krasili  färben,  schmücken,  krasnyi,  altsl.  kras'n"  schön  und  roth 
begegnen,  nichts  natürlicher  als  dasz  die  abstracte  benennung  auf 
einzelne  concretc  färben  zurückgeht. 

1)  das  alterlhum  und  auch  unser  mitlelalter  nahm  sechs  haupl- 
farben  an:  weisz  schwarz  gelb  rolh  grün  blau,  welche  oft  an- 
gegeben werden  {tr.  kr.  2992.  201SS.  gute  frau  2535.  MS.  1,175* 
und  in  dem  besondem  gedieht  daron  fragm.  xxv);  für  schwarz 
heiszt  es  gewöhnlich  brun,  wie  wir  braun  noch  später  gleichbe- 
deutig  sahen  mit  .schwarz  (2,  32r>).  nicht  anders  beginnt  die  gr. 
auf  Zählung  mit  XQcofta  Xevxov  und  fiiXav.  der  allgemeinen 
Volksansicht  und  spräche  zum  trotz  scheiden  aber  die  hetitigen 
physiker,  nach  frrisma  und  regenbngen  sieben  grundfarben  setzend, 
weisz  und  schwarz,  die  keine  färbe  sein  sollen,  aus  und  schalten 
zwischen  gelb,  rolh,  blau,  grün  die  mischungen  oder  sleig<rungen 
orange,  violet,  indigo  ein.  im  regenbogen  erkannte  man  ehmals 
nur  drei  färben  (Megesberc  98,26.  321.  sibe  den  regenbogen 
an  und  lobe  den,  der  in  gemacht  bat,  denn  er  bat  ser  schöne 
färben.  Sir.  43, 12.  zahllose  arten,  abarten,  äufen  der  färben 
vermag  unsre  spraclie  in  treffender  Zusammensetzung  zu  bezeichnen. 


wir  unterscheiden  helle  und  dunkle,  reine  und  trübe  (schmutzige), 
grelle  und  milde,  schreiende  und  stille  (sanpc),  matte  und 
satte  {gesättigte)  färbe,  altn.  fastr  lilr,  laus  lilr,  color  satur, 
fugax,  eine  färbe  fällt  oder  spielt  in  die  andere,  z.  b.  das 
blaue  ins  grüne,  das  gelbe  ins  rot  he,  das  weisze  ins  graue: 
der  stein  war  ein 
opal,  der  hundert  schöne  färben  spielte.    Lessi5C  2, 276 ; 

bunt  ist  varius,  versicolor  (2,  525),  früher  fech,  vech,  vgl.  manch, 
gelheilte  färbe:  die  küw  seind  fast  all  schwarz  und  weisz, 
oder  aus  den  färben  getheilt.  Frank  weltb.  216*.  ihre  färbe 
war  milch  und  blut;  einigemal  bedeutet  rolh  das  farbige,  ge- 
färbte, wie  weidmännisch  färbe  blut,  das  schw.  larg  rölhe  ist, 
färbe  bekommen  erröthen  ausdrückt,  jenes  russ.  krasnvi  rolh 
und  schön  zu  kraska  färbe  gehört: 

ja  milch  und  färb  ist  gleich  geflossen, 
da  man  ihr  zart  blut  hat  vergossen. 

RiTiGWALD  er.  E4'. 

2)  natürliche  färbe  der  haut,  des  gesichts,  teint,  alln.  litr, 
gr.  '/oöa.  schöne,  gute,  lebendige,  blühende,  heitere,  hohe, 
liebte,  zarte,  frische,  lebfrische,  gesunde,  liebliche  färbe, 
color  suavis;  üble,  kranke,  matte,  bleiche,  fahle,  erloschene, 
wüste  färben,  tetri  colores.  Maaler  131'.  dies  confect  gibt  eine 
gute  lebliche  färb.  Tabersaemont.  1342.  der  genesende  be- 
kommt, 'kriegt  wieder  färbe*,  der  kranke  vediert  sie.  er  hat 
färbe,  keine  färbe,  sie  hat  viel  färbe,  rubore  suffusa  est.  'ich 
hab  noch  ein  frisch  herz,  ich  hab  noch  ein  iserin  {eiserne, 
dauerhafte)  färb,  was  mücht  ich  noch  sterben?'  Keisersberg 
bilger  36'.  'die  färbe  bekümmern'  1, 1433  angeführt,  es  scheint 
sollicitarc,  agitare,  excitare ;  doch  ist  die  phrase  erst  vom  umarbcUer, 
denn  Steinhöwels  'sich  was  du  nun  zemal  redest'  12,  22  folgt 
dem  guarda  cio  che  tu  dicbi  des  Originals,  die  färbe  tritt  vor, 
tritt  ins  gesiebt,  erblüht,  entzündet  sich  oder  tritt  zurück, 
weicht,  schwindet,  die  färbe  wenden,  wandeln,  wechseln, 
ändern  heiszt  den  umständen  nach  erröthen  wie  erbleichen,  vgl. 
sich  entfärben,  verfärben: 

mhd.  diu  Sifrides  varwe  wart  dö  bleich  nnde  rot.    Kib.  154,4; 

ahd.    er  irbleichcta  ouh  farawün  er  wanta.    O.  1.4,25- 
ni  brutli  thih  muates  noh  thines  antluzzes, 
farawa  ni  wenii,  fol  bistu  gotes  ensti.    I.  5, 18. 

gimö;üla  farwa  antlulles  sines  (Graff  3,  703).  altn.  skipta 
litum,  schw.  skifte  färg,  mulare  colorem,  in  Völsungasaga  cap.  27 
aber  überhaupt  die  gestalt  wechseln,  tauschen,  wie  unter  freunden 
und  blutbrüdern  geschah,  wo  also  litr  die  ganze  haut  bezeichnet. 

3)  färbe  aufstreichen,  anraahlen,  trockne  oder  nasse  färbe. 

a)  am  gesicht,  schminke,  meistens  rölhe:  je  mehr  färb,  je 
minder  fleisch.    Pbilano.  1,44; 

mhd.  gestrichen  vanve  üfe;  vel 

ist  selten  worden  lobes  hei.    Parz.  551,27; 
gevelschet  vrouwen  varwe  vil  lützcl  man  da  rant. 
Kib.  1594,1; 
nhd.  lesabel  streich  sich  varben  voll, 

da  si  meint  Jehu  gfallen  wol.    Brast  92,55, 

schminket  sie  ir  angesucht,  schmücket  ir  heubt  und  kucket 
zum  fenster  aus,  vulg.  depinxit  oculos  suos  stibio  et  ornavit 
Caput  suum.  2  kön.  9, 30.  von  solcher  schminke  verschieden  ist 
badstubenfarbe,  die  im  bad  geriebene,  schnell  verfliegende: 

obs  ir  wengelin  ncete 

von  geribener  varwe  rate.    Uelbl.  1,1150. 

nach  Pfeitfers  herstellung  bei  Haupt  5,  471 ; 

geribeniu  varwe,  valscher  list, 
dar  an  gelit  Icein  stxtekeit.    Bo;«.  39,40; 
geribniu  varw  niht  lange  wert.    67,  49. 
in  gutem  sinn: 

got  hat  ir  wengel  höhen  tli?, 
er  streich  so  tiure  varwe  dar, 
so  reine  rot,  so  reine  wij.    Walth.  53, 36. 

b)  an  wand,  holz,  stein,  leinwand:  gemaictc  menncr  an  der 
wand  in  roter  färbe.  Ez.  23, 14 ;  und  ferbcts  {das  holz)  mit 
roter  und  weiszer  färb,  rot  und  schön,  und  wo  ein  (lecke 
daran  ist,  streicht  er  zu.  weish.  Sal.  13,14;  ein  bund  bilde 
mit  mancherlei  färbe.  15,  4 ;  es  war  eben  nicht  das  beste  ge- 
mäblde,  nicht  gut  zusammengesetzt,  von  keiner  sonderlichen 
färbe.  Götue  18,  IOC.  der  mahler  reibt,  mischt,  verdickt,  Tcr- 
dünnt,  streicht,  trägt  die  färbe  auf.  dem  porzellan  oder  thon 
wird  die  färbe  aufgebrennt,  damit  sie  haltbar  werde. 

4)  färbe  des  gcwandes. 

mlul.  in  herlicher  varwe  was  sin  wicgewant.    Nib.  1535,2. 

ror   alters    unterschied   und   bestimmte  man   die  färben  für  alle 

anlasse  genauer  als  heule,  in  den  geschlechlern,  im  gefolge  dient* 


1323 


FARBE 


Farbe— FARBEL 


1324 


o/t  gleiche  färbe  zur  bezetchnung  der  echten  Sippe,  brüderschaß, 
hausgenossenschaß :  gleiche  briider  gleiche  kappen,  stießänder, 
baslarte  trugen  andere  und  getheilte,  halbierte  färben. 

nur  werdent  halpedel  kn^hte 

von  Gepppn  und  von  Ruprebta 

geborn,  die  tiiont  vil  rj^hte 

uäch  gikelveheiu  gestellte.    Ilenner  1701. 

später  klagl  Frank  ton  den  Deutschen:  all  ir  kleidung  seind 
zerstückelt,  darzu  ctwan  von  mancherlei  färben  geteilt,  weltb. 
42'.  Sidonius  ApoUinaris  4,  20  einen  burgundischen,  künigliclwn 
brauluerber  mil  seinem  gefolye  schildernd:  praecursoribus  suis 
sivc  pedisequis  pedes  et  ipse  medius  incessit,  flammeus  cocco, 
rutilus  auru,  lacteus  serico,  tum  cultui  tanto  cuuia,  rubere, 
cute  concolor  (cJid.  epanfaro); 

iz  wären  ahiic  frouwen 

alle  gliche  gekielt.    Er.  8226; 

nachvolgeere,  scln'iler,  gelkh  gekleidet,  viysl.  346, 1. 3.  im 
decameron  6,  9  bei  Steinhüwel  398, 16  ton  ehrbaren,  adliclien 
gesellen:  zu  dem  minsten  einest  in  dem  jare  sich  alle  in  ein 
färb  kleideten  und  zu  hochzeitlichen  tagen  mit  einander  in 
einer  färb  spazieren  ritten  in  der  stat  umb  (si  vestivano 
insieme  =  tutti  ad  una  assisa).  fürsten  und  Iterren  gaben 
iliren  hoßeulen,  iltrem  gesinde  dieselbe  kleidung,  d.  i.  färbe  und 
vas  heute  uniform,  bei  bedienten  livrce,  hiesz  die  färbe,  bühm. 
noch  jetzt  barva. 

wiltu  icti  eib  dir  ein  kielt, 

daj  ist  halb  grüen,  audersit  röt.    Altswert  79,30; 

ich  tPt  an  diu  kleider  geswind. 

€l  sprach  'nun  bistu  hofgesind.    81,30.  vgl.  88,28—32; 

es  ist  ein  übles  ding,  dasz  wir  uns  Christen  nennen, 

und  tragen  doch  die  färb,  daran  man  uns  soll  kennen, 

die  holTarb,  Christus  kreuz,  so  ungern  allzeit  an. 

HOVPLER   160. 

leute,  die  sich  die  färbe  zu  ihrem  rocke  nicht  selbst  wählen 
=-s  bedienten.  Lessinc  10,  295.  gebildete  menschen  scheuen  sich 
tor  hoher  färbe  und  ziehen  graue,  gemischte  vor.  schwarz  ist 
reisefarbe  und  braulfarbe  und  gallafarbe  und  in  Rom  fUrsten- 
kinderfarbe.  J.  P.  TU.  2,  78. 

5)  färbe  der  Stoffe :  der  wein  ist  gut  in  der  färbe,  gut- 
farbig;  hauptsächlich  von  garn  und  zeug:  das  zeug  durch  die 
färbe  gehen  lassen,  es  halt  die  färbe,  läszt  sie  fahren,  ver- 
liert sie,  schieszt  ab;  die  färbe  steht  nicht,  verändert  sidi; 
die  färbe  dringt  ein,  das  zeug  saugt  die  färbe  ein,  nimmt 
sie  an,  will  sie  nicht  annehmen,  eine  dauerhafte,  släte,  blei- 
bende, eine  halbe,  gebrochene  färbe,  eine  schwindende  färbe, 
wa  etlich  perlin  veralteten  und  die  recht  weisz  färb  nicht 
raeh  hielten,  vernewerten  sies  bald  durch  ein  ncwe  kunst, 
das  sie  die  eim  schonen  hanen  zu  fressen  gaben  und  im 
durch  den  magen  laufen  lieszen.  Garj.  282';  was  färb  halten 
solle,  musz  man  etliche  mal  einstoszcn.  Jac.  Meier  adagia 
s.  58 ;  dies  färbe  halten  sehr  häufig  angewandt  auf  wort  und 
treue  halten  :  defselbig  Hans  Wagenbach,  der  ist  bei  dem  her- 
zogen blieben,  hat  sich  auch  mit  ime  verjagen  lassen,  das 
haben  sie  nit  alle  gethan,  sondern  ir  (eorum)  wenig  färb  ge- 
halten. Götz  vo.n  B.  Icbensb.  141;  diu  tag  oder  etlich  hielt  er 
färb.    KiRCiinOF  uendunm.  67'; 

pTerde  kennt  man  an  den  haaren, 

Kleider  künnen  olTenbaren, 

wie  des  menschen  sinn  bestellt 

und  wie  weit  er  larbe  halt.    Logau  2,56,12; 
nichts  ist,  das  auf  der  weit, 

wie  schön  es  immer  sei,  bestand  und  Turbe  hält. 
Ghtpuics  2,310; 

kein  vdglein  ist  im  singen, 

so  dir  die  larben  halt.    Spek  trulzn,  08  (107), 

das  es  dir  gleicli  thue,  wie  du  auüialte;  bestündigkeit  hült  färb  (hält 
stich).  Lehm ANM  102;  die  vertreulichkcit  meines  sonst  ganz  un- 
TcrmOglicbcn  manns  verursachte,  dasz  ich  ihm  gleichvvul  färb 
hielte,  ob  sich  schon  höhere  als  baupllcule  bei  mir  anmel- 
deten. Simpl.  courage  6;  und  wenn  es  wahr  ist,  dasz  sie 
ihrem  manne  allein  färbe  gehalten,  so  ist  es  gcwis  von  einer 
Soldatenfrau  etwas  rares,  irrg.  d.  l.  470;  glaubte  an  ihr  ein 
Weibsbild  zu  haben,  von  welcher  zu  vcrmuthen  stehe,  sie 
werde  ihm  färbe  halten  imd  gelreu  verbleihen.  Leipz.  avant. 
2, 131 ;  weil  du  mein  gar  sehr  lieber  freund,  der  allzeit  färbe 
gehalten.  Butkcbkt  kanzl.  25 ;  und  Schnabel  hielt  auch  färbe 
und  Wort.  J.  I'.  dofii^eUteersdutu  100 ; 

und  bat  sieb  keinvn  Treiind  d.-imll,  nicht  i>inen 

erkauft,  der  in  der  iiulh  ihui  lurbo  hielt.    sScuillkr  3Sy. 

t)  das  kartempirl  lud  zwei  färben,  rolh  und  tcJiwarz,  aber 
vier  reihen,  die  man  glcicJifalU  färben  uenul.  es  heuzl:  die 
forbe  »uf spielen,    die   färbe  bckcuucu,    mit  der  fuibc  nicht 


heraus  wollen,  böhm.  barvu  ponesti,  rydavati,  lenovati;  vier 
färben  im  spiel.  Friscblin  nomenel.  476;  wenn  die  besten 
färben  im  spiele  verworfen,  so  ist  der  stich  verloren.  Lehmann 
166.  figürlich:  sie  wollte  gar  nicht  mit  der  färbe  heraus, 
sich  nicJit  über  die  sadte  ausspredien,  kein  bekcnntnis  ablegen, 
nord.  Robins.  1,109;  aber  ich  wollte  nicht  mit  der  färbe  her- 
aus und  gar  nichts  gestehen.  1,126;  deutsch  von  der  färb 
zu  reden.  Abele  5,36;  gleich  mit  der  färbe  heraus!  bühm. 
ale  hned  s  barvau  ven ! 

7)  färbe,  sdiein :  ist  aber  solchs  nur  zur  färbe  und  schein 
von  inen  erholten.  Luther  3,113';  also  gehets  den  unfür- 
sichtigcn  geistern,  welche  meinen,  wo  sie  an  einem  ort  irein 
dunkel  künnen  eine  färbe  machen,  so  sei  es  allenthalben 
wolgemacht.  3,495*;  wer  ein  solch  herz  sehen  kan,  der  kan 
eine  färbe  {Vorstellung)  haben,  was  ein  fromcr  engel  sei. 
5,337";  auf  das  den  unruhigen  und  ehrsüchtigen  köpfen  alle 
färbe  und  schein  einiger  gravierung  werde  entzogen.  BurscnKv 
Palm.  901 ;  gnug  sei  dieses,  um  die  göttliche  poesei,  die 
sonst  keiner  färben  bedarf,  nicht  auszustreichen  {herauszu- 
streidien),  sondern  nur  anzumelden.  Brandt  beridil  von  Taub- 
mann s.  32;  etwas  mit  der  färbe,  unter  dem  sdwin,  vorwand 
thun  {vgl.  färbel);  eine  so  milde  fuibc  füllt  auf  das  ganze. 
J.  P.  büchersdiau  1, 130. 

8)  färbe,  form,  gestall :  das  familienwesen  jedes  handwerks, 
das  gestalt  und  färbe  von  der  beschäfligung  erhielt.  Götue 
24, 239 ;  ich,  der  ich  nicht  wüste,  was  die  furcht  für  eine 
färbe  hatte,  achtete  ihre  drohungen  nicht.  34,45;  die  färbe 
eines  Jahrhunderts.  Klinger  lo,  259 ;  Baldurs  und  Nannas 
liebe  trägt  die  färbe  der  nordischen  menschheit.  Dahlmann  dän. 
gesell.  1, 166.  einer  sache  färbe  geben,  sie  beleben  und  gestalten; 
jetzt  hat  die  sache  eine  andere  färbe,  sich  anders  gestaltet. 

9)  dem  jägcr  ist  färbe  bald  das  haar  des  lursclus,  bald  cruor, 
blut,  schweisz,  dem  bucbdrucker  schwärze. 

lü)  auch  der  ort,  wo  gefärbt  wird,  ofßcina  infectoris,  infedo- 
rium  heiszl  die  färbe,  besser  wäre  färbe,  s.  das  folgende,  der 
zusariimenselzungen,  besonders  der  uneigenlliclien  ist  eine  unzalä, 
namentlich  bei  J.  P. 

FÄRBE,  f  tauche,  taufe,  ßaftj.  Götbk  62, 184.  man  kann 
schon  ahd.  farawa  von  farawi,  mitd.  varwe  ron  verwe  sdieiden, 
obschon  beide  vermisciU  werden,  bei  Kero  sldd  cap.  55  farawi 
colore  für  farawa, 

in  wijes  sußwen  farawi  so  was  al  sin  gigarawi.    0.  V.  4,32. 

FAUBEB.^LL,  m.  pila  tindoria,  buchdruckersdiwärze. 

FÄBBEBRÜHE,  f  flüssiykeil,  worin  ein  farbcstof  sunt  färben 
von  zeugen  aufgelöst  wird. 

FÄRBEBUCH,  n.  Jercmias  Friedrich  Gülich  vollständiges 
färbe  und  bleichbuch.    Güthe  54,  247. 

FARBECHT,  farliicht,  coloralus,  farbig:  mit  farbechten 
kleidern  prangen.    Zinkgref  apoiili.  41, 3. 

FÄRBF.DISTEL,  f.  Carduus  tindorius,  saflor. 

FÄRB  EDO  BN,  m.  rhamnus  catharticus. 

FÄRBEFLECHTE,  f  liehen  tartareus,  zum  gelbfirbea. 

FARBEFLCSSIGKEIT,  f  färhebrühe. 

FAKBEFUNKELND,  colore  micans: 

schwebe  rastlos 
ftlherkostend, 
farberunkülnd, 
du  erlöster 
somraervogel!    Platk:«  18. 

FÄRBEGER ÄTH,  n.  vasa,  inslrutnenta  Undoria. 

FÄRBEGiNSTER,  m.  genista  tinctoria. 

FÄRBEHAUS,  «.  was  färbe  10. 

FÄRREIKJLZ,  n.  Iignum  infedivum:  der  feldscheer  machte 
dem  kapilain  weis,  ich  kriegte  die  schwindsucht.  so  oft  mit  li 
dieser  besuchte,  muste  ich  ein  brechpiilverchen  ciuneliuKMi. 
damit  ich  recht  elend  aussähe  und  färbeholz  kauen,  dus<  ich 
blut  spucken  konnte.    Weisze  jubdhodiz.  94. 

FARBEINÜRUCK,  m.  tmpressio,  impulsio  coloris:  die  einzi'Incn 
farbeiiidrucke  können  nicht  verwechselt  werden.  Güthe  52,310. 

FÄRBEKESSEL,  m.  aJienum  infedivum:  die  buchboiidiung 
gleiclit  eitlem  färbckessel.    Nicolai  bei  Merk  1,  53. 

FÄRREKRAUT,  n.    s.  fäiheröthe. 

FÄRBEKl  FE,  f  cupa  infecUia. 

FÄRBEKUNST,  f  ars  tingendi.  inficiendi:  anleilungcu  zur 
fürbekunsl.    Güthe  52,  2!t:i.  54,  250. 

FARBEL,  n.    ein  kartenblatl.    Frojimaiiim  6,225.     i.  färb«  fl. 

FARItEi>,  n.  /i;i«M  color,  vorwand,  anschnn,  bcsehünitjung : 
nicht  dasz  sie  vermeinen  es  sei  jobcuswerlb,  suudera  dut 


1325 


FÄRBELÄPPCHEN— FÄRBEN 


FARBENARBEITER  —  FARBENGEBUNG  1 326 


sie  ihnen  das  placebo  singen ,  färbel  streichen  und  der 
Sachen  durch  gunst  des  herrn  in  dem  seckel  und  ihrer  kiiehen 
zu  genieszen.    Moscherosch  de  exerc.  acc.  p.  S3.     s.  fiirblein. 

FÄRBELÄPPCHEN,  n.  panniculus  fuco  illUus,  schminkläppdien. 

FAHBELAl'ß,  n.  galium  tinctotium. 

FÄRBELEHUE,  f.  arüeüung  zur  färbekunsl.  Göthk  52,  295. 
verschieden  von  farbenlehre. 

FARBELN,  FÄRBELN,  eine  arl  karte  zu  spielen,  bei  vdcher 
nur  zusammensehende  färben  gellen  und  kein  trumpf  gemacht 
vird.    Schneller  1,559;  Fbojimann  5,225; 

sunstD  hobns  gfärbelt,  boszt, 
öizet  spielens  dausetnei. 

Marx  ged.  in  Nümb.  mundart  57. 

FARBEN,  eolore  splendere,  dislingui,  färbe  haben,  kein  ahd. 
farawen,  mhd.  tarwen  aufzuzeigen. 

ein  grüner  mann,  ein  rothes  weih,  die  färben  wol  zusammen, 

sie  sind  geschickt  im  wasserbaw  zu  ziehen  wol  die  rammen. 

LoGAc  3, 151,  M; 

von  ochsen  sagt  Czepko  tn  Coridon  utid  Phyllis,   sie  sollten  so 

zusammen   färben   {gleiche  färbe  an  sich  tragen) ,   dasz   man 

schwüre,  sie  seien  brüder. 

ich  wandle  durch  ein  duftend,  färbend  raeer. 

TiBCK  Slernbald  i,  354. 

FÄRBEN,  FERBEN,  eolore  tingere,  in/icere,  ahd.  farawan, 
praet.  farawita  und  farota,  mhd.  verwen,  verwete  und  üblicher 
varte.  Graff  stellt  3,  704  farota,  fareta  richtig  unter  farwan, 
während  er  4,  246  in  ganz  gleichem  fall  für  garota  änen  inf 
garon  setzl,  der  sich  so  venig  als  farön  findet,  o  in  farota, 
garota  ist  kein  ö,  sondern  aufgelöstes  w,  tcie  in  den  adj.  faro, 
garo.  nhd.  weder  farte  noch  garte,  nur  färbte,  gerbte,  häufig 
wird  färben  von  bestimmenden  adjecliven  geleitet,  oder  die  prae- 
positionen  mit,  in  folgen. 

1)  haut,  gesiebt,  haar  färben:  die  sonne  hat  ihn  brann, 
schwarz  gefärbt;  das  alter  färbt  seine  haare  weisz;  darumb 
wird  dein  fusz  in  der  feinde  biut  geferbet  werden  und  deine 
hunde  werdens  lecken,  ps.  68,  24;  schon  der  sechzehnte  früh- 
ling hatte  Wiihelminens  wangen  mit  einer  höheren  röthe  ge- 
maijlt,  ihre  äugen  funkelnder  gemacht  und  ihr  haar  schwärzer 
gefärbt.    Thühmel  Wtlh.  29; 

der  stolzen  frau 
färb  braun  und  blau 

den  kämm,  der  adlich  ihr  schwillst.    Höltt; 
dein  blut,  das  ich  gemahnt,  hat  sich  empört 
und  hat  die  wangen  dir  mit  schäm  gefärbt. 
UuLAMDS  Ernst  103. 
färben,  fucare,  schminken. 

2)  zeug  färben:  garn,  tuch  roth,  b!au,  schwarz  färben; 
man  kan  das  beizwerk  alles  verben 

und  düi  es  uf  das  schlecLiest  gerben.    Biun  102,69. 

3)  die  sonne  färbt  das  laub  grün ;  das  saatgrün  des  künf- 
tigen frühlings  und  die  rothe  blätlerglut  des  laubholzes  färbten 
die  bleiche  nacht  lebendiger.  J.  P.  Fibel  70 ;  die  krankheiten 
färbten  mit  ihren  schatten  sein  leben  etwas  grau.  28;  ach 
wir  wurden  alle  einmal  von  der  morgenröthe  des  lebens  ge- 
färbt. TU.  1, 127 ;  nimt  und  schnitzet  das  holz  und  ferbets 
mit  roter  und  weiszer  färb,    weish.  Sal.  13, 14. 

4)  da  jedes  färben  die  vorige  färbe  des  gegenstands  ändert,  so 
fdgt,  dasz  färben  immer  auch  ein  entfärben  i^,  gerade  wie 
färbe  wenden  beides  das  aufsteigen  oder  weichen  der  röthe  aus- 
driiekl.  richtig  lieiszt  es  darum  altd.  wütd.  t,  148  die  kornbln- 
men  sind  blau  und  färben  weisz  =  entfärben  sich  weisz,  er- 
bleichen in  der  sonne. 

5)  refl.  die  traube  färbt  sich,  sie  reift,  bekommt  ihre  natür- 
liche färbe;  der  hart  färbt  sich,  wird  braun;  der  hirsch  färbet 
sich,  trenn  er  im  frfihling  die  haare  verliert  und  andere  bekommt, 
man  darf  weidmännisch  nicht  sagen,  dasz  er  sich  häre,  Dübel 
1,  is' ;  das  garn  färbt  sich  schön ; 

wie  färbet  sich  so  gelb  der  wald!    Göktsgk  3,130; 
zweimal  färbt  sich  das  haar,  zuerst  aus  dem  blonden  ins 
braune.    Göthk  I,  .  .  . 

6)  färben,  fälschen,  leusehen,  beschönigen,  schmücken,  trugen, 
entstellen:  nit  anders  dann  verdeckte,  geferble  wort,  liegeo 
und  belriegen.    Albr.  vu5  Eybe  41"; 

man  findt  gar  manchen  narren  ouch, 

der  fcrbet  usz  der  gschrift  den  gouch.    BiAirr  57, 2; 

das  kan  man  verbeu  und  verklüegen, 

damit  mau  mug  dest  busz  betriegeu.    101,15; 

welches  wehret  wol  eine  Zeitlang,  lesset  sich  ferben  nnd 
schmücken,  aber  wenn  das  stündiin  kumet,  so  feilet  doch 
solch  geplerr  alles  dahin.  Luther  6,  53";  ein  bauwer,  solchen 


des   mönchs   geferbten   verheiszungen   zu  viel  vertrauwende. 
KiRCUHOF  wendunm.  437*; 

es  folget  das  gericht  zuletzt, 
da  sich  nichts  lasset  färben.    Otbo  30; 
ein  bessernder  verweis  sollt  immer  dank  erwerben, 
mit  unverdientem  rühm  mag  uns  ein  Schmeichler  färben. 
Uageoor?!  1,56; 

alles  wird  verschoben  und  gefärbt.    Hippel  11,137. 

7)  gefärbt,  ungefärbt:  alles  durch  eine  gefärbte  brille  an- 
sehen; ach  du  armes  bette,  so  wirst  du  nicht  mehr  von 
meiner  ungefärbten  liebe  zeugen  können?  Weise  A7. /eu/e  17; 
ihre  lügend  war  ungekünstelt,  ungefärbt  und  ohne  hinter- 
listige absiebten.  Wielasd  7,  285;  gefärbte  worte,  falsche, 
triegerische.    Pontus  IS. 

FARBENARBEITER,  m.  in  einem  blaufarbenwerke. 

FARBENASCHE,  f  das  heiter  geordnete  zimmer  ohne 
töchter  trug  überall  die  farbenasche  weiblicher  schmetter- 
lingsflügel,  bunte  arbeiten  und  arbeitszeug  schöner  Gnger. 
J.  P.  fiegdj.  2,  26. 

FAKBEN.ALFTRAG,  m.  über  leinwandsgrundlerung,  ersten 
farbenauftrag.    Götbe  38, 227. 

FARBENBAND,  n.  farbiges  band. 

FARBENBENEN'NUNGEN,  nomina  eolorum.  Göthe53,  124. 125. 

FARBENBLATT,  n.  farbiges  blalt:  tulpen,  deren  farben- 
blätter  ein  einziger  grif  des  Schicksals  zu  einem  schmutzigen 
leben  ausdrückt.  J.  P.  Hesp.  3, 128. 

FARBENBILD,  n.  durch  brechung  der  lichlstrahlen. 

FARBENBLÄSSE,  /".  decoloratio.    Stieler  186. 

FARBENBLINDHEIT,  f.  colourblindness,  Unvermögen  gewisse 
färben  zu  erkennen,  z.  b.  blau  und  grün,  roth  und  grün  zu 
unterscheiden. 

FARBENBLITZ,  m. 

geschmeide, 
worin  der  feurig  glühende  rubin 
mit  dem  smaragd  die  farbenblitze  kreuze.    ScaaL»  496\ 

F.\RBENBLUME,  f.  nelke,  die  nur  zwei  färben  hat,  dianthus. 

FARBENBOGE,  m.  arcus  caelestis,  der  farbenspielende  regen- 

boge,  iris:    Johannes    ersah  aus  dem  farbenbogen,   den  der 

wasserstaub  des  Springbrunnens  auf  die  haustreppe  strahlte, 

dasz  es  schon  über  mittag  hinaus  sei.    Arsim  19,305; 

die  göttin  Iris  stand  in  lichter  zier 

und  lächelte  herab  vom  farbenbogen.    Mckert  ges.  ged.  2, 323. 

FARBENBRECHUNG,  f.  fractio  eolorum. 
F.ARBENBREI,  m.     so  unentbehrlich  landschaften,   z.  b. 
italienischen  local  oder  ortsfarben  sind,  so  werden  sie  doch 
häufig  von  dichtem  nur  mit  dem  allgemeinen  farbenbrei  des 
himmels  und  der  erde  angestrichen.  J.  P.  aeäh.  2, 173. 

FARBE.NBRET,  n.  ein  steifes  wort  für  palette,  tavolezza  der 
maider. 

FARBENBRÜHE,  f.  liquamen  infectorium. 
F.\RBENBÜCHSE,  f  Capsula  pigmentaria. 
FARBENDLFT,  ni. 

FARBENERDE,  f.  färbesJof  enthaltende  erde. 
FARBENERSCHEINUNG,  f    Götbe  31,138;   die  blaue  far- 
benerschcinung  32, 124 ;  sehr  starke  farbenerscheinung  52, 275. 
54,  202. 

FARBENFEUER,  n. 

lieblich,  wie  der  Iris  farbenfeuer 
auf  der  donnerwolke  duftgem  thau, 
schimmert  durch  der  wehmuth  düstera  scbleier 
hier  der  ruhe  heitres  blau.    Scuillek  73".' 
im  palaste  brennend  farbenfeuer 
machte  himmlisch  irdisches  gemäuer. 

RcoLEBT  ges.  ged.  1,  317. 

FARBENFLOCKE,  f.  farbige  flocke :  mit  betäubten  Sehnerven 
nnd  vorausschwimmenden  farbenflocken  (er  hatte  in  Sonnen- 
aufgang geschaut)  gieng  er  langsam  in  den  wald  wie  in  einen 
dunkeln  dom.   j.  P.  Hesp.  1, 165. 

FARBENFLÜSSIGREIT,  f  flüssig  gemachte  färbe. 

FARBENFRISCHE,  f.  er  {Byron  im  Coin)  schildert  uns 
eine  verdorbene  natur,  wie  Milton  dagegen  sie  in  ihrer  schön- 
heil  und  ursprünglichen  reinheit  mit  hinreiszender  farben- 
frische zu  mahlen  wüste.    Göthe  46,223. 

F.\RBENGEBUNG,  f.  ratio  eolorum,  coloril,  künstlerische  be- 
handlung  der  färben:  man  mag  daraus  noch  so  deutlich 
schlicszen,  dasz  er  {Ariosl)  den  gebrauch  des  wirklichen  goldes 
in  der  farbeugcbung  gemisbilligt.  Lessing  6,495;  indem  wir 
nunmehr  zur  farbengcbung  übergehen.  Götde  52,  343 ;  wurde 
ich  auf  den  wichtigen  thoil  der  mahlerkunst,  auf  die  farben- 
gebung  aufmerksam   gemacht.    58,256;    weich   eine    färben- 


1 327   FARBENGEMISCH  —  FARBENRAND 

gebung  und  Zeichnung,  sagt  ich,  als  ich  in  das  gcfusz  hinein 
scliaute.  J.  P.  AV/>oHii(AA.  125. 
FARBENGEMISCH,  n. 

Schöpfer,  zwar  li;ib  ich  gesQuiiigt, 

war  seiner  bliimeiiBerficho, 

seiner  fröhlichen  farbengeniischc, 

seiner  winde  säuseln  nicht  werth.    Scuibart  ged.  1,41. 

FARBENGLANZ,  m. 

mir  aber  war  ein  andres  beschecrt : 

lieblichste  blumengchange, 

farbenglanz  und  iil>rri;ange, 

wie  natur  den  künstler  belehrt.    Göthe  4,113. 

F.\RBENGLAS,  n.  in  den  blaufarbenkcrkcn  Iwiszt  der  farben- 
koball  dumm,  trenn  das  farbcnglas  schwarz  oder  Inaun  davon 
ausfällt. 

FARRENGLIIT.  f.  glühender  färben  pracht. 

FARBENHANPLER",  «I.  yiiimenlarius. 

FARBENHAl'T,  f  iris. 

FABBENHELL,  ]vlliiridi(s: 

ein  farbeiihclles  leben.    UiiLAno. 

FABRENHERSCHAhT,  f. 

und  wenn  ich  eines  mahlers  band 

und  farbcnherschaft  hätte.    Rückert  ges.  ged.  2,229. 

FARBENHÜTTE,  /".  im  bcrgwerk. 

FARBENKÄSTCHEN,  «.  Iheca  pigmentaria. 

FARBKNKASTE,  m.  dasselbe. 

FARBENKLEID,  n.  farbiges  kleid,  habil  de  coideur,  im  gegen- 
satz  zum  schwarzen :  diese  post  war  kaum  eingelaufen,  als 
in  meinen  gedanken  schon  alles  richlig  war,  bcdaurete  also 
nichts,  als  dasz  ich  mir  nur  vor  wenig  wochen  ein  spannagcl- 
neues  farbenkieid  angeschaft  halte,  jedoch  mein  bester  trost 
war,  dasz  es  könnte  schwarz  gefärbet  werden.  Felsenb.  2, 440. 

FARBENKLECKS,  «i.  fruslum,  macula  cotoris. 

FARBENKLECKSEB,  m.  labulam  maculans  coloribus,  schlechter 
nialiler.     bei  Stieler  973  farbenklecker. 

FABBENKOBALT,  m.  blauer  kobalt. 

FABBENKORN,  n.  granum  coloiis,  von  J.  P.  oft  angewandt, 
z.  b.  da  beschien  der  mond  einen  regenbogcn  aus  blassen 
farbenkorncrn.  Hesp.  4,55;  wiesen  und  hügel  nur  in  kleine 
farbenkörner  und  gefärbte  schatten  eingekrochen  zu  sehen. 
TU.  1,  S5.  im  mitlelalter  war  granum,  altfr.  graine,  mhd.  gran 
der  scharlachrothe  färbeslof  (mhd.  wb.  1,  565'  und  Reinh.  fuchs  txv). 

FARBENKHEIS,  m.    Götue  52,284. 

FABBENKIGEL,  f.    Rungens  farbenkugel.    Göthe  32,42. 

FARBENKINDIG. 

FARBENKl'NST,  f  das  musz  man  beisammen  sehen,  mit 
welchem  geschmack  und  geschick  der  geübteste  pinsel,  allen 
forderungen  der  mahler  und  farbenkunsl  gcnuglhuend,  dieses 
bildchen  ausgefertigt  hat.    Gütue  44,  221. 

FABBENLEHRE,  f.  lehre  von  den  färben. 

FARBENLEITER,  f  scala  colorum. 

FARBENLICHT,  n.  pelluciditas  colorum: 

die  mablerei,  vom  reichsten  farbenlichte, 
strahlt  durch  den  ganzen  garten  gold  umher. 

Gries  Hitjitrdu  1,0,53. 

FARBENLOSIGKEIT,  f.,  üblicher  ist  farhiosigkcit.  habe  ich 
zu  zeigen  gesucht,  dasz  eine  gewisse  gründlichkeit  in  der 
behandlung  der  einzelnen  Ihatsachen  nicht  unbedingt  farben- 
losigkcit  in  der  darstellung  erheischt.  HiMBOi.DT^o.'im.  i,i\. 

FARBENLUSTIG :  der  färben  und  lebenslustigen  nieder- 
ländischen schule  entsprossen.    Göthe  31, 117. 

FARBENMATEBIAL,  n.  pigmenlum. 

FABIihNMKISTEB.  m.  der  rorgesetzle  ton  farbenarbcitem. 

FABBENMISCHLNG,  f.  letnperalura. 

FABBENMITTEL,  n.  ein  richtiges  Verhältnis  der  gcsainmten 
farbenmitlel.    Götue. 

FABBKNMiXE,  f  mola  jiigmeularia. 

FARBENMi;SCHEL,  /!  concha  pigmentaria. 

FABBENMl.STER,  n.  muster  zu  färben. 

KABBENNIEBE,  f.  caeruleum  berolinensc  naturale,  Berlinerblau. 

FARBENPRACHT,  f.  tpUndor  colorum.   BnocKKs  4,201.5,!»; 

«pende  zu  den  feites  rühme 

deine  ganze  farbenprachl.    llÜNum. 

FARBENPLNCT,  m.  leuchtender  puncl:  das  Schicksal  kettet 
unsere  kleinen  herzen  und  unsere  na.sscn  äugen  als  bloKzc 
farbenpuncte  in  die  groszen  (iguren  des  vorhangH.  J.  P.  biogr. 
bei.  1,22;  scbniinpfen  den  an»  grosze  gewöhtilen  leiser  solche 
brbenpuncle  zu  »ehr  ein  u.  $.  k.    aesüt.  2,'iH. 

f  ARUbNHAND,  m.  farbiyer  rand. 


FARBENREIBER  —  FARBENSTRICII      2328 

FABBENREIBEB,  m.  Irilor  colorum:  deutsche  kunstwerkc 
können  zu  farbeubütten  und  unsere  dichter  zu  farbcnreibern 
von  Franzosen  vernutzt  werden  für  ihre  mahlerschule.  J.  P. 
bitcherschau  1,  50. 

FARBENREICH,  coloralus,  coloribus  distinctus,  muUicolor: 
mit  farbenreicher  kunst.    Wkckiierlin  590; 
so  form  als  farbenreich.    (tnocKEs  1,310; 
blitz  und  farbenreich.    2,285; 
wie  die  farbenreichen  flaggen  wallen. 

KosKCARTEN  pocslon  2, 159. 
FARBE.NBEICH,  n.  reguum  colorum: 

hell  und  dunkel,  licht  und  schatten, 

weisz  man  klüglich  sie  zu  gatien, 

ist  das  furbonrcich  besiegt.     Gotus  .  .  . 

FARBEN  BEIZ,  m.  die  geliebte  galtin  bekommt,  wenn  auch 
manche  körperreize  erlöschen,  in  die  stehende  form  des  ge- 
siebtes   etwas    durch    zusammenleben  vielleicht  unwidersteh- 
licheres, als  alle  (liichtigen  farbenreize  waren.  J.  l*. pnjiierdr.  l,fi'». 
FARRENSAL'.M,  «i.    was   farbenrand:     indessen    hatte  ich, 
chromatischer    prüfungen    eingedenk,    das    wunderei   vor  die 
äugen  genommen,  um  die  horizontalen  fensterstälie  dadurch 
zu  betrachten,    fand  aber  die  farbensäume  nicht  breiter,  als 
ein  bcrgkrystall  sie  auch  gegeben  hätte.    Göthe  31,234;    da 
wir  mit  nacktem  äuge  nirgends  farbensäume  erblicken.  14,201 ; 
du  bist  das  erste,  letzte,  äuszro,  innre,  ganze, 
es  siralt  dein  liclit  in  allen  farbensäunien  iines. 

KÜCKERT  ges.  ged.  2.412. 
FARBENSCHAUM,  «i. 

da  tenscht  kein  "ahn,  berauscht  kein  sinnentraura 

mit  liofnun),'sbil<lt'rn  aus  dem  feenreich, 

an  leer  und  unbestand  dem  farbenschaum 

der  iibcrsonnien  katarakte  gleich.    Matthisson  225. 

FARBENSCHLEPPE,  f.  farbige  schleppe:  herauf  Oogcn  un- 
behülflich  drei  pfauen  mit  ihren  niederhüngendcn  farben- 
schleppen.    J.  P.  biogr.  bei.  1,  25. 

FARBENSCHMELZ,  «i.  farbenglanz. 

FABBENSCH.MUCK,  m.  die  blumen  kleiden  sich  in  schönsten 
faibenschmuck. 

FABBENSCHWEB,  farbenreich:  wie  ein  pfau  mit  seinem 
schleppenden  regenbogen  in  einen  blütenbaum  hineinfliegt, 
so  hob  sich  der  junge  tag  farbenschwer  und  mit  gärten  be- 
laden und  voll  Widerscheine  auf  die  blauen  höhen  und  lachte 
kindlich  in  die  well  hinein.  J.  P.  Tit.  4, 145. 

FABBE.NSEHEN,  n.  visus  coloralus,  chromopsia,  ein  krank- 
hafter zudand  der  äugen,  wenn  sie  alles  farbig  sehen. 

FAB BENSEITE,  f.  die  bemahlle  seile.    J.  P."  Tit.  2,  76. 

FABBENSIN.N,  m.  der  sinn  die  färben  wahrzunehmen. 

KABBENSPALTEB,  m.  hat  man  prisma,  noXaua  rerdeutsclit. 

FARBENSPATEL,  m.  ein  gerälh  zum  zusammenstreichen  der 
geriebenen  färbe. 

FARBENSPIEL,  «.  colorum  vatietas,  der  in  einander  ftiesrende 
schein  der  färben.    Stieler  2087.    Brockes  7, 129 ; 

sie  entwickelte  dem  trüben 

ein  erklingend  farbenspiel.    Göthe  3,84; 

man  wird  ein  libcreiiistimmendes,  aber  ein  venvorrencs  tiiid 
zum  theil  undeutliches  farbenspiel  bemerken,  .  .  ein  verän- 
dertes farbenspiel  entstehen  sehen.  58, 2C6. 267;  die  ewig 
wechselnden  farbensi)iele  der  genien  der  Völker.  J.  P.  aeslh. 
1,100; 

das  roth,  womit  wir  unsre  wangen  schmücken, 

zerstört  das  liulde  farbenspiel, 

durch  welches  wir  zum  erstenmal  entzücken.    BGrger  107*. 

FABBENSPIELUNG,  f.  man  betrachte  den  reinen  blauen 
hiinmel  durch  das  prisma,  man  wird  denselben  blau  sehen 
und  nicht  die  mindeste  farbenspieluiig  wahrnehmen,  ebenso 
betrachte  man  reine  einfarbige  oder  schwarze  und  weisze 
llächen,  und  mau  wird  sie,  wenn  das  prisma  rein  ist,  kaum 
ein  wenig  dunkler  als  mit  bloszen  äugen  sehen,  übrigens  aber 
gleichfalls  keine  farbenspielung  bemerken.  Göthk  58,  2(>G.  267. 

FARBENSTEIN,  m.  ^rbiyer,  bunter  stein:  die  farbensicinc 
der  grotte.  J.  P.  7(7.  1,  31. 

FABBEN.STIFr,  tn.    bei  der  jmstelhnalderet.    Thümiikl  5,338. 

FAHBENSTIMMlNt;,  f  colorum  lemiteramenlum :  wie  sich 
für  jeden  gegenständ  mit  Sicherheit  eine  andre  farbenstim- 
iiuing  wählen  läszt.    Göthk  52,  3Js. 

KAIiltllNSTOK.  m.  maleria  roloran.'f. 

KMdlKNSTRAIIL,  m.  radius  Colons. 

KARBKNSTBK'H,  m.  Itneamentum  coturum:  bei  jedem  neurn 
farbcnstricb,  den  er  dcmgemähldczuseltip,  machte  irh  immer 
grtiszere  äugen.    TuUMMkL  ^,369. 


1329        FARBEiXSTRIEMIG  —  FÄRBEREI 


FÄRBEREICHE  —  FARBICHT 


1330 


FARBENSTRIEMIG,  rarie  virgatus,  buntgestrdfl :  Krähwinkel, 
ein  iandstädtchen  in  Fiachsenfingen,  woraus  drei  farbenstrie- 
mige holzelienbogen  (Wegweiser)  jeden  in  drei  weltgegenden 
versenden.    J.  P.  heiml.  klagl.  1. 

FARBENSTUFE,  f.  gradus,  successio  colorum. 
FARBENTAFEL,  f.  labella  pigmentaria. 
FARBENTEPPICH,  m.  tapetum  versicolor,  arcus  caekslis: 
wie  im  hellen  sonnenblicke 
sich  ein  farbenteppich  webt, 
wie  auf  ihrer  bunten  brücke 
Iris  durch  den  himmel  schwebt.    Schiller  50*. 
FARBENTHOR,  n.    porta  discolor,   buntes  thor:     der  leichte 
schwebende  regenbogen  schien  ihm  ein  ofnes  farbenthor  für 
ein  unbekanntes  land.  J.  P.  flegelj.  2,24;  die  farbenthore  der 
zeit  und  der  ewigkeit  standen  gegeneinander  aufgethan.  fiM234. 
FARBENTON,  m.  apta  colorum  temperatio:    der  rechte  far- 
benton; 

am  ersten  tag  der  fünften  woche  schon 

begann,  ich  weisz  nicht  welch  ein  matter  farbenton 

dem  glück  der  liebe  was  Ton  seinem  glänz  zu  stehlen. 

WlELASD  18, 1'2 ; 
ein  jedes  werk  in  jedem  dichterfach 
bat  seinen  eignen  farbenton  und  stil. 

Huraiens  episl.  übers,  ton  Wikland  2,216; 
daher  sind  diese  gemählde  von  vorzüglich  blühendem  farben- 
ton, heiter,  aber  zugleich  kräftig  und  gesättigt.  Göthe  22,139; 
der  gedämpfte  farbenton  des  originalbildes  war  durchaus  rein 
und  gut  nachgeahmt.   31, 16S. 

FARBENTOPF,  tn.  testa  pigmentaria:  ihr  habt  zu  dem  ge- 
mählde einen  guten  farbenlopf  gewählt.    Göthe  . . . 
FARBENTOSEN,  n.  colorum  tumuUus. 
alle  frühlingsrosen 
werden  dir  ein  kränz, 
buntes  farbentosen 
schmilzt  in  deinen  glänz.    Rcckert  ges.  ged.  1,311. 

FARBENTROPFE,  m.  gutta  coloris. 
FARBENTRUG,  m.  fallacia  colorum: 

je  mehr  nun  Faust  des  bildes  farbentrug 

lu  wunderbarem  leben  siebt  erwarmen.    Lenaü  Faust  107. 

FARBENTUCH,  n.  farbißes,  buntes  luck. 

FARBENUNTERSCHIED,  m.  discrimen  colorum:  nur  auf 
diesen  farbenunterschied  vom  Europäer  weisz  ich  des  negcrs 
leibeigenschaft  zu  gründen.  J.  P.  papierdr.  l,  2". 

FARBENVATER,  m.    Brockes  1,119  =  2,410. 

FARBENVOLL,  wie  farbenreich. 

FARBENWECHSEL,  m. 

FARBENWELT,  /".  die  farbenwelt  der  ideale.  J.  P.  hcrbstbi 
3, 1 ;  in  die  farbenweit  von  der  chemischen  seile  hereintreten. 
Göthe  54,  319. 

FARBENWERK,  n.  et»  blaufarbenwerk. 

FARBENWIRKUNG,  f. 

FARBENWOLLE,  f.  lana  versicolor,  bunte,  gefärbte  wolle. 

FARBENZAUBER,  m.  farbenreiz :  sein  fleisch  hat  allen  far- 
benzauber.    Ardinghello  2,  217. 

FARBENZERSTREUUNG,  f.  Zerlegung  der  farbigen  lichUtrahlen. 

FARBENZIEL,  n.  daher  setze  doch  ein  autor  .  .  .  seine 
voreilenden,  erwärmten  leser  voraus,  um  welche  schon  sein 
abendroth  schwebt  und  sein  farbenziel.  J.  P.  aesth.  2, 142. 

FARBENZIER,  f.  farbenschmuck:  die  geistige  plastik  konnte 
so  die  farbenzier  verschmähen.  1,  96. 

FÄRBEOFEN,  n.  zur  farbebereitung. 

FÄRBEPFLA.NZE,  f.  herba  linctoria:  millionenmal  wurde 
mir  diese  perennierende  färbepflanze  von  den  dichtem  und 
weibern  schon  geschenkt.  J.  P.  aesth.  2,  51. 

FÄRBER,  m.  tinctor,  poln.  faibierz,  falbierz,  ahd.  farawo 
(Hattemer  1,262'),  mhd.  verwaere: 

noch  ist  der  venviere  mer.  Trist.  119,11.  vgl.  färbhaus, 
färber  heiszt  auch  eine  abart  der  wetnrebe  mit  sauren  blulrolhen 
beeren,  deren  man  sich  zum  färben  der  tceine  bedient,  vgl.  blau- 
färber,  rothrärber,  schwarzfärber,  Schönfärber,  ein  colorist 
unter  den  heuligen  mahlern  würde  sich  qper  für  den  namen  färber 
bedanken. 

FÄRBERBAUM,  m.  rhus  coriaria,  gelbholz.   Stieler  115. 

FÄRBEHBEERE,  f.  rhamnus  catharticus,  bene  des  kreuzdoms. 

FÄRBERBLU.ME,  f.  genista  tmctoria,  gilbblume. 

FARBERDE,  f.  zum  färben  geeignete  erde,  bergfarbe 

FÄRBERDISTEL,  f  serratula  linctoria. 

FÄRBEREI,  /■.  poln.  farbiernia.  1)  ars  inßciendi,  kunst  zu 
ßrben:  er  verstehet  sich  nicht  auf  die  färberei.  Stikler  434. 
*.  Schönfärberei. 

2)  ofßeina  infectoris,  $.  färbe  10. 
lU. 


FÄRBEREICHE,  /".  mit  deren  rinde  gefärbt  wird,  querctu  in- 
fectoria. 

FÄiiBERFARBE,  f,  deren  sieh  färber  bedienen. 

FÄRBERFLECHTE,  f.  liehen  tartareus. 

FÄRBERGEISZRAUTE.  f.  galega  linctoria. 

FÄRBERGESELLE,  m.  tindoris  famulus. 

FÄRBERGINSTER,  m.  genista  linctoria. 

FÄRBERGRAS,  n.  reseda  luteola,  der  wau,  waude. 

FÄRBERIN,  /".  tinclrix,  mhd.  verwaerinne : 

Minne  diu  verwaerinne.    Trist.  299,34. 
pfi,  ir  verwerin  und  ir  gilwerin,  wie  gerne  ir  zuo  dem  himel- 
riche  möbtel  komen  I    Berthold  249. 

FÄRBERJUNGE,  m.  färberlehrling. 

FÄRBERKNECHT,  m.  famulus  tincloris. 

FÄRBERKORN,  n.  rhamnus  catharticus. 

FÄRBERKRAUT,  n.  genista  linctoria,  serratula  linctoria  «.  a.  m. 

FÄRBERMAULBEERBAUM,  m.  morus  linctoria. 

FÄRBERMILBE,  f  acams  tinclorius. 

FÄRBEROCHSENZUNGE,  f.  anchusa. 

FÄRBERPFERD,  n.,  das  bei  fdrbern  die  rolle  dreht:  etwa 
ein  gang  in  den  buchladen?  oder  zum  buchbinder?  oder  zum 
bucbdrucker?  zu  diesen  drein,  gott  sei  dank,  weisz  ich  mich, 
wie  das  färberpferd  um  die  rolle.    Lessing  1,  214. 

FÄRBERPFRIEME,  f.  kleiner  ginster,  genistella. 

FÄRBERRÖTHE.  f  rubia  tinctorum,  krapp. 

FÄRBERSCHARTE,  f.  serratula  tinctorum.  scharte  aus 
serratula. 

FÄRBERWALDMEISTER,  m.  asperula  linctoria. 

FÄRBERWAU,  m.  reseda  luteola. 

FÄRBER  WURZEL,  f  krapp. 

FARBESCHATTUNG,  f.  umbrae,  Schattierung,  nuance:  auch 
dieses  Verhältnis  {der  proxenie)  hatte  vielfache  farbeschat- 
tungen.    Niebuhr  2,  59. 

FARRESTOF,  m.  in  feuchtigkeiten  aufgelöste  reine  farbe- 
stoffe,  so  wie  farbige  gläser,  zeigen,  wenn  ein  dunkler  grund 
hinter  ihnen  liegt,  keine  faibe.    Göthe  54,  251. 

FÄRBEWESEN,  n.  männer,  welche  den  umfang  des  prac- 
lischen  färbewesens  wol  eingesehen.    Göthe  52,  295. 

FÄRBEZEIT,  /■.  weidmännisch,  die  zeit  in  welcher  das  wild 
die  färbe  ändert:  die  zeit,  da  sich  das  wildpret  haaret,  und 
geschieht  solches  erstlich  im  frühjahr  zwischen  ostern  und 
pfingsten,  da  das  wildpret  färbet  oder  verfärbet,  sein  langes 
winterhaar  verlieret  und  sein  kurzes  rothes,  braunes  oder 
gilbiges  sommerhaar  auf  oder  anlegt,  nochmals  färbt  es  sich 
auch  im  herbst  gegen  Egidii,  da  es  dieses  haar  nach  und 
nach  verlieret  und  sich  das  lange,  grobe,  graue,  mit  dunkel- 
braun gemischte  winterhaar  anleget.    Heppe  leiihund  2S8. 

FARBFASZ,  n.  worin  die  gerber  das  pfundleder  abfärben. 
Frisch  1,249". 

FARBGEFÜLLT,  colore  repläus:  es  läszt  sich  aber  dies 
farbgefüllte  gefäsz  auch  von  dem  thiere  {der  Schnecke)  ab- 
sondern.   Göthe  52,  259. 

FARBGRUND,  m.  prtmorum  colortim  inductio :  Tizian  und 
seine  nachfolger  mahlten  wol  auch  auf  gemodelten  damast, 
leinen  und  ungebleicht,  wie  er  vom  weber  kommt,  ohne 
farbgnind.    Göthe  3S.  228. 

FÄRBHAUS,  n.  färberei: 

weil  ich  aber  verstehe  wol, 

dasz  solches  solt  verschwiegen  bleiben 

und  kein  gelerter  wils  beschreiben, 

sondern  solte  unter  der  bank 

vergessen  werden  one  dank, 

ei  das  wöll  sich  je  nicht  gebühren, 

ich  rausz  eh  mein  ferbstecken  rühren, 

damit  im  ferbhaus  herumb  gehn, 

vor  alle  kessel,  wo  die  stehn, 

und  sehen  was  wol  ist  darinnen, 

ob  ich  was  könl  heraus  gewinnen, 

das  mir  zum  handel  dienstlich  wer, 

ich  werd  mich  sonst  bemühen  sehr, 

eh  mir  dieses  und  Jens  feit  ein, 

ein  ferber  kein  poet  kan  sein. 

armbrusischieszen  zu  Dresden  1610  (furch  Wotr 
Fkrbern  von  Ztcickaw.  B3*. 
FARBICHT,  schlechter  farbigt,  coloratus,  bunt: 

farbicbte  blumengebüsche.    E.  vo:i  Kleist  2,43; 

die  grösze  zu  verachten, 

die  farbicht  schwillt  und  platzt.    Uz  2,287; 

das  reich  der  farbigtcn  blumen, 

wenn  es  der  frühling  bcherscht.    Zachariä  2,420; 

das  gold  der  farbichten  aucn  bat  sich  in  bleiches  Silber  ver- 
loren.  Wielaho  33,312. 

84 


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FARBIEREiN  — FARDEL 


FARFELN— FARM 


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FARBIEREN,  cotorarc,  färben: 

80  musz  sich  der  rubln  der  wol  farbierien  wangen 
in  blassen  schnee  verstello.  Hallkanns  Thcotlurich  p.4. 
FARBIG,  rersicolor,  stall  des  einfachen  färb,  nihd.  var,  alid. 
faro.  in  einer  menge  von  zusanimensclzungen  aschfarbig,  blut- 
farbig, einfarbig  u.s.w.,  denen  ofl  umlaul  gegeben  wird :  asch- 
farbig, einfarbig,  zuweilen  isl  farbig  rotli,  wie  färbe  röthe, 
farbige  wange,  roihe; 

doch  iiiiierscheidest  und  merkest  genau, 
dieser  ist  roth  und  ein  andrer  ist  blau, 
einer,  der  klarste,  von  färben  so  rein, 
farbig  erblilzet  der  edelste  stein.    Göihk  4,141; 

farbige  gläser.  54,  251;  die  herlicbe  erscheinung  farbiger 
schalten. 

FARBKRANKHEIT,  f.  wie  farbsucht :  aber  es  miJchten  etliche 
sagen,  dasz  die  farbkrankheitea  kernen  aus  den  körpern. 
Paracelsüs  1,  521*. 

FARBLAUB,  n.  rhus  cotinus. 

FÄRBLEIN,  n.  tenuis  color:  die  in  das  büchslin  bloscn, 
das  sie  ein  fcrhiin  empfahen  (2,  470) ;  das  kelierlich  eingc- 
weid  (der  wein)  ist  mein  freud,  mein  dcckbett,  mein  woifs- 
belz,  mein  nasenkap,  mein  handsocken  und  mein  fuszschuh, 
der  sterkt  das  herz  basz,  als  neunfach  korallen  und  agstein- 
körner,  der  streicht  ein  farblin  an.    Garg.  97*; 

beköranit  er  lust  zum  weibe, 
des  nachbars  tochier  wil,  ein  mensch  das  schön  am  leibe, 
und  gut  vom  herzen  ist;  dir,  dasz  er  sie  mehr  liebt, 
dem  sonst  nicht  blassen  mund  ein  liechtres  ßrblein  giebt. 

Flehinc  72, 
in  welcher  stelle  das  'dir'  dui^cl  ist,  doch  das  gedieht  wechselt  mit 
absicfU   die  persönlichen  pronomina;    etliche  (tanzen)  damit  sie 
ein  rotbes  farblein  erhalten  und  der  geliebten  person  desto 
besser  gefallen.  Simpl.  3,  il.     figürlich,  beschönigen,  bemänteln: 
streich  unserer  Sachen,  wo  sie  bös  ist,  ein  färblein  an.  Ayrer 
proc.  2,11;    lauter   spitzbuben,   welche   ihre   verübte   buben- 
stücklein, ja  ihr  ganzes  thun  und  lassen  so  meisterlich  wissen 
zu    bemänticn,    ein  färblein  anzustreichen,    fr.  Sinipl.  2,145; 
ja  sie  wüsten  dem  fiirsten  die  sache  mit  einem  solchen  an- 
genehmen   färblin   vorzutragen.    Jucundissimus  187;    das  geld 
streicht  allen  leulen  ein  farblin  an.    Schm.  1,559; 
die  stilisierte  schminke  weisz 
ein  färblein  anzustreichen. 

Callembach  puer  cenlum  ann.  4. 
*.  färbel. 

FARBLOS  decolor,  ax^ovs,  ahd.  äfaro  (Graff  3,  700),  mhd. 
variös : 

»in  eilen  gesweich, 

er  wart  varlös  und  pleich.     Rot.  225,  24 ; 

nhd.  das  farblose  wasser.  Klinger  6, 144 ; 
die  blume  ist  hinweg  aus  meinem  leben 
und  kalt  und  farblos  seh  ichs  vor  mir  liegen.     Schiller  399». 

FARBLOSIGKEIT,  f.    Güthe  54,  249. 

FÄRBSTECKE,  m.  baculus  tinclorius.     s.  färbhaus. 

FARBSTEIN,  m.,  auf  dem  die  buchdrucker  ilire  schwärze  bereiten. 

FÄRRSl'CHT,  /".  iclerus,  gclbsucht:  der  nainen  der  farb- 
suchten  sind  viel,  der  sagt  gelbsucht,  der  die  schwarz  gclb- 
sucht.   Paracelsds  1,  524*. 

FÄRBUNG,  f.  linctura,  coloratio :  die  färbung  des  garns; 
das  gemühlde  ist  schon  an  Zeichnung  und  fiirbung;  so  beur- 
theill  jeder  die  bandlungcn  etwas  unrichtig  nach  dein  be- 
sondern gesichtspuncte,  in  den  er  gestellt  ist  oder  nach  der 
färbung  seines  auges.    Garve  zu  Cic.  de  off.  1, 108. 

FARBVERWANDLER,  m.  versicolor,  i.e.  qui  colores  mutat. 
coe.  14S2  h5'. 

FARBWECIISELND,  colores  mutans:  das  chamaeleon  oder 
farbwechselnde  tierlein.    BuTscnKi  Palm.  449. 

FARCH,  n.  porcus,  porcellus,  ein  uraltes,  weitverbreitetes  wort, 
aluL  farh,  farah,  pl.  farliir,  fcrihir,  fcrhir,  mhd.  v.irch  ;-/. 
verher,  nhd.  farch,  fark,  fack.  Schm.  1, 562,  Ogs.  fearh,  nnl. 
varkcn,  lÜ.  parszas,  russ.  porosji,  poln.  prosii;,  böhm.  prase. 
für  farch  erscheint  auch  barch  (1, 1125)  wie  neben  falz,  flach, 
felche  balz,  blacb,  belebe,     fpi.  ferkel,  fackl. 

FARCIILEIN,  n.  scrofula  oder  morlein.  voc.  1482  h  5*.  «.  fiirlein. 

FARCn.MUTTER,  f.  terofa:  ich  musz  kommen  und  farchmutter 
auf  der  kanzel  die  borsten  krauen.  LcTnERS  br.  4,ß35.  schlecht 
ffeschrifhrn  nihrmullcr,  fSrmutter.    in  Sachsen  fahrsaue,  fiilire. 

FARliKL,  n.  onus,  bürde,  last,  tadung,  bündel,  balle,  pack, 
nach  dem  ü.  fardello,  »p.  fardillo,  fr.  fardeau :  flelcnt  darnach 
alle  ungedtiiincnklirh  über  die  wegen  (uagen)  und  fardcl,  die 
ufhouwendc,  und  ludcnt  mich  und  das  pfert  mit  dem  cost- 
licbosten,  so  in   dca  faxdcin  gewesen  was.   Nie.  vo«  Wiu 


263, 10. 11;  ilem  lxx.\n  gülden  umb  1  fardcl  baichans,  dienern, 
laufenden  gesellen  und  andern  davon  zu  clciden  und  die 
uberigen  noch  vorhanden  sin.  ilem  vii  heller  von  dem  fardel 
zu  füren.  Frankfurter  rechcnbuch  von  1429.  in  Rli.anüs  hand- 
lungsbuch  s.  1  'vier  gülden  für  die  fardel  zu  bescblahen"  (die 
ballen  einzupacken);  s.  33  'ein  trüben  fardcl',  'ein  werung  fardel' 
vgl.  ScHMiD  Schwab,  wb.  179.  farlel,  fascis,  ein  fartel  tuchs, 
barchen,  fascis  fustanicae.  Heniscr  1008.  bair.  tirol.  öslr.  fartl' 
farlel,  farllcin,  last,  biindcl  heu,  slroh,  holz.  Scum.  1,  5C6.  Höfer' 
1,198.  FnoMMAKN  5,225.  226.  DiEZ  139  leUel  das  sp.  fardo  auf 
ein  arabisches  wort. 

FARFELN,  pl.  geriebner  leig,  gequirlte  der,  mhd.  varvelcn, 
pulles.   sumcrlaten  i9,n; 

ein  schünel  tief  unde  breit 
vol  varveln  truoc  si  dar. 
si  nam  des  vil  tougcn  war, 
dicke  sniten  siiej  er  drin, 
'also  liep  ich  dir  bin, 

vrowe,  die  varveln  sint  guot'.  Helbl.  1, 1032.  1036. 
ScHM.  1,5C1  die  farfelsuppcn,  suppc  in  welche  das  stark  zer- 
quirlte weisze  von  eiern  getrduft  worden;  tirolisch  fiirfl,  forll, 
pfurfln;  pfurflsupp,  suppe  mit  kleinen  geriebnen  teigmassen.  From- 
mann 4, 331.  wahrs(^einlich  hängt  das  böhm.  farfule  f.  quadratae 
partes  argenli  damit  zusammen. 

FÄRGE,  m.  remex,  nauclerus,  ruderkncchl,  ahd.  fario,  ferio, 
ferigo  (Guaff  3,588),  mhd.  ver,  vcrgc,  verige  (wb.  3,251'), 
nitd.  ferre,  ferg,  ferich.  Diefenuach  491'.  fcrg.  Schm.  1,561; 
rollcr,  zoller,  schergcn,  fcrgen.    de  gen.  ebrios.  151. 18. 

FÄRGER,  m.  dasselbe,  fchlerhaß  farcher:  die  Ursache  alles 
dieses  Schreckens  war  blosz  die  trunkenhcit  der  färcher, 
diese  waren  besoffen,  so  dasz  sie  nicht  allein  stehen,  ge- 
schweige die  Höh  (naue,  navem)  regieren  konnten.  Stillisc 
4, 196.     t'^;.  ferger. 

FÄRGGELD,  n.  was  fdhrgeld  sp.  1259.  bei  Stieler  681  ferich- 
geld. 

FARGHANS,  m.  für  farchhans:  mutuis  sese  compotatio- 
nibus  conficinnt,  ut  se  ipsos  nonnunquam  sues  appellitent, 
sewclaus,  schweinkunz,  varghans,  Pclerfcrkel.  de  generibus 
ebriosor.  I2i,  30 ;  was,  ich  nem  ein  kult  und  versüffein  kloster, 
hiha  farghans!  mir  zu  als  einer  ku!  Garg.  96*.  gebildet  wie 
fasi'lhans,  junghans,  karsthans  u.  s.  w. 

FARKLEIN,  n.  porcellus,  feikel.  unter  den  spielen  verzeichnet 
FiscHART  n'l84  'farklin,  gang  du  vor!';  farklein,  spanHlrklein 
saugen  die  euter  der  saumutter.  Cotnenius  sprachenthür  von 
Docemius  185.     s.  das  folgende  und  ferkel. 

FÄRLEIN,  n.  dasselbe:  wan  er  hat  ein  verlin,  das  mag  er 
an  ein  seile  nemen  und  an  der  bände  fucrcn.  ifri.<!/A.  1,428; 
ein  keller  sol  haben  zwo  moren  (scrofas)  und  von  den  ferlin, 
die  do  von  in  koment,  sol  er  eins  spisen  u.  s.  w.  l,  709 ; 
und  ist  wol  zu  vermuten,  das  sie  kein  allar  on  schöne  bildlin 
von  unser  1.  flauen,  on  das  schön  götzlin  s.  Chrisloffcl  oder 
von  s.  Anthonii  färlein  oder  eins  anderen  heiligen  bild  be- 
stellt und  aufgericht  haben,  biencnk.  140*;  wie  ein  häufen 
fürlin  von  einer  fruchtbaren  morin,  also  sind  alle  pfaffcn  und 
münch  von  ir  (der  päpstin  Johanna)  (.chorcn.  210';  sie  wüsten 
nit  zu  sagen,  wo  das  fürlin  am  besten  wer  und  das  man 
sein  rot  leder  für  das  best  kalbsfeil  solle  essen.  22'j*;  acht- 
zehen  fürlin  zu  einer  los  (scrofa).  Seiuz  132;  porcellus  Iro- 
janus,  ein  gebraten  fhrlein  mit  vögeln  gcfüllet  (wie  das  höl- 
zerne pferd  mit  kriegern).    Golii  onomast.  344. 

FARM,  wi.  eymba,  celox,  Diefenkach  119*,  fariri,  navis  ampla 
et  haut  profunda,  vorab,  incip.  teut.  ante  tat.,  ahd.  farm,  cclor, 
genus   navis    (Graff  3, 574)    nach  Schm.  1,  503    die  fähre   über 
den  ßusz:  das  sein  chlosicr  von  alter  her  den  varm  an  dem 
urfar  ze  Metcm  inne  gehabt.  MB.  11,404  0.  1300;  den  farm, 
darauf  das    gotsbaus    seinen  mist  zu  tungen  über  die  allen 
Tunau  gefnrt  hat.    12,  201  a.  1406.      der  nächste  gedanke  ist  an 
fahre  und  f.ilirzeug  (sp.  1247.  1207)  ron  der  f/i/riW  fahren,    wenn 
nun  altn.  farmr  onus  naulicum,  farmnskip  naris  oneraria  heüit, 
alls.    farm    Her,   so   gereichten    die  angefidnten  Ut.  paramas.    .</. 
pram,  proin  zur  bestäligung  und  die  1. 1134  angereijle  rm     . 
Schaft  mit  bann,  sinus  sdieinl  weichen  zu  müs-u-n.     an  1 
rf(/ir/  das  ags.  feaiin  rrrejUio,  lu)spitium  und  das  }■'•'  • 
breitete  engl,  farm  mcierei,  pachtgut,  was  alles  uul 
FARM,  m.  fdix.  Ttrioit,  etn  bekanntes,  viele  arlcfi 
lauberkriTfliges  kraul,  ahd.  faraui,  farm  ((iRArr  3,  (i!t5),  mhd.  varin  • 
nu  trito  Ich  hie  den  wilili>n  vnrm.    I'ttrt.  414,7; 
bt  einer  wlln  siil  wir  I 

und  hriThii  im  cd-m  ii  unde  Tsrm, 

Buden  iuotcr»  bin  iiii       k      i     ,  17. 


1333 


FARN  — PARK 


FARBE  — FARZADER 


1334 


auch  nhd.  farm,  fllix,  herba  inulilis  et  nociva  colonis.  roe.  14S2 
h4'.     manche  m   icerden  in  n  gescliwächt,    diesmal  aber  scheint 
die  folgende  form  ursprüngluher  und  den  rorzug  zu  verdienen. 
FARN,  m.  ßix,  ahd.  farn  (Graff  3,695),  mhd.  varn : 
begunden  alle  dannen  Tarn, 
Tertrettet  wart  da  manic  varn.    I^.  3,247; 
da  von  darf  ich  niht  Türba;  Tarn, 
het  ich  sämen  von  dem  varn, 
den  würfe  ich  dar  den  scheiden.    IISH.  453'. 
ags.  fearn,  engl,  fern,  nnl.  raren,     tadelliaß  ist  die  nhd.  Schrei- 
bung farrn   oder   farren.      Tabernaemo.max  setzt  noch  riclUiges 
farn  und  bei  Diefexbacii  235'  finden  sich,  tcie  mhd.,  beide  farm 
und  farn,  pharn  nebeneinander,     tiefes  dunkel  ruht  auf  der  wurzcl, 
es   tcdre  kühn,   ohne   ueitere  rermittlung,   das  skr.  parna  frons, 
praesertim  frons   delapsa   und   das   lai.    frons,    frondis   hinzu- 
zunehmen, obgleich  Parzical  beim  einsiedler  auf  'ramschoup  unde 
varm'  459, 11  sciddß,  wie  auf  laub.     TiTsoig  gehört  zu  titsoov, 
also   unserm   feder,    «•«/   die  bldller  gefiedert,   mit  feinen  fasern 
bedeckt   sind,      aus  TiTegör,    sl.    pero,    fmln.    pioro  liesze  sich 
vriederum   farn  herleiten,      den  Slaren  aber  heiszt  er  reduplicatiü 
russ.  paporot,   poln.  paproc,   böhm.  papradi.     filLx  icird  zu  it. 
felce,  sp.  heleclio,  fr.  foug&re  {aus  folgere  ?).   die  kellischen  namen 
ratis,  ir.  raith,  arm.  raden  stellen  ab.     s.  baumfam,  eichfarn, 
llügelfarn,  steinfarn,  waldfarn  und  eigennamen  icie  Varnbüler, 
Yarnhagen,  Varntrapp. 

FAR.NBETT,  n.  filicium,  alid.  farmalii,  ein  farnlager,  bell  auf 
farn;  'air  raineach'  super  filice,  bei  Ossian  C<ühloduin  3,161, 
bei  Macplierson  on  bis  ferny  bed,  voraus  Bürger  2S5'  ein  farren- 
bette  macht. 

FARNKRAUT,  n.  fiUx,  filicula,  nnL  varenkruid,  soiroi  männ- 
lein  als  ueiblein.    man  schräbe  nur  nicht  farrnkraut,  farrenkraut. 
FARNSAME.  m.  fumaria  bulbosa. 

' FARN  WINKEL,  m.  angulus  filice  replelus.  Förstkmasn  2, 4S6, 
ein  Ortsname. 

FäRR,  FARRE,  m.  taurus,  erscheint  goth.  nicht,  wo  nur  auhsa 
und  stiurs.  ahd.  meistens  stark  far,  phar,  gen.  faires,  pl.  farr!, 
ferrl,  nur  seilen  schwach  farro.  auch  mhd.  far,  phar,  farres 
und  varre,  gen.  varren  {mhd.  wb.  3,  236').  nnl.  var,  gen.  vars, 
pl.  varren.  ags.  fearr,  taurus,  juvencus,  engl,  erloschen,  auch 
den  nord.  sprachen  mangelnd,  welche  das  dem  gr.  ravoos,  lat. 
taurus,  welschen  tarw,  irischen  tarbh  entsprechende  altn.  [)ior, 
schw.  tjur,  dän.  tyr  haben,  farr  entsprang  aus  fars,  wie  fersa 
vacca,  das  lU.  verszis  vilulus ,  lelt.  webrsis  bos,  wehrsens 
juvencus  und  höher  hinauf  das  skr.  vrsa  taurus  bestätigen,  auch 
gr.  Tiö^ois,  nöoxis  juvenca  mag  der  farsa,  fersa  begegnen  und 
zuf^eich  den  verhalt  des  p  und  f  zum  lit.  und  skr.  v  erläutern, 
nhd.  liersciü  die  schwache  form,  farre.  Dasyp.  324*.  der  farr. 
Maaler  132': 

und  seit  abweisen  solch  farren, 

also  dan  man  getan  hat  disen  narren,    fastn.  120,6; 

her  Wirt  wir  sein  zuo  euch  gewisen, 

wan  wir  gleich  wie  die  farren  umb  pisen 

und  suocnen  nun  schön  maid  und  frauen.    337,7; 

er  ist  beschorn  gleichwie  ein  thor, 

ein  hals  hat  wie  ein  farre.    Ambr.  Ib.  s.  165,33; 

und  wie  der  pfaf  in  seinem  stant, 

und  die  küg  ein  farren  hant, 

also  erweil  ein  eber  fein, 

der  euch  besteigt  euwere  schwein.    Mcrser  luth.  narre  1479 ; 

und  günt  in  nit  zu  rumplieren, 

den  farren  im  dorf  zu  weid  fiieren.  1488. 
im  A.  T.  wird  oß  geredel  vom  opfer  der  fanen,  z.  b.  und  sandte 
hin  Jüngling  aus  den  kindern  Israel ,  das  sie  brandopfer 
opferten  und  dankopfer  dem  berrn  von  farren.  2  Mos.  24, 5 ; 
nim  einen  jungen  farren  und  zween  wider  on  wandel.  29, 1 ; 
der  so!  für  seine  sünde,  die  er  getban  bat,  einen  jungen 
farren  bringen,  der  on  wandel  sei,  dem  herrn  zum  sünd- 
opfer,  und  sol  den  farren  für  die  thür  der  hütten  des  stifts 
bringen  und  seine  band  auf  desselben  beubt  legen  und 
schlachten  für  dem  berrn.  3  Mos.  4,3.4;  und  sol  den  farren 
auszer  dem  lager  füren  und  verbrennen.  4, 21 ;  nim  einen 
farren  unter  den  ochsen,  die  deines  vaters  sind,  und  einen 
andern  farren,  der  siebenjerig  ist  {vulg.  tolle  taurum  patris 
tui  et  alterum  taurum  annorum  Septem),  richter  6,25;  das 
wird  dem  herrn  basz  gefallen,  denn  ein  farr,  der  hürner 
und  klawen  bat.  ps.  69,32;  vergib  uns  alle  sunde  und  thu 
uns  wol,  so  wollen  wir  opfern  die  farren  unser  lippen.  Hosea 
14, 3  d.  h.  die  un.tere  lippen  gelobt  haben,  LXX  xn^Ttov  xstJ.to>v 
^/uäv,  vulg.  vitulos  iabioruni  noslrorum ;  davon  die  alten 
Sprichwort  hüben :  der  hat  ein  farren  auf  der  zunge.  Matbe- 
eu's  149': 


0  weh  mir  eroben  tollen  narren, 

das  ich  micli  leget  an  ein  farren, 

dem  ich  nit  gleich  erschaffen  bin.    Waldis  3,36; 

ein  ackermann  lobt  seine  farren, 

so  zeigt  der  landsknccht  seine  scbmarren.    3,37; 

band  dmeuler  offen  wie  die  narren 

und  springen  wie  die  jungen  farren.    Mot^ta^cs  Tit.  u.  Gis.  E2; 

zu  dämpfen  wollest  du  die  wut  der  wilden  farren. 

Weckukkli;«  S9; 
ach  Ja,  kind,  knecht  und  magd  die  stehen  und  verstarren, 
die  Schweine  sehn  empor,  küh,  kälber,  ochsen,  farren 
und  alles  feden-ieh  hört  mit  verwundren  drauf. 

LoGAU  2,71,59; 

der  farre  mit  seiner  herabhängenden  wamme  bölket  und 
brüllet.    Cometiius  von  Docemics  ISl; 

viele  farren  und  viele  stiere  zu  füszen  ihm  liegend, 
viele  kühe  daneben  und  kälber  haben  gejammert. 

Otsrbeck  ged.  173  nach  Thcocr.  1,74,  wo  Voss: 
viel  der  kühe  gestreckt  zu  den  füszen  ihm,  Tiel  auch  der  farren, 
viel   der  stärken  umher  und  kälber  auch  jammerten  kläglich, 
doch  wen  [quibus]  als  uns  ward  jemand  einst  zum  farren. 
WiKLAMD  5, 194; 
0  des  rollenden  donners  gott,  der  weit  den  Olympus 
aus  der  schwarzen  wölk  erschüttert,  wir  brachten  "dir  farren, 
sie  mit  blumen  der  thale  geschmückt.    .Messias  16,551; 
oder  hab  ich  dir  je  ron  erlesenen  farren  und  ziegen 
fette  Schenkel  verbraunt,  so  gewähre  mir  dieses  verlangen. 

lt.  1,40; 
wo  das  herz  ihr  [Athenen)  erfreun  mit  geopferten  farren  und 

iämmern 
Jünglinge  edler  Athener  in  kreisender  jähre  Vollendung.  2, 550 ; 
biegsames  wehrgehenk  bot  der  erschlagene  farr. 

Voss  Propertius  4,10,22; 
laut  wiehern  und  schnauben  und  knirschen  und  stampfen 
die  rosse,  die  farren, 
die  wagen  erknarren 

ins  ächzende  thal.    Schiller  9*. 

Voss  übertrug,  nachdem  es  ihm  für  den  vers  bequem  war,  ravooi 
durch  stier  oder  faire,  farr,  heule  wird  dieses  fast  gar  nicht  mehr, 
auszer  in  einzelnen  Zusammensetzungen,  gebraudd. 

FARRENÄUGIG,  ßocöms: 
drauf  versetzte  die  hohe,  die  farrenäugige  Here.    Borger  193*. 

FÄRRENFRECH,  protervus,  frech  wie  ein  stier:  farrenfrech 
mit  schwetzen  und  pletzen.  Garg.  149',  doch  mit  wortspielendem 
bezug  auf  7ta^ot]aia,  freimütigkeit. 

FARRENHALS,  m.  palear,  pdlis  e  gulture  tauri  pendula. 
He.msch  1008. 

FARRENROPF,  m.  caput  bubalum,  ochsenkopf:  du  fluchmaul, 
du  predigerfeind,  du  neidhart,  du  rachgieriger  farrenkopf, 
was  verfolgest  du  mich  ?    Otho  118L 

FARRENKRAUT,  n.  filicula,  falsch  ßr  famkraut: 

auf  des  waldes  farrenkraut 

setzt  vertraut 

euch  zusammen,  kost  und  singet.    Salis  S6; 

in  der  abendhelle 

funkelt  die  libelle 

sanft  am  farrenkraut  gewiegt.    MatthissO!«  130. 

FARRENLEDERN,  ß6iios: 

um  dies  bild  zerschlugen  die  Troer  und  edlen  Achaier 
vor  den  busen  einander  die  farrenledernen,  groszen 
schöngerundeten  scbild  und  leichtgeschwungenen  tartschen. 
BiJRGER  226»  (//.^6,452). 

FARRENSCHWANZ,  m.  taurea,  cauda  taurina,  Ochsenziemer  : 
halb  als  ein  kalb,  ganz  als  ein  farrenschwanz.  Garg.  96' ;  nu 
pack  dich,  oder  ich  nehme  meinen  farrenschwanz.  Lesz  1, 156 ; 

mit  einem  groszen  fairenschwanx 

regiert  er  si«  wie  einen  affentanz.    Göthi  13, 129. 

FARREN\V.\MPE,  f  wie  farrenhals. 

FARRE.NWÜTIG,  furiosus:  fieng  kein  trojanischen  farren- 
wütigen  krieg  drumb  an.    Garg.  6l'. 

FaRSE,  FERSE,  f  vacca,  juvenca,  junix. 

FÄRSENKALB.  n.  vUula. 

FARZ,  TitTiogSa,  s.  farzen. 

FARZ,  m.  ventris  crepitus,  ahd.  firz,  furz,  altn.  frelr,  lit. 
pirdis.  pcrdis,  pirda,  lett.  pirdens,  gr.  tiooSt/,  lat.  peditum: 
und  in  Üppigkeit  nit  gelaub  als  der  wolf  an  seinen  farzen. 
Steinhöwel  Esop  (1487)  s.  56; 

wann  du  pist  ruszig  und  schwan, 

umb  dich  so  geb  ich  nit  ein  farz.    fastn.  614,25. 

vgl.  forz,  furz. 

FARZADER,  f.  die  diern  liesz  sich  die  farzader  schlagen. 
Katziporus  gG;  wann  der  bütlel  einen  henket  und  ihme  aus 
todesangst  die  farzader  bricht  und  stürmet.  Leiermatt  lustiger 
correspondenzgeisl.  1668  s.  175. 

S4* 


1335 


FARZBOCK— FARZEN 


FARZER— FASE 


1336 


FARZBOCK,  m.  erebro  pedcns.    Garg.  137'. 

FARZBCCHSE,  f.  dasselbe:  bolz  angst,  wie  eben  recht,  bei 
dieser  farzbiichsen  erinnere  ich  mich  eben  unsers  landwüsliers 
fest  und  feldgeschützes.    Garg.  67*. 

FARZEN,  pedere,  ein  ahd.  farzön  voraussetzend  und  abgeleitd 
aus  ftrzan,  farz  =  gr.  ni^Ssiv,  ^tTzo^Sa,  lat.  pedere  pepedi, 
mU  ausijesloszner  liquida,  fr.  peter,  sp.  pecr,  lit.  persti,  Ictt. 
pirst  und  pirdcht,  poln.  nierdziec,  böhm.  prdeti,  prduauti, 
serb.  prdnuti,  russ.  perdjet ,  skr.  pard.  ein  goth.  fairlan  fart 
{redupl.  ßfart),  ags.  feortan  feart  sind  kaum  zu  bezweifeln,  altn. 
gilt  umgeslelltes  fri'ta  frat  (was  dem  goth.  fritan,  ahd.  frejjan 
fdere  im  laut  begegnet),  schw.  fjerta,  dän.  fjcrte,  engl.  fart.  in 
solclien  Körlern  zeigt  sicli  die  urverwandlschaß  äuszerst  dauerhaft 
und  es  wird  noch  vieles  anzugeben  sän,  tcenn  die  übel  ange- 
bracläe  enthaUsamkeit  der  uvrtsammler  nicht  das  gesciujft  erschwerte, 
aucli  das  finn.  picru,  esln.  peer  crepilus  und  ftnn.  pierrä,  estn. 
pcretaina  jicdere  treffen  zu.  nd.  erhielt  sich  neben  fürten  das 
unverschobne  puilen.  brem.  wb.  1,  470,  wie  die  facctiae  facetiarum. 
Francof.  1615  ;».  74  bestätigen:  peditus  Graecis  nooStj  est,  undc 
saxonicum  vetus  purlen  vel  fürten,  quod  superiorilms  Ger- 
manis Icvi  mutatione  factum  est  farzen.  Frisch  1,  247'  schreibt 
burtcn  und  hält  dazu  fr.  bourder. 

der  clagt  sein  pauch  und  hab  in  acht  tagen  nit  gefarzt. 

fastn.  61,  7; 

das  Ich  in  dreien  tagen  nit  hab  gcfarzt.    61,19; 

wil  er  den  farzen,  so  well  wir  scheiszen.    298,13; 

wenn  das  ich  schlaTen  soll,  so  wacht  ich, 

wenn  ich  wainen  soll,  so  lacht  ich, 

wenn  ich  soll  farzen,  so  beschaisz  ich  mich  gar.    725,17; 

sagt,  farzt  er  oder  scheiszt  er  ser?    1061,22; 

(las  wir  die  stuben  wermen, 

dan  wöl  wir  waidlich  schwermen, 

essen,  trinken  und  schreien, 

grölzen,  farzen  und  speien,    meisterl.  f.  23  n*22i; 

81  grolzet,  reispeit,  farzt  und  huest.    n'240; 

wüste  geberd  haben  von  dem  frasz,  koppen  lassen,  ranbsen 
(rülpsen),  ufstoszen,  kotzen,  geifern,  schrien,  singen  wüste 
iieder,  sürflen,  farzen,  von  den  sachen  wüsten  die  frauen 
basz  zu  sagen,  die  semlich  ding  müssen  leiden  von  ircn 
trunknen  mannen.  Keisersb.  narrcnsch.  142';  und  als  er  her- 
nach auf  ein  andermal  ist  auf  seinem  pfcrdlin  geritten,  und 
das  pferdlin  auch  ein  furz  hat  gelassen,  das  hat  der  narr 
gehört  und  ist  bald  herab  gesprungen  und  hat  ihm  den  sattel 
abgethan  und  auf  sein  köpf  genommen  und  das  pferdlin  also 
mit  einem  stecken  vor  anhin  gelrieben  und  gesprochen,  also 
thut  man  einem  der  farzt,  kanstu  farzen,  so  mustu  auch  zu 
fusz  laufen,  seh.  und  ernst  1550, 44.  1555,  202;  da  sprachen 
die  frawen,  die  bei  ir  waren,  ewer  herr  (s.  Gangolf)  hat  aber 
ein  zeichen  gethan.  'ja,  sprach  sie,  er  zeichnet  eben,  wie 
mein  ars  reden  kan*.  da  fieng  sie  an  zu  farzen  und  liesz 
ein  scheisz  über  den  andern,  und  wenn  sie  oben  redt,  so 
redet  sie  auch  unden.  1522,  225.  1550, 195.  1555,  204 ;  wiltu 
farzen,  so  gang  in  den  bof.   Eulcnsp.  cap.b2; 

da  thut  man  anders  hören  nicht 
dan  grolzen,  reibscn,  farzen,  kotzen. 

WiCKRA«  pilgfr  P3  bt.  55; 

der  esel  sprach,  des  (illius)  schnorkcn,  farzen, 

gumpen  und  mit  dem  hindern  schnarzen 

kan  {ich)  baiz  denn  der.    Waldis  2,  b2  bl.  129'; 

ein  doctor  thet  ein  kranken  arzen 

so  lang  bisz  im  vergieng  das  farzen.    3, 12  hl.  167'; 

glaubet  gefarzt  sei  geschworen,  geschissen  sei  gemalt.  Garg. 
130';  oder  wie  das  frawenzimmer  des  ulinisthen  farzenden 
legalen  lacht,  da  er  den  furz  hiesz  hcrumbher  gehn,  ihr  finds 
ins  Bebeis  bibel.  156';  nachgehends  schisz  er,  pist  er,  farzt 
er,  seicht  er,  erprach  sich,  streift  sich,  jitckt  sich.  100';  das 
hom  flog  just  dem  hirsch  zum  hindern  hinein,  und  weil  das 
wild  in  vollem  farzen  war,  gab  es  ein  so  wunderliches  ge- 
IDne,  dasz  alle  bunde  herzu  gelaufen  kamen  und  den  hir- 
scbeo  aobiciten,  also  ward  das  wild  gefallet.  GuYPMitis  1,776 ; 
nilzen,  farzen  ohne  scheu,  pers.  reisebr.  3,  7 ;  du  farzest  die 
ganze  nacht,  dasz  eins  aus  der  kammer  weglaufen  möchle. 
Jucundiis.  120;  was  liegt  dir  daran,  dasz  ich  farze?  121;  da 
konicn  sie  in  ihren  Zusammenkünften  über  andere  schän- 
dieren,  da  sie  doch  Selbsten  in  die  kutte  hinein  nichts  nutze 
waren,  als  dasz  sie  das  bett  vull  farzten.  20»;  wünschen 
und  farzen  darf  nicht  groszcr  coinplimentcn,  ad  OjAandum  et 
ftdenimm  Udo  tuo  non  est  opiu  egredi.  Stieler  435;  wer  da 
fand  wann  er  will,  der  farzet  auch  wann  er  nicht  will.  das. 
f.  forzen,  furzen. 


FARZER,  m.  qui  pedit,  böhm.  prdec. 

1)  gr.  TtögScov,  serb.  prdonja;  so  kriegte  ich  auch  unter 
diesem  regiment  drei  seltzame  nachnamen,  in  der  ersten 
nannte  man  mich  den  general  farzer,  well  ich,  da  ich  noch 
ein  trommelschläger  war,  auf  einer  bank  liegend  den  Zapfen- 
streich eine  ganze  stund  lang,  auch  wol  lünger  mit  dem  hin- 
dern verrichten  oder  huren  {lassen)  konte.  Simpl.  Springinsf  1.12. 

2)  psophia  crcpitans,  das  knarrhuhn,  nnl.  poepert,  fr.  la  troni- 
pette,  sp.  el  trompetero.  serb.  Iieiszt  auch  eine  ad  groszer  bohnen 
prdonja  oder  poprdan,  böhm,  prdlavka  ein  reltich,  weil  diese 
speisen  blähen. 

3)  carabus  crepitans,  nnl.  veesler,  fr.  carabe  petard,  bombardier. 

4)  =  podex  für  pordex,  böhm.  prdel,  poln.  piardcl. 
FARZERIN,  f. 

FARZGLOCKE,  f.  erebro  pedens. 
FARZIG,  bei  Stiei.er  435  farzichf,  7tOQ8a)Jot. 
FARZKACHEL,   f.     sie   nam   den   troppen  (tropf)  zur  ehe 
und  verhiesz  im  die  alle  farzkachel.  Katzijwrus  e5';  die  alten 
bösen  hartnäckigen  weibcr  und  farzkacbeln.   e  o'.  . 

FAHZKLETTE,  f.  onojwrduni,  vegdislcl:  aber  du  muste  dich 
der  farzkletten  zu  essen  abthun.  mein  esel  hat  farzkletten 
gefressen,  darumb  falln  die  lugen  von  im  mit  häufen.  Nasus 
nascnesel  25*. 

FARZSTUBE,  f.  beim  hinlcrloch  in  der  farzstuben.  leier- 
matz  166S  s.  200. 

FASAN,  m.  phasianus,  yaoiavöe,  der  am  flusz  Phasis  hei- 
mische vogel,  mhd.  fasdn,  fasant,  Dasypodiüs  324',  it.  fagiano, 
fr.  sp.  faisan,  engl,  phcasant,  nnl.  fazan,  böhm.  bazant,  poln. 
bazant,  ungr.  fdtzan.     man  verfiel  leiclU  auf  fashan  und  fashun 
für  männche.n  und  weibchen,    als  seien  sie  mit  hahn  und  huhn 
gebildet,    s.  goldfasan,  silberfasan. 
mild,  zem  fasän  inj  dornach.    Parz.  287,1; 
milte  sich  hinler  kergen  want 
birgt  als  ein  fasanl.    MS.  2,244'; 
niut.  der  adler  auf  die  hochzeit  kam, 
der  fashan,  der  fashan, 

die  zwen  die  waren  vornan  dran.    Uhlxsd  35; 
der  fashan,  der  fashan, 
der  fieng  gar  seltsam  hendel  an.    41; 

sie  geberden  sich  wie  fasanen,  die  man  bei  der  laterne  schieszt. 

GöTHE   14.  105. 

FASANENBELLER,  «i.  hund  zur  fasanenjagd. 

FASANENHAUS,  n.  aciarium  phasianorum. 

FASANENKRAUT,  n.  achillea  millcfolium. 

FASANENSCHIF,  n.  es  ist  denn  doch,  als  wenn  ich  mein 
fasanenschif  nirgends  als  bei  euch  ausladen  könnte.  Göthe  2S,  80. 

FASANENVVÄRTEH,  «i.  Mattlies  hiesz  er,  er  war  unsers 
herrn  Jäger  oder  fasanenwärtcr.    GorrER  da'  dorfgala  15. 

FASANENWÄRTEREI,  f  ich  versiehe  alle  galtungen  von 
jagd  aus  dem  gründe,  'auch  die  fasanenwärterei?'    das.  120. 

FASANER,  »i.  phasiananus,  der  die  fasanen  zieht  und  füttert. 
Maaler  132*. 

FASANERIE,  f.  vivarium,  hortus  f^asianorum. 

FASCH,  m.  den  gerbern  ein  stück  suhllcder,  eine  die  lang  und 
zwei  eilen  breit. 

FASCH,  m.  aiMhae,  mundselir,  schwdmmchen  auf  der  zunge 
der  Säuglinge. 

FASCH,  n.    s.  fcisch. 

FASCHE,  f.  thorax  linleus,  schniirlnbchen,  aus  fascia,  binde. 
Schweiz,  füsch  falsche  windet,  wickel. 

FASCHEN,  schweiszen,  bluten,     s.  feischen. 

FÄSCHEN,  fl.  ßocculus:  und  hernach  liest  er  selbst  das 
geringste  Pdschcn,  das  darauf  ist,  mit  der  band  herunter. 
J.  E.  Sciir.ECEi.  2,117; 

immer  verdank  ich  es  doch  in  solch  unruhiger  stunde 
meinem  seligen  vater,  der  mir  als  knaben  die  wurxcl 
aller  Ungeduld  ausrisz,  dasz  auch  kein  Hisrhcn  zunlckblieb. 

(iöTUK  40.323. 

F.\SCHING,  FASCHANG,  m.  östr.  bair.  für  fasnacht,  fast- 
n^chl,  ungr.  entstellt  in  färsäng.  Oberi.im  1,  374.  Hökkr  1. 199. 
ScHB.  1,  569.  da  sich  seh  ö/7cr  aus  s  entfaltet,  z.  b.  in  ber- 
schen,  eplisrliin  f  linsen,  epiissin  {gramm.  2,329)  und  für 
fasnacht  ge.'irhriclicn  vorkommt  fasrhnacht  (vashnarlil  in  Baur 
hess.  urk.  1,  292),  so  bedarf  es  für  fasrhing  *fi/i*r  andern  r«rjW. 
s.  faslnachl.  so  lange  der  fasching  wtthrt,  verehren  wir  dio 
lüge.    Schiller  . . . 

FASE,  f.  floccus,  fimbria,  ahd.  faso  f.  und  faso  m.  (GrafpS,  705), 
ags.  ras,  pl.  fasu  n.,  mhd.  vase  n-l  Irido  flmbria.    trb.  3,350*: 
fo  rftcr  ich  longmllrbcn  dnr 
die  vaico  siuei  gouaudcs  an.    urUcnde  109,60; 


1337 


FASEL  — FASELHANS 


FASELIIENGST — FASELN 


1338 


daj  die  vasen  solden  sin, 
daj  was  ein  netze  guidin.  Er.  7713; 
fiM.  tciedenim  bald  fase  f.,  bald  fase  ni. ;  Dicht  einen  trocknen 
fasen  an  sich  haben;  die  fasen  abklauben,  ron  den  kleidern 
ablesen,  fluccos  legere,  delrahere;  das  kleid  ist  zerrissen,  dasz 
die  fasen  davon  herab  hangen;  zerrissen  stumpf  {strumpfe), 
die  fasen  kleben  uns  noch  dahinden.    Garg.  149"; 

das  ihnen  die  spitzige  nasen 

nidder  hiengen  wie  alte  fasen.    froschm.  Ebb 5"; 

auch  wachsen  mir  in  meiner  nasen 

lang  pilmitzea,  zoten  und  fasen.    H.  Sacbs  III.  3,16*; 

{knm)  auf  ein  steinig  gefert  {pfad,  Steg) 

aufwerts  schrofet  und  hert, 

da«  mich  trug  für  ein  gruft 

mit  fasen  weisz  betuft 

zu  Oberst  auf  ein  berg.    1, 2S0', 

vor  eine  mit  treiszem  gespinst  eingetrehle,  betupfte  grotte?  toufftie 
de  blancs  tapis.     zu  lauter  fasen  (fetzen)  kochen.  Piero/ 1,385; 

ob  ich  den  kiel  roll  Ungeduld 

ob  einem  reim  zu  fasen  stampfte.    Göei;(ge  2, 28. 

FASEL,  m.  1)  foetus,  soboles,  ahd.  fasal  (Gbaff  3, 374),  mhd. 
vasel,  ags.  ßsel,  fäsl:  iro  fasel  scheidest  du  fonc  mennischon 
chinden,  et  semen  eortim  a  fdiis  hominum.  N.  ps.  20, 11.  nhd. 
soboles  Fbisius  1217',  ein  guter  fasel  vom  vich  geardt.  bona 
natio.  Maaler  132",  auch  .\lbercs  unttr  semen  eine  gute  art  Ton 
vieh;  die  wil  dem  stürm  nach  allerlei  volks  und  vil  jungen 
fasels  dem  paner  zugeloffen.  Bcllinger  3,179;  der  groszütti 
zog  jungen  fasel  nach.    d.  a.  m.  im  Toggenburg  15; 

ei,  seh  einr  dem  losen  fasel  zu, 

was  ein  unverschembts  weih  nit  thu.    Atrer  96% 

der  losen  art  ron  treib,  der  losen  zucht;  niberfasel  (weibsvolk). 
Stalder  dial.  29S,  unter  fasel  versieht  man  hin  und  nieder  das 
federvieh,  altile  [pastu  alcndum),  schuei:.  ein  fasel  henna,  ein 
volk,  Herde  hühncr.  Tobleb  176'.  auch  steht  fasel  für  das  unter- 
haltene und  den  leuten  verabreichte  zuchUhier:  es  sol  auch  ein 
ieglicher  huber,  der  ie  denn  (eo  tempore)  hem  Wilhelms  im 
turn  hub  ze  Moria  inne  het,  den  hofiüten  allen  vasel  han 
(hallen)  und  darumb  hat  dieselb  hub  holzrecht,  so  aber  an- 
der lüt  {die  nicht  zum  hofe  gelwren)  den  vasel  bruchen  werd, 
bruchend  in  die  bi  dem  hus,  so  sond  si  dem  huber  Ionen, 
bruchend  aber  si  den  vasel  uf  dem  veld  vor  dem  hirten,  so 
sond  si  dem  hirten  Ionen  und  sol  denn  der  hirt  des  vasels 
darumb  hüten,  das  man  im  dehainen  andern  Ion  von  dem  vasel 
geben  sol.  weislh.  1, 107  ;  leus,  meus,  wänteln  und  ander  unfasel. 
Keisebsb.  ftas  im  pf.  dd3'.  vgl.  faseleber,  faselochs,  unfasel. 
2)  floccus,  fibra,  kos  sonst  fase  und  faser:  die  faseln  oder 
zaseln  an  der  wurzel.    Albebcs; 

ein  gülden  stab,  chorcappen,  casel, 

Schub,  bandscluib,  ring  und  ander  fasel, 

wie  ein  bischof  zu  haben  pflegt, 

ward  im  da  alles  angelegt.    Waldis  4, 90  bl.  225% 

tfo  fasel  so  viel  sei»  musz  als  zeug  und  gerälh,  vie  es  dem 
neuen  bischof  angehängt  wird,  fidler,  bendel  und  putz;  den- 
jenigen, die  sie  genipfet  und  benagt,  wird  nicht  ein  kleiner 
fesel.  Kirchhof  wendunm.  293'.  gramm.  2,  52  mirde  ein  fisan, 
fas  angesetzt,  vgl.  Acfrecht  und  Kchxs  zeitschr.  1,  2S8.  den- 
noch liesze  sich  bei  fase,  fasel,  faser  an  die  grundlage  von  fahen 
denken  so  gut  als  bei  fadem,  wie  auch  die  bedetdungen  von 
fxlum,  ßbra  und  fimbria  an  einander  stoszen,  vgl.  fasenacket. 

FASELEBER,  m.  Zuchteber,  verres  admissarius. 

FASELECHT,  fibratus,  mhd.  veseloht :  federweisz  ganz  oder 
gedigen,  faselecht.    Thcrxeisser  prob,  der  harnen  70. 

FASELECHTIG,  dasselbe:  aus  welcher  jedern  eine  kleine 
faselechtige  blum  herauswüchset.   Taberxaehom.  15SS  s.  605. 

FASELEI,  f  nugae,  ineptiae,  s.  faseln  3:  poetische  faselei 
junger  leule.  Lichtenbebg  2,239;  dasz  Livius  dem  geschicht- 
schreiber  nicht  die  faseleien  alberner  erdichter  vorzog.  Nie- 
bchr  3,  450. 

FÄSELEIN,  n.  vas  Taschen :  die  blumen  haben  inwendig 
gele  fäselein.  Taber.naeh.  &0;  dem  hut  die  fäslein  abblasen. 
Siffl/)/.  vögeln.  1,  6.  « 

FASELER,  m.  nugator,  ineptus. 

FASELHAFT,  früher  ferlilis,  spdler  ineptus:  der  fiirsten  tag- 
satzungen  waren  so  faselhaft.    Ziskcrek  apophth.  225,  9. 

FASELHAMMEL,  m.  vervex,  schaßock. 

FASELHANS,  m.  icas  faselcr.    die  ganze  zunft  der  gecken, 
faselhanse  und  narren.   Wieland  8.102; 
ich  war  ein  rechter  faselhans 
in  meiner  Jugendzeit, 
bei  tanz  und  spiel  und  zechgelog 
war  liänschen  auch  nicht  weit; 
wenn  sie  auch  der  faselhans  umlagert.  J.  P.  «n*.  löge  1, 180. 


FASELHENGST,  m.  equus  emissarius,  beschäler.  Stieleb  524. 
FASELIG,  sowol  ferax  als  späterhin  nugax. 
FASELKALB,  n.   kaW,   das  nicht  geschlachtet,  sondern  aufer- 
zogen wird,  ahd.  fasalchalp,  vüulus  pascualis  (Gratf  4,  391). 
FASELMAST,  f 

FASELMÜTTER,  f.  scrofa.    weiäh.  3,  558. 
FASELN,  in  drei  bedeutungen, 

1)  subolescere,  parere,  icurzeln,  gedeihen,  fruchten:  die  thiere 
faseln,  pariunt,  incrementa  capiunt;  das  körnlein  faselt  und 
wurzelt  unter  sich.  Otho  2S9;  unrecht  gut  faselt  nicht, 
kompt  an  dritten  erben  nicht.  Luthers  lischr.  143';  wo  weih 
und  man  einander  anstehen  und  treulich  zusamen  setzen  ists 
unmüglich.  das  sie  not  leiden  und  nit  etwas  überkomen,  wie 
arm  sie  zusainen  komcn.  dargegen  faslet  auch  grosz  gut  nit, 
sonder  zerschieift  wie  schnee  under  den  henden,  wann  sie 
uneinig  eins  da,  das  ander  dort  hinaus  wil  und  z5  bar  leben. 
Fbasr  spirichw.  1,15';  das  tolosanisch  gold,  das  nit  faselt  im 
haus.  ...  60;  untrew  trift  sein  eigen  herren  und  untrew 
gut  faselt  nicht.  Mathesics  2o';  unerbeten  gut  und  das  man 
nicht  für  goltes  gäbe  erkennet,  . . .  truhet,  faselt,  wudelt  und 
erbet  auch  nicht.   40'; 

wie  dann  ein  altes  Sprichwort  gicht, 

das  kriegesgut  das  faselt  nicht.    H.  Sachs  II.  4,57'; 

dann  Unrechts  gut  das  faselt  nicht 

und  hat  nie  grosze  erbschaft  bracht.  Atrsr  fasln.  97»; 
unrecht  gut  faselt  nicht.  Pqilander  1,  41S ;  unrechtfertig  gut 
■  faselt  nicht.  Jag.  Meier  adagia  58 ;  sie  liehen  auch  mfintel, 
tisch  und  Würfel  her  und  wüsten  deswegen  ihr  gebühr  so 
wol  vom  gewinn  einzunemmen ,  dasz  sie  gewöhnlich  das 
meiste  geld  erschnappten,  doch  faselte  es  nicht,  dann  sie 
verspieltens  gemeiniglich  wieder.  Simpl.  2S3 ;  hat  man  einmal 
eine  gute  geiegenheit  erwischet  und  etwan  eine  rillerzehrung 
oder  fette  beute  erfischet,  so  musz  es  gleich  auf  einmal 
wieder  verthan  sein,  damit  es  nur  nicht  fasele  oder  auf  den 
dritten  man  erbe.  348.  rcfl.  sich  faseln,  gedeihen,  tcurzel  schlagen; 
sich  faslen  und  meren,  subolescere.  Frisics  1217'.  Maaler  132*. 

2)  faseln,  vellere,  zupfen,  zeisen,  zausen,  fdden  ausziehen: 
baumwolle,  die  fein  gefaselt  ist.  Scuxeller  1,  568.  vgl.  fasen, 
fäsen,  fasern,  fasern,  nnl.  vezelen. 

3)  faseln,  inepAire,  nugari,  delirare:  ein  vergoldeter  narr 
kommt  die  treppe  herauf  gefaselt.  Rabener  4,  57 ;  der  kranke 
faselt,  redet  irre,  deliral;  der  in  dessen  munterkeit  die  da- 
zumischung  von  verstand  unmerklich  ist,  faselt.  Kaxt",  388; 
possierliche  und  faselnde  register.  Hamax^  3,  426 ;  du  faselst, 
mein  lieber  Pedriilo.  Wielasd  11,  315 ;  Münchhausen ,  ich 
glaube  ihr  faselt.    M.  reisen  94; 

denn  Daja  will  von  meiner  amm 

es  baben.    'deiner  amme!'  die  es  sterbend 

ihr  zu  vertrauen  sich  verbunden  fühlte. 

•gar  sterbend!  nicht  auch  faselnd  schon?'    Lkssi5G  2,352; 

wir  faseln  ja  durch  die  straszen, 

wir  jubeln  auf  dem  markt.    Göthk  3,202; 
der  arme  narr  faselt  {il  porerino  farnetica),  es  wird  nicht  lange 
mehr  währen.   34,  245 ;  - 

Bacchus  kümmert  sich,  der  weicbling,   wenig  um  den  treuen 

diener, 

ruht  in  lauben,   lehnt  in  höhlen,  faselnd  mit  dem  jüngsten 

raun.    41,248; 

glaubt  nicht,  dasz  ich  fasele,  dasz  ich  dichte, 

seht  bin,  und  findet  mir  andere  geslalt!  56,108; 
denkst  du,  wie  viel  uns  gott  vergeben  musz,  und  dir  fahrts 
dtirch  herz,  nun  so  fasle  auch  nicht  und  machs  ihm  nicht 
sauer.  Claldics  4,77;  die  jungens  faselten  um  sie  herum. 
Lexz  1, 183 ;  wenn  er  nicht  schöngeisterisch  faselt.  Stcrz 
1,209;    wir   denken  feiner,  reden   feiner  und  faseln  feiner. 

LiCBTEXBERG    4,  8  ; 

hier  faselt  mir  kein  held,  der  hinter  schanzen 
schon  zitterte,  von  kriegeslist.    GöEi:tGK  3,7; 

auch  faselt  mir  nicht  von  der  ritterlichkeit  altdeutscher  und 

christlicher  dichtkunst, 
denn   es  bleibt  sich  natur  stets    gleich   und    bewirkt   durch 
Christen  und  beiden  dasselbe.    Plate!«316*; 
was   fasle  ich   von   frühling,    was  spreche  ich  von  heiteren 
tagen,  von  genusz  und  glück?    Bettixe  tagebuch  86. 

dies  faseln  ist  weder  ahd.  noch  mhd.  aufzuzeigen,  die  drille 
bedeutung  scheint  ganz  im  widersjrruch  zur  ersten,  entweder  müste 
faseln  gedeihen,  wachsen  in  die  Vorstellung  des  geil  und  eitel 
Werdens  übcryehn  oder  aus  faseln,  floccos  legere  die  eines  gedan- 
kenlosen, Ibürichten  benehmens  entsprungen  sein,  namentlich  hciszt 
es  von  sterbenden,  wenn  sie  besinnungslos  mit  den  Händen  pflücken, 
flocken  lesen,  dasx  sie  faseln,  irre  reden,  s.  die  sielte  Lessmcs 
und  hernach  fasen. 


1339 


FASELN  — FASEWCHT 


FASERIG  — FASSEN 


1340 


FASELN,  FESELN,  fovere,  ntttrire,  das  transümim  zii  faseln  1, 
gedeihen  machen,  unterhallen:  ein  iglich  lehnman,  der  da  het 
lehnholz,  der  sol  das  hegen  und  feselen.    unsth.  1, 640. 

FASELNASZ,  uvidus:  ein  solcher  regengusz,  dasz  wir  auf 
unserm  offenen  korbwagen  faseinasz  unsere  liebe  hauslhüre 
erreichten.  Hamann  7,  167,  welcher  an  andermal  fadennasz 
schreibt  {fp.  1235). 

FASELOCHS,  m.  spilodis,  bulle,  zuchlslier. 

FASELRIND,  n.  nie  faselkaib. 

FASELSAU,  f.  sucula.    Stieler  524. 

FASELSCHWEIN,  n.  zuchlschwein,  faselmutter. 

FASELTEDING,  f.  fascki.    Schade  $al.  1,  28. 

FASELTHIE«,  n.  zuchttluer.    RA.  592. 

FASELVIEH,  n.  Zuchtvieh,  zuweilen,  gleich  dem  bloszen  fascl, 
federvieh,  allik,  ags.  fedcls.    ueiäh.  2,  263. 

FASE.M.\NN,  m.  homo  ineptus,  faluus,  faselhans.  Stieler  443. 

FÄSEMLE,  n.  was  fäscrie.    Hemsch  1009.     vgl.  fädemle. 

FASEN,  FASEN,  mit  ahd.  fasön,  quaercre,  invesligare  (Graff 
3,  "05)  schwer  zu  einigen. 

1)  ßa  diducerc,  wie  faseln  2.  auch  in  der  bedeulung  des 
irreredens :  der  kerl  faset,  halte  ich,  hie  homo  vigUans  somniat. 
Stieler  442. 

2)  ftlatim  solvi,  sich  fasen,  fSsen,  fasern,  die  jaden  fahren 
lassen,  sich  ausfascn :  so  die  nieren  sich  nun  fiisen  und  werden 
plumosisch  (flockig,  faserig).  Paracelsis  1,  76S';  dann  der  cin- 
spänig  brach,  die  weil  er  noch  ganz  an  der  haut  ist,  haftet 
bald  an  im  selber  und  darf  nicht  erst  erschweren  oder  hin- 
fallen, sondern  er  faset  sich  gleich  an  einanderen.  WIjrtz 
practica  243;  eine  gute,  reine  quinte  (saüe)  faast  sich  und 
reiszt.  (Stockmanx)  leiden  der  jungeu  Wertherin  s.  125;  unsere 
quinte  faast  sich.   s.  138. 

FASENACKET,  plane  nudus,  bis  auf  die  fasen  des  hemdes 
blosz,  mhd.  hcmdeblu;: 

drutnb  ist  er  Tasenackt 

am  schwarzen  creuzesstamm  deswegen  angepackt. 

IlAniAN  zur  pnelerei  s.  248. 
s.  fadennacket  sp.  1234,  was  der  vermuteten  berührung  der  Wörter 
fase  und  faden  zu  statten  kommt,  vgl.  auch  faseinasz. 

FASENNACREND,   dasselbe:    musten  sich  also  diese  arme 
gefangene  ganz  fasennackend  darstellen.  gespensin2;  K.  und 
die  magd  aber  stunden  bereits  fasennackend.  Leipz.  avatit.  1, 92. 
FASENWERK,  n.  bergmännisch  pochmehl,  die  zweite  sorte  des 
gepochten  Zwitters;  disen  zwitter  nennet  man  geiinnstein,  das 
trübe,   so   darvon   ins    gefell  Icuft,   schlegt  man  aus,   heiszt 
mel  oder  fasenwerk,  was  übrige  trübe  in  sumpf  feilt,  heiszt 
man  schlam  oder  sumpfwerg.    Mathesics  100'. 
FASER,  m.  fatuus,  faseler.    Stieler  443. 
FASER,  /■.  ßbra,  wie  fase,  ohne  zwcifcl  auch  nahverwandt  mit 
fasel,  same,  wurzel.     kein  ahd.  fasar,  mhd.  vaser  vorkommend. 
Diefenbach,  Dastpodils,  Frisiüs,  Maaler  geben  es  noch  nicht, 
sondern  dafür  zaser,  zäserle,  doch  Heniscii  1009  hat  auch  fäscrie, 
was  faser  voraussetzt,     selbst  bei  Stieler  und  Frisch  fehlt  faser, 
Adelung  stellt  es  auf,  im  18  ;7i.  musz  es  üblicher  geworden  sein : 
wenn   ich  wüste,   dasz  sie  auch  nur  noch  eine  faser  davon 
{meinem  herz)  besäszen,  so  wollte  ich  es  mir  selbst  liier  vor 
ihren  äugen  aus  meinem  leibe  reiszen.    Lessing  2, 19 ; 
eines  ist  mir  verdricslich  vor  allen  dingen,  ein  andres 
bleibt  mir  abscheulich,  empört  jegliche  faser  in  mir. 
GöTHE  1,286; 
CT  konnte    keine   faser  seiner  Verbindungen,   gescilschaften, 
Spaziergange  und  luslpartien  zerreiszcn.  15,180;  es  soll  kein 
blutstropfen  in  mir  sein,  der  nicht  gestraft  wird,  keine  faser, 
die   ich  nicht  peinigen  will.    19,131;    ich  habe  keine  andere 
faser  an  mir,  keinen  sinn  als  euch  zu  lieben.  42,387  (s,i3o 
ich  habe  keinen  blutstropfen  in  mir,  der  nicht  euer  wäre) ; 
die   nalurforscher   reden,   wie   von    den   fasern  des  leibs,   auch 
von  den  fasern  des  holzes,  der  pflanzen. 
FASERARTIG,  in  spcciem  fibrae  form<Uus. 
FASERBL'NDEL,  m.  fascis  ßbrarum. 

FASERCHEN,  n.  minima  ftbra,  ftbrilla,  floccus,  fischen:  auf 
dem  schwarzen  sainmet  durfte  kein  Hiserchen,  kein  unthülcben 
sitzen  bleiben ;  indem  die  s3f(e  sich  zwischen  die  fdlserchen 
einverleiben.    Kant  8,375; 

«chon  zihlen  lAszl  sich  jcdei  drAlitclien, 

ja  nkserchen  und  fetzen  wehn.    Voss  0,163; 

wrlrh  bcrx  norli  Ptnra«  liebt,  das  ist  noch  nicht  Terlosien, 

^in  fasercheii  gcnüKt,   wurzel  In  gott  zu  fawen.    Kücuri  86. 

FASERf;KWÄCHSE,  n.  algof. 

FASERICIIT,  fibralui:  ein  foiericbter,  oller  rock,  ein  faden' 
tdteiniyer.     ryl.  faselicbt. 


FASERIG,  FASERIG,  dasselbe. 

FASERKOHLE,  f  sleinkolile,  die  sich  fasert. 

FÄSERLE,  FASERLEIN,  n.  fäserchen.    Hemsch  1009. 

FASERN,  in  fibras  solvere,  zerfasern. 

FASERNACKT,  was  fasenackt:  jetzt  steht  die  Unwissenheit 
und  die  Schalheit  fasernackt  da.    leben  Niebuurs  1,597. 

FÄSIG,  ulüis,  gedeihlich,  frucldend:  ist  blutgeld  auch  nutz 
und  fäsig?    Frank  kr.  des  frides  94.     später  veraltet. 

FASISCH,  fibratus,  villosus:  was  nur  fäsisch  oder  geäderisch 
ist.    Paracelsus  1, 1025*. 

FASOLE,  /".  phaseolus,  östr.  fisole:  sie  leben  vom  reisz  und 
honig,  von  bonen,  fassolen.    Frank  weltb.  217'. 

F.^SSEL,  n.  doliolum,  fäszchen,  fdszlein. 

FASSEN,  praet.  fassete  und  fasztc,  ahd.  fajjftn,  fajjöla, 
mhd.  vajjcn  vajjete,  ags.  fatian  fatode,  nnl.  vatten  vattede, 
altn.  fata  faladi,  scjiw.  fatta  fattade,  ddn.  fatte  fattede. 

Ihre  1,  441  und  nach  ihm  Adelung  hallen  fatta,  fassen  für 
ein  frcqucntativ  von  fä,  fahen  und  die  vorhersehende  bedeulung 
capere,  prehendere,  amplecti  stimmt,  darin  aber  weichen  beide  von 
einander  ab,  dasz  Ihre  das  sulist.  fat  (dolium)  aus  dem  lat.  vas  leitet, 
also  gar  nicht  mit  fatta  verbindet,  Adelung  fasz  und  fassen  zusam- 
menstellt, in  der  tlial  sind  auch  beide  nicht  zu  trennen,  nur  wie 
sollte  die  form  fasz  aus  fahen  folgen?  das  frequenlativelement 
könnte  von  dem  vcrbum  nur  durch  ein  ableitendes  i  auf  das 
nomcn  übergehen,  aus  fahaljan,  wenn  man  dies  zugeben  wollte, 
ein  fahati,  kein  fahat,  fat  entspringen,  gothische  frequenlativa 
sind  kaupatjan,  lauhatjan,  svögatjan,  für  ahd.  fajjön  mäste 
aber  goth.  fatön,  nicIU  fahaljan,  fatjan  gefordert  werden. 

Ulfilas  überliefert  uns  kein  fatön  fatöda,  wol  aber  ein  starkes 
verbum,  worin  dessen  wurzel  enthalten  sein  dürfte,  die  bedeulung 
jedoch  absteht,  filan  drückt  Gal.  4, 19.  27  parlurire,  coSiveiP 
aus  und  gestattet  ein  volles  fita  fat  fetum  anzusetzen,  obschon 
auch  fita  fitaida  möglich  wäre,  die  starke  form  würde  ahd.  fo;?an 
faj  fäjum  lauten,  in  der  Ihat  findet  sich  ein  merkwürdiges  gifa; 
excidit,  gifajun  reciderunl  (Graff  3, 727).  die  filandei,  coSivovaa 
ist  eine  recidcns,  excidens,  eine  niederfallende,  liegende,  wie  wir 
noch  heute  niederkommen,  im  kindbelt  liegen  für  gebüren  sagen 
und  eine  gefallene  das  mädchcn  heiszt,  welches  geboren  hat.  wie 
nun  lieszc  sich  aus  gebären  die  Vorstellung  des  fassens  herleiten  ? 

parere  heiszt  nicht  nur  zur  weit  bringen,  sondern  überhaupt 
bringen,  vortheil  bringen,  zu  stände  bringen,  verschaffen;  aus 
parere  entspringt  parare,  wie  aus  fitan  fatön,  bereiten,  zu- 
rüsten,  zeugen;  aus  fitan  feljan  ornare,  aus  fejjan  gifAji,  ge- 
fäsz;  das  subst.  fat,  fa;  bezeichnet  manclierlei  affarat,  zeug, 
Werkzeug,  utcnsUe,  vas,  veslis,  pcra,  fioculum.  für  das  verbum 
fassen  sind  zwei  hauplvorslellungcn,  die  des  bcreilens,  ausstattens 
und  die  des  empfangens,  fangcns,  greifens  festgesetzt,  ohne  dasz 
ein  gedanke  an  förmlichen  Zusammenhang  vtil  fahen  oder  fangen 
festzuhalten  wäre,     die  wurzel  fitan,  füsjan  schwände  sonst  daiiin. 

sie  wird  aber  noch  von  einem  neuen  slandpunct  aus  befe.<!tigl, 
es  besieht  auch  ein  altn.  fcta  fat  fdtu,  dessen  tcir  nunmehr  ersl 
aus  EciLssoN  167'.  108"  t'o//e  gewisheit  haben,  dies  fl'la  zeigt 
zwar  seine  ursprüngliclic  sinnlicJie  bedeulung  nicltt  mehr  auf,  hat 
aber  geradezu  die  abslractc  und  fast  auxiliare  des  erreichens, 
findcns,  erlangens,  fangcns,  des  schw.  nä,  dän.  naac:  ük  fat 
yrkja  ist  soviel  als  orta,  ek  fei  sinida,  i'c/j  kann  schmieden  (verse 
machen),  ek  fat  illa  braut,  ich  konnte  den  weg  schwer  finden, 
feta  leid,  viam  invenire,  gerade  was  unser  den  weg  fangen  oder 
fassen  ausdrücken  könnte,  dies  nord.  feta  hat  demnach  schon 
den  transitiven  sinn  unseres  fassen  und  unkrscheidet  sich  von 
dem  inlransiliren,  der  für  das  golh.  filan,  ahd.  iivxa  angenom- 
men werden  musz.     die  starke  form  bleibt  dieselbe. 

skr.  wurzeln  pat  cadere,  pal /i(;are,  path  vestirc  seien  hingestellt. 

A)  bereiten,  rüsten,  sowol  aclieuich  als  medial  mit  sicli  ge- 
braucht, meistens  folgt  dicpraep.  mit,  früher  aho  ein  instrumentalis. 

1)  parare  se,  tnstrucre  se,  sich  bereit,  fertig  machen,  aufmadien : 

alid.    bipondun  sie  sih  iait,f>n  mit  iro  liohtfnj^on, 

mit  faioldn  managäu  joh  walanon  garawin.    0.  IT.  IC,  15; 

N.  im  Marl.  Cap.  108. 109  verdeutscht  den  oß  wiederkdtrenden  vers 
(cando  caeli  tompla  virgo! 
erst    'far  hino  üf  lierna  in  himeliska  seKb', 
dann  Tagd  dlh  ticrna  Af  hlna  in  bimeln : ' 
beidemal   mit   dem   gleichen  sinn  tvn  auf,   dtrne.   m  <ni   Himm- 
lische Wohnung,  mache  dich  auf.  dirne,  hm  in  den  himmcl .' 

2)  fassen,  Wriiirn,  binden,  <titn.  i4  fata  vestirr :  so  var  hann 
hninir,  nt  bann  gat  ei  falad  «ig,  adn>  debilis  erat,  ut  se  ipM 
veslirc  non  fmset,  vgl.  fat  restis  und  fatlau*,  inrestis,  nudui» 


1341 


FASSEN 


FASSEN 


1342 


mhd.  dö  vajete  daj  scöne  wip 

mit  micheler  cierde  ir  lip.    Diexeb  161,21; 

dö  vajte  si  sich  mit  eren 

unde  gie  für  Holofernen.    169,19; 

dö  vajjeten  si  den  guoten 

in  ein  phellil  röten,    fundgr.  1,175; 

da;  ich  äne  nidea 

al  eine  wol  verdiene,  daj 

man  mich  liepliche  äne  ba; 

bebaldet  ungehaj^et, 

unde  mich  ze  riter  vajjet 

unde  gift  mir  ros  unde  pert.    1,239; 

die  uns  minnint,  spisent  unde  vaz^ent.    2,236, 

die  andern  herren  däten  sam, 

vil  wol  vajjetens  Ire  man.    Hother  157; 

wamit  suln  wir  uns  va^en?  Grieshaber  1,105;  du  er  von 
ime  sine  chrone  und  andir  knniclich  gewäle  warf  und  sich 
mit  harinim  gewäte  vajjöte.  spec.  eccL  71 ;  ein  man  der  ne 
was  so  niht  gevajjet  als  zu  brfttloufte  reht  was.  Leyser  pred. 
73, 18 ;  mit  diseme  gewande  hat  mich  Martinus  gevaj^et.  Schm. 
1,  569 ;  swer  vag^et  oder  mazet  einen  dürftigen  in  ere  sant 
Erasmen,  siniu  dinc  ergent  im  wol  in  dirre  werft.  Haupt  8, 115; 

hßte  ir  dinc  da  gesazt 

und  sich  mit  cleidern  üj  gevazt, 

mit  richin  rocliin  wol  gesnitin 

nach  den  franzischin  sitin.    Athis  C*,60; 

lät  mich  si  va;?en  baj.    Er.  639; 

daj  ir  si  müeste  Ta??en  ba;.    1407; 

gevajjet  mit  gewaude.    Eracl.  626; 

und  hie;  Eraclium  den  ioiaben 

va;;en  unde  wol  haben, 

als  er  sin  bruoder  wjere.    1214; 

ir  zopf  und  ir  goltvarwe;  här 

da;  het  er  an  den  stunden 

geva;;et  und  gebunden 

in  ein  geslicket  hüetelin.    ir.  kr.  7494; 

da;  er  mich  va;;e  schöne 

und  er  mir  noch  ze  löne 

ricbiu  swertlehen  gebe.    Engelh.  315. 

diese  bedeutung  isl  nhd.  beinahe  untergegangen,  im  arlikeUbrief 
der  reichsvOlker  ron  1672  und  1734  heiszt  es  noch  art.  U:  soll 
ein   jeder   mit   seinem   oberrock   oder   mantel   gefaszt  sein. 

SCHMELLER    1,  569. 

3)  laden,   auf  schif  und  icagen,  Ihiere  beladen,  tcobei  die  last 
aufgebunden  wurde,  in  das  seil  fassen,  altn.  iä  fataz  %ar»; 
er  va;;öte  sine  olbenten 
mit  sinen  gwanten.    fundgr.  2,45,24; 
der  setze  sinen  ambtmaa 
über  iegelich  gou, 
über  chorn  iouch  hou, 
den  in  disen  siben  jären 
da;  nieht  versmähe, 

si  ne  bei;en  mannegeltch  fa;;en  an  sin  seil 
sines  chornes  da;  finfte  teil, 
trage  i;  zu  fröneme  stadile 
oder  fuor  i;  üf  siueme  wagene.    60,34; 
diu  ros  man  uns  ra;;öte 
mit  wei;  iouch  mit  pröte.    64,20; 
si  Ta;;öten  die  esjie, 
Charten  heim  widere.    67,43; 
sam  manigen  (esil)  fa;;et  er  mit  wiste 
ze  derre  beimverte  friste.    71,11; 
Jacob  fa;;öte  al;  da;  er  het 
üf  ros  und  esile, 

cbint  unde  wib  üf  wagene.    71,41; 
goldes  halten  sie  die  macht, 
des  vürte  si  mit  in  die  kraft, 
alle;  sie  da;  va;;en  hie;. 
Bonifait  des  niht  ne  lie; 
her  ne  gewunne  soumrere.    gr.  Rudolf  K3; 
die  kiele  wären  gevamJt.    Roth.  164; 
diu  vrouwe  vil  wise 
diu  va;;ete  ir  wib  mit  spise.    Dieser  161,28; 

so  sul  wir  va;;en  wol 
unser  schif  diu  guoten  mit  edelem  gesteine.    Cudr.  1131,2; 
ich  sol  ouch  dir  üf  dinen  wagen 
nimmere  mist  geva;;en.    Uelmb.  266, 

«OS  auch  heiszen  dürfte  den  wagen  mit  miste  va^en,  anderes 
isl  den  mist  vän,  auffangen  und  wegräumen,     bildlich: 

ir  habet  allen  ungereht 

an  iuwer  seil  geva;;et.    Trist.  249,5. 

nhd.  man  fasset  auch  nicht  most  in  alte  schleuche,  vulg. 
neque  miltunt  vinura  novum  in  ulres  veteres,  gotb.  ni[)pan 
giutand  vein  niujata  in  balgins  fairnjans,  ags.  ne  dud  nive  vin 
on  ealde  bytta.  Mailh.9,11.  Marc.  2,  22.  Luc.  5, 37;  den  guten 
(wein)  er  selbs  faszt.  Garg.  99*;  das  hier  fassen  (in  fdsserlhun). 
pfründeordn.  432 ;  wann  du  nun  hier  fassen  wilt,  so  thue  in  jeden 
ahmen  \ier  guter  band  voll  der  wcizcnahcrn.  Tabertcaem.  604; 


80  oft  ein  sud  im  brauhause  geschiehet  und  das  hier  gefaszt 
ist.  HoHBERG  3, 1,  55';  die  waaren  auf  das  schif  fassen,  bringen  ; 
gsell,  ich  han  do  innen  etlich  lagel  Veltliner  win,  deren  hüt 
mir,  do  drink  du  als  vil  du  will,  lasz  mir  aber  suust  nie- 
mants  drüber,  gab  mir  ein  rüriin  und  fürt  mich  zu  den 
lagellen  und  gieng  er  gan  essen,  do  asz  ich  das  grosz  stuk 
fleisch  und  brot  und  drank  darzu  gnug,  wüst  des  wins  art 
nit.  do  der  man  kam,  sprach  er,  hastu  wol  gehütet?  ich 
sagt,  jo.  glich  kam  der  schifman  ouch  und  sprach:  woiuf 
gsell,  wellen  wir  über  see?  do  schwanket  ich  zum  schiflin 
zu,  lachelen  dlüt  minen  (meiner),  do  ich  in  das  schif  wolt 
dretten,  dratt  ich  darneben  und  fiel  höuptligen  in  das  schif. 
der  schifman  lachet  und  des  der  win  was,  sagtend,  der 
schifman  weri  wol  gfaszt  mit  eim  guten  gferten.  Pl.meb  43.  44 ; 
frucht,  körn,  haber  in  sacke  fassen.  Keisersb.  om«5  74' ;  sage 
es  sei  habern  (für  haber),  den  habst  du  in  dem  schlosz  gefaszt. 
WicRRAM  rollw.  7 ;  ein  fuder  heu  fassen,  außadm.  Scbxeller 
1,  569  =  den  wagen  mit  heu  fassen. 

4)  überziehen  mit  metall  oder  färbe: 

zwelif  Schilde 
geya;;et  wol  mit  golde.    Gudr.  303,4; 

einen  edelstein  fassen,  in  gold  oder  silber;  und  solt  zween 
onicherstein  nenien  . . .  also,  das  sie  mit  gold  umbher  ge- 
fasset werden.  2  Mos.  28, 11 ;  ein  türkis,  onich,  Jaspis,  in  gold 
sollen  sie  gefasset  sein  in  allen  rigen,  rulg.  inclusi  auro 
erunt  per  ordines  suos.  2S,  20;  einen  altar  fassen,  schmücken, 
mü  geräth  versehen;  hölzerne  figuren,  Spielsachen  fassen,  be- 
mahlen,  zubereiten  ; 

mhd.  die  steine  wurden  in  gesast, 

alle  in  ein  hiuslein  gevast.    ÄpoUonius  1S265. 

ähnlidi  das  einfassen  des  gewandes  mit  schnüren,  das  eti»- 
schnüren : 

mit  borten  was  alle  ir  wät 

wol  bestalt  und  umbenät 

geva;;et  mit  spaehen  snüeren.    IIewr.  Trist.  1533; 

da  hiengen  weisze,  rote  und  gele  tücher,  mit  leinen  und 
Schariaken  seilen  gefasset  in  silbern  ringen.    E^her  1,  6. 

5)  einen  garten  fassen,  mit  kräutern,  blumen  zieren,  bepflanzen : 
ein  beet  mit  buchsbaum  fassen,  einfassen; 

mhd.  bi  dem  hüs  was  ein  garte 
mit  bluomen  wol  geva;;et, 
der  vil  selten  na;;et 
von  keinem  argen  weter.    Ls.  3,11. 

6)  ein  Wasser,  einen  bach,  brunnen  fassen,  mil  steinen, 
holz  einfassen,  einschlieszen,  in  die  steine  fassen :  da  durch 
sein  gebot  das  wasser  stund  wie  mauren,  und  durch  sein 
wort  die  wasser  stunden,  als  weren  sie  gefasset.  Sir.  39,22; 
zu  seiner  zeit  war  der  brunnen  verfallen,  den  fasset  er  mit 
kupfer.  50, 3 ;  ein  sauber  gefaszter  brunnen.    Göthe  21, 73 ; 

ich  war  ein  bäcblein,  junggesell, 
sie  haben 

mich  so  gefaszt,  damit  ich  schnell 
im  graben 

zur  müle  dort  hinunter  soll.    1,207: 

stieg  man  die  stufen  hinab,  so  zeigten  sich  steinerne  bänke, 
rings  um  die  quelle  gesetzt,  die  immer  lebendig  hen-orquoH, 
reinlich,  mit  niedriger  mauer  gefaszt,  zu  schöpfen  bequemlich. 

40, 2S4 ; 
man  dürfte  sagen,  im  winter  wird  der  bach  mit  eis  gefaszt ; 
der  agstein,  drein  ein  wurm  verschlossen,  hat  viel  preis, 
die  weit  liegt  alle  jähr  gefasset  in  das  eis.     Logau  2, 132, 67. 

bergmännisch,  einen  Stollen  fassen,  inwendig  mit  holz  zimmern. 
Schweiz,  ein  buch  fassen,  einbinden.  Stau)Eb  1,  356.  vgl.  ahd. 
poahfa;.    Graff  3,  730. 

7)  fassen,  einrichten,  verfassen,  versehen,  ausstalten,  componere, 
instruere:  demnach  lesen  wir  diese  Schriften  des  ehrw.  herm 
doct.  M.  L.  zusamen  und  geben  sie  in  eine  richtige  Ordnung 
gefaszt  durch  den  druck  an  tag.    Llther  1,  2' ; 

bücher  haben  auch  ihr  glücke,  wann  sie  nicht  gesalzen  sein, 
faszt  man  dennoch  gute  würxe.  pfelTer  oder  safran  drein. 
LocAü  2,  157,  %, 
(macht  man  duten  aus  ihnen,  wo  fassen  sowol  laden  als  hinein 
thun,  caj>ere  nach  B  ist) ; 

Venus  wüste  was  ihr  diente,  sehnte  sich  nach  andren  dingen, 
als  ein  albres  mensch  gemeinet,    ihr  Vulcanus  war  gefasset 
mit  gezeug  und  hausgeräthe,  so  ihr  auch  lieb.    3,241,128; 
es  gebet  diesem  wol,  der  so  sein  haus  kau  fassen, 
dasz  jedes  drinnen  weisz  was  tbulicb,  was  zu  lassen. 

1,54,18; 
ihr  Jungfern  hört  mir  zu,  doch  fasset  die  geberden, 
und  meint  durch  meinen  rubm  nicht  stolzer  wo  zu  werden. 

2, 64,  59 ; 

denn  die  gottlosen  haben  ir  wesen  warlich  auch  ins  regi- 
ment  gefasset,  strafen  bOscs,  loben  gutes.    Lgtbeb  3,30ä'; 


1343 


FASSEN 


FASSEN 


1344 


das  die  Juden  also  ein  gefuszt  regimcnt  gehabt  liabcn,  gleich 
wie  andere  reich  ire  Ordnungen  und  gcscize.  3,434";  das  volk 
war  in  feinem  ordentlichen  rcginienl  pef;isset.  4,404";  denn 
also  hat  goll  das  volk  gefasset,  gleichwie  ein  vater  sein  haus- 
regiment  ordentlich  faj^set.  8,293";  gebt  ihnen  kirchen,  faszt 
sie  in  die  bürgerliche  Ordnung,  schränkt  sie  ein.  OOthe 
8, 182.  es  hciszt  auch  etwas  in  die  feder  fassen,  schrifilich 
fassen,  abfassen,  verfassen;  es  ist  Icichtlich  geschehen,  das 
sie  aufzeichnen  und  aufs  papier  fassen  (niederschreiben),  worin 
und  warumb  ich  geirret  habe.    Luther  1, 132". 

8)  in  dcrgleiclicn  anieendung  begegnet  besonders  oß  das  pari. 
gefasset,  gefaszt,  paratus,  pracparatus,  compositus:  wer  mit 
tcxt  wol  gefasscl  (gerfislct)  ist,  der  ist  ein  rechter  pnslor. 
Luthers /w^r.  2' ;  da  musz  man  mit  goltes  worl  wol  gefasset 
und  gerüstet  sein.    8*; 

ihr  (((er  diciuer)  iliun  ist  so  gefasset  (beschaffen,  eingerichlvt), 

dasz  ihre  süsze  sachen 

viel  buler  ihnen  machen.    Locau  3,103; 

das  wol  gefaszie  werk  wil  bald  vollTihrct  sein.    Flejii;«c  83; 

die  mägdgen,  die  du  nerhst  so  grob  frcstriee:clt  hast, 

stebi)  jetzt  mit  nadeln,  zwirn  und  ruilicn  scnon  gclaszt. 

GÜMTHER  488; 
die  herliche  Universität,  den  wol  gefaszlcn  rath,  die  hoch- 
ansehnliche  rechtscollegia.  Weise  erzn.  437;  eine  geschwinde 
entschlicszung  möchte  nöthig  sein,  versetzte  der  abb6.  dazu 
bin  ich  jetzt  nicht  gefaszt.  Götiie  20,24;  so  dasz  zuletzt 
auch  ein  vorbereitetes  gefasztes  äuge  in  Verwirrung  geriet h. 
24, 301 ;  ein  gefasztes  betragen,  eine  abgemessene  rede.  25, 292 ; 
durch  eine  so  genaue  Schätzung  der  worte,  durch  den  be- 
stimmten gebrauch  derselben  entsteht  eine  gcfaszte  spräche. 
33,161; 

sie  war  gefaszt  auf  licbo  und  empflcng 

ein  diadem.    Schiller  273*; 

muih  ist  uns  noth  und  ein  gefasztcr  geist.  380"; 
alsdann  mache  dich  auf  ein  gut  glas  Rheinwein  gefaszt.  Win- 
KELMAN^is  fer.  137;  heute  morgen  zu  meiner  Überraschung  er- 
hielt ich  deinen  brief.  ich  war  gar  nicht  mehr  gefaszt  darauf. 
Betti."<e  br.  2,  67 ;  man  war  aber  auf  so  viele  pferde  und  wagen, 
als  zum  forlschaEFen  der  reisenden  erfordert  wurden,  nicht 
gefaszt  {vgl.  2).    Campe  kinderschr.  18,  9. 

9)  die  scldesisclien  dichter  verwenden  die  medialbedeuhing  'sich 
mit  etwas  fassen'  im  sinne  von  befassen,  sich  versehen,  rüsten, 
heliclfen,  decken: 

wann  Epimetheus  niclit 

ein  fasz  hätt  aufgcthan  und  an  das  sonneiiliccht 

viel  übel  das  uns  kränkt  mit  häufen  ausgelassen. 

der  arme  wollte  sich  zwar  mit  dem  deckel  lassen 

zu  stopfen  dis  geschirr,  doch  leider  gar  zu  spat. 
Opitz  1,54; 

wie  lange  wirstu  dann  die  sonne  schlafen  lassen? 

ei  sprich,  sie  solle  doch  sich  mit  dem  züpel  fassen, 

die  rosse  stünden  da,  es  sei  schon  hohe  zeit.    2,153; 

komm  fasse  dich  mit  tartsch  und  scliilde !    ps.  35; 

von  jedem  liesz  ein  einzles  fahren, 

was  an  ihr  Spurca  hat  zu  paaren, 

wann  ihr  nur  würde  zug'classen 

mit  zweien  männern  sich  zu  fassen.  Logau  1,237,97; 
fassete  {belud)  sich  der  eine  alsbald  mit  dem  vater,  der  an- 
dere nahm  die  mutter,  sie  also  aus  der  glut  zu  retten. 
Argenis  2,  328.  hierher  gehört  das  bekanntere  sich  mit  gcduld 
fassen,  in  geduld  fassen,  gleichsam  hüllen,  kleiden,  tco  man 
das  mit,  in  geduld  nicht  für  ein  adverb  nehme:  er  faszte  sich 
dennoch  in  allem  mit  gedult  und  schlief  ein.  pol.  colica  340 ; 
sich  in  geduld  fassen.  Gotter  1, 168 ;  vgl.  fasset  ewrc  seole 
mit  gedult.  Luc.  21, 19.  aber  auch  ohne  mit  bedeutet  allgemein 
sich  fassen  se  colligere,  componere:  sie  vergeben  mir,  dasz  ich 
über  das  besondere  glück,  dieselben  alihicr  vergnügt  anzu- 
treffen, ganz  aus  mir  selbst  gesetzt  bin  und  mich  nicht  so- 
gleich fassen  kann.    Felsenb.  3,138; 

der  knabe  faszt  »ich  [ternt)  gut.    Günther  496; 
fassen  sie  sich,  Valer!    Lessing  1,283; 

lei  heiter,  sei  gefatit!    2,354; 

ich  weiss  du  Ihusts  nicht  mehr,  du  wirst  dich  besser  fassen. 

Gellkkt  3,  4UU; 

er  wird  sich  mit  der  zeit  schon  fassen.    1,02: 

was  hilrts,  dasz  sie  sich  dort  auf  «einen  anblirk  faszl, 

wenn  er  iodesscii  hier  vor  unpcduld  rrlilaszt?    (Jiittkh  3,  101 ; 

das  alter  musz  doch  einen  Vorzug  haben. 

dus,  wenn  es  auch  dem  irrthum  nicht  ciitRebt. 

es  doch  sich  auf  der  stelle  fasiien  kann.    Gutmi:  '.>,  l'.il ; 
fasz  dich,  fasz  dich!  14,91;  'wenn  sie  sich  nur  kurz  fa<(zll' 
das  ist  gar  ihre  art  nicht,     wenn  so  eine  nachtigall  einmal 
ins  schlagen  kommt,  da  musz  man  ihr  den  hals  umdrehen, 
weon  sie  «urbAren  soll.  U,  02; 


und  er  faszte  sich  schnell  und  sagte  traulich  zum  mädchen. 

40,  3U7  ; 
kann  ich  im  krieg  mich  doch  menschlich  fassPii, 
aber  nicht  auf  mir  trommeln  lassen.    Schiller  32'J'^ 
wie  ihr  euch  selbst  zu  fassen  angefangen 
im  rohen  handwerk.    3S1'. 

IG)  eigenthümlich  ist  ein  mhd.  vajjen  vür  und  vür  sich  oder  auch 
vor  sich  va jjen  =  ror  sich  her  treiben,  vor  sich  bringen,  nehmen : 
des  hat  er  in  gevajjet  vür.    krune  16537 ; 
die  ritler  vajie  er  sich  vür 
mit  dem  swerte,  da;  er  truoc.    17959; 
si  bcgunxlen  mit  siegen  an  einander  vür  vauen.    Hab.  677, 
6r  slüc  dri  hirtin, 
die  daz  vi  bewirtin, 

vaj^iiiilc  vur  sich  die  hert.    Jkroscbin  13575; 
wan  er  si  ot  gevauit  vor 
zunicke  hatte  in  den  gart.    12972; 
hie  von  er  {der  teufet)  euch  sie  vajjete 
vor  sich  durch  ungelucke.    pass.  K.  32,46; 
hie  von  er  vur  ouch  va;55ete 
den  munch  durch  kunftic  ungemach.    321,28; 

und  wahrscheinlich  in  diesem  gedieht  noch  ößer.  in  der  spdleren 
spräche  enlspncht  nur  bei  Frisius  108':  alles  das  ich  in  der 
red  einfurt,  stürzt  er  mir  um,  was  ich  für  mich  fassen  mocht, 
reisz  er  mir  aus  den  henden,  sed  ut  quidque  ego  apprehen- 
deram,  statim  accusalor  extorquebal  e  mantbus,  und  danach  bei 
Maaler132';  als  der  getauft  jud  für  sich  gefaszt  {sich  vorge- 
nommen) hat.  Helchmn  augensp.  l'.  hier  finden  wir  einen  un- 
mittelbaren Übergang  in  die  andere  hauplbedeulung. 

B)  fassen,  tenere,  c apere,  prehendere,  amplecli,  nehmen, 
greifen,  packen,  fangen. 

1)  die  band,  den  arm  fassen :  er  faszte  seine  band  und 
schüttelte  sie;  er  faszte  sie  an  den  arm,  sie  faszten  sich 
bei  der  band,  an  den  armen,  in  die  arme;  er  faszt  mit  der 
band,  der  bär  mit  der  tatze;  da  aber  Joseph  sähe,  das  sein 
vater  die  rechte  band  auf  Ephraims  beubt  legt,  gefiel  es  im 
ubcl  und  fasset  seines  vaters  band,  das  er  sie  von  Ephraims 
heubt  auf  Manasses  heubt  wendet.  iMos.  48, 17;  wer  sie  {ein 
zänkisch  weib)  auf  hell,  der  hell  den  wind  und  wil  das  ole 
mit  der  band  fassen,  spr.  Sal.  27,16;  wer  fasset  den  wind 
in  seine  hende?   30, 4; 

eilig  faszte  darauf  der  gute  verständige  pfarrherr 
erst  des  vaters  band.  Göthe  4u,  334. 

mhd.  scheint  hier  va^jen  ungebräuchlich,  man  sagte  die  liant 
nömen,  cj  in  die  baut  ni-nien,  eines  hende  vähen  {Iw.  1342. 
1482),  ahd.  fieng  ira  hant,  tcncns  manum  ejus.  T.  60,  5,  nichl 
vaj^cn.  in  seiner  (gottes)  band  ists  alles  gefasset  {begri/fen, 
befangen).  Luther  5,  2".  ebenso,  seine  starke  band,  sein  arm 
crfaszt  ihn;  ihre  finger  fassen  die  spindel.  spr.  Sal.  31,19. 
zuruf  an  hunde :  bäri  fasz !    Gottiielf  erz.  1, 139. 

2)  zu  obren  fassen,  auribus  perciperc:  wirstu  zu  obren 
fassen  seine  {des  hcrrn)  gebot.  2  3/o5.  15,26;  die  fraw  fasset 
diese  worl  in  ihr  öhrün.  Wickram  ro//:t'.  90';  in  seine  örli 
fassen,  ze  oren  lassen.  Maai.er132';  einen  ins  augc  fassen, 
rectis  ocnlis  inlueri,  fixieren;  die  zukunTl  fest  ins  äuge  fassen 
K1.1NCER  l,  468 ;  ich  breche  diese  vorrede  ab,  um  sogleich 
den  gegenständ  selbst  ins  äuge  zu  fassen.  Brandes  natur- 
lelire  1,2;  lassen  sie  mich  doch  ja  den  edlen  mann  recht 
ins  gesiebt  fassen.  Klinger  0,50;  das  äuge,  der  blick  faszt 
seinen  gegenständ;  der  fassende,  durchschauende  blick. 

3)  einen  um  den  hals  fassen,  früher  fangen,  fahen,  um- 
fahcn;  um  den  leib  fassen;  er  faszte  sie  mitten  um  den  leib; 

aber  die  mutier  ergrif  mit  beiden  armen  das  mSdchen, 
um  den  leib  sie  fassend.  Göthe  40,331; 

eines  hart  oder  haar  fassen,  ihn  beim  hart,  haar  fassen ;  und 
Joab  fasset  mit  seiner  rechten  band  Amasa  bei  dem  hart, 
das  er  in  küsset.  2  Sant.  20,  9,  wo  die  mnd.  rersion  bei  Merzdorf 
1. 109  hat:  grfp  cne  umnic  unde  kussedc  cnc  vor  sinen  raunt. 

4)  den  Schild  fassen,  mhd. 

si  begunde  vaisen  den  schilt  nn  d^r  hant.    iVift.  427,2; 

Etzcl  was  der  küene,  «r  vajtc  sincn  schilt.    1059,2; 

do  diu  »pi'r  wurden  genelgot 

und  die  Schilde  gevaji;ot.    hone  7470; 

nu  silit  ^^r  wft  ein  ritcr  habet 

mit  gevajjctcm  schilde.    Ijani.  5U9. 

ahd.  nam  i-r  seilt  inli  spPr;  mhd.  tienc  den  achlll  habe  ich 
nichl  gelesen,  obwol  es  möglich  tnire; 

«r  hürto  schilt  unde  »w<>rt.    Iw.  6S73, 
ifie  nhd.  Schild  und  schwer!  erheben,  ergreifen,     warum  nicht 
daj  swi?rl  vajjen?  nhd.  das  er  stark  werden  und  ein  »chwert 


1345 


FASSEN 


FASSEN 


1346 


fassen  könne.  £j.  30,  21;  das  schwert  ist  schon  gefaszt  und 
gezückt.  32,20;  verschieden  ist  an  das  schwert  fassen,  mit 
dem  Schwerte  hauen:  (Herodes  hat)  die  dem  feiir  entrannen, 
an  die  Schwerter  gefasset.  Fraxk  chron.  34'.  den  bogen  fassen, 
ergreifen  :  aber  Jehu  fasset  den  bogen  und  schosz  Joram  zwi- 
schen den  armen,  das  der  pfeil  durch  sein  herz  ausfur. 
2  kön.  9,  24 ; 

der  räuber  greift  nach  seinem  bogen, 

er  zielt  und  faszt  den  pilger  wol.    Gellert  1,99, 

nimmt  ihn  aufs  körn;  das  messer  fassen:  und  recket  seine 
band  aus  und  fasset  das  messer,  das  er  seinen  son  schlachtet. 
1  Mos.  22, 10.     einen  stein  fassen  und  werfen ; 

und  er  faszte  den  anderen  krug  und  beugte  sich  über. 
GöTHB  40,  307. 

in  fassen  scheint  ztcar  ergreifen  und  nehmen,  oß  aber  auch  fed~ 
hallen,  festnehmen  lenere  gelegen,  tcas  icir  packen  nennen. 

5)  ebenso  einen  fassen,  ohne  dasz  das  wobei  ausgedrückt  ist: 
da  fasset  der  mann  sein  kebsweib  und  bracht  sie  zu  inen 
hinaus,  rieht.  19,  25;  als  er  nun  heim  kam,  nam  er  ein  messer 
und  fasset  sein  kebsweib  und  stücket  sie  mit  beia  und  mit 
alle  in  zwelf  stück.  19,  29 ;  da  fasset  ich  mein  kebsweib  und 
zerstücket  sie.  20,6;  die  hunde  fassen  den  hären;  gott  hat 
den  Patriarchen  hin  und  her  geworfen  wie  ein  ballen,  auch 
wol  zwischen  die  sporn  gefasset.  Lctber  4, 146' ;  unpersönlich, 
es  faszt  (packl)  mich ;  es  hat  ihn  hart,  an  seiner  schwachen 
Seite  gefaszt ;  das  Geber,  der  schauder,  die  furcht  faszte  ihn ; 
unaussprechliche  angst  faszte  mich; 

mich  faszt  ein  grausen,  da  ich  mit  dir  rede.    Scbilub  531'; 
Teil  faszt  ihn  heftig.    Schiller  535*; 

doch  bringt  dir  einer  jene  kette, 
die  sctiwerer  drückt  und  ernster  faszt, 
verdenk  ich  es  dir  nicht,  Lisette, 
wenn  du  ein  klein  bedenken  tiast.    Göthb  1,83; 
wer  sie  am  höchsten  verehrt,  den  weisz  er  am  besten  zu  fassen. 

l,29u. 

6)  da  fasset  David  seine  kleider  und  zureisz  sie  (vulg. 
apprehendens  sua  vestimenta  scidit).  2  Sam.  i.  ii;  und  Ahia 
fasset  den  newen  mantel,  den  er  an  hatte  und  reisz  in  in 
zwelf  stück  {vulg.  apprehendens  pallium  scidil).  lAön.  11,30; 
einen  am  zipfel  des  mantels  fassen;  er  faszte  (nahm,  ergriß 
hut  und  stock  und  gieng  hinaus;  nam  auch  weder  hemd 
noch  einig  scbu  und  harnasch,  allein  fasset  er  zu  henden  einen 
stecken,  darmit  er  sich  der  hund  erw  eren  mocht.  Aimon  F 1* ; 

Hermann  faszte  die  peitsche.    Göthe  40, 2S3. 

7)  and  er  fasset  die  zwo  mittelseulen,  auf  welchen  das 
haus  gesetzt  war  und  drauf  sich  hielt,  eine  in  seine  rechte 
und  die  ander  in  seine  linke  band  (vulg.  apprehendens  ambas 
columnas,  alteram  dextera,  alferam  laeva  tenens).  rieht.  16,29, 
vo  LcTHER  mit  dem  fassen  sowol  das  ergreifen  als  halten  aus- 
drückt;  der  schifbrüchige  sucht  ein  bret  zu  fassen; 

dort  ragt  ein  fels  beim  eintritt  ins  gebirg  hervor, 

ein  alter  eicbbaum  faszt  ihn  mit  den  starken  ästen 

und  aus  den  seiten  flieszt  ein  klarer  quell.    Götue  10, 19. 

8)  er  (Münzer)  wolt  alle  Schüsse  in  die  ermel  fassen  (auf- 
fangen). Luther  3, 130',  vgl.  sp.  914  in  die  ermein  empfangen ; 
nötigt  ihn  (den  ehmann,  nenn  er  sich  klagt)  auf  die  federn, 
beredt  ihn  hinder  den  umhang,  faszt  den  harn,  schickt  zum 
doctor.  Garg.  7l',  vas  sonst  den  harn  fangen  heiszt.  imen 
fassen  (bienen  in  die  körbe).  Braxt  UO',  34 ;  grillen  fassen, 
tinip.  doä.  638,  irie  sonst  fangen  (sp.  1312);  wasser  fassen, 
schöpfen,  einnehmen.  Heberer  2, 51.  233  ;  feuer  fassen,  wie  fangen, 
anreiv.    Od.  9,  379. 

9)  fassen,  in  sich  fassen,  enthalten,  räum  für  etwas  haben, 
capere:  der  krug  faszt  zwölf  gläser;  die  tonne  faszt  hundert 
krüge;  er  trinkt  mehr  wein  als  er  fassen  (vertragen)  kann; 
wer  zu  vil  fasset,  vil  fallen  lasset.  Garg.  260*;  der  magen 
konnte  nicht  mehr  speise  fassen  (in  sich  fassen,  aufnehmen, 
excipere) ;  der  missethäter  sind  so  viele,  dasz  sie  der  kerker 
nicht  fassen  kann;  sein  gedächtnis  faszt  eine  menge  Wörter; 
der  sal  fa-;zt  nicht  mehr  als  hundert  männer;  die  schmale 
thüre  faszt  immer  nur  iinen,   Idszt  nur  änen  zugleich  durch: 

denn  ^inen  nur  faszte  die  öTnung, 

ftia  S'o'iri  yiyvsr    itfo^fii].     Od.  22,130; 

fasset  uns,  capile  nos,  d.  i.  nehmt  uns  auf  unter  euch.  2  Cor. 
7.  2  dreht  Ulfilas  passend  um,  gamuteima  in  izvis,  finden  vir 
platz  unter  euch;  den  vater  und  den  söhn  faszt  dasselbe 
grab;  und  ihr  glück  und  ihre  liebe  faszte  selig  eine  wohnung, 
ein  bell  und  ein  grab.  Göthe  10, 191 ;  die  fabel  faszt  zw  ei  lehren. 
iU. 


10)  einen  trunk  fassen,  thun,  einnehmen:  gestern  halt  ich 
ein  hosen  trunk  gefasset,  da  must  ich  singen,  trink  ich 
nicht  wol,  das  ist  mir  leid.  Luthers  br.  4,  553 ;  er  konnte 
nur  einen  lüffel  arznei  fassen,  die  hunde  faszten  gierig  die 
hingeworfnen  knochen. 

11)  athem  fassen,  luft  schöpfen,  fangen:  meine  liebe  vettern, 
erholent  euch  und  fasseut  wider  athum.    Aimon  o2'; 

mhd,  üi  an  die  wite, 

er  hielt  sicti  ü;  dem  strite, 

die  luft  wolde  dö  vähen  er.    Ludwig  6776; 

ein  röre  in  da?  scbilfelin  gienc 

damit  St  wider  ätem  vienc.    ilorolt  1824. 

und  da  er  seine  kreft  wider  gefaszt  (aiis  der  ohnn^acht  kam), 
er  zerzerret  sein  bar,  rauft  aus  seinen  hart.    Aimon  Fl'. 

12)  ein  herz,  mut  fassen,  audere,  animum  recipere:  darumb 
mustet  ir  ein  herz  und  trotz  fassen.  LtrrHERS  br.  4,416;  von 
disem  trost  kriegt  das  volk  wider  ein  herz  und  fasset  einen 
mut.  1  Macc.  13,  7 ;  fasset  nur  mut  I ;  fassete  ein  besonders 
frisch  herze.  Felsenb.  1, 263 ;  diesen  morgen  hat  man  sich 
ein  herz  gefaszt  zu  beichten.  Gotter  3, 22 ;  ein  mannheit 
fassen.  Lctber  4, 3*.  auch  zu  herzen,  zu  gemüthe  fassen, 
SM  herzen,  zu  sinne  nehmen,  erwägen,  überlegen:  so  fasset  nu 
dise  wort  zu  herzen.  5  Mos.  11, 18 ;  solchs  alles  haben  wir 
zu  herzen  gefaszt.  Luther  1, 45S';  obschon  der  eine  weise 
und  der  andere  unweise  ist,  so  hab  ich  doch  beider  worte 
zu  herzen  gefasset,  pers.  baumg.  4,  4 ;  zu  wünschen  wäre,  dasz 
alle  Jugend  die  gute  lehre  ihrer  treumeinenden  unterweiser 
zu  gemüth  fassen  thäte.   Simpl.  K.  88.     in  das  herz  fassen: 

du  hast  sie  noch  gesebn,  den  letzen  blick, 
den  sehnsuchtsvollen,  dir  ins  herz  gefaszt.    Göthk  9,315; 
kommt  zu  euch,  königin !  faszt  euren  mut 
zusammen,    das  ist  die  entscheidungsvolle  stunde. 
Schiller  426". 

ein  gelübde  fassen,  vovere.     vgl.  fangen  15. 

13)  fassen,  animo  comprehendere,  intelligere,  begreifen:  die 
knaben  fassen  schnell  zahllose  dinge;  er  konnte  es  lange 
nicht  fassen;  wer  es  fassen  mag,  der  fasse  es,  vulg.  qui 
polest  capere  capiat.  Malth.  19, 12,  ahd.  ther  mugi  bifähan  bifähß ; 

faszt  ihr  nun, 
dasz  wir  auf  euch  voll  mitleid  sehn?    Klopstock  2,36; 
von  gott  verlassen  hiengst  du  da, 
von  gott  verlassen, 

im  scbweisz,  im  blut,  dem  tode  nah! 
herr,  wir  fassen, 

jauchzen,  beben,  fassens  nicht.    7,109; 
noch  faszt  sie  nicht  wie  ihr  geschehen.    WriLAm)  9,296; 
wärt  ihr,  Schwärmer,  im  stände  die  ideale  zu  fassen. 

Göthe  1,399; 
mein  dienst,  aus  irrthum  schmähst  du  ihn, 
lern  ihn  von  nun  an  besser  fassen.    Götter  1,461. 

14)  fassen,  tenere,  retinere,  discere:  durch  die  lere  der  demut 
nur  eitel  hoffart  fassen.  Luther  3, 142';  wenn  aber  der  glaube 
kompt,  welcher  das  wort  fasset.  3,157*;  ich  fasse  dich  beim 
Worte;  bei  dem  worte  fassen.  Lessing  2,288;  wenn  du  viel 
Weisheit  und  kunst  gefasset  hast.  pers.  rosenth.  8,  6 ;  latinam 
linguam  lernen  und  fassen.  Mich.  Neaxder  bed.  21*;  eine 
lehre  aus  etwas  fassen.  2, 16 ; 

0  Jugend,  fasz  doch  diese  lehren, 

itzt  ist  dein  herz  geschickt  dazu.    Gellert  1, 171. 

15)  lust  und  neigung,  hasz  und  Widerwillen,  verdacht,  groll, 
vertrauen,  mistrauen  fassen:  sie  konnte  keine  liebe  zu  ihm 
fassen ;  eine  neigung,  welche  sie  gegen  Wilhelm  Meister  gefaszt, 
wollen  wir  ihr  nicht  verargen.  Göthe  33,  238;  der  junge  manu 
faszte  die  heftigste  leidenschaft  für  sie.  Wieland  3,  210 ;  da 
aber  Trj-phon  sähe,  das  das  kriegsvolk  einen  hasz  wider  den 
könig  gefasset  hatte.  1  Macc.  11,39;  ein  grimmen,  bitteren 
zorn  fassen.  Maaler  132' ;  ein  neid  fassen.  Spreng  Aen.  126" ; 

sie  seh  icl>  oben  schweben 
und  gröszer  sein  als  ich,  die  mich,  weisz  nicht  warümm 
aus  selbstgefasztem  hasz  und  grammsein  rennen  ümm. 

Flescig  20; 
sie  fasiten  Mosen  ihren  pfleger 
und  trewen  diener  selbst  in  neid.    Orm  ps.  1. 102. 

16)  fassen,  locum  occupare,  eonsistere:  fusz  fassen,  posto 
fassen;  der  fcind  hat  in  den  Rheinländern  fusz  gefaszt; 
fassen  sie  wieder  fusz  auf  der  erde !  man  lebt  nur  einmal. 
Göthe  bei  SehvU  169 ;  enge  schrittchen  fassen,  kleine  schritte 
machen,  wie  frauen  thun.  pol.  stockf  vorr. ;  es  gelang  ihm  festen 
sitz  zu  fassen,     wurzel  fassen,  radices  agere,   gestalt  fassen : 

ich  sah  sie  keimen  diese  liebe,  sah 

derleidenschaflen  unglückseligste 

in  seinem  herzen  wurzel  fassen.    Schiller  295*; 

85 


1347 


FASSEN  — FASSUNG 


FASSUNGSGABE  — FAST 


1348 


nu  kan  ja  das  jene,  so  ein  eitel  oder  nichts  ist,  freilich 
keine  geslall  fassen.    Luther  3,368'. 

17)  zusammen,  zu  Lauf  fassen:  wenn  mans  nu  abmisset 
nach  dem,  wie  es  hie  beschlossen  ist,  und  fasscts  in  häufen, 
so  ist  es  sechsmal  lenger  denn  breit.  Lctheb4,47';  welches 
alles  zu  häuf  gefasset  ist  in  dem  spruch.  4,  392'. 

IS)  in,  an,  bei  etwas  fassen :  fasse  meine  threnen  in  deinen 
sack,  on  zwcivel  du  zelest  si.  ps.  56,  9 ;  sehet,  w  ie  sich  dieser 
könig  damit  tröstet,  das  er  gewis  ist,  das  seine  flucht,  seine 
threnen  seien  für  golt  alle  gezclet,  und  alle  threnen  in  gotles 
sack  gefasset,  das  nicht  eine  solt  bcifallen.  Luther  6,  l'; 
unden  an  dem  bauch  hat  es  (das  beukllhicr,  känguru)  noch 
ein  bauch,  den  thet  es  auf  und  zu,  und  so  es  die  jungen 
ausschüttet  und  gesengt  helt,  fasset  sis  wider  darein.  Frank 
weUb.  224';  in  ein  summ,  in  ein  zal  fassen,  comprehendcre 
numero.  Maaler  t32' ;  urtheil  in  schrift  fassen,  verfassen.  Caro- 
lina 92 ;  in  ein  buch  fassen  (s.  verfassen) ;  in  reime  fassen ; 

im  fall  sie  (dt«  liebe)  schon  einmal  uns  an  ihr  joch  gefaszl. 

Opitz  1,136. 

19)  mbd.  irre  vaj;en,  irre  grifen,  fehl  greifen,  irre  gehen. 
Berth.  318. 

20)  refl.  sich  fassen,  ampleäi  se,  zu  unterscheiden  von  A,9 
se  componere.     die  tanzenden  fassen  sich; 

immer  wilder  drängts  heran, 
die  elemente  fassen  sich  die  tobenden.    Göthe  11,258. 

21)  intr.  fassen :  es  faszt  schon,  es  faszt  nicht ;  die  wurzel 
faszt  im  boden; 

das  feuer  faszt,  schon  brennts  an  sieben  ecken.    Körner; 

die  neue  lehre  hat  unter  den  leuten  gefaszt ;  falsche  vorwürfe 
treffen  flach,  aber  wahre  fassen  tief.    Moser  patr.  ph.  1,  214. 

Vergleicht  man  die  beiden  Vorstellungen,  so  vermitteln  sie  sich 
in  dem  begriffe  capere,  nehmen,  der  fassende  nimmt  als  ladender, 
rüstender  und  greifender,  der  kleidende  deckt  und  beladet,  der 
schmückende  umfängt,  legt  ein,  faszt  ein,  verfaszt;  der  greifende 
faszt  an,  fängt,  umfängt,  nimmt  gefangen,  begreift,  nimmt  ein, 
nimmt  platz,  fassen,  laden  A,  3  reicht  an  fassen,  einnehmen 
B,  S.  9.  glaublich  aber  scheint,  dasz  aus  intransitivem  liegen  all- 
mdlich  ein  transitives  empfangen,  bringen,  erlangen  und  nehmen 
hervorgegangen  sei,  wie  uns  die  starke  ttnd  schwache  form  fej;an 
fa;  und  fajjon  fajjota  darlegt,  man  sehe  auch  das  subst.  fasz. 
$.  abfassen,  anfassen,  auffassen,  befassen,  erfassen,  einfassen, 
gefassen,  umfassen,  verfassen,  zusammenfassen. 

FASSER,  m.  ein  kleiner  bienenkorb  zum  fassen  eines  schwarms. 

FÄSSERWEISE,  wie  faszweise,  nach  fässcrn. 

FÄSSIG,  capax:  grosze  und  über  eimer  fdssige  fassen 
HoBBERC  3,1,72*.     fehig,  fessig,  begreifig.    Dasvp.  25".  325'. 

FASSUNG,  f.  1)  sinnlich,  nach  Verschiedenheit  des  fassens, 
die  fassung  der  edelsleine,  des  brunnens,  die  fassung  des 
biers,  das  füllen  in  fdsser  und  gläser.  Hoihierg  2,83';  als  er 
fühlte,  dasz  diese  kleinen  stahiringe  {der  mundharmonika) 
gleichsam  als  fassung  und  grifbret  seines  hcrzens  ihre  er- 
schütterungen   zu  seinen  machen  würden.    J.  1*.  Ilesp.  3,  74. 

2)  abüraä,  die  fassung  eines  gedankens,  captus,  conceplus, 
das  fassungsrermögen:  kräftige  fassung  der  gedanken.  Winkelm. 
1,253;  dichter,  die  so  gern  ihren  flug  weit  über  alle  fas- 
sung des  gruszten  theils  ihrer  leser  nehmen.  Lessing  1, 155. 
die  fassung  (abfassung)  der  rathschlüsse.    Kant  6,388. 

3)  fassung  des  gemüts,  status  mentis,  nach  fassen  i4,  7.  9 : 
auszer  aller  fassung  sein,  alle  fassung  verlieren,  mente  con- 
ddere,  sich  niclU  fassen  können;  einen  aus  seiner  fassung 
bringen,  die  gehörige  fassung  behalten,  er  läszt  sich  nicht 
aus  seiner  fassung  setzen;  alles  dies  vereinigte  sich,  ihn 
nach  und  nach  wieder  in  eine  fassung  zu  setzen,  welche 
die  zärtlichsten  erinnerungen  an  die  einst  so  sehr  geliebte 
Danae  erweckte.  Wieland  3,  202 ;  mich  konnte  nun  so  etwas 
gleich  aus  meiner  zärtlichsten  fassung  bringen.  Göthe  40, 30; 
anf  eine  solche  weise  brachte  er  ChaHolten  erst  in  die  hei- 
terittc  launc,  dann  durch  anmutige  gesprrichswendimgen  ganz 
an«  der  fassung.  t7, 10;  ich  habe  ihn  nur  einmal  in  meinem 
leben  auszer  aller  fassung  pcsehen.  20, 201 ;  die  nnvennu- 
IWen  nnd  »chreckhafien  anl:illc  halten  sein  innerstes  ganz 
ans  aller  fassung  gebracht,  einer  leidenschafl  zu  widerstehen, 
die  sich  des  herzens  so  gewaltsam  bemächtigt  hatte.  20,300; 
dai  wollen  und  glauben  musz  eine  fassung,  ein  zustand  des 
benenn  sein.    Claudius  S,  lOS; 

iMiu  nibn  lil*  morgen,    ei  iil  ein  ge«chtn. 

bab  beute  heiot  futung.  »chickt  iiitn  morgen.    ScniLLSi  3M' ; 


darum  eben 
bin  ich  vorausgeeilt,  damit  ich  euch 
in  fassung  setzen  und  ermahnen  möchte.    426*; 
nahm  sie  die  todespost  mit  Fassung  aut?    440*. 

FASSUNGSGABE,  f.  captus,  vis  percipiendi. 

FASSUNGSKRAFT,  f.  dasselbe:  leichte  fassungskraft,  vor- 
trefliches  gedüchlnis.    Göthe  26, 255. 

FASSUNGSKREIS,  m.  der  fassungskreis  der  stumpfen 
menschheit.  Klisger  2,44;  du  spannst  meine  geister  über 
ihren  engen  fassungskreis.    2, 109. 

FASSUNGSVERMÖGEN,  n. 

FAST,  adv.  ahd.  fasto,  mhd.  vasle,  nnl.  vast ;  ron  der  wurzel 
wird  unter  dem  adj.  fest  gehandelt,  unsere  licutigen  adverbia 
umlautender  adj.  gehn  des  rfickumlauts  verlustig  und  sind  den 
adj.  gleich,  z.  b.  eng,  trüg,  grün,  also  auch  fest  und  schön; 
nur  fUr  einzelne  eigne  bedeutumjcn  hat  äch  der  rückumlaut  er- 
halten, nanwnllich  bei  den  adv.  fast  und  schon,  der  umgekehrte 
fall  ist,  dasz  der  unumlaut  des  adv.  auch  ins  adj.  vordrang, 
z.  b.  hart  durus  für  herte. 

A)  die  ahd.  mhd.  adverbia  drücken  aus  valde,  firmiler,  sta- 
bililer;  belege  bei  Graff  3,714.  mhd.  üb.  3,274.  so  auch  das 
nhd.  fast  im  15. 16  bis  ins  17  jh. 

1)  neben  dern  verbum: 

sölh  pllicht  halt  fast.    Schwarzknbehg  139,2; 

halt  fast  den  pflüg.    140,2; 

das  mich  fast  lobten  weih  und  man.    144,1; 

wer  fast  beschedigt  ander  leut, 

dem  wirt  zu  letzt  der  gleichen  peut.    146, 1 ; 

hin  und  wider  fast  gedacht, 

wie  ich  hat  oft  mein  zeit  volbracht.    150,2; 

dis  1er  und  trost  mich  fast  erquiclst.    152,2; 

in  summa  wann  das  stündlin  kumht, 

mßsz  einer  dran,  wie  fast  er  brumbt.    Wickba«  hitgeroi. 
isz  fast,  isz  tüchtig,  komm  zu,  fa-ise  zu!  largüer  ede! 

e^jet  vaste !    Hahns  Stricker  15 ; 

trinkt  vast,  si  kaufen  euch  des  sat!  fadn.  450,25 
vgl.  oben  sp.  1164.  1166  und  i?  gemeiiche  Rcinhart  1559,  üz 
froh,  lustig! ;  die  sich  fast  frewen  und  sind  frölich.  flio6 
3,22;  wenn  die  dromete  fast  klingt.  39,25;  aber  das  ange- 
brante,  wie  fast  er  brennet,  wi!  nicht  abgehen.  Ez.  24, 12 ; 
wenn  du  gleich  fast  darnach  ringest,  so  erlangest  du  es 
doch  nicht.  Sir.  11,10;  wo  uns  der  kützol  neue  und  viel 
büchcr  zu  schreiben,  nicht  so  fast  steche.  Luther  1,3';  ich 
habe  lange  und  fast  für  in  gebeten.  6,12';  der  het^in  vast 
lieb.  Eulensp.  cap.  23;  fast  lieben,  adamare,  ein  muter  fast 
lieben,  matrcm  valde  amare.  Maaler  133';  sich  fast  fürdercn 
zu  einsi  gcmeinschaft,  penitus  se  dare  in  familiarilatem  alicujus. 
ebenda;  noch  viel  mehr  belege  gibt  Maaler  unter  der  Schreibung 
vast  412'.  413'.';  wir  ertrcnkten  das  schif  so  fast  also  schwim- 
mend. Frank  wellb.  222";  dise  red  beschwert  den  Stoufacher 
vast.  Tschüdi  1,235;  also  für  der  Stoufacher  vast  wider  heim 
gen  Schwitz.  1,236;  was  vast  bi  inincn  bäslinen.  rL.\TER26; 
und  lief  vast  für  und  für  bisz  gen  Zürich.  47;  fast  streiten, 
valde  cerlare.    Henisch  1014,14; 

wer  gerüchte  vom  gcrtich  nennen  wil,  wird  wonig  fehlen, 
beiderlei,   wenns  nicht  recht  gut,   pllegt  die  sinnen  fast  zu 

quälen.    I.OdAU  3, 15,6,  2; 
von  lauter  leid,  von  traurigkeit 
mein  äugen  mir  last  rinm-n.    Spke  trultn.  77. 
bair.  es  regnet  fast  =  stark. 

2)  neben  parlicijiien :  nnd  ersieht  ein  einsidels  heusgin  fast 
eraltet.  pcrveluslum.  AimonM^;  ein  vast  gelehrter,  geschwin- 
der und  wolberedter  man.  Kirchhof  «'eni/N/im.  127*;  die  heid- 
nische abgdtlerei  war  fast  bei  ihnen  verwurzelL  Micräliu» 
1,25;  fast  gelehrt,  bene  doctus.  IIenisch  1014,  8;  vast  veracht, 
valde  sfiretus.  1014, 13; 

die  reine  stirn  der  morgenröth 

war  nie  so  fast  gczierct.    Spke  Irtilzn.  5. 

3)  neben  adj.  als  nu  Abram  in  Egypicn  kam,  sahen  die 
Egypier  das  weih  das  sie  fast  schön  war  {rulg.  quod  esset 
pukhra  nimis).  t  Mos.  12,14;  irc  sündc  sind  fast  schwere 
(pcccaium  aggravalum  est  nimis).  18,20;  denn  sie  (rfi> 'Aeiire 
zeit)  wird  fast  schwer  sein.  41,31;  gieng  und  nam  in,  bis 
er  fast  grosz  ward  (donec  niagnus  vchemenler  affectus  est). 
20. 13 ;  denn  wir  haben  das  land  besehen,  das  ist  fast  gut 
(vidimus  lerram  opulentam  valde  et  utilem).  nV/ii.  is,  o;  und 
Harsillai  war  fast  all  wol  achzig  jar  (»enex  valde  i.  e.  octo- 
genarius).  2  Sam.  10,32;  gut  ist  fast  mechlig  in  der  sam- 
liinge  der  heiligen,  fis.  80,  8;  er  woll  ansehen,  wie  das  rrnn- 
gelium  noch  fast  schwach  in  dem  volk  were.  Lithrr  3,32*; 
last  herlich  und  gemein.  3, 40o';  dan  man  batl  die  Schwitxer 


1349 


FAST 


FAST  — FASTE 


1350 


vast  lieb.  Plater  21;  die  frow  im  hus  hat  mich  vast  lieb. 
25;  das  wer  vast  gut.  Euknsp.  cap.  24;  Britannia  ein  fast 
grosze  insel.  Frask  uellb.  4';  geograpüia  ist  fast  nutz.  3'; 
alle  theil  seines  leibes  sind  fast  klein.  Forer  124";  ein  fast 
grosze  stille,  mlenlium  acre  et  intenlum.  Hemsch  1014,  9 ;  fast 
grüner  zweig,  frondosus  ramus.  1014,  IS ;  fast  jung,  admodum 
adolescens.  1014, 12 ;  ihr  seid  fast  schwer,  magni  ponderis  es. 
SnELER  441;  er  siehet  fast  hübsch  aus,  ad  aspeclum  prae- 
darvs.  Stieler  441  aus  Hexisch  1014, 11.  bahr,  er  ist  fast 
krank,  sehr  krank.  ' 

4)  neben  andern  adv.  zu  deren  Verstärkung, 

a)  fast  sehr:  wir  bitten  tag  und  nacht  fast  sehr,  v:tso£x- 
Tte^iaoov,  vulg.  abundantius,  goth.  ufarassau.  l  Thess.  3, 10 ; 
wiewol  ich  euch  fast  sehr  liebe,  ^e^iaoortgcos,  vulg.  plus, 
goth.  ufarassau.  2  Cor.  12, 15 ;  denn  sie  umb  ihren  vatter  sehr 
fast  trawrig  war.  buch  d.  liAe  271,  3 ;  und  sind  die  Heruler 
fast  sehr  geschwächet  worden.  Micrälics  1,  90;  er  hatte  auch 
diese  red  fast  sehr  im  brauch.  Zixrgrep  3, 24.  31,14;  fast  sehr, 
vehementer.  Stieler  44t.     Schwarzenbebg  mit  angefügtem  and: 

erseufzet  klagt  ich  fast  uod  ser, 

das  hie  der  frumm  tiät  wenig  er.    159, 1. 

wir  sagen  heute  recht  sehr,     es  stehe  dahin,  ob 
fast  sehr  zersotten.    Wiblasd  14, 186. 

noch  im  alten  sinn  talde,  oder  im  heutigen  fere  ausdrückt. 

b)  fast  wol,  lieute  recht  wol:  ja  ich  weisz  fast  wol  das 
also  ist,  vulg.  vero  scio.  Hiob  9,2;  ich  weisz  aber  fast  wol 
von  euch,  TiaTTEiauai  Se,  lu/j.  certus  sum  autem.  Röm.lb.U; 
ich  weisz  zwar  fast  wol.  Luther  3,  41*.  6,13';  nu  ist  der  man 
fast  wol  geschickt.  3, 409" ;  und  haltens  dafür,  das  sie  es 
fast  wol  verstehen.   3,27"; 

überaus  fast  wol.    H.  Sachs  III.  2,227'; 

die  diener  mochten  in  vast  wol  leiden.    Eulensp.  cap.  15. 

c)  fast  viel,  hetde  sehr  viel:  zwar  fast  vil,  vulg.  multum 
per  omnem  modum.    Rom.  3,  2. 

d)  fast  wenig,  heute  sehr  wenig:  kond  ich  kum  den  hanf- 
possen  ufhenken  und  vast  wenig  träien  (drehen).  Plater  52 ; 
fast  wenig  staubs,  admodum  exigui  puheris.  Maaler  132';  es 
sind  fast  wenig  übrig,  pauci  admodum  restant. 

e)  fast  gerne,  sehr  gern:  ich  aber  wil  fast  gerne  darlegen, 
libentissirae  impendam,  r^Stara,  goth.  gabaurjaba.  2  Cor.  12, 15 ; 
man  gab  mir  ouch  vast  gären,  drum  das  ich  klein  war  und 
ein  Schwitzer.    Plater  21. 

0  fast  nahe,  sehr,  ganz  nalie:  denn  es  ist  das  wort  fast 
nahe  bei  dir  in  deinem  munde,  vulg.  sed  justa  te  est  sermo 
valde  in  ore  tuo.  5.V05.  30, 15;  denn  der  käst  wird  fast  nahe 
gangen  sein  zehen  eilen  im  wasser.    Luther  4,  47'. 

g)  fast  hart,  sehr  hart:  und  bunden  seine  hende  fast  hart 
auf  den  rücken.    Luther  3, 34'. 

5)  neben  praepositionen,  conjunctionen, 

a)  zu  fast,  nimis,  zu  sehr:  wer  zu  fast  eilt,  kompt  langsam 
heim.  kl.  weise  reden  1565,134'.  1570,143';  ir  sind  leider  sunst 
zfast  über  einander  verbittert.  Plater  58;  die  zu  fast  eilen, 
haben  spat  feirabend.    Heniscb  1014,  29. 

b)  so,  als  fast,  so  sehr:  was  betten  sie  doch  damit  erlanget, 
da  sie  so  fast  nachdringen,  treiben  und  jagen?  Ldther3,  36'; 
und  ist  doch  itzt  kein  stück,  das  sie  so  fast  sorgen  und 
anhalten.  3,340';  hoffe  auch  e.  I.  h.  werden  nicht  so  fast  mit 
mir  als  mit  Hans  Schanzen  zum  gaigcn  eilen.  6,  326' ;  so  hat 
sich  niemand  so  fast  aufgeblasen,  br.  2, 364 ;  mich,  der  was 
in  dieser  schachte!  verborgen  sein  mögen,  gern  gewust,  triebe 
das  (1677  der)  wunder  als  fast,  dasz  ich  mich  an  dem  ufer 
hinab  gewagt.  Philaxder  1  in  der  zuschriß  an  Karl  Gustav; 
gnedigster  keiser,  durch  gott,  peinigt  euch  nit  als  fast. 
Aimon  b4';  rufet  als  fast  er  mochte.    Garg.  232*. 

c)  nicht  fast,  nichtsehr:  und  seufzen  nicht  fast  nach  Christo. 
Luther  3, 13';  es  sollt  sie  freilich  nicht  fast  hindern.  3,44'; 
ein  anderer,  der  es  nit  sihet,  bekümmert  sich  auch  nicht 
fast  darumb,  wie  es  zugehe  in  der  weit.  kl.  weise  reden  1565,  7o'. 
1570,  75' ;  do  was  doselbst  nit  vast  ein  gute  schul  {keine  sehr 
gute).  Plater  20 ;  graece  unterwand  er  sich  nit  vast  (griechisch 
Iri^  er  nicht  viel).  49 ;  man  ist  nit  vast  der  meinung  das  er 
kommen  solle,  ne^iie  val^e  de  adventu  ejus  est  opinio;  nit  vast 
ein  cerlich  wort,  non  nimis  honestum  verbum;  nit  vast  so 
alt,  non  ita  sane  velus.  Maaler  413'.  noch  heute  in  der  Schtceiz 
nüd  fast,  nicht  sehr.  Tobler  176'.  nüd  so  fast,  niclit  so  wol. 
in  der  Augsburger  allg.  z.  ist  oß  zu  lesen  'nicht  so  fast  —  als 
viel  mehr*  =  minus  —  quam. 

B)  fast,  ferme,  fere,  beinahe,    wie  sieh  aus  UU.   firme  ein 


ferme  abschwächte,  sehen  wir  hin  und  wieder  schon  im  laufe  des 
16.  17  jh.  einzelne  fast  aus  der  bedeulung  sehr  in  die  von  fere 
ausweichen,  zumal  nach  der  negation  (5,  c)  vor  zahlwOrlern :  weil 
er  fast  hundertjerig  war,  vulg.  fere  centum  annorura,  gr. 
ixarovraerr^s  Tiov.  Rom.  4, 19,  wie  das  gr.  nov  ungefähr 
ausdrückt,  schade,  dasz  die  goth.  Version  fehü. 
kamen  darauf  fast  um  zwo  uren, 
gleich  gegen  tag.  Fiscbart  gl.  scliif  ISö; 
und  zogen  ein  fast  um  zwo  uren.  106S, 
ungefähr,  gerade  um  zwei  uhr,  weil  hier  die  beslimmtheit  leicht  an 
unbeslimmlheit  grenzt,  fast  gar  ausgelöscht  bei  Henisch  1014,17 
fere  exstinctum;  wie  es  nun  fast  an  dem  war,  dasz  sie  von 
hinnen  scheiden  wollen.  1014,  20 ;  das  fast  nicht  ein  balken 
vergessen  war.  Weise  erzn.  2;  es  ist  fast  gethan,  ferme  res  ad 
finem  perducta  est.  Stieler  441 ;  es  ist  fast  so,  haud  multum  abest, 
ich  dürfte  fast  hingehen,  parum  abest  quin  eam.  ebenda,  jenes 
fast  nahe  gehl  von  selbst  über  ift  beinahe,  der  ganz  nahe  stehende 
steht  audt  nahe  (fere)  dabei,  aus  prope,  proxime  wird  fere.  gleich 
natürlich  ist,  dasz  fast  alle  nicht  blosz  alle  durch  die  hank,  son- 
dern auch  beinah  alle  bezeichnet:  wie  im  land  der  brauch  ist, 
das  vast  alle  wiber  wäben  wie  auch  naien  können.  Plater  5; 
das  meine  geschwisterger  (/.  geschwisterget)  vast  alle  müessen 
dienen,  ebenda;  fast  in  allen  ländern.  Weise  erzn.  30.  denn 
die  Vorstellung  der  allheit  läszt  zu,  dasz  einzelne  an  der  zahl 
fehlen:  fastweit  longiusculus.    Stieler  2490. 

zu  Gellerts  und  Lessogs  zeit  und  seitdem  allgemein  in 
unserer  spräche  hat  'fast'  nur  den  sinn  von  'fere'  und  die  ur- 
sprüngliche bedeutung  firmiler  wird  stets  durch  fest  ausgedrückt: 

fast  alle  werke  seiner  hände.    Gellebt  1,115; 

ich  habe  sie  fast  alle  durchgelesen.    1,201; 

dasz  ich  fast  nichts  erkennen  kann.    1,207; 

fast  so,  ruhmsüchtiger,  wie  du.    1,256; 

ein  schöner  herr,  fast  wie  der  selge  mann.    1,265, 

obschon  in  beiden  letzten  stellen  ein  'ganz'  nachzucken  könnte; 

fast  öder  mittelweg,  von  ohnesorg  und  geiz 

in  gleicher  weit  entfernt,  wer  kennet  deinen  reiz? 

LicHTWKR  recht  der  Vernunft  59; 

die  arme  Recba,  die  indes  verbrannte, 

fast,  fast  verbrannte !  fast  nur.  schaudert  nicht !  Lesshis  2, 19S ; 
fast  hab  Ich 

des  haaren  gelds  zu  viel.    2S2; 

und  ich,  ich  schaudere 

vor  einer  gröszern  rührung  fast  zurück.    360; 

so  oft  ich  bei  ihr  bin,  so  schwatzt  sie  nur  von  herden 

und  siebt  mich  fast  nicht  an.  solU  ich  nicht  furchtsam  werden? 
Rost  schäferg.  129; 

es  war  gethan  fast  eh  gedacht.    Göthk  1,75; 

und  er  schlummert  fast, 

als  ein  seltner  gast 

sich  zur  ofnen  thür  herein  bewegt.    1,243; 

zieret  stärke  den  mann  und  freies  mutiges  wesen, 

0  so  ziemet  ihm  fast  tiefes  gebeimnis  uoch  mehr.     1,291; 

ich  habe  alle  bände!  dieser  erde 

bis  fast  auf  die  erinnerung  verlernt.    ScaaLEit  ii^; 

wir  sind  schon  fast  beruhigt,  hoher  herr.  Uula?ids  Ernst  279. 
die  adverbia  fest  und  fast  liegen  uns  ganz  verschieden:  fest 
glauben  ist  firmiter  credere,  fast  glauben  fere  crcdere ;  fest  halten 
caplum  tenere,  fast  hallen  paene  serrare  u.  s.  tr.  hier  noch  bei- 
spiele  des  fast:  so  sind  sie  fast  alle;  fast  thue  ich  es  nicht; 
das  ist  mir  fast  unbegreiflich;  er  wäre  fast  gestorben;  sie 
hätte  sich  fast  die  finger  verbrannt;  fast  alle  entflohen,  geht 
dem  alle  eine  praep.  vorher,  so  Idszt  sich  fast  sowol  vor  sie,  als 
zwischen  We  und  das  adj.  setzen:  ich  habe  es  fast  mit  allen 
verdorben,  fast  von  allen  vernommen,  fast  auf  alle  bezogen 
und  ich  habe  es  mit  fast  allen  verdorben,  von  fast  allen 
vernommen,  auf  fast  alle  bezogen. 

F.\STE,  f  jejunium,  ahd.  faslä,  mhd.  vasle,  nnl.  raste,  alt*. 
fasta,  gen.  föstu,  scAir.  fasta.  dän.  faste,  ü.  post  m.  böhm. 
pust,  finn.  paasto,  lü.  pastninkas,  pasninkas,  das  golh.  wort 
laulä  fastubni  statt  fast6.  ron  der  würzet  unter  dem  verbum. 
Bopp  50'  vergleicht  das  skr.  upavasta,  bei  Böbtling  1,  972  upa- 
vasatha  n.,  fasttag,  Vorabend  des  opfers,  von  der  wund  vas,  goth. 
vasjan  induere,  vestire,  vgl.  vasti,  vestis,  so  dasz  man  unsem 
anlaut  f  sowol  aus  der  vortrdenden  partikd  upa,  vtiÖ,  als  un- 
mittdbar  aus  dem  in  f  übergehenden  v  der  wurzel  deuten  könnte; 
doch  tritt  sonst  in  vasjan,  vasli,  ahd.  werian  kein  t  hervor, 
natürlicher  scheint  also  das  subst.  fasta  und  fastubni,  ohne  rück- 
siclit  auf  die  skr.  benennung,  von  dem  verbum  fastan  abzuleiten, 
die  jüdische  faste  wurde  schon  in  frühster  zeit  lu^ich  mit 
dem  dtriatenthum  eingeführt,  nirgends  erhellt,  dasz  bereits  die  heid- 
nisdie»  Deutschen  vor  ihren  opfern  fasteten;  eine  frau  Fasle  per- 

85* 


1351 


FASTE  — FASTEN 


FASTEN 


1352 


sonificierle  man  späterhin  aus  frone  faste  (mylhol.  742).  unAocft- 
deulsch  ist  wol  der  oß  gesetzte  nom.  sg.  fasten,  obgläch  zum 
nnl.  vastene  neben  vaste,  zum  alts.  fastunnia  neben  fasta  slim- 
mend;  sMe  fastunnia  nicht  mit  golh.  fastubni,  das  auch  weiblich 
erschänl,  zusammenluingcn  ? 

1)  kirchlich  gebotene  oder  auferlegte  faste,  enthaltung  sowol  von 
allen  sjieisen  bei  feierlichem  anlasz,  als  auch  von  einigen,  nament- 
lich fleischspeiscn :  laszt  eine  fasten  ausschrcicn.  ikön.  21,9; 
und  lieszen  ein  fasten  ausschreien.  9,  12;  Josaplial  aber 
furchte  sich  und  liesz  eine  fasten  ausrufen  unter  ganz  Juda. 
2  chron.  20, 3 ;  und  ich  liesz  daselbst  am  wasser  eine  fasten 
ausnifcn.  Esra  8,  21;  die  geschichte  der  fasten  und  ires 
Schreiens.  Esther  9,31;  soll  das  ein  fasten  sein,  das  ich  er- 
weien  sol.  Es.  58, 5.  6  (in  diesen  stellen  n.) ;  es  begab  sich 
aber  im  fünften  jare  Joiakim,  das  man  ein  fasten  verkündigt 
für  dem  hern  allem  volk  zu  Jerusalem.  Jer.  3G,  9 ;  heiliget 
eine  fasten,  ruft  der  gemeine  zusamen.  Joel  1,  24.  man  sagt, 
er  hält  seine  fasten  streng,  er  bricht  sie.  da  deutet  er,  was 
er  eine  rechte  fasten  heisze,  nemlich  nicht  die  kinderfasten, 
ja  lügenfasten,  die  nur  den  namen  hat.    Luther  C,  477". 

2)  die  bistimmte  fastenzeit:  da  nu  vil  zeit  vergangen  war 
und  nu  mehr  fehrlich  war  zu  schiffen  darumb  das  auch  die 
fasten  schon  vorüber  war.  apostclg.  27,  9.  in  der  katholischen 
kirche  die  vierzig  tage  vor  dem  o^erfest,  woher  der  name  qua- 
dragesima,  it.  quaresima,  fr.  caresme,  careme.  fastelabend 
fällt  auf  den  montag,  fastnacht  auf  den  dienstag  nach  quinqua- 
gesima,  dann  folgt  aschermillwoch  und  nun  geht  die  eigenlliche 
faste  an.  man  ruft  solange  faslelabend,  bis  die  faste  kommt; 
nach  dem  süszcn  kompt  das  sawer,  nach  der  fasznacht  alhvcg 
die  faste.  Gartneri  dict.  proverb.  116*;  die  faste  wird  bald 
da  sein ;  /ias/n.  n'  72  ein  rechtstreü  zwischen  fastnacht  und  faste, 
die  beide  persönlich  gegen  einander  auftreten: 

wan  sie  {die  fastnacht)  clagt,  die  fast  hab  sie  verdrungen. 

fastn.  624,8; 
denn  mich  hat  die  fast  erschlichen.    624,21; 
die  fasnacht  wolt  sich  gern  an  der  fasten  rechen, 
so  sprich  ich  {ralherr)  die  fast  ist  erdacht  in  gut, 
nun  ist  man  in  der  fasnacht  wol  gemut, 
so  musz  man  jeder  zeit  thun  ir  recht, 
sie  lassensx  wol  sein  gen  einander  schlecht.    625,7; 
nu  seit  ir  all  worden  beschwert 
von  der  fasten,  die  mich  hat  vertriben.    628,19; 
so  ist  die  fast  der  fasnacht  auf  dem  nacli  gesessen.    629,22; 
was  kann  man  besser  thun  den  abend  vor  der  faste 
als  dasz  man  Bacchus  lobt?    Opim  1,428; 
wir  Werdens  nach  der  faste  hören.    Kl.  Schkidt  poet.  br.  180. 

3)  überhaupt  enthaltsamkcit  von  speise  und  trank:  der  arzt 
hat  faste  vorgeschrieben; 

haslu  einen  rausch  gehabt?  geh  zu  fllzen  nur  zu  gaste, 

dann  auf  einen  starken  rausch  nützet  eine  strenge  faste. 

LocAü  1,  186,82; 

80    eine  kurze  fasle  wird  noch  auszustehen  sein.    Weise  kl. 

leute  16.     s.  freszfaste,  frohnfaste,  geizfaste,  goldfastc,  heuchel- 

faste,  mittelfaste,  weichfaste. 

FASTELABEND,  m.   ffir  fastenabend,   gleichl  dem   kindel- 
bett,  Wünschelding  u.  s.  w.    auch  dän.  fasteiavn  nach  dem  ni. 
aJiermannsfastelabend  ist  der  dienstag,  die  fastnacht. 
sih,  wer  mag  da  fastlabend  gan? 
das  ist  ein  eventürscher  han.    Strickers  sc/i/emmcr"  g5'. 

FASTELABENDESSPIEL,  n.  was  faslnachlspiel. 

FASTELER,  m.  jejunator:  darumb  predigt  auch  Esaias  wider 
solche  verkerete  fasteler.  Ll'tmer  4,277';  zu  diser  zeit  {um 
1030)  ist  aufkommen  die  sect  der  fastler,  welche  sich  ver- 
pflichteten am  frcilagc  zu  wasser  und  brot  zu  fasten.  Nigrinus 
papist.  inquis.  1582  s.  364.    Stieler  442.     vgl.  faslcr. 

FASTELMOND,  m.  mensis  jejunii:  gotl  hat  uns  gestiftet 
den  fastelmond  der  Sarazenen  (den  ramazan).   Luther  8,  27*. 

FASTELNACHT,  f  fastnacht. 

FASTELTAG,  m.  fasttag:  am  fasteltage.  /w.  36,  6;  es  musi 
ja  sein,  das  man  etliche  zeit  unterscheide  und  ausmale,  als 
fastel  und  feirtage.     LcTnEa  5,407*. 

FASTEN,  jejunare,  vrjareveiv,  nicht  essen,  goth.  fastan 
fastaida,  ahd.  fasten  fast^ta,  mhd.  vasicn  vasle  für  vastete, 
nnl.  Tasten  vasttc,  ags.  fiistan,  engl,  fast,  altn.  fasta  fastadi, 
*chw.  fasta,  ddn.  faste,  das  goth.  wart  ist  nun  ganz  eins  mit 
faitan  fastaida,  tr^QÜv,  xariy^en;  tpvlnrTtw,  welche  hallen, 
fetthatten,  darum  aurh  enthalten  ausdrücken,  weil  der  das  gebot 
haltende  sich  aller  Uberirctung  enllidlt,  yaiixeiv  namentlich  ist 
halten,  atüuäten,  turückhalten ,  inne  halten,  sich  enthalten,  zwar 
itefa  keiner  dieser  gr.  ausdriicke  fiir  vricnei'eiv,  allein  die  beiden 
folh.,  auch  in  Utrtr  flexwn  gtekhen  vttta  {Owen  lieft  doch  nicht 


von  einander  sondern,  so  wenig  als  unser  halten  und  sich  ent- 
halten, oder  teuere  und  abstinere  =  inediam  palt,  die  dem 
kirchlichen  wort  zum  grund  liegende  allgemeine  bedeutung  fastan 
fastaida  =-  sert'are,  (etiere  gieng  hernach  alten  unsern  übrigen 
sprachen  verloren  und  wurde  durch  das  fastan  fastaida  jejunare 
absorbiert,  da  nun  sämtliche  sl.  sprachen  einstimmendes  posliti, 
poln.  po^cic  ^CHfl/iccK  H»rftH  d/e/?nn/ic//e  paastola,  Ci/n.  paaslina 
eingedrungen  ist,  ohne  dasz  irgend  jewr  sinn  von  servare,  tcnere 
außauclit;  so  musz  man  annehmen,  dasz  diese  Völker  hier  die 
tcrminologie  des  jüdisch  chtistlichen  cultus  von  den  Gothen  em- 
pßengen,  wie  auch  Miklosich  {rad.  65)  posliti  aus  goUi.  fastan 
herleitet,  im  altn.  Kräkumäl  16  heiszl  es 
löt  ei  örn  ne  ylgi  fasta, 
nec  aquilam  nee  lupos  esurire  passus  est,  magna  edita  homi- 
num  slrage  fcras  pavit.  das  christliche  fasten  für  nichtesscn  odtr 
hungern  konnte  sich  lange  vor  ihrer  bekehrung  unter  die  heiden 
verbreitet  haben  und  Verwegenheit  schiene,  für  dies  fasta  nach 
einer  andern  witrzel,  z.  b.  fasti  ignis  umzuschauen,  wozu  der 
nord.  opferbrauch  gar  keinen  anhält  bietet,  fastr  ßrmus  stützt 
das  verbum  fasta  hinlänglich,  und  jenes  skr.  upavasatha  lie^ 
cd),  obschon  im  zurüstcn  des  opfcrs  eine  naQaay.svJj  enthalten 
ist.  wer  möchte  auf  dem  oben  eingeschlagnen  weg  umkehren  und 
fastan  servare  aus  fastan  jejunare  leiten?  im  pentateuch  kommt 
noch  kein  fasten  i'or  idenn  3  Mos.  16,29  redet  von  bloszer  casteiung 
des  leibs),  erst  in  den  folgenden  büchern. 

1)  da  zogen  alle  kinder  Israel  hinauf  und  alles  volk  und 
kamen  zum  hause  goltes  und  weinclen  und  fasteten  den 
tag  bis  zum  abend,  rieht.  20,  26 ;  und  sie  kamen  zusamen 
gen  Mizpa  und  schepften  wasser  und  gossens  aus  für  dem 
herrn  und  fasteten  den  selben  tag.  1  Sam.  7,  6 ;  was  ist  das 
für  ein  ding,  das  du  thust?  da  das  kind  lebt,  fasfestu 
(/■.  fastetestu)  und  weinetest,  nu  es  aber  gestorben  ist,  stehestu 
auf  und  issest?  2  Sam.  12,  21;  ich  aber,  wenn  sie  krank 
waren,  zog  einen  sack  an,  thet  mir  wehe  mit  fasten  und 
betet  von  Iierzen  stets,  ps.  35, 13 ;  und  ich  weine  und  faste 
bitterlich.  69,11;  meine  knie  sind  schwach  von  fasten  und 
mein  fleisch  ist  mager  und  hat  kein  fett.  109,24;  und  sie 
und  iie  weiber  demütigeten  sich  mit  fasten  und  beten.  Judith 
4,7;  und  war  bekleidet  mit  einem  sack  und  fastet  teglich. 
8,6;  da  sie  aber  die  feinde  sahen,  sprachen  sie,  unser  ist 
wenig,  dazu  sind  wir  matt  von  fasten,  lilfocc.  3, 17;  und  da 
er  vierzig  tag  und  vierzig  nacht  gefastet  hatte,  hungert  in 
{ahd.  inti  mitthiu  her  thö  fasleta  fiorzug  tago  inti  fiorzug  nahtö, 
afler  thiu  hungirita  inan,  ags.  and  J)d  he  ftiste).  Malth.  4,2; 
wenn  ir  faslet,  solt  ir  nicht  sawr  sehen,  wie  die  heuchler 
{ahd.  thanne  ir  fastet,  ni  curct  wi?san  sös6  thie  lihhizara 
sint,  goth.  a})|)an  bi|)e  fastailh,  ni  vair|)ai|)  svfi  pai  liutans 
gaurai).  6,16;  wenn  du  aber  faslest,  so  salbe  dein  heubt 
und  wasche  dein  angesicht  {ahd.  thanne  thö  fastfis,  salbA 
thln  houbit  inti  thin  annuzzi  Ihuah,  goth.  i|)  \>n  faslands  salb«'» 
haubij)  j)ein  jah  ludja  jieina  {)vah).  6, 17 ;  warum  fasten  die 
jünger  Johannis  und  der  phariscer  und  deine  jünger  fasten 
nicht?  Marc.  2,18;  und  war  nu  eine  widwc  bei  vier  und 
achzig  jaren,  die  kam  nimer  vom  tempel,  dienet  gott  mit 
fasten  und  beten  tag  und  nacht  {goth.  sAh  ni  aliddja  fairra 
alh  faslubnjam  jah  bidöm  blölandei  fraujan  nahtam  jah  dagam). 
Luc.  2, 37 ;  ich  fasle  zwier  in  der  wochen  {goth.  fasta  tvaiin 
sin|)am  sabbataus).  18,12;  ich  habe  vier  tage  gefastet  bis  an 
diese  stunde,  ajmstelg.  10,31;  o  heiliger  vater,  mein  fasten 
ist  leider  klein  gewesen,  die  fasten  und  goldfaslen  ausge- 
nommen, ich  zu  dem  minslen  in  wasser  und  prot  drei  tag 
in  der  woche  han  gefast.  SteinhOwei.  dec.  23,20;  zu  wasser 
und  zn  brot  fasten.  Keiskrsr.  omeis  90*;  ellich  andechlig 
Juden  undcr  ihn  faslen  disc  zwen  tag  gar  on  alle  speis. 
Frank  weltb.  14s';  etliche  tage  zu  wasser  und  brot  faslen. 
MELANcnrn.  im  corp.  doctr.  ehr.  267  ;  zu  wasser  und  brot  faslen. 
Paracelsos  1,709*;  faslest  du,  wcsch  dein  angesichl,  damit 
du  für  gefastet  nicht  angesehen  werdest.  2,25t';  mir  wird 
es  schwer  zu  faslen ;  lange  fasten  ist  kein  brot  sparen. 

2)  fasten    angewandt   auf  enthaltsamkcit   oder  entbchrung  in 

andern  dingen,  namentlich  beischlaf: 

rinlh  sr'incr  torhtrr  jiilirc  her, 
bei  jedem  weiblichen  bngchr, 
das  Ihr  bokJemmuDg  gab,  tu  fallen. .    ,.  , 

TiiüimtL  ((.  keil,  kutan  0, 

wo  es  docli  atich  nichlessen  bedettlen  könnte,  der  zusammenlutng 
musz  entschetden;  meine  Amalia  bleibt  in  den  klauen  de« 
ligers,  wDhrend  dasz  meine  räch«-  ficlin  musi.  Stiiiu.ER  12*'; 


1 353   FASTENANDACHT  —  FASTNACHT 


FASTNACHT 


t354 


du  bist  lange  nicht  bei  uns  gewesen,  du  hast  uns  lange 
fasten  lassen. 

3)  einen  oder  einem  fasten,  Hin  durch  die  faste  ehren: 

s.  Georg, 
den  alle  künig,  fürsten  und  herren 
fasten,  feiren,  loben  und  ehren.    WiLDis  päbst.  reich  Cc', 

oder  wicin/ er  festen,  tnlal.  festare,  /ir.  feter?;  s.  Mdaus  kumpt 
bald  darauf,  dem  fasten  die  jungen  knaben.  Frank  «ei/t.  133"; 
man  feiret  die  heiligen,  denen  man  fastet,  denen  man  nicht 
fastet  die  feiert  man  nicht.    Lebman.n  174. 

4)  sich  fasten: 

wenn  ein  bonz  sich  zur  pagode  fastet.    Wielasd  9,237. 

FASTENANDACHT,  f.  excrcitium  qtiadragesimae. 

FASTENBLL'ME,  f.  primula  veris,  iceü  schon  zur  faslenzcit 
sprieszend. 

FASTENBRECHER,  vi.  qui  jejunium  non  observal ,  carne 
rescüur:  wie  im  zehnten  Jahrhunderte  den  catholischen  faslen- 
brechern  man  die  zahne  ausschlug.   J.  P.  faslenpr.  54. 

FASTENBRETZEL,  f.  ein  ungesäuertes  backtcerk. 

FASTENBROT,  n. 

FASTENBRUDER,  wi.  ein  spiel  bei  Fischart  n*  84. 

FASTENFEIGE,  /.  carica.    Maaler  132'.     vgl.  faszfeige. 

FASTENFEIND,  m.  frugalilalis  inimicus.    Stieler  461. 

FASTENGEBET,  n.  dän.  fastebön. 

FASTENHALTER,  m.  religiosus  jejuniorum  observodor.  Stie- 
ler 740. 

FASTENHANDSCHIH,  m.  primula  veris  elalior.  handschuh 
heiszt  sonst  aquilegia  vulgaris. 

FASTENKÄLE,  /l  ?   faüenspeise.     mhd.  von  der  bohne: 
si  rßhtiu  vastenkiuwe.    Walth.  17,  27. 

FASTENKNECHT,  m.  für  fallknecht,  abdecker.   Schmid  182. 

FASTENKRAUT,  n.  salgama.    Maaler  132*. 

FASTENKUNKEL,  f.  gib  mir  ein  kunkel  woll  und  flachs, 
mach  mir  ein  fastenkunkel,  daran  ich  hinfür  spinn,  ich  hab 
bishar  itel  kuder  gespunnen,  nit  guts,  lere  mich  gut  flachs 
und  woll  spinnen,  und  gib  mir  ein  kunkel.  Keisersb.  W^er  49'. 

FASTENLIED,  n.  das  in  der  fastenzeil  gesungen  wird. 

FASTENPREDIGER,  m.  siefie  das  folgende. 

FASTENPREDIGT,  f.  concio  anlepaschdis  : 

dadurch  sind  unsre  mängel  nicht  erledigt, 

■was  willst  du  jetzt  mit  deiner  fastenpredigt?    Göths  41,16. 

FASTENSCHLIER,  in.  scolopax  arquata,  charadrius  pluvialis, 
groszer  brachtogel:  brachvögel  giebet  es  dreierlei,  erstlich  die 
keilhacken  oder  fastenschlier  genant.  2.  saathüner.  3.  ditigen. 
HoHBERG  3.  2,  324.  trar  es  diese  art  vvgel  in  der  faste  zu  essen 
gestaltet  ? 

FASTENSONNTAG,  m.  dominica  anlepaschalii. 

FASTENSPEISE ,  f.  cibus  jejunii  tempore  concessus.  ddn. 
fastemad,  fastekost. 

FASTENSUPPE,  f.  magere  suppe. 

FASTENUNINNE,  ein  altes  unegenlied,  das  die  amme  sang  um 
das  kind  schlafen  zu  machen:  dicuntur  carmina,  quae  nutrix 
cantat  circa  puerum  movendo  cunas,  nach  einer  Magdeburger 
hs.,  die  Kisderlinc  in  Adelungs  magazin  II.  1,  81  auszog,  ähn- 
lich dem  gesang  suseninne,  suseninna.  me  susen,  sausen, 
schlafen  soll  das  Mnd  fasten,  sich  des  Irinkens  enthalten,  ruhen. 

FASTENZEIT,  /.    1)  lempus  anlepaschale. 

2)  jejunium: 

die  canzelei  hält  fastenzeit.    Locau  1,177,47. 
camispririum.    Stieler  2620. 

FASTER,  m.  jejunator. 

mhd.  siis  wart  der  gitliche  vräj 
ein  iiaster  dir  beste, 
den  man  in  dfir  werlde  westc.    Wackerjcagels  Ib.  587,1. 

nhd.  heut  ein  faster,  morgen  ein  fresser;  ein  hungerleider 
ist  kein  faster.  Stieler  441.     vgl.  fastcler  und  heuchelfaster. 

FASTERLICH :  fasterliche  speisen ;  es  ist  mir  nicht  faster- 
lich,  displicenl  müii  jejunia.    Stieler  44t.     vgl.  esserlich. 

FASTETE,  m.  einer,  der  in  der  faäe  begriffen  Ut,  schon  ge- 
fastet hat  und  zu  fasten  fortfährt:  und  das  essen  und  trinken 
mich  besser  hab  lassen  dünken,  dann  einem  fasteten  durch 
gottes  willen  zugehört.  Bocc.  1,  14,  gebildet  tric  aufwartete 
1,772.  bediente  1,1232.  doch  SrEirtnöwEL  selbst  schrieb  23, 2S 
einem  fastenden,  im  original  a  chi  digiuna 

FASTLICH.  firmUer.    Stieler  441.     alid.  fastlicho. 

FASTNACHT,  f.  quadragesima,  it.  carnoTaie,  fr.  carneval. 
Verknüpfung  der  faste  mit  dem  wortt  nacht  tcheinl  nur  bei  uns 


vorzukommen,  es  ist  eigentlich  vigilia  quadragesimae,  reille  du 
eareme,  die  letzte  derb  ausgenossene  freszzeit  vor  dem  beginn  der 
faste,  vgl.  fastelabend,  zwar  läszt  sich  ahd.  neben  fastatac 
{dies  jejunii)  kein  fastanaht  {das  wäre  nox  antecedens  jejunium) 
aufweisen,  mhd.  aber  begegnet  vastnaht  Jeroschi5  23337.  myst. 
3,  6.  149,  26.  in  des  Frid.  Küdiz  Verdeutschung  des  Berit  34, 17 
und  in  noch  späteren,  mhd.  tcb.  2,  302  angeführten  stellen,  nhd. 
bleibt  die  volle  Schreibung  aufrecht  erhalten  von  Henisch  1015,  5. 
Stieler  1322.  Frisch  I,  251.  Adelung,  unter  den  früheren 
schrißstellern  z.  b.  von  Ickelsameb.  doch  tritt  schon  mhd.  vasnaht 
für  vastnaht  ein  Parz.  409,  9.  LS.  3,  387,  und  in  den  von 
Keller  herausgegebnen  fasnachtspielen  slüszt  man  allerwärts  auf 
vasnacht,  fasnacht,  fasenacht,  irorads  allmälich  die  schlechtere 
form  fasznacht  erwuchs,  wie  äe  sich  bei  Serbancs  synon.  65*, 
diction.  c2',  bei  Faisiüs  150'.  Maaler  132',  bei  Lcther  und 
H.  Sachs  fijidet.  dies  fasnacht  darf  nur  nicht  verleiten,  das 
wort  auf  eine  andere  würzet  als  fasten  zurückzuführen,  uie  schon 
Zarnre  mhd.  wb.  2, 30l'  mit  recht  rügt,  während  es  Müller 
3,  330'  unter  vise  gebradU  hat.  vas  für  vast  ist  keine  andere 
cAstumpfung  als  die  auch  in  runs,  kuns,  guns,  fris  für  runst, 
kunst,  gunst,  frist,  ja  im  nd.  is  für  ist  erscheinende,  wogegen 
anderemal  ein  ungehöriges  t  hinzutrat,  habicht  für  habich  «.  s.  w. 
in  der  Schweiz,  in  Schwaben,  im  Elsasz  herscht  noch  heute  fasz- 
nacht, wie  in  Ostreich  und  Baiern  fasching  vor,  selbd  das  lit. 
pasninkas  gilt  für  pasfninkas.  ohne  gefahr  dürfen  die  folgenden 
belege  fastnacht,  fastennacht,  fasnacht  und  fasznacht  mischen, 
die  fastnachtzeit  war  eine  der  fröhlichsten  im  jähr,  Spielleute,  schwert- 
tänzer  und  fechter  zogen  durch  das  land  in  die  wirtsiiäuser  und 
trugen  den  gasten  ihre  belustigenden  spiele  vor: 

die  vasnacht  machet  vil  läppen,    fasln.  91,19; 

die  vasnacht  kan  vil  narren  machen 

und  das  man  irs  Schimpfs  mug  lachen.    92,2;  329,10; 

wir  sein  euch  kumen  zu  eren, 

ob  wir  eur  freud  hie  mochten  meren 

und  euch  machen  einen  guten  mut, 

als  man  dan  in  der  vasnacht  tut.    97,17; 

herr  wirt,  wir  wollen  urlaup  han, 

wan  wir  muszen  noch  ferrer  gan, 

und  nerat  den  schimpf  von  uns  vergut, 

der  vasnacht  man  doch  ir  recht  tut.    108,1; 

herr  wirt,  ir  tugenthafler  man, 

ir  sult  uns  nicht  verubel  han, 

das  wir  herkumen  ungeladen, 

es  sol  euch  bringen  keinen  schaden. 

wir  wollen  ein  kleine  weil  harren 

so  wert  ir  hören  von  den  narren, 

das  euch  mocht  machen  guten  mut, 

als  man  dann  in  der  vasnacht  tut.    121,11; 

das  kijndt  ir  euch  selbs  wol  bedeuten, 

das  iez  die  vasnacht  ist  inn  leuten.    137,2;  319,23; 

mit  guter  nacht!  ir  sitzt  leicht  lenger, 

ob  euch  die  fasten  wurd  desi  strenger, 

dan  euch  die  fasnacht  ist  gewesen."  198,13; 

ir  herren,  habt  unsern  schimpf  vergut 

und  seit  die  vasnacht  wolgemut. 

ob  wir  zu  grop  gehobelt  han, 

so  mugt  ir  selber  wöl  verstau, 

das  man  die  vasnacht  fester  tobt 

dan  in  der  karwochen,  so  man  got  lobt. 

223,3;  rg/.  329, 13.  773,3; 
darumb  so  halt  euch  all  bescheiden, 
und  lebt  die  vasnacht  mit  freiden.    246, 21 ; 
her  der  wirt,  ir  solt  uns  gute  nacht  geben 
und  sult  die  fasnacht  frölichen  leben.    312,25. 

in  einem  merkwürdigen  stück  n'  51  tritt  die  angeklagte  fastnacht 
in  person  auf,   rertheidigt  sich  und  wird  losgesprochen,  sie  sagt: 

man  vastet  die  tag,  der  abent  ich  pin.    389,10, 
d.  h.   sie  bringt   die  sechswöchige  fasle  mit  fröhlichkeit  ein,   der 
richter  ruß: 

nach  klag  und  antwort  aller  teil 
seit  fort  all  fasnacht  frisch  und  geil, 
lat  sie  der  fasten  abent  sein, 
bringt  sie  die  sechs  wochen  wider  ein, 
wann  darumb  ist  es  fürgenumen 
und  ist  das  alt  und  lank  herkumen; 

«nd  der  gesegner  {der  das  spiel  gesegnet,  entldsst): 

wir  wollen  die  fasnacht  han  erschreckt, 
so  hab  wirs  erst  recht  aufgeweckt.    390,  14. 

aus  den  übrigen  stücken,  aus  den  gedickten  von  Folz,  H.  Sachs 
und  Ayrer  lassen  sich  ähnliche  stellen  in  menge  heben  und  daraus 
lebendige  bilder  von  den  unter  dem  volk  üblichen  gebrauchen  ent- 
werfen, man  musz  dabei  nur  nicht  von  den  Bacchanalien  aus- 
gehen, die  bald  unsern  Berchtcntag  zu  eingang  des  jahrs,  bald 
unsere  fastnacht  deuten  sollen,     dem  Dastpodics  (l,  1215)  und 


1355   FASTNACHT  — PASTNACHTBROT 


FASTNACHTBÜTZ  —  FASTNACIITRUTHE  1356 


nach  ihm  dem  Sehranus  war  Bäclitetag  oder  Bechtag  geradesu 
Bacchusfest  und  ükc/j  fasznacht;  Ickelsamer  gramm.  D  4' drücW 
sich  so  aus:  wenn  dann  die  Teiilschen  auch  verstünden  den 
namen  faslnacht,  was  er  hiesze  und  wie  er  elwan  von  den 
Christen  aufgesetzt  und  gehalten  wäre  worden,  wurden  sie 
auf  solche  zeit  nit  su  toll  und  unsinnig  sein  und  ein  fest 
hallen,  wie  die  unglauhigcn  heiden  vor  Zeiten  irem  Bacho 
und  andern  iren  (eufelischen  abgütern  thäten.  das:  diese 
erklärungsucüe  forthcrschle,  erhellt  aus  einer  unter  fatzcrei  mil- 
gelhciUen  stelle  1'uilanders,  uie  auclt  Opitz  1,  42S  die  fasle  mit 
Bacchus  verbindet,  mügcn  bacchanalien  oder  dionysien  im  allge- 
meinen, da  Ko  sich  fa^  alle  Volksfeste  berühren,  unsern  fasl- 
nachtsgcbräuchcn  gleichen,  diesen  fehlt  gerade  zu  alle  beziehung 
auf  den  ucinbau  und  des  weingoUes  verherlichung. 

hier  sind  noch  weitere  stellen  über  fastnacht  und  was  wdlirend 
ihrer  fcier  bis  in  spätere  zeit  hinab  geschah,  wozu  man  halle  was 
die  nachfolgenden  Zusammensetzungen  ausdrücken:  ich  wil  Hans 
Schanzen  letzte  wort,  da  er  zeter  über  gevvalt  geschrien  und 
darauf  gestorben,  das  er  solchen  tod  nicht  verdienet,  mit- 
nenien  und  e.  c.  f.  ein  fasznacht  bringen,  so  ich  lebe  und 
gesund  bin,  die  sol  lustig  und  gut  sein.    Lutuer  6,301''; 

zuletzt  kam  auch  die  gute  Lent, 

die  hatt  Jen  rock  gar  umbpewendt, 

und  hat  die  har  nicht  aufgemacht 

und  gieng  gleichwie  ein  fassennacht.    Albbros  128; 

er  maint  leicht  es  sei  fassennacht, 

die  alle  weit  zu  narren  macht, 

da  lotterbuhcn  und  schalksnarrn 

den  platz  haben  und  stehn  daforn.    Nasüs  nasenesel  36*; 

im  hornung,  die  sonn  hat  fisch  gekauft,  darob  jederraan  zum 
narren  wird  und  fasznacht  hält.  Fisgiiart  groszm.  99 ;  mein 
gnädigste  frau  fasznacht  wird  ihren  rechtshandel  stalllich 
gewinnen.  40;  um  dieselbigc  zeit  fallt  Martini  ein,  da  fängt 
bei  uns  Teutschen  das  fressen  und  saufen  an  und  währet 
bei  theils  bis  in  die  fasznacht.    Simpl.  K.  483; 

ich  freu  mich  diser  fasenacht.    ühland  643; 

ich  sih  ein  fasznacht  schon, 

die  thut  sich  dort  hernehen, 

hat  ein  narrcnkappen  an.    Ayrer  fasln.  159'; 

weil  die  weit  jetzt  fasznacht  laufet.    Locau  3,201,61; 

ToUer  fastnacht  ist  die  weit,  thorheit  klebet  jedem  an, 

dort  wird  blosz  stehn  jeder  sinn,  der  sich  hier  vermummen  kan. 

2,201,32; 
der  maskerade  göttin,  die  in  der  fasiennacht 
die  dicken  nasen  zierlich,  die  kleinen  schcuszlich  macht. 

Dusch  verm.  werke  156; 
der  hornung  kommet  nun  mit  fastennacht  gegangen, 
nun  lindert  sich  die  kalt,  nunmehr  die  tage  langen. 
dessen  kalendcrrcimc ; 

magen  und  kehle  feiern  heute  bei  mir  fastnachten.  Lessing 
3;  50 ;  wir  waren  gestern  nachts  auf  dem  ball,  meine  Evc 
und  ich,  unser  herr  leutenant  hier  oben  liesz  uns  die  leih- 
liche ruh  nicht,  die  ganze  fasznachten  über  hat  er  uns  alle 
Sonntag  sehr  inständig  gebeten,  ihm  die  ehr  anzuthun.  11.  L. 
Wagneb  kindermörderin  26; 

da  tragt  der  fastnachtsnarr  zum  tanz  und  spiel  sein  geld, 
und  lacht,  wenn  hier  im  haus  der  teufel  fastnacht  hält. 

GöTHE  7,59; 
heut  gilt  es,  wer  den  andern  niedertrinkt, 
denn  euer  rcgiment  will  uns  hewirthen. 
wir  wollen  eine  lustge  fastnacht  hallen, 
die  nacht  sei  einmal  tag,  bei  vollen  gläsern 
erwarten  wir  die  schwcdscbe  avantgarde.    SfHiLLKR  391% 

doch  liest  die  erste  ausg.  des  Walienstein  von  1800  2, 17G  fasz- 
nacht, was  zu  des  dicIUers  scfiuäbLicher  mundart  stimmt,  die 
folgenden  ausgaben  besserten  faslnacht  und  da  wo  Schiller  in 
der  ersten  ausg.  2,213  gedichtet  halte: 

e»  i«t  heut  fasznacht,  und  ein  essen  wird 
gegeben  auf  dem  schlosz, 

heiizl  et  später  fastnacht.   398*;    da  im  kriege  doch  immer 
Sommer  und  wintcr,  fasten  und  ühcrgenusz,  fasllag  und  fast- 
nacht wechseln.  J.  1*.  friedrnsjir.  6.     man  saiß,  grüne  fastnacht, 
weisze  ostcrn;  halt  fastnacht,  so  hast  du  guteostern;  ineiir 
zu  Ibun  haben  als  die  pfannc  vor  fastnacht  =  allzu  gesduißig 
sein,     die  foUjmden  zusammcnselzunifn  schwanken  ztmchen  fast- 
nacht und  faAtnachlK,  deren  crsleies  hier  aufgestellt  wird: 
FASTNACIITAUFZIG,  m. 
wa*  will  die  trommel?  gebet  acbtl  'wni  für 
«in  faitiinchtaurzug  uiidwas  noll  der  huiV    Scuiller  .')21', 
in  der  erden  ausg.  ron  ISüi  fasznachtsaufzug. 
rASTNACHTBKÜT,  n. 


FASTNACHTBÜTZ,  BUTZE,  m.  lari'a,  morio  larvaius,  vgl. 
2,  588.  Maaler  132'  setzt  fasznachlböck  und  butz.  Stieler 
206,  264.  wan  on  zwifel,  si  {die  kinder)  werden  mich  fürchten 
als  einen  fasznachtbulzen.  Steinhöwel  £so;)  15  j5, 3';  wan 
sobald  mich  die  kinder  ersehen  haben,  so  haben  sie  mich 
für  einen  faslnachtbulzcn  gehabt.  4';  da  sprach  Xanlhus 
'losa,  du  fasznachtbutz ! '  17*;  darnach  erdichten  sie  neuwe 
fasznachtbulzen  und  larven,  damit  sie  die  groben  fülzen  (/üw) 
der  weit  geäffet  halten,    der  verzucket  pasquinus  1543.  D7; 

der  geiz  und  unser  eigner  nutz 

macht  manigcn  seltsam  fasznachtbutz. 

Schade  sal.  u.  pasq.  1,28; 

etlich  wie  fasznachtbulzen 

sich  gleich  theten  vermulzen.    H.  Sachs  1,79'; 

wer  vveisz  was  ich  dir  noch  möcht  nutzen, 

setzest  mich  für  ein  fasznachtputzen.    Wolcemuts  Esopiis  15; 

wenn  ein  Esopas  oder  dergleichen  larva  oder  fastnachtspulz 
fürgestellet  wird.  Luther  5,269*;  schem  dich  du  aller  fasz- 
nachtbutz !  TnuRXEissER  archid.  41 ;  manduci  waren  erschreck- 
liche fasznachlbutzen  mit  larven  und  groszen  köpfen.  Reiszxer 
JfTus.  2, 147* ;  ja  zu  diesen  authentischen  beschriebenen  fasz- 
nachlbutzen suchen  sie  noch  rumörtschere  ladengezierd,  die 
cim  allen  confect  erleiden  sollten.  Garg.  18';  die  absonder- 
linge  und  menschenscheue  w»rdcn  nur  für  albere  fanlastcn, 
faslnachtbulzcn  und  narren  gehalten,  wann  sie  auch  gleich 
noch  so  klug  und  gesclicid  wären.  Simpl.  K.  120. 
FASTiNACHTBLTZISCH,  larratus : 

mit  solcher  zucht  man  fasznacht  hell, 

also  hebelt  man  das  fcld 

in  der  fasznachtbutzischen  weit.    Garg.  51*. 

FASTNACHTEN,  faslnacht  halten.    Stalder  1,356. 

FASTNACHTFEUER,  n.    Stalder  1,356. 

FASTNACHTGESICHT,  n.  larva:  man  musz  solches  fas- 
nachtgesichte  unsern  feinden  abziehen  und  von  den  äugen 
des  gemeinen  mannes  die  schuppen  fällen.  Botschky  kanzl.  819. 

FASTNACHTHEER,  n.  das  wütende  lieer,  weil  es  zu  fasl- 
nachten  ausfahren  soll :  ich  hab  neben  andern  gehört  von  Johau 
Kennerer  pfarher  zu  Mansfeld,  seins  alters  über  achzig  jar, 
das  zu  Eislebcn  und  im  ganzen  land  zu  Mansfeld  das  wütend 
beere  (also  haben  sie  es  genennet)  für  über  gezogen  sei 
alle  jar  auf  den  fasnacht  dornslag,  und  die  Icut  sind  zuge- 
laufen und  haben  darauf  gewartet,  nicht  anders,  als  soll  ein 
groszer  mächtiger  keiser  oder  könig  für  über  ziehen.  Agricola 
spr.  667. 

FASTNACHTHUHN,  n.  wie  pfingslhuhn,  herbsthuhn:  der 
rittmeisler,  dem  solche  scherze  lieber  waren  als  fastnacht- 
hühner.  J.  P.  uns.  löge  1, 117.  vasenachthuener  in  einer  urk. 
von  1328  bei  Höfer  auswald  der  alt.  urk.  219.  vgl.  RA.  98.  374. 
Bluntschli  zürch.  rechlsg.  1.  276. 

FASTNACHTISCH,  horribilis,  fratzenliafl :  er  hat  Christum 
verjagt  und  ausgetrieben  und  sich  an  seine  slat  gesalzt  als 
ein  herr  und  hat  für  das  pricslcrthum  des  gcistes  ein  kin- 
disches und  fastnachlisch  prieslerthum  aufgerichl.  Luther  2, 3S'. 

FASTNACHTKNECHT,  f». 

doch  wer  der  narren  weis  thut  recht, 

der  ist  ein  guter  vasnachtknecht.    fastn.  735,6. 

FASTNACHTKRArFE,  m.   Schweiz,  fasznachlkräpni  n. 

gct,  liebe  geschwei,  den  kes  ncmpt  hin 

und  pacht  die  vasnachtkrapfcu  draus,    fastn.  53, 16. 

FASTNACHTLAUFEN,  n. 

FASTNACHTLARVE,  f.  die  fastnachularve  des  spaszes. 
J.   P.  Katzenb.  3,  70. 

FASTNACHTLIED,  m.    vasznachllicl.   faän.  1103. 

FASTNACHTLUST,  f  j>l.  ludicra  anU  solcnmia  jejunä. 

FASTNACHTNARR,  m.  fastwuMhur : 

ich  weisz  noch  etlich  fasznachtnarren.    Brant  IIC; 
sie  sprangen  herum  wie  gaukier  und  fasznachtsnarrcn.  Simi4. 
K.  205 ; 

da  tr&gt  der  fastnachtsnarr  zum  tanz  und  spiel  sein  gcld. 

CitTHII  7,59. 

FASTNACHTPEITSCHEN,  n.    s.  fastnachlrulhc. 
FASTNACHTPFAFFE,  m.  larven  und  faslnachtspfaffen  mag 
er  {der  bischof  mit  dem  citrcsem)  wol  aus  uns  machen.  Luther 

e,  05*. 

FASTNACHTPREDIGER,  m.  mit  dem  heiseren  hals  eines 
fnstnachtspredigrrs.    TiiL'mmel  6,406. 

FAST.NACIITRECIIT,  «.    ».  fastnachlrulhc. 

FASTNACIITRUTHE,  A;  hei  Übersendung  ci  lils- 

rulhe,   eigenllicJi  uol  zum  ascheal>krliren  an»  «s. '  ii<//. 

1, 6sü),  m  Saclisen  aschenruihe,  henuuh  :u  an., 


1357   FASTNACHTRUTHE— FASTTAG 


FASTTÄGIG  — FASZ 


1358 


kind,  sie  hat  mir  wollen  senden 

ein  gar  schönes  rüthelein 
welches  sie  mit  eignen  bänden 

hat  geflochten,  wie  ich  mein, 
bieniit  soll  ich  ohn  verbrechen 

mich  bestrafen,  wie  sie  spricht, 
warum  will  sie  sich  so  rächen? 

bah  ich  was  gethan,  mein  licht? 

Lel'coleo:«s  Galamelite  s.  195  • 

an  die  ruthe,  der  Doris  das  fastnachtrecht  zu  thun: 

ihr  zarten  reiser  gehet, 

wo  ihr  die  Doris  sehet, 

ja  gehet,  doch  was  leiser, 

0  leis,  ihr  zarten  reiser! 

ihr  müsset  heimlich  lauschen, 

nicht  in  die  kammer  rauschen, 

sie  möchte  sonst  erwachen 

und  sich  denn  fest  vermachen,    s.  201 ; 

bei  Übersendung  einer  fastnachtruthe : 

kind,  sie  wolle  meinetwegen 

diese  zarte  reiserlein 
sanft  auf  ihre  fösze  legen, 

wenn  sie  steigt  insDett  hinein,    s.  204; 

Cupido  an  die  Galamelite  mit  einer  ruthe  abgescbicket : 

ei  mein,  so  mach  dich  auf,  ei  mein,  thu  mir  zu  gute 
den  riegel  leise  weg,  wenn  Galamelite 
noch  in  den  federn  liegt,  dasz  sie  dir  nicht  entgeh, 

und  steupe,  bis  ihr  herz  vor  gegenliebe  blute,    s.  210; 

bei  Übersendung  einer  fastnachtruthe  auf  Bremen : 

diese  ruthe  schick  ich  weg  über  drei  und  zwanzig  meile, 
dasz  sie  an  dem  Weserstrom  euch,  mein  bruder,  übereile, 
nun  so  steupet  erstlich  euch,  dasz  ihr  nicht  zu  lüstern  werdet 
und  euch  gegens  Jungfernvolk  irgend  gar  zu  frei  geberdet, 
seinen  leib  musz  man  betäuben,   ob  wir  gleich  nicht  päbstisch 

sein, 
stellen  wir  doch  ganz  deswegen  nicht  das  fastnachtpeitscben 

ein. 
wenn  nun  dieses  ist  verbracht,  dann  so  streicht  in  eurem  namen 
eben  mit  derselben  gert  alle  nympfen,  alle  damen, 
derer  kundschafl  es  gestattet,  streicht  so  lang  es  euch  beliebt, 
bis  ein  jed  euch  heisze  weggen,  das  ist  warme  küsse  gibt. 

s.  211. 
FASTNÄCHTSCHMAUS,  m.  Götter  1,  249. 
FAST.XACHTSPIEL,  n.  vasnachtspil.  fasln.  96, 1. 128, 1  u.  s.  tr. 
hie  werdt  ir  hören  ein  vasnachtspil.  351,10; 
man  nennts  allein  ein  vasnachtspiel.  386,16; 
das  wir  gott  seibs  nicht  so  hoch  gefurcht  und  geehret  haben, 
als  diese  ire  nichtige  lanen  und  faslnachlspiel.  Lctber  6,95'; 
daher  die  newen  comödi  oder  fastnachtspiel  an  ir  statt  sind 
treten.  Frask  lob  der  totiwU  von.;  nun  der  menschen  leben 
alles  was  ist  es  anders  dan  ein  fastnachlspil,  in  welchem  je 
andere  mit  andern  schönbarten  bedeckt  herfür  treten.  23'; 
das  er  lugen  (sehen)  sol  fastnachtspiel,  tenz,  brautlouf  und 
dergleichen  weltlicher  freuden.  Keisersbebg  liellbch  low  dö'; 
mücht  ir  das  leiden,  so  wil  ich  ein  fein  fasznachtspiel  mit 
diesem  öden  künden  anrichten.  Wickram  rollw.  S5';  darumb 
etlich  sagen ,  der  tempel  zicrd  si  des  teufeis  fasznacht- 
spiel. sieben  pfaffen  klagen  he  nof.  o.  o.  und  j.  B2';  man  hat 
zu  allen  zeiten  solcher  art  kurzweiligs  gespötts  vorgehabt 
...  die  Teutschen  mit  fasznachtspiien,  freihartspredigen, 
pritzenschlagen.  Garg.  7 ;  ist  ein  fastnachtsspiel  gleich  hoch- 
verrath?  Göthe  8,215;  einem  groszen  übel  zusehen,  etwa 
einmal  drein  schlagen,  wie  im  fastnachtsspiel,  dasz  es  klatscht 
und  man  doch  etwas  zu  thun  scheint,  wenn  man  nichts  thun 
möchte.  8, 260 ;  ein  fastnachtsspiel,  auch  wol  zu  tragieren 
nach  Ostern.  13,57;  der  herzog  von  Albanien  erinnerte  zur 
zeit  der  allgemeinen  mummerei  die  alte  beherscherin  der 
könige  an  das  fastnachtsspiel  seiner  königlichen  prätensionen. 
29,  251. 

FASTNACHTTHOR,  m.  faslnatMnarr : 

nu  schweigt,  ir  weisen,  tut  auf  cur  oren 
und  bort  zu  den  vasnachttoren.    fasln.  97,  20. 

FÄSTNACHTTHORHEIT,  f.  mitten  unter  dem  gewühl  der 
fastnachtstborheitcn.    Göthe  29,  284. 

FASTNACHTWOCHE,  f.  sejAimana  jejuniorum,  fasenacht- 
woche.   Stieler  2533,  vgl.  fastwoche. 

FASTNACHTZEIT,  /.  me  fastenzeit :  da  die  narren  beginnen 
za  blühen,    fr.  Simpl.  1,57; 

der  tod  will  den  gebrauch  der  fastnacbtszeit  behalten, 
er  äschert  unser  naupt  mit  moder  aus  der  gruft. 
GCKTUEK  613. 

FASTTAG,  m.  dies  jejunii.  Stieler  2247,  mhd.  vasttac  Helbl. 
8,  883.  Tastetac.  Kelle  spec.  eccl.  5.  altn.  föstudagr,  sehw.  ddn. 
fastedag,  mhd.  vasteltac ;  vastac  steht  für  vasttac,  und  so  schreibt 
Maaler  132',  nicht  gelesen  habe  ich  fasztag  nach  analogie  von 
fasznacbt:  sobald  das  Schicksal  nicht  einen  ganz  uaerworteteo 


mardi  gras  an  seine  fasttage  stellte.  J.  P.  Fibd  108  (75) ;  jeder 
fasttag  hat  drei  fresztage. 

FASTTÄGIG,  icie  eintägig,  viellägig  gdfüdet. 

FASTTÄGLICH,  did  jejunii  similis:  ich  habe  keinen  ver- 
hungertem, keinen  fasttäglichern  tag  gesehen.  Lessisg  3,  50. 

FASTUNG,  f  jejunium,  ahd.  fastunga:  die  priester  sollen 
macht  haben  ihre  sündigenden  weiber  zu  binden  und  in  irn 
heusern  zu  behalten  zur  zucht  und  fastung.  Fram  chron.  366*. 

FASTWOCHE,  f  u-ie  fastnachtwoche.    fasln.  592,  7. 

FASTZELTEN,  pl.  faslbrelzel.    Katziporus  So'. 

FASUNG,  /.  fatuilas.  ineptiae,  faserei. 

F.VSZ,  n.  vas,  oxsvos.  kän  golh.  fat,  sondern  dafür  kas, 
ahd.  char,  alln.  ker.  ahd.  fa;,  pl.  faj  oder  paragogiich  fe5;ir, 
mhd.  va;,  pl.  vaj  oder  vejjer,  nhd.  fasz,  gen.  fasses,  pl.  fässer, 
dat.  fässern,  vormals  auch  fasz  und  fasse,  dat.  pl.  fassen. 
alls.  fat,  pl.  fatu,  nnl.  vat,  pl.  vaten,  ags.  fät  pl.  fatu,  engl. 
vat  (uol  nach  nnl.  vat),  alln.  fat,  pl.  föt,  schic.  fat,  ddn.  fad. 

«'ur;;e/  das  golh.  fitan,  ahd.  fejjan,  icovon  fajjön  parare, 
instruere,  also  faj,  gerät,  ganz  wie  oxsvos  und  oy.svdteo  zu- 
sammen gehören,  das  lat.  vas  vasis  ist  unverwandt,  obschon 
fat  =  vestis,  golh.  vasti  an  vasjan  vestire  gemahnt,  mit  dem 
pluralablaut  fäjun,  golh.  fetun  bildete  sich  aber  golh.  fetjan  omare 
so  wie  unser  geflisz,  gen.  geföszes,  das  dem  fasz,  fasses  gleich- 
bedeutig,  niclit  daraus  herzuleiten  steht,  wie  der  unterschied  der 
vocalquanlität  und  consonanz  leltrt.  ahd.  gifäji  commeatus  = 
alimentum,  cibatus,  bewirlung,  mhd.  gefxje: 

bäten  in  die  zwene, 

daj  er  sie  hielte  über  naht  .  .  . 

daj  versagete  der  aide 

und  in  des  gewalde 

stuont  da;  gefaeje  :  vergaeje.    G-4.  3,47. 

im  passional,  dessen  mundart  ^  ßr  ae  schreibt,  findet  sich  geveje: 
an  tranche  und  ouch  an  spise, 
so  man  is  indert  beste 
bebalden  aldä  weste 

in  vil  gutem  geveje  ( :  truchseje).    pass.  B.  36,30; 
er  belsete  uude  kuste 
der  kuchene  geveje  gar.    pass.  K.  33, 1. 

soviel  war  über  gefäsz  hier  vorweg  zu  nehmen,  um  dessen  verhall 
zu  fasz  51«  veideutliclten,  mehr  noch  wird  unter  dem  worle  selbst 
nachgeholt  werden. 

analogie  besteht  zwischen  fach  von  fahan  (sp.  1218)  ittid  fat, 
fa;  von  lltan,  fejjan,  da  beide  fangen  und  fassen  (capiunl) 
und  fahen,  fangen  gewissermaszen  auch  fassen  sind,  allein  diese 
wurzeln  sind  doch  genau  zu  scheiden  und  fasz  darf  niciU  aus 
fahen  abgeleitet  werden,  es  müste  denn  gelingen  fah  (fak)  und 
fat  unter  einem  hülier  stehenden  fa  zu  begreifen,  das  weder  unsere 
Sprache,  noch  die  lat.  und  gr.  ankündigt. 

bedeutungen. 

1)  alln.  fat  res/15  :  hrein  föt,  ve^es  jturae;  föt  Sörla,  die 
kleider  des  Sörli  {golh.  Sarvila)  =  lorica;  |)vo  sin  föt,  vestes 
suas  lavare.  3  Mos.  15, 7,  wo  die  altddn.  bibel  too  sinä  kledher ; 
einginn  settur  b6t  af  niu  klaede  a  gammalt  fat.  Matlh.  9, 16.  dasz 
auch  bei  uns  fasz  veslis  bedeutete,  ergibt  sich  nicht  nur  aus  fassen 
vestire,   sondern  auch  aus  fetie  panniculus,  vgl.  hernach  falzen. 

2)  vas,  vasis,  von  stein,  erz,  thon,  glas,  alid.  dahinaj  fag, 
fictile  vas;  steinina j  hz,.  vas  lapidcum  ;  silabarfa;,  ras  argenleum  ; 
erfaj  aeramen/um;  lldfa;  pocu/um  ;  liohtfaj /«cerna.  aps.  Ismene 
fatu,  ßclilia  vasa;  gvldene  fatu.  aurea  vasa.  mhd.  steininiu 
vaj,  lapidea  vasa;  güldiniu  ra;  oder  goltvaj,  aurea  vasa;  hant- 
vaj  Waschbecken ;  giejvaj,  gieszkanne.  nhd.  hat  nicht  ein  töpfer 
macht,  aus  einem  klumpen  zu  machen  ein  fasz  zu  ehren  und 
das  ander  zu  Unehren  ?  golh.  })au  niu  habai))  kasja  valdufni 
))ah6ns  us  {)amma  samin  daiga  taujan,  sum  du  galaubamma 
kasa,  sumu[)t)an  du  ungalaubamma  ?    Rom.  9,  21. 

3)  geflochtenes  fasz:  korp  theist  skalklicha?  fa;.  0.  111.7,59, 
servilia  cophinis  solent  opera  fieri.  der  bienenkorb  hiesz  ahd. 
piochar,  mhd.  binva;;  ein  schab,  mott  in  den  bienfassen. 
-\lbercs. 

4)  ganz  besonders  hölzernes  fasz,  weinfasz,  bierfasz,  essich- 
fasz,  im  allgemeinen  ist  uns  heute  fasz  dolium:  ein  fasz  binden, 
abziehen,  das  fasz  läuft,  rinnt,  ist  leck. 

mhd.  ich  weij  wol  da;  du  guot  bist, 
die  wile  din  im  va;;e  ibt  ist, 
so  wil  ich  bouwen  dise  banc.    weinschwelg  16; 
der  guote  win  wirt  selten  guot  wan  in  dem  guoten  Tajije. 

Walther  106,  17 ; 
alsd  twingct  va;  der  tübel  (die  daube), 
da;  $;  niht  rinne  zailer  zit.    Fkeida^k  79,16; 
d^n  bopsen  va;;en  niemen  mac 
benemen  wol  ir  ersten  smac.    103,15; 


1359  FASZ 

üi  iegelichcrn  Ta;;e  ^ät 

als  6i  innerhalbea  bat.     111,2; 

ich  bin  ein  biittenrrre, 

s»ver  mir  dds  gunde, 

sin  vai  ich  im  buiide.    Neifen  44, 39. 

nhd.  wenn  er  ein  erJen  gefesz  anriirct,  das  sol  man  zubrechen, 
aber  das  hülzen  fasz  sol  man  mit  wasser  spülen.  Z  Mos.  15,12; 
sihe  er  hat  sich  unter  die  fasz  verstecivt,  LXX  xdy.oxmxat 
iv  rols  ay.EvEOi,  vtilij.  absconditus  est  domi.  1  Sam.  10,  22 ; 
sihe  mein  bauch  ist  wie  der  most  der  zugestopft  ist,  der  die 
newen  fasse  zureiszet.  //ki6  32, 19;  Moab  ist  von  seiner  jugent 
auf  sicher  gewest  und  auf  seinen  hefen  sicher  gelegen  und 
ist  nie  aus  einem  fasz  ins  ander  gegossen.  Jer.  48, 11 ;  es 
kompt  die  zeit,  das  ich  inen  wii  Schröter  schicken,  die  sie 
ausschroten  sollen  und  ihre  fasse  ausleren  und  ire  legcl  zer- 
schmettern. 48,12;  ncwer  wein  und  newe  fasse,  newer  rock 
und  newes  tuch  gehören  zusamen.  Luther  6,477';  ein  fasz 
anzapfen,  anslcchen  (1,  477),  Maaleh  schreibt  anzapfen,  rcUnere 
dolia;  gelärte  und  austrunkene  fasz,  siccali  cadi.  132'; 

da  gedacht  ich,  hastii  den  geprechen, 

so  wil  ich  licin  solches  fasz  anstechen,    fastn.  701,24; 

wann  der  best  nein  ins  faul  fasz  kam, 

darin  müst  er  ersauren, 

so  wann  Jungs  meidlin  ein  alten  nära, 

ir  herz  müst  drob  ertrauren.    Ganj.  92'; 

wenn  die  reben  wieder  blühen, 

rühret  sich  der  wein  im  fasse.    Göihe  1,64; 

drum  will  ich,  bei  ja  und  nein, 

vor  dem  zapfen  sterben, 

mit  mir  soll  des  fasses  rest 

in  der  gruft  verderben.    Uürger  50'; 

und  schöpft  ins  lecke  fasz  der  Danaiden.    ScHitLER  . . . 

nne  menge  redensarlen :  'dem  fasz  bricht  der  boden  aus',  die  sachc 
ist  verschüttet,  zu  ende;  'dem  fasz  den  boden  brechen,  ausbrechen, 
ausstoszen'  (1,  989.  2,210)  dm  wein  verschüllen,  der  sacke  gewalt- 
sam ein  ende  maclien;  der  letzte  und  ergste  zorn  des  tenfels 
wider  Christum,  damit  er  dem  fasz  den  boden  ausstöszet. 
LuTHEB  4, 473' ;  und  stöszet  dem  fasz  den  boden  aus.  5,143'; 
darfstu  sagen,  das  gott  nicht  gott  sei  und  die  apostel  und 
Christenheit  nicht  recht  lere  und  glaube,  so  haslu  gut  thun 
und  nicht  besser,  denn  stosze  nur  vollend  dem  fasz  den 
boden  aus,  und  sage,  das  kein  auferstehung,  kein  bimel  noch 
hell,  kein  teufel  noch  sündc  sei.  6,224';  er  wird  so  lange 
an  den  reifen  klopfen,  das  einsmals  dem  fasz  der  boden 
ausspringen  möcht.  6,7'; 

wenn  aber  die  vergeszne  weit  zum  frölichsten  wird  tanzen, 

so  will  ich  dem  verstockten  fasz  gar  plotz  den  boden  brechen. 
RiNcwALO  evang.  kkS'; 

der  keiser  gol  es  selbst  erfahren, 

was  er  hat  mit  seim  weib  begangen 

und  soll  dem  fasz  den  boden  ausbrechen.    Atrer  380'; 

ha,  sagt  sie,  ihr  habt  gut  sagen,  wcre  dem  fasz  der  boden 
aus.  Garg.  103';  hiemit  war  dem  fasse  der  boden  cingestoszen. 
Fdtenb.  4, 478.  ähnlich  ist  'das  fasz  zuschlagen',  eine  sacke 
beruhen  lassen,  von  ikr  zu  strecken  auftiOren:  es  ist  besser 
dieses  fasz  zuzuschlagen  und  unsere  gedanken  auf  etwas 
anderes  zu  wenden.  Pierol  2,  33 ;  lasset  uns  dieses  fasz  zu- 
schlagen. 2.132;  wir  schlugen  endlich  dieses  fasz  zu.  2,346. 
•ein  loch  ins  fasz  trinken'  will  sagen  einen  guten  theil  des  wäns 
daraus  verzehren:  nachdem  sie  also  in  eil  ein  ziinlich  loch 
ins  fasz  getrunken  hatten,  zog  ein  jeder  seine  beste  rüslung 
an.  Garg.  250'.  was  man  in  ein  unsauber  fasz  gieszt,  das 
säuert  bald.  Sihboci  2209';  dahin  zu  gekoren  scheint  das 'g\c»zen 
in  das  fasz'  Karlmeinet  221, 23,  verleumden,  übel  aus.^prengen. 
'aus  einem  andern  fasse  laufen',  ganz  anders  aussehen,  anders 
schmecken  : 

man  kan  durch  kleinen  zweck  die  lange  ruh  Terbessern. 

'verbösero',  «pricb  recht  aus,  'es  lauft  aus  andern  fessern'. 
Grtpuil's  1,305; 

es  geben  aber  die  ubren  unserer  jetziger  prediger  zu  disen 
jähren  aus  einem  andern  fasz.  </c«p.  zweier  augsb.  burger. 
IngoUt.  1609  i.  3;  dort  aber  wird  man  die  sailen  änderst 
stimmen,  es  wird  aus  einem  andern  fusz  gehen.  Otuu  13C7 ; 
das  gehet  aus  einem  andern  fasse,  unw.  doct.iihi);  aber  nun- 
mehr soll  CS  hoffentlich  aus  einem  andern  fasse  gehen. 
eauiemacher  121 ;  ich  musz  das  ding  in  ein  ander  fasz  schlagen 
{attden  atifangen),  sagt  ich.  Dudes  TriMr.  Sh.  7,  45.  'aus  vollem 
fasse  geben':  wann  der  jüngste  tag  anbricht  und  sie  ihre 
c&rper  aus  der  erde  wieder  bekuinnien,  und  in  ihrem  ncischu 
gott  sehen,  da  wird  denn  die  herlichkeit  und  freude  erst  aus 
Tollem  tuse  gehen.    Scrivkk  ulfmch.  2,002; 


FASZ 

kum  spal,  fruo,  trucken  oder  nasi, 

so  lindestu  ahveg  ein  folles  fasz.    fastn.  323,16. 


1360 


'nicht  im  rechten  fasse  sein',  übel  gelaunt,  übel  zu  sprechen 
sein :  ich  sehe  wol  er  ist  nicht  im  rechten  fasse,  herz.  Heinr. 
JuL.  244.  'etwas  im  fasz  haben',  in  vorrat  und  bereitscliaß  : 
eben  als  ob  die  liebe  heiligen  nicht  auch  ein  gut  wort  im 
fasz  betten,  bienenk.  197',  nickt  auch  ein  wort  bei  gott  mitzu- 
sprechen; er  bat  immer  was  im  fasz,  liält  immer  ein  gut  fasz 
wein  im  kctler;  er  hat  noch  etwas  bei  mir  im  fasz  {liegen), 
ich  habe  i}im  noch  etwas  aufgehoben,  wofür  er  büszen  soll; 

habt  ihr  dawidder  nichts  im  fasz?  frosclim.  JV, 
bleibt  euch  dairidcr  kein  mittel  übrig?  'einem  über  sein  fasz 
kommen',  swk  in  seinetn  keller,  in  seinem  weine  satt  trinken  oder 
berauscfien :  ich  bin  gar  der  memori  über  das  fasz  kommen, 
derhalben  haltet  in  ehren  solchen  xerxischen  köpf,  der  alle 
seine  kriegsleut  im  ganzen  beer  von  100000  wüst  mit  iren 
besonderen  namen  zu  nennen,  ja  wers  glaubt!  Garg.  03'; 
hüpschlich  trinken  oder  nit  vil  über  das  fasz  gon,  parcere 
cadis.  Maaieb  132'.  'aus  dem  besten  fasz  geben',  den  besten 
wein  scitenken:  auf  morgens,  nachdem  sie  gesuppet,  das  ist 
den  leib  mit  Wermutwein,  das  ist  dem  besten  aus  dem  mil- 
teln  fasz  gewermet  betten,  brachen  sie  auf.  Garg.  146'.  'nach 
dem  fasz  schmecken':  alle  andere  lehren  schmecken  nach 
dem  vasz,  und  können  recht  geprüft  ihren  Ursprung  nicht 
bergen,  ich  will  sagen  sie  schmecken  nach  eigennutz  und 
betrug,  die  christliche  aber  nach  ihrem  göttlichen  Ursprung, 
der  tiefe  nenilich  der  Weisheit  und  gute  gottes.  Scbiveb 
seelensch.  2,  737. 

fasz  bleibt,  wenn  es  ein  bestimmtes  masz  bezeichnet  und  ein 
Zahlwort  vor  sich  hat,  im  pl.  unverändert  z.  b.  zwei  fasz  hier, 
drei  fasz  öl,  verschieden  von  zwei  bicrfiisser,  drei  ölfässer, 
vgl.  glas,  masz,  fusz.  Sprichwörter:  leere  fiisser  klingen  hohl, 
rumpeln;  volle  fässer  klingen  nicht,  leere  desto  mehr;  leeres 
fasz  macht  nicht  nasz;  es  ist  noch  nicht  in  dem  fasse,  worin 
es  gähren  soll;  wenn  das  fasz  leer  ist,  wischen  die  freunde 
das  maul  und  gehen ;  alle  fässer  rinnen  gern ;  fülle  ein  leer 
fasz,  so  siehst  du  wo  es  rinnt;  wenn  das  fasz  rinnt,  musz 
man  die  reifen  treiben;  man  klopft  solang  an  den  reifen, 
bis  dem  fasz  der  boden  ausspringt,  gleichnisweise:  er  ist  dick 
wie  ein  fasz;  ein  alt  weib,  die  ein  bauch  hat  wie  ein  fasz, 
doliaris  anus.    Maaleb  132*. 

5)  fasz  für  sckif,  vgl.  it.  vasello,  vascello  ßr  lat.  vasculum, 
fr.  vaisseau:  sie  werden  mit  getön  von  den  lären  fassen  in 
das  meer  geworfen.    Fobeb  ßschb.  98'; 

wann  gleich  ein  schif  nun  sclion  aus  hohen  dicken  flehten 
von  unten  an  erbaut  den  mastbaum  auf  kan  richten, 
so  ists  doch  nicht  genug  zu  laufen  in  das  meer 
den  rechten  strich  hinaus  bei  stein  und  klippen  her, 
es  musz  ein  Steuermann  das  hole  fasz  regieren. 

Opitz  Hugo  Orot.  ;i.295,  und  danach 
ein  kluger  schifman  kan  das  hole  fasz  regieren, 
damit  es  wind  und  seo  nicht  auf  die  küppea  führen. 
Tscukr:iing  Ib42  s.  88. 

6)  fasz  für  andere  gefäsze :  so  nim  nu  zu  dir  weizen,  gersten, 
bonen,  linsen,  hirs  und  speit  und  thu  es  alles  in  ein  fasz 
(einen  trog)  und  mache  dir  so  viel  brot  draus,  so  viel  tage 
du  auf  deiner  seilen  ligest,  das  du  dreihundert  und  neunzig 
tage  dran  zu  essen  habest.  Ez.  4,9;  holz  zu  schubkarrn, 
schaufeln,  zu  hülzern  kandeln,  fassen,  gelten.  Lithkr  tischr. 
22';  mit  ganzen  ballen  und  fassen.  Frank f  ref  l,i',l.  nach 
dem  Simpl.  culender  198    nennen   die  Schuriztr  das  euter  'fasz'. 

7)  ßgürlich,  und  ein  iglicher  unter  euch  wisse  sein  fasz 
zu  bebalten  in  hciligung  und  ehren  {golh.  ei  vili  bvarjizuh 
izvara  gastaldan  sein  kas  in  vcihijtai  jah  8virij)ai).  1  Thess. 
4,4;  so  nu  jemand  sich  reiniget  von  solchen  leuten,  der 
wird  ein  geheiliget  fasz  sein  zu  den  ehren,  dem  haushorrn 
breuchlich  und  zu  allem  guten  werk  bereitet  (a|)|ian  jabni 
hvas  gahraiiijai  sik  |)izei,  vair|>i|i  kas  du  svf'ri|>ai,  gaveihai|) 
jah  bruk  fraujin  du  allamma  vaurstvJ^  gödaizt*  gamanvi|>). 
2  Tim.  2, 21 ;  das  ist  gnites  wille,  ewer  heiligunge,  das  ir 
meidet  die  hurerei  und  ein  iglicher  wisse  sein  fasz  zu  be- 
hallen  in  hciligung  und  ehren.    Luther  6,28'; 

ich  main  euch  junkfrau  ane  hast, 
oller  ercn  und  tugcnd  ein  vasx.    fasln.  405,3; 
und  nasch  nicht  nu«  cira  frcmilcn  fasz, 
daa  du  nicht  darfst  beiahlrii  das. 

wcim  dir  der  herr  .  . .  wird  ein  gehrawen  hier  bcsrhero. 
Hi^cwALD  laut,  trarh.  160; 


frei  ja  nach  "^  ' 
unil  nicht  HO  I 
doch  gibt  dir  t 


Mut 

i  und  gut, 
.c»  i»u.    177; 


1361 


FASZBÄRME  —  FASZLICH 


FÄSZLICH  — FAT 


1362 


wer  wird  hernach,  mein  lieb,  wer  wird  hernach  dich  preisen, 
wann  disz  mein  irdin  fasz  denn  wird  die  würmer  speisen? 

Opitz  2,  172; 

Virosa  ist  zwar  wol  ein  weih,  doch  nicht  ein  schwaches  fasz, 
weil  keines  mannes  stärke  nie  ihr  konte  schaden  was. 
LoGAC  2,220,55; 
das  fasz  deiner  brüst.  J.  P.  Kamp.  lO;  je  mehr  er  flaschen 
auf  das  fasz  seines  leibes  abzog,  desto  mehr  erhob  er  gott 
verstärkter.  Fibel  s.  34  (49). 

s.  bierfasz,  buchfasz,  butterfasz,  dintenfasz,  essichfasz,  fut- 
terfasz,  gieszfasz,  glasfasz,  gurkenfasz,  kühlfasz,  mehlfasz, 
melkfasz,  milchfasz,  ölfasz,  pulverfasz,  rauchfasz,  salzfasz, 
schenkfasz,  silberfasz,  spülfasz,  waschfasz,  wasserfasz,  wein- 
fasz.  alid.  mhd.  noch  viel  andere,  vgl.  Gbaff  3,  729 — 31.  mhd. 
wb.  3.  2S1.  283. 

FASZBÄRME,  f.  faszhefe. 

FASZBALM,  m.  der  sich  zu  böUdierhols  eignet. 

FASZBIER,  n.  das  im  fasz  gegohren  hat  und  daraus  verkauß  wird. 

FASZBI.NDER,  m.  rietor,  büllicher,  bütlner,  kt'tfer.  dän.  fad- 
binder. 

FASZBODEN,  m.  fundus  dolii. 

FÄSZBOHRER,  m.  zum  anbohren  eines  fasses. 

FASZBRÜCKE,  f.  aus  leeren  tonnen  gebildete  brücke. 

FASZBÜRSTE,  f.  fotalor:  kandeldrescher  und  faszbürsten. 
Schwabe  tintenf.  ß  ä'. 

FASZBUTTER,  f.  eingetonnte  bulter. 

FÄSZCHEN,  n.  doliolum:  mutterfiiszchen.  auch  name  riner 
Schnecke,  turbo  muscorum,  fr.  barillet. 

FASZCHENSTAHL,  ni.  staldstäbe,  in  fäszchen  versendet. 

FASZDAUBE,  f.  iamina  dolii,  s.  2,829  und  dauge  2,844, 
ICO  bühm.  duha,  poln.  daga  beizufügen,  der  geistige  wein  schmeckt 
nach  den  faszdauben  des  körpers.  J.  P.  Kamp.  36 ;  in  der  tbat 
würden  in  einem  dorfe,  das  ein  eingefügter  zwickstein  einer 
Stadt,  eine  eingereifte  faszdaube  des  Heidelberger  residenz- 
fasses  geworden  wäre,  noch  übrig  gebliebene  bauem  eben 
so  lächerlich  als  müszig  sein.    Siebenk.  1,  76  (107). 

FASZDECKEL,  m.  operculum  dolii. 

FASZERZ,  n.  das  ach  beim  schlemmen  durch  siebe  mit  dem 
gestein  absondert. 

FASZFAUL,  putredinem  dolii  redokns,  faulirhten  geschmack  vom 
fasz  habend:  es  schmeckt,  riecht  faszfaui,  bühm.  smrdi  sudem. 

FASZFEIGE,  f.  ficus  carica,  eingetonnte  feige,  nach  andrer 
deutung  für  fastfeige,  fastenfeige,  in  der  faste  gegessene  feige. 

FASZFINGERLEN,  gläserklingelen  und  flaschendänzelen. 
Garg.  112". 

FASZFUTTER,  n.  l)  fass,  in  welches  ein  anderes  mü  waare 
eingesetzt  vird. 

2)  fulter,   das  dem  rieh  in  fdssem  oder  krippen  gegeben  tvird. 

FASZGROSCHEN,  m.  abgäbe  für  faszbier. 

FASZHEFE,  f.  faszbärme,  hefe  im  bierfasz.  man  unterscheidet 
oberhefe  und  unterhefe. 

FASZHOLZ,  n.  zu  faszdauben  geeignet. 

FÄSZKAMMER,  f.  zimmer,  welches  man  ein  faszkammer 
nennet.    Simpl.  K    890. 

FASZKELLER,  m.  keller  fiir  vein  und  bierfdsser. 

FASZLAGER,  n.  lager  ßr  Weinfässer,  s.  faszliegerung. 

FÄSZLEIN,  n.  doliolum,  fäszle.    Maaler  130': 
und  war  das  fäszlin  noch  so  rein, 
so  find  man  trusen  drinnen, 
so  welch  jungfräwlein  seuberlich  sein, 
die  sind  von  falschen  sinnen.    Gnrg.  92'; 

das  ist  die  rechte  stund  zu  helfen,  allweil  das  väszlein  noch 
ein  wenig  laufet.  Otho  192;  der  grosze  weltabend  ist  vor 
der  thür,  wir  haben  die  hefen  der  weit  erlebt,  das  fäsziein 
ist  gehoben,  gott  wird  ihm  vollends  bald  den  boden  gar  aus- 
stoszen.  1276;  das  stück  wird  gute  weite  Wirkung  thim.  will 
auch  einen  würznich  drein  dämpfen  hier  und  da  meines 
fäszleins.    Götbe  an  Lavater  26. 

FASZLICH,  1)  palpabüis,  uas  sich  fassen,  greifen  Idszt,  greifbar : 
fasziiche  finsternis,  tenebrae  palpabUes,  faszlicher  nebel,  dichter, 
dicker;  bist  du  blosz  ein  dolch  der  einbildungskraft,  ein 
Unding  in  meinem  erhitzten  gehirne  erzeugt?  noch  seh  ich 
dich  in  eben  der  gestalt,  eben  so  fasziich  (palpable)  als  dieser, 
den  ich  nun  zücke.  H.  L.  Wagner  Macbeth  41;  der  Rheinfall 
von  vorn,  wo  er  fasziich  ist,  bleibt  noch  herlich,  man  kann 
ihn  auch  schon  nennen.  Göthe  43,154;  eine  grosze  herliche, 
aber  fasziiche,  in  allen  tbeilen  interessante,  aber  begreifliche 
naturscene.  43,160;  die  nächsten  fasziichen  Ursachen  sind 
greiflich  und  eben  deshalb  am  begreiflichsten,  weshalb  wir 
uns  gern  als  mechanisch  denken  was  höherer  art  ist.  50, 124. 

m. 


2)  intellechi  facilts,  begreiflich:  eine  fasziiche  lehrart,  ein 
faszlicher  Vortrag;  fasziiche  philosophie  des  lebens.  Götter 
1,  vi;  wenn  die  philosophie  fasziich  unter  den  menschen  in 
gang  kommt.   Kunger  5, 398. 

FÄSZLICH,  doliaris:  ach  ihr  lieben  keller,  die  ihr  aus  ßsz- 
licher  vollmacht  und  vollmächtiger  fäszlichkeit  newe  formen 
schaffet  und  die  naturen  ändert,  macht  mich  aus  eim  nicht 
trinkenden  trinken,  aus  eim  untrunkenen  trunken.  Garg.  85*. 

FÄSZLICHKEIT,  f.  die  fäszlichkeit  einer  sache,  einer 
Schrift;  der  verstand  begehrt  einsieht,  die  Sinnlichkeit  fäsz- 
lichkeit. Kant  1,  302.  auch  für  gäbe,  fähigkHt,  fassungsrermögen : 
also  gibt  es  auch  unter  denen  niedern  geschöpfen  einige,  so 
nicht  ganz  ohne  Vernunft,  ja  ich  möchte  sagen  mit  bewun- 
drungswürdigen  fasziichkeiten  begabt  sind.  Just.  Kerner  dich- 
tungen  2,47  (3  a«/?.);  fleisz  und  Sitzfleisch  hat  er  nun  eben 
nicht,  aber  desto  mehr  natürliche  fäszlichkeit  und,  wie  das 
Sprichwort  sagt,  ist  ein  quentchen  lautterwitz  mehr  werth 
als  ein  centner  schulwitz.  H.  L.  Wagneb  die  reue  nach  der 
that  s.  15. 

FASZMüND,  m.  labrum  dolü.    SnEtER  1307. 

FASZPECH,  n.  pix  doliaris,  zum  auspichen  der  bierfdsser. 

FASZBEIF,  m.  circulus  doliaris,  reif,  der  um  das  fasz  ge- 
trieben uird. 

FASZSPUND,  m.  obturamentum  dolii,  der  schlicszende  zapfen 
oben  am  fasz.     Stieler  14S6  gibt  dafür  auch  faszpund. 

FASZSTATT.  f  beim  Salzbergbau  der  grund  (die  sohle)  eines 
Schachtes,  aus  welchem  der  ausgelauchle  thon  gezogen  oder  geför- 
dert wird. 

FASZTROPFE,  m.  vappa,  tropfwän,  ausgelaufner,  verdorbner, 
umgeschlagner,  kahniger  wein.  Stieler  2330.  gr.  dxrooniae,  ein 
ursprüngliches  f.  wie  vappa. 

FASZWCRZEL,  /.  Ihauwurzel,  die  zur  se'de  der  herzwurzel  an 
den  reben  herauswächst. 

FASZZAPFE,  m.  epistomium  dolü 

FASZZIEHER,  m.  scala  doliaris:  ein  wcinleiter,  faszzieher 
oder  weinschröter.  Wicsram  rollw.  97,  gebildet  wie  korkzieher, 
kugelzieher,  stiefelzieher.  bei  Stieleb  2628  ist  aber  faszzieher, 
traho  onerarius,  lastzieher. 

FAT,  «1.  fatuus,  fr.  fat,  das  sich  Schilleb  ßr  geck,  thor, 
narr  gestattet: 

der  dümmste  fat,  der  ärmste  wicht.    26'. 
ans  altn.  fauti,  fatuus  kaum  zu  denken. 

FAT,  FATE,  f  dispositio,  ordo,  habitus,  ahd.  fata,  mhd.  vafe, 
vatte :  du  bist  allein  voller  böser  feet  (anschlage)  und  list 
und  in  rechter  witz  ein  erznarr.    Frank  sprichw.  1,132'; 

ich  musz  mich  neren  mit  solcher  fat  {hoc  ordine,  modo), 
und  zwar  es  tet  dir  sein  auch  not, 
das  du  solchen  handel  anfingst,    fastn.  479,22;     - 
mhd.  vrouwen,  man,  dfn  kam  er  mit  vatten  {apte,  disposile) 
abö  ein  helt,  le  statten.    ilSU.  3,340'; 

ahd.  was  ih  in  dien  vat6n,  tö  ih  tir  half  crunden  tia  tougeni 
dero  nalurae,  talis  habitus,  talisque  vultus  erat,  cum  tecum 
naturae  secreta  riraarer.  N.  Boeth.  17 ;  ja,  lieb  man,  wa;  habet 
tih  bräht  ze  dirro  vato,  in  disa  trüregi  unde  in  disen  wuoft? 
quid  est  igitur,  o  homo,  quod  te  in  maestitiam  luctumque 
dejecit?  42,  iro  der  verdeutscher  ze  dirro  vato,  in  diese  läge, 
in  hunc  statum  beifügte,  das  entsprechende  verbum  lautete  vatün 
Omare,  instruere,  gestalten,  schmücken,  unvatön  verunstaUen, 
verunzieren:  taj  jär  muo;  hertön  dia  erda  zieren  mit  chntte 
unde  mit  chorne,  wilon  ouh  keunvatön  mit  anaslahte  unde 
froste,  licet  anno  terrae  vultum  nunc  floribus  fnigibusque  redi- 
mire,  nunc  nimbis  frigoribusque  confundere.  48.  dies  rerbum 
vaten,  gefaten  begegnet  weder  mhd.  noch  nhd.,  ihm  entspricIU 
aber  das  ags.  fadian,  gefadian,  ordinäre,  disponere,  ornare,  wäh- 
rend kein  ags.  subst.  fadu,  wol  aber  fadung  dispositio,  ordo  er- 
scheint, vgl.  fätig. 

wir  dürfen  hier  noch  tiefer  in  das  alterihum  zurückdringen, 
da  goth.  ta\ts  hcrr,  mann  im  gen.  fadis,  p/.  fadeis  media  an- 
nimmt,  würde  auch  ein  ahd.  fad  übergetreten  sein  in  fat,  folglich 
jenes  subst.  fata  ein  älteres  fada,  ags.  fadian  ein  fadian  ror- 
aussetzen.  hiermit  aber  schlieszen  sich  unmittelbar  an  goth.  faj)a 
sepes  und  unser  nhd.  fade,  ehfade  (oben  sp.  41  und  1230),  der 
saun  ordnet  und  hegt  das  feld.  goth.  fa[)S  ist  bekanntlich  =  lil. 
patis,  Ttöats  für  jroxi».  dem  gr.  Tiäxos,  weg  und  tritt  von 
jiaTtca  scheint  sich  auch  ahd.  fad,  6ci  N.  vad,  nhd.  pfad  zu 
gesellen,  seltsam  hat  der  ags.  anlaui  päd,  engl,  path  die  tenuis 
festgehalten,  diese  elymologien  laufen  lüer  nur  bei  und  verlangen 
anderwärts  genauere  begründung. 

86 


1363 


FATAL  — FATZEN 


FATZEN 


1364 


FATAL,  fiüalh,  ingratus,  mokstus,  ungtückbrinfiend,  unan- 
genehm, Idstiij,  noch  nicht  bei  Hesisch,  Stieler,  Frisch,  zuerst 
bei  Adelung  aufgeführt,  doch  schon  bei  Dietrich  von  dem  Werder, 
aber  im  ilal.  lal.,  nicht  im  heutigen  sinn  gebraucht: 

sie  kommen  beiderseits  lu  rechen  sich  rechtschaffen 
und  hammern  heftifr  stark  auf  die  fatale  waffen, 
sie  hatten  beiderseits  fatale  wallen  an, 
die  sie  nicht  haben  mehr  nach  dem  tag  angethan. 
.4r.  25,  nu?); 
ein   fataler,   unerträglicher  mensch,   kerl;    eine  fatale,   wiiler- 
«ärlige  nackricbt;  fatale  geschiebte;  der  mann  kann  bisweilen 
doch  auch  recht  fatal  sein. 

FATALITÄT,  f.  casus,  malum,  unangenehmer,  feinUclier  Vorfall. 

FÄTIü,  habilis,  dolosus,  versulns:  (Bunifacius  VIII)  durch  alle 
grad  ein  durchtrihen  böser  buh,  arglistig,  geschwind,  abge- 
fürt,  verschalkt,  fälig,  und  in  alle  weg  ein  ander  Catiltna. 
FraMw  fAron.  304'.  es  musz  mit  dem  eben  behandelten  fat, 
fate,  habitus,  disfiositio  unmittelbar  zusammenhängen,  vgl.  bösfetig 
2,  257  und  bösfatig  pravus  bei  Dasvpodiüs  192*.  allem  anschein 
nach  das  bair.  faudig.    Sciimeller  1,  513. 

FATSCH,  m.  cvenum  in  viis,  fatsdwnder,  knat seilender,  knet- 
schender,  quetschender  zdlicr  kolh,  wenn  die  pferde  ihre  füsze 
daraus  ziehen,     vgl.  pfilschen,  pfutschen.    Schm.  1, 320. 

FATSCHE,  f.  alapa,  maulschelle,  böhm.  facka,  husche,  ohr- 
feige: ein  falschen  geben,  alapam  dare.  Hemsch  1016,19  und 
nach  ihm  Stieler  441.  wol  nach  dem  folgenden,  da  schon  altd. 
fasca  binde,  pßasler  ausdrückt  und  die  bedeutung  nahe  liegt  einein 
etvas  aufs  maul  streichen,  es  kann  aber  auch  zu  batsch,  patsch 
gehören,  oder  zu  fätzer  2. 

FATSCHE,  FÄTSCHE,  f.  fascia,  fasciola,  binde,  viegenband. 
Hemscb  1016, 31.  böhm.  fac.  bauchfalsche  ist  bauchyurl.  Schm. 
1,  578.  so  annehmlich  die  herleilung  scheint,  wäre  dennodi  eine 
deutschere  aus  fasz  veslis  möglich,     s.  hernach  falzen. 

FÄTSCHEL,  m.  mollis  palpatio,  blanditiae,  vielleicht  vom  ein- 
windeln, einu-ickeln  entnommen :  wenn  die  sich  unter  einander 
fange  geben,  ists  nur  hätschel  und  fätschel,  wobei  keinem 
die  nase  überläuft.    Fr.  Mijller  2,  20. 

FÄTSCHELN,  fast  nur  in  der  Verbindung  hätscheln  und  fät- 
schcin.  s.  fälschen.  Schmeller  1, 578  hol  auch  fitschelfutscheln. 
vgl.  fitzefalz. 

FATSCHEN,  FÄTSCHEN,  concursare,  circum  compila  currere, 
hin  und  her  futschen.  Frisiüs  253'.  Maaler  130'.  Henisch 
1016,30,  hin  und  wieder  rennen,  die  gassen  fälschen.  'Hackel- 
berg fälscht',  das  wilde  heer  zieht  auf,  zieht  durch,  man  hijrt 
es  schnalzen  und  falschen.  Otmars  volksagen  s.  242.  s.  falsch 
und  filsclien. 

FÄTSCHEN,  fasciare,  einrätscheo,  böhm.  facovali.  Weishold 
srhlcs.  wb.  19': 

nichts  aber  desto  minder, 
fälscht  sie  es  ein,  bindt  händ  und  füsz. 

C.  Vetier  paradeisvogel. 

FATZ,  n.    1)  iüusio,  cavillatio.    Stieler  442. 

2)  tfi  einer  älteren,  schwierigen  stelle  bei  Mcskatblut  s.  36, 54 
junffrau,  dir  wart  der  sälde  fatz  (  :  schätz) 

sdieinl  es  zu  bedeuten  cullus,  ornalus.     s.  das  vcrbum  falzen. 

FATZBKIEF,  m.  ei  man  solls  im  (dem  Nigrinus)  nil  IhCin 
{disteln  für  salal  ^'ben),  er  hat  ein  gulen  fatzbrief.  Nasus 
nasenesel  87'  am  rande;  dasselbige  ist  ewer  tratz  und  fatz- 
brief.   FiscHART  groszm. 

FATZBRLDER,  m.  seurra:  ein  sehr  guter  fatzbruder. 
WicnB\w  rollw.  64'. 

FATZBLB,  m.  btlerbub,  possenreiszer.  Rädlein  270\  Frisch 
1,  232'. 

FATZEN,  eavillari,  illudere,  vexare.  Frisios  199'.  Maaler  132', 
mhd.  unbezeugl  und  nhd.  erst  im  schlusz  des  15  jh.  aufkommend, 
im  16  hdupg,  im  17  schon  selten,  dunkler  abkunß,  da  es  sich  kaum 
von  facelus,  norA  weniger  vom  it.  fazione,  fazzonc,  von  faluizarc 
oder  gar  von  vexare  herleiten  ld.<izt.  lieber  sclieint  es  zu  fetzen 
laeerart,  pfclzen  vfUicare  und  gleich  diesen  zur  würzet  f<it,ian  faz, 
{oben  tp.  I35S  unter  fasz)  gehörig,  ganz  wie  netzen  mit  nasz, 
setzen  mU  «asz  zusammenhängen,  in  der  stelle  aus  Frisius  784* 
verbindet  sich  falzen  und  fa<;z  deutlich,  in  der  aus  Keisersbergs 
hat  im  pf.  tauschen  gefalzt  und  gcfaizl. 

er  {der  grduUige)  verlruckt  e»  als  verslünd  er  es  nit,  er 
tbul  als  ob  er  weder  horte  noch  seh,  damit  lond  die  andren 
binden  noch  ob  im  zu  falzen,  einem  manschen,  der  nüt  wil 
terlragen,  dem  beschicht  als  einem  hiind,  wenn  man  den 
zpuhet  bei  dem  einen  or,  zchand  schnapt  er  heriiinb.  denn 
pfetzt  man  in  bei  dem  anderen,  so  schnapt  er  wider  hinumb 
auf  das  ander  ort,  aUo  hat  er  niemer  ri'iw,  bilz  das  er  sich 


darein  ergibt,  das  er  sich  des  falzens  nit  mc  annimmet  zu 
erwcrcn,  ze  band  lasset  man  in  gon.  Keisersberc  par.  der 
seien  22';  darumb  sol  ein  mensch  nit  achten,  das  er  veracht, 
gefalzt  {and.  ausg.  gefaszt)  und  umbgclriben  wirt.  has  im  pf. 
am  ende;  herr,  erbarm  dich  über  mich,  wenn  mein  tochler 
wirt  übel  gefalzt  und  uinbgezogen  von  dem  bösen  gcist.  post. 
2,  31 ;  wenn  der  tcufel  den  Saul  falzet,  schlug  David  auf  der 
harfe.    das, ; 

mit  irera  ahnemen,  stechen  und  fatzen.    mei«(erl.  23  n*245; 

und  meint,  er  (»o/O  si  den  menschen  glich, 

das  er  sehnig  und  losz  fatzen  sich.    ßRAfiT  86,4; 

die  sint  nit  wfirdisr  der  gcsatz 

oder  das  man  si  ler  und  fatz.    98,33; 

damit  vertreiben  wirs  zum  tiior  usz, 

den  murner  murnar  uml  ein  katzen, 

wir  wollen  in  zu  dut  nit  fatzen.    Ml'r:<er  luth.  narr  1856; 

etlich  können  die  leut  wol  falzen,  sie  habens  aber  selbst 
nicht  gern.  ic/j.  und  ernsM555,  344 ;  da  hilft  jederinan  zu,  damit 
er  noch  mehr  gefalzt  und  umgetribcn  wird.  Wickram  rollw.  98; 
das  nimb  ich  bei  mir  selbst  ab,  dann  ich  meiner  einfall  halben 
auch  oft  musz  gefalzt  sein,  daselbst;  ich  halt  es  sei  der  Schnei- 
der Orden  von  ihrem  heiligen,  damit  man  sie  täglich  fatzl,  er- 
dacht.   Frank  chron.  47s'; 

solchs  billich  ich  darumb  thun  soll, 
damit  die  frommen  biderleui 

die  zwingherrn  mögen  fatzen  nflt.    Berchtold  rediv,  HO; 
nach  dem  der  schlaf  mich  falzet, 
das  ich  lieng  an  und  natzet  {.schlummerte,  nickte), 
wurd  gwellig  überwunden 
mit  starkem  schlaf  gebunden.    H.  Sacus  l,  80*; 
und  Cererem  aufzugen 
noch  viel  höher  zu  schätzen 
zu  peinigen  und  fatzen.    1,292*; 
hab  auch  kein  menschen  nie  veracht, 
auch  keinen  verspot  und  verlacht, 
auch  kein  mit  slicliworten  gefalzt, 
auch  nie  hin  und  wider  geschwatzt.    I,  347'; 
die  fi'infzehend  schand  mich  erst  falzet, 
vor  schäm  ich  in  dem  köpf  mich  kratzet.    1,507"; 
schilt,  schmacht,  veracht,  verspot  und  fatzt.    U.  4,67'; 
mit  hönwort  sein  spotten  und  fatzen, 
in  zupfen,  rupfen,  tretzeu  und  tratzen.    111.2,32'; 
der  mich  heut  hont,  verspot  und  fatzet.    111.2,108*; 
mein  fraw  thut  mich  trutzen  und  tratzen, 
so  thu  ich  sie  bcrwider  fatzen.    .  .  .; 
thut  mich  mit  vil  hon  Worten  fatzen.    IV.  3,33'; 
mit  fiiszen  in  die  erden  kratzt, 

hinder  dem  pOug  sein  herren  fatzt.    Waldis  2, 10  6/.  75'; 
der  wirt  freuwt  sich  in  seinem  sinn, 
■  das  er  den  kaufmann  hett  pefatzi, 
mit  solcher  list  das  geld  abgscbwatzt.    3,96  6/.  196*; 
denn  hoch  hie  oben  kan  die  katzen 
uns  nicht  wie  so  da  niden  fatzen.    3,57  bl.  164*; 
sein  dis  nit  lecherliche  fratzen, 
die  blinde  weit  damit  zu  fatzen?    pnhstt.  reich  1,13; 
die  weit  mit  eiteln  lügen  fatzen.    2,  l ; 
mit  solcher  falscher  eitelkeil 
sie  die  künig  oft  gefalzt, 
geld,  land  und  leut  in  abgeschätzt.    2,7; 
in  summ,  sie  sein  drumb  in  der  weit, 
das  sie  die  leut  fatzen  umbs  gelt.    2,12; 
es  wirt  hie  Christus  keinswegs  gfatzet, 
noch  mit  sin  wunderzeichen  iratzei.    trag.  Juh.  KS; 
das  aber  mit  der  speisen  fl'asz 
endlich  den  leib  ausschopp  on  masz, 
das  er  inm  schlaf  nit  mit  gewaU 

die  seel  fatz  und  befleck  ungstalt.    J.  Rasch /'ü»lt'n/o6  1588; 
was  nun  Haman  den  stolzen  n-atzen, 
der  juderraan  gedenkt  zu  fatzen, 
anlangen  thut.    MiiHiciis  llninan  A8; 
wüst  nicht,  wiirzu  mir  sonst  nütz  wer 
des  kniiigs  gunst  und  aller  geniesz, 
wann  ich  den  Juden  mich  falzen  lirsz.    C6; 

nun  wolle  er  sich  gieichwol  auch  nicht  von  seiner  fraweu 
falzen  lassen.  W'itzenbiinjer  2,  7 ;  warum  fatzen  ich  den  nit 
clwan  lang,  warum  hab  ich  in  nit  ein  wenig  im  fasz?  cur 
non  ludo  hunc  aliquanlisiKr?  Frisics  784*.  Maalkr  132*  (tco 
'im  fasz  haben'  —  falzen);  einen  nil  falzen  oder  speien, 
dicla  in  aliqucm  conlinere.  Maaler  132*;  im  llöhalz  finden  ihr  ^ 
den  schätz,  wie  man  die  floh  falz  und  kralz,  da.>«selbige  Ut  j^ 
ewer  Iralz  und  falzbiief    Fiscuart  groszm.  31;  -i 

«In  engliiirhe  locken.  IIcrx  sich  nit  falten. 
Idk  vor  der  lurcn,  auch  hündlein  klein. 

Tutii?itu»Ka  archtdoxa  36; 

nun  bl»iu  wol  ein  iunkher,  .      .     ,« 

gwislieb  hat  er  dich  glmt  Tor  er.    Schisul  terl.  $ohn  li; 


1365 


FÄTZEN  — FATZEREI 


FATZGESPÖTTE  ~  FATZ  WERK 


1366 


als  lestrer,  hurer,  baderkatzen, 

wascher,  die  nur  die  leut  thuo  Tatzen.    EtaiHe  2,360; 

hast  nicht  gbört,  wer  leut  falzen  wil, 

musz  fatzwerk  wider  aufklauben?    Atrer  fasln.  IM'; 

die  Juden  falzen  nnd  narren  die  Christen  nach  ilirem  willen. 
proc.  2.5.  seil  dem  17  jh.  mindert  sich  der  gebrauch  des  vorts: 
schimpflich  von  eim  gefatzet  werden,  facelius  eludi.  Hexisch 
1016;  und  als  jederman  die  magd  gnug  gefalzt  hatte,  treg- 
kürzer  i'i' ;  ich  fatz  mich  selb,  scurror  ego  ipse.  Schöxsleder; 
sich  mit  einem  ein  wenig  fafzen;  es  lasset  nicht  jeder  mit 
sich  falzen,  ludibrio  haberi  non  cuivis  est;  er  kan  sein  falzen 
nicht  lassen,  sibi  teinperare  neqttU  a  dicleriis;  mit  falzen  an 
sich  halten.  Stieler  442.  heute  ist  alle  anu:endung  erloschen. 
Schneller  bringt  1,5*9  aus  der  bairischen  Volkssprache :  der  kan 
nicks  als  falzen,  hat  jedermann  zum  besten.  Stalder,  Tobler, 
Höfer,  Scumid  verzeichnen  kein  rcrbum  falzen  mehr,  der  Wieder- 
einführung eines  kräfligen  uorts  stände  nichts  entgegen. 

FÄTZEN,  allercari,  contendere  bei  Henisch  1017.  Stieier  442 
geschieden  vom  vorausgehenden  falzen :  mit  werten  fiitzen  und 
zanken,  concertare  rerbis,  schon  bei  Maäler  130';  einem  mit 
dem  degen  falzen,  rubius  gladio  caesim  infligere,  in  die  steine 
falzen,  caedere  lapides  ut  ignis  exsiliat.  hier  grenzt  fetzen,  zer- 
felzen,  filzen,  im  laut  selbst  wetzen,  man  rgl.  gefätz,  altercalio, 
conftictio,  gefätz  in  rechtssachen,  ein  gefalz  mit  einem  anfangen, 
zank,  streit.  Stalder  1,  357  verbindet  gefälz  und  Tatzen,  falzete 
und  ausfaizen  unrichtig  mit  faser.  Stieler  gibt  auch  das  ein- 
fache fiitz  vulnus,  scgmen,  periculum  (s.  felze)  und  Scbmeller 
veist  aufs  ahd.  gifajidi,  upargifa^idi  (Graff  3, 733),  irelchcn 
vol  ä  gebührt ;  es  hält  schwer  aus  den  späteren  Schreibungen  a,  ä, 
e,  c  und  se  wieder  zu  erkennen,  doch  aus  allen  brocken  erhellt 
das  eingreifen  einer  mäcliiigon  wurzel  fejjan  fa?  fäjun,  welcher 
fasz,  fassen,  gefäsz,  fessel,  falzen  und  felze  entsprieszen. 
möglicli.  das:  ilir  auch 

FATZENET,  FÄTZILET,  das  sp.  1218.  1226  zu  fascia  ge- 
schlagne, wieder  abgetreten  werden  musz.  man  sehe  die  von 
Schmellee  1,  579.  5S0  angeßhrten  formen,  besonders  fetzentüch- 
lein,  Schnupftuch:  anstatt  des  briefs  ein  weisz  falzenelle  oder 
sonst  ein  tüchlein  an  einem  langen  stecken  führen.  Fronsperg 
1,43*;  hat  meine  hemder,  etliche  wehren  und  fatznetiein  und 
meiner  kindlein  kleiderlein  begehrt.  Thcrneisser  nothg.  ausschr. 
3, 136 ;  wie  Philomena  und  Rosemunda  zu  iren  allerliebsten 
Jünglingen  mit  schönen  blümlin  und  falzenellin  würfen,  buch 
d.  l.  234, 4 ;  Philomena  mit  einem  schönen  facenetlin  dem 
Jüngling  auf  seine  achsel  warf.  235,1; 

dasz  du  wirst  seuberlich  dein  näslein  schneuzen  müssen, 
nicht  mit  der  fatzilet,  denn  das  ist  zu  gemein, 
der  elebogen  kan  dir  stat  des  tüchleins  sein. 

ScuERFERs  grobianus  9. 
falze,   felze  iä  so  gut  deutsch  als  fahne,  fähnlein,  panniculus. 
F.\TZER,  m.  joculalor ,  cavillalor,  scurra,   Schwätzer,  auf- 
schneider: 

ich  sprach,  wo  bleiben  denn  die  schwatzer, 
eerabscbneider,  spötter  und  fatzer?    U.  Sachs  I,35S'; 
ein  Verächter,  fatzer  und  spötter.    IV.  2,65'; 
ein  höflicher  fatzer  kann  eine  ganze  gesellschaft  lustig  machen. 
Stieles  442.     s.  fatzbub,  fatzmann. 

FATZER,  m.    l)  altercator,  rixator.    M.ialer  130'. 
1)  ictus  virgae,  streich,  rulhenslreich :   er  hat  einen  fälzer  in 
der  schule  bekommen,  virgis  caesus  est,  s.  falsche  alapa.    besser 
zu  schreiben  fetzer  von  felzen,  filzen. 

3)  podex,  weil  er  gehauen,  gestrichen,  gefetzt  oder  gefilzt  tcird  : 
einem  eins  auf  den  fatzer  geben.  Stieler  442.    vgl.  franz.  fesse. 
FATZEREI,  f.  nugae,  possen,  narrenspossen  : 
kurzweilig  sein 
zu  jeder  stund, 
im  bad  ists  gsund, 
das  sprechen  die  doctnres. 
man  soll  sich  frölich  halten  auch, 
es  sei  der  brauch, 
das  man  da  üeb  gut  mores, 
die  fatzerei 
soll  auch  darbei 
in  seiner  rot  beleiben, 
so  kan  man  wol, 
als  man  thun  sol, 
langweil  mit  freud  vertreiben. 

Forsters  fr.  liedt.  3  n'25; 
er  kam  mit  seiner  gewönlichen  fatzerei  herfür.  KincnnoF 
trenrfunm.  215'(236');  solche  orgia  Bacchi,  solche  Zusammen- 
künften und  wallfahrten  wurden  den  salyreti  zu  gehorsamen 
eliren  gehalten,  auf  welchen  sie  auch  am  reien  die  vor- 
nembsle  waren,   das  beste  thalen,   sich  mit  den  beiden  loll 


und  voll  soffen,  im  wald  und  gebürg  mit  unden  mit  oben 
lagen,  tag  und  nacht  in  groszem  geschrei  und  fatzerei  zu- 
brachten, schwarmfest  und  fasznacht  hielten,  einander  durch- 
zogen, dahero  die  fasznacht  als  fasnacht  oder  fatznacht  ihren 
Ursprung  und  namen  bekommen.    Pbrander  2,3. 

FATZGESPÖTTE,  n.    narrenposseo  und  fatzgespütte.  SimpL 
vögeln.  2, 15. 

FATZICHT,  JQcularis,  jocosus,   fatzichte  bossen,  ludi  H  joä. 
Stieler  442. 

FÄTZLEl.X,  n.  panniculus,  fetze,  fetzchen: 

liesz  aber  drin  ein  fätiün  klein.    Hacpt  3, 255. 
FATZ.MANN,    m.   hi^rio,   scurra,  joculator,   hofnarr,   possen 
treiber.  Frisius  199';    geschwenk  Bebeid  C4;    ein  rechter  fatz- 
mann. Frey  garten^.  4 ;  muste  die  ganze  reis  also  ir  falzmnnn 
sein.  WicKRAMroüic.  103';  da  bestellen  sie  auch  und  besolden 
spüleut,  abenteurer.   fatzmenner,    die  mit  loser  thäding   den 
narren    ein    kurzweil    machen.    Frank  /ranAenA«/  F4';    oder 
elwa  ein  narreten  fatzmann  und  Schmarotzer  herbei  bringen, 
der  mit  lächerlichen,  das  ist  mit  narreten  bossen  das  schweigen 
und  die  traurigkeit  der  ruh  austreib,  lob  der  torheit  U^ ;  einen 
narreten  fatzmann  und  schmarotzen  schwätzig  und  zu  falzen 
und   speien  geartet.    Maaler  133*;    aber  jelz  priesler  sin  ist 
nicht  anders  dan  des  teufeis  falzman  sin.  ein  lockmais  {lock- 
vogel)  sin  uf  des  teufeis  gam.    sieben  pfaffen  klage  B3"; 
der  hielt,  sah  Eulenspiegel  an, 

merkt  wol,  das  er  war  ein  fatzman.    H.  Sachs  H.  4,60"; 
kont  im  vil  schwenk  und  kurzweil  machen, 
des  der  fürst  täglich  wol  mocbt  lachen, 
und  het  den  fatzmann  lieb  und  werth.    V,  27S*; 
ich  bin  halt  des  grafen  fatzmann.    Atrer  fastn.  104". 
vgl.  den  eigennamen  Faszmann  f.  fatzmann. 

FATZ.MEISTER,  m.  dasselbe:  wer  Schalksnarren,  fuchs- 
schwänzler, fatzmeister,  spiler,  dopler,  tanzer,  flucher,  schwerer, 
gotlslästerer,  raufer,  balger,  huren,  buhen  begert  zu  haben, 
der  verfuge  sich  in  die  Wirtshäuser,  daselbst  wird  er  sie  fein 
lustig  finden.  Albehtixi  nanenhalz  239;  falzmeister,  bossen 
und  brillenreiszer.  253. 
FATZNARRE,  m.  dasselbe: 

und  ihr  fatznarren,  die  sich  freuen 

auf  solche  böse  Schelmereien.    Simpl.  K.  102; 

ein  fauler  tagdieb  und  lustiger  fatznarr  oder  schwalbenmacher. 
596;  merkls  ihr  falznarren  und  possenreiszer.   675. 
FATZPOSSE.N,  nugae: 

ich  bin  halt  des  grafen  fatzman, 
hab  dem  schreiber  verdnisz  gethan 
mit  meinen  seltzamen  fatzpossen.    Atrer  fasln.  104'; 
die  liebe  herm  sollen  das  volk  unterweisen,  keine  fatzpossen 
vorbringen.    Callenbacb  nisi  35. 

FATZSCHEINLEIN,  n.  excusatio  calva:   darnach  opfert  der 
ander   cardinal   zwei   grosze  brot   mit  fatzscheinlin  und  der 
ander  ein  kerzen.    Link  vo5  Colditz  bapsts  gepreng.  H3. 
FATZT.\ND,  m.  nugae: 

zu  spötlicbem  faiztand  .  .  .  sein.    Melisscs  ps.  R  f. 
F.\TZTRATZBR1EF,  m.  zu  spoU  und  trotz,  schimpf  und  ernst 
geschrieben.  Garg.  20';    anderswo  sagt  Fiscbabt  tratz  und  fatz- 
brief  (oben  unter  fatzbrief). 

FATZUNG,  f  cavillalio,  spolt.  Dasipod.  324*.  Hexisch  1016. 
Stieler  442. 

FATZ\"0GEL,  m.  scurra,  spaszvogel,  spoltvogel,  spärogel :  ich 
hab  seilhero  selber  zeit  diesen  dingen  vielmalen  nachgedacht, 
warumb  etliche  fürsten  und  herren  heuligs  tags  viel  mehr  einen 
Schneider  oder  zwergen  oder  fatzvogel  zu  einem  kammerdiener 
haben,  als  irgend  einen  gelehrten,  erfahrenen  kerl.  Philander 
2,  53 ;  noch  dannoch  waren  leut  unter  ihnen,  die  man  fatz- 
vogel nennete,  diese  bekümmerten  sich  wenig,  namen  alles 
auf  die  leichte  achsel  und  halten  in  ihrem  creuz  anstatt  des 
trosts  allerhand  gespei.  Simpl.  K.  100;  ein  fatzvogel  unterm 
umstand  (unter  den  umstehenden  leuten)  sagte.  Springinsfeld 
17  s.  34.  _ 

FATZVOGELISCH,  scurrilis:  und  solche  scheinen  von  sol- 
cher sicheren  und  fatzvöghschen  arl  zu  sein.    SimjJ.  K.  lot. 
FATZWERK.  n.  nugae,  spüUerei:  wenn  dann  die  gute  fraw 
etwas   zur  sach  redet,   trieben  sie  nur  ir  spei  und  fatzwerk 
mit  ihr.  Wickram  rullw.  55.    Frey  garteng.  39;    fatzwerk  und 
schimpf  treiben,  agilare  pcos.    Maaleb  13*; 
d:irum  haben  noch  mit  in  heul 
mancherlei  fatzwerk  eilich  leut.    wieM/er/.  23  n*229; 
Ich  treib  nur  mein  fatzwerk  daraus.    H.  Sachs  III.  2,93'; 
diin  fatzwerk,  hon  und  grosior  spot.    III.  2,  UV; 

86* 


1367 


FATZWORT  — FAUL 


FAUL 


1368 


ir  weiber  geht  mit  fatzwerk  umb.    V,  276* ; 

wolst  erst  unser  spottn  und  lachen 

uud  mit  sotcliem  l'atzwerk  ausmachen.    Atrer  fattn.  39'; 

ytie  ihr  thut  eur  fatzwerk  treibn 

aus  mir  gar  oft  vor  ir  gnaden.    102*; 

hast  nicht  ghört,  wer  leut  faticn  wil, 

musz  ratzwerk  wider  autklaubeo.    H)i\ 

d.  h.  spölter  müssen  auch  sijoU  vertragen;  und  alles  was  von 
Christo  im  evangelio  geschriben  steht,  aclitct  er  für  ein  ge- 
spült und  fatzwerk.  bienenk.  209*;  und  da  ich  Srhafhausen 
»■rlangte,  wurde  ich  nicht  allein  eingelassen,  sondern  auch 
nach  vielem  fatzwerk,  so  das  volk  mit  mir  hatte,  von  einem 
ehrlichen  wolhäbigen  burger  freundlich  zur  herberg  aufge- 
nommen.   Simpl.  K.  S82. 

FATZWORT,  n.  nuijae,  jocus,  faceliae.  Maaler  132*;  wo  man 
ihn  mit  spott  und  fatzwortcn  angreift.    Ayrer  proc.  1,  7. 

F.\UCHEN,  halare,  von  dem  haudicn,  schnaufen,  pfauchen, 
pfauchzen,  pfuchzen,  pusten  der  katzen,  hamsler,  fuchse  gebraucht, 
wofür  sonst  auch  rauen,  raueln  schnurren  {wie  ein  spinnrad) 
gilt :  ich  mag  ihn  nicht  leiden,  er  sieht  aus  wie  ein  kleiner 
fauchender  hamster.  Frevtag  soll  u.  haben  1,311;  der  fuchs 
war  unempfindlich  gegen  die  aufmerksumkeit  des  husars,  er 
fauchte  ihn  wüthend  an,  rasselte  mit  der  kette.  2,  303.  böhm. 
faukati  blasen,  poln.  puchac  puslen.  auch  die  eule  faucht,  fauchzt. 
vgl.  anfauchen  und  alln.  fcykja,  fortblasen,  fiuka  ningcre,  ddn.  fyge. 

FAüCHZEIV,  s.  anfauchzen  und  pfuchzen. 

FAUDE,  f.  carex,  scirpus,  schlesisches  vorl  (Weinhold  19") 
für  eine  schilf  oder  binsenarl: 

des  himmels  vorschmack  rinnt  von  meinen  balsamstauden, 
kein  nectar  aber  triert  von  senden,  schilf  und  l'audeu. 

LouENSTElN  blumcn  79; 
ob  Zepter  ihr  nicht  faule  fauden  sein.  Ibraliim  49,640. 
sende  uU  das  ahd.  semida.  faude  begegnet  in  der  älteren  spräche 
nirgends,  ein  schilfige}-  see  bei  Lampersdorf  heiszt  Vaadensee,  eine 
mit  Strauchwerk  beuachsne  anhOhe  in  der  Oberlausilz  faude,  nach 
Anton  8,  6  sagt  man:  er  hat  noch  eine  gute  faude  («nm  6t<sr/t, 
büschel))  haare  auf  dem  köpf,  sollte  faude  auf  schafthalm, 
sdtacldelhalm,  equisetum  oder  hippuris  gehen?  denn  poln.  ist 
pudlo,  pudelko  schaclUel. 

FAUDEL,  m.  odcrn.  dasselbe.  Tisciikm  Garg.  I6b*  führt  unter 
den  spielen  n'  154  auch  an  'faul  faudel',  was  sich  nun  aus  Lohen- 
steins stelle  Ireflich  erläutert,  so  dasz  das  worl  schon  damals 
nocA  Oberdculschland  gedrungen  sein  musz.  unverständlich  scheint 
eine  stelle  bei  Pdilander  2,  5S:  hol  zopf,  har  tropf  I  hui  laudel, 
jyst  faudel !  har  zoltel,  zu  dir  hottel !  herumb  lottel,  hinumb 
Irottel!  lauter  zurufe  eines  fuhrmanns  an  seine  pfcrde,  faudel 
könnte  hier  ein  faules  pferd  meinen.  eine  Vermutung  hernach 
unter  faul,  dem  scliilf  schreibt  man  sonst  zu  auch  im  wasser 
nicht  zu  faulen: 

0  scirpe,  scirpe,  laude  fortunas  tuas, 

qui  semper  servas  gloriam  aritudinis.    PI.  Rud.  II.  6, 39. 

FAL'DELN,  fallere,  belriegen,  nach  Schmid  182  ein  schwarz- 
waldiscbes  wort,  gleich  dem  scliweiz.  faukeln,  füukeln.  s.  faudig 
angeführt  unter  falig. 

FAUGEL,  m.  eine  schelte:  dasz  dich  sant  Veltes  krisem 
anstosz !  dasz  dich  der  ritt  schult,  du  büswicht,  du  faugcl, 
dasz  dich  Vix  (VetZ5)danz  ankumm!  Puilanuek  1,  26S  (269). 
kaum  für  vogel,  eher  für  faukel. 

FALK,  m.  peditus  sine  crepitu  emissus,  heimliclur  wind,  ßst. 
Stalüer  1,  357.     vgl.  unter  faul  altn.  fCiki  und  filinn. 

FALKEN,  FEUKEN,  dam  surripere.  Stalder  J,  357;  nd. 
fukelo,  brem.  wb.  1,462,  aber  auch  puken  3,370,  bei  Schaii- 
BACH  282  fftchen,  so  dasz  fauchen  sich  verglciclwn  liesze. 

F.\L'KEN,  visire,  s.  fäuk,  wiederum  fauchen,  flare,  fiatum  edere. 

FALL,  puter,  putris,  putidus,  pulridus,  goth.  fuls,  ahd.  ags. 
föl,  engl,  foul,  mhd.  fftl,  vül,  nnl.  vuil,  altn.  föll  für  fftlr,  sdiw. 
ddn.  ful.  in  allen  deutsdtcn  sfirachen  haßct  also  das  ableitende, 
der  Wurzel  ungehörige  I.  wie  sie  in  dem  ausruf  fui,  pfui,  lU. 
pui,  dem  alln.  part.  fftinn  ptdridus  und  dem  slcr.  pfij  foetere, 
lil.  pi'ili  ipraes.  puvu),  Uit.  puhl,  gr.  Ttvov  etlcr,  lat.  pus  er- 
scheint, statt  des  !  zeigt  sich  aber  t  im  lat.  pulerc,  pulor,  pu- 
(idus  neben  putrcrc,  pulridus,  pulre.^ccrc,  it.  putire,  puzzarc, 
puzza  euer,  putrido  faul,  sp.  podrido,  fr.  pourri,  im  fr.  puer 
id  t  ausgefallen,  ir.  gal.  ist  pudhar  eiler  zur  seile  des  lat. 
piitcre  steht  merkwürdig  foetere  (wie  neben  parcre  ferre),  neben 
putidus  fnclidus,  weichet  foetere  im  sp.  Ue.der  furldauerl ;  doch 
unter  faul  enlspricld  dem  pulerc,  m'c/ii  dem  fuctcrc.  fnv/.oi 
iät  dem  fnul  zu  »ehr,  also  nicht  verwandt,  enthalt  auclt  gar  nicht 
die  tvrtteltung  des   fi'ui.rn.ir,,     liloa   des   tcläedUen    und  gehört 


SU  paulus.  will  man  nun  zwischen  put  und  ful  einen  Wechsel 
der  lingualis  und  liquida  (wie  in  odor  und  olere,  padati  und 
fallen,  Hadubrant  tind  Alebrant)  gestatten,  oder  in  ful  einen 
ausfall  des  linguallatits  annehmen?  das  vorangehende  ^ia\i\  faudel' 
könnte  sogar  die  volle  form  an  hand  geben,  so  wie  faude  an  put 
gemahnt,  lat.  piger  hat  den  sinn  uiiseres  träge,  niciU  ton  faul 
und  mag  zu  pinguis  gehören. 

bedeulungen. 

\)  hvi\,^  stinkend,  verfault,  morsch,  corruptus:  joi/i.  ju  fuls 
ist,  T;Sr]  o^ei,  vulg.  jam  fetet,  Luther  er  stinkt  schon.  Juh. 
11,39;  ahd.  ther  lichamo  is  iu  föler.  0.  III.  24,83;  unser 
stubbi  fülaj.  V.  24, 12 ;  mlniu  wunlmdle  wurden  fftl,  putruaunl. 
N.  ps.  37,  6 ;  mlid. 

gän  wir  für  einen  foulen  hunt, 

wir  verwinten  die  nase  ioch  den  munt.    Karajan  (ien)l:m.  31,6; 

den  schifte  ich,  daj  er  stinket  wirs  dan  ein  vüler  rahe. 

MSII.  3,104'; 

wan  uns  ist  über  den  fiilen  mist 

der  pl'eller  hie  gespreitet,    a.  Ileinr.  730; 

ich  kom  ze  einem  fülen  sß.  Haupi  7,303: 
ein  füle  hant  ald  ein  ander  gclide  daj  fftl  ist.  myst.  289,30; 
und  er  fand  einen  faulen  cselskinhacken.  ricM.  15,15;  der 
ich  doch  wie  ein  faul  as  vergehe  und  wie  ein  kleid,  das  die 
motten  fressen.  Iliob  13,28;  die  hofnung  des  verachters  zur 
zeit  der  not  ist  wie  ein  fauler  zan  und  gleitender  fusz.  sj)r. 
Sal.  25, 19 ;  wenn  es  (das  netze)  vol  ist,  so  ziehen  sie  es 
eraus  und  lesen  die  guten  in  ein  gefesz  zusamen,  aber  die 
faulen  werfen  sie  weg.  Matth.  13,  48 ;  an  ein  ful  fleisch  macht 
man  ein  gelbe  briie.  Keisersb.  narrcn.^c/i.  2S';  'das  sind  faule 
fische',  abgestandne,  untaugende,  erdichtete  nachridäen,  erlogne 
cntschuldigungen : 

speist  mein  verlangen  nur  mit  faulen  fischen  ab. 

GÜHTUER  511; 
'o  faule  tische  1 '    Heinr.  von  Kleist  2, 51 ; 
'das  gibt  faule  fische'.   Hermes  Soph.  rme  6,306;    faule,  ver- 
dorbnc,   bcbrütelc  eier;    ein  fauler  geruch,  geschmack;    fauler 
gcicr.    unw.  doct.  375; 

wann  Doris  sitzt  am  slr.nnd  und  trucknet  ihr  das  haar, 

das  durch  den  faulen  sud  zuvor  beregnet  war.    Opitz  2,52; 

itzt  heckt  die  faule  luft  geschwinde  pestilenzeu 

und  steckt  die  länder  an.    Gripuius  1,18; 

oft  anstatt  weins  oder  biers  wasser  und  faule  pfützen  ver- 
suchen. Weise  kl.  l.  305;  ein  trunk  faules  wasser.  Lessing 
1,555; 

nur  wir,  auf  blipdcs  glück,  als  schilTer  ohne  karien, 
durchkreuzen  ihn  den  Tauicn  pfuiil  der  zeit.    1,  95; 

ein  faules  glied  wegschneiden  ;  ein  faules  fieber,  febris  putrida, 
das  die  säße  in  fäulnis  auflöst;  faul  stehen,  still  stehen,  in 
fäulnis  übergehen;  faul  in  leibe,  auszehrend;  alle  faule  schaden. 
med.  maulaffe  827;  weil  von  einer  solchen  faulen  stelle  aus 
das  übel  der  unvvahrliafligkeit  sich  weiter  verbreitet.  Kant 
5,202;  zwar  konnte  er  es  nicht  verbergen,  dasz  die  beiden 
aufsütze  nichts  laugten,  war  aber  schonend  genug,  den  eigent- 
lichen faulen  fleck  in  denselben  nur  ganz  leise  zu  berühren. 
Fichte  Nie.  leben  59;  es  sieht  faul  damit  aus; 

etwas  ist  faul  im  Staate  Dänemarks, 

some  thing  is  rotten  in  the  State  of  Denmark.    Harntet  1,  4. 

2)  faul  von  holz,  bäum,  gewächs  und  frucht;  alul.  fftl  cariosus ; 
fftlaj  werk,  stuparum  putamina;  mhd. 

si  tuont  der  fliHlcrmiuse 

gelicli,  diu  naiites  (liugel, 

da{  si  t\6r  glänz  bolriuget 

an  einem  fülen  späne, 

da;  si  lebt  in  dem  wäne, 

da;  von  dem  holze  lluliie 

ein  wäre;  lieht  di\  liulilc.    Ir.  kr.  157; 

wnj  i'ren  hüt  (rfi  Itöne? 

sist  vor  und  nach  der  iiAiio 

fill  und  ist  diT  wihel  vol 

wan  ^rst  in  der  niuwc.    Walth.  17,29; 

min  dach  ist  fül,  so  fiscnt  minc  wende.    25,5; 

und  xuocliic  al  nmlio  iinz  Cr  vant 

hl  dfr  fr^e  an  der  wani 

eine  Villa  «welle,    l».  6745; 

dar  ulTe  sttiont  ein  rlAriu  sfti, 

diu  was  Mihi  von  holze  fül.    Parz.  5$1>,(!; 

r«ht  nl.s  da{  fülo  basl.    Orlnit  200,4; 

er  achtel  eisen  wie  slro  und  erz  wie  faul  Imlz.  i/i<>/'  II.  >« ;  ir 
wird  ztihrorheii  wcrdrii  wie  ein  fauler  liawm.  24. 2ü ;  des- 
gleiciien  thut  der  da  schiffen  wil  und  durch  wilde  fliilen  zu 
laren  gedenket  und  rufet  an  vil  ein  feuler  liolt,  denn  das 
«rliir  ist,  d.ir.iur  er  feril.    wash.  Sal.  14,1;    al(«o  ein  iglichcr 


1369 


FAUL 


FAUL 


1370 


guter  bawm  bringet  gute  fruchte,  aber  ein  fauler  bawm  bringet 
arge  fruchte,  golh.  i{)  sa  ubila  bügmä  akrana  ubila  gataujij). 
Malth.  7,  17.  IS ;  setzet  entweder  einen  guten  bawni,  so  wird 
die  frucht  gut,  oder  setzet  einen  faulen  bawm,  so  wird  die 
frucht  fauL  22, 33.  Luc.  6,  43 ;  ein  fuier  öpfel  machet  zehen 
neben  im  auch  ful.  Keisersb.  narremch.  loa' ;  und  wiewol  es 
ein  faul  nest  war,  noch  hielten  sie  dannoch  etliche  tag. 
Götz  vos  B.  lebensb.  74; 

ich  isz  lieber  feigen  denn  faul  pirn.    fastn.  736,16; 

au,  Gretlin  fin, 

ich  sich  wol  wie  es  zupat  in  dinem  kemerlin, 

du  haltest  an  mir  als  ein  ful  armbrost. 

Hartlub  de  pde  meretr.  75, 5 ; 
wann  der  best  wein  ins  faul  fasz  kam, 
darin  müst  er  ersauren.    Garg.  92'; 
die  grünen  weid  und  göttlich  herd 
im  himel  aller  ehren  werd 
hat  er  (W'Uzel)  verschmchet  und  veracht 
und  auf  die  faulweide  sich  gemacht. 

Alberis  contrafactur  A?; 
kummen  drüber  {fiber  mein  buch)  arge  fliegen, 
wird  gesundes  bleiben  liegen 
und  das  faule  leiden  an. 
kummen  aber  bienen  dran, 
wird  das  faule  sein  vermieden 
und  gesundes  recht  beschieden.    Logad  1,124,30; 
bald  zeitig,  bald  faul,  quod  cito  ß,  cito  peril.    Otho  2S7; 
Peter  und  Paul  (29  juni) 
wird  dem  körn  die  wurzel  faul, 

fängt  es  zu  reifen  an.  tiir  !»t:en  dem  gesunden  holz,  slroh, 
obst  das  faule  entgegen :  der  apfel,  die  Weintraube  ist  faul ; 
mit  faulen  äpfeln  werfen ;  kann  man  denn,  wenn  man  auch 
nicht  kernfaul  ist,  doch  nicht  rindenfaul  sein?  J.  P.  kl.  büdier- 
schau  1, 123. 

3)  faul,  schlecht,  falsch,  schlimm,  üM,  schal: 

in  leid  ich  steh,  aide,  aide, 

reisz  mir  kein  faulen  bossen  mehr.    Ambr.lb.  s.'23l,ib; 

fieng  er  sein  faule  bossen  an  zu  treiben.  Wiceram  roWir.  20; 
ewcr  ruwen  kompt  zu  spat,  dann  da  ir  merktent  ein  faulen 
ansprach  zu  haben,  da  sollet  ir  den  vorgenommen  kämpf  nit 
angenommen  haben.  Aimon  vi';  lasset  kein  faul  geschwetz 
aus  ewrem  munde  gehen  (ainhun  vaurde  ubilaize  us  munjia 
izvaramma  ni  usgaggai).  Eph.  4,  29 ;  herr  Conrad  Schott  war 
auch  ein  fauler  reiter.  Götz  v.  B.  lebensb.  72;  wo  man  der 
schwermer  dunkel  hinkeret,  so  ist  er  faul  und  nichts.  Luther 
3,  476";  was  aber  diese  faule  folge  vermag,  die  hie  Ecolampad 
macht.  476';  und  füren  so  lose,  faule  Ursachen.  3,490';  zu 
schal  oder  zu  faul.  3,498';  herzog  Gcorgens  entschüldigung 
ist  aus  der  inaszen  kalt,  faul  und  lose.  4,  53S';  ganz  faule 
imd  lose  gründe.  5,23*;  so  verachtet  gott  auch  ire  (t/er  niön<^e) 
faule  werke.  5,449';  das  es  eitel  kalt,  lose,  faul  geschwetz 
gewesen  ist.  5,457';  nu  spricht  hie  der  text,  das  solche 
todten,  so  im  herm  sterben,  sind  selig,  wie  bitten  sie  denn 
für  die  seligen  umb  gelt?  und  ob  sie  wollen  eine  faule  glose 
fürgeben,  das  solche  seien  in  hofnung  selig  werden,  noch 
nicht  im  wesen.  das  ist  nichts  denn  ir  eigen  glose,  könnens 
auch  nicht  beweisen,  so  leideis  auch  der  lest  nicht.  5,164'; 
wo  bleibt  hie  ir  faule  ausrede,  da  sie  sagen,  Christus  habe 
im  abendmal  beider  gestalt  allein  den  priestem  gegeben. 
6,  lOl';  obs  zuteilen  faule  oder  falsche  theiding  und  mahrlin 
wäre.  br.  4, 417 ;  schampere  worl,  narrentäding,  unnütz  ge- 
schwetz, faul  zotten,  schandlos  bossen  sind  das  benedicite 
und  gratias.  Frank  laster  d2;  sie  scind  all  abtrünnige,  die 
mit  faulen  sachen  umbgehen.  g4;  aus  füllerei  kompt  faul 
geschwetz,  zorn  und  gottesleslerung.  hl;  ein  scheuhen  hellen 
sie  ab  Frankfurt  von  wegen  des  frembden  geschwinden  kauf- 
manns.  die  in  ir  faul  anschleg  möchten  abmerken.  Kirchhof 
uendunm.  40l' ;  befleckt  euch  nicht  mit  dem  schlämm  fauler 
thaten.  pers.  baumg.  9,15;  faule  ausrede.  Garg.  181'; 
des  einen  herz  ist  falsch  und  faul, 
faul  ist  und  falsch  des  andern  herz  und  maul, 
beed  könden  nichts  dan  liegen.  Weckheblin  43; 
0  groszer,  denke  nicht  an  meinen  faulen  sinn, 
der  nichts  als  unrecht  thut,  und  von  dir  fället  hin. 

Flehi^ig  31 ; 
dort  war  er  höchst  verhaszt,  hier  war  er  lieb  und  frei, 
lOg  Kotiys  gunst  recht  vor  Augustus  fauler  gnade.    77; 
dasz  gott  entscheide  und  der  ausgang  zeige, 
wes  Sache  gut,  und  wessen  faul  gewesen.    Tiecc  1,77. 

LiJTBEB  bedient  sich  oß  der  tinjyersönlichen  redensart  'es  thut 
faul,  thut  mir  faul'  für  leid,  web:  nu  wils  uns  faul  Ibun,  das 
auch  böse  zeit  und  Unfriede  kompt.  4, 4S0';  denn  es  ist  sonst 
ein   verdrieszlich   unselig   wesen   euszerlicb  anzusehen,   und 


thut  faul  imerdar  zu  sitzen  in  fahr  leibs  und  guts.  5,362'; 
da  müssen  sie  schamrot  für  werden  und  thut  inen  faul,  d:is 
sie  mit  öffentlicher  schrift  und  gottes  wort  für  den  köpf  gc- 
stoszen  werden.  6,14';  aber  es  thut  faul  seine  Sünde  beken- 
nen und  man  schemet  sichs.  /ücAr.  104';  es  wurde  den  hof- 
junkern  sehr  faul  thun  und  sie  hart  verdrieszen.  177';  man 
wil  sie  nicht  lassen  die  kirchen  regieren,  das  thut  ihnen 
faul.  403' ;  denn  es  thut  solchen  leuten  faul,  wenn  sie  köpf- 
lein nicht  brauchen  sollen.  Haisecciüs  m.  Pfriem  rorr.  ; 
das  er  sie  schilt,  das  thut  in  faul.  Ghsf  Lazarus  H2. 
4)  aus  der  ersten  bedeutung  entspringt  unmittelbar  die  heute 
vorhersehende  von  ignarus  und  segnis,  nur  dasz  uns  faul  stärker  ist 
als  träge,  figer,  icelchen  beiden  die  Vorstellung  ton  putredo  abgeht, 
unr  sagen  einer  ist  so  faul,  dasz  er  stinkt,  stinkfaul,  und  eine 
grosze  und  anhaltende  faulheit  ist  stinkend,  ganz  vHe  die  hoffart 
stinkt,  stinkhoffartig.  das  golh.  und  ahd.  adjeüiv  geKöhren  diesen 
sinn  von  segniiies  nicht,  vofür  lals  und  la;  verwendet  icerden: 
unselja  skalk  jah  lala!  Tiovr^os  SovXs.  Luc.  19,22;  vambos 
lat&s,  yaaxtQSi  aoyai.  Tu.  1,12.    mhd.  aber  heiszl  es 

müe^ekeit  h.it  daj  reht, 

si  machet  manegen  fülen  kneht.    Frsidüce  49,8; 

der  füle  gert  niht  mere 

wan  senfte  leben  an  Sre.    92,9; 

ei,  sprach  er,  du  vüler  knecht.    pass.  K.  285,31. 

nhd.  dnimb  eilet  und  seid  nicht  faul  zu  ziehen,  das  ir  kompt 
das  land  einzunemen.  rieht.  18,  9 ;  gehe  hin  zur  emmeiszen, 
du  fauler,  sihe  ire  w  eise  an  und  lerne,  spr.  Sal.  6,  6 ;  wie 
lange  ligeslu  fauler?  6,9;  wie  der  essig  den  zenen  und  der 
rauch  den  äugen  thut,  so  thut  der  faule  denen,  die  in  sen- 
den. 10,  26 ;  der  faule  begert  und  kriegts  doch  nicht,  aber 
die  fleiszigen  kriegen  gnug.  13,4;  der  weg  des  faulen  ist 
dömicht,  aber  der  weg  der  fromen  ist  wol  gebenet.  15, 19 ; 
umb  der  kelle  willen  wil  der  faule  nicht  pflügen,  so  musz 
er  in  der  ernten  betteln  und  nichts  kriegen.  20,4;  der  faule 
stirbt  über  seinem  wündschen,  denn  seine  hende  wollen  nichts 
thun.  21,  25 ;  der  faule  spricht,  es  ist  ein  lewe  drauszen,  ich 
möchl  erwürget  werden  auf  der  gassen.  22,13.  26,13;  ich 
gieng  für  dem  acker  des  faulen  und  für  dem  Weinberg  des 
narren.  24,30;  ein  fauler  wendet  sich  im  belle,  wie  die  thür 
in  der  angel.  26,14;  der  faule  verbirgt  seine  band  in  den 
topfen,  und  wird  im  sauer,  das  er  sie  zu  munde  bringe.  26. 15 
{vgl.  kinderm.  n'  151) ;  ein  fauler  dunkt  sich  weiser,  denn  sieben 
die  da  sillen  leren.  26,16;  alle  ire  wechter  sind  blind  . . .  sind 
faul,  liegen  und  schlafen  gerne.  Es.  56, 10;  und  ire  {dergCAzen) 
füsze  sind  faul  zu  wandern,  ueish.  Sal.  15.15;  ein  fauler 
mensch  ist  gleichwie  ein  stein,  der  im  kot  ligl,  wer  in  auf- 
hebt, der  musz  die  hende  wieder  wischen.  Sir.  22, 1 ;  daneben 
sind  sie  {die  jungen  uitwen)  faul  und  lernen  umblaufen  durch 
die  heuser,  nicht  allein  aber  sind  sie  faul,  sondern  auch 
schweizig  und  furwitzig  (aj){)an  samana  jah  unvaurslvons 
laisjand  sik  j)urbgaggan  gardins,  a|i{>an  ni  [)atain  unvaurslvitns, 
ak  jah  unfaurjüs  jah  faicveitjandeins).  iTim.  5, 13;  die  Crcler 
sind  imer  lügener,  böse  Ihier  und  faule  beuche  (vambos  latus). 
Tit.  1,  12;  so  hell  die  mesz  ausgeraessct  und  die  pfafl"cn 
müslen  mit  lären  kröpfen  auffliegen  und  irgends  im  spilal 
auf  dem  slro  austropfen  oder  sonst  ir  kost  mit  faulem  ruckeu- 
bucken  gewinnen,  bienenk. 'b' ;  stinkend  faul,  dasz  sie  ihren 
eignen  leib  nicht  tragen  mag.    Pbilander  lugd.  5,300; 

welcher  der  feulst  im  tanzen  ist, 

dem  sol  man  geben  ein  kränz,  das  wiszt.    fastn.  566, 10; 

herr  wirt,  treipt  aus  die  faulen  puben  I 

mich  reut,  das  sie  den  tanz  anhüben 

und  den  frauen  den  tanz  lank  machten, 

die  lieber  tanzten,  das  die  wend  krachten. 

so  vermags  ir  keiner  auf  den  faulen  schiakea.    566,16; 

mag  wol  sein  in  Schlauraffenland, 

da  der  feulst  esel  ist  mehr  werd, 

dann  hie  hei  uns  das  beste  pferd, 

wer  da  der  feulst  und  grö^best  ist, 

die  grösztc  ehr  man  im  zumist.    Nascs  nasenesel  15*; 

und  nicht  auswartel  seim  gescheft, 

ligt  auf  der  faulen  selten  und  schleft.    H.  Sachs  III.  2, 2S*; 

und  damit  er  solche  brunst, 

solche  deines  feuers  gunst 

lasse  desto  besser  spüren, 

wil  er  noch  bei  winternacht, 

da  der  frost  sonst  fauler  macht, 

seine  braut  zu  bette  führen.    Opitz  2,74; 

wer  wolle  nicht  viel  lieber 
an  einen  sichtbarn  feind,  für  dem  er  stehen  kan, 
und  auf  gut  ritterlich  es  mit  ihm  nehmen  an, 
als  einen  matten  tod  im  faulen  bette  leiden.    FLnrae  134; 


1371 


FAUL 


FAUL  — FAULBETT 


1372 


die  jünger  mochten  eben 

Tor  fauler  traurigkeit 

die  äugen  kaum  erheben.    Grtpuiüs  2, 20" ; 

dieses  sagen  wil  nun  wehren,  weil  (dum)  das  Icder  wehrt  ums 

maul, 
denn  zum  sagen  und  zum  plaudern  sind  die  weiber  selten  faul. 

LocAU  2,33,18; 
ein  ballon  fleugt  ungeschlagen  nimmer,  ob  er  gleich  voll  wind, 
manche  sind  zu  faul  zu  ehren,  ob  sie  gleich  begäbet  sind. 

2, 161,9; 
Ton  faust  ist  Schnaube  faul,  doch  rü.siig  in  dem  sinne, 
ein  herze  hat  er  wol,  doch  wenig  herzens  driune.    3,150,73; 
faule  {träge,  langmmc)  stunden  eilet  doch, 
eilet  doch  ihr  faulen  stunden!    Gcntuer  282; 
das  hat  mein  fauler  {unlhdliger)  gram  gelhan.    191 ; 
nun  macht  der  faule  strich  entzückt.    346, 
der  langgezogne  strich  des  geigers ; 

auch  bürper  sclieuen  sich  für  jeden  gut  zu  sagen, 
willst  du  der  kinder  brot  Tür  faule  Schuldner  wagen? 

LiCBTWER  recht  der  Vernunft  12C; 

wir  treiben  tag  für  ta^  die  magern  schafe  weiter, 
des  abends  kommen  sie  doch  wol  mit  schlaflera  cutcr 
und  ohne  milch  zurück,    da  heiszts,  man  ist  zu  faul, 
und  sorgt  nicht  für  das  vieh.    Host  scliäfcrgedichte  ül; 

der  faule  Hylax  schlief, 
und  wurd  es  nicht  gewahr,  als  sich  das  vieh  verlief.    92; 

nein,  meine  mutter  spricht 
zu  hause  stets  zu  uns:  ihr  kinder,  liebt  mir  nicht, 
die  liebe  macht  nur  faul  und  ist  ein  schlecht  vergnügen, 
drum  folgt,  ihr  werdet  doch  noch  reiche  mäinier  kriegen.    133; 
ein  alpenriese  (Bodiner)  schimpft,  in  Sachsen  wirds  bekräftigt, 
0  Phöbus  bist  auch  du  {Gullsclied  spricht]  zu  meiner  räche  faul, 
wo  nicht,  so  zeig  es  uns,  spnnn  einen  feuergaul 
zu  meinen  (.«n)  besten  aus,  damit  auf  diesem  pferde 
der  alpen  Polyphem  von  mir  bestritten  werde. 

Rost  Vorspiel  75; 
lasz  uns  faul  in  allen  sachen, 
nur  nicht  faul  zu  lieb  und  wein, 
nur  nicht  faul  zur  faulheit  sein.    Lessing  1,51; 
so  flicszt  in  kalter  still,  in  ungenosznen  stunden, 
in  tagen,  die  verdrusz  umhüllt, 
das  faule  leben  fort,  die  traurigen  Sekunden, 
wenn  sie  nicht  liebe  füllt.     1,9U; 

der  geisl  ist  dabei  {beim  etymologischen  sludium)  in  einer  so 
faulen  thätigkeit,  er  ist  so  geschäftig  und  zugleich  so  ruhig. 
8,  IGl;  ist  es  nicht  fauler  leichtsinn,  dem  einen  die  Über- 
zeugung des  andern  zu. gute  kommen  zu  lassen?  ist  es  nicht 
leichtsinnige  faulheit,  die  Überzeugung  des  einen  auf  beide 
erstrecken  zu  wollen?  10,  U6;  er  hat  sich  auf  die  faule  seile 
gelegt,  felsenb.  3,423,  ist  in  faulheit  versunken; 

sie  liegen  auf  der  faulen  seite.  Günther  163; 
sich  auf  die  faule  seite  begeben.  Pbaetorids  tvellb.  29;  die 
zeit  mit  faulen  tagen  zubringen.  Schlampampe  47;  er  liebte 
faule  tage  über  alles.  Siegfr.  v.  Lindenb.  1,50;  die  faule  welt- 
weisheit,  die  unter  einer  andächtigen  micnc  eine  trüge  Un- 
wissenheit zu  verbergen  trachtet.  Kant  S,  340 ;  aus  einer  art 
von  fauler  Verzweiflung  ergibt  er  sich  blindlings  in  die  bände 
seines  führers.    Fichte  über  die  fr.  rcvol.  376 ; 

dort  liegt  er  dann  in  fauler  ruhe.    Fr.  Müller  1,22: 
eine  menge  Scheltwörter  Verden  mit  diesem  adj.  gebildet :  fauler  bund, 
fauler  rüde,  fauler  bengel,    schlingel,   fauler  scliliffel,   fauler 
kegel  (Keisersb.  omeis  8*),  faule  schlumpe  «.  dgl.  mehr; 

es  war  ein  fauler  schäfer, 

ein  rechter  Siebenschläfer.    Götbe  11,12. 

die  belege  zeigen,  dasz  dies  adj.  sich  mit  der  praep.  zu  verbindet : 
faul  zu  wandern,  faul  zu  plaudern,  faul  zu  bandeln,  fr.  lent 
h  marcher,  i  causer.  k  agir. 

5)  stall  er  war  nicht  faul  {säumte  niclit,  non  tardavit)  setzt 
die  spräche,  um  das  schnelle  der  handlang  auszudrücl;en,  nach 
einem  pronomen  oder  nomen  gein  bloszes  'nicht  faul',  mit  weg- 
gdassenem  rerbum  subst.:  als  Braun  dieses  gesagt,  kroch  er 
hinein  big  über  die  obren,  steckte  auch  seine  vordere  talzen 
mit  hinein,  der  fuchs  aber,  nicht  faul,  zog  eilend  den  keil 
heraus,  dasz  der  bilr  mit  dem  köpf  und  klauen  in  dem  bäum 
bestecken  bliebe,  prosa  von  Hcineke  fuchs  {nach  1648)  I,  H  s.  5«; 
ich,  niclit  fatil,  und  sobald  {zog  alsbald)  von  leder.  Piiii.ander 
1,731;  er  verlrawele  der  verrat herischen  Conquin  den  ganzen 
tractal,  die,  nicht  faul,  verzcblle  alles  dem  cbevalier  de  Lor- 
raine. El.  Chabl.  von  Orleans  .?.  416;  er  sagte,  sie  solle  ihm 
gleich  gold  geben  oder  er  wolle  sie  umb  bringen,  sie,  nicht 
fauL  springt  ihm  an  den  hals,  ninibt  i>eine  cravalte  und  ziecht 
•o  geschwind,  daoz  der  dich  ersticken  solle,  t.  499 ;  der  Michele 
nicht  faul  reibt  ihm  das  ohr.  FucJismundi  379;  (loltbarl  aber, 
nicht  faul,  ri«z  ihm  die  pi-ilolc  au«  der  tiand.  unv.  dnct.  S47 ; 
diese,  nicht  faul,  iegle  die  band  an  das  gewelir.  tnc(/.  maul- 


affe  65;  der  mair,  nit  faul,  reicht  bein  kraisamt  a  mcmorial 
ein.  Eipeldauer  1S14.  8,10;  das  aber,  nicht  faul,  nahm  ein 
buchenes  scheit,  fuhr  auf  ihn  ein.  Gotthelk  Uli  s.  302 ;  die 
wächterin,  nicht  faul,  gosz.  Bücher  die  kinderlehr  s.  35 ;  nid 
fula,  nit  lassä,  nit  zful.  Stalder  dialcct.  292. 297. 308.  nd. 
he,  nig  to  ful,  gaf  em  ene  orfipen; 

er  läuft,  der  bar  lauft  nach,    er  schreit,  will  sich  verstecken, 
der  bär,   nicht  faul,   sucht  ihn,   bricht  brummend  durch  die 

hecken, 
und  jagt  ihn  wieder  vor.  Lessinc  1,194; 
um  mir  doch  die  kleine  freude  am  Frauenbuch  zu  verder- 
ben, bat  hcrr  Joseph  Bergmann,  nicht  faul,  die  handschrift 
abdrucken  lassen,  ehe  meine  arbeit  erscheinen  konnte.  Lach- 
manns tiachscliriß  zum  Lichlenstein.  ist  das  verbum  ausgedruckt, 
so  leidet  die  rasclJieil  des  ausdrucks:  die  niaurer  waren  nicht 
faul  dabei  gewesen.  Letpz.  avanl.  1,  88 ;  ich  war  nicht  faul, 
sondern  ging.    Felsenb.  2,  402 ; 

drauf  kam  der  tod,  der  war  nicht  faul, 
kriegt  ihn  beim  köpf,  sprach  'halt  crs  maul!' 

Rost  giiihsciinft  auf  lleinecke. 
6)  aus  der  eigentlichen  bedeutung  von  faul  entwickeln  sidi  noch 
einzelne  besondere  und  teclinischc,  die  auch  in  feste  namen  über- 
gehn.  in  spielen  heiszt  der,  uctcher  austreten  musz,  'faul',  be- 
sonders im  ballspiel:  der  schulthcisz  u-irß  einem  in  der  reihe 
den  ball  zu,  sobald  dieser  ihn  gefaszt  hat,  musz  er  gleich  einen 
der  übrigen,  die  das  weite  suchen,  werfen.  Irift  er,  so  ist  der 
getroffene  'faul'  und  darf  niclit  mehr  mitspielen,  triß  er  nicht, 
so  ist  der  werfende  faul  und  wälirend  dem  spiel  darf  keiner  der 
spielenden  von  einem  'faulen'  bei  strafe  des  'faulwerdens'  den 
ball  annehmen.  Ernst  Meier  kinderspicle  144.  dt-n  scliiffern  be- 
zeichnet faule  see  windstille;  den  bergleulen  fauler  gang  schmie- 
riges, schlüpfriges  gestein;  faules  eisen  ist  brüchiges  und  die 
benennung  eines  Spiels  'faul  eisen'  Garg.  168*  n*  457  mag  daraus 
zu  erklären  sein;  ein  andres  spiel  das.  426  'die  faulen  mägd'; 
faule  Wäsche,  schmutzige,  was  sonst  schwarze  wasche,  nd.  vuul 
tüg,  faules  zeug;  vulen  twiete  oder  fühlen  twiete,  enge,  stin- 
kende gasse  in  Hamburg;  faule  Grefe  heiszt  die  falcaria,  das 
sichelkraut,  nach  einer  dirne,  die  im  sicheln  faul  war,  nach  Wein- 
hold 19'  ist  in  Scidesicn  die  faule  magd  aber  lychnis  flos  cuculi, 
kukuicsblume.  derselbe  legt  auch  der  ralle  oder  dem  Wachtel- 
könig, rallus  crex,  diesen  namen  bei,  wofür  Neicmcii  der  alle 
knecht,  kasper,  der  feldwücbter  hat. 

vgl.  beutelfaul,  erzfaul,  faszfaul,  grundfaul,  kernfaul,  maul- 
faul, mistfaul,  rotzfaul,  schelmfaul,  schlägefaul,  scblagfaul, 
stinkfaul,  sfockfaul. 

FAUL,  n.  sordes,  pulrcdo: 

ich  hab  mir  oft  dacht,  er  sei  krank, 

so  hat  in  leicht  das  faul  getroffen.    IL  Sachs  1, 451'' 

ich  hab  gar  gute  arzenei 

für  das  faul  und  den  zipperiein.    I,  529^; 

unser  ungesparter  fleisz, 

unser  ungescheuter  schweisz 

wird  uns  ja  was  wieder  nützen, 

das  wir  nicht  für  raubrisch  maul 

wie  bisher  so  bitter  schwitzen 

und  crnehren  fremdes  faul.    Log*u  2,246. 

nJ.  he  bei  dat  vulc,  er  hat  das  faulfieber,  zweideutig. 

FAl'LAFFE,  m.  fauUhieraffe. 

FAULBAUM,  m.  nnl.  vuilboom,  rhamnus  frangula,  vibumum 
opulns,  prunus  padus  und  ligustrum  vulgare,  lauter  .Bräuche,  die 
beeren  tragen,  übel  riechen  und  unter  vielfachen  andirn  bcneti- 
nungen  vorkommen.  Hemsch  1019  hat  frangula,  arbor  fociida, 
stiniibaum.  auch  ein  fauler,  träger  mensch  heiszt  faulbauin. 
Maaler  133". 

FAULBÄUMEN,  auf  dem  faulbaum  sitzen,  nach  dt'm  sprich- 
vort:  wer  kürbäumen  wil,  der  faulbäumet  gern.  Viw^n  sprichw. 
2,110'.  kluge  weise  reden  lhti:),Os\  ir.70, 105'.  Stielkr  115.  kflr- 
baum  ist  cornus,  kürlbaum,  dirlebaum  (2,  lls4)  vogelbeerbaum, 
der  hölur  wäcJisl,  an  dem  srht'mere  beeren  hangen,  als  am  faulbaum. 
'wer  nach  Vogelbeeren  strebt,  gerdlh  auf  die  faulbeeren'  wurde 
walirscheinlicli  von  einem  vogel  gesagt,  der  zu  hoch  hinauf  u-ill. 
kommt  htrunter,  qui  sc  exaltat,  humiliabitur.  soll  es  von  einem 
menschen  gelten,  so  müsle  an  das  harte  und  braucJtbare  holz  der 
cornus  oder  des  hartriegels,  an  das  schlechte,  unnülw  des  faul- 
baums  gedacht  werden.  Frank  setzt  den  parallelen  Spruch:  wer 
nit  auf  eiiu  schlechten  sack  wil  ligen,  dem  wirl  ein  slrosrnk. 

FAULBEEHE,  f  die  frucht  des  faulhaums. 

FAULBETT,  FAULBETTE,  n.  ;cr/((/K.t,  lotterbrtt: 
die  fraw  mit  verpuntncm  fucsz  auf  dem  faulpol  lug. 
mei$lrrg.  23  n* .»; 

xl  nprnrh,  er  legt  »Ich  heul  nach  elm 

In«  faulpeii,  also  llgt  er  noch.    li.  Sacm  L4il'; 


1373 


FAÜLBETTCHEN — FÄULE 


FÄULE— FAULENZER 


1374 


das  grab  nicht  anders  denn  als  ein  sanft  faul  oder  unge- 
bette  zu  halten.  Lctber  S,3'72";  derselben  sogleich  arznei 
eingab  und  rieth,  sich  wenigstens  eine  halbe  stunde  auf  ein 
faulbette  niederzulegen,  ing.  der  liebe  252 ;  dasz  ich  die  mutter 
erstlich  mit  kuuimer  und  noth  auf  ein  faulbette  bringen  konte. 
Felsenb.  4,  213 ;  kaum  aber  war  das  aufgetragene  glücklich  auf- 
gezehrel,  so  suchte  mein  Ampelgen  das  faulbette.  ehe  eines 
mannes  213;  das  faul  lungerbett  mit  den  umhängen  ist  für 
die  mittags  oder  nachmittagsruhe.  Comenius  von  Docemics§.  574; 
ein  mflsziger  sophist  auf  seinem  faulbette.  Wielasd  2,319; 
auf  dem  faulbette  ernähren.  Moser  patr.  pb.  1, 7S  {werke  1, 159) ; 
das  faulbette  aller  thörinnen.  3,45;  ohne  mich  geradezu  auf 
ein  faulbette  zu  strecken.  ThCjcmel  4,  493 ; 

ich  streckte,  kam  mirs  vor,  in  Esthers  Sommerhaus 
zu  sanfter  mittagsrast  mich  auf  dem  faulbett  aus. 

GoiTERS  schausp.  142; 
ward  ich  beruhigt  je  mich  auf  ein  faulbett  legen, 
so  sei  es  gleich  um  mich  gethan !    Göthe  12,  S6. 

FAÜLBETTCHEN,  n.  dasselbe:  sei  der  grüne  rasen  mein 
faulbettchen.  Wieland  13,  IS;  ich  fand  sie  in  einem  kleinen 
saal  ihres  gartens  auf  einem  faulbettchen  liegen.  13,  92. 

FAL'LBETTLEIN,  n.  war  eine  feine  bank  sampt  dem  bank- 
pfulwen  und  sonst  ein  faulbettlin  zur  band,  darauf  streckt  er 
sich  bankethierlich  und  zierlich.  Garg.i',0*;  demnach  ist  unser 
lieber  d.  Luther  nicht  todt,  sondern  er  nihet  jetzt  in  seinem 
faulbettlin  und  genartet  der  stimme  des  herm.  Otho  1049. 

FAULBRAND,  m.  uredo,  in  körn,  icaize,  haber. 

FAL'LBRÜCHIG,  fragilis:  eisen,  weiches  bei  jeder  tempe- 
ratur  mürb  und  von  geringer  festigkeil  ist,  wird  faulbrüchig 
oder  haderig  genannt.    Karmabsch  1, 10. 

FAULBRCCKE,  /".  pons  pulridus,  ein  allbergebrachles  spiel: 
auf  ein  zeit  war  ein  priester,  der  het  geistlich  und  gar  wol 
geprediget,  und  nach  dem  essen  treib  er  gäucherei  mit  den 
jungen  gesellen,  als  die  faulbrück  springen  oder  keglen.  das 
sah  ein  alt  weib,  die  sprach  zu  demselbigen  herrn,  'ir  seid 
nicht  der  herr,  der  heut  geprediget  hat',  seh.  u.  ernst  lböä,Z25. 
1590. 394.  1522, 448  (ifo ;  nach  dem  imbis  da  treib  er  den 
gauch).     sonst  unzusammengeselzt : 

zwei  (ß.  i.  mann  und  frau)  spUten  der  füln  brücken. 
Altswert  9ti,  19 ; 

spielten  (Gargantua  und  Gurgelmilla)  der  faulen  brücken  und  des 
thiers  mit  zweien  rucken.  Garg.  '"' ;  der  faulen  brücken.  171'. 

FAULBRUT,  f.  abgestorbne  brut  der  bienen,  felus  corruptus. 

FAULBRÜTIG,   ein  faulbrütiger  bienenkorb. 

FAULBUTTE,  f.  zum  faulen  der  lumpen  in  den  papiermülen. 

FAULDÄMPFEN,  vaporare:  auf  das  der  mist  wol  erkocht 
und  durchaus  gefauldämpft  seie,  wann  man  ihn  auf  die  äcker 
und  matten  gelegen  soll.    Sebiz  50. 

FÄULE,  f.  1)  putredo,  caries,  fäulnis,  ahd.  fAli,  mhd.  viule, 
besonders  an  leib  und  fleisch  der  menschen  und  thiere: 

der  sibend  hat  die  feuln  in  henden.  fastn.  1011,18,  vgl.  1161; 
on  dasz  er  weiter  ein  schön  hell  fewer  anmachen  liesz,  die 
betrübung,  nibelung  und  feule  des  lufts  zu  enderen  und  zu 
leuteren.    Garg.  185*;  wein  vor  faule  bhüt.  11; 

was  aber  find  ich  hier?  wie?  ein  entseelte  leich 
gelehnt  au  diese  raaur,  von  fäuie  blau  und  bleich! 

Griphiis  1,235; 
die  strafen  sind  das  salz,  damit  man  abe  wehre, 
dasz  gute  zucht  sich  nicht  in  faul  und  stank  verkehre. 

LocAU  3,184,63; 
man  liebt  dich,  Paula,  nicht  nach  riechen, 
der  bock  ist  hei  dir  eingeschlichen, 
man  liebt  dich,  Paula,  nicht  nach  schmecken, 
dein  mund  wil  böse  feule  decken.    3,225,42; 
die  faule  friszt  zwar  fleisch  und  bein, 
doch  kan  sie  nicht  den  lorbeer  streifen, 
der  schon  um  alle  linger  grünt 
und  wider  die  Verwesung  dient.    Gc;<tuer  348; 
sie  ist  das  element,  woraus  dein  nacliruhra  grünt, 
weil  asch  und  faule  stets  dem  ehrenpreise  (sp.  63)  dient.    680; 
es  hairelt  um  sein  haupt,  es  kreuzen  blitz  und  keile, 
es  splittern  stamm  und  ast,  es  dampfen  gift  und  feule.    S08; 
ein  leib  voll  faul  und  stank.    815; 

wie  das  samkömlein  zwar  in  der  erden  verfaulet,   doch  ein 

grünes  hälmlein  aus  der  faule  treibt.  Scriver  »e/enscA.  1,13; 

Schoppc   fieng  nun    an   dessen    mund   und  herzensföule  zu 

rügen.    J.  P.  TU.  3,  83.     vgl.  mundräule. 

2)  faule  an  bäum  und  geslcin :  mürbes,  faules  geslein.     Frisch 

1,252*  aus  Mathesils:  man  trift  viel  groszer  faulen  und  holz 

innerhalb  den  bergen  an,  welche  von  der  sündflut  verschwemmt. 

brau  nkoldenlager  ? 


FÄULE,  f.  farilla:  ein  erleschen  (erloschen)  gneisl,  feule. 
Dasyp.  7i'.    Diefesbach  227'. 

FAULELEN,  fngrescere,  faulenzen.    Stieler  445. 
F.\ULELEN,  fracescere,  leig  werden :  das  obst  Ciulelt. 
FAULE.N,  1)  putrere,  pulrescere,  ahd.  fftl^n,  mhd.  TÖlen: 

des  schilt  was  holz,  hie;  aspinde, 

da;  fület  noch  enbrinnet.    Parz.  741,3; 

diu  wunde  vület  lihte  und  swirt.    Bari.  176,15; 

dö  wart  diu  wärheit  wol  schin 

des  Sprichwortes,  da;  da  gibt, 

da;  schulde  ligen  und  vülen  niht.    Trist.  138, 24. 

tihd.  wer  ein  arme  hebe  (weihgeschenk)  vermag,  der  welet  ein 
holz  das  nicht  faulet.  Es.  40,  20 ;  eigenlob  faulet  in  des  reden- 
den mund.    Steinhöwel  Esop  82'; 

wann  du  schon  fulest  in  dem  grünt.    Bratt  95,64; 

wie  möclit  das  wirken  fleisch  und  blut. 

das  gänzlich  stirbt  und  faulen  thut?    Scbwarzekrkrg  152,1 

und  wenn  der  cörper  fault,  so  beisz  die  seele  leben. 
Grtphics  2,396; 

ein  holz  das  schon  wil  faulen  (ßr  faulen) 

taugt  auf  die  fewerstat.    Tscuerm^g  233; 

die  weit  fault  in  sich  selbst  und  ihre  sitten  stinken. 
LoGAü  1,209,69; 

hier  faulen  des  geschlechts  schon  mehrere.    Lessh^g  2,253; 

zeig  mir  die  frucht  die  fault,  eh  man  sie  bricht, 

und  bäume  die  sich  täglich  neu  begrünen.    Göthe  12,85. 

5.  anfaulen. 

2)  pigrescere :  wollen  nit  faulen,  nit  schlecken.  Keisebsb. 
parad.  der  seelen  29*;  er  lag  still  zu  fulen,  bis  das  der  tag 
zu  allen  orten  in  die  kammer  schin.   bilger  152*; 

sie  war  unendlich  und  untüchtig, 

stund  nit  wie  vor  im  haus  aufrichtig, 

von  aller  arbeit  stetes  schault  (lalet), 

des  morgens  lang  im  bette  fault.    Waldis  4,19  s.232'; 

Stieler  444  führt  an :  ein  fauler  dieb  und  warmes  bett  scheiden 
ungern  von  einander; 

den  zweck,  dies  lange  ziel 
hat  die  natur  gesteckt  dem,  der  nicht  fanlen  wil 
in  seiner  mutter  schosz  und  hinterm  ofen  alten. 
Opitz  2,18; 
besser  laufen  als  faulen. 

FÄULEN,  putrefacere,  faulen  machen,  ahd.  fülan,  mhd.  viulcn  : 
so  viulet  aber  die  sünde  dich.  Bari.  176,  32. 
nhd.  dis  kraut,  so  es  gefeulet  (maceriert)  wird  unter  mist.  Alb. 
magn.  1569  s.  52;  so  du  ein  wunden  feulest  und  sie  würt 
stinkend.  PARACELSHfun<iar:ne»  6*;  nit  wie  ihm  die  gemeinen 
arzt  gethan  haben,  dieselbigen  haben  alt  hirnschalen  geftiulet 
(aufgelöst?  oder  soll  es  sein  gefeilet?)  und  zu  trinken  geben. 
Paracelsüs  1,  603' ; 

die  innerlichen  beulen, 
die  nach  und  nach  das  mark  des  sichern  landes  faulen. 

Haller   103. 
fehlerhaß  statt  des  intr.  faulen: 

seine  band  leg  an  den  pflüg,  wer  dazu  berufen  ward, 
wer  vergebens  sitzt  und  feult,  körnt  zuletzt  auf  breite  fahrt. 
LocAü  2,201,33; 

er  liegt  und  fault  und  schwellt  (für  fault  und  schwillt).  Clau- 
dius 8,  91.    s.  anfaulen. 

FAULENZ,  fäulönz,  m.  homo  deses,  segnis: 
so  musz  man  dir  die  krankheit  büszen, 
aus  deiner  haut  den  faulenz  treiben, 
mit  ungebrannten  äsclien  reiben.    Waldis  4,19  s.233'; 
bei  müszigen  tagen  sein  faulenz.    Abele  4,137; 
ich  denks,  sagt  faulenz.    Grcter  proverbia  p.  m.  54. 
FAULENZEN,  faulenzen,  desidere,  desidem  agerevilam,  der  faul- 
heil  frühnen:  so  würt  es  doch  dir  gut  sein,  das  du  die  weil 
nit  faulenzt  hast.    Pelr.  12'; 

get  gern  umh  faulenzen.    H.  Sachs  V,  328"; 
faulenzen  bin  und  her.    1,533*; 
sie  faulenzt  unterdes  bei  berd  und  müsziggan^. 
GiJMTHER  4yi; 
die  edle  zeit  mit  faulenzen  verderben.    Salinde  10 ;    dasz  sie 
sich   schämen   sollen   ihre  jungen  tage  so  in  faulenzen  hin 
zu   bringen.   Jucundiss.  43 ;    die   zeit   mit  faulenzen  gen  und 
müsziggang   zubringen.     MClmas  geiszel  169 ;    wie    doch    das 
faulenzen  gedeiht!  Göthe  20,133;  indem  ich  am  mitten  borg 
lag,   um   im   schatten   ein   wenig   zu  faulenzen.    BErri.xE  br. 
1, 294 ;    die   vielen   kinder,   die    da  herum  faulenzen.    Armm 
kronenw.  1,  399.     die  Schreibung  faullenzen  beruht  darauf^  dasz 
man  aus  faulenz  einen  faulen  lenz  machte,    s.  verfaulenzen. 
F.\ULE.NZER,  m.  »as  faulenz: 

suppendiencr  and  faulenzer.    Atker  2S9'; 


1375         FAULENZEREI  —  FÄULIGKEIT 

ein  rechter  tagedieb  und  faulenzer ;  langschläfer  und  faulcnzer; 
ein  groszer  faulcnzer.  Güthe  15,107.  faulenzer  hekzl  auch 
das  faulbetl,  die  ofcnbank  (Leoprecüting  22u)  und  das  fauUhier 
(Belli  Frankfurt  2,10). 

FAULENZEREI,  f.  desidia,  pigritia. 
FALLE.NZERIN,  f.  femina  somni  plena.    Stieleb  445. 
FAULEUMANN,  FAULMANN,  m. 
hie  ruwet  {ruhet)  Marlin  Faulermann, 
wan  man  den  ruwen  sagen  kau 
der  seinen  Icbiag  uicliis  gethan.    Wkckhbrlin  813. 

FAULERT,  m.  gekürzt  aus  faulbart:  faulert  bohrt  nicht 
gerne  dicke  breter;  faulert  musz  zerrissen  gehn.  Simkuck 
2291.  2292; 

ders  aber  feulisch  greifet  an, 

dem  gibt  man  auch  sant  faulharts  lohn.    Eierinc  2. 4«/. 

FAULESCHE,  f.  poptdus  trewula. 

FAULFEIL,  renalis:  ist  dir  bishcro  auch  deine  secle  faul- 
feil gewesen,  so  fange  doch  heute  an,  dis  kleinod  nach  wür- 
den zu  schätzen.  Scriver  seelensch.  1,34;  wie  sollte  ihm  nun- 
mehr faulfeil  geworden  sein,  was  ihm  allezeit  so  theucr  und 
werth  gewesen  ist?  1,36. 

FAULFIEBER,  n.  febris  putrida. 

FAULFLECKE,  n».  macula  ptdris. 

FAULFLECKIG,  faulfleckiges  holz. 

FAULFRASZ,  m.  homo  piger  H  vorax,  gebildet  wie  vielfrasz. 

FAULFRÄSZIG,  ja  mit  der  weise  würde  kein  handel  auf 
erden  bleiben,  würde  eim  iglichen  das  seine  genomen  und 
abgeborget  werden  und  den  büsen,  faulfrcszigen  die  thür 
aufgethan.  Luther  2, 4S5';  der  teufel  hat  aller  weit  guter 
in  faulfreszige  beuche  gesteckt,  ja  in  der  klöster  und  stift 
cloacas  und  heimliche  gemach  versenkt.  5,261";  denn  er  wil 
auch  der  nicht,  die  beide  sorge  und  erbeit  lassen,  als  die 
müszigen,  faulfreszigen  wänste.  5,427";  also  was  gelobt  ein 
münch,  wenn  er  seinen  gehorsam  gelobt?  er  gelobt  eitel 
ungehorsam  und  wird  ein  müsziger  faulfresziger  bruder  in 
den  gutem  durch  anderer  leute  schweisz  erworben.  6,30"; 
aber  da  würden  wenig  münche  bleiben  und  die  faulfreszige 
beuche  dünne  werden,  das.;  die  regimenl  wollen  nicht  auf 
dem  polster  ligen  und  rügen  (ruhen)  oder  hinder  dem  ofen 
sitzen,  wie  ein  faulfresziger  rüdde,  sie  wollen  gecrbeitet 
haben.  6, 1R2*. 

FAULFREUND,  m.  amicus  iners.    Stieler  555. 

FAULFUSZ,  m.  bradypus,  ein  fauUhier. 

FAULGERUCH,  m.  foelor,  mephüis. 
FAULHABER,  m.  avena  ^trida  corrupta. 
FAULHANS,  m.   FAULHÄNSLEIN,  n.    grobianus  g2. 
FAULHEIT,  f.  pigritia,  vihd.  vülheit,  in  mehrern  stellen  per- 
sönlich gedacht  als  ein  wesen,   das  den  menschen  einnehmen  will 
oder  besetzt  hält:  faulheit  bringt  schlafen,  spr.  Sal.  10,15;  sie 
schawet,    wie    es   in    irem   hause   zugehet  und  issel  ir  brot 
nicht  mit  faulheit.  31,  27 ;    durch  faulheit  sinken  die  balken 
und   durch   hinleszige   bände   wird  das  haus  triefend,    pred. 

Sal.  40,18; 

die  Sichel  in  der  faust,  der  arm  schier  ganz  entblös« 

gibt  warlich  zu  verstehn, 

dasz  sie  nicht  ruhen  kan  und  faulheit  von  sich  slöszt. 
Grtphius  1,223; 
der  faulheit  aus  dem  wege  gehn;  einiyn  die  faulheit  aus- 
treiben; ihr  seid  junge  leute,  schämet  euch,  dasz  ihr  euch 
aufs  betteln  leget,  die  faulheit  stecket  euch  im  leibe,  unw. 
doet.  375;  man  sollte  euch  leute  wo  anders  hin  führen  und 
euch  die  faulheit  aus  dem  buckcl  jagen,    das.;    die  faulheit 

reitet  ihn; 

faulheit,  itzo  wil  ich  dir 

auch  ein  kleine»  loblied  bringen.    Lkssisg  1,51; 

leichtsinnige  faulheit  («.  faul  4);  der  hang  zur  ruhe  ohne 
vorhergehende  arbeit  ist  faulheit.  Kant  10,306;  ich  konnte 
vor  faulheit,  die  mir  die  liebe  sonne  einbrennt,  keinen  augcn- 
blick  finden,  deinem  bricf  eine  antwort  zu  geben.  Bettine 
frr.  1,223.     s.  fnulkcit. 

FAULHOLZ,  n.  nasses,   feuchtet:    wer  faulholz  anlegt,   der 
macht  ein  rauch.    Lehmani«  203. 

FAULICHT,  putredine  vitiatut,  das  fleisch,  obst  ist  faulicbt 
Stieler  415. 

FAULIG,  FAULIG,  in  gleichem  «nn,  au$  ßullich,  mhd.  vftlllch. 
F.\L'LIGKE1T,  f.  pulredo,  pigrüiet.  faulheü: 
dM  lebcnf  fSuligkeit  di«  lege  von  dir  hin, 
der  Käme  leib  wird  lau,  enucbUft  dir  »rhon  der  tinn. 

Onti  l.:Ui7; 

nie  nuliebkeit  dai  boli,  rott  eisen  pHegt  zu  rresaca.    8,282. 


FÄULING  — FAULTAG 


1376 


FÄULING,  m.  homo  piger: 

was  du  anjeizt  vermagst,  das  solst  du  nicht  beginnen 
erst  morgen,  und  verzichn  als  wie  ein  Hniling  zwar. 
Opitz  1,346  (3.S5). 
FÄULISCH,  piger:  sich  feulisch   stellen.    Eyering  2,600. 
FAULKEIT,    /".    pigritia,   ignavia:     drei  ding  machen  einen 
mtinch,  nemlich  Unwissenheit,  faulkeit  und  Verzweiflung,  kr.  des 
frides  20y;  der  münche  faulkeit  des  teufeis  faulbet.  Fischart; 
weil  aber  der  geiz  zum  gelde  dem  geiz  kunst  zu  lernen  vor- 
geht und  die  faulkeit  vortrift.  Paracelsi's  l,  332' ;    die  expc- 
rienz    trüg    ihn    (ihnen)    die   küchenfülerlein    nit  mit  solcher 
faulkeit   ein.    1,545';    das  wir  die  faulkeit,   uusorg,   unfleisz 
von   uns   müssen    thun.    2,208';    sich    der  fauikeit  ergeben, 
deMae  se  dedcre;  faulkeit  über  alle  faulkeit,  inertissimum  otium. 

Maaler  133"; 

solche  faulkeit  taug  mir  nicht,    fastn.  564, 13.  565, 9.  566,  5. 8 ; 
fulkeit  erdenkt  ein  werwort  bald, 
fulkeit  sich  wider  went  und  für 
glich  wie  der  angel  an  der  tür. 

Bhast  97, 34,  vgl.  sp.  1370  aus  Ldtusk  20, 14; 

wer  erlangen  wil  lob  und  rühm, 

der  schlaf  nicht  in  seim  eigenthum, 

uud  in  fauikeit  nicht  jubilier.    Froüsperc  3, 101'; 

wen  die  faulkeit  reit, 
das  er  seiner  arbeit  nit  obleit.    H.  Sacus  V,  328"; 
■welcher  schclm  nit  hart  arbeiten  wil 
oder  mit  fauikeit  ist  beladen.    Ayrer  372'; 
was  die  faulkeit  halt  für  unmüglich, 
das  uberwint  die  arbeit  füglich,    gl.  itchif  45; 

du  verachtest  mich,  ich  seie  nicht  edelgeboren,  so  verachte 
ich  deine  faulkeit,  dasz  du  nichts  adeliches  verrichtest. 
Philäxder  2,427. 

FAULKLICH,  pigrc,  Maaler  133':  die  handeln  faulklich 
und  frei.    Melanchtii.  1  Cor.  9. 

FAULKRANKHEIT,  f  pulredo  und  pigrities. 

FAULLÄSSIG,  piger:  Domitianus  fiel  in  allerlei  grobe  lasier 
als  zorn,  tirannei,  faullessigkeit,  unkeuscheit.  Frank  chron.  135'. 

FAULLEIBIG,  cor/me  putridus.    Stieler  1133. 

FAULMACHER,  m.  auäor  socordiae.    Stieler  1193. 

FAULMAGIG,  slomacho  pulris: 

krumm,  lam,  beinbrüchlig,  hackrig,  hinkend, 
car  schwach,  verwund,  faulmagig,  stinkend. 

Waldis  4,100  s.  350». 

FAULMATTE,  f.  geflochlne  matte  zum  abstreichen  der  schuhe. 

FÄULNIS,  /■.  pulredo:  in  Täulnis  gerathen,  übergehen,  über- 
treten; fäulnls  und  Verwesung  zerstörten  das  stolze  gebäu 
eines  kriegerischen  rosses,  das  unter  seinem  reuter  erschossen 
worden.  Lessing  1,136;  keine  andcutung  von  fäulnis,  Göthe 

37  31  ■ 

da  den  Slavata,  und  den  Martinitz, 

die  sich  vom  raube  der  vertricbnen  bürger  mästen, 

die  von  der  allgemeinen  fäulnis  wachsen.    Schiller  333'. 

FÄULNISDUNST,  m.  faulgeruch. 

FÄULNISTILGEND,  pulredincm  delens. 

FAULPELZ,  m.  desidiae  deditus,  faulenzer:  du  bist  ein  faul- 
pelz,  magst  nichts  arbeiten,  liegst  den  ganzen  tag  auf  der 
faulen  haut.  Maaler  133"  hat  aber  auch:  von  feule  ein  beiz 
überkommen,  fracere,  fraccscere,  silum  conlrahcre,  so  dasz  pelz 
den  Schimmel,  die  haut  ausdrückt,  wovon  das  faulende  idicrsogen 
wird,  ich  rechen  wol,  er  hab  sJiliche  hoche  spitzige  kunst 
zQ  Freiburg  im  faulen  beiz  erschnapt.  Schade /«m»/.  u.sal.i.lbi. 

FAULPELZEREI,  f.  in  der  schule.    Gottiielk  scbuldb.  77. 

FAULPELZWERK,  n.  was  das  land  jiihrlich  einhü<zet  . . . 
und  besonders  durch  das  allgemeine  müszipgehen  und  faulpelz- 
werk der  linken  band  und  zweier  füsze.  J.  P.  anh.  zu  Tit.  2,  81. 

FAULREGEN,  m.  gehorsam  ist  aller  tugcnt  kröne  und 
ehre,  aber  wenn  faulwitz  drinnen  erfunden  wird,  so  hat  sie 
der  melthaw,  oder  wie  es  Esaias  (18,4)  nennet,  der  faul- 
regen  verderbet.    Luther  6, 147", 

FAULREIF,  fracidus,  überreif,  reif  zum  faulen,  morsche, 
faulreifc  birneu;  die  Türkei  gilt  für  faulreif. 

FAULRIECHIG.  rancidus. 

FAULSCHAL,  faul  und  schal:  der  faulscbale  Dietrich  von 
Bern.    Garg.  3o'.  ....        • 

FAULSCHLINGLICHT,  betrieglicher,  faulschhnglicblcr  kra- 
merfuchs.    Piiaetoruis  katzcnveit  s.  91. 

FAULSCHWÄTZER,  m.  nugator,  müszirfer  schwälser. 

FAULSEUCilE,  f  nu)rbus  putridus,  die  faulscuche  der  k.ir- 
tolTeln.  karlnffelhranklwit. 

FAl.'LSPERLING,  «".  fringilla  domestica,  hatutpatt. 

FAULTAÜ,  w».  dies  a  laborr  vacuus,  feitrUtg:  also  da»  aus 
oberzchltem  wo!   zu   glauben   steht,   das   den   seien  mit  so 


1377 


FAÜLTASCHE — FAUXENTANZ 


FA13HE1T  — FAUST 


1378 


Tilen  faultagen  so  wol  geholfen  sei,  als  einem  mit  der  faust 
in  ein  aug.    bienenk.  114'. 

FÄVLTASCHE,  f.  immunis  operum  famula,  faule,  träge  magd. 
Maaler  133'. 

FAULTHÄTIG:  weiber  sind  schnellredig  und  faulthätig. 
Fischart  ehz.  563. 

FAULTHiER,  n.  bradypus,  vgl.  faulenzen 

FACLTRÄGER,  m.  in  dn  }YelteTau  die  pcrson,  vekhe  beim 
flachsreffen  den  flachs  aus  den  händen  der  reffenden  empfang 
und  auf  die  nahe  bosselbank  (2,  264)  trägt,  d.h.  auf  diebank  vo 
er  in  büschel,  kleine  bündel  gebunden  vird.  dieser  träger,  häufig 
ein  kind,  icird  als  faul  angesehen  (faul  6),  veil  er  nicht  mitrep. 

FAULUNG,  FAULUNG,  f  putredo: 

das  kreuz  ist  unser  salz,  das  aller  fäulung  n-ebret.  Roipler  153; 
der  knpferschlag,  so  in  der  erzt  oder  auf  dem  ambosz  ge- 
sammlet wird,  soll  wider  die  faulung  dienlich  sein.  Otho 
612;  lasset  euren  todten  nur  noch  liegen,  denn  es  kann  ihm 
(ßr  ihn)  bei  jetziger  Witterung  keine  faulung  angehen.  Fel- 
senb.  4, 99 ;  Pardenone  läszt  in  einem  gemählde  von  dem 
begräbnisse  Christi  einen  von  den  anwesenden  die  nase 
sich  zuhalten.  Richardson  misbilliget  dieses  deswegen,  weil 
Christus  noch  nicht  so  lange  todt  gewesen,  dasz  sein  leich- 
nam  in  fäulung  übergehen  können.  Lessixg  6,  524 ;  ich  habs 
immer  gelesen,  dasz  unser  wesen  nichts  ist  als  sprung  des 
geblüts  und  mit  dem  letzten  blutstropfen  zerrinnt  auch  geist 
und  gedanke.  er  macht  alle  Schwachheiten  des  körpers  mit, 
wird  er  nicht  auch  aufhören  bei  seiner  Zerstörung?  nicht 
bei  seiner  fäulung  verdampfen  ?    Schiller  139'. 

FÄULUNGSMOS,  n.  byssus  septica,  sp.  byso  podrido. 

FAULUNGSORT,  m.  iras  faulbutte. 

FAUliWANST,  m.  homo  segnis.  pol.  feuermäuerkehrer  cap.  5. 
tgl.  goth.  Tamba  lata,  fauler  bauch. 

FAUL  WEIDE,  f  saiLx  pentandra,  fieberweide,  schafweide,  rgl. 
oben  unter  faul  2  eine  stelle  des  Albercs,  «o  doch  nicht  der 
Strauch,  sondern  die  weide  pascuum,  die  faule  im  gegensalz  zur 
grünen  gemeint  ist. 

FAULWETTER,  n.  frigus  sdutum,  thauwetier. 

FAULWITZ,  m.  polypragmosyne,  riclgesctidfligkeit,  neUhuerei: 
die  lateinischen  heiszens  foris  sapere,  domi  desipere.  ich 
wils  dieweil  faulnilz  nennen  und  es  ist  auch  der  erbsund 
früchtlin  eins.  Luther  6, 146'.  Stieler  2570  hed  es  für  poly- 
pragmon,  ardelio,  den  rielgeschäßigcn  müsziggdnger,  wie  wir  auch 
Tontitz  persönlich  gebrauchen  ;  der  faulw  ilzige  Momus.  Rit^cbki 
Palm.  569.     rgl.  rerfaulwitzt  sp.  SlO  unter  erfroramen. 

FAULZEN,  putredinem  sapere,  fäuleln:  dasz  er  nicht  dar- 
nach schmeckend  werde  und  ein  faulzenden  gescbmack  ge- 
winne.   Taberxaemo.xt.  15S8  s.  44. 

FAUM,  m.  spuma,  Stieler  448,  cßeichviel  mit  feim  =  faim, 
wo  mehr  gesagt  werden  soll:  den  fauin  aus  des  pferdes  maul 
in  warmen  wasser,  doch  von  einem  andern  schlechten  pferd 
genommen,  welches  darüber  sterben  musz.  Pixter  402;  der 
dicke  faum  vom  weine;  träume  sind  faume. 

FAUME.N,  spumare,  fäumen,  feimen :  wenn  es  schaumpt  oder 
faumpt,  den  wirf  mit  einem  säubern  faim  oder  Schaumlöffel 
herab  ganz  schöne.  Froxsp.  ATi>gs6.  2,  219'.    rgl.  Stalder  1,358. 

FAUMIG.  spumosus.    Frischlix  nomencl.  45. 

FAUMKELLE.  /. 

FAUMLÖFFEL,  m.  despumalorium,  scliaumlöffeL  SnEUEB  448. 
Garg.  8S*. 

FAUN,  m.  faunus,  pl.  faunen,  fauni,  waldgott,  feldgoU,  erst 
im  18  j/i.  .■  faunen  und  liebesgütter  und  nackende  mädchen 
scherzten  ohne  aufhören  im  funkelnden  grase.  TbCxxei.  Wil- 
helmine 113; 

stampft,  ihr  faunen,  ringellänze.    Fk.  Mcller  2,348; 

wann  schläfrig  die  lippen 

beim  göttermabi  nippen, 

umtanzen  wir  faunen 

im  walde  den  schlauch 

nach  allem  gebrauch.    MArraisson  170. 

FAUNRLUME,  f  satyrium. 

F.lUNCHEN,  n.  ein  milchhömiges  ßunchen.  Fb.  MI^lleb  1, 123. 

FAUNENGESICHT,  n. 

FAUNENLIED,  n.    Matthissox  170. 

FAUNE.NOHR,  n.  nur  durfte  man  sich  nicht  weit  umsehen, 
ohne  das  fauncnohr  zu  erblicken,  das  durch  die  häusliche 
Zucht  eines  wolhabenden  landedelmanns  durchstach.  Götbe 
31,237; 

den  witzigsten  entstellt  ein  faunenobr.    Gottzi  1,333. 

FAUNENTANZ,  m.    Oberon  2,43. 

in. 


FAÜNHEIT,  f. 

in  seine  fauoheit  eingehüllt 

trägt  er  sein  börnchen  Qbergüldt.    Wiblaxd  26,310; 

auch  wenn  man  den  untertheil  des  gesichts  bedeckt,  lacht  noch 
die  ganze  faunheit  aus  den  trunknen  äugen.  Stolherg  8,96. 
FAUNISCH,  faunenhafl. 

FÄUNLING,  m.  fäunchen:  hättet  ihr  doch  auch  frau  Silena 
und  die  faunlingc  {frau  und  kinder)  mitgebracht.  Stolberg  3, 113 ; 
die  launlinge  sonnen 
bei  ledigen  tonnen 
sich  krauend  auf  rasen.    Matthisso!«  171  (157). 

FAUNZ,  f.  bairisch  für  faust,  faunst,  funst  (roe.  ine.  teut.), 
dem  nasalen  poln.  pi^sd  ähnlich. 

FAUNZEN,  colaphizare,  mit  der  faust  ins  gesteht  sdilagen :  den 
hab  ich  gfaunzt,  dasz  ihm  hören  und  sehen  vergangen  ist. 
Schxeller  1,  546 ;  und  wird  das  weib  durch  das  faunzen  nur 
mehreres  verunglimpfen.  .  .  .  s.  180.  faunzen ,  abfaunzen. 
Frisch  1,  252.    Froujianx  2,  341.  4, 44. 167. 

FAUSEN,  pl.  nugae,  fallatiae,   bei  Stieler  443  fusen,  kun- 
kelfusen,  spinnmärlein,  «-Aireij.  fausen.  Stalder  1,358;  fansen 
machen.  Knospus  titelbl.  und  rorr. ;  lustige  fausen,  schnacken 
und  tischreden.    fliegenwadel  42; 
stecht  den  Staren 
diesen  narren, 
lacht  der  fausen, 

narrn  musz  man  die  kolbe  lausen.    Hildebraxo  votksl.  404; 
seltzame  fausen.    Megerle  Judas  1, 191.     rgl.  flausen. 

FÄUSERLEN,  fein  nebeln,  schneien,  regnen.    Stalder  1,  359. 

FÄUSI,  m.  possierlicher  kerl,  schwdnzler,  peiit  niailre.  Stalder 
1,  358.  359. 

FAUSLE,  f.  Ttohnt^äy/to/v,  ein  stänker,  topfgucker.    sdiweiz. 

FAUST,  f.  pugnus,  ahd.  fftst,  mhd.  vftst,  ags.  fyst.  engl,  fist, 
nnl.  vuist,  den  nord.  sprachen  abgehend,  welche  dafür  haben 
altn.  hnefi,  schw.  näfve,  dän.  näve,  doch  besieht  altn.  püstr 
colaphus,  schw.  dän.  pust,  iro:u  sich  nd.  pusten  blasen  halten 
liesze.  dem  fftst  entspricht  russ.  pjast ,  böhm.  pest,  poln.  pi^^c, 
ihnen  allen  scheint  ein  kehllaut  ror  dem  st  ausgefallen,  so  dasz 
ein  goth.  fauhstus  bestanden  haben  könnte,  wie  maihstus  unser 
mist  ist,  und  fauhstus  würde  dem  gr.  tiv^  gleichen,  das  nur 
im  adv.  fortbesteht;  ohne  den  lingualanhang  sind  -nf/urj,  lat. 
pugnus  {it.  pugno,  sp.  puiio,  fr.  poing  für  poign)  und  pugna 
fauslkampf,  pugil,  gr.  friW>;s  fausikämpfer  und  pugnare;  der 
nasallaut  pungo  rergleicht  sich  mit  poing,  faunz,  funst  und  dem 
poln.  piesc.  zu  ihnen  allen  stellt  sich  die  würzet  pungo,  pupugi, 
stoszen,  mit  der  geballten  hand  stoszen.  ein  skr.  musli  scheint 
für  pusti  eingetreten  und  entbdirt  wieder  des  kehllauts,  welchem 
aus  fechten,  fehtan  neue  bestätigung  erwachsen  wird,  das  unver- 
wandte lett.  duhre  faust  gleicht  bedeutsam  dem  tr.  gal.  dorn, 
welschen  dum,  gr.  ScHqov. 

1)  faust,   wie  pugnus,  bedeutet  eigentlich  die  zum  dosz  oder 
schlag  zusammengedrückte,   geballte  und  dadurch  kräftiger  gewor- 
dene hand,  die  hand  'ballen'  hiesz  mhd.  die  vftst  'twingen': 
die  füst  begunder  twingen,  dö  lief  er  in  an.    ^'»6.  2079,1; 
t€r  fiusle  twang  er  sus  die  haut.    Parz.  229,12; 
die  TÜst  sie  vaste  twungin 
dö  dors  zusamne  sprungin.    Athis  E,  165; 
des  wirt  min  bant  ein  füst.    Ls.  1,372,50. 
die  helden  schlagen,  wehren  sich  mit  der  faust: 
mit  der  linken  viuste 

wert  sich  aber  der  starke  man.  Lanz.  1928; 
er  bare  sin  mejjer  in  unz  an  die  vüst.  MSU.  3,224*. 
nhd.  wenn  sich  menner  mit  einander  haddern  und  einer  schlegt 
den  andern  mit  einem  stein  oder  mit  einer  faust.  2  Mos.  21, 18 ; 
sind  die  feuste  Sebah  und  Zaimuna  schon  in  deinen  henden, 
das  wir  deinem  beer  sollen  brot  geben?  rieht.  8,6;  ist  denn 
Sebah  und  Zaimuna  faust  schon  in  deinen  henden?  8.15; 
gelobet  sei  der  herr  mein  bort,  der  meine  hende  lerel  streiten 
und  meine  feuste  kriegen,  ps.  144, 1 ;  es  ist  besser  eine  hand 
vol  mit  rüge,  denn  beide  feuste  vol  mit  mühe  und  jamer. 
prcd.  SaL  4,  6 ;  w  er  misset  die  wasser  mit  der  faust  {vulg. 
pugillo)  und  fasset  den  himcl  mit  der  spannen?  Es.  40,12; 
sihe,  ir  fastet  das  ir  haddert  und  zankt  und  schlaget  mit 
der  faust  ungötilich  (percutilis  pugno  impie).  58.4;  wenn 
wir  von  inen  hören  werden,  so  werden  uns  die  feuste  ent- 
sinken (audivimus  famam  ejus,  dissolutae  sunt  manus  nostrae). 
Jer.  6,24;  wenn  der  könig  zu  Babel  ir  gerücbt  hören  wird, 
80  werden  im  die  feuste  entsinken  (et  dissolutae  sunt  manus 
ejusl.  50,  43;  da  speieten  si  aus  in  sein  angesichte  und 
schlugen  in  mit  feuslen,  etliche  aber  schlugen  in  ins  ange- 
siebte, golb.  {tanub  spivun  ana  andaWeizn  is,  jah  kaupast^dun 

87 


1379 


FAUST 


FAUST 


1380 


ina,  siimai})J)an  löfam  sluhun.  ahd.  thö  spuwun  sie  sui  annuzi, 
inti  mit  fftstin  sluogun  inan,  ändert  mit  flahlieru  lienti  in 
sin  annuzi  sluogun ;  ags.  |)4  spajtton  hig  on  bis  ansync  and 
beoton  binc  mid  beora  fystum,  sume  bine  sI6gon  on  bis  ans^ne 
niid  bcora  brüdum  bandum.  im  texl  rare  irtTtrvaav  eis  xb 
■TTQoaafTTov  avrov  ynt  ixo),a^taav  aiTov,  oi  Se  iociTiiaav, 
vulg,  tunc  expuerunt  in  faciem  ejus  et  colaphis  cum  ceci- 
derunt,  alii  autem  palmas  in  faciem  ei  dederunt.  3fa///i.  26, 67 ; 
da  fiengen  an  etliche  in  zu  verspeien  und  verdecken  sein 
angesiebte  und  mit  feusten  scblaben,  vidg.  et  coeperunt  quidam 
conspuere  eum  et  veiare  faciem  ejus  et  colapbis  eum  caedere, 
goth.  jab  dugunnun  sumai  spcivan  ana  viit  is  jab  huljan 
andvairjji  is,  jab  kaupatjan  ina;  ags.  and  sume  ongunnon 
hira  on  spaetan  and  ofer  vrcon  bis  ansyne,  and  mid  fystum 
hine  beoton.  Marc.  14,  C5;  und  auf  das  ich  mich  nicht  der 
hoben  Offenbarung  überhebe,  ist  mir  gegeben  ein  pfal  ins 
fleisch,  nemlich  des  satanas  enge!,  der  mich  mit  feusten 
scblabe,  auf  das  ich  mich  nicht  überhebe,  golh.  aggilus  sa- 
tanins,  ei  mik  kaupasledi,  rulg.  angelus  satanae  ut  me  cola- 
pbizet.  2  Cor.  12,7;  bis  auf  diese  stund  leiden  wir  bunger 
und  durst  und  sind  nacket  und  werden  geschlagen,  xal 
yvfivizevofisv  xai  xo).a<pit,6fied-a,  vulg.  et  nudi  sumus  et 
colapbis  caedimur,  golh.  veis  naqadai  jnb  kaupatidai.  l  Cor. 
4,  U.  tu  diesen  letzten  vier  bil>elslellen  wird  xoXtxfi^eiv  lat. 
durch  colaphis  caedere  und  colapbizare  gegeben,  ins  gothiscite 
verdeutscht  durch  kaupatjan,  praet.  kaupasta  für  kaupatida, 
welchem  unser  nhd.  kaufscblagen,  also  ahd.  koufslagon,  wie 
bantslagön,  halsslagön,  alln.  slä  kaupi  nalie  liegt:  man  sclilosz 
den  kauf  durch  handschlag  und  im  warte  kauf  musz  die  Vorstel- 
lung des  Schlags  ursprünglich  gelegen  haben,  wie  das  golh.  kaupatjan 
lehrt,  nhd.  sieht  kein  choufazan,  sondern  füstim  slaban,  ags. 
kein  ceäpettan,  sondern  fystum  bealan,  Mallh.  26,  07  aber  wird 
von  xo}.n<pit,siv  ein  ^ani^eiv  unterschieden  und  goth.  slaban 
löfam,  ahd.  slaban  mit  Qacheru  henti,  ags.  slean  brAdum 
bandum  übertragen,  so  dasz  der  faust  die  breite,  flache  hand, 
palma,  golh.  löfa  =  alln.  lüfi,  uelsch  Uaw,  ir.  lamb  entgcgen- 
s/eW.  1  Cor.  4,  U  begnügt  sich  Luther  mit  bloszem  schlagen. 
hier  folgen  nocii  andere  stellen  für  faust  =  pugnus: 

und  namen  das  schwert  zur  faust.  Luther  3,145*;  setzen 
ire  Sache  auf  die  faust.  LvTnKHS  reform.  sehr.  ed.  Irmischer  2, i; 
Joab  musz  ein  geberzter  kriegsmann  gewesen  sein,  deim  er 
setzts  frei  auf  die  feuste.  Luthers  lischr.  389';  thut  darunib 
die  angen  auf  und  fäust  zu  {spricht  der  feldlierr  zum  kriegsvulk). 
KiHciiBOF  mit.  disc.  159;  'für  der  faust'  hiesz  im  16;7i.  und  später 
'vor  der  faust'  50  viel  als  im  kämpf,  'pugno'  soviel  als  'pugna' :  dasz 
er  ein  tapfer  herr  für  der  faust  gewesen.  Micrälius  3,379; 
weil  sie  den  bruder  dort,  der  für  der  faust  gestorben, 
zur  erden  hat  gebracht.  Opitz  1,1S4; 

er  sei  ein  trunkenbold  und  mürder,  der  unterschiedene  vor 
der  faust  niedergestoszen  habe.  Schuppids  s.  495 ;  er  bat  einen 
8I0SZ  vor  der  faust  bekommen,  singnlari  certamine  iclum  acccpil ; 
sie  haben  sich  vor  der  faust  mit  einander  geschlagen,  ducllo 
conflixerunt.  Sheler  44S ;  er  soll  mir  vor  die  faust  kommen, 
ich  fordre  ihn  vor  meine  faust,  fordre  ihn  heraus  zum  Zwei- 
kampf; ich  glaube,  sage  und  behaupte  also  im  nothfall  'mit 
faust  und  ferse'  {zu  fusi  und  zu  pferd).  VVieland  14,  214 ;  ein 
herr  von  der  faust  und  nicht  von  der  feder,  heute,  vom  leder, 
nicht  von  der  feder;  mit  dem  dcgen  in  der  faust.  oeuvres  de 
Ff^deric  le  grand  ZO,  bl ;  mit  dem  säbel  in  der  faust.  30,61.62; 
einem  eine  faust  vorhalten,  machen,  ihm  heftig  drohen;  faust 
im  sack  machen,  heimlich  drohen;  von  worten  zur  faust  ge- 
mlben.  y4r(/en.  2, 307 ;  vor  der  faust,  kurz  und  rund,  abschlagen. 
Chejimitz  IV.  6,2'.  79';  einem  jedem  das  schwert  in  die  faust 
geben,  sauftevfel  1552  a3';  tapferer  Eckart,  führe  deine  faust 
nicht  mehr  wider,  sondern  für  uns  !  med.  viaula/fe  681 ;  faust 
drücJcl  immer  grüszere  kraß  aus  als  hand : 

vprI.-itiKsi  du,  dasz  Mcgisi,  wann  er  von  bluidurst  voll 
die  taust  bewaldet  bat,  mit  Popen  dciil(en  soll? 

Duscu  vprm.  wrrki'  232; 
wie  lobte  der  tTrann!  'bint  du«,  verlluchter  du?" 
■chrie  er,  '0  da»  du  nicht  von  meiner  luiist  erblichen!' 

Wkiszi  Iniueitp.  l,2:»t; 
bald  aoll  ale  diene  Tau*!  rlnich  einem  «türm  orgreilen, 
uad  wie  doi  laub  im  herbat  von  atolzea  Aalen  atrcileu.    1, 198; 
doch  wenna  ihm  fehlt  an  faual  und  kraft, 
wer  mag  ihn  dann  beichOlzeo?    GAths  2,270; 
furcbterlicb  ballte  aich  gleich  die  fauii  mir.   mit  grimmigem 
^  ,  ,  .     ,  wiitheii 

0*1  ich  ain  an  und  ncblug  und  traf,  mit  blindem  beginnen, 
ono«  lu  (eben  wobia.    aie  beultea  mit  blutigen  naten. 

4U,  272; 


Stark  von  faust,  gewandt  im  rath 
liebt  er  die  Helenen.    47,95; 

ich  setzte  meine  Hlustc  in  die  seile.  i?ameaui  ney/t- 336 ;  aber 
ihm  selbst  wollt  ich  es  ins  angesicht  sagen,  freilich  würde 
seine  hitzige  tapfere  faust  eilends  nach  dem  brotmesser  greifen, 
aber  das  widerlegt  nicht.  H.  L.  Wagner  die  frohe  frau  s.  11; 
einen  mit  feusten  abschlagen,  pugnis  perculere;  einem  mit  der 
faust  ins  äuge  stoszen;  es  reimt  sich,  wie  die  faust  aufs 
äuge,  d.  i.  schlecht,  wenig;  das  ir  kirch  der  ganzen  bibel 
ebenso  gleich  sieht,  als  ein  faust  einem  ang.  Frank  chron. 
336';  eine  faust  machen  und  auf  sein  äuge  legen.  Schcppius 
515;  gib  im  also  ein  wiifling,  das  man  im  die  faust  von 
stundan  in  dem  angesicht  sehe,  pugnus  continuo  in  mala 
haereat.  Maaler  133";  liebesgesprücbe,  die  sich  so  vortreflich 
zu  der  sache  reimeten,  wie  eine  faust  auf  ein  äuge.  Weise 
erzn.  142;  das  recht  stehet  auf  der  faust,  jus  in  armis  situm 
est.  man  saj/,  derbe,  grobe  bauernfäuste;  ein  stück  rinddeisch 
als  eines  groben  bauren  faust.  Melander  jocos.  2  n*  334; 
solche  taugenicbts  wie  du  könnten  das  grabscheid  in  die  fauste 
nehmen.  Weisze  kom.  opern  2,  30. 

2)  sehr  oß  steht  aber  auch  faust  für  die  unverlclzende  hand, 
selbst  für  die  zarte  frauenhand,  in  fällen,  wo  heute  nur  hand, 
nicht  mehr  faust  slcUl findet:  da  sprach  der  hen-  zu  Mose  und 
Aaron,  nemet  eure  feuste  vol  rusz  aus  dem  ofen  {vulg.  plenas 
manus).  2  Mos.  9,  8 ;  huren,  die  sich  mit  der  faust  ernehren, 
darauf  sie  sitzen,    fac.  fac.  430; 

das  ir  die  feust  darnach  wurdt  lecken,    fasln.  212,34; 

wenn  er  gehl  auf  die  faust  empfangen, 

sol  er  sicli  in  eil  zum  häufen  machen. 

RiNGWALO  taut,  tvarh.  15; 

das  du  des  spielens  wirst  vergessn 

und  mit  verlämpten  feusten  essn.    86; 

grosz  torheit  ist  die  feust  verbrennen, 

und  (las  fewr  nicht  meiden  kennen,    froschmeus.  112*; 

will  du  erretten  hie  dein  leben, 

so  must  du  dein  faust  von  dir  geben, 

mir  angloben  und  ein  eid  schwern.    Atrer  241*; 

in  deinen  briefen  hast  du  dich  allzeit  unterschrieben  'des 
herrn  vaters  gehorsamster  söhn  bis  in  den  tod'.  solltest  du 
diese  zusage  brechen,  wollte  ich  deine  faust  vor  den  richter- 
stuhl Christi  mitnehmen,  sie  allda  aufweisen  und  um  räche 
bitten.  Jon.  Heermann  48  {als  sein  söhn  vom  erang.  glauben 
abfallen  wollte,  nach  alldeutschem  brauch,  ein  leihzeichen  vor  gc- 
richt  zu  bringen);  der  herr  bürgerineister  bot  mir  die  faust. 
ScHWEiNicHEN  1,390;  alda  i.  k.  maj.  uf  gnaden  die  faust  er- 
boten und  sich  gnädigst  erzeiget.  2, 126 ;  da  bot  mir  der  herr 
von  Rosenberg  die  faust.  2, 132;  habe  meinem  ältesten  bruder 
die  ganze  haushallung  vertrauet  und  ihm  in  die  fauste,  als  ein 
kind  dem  vater,  gesehen  und  es  ihn  machen  lassen,  wie  er 
gewollt.  2,151;  und  der  es  thun  wollte,  solle  eine  faust  auf- 
werfen {die  hand  erheben).  2, 281 ;  meine  Plone,  die  junge 
Ihole,  kunte  sich  anfangs  durchaus  nicht  in  ihr  glück  finden, 
das  sie  doch  bald  in  die  fauste  bisse.  Schoch  studenlenleben 
D3';  die  fäust  sind  den  geistlichen  nit  umsonst  gewachsen. 
Garg.  207';  sie  wagt  che  köpf  und  hart  daran,  ehe  sie  ihr 
disz  aus  der  faust  liesz  rücken,    bienenk.  87*; 

dein  leben  war  schon  hin  und  in  dem  finstern  grab, 
als  er,  miltrcichcr  gott,  dir  seine  fnust  dorgab. 

Wkckuerlin  214; 
dan  ja  ein  solche  faust  allein, 
so  von  den  musen  so  gelehret, 
als  Pallas  deine  faust  bewehret, 
kan  dich  zu  rühmen  würdig  sein.    363; 
verzeihe  mir,  mein  lieh,  dasz  ich  von  dir  tu  schreiben 
mich  unterstehen  darf,  icli  will  dich  einverleiben 
durch  diese  meine  faust  der  unverganglichkeit.    Opitz  2,151; 
wo  lasz  ich  aber  dich  und  deine  scliono  laute, 
herr  Klipstein,  welche  dir  von  hand  zu  band  verlrauie 
Apollo  lobus  seihst,  der  sie  vor  erst  enlacht, 
der  deine  schnelle  faust  ihr  griß-eich  hat  gemacht? 

Fi.Eai!<c  59; 
nymfe,  welcher  ich  zu  ehren 
hillich  diese  faust  setz  nn, 
und  ein  solches  lied  lasz  hAren, 
das  die  zeit  bestehen  Itan.    432; 
was  deine  liluge  faust  uns  macht  für  lieblichkeiten, 
wenn  du  nach  deiner  an  die  scharfe  geige  streichst.    578; 
wenn  er  die  zarte  faust  sanft  in  den  schusz  gelegt. 
Grtpmics  I,  19; 
Ist  denn  kein  mittel  nicht, 
lu  küsaen  ihre  (der  königin)  fautl,  tu  schauen  Ihr  gesiebt? 

1,103; 

wenn  ich  r'  '■   "     ^  glück  den  wftidorn  hatt  ortehlct 

und  in  g<  i,  die  sie  mit  aiinuuh  »nng, 

wenn  diu  ,  i.uist  auf  ihrer  laut  uumpraog.    1,201; 


13S1 


FAUST  — FAUSTCHEN 


FAUSTDEGEN— FAÜSTGROSZ 


1382 


drauf  küst  ich  ihre  faust  und  gieng  an  ihre  seilen.    1,242; 
als  er  mit  einem  kus  die  zarte  faust  berührt. 

Christ.  Griphius  1,644; 

hab  ich  mein  herze  dir  in  deine  faust  gelegt. 

HoFXANjiswALDAü  getr.  schäfer  60; 

ja  wie  mein  glück  und  leben  blosz  in  deiner  faust  bestand. 

137; 
ich  leg  ihn  (rfen  bvief)  ungescheut  zu  deinen  füszen  nieder, 
es  nehm  ihn  deine  faust  mit  gleichem  willen  an.    heldenbr.33; 
ich  weisz  nicht,  was  mir  nechst  vor  eine  regung  kam, 
dasz  ich  das  wunderbuch  Marinens  vor  mich  nahm, 
in  welchem  Venus  selbst  mit  ihrer  faust  gesehrieben. 

hochzeitg.  53; 
einem  seine  bitte  vor  der  faust  {brcvi  manu)  abschlagen; 
kein  grüszer  glück  in  die  räuste  kriegen  können.  Schoch 
slud.üi*;  inen  auch  die  feust  sperren,  quellen  zur  bair.  gesch. 
8,400;  etwas  auf  die  eigne  faust  hin  thun,  auf  die  eigne  hand 
und  rerantworllichkeit ;  es  wird  darum  niemand  der  federkiel 
aus  der  faust  gerissen.  Otho  rorr. ;  nun,  Thoraa,  weil  man 
dir  je  den  glauben  in  die  fauste  geben  musz,  so  komm  herbei, 
schaue  und  fühle,  ob  ich  nicht  dein  aller  Jesus  sei?  1126;  sie 
hat  eine  gute  faust  gehabt  {schön  geschrieben).  Tralles  maiisol. 
177;  es  geht  ihm  wol  von  der  faust,  schnell  von  der  hand ;  fertig 
von  der  faust,  agilis,  bei  der  hand;  so  sollte  man  vermuthen, 
dasz  auch  schon  damals  jeder  buchhändler  seine  eignen  ver- 
lagsbücher,  wie  wir  es  jetzt  nennen,  besessen,  und  nicht  die 
ersten  die  besten  abschreiben  lassen,  die  ihm  vor  die  faust 
gekommen,  und  auf  die  sich  ein  anderer  bereits  eine  art  von 
recht  erworben  hatte.  Lessing  8,  4S9  ;  dem  es  nicht  so  frisch 
von  der  faust  gieng.  Wieland  19,254;  aus  der  faust  essen, 
aus  der  hand;  er  friszt  aus  der  faust.  Eterixg  2,441;  vor 
der  faust  wegnehmen; 

er  trauet  das  töcbtercben  ihr  vor  der  faust  weg. 

Luise  a.  l.  h.  147; 
ein  bürschchen,  das  den  ganzen  tag 
durch  koth  lief  und  durch  raoor, 
speist  wol  sein  nachtbrot  von  der  faust 
und  sinkt  am  herd  aufs  ehr.    Bürger  86*; 

auch  dürften  ihm  hexameter  nicht  so  von  der  faust  gegangen 
sein.  178";  er  sprang  mit  heftigkeit  auf,  setzte  beide  fauste 
sich  vor  die  stirne.  Woldemar  248;  diesen  befehl  hab  ich 
voraus  gewittert  und  danim  jeden  auf  meine  faust  punct  zehn 
uhr  hieher  bestellt.  ScniLLERl64';  es  ist  manchmal  auch  eine 
last,  eine  gute  faust  zu  schreiben.  Fr.  Miller  3,  29 ;  patent- 
pomade  für  fauste  (komisch  =  bände).  J.  P.  Tit.  3,  87.  hierher 
auch  die  redensart  'in  die  faust  lachen',  in  sinu  gaudere,  lachen 
verbergen,  kichern,  selten  in  gutem  sinn,  meist  in  vbclm,  schaden- 
froh lachen,  mit  dem  gen.  es,  des  =  über  es,  das: 

der  teufel  in  sein  feust  des  lacht,  fasln.  162,3; 
er  spottet  din  wol  daran  und  lachet  in  sin  fust.  Keisersberg 
bilger  10';  seinen  köpf  wird  er  schütteln  und  in  die  faust 
lachen,  dein  spotten  und  das  maul  aufwerfen.  Sir.  12, 17, 
vnederhoU  Lvther  6, 160' ;  das  er  in  die  faust  lachen  künd. 
5,  75' ;  dieser  finsternis  hat  der  bapst  in  die  faust  gelacht. 
tischr.no';  und  lachets  in  die  faust.  197'.  209';  dieses  spiels 
hat  der  teufel  in  die  feuste  gelacht.  322';  vergieszen  unschul- 
dig blut  und  lachen  darzu  in  die  faust.  Mathesils  lo';  in 
die  faust  hinein  lachen.  Simpl.  K.  489 ;  wessen  die  ausländer 
in  die  faust  hinein  lachen.    Opitz  2,  261 ; 

er  lacht  in  die  faust.    Eterijic  2,389; 

Chach  lacht  in  seine  faust.    Grtphics  1,142.  2,05; 

ohwol  bei  diesem  mond  das  volk  sich  froh  gemacht 

und  bei  dem  trauerspiel  nur  in  die  faust  gelacht.    1,560. 

vgl.  fäustchen.  Johannes  Fust ,  der  berühmte  buchdrucker, 
führte  seinen  namen  von  der  faust,  doctor  Faust  aber  ist  faustus. 

FAL'STAMBOSZ,  m.  kleiner  ambosx  mit  glatter  baiin. 

FAUSTAN  FÜLLEND,  xsofiäStoe,  fauslgrosz: 

denn  am  knöchel  des  rechten  Schienbeins  traf  ihn  ein  rauher 
faustanfüllender  stein.  Bijrger  219V 

FAUSTB ALGER,  m.  pugillator :    der   farnesischc   Herkules 
hat  den  Charakter  eines  faustbalgcrs.    Ardin^ello  2,  71. 

FAüSTBALL,  m.  follis  pugillatorius. 

FACSTBAIDERIG,  Garg.  7o'.    s.  1. 1170  bauderfäustig. 

FAUSTMEHEB,  manufortis:  der  fausibeheb  Milo.  Garg.  183*. 

FAUSTBEl'GE,  f  corpus,  stelle,  vo  sich  die  faust  biegt. 

FAL'STßIRN,  f.  i<Uemum,  pirum  praegrande,  inde  dictum  quod 
rolam  impleat. 

FAUSTB  RET.  n.  Werkzeug  beim  seidenzwimen. 

FAUSTBLCHSE.  f  pitlole. 

FÄUSTCHEN,  n.  pugillus,  icteder  mit  dem  gen.: 
und  lacht  es  in  das  feustchen  nein.    Riiigwald  fr.  Ecft/i.  J  7* ; 


lachet  man  es  ins  lausfgen.  Schoch  jZud.  Cs';  in  sein  fäust- 
gen  lachen,  die  böse  frau  1683  s.  37;  dar  weren  wol  lüde, 
de  es  in  dat  fustken  lacheden.  Klempin  dipl.  beilr.  s.  557; 
binnen  selbiger  {tage)  hatten  wir  zeit  genug  die  priorin  und 
andern  closterschwesfern  ins  fäustgen  auszulachen.  Felsenb. 
2,350;  hier  wird  dein  gaukelspiel  ins  fäustgen  ausgelacht. 
2,  449  ; 

allein  du  must  es  so  wie  ich  und  Günther  machen, 
und  wie?  gedultig  sein,  was  mehr?  ins  iaustgen  lachen. 

Gi:>THER  453; 
der  ernsthaft  horchenden  Schwester,   die  nur  ins  fäustchen 
lacht.    Wiela;«d  4,226. 

FAUSTDEGEN,  m.  sica,  dolch. 

FAUSTDICK,  pugilli  crassitudinem  aequans,  ptigillaris,  dcnsus. 
ein  faustdicker  stein;  faustdickes  lob;  adv.  er  hat  es  faust- 
dick hinter  den  obren;  o  dann  steigt  mirs  faustdick  vor 
äugen.    Fr.  Müller  3,  64. 

FAUSTEISEN,  n.  ferrum  mallei. 

FÄUSTEL,  m.  malleus,  ludes,  ein  fausthammer  der  bergleute: 
kleiner,  den  sie  in  diner  hand,  groszer,  den  sie  mü  beiden  bänden 
halten;  fäustcl  handhaben.  J.  P.  Ftfce/ rorr.  II ;  nachdem  er  {der 
alte  bergmann)  den  bcltelstab  statt  des  fäustels  ergriffen,  biogr. 
bei  1, 180 ;  als  plötzlich  der  hammermeister  des  hackbrets 
seinen  musikalischen  fäustel  auf  die  besaitete  tenne  fallen 
liesz  (zu  spielen  anhub).    Tit.  1,  99. 

FÄUSTELN,  mulcare  fuslibus.  Stieler  449,  prügeln.  Stalder 
1,360.    sie  hend  enander  gfüstiet,  mittenander  gfüstlet. 

F.ÄUSTEN,  pugno  prchendere,  in  die  faust  nehmen,  mhd.  viuslen, 
vftste :  vöste  sin  mejjer.  aUe  ges.  von  Nordhausen  {thür.  verein 
IIL4,73); 

si  viustent  in  der  Stuben  *w?rt.    Neidhart  s.  167; 

wie  aber  e.  eh.  f.  gn.  volk  das  geleit  gehalten  haben,  ist  zu 
Leipzig  wol  wissend,  wie  sie  einsmals  die  degen  gefaust  haben, 
da  wir  disputierten.  Luther  1, 160*.  Schweiz,  ist  fusta  gleich- 
viel mit  hampfla,  zugreifen,  hand  anlegen.  Tobler  20S',  nach 
Stalder  1.  360  prügeln  und  feclilen.  das  alid.  fftstön  bedeutele 
mit  der  faust  stoszen,  cdaphizare,  alln.  pösta.  das  böhm.  pestiti, 
poln.  piesci(5  ist  dagegen  zärteln.  liei)kosen,  in  die  faust  oder  hand 
nehmen,  es  kommt  auch  vor  fausten  im  sinne  von  planare,  mit 
der  faust  oder  hand  ebnen,  glätten,     s.  befäusten. 

FÄUSTEREI,  f.  pugillalio:  was  für  blutige  köpfe,  was  für 
fäusterei,  was  für  blaue  äugen.    Bodes  Tristr.  Sit.  3,  92. 

FAUSTERFÜLLEND,  wie  faustanfüllend: 

denn  ihn  traf  an  dem  knöchel  des  rechten  fuszcs  ein  feldstein 
fausterfüllend  und  rauh.  //.  4,518. 

FAUSTERLI,  n.  ein  kleines  milchbrenichen,  das  in  der  Itand 
getragen  wird.    Alb.  von"  RCtte  s.  23. 

FÄUSTFALLBOCK,  m.  schnellet  den  faustfallbock  gegen 
mein  zu  tief  hereinsehendes  angesicht.  J.  P.  lit.  nachl.  4, 196. 

FAUSTFECHTER,  m.  pugd,  ungefüMler  pleonasmus. 

FAUSTFERTIG,  manu  promplus. 

FAUSTGEFECHT,  n.  pugna. 

FAUSTGEHÖRN,  n.  hirschgeweih,  dessen  enden  einer  hand  mit 
ausgestreckten  fingern  ähnlich  sind. 

FAUSTGELAG.  n.  Hannibal  Carrache  wühlt  männlich  rüstige 
gestalten  mit  sphin.xcn  und  harpyien  im  faustgelag.  Güthe 
39,  294. 

FAUSTGEMENGE,  n.  pugilalus,  handgemenge :  diesmal  kommt 
es  zu  keinem  solchen  furchtbaren  faust  und  waffengemenge. 
GöTHE  6,200. 

FAUSTGERECHT,  par  pugno:  in  seiner  gestalt  ist  kein 
Verhältnis  eines  faustgerechten  trabanten  beleidigt.  StcrzI,  l. 

FAUSTGEWALT,  f  wie  faustrecht:  spuren  einer  frühern 
zeit  der  faustgewait.    mem.  des  ritters  vo>t  Lasg  1,33. 

FAUSTGEWALTIG,  pugnojr: 
nur  zwei  völkergebieter,  den  rossebändiger  Kastor 
seh  ich  nirgends  und  nirgends  den  faustgewaltigcn  Pollui. 

Bürger  209*  =  //.  3,  237,  besser  Voss  : 
zwen  nur  vermag  ich  nirgend  zu  schaun  der  völkergebieter, 
Kastor  den  reisigen  hcld  und  den  kämpfer  der  faust  Polydeukes. 

FAUSTGRIF,  m.  attrcctalio:  durch  einen  derben  faustgrif 
des  wärtels.    Göthe  15,  33. 

FAÜSTGROSZ,  magnüudine  pugni,  wie  faustdick,  mhd.  ohne 
Zusammensetzung : 

ich  slah  im  ein  wunden, 

da;  man  wCrkes  in  in  schöpfet  zShen  Guste  gröi. 

MSH.  3,282'; 
in  minero  h^^rzen  lit  ein  stein, 
d*r  ist  wol  einer  fiuste  grö;.    Ls.  2,656, 
wo  die  hs.  gibt  funsfc,  welches  funst  zu  faunst,  faunz  stimmt; 
das  mir  faustgrosz  geschwall  mein  trüssel.    fattn.  339,5. 

87* 


1 383   FAUSTGRUNDSÄTZE  —  FÄUSTLING 


FAUSTMESSER  — FAUSTSTANGE   1384 


FAUSTGRL'NDSÄTZE,  d.  h.  die  des  faustreclUs,  der  rohen 
gewall:  willst  du  diese  silten  preisen,  diese  faustgrundsätze 
wicderliringen?    Herder  18,123. 

FAUSTHAMMER,  m.  malleus  bellictis,  clava.  Luther  8,35; 
als  sie  die  spiesz  von  ihnen  geworfen,  seind  sie  mit  den 
fauslliämern  und  Schwertern  an  einander  konien.  Fronspebg 
3,13(1*;  die  zwen  wächlcr  kommen  mit  sthweinspieszen  und 
fauslhämmern.  IL  Sachs  V,  227' ;  sie  werfen  mit  fausthiimmcrn 
nach  im.  228* ;  bin  von  einem  Schweizer,  den  ich  mit  einem 
fauslhammer  darnieder  geschlagen  und  ihn  tod  zu  sein  ver- 
meint, durch  einen  fusz  gestochen  worden.  Schertlins  leben 
».10;  welches  den  Bobowitz  dermaszen  verdrosz,  dasz  er  im 
zorn  den  fausthammcr  zuckte.  Phil  ander  2,  628,  im  Schwarz- 
wald  und  am  Obenltein  auch  persönlich  für  einen  scliergen,  der 
mit  dem  fausthammer  drein  schlägt:  indessen  kam  der  wirt 
darzu  und  gebot  uns  den  frieden  mit  ausdrücklicher  anzei- 
gung,  wann  wir  nicht  still  wären,  dasz  bald  Ihurnhüler  und 
fauslhammer  oder  schürgcn  vorhanden  sein  würden,  die  den 
ursacher  solcher  hündel,  ja  wol  gar  uns  alle  drei,  an  ein 
ander  ort  führen  sollten.  Sim;i/.  Springinsfeld  1, 6.  noc/i  in 
Wagners  kindermOrderin,  die  in  Slraszburg  sfnelt,  kommen  zwei 
fauslhammer  vor  und  s.  83  sagt  Ilumbrecht:  dich  kenn  ich 
zum  wenigsten,  bist  du  nicht  der  Hans  Adam,  der  bcttel- 
vogt  daneben  im  bocksgässel?  Fausthammer:  'gar  rächt,  wir 
werden  aber  fusthämmer,  nit  bcttelvögt  tillliert'. 

FAUSTHAMMEBSTIEL,  m.  nachdem  man  ihme  hundert 
streich  auf  den  undern  leib  gegeben  mit  einem  starken  faust- 
hammersliel.    Philander  2,  588. 

FAUSTHANDSCHUH,  m.  ein  handschuh,  an  dem  blosz  der 
daume  besonders  ist,  die  übrigen  vier  finger  eine  gemeinscluißliclie 
hülle  haben,  also  ununterscitieden  sind. 

FAUSTHELD,  m.  pugil,  der  mit  der  fausl  rohe  gewall  übt. 

FAUSTHELM,  m.  mallei  manubrium,  vgl.  axthclm. 

FAUSTHOBEL,  m.  brevior  dolabra. 

FAUSTIG,  FÄUSTIG,  pugillaris:  wers  fingericht  hat,  der  wil 
es  feustig  haben,  cui  plus  licet  quam  par  est,  plus  vult  quam 
licet.  Stieler  449 ;  ein  faustiges  ei,  ovum  pugillare.    s.  einfauslig. 

FÄUSTIGKEIT,  f 

ja,  sprichst  du,  diese  bach  ist  kottig,  dick  und  trübe, 
auch  wegen  fäusügkeit  ganz  wustig  umb  und  an. 
Opitz  2,238(241). 
io  lesen  alle  ausgaben,     menn  das  uort  faustdickheit  ausdrücken 
sollte,  stände  es  sehr  unpassend,  da  die  vorausgehenden  adj.  sdwn 
dasselbe  sagen. 

FAUSTKAMPF,  m.  pugilatus: 
fort  denn,  oder  sogleich  wird  streit  anheben  und  faustkampf! 
äJlJ.'  ävct,  fiTj  rä^a  vtötv  i'^is  xai  y,eoai  yävrjrai. 

Od.  18,13. 
FAUSTKÄMPFER,  m.  pugil. 

FAUSTKOLBE,  m.  clava,  fauslhammer:  da  nun  die  stadt- 
knecbt  mit  faustkolben  in  anfallen.  Kirchhof  u-ent/unni.  289*; 

wenn  ich  erwisch  ein  schlechten  knabn, 

der  sich  nicht  versteht  auT  die  sach, 

bald  ich  im  ein  Taustkolben  mach  {die  fausl  balle  f). 

Atrer  fastn.  17'; 
jeder  grif  drauT  zur  wehr,  schwert,  pusikan. 
Streitaxt,  faustkolben,  was  jeder  gwaii. 

J.  Vogels  unqr.  schlackt,  s.  101 ; 
balle  in  der  rechten  band  ein  eisen  faustkolben  von  starken 
zinken  an  statt  des  knopfs.  Krafts  reisen  und  gefangenschaß  s.  39. 
FAUSTKRAFT,  f  faustgewalt:  ein  Weltgericht  des  teufeis, 
wo  die  leiber  die  geister  richten,  die  faustkraft  das  herz. 
J.  P.  37,  46. 

FAUSTKRÖSE,  f.  Werkzeug  der  bMidier.     s.  kröse. 
FAUSTKUS,  »i.   handkus:    darauf  fleug  Liane  nach  einem 
faustkus  ihre  geistergeschichte  an.  J.  P.  TU.  3,  77. 
FAUSTLAUCH,  n.  allium  pugUlare: 

troll  dich,  so  nicht  ist  dein  begier 
Tausllauch  zu  essen,  du  las  haut! 

GLtstR  pitatma  Fritchlini  3,2. 

FAUSTLAUGE,  f  lixieia  pugillaris:  mit  truckener  faustlaugc 
ime  das  baupt  zwageii.    Ol.  Yariscus  etitnogr.  mundi  2, 13. 

FÄUSTLELN,  n.  pugillus:  feusllein.  roc.  1482  h  5*;  ins  Riust- 
lein  lachen. 

FÄUSTLING,  m.i)ahd.  fAsItlinc,  muffula,  vantut  (Graff  3,726), 
mhd.  viuilelinc.  vb.  3,  Uft*.  tJid.  fUustling,  fauühandschuh : 
da  ihn  der  hofmann  mit  dem  faustling  über  den  caball  ab- 
scbniiiz.    Garg.  251*. 

3)  ein  kleines  tekiettgewehr ,  das  man  mÜ  der  faust  abdrückt, 
fuffrr :  wie  man  denn  die  kleinen  fciistling  pflegt  zu  schweiHzen. 


Fronsperg  1,145";  ein  teutschcr  reuter,  welcher  sich,  unge- 
achtet er  durch  beide  Schenkel  geschossen  und  unter  seinem 
pferd  lag,  also  mannlich  gehalten,  dasz  er  seiner  feinde 
einen,  so  ihn  gar  umbbringen  und  plündern  wollen,  mit 
einem  feustling,  deren  er  zween  an  seines  todten  pferds 
saltclbugen  noch  hat,  erschösse,  und  als  dessen  gesell  hin- 
zukam und  ihn  anzugreifen  unterstünde,  zog  er  den  andern 
auch  aus  der  halfter  und  gab  ihme  gleicher  geslalt  eine  bit- 
tere kugel  zu  fressen.  fürsU.  lischreden  durch  Jou.  Werner  Geb- 
harten C.  von  Basel  Frankf.  1597  s.  263 ;  ich  wil  jetzt  nicht 
sagen,  dasz  sich  die  schülerknaben  mit  schlüsselbüchsen  und 
vil  rosbubcn,  hirten  und  landfahrer  mit  fäustlingen  oder 
pufferten  versehen.  Simpl.  sat.  pitgr.  2,  2  «.  84;  er  selbst  stunde 
mit  dreien  röhren  und  einem  ßiuslling  in  hie  beigesetzter 
poslur.    Philander  2,  016. 

3)  bergmännisch,  ein  stein  so  grosz  dasz  man  Um  in  der  hand 
hallen  kann,     in  Baiern  groszcr  melUklosz. 

FAUSTMESSER,  n.  culter  pugillaris: 
ieder  drang  im  auT  seinen  pauch 
und  zuckt  sein  Taustmcsser  auch.    Hing  53',  18. 

FAUSTPFAND,  n.  bewegliche  sache,  welche  einem  gläubiger 
von  seinem  Schuldner  zur  Sicherheit  seiner  forderung  als  pfand  in 
die  hand  übergeben  wird,  im  gegcnsatz  bloszer  pfandverschreibung 
unbeweglicher  guter:  welche  (erbporlion)  er  schon  als  faustpfand 
so  oft  wie  den  reliquienkopf  eines  heiligen  vervielfacht  unter 
seine  gläubiger  vertheilt  hatte.  J.P.  flegelj.l,lbO;  schuld  und 
faustpHinder.  Tit.  2, 173 ;  als  fauslpHinder  einer  kleinen  schuld 
auf  dem  halse  gelassen.    Katzenb.  2, 103. 

FAUSTPINSEL,  m.  pinscl  der  maurer  mit  kurzem  stil. 

FAUSTPUF,  m.  ein  7mt  geballter  fausl  versetzter  scJdag. 

FAUSTRECHT,  n.  jus  manu,  sine  judice  assertum,  die  blosze 
gewalt,  schw.  näfverätt,  das  kolbcnrcclU ;  die  zeit  des  faust- 
rechls,  wo  der  adel  seine  anspräche  mit  gewafneter  hand  geltend 
machte,  ohne  riclUerliche  hülfe;  man  wöU  doch  ain  einsehen 
thun  und  der  billigkait  nachgehn,  und  nit  wie  meine  pre- 
digkauzen  (praedicanlen)  begern  und  solchs  an  ett liehen  orten 
dahin  bracht,  das  man  mir  unverhört  nur  nach  dem  leben 
stell  und  nur  das  faustrecht  brauchen  wollen.  Nasüs  nosen- 
csel  114'; 

ihr  degen  konnte  dies  nicht  schafTen, 

sie  hat  kein  faustrecht  oder  waffen 

zu  landeserbcn  je  gemacht.    Opitz  ps.  44; 

das  fauslrccht  ist  heutzutage  verschwunden  bis  auf  die  frei- 
heit  jedem  eine  faust  in  der  tasche  zu  machen.  Lichtex- 
BERG  2,  83. 

FAUSTRICHTER,  m.  carnifex,  der  mit  der  hand  lebensslrafen 
vollzieht:  es  sei  der  mundrichter  oder  faustrichter,  welchen 
man  den  Scharfrichter  hciszt.    Luther  3,  315*. 

FAUSTROHR,  n.  was  faustling  2:  habe  mich  mit  diesem 
einfeltigen  schreiben  als  mit  einem  faustrohr  . . .  wider  den 
cibfeind  beweisen  wollen.    Ringwald  laut.  warh.  A4'. 

FAUSTSÄGE,  f.  grosze  handsäge. 

FAUSTSATZ,  «i.  wenn  die  fischbrut  so  grosx  gewachsen  ist, 
dasz  sie  in  der  hand  gelialten  mit  köpf  und  schwänz  hervor  ragt. 

FAUSTSCHEIDUNG,  f  auch  handscheidung:  in  welchen 
erzen  das  gold  grobkörnig  stehet,  die  kann  man  unter  der 
faust  scheiden  .  .  .  sonderlich  weil  man  wol  in  geringern 
mctalln  solche  fausischeidung  zu  halten  pflegt.    Erker  45*. 

FAUSTSCHLAG,  m.  ictus  pugni,  colaihus: 

ir  sch''lden  wart  sd  manichvalt, 

unz  <^{  geriet  zu  viHtslegcn.    pa$s.  U.  316,44; 

manic  ungclucke 

mit  knullcln  und  mit  vi^stslcgen 

mac  er  an  dich  mit  willen  legen, 

da;  im  nicman  cnwort.    pcus,  K.  291,27; 

nhd.  des  satans  faustschläge.  Icichpredigt  auf  Daniel  von  Arnimb. 
Magdcb.  I(i02.  B2';  ich  habe  meinen  fauslschlag  empfangen, 
doch  der  ist  nun  gerächt  und  ich  habe  mein  werk  vollbracht. 
Gerstknberc  verm.  sehr.  3,  285. 

FAUSTSTAR,  m.  baculus  pugillarii,  knüUel  der  die  fausl  füllt : 

die  heiligen  dri  man  do  sluc 

mit  busmcn  und  mit  vi^sleben.    pau.  K.  651,87, 

faustab  nachahmensurrthe  Schreibung  für  fauststab,  das  so  hart 
wie  die  beitUn  folijenden  Zusammensetzungen  laulel. 

FAUSTSTANGK, /■.  contus:  und  die  hurger  in  stedlen  Israel 
werden  eraii«  gehen  und  fewr  machen  und  verbrennen  die 
walTen,  schild,  tarltichen,  bogen,  pfcil,  fausUInngrn  und  lange 
spiesze  und  werden  sieben  jar  lang  fewrwcrk  damit  halten. 
/;.-.  3«,  9. 


i385 


FAUSTSTREICII—  FEBERLE 


FEBRIG  — FECHTDEGEN 


1386 


FÄUSTSTREICH,  m.  ictuspugni:  ein  fustestreich.  Mdbacher 
gerichlsordnung  von.  1475;  wer  einem  geb  ein  fauststreich. 
tccL^h.  2,193. 

FAL'STTEIG,  m.  massa  pu^lluris:  leget  im  darnach  ein 
pflasler  von  feuslteig  darüber  (schldgl  ihm  mit  der  faust  ins 
gesichl).    KiRCHHOr  irendunm.  215*. 

FAUT,  m.  früher  oft  geschrieben  für  TOgt,  Toit,  advocatus. 

FAVOR,  ffl.  band,  schleife,  nestel,  die  als  zeichen  der  gunst 
um  den  rechten  ermel  gewunden  oder  auch  sonst  angebunden 
tcurden,  vgl.  meine  abhandlung  über  schenken  und  geben  s.  13. 14. 
so  mit  mancherlei  färben  von  nesteln,  bändeln,  zweifelstricken, 
schlüpfen  und  andern  so  sie  favores  nennen  (am  rande  faforn), 
sind  sie  an  haut  und  haaren,  an  hosen  und  wambs,  an  leib 
und  seel  verändert,  verstellet,  behenkef,  beschlenket,  be- 
knöffet  und  beladen.  Philander  1,27;  er  bringt  auch  aller- 
hand seiden  oder  ander  band,  handschue  und  dergleichen 
den  anwesenden  mägden  und  kleinen  jungen  dirnen  zum 
favor.    ScHCPPics  s.  226 ; 

mit  hundert  favoern  und  bendern  dorchgestickt. 

Laürcmbebg  33,564; 
it  is  nicht  rechte  lang,  do  sach  men  de  ravoren 
geflochten  an  den  krusen  locken  bi  den  oren.    567; 

band  mir  einen  prächtig  glänzenden  strausz,  'favor',  um  meinen 
rechten  rockcrmel.  Broxners  leben  l,  276 ;  favor  von  Oitter- 
gold,  seide,  falschen  steinen.  Schmeller  1, 579.  engl,  wear 
this  sleight  favour  in  my  remembrance.  Johx  Braxd  anli- 
quities  2,  91.  92. 100.    Jungmann  und  Linde  unter  fabor,  fawor. 

FAVÖRCHEN,  n.  ein  solclies  bändchen :  ist  er  aber  allen  leuten 
schuldig,  so  solle  man  seine  laus  deo,  die  er  zu  hause  liegen 
hat,  mit  unter  die  favörgen  heften,  dasz  das  frauenzimmer 
wüste,  was  vor  sorgen  und  ungelegenheit  er  ihrentwegen 
einfressen  müste.    Weise  er;n.  55. 

FAVORIT.  «1.  gratiosus,  günslling. 

FAVORITCHEN,  n.  falsche  haarlocken.  die  das  frauenzimmer 
ehedem  an  stirn  und  schlafen  trug.  fr.  favorite.  ähnlich  tiäszt 
der  barl  oder  das  löckchen  unterm  ohr  favori,  favorite. 

FAXE,  f  was  fachse  sp.  1225,  doch  fällt  mir  ein,  dasz  die 
natürlichste  erklärung  vielleicht  von  fachs,  coma,  pilus  ausgehen 
dürfte,  icie  auch  &oii  und  floccus  eitle,  nichtige  Sachen  aus- 
drücken und  lat.  tricae  zu  i9"^<|  gehören  könnte:  des  laufers 
possenhafte  nähe,  der  hinter  mir  allerlei  faxen  schnitt,  mich 
wenn  ich  manchmal  umblickte  zu  beruhigen.  Güthe  28, 213 ; 

ich  habe  hier  in  diesen  bänken  wie 

ein  narr  gestanden, 

dem  ein  Schwarzkünstler  faxen  vormacht. 

Heinrich  von  Kleist  1,  8. 

FAXENMACHER,  m.  spaszmacher :  du  faxenmacher,  lasz  dich 
mal  recht  beschauen.    Fr.  Müller  1,  317. 

FAZON,  f.  modus,  fr.  facon :  aber  die  weltkinder,  die  nun 
ir  Seitenspiel  und  fidelwerk  betten  und  ir  abent  und  nacht- 
denze  hielten,  wollen  nicht  in  iren  beizen  herein  rauschen 
und  rumb  schlumpen,  sondern  trachteten  auf  weiche  und 
seidene  kleidung  und  auf  allerlei  newe  fazon,  stich  und  firembde 
modeltücher.    Mjvthesics  10"  (14*). 

FEBER,  n.  febris,  lieule  fieber,  der  frörer.  Dastpodics  292', 
Maaler,  Hexisch  schreiben  so.  Stieler  und  die  meisten  späteren 
seit  LcTHEB  fieber,  wie  schon  ahd.  fiebar  (Graff  3,  385),  mlid. 
fieber  {wb.  3,306');  ags.  fefor,  fefer,  engl,  fever,  schw.  dän. 
feber:  das  heisz  feber  der  unküscheit.  Keisersb.  bitg.  204'; 
das  feber,  kalt  wee.  Dasvp.  292';  das  hitzig,  täglich,  vier- 
tägig feber;  feber  die  einen  mit  einem  frost  anstoszend,  oder 
die  mit  schauderen  kommen;  hat  dich  das  feber  gelassen? 
caruit  te  febris.  Maaleb  133';  Hlttehs  dialoge  feber  das  erst, 
feber  das  ander;  Arsace  ist  in  todesgefahr,  es  hat  sie  ein 
feber  angesloszen  mit  groszcr  hitz.  buch  d.  l.  217,  3 ;  wanimb 
das  feber  in  der  kirchen  sich  mehrt  und  im  Wirtshaus  eher 
aufhört.    Garg.  202'; 

wer,  Flora,  dein  gesiebte  nennt,  der  hat  ein  schönes  gut  genant, 
das  aber,  wann  em  feber  küniml,  in  einem  nu  ist  weggebrant. 

LocAU  3, 116,S9; 

das  dreitägige  feber.  Bltschkt  kanzl.  763.    Palm.  304.  336. 

FEBERHAFT,  febriculosus :  den  feberhaften  gibt  man  das 
widerspil.    Garg.  72*. 

FEBERHITZE,  f.  aesius  febrilis: 

mich,  der  kein  antwort  könt  auf  alle  hrlef  empfangen, 
legt  kummer  und  verdacht  und  feberhitz  gefangen. 
Grtpbils  1,2U0. 

FEBERKRAÜT,  n.    Stieler  1031. 
FEBERLE,  n.  febricula.    Maaleb  133\ 


FEBRIG,  ßeberltaft :  dem  febrigen  ist  alles  ein  gall.  kl.  Käse 
reden  147'  (156'). 

FEBRU.VR,  ff»,  dieser  monat  fthrt  auch  die  namen  homung 
und  sporkel,  worüber  GDS.  85.  88.  90. 

FECH,  inimicus,  infeäus,  odiosus,  fand,  ahd.  gifeh  (Gbaff 
3,  3S5),  mhd.  gevech,  gevS  {wb.  3,  2S5'),  ags.  fäh,  gefäh.  tihd. 
ausgestorben,  doch  im  deutschen  schlemmer  Magd.  15S8  Jl*  liest 
man  'so  feh'  für  so  feind.  s.  fechen  und  fehde,  tro  die  Identität 
dieses  fech  mit  dem  folgenden  aufgestellt  wird. 

FECH,  rani«,  bunt,  ahd.  feh  (Gbaff  3,  425),  mlid.  vech 
{wb.  3,  2S5'),  ags.  fäh.^  die  golh.  form  würde  sein  faihs.  ent- 
sprechend sind  sl.  pjeg",  gr.  Ttoixdos.  erhalten  hat  es  sich  fast 
nur  für  das  bunte pelzwerk,  buntwerk,  das  fech,  Schweiz,  väch.  fr. 
vair:  daj  (aichoru)  ist  rot  in  etleichen  landen  und  in  andern 
landen  ist  ej  praun  oder  gräw  und  wenne  ej  gar  liehtgräw 
ist,  s6  ist  c;  vech,  wan  da;  vech  tierl  ist  derselben  natür, 
an  da;  c;  ein  ander  varb  hat,  und  wie  e;  gevar  sei,  doch 
ist  e;  alzeit  unden  wei?.  Megesberg  159,  9 ;  die  burgerin  und 
edelleut  kommen  und  legen  ir  seid  und  fech  ab  und  tragen 
die  seid  und  das  fech  nimmer  auswendig,  das  thund  unsere 
gaistlerin,  deren  vil  seind.  aber  si  haben  es  inwendig  und 
wenn  man  gegen  in  geel,  so  schlagen  si  den  mantel  auf, 
das  die  seid  und  das  fech  dennocht  herfür  geet.  Keisersb. 
has  im  pf  aaS";  'ich  hab  ouch  fech'.  'sag  mir,  was  ist  fech? 
nit  anders  dan  müsfel.  was  sint  darnach  die  fehen  federen? 
alles  von  müsen  und  thieren'.    bilger  172'; 

ein  jedes  hat 

von  feher  wat 

ein  kostlich  scbauben.    meislerl.  23  n'222; 

ich  mach  kürsen  von  vech 

und  pelz  von  eim  rech 

füchsepelg  und  lemmerein.    fastn.  618,20; 

do  durch  ein  trechter  schieszt  man  gelt, 

durchs  ror  blost  man  auch  fehen  telt  (?). 

TacRMEissER  archidojca  16; 
nach  diesen  werten  jeglichem  hcrren  zwo  seiden  scbauben 
mit  fehen  unterzogen  schenkt  und  gab,  die  nicht  nach  bür- 
gerischen Sitten  oder  kaufleuten,  sonder  eim  jeglichen  groszen 
forsten  ehrlich  zu  tragen  gewesen  weren.  Bocc.  2, 212'  = 
dec.  645,  34.  Hexisch  1027  führt  noch  an  fech,  blaw  eichhom, 
sciurus  caesius  und  gunterfech,  iforon  mehr  unter  kunterbunt 
zu  sagen  ist,  vgl.  federbunt,  auszer  in  der  folgenden  Zusammen- 
setzung fechdistel  hat  sich  das  wort  noch  heutzutage  als  eine  be- 
nennung  bunter  tauben  in  Nürnberg  erhalten: 

no,  meini  feihn  {meine  bunten)  moust  no  wissn, 
döi  haut  der  iltes  mir  derbissn. 

Weikerts  ged.  ausieahl  s.  27. 

FECHDISTEL,  f  Carduus  marianus,  Mariendistel,  unser  lieben 
frauendislel,  labrum  Veneris,  silberdistel,  chardon  blanc,  mit  schön- 
slreißgen ,  gefleckten  blättern,  davon  sie  fechdistel,  fehdistel, 
fedistel,  bunte  distel,  milchdistel  heiszt;  wehdistel,  wegdistel 
sind  entäellung.  Graff  5,  235  des  fechdistiles,  eringi,  der  gr. 
name  ist  r^oiyytov,  im  dakischen  aixox'nioi^,  oixovTitov^  bei 
Diosc.  3,  21  würde  ein  emcndiertes  Tioe^  auf  faihs  führen.  Bock 
im  kräuterbuch  314  beschreibt:  ein  stechendes  kraul  mit  holtem 
slengel  und  breiten  bldltem,  besprengt  mit  groszen  weiszen  flecken, 
es  war  auch  heilkräftig. 

FECHDISTELWASSER,  n.  und  nim  dan  fedislelwasser. 
Gersdorf  30. 

FECHEL,  5.  fächel. 

FECHEN,  odisse,  insectari,  ahd.  fehan  zelari  (Griff  8,384'), 
mhd.  vehen  {wb.  3,  286"),  nhd.  fehen,  einen  umb  ein  unbill  uns 
bewisen  fehen  oder  hassen.  Maaler  133';  doch  andere  nehmen 
das  auslautende  ch  auch  in  den  inlaut:  so  klagtend  die  Appen- 
zeller, etlich  der  iren  wären  durch  des  apts  amptlöt  von 
verloufner  empörung  wegen  gar  vast  gevecht  und  beleidigt 
worden.    Tschcdi  1,  610.     *.  fehde  und  feind. 

FECHLI,  n.  grau  pelzwerk.    Staldeb  1,  360. 

FECHSER,  j.  föchser  sp.  1225. 

FECHTBODEN,  m.  palaestra,  ein  sad  zu  fedüübungen. 

FECHTBODENHALTER,  m.  lanista. 

FECHTBRIEF,  m.  die  geschrift  lert  dich  es  nit,  du  must 
die  kunst  im  köpf  haben,  wenn  du  schon  ein  fechtbrief 
best,  darusz  du  magst  fechten  leren,  du  kanst  darümb  nil 
fechten,  du  habest  es  denn  gelert  Ton  dem  fechtmeisler. 
Keisersb.  bilg.  127*. 

FECHTBRUDER,  m.   stromer  und  fechlbruder. 

FECHTDEGE.N,  n».  gladius  praepUatus,  rappier.  Stieler  270. 
1498;  weiin  der  fechter  mit  dem  fechtdegen  gelroflren  wird, 
BoTSCBKT  Palm.  204. 


1387 


FECHTEN 


FECHTEN 


1388 


FECHTEN,  fiignare,  ahd.  fehtan  faht  fuhtun,  vihd.  Tehfcn 
Taht  vähten  und  vuhlen,  ags.  fcolitan  feaht  fuhton,  engl,  fighf, 
fries.  fiuchla,  nnl.  vechtcn  voclit  vochten,  täe  auch  nhd.  fehlcr- 
haß  fechten  focht  fochten,  im  15  jh.  noch  riclilig  facht  für 
focht,  2.  b.  fasln.  549. 10.  iceder  golhisch  noch  nordisch,  denn 
das  schic.  fiikta  fiiktadc,  ddn.  fegte  sind,  gleich  dem  böhm. 
fechtOTac,  unserm  fechten  nachgebildet,  ein  von  Stalder  1,  360 
herangezognes  alln.  lika,  dän.  fige  festinare  und  das  engl,  fidge 
scheinen  unrerwandl.  der  gotli.  und  nord.  abgang  des  tcorles 
trifl  mil  dem  von  faust  in  denselben  sprachen  zusammen,  unver- 
kennbar fallen  piignarc  und  pugnus,  Ttvxrsvsif,  nv/fir}  und  tiv^, 
darum  auch  fclitan  und  faust  zu  einander;  dem  vermulhclen  golh. 
fauhstus  könnte  ein  failitan  faht  fauhlun  zur  seile  gestanden 
haben,  das  st  in  fauhstus,  faust  gliche  dem  ks  in  tiv^.  für 
kümpfen  sagten  aber  die  Gollicn  veihan,  ahd.  w'igan,  alln.  vega 
{stall  viga)  und  es  ist  schuer  die  unterschiede  zwischen  wcigand, 
held,  kiinipfer,  fechter  anzugeben,  man  hat  jedoch  gar  nicht 
nOlhig  pugnarc  und  fechten  streng  auf  kriegerischen  kämpf  zu 
beziehen,  wie  pugnarc  eniti,  laborare  ansdriickl,  non  pugnarc 
non  laborare,  gleichsam  die  füuslc  oder  lidnde  ruhen  lassen,  liegt 
auch  in  fechten  die  bcdculung  von  sich  abmühen,  eifrig  streben, 
die  hände  anstrengen,  fusten,  fausten,  fäusleln  und  fechten  ist 
etwas  in  die  faust  nehmen,  angreifen,  vor  allem  die  waffe  zum 
kämpf,  vgl.  knulTcn,  ddn.  knubbe,  mit  der  faust  stoszen. 

wir  geben  nhd.  der  III  sg.  ficht  für  fichtel,  analog  dem  flicht, 
tritt,  gilt,  schilt,  hält,  beut  für  fliehtet,  trittct,  giftet,  schulet, 
haltet,  bietet;  schwache  verba  vertragen  diese  kürzung  nicht,  von 
falten,  spalten,  gestalten,  melden,  bilden  musz  es  heule  heiszen 
faltet,  spaltet,  gestaltet,  meldet,  bildet,  obschon  auch  die  starken 
meiden,  scheiden,  reiten,  schreiten,  spreiten,  streiten  nicht 
kürzen,  so  passend  es  wäre  {vgl.  nihd.  git,  11t,  gaf,  stät).  auf  der 
andern  seile  schreiben  im  16  jh.  manche  flehtet,  trittet  und  selbst 
GoTTHELF  hat  fliehtet,  giltet  unverkürzt,     dem  imp.  gebührt  ficht. 

die  bedeutungen  sind  meistens  intransitiv,  selten  Iransiliv. 

t)  cigcnlliches  fcciiten,  kämpfen,  streiten,  pugnarc,  cerlare, 
dimicare.  ahd.  zi  uns  rihtür  hörn  heiles,  naics  fi-htanncs. 
0.  I.  10,5;  hier  habest  du  wlg,  hier  soll  du  fehlen,  doret 
seit  du  rawcn.  N.  ps.  84,  9 ;  taj  er  imo  ondi  mit  Otachere 
ze  vShtennc.    Boclh.  3 ; 

mhd.  d&  Tihtet  einer  inne,  der  heilet  Volki^r, 

alsam  ein  eher  wilde,  unde  ist  ein  spilman.    Nib.  193S,  2; 
dö  Taht  alsam  er  wuote  der  alte  Hildebrant.    2219,  1; 
si  vähten  also  grimme,  daj  mans  nimmer  mer  gctuot. 

2149,4; 
beten  si  dö  gevohtcn 
ze  rosse  mit  den  swerien, 
des  si  niene  garten, 

daj  wspre  der  armen  rosse  tot.    Ite.  711C; 
swgr  gerne  ie  über  houbet  vaht, 
dSr  mohte  döste  wirs  gesigcn.     Winsbcke  33,2; 
hat  der  Winter  kurzen  tac, 
so  hat  er  die  langen  naht, 
dar  sich  liep  hi  liebo  mac 
wol  crholn,  da;  6  da  vaht.    Walt«.  118,8; 
ichn  vihte  nibt,  ich  bin  ein  wip.    Iw.  5649. 
nbd.  ich  ficht,  das  der  uint  davon  wct.    fastn.  252,21; 
wil  er  dann  fechten,  so  well  wir  streiten.    298,10; 
wil  e«  der  kunig,  nicmant  ficht  do  dan  ich.    549,25; 
erst  so  bebt  sich  ein  fechten 
Ton  den  andern  dorl1>nechten.    589,20; 
die  vecbten  als  die  ebcrswein.    589,23; 
ir  Techten  ist  gen  uns  als  ain  vint.    589,29; 

er  lenft  mil  dem  köpf  an  in  und  ficht  halsstarriglich  wider 
in.  ///oft  15,20;  ich  fechte  also,  nicht  als  der  in  die  luft 
streichet  {golh.  sva  jiuka  ni  svfi  luftu  bliggvands).  1  Cor.  9,26; 
hab  ich  mit  den  wilden  Ihioren  gefochten?  (du  diuzam  vaih?) 
1.5, 32 ;  es  ist  gut  mit  im  im  langen  .«piesz  fechten,  er  sihcl 
nit  so  fem  {ist  kurzsichtig).  W.  «cwc  reden  99' (lOG*);  und  fachte 
mit  im  so  stark  und  ritterlich,  dasz  der  könig  sich  im  ge- 
fangen gab.  buch  d.  l.  209, 1 ;  denn  das  ist  der  krieg  in  diesem 
geistlichen  reich,  das  man  flehtet  und  kempfet,  wie  man 
gerecht  werde.  Lctiier  6, 129*;  ja  wer  auch  nur  nn  dem  siege 
zweifelte,  der  filchle  nicht,  sondern  versetzte  nur  die  feind- 
lichen streiche  ohne  einigen  beherzten  angrif.  Lohenstein 
i4rm.  1, 35;  Marcus  Coriolanus  fechtet  (/"ür  ficht).  Winkei.iiamn 
2,453;  er  ficht  vortreflich ;  er  ficht  zu  fusz  wie  zu  pfcrdc; 
er  ficht  noch  mit  dem  ersten  schwerl  {nl  noch  roh  und  un- 
gebbl) ;  sie  fochten  wie  die  Iowen;  alle  krieger  haben  tapfer 
gefochlen;  die  aufgeworfnen  schanzen  wurden  fechtender 
band  eingenuinnien. 


2)  die  Vorstellung  der  faust  oder  hand  liegt  dem  Worte  so  ein- 
geprägt, dasz  es  uns  nocli  heute  eine  heßige  bewegung  der  arme 
und  hände  ausdrückt,  wo  von  einem  feinde,  den  man  bestreitet, 
gar  niclit  die  rede  ist: 

der  tobende  in  daj  münster  vaht.  Serval.  3000, 
sic/j  mit  arm  und  faust  eindrängle;  er  ficht  mit  den  hiinden,  vagicrl 
in  der  hiß,  thut  streiche  in  die  luß;  was  fichtest  du  so  mit  den 
armen?;  was  ficht  {müht  sich)  doch  Götz?  es  sei  im  haus  oder 
heraus  geschehen,  ist  doch  nicht  daran  gelegen,  zeugenausiuge 
bei  Zöpß  Götz  von  Berlichingen  hauplmannschaß  s.  49 ;  wir  priicfen 
auch  das  an  den  perchknappen,  die  in  die  gruob  varnt,  die 
werdent  elswie  vi!  wirbig  in  irm  haupt,  also  da;  sie  gern 
vchtent  sam  die  trunken  leut.  Mecenbeiic  109,8;  so  sollen 
seine  geberd  sein  züchtig,  nit  fechten  mit  den  armen,  nit 
die  finger  uszstrecken.  Keisersderg  tiarrensr/i.  56';  fraw,  wie 
thun  ir,  was  träumet  euch,  das  ir  also  fechten?  seh.  und 
ernst  1546  cap.  55; 

was  bas  im  herzen  du  für  pein, 

dasz  du  also  flehst  mit  den  bändn?    Atrer  42'; 

bat  einer  vielleicht  einen  streit 

und  wäre  gern  des  bandeis  qucit, 

der  trink  ein  rausch  und  greif  zum  degcn. 

ein  rausch  aus  allen  wehren  fleht, 

ein  rausch  fragt  nichts  nach  streich  und  schl.'igen, 

ein  rausch  förcbt  sich  vorm  tcufcl  nicht.    Piiilanoer  2,219, 

der  rausch,  der  berauschte  wehrt  sich  auf  alle  weise,  die  trunknen 
fechten  gern,  nach  Megenbercs  stelle;  frauen  fechten,  spielen 
mit  dem  facher,  schlagen  ihn  auf  und  nieder: 

die  am  arme  seichter  thoren 

blähend  mit  dem  Tacher  licht.    Schiller  9*. 

3)  dies  bewegen  galt  auch  vom  schlag  des  herzens,   des  Huts: 
grif  her,  da  min  herze  lit, 

wie  ej  vihtet  unde  vert.    Blicker  283, 

wie  es  heßig  schlägt,  kämpß,  lobt; 

so  ofts  in  schaden  wütet  und  ficht  {oben  sp.  377): 

mein  herz  und  gemüt  mir  darob  ficht. 

wann  ich  gedenke  an  die  gschicht.    Ubland  943; 

ja  von  der  sanßen  bewegung  und  dem  flusz  des  über  ein  tuch 
gegossenen  öles:  also  da;  si  (diu  sfle)  ein  fürwertgAn  h;\t  in 
der  blojen  gotheit,  als  da;  oleum  Af  dem  tuoche,  da;  vihtet 
alle;  für  ba;:  alsus  vihtet  diu  sele  für  ba;  unde  fliu;et  immer 
für  unde  für.  ir.  Eckhart  470,  2.  3.  eine  schöne,  wol  noch  ößcr 
vorkommende  Wortbedeutung,  zu  der  sich  auch  andere  redensarlen 
nehmen  lieszen.  Hexisch  1028,  12  hat  fechten,  eniti,  zablen 
{zappeln),  ohne  beispiele,  ganz  das  lat.  pugnarc. 

4)  fechten,  osliatim  victum  quaerere,  slipem  mendicando  col- 
ligerc,  ut  vagabundi  solcnt.  Stiei.er  453,  was  sonst  'garten'  heiszt, 
scheint  sich  aus  den  fechtschulen  {s.  dieses  wort)  der  handwerker 
und  aus  dem  umstreifen  bewaf neter ,  vom  beer  verabschiedeter 
landsknechle  zu  erklären.  auch  spielleute  und  schwertldnzer, 
vagicrende  schülcr  und  handwcrksgesellen  zogen  im  land  umher, 
'giengen  fechten',  giengen  betteln,  drohten  den  leuten  mil  dem 
Schwert,  da  wo  ihnen  brot  und  kleine  gäbe  geweigert  wurde, 
später,  im  18.  19  jh.  blieb  dies  fechten  eingeschränkt  auf  aus 
dem  krieg  entlassene,  hämzicliende  Soldaten  und  auf  arme,  reLaende 
handwerker.  doch  erwäge  man  den  schon  dlt(ren,  hernach  unter 
5*  belegten  ausdruck,  das  'vi-hten  umbc  spise'  ton  der  ameise, 
verglichen  mil  dem  fechten  des  floh  bei  Boner  48,12,  was 
zur  zweiten  bedeutung  des  bemühens  und  abarbeitens  stimmt,  ohne 
dasz  schwerl  oder  degcn  im  spiel  sind,  würde  für  betteln  das 
wort  'garren'  (/.  garten),  fechten ,  iimb  reutcrzehrung  an- 
sprechen nicht  aufgebracht  sein,  es  würden  so  viel  lieder- 
liche gesellen,  als  sonderlich  lose  handwerksbursche  nicht 
faulenzen  oder  osliatim  gehen.    Praetorius  mdgdelrösler  s.  99  ; 

muth  hin,  muih  her! 

dem  hungcr  fallt  das  fechten 

vor  thören  leicht,  im  fehle  schwer.    fiöirrHKR  342; 

das  wenige  zehrgeld  wurde  täglich  kleiner  und  zuletzt  gar 
alle,  deswegen  sie  (:ifn'  aus  dem  venelianischen  krieg  in  Uir 
deutsches  Vaterland  heimkehrende  kameraden)  in  tausend  sorgen 
geriethen  und  nicht  wüsten,  was  weiter  anzufangen  sei.  da 
nun  kein  ander  rcfugium  vorhanden,  als  zum  fechten  zu 
schreiten,  wie  schwer  es  sie  auch  ankoinmen  wolle,  verab- 
redeten sie  sich  bei  erreichung  eines  dorfes,  dasz  der  eine 
von  oben  und  der  andere  von  unten  anfangen  solle,  vor  der 
bauren  häuser  umb  ein  stück  brot  anzuhalten,  nord.  Hobiuuin 
1,53.54;  (ein  aus  Friedrich  des  gr.  beer  entronnener  SiJiuencr 
erzdidt:)  mein  duralen  rcisegeld  war  schon  dünn  wie  ein 
laiib  worden,  sonst  hatt  ich  keinen  heiler  in  der  flckc  und 


1389 


FECHTEN 


FECHTEN— FECHTER 


1390 


ward  also  genöthigt  auf  den  dörfern  zu  fechten,  da  bekam 
ich  oft  beide  taschen  voll  brot,  aber  nie  einen  heiler  haar. 
der  a.  m.  im  Tockenb.  156;  der  Franke  'ficht',  der  emigrierte 
'geht  fechten'.  Lichtesberg  2, 111.  aus  G.  Usgt  {d.  i.  ungenannt) 
Ucee  geschicfUen.  Münster  1S61  s.  24 — 40  sieht  man,  trie  das  fechten 
vandernder  handtrerksburschen  fast  bis  auf  unsere  zeit  furtbestand, 
dem  der  sich  tceigerte  ilmen  i«  spendieren  fluchten  und  drohten 
sie  mit  faustschlag  in  den  nacken  oder  mit  feuerardegen.  audi 
in  der  Studentensprache  sind  fechten  und  pumpen  (am  brunnen 
Kosser  ziehen)  gleichbedeutend,  ihre  ausdrücke  mögen  mit  den  der 
allen  fahrenden  schüler  mehrfach  zusammenltängen.  es  gibt  ein 
buch  von  Ambrosius  Pape  bettel  und  garteteufel.  Magdeburg  1586. 8. 

5)  zu  fechten  {wie  zu  streiten,  ringen)  fügen  acA  praepo- 
^ionen, 

a)  um:  um  leib  und  leben,  um  geld  und  gut  fechten; 
swä  zwßae  vehtent  umbe  deo  lip.    Iw.  1956; 
dö  si  ser  umb  ir  spise  vacbt.    Boneb  42,46; 
ich  nira  dein  gelt  und  anders  nicht 
lind  schaf  sünst  wol  was  mir  gebricht, 
ficht  mancher  ümb  ein  ackerplerd, 
dein  bab  ist  solcher  ärbet  vverd.    Schwarzenbekg  132, 1 ; 
keim  herren  dient  ich  nie  so  web, 
dem  ich  in  strafung  überseh, 
noch  fast  ümh  seinen  schaden  fecht, 
ich  bin  ein  guter  armer  knecht.    13$,  1 ; 

den  allen  umb  den  namen  Christi  zu  fechten,  leben  und 
sterben  gleich  galt.  Frask  veltb.  209';  es  musz  darum  ge- 
fochten sein.    Simpl.  Courage  cap.  7. 

6)  nach: 

6  dan  ie  Rfime  kam  an  die  mäht 

nach  der  si  vaht  tac  mide  nabt.    Renn.  22761; 

alle  menschen  seind  schuldig  zu  fechten  nach  lügenden. 
Keisersb.  hos  im  pf.  Aas'; 

es  geht  hier  nicht,  wie  Christus  spricht, 

wer  sich  erhöhet,  der  wird  nicht 

dasselb  finden,  darnach  er  ficht,    älberus  Es.  151'; 

nach  groszem  reichtumb  ich  nit  ficht.    H.  Sachs  1, 33S*. 

c)  zu:  ein  mensch  sol  da  zu  fechten,  das  er  seinen  mund 
zu  behalt,  und  im  selbs  gewalt  an  thun.  Keisersbebg  selen- 
parad.  25*. 

d)  auf: 

wil  er  min  urliuge  tragen, 

üf  mine  vinde  vehten.    xeamung  2763; 

ob  icht  von  rechte 

wil  ie  man  üf  en  vechte.    gr.  Rud.  18, 23. 

e)  an; 

diu  kint,  an  diu  si  väbten.    Mar.  219; 

an  die  irraere  er  vaht.    Sertal.  667; 

der  lip  wil  gerne  vehten  an  die  beiden.    MS.  1,93'; 

den  urteil  ich  mit  rechten  rechten, 

das  er  sol  dreiszig  jar  an  die  beiden  rechten,    fastn.  707, 14. 

/)  gegen: 

vihtet  gcin  dem  winde.    Geo.  3451 ; 
er  hat  immer  gegen  die  Franzosen  gefochten,  mlat.  pugnavit 
contra  Gailos. 
g)  wider: 

da;  er  eine  vxbte  wider  dri.    Iw.  410S; 
de  bewägen  si  sich  schiere 
sine  vsphten  nieraer  wider  in, 
ern  tarte  sinen  lewen  in.    6"tl; 

SO  sind  sie  geleich  den  jungen  hönlein,  die  von  der  allen 
hennen  fleiszigklich  erzogen  werden  und  so  sie  grosz  werden 
und  erstarken,  fechten  sie  wider  ir  muter  umb  ein  gersten 
kürnlein.  Keisersb.  seh.  der  pen.  lOl';  also  das  wir  beide 
wider  unser  natur  und  starke  gewonheit  zu  fechten  haben. 
Luther  6,42';  dawider  flehtet  der  ander  häufe,  so  die  ge- 
rechtigkeit  auf  unser  thun  und  verdienst  setzen.  6,129';  was 
ist  danu,  das  man  wider  den  ström  fechten  wil.  br.  2,674; 
und  so  die  natur  flehtet  wider  die  krankhcit.  Ci/rillus  bl.  28. 
h)  mit:  föne  diu  ne  sol  daune  wlsemo  man  da;  nieht 
wegen,  so  wenne  er  fehlen  sol  mit  tero  wtlsäldo,  ita  vir 
sapiens  moleste  feiTC  non  debet,  quoties  in  fortunae  certamcn 
adducilur.  N.  blh.  224;  a  Stiphalo  (Slt/mj^alo)  fluminc,  pi 
demo  Hercules  mit  in  {Slymplialidibus)  faht.    226; 

hien  vihtet  niemen  mit  iu  zwein.    /r.  5201 ; 
DU  veht  ab  ir  niwan  mit  zwein.    Parz.  707,24; 
mit  unruowe  si  sere  vaht.    Bo:<e»  48,66; 
mit  einem  schatten  fechten,  ohne  urtadte  streiten. 


i)  für:  für  das  Vaterland,  für  den  glauben  fechten: 
da;  er  für  mich  vehte.    Parz.  701,25; 
0  edler  fürst,  ich  pit  euch  ser, 
fecht  hie  für  mich  durch  gotes  er.    fasln.  548,27; 
ihr  freunde  höret  mich,  ich  (Gotlsclted)  bin  des  eifers  satt, 
der  für  Germanien  bisher  gefochten  hat. 
der  Undank  ist  zu  grosz.    Rost  das  Vorspiel  75; 

ist  es  nicht  sonderbar,  dasz  die  menschen  so  gern  für  die 
religion  fechten  und  so  ungern  nach  ihren  ?orschriftcn  leben  ? 
Lichtenberg  l,  182. 

6)  transitir,  den  kämpf  fechten,  ausfechten; 

dd  si  hie  bi  Etzel  vähtcn  manegen  wie.    Nib.  1735,2; 

er  vihtet  in  allenthalben  sige.    .Hex.  2286; 
den   sieg  fechten,   erfecliten;  mit  rühm  focht  ich  hier  seine 
ungerechten  kriege.    Klinger  4,  23 ; 

aber  wir  fechten  ihre  schlachten.  Schilleb  491* ; 
'ej  vehten*  ron  gerichtlichem  Zweikampf  bei  Schott  land  und 
stadtrechte  3,  tOS.  109. 111. 122 ;  Luther  sagt  es  fechten,  anfechten, 
bestreiten:  ich  fechte  jetzt  nicht,  ob  sie  (die  deutungen)  alle 
falsch  sind  oder  nicht,  das  fechte  ich,  das  CaHstad  solchs 
alles  one  allen  grund  der  schrift  an  diesem  ort  setzt.  3,76'; 
aber  ob  ichs  wol  nicht  fechte,  ein  scheib  und  plick  sei  an 
einem  ort  reicher  denn  am  andern.    Matdesics  155'; 

viel  erdulden,  nichts  nicht  fechten, 

schaden  leiden,  doch  nicht  rechten.    Logau  1,65,61. 

wenn  nichts  hier  einen  acc.  ausdrückt,  bei  Ramieb  und  LESsntG 
nichts  verfechten. 

7)  reflexiv: 

wenn  sich  der  ström  nach  unsrer  bude  drängt, 

bei  hellem  tage,  schon  vor  vieren 

mit  stöszen  sich  bis  an  die  kasse  ficht 

und,  wie  in  hiingersnoth  um  brot  an  beckerthüren 

um  ein  biliet  sich  fast  die  halse  bricht.    Götbr  12, 10, 

ifo  'sich  mit  stöszen  fechten'  ganz  eigentlich  an  die  faust  ge- 
mahnt, doch  auch  als  ein  vorwärts  rücken  (nach  3)  und  freilich 
als  ein  durctifechlen  gedeutet  werden  mag. 

s.  abfechten.  anfechten,  ausfechten,  befechten,  durchfechten, 
erfechten,  nachfechten,  spiegelfechten,  verfechten,  vorfechten. 
die  Partikel  h^t,  uHe  sonst,  den  transitiven  ann. 

FECHTEN,  sp.  1226  fachten,  probare,  visieren,  eichen,  ron 
dem  vorangehenden  ganz  verschieden,  praet.  fechte,  part.  gefechtet. 
Stalder  1,  361.  s.  eine  stelle  aus  Hebel  oben  sp.  SO  und  hernach 
fechtung.  facht  ßr  masz,  messung  gibt  Dasvpodics  323';  den 
becher  und  alls  sin  geschirr  fechten,    weisth.  l,  243. 

FECHTER,  m.  gladiator,  pugil,  bellalor,  ahd.  fehtari,  mhd. 
vehtaere,  nnl.  vechter,  poln.  febtarz,  ags.  fihtling.  wie  die 
poesie  aus  den  höfen  der  fürsten  in  die  Städte  zog  und  stall  unter 
dem  adel  ron  zünftigen  handwerkem  geübt  vurde,  scheinen  auch 
die  bürgerlichen  feclderspiele  eine  nachahmung  der  rUlcrlichen 
turniere,  nur  dasz  zugleich  die  von  alters  her  umziehenden  spid- 
leute  und  schwcrttänzer  ein  volksmdsziges  element  hinzu  mischten, 
ganz  wie  neben  dem  meistergesang  das  freiere  Volkslied  walkte, 
diese  fechtervereine  wurzelten  in  dem  natürlichen  bedürfnis  uud 
der  tust  des  volks  an  waffeitferligkeä,  wurden  ron  der  städtischen 
Obrigkeit  beaufsiclUigt,  von  den  kaisern  mit' freilieilen  begnadet; 
durch  die  kriege  und  das  Soldatenwesen  des  17.  IS  jli.  änderte 
sich  alles,  bis  in  unscrn  aufalhmenden  zeiten  die  tumgcsellschaften 
ron  neuem  den  werth  der  leibesübungen  erkannten  und  zur  an- 
schauung  brachten;  ihre  schulen  und  gebrauche  haben  manche 
ähnlichkeit  mit  denen  jener  älteren  fechler  und  selbst  zwL<:chen 
ihnen  beiden  und  den  englisclien  faustkdmpfem  {boxern)  fehlt  es 
nicht  an  berührungspuncten.  ich  nehme  sogar  eine  Überlieferung 
uralter  gebrauche  ron  den  berserkern  und  eisenfressern  auf  die 
späteren  ringer  und  fechter  an.  unter  den  deutschen  handwerken 
blühten  die  fechter  zur  zeit  des  16  jh.  rorzugsweise  in  Augsburg, 
fiürnberg,  Frankfurt,  Breslau  und  Danzig,  ihre  einrichtungen  und 
terminologie  lassen  sich  aus  ihren  hin  und  wiedtr  gedrucJUen 
Privilegien  Friedrich  des  III  von  1487,  Maximilian  des  I  ron  1512  und 
noch  anderen  späterer  kaiser,  am  lebendigsten  aus  H.  Sachsens 
gedieht  •fechtsprach,  ankunft  und  freiheit  der  kunst'  L408'j)ü 
4to'  entnehmen,  wozu  vtan  Fischart  im  Garg.  iss'.'  halte. 
Frankfurt  galt  damals  für  den  hauptsilz  der  meisterfechler  ro« 
dem  langen  schwert,  oft  aber  standen  zwei  gesellschaftcn  einander 
gegenüber,  die  federfechter  oder  frcifrcchler  von  dir  feder  und 
die  Marxbrüder,  ron  dem  schimpf  kam  es  leicht  zum  ernst  des 
Spiels,  in  einer  Breslauer  ehronik  heiszt  es,  dasz  am  19  april  1593 
die  Marxbrüder  bei  äner  fechtschule  im  grünen  bäum  einen  un- 
glückseligen tag  halten,  denn  sie  alle  'blut  geben'  musten.  rgl. 
unter  dem  «ort  federfechter.     die  handwerksgesellen  pflegten  von 


1391 


FECHTERARM  —  FECHTHIEB 


FECHTKLEID  — FEDER 


1392 


einer  sladt  zur  andern  'fechten  zu  gehen'  (s.  feclitcn  i),  fast 
aUe  handtcerke  belheiligtcn  sieh,  die  kürscltncr  ausgenommen :  das 
kürsznerhandwerk  ohn  fcchter.  Kirchhof  wendunm.  254'.  es 
versieht  sich,  dasz  neben  diesem  bezug  auf  den  beslimmlen  tvrein, 
fechler  auch  im  allgemeinen  sinn  des  worts  gebraucht  wird: 
jager,  fechten,  reuter  und  fuszkiiccht.  Fisciiart  groszm.  73; 
der  rittmcisler  war  ein  schöner  junger  cavalier,  ein  guter 
reuter,  ein  guter  fechler,  ein  guter  tanzer,  ein  renterischer 
Soldat.  Simpl.  courage  cap.  3;  die  besten  fechtcr  werden  er- 
schlagen.   SiMROCK  2314;  ein  gewandter  fechler; 

grosze  prahler  schlechte  fechter.    Wieland  19,251. 
im  mUtelalter  hieszen  die  bftcher  der  Maccal)äer  'der  vehtcr  buoch'. 
Renner  14752. 

2)  fechter,  landstreicher,  beltler  (fechten  4). 

3)  eine  eidechsenart,  lacala  caloles,  slreilhahu. 

4)  äne  Schneckenart,  slrombus  pugilis. 

s.  blindfechter,  eiifcchter,  fausifechter,  federfechler,  frei- 
fechler,  klopffechler,  kunsifechler,  meisterfechler,  schwert- 
fechfer,  Spiegelfechter,  vorfechter,  wortfechter,  zungenfechler. 

FECHTER  ARM,  m.  brachium  gladiatoris :  die  gesundheil  des 
körpcrs  läuft  parallel  mit  der  gelehrsamkeif,  phantasie,  dem 
wiize,  die  so  wenig  zur  Seelengesundheit  gehören,  als  kor- 
pulenz,  läuferfüsze,  fechterarme  zur  leiblichen.  J.  P.  papier- 
drache  2, 109. 

FECHTEREI,  f.  pugnalio,  vgl.  Spiegelfechterei. 

FECHTERGANG,  m.  congressio  gladiatorum. 

FECHTERGEBÄRDE,  f.  fechter  und  komodiantengcbärden 
sind  zwei  abwege  von  gutem  anstände.  Garve  anm.  zu  Cic. 
off.  1, 148. 

FECHTERGEWANDTHEIT,  f.  in  Jena  und  Halle  war  die 
roheit  aufs  höchste  gestiegen,  körperliche  stärke,  fechler- 
gewandtheit,  die  wildeste  selbsthülfe  war  dort  an  der  tages- 
ordnung.    Göthe  25,  59. 

FECHTERHANDSCHÜH,  m.  caestus. 

FECHTERHANDWERK,  n.  opißcium  gladiatoris,  gewerbe  eines 
fechters. 

FECHTERISCH,  gladiatorius :  der  fechterischen  Hamburger 
starkhaterischer  Hama.  Garg.31';  im  fecht«rischen  gegcnhaw 
{gegenhieb),    groszm.  54; 

was  man  auch  der  gicht  immer  schuld  pleich  gebe, 
ist  sie  fechtrisch  doch,  macht  manch  aufgchcbe. 
LoGAu  3, 123,21, 
d.  h.  sie  hebt  oft  an,  zeigt  sicli  von  neuem. 

FECHTERKAMPF,  m.  duellum,  Zweikampf. 

FECHTERKUNST,  f  dolus  gladiatorius:  das  sind  fechler- 
künste;  er  brauchte  alle  fechterkünste  vergebens. 

FECHTERLOHN,  n.  gladiatorium. 

FECHTER.M.VSZIG,  robustus,  athletisch:  eine  fechfermäszige 
gestait  und  eine  blühende  gesundheit.  Wieland  6,  241. 

FECHTERPLATZ,  m.  locus  gladiatorius. 

FECHTERSALBE,  f  ceroma. 

FECHTERSCHULE,  f.  schola  alhletharum:  man  wird  dort 
bei  der  fechterschule  des  Aemilius  keinen  so  miltelmäszigcn 
künsticr  finden.    Ramler  dichtk.  des  Ilor.  s.  12. 

FECHTERSINN,  m.  da  ihn  der  himmel  weder  zu  einem 
kriegs  noch  liebesbclden  bestimmt  habe,  so  wolle  er  sich 
im  romanen  und  fechtersinn  mit  der  rolle  des  secundantcn 
begnügen.    Göthe  25, 250. 

FECHTERSPIEL,  n.  ludus  gladiodorius.  solche  spiele  wurden 
im  16  }h.  durch  die  fechlschukn  fast  aller  grasten  slädlc  Deutsch- 
lands, unter  aufsieht  des  raths,  veranstaltet,  oft  auch  bei  fürst- 
lichen Vermählungen  und  bei  feierlichen  schmausen  gehalten,  in 
den  folgenden  Jahrhunderten  nahmen  sie  ab  und  kamen  allmälich 
auszer  gebrauch,  ».fechten  nun  fehlte  es  wieder  an  etwas,  das 
noch  weniger  als  der  adel  bei  einem  fechterspiel  zu  entralhon 
ist,  an  einer  guten,  ordentlichen  belcidigung.  J.  V.  Ilesp.  i,90; 
die    landsLIndischen  ritter  und  fcchlerspielc.    Katzenb.  2, 134. 

FECHTERSPRUNG,  m.  saltus  gladiatorius. 

FECHTERSTREICn,  m.  dolus  gladiatorius :  weil  Basedow 
die  fechterstreiche  des  disputierens  gewandter  als  ich  zu 
fahren  wüste.    Göthe  2«,  277. 

FECHTGESELL,  m.  gegner  im  kämpf: 

der  Tcut.ichft  weicht  um  was,  verführt  den  rcchlgescllen 
lum  fehltiirw.  Romple»  100. 

FKCHTHAH.NCHEN,  n.  für  fechler  3.  4. 

FKCHTHANDSCHUH,  m,  was  fcchterhandschuh. 

FKCHTHAUS,  n.  palacsira. 

FLCHTHIEB,  m.  idtu  gladialorittt :  Hephäsicn  geflel  sein 
eigner  satirischer  fechlhich.    J.  P.  hcrbstbl.  3,  81. 


FECHTKLEID,  n.  endromis.    Frischlin  nomencl.  478. 
FECHTKORB,    >;i.    von   cisendrat,    des   (eclitcndcn    gcsidU   zu 
schützen. 

FECHTKUNST,  f  ars  palacstrica. 

FECHTMEISTER,  wi.  lanista,  poln.  fcchlmistrz,  bühm.  fethl- 
mistr.    ein  nieislcr  des  langen  schwats.    Maaler  129*. 
FECHTMEISTEREI,  f  alhlelica. 
FECIITPLAN,  m.  arca  gladiatoria: 

die  widerwcnigkcit 
soll  wie  ein  fechtplan  sein  und  wie  ein  steter  streit. 

Opitz  3,  27:i. 
FECHTPLATZ,  m.  pugnandi  locus,  kampfptalz :  auf  den  fechl- 
platz  treten,  descenderc  in  arenam.    Maalkr  129'; 
hier  ist 
der  fechlplatz,  kämpf  um  deiner  väier  kröne !     Schillk«  453". 
FECHTSAAL,  ni.    Wielasd  19,18. 

FECHTSCHILD,  m.  parma  gladiatoris.  Frischlin  nomencl.  452, 
FECHTSCHULE,  f  palae^tra:  fechtschule  halten,  in  die 
fechtschule  gehen;  auf  dinslag  in  pfingslen  (0.1533)  ist  von 
einem  handwcrksgesellen  fechtschule  gehallen  worden.  Zarnke 
quellen  zur  gesch.  der  univ.  Leipzig  s.  659 ;  Theagenes  thet  wie 
ein  geschickler  fechter  und  ringer  auf  den  fechlschulen. 
buch  d.  t.  227,3;  es  stinkt  in  der  fcchtschule.  Simrock  2316, 
SciiM.  1, 509,  es  steckt  etwas  übles  dahinter,  ist  etwas  versehen 
worden,  die  sache  geht  schief  auch  von  einzelnem  gefecht:  mit 
demütiger  bitte,  diese  abenteuerliche  fcchtschul  einzustellen. 
Simpl.  Courage  cap.  7.     s.  fechlerspiel. 

FECHTSCHWERT,  n.  gladius  pugnalorius :  wie  ein  gut  fecht- 
schvvert  aus  des  unerfahrnen  henden,  so  das  schwert  nicht 
kan  brauchen.  Paracklsls  1,331';  man  tregt  ihn  zwei  fccht- 
schwert  entgegen.    Ayri-r  20l'. 

FECHTSPIEL,  n.  ludus  gladiatorius:  als  man  hat  die  fecht- 
spiel gehallen,  ist  Drusus  verweser  gewesen.  .Micylls  Tac.  32*. 
FECHTSTUNDE,  f.  Übung  im  fechten:   fechtstunden  geben. 
FECHTUNG,  f  praelium,  conflictus.    voc.  14S2  iil'. 
FECHTUNG,  /".  probatio,   eichung:    haben  die  Baseler  mich 
über   einer   malzeit,    die    sie   gewichteichung   oder   fechtung 
nennen,   zu  gast    geladen.     Thurneisser  noihg.  ausschr.  l,  71. 
wahrsdieinlich  das  oben  sp.  1226  unverslandne  fachtung. 
FECHTUNTERRICHT,  m.  institutio  gladiatoria. 
FECHUNG,  f  inseclatio:  er  erbot  sich  ouch  die  vechungen 
den  Appenzellem   bi   sinen   amptiüten    abzustellen.  -  Tschudi 
1,010;  fehung,  schelkung,  so  einer  den  andern  anklagt  oder 
veracht  und  im  vast  übel  zuredl.    Maaler  133'. 
FECIIWERK,  n.  opus  varium,  grauwerk. 
FECKELN,  für  rächclu,  fecheln.    Stieler  526. 
FEDER,  f   penna,   kommt   bei  Ulfilas  nicht  vor,    man  darf 
aber   fibra    erwarten;    ahd.    fedara,    mhd.  vrdere,    vi'der,    alts. 
fethara,  nnl.  vcdcr,  vecr,  ags.  feder,    engl,  feather  (ea  wie  in 
bear   für  ags.  heran),    atln.  fiüJur,   sdiw.  fjädcr,    ddn.  fjeder, 
fjer.     hierzu   stimmen   gr.  txtsoÖv  für  rrereoöy  und  sl.  pcro, 
poln.   pioro   für   ptero  (wie  ttöLs  und  nröXcg),   nur  d'uz  sie 
alle  neutral  sind.     vgl.  auch  farn,  TirtQH  sp.  1333. 

andrer  würzet  sind  skr.  paxa  ala,  tat.  penna,  assim.  aus  pesna, 
nicht  für  petna,  sondern  für  pecsna,  pexna,  penxna,  welche 
inlaule  das  lit.  plunksna  bestätigt,  sein  anlautendes  j)l  entspricht 
dem  von  pluma  für  pluxma,  ton  llederwisch,  Oedermaus  für 
federwiscli,  fedennaus,  wobei  fliegen  und  flügel  anklangen,  das 
ma  dem  skr.  paxman  pilus,  da  sich  die  begriffe  feder  und  haar  nahe 
liegen,  paxman  pilus  gleicht  unserm  fahs  (7-.  1225).  lateinhch  waren 
penna  und  pluma  gesondert,  im  franz.  piuinc  fallen  beide  zusammen. 
tttfqÖ);  jTsretroi;  Trerrjrö);  7irt;iöv  fallen  zu  niiofiai, 
Tttjafiai,  skr.  pat  fo/ore;  paxa,  penna /li/ifln/en  ;«  pax  amp/ef/j, 
wie  unser  fahs  zu  fahan.  irer  nun  feder  und  fahs  einigen 
wollte,  hätte  im  hintergrund  der  wurzeln  pat  und  pak  (pax)  ein 
ursprüngliches,  sehr  weitgreifiges  pa  aufsteigen  zu  lassen,  was  be- 
denklich scheint. 

1)  feder  geht  eigentlich  auf  den  vngel,  wird  aber  auch  allge- 
meiner genommen  und  auf  das  haar  iln  thicre,  die  schuppen  der 
fische,  die  feine  wolle  einigtr  pflanzen  angewandt. 

a)  wir    dem    thier   die  haare,    gereiclien    dem  rnj/c/  die  federn 
zur   decke  und  kteidung,    weshalb  auch  für  haar  zuweilen   feder 
steht  oder  mhd.  vi'derwAt  das  gefiedir  meint,  besonders  aber  hermhi 
vJjdere  den  flaumigen  pelz,  der  dem  zobel  zum  fuller  diente: 
hrrmino  volleren  tlOhtoii  >l  vil  w^ri.    Sib.  356, 3; 
n'i  pnp  1(1  mnniRcr  hnndc  grA  iitidc  hiiiil. 
plu'llo  ob  lichten  vidieren.    Guar.  I.'><i, 3; 
xubele,  v<<dflro  hormin.    lAtm.  H4Ü6; 
diu  vollem  wi^  liermin, 
dtr  lubol  hn)u  undu  brolu    £11.  M,  13; 


1393  FEDER 

diu  vödcr  diu  was  hermin.    GA.  1,469; 
diu  Teiler  diu  was  hermia, 
der  zobel  endorfte  bejjer  sio, 
brün  unde  rehie  breit.    Eracl.  3595. 

weidmännisch  oder  im  jägerscherz  heiszen  auch  die  ragenden  borsten 
des  icilden  schtceins  federn :  ein  solches  hauptschn  ein  ist  alters- 
halben  um  den  köpf,  sonderlich  am  hart,  recht  weiszgrau, 
auch  an  denen  blättern  (acJndterbläUern)  sehr  grau  und  'seine 
federn'  ('andere  sprechen  borsten,  welches  nicht  gar  gut  lautet') 
sind  nicht  mehr  schwarz  und  dunkelgrau  melirt,  sondern 
fallen  stark  in  gelblichfes  eselsgrau.  C.  vos  Heppe  leilhund  61. 
sonst  slehn  federn  und  borsten  einander  entgegen,  jene  das  feder- 
vild,  diese  die  wilden  säue  bezeichnend:  item  so  sich  danne 
min  jungher  gelagert  hait,  sal  man  ime  geben  als  uf  der 
hübe  gewassen  ist  mit  federn,  mit  borsten,  iceislh.  3, 478. 
wenn  nach  Hartigs  lehrbuch  s.  38  das  rippenslüclc  des  zerlegten 
Wilds  den  namen  feder  oder  wand  führen  soll,  schiene  feder 
angemessener  für  das  Schulterblatt,  da,  axilla,  doch  hat  auch 
Neumch  federn  für  die  rippen  und  den  schwänz  des  hirsches. 
wiederum  empfangen  die  schneidezdltne  {incisores)  den  namen  der 
federn. 

6)  den  togel  setzen  seine  federn  in  stand  zu  fliegen,  dem  fisch 
machen  seine  schuppen  und  floszen  zu  schwimmen  möglich,  danach 
ist  pcnoa  auch  ala  piscium,  pinna,  Ttrsovyiov,  floszfeder,  fr. 
aileron.  mit  ihren  floszfedern  steigen  einige  fische  über  die  flut 
in  die  luß  empor,  schon  die  alte  hedformel  gibt  ihnen  federn: 

ßsc  flöt  aflar  themo  watare, 
ferbrustun  sina  feiherün; 

als  sie  sich  erkühnt  die  federn  (des  fischet)  anzurühren. 
Grtphics  2,65. 

man  vgl.  ahd.  scerdifedara  testudo.  Graft  3, 488,  mhd.  scherze- 
vgdere  {u-b.  3.  28"'). 

c)  der  äaub  auf  den  flügeln  der  Schmetterlinge  gilt  für  ein 
gefieder,  seine  zarten  schuppen  für  federn,  wollige  pflanzen  oder 
ihre  bldlter  sind  mit  feinen  federn  besetzt,  selbst  die  Schneeflocken 
gellen  für  himmlische,  aus  einer  göttin  bell  fliegende  federn  {mythol. 
246.  607). 

d)  göttern  und  beiden  verleiht  der  mijthus  flügel  und  federn 
an  ferse  oder  schuUer.  ein  gefiederter,  geflügelter  mensch,  wähnt 
man,  würde  sich  in  die  luft  erheben  können:  gebt  Moab  federn, 
er  wird  ausgehen,  als  flöge  er.  Jer.  4S,  9.  der  göttliche  geist 
Idszt  sidi  als  vogel,  als  taube  (goth.  ahaks,  vgl.  mit  aha  und 
ahma)  nieder;  hie  wonet,  sagt  Luther  3,66',  gott  und  der 
heilige  geist  mit  allen  feddern  und  eiern;  und  dasz  in  {den 
pabM)  Paulus  und  Daniel  mit  allen  seinen  federn  und  färben 
(d.  i.  wie  er  leibt  und  lebt)  abgemahlt  haben,    bienenk.  13h'. 

2)  wesentlich  aber  stehen  die  federn  den  vögeln  zu,  hierher 
gehören  viele  eigentliclie  und  bildliche  ausdrücke:  das  vöglein 
kriecht  nackt  aus  dem  ei  und  hat  erst  Daum,  ans  dem  her- 
nach die  federn  wachsen; 

hie  wabsent  uns  die  vederen  van.  Tritt.  4'26, 0; 
wollen  fliegen  ^  das  si  federn  gewinnen,  deutsche  theol.  aap.  13 ; 
ungevgder  vliegen.  f/iW.  ic6.  3,287';  on  fädren  fliegen.  Köhsers 
tust,  rolksl.  30 ;  die  zehentente  soll  in  vollen  federn  stehen  (alle 
Uire  federn  haben).  weii/A.  3,  584 ;  und  möcht  stolz  und  hoffertig 
werden  und  möchten  im  die  federn  zu  lang  werden.  Keisersb. 
brösaml.  20';  er  hat  keine  üppige  feder  an  seinem  ganzen 
leib;  nun  ist  gewis,  dasz  an  Solanden  keine  üppige  feder  zu 
erkennen,  aus  welcher  man  ihn  für  eine  wachtel  oder  einen 
auerhahn  hätte  ansehen  sollen.  f>ol.  Stockfisch  50;  als  man 
pfalzgrafen  Casimiro  sagte,  seinen  dienern  wüchsen  die  federn, 
gab  er  zur  antwort,  welcher  diener  ihm  selbst  nicht  nutz  ist, 
der  nutzt  auch  seinem  herren  nicht.  Lehma:«  143.  der  vogel 
soll  federn  lassen,  geben,  federn  verlieren,  übel  davon  kommen, 
bedeutet  sehr  oß  schaden,  einbusze  leiden: 

und  werden  dardurch  nidcr  geworfen 

vil  guter  kaufleut  auT  der  straszcn, 

der  mancher  musz  ein  feder  laszen.    fastn.  381, 1 ; 

war  ist  das  alt  Sprichwort,  das  redt, 

wer  mit  heillosen  leutn  umbgeht, 

dem  geht  es  ajicli  heillos  dcrroaszen, 

er  musz  ein  federn  hindr  im  lassen.    IT.  Sachs  ^',353'; 

Th3Tsis  soll  uns  federn  lassen.    Flesi^c  454; 
wie  man  sagt  haare  lassen :    sie  besorgen  doch,   wo  es  zum 
concilio   kerne,   sie  müsten   fedder   geben   oder   har  lassen. 
Luther  6,533';  einem  vogel  die  federn  rupfen,  ziehen,  aus- 
ziehen, bildlich  einen  schädigen,  verletzen,  berauben: 

da  Oieget  ihm  sein  schöner  Talk  entgegen, 

»ein  treuer  f;ilk.    ohn  .'illes  überlegen 

erwürgt  er  ihn,  rupft  ihm  die  federn  au>.    II.«6eD0R!<  2, 174; 

III. 


FEDER 


1394 


aber  seine  nachfahren  und  sonderlich  der  von  Plauen  haben 
nachmalen  diesem  bauren  die  federn  dermaszen  gerupfet,  das 
er  zuletzt  in  seinem  alter  an  den  bettelsack  gerathen  ist. 
ScHtJTZ  beschr.  von  Preuszen  s.  97;  rupfen,  dasz  die  federn 
stieben,  daron  fliegen;  vielmal  aber  gebrauchte  sie  bei  ihren 
gegnern  {im  spiel)  eine  Schmeichelei,  um  denselben  noch  mehr 
federn  von  dem  leibe  zu  rupfen,  ehe  eines  mannes  220;  nu, 
uns  wird  er  vollends  rupfen,  und  ich  möchte  meine  federn 
nicht  hergeben.  J.  P.  kämet  3, 100 ;  hett  irs  bei  der  alten  manier 
lassen  bleiben,  so  betten  wir  die  leut,  wo  sich  einer  ver- 
schnapt  hett,  zu  euch  remittiert,  so  hett  ir  inen  ein  feder 
zohen.    Schade  sat.  «.  pasq.  3, 146 ; 

denn  wer  ist  hie  in  dieser  weit, 
den  nicht  der  satlian  hat  gefeit, 
noch  im  ein  feder  ausgezogen. 

Ringwald  laut.  narh.  182  (vgl.  geier), 

wie  umgekehrt  in  den  märchen  der  schlafende  teufet  sicli  musz 
haare  ausziehen  lassen,  federn  schleiszen  {ahd.  slijan,  vettere, 
scindere)  will  sagen  die  weichen  theile  vom  kiel  reiszen,  mit  welcher 
arbeit  zuweilen  das  ganze  ländliche  haus  sich  befaszle.  fehlerhaß 
setzen  einige  schlieszen : 

er  muste  seine  lust  mit  rübenschneiden  büszen 

und  wenn  der  abend  kam,  die  federn  helfen  schlieszen. 

PiCASDERs  gedickte  tli.l.  auß.'i  *.  "285. 

eine  abergläubisdie  gewolinheit  und  redensart  gemahnt  an  den  alten 
vogelflug,  wer  unschlüssig  war,  wohin  aus  er  gehen  sollte,  blies 
eine  feder  in  die  luß  und  folgte  ihrer  riciüung:  und  damit  es 
keinen  streit  unter  seinen  dreien  söhnen  gäbe,  die  in  die 
weit  ausziehen  sollten,  führte  sie  der  könig  vor  sein  schlosz, 
blies  drei  federn  in  die  luft  und  sprach,  'wie  die  fliegen,  so 
sollt  ihr  ziehen',  kinderm.  n*  63.  dem  auf  die  wanderschaß 
gehenden  schmiedegesellen  ruß  sein  pathe  zu:  'wenn  du  naus 
kommst,  so  nimm  drei  federn  in  die  band  und  blas  sie  auf 
in  die  höhe,  die  eine  wird  fliegen  über  die  Stadtmauer,  die 
andere  wird  fliegen  über  das  wasser,  und  die  dritte  wird 
fliegen  gleich  aus.  welcher  wilstu  nachfolgen?'  altd.  wälder 
1,  91 ;  es  ist  auch  sonst  ein  gemein  Sprichwort  vorhanden, 
das  gemeinlich  diejenigen  brauchen,  so  fremde  land  bauen 
wollen  oder  sollen,  'ich  will  ein  feder  aufblasen,  wo  diescibig 
hinaus  fleugt,  will  ich  nachfahren'.  Aventix  98';  in  Hessen: 
'wo  wird  der  seine  federn  hinblasen?'  wohin  wird  er  ziehen?; 
kere  der  sünd  den  rücken  und  gang  also  für  der  nasen  nach, 
das  ist  diner  angebornen  erberkeit,  blas  ein  feder,  das  ist 
entpfilch  din  fürsatz  dem  wind  des  heiligen  geisis,  der  wird 
dich  füren  das  dir  wol  wird  sin.  Keisersberg  bilger  197*,  hier 
sehen  wir  den  heidnischen  brauch  auf  den  wind  {spiritus)  des 
biblischen  vogels,  des  geistes  als  taube  angewandt, 

ther  geist  ther  bläsit  stillo  thara  imo  ist  rauatwillo. 

0.  II.  l'>,41. 

einem  die  federn  lesen  oder  klauben  bedeutet  ilim  schmeicheln, 
gefällig  sein,  federn  vom  rock  oder  aus  den  haaren  ablesen: 
ein  Übertreter  und  schalksheilige  kau  fedder  lesen  und  obren 
krawen,  reden  und  thun  wJs  man  gern  höret.  Lctder  6, 150". 
Keisersb.  post.  3,  43,  mehr  unter  den  Zusammensetzungen,  einem 
eine  feder  durch  die  nase  ziehen,  Vin  belügen,  ihm  etwas  auf- 
binden: der  herr  verzeihe  mir.  der  ihm  gesaget,  dasz  wir 
ihm  seine  fräulein  entführet,  hat  ihm  eine  greuliche  feder 
durch  die  nase  gezogen.  Grypbils  1,  887 ;  einen  mit  der  feder 
in  der  nase  kitzeln,  der  vogel  schnäbelt,  putzt  seine  federn ; 
sträubt  seine  federn ;  seine  federn  sind  los  und  verworren. 
figürlicli,  kam  ein  junger  und  schöner  mensch,  aber  doch  mit 
losen  federn,  zerrissen  kleidern  und  übel  angethan,  fragt  nach 
einem  guten  Wirtshaus.  Kirchdof  wendunm.  190';  alles  den 
armen  leuten  weggenommen,  dasz  sie  nicht  eine  gebogene 
feder  behalten ;  bekommt  einer  nicht  den  vogel,  so  bekommt 
er  doch  ein  federn  davon.  Lehxam;«  74.  die  zinshüner  werden 
entweder  leiblich,  d.  i.  'in  federn'  geliefert  oder  in  geld  bczatilt. 
weistlt.  4, 17. 

3)  da  trieb  und  kraß  des  fluges  in  den  Schwungfedern  der 
flügel  und  des  Schweifes  gelegen  ist,  so  drückt  auch  feder  häufig 
den  flügel  oder  fittich  aus.     mhd.  von  einem  ungdteuren  thier: 

et,  het  zwene  fuoje 

und  het  zwo  vsdere, 

swarz  sam  ein  ledere.    Tundalut  hei  Hahn  52,66, 

d.  h.  zwei  schwarze  flügel;  sus  zellit  phisiologus  des  aren 
geslahte,  sü  i^r  alt  wirdit,  so  swärent  ime  die  federen,  fundgr. 
1,33,  so  werden  ihm  seine  flügel  zu  tehwer; 

da^  mapl-e  dö  vfdere  gewan, 

witen  fuor  «g  ze  ga^en.    Uar.  144; 

S8 


1395 


FEDER 


FEDER 


1396 


da;  ir  buoch  und  buochstabe 
Tür  vedern  angebunden  habe.  Trist.  119,20; 
der  üf  der  winde  vgdirn  saj.  Martina  7,76; 
federn  oder  geficder  mit  gold  bewunden,  oben  $p.  1269.  nhd.  der 
vogel  regt,  reckt,  schliigl,  schwingt,  scliüllelt,  erschwingt,  er- 
schütlelt,  neigt,  senkt  die  federn,  d.  i.  die  flüget:  aufgerehl  {auf- 
gereckl)  und  genaiget  federn.  Megesherg  170,7;  und  meine  hand 
hat  funden  die  Völker  wie  ein  Vogelnest,  das  ich  habe  alle 
land  zusammen  geraft,  wie  man  eier  aufraft,  die  verlassen  sind, 
da  niemand  eine  fcdder  regt  oder  den  schnabel  aufsperret 
oder  zischet.  Es.  10,14;  und  müssen  alle  für  gotl  die  feddern 
niderschlagen  und  fro  werden,  das  wir  zu  der  Vergebung 
komen.  Lltiier  4,419';  lieber  hcrr,  für  der  weit  bin  ich  wol 
unschuldig,  aber  für  dir  musz  ich  warlich  die  feddern  nider- 
schlagcn  und  mich  selbs  aller  dinge  zur  schuld  bekennen. 
6,  40" ;  einem  die  federn  beschneiden ;  sich  mit  fremden  federn 
schmücken ;  er  fliegt  mit  fremden  federn,  wie  hörn  odir 
klaue  für  das  rind,  wird  auch  feder  für  den  ganzen  vogel  gesetzt : 

•weit  herum  ist  in  der  ganzen  aue 

keine  feder  mehr,  keine  klaue.    ScnaiKR  319'. 

4)  kampßuslige  bursche,  kriegcr  stecken  federn,  hahnfedern 
auf  den  hut  (s.  federfechter),  frauen  schniuckru  haar  und  hui 
mü  federn :  eine  schneeweisze  türkische  feder  blähete  sich 
auf  ihre  gekräuselten  haare  {so  der  acc.  in  allen  ausgaben). 
Tbümmels    Wilhclniine  66; 

diese  federn,  wcisz  und  schwarze, 

die  ihr  auf  den  häuptern  traget, 

holde  hcrzensköni^iiinen, 

eure  Schönheit  meliren  sie.    Göihe  47,98; 

von  dem  sommcrhuie  nicken 

stolze  federn,  mein  peschenk.    Schiller  9'. 

man  sagt  aber  auch  eine  feder  von  edelsteinen,  die  in  weise 
der  rogelfcdern  gereiht  und  aufgesteckt  sind:  tnigen  die  römischen 
wciber  vom  stände  oben  auf  der  stirnc  etwas,  was  der  soge- 
nannten feder  unserer  damen,  die  aus  edelgesteincn  bestehet, 
ähnlich  ist.  Winkelmasx  5, 54.  s.  hutfeder,  reiherfeder,  strausz- 
feder. 

5)  federbetlc  kommen  schon  in  ahd.  und  mhd.  glossen  vor 
(Graff3,  50.  mhd.  wb.  1,111*),  doch  ist  die  ausfülluvg  der  belle 
viit  federn  erst  späterhin  allgemein  geworden;  der  pl.  federn 
drückt  nhd.  oß  das  bell  aus:  der  faule  liegt,  steckt,  dehnt, 
streckt  sich  in  den  federn,  hebt  sich  aus  den  federn;  und 
wenn  die  federn  under  dem  bett  faren  und  der  man  spricht 
'warumb  lassestu  die  bett  also  verderben?'  so  spiechen  sie 
{die  frauen)  'ia  soll  ich  es  Ihun?'  KEisEiiSBEUG  s.  d.  m.  11"; 
thut  im  dann  das  hanptlin  weh,  so  ist  ir  gleich  allenthalb 
nicht  wol,  klagt  er  sich  wenig,  so  fragt  sie  viel,  klagt  er 
sich  viel,  so  fragt  sie  in  wenig,  nötigt  in  'auf  die  federn', 
beredt  in  hinder  den  unihang.  Garg.  7l' ;  sie  vergiszt  auch 
bald  alle  schmach,  fürnemlich  wann  'die  federen  stieben', 
allda  die  recht  virga  placa,  der  rechte  beltansland  und  rutcn- 
fridigung  regiert.  75";  sobald  die  niorgcnrijthc  anbrach,  rief 
Mülard  seinem  söhne,  der  schon  munter  war,  auf,  umb  denen 
kutschcrn  sich  fertig  zu  halten  anznlicfchlcn  und  denen  Jungfern 
aus  denen  federn  zu  helfen,  med.  maulaffe  100  ;  früh  nuiste  die 
kutsche  wegen  des  übelfahrens  voran,  die  da  ritten,  blieben 
Doch  eine  gute  stunde  in  federn  und  folgten  auch  nach.  unw. 
doct.  810;  da  denn  die  ganze  compagnie  sich  lustig  und  fröJidi 
erzeigten  und  allerseits  mit  einem  guten  rausche  split  in  der 
nacht  die  federn  suchen  musten.  8C4 ;  nach  unterschiedenen 
discursen  suchten  unsere  reisende  die  federn,  hcbamme  272  ; 
gleich  mit  aufgang  der  sonnen  war  der  obrister  wieder  unmtcr 
und  bekümmerte  sich  um  den  baucr,  dieser  aber  halle  sich  aus 
den  federn  gerissen  und  war  zu  seinen  knechten  und  geschirre 
gegangen,  weüf.  Robinsons.  44;  ich  suchte  zwar  die  federn,  um 
die  ermüdeten  glieder  etwas  auszuruhen,    nord.  Rob.  1,133; 

ihr  {Aurora»)  mnntcl  schOttcIln  die  perlen  auf  das  gras, 
alt  mein  erwachter  leib  sich  aus  den  rt-ilcrn  las, 
und  ug  und  tonne  mich  in  meine  kleidcr  trieben. 

GÜNTHKR  tU«7; 
wenn  der  magen  und  der  lof  manchen  in  die  federn  graben, 
(icbtl  du  «eben  bei  deinen  baumcu  mit  gesund  luid  Ntarkur 

liist.    Wi" ; 
genng,  daiz  da  dein  hanpt  auf  anmuthsfedern  liegt, 
die  auserlesoe  braut  dich  in  dem  arme  wiegt.    '>3.'>. 

tknlich  verwendet  WiKt.AND  den  pl.  von  schwane  f.  schwanfe<ler: 
auch  dich,  n  Rezia,  lloh  auf  deinen  weichen  schwanen 
dfr  iljuxe  «chlaf.  Oberiin  b,\. 

i.  fedrrallee,  fcderfeld,  federliausen. 

e)  auth  die  schreibfediT  gehurt  nicht  der  dlUüen  wU  an,  in 

wtkhtr  man  mcA  de$  gri/ftU  und  ratirt  btdiente,    doch  itUei^  dit 


ahd.  Wörter  scripmejcr  und  scripsahs  längst  schrcibfedem  vor- 
aus, obgleich  auch  röhr  oder  halm,  calamus  zugeschnilten  werden 
muste,  es  üt  wol  zufall,  dasz  die  alid.  Zusammensetzung  nicht 
erscheint,  später  findet  sich  schribvedere  {mJid.  wb.  3.  2s 7')  und 
aus  mehr  als  einer  stelle  ergibt  sich  die  Verwendung  der  feder 
zum  schreiben: 

'lä  mich  ruowpn,  sin  ist  zit', 

spricht  rain  veder.    ir.  gast  12223; 

'du  hSst  verslij^en  rainen  munt, 

wan  du  mich  mör  dan  zchen  slunt 

rem  tage  plilist  tempern  uiide  suiden'.    12233; 

swie  guot  buoctivel  ein  schriher  hat 

und  swie  sneile  sin  veder  gät 

üf  <lem  buochvel  hin  und  lier, 

der  mac  docli  niht  haben  die  ler 

daj  er  schribe  ihtes  iht, 

ist  in  der  veder  tinten  niht.    14024; 

waj  al)er  ich  mit  dem  halmc, 

mit  der  vedern  meine  ich,  schribe, 

dar,  hofTe  ich  <*?  ie  hübe 

nütze  über  manegen  tac.    epilog  des  lieiligcnleltens. 
wir  sagen  heute 

a)  eine  harte,  weiche,  spitze,  slinnpfe  feder;  klare  und 
harte  feder,  nitida  et  firmo  caule.  Stieler  449 ;  die  feder  schreibt 
gut,  schlecht,  sprützt,  sprützelt,  kralzt,  kritzelt. 

b)  die  feder  schneiden,  spalten,  aufreiszen,  schaben,  spitzen, 
die  feder  nehmen,  ergreifen,  eintauchen,  ansetzen,  in  die  dinto 
stoszcn,  laufen,  gehen  lassen,  absetzen,  hinlegen,  ruhen  lassen, 
hinters  ohr  stecken,  wegwerfen,  mit  eilender  feder,  currenle 
calamo ; 

schreibt  und  last  die  feder  gan.    ring  14',  35. 

die  schwcrraulh  schlägt  die  feder  hin, 

und  schreibt  nichts  mehr  als  'Lconore'.    GöfiTnER  1049. 

c)  es  steckt  noch  in  der  feder,  ist  in  der  feder  geblieben; 
das  wort  erstarb  schon  in  der  feder;  ich  habe  es  unter  der 
feder:  ich  hatte  deswegen  einmal  ein  fliegendes  blatt  unter 
der  feder.  J.  P.  papierdr.  1,37;  dasz  ich  ein  buch  unter  der 
feder,  wenn  nicht  unter  der  presse  hatte.  2,10;  die  execulion 
der  consilia  ist  in  der  feder  blieben.  LEinsiiz  107;  ich  habe 
es  der  feder  anvertraut,  lasse  der  feder  freien  lauf,  einem 
die  feder  verbieten ;  sich  fremder  federn  bedienen;  seine  feder 
war  in  alle  gebeimnisse  eingeweiht; 

der  wünsch  ist  gut  genug,  den  mir  die  feder  schickt. 

GÖNTHKR  552; 

dies  wort  ist  nicht  aus  seiner  feder  geflossen. 

d)  einem  in  die  feder  lesen,  reden,  sagen,  dictieren:  Origenes 
het  sieben  juncfrawcn  und  sieben  Jüngling,  den  er  mancherlei 
matericn  und  eim  iedcn  ein  sundere  in  die  feder  las,  also 
das  er  mit  diesem  vorteil  tausend  bücher  macht.  Frank  cAron. 
274';  ist  mir  nit  änderst  gewesen,  dann  als  ob  ich  einem  in 
die  faderen  redet.  Wickram  bilger  vorred  .\2;  denn  Jeremie 
am  36  capitel  liset  Judi  in  Jeremie  buch,  das  er  seinem 
Schreiber  Baruch  in  die  feder  diciirt  hatte.   Mathesius  105*; 

alsdnnn  duplicirt  der  beklagt. 

sein  duplic  auch  ind  federn  sagt.    Atrer  fnstn.  43'; 

das  dictier  dem  gerichlschreiber  vom  mund  in  die  federn. 
proc.  2, 3 ;  ich  weisz  noch  einige  verse,  die  ich  der  mutier 
damals  in  die  feder  diciierte.  Götiie  19,  260.  wo  kein  dativ 
dabei  steht,  heiszl  es  niederschreiben:  so  hab  ich  derselbigen  eins 
theils  in  die  feder  zu  verzeichnen  understanden.  Fronspercer 
kriegsb.  1,  dedicat. ;  und  sie  fiengen  an  in  die  federn  eu  setzen. 
Ayrer  proc.  2,  3. 

e)  mein  zung  ist  ein  feder  des  Schreibers,  der  do  schreibt 
schnelligklich.  bibel  1483,  273  ps.  44, 2,  lingun  inea  calamus 
scribac  Tclociler  scribentis,  Luther  45,2:  meine  zunge  i<t 
ein  griffel  eins  guten  Schreibers,  rfcr  sehreiber  Iteiszt  'von  dei 
feder',  ein  mann  von  der  feder: 

drum  sollen  wir  auch  ohn  beschweren 

die  lieben  g.tns  horwidor  ehren, 

von  den  wir  auch,  pni  wol  bekant, 

die  von  der  feder  sind  genant.    yansiMnig  g5'; 

wirklich  setzte  es  der  bürgermeisler  durch,  dasz  diesmal  der 
mann  von  der  feder  stall  eines  kriegsmanns  die  thürnicr- 
slellc  erhielt.  Arm«  Arontc.  1,57;  man  solle  sehen,  wie  sich 
die  von  adel  weder  der  kaufmanuschafl  noch  der  feder 
schiimelen.    Weise  ersn.  90;  er  lebt  von  seiner  feder. 

/)  eine  gute,  leichte,  behende  feder:  er  habe  viel  leichli;;- 
keit  zu  arbeiten  und  führe  eine  gute  feder.  finrnK  16.  oj; 
eine  dürftige,  schwerfällige,  fruchtbare,  gewandte,  berühmte, 
keusche,  ausgelassene,  peni.lszigle  feder:  haben  wir  zudem 
die  feder  also  gem.'lsziget.  dos  ein  her/hafler,  »innreirlicr 
lescr  IcichtlicU   wird   versieben,   uo»   mehr  lu-'-  dnni  bi«/: 


1397 


FEDER  — FEDER.OJGEL 


FEDERART  — FEDERBUSCH 


1398 


und  stich  gesucht  haben.  Frank  lob  der  tliorh.  vorr.;  herr 
Dusch,  eine  der  fruchtbarsten  federn  unsrer  zeit.  Lessing 
6.  93 ;  schöne  kenntnisse  sowie  taiente.  einige  sprachen,  eine 
gewandte  feder.  Güthe  4S,  101 ;  aus  der  fruchtbarkeit  seines 
geistes  entquoll  die  fruchtbarkeit  seiner  feder.  ich  bediene 
mich  des  ausdrucks  feder  nicht  als  einer  rednerischen  phrase, 
er  gilt  hier  ganz  eigentlich.  32,  240.  eine  scharfe,  beiszende, 
verletzende,  satirische  feder.  eine  kühne,  freie:  die  freiheit 
der  feder  ist  das  einzige  palladium  der  volksrechte.  K.^m 
5,  399 ;  das  gelehrte  volk  schreit  dringend  nach  der  freiheit 
der  feder.  10, 123. 

g)   dasi  wer  mit  seiner  federn  spiti 

vermeinet  sie  rectit  zu  berühren, 

derselbig  wird  bald  selbs  probieren, 

dasz  ihm  gebrist  schäm  oder  witz.    Weckherli:«  362; 

wie  des  besten  nectars  krafl 

und  der  castalisch  beste  saft 

von  deiner  federn  distillieret.    462; 

Kiio,  Klio  lasz  erbitten, 

lasz  erbitten  dich  doch  itzt, 

zeige  dich  einmal  in  guten, 

mache  mir  den  köpf  erhitzt, 

dasz  ich  nur  auf  lustgedichte 

meine  faust  und  feder  richte.    Flesi:«c  392; 

immer  auf  den  büchern  liegen 

und  sich  mit  der  feder  biegen 

bringet  nur  melancholei.    Ettoebs  uriw.  doct.  638; 

ein  gelehrter,  der  das  ganze  jähr  neue  Schlüsse  und  neue 
dinte  macht,  begreift  es  nicht  wie  ein  mensch  leben  könne, 
der  kein  buch  oder  keine  feder  im  hause  hat  und  keine 
dinte,  sondern  blosz  die  geborgte  gelbe  des  dorfschalmeisters. 
J.  P.  Siebenh.  3. 13 ; 

'  und  zehn  galante  söhne, 

Ton  denen  jeder  schon  in  einer  classe  sitzt 

uud  an  der  feder  kaut  und  über  büchern  schwitzt. 
Götter  scimuspiele  131; 

sie  morden,  wie  ich  leider  höre, 

bald  mit  der  feder,  bald  mit  der  flinte, 

ia  sie  ersticken  des  nächsten  ehre 
lald  in  blut  und  bald  in  dinte.    Kotzebcb  dr.  sp.  1,67. 

h)  feder,  die  federzüge,  das  geschriebene :  der  ritter  diesen 
brief  schreiben  thet,  den  ungetrewen  narren  bei  im  sitzen 
liesz,  welcher  die  {für  der)  feder  nach  (mit  den  äugen  folgend) 
den  brief  gänzlich  lesen  thet.    buch  d.  l.  254,  3. 

")  icie  die  feder  des  flügels  den  ftitg  regt,  lenkt,  treibt,  so 
wird  nun  auch  anderes  triebwerk  ron  holz  oder  eisen,  zumal  von 
sprungkrdftigem  und  nachgid}igem  stahl  feder,  elater  genannt, 
z.  b.  die  Streichbretter  am  pflüg  heiszen  federn.  Frohmaxns 
mundarten  4,63;  eine  viereckige,  in  die  nullte  pausende  leiste 
heiszt  feder.  Karmabsch  2, 190;  die  feder  in  der  uhr,  am  thür- 
schlosz;  lange  spiesz,  daran  eisen  mit  langen  feddern  ge- 
schlagen, damit  nicht  die  spiesz  im  stürm  leicht  abgehauwen 
mögen  werden.  Kibchdof  disc.  mil.  29 ;  die  breter  an  der  giebcl- 
seite  des  Strohdachs  heiszen  federn  und  verschiedentlich  eiserne 
bdnder,  zugespitzte  keile  oder  pflücke,  in  anderm  sinn  ist  heule 
Stahlfeder  und  vorher  schon  bleifcder  für  die  stellvertreterinnen 
der  gänsefeder  zum  schreiben  gebraucht. 

8)  abslractbncn :  eine  feder  der  schwere  überwinden,  über- 
wältigen, so  zu  sagen  zersprengen  [den  widerstand  des  gegen- 
drucks  eines  körpers  überwinden).  Kant  8.  201;  alle  federn, 
rüder,  druck  und  saugwerke  unsrer  einbildung  und  unsers 
herzens  spielen  leicht  und  harmonisch  zusammen.  Wieland 
8,36; 

fk-eude  heiszt  die  starke  feder 
in  der  ewigen  natur.    Schilleb  19*; 
ist  alles  unterm  schlüssel  eines  weibes 
und  jedes  mutes  feder  abgespannt.    424" ; 

wars  einem  solchen  herzen  wie  seinem,  das  in  den  federn 
der  liebe  wiegend  hieng,  noch  nothig?  J.  P. //esp.  1, 46.  vgl. 
triebfedcr. 

da  alle  bedeiüungen  häufig  gebraucht  «erden,  gibt  es  viele  com- 
posila. 

FEDERAGLEI,  f.  tkidictrum  aquilegifdium ,  viesenraute. 
s.  agiei. 

FEDER.\LAl]N,  m.  alutnen  plumosum,  bei  Fbisiüs  1329'  und 
Maai-ER  129'  gekürzt  fäderlun. 

FEDEÜALLEE.  f.  das  bell,  in  die  federallee  spazieren. 

FEDKK.AMIANT.  m.  asbestus  fragüis. 

FEÜEH.\NEM0.NE,  f.  adinia  plumosa. 

FEbVAi.KSGEL,  m.  hamus  [üumatus: 

Schionatulander  mit  einem  vederangel 

vienc  äschea  uode  vörhen.     Tit.  154; 

ir  vederangel,  ir  nätern  zan !    Part.  316,  20. 


FEDERART,  /".  scriplura,  Schreibart:  briefe  auf  itzt  recht- 
übliche, hochdeutsche  canzellei-  mund-  und  federart  abge- 
faszt.     Rl'tschky  kanzl.  tilelbl. 

FEDERALGE,  «.  an  der  orgä  der  ring  in  der  feder,  welche 
die  lullklapi>e  zudrückt. 

FEDERBALL,  m.  1)  pUa  plumata: 

hoch  steigt  mir  jetzt  die  weit,  gleich  einem  federballe, 
der  im  zeuit  der  kinderjahre  liegt.    TuEaiEL  2,5; 
einmal  geschahs  bei  unsern  spielen,  dasz 
der  knnigin  von  Böhmen,  meiner  tante, 
dein  federball  ins  äuge  flog.    Scuilleb  245*. 

2)  ein  kraut,  myriophyllum.     s.  federwassergarn. 

FEDERBART,  m.  pennacea  barba,  ein  flaumbart,  der  noch 
mit  den  gänsen  in  streit  liegt,  ob  es  haare  oder  federn  werden 
sollen. 

FEDERBAÜM,  m.  iberis  semperflorens. 

FEDERBEDECKUNG,  f   legtimentum  plumosum. 

FEDERBESEN,  m.  scopae  plumatae. 

FEDERBETTCHEN,  n.  culcilula  plumea. 

FEDERBETTE ,  n.  ledus  plumis  differtus,  ahd.  fedarpetti, 
ags.  federhed,  engl,  featherbed,  poln.  piemat,  böhm.  perina: 

mit  mir  und  dir  ins  federbett, 

mit  mir  und  dir  ins  stroh!; 

das  federbett  droben  ward  gestoln.    H.  Sachs  H'.  3,  82*: 

er  wollte  in  keinem  federbett  schlafen ;  menschen,  die  bei- 
nahe lebten  wie  das  vieh,  in  einem  fort  unter  dem  nackten 
hinimel  und  dem  elendesten  weiter  wie  postknechte,  und  von 
einem  neujahrswunsche  zum  andern  ohne  federbett  oder  eine 
matratze.  J.  P.  papierdr.  2,  32. 

FEDERBINSE,  f.  eriophorum  polystachyon,  flockenbinse. 

FEDERBLATT,  n.  die  seile  an  einem  schlosz,  wo  die  feder  liegt. 

FEDERBLECH,  n.  lamella,  dünnes  blech. 

FEDERBLEICHE,  f.  die  bleiche  der  schmuckfedem  durch  wasdien 
und  Sonnenlicht. 

FEDERBLUME,  f.  eine  aus  federn  künstlich  gemachte  blume. 

FEDERBOLZ,  m.  gefiederter  bolz: 

kömmt  eilend  ein  gast  durch  die  strasze  geritten 

ein  rittersmann,  bekleidet  stolz, 

viel  schneller  als  ein  federbolz,    wunderh.  2,  82. 

FEDERBOSCH,  m.  crista,  federbusch: 

sein  helmelein  ganz  unverletzet, 

mit  federboschen  viel  bedeckt.    Spbenc  //.  452'; 

für  seinen  federposch  trug  er  ein  schöne  lange  hohe  ploe 
feder  von  eim  kropfvogel  oder  fürstenaug,  ocello  del  duca. 
Garg.  119*. 

FEDERBRET,  n.  in  den  posaunenregiäem  der  orgel  das  bret 
an  der  feder. 

FEDERBÜCHSE,  f.  theca  pennaria,  «n  gefäsz  zu  aufbewahrung 
der  schreibfedern. 

FEDERBUNT,  varius.  bunl  von  pelz  {nach  federl,  a).  Schottel 
1014.  vgl  fech  und  mhd.  belzvech  {wb.  3,  2S5'). 

FEDERBURSCH,  f.  cohprs  avium,  die  gefiederte  schar,  das 
federvieh,  wie  Spee  auch  die  geschuppte  bursch  ron  de»  fischen 
sagt  (2.  548.  549). 

FEDERBCRSCHLEIN,  n.  dasselbe: 

die  flüpelreiche  schare'n, 

das  federbfirschlein  zart, 
in  süszem  schlag  erfahren 

noch  kunst  noch  athem  spart.    Spkk  trvlzn.  1. 

FEDERBUSCH,  crista,  wie  ihn  einige  vögel,  Wiedehopf,  papagei, 
lerche  (haubenlerche)  tragen  und  die  menschen  für  sich  und  ihre 
rosse  zum  schmuck  nachahmen,  Dastpodigs  44*.  325'  schreibt 
federbusch,  Maaler  129'  fäderpusch,  aber  fäderpöscbli,  crislula: 
ihre  rosse  waren  mit  geü)en  federn  und  groszen  federbüschen 
geschweift.    Schweimches  1,  53 ; 

die  biene  zieh  hinfort  in  seinen  {des  entwafnetcn  Marx)  sturm- 

hut  ein, 
der  federpusch  mag  nun  der  vögel  schrecken  sein. 

Ghtphius  1,619; 

unter  der  Überschrift  'federpQsche', 

der  federn  auf  dem  hüte  trägt,  der  dünket  sich  was  sein, 
der  federn  hinterm  ohre  trägt,  der  dunkel  sich  kein  schwoin, 
mit  dem,  der  hut  und  ohr  besteckt,  kümmt  niemand  ubcreiu. 
LocAU  3,05,45; 

ich  war  so  kühn,  meinen  hut  mit  einem  dollen  federbusch 
zu  zieren,  wie  ein  officier.  Simpl.  K.  351,  vgl.  reuterdolle  Garg. 
119";  vor  einen  halben  thalcr  kauhe  ich  {der  auf  wanderschaß 
ziehende  schneidergesell)  mir  auf  dem  trändelmarkt  einen  degen, 
Tor  einen  halben  thaler  einen  federbusch  und  vor  einen  orts- 

S8* 


1 399  FEDERBÜSCHCHEN— FEDERFECHTER 


FEDERFECIITEREI  — FEDERIIANS   1 400 


thaler  einen  haarzopf,  und  damit  Irat  ich  vor  meinen  vnter 
und  sagte  'nun  vater,  ich  bin  fertig,  ich  kan  nun  reisen, 
wenn  ihr  wolt'.  Ettners  unu:  doct.  359;  und  gereuete  mich 
fast,  dasz  ich  nicht  noch  meinen  federbusch  und  haarlocke 
haben  solle.  3C9;  den  ailerschönsten  federbusch,  den  jemals 
ein  mensch  auf  der  stirne  getragen.  Picrot  1, 358 ;  die  leb- 
haflcsle  erinnerung,  das  lieblichste  gcschwätz  packte  alle  die 
farbigen  genänder  aus  und  staubte  die  bunten  federbüsche 
ah,  in  denen  einst  unsre  Jugend  so  zufrieden  mit  sich  selbst 
einhertrat.    THtJMMEL  2,102,  vgl.  federhans; 

und  dasz  sich  die  hohe  stolze 

Juno,  Jupiters  tremalilin, 

von  «lern  schweife  ihres  pfauen 

einen  l'ederbusch  gemacht.    Göthe  47,99. 

FEDERBÜSCHCHEN,  n.  cristula: 

und  dieses  federbüschchen 

aus  Minnas  blondem  haar.    Borger  4V 

FEDERBUSCH  FLIEGE,  f.  musca  plumala. 
FEDERBISCHMÜCKE,  f.  tipula  plumosa. 
FEDEBCHEIV,  n.   i)  pennula,  plumula:  jedes  federchen  von 
dem  schwarzen  sammet  ablesen. 

2)  fpirula  ferrca  : 

artges  bauschen  hab  ich  klein, 
denn  da  gibt  es  scbalterlein, 
federchen  und  lädchen.    Göthe  3,01. 

3)  pappus  plumosua,  fliegende  samenkrone:  die  bläfter  sind 
in  ihrem  zusammengefalteten  zustande  unter  dem  namen  des 
federchens  bekannt.    5S,  28. 

FEDERDECKE,  f.  ieguvienlum  plumeum:  nimm  die  feder- 
decke weg,  sie  ist  zu  warm. 

FEDERECHT,  plumeus,  befiedert:  wie  einer  dauben  (lauie) 
fusz,  sonderlich  so  federechte  füsz  haben.   Taberkaem.  1336. 

FEDEREISEN,  n.  zum  biegen  der  vietallfedem. 

FEDERERZ,  n.  anlimonium  fibrosum. 

FEDEREULE,  f.  alucita,  phalaena. 

FEDERF.\HNE,  f.  rexillutn  pennae,  die  zu  den  seilen  des  kiels 
siehenden  langen  und  zarten  fasern. 

FEDERF.\RRE,  f.  zum  färben  der  schmuckfedern, 

FEDERFASEL,  vi.  federvieh,  s.  fasel. 

FEDERFASZ,  n.  dolium  plumis  refertum:  sihe,  sehe,  wie 
fliegt  der  daher?  wie  der  pfaf  aus  dem  federfasz.  Garg.  118'. 
vgl.  RA.  725.    Meos  3,323. 

FEDERFAUL,  piger  scribendi,  schreibfaul:  schreibe  mir  balde 
wnd  werde  nicht  federfaul,  wie  es  in  der  entfernung  gar 
leicht  geschieht.    Göthe  an  Knebel  31. 

FEDERFECHTE\,   pugnare,  unter  der  Überschuß  verbriefter 

adel  sagt  Logaü  3,32,54: 

ein  federüches  waffen,  nicht  väterlicher  schild, 
ist  jetzt  voraus  gesteliet,  wo  federCechten  gilt. 

FEDERFECHTER,  m.  gladialor ,  freifecMer  von  der  feder, 
$.  oben  sp.  1390  unter  fechter.  es  ist  nicht  recht  klar,  varum 
ach  dieser  verein  nach  der  feder  nannte,  man  sollte  denken, 
veü  die  fechter  eine  feder  am  hui  oder  spiesz  (sj).  1397  die 
stelle  aus  Kirchhof)  aufgesteckt  trugen ;  doch  in  dem  von  Ru- 
dolf II  der  gesellschaß  verliehenen  (oder  bestätigten?)  wappen 
ersdieinen  zird  mannsarme,  die  ihre  hände  in  einander  falten  und 
darin  eine  schreibfeder  halten,  waren  diese  fechter  blosz  aus  dem 
stand  der  sclirciber  hervorgegangen  ?  wollten  sie  darum  für  mehr 
gelten  als  die  fechterischen  handwerker'!  jedenfalls  war  die  benen- 
nung  schon  im  16;A.  gebräuchlich,  wie  folgende,  auch  son.st  merk- 
würdige stelle  Fischarts  lehrt:  erzeigt  sich  in  allen  ritterlichen 
wehren,  wie  sie  vor  äugen  lagen,  im  schwerd,  messer,  spiesz, 
Stangen,  stänglin,  tolchcn,  hullenbart,  rapier,  paratschwcrd, 
lederen  tusacken  zum  platzmachen,  sträuszt  sich  wider  die 
Marxbrtider,  die  frankfortische  meister  des  langen  schwerts, 
•gebreib  mit  dinten'  so  sieht  wie  blut,  'die  feder'  must  ihm 
oben  gehweben  und  soll  es  kosten  sein  junges  leben,  er 
wagis  in  gotls  macht,  schlug  drauf,  dasz  der  beiz  kracht, 
focht  umb  die  hOchst  blutnir,  imib  das  krän/lin  umb  die 
schul,  umb  ein  glas  mit  wein,  wie  es  der  gesell  an  ihn  bc- 
gert,  trocken  oder  nasz,  scharf  oder  stumpf,  nackend  oder 
blosz.  Garg.  isg'.',  vgl.  170*  ein  guter  federfechter.  für  die 
rermutung  des  federtragens  auf  dem  hut  streuet,  was  2S2*  vor- 
kommt: darumii  hat  allein  imter  den  g'ittern  Mercurius  ein 
hfttlin  auf  und  darzu  'als  ein  guter  federfechter  federn  drauf. 
die  schreibfeder  scheint  erst  das  spdterr.  noch  lange  nahm  man 
federferhler  blofz  für  einen  klopf  fechter ,  der  mit  der  faust  schlage 
aiuthetll:  nie  lieszrn  dir  zwecn  niigleichen  federferhler  (mann 
und  frau,  die  sich  prügelten)  von  einander  reiszen.  Weise  erzn.  14. 


späterhin  verstand  man,  gegen  den  ursprünglichen  sinn,  unter  feder- 
fechter einen  bloszcn  Schreiber,  federfuchser,  federhvld,  einen  zank- 
siiclUigen  advocalen  oder  streitbaren  schriß steiler,  der  mit  der  feder 
ficiU:  es  ist  alles  greulich  mit  scribenlen  übersetzt,  absonderlich 
die  gerichtshaltereien,  welches  ich  blosz  dem  minister  Secken- 
dorf  zuschreibe,  der  allen  federfecbtern  ilmter  gab.  J.  P.  paling. 
2,19  (1798.2,41).  man  verglciclw  Jahns  turnkunst  s.  278—85 
und  ScHMtD  Schwab,  wb.  184. 

FEDERFECHTEREI,  f.  damit  der  herzog  von  Savoien  ein 
spiegelfechten  mit  dem  marechal  de  Catinat  in  Piemont  an- 
stellen, selbigem  aber  nicht  viel  weher  Ihun  solle,  als  wenn 
die  Lucas-  und  Marcusbriider  mit  ihrer  federfechlerei  sich  die 
köpfe  ein  wenig  blutig  schlagen  und  darbei  den  Zuschauern 
die  beutel  leeren,  so  gut  sie  können.  Pasquini  staatsjAanlasien 
1697  5.  323. 

FEDERFELD,  n.  lectus,  federbetl: 

dasz  ihr  für  glücke  schätzt,  das  euer  mund  gebiert, 
wann  einer,  wer  weisz  wer?  euch  mit  zu  bette  rührt, 
dann  wann  nun  dieser  stand  von  euch  ist  so  errungen, 
und  euch  ist  so  und  so  ein  freier  spmng  gelungen 
ins  weiche  federfeld.  Logau  2,70. 

FEDERFEST,  expeditus  calamo :  federfester  Schriftsteller. 

FEDERFITTICH ,  wi.  federwisch,  Iledervvisch,  federflunk, 
gänseflügel  zum  abwisclien  des  staubs. 

FEDERFLOCKE,  m.  floccus  plumae,  lanugo.   Stieler  1448. 

FEDERFLUG,  m.  eilig  fliegender  brief:  dich  mit  diesem 
eiligen  federfluge  zu  behelligen.    Bltschky  kanzl.  49. 

FEDERFUCHSER,  m.  scriba,  verächtlich  ein  mann  von  der 
feder:  ist  mirs  doch  wie  gift  und  operment,  wenn  ich  den 
federfuchser  zu  gesiebte  kriege.  Schiller  183';  Konrad  fuhr 
mit  häszlichen  reden  gegen  ihn  an,  nannte  ihn  einen  woll- 
kratzer  und  federfuchser.  Arnim  kronenw.  1, 409.  HXrtvann 
killabendgesch.  1,13.     vgl.  schulfuchs. 

FEDERFUSZ,  m.  columba  dasypus.  f^derfusz  plumiger. 
Maai.er  129'. 

FEDERFÜSZIG,  an  den  füszen  gefiedert,  pennipes:  federfüszige 
hüner  oder  tauben.    Weise  lustredner  252.    Räolein  272'. 

FEDERFUTTERAL,  n.  was  federbüchse. 

FEDf^RGARBE,  f  hotlonia  palustris,  Wasserfeder,  wassergarbe. 

FEDERGEHÄUSE,  n.  was  federhaus. 

FEDERGEWAND,  n.  lectus: 

war  zuo  ist  daj  bette  guot? 

sichstu  nit,  wie  ein  Unger  tuol, 

der  nie  kain  vedergwand  gesach 

und  Schaft  im  dannocht  guot  gmach?    nng  IS', 29; 

die  compagnie  wünschte  ihr  eine  gute  nacht  und  verfügte 
sich  in  ihr  fedcrgewand.    unic.  doct.  414.     s.  fcderwat. 

FEDEPiGRAS,  n.  arundo  calamogrostis. 

FEDERHA.\R,  n.  lanugo,  milchhaar,  s.  federbarl. 

FEDERHAHN,  m.  tetrao  urogallus,  auerhahn. 

FEDERHAKE.N,  m.  auf  der  feder  des  gewehrsciäosses,  auch 
son.ü  Werkzeug  zum  spannen  der  feder. 

FEDERHALTER,  »/».,  wodurch  die  hutfeder  gehallen  und  be- 
festigt vird:  zu  einem  fedcrhalter,  mcdeibild  und  hulzeichrn 
hett  er  ein  ganze  güldene  platten.  Garg.  119*.  heute  auch  zur 
festigung  der  Stahlfedern. 

FEDERHANDEL,  m.  negotium  plumarium,  pennarinm. 

FEDERHANDLER,  m.  negotiator  pluninrius.  jiennarius. 

FEDERHANS,  m.  pennis  superbiens  milcs,  thray>    '<<<'<  yo  7»i5: 

merkt,  wie  die  Schwelzerknaben, 

die  fcdnrhansen  klug, 

die  fast  gewüclet  haben 

gelrilicii  groszen  unfiig.     Uhla:»!)  474; 

kiimb  her  landskiiecht,  du  federhans, 

du  bist  vil  töller  denn  ein  gans!    H.  Sagos  II.  S,*'; 

pntz  grint,  es  ist  ein  federhans, 

ich  wil  itui  rupfen  wie  ein  gans.    Ackervati!«  rert.  söhn  RS; 

denn  anfenglich  so  sind  die  spitzknechl  grosze  federhansen, 
haben  federbiisrh  auf  den  hüten  oder  paieteu.  Frojcsperc 
1,111*;  wo  seind  jetzt  die  groszen  hausen?  hervor  ihr  fodder- 
hansen  I  hervor  ihr  Junkern  hervor!  Kibchhok  »;ii7.  rfwc.  153; 
und  habeiis,  gott  seis  gedankt,  noch  erlebt,  dasz  mancher  feder- 
hans, da  man  wol  ihre  gnoden  {gnaden)  zubeiszen  miisle,  un< 
die  kiihe  treiben  und  hintern  silwen  hergehen  musz.  Scimi  n 
stud.  leben  l)  l' ;  weil  ich  von  naiur  geneigt,  des  Junkern  hand- 
werk  zu  treiben  und  einen  sliilzer,  federhansen  oder  plla^lcr 
treter  zu  ngiren  und  abzugeben.  .Sifw/J.  h.  2fi;  Christus  neniici 
sich  ein  aas,  weil  er  b;ild  sterben  soll,  .tber  die  «inl/linge 
und  grosze  federlinnseu  gedenken  nicht  hieran,  sie  wiesen 
nicht  wie  »ie  sich  genug  spencti  und  seiber  tiliiliren  sollen. 


1401 


FEDERHART  ~  FEDERKASTE 


FEDERKAUEN— FEDERKLAUBER   1402 


Otho  1063;  die  gute  frau  {Mailh.20,1\),  wiewol  sie  nur  eine   ; 
fiscberin  war,    hätte  lieber  federhansen  als  prediger  gehabt, 
ein  degen  an  der  seilen,  meint  sie.  stünde  viel  besser  ihren 
söhnen  an,   als  eine  bibel  in  der  band,   ein  federbusch  auf 
dem  but  weit  schöner,  als  eine  schreibfeder  hinter  den  obren.   , 
i:}50;    ein  mancher  federhans  und  praler  will  weisz  nit  was   1 
für  bSumer  ausreiszen.  Megerle  Judas  1. 33S ;  die  haben  mehr  ; 
aufs    brot   zu   schmieren,   als  eure  federhänse  in  der  Stadt. 
Arm«  kronenw.  1,  39S.     s.  federleshans. 

FEDERHART,  elaslicus:  die  krafl  eines  federharten  körpers. 
Katt   8.  56.  59. 

FEDERHARZ.  n.  gummi  daslieum. 

FEDERHARZRAUSl,  wi. 

FEDERHASFEL,  m.  tcinde  zum  aufwinden  der  federlappen, 
formido  renatoria.    Stieler  7S4. 

FEDERHAURE,  f.  tcas  federtolle. 

FEDERHAIS.  n.  kapsei,  icorin  die  uhrfeder  eingespannt  ist. 

FEDERHAUSE.N,  dui.pl.  leclis:  nachdem  nun  unsere  reisende 
disen  discours  geendiget,  verfügten  sie  sich,  umb  ihre  ruhe 
zu  haben,  nach  Federbausen.  Ettsers  unw.  docl.  254.  irte  sonst 
nach  Lagerhausen,  nach  Bethlehem. 

FEDERHAUSRAD,  n.  rad  am  federhaus  der  uhr. 

FEDERHELD,  m.  scriplor,  reräclillich,  elender  scribetU: 

dort  liommt  ein  federheld, 
der  punct  und  striclie  miszl,  papierne  pfeile  schnellt, 
und  nichts  als  so  viel  weisz,  das  andre  ieute  wissen, 
der  billt  schon,  da  ich  nur  den  knüttel  blind  geschmissen. 

GÜNTHER  3^7. 

FEDERHEMD,  n.  ala,  pennala  forma,  federkleid,  alln.  fiadr- 
kamr,  alts.  fetherbamo,  ags.  federbama: 

wrillst  du  mir,  Freya,  dein  federhemd  leihen? 
muntu  mer,  Freyjä,  fiadibams  lia? 

FEDERHIEB.  m.  apostrmhus:  ein  wort  mit  den  krummen 
narben  eines  federhiebs  (  ')  sieht  sehr  martialisch  aus.  J.  P. 
grOnl.  proc.  64. 

FEDERHORN,  n.  buccinum  ferdix,  eine  muschelart,  audi 
rebhuhn,  ballschnecke  genannt. 

FEDERHLT,  m.  pileus  pennis  omaius: 

dem  vater  Tolgt  Mercur  mit  kindlich  rrohem  routb, 

doch  ohne  federhut  (positis  caducifer  alis).    Hagedorn  2, 99; 

die  spanischen  mantelkleider,  die  groszen  federhüte  der  ge- 
sandten. GöTOE  24,  292;  er  hatte  geschmack  und  einen  natür- 
lichen hang  zum  überflüssigen,  welchen  er  in  seiner  ersten 
Jugend  nicht  verbergen  konnte,  da  er  schon  nicht  anders  als 
mit  einem  fedcrhute  in  die  kircbe  gehen  wollte.  Moser  1,130; 
in  der  Stadt  unterhält  er  viele  liebschaften,  stolziert  mit  feder- 
Init  und  degen  auf  den  straszen  herum.  Falk  Joh.  von  der 
Ostsee.  1,152; 

ihr  habt  da  einen  säubern  spitzen 

am  kragen,  und  wie  euch  die  hosen  sitzen! 

die  feine  wasche,  der  federhut, 

was  das  alles  für  Wirkung  tbut!    Schiller  321'; 

der  federhut,  der  goldbefranzte  mantel 

das  ist  an  euch  der  wesentlichste  theil.    Uhlamds  Ludwig  169; 

der  Schleier  und  der  federhut 

die  stebn  dem  Malcben  gar  zu  gut. 

FEDERHYACINTHE,  /".  hyacinthus  comosus. 

FEDERICH,  FEDERICHT,  FEDERIT,  m.  Ula  IrUix  tarn  densa, 
tU  pennas  conienlas  inhibeal.  Hemsch  1035,  30.  Scn«.  1, 512. 
federritt,  federridt  scheint  falsche  Schreibung,  im  vor.  1482  h  5' 
federrit,  somentum  oder  pettziech. 

FEDERICHT,  plumosus,  fJumeus,  trie  federecht:  wer  bette 
macht,  wird  federicbt.  Stieler  451 ;  fedricbt  haar,  capiUus  im- 
jicxus,  icorin  noch  die  bett federn  hangen; 

ein  polster  gestopft  mit  fedrichten  kolben  des  teichschilfs. 

Voss  2,317. 
FEDERIG,    sich   federig  machen,   federig  werden,  plumis 
spargi:     die   mit   kübetreck  getauft   sind,   die  werden  nicht 
federig.    Garg.  170*; 

hättest  du  nur  dreck  gefressen  dafür, 

so  war  dies  maul  nicht  fedrig  worden.    Grtpbr-s  1,746; 

willst  nit  content  sein,  so  kanst  treck  fressen,  wird  dir  fein 
maul  nit  fedrig.    Scumare  tinlenf.  17. 

FEDERKAMM,  m.  cantharus  pectinicomis. 

FEDERKAMPF,  m.  scriplorum  certamen,  federkrieg. 

FEDERKAPPE,  f  1)  früher  sludenlentracht:  bat  sieb  dort 
eines  doctors  wegen  zum  fuchs  erklären  lassen,  trägt  kragen 
und  federkappc.    F'b.  Mt:iLER  2,11.    federmütze. 

2)  anas  gaUriculata. 

FEDER  KASTE,  m.  eine  leiste  am  slrumpftcirkershil,  s.  feder- 
stock. 


FEDERKACEN,  n.  mandere  pennam,  nicht  recht  wissen  was 
man  schreiben  soll:  ein  schreiben  an  dich  will  seinen  guten 
tag  haben  und  federkauen  bab  ich  nicht  gelernt.  Zelter  an 
Gvlhe  517. 

FEDERKEIL,  m.  eaulis  pennae,  gewöhnlich  federkiel,  feder- 
spule, doch  kommt  keil  öfter  tor  und  man  sagt  die  gänse  keilen, 
iJmen  kiele  ausziehen:  disen  zansteurer  (aus  ellendskloen)  be- 
fand er  besser,  dann  die  so  heut  die  Italiener  aus  maslix- 
holz  spitzen  oder  die  Niederlender  aus  wackbolder  und  ior- 
berholz,  oder  mein  löblich  bandwerk  die  Schreiber  aus  feder- 
keilen.   Garg.  163'. 

FEDERKE.N'GEL.  KINGEL,  m.  dasselbe:  eaulis  pennae,  keil 
oder  federkengel.  Golii  onomasticon  15S2  sp.  290;  und  mach 
in  die  nasen  zwen  meiszel  von  wachs  oder  federkengel. 
Bracnschheig  cAinir^  50;  blas  das  pulver  durch  ein  feder- 
kengel dem  pferd  in  das  aug.  Herr  feldbau  lil' ;  von  diesem 
pulver  soll  man  jedesmal  durch  ein  rohrlein  oder  federkingel 
in  die  äugen  blasen.  Tabernaemontancs  583  (717);  jedoch 
schwebt  sie  (die  kirche)  allzeit,  wie  der  federkengel  an  der 
angelschnur  oben,  und  miszt  der  scbrift  ein  solche  auslegung 
zu,  wie  es  ir  am  besten- gelegen  ist  bienenk.  30';  ich  sauf 
durch  kein  strohalm  noch  federkengel,  es  sei  dann  most  aus 
dem  fasz.  Garg.  100*;  jedoch  bauptman  Nienenan  der  legt 
die  glän  ein  und  rannt  in  vollem  ritt  dem  münch  auf  die 
brüst,  aber  sobald  es  die  teufeis  schrecklich  kult  antraf,  bog 
es  sich  beim  spereisen,  als  wann  einer  mit  eim  gewechsten 
faden  auf  ein  amposz  schlug  oder  mit  eim  federkengel  an 
ein  wand  rent.  254*.     s.  kengel. 

FEDERKIEL,  m.  dasselbe,  und  die  heutige  form: 

ir  sein  wenig  oder  fll, 

ich  schätz  si  für  ain  federkiel.    fastn.  447,8; 

Boetius  lert  die  musica, 

wie  ut  re  mi  fa  sol  und  la 

so  süesz  berklinget  auf  seitenspilen 

mit  fingern  und  mit  federkielen.    740,  25; 

auf  den  meisten  deutschen  Universitäten  sind  täglich  an  die 
zweihundert  federkiele  beschäftigt.    Lichtexberg  3.  85. 

FEDER  KIELNATTER,  /.  coluber  calamarius. 

FEDERKLAUBEN,  blandiri,  federlesen,  einem  die  federn  vom 
kleid  ablesen,  abklauben :  ich  lasz  mir  aber  die  freibeit  der 
warheit  niemant  gern  nemen,  damit  nit  mein  buch  ein  eitel 
liebkosen,  federklauben  und  hofieren  werde  geacht.  Frank 
chron.  vorr. ;  hastu  ein  böses  gewissen,  lieber,  was  nutzet  es, 
das  dir  die  feut  so  federklauben,  das  hälmlin  durch  den 
mund  ziehen,  dir  die  obren  krauen  und  den  kauzen  streichen? 
Mr.  8';  must  auch  welsche  süpplin  kochen  können,  ver- 
raten, verliegen  (verlügen),  herwiderumb  liebkosen,  federklau- 
ben, zutittlen,  und  dasz  du  dises  fein  mit  deiner  hofweise 
decken  und  vermentlen  könnest,  dasz  es  hofbossen  seien. 
46';  gut  seind  die  eitern,  gut  seind  die  brüder,  gut  seind 
die  kinder,  freunde  seind  gut  allzeit,  seind  sie  änderst  freunde, 
aber  sagen,  dasz  herren  gut  sein  ist  ein  scbmeichlerei,  lügen 
und  ein  anzeigung  des  liebkosens  und  federklaubens.   75* ; 

der  selb  ist  allen  heuchlern  feind, 

die  also  umb  in  federklauben.    11.  Sachs  H.  2,46'; 

sie  künden  schmeicheln  und  federklauben.    V,  275*; 

auf  scbmeicblen  setz  ich  letzt  mein  sin, 

mit  federklauben  hab  ich  gwin 

bei  disem  gar  verderbten  gschlecht. 

trngedi  von  Ueli.  Nürnb.  1548  B5; 
süsze  wort  ausgebn  und  federklaubn, 
Til  kuippens,  knappens,  rückens  der  haubn. 

Atrer  fastn.  50*. 

FEDERKLAUBER,  m.  hämo  blandiens,  palpalor,  federkser: 
du  federklauber,  orenkrauer!    fastn.  254,24; 
si  sagen  dir  gutes  unter  die  äugen 
und  loben  dich  vil  sauber, 
pis  si  dir  das  dein  abmelken  und  saugen, 
darnach  spotten  si  dein  darzu, 
darumb  ich  iedem  raten  thu, 
er  fliech  al  federklauber.    meislerl.i'i  n*98; 

falsch  lob,  das  nicht  dann  von  argen  zutitlern,  federklaubern 
und  belenkatzen  gschichf.  Frask  spr.  1,133*;  es  kann  dem 
glück  niemand  stark,  den  federklaubern  niemand  weise  genug 
sein,  chron.  23 ;  dann  das,  das  oTt  der  gemein  bauf  der  edlen 
und  weisen  tbut,  die  mit  verkerler  schäm  entweders  ein 
redner,  federklauber,  wortschleifer,  oder  etwa  einen  schnöden 
eitel  ohrenkrauer,  zungentrcscher ,  maulberer,  ein  poefen 
gewon  sein  zu  verordnen  und  denselben  mit  sold  besfelt, 
von  welchem  si  ir  lob  hören,  das  ist  eitel  lügen,  litb  der 
Ihorh.  2*;   fiirsten   haben  Schmeichler,  federklauber,  jahcrrn 


1403 


FEDERKLEID— FEDERLEIN 


für   freund.   . . . ;    die   federklauber,   zuckersüsz   rcdncr  und 

luuntelhcnker.    Kibchhok  uendunm.  Ai' ; 
vil  Unrats  dir  nachstellen  thut, 
als  dieb,  mörder,  landskrieg  und  rauber, 
lieger,  trieger  und  l'ederklaubcr.    IL  Sachs  1,224'. 

FEDERKLEID,  n.  vestis  avium  plutnea,  mhd.  vedenvdt.  von 
der  schwalbe: 

und  liefet  auch  für  todt,  bis  endlich  die  lenzinne 
und  rnuiliiigsnimre  kömmt,  die  gibt  ihr  wiedcrümb 
ein  neues  Tederklcid,  das  leben  und  die  stimm. 

l'RAETORiL's  scliwilbeiiwinlcrq.  s.  88. 
'der  federschmiicker  verferliijel  auch  ganze  kkider  von  federn  zur 
eamevalszeil,  deren  man  sich  öpers  bei  Opern  gebraucht'.  Comemls 
orb.  fncL  2, 402. 

FEDERKLEPPEL,  m.  federbüchse :  was  hab  ich  zum  besten  ? 
'meinen  alten  federkleppel'.   Weise  jwetenzunft,  sechster  auflr. 
FEDERKNOPF,  m.  lagoecia  cuminoides,   wilder  kümmel,  eine 
pflanze  mit  dolden  oder  knöpfen. 

FEDERKOHI^,  m.  brassica  crispa,  krauser  kohl. 
FEDF^RKOPF,  m.  coryphaena  hippurus,  goldfisch. 
FEDERKORK,  fi.  alcyonium  epipetrum,  ein  aus  felsen  spricszen- 
des  kraut,  engl,  seapcn. 

FEDERKRAFT,  f.  nnl.  veerkracht,  claslicitäl.  Kant  8,  60.  72. 
9,  22 ;  er  wird  uns  erwärmen,  wird  uns  neue  fedcrkraft  geben, 
wenn  wir  durch  lange  anstrengung  herabgespannt  sind.  Knigge 
umg.  m.  m.  3, 113  ;  lustbarkeiten  und  Zerstreuungen  gaben  ihr 
allein  die  federkraft  zu  häuslichen  lugenden.  Güthe  15,265; 
Tacilus  wollte  den  erschlaflen  weichen  gemüthern  einer  ent- 
arteten zeit  die  verlorne  federkraft  wiedergeben.  Schlosser 
vellg.  4,339. 

FEDERKRANZ,  m.  sertum  plumeum: 
vur  zidcn  druch  man  siecht  gewaiit 
beide  man  und  ouch  die  frauwen, 
da;  düukt  itzont  ein  grosze  scbant, 
nu  lest  man  es  verhauwen, 
ouch  dragen  si  z?i  aller  zit 
gros  vcderkrenz,  die  sint  wii.    Mlskatblut  i.  238, 46. 

FEDERRRAL'SE,  f.  fissura  calami,  fcdcrspalt.   Stieler  1839. 
FEDERKRAUT,  n.  myriophyllum  und  Solidago  virga  aurea. 
FEDERKHEBS,  m.  Cancer  pennaceus. 
FEDERKRIEG,  m.    was  federkampf,    streit   der  Schriftsteller, 
auch  die  diplomaliscltc  Unterhandlung: 

ihr  rennet  nicht  nach  hohen  ehren, 

ihr  wünscht  euch  nicht  an  titeln  reich, 

kein  Zwiespalt  in  geweihten  lehren, 

kein  federkrieg  verhetzet  euch.    Hagedorn  3,56; 
ein  solcher  federkrieg  darf  ihm  niemals  lange  dauern.  Gütoe 
32,  257. 

FEDERKRONE,  /".  papjms. 
FEDERKÜSSEN,  n.  culcita: 

darum  wir  hintern  orn  uns  krauen, 

ob  wir  bei  euch  ein  feller  schlissen 

und  wiiri'en  nur  mit  lederküssen,    fasln.  337, 11. 

FEDERLAPPE,  m.  wädmännisch,  schnür  in  welche  federn  ge- 
knüpft sind,  das  wild  zu  scheuchen  und  zu  blenden,  daher  tat. 
formido  ferarum,  DönEL  2, 3t /f.  in  anderm  sinn :  die  scheckigi'n 
uniformen  sämmtlicher  beamten  und  die  fcderlappen  der  huf- 
livreen.    1.  P.  Tit.  3,  98. 

FEDERLE,  n.  plumula,  der  schwänz  des  rothtcilds  und  der 
hasen.    Heppe  leilhund  205.     s.  federlein  und  federleshans. 

FEDERLECKER,  m.  lambens  pennam,  elender  Schreiber.  Stal- 
DER  1,  361  hat  federlecken  für  schmeiclwln. 

FEDERLEICHT,  fori»  tU  pluma,  plumd  levior,  perfacilis.  Stein- 
BACH  1,1029: 

der  mondschein  hat  dies  eigen,  wie  uns  deucht, 

er  scheinet  uns  die  weit  der  geister  aul'zuschlicszen, 

man  fühlt  sich  federleicht 

und  glaubt  in  tust  dahin  zu  flieszcn.    ^VIELA!«D  9, 121 ; 

iwar  weisz  Ich,  als  wir  uns  entfernt, 

ist  federleicht  der  Sarkophag  geworden.    Güthx  11,199; 

ihm  schracckt  sein  mahl,  er  schlummert  süsz 

bei  federleichtem  sinn.     Ucroer  4^ 

eine  federleichte  kunst.    Gökihck  1,188; 

0  kritisieren,  herr,  ist  federleicht, 

doch  besser  machen  schwierig.    Platen  298*. 

FEDERLELN,  n.  plumula: 
fcderlin  hin.  fcderliu  her, 
ich  kann  wol  sagen  frcmbdc  mSr.    Hirxer  sch(?/mrn:.  42'; 

alfo  tbun  die  frauwen,  lesen  die  fedcriin  ab,  und  trutz,  nit 
ein  Ktoblih  musz  an  iren  kleidern  sin.  KEisEH^tiKnc  broiuimlin 
J.0';  wann  der  narr  neben  ir  »ilzl,  so  liest  er  ir  heimle  oder 
federlia  ab.  narrensch.  120 ;  grosz  ungefiigliche  richsen  wachsen 
in  den  enden,  weisz  und  «chwarz,  die  rü«linar  und  tirhwnni 
liabcn,  doch  •.■■i.i.i-.n    i..;..i,.    .....   ,.;..  n ;,i |..,.  f,.,),.,!!,,^    i 


FEDERLELNWA.ND  —  FEDERLESEN   1 404 

die  acht  man  nit  gering,  den  forsten  muckenwedel  daraus 
zu  machen.  Frank  Kr//6. 192";  das  ihm  grosze  ehre  und  vor- 
theil  schaffen  kann,  wenn  er  ihm  ein  und  ander  federlein 
einsetzt  und  andere  ausziehet.  Ettser  vade  et  occide  Cuin  p.  30. 

FEDERLEINWAND,  f.  diciU  gewebles  linnen  zum  ein.^chiitlen 
von  federn,  damit  sie  nicht  heraus  stechen,     s.  federich. 

FEDERLESEN,  ßoccos,  plumulas  legere,  flaum  abüreichen 
(pflaumen  streichen,  nnl.  pluimslrijken),  fedcrklaubcn,  faseln 
{sp.  1338),  y.ooy.vSi^eiv,  xooxtÖi^eiy,  XQoxiSoJLovslv  ron 
xQoxvs,  xQoxk,  flocke,  fase,  fasel  {sp.  1337).  dies  xooxvStOftöi, 
xooxv/.eyfi6s  bezeichnet  nun 

1)  geputzte,  eitle  frauen,  die  kein  stdubclwn  auf  ihrem  gewand 
leiden,  es  ablesen  oder  sich  von  ihren  liebhabern  ablesen,  abblasen 
lasisen,  wie  die  eben  unter  federlein  aus  Kei.sersberg  gegebnen 
stellen  lehren;  'blast  mir  den  staub  ab,  herr  Falkeiseul'  ist 
eine  in  Hessen  gangbare  redensarl.  gehl  aber  auch  auf  bequem 
in  der  stube  bleibende,  ihre  kkider  schonende  lierrcn: 

herr  apt,  sagt,  was  get  euch  das.  an? 

ich  bin  an  euren  schaden  da  (im  krirrji  gewesen, 

ir  kunt  mel  (staub)  plasen  und  feder  lesen, 

ir  laszt  euch  nit  aus  der  stuben  treiben, 

so  niusz  wir  aber  oft  auf  dem  veld  bleiben,    fastn.  201,14. 

2)  oft  drückt  federlesen,  wie  vorhin  federklauben,  aus  lieb- 
kosen, schmeicheln,  der  um  liebe  oder  gunst  werbende  liest  von 
dem  gewandc  der  frau  oder  des  vornehmen  lurrn  die  flocken  ab, 
bildlich,  sucht  deren  vergehen  zu  entschuldigen:  du  will  feder- 
lesen, du  bist  ein  liigner!    Keisersb.  narrensch.  Sü'; 

mild,  der  ahtode  vederliset  wol.    .US.  2,240"; 

so  stSstu  schameröt, 

so  Wirt  din  vederlesen  swach.    Amgb.  24"; 
nhd.    wer  nit  vil  glisznens,  fäderlesens  kan, 

der  ist  zu  hof  keiu  werder  mau.    trag.  Joh.  114; 

wo  man  das  schmeichlein  in  nicht  gan, 

irs  licbkosens  sich  nicht  uinipt  an, 

steht  fest  und  lest  sich  nicht  beweichen 

ir  federlesen  und  pflaumenstreichen, 

da  schleicht  der  Schmeichler  weg  verholen, 

als  ob  er  hett  ein  kamp  gestolen.    Waldis  1,11  6/.  9'; 

ach  nein  ach  ja,  das  federlesen, 

tcllerlecken  und  newe  bescn.    Kirchhof  taendunm.  43'. 

3)  das  gegenlheil  bedeutet  grob  und  ungczögert  verfahren,  un- 
gefähr wie  der  raubvogel  das  ergriffene  huhn,  ohne  lange  die 
federn  zu  rupfen,  verzehrt. 

mach  nit  vil  federlesens!  Scheid  grohianus  F3; 
was  darf  es  viel  federlesens  (ri>/er  umstände) !  Fischart  groszm. 
47 ;  machte  auch  nicht  viel  federlesens,  sondern  salzte  in 
den  feind.  Schütze  beschr.  Pr.  67 ;  uhn  viel  federlesens.  Harnisch 
97;  machten  nicht  viel,  nicht  lang  federlesens.  Chemnitz  1, 95*. 
IV.  5,122";  was  macht  ihr  lange  federlesens?  Weise  com.  probe 
181;  nun  kan  mir  einer  das  schon  zutrauen,  dasz  ich  in 
diesem  stücke  nicht  viel  federlesens  mache,  causenmacherhl. 
diese  redensarl,  während  die  erste  und  zweite  bedeutung  erloschen 
sind,  ist  auch  im  18j/i.  und  bis  auf  heule  haften  geblieben:  die 
dame  machte  nicht  lange  federlesens,  sondern  ginge  in  ziem- 
lichen lachen  wieder  fort.  Menantes  gal.  weit  1,  lOS ;  sliiszet 
ihn  auf  die  seile  und  läuft  ohne  federlesens  zum  hause 
hinaus.  1,178;  sie  machten  demnach  nicht  viel  federiesens, 
sondern  richteten  dasselbe  in  das  werk,  was  sie  willens 
waren.  .Melissüs  Salinde  58 ;  weil  ich  also  kein  langes  feder- 
lesen machte.  Felsenb.  1,225;  wir  machten  auch  nicht  lange 
federlesens.  Pierol  1,205;  wiewol  man  nicht  viel  federiesens 
machte.  3,14;  so  machte  er  nicht  lange  federlesens.  ehe  eines 
weibeslHi;  er  thut  seinen  mund  über  seinen  stand  auf,  nicht 
zu  compliinenten  und  federlesen  {dies  noch  im  alten  sinn). 
Claudius  3,  85;  bitte  mich  nicht  au.szulachen,  dasz  ich  wegen 
eines  leichten  bogens  in  klein  uctav  so  viel  federlesens  mache. 
Haxann  5, 125; 

nicht  so  vieles  federlosen! 
lasz  mifli  immer  nur  herein.  Gothk  5,  2S7; 
die  mnnierislen  fühlen  bald,  dasz  nach  Verhältnis  der  tage 
so  wie  der  schule,  worein  sie  geki)iiiinen,  nicht  zu  feder- 
lesen räum  bleibt,  sondern  dasz  man  sich  enlschlieszen  und 
fertig  werden  müsse.  39,77;  nicht  viel  federlesens,  hridc  I 
man  hat  mehr  zu  thun.  Schiller  177*;  mach  der  herr  nur 
kein  federiesens!  SiiVMH  Spaziergang ... ;  sie  ihrerseits  packten 
den  keri  gleich  auf  und  lieferten  ihn  aus  ohne  federiesens. 
GöRRES  Schriften  7, 112; 

In  soirlien  fiillrn  I  '  l.imlt  an, 

dem  widrr.'s.irlier  •  -••n» 

den  degon  (Hierhin  i  Irib  zu  Ingen. 

IhiNR.  VON  Kl.EinT  1,  42t; 

geht  freund,  da  ist  kein  lange»  federlesen.  Arnim  sWmi/ft.  l,:.»); 
sie  wissen,  im  kri ■  " '■(  man  kurz  fr.i-.i.v..,,    k.,,,.,.,  , 


1405 


f  EDERLESER  —  FEDERPOSE 


dram.  sp.  2,340.  die  mit  absicM  gehihiflen  belege  zeigen,  dasz 
auch  gemeines  und  rolksmäsziges  in  die  hochgebildete  spräche  än- 
gang  findet,  und  verständigen  vns  über  eine  erstreckung  der  genUiv- 
flexion  auf  fälle,  in  tckchen  sie  an  sich  unbegründet  ersdiemt. 
neben  viel  ist  federlesens  ganz  in  der  Ordnung,  nidit  so  nefceii 
ohne  und  lange,  man  darf  annehmen^  dasz  alsdann  "Tier  aus- 
gefallen ist  und  noch  immer  nacku-irkt.  'kein  federlesens'  mahnt 
auch  an  'ein  treibens'  sp.  133  und  an  'kein  kopfzerbrechens'. 
langes,  kurzes,  vieles  federlesen  geben  keinen  anstosz. 

4)  sich  federlesen,  sich  putzen,  nnl.  pluisteren,  nd.  plustern. 
mhd.  der  junge  ruor  sich  rederlcsen.    GA.  3,230, 
von    einem    der  rogelgeslalt   annehmen  konnte   und    abends  ans 
fensler  seiner  geliebten  flog. 

FEDERLESER,  m.  irie  federklauber,  Schmeichler: 

ich  bin  der  federleser  knecht.  Mcrser  schelmenz.  44': 
das  machen  die  Schmeichler  und  federleser,  die  ihnen  ihre 
schand  leicht  machen.  Keisersberg  narrensch.  ST*;  das  ist 
wan  die  federleser  und  zututler,  Schmeichler  die  groszen 
herren  loben.  100';  aber  die  andern,  die  on  unterscheid  ein 
iglichen  loben  und  von  allem  das  er  anfacht,  die  haben  tu 
namen.  sie  heiszen  den  falwen  hengststreicber  (sp.  1267), 
kutzenstrcicher,  kreidenstreicher.  federleser,  Schmeichler.  195*. 

FEDER  LESHANS,  gleichviel  mü  federhans:  o  federleshans 
ihr  flieht  1    Ämadis  77S.    der  sich  putzt,  franz.  galianU 

FEDER LICH,  s.  federfechten. 

FEDERLOCH,  n.  verächtlich  für  bell: 

wenns  länger  währt,  Terschläfstu  noch 

den  jüngsten  tag  im  federloch. 

K'«iTTELs  kurzgedichle  2  $.  53. 
FEDERLOS,  defiufias,  ein  federloser,  seiner  federn  beraubter 
TOgel;  niM.  ein  vederlösiu  Tledermüs.  ^Sff.  2,  213*;  die  jungen 
nestlinge  sind  noch  federlos;  rülhsel  vom  sehnet  und  der  sonne: 

es  kam  ein  vogel  federlos, 

setzt  sich  auf  den  bäum  blattlos, 

da  kam  die  Trau  mundios 

und  frasz  den  vogel  federlos 

TOD  dem  haura  blattlos. 

FEDERM.VNGEL,  m.    avium  implumium  conditio. 

FEDERMAUS,  f.  resperlilio,  geflügelte  maus:  wie  ein  fedder- 
mus,  die  ein  dunkel,  blöd  gesiebt  hat  und  allwegen  uszflücht 
in  der  dunkle  am  obend  spot.  Eeisebsb.  pod.  3, 21*.  s.  fleder- 
maus. 

FEDERMESSER,  n.  cuUellus  calamis  temperandis. 

FEDERMURDER,  m.  der  blulbriefe  schreibt:  Haman  gieng 
in  seiner  wut  auf  einen  blutbrief  ein.  Jesus  ist  kein  solcher 
federmörder,  nein,  unsere  namen  schreibet  er  im  himmel  an. 
Otho  93S. 

FEDERMOTTE,  f  alueila,  phalaena. 

FEDERMUF.  «i.  pellis  manicata  plumis  referla.  MöSEi  palr. 
pÄ.  1.62;  im  federbette  eines  federmuffes.  h  P. 

FEDER.MLTZE,  f  galerus  plumis  omatus,  federbappe.  auch 
eine  pflanze  heiszl  fedennütze,  bischofsmütze,  mitella. 

FEDERN,  l)  plumis  instrucre,  gewöhnlich  fiedern.  doch  schreibt 
Luther  :  mein  furnehmen  je  und  je  allein  gewesen  and  noch 
ist.  nichts  anders  zu  schreiben,  lehren,  predigen,  treiben  und 
feddern,  denn  was  zu  gottes  vrort  . . .  dienstlich,  nötig  nnd 
nutzlich.  br.  2,  237,  venn  der  sinn  ist  in  gang  oder  fing  bringen, 
«ahrscheinlicher  bedeutä  es  aber  födem,  fördern.  Karhabsch 
2, 191  hat  federn,  mit  aner  feder  versehen,  mit  einer  metallnen. 

2)  plumas  emütere:  die  Tögel  federn,  oder  federn  sich,  lassen 
die  federn  fahren,  mauszen  sich,  auch  die  bette  federn,  stieben 
mit  federn. 

FEDERN,  jdumeus,  mhd.  viderin :  zn  geben  seind  die  händ 
bleien  und  die  füsz  federn.    LEH3iA?ot  1,  317. 

FEDERNELRE,  f.  dianihus  plumarius,  fr.  oiellet  ä  plame: 
die  weisze  fedemelke  meiner  frcude.  J.  P.  Fixlein  s.  214. 

FEDERNEST,  n.  nidus  plumeus: 

lock  und  treibe  sanft  das  ireit  Terflogne  kleine 

geliebte  läuhchen,  das  ich  meine, 

aus  seinem  in  mein  redemest.    Thc»el  5,  2S7. 

FEDERPFLAIM,  m.  plunm,  feder flaum: 

der  guten  federn  trag  ich  drei, 

grob,  klein  und  darzu  federpflaum,    «eimar.  jb.  6,40. 

FEDERPFLHL,  m.  culcila  mollis: 

es  schleicht  der  echte  schlaf  den  federpfühl  Torbei, 
ist  falschen  Städtern  falsch  und  treuen  bauren  treu. 
Hagf.doi^  1,23; 
in  deinem  denischen,  schwülen  federpfühl.  i.  P.  Tit.  1, 46. 

FEDERPOSE,  f  caulis  pennae,  federkiel,  federspule,  genau 
geredet  unterKheiden  sich  an  jedem  gänseflügrl  fünf  poten,  die 


FEDERPRACÜT  — FEDERSPALZ    1406 

eckpose  oder  ortpose  (rjf.  .ecke  und  ort  tp.  23)  ist  die  sdüedr 
teste,  die  beiden  folgenden  heiszen  scblachtposen  und  sind  die 
besten,  darauf  kommen  die  beiden  breitposen  von  geringerer  gute. 

und  nichts  als  eher  fleaszt  aus  unsem  federposen. 
Websixe  64. 

FEDERPRÄCHT,  f.  splendor  pennarum. 

FEDERRECHNUNG,  f.,  auf  papier  gesdiridten,  im  gegensals 
zu  der  kopfrechnung:  dise  knnst  lehr  ich  meine  andächtige 
auch  nnd  bild  und  giesze  sie  also  in  iren  leib,  das  sie  die 
auch  on  rechenpfenning  und  federrechnung  erkennen  können. 
FiscBART  podagr.  trostbüchl.  1577  letztes  bl.  des  bogens  k. 

FEDERREICH,  pennü,  plumis  dires. 

FEDERRISZ,  m.  piäura  pennis  facta,  federzeichnung,  enlnmrf: 

man  musz  nicht  jedes  stuck  mit  färben  gar  folienden, 
der  freie  fäderrisz  und  tuschnng  steht  auch  woL 

ROXPLE*  hi. 

FEDERRITZ.  m.  erena  pennae,  federspaU.    Stiei^b  1595. 

FEDERRUSZ,  n.  fuligo  pennae,  ahd.  rnoz.  nl.  roet:  indem 
ein  poet  dein  lob  beschreibet,  gewinnest  da  flügel  wie  ein 
adler,  aber 

wann  dich  verehren  sol  das  federmsz  in  nöthen, 
so  geht  der  narrheit  für  die  freundschaft  der  poeten. 
BtnscHKT  Palm.  27u. 

FEDERSALZ,  n.  sal  plumeum,  das  in  nadeiförmigen  spitzen 
austcillert. 

FEDERSCHACHTEL,  /".  zur  außewakrung  der  schmuekfedem. 
FEDERSCHAR,  f.  eohors  penniUa,  alata,  das  geflügd,  federrieh  : 

kommt  nun  zogen,  kommt  geflogen, 

kommt  nun  her,  ihr  vögelein ! 
federscharen,  kommt  gefahren, 

all  so  nur  im  walde  sein'    Spes  Irtiitn.  274  (302); 
gleich  als  die  federscbar  zum  fliegen  ist  erkoren. 

K5irTELs  kurzgedicJile  2,7. 

FEDERSCHLÄG,  m.  motus  alarum. 

FEDERSCHLAGEN,  movere,  eoncutere  alas,  flauem,  prael. 
federschlagte,  vie  ton  rathschlag  rathschlagfe,  setzt  also  an 
ahd.  fedarslagön  voraus,     mhd.  bildlich  von  Ga«ran: 

der  Tederslagt  üf  iweren  klobn.    Parz.  425,21; 

und  weit  die  lerchen  erjagen. 

dö  hegunde  si  Tederslagen 

in  al  der  gebiere, 

als  ir  ein  titech  abe  wapre.    Beinhart  s.  293, 54 ; 

dö  gert  der  babich  Ton  der  hant. 

der  ritter  sprach  'mid  din  Tederslagen'.    LS.  2,515. 

FEDERSCHLEISZE.  /".  ramenta  jdumea. 

FEDERSCHLEISZER,  m.  qui  pennis  detroMl  plumas. 

FEDERSCHLEISZERIN,  f.  femina  plumas  carjens.  Stieler 
1S3S. 

FEDERSCHLITZ,  m.   crena  cdami,  federrüz.    Stieler  1S39. 

FEDERSCHMUCK,  m.  omatus  plumeus,  federkleid:  ihren 
federschmnck  rerleuret  sie.  Praetoritts  schwalbentrintcrq.  s.  SS. 

FEDERSCHMCCKER.  m.  plumarius.    Sheleb  1885. 

FEDERSCHNECEE,  f.  buccinum  dearium,  Olfasz,  eine  muschel. 

FEDERSCHÖPS,  m.  qui  plumis  aiienis  sese  omat  stulte :  dieses 
kam  unsenn  federschüps  nicht  ein  wenig  seltzam  für.  Lder- 
malz  166S  s.  1S9. 

FEDERSCHRAUBE,  f.  am  deutsehen  gewehrschUaz. 

FEDERSCHRIFT,  f  scriplura. 

FEDERSCHURKE,  m.  scriba  nequam:  der  Schreiber  war 
einer  der  gröszten  federschurken,  der  je  in  unserm  lande 
dintenkiinste  nnd  radiergewalt  ausgeübt.    Pestalozzi  2,  265. 

FEDERSCHÜTZE,  m.  ein  lauf  und  flug  oder  federscbütze 
beiszet  ein  solcher  Jäger,  der  sich  im  schieszen  so  per- 
feclioniert  hat.  dasz  alles  was  ihm  Tor  die  flinte  kommt, 
nicht  weit  mehr  hinweg  kann.  Heppe  Idlhund  168.  Döbel  3, 104. 

FEDERSCHWEIF,  m.  diese  (farbig  beäugten  fasanenschrreife) 
brachte  man  mir  schockweise  ins  schif,  legte  sie  mit  den 
köpfen  nach  innen ,  so  zierlich  gehäuft ,  dasz  die  langen 
bunten  federschweife  nach  auszen  hängend  im  sonnenglanz 
den  herlichsten  schober  bildeten.    Götue  27, 171. 

FEDERSEELE,  f  häum,  vicdulla  pennae.  Diefexbacb  277*, 
das  dünne  häutchen  im  federkiel. 

FEDERSIEGER,  m. 

unversuchten  stolzen  kriegcrn, 
aufgehlasnen  federsiegern.    Lessiüs  1,77. 

FEDERSPALT,  m.  SPALTE,  f.  erena,  ßssura  eaUnm  senphrii. 

FEDERSPALZ,  m.  SPALZE,  f.  das.^>eibe.  in  diesen  formen 
spalt  «nd  spalz,  spalte  «nd  spalze  bestätigt  sich  voBkommen  die 
tlen  sp>  1303  rorgetragne  idenlitU  ton  falteu  und  falzen;  gevdkr 


1407       FEDEJISPANNEU  — FEDERSPIEL 

kislet  Stieler  206S  auch  für  das  vcrbum  spalten  und  spaizen. 
mehr  nodi  unter  spalten  und  speit,  spelz. 

FEDEBSPANNER,  «i.  ein  uerkzcwj  der  uSirmacher. 
FEDERSPAT,  «i.  inolühus,  stiritim. 

FEDERSPIEL,  n.  aucupium,  spiel  in  der  bedeutung  von  litsl 
{die  lusl  der  vogcljagd)  oder  auch  von  streit  und  äc/iü ».</</(•/  ye- 
nummen?;  kein  ahd.  rodaispil  verzeichnet,  so  häufig  das  mhd. 
tederspil  vorkommt. 

l)  dieses  eiscJieint  nun  zwar  einigemal  im  angegebnen  sinn: 
scal  unde  vedirspil, 

des  ist  in  minis  horrn  hove  vil.    Ilolhcr  208; 
Würfel,  ros  nnd  vederspil 
triegeiil  olle,  swcrj  merken  wil.    Henner  12476. 

allein  auch  hier,  uic  sonnt  überall,  könnte  der  falke,  Sperber  ge- 
mcinl  sei«,  mü  dem  gebeiszel  wird: 

dA  w.Tren  ralken  veile 

und  ander  scticene  Tederspil.    Trist.  56,7; 

ir  hnnde  und  ir  vederspil 

da;  h.x'ten  si  ze  banden.    135,36; 

mit  hunden  und  mit  vederspil 

reit  der  gast  als  im  gezam.     Wigat.  1031 ; 

wir  warn  geriten  an  diso  stat 

ich  und  min  friunt  mit  vederspil.    4952; 

zwiu  sol  ich  eueren  hinnen 

ditz  schcene  vederspil?    Bit.  7003; 

wie  ungerne  Röedegfir 

arbeite  sich  mit  vederspil.    7035; 

lancve^jel  also  wol  geläa 

wart  nie  an  vederspil  gesehen.    13180; 

will,  zam  und  vederspil.    13316; 

wir  gerten  als  diu  vederspil.    frauend.  69,3; 

wan  ich  sie  geliehen  wil 

dem  schalkharten  vederspil, 

so  man  da;  ie  ba;  hat, 

ie  mür  untugent  e;  begät.    Helbl.  4,254; 

sus  vermeistert  6r  sin  vederspil.    IIaipt  7, 34? 

er  kaller,  fir  beller,  er  vederspil, 

da;  krimmet  und  doch  niht  vaben  wil.    8, 577 ; 

ich  wünsch  da;  im  kein  vederspil 

nibt  guot  müg  beliben, 

swä  er  bei;e,  da;  im;  vertriben 

diu  krä  und  da;  geliigel, 

ich  wünsch  da;  e;  die  flügel 

abe  breche.    Ls.  2, 427 ; 

wan  €r  grä;et  nach  ören  hie 

rehte  als  ein  vederspil  nach  vogcln  in  den  lüTten. 

MSII.  3,  lOV ; 
sie  baiszend  zu  der  krä  auch  undcrstunden 
zu  röchen  und  euch  zu  rappen, 
die  edelen  federspil  ir  freund  verwunden.    Laber  s.  197,129. 

einmal  wird  federspiel  spöttisch  sogar  von  einem  abgerichteten 
löwen  gebraucht,  Asprian  hatte  Constantius  löwcn  an  die  wand 
geworfen,  dasz  er  todl  niederfiel: 

'nu  warte,  wie  genir  hoveman 

diu  vedirspil  irzogen  hat'.    Holher  1168. 

in  einem  Uede  bei  Wackernagel  lesA.  966  {ausg.  4.  1169): 
das  federspil 
ist  worden  Stil 

i/cW  es  collediv  für  gevögcl,  ohne  bezug  auf  jagd. 

2)  nM.  lebt  das  worl  nur  noch  im  16  jh.  fort,  im  17  hört  es 
beinahe  auf,  Dasypohius  hat  es  sclion  nicht  mehr,  wol  aber  Frisuis 
136',  Maaler  129',  Heniscu  1035,41,  Stieler  20S7  und  sie  alle 
fi'ir  aucupium,  weidwerk  zum  vögeln,  federspiel  für  falke,  sftcrber 
oder  raubvogel  tiberhaupt  kommt  seltner  vor:  die  sich  sclbs  in 
allen  dingen  suchen,  ircs  Icibes  lustcs  in  bcgirden  pflegen 
und  wartend  als  eines  fedcrspils.  Keiskrskerc  se/en/iawd.  186'; 
so  der  habich  sich  muszet  und  die  ersten  fädern  fallen  laszt, 
wird  er  hüpscher  dan  vor,  also  auch  gemeinlich  alle  fiider- 
spil  werdenl  ie  älter  ic  schöner,  so  vil  von  fädcrspilen  und 
rüubigcin  gefügcl.  Stljipfs  chronik  291 ;  der  sjjcrbcr  ist  der 
klcinest  und  gcringcst  undor  den  gcbrüchlichen  fiiderspiln. 
ebenda  im  folgenden  capilel.  (iargantua,  als  er  die  sanften  wixcJie 
aufzählt,  sagt:  ich  brauch  auch  von  wegen  lindigkeit  der  federn 
dag  fcdcrspieL  Garg.  13fr',  deutlich  den  vogcl  meinend,  ander- 
wärts geht  es  rorzugs«ei»e  auf  die  jagd  selbst :  der  filkncr  sidl 
auf  das  federspiel  ein  sonderliches  bedächtiges  lleisziges  auf- 
aebea  und  aufmerken  haben.    FEiERAnEMU  falknerci  3' ; 

uro  gut  so  kauft  man  wa«  man  wil, 

•cböne  weih  und  fcih-rspil, 

adel  und  ehr,  auch  alle  ding.    Gömbs  meislerl.  2.12; 

ir  wisset  dasz  sich  die  beiden  ritlcr  fast  auf  das  federspiel 
grirgt  babeo  und  noch  tinin,  so  wil  ich  mit  Reinhart  den 
MwJieDdtu  Ug  UTsrhnfTen,  dasz  er  mit  scini  falken  binden 
rcitcQ  musz.   b.  d.  liel/e  Vi9,z;   die  ritlcr 


FEDERSPIEL  — FEDERSPULE 


1408 


sich  rüsteten  mit  allem  so  ihn  zum  federspiel  und  weidwerk 
dienstlich  war.  240, 1;  gedünkt  sich  der  adel  leutscher  nation 
des  gut  sein,  das  si  jagen,  müszig  geen  oder  reuterci  und 
federspil  treiben.  Frank  weltb.  46";  namen  spatzen  aus,  fiengen 
wachtclen,  triben  federspiel.    Garg.  193"; 

der  spatz  und  schwalbe  nester  macht 

zu  morgen  früh,  zu  mitteruacht, 

sie  hüpfen  auf  der  niisien, 

sie  singen,  kosten  doch  nicht  viel, 

ich  liebe  dieses  federspiel 

für  sieben  lautenisten.    Lancbeit^s  ged.  1,119.120, 

wo  es  vügelmusih  oder  Schauspiel  ausdrückt. 

3)  wol  zu  merken  sind  einige  angaben  alterer  jagdbücher  selbst, 
nach  welchen  es  weder  die  vogeljagd,  noch  den  jagenden  vogel, 
sondern  soviel  als  vorlasz,  fürlasz,  d.  i.  köder  bedeutet,  im  Frank- 
furter weidwcrkbuch  von  1582  2,  U'.  12'.  13'  heiszt  es  'voilasz  oder 
federspiel',  was  bei  Frisch  1,  253'  in  die  deutliclien  worte  gefaszl 
wird:  avis  ad  alliciendos  falconcs  ficlus  et  in  aerem  jactus 
laqueoque  retractus,  es  war  ein  blenducrk  zur  abricidung  des 
falken  auf  den  Vogelfang,  bei  HoniiERG,  wtkiwr  'vorlosz'  schreibt, 
3,2,352'  eine  nähere  beschreibung :  das  federspiel  anbelangend 
so  soll  der  falconier  den  vogel  auch  zum  federspiel  ange- 
wöhnen, es  ist  aber  das  federspiel  oder  vorlosz  ein  instrument 
gleichwie  von  zwei  zusammengebundenen  vogelQltigcn,  daran 
hanget  ein  vvindstrick  und  an  dem  ende  ist  ein  hUcklein  von 
haaren  gemacht,  mit  diesem  vorlosz  soll  man  den  falken 
fleiszig  locken,  so  wird  er  nicht  änderst  meinen,  dann  es 
sei  ein  lebendiges  hun  oder  sonst  ein  gleichförmiger  raub ; 
auch  bracht  er  Jäger  und  Jagdhunde,  auch  federspil  und  vil 
zeugs  zu  der  jagd,  das  in  Prcuszen  noch  nie  war  gesehen 
worden.  Waissel  pr.  chron.  52.  wahrsclieinlich  drehte,  wand 
und  band  man  zierliche  lockvögel,  das  erläutert  eine  vergleichung 
GoTFRiEDS,  der  Isot  schildert: 

suo;e  gebildet  über  al, 

lanc,  üf  ^ewnllen  unde  smal 

gestellet  in  der  wa?te, 

als  si  diu  Minne  dr.-ete 

ir  selber'zeiine  vederspil.     Trist.  274,23  und  dann 

der  Minnen  vederspil  Isöt.    301,31, 
federspiel  ist  spielvogel,  der  die  falken  lockt,  mit  dem  sie  spielen, 
und  wurde  gern  figürlich  gebraucld : 

nein,  fraw,  diesen  spilvogel 
wollen  wir  der  furstin  bringen. 

ged.  der  spiegel  Itinler  Altswert  161,29; 
spilent  als  diu  zarten  kint, 
dm  spilvogil  ir  muoter  sint.    Martina  23,8, 

wk  noch  s]Mler:  es  ist  doch  hübsch,  wenn  wir  ein  spiel- 
vögelchen  zum  groszvater  schicken.  Wlise  com.  probe  223. 
in  einer  urk.  von  1185  stchn  unter  den  zeugen  ei»  lleinricus 
Spilvogil  und  .\nn\vic  Vogelare  nebeneinander,  das  federspiel 
und  Jagdzeug  bei  Waissei.  wird  aucli  solche  gedrehte  vögel  oder 
gebundnc  fdliche  enthalten  haben,  wie  der  lüwe  ein  feilerspiel 
des  königs  konnte  das  cnkelclien  ein  spielvogel  des  groszvaters 
hdszen. 

FEDERSPIESZ,  ni.  spiesz,  daran  eisen  mit  langen  federn  ge- 
schlagen sind,  vgl.  federfechler:  federspiesz,  morgenslern,  eng- 
lische beil.  KiHCiiiiOF  mil.  disc.  29;  schlachtschwert,  feder- 
spiesz,   helmbarlen  und  andere  kurze  wehr.  112; 

da  Ihet  mir  der  wachmeisier  messen 

mit  scim  federspiesz  meint!  oliron.    Atrer  182*; 

auch  müszt  ir  selber  von  der  wand 

ein  fedrspicsz  nemcn  in  die  band.    Dkdekimd  miles  4,4. 

FEDERSPITZE, /".  n/icr /»cHnnc.-  die  federspitzc  richtet  mehr 
ubels  an,  als  die  schärfste  klinge,  wenn  sie  nicht  mil  treu, 
gewissen  und  bescheidenheit  gefilhret  wird.  Rutscukv  l'alm. 
32;  er  setzte  alles  auf  die  federspilze. 

FEDERSPITZKR,  m.  ihr  seit  rechte  federspilzer,  nUichl 
schreiben  was  ihr  wollet,  ihr  habt  ilarum  nicht  was  ihr  wollet. 
PiiiLANUER  l,5s4;  in  demselben  IrelTen  hielt  ich  mich  nicht 
wie  ein  federspil/.er.  der  nur  auf  ilas  dintenfasz  bestellt  ist, 
sundern   wie  ein  techlschnnener  soldaf.    S/m;>/.   K.  037. 

FEDKRSI'OREN,    ;-/.   miitelst  einer  elasli.<:chen  feiler  befestigte. 

FEDERSITLE,  f.  caulLt  pennae,  federkkl:  was  scdl  ich  vom 
herren  sagen  mil  federspulen,  was  für  ein  lied  soll  ich  von 
ihm  singen  ...  es  ist  schon  nicht  möglich  mit  der  lippr  /u 
sagen  was  mir  widerfahren  ist,  wie  soll  ichs  mit  dem  >;  ii.>  u 
ding  hervorbringen!    Göthe  an  frau  ron  .Stein  1,138; 

dn  kommt  ein  kind,  so  dürr  und  schlank 

will  ein«  fedcrspuln  : 

•ach,  liebe»  horrlein,  geben  »lo 

wir  eine  kleine  gubo".    Laromi.'«!  ged.  I,  t(.4, 


1 409  FEDERSPÜLENHÄ.\DLER— FEDERWAT 


FEDERWAT  —  FEDERWISCH 


1410 


FEDERSPULENHÄNDLER,  m.  der  schreibfcdern  feU  hat. 
FEDERSTAAR,  m.  calarrada  plumea,  eine  art  slaaiblindheil. 
FEüERSTAHL,  m.  dünner  stahl  zur  feder  ausgetcalzl,  Stahlfeder: 

denn  der  snhnellt  aus  wie  federstabi, 

sein  schwerthieb  ist  ein  wetterstrahl.    Bürger  51'. 

FEDERSTÄUR,  m.  von  stiebenden  federn,  auch  die  feinsten 
pflaumfedern  heiszen  so. 

FEDEHSTÄURER,  vi.    1)  Staubbesen.     2)  pflaumfedernlidndler. 

FEDERSTEIX.  m.  nervus  conchae  margantiferae. 

FEDERSTIERIG.  itnpexus,  dem  federn  im  haar  hängen,  federn 
aus  dem  Itaar  stieben:  sobald  er  aufstund  und  noch  leilach- 
gieng  und  federsliebig  gewesen,  musten  sie  an  allen  ecken 
mit  den  ketten  und  schrauben  an  den  flaschen  rasseien  und 
mit  dem  decke!  auf  der  kandel  klöpfelen,  dasz  er  den  köpf 
umbwarf,  wie  ein  tauber  vor  dem  schlag  und  vor  freuden 
gleich  erhupfle,  erlupffe,  erschupfte.    Garg.  112*. 

FEDERSTIFT,  m.  am  federhaus. 

FEDERSTILL,  traiujuillus,  windstill:  das  meer  ist  fäderstili, 
aequiir  slratuni  silet.    Maai.er  129'. 

FEDERSTOCK,  m.  lei.<le  am  slrumpfteirkerstuid. 

FEDERSTRAISZ,  m.  federbusch. 

FEDERSTREICHER,  blandiens,  tcie  federleser,  der  einem  die 
federn  abstreicht,  auch  flaumstreicher,  nl.  pluimstrijker: 

zu  hant  so  werdent  das  gewar 
die  lederstricher  balde  dar. 

erzählungen  herausg.  von  Keller  549,11. 

FEDERSTREIT,  m.  tras  federkampf,  fedcrkrieg. 
FEDERSTRICH,  m.  linea,  zug  mit  der  feder:  es  kostet  einen 
federstrich;  mit  einem  federstrich,  «na  literarum  siguificalione ; 
den  wep 
aus  diesem  kerker  schnell  sich  aufzuthun 
mit  einem  federstrich.    Scuillkr  4U(j'. 

FEDERSTCCK.  n.  Meiner  eiserner  keil. 

FEDERSTLTZ,  tn.  was  federbusch:  mit  hoben,  weiszen 
federstützen  gczicret.  Menantes  qa/.  «c// 1702  «.  129.  die  zweite 
ausg.  von  1749  s.  129  ändert  in  federbüscben :  endlich  schwenkte 
sich  als  voressen  oder  vorbericht  der  suppe  die  rosabackige 
physikussin  in  die  Stube  herein  mit  3  oder  4  esprits  oder 
federstutzen.    J.  P.  Tit.  l,  194. 

FEDERSTl'TZER,  m.  plumarius,  federschmücker. 

FEDERTODSCHLAG,  m.  weiber  begehen  zwar  zungen. 
aber  selten  federtodsclilag.    J.  P.  jubeisen.  50. 

FEDERTOLLE,  f  crisla:  eine  art  von  papagei,  der  sich 
vor  anderem  durch  eine  sehr  hohe  federtolle  auf  dem  köpfe 
unterscheidet.    Campes  kindcrschr.  IS,  69. 

FEDERTRÄGER,  m.  pleronia,  pflanzen  mit  haarförmiger  samen- 
krone,  'mit  einer  braut  im  haar'. 

FEDERTRIEB,  m.  treibende  kraft:  gleich  allmächtig,  wie 
dort  in  der  todten  Schöpfung  ewgem  federtrieb.  Schiller  . .  . 
vgl.  triebfeder. 

FEDERTl'RMER,  n.  federkampf:  die  v^eiber  haben  allezeit 
den  obristen  ort  und  stelle  inne,  ausgenommen  im  feder- 
thurnier,  da  liegen  sie  unten.    Ol.  Vabiscls  c/An.  mundi  3,  is. 

FEDERTUTE,  f.  conus  pennaceus. 

FEDERUHR,  f  die  in  einer  feder  gelU. 

FEDERVIEH,  n.  besliae  volaliles,  das  zahme  gefiügel  in  der 
hausiialtung. 

FEDERVOGEL,  m.  von  einem  menschen,  der  mit  federn  be- 
deckt ist,  s.  federweib: 

wohin,  woher  du  schöner  federrogel? 

ScuAiBACU  nicders.  sagen  s.  303. 

FEDERVÖGELCHEN,  n.  alucita,  phalacna. 
FEDERVOLK,  n.  aves,   volatilia,   die  federschar,   federbursch, 
die  rögcl: 

das  rege  federvolk  das  sang  mit  süszen  stimmen 

den  jungen  tag  laut  an,  der  lisch  der  gi<'rig  zu  schwimmen 

aus  seinen  ufern  vor.    der  frosch,  derVäscher  rief, 

es  war  schon  alles  auf,  nur  ich  lag  noch  und  schlief. 

Flemüig  52; 
Diane  steht  erblaszt,  die  raorgenröthe  lacht 
den  grauen  himmel  an,  der  sanfte  wind  erwacht 
und  reizt  das  federvolk  den  neuen  tatr  zu  prüszen. 
Ghvpimis  2,327. 
spätere  dicidrr  meiden  diesen  natürlichm  ausdruck. 
FEDERWAGE,  f  die  durch  eine  feder  bewegt  wird. 
FEDERWASSERGAKN,  n.  mtjriophyllum  verlicillalum,  feder- 
ball,  wassergarn,  wassertauscndblatt,  eine  Wasserpflanze,  die  älin- 
Hrhkeit  mit  federn  hat. 

FEDERWAT,  f  und  n.  veslis  plumea,  tegmen  plumeum,  belt- 
getrand,   sotrol  das  gefieder  des  wgdt  selbst,  als  die  daraus  be- 
reitete decke: 
III. 


tnltd.  ouch  ein  bette  vil  gerüege 

Gaweiu  von  richer  vederwiete 
bereit  was.    kione  14Sö4; 
niwan  ein  bette  vant  er  stän 
mit  so  rilicher  vederwät, 
dag  diu  werlt  niht  be;??er  bat.     2SS30; 
unde    alle;   harnasch   unde   vüderwat    unde   geschiilze,    da; 
wellent  die  Mute  ü;  stille  erheguot  sin.  Schw.sp.lAt,  Wackerv. 
nlui.  leszt  mir  kein  kleit  noch  lederwat, 

weder  kandel,  scbussel  noch  bausrat.    fasln.  256,24; 
da  ich  auf  die  dillen  trat, 
da  vand  ich  die  guoten, 
ich  viel  in  die  vederwät, 
das  mir  mein  knie  ward  pluoten. 
ich  lebtt  in  der  wünne, 
die  vederwät  was  dünne, 
ich  niöfl  an  Crist  Ton  himel, 
das  ich  ir  entrünne.    Häizlerin  45"; 
in  Wollust,  gfüU  und  fäderwat.    Brant  26,90; 
das   beste   haupt  vieh   ohne  eines,   oder  hält  er  kein  vieh, 
das   best   fäderwat   ohne    eins  vierzüpiig.    oder  hält  er  kein 
fäderwat,  so  git  er  sein  kislen  u.  s.  w.  weislh.  1,  657  (t^i.  l,  240) ; 
an  pelgewanl,  federwat  und  leinera  ding,  theilungherrn  Wüib. 
PirÜieimers.   zum  andenken  W.  P.  Nürnb.  1828  s.  49 ;  sie  wollend 
mit   der  zeit   die   sach   dabin   bringen,   das  er  on  federwat 
hausen  {kein  bett  haben)  sol.    Wirscng  Calislus  a6; 
mein  sön  alle  drei  spat  und  fru 
ziehen  mir  alle  ding  zu  rat, 
speis,  trank,  kleider  und  federwat 
kostlich  und  übertrellich.    H.  Sachs  IIL  2,36'; 
dasz  mit  dem  adler  auch  sich  seine  junge  wagen, 
in  neuer  läderwat,  bin  in  die  freie  lufl."  Rompler  103; 
zuletzt  in'U  einer  falschen  pluralform  nocli  im  anfang  des  Is  jh. : 
als  ein  gewisser  rab  den  käs  vom  fenster  stahl 
und  asz  denselben  gern  auf  hohem  bäum  zum  mahl, 
so  sähe  den  der  fuchs  und  lieng  so  an  zu  reden  : 
'o  rab,  wie  hast  du  doch  so  schöne  federweden  I ' 

Melanders  niythologia  parnenetica.  Eisenberg  1712 
angeführt  bei  Gellert  1, 15. 
j.  federgswarid. 

FEDERWEHR,  f  fcderwaffe:  desgleichen  der  ziehvatter  aller 
latinischen  poeten,  der  podagramisch  Ennius.  in  maszen  von 
im  Horat.  so  mit  gleicher  weinlaug  gewaschen,  schrtjihet, 
dasz  er  nie  hab  sein  federwehr  geschliffen  und  ein  dapfere 
Schlacht  in  reimen  angriffen,  er  hab  dann  vor  ein  gesetzlein 
gepfiffen  (seidel  getrunken).    Garg.  23', 

Ennius  ipse  pater  numquara  nisi  potus  ad  arma 
prosiluit  dicenda.    llor.  epist.  I.  19,  7. 

FEDERW'EIB,  n.  mit  federn  bedecJd:  guten  tag  federweib, 
wo  kommst  du  her?    Schambacu  ns.  sagen  303. 

FEDERWEICH,  plumeus. 

FEDERWEILER,  m.  federschmücker,  von  weilen,  velare. 

FEDERWEISZ,  n.  asbestus  fragilis,  alumen  plumosum :  denn 
das  alumen  plumosum,  das  man  sonst  fcderweisz,  pliant 
oder  salamanderhar  pflegt  zu  nennen,  das  braucht  man  zu 
düchtlin.  die  nicht  verbrennen,  daher  man  es  das  ewige  licht 
nennet.  Mathesils  123'  (lU') ;  so  man  feder\veisz  oder  gespalten 
alaun  in  den  wein  thut,  das  macht  ihn  beständig  und  wehret 
ihm,  das  er  nit  zu  essig" werde.  HERR/eM/)au  6S';  federweisz 
und  erdflachs  ist  leichtlicher  zu  leschen,  als  mein  erbsün- 
diger durst  von  multerleib.  Garg.  lOl' ;  vermittelst  eines  groszen 
brennspiegels  innerhalb  wenig  augenblick  holz  brennend, 
steine  glüend,  stahel  und  eisen  flieszend,  beine  und  unver- 
brennliches  federweisz  zu  glas  machen.  Lohesst.  Arm.  2, 1615. 
am  Rhein  federweisz  vom  schäumenden  moste. 

FEDERWERK,  n.  1)  der  hausfrau  federwerk.  Garg.  74', 
die  mit  federn  gefüllten  kissen  und  belle?  Stieler  2556  hat 
federwerk  für  opus  plumarium,  aber  auch  für  aucupium. 

2)  das  gerijgel:  sobald  die  morgenrölhe  den  tag  ankündiget 
und  durch  das  leichte  federwerk  mit  lieblichstem  getön  gleich- 
sam anblasen  lasset,  erwache  ich.    Butschry  kanzl.  433. 

3)  rad  und  federwerk.  Brockes  3,239.543;  mein  anstand 
und  bangen  vor  der  that  gehört  mit  in  die  feinern  feder- 
werke, die  das  rad  ein  wenig  einhalten.   Fr.  Müller  2,  93. 

FEDERWILD,  n.  volucres  silvestres,  eszbare  vögel,  wUdes  ge- 
flügel.  nicht  zu  verwecfiseln  mit  federspiel,  den  raubvügeln. 

FEDERWILDDRET,  n.  dasselbe,  wie  Stieler  2419  schreibt 
federwilpcrt :  der  nachdrucker  könnte  sich  über  die  privilegiert 
als  eingriffe  in  seine  koppeljagdgercchtigkeit  des  fedei^ild- 
prets  beschweren.   J.  P.  herbstbl.  3, 121. 

FEDERWINDE,  f  comolvulus  pennatus. 

FEDERW  INDER,  vi.  was  federspanner. 

FEDERWISCH,  m.  ala  anserina  verrendo  scrriens:  er  lat 
scbieszen,  wie  vast  mau  wil,  und  wuscht  die  scbüsz  all  mit 

89 


1411 


FEDERWISMUT— FEEREI 


FEGE  — FEGEN 


1412 


eim  fedcrwüscL  dannen.  Kexsersb.  Marie himelfarl  10'  (wischten 
sie  mit  besen  hindan.  HiLDEimAND  rott.'./.  5.  4S);  das  man  mit 
einem  fedderwüscli  liinach  keron  künde.  LcTiiEn  8,  240*;  alle 
Jungfrau,  die,  als  man  im  Sprichwort  sagt,  federwisch  vor  der 
iiell  feil  hat.  facetiae  faceliar.  393 ;  so  lindt  man  aliweg  fadcr- 
wüscJi  und  fuchsschwenz,  die  den  falwen  hengst  sirichend. 
Fbank  sfn-iditr.  2.107'; 

die  federwisch  die  nützt  man  aurh, 

und  siud  beiii  .«schreibern  stets  in  brauch.    Albercs  ir)3*; 

doch  hat  der  arme  fedenvisch  auch  seinen  gewissen  ort  hindcr 
der  thüre  und  kan  man  dessen  nicht  gar  entberen,  will  man 
änderst  dasz  die  kostbare  Sachen  jemalen  entsliiubet  und  bei 
ihrer  zicvde  sollen  erhallen  werden.  Philandeb  in  der  zueiijnung. 
ryl.  fledcrwisch. 

FEDEU\\lSMLiT.  «j.  fedcrarlig  geslrriflcr  u-ismut. 
FEDERWOLKEN,   cimts,   dünne,   flockige  wölken,   die   sonst 
auch  lämmerwolken  oder  schiifchen  hciszen,    als  zögen  Idmmer 
über  den  liimmel  oder  lägen  federn  daran  ausgestreut. 

FEDER VVLUM,  m.  findei  sich  in  allen,  icenig  yebrauclUen 
betten,  in  reruillernden  scitrdnken. 

FEDERZÄHNE,  crenae  pennarum :  die  fcder  reiszl  zahne, 
einen  gezahnten,  ungeraden  spalt. 

FEDERZANGE,  f.  pincette,  klüppchcn.  KAitMARScH  1,  223;  um 
mit  einer  federzange  den  reifen  slaar  aus  den  nugen  der 
Völker  herauszuholen.  J.  V.  pajiierdr,  1,  42.  mehrere  liandwerker 
u.  a,  die  Orgelbauer  bedienen  sich  einer  fetU«rzange. 

FEDERZÄNGELCHE.N,  rt.  dasselbe:  dasz  ich  aus  dem  hauple 
meiner  gattin  mit  den  bloszen  fingern,  wie  mit  fcderzängel- 
chen.  so  viel  haare  aushob.  J.  P.  papierdr.  1,  213. 

FEDERZEICHNUNG,  f,  piclura  calamo  facta:  meis'.erhafte 
blcislifts  und  federzeichnungen.    Güthe  44,  23S. 

FEDERZINS,  tn.  zins  an  federvieh,  rauchhuhn,  leibhuhn.  auch 
sporlula  notariorum.    Hai.taus  444. 

FEDERZIRKEL,  m.  dessen  schenke!  durch  eine  bogenförmige 
feder  verbunden  sind  und  mit  einer  schraube  festgestellt  werden 
können.    Karmahsch  1,  227. 

FEDERZL'G,  m.  uic  federsfrich: 
ein  federzug  von  dieser  band 
und  neu  erschaflen  wird  die  erde.    Schiller  .  .  .; 
so  ward  im  federzug  des  tags  ercigiiis 
mit  süszen  werten  ihr  ein  frcundileh  gleichnis. 

GöTHK  laneliucli  )MU  vers  2. 
FEE,  f.  dira,  parca,  haibgöliin,  nach  dem  fr.  fee  für  fata 
{wie  nee,  armee  für  nata,  arinata),  ü.  fata,  sp.  hada,  vgl. 
mylhol,  3S2.  383.  mhd.  bei  einigen  dichtem  feie,  bei  andern 
feine,  die  heutigen  dichter  setzen  meistens  fee,  zuweilen  noch 
das  Kollautendcre  fei : 

die  liülte  ward  zum  schlösse, 

der  leich  zum  silbersee, 
mein  Steckenpferd  zum  rosse, 

die  nachtigall  zur  fee.    Mattrissok; 

sieh  doch,  sieh  das  schöne  gemäuer  dahinten  I  ists  doch  als 
wenn  die  fecn  es  hin  gehext  hätten.    Göthe  14,  82.     der  oft 
yebildeten  zusavjmcnsetzungen  mögen  ein  paar  genügen. 
FEENARM,  m.  brachium  divinum: 

ach  in  ihren  fecnarraen 

nur  zu  ruhen,  ohne  schuld.    Bürger  72'. 

FEENHAFT,  magicus,  venuslus. 
FEENKIND,  n. 

ich  kannt  ein  seltsam  feenkind, 

es  war  so  klein  und  zart, 

und  wechselte  wie  lullt  und  wind 

gestalt  und  Sinnesart.    A.  W.  Schleckl  1,212. 

FEENLAND,  n. 

im  feen  und  zauberlond.    Göthb  2,286. 
FEENM.\RCHEN,  n.  conte  de  f(e, 
FEENSCHLÖSZCHEN,  n.    Gotter  3, 144. 
FEENWELT,  f.    eine  reizende  fecnwclt.    Göthe  14, 181. 
FEEREI,  f.  fr.  feeric:    nun  wahrhaftig,  rief  schah  Gebal, 
wenn    dies   nicht   durch    fcerei  zugieng,    so  möchte  ich  wol 
wissen,  wie  Tifnn   es   machte   solche  Verwandlungen  zu  be- 
werkstelligen.   WiFLANn  7.  209 ; 

nifhl  srhrtner  lag,  durrh  doppelte  gcwalt 
der  fcen-i  und  Hcluuiheit  überwunden, 
der  wolluitathmeiidc  Hiriald 
von  «einer  zaiiherin  umwunden.     10,130; 
beim  Clement !  es  ist  ein  wahrer  spasz  auf  der  feerei  hemm 
zu    wandern.    11,214;    es    ist  die  heischende  meinung,    dasi 
die  «cigenanntc  opera  scria  ein  werk  der  fcerei  sein  müsse. 
2ii,  237 ;  tretet  dann  ins  gemach  der  französischen  schule,  ob 
ihr  nicht  taumelt  bei  der  feerei  des  nufziig«,  ob  ihr  nicht  aus 
der  betten  gesellscbafl  unter  gccken  koiatnl?    SStirz  2,331, 


FEGE,  /".  purgalio:  die  fege  des  graben?,  des  leiches  vor- 
nehmen, in  der  Eifel  die  fecg,  reinigung  beim  lliier.  Schmitz 
224.  auch  ein  sieb  zur  reinigung  des  gelraides,  kornfege:  man 
musz  auch  das  getraide,  das  man  malen  wil,  zuvor  durch 
die  fege  laufen  lassen,  dasz  der  staub  heraus  kompt.  Colercs 
immerw.  calcnder.  Frankf.  1640  s.  9.  das  nnl.  veeg  ist  m.  und 
bedeutet  zumal  einen  .itrcich,  visch,  hieb,  Wolter  oorveeg,  unser 
ohrfeige  für  olirfcgc. 

FEGEBANK,  m.  sjwlialor:  obwol  denen  raumaufcn  und 
fcgbänken  (/.  fegbanken)  viel  dings  nicht  nutzet,  lassen  sie 
es,  ihrer  gewohnheit  nach,  nicht  dahinden  bleiben.  Kirchhof 
mil.  dise.  130. 

FEGERÜRSTE,  f.  scopae  .vlaceae,  dän.  feiebörsfe. 

FEGEDRECK,  m.  sordes,  quisquiliac,  kehrichi,  unraih  der  aus- 
gefegt ist. 

FEGEFASZ,  n.  cupa  sordihus  amovendis,  auch  waschkufe, 
mhd.  vcgevaj: 

sin  iscngcwant  da?  hiej  man  tragen 

Iialde  in  ein  vegeva?. 

mit  solhcni  llije  vcgct  man  da}, 

daj  ej  wart  liHer  als  ein  is.     Wigul.  114,17. 

FEGEFEUER,  FEGFEL'ER,  n.  purgalnrium,  it.  sp.  purgatorio, 
fr,  piirgatoire,  engl,  purgatoiy,  ir.  purgadoir.  alid.  fegafiuri 
erscheint  noch  nicht,  mhd.  vcgeviur  wird  wb.  3,333  belegt;  nnl, 
veegvuiir,  nd.  vegviir.  isl.  skirslueldr,  schw.  skärscid.  dän. 
skilrsild.  poln.  czysciec  (woher  lit.  czysczius),  böhm.  ocistec, 
russ.  Ischistilischthe.  die  Vorstellung  eines  gleidi  nach  dem  lodif 
des  menschen  eintretenden  reinigenden  feuers  war  den  ersten  vier 
oder  fiinf  Jahrhunderten  völlig  unbekannt,  von  Auguslin  nur  ein- 
mal hingeworfen  festigte  sie  sich  seil  Gregor  d.  gr.  zum  dogma 
(GiESEi.ER  I,  2,  433) :  der  gestorbene  steckt  im  fegcfeuer,  gebetc 
können  ihn  daraus  erlösen ;  ein  teil  {der  oblatc)  leget  er  {der 
pric^ter)  uf  die  palena,  da5  bczeichcnt,  daj  unser  herre  sich 
da  opferte  für  die  seien,  die  in  dem  vegefiure  sint.  hüile- 
buorh  85;  die  scolen  die  im  fegfeuer  um  ir  schuld  und  ver- 
Säumnis pcin  leiden.  Keisersr.  seelenpar.  57';  ir  meinen  ich 
sei  ein  mensch,  so  bin  ich  ein  geist  aus  dem  fegfeuer.  seh. 
u.  ernst  1546.  85;  das  fegfeuer  und  die  hellischen  ding  bei 
den  nageln  abmalen,  als  seien  sie  in  derselben  gemein  vil 
jar  umzogen.    Frank  lob  der  torh.  53*. 

oft  figürlich  für  quäl  und  pein :  er  fühlte  sich  wie  im  feg- 
feuer; schöne  weiber  sind  ein  paradies  der  äugen,  eine  hölle 
des  gemüths,  ein  fegefeuer  des  beutels;  er  hat  sein  fege- 
feuer  im  hause  {ein  böses  weih) ;  nun  eröfnet  ihr  die  Dämmen 
eurer  höllen,  eurer  fegefeuer.    Götiie  20,266; 

für  diesmal  war  es  nur  ein  tropfe  fegefeuer.    12,  11(5. 

FEGEFEUERFLUSZ,  m.  die  brücke,  die  die  Vergessenheit 
über  den  hüllen  oder  fegcfcuerllusz  des  kummcrs  schlägt. 
J.  P.  biogr.  bei.  1.  27. 

FEGEFEUERKIRCHWEIHE,  f.  und  darnach  gieng  er  mollen 
fangen  und  reist  zu  scim  meister  auf  die  fegfeurkirben  ins 
scclfegcrland  oder  daselbst  umher.    Fischart  bienenk.  218*. 

FEGEFEUERLEBENS.MINUTE,/".  eine  fcgfeuerlebensminute. 
J.  P.  Tit.  2.  21G. 

FEGEFEUERNACHMITTAG,  m.  er  wurde  beim  allgemeinen 
Jammer  über  einen  solchen  fegfeuernaclimiltag  immer  ver- 
gnügter,   ttns.  löge  1,  87. 

FEGEFEUERSTUNDE,  f.    Tit.  3, 173. 

FEGEHADER,  m.  panni«  ad  tergendum,  fegclapfic,  wUchlumpe. 

FEGEHAMMER,  m.  in  salzwcrken  ein  hammer,  womit  die 
pfanne  gefegt,  der  salzstein  abgescIUagen  wird. 

FEGEKRAUT,  n.  eqnketum,  kannenkraut,  womit  kannen  und 
zinngefiisze  gescheuert  werden. 

FEGELAPPE,  m.  fegehader. 

FEGEMCLE,  /■.  die  gute  Lcnette  war  eine  lebendige  Wasch- 
maschine und  fegemüle.  J.  P.  Siebenk.  2, 19 ;  die  wenigen 
paar  gläscr  setzten  Schoppens  fegemüle  mil  allen  rädern  in 
gang.    Tit.  1,24. 

FEGEN,  purgare,  mundare ,  rein  oder  schön  reiben,  wie 
purgare  zu  purus,  mundnrc  :i«  mundus.  scheuern  —-  goth, 
skeirjan  zu  skeirs,  gehörig  zum  golh.  fagr»  ofrf«.».  aJut.  fagar 
pulrher,  ags.  fäger,  engl,  fair,  und  nah  rerwimdl  mit  fügen 
ajAare.  ahd.  fuogan,  mhd.  vüepcii.  also  ein  fagan  func  rornus- 
srlzend.  das  wiederum  auf  älteres  felian  fah  fähun  =  <;»<*.  faihan 
fall  fihun  zurückgehl,  viihr  hiervon  und  ob  rs  sich  auch  mU 
fahan  faifali,  n/irf.  fAhan  lienc  lierührrn  könne,  unter  fügen. 

weder  goth.  fagjan  fagida,  noch  ahd.  fegnn.  fegila  begegnen, 
dürfen  aber  ^•mulhumit  werden,     altn.  fu;jja  fa'g.li  mit  langem 


1413 


FEGEN 


FEGEN 


1414 


vocd  würde  gothisdiem  fehjan  entsprechen  und  lautet  schw.  feia, 
ddn.  feie.  mhd.  vegen,  mit  dem  elaut  von  legen,  regen  (mocere), 
wegen  (commovere),  nhd.  fegen,  icie  legen,  regen,  bewegen, 
renn  gleich  .Maaler  und  Frisics  Ugea  schreiben ;  locab.  ex  quo 
(ElttU  1469)  gibt  feigen,  eruderare,  rudera  ejicere  und  uszfeigen, 
uie  auch  Aleercs  im  barfüszer  Eulenspiegel  264  feigfewr  neben 
fegfewer  darbietet  und  wie  sich  feige  in  ohrfeige  erhielt,  selbst 
dies  ei  zeugt  für  e  {gramm.  1,  lOT.  1S5)  und  gegen  e. 

1)  Schwert  und  waffen  fegen,  polire  ensem,  arma  {fr.  fourbir, 
mhd.  fflrben) : 

mhd.  der  mordere  niete  ein  svrert  impor 

wol  gevfcget  uüde  scharf,    pass.  U.  366,88; 

si  biejen  ir  isengwant 

vegen  unde  riemen.    Er.  2409; 

si  hieben  die  halsperge 

schcene  machen  unde  vegen  (  :  rtgen).    Eracl.  44S1 ; 

wol  sest:plet  ir  swert, 
geveget  ir  halsberge.    Herbort  S701. 
nhd.    do  koufe  den  bengst,  dort  beslach  das  pfert, 

do  vage  den  harnscb,  do  vege  das  swert.    namenbuchl.  s.  126; 

herr  Eisengrein,  wie  far  ir  so? 

ich  lier  mich  nil  an  eur  dro, 

ja  ich  trag  auch  ain  gneiten 

hie  an  meiner  seilen, 

den  wil  ich  lassen  fegen 

und  hat  mirn  der  regen 

und  der  wint  verderbt. 

ich  sich  dort  ain  maister  stan, 

den  wil  ich  mirs  vegen  lan.    fastn.  426,  26 ; 

'mein  swert  ist  mir  verrost. 

was  mich  das  gen  euch  liost, 

das  solt  ir  mir  vegen, 

das  Ion  will  ich  euch  gern  geben'.    427,8; 

das  Schwert  ist  gescherft  und  gefegt,  es  ist  gescherft,  das 
es  schlachten  sol,  es  ist  gefegt,  das  es  blinken  sol.  Ez. 
21,  y.  lu;  aber  er  hat  ein  schwert  zu  fegen  geben,  das  man 
es  fassen  sol,  es  ist  gescherft  und  gefegt,  das  mans  dem 
todscbleger  in  die  band  gebe.  21,11;  einem  den  barniscb, 
panzer  fegen  hiesz  auch  figürlich  ihn  übel  mitnehmen,  ihn  ab- 
strafen, ihm  den  buckel  fegen: 

ich  wil  den  barniscb  dir  basz  fegen.    H.  Sacbs  1, 2.;4*; 

so  müst  man  dir  den  hämisch  fegen.    1,230*; 

im  ward  der  haruisch  wol  gefegt.    1,516"; 

wir  wollen  dir  dein  gelter  fegen.    1,473'; 

das  glas  das  ist  mein  degen, 
die  kanne  mein  pistol, 

die  klinge  kann  ich  fegen 

und  hiermit  scbieszen  wol.    ped.  sc'iulftichs  214. 
j.  schwerlfeger. 

2)  gold  fegen,  reinigen:  und  wil  Iculern,  wie  man  silber 
leutert  und  fegen,  wie  man  gold  feget,  vulg.  et  nram  eos 
sicut  uritur  argenlum  et  probabo  eos  sicut  probatur  aurum. 
Zachar.  13,9. 

3)  das  gehöm  fegen:  der  hirsch  schlaget  oder  feget  sein 
gehörn,  um  solches  gegen  den  august  von  dem  rauhen  hast 
zu  reinigen,  welche?  auch  von  den  d3rahir^chen  undrehböcken 
geschiehet.  Heppe  wolredender  jäger  260;  der  hirsch  so  er 
sein  gehörn  wieder  aufgesetzt  und  vereckt  hat,  so  schiegt 
oder  feget  er  den  rauhen  hast  ab.    Dübel  1,  8. 

4)  den  magen  fegen,  reinigen :  ein  gläschen  nim  fegt  den 
magen; 

wiliu  mir  volgen,  so  mustu  den  magen  fegen,    fastn.  62,  1; 

des  musz  ich  dir  dein  magen  fegen.  H.  Sachs  1,466*. 
altn.  fsegja  sär,  mundare  vulnera,  die  wunden  säubern,  reinigen ; 
das  hirn  fegen:  und  betten  mer  von  niiten  der  nieswurz, 
das  sie  das  hirn  fegten.  Yra^k  lob  der  lorh.  ii* ;  wollen  ihnen 
den  rücken  fegen  und  nachjugen.  Garg.  265',  wie  es  daselbst 
auch  hciszt  einem  die  Qüh  abstreichen  und  vorhin  einem  den 
hämisch  fegen. 

5)  darumb  feget  den  alten  sawrteig  aus,  auf  das  ir  ein  newer 
teig  seid  (vulg.  expurgate  vclus  fermentum,  goth.  ushraineij) 
})ata  fairnjö  beist).  1  Cor.  5,  7 ;  und  musz  meine  band  v^ider 
dich  keren  und  deinen  scbawm  nufs  läuterst  fegen  (ri</^. 
excoquam  puram  scoriam  tuam).    Es.  l,  25. 

6)  die  aschc,  den  staub,  den  unrath  fegen,  tergere,  rerrere, 
wischen,  kehren :  sie  sollen  auch  die  ascben  vom  altar  fegen 
und  eine  scharlacken  decke  drüber  breiten.  4  Mos.  4, 13 ;  er 
wird  seine  tenne  fegen  und  den  weizen  in  seine  Scheunen 
samlen  {vulg.  et  permundnbil  aream  suaro,  ahd.  inli  gisftbirit 
sin  tenni).  Matth.  3, 12.  Luc.  3, 17  {vulg.  et  purgabit  aream 
suam,  yolh.  gal)rainei|)  ga{)rask  sein) ; 

beuiel  und  schenne  war  gefegt 

und  baitcu  keine  ehre  eingelegt.    Göthi  2,284; 


was  meint  der  himmel  doch  mit  so  gehäuftem  regen? 
wil  von  des  krieges  schmutz  belleckte  weit  er  fegen? 

LocAU  2,6,13; 
und  es  feget  den  zarten  staub  ein  sträubender  borscbtwisch. 
Zacharü  l,2t;7; 

das  haus,  den  saal,  bof,  die  gasse,  die  stube,  das  zimmer 
fegen,  kehren,  tische,  bänke,  stuhle  fegen,  wisdien;  es  ist 
schon  alles  gefegt,  es  ist  noch  ungefegt ;  feur  machen,  unsubre 
ding  als  kleider  imd  dergl.  reinigen.  Keisebsberg  Jf/enp.  14'; 
da  hilft  auch  kein  waschen  noch  wischen,  fegen  noch  keren, 
Lcther  3,  311';  das  auch  gott  selbs  die  ganze  weit  wil  mit 
fewr  fegen  und  reinigen.  3,  ISO' ;  mancher  kehrt  und  fegt 
auswendig  vorm  haus  und  inwendig  läszt  ers  ungefegt.  Leu- 
MAXJJ  100;  kehre  jeder  vor  seiner  eignen  thür  {ehe  er  andere 
tadelt),  ddn.  feie  for  sin  egen  dör.  etliche  zur  thür  hin- 
aus gefeget  wurden.  Felsenb.  2, 366.  den  bodcn  fegen  {von 
sich  selbst)  Iteiszt  auch  den  boden,  den  platz  räumen,  putzen, 
sich  aus  dem  staub  machen,  rerscliiedentlich  besieht  ein  unter- 
schied zwischen  kehren,  streichen,  fegen  und  wischen,  staubiges 
geräth  wird  gewischt,  nicA/ gefegt  orfer  gekehrt  (rfocA  abgekehrt) ; 
die  Stube  ist  schon  gestrichen,  ausgestrichen,  gekehrt,  ausge- 
kehrt, im  Unterelsasz  gilt  fegen  für  trocken  kehren,  im  Sundgau 
für  aufwaschen,  mit  wasser  aufputzen,  ron  zimmern  und  treppen, 
und  trocken  kehren  hciszt  wischen,  einem  die  schuhe,  Stiefel, 
füsze  fegen,  abkehren,  abstreichen,  abwisclien,  ptilzen.  ähnlich 
unterscheiden  sich  die  substantiva  feg.  wisch  und  streich. 

7)  flüsse,  buche,  graben,  brunnen  fegen,  tön  schil/  reinigen 
und  den  schlämm  ausiteben :  item  die  von  Agersheim  sollen 
den  Rein  fegen  bis  gein  Studernheim,  die  von  Studemheim 
bis  an  die  eichholzgraben.  die  von  Edikheim  sollen  heruf 
fegen  bis  uf  die  von  Studerheim.  fischereiordn.  auf  dem  Alt- 
rhein bei  Oggersheim  ron  14S8  in  Moses  zeilschr.  4,  SS ;  bron- 
nenfeger,  die  lieber  die  fesser  fegeten  {leerten).  Fischart 
groszm.  78.     ebenso  kanal,  schleuse  und  winkel  fegen. 

S)  herd  und  ofen  fegen,  rauchfang  und  Schornstein:  der 
töpfer  musz  mit  seinen  armen  aus  dem  Ihon  sein  gefesz  for- 
mieren und  musz  sich  zu  seinen  füszen  müde  bücken,  er 
musz  denken,  wie  ers  fein  glasure  und  frue  und  spat  den 
ofen  fegen.   &r.  3S,  24. 

91  feld,  haus  und  dach  fegen:  stürm,  schnee  und  regen 
fegt  die  flur;    ein  tosender  hagel  fegte  dächer  und  fenster; 

der  tbauwind  kam  vom  mittagsmeer, 

er  fegte  die  felder,  zerbrach  den  forst, 

auf  Seen  und  strömen  das  grundeis  borst.    Borger  36*; 

das  scbneedach  fegt  des  Sturmes  saus.    Scanirr  vo:<  W.  231. 

10)  kisten  und  kästen  fegen,  ausräumen,  plündern: 

wie  sie  (die  landstineclite)  den  pauren  ire  kisten  fegen. 

meisleilirder '2i  n*2üS; 
auch  thust  du  pawren  kisten  fegen.    U.  Sachs  II.  4,2*; 
her  her,  ir  gesellen  all  mit  mir! 
zerschlagen  werd  wir  schlosz  uud  thür 
und  kisten  fegen  wie  mans  nent.    Wickra«  Tobias  C6'; 

ich  bab  mich  nicht  vcrsaumpt  mit  kisten  fegen.  ro//ir.  2?. 
ä/enso  beufel  fegen,  die  Schüssel  fegen,  rein  ausessen,  auf- 
räumen, nnl.  wij  zullen  dien  schotel  mit  der  haast  geveegd 
hebben.  nnl.  auch  den  neus  vegen,  nares  emungere,  die  nase 
putzen,  bei  is  op,  eer  iemand  zijnen  neus  geveegd  heeft,  es 
ist  sdmell  gethan. 

11)  das  wir  nie  gedacht  allen  enszerlichen  gottesdienst  wider 
zu  fegen.  Ldtber  3,  2C9' ;  darnach  wil  ich  auch  die  luft  helfen 
fegen.  3, 39o';  aus  der  Ursachen  haben  wir  uns  dis  buch  für- 
genomen  zu  fegen  und  im  ein  wenig  besser  gestalt  zu  geben. 
5,269';  was  sonst  nutz  und  nicht  schedliche  fabeln  sind, 
wollen  wir  mit  der  zeit  auch  leutern  und  fegen.  5,270";  der 
die  lehre,  so  im  bapslhumb  vermenget,  verdüstert,  verblichen 
und  verderbet  war,  wieder  scheiden,  abtreiben,  scheuren, 
ausbrennen,  beuteln,  fegen  und  durch  den  ofen  des  heil, 
kreuzes  hat  gehen  lassen.  M.athesiüs  63';  deine  art  zu  fegen, 
und  nicht  etwa  aus  dem  kehricbt  gold  zu  sieben,  sondern 
den  kehricbt  zur  lebenden  pflanze  umzupalingenesiren.  legt 
mich  immer  auf  die  knie  meines  herzens.  Götbe  an  Herder 
mai  1775  (Herders  nachlasi  1,  53). 

12)  einen  fegen,  ihn  quälen,  plagen,  scheren,  mishandeln, 
scheiten,  ihm  derben  verweis  gd}en: 

der  wirt  wil  uns  nit  porgen, 

das  ist  mein  groszte  klag. 

er  Tcgt  mich  narbt  und  tag 

nmb  gelt.    Wolkenstei^i  .«.  169; 

Dtmpt  er  ein  weih  von  wollust  wegen, 

unfal,  angst,  not  die  tut  in  fegen,    meistert.  33  n*  217  ■ 

89* 


1415 


FEGEN— FEGET 


FEGETKAR— FEGSTÄTTE 


1416 


und  wer  hie  pös  und  Übels  pflepl, 

vil  ander  Irummer  menschen  fegt.    Sciiwarzbnberg  155,2; 

und  Sülle  ihn  (yotl)  iimb  solcher  mishandiung  und  bösen 
vorlheii,  wie  heimiicli  es  ist,  fegen  und  strafen,  wie  die  alten 
Teutschen  reden.    Matbesius  15ü'; 

sie  musz  gcführct  sein  durch  eine  wfiste  bahn 

auf  eine  .«teingrull  zu  und  da  hinein  gethan 

mit  speise  wie  man  sonst  auf  ein  altar  kaum  leget, 

damit  <iie  Stadt  von  ihr  nur  werde  so  gefeget.    Opitz  1,1SC; 

lasz  unsre  sinne  fegen 
durch  seiner  liebe  glul,  auf  dasz  wir  von  uns  legen 
das  alte  sündentuch.    3,323; 

am  allenvenigsten  niu.«z  er  andere  verachten  und  fegen. 
Cijvi'Dics  1, 13 ;  ich  will  ihn  schon  fegen,  ihm  etwas  anders  sagen, 
ihn  abstrafen,  ihm  einen  wL^ch,  hieb,  streich  versetzen,  seinen 
barnisch,  panzer,  pelz,  hucke!  fegen,  verschieden  von  diesem 
einen  fegen  ist  die  jel:U  veraltete  ffigung  'einem  fegen' :  dem 
obrislen  Senseshaim  hat  der  wind  bishero  übel  gefeget  {übel 
getcehl,  intransiUr,  wie  unter  14).  Opitz  in  einem  brief  votn 
10  dec.  163",  gedruckt  in  der  fruchlbr.  ges.  erzschrein  s.  124. 

13)  rc/1.  sich  fegen,  sich  reinigen,  läutern:  es  ist  nicht  das 
ende,  es  ist  aber  der  weg,  es  giüel  und  giinzel  noch  nicht 
alles,  es  feget  sich  aber  alles.  Lltiier  1,  406.  Schweiz,  er  hat 
sich  gefegt,  aus  dem  staube  gemacht,     siehe  14. 

14)  intransitiv  für  fortwischen,  stürmen,  in  pcdes  se  conjicere, 
schnell  hinzu  oder  davon  gclun: 

her  Lurkhart  sprach  'nu  schullen  wir 
Beitschin  retten,  volpend  mir!' 
'das  ist  pilleicir  sprachen  sei. 
zuu  Bertschin  vegiens  alle  drei,    ring  8%  27; 
fegend  ward  er  her  und  hin, 
zuom  türluiu  ein  stund  im  der  sin.    9%  24; 
es  mag  gar  licht  ein  wind  har  fegen, 
er  dut  den  frowen  die  stürz  abwegen  {die  schtrior  abmchen). 

Brant  110',  98; 

im  walde  sicher  rumb  der  bär  und  bärin  fegen, 
zusammen  sich  in  Iried  der  low  und  löwin  legen. 
Werders  Ar.  5, 1, 

Torsa  con  Torso  al  bosco  sicura  erra, 

la  leonessa  appresso  il  leon  giace: 

wo  dat  de  fruwens  schliken  (schteichrn) 

un  fegen  um  den  heerd.    Lappenbergs  Laureml)crg  x.  116; 

er  habe  ihrentwepen 
den  ganzen  tag  verwandt,  bei  nebelduft  und  regen, 
die  straszen  auf  und  ab  zu  fegen.    Wiel.vnds  Klelia  1,  308, 

wenn  die  straszen  auf  und  ab  hier  adveibialisch  steht,  wird  es 
aber  von  fegen  regiert,  so  fiilll  die  stelle  unter  6  oder  9.  vgl. 
ratschen  sp.  1363. 

es  haben  die  neun  wol  angelegt, 

acht  kugeln  haben  vorbei  gefegt.    -Chamisso  ged.  184. 

irir  sagen:  wo  fegst  du  her?;  er  fegt  auf  und  davon;  fegte 
davon  wie  der  wind,  auch  von  änem  stürmisch  tanzenden 
*im  saal  auf  und  nieder  fegen'. 

s.  abfegen,  ausfegen,  durchfegen,  fortfegen,  herfegen,  hin- 
fegen, panzerfegen,  wegfegen. 

FEGENBEUTEL,  m.  fegedenbeutel.  fastn.  254, 30.  in  Nieder- 
deutschland  sind  Vegebüel,  Vegesack,  Vegetasche  verständliche 
namen  von  Wirtshäusern.    Lappenbercs  Lauremberg  s.  307. 

FEGE.NTEL'FEL,  ffl.    fegedenleufel.  255,10.     s.  fegleufel. 

FEOER,  m.  purgator,  nach  den  bedeutungen  des  fegens,  schw. 
fejare  :  o  wol  euren  weisen,  wenn  sie  des  herrn  Jesu  pflige- 
kinder  sind,  der  wird  nicht  ihr  feger,  sondern  plleger  sein 
{sie  nicht  hart,  sondern  zart  behandeln).  Otho43;  he  nun,  was 
denn  das  roaclie,  .sagte  ein  alter  fiiger  {sciddger,  raufer),  er 
sei  auch  manchmal  dabei  gewesen,  wo  es  klUpf  gegeben 
habe.  GoTTiiELF  Uli  d.  kn.  51.  bei  RthrE  23  feger,  niußold. 
$.  brunnenfeger,  gassenfeger,  grabenfeger,  hüusleinfeger, 
kislcnfeger,  schachlfeger,  scheimenfeger,  schlottfeger,  Bchorn- 
steinfeger,  srhwertfeger,  stallfcger,  straszen  feger,  winkelfeger. 

FEGEHOLLE,  f. 

FEGES.SLF'ETER,  m.  von  der  mauer  abgefegter. 

FEGES.\LZ,  n.  an  salz  und  siedeabfallen  sind  in  Lüneburg 
gewonnen  a)  »chwarze«  oder  fegesalz  so  lasten  is^/j  slicke. 
b)  fialzsleine  47  li  Insten,  c)  20  tonnen  multerlauge  und 
22  lasten  bungcrstein.  miUh.  des  gewerbeven-ins  für  Hannover. 
1«52  f.  271. 

FEGESCIIOnER,  m.  kleiAe  pfanne  zur  salrrfinigung. 

FF'GET,  f.  purgamenlum,  fegsei,  kehricht,  mhd.  vcget  {wb. 
3,  2Sfl'),  im  toc.  W^l  \\ '.*  fcgccht  (u/c  kerirlil):  ein  hafner  der 
hrt  vor  im  ligcn  ein  grnszcn  klotz  leimen,  er  griff  darin  mit 
der  band  und  nimpi  einen  klol/.  leinu-n  und  niuchl  daruHZ 
Cto  gftchirr,   da«   man   brucbcn  sol  zu  wQst  und  zu  unilat 


und  das  man  darine  feget  thu.  Keisersberg  bilg.  78';  merk, 
got  het  vor  im  ligen  den  wüesten  verderbten  leiuienklotz, 
ich  mein  menschlich  natur.  got  grift  darin  mit  der  einen 
band  siner  gerechligkeit  und  erwüschl  einen  klotzen  und 
macht  darusz  ein  geschirr,  do  wüst  und  feget  in  gehört.  78' ; 
brächt  dir  einer  einen  sack,  der  vol  feget  und  unüates  wJir 
und  begerte  von  dir,  das  du  im  lautren  feinen  weizeu  darein 
geben  sollest,  selcnpar.  14';  man  sol  an  etliche  örter  sand, 
feget  oder  üsche  schütten  lassen,  damit  sie  (die  hüner)  sich 
darinnen  wülen  und  putzen  mögen.  Seoiz  101  undiißer;  zum 
theil  aus  der  füget  der  alten  vätter,  eins  theils  aus  dem 
schäum  der  concilien.    bienenk.  5S'.    Stiei  tn  451. 

FEGETKAH,  n.  kehrichtfasz :  wanimb  thüstu  das?  warumb 
machslu  usz  dem  einen  Icinienklotz  ein  fegelkar,  da  man 
Unflat  sol  inthün?    Keisehsb.  bilg.  78'. 

FEGEZEIT,  f.  zeit  des  reinigens  der  bwnenstöeke:  wann  das 
honig  im  herbst  oder  fasten  in  der  fege  oder  reumezeit  ge- 
schnitten wird,  so  soll  maus  mit  fleisz  verwahren.  Coler 
hausbuch  417. 

FEGFELRIG,  purgatorius:  gesellen  die  im  hafen  schlecken 
und  haben  die  kerz  im  hindern  stecken,  wie  sie  Dantes  in 
der  fegfewrigen  höllen  beschreibet,  Jott  {Giotto)  und  Michel- 
angel im  jüngsten  gericht  malen.    Garg.  IS*. 

FEGFEÜRISCH,  dasselbe :  wenn  sie  nu  den  fegfewrischen 
messenjarmarkt  abgethan  haben,  alsdenn  wollen  wir  mit  inen 
reden.    Llther  G,  5J3'. 

FEGHAUBE,  f  Schimpfwort  für  ein  altes  wcib,  entweder  wisch- 
haube  oder  hauhenwäscherin  oder  ridleichl  fohhaube,  pelzhaube: 
da  musz  ein  alles  nuirmelthier,  eine  alte  feghauben,  eine 
alte  runkunkel ,  ein  alles  teufcismütlerl  herbei  kommen 
und  ihre  ansprechungen  venichlen.  Mlcerle  ndrrin  4;  hat 
etwan  ein  alte  feghauben  das  kalte  fieber,  so  musz  sie  neu- 
nerlei hölzlein  an  dem  hals  tragen.  5. 

FEGISCH,  f  purgalio:  den  magen  eingeweihet  mit  höllen- 
küchlin  aus  dem  höllhafen  in  der  fiigisch  und  pfaffcntäsch. 
Garg.  151'. 

FEGNEST,  FEGNESTER,  m.  der  nicht  ruhig  bleiben  kann, 
hin  und  her  rutscht,  der  kein  sUzleder  hat,  unruhiger  geist. 
Staluer  1, 362.  Toi:r,ER  170*.  von  Hütte  23.  nach  fegen  14 
oder  mit  transitivem  fegen,  der  das  nesl  fegt,  aus  dem  nest  fliegt? 
ein  lebendiges,  schweizerisches  wort. 

FEGNESTEN,  hin  und  herrulschcn,  fcgnesta.  Tobler  a.  a.  o. 

FEGNESTEHLX,  f. 

FEGOFEN,  «I.  furnus  purgatorius:  dasz  sie  den  glühenden 
fegofen,  die  löwengrube  der  triibsale  nicht  achtele.  Hippel  4,  7s. 

FEGOl'FER,  H.  piaculum:  wir  sind  stets  als  ein  fluch  der 
weit  und  ein  fegopfer  aller  leute.  1  Cor.  4,13;  das  sol  der 
lohn  sein  dieser  well,  das  man  uns  hell  für  kcMch  (kehricht) 
und  fegopfer.  Luther  tiscfir.  343';  in  beiden  schlangen  {des 
A.  T.)  oder  aufgehenkten  fluchen  und  fegopfern.  Matiiesius 
72';  und  er  ein  fluch  und  fegopfer  würde  für  der  ganzen 
weit  Sünde.  72';  denn  also  pfleget  man  die  fegopfer  und 
verbanten  von  der  gemeine  abzufordern  und  wie  ein  todte 
schlang  und  giftige  kröte  aufzuhenkeu  oder  zu  spissen  und 
auf  einen  zäun  zu  stecken  und  allen  fluch  diauf  zu  legen.  72'; 

ich  rufe  nicht  ghit,  räche,  llurh  und  noih 
auf  euren  hals,  ich  wil  für  euch  bei  gott 
fegopfer  sein,  dis  blut  soll  vor  dich  llieszen 
mein  vaterland.    Grtpuius  1,527. 

FEGSAND,  m.  arena  serviens  verrendo,  terendo,  reibsand. 
Stai.her  1,  263. 

FEGSANDSCHREIER,  m.  fegsandschrcier,  besenbinder. 
Fischart  groszm.  89. 

FEGSEELE,  f,  die  im  fegfeuer  schwebt:  dieser  arlikel  ist 
falsch,  unchristlich,  den  fegseelen  zu  nahe  und  ketzerisch. 
Luther  1,  545'. 

FEGSEL,  «.  purgamenlum,  kehncht.     nnl.  veegzcl. 

FEGSI'ÄNLEI.N,  n.  ranmitum  giiod  verritur .  duruiub  so 
spricht  man  gemaiiili(  h,  das  die  pein  in  der  bell  umb  aiii 
tudsünd  sei  geleich  als  ain  block  oder  spüller.  aber  umb 
die  tilglicheu  sünd  als  nin  schindel,  und  die  pein  im  feg- 
feuer für  ain  lilglich  sünd  ist  a\*  ain  spicisz  oder  balm,  aber 
pein  für  die  lüglich  t>iind  auf  disein  crdrich  ist  als  ain  hol/ 
iiiösemlin  oder  fegspüulin.  Keisersb.  schif  der  ficn.  18*,  der  druit; 
aber  ist  undeutlich  und  es  könnte  auch  «legspanlin  gelesen  weiden. 

FEGSTANGE,  f  des  fciwrnsteinfeijm. 

FEGSTÄTTE,  /.  ort  der  reinigung,  mhd.  vcgestat.  pass.  K. 
502, 13. 


1417 


FEGTELTEL  — FEHDE 


FEHDEBRIEF  — FEHL 


1418 


FEGTEUFEL,  »i.  cntueder  gleichviel  mit  fegenteufel,  einen 
geiraltsamen  mann  bezeichnend,  der  selbst  den  teufel  nkhl  fürchtet, 
oder  davon  zu  unterscheiden,  ein  fegender,  duheraischender,  quä- 
knder  teufel,  kobuld:  also  das  ein  mensch  des  andern  wolf 
und  fegteufel  {quälgeist)  ist.  Frank  sprichw.  2, 3l' ;  fagteufel, 
will  Ton  bösen  weiberen  geredt.  Maaler  129';  alsbald  ein 
mann  ein  weib  nimt,  zuband  bat  er  einen  bandscblag,  einen 
anhang,  einen  bandscblitten,  einjoch,  ein  kuramt,  eine  bürde, 
eine  schwere  last,  einen  fegteufel,  eine  tagliche  rostfeile. 
ackermann  aus  Böhmen  cap.  2» ; 

eim  rinnend  lach  zu  winters  frist 

ist  glicli  ein  frow  die  zänkisch  ist, 

hell  und  vägtüfel  hat  genug  ^ 

wer  mit  einr  solclien  züht  im  pflüg.    Brasi  64,  81 ; 

du  fegteufel!    H.  Sachs  1,526'; 

so  das  alt  weib  der  tod  denn  strecket, 

des  manns  herz  wirt  in  frewd  erwecket, 

so  er  kompi  seius  fegteufels  ab.    II.  4,94'; 

denn  man  hell  uns  für  landscheden  und  fegteufel,  darumb 
land  und  laut  gestraft  wird.  Mathesics  53";  darumb*  sind  die 
unwissenden  arzet  fegteufel  von  gott  zugesand  über  den 
kranken.  Pabacelsus  1,  2l';  so  die  bett  nicht  sicher  seind, 
und  die  in  der  mülen  und  der  im  pflüg,  wer  ist  dann  ohn 
einen  fegteufel.  2,470*;  Niebuhr  hörte  auf  seiner  reise  nach 
Diarbekir  von  einem  fegeteufel  in  dem  armenischen  kloster 
Kara  Klise.  der  bischuf  hatte  ihn  aus  einem  besessenen  ge- 
trieben und  dazu  verdammt,  dasz  er  alle  nachte  die  kirche, 
die  Wohnung  der  geistlichen,  die  küche  und  den  feuerherd 
reinigen  und  allen  unrath  wegschaffen  muste.  Voss  2, 3S1. 
NiEBCHR  reiscb.  2.  399. 

FEGWISCH,  FEGEWISCH,  m.  fegelappe. 

FEH.  s.  fech  sp.  13S6. 

FEHDE,  f.  inimicitia,  diseordia,  odium,  ahd.  fehida,  gifehida 
(Graff  3,  3S5),  mhd.  vehede,  gevehede  (wb.  3,  2S6),  zuritck- 
g^end  auf  fehan,  vehen  odisse  und  gifeh,  gevech  inimicus, 
odiosus,  treldtes  im  vocallaut  völlig  zu  feh,  vi-ch  varius  stimmt, 
genau  tcie  ags.  fäh  inimicus  {engl,  foe)  und  fäh  rarius  zusam- 
mentreffen und  dem  subst.  fehede  ein  faehd  entspricht,  alid.  e 
vnd  ags.  ä  fordern  golh.  ai,  dem  feh  rarius,  ags.  fah  ist  gleich 
das  golh.  faihus  und  läszt  auch  auf  die  bedeutung  inimicus  schlieszen. 
feh  rar/US  und  inimicus  müssen  ein  und  dasselbe  worl  sein,  das 
bunte,  rersicolor  ist  offenbar  auch  das  abweichende,  uneinige,  zwie- 
faciie,  der  bunte  gehört  zur  andern  parlei,  trägt  eine  andere  färbe, 
ist  ein  gegner.  diseordia,  fehde  gehen  aus  dem  begrif  der  bunlheit, 
coneordia,  friede  aus  dem  der  einheit  hervor,  zur  erläuterung 
dient  das  analoge  mishellig,  ahd.  missihelli  dissonus,  rarius, 
uiissihellan  discrepare,  dissidere,  mishelligkeiten  sind  ursprünglich 
mislon,  gemischter  laut  und  sodann  zitietracht,  feindschaß,  me 
aus  skr.  dvis,  gr.  dis  gebildet  werden  dvis  odisse,  dvesa  odium, 
inimicitia,  entzueiung.  die  golh.  form  für  rarietas  wäre  faihi|)a, 
woraus  die  lateinische  fassung  der  langobardischen  und  fränkischen 
geselze  leicht  faida  maclüe  (Gbaff  3,  3S4). 

nach  dieser  Untersuchung  liegt  von  faihij)a,  fehida  und  fehde 
das  golh.  ßjan  odisse,  fijands  inimicus  insofern  ab,  als  diesen 
das  kennzeichnende  h  gebricht  und  es  bliebe  für  die  einleuchtende 
Übereinkunft  der  Vorstellungen  erst  zu  ermitteln,  ob  auch  in  ßjan, 
fijands  die  bedeutung  der  zweiheil  oder  bunllieit  keime  und  wie 
sich  aus  fijan  ein  faihjan  entwickelt  haben  könne,  s.  feind. 
mit  fgheta,  fehta  pugna  (Geaff  3,  445)  hat  fehida,  fehde  gar 
nichts  zu  schaffen. 

iJid.  denkmäler  tilgen  das  h  von  fehde  Idn  und  wieder,  wie 
schon  im  pass.  K.  291,  52  veden  :  beden,  189,  44  vede  :  bede 
reimte.  Dasyfodils,  Ffiisas,  Maaler  haben  das  wort  gar  nicht, 
dessen  sich  auch  LirrBEB  enthält.  H£.\isch  1037, 48  gibt  fehd, 
feide,  ein  abgesagte  feindschaft  für  sächsisch  aus.  Htm  folgt 
Stieler  452.     falsch: 

■     si  ziehen  sich  in  fäbd  und  frid.    Schwaiize5berg  153*; 

diese  fede  hat  lang  gewert.  Aimon  r4*;  ie  lenger  ir  diese 
fad  antreibent,  ie  meher  verlierent  ir.  ebenda;  ob  einer  seiner 
vhede  {für  vehde)  halb  von  uns  oder  unsern  nachkommen 
rim  reich,  römischen  keisern  oder  königen  erlaubnus  hett 
.  . .  oder  sunst  zu  solcher  vhede  rechtmeszig  gedrungen  ur- 
sach  hett,  so  soll  er  . . .  peinlich  nit  gestraft  werden.  Caro- 
lina  129; 

demnach  von  freud  gnaot  sind  die  freund, 

gleichwie  von  fehde  sind  die  feind.    Fisciiart  gJ.  «c/i»/"86S, 

beide  herleitungen  sind  scheinbar  aber  falsch; 
doch  stimme  meinem  Vorzug  hei 
und  scLäme  dich  der  kühnen  fehde.    Hagedorn  2,52; 
die  ganze  fehde  ward  geschlichtet.    2,57; 


unvermerkt  verwandelte  sich  diese  fehde  aus  einem  wortkrieg 
in  einen  weit  aussehenden  religionsstreit.  Wielasd  6.276; 
mit  welchem  ritter  ihr  fehde  gehabt.  Klinger  1,46;  werden 
sie  ihre  eigene  meinung  fest  aussprechen  und  wie  es  die 
umstände  geben,  einer  fehde  ausweichen  oder  sie  aufnehmen. 
GötheSS,  9;  ich  bin  in  einer  ehrlichen  fehd  begriffen.  8,121; 

doch  hüt  ich  mich  vor  jeder  fehde.    . .  .; 

und  fehd  enthrannte  bald  darauf 

und  zogen  ros  und  mann 

bei  Dölfiogen  mit  hellem  häuf.    Schiller  12*;  ' 

zerstöret  brücken,  brennt  herbergen  ab, 

uährt  innre  fehde,  ruft  den  äuszern  feind. 

Uhlaxds  Ludwig  151; 

die  fehde  ist  ein  mittelding  zwischen  duell  und  krieg.  Ranke 
reform.  1,  67.  man  nennt  geringere  händel,  zumal  des  adels,  der 
kleinen  fürslen  und  slädte  im  millelalter,  die  nicht  ganze  reiche 
und  Völker  ergriffen,  fehden.  Einigemal  kommt  fehde  im  sinne 
rc»  Urfehde,  compositio,  ja  für  sicherhätsschreiben  vor:  dasz 
wir  alle  dise  vorgenante  vehde  halten  stete  und  ganz  one 
argelist,  das  haben  wir  imsern  vorg.  bürgern  in  trauen  ge- 
lobet, urk.  von  1312  bä  Haltacs  444;  vorzeiger  dieses  hab 
um  einen  fernem  reisepas  geziemend  ansuchung  gethan, 
weilen  dann  hierbei  nichts  zu  befaiiren,  so  hat  man  ihm 
diese  fehde  nicht  versagen  sollen.  Eschuege  1754.  jüdischer 
baldober,  Coburg  1758  s.  525.  gesundheitsfehde  nannte  man 
einen  gesundtieilspas,  zur  Versicherung,  dasz  der  reisende  aus  einer 
gegend  komme,  wo  keine  krankheiien  herschen. 

FEHDEBP.IEF.  m.  absagebrief  (1.  92). 

FEHDEHANDSCHUH,  m.  fehdezeichen. 

FEHDEN,  mW.  veheden,  \)oppugnare:  da  fehdeten  zwei  und 
siebenzig  reichsstädte  den  markgrafen.  Job.  Mülleb  Schweizerg. 
5,  348.  heute  befehden,  einem  gefehdet  sein,  feind,  verfeindet 
sein.    Staldeb  1,  362. 

2)  intr.  pugnare,  fehde  führen: 

man  sol  nicht  feden.    Risgwald  laut.  warh.  129. 

die  geächteten  setzten  sich  auf  den  beiden  inselchen  Hielm 
und  Sprue  im  groszen  bell  fest,  um  von  dort  aus  zu  jeder 
Jahrszeit  fehden  zu  können.    Dahlman.n  dän.  gesch.  1, 424. 
FEHDER.  m.  pugnalor:  ein  schlimmer  fehder.  Ringwald  129 
FEHDEZEICHEN,  n.  Signum  ad  certamen  provocans: 

Albrecht  nahm  das  febdezeichen 

ruhig  und  bestieg  sein  ros.    Stolberg  1,  58. 

FEHDEZEIT,  f.  tempus  cerlaminum:  eine  burgruine  aus 
der  alten  fehdezeit. 

FEHE,  f.  altd.  fehl,  mhd.  vShe,  opus  varium,  graupelzwerk, 
sonst  das  feh,  fech. 

FEHE,  f.  inimicitia,  mW.  vehe,  tölvShe,  unehe  («•&.  3, 286') : 
vil  brechen  in  etwan  ein  vähe  ab  einem  zäun,  sagen  ab 
mit  feinds  briefen.    Frank  wellb.  46'. 

FEHEN,  odisse.    Maaleb  133',  feind  sein.     s.  fehde. 

FEHHÄUBE,  f.  frauenhaube  von  feinem  pelz. 

FEHIN,  mhd.  vehin,  non  pelzwerk:  wol  mögen  sie  {die  kauf- 
end gewcrbsleule  in  städlen)  zum  höchsten  marderkehlen  und 
ire  hausfrauwen  fehinne  futter  gebrauchen,  reichspol.  ordn. 
«on  1530.  12,2. 

FEHL,  m.  error,  menda,  a<pä).fta,  ahd.  gar  nicht,  mhd.  selten, 
nur  in  der  redensart  sunder  vel,  vael.  nhd.  sehr  häufig  und  mit 
wechselnder  Schreibung  vorkommend,  bei  Lutheb  überall  feil,  was 
neuere  bibelausgaben  ändern  in  fehl,  auch  bei  Waldis,  Mathesils 
und  noch  Speeren,  z.  b.  Gbyprics  feil,  Dasypodiüs  133*.  323' 
g^l  fäl,  Frisics  4SI'.  812*,  M.aaleb  129'  fäl,  bei  Henisch  1040. 
1042  wird  fehl  und  im  17  jh.  überhaupt  herschend.  feil  gleicht 
dem  engl,  fail,  nd.  nnl.  feil  f,  dän.  feil,  doch  schw.  gilt  fei. 
von  der  abstammung  unter  fehlen,  in  den  belegsteilen  dürfen  sich 
feil  «nd  fehl  unbeschadet  mischen,  und  es  soll  nidU  übersehen 
werden,  dasz  auch  in  dem  adj.  feil  venalis  das  ei  aus  a  hervor- 
gegangen scheint. 

1)  leiblidter  mangel,  gebrechen,  macula,  rUium:  ir  soll  aber 
ein  solch  lamb  nemen,  da  kein  feil  an  ist,  vulg.  eril  aulem 
agnus  absque  macula.  2Mos.  12,  5;  wenn  an  jemands  deines 
Samens  ein  feil  ist,  der  soll  nicht  erzu  tretten,  homo  de 
semine  tuo,  qui  habuerit  maculam.  3  Mos.  21. 17. 21 ;  eine 
rötliche  kue  on  wandet,  an  der  kein  feil  sei,  in  qua  nulla 
sit  macula.  4  Afos.  19,2;  wenns  aber  einen  feil  hat,  das  hinket 
oder  blind  ist,  oder  sonst  irgend  ein  bösen  feil,  sin  autem 
habuerit  maculam.  5  Mos.  15,21;  du  soll  kein  ochsen  oder 
schaf  opfern,  das  einen  feil  oder  irgend  etwas  böses  an  im 
bat.  17,1;  Ton  seiner  fuszsolea  an  bis  auf  seine  scheilel  war 


1419 


FEHL 


FEHL 


1420 


nicht  ein  feil  an  im,  non  erat  in  eo  ulla  macula.  2  Sam. 
14,25;  gib  gott  seine  ehre  mit  fröiichen  äugen  und  deine 
erstlinge  on  allen  feil.  Sir.  35, 10 ;  es  ist  an  seinem  ganzen 
leib  kein  fäl,  kein  präslen  noch  maasen  nienen  gewäsen, 
in  tülo  nusquani  corpore  menda  fuit.  Maaleh  129';  heilt  die 
fehl  so  im  sitz  begegnen.  Forer  3tj';  und  begeh  es  sich,  dasz 
abgang  der  profand,  fehl  und  mangel  were.  Fhunspebg  1,  61; 

pub  schaw,  das  nicht  feihi  hab  an  wein. 

TiROLF  hanc  und  Rebecca  F3; 

was  hast  an  meinen  zenen  Teel?    Scheid  grobian  a3; 

weisz  jedem  seinen  fehl  und  ungestalt  zu  decken. 
LoGAU  3,21"; 

die  lämmer  ohne  Tehl  um  ihre  müttcr  springen. 
Hagkdorn  2,5; 

Ja,  noch  jetzt  betrübt  dich  der  fehl  des  hinkenden  sohnes. 

GuTHE  4U,  :<50; 
ihre  Schönheit  ist  ohne  fehl.     vgl.  das  folgende  fehl  f. 

2)  geistiger  mangel,  error,  viendum,  culpa,  deliclum:  verzeihe 
mir  die  verborgen  feile,  ab  occullis  nieis  (deliclis)  mumla. 
ps.  19,13;  was  haben  doch  cwre  veter  feils  an  mir  gehabt? 
quid  invenerunt  patres  vestri  in  nie  iniquilatis?  Jer.  2,5; 
und  was  er  macht,  daran  ist  kein  feil.  Sir.  12,25;  denn  so 
ir  den  menschen  ire  feile  vergebet,  so  wird  euch  ewer  him- 
lischer  valer  auch  vergeben,  gr.  na^anTcä/xara,  vulg.  delicta, 
goth.  missadßdins,  ahd.  suntd.  Matlh.  0, 14.  15.  Marc.  11,  25.  26 ; 
es  ist  schon  ein  feil  unter  euch,  das  ir  miteinander  rechtet, 
gr.  TjTxr^ua,  vulg.  delictum.  1  Cor.  6,  7 ;  lieben  briidcr,  so  ein 
mensch  etwa  von  einem  feil  übereilet  würde,  i'f  rivi  nnon- 
ctriöuari,  in  aliquo  delicto,  in  hvizai  niissadMe.  Gal.  6,  l ; 
der  euch  kan  behüten  on  feil,  conservare  sine  peccato.  Judd 
24;  wir  brachten  euch  die  zeddeln  von  der  universitet,  darinne 
die  arlikel,  daran  wir  feil  halten,  verzeichnet  waren.  LuinER 
2, 46.5';  es  hat  auch  noch  einen  feil  mit  diesem  bildstürmen. 
3,39*;  ligt  da  der  feil  an?  3,377";  hette  er  feil  an  meiner 
auslegung  gehabt.  3,382';  das  ist  der  erste  feil.  4,45';  nicht 
allein  ein  feil  oder  gebrechen,  sondern  ein  solche  sünde. 
5,14';  ein  rechte  warhaftige  sünde  und  nicht  allein  ein  feil 
oder  gebrechen.  Wimpina  fc«  Lh/Act  5,  n';  so  nu  die  lieben 
apostel  solchen  feil  und  mangel  klagen.  6,45*;  aber  da  ist 
der  feil,  das  ein  igiicher  wil  wehnen,  es  sticke  das  natür- 
liche recht  in  seinem  köpfe.  6,141';  hab  ichs  nicht  troffen 
und  hiemit  e.  f.  g.  unrecht  gethan,  wollen  e.  f.  g.  mir  den 
feil  verzeihen  gnediglich.  6,169';  das  einer  des  andern  feil 
und  gebrechen  christlich  und  brüderlich  trage.  6,312';  hat 
jemand  feil  an  mir,  der  spreche  in  {Christus)  an,  denn  er 
wil  und  leszt  mir  sagen,  das  so  ich  an  in  gleube,  sol  ich 
seine  braut  bleiben,  c,  356';  da  ich  ir  (der  ehfrau)  pflege, 
nere  und  warte,  und  nicht  bitter  noch  wunderlich  gegen  ir 
sei,  sondern  ob  sie  gebrechlich  und  etwas  feil  an  ir  ist, 
mit  Vernunft  und  gedult  trage.  6,357*;  gott  kan  schwacheiten, 
ja  auch  grobe  knollen  und  feil  leiden,  tischr.  9' (1,34);  der 
unser  feile,  ja  wol  grobe  wacken,  gebrechen  und  sünde  zu 
gut  halten  kann.  24' ;  nein,  der  feil  ist  an  im  nicht,  sondern 
an  uns.  2,5;  wie  er  allein  und  sonst  niemand  viel  feihls 
und  gebrechen  in  der  Christenheit  sehe.  Ai.berus  wider  Witzel 
GS*;  sihe  da  war  das  der  grosze  feil  in  der  Christenheit, 
das  man  backlarien  Witzel  nicht  auf  den  licnden  trug.  Gs'; 
was  hab  ich  feils  am  pfafl'en?  was  hab  ich  feils  am  vater 
dem  alten?  pRiEORicir  saußeufel  C2';  der  grammaficus  vcr- 
hüt  in  alweg,  das  er  nit  felh  (fehle)  in  der  red,  aber  die  fäl 
des  lebens  acht  er  nit  grosz.  Frank  loh  des  göltl.  worls  166'; 
die  alt  comedi  war  gleich  ein  nlgburh,  das  die  kirider  und 
Junggesellen  mit  groszer  freiheit  durch  alle  gassen  der  statt 
hofierten,  einem  jeden  sein  tadel  und  fehl  anzeigten  und  mit 
namcn  nennten,  lob  der  lorh.  vorr. ;  dise  aber  in  iren  eigen 
fälen  wie  blind  sind  sie,  wie  gar  sehen  wir  nit  di  täscben 
uf  dem  ars  hangen.  15';  disen  mangel  und  fei  haben  sie 
aus  irer  freiheit  (illud  ex  libertate  vitium).  Micvit.s  Tue.  411'; 
gemeiner  fäl,  sünd,  übellhat.  Maai.f.b  129';  fäl  ans  Unwissen- 
heit, doi.;  der  fal  ist  nit  mein,  ich  hab  daran  kein  schuld. 
dat.;  einen  fal  thun;  eines  IUI»  besetzt,  bezeuget  imd  über- 
wunden, manifedits  delicli.  das. ;  es  ist  da  kein  Hll,  rMa  res 
tu.  129*;  etwas  fäls  in  einem  handel  finden,  offendere  in  re 
aliqua;  sich  eines  fäls  entschuldigen;  und  da  ich  als  ein 
mensch  gestrauchelt  und  geirret  hette.  hab  ich  meine  feil 
oder  Bchalkheit  nicht  bcsrhftnel  oder  lugederkt.  Mathesiis 
19*;  «ein  feil  und  feile  {fehler  und  vergehen,  s.  sp.  1273  2,  ft) 
lial  Salomo  zwar  auch  geliabt.  22*;  mit  son^t  ladelichen 
fehlen  beOcckel.  KmciiHor  i    - ' ■   ""'      'llle  dann  allcrcr»l 


der  fehl  gespürt  werden,  disc.  mü.  22;  er  sähe  ihr  pralen, 
prangen,  blühen,  dabei  er  mit  einem  feil  übereilet  worden 
{nadi  Gal.  6,  l).    Scriver  seelensch.  2,  271 ; 

kein  besser  kraut  Tür  disen  feil, 

denn  das  man  {==  man  Um)  mit  gedult  mach  heil. 
Waldis  Esop  1,6; 

und  sprach,  was  habt  ir  feils  an  mir? 

regiert  die  ewren,  laszt  mich  gehn.    Rincwald  tr.  Eckli.  }[*; 

ohn  alle  feil  und  hindernis.    E6'; 

all  mangel,  feil  und  ergemis.    MG*; 

so  wirst  du  vielmehr,  herr,  durch  gnad  des  menschen  fehl, 

dan  uns,  dan  mich,  mit  leib  und  sehl 

durch  ungnad  gar  vernichten.    Weckuerlin  18; 

darein  doch  sein  torechter  fehl 

selbs  endlich  stürzet  seine  sehl.    21; 

wariimb,  mein  edles  herz  und  sehl, 

solt  ich  ohn  allen  weitern  fehl 

niclit  deiner  rosen  bald  genieszen?    587; 

irrt  einer  etwa  grob,  so  ist  er  stracks  bemühet, 

bis  er  denselben  fehl  an  groszen  leuten  siebet.    Fleming  160- 

verzeih  mir  diesen  fehl,  du  göttlichs  menschen  kind!    6.i8; 

wer  lebt  ohn  alle  feil!  wer  hat  sich  stets  bedacht? 
Grtphius  1,29; 
wenn  man  sein  vieles  schmehen 

und  oft  vergebnen  feil  was  näher  wil  besehen.    1,.30; 
dann  will  ich  den  fehl  dir 

durch  die  zärtlichste  freundschaft  von   diesen  seraphim  gut 

thun.    Messias  3, 3Mi; 

dasz  ich  deinen  besitz,  die  du  mir  theurcr  als  alles 

was   die   Schöpfung  hat,    warst,   durch   einen  fehl  nicht  ent- 
weihte.   4,  SM, 

(1769  durch  keinen  fehltritt.     1780  durch  keinen  fehl  nicht); 

was  er  gutes  im  leben,  das  mm  gelebt  war,  und  frommes 

hatte  gethan,  er  lebt  es  wieder,  doch  ohne  den  anblick 

seiner  fehle.     16,351  (17U9  seiner  fehler); 

richter  sehn  die  fehle  des  werks.    Klopstock  2,63; 

die  Sünder,  die  sich  ganz  ihm  weihn, 

sind  ohne  fehl  vor  goit,  sind  rein 

durch  Christi  blut.    7,111; 

die  missethat,  wie  nah  grenzt  sie 

an  einen  fehl,  den  gott  verzieh.    7,245; 

umringt  von  meiner  fehle  schmnch.    7,246; 

sein  fehl  soll  unerwähnt  und  ungeschehen  sein. 

i.  E.  Schlegel  1,228; 

ob  kein  unseiger  fehl  im  Innern  bau  zu  finden? 
Lessinc  1, 189; 
was  sollt  ich  eines  fehls  mich  schämen  ?  hab  ich  nicht  den 
festen  vorsatz  ihn  zu  bessern?  2,338; 

hast  du  noch  verborgne  fehle, 
auf,  berathe  deine  seele.    Voss  4,278; 
brüderliche 
sühnt  des  schwachen  irrungen,  seinen  fehlen 
donnert  kein  richter.    Stolberg  1,33; 
nie,  männer,  will  ich  staunen,  wenn  ein  mann 
von  niederm  samcn  solchen  fehl  begeht.    14,228; 
welches  ziel  die  rüge  wähle, 
0  so  trift  sie  meine  fehle, 
fehle  meiner  liebeswuth.    Borger  73*; 
auf!  zwingt  kein  fehl  dich  zu  erbangen, 
so  nimm  am  tage  mich  gefangen, 
und  dann,  was  sein  soll,  musz  geschchn !    92*; 
ich  nenne  mich  zwar  keusch  und  rein, 
und  rein  von  hosen  fehlen, 
doch  musz  ich  hier  gcfiingen  sein 
und  musz  mich  einsom  quälen.    Göthe  1,190; 
löscht  der  liebe  kelch  den  guten 
jedes  fehls  crinnrung  aus.    2,  31 ; 
lichtlein  schwinden,  Sterne  schwinden, 
also  löste  sich  die  seele 
iiMsres  hfiilgen,  nicht  verkünden 
durlt  er  anvertraute  fehle.    3,53; 
fehlst  du.    lasz  dich«  nicht  beirübon, 
denn  der  mangel  führt  zum  liehen, 
kaust  flieh  iilclit  vom  fehl  belrciii, 
wirst  du  andern  gern  vcrzeihn.    3,285; 
wol  dorn,  der  frei  von  .schuld  und  fehle 
bewahrt  die  kindlich  relno  seele!    S.iiimvr  .^^* ; 
ehre  duldet  keine  llocken, 
ieder  fehl  an  ihr  ist  brandmnhl, 
Inandniiihl  auf  der  üchonsten  üiirn.     IIkhitrs  im  oi; 
der  kiiidcr  fehle  zu  entschuldigen 

»v.ir  doch  von  je  der  armcfi  niuiter  recbi.  ('hlakdi  Bmtt  12; 
iuch,  o  moderner  poet,  durch  geint  zu  crirSnzcn  de»  »tof»  fehl, 
durch  violscitigcn  stil  docke  die  m&ngel  der  zeit.    Platkm  i4;i'. 

2)  in  rfen  lu.wnmrn.^'/ji/ni/en  fehlbilten,  i'i  !^' '> 

bringen  0(/er  fehlgcbären,  aborhim  facere. 
manu,  fehlhauen,  vanum  idum  facere.  '  '' 
f(/uo,  fehl-chieszcn,  a  meta  aberrart.  i 

cudeie,  fcliliiclcu,  f- "■•  f-'.  "  ■■  '•'  e 


1421 


FEHL  — FEHLBARKEIT 


FEHLBITTE  — FEHLEN 


1422 


acc,  itie  folgende  stellen  lehren:  ihr  bauch  bringt  feil,  aborfum 

facit   und   figürlich  Uterus  ejus  praeparat  dolos.    Hiob  15, 35 ; 

er  wird  aber  einen  feil  geberen,  peperit  (pariet)  iniquitatem. 

ps.  7, 15 ; 

wenn  meine  miise  nun  nach  tobacksliedern  kreiszet, 

so  sehnt  sie  sich  nach  dem,  was  knaster  beiszet, 

das  wird  ihr  wol  von  deiner  gütigkeit  gewährt. 

denn  wo  sie  ihn  entbehrt 

und  nachmals  einen  fehl  gebieret, 

so  wird  die  schuld  auf  dich  geführet.    Gcsther  1050. 

an  adv.  fehl  ist  durch  das  vorstehende  'einen'  ausgeschlossen, 
wie  uir  auch  heule  sagen  einen  fehler  schieszen  statt  fehi- 
schieszen,  er  bat  einen  fehler  geworfen  stall  fehigeworfen. 
die  subsl.  fehlgeburt,  fehlgrif,  febibitte,  fehiscbusz,  fehltritt 
setzen  das  zusammengesetzte  rerbum  schon  roraus.  immerhin 
mögen  späterhin  subsl.  mit  fehl  auch  ohne  rücksicht  auf  das 
rerbum  gebildet  Korden  sein.  Schambach  25S'  setzt  in  feile  gän, 
slän  adverbia  an. 

4)  ebensowenig  nölhigen  andere  rcdensartcn  zur  annähme  eines  adj. 
fehl,  die  weit  betet  disen  greuwei  an.  so  ferr  ijt  es  fal  {so 
viel  fehlt  daran,  so  fern  ist  es  davon),  das  si  in  urteil  (verurtheile) 
und  aus  ihrem  herzen  werf  (uerfe).  Frank  cliron.  324';  das 
sich  alles  weit  fäl  (gan:  ander»)  lasset  ansehen.  462";  hoho  ir 
gesellen,  was  ist  das  für  ein  starker  senf,  der  die  äugen 
ausbeiszt?  laszt  nun  sehen,  ob  auch  das  gülden  Juden  kälblin 
solche  kraft  wie  das  ronianisten  lämmlein  gehabt  habe?  aber 
das  ist  weit  fäl  {ueit  ein  fehler,  daran  fehlt  h'c/).  bienenk.  173* ; 
besser  schäl  dann  fäl  {als  ein  fehlschusz),  sagt  einmal  ein 
schielender  schütz,  groszm.  So ;  und  ist  überall  in  der  total- 
sum  kein  anderer  span,  als  etwas  ßiles  ron  beiderseit  volk 
abzulegen  {einen  fehler  zu  begehen.  Garg.  26l'  s.  über  den  gen. 
subst.  bn  etwas  sp.  1185,  2*,  Luther  in  der  vorhin  angezognen 
stelle  aus  6,  357'  setzt  etwas  feil,  doch  Jer.  2,  5  was  feils) ;  also 
mag  ein  urtheil  gesprochen  werden ,  das  nicht  zweiflich, 
mislich  oder  fehl  {ein  fehler,  irrlhum)  sei.  Paracelsüs  1,  696'; 

das  ist  nun  fehl  {ein  fehlschlug],  wie  sols  mir  gehn, 

wie  wird  ich  mit  meim  weih  bestehn?    H.  Sachs  III.  3,43'. 

cdlerdings  liegt  hier  die  adjcctivische  Vorstellung  nahe  und  feile 
stede,  fehlerhaße  stelle  bei  Scdajcbach  ist  begreißich. 

5)  sonder,  ohne  fehl,  absque  mendo,  cerlo,  it.  senza  fallo, 
fr.  sans  faute,  engl,  witbout  fail: 

mhd.  sunder  vael.    Lohengr.  2107; 

nidirwirlig  sundir  vel.    jEROscnn  2460; 
vreche  helde  sundir  vel.    18725; 

im  Karlmeinel  sunder  väle  179, 46. 194, 44 ;  sunder  einlebe  vale 
153, 23 :  sunder  engestiiche  vdle  183, 55,  vo  der  acc.  sg.  f. 
annehmlicher  ist  als  ein  acc.pl.m.  ebenso  &n  vaele.  Arone  10629 
und  nhd. :  die  antwort  von  wort  zu  wort  on  fäle  erzelet. 
Aimon  l2';  ich  sage  es  euch  gern  on  alle  fale>  ms';  wolt 
ir  das  thun.  als  ir  gesagt  habent?  "ja,  sonder  fal'.  q3*;  ich 
reit  mit  euch  sonder  alle  feie.  v2';  ist  das  war?  'ja,  sonder 
feie'.  v3'.  späterhin  deutlich  ohne  fehl:  ein  jener  gesinnung 
völlig  und  ohne  fehl  gemäszer  lebenswandei.  Käst  6, 230, 
trie  im  sinnlichen  ausdruck  ein  lamm  ohne  fehl,  ohne  unlhat 
und  flecken. 

6)  heute  ist  fehl  als  edler  ausdrvck  den  dichtem  überlassen 
und  in  prosa  überall  durch  fehler  verdrängt,  Kältrend  schw.  und 
dän.  mit  recht  das  einfache  fei,  feil  behalten  wurde. 

FEHL,  f.  bezeichnet  in  der  Schweiz  einige  krankheilen,  bald 
Scabies,  kratze,  bald  weisze  fehl,  kinderpocken,  wilde  fehl,  mlde 
packen,  rotlie  fehl  rolhsucht.  St.\lder  1, 362  und  konnte  ganz 
das  vorausgehende  wort  sein,  da  fehlen  «n  kranksein  übergeht, 
oder  steckt  darin  das  hernach  aufgeführte  fehle,  culicula? 

FEHLBÄR.  errori  obno.nus,  culpabilis,  .schuldig,  it.  fallibile, 
sp.  falible.  dän.  feilbar:  der  rühm  einer  tugend,  welche  noch 
kein  sterblicher  für  fehlbar  zu  halten  sich  unterstanden  halte. 
Wieland  3,94;  es  war  gesetz,  kein  fremdes  oder  mächtiges 
fürwort  für  fehlbare  bOrger  anzunehmen.  Job.  MCli.er  Sc/imW- 
zerj.  5, 205;  eine  solche  {ahndung)  gelassen  zu  erwarten,  weil 
sie  verschuldet  ist  und  die  sünde  abbüszt,  dazu  verleiht  nur 
ein  sehr  edles  gemülh  dem  fehlbar  gewordnen  kraft.  Niebuhr 
2,200;  war  dadurch  das  bürgerrecht  des  fehlbaren  so  ver- 
nichtet, dasz  nur  die  höchste  gewalt  des  populus  es  her- 
stellen konnte?  2,566.  Schweiz,  fehlbar,  kränklich,  dem  oß 
etwas  fehlt,     s.  unfehlbar. 

FEHLBARKEIT,  f  dän.  feilbarhcd: 

Aunora,  die  mit  kenntnis  sprechen  kann, 
.■spricht  80  beredt  vom  süszen  gilt  der  «finde 
und  uosrcr  fcblbarkcit.    Wiblamd  lo,  2U, 


FEHLBITTE,  f.  preccs  irritae:  doch  umb  des  eides  willen 
und  dere  die  am  tische  saszen,  wollt  er  sie  nicht  lassen 
eine  fehlbilte  thun.  Marc.  6,26,  heslimmter  als  der  lext  hat: 
ovx  Ti&elrjoev  a&ei^oai  avr^v,  vulg.  noluit  eam  contristare, 
goth.  ni  vilda  izai  ufbrikan. 

FEHLBITTEN',  repulsam  ferre. 

FEHLBITTER,  m.    Stieler  177. 

FEHLBLICK,  m.  falsus  oblutus. 

FEHLBOHREN,  juxta  terebrare,  daneben  bohren. 

FEHLDRUCK,  m.  plagula  mendose  typis  expressa,  dän.  feilfryk. 

FEHLE,  /".  culicula:  wann  die  fehle  oder  häutlin  des  hirns 
verletzet.  WCrtz  practica  der  wundarzn.  84.  die  schweizerische 
mundart  hat  fäl  pellis  für  unser  feil.  Maaler  129'.  Fbisius  965', 
im  pl.  fale  für  feile,  das  fäle  n.  pellicula,  cuiicula.  fehle  Lei 
WüRTz  könnte  pl.  sein.     vgl.  fehl  und  feile. 

FEHLEN,  errare,  labi,  mhd.  valen,  vclen,  im  poss.  Jf.  613, 81 
Teilen,  nhd.  bei  Lltder  u.  a.  m.  feilen,  bei  Dasypodics  fehlen, 
bei  Frisics  und  Maaler  fälen ;  nd.  nnl.  feilen,  engl,  fail,  schw. 
feia,  dän.  feile, 

nahliegcnd  ersclieinl  das  mlat.  fallire  (si  colpus  praeter  fallierit. 
lex  sal.  17,  1),  pror.  falhir,  port.  falir,  it.  fallire,  fr.  faillir, 
welche  man  auf  das  lat.  fallere  zurückführt,  doch  haben  sie  gar 
nicht  dessen  transitirbedeutung  decipere,  fraudare,  sondern  die 
intransitive  von  labi,  deßcere,  wie  sie  unserm  fehlen  zusteht,  sie 
greifen  tief  in  alle  romanisclien  zungen,  ja  aus  dem  subst.  falta 
defectus,  fr.  faulte,  faute  hat  mh  ein  nettes  verbum  falt^ire, 
falfar  und  das  fr.  unpersönliche  il  faut,  es  fehlt,  folglich  es  id 
nölhig,  es  musz  erzeugt,  diesem  faltare  gleidtt  bä  uns  nichts, 
denn  falten  orfer  falzen  drücken  aus  plicare. 

statt  fehlen  aus  welscher  quelle,  wäre  ich  geneigt  fallire  aus 
deutscher  herzuleiten,  wenn  sich  mhd.  vaelen  sclion  in  dtd.  falan, 
fälun  aufweisen  liesze,  was  bislier  nicht  möglich  war,  und  selbst 
mhd.  vaJen  zeigt  sich  so  selten,  fehlen  hätte  sonst  einen  doppel- 
ten anhält,  zwar  nicht  in  dem  völlig  unverwandten  befehlen 
und  empfehlen,  die  aus  ahd.  fClahan,  goth.  filhan  entstellt  sind, 
sondern  elica  in  fallen,  das  cadere  und  labi,  wie  fehlen  labi 
bedeutet  {vgl.  feil  und  feile  sp.  1419)  und  im  praet.  fiel,  fielen 
seine  liquida  vereinfacht;  doch  nie  hat  fallen  den  sinn  von  errare, 
deficcre ,  mangeln,  wie  er  in  fehlen  vorwaltet,  ganz  andern 
weg  öfnet  die  berührung  zwischen  f  und  lingualen  {sp.  1211,  4), 
wie  icir  sie  in  fest  und  |)vasts,  feile  und  duehila  u.  a.  m.  ge- 
wahren, es  sei  erinnert  daran,  dasz  das  irrlicht  esprit  follet 
und  dwaliicht  heiszl.  goth.  dvals  tst  thöricht,  dvala  der  narr, 
der  thor.  ich  leite  fol,  fr.  fou  nicht  meltr  ab  aus  lat.  folüs, 
sondern  halte  zu  ihm  jenes  dvals,  er  ist  der  irre,  rcrirrle,  dem 
es  an  sinn  fehlt;  nun  musz  ein  golh.  dvaijan  geradezu  ausge- 
drückt haben  errare,  vagari,  nnl.  dwalen,  ags.  dvolian,  wie  die 
ketzerei  ags.  gedvola,  adid.  gituola  error,  irrlhum  häszl,  ahd. 
tuelan,  altn.  dveija  ist  impedire,  morari,  wiederum  irren,  hin- 
dern, transitiv  gefaszt.  hiermit  wäre  genug  gesagt,  um  aus  tuelan 
oder  tuälon,  dvelian  orfer  dvdlian  in  frühster  zeit  fälön  ent- 
springen zu  lassen,  wie  es  im  mhd.  v^len  tinrf  unserm  fehlen 
dauert,  und  ins  romaniscAe"  fallire  und  follelto  vorgedrungen  war. 
selbst  falsch  {sp.  1291)  könnte,  trotzdem  dasz  falsus  aus  failerc 
herrührt,  uns  zu  revindiäeren  und  dvalisc  zu  deuten  sein,  womit 
sich  auch  das  sc  rechtfertigte,  mehr  unter  toll,  man  vergleiche 
die  oß  schon  erwognen  Übergänge  von  fores  aus  skr.  dvära,  sl. 
dv  r  und  dvor',  gr.  d'voa,  goth.  daurü,  von  bis,  bellum,  bonus 
aus  dvis,  duis,  ducllum,  diionus,  im  Unguallaut  birgt  sich  die 
ältere  gestall  und  zwar  in  dem  mit  v  unmittcibar  rerknüpßen, 
was  bald  ein  f,  bald  ein  b  heran  lockte,  endlich  aber  hat  begrün- 
deten anspruch  auf  die  verwandtschaß  mit  fallen,  fallere  und 
fehlen  das  <}r.  ofnkXeiv  ==  stürzen,  fällen,  in  irrlhum  fültren 
und  atpäiJ.ead'ai  =  fallen,  irren,  acp  wie  ay«!  lat.  faux  orf«"r 
afsvSötT]  lat.  funda  genommen,  so  dasz  wir  dem  ofälXeiv 
ein  fallere,  fallen,  dem  dvaijan  ein  fehlen,  dem  {>rasts  ein  fest 
und  fastan  zur  sciie  sehen. 

wer  dies  alles  verwirß,  kann  sich  damit  behelfen,  dasz  intran- 
sitives fallire  aus  falli,  dem  passiv  von  fallere  abkommen  müsse, 
nicht  zu  überselien,  dasz  das  für  uns  fremde  fälieren,  failieren 
(.?p.  12S8).  dem  gerade  die  transitivbedeulung  von  fallere  beiwoltnt, 
niemals  ein  anlautendes  v  empfängt,  wie  va;lcn,  also  dem  Sprach- 
gefühl unheimlich  war.  dasz  im  romanischen  der  sinn  des  lat. 
fallere  abgeht  ist  niciU  minder  auffallend,  als  dasz  unser  fehlen 
ahd.  noch  nicht  vorkommt. 

zwei  hnuptbedeulungen,  des  irrens  und  mangelns,  deren  tweile 
sidt  doch  aus  der  ersten  kitel,  weil  der  irrende,  fehlschlagende 
bcdnrpig  irird  und  mangcl  mj>fndet. 


1423 


FEHLEN 


FEllLEX 


1424 


l)  fehlen,  errare,  aherrare  a  meta,  non  frocedere,  tnislingen, 
nicht  treffen. 

a)  aliein  stehend,  ohne  andere  casus:  unter  allein  diesem 
volk  waren  siebenhundert  man  auserlesen,  die  link  waren 
und  künden  mit  der  Schleuder  ein  har  treffen,  das  (das:)  sie 
nicht  feilelen  {vulg.  ut  nequaquam  in  altoram  paricm  ictns 
lapidis  dcferretur).  rieht.  20,16;  der  hogc  Jonathan  hat  nie 
gefeilet  und  das  schwer!  Saul  ist  nie  lere  widerkonien.  2  Sam. 
1,22;  sie  feileten  aber  beide.  Luther  4,  29';  ich  wolle  nicht 
weit  feilen.  4, 12* ;  ob  er  vielleicht  vermeinen  wolle  .  .  . , 
würde  er  weit  feilen.  5,  to';  das  sie  geirret  und  gefeilet 
haben.  5,23";  ob  sie  gleich  oft  feilen,  da  keren  sie  sich 
nicht  an.  5,54';  wenn  sie  fülelen,  das  sie  so  oft  angelaufen 
und  gefeilct  betten.  5,54';  gott  kan  nicht  liegen  noch  feilen 
in  seinem  wort,  aber  die  Christenheit  kan  feilen  und  irren. 
6,112';  das  er  leiden  möchte  solche  scherfe  des  grewiichrn 
rechts,  wo  er  einmal  strauchelt  oder  feilcte,  das  er  daruinb 
soll  ein  büsewicht  gescholten  werden.  6,20';  werkanmerken 
wie  oft  er  feilet?  ',  12';  im  reden  fälen  oder  in  worlen  irren, 
aberrare  rerba.  Maaler  129'' ;  hie  hat  Philippus  geirref,  hie 
hat  er  gefeilet.  Jon.  Wigand  die  newen  Wtltcnbergcr.  KOniijsb. 
1575  9'; 

go  wollend  schier  die  handwerkleut 
mit  irer  arbeit  auch  weit  falen.    Wickras  yilger  hl.  69; 
du  rehlest,  ich  kom  dir  nit  zu  theil, 
mein  leben  ist  mir  noch  nit  teil.    Alberus  42; 
denn  grosze  leut  die  feihlen  auch.    Ringwald  geistl.  lied.  D4'; 
doch  wer  sich  etwan  hier  zu  hitziff  übereilet 
und  durch  getrotzten  zorn  und  plötzlich  irren  feilet, 
steh  auf  so  bald  er  kan.    Gkyphics  1,430; 
vor  dem  der  feinde  macht  und  anschlaf  stets  gefehlt, 
der  mehr  triumph  als  Jahr,  als  tag,  als  stunden  zehlt.     1,122; 
wo  lenken  wir  uns  hin,  nun  sich  die  gasse  thcilt? 
mein  engel,  wie  so  still!  hab  etwan  ich  gefeilt, 
dasz  sie  den  süszen  mund  durchaus  vor  mir  wil  schlieszen? 

1,226; 

du  siehcsl  dich  zwar  selbst  für  grosz  und  fiirlreflich  an, 
aber  du  fehlest,  pers.  rosenlh.  8,60;  hast  du  einen  spiesz 
fehlen  gesehn  ?  'keiner  fehlte',  nun  wir  Cherusker,  meine 
ich,  wollen  auch  nicht  fehlen,  wenn  wir  erst  unten  sind. 
Klopstock  8,  75 ;  miltlcrweile  erzählt  ich  Markoni,  was  ich 
seinetwegen  gelitten,  um  per  avanzo  sein  mitleid  rege  zu 
machen,  wenn  der  gusz  fehlen  sollte,  der  a.  tn.  im  Tockenb.  107 ; 

der  herrn  poeten  gibt  es  viel. 

zehn  fehlen,  einer  trift  das  ziel.    (Merk)  rhnpsodia  1773  s.  iii ; 

wie  könnt  ich  sonst  so  tapfer  schmShlen, 

wenn  Ihät  ein  armes  mägdlein  fehlen  [fMlrcten). 
GöTHE  12,  1i<8; 
dasz  man  erst  selbst  etwas  leisten,  ja  dasz  man  fehlen  müsse, 
um  seine  eignen  rahigkeiten  imd  die  der  andern  kennen  zu 
lernen.  26, 149; 

aber  sie  unkundig  des  Steigs  und  der  roheren  stufen 
fehlte  tretend  (irat  fehl),  es  knackte  der  fusz,   sie  drohte  zu 

fallen.  40,320; 
alle  ihre  waffen  können  fehlen,  alle  stürme  auf  ihr  herz 
mislingen.  Schiller  312'.  es  heüzt:  die  kugcl  bat  gefehlt, 
rerfehll;  der  pfcil  fehlt  nicht;  o///r.  l'arc  qui  ne  faut.  Triär. 
1716.  1745.  auch  unpersönlich,  es  fehlt,  triß  nicht  zu,  nicht  ein: 
die  Sachsenkerles  sind  falbbärtig,  weil  sie  hier  saufen  und 
die  Franzosen  schwarzbärtig,  weil  sie  gern  starken  wein 
leppcrn.  aber  an  Spanniern  fehlcts,  die  essen  gern  weisz 
brot  und  küssen  gern  weisze  meidlein,  und  sind  sie  stifel- 
hraun  und  pechschwarz  wie  könig  Balthasar  mit  seim  äffen. 
Garg.  212*;  fehlen  kanns  nicht.    Göthe  s,  143. 

b)  mit  beigefügtem  dat.  der  person:  deinen  feinden  wrd« 
feilen.  5Afos.  33,29;  irc  hofnung  wird  irer  seien  feilen.  Iliob 
11,20;  sihe,  seine  hofnung  wird  im  feilen  (spes  ejus  fruslra- 
bitur  cum).  40,28;  diese  gedanken  fehlen  (/.  feilen)  mir  nit. 
LctherS,  4';  das  im  sein  anschlag  feile  und  ihn  verdriesze. 
br.  2,478;  aber  den  könig  zu  faben  hett  inen  gefehlct  (res 
partim  processil).  Fronlin  ton  Tatius  1,8,8  <«••  Fao.tRP.  3,  237* ; 

fSlst  du,  so  wend  wir  dir  nit  fülen. 

mit  trocknen  fusten  nasz  gnuog  strfilen.    Ir.  Juli,  bß; 

das  uns  doch  hat  gefehlet  weil.    H.  Sachs  III.  1,107'; 

o  ei  fehlt  mir  nit  umb  ein  har.    Atrer  177'; 

Tinum  au««  pora,  vcrittehfit  du  dai? 

l*t  au«  latin  gezogeu  .  .  . 

in  dfm  I>onnt, 

der  reiriin  hat, 

hnb  ich  p*  oft  gele«en, 

uuriil  nomen  lii. 

Od»  füll  mir  irl. 

mtn  trinkt  Ihn  auf  don  glltorn.    Garg.  H'\ 


aber  die  kunst  fehlt  ihm,  dann  er  war  zu  ini  aufgestanden. 
235'; 

bei  weitem  wfird  es  mir  und  einem  andern  fehlen, 
der  Rolaiids  thorlii-it  «dlt  hipr  ailzumal  rrzchien, 
denn  deren  waren  ja  so  viel  viel  Uheruus. 

VVkrdkrs  Ar.  28, 44  {2!>,  jO) ; 
hcldin,  euren  tapfren  sinnen 
fehle  nimmer  kein  heginnen .'    Logau  2,20; 

aber  es  werde  ilmie  fehlen  {nicht  gelingen).  Wiener  archiv 
25,344  (a.  1634);  einer  hüpschcn  hurtigen  gasthalterin  kan 
es  nicht  fehlen,  wann  sie  nur  sich  ihrem  naiucn  nach  hallen 
will.  j)cd.  schulf.  30 ;  das  sol  inen  feilen.  IIeinb.  Jul.  v.  Bk. 
341; 

Dorinde  sagts  ihr  zu.    und  doch  soll  mirs  nicht  fehlen, 

sie  wird  die  neuigkeit,  sobald  sie  kann,  erzählen, 

weil  jene  sie  zu  schweigen  bat.    Gellkrt  1,101; 

gesetzt,  es  fehlt  mir  bei  Zeniden, 

60  ist  die  strafe  doch  gelind.    Wikland  17,211; 

ein  weiberarm  ist  schwach,  wann  er  mit  männern  fleht, 

und  fehlte  dir  der  streich?  wie  sollt  es  dir  ergehen! 

Weisze  luatsji.  1,412; 
wie  oft  hat  er  auf  glück  und  gehl  geschmiiiet, 
blosz,  weil  ich  nicht  mit  sechscn  fahren  kann, 
dem,  wie  er  glaubt,  kein  hucli  mehr  fehlet.     Gökingk  2,149, 
nicht  fehlen  kanns  uns,  glaubt  mirs  nur.    Schiller  391'; 

es  kann  mir  ja  gar  nicht  fehlen  {feldschlaqen) ;  ach,  mir  ist 
gar  übel  gefehlt!  vor  drei  tagen  ist  mein  vater  gestorben. 
Millers  Siegwart  360. 

c)  mit  gen.  der  person  oder  sacke: 

mhd.  ouch  wart  ir  nicht  gefeit 

von  munchim  gutin  schutzin.    Jeroschin  15952; 

nhd.  ich  suche  dich  von  ganzem  herzen,  lasz  mich  nicht  feilen 
deiner  gebot,  ps.  119,10;  du  schiltest  die  stolzen,  verflurlit 
sind  die  deiner  gebot  feilen.  119, 21 ;  du  zulritlest  alle  die 
deiner  rechte  feilen.  119, 118 ;  er  leszt  mich  des  weges  feilen. 
klagt.  Jer.  3,  il;  das  recht  das  in  strafen  sol,  wird  sein  nicht 
feilen,  weish.  Sol.  1, 8 ;  daruinb  so  haben  wir  des  rechten 
weges  gcfcilet.  5,6;  und  feilen  des  giaubens,  circa  lideiii 
excidcrunt.  1  Tim.  6,  21 ;  welche  der  warheit  gcfeilet  haben, 
qui  a  veritate  exciderunt,  golh.  |iaiei  bi  siinja  usvissai  usmeliin. 
2  Tim.  2,18;  denn  der  Sünder  rufet  gott  an  in  seinen  Sün- 
den, lobet  in  und  traf  die  zwei  höchsten  gebot,  den  glauben 
und  gottes  ehre,  der  gleisner  feilet  irer  beider.  ]^i<ther  I,2.tl*; 
aber  David  feilet  ir  {der  beiden)  auch  wideruinb  nit,  sdiineisz 
umb  sich  getrost.  5,54';  aber  der  hauptsumma  des  gebots 
ist  liebe  von  reinem  heizen  und  von  gutem  gewissen  und 
von  uiigcferblem  glauben ,  welcher  haben  etliche  gcfeilet. 
6,32*;  aber  der  summa  und  endlichen  mcinung  des  gcsetze.s 
feilen  sie  gar,  6,35';  komm,  welcher  nur  lustig  ist,  so  wil 
ich  sein  nit  fehlen,  buch  d.  l.  12, 4 ;  Reiinund  der  zucket 
seines  bcrren  spiesz  und  woll  das  schwein  treffen,  von  groszem 
ungefell,  da  fehlet  er  des.  263,3;  das  wer  ein  ding  durch- 
aus von  Teulschcn  saget  oft  der  warheit  fälen  miisz.  Frank 
wellb.  vorr. ;  du  fehlest  der  thür  {gelisl  irre,  Irifst  die  thür  nicid). 
kl.  weise  reden  1565,182*.  1570,193  und  danach  Eykring  2.3s9; 
mein  gang  hat  des  rechten  wegs  gefehlel.  Ueiszner  Jer.  1,46*; 
sobald  die  falken  ein  antvogcl  ersehen,  so  stoszcn  sie  mit 
zugclhanen  dügeln  über  ihnen  her,  damit  sie  in  mit  den 
scharfen  klauen  ertappen,  fahlen  sie  aber  sein  und  so  der 
vogel  fleucht,  so  setzen  sie  vil  stärker  nach.    Sebiz  608; 

ich  mnin  der  krieg  fehl  dein  auch  nicht.    H.  Sacbs  1,471*; 

sie  haben  der  thür  weit  gefehlt.    Atrer  456'; 

des  wegs  sie  nicht  mehr  fehlen.    Weckherlin  241; 

so  grob  hat  keiner  noch  ilor  rechcnkuiisl  gefehlt, 

als  der  sein  alter  nur  von  seinen  jähren  zählt.     Fleüinc  '20! ; 

fleuchst  liii  (i-ngcl)  gleich  so  bald, 

deckst  du  dein  gesiebt, 

feil  ich  dein  doch  nicht! 

du  brennst  mehr  und  mehr, 

bleib,  lleucli  nicht  so  sehr!    fiRTPiilcs  1,521; 

der  hcrr  bat  der  thürcn  gefehlct.  'wohnet  hier  niclil  Hiero- 
nymus  (lolclti?'  er  wohnet  hier.  I,SS4; 

sie  fehlen  ihres  wegen  selten.     Gki.lrrt  I,2.>0; 

mit  diesem  zweiten  pfeil  durchschosz  ich  —  euch, 

wenn  ich  nioiii  liches  kind  geirolTen  hatte, 

und  euer  wahrlich  hiitl  ich  nicht  gefehlt.    Sr.BlUW  538'; 
doch  der  vater  irifl  den  vogol  ja  im  flug, 

er  wird  nirlit  fehlen  auf  das  hon  de«  klnde- 

tro  ein  dnp^n-llir  qen.  hart  geimen  wtlre. 

d)  Ininsitives  fehlen,  verfehlen,  mit  dem  aer..  nst'im   l>>  jh.  : 
verzeihe,   konigip,  wono  ich  in  dem  autdruck  meine  schul- 


1425 


FEHLEN 


FEHLEN 


1426 


digkeit  gefehlet  {meine  pftichl  verfehlt)  habe.  Lessisc  7,  259 ; 
ein  unterschied  der  so  grosz  ist,  dasr  die  geringste  aufmerk- 
sanakeit  ihn  nicht  fehleo  würde.    Kant  8,303; 

voll  inniger  demuth 
wagt  er  mit  tritte  des  menschen  die  wege  gottes  und  Tehlt  sie. 
Messias  19,894; 
bebe  denn,  o  dolch 
der  norne   dich,  du  fehlst  sie!    Klopstock  2,6; 

weiter  zu  deiner  linken  hin,  wo  es  weniger  unwegsam  ist, 
findest  du  die  felseneingünge,  die  wir  fehlten.  S,  73 ; 

ich  traf  wol  eher  den  peier  im  fluge! 

ich  wilis  nicht  fehlen  dies  Röraerherz.    8,162; 

den  boten,  den  du  sandtest,  fehlt  ich.    10,18; 

dasz  sie  das  rechte  zimmer  nur  nicht  fehlen!    Schiller  25S* ; 

gewisse  dienste  königen  zu  leisten 

ist  mislich,  herzog,  ein  gewagter  wurf, 

der,  fehlt  er  seine  beute,  auf  den  schützen 

zurücke  prallt.    265'; 

doch  will  ich  ratben,  ziele  gut,  dasz  du 

den  apfel  treffest  auf  den  ersten  schusz, 

denn,  fehlst  du  ihn,  so  ist  dein  köpf  verloren.    536'; 

was  die  regenten  gefehlt,  das  sollen  die  Völker  nun  büszen, 

quidquid  delirant  reges,  plectuntur  Achivi, 

Ko  delirare  deutlich  auf  errare  und  zugleich  des\fere  teeist ;  was 
ich  gefehlt  {uorin  ich  geirrt)  habe,  vergib  es  mir.  im pasävum  : 
der  fuchs  ist  von  zwei  Jägern  gefehlt  worden; 

so  brüllt  der  stier,  wenn  er,  gefehlt  vom  heile 
und  blutend,  dem  altar  entspringt.    Scuilleh  31*. 

ofl,  ähnlich  dem  intransitiven  'das  fehlt  weit',  auch  'das  ist 
weit  gefehlt'  oder  mit  ausfallendem  verbum  subst.  'gefehlt', 
'weit  gefehlt'  =  fehlgeschossen,  fehlgetreten,  und  eine  sinnliche 
bedeutung  war  ohne  zueifcl  die  ursprüngliche:  wo  feuersbrunst 
entstehet,  da  lauft  jederman  zu  und  hilft  löschen,  räumen, 
niederreiszen,  feuerversprecher  (fce.tp-ec/ier)  kommen  ungebeten, 
reiten  um  das  feuer,  als  ob  sie  rasend  wären,  dasz  ein  sol- 
cher fürwitziger  reiter  hernach  sich  einbildet,  es  habe  sein 
versprechen  was  geholfen,  aber  weit  gefehlet,  gott  und  die 
ordentliche  mittel  habens  gethan.    rockenpliil.  6,  87 ; 

und  lebst  du  nun  in  ruh?  gefehlt,  ergreif  die  watTen! 

man  untergräbt  dein  glück,  ein  feind^roacht  dir  zu  schaCen. 

Rost  Vorspiel  37; 
du  meinst  du  seist  die  schönste 
auf  dieser  ganzen  weit, 
und  auch  die  angenehmste, 
ja  aber  weit  gefehlt,    beltanntes  Volkslied. 

e)  recipr.  sich  fehlen,  sich  nicht  treffen,  verfehlen: 

so  nahn  oft  pilger  nach  Salem, 
deren  seelen  sich  gleich  und  für  einander  gemacht  sind, 
sich  in  diesem  leben  und  fehlen  sich  dennoch.    Messias  14,69. 

2)  fehlen,  deesse,  abesse,  mangeln,  gebrechen,  fehlschlagen. 

a)  etwas  fehlt,  es  feldt  an  etwas:  deine  knechte  haben  die 
summa  genomen  der  kriegsleute,  die  unter  unsern  henden 
gewesen  sind,  und  feilet  nicht  einer,  et  ne  unns  quidem  de- 
fuit.  4itfos.  31,  49;  so  thet  Josua,  das  nicht  feilet  an  allem 
das  der  herr  Mose  geboten  hatte ,  non  praeteriit  nee  unum 
quidem  verbum  quod  jusserat  dominus  Molsi.  Jos.  11,15;  das 
nicht  ein  wort  gefeilet  hat  an  alle  dem  guten,  quod  de 
Omnibus  verbis  unum  non  praeterierit  incassum.  12,14;  und 
hat  uns  nichts  gefeilet  an  der  zal.  1  Sarn.  25, 15 ;  und  feilet 
an  keinem  weder  klein  noch  grosz,  nee  defuit  quisquam  a 
parvo  usque  ad  magnum.  30,19;  und  es  feileten  an  den 
knechten  Davids  neunzehen  man.  2  Sam.  2,30;  und  die  ampt- 
leute  versorgeten  den  künig  und  alles  was  zum  tisch  ge- 
hörte und  lieszen  nichts  feilen,  tkön.  4,  27;  unser  keiner  lasz 
im  feilen  mit  brangen.  ueisli.  Sal.  2,9;  das  habe  ich  alles  ge- 
halten von  meiner  jugent  auf,  was  feilet  mir  noch?  quid 
adhuc  mihi  deest?  ahd.  waj  ist  mir  noh  nu  wan?  Matlh. 
19,20;  eines  feilet  dir,  gehe  bin,  verkeufe  alles  was  du  hast 
und  gibs  den  armen,  unum  tibi  deest,  goth.  ainis  |)us  van 
ist.  Afarc.  10,  21 ;  deine  strafe  aber  kan  nicht  feilen.  Luther 
3,36*;  sintemal  obgleich  die  werk  feilen,  so  ist  hülfe  und 
rat.  3,36;  es  feilet  am  glauben.  4,  14*;  denn  es  kann  nicht 
feilen.  5,41";  wiewol  es  doch  ja  nicht  an  gutem  geneigtem 
und  bereitem  willen  gefcilel.  6,11';  so  kanns  nicht  feilen, 
ir  werdet  bei  euch  selbs  das  herz  voll  trosis  und  freuden 
kriegen,  e,  ll';  und  ob  sie  es  mit  unthat  nicht  vermögen, 
so  feilets  doch  am  guten  willen  nicht.  6,16';  woran  fchlts 
weiter?  Xikervs  wider  Witzel  M7'; 

Ich  musz  zwar  auch  schaun  ob  was  feit, 
und  wie  all  sach  sei  daust  bestelt.    HxiHtn«  $.  lU,  999; 
lü. 


sie  wären  denn  nun  zwei,  doch  zwei  mit  einem  herzen, 
und  feilte  wenig  zeit  zu  ihren  hochzeitkerzen. 

Grtpuics  1,  200; 
was  man  für  der  zeit  erwehlet, 

sonst  ist  nichts,  was  so  sehr  fehlet.    Logad  3,19,87; 
Stiipo,  du  geschwinder  köpf,  balde  weistu  einen  rath, 
wie  man  sollen  machen  das,  was  gefehlet  etwa  hat.    3,62,27; 

wenn  manchen  patienten  der  doctor  besucht,  meinet  er  es 
sei  ihm  schon  geholfen,  und  fehlet  doch  oft  sehr  weit  {kann 
auclt  hciszen  irrt  sich,  bleibt  fern  vom  ziel,  nach  1).  Otho  590; 
das  Wasser  fehlt,  wo  ihre  rosse  trinken.  E.  v.  Kleist  1, 16; 
er  {C.ottsched)  dacht  es  würde  sie  sein  ansehn  noch  bezwingen, 
wo  nicht,  so  müste  doch  der  streich  Corvins  gelingen, 
umsonst,  der  anschlag  fehlt  (erreicht  uicht  »nn  zielf) 

Rost  torspiel  M ; 
sie  (frau  Gottsched)  sprach  Corvinen  zu  und  lobte  seinen  muth, 
und  da  die  that  gefehlt,  hiesz  sie  den  willen  gut.    94; 

alle  diese  umstände  hätten  nicht  fehlen  {ermangeln  oder  ver- 
fehlen)  sollen,  einen  menschen  aus  der  fassung  zu  setzen. 
WiELASD   1,  97; 

denn  eben  wo  begriCTe  fehlen, 

da  stellt  ein  wort  zur  rechten  zeit  sich  ein.    Götkk  12,98; 

an  kühnheit  wirds  euch  auch  nicht  fehlen.  12,99; 
die  herren  hatten  es  auch  nicht  fehlen  lassen,  reich  und 
ehrwürdig  angethan  zu  erscheinen.  24,304;  den  andern  tag 
hatte  ich  nicht  muth  hinzugehen,  den  dritten  liesz  mir 
Emilie  ...  in  aller  frühe  sagen,  ich  möchte  heute  ja  nicht 
fehlen  {ausbl^en).  25,281;  es  fehlte  {lag)  nicht  an  der  mil- 
den sonne,  wenn  sich  der  kriechende  busch  nicht  zum  bäume 
aufrichte  etc.  Schiller  314";  fehlte  je  der  schöne  lichtstral 
in  deinem  äuge,  wenn  die  freude  dein  herz  durchglühte?  314'. 
errare  und  deesse  lassen  sich  lüer  oft  nicht  scheiden,  weil  aus 
dem  abirren  mangel  entspringt. 

b)  den  gipfel  von  Verlegenheit  oder  noth  bei  unerwarteten  vor- 
gingen zu  bezeichnen  heiszl  es:  dii  fehltest  noch!  der  fehlte 
noch!  das  fehlte  noch!  Lessisc  2, 237;  fängst  dus  so  an? 
das  fehlte  noch !  Göthe8,  130;  die  gestalt  fehlte  noch!  8,156 
(==  42,  215.  442) ;  der  gewissenszwang  fehlte  noch !  8, 176 ; 
das  fehlte  noch,  dasz  er  sich  zu  überheben  anfängt.  42,204; 
das  fehlt  mir  noch,  id  mihi  resiat  malt!  vgl.  das  ist  noch 
übrig  =  nocA  nicht  eingetreten; 

was  noch  einig  hat  gefehlet 

in  die  anzahl  meiner  noth, 

die  mich  dürftigen  durchquelet, 

ist,  herr  Rhemisch,  ewer  tod.    Tscber<«ing  36. 

c)  was  fehlt  dir?  was  ist  dir?  was  hast  du?  welches  leid 
quält  dich  ?  und  er  fraget  noch  was  mir  feile  ?  quid  tibi  est  ? 
rieht.  18,14;  was  fehlt  unserm  magister?  fragte  einer  den 
andern.  Thükhel  Wilhelmine  20 ;  ich  weisz  nicht  was  mir  fehlt, 
icos  mir  ist,  je  ne  sais  pas  ce  que  j'ai; 

hier  soll  ich  finden  was  mir  fehlt?    Göthk  12,41; 
er  läszt  gleich  den  arzt  rufen,  sobald  ihm  das  geringste  fehlt; 
es  fehlt  mir  nichts  =  es  bricht,  gebricht  mir  nichts.  2,  346. 

d)  fehlen,  entgehen,  abgehen: 
die  fürt  er  in  der  feinde  zeit, 

hofl  das  im  groszer  Ion  nit  feit.    Schwarzeiiberg  113,1; 

mein  hofnung  und  Zuversicht  sol  mir,  ob  gott  wil,  nicht 
feilen.  Luther  1,62';  ein  guter  weg,  der  weder  mir  noch 
andern  fehlen  wolle.  Mich.  Neander  bed.  39'; 

nach  seinem  tod  das  gut  ward  theilt, 
so  gleich  das  keim  daran  nichts  feilt. 

Waldis  Es.  3,94   6/.  190"; 

also  gehet  es,  groszem  glück  feilet  es  oft  am  segen  und 
gedeien.  Mathesils  14"; 

itzt  ist  zeit  zu  eilen, 

dem  wird  alles  feilen, 

der  sich  wird  verweilen.    Flehimg  300; 

du  leeres  gewäsche, 

dem  mcnschenwitz  fehlt, 

0  fahr  in  die  frösche, 

nur  uns  nicht  gequält!    Hagedorn  3,116; 

vergebens  grüszt  man  ihn, 
es  fehlt  ihm  an  der  zeit,  den  hut  herahzuziebn. 

Rost  Vorspiel  40; 
der  prinz  sprang  auf  und  stund  von  schrecken  halb  entseelet, 
starr  wie  ein  marmorbild,  dem  färb  und  ödem  fehlet. 

Weisze  Iraucrsp.  1,214; 
gestehe  mir  nun  was  dich  quälet, 
was  du  zu  viel  hast,  was  dir  fehlet.    Götbr  11, 145; 

er  fehlt  mir, 
TerlSszt  mich  in  dem  letzten  augenblick.    Scbiukk  542'; 
wen  seines  volkes  ruf  so  hoch  gestellt, 
dem  fehle  nicht  die  kräfligung  von  gott.    Uhlands  £ms(61; 
noch  fehlt  mir  euer  Urlaub,  hohe  Trau.    68; 

90 


1427 


FEHLEN— FEHLER 


FEHLER— FEHLERLOS 


1428 


drum,  dasz  dorn  muthe  sein  walirzciilieii  nicht, 
der  ehre  nicht  ilir  Ireudig  vvimpel  lehle.     Uulanos  Ludwig  153. 
einem  fälen,    fallere  promissum,    seinem  freimd  fälcn  und  im 
nit  zu  willen  «erden,  deesse  voluntali  amiri  Maaler129*;  man 
sagt:  sich  seihst  fehlen,  sibi  «;«i  deesse: 

so  sorgt  er  selbst  ITir  dich,  wo  du  dir  fehlst.    Güthk  1,141; 

wenn  wir  uns  selbst  fehlen,  fehlt  uns  doch  alles.  16,97; 
ja,  er  ist«,  der,  auch  entsecict. 
seinem  heiigen  schwur  nicht  fehlet  (ihn  nicht  bricht,  sondern 

hält).     ScuiLLEK  00'; 
und  meinte  seiner  pflicht  zu  fehlen, 
dürft  er  sich  nicht  im  dienste  quälen,    (i''. 

e)  eines  dingcs  fehlen,  ermangeln :  das  ich  der  gnaden 
feilen  niQstc.  Lutbeii  3,  lo';  da  nu  die  beiden  des  rechten 
goltes  gefeilet  haben.  3,42';  sie  feilen  noch  itzt  des  heim 
Christi.  3,36";  denn  dieweil  sie  nicht  recht  vom  glauben 
Jeren,  müssen  sie  der  rechten  werk  feilen,  augsb.  conf.  im 
Corp.  doclr.  ehr.  p.  12;  und  fillen  also  der  gerechfigkeit,  lieb 
und  hofnung,  die  aus  dem  glauben  kumpt.  Fiian»  irc/Zfr.  143'; 
in  disem  land  huben  sie  die  lielfand  also  zum  krieg  und 
allen  dingen  gewüut.  das  in  nicht  fält  dann  der  red.  220*. 
diese  gmilire  begegnen  s/w/er  niciU  melir,  sie  slehn  aber  nahe 
denen  unter  1,  c,  denn  wer  einer  sadte  ermangelt,  gelU  ihrer  auch 
fehl,  erreicIU  sie  nicht. 

I)  refl.  sich  fehlen  ==  fehlen:  je  mehr  deine  jähre  zu  und 
deine  kräfte  abnehmen,  je  näher  kommt  der  tod  herbei,  das 
fehlt  sich  nicht.  Orno  27. 

g)  tcie  das  lat.  abesse  mit  longe,  multum,  parum  Vordersätze 
bildet,  von  velchen  der  eigeiüliclte  hauptsatz  abhängt,  findet  sich 
auch  weit,  viel,  wenig  oder  die  blusze  negcUion  bei  fehlen :  es 
feilet  nicht  viel,  du  überredest  mich,  das  ich  ein  Christen 
würde,  vulg.  in  modico  suadcs  me  chrislianum  fieri.  aposlelg. 
26,  2S;  es  fehlte  wenig,  dasz  sie  nicht  falscher  liebe  pflege. 
buch  d.  l  214,2;  verhofTens  es  werde  nicht  fehlen,  dasz  ich 
geld  bringen  sollte.  Schweimciien  1,  398 ; 

weil  sie  aber  meistens  doch  lieher  junp  als  alle  nemcn, 
fehlt  es  nicht,  sie  hahen  wind,  was  dahei  sei  für  bequemen. 
LoGAU  -^,1^7,39; 
viel  ist  manchem  zugezehlet, 
viel  auch  fehlet, 
dasz  er  noch  nicht  alles  hat.    3,211; 

hat  Tacilus  nicht  von  dem  allerheiligsten  aufs  allenerächl- 
lichste  geschrieben?  dennoch  fehlet  es  weit,  dasz  man  ihn 
aus  der  band  werfen  sollte.  Butschky  Palm.  914 ;  es  fehlt 
nicht  viel,  dasz  ich  ganz  von  der  hätsche  sei,  nihil  prorsus 
tütest  quin  sim  miserrimits.  Stieler  425; 

ja,  sprach  er,  euer  dienst  ist  prosz, 

allein  es  wird  mir  nicht  viel  fehlen, 

ihr  werdet  mich  dafür  zeitlebens  quälen.    Gellert  1,200; 

aber  auch  dieses  vergnügen  w'nA  alle  augenblicke  durch  die 
Überlegung  unterbrochen,  w  ie  übel  die  kunst  angewendet  w  orden 
und  diese  Überlegung  wird  selten  fehlen,  die  geringschatzung 
des  künsllers  nach  sich  zu  ziehen  (=  und  es  wird  selten 
feilten,  dasz  diese  Überlegung).  Lessi>c  6,  513 ;  der  junge  prinz 
konnte  nicht  fehlen,  sich  in  dieser  schule  gar  bald  zu  dem- 
jenigen auszubilden,  was  die  damen  seines  hofes  einen  liebens- 
würdigen mann  nannten  (=  es  konnte  nicht  fehlen,  dasz  der 
prinz).  WiKi.ANO  0, 15S;  und  erzählt  uns  nicht  Ovid,  wie  wenig 
es  gefehlt  hätle,  dasz  sogar  die  ehrwürdige  Vesla  von 
dem  gefährlichsten  liebhaber,  den  eine  spröde  haben  kann, 
überrascht  worden  wäre?  10,106;  ich  finde  hier  so  manche 
wolgestaltete  personen,  denen  es  gewis  nicht  fehlt,  mahlerischc 
bewegungen  und  Stellungen  nachzuahmen  (=  bei  denen  es 
niclä  fehlt,  dasz  sie).  Götiie  17,  252;  es  fehlte  viel,  dasz  Werner 
einen  gleich  vortheilhaflen  eindruck  auf  Wilhelmen  gemacht 
hätte.  20,132;  wenig  hätte  gefehlt,  so  wäre  er  mit  Fteichardt 
hier  angekommen.  Schiller  an  Gulhe  TM.  im  latein  folijt  auf 
tum  aliesi,  parum  abest  ein  quin,  wir  dürfen  im  nachsatz  die 
uciialiun  wegla.'isen  oder  setzen:  es  fehlte  wenig,  dasz  er  ihn 
Kchlug  oder  dasz  er  ihn  nicht  schlug,  die  ueglassung  i-it 
detüsclitr.  auf  'et»  ist  weit  gefehlt'  läsit  Kant  ein  dasz,  auf 
'0*  ixt  SU  weit  gefehlt'  •=  tanlum  abest  ein  dopftelles  dasz 
und  dai  ztrrile  im  geleil  iv)«  vielmehr  folgen :  es  ist  so  weit 
Keffhlt  da«  meine  prinripien  . . .  sollten,  dasz  sie  vielmehr 
«Ins  einzige  mittel  sind  u.  i.  ».  3,  20tt,  vgl.  1.  7:>.  7,  i;<J.  3il. 
U.ih.  man  tagt:  weit  gcftrhil  seine  lüge  einzugestehn,  machte 
rr  iinincr  neue  lügen,  iantum  abcrat,  ut  —  ut.  vgl.  weit  ge- 
fehlt unter  i,d. 

KKlü.K.n,  m.  error,  laptut,  mendum,  ritium.  nach  sinnlicher 
untrrlu'je,  uie  »ie  die  kernoth  folgenden  zusammenset:uni/en  mit 
{ehl  kundyi-Oca. 


1)  es  erscheint  schon  bei  Keisehsuerc  in  der  redensarl  'einen 
fäler  schieszen':  wenn  sie  komen  an  ir  letzst  end  und  mainen 
si  haben  samal  gespunnen,  so  ist  es  zwilch.  und  wenn  si 
mainen  einzugeen  mit  den  jungen  weisen  junkfrawen,  so 
schieszen  si  ainen  fäler.  geisl.  sjnnnerin  ea';  ich  wolt  gaist- 
lichait  Stichen,  so  hab  ich  die  weit  funden,  ich  hab  ainen 
fäler  geschossen,  hasimpf  Kf4";  auch  nit  einen  fulen,  ver- 
legnen, schelmigcn,  liegen,  lassen  leuischen  oder  dorfiiunt 
mit  dir  neinmest,  wenn  du  uf  den  weg  kemest,  und  wenest 
gar  ein  guten  hunt  haben,  dan  sehest  du  was  hunds  du 
hellest  mit  dir  genomen,  das  du  einen  feler  hettcst  ge- 
schossen, mit  dem  du  verdürbest.  Wjerlio'; 

und  dacht  im  'das  ich  schiesz  kain  fäler." 

Kellers  eridid.  lUä,  22; 

der  Wirt  warlich  ein  feler  .«chieszen. 

Schade  sal.  und  pasq.  2, 204, 

hergenommen  vom  schieszen  und  nicht  treffen  tnä  dem  bogen, 
vgl.  einen  fehl  schieszen  sp.  1421,  einen  blinden  oder  bock 
schieszen.  2,  124.  203. 

2)  gleich  all  sein  wird  der  fehler  in  einem  gliicksspiel,  die 
niete,  sors  inanis,  gegenüber  dem  treffer,  tessera  felix:  so  wenig 
ich  sonst  zu  freude  und  leid  geneigt  bin,  so  möchte  ich  doch 
selber  gerne  wissen,  ob  ihr  losz  unter  den  treffern  oder 
fehlem  stehen  würde.  (Jellert  3,257;  wie  in  einen  losztopf 
greifst  du  in  die  dunkle  Zukunft,  was  du  fassest  ist  noch 
zugerollt,  dir  unbewust,  seis  trcITer  oder  fehler.  Göthe  8,  25«. 

3)  ein  leiblicher,  angeborner  fehler,  praritas  corporis,  ein 
fehler  im  herz,  am  äuge,  am  fusz,  am  finger,  der  fehler  zu 
stammeln,  ihre  stimme  hat  den  fehler  zu  zittern;  da  liegt, 
da  steckt  der  fehler. 

4)  fehler  im  lesen,  schreiben,  rechnen,  drucken;  fehler  in 
der  Zeichnung;  ihre  sonst  gewisse  band  zeichnet  fehler  auf 
das  gespannte  papier.  Thlmmels  U<7/ie/m»ne  42;  es  wimmelt 
alles  von  fehlem,  s.  druckfehler,  lesefehler,  rechenfehlcr, 
Schreibfehler,  Sprachfehler. 

5)  fehler  in  der  wand,  vitium  in  pariete,  das  haus,  die 
mauer  hat  den  fehler  zu  schwitzen. 

6)  geistiger,  sittlicher  fehler:  es  ist  ein  kleiner  fäler,  parum 
delicti  est.  Maaler  129';  einen  fehler  begehen,  in  einen  fehler 
fallen ;  einen  fehler  bereuen,  ablegen,  wieder  gut  machen, 
beschönigen,  bemänteln ;  ein  mann  wird  recht  gut  mit  ihnen 
fahren,  wenn  sie  diesen  fehler  ablegen  wollen.  Gellert  3,  237 ; 
ich  habe  meiner  frau  den  fehler  schon  vergeben.  3,200;  so 
will  ich  nicht  selbst  in  diesen  fehler  fallen.  J.  l\  papierdr. 
1,  25 ;  damit  hast  du  einen  groszen  fehler  gemacht ;  ich  weisz 
mich  von  diesem  fehler  frei;  ein  mädchen,  die  von  den 
meisten  fehlem  unsers  geschlechts  frei  ist.  Gellert  3,  2o3 ; 
freigebigkeit  ist  eben  sein  fehler  nicht ; 

das  schmerzt,    denn  argwöhn  ist  so  wenig  sonst 
mein  fehler.  1^f.ssi?ic  2,310; 

es  ist  ein  nur  zu  gemeiner  fehler  junger  leute,  dasz  sie 
glauben,  man  lebe  von  der  liebe.  Weisze /«.•!/.'!/>.  l,  120;  ver- 
zeihen sie  meinem  geschwätzc,  es  ist  einmal  der  alten  fehler. 
jubelliochzeit  79 ;  einseitigkeiten,  welche  als  mängel  anzuseilen 
sind,  wenn  die  natur  den  künstler  dergestalt  beschränkte, 
als  fehler,  wenn  er  mit  Vorsatz  in  dieser  beschräiikung  ver- 
harrt. Göthe  3S,  127.  /i»cr  steld  mangel  aU  das  natürliche  ge- 
bredien  dem  selbstverschuldeten  fehler  gegenüber,  obgleich  sunsl 
auch  mangel  einen  natürlichen  fehler  bezeichnen  kann,  wie  man 
z.  b.  von  den  hauptmäiigeln  der  pferde  redet,  wir  satten  aber,  dasz 
in  fehlen  dtr  sinnliche  begrif  des  irrens  vorwallet,  der  des  timngelns 
sich  erst  daraus  ableitet. 

FKULEIICHEN,  n.  viliolum:  schwriz.  a  chlis  fälerli; 

dichiern,  die  mich  spottend  bessern, 

kleine  fehlerchen  vergroszern.    I.k$si<(c  1,7S. 

FEIILKIlFIlEI,  vitio  purus,  schw.  felfri:  das  haus  ist  fehler- 
frei, nihil  vilii  est  in  tecto ;  ein  fehlerfreier  levt,  emaculalus; 
nieuiand  wird  fehlerfrei  geboren. 

FEIILEItFItl^ll.  viliis  aJiorum  Uietus:  die  fehlcrfrohe  Icirhl- 
gliluliigkeil   des  gefühllosen  scliwälzers.  Dyana.wre  1, 131. 

FEHLEHIIAFr,  viliosus:  eine  fehlerhafte  Vorstellung,  aus- 
spräche, schreibarl ;  nichts  ist  fehlerhafter,  als  aus  einem 
edlen  oder  unedlen  zuge  einen  andern  vorausscUend  /u 
schlieszeii.  J.  I'.  pajiifrdr.  1,  120. 

FEin.EIllFAFT,  vUiose,  mendose:  fehlcrhafl  sprechen,  schrei- 
ben, sriilieszen. 

FEIILEHISCII,  mendosu.t.    Stiklkr  420. 

FtllLEHLUS,  sine  vUiu,  fehlerfrei.     $.  fehllof. 


1429 


FEHLERMACHEN— FEHLIG 


FEHLIG  —  FEHLSCHIESZEX 


1430 


FEHLERMACHEN,  aberrare,  peaare:  ich  habe  das  beste 
erst  durch  fehleriuachen  gelernt.    \Viela5d  25, 184. 

FEHLFAHREN,  aberrare  a  ria,  irrfahren. 

FEHLFARBE,  f.  im  karlensyid. 

FEHLFEL'ER,  n.  ignis  peius:  das  also  dieser  teil  nicht 
alleiu  ungewis,  sondern  auch  stracks  wider  ir  fegfeuwer, 
feilfeuwer  oder  liigenfeuwer  ist.    Lctbeb  5, 102'. 

FEHLFÜHREN,  a  recla  na  abdticere,  irrfiihren:  der  verstand 
führt  uns  fehl  und  veriäszt  uns  zu  eben  der  zeit,  wo  wir 
seines  lichtes  am  meisten  bedürfen.    Gellert. 

FEHLGANG,  m.  error,  Uus  inuiilis. 

FEHLGEBÄREN,  abortum  facere:  mit  Unglück  gieng  er 
schwanger  und  hat  fehlgeboren. 

FEHLGEBURT,  f.  aborlus,  fausse  couche. 

FEHLGEDANKE,  m.  cogkntio  inanis:  denn  was  hilft  grosze 
hohe  Weisheit  und  Ireflich  herzlich  hoher  mut  und  nieinung, 
wenns  nicht  die  gedanken  sind,  die  gott  treibt  und  glück 
dazu  gibt?  es  sind  doch  eitel  feilgedanken  und  vergebliche 
meinung,  ja  auch  wol  schedliche  und  verderbliche.  Lutheh 
6, 142*. 

FEHLGEHEN,  nrf.  feile  gan,  I)  intr.  etrare,  irrgehen,  den 
falschen  weg  einschlagen;  ich  bin  auf  der  beide  fehlgegangen, 
ohne  mich  herausfinden  zu  können. 

2)  trans.  non  refierire,  nicht  treffen,  verfehlen :  wir  sind  ein- 
ander fehlgegangen,  nehmts  nicht  übel.  LEssnG;  sie  sagen 
mir,  lieber  freund,  dasz  ihnen  die  bisherigen  beurtheilungen 
des  don  Carlos  noch  wenig  befriedigiing  geben,  und  halten 
dafür,  dasz  der  gröszte  theil  derselben  den  eigentlichen  ge- 
sichtspunkt  des  Verfasser»  fehlgegangen  sei.  Schiller  760*. 

FEHLGELEITE,  n.  abdiielio:  nach  so  öfterem  fehlgeleite 
wird  unser  Schriftsteller  verdächtig.    Hippel  11,429. 

FEHLGESCHICK,  n.  casus  adrersus,  misgeschick :  dieses  un- 
erwartete fehlgesrhick  ist  mir,  bei  dem  übrigen  was  mich 
betrifl  und  bedrängt,  höchst  widerwärtig.  Göthe  an  Zelter 
769   (6,  115). 

FEHLGESICHT,  n.  spcclactilum  inane.    Stieler  2026. 

FEHLGIESZEN,  male  ftindere. 

1)  daneben  gieszen :  sie  gosz  fehl  und  verschüttele  die  arznci. 

2)  falsch  gieszen:  das  bild  ist  fehlgegossen,  s.  fehlgnsz. 
FEHLGLEITEN,  fiede  labi,  ausgleiten,  dann  fiberhaupl  fehlen: 

eine  staatsnothwehr  ähnlich  der  eines  einzelwesens,  das  dem 
mörder,  der  ihm  auflauern  will,  früher  auflauerte  und  den 
todesstreich  vorausführte,  welcher  dann,  sobald  er  fehlglitte, 
wieder  den  mörder  in  einen  billigen  nolhwehrstand  einsetzte. 
J.  P.  dämm.  53. 

FEHLGREIFEN,  labi  in  tactu,  mi.^greifen,  daneben  greifen, 
irren:  diesmal  hat  Uriel  gewaltig  fehlgegriffen.  Götbe  14, 162. 

FEHLGRIF,  m.  lapsus  langentis,  misgrif,  schw.  felgrepp,  dän. 
feilgreb  :  er  thut  eitel  feilgriffe.    Luther  3.  204'. 

FEHLGUSZ,  m.  rana  fusio :  alsdann  über  die  art  in  erzl 
zu  gieszen  und  den  gusz  zusammenzusetzen  und  von  fehl- 
güsscn.  Wi.nkelmann  5, 12S ;  durch  diesen  weg  Tersicherten 
sich  die  alten  künstler  vor  fehlgüssen.  5, 132 ; 

freude  .'  die  wasserschlacht 
begann,    geschehn  sind  ttiaten,  derer 
jetzo  noch  ineldung  des  pfliigers  round  thut. 
da  galt  es  slärke,  kunst,   wer  am  weitesten, 
im  tiöctisten  l)0).'en  träfe  des  auges  stern. 
fehlgüsse  lachten  wir,  der  bofliund 
bellte  sie,  krähte  der  bcnne  mann  aus.    Klopstock  2,232. 

FEHLHAFT,  mendosus,  culposus,  schuldig:  die  wähl  des  dro- 
henden Calo  erfüllte  die  fehlhaflen  mit  schrecken.  Hallees 
Fabius  und  Cato  s.  171. 

FEHLHALDE,  f  clivus  praecipitans ,  labefactans:  etliche 
lernen  die  kunst  und  haben  arms  genug,  wissen  aber  die 
grif  nicht  , . .  andere  wissen  und  können  alles,  was  darzu 
gehört,  sie  wohnen  aber  an  der  feblhalden  (an  der  Schlucht, 
am  abhang  ico  man  gleitet  und  fällt).  Simpl.  K.  156,  vgl.  mhd. 
halde,  ahd.  halda.  eine  andere  lesart  gibt  fehlhalbe  und  den- 
selben sinn. 

FEHLHAIE.N,  abetrare  in  eaedendo.    Stieler  790. 

FEHLHIEB,  m.  vanus  ictus,  schtr.  felhugg,  fehlender,  daneben 
gehender  hieb : 

der  Teutsche  weicht  um  was  (parumper),  Terführt  den  ßcht- 

gesellen  igegner) 
zum  fählhiew.    Rohpler  105. 

FEHLIG,  fallax,  fehlend,  trügerisch:  ßilig  gut.  das  nil  so 
Til  fnicht  bringt,  als  es  aber  erzeigt  bat,  fundus  mendax; 
eia  fäjiger  oder  ungewisser  wäg,  Her  ambiguum;   fäiige  hof- 


nung,  fallax  spes;  ein  faJige  sach  haben.  periclUari  causa. 
Maaleb  129*.  130';  darumb  dasz  die  mittel  fehlig  und  selten 
treffen.  Par.vcelscs  l,  506' ;  wir  urtheilen  das  wir  wenen  und 
wenen  das  wir  nicht  wissen,  darauf  urtheilen  wir.  das  ist 
fchlig  . . .  darumb  ist  das  urlheii  fehlig  und  betrüglich. 
1,  711*.  dem  begrif  und  der  form  nach  leidü  mit  fällig  $p.  12S8 
zu  mischen,  der  form  nach  auch  mit  dem  folgenden. 

FEHLIG.  FELIG,  FEILIG,  tutus,  securus:  es  ist  auch  s.  gn. 
solch  gleidt  gegeben  in  ewer  keis.  maj.  feldläger  vehlieh, 
sicher  und  ungerahrlich  zS  und  abe  bisz  wider  in  sein  ge- 
warsame  zu  kommen,  vervarung  landgr.  Wilhelms  von  Ues.^en 
1552  Ä  2';  unde  bätin  lantgrävin  Lodewigen  mit  grftjim  vlije, 
da?  her  zu  on  queme,  her  solde  wol  velig  sin  lihis  unde 
gutis.  KöDiz  vo.N  Salf.  Ludwig  33,11;  daj  her  und  die  seinen 
vor  allen  leuten  velig  dorinne  gesein  mochten.  Jon.  Rotbe 
cap.  33 ;  daj  her  sich  dem  kooige  an  gnade  sulde  geben  und 
sulde  des  leibes  feiig  {s.  I.)  sein.  cap.  348.  Ssp.  ii.  27,2  setzt 
eine  hs.  für  des  livcs  genenden  'des  lives  veilig  sin',  andere 
nd.  denkmälcr  haben  das  wort  Oper,  brem.  wb.  1, 370.  Wa.  Böhmer 
wb.  zu  Kantzow  336*.  Lappe:»berg  zu  den  brem.  gesdiichlq.  265'. 
Haltacs  445.  446.  Oberli."«  379.  381.  Fbisch  verweist  unter  feiig 
1, 255*.  25S'  auf  velig.  was  aber  im  v  fehlt,  die  nnl.  form 
lautet  veilig,  die  frieäsche  felich,  feilich  (Richth.  732").  dies 
adj.  steht  dem  vorausgehenden  fehlig.  fehlend  gerade  entgegen, 
der  fehlige  weg  ist  unsicher,  der  veilige  aber  siclier.  herzuleUen 
wftsle  ich  es  nur  entweder  vom  goth.  filhan.  ahd.  fi<iahan.  fries. 
fella,  altn.  fela  condere,  so  dasz  fehlig.  feilig  eigentlich  aus- 
drückte geborgen ,  gedeckt ,  geschiüzi .  also  sicher,  nach  dieser 
deutung  wäre  auch  ein  alid.  felahic,  filhic  denkbar,  doch  habe  ich 
mhd.  nie  velhic  gelesen,  während  das  verbum  bevelhen  und  subsi. 
bevclch  genug  ersclwint.  oder  man  hätte  das  ags.  fäle  proprius 
heranzuziehen,  insofern  die  im  eigenlhum  stehende  sache  von  ihrem 
hcrm  auch  geschützt  und  gesichert  würde ;  nul.  veil  venalis  und  veilig 
tutus  stehen  einander  ab.      vgl.  auch  StCrenbirg  ostfr.  wb.  52*. 

FEHUAGE.N,  nihil  capere,  oder  substantivisch  inanis  captura, 
wo  mrni  dessen  fehlgehl,  worauf  jagd  gemaclU  wurde,  nach  Heppes 
leühund  81,  wo  der  Jäger  schlechter  und  weniger  wildpret 
ins  abjagen  bringet,  als  sein  rapport  gelautet  hat. 

FEHLJAHR,  n.  annus  sierilis:  warum  soll  man  nicht  bei 
den  zunehmenden  niis  und  fehljahren  und  fehijahrhunde.rten 
anspielen  können  auf  was  man  will.  J.  P.  aesth.  2.  53. 

FEIILK.\UF,  m.  ein  kauf,  wobei  man  über  den  vortheil  geirrt  hol. 

FEHLLEITEN,  seducere,  irre  leiten. 

FEHLLESEN,  legendo  aberrare:  der  hemusgeber  hat  hier 
fehlgelesen.    Stieler  1167. 

FEHLLIEBE,  f.  amor  tanus,  reputsa.    Sheler  1157. 

FEHLLOS,  labis  expers: 
mein  geliebter  .4ntilochos,  tapfer  und  febllos.    Od.  3,111; 

Cassius  Lucius,  das  muster  eines  fehllosen  richters.  Niebühr 
2, 195. 

FEHLLUST,  f.  fallax  voluptas.    Sheler  1186. 

FEHLORT,  m.  bergmännisch  fossa  latens.  Frisch  1,255*:  da 
auch  die  bergkleut,  so  den  hauptgang  kein  kluft  oder  quär- 
gang  zertheilt,  den  sie  im  graben  nachfolgen,  so  durchhauen 
sie  auch  die  vcste  gestein  des  hangenden  oder  liegenden, 
welche  felort  oder  quarschlag,  auch  xgvTrrd  heiszend.  Becbics 
Agricola  129.     dies  gleicht  dem  filhan  condere  unter  feilig. 

FEHLRECHNEN,  falso  numerare,  fehler  im  rechnen  machen. 

FEHLRECH.NU.NG,  f  die  ersten  fehlrechnungen  des  lebens, 
die  Schwankungen  einer  seele,  die  sich  selbst  sucht.  Güthe 
46. 107. 

FEHLßEITEN,  vergeblieh  reiten,  den  «eg  verfehlen,  irre  reiten, 
oder  den  zweck  des  reitens  nicht  erreichen. 

FEHLRENNEN,  das  ziel  des  rennens  verfehlen. 

FEHLRIPPE,  f.  Costa  spuria,  falsa,  so  heiszen  die  fünf  un- 
teren kurzen  rippen;  ein  stück  fleisch  von  der  fehlrippe. 

FEHLRITT,  m.  wir  haben  heute  früh  einen  fehlritt  gcthan, 
Gütok  16,  260. 

FEFILSÄGEN,  im  sägen  die  richtung  verfehlen. 

FEHLS.\M,  falsus,  fallctx:  die  gemeine  logik  ist  freilich  oft 
fehlsam.  Leibnitz  390;  'fehlsame  nachrichten'  stdit  in  einem 
rescript  an  die  GöUinger  Universität  von  1736;  man  deutet  auf 
das  mehrfache  menschliche  fehlsame,  auf  die  Unzulänglich- 
keit der  individuen.    Götre  51, 142. 

FEHLSATZ.  m.    1)  vanus  saltus.     2)  falsa  positio. 

FEHLSCHICKEN,  vergeblich  schicken. 

FEHLSCHIEBEN,  daneben  schieben,  beitn  kegeln. 

¥EllLSCliHi.>>ZE}i,  daneben  schieszen,  nicht  treffen,  oßfigürlidi: 

90* 


1431   FEHLSCHLAG  — FEHLSPRECHEN 

denn  er  schieszet  wol  fehl.  i.  P.  Ilesp.  2, 18 ;  nun  schreibt 
Camper,  Mekel  schiesze  ein  wenig  fehl,    papierdr.  l,  27. 

FEHLSCHLAG,  m.  vanus  ictus,  felU  geltender  'anschlag',  mis- 
glüekendeT  versuch:  weil  er  in  handel  und  wandel  so  wol 
dabei  fährt  und  ihn  jeder  fehischlag  so  gut  wie  den  groszlen 
gelehrten  klüger  macht,  der  a.  m.  im  Togyenb.290;  kein  fehl- 
schlag konnte  seine  bebarrlichkeil  besiegen.  Schiller  713';  da 
es  das  einzige  war,  was  ihr  für  den  fehlschlag  ihrer  übrigen 
hofnungen  einigen  ersatz  geben  konnte.  860* ;  der  fehlschlag 
des  complots  von  Amboise  hatte  den  intriguea  des  prinzen 
von  Conde  kein  ziel  setzen  können.  1050*. 

FEHLSCHLAGEN,  non  ferire,  nicht  treffen,  nicht  fehlschlagen 
treffen,  er  weisz  noch  nichts,  indessen  musz  er  es  bald 
erfahren,  und  meine  räche,  doch  was  fürchte  ich?  diese  soll 
mir  dennoch  nicht  fehlschlagen.    Brawe  der  freigcLit  108 ; 

die  fehlgeschlagne  list  hielt  sie  für  ihre  schmach. 

UosT  sclinfergeä.  32.  tchöfererz.  24; 
ich  wart  auf  deinen  brief,  du  holst  auf  meine  Zeilen, 
dir  schlägt  dein  wünschen  fehl,  weil  meine  hofnung  irrt.    78; 
wenn  ich  mich  selbst  recht  kenn,  und  nicht  mir  völlig  dahin- 
schwand 
meiner  kräuter  gewalt  und  fehlschlägt  meine  beschwörung. 
Oviil  metam.  14,57. 

alle  seine  hofnungen  schlugen  ihm  fehl,  sind  oder  aucfi  haben 
ihm  fehlgeschlagen,  fehlschlagen  steht  ab  von  rathschlagen, 
dessen  praet.  rathschlagle,  pari,  gerat hschlagt  lautet,  wogegen 
fehlschlagen  fehlschlug  und  fehlgeschlagen  bildet,  der  acc. 
fehl  ist  blosz  angeschoben. 

FEHLSCHLAGL'NG,  f.  sich  wegen  der  fehlschlagung  einer 
begierde  rächen.  Garve  zu  Cic.  de  off.  s.  265 ;  so  viel  schnelle 
fehlschlagungen  bestürzten.  J.  P.  Hesp.  2, 119 ;  lieber  ein  Un- 
glück als  zehn  fehlschlagungen.  2,120;  Roquairol  war  bei 
allen  fehlschlagungen  seiner  unbündigen  wünsche  ziemlich 
glücklich  und  gut  geblieben.  Tit.  b,  65;  zurückgehende  höllen- 
ströme  der  fehlschlagungen.  Fibel  100;  allein  seiner  harrten 
abermalige  fehlschlagungen.    Dahlmann  dän,  gesch.  1,  221. 

FEHLSCHLELDEKN,  daneben  scideudern. 

FEHLSCHLIESZE.N,  non  aperire,  non  claudere,  falso  concludere. 

FEHLSCHLLSSEL,  m.  falsa  clavis:  denn  ohne  glauben 
entbindet  sie  (die  predigt)  nicht  und  ist  darumb  nicht  ein 
feilschlüssel.  Luthers  br.  4,  482;  das  erklärt  Lutherus  in 
seinem  büchlein  von  den  schlüsseln  also,  Christus  spricht 
nicht,  was  ich  im  himmel  binde  und  löse,  das  solt  ir  auf 
erden  auch  binden  und  lösen,  wie  die  lehrer  des  fehlschlüs- 
sels  narren.    Otho  1335. 

FEHLSCHLL'SZ,  m.  falsa  conclusio:  denn  wie  der  mensch 
ist!  anstatt  finsterer  beweise  für  die  zukunft  zieht  er  viel  eher 
angenehme  fehlschlüsse  auf  bessere  zeiten  daraus.  Thümmel 
4,39  vgl.  i,lU;  sein  fehlschlusz,  so  sehr  er  sonst  fehlschlüsse 
bassete,  machte  ihm  diescsmal  keine  geringe  freude.  Licn- 
TE<<BERC  5,319;  glücklich  wer  den  fehlschlusz  von  seinen 
wünschen  auf  seine  kräfte  bald  gewahr  wird.  Göthe  18, 127 ; 
ich  wenigstens  enthielt  mich  solcher  fehlschlüsse  von  jeher. 
J.  P.  papierdr.  1.  234. 

FEHLSCHLLSZKETTE,  /.  zieht  daraus  eine  fehlschlusz- 
kette.  J.  l\  Fibel  46. 

FEHLSCHMEISZEN,  daneben  schmeiszen.  bäm  kegeln,  einen 
fehler  machen. 

FEHLSCHMISZ.  m. 

FEHLSCHNAPPEN,  im  schnappen  fMen :  der  bund  schnappt 
immer  fehl. 

FEHLSCHNEIDEN,  falsch  schneiden. 

FEHLSCHNITT,  m.  unrichtiger  schnitt,  incisio  falsa. 

FEHLSCHIIEIBEN,  unrichtig  schreiben. 

FEHLSCHUEITEN,  daneben  schreüen. 

FEHLSCHHlfT,  /.  scriptio  falsa. 

FEHLSCHIUTT,  m.  ein  sinnlich  auffallender  feblscbritt. 
Pestalozzi  f>,  241. 

FEHLSCHIB,  m. 

FEHLSCHCSZ,  m.  am  ziel  vorbei. 

FEHLSEHEN,  falsch  uhen:  unser  hasz  wird  hier  lilosz 
dnrch  einen  feblttebenden  vemland  und  unsere  liebe  durch 
einen  rechtxebenden  gewonnen.  J.  P.  tevfelsp.  l,  154. 

FEHLSEHER,  m.  speeulalor  fallax. 

FEHLSETZEN,  unreclU  ulzen:  die  pflanzen,  die  stuhle  sind 
feblgeurtzl. 

FEHLSPHECHEN,  falsch,  unrichtig  sprechen,  urtheUm:  es 
fiel  ihr  ein,  wie  wenig  graf  Hugo  fchlgcsprochen.  Tieci  ges. 
not.  4,300. 


FEHLSPRINGEN  —  FEIBEL 


1432 


FEHLSPRINGEN,  daneben  springen. 

FEHLSPRL'CH,  m.  falsa  locutio,  falscher  aitsspruch:  wenn 
man  aber  also  mit  ungewissen  gründen  und  feilsprüchen  den 
glauben  schützet,  ists  nicht  ein  schmach  und  spot  der 
Christen  bei  den  widerfechtern,  die  der  sprach  kündig  sind  ? 
Luther  2,  475*. 

FEHLSPBUNG,  m.  verfehlter  sprung: 

ich  sehe  dich,  im  wilden  eiscebirg 
verirrt,  von  einer  klippe  zu  der  andern 
den  fehlsprung  thuu.    Scuillek  532*. 

FEHLSTECHEN,  daneben  steclien. 

FEHLSTECKEN,  daneben  stecken. 

FEHLSTELLEN,  falsch  stellen;  ich  will  suchen  noch  bei 
meinen  lebzeiten  das  manuscript  möglichst  gereinigt  zu  sehen 
und  deshalb  mit  ihm  conferiercn.  auslassungen  und  fehl- 
stellen  kann  ich  ohne  weiteres  berichtigen,  über  die  man 
späterhin  viel  und  oft  vergebliche  nachsuchungen  anstellen 
müste.  GöTHE  an  Zelter  770.     oder  ists  der  pl.  von  fchlstelle? 

FEHLSTOSZ,  tn.  unriditiger  stosz. 

FEHLSTOSZEN,  daneben  stoszen. 

FEHLSTREICH,  m.  vanus  ictus:  das  ir  Verfolgung  nichts 
ausrichte,  denn  das  man  irer  feilstreiche  lache.  Luther  4,303'; 
ungewis  laufen  und  feilstreich  thun.  6r.  4, 141;  verlachen  soll 
man  sollich  fälstreich  und  windgrif.  Frank  weltb.  151';  ist  es 
nicht  thöricht  einen  Staat  anzufallen,  in  dem  man  sich  auch 
selbst  nach  erhaltenem  siege  nicht  behaupten  kan,  bei  einem 
fehlstreich  aber  sich  nicht  mehr  in  gleichen  vortheilen  be- 
findet, als  man  vor  dem  angrif  hatte?  Heilmanns  Thiic.  773; 
einen  fehlstreich  thun.  Pestalozzi  3, 165 ;  mich  dünkt.  Les- 
sing thue  einen  fehlstreich.  Herder  13,  222;  dieser  erste  fehl- 
streich schlug  jedoch  seinen  muth  nicht  nieder.  Schiller  1057'. 

FEHLSTREICHEN,  in  mehrfachem  sinn,  z.  b.  falsch  geigen. 

FEHLSTREUEN,  daneben  streuen. 

FEHLSTRICH,  w.  auf  der  geige  u.  s.  v.  jeder  fehlstrich, 
Fernando,  gieng  mir  durch  die  secle.    Güthe  10, 175. 

FEHLSTUNDE,  f.  verlorne  stunde:  was  ergaben  sich  da  oft 
für  mistage  und  fehlstunden.    Göthe  48,38. 

FEHLTREFFEN,  falli,  nicfd  treffen:  aus  leichter  verdriesz- 
lichkeit  über  ein  oft  fehltreffendes  friedensrichteramt.  J.  P. 
herbstbl.  3,237. 

FEHLTRETEN,  pede  errare,  einen  falschen  tritt  thun:  er  ist 
auf  der  treppe  fehlgetreten,  trat  auf  dem  glatten  eise  fehl. 
figürlich,  niemand  so  weise  und  vorsichtig,  der  nicht  einmal 
fehltreten  sollte.    Bltschky  kanzl.  301. 

FEHLTRITT,  m.  lapsus:  wofern  ich  nun  hicrinne  einen 
fehllrit  begangen.  Butschky  tanzi.  95;  sie  würden  immer  die 
gewöhnlichen  menschlichen  fehltrilte  machen.  J.  P.  papierdr. 
1,83;  nach  so  vielen  fehltrillen,  denen  der  menschliche  ver- 
stand ist  unterworfen  gewesen.  Kant  8, 11 ; 
da  ward  ihr  edles  heri  gewandt, 
den  fehltritt  zu  verzeihen.    Jou.  Fb.  Kind  gcd. 

FEHLWERFEN,  falsch  werfen,  von  thieren  abortieren. 

FEHLWILLIG,   in  promtitudine  sua  aberrans.    Stieles  2538. 

FEHLWORT,  n.  l)  fehlendes  wort:  mit  erzelung  seins  be- 
velchs  one  einig  felwort  {ohne  dasz  ein  uorl  fehlte).  Aimon  1 5', 
vgl.  die  anlwort  von  wort  zu  wort  on  füle  erzclet.  12'. 

2)  promissic  inanis.    Stieler  2578. 

FEIILWUCHS,  tn.  excrescentia,  tuber:  das  ausschneiden  der 
aus  und  fehlwüchse.  J.  P.  doppelw.  48. 

FEHLWCRF,  wi.   falscher  wurf.     von  einigen  thieren  abortus. 

FEHLZÄHNER,  pi.  lUere,  «eichen  gewisse  lähne,  t.b.  Schneide- 
zähne fehlen. 

FEHLZEICHNEN,  fehlerhaft  zeichnen. 

FEHLZIEHE.N,  falsch  oder  vergeblich  ziehen,  t.  b.  ton  fisthem 
im  netz. 

FEHLZIELEN,  falsch  zielen. 

FKHLZUG,  m.  ductus  falsus,  irritus. 

FKHME,  s.  fcme. 

FEIIRI  CKEN,  n«.  das  rftckentheil  vom  feinen  pelzwerk. 

FEHWAMME,  f.  das  bauchlheil:  ein  jticid  mit  febwammc 
füttern. 

FEI,  f.  dira,  fee.     s.  meerfei. 

FEIBEL,  FEIFEL,  morbus  equonim,  mini,  vivac,  vivola»». 
DucANCE  6, 861.  802.  fr.  avives,  sp.  avivas,  engl,  vivr-;,  nnl. 
vijve,  fijvc,  ddn.  fibel,  schw.  fibb  und  Abel.  finn.  piipcli.  ,i<uf 
nhd.  Wort  schwankt  aus  dem  pl.  in  den  sg.  bald  m.  bald  f.  nach 
Neünicb  Kwol  die  ohrendrüsen  der  pfrrdt,  als  die  entsünJung 
dtew  ärtuen  «der  manddn,   ane  fol^  der  darmgicht;   nadt 


1433 


FEIBELADER  — FEIER 


FEIER  — FEIERABEND 


1434 


HoHBERG  2,  204.  205  die  nifel  oder  feifei.  schneid  e«  {das  ros) 
ein  wenig  in  das  obr,  blüt  es  nit,  so  bat  es  die  feifei,  die 
soilu  im  nemen,  wie  der  gemein  braucb.  Seutür  78 ;  und  stiipfs 
mit  einem  warmen  eisen  hinder  beide  obren  und  dergleicben 
an  den  feiflen,  also  auch  in  der  seilen  und  under  dem  gurt. 
47;  wider  die  feifei  der  pferd  nimb  mäuseöbrleinkraut.  Ta- 
BERNAE».  509 ;  SO  ein  pferd  die  feifei  bekäme,  lasz  ihm  die- 
selbige  aufrciszen  und  alle  körnlein  der  feifei  berausthun. 
5S7  ;  der  bisebof  wird  wol  gewüszt  haben,  an  welchem  end  dem 
gaul  der  fcibel  gesteckt  ist.    Kirchhof  wendunm.  389' (427*); 

das  sie  (die  pferde)  das  jar  sol  rüeren  nicht 
je  kein  kraakheit  noch  feivels  stieb. 

Waldis  päbst.  reich  4,4; 
Pranger  (das  pferd)  fürchtet  der  hörner  (des  Hirsches)  spitzen, 
wolt  die  feibel  nicht  lassen  ritzen,    froschmeus.  OoT; 

einem  pferde  den  feibel  reiszen,  die  Speicheldrüsen  ausschneiden 
uder  zerquetschen,  im  16  jh.  oft  bei  fluch  und  Verwünschung: 
das  musz  dich  die  feifei  ankommen.  Frey  garlenges.  cap.  65 
s.  54';  daj  in  die  feifei  bestehe.    Schade  sat.  u.  pasq.  2,261; 

wünsch  dem  verDucbten  spiel  den  feifl. 

Mauritius  scliutleben  E6; 

aber  bolz  duft,  diese  hudJer  haben  die  reben  nicht  gebawet 
und  brechen  mir  darzu  die  trauben  zur  unzeit  ab,  dasz  sie 
die  feifei  bestand!  solt  ich  dis  leiden.  Garg.  204';  wann  ich 
so  viel  stärk  als  mut  hett,  bolz  krisam,  ich  wolt  sie  euch 
all  wie  ein  antvogel  beropfen  und  inen  recht  die  feibel 
schneiden.  251",  so  in  einem  gedieht  des  15  jh. 

die  feivel  schneid  ich  im  ze  hant.    Hälzlerin  s.  232*. 
unrichtig  sieht  Stieler  427  in  feifei  den  namen  des  teufeis. 

FEIBELADER,  f.  die  oder  unter  des  pferdes  zunge,  vcelche 
ihm,  u-enn  es  den  fcibel  hat,  p/legt  geüfnet  zu  werden. 

FEIDE,  s.  fehde. 

FEIEL,  f  viola,  feibel: 

das  meidlin  an  der  zinnen  lag,  sie  sah  zum  fenster  naus, 
aus  rechter  lieb  und  trewe  warf  sie  zwei  krenzlein  raus, 
das  ein  das  war  von  Teiel,  das  ander  von  grünem  klee, 
sol  ich  dich,  feinslieb,  meiden,  meim  herzen  dem  geschieht 

wee. 
FEIEL,  f.  lima,  s.  feigel  und  feile. 

FEIELWASSER,  n.  dieselbe  besprengten  auch  allen  morgen 
die  kammern  mit  roswasser,  fenchelwasser,  feielwasser  und 
anderem.    Gare;.  281*. 

FEIEN,  virlule  magica  imbuere,  fest  machen,  it.  fatare, 
affatare : 

ein  stolzes  riesenbild, 

es  hat  die  waffen  mir  gefeit, 

hat  mich  mit  muth  erfüllt.    Schetikendorf  der  berggeist; 

allein  die  haut,  vom  eisen  unversehrt, 

läszt  minder  sich  als  bein  und  stahl  durchboren, 

denn  Roland  ist  gefeit  und  fest  geboren. 

ch'  Orlando  nato 

impenetrabile  era  et  affatato.    Hot.  29,62; 

nichts  widerstand  dem  unausweichbarn  degen, 

er  war  gefeit,  und  solcbermaszen  zwar, 

dasz  ohne  Wirkung  sind  vor  seiner  klinge 

gefeiter  stahl,  gefeite  panzerringe. 

piastra  incantata  et  incantata  maglia.  30, 59. 
FEIEND,  m.  im  15. 16  jh.  zuweilen  geschrieben  für  feind. 
FEIENGESCHICHTE,  f.  feenmärchcn:  erlauben  sie  doch, 
dasz  ich  den  kindern  eine  artige  feiengeschichte  erzähle,  die 
ich  jüngst  in  einem  buche  fand.  Weisze  fanrfer/r.  9, 130;  und 
verlangen  sie  denn,  fiel  Lotlchen  lächelnd  ein,  dasz  wir  so 
treuherzig  sein  und  ihnen  dies  alles  auf  ihr  wort  glauben 
sollen?  gewis  haben  sie  das  aus  einer  feiengeschichte  erborgt. 
12, 161. 

FEIER,  f.  ahd.  fira,  firra,  mhd.  >-5re,  nnl.  vier,  auch  fries. 
fira,  im  ags.  engl.  nord.  fehlend,  aus  dem  lat.  feria,  welchen 
sg.  Festcs  noch  hat  und  der  auch  mlat.  wieder  üblich  ward. 
feria  gieng  über  in  firia,  dies  in  firra  und  mit  vereinfachter 
liquida  in  fira;  nhd.  feier  gleicht  dem  leier,  mauer,  heuer  statt 
des  mhd.  vire,  lire,  müre,  hiure,  docli  schrieb  Lutuer  noch 
feire.  feriae  entsprang  au$  fesiae,  ist  also  unmittelbar  gehörig 
zu  feslus,  feslum  und  liegt  ab  ton  ferre  oder  ferire;  feriae 
sind  die  heiligen  fesUage,  an  welchen  geschdft  und  arbeit  nüun, 
wie  die  Slaren  den  soniiiag  nedjelja,  den  niclitarbeitenden,  im 
gegensal:  zu  den  werkellagen  liaszen  und  der  jüdische  sabbath, 
r3'(3  nach  rSl'iZ)  aufttOren,  cessare  genannt  ist.  ob  diese  ces- 
sation  auch  in  den  Wörtern  feriae,  feriari,  festum  selbst  enthalten 
war  oder  aus  der  Vorstellung  des  festes  die  der  ruhe  geleitet  wurde, 
stehe  dahin,  wenigstens  drücken  unser  feier  und  feiern  otium  und 
ttiari,   oxoki]  und  «r;KoAa^e(*'  ms,  nickt  über  «tiigedrelit  otium 


und  oxo)jri  ein  fest,  ebensowenig  bedeuten  die  gr.  und  goth.  be- 
nennungen  des  festes,  aoorrj  und  dulj)s  (ahd.  tuld,  bair.  dult 
2,1509)  das  unterbleiben  der  arbeit ;  iooräten',  duljijan  besagen 
nur  das  fest  halten,  nicht  überhaupt  müszig  gelten. 

1)  feier,  das  fest:  meine  feire  haltet,  t«  aäßßarä  (tov 
^'la^ead'e,  sabbata  mea  custodite.  3  Mos.  19, 30.  ahd.  fira 
thös  sambajdages.  fira  thSrö  ösloronö.    Gbaff  3,  665. 

mhd.  vaslen  die  zite, 

die  man  im  gebiete, 

die  viere  begän 

die  dar  zuo  schulen  gestän.    K.\rajan  30,7; 

da;  der  tac  ein  vire  wart 

von  der  zit  unz  vurwart, 

den  die  cristen  lüte 

begen  mit  freuden  hüte.    pass.  H.  137,11; 

wände  du  ie  vli;;e  dich, 

da;  du  die  vire  unteres!.    51,8t. 

der  heiligen  feier  halten ,  iTinen  zu  ehren  faslen  und  beten. 
Luther  3,  523*.  wir  sagen  heule  erntefeier,  hochzeitfeier.  ge- 
burtstagfeier  für  das  fest  oder  den  begang  des  festes,  die  feier 
dieses  heiligen  ist  längst  erloschen,  sein  fest  wird  nicht  mehr 
begangen;  auf  die  feier  des  soiintags  wird  in  England  streng 
gehallen. 

2)  feier,  otium,  ruhe  ton  der  gewöhnlichen  arbeit,  mit  oder 
ohne  allen  bezug  auf  an  fest. 

mhd.  herre,  min  unmüejecbeit  (^schäß) 
daj  was  undürftenej  Jeii, 
so  was  aber  min  vire  (musze) 
diu  baiphe  und  diu  lire.    Trist.  375,  37, 

ich  schwebe  beständig  in  leid  und  erhole  mich  nur  an  harfe  und  leier; 

Terrameres  not 
pflac  dö  decheiner  vire.    Wh.  107,5,  hörte  niclu  auf; 
er  pflac  deheiner  vire, 
so  er  gemeren  mäht  sin  habe.    Helbl.  S,  1070, 

feierte  nicht,  gönnte  sich  keine  ruhe; 

dähte  niht  lenger  vire 

halten  mit  der  heidenschaft.    litl.  ehr.  3406: 

nhd.  wenn  ir  ins  land  kompt,  so  sol  das  land  seine  feire 
dem  herrn  feiren,  LXX  afaTiavasTai  rj  yr„  vulg.  sabbalizetis 
sabbatum  domino.  3  Mos.  25.  2 ;  aber  im  siebenden  jar  sol 
das  land  seine  grosze  feire  dem  herrn  feiren,  darin  du  dein 
feld  nicht  beseen  noch  deinen  weinberg  beschneiten  solt, 
LXX  avaTtavais  t'arai  rp  vj,  vulg.  sabbalum  erit  terrae 
requietionis  domini.  25,  4.  der  winter  ist  die  feier  der  natur. 
Weiszes  kinderfreund  3, 49.  wir  sagen  heute  noch  feiern  für 
nicht  arbeilen,  ruhen  und  feiertag  für  ruhetag,  kaum  feier  für 
ruhe,  aufhören  der  arbeit,  sondern  bedienen  uns  des  worles  ferie, 
niei*(en5  im  pl.  ferien. 

3)  LoHENSTEi»  braucht  feier  neutral:  an  dem  feier  des 
Saturnus.  j4mi.  1,1018;  das  feier  der  Frea.  1,1126.  darin  hat 
er  schon  alte  Vorgänger: 

da;  vire  halt,  da;  ist  gesetzet.    Fbaceslob  t.  206. 
FEIERABEND,  m.    nnL  vieravond. 

1)  der  abend  vor  dem  heiligen  fest,  der  heilige  abend. 

2)  diurni  operis  requies,  abendliches  außören  der  arbeit,  feier- 
abend  machen,  zu  arbeiten  aufliören.  die  zimmerleute  haben 
schon  um  drei  uhr  feierabend  gemacht;  hielte  davor,  dasz 
sie  deswegen  so  frühe  feierabend  gemacht,  damit  sie  am 
morgen  desto  früher  sich  mit  dem  vieh  auf  die  weide  be- 
geben möchten.  Simpl.  Joseph  cap.  2;  die  zu  sehr  eilen,  haben 
spat  feirabeod.    Lehmann  182; 

der  feierabend  ist  gemacht, 

die  arbeit  schlaft,  der  träum  erwacht.    Gcnibbi  77; 

fehl,  kinder,  und  wenns  feierabend  ist, 
ann  reden  wir  auch  von  des  lands  geschälten. 
Schiller  525". 
den  arbeilern  feierabend  geben  oder  bieten,  sie  entlassen ;  nnl. 
ik  geef  u  vieravond,  ihr  könnt  nun  heimgehn ;  sie  haben  feier- 
abend bekommen;  habt  ihr  feierabend?  seid  ihr  mit  dem  lage- 
werk fertig? ;  die  polizei  bietet,  wenn  es  abend  zehn  geschlagen 
hat.  den  gasten  in  den  Wirtshäusern  feierabend,  sie  sollen  zu 
trinken  außören;  feierabend  litulen; 

lieben  herren,  wir  wend  euch  gan, 

und  ouch  ein  wil  feirabend  ban.    fastn.  896, 1. 

3)  den  feierabend  mitnehmen,  bei  den  zimmerleuten ,  ein 
slück  holz,  welches  sie  zum  feierabend  von  des  bauherrn  holze  zu 
ergreifen  sich  bereclitigt  hallen,  mitnehmen. 

4)  figürlich,  das  aiifttören,  zu  ende  gehen  irgend  eines  zuslandes 
oder  geschdfls:  viel  bände  machen  bald  feierabend,  bringen  ein 
ding  schnell  zu  ende;  der  vorthcU  bat  bald  feierabend.  Frau 
lob  der  lorh.  20; 


1435     FEIER  ABENDSARBEIT  —  FEIERLICH 


FEIERLICHKEIT  —  FEIERN 


1436 


das  alter  \Tirt  mir  wol  feirabent  bieten,    fastn.  737,6; 

habens  feirabend  mit  mir  gemaclit, 

mich  still  und  heioiblicb  uinbgcbracbt.    SmttftVB  kurzweil  1S3; 

das  herannahende  alter  befiehlt  uns  diesen  stillstand  oder 
feierabend  zu  machen,  denn  die  kräfte  der  jngend  haben 
uns  verlassen,  l'ierot  4,  3S5;  golt  macht  mit  dem  menschen 
bald  feierabend,  fordert  ihn  geschu-inde  von  dieser  kcU  ab; 

auch  währt  nur  alles  kurze  zeit 

in  dieser  weil,  und  dann 
geht  zu  der  langen  ewigkcit 

der  feierAbeiid  an. 
dann  sind  wir  wieder  alle  gleich, 

das  tagewerk  ist  aus. 

üRoi.zHAiF.R  in  Voss  musenalm.  I7S7  s.  122; 
der  becker  selbst 
gewinnt  nichts  mehr,    ist  feierabend  jetzt, 
gibt  nichts  zu  backen  mehr.    UuLAnos  Ltulteig  192. 

FEIERABENDS.\RBEIT,  f.  jede  von  handverkern,  laijeldlinern 
zur  zeit  des  fcierabends  gemachte  oder  gcthane  arbeil.  infonder- 
heil  bei  den  schnridern,  uclehe  die  (jescllen  vierzclien  läge  vor 
jedem  hohen  fest  auch  in  den  fcierabendcn  verrichlen  müssen. 

FEIEKABENDSGESELL,  m.  den  die  schnader  in  dieser  zeit 
mehr  hallen  dürfen. 

FEIERABENDSTUNDE,  f.  kann  nur  so  an  feierabend- 
stunden dran  lernen.    Fr.  MCixer  3,  79. 

FEIERBL'RSCH,  m.  6«  den  hechern  ein  ohne  arbeit  auf  der 
herbergc  liegender  gesell,  auch  bei  den  müllern,  s.  Kuhns  veslfäl. 
sagen  2,  2S3.  286.  der  seit  michacl  1827  im  gasthofc  zu  Gcstc- 
witz  als  feierbur.sche  in  dienslen  gestandene  M.  Heilmann 
31  jähre  all.    sleckbrief  des  sächs.  nwls  Borna  von  li)28.     5.  feise. 

FEIERGANG.  m.  processio  solemius. 

FEIERGEI..\LTE,  n.  feiei-glocke. 

FEIERGESANG,  canlus  solemnis. 

FEIERGESELL,  m.  feierabendsgesell. 

FEIERGEWAND,  n.  vestis  fesla: 

in  schimmernde  feiergewande 
kleidest  du  (sonne)  den  bimmel.    Stolrerg  1,101. 

FEIERGLOCKE,  f  feiergeläule  zum  fest  oder  zur  ruhe. 
FEIERHAIN,  lucus  sacer: 

unsern  feierhain  beflecke 

morgen  weder  blut  noch  mord !    Rürger  2'. 

FEIERJAHR,  m.  annus  requielionis.    2  Mos.  25,  5.  8. 
FEIERJLBEL,  m. 

der  hymnen  feierjubel  ist  Tcrhalit.    Matthissoji  108. 

FEIERKLANG,  n.  campanarum  sonus  feslus: 
dann  mit  der  freude  f'eierklange, 

begrüszt  sie  (die  glocke)  das  geliebte  kind.    Schiller  77'; 
thal  und  hügei  Teiern  alle, 
wald  und  flur  sind  leierklang.    Rijrger  3'; 
zum  bochamt  rufte  dumpf  und  klar 
der  glocken  ernster  feierklang.    69'; 
fchon  rufet  uns  der  glocken  feierklanir, 
die  kröne  harret  dieses  jiinglinges.    Uulakds  Ernst  17. 

FEIERKLEID,  n.  reslis  solemnis,  tunica,  stola:  und  gab  inen 
allen  einem  iglichcn  ein  feierkleid,  aber  Benjamin  gab  er 
dreihundert  silberling  nnd  fünf  feierkleider.  1  A/ox.  45,  22;  so 
wil  ich  euch  dreiszig  hemde  geben  und  dreiszig  feirkleider. 
rieht.  14,12;  die  feierkleider,  die  mentel,  die  schleicr.  Es.  3,22; 
es  führten  dort  der  frfihling  und  die  freude 
der  P'loren  lug  in  buntem  feierkicide.    Hagedor;«  2, 112; 

das  feierkleid  des  ernstes.  J.  P.  Kalzenb.  2,  70. 
FEIERLÄUTEN,  n.  feiergeläule: 

es  schallt  des  kirchleins  feierläuten 

den  berg  hinan.    Fa.  Bruti  im  musenalm.  1798  (.  182. 

FEIERLICH,  feslus,  solemnis,  mhd.  vlrellch,  nnl.  vierlijk: 
mhd.  lac  ir  Ttrellch  gewant.    Neidhart  mx,29; 
nhd.  feierliche  rede,  Handlung;   feierliches  lied,  wori ;   feier- 
liche  strafe,    Züchtigung;    feierliches   gelübde,    versprechen; 
feierlicher  cid,  schwur,  vertrag; 

welch  feierlicher  ton  {der  $limme)l    Schiller  294*; 

mir  Ut  to  feierlich, 
■0  bang,  als  sollte  dieser  nugenblick 
ein  ip-ofzet  losi  entscheiden.    297*; 

wns  wollen  «ie 
mil  ■:  ü  ton?    261*; 

der 

verk'.    ,    .  _  ■_  ii'icriicbite  itmulp.    (.orfin  11.  li; 

du  bist  bereu 
dahlainsehn  In  reierlichem  zug 
SMI  kM«o  dorne,  zu  der  kronung  l<-it.    tm.tii»!  i-.rmt  7; 


und  nehmen  jeizo,  wenn  es  euch  geliebt, 
sogleich  die  fcierliciie  handlang  vor.    28. 

FEIERLICHKEIT,  f.  sokmnUas:  bei  uns,  wo  alle  feierlicU- 
kciten  kurzrikkig  sind.    Göthe  27, 129. 
FEIERLIED,  n. 

o  ich  könnt  ein  langes  feierlied 

von  den  giöszten  deiner  enkel  singen.    Dörgkr  88'; 

die  königin  fodert  dein  feierlied.    Stolberc  4, 177. 

FEIERMORGEN,  m. 

aus  solchem  stürm  der  leidcnscbaft  geborgen, 
ist  wol  nie  muthiger  am  ersten  feiermorgen 
des  Jahrs  ein  philosoph  erwacht.    Thühmel  3,4. 

FEIERN,  im  16  jh.  und  später  bei  den  dichtem  noch  feiren, 
ahd.  firün,  firrim,  alls.  firiön,  fries.  firia,  mlid.  viren,  nnl. 
vieren,  schw.  fira,  ddn.  fcire. 

1)  transitiv,  cekbrare,  begehen,  erheben: 

mhd.  dai  spil  wart  da  geviret 

mit  tcnzen  und  mit  reigen.    tr.  kr.  16334; 

disen  tac  sol  man  Ären 

der  uns  ze  viren  ist  gegeben,    kinih.  Jesu  ed.  Feif.  1739; 

möhtu  doch  viren  einen  tac, 

den  selber  got  gebot.    ;MÜ//.  3,75"; 

das  nia"  vire  in  gotes  lobe 

den  tac  nach  cristenlichcr  art.    pass.  K.  278,14; 

ouch  ist  ein  ander  hnchzit, 

die  man  gote  viren  pOit.    279,56. 

nhd.  und  soll  diesen  tag  haben  zum  gedechtnis  und  sott  in 
feilen  dem  herrn  zum  fest.  2  Mos.  12,14;  ir  haltet  jarzeile 
und  feiret  feste,  fs.  29,1;  und  fcircicn  den  sieg.  Judith  l(i,1i; 
da  ward  das  volk  wider  ser  frülich  und  feirelen  diesen  tag 
mit  groszen  frcudcn.  l  Macr.  7,49;  das  ist  goltcs  ewigs  und 
teglichs  lob,  das  er  sich  der  armen  und  nidrigcn  anniiiipl 
und  nicht  die  groszen  bansen  und  tyrannen  feirot,  wie  sie 
doch  meinen.  Lutiieh  3,3U';  was  soll  ich  den  feiren  und 
um  gnade  bitten,  den  ich  für  gottes  feind  bette  gehallen  ? 
3,332';  wers  nicht  lesen  wil,  der  lasse  es  ligen,  ich  biit 
und  feier  niemand  darumb.  5,140';  das  heiszt  eine  heid- 
nische w  oll  hat,  daruinb  einem  dienen,  das  man  dir  dafür 
danken  und  dich  feiren  müsse  als  einen  golt.  6,50'; 

gott  will  im  laufe  nicht  von  uns  gefeiret  sein.    Opitz  1,310; 
feiert  die  beiden!    marmor  und  erzt  sei  der  beiden 
ewiges  maal !  Klopsiock  2,  76 ; 

0  feierts  in  allen  himmeln  ihr  zeugen, 
dasz  er  erstand.    Mennias  15,384; 

er  gieng  in  dem  glänze 
dieses  gefeierrsten  tages  vor  allen  tagen  der  feier.    8,124; 
doch  unlieblicher  ward  kein  abendschmaus  wo  gefeiert. 

Voss ; 
in  hoher  wölke  feiret  den  ewigen 
der  ruf  des  donners,  aber  iiin  feiret  auch 
des  halmes  grille.    3,51; 

du  mächtiger  pocal, 
....  der  das  bocbzeitsmal 
unsers  eltervaiers  mit  gefeiert!    GöEi«tGK  3,60; 

nach  einer  lange  gefeierten  pause.  TiiCmmels  IW/Ae/minc  lOfi ; 
man  fcire  nur  was  glücklich  vollendet  ist,  alle  ceremonieu 
zum  anfange  erschöpfen  liist  und  krilfte.  Göthe  19,  217;  wenig 
mehr  wird  von  armen  gefeiert  als  der  letzte  lag  ihrer  tage, 
und  dieser  nur  von  den  ihrigen.  J.  l*.  pnj'icrdr.  2,  234.  es  hei.fzt: 
ein  gefeierter  dichter,  gefeierter  name,  eine  gefeierte  fraii. 

2)  intr.  cessare,  desislerc  ab  opere,  lal.  feriari: 

mhd.  immer  s6  man  viret, 
hö  bobent  si  sich  dar 
mit  einer  samcnunge.    Nkidiiart  40,  32; 

zu  vastene  und  zu  virnc,  abslinere  a  cibo  et  opere.  myst.  20, 1. 

ntid.  darmit  die  kirch  in  hat  begehet, 

genen  mit  fasten  uml  den  mil  feiern,    fitstn.  389,4; 

würde  Osterrich  wider  die  steife  sin,  daa;  die  von  Rotenburg 
nisdan  viren  {neutral  bleiben),  nrfr.  ron  1449  fto  Sennin  .«rAic.  ir/». 
ISS;  sihe,  des  volks  ist  schon  zu  viel  im  lande,  und  ir  weil 
sie  noch  feiren  heiszen  von  irem  dienst.  2  Mos.  5.5;  also  feierte 
das  Volk  des  siebenden  lags.  16.30;  sechs  tage  sollu  deine 
erbeit  Ihuu,  aber  des  siebenden  tags  .soltn  feiren.  23,12;  am 
siebenden  tage  soitu  feiren,  beide  mit  pflügen  und  mil  ernten. 
34,21;  ja  denn  wird  da«  land  feiren  {brach  liegen)  und  im 
seine  feier  gefallen  lassen,  so  lange  es  wüste  ligt,  danimb 
da»  es  nicht  feiren  kund,  da  irs  sollet  feiren  lassen,  da  ir 
drinnen  wonelel.  3  ,V<)j.  2r..  :I5;  sie  aszen  und  trunken  und 
feierten  über  alle  dem  groszen  raub,  den  sie  genomen  halten. 
iSom.  30, 16;  unter  dem  häufen,  die  da  feiren.  ik.  ii.:.-.  dia 


i 


1437 


FEIERN 


FEIERN— FEIERSTUNDE 


1438 


freude  der  pauken  feiref,  vulg.  cessavit  gaudium  tympanorum. 
£s.  24,  S;  am  vierzehenden  tag  des  erslen  monden  soll  ir 
das  passah  hallen  und  sieben  tag  feiren  und  ungeseuert  brot 
essen.  £;.  45,21;  denn  es  war  das  siebend  jar,  darin  man 
die  felder  muste  feiren  lassen.  1  Uacc.  6,  49.  nvch  in  mehr 
steUeii  luiUe  Lutueb  feiern  setzen  können,  wo  er  sich  andrer  icOrter 
bedient.  £<.  33, 8  hat  er:  die  steige  sind  wüste,  es  gehet  niemand 
mehr  auf  der  straszcn,  statt  des  schönem :  der  wandrer  feiert, 
n~S  "l^l?  r^C,  «.ändert  jetzt  nicht;  klagt.  5,14  es  sitzen 
die  alten  nicht  mehr  unter  dem  thor,  statt  sie  feiern  vom  thor. 
wenn  du  deiner  oberkeit  einfeltiglich  zu  willen  fcirest  oder 
faslest.  Luther  3,  524";  der  bapst  gebeut  fasten,  feiren.  3,525"; 
drei  tag  feiren  oder  fast  haben,  habere  ferias  triduum;  feiren 
oder  ein  fast  anrichten  von  wägen  einsi  Zukunft,  adrentu 
alicujus  dies  festos  agere.  M.imer  135';  feiernde  tage,  müszige: 

darmit  verdienst  die  fremden  speis 

und  feirend  tag  durch  heuchelweis.    H.  Sachs  V,  215'; 

ihein  auf  schönen  pferdeii  reiten 

und  kuoden  uns  feirent  ernehrn.    ätrer  157"; 

wer  auszra  Stegreif  ein  ding  Ihul,  obenhin  wie  man  die  hund 
schiert,  der  hett  besser  gefeiret  (es  nicht  gelhan).  Lehmann 
1H2;  sontag  da  jedenuan  feiret  (nicM  arbeitet),  vegkürzer  27'; 
die  natur  feiert  im  winter; 

der  erdkreis  feiert  noch  im  dämmerschein.    Salis  105, 

der  Seraphim  feirende  scharen.    Messias  5,116; 

und  die  feirenden  himmel  umher.    5,267; 

o  mit  welchem  gefühl  der  neuen  Schöpfung,  wie  selig 

werden,   die  du  versöhatest,  dich  dann  auf  dem  thron  des 

gerichts  sehn, 

und  dir  feiren,  dir  halleluja  der  ewigkeit  siugen.    5,7^5; 

sie  standen  feiernd.    S,  272; 

schaut  die  himmel  umher  mit  welchem  staunen  sie  feiren. 

8,441; 

er,  bei  dessen  gehurt  schon  die  himmlischen  feinen.    10,614; 

und  oß  noch,  obivol  in  einigen  dieser  MessiassteUen  auch  die  be- 
äeutung  1  anklingt ;  was  schon  so  viele  gute  männer  zu  gründe 
gerichtet,  das  wird  auch  künftig  zu  gründe  richten  und  es 
wäre  sonderbar,  wenn  es  bei  mir  feiern  {nicht  wirken)  sollte. 
C1.ACDICS  5,  Sl; 

jetzt  seh  ich  wol,  warum  ich  feiern  soll.    Göthk  9,240; 

doch  jede  band  soll  feiern!    halb  vollbracht 

soll  dieser  plan,  wie  mein  gescbick  erstarren.    9,321; 

für  mich  kenne  ich  nur  eine  misheiralh,  wenn  ich  feiern 
und  repräsentieren  müste.  20,70;  die  beiden,  sämmtJich  er- 
staunt, feiern  von  der  arbeit.  39, 37 ;  nun  geht  alles  drunter 
und  drüber,  und  ihr  wollt  allein  feiern.  42,  410 ;  dann  mag 
er  wol  billig  feiern.  55,64;  so  hab  ich  der  allen  aufgetragen, 
mein  feirends  (unberührtes)  bett  herzurichten.  H.  Jörgel  l\,l' ; 
ein  feierndes  zimmer,  bett,  vorin  niemand  uohnt,  schläft, 
feierndes  geld,  das  im  kästen  liegt,  nicht  umgeht; 

der  schlimmste  tag  für  euer  wirken 

ist  der  gedanke,  der  da  feiert, 

als  vagabuud  entfesselt  steuert 

nach  fernen,  luftigen  bezirken.    Lktiac  Fatut  (H; 

so  lag  das  römische  beer  müszig  . . .  der  krieg  feierte  (ruhte). 
NiEBCHR  1,548.     man  sagt  'einem  feiern',  ilim  zu  ehren: 

dan  ich  gern  gieng,  aus  sonderm  gfalln, 

mit  gots  Volk  zum  haus  gottes  walln, 

mit  danken  und  frolockon. 

da  der  häuf  geru 

feiret  dem  herrn, 

da  wer  ich  unerschrocken. 

FiscuARTS  geistl.  lieder  49; 
inbrünstig  feirn  wir  dir, 
mal,  wir  feiern  dir.    Gkrste^berg. 

3)  niclit  feiern  drückt  desto  stärker  rastlose  Ihätigkeil  aus: 

mhd.  Valfundi  mües  immer  pdegn 
jämers  nach  sinn  eskelircii, 
an  den  der  tot  niht  kuude  viren.     Wh.  2öS,  14; 
da?  niht  ir  sun  geviret 
bete  bi  Scbiroiie, 

daj  wart  bew.Trei  schöne,    tr.  kr.  13740; 
so  ensolt  oucb  du  niht  vircn 
noch  müe^ic  .>-itzen,  trüt  gespil.    15S59; 
nhJ.  si  sprach  si  bot  vor  ghabt  ain  man, 

der  hct  kaia  nacht  an  ir  gefeirt.    fasln.  701,21; 

du  findest  einen  menschen,  der  gat  also  anhin  den  ganzen 
tag,  er  feirt  nit  und  tut  etwas,  aber  damit  schaffet  er  keinen 
nutz.  Keisebsberc  selenpar.  142";  on  imterlasz  wend  esz  und 
feier  nicht,  so  wirt  esz  rosch.  kuclienmeisterH  67;  er  feiret 
nicht  und  schleft  nicht.  Lctbeb  3,  33S';  der  teufel  feiret  und 


schleft  nicht.  5, 139";  der  satan  kann  nicht  ruhen  noch  feiern. 
tischr.  205".  287';  also  feiert  nichts  in  der  natur,  es  ist  alles 
in  Übung  von  stund  zu  stund,  von  tag  zu  tag,  von  nacht  zu 
nacht,  allein  der  mensch  feiert  zu  nacht  und  den  sabbath 
von  wegen  seins  gebots.  Pjiracelscs  1590, 197;  denn  der  feind 
ruhet  noch  feiret  nicht.  Reuter  kriegsordn.  34;  die  frau  Küt- 
litzin  feiert  mit  anhetzen  nicht.  Schwei.-sichen  l,  123 ;  dieweil 
mir  nun  die  zwo  schanzen  umschlugen,  feiert  ich  doch  nicht 
und  warf  dem  bischof  einen  einspannigen  reuter  nider. 
Götz  vom  B.  lebensb.  105;  aber,  sprach  könig  ßitterkoder, 
was  thul  sidher  unser  ander  beer ,  welchs  disen  koder- 
rotzigen  rülz  Graspissier  soll  bestreiten?  'sie  feiren  auch 
nicht',  antworten  sie,  'wir  wollen  sie  bald  antreffen'.  Gaig. 
223";  hieran  musz  kein  feiren  oder  aachlasz  sein.  Kirchhof 
mil.  dis.  179; 

denn  er  feirt  doch  zu  keiner  stund, 

uns  und  dem  land  schaden  zu  thou.    ätrer  440*; 

jedoch  weil  sie  so  gar  nicht  feiren, 

so  eil  auch  ihnen  bald  zu  stewren 

und  nim  dich  meiner  not  doch  an.    Weckherli:«  117; 

wenn  etwa  zu  erreichen 
ein  dorrendes  geripp,  ein  halbverbrantes  aas, 
feirt  uuser  häufe  nicht.    Ghtpbics  1,214; 

feldmarschall  Hatzfeld  hatte  immittelst  vor  Dorsten  nicht  ge- 
feiret. Chem?(itz  IV.  1,  51 ;  der  Versucher  feiert  bei  solchen 
gelegenheilen  gewis  nicht  und  mir  war  oft  ich  fühlte  seine 
eingebungen,  wenn  ich  den  ganzen  tag  vergeblich  nach  men- 
schenhülfe  umhergelaufen  war.  der  a.  m.  im  Tockenb.  20S ;  fimf 
und  zwanzig  gegen  acht,  da  galts  kein  feiern!  GOthe  8,  9u. 
42, 115.  337 ;  mein  plan  ist  der  hof  und  da  gilts  kein  feiern. 
10,52;  laszt  uns  unsre  arbeit  sogleich  fördern,  damit  keiner 
von  den  gewerken,  die  auf  unserra  gründe  forlarbeilen,  zu 
feiern  brauche.  17, 100 ;  das  gericht  soll  nicht  feiern,  keine 
fcrien  haben. 

am  schönsten  von  natürlichen  dingen  oder  von  geräth:  ackerbau 
und  bergwcrk  soll  man  nicht  feiern  (still  liegen)  lassen.  .Ma- 
THESius  19",  vgl.  die  unter  2  angeführten  stellen  3  Mos.  26, 35. 
1  Macc.  6,  49 ;  solches  few  er  feiret  nicht,  sondern  arbeil  für 
und  für.  32'; 

weist,  ein  alt  Sprichwort  gicbt, 

des  menschen  herz  das  feiret  nicht.    11.  Sacbs  1, 331'; 

entzwischen  fTirst  Achilles  liesz 

nit  feiren  seinen  langen  spiesz.    Sprb:<c  It.  480*; 

das  trinkgeschirr  feirete  nicht  (gieng  immer  um,  v^.  den  mit- 
feiernden pocal  unter  l).  Harnisch  114;  die  stücke  (geschülze) 
auf  dem  v\alle  feirelen  auch  nicht  das  ihrige  zu  thun.  unw. 
doct.  650;  der  bammer  in  der  schmiede  feierte  nicht; 

von  hohlen  bretern  tönt  des  bammers  schlag, 

der  Sonntag  feiert  nicht,  die  nacht  wird  tag.    Götub  13, 135. 

ly.  ruhe  und  ruhen  lassen,  nebelfeiern,  wasserfeiern,  wind- 
feiern, zinkfeiern. 

FEIERNACHT,  f.    J.  P.  fle^j.  2, 1. 
FEIERSAAL,  m. 

zum  laubgang 
siebst  du  straszen  umgewandelt 
und  zum  feiersaal  den  marktplatz.    Göthe  11,264. 

FEIERSCHMLCK,  m.  feiertagsgewand : 

schön  im  feierschmucke  lächelt, 

hold  und  bräutlich  die  natur.    Uöltt  156: 

raubt  die  Schwester  hinweg  und  umhüllt  die    geraubte   mit 

Bacchus 
feierschmuck  und  das  antlitz  mit  efeuranken  ihr  bergend. 
Voss  Ocid  n*  30, 77  (metam.  6, 598). 

FEIERSTELLE,  f.  feslivus  locus: 

nur  gedanken,  die  den  himmel  tragen, 

düifen  sich  der  feierstelle  nahn, 

dürfen  sich  in  diese  schatten  wagen, 

die  Elisen  beten  sabn.    Tiedce  elegieen  1,24. 

FEIERSTUNDE,  f.  hora  festiva: 

die  liebe  feier$tunde  schlägt, 

wie  sehnt  ich  mich  nach  ihr. 
ach  nun  im  schatten  hingelegt, 

wie  schmeckt  die  ruhe  mir! 

Grolzbamer  in  Voss  musenalm.  1787  s.  122; 
'so  widerstrebe !  das  wird  dich  adeln, 
willst  vor  der  feierstunde  schon  ruhn?' 
ich  bin  zu  alt,  um  etwas  zu  tadeln, 
doch  immer  jung  genug  etwas  zu  thun.    Gdtai  4,  317 ; 

es  war  ein  spiel,  woran  sich  die  knaben  in  der  feierstunde 
diesmal  el-gelzlen.  22,9 


1439 


FEIERTAG— FEIERÜNG 


FEIERTAG,  m.  dies  festus,  sonnla,j: 

mkd.  ich  kom  da  ich  ein  trünne  junger  wibe  vant  an  einem  nretage. 

Neiuhart  xlit,  20 ; 

ein  lirenzel  daj  ich  trage 

alle  viretage.     IS,  20; 

BSremnot 

hat  mit  in  vil  manegen  liehten  vtretac  geloufen.    51,30; 

da  hat  er  gesungen  vor  vil  manegen  viretac.  96, 26. 
nhiL  an  dem  feirtag  gieng  er  umb.  Ring  2*,  It; 
haltet  meine  feiertage.  3  Mos.  19,  3 ;  du  leufest  nmbher  wie 
eine  camelin  in  der  brunst  . . .  wers  wissen  wii,  darf  nicht 
weit  laufen,  am  feiertage  sihet  man  es  wo!.  Jer.  2, 24;  das 
sie  im  hause  des  herrn  geschrieben  haben  wie  an  eim  feier- 
tage. klagei  2,7;  an  den  feiertagen  und  hohen  festen.  Ez. 
46, 11 ;  ich  bin  ewrn  feiertagen  gram  und  verachte  sie  und 
mag  nicht  riechen  in  ewr  versamlung.  Arnos  5,  21 ;  sihe,  ich 
wii  schelten  euch  sampt  dem  samen  und  den  kot  ewer  feir- 
tagen  euch  ins  angesicht  werfen  und  so!  an  euch  kleben 
bleiben.  Maleachi  2, 3 ;  am  morgen  des  ersten  feiertages  der 
sabbathen.  Matlh.  28, 1 ;  so  lasset  nu  niemand  euch  gewissen 
machen  über  speise  oder  über  trank  oder  über  bestimpten 
feiertagen  {goih.  in  dailai  dagis  duljjais).  Col.  2, 16 ;  die  Werk- 
tage hciszen  auch  darumb  Werktage,  das  ein  jeglicher  seiner 
arbeit  und  handlierung  warte,  feiertage  aber  heiszen  solche 
tage,  da  man  die  arbeit  leszl  anstehen  und  den  ganzen  tag 
zubringt  mit  gottes  wort  und  lobsengen,  äibkrus  mikr  die 
Carlstadter  T3*;  halb  feierlag,  an  dem  man  halben  lag  feiren, 
halben  werken  mag.  Maaleb  135';  kleine  heiligen,  kleiner 
feiertag.  Lehman;i  174;  von  allen  den  jauchzenden  jungen 
verfolgt,  die  nun  feiertage  {ferien)  auf  eine  ganze  woche  be- 
kommen. ThCmhel  ^yühelmine  s.  20; 

ein  allerliebstes  rrühllngs^elände 

mit  nadeln  zierlich  schattiert  und  gebrochen, 

und  werd  es  nur  zu  feierlagen 

süszer  namcn  und  lieber  geburien  tragen.    Göthe  4,113; 

ach  wenn  man  so  in  sein  museum  gebannt  ist 

und  sieht  die  weit  kaum  einen  leiertag.    12,36. 

figürlich,  ich  könnte  ihn  zeihen,  dasz  er  der  Wahrheit  viel 
feiertage  mache.  Amöne  und  Amandus  165;  noth  und  lieb  hallen 
keinen  feiertag.  Otho  900 ;  ein  rechter  feierlag,  ein  tnüszig- 
gilnger.  Schmelcer  1,552;  gesiebt,  nase,  wie  ein  feiertag  im 
kalender  {roth).     s.  maienlag,  ostertag. 

FEIERTÄGLICFI,  festus:  ir  sontagsjüngkerlin  mit  dem  feier- 
täglichen angesicht.  Gar^.  17';  feirlüglich  geschrei,  wie  man 
am  feirtag  schreit  vor  fröuden,  festus  damor;  feirtägliche 
speisen,  dapes  festae.  Maaler  135'. 

FEIERTÄGLICH,  adv.  quovis  feslo  die. 
mitd.  aller  virlegelich 

swcimt  er  vür  Riuwental,    Neidhart  62,29. 

FEIERTAGSRUHE,  f  eine  feiertagsruhe  waltet  über  dem 
ganzen  ort.    Göthe  22, 159. 

FEIERTAGSGESICHT,  n.  hohen fesltagsgesicht,  im  gegensatz 
ton  alltagsgesiciU?  oder  rothes?  Sicgfr.  von  Lindenberg  2,23.24. 
«.  feiertäglich. 

FEIERTAGSGEWAND,  n.  feierlagskleid,  Sonntagskleid, 
mkd.  die  nö  vor  größer  huote  mcgen, 

die  sulen  balde  ir  beste;  viretac^ewant  an  legen. 
Neidhart  5,  27, 
es  id  auffallend,  Kie  oft  dieser  dichler  virelac  und  die  zusammen- 
u-tzungen  damit  verwendet;  auch  noch  später  in  Österreich: 

bringt  mir  pald  her  das  feirtaggfrand ! 

ScHMELZL  Verl,  söhn  27^ 

FEIERTAGSKLEID,  n.  cuUus  feslus,  bei  Maaler  135'  fcir- 
tagkleid. 

FEIERTAGSKUCHE,  m.  ich  musz  dir  einen  guten  morgen 
sagen  und  dir  ein  stück  feiertagskiichen  scliicken,  damit 
mein  verlangen  dich  zu  sprechen  nur  einigcrmaszen  befrie- 
digt werde.  Göthe  an  fr.  v.  Stein  2, 130.  vgl.  oslerllade,  oster- 
stuofe,  mythol.  741. 

FEIEHTEMI'EL,  m. 

morgen  ziehn  sie  ihre  tauben 
prangend  her  in  unsem  hain, 
und  die  buchst«  seiner  lauhen 
wird  ihr  leienempel  «ein.    libucER  125'. 

FEIERTUCH,  n.  pejium  fativum: 
tut  ist  die  rnseiizeit. 
nun,  mniter,  suche 
dir  eine  spinneriu, 
dir  eine  wehcrin 
zum  feiertiithe.    Krimicnat<<N  ttn  mutenalm.  1774. 

FEIERÜNG,  f.  1)  celebralio,  soUmnitas:  bei  der  n9ch«len 
feierung  der  ol^mpiitclien  spiele.    HEii.MANns  Thue.  697; 


PEIERVVAMMS  — FEIFALTER  14-40 

dasz  sie  sich  der  (fiüln-r  zur)  Teirung 
dieser  erwählten  geheimnisvollen  tage  bereite.    Messias  1,  442. 
2)  utium.    Dasvpodius  325*. 
FEIERWAMMS,  m.,  sonntdgliclier  wamms: 

einen  säubern  feierwamms  er  trägt.    Gör»  13, 125. 
FEIERWOCHE,  f  nach  den  sechs  ablasz  und  feierwocben. 
Thümmel  6,  252. 

FEIERZUG,  m.  fesüicher  lug: 
streue  rosen,  sei  Aurore, 
trag  das  körhchen,  Kanephore, 
zu  der  feierzuges  prachi.    A.  W.  Schlegel  1,228. 

FEIFALTER,  m.  f  papilio.  ahd.  flfaltard,  fifallrA  f.  alls. 
vivoldara  f.  pl.  vivoldaran  {Diiit.  2, 194"),  ags.  fifealdc  f  in 
glossen  bei  L\E  und  Wright  2Sl*,  aho  mit  dem  pl.  fifealdan 
{die  Schreibung  fiffalde  zu  verwerfen),  mnl.  viveltre  f  (Flore 
2958),  mhd.  bei  den  diciäcrn  fehlend,  oline  zwcifel  vlvaller  f, 
wie  aus  vcivallcr,  pl.  veivaltern  bei  Megenrerc  291,  28.  29.  299, IS 
zu  entnehmen,  die  glossnre  des  15. 16  lassen  form  und  geschleckt 
nicht  deutlich  sehen,  man  findet  sie  ausgehoben  bei  Diefenbach 
410'  und  SciiMELLER  1, 506.  späterhin  lebt  das  «ort  bis  auf 
heute  fort  in  Baicrn,  Tirol,  der  Schweiz  und  im  Elsasz,  wie  Da- 
svpodius 1C9',  Frisils  944',  Maaler  31(i'  und  die  hernach  fol- 
genden anführungen  belegen.  Maaler  fügt  noch  den  weiblichen 
arlikcl  zu,  in  der  volksprache  überirieyl  das  m.  und  f  «-ird  in 
pf  verdickt,  pfeifalter,  pfeipfalter,  pfißlioller,  bei  Seb.  Helokr  37 
feifholler.  statt  jenes  viveltre  nnl.  vijfwoutcr  m.  für  vijvouder, 
bei  Ten  K.ate  2,  507'  wiewouler.  die  nd.  volLtmundarl  ist  noch 
nicht  genau  gehört,  im  südlichen  Westfalen  (Waldeck)  zeigt  sich 
papollere  f. 

1)  schon  in  der  ersten  fassung  der  grammalik  1819  s.  555  führte 
ich  feifalter  zurück  auf  goth.  fal|)an  faifald  und  hielt  diese  deu- 
tung  fest  gr.  1.  1S22  s.  862.  GDS.  8G4.  was  wäre  treffender  als 
ein  goth.  name  faifalpö,  faifal|)ei,  faifaljirei,  die  wir  nie  belegen 
können,  für  das  seine  flügel  auf  und  niederfaltende  insecl?  hat 
doch  auch  papilio  den  gedanken  an  ein  iveiszes  zeit  erzeugt,  das 
sich  krieger  auf  der  wiese  schlagen,  nur  in  papilio  selbst  wird 
uns  kein  fallen  offenbar. 

2)  mit  dem  ablaut  bilden  sich  zahllose  subslantiva,  warum 
sollte  nicht  auch  des  ablauts  hintcrgrund,  die  reduplication  in  sie 
vorgedrungen  sein?  am  allerersten  in  benennungen  von  thieren, 
die  aus  der  ältesten  spräche  herrühren,  papilio  ist  fast  auch  glüh- 
U'urm,  cicindela,  das  zu  candcla  und  candeo  gehört;  es  mag 
ein  verlornes  cando  cecendi  gegeben  luü)en,  aus  dem  acccndo, 
incendo  geflossen  sind,  cicada  stimmt  weder  zu  cado  cecidi  noch 
zu  caedo  cecidi,  aber  faifal|)ö  würde  sich  schicken  zu  falpan 
faifalj),  obsclwn  nach  erloscimcr  reduplication  aus  did.  faldan  fiald 
kein  neues  fialld  hervorgieng.  das  alte  fifalta,  fifallrA  sich  erhielt, 
die  altn.  spräche  gewährt  uns  ein  subst.  iod  {man  schreibt  iüd) 
proles,  gcnimen,  das  sichtbar  abstammt  aus  auda,  iod  (geschr. 
auda,  i6d)  gignere  >=  alts.  udan,  ags.  eadan,  also  goth.  audan, 
iod  =  goth.  aiaud,  folglich  wäre  iod  redui>licaliv. 

3)  und  wie  lieszen  die  weiblichen  faifalj)ö,  fifallara  sich  leiten 
aus  dem  männlichen  papilio?  beide  vocale  sind  verdreht,  die 
consonanz  ist  lautverschoben,  da  sie  sonst  in  lehnwürtern  unvir- 
scJic^en  haßet.  p  erschiene  nur  in  jenem  teestf  papollere,  für 
papilio  begegnet  auch  pampilio.  im  fr.  papillon  und  pavillon 
bleibt  das  aniautende  p,  den  inlaut  hat  ein  unttrschied  dir  be- 
deutungcn  willkürlich  gesondert;  ebenso  steht  prov.  parpalliü,  par- 
paillo  =:  papillon  ab  von  papallo.  pabalho  =  pa\illon  und 
noch  stärkir  das  verschobne  it.  farfalla,  farfallone,  fiW*cn  par- 
paglionc  von  padiglione.  möglich,  dasz  auf  farfalla  ein  deut- 
sches feifalter  wirkte,  ich  bin  fern  davon  dies  letztf  mit  Diez  139 
aus  farfalla  kommen  zu  lassen,  man  kann  unmöglich  annehmen, 
dasz  schon  im  9.  10  jh.  einstimmige  Verunstaltung  von  papilio 
sowol  ahd.  als  ags.  gegolten,  noch  dasz  ein  mönch  sie  aus  England 
nach  Deutschland  gi'bracht  hätte,  in  einer  rorgrschirhilichen,  weit 
dahinter  liegi'nden  seit  können  sicli  papilio  nrKi  faifall»*)  näher 
gestanden  und  vermittelt  haben,  neben  faifalter  bestriU  das  ein- 
fache faller  (sp.  irt02)  und  eine  menge  composita  wie  bauinfaller, 
beinfaller,  feuerfaller,  zwiefallcr  (vgl.  zwifall)  u.  s.  r. 

4)  wäre  papilio  in  unsere  spräche  vorgeschritten,  so  hätte  e$ 
sich  auch  wol  noch  in  andere  erstreckt,  alle  slavischen,  litauischen, 
keltischen  benennunijen  liegen  ab.  jKtln.  molyl,  bi'Jim.  motrjl, 
mst.  nmtjlek  (oder  babolsrlika);  lU.  Icilas;  ir.  gal.  dral.iti  lifl 
(giUles  glu'hlirhl,  glänz),  tcine  de  (gottes  feuer),  eunan  li- 
vogel),  uelsclt  glöyn  byw  (glühwurm),  arm.  balafen  uii 
fennik    doiie    (fiapdiu    dei),    wie   auch    hei  uns  ktnnr  gl 

kafer  yoUei  tvyel  oder  IxAen  heiueu.    der  tiländitchc  nah. 


1441 


FEIFALTER  — FEIG 


FEIG 


1442 


fidrildi,  noriceg.  fivrild,  fivreld,  der  schtcedkche  ^äril,  gefiedertes, 
geschupptes  thierchen,  lepidopteron,  vonach  das  finn.  perho,  per- 
hoine  gebildet  scheint,  auch  illyr.  lepir,  leptir,  läpp,  lahipk,  est. 
Jiblik,  ungr.  lövöldek,  leppendck,  alle  nach  /.£m'5,  squama. 
alban.  perbani,  perbane^a,  phliuturea,  pcrs.  penane.  vgl.  but- 
terfliege, biittcnogel ,  elb,  fledermaus,  holde,  milchdieb, 
Schmetterling,  sommervogel,  wichtel.  tinl.  kapelletje,  kapellctien 
d.  i.  parillon,  kleines  zeit. 

5)  die  dichter  des  13  jh.  hallen  genug  anlasz  gehabt  rfervivaUre 
zu  encähnen.     die  stelle  des  provenzalischen  Folqcet 
col  parpalhos  qu'a  tan  folla  natura, 
qucs  mct  el  l'oc  per  la  clartat  que  lutz, 

verdeutscht  Rudolf  von  Fenis: 

er  tiiot  mir  als  der  vinersteln  daj  lieht, 

dm  fliiiget  dran  unz  si  sich  gar  verbrennet.    MSF.  81, 20, 

was  sich  aus  Mecenberg  299,17  erläuteil:  ein  fewerslel  ist  sam 
ein  veivalter  gestait,  und  gemeint  wird  die  lichimutte,  die  ins 
(euer  fliegt,  es  gleichsam  sielen  uill.    Flore  und  Blancheflor  2351 : 

'des  (lors  sali  un  paveillon, 

des  eles  feri  raon  menton, 

del  paveillon  tel  paor  oi, 

que  ni'escriai  plus  tost  que  pol' 
Übersetzt  Dieueric  van-  Asse.nede  2958 : 

dat  en  vivelire  uten  bloemen  vlöch 

int  ansichte  niet  baren  monde, 

dat  si  baer  niet  onthouden  conde, 

dat  si  an  iiaer  büt  quam  gbevaren; 

Fi.ECKEx  musz  aber  der  schöne  zug  nicht  vorgelegen  haben. 
Keisebsberg  hat  mehrere  stellen:  es  gat  den  jungen  gesellen, 
die  also  den  buppen  nachlaufen,  gleich  als  es  den  bauers- 
bi'iben  und  den  rosknaben  gat,  die  etwan  uf  dem  feld  den 
pfeifholtern  nachlaufen  und  wenen  es  sei  etwas  hübsches, 
es  scheint  und  hat  da  ein  schwarz  Decklin,  da  ein  rotes, 
da  ein  biauwes  und  laufen  im  nach,  und  wenn  sie  es  er- 
wüschen, so  flügt  es  an  ein  ander  ort,  und  wenn  inen  schon 
got  gehilft,  das  sie  es  erwüschen,  so  sehen  sie  das  sie  be- 
trogen seind,  wann  sie  sehen,  das  sie  eim  wurm  sein  nach- 
gelaufen, der  da  kat  und  treck  ist,  und  schin  als  wer  es  ein 
hübscher  vogel.  brOsamlein  105';  Ihun  wie  die  kind,  die  laufen 
etwan  ab  dem  rechten  weg  den  blumen  nach  oder  den  pfif- 
holderen  nach,  narrensch.  40,  daher  papilio  'avicula  puerorum' 
(DiEFENBACH  410');  lief  (der  knabe  Garganlua)  gern  nach  den 
schrotern,  maikäfern  und  fürnemlich  den  farfallischen  baum- 
faltern  und  papilonischen  butterfliegen  und  pfeifholdern  und 
den  mariposischen  butterschützen.  Garg.  12S',  tco  farfallisch 
auf  farfalla,  mariposisch  auf  den  spanischen  namen  des  Schmetter- 
lings, mariposa  geht;  die  pfeiflioltem  oder  molkendieb.  Sebiz 
54;  in  der  zeitigung  sind  dem  blust  die  pfeifholter  aufsäfzig. 
MtRALT  cidg.  s.  56;  ein  schöner  feifalter  fliegt  mit  der  pro- 
tession.    Bcchers  sehr.  2,  285, 

FEIFALTERLEIN,  n.  mm  kompt  es  gar  oft,  das  einem 
menschen  hübsche  feifalterlin  auch  unter  äugen  fliegen,  eins 
ist  gelb,  das  ander  weisz,  das  dritt  blau.  Keisebsberg  pred. 
13';  eim  jungen  gesellen  wirft  er  {der  teufel)  für  ein  meidlin, 
ein  pfeifhülderlin.  brösamlin  bl* ;  also  betrügt  dich  die  hübsche 
der  frawen  und  die  frawen  die  hübsche  der  jungen  gesellen, 
wie  dick  und  vil  kumpt  es,  das  ein  junger  gesel  gedenkt, 
ach  mücht  dir  die  frawe  werden,  wie  wollestu  seliger  uf 
erdreich  sein !  und  laufest  dem  pfeifhölderlin  nach  und  hast 
weder  ru  noch  rast  tag  und  nacht.  105';  die  frawen  thun 
gleich  als  ein  pfeifhölderlin,  die  zenacht  umb  ein  Hecht  fliegen 
und  meinen  es  sei  etwas  und  verbrennen  sich  selber.  XV 
staffeln  36";  das  sein  nicht  den  pfeifliolderlin,  und  wan  es 
abent  wirt,  so  hastu  nichts  geschaft.  narrensch.  lU*.  <fer 
weisze  Schmetterling  gemahnt  an  den  namen  weiszling  und  das 
nni  witje  (wiijes  vangen,  den  Schmetterlingen  nachlaufen).  Kei- 
sebsberg schöpß  die  bilder  zu  seinen  ermahnungen  unmittelbar 
aus  dem  Volksleben,  Bertholds  predigen  enthalten  leicht  dlinliches. 

FEIG,  n.    siehe  feigblatter. 

FEIG,  FEIGE,  im  alts.  fegi,  ags.  fa-ge,  altn.  feigr,  mhd. 
Teige,  nnl.  veeg  morti  ricinus,  moribundus;  fürs  ahd.  feigi  Idszt 
sich  dieselbe  bedcutung  kaum  bezweifeln,  doch  nicht  erweisen,  da 
es  nur  zweimal  in  der  j^rase 

ni  si  man  nihein  so  feigi.  0.  I.  II,  10  und  24,5 
erscheint  und  nemo  est  tarn  vilis  ausdrückt,  hierzu  stimmt  das 
lit.  paikas,  paikus,  schlecht,  unnfüz,  einfältig,  man  dürfte  auch 
ans  lal.  piger  denken,  dem  aber  noch  ableitendes  r  zustelä  (pigra, 
pigrum).  bei  Dasvpodils  ISO'.  325'  ist  feig  geil,  pelulans,  pelulcus, 
bei  LcTHER  limidus,  bei  Frisics  und  Maaler  kommt  es  gar 
niciU  vor. 
III. 


1)  feige,  dem  tod  verfallen, 

mild,  hei  waj  guoter  degene  vor  in  velge  gelac.    Nib.  2022, 4 ; 

da  sterbent  wan  die  veigen,  die  läjen  ligen  tot.    149,2; 

dö  wurden  euch  die  veigen  von  friunden  sere  gekleit. 

219.  4 ; 

hie  nerstirbet  niemen  wan  die  veigen.    Bot.  287,6; 

den  veigen  nemac  nieman  behüten, 

diu  erde  enmac  in  nicht  üf  gehaben, 

scol  er  da  werden  erslagen, 

er  stürbe  doch  da  heime.    207,24; 

op  daj  got  erzeige, 

da;  ir  niht  sit  veige, 

so  wert  (werdet)  ir  her  dis  landes.    Parz.  55S,  IG; 

ein  aglaster  zuo  ir  tohter  sprach 

'kint,  wiliu  niht  werden  veige, 

so  warte  wä  der  man  sich  neige 

und  mit  der  haut  grife  an  die  erden, 

da;  dines  lebens  tage  iht  werden 

kurz,  etewanne  so  wil  er  dich 

werfen,  des  gedenke  an  mich".  Renner  14916. 
nhd.  all  menschen  sein  zum  tode  feig.  Waldis  3,  25  *.  149». 
diese  bedeutung  lebt  noch  bis  auf  heule  im  nnl. :  een  veeg  man, 
ein  auf  der  grübe  gehender  aller;  een  veeg  teeken,  ein  tödliches 
Vorzeichen;  een  veege  vogel,  ein  leichenvogel,  der  nalien  lodesfall 
kündet;  een  veeg  land,  ein  seinem  untergange  nahes  land;  de 
zieke  is  veeg,  der  sieche  liegt  am  tod;  'gij  zijt  nog  nicht  veeg' 
sagt  man,  uenn  einer,  von  dem  die  rede  ist,  plötzlich  erscheint; 
'zijt  gij  veeg?',  wenn  einer  seine  art  und  weise  ändert;  zog 
veeg  als  eene  luis  op  den  kam,  eine  sehr  bezeichnende  redens^art. 
nach  dem  brem.  wb.  1,  364  wi  beiden  sunt  nog  nig  fege,  leben 
noch  jähr  und  tag  zusammen;  in  sinen  fegen  dagen,  kurz  vor 
seinem  ende,  de  kranke  ligt  to  bedde  un  de  feege  sitt  derför. 
StCrexbürg  52". 

2)  unselig,  verwünscht,  infaustus,  scelestus, 

mhd.  sone  kom  ich  ouch  ze  lande 

sit  der  veigen  stunde  nie, 

da;  mir  an  dir  so  missegie.    Trist.  101,9; 

owe,  wan  ha-tich  verhorn 

min  veige;  schächzabelspil, 

da;  ich  iemer  ha;;en  wil.    66,33; 

sus  traf  ich  eine  veige  vart.    69,26; 

der  veige  välandes  man.    174,32; 

der  veige  tracke.    Si7r.  745. 
hierher  lieszen  sich  auch  einzelne  nhd.  stellen  nehmen,    in  denen 
doch  die  folgende  bedeutung  überwiegt. 

3)  freclt,  geil,  unverschämt,  leichter  mit  2,  schwerer  mü  1  und 
4  zu  einigen: 

wan  ich  sich,  ir  dunket  euch  gar  feig,    fasln.  88,27; 

se  hin,  du  alts,  pöses  weih, 

verfluocht  sei  dein  faiger  leib!    505,16; 

nil  seind  halb  und  halb  gaistlich  und  weltlich,  andechtig  und 
faig.  als  etlich  in  Clustern  und  auch  hie  auszen  etlich  gaist- 
lerin,  die  künden  ze  baiden  henden,  zu  lieb  und  zu  laid 
. .  .  auf  der  gassen  und  in  der  kirchen  ainfellig  und  schlecht, 
im  haus  faig,  mutwillig  und  gescherzig.  Keisebsberg  Aas 
im  pf.  Aas";  also  thun  die  feigen  w eiber  auch,  wann  sie 
schon  junge  geschickte  mann  haben,  noch  dennochl  haben 
sie  kein  benügen  mit  inen,  sunder  sie  nemen  darneben  zwen 
oder  drei  darzü.  brösamlin  57*;  bist  du  ain  weib,  so  gesell 
dich  zu  andren  erbern  und  hailigen  und  nicht  zu  den  faigcn 
und  unkeuschen  weibern.  schif  der  pen.  23'';  da  waidne  dein 
gaisz  und  kitzen,  das  sie  die  bletter  der  knöpf  zerreiszen 
on  alle  vernuft.  wer  sind  aber  dein  kitzen,  o  du  seel? 
deine  fünf  sinn,  baide  äugen  sind  zwai  ki'zen,  baid  naslücher 
zwai  kitzen  und  die  andren  dein  sinn,  auch  sind  deine  kitzen 
dein  bösen  fürwitzigen,  unkeuschen  und  faigen  gedanken  . .  . 
auch  sind  deine  gedanken  zerstreuwt  gleich  aJs  die  faigeu 
gaisz  sich  zerstreuen.  50';  wie  die  schab  die  woU  und  das 
kleid  zernaget  und  das  feur  das  holz,  das  heu  und  die  slupflen 
verbrennt,  also  verderbt  und  verschwendet  ein  feig  fleisch 
die  seel.  seelenp.  186';  wenn  ein  pferd  so  feig  wirt,  das  es 
den,  der  uf  im  sitzet,  abwirft,  so  hat  es  zu  vil  futters.  201"; 
da  sprach  der  Junker,  'du  feiger  schalk,  das  sol  dein  Un- 
glück sein'.  Eulensp.  cap.  10;  da  schlief  er  bei  dem  weihe 
und  sandt  nach  der  vaigen  tat  zu  irem  man,  das  man  die 
frawen  löste.  Mlgleins  Valerius  Max.  79';  soluta  vita,  ein 
fei{ies,  unzüchtig  leben,  Dasypodils  unter  solvo  {doch  nicht  in 
der  ersten  ausg.,  sondern  zttsatz  der  späteren); 

dasz  ich  nicht  wcrd  faig,  gail  noch  trag.    Wecsherlit«  56. 

4)  furchtsam,  zage,  pavidus,  limidus,  ignavus,  nach  1,  weil  ein 
dem  tode  naher  sich  fürchtet,  lodesangst  fühU:   da  erschrackea 

91 


1443 


FEIG  — FEIGE 


FEIGE 


1444 


die  fürsten  Edom,  zittern  kam  die  gcnalligcn  Moab  an,  alle 
cinwoner  Canaan  wurden  feig  (übrigucrunt).  iMos.  15,15;  und 
denen,  die  von  euch  überbleiben,  wil  ich  ein  feig  herz  machen 
in  irer  feinde  iand,  das  sie  sol  ein  rauschend  blat  jagen. 
3  Mos.  26,36;  weicher  sich  fürchtet  und  ein  vcrzagis  herz 
bat,  der  gehe  hin  und  bleibe  daheime,  auf  das  er  nicht  auch 
seiner  brüder  herz  feige  mache,  wie  sein  herz  ist.  5  Moa. 
20,  8 ;  denn  ein  schrecken  ist  über  uns  gefallen  für  euch  und 
alle  einwoner  des  landes  sind  für  ewr  zukunfl  feig  worden. 
Jos.  2,9.24;  darumb  werden  alle  hende  lasz  und  aller  men- 
schen herz  wird  feig  sein.  Es.  13,  7 ;  heule  thor,  schrei  slad, 
ganz  Philisterland  ist  feige  (ulula  porfa,  claina  civitas,  pro- 
slrata  est  Philistaea  omnis).  11,31;  den  Egyptern  wird  das 
herz  feige  werden  in  ihrem  leibe.  19,2;  du  feige  fliege! 
«nir.  dod.  379 ;  der  rath  liesz  sich  nicht  feige  (blöde)  finden. 
pol.  maula/fe  257 ;  feiger,  wie  sehr  habe  ich  mich  betrogen ! 
gewöhnt  an  das,  was  der  pöbel  frevel  nennt,  bebst  du  für 
diesem?  Bbawe  freigeisl  103;  feige  gesinnung ;  feige  seufzer. 
Kant  7,436;  ein  feiger  betrug.    Klinger  2,265; 

dein  freist  wird  sich  zu  keiner  zeit 

in  feiger  Ungeduld  verlieren.    Uz  1,20; 

nur  frisch  gefragt!  auf  mich  hin  und  dein  glücke! 

ein  feiges  herz  freit  keine  schöne  frau. 

WiELAND  urtheil  des  Paris  643; 
ich  bin  gar  ein  armer  wicht, 
bin  die  feigste  mcmme.    Bürger  50'; 
feiger  gedanken 

bängliches  schwanken.    Göthe  11,64; 
wer?  er?  das  ist  ein  feiger,  elender!    Schiller  429*; 
darob  entspann  sich  hader  zwischen  euch, 
und  als  nun  Rudolf  selbst  zu  feige  war 
sich  auszusprechen,  wie  er  es  gemeint.    Uhlamds  Ernst  10; 
das  aber  ist  die  feigste  richtung, 
dasz  du  dich  sehnest  nach  Vernichtung.    Lenau  Faust  128. 

so  auch  das  schw.  feg,  dän.  feig,  nichl  das  nni  veeg,  obwol 
nähere  forschung  beisjriele  auffinden  kann,  denn  nd.  vege  limidus 
kommt  allerdings  vor,  das  brem.  tcb.  1,  364  gibt  ecn  fegen  kecrl, 
eine  memme,  een  fegen  blood,  ein  armer  tropf  und  in  Pape 
bdtel  und  garleteufel,  Magdcb.  15SC,  dessen  sjirache  ins  nd.  schlägt, 
heiszt  es  Gs":  nini  die  kuh  selbst  bei  den  hörnern,  will  du  sie 
in  den  stal  haben,  dein  gesindichen  ist  viel  zu  feich  (furchtsam, 
scliwach),  sie  dürfen  sie  nicht  angreifen,     vgl.  lettfeige. 

5)  feiges  gestein,  das  sich  zu  lösen  beginnt.  Hertwig  130 ; 
feiges  zimmerwerk,  das  schon  fault;  ein  ungcstalt,  feig,  blaw- 
ferbig,  dunkel  wasser.  Thurneisser  von  wassern  2SS.  diese 
bedeulung  von  putris  mag  der  Verwandtschaft  von  feige  mit  ;«V/er 
zur  beslätigung  dienen,  was  sich  aber  löst,  auflöst  ist  solutuin, 
dissolulum,  wie  die  vila  soluta  ausgelassen  und  mutwillig  nach  3. 
da  nun  auch  der  sterbende  aufgelöst  wird,  so  vertragen  sich  alle 
fünf  bcdeulungen  gleichsam  in  der  von  los. 

FELGBLATTER,  f  ßcus  morbus,  ags.  ficädl.  der  rot  vig, 
haemorr)u)ides.  aUd.  bl.  2,199;  das  blutende,  flieszende  vig. 
MoNE  anz.  8,  4ü9';  das  feig,  dysenleria,  die  rothc  rühr.  Scum. 
1,515;  aber  auch  gelbsuclU: 

mild,  ir  gdt  den  rehtcn  hellestic, 

d^r  röte  sicchuinm  und  da^  vic 

macht  iueh  bleich  und  gel.    Helbl.  2,1100; 

deme  ne  muot  jouch  den  lip 

gelesuht  nocli  fich.    I)iul.  3,45. 

nhd.  feigblaltern  scind  nun  solche  blättern  und  gesclnver, 
die  sich  im  hindern  umb  den  aflern  mit  herfür  bolzen,  blät- 
tern und  mehr  andern  gestalten,  darnach  sie  namcn  em- 
pfahen,  etwa  mit,  zu  zeilen  on  blul,  selten  on  schmerzen, 
aber  mit  mancherlei  hindcrnis  erzeigen,  die  feigblattern,  so 
blut  geben,  sind  eigentlich  die  haemorrhoides.  unter  denen, 
die  aiiszcrhalb  des  masigangs  erscheinen,  sind  erstlich  die 
feigwarzen,  weil  sie  in  ihrer  Substanz,  hiirtin  und  grii.szin 
den  Warzen  gleich  sein,  andere  erzeigen  sich  wie  ein  wol- 
zeiliges  schwarz  Iraubenbecr,  daher  uvales  genant.  Winsuinc 
arincihuch  :iV.\ ;  die  peulen,  schweren,  feigblattern  und  andere 
brfifhr  und  lehmen.    .Mathesius  h&'. 

FKIGROH.NE,  f.  lupinus.  wdfsbohne,  ahd.  figböna.  GraffS.  127. 

FEIGE,  f.  firus,  gr.  avxor,  yolh.  smakka,  m.,  sl.  smok  * , 
$erb.  fimokva,  lU.  pigä.  mhd.  stehen  vtge  ficus  und  veige  mori- 
bundui  ton  einander  ab,  deren  Schreibung  nhd.  zusnmmcnfulll. 

I)  Hchnilten  eine  reben  ab  mit  einer  weindrauben  und 
licszen  sie  zwene  auf  einem  stecken  tragen,  dazu  auch  gra- 
nalepfrl  und  feigen.  4  Moa.  13,21;  zur  selben  zeit  sähe  ich 
e»el  beladen  mit  weindrauben,  feigen  und  allerlei  last  zu 
Jerusalem   briticcti.    VcA    1:1.  i:.:    in  (Icm  einen  korbe  waren 


seer  gute  feigen,  wie  die  ersten  reifen  feigen  sind,  im  an- 
dern korbe  waren  seer  böse  feigen,  das  man  sie  nicht  essen 
kund,  40  böse  waren  sie.  Jer.  24,2;  an  iren  fruchten  soll  ir 
sie  erkennen,  kan  man  auch  drauben  lesen  von  den  dornen 
oder  feigen  von  den  disteln?  Matlh.  7,16;  denn  man  lieset 
nicht  feigen  von  den  dornen,  auch  so  lieset  man  nicht  drauben 
von  den  hecken.  Luc.  6,  44;  gleichwie  ein  feigenbawm  seine 
feigen  abwirft ,  wenn  er  von  groszem  wind  bewegt  wird. 
offenb.  6, 13 ; 

ich  isz  lieber  feigen  denn  faul  pirn.    fastn.  736, 16. 
grüne,    getrocknete,   süsze  imd  saflvolle,  wilde,  unreife,  un- 
geschmacke  feigen;  ein  korb,  ein  stroh  feigen. 

2)  sal  dem  millelaller  war,  aus  Italien  her,  eine  trotzige,  höhnende 
gebärde  {als  imago  vulvae)  bekannt,  it.  far  la  fica,  sp.  hazer  la 
higa,  port.  dar  huma  figa,  fr.  faire  la  figue;  ab  antiquissimis 
temporibus  probrosum  fuit  digiium  alicui  per  modum  Ileus 
ostcndere.    Henricüs  de  Hervordia  ad  a.  117S  p.  165; 

eil  prince  nos  onl  fet  la  figue.    Meo!«  2,314; 

wan  ich  sich  wol,  er  zeigt  mir  hinten  noch  ein  feigen 

und  tet  das  gut  im  allein  zu  eigen,    fasln.  79,4; 

wan  mein  fraw  zürnet,  das  ich  sie  haisz  schweigen, 

so  schreit  sie,  halt  dein  maul  auch  zu, 

und  zaigt  mir  oft  die  feigen,    meislcry.  23  n'89; 

da  du  sie  aber  brachtet  dahin 

und  sie  all  hab  und  gut  verlieszen, 

thelst  du  vor  in  die  thür  verschlieszen 

und  nampst  das  closter  dir  zu  eigen, 

den  andern  thelst  die  feigen  zeigen. 

Luthers  clafjred  dasz  er  so  gnr  viel  nippen  oder 
seilenden  kann.  I.i34.  D4'; 
WO  bislu  nu  Junker?  wo  ist  dein  zorn?  kurz  man  weiset 
inen  die  feigen.  Lutber  3,245';  aber  ich  weise  inen  die 
feigen  und  spreche  "lieber  potzman  (bulzcmann),  frisz  mich 
nicht!'  5,50';  das  (für  Aes)  sollen  sie  billich  durch  die  faust 
lachen  und  uns  die  feigen  bieten  und  esels  oren  zeigen. 
Frank  H'e//6.  1.55";  das  schlosz  Tarentina  (hat)  den  Pocnis  mit 
hüif  Fabii  die  feigen  bieten  mögen.  Petr.  33*;  der  son  gab 
seiner  mutier  frcvenlich  wort,  flucht  ir  und  zeigt  ir  die  feigen, 
nach  gwonheit  der  Waiben,  das  heiszt  aber  ein  feig,  wenn 
sie  den  daumen  durch  die  zwen  finger  stoszcn.  seh.  u.  ernst 
1555,  135.   1550,  381 ; 

wo  ich  ein  klagt  der  narrheit  an, 

der  wolls  für  ein  grosz  eren  han 

und  bot  mir  ein  welsche  ligen  dran.    Mi;r;«e»s  geuchmal  6; 

und  füren  dich  in  schand  und  schaden 

und  lassen  dich  darnach  drinn  baden 

und  zeigen  dir  darnach  die  feigen.    IL  Sachs  L232'; 

er  spot  mein  und  zeigt  mir  die  feigen.    L522'; 

zeigten  im  den  esel  und  die  feigen.  V,  396'; 
so  wir  doch  sehen,  das  sie  (die  kirche)  in  aller  irer  andacht, 
goftcsdiensten  und  ceremonien  das  ausgetruckle  (ausdriick- 
liclie)  wort  in  der  schrifl  verfaszt  offenbarlich  und  mutwil- 
liglich  übertritt,  nicht  anders  dan  ob  sie  es  den  biblischen 
Schriften  zu  trotz  und  zu  leid  thätc,  inen  die  feig  zu  bieten. 
biencnk.  19'; 

die  tbier  auf  grünen  fehlen  breit 

sich  frisch  und  freudig  zeigen, 

das  wild  in  dunkel  w.iblcn  weit 

dem  Jäger  zeigt  die  feigen.    .Spek  iruttn.  114(125); 

nachdem  sie  ihm  aber  nach  notdurfl  wol  gelaust,  gerupft 
und  ausgesäckell  hat,  alsdann  schickt  sie  ihn  wieder  fort 
und  zeigt  ihm  die  feigen.  Ai.rkrtim /urirf/cAcH  116";  sollte  man 
gewahr  werden,  dasz  ich  ihrem  gegentheil  diene,  so  werden 
sie  mir  zu  Cöln  die  feige  weisen  und  das  meinige  behalten. 
Simpl.  K.  507;  denn  meine  alte  oder  vielmehr  die  junge 
künden  von  der  armce  ritten  mir  zu  gefallen  in  die  sladt 
und  fragten  mir  mit  solchem  nainen  nach,  welchen  auch  die 
kinder  auf  der  gassen  chender  als  das  valerunser  lerueten 
mid  eben  darumb  wiese  ich  meinen  galanen  die  feigen. 
Courage  cap.  9 ;  und  wann  ich  sie  (die  mutler  ihre  unartige 
lochtet)  darum  strafte,  so  zeigte  sie  mir  die  feigen.  Jucun- 
dissimus  41;  ich  habe  meinen  feinden  öfters  die  feigen  ge- 
wisen.  unw.  doct.  173;  hah  ein  schön  lobred  auf  ihn  schon 
ini  recept  halb  und  halb  ghaht,  aber  itz  weis  ich  ihm  dfeign, 
weil  er  ein  so  (so  einer)  ist.  Schwabe  tinlenf.  75.  ifgl.  über- 
haupt HöFKR  1,205.  Schneller  1,5|,'..  Likiirechts  übers,  des  pen- 
tamerone  2,  272 — 270  und  0.  Jahn  über  den  bösen  blick  t.  so. 
auch  poh.  p(»kazac  lige.  böhm.  nkä/ali  Ijk. 

3)  einige  muscheln  lieLizen  nach  ihrer  gr.^aU  feige,  murex  unl 
hulla  ßcus. 

4)  weidmännisch  heiszt  auch  das  weililiehe  glied  der  wilden 
Ihiere   feige   oder   fciu-itiblMil.    wonach   dte  stelle  aus  Spek  *mA 


1445 


FEIGE  — FEIGENWEIN 


FEIGHEIT  — FEIL 


1446 


anders  nehmen  liesze.     deullich  berührt  sich  der  velsche  sinn  von 
ficus  mil  dem  biblischen  feigenblatt. 

5)  ohrfeige  gehurt  nicJU  hierher,    s.  sp.  1412. 1413. 

FEIGE,  f.  morlis  discrimen,  lodesnolh: 
mhii.  ej  gicnc   an  die  Teige.    Albr.  TU.  2646  (iro  Hahn  neige). 
heute  weder   in   diesem   sinn    noch   in   dem  von  feighäl,  xagfieit 
übrig,  doch  in  lelzlerm  hat  es  Stieler  457. 

FEIGEBEISZ,  f.  delicatula,  ein  leckeres  ueib,  das  aus  der  lasche 
feigen  iszt.    Schmidt  id.  bem.  27*.     s.  feigenbeiszerle. 

FEIGEL,  f.  lima,  alid.  fihala,  figila  (Gbäff  3.433),  mhd. 
Tigel,  vile  (tfft.  3,315");  nhd.  feigel,  feile:  die  feigel,  damit 
man  den  rost  von  dem  mesz  schabet.  Keijersb.  pred.  26*; 
sie  {die  Verleumder)  seint  ein  figel  des  geschirrs  der  glorL 
narrensch.  S9'. 

FEIGELN,' /imare,  feilen:  also  widerwertigkcit  feigelt  dich 
von  dem  rost  der  sfinden.  Keislrsbebg  26";  sie  feigein  den 
rost  danon.    narrensch.  S9'. 

FEIGEN,  occidere,  furdere.  mhd.  veigen  irb.  3, 290'.  nhd. 
limore  percdlere,  fr.  iniimider.    Stieler  457. 

FEIGEN,  ficulneus,  mhd.  vigin :  was  von  feigenbaumen  bolz 
gemacht  wird,  das  behelt  auch  solchen  namen,  als  ein  feigcner 
pfal ,  ein  feigener  löfTel.  o.  ireUh.  luftg.  169 ;  ein  feigenos 
Schwert  nenneten  die  Griechen  falsche  nachred.  170. 

FEIGENBAUM,  m.  ficus  arbor,  avv.rj  für  avy.ta,  goth.  smak- 
kabagms:  da  sprachen  die  bewme  zum  feigenbawni,  kom  du 
und  sei  unser  künig.  rieht.  9,  \0;  und  sähe  einen  feigenbawm 
von   ferne,  der  bletter  hatte.    Marc.  11, 13. 

FEIGENBEISZERLE,  n.  ficedula,  it.  beccafico.  Kbafts 
reisen  55. 

FEIGE.NBLATT,  n.  folium  (iculneum:  da  wurden  ir  beider 
äugen  aufgethan  und  wurden  gewar,  dasz  sie  nacket  waren 
und  flochten  feigenblelter  zusamen  und  machten  inen  schürze. 
1  Mos.  3,7;  eine  faule  entschuldigung  ist  so  viel  nutz  als 
Adams  feigenblätter  zu  hosenluch.  Lebmasx  204;  aber  vom 
jalirbiindert  kann  man  dies  nicht  verlangen,  ohne  feigen- 
blältct-  und  thierfelle  kommt  es  nicht  aus.  Göthe23,  32;  die 
philosophischen  Systeme,  die  als  feigenblätter  oder  des  zanks 
ond  der  schau  wegen  aufgestellt  werden.  Cl.\cdics  5,  HS; 
wenn  er  nur  irgend  vonvand  und  feigenblatt  hat,  sich  seinen 
leidenschaflen  hinzugeben.  6,24;  beschämt  darüber,  dasz  die 
scherzliige  so  gar  ein  schmales  feigenblatt  ist.  J.  P.  biogr.  bei. 
1, 167.  bei  einem  thiere  {einer  hindin)  nennet  man  das  weib- 
liche glied  das  feigenblatt.    Dübel  1, 17. 

FEIGENBOHRER,  m.  eine  ivespe,  die  den  feigen  nachstellt. 

FEIGENBL'TZE,  m.  umbilicus,  nucletts  ficus:  äpfelschalen, 
melonenschnitz,  feigenbutzen.    Fuchsmundi  367. 

FEIGENDROSSEL,  f  ficedula,  ovxalis. 

FEIGENESSER,  m.  molacilla  ficedula. 

FEIGENFRUCHT,  f  carica.    roc.  14S2  iit'. 

FEIGE.NKLAUBER,  m.  Sammler  der  Pferdeäpfel: 
die  erznei  kumt  von  einen  winden, 
die  die  feigenklauber  auf  der  gassen  Tinden.    fasln.  94,26. 

FEIGENKORB.  m.  sihe  der  herr  zeiget  mir  zwen  feigen- 
körbe  gestellet  vor  den  tempel  des  herrn.    Jer.  24. 1. 

FEIGENMÄNNER,  welche  keine  arbeit  frei  antreten,  viel- 
weniger austauren.  a//er  irdih.  lustg.  170.  ovxivot  ävS^ss. 
Theokr.  10.  46.  nach  dem  roc.  14S2  h6"  feigenleute,  ficarii, 
homines  solum  de  ficubus  virentcs. 

FEIGENMUS,  n.  sycatum. 

FEIGE.NSAFT,  m.  succus  ficuum: 

wie  feigensaft  die  weisze  scliiere  milch 
im  hui,  da  sie  kaum  uragenitielt  wird, 
gerinnen  macht.  Uürge«. 

FEIGENSCHOSZ,  n.  ficulneum  cacumen:  an  kalten  und 
feuchten  orten  setzt  man  die  rebenselzling  zu  diser  zeit 
II — 22  merz)  am  bequemlicbsten,  desgleichen  auch  die  Jungen 
feigcnschosz,  so  sie  ielz  boUen  gewinnen.  Herbs  Columella 
111.2). 

FEIGENSCHCRZE,  f.  periMnium  ficulneum. 

FEIGENSTOCK,  m. 

es  sieht  ein  junger  feigenstock 

in  einem  schönen  garten.    Göthe  2,207. 

FEIGENYERHANG,  m.  vas  feigenschürze: 

ists  mügüch,  deck  ihr  gebräm,  statt  Jenes  reigenrerhanges 
des  ersten  nackenden  paars,  die  blöszrn  meines  gediclits! 
TucaaEL  5,476  (^291). 

FFIGENU  AI.D,  m.  firelum. 
FEIGEN \NLI.N',  n.  tmHra  tx  fieu. 


FEIGHEIT,  f.  1)  in  älteren  schriflen,  nach  feig  2,  pelulantia, 
luxuria:  lug  das  din  vasten  si  meszig,  das  es  dir  si  ein 
arzenei,  das  es  in  dir  die  feikeit  des  fleisches  demme  und 
zeme.  KEisERSBERGt%.  159';  ein  mensch,  das  do  jung,  stark, 
frisch  und  gesunt  ist  und  kein  irrung  het,  sinen  lust  und 
fegikeit  (so)  gnug  zu  sein.  17S';  da  sint  die  fuesz  schnell 
zu  bosheit  und  Üppigkeit,  und  die  bend  vol  böser  werk,  der 
lib  vol  feikeit.  19l';  denn  weiche,  zarte  und  hübsche  kleider 
ingcberend  üppikeit  des  gemütes  und  feigkeit  des  fleisches 
vorab  in  jungen  unerstorbenen  menschen,    seelenparad.  39'. 

2)  die  bedeutung  ignavia  könnte  sich  bei  Li;ther  finden,  ste 
uird  später  die  einsige:  ein  krieger,  der  im  treffen  feigheit 
bewiesen  hat,  wird  verhöhnt;  der  despotische  Orient  lebt 
zugleich  in  ewigen  kriegen  und  in  ewigen  Ohnmächten,  Eng- 
land ohne  landkriege  und  ohne  feigheiten.  J.  P.  dämm.  59. 

FEIGHERZIG,  ignavus:  der  feigherzigste  tyrann,  den  viel- 
leicht die  geschiebte  kennt.  Wieland  2.251;  er  war  feig- 
herzig genug  sich  zu  dem  unrühmlichsten  frieden  geneigt 
zu  fühlen.  3,  70; 

und  wodurch  du  allein,  feigherziger,  olle  besiegest, 
langsam  wird  dir  die  flucht,   wo  die  mächtige  tracht  du  um- 
herschleppst. 
Voss  Otid  53, 132  {met.  Vi,  113). 
FEIGHERZIGKEIT,  f  feige  gesinnung. 
FEIGIGKEIT,  f.  sind  wir  doch  diser  zeit  des  wollusts  und 
feigigkeit  dermaszen  gewohnt.    Fboxsperg  kriegd).  2, 30*. 

FEIGLING,  m.  homo  ignavus:  ihr  buhle,  der  schadenfrohe 
feigling.    Stolbehg  13,  20 ; 

bis  noch  sinnreicher,  denn  jener, 
aber  sich  selbst  unnützer  der  Naupliade  des  feiglings 
schlauen   betrug  auldeckt   und   den   sträubenden   zog  zu  den 
Waffen?    Voss  Ov.  met.  13,38; 
die  scharfgezeichneten  Charaktere  Rabelais  vom  loyalen  edlen 
Pantagruel   bis   zum  gelehrten  feigling  Panurge.    J.  P.  aesth. 
1,197. 

FEIGLINGSTRITT,  m. 

ja  kaum  der  wandrer  wagt  auf  euch  (bürgen)  zu  rasten, 

gleich  als  entehr  er  alter"  krall  grabstelle 

durch  seines  feiglingstrittes  nichtige  lasten. 

Ri;cKERT  (jw.  ged.  2, 144. 
FEIGWARZE,  f.  ficus,  feigarliger  ausicuehs  und  gesehirHr 
an  menschen  und  thicren:  der  herr  wird  dich  schlahen  mit 
drnsen  Egypti,  mit  feigwarzen,  mit  grind  und  krelz,  das  du 
nicht  kanst  heil  werden.  5  Mos.  2S,  27 ;  es  wächst  under- 
weilen  dem  pferd  auswendig  auf  der  heut  ein  rote  oder 
blawe  geschwulst,  die  da  sihet  wie  ein  frische  zeilige  feig 
und  darumb  heiszt  maus  auch  feig  oder  feigwarz,  nit  darumb 
dasz  es  ein  feigwarz  sei  wie  an  einem  menschen,  welches 
vil  ein  anders  diug.  Selter  234;  die  feigwarzen  sind  harte 
und  schwilichle  rufen  voller  schrunden,  an  gestall  den  un- 
geschmackten  feigen  gleich,  entstehen  binden  an  den  Unter- 
schenkeln {der  rosse).  Uffenbach  2,276;  s.  Fiacrius  (plage) 
mit  feigwarzen.    Garg.  25S'; 

für  den  krebs  und  für  die  feigwarz.    Atur  4t'; 

den   pferden    die    feigwarzen    mil   einer    scheer    abzwicken. 
HonBERG   1, 115". 

FEIGW.ARZENKRALT,  n.  ^carta  ranunculoides,  früher  elieli- 
donium  minus. 

FEIKEN,  micare  digiiis :  feiken  mit  ßngem  ist  der  Welschen. 
Comenius  ron  Docemics  §.  941.  dos  nwrasfid,  wobei  es  auf 
Gccare  ankommt. 

FEIL,  m.  siehe  fehl. 

FEIL,  renalis,  zu  kaufe,  ahd.  fali,  feli,  feili  (Gbait  3,495), 
mhd.  veile,  veil  {trb.  3,  291),  bahr,  fael,  fal  (Schm.  1,  523), 
schveiz.  fäl  (TonLEB  175'),  nd.  feile  (Scuahb.  25S),  Lutuek 
schreibt  veil,  um  es  ton  feil  (fehl)  zu  scheiden,  tras  doch  kein 
ausreichender  behelf  ist;  nnl.  veil,  alin.  fair,  schic.  dän.  fal. 
hiermit  das  ags.  fäle  {oder  fa-lc),  der  form  und  bedeutung  nach, 
zu  einigen  ist  Andr.  und  El.  143.  144  versucht  tcorden.  Hile 
sdiickl  sich  zum  ahd.  fali,  feie  ine  zum  altn.  fair,  aber  fxle 
Kürde  zu  feili  stimmen,  a  und  ei  scheinen  gerade  zu  schicanken 
trie  in  feil,  fei,  fehl,  fale  hläf  ist  noch  panu  rendibiiis,  doch 
meistenlheils  hat  fäle  den  sinn  ron  proprius,  fale  sccalc  ist  der 
eigne  knecld,  fäle  sceap  das  eigne  schaf,  fale  hds,  das  eigne 
haus,  Sachen  welche  der  herr  und  eigner  fei\  bieten,  verkaufen  kann. 

mhd.  und  nhd.  binden  sich  mehrere  verba  mit  diesem  adj. 

1)  feil  sein:    die  sache  ist  feil,  nicht  feil,    zu  haben,  nicht 
zu  haben ;  es  ist  mir  um  keinen  preis  feil ; 
mhd.  swä  minoe  veile  wäre.    Fiieioa!<k  98,20; 
swa;  da  ze  Home  vriles  i.<t, 
di  aiht  niua  maocgen  valscben  list.    15.3,23; 

91* 


1447 


FEIL 


FEIL  — FEILE 


1448 


nhd.    nu  ist  mir  ie  der  mein  (teil)  aucii  nit  feil, 

wan  es  ist  der  pcst,  als  ich  wo!  sich,    fasln.  83,30; 

sihe,  ich  höre,  es  sei  in  Egyplen  gelreide  veil.  1  Mos.  42, 2 ; 
alles  was  feil  ist  niif  dem  lleischinarkt,  das  esset  {golh.  all 
J)alei  at  skiijam  frahiigjaidau,  nialjaij)).  iCor.  10,  25;  so  steckt 
man  ein  sper  zu  Itoin  auf  den  markt  und  selzf  sie  darunter 
zu  eira  zeichen,  das  si  mit  dem  sper  bezwungen  und  auch 
vail  wären.  Mugi.eins  Toi.  jVax.  S2";  erbarkeit  ist  feil  hie  und 
het  man  schon  sie  feil,  man  iniist  sie  gar  wolveil  geben, 
ee  das  man  sie  kaufte.    Keisersiierg  brOsaml.  li'; 

die  falsche  sucht  .sich  ein  ander  theil, 

die  treue  macht  mir  lange  weil, 

die  beste  war  nicht  Teil.     Götue  1,1-16. 

2)  feil  Stehen:  es  steht  ein  pferd,  ein  wagen  feil: 
die  herren  sind  uns  gleich,    wir  stehen  feil  ümm  geld. 

FtEJitNC  112; 
mir  schmeckt  der  klare  safl,  mir  schmeckt  das  reine  uasz, 
das  ohne  keller  frisch,  das  gut  bleibt  ohne  fasz, 
das  ohne  geld  steht  (eil.  Logau  1,51; 

die  well  ist  wie  ein  kram,  hat  wahren  ganze  häufen, 
um  arbeit  stehn  sie  feil  und  sind  durch  lleisz  zu  kaufen. 

3,  15«,  1. 

3)  feil  haben,  halten, 

mhd.  salraen,  larapriden 

hat  er  doch  liitzel  veile.    Pars.  491,17; 

swa;  ich  veilcs  hän, 

daj  ist  iu  gar  dan  undertdn.    564, 1 ; 

die  minne  veile  hänt,  diu  wip, 

rcemscher  küneginne  lip 

wart  dick  nach  in  benennet.     H7i.  153,1; 

der  hof  hat  manegej  veile, 

des  der  habest  niht  engert.    Frkidank  153,4. 

nlid.  wenn  wil  denn  der  newmünd  ein  ende  halicn,  das  wir 
körn  veil  haben  raiigen?  Arnos  8,5;  und  fand  im  tempel 
sitzen,  die  da  ochsen,  schaf  und  tauben  feil  hatten.  Juli. 
2,  14 ;  da  weisz  man  wol  was  iederman  zuhört,  nit  wen  eine 
nüt  den  peterling  (nur  ficlersilif)  feil  hat,  das  sie  welle  seiden 
tragen,  Keisersberg  brünaml.  yo';  der  laufet  in  dem  wintcr 
nun  mit  einem  seil  und  fraget  'hat  ieniand  heuw  feil?'  nar- 
rensch.  73';  stehn  und  narren  feil  haben; 

jnngfer,   o  ihr  seid  die  schönste,   wann   ihr  steht  allein  im 

Winkel, 
kumt  ihr  etwa  raus  ans   lichte,   silit  man  dasz  ihr  feil  habt 

dunkel.     Logau  3,  24",  lt)2; 

in  der  groszen  sladt,  wo  neben  allen  lügenden  alle  laster  feil 
haben  {ihre  tcaare  feilbieten  dürfen).  Hebel  hausfr.  254 ;  schuciz. 
nebes  fäl  hah  (etwas  feil  haben),  die  Iwsenthür  offen.  Tobler  175'. 

4)  feil  tragen, 

mhd.  swä  man  minne  veile  treit, 

da  koul'ent  gouche  unsxlikcit.    Freidank  9S,  U; 

ze  jungest  wenet  er  sich, 

daj  er  die  hiute  veile  iruoc.     Iw.  3341 ; 

er  mac  sich  harte  wol  bejagcn, 

gelernt  er  bühsen  veile  tragen.     Parz.  517,2; 

nhd.  wie  die  taglöner,  die  iren  leib  und  arbeit  feil  trilgen. 
Frank  tcellb.  103";  leib  und  leben  von  wegen  einer  kleinen 
hesoldung  feil  tragen.  Wickham  bilijer  A3;  unleugst  hernach 
hat  Innocentius  der  4  Sicilien  kfinig  Heinrich  dem  3  aus 
Engelland  für  seinen  son  Emond  feil  getragen,  bicnenk.  \2i' ; 

sein  leben  ircgl  er  bei  im  fall.    Atrer  lOU*; 

wem  alles  gleiche  gilt,  ob  der,  oh  jener  siegt, 

der  kömpt  und  tr5gt  sich  feil.    Opitz  3,  2'J7; 

wer  aller  trew  sich  traut  und  glauben  trägt  so  feil, 

gibt  «einen  theil  zwar  aus,  nimmt  aber  keinen  thcil. 
LOCAU  2,'ii,!>b; 

wir  trugen  unsre  clieder  feil 

und  haben  unser  bcuteiheil.    Göthi  41,286; 

sie  trugen  ihre  haut  feil  =  zu  markte. 

i)  feil  bieten,  ausrufen,  schreien,  schlechte  waarc  zu  hohem 
preise  feil  bieten ; 

de  pot  mir  iren  leip  oft  feil,    fattn.  123,  2; 
Naemi   beul   feil    das    sttick    fclds,   das   unser«  biuders  war 
Klinielech.    Ruth  4, 3 ;    er    «ol  es  (das  gut)  dem  mciger  veile 
bieten.  weiMh.  4, 142; 

er  ruft  und  schreit  vil  nhlasz  feil. 

dial.  ron  tweii-n  pfa/fenkochiH  |.^23  a2*. 
«)  feil  stellen, 
IU  liabel  wurden  icböoe  lAciiter  auf  freiem  marke  feil  geatelll. 
LocAU  3, 117,  »2. 
t)  feil  fuhren, 
mhil.  wie  wol  il  noch  verkoufent  dat  «t  lAren  rüerent  veile. 

NiinntRT  51,  27; 
•i  sprach  'fiiert  ir  krAmgrwnnt 
In  mlM«  Und«  Teil« 7'    i'uri.  531, 13. 


8)  feil  sprechen,  für  feil  erklären:  es  miigen  auch  die  ge- 
lirhlskeufel  die  pfand  zwischen  den  vergantungstägeii  im  kram 
fail  sprechen  und  umb  die  geschätzte  summa  hingeben.  .Wini- 
berger  reform.  1564  W.  61*. 

9)  feil  finden, 

mitd.  wir  vindcnj  ninder  veile.    Nib.  1577,3; 
und  wa-re  der  arzcnie  also, 
daj  man  si  veile  funde.    a.  Hcinr.  217; 
Cr  gewan  ir  swar  er  veile  vant, 
Spiegel  unde  häibant.    33.i; 
dii  kanst  wol  ba^  g^j^en 
da  dii  ej  veile  vundest.    Greg.  2767; 
nhd.  diese  art  zeug  wird  hier  gar  nicht  feil  gefunden. 

10)  stellet  sie  {die  sclaven)  der  herr  an  oflenen  markl  zu 
feilem  kauf.  Steixhüwei,  £w/)  1555.  5;  das  man  auch  des  hei- 
ligen tages  kein  arbeit  noch  feilen  kauf  verhengen  sol.  ScnCrz 
beschr.  von  Preuszcn  123;  dasz  hinfiiio  kein  brauen,  backen 
oder  andere  handwerk  innerhalb  einer  mciie  weges  zum  feilen 
kauf  verslattet  werden  solle,  iirk.  von  1026  i«  Gbots  je.sc/j.  ron 
Nordheim  s.  129 ;  fallen  kauf  (mo//"c(7)  geben,  zu  failem  kauf  hallen. 
Sciimeller  1, 523.  feil  backen.  «m/Ä.  4, 138. 140;  vieh  feil 
schlagen  4, 140;   da  gibt  ers  vil  basz  feiler.  MClmas  geisel  249. 

11)  ein  feiler  mensch,  der  sich  durch  geld  gewinnen,  besleclien 
läszt;  eine  feile  dirnc,  die  sich  für  geld  preis  gibt; 

und  die  iungfrawen  diser  zeit, 

schier  alle  fail,  erheben  weil 

die,  so  am  mehrsten  gelt  zutragen.    Wkckherli!«  395; 

und  keinem  eigcnnutz  und  keiner  meinnng  feil. 

IIagkdorn  1,98; 
botschaft  von  feiler  ehr,  womit  die  schmach  sich  schmücket. 

Lkssi!<g  \,H'i. 
s.  marktfeil,  wolfeil. 

FEILANO,  m.  entstellt  aus  välant,  dacmon,  diabolus  {mytluA. 
943): 

hörstu,  du  pöser  feilant!  fastn.  578,21; 
vgl.  nu  schweig  du  böser  volaiit!  926,  tl. 
Luther  macht  daraus  wortspiclcnd  einen  feiland,  gleiclisam  von 
feilen,  fallerc,  im  gegcnsatz  zu  heiland  :  wir  haben  erlebt,  das  aus 
irem  lieiland  inon  {den  papislen)  ein  feiland  ist  worden  .  . . 
sollen  wir  denn  nicht  viel  mehr  getrost  und  frölich  sein  auf 
unsern  rechten  heiland,  der  es  nicht  allein  thewer  und  hoch 
verhciszcn  hat  zu  komcn  und  uns  zu  helfen,  sondern  kan  es 
und  wils  gewislich  Ihun,  und  nicht  ein  feiland  sein,  als  der 
je  noch  nie  kein  mal  gefeiicl  noch  gelogen  hat.  5,532*; 
sprenget  die  leule  in  die  wüsten  hinaus  und  läszt  sie  hungers 
sterben,  das  mag  ein  armer  nicssias,  ein  bctielheiiand  und 
feiland  sein.  Otuo735;  die  einem  andern  nachjagen,  werden 
grosz  hcrzeleid  haben,  ihr  heiland,  sagte  Lutherus,  wird  ein 
feiland  sein.  803;  denkst  du  aber  nicht  an  deine  Sünden? 
ja,  spricht  Simeon,  ich  denke  wol  daran,  aber  ich  denke  an 
den  heiland  auch,  den  ich  nun  gesehen  hab.  mein  heiland 
wird  kein  feiland  sein.  1205. 

FEILBAD,  n.  bad  gegen  bezahltmg.    Sch*.  1,  523. 
FEILBECK,  m.  becker,  der  brot  feil  bdckl  und  liält. 
FEILCHEN.  n.  kleine  feile,  nnl.  vijitje. 
FEILE,  f  Uma,    ahd.  fihaia,    fihila,    mhd.  vtlc,    früher  figil 
und  noch  nhd.  feigel,  feihel,  feiel,  die  heulige  sdireihung  mischt 
sidi   mit    feil    (fehl)    und   feil    (venalis),    während   nnl.  \ijl  und 
feil,    veil  gesondert  bleiben,     engl,  lilc,  schH'.  dän.  fil,  das  ahn. 
Jjiiii  schon  sp.  12tl  beigebracht;    poln.  pilnik,    Wim.  pilnjk,  Id. 
pieli,  lett.  wihle. 

mhd.  ein  nater  in  ein  smitte  kam, 
ein  vile  si  zuo  ir  genam 
durch  grölen  hunger,  den  si  truoc, 
mit  den  zendon  .«i  die  vilo  uuoc, 
sf)  si  meiste  mähte, 
diu  vile  dfs  erl.ihtc. 
nhd.    fand    eine   feilen    und    lieng  an  zu  nagen.    SteinhOwel 
Esnp  47;    seine   gewall  ist  nicht  ein  beil.    axi,   seghen  oder 
feilen,  dadurch  er  wirke,  sondern  er  seihs.    Luther  3,  352' ; 
ich  schAtze  zwar  der  ednln  feile  flelsz, 
doch  wird  ein  höckerchen  nicht  meiner  lust  gleich  schaden. 

ili'RGKR    104'. 

ein  gebrechen  entstanden  von  schlichler  feile,  von  lifUcr  haut, 
romelbst.  SriiAMnAni  19l'.  25s'.  s.  ariufeile,  besloszfciie,  ei>;eu- 
feile.  glaltfeile,  holzfcile,  schlichlfeilc. 

FEILE,  f  muppula,  linteiilum,  mhd.  falle,  vtrle,  »Ale  {rb. 
3,  213*)  deutet  man  aus  fr.  viiile,  lat.  veliiin,  mü^ich  wilre  eine 
ganz  andere  ableilung.  nnl.  heiszt  im  norden  feil,  im  sitden 
dweil  ein  tuch,  icisclüuch,  ijenide  nie  dort  feilen,  hier  d« eilen 
für  errare  ges}irochen  wird.  d»*eil  (ütcr  »Irlll  steh  unverkennbar  >•■ 
das  ahd.  duuhib,  tuuhila  ((inArr  5,  26l>)  «iar,  wddiet  die  nfHiU " 


i 


1449 


FEILELEIX  —  FEILSCHEN 


FEILSCHEN  — FEIM 


1450 


rMsupraclie  in  twehle.  zwehle  und  quehle  ändert,  duahila 
gehört  deutlich  zu  duahal,  goth.  [ivalil.  ags.  jtveal  lavacnm, 
mithin  zur  würzet  {ivahan,  alid.  diiaban  /arare  und  bezeichnet  ein 
voiclUuch,  badetuch,  endlich  ein  tuch  überhaupt,  urie  auch  die  lat. 
glossen  manlile,  pepliim,  strophium  erkennen  lassen,  aus  demselben 
deutschen  twahan  entsprang  das  franz.  toaille,  touaille.  tnlat.  toale 
vnd  dann  toile  im  allgemeinen  sinn  von  tuch,  hiernach  sind  die 
Wörter  lucli,  tuoch  (Graff  5.  365),  twehel.  twelile,  dweil  und 
feil  einander  gleichzusetzen,  trenn  Parz.  301,  28  ein  faile  tuoches 
über  'diu  bluotes  mal'  geschwungen  vrird,  so  fcMle  die  mhd. 
spräche  längst  nicftt  mehr,  dasz  in  falle  und  tuocli  dasselbe  liegt, 
Iweile  und  feile  liefern  aber  schüne  bestätigung  der  sp.  1422  idenli- 
fiäerlen,  andrer  tcurzel  entstammenden  formen  dweiien  und  feilen, 
zweble  und  quehle  begegnen  nlid.  oft  genug,  feile,  feie  selten, 
im  franz.  Simpl.  1.  29  liest  man  ton  mönrJien :  giengcn  sie  allein 
hin  und  kamen  bald  wieder  in  langen  leinenen  rocken,  lieszen 
binden  zu  aufm  rücken  ein  falle  fallen,  so  über  dem  hals 
an  zwei  schnürlein  angeknüpft  war,  fielen  auf  ihre  knie  nider 
und  peilschelen  sich  selber  so  lang,  bis  ihnen  der  prior  ein 
zeichen  zum  aufhören  gegeben.  Hemsch  1055,  «4  hat  feel 
decke,  die  biawen  feef,  segcstria  {strohdecken),  in  den  mhd. 
stelleti,  «0  vsele  vorkommt,  iit  fa'le  gemeint,  zu  untersuchen 
bleibt  ein  bei  Lye  unbelegles  fihle  pannus. 
FEILELEl.N,  limula,  feitdien.  Stieler  457. 
FEILEN,  s.  fehlen. 

FEILE.N,  1)  venditare,  feil  bieten,  zu  kaufe  bieten,  hingeben, 
alid.  gifeilön  (Graff  3,  495), 

mitd.  vil  dicke  harte  reilet 

sinen  lip  min  her  Gawein.    kröne  21447; 

ein  teil  man  iwer  leben  lie, 

die  fuort  man  an  den  seilen 

und  hiej  iuch  hin  veilen 

umb  ein  Ueinej  dinc.    Helbl.  2,1172. 

nnL  veilen :  wanneer  zal  dat  land  geveild  worden  ?  meisl- 
b'u'tend  rerkauß  werden. 

2)  emere,  erkaufen,  erliandeln :  wcisz  eben  so  vil  darumh, 
als  der  so  dnimb  (um  das  pferd)  feilt,  wirbt  und  kaufen  will. 
FifCHART  ehz.  524. 

FEILEN,  limare,  mhd.  vllen, 
scliniiden,  feiln  und  lilopfn  wird  in  säur,    .\trer  fastn.  27*; 
ich  feile,    wol  zerfeil  ich  dann 
auch  manches  goldne  drälchen.    Götbe  1,37; 

der  stalil  den  leidenden, 
ganz  von  den  harten  fesseln  wund  gefeilt, 
aus  dem  gefangnis  weg.    Borger. 

der  gefangne  feilte  die  eisenstäbe  seines  kerkers  durch  und 
entflüh;  eine  arbeit,  ein  gedieht  feilen;  sein  feilendes  aus- 
bessern war  gewaltig.  J.  P.  FiMSS;  ein  gefeilter  slil.  «.ab- 
feilen ,  anfeilen ,  ausfeilen ,  befeilcn,  durchfeilen,  einfeilen, 
wegfeilen,  zerfeilen. 

FE1LENH.\UER,  m.  Umarum  faber,  poln.  piinikarz. 

FEILER,  m.  Umator. 

FEILER,  m.  feilbeck,  in  der  Schweiz  kleinbeck  gegenüber  dem 
fogelzer.  qroszbcck.    Stalder  1, 3C3.     s.  feil  backen. 

FEILGÄDEN.  n.  tabema. 

FEILH.\BERE,  f  sHiweiz.  buhldime,  die  ihre  reize  feil  hält, 
feil  trägt.    Stalder  1,  3C3. 

FEILHEIT,  f.  vilitas,  käußicldceit :  Zwietracht  und  feilheit  in 
Rom  und  in  Italien.  Stolbehg  9, 1S6;  die  feilheit  der  comitien 
in  spiitern  zeiten.    Nieblhr  3,  3S5. 

FEILICHT,  fi.  scobs  delimata,  abfall  beim  feilen,  feilstaub: 
wenn  man  ihnen  (den  mausen)  eisenfeilichl,  in  Sauerteig  oder 
Weizenmehl  vermischt,  hinleget,  so  müssen  sie  sterben,  wenn 
sie  davon  fressen.    Hohberg  3,  2,  272'. 

FEILKLOBE,  m.  zangenartiger  Schraubstock. 

FEILKOLßE,  f».  Werkzeug  der  goldarbeiler. 

FEILMAHKT,  m.  mercatus:  das  glück  ist  einem  feilmarkle 
gleich,  auf  welchem  oft  der  werth  eines  dinges  abschlaget, 
wenn   man  nur  ein  wenig  warten  kan.    Bltschsy  Palm.  äAh. 

FEILNADEL,  f  murex  radula,  auch  nadelfeile, eincscJineckenarl. 

FEILNAGEL,  m.  ein  Werkzeug  der  zinngieszer. 

FEILSCHAFT,  f.  merx,  die  feil  gestellte  wäre,  was  man  feil 
bietd. 

FEILSCHEN,  um  etwas  handeln,  mhd.  feilscen  und  feilsen: 
«i  veilsceden  goit  unde  pellin 
'wie  biedet  ir  dal,  geselle?'    Roth.  3115; 
.«lu  ritent  unde  loufent. 
siu  kourenl  und  Tcrkoufent, 
.<iu  schowcnt  unde  veilsent, 
»in  trärent  unde  geilsent.    Hart.  12f>,  73; 
wdr  fällst,  da;  er  nilit  choufcn  kan.    Haut.  «.55*; 


nAJ,   wann    einer   etwas   kaufen   wil  und  feilschet  ein  ding, 
;    als  sei  im  nit  ernst,  so  hütet  er  es  im  um  ein  gelt,  so  wirft 
■    er    es   so   weit  hinter  sich,   wol  drei  meil  ferr,  und  hett  es 
I    doch  von  herzen  gern.  Keisersberc  brOsamlin  93';   da  baten 
,   in   die   Studenten,    er  solte  doch  auch  den  heszlichen  men- 
I   sehen  feilschen.  Albercs  3;  feilset  die  zwo  tauben  und  gab 
die  zween  pfening  umb  die  zwo  tauben.  a//e  treifen  1565, 205' ; 
die  leut  so  da  vorüber  giengen, 
feilschten,  und  umb  die  wurst  zu  dingen, 
fragten  wie  thewr  er  si  weit  laszen.    Wolgemct  2,  244 ; 

des  montags  früe  auf  den  rosmarkt  kam,  vil  schöner  ros  er 
feilset  (s.  l.)  und  darumh  kaufet,  doch  kein  kauf  im  für  sich 
gieng.  Steinhöwel  dec.  7S,  35  =  Bocc.  1,  59'  (fu  in  sul  mer- 
cato,  e  molti  cavalli  vide  et  assai  ne  gli  piacquero,  e  di 
piü  e  piü  mercato  tenne  ne  di  niuno  polendosi  accordare); 
die  gut  tochter  .  .  .  salzte  sich  also  an  ein  maur  und  deo 
milchhafen  für  sich,  das  man  sie  {die  milch)  feilscht,  het  die 
eier  gedeckt  und  entschlief  also.  seh.  und  ernst  1555  cap.  410. 
1522  cap.  514 ;  es  ist  traun  an  allen  orlen  wahre  feil,  der 
Verkäufer  leget  sie  fei!  herfür.  der  käufer  bietet  darauf,  feil- 
schet, bis  sie  des  kaufs  eins  werden.  Comenius  von  DocEMirs 
§.  493;  damit  sie  selbige  besser  betrachten  konten,  gieng 
Burghart  und  feilste  einen  degen.  unw.  doct.  908;  sie  erzeh- 
Icle,  dasz,  da  ein  kleiner  bucklichter  zu  ihr  gekommen  und 
einige  messer  gefeiischet  hätte,  wäre  er  plötzlich  umgefallen 
und  gestorben.    1001  Viertelstunde  Leipz.  1738  1,141; 

twar  die  gelehrtbcit  feilscht  hier  nicht  papirne  schätze. 

Haller  s.  33 ; 

hier  feilscht  man  einen  zahn  und  dort  ein  falsches  haar. 
Merk  briefs.  1,lviii; 

und  ihut  sie  erst  die  Schaltern  auf, 

da  kommt  das  ganze  Städtchen 

und  feilscht  und  wirbt  mit  hellem  häuf 

ums  allerlei  im  lädchen.    Götue  1,37; 

ein  paar  eiserne  gesteile,  . . .  welche  ich  sogleich  feilschte. 
28,274;  sie  waren  im  begrif  kirschen  zu  handeln,  eigentlich 
aber  feilschte  Felix,  der  immer  etwas  geld  bei  sich  führte. 
21, 14 ;  er  sah  ihn  mit  einem  jungen  tabuletkrämer  über  klei- 
nigkeilen  eifrig  handeln  und  feilschen.  22,154;  am  nothwen- 
digsten  aber  wird  eine  allgemeine  sprachübung,  weil  bei  diesem 
festmarkte  jeder  fremde  in  seinen  eignen  tönen  und  aus- 
drücken genügsame  Unterhaltung,  beim  feilschen  und  markten 
aber  alle  bequemlichkeit  finden  mag.  22,156;  wir  feilschten 
nicht  viel  und  zahlten  gut.  30, 15 ;  er  feilsche  darum,  könne 
es  aber  von  dem  besitzer  nicht  erhalten.  30,114; 
feilschet  nun  am  heitern  orte, 
doch  kein  markten  finde  statt.    41,25. 

FEILSCHNITT,  m.  20  kreuzerstücke  durchaus  schlecht 
geprägt,  die  keine  rändelung,  sondern  nur  feilschnitte  {ange- 
feilte schnitte)  haben.    Belli  Frankfurt  6,  32  (a.  1773). 

FEILSEL,  n.  was  feilicht,  nnl.  rijlsel. 

FEILSEN,  was  feilschen.  Dastpodics  327  hat  feilsen,  116* 
aber  auch  feilschen. 

FEILSPAN,  m.sco65.  Calepixi  rffc/ionarium.  ßase/ 1616. /b/.1310. 

FEILSTAl'B,  m.  dasselbe:  die  eingeführte  schreibregel, 
nicht  zu  feilen,  sondern  den  ganzen  aufwand  von  feilstaub 
und  zeit  zu  ersparen.  J.  P.  bficherschau  2,  52. 

FEILSTEIN,  m.  Neideck,  Plat,  Perlinger,  da  man  auch 
den  feilstein  in  lagQetzen  findet.    Mathesius  99*. 

FEILSTRICH,  m.  strich  mit  der  feile  auf  einem  trerkst&ck. 

FEILTANZ,  m.  freitanz.    Höfer  1,192. 

FEILTRAG.  m.  licitatio. 

FEILTRÄGER,  m.  trödler.  Stald.  1,  363.  Todler  175.  stadlr. 
ran  Meran  bei  Hacpt  6,  419.  420.  421. 

FEILTRÄGERIN,  f.  trOdlcrin,  auch  buhlerin,   wie  feilhübere. 

FEILTRAGSZETTEL,  m.  die  Verkündigungen  und  die  feil- 
trag^zcddel  an  die  gerichtsthür  anzuschlagen.  Frankfurter  re- 
form.  I.  41,  31.  37.  46,  1.  2. 

FEIM,  m.  spuma.  ahd.  feim,  faim  (GB.\rF  3, 519*),  »n/W.  veim 
{wb.  3, 317"),  ags.  fäm.  engl,  foam,  hair.  faim  (Scnu.  1, 531), 
einige  setzen  faum  für  faim.  zunächst  liegt  sl.  pjena.  poln.  plana, 
biiltm.  pena,  diesem  aber  skr.  phena,  sämtlich  mit  n  für  m, 
welchem  doch  das  m  des  lat.  spuma  und  ahd.  scöin  (Graff 
6,  490).  mhd.  schi'im,  n/irf.  schäum,  nnl.  schuim,  altn.  skAm, 
schw.  ddn.  skum  gleicht,  sc  entspricht  dem  sp,  wie  it.  schiuma 
neben  spuma  und  fr.  ^cuine  =»  escume  zeigt,  spanisch  bestelU 
espuma.  ohne  s  reiht  sich  puma  an  unser  faum,  faim  wie  an 
sl.  pjena,  <Aer  audi  an  unser  schäum,  denn  die  anlautenden  sc 
und  f  vertreten  sich  anderwärts  oft,  die  ncafxdit.  mundarl  macht 
aus  fiore  -sciore,  aus  fiumc  siiuine,  die  sicilianische  ciuii,  ciumi, 


1451 


FEIM— FEIMER 


FElMLüFFEL— FEIN 


1452 


unser  scheinen,  gotli.  skeinan  5/W//  sich  zum  gr.  fniiEiv.  nach 
allem  diesem  läszl  sich  an  lier  itlcnliläl  von  feim,  siliaimi,  spuina, 
phena,  pjena  nicht  zucifeln,  eine  mtr:el  dafür  schwer  ausmil- 
teltt,  vgl.  mit  spunia  spiicre.  ///.  penas,  lelt.  pceiis  milch  könnte 
die  scMumende  bezeichnen;  Hchliger  führt  vielleicht  das,  teas  unter 
feind  bemerkt  uird.  ganz  ab  liegt  das  golh.  liva|)ü  und  srhlieszt 
sich  dem  ßnn.  vahlo,  est.  wallt  an,  sdieint  sich  auch  mU  lit. 
jiiitia,  leit.  putlas  zu  berühren,  noch  ferner  liegl  rttpQÖi,  nimnü 
jedoch  altn.  frauit  und  froda,  noru:  frau,  schw.  fradga,  dän. 
fraadc  auf,  nfoi^eit;  nfnelr  ist  altn.  freyJa,  norw.  fiiiya, 
schw.  fradga,  wozu  man  auch  golh.  fraiv  semen,  altn.  fiio,  fiioF, 
fia*,  schw.  dän.  frö  hallen  musz. 

hier  sind  belege  für  unser  feim: 
mhd.  dör  heubtman  der  was  Heime, 

diu  ros  von  dem  veime 

wären  erswiizel  sere.    Dielr.  3386; 

si  hänt  gesungen  von  d^m  veim,  den  grünt  liänt  si  verlitjen. 
Fhal'enlob  s.  115,  U; 
sin  £ren  seim, 

ob  fr  sich  mischet  zuo  des  vrandels  veim.    s.  1S4,0; 

aller  gnaden  Teim.    Mlskatbl.  s.  7ü,  64. 

nhd.  er  füllt  sein  herz  mit  eitelm  faim  dcrmaszcn,  daj  der 
saf  gütlicher  erc  nimer  hinein  mag.  Rertolds  Iheol.  48,4; 
lasz  wieder  sieden  und  schöpfe  so  lange  ab,  hh  er  {der  ziicker) 
kein  feim  gibt.  \\ \RSv:iG  arzneibuch  il ;  so  dis  geschehen  und 
die  leuterung  anfallet  zu  sieden ,  so  wirft  dieselb  einen 
schwarzen  fiium  auf,  den  nimb  ab.  Erker  130* ;  unangesehen, 
dasz  die  sack  nicht  wie  ein  fleischbrüh  oder  etwas  sicdens 
[siedendes)  schäumen,  wissen  doch  die  müller  denselbigcn  den 
feim  abzustreichen,  dasz  bisweilen  ein  metzen  oder  zwo  ge- 
traids  kleben  bleibt.  Kirchhof  wendunm.  269';  ja  ist  {der  pabsl) 
der  Vorlauf  in  der  kelter,  der  feim  vom  most,  und  die  oberst, 
mittelst  und  unterst  Staffel  im  tempel  und  alles  was  man 
mehr  sagen  oder  erdenken  kan.  bienrnk.  124";  in  zwo  achte- 
riug  wein  einsieden  lassen,  da  wird  der  faim  sein  ein  narr, 
wann  du  aber  den  faim  hinweg  blasest  u.s.w.  Schmchlc  283; 
damit  ich  hierdurch  den  herumbwälzenden  feim  und  zorn 
der  wellen  stillen  könne.  Abeie3,  171;  ei  mit  wasser  klopfen, 
das  es  zu  einem  faim  wird.  Hohderc  I,  220";  man  zerschlägt 
den  Zucker  mit  den  eiren,  dasz  er  wie  ein  faim  wird.  1,233'. 
in  Schlesien  lieiszcn  die  fetlaugen  auf  der  brühe  der  feim  oder 
ßum.  Weinhold  19".  s.  abfeim,  meerfeim,  waldfeim  =  ab- 
schaum.  meerschaum,  waldsdiaum. 

FEIME,  m.  f.  acervus,  manipulus,  dem  vorigen  feim,  spuma 
unverwandt,  verschiedentlich,  doch  mehr  in  nd.  gegend,  ein  zusam- 
mengcschichldcr  häufe  von  garben  oder  von  heu,  in  Uolslein  dieiiie 
(2, 1103)  genannt,  so  dasz  sich  auch  hier  wieder  f  und  d  begegiiciL 
die  getreide  und  heuernte  wird  nacli  solchen  feimen  odir  fernen, 
fehmen,  wie  einige  schreiben,  berechnet,     s.  feimenberge. 

FEI.MEN,  spumare,  despumare:  faim  es  schon,  faim  die  pru. 
JtöfAcnmm/crei  b  4 ;  lasz  das  über  nacht  sten  und  des  morgens 
80  feime  es  schön.  Unterweisung  zu  versechung  eines  menschen 
leib,  sei,  er  und  gut.  ^'ürnbcrg  1489.  88';  und  lasz  es  dann 
über  nacht  steen  und  des  morgens  so  feume  es  schone. 
OfiTOi.r  vojr  Bairland  ar;neit«c/j.  A'ürnft.  1477.  43';  das  schmalz 
von  der  suppen  zu  feimen.  Frank  chron.  518';  setze  zucker 
mit  eicrklar  aufgelöst  ans  feuer,  wann  sich  das  sieden  völlig 
gesetzt,  feime  das  unreine  darab.  Wirsung  arzncib.  17; 

mhJ.  got,  in  sines  geistes  brünstc, 
an  dir  zeigte  sine  künste, 
üö  fr  aller  Sünden  tfinste 
gar  von  dir  gcvelmet  hat.    MS.  1,29*. 

s.  abfeimen,  abgefeimt,  au>feimcn. 

FEIME.N'BERG,  m.  acervus  manipulorum :  dann  führen  sie 
«ie  {die  garben)  mit  fudcrn  in  die  Scheunen  imd  tragen  haufen- 
weis beieinander  (machen  feimenberge).  Comenius  von  Doce- 
Mius  §.  397.  könnte  auch  feimenberge  /.  sein,  gebildel  wie  hcr- 
berge,  beinbergc  u.  $.  w. 

FFIMER,  m.  ein  geräth  der  fischer :  es  gehören  auch  zum 
fischfang  üschnclz,  ziiggarn,  netz  mit  groszen  niasc  hen  oder 
•cbakeln,  feimer,  wurfgarn,  lischerrcus,  faihfciiner.  wicke, 
flccbergeren  oder  trislachel,  die  elger,  niigeln  und  dergl. 
mehr.  FEiERAHtMU  wayser  und  fischwciJurrk  67';  die  garn  zürn 
fischen  nennt  man  ii>^chiiclz  .  .  .  feimer,  wurfgarn.  lischer- 
reuscb,  fachfeimer,  wirke.  Sebiz  .S(i3;  &n  kerder  {köder)  imd 
friuMr  fischen,  veislh.  I,  l.'>ti;  haben  au<  h  eine  :trt  zu  schlafen, 
•Im  daM  »i«  mit  i-iiieni  friuicr  im  schlafen  zu  Zeilen  gefangen 
werden.  Forkr  23*;  ein  ziiggarn  oder  feimer,  funda.  Frisiu» 
&92'.    Maalu  13.3*.  134';    SfAUiKR   1,358    schreibt  fuiiiiMT,     der 


name  rührt  wol  daher,  dasz  das  gerdth  ins  wasser  geworfen  schäum 
erregt;  es  mahnt  an  die  malbergische  glosse  feinire,  liiniiT,  naris, 
die  ich  sciton  in  der  vorrede  zur  lex  salica  s.  L,  oJine  an  die.<ten 
feimer  zu  denken,  aus  feim  deutete,  meerschiiumer  ist  ein 
sea-('iuher. 

Fhü.MLÜFFEL,  fn.  cochlcar  spnmae  tollend ae  factum,  Schaum- 
löffel. Schaumkelle.  Hühberc  1,218";  faumlölTel   1,219". 

FEIN,  subtilis,  erst  später  aus  dem  romanischen  zugeführt,  weder 
golh.  noch  ags.  alts.,  nur  eine  einzige  ahd.  gl.  des  lo.  u  ;/*.  gibt 
finliho,  zei^o,  lenere  (Grakf  3,  523)  und  nach  Island  werden  finn 
potitus.  suhlilis  (SvEiMiiöRN  Efiii-SSON  171").  finicga  egregie,  fina 
jH)lire  kaum  vor  dem  14. 15  j7».  gedrtmgen  sein,  genug  verbreitet  ist 
schon  mhd.  ün,  vin,  doch  niciU  anzutreffen  bei  llKRT)ii\:i,  Wolfram, 
GoTKRiEU,  WiRNT,  Runoi.F  i(.  0.  wi.,  wol  aber  bei  Konrad,  IIao- 
LAiiB,  Boner  u.  a.  nnl.  fijn,  engl,  üne,  scliw.  lin,  ddn.  hin. 
auch  dem  lalein  unbekannt,  mlat.  finus  liervorgegangen  aus  rotnan. 
fino.  die  fiblichc  nbleüung  vom  jmrt.  finiliis  (Dlcange  3,  301. 
Diez  146)  flöszl  zweifei  ein,  warum  hätte  sich  neben  fiuito,  (ini 
mit  dem  ton  auf  zweitem  i  ein  geslumppes,  den  ton  auf  die  wurzel 
legendes  lino,  line,  (in  eingefunden  und  andere  bedeutung  em- 
pfangen? denn  rfi'e.w  ist  wcnigir  perfcctus,  vollendet,  sp.  acabado, 
fr.  acheve  als  subtilLi,  delicatus,  tenuis.  lener.  das  ebenso  weit, 
nur  nicht  im  romanischen,  verbreitete  leiiui»,  skr.  tanii,  ahd.  dunni, 
nhd.  dünn,  ags.  liynne,  engl,  thin,  alln.  [uinnr.  schw.  tiinn,  dän. 
tynd,  russ.  tonkii,  böhm.  tenky,  poln.  cienki  buchstäblich  mit 
fino  zu  vergleichen  wage  ich  nicM  ohne  fesleren  anhält,  höchstens 
das  wallon.  tenne  mince  liesze  sich  anführen,  der  übmiänge  von 
lingualis  zu  labialis  sahen  wir  sonst  schon  mehrere,  feines  laiib, 
feines  papier,  dünnes,  zartes  laub,  dünnes  papier,  feiner, 
dünner  regen  liegen  sich  nahe,  auch  Schmeli.ers  1,  534  erschien 
die  bedeutung  von  dünn  und  subtil  in  fein  die  erste. 

1)  »7i/i(/.  er  was  so  relite  finc.    Keifet*  45,11; 
si  ist  so  phin.    MS.  2,22'; 

si  ist  so  schccne  und  ouch  so  fin, 

als  die  viol  in  dem  merzen.    MSH.  1,72'; 

il  möht  ein  lant  an  ir  verderben, 

und  t.Tt  ir  ungenäde  an  im  diu  fine.    1,343'; 

ir  bijen  was  so  zärtlich  wiblicb  fin.    MS.  2,  ISO'; 

Minne  wirde  mir  noch  fin.    188"; 

Ich  wart  so  swach  von  ir  wunnen  fin.    190'; 

sumergewa;te  zeinom  bette  fin.    194'; 

daj  bette  fin.    195'; 

ouch  was  daj  wfier  also  vin 

und  also  glänz  diu  siinne.    ir.  kr.  1110; 

daj  kleintTt  üjer  mäje  fin.    1507; 

f  j  wart  nie  knabe  so  rehte  vin, 

noch  so  zühiic  noch  so  wis.    4850; 

diu  selbe  wart  so  lüter  nie, 

noch  so  clär  noch  alsii  vin, 

so  diu  erwelliu  kiinegin.    14626; 

diu  It'iter  und  diu  fine.     19952; 

mit  dem  gciilite  sinen, 

dem  reinen  und  dem  vtnen.    Frib.  Tnst.  44; 

die  glcsten  glänz  von  golde  vin.    23'J3; 

manic  kil(;litrii)e  vin 

der  werden  Minne  wagen  zugen.    minnelehre  602; 

ir  brüste!  kleine  und  vin.    659; 

da|(  du  so  stolz  und  so  vin 

noch  stäst.    Hos.  83,22; 

ein  weidman  vieng  ein  vfigellin, 

daj  was  klein,  stolz  uiidc  vin.    92,2. 

2)  nhd.  hübsch,  artig,  zumal  von  frauen:  ein  feines  m.ldchen, 
puella  bella,  Icpida :  und  sie  war  eine  schöne  und  feine  dirno. 
Esther  2,  T;  sieben  feine  dirnen  von  des  königs  hause.  2,9; 
m  der  Volkssprache  c  feins  mensch ; 

das  ieklicliem  wurd  zu  teil 

an  eurem  hol'  ain  juiikPrau  vein.    faittn.  404,24; 

junkfrau  zart  und  auch  fein.    4U4, 3<i. 

in   der   anrede  meine  feine,   fr.  ma  fino,    die  feine,    wie  sonst 

die  schöne,  liehe,  traute,  süszc,  schlanke: 

ein  jeder  ist  bemüht  zu  haben  eine  line  (  :  kühne), 
der  er  zu  dicnsten  steht.    I'ikiimc  1(17. 

FönsTKMANN  1.407  hat  den  frauennamen  Hiia;  lulußg  nehenein- 
ander  feines  lieb,  feines  liebchcn  und  zusammrngrnickl  feiiis- 
lieb,  feinsliebchen : 

ob  Ich  mein  Ti-iii«  liep  moeht  crf^rien.    fn^tn.  ITi,  ««7; 

Ktnnd  auf,  (e\nn  lieb,  und  Iiidz  mich  ein.    l'tii.tip  24s ; 
indem  wir  nun  eine  weile  bei  einander  gesesien,  w<dlle  mir 
mein  feine«  lieb  ven» eisen,  warum  ich  bei  ihrer  ankunli  <l.i-t 
liecht   ail-grlösthet.    I>eis.   rosrnth.   .'»,6; 


1453 


FEIX 


FEIN 


1454 


so  hab  ich  doch  die  ganze   wochen 

mein  feius  liebcheo  nicht  gesehen,    bergliederbvchlein ; 

feins  liebclien  Ihu  nicht  scheiden.    F».  Mi;i.i.Ei»  3,130; 

ich  war  mit  leisen  tritten 

wol  um  feinslicb  geschritten.    Mittler  547'; 

ich  habe  mein  feinsliebchen 

so  lange  nicht  gesebn.    wunderh.  4,364; 

ich  habe  dein  herz,  feinsliebchen,  ich, 

und  dünlie  mich  der  gröszte  könig. 

Kl.  Scusidt  hom.  dicht.  ISö; 

allein  so  ists,  ein  held, 
der  sein  feinsliebchen  im  arme  hält, 
kann  sich  mit  leichter  mühe  vergessen 
und  weisz  nicht  was  er  schwätzt,    ebenda; 
doch  drinnen  sitzt  im  morgenhäubchen 
feinsliebchen,  athmet  waldesdufl, 
und  horcht,  wie  amsel,  fink  und  täubchen 
der  raorgengrusz  ins  fenster  nifl.     REckert  gps.  ged.  1,271. 

3)  ton  kind,  knabe,  junggescll,  mann:  und  das  weib  ward 
schwanger  und  gebar  einen  son  und  da  sie  sähe,  das  (es) 
ein  fein  kind  war,  verbarg  sie  in  drei  monden.  i  Mos.  2,2; 
zu  der  zeit  ward  Moses  geboren  und  war  ein  fein  kind  für 
golt  (vulg.  et  füll  gratus  deo).  ajiostelg.  7,20;  eure  fcineste 
Jünglinge.  1  Sam.  S,  16;  da  gieng  der  junge  Tobias  hinaus 
und  fand  einen  feinen  jungen  gesellen  stehen.  Toft.  5,  5;  du 
bist  ein  feiner  gesell!  Keisersberg  brüsaml.  54*;  ein  feiner 
bub,  fcair.  e  feiner  bue;  die  feinigslen  buebm  san  die  holzer- 
biicbal  (hohhauer);  ein  fein  adelich,  lieblich,  schön  und  hQpsch 
kind.  scUus  puer.    Maaler  133'; 

der  siebend  war  ein  feiner  knab.    Hacpt  3,254; 

willst,  feiner  knabe,  du  mit  mir  gehn?    Gcthe  1,1S3; 

jeder  edle  Venedigs  kann  doge  werden,  das  macht  ihn 
gleich  als  knaben  so  fein,  eigen,  bedächtig  und  stolz. 

1,352; 

habe  noch  gar  einen  feinen  gesollen.  12,156; 
ein  feiner,  doch  stiller  mensch.  16,44;  ich  habe  einen  geist- 
lichen gesehen,  welcher  sich  in  einen  feinen  menschen  ver- 
liebet hatte,  pers.  rosenlh.  5,  2 ;  ei  wie  ist  es  so  ein  fein  man, 
dialog  Maria  E3';  er  hatte  einen  son  mit  namen  Saul,  der 
war  ein  junger  feiner  man.  l  Sam.  9,  2 ;  nur  in  der  gesell- 
schaft  kommt  es  dem  menschen  ein,  nicht  blosz  mensch, 
sondern  auch  nach  seiner  art  ein  feiner  mensch  zu  sein. 
Kant  7,156;  ein  so  feiner,  stattlicher  und  wol  erhallner 
mann.  Wieland  S,  407;  wenn  ich  nur  einen  feinen  alten  mann 
hätte,  der  mir  hierzu  ralh  gäbe.  pers.  reise  326;  die  feinen 
und  eleganten  herrn  in  Paris.  J.  P.  painerdr.  l,  IS. 

4)  ein  feines  rind,  feines  sliick  vieli;  iMos.  40,2  schwankt 
LtTHtR  zicischen  schöne  fette  küe  und  feine  rinder;  zu  dieser 
koh  kaufte  Uli  noch  eine  andere,  nahe  beim  kalben,  leicht 
in  den  hörnern,  fein  von  haaren,  hinten  aus  breit,  spitz  und 
fein  vornen  aus,  kurz  wie  man  die  kfihe,  von  denen  man 
milch  haben  will,  gerne  hat.  Gotthelf  LH  157;  also  in  dem 
bächlin.  das  durch  meinen  garten  flcuszel,  sind  feine  hecht- 
lin,  schmirlin,  und  wenn  man  sie  in  ein  ander  wasser  setzet 
werden  grosze  hechte  daraus.  Luther  tischr.  2,  SO ;  die  ameis 
ist  ein  feines  thierlin,  darin  gott  etliche  bildnus  sehr  schöner 
tugend  den  menschen  fürgemalt.    Matbesics  2t'. 

5)  deine  slirn  ist  breiter,  deine  nase  feiner  und  dein  mund 
liebreicher  geworden.  Göthe  20. 133 ;  er  hat  eine  feine  nase 
{kann  auch  heiszen,  spürt  fein).  Lenz  1,274;  ein  feiner  mund; 
das  feine  lächeln  verliesz  ihren  mund.  Göthe  23,174;  ich 
kannte  zu  Athen  ein  junges  frauenzinimer.  welches  die  natur 
wegen  der  häsziichkeit  ihrer  übrigen  figur  durch  den  feinsten 
fusz  getröstet  hatte,  wie  kann  man  einen  anspruch  an  Schön- 
heit machen  ohne  einen  feinen  fusz  zu  haben?  Wielaxd  1,99; 
ein  feines  gehör,  ein  feiner  geruch,  geschmack.  ein  feines 
gefühl ;  (nr  ein  feines  gesicht  sagt  man  lieber  ein  scharfes, 
icol  aber  ein  feines  äuge,  eine  feine  stimme  ist  der  gegensatz 
zur  groben,     es  heiszt  aber  auch  eine  hohe  und  tiefe  stimme. 

C)  feines  brol  aus  feinem  mehl  (subtili  farina)  gebacken; 
feines  luch.  leder,  gam.  feiner  zwirn,  feine,  zarte  wolle,  seide, 
ein  feines  hemd,  gewebc.  zeug,  feine  wasche,  ich  gab  dir 
feine  leinene  kleider  und  seidene  schleier.  Ez.  16, 12,  überall 
gegcnhber  dem  groben,  eine  feine  nadel.  feines,  lauteres  gold, 
oro  finc,  or  pn,  und  solt  sie  mit  feinem  guld  überziehen. 
iMos.  25,11;  sein  heubt  ist  das  feinest  gold.  Iwliclied  5,11; 
feine  mark,  fein  silbcr;  wie  man  das  gekürnt  silber  auf  fein 
Silber  probiren  soll.  Erker  24';  ein  jedes  silber,  das  kupfer 
bei  sich  hat.  fein  zu  brennen,  dicweil  es  breuchlich  ist,  das 
man  geringhaltige  silber  fein  brennet.  34*.  ein  feines,  delicales 
essen;  feine,  köstliche  speise;  der  hole  trug  ein  feines  früh- 
stück im  ränzel.    Göthe  23, 1S6; 


ein  gerstenkorn  ist  nicht  so  fein, 

dannoch  soll  mirs  viel  lieber  sein,    älbescs  16'; 

ein  verhungert  hfihnchen  fand 

einen  feinen  diamant.    Hagedor;«  2,42. 

7)  ton  liegendem  grund  und  boden,  sauber,  hübsch,  nett: 
grosze  und  feine  stedte.  ö.Voä.  6, 10;  eine  feine  Stadt  an  der 
Wipper,  die  man  noch  Rugenwalde  heiszet.  Micrälils  1,27; 
als  wir  dieses  feine  Städtchen  beinahe  nach  neun  uhr  vor- 
mittags erreichten.  StolbercO,  3;  Memel  ist  an  einem  feinen 
hafen  an  der  ostsee  gelegen,  pers.  reiseb.  1, 17 ;  was  gilts,  wo 
nicht  die  viel  heuscr  sollen  wüste  werden  und  die  groszeo 
und  feinen  öde  stehen  ?  Es.  5,  9 ;  deine  mauren  werden  sie 
abbrechen  und  deine  feine  heuser  umbreiszen.  Ez.  26.12; 
und  macht  im  ein  feines  heuslin  und  setzts  an  die  wand. 
ircifh.  Sal.  13, 15 ;  wie  fein  sind  deine  hütten,  Jacob.  4  Mos. 
24,  5;  den  wein  nicht  trinken,  den  ir  in  den  feinen  hcrbergen 
gepflanzt  habt.  Arnos  5, 11;  die  gottlosen  gehen  zwar  auf  einem 
feinen  pflaster,  des  ende  der  hellen  abgrund  ist.   Sir.  21, 11 ; 

ein  frischer  wald,  eine  feine  wiese, 
das  ist  uns  alles  alt  und  klein, 
es  müssen  in  unserm  paradiese 
dorn  und  disteln  sein.    Göthe  14,37. 

8)  aliquantus,  ziemlich:  er  muste  eine  feine  zeit  warten; 
ich  blieb  ein  feines  wellchen  stehn.    Gellert  1,215; 

ich  verdiente  dort  noch  ein  feines  Sümmchen ;  man  v^endet 
dazu  ein  feines  geld  auf. 

9)  fein,  gesund:  m.  Philipps  ist  widerumb  fein  viorden. 
Ldthers  ifr.  5,  29S,  fein  wol  auf,  hergestellt. 

10)  fein,  heiler,  vgl.  Kosrads  weter  vln;  es  ist  fein,  «  ist 
schön  Wetter.  Schmeiler  1,  533 ;  geht  die  sonne  des  morgens 
auf  und  verspricht  einen  feinen  tag.    Göthe  16, 100. 

11)  fein,  lauter:  die  das  wort  hören  und  behalten  in  einem 
feinen  guten  herzen  (golh.  in  hairtin  godamma  jah  seljamma). 
Luc.  8, 15 ;  das  alles  liegt  in  feinem  herzen.  Göthe  11, 324 ; 
ein  paar  poetische  Stoffe  bin  ich  schon  gewahr  geworden, 
die  ich  in  einem  feinen  herzen  aufbewahren  werde.  43,38 
=  an  Schiller  351;  es  v\ar  ganz  seiner  natur  gemäsz,  alles 
was  für  ihn  geschah  in  einem  dankbaren  feinen  herzen  zu 
behalten.  4S,  29;  gestern  abend  begleitete  ich  die  gesellschaft 
bis  unter  deine  fenster  und  sagte  dir  in  einem  feinen  herzen 
gute  nacht,  an  fr.  v.  St.  2,  76 ;  behalte  mich  nur  in  einem 
feinen  herzen.  2,317;  behalte  mich  in  einem  recht  feinen 
herzen.  3,33;  behalte  mich  in  einem  feinen  andenken.  3,39. 
er  redet  eine  feine  spräche,  ein  feines  deutsch;  sie  redeten 
so  feines  hochteutsch,  als  ob  sie  gebome  Sachsen  wären. 
Felsenb.  1,  98. 

12)  fein,  dünn,  tenuis:  ein  feiner  regen;  der  ritt  hierher 
war  ein  bittrer  bissen,  besonders  die  letzten  stunden,  wo  es 
feinen  regen  im  winde  trieb.  Göthe  an  fr.  v.  St.  2,34;  ein 
feiner  duft  hat  sich  an  die  frucht  gesetzt;  feiner  schnee  lag 
auf  der  erde;  um  uns  her  spüren  wir  das  vergehen  nicht, 
da  es  in  feine,  kleine  tropfen  zerstäubt  ist.  J.  P.  pajnerdr. 
2,242;  ein  feines  gewebe;  sie  dreht  die  feinsten  faden; 

filia  sub  tilia  nebat  subtilia  fila; 
ein  feines  sieb ;  etwas  in  die  feinsten  fasern  zerlegen. 

13)  abstracl  in  gutem  sinn:  leute  von  feinem  verstände;  ein 
feiner,  heller  denker;  der  feinste  kenner;  da  die  tbeologia 
und  alle  gute  kOnste  verachtet  waren  und  feine  geschickte 
köpfe  mit  der  Sophisterei  gcplaget  wurden.  Luthers  tischr. 
1,  67 ;  derhalben  auch  Paulus  gar  einen  feinen  unterscheid 
machet.  1,75;  ein  feines  lob;  wir  erziehen  eine  anzahl  kinder, 
ich  bilde  die  lebhaften  und  dienstfertigen  haushällerinnen 
und  sie  übernimmt  diejenigen,  an  denen  sich  ein  ruhigeres 
und  feineres  talent  zeigt.  Göthe  20,  65;  dasz  derjenige,  dessen 
geist  nach  einer  moralischen  cultur  strebt,  alle  Ursache  hat, 
seine  feinere  Sinnlichkeit  zugleich  mit  auszubilden.  14,256; 
er  war  von  tüchtiger  und  zugleich  feiner  natur.  23,174;  jedes 
feine  gcmflth.  49,14;  in  diesem  hause  herschen  feine  siiten; 
feine  beobachtungcn ;  das  ist  eine  feine  klugheit,  wer  dar- 
nach thut.  ps.  Hl.  10.  man  sagt  die  feine  weit,  die  feine  ge- 
sellschaft; sein  leben  in  einem  feinen  mittelstande  sonder 
armut  und  reichlum  verschiciszen.  Butschry  Palm.  341 ;  etwas 
ins  feine  mahlen;  feiner  spott.  Götter  1,  vi;  die  feine  Spöt- 
terei und  das  fröhliche  lächeln.    Thühmel   Wilhelmine  111; 

von  allen  sitien  in  der  weit 

die  deutsche  mir  am  besten  gefallt, 

ist  eine  feine  sitte.    Schüidt  vo:«  Lcbeck  lieder  99. 

14)  in  übelm :  ein  feiner  Schlaukopf,  ein  feiner  fuchs,  belrieger; 
heuchelnde  pietisten  heiszen  hin  und  wieder  'die  feinen';    feiner 


1455 


FEIN 


FEIN 


1456 


beschisz,   aslutior  fallaaa.    Maaler  133";    feinerer  a(heismiis,   [ 
nach  welchem  gott   als   ein   Werkmeister    und  nicht  als  ein 
Schöpfer   der  weit  angeschn  wird.    Kant  6,81;    die  spttzDn- 
digkeit  feiner  Schlüsse.  6,13;  daher  habt  ihr  eiicrn  argwöhn? 
wie  ihr  fein  seid.    Güthe  14,  256. 

15)  höhnisch,  spöttisch,  vHe  wir  auch  sauber  und  schön  pp- 
brauchen :  ä  du  bist  ein  feiner  gesell  I  Maaler  133' ;  das  scind 
mir  leiden  feine  bändel.  herz.  Heinr.  Jll.  341 ;  er  ist  ein 
feiner!  Schlampami^e  leben  39;  so,  du  feines  thierchcn?  hat 
dich  mein  herr  selbst  schon  einmal  versteckt?  Less(.\g  1,  253 ; 
ihr  seid  mir  feine  leute!  sagte  schach  Gebal.  Wieland  7, 5fl ; 
ei,  das  wäre  fein  I ;  ein  feiner  streich,  den  du  da  gespielt 
hast; 

wer  will  nun  schlieszen, 
was  unser  feiner  mann  für  titel  soll  gonieszen? 
Log  AU  3,  'HS. 

ig)  das  ist  nicht  fein,  das  steht  übel ;  willst  du  an  der  Ihür 
horchen?  das  wäre  nicht  fein?  es  ist  nicht  fein,  das  man 
den  kindern  ir  brot  nemc  und  werf  es  für  die  hunde  {(ilid. 
nist  guot  zi  nemanna).  Matlh.  15,  26 ;  es  ist  aber  nicht  fein 
das  du  gelhan  hast.  iSam.  26,16;  ewer  rühm  ist  nicht  fein 
(ni  göda  hvöfluli  izvara).    1  Cor.  5,  6 ; 

fremdling,  nicht  fein  ist  die  red,  ov  anXbv  i'emes. 

Od.  8,166. 

FEIN,  adv.  1)  neben  einem  rerbum  in  der  bedeutung  von  tcol, 
recht,  hübsch,  zuweilen  blosz  ausfüllend  und  bedeutungslos:  das 
CS  fein  aniige  auf  dem  leibrock.  2  Mos.  30, 19 ;  durch  ein  gc- 
schwetz,  damit  er  sie  fein  wolt  anrichten.  32,25;  wenn  die 
gerechten  überhand  haben,  so  gelicts  secr  fein  zu,  wenn 
aber  die  gottlosen  aufkomen,  wendet  sichs  unter  den  leutcn. 
spr.  Sal.  28, 12 ;  denn  ir  seid  seines  reichs  amptleute,  aber 
ir  füret  ewer  ampt  nicht  fein,  weish.  Sal.  6,  5 ;  also  ist  dieser 
auch  fein  dahingestorben.  3  Macc.  7,  40;  ir  liefet  fein  {ir^i/^ETe 
xa).(öi,  currebalis  bene,  golh.  runnu|)  vaila).  Gal.  5, 7 ;  ich 
habe  in  da  fein  ergriffen.  Luther  3,44";  so  were  die  lere 
fein  und  gerade  volbracht  gewesen.  3,70';  ein  fein  gelcrter 
pfarherr  auf  einem  dorfe.  3,497';  aber  wenn  das  slündlin 
komct,  so  feilet  doch  solch  geplerr  alles  dahin  und  findet 
sich  fein,  ob  du  rechtschaffen  gegleubt  und  eines  rechlgieu- 
bigen  werk  gethan  hast.  6,  53' ; 

desgleichen  ist  es  mit  dem  wein, 

den  pricster  daizu  brauchen  fein.    Schwarzenberg  155,1"; 

0  herr  doctor  seit  ir  der  man, 

•von  dem  ich  lang  gehöret  han, 

wie  ir  helft  iederman  so  fein, 

so  liumb  ich  auch  zu  cucli  herein.    H.  Sachs  1,466'; 

sie  antwort,  wir  Dn  enden  wend, 

was  wir  hend  ghört  und  gschn.    trag.  loh.  F3; 

kehr  du  auch  widerum  so  gmach, 

und  geh  deinr  schwigerin  fein  nach.    Nie.  Frisciilin  92; 

primo,  das  das  wasser  fein  nach  der  Icng  ablauft.  Garg.UI'; 
fein  barhaupts  {üdien),  wie  jener  kriegsfurst  im  schnce  und 
regen.  244*; 

hin  und  her  läszt  du  dich  treiben, 

heiszet  das  beständig  sein? 

Elachiste,  steht  das  fein, 

ronsz  man  nicht  bei  Einern  bleiben?    Leucoleom  Galam.  66; 

musz  also  die  che  wolbedacht  angefangen  werden,  unbeson- 
nene beirathen,  und  da  man  fein  zulumpt,  gcralhen  gar  nicht. 
Kolgeplagter  pricster  1C91  j.  14t ; 

seiner  lieb  und  des  licchtes  schein 

leuchtet  mir  zu  nacht  so  fein.    Weckherli!«  158; 

will  Röschen  eilends  nach  und  Julchen  gleichfalls  wandern, 

so  denkt  wie  hofrath  fuchs,  'fein  eine  nach  der  andern', 

d.  h.  gehe  oder  komme,  hofrath  fuchs  meint  Reincke,  den  alten 
ralhgeber  RaginJiart,  eine  Variante  lautet  aber 

denkt  was  der  küster  sprach,  'fein  eine  nach  der  andern'. 

GfiniHU  440, 
ein  kleiner  feind,  dies  merke  fein, 
will  durch  geduld  ermfidet  sein.    Grli.ert  . . . ; 
ihr  mAnner,  dieses  klingt  nicht  fein; 
Schwestern,  sagt  mini  fein, 
ist  mir,  weil  ich  klein, 
noch  kein  kus  vergönnt?    Hacbdoin  3, 71 ; 

ihre  wunde  war  wieder  aufgerissen,  welche  Torhcro  sich  schon 
fein  gesetzt  gehabt.    Hcrot  3,  220 ; 

du  magxt  so  oft,  so  fein,  als  dir  nur  möglich,  Ifigen, 
mich  sollet  du  dennoch  nicht  betriegcn.    Lriisi<<o  1,10; 

besUrken  sie  ihn  fein  in  seinem  trotze.  1, 301 ;  wenn  ich 
lewoflt  hAUe,  dasz  sie  mich  nicht  beirathen  wollte,  so  hatte 


ich  mich  fein  mit  pachters  Liesen  nicht  gezankt.  2,  482  ;  fein 

auf  der  stelle  gekostet,  so  weisz  man,  was  man  hat.  2,548; 

der  ich  bin,  der  bin  ich  und  bleib  ich,  lasse  den  wind  fein 

schnurren,  woher  und  wohin  es  ihm  beliebt.  Fb.  MClleb  I,  314; 

und  bin  und  her  bormcisiert,  'fein  gerade! 

biibsch  fiiszchen  aus  und  einwärts  hübsch  die  wade, 

den  rücken  schlank!  fein  hals  und  köpf  empor! 

liÜRGKR  28*; 

denn  won  fein  halten, 

das  steht  bei  alten 

und  jungen  schön!    Gökingk  1,171; 

in  keiner  gilde  kann  man  sein, 

man  wisse  denn  zu  schullern  fein.    Göthk  4,378; 

die  beiden  liehen  sich  gar  fein, 

mögen  nicht  ohne  einander  sein.    4,380; 

fand  joder  in  mauern  gute  zeit. 

der  ritter  duckte  sich  hinein, 

hauer  in  noth  fands  auch  gar  fein.    41,236; 

als  ich  etlichemal  sachte  an  der  wand  hin  und  her  gieng, 
mich  endlich  still  und  fein  andrängte,  die  thürc  öfnete.  18,  22; 

wenn  schäm  und  Weisheit  sich  vereinen, 

sieht  man  die  grazien  erscheinen, 

und  Sittlichkeit,  die  fein  entscheidet, 

was  ehrbar  ist  und  edel  kleidet.    Schiller  220'. 

2)  neben  einem  andern  adj.  oder  adv.  zur  erhöhung  oder  aus- 
schmückung  des  begrifs,  in  der  weise  wie  wir  auch  hübsch,  recht 
«.  0.  beifügen:  ein  glied  nach  dem  andern  fein  gemechlich  zu 
strecken,  ßocc.  1,40;  war  ich  nicht  glückselig?  war  ich  nicht 
fein  stille?  Hiab  3,26;  verdienen  wol  ein  gut  stuck  specks 
fein  warm  aus  der  pfannen.  bicnenkorb  194* ;  nur  fein  nüchler, 
pulchre  sobrius.    Maaler  133'; 

so  ist  sie  auch  fein  schmutzig  fett, 

dasz  allzeit  ihr  anklebt  das  bett.    flöhalt  D5'; 

doch  seit  fein  still  und  habet  ruh.    Atrer  190*; 

für  war  das  ist  ein  herlich  lob, 

das  ihrs  könt  machen  so  fein  grob. 

was  wir  thun  als  recht  christenleut, 

solches  ihr  uns  zum  ärgsten  deut. 

AüBR.  f'APE  clirisliani  hominis  sorf. 
Halle  1617  Fü'; 

hcrgegen  die  frewde  gibt  dem  herzen  wieder  räum  und  gute 
luft,  dasz  es  sich  wieder  stille  und  fein  ruhsam  beliiidct. 
MüLMAN  geisel  s.  8 ;  gehet  mir  durchs  herz  tmd  macht  mir 
dasselbe  so  fein  stille  und  ruhsam,  dasz  ich  ohn  alle  bin- 
dernis  einen  süszen  ton  auf  meinen  gott  dahinschlafe.  s.  10; 

fein  rund  und  schlecht.    Weckiierlin  410; 
kein  vcrs,  wie  künstlich  er  mag  sein, 
der  kan  mir  jetzund  bürge  werden, 
man  werde  dieses  mein  gebcin 
bedecken  mit  fein  leichter  erden.    Opitz  2,200; 
er  (der  fürst)  wacht,   damit  sein  volk  fein  sicher  schlafen 
kan.    Logau  2, 49,75; 

lasset  euch  unterdessen  die  nägcl  fein  lang  wachsen  und  den 
hart  nicht  abscheren,  so  sehet  ihr  einem  löwen  desto  ähn- 
licher.   GrvI'UIüs  1,722; 

wacht,  weil  ihr  wachen  könnt,  und  nehmt  des  glaiibens  licht 
fein  hurtig  in  die  hund.    Cur.  Grvpuiis  ;j.  wtild.  1,45t; 

ein  fein  aufrichtiges  leben  führen.  Butschkv /'a/m.  386;  man- 
chem wird  mit  kleinen  würfeln  ein  groszer  betilel  fein  leer 
ausgcführet.  924 ;  gab  gleich  anfangs  fein  gerade  iieraiis  zu 
verstehen.  Chemnitz  1, 102';  auf  da.sz  aber  das  haullein  nicht 
wieder  anwachse,  soll  eine  säugainme  dem  kinde  des  tages 
einigemal  mit  einem  finger  fein  gemachsam  unter  der  zung»? 
•  herum  fahren.  Ettners  hcbamme  h'l\ ;  um  nur  fein  die  den 
vorthcil  zu  erlangen,  mit  ihr  briefe  zu  wechseln.  Fvlscnburg 
2,  344 ; 

dnim  thun  wir  beide  wol,  dieweil  wir  uns  bequemen. 

mit  rüben,  kohl  und  speck  fein  hüpsch  vorliou  xu  utdimcn. 

(Unitz  "JOä; 
so  lieb  ich  selber  gern,  ich  habe  licht  grniig, 
komm  doch  fein  ort  zu  mir,  dein  Umgang  macht  mich  klug. 

Host  scliiiferij.  195; 
liiitte  nun  ein  artig  kind 
einmal  erst  den  korb  bttkommen, 
ach,  das  würde  fein  geschwind 
in  der  ganzen  stadi  vernommen.    Gottscrkd  ged.  2,189; 

nur  fein  viel  charaklerc!  Harkners /ir.  73;  ich  habe  sie  noch 
nicht  um  ihren  gereimten  fürspruch  angellehel,  herr  Heiin- 
rcich,  ersparen  sie  ihn  zu  brüte,  'fein  schnippsch,  Jungfer 
tochlcr!  weist  du  auch,  dnsz  du  deinen  braiiligam  vor  dir 
hast?'  Weiszk  lustsp.  1,25;  fein  naseweis,  mein  söhn,  fem 
naseweis!  Lkssikg  1,278;  ach!  pnpa  —  'nu,  niil  fem  wild, 
fein  wild!'   1,316;    laszt  ihm  fein  starke  bcinciscn  anlegen. 


I 


J457 


FEIN  — FEIND 


FEIND 


1458 


3,61;  sie  fein  weit  in  ehrerbietiger  entfcrnung  halten.  Kant 
1,217;  ich  hätte  gute  last,  dasz  ich  meinen  köpf  auch  setzte 
und  ihnen  fein  hübsch  nichts  sagte.  Wieland  12,  333 ;  laszt 
uns  fein  christlich  leben.  Götter  1,368;  ich  verstehe  euch 
nicht,  sprecht  allein,  sprecht  allein!  'ach  du  stellst  dich 
fein  dumm  an,  kleine  spitzbübin!'    die  dorfgala  29; 

dein  ITussan  san^  dir  diese  lieder 

fein  frech  und  wahr,  nach  seiner  art.    Claidics  3,118; 

komm  fein  bald  wieder  heim  ins  land!    BiJRCER  29*; 

dies  liesz  fein  viel  räum.  Bodes  Tristr.  Sh.  4,  45 ;  war  er  fein 
hitzig  der  bursch?  GöTnElo,  80;  wie  solls  man  dem  übrigen 
publicum  verdenken,  wenn  es  sich  bei  romancn  erkundigt, 
ob  denn  das  alles  fein  wahr  sei?  an  Schiller  347;  die  hof- 
meister  junger  fürsten,  die  ich  kenne,  vergleiche  ich  leuten, 
denen  der  lauf  eines  baches  in  ein  thal  anvertraut  wäre,  es 
ist  ihnen  nur  drum  zu  thun,  dasz  in  dem  räum,  den  sie  zu 
verantworten  haben,  alles  fein  stille  zugehe,  an  fr.  v.  Stein 
2,190;  lebe  wol.  sei  fein  (leiszig.  liebe  mich,  an  Knebel  60; 
heute,  mein  bester,  ersuche  ich  sie  nur  um  einige  kleine 
besorgungen,  mit  dem  wünsch,  dasz  sie  dieses  blatt  fein 
wol  antreffen  möge,    an  Zelter  113 ; 

nun  zum  abschied  wünsch  ich  dir 

andres  nicht,  als  dasz  du  mir 

bleibest  fein  gesund.    Rijckert  ges.  ged.  1,460. 

3)  die  Volkssprache  wäsz  nocli  leisere  beziehiingen  in  dieses  fein 
zu  legen,  s.  b.  in  Schwaben  drückt  es  aus  'sogar'  oder  'noch 
dazu  :  er  hats  fein  versprochen  und  fein  am  sonnlag.  Schjiid 
IsS.  für  fein  bald!  pergel  Stieler  S4  hiesz  es  ahd.  filu  paldo, 
mltd.  vile  balde,  harte  balde !  balde  ile!  (1,1081). 

FEINADERIG,  was  feingeädert. 

FEINBARCHEN,  von  feinem  barchent: 

auch  feinbarchene  kissen  mit  schwanflaum.    Luise  a.  l.  h.  199. 

FEINBERLE,  f  FEINBERLEIN,  n.  margarila,  feinberlin. 
schal zbehalter  oder  schrein  der  waren  reichthümer  des  heils.  J'lürn- 
berg  U9l.  Bb6';  derhalben  Christus  sein  reich  und  evangelium 
einem  verborgen  schätz  und  feinberlin  vergleicht.  Franr  chron. 
a  4*  und  öfter;  der  herr  nennet  solche  hund  und  schwein, 
so  die  feinberlen  mit  füszen  trctten.  Reiszner  Jcrus.  1, 5*. 
irahrscheinlich  ist  auch  in  den  von  Diefesbacu  349'  ausgehobnen 
glossen  finperlin,  veinperlein  als  compositum  zu  lesen. 

FEIND,  «1.  inimicus,  hoslis,  i/d'QÖs,  goth.  fijands,  alid.  fiant, 
alts.  fiond,  fiund,  ags.  feond,  fries.  fiand,  vthd.  vient,  vint,  nnl. 
vijand,  engl,  fiend;  ahn.  fiandi  {falsch  geschr.  fjandi),  schw.  dän. 
fiende.  für  feind  selzen  ältere  bücher  zuweilen  feiand,  feiend, 
feigend,  figend,  z.  b.  Keisersberg  omcis  83'.  teeislh.  2, 324.  3, 842, 
mit  noch  vordringender  parlicipialform,  leie  goth.  fijands  deutlich 
von  lijan  odisse,  frijonds  amicus  von  frijun  amare  stammt,  dem 
ahd.  fiant  gebührte  eigentlich  fient  ron  fien,  das  sieh  in  fiant, 
fient,  wie  friönt  in  friunt  kürzte,  solche  parlicipia  haben  mV 
in  heiland,  weigand  oder  wigand,  und  in  dem  namen  Wieland 
übrig,  die  alte  spräche  besasz  ihrer  weit  mehrere,  entsprechend 
sind  gr.  subst.  auf  cor,  gen.  orios  vie  a^y/ov  ao^oiTOS,  zu 
welchen  oft  das  rerbum  ausgestorben  ist,  z.  b.  yioatv,  xqeicov, 
).itov,  Seiofcör  für  ^evo^ocor,  der  fremdredende,  in  dem 
tat.  amans,  impcrans,  regens  bleibt  das  jMrticip  regsamer,  unser 
feind  zeigt  seine  natur  noch  darin,  dasz  es  bald  substantivisch, 
bald  adjectivisch  gefaszt  wird. 

die  eigenlliche  würzet  liegt  bisher  unaufgehelll.  das  schwache  fijan 
fijaida  {ahd.  fien  fiela)  sclieint  zurückgehend  auf  ein  starkes  feian 
fai  lijum  lijans,  wofür  es  keine  belege  gibt,  doch  die  analogic  von 
keian  kai  kijum  kijans,  welches  pari.  Luc.  8.  6  vorkommt,  an- 
geschlagen werden  darf  auszerdem  sehen  wir  auch  ein  feinan 
feinöda,  wie  kcinan  keinoda,  weiter  abgeleitet,  feian  mi/.<;  aber 
eine  sinnlidie  bedcutung  besessen  haben,  aus  welcher  die  abstraclion 
fijan  herßosz,  ungefähr  die  von  schäumen,  wobei  ich  an  fcim 
{wie  an  keim)  denke,  infeinan  ist  aTtlny/^vi^ead'ai,  gerührt, 
aufgerührt  sein,  gleichsam  schäumen,  wie  nun  auch  ha^iz  nahe 
liegt  an  der  Vorstellung  von  schäum  und  wulh.  dies  alles  sei 
daliingeslelll  und  fordert  beslätigung.  wed  hier  überall  kein  h 
vorbricht,  wurde  {sp.  13SC.  1417)  Verwandtschaft  von  feind  mit  föh 
bunt  und  zwielrächlig,  fehde  und  fochten  abgeiriesen,  sonst  liesze 
sich  auch  faih  auf  die  bunte  färbe  des  schaums  beziehen. 

1)  feind,    das  .subslantivum,   steht  fast   auf  allen  blättern  der 
bibel  und  es  wäre  id>erßüs.<ng  stellen  her  zuschreiben.     Luther  bildet 
recht  den  pl.  feinde,    der  auch  im  gen,  feinde  bleibt,   fehlerhaft 
lautet  er  feinden: 
III. 


erröt  (errelte)  du,  herr,  mich  deinen  knecht 
von  deiner  feinden  bänden.  Weckuerli?)  46; 
anfangend  seiner  feinden  laid.  49, 
gleichsam  das  adjectivische  seiner  feienden,  hassenden.  Iiäuftg 
geleiten  fiossessiva :  mein,  dein,  sein  feind;  ob  deinem  feind 
hungert,  gib  im  ze  essen  und  ob  im  dürst,  gib  im  wasser 
zu  trinken,  bibel  U%3,30i,  bei  LurnER:  hungert  deinen  feind, 
so  speise  in  mit  brot,  dürstet  in,  so  trenke  in  mit  wasser. 
spr.Sal.  25,21  {also  feindesliebe  schon  im  A.T.  geboten);  über 
vier  oder  fünf  dotzent  thumherrn  und  capiän,  die  irer  Lau- 
reten  (der  Diadonna  di  Loreto)  dienst  andächtiglich  pflegen 
und  sie  für  dieben,  räubern,  spinnweppen,  mucken,  motten, 
schaben  und  anderen  iren  feinden  bewaren.  bienenkorb  183"; 
aber  das  ist  ruhmswerd,  mit  einem  rennspicsz  zehen  seiner 
feind  nider  gesetzt  haben.  Garg.  176';  sie  legen,  werfen  alle 
ihre  feinde  nieder; 

ist  jemand  tadelnswerth,  so  sind  es  meine  feinde, 
die  Unschuld  hassen  sie,  sind  aller  laster  freunde. 
Rost  schäferg.  46; 
entschuldige    den  Amor,   theurer  Sebaldus,   wenn    er   bisher 
wider  seinen  willen  dein  feind  gewesen  ist.  Tuljuiel  Wilh.  23; 
erstaunt  sah  Wilhelmine  ihren  dringenden  feind  an.  48.    so- 
bald ein  feind  heran  dringt,  bläst  ihn  der  thurmwächter  an  und 
allgemein   erschallt   der  ruf  feindio!     auch:    es    ist  feind  da! 
Schelmufsky  s.  146;  er  ist  vor  dem  feinde  gefallen; 

der  wolf  nimmt  was  ihm  kümmt,  ist  feind  für  wild  und  vieh. 
LocAC  1,108,53; 
die  katze  ist  der  mause  feind.  ein  todlicher,  abgesagter, 
erklärter  feind;  ein  ofner,  heimlicher  feind;  ein  feind  des 
Vaterlandes ;  das  edict,  durch  welches  Valenciennes  des  Ver- 
brechens der  beleidigten  majestät  angeklagt  und  zum  feinde 
erklärt   worden ,    sollte   widerrufen   werden.     Schiller   845 ; 

nie  war  ich  meines  landes  feind.  543*; 
bairisch,  einen  feind,  einen  hasz  auf  jemand  haben,  die  frau 
war  sein  feind,  sein  ärgster  feind.  der  böse  feind,  der  lei- 
dige feind,  der  teufet,  auch  blosz  'der  feind'  {mythol.  941); 
bairisch  bn  Schiffern,  'da  hats  einen  feind',  eine  gefälirliche  stelle 
im  wasser.  Schmeller  1, 536,  gleichsam  einen  dämon,  Wasser- 
geist;  arbeiten  wie  ein  feind,  heftig,  angestrengt; 

alt  und  wahr,  herr  Isegrim !  sagt  er,  beweist  sich  das  Sprich- 
wort 
'feindes  mund  fromrat  selten'.    Göthe  40, 9, 

des  inendes  munt  schaffet  seiden  vrom.     Reineke  Ihö,  besser  ■ 

viants  mont  seit  seiden  wel.    Reinaert  182; 

feindes  gaben  gelten  nicht. 

versöhntem  feinde  traue  nicht. 

zeigt  eurem  feind  das  weisze  in  dem  äuge!  Körper. 
s.  bücherfeind,  bruderfeind,  bürgerfeind,  dichterfeind,  ehe- 
feind.  erbfeind,  crzfeind.  hauptfcind,  hausfeind,  kinderfeind, 
obstfeind,  scheinfeind,  schulfeind.  spielfeind,  todfeind,  Weiber- 
feind, weltfeind  und  eine  menge  mit  genitiren  zusammengezogner. 
2)  feind.  adjectivisch  [doch  nie  attributiv),  comp,  feinder,  sup. 
feindest,  wie  man  gr.  iy&icov  und  iyd'QÖTSQos,  i'y&iaros 
bildet,  vieist  mit  dat.  der  pcrson,  nicht  feind  =  sehr  gut: 

den  zweien  bin  ich  vint  als  einem  wolve.    Neidhart  44,6; 

dri  jnnge  ritter  ei;  sint, 

si  sint  mir  alle  dri  nit  fint.    Dioclet.  53.52; 

da  nu  seine  brüder  sahen,  das  in  ir  vater  lieber  hatte  denn 
alle  seine  brüder,  waren  sie  im  feind.  l3/ox.  37,  4;  da  wurden 
sie  im  noch  feinder.  37,5;  du  bist  feind  allen  ubelthetern. 
ps.  5, 6 ;  ich  hasse  sie  in  rechtem  ernst,  darumb  sind  sie 
mir  feind.  139,  22 ;  seine  bürger  aber  waren  im  feind,  goth. 
i})  bauigjans  is  fijaidedun  ina,  iuiaovv  cttTor,  oderant  illum. 
Luc.  19.14;  euch  die  ir  weiland  frcmbde  und  feinde  wäret, 
goth.  izvis  simle  visandans  frama|iidans  jah  fijands ,  Ifiäe 
TiOTe  aitas  ä7ir^).).OTQicofuvovs  ftni  ixd'Qov;.  Col.  1,  21 ;  bis 
es  dahin  komen  ist,  das  pfaffcn,  münche,  leien  unternander 
feinder  worden  sind,  denn  Türken  und  Christen.  Luther 
1,330";  derhalben  bin  ich  destc  feinder  und  zorniger  auf  die 
messe.  6, 119';  und  haben  doch  damit  nichts  ausgericht.  denn 
das  wir  nur  sind  erger  und  diesem  tag  feinder  worden. 
6,232';  das  hülfe  sie  es.  das  man  ir  sieben  mal  feinder 
were.  8,  60' ;  das  sie  keinem  ding  auf  erdboden  feinder  werden. 
8,265';  und  ist  das  evangelium  keinem  menschen  feinder 
denn  den  falschen  herzen.  Luthers  br,  2,  244 ;  auch  ist  uns 
niemand  feinder  denn  die  geistlichen,  tisclir.  l,  33 ;  das  unser 
eigen  freund  uns  feinder  denn  der  gegentheil  pflegen  zu  sein. 
Fbonsperg  1, 169*;  mir  ist  unverborgen,  dasz  dich  Bosamunda 
nicht   halden   wil,   darumb  ich  ir  nicht  feind  bin.    buch  der 

92 


1459 


FEIND  — FEINDESBLUT 


FEINDESBRIEP  —  FEINDIlXSSIG        1 460 


liebe  238,  4 ;  damit  wir  sehen,  dasz  der  sathan  keinen  men- 
schen feinder  als  eheleuten  sei.  Mcsciius  e/ie/fH/i-/ 1)  s';  dasz 
derteufel  den  Christen  feinder  ist  denn  den  gottlosen.  Neander 
mensdiensp.  40;  im  alle  Juden  auf  den  tod  feind  waren. 
Reiszner  Jer.  2,104';  das  ir  ewrem  geld  so  feind  seind  (es 
so  Kenig  bewahrl)  und  gebts  umb  ein  schlim  pferd.  Krafts 
reise  s.  355 ; 

ich  bin,  der  was  uns  feind,  verdruck  und  freund  erhebe. 
Grtphius  1,84; 

ich  bin  eben  so  wol  als  ihr  ein  Deutscher,  weicher  der 
römischen  dienstbarkeit  feinder,  als  kein  anderer  Deutscher 
ist.  LoHENST.  Arm.  2,290;  ich  mag  keinen  knecht  der  mir 
verlauft  (weglau/l),  bin  nichts  feinders  als  dem  verlaufen,  fr. 
S/w/J.  1,45;  ich  will  dem  teufel  so  feind  sein  als  der  sünde, 
doch  der  sünde  noch  feinder  als  dem  teufel.  Heinr.  Miu.er 
erquickst,  s.  8;  als  er  nun  göttlicher  träume  hat,  werden  sie 
ihm  noch  feinder.  Scriver  seknlr.  1,87;  er  feindet  alle  an, 
die  zufriden  und  vergnügt  sein  und  ist  doch  niemanden 
feinder  als  ihme  selbst.  Bltsciisy  Palm.  (j8 ;  busze  ist  dazu 
vonnöthen,  dasz  ich  meine  Schwachheit  erkenne,  der  sünde 
feinder  werde.  Weise  drei  liau}Avtrderber  '2 ;  je  feinder  gotl 
solchem  wesen  ist,  desto  mehr  wird  jedweder  sich  bemühen 
davon  abzustehen,  välerl.lestam.  27;  doch  wahrhaftig,  ich  müsle 
meiner  zeit  sehr  feind  sein,  wenn  ich  mich  weiter  mit  ihnen 
abgeben  wollte.    Lessing  3,441; 

Corinna  war,  von  ihrer  jugend  an, 

der  liebe  niemals  feiiul  gewesen.    Rost  schäferg.  37; 

den  möchten  sie  auch  gern  meinem  mann  feind  haben.  Göthe 
8,22;  Ottilie  konnte  dem  mädchen  nicht  feind  sein,  denn 
ihr  war  es  besonders  freundlich.  17,179;  die  unglückliche 
liebesgescliichte,  über  die  der  arme  jüngling  dem  ganzen 
weiblichen  geschlechte  feind  geworden  war.  19,  29  ;  wie  kann 
man  einer  spräche  feind  sein,  der  man  den  gröszten  theil 
seiner  bildung  schuldig  ist  ?  19,  239.  bairisch,  einen  feind 
gewinnen,  wie  lieb  gewinnen :  er  gewann  sie  von  der  zeit  an 
viel  feinder.  einem  guten  hier  bin  ich  nicht  feind,  wie  sonst 
nicht  böse.  Sch«.  1,  536.  für  den  superl.  feindest  wenig  be- 
lege: es  waren  die  jenen,  den  er  am  fcindesten  sein  mochte. 
Aimon  n2'.     s.  todfeind. 

FEINDEL,  n.  inimiculus:  'wir  haben  wieder  ein  kleines 
feindel  bekommen'  soll  Ferdinand  II  zu  Tilly  gesagt  haben. 
Beckers  weltg.  9,  C2.     s.  feindlein. 

FEINDEN,  odisse,  infeslare:  und  tet  niemant  die  sechen, 
der  nit  hiedurch  ainen  ieden  man  wurd  vinden  und  hassen. 
Nici..  TON  Wyle  23, 15 ;  feinden  und  verfluchen.  Ldther3,  95'; 
loben  oder  tadeln,  danach  sie  iemand  lieben  oder  feinden. 
6,532';  man  feindet,  ab  dem  man  sich  musz  entsctaen.  Frank 
sprichw.  1,57';  und  das  haben  alweg  die  weisesten  und  früm- 
sten  der  weit  than  und  inen  ein  guten,  gnädigen,  fleisch- 
lichen gott  fürdicht,  der  nit  so  nanecht  sei,  auch  in  nit  so 
feind,  das  er  sollich  ding  beger,  das  einer  sich  selbs  feinde 
und  abtödte.  Franks  280  wunderred.  Ulm  o.  j.  rorr.  W.  2;  wil 
mich  aber  jemand  darümb  hassen  und  feinden,  Spangenberg 
jagleufel  b';  je  höher  du  in  winden  und  stände  bist,  je  mehr 
sei  dein  vätterliches  herze  den  kindern  geneiget  immer  mehr 
verzeihen  dann  strafen,  immer  mehr  lieben  dann  rechen  und 
feinden.  Petr.  85*;  weil  solcher  wind  diese  krankheil  heftig 
feindet.  Thdrneisser  magna  aldi.  2,125;  dasz  sich  alls  unter 
einander  begehret,  vermischet,  liebt,  feindet.  Jac.  Böhme 
Aurora  s.  72; 

so  wendet  sie  ihr  fewr  imd  heisze  liebcsflamra 
in  lauter  liasz  iiml  zum,  iitrd  wird  iiiin  licfiig  gram, 
•ie  reindet  endlicli  aucli  wol  so  gar  sclir  Filandern, 
als  «ie  nicht  erstlicli  li.it  geliassrt  jenen  andern. 

WrHDERs  Ar.  21,r>G; 
sie  feinden  sich  untereinander,  inimiciliac  sunt  inier  eos.  Stieler 
4G2,    tiiäUr  ungebraudil.    s.  anfeinden,  befeinden,  verfeinden, 
FElS'DER,  m.  inimicus,  anfeinder. 
FELNDESANGRIF,  m.  hosltüs  aggressio: 

■0  iteht  der  kühne  mann  am  engen  wege, 
den  er  mit  macht  vor  IciiidesanKrir  deckt. 

GmM  bcfr.  Jer.  19,42, 
F-EINDESBLUT,  n. 

•      so  pranget  hier  anf  slarkon  wSnden 
der  pallast,  wo  von  ri-liidesldiit 
gewaHchen  Kricderich  im  Iownnschlummer  niht 
und  blitz  noch  glimmt  in  mArliigon  liandi-n. 

WiLLAMov  (toK  ili'Ulurbe  Athene. 
Ilerlin  I7U5  «.7; 
Bnd  halt  du  dir  aus  sirAmen  felndesblut« 
di«  •iigestammte  kröne  kiiliii  erobert.    Schillrr  4&3'. 


FEINDESRRIEF,  »?i.  fehdebrief,  absagebrief:  da  nn  der  herzog 
zu  Brunswig  meuchlings,  plötzlich  und  unversehens  war  an- 
gezogen und  kein  feindesbrive  ausgeschicket  und  zu  fehle 
daher  fuhr.  Llther  von  dem  gefangnen  herzog  zu  Hr.  Willenb. 
154G.  B  3' ;  des  tags  komen  die  feintsbrief  von  marggraf 
Albrecht,  quellen  zur  bair.  qesch.  8,236;  Crolus:  wolt  ir  ihn 
(ihnen)  auch  vor  ein  feindshrief  schicken  und  öfl^entlich  ab- 
sagen? Wilzel:  die  ketzer  sint  nit  wert,  das  ich  ihnen  ein 
feindshrief  schreib.  Alberus  wider  WUzel  M  7" ;  vil  brechen  in 
(ihnen)  etwan  ein  välie  (feindschaß)  ab  einem  zäun,  sagen  ab 
mit  feindsbriefen.  Frank  wcltb.  46';  in  summa  summarum, 
das  reich  verordnete  400  pferd  wider  mich,  darunter  grafen 
und  herrn,  rider  und  knecht  waren,  wie  dann  dieselhigen 
feindshrief  noch  vorhanden,  und  kamen  ich  und  mein  bruder 
in  die  acht  und  uberacht.    Götz  von  B.  lebensb.  124; 

die  Vögel  über  die  thier  klagten, 
mit  einem  feindsbrief  absagten, 
sie  wollen  an  gelegnen  Zeiten 
sich  rüsten  wider  sie  zu  streiten. 

Waldis  2,52  bl.  113». 

FEINDESBRUT,  f.  fctus  hoslüis: 

die  eigne  mutter  nährt 
die  fremde  feindcsbrut  an  ihren  brüsten.    ScHaLii  455». 

FEINDESHAND,  f  die  festung  fiel  in  feindeshand. 
FEINDESHASZ,  m. 

dreimal  umTaszi  mit  seines  armes  ringen 
der  held  die  Jungfrau,  und  mit  gleicher  krafl 
reiszt  sie  sich  dreimal  los  aus  diesen  schlingen, 
die  feindeshasz,  nicht  liebessehnen,  schafl. 

r.RiEs  befr.  Jer.  12,57. 

FEr\DESH.\ÜFE,  m.  calerta  Iwsiilh: 

im  dichtsten  feindeshauTen  sah  icli  noch 

vor  kurzem  ihre  weisze  labne  wehn.    Schiller  47'2'. 

FEINDESHEER,  m.  cxercilus  hoslilis: 

als  Friedland  die  zerstreuten  feindesheere 

herbei  auf  einen  Sammelplatz  hescliwor.    Schiller  342*. 

FEINDESHELM,  vi.  galca  Imlis: 

ehrwürdig 
ist  uns  das  antlitz,  seihst  im  feindeshelm.    Schiller  465». 

FEINDESHORN,  n.  und  wann  der  herr  denjenigen  richten 
lassen  wolt,  soll  der  wechter  auf  des  herrn  wachthurn  zu 
Schonecken  an  der  pforten  ein  hörn  haben,  genant  das  feints- 
hom,  das  selbigs  dreimal  blasen,  alsdan  weisz  der  richler 
was  er  thun  soll,    weidh,  2, 561. 

FEINDESKOPF,  m. 

auch  das  messer  scharf  gcschlifrcn, 
das  vom  feindeskopf 
rasch  mit  drei  geschickten  griffen 
schälte  haut  und  schöpf.    Schiller  53'. 

FEINDESLAGER,  n. 

fern  sucht  ich  sie  im  feindeslager  auf.    Schiller  .  .  . 

FEINDESLAND,  n.  terra  hoslüis: 

das  lasz  dir  gut  sein,  StefTen, 
dasz  du  nicht  blieben  bist  in  feindesland. 
Umlands  Ludwig  t!)l. 

FEINDESLIEBE,  f.  die  pflicbt  der  feindesliebe.    .«.  feind  l 
und  Gahve  211  Cjc.  de  off.  s.  259.  269. 
FEINDESLIST,  f.  dolus  hustilis,  kriegslisl. 
FEINDESMACHT,  f.  exercüus  hoslilis.    Stiei.er  1204. 
FEINDESNOTH,  /".  calamUas  hoslilis: 

von  feindesnoth  sind  wir  befreiet.    Schiller  57'. 
FEINDESPOSTEN,  m.  slalio  hoslilis: 

und  dann  die  vielen  feindesposten, 

man  wird  uns  nicht  durchlassen.    Schiller  395*. 

FEINDFErER,  n.  odium:  wenn  bei  den  Römern  in  einsr 
frcundsrhaft  misverstand  und  uneinigkeil  sich  erhoben,  so 
kamen  die  nächste  freund  zusammen  und  iiielten  rharisiia, 
ein  schied  und  friedmahl,  damit  nicht  ein  groszes  feindfeuer 
entstünde.    Otho  l',')6. 

FEINDGESrHREI,  n.  clamor  ad  arma.  waffenruf:  ob  sich 
ein  frindpeschrei  erhübe.    Reuter  kriegsordn.  4t. 

FEINDGESINNT,  hnslUis: 

flieszt  immer  [ihr  tlirilnen)  nnchl  und  tag,   ob  sich  Ihr  tinn. 

der  freche, 
der  retndgesinnto  freund,  das  hochgehertie  bliii, 
das  mirh  üinm  dieses  haszt,  diewell  Ich  Ihm  bin  jTUt, 
durch  eine  sieligkeii  und  grosie  »tftrk«  brrcbe.    I-Liano  601 ; 
nachfolgte  dem  ihm  feindgeainnton  könig.    t.ear  6,3. 

FEINDHÄSSIG,  infensus,  geftässig:  unsere  feindbässigc  Stief- 
mutter   AuKLB  6,  344, 


1461 


FELXDIX  —  FEINDPANIER 


FEINDRÄHTIG  —  FEINDUNG 


1462 


FEINDIN,  f.  inimka,  adversaria :  frewe  dich  nicht,  meine 
feindiü,  das  ich  darnider  lige,  ich  werde  wider  aufkouien. 
Micha  7,  8 ;  gleich  als  wenn  du  ein  weih  um  rat  fragest,  wie 
man  iier  feindin  freundlich  sein  sol?  Sir.  37,12;  ich  habe 
eine  feindin,  gegnerin. 

FEINDIO,  der  alle  Idrmruf,  venn  ein  fcind  n<JUe,  ähnlich 
dem  mordio,  feurio,  wenn  ein  mord  geschah  und  feuer  ausbrach : 
da  fieng  er  an  zu  rufen  und  zu  blasen  Cndaio,  findaio ! 
Eulensp.  cap.  22.  mhd.  rief  man  fiurä,  also  auch  vienta ! ;  do 
sähe  der  pfortner  zum  fenster  hinaus  und  ward  des  haufens 
auf  dem  sehe  gewar  und  schrei  'feinde  do,  verreter  do ! '  chronik 
bei  Senkenbebg  sei.  3,373,    wie  oben  ^.  145S  es  ist  feind  dal 

FEINDLEIN,  n.  hosticulus:  ich  habe  kein  geringes  feindlein 
an  ihm.     Stieler  462.     s.  feinde!. 

FEINDLICH,  hostiUs,  aeniulus,  ahd.  flantlib,  mhd.  Ttentlicb, 
ags.  feondlic. 

1)  das  feindliche  beer,  der  feindliche  feldberr,  die  feind- 
lichen krieger,  das  feindliche  lager,  die  feindliche  besatzung, 
ein  feindlicher  Überfall,  hinterhalt,  das  feindliche  geschütz; 
als  er  niemand  feindlich  kommen  sähe.  Garg.  26ö';  wenn 
•etwas  feindliches'  sich  näherte,  käme,  oeucres  de  Frederic  le 
gr.  30,  29.  30. 

2)  ein  feindliches  geschick ;  das  feindliche  ungefähr.  TbCm- 
■EL  Wilh.  32 ;  feindliche  worte,  reden ;  es  fiel  kein  feind- 
liches wörtchen ;  feindliche  gesinnung. 

3)  in  beiden  folgenden  stellen  Idszt  sich  adj.  sowd  als  adt. 
annehmen: 

das  eben  macht  mir  sorge, 
dasz  ihr  so  feiDdlich.  mit  verbisznem  groll 
nach  hause  kehrt.    Uhla:(ds  Ernst  43 ; 
und  als  ein  mann  uns  wider  jeden  setzen 
der  unser  einem  feindlich  sich  erweist,    dessen  Ludwig  288. 

FEINDLICH,  adv.    ahd.  fiantlicho,  mhd.  vientliche. 

1)  hostiliter,  die  Avaren  halten  Deutschland  feindlich  über- 
zogen ; 

da  fanden  wir  sie  feindlich  hier  gelagert 
und  uns  den  eingang  sperrend  mit  gewalt.    Schillbr  505". 

2)  vehementer,  ralde,  zur  erhöhung  des  begrifs,  wie  sonst  grau- 
sam, höllisch,  mordlich,  mörderlich  «.  o.  m. :  wir  haben  findlich 
geprasset,  de  fide  concub.  98,20;  darumb  das  es  feintlich  esse, 
quia  nimis  comederet.  geschweuk  Bebelii  c  5 ;  wir  rühmen  feind- 
lich von  der  ersten  Christenheit,  wie  volkomen  sie  gewesen 
ist.  LcTHER  3,  261 ;  das  musz  man  gewonen,  wer  im  Mose 
lieset,  das  er  feindlich  riel  wort  füret,  damit  er  imer  ein 
ding  treibt  {oft  vtit  viel  ir orten  dasselbe  ausdrückt).  4,  53' ;  w  as 
beweget  sie  aber,  das  sie  so  feindlich  bawcn  an  dem  ort 
auf  dem  platz  Sinear,  da  sie  ein  fein  fet  feld  fanden?  4, 7o'; 
das  man  sich  feindlich  gebrochen  hat,  wie  die  verheiszunge 
zu  scheiden  seien.  4,77';  er  spricht,  ich  mag  ir  nicht,  die 
feindlich  schreien  herr,  herri  und  komcn  mit  irer  groszen 
andacht.  5, 45l';  und  schmiert  ihne  ein  wenig  übern  köpf 
und  hat  sich  das  schwert  gewendl.  das  ich  ihme  irgend  ein 
aderlein  getroffen,  das  schweiszt  feindlich  (blutete  stark),  also 
das  mir  angst  war  und  gab  ihm  doch  ein  blutwurzel  in  die 
band,  da  verstund  es  ihm  wieder.  Götz  von  B.  lebensb.  168 ; 
das  es  im  land  Baiern  bis  in  Österreich  feindlich  starb  (iiei 
leute  an  der  seuche  starben).  244 ;  feindlicher  (höher,  besser)  ver- 
kaufen. Katziporus  P  2* ;  feindlich  rauszen,  sfÄnarc/jcn.  Karajax 
kl.  dicht.  33,15;  feindlich  schreien.  43,3;  so  der  Jäger  des 
hirsches  klauen  und  gespür  an  dem  hund,  wenn  er  feind- 
lich reiszt  (auf  dem  boden  stark  mit  der  nase  herum fätirl?), 
vernimmt,  so  liebet  er  seinem  hund,  streicht  ihm  die  äugen 
heraus.  Becher  46.  in  den  oberdeutschen  mundarlen  lautet  dies 
adv.  feindia,  feindle,  feindli  (Höfer  1,207.  Scumeller  1,536) 
und  mit  noch  stärkerer  kürzung  feinla,  feinle,  feile,  weshalb 
es  Lexer  (in  Frommanss  zeitschr.  2,341)  nicht  von  feind,  son- 
riim  von  fein  leiten  und  das  d  für  eingeschoben  halten  uill.  die 
bedeutungen  dieser  adv.  fein  und  feindlich  grenzen  zwar  anein- 
ander, doch  ist  das  letzte  etwas  stärker  und  sonst  kommt  feinlich 
wenig  vor.  feindia  schean  danken,  rec/i<  schön  danken,  fein 
danken,  schön  danken;  wird  cnk  afln  der  liebskitzl  nil  so 
gar  feinl  mehr  stechn.  ScnwAbE tintenf  63.  trenn  Güthe  sagt: 
er  that  feindlich  böse.  8,  70,  könnte  man  darin  die  bedeutung 
von  sehr,  aber  auch  die  stärkere  von  feindselig  finden,  feindlich 
kalt  ist  grimmig  knll. 

FEINDPAMEK,  u.  vexUlum  hostUc: 

doch  nirgend  steht  der  heid,  und  auf  den  auen 
liegt  jedes  feindpanier,  befleckt  mit  blut. 

Gries  befr.  4er.  20, 121. 


FEINDRAHTIG,  gegenüber  dem  grobdrähtig. 

FEINDSCHAFT,  /.  inimicilia,  ahd.  fiantscaf,  6«  N.  fientscaft, 
mhd.  vientschaft,  vigentschaft ;  feiendschaft  noch  bei  Helber  37 ; 
nnl.  vijandschap;  ags.  feondscipe,  engl,  nicht  mehr  fiendship, 
obschon  friendship  bestellt;  altn.  fiandskapr,  schw.  fiendskap, 
dän.  fiendskab ;  viel  schöner  als  diese  alle  das  goth.  fiaj)va  gegen- 
über fria{)va,  amicüia.  und  ich  wil  feindschaft  setzen  zwi- 
schen dir  und  dem  weibe.  1  Mos.  3, 15 ;  schlegt  in  durch  feind- 
schaft mit  seiner  band,  das  er  stirbt.  4  Mos.  35,  21 ;  das  ir 
ewige  feindschaft  tragt  wider  die  kinder  Israel.  Ez.  35, 5 ; 
denn  fleischlich  gesinnet  sein,  ist  eine  feindschaft  wider  goft 
(golh.  unte  fra[)i  leikis  fijands  du  gu{)a,  t/d-ga  eis  d'eöv, 
vulg.  inimicitia  in  deum).  Rom.  8,  7 ;  feindschaft  {golh.  fiajjvos, 
gr.  e'xd'gat,  vulg.  inimicitiae).  Gal.  5,20;  in  dem.  das  er 
durch  sein  fleisch  wegnam  die  feindschaft  (golh.  gatairands 
fia{)va,  Kaas  rriv  e'xd-Qov,  solvens  inimicitias).  Epli.  2, 14 ; 
wisset  ir  nicht,  das  der  weit  freundscbaft  gottes  feindschaft 
ist.    Joe.  4,  4 ; 

den,  der  nach  blute  steht,  solst  du  in  feindschaft  setzen, 
schrei  eilend  auf  ihn  zu,  als  wie  ein  schäfer  thut, 
wann  ihm  der  tiger  kömpt  auf  die  N'umiderhut 
und  er  es  (ihn?)  sieht  das  feld  mit  lämmerblute  netzen. 

Opitz  1,347; 
dasz  wider  zwo  Städte,  in  welchen  die  bflrger  einträchtig 
bleiben,  keine  feindschaft  etwas  vermag.  Lokman  i ;  wenn 
man  unsere  feindschaft  auf  ihn  zu  erkennen  giebet.  Bitschky 
Palm.  517;  eine  offenbare,  heimliche,  eine  neue,  alte,  fort- 
geerbte feindschaft ;  darum  aber  keine  feindschaft ! 

FEINDSCHAFTLICH,  wird  kaum   oder  selten   für  feindlich 
gesagt,  freundschaftlich  steht  aber  von  freundlich  mehr  ab. 
FEINDSELIG,  infensus,  infestus,  odiosus,  noch  nicht  mhd. 

1)  in  passivem  sinn  verhaszt :  wenn  jemand  zwei  weiber  hat, 
eine  die  er  lieb  hat  und  eine  die  er  hasset,  und  sie  im 
kinder  geberen,  beide  die  liebe  und  die  feindselige  (vulg. 
dilecta  et  odiosa),  das  der  erstgeborner  der  feindseligen  ist, 
und  die  zeit  kompt,  das  er  seinen  kindem  das  erbe  aus- 
teile, so  kau  er  nicht  den  son  der  liebesten  zum  erstge- 
bornen  son  machen  für  den  erstgebornen  son  der  feind- 
seligen, sondern  er  sol  den  son  der  feindseligen  für  den  ersten 
son  erkennen.  5  Mos.  21, 15 — 17 ;  eine  feindselige  (odiosa), 
wenn  sie  geehelicht  wird.  spr.  Sal.  30,  23 ;  und  brachten 
dahin  ire  feindselige  gaben.  Ez.  20.28;  umb  der  groszen 
feindseligen  abgölterei  willen.  Hosea9,~;  und  der  feindselige 
gering  epha  (mensura  minor).  Micha  6,10;  samlet  euch  und 
kompt  her,  ir  feindseliges  volk  (gens  non  amabilis).  Zephania 
2,1;  hastu  ein  weih,  das  dir  liebet,  so  lasz  dich  nicht  von 
ir  wenden  sie  zu  verstoszen  und  vertraw  der  feindseligen 
nicht  Sir.  7,  2S;  wer  viel  plaudert,  der  macht  sich  feindselig 
(cerhaszt).  20,  8 ;  ein  beheltnis  aller  unreiner  feindseliger  vogel 
(custodia  omnis  volucris  immundae  et  odibilis).  o/fenft.  18, 2 ; 
das  die  Schreiberei  so  feindselig  ist  bei  vielen  bansen.  Luther 
5,183';  auf  das  der  unadel  deste  ungeschafner  und  feind- 
seliger sein  müsse.  5.  203';  eine  feindsälige  frau,  nupta  inrisa. 
Stieler  463;  feindsälig  und  verdrüssig  ding,  s/omaf/io5are«;  ein 
wenig  feindsälig  ,häszlich  und  überlägen,  subodiosus.  Maaler  135*. 

2)  späterlün  activ,  infestus:  sich  feindselig  erweisen,  infesto 
animo  esse.  Frisch  1,256";  ein  feindseliges  herz  haben;  die 
satyre  ist  feindseligen  urtheilen  ausgestellt.  Rabener  1,  92 ; 
seine  gegenwart  ist  für  mich  der  widrigste  zufall,  mit  dem 
ein  feindselig  geschick  mich  nur  strafen  konnte.  Brawe  der 
freigeisl  99;  Bethlen  Gabor  konnte  jeden  augenblick  sich 
feindselig  erklären  und  die  macht  des  kaisers  nach  der  unga- 
rischen grenze  abrufen.   Schiller  904*; 

ein  enget  der  erbarmung 
auf  der  feindseigen  erde.    451*. 

FEINDSELIGKEIT,  f  hostilitas:  die  nachbarn  übten  feind- 
seligkeiten  aus;  alle  feindseligkeiten  wurden  eingestellt. 

FEINDSCHRIFT, /".  libellus  famosus,  pasquill:  verfolget  in  mit 
manchfeltigen  feindschriften  und  schmehungen.  Lcther  1, 458'. 

FEI.NDTCRSTIG,  hostiUs,  animosus,  getürstig:  da  begerct  der 
feindtürslig  und  eerhungerig  Marius,  das  man  mer  wider 
Mithridatem  schicken  soll.  Frane  cAron.  72'.  man  könnte  auch 
fcinddürstig  lesen,  nach  dem  feinde  dürstend,  wozu  das  ehr- 
hungeiig  daneben  rälh. 

FEINDUMZLNGELT,  hostibus  ärcumsessus.    Stolberg  11,155. 

FEI.NDUNG,  /.  oppugnatio,  hostilüas:  darinnen  der  seeien 
ewige  quäl  stehet,  eine  feindung  in  ihr  selber,  ein  Widerwille 
gegen  gotf.  Jac.  Böhme  von  den  drei  principicn  gOltl.  wesens 
5, 3.  pag.  47.    s.  anfeindung,  befeindung,  vcrfeindung. 

92  ♦ 


1463 


FEINE  — FEINHALT 


FEINE,  f.  sublililas,  purilas,  nilor,  besser,  doch  ungebräuch- 
liclter  als  feinücit :  die  feine  des  güldes,  silbers;  die  feine 
halten,  sidi  als  fein  bewähren: 

dasz  nichts  ihm  {gottes  teorte)  gleicht  an  leuterung  und  feine. 

Opitz  ps.  18; 
was  nacli  denselben  leiten 
der  Väter  heiige  schar  geschrieben  liat  der  weit, 
das  prüTet  ihr  durchs  wort,  ob  es  die  feine  helt. 

TsCUEKNING  357 ; 

man  nennt  nun  die  zahl  von  tausend  umgangen  {um  den 
haspd)  einen  schneller,  nach  deren  gewicht  die  verschiedene 
feine  des  garns  gerechnet  wird.  Göthe  23,55;  ich  bin  von 
schiechter  feine,  forma  mea  mediocris  est.    Stiei.er  459. 

FEINEISEN,  n.  ferrum  jmrissimiim  polUum. 

FEINEISEN'FErER,  n.  zum  raffinieren  des  äsens. 

FEINEN,  polire,  mundare,  mhd.  finen,  alln.  ftna: 

geliutert  und  gefinet 

vor  wandet  ist  ir  reiner  lip.    (r.  kr.  19S32; 
euch  er  zu  hiniele  Tinit 
snen  er  üf  ^rdin  pinit.    Jeroscbi!«  15297; 
der  (snfiere)  iegeliche  sidin  was 
mit  golde  wol  gefinet.     /)ie(r.  «.  gps.  125. 
nhd.  mit  gold  gefeint  in  fewers  glSt.    Schwarzenbkro  129, 1. 
später  fast  ungebrauchl :  den  zncker  feinen,  raffinieren,     s.  ver- 
feinen. 

FEINERN,  jüngere  form  statt  der  vorigen,  vne  erneuern  statt 
erneuen  m.  a.  m.  die  Griechen  feinerten  und  feilten  an  der 
musik.    Clacdics  6,  56 ; 

und  es  feinert  im  garten  gegrabene  fclder  die  harlie.    .  . .; 
nicht  war  jener  geschäft  die  gekrämpeltc  wolle  zu  feinern. 

Voss. 
FEINEHZ,  n.  eisenerz  in  Verwitterung. 
FEINF,\DIG,  lenuibus  ßlis  textus,  gegensalz  grobfädig. 
FEINFASERIG,  gegensatz  grobfaserig. 

FEINFLÜCHTIG,  schnell  verfliegend:  da  übcrdem  nichts 
vorübergehender  und  feinllüchliger  ist,  als  der  scherz.  Herder 
17,  83. 

FEINFÜHLEND:  von  Hersilien,  einem  frauenzimmer,  wel- 
ches gewis  jeden  geistreichen,  feinfühlenden  unwiderstehlich 
angezogen  hat.    Göthe  23,  229. 

FEINFÜHLIG,  dasselbe:  feinfühlige  scelen. 
FEINGEÄDEHT,  feinaderig: 

Hermes  lauscht,  und  gewis  deiner  melodischen 
urkraft,  schuf  er  behend  aus  des  gesclilankcn  Stamms 
feingeädertem  kerne 
dich  vieltöniges  saitenspiel.    Voss  3,277. 

FEINGEFÜHL,  n.  dies  wurde  ihrem  fcingefühl  unmöglich. 
Hegner  molkenkur  3,  31. 

FEINGEHALT,  m.  die  feine  der  edlen  melalle:  der  befun- 
dene feingehalt  des  silbers ;  feingehall  des  silbers  zu  13  lolh, 
feingehalt  des  goldes  von  sechs  karat.     s.  feinhalt. 

FEINGEMODELT, 

neben  dem  schlummernden  greis,  an  der  anderen  ecke  des 

tisches, 
deckte  sie  jetzo  ein  tuch  von  feingemodeltem  drillich. 

Voss  2,277. 

FEINGESPITZT,  cuspidalus:  feingespitzte  blätlcr 
FEINGESPON.NEN,   es   ist  unbegreiflich,   wie  sein  feinge- 
sponnenes nervengewcbe  diese  beständige  ansirengung  erträgt. 
SrcRZ  1,15. 

FEINGESTALT  für  feingestaltet,  wie  geslalt,  ungestalt,  wol- 
gettalt: 

wer  Ist  der  andre,  der  steh  nieder 

an  einen  stürz  des  alten  baumes  lehnt, 

und  seine  langen  feinceslalten  glieder 

ekstatisch  faul  nach  allen  seilen  dehnt?    Göthk  2, 148. 

FEINGESTIMMT:  eine  feingcslimmte  laute;  eine  durch 
naiur  und  kunsl  feingestimmte  fromme  seele.  Claudios  8,45. 

FEINGLÄNZEND. 

FEINGL.\STIG,  dattdbe:  ol  ist  flngleslig  und  machet  doch 
wüst  und  schwarz  masen.    Keisersberg  hrüsaml.  52*. 

FEINGLIEDERIG,  gegensatz  von  grobgliedcrig. 

FELNGOLI),  n.  aurum  purum:  wie  ein  gSter  stein  in  fcin- 
gold.    Fra!««  cAron.  391*. 

FEINHÄRIG,  gegensatz  von  grobharig:  fcinhariges  tuch, 
Pelzwerk. 

FFilNIIALT,  m.  vie  feingehalt:  so  soll  niemand  am  fcin- 
balt  umb  ein  quintlein  gefart  (gefdhrdel)  sein,  und  wa  sie 
geringer  gefunden  wurd,  soll  dieselb  arbeit  von  stund  nii 
zuschlagen  werden.  lleidfUicrger  goldschmiedordn.  von  1563  in 
Mu.iE«  leUuhr.  3,  loj. 


FEINH  ALTIG  — FEIRIG  1464 

FEINIIALTIG,  was  feinhall  hat. 
FEINHÄNDIG,  gegenüber  dem  grobhändig: 

vor  den  mädchen  des  dorfs  und  der  Stadt  feinhandigen  jung- 

fraun.    Voss  2, 135. 

FEINHEIT,  f  1)  sublililas,  j)uritas,  Zartheit,  lauterkeit:  fcin- 
licit  der  haut,  der  seide,  wolle,  des  garns,  goldes. 

2)  venustas,  eleganlia,  feinhcit  der  spräche,  der  rede,  des 
lobes,  des  geschmacks,  der  gedanken,  bcmerkungen.  das 
gedieht  hat  viel  fcinheiten. 

FEINIGKEIT,  f  dasselbe,  glätte,  gcschmeidigkeit.  Ettners  heb- 
amme  707;  feinigkeit  des  Schwunges  der  rede.  J.E.  Schlegel 
3,230;  ein  mann  von  gutem  verslande  und  wenig  feinigkeit. 
Kant  3,  75;  ich  lebe  unter  weisen  und  wolgesittetcn  bürgern, 
nemlich  unter  denen,  die  sich  darauf  verstehen  so  zu  scheinen, 
und  ich  schmeichle  mir,  man  werde  mir  von  dieser  feinig- 
keit auch  so  viel  zutrauen.   10,  7. 

FEINKÖRNIG,  sublilium  granorum. 

FEINKUPFER,  feines,  geläutertes  kupfer,  rosenkupfer. 

FEINLING,  m.  hämo  mollis,  ueichling. 

FEINMACHEN,  purificare,  läutern. 

FEINMACHrNG,  f  purificatio. 

FEINMALEN,  erze  durch  triebwcrkc  fein  zerkleinem. 

FEINMASCHIG,  aus  feinen,  kleinen  masclien  bestehend:  fein- 
maschige netze. 

FEINNASIG,  emunclac  naris. 

FEINRASPEL,  f  subtilis  radula. 

FEINSCHKRAL'T,  n.  gnaphalium  sloechas,  bei  Nemnich,  sonst 
rainblume,  rulirkraut. 

FEINSCHMECKER,  m.  homo  subtilis  palali. 

FEINSCHÜPPIG,  sublilium  squamarum:  der  eidechse  fein- 
schuppige haut. 

FEINSEULIG,  nahe  an  einander  stehende  seulen  habend,  wus 
angenehm  in  die  äugen  fälll,  auch  schönseulig. 

FEINSICHTIG,  subtilis,  ingeniosus. 

FEINSILBER,  argcntum  purum. 

FEINSILBERIG:  feinsilbrige  zwcidrittheile.  Rabener  2,241. 
3,290. 

FEINSINN,  m.  subtile  ingenium,  verschieden  von  Scharfsinn, 
acutum  ingenium. 

FEINSINNIG. 

FEINSINNIGKEIT,  f 

FEINSLIEB,  FEINSLIEBCHEN,  n.    siehe  fein  2. 

FEINSPITZER,  m.  arbeilcr,  der  die  nadeln  spitzt.  Her  besser- 
spitzer. 

FEINSTER  für  finster:  veinslie  rede,  veinstre  worte. 

FEINWÄSCHE,  f  die  wasche  feiner  zeuge. 

FEINWÄSCHER,  m. 

FEINWÄSCHERLN,  f 

FEINVVOLLE,  f  lana  subtilis. 

FEINWOLLIG. 

FEINZL'CKER,  m.  geläuterter  zucker.  Tabernaemontanüs  615. 

FEIRE,  f  sielu:  feior. 

FEIRED,  für  feirend,  feiernd  {sp.  1436):  wann  man  nur 
den  zchenden  thail  des  unnützen  silbers  und  gtdds  n;imb, 
so  zur  weltlichen  üppigkait  gfbrautbt  wird ,  an  deichen, 
ketten,  wehren,  klaidern,  schüszlen,  bechern,  ringen  und 
feiredein  gelt,  und  dasselbige  brauchet  (so  könnte  kirchen  und 
armen  geholfen  werden).  Jon.  Nasus  krieys  und  siegspredig  C  5*. 
s.  feirig. 

FEIREN,  sMie  feiern:  da  war  kein  feirens,  eilten  den 
bunden  nach,  die  flohen.    Frank  weltb.  209*. 

FEIRER,  m.  1)  cessator,  müsziggänger,  faulenier.  Fbomhann 
mundarlen  4, 158.  5, 228 ; 

den  feirer  nent  si  (dt«  well)  einen  faulen  räden. 
meiilerl.  n'  245. 

2)  ceM>rator: 

ewigkeit  heiszt  sein  masi,  sein  {des  sabhaths)  erster  feirer 

Messias     Ueit.  b.  454; 
Abraham  schweben  tind  Moses  am  hohen  tempelgewölbe, 
schaun  auf  des  festes  fciror  hinab.     l.'>,  lÜOti; 
es  rauschet  der  hain,  und  simu  buch  lispelt  es  auch 
mit  empor,  preisend,  ein  foirer  wie  ör!  die  lufl  wchts 
lu  dem  bogen  mit  nul.    Klopstock  1,103; 
palroengesang  tönet  dnrein.    die  erhabnen 
relrrr  am  thron,   die  gerüchten  und  vollkommnen 
singen  jubel  und  preis.    1,178. 

FEIRIG,  oliosus:  feirig  gehn,  feiern,  ferian;  feirig  liegen. 
ungebraucht,  das  geld  liegt  feirig,  (»ringl  keine  sinsen ;  das  niiU 


1465 


FEISCH  — FEIST 


FEIST  — FEISZ 


1466 


trägt   keinen  feiiigen  mann;    die  feirigen  handwerksburscüe 
laufen  um  wie  die  hunde.    Weixhold  schles.  wb.  19'; 

sonst  müst  er  feirig  sein  und  mit  den  seinen  ruhn. 
Stoppe  ged.  399; 
die  helle  sonne  am  himmel,  und  du  so  feirig,  so  langsam? 
Klingers  Ih.  3,307;    ein  alter  feiriger  (in  ruhestand  versetzter) 
diener  .  .  .  ward  mehr  als  fiihrer  mitgegeben.    Holtei  40  j. 
1,  265.     vgl.  feiernd,  feired. 

FEISCH,  m.  sanguis,  cruor,  Kciiimdnnisch,  aber  nur  in  Oster- 
reich, Baiern  und  vielleicht  dem  angrenzenden  Schwaben,  nicht 
alemannisch  noch  schireizerisch,  noch  Kcniyer  im  miltleren  oder 
nördlichen  Deutschland,  daher  bei  Döbel  fehlend,  mrd  auch 
falsch  und  fa?ch  geschrieben,  für  das  vom  u-unden  oder  getüdtelen 
icild  flieszende  blut,  zumal  von  hirsch,  reh,  hase;  vom  schwarzen 
vildpret,  urie  von  zahmen  hausthieren  ist  das  icort  schweisz  üblicher. 
Höfer  l,  192.  bei  Schkelier  t,  574  stelä  faesch,  faescht,  faist, 
das  blut,  besonders  des  hirscites,  der  hirzfaist,  was  auch  für 
hirschjagd  und  weiblich  vorkommt  (sp.  1472):  bei  ainer  hirsch- 
faiszt  ainen  gueten  starken  drunk  oder  grasmal  halten; 
well  die  huude  schon  sich  prnasten 
im  ciunoberedlem  faist.  Bugner  miraket. 
Schneller  stellt  in  zweifei,  ob  nicht  falsch  müsse  angenommen 
werden,  die  Jäger  trinken  der  genise  falsch,  als  gut  wider 
den  Schwindel.  Hohberg  2,  626*.  Heppe  im  leithund  s.  115  hat: 
der  schneisz,  auch  fasch  oder  falsch  genannt,  und  s.  368 
schweisz,  man  sagt  auch  fasch  oder  falsch,  heiszt  das  geblüt 
von  allem  haarichl  und  gefiedertem  wildpret.  es  fällt  auf, 
dasz  der  ältere  Hadamar  von  Laber,  bei  vielfachem  anlasz,  weder 
feisch  noch  schweisz  nennt,  auch  in  Maximilian  1  jagdbuch 
mangeln  beide  Wörter. 

feisch  könnte  sich  nun  mit  dem  folgenden  feisz  und  feist  be- 
rühren, da  die  ausgänge  seh  und  st  lauschen,  t  leicht  apocope  leidet, 
und  die  Vorstellung  des  gerinnenden  bluts  an  die  des  fetts  reicht; 
vielleicht  hängt  es  mit  schweisz  zusammen  nach  dem  Wechsel  der 
anlaute  seh  und  f,  wie  in  schäum  und  faum,  feim  {sp.  1450), 
ja  diese  Wörter  dürften  selbst  verwandt  liegen,  weil  das  blut  schäumt. 
in  Balses  lob  der  magern  heiszt  es  (Scum.  3,  550) : 
wie  faumens  nit,  wie  scbaumens  nit, 
wie  dampfens  nit,  wie  schweiszens  uit. 

faiser   soll  nach  Schmid  s.  175  für  seifer,   geifertuch  vorkommen. 
Höfer  denkt  bä  feisch  an  ein  feigisch  von  feige,  moribundus. 

auch  die  sl.  jäger  unterscheiden  von  pot,  schweisz,  sudor  das 
blut  des  wildes,  poln.  böhm.  krew,  i7/yr.  kerv,  slov.  kri,  welches 
krew  dem  tat.  cruor,  lit.  kraujas,  buchstäblich  aber  dem  goth. 
hraiv,  ahd.  hre,  vihd.  re  entspricht,  worin  also  der  begrif  von 
todesblut,  todesschweisz  und  dann  von  leiche  enthalten  ist.  mehr 
noch  unter  schweisz,  vgl.  ferch,  ahd.  ferah,  blut  und  leben; 
oben  sp.  1322. 1324  färbe,  blut. 

FEISCHE.N,  sanguinem  emülere,  sein  blut  vergieszen :  das  w  ild 
feischet,  hat  gefeischet.  bei  Schx.  1,  574  faeschn,  faeschnen, 
faeschtn ;  sich  verfaeschtn,  verbluten,  die  sauen  schweiszen, 
faschen,  geben  geraerke.    Heppe  leith.  112. 

FEISCHEN,  suffocare,  ersticken:  dann  das  unkraut  uber- 
mehrt  (überwältigt)  und  feischt  den  weizen.  Paracelsds  1, 530. 
mit  dem  vorausgehenden  intransitiv  verwandt? 

FEISE,  m.  in  Schreibers  Freiburger  urk.  2, 153  findet  sich 
der  name  Johannes  der  feise,  dal.  dem  feisen  aus  dem  14  JA., 
was  kann  er  bedeuten?  die  Wörterbücher  enthalten  nichts  ähn- 
liches, man  müste  denn  feisen,  feisein  hernehmen  oder  feise  für 
feisze  pinguis  ansetzen,     ebenda  2, 160  Veisbeggeli  von  Brisach. 

FEISE,  f.  in  den  mülen  ein  eignes  stübchen  ßr  die  knappen, 
malgdsie  und  feierbursche.  obersächsisch  und  wol  sonst  noch. 
den  sack  möchte  man  wünschen  und  der  sackträger  mochte 
unterdessen  in  der  müle  ein  kämmerchen  nicht  weit  von  der 
feise  gemiethet  haben.  Weise  polU.  näscher  364.  nach  den 
folgenden  feisein  und  feisen  könnte  die  bedeutung  sein  moder- 
stube,  Stinkstube,  die  nach  verschlosssner  lufl  und  feuchligkeit  riecht, 
Weise  unterscheidet  das  stübchen  von  der  feise  selbst. 

FEISELN,  1)  ganz  fein  und  dünn  regnen  oder  schneien,  regnen 
und  schneien  durcheinand^.  Schmelleb  1,  571.  sonst  auch  üsse\n, 
oben  sp.  137S  fäuserlen. 

2)  tMch  der  feuchligkeit  eines  gewölbes  oder  kellers  riechen. 
ScHNiD  175.    nürnbergisch  feiseleinen. 

FFIISKER,  m.  boletus  ramosissimus.    Nemnich. 

FEISEN,  putere,  foetere.  bei  Schnid  174  faisen.  vgl.  feisen, 
bumbisare  voc.  1419  6«"  Scb».  1,  577.  Diefenbacb  78*  und  her- 
nach feisten. 

FEIST,  m.  ventus  tacitus,  visium,  gr.  ßStOfta,  fr.  vesse,  nnl. 
veest,  rijst,  nd.  fist,  schw.  fis,  ddn,  fiis : 


wann  mich  mein  man  hat  oft  geschlagen, 

das  wil  ich  im  des  nachts  eintrenken 

und  wil  in  mit  leisten  am  pet  erstenken.    fastn.  369,  24. 

dem  vorausstchenden  feisen  verwandt,  vgl.  auch  fäuk  sp.  1367. 
FEIST,  s.  feiszt. 

FEISTEN,  visire,  peditum  sine  crepitu  emülere,  gr.  ßSeiv, 
fut.  ßdeoEiv,  russ.  bzdjet',  böhm.  bzditi,  poln.  bzdzic,  lit.  bezdeti, 
fr.  vesser,  engl,  fizz,  fizzle,  alln.  fisa  (verschieden  von  fysa  blasen), 
schw.  fisa,  ddn.  fise,  niAd.  visten  (icfr.  3, 331"  visten),  nn/.  vijsten 
und  veesten,  nd.  fisten.  veisten  pedere,  voc.  theut.  14S2  h4'; 
visire  Germanis  est  feisten,  fac.  facet.  87;  die  mislbellerlia 
sein  nindert  zu  gut,  dan  zu  feisten  hinder  dem  ofen  und 
die  pfannen  zu  schlecken,  schimpf  und  ernst  . . .,  cap.  50 ; 

do  hiesz  ers  den  ars  ins  fenster  recken, 

do  wolt  ich  weneu,  es  wer  ir  roter  rount, 

und  küst  sie  eben  unten  für  den  spunt, 

da  faist  sie  mir  unter  die  äugen,    fasln.  611, 10; 

gee  von  der  went  und  nit  enfeist, 

das  du  des  arslochs  nit  zureiszt.    Folz  bei  Haupt  8,511; 

er  reispert,  rülzet,  scheiszt  und  feist.    II,  Sachs  III.  2,32»; 

mein  lieber  nachbar,  ist  das  war, 

so  wil  ich  dir  gut  beistand  leistn, 

und  solt  er  in  das  futler  feistn, 

ich  wil  ihn  halten  bei  der  nas.    Pisgwald  plugium  5,6; 

es  wer  schade,  das  solch  toll  vieh  und  unfletige  sew  diese 
musealen  sollen  riechen,  schweige  denn  essen  und  genieszen. 
lasz  sie  leren  und  gleuben,  wer  einen  forz  im  korhembd 
leszt,  das  sei  eine  todsünde  und  wer  über  dem  altar  feistet, 
sei  ein  verdampler.  Luther  5,  298*;  mit  faulen  tagen,  feisten 
und  pompen  verzeren.  S,  94* ;  wir  essen  und  trinken,  schlafen, 
feisten,  farzen  uns  zu  tode.  tischr.  54";  den  gselln  ist  nie- 
mand fromm  oder  giert  gnug  und  gilt  nicht  dann  das  sie 
feisten,  das  allein  reucht  wieeinbisem.  Frank  spricAic.  2,108* ; 
hör,  Juvenal,  stosz  den  hund  aus  {sp.  1295  fälschen  6),  wer 
hat  so  gefeust?  was?  kanst  du  kein  hundsfurz  riechen,  so 
solst  du  kein  wildpret  fressen.  Garg.  87*;  keiner  weckt  sie, 
auch  kein  han,  keiner  nötigt  sie  zu  trinken,  wie  auch  nit 
zu  feisten.  282*.  mephilische  dünste  bei  faulen  sümpfen  schreibt 
das  Volk  dem  alb  zu,  in  der  Dreieich  sagte  man  'der  alb  feist 
so ! '  J.  W.  Wolf  hessische  sagen  s.  51.  fäuken  sp.  1376  gleicht 
dem  fauchen  und  altn.  fiuka  oder  feykja.     vgl.  tritscheln. 

FEISTINSEIDELE,  n.  fr.  vessepinte :  mit  disem  geschmuck 
allein  anzuzeigen,  dasz  er  etwann  ein  feiner  han  und  ein 
fcins  feistinseidele  und  farzflasch  werden  solt.  Garg.  116*,  bei 
Rabelais  1,  8  par  ce  denotant  quil  seroit  un  bon  fessepinte 
en  son  temps,  für  vessepinte?  doch  20*  steht  gseszpinte  oder 
feistseidlein. 

FEISZ,  pinguis,  crassus,  zu  schreiben  wie  heisz,  schweisz, 
mhd.  veij,  doch  ahd.  ist  kein  feij,  nur  das  folgende  feirit  auf- 
zuweisen, altn.  feitr,  ags.  faet,  aber  schw.  fet,  dän.  fed,  nnl. 
vet,  wie  ags.  fätt,  engl,  fat,  welche  als  kurzrocalisch  zu  unserm 
fett  fallen,  die  goth.  form  entgeht,  aus  dem  A.  T.  würde  sie 
genug  zu  ersehen  sein,  dem  veij  und  feitr  gleich  stände  faits, 
so  wie  ags.  fät,  engl,  föt,  welche  eben  so  wenig  erscheinen. 

urverwandt  liegt  das  sL  pilati  alere,  saginare,  so  dasz  fett 
oder  feist  eigentlich  bedeutet  fett  gemacht,  gemääet,  genährt,  das 
sl.  pitom  ist  zahm,  kirre,  heimisch  gegenüber  dem  uilden  thier, 
das  nicht  unterhalten,  nicht  gefüttert  wird.  tat.  pinguis  und  piger 
(sp.  1368),  da  sich  feist  und  träge  berühren,  gr.  nCcov,  Titörsoos, 
TitöraTOS  und  das  subsl.  -rünQ  sowie  das  fortgebildete  7Tiut).r,i, 
dessen  langes  i  an  opimus  (für  obpimus?)  mahnt,  skr.  pivara 
pinguis  und  pjaj,  pjau  crescere,  pinguescere. 

die  mhd.  belege  ßr  vei;  sind  alle  schweizerisch  oder  schwäbisch, 
bei  Hadlacb,  Hugo  von  Langenstein  und  Boner  : 

die  armen  sint  mit  leide 

der  riehen  herren  weide, 

gewinnen  in  die  koste. 

in  hitze  und  in  froste, 

und  in  sürem  swei;e 

ir  herren  machen  veije.    Martina  129,112; 

diu  (trahie,  fcrcutum)  machet  manger  sele  crei; 

und  den  lip  mit  sunden  veij.    278,2; 

herbest  wil  beraten 

manc  gesinde  mit  guoten  trabten 

bi  der  gluot  ald  swä  si  sin, 

veije  swinin  braten 

dar  umbc  sol  ir  wirt  in  ahten, 

und  ouch  bringen  guoteo  win.    HS.  2,191'; 

so  der  haven  walle 

und  daj  vei^e  dar  inne  swimme, 

so  bcgiuj  in  (eis)  wi;iu  bröt.    ebenda; 

swfr  sich  welle  me<lon, 

der  sol  keren  zem  gesinde, 

guotiu  vuore  machet  si  vei{  (:  heij).    2,192*; 


1467 


FEISZ-FEISZT 


FEISZT 


1468 


herbest  vvil  aber  sin  lop  niuwen, 

ör  wtl  briuwen 

maneRen  rät, 

wan  da;  siät 

den  sinen  irva  wol. 

er  wil  manec  her  beraten 

reiser  braten.    2, 1U2'; 

«r  eh  hammen  bi  d€r  gluot 

und  buoge  guot 

und  braten  veij 

und  Würste  heij.    .MS//.  2,299»; 

er  vloug  üf  siner  weide  vart, 

da  im  ein  vcijiu  henne  wart.    Bunkr  37,22. 

nicht  anders  nhd. 

ein  prediper  hat  wanpel  rot, 

dar  zuo  Taiszeu  antresicht 

und  doch  kains  octisen  nicht,    ring  19*,  6; 

da  mach  ich  groszeu  hüener  aus, 

die  mich  diinchont  faiszer  sein, 

dan  des  mülners  nicsteswein.    21',  25; 

80  ist  diser  esel  faisz.  Nicl.  von  Wyle  274, 13 ;  do  aber  ich 
also  in  ruwe,  wollust  und  froiden  lebet,  bin  ich  worden  so 
faisz  und  schön  mines  libes,  daj  min  hüte  (meine  haut)  von 
büpschem  harc  tet  wider  glesten  und  schinen.  als  aber  dise 
menschen  mich  markten  hüscher  (d.  i.  hübscher)  und  feiszer 
worden  sin  und  min  gersten  und  fuoter  sich  kainist  uiindern, 
sint  si  gegen  mir  in  argwane  gefallen.  278,14.17;  darumbe 
mines  herren  und  der  andern  burgern  spise  mich  grosz  und 
faisz  ietz  gemachet  hatten.  2S0,  23 ;  man  so!  ouch  die  feiszen 
wisenjerlich  ze  mittem  abrelle  bannen  und  die  magern  wisen 
jerlich  an  dem  meien  abende.  tteistli.  1,  74 ; 

i  der  hofnig, 
dasz  er  zwölfer  werd  und  denn  durch  die  hochi  verwandtscheft 
öppen  e  feiszes  aml  und  i  zwölf  jähre  denn  noch  eis 
kriege  werdi.  Ustkri  1,19; 

selber  esse  macht  feisz.    Corrodi  de  hcrr  vikari  s.  40; 
öppis  feiszes,  fettes  rindvieh.    Alb.  von  RCtte  23. 

FEISZELN,  inchoativ  des  folgenden:  feiszlen  crassescere. 
Maaler  133'. 

FEISZEN,  pinguefacere,  saginare,  alln.  feita: 

heima  best  feita  enn  hund  ä  büi.    Havamäl  S3; 

ddn.  fede.  ahd.  feijan  unbelegt,  aus  dem  folgenden  pari,  prael. 
feijit,  veijel  aber  sicher  zu  schlieszen,  ags.  fa'lian  wahrscheinlich 
aus  faeted,  obschon  auch  fäted  gelten  könnte  und  dann  auf 
fattian,  engl,  falten  Kiese. 

mhd.  swaj  die  |elust  reijel 
und  den  lib  veijet, 
des  enbeij  si  nimmer,    pass.  K.  335,38. 

nhd.  nur  in  der  Schweizerspraclie  intransitives  feiszen,  pinguescere, 
dick,  stark  werden:  feiszen,  crassescere.  Frisius  340*; 

gfeiszet  häter,  mi  seel,  und  stolzer  dunkler  mi  gar  nid. 
CoRROOi  de  hcrr  dohler  s.  143. 

FEISiTT,  crassus,  pinguis,  opimus,  mit  szt  zu  schreiben,  wie 
heiRzt,  reiszt,  schweiszt,  haszt,  lüszt,  das  st  nur  in  muste, 
wüste,  best  slalthaß,  doch  setzt  bereits  Luther  feist,  ahd.  feijit, 
fei^l  (Graff  3,  738.  739),  irtlid.  veijct,  veijt,  verwerßich  vcist 
(üb.  3, 293"),  Überall  ohne  vorgesetztes  ge  und  in  adjectivischer 
bedeutung,  doch  überträgt  es  im  ahd.  auch  noch  obesus,  cras- 
satus,  corporatus.  Lt^c.  15, 23,  wo  man  das  goth.  wort  halte 
erwarten  können,  tpigere  t'ov  fiöay^ov  top  oiTevröf,  vulg. 
adducile  vitulum  saginatum ,  überträgt  Uuilas  briggandans 
stiur  [lana  alidan,  wie  auch  Lcther  bringet  ein  gemestct  kalb 
her.  oireveir,  saginare,  aljan  und  feijan  sind  gleichviel,  wie 
sich  feiszt  zu  fett  verlidlt,  wird  unter  feit  erörtert. 

schon  bei  den  ags.  diddern  ersclteint  oft  fa.'tcd  als  beiwort  des 
goldes,  ringes,  Schwertes  im  sinne  des  tat.  opimus,  wie  wir  auch 
fett  für  reich,  stolz,  prächtig  verwenden,  ich  kann  der  ansiciU 
Dietrichs  6«  Haupt  11,417—420  nicht  beitreten,  wonach  dies 
particip  von  einem  angeblichen  subst.  fa't,  lamina  oder  bractea 
zu  leiten  wäre,  denn  gtrichbedeulig  damit  steht  auch  als  epithel 
derselben  Wörter  das  bare,  einfache  adj.,  mag  man  es  nun  ixt 
oder  fat,  fStt  schreiben,  welches  fcet  doch  nicht  aus  fxtcd  zusam- 
mengezogen sein  kann,  heiszl  nun  fütt  cealf,  füll  brod  offenbar 
fettes  kalb,  fette  brühe,  so  musz  auch  füll  gold,  fült  sciid,  folg- 
lich fSted  gold,  fhled  sciid  den  sinn  ron  fett  geudliren,  der,  wie 
anderwärts,  in  die  vordcllung  ron  reich  oder  stolz  übergeht,  das 
in  f^tum  oder  fattum  fdh  eulhaltne  subst.  fn't  oder  fült,  fUlte 
mag  jnnijuedo  ausdrücken,  bei  fäll  gold  fällt  mtr  daz,  vingerMn 
vil  feil  der  Uviänäiiehen  ekronik  4361  ein.  ein  ahd.  fcijil  gold, 
mhd,   veijet  gold  «ftnb  enUdkäden.     ans  goth.  fcijan  ornare, 


das  wir  in  unserm  gefäsz  wiederfinden,  ist  kaum  zu  denken,  so 
gefüg  in  einzelnen  fällen  für  faeted  die  bedeutung  ornatus  schiene. 
uaJtrend  sich  das  adjeclivische  feig,  feisz  auf  die  alemannische 
mundarl  einsclirdnlu,  sehen  wir  das  participiale  feijit,  feiszt  überall 
verwandt,  es  findet  sich  ahd.  bei  K.  0.  N.,  mhd.  bei  Schwaben 
und  Baiern,  nhd.  bei  Dasvpodius  43*.  1S3*,  Frisius  34o'.  1005', 
Maaler  133*  u.  s.  w. 

1)  to»  thicren.  ahd.  feijlaj,  crassum.  K.  cap.  27  in  anwen- 
dung  auf  das  schaf  der  herde,  quod  crassum  vidcbatis  adsume- 
batis,  et  quod  debile  erat  projiciebatis;  feijle  pharre,  pingues 
tauri.  N.  ps.  21, 13 ;  feijte  chuoe.  ps.  143, 14 ;  feijliu  hrindir, 
boves  opimissimi; 

mhd.  dei  siben  rinder  feijtiu.  niut.  3,99; 
nu  schant  *rj  (dus  reit)  da  firj  wöste 
veiit  und  aller  beste 

und  nam  des  einen  braten  dan.    Iw.  3902; 
da  weij  ich  veijtiu  rinder, 
der  hüeleut  jungiu  kinder.    Ileinh.  s.  310; 
zallen  ziten  dröt  fir  mir 
als  einer  veijten  gense.    Nbidhart  80,34; 
er  leite  an  sin  spaldlnier 
maneges  veijten  ohsen  nier 
gespalten  und  gesalzen  wol.    fragm.  29''; 
nhd.  wenn  sie  paid  ir  faiszt  seu  stechen 

sü  schüllens  vier  hammeu  zum  wein  tragen.    /a«ln.  610, 23; 

wan  die  faiszten  henncn  wol  gesotten 

die  esz  wir  lieber  dan  schweinin  praten.    350,24; 

ein  geinostes  feiszetes  kalb.  Keisersberg  post.  2, 50 ;  gsell, 
ist  das  schaf  faiszt  oder  mager?  seh.  und  ernst  1,546,16;  ein- 
mal kam  ein  faiszter  hund  zu  einem  wolf.  1546,  79.  1555, 409  ; 
ich  wil  lieber  mager  sein  und  frei,  dann  faiszt  und  gefangen. 
ebenda;  der  wirt  het  ein  feiszle  kuh  in  dem  stall.  1550,320. 
1555,137;  das  ist  auf  mein  öid  ein  schön  feiszle  kuh.  ebenda; 
und  nam  gar  ein  vaiszls  pferd  bei  den  naslöchern.  Stein- 
BöWEL  Esop  14S7,  60 ;  keine  feiszle  sauw  daraus  erziehen. 
FREYf/orten^.  30';  viel  guter  feiszter  schaf  und  hämel.  Wickram 
rollw.  72';  ist  er  auch  feiszl?  73';  feiste  wider  und  bocke 
mit  feilen  nieren.  5  3/os.  32, 14;  ire  jungen  werden  feiszl  und 
nehren  sich  im  getreide.  ///oft  39,  4;  ich  wil  dir  feiszle  brand- 
opfer  Ihun  von  gebrauten  widern,  ps.  66, 15;  fleisch  der  star- 
ken soll  ir  fressen,  der  widder,  der  hemel,  der  ochsen,  die 
allzumal  feiszl  und  wol  gemeslel  sind.  Ez.  39,18;  so  mag 
ich  auch  ewr  feiszle  dankopfer  nicht  ansehen.  Arnos  5,  22 ; 
und  er  liesz  zwei  feiszle  rinder  schlachten.  Tob.  8,21t  und 
funden  hei  ein  feiszt  schwein  im  kol  ligen.  Cyrillus 'i* ;  ich 
hab  ein  feiszlen  ochsen  auf  der  weide  umbgehen  (enie  feite 
erbschaft  zu  erwarten).  Petr.  97';  fisch  ie  feiszler  ie  sclied- 
licher.  küchenmeisterei  a  7 ;  die  allen  feiszlen  huner.  b  4 ;  feiszle 
hüner  legen  wenig  eicr.  Lehmann  142;  einen  starken  und 
feiszlen  ochsen.  Kirchhof  «c/irfunm.  474;  als  wir  vom  dosier 
ausgangen,  sagt  er,  'wir  wollen  dem  stall  zugehen,  da  die 
junge  gaiszkülzlin  in  stehen',  wolle  zum  nachtessen  ein  guts 
faiszt  daraus  nach  seinem  gefallen  nemen.  Krafts  reisen  86 
oder  steht  hier  feiszl  substantivisch,  nach  sp.  1471?;  hallet  ihr 
uns  nicht  manns  genug  wider  gewall  uns  zu  schützen,  dasz  ihr 
uns  den  tod  also  tröwel,  als  einer  feiszlen  gans  (wie  fieidhart). 
PhilanüER  2,  721; 

sind  alles  starke  patronen 

zur  l'eiszten  Mertcnsgaus.    Uuland  572; 

nicht  anders  als  der  feiszten  ziegen  schar 

in  Galaad  ist  auch  dein  schönes  haar.    Opitz  3,20; 

drei  stolze  adler,  Teiszt  von  beute, 

schweben  über  der  wellen  wut.    Hrrtscuianns  Mingutph  48; 

die  feiszten  und  hochgesrhenkeltcn  bocke.    Od.  0,  464. 
weidmännisch  heiszt  es  der  hirscii,  die  sau  ist  'feiszl'  (und  nicht 
'fett').    Dobel  1,18. 

2)  ton  nionsfVien.  ahd.  feijilfr,  corpulentus;  mhd.  feijel  sind 
die  Jiute.  naturl.  1; 

ir  alt  le  veltt  bi  klagellcher  odt.    MS.  2, 119*; 
si  shiogcn  sd 

vil  raangen  veii^ten  trollen.    USH-  3,2S8\ 
mich  wundert  liiiitc  und  immer  mär, 
wi  so  ma-{igci  wip 
orme  alsd  •cha>nen  lip 
sd  vciit  und  >ö  gedrollen.    IIililinc  1,1074; 
iiAd.  nacbpaur,  ich  hab  ein  diern,  die  ist  stark  und  faisit. 

fiistn.  St7,  30; 

der  erst  Ist  faul,  der  ander  fhlszl.    730,20; 

dick,  faisit  am  leib  und  wol  ECKpirki>t 

■0  ist  In  meinem  haus  mein  trau.    m«i«f«rf.  23  ii*S40; 

er  ist  grosz,  rolbrcch  (ruhicundus),  krusbar,  xritfi.  gelr  nugrn. 
Tereni.  1499, 156' ;  sie  (die  geistlichen)  gond  daher,  nit  als  ob 


1469 


FEISZT 


FEISZT 


1470 


sie  feiszt  seien,  nur  als  ob  sie  swanger  wercn,  non  tarn  im- 
pinguati  quam  impraegnati.  Keisersb.  sffcn/iar.  14S';  ein  feisz- 
terer,  habitior  =  corpulentior.  Dasvpodius  327';  ein  feiszter 
dicker  aufgeblasner  cardinai.  Fbey  garten^.  63 ;  einen  schweren 
groszen  feiszfen  pfaffen.  Wickram  roWic.  51;  denn  er  ein  feiszte 
und  dicke  person  was.  Kirchhof  tcendunm.  123';  bei  Hanni- 
bal  wer  nit  das  volk,  die  ad  Cannas  gestritten  betten,  sie 
weren  zu  Capua  gelegen,  da  feiszt  worden  und  sich  gemest 
als  die  schwein,  das  kein  arbeit  mer  in  inen  steck.  Livius, 
Schüfferlin  124"; 

ich  gieng  inn  kremen  hin  und  her, 
in  dem  ersah  ich  on  gefär 
bei  des  baders  haus  sitzn  allein 
ein  faiszten  möstel  aur  eim  stein, 
der  het  in  im  vil  faules  blut, 

ein  ringen  bewtel  und  schweren  mut.    H.  Sachs  1,529*; 
hingegen  meine  feind  seind  frölich,  als  ob  sie 
faiszt  macht  mein  Jaid,  hunger,  müh.    Weckherlik  19; 
er  fand  ein  neu  system  geheimnisvoller  lehren, 
die  Priester  feiszt  gemacht  und  jetzt  zigeuner  nähren. 
Di'SCH  vprni.  werke  263. 

3)  von  fleisch  und  gesteht,  dhd.  feijtörnn,  corpulentiores  vuUus. 
Graff  3, 739',  vgl.  ags.  feted  hleore ;  mhd.  vei jtej  vleisch. 
Grieshaber  2, 109 ;  mit  öf  gerichtem  halse  und  mit  veijeten 
nacken.  myst.  139,  IS ;  nhd.  die  pest  Schickung  des  flaiscbs 
ist,  daj  e;  niht  ze  mager  noch  ze  veijt  sei.  Megesberg  23,13; 
wer  ainen  vaijten  hals  bat,  herfen  und  starken,  der  ist  zornic 
und  gsch.  47,27;  ein  veiszter  bauch  gebirt  nit  einen  dünnen 
sinn,  venler  pinguis  non  generat  tenuem  sensum.  Keisersberg 
selenp.  45"; 

es  macht  faiszt  hels  und  starke  leib, 

drum  ich  darbei  mein  lebtag  bleib.    Mcr;<er  schelmenz.  19"; 

underspickt  und  faiszt  von  leib.    H.  Sachs  1,245; 

feiszte  arme,  wangen,  dicke,  derbe  backen;  der  feiszest  dann, 
klobdarm  genant,  omasttm  {der  mage  wiederkäuender  tiäere). 
Maäler  133'; 

hört  fiirwar,  nembt  ihn,  er  ist  reich, 

das  ihr  wol  künd,  wie  man  thut  jehen, 

mit  feisztn  raaul  zum  fenster  aussehen,    .\tber  445"; 

wie  Tollraond  glänzte  sein  feisztes  gesiebt.    G(:rger  66"; 

lag  er  mit  feisztem  nacken  gekrümmt.    Od.  9,372. 

4)  fon  speise,  trank,  küche,  topf: 

mhd.  sin  fürbüege,  da?  er  häte, 

daj  was  ein  feijeter  brate,    fragm.  30"; 
ti/irf.  der  apt  hat  euch  ie  wol  geraten 

zu  gutem  trank  und  feiszten  praten.    fastn.  200; 

der  wein,  der  feiszten  speis  halber,  in  (eis)  lungen  und  leber 
anzündet.  Kirchhof  tcendunm.  207';  seine  helle  stimm  mit 
der  feiszten  suppen  beiszer  gemacht.  439';  feiszte  snppen 
kochen.  476";  feiszt  wildprät.  ferina  pinguis.  Maaler133';  ach 
ihr  glaubt  nicht,  wie  tröstliche  Schlaftrunk  es  bringt,  wann 
man  dermaszen  aus  der  feiszten  kuchen  auftringt,  als  wann 
man  holz  zur  Salzpfannen  fürt.  Garg.SQ*;  habt  ihr  nicht  die 
feiszt  andacht  gemahlct  gesehen,  da  die  schmutzkolbige  buben 
und  triefnäsige  würstfüllstopper  so  sautrogisch  mit  beiden 
tapen  in  der  bratpfann  ligen?  Sl';  uns  die  feiszten  pfaffen- 
und  klostersuppen  nicht  schmecken  lassen,  gespr.ztcäeraugsb. 
burger.    Ingoist.  1609  s.  88 ; 

indessen  findet  sich  die  ganze  zunfl  zusammen, 
die  auf  dich  frölich  ist.    denn  setz  uns  feisztes  hier 
und  reinen  reinfall  für,  der  reicher  wird  an  zier, 
wenn  du  eins  streichest  drein  auf  deiner  violpammeo. 

Flextic  5S7; 
und  sitzt  bei  euren  faiszten  topfen 
als  schwein  und  rinder,  die  man  mäst.    Roxpler  1,36; 

wenn  ich  mich  durch  feisztere  hofsuppen  verleiten  liesze. 
WiEi^KD  bei  Merk  1. 107 ;  seinem  hier  mangelt  ein  feisztes  malz. 

5)  von  land,  erde,  weide,  gewdctis. 

ahd.    \%  (Frankond  lant)  ist  filu  feijil, 

harte  ist  i?  giweijit 

mit  managfallen  chtin.    0.  I.  1,67; 
mild,  wie  feijt  daj  wuocher  in  deme  lande  wäre, 

dö  si  den  trüben  brähten.    Dieier  64,6; 

ich  wil  miniu  sciulf  fuoron  mit  ainer  vaijfer  waide  fif  den 
höhen  br-rpen ,  in  pascuis  uberrimis  pascam  eos  in  montibus 
excelsis.    Grieshaber  1,7; 

sliefct  in  euren  rossemist, 

als  ein  wibel.  dem  scnfter  ist 

in  dem  pcstanke  in  vp|;ter  erden, 

dan  kungen  und  keisern  üf  pferden.    Renner  13578; 

nhd.  sein  scholl  ist  feiszt,  fruchtbar.  Frank  tcellb.  59';  von 
Wasser  reich  und  von  weiden  feiszt  das  ?jbc  zu  füetern.  166*  j 


dicke,  feiszte  feigen.  WUzenbürger  2,  35 ;  guter,  feiszter  acker. 

Hesiscb  1055,  38  ; 

der  Lusitaner  geht  umb  Ganges  feisztes  feld.    Oprn  1,12; 

es  hat  bei  uns  auch  hier  sehr  gutes  feisztes  land.    2,84; 

solt  ich,  geehrter  freund,  zu  wohnen  mir  erkiesen, 

und  were  wollen  thun,  ich  liesze  meine  wiesen, 

mein  feisztes  Osterland  in  seiner  wollust  stehn 

im  fall  ich  könte  nur  ümm  euer  Reuszen  gehn.    Flkuwc  75; 

wie  wenn  bei  dicker  nacht 
ein  liechter  strahl  scheuszt  hin,  der  aus  den  feiszten  klüften 
sich  nach  und  nach  zoh  auf  und  in  den  warmen  lüften 
in  sich  entzündet  ward.    87; 

schlagt  eure  Werkstatt  auf  in  dieser  linden  hier, 
die  hohl  ist  von  natur,  ihr  honigmeisterinnen, 
die  aue  hier,  durchnäszt  mit  so  viel  kalter  brünnen, 
die  bringt  gesundes  gras  und  feiszten  klee  herfür.    656; 
geh,  herde,  geh !  erquick  in  feiszter  weid 
den  malten  leib,  vergisz  mit  mir  dein  leid.    Grtpbiüs  1,655; 
ach  armer,  fieng  ich  an,  eh  hier  ein  obst  wird  reifen, 
eh  wirst  du  mit  der  faust  die  hohen  stern  ergreifen, 
bedenke  doch,  das  jähr  lauft  nunmehr  fast  zu  end, 
auch  wil  die  feiszt  oliv  ein  fnichtbarer  gewend.    2,55; 
der  acker,  den  der  herr  gepflanzet, 
wird  zwar  von  seiner  starken  band 
mit  einem  festen  zäun  verschanzet 

und  blühet  als  ein  feisztes  land.    Christ.  Grtphiis  1,144; 
feld  und  wiesen  werden  feiszt, 
wo  die  Wechselglut 

fein  das  ihre  thut.    Birken  MargnrLt  75; 
die  faiszte  waid  der  wält  bedunkt  uns  zwar  im  maul 
ein  gutes  ding  zu  sein,  macht  aber  lungen  faul.    Rospler  47; 
wan   [der  Nit)  durch  die  haisze   furch  mit  faiszier  frischung 

fleuszt.    102; 

einmal  arbeiteten  wir  im  garten,  das  andermal  suchten  wir 
den  feiszten  grund  am  schattigsten  orte  und  aus  holen  bäumen 
zusammen,  unsern  garten  statt  der  tung  damit  zu  bessern. 
Simpl.  K.  80; 

der  landmann  pflegt  im  herbst  den  acker  feiszt  zu  bauen  (zu 

diingen), 
und  sein  erspartes  kom  den  hufen  zu  vertrauen.    Gkllmt2,8; 
hier  flieszt  aus  reinen  Wasserfällen 
der  feiszten  anger  lieblichkeit.    IIagrdor!«  3, .  . .; 
für  seinen  dunghof  sammelt  unverdrossen 
der  kluge  wirih  des  holzhofs  feiszte  erde. 

Kosegarte:i  bril.  oJcon  2,329. 

feisztes  ackerland,  feiszte,  schwere  ähren,  reben,  arva  opima, 
opima  vilis.  schön  ist  der  alln.  ausdntek  in  Landndmabok  1,2. 
qvad  driupa  smiör  af  bverju  sträi  ä  landi  |)vl,  dasz  aus  jedem 
halme  feit  triefe.     Sprichwort:  feiszt  land,  faule  leut. 

6)  von  säßen  und  gerüdien:  des  bernsteins  materie  sei  ein 
zäher  und  feiszter  succus  aus  der  erden.  ScbCtz  beschr.  Pren- 
szens  43 ;  'der  feiszte  Thomas'  hiesz  im  16  jh.  ein  von  der  insel 
Thomas  eingeführter  zucket:  soll  der  schad  gereinigt  werden 
also,  dasz  du  in  zwen  tag  lang  weschesl  mit  barbierer  oder 
zwahlaugen,  darin  feiszter  Thomas  oder  zerfallner  schwarzer 
Zucker  zertriben  sei.  Ryff  chirurgia  180';  darmit  fetten  zer- 
fallenen Thomaszucker  zertriben.  183'; 

wie  veilgen  unter  nelken, 
pohl  unter  rosen  reucht,  auch  wenn  sie  schon  verwelken, 
wie  süszer  benzoe  und  feiszter  weirauch  drein 
mit  mastix  untermischt,  indem  sie  glüend  sein, 
die  schöne  lufl  von  sich  in  nah  und  weit  verhauchen, 
so  ist  ihr  edles  loh.    Fleming  127; 
theils  mischten  nard  und  myrh  und  Socrotiner  safl 
und  streuten  in  des  balsams'  feiszte  kraft.    Grtphios  1,407; 

auch  wol  feiszter  bonig  und  in  solchem  sinn  feiszte  bienen- 
körbe:  wie  ein  feiszt  immenfasz  beschneiden  und  ausplün- 
dern. &mplic.  2,  463.     vgl.  feisztlechtig. 

7)  von  kleidcrn  und  geräth:  feiszte  ermel,  die  von  feil  glänzen ; 
feiszte  lederschürzen ;  so  habt  ihr  auch  noch  ein  gute  feiszte 
kutten  an,  ich  aber  bin  nackend  und  blosz.  pRETgarten«;.  38; 
sieht  das  die  deller,  schüszlen,  leffel  und  andre  ding  schnulzig 
{so)  sind  und  feiszt  und  wüest.    Keisersberg  büger  206'. 

8)  abstractionen.  ahd.  feijit  werdan,  pinguescere,  mit  gen.  der 
Sache:  s6  werdent  fei^t  derö  tugedo.  pinguescent.  N.  p«.  64, 13; 
goteliche  scrifte,  derö  diu  sela  feijt  wirt,  quibus  saginalur 
anima.  ps.  99,3  (vgl.  fett  werden),  nhd.  feiszt  machen,  pingue- 
facere:  golt  wird  die  herzen  unserer  kinder  stälern  und  das 
herze  der  väter  mit  dem  geschrei  seines  sieges  feiszt  machen. 
BcTSCHiY  kanzl.  826.  nhd.  feiszt  hat  häufig  den  sinn  von  derb 
und  stark,  zumal  in  Verbindung  mit  dick:  von  der  erbsünd, 
die  uns  hat  abgewendet  von  dem  ewigen  gute,  darinne  wir 
sollen  feiszte  und  kreftige  liebe  haben.  Luther  1,36';  das 
ist  eine,  und  ein  seer  gute  und  feiszte  lugen.  5,  29l';   das 


1471 


FEISZT  — FEISZTE 


FEISZTE  — FEISZTIGKEIT 


1472 


ist  ein  grosze  feiszic  kolzorei.  bienetik.  170';  da  hetzt  man 
.  .  .  bruder  Lanzenslil  sampt  seiner  lären  sacicpfeifen  mit 
kröpfigen  hunden  aus.  das  dem  armen  schwänz  vor  ieiszlem 
schrecken  möcht  das  pnich  entfallen.  Garg.  8t';  mit  gottes- 
Jesterung  dick  und  feiszt  gespickt,    fluchleufd  B2'; 

itir  lierz  und  mund  faiszt,  falscti  und  voll.    Wkckuerlin  268, 
nach  ps.  119,70,    «o  Lcther:    ihr  herz  ist  dick  wie  schmer; 
angesehen  dasz  wir  theils  in  der  Jugend  alles  freier  und  mit 
feiszteren  worten,  dasz  ich  so  sagen  darf,  zu  geben  pflegen. 
Opitz  1.152; 

in  dieser  feiszten,  engebrüsigen  zeit 

musz  tugend  selbst  Verzeihung  lletin  vom  lasier, 

for  in  ibe  Talness  of  tbese  pursy  times 

viriue  itself  of  vice  must  pardon  beg.    Hamlet  3,  4; 

das  feiszte  leben  {dtis  irdische).  J.  P.  aeslh.  1,  81.  es  sieht  aber 
auch  für  reich,  reichlich  in  gulem  wie  übelm  sinn :  dasz  die  pre- 
diger  nicht  feiszte  pfriinden  und  grosz  einkommen  haben. 
LtTBERS /wf/ir.  2,  2 ;  er  hat  ein  feiszte  pfründ.  dial.  Maria  F  2' ; 

komm,  herze,  komm,  lasz  uns  zu  leide  bleiben 
in  reiszter  ruh  [pingui  nlio)  und  da  die  zeit  vertreiben. 

Opitz  3,22; 
gute  tage  und  feiszte  Winterquartier.  Chemnitz  I,  94';  das  ist 
eine  feiszte  {reiche,  slohe)  braut.    Schmid  schw.  u-b.  189. 

FEISZT,  adeps,  eigentlich  n.  des  adj.,  daher  auch  nach  dem 
arliL'i  schwache  ßexion  eintreten  kann:  mit  dem  spinle,  veijle 
dere  lembere.  Haupt  8, 131 ;  seich  das  feiszt  ah  in  ein  an- 
dern  hafen.    küchenm.  b4; 

sin  schmuizigen  mumi  wuscht  keiner  im, 

»lomil  das  veiszt  im  hecher  schwim.    Urajit  110",  99; 

das  feiszt  mit  groszen  löfTeln  schöpfen. 

Waldis  pähsll.  reich  2,  4 ; 

das  faiszt  sie  von  der  suppcn  nascht.    11.  Sachs  1,511'; 

das  feiszt  du  von  der  suppen  friszt.    III.  3,8'; 

Fritz  friszt  das  feiszt  alleine.     Uhland  572; 
und   wie   das    pfrundbrot,    das   macht   in  allen  in  denen  es 
aufgeht,    entweder    geistlich  fleisch,    oder  fleischlichen  geist, 
oder    iieuchlisch    feiszt.    Garg.  259';    und    oh    das  feiszt  wol 
üben  schwimpt.    Kirchhof  irendunm.  155'; 

die  Vögel  haben  gut  zu  singen  nun  vergessen, 
nachdem  sie  menschendcisch  und  todiünl'eisztes  fressen. 

Uhtz  1,193  (200); 
die  seele  sol  mir  werden  satt 
gleich  als  von  mark  und  siiszem  feiszten.    ;)«.  (i3, 3; 

was  der  wucher  dem  ncchsten  leiht  zum  nutzen,  davon  liebt 
er  den  ram  oder  das  feiszt  ab.  Lehmann  1,  920 ;  fingersdick 
mit  feiszt  bedeckt,  feiszt  wird  das  fett  des  roth,  ich  und 
Schwarzwildes  genannt.  Hartic  lehrbuch  39 ;  warmes  feiszt  und 
fleisch  (roni  scbweine)  durcheinander.    HoiinERC  1,  21G'. 

FEISZTADER,  f.  vena  adiposa,  fettader. 

FEISZTE,  f.  f/ingvedo,  adeps,  arvina,  ahd.  feijili,  fei^ti  iGraff 
3,  739),  mhd.  veijete,  veijtc  (wb.  3,  293").  und  Abel  der  bracht 
von  den  erstgcbornen  seiner  hert  und  von  iren  vciszten  {vtilg. 
Abel  obtnlit  de  primogenitis  gregis  sui  et  de  adipibus  eorum). 
titc/ 14'«3.  7*.  i  Mos.  4,4  (LiriiER,  von  irem  fetten);  werd  an- 
gezünt  die  veiszt,  und  nirn  dir  dan,  wie  vil  bcgert  ist  {vulg. 
incendatur  adeps  et  tolle  quanlumcunque  dcsiderat  anima 
tua).  1  Sam.  2, 16  (Luther,  lasz  das  fett  anzünden) ;  der  nei- 
dige wirt  mager  von  des  andern  feiszte.  Keisersb.  narrensch. 
114*;  mit  der  feiszte  gespickt  und  getrieft  werden,  has  im 
pf.;  gcmestet  mit  feiszcte.  posl.  3,90;  lilespiegcl  sagt  'ir 
sagten  mir,  ich  soll  nenien  was  ich  het,  so  het  ich  nienen 
ander  feiszte  wan  seefischscbmalz.  dan  ich  was  über  dem 
schank  in  der  kuchin,  da  fand  ich  nicrgen  feiszte.  da  nam 
ich  was  ich  iiet'.  Eulensp.  bist.  44;  der  kauluian  warf  im 
einen  Schilling  dar  und  sprach  'gang  und  kauf  karchsalben 
und  lasz  die  fraw  alte  feiszte  darunder  thun'.  bisl.  04;  der 
edel  Braun  {da.*  pfcrd)  ernert  sich  so  wol  von  den  kornwnr- 
zeln,  das  er  hei  guter  feiszte  bleib.  Aimong4';  machen  sich 
»clbs  mit  guter,  doch  weniger  speis  auf  den  weg,  ringfertig 
lind  kreflig,  das  die  schwere  und  feiszte  des  fleisch  weg- 
falle. Fban«  veltb.  lOO';  der  Idurneer  einpfahet  den  segen 
«eines  valer«  Cain,  nemlirh  des  schwerls  glück,  sig.  feiszte 
der  erden,  kr.  des  fr.  100;  schulten  sie  ahbald  feiszic  von 
den  wallfisriien  und  nierkülbern  darein.  FnoNsrEnr.  3,  l.'>o'; 
was  ist  das  da  machet  das  fleisch,  die  feiszte,  das  schmer 
wachsen?  Paracelsus  leund  und  leibarznci  bl.  6;  llabel  iiat 
von  der  ersten  gehurt  seines  lamhs  und  von  seiner  feiszic 
genpferl.  Rfi*znf.r  Jerut.  2,7';  hat  viel  feiszte  oder  speck 
aU  ein  schwein.  til  wciszer  feiszte  oder  schmalz  haben  diese 
flieh.  Föne«  t»6';  die  feinde  des  Lcrrco  werden  sein  wie  das 


kösllichsle  der  lemmer,  das  ist  ire  faiszte,  die  sich  leicht- 
lich  verzeret,  sie  werden  sein  verzeret.  Meussus^.?.  Ql';  und 
wie  lams  faiszt  im  brand  werden  verzert.  Pc';  zeucht  auch 
die  hitz  heraus,  so  man  sich  mit  siedendem  wasser,  öl, 
feiszte  und  dergleichen  verbrennt  hätte.    Tabernaem.  1028; 

bring  mir  här  feiszte,  bring  mir  harz!    Kolrosz  Daniel  Fi; 
der  birsch  ist  jetzund  in  der  feiszt.    Atrer  436*; 

schisz  vor  feiszte.  Garg.  129'  (petoit  de  gresse  Rabelais  i,  U) ; 
das  kiitzle  ist  gar  lustig  gebraten  und  am  geschmack  sampt 
seiner  faiszte  so  ausbündig  gut  zu  essen  gewesen,  dasz  ein 
jeder  der  es  versucht,  betbeuri,  habe  sein  tag  kein  bessers 
fleisch  gesscn.  Krafts  rei^c  87;  ein  mit  fleisches  feiszte  un- 
beflecktes feuer.  bienenk.  iOh' ;  durch  überflüssiges  essen  und 
trinken  zu  irer  voriger  feiszte  kommen.  Andreae  reform,  der 
icelt  176;  Icfzen  und  wangen  mit  feiszte  und  schmutz  be- 
sudeln. Puii-ANDER  1,99;  ein  versollenes  bein  unter  kraut 
oder  ruhen,  in  welchem  man  ob  tisch  das  mark  sucht  und 
nichts  findet,  weder  was  iergend  für  faiszte  zu  end  der  röhren 
steckt.  RoMPi-ER  18 ;  nimm  die  faiszten,  die  oben  an  der  biber- 
gail  hanget.  Hohberg  1,  292'.  Maaler  l33'/i(t/.-  ausgeschmelzte 
feiszte,  eliquamen,  käche  und  kernhafte  feiszte,  wie  an  dem 
brustkernen,  nuclcus  pingueludinis,  feiszte  speise  oder  daran 
vil  feiszte  ist,  adipalum.  die  feiszte  zerschmelzen  oder  mager 
machen,  adipes  lenuare.  feiszte  auf  der  milch,  pingue  lactis. 
Henisch  1055,3;  milch,  darvon  man  die  feiszte  thut  {den 
schmant  abnimmt).  Alb.  magn.  ireibergeheimnis  1569  5.139;  harle 
feiszte  zwischen  haut  und  fleisch.  1054.65;  mit  feiszte  ge- 
spickt, voll  feiszte.  1055, 18.  in  der  Schweiz  unterscliddet  man 
die  feiszte,  den  in  die  erde  gelegten  dnnger,  von  der  beschul li, 
dem  blosz  auf  das  land  gcschiUtelen,  gestreuten,  seit  dem  17.  IS  ;7i. 
tritt  fett  an  die  stelle  von  feiszte  und  nur  wcidmänniscli  haflet 
feiste  nicht  nur  für  das  fett,  sondern  auch  für  die  zeit  des  jag- 
baren Hirsches,  also  der  hirschjagd:  auch  so  deilent  sie,  das 
der  abt  von  Fulde  in  der  hiijfeijle  schs  hirje  jagen  mag 
mit  zuhtcn  und  in  der  eherdreisz  sehs  hauwende  swin.  weislh. 
1, 502 ;  wiltu  lernen  spuren  einen  hirsch  zu  erkennen,  so 
merk  zum  ersten,  wie  du  einen  hirsch  soll  suchen  in  der 
feiszten.  MErRER33';  als  er  {landgr.  liiilips)  auf  einer  hirsch- 
feiszt  einen  hirsch  zerlegen  liesz  und  weil  derselbe  sehr  feil 
wäre  und  i.  f.  gn.  sagt  'das  Ihier  hat  viel  weisz  (?  veisz), 
stund  ein  baur  dabei,  sagte  'ja  gn.  fürst  und  herr,  das  kostet 
uns  unsere  gule  kürnlein,  die  sie  uns  im  feid  abetzen'. 
dem  antwortet  er  'es  ist  wol  zu  erbarmen,  dasz  ich  ewre 
kühe  lasse  in  meine  wälder  gehen  und  ihr  weigert  mir,  meine 
kühe  in  ewer  feld  zu  gehen'.  Zinkgref  apopläh.  1, 120. 
FEISZTEN,  zu  unterscheiden  von  feisten  sp.  1466. 

1)  jiinguescere,  ahd.  fei^itfin,  mhd.  veijten: 

so  magercnt  si,  so  veijt  wir  same  diu  swin.    Waltiirr  tt.  161 ; 
nlid.    hundert  gefeisztelc  länimer  (pingues  ngnos)  und  mütter. 

Virgil  Avn.  1,635; 
auch  thrakischc  gaule  mit  menschlichem  bluie  gcfcisztet, 

das  parücip  kann  aber  zur  bedeulunq  2  fallen ;  die  zeit  des 
feisztens  in  den  Wäldern,  da  die  schweine  sich  milslen,  mast- 
zeit;  feiszten,  feiszt  und  mastig  werden.     Maai.er  13,5*. 

2)  pinguefacere,  saginare,  ahd.  feijilan,  gleirltriel  mit  fei^an, 
nhd.  feiszen:  Unwissenheit  gedeiht  nur  dein  magen  und  feisziel 
den  bauch.    Ki.ingers  tlwat.  4, 101.  163. 

3)  adijwm  olere,  nach  fett  riechen,  von  der  salbung  Maria 
Magdalenas:  es  müsz  von  not  wegen  sein,  das  es  etwas  siibiils 
was,  und  nit  feisziet,  dazu  köstlich.  Keisersberg  porf.  2,  114'. 

vgl.  erfeiszien  sp.  797,  wo  die  Schreibung  erfeislen  unrichtig. 

FEISZTETE,  f  pingueda.  ahd.  fei/,tida?  ergibt  sich  aus  dem 
Wortspiel  folgender  .tielle  nicht  deutlich  genug:  comelen  machen 
viel  propheleii  und  sagen  all  von  tüdten  {deuten  auf  krieg 
und  sterben),  comede  meio  feisleten  (feiszlcle).  Fischaht 
groszm.  25. 

FEISZTMEIT.  f  pinguedo. 

FEISZTIIIItSCII,  m. 

FEISZTKJ,  pinguü,  ojmnus,  nitidus:  wan  du  dich  selbs  /li 
gnind  wol  erkantst,  was  du  werest  und  noch  werden  iiiiisl, 
80  .  .  .  hellest  nit  so  vil  groszer  not,  wie  du  dich  zierte«! 
und  diucn  lib  feis/.lig  und  gelrungen  und  drilschlechl  (?  Iriil- 
scbelichl)  geinachlesl  und  dich  selber  also  zart  hieltest. 
Keisersbirg  bilijer  I4S*. 

FEISZTKJKEJT, /:  pinguedo,  adeps:  die  feiszligkei«  der  Ibi.  i. 
die  auf  dein  berg  wartien  geineslel  vom  daw.  ward  geopfert 
in    Icinpcl.    InA.Nk  weltb.  \;^' ;    weil   die  fcisitigkeil,   welche 


1473 


FEISZTIN  —  FEIZELWERK 


FEIZEN— FELD 


1474 


I 


zum  brennen  (auglich  ist,  nicht  minder  wann  sie  verlosclien 
und  ausgeworfen  ist,  die  trächtigkeit  der  feider  verursacht. 
Opitz  1,30; 

danimb  auch  die  gewalt  der  glut  nicht  länger  wehret, 
als  diese  feisztipkeit  {der  lara),  die  oftmals  wie  ein  üust 
sich  aus  der  tiefen  kluft  mit  brausen  heben  musz.    1,  43; 
die  weiche  feisziiglseit  lief  Ton  den  hüAen  hin.    1, 194  i200). 
FEISZTIN,  n.    l)  pinguedo,  adeps. 

2)  sagina,  pabulum,  wofür  schon  ahd.  veijtin  (Gbaff  3.  739). 
auch  der  alle  druck  Mege.\bergs  ton  14S2  schreibt  veisziin  in 
folgenden  stellen  der  ausgäbe  Pfeifers,  velche  vaijten  setzen:  ain 
iegleich  tier,  da;  vii  ünslits  hat  und  vaizten,  dag  hat  vil 
markes.  22,  20;  wan  diu  hitz  mag  in  den  painen  niht  vaigten 
gemachen  noch  enmag  daj  mark  verzern.  22,  23 ;  des  flaischs 
Taijten  ist  pei  dem  nabel  und  pei  den  lenden.  23,15;  des 
lewen  vaijten  ist  der  vergift  widerwärtig.  144, 17 ;  wenn  sich 
ain  mensch  salhet  mit  wein  und  mit  des  lewen  vaijten,  so 
verjagt  ej  aliiu  tier  von  im.  144, 18 ;  sein  vaijten  ist  haijer 
wan  kains  andern  liers  vaijten.  144, 19 ;  des  lewen  vaijten 
mit  rosenöl  gemischt  behüet  des  menschen  antliitz  vor  flecken. 
144,23.  der  spätere  Selter  s.  4  Mit  faisztin  fest:  nimb  das 
schmalz  oder  faisztin  oben  ab;  wird  man  mit  feisztin  über- 
laden, so  bringts  neben  anderm,  das  der  mensch  trag,  un- 
taugeniich  zur  arbeit  und  wandern  ist.  Wirslsg  arznäb.  538. 

3)  zeit  der  hirschjagd :  hirsz  suochen  in  der  faisztin.  Maximi- 
lians jagdb.  57. 

FEISZTKÖPFIG,  crasso  capite  deformis:  woleiteler,  feiszt- 
köpfiger  Hanswurst.    Riexers  reime  dich  s.  L 

FEISZTLECHT.  subpinguis.    Maaler  133*. 

FEISZTLECHTIG,  dasselbe :  ein  weiszer  saft,  der  auch  etwas 
feiszilechlig  und  gar  dick.    Thurneisser  in/?,  mrk.  63. 

FEIX,  m.  schon  oben  sp.  1225  unter  fachs  aufgeführt,  fordert 
hier  noch  genaueren  nachweis.  die  bedeutungen  spaszvogel  und 
blödsinniger  scheinen  ettca  so  zu  einigen,  dasz  ersleres  den  spot- 
tenden, hohnenden,  letzteres  den  verspotteten,  verhöhnten  ausdrückte, 
in  der  süddeutschen  Volkssprache  von  Baiern,  Tirol.  Kärnten  (From- 
iiANN  2, 341)  gilt  das  Kort  vom  krelin,  der  mit  andern  namen 
tölpel,  trotte!,  sloren.  trjap,  böhm.  traup  heiszt.  gutmütiger  ist 
die  anvendung  auf  einen  unerfahrnen  Stubenhocker  oder  äpfel- 
braler,  der  zuerst  in  die  weit  tritt,  zumal  auf  den  angehenden 
Studenten  und  vielleicht  ist  das  spätere  fuchs  niciä  aus  vulpecula 
zu  deuten,  sondern  aus  feix  verdreht,  belege  aus  dem  16  jA.  sind 
noch  nicht  an  tag  getreten,  der  frühste  erscheint  in  der  Zi.ncgrefs 
schulbossen  162S  angehängten  ajtologia  s.  13:  es  gieng  ein  veix 
mit  etlichen  studiosis  spatzieren,  da  begegnet  ihnen  einer, 
der  zog  den  hut  vor  ihnen  ab.  der  veix,  als  er  sähe,  dasz 
es  sein  bekannter  war,  und  die  andern  studiosi  auch  die 
hüt  wieder  abzogen,  sprach  er  zu  ihnen,  'ei  die  herren  lassen 
nur  sitzen,  die  ehr  geschieht  mir',  bei  Philander  (zuerst  1643) 
heiszt  es  1,  427.  42S:  andere  (studenlen)  sähe  ich  blinzelnd 
herumb  schwärmen,  als  ob  es  im  Unstern  wäre,  trugen  jeder 
einen  bloszen  degen  in  der  faust,  haweten  in  die  steine, 
dasz  es  funkelte  .  .  .  stürmeten  mit  steinen,  brüglen  und 
knülteln  nach  den  fenstern,  und  'heraus  pennal !  heraus 
feix!  heraus  bech!  heraus  raup!  heraus  schurk!  heraus 
ölberger ! '  ztcei  stellen  in  Weises  erznarren  gehen  nicht  auf 
Studenten:  ein  ander,  der  sich  etliche  jähre  in  fremden  län- 
dem  versucht  hat,  kann  leicht  darthun,  dasz  er  kein  haus- 
veix  sei,  aber  so  ein  mensch,  mit  dem  es  etwas  geschwinde 
zugegangen,  möcht  sich  leicht  unter  den  äpfelbratern  ver- 
lieren, s.  205 ;  aber  wie  kommt  der  hausfux  darzu,  dasz  er 
sich  in  allem  mit  dem  valer  vergleichen  will?  s.  239.  dieses 
hausfux  =  hausfeix  kann  die  vorhin  ausgesprochne  Vermutung 
bestätigen,  die  ausg.  1G79  s.  212  liest  gleichfalls  hausfeix,  vo 
fex  einen  spaszvogel  bedeutet,  musz  es  mit  fachse,  faxe  (sp.  1225. 
13«t5)  zusammenhängen,  möglicherweise  selbst  mit  fause  (sp.  1378). 
s.  das  folgende. 

FEIXEN,  risum  reprimendo,  os  torquendo  eavillari,  dumm,  grin- 
send lachen:  'wirklich!'  gab  Krook  mit  feixendem  gesiebt  zur 
antwort.  'und  dann'  setzte  er  flüsternd  und  feixend  hinzu. 
Boz  BlealJiaus  übers,  ron  SeiW.  3,  32.  33 ;  aus  dem  kreis  schlug 
ihn  nun  einer  mit  der  flachen  band  so  derb  wie  irgend  mög- 
lich, indem  er  nach  dem  schlag  rasch  zu  den  halb  feixenden, 
halb  auflachenden  zuschaticrn  zunick  sprang.  Gerstäcker  in 
den  hausblättern  185S.  2, 12S;  so  wie  er  herumfuhr,  sah  er  nur 
eine  gleichförmige  reihe  feixender  gesiebter  um  sich.   2, 130. 

FEIZELWERK,  opus  supererogalum :  wann  ihrs  ewern  wci- 
bern  des  nachts  dreimal  oder  zum  höchsten  viermal  thut, 
IIL 


so  laszts  bleiben,  was  ihr  darüber  thut,  das  ist  zu  viel,  und 
feitzelwerk  (narrenuerk?)    Melasder  jocoseria  2  n'  52S. 

FEIZEN,  gleichviel  mit  feixen?  Karl:  ich  habe  dir  einen 
dummen  streich  gemacht.  Toffel:  hm!  es  ist  wol  nicht  der 
erste?  Emilie:  hör,  junge,  lerne  respect,  wenn  du  mit  unser 
einem  sprichst!  das  feizen  ist  mir  in  tod  zuwider!  Weiszb 
kinderfr.  4,108. 

FELBE,  f.  m.  salix,  veide,  für  felwe  (wie  fall),  gelb  aus 
falwe,  gelwe),  ahd.  fCiawa,  felewa  (Graff  3, 518).  also  goth. 
filva,  welches  1  sich  noch  heute  im  Ortsnamen  Vilbel  an  der  Jsidda 
bewahrt  hat,  mhd.  velwe  m. 

da  stnont  ein  boum  sehrpn  unde  lanc, 

mit  estcn  michel  unde  breit. 

ej  was  ein  velwe,  so  man  seil, 

den  ougen  wol  le  lobene.    Ir.  kr.  21164; 

der  selbe  mortgitige  schale 

steic  üf  den  velweh  unde  clam.    241S.3, 

womit  jedoch  platanus,  ^^.aravtaros  (i/.  2,  310.  Or.mrf.  12,14) 
übertragen  wird,  wie  auch  Sprexg  //.  29'  ahoren  setzt.  Dasyp. 
214".  325'  hat  felb.  Stieler  463  felb,  felbe.  bei  Frisiüs  und 
Maaler  kommt  das  worl  nicht  vor.  ist  das  altn.  pill  m.  schw. 
pil  f.  dän.  piil  dasselbe  worl,  so  dauert  darin  eine  ältere  latä- 
slufe  fort,  die  sl.  Wörter  zeigen  r  für  I,  böhm.  vrba,  illyr.  verba, 
fioln.  wierzba.  ßnn.  balava  und  salava  stimmt  zwar  zu  salix, 
liefert  aber  auch  ein  beispiel  zu  den  berührungcn  zwischen  fund  h. 

FELBENSTOCK.  «j.  weidenstock:  und  boldrcnd  aber  si,  so 
si  die  felwenstöck  (holzbilder)  für  gött  lassend  heben  und  si 
mit   allem  vermögen  schirmend.    Zwixgli  2, 31. 

FELBENWEBER,  m.  weidenßechter ,  felbawcber.  Stetteü 
kunst  und  gewcrbgesch.  213. 

FELBER,  m.  weidenbaum,  salix  alba,  ahd.  fclawari,  fclwari, 
mhd.  völwaere,  velwer,  heule  felber  in  Baiern  und  Schwaben. 
Hemsch  1056.5.  es  gibt  ein  schönes  kampflied  zwischen  buchs- 
baum  und  felber,  worin  dieser  den  sieg  davon  trägt  (Uhlasd 
30 — 34) ;  die  felber  oder  weidenköpf,  ie  mer  man  sie  hat  ah- 
kopt,  ie  dicker  sind  sie  wider  gewachsen.  Frank  paradoxa 
138' ;  felber  stecken,  salicem  pampinare.  Hemsch  1056, 14 ;  ge- 
setzter zamer  felber,  salix  sativa,  wilder  felber,  salix  erratica. 
38 ;  hingegen  soll  in  dem  garten  (der  königlein)  kein  wasser- 
baum,  als  weiden,  felber,  albern  stehen.    Hohberg  1,65'; 

siehe  dem  weidicht 
wehte  wie  silber  das  laub  krausköpfiger  felber  im  mondschein, 
über  dem  bildenden  teich.  Voss  2, 196. 

FELBERB.\UM.  wi.  weidenbaum. 

FELBERHOLZ,  n.    vier  unz  kolcn  aus  felberholz  gebrant. 

SErTER    304. 

FELBERLEIN,  n.  salix  humilior,  klein  felber. 

FELBERX,  salignus.mhd.  vilwin.  velwerin :  hurten  (zur dörrung 
des  Obstes)  werden  von  felbern  ruthen  geflochten.  Hohberg  1, 6!*; 
von  felbernen  weiden  geflochtner  korb.  1,  602'. 

FELBERREUSE,  f.  nassa  saligna.  1, 120.' 

FELBERRINDE,  /.  cortex  Salicis:  felberrinde  zum  pelzen- 
sammeln. 1. 114*. 

FELBERWEIDE,  f.  salix  alba. 

FELBINGER,  m.  salix:  weiden  oder  felbinger  heiszt  bei 
den  Griechen  iria,  bei  den  lateinischen  salix.  Loxicercs 
kreuterb.  41 ;  von  anderm  gebrauch  mehr  der  weiden  und  fel- 
binger, wie  auch  vom  buchsbaum  weisz  jederman  zu  singen 
und  sagen.  42*.    gemeint  ist  jenes  streitlied  zwischen  beiden  bäumen  : 

der  buchsbaum  sprach,  bist  du  so  grecht, 

so  bist  mein  herr  und  ich  dein  Knecht, 

der  sach  gib  ich  dir  aller  recht, 

das  spil  hast  du  gewunnen. 

doch  bleib  ich  grün  winter  und  summer.    Uhla:»d  34. 

eine  parodie  war  der  geistliche  felbinger.    Garg.  5. 

FELCHE,  f.    Garg.  56*.     siehe  belebe  1, 1439. 

FELD,  n.  ager,  campus  (pl.  feider,  selten  felde),  ahd.  feld 
(pl.  feld  und  ftidir),  mhd.  velt,  vüldes,  alU:.  feld,  nnl.  veld, 
fries.  fäld,  field,  ags.  feld,  m.  pl.  feldas,  engl,  field,  langob. 
feld  (in  campis  patenlihus,  qui  sermone  barbarico  feld  appcl- 
lantur.  P.  Diac.  1,20).  golL  fil})?  in  den  bruchstücken  steht 
kein  rtiSov  oder  rteBiov  (nur  Luc.  6. 17  ^-t*  tÖtiov  tisSu-ov, 
in  Stada  ibnamma),  vaggs  bezeichnet  den  paradiesgarten,  wie  ahd. 
wanc  in  viel  Ortsnamen  ersclieint.  altn.  gilt  für  campus  vängr, 
hingegen  fiall,  das  aus  fial}),  goth.  fil|),  wie  gull  aus  gul})  her- 
vorgegangen sein  musz.  bedeutet  mons,  rupcs,  schw.  fjiill,  dän. 
Geld  gleichfalls  rupes,  denn  schw.  fält,  dän.  feit  campus  wurden 
erst  später  aus  dem  nhd.  entlehnt,  die  abstehende  bedeutung  vions 
und   campus  kann  den  anklang  der  formen  nicht  außeben  und 

93 


1475 


FELD 


FELD 


1476 


icird  höhere  einigung  sulassen:  als  gegensatz  zum  geträsser  ist 
auch  das  gebirgc  ein  gelilde. 

sundchsl  liegt,  für  die  geschichte  untrer  spräche  bedeutsam,  das 
finn.  pelto  gen.  pellon,  agir,  esln.  pöld  gen.  püllo,  tapp,  paldo, 
baldo,  ungr.  föld,  mit  der  in  dieser  spräche  üblichen  fuvL^chic- 
bung  des  consunants  und  der  bedculung  terra,  umsomchr  an  alts. 
folda,  ayt.  alln.  föld  f.  terra  stoszend,  da  die  begriffe  land, 
erde,  boden,  feld  in  einander  rinnen. 

allen  sl.  sprachen  eigen  ist  das  offenbar  verwandte  n.  pole 
{serb.  illyr.  poljc)  feld,  ohne  lingualauslaut. 

so  weit  sich  dies  wort  erstrecJcl,  liegt  seine  ahkunß  im  dunkel, 
darf  man  gr.  rxtdov  und  TtsSiov  anschlagen,  die  gerade  wie 
pole  und  polje  neben  einander  stehn?  d  und  1  lauschen  oft, 
doch  2,  209  glich  tisSov  unserm  bodcn  und  gehörte  zu  ttov», 
vgl.  slir.  pada,  pes,  gressus  tmd  regio,  so  dasz  TiiSov  das  be- 
tretene land  wäre,  im  lalein  müste  man  den  anluut  von  jilnnus 
und  planilies  herbeiziehen,  oder  hilft  pello  pcpuli  die  wurzel  von 
feld  erschlieszen?  feld  hiesze  das  land  auf  das,  über  das  ge- 
trieben wird,  die  trift,  ganz  wie  ager  zu  agere  gehört,  und  expellere 
ist  austreiben,  aus  dem  land  jagen,  an  pellere  wurde  sp.  1278 
bei  fallen  erinnert,  weder  fallen  noch  fixUcn  leiten  über  auf 
feld,  doch  will  es  Fbisch  aus  dem  fallen  der  bäume  erklären. 
dem  sl.  pole  unmittelbar  nah  findet  sich  pol,  pfil  dimidius,  finn. 
puoli,  ungr.  fei,  aus  der  Vorstellung  halb  entspringt  die  von  pars, 
latus,  regio;  wie  abd.  halba  regio  ausdrückt,  könnte  aucli  pole 
aus  pol  hervorgegangen  sein,  berührung  mit  fels,  rupes,  dessen 
sinn  ganz  in  den  des  nord.  fiall  reicht,  scheint  nicht  abzulehnen. 
alle  diese  ableilungen  bleiben  noch  höchst  zivcifelhaft. 

hallen  wir  uns  an  die  bedeutungen. 

1)  erde  und  land  sind  allgemeine  namen,  die  berg  und  thal, 
wald  und  mark,  beide  und  feld  umfassen,  heide  und  feld  sind 
uns  die  sich  ausdehnende  ebene  im  gegensalz  zu  gebirge  und  wald: 

ze  velde  und  niht  ze  walde.    Walther  35,22; 

obgleich  im  walde  seWsl  auch  wieder  ein  feld  gelegen  sein  kann: 
zcinem  velde  in  dem  walde.    Parz.  124,24. 

unter  heide  wird  die  w'dde,  unangebaute  ebene,  unter  feld  die 
bebaute  verstanden  (mehr  unter  heide).  feld  und  acker  scheinen 
fast  gleichviel,  sie  liegen  um  die  Wohnungen  der  menschen,  um 
dürfer  und  städle  lierum,  als  betriebener,  bcweideler,  bebauter  boden. 
das  feld  kann  angebaut  (gepflügt  und  gegraben)  werden  oder  un- 
gebaut als  wiese  gemäht  und  geweidet,  auf  die  heide  fährt  kein 
pflüg  und  wird  kein  rind  getrieben,  pflugfeld,  arrum,  ist  ein 
engerer  begrif  aber  auch  land  nimmt  zuweilen  die  Vorstellung 
des  feldes  und  ackers  an,  feldbaii,  ackerhaii,  landbaii  werden 
gleichbedeutig,  bauer  ist  nicht  blosz  landcinwohner  sondern  auch 
iandhauer,  feldbauer,  ackeibauer.  im  engsten  sinn  bezeichnet 
ackerer,  ackermann  den  pflüger.  was  uns  über  feld  sein,  über 
feld  gehn,  über  land  gelin,  böhm.  pies  pole  gjli,  hicsz  lat. 
peregre  esse,  Ire,  abire,  peregrinari,  in  die  weite  weit,  niemand 
füldl,  dasz  in  pilgriin  das  wort  ager  steckt,  ager  romanus  war 
das  römische  gebiet  in  aller  ausdchnung.  unser  über  feld  (her- 
nach unter  5)  ist  fast  weniger  als  über  beide  l^ib.  804,  3)  oder 
über  land.  über  feld  weben  bedeutet  schweizerisch  an  einem 
andern  (nahen)  orte  weben,  als  man  wohnt,  zur  wcbstälte  über 
feld  gehen  müssen.  Tobi.er  l'O'.  doch  heiszl  es  auch:  wer 
liegen  (lügen)  will,  der  liege  fern  her  und  über  feld.  Dryandeiis 
rorr.  zu  H.  Stauen  5.  9:{,  weil  ilim  dann  niemand  nachgehn  und 
die  Wahrheit  erkunden  kann. 

2)  dem  berg  steht  eigentlidi  das  tlia!  entgegen,  nicht  das  feld 
an  sich,  sondern  die  in  der  niederung  fortlaufende  ebene;  ein- 
lelne  felder  können  auch  am  gebirg  in  die  höhe  reichen  und  der 
bergmann  hebzt  glciclifalls  ein  feldbauer.  der  anschauung  des 
allen  nordens,  dessen  alpcn  von  riesen  bewohnt  waren,  muste  aber 
das  gcfilde  zum  gebirge,  das  feld  zum  berge  werden,  feld 
und  liall  änd  nolhwendig  dasselbe  wort,  uns  geht  die  bedeutung 
mons,  dem  norden  die  von  oijrr  ab,  wiewol  Lapjien  und  Finnen 
letztere  fesllialten.  die  mithin  als  älter  der  nordisclien  zum  gründe 
liegt,  was  wir  feldbaiicr.  agricola  nennen,  entspricht  wörtlich  dem 
alln.  ausdruck  fiallbAi,  dän.  fleldbo,  rupicola,  monltcola.  unser 
gegensalt  von  feld  und  berg  klingt  dem  Scandinaven  den  Worten 
nach,  welche  beide  üim  gleichviel  bedeuten,  unverständlich,  man 
vgL  feU. 

9)  insofern  feld  und  acker  dem  baus  und  heim  gegenüber 
$Ukt»,  nehmen  tie  wiederum  jene  vorstelluHg  der  hrhk  an  und 
buädmtM  äa$  wilde,  grobe,  bihiritdi»,  wie  wir  an  Ay()ioi  und 
■graatis  ack».  tn  pftanunnamen  wie  ackerrOachen,  feldrüsciien, 
hcMcrOaellMI  drückt  nch  das  wildwachsende  im  gegensatz  zur 
Pfßtf/ln  gartenblume  au*,    rä  n^iva  lov  ny^ov,  tov  xÖqtov 


rov  ay^ov  Matlh.  6,  28.  30  verdeutsciU  Ulfilas  blimans  haijijös, 
}iata  havi  hai[)jös,  der  ahd.  Übersetzer  tbes  accares  liüa,  thaj 
gras  iheä  accares,  rfer  agn.  iiceres  lilian,  Sceres  veod,  der 
norlhumbri.'iche  |)a  vyrl  londes,  loiides  gers,  Lütheii  die  lilien 
auf  dem  felde,  das  gras  auf  dem  feldc,  so  dasz  in  diesen 
stellen  heide,  acker,  land,  feld  ganz  überein  stimmen,  das  ahd. 
und  ags.  folgten  der  vulgata,  Vltilks  und  Lvther  dem  gr.  oriiiinal ; 
tim  noch  einige  bibeln  zu  vergleichen,  das  polnische  liliom  polnyni, 
traw^  polna,  das  serbisclie  na  liljane  u  polju,  travu  po  polju 
gründen  sich  auf  Luthers  deutschen  teil,  denn  die  vulg.  halle 
den  Polen  eher  auf  role  als  auf  pole  geleitet,  unleugbar  ver- 
wenden wir  heute  feld  viel  hditfiger  als  es  die  ältere  spräche  Ihat. 

4)  feld,  ackerfeld,  ager  cultus :  mich  dauchte,  wir  bunden 
garben  auf  dem  felde.  1  Mos.  37,  7 ;  was  für  speise  auf  dem 
felde  einer  igliiben  stad  uuibher  wucb«,  das  tbaten  sie  hinein. 
41, 4S;  sihe  da  habt  ir  sanien  und  beseel  das  feld.  47,23; 
das  du  sechs  jar  dein  feld  beseest.  3  Mos.  2.i,  3 ;  sie  gieng 
hin,  kam  und  las  den  Schnittern  nach  auf  dem  felde.  Ruth 
2,3;  und  las  sie  auf  dem  felde  bis  zu  abend.  2,17;  darumb 
wird  Zion  wie  ein  feld  zupflüget.  Micha  3,12;  denn  es  war 
das  siebend  jar,  darin  man  die  felder  musle  fciren  lassen. 
1  Macc.  6,  49;  das  feld  schneiden,  engl,  reap  llie  field;  auf  dem 
felde  ist  schon  alles  gcernlet;  wie  schön  steht  die  frucbt  auf 
dem  felde;  das  gcircide  steht  noch  auf  dem  felde,  ist  noch 
nicht  geschnitten;  eine  lerche  flog  aus  dem  felde  empor; 

alle  felder  besorg  ich,  der  vater  waltet  ira  hause. 
GöTHK  40,  308. 

feld  ist  auch  die  ganze  flur,  der  inbcgrif  aller  Acker:  sonntag 
nachmittag  besieht  der  pächter  sein  feld.  wian  sagt  ein  fettes 
o(/er  mageres  feld,  ein  leimiges,  sandiges,  ein  fruchtbares, 
ergibiges,  reiches,  edles  feld,  oft  auch  figürlich:  ein  Trucht- 
bares,  unfruchtbares  feld  bearbeiten,  bestellen,  misl  aufs  feld 
führen,     feld  dient,  gleich  acker,  zum  masz: 

einls  äbiudis  gienc  her  einin  ganc 

nä  sinime  rosse  einis  veldis  lanc.    Anno  795. 

wozu  man  unten  feldweges  halte. 

5)  feld,  Campus,  ohne  bczug  auf  acker,  oft  auch  den  wald 
begreifend,  gegensatz  von  haus  und  heim,  er  ist  über  feld,  ist 
nicht  zu  hause,  ist  fort  (s.  vorhin  unter  1),  der  böte  lauft,  geht, 
steigt  über  feld  (2,272); 

mild,  unz  si  in  zuo  in  sähen 

dort  über  vclt  gäben,    itc.  7732; 

über  velt  gein  eiine  graben 

riien  si  so  nähen.    Parz.  601,22; 

daj  al  (\ai  velt  erdöj.    I\ib.  185, 1 ; 

beide  lant  unde  velt.    1318,4; 
nhd.    sölchs  musz  er  holen  über  feld.    Scdwarzenberg  120,2; 

gieng  im  entgegen  der  künig  von  Sodom  in  das  feld,  das 
königstal  heiszt.  i  Mos.  14,17;  gehe  aufs  feld  (vulg.  cgredere 
foras)  und  faho  mir  ein  wildbrel.  27, 3 ;  sihe  der  geruch 
mcius  sons  ist  wie  ein  geruch  des  feldes  (odor  agri  pleni). 
27,27;  das  es  hagele  über  menschen,  über  vieh  und  über 
alles  kraut  in  dem  feldc  (super  onmem  herbam  agri).  2  Mos. 
9,22;  wenn  man  einen  erschlagenen  findet  im  lande,  und 
ligt  im  felde  und  man  nicht  woisz  wer  in  geschlagen  hat. 
5  Mos.  21,1;  Asahel  aber  war  von  leichten  füszen  wie  ein 
rehe  auf  dem  felde  (quasi  unus  de  capreis,  qui  morantur  in 
silvis).  2  Snm.  2,16;  er  tichtcl  oder  hat  zu  schaffen,  oder 
ist  über  feld  (est  in  itinere).  1  kön.  18,  27 ;  aber  das  w  ild 
auf  dem  felde  im  Libanon  (bestiae  sallus)  lief  über  den  dorn- 
strauch.  2  kön.  14,  9 ;  dein  bund  wird  sein  mit  den  steinen 
auf  dem  felde.  Hiob  5,23;  denn  dein  law  ist  ein  taw  des 
grünen  feldes  (res  lucis  ros  luus).  Es.  26,19;  alle  thier  im 
felde  (bcstiac  saltuum)  halten  junge  unter  seinen  zweigen. 
Ei.  31, 0 ;  die  da  wonon,  beide  im  lande  alleine  und  auf 
dem  feldc  (habilantes  in  saitu).  3f(VAa7, 14;  feldein,  feldaus, 
per  campum,  vgl.  querfeldein,  das  feld  bat  äugen,  der  wald 
hat  obren,  von  der  nuiralischen  zur  sinnlichen  Überzeugung 
ist  es  nur  über  feld  (ein  kurzer  weg).    Hippel  0,  291. 

ü)  in  feld  haftet  anderemal  die  Vorstellung  des  freien,  weiten, 
rai/rn«  .• 

durch  feld  und  wohl  xu  schweifen.    Göthb  1,35; 
wie  n-ld  und  nu 
BO  blinkctiit  Im  ilmu !    1,88; 

du  wnndolst  Jt-iit  wol  »tili  und  mild 

durch  fcId  und  liebe«  tbal.    1,110; 

die  knabcn  spielen  im  feldc;  der  gefangne  ist  in«  freie  feld 
enlrunnco;   das  pfcrd  lauft  ins  feld  hinein;   und  las»e  dci) 


1477 


FELD 


FELD 


1478 


lebendigen  vogel  ins  frei  feld  fliegen  {vulg.  et  dimiUet  pas- 
serem Tivum  ut  in  agrum  avolet).  3  Mos.  14,  7 ;  auf  freiem 
felde  ein  schöner  Ölbaum.  Sir.  24,19;  auf  dem  freiem  feld 
athmel  der  birte,  der  landmann  reine  luft;  ins  freie  feld  auf 
einen  degen  zu  gast  laden,  herau!:fordern.  Simpl.  K.  380.  hieraus 
entspringen  häußg  ahslracle  redcnsarlen:  das  feld  ist  frei,  offen, 
steht  frei,  ungehemmt,  das  feld  ist  rein,  nichts  dazwischen,  kein 
horcher  da,  icir  können  dreist,  unbesorgt  reden: 

Jasz  meine  neider,  meine  feinde  nur 

gewähren  I  frei  und  offen  ist  das  feld.    Göthe  9,197; 

zur  unbedingten  freiheit  liesz  man  ihr, 

zu  jedem  kühnen  wagnis  ofnes  feld.    9,132; 

so  ist  das  feld  hier  reinl    Lksshg  2,275; 

das  feld  ist  rein.  Klixgeb  11,226;  nun  aber  {nach  Pftilinens 
abreise)  da  sie  (Mignon)  wieder  freies  feld  gewann,  trat  sie 
mit  aufmerksamkeit  und  liebe  hervor.  Gütbe  19,62;  blosz 
Liane  gab  ihrer  (liabeltens)  seele  und  zunge  freies  feld.  J.  P. 
Tit.  2, 181.     feld  bekommen,  räum,  luß  bekommen  : 

denn  so  hekam  der  röche  feld,  und  sie 
war  hin.  Lbssi^g  2,  257. 

das  feld  ist  weit,  die  sache  steht  weit  im  feld,  im  weiten 
feld:  Schuldwesen,  welches  zuvor  viel  jähre  in  der  irre  ge- 
gangen und  weit  im  feld  gestanden.  Schweimchen  3. 13 ;  ja, 
es  ist  noch  im  weiten  feld.  Grvphius  1,  726;  manigmal  spielet 
die  ungerechte  weit  eine  klare  sache,  welche  die  Türken  in 
einer  stunde  schlichten  würden ,  ins  lange  feld.  Scriveb 
seelensch.  2,355;  ins  lange  feld  spielen.  1,854; 

drei  jähr  ist  eine  Inirze  zeit, 

und  gott,  das  feld  ist  gar  zu  weit.    Göthe  12,99. 

blind  hinein  ins  feld  leben,  glauben,  schreiben,  unvorsichtig, 
ohne  die  äugen  recht  außuthun  und  ohne  zu  wissen  wohin,  blind 
zu:  ich  aber  gleichwol  das  feld  hinein  alles  gleubete.  Lcther 
8,35";  in  den  geneschigen  meulern  und  bierflegeln,  die  nur 
inn  tag  on  alle  sorge  blind  feld  hinein  leben.  Mathesius  2ä'; 
es  nemen  die  Schreiber  geld  und  schreiben  blind  feld  hin- 
ein, bis  sie  land  und  leut  in  einander  hetzen.  119';  blind 
ins  feld  hinein  gehen,  uie  ins  feuer. 

7)  feld  bedeutet  auch  zuweilen  boden,  zu  feld  gleich  dem  gr. 
TzäSorSe,  zu  boden,  niederwärts:  einen  zu  feld  strecken,  zu 
boden,  niederwerfen;  er  liegt  auf  dem  felde  erschlagen; 

ej  frumt  wol  siben  üfej  reit.    Parz.  362,30; 

das  feld  ist  von  regen  nasz  und  durchweicht,  mit  schnce 
bedeckt;  böhm.  pole  gsau  vSecka  snehem  za  padiä,  die  felder 
sind  ganz  überschneil; 

der  schnee  sich  legt  zu  felde.    Scbebfers  grobian  90, 

vas  doch  nach  8  heiszen  könnte,  kommt  mit  heeres  macht  ge- 
zogen; der  weg  führt  über  das  trockne,  harte  feld.  'das 
haar  zu  felde  schlagen',  feen,  fallen,  niederhdngen,  fliegen  lassen, 
pandere  crines:  es  stehet  den  weibern  sehr  wol  an,  wenn  sie 
die  haare  zu  felde  geschlagen  haben  . . .  giengen  die  Jung- 
frauen in  hären  und  hatten  sie  zu  felde  geschlagen,  wenn  man 
triumphiercte  oder  trawrete.  Luther /j>cAr.  1571,  48* ;  hingegen 
ward  Catfa  eine  alirunie,  hatte  ihre  kinder  mit  einem  erz- 
tcnen  gürtel  aufgeschürzet,  zu  felde  geschlagene  haare,  blosze 
arme  und  füsze.  Lohesstein  Ann.  2, 1644.  sagt  man  nicht 
auch  die  äugen  zu  felde,  zu  boden  schlagen,  niederschlagen? 

8)  sehr  häufig  bezieht  sich  feld.  gleich  dem  s/.  pole,  auf  kämpf 
und  krieg  und  ist  nicht  nur  das  Schlachtfeld,  campus  cerla- 
minis,  proelii,  sondern  überhaupt  das  feld,  in  das  ein  beer  zieht, 
in  dem  es  lagert,  das  lat.  campus  drückt  noch  nicht  casira  aus, 
wol  aber  das  it.  sp.  campo  beides  feld  und  lager,  die  fr.  sfiraehe 
unterscheidet  sogar  zwischen  champ  feld  und  camp  lagcr:  champ 
und  Champagne  {name  der  landsdiafl)  sind  natürlich  nach  der 
spräche  fortgeschobne  Wörter,  in  camp  und  campagne  haftet  die 
alte  tenuis.  ob  und  wie  schon  unser  ahd.  champfio,  chemphio, 
cliempho,  ags.  cempa,  altn.  kappi  mit  it.  campione,  fr.  champion 
eins  sei  zu  uniersuchen  fällt  nicht  hierher. 

a)  feld  des  kampfes  und  sieges, 

mhd.  da  gelobeten  si  dpn'champf 

zu  dem  braiten  velde.    Jlol.  304,2; 

wand  si  heten  df  da;  vclt 

beide  brahl  ir  übergelt.    Iw.  7(68; 

sin  herze  was  ze  velde  ein  burc.    Pari.  339,5; 

eine  menge  ton  schlachten  sind  nach  dem  feld  benannt,  z.  b,  die 
campi  catalaunici,  die  schlacht  ze  Raben  ftf  der  beide,  ftf 
der  breiten  beide,  das  serbische  kosovo  polje,  Amselfeld,    das 


feld  halten,  behalten,  behaupten,  aus  dem  feld  schlagen  gUl  ron 
dem  Sieger,  das  feld  verspielen,  verlieren,  riumcnrom  besiegten : 
daj  velt  gein  Überkraft  behaben.    Parz.  383,21; 

ergreifet  den  hämisch  gottes,  auf  das  ir,  wenn  das  böse 
stündlin  kompt,  widerstand  thun  und  das  feld  behalten  müget. 
Eplies.  5, 13 ; 

und  ist  kein  ander  gott, 

das  feld  musz  er  bebalten; 

das  feld  behalten.  Littber  5, 139' ;  also  behielt  Ungerechtig- 
keit das  feld  und  ward  die  warheit  auf  den  straszen  nider- 
geschlagen.  6,323'; 

er  musz  sein  ein  starker  held, 

der  gegen  dem  tod  behält  das  feld.    Hi^isch  1057,50; 

schreit  ihr  jungen,  ruft  ihr  alten, 

zweimal  hat  das  feld  bebalten 

gott  und  unser  held  August.    FLsmc  293; 

dein  vater,  theurer  graf,  erhielt  viel  sieg  und  feld, 

sein  schatten  wird  verzcibn,  du  bist  ein  gröszrer  held. 

Gc?<THER  724; 

mein  fusz  vergasz  die  flucht,  wenn  es  zum  laufen  kam 

und  das  verspielte  feld  in  unserm  blute  schwamm.    988; 

das  Vorspiel  ward  hierauf  von  neuem  vorgestellt, 

und  UDsre  Neuberin  behielt  den  sieg,  das  feld. 

Rost  das  vorspiet  89; 

es  fehlt  an  votk,  er  kann  das  feld  nicht  halten.    ScHaLSi  431*; 

die  mädchen  behalten  das  feld.  Göthe  14,  54 ;  das  feld  räumen, 
weichen,  loco  ccdere,  rgl.  e;  rümen,  es  räumen  sp.  IIIS.  feld 
geben,  weichen,  platz  machen,  zu  felde  blasen,  trompeten, 
Signum  tuba  dare; 

eh  Mars  zu  felde  blies.    Opm  2,60; 

zweimal  bat  unser  feld  geschlagen  er  darnieder, 

pose  due  voltc  ii  nostro  campo  in  rotta. 

Werders  ^r.  9,30; 
und  der  die  unsern  hat  erlegt,  der  eine  held, 
der  hett  erschlagen  auch  allein  dein  ganzes  feld, 
wann  er  nur  vollends  wei*anher  ins  lager  kommen.    14,9. 

b)  feld,  auf  welchem  man  dem  feind  entgegen  zieht,  feld  des 
heerzugs,  des  lagers;  ins  feld  gehn  oder  ziehn  kann  xiear 
heiszen  in  die  schlacht,  aber  auch  blosz  den  heerzug  untemäimen, 
in  den  krieg  ausziehen,  zu  felde  liegen: 

mhd.  dö  sach  er  her  da;  gröje,  da;  üf  dem  velde  lac. 

Nib.  180,1, 

das  sich  auf  das  feld  gelagert  halte;  also  hJt  dgr  selbe  kunec 
eines  tages  siniu  her  gesamenot  und  leget  sich  ze  Ti5lde 
wider  dem  volke  von  Israel.    Grieshaber  2, 112 ; 

d6  sluogens  üf  ir  gezclt 

vür  die  burc  an  da;  v€lt. 

da  lägen  si  durch  ir  gemach.    Iie.  306S; 

nhd.  Joab  mein  herr  und  meines  herrn  knechte  ligen  zu 
felde  (vulg.  super  faciem  terrae  manent,  d.  i.  schlafen  im  lager 
auf  dem  harten  felde).  2Sam.  11,11;  er  hat  so  vil  volks,  das 
sein  here  zwu  welscher  meilen  breit  felds  bedarf.  Fierabras 
Gl;  ist  gar  kein  statt  noch  dorf  darin,  sunder  das  volk 
snmmer  und  winter  zu-  feld  in  gezelten  liget.  Frank  weltb. 
95';  als  der  sich  ins  feld  rüsten  wil  wider  der  pafriarchen 
kinder.  MATnESics  9";  das  feld  verrücken,  anders  lagern; 

so  lieg  ich  stets  mit  mir  und  wider  mich  zu  felde, 
verkaufe  mich  mir  selbst  mit  meinem  eignen  gelde. 

Fleming  105; 
ich  bin  ein  mann  ins  feld,  mein  kühner  muth  ist  grosz.    111; 
man  fühlt  nicht,  dasz  man  stirbt,  das  feld  ist  unser  bette.    111 ; 
auf  auf,  cameraden,  aufs  pferd,  aufs  pferd, 
ins  feld,  in  die  freiheit  gezogen! 
im  felde  da  ist  der  mann  noch  was  wcrth, 
da  wird  das  herz  noch  gewogen.    Schiller  330*: 

Eduarden,  wie  er  nun  auch  mit  entbehren  und  beschwerde 
auf  ungebahnten  straszen  hinziehe,  mit  gcfahr  und  noth  zu 
felde  liege  {zu  kämpfen  habe).  Gütbe  17,  321.  das  beer  liegt 
schon  drei  jähre  im  feld,  der  soldat  hat  zehn  jähre  im  feld 
gedient,  taugt  nicht  mehr  im  feld  {zum  kriege);  so  wolt  ich 
mit  gottes  gnade  im  feld  noch  irgend  so  gut  sein  {kriegs- 
dienste  leisten).  Götz  ton  Berl.  lebensb.  81.  ein  starkes  hccr 
ins  feld  stellen ;  die  freien  Städte  hatten  nach  Verhältnis 
wenig  leute  ins  feld  zu  stellen;  die  mannschafl  erschien  erst 
spät  im  felde.  ein  feld  machen,  einen  kriegerischen  auszug 
unternehmen.    Schnid  schwäb.  «b.  188. 

9)  da  die  Vorstellung  der  fläche  und  ebenheit  auch  ron  dem 
stillen,  unbewegten  meer  gilt  und  selbst  aequor  ron  aequus  ge- 
bildet wird,  so  versieht  es  sich,  dasz  wiederum  feld  auf  das  meer 
anwendurig  leide: 

93* 


1479 


FELD  — FELDANGER 


des  meercs  Llawes  fcld.    Opitz  1, 3S7 ; 

wer  das  grüne  kryslalleiie  feld 

pllügt  mii  des  scliifres  eileudem  kiele.    Schiller  497S 

pOugt,  wie  lat.  aeqiior  arare  gesagt  wird  und  die  äliren  des 
ackers  gleich  den  wellen  wogen,  ein  feld  2^  aucli  die  fläcltc  des 
eises,  im  nördlichen  meer  sind  grosze  eisfelder; 

er  schreitet  verwegen 

auf  rehiern  von  eis.    Schiller  51C^ 

10)  feld  isl  das  vom  bergmann  gcbaiUe  fcld,  wie  sclion  das 
mild,  gedieht  vovi  feldbaucr  lehrt,  das  fcld  heiszl  verfahren, 
verschroten,  verritzt,  wenn  es  schon  mit  strecken  gcöfnct  und 
das  erz  bereits  ausgehaiien  ist,  unerschroten,  unverritzt,  wenn 
noch  keine  arbeit  geschalt  und  kein  erz  herausgenommen  wurde. 
das  feld  wird  gestreckt,  wenn  man  sagt,  wo  die  fundgrube  hin- 
gelegt werden  soll,  vermessen  oder  verschnürt,  wenn  bestimmt 
wird,  wie  weit  sich  sein  gang  zu  erstrecken  habe,  das  fcld  furt- 
tragen lieiszt  es  gleichsam  in  einen  kober  fassen,  an  einen  andern 
ort  sciiaffen  und  allda  kübel  und  seil  einwerfen,  wer  den  gang 
zuerst  erfunden  und  niciU  wieder  ins  freie  hat  kommen  lassen, 
der  ist  der  ältere  im  feld.  das  feld  wird  angebaut  und  ab- 
gebaut, aufgefahren  und  gesperrt,  in  das  feld  gehen  heiszt 
ins  weite  arbeiten,  einem  andern  ins  feld  kommen,  in  ein  fremdes 
gebiet  einbauen,  feld  vor  sich  haben,  in  das  feld  vorrücken. 
ScHELCiiENSTCEL  74.  der  magnct  zeiget,  wo  ein  bergmann 
im  felde  ist.    Mathesius  144*. 

11)  felder  sind  abgetheilte,  umschlossene  flächen  in  wänden, 
thüren,  zuisdien  den  seiden  und  balken,  dann  auf  scitild  und 
Wappen,  zumal  auf  der  schachlafel :  ein  goldner  adler  im  rothcn, 
ein  silberner  lüwe  im  blauen  felde;  ein  gevierter  schild,  in 
dessen  erstem  felde  eine  Fama.  Gkyphius  l,  827.  das  feld 
des  gemähldes  oder  die  furbe  zwischen  den  figuren.  Win- 
KELJiANN  3,  252.  das  spielbret,  schachbret  hat  64  felder:  das 
feld  des  königs,  der  künigin ; 

sie  schickten  sich  nach  hd^se  schon  zu  gehn, 
da  muste  Tristan  innen  an  der  wand 
von  ungefähr  ein  schactibrel  hängen  sehn, 
an  welchem  zierlich  leider  so  wie  rand 
wol  eingelegt  von  glattem  holze  stelin. 

A.  W.  Schlegel  1,132. 

der  breite  Iheil  eines  kammes,  über  und  zwisclien  den  zahnen, 
heiszt  das  feld,  desgleichen  eine  gerade  linie  der  Orgelpfeifen,  die 
durch  hölzerne  unterschiede  von  andern  gesondert  ist.  bei  den 
böUichcrn  ist  feld  der  freie  räum  eines  fasses  zwischen  den  bin- 
dern oder  reifen,  man  sagt  aber  auch:  das  feld  des  himmels. 
Kam  8,  255 ;  das  grenzenlose  feld  des  Weltraums.  8,  316. 
s.  feldung  2.  feld  init  dem  gen.  wegs  verbunden  driiclU  Stadium 
aus.     $.  unter  feldweg. 

12)  figürlich  wird  auch  das  menschliche  wissen  in  felder  ge- 
theill:  er  isl  auf  allen  feldern,  in  allen  fächern  bewandert; 
das  ist  nicht  mein  feld,  schlägt  nicht  in  mein  feld  ein,  böhm. 
to  nenj  nie  pole;  da  ist  er  ganz  auf  seinem  felde;  aber 
lassen  mich  nur  erst  in  mein  feld  kommen;  die  principien 
gehören  Jiicht  in  unser  feld  der  Untersuchung.  Kam  2,166; 
eine  disciplin,  welche  der  speculativen  Vernunft  in  diesem 
felde  (der  psychologie)  grenzen  setzt.  2, 322 ;  wie  sehr  sich 
auch  der  bildende  künsiler  bemüht  witz  zu  zeigen,  so  ist  er 
doch  niemals  dabei  auf  seinem  feld.  Göthe  15,274;  hier  ist 
Lotbario  in  seinem  felde.  23,15t,  wie  sonst  auf  seinem  platz, 
auf  seiner  stelle. 

13)  Sprichwort,  ein  feld  voll  leufel,  voll  gift  und  zorn:  meine 
frau  sähe  wie  ein  feld  voll  tcufel  aus.  che  eines  mannes  177. 
vgl.  feldleiifcl. 

14)  ioMlose  Ortsnamen  sind  mit  feld  lusammengeselzt  (FonsTE- 
«ANN  2.  489  -  92),  deren  deutung  reiche  aufsclüüsse  gewdlirt. 

FELD.VBTHEILL'NG,  f  divisw  camporum: 

nieroali  wußten  sie  da  von  ungliickselieero  hader, 

noch  von  der  feldabthcilung,  der  z&nidscheu,   noch  von  ge- 

türomel, 
einfach  lebete  man.    YoiS  Aralos  sternerscheinunijen  1U9. 

FFLDACKEH,  m.  ager  campestris.    Stieler  17. 

FKUIAFTKIIKÄFEII,  m.  meloe  proscarabaeus. 

FKLDALTAH,  m.  ara  campe$lris,  ein  tragbarer,  für  das 
kriegfiwrr. 

KKM)AMF,ISE,  f.  formica  campestris,  parvula. 

F^^I.I)AMI*FKI{,  m.  eine  ort  Sauerampfer. 

FELUANDOHN,  m.  dachyt. 

FKLDANEMONE,  f.  advnit. 

FLLbANGEK,  m.  j4rona%lisch  für  anger,  dat  t^ü  tchon  feld 
Mrulcl. 


FELDANGERWEIDE  — FELDDARM   1480 

FELDANGERWEIDE,  f  salix  incubacea,  mattenweide. 

FELDAPOTHEKE,  f  jharmacotheca  castrcnsis. 

FELÜAHBEIT,  f  opus  rusticum. 

FELDAKBEiTEK,  n».  agricola. 

FELDAHT,  f  agri  genus,  die  feldarten  wechseln  oder  halten. 

FELDABZT,  «i.  medicus  castrensis. 

FELDAUFSEHEB,  m.  agrorum  custos,  fiurscIiiUze. 

FKLDAUS,  s.  feldein. 

FELDBACII,  m.  rivus  campestris: 

wenn  der  mittag  bei  ihm  mit  schwülen  lüften  vorbeigeht, 
und  der  munneliicle  leldbach,  oder  die  summende  biene 
ihn  im  schatten  der  rauschenden  esche  zum  schluininer  ein- 
ladet.   Zachahiä  lagesieilen  .53. 
FELDBACHSTELZE,  f  alauda  pratensis. 
FELDBACKSTEIN,  m.  was  feldbrand. 
FELDBANNEK,  n.  signum  castrense. 

FELDBAU,  «1.  agriculttira:  der  veldbaw  oder  das  buch  von 
der  veldarbeil  .  .  .  ielz  newlich  durch  Michael  Herren  aus 
der  kricchischen  in  teutsche  sprach  vertolmelscht.  Slraszburg 
1545;  die  edle  Wissenschaft,  die  edle  kuast  des  feldbaues. 
GüTiiE  21,  209; 

schnell  verwandelte  sich  des  feldbaus  friedliche  rüstung 
nun  in  wehre,  da  trof  von  blute  gabel  und  sense.    4U,  293. 

FELDBAUEN,  agricultare.    voc.  14S2  ii  l'. 

FELDBAUER,  m.  l)  agricola,  vgl.  landbauer,  ahd.  lantpAwo 
colonus: 

arbeitsmann,  feldbaiier,  was  fehlt  dir  heute,  du  armer? 
dasz  du  dein  schwad  nicht  grade  hiiiabziehn  kannst,  wie  vor- 
dem wol.    Voss  Theulii:  10,1. 

2)  metallicus,  fossor,  mhd.  vellbftwa'rc.  Germania  1,  346. 
s.  feld  10. 

FELDBAUKUNDIG,  agriculturae  gnarus:  was  für  ein  her- 
licben  catalogum  königlicher  und  fürstlicher  feldbaukündiger 
Personen  könte  man  hie  einführen.    Seuiz  3*. 

FELDBAULICII,  ad  agriculturam  pertinens:  da  hat  er  sein 
gesprccli  von  feldbawlichen  saclien.    Garg.  183'. 

FELDBAUM,  m.  arbor  campi:  und  sollen  alle  feldbewme 
erfaren,  das  ich  der  herr  den  hohen  bawin  genidiiget  und 
den  nidrigen  bawm  erhöhet  habe.  Ez.  17,24;  und  machte, 
das  der  Libanon  umb  in  trawrele  und  alle  feldbewme  ver- 
dorreten  über  im.  31, 15. 

FELDBECKEB,  «i.  pistor  castrensis. 

FELDBECKEHEI,  f 

FELDBEERE,  f  rhamnus  calharticus. 

FELDBEET,  n.  porca,  area:  jetzt  soll  er  aus  dem  feldbcete 
des  landes  in  den  loh  und  treibkübel  der  Stadt,    i.  V.  ... 

FELDBESCHWEB,  labor  ruslicus: 

gewöhnt  sind  wir  von  Jugend  auf 

an  fcld  und  waldbeschwcr.    Bürger  112'. 

FELDBESTELLUISG,  f.  agrorum  cullus,  ackerbestellung. 

FELDBETT,  n.  leclus  castrensis,  bei  Stieleb  130  accubilum, 
ein  leichtes  bell,  das  sich  zusammenlegen  luszt. 

FELDBETTSTELLE,  f  dasselbe. 

FELDBEWOllNER,  m.  ruslicus,  landbeuohner.  Ki.ingeh  6,89. 

FELDBIENE,  f  apis  camjxstris,  wilde  biene,  ags.  feldbeo, 
engl,  iieldbee. 

FELDBINDE,  f  fascia  mililaris,  sciurfe,  echarp^,  poln.  szcrfa. 

FKLDBINSE,  /.  juncus  campestris. 

FELDBIRNE,  f  pirum  agrestc. 

FELDBISCHOF,  m.  in  campo  suspensus:  der  obgenanten 
künden  einer  wird  feldbischof  werden,  der  den  fürreisenden 
die  bcnediction  und  scgen  mit  den  füszcn  gibt.  Fiscuart 
graszm.  74.  bei  Kabelais:  un  des  susdits  sera  cette  annt^c 
fait  evesquc  des  champs,  donnant  la  benediciion  avec  Ics 
pieds  aux  passans.  eine  dJinliche  stelle  sp.  1080  unter  erzbischof, 
vgl.  auch  feldglocke. 

FELDBLUME,  f.  flos  campestris,  fiJldbluoma  unde  lilia. 
W.  13,10; 

die  scAnen  veltbluomcn 

wurden  alle  bluotvar.    Hol.  157,  I  ' 

FELDBOHNE,  f  vicia  faba. 

FELDBRAND,  in.  in  gcschicJiletcn  kaufen  ijriiriinniiT  ii-nm.yinn. 
gegensalz  zum  liülleiibrainl,  dem  in'  der  ziegclhutte  gebrannten 
dauertiaflern  Imckstein. 

FELDBREITE,  /.  eine  breite  tragbaren  feldei,  nd.  ein  kanip. 

FELDBRUCKE,  /■.  pons  campestris.  über  buch  oder  graben. 

FELDBUSCH,  in.  aligesondertes  buschwcrk  in  fddern. 

FELDCHEN,  n.  agellus. 

FELDCHIRIRGUS,  m.  chirurgus  castrensis. 

FLLDDARM,  m.  ccriulium  riscosum. 


1481    FELDDECKE  — FELDFLÜCHTIG 


FELDFLUR — FELDGESCHREI 


1482 


FELDDECKE,  f.  parapetasma,  im  wappen. 

FELDDIEB,  m.  qui  fruges  ruri  su/furalur.  auch  der  name 
eines  s])erliiigs,  fringilla  domeslica,  baumsperling. 

FELDDIEBEREL  f.  furla  quae  ruri  ßunt. 

FELDDIENSTBARKEIT,  f.  camtnerger.  ordn.  von  1521  24,1. 
152:5  1.  5. 

FELDDIETERICH,  m.  soldatenaxt.    Rädleix  275'. 

FELDDISTEL,  f.  scrralula  arrensis. 

FELDEIN,  adv.  in  campum:  feidein  feldauslaufen,  ferri per 
campos  el  vicos.    Stieler  10S5: 

und  lief  feldein  so  gar  veraagt 

als  liett  ihn  der  teufel  gejagt,    froschm.  Aaa2'; 

sonst  laufest  du  verrückt  und  sonder  witz  feldein.    Opitz  1, 363 ; 

halb  wütend  und  halb  zagend, 
besteigt  sie  schnell  ein  ros  und  sprengt  feldein. 

Gries  Tasso  befr.  Jer.  20, 117. 

FELDENGEL,  m.  lelrao  alchala. 
FELDENTE.  f.  otis  lelrax. 
FELDERDECKE,  f.  lacunar,  s.  felddecke. 
FELDEREI,  f.  rura,   gefilde,  campagne :    wurde  diese  wun- 
derscliüne  felderei  allenthalben  von  lustigen  wäldlein,  so  zu 
sagen,  umarmt.  Birken  ostl.  lorherh.  82.  325.    Stieler  464. 
FELDER  LUST,  /.  ßr  feldlust.  K.mttels  poel.  sinnenfr.  s.  13. 
FELDERRUHE,  f. 

beklaget  meine  noth  ihr  beiden, 

und  du,  du  stille  felderruh.    Meukark  lustw.  149. 

FELDERSAAT,  f.  seges: 

zu  häuf  euch  sehend  scheint  mir  ein  cicadenschwarm 
herabzustürzen,  deckend  grüne  feldersaat.    Götuk  41, 190. 

FELDFL.ASCHE,  f.  lagena  castrensis: 
die  feldllascbe  noch  geb  ich  drein, 
es  ist  mir  nur  um  den  schönen  schein.    Schiller  320*. 

FELDFLIEGEND:  wat  hie  achler  liete  veltvliegende  ende 
veltgaende.   ireisth.  3,  878. 

FELD  FLUCHT,  f.  Irans fugium,  fuga  e  castris: 
würd  mir  gerechnet  zur  feldDucht.    Waldis  4,511  6/.  272'; 
ein  rechtschaffener  edelmann,  ehe  er  seinem  geschlecht  durch 
untreu,  feldflucht  oder  sonst  etwas  dergleichen  einen  Schand- 
flecken anhenkte  {al.  anhienge),  ehe  würde  er  ehrlich  sterben. 
Simpl.  K.  108.     vgi.  heerflucht. 

FELDFLCCHTER,  m.  columba  domeslica  in  campum  evolans, 
ron  fliegen,  nicht  fliehen?  doch  fr.  pigeon  fuyard:  das  DOgel- 
werk  hat  sich  dergestalt  erstaunlich  vermehrt,  dasz  die  meisten 
ihr  glück  und  ruhe  nicht  erkennen  können,  sondern  sich, 
ohngeacbtet  sie  volles  futter  haben,  aus  bloszem  frevel  zu 
feldflüchtern  machen.  Felsenb.  i,ö26;  dacht  dorbi  an  de  feld- 
flflchters,  de  sei  haben  up  den  dubenslag  had.  Fbitz  Redteb 
olle  kamellen  s.  144.     s.  feldschwinger. 

FELDFLCCHTIG,  transfuga,  Überläufer:  und  also  bleiben 
sie  faule,  ja  feldflüchtige  arme  ritter,  die  nicht  angefochten 
sein  noch  streiten  wollen.  Luther  1,86';  ein  feldflüchtiger 
geist.  3,449';  und  musz  mich  wundern  des  feldflüchtigen 
teufeis.  3,485*;  er  würde  sie  feldflüchtig  und  inen  die  weit 
zu  enge  machen.  5,9";  lichthässige,  feldfluchtige  beschirmer. 
br.  2, 62 ;  der  statt  Zürich  eer,  die  schandlich  von  mein- 
eidigen, fäldflüchligen  böswichten  geschmäht  worden  sei. 
Bcllincer  3,174;  die  feldOüchligen  und  verräler  beuchten 
si  an  die  beum  {transfugas  el  prodilores  arboribus  suspendcbanl). 
Frank  icellb.  43';  einem  feldfluchligen  thet  man  kein  ander 
gnad,  dann  das  man  in  an  ein  pfal  band  und  mit  gerten  zu 
tod  streich.  Albercs  wider  Wilzel  L2'; 
und  leufl  hin  zu  dem  antichrist, 
Ton  Christo  felllluchtig  worden  ist. 
das  böse  kind,  der  verlorne  sun  [Wiizcl). 

Albercs  conirofnciur  A2*; 
wie  dann  feldflüchtiger,  ungehenkter,  vernichteter,  untüchtiger 
leut  art  und  eigenschaft  mit  sich  bringet.  Recter  kriegsordn. 
73;  in  der  Cnsteren  weise  durch  die  wacht  geschlichen  und 
als  ein  feldflüchtiger,  trewloser,  meineidiger  ehnergessener 
schelm,  dieb  und  bösewicht  entrunnen.  71 ;  dasz  einem  feld- 
fluchligen im  spning  über  ein  zäun  mit  eim  schlachtschwert 
unversehrter  füsz  alle  vier  schuhlümmcl  seien  hinweg  ge- 
bawen  worden.  Garg.  105'; 

bringt  selbst  all  ihr  landrolk  ins  fehl, 
doch  sich  gleich  als  feldllüchtig  stellt. 

froschm.  lU.  1,15.  SsO'; 
was  wollten  wir  verzagter  sein, 
geringer  achtn  unser  gemein, 
denn  die  feldlUichtigen  bewschrecken, 
80  all  land  durchzicbn  und  bedecken.    III.  1,16.  Tt3'; 
feldflüchtig  seind  sie  worden.    Spu  g.  Iwjendb.  224; 


wie  treuherzig  der  herr  pastor  auch  sonach  allen  seinen  wer- 
then    herren  collegen  anräth,   lieber  offenbar  feldflüchtig  zu 
werden,  als  sich  dieses  Schildes  zu  bedienen.  Lessisg  10, 163 ; 
denn  tausende  wie  mich  gebar  die  fremde, 
nicht  für  den  kaiser.    wol  die  hälfle  kam 
aus  fremdem  dienst  feldflüchtig  uns  herüber.     Schiller  333'; 
denn  wo  ein  beer  felddüchtig  ist,  versprengt  auf  irren  wegen, 
ruht  auf  der  letzten  fahne  noch  ein  zaubervoller  segen. 
A.  GbiSn  ged.  236; 
latens  dat  weinen  man  sin,  ik  help  sei  taurecht,  sei  muten 
feldflüchtig  warden.    'feldflüchtig  I '   rep  sei,  'herr  rathsherr, 
ik  feldflüchtig!'    Fr.  Reuter  oüe  kam.  144. 
FELDFLUR,  f. 

FELDFLURHUTER,  m.  feldhüler. 

FELDFLUT,  f.  auf  dem  feld  bei  heftigem  regen  und  thauweller 
zusammengelaufne  flul:  die  feldfluten  haben  allen  düngerund 
samen  mit  sich  fortgeführt;  kleine  bäche  werden  von  der 
feldflut  oft  hoch  angeschwellt. 

FELDFREVEL,  m.  an  der  feldfrucht  verübler. 
FELDFRUCHT,  f  lerrae  fruges: 

hierauf  wird  warme  milch,  nebst  feld  und  gartenfrüchten 
in  irdnen  schusseln  aufgetischt, 
bei  ungleich  gröszrer  lust,  als  wo  das  splitferrichten 
die  iheuren  bissen  würzt,  wo  fluch  und  wein  sich  mischt. 
Hagedorn  2,  IUI. 
FELDFÜHRER,  m.  dux  eiercitus.    Aventin  50'. 
FELDG.\NG,  »i.  ein  gang  ins  feld.     ahd.  war  aber  feldganc 
lalrina.     Graff  4,  103,    und   Stieler  623   hol   es  für  luslralio 
agrorum.     rgl.  ags.  fellün  lalrina,  für  feldtfin. 

FELDG-Ä.NGIG,  jAanus,  eben,  flach:  feldgängiges  land.  Stal- 

DER    1,363. 

FELDG.\RBE,  /.  acJüUea  millefolium.     s.  garbe. 

FELDGARTE.N,  m.  ein  im  feld  zum  garlenbau  eingezäuntes 
slück  landes. 

FELDGEBÄU,  n.  agricullura,  feldbau:  so  finden  wir,  das 
die  Teutschen  etwan  in  groben  barbarischen  sitten  gelebt, 
sich  zerriszner  schnöder  kleidung  gebraucht  und  des  gefangs 
des  Wildbrets  und  des  feldgebeuws  genöret  haben.  Fram 
weltb.  47'  {die  ausgäbe  ron  1567  hat  47*:  sich  des  wildfanges 
und  feldgebewes  genehret).  Munsters  cosmographn  1537  Cl* 
schreibt  die  stelle  aus. 

FELDGEBURT,  f  feldfrucht,  felderlrag: 
so  gehet  es,  wo  Mars  nicht  liegt  und  zehret, 
das  dorf  verjagt,  die  feldgeburt  verheereu    Tscherning  124. 

FELDGEFLÜGEL,  n.  ares  campeslres,  arvenses. 

FELDGEHEGE,  n.  campus  septus: 

ich  hatte  mir  zwar  selbst  das  wort  gegeben, 
auf  keine  andre  jagd  in  meinem  ganzen  leben, 
als  auf  die  freudeojagd  in  Linens  thal  zu  gehn 
und  allenihalben  sonst  in  feld  und  waldgenegea 
das  wild  mit  gnaden  anzusehn.    B<:rger  luö". 

FELDGEIST,  m.  daemon  campestris:  Zihim  werden  sich  da 
lagern  und  ire  heuser  vol  Ohim  sein  und  strauszen  werden 
da  wonen  und  feldgeister  werden  da  hüpfen.  Es.  13,  21.  v^. 
feldteufel. 

FELDGEISTLICHER,  m.  clericus  castrensis. 
FELDGEISZ,  f.  antilope  rupicapra. 
FELDGELEIT,  n.  condudio  localis.    Stieleb  1144. 
FELDGEP.^CK,  n.  impedimenla  caärciisia. 
FELDGERÄTH.  n.  rasa  caslrensia. 

FELDGERECHT,  weidmännisch,  des  kleinen  veidwerks  kundig, 
zum  unterschied  vom  hirschgerechten  und  forstgerechten  Jäger. 
FELDGERICHT,  n.  Judicium  campestre,  über  grenze^  feldfrerel. 
FELDGES.\NG,  n.  cantus  ruralis: 
komm  wieder  ifrieile),  wo  dein  süszer  feldgesang 
von  herdevollen  bügeln  und  aus  weinbeerhüttea 
und  unter  kornaltären  klang!    Rahlbr; 
tief  stimmt  sie  herab  die  höchsten  töne, 
tief  herab  der  glock  und  orgel  klang, 
tief  und  bis  zu  dumpfem  grabgestohne 
silberbellen  fefd  und  waldgesang.    Bürger  98*; 
jetzo,  denn  dir  ist  mancher  noch  übri?,  welcher  dein  loblibd, 
Varus,  gerne  beginnt,  und  traurige  kriege  verherlicht, 
sinn  ich  mit  feldgesange  das  zarte  röhr  zu  begeistern. 
Voss   Vinjilg  id.  h,  S. 
FELDGESCH.XFTE,  pl.  negolia  ruralia,  feldarbeiten. 
FELDGESCHIRR,  n.  rasa  ruralia,  in  engerm  sinn  auch  das 
Pferdegeschirr,  unterschieden  rom  wagengeschirr. 

FELDGESCHREI,  n.  i)  clamor  bellicus:  so  so!  das  ganze 
Tolk  ein  grosz  feldgeschrei  machen,  so  werden  der  slad  mauren 
umbfallen.  Jos.  5,6;  ir  soll  kein  feldgeschrei  machen,  noch 
ewr  stimme  hören  lassen.  5,10;  denn  er  selbs  der  herr  wird 
mit  einem  feldgeschrei  und  stimme  des  crzcngels  und  mit  der 


1483     FELDGESCHCTZ— FELDHAUPTMANN 


FELDIIAUPTMÄNNIN— FELDHÜTER     1 484 


posaunen   gottes   erniddcr   komcn    vom  himel.    1  Tliess.  4, 16 
{golh.  in  hailjai,  in  slihnai  arkaggilaiis  jnh  in  jjulhaurna  gul)s); 
und  will  euch  doch  zur  letze  noch 
ein  schönes  feldgcschrei  lassen  pfeifen. 

IIoniAM;«  gesellschaftsl.  s.  203; 
freiheit  ist  die  leise  parole  lieiniiicli  verschworner,  das  laute 
feldgcschrei  der  öffentlich  umwälzenden,  ja  das  losungswort 
der  despotie  selbst.   Göthe  6, 96. 

2)  tessera,  parole,  mhd.  heraeichen :  fordern  das  feldgeschrel 
oeuiT.  de  Fr^d.  le  gr.  30,  95 ; 

noch  heut  erwart  ich,  dasz  das  foldgeschrei 

sein  gräszlich  allah  durch  die  lüfle  donnert.    KöRNEn. 

3)  clamor  ruralis:  unter  dem  feldgeschrei  der  Icrrhen.  J.  P. 
Hesp.  3,  207 ;  welch  ein  lustfeldgeschrei  [bei  dir  kircliucUi  um 
den  maienbaum).  biogr.  bei.  1,132;  Albano  hörte  am  stillen 
sonnlag  nicht  das  feldgeschrei  der  drängenden  arbeil,  son- 
dern nur  die  ruheglorken  der  thiirme.    TU.  2,  49. 

FELDGESCHLTZ,  n.  tormenta  bellica. 

FELDGESCHWORNER,  m.  als  fcldscheider,  feldmesser  in  cid 
und  fflichl  genommner  mann  aus  der  gemeinde,  ihm  liegt  das 
setzen  und  aufsuchen  der  grenzsleine  u.  s.  w.  ob. 

FELDGESINDE,  n.  cohors  ruralis: 

auf  auf  zur  hirienmetten 

du  frommes  felda'esinil  I 

ihr  fromme  schäl'erscharen 

zusammt  der  weiszcn  ziicht!    Spke  tniitn.  1S5  (203). 

FELDGESTÄNGE,  n.  bergmännisch,  die  staugen  an  einem 
kunstzeuge,  u-clche  über  feld  schieben  müssen. 

FELDGEVVÄCHSE,  n.  herbae  arvenses:  das  feidgewechse 
des  erdbodcn«.    Luther  tischr.  70*. 

FELDGEWENDE,  n.  campi,  arva: 

erfreu  die  dürren  feldgewcnde 

durch  körn  und  segenreiche  frucht.    Gryphiüs  2,2S3. 

FELDGLOCKE,  f.  furcifer,  galgenvogel,  galgenschwcngel,  der  sich 
aufgehängt  am  galgrn  in  der  luß  uie  die  glocke  im  Ihurm  schwingt : 
böse  geselschaft,  die  manchen  verfürt, 
das  einer  zu  eim  Schwengel  in  ein  feldglocken  wirt. 

Keller  alte  gute  schwäniie  s.  41 ; 
das  ich  drab  auf  eim  henfen  pferd 
ein  schwengl  in  einr  feldglocken  werd.    11.  Sachs  III.  3,29'; 

0  thet  im  einer  das  drifach  geseil  und  gestiick  umb  sein 
ruszigen  hals,  er  wirds  fühlen  wie  stark  es  wer,  obs  ein 
solch  feldglock  ertragen  möcht.  Garg.  153';  spitzbübische 
galgenvogel  .  .  .  dasz  er  eine  speise  der  rabcn  oder  eine 
schöne  feldglocke  und  galgenzicrde  abgeben  musz.  Simpl.  K. 
601;  die  unaufgehangne  feldglocke  kam  mir  da  gleich  unter 
das  gesiebte,  causenmacher  126.     vgl.  feldbischof. 

FELDGLOCKENSCHWENGEL,  m.  galgensdnvengel : 
rechte  feltglockenschwengl.    Karajas  frülUingsgabe  s.  58. 

FELDGOTT,  m.  numen  rusUcum.    Opitz  I,  93. 

FELDGOTTESDIENST,  m.  sacra  castrcnsia. 

FELDGÖTTIN,  f  dea  rustica. 

FELDGR.\RE,  m.  fossa  ruralis. 

FELDGRAS,  n.  herba  camfii:  und  werden  zu  feldgras  und 
zu  grünem  kraut.    Es.  37,  27. 

FELDGR.\SEREI,  f.   abschneiden  des  grases  auf  den  feldern. 

FELDGRILLE,  f  gryllus  campestm.    Mathesils  24". 

FELDGRUND,  tn.  fundus. 

FELDGRüNDSTCCK,  n.  im  gegensalz  zu  dem  bei  dem  hause 
liegenden  garten,  viesen. 

FELDGLT,  n.  praedium,  landgut:  doch  war  gottes  gnade 
90  grosz,  dasz  endlich  friede  ward,  so  hab  ich  meine  fcld- 
güter  nach  vermögen  angerichtet.  Weise  erzn.  67;  legte  ich 
selbiges  geld  meistentheils  an  fcldgütcr.   Fehenb.  2,355. 

FELDGLITCHEN,  n.  praediolum,  landgiilchen,  pl.  landgüter- 
chcn :  die  geringen  fcldgülergen  erforderten  mehr  Unkosten. 
Weise  erin.  OG. 

FFLDHARKR,  ni.  avena  prcUensis. 

FELDMABICHKRAUT,  n.  cre/;w  biennis. 

FELDHAHNE.NFUSZ,  m.  ranunculus  arvensis. 

FELDHASE,  m.  lepus  campeslris,  zum  untersdiicd  von  dem 
waldhascn. 

FELDHAUPTLELTE,  pl.  des  folgenden. 

FELDHAL'PTMANN,  «1.   pracfcctus   militaris.    reichsabsch.  von 
1521  §.31;  «ein  feldhruhlman  war  Sisscra.  rieht.  i,i;  bis  das 
dpr  ;•'■•■  »^  'Ihcublman  kerne.    Lltiier  3,  I7ü'; 
(.«.{cht  liloxr,  die»  krietfcnocepicr, 
ilirt.  dri«  dir  der  lirii«T  linl 
ynr.iM.^in  '         '  i    !         i!iren. 

Onirrirh«  r'  nn  ru  »ein, 

M  «oltcu  V...       .  ,,  .ihUUl'O.     ScaiLLKR  381*. 


FELDHAliPTM.\NNIN,  f    Aventin  29\ 
FELDH.UPT.MANNSCHAFT,  f 

FELDHAUS,  n.  casa  campeslris,  ags.  feldhfts,  engl,  fieldhouse, 
tenlorium. 

FELDHÄUSCHEN,  n. 

ich  bin  gegangen  von  den  drei  feldiiäuschen. 

KöcKKRT  yes.  ged.  2,351, 
FELDHEER,   n.   exercitus,   aroaxÖTieSov,    ahd.   mhd.  stets 
durch  das  einfache  heri,  her  ausgedrückt,    feldhör  schräbt  Fischart 
ehz.  60; 

ach  man  hört  sein  zartes  winseln,  weil  sein  hohes  feldhce: 

singet 
(die  enget  in  der  chrixtiincht).    Grtpbics  1,70. 

FELDHEIME,  FELDHEIMCHEN,  gryllus  campestrts. 

FELDIIEIMENGESCHWÄTZ,  n. 
schaue,  wie  kalt  das  gewässer  daherstürzt!  schaue  da  sprosset 
gras  und  polsterndes  moos,  da  ertönt  feldlicimengeschwatz  dirl 
y.ai  ay.oiSes  (oSe  kr(Xevm.     Theokr.  5,  34. 

FELDHERD,  m.  herd  des  Vogelstellers  im  feldc. 
FELDHERR,  m.  dux,  belli  dux,  imperalor,   weder  ahd.  noch 
mhd.  {wo  herizoho,  herzöge),    auch  nicht  bei  Luther,  doch  bei 
Dasvp.  326".  Frisius  056'.  Maaler  133*  und  bei  allen  spdleren, 
man  halle  nidit  genug  daran,  sondei-n  bildete  weiter  oberfeldherr, 
groszfcldheiT  (granduca),   denn  herzog,    groszherzog  waren  zu 
bloszen  fürstentileln  geworden:  ist  dein  feind  mächtig,  Jesus  dein 
beistand,  dein  feld  und  zeltherr  ist  viel  mächtiger.  Otho  345  ; 
hör  mich  mein  fcldherr!  hört  mich  obersten!    Schiller  314'; 
sind  es  nicht  möine  truppen?  bin  ich  nicht 
ihr  feldherr  und  gefürcliteter  gebieter?    385'. 
FELDHERRIN,  f  gemahlin  des  feldhcrm. 
FELDHERRNAMT,  n. 

ein  feldherr  ward  ich  ja! 
0  feldiierrnamt  wie  grausend!    Röceert; 
dir  werde  jetzt  das  feldherrnamt  zu  theile 
und  statt  des  meinen  gelte  nun  dein  wort. 

Gries  Tusso  brfr.  Jer.  11,56. 
FELDHERRNGABE,  f 
er  sagt  was  wahr  ist.    der  hochseligc 
hat  immer  grosz  gedacht  von  euer  gnaden 
förtreflichera  verstand  und  feldherrngaben.    Schiller  363'. 

FELDHERRNGANG,  m. 

denn  gar  ernstlich 
hatt  er  diesem  geboten,  den  wagen  nahe  zu  halten, 
wenn  der  lange  feldherrngang  die  glieder  ihm  schwächte. 

bÜRCER  215'. 

FELDHERRNGRÖSZE,  /".  imperaloria  virlus: 
in  seiner  ganzen  febihcrrngröszc  stand  er  da.    Schiller. 

FELDHERRNHAUPT,  n. 

doch  hebt  siclis,  wie  man  glaubt, 

noch  aus  der  gruft  und  ducket,  das  alte  fcldhcrrnhaupt. 

RÜCKERT. 

FELDHERRNMANTEL,  m.  paludamenlum. 
FELDHERRNSTAB,  m.  sceplrum  ducis: 
als  er 
den  feldhcrrnstah  in  meine  bände  legte.    Schiller  .  .  . 

FELDHERRNWCRDE,  f  dignilas  ducalis: 
nie  fühlte  jemand 
mehr  edle  bitzc,  wie  ich  damals  fühlte 
da  ich  dem  Marcius  die  feldbcrrnwürdo 
so  unbedachtsam  gab. 

Thomsons  Cortolan  vrrd.  von  Jon.  IIeinr. 
Schlegel  s.  194. 
FELDHERRNZELT,  n.  praetorium. 
FELDHEliRSCilAFT,  f 
vieler  fcldhcrischaft  taugt  nie.    nur  einer  sei  feldherr! 

BORGER  197*. 
FELDHEü,    fi.    foenum   campi,    zum    unterschied    von    dem 
wicsenheu. 

FELDHIRSE,  m.  lilhospermum  arvenst, 
FELDHOF,  m.  rilla.  landhaus: 
ei  das  man  auf  eim  feldliof  sol 
all  ding  linden  geschickt  so  wul.    WicKRAa  pilger  "A. 

FELDHOLDER,  «i.  sambucus  cbulus,  attich. 

FELDHOLZ,  n.  ein  im  feld  liegendes  gehöh. 

FELDHOPFE,  «i.  humulus. 

FELDHORN,  ii.  buccinum,  heerhom. 

FPXDHUHN,  perdix,  rebhuhn.  acknhuhn.  Aiiiini!<  iimn- 
scheidct:  rusticula  ein  feldhün,  hat  ein  lengern  schiinbol  duuii 
ein  rcphrin. 

FELDliUilNERDARM,  m.  ahine  segrialis. 

FELDHURE,  /".  scorlum  eastrrnse.    med.  maulaffe  1*S. 

FELDHUT,  m.  Strohhut  bei  der  fcldarhcU.   Vom  3,  S65.  25«;. 

FELDHUT,  f.    1)  pascuum,  ledde  im  feld. 

2)  custodia  f«ni/x)rum, 

FELDHÜTER,  ni.  cnslos  campi,  flurhlUer,  /lur$chAtx,  achhfu'. 


1485    FELDHCTTE  —  FELDLATTICH 


FELDLAÜCH— FELDMENSCH 


1486 


FELDHl'TTE,  f.  casa  campestris.    Niebcbr  1,  549. 
FELDICHT,  planus,  flach:    ein  theil  wird  Cilicia  r^axeia, 
das  raue  oder  felsicht,  das  andere  ^sStds,  das  feldichle  ge- 
heiszen.  Opitz  3,  49;  in  einem  feldicbten  und  einsamen  orte. 
Arg.  2.417;   feidichte  gegend.    Steisbach  1,430. 

FELDIG.  in  den  Zusammensetzungen  dreifeldig,  vierfeldig. 
FELDIGEL,  m.  faszn.  588,25. 

FELDIN,  f.  equa,  qiiia  jiemmque  in  campis  pascUur.  Stieler 
464,   aus  ScuoTTEL  1314,   steht   auch   bei  Diefesbach  206'  und 
stimmt  SU  feidros,  feldpferd,  feldslreiche.     vgl.  auch  wilde. 
FELDJ.\GER,  wi.    l)  jäger  für  kleines  wildbret. 
2)  labellarius  castrensis:   seine  manüvers  haben  etwas  ähn- 
liches Ton  unsern  feldjägern.    Göthe  23, 151. 
FELD.IÄGERLIED,  f.    BCbger  112'. 
FELDKASSE,  f.  kriegskasse. 
FELDKÄTZCHEN,  n.  tcie  das  folgende. 
FELDKATZE,    filago,    ein   wolriechendes   kraut,   engdwun, 
mäuseohr. 

FELDKELLER,  m.  ein  im  felde  gegrabener  keüer.  auch  ein 
flaschenfulter. 

FELD  KERZE,  f.  verbaseum  thapsus,  königskerze,  himmelskerze, 
himmelbrand,  candela  regia,  mit  gelben,  leuchtenden  blumen  auf 
hohem  Stengel. 

FELDKESSEL,  m.  ahenum  castrense. 

FELDKIRCHE,  f.  im  freien  feld  auferbaul,  häufiger  und  aller 
Ortsname,     ags.  feldcyrice,  engl,  fieldchurch. 
FELD  KLEE,  m.  Irifolium  repens. 
FELDKLETTE,  f.  tordylium  anlhriscus. 
FELD  KLIPPE./".,  riereckges  geld,  das  im  nothfall  zurbezahlung 
des  heers  dicnle.     klippe  ist  nummus  quadralus.  Frisch  1,  524*. 
FELDKLOSTER,  n.   gegensalz   vom   städtischen:    wäre  wol 
gut,  das  kein  feldfcloster  je  auf  erden  kommen  wäre.  Lvthers 
br.  2,  3S3. 

FELDKNABE,  m.  erro,  ragabund:  ein  elender  liederlicher 
kerl ,  der  mehr  einem  ausgerissenen  und  dahero  galgen- 
mäszigen  feldknaben,  dann  einem  dapferen  Soldaten  gleich- 
sähe,   fr.  Simpl.  1,  5. 

FELDKNICK,  m.  feldgehülz,  s.  knicL 
FELDKNOBLAUCH,  m.  allium  scorodoprasum. 
FELDKNOTENMOS,  n.  bryum  rurale. 
FELDKOCH,  m.  coquus  castrensis,  garkoch  ßr  Soldaten,  mar- 
kelender. 

FELDKOHL,  m.  brassica  campestris. 
FELDKOPF.  m.  feldbusch. 

FELDKRANK,  üLlicfier  ist  feldsiech,  was  man  sehe. 
FELDKRANKHEIT,  f  gott  gibt  also  den  kriegsleulen  feld- 
krankheit.    Paracelsus  chir.  sehr.  136. 

FELDKRAPP,  m.  Valeriana  locusla,  rapunzd,^ackerbaldrian. 
auch  feldkrupf. 

FELDKILALT,  n.  herba  campestris,  agrestis: 
aber  ist  milch  dein  wünsch,  dann  cytisus  häuG?  und  lotus 
selbst  in  der  band  zur  krippe  gebracht  und  salziges  feldkraut. 
Virgils  lamibau  3,  aaö'; 
ihm,  statt  pancbäiscbes  weifaraucbs, 
duften  umtter  feldkrauter  mit  mancherlei  prangenden  blumen. 
Virgils  mücke  Hl. 
Nemmcb  hat  feldkraut  für  fumaria  officinalis,  die  auch  erdkraut 
heiszt. 

FELDKRESSE,  f.  cardamine  pratensis. 
FELDKRÖTE,  f  bufo  campestris. 
FELDKRÖTENGRAS,  n.  juncus  campestris. 
FELDKÜCHE,  f.  culina  castrensis:  bemerkte  man  eine  feld- 
küche,  die  sehr  emsig  ihre  blank  gereinigten  casserolen  und 
teller  klappernd  einzupacken  beschäftigt  war.  Göthe  21,101; 
seine  feldkiiche  führt  er  mit  sich  umher.  21, 104. 
FELDKÜMMEL,  m.  Ihymus  serpyUum.    Stieler  947. 
FELDKLNST,  f.  bergmännisch,  geiricbe,  um  das  tcasser  aus 
den  gruben  zu  schaffen. 

FELDKÜRBISZ,  m.  Cucurbita  pepo. 

FELDLAGER,  n.  castra,  früher  feldleger:    von  nacheilen, 
und    frischer   that  und  feldlegern.    landfr.  Worms  1495;    viel 
berren  venvahren  ihr  feldläger  auch  auf  eine  nacht  mit  einer 
schanzen.  Kircniiof  mit.  diAC.  140;  man  nennet  die  küche  in 
feldlegern  sudeler.    Melanoer  jocoser.  2  n'  372 ; 
lief  ich  darum  aus  der  schul  und  der  lehre, 
dasz  ich  die  froliu  und  die  galeere, 
die  schrcihstub  und  ihre  enpon  wände 
in  dem  feldlnger  wicderränUe?    Schiller  322*. 

FELDL.AND,  n.  <v}»//fv/ns  terra,  ags.  feldiand. 
FtLDLATTlCU,  m.  iiclaca  scariola. 


FELDLÄüCH.  »1.  leas  feldknoblauch. 

FELDLÄUFER,  m.  feldhüler. 

FELDLAZARETH ,  n.  taleludinarium  castrense:  Schoppe 
unterwegs  für  Älbaco  ein  fliegendes  feldlazareth  des  trostes. 
J.  P.   TU.  3,137. 

FELDLEBEN,  n.  vita  niralis,  lartdleben,  oder  auch  castrensis. 

FELDLEIN,  n.  agellus. 

FELDLERCHE,  f  alauda  arrensis. 

FELDLEL'CHTE,  f.  vor  dem  feldherm  und  andern  für- 
nemnien  leuten  gehören  alsdann  feldleuchten  zu  tragen  und 
andere  fewer  im  lager  anzuzünden.    Kircbbof  disc.  mit.  134. 

FELDLICHT  arvalis.    voc.  14S2  iil'.     a^.  feldlic. 

FELDLICHT,  n.  ignis  fatuus,  irrlicht :  als  er  eines  irrwiscbes 
oder  schwebenden  feldlichts  ansichtig  geworden  und  dassel- 
bige  endlich  ergriffen,  hat  er  befunden,  dasz  es  ein  zäher 
und  glänzender  geringer  schleim  gewesen,  wie  froschleich 
gestalt.    ScRivER  seelensch.  1,  231. 

FELDLIED,  n.  Carmen  bucolicum: 

und  romanische  Städte  durcbtönt  mein  askräisches  feldlied. 

Virgits  lanäbau  2,176; 
aber  o  komm  nur,  komm!  und  das  letztemal  kämpfst  du  im 
feldlied.     TUeoki.  5,41. 

FELDLIEDLEIN,  n.  die  geiszhirten  inen  ein  süsz  und  im  thal 
wiederhallendes  gutes  feldliedün  aufpfeifen.  Fischart  «Ai.  518. 

FELDLILIE,  f.  lUium  martagon. 

FELDLINSE,  f.  lens  arrensis. 

FELDLLFT,  f.  aer  campestris,  die  frisdie  hiß  auf  dem  felde: 
die  feidluft  reizet  den  hunger.    Luise  1,454. 

FELDLUST,  f  obleclalio  niralis,  landlust. 

FELDMAGSAME,  m.  paparer  rhoeas,  klatschrose,  feldmtAn. 

FELDMÄHER,  m.  scolupax  arquata. 

FELDMANN,  ruricola,  landmann:  dieweil  dem  ersten  feld- 
man  Adam  die  neugeschaffene  und  gesegnete  erdgewächs 
und  feldfrüchte  sonst  zu  keiner  gnugsamer  ergölzlichkeit, 
lust  und  fräud  gedienet  betten,  wann  er  nicht  sich  daran  und 
damit  üben  und  gleichsam  erkurzweilen  mögen.  Sebiz  porr.  2'; 

das  velsz  ein  feldmann  nicht,  und  was  die  statte  haben. 

Opitz  Zlatna  345.  357 ; 
wie  der  feldmann  baut  die  auen.    Flexi>c  420; 
der  feldman  hat  schon  itzt  die  scheuren  ausgeräumet, 
davon  ihm  nacht  und  tag  und  alle  stunden  träumet.    121; 
die  uahrung  wächst  und  lauft  den  bürgern  in  das  haus, 
der  feldmann  sät  nicht  mehr  für  fremde  sicheln  aus. 

GCSTHER  9«4; 

der  wache  feldmano  eilt  mit  singen  in  die  felder  (al.  in  seine 

rauhen  f.) 
und  treibt  vergnügt  den  schweren  pflüg.    Halles  *.  12; 
du,  die,  wo  fromm  der  feldmann  deiner  achtet, 
mit  Saaten  vielfach  tbal  und  bügel  deckt.    Voss  4,14; 
ihm  nun  sagte  der  greis,  der  Pflanzungen  waltender  feldmann 

^  (djoOT^evs) 

von  dem  geschäfl  ausruhend,  das  reg  in  den  bänden  ihm  fort- 
gieng.     Tlieokr.  25, 1. 

Feldmann  ist  ine  Munter^  Wächter,  Wacker,  Weckerlein, 
Hüterlein  häufiger  name  des  wachsamen  hundes. 

FELD.MANNSTREU,  f.  eryngium  campestre.  feld  ist  hier  mit 
mannstren,  nicht  feldmann  mU  treu  zusammengesetzt,  daher  die 
betonung  feldmännstreu. 

FELDMARDER,  »n.  mustela  martei,  sonst  baummardcr  (1,1193), 
zum  unterschied  vom  dach  und  hausmarder. 

FELDMARK,  f.  ager,  feldflur,  das  zu  einem  dorfe  gehörige 
feld,  auch  die  grenze  des  felds,  confinium.  Niebihr  2, 176  und  oft. 

FELDMARSCHALL,  m.  summus  belli  dux.  s.  marschall 
poln.  feldmarszalek. 

FELDMASHOLDER,  f  aeer  campestre.     s.  masholder. 

FELDMASZ,  n.  mensura  agrorum. 

FELDMÄSZIG,  irie  es  Iruppen  im  feldlager,  im  fdde  gemdsx 
ist:  die  Verpflegung  des  Soldaten  bei  den  groszen  herbst- 
übungcn  wird  feldmäszig  sein. 

FELDM.AUS,  f.  mus  rusticus:  von  einer  veltmfts  und  einer 
statmAs.  Boner  15.  altd.  tcäld.  3, 1S5;  die  feldmaus  geht  in 
die  stad  zu  gaste,    froschm.  1, 10. 

FELDMAUSLOCH,  n.  der  mensch  ist  entweder  ein  leben- 
diger biencnstock  oder  auch  ein  lebendiges  feldmauslock 
{betont  feldmausloch).    J.  P.  tcufchp.  2,128. 

FELDMEIER,  m.  cerastium  rulgatum. 

FELDMEISTER ,  m.  abdecker,  sehindcr.  veislh.  2,  64S.  zu 
Ulm  aber  der  oberknecht  auf  der  bleiche. 

FELDMFISTEREI,  f  abdeckerd,  meisterei. 

FELD.ME.NSCH.  m.  leprosus,  ein  feldsiecher.   Obekuk  1715. 


1487 


FELDMESSEN — FELDREICH 


FELDREVIER  —  FELDSCIILEIIE         1 488 


FELDMESSEN,  n.  agrorum  mensura:  das  ander  buch  vom 
feldmessen.   Revmeb  landrechn.  Da'. 

FELDMESSER,  m.  agrimensor,  mensor:  um  dieser  ursach 
willen  haben  elwan  etliche  grosze  IpuIc  im  nechsten  hie  bei 
gelegen  lande  mich  für  ihren  feldmesser  bestellet.  K4'. 
s.  Inndmesser. 

FELUMESSUNG,  f,  feldmessen. 

FELDMESZKUNST,  f. 

FELDMOHN,  n.  jmpaver  rhocas. 

FELDMORGEN,  m.  jugerum  campeStre,  gegenüber  dem  wald- 
morpcn,   silvestre. 

FELDMOTTE,  f.  linea  campeslris,  im  feld  auf  pflanzen  lebend. 

FELDMLNZE,  f.  mentha  aivensis,  engl,  fieldmint. 

FELDML'SIK,  f  das  herzzersciiiieidcnde  und  licrzerhebende 
ertönen  aller  art  feklmusik.  der  a.  ni.  imToggenb.  \50; 
wo  habt  ihr  her  die  felilinusik 
so  klingend  überaus?    Rückert  184. 

FELDMÜTIG,  von  einem  kühnen  reiler,  der  sein  pferd  im  fcld 
vmtreibl :  eng  in  eini  ring  links  und  rechts  umbkehren,  sich 
zäumen,  sperren,  prangen,  feldschreicn.  feldniiilig,  furstriilig, 
und  was  dergleichen  geradigkeit  mit  pferden  zu  treiben  ist. 
Garg.  176'. 

FELDNACHBAR,  m.  vicinus,  accola,  unterschieden  vom  dorf- 
nachbar. 

FELDNÄGLEIN,  n.  dianthus  armeiia. 

FELDNELKE,  f.  dasselbe. 

FELDOBERSTER,  «i.  praetor,  gewöhnlich  blosz  oberster,  obrist. 

FELDOBST,  n.  poma  arvensia,  auch  wildobst,  unterschieden 
vom  gartenobst. 

FELDOCHS,  m.  der  zur  feldarbeit  gebraucht  wird,  unler- 
sciiieden  vom  Schlacht  und  mastochs.     ags.  I'eldoxa,  engl,  fieldox. 

FELDOCHSENZÜNGE,  f  lycopsis  arvensis. 

FELDORDEN,  m.  ordo  campeslris:  'ich  hetsche  auch  mit', 
sprach  jener  wirt,  fürt  man  mit  seinen  gasten  an  gaipen 
zun  dürren  brüdern  in  den  feldorden.    Frank  sprichw.  2, 10*. 

FELDORDNUNG,  f  lex  de  agris. 

FELDORT,  m.  wenn  aus  einem  schaclil  oder  stolten  ein  orl, 
im  hangenden  oder  liegenden,  hinaus  nach  vurliegenden  gangen 
gelrieben  wird.  Hertwig  132' ;  nicht  allein  der  mineralium, 
sondern  auch  des  gesteins;  zum  ofternmal  zelien  kiafter  weit 
in  einem  stellen  sechserlei  verschcidener  arten  am  feldort 
des  gebirgs  gefunden  werden.    Thlrneisser  von  wassern  s.  44. 

FELDPAPPEL,  f  nialva  rolundifulia. 

FELDPF.\U.  m.  Iringa  vanellus,  der  kibilz. 

FELDPFERD,  n.  equa,  slule:  tct  si  iren  vatter  crmancn 
und  bitten,  daj  er  mich  mit  der  hcrt  und  schare  der  fcld- 
pferten  wölt  lassen  usz  und  in  geen  und  in  wollust  frig  aller 
arbeil  lassen  beliben,  und  daj  ich  also,  wenne  mich  gelüste, 
mit  den  fejdpferten  mücht  pflegen  werk  der  nature.  Nicl. 
VON  Wyi.e  267  im  esel.  auch  bei  Lucian  cap.  27.  28  sind  weib- 
liche iTCTtoi,  s.  feldros,  feldstreichc. 

FELDPLAN,  m.  campi  planUics: 

beliis,  primel,  maienglocke, 

purnurklee  und  thvmian, 

LroKiis  mit  der  gofdnen  locke 

8chtnücken  feld-  und  wiesenplan.    BBrgbr  3*. 

FELDPOLEL  n.  serpyllum. 

FELDPOST,  f  cursus  publicus  castrensis. 

FELDPOSTAMT,  n. 

FELDPOSTMEISTER,  m.  * 

FELDPREDIGER,  m.  sacerdos  castrensis. 

FELDPREDIGEREL  f  'du  gehst  nach  Frankreich?"  fragte 
Schoppe.  'morgen ,  wenn  du  mitgehst',  versetzte  Albano. 
'allerdings,  als  deine  feldprcdigerei'.  J.  P.  Tit.  5, 109. 

FELDPREDIGT,  f  concio  castrensis. 

FELD  PROBST,  m.  praejmitus  castrensis. 

FELDIIAIN.  ni.  limcs  agrorum.     s.  rain. 

FELDRAIMNZEL,  f  Valeriana  locusta. 

FELDRATZE,  f.  mus  decumanus. 

FELDRAI  R,  m.  jiraeda  campeslris. 

FELDRAUCH,  m.  fumaria,  s.  erdraucb. 

FELDRAUTE,  f  dasselbe  kraul. 

FELDRFXHT,  n.  jus  agrorum,  lex  de  agris. 

FELDREDE,  f  mhd.  ein  vfllrede,  gemeine  lArbcr  und  niiil 
onndize.    regisirum  zum  flrnner  XXXlll.     vgl.  feldworl. 

FELDREGIMENT,  n.  darnach  licsz  Judus  das  volk  ziisam- 

nier>>i  f.i der   posaunen    und    machte  ein  feldregimcnt, 

ob'  lute  und  weibel.    1  Marc.  3,  .')5. 

ii  :  H,  no).v).T-ioi.    Voss  //.   5,013. 


FELDREVIER,  n.  campus: 

die  wafTcn  sind  des  mannes  erste  zier, 

doch  trlaub  ich  nicht,  dasz  wissen  ihn  entehre, 

es  schmückt  ihn,  wie  die  blum  ein  feldrevicr. 

Griks  Hojardo  1,  li,  II. 

FELDRICHTER,  vi.  judex  ruralis. 

FELDHIEDGRAS,  n.  carex  saxatUii. 

FELDRINGELBLUME,  f  Calendula  arvensis. 

FELDRIITERSPORN,  m.  dclphinium  consolida. 

FELDROHR,  n.  fi.üula  arundine  facta,  fildschalmei. 

FELDROS,  n.  equa.    Maaler  129'.     s.  feldin. 

FELDROSE,  f.  rosa  canina,  auch  anemone  silvestris. 

FELDRÖSLEIN,  n.  adonis  aeslivalLt. 

FELDHOTH  wird  von  einer  geringen  art  Weintrauben  gesagt, 
vgl.  feldschön. 

FELDRCBE,  f.  brassica  rapa,  stoppclrübc,  utUerschiedcn  von 
der  Steckrübe. 

FELD  RUF,  m.  feldgeschrei. 

FELDRÜGE,  /".  actio,  mulcta  ruralis. 

FELDRUHM,  m.  gloria  bellica,  krwgsruhm.  J.  P.  dämm.  70. 

FELDRÜSTUNG,  f  apparalus  bellicus,  kriegsrüslung. 

FELDRUTH E,  f  ein  ackermasz. 

FELDSALAT,  m.  Valeriana  locusla,  ein  wild  im  felde  wactisendes 
kraut,  das  man  zu  salat  sucht  und  gebrauclit.     s.  feldlaltich. 

FELDSCHACHT,  m.  was  feldort. 

FELDSCHADE,  m.  calamilas  fundi. 

FELDSCHALMEI,  f  fistula  campe.<lris,  feldrohr: 

da  wird  man  sich  mit  lust  erquicken  in  den  reihen 
und  tanzen  um  den  bäum  nach  hall  der  feldschaimcten. 

Ghypüii's  l.üOU; 
kein  tanz  schien  artiger  geziert, 
als  den  er  nach  den  fcldschalmeien 
mit  einer  hirtin  aufgeführt.    IIagedor!«  2,75; 

Georg  hat  etwa  geschlummert, 
oder  auch  selber  ein  stück  auT  der  reldschalmci  sieb  gedudelt. 

Liji.se  2,{>1. 
FELDSCHANZE,  f.  munimcnlum  cam])eslre. 
FELDSCHARTE,  /'.  serralula  arvensis. 
FELDSCHER,  m.  cliirurgus,  eigentlich  barbier,  vgl.  ahd.  scero 
lonsor:  wo  ist  der  fcldscher?  Güthe  8,95.  42,120.     auch  bei 
GöKiNGK  3, 12S.    Ki.inger  Ih.  2, 35S.      übergenommen   ins  bOhm. 
felcar,  poln.  felczer,  lit.  piltszere. 

FELDSCHERER,  m.  dasselbe,  vgl.  ahd.  scerari:  so  sie  wölltii 
die  lahme  talzen  heil  haben,  müssen  sie  dem  feldschercr 
gute  wort  geben.    Kirchhof  mil.  disc.  137. 

FELDSCHEUCHE,  f.  Icrriculum,  Vogelscheuche,  feldbutz. 
FELDSCHLACHT,  f  proelium:  mein  herz  pucht  mir  im 
leibe  und  habe  keine  rüge,  denn  meine  seele  höret  der 
posaunen  hall  und  eine  feldschlacht.  Jer.  4,  19;  ob  feld- 
schlachten anzunemmcn  seien.  Kirchhof  mil.  disc.  148;  wenn 
ihnen  gott  ein  sieg  oder  glück  geben  werde,  dasz  sie  ein 
Scharmützel,  stürm  oder  feldschlacht  erobert.  Fronsperc  1,90'; 
in  dieser  feldschlacht  sollen  die  Slaven  cxx  lausenl  mann 
verloren  haben.    MicrXlius  2,176; 

nach  der  feldschlacht  ist  mein  feurig  sehnen.     Schiller  1*; 
wol  auch   späh  er  den  wagen  umher  und  gedenke  der  feld- 
schlacht.   II.  2,  3S4; 
der  im  laufe  so  rasch  war  und  in  der  feldschlacht.    Od.  4, 202; 
so  wie  jener  ein  mann  zum  rathschlusz  war  und  zur  feld- 
schlacht.   14,491. 
gewöhnlich  steht  duffir  das  einfache  schlachl. 
FELDSCHLACHTER,  m.  macellarius  castrensis. 
FELDSCHLACIITORDNUNG,  f.   acies:     der   hinderharren- 
würtig   nachzng    ward   bestimmt    dem   hörzogen  von  Racke- 
dennaiTcn.     in  mitteler  Schlachtordnung  liesz  sich  der  kimig 
samt  seinen  landfiirslen  linden.    Fiscuart  geschichlschriß  1575 
Vs.  l.')'>2  Aa4.  ir.iio  *.  ;t91. 
FELDSCHLAGEN,  n.  dasselbe: 

daKZ  kein  Iheil  vor  dem  andern  wich 

ein  Iniige  zeit  in  dem  vcld.schlagen.    11.  Sachs  V,  30t>'. 

FELDSCHLANGE,  /.  1)  co/«6rr  silveslris. 
2)  eolubrina,  ein  gesrhiitz:  eiserne  fcldschlangcn,  die  ich 
wol  kennt  hab,  dasz  es  eben  dieselbipen  hücliscn  gewesen. 
Gorz  VON  B. /etcfi.'jfc.  56;  und  scheuszl  mir  einer  den  schwcrt- 
knopf  mit  einer  feldschlangen  entzwei.  78;  etliche  foldschlangen 
oder  ander  stücke.  KiHcnunr  mil.  disc.  174;  die  aiiillerie  be- 
stand aus  zwölf  kaiKinen  von  starkem  kaliber,  aus  zehn  feld- 
schlangen, von  achlzehen  fusz  lang.  ScRiUER  10»»'. 
FELDSCIILEIIE.  f  jnunus  s^<inosa: 

wohl  mich  nnl  di-m  hininicl  holen. 
Habens  nii  m.irhi  iil»  nmli  rin  frlturhlcn. 

diatoyui  von  zucnn  fifa/friiKoihin  1523  AI. 


1459 


FELDSCHMIEDE  —  FELDSPAT 


FELDSPATZ  —  FELDTEUFEL 


1490 


FELDSCHMIEDE,  f.  officina  fabn  caslrensis. 

FELDSCH.NECKE,  f.  erdschnecke,  uiesenschnecke. 

FELDSCHNEPFE,  /.  kleine  scbnejife,  grasschnepfe,  heersthnepfe. 

FELDSCHÖ.N,  in  der  ferne  scliön:  die  frau  ist  feldschün, 
vian  darf  sie  nicht  in  der  ttälie  selten^  ohne  das:  sie  einbüs:J. 
s.  fernen,  fernschün. 

FELDSCHOPPEN,  m.  nubilarium,  ireUerhülle. 

FELDSCHÖPPEN,  m.  beisitzer  eines  feldgericJäs. 

FELDSl'HOTEN,  feiderbsen,  im  gegensatz  zu  den  garlenerbsen. 

FELDSCHKEL  m.  feldruf. 

FELDSCHHEIBER,  in.  regimentschreiber. 

FELDSCHREIEN,  u-iehern  im  feU,  vom  pferd.    Garg.  176*. 

FELDSCHULDHEISZ,  m. 

FELDSCHLLE,  f  schola  caslrensis : 
fort  in  die  feldsctiulel  marscti  ihr  buben!    Schiller  321'. 

FELDSCHL'TZ,  m.  custodia  campi,  aufsieht,  abhaltung  des  freveis 
vorn  feld.  durch  tüclilige  schützen  hat  man  den  besten  feldschutz. 

FELDSCHLTZ,  m.  custos  campi,  feldhüter,  fiursdiülz.  weisth. 
1,  515. 

FELDSCHWAMM,  m.  agaricus  catnpestris,  fr.  Champignon. 

FELDSCHWINGER,  m.  colutnba  domestica,  feldflüdüer. 

FELDSEE.  «».  locus  campeslris: 
dort  am  buschigen  uTer  des  sanfl  umhügelten  feldsees. 

Voss  3, 14S. 

FELDSEITE,  f.  pars  in  agros  speclans. 

FELDSENF,  m.  sinapis  arvensis,  ackersenf. 

FELDSICHERHEIT,  f  sponsio  hello  capii  sub  fide  mUUari 
vel  juralo  facta,  im  hohen  aüerthum  brach  der  besiegte  gras  und 
reichte  es  als  zeichen  der  unteruerfung  dar  (RA.  112),  später  ge- 
lobte er  gleich  auf  dem  kampfplalz,  im  feldc,  mil  hand  und  feier- 
lichen Worten,  das  hiesz  sicherlieif  (Ganze)  geben  oder  thun: 
des  lät  iu  geben  Sicherheit  beider  herren  bant.  Aife.  314,4; 
wan  da?  er  in  übet  den  eit 
gap  gisel  unde  siciierheit.  Iw.  6364; 
em  tsete  im  daAne  Sicherheit.  78S1 ; 
fiM.  und  haqXch  Wernher  vorgenant  in  guten  truwen  g!obl 
bi  einer  rechten  feltsicherheit  und  zun  heiligen  gesworn 
(a.  1414).  Senee.nberg  sei.  2. 62 ;  mit  guten  truwen  an  eins 
rechten  eids  und  feltsicherheit  stad  glubt  und  zun  heiligen 
gesworn  (o.  1414).  2,  53 ;  und  meinen,  dasz  sie  ihren  ehren 
und  ihren  feldsicherheiten  und  ciden  vorhin  billig  genug  ge- 
than  betten  (a.  1389,  in  die  rteuere  s[irache  umgeschrieben).  2,679; 
und  sol  auch  alsdan  und  als  dick  ich  wider  dise  verschri- 
bunge  tede,  dis  gefengnis  nit  ledig  sin,  sunder  in  der  ersten 
Veitsicherheit  steen  (a.  1459).  Hoxtheui  bist.  trer.  2,440;  als 
wir  dat  alles  in  derselven  veldsicherheid  bi  unser  fürstl.  eren 
ind  wirdcn  in  guden  truwen  geloift  ind  gesichert  ind  darzu 
mit  unsen  upgerecten  vingern  gestaifden  eids  liflichen  zu  gode 
ind  den  hilligen  gcswuren  han  (o.  1456).  Guue.vus  2, 1323 ; 
und  het  ouch  Hans  von  B.  versprochen,  die  ohgen.  zil  ze 
haltende  bi  siner  truwen  an  eides  stat  und  bi  veltsicherheit. 
OßKRLM  1713;  nachdem  ich  dan  ein  solichs  zu  thun  und  zu 
halten  mit  guten  truwen  in  rechter  feldsicherheit  gelobt  und 
darzu  einen  eid  mit  ufgehabener  hand  und  gelerten  worten 
liplich  zu  gott  und  den  heiligen  gesworen  han  (a.  1475).  3S3 
und  noch  oß  in  andern  Urkunden. 

ich  wil  euch  schweren  einen  eid 

bei  guter  feldes  Sicherheit,    ilöiin  2*.  21*. 

FELDSIECH,  leprosus,  aussätzig  (l,  944),  iceil  man  der  anslcckung 
vegen  die  kranken  in  einem  auf  dem  felde  abliegenden  hause 
unlerhidl ;  das  wort  ist  lange  mÜ  solchen  häusern  erloschen,  dauert 
aber  in  den  vor  den  orten  entlegnen  siechhau«gärlen<  siechenhöfeu 
fort,  ein  man,  der  in  der  statt  mit  einem  glöcklin  von  einem 
haus  zu  dem  andern  get  und  den  armen  veldsiechen  das 
almusen  sammelt.  Keisersberg  pred.  32',  es  habend  etlich 
den  Zwingli  zigen,  er  sie  fäldsiech,  ich  aber  hab  nit  gesun- 
dem lib  gesahen.  Billinger  3, 167;  als  wir  schier  gan  Mün- 
chen kamen,  was  zu  spat,  das  wir  nit  in  die  Stadt  moch- 
tend,  müestend  bi  den  feldsiechen  Qbernacbt  sin.  Plater  25 ; 
da  hat  er  angerürt  ein  feltsiechen  und  in  gesunt  gemachet. 
Frajc«  ireltb.  107';  lam,  schwach,  feldsiech  und  wassersüch- 
tig. TatRyEissER  quinlaessentia  71;  also  ist  die  tinctur  in  ein 
franzosisch  feldsiechen  konmien.    Paracelsus  cliir.  sehr.  142'" 

FELDSIECHKL.\1'PER,  f  crepitaculum  leprosorttm :  zu  bet- 
telen  wie  ein  aussetziger  ohn  ein  feldsiechklapper.  Garg.  155* 

FELDSIECHTAG,  m.  lepra,  vgl.  siechlag. 

FELDSOLDAT,  m.  miles  caslrensis. 

FELDSPAT,    m.    spathum   säntiUans,    mddifdrbiger  quarz. 
Stalder  1,3C3. 
Ul. 


FELDSPATZ,  FELDSPERLING,  wi.  fringüla  moiüana. 
FELDSPIEGEL,  m.  fernrohr.    Stalder  1,363. 
FELDSPIEL,  n.  symphonia  milUaris,  feldmusik.  Stieler  20S7 : 
bis  sie  ihr  leidspiel  lieszen  klingen. 

Jac.  Vogel  unyr.  schlachl  69, 
mü  der  randbemerkung  'feldspiel  vertreibt  furcht'; 
darunter  gieng  das  feldspiel  an, 
dasz  keiner  hört  sein  eignen  man 
hart  neben  sich,  noch  sein  eigen  wort.    76; 
laszt  ein  mutigs  feldspiel  schallen, 
schickt  dem  feind  ein  knalltufallen  I 

teieiniali  lw>b  s.  246. 
FELDSPINAT,  m.  chenopodium  bonus  Henricus. 
FELDST.\NGE,  f  bergmännisch  die  stange  im  gestdnge. 
FELDSTEIN,  m.    1)  lapis  in  agris  disjedus,  jaäus: 
und  man  so  weil  vorschauet,  als  fliegt  der  geworfene  feldstein. 

II.  3,12; 
denn  ihn  traf  an  dem  knöcbel  des  rechten  fuszes  ein  feldstein. 

4,518; 
aber  die  Minver  eilten  darin,  und  am  meisten  vor  allen 
Äsons  söhn,  zu  erbaun  den  altar  aus  gefügetem  feldstein. 
Orpheus  der  Argonaul  bl3. 
2)  grenzslein,  der  stän  im  feld,  st^nblock.       ' 
FELDSTRAFE,  f  geldslrafe  ßr  feldfreveL 
FELDSTRECKE,  f  ein  langer  gang  zu  Verrichtung  des  Maus 
eines  begonnenen  bergaerks. 

FELDSTREICH,  in.  stratagema:  darzwischend  bettend  sich 
auch  die  Hispanier  und  landsknecht  in  Neapolis  gesterkt, 
deswegen  der  Franzos  abermals  ein  väldstreich  thet  und 
verlor  im  streit  sieben  mächtiger  herren.  Stcipf  1, 25C'.  rj^ 
Staatsstreich. 

FELDSTREICHE,  /".  equa  per  eampos  vagans: 
mhd.  nu  wird  ich  ein  veldstriche 

nach  mines  vater  liehe.    Albrecht  von  IUlberstadt, 

nach  meiner  herstdlung  bei  Haupt  8, 419  (Bartsch  5, 49),  wo 
Ovid  md.  2,  667  blosz  equa.  mnd.  den  mül  unde  den  toch- 
ossen  unde  de  veltstrike.  Ssp.  3,  51,  vgl.  Ortlof  dislind.  s.  547. 
548  und  die  Variante  feldstute,  so  wie  oben  feldin  und  feldpferd. 

FELDSTREIT,  m.  proelium,  mhd.  veltstrit.  TrUi.  471, 19.  nhd. 
also  beschicht  es,  wie  in  den  groszen  feldstreiten,  da  fallet 
keiner  im  selber  allein,  sunder  es  fallet  ie  einer  uf  den  ander. 
Keisersberg  selenp.  86';  den  {OUokar)  schlug  keiser  Rudolph 
im  V  jar  seines  reichs  zu  lud  in  einem  fcldstreit.  Fba>r 
chron.  214*;  der  zil  geschach  ein  groszer  veldstrit  zwischend 
herzog  Weifen  von  Beiern  und  marggraf  Lüpolten  von  Öster- 
reich. TscHCDi  1, 66 ;  der  fürst  was  erschlagen  worden  im 
feldstreit.  Aventin  1566,  65 ;  ehe  denn  der  feldslreil  bei  Plalea 
geschah.  Kirchhof  wendunm.  37;  den  nach  einem  zaudern- 
den, unentschiedenen  feldslreil  kühn  beschlossenen  marsch 
nach  Paris.    Gütbe  44,  51. 

FELDSTÜCK,  n.    l)  tormentum  castrense,  das  kleinere  gesduUz. 

2)  ein  gemäiilde,  das  eine  ländliche  gegend  darstellt. 

FELDSTÜCKCHE.\ ,  n.  ein  lustig  feldslückgea  spielen. 
Pierot  3.300. 

FELDSTIHL,  m.  sella  caslrensis. 

FELDSTLRM.  m.  proelium.    Gudr.  708, 1. 

FELDSTLTZLER,  m.  feldhüter,  feldschtttze :  im  land  zu  Wür- 
tenberg  werden  eigne  leute  von  der  obrigkeit  bestellt,  die 
sie  feldstützler  nennen,  die  werden  mil  ptlicht  und  eid  be- 
laden zu  allen  orten  und  arbeiten  des  acker-  und  weingart- 
baues  zu  gehen,  ob  sie  zu  rechter  zeit  recht  gebauel  oder 
übel  versorgt  worden,  dieselben  bei  sonderlich  gesetzter  slrafe 
anzuzeigen  und  bierinnen  niemand  zu  verschonen.  Hobberg 
2,  9'.  Oberlin  384. 

FELDTASCHE,  /".  tblaspi  eampedre, 

FELDT.\L'BE,  f  columba  domestica,  flugtaube,  feldflüchter: 
ein  beer  bunter  feldtauben  suchte  ihre  dürftige  speise  auf 
den  ackern  umher.  Weisze  kinderfreund  3, 40. 

FELDT.\L'BE.NFL'SZ,  m.  geranium  columbinum. 

FELDTEICH,  m.  piscina  ruralis. 

FELDTELFEL,  m.  daemon  ruralis:  und  mit  nicht  ire  opfer 
hinfort  den  feldteufeln  opfern,  mit  den  sie  huren  (vulg.  et 
nequaquam  ultra  immolabunt  hostias  suas  daemonibus,  cum 
quibus  fornicati  sunt).  3.Vo5. 17,  7;  sie  haben  den  feldteufeln 
geopfert  und  nicht  irem  gott.  5  Mos.  32, 17 ;  er  stiftet  im  aber 
priester  zu  den  hohen  und  zu  den  feldteufeln  und  kelbern, 
die  er  machen  liesz.  2  chron.  11,15;  da  werden  unternander 
laufen  mnrder  und  geire,  und  ein  feldteufel  wird  dem  an- 
dern begegnen,  der  kobold  wird  auch  daselbs  herbergen. 
£j.  34. 14;  das  sie  eine  behausung  der  drachen,  eine  behelt- 
nis  aller  unreiner  geisler  und  aller  feindseliger  vogel  und 

94 


1491 


FELDTHEILUNG  —  FELDWEG 


FELDWEG  —  FELDZUGSPLAN 


1492 


ein  behehnis  der  marder,  fddlciifi'l,  kobold,  igcl  sei  und 
bleibe.  Luther  1,  5U'.  diese  jüdischen  vorslellunifen  berühren  sielt 
mit  den  in  ganz  Europa  rerbreiMen  von  dbiachen  ucsen,  berg- 
geislem  und  kobdden. 

FELDTHEILUNG,  f.  divisiu  agrorum. 

FELDTHIER,  n.  bestia  terrae:  mein  erbe  ist  wie  der  sprink- 
lichl  vogoi,  umb  den  sich  die  vogcl  samlen,  wolaiif  und  sain- 
lent  euch  alle  feldthier,  koniot  und  fresset!  Jir.  12,9. 

FELDTHIK.  f.  eine  thür  die  aufs  feld,  ins  freie  hinan  ftVtrt. 
J.  P.MI.  .V<7»of/it(U-.  115. 

FLLDTISCU,  «1.  mensa  plicalilis. 

FELÜTON,  m.  pasloria  sibila: 

als  soin  pl'eirengebund  ans  hundert  röhren  gcrnszt  war, 
laut  im  Ranzen  V^birfr  erscholl  der  gellende  fcldton, 
iiiut  in  den  fluten  umher.    Ovid  iiul.  13,  7^3. 

FELDTRESPE.  f  bromns  mollis. 

FELllTHO.MPETE,  f  tuba  militarü. 

FELDTROM PETER,  m.  lubicen  cadrcnsis: 
die  felddrommeter  bliesen  drein.    Vogel  ungr.  sohl.  138. 

FELDTCCHTIG,  apttts  ad  militiam,  ein  feldtücliligcr  soldat. 

FELDÜBER,  peregre,  über  feld.  Sastrow  2,  24. 

FELDÜBUNG,  f.  agrictülura :  dieweil  solche  lustige  feld- 
übung  oder  gartenbauung  im  paradis  präuchlich  und  befohlen 
gewesen  sei.    Sebiz  2*. 

FEI.DULME,  f  ulmus  campcstris. 

FELDUNG,  f.  cawpus. 

1)  also  ist  Germania  ein  selige  gegne,  darin  gcmäszigter 
luft,  fruchtbare  feldung,  von  allerlei  getreid  überflüssig.  Frank 
ut'llb.  4s'  und  daraus  in  Munsters  cosmographei  1537  c2';  wo 
es  in  der  ebne  oder  flachen  feldunge  ist.  Fronsperg  kriegsb. 
1,4!»';  Wälder,  die  nahend  an  den  fcldungen  stehen.  Hoiiberg 
2,  676* ;  gute  feldung.  Leoprechting  Lechrain  s.  vi. 

2)  area  figurae  geometricae : 

ir  wapenschild,  darin  vil  Teldung  wunderbar. 

Herm.  von  Sachseinueix  Mörin  hl.  5; 

keuscbbeit  ist  ein  besunder  feldung,  die  allen  lugenden  einen 
besunderen  glänz  und  gestalt  gibt.  Keisersberg  prerf.  63';  in 
derselben  feldung  ist  ein  gilter  in  form  einer  überlengten 
rierung.  Pet.  .\pianus  inslrnmcnlbucli.  Ingoist.  \bii  th.  l  cap.b; 
in  der  nächsten  feldung.  Birken  ösll.  lorbcrh.  160;  eine  fel- 
dung sechzig  schuh  breit  und  lang.  Stieler  464;  die  feldung 
an  einer  dfcke,  nn  einer  thür.     s.  feld  11. 

FELDVEItDERRER,  m.  devastalor  agrorum.    Stieler  321. 

FELUVERPFLEGUNG,  f  victus  castrcnsis. 

FELDVERPFLEGU.NGSAMT,  n. 

FELDVIEH,  n.  pccora  camjii.    Stieler  2370. 

FELDVOGEL,  hi.  avis  campestris,  zum  unterschied  von  haus- 
vogel,  Waldvogel,  wasservogel. 

EELDVOGT,  m.    1)  cuslos  campi,  flurschülz. 

1)  judex  castrensis:  der  wirt  genant  der  öberst  feldprofos, 
das  ist  als  viel  als  feldvogt  oder  lichter.    Fronsp.  1,  66'. 

FELDWACHE,  f.  slalio,  cxcubiae:  mit  einer  feldwache  aus- 
gesetzet.  oeuvres  de  Fred,  le  gr.lO,M;  als  sich  die  feldwachen 
von  Brclzeniieini  auf  Marienborn  zurück  ziehen  wollten, 
kamen  sie  unter  die  Franzosen.    Göthe  30,287. 

FELDWÄCHTER,  m.  1)  custos  campt,  flurschiUz:  der  feld- 
wäi  hier  gieng  vorüber.    Bettine  br.  1,  233. 

2)  die  sehnarrwachki,  der  alte  knccht,  der  kaspar,  sp.  1372. 
FELDWACHTMEISTER,  m. 

FELDVN'AGE,  f  ciconia,  Storchschnabel,  ein  Werkzeug. 

FELDWMD.  m.  ecluum  vulgare,  sommerwaid. 

FELDWANZE,  f.  cimex  campestris. 

FKLDWARTS.  icie  feldein.   Voss  3,11. 

FKLDW  ASSKR,  n.  u-as  fcldfliit,  aqua  in  agris  collecta. 

FELDW  EllEL,  FELDWEIBEL,  m.  in.slrudor  colwrtis.  Stieler 
2U't.    KiRCHiior  div.  mit.  55.    unw.  dort.  412. 

EELDWElf,  m.  ria  per  lamptim  ducfns,  ricinalis,  im  gegensalz 
zur  beerstrasze,  iandslraszc.  damit  vermusclw  man  nicitt  das  zur 
bez^khnung  der  ferne  den  zaiden  beigefügte,  anders  betonte  feldweges, 
worin  weges  von  feld  alihdngl  und  nur  angeschobeti  ist,  eigent- 
lich getrennt  gescttneben  werden  sollte:  und  sie  zogen  von  Belliel, 
and  da  noch  ein  feldweg«  war  von  Ephralh,  da  gebar  Raliel. 
\  Mo%.  3.1,16;  und  als  er  von  im  weg  gezogen  Mar  ein  feld- 
weg<  auf  dem  lande.  2  kOn.  5,  t»;  lagerte  er  sich  für  einen 
flecken  Belbziira  genani,  der  von  Jerusalem  bei  fünf  feld- 
w«gH  ioi;  in  einem  gebirge.  1  Macc.  11,5;  das  man  das  fe^r 
zn  Jennalem  sähe,  welili«  doch  z«ei  hundert  und  vici/.ig 
(eldnegs   davon    lag.    12,  u;    darnacU   zog   er  ikmiii  le!d^^egs 


fort.  12,10;  eroberten  die  stad  und  würgeten  unseglich  viel 
menschen,  das  der  tcich,  der  dabei  lag  und  wol  zwei  feld- 
wegs  weit  war,  sähe  wie  eitel  blut.  12,  Iti;  darnach  zogen 
sie  weiter  sieben  hundert  und  fünfzig  fcldwegs.  12,17;  und 
siehe  zween  aus  inen  giengen  an  demselbigen  tage  in  einen 
flecken,  der  war  von  Jerusalem  sechzig  feldwegs  weit,  des 
namen  heiszt  Emmahus,  (araSiovs  e^rjxovra,  vulg.  in  spaiio 
stadiornm  sexaginia).  Luc.  24,13;  da  sie  nu  gerudert  hatten 
bei  fünf  und  zweiizig  oder  dreiszig  feldwegs  [an  ornStovs 
t't'xooi  nirre  f}  XQinxoinn,  rulg.  quasi  stadia  viginli  quin- 
(|ue  aut  triginta,  goth.  sve  spaurde  .k.  jab  .f.  ai})l)au  .1.). 
M.  6,19;  Bcthania  aber  war  nahe  bei  Jerusalem  bei  funf- 
zehen  feldweges  {(og  anb  arnSioiv  Sexanitne,  vutg.  quasi 
stadiis  quindecim,  goth.  svasvi  ana  spaurdim  flmftaihunim). 
11,18;  und  das  blut  gieng  von  der  kelter  bis  an  die  zeume 
der  pferde  durch  tansent  sechshundert  feldwegs.  offenb.  li, 10; 
und  er  masz  die  stad  mit  dem  röhr  auf  zwelf  tausent  feld- 
wegs die  lenge  und  die  breite.  21,  16.  die  ausgeholmen  stellen 
zeigen,  dasz  goth.  spaurds  für  Stadium  verwandt  wurde,  welchem 
auch  ahd.  spurt,  ags.  spyrd  entsprechen,  tric  daneben  rasta,  rast 
galt,  die  Umschreibung  durch  feldwegs  kommt  nach  Luther  nocA 
zuweilen  vor:  da  dieser  ein  feldwegs,  nennen  sie  ein  rast,  das 
fähnlein  getragen.  Kirchhof  md.  dioc.  113.  die  Züricher  bibel 
von  1534  hat  für  Luthers  fcldwegs  überall  mannslouf,  sowie 
anderwärts  Stadium  durch  rosselau f  übertragen  wird,  bei  Frisius 
dinch  rennwäg.  wie  viel  schöner  war  der  einfache  goth.  und 
ahd.  ansdruck.     vgl.  oben  unter  feld  4  'eines  feldes  lanc*. 

FELDWEHRE,  f.  was  landwehre,  doch  bei  Stieles  2515  lorica 
viae  cx)operlae. 

FELD  WEIDE,  f.  salix  incubacea,  kriechende  wei4le. 

FELD WEID LEUTE,  carniftces,  schinder.  Lersner  frankf.  chron. 
2,  815. 

FELDWEIHE,  f.  agrorum  lustratio. 

FELD  WERBUNG,  f.  agricultura,  feldbestellung :  deswegen 
nicht  unbillich  die  kinder  guttes  nach  Adam  disen  feldlust 
und  dise  feldwerbung  inen  haben  auserlesen.  Sebiz  2'. 

FELDWERK,  n.  opus  rusticum:  die  andere  magd  war  nun 
ihnen  (der  mutier  und  yroszmutter)  recht,  aber  dem  valer  nicht, 
weil  sie  nur  das  haus  aber  nicht  das  feldwerk  verstand. 
d.  a.  m.  im  Toggenburg  17. 

FELDWESEN,  n.  res  rustica:  die  eclogen  oder  hirlenlieder 
reden  von  schafen,  ernten,  erdgewächsen,  ßschereien  und 
anderem  feldwesen.    Opitz  poelcrci  24.    Stieleb  171. 

FELDWIEGE,  f.  rosa  canina. 

FELDWIESE,  /.  pratum  campestre. 

FELDWINDE,  f.  convolvulus  arvcnsis. 

FELDWIRT,  m.  agiicola. 

FELDWIRTSCHAFT,  f.  res  rustica. 

FELDWORT,  n.  verpieten  unzucht,  mutwillen  und  über- 
bracht, darneben  Scheltwort  und  feldwort.  weislh.  2, 4S2.  49S. 

mhd.  her  Isegrim,  ich  sol  iu  sagen, 

lät  iuwer  vgltsprächen  sin.    Iteinh.  631. 

s.  feldrede. 

FELDWUNDARZT,  m.  chirurgus  castrensU:,  feldscher. 

FELDWURM,  wi.  lumbricus  terrestris,  regenwurm.  auch  für 
Soldat. 

FELDWURZ,  f  gentiana,  ags.  ftidvyrt,  engl,  fieldwort. 

FELDZAUN,  m.  sepes  campi,  statt  des  scliüneren  alten  elter 
(sp.  1180). 

FELDZEHNTE,  m.  dccima  fntgum. 

FELDZEICHEN,  n.  signum  militare,  namentlieh  die  fahne. 
aber  auch  schleife,  binde,  laubzieeig:  allhie  vergleicht  man  sich 
auch  eigentlich  der  kennbinden  oder  des  feldzeichens.  Kirch- 
hof mil.  dL%.  85;  also  ein  kriegsmiui  ein  schwarze,  weisze, 
gelbe,  grüne,  blaue  oder  role  binden  trägt  zu  einem  feld- 
zeichen.  Paracelsus  1500  s.  330.  vgl.  ahd.  sperzeichan.  heri- 
zei(  hau.  heripourhan,  was  auch  tromitcle  oder  /xutiun«  ausdrückt, 
die  dem  hirr  zeichen  gaben. 

FELDZEUGMEISTER,  m.  rei  tormentariae  proffectns. 

FELDZIEU,  f  blumen.  Gencenbach  429.22. 

FELDZIRKER,  m.  agrimen.vtr.    Stieler  20IS. 

FELDZl'G,  m.  ej})editio,  militia:  er  macht  seinen  ersten 
feldzug,  bat  noch  keinen,  schon  viele  feldzilgc  gelhan,  ge- 
macht, zehn  feldzilge  inilgemachl ;  dem  feldzuge  beiwohnen  ; 
den  feldzug  beschlieszen,  unlernehiuen.  antreten,  ausfuhren, 
wieder  aufgeben,  ein  rühmlicher,  glücklicher  feldzug.  s.  heer- 
ziig,  winteirciilzug. 

FELD/1  i.^l'IA"^    '"     Daiiiiiann  fr.  rerol.  195. 


1493 


FELDZULAGE— FELGEN 


FELGEN  — FELL 


1494 


FELDZULAGE,  f.  Stipendium  milUare  in  castris  audutn, 

FELDZWIEBEL,  f.  allium  cepa,  ackerztciebel. 

FELGE,  f.    in  stcei  bedeulungen,   die  etwa  die  voräellung  des 

gekrümmten,  gebogenen  einigt,  vgl.  skr.  pari,  circum,  ne^i,  par- 

j;'ija,  orbis,  circuitus. 

1)  nbsis,  cunatura  rolac,  oJid.  felga,  flexura,  canthus  (Graft 
3,  505.  DiEFENBAcn  93'.  9G'),  ags.  felga  (feige):  })ät  hveol  hverfJ 
yiiibuton  and  $io  nafa  nehst  [lare  eaxe,  sio  fard  micle  fast- 
licor  and  or?orglicor  |)onne  J)ä  felgan  {rar.  felga)  dun.  Al- 
FBEDi  Boclhius  cd.  Rawlinson  p.  liS ;  engl,  felly,  nnl.  velg, 
radvelg.  nhd.  und  waren  reder  wie  wagenreder,  und  ir  achsen, 
nahen,  spcithcn  und  feigen  war  alles  gegossen.  1  kön.  7,  33 ; 
ire  (der  reder)  feigen  und  höhe  waren  schrecklich  und  ire 
feigen  waren  voller  angen  umb  und  umb.  Ez.  1,  IS ;  holz  zu 
wagen,  feigen,  Speichen  und  nahen.  Kibcdhof  disc.  mit.  24; 
feigen  im  walde  hauen ;  die  grundfeste  des  rades  ist  die 
nahe,  aus  welcher  hervorgehen  zwölf  Speichen,  diese  umgibet 
der  kränz  aus  sechs  feigen  zusammengesetzt  und  eben  so 
vielen  radschienen  (basis  rotae  est  modiolus,  ex  quo  prodeunt 
duodecim  radii,  hos  ambit  orbile  compositum  e  sex  absidibus 
et  totidem  canthis).  Comewi  orbis  ]>iclus  l,  St.  hier  also  u erden 
feige  absis  und  schiene  cauthus  unterschieden,  die  feige  ist  von 
holz,  die  schiene  ron  ei.sen.  Helft  landbauk.  s.  HO  erklärt: 
feige  ist  der  theil  des  rads,  welcher  die  peripherie  desselben 
bildet  und  durch  die  Speichen  mit  der  nahe  oder  mit  der 
welle,  die  durch  den  mitlelpunct  geht,  verbunden  ist. 

2)  occa,  alid.  felgün  occas.  gl.  florent.  9S6'  {wo  felgam).  ags. 
fealh,  fealga,  felch  [bei  Lye),  in  einer  späteren  gl.  bei  Wbight 
ISO  vely.  Diefexbach  391'  hat  occa  ein  wale,  da  man  die 
schollen  im  acker  mit  bricht,  ein  welle,  dae  man  die  klulen 
mit  bricht,  nicht  also  die  heutige  egge,  sondern  eine  rolle,  die 
man  über  die  erdschoUen  välzte,  ircdtalb  es  auch  gekrümmt  und 
gebogen  heiszen  konnte,  zu  dieser  bedeutung  stimmt  das  folgende 
rerbum.  unsicher  ist  die  meinung  veisth.  2,  3S0:  den  menschen 
schleifen  an  das  hogerichl,  da  sali  sein  ein  kule  gegraben, 
'falgen  lang  und  weit';  es  kommt  auf  die  Vorstellung  an,  die 
man  sieh  ron  occa  macht,  feige  oder  falge  musz  aber  auch 
das  geeggte,  gebrachte  land  ausdrücken,  denn  Scn«.  1,527  gibt 
die  redensarten  in  der  falg  ackern,  in  die  falg  bauen. 

FELGE.N,  ahd.  felgan.  falcta  (Gbaff  3,499),  alts.  felgian, 
felgida,  mhd.  velgen,  valcle  {irb.  3,  295'),  nhd.  zicischen  feigen 
und  falgen  schwankend ;  die  ags.  form  fehlt,  engl,  aber  findet 
sich  fallow  arare,  anbarare,  schalt,  fauch  {nichi  faulch)  bei  Jahieso;» 
in  gloss.  und  suppl.  =  fallow  ground.  es  fällt  gleich  scliwer, 
die  beschaffenheit  des  vocallauts,  als  die  wurzel  des  vorts  zu  be- 
stimmen, feigen  falgte,  ein  subst.  falga  occasio  (Gb.\ff  500), 
die  Variante  falgen,  und  das  engl,  fallow  scheinen  ron  dem  gramm. 
3, 416.  456  angesetzten  vülge  abzulenken,  für  welches  sich  doch 
das  ahn.  adj.  fialgr  (Sveisbiübn  Ecilssox  174".  439')  geltend 
machen  liesze. '  geht  dieses  fialgr  zurück  auf  fela  condere,  so 
gelangt  man  zum  golh.  filhan,  ahd.  felahan,  aus  deren  praet. 
falh,  falah  ein  schwaches  falhjan.  mit  Übergang  des  h  in  g  und 
jenes  falga  entsprossen  sein  könnten,  das  subst.  felga  (goth.  filha) 
und  adj.  fialgr  rührten  aier  aus  der  starken  form  her.  h  haftete 
noch  im  ags.  fealh  occa.  ein  ahd.  pari,  praet.  gifalgan  (Gbaff 
500)  wäre  verschrieben  für  gifolgan.     nun  die  bedeutungen. 

1)  agrttm  arare,  subarare,  novare  begegnet  in  ahd.  mhd.  denk- 
mälern  nicht,  nur  erst  in  späteren  glossen:  falgen,  eckern,  un- 
tereren, subarare.  tof .  <A*u/.  14S2  h  5*.  f  5*.  kk  S".  weitere  stellen 
schwanken  zwischen  feigen,  falgen,  falgen : 

Luthers  sach  thut  ider  vorstan, 
der  halb  wil  nimant  itim  [pnpUtifchen)  opfer  gan, 
er  feige  ader  requiemme,  scnwod  ader  bot, 
so  hat  man  draus  ein  hon  und  spot. 

dial.  ton  zweien  pfaffenkochin  1523  A  l*, 

er  thue  was  er  wolle,  pflüge  oder  brache,  rufe  links  oder  rechts 
{gramm.  3,  309).  Iiier  steht  die  feige  der  brache  {cessatio,  requies) 
entgegen,  doch  andcremal  ist  feigen,  ghtch  dem  brachen,  ein 
stürzen,  umpflügen,  ron  dem  eigentlichen  ersten  pflügen  unter- 
schieden. rielleicJU  war  feigen  das  zweite,  brachen  das  dritte 
umwenden  des  ackers,  ein  Stoppelfeld  wird  gefelgt,  umgerissen, 
in  diesem  sinn  srlieinl  auch  feigen,  falgen  fcei  Schmeii  er  1,527. 
Fromxann  4,  90.  105.  im  bretn.  wb.  1,  337  angesetzt,  nach  Scham- 
BACB  259'  heiszl  feigen  den  abgeernteten  acker  im  herbst  umwenden, 
verschieden  von  roren  {rühren)  und  tweroren  {zum  zweitenmal 
rültren)  des  Sommerfelds.  174*.  23S*.  die  benennung  und  bedeu- 
tung mag  landschaßüch  schwanken,  s.  auch  bei  StCrenblrc  78' 
güslfalgen.     die  folgenden,  von  Weinbau  und  Zuckerrohr  redenden 


st^en  Verden  ein  bearbeiten  des  erdbodens  mit  hacke  und  karsi, 
nicht  mit  der  p flugschar: 

mhd.  reben  sol  man  falgen  ( :  galten) 
und  mit  miste  düngen.    Ls.  3,564. 

tiAJ.  in  einer  weinbergordnung  ron  1536  (Mose  zeilschr.  3,  276) 
slehn  nebeneinander  'maienfalgen'  und  'augstenfalgen'  für  im 
mai  und  august  feigen,  das  gras  mit  dem  rührkarsl  aus  dem 
Weinberg  entfernen;  die  Weinberge  drei  vorneme  regung  be- 
dürfen 1.  im  friiling  das  hacken.  2.  wann  der  wein  schier 
blühen  soll,  das  brachen,  rühren  oder  feigen,  und  diese  drei 
regung  sind  karstarbeit,  a.  weish.  lustg.  112;  sie  müssen  im 
Weinberg  hacken  und  feigen.  Otho  264;  was  die  pflanzung 
{des  Zuckerrohrs)  anbelanget,  so  wird  vor  allen  dingen  ein 
gutes,  feisztes  und  feuchtes  land  darzu  erfordert,  welches, 
so  es  wol  gebauet,  in  kleine  hügelein  gefälget  und  einge- 
theilet  wird.  Hobberg  3, 1,  54l';  derowegen  sol  man,  nach- 
dem man  gemeldete  schollen  zerklopfet  oder  gebrochen  hat, 
das  feld  ohngefahr  im  brachmonat,  wann  der  grund  feiszt 
und  feucht  ist,  fälgen  lassen.  3,2,19';  einem,  der  den  som- 
merlang das  feigen  in  sanem  weinberg  rcrges.<.en  hat,  so  dasz 
das  gras  über  die  pfähle  hinaus  -wächst,  ruft  sein  nachbar  zu : 
•geh  hinaus,  feig  deinen  siehdichfür  {weinberg)'.  Nefflen  vetter 
aus  Schwaben  s.  121.  irenn  J.  P.  biogr.  bei.  1,150  sagt:  ein 
alltag,  ein  ausgeleerter  prosaischer,  tausendmal  gefelgter  oder 
gestürzter  trebemtag,  so  hebt  dies  nur  die  allgemeine  bedeutung 
wiederholter  feldarbeÜ  hervor. 

2)  schon  aus  älterer  zeit  aufzuweisen  sind  abslracte  antren- 
dungen,  in  deren  sinn  nicht  genau  einzudringen  ist, 

a)  euphemistisch  für  subigere,  comprimere,  cogere  mulinem: 
ahd.  ni  valcta  imo  sia,  non  cognoscebat  eam  conjugem.  Diut. 
2,  2S2.  vgl.  erkennen  sp.  S66  und  das  folgende  usurpare,  brauchen. 

b)  rechtlich  für  maneipare,  vindicare,  usurpare,  sich  eine  sache 
anägnen,  anmaszen,  ihrer  unterziehen,  in  welcher  bedeutung  felgan, 
falgan,  bifalgan  verschiedentlich  bei  Graff  3, 499.  500  aufgeführt 
wird. 

mhd.  da  zebrach  fr  {der  teufet)  den  ban 
an  dem  aller  ersten  man 
unde  an  sinem  wibe, 

er  bevaicte  Ir  libe  [mancipavit,  tradidit  ipsi) 
ein  ob'?  (da??)  er  ir  hol, 
dar  an  enpßenc  si  den  tot. 
daj  ohi?  si  e??en  began, 

si  befalcte  e?  dem  mau.    Karajati  denkm.  s.  41 ; 
got  gab  Josebe  da?  ze  muote, 
da?  er  an  deme  gewalle 
ime  mere  ma??es  nie  bevalgte, 
ne  wane  da?  dürre  pröt.    fundgr.  2, 56,  7. 

then  namon  imo  felgan  heiszl  deutlich  nomen  sibi  vindicare, 
usurpare : 

noh  th^n  namon,  in  min  war, 

then  ni  felgu  ih  mir  sär.    0.  I.  27,34; 

in  thia  beldida  gigangS, 

thSn  namon  imo  telgi.    IV.  20, 20. 

c)  alts.  felgian  firinspräca,  firinword,  pr(J>rum  inferre,  gleich- 
sam schimpf  über  einen  stürzen : 

felgiad  in  firinspräca  endi  fiundscap.    Hei.  40,11; 

im  bigan  felgian  firinspräca.    151,19; 

felgidun  imu  firinword.    156,7; 

felgidun  im  firinword.    161, 16. 
so   viel   zurückgegriffen    musle  werden,   um   ein   in  der  heutigen 
spräche  ganz  schwach  fortlebendes  wort  einigermaszen  zu  beleuchten, 
für  die  abstraction  steht  mir  nur  eine  einzige  slelie  zu  gebot: 

laszt  ihn  jetzt  laufen  an  den  galgen. 

'da  bin  ich  doch?  wilt  mich  mehr  falgen?' 

ja  freilich,  wann  ich  dich  wird  mehr 

ergreifen,  ich  tradier  dich  sehr.    FRiscHLnts  nebeeca  p.  199. 

der  reim  wie  vorhin  Ls.  3,  564.  hier  musz  es  bedeuten  fopf-en, 
misliandeln. 

d)  umstürzen,  umki^ren : 

sol  man  ein  cvangelium 
und  s.  Francisci  heiligthumb 
also  felchea  und  keren  umb? 

Fiscbarts  Dnminicus  und  Franciscus 
1571.  f4  randnole. 

FELGENAXT.  f  ascia  carpentariorum. 

FELGENBANK,  f  gestell,  in  welchem  die  feigen  auf  die  Speichen 
gelegt  und  gefestigt  werden. 

FELGENHALER,  m.  carpentarius,  wagner,  rademacher,  stdi- 
macher.  weisth.  2,  685. 

FELL.  n.  peUis,  cutis,  gotk.  fill,  ahd.  fei,  feiles,  mhd.  vcl, 
velles.  alts.  ags.  feil,  engl,  feil,  fries.  fei,  fellis,  nnl.  vel,  vels, 
fl,  vellen,  altn.  feil  und  ßall,  nur  in  Zusammensetzung,  auszer' 

94* 


1495 


FELL 


PELL 


1496 


dem  ein  dunkles  felJr,  srhfr.  ddn.  abgehend,  am  läge  liegt  ver- 
vandtschaß  des  lai.  peius,  il.  pelle,  sp.  piel,  fr.  pcau;  die 
adjectivisehe  furtbildung  peliiceus  haben  wir  ann  dem  it.  pollicia, 
fr.  peüsse  in  pelz,  beiz  (1,  lilSP))  noch  dazu  übernommen,  ver- 
gleichbar seheint  Id.  pleve,  plevele,  letl.  plehwe  haut,  häiilchen 
auf  äuge,  ei  und  milch,  vielleicht  auch  jw/n.  binna,  hohm.  blüna. 
fassend  teird  an  die  skr.  teurzel  pftr.  implere  gedacht,  da  feil, 
balg,  haut  i'on  fleisch  und  blut  erfüllt  sind,  so  dasz  golh.  fill 
unmittelbar  gehörte  zu  fiills,  plenus,  •nXios,  lil.  pilnas  {gramm. 
2,  57  n*  57".  PoTT  1,  2G4)  und  gr.  TteXXis,  lat.  pelvls,  lil.  pilvas 
(baucJi)  unferne  lägen,  in«  ja  auch  balg  von  beigen  das  ge- 
sehirollne,  eißlUe  ausdrucke  das  skr.  r  in  pftr  steht  zum  1  der 
übrigen  spraclten  nie  in  piiri,  nöXts,  piiru  TtoXvi,  golh.  filus 
u. .«.  JP. 

1)  synonym  dem  feil  sind  haut,  balg,  schwarte  und  ein  bei 
uns  unlergegangnes  schind,  wovon  noch  schinden,  Schinder  fibrig 
ist,  ags.  sein,  engl,  skin,  altn.  skinn,  schw,  skinn,  ddn.  skind. 
Jeder,  c^rium  gelit  auf  die  gegerbte  haut,  balg  auf  die  abslreif- 
bare,  abgestreifte,  rinde  und  schale  auf  pflanzen,  schwarte 
bezeichnet  dicke,  fette  haut,  mhd.  steht  swarle,  namentlich  bei 
Wolfram,  oß  für  haut,  Parz.  411,8 

gram  durch  sjvarten  unl  durch  vel, 
erscheinen  beide  Wörter  verbunden ;  wir  sagen  eine  arme  gute 
schwarte  wie  eine  arme  ehrliche  haut  und  in  gleichem  sinn  armer 
schwarlenhals,  das  engl,  green  sward  druckt  aus  rasen,  decke  der 
wie.v.  hau})lsächlich  an  kommt  es  hier  auf  den  unterschied  zwischen 
feil  und  haut,  uns  steht  brustfeil  wie  brusthaut  für  plcura,  doch 
heiszl  es  darmfell,  rippenfeil,  mittelfell,  Zwerchfell  und  nicht 
haut,  hingegen  fetthaut,  herzhaut,  hirnhaut,  hornhaut,  Schleim- 
haut, traubenhaut  (urea  mcmbrana),  in  diesen  Wörtern  gilt  nicht 
feil,  haut  ist  uns  heute  etwas  zarleres,  feineres,  dünneres,  feil 
tiwas  gröberes,  dichteres,  daher  eihaut  culicula  ovi,  niilchhauf, 
fettbaut,  was  sich  oben  auf  milch  und  feil  ansetzt,  doch  der  slar 
ist  ein  dichtes  feil  über  dem  äuge:  der  ein  feil  auf  dem  äuge 
hat.  3  Mos.  21,20;  Wirsünc  handelt  s.  80  von  den  feilen  der 
äugen  (s.  auch  blutfeil,  wasserfell);  ach  du  freundlicher 
Schelme,  du  solltest  einem  ein  feil  vor  den  angen  herunter 
wasclicn  I  Melander  jocos.  2  n'  225.  es  wird  heute  von  der 
baut  des  menschen,  des  gcsichts,  der  band  gesprochen,  nictä 
von  dem  feil,     haut :  feil  =  cutis  :  pcllis. 

2)  vordem  vcrluelt  es  sich  anders  und  auch  feil  galt  für  die 
menschliche  haut  an  allen  leibestheden.  wir  können  bei  Ui.kilas 
die  stellen  nicht  ersehen,  die  unser  heutiges  haut  ausdrückten, 
doch  golh.  l)rutsfill  ist  kpra  =  aussätzige  haut,  fill  haut,  ])rut 
dem  böhm.  trud,  poln.  trad  entsprechend;  unsere  lieutigen  ärzic 
reden  von  krankheiten  der  haut,  nicht  des  felis,  alts.  sagt 
Zadiarias  von  sich  und  seiner  allen  Elisabeth: 

üisc  is  unc  äfallan,  fei  unscöni.    Ilel.  5,7, 
und  vom  neugebornen  Johannes  lieiszl  es: 

was  im  fgl  fagar,  fahs  endi  nagids.    6, 15. 
mhd.  ir  Hellten  vcl  die  sieliten 

kdmeti  näher.    Wolfrihs  lieder  3,24; 

hin  wider  hieng;  dSr  d^gen  snci 

für  sine  brüst  an  bldje;  vel.    Parz.  51,18; 

manc  ungevelschet  frouwen  vel 

man  di  bi  röten  münden  sach.    776,8; 

glich  anilütze  und  gliche;  v€I 

AiiTurtas  bi  siner  swester  tnioc.    813,2; 

*ben  und  lüter  was  ir  vfil 

von  r/iscnvarwe  wije 

getempert  mit  Hijc.     \Vigal.  27,8; 

wije  iRt  ir  daj  v^l.    MS.  2, 209* ; 

si  Idie  frauen)  brächen  ab  ir  g^lwe;  här 

unn  zarten  abc  ir  liudej  vi'l.    ir.  kr.  121145; 

LlCDTEJJSTElÄS 

klelnT«lhitzcrdtcr  rannt.    433.32.  441,118.  516,12 

drückt  die  feine,  zarte  haut  der  Uppen  aus; 

(r  icbcin  im  aN  f^  wa>r  gezogen 

ein  v^l,  diinn  undc  kleine, 

iwant  über  ein  gebeino.    Hart.  1C3, 2, 

90  doch  vorausgieng: 

dA  tnioc  d^r  reine  gole*  tritt 

le  liehe  an  liner  blfnea  hüt 

ein  hene;(  tnoch  hnriii 

halb  und  halbrt  wüllin.     103, 12. 
auch  ron  dünnem  eite: 

»mh  man  von  lue  ein  lindej  vfl 

ü(  einem  tiffen  *fi.mit  V6n.    ir.  Itr.  6101. 

•Affr  in  denHd/.,  fior/i  fcrt  Waitiirh,  Hartma?«,  (iorrniKD  «.  o.  m. 
tcheini  hier  ii\  gHtraucht,  nlid.  durfte  in  allen  solrhrn  tielirn  nur 


haut  oder  ein  anderes  worl  stehen,  feil  würde  uns  zu  Ihierisch 
oder  gemein  klingen,  so  edel  das  mhd.  vel,  gleich  dem  ihm  ent- 
spreclienden  fr.  peau  klang,  doch  erscheint  im  IC.  17  jh.  feli 
oß  noch  für  haut  {wie  faiist  für  band)  und  hußcl  bis  auf  heute 
im  rerächlliclien,  scherzhaften,  oder  auch  derben  und  traulichen 
ausdruck.  liederliches  feil  bezeichnet  eine  unzüchtige  dirne,  alles 
feil  eine  altgelelite  frau:  demnach  bekommt  er  einen  abscheu 
vor  diesem  allen  feil.    irrg.  der  liebe  s.  502; 

kein  junggesell  erfreiet  sich  ein  alles  feil. 

Ringwald  taut.  warb.  178; 

ihr  {der  alten  königin)  feil  von  runzeln  ganz  durchpllüget. 
Gktpuil'8  1,üU3. 
mhd.  sd  helfe  iu  got,  her  junger  man, 

so  rechet  mich,  und  get  ir  allen  hüt  mit  sumerlatcn  an. 
Walther  73,22; 

ihr  ft-eier,  freien  ist  fürwahr  kein  kinderspiel, 

nehmt  ihr  allein  ums  feil  ein  weih,  das  ist  zu  viel. 
Abblr  4,434. 
einen  beim  feil  packen,  erwischen,  kriegen,    einem  das  feil 
rücken,  gerben,  über  die  obren  ziehen,  ursprünglich  vom  Ihier 
gellend  ward  auf  mensclicn   angewendet:    es   geht  über  unser 
feil,  wir  müssens  büszcn; 

das  auch  mein  eigen  rollgesell, 

Bellari,  mir  oft  gerückt  das  feil,    froschm.  JG*; 

da  hat  er  sie  beim  feile.    Lichtwkr  53; 

ist  ers,  gleich  pack  ich  ihn  beim  feile.  Göthk  12,102; 
seinen  clienlen  feget  er  den  beutel  und  ziehet  ihnen  das 
feil  über  die  obren.  Leipz.  avant.  1,176;  dasz  ein  einziger, 
vielleicht  der  schwächste  der  ganzen  naiion  ein  angeerbles 
recht  haben  könnte,  hundert  tausend  weisern  und  bessern 
menschen  das  feil  über  die  obren  zu  ziehn.  Kmcce  umg. 
mit  m.  3,  2ii ;  den  armen  bürgern  liesz  er  in  gottes  namen 
das  feil  über  die  obren  ziehen.  Kotzebue  dram.  sp.  2,334; 
wen  man  gebürstet,  wem  man  das  feil  gegerbt,  wen  man 
gestriegelt  hat.  Lichtenberg  5,  93.  wen  das  feil  juckt,  der 
will  gekratzt  oder  geklopft  sein ; 

du  üherlustiger  gesell, 

juckt  dich  zum  driilcnmal  das  feil?    Götbb  12,49; 

wahrluifiig  man  musz  ein  feil  haben  wie  ein  bär,  der  ge- 
prügelt wird  um  zu  tanzen.  18,  79 ;  es  hilft  alles  nichts,  du 
must  den  wollnen  läppen  auf  dem  bloszen  feil  tragen,  bis 
der  schmerz  aufhört;  ein  einbildiges  franenzimmer  trägt 
grosze  sorg  über  ihr  haut  und  feil,  das  beschauet  sie  alle 
stund  im  Spiegel.  Megerle  nnrn/ine;i  82; 

ich  sah 
an  Pullas  selbst  und  allen  rauscn, 
was  an  der  hlödsleii  Sylvia, 
ein  lockend  aug  voll  jugendlicher  glut, 
ein  weiszes  feil  und  einen  vollen  husen. 

Wielands  Juno  und  Ganymcd  440; 
wie  sie  jauchzen,  dasz  goll  erbarm, 
alles  das  geht  von  des  bauern  feile.    Schiller  319'. 

3)  in  der  weidmann.':prache  wird  für  die  Ihiere  sehr  genau 
zwischen  haut,  feil,  balg  und  schwarte  unterschieden:  der  bftr 
hat  eine  haut,  kein  feil ;  der  hirsch  hat  eine  haut,  kein  feil ; 
das  reh  hat  ein  feil,  keine  haut ;  der  wolf  bat  einen  balg, 
keine  haut;  der  fuchs  hat  einen  lialg  an,  keine  haut;  der 
dachs  eine  schwarte,  keinen  balg,  ob  dieser  terminologie  ein 
hohes  edler  zusteht?  es  kann  wol  sein,  da  sie  meislentheils  auch 
mit  der  spräche  des  gemeinen  lebens  zusammenstimmt,  und  für 
die  einzelnen  thiire  durch  eine  menge  von  sprüciten  und  redens- 
arten  bestätigt  wird,  wir  sagen  also  löwenhaut,  bftronhant, 
hirscheshaut  und  zumal  von  gröszeren  hauslhieren  rosseshaut, 
pfcrdcsiiaut ,  csclshaut,  rindeshaul,  ochsenhaut,  kuhhaut, 
gerade  wie  menschenbaul.  hingegen  rehfell,  kalbfell,  widder- 
fell,  bockfell,  geiszfell.  Schaffell,  laminfell,  Zobelfell,  haiiister- 
fell,  oder  auch  genitivisch,  hindeiifell,  kalbsfell,  borksfell,  zie- 
gcnfell,  hundsfell,  kalzenfell,  m.tusefeil.  balg  gilt  von  thieren, 
deren  haut  unzerschnilten  ahgestreiß,  gegerbt,  auf  dw  .<tlange  ge- 
hangen wird:  wolfesbalg.  luchsesbalg,  fuchsbalg,  biberhnig, 
basenbalg,  ollerbalg,  iltisbalg,  marderlialg,  wieselbalg,  vgl. 
auch  von  geleerten  fruclithül.\en  oiler  schalen  weiiibeerbillge, 
erbsenbalge,  körnerbillge  l,  10S4.  schwarte  sieht  blas:  für  die 
haut  des  schtreins  und  dach-irs,  uu-  wir  auch  sperksrh«;)rti' 
sagen,  für  grnszc  tliiere  schickt  sich  nur  haut,  und  das  ccrmin 
orrisi  bisnnlis,  welches  Vkva.i*  Diac.  2,8  .vhildeil,  wird  dnch 
Wisentes  hftt  auf  deutsch  gelautet  haben,  auch  fifchen  legen  wir 
haut  bei,  zumal  dem  al.  der  eine  halbe  srhlamie  i.\t,  und  den 
schlangen,  schlangen  und  rauften  streifen  ihre  hülle  ab,  daher 
(^eirhfalU  raupenhant  wie  scblangenhaut,   fii«(n<i/>  raupcnfcll, 


1497 


FELL 


FELL  — FELLEISE:^ 


1498 


schlangenfell ,  varum  nicJit  balg?  alln.  ormahydi  anguium 
senectiis,  die  haut  welche  scMamjen  und  würmer  erneuem,  vozu 
man  ellibelgr,  exuviae  senedulis  lialle.  dem  geflügel  icird  sonst 
hemd,  (dln.  hamr,  als  kleid  oder  gcwand  beigemessen:  feder- 
henid,  altn.  fiadrhamr,  alts.  fetharhamo,  ags.  federhama, 
scJiiraneiüumd,  doch  Stieler  466  schreibt  scliwanenfell,  alula 
eygnea.  auch  zum  ausbälgen  heiszl  es  dem  vogel  das  feil  ab- 
ziehen, abstreifen:  zu  einem  schauessen  ist  oft  eines  vogels 
feil,  das  man  ihm  samt  den  federn  abgeblasen,  mit  werk 
oder  heu  ausgestopfet,  dessen  Schnabel  und  füsze  man  ver- 
giildet  und  getärbet  hat.  Scbiter  Gotthold  459.  die  schelte 
rabenfeil  (Stieler  465)  ist  niclU  feil  des  raben,  sondern  des  ge- 
hangen galgenrogils,  auf  das  sich  die  raben  niederlassen,  v^. 
rabenaas.  doch  gilt  gänsehaut,  vorzüglich  in  anvendung  auf 
die  fröstelnde,  menscidiche: 

das  mir  gleich  ein  genshaut  anfur.    H.  Sachs  1, 501*. 

4)  es  reräeht  sich,  dasz  lebendige  Schriftsteller  und  dichter  nicht 
streng  an  diese  terminologie  gebunden  sind,  sondern  davon  ab- 
iccichen  und  mit  den  ausdrüclxn  wechseln.  Koxbad,  als  er  Jasons 
falirt  nach  dem  goldnen  tlies  oder  dem  schaeper  (ahd.  scäpari) 
des  Widders  schildert,  setzt: 

sin  wolle  und  siner  hiute  wät.    9416; 

sö  clanc  diu  wolle  an  siner  hüt.    10054; 
gleich  darauf: 

an  sinem  glänzen  Teile.    10056. 

RcDOLF  von  Gideons  widderfeil  reJend  {weltchr.  Schütze  1,34): 

dar  umbe  spreite  da  ze  bant 
der  edele  gotes  wigant 
ein  schäfes  vel  an  eine  stat. 
got  er  vil  inneclichen  bat, 
ob  er  im  helfen  wolde, 
das  er  gesigen  solde, 
da;  ditze  vel  wurde  na? 
von  touwe,  und  niht  me  für  ba; 
üf  der  erden  wan  diu  hüt; 
teeiler:  dö  yant  er  betouwet  ligen 

du;  vel  und  also  naj  erkant, 
da;  er  want  mit  siner  haut 
dar  ü;  ein  bechelin  touwes  vol. 

auch  bei  Lcther  :  so  wil  ich  ein  feil  mit  der  wollen  auf  die 
tenne  legen,  wird  der  taw  auf  dem  feil  allein  sein  und  auf 
der  ganzen  erden  trocken,  so  wil  ich  merken,  das  dn  Israel 
erlösen  wirst  durch  meine  band,  richter  6, 37 ;  sa  wie  er  in 
andern  stellen  feil  ron  der  tliierischen  haut  gebraucht:  da  er 
von  den  feilen  meiner  lemmer  erwermet  ward.  Hiob  31,  2o; 
und  gott  der  herr  machet  Adam  und  seinem  weihe  rocke 
Tron  feilen  und  zog  sie  an,  fecit  tunicas  pelliceas  et  induit  eos ; 

der  gnädige  got 

ir  ie  wcderetue  einen  pelle;  gap 

getan  ij;  feilen, 

da;  siu  der  vröst  ne  mähte  chuellen.    Diut.  2,54; 

da  nu  die  zeit  kam,  das  sie  geberen  solt,  »ihe  da  waren 
Zwilling  in  irem  leibe,  der  erst  der  eraus  kam,  war  rüllicht, 
ganz  rauch  wie  ein  feil  (in  morem  pellis  hispidus)  und  sie 
nenneten  in  Esau.  iMos.  25,25;  aber  die  feil  Ton  den  böcklin 
tet  sie  im  umb  seine  hende.  27,16;  des  farren  fleisch,  feil 
und  mist.  2  Mos.  29, 14 ;  und  das  feil  Ycrbrand  er  mit  fewr 
auszer  dem  lager.  Z  Mos.  8,17.  9,11;  an  allem  das  aus  feilen 
gemacht  wird.  13,48; 

da  hast  du  {Baccltus)  aufgedeckt 

dein  bundes  hindenfell  und  in  den  sand  gestreckt. 
Opitz  1,3S7; 

was  eine  bunte  ziege 

wol  habe  lur  ein  feil?    Fle»i:«g  166. 

der  kürschner  hat  mehr  mit  feilen,  der  gerber  mit  häuten  zu 
Ihun,  jener  bereitet  die  feile  der  wilden  thiere,  dieser  die  häute 
der  zahmen,  wiewol  hirschhaut  und  Schaffell  gesagt  wird,  so 
tauschen  mhd.  bibenel  und  bibers  hat  (2, 1S07) ;  nhd.  bock- 
fell  und  bückhaut  (2,  205).  in  dem  alten  'ouva;len'  bei  Halft 
8, 152, 259  steckt  kaum  vellen  ro«  ouvel,  Schaffell,  eher  fa;le 
\sp.  1449)  decke?  goldfell  setzt  Fleming  19S  vom  goldnen  vlies 
des  Widders.  Hagedorn  2, 49  sagt  haut  und  feil  des  baren. 
auch  seltner  ftscite  haut  galt  für  pelzwaare: 

von  fremder  vischehiuten  bezoc  wol  getan.    iVi'6.  354,1. 
eines    pantels   hAt  ersdteinl  S94, 2,  dunkel  aber  gleich  darauf 
heiszl  es  S95. 1 : 

von  einer  ludmes  hiute  was  alle;  sin  gewant, 

nach  andrer  lesarl  lubses  hiute  und  ahd.  findet  sicli  loskes  bot, 
aiiUa  Ullis  (Gbaff  4,  S07),  alter  auch  loskis  Tel  (3,  469),  statt 
des  veidmdnnischen  luchses  balg,  niclit  anders  schwanken  ahd. 
dahsbftt,  dahsishüt  (4,  «107)  und  dacbsfell.  dacbsscbwarle  (irft. 
2, 667).      neuere  dichter  schreiben  bald  ligerfell  (GöTnE  2,  27), 


bald  tigerhaut,  doch  wird  im  allgemeinen  dem  vildeti  thier  lid>er 
feil  als  haut  gegeben: 

doch  wie,  vom  buntsten  feil  gezieret, 

der  schöne  luchs  einherstolzieret. 

Kretschäanns  Iihin<]utph  89; 

das  raubthier  schleicht  in  buntgestreiftem  feile. 
A.  W.  Schlegel  1,313. 
thierfelle  sind  uns  pelze,   mlid.   bezeichnete   'vil  maneger  tiere 
hiute'  A'ifr.  885, 3  die  ä)en  auf  der  jagd  erlegten  thiere. 

5)  aus  den  schwestersprachen  nur  einiges,  für  die  bei  uns 
ziemlich  feststehende  bärenhaut  (t,  1128)  begegnet  schon  in  der  edda 

sat  ä  berfialli.  V^undarqr.  10, 
'sasz  auf  dem  bärenfeW,  es  müste  denn  ganz  anders  auszulegen 
sein  und  'ä  berfialli'  meinen  -^auf  dem  baren,  nackten  felsen, 
wie  berbeinn  nudipes,  barfusz  ist.  bärenhaut  heiszl  sonst  biar- 
narstaka,  biamslaka  (Snorra  edda  formäli  9),  wie  hafrstaka 
pellis  caprina.  altn.  öldungshüd,  uxahAd  entsprechen  unserm 
ochsenhaut,  vgl.  hiutl  taurea  terga  (Graff  4, 806) ;  otrbelgr 
genau  unserm  otterbalg,  die  Dänen  sagen  biörneskind,  odder- 
skind  {zuwälen  noch  odderbälg).  engl,  scheiden  sich  neats  lüde, 
cowhide,  stags  hide  ron  lions  skin,  bears  skin,  doe  skin.  wolfs 
skin,  foxs  skin,  bares  skin,  Otters  skin.  feil  und  balg  kommen 
nicht  vor. 

6)  feil  drückt  ganz  besonders  das  bereitete  pergament,  membrana 
aus,  ahd.  puobfel  (Graff  3, 469),  mhd.  buochvel,  s.  die  sp.  1396 
aus  dem  welscJien  gast  angezogne  stelle,  feil  ist  getrocknete  haut, 
leder,  corium,  fr.  cuir,  vgl.  Schurzfell; 

der  schmerz  erfand  gewehr 
und  ein  gedörrtes  feil  gab  schild  und  Schleuder  her. 

LicBTWBR  redu  der  vemuuß  lOS. 
s.  fillen,  filier. 

FELLBEIN,  n.  deutet  Oberli!»  384  cartüago  ossa  arlicularia 
obrestiens,  beinfell  in  folgender  stelle  einer  Urkunde:  mag  der 
ander  teil  den  jeger  vahen  und  im  den  dumen  uf  dem  fell- 
bein  abhöwen.  es  hat  aber  nichts  mit  feil,  haut  zu  schaffen, 
sondern  gehört  zu  fällen,  caedere  und  fällbein  ist  der  block  auf 
dem  man  glieder  und  knochen  verstümmelte,  vgl.  weisth.  4,  269, 
ico  velboum. 

FELLBBET,  n.  vahae,  brd  an  der  thür,  das  gefällt,  nieder- 
gelassen wurde,  thürßügel,  nach  heutiger  schred)ung  ßillbret. 

FELLCHEN,  n.  pellicula,  cuticula:  hamslerfellchen,  maul- 
TSTirfsfellcben,  wieselfellchen.  auch  fellchen  auf  dem  äuge, 
auf  dem  ei; 

stinkig  fellche, 

klinkig  geldche.    cötnischer  reim. 
FELLEIN,  n.   pellicula,   gekürzt   aus  feilelein,   ahd.  fellelin: 
fellein    der   eierschaln,   fellein   in   den  oren.    roc.  1482  h6"; 
wie   sich  Jacob   auch  auf  seiner  mutter  rat  mit  fellein  ver- 
waret.    Mathesius  7'. 

FELLEISEN,  n.  mantica,  mantelsack,  mit  einer  eisenstange 
rerschloszne  ledertasclie  und  darum  felleisen  genannt?  man 
schrieb  aber  auch  fellis,  feiles,  felleis,  was  sich  gleich  dem  nnl. 
valies  aus  fr.  valise,  ü.  valigia,  mlat.  valisia,  hippopera,  her- 
leiten liesze  und  in  feileisen  verdeutlicht  wurde,  denn  kaum  gehen 
umgekehrt  die  romanischen  'wörter  aufs  deutsche  feileisen  zurück 
(DiEZ  s.  365).  die  Bölimen  bildeten  filec.  die  älteste  form  felenz 
erscheint  in  einem  weisthum  ron  1462  (2,  450) :  die  sollent  ime 
stellen  ein  bonden  {bunten)  ochsen,  das  er  ime  sein  fellentz 
driiege  oder  watsack,  wobei  man  sich  des  den  riesen  Gargantua 
tragenden  urlhiers  ellendeis  und  felledeis  (sp.  411)  erinnert;  noch 
nain  er  die  trüben  und  felis,  die  die  menner  trugen  und 
stak  die  für  sich,  und  wiewol  die  Römer  sich  manlich  werten, 
wurden  die  truhen  und  felis  berdan  gerissen  und  kamen  die 
feind  in  die  Wagenburg.  Livius,  SchOfferlin  148*; 
wie  theten  wir  so  geschwind  erbaschn 
sein  feiles  und  die  satteltaschn. 

G.  Malricii's  com.  ron  dem  Schulwesen. 
I.eipz.  1606  F 8; 
als  er  durch  den  ficblenwald  bei  Ravenna  wandernd  ein 
stark  vellis  voll  derjenigen  groszcn  fliegen,  wie  sie  derselbige 
wald  zeicht  {zeucht),  eingeladen  und  mit  sich  in  sein  heimath 
getragen  hat.  Messerscuhid  spüal  unheUsamer  narren  u.  ndrrinnen. 
Siraszb.  1618  5.102;  in  der  dieb  land  rausz  man  das  velleis 
vom  aufm  pferd  führen.  Lehmann  S3;  zu  geschweigen,  dasz 
ich  das  feileisen  hinter  dem  sattel  hatte.  Grtphids  1,  845 ; 
80  hat  ein  jeder  aus  seinem  fellis  ein  paar  stuck  heraus- 
gezogen und  ihn  noch  in  selbiger  stund  von  fusz  auf  ganz 
nagelneu  mundieret.  fr.  Simpl.  1,10;  da  kamen  ire  zwecn 
mit  fellisern  und  flenthen  wol  beladen.  1, 13 ;  wilt  mit  uns 
gehen  und  etwa  unterweilen  ein  fellis  tragen?  1,13;  zween 
wandersgeseilen,   die  würfen  die  beutel  oder  fellis  vun  den 


1499 


FELLEISER  — FELS 


FELS 


1500 


achseln  auf  den  boden.  1,  C9 ;  er  wäre  ein  thor,  wolle  er 
sein  telleis  oder  wandersack  mit  wind  ausfüllen.  Scrivkr 
seeUnsck.  1,  460  ;  nahmen  unsere  leute  die  kuffer  und  feileisen 
weg.  Jucundiss.  Ui ;  unser  jung  trug  mir  meinen  fellis  nach, 
er  wollte  mir  mein  fellis  ein  wenig  tragen,  ich  schlosz  mein 
fellis  auf.  leben  eines  posaunenbldsers  ans  licht  gestellt  von  einem 
linkenpfeifer.  Freiberg  1729  s.  15S.  159.  191 ;  dasz  er  sein  fell- 
eisen  schulden  halber  in  Bremen  sitzen  lassen.  Fr.  Mi^ller 
1,  278.  felleiscn  iä  auch  sclietle  auf  eine  freche  Jirnc.  s.  brief- 
felleisen,  postfelleisen. 

FELLEISER,  m.  im  roc.  1182  h.5'  foliser,  admissarius,  rich- 
tiger clitellarius,  das  mit  dem  felleisen  beladcne  pferd,  das  den 
watsack  trägt.    Henisch  10U5,  4. 

FELLELN,  pellem  olere,  nach  feil  riechen. 

FELLE.N,  pelliceus,  goüi.  filleins,  alid.  fellln,  uol  auch  fillln: 
golh.  gairda  filleina,  zona  pcllicea.  Marc.  1,  6.  altd.  gurtii  fi-liiner. 
nhd.  und  gott  machet  Ade  und  seiner  hausfraweii  vcllinc  rück 
und  leget  sie  an.  bibel  1483,6',  l  Mos.  3,21;  ein  rauher  man 
begürtet  umb  die  lenden  mit  einer  vellin  gurtel.  17ü'.  2  kün. 
i,  8 ;  rehfeilen,  aus  rehfell,  rehfellene  handschuhe. 

FELLGAR,  bei  den  kürschnern,   so  gar  wie  ein  feil  setn  soll. 

FELLGIEBEL,  m.  der  den  giebel  eines  hauses  alibricM,   fällt. 

FELLHÄNDLER,  m.  der  mit  rohen  feilen  handelt,  vom  pelz- 
händlcr,  pelzmacher  unterscltieden. 

FELLIG,  l)  culi  inhaerens,  wäre  golh.  filleigs,  womit  sich 
bilden  liesze  {)rutsfilleigs  leprosus;  alid.  liilic,  vihd.  villic,  wotwr 
madevillic:  dd  wart  her  madevillic  und  starp  jemcriiches 
tudes.  myst.  1,41,34;  eijelvillic,  eine  von  geschwür  wunde  haut 
habend.    Scnsi.  1,  525. 

2)  pelliceus:  thränen  vergicszcnd  ziehen  sie  ihn  hervor, 
schlagen  ihre  felligen  mäntel  um  seine  zerkratzten  schultern. 
FA.  ML*ller  1,124.      bei  Stieler  4C6,  Steinbacu  1,431  fellicht. 

FELLNAGEL,  m.  der  den  nagel  am  schlosz,  an  der  wand 
niederdrückt. 

FELLNÄPPER,  m.  was  fellträgcr:  ein  gerber,  der  nicht  in 
seiner  wohnstdlle  bleibt,  sondern  feile  feil  Irägt,  damit  hausiert. 
die  eigentliche  bcdeulung  von  näppern  unsicher,  Stalder  2,  231 
hat  näpperig,  gnäpperig,  knauserig,  sonst  aber  ist  näpper, 
naber,  nageber  ein  bohrer. 

FELlREISZ,  FELLRISZ,  name  eines  krauts,  das  den  slar 
heilen,  das  feil  vom  äuge  reiszen  soll.  Lonicerus  193*,  der  aus- 
drücklich angibt,  dasz  die  pflanze  augenfeile  heile  und  mit  den 
wurzeln  gegen  triefende  äugen  gut  sei,  nennt  sie  leontodon,  lüwcn- 
xahn,  NEMNicn  malva  alcea.  Henisch  1065,  5.  augenwurz 
heiszen  verschiedne  kräuter  (l,  814),  unter  andern  auch  leontodon 
taraxacum,  und  wie  augenwurzel  sagt  man  feilriszwurzel. 
hypecoum  ist  bei  Lomcerus  178'  römisch  fellrisz.  im  deutscli- 
franz.  wb.  von  Duez  (Amsterdam  1664)  s.  149'  stelU  verdruckt 
felleisz,  das  doch  die  errata  berichtigen. 

FELLSCHLOSZ,  n.  clotoria,  pcssula,  thürklinkc,  die  das  schlosz 
niederdrückt,    fällt.    Diefenbach  128*.    voc.  1482  h  5'.     ähnlich, 
doch  verschieden  ist  fallschlosz  sp.  1290. 
mkd.  da  was  ein  scixrne  loube  vor, 
und  ein  turliii  en  ncljcii, 
daj  velsloj  ruorl  er  eben 
und  bat  sich  in  lä;cn.    GA.  2,414. 
eine  urk.  um  1200  mon.  boica  6, 149  gibt  den  namen  Oudalricus 
Velleslo?,  d.  i.  thüraufdrücker.     vgl.  Icllgiebel,  fellnagel. 

FELLSCHMITZER,  m.  infeclor  jiellium,  lederschmitzer,  der  die 
feile  mÜ  färbe  beschmeiszt ,  bestreicht. 

FELLSCHL'RLING,  m.  das  feil  von  einem  gleich  nach  der 
mshur  geschlachteten  schafe. 

FELLTRÄGEH,  m.  der  feile  feillrägt,  s.  fellniipper. 

FELLWAMS,  m.  pelzwams. 

FELLWERK,  n.  opus  pelliceum:  und  sol  das  kleid  ver- 
brennen oder  den  werft  oder  den  ciniracht,  oder  allerlei 
fellwerg,  darin  solch  mal  ist,  denn  es  ist  ein  mal  des  aus- 
«alzex.  3  Mos.  13,  52.  .53.  57.  58 ;  die  fünft,  als  sie  lastet,  fand 
fin  fellwerk  eins  zimlichen  argen  genichs.  Garg.  103';  rock 
mit  feilwerk  gefüttert.    Kirchuop  wendunm.  128'. 

FEI.LZOTTE,  f  rellus,  citrus. 

KKLM,  m.  Stupor,  alln.  felinr.  nielns: 

(■l  brirlii  mir  wruiidcrllchvii  vi'lni.    Altswiht  21,29. 

FF-LPE,  f  jHtnnus  rillosus,  il.  felpa,  wird  auch  felbel  ter- 
ieulKhi:  westc  mit  blauer  oder  rother  felpe  gefüttert.  Wurm- 
»kVEy  2,18. 

FEI>S,  m.  taxvm,  rvpet,  pelra,  tcopulut. 

1)  ein  tpecifisrh  hochdruttrhe»  wort,  das  weder  ijoth.  noch  ngs. 
frk$.  wnd.  be^j/ncl,  merkwiirdty  aber  im  atts.  Ueliand,  uiui  dock 


nicht  nl.  ins  nd.  sclwint  es  blosz  durch  Luther  eingedrungen, 
die  Barther  bibel  von  I5S8  hat  es  überall,  wo  die  hoclideut.'iche, 
in  der  nd.  volksmundarl  war  es  nicM  beimtsch,  fehlt  darum  in 
den  idiotiken.  audi  steht  es  altd.  und  mhd.  nictd  allenlhallien, 
Otfried  und  mehrere  glossen  geben  es,  im  Talian  wird  idjcr  pelra 
wie  saxum  durcli  stein  übertragen,  ebenso  in  Notkers  psalmen 
petra  und  rupes  durch  stein;  die  späteren  Windberger  ps.  setzen 
113,  8  vels  für  rupes.  mlul.  bedienen  sich  des  worles  \>'olfram, 
Gotfried,  Herbort,  Konrad,  Hugo  im  Renner  u.  a.  m.,  doch 
nicht,  so  viel  ich  jetzt  wäsz,  Hartmasn,  der  gerade  in  seinem 
Gregor  vom  'stein'  nur  dieses  worl,  niemals  vels  braucht,  nhd. 
fels  findet  sich  häufig  bei  Luther,  stellt  bei  Dasvpodius,  Frisius, 
Maai.er,  welche  beiden  letztern  es  doch  sehr  kurz,  ohne  phra- 
seologie  behandeln;  Merswins  büchlein  von  den  neun  felsen 
führt  es  sclwn  auf  dem  titel,  bei  Keisersberg  ist  es  hin  und 
wieder  zu  treffen  (honig  des  felsen.  seh.  der  penitenz  47*). 
Alberus  im  diclion.  1540  sdireibl  velsch.  sobald  man  darauf 
achtel,  wird  sicli  die  Verwendung  oder  das  unterbleiben  des  aus- 
drucks  fester  angeben  lassen,  für  den  diciüer  des  Heliand  be- 
kundet es  ahd.  einflusz.  die  Vorstellungen  fels  und  stein  liegen 
sich  ganz  nahe  und  man  darf  stein  für  ein  stück  des  fclses  oder 
fels  für  einen  hänfen  steine  nehmen,  das  lat.  saxum  drückt  den 
fels,  unser  sahs  den  stein  und  das  steinmesser,  steinschwert  aus, 
in  der  nhd.  Zusammensetzung  steinfels  und  felsstein  einigen  sich 
bade  Wörter,  gr.  stehen  Tiir^a  fels  und  nixQOS  stein  neben- 
einander, das  lat.  petra  hat  im  it.  pietra,  sp.  piedra,  fr.  pierre 
den  begrif  sXcin  angenommen,  dem  von  Ms  entsagt,  unser  heutiges 
fels  kann  aber  nicht  lapis,  Xid'os  bedeuten,  obschon,  wie  wir 
nacldier  sehen  werden,  Otfried  fölisa  für  grabstein  brauclUe. 
Ulfilas  überträgt  Xid'os  durch  slains,  ntroa  durcli  hallus,  wie 
sich  aus  dem  stains  bistuggqis  und  hallus  gamarzeinais  Rom. 
9,  33  ergibt  und  in  der  zum  gründe  liegenden  stelle  Es.  8, 14  be- 
stätigen würde,  doch  Malth.  27,  00  schreibt  er  in  hiaiva,  |)atei 
ushulöda  ana  staina ,  jah  faurvalvjands  staina  mikilamma, 
braucht  also  zweimal  stains  für  nixQa  und  Xid'os,  wo  man 
erwartet  hätte  ana  hailau ;  aber  auch  Luc.  8,  6  steht  ana  staina, 
ijil  TTjV  Ttirgav.  die  skdreins  hingegen  hat  richtig  Stains  für 
ütxQos.  Joh.  1,  42,  Matlh.  16, 18  können  wir  gothiscb  nicht  nach- 
sehen, wenn  Luther  schreibt:  du  soll  Kephas  heiszen,  das  wird 
verdolmetscht  ein  'fels',  so  wäre  genauer  ein  'stein',  nach  dem 
gr.  TttTQOS,  gerade  wie  Matlh.  16,18  IHtoos  von  nixQn  unter- 
schieden wird,     im  IM.  94,14  folgen  beide  Wörter  zusammen: 

hugiscefti  sind  thine  stene  gelica, 
so  fast  bist  thü  so  felis  the  hardo. 

bei  felis  noch  der  anlaul  fl  von  flins,  silex,  fluoh  scopulus  zu 
erwägen. 

2)  was  gebührt  dem  ahd.  und  mhd.  wori,  e  oder  eJ  ist  sein  wurzel- 
vocal  aus  a  oder  i  entsprungen  ?  heule  wird  fels  gesprochen,  das  fr. 
falaise,  allfr.  falise,  mlal.  falesia  (DucangeS,  194'),  so  bedeutsam 
es  einstimmt,  kann  darüber  nicht  entscheiden,  nach  unsern  laulge- 
selzen  lautet  falis  um  in  felis,  doch  ein  felis  schiene  felas  vorauszu- 
setzen, wo  nicht  unmittelbar  aus  fils  fels,  wie  aus  hiini  heim  ge- 
worden, filis  blosze  erweilerung  ist,  die  nachher  in  felis  fortdauerte, 
für  i  scheint  die  Icsarl  lilisa  llel.  55,3,  der  flu^zname  Kilisa,  Filsa 
(Förstemanx  2,  497),  ein  zwischen  felsen  flieszendes  wasser,  und 
der  ortsnanu;  Filisberc  =  Felsberg,  der  mannsnamc  Fili*iiig 
{wie  bei  Graff  3,  497  aus  Filisining  zu  bessern  iv/)  gute  gewahr, 
denn  noch  heule  lebt  der  name  Feising  {felsensolin)  und  darf  an 
Nütkers  Steinimc,  Achales  gemahnen,  auch  .tichnn  mhd.  reime 
wie  'an  den  velsen  :  helsen'  Renner  'iaüOd.  helsel  :  gevelset 
MS.  2,  233'  das  e  nicht,  wed  fast  unmöglich  ist  auf  mhd.  vels 
rein  zu  reimen,  im  heldenbuch  weist  der  reim  Else  wirklich  auf 
Ilse,  Ilisa.  zur  stütze  des  v  läszl  sich  weiter  die  einleuchtende 
berührung  zwisclien  fels  und  feld  geltend  marlirn.  welches  letztere 
in  der  alln.  form  fiall  =  fil|)  eben  rii/ie.«  bedeutet,  das  fehl 
ersclunnl  steinig  und  felsig,  der  stein  wird  zu  grund,  sieingrund. 
wäre  felis  neutral,  so  würde  sich  ein  im  golh.  baris,  agis,  sigis, 
hatis  gegenüber  dem  ags.  bere,  ege,  sige,  hetc  angereihtes  s 
vergleicJien  lassen,  doch  gibt  es  kein  feie,  in  iials  ==  colluin 
scheint  s  wiederum  angehängt,  vgl.  ■ni)J.a  unter  4. 

3)  vorhersehend  ist  die  starke  form,  akl.  nilis,  gen.  felises, 
pl.  fi'lisA,  gen.  ft'lii'i,  wozu  alts.  felis,  pl.  felisös  stimmt,  nitkt 
anders  mhil.  vi'Is,  gen.  velses.  dal.  \t'lse,  fJ.  velse.  nur  0., 
dir  I.  23,  47  den  männlichen  ;J.  felisA  darbietet,  setzt  daneben 
ein  weibliclies  fi'lisa : 

tbar  laK  oba  fi-lisa.  sti  iiob  iiu  in  lani  Ul  wU*.    III.  11.65. 
welcliem  dir  gl.  emm.  {hei  Puz  1,  4»»;)  beijegHenite  gen.  pl.  iiiirpnnt 
fiSlisoiiö,  asperilas  scopulurum  rnlsiiruhl,     dies  fiankiHhe  f.  [eli»a 


1501 


FELS 


FELS 


1502 


dürße  sehr  all  sein  und  mit  jenem  fr.  falaise  zusammenlrelfen. 
weil  aber  der  gen.  pl.  fülisöno  leicht  für  die  männliche  form 
felisonö  genommen  wurde,  ergab  sich  auch  ein  schwaches  m. 
feliso,  mit  dem  in  einer  glosse  bei  Graft  beicahrten  gen.  sg. 
felisin,  so  dasz  neben  dem  starken  Teils  ein  schwaches  m.  feliso 
vnd  ein  f  felisa  entfaltet  war,  das  sich  auch  als  schwaches  felisa 
fassen  liesze,  worüber  gen.  und  dat.  sg.  aufU-iren  müsten.  mhd. 
ist  das  f.  ganz  geschwunden  und  völs,  velses  gilt  als  regel,  das 
schwache  velse,  velsen  nur  als  ausnafime  (Krone  12233.  MSH. 
2, 15"').  nhd.  dauert  fels  zumeist  im  nom.  sg.,  die  obliquen 
casus  ziehen  felsen  vor,  seltsamerweise  liszt  Niclas  vox  Wvle, 
der  noch  in  die  zweite  hälfte  des  15  jh.  gehört,  dieser  schwachen 
flexion  ein  tönendes  -an,  wie  man  ihm  etwa  in  Urkunden  aus 
so  später  zeit,  nicht  aber  bei  Schriftstellern  begegnet:  kain  wine 
Ton  Falern  mag  sich  geliehen  dem  wine,  der  da  rinnet  und 
Qiiszet  usz  herten  selbs  gewachsnen  felsan.  234,31;  aber  ich 
der  nit  gewonet  halt  in  scharpfen  felsan  und  ruchem  gestain 
ze  geen  parfusz  äne  geschüch  und  solen.  259,  29 ;  wurfent 
in,  dennocht  halb  lebend  über  ainen  felsan  ab.  261,  33 ;  lügen 
wir  den  unnützen  fulen  schelmen  etwa  über  ainen  felsan 
abwerfen.  263,  21 ;  und  als  si  haim  kamen  funden  si  das  alt 
wibe  Ton  ainem  felsan  hin  ab  sich  selbs  erhenket  han. 
265,  9 ;  aber  nit  also  daj  si  von  ainem  felsan  geworfen  ains 
schnellen  todes  sterben  werd.  265,26;  über  ainen  felsan  ab 
hoch  ze  springen.  270,  25.  in  analogem  fall  hat  er  sonst  das 
gewöhnliche  -e  n  (nur  309,  33  steht  selan,  animis  für  seien,  und 
immer  heimant  für  heimat,  heimet,  heim),  der  nom.  sg.  zu 
diesem  felsan  musz  wol  fels  lauten.  Adelung  setzt  unsrer  heu- 
tigen Sprache  sogar  einen  nom.  sg.  felsen,  gen.  felsens  (trie  namen 
namens,  willen  willens  für  name  namen,  wille  willen),  während 
LtrrnER  den  nom.  fels,  gen.  felsen  bildete,  was  doch  spätere  bibel- 
ausgaben oft  ändern,  manche  Schriftsteller  bleiben  auch  der  edleren 
starken  flexion  im  gen.  und  dat.  sg.  treu  oder  wechseln  zwischen 
ihr  und  der  schwachen,  hiemach  hat  der  heulige  gen.  sg.  drei 
gestalten  felses,  felsen  und  felsens,  den  pl.  bilden  gegenwärtig 
alle  schwach. 

4)  in  Urverwandtschaft  ziehen  darf  man,  obschon  der  auslaut 
8  mangelt,  das  mctcedonische  ciiXa,  7ie).Ka  und  verschoben  <pi).a, 
ipe).).6i,  fs/J.eis,  welchen  allen  die  bedeiäung  stein  zuslelU. 

5)  alls.  fast  gleichviel  mit  stein. 

hwat  thü  hwargin  ni  tharft 

mid  thinun  fötun  an  felis  bespurnan, 

an  hardan  sten.    Uel.  32, 21 ; 

so  fast  bist  thü  so  felis  tbe  hardo.    94,14; 

ni  afstäd  is  felis  nigiean.    113,12; 

lag  thar  6n  felis  bi  oban.    124,17; 

ef  man  tbene  felis  nimid.    124,20; 

an  them  stenwege,  tbar  thiu  sträta  was 

felison  gifuogid.    164,  27 ; 

hrisidun  thia  höhun  bergös,  barda  steuös  clubuo, 

felisös  afler  them  felde.    16^34. 

6)  mhd.  fels,  rupes,  wofür  nur  selten  stein: 

ej  gäbn  die  velse  einander.    Parz.  ISO,  23, 
nach  sp.  1117,  C,  sie  hallten  wider,  reddulerunt  sonum  (s.  felsen- 
stimroe),  der  walt  gap  hin  widere.  Er.  60S0; 

für  ein  klösen  in  ein»  velses  want.    268,27; 

dort  under  jenes  velses  want.    458,14; 

ein  bruDiie  üjem  velse  schöj.    508,17; 

dane  sihe  ich  ie  nicmere 

niwaa  ein  toup  gevilde, 

wilde  velse  und  wilden  si.     Tritt.  64,29; 

höher  berge  und  velse  vil.    65,3; 

in  die  von  einem  velse  vlöj 

ein  kuole  kleine;  brünnelin.    229,6; 

si  kämen  an  einen  vels  gröj, 

da  das  wa^er  durch  vlö;.    Ermt  3554; 
got  wil  uns  wisen 

durch  disen  vels  zuo  lande.    3562; 

höhe  alumbe  turnet 

mit  velsen  und  mit  tlinsen.    tr.  kr.  5&S7; 

gienc  über  vels  und  über  mos.    5959; 

über  vels  und  über  tal.    105S9; 

ein  bninne  lüter  unde  kalt 

ü;  einem  velse  gät  dcrbi.     165,11; 

umbe  vangen  mit  eime  velse.    Alex.  5S16; 

in  eime  felse  üf  dem  mer.    lUmioiiT  l%9; 

ir  jämer  daj  möht  einen  vels  erbarmen.    Lohengr.  596; 

di  von  sich  ein  starker  vels  möht  hän  erweget.    4992. 

7)  nM.  stellen  zahlreiche  belege  zur  hand:  sihe,  ich  wil  da- 
selbs  »leben  für  dir  auf  einem  fels  in  Horeb,   da  soltu  den 


fels  schlahen,  so  wird  wasser  eraus  laufen,  das  das  volk 
trinke.  2  Mos.  17,6;  und  der  herr  sprach  weiter,  sihe,  es  ist 
ein  räum  bei  mir,  da  soltu  auf  dem  fels  stehen.  33,  21 ;  nim 
den  Stab  und  vcrsamle  die  gemeine,  du  und  dein  bruder 
Aaron,  und  redet  mit  dem  fels  für  iren  äugen,  der  wird 
sein  wasser  geben.  4  Mus.  20,  S ;  und  Mose  und  Aaron  ver- 
samleten  die  gemeine  für  den  fels  und  sprach  zu  inen,  höret 
ir  ungehorsamen,  werden  wir  euch  auch  wasser  bringen  aus 
disem  fels  ?  20,  10 ;  und  Mose  hub  seine  hand  auf  und  schlug 
den  fels  mit  dem  stab  zweimal,  da  gieng  vil  wassers  eraus. 
20,11;  fest  ist  deine  wonung  und  hast  dein  nest  in  einen 
fels  gelegt.  24, 21 ;  und  liesz  dir  wasser  aus  dem  harten  felsen 
gehen  (frfthere  lesart,  aus  den  harten  felsen).  5  Mos.  8, 15 ; 
und  das  fewr  für  aus  dem  fels.  rieht.  6,  21 ;  verkrochen  sie 
sich  in  die  hole  und  klüften  und  felsen  und  löcher  und 
gruben.  1  Sam.  13,  6 ;  es  waren  aber  an  dem  wege  zween 
spitzen  felsen.  14,4;  und  zoch  hin  auf  den  felsen  der  gemsen. 
24,3;  mit  einem  eisern  griffel  in  einen  fels  gehawen.  Hiob 
19,24;  man  reiszet  beche  aus  den  felsen.  28,10;  weiszestu 
die  zeit,  wenn  die  gemsen  auf  den  felsen  geberen  ?  39,  t ; 
und  ich  würde  sie  mit  honig  aus  dem  felsen  setigen.  ps.  81, 17  ; 
und  leget  in  in  sein  eigen  new  grab,  welches  er  hatte  lassen 
in  einen  fels  hawen  und  welzet  einen  groszen  stein  für  die 
Ihür  des  grabes.    Matth.  27,60; 

aber  das  letzt  zil  stürzt  die  armen 

ab  durch  die  felsen  an  erbarmen.    H.  Sachs  1, 23S'; 

die  {gemsen)  sach  ich  aus  klüHen  und  klemsen 

auf  den  siafligen  felsen  klebern.    251'; 

ersach  ich  ein  spitzigen  fels 

im  gipfel  des  gebirges  Eis.    251'; 

ein  tiefen  Wassergraben 

in  gehling  fels  gehawen.    273'; 

im  schlosz  ein  brunnen  kül 

in  lauter  fels  gehawen.    274'; 

auf  gehling  fels  erbawen.    278*; 

(Lyrnessvs),  die  hoch  auf  felsen  steht.    Ornz  1, 227 ; 

von  diesem  felsen  hier.    1,253; 

der  klimmt  auf  einen  gäben 

und  spitzen  felsen  hin.    1,25S; 

musz  er  dann  eben  umb  dise  felsen  und  funkele  holen  seinen 
wohnplatz  haben?  2,  2S1; 

der  kiel  sasz  auf  dem  fels.    Flbkwg  80; 

so  steht  ein  hoher  fels,  leszt  die  erbosten  wellen 

an  seiner  starken  brüst  umsonst  zurücke  brellen.    197; 

wir  sind  fels  und  stählerne  als  stahl.    573; 

die  felsen  stehn  erquicket, 

die  thäler  aufgeputzt,  die  auen  ausgeschmücket.    573; 

der  wolkengleiche  fels  wirft  frech  sein  häupt  empor.    5S3 ; 

mit  brummen  wälzt  er  sich  im  felsen  auf  und  nieder. 
Hagedorn  2,36; 

öder  als  die  wüste,  wilder  als  das  meer 

schlügen  menschenherzen,  wenn  nicht  liebe  war, 
himmel  würden  trauern 

und  den  kalten  fels,  den  mensch  bedauern.    Bckma55  ged.  160; 

auf  eines  felsen  stirn.    Oberon  8, 51 ; 

liegst  nun  auf  hartem  fels.    9,5; 

von  diesem  fels.    9,33; 

der  anfang  ist  von  einem  schmalen  gang, 

der  durch  den  felsen  sich  um  eine  spindel  windet.    9, 4i; 

ans  einem  felsen  quillet.    9,46; 

die  felsen  zu  ersteigen.    9,47; 

und  wie  ein  fels,  zu  dem  sich  wölken  nie  erheben.    9,52; 

ein  glänz  von  himmels  wonne 

verkläret  fels  und  hain.    9,66; 

die  gewalt  zertrieb 

sie  {beide  felsen)  also  reiszend  das  auf  einem  fels  die  schöne, 

der  Jüngling  auf  dem  andern  blieb.    Karschim  ged.  t.  100; 

der  fels  steht  noch  wie  ehemals.    Götter  3,25; 

hoch  rollten  die  wogen,  entlang  ihr  gleis 

und  rollten  gewallige  felsen  eis.    Bürger  36*; 

sie  klimmt  am  dornigen  felsen  empor.    6t'; 

nicht  des  felsen  siirn  im  fichtenkranze 

die  sich  rauschend  in  die  wölken  hebt.    98'; 

drioneu  im  feb  nun  warf  er  es  ab  mit  entsetzlichem  krachen. 

Od.  9,235; 

hoch  nun  schwang  er  empor  den  gewaltigen   fels  vor  dem 

eingang,    9, 240 ; 

böckcheo,  o  freund,  wie  trabst  du  so  hinter  der  herd  aus  dem 

felsen?     9,417; 

aber  mitten  im  fels  ist  eine  benachtete  hole.    12,80; 

über  dem  feli  auch  sitzen  gesang  anstimmende  jungfraun. 
Orplieus  .Argon.  1268; 

herzlich  gegrüszt  mir  im  fels  mein  Wilibald!    Voss  3,183; 


1503 


FELS  — FELSABHANG 


FELSADLER  —  FELSENAN 


1504 


und  ein  zickelcben  oben  vom  Telsen.    3,312; 

wann  stürm  beschäumte  wogen 

empor  au  felseu  schlug.    5, 25ü; 

tochter  des  felsen !  =  felsenquelle.    Matthisson  23" ; 

Damou  sasz  «nd  blies  die  flöte, 

dasz  es  von  den  felsen  klang.    Götuk  1,22; 

ihr  felsen,  ihr  bäume, 

verbergt  meine  freude!     1,44; 

soll  er  auf  die  felst-n  trauen? 

selbst  die  festen  leisen  beben.    1,"2; 

an  dem  felsen  beim  flusz, 

wo  sie  reichte  den  kus, 

jenen  ersten  im  gras.    1,89; 

wie  dort  sich  die  wölken 

am  felsen  verziehn.    l,tftl; 

es  stürzt  der  fels  und  über  ihn  die  Dur.    1,177; 

basall,  der  schwarze  teufelsmohr 

aus  tiefster  hölle  bricht  hervor, 

zerspaltet  fels,  gcsiein  und  erden.    4,383; 

hört  ihr  jene  branduiig  stiirmen, 

die  sich  an  dem  leisen  bricht?    Schiller  59*; 

handlos  und  schrof  ansieigend  starren  ihm 

die  felsen  die  unwirthlichen  entgegen.    630'; 

diese  felsen  bücken  ihre  häupter  nicht 

vor  seinem  hüte.    540" ; 

von  fels  zu  fels  den  wagesprung  zu  tliun.    544'; 

bitten  schreibt  sie  dem  eemahl, 

den  sie  wol  erweichen  könnten, 

wenn  die  ehre  nicht  in  felsen 

wandelte  der  beiden  herz.    Herder  Cid  19  s.  101 ; 

so  arm  in  arm,  die  haare  flatternd,  stürzen 

sie  sich  vom  schroffen  fels  hinab  ins  meer. 

A.W.  ScuuiCKL  2,103; 

dicht  von  felsen  eingeschlo!*sen, 
wo  die  stillen  bächlein  gehn, 
wo  die  dunkeln  weiden  sprossen, 
wünsch  ich  bald  mein  grab  zu  sehn. 

TiECK  nach  mahler  Müller. 

man  sagt:   er  stehet  wie  ein  fels,  unbeweglich,  wie  ein  bäum, 
im  skr.  funszen  berg  nnd  bäum  'aga',  ungehend. 

8)  da  der  festigkeil  des  feises  die  vurstcllung  von  schirm, 
Schulz  entsprieszl,  so  verwendet  Luther  fels  in  dieser  abstractiun, 
vo  der  kxl  und  die  vulg.  andere  ausdrücke  gebrauchen:  wo  sind 
ire  götter?  ir  fels  darauf  sie  traweten?  vulg.  ubi  sunt  dci 
eoruni,  in  qnibus  habebanl  fubiciam?  5  Mos.  32,37;  herr 
mein  fels,  mein  bürg,  mein  erretler  {vulg.  lirmamentum  meiim, 
et  refugium  meum  et  libcrator  mens),  ps.  IS,  3;  sei  mir  ein 
starker  fels  und  eine  bürg  {i'ulg.  cslo  mihi  in  dcum  prolecto- 
rem  et  in  domum  refugii).  31,3;  ich  sage  zu  golt  meinem 
fels.  42,10;  bei  gott  ist  mein  heil,  meine  ehre,  der  fels 
meiner  sterke.  62,8;  denn  gott  der  herr  ist  ein  fels  ewiglich 
{vttlg.  deus  fortis  in  perpetuuni).  Es.  26.  4.  dieser  psalmenslil 
ist  hernach  auch  in  geistlichen  liedern  ständig  geworden :  fels  der 
hofnung  und  des  heils,  arx  spei  el  salulis  {vgl.  mlid.  velsberc) ; 

auf  dich,  mein  got,  allein  ich  traw 

du  bist  mein  trost  auf  erden, 

du  bist  der  fels,  auf  den  ich  baw, 

du  bist  der  hirt  der  herden.    Wkckherli«  106, 

WO  doch  die  sinnliche  bedcutung  zugezogen  ist; 

mein  fels  und  mein  schütz  bist  ja  du.    136; 
du  mein  hört,  du  mein  fels !    Fleming  546. 

9)  alte  Synonyma,  des  goth.  hallus  wurde  bereits  unter  l 
gedaclU,  es  ist  das  aitn.  hallr,  finn.  kallio,  est.  kaljo,  vielleicht 
auch  litt.  Ula.  ahd.  scorro  scopulus  (Graff  6,  539),  tluoh 
uopulus,  scliwciz.  fluh,  wovon  an  seiner  stelle,  beide  verbunden 
in  scorrono  Duahl.  scrofe,  »chropfe  unter  S.  aM.  scesso 
(fiRAFr  6,539).  ahd.  chlCp  (Graff  54»;),  alts.  ags.  clif,  cliof, 
nhd.  kltppc.  engl,  rock,  nnl.  rots,  faUen  zum  it.  rocca,  sp. 
roca,  fr.  röche,  das  sich  von  rochcr  fast  unterscheidet  wie  nerQa 
ton  neiQOi.  lat.  rupes  gicng  niciU  reclU  ins  rom.  ein.  dem 
fei«  wird  leib,  rücke,  gtirn,  hörn,  nase,  rippe  beigelegt, 

10)  eine  menge  von  Zusammensetzungen  gehört  meislentlu^ils 
erst  der  neueren  spräche  und  die  dichter  greifen,  wie  es  Uinen 
fügt,  nach  fei«  oder  felsen.  alte  sind  nur  urUrr  dm  mit  fels 
gMldeten. 

FELSAB,  de  rupe: 

der  fel*ab  donnernde  nbeinitrom.    Vos«. 

FELSABHANG,  m.  rupis  declivitas: 

wu  laiiütheiit  du,  (I  Volk  der  Alemannen, 

den  nifcrn  'hier,  hier  webet  gotieii  geint, 

4«r  Ulm  und  eich  entwurzelt,  und  die  tonnen 

mit  rionaerbali  vom  fclsabhange  reiizt'.    Voss  &,  72. 

s.  feUbaug. 


FELSÄDLER,  «i.  aquila  rupis: 

schau,  der  felsadler  dort  snielet  mit  der  kundigen 
lurleliuub,  ausgesöhnt  spielet  um  das  lamm  der  woIf. 

Voss  3, 273. 

FELSALT.\R,  m.  ara  rupis. 

FELSANHÖHE,  f  jugum  rupis: 

dann  die  Trikka  bewohnt  und  die  felsanhöhen  Ithomes. 

II.  2,  729. 
FELSÄUGIG,  cui  rigeiU  oculi,  glasdugig,  zumal  von  pfcrden: 
die  wildste  barbarei,  der  schnödste  streich, 
den  je  felsäugige,  starrsehnde  wuth 
des  sanften  initleids  thräncn  dargeboten, 
the  wildert  savagery,  the  vilest  stroke, 
that  ever  wallevd  wrath,  or  staring  rage 
presemed  tho  the  tears  of  soft  remorse,    hing  John  4, 3. 

FELSBERG,  m.  mons  saxosus ,  aller  Ortsname,  Filisberc, 
später  Felsberg  (Fürstemann  2,497);  da  in  oberdeutscher  aus- 
spräche fels  zu  felsch  werden  kann,  so  scheint  der  oben  sp.  1295 
beigcbraclUe  orlsnamc  Velschherg  und  der  jKrsönlicIw  namc  Velsch- 
berger  nichts  als  Felsberg,  Fcisbergcr: 
mhd.   der  triun  ein  starker  velsberc 

Sit  ir  und  wis  als  Salomön.    IJelbl.  2, 130S; 
nhd.    der  Phtbcirer  bewaldeten  leisberg.    II.  2,868, 
früher  das  Waldgebirge  der  Phth.,  oqos  axniTÖ^v)J.ov. 
FELSBLOCK,  m.  saxum: 
weg  mit  den  bänden  zu  rücken  den  felsblock.    Od.  9,305, 
frülier  den  mächtigen  fels; 

diese  paläste  mit  hängenden  gärten,  es  hat  sie  ein  könig 
auf  des  gcbirgs  fclsblock  seiner  geliebten  erbaut. 

l'LATEN   147*. 

FELSBOGE,  m.  arcussaxi:  aus  der  ferne  schaut  ein  junger 
Jäger  unter  einem  durchbrochenen  felsbogen  ein  nacktes  weib- 
liches wesen  von  der  gröszten  Schönheit.    Gütue  44,  222. 

FELSBOR.N,  m.  fons  ex  rupe  proßucns: 

zwanzig  eileten  hin  zu  des  felsboras  duukelem  sprudel. 

Od.  20, 15!>; 
es  spielt  des  felsborns  muntres  rieseln 
am  hüttchen  hin.    Fried.  BRi;?r  im  musenalm.  1798  s.  182; 
o  du,  der  im  reinsten  Ihaue  badet 
die  goldlockige  scheilel 
aiu  l'elsboriie  Kusuiias!    A.  W.  Schlegel  2, 116; 

unter  dem  wolkensaume  sieht  man  im  landschaftlichen  grund 
am  felsliorn  liebliche  frauengestalten.    Gutbe  44,  88. 
FELSBLCHT,  f  sinus  saxi: 

dorther  wanderten  wir,  und  mit  angestrengetem  fusztritt 
kamen  wir  nun  an  des  Strands  windlos  vorstarrende  felsbucht. 
Urpheus  .irgon.  1129. 
FELSCHIRURG,  m. 

als  felschirurgen  wolbekannt.    Götue  41,56. 
FELSDAMM,  m.  moles  saxosa: 

also,  wo  nichts  in  dem  fall  ihn  hinderte,  sah  ich  den  gieszbach 
sanfter  hinab  von  der  höhe  mit  linderem  rauschen  gerollet, 
doch,  wo  gebälk  abhielt  und  vorgebaueter  felsdamm, 
schaumiger    dort    aufbrausend,    vom    zwang   noch    zorniger 
stürzt  er.    Or.  met.  3,570. 
FELSDECKE,  f.   operculum   saxosum:    du  kannst  die  fels- 
decke noch  nicht  erheben.    Arnim  2, 321. 

FELSECKE,   f.   angulus  saxi,    alid.    Felsecka   (Förstemanm 
2,  497) ;  nhd.  indem  er  eine  männliche  stimme  vernahm,  welche 
um  die  felsecke  herum  ernst  aber  freundlich  herabrief  "warum 
steht  ihr  stille?'    Göthe  21,5. 
FELSEILA.ND,  n. 
mir  träumt  ich  stund  auf  einem  feUeilandc.    Rückert  87. 

FELSEN,  saxis  firmare,  viunire,  festigen?  nur  das  pari,  ist 
zu  belegen:  dieweil  die  hexen  in  neid  und  hasz  gefelsel  sind. 
Paracei.sus  2,  254',  gleiclmam  fest  sitzen,  verhdrtet,  rersteint  sind, 
mhd.  villsen,  gründen,  außhürmen:  als  einer  di'r  dl  bürge 
vflset.  mhd.  wb.  3,  295*. 

FELSEN,  saxeus,  ahd.  fiflisln,  filisln :  Annibal  hemSrhligtc 
sich  dieser  felscnen  pforlen  und  führte  das  ganze  hcer  bergauf. 
Lohenstein  Ann.  1,  H25. 

FELSENARGRCND,  m. 

wie  felsenabgrund  mir  zu  füszen 

auf  tiefem  abgrund  la.^lend  ruht.    Göthk  41,3.14. 

FELSENADER,  f.  1)  ein  sich  in  der  erde  hinzieitender  strich 
von  felsen. 

2)  die  ader  unter  den  armen,     s.  fclscnblullcitcr. 
FELSENADERGANG,  nu 
FELSE.NAN,  adverso  rltvo,  sursum: 

•ein  er»chütlerier  goint  (er  rang  noch  kaum  mit  dem  lode) 

rliiz  Ihn,  von  dem  mördriicheu  feinde  zum  unsinn  «mpörol 

feUenan.    Heimuts  I.MT; 

oft  musz  er  felienan  «ich  mit  den  banden  winden.  Oberon  9, 37 . 


1 


1 505   FELSENARTIG  —  FELSENBRECHER 


FELSEXBREITE  —  FELSENGESCHEITEL  1 5Ö6 


FELSENARTIG,  saxeus. 
FELSE.NBACH,  m.    Güki.ngk  1,175; 

ermiidet  sinkt  er  dann 

am  felsenbache  nieder 

und  ruht  bei  seiner  beut  im  gras.    Kretschhixss  werke  1,63; 

nur  dasi  der  felsenbach  den  wetterstimmen  allen 

antworten  will  zugleich  in  dumpfen  widerballen. 

Lesaü  neufiie  ged.  192. 

FELSENBAND,  n.  hei  Stalder  1,129  fluhband,  bergterrasse , 
dort  zieht  sich  der  weg  über  schmale  grasplanken  iind  felsen- 
bäoder  zur  Mutteralp.  Berlepsch  alpen  311. 

FELSENBANK,  f.    Goiteh  3,533. 

FELSENBEGEISTRER,  m. 

von  dem  lehrer  unsrer  feste, 

dem  felsenbegeistrer  (Orplieus).    Willahov  poet.  werke  s.  42. 

FELSENBEHALSÜNG,  f. 

für  mich  in  be^ierde  verloren 
lodert  er  auf,  vergessend  des  viehs  und  der  felsenbebausung. 
Ov.  metam.  13,  7ii7. 

FELSENBEIN,  m.  os  pelrosum,  ein  Uieil  des  knochens  an  den 
schlafen,  stirne  oder  schlaf  {tempus)  einem  fels  zu  vergleichen  liegt 
nahe,  wie  auch  y^örafos  berggipfel  atisdrückl,  stirne  gleichsam 
den  festen,  harten  giebel  des  leibs  bezeichnet  {s.  felsenstirne).  doch 
habe  ich  nie  das  einfache  fels  für  stirne  gefunden,  in  den  Zusammen- 
setzungen felsenbein,  felsenblutader,  felsentheil  erreicht  es  aber 
die  Vorstellung  von  schlaf  oder  schlafe,  genau  trie  mhd.  tinne 
{wb.  3, 38")  frons  und  auch  pinna,  pinnaculum  bedeutet,  dies 
tinne,  nach  bekannter  fortschidiung  der  linguale,  wird  später  zu 
zinne.  man  sieht  leicht,  dasz  tinne  für  dinne  steht,  also  dem 
ahd.  duna  in  dunawengi  (Graff  1,  895),  ays.  |)unvange,  altn. 
j)unnvängi  gläch  kommt ;  dunwengi  zog  sich  hernach  zusammen 
in  duninge  (2, 1532),  wobei  nicht  an  tonne,  sondern  an  dünne, 
tenuis  zu  eiinnern  war.  da  in  tempus,  {lunvange,  dunawengi 
ein  voller  schub  vorliegt,  gerade  wie  in  tenuis,  [lynne,  dunni, 
/tonnte  selbst  in  tempus  tenuis  stecken,  das  m  durch  p  hervor- 
gerufen sein;  es  bliihl  aber  hier  vieles  und  namentlich  der  verhalt 
zum  gleidilautenden  tempus  {goth.  |)eihs)  dunkel,  möge  nun 
dünn  in  duning,  tinne,  dinne  die  feinen  knochen  der  schlafen 
und  Wangen  meinen,  allmälich  entsprangen  und  mischten  sich  in 
diesen  Wörtern  die  bedeutungen  frons,  gena,  mala,  maxUla  und 
ihr  bezug  auf  dünn  wurde  längst  nicht  mehr  gefühlt,  lugleich 
aber  könnte  pinna  {vgl.  Gnne)  neben  tinne  und  lempus  auf  die 
gemeinschaß  zwischen  fein  und  dünne  (sp.  1452)  wieder  licht 
werfen,     man  sehe  schlaf  und  schlafbein. 

FELSENBEINE,  os^a  rupium: 

wo  Calpens  felsenbeine 
die  Amphitrit  abwäscht. 

LoiJE!<STEJ!<  auserl.  ged.  1,250. 

FELSENBERG,  m.  für  felsberg.    Gurijsgk  1,3S; 
auf  eines  felseuberges  joch.    Scuiller  GO"; 
nnd  trümmcrt  fekenberge  nieder.    IIölderliti. 
FELSENBETT,  n.  leclus  rttpestris:  ist  bald  unter  die  lieb- 
liche sonne?  sie  wird  hinschlummern  und  wieder  erwachend 
heraufsteigen  aus  ihrem  felsenbette.    Fb.  Miller  1,372; 

sei  cepröszt  im  felsenbette, 

Rhoaan,  söhn  der  dunkeln  khift.    A.  W.  Schlegel  1,257; 

wo  durch  ihr  felsenhette  die  Enz  sich  rauschend  drängt. 

Ujn.i:«D  ged.  t.  431 ; 
herunter  taumelnd  durch  ihr  felsenbetl 
wie  rauschen  feirlich  die  geschwellten  wasser. 

KosEGARTEK  b)it.  odeon  2, 133. 

FELSENBLENDE,  f.  ein  uhu  sah  dem  unfug  aus  einer 
felsenbiende  zu.    Schlbart  ged.  2,  276. 

FELSE.NBLUTADER,  f.  tena  lemporis  capitis,  oder  an  den 
schlafen,  s.  felsenbein. 

FELSENBLI'TLEITER,  m.  dasselbe,  sinus  petrosus  inferior. 
FELSENßODEN,  m.  solum  petrosum,  solidum. 
FELSENBOHRER,  m.  qui  terebrat  sarum: 
du  dort,  schäumender  ström,  du  felsenbohrer,  mich  gSngelt 
trunkne  begeistrung  hinauf  bis  in  dein  wankendes  betu 
Stolbug  l,3<i5. 
FELSENBORN,  m.  was  felsborn: 

nun  soll  Kastaliens  silberklarer  thau, 

von  priesterlichen  mägden  mit  der  dämmrung 

am  felsenborn  geschöpft  in  diesen  knig, 

der  schwelle  lugang  reinigend  benetzen.    A.  W.  Schiegel  2,  Sl. 

FELSENBRANDUNG,  f.  fluclus  lüon  saxoso  iUisi: 

nun  treib  auf  einmal 
dein  sturmerkranktes  scbif  in  felsenbrandung.    i.W.  ScAlkgel. 

FELSE.NBRECHER,  m.  fractor  scoptilorum,  wird  vom  Sturm- 
wind oder  blitxslrald  gesagL    Stiel  er  231. 
U. 


FELSENBREITE,  /. 

schon  rauscht  ein  bach  zu  bächen  mächtig  nieder, 

aus  Schluchten  kehren  sie  gedoppelt  wieder, 

ein  Strom  nun  wirft  den  bogenstrahl. 

auf  einmal  legt  er  sich  in  flache  felsenbreite 

und  rauscht  und  schäumt,  nach  der  und  jener  seite, 

und  stufenweise  wirft  er  sich  ins  thal.    Göibe  41, 2s2. 

FELSENBRCCKE,  f.    Kli\ger  6, 114. 
FELSENBUCHT,  f  was  feisbucht  : 

dort  tief  im  schatten,  der  dem  ferst  der  felsenbucht, 

wie  dein  verwildert  haar,  entbänget.    Voss  6,  IS9; 

Theseus !  ruft  sie,  aber  ohne  frucht. 

nur  der  nachhall  aus  der  felsenbucht 

seufzet,  da  sie  angstvoll  horcht,  der  armen 

Theseus!  zu,  wie  aus  erbarmen.    A.  W.  Schlegel  40; 

von  winden  wird  die  felsenbucht  durchpüffen.   Lemü  Faust  147. 

FELSEN  BURG,  f.  thäJer,  worin  gar  mancher  urvater  Abra- 
ham ein  Canaan,  mancher  Albert  Julius  eine  Felsenhnrg 
würde  gefunden  haben,  wo  denn  seine  nachkommen  leicht 
mit  den  Sternen  rivalisierend  sich  hätten  vermehren  können. 
GöTHE  23,267;  diese  Versetzung  eines  meiner  milgeschöpfe 
aus  den  Sinnlichkeiten  einer  blühenden  handelsstadt  in  die 
felsenburg,  in  die  Vergessenheit,  in  die  nebel  eines  stür- 
mischen eilands.   TbCjimel  5,  50. 

FELSENDAMM,  m.  was  felsdomm: 

(soll)  der  Unterdrückung  letzter  felseodamra 
zusammenstürzen?    ScurLLER  20*. 

FELSE.NDÄUER,  /.  firmilas,  st(J>ilitas  rupium: 

doch  solcher  grenze,  solcher  ehmen  maner 

höchst  widerwärtge  pforte  wird  entriegelt. 

sie  stehe  nur  mit  alter  felsendauer.    Göthe  3, 103.  49, 14. 

FELSENECKE,  f.  was  felsecke:  sie  durfte  nur  die  eine 
fclsenecke  wegbrechen.    Göthe  17,  34. 

FELSENER,  m.  Petrus  heiszt  ein  felsener,  und  billig,  weil 
er  sich  mit  seinem  glauben  und  bekenntnis  auf  den  felsen 
des  heils,  Jesum,  gründete.  H.  MCller  erquickst.  375.  vgl. 
felser.     tn  felsener  könnte  man  auch  das  adj.  sehen. 

FELSENERSCHCTTERER,  m.  concussor  rupium,  vom  Rhein- 
fall: 

bimmel  und  erde  verschwinden  am  donnernden  felsenerschütfrer, 
nur,  0  geliebte,  dein  bild  mahlt  sich  im  silbernen  schäum. 

MATIHISSWi  S34. 

FELSENFEST,  saxo  firmior:  felsenfeste  treue; 

wenn  der  erdkreis  bang  erzittert, 

steht  sie  stark  und  felsenfest.    GRTPHtrs; 

mit  felsenfesten  stamme  sieget.    1,121; 

bis  dieses  zweifeis  felsenfeste  rinde 

von  diesem  herzen  niedei fällt.    Schiller  ... 

FELSENFLECHTE,  f.  liehen  rupestris. 
FELSENGANG,  m.  mcattis  saxorum:  aus  den  labyrinthischen 
felscngängen  der  höhle  hallte  es  zurück.    Klinger  S,  392. 
FELSEN  GASSE,  /.  via  saxosa: 

stets  dunkler  wards  im  thale,  lauter  immer, 
Sturzbäche  durch  die  felsengassen  sprangen. 
Le:«ad  neu.  ged.  11. 

FELSENGEBIRGE,  n.  monlana  pelrosa: 

fest  wie  felsengebirge  und  stark  wie  der  donnernde  Rheiastura. 

Saus. 

FELSENGEGEND,  /".  regio  saaosa.    Gotter  3,  422. 
FELSE.NGEISZ,  f  anlilope  rupicapra. 
FELSENGEKLÜFT,  n.  hiafus  rupis: 

lag  er  im  felsengeklüft  weit  ausgestreckt  durch  die  herde. 

Od.  9,29<!; 
wohnten  im  felsengeklüft  der  stürmischen  Vorgebirge.   9,400; 

dort,  wo  hirten  znr  lust  säuselnd  die  (lohte  sich  hebt, 
findest  du  voll  ausströmend  des  quelligen  felsengeklüftet 
klare  flui,  wie  des  nords  Qockengestnber  so  kalt. 
Voss  6,3iS; 
lAmphitryoniadcs)  schlug  rächend  Im  felsengeklüft 
Cacus,    der  nachbarn  schrecken,   den  flammaushauchenden 

Täuber.    A.  W.  Schlegel  2,42; 
wo  sich  zwischen  die  felsengeklüfte  des  Bacchus  laub 
drängt,  und  stolz  sich  erbebt  in  die  winde  der  palmenschaft. 

Platkw  120'. 
FELSENGEQUELL,  n. 
lieblich  ertönt  das  geräuscb,  das  die  pinie  drüben,  o  geiszhirt, 
dort  an  dem  (elsengequell  uns  herabschwirrt.    Theokiit  1,2. 

FELSENGESCHEITEL,  n. 

als  nun  die  jagd  das  e ebirg  und  den  sperrigen  dickicht  erobert, 
siebe,  da  taumelten  nier,  enutürzt  dem  felsengescheitel 
über  die  rücken  der  berge  die  Qüchtitren  gemsen  herunter. 

ficRCER  24t)\ 

95 


1507  FELSENGESCHWISTER  —  FELSEMLVUS 


FELSEXHEIDE  — FELSENKLUFT   1508 


FELSENGESCnWISTER,  pi 

die  ädern  erstarren,  erstarren  in  mir  (Siohc). 
es  flieheu  vou  hinnen  die  li-lsengcscljwister. 

Fr.  Mcllkr  2, 305.  ISiobe  1773  «.  95. 

FELSENGESTADE,  n.  lUus  saxostm.    Tbümmel  5,  4G2. 
FELSENGESTALT,  f.  figura  saxea. 

FELSENGESTCIIZT,   de  rupe  praeäjntalus :     die   felscnge- 
Btiirzte  Sapplio.    Karschin  »«  Jacobis  allerlei.  1777.  232. 
FELSEN  GEWINDE,  n. 

eng  verlor  sich  ein  busen  in  schweifendes  felsengewinde, 

Sivllas  liebliclie  ruhe, 

pafviis  erat  piirces,  curvos  sinuatus  in  arcus, 

grata  quics  Scjilae.    Uv.  met.  14,51; 

im    felsengewinde,   in   das  zuweilen  tief  ein  donnerkeil  ein- 
fuhr. J.  P.  Tit.  4,  52. 

FELSENGEWIPFEL,  n. 
flimmert  und  flammen  der  ather,  und  hoch  vom  fclsengewipfel 
tönt  das  jamniergeheul  der  keuschen  njrmphen  Diancns. 

ßORCER  240'. 

FELSENGEWÖLBE,  n.  caverna  saxea. 
FELSENGIPFEL,  m.  vertex  rupis: 

starke,  zackige  felsengipfel.     Göthk  41,  251. 
FELSENGRAB,  n.  sepukrum  in  rupe  cxcisum. 
FELSENGHOTTE,  f. 

beide  schaler  .«atzten, 

unter  schirmender  felsengrotte, 

sich  an  die  milden  flammen.    Kretschvanns  werke  2,117; 

auf  der  felsengrotte  grauem  stein.    Skume; 

ihres  herzens  felsengrotte.    Götter  3, 326. 
FELSENGRUFT,  f. 
kein  tag,  an  dem  er  nicht  wol  zwanzigmal  den  rücken 
der  felsengrul't  bestieg.    Wieland  Ubeion  9,32; 
und  aus  ihren  felsengrüfien 
werden  alle  stürme  los.    Schiller  CO". 

FELSENGRUND,  m. 

ist  um  mich  her  ein  wildes  brausen 
als  wogte  wald  und  felsengnind.     Göthe  41,334; 
auf  einmal  gähnt  im  tiefsten  felsengrund 
ihn  eine  höhle  an.    Wieland,  Uberun  1,1S; 

der  rauhe  felsengrund 
fitehl  wieder  zum  elysium  umgebildet.    9,19; 
gegründet  steht  sein  sinn 
auf  festem  felsengrunde.    Voss; 

auf  diesem  felsengrunde 
von  forschungsgeist,  natur  und  Völkerkunde.    Götter  1,308. 

FELSENHALDE,  f.  bergmännisch,   eine  läge  von  trübem,  ge- 
stürztem gcslein. 

FELSENHANG,  m.  divus: 
tag  gieng  auf  vor  dem  göttlichen,  leuchtet  hinunter 
in  des  gefangnisses  tiefes  geklüft,  auf  die  felsenliänge 
voller  trüber  quellen,  hinab  in  die  fernsten  gewölbe 
unter  den  fclsenhängen.    Messias  17,145; 
dank  dir  noch  einmal,  o  Hertha,  dasz  ich  damals  nicht 
von  dem  felscnbange  stürzt  und  starb.    Klopstock  8,2U1; 
ach  da,  mir  beben  die  glieder, 
da  bin  ich  am  felsenhang, 
der  seine  steile  selten 

hinunter  ins  schlachtthal  streckt.    Eretsciixann  1,279; 
wo  um  schron"e  felsenhänge 
sich  die  epheuranke  strickt.    Matthisso:«  27; 
jene  kaskade  die  wild  über  den  felscnhang  schäumt.    242; 
da  traf  ihn,  auf  seilen  betretener  bahn, 
Hans  ßendix,  sein  schaler,  am  felsenbang  an.    Borger  GC; 
wer  mit  schritten  eines  niebesiegten 
wandert  dort  vom  felsenhang?    Schiller  134*; 
wer  so  viel  adlcrbrut  nur  treibt 
aus  ihren  felseiihangen.    Eicuendorf  im  musenalm.  1859  <.  3. 

FELSENHART,  saxeus,  steinhart.  Stieleb  772:  meine  felsen- 
barten  peinigen.  Felsenburg  2,20; 

doch  blieb  ich  felsenhart  und  nichtes  wolt  zureichen, 
um  mein  versteiutcs  herz  in  busze  zu  erweichen. 

Lampe  Imndlein  XXV  ijottscli'jer  gelänge 
1723  ».  5«; 

0  fclsenhartes  herz,  erweicht  dich  nicht  <la8  flehen 
der  Undcr,  die  vor  dir  entblöszt  und  hungrig  stehen? 

Licutwir  rct7«(  der  Vernunft  12&. 

FELSENHÄRTE,  f.  durities  saxi,  animi. 
FfXSE.NHAUER,  m. 

rin  put  gewUnen  steht  lo  fest  all  eine  maunr, 
die  kein  cnnhaunenstnuz,  kein  atarkar  felienhaiier 
in  stücken  brechen  kau.     IUinuold  reime  dicli.  vurr. 

FELSENHAUPT,  n.  eaput  laxorum. 
■KELSENIL\US,  n.  domut  m  rupe  tita. 


FELSENHEIDE,  f.  campu.'!  pelroms 
FLLSENHEIVZ,  n.  cor  saxeum: 

er  wälzt  in  dem  rasenden  felsenherzcn 
eine  lästerung,  schwarz  wie  die  nacht  der  untersten  höUe. 

Messias  13,  53  t ; 
wie  der  Wasserfall  brausend  die  kluft  durchflieht. 
wölze  dich  wild  über  felsenherzcn  luelu  lied! 

Kretscuiia;iNS  werke  1,132; 
und  wie  ein  Stutzer  angezogen, 
dies  nimmt  die  fclsenhcrzeu  ein.    Bcrvann  fabeln  117; 

friedliebend  und  sanft  wirkt  sie,  die  inüchlige  sonne  auf  die 
feisenherzen  der  groszen.  Thümmel  Wilhelminc  40;  unerbill- 
iiches  fciscnherz.  Ardinyhello  1,120; 

wenn  ihr  bemühn  sein  felscnherz  nicht  rührte?    Gotter  2, 170. 

FELSENHÖHE,  f.  fasligium  rupis: 

umringt,  wohin  sie  schaudernd  sehen 

von  überhangenden  gebrochnen  felsenhöhen.    Wieland; 

indem  ich  nun  so  sitz  und  Jammer  und  weine, 

da  stürzte  von  der  felscnhöh 

ein  eichbaum,  der  mir  schultern,  köpf  und  beine 

beinah  zerschmetterte.    IIöltt  im  musenalm.  1779,155; 

ich  will  es  euch  nur  eingestehn, 

auf  diesen  dürren  felscnhöhn 

ists  liebchen  nicht  zu  linden.    Göthe  1,192. 

FELSENHÖHLE,  f.  caverna  saxi:  in  einer  langen,  mit 
vielen  faclieln  cileuchlelen  felsenhtilc.  Fc/sf/i6.  99;  nunmcliro 
war  CS  an  dem,  dasz  wir  die  grosze  laiiipc  anzündelen  und 
uns  in  eine  abermalige  felsenhöle  wagen  wollen.   1,195; 

und  ihre  wohnung  war  nun  eine  felsenhöle.    Oberon  9,59; 

dann  öfnc  mir  der  liefe  wald 

mit  felsenliölilcn.  flnstcrn  gnngen, 

bei  pliilomelens  klaggesängen, 

den  traurig  süszen  aufcnthalt.    Weiszr  kinderfreund  11,259. 

FELSENHORN,  n.  cornu  rupis: 

er  sieht  die  felsenhörncr  verklärt  im  goldnen  strahl. 

UULAND. 

FELSENHURE,  f.  echo,  vgl  fcis  6: 

hörst  du  sie  dort  herüber  schreien, 

Echo,  die  alte  felsenliure? 

sie  läszt  sich  gleich  von  gott  und  teufel  freien, 

dient  jedem  gleich  mit  einem  liebcsschwure.    Lenac  Faust  132. 

FELSENINSEL,  f.  insula  pelrosa.    Felscnburg  1, 156. 
FELSENKAMMER,  f. 

in  der  dunkeln  felsenkaramer 

lauter  tönt  der  stimmen  schall.    Körner  1, 122. 

FELSENKEHLE,  f.  slria  rupium: 

und  im  geliüsch,  das  eine  felsenkehia 
umkränzt.    Übcron  9,2  (werke  23,41). 

FELSENKELLER,  m.  excavala  in  rttpc  cella: 

mein  wein,  er  springt  aus  diesem  felsenkeller.    Wielajid; 

Agathens  gesiebt  war  wie  ein  fclsenkoller  von  der  kälte  ibres 
bniders  gegen  Victor  ausgeschlagen.  J.  P.  Hesp.  3,  lös. 
FELSENKETTE,  f.  calena  rnpiiim: 

es  bricht  die  macht  der  stolzen  wellen 

der  felsenketten  steiler  wall.    i.  A.  Schlegkl. 

FELSENKLAMMER,  f.  fibula  rn;»«»»; 

du  fandst  den  weg  ohn  äugen 

durch  ehrne  felsenklammern 

zu  kühler  wasser  kaniniern 

voll  eiscnschwangern  schaums.    A.  W.  Schlegel  1,122. 

FELSENKLIPPE,  f.  scopulus,  \ieonadisch,  da  in  klippr  für 
sich  dieselbe  rorstfllung  liegt:  zwischen  den  feisenklippen  hiiiali. 
Felsenb.  1,418; 

steht  nicht  da,  schrof  und  unzugänglich,  wie 

die  felsenklippe,  die  der  strandende 

vergeblich  ringend  zu  erfassen  strebt.    Schim.br  427*. 

FELSENKLUIT,  f  rupis  hiatus:  da  es  au  den  spniiig  über 
die  felsenklufl   gciien  sollte.    Felsenb.  1,105; 

luletzt  entdeckt  des  Jünglings  bangen  äugen 

sich  eine  fekenklufl.    Obctori  h,  40; 

jetzt  ein  wenig  entfernt  von  der  lelsenkluft.    Od.  9,402; 

sasx  ich  bei  sanfter  abeiidlufl. 

die  m<Mli  gelock  hesnusell  und  hekühlet. 

In  meiner  felsenklufl.    IIöi.tt  in.  a.  \'i'V,  153; 

auf  verwach«iieni  nfnd, 
wo  nur  der  brtr  in  filscnkluaen  hauste.    Mattiiisso«  8; 
Im  lichte  wAhn  die  ranken 
der  öden  lelsenklull.     liii; 
frau  Ilona  snsz  in  der  folsenkliift, 
tlo  klagt  ihr  bitlic«  losi.    Tiii  \-<i<  ;*''S. 

i.  fcisklufl. 


1509   FELSENKMFT— FELSENPFäD 

FELSENKRAFT,  f.  n>bur,  rigor: 

stumpf  an  meiner  Jugend  felsenkrafl 
niederfallt  des  todessperes  schafl.    Schiller  4'; 

so  treuen,  unbeDeckten.  starken  gemiiths,  mit  groszen  fdsen- 

kraften.  J.  P.  fleqelj.  1, 139. 

FELSENKRIECHER,  m.  labrus  rupeäris. 

FELSENKRONE,  f.  Corona  rujjium. 

FELSENKRLMMLNG,  f.  anfraclus  saxorum:  eine  höhle,  in 
deren  düsterem  Schlünde  man  durch  felsenkrümmungen 
mühsam  gelangte.    Klinger  8, 6. 

FELSENKUPPE,  f.  eulmen  saxt: 
auf  dem  vorsprun?  einer  felsenkuppe 
peinlich  harrend  stand  indessen  Assad.    Platk:«  324'. 

FELSENKÜSTE,  f.  liius  saxi: 

sliesz  mit  dem  dreizack  an  die  felsenküsie. 

A.  W.  SCHLKCM.  2,  94. 

FELSENLABKRAIT,  n.  galium  rupeslre. 
FELSENLAGE,  f.   älus  saxosus:    die   wunderliche  felsen- 
lage  von  calla  Belotta.    Göthe  2S.  161; 

leicht  wie  schnee  auf  diesen  felsenlagen.    Platkü  4. 
FELSENLAST.  f.  moles  magna: 

wenn  unerträgliches  mit  felsenlast 

herbei  sich  wälzend  ihn  bedrohend  schlag.    Göthb  .  .  .; 

es  werfen  steine,  felsenlasten 

und  Wälder  sich  in  seine  bahn, 

er  aber  stürzt  mit  stolzen  mästen 

sich  rauschend  in  den  oeean.    Schiller  4S'. 

FELSENLEER,  racuus  rtipibus. 
FELSENLEIB,  m.  corpus  saxeum : 

den  felsenleib  umbrausl  von  raeeren 

erschuf  toII  keim  uns  deine  band.    Voss. 

FELSENLOCH.  n.  carum  pelrae. 

FELSENMANN,  m.    1)  Petrus,   nhqos,    Kr,fä5,  s.  fels  1, 
felsener  und  hernach  felser. 
2)  felsbeirohner,  rupicola: 
mein  bester  herr,  versetzt  der  felscnmann.    Oberon  1,71. 

FELSENMASSE,  f. 
sie  kann  nicht  mehr  hinaus  zu  jenem  passe, 
denn  abgestürzt  ist  dort  die  felseumasse. 

Gries  Bojardo  2,18,53; 

das  ungethüm  verfolgt  ihn  ohne  ruhn 

auf  jedem  pfad,  auch  über  felsenmassen.    3,3,46. 

FELSENMAUER,  f,  murvs  saxeus:  Thümmel  5,285; 

in  den  öden  felsenmanern 

müst  ich  freudlos  einsam  trauern, 

und  verblühn  in  ewgem  härm.    ScnaLER  60*. 

FELSENMEER.  n.  mare  scopulosum. 
FELSENNACKE,  m.  cervix  saxea: 

im  felsennacken  freien  sino.    Stolberg  1,97. 
FELSENNASE,  /. 

und  die  langen  felsennasen 

wie  sie  schnarchen,  wie  sie  blasen.    Götbi  12,204. 

FELSENNESSEL,  f.  aclinia  rufa, 
FELSENNEST,  n.  nidus  in  rupe. 
l)  ron  vOgeln: 

im  felsenneste  fühlt  sich  der  adler  schon 

voll  seiner  urkrafl.    Stolberg  1,  12; 

und  wie  der  erste  trieb,  sein  felsennest  zu  bauen 

den  jungen  adler  hebt  auf  eine  höh.    Thcxrel  reise  3,149; 

der  adler,  der  so  stolz  die  slrahlenflügel  schlug, 

er  ist  herabgestürzt  von  seinem  felsennesie, 

wo  er  die  weit  in  seinen  klauen  trug.    Tikdgk  elrg.  2, 136. 

1)  angewandt  auf  bergtrohnungen  der  menschen: 
sein  allverfluchtes  felsennest 
war,  wie  der  Königslein,  so  fest.    Borger  24'; 
der  bürger  hinter  seinen  mauern, 
der  rittcr  auf  dem  felsennest, 
verschwuren  sich  uns  auszudnuern 
und  halten  ihre  kräfle  fest.    Göths  41, 12. 

FELSENORT,  m.  locus  saxostis: 

als  am  öden  felsenortc 

drohend  sich  ein  gegner  naht.    Göthe  1,193. 

FELSENPARTIE,  f.  in  der  harten  stunde  des  hriofs  ha!l 
er  nur  eine  künstliche  felsenpartie  des  lebens  überstiegen. 
J.  P.  Tit.  5,37. 

FELSEN  PFAD,  m.  semita  pclrona: 

zeige  mir  den  brunnen, 

draus  du  trinkest, 

liebes  junges  weih. 

'hier  den  lulsccpfad  binaur.    Götbe  2, 177. 


FELSEXPFEILER— FELSENRUTSCH  1510 

FELSENPFEILER,  m.  cdumna  saxea. 
FELSENPFORTE,  f. 

wo  der  Hellespont  die  wellen 
brausend  durch  der  Dardanellen 
hohe  felsenpforte  rollt.    Scbiller  59*. 

FELSENPL.\N,  m.  planüies  saxL 
FELSENPLATTE,  f.  rertex  saxi: 

schrie  ich  den  knechten,  bandlich  zuzugehn 

bis  dasz  wir  vor  die  felsenplatte  kämen.    Schiller  540'. 

FELSENPLATZ,  n.  bei  der  wendung  des  weges  war  ein 
erbOhter  felsenplatz  eingerichtet,  dort  licsz  der  bauptmann 
Charlotten  und  die  gaste  ausruhen.    Götde  17,  95. 

FELSENPORT,  m.  porlus  rupe  dnctus: 
komm  nur  und  klag  in  meinem  felsenport    Rcckert  45. 

FELSENQLELL,  m.  fons  in  rupe: 

seht  den  felsenquell, 

frendehell 

wie  ein  stemenblick.    Göthi  2,35; 
.  so  flöten  nachiigallen 

beim  felsenquell.    Stolberg  1,90; 
schon  ist  der  felsenquell,  der  blütenbaum, 
der  hain  mit  gold  bemahlt.    >Utthisso:<  isl. 

FELSENQUELLE,  f.  dasselbe.    Klisger  6,  247. 
FELSENRAND,  m.  margo  saxi: 

wenn  rasend  der  Südwest,  der  nordwind  droben 

die  esch  und  tanne  reiszt  vom  felsenrand.    Griks  Ar.  18,  II. 

FELSENREBE.  f.  clcmaiU  titalba. 
FELSENREIHE,  f. 

wie  sanft  verschmilzt  der  blassen 

beleuchtung  zauberschein 
die  Ungeheuern  massen 

gezackter  felsenreibn.    Uitthisso:«  127. 

FELSENRIEDGRAS,  n.  carex  saxatilis. 
FELSENHIESE,  m.  gigas  saxeus: 

in  schimmernd  grünen  alpenwiesen 

ein  Sorgenfre'l, 
liegt  hier  im  schirm  des  felsenriesen  {des  Rigi) 

die  sennerei.    Fr.  Bre^  im  musenalm.  17iKi  1. 181. 

FELSENRIF,  n.  njpes  perpetuae,  felsenkette: 

und  wie  ich  eines  felsenrifs  gewahre, 

das  abgeplattet  vorsprang  in  den  see, 

schrie  ich  (s.  felsenplatte).    Schiller  540'; 

wenn  felsenriffe  bahn  und  fahrt  verengen.    Göthr  4,57; 

ach,  es  schleuderte  vielleicht  ihr  schif 

Sturm  und  brandung  an  das  felsenril.    A.  W.  Schlegel  49. 

FELSENRIPPE.  /".  coda  saxi: 

den  Schiller  warn  ich  vor  des  lebens  klippen, 

doch  läszt  er  sich  vom  wellentanz  ergötzen 

bis  er  zu  gründe  geht  an  felsenrippen.    Plateh  289*. 

FELSENRIPPIG : 

schon  sah  er  des  rauhen 
Atlas  Wirbel  und  sah  die  felsenrippigen  Seiten.    Börgu  24S*. 

FELSENRISZ,  m.  fissura  rupis: 

ein  regenstrom  ans  felsenrissen.    Schiller  SC. 

FELSENRITZE,  f.  rima  rupis:  weil  daselbst  die  felsen 
weit  steiler  und  an  vielen  orten  gar  nicht  zu  beklcttern 
waren,  weswegen  ich  an  drei  orten  in  ein  felsenritzen  plale 
einschlagen  lassen  muste.  Felsenb.  I,  205 ; 

soll  ich  ewig  stumm  und  einsam  sitzen, 

wie  die  eul  in  öden  felsenritzen, 

die  doch  nächtlich  ihren  hunger  klagt?    Kretschia^!«  1,131; 

aus  der  hole,  den  folsenritzen,  oder  dem  Schornstein 

schwebet  die  flederraaus.    ZtcuARiÄ  tags:,  b"; 

der  mondstral  glitschte  durch  die  felsenritze 

heOimmernd  meinen  polstermoos. 

IIöLTT  musenalm.  1779  «.  153; 
was  hast  du  da  in  höhlen,  felsenritzen 
dich  wie  ein  schuhu  zu  versitzen?    Göthb  .  . .; 
das  käutzlein  traurig  ruft  in  öder  felsenritze 
und  grüszt  mit  seinem  lied  des  himmels  wilde  blitze. 

Le!<ac  neuere  ged.  191. 

FELSENROSE.  /".  cistus  rillosus. 
FELSENRCCKEN,  m.  dorsum  rupis: 

aufs  neue  wird  der  ganze  felsenrücken, 
wird  jeder  winkel,  jeder  Strauch, 

der  ihn  vielleicht  versteckt,  durchsucht  mit  falkenblicken. 

Oberon  11,51. 

FELSENRUTSCH,  m.  lapsus  rupis:  die  am  berge  herfüh- 
rende ei<cnbahn  ist  durch  einen  felsennitsch  mit  steinen 
und  erde  bedeckt  und  unfabrbar  geworden,  bester  hiesu  ea 
felsrutscb,  vie  bergnitscb. 


1511   FELSENS  AAL  —  FELSENSPRUNG 


FELSENSTACllEL  — FELSENTHEIL   1512 


FELSENSAAL,  m.  eonclave  rupium: 
erstiegen  war  nunmehr  der  erste  von  den  gipfeln 
und  Tor  ihm  liegt,  gleich  einem  felsensaal, 
hoch  iibernölbt  von  nlien  tannenwipfeln 
in  stiller  dnmraerung  ein  kleines,  sclimales  thal.    Oberon  9,39; 
ein  Strom  entrauscht  umwölktem  felsensaale, 
dem  ocean  sich  eilig  zu  verbinden.    Götur  2,3. 

FELSENSAFT,  m.  aqua  e  rupe  prosiliens: 

gleich  sich  meine  schäflein  külen, 

«0  mit  warmer  hitz  behalt, 

sie  den  durst  vom  herzen  spülen 

mit  so  irischem  felsensaft.    Spkr  trulzn.  292  (320). 

FELSENSALZ,  n.  das  am  geslein  auswillert. 
FELSENSCHACHT,  «i. 

welcher  felscnschacht 

trägt  an  seiner  slirne  goldnc  waffen, 

beute  deiner  schlacht?    Fr.  Mi^ller  1,310; 

blasz  vom  mond  beschienen 

ragen  die  ruinen 

hart  am  felseuschacht.    Scumidt  von  Löbeck  241  (235). 

FELSENSCHEITEL,  m. 

keine  g.irien  seh  ich,  keine  Felder, 
keine  Trucht,  die  nahrung  mir  verspricht, 
um  die  hohen  TeUenscheltel  nicht 
sich  allein  das  schwarz  der  tannenwälder. 

A.  W.  ScHLECKL  ged.  43. 

FELSENSCHLOSZ,  n.  was  felscnlurg: 

und  die  holde  Jungfrau  stand 

harrend  auf  dein  l'elsenschlusse.    Schiller  59\ 

FELSENSCHLUCHT,  f.  faux  rupis. 

FELSENSCHLUFT,  f.  dasselbe,  s.  Schlucht  und  schlaft: 

habt  ihr  höhlen,   habt  ihr  dickicht,   manche  dunkle  fclsen- 

schlut't, 
0  da  laszt  mich  unterschleichcn,  wie  ein  aufgejagtes  wild. 

A.  W.  SCULEGEL  2, 150. 

FELSENSCHLUND,  m.  dasselbe: 
dort  am  felsenschlunde 

war  sein  stiller  gang.    Sciividt  ton  Lübeck  246  (240); 
nun  schauet,  wie  im  hintergrunde 
aus  jedem  zackigen  fclsenschlunde 
bewafiiete  hervor  sich  drangen.    Götue  41,273; 
das  junge  fräulein  kam  mit  ihm  zur  stelle, 
das  er  im  wald,  im  fclsenschlunde  fand.    Gries  Ar.  23, 54. 

FELSENSCHNECKE,  f.  murex. 
FELSENSCHRIFT,  f.  runenschriß  : 

das  bergvolk  denkt  und  simuliert, 

ist  in  natur-  und  felsenschrifl  studiert.    Göths  41,208. 

FELSENSCHWALBE,  f.  hirundo  rupesliis. 

FELSENSCHVVER,  maximi  ponderis. 

FELSENSINN,   vi.    Starrsinn:    du   wirst   seinen   felsensinn 
mildern.  Fb.  Müller  1,  62 ; 

mir  ward  ein  herz  von  eis  beschieden, 

ein  felsensinn.    IIöltt  im  musenalm.  1773  i.  31. 

FELSENSITZ,  m. 

ihr  kennt  den  jähen  felsensitz.    Voss  6,233; 
am  capitol,  dem  felsensitze 
des  adlers.    Matthisson  37. 

FELSENSOHN,  m.  rupicaper,  Steinbock: 

der  zottigo  felsensobn.    Stolberc  3,314. 

FELSENSPALT,  m.  fissura  rupis: 
mir  nachschauD  wirst  du  dort  im  felsenspalta.    Voss  6, 74. 

FELSE.NSPALTE,  f.  dasselbe: 
wer  ruft  da  aus  der  felscnspalte?    Götiik  .  .  .; 
plötzlich  aus  der  felsenspalte 
tritt  der  geist,  der  bcrgesaltc.    ScuiLLit  50*. 

FELSE.NSPITZE,  f.  ru{iis  cacumen: 

hinan,  und  schmettert  sie  herab 

von  stellen  felsenspitzen !    Kretschianni  Kliingulph  69; 

tasz  ich  früh  auf  einer  felsenspitze, 

iub  mit  starren  äugen  in  den  nebel.    Götbb  2,188; 

und  heulend  stimmt  der  oreaden  mund 

dein  brautlied  an  auf  hoher  felscnspitze.    Scaiixia  .  . . 

FELSENSPRACHE,  f.  tcho: 

•chöne  lennin,  noch  einmal 
■Inge  deinen  ruf  ins  thal, 
da»  die  frohe  fclsen»pracha 
deinem  bellen  ruf  erwache. 

LzMAU  neuem  ged.  119. 

FELSENSPRINGER,  m.  rupicapra,  ibex,  gemse. 
ItLSENSPRUNG,  m. 

ein  feUenipruiig  der  gemsen.    RoarLx«  142. 


FELSENSTACHEL,  f.  clematis  vilaWa:  die  weisze  kröne  aus 
felsenstucheln.  J.  P.  TU.  4,  lül. 
FELSENSTADT,  f. 
FELSENSTAUR,  pervicax: 

der  mutier 
lautes  nifcn  durchdrang  der  felsenstarren  Versammlung 
mark  und  gehein.  Messias  li,3S0. 

FELSENSTEG,  m.  semita  pclrosa: 
froh  walle  auf  dem  felsensieg 
der  pilger  zu  dem  gnadcnbilde.    Schiller  65'. 

FELSENSTEIG,  m.  dasselbe: 
die  schliche  kenn  ich  und  die  fclsensteige.    Schill«»  624"; 
und  da  ich  einsam  einen  felson.<teig 
verfolgte,  wo  nicht  auszuweichen  war.    532'; 
verehre  schroffe  felsenstcige, 
des  Pindus  letztgedehnte  zweige.    Gutue  41,  148. 

FELSENSTEILE,  f.  praerufitum: 

Haslaus  gründe,  felsensteile, 
vielbesucht  und  vielgenannt. 

Götue  yeognoslisclter  dank  im  cliaos  2  «'  12. 

FELSENSTEIN,  m.  saxum: 
es  graste  ein  schäflein  am  felsenslein.    Stillino  2,75; 
stund  im  all  der  Schöpfung  ich  alleine, 
soelen  träumt  ich  in  die  fflseusicine 
und  umarmend  küsl  ich  sie.    Schiller  8*. 

FELSENSTELLE,  f.  wie  felsenort : 

an  mancher  trocknen  kahlen  felscnstelle.    Göthb  41,281. 
^  FELSENSTIMME,   f.    echo,   wiederltall,    ruf  aus   den   (eisen, 
Tj/Cfö  TCETQrieaaa.     s.  fels  6. 

FELSENSTIR.NE,  f.  l)  frons  saxi,  vorderseile  des  felsengipfels : 
ein  weilchcn  sasz  ich  durt  auf  Libanons  felscastirne.  F*. 
Müller  2, 168 ; 

trauernd  denk  ich,  was  vor  grauen  jähren 

diese  morschen  Überreste  waren, 

ein  bethürmtes  sclilosz  voll  majestät 

auf  des  berges  felsenstirn  erhöht.    Mattiiisson  39  (48). 

2)  frons  viri  saxca,  wie  felsenherz,  die  jeder  gefahr  trotzt: 

asche  sind  die  ehernen  gebeine, 
staub  der  beiden  felsenstinien  nun, 
kaum  dasz  halb  versunkne  leichensteine 
noch  die  statte  zeigen  wo  sie  ruhn. 

Matthissons  elegifi  {zuerst  im 
miLsenalm.  1787  s.  7). 

FELSENSTRAUCH,  m.  frutex  saxalilis. 

FELSENSTRECKE,  f.  tractus  petrosus: 
lärmen  wir  bei  nächtger  weile 
durch  die  engen  fclseustrecken.    Göthe  1,234. 

FELSENSTROM,  m. 

die  sonne  gaukelte  zwischen  den  lanzeo 

auf  ihren  schildcn : 

80  wandelt  der  funkelnde  felsenstrom 

in  den  distelgelllden.    Khetscumanins  werke  1,246; 

wo  sich  der  felsenstrom  ergeuszt.    Stolbekg  1,97. 

FELSENSTÜCK,  n.  saxum: 
tief  unter  ihr  {der  brftcki')  rollt  über  folsenstücke 
ein  weiszbcscbäumter  ström,  gleich  einem  wasserrad. 

06eron  9,40; 
bei  jedem  lichtwurm  lo  den  felsenstOcken, 

als  ob  die  fcen 
da  tanze  webten,  riefst  du  voll  entzücken, 

wie  schön,  wie  schön  I    Mattuisson  202; 
einstens  hinter  Pyrrlias  rücken, 
stimmen  dichter  ein, 
sprang  die  weit  aus  felsenstückcn, 
menschen  aus  dem  stein.    Schiller  10*. 

FELSENSTUFE,  f.  niitllerwcilc  stiegen  wir  die  von  dem 
klaren  wasscr  gewaschenen  felsenstufen  hinauf.  Fclsenb.\,9^; 

nicht  der  wahlstrom,  der  vom  hohen  gletscher 
donnernd  über  folsonstufen  füllt.    Bürueh  9V. 

FELSENSTURZ,  m.  dcjeciM  rupis:  fichlenwälder  Im  ah- 
grund,  durch  welche  die  schiitmieude  Reusz  über  felsenstUrze 
sich  von  zeit  zu  zeit  sehen  licsz.    Gütiie  48, 133. 

FELSENSTCRZEND,  de  ruf>e  praccipitam: 

des  lauten 
fclsentlOrzcnden  Stroms  erzürnte  woge.    Stolrkrg  I,3:>. 

FELSENTAUBE,  f  columba  rupcstris. 

FELSENTHAL,  n.  vallis  rupibus  clau.<.a. 

FELSENTHEIL,  m.  die  tclUdfe,  wo  das  gehörorgan  Ucyl,  part 
ossis  tcmporis  prirosa ,  ich  «ei^i  nicht ,  welcher  analom  junst 
petra  und  petrosua  auf  die  schlafe  anwandte,  plana  auris  fcAcinf 
alliiergebracht,     t.  fclseiihciii. 


1513   FELSEXTUOR  — FELSEN^veSTE 

FELSENTHOR,  n. 

so  reiszt  ein  schwarzes  felsenihor  sich  auf.    Schilleb  552*; 

felsenthore  knarren  rasselnd, 

Phöbus  räder  rollen  prasselnd.    Göthk  41,5. 

FELSENTHRO.N,  m. 

da  sinkt  die  uhuschaft  ermattet 

und  ehrfurchtsvoll  am  felsenthron, 

wo  hoch  die  edeltanne  schattet 

dem  donnerfrohen  wolkensobn.    Voss  6,244. 

FELSENTHUILM,  m. 

dort  auf  Sestos  felsenihurme, 
den  mit  ewgem  nogeusturme 
schäumend  schlägt  der  llellespont.    Schiller  59*. 

FELSENTOCHTER,  f.  an  die  nymplie  des  Negenborns: 
neig  aus  deines  vaters  halle, 
felsentochter,  mir  dein  ohr!    Bcrger  27". 

sonst  icird  darunter  das  echo  verstanden: 
alles  stumm,  wo  Psyche  wallet, 
nur  ein  leis  entwehtes  ach, 
das  den  hain  durchgirrte,  hallet 
ihr  die  felsentochter  nach.    Tiedge  Urania  ges.  3. 

FELSENTREC. 

0  glück  der  felsentreuen  brüst 

die  ein  geliebtes  an  sich  drücket.    RL'ceert  SS. 

FELSENTREL'E,  f.  fides  firmissima,  tutissima: 

drum  traut  er  uns  und  unsrer  felsentreue.    Körper  2,  156. 

FELSENTRUMMER,  pl.  abrupiae  rupes: 
ich  schlich  in  wald 
bei  stcrrienschiramer, 
warf  mich  aufs  moos 

der  felsentrümmer.    Kretschxi;«:<s  icerke  1,159; 
dort  unter  felsentriimmern 
schläft  ihr  prophetisch  gehein.    Fr.  Möller  2, 168. 

FELSENLTER ,  n.  ripa  saxosa :  dasz  die  see  allerhand 
packen  und  kisten  an  das  grosze  felsenufer  gespielet  hatte. 
Felsenburg  1. 146. 

FELSENUMGCRTET,  rvpibus  cinctus: 

des  felsenumgürteten  eilands 
schroffes  gestad.    Puvte:«  119. 

FELSENVERSCHLOSZ,  n. 

heil!  denn  ich  komme  zuerst 
durch  Hämonias  felsenverschlosz  her.    Orplieus  Arg.  79. 

s.  felsverschlusz. 

FELSEN  VOGEL,  m.  am  rupesins. 
FELSENYOLL,  scopulosus: 

wer  sanftes  rauschen  liebt  aus  felsenvoller  welle. 
GöKdeK  3, 149. 
FELSENWÄLD,  m. 

die  welle  sprüht  des  felsenwaldes  äste  durch.    Göthe  11,258. 
FELSENWÄLL,  m. 

eine  grotte  liegt  an  Naios  hafen, 
so  bequem  vom  felsenwall  verschanzt, 
so  mit  braunen  ulmen  rund  umpflanzt, 
dasz  sich  stürme  lieszen  da  verschlafen. 

A.  W.  Schlegel  ged.  39. 
FELSENWÄLZE.XD, 

in  die  felsenwälzenden  wellen 

stürzten  sich  die  freien  nach.    Stolberg  1,S8. 

FELSENWAND,  f.  praerupta  pars  pelrae: 

hier  felsenwand, 

dort  ährenfelder.    Borger  9'; 
der  überm  aberund  weg  das  freie  gras 
abmähet  von  üen  schroffen  felsenwänden.    Schiller  546"; 
indem  ich  schwindelnd,  strauchelnd  fort  mich  quäle 
zwischen  dem  dunklen  abgrund  meiner  seele 
und  dieser  well  verschloszner  felsenwand.    Le>au  Faust  16; 

diese  zickzackkämme,  diese  widerwärtigen  felsenwände.  Göthe 
23,267;  geiszbuben,  die  ihre  zottige  herde  oberhalb  solcher 
schroffen,  viele  hundert  fusz  sich  abtiefenden  felsenwände 
weiden.  Berlepscb  alpen  s.  93.  vgl.  das  mhd.  unverbundne 
\elses  want,  steines  want  und  hernach  felswand. 

FELSENWASSER,  n.  aqua  ex  petra.    Stieler  2444. 

FELSENWEG,  m.    Göthe  2,  4.    Gökixgk  l,  171. 

FELSENWELT,  f.    Brockes  6,  231.  7,  406. 

FELSENWERK,  n.  bergmännisch,  die  tauben  ginge,  aus  wel- 
chen das  erz  geschieden  ist.    Heiitwic  133". 

FELSENWILDNIS,  f.  felsenwitste : 

ich  war  hinaus  entrückt  zur  felsenwildnis. 

Le?<au  neuere  yed.  15. 

FELSENWOHNUNG,  f.  fdsenhaus.    Klinger  5,20. 
FELSENWÜSTE,  f.  desertum  rupibus  horrens: 

0  hätte  mich  ein  unglückssturm 
in  ,'eisenwM.olcn,  oder  in  die  nut 
des  brausenden  oceanus  gefegt.    Ri>RGER  173*. 


FELSEXZACKE  —  FELSHOCH 


1514 


FELSENZACKE,  m.  f.  dens,  ramus  scopuli: 
bleib  ewig  hier,  ein  felsenzacken,  kleben.    Scanxu  14*; 
der  hohlweg  senkt  sich  tiefer, 
durch  felsenzacken  blickt 
des  klosters  dunkler  schiefer 

mit  weiszem  kreuz  geschmückt.    Matthtsso»  100(133); 
denn  du  bist  sicher  zwischen  felsenzacken.     Rcckert  135. 
FELSENZINKE,   f.    dasselbe:    auf   den    schrofsten    fichten- 
höhen  der  alpen  zwischen  emporragenden  starren  felsenzinken. 
Minerva  1S47  s.  386 ; 

ragende  felsenzinken  mit  wolkenumlagerter  spitze, 

welche  kein  Jäger  erklomm,  welche  kein  adler  erflog. 

SiLis  lü7. 
FELSENZLN'NE,  f.  pinnaculum  rupis: 

und  verlassen  werden  stehn, 
traurig  stumm  herüber  sehn 
dort  die  grauen  felsenzinnen 

und  auf  deine  lieder  sinnen.  > 

Lenac  neuere  ged.  120. 
FELSER,  m.    du  wirst  Cepha  genannt,  das  ist  Petrus  ein 
felser.  Reiszser  Jer.  1,  90*.     vgl.  felsener,  felsenmann. 

FELSERN,  saxeus,  gebildet  wie  flächsern,  steinern,  thönern: 
wil  die  verbürg  Ämphitritens  auch  nicht  länger  felsern  sein? 

Grtphics  1,  2s«); 
was  für  ein  felsern  herz  sollt  aber  nicht  erschüttern? 

LoHE>sT£i>s  auserl.  ged.  6,12; 
dennoch  ist  gewis  kein  gemeines  mensehenauge  unter  diesen 
augenbraunen,   unter   dieser  festen  obgleich  nicht  fclsernen 
Stirn.    L.WATER  phys.  s.  256. 

FELSGANG,  m.  mealus  in  rupe. 
FELSGEBÄUDE,  n. 
zufrieden  wähnt  der  ärmste  hirt  sich  reich, 
und  eintracht  stützt  der  freiheit  felsgebäude.     Matthisso:»  13. 
FELSGEBIRGE,  n.  montana  saxosa:  träger  und  trägerinnen, 
welche   das  obst  in  die  tiefsten  Schluchten  des  felsgebirges 
Terkäuflich  hintragen.    Götbe  21,  97. 

FELSGEBOREN,  rupigena:  felsgebomer  adler. 
FELSGEFECHT,  n. 

was  sollen  diese  leidigen  vögel? 

sie  richten  ihre  schwarzen  segel 

hierher  vom  helszen  felsgefecht.    Götbi  41,279. 
FELSGEHÄUEN, 

felsgehaune  grotte.    A.  W.  Schlkgel  2, 111. 
FELSGEHEGE,  n. 

die  felsgeliege, 

wo  die  alpenrose  hangt.    Pl'ate^  5*. 

FELSGEKLGFTE,  n. 

jetzt  eilen  sie  windschnell  davon  und  fliegen 

im  felsgeklöfl.    Let^ac  neuere  ged.  16; 

die  bunte  ziegenherde  klettert 

im  felsgeklüfl.    Fr.  Bri-:«  im  musenalm.  1798, 1S2. 

FELSGESCHIEBE,  n. 

sie  suchten  mich  in  allen  felsgeschieben.    REciert  165. 

FELSGESTEIN,  n. 

wann  dich  die  liebe  soll  beleben,  werde  staub! 
nicht  hartem  felsgestein  entsproszt  des  fnihlings  laub. 

RirCEERT  30. 

FELSGETRCMMER,  n.  vgl.  felsentrümmer: 

wo  um  wildes  felsgetrümmer 

sich  die  epheuranke  strickt.    Hattbisso!«  179. 

FELSGEWINDE,  n.  anfractus  rupium. 
FELSGEWÖLBE,  n.  camera  rupium. 
FELSGEWORDEN,  torpidus: 

unter  deinen  küssen  blüht  der  fnihling  auf, 

felsgewordne  ströme  bringest  du  in  lauf.    Bdsja!«?»  g^rf.  160. 

FELSGRAT,  m.  dorsum  rupis:  wir  kamen  hinter  einen 
felsgrat.  Göthe  16,  228;  Maximilian  habe  sich  in  unser  gebirg 
gewagt  und  stehe  dort  auf  einem  felsgrat.  Arnim  kronenw.  l,  434. 

FELSHANG,  m.  was  felsabhang: 

Yom  jähen  felshang.    Voss  3, 15. 

FELSH.\rPT,  n.  eapul  saxi. 

rufe  du  nur  mich  Pan  dir  zum  beistand  nieder  vom  felshaupt, 
ob  mit  dem  robre  du  spähst,  ob  mit  dem  bunde,  nach  lang. 
Proper z  3,  13,45; 

aber  nachdem  er  selbst  Malelas  spitzigem  felshaupt 

nahete.  Od.  4, 5U; 

Argo  die  wasser  durchOog  und  sie   kam   zum  karambischen 

felshaupt.    Orphew  .■inj.  7:15; 
und  rem  Ankäos  gelenkt  l\ihr  grade  das  schif  nach  dem  fels- 
haupt.   ira. 
FELSHOCH . 

reUhohe  bildcr.    E.  von  Klhst  2, 22. 


1515 


FELSHÖriE  —  FELSUMSTEILT 


FELS  VERSCHLUSZ  —  FEME 


1516 


FELSnÖHE,  f.  summilas  ni],is: 

auf  des  gebirgs  fclsliöhen.    IL  2,456  {vorher,  auf  den  höhn 

des  gebirgs); 

wie  gen  Pieria  einst  und  Leibethrons  rngenden  felshöhn. 
Orpheus  Arg.  'M; 

aber  ich  kam  zu  des  TSnaros  windigen  felshöhn.    1370. 
FELSHÖHLE,  f.  auf  einer  seile  eine  felshühic.  Fn.  Mi3ixEn 
3,403 

FELSICHT,  saxosiis,  saxeux,  im  lS;/j.  o/l  5c$c/irte6cn  felsigt : 

der  erde  bauch,  mit  pulver  anpefnllei, 

wirft  selber  oft  sein  felsicht  eingeweide 

den  wölken  zu.    E.  ton  Kleist  1, 144; 

Lycidas,  in  samnit  und  scide 

und  im  fclsigten  ^ebaude 

wohnt  das  glück  des  weisen  nie.    Burii.ik;i  ged.  ohne  r.  35. 

FELSIG,   dasselbe: 
aus  dem  felsigen  kern  hebt  sich  die  thürmende  Stadt. 

Schiller  75^; 
aber  sie  haben  den  fröhlichen  muth 
in  der  felsigen  bnist  mir  gebrochen.    493*; 
Ithakas  felsiges  eiland.    Od.  10,416; 
nach  diesen  felsigen  höhn.    Göthb  1,104; 
rasonplalz,   der  am   felsigen    boden    hinab   grünte.    Bettine 
laijeb.  47. 

FELSKANTE,  f.  auf  schroffer  felskante.  Götph  60,  306. 
FELSKIPPE,  f.  sitmmilas  saxi :  die  ir  in  der  hrunst  zu 
den  götzcn  lauft,  unter  alle  grüne  bcwnio.  und  schlachtet 
die  kindcr  an  den  bechcn  unter  den  feLskippen.  Es.  57,  5, 
teofüT  die  späteren  ausgaben  felsklippen.  Hiub  39, 28  schreibt 
Luther:  auf  den  kipfen  an  felsen,  wo  hernach  auch  kuppen 
gesetzt  «•«•</.  mehr  unter  kippe,  kipfc,  kuppe. 
FELSKLIPPE,  f.  scopuliis  saxeus. 

FELSKLLFT,  f.  faux  saxi:  wenn  denn  nu  meine  bcrlich- 
keit  furuber  gehet,  wil  ich  dich  in  der  felskluft  lassen  stehen. 
2  Mus.  33,22;  auf  das  er  müge  in  die  steinritze  und  l'els- 
klüfle  kriechen.    £5.  2,21; 

eilend  wanderten  wir  zur  felskluft.    Od.  9,210; 

also  sprach  die  göttin  und  taucht  in  die  dänimerndc  felskluft. 

13, '364; 
dasz  mit  geretteten  kränzen  die  priesterin  kaum  in  die  felskluft 
floh  und  starb.  Voss  3, 104 ; 

steig  in  die  felskluft 
demutsToll.    3, 106. 
vgl.  felsenkluff. 

FELSKUPPE,  /•.  was  fclskippe: 
wie  auf  des  bergs  felskuppen  der  siid  ausbreitet  den  nebel. 

It.  3, 10. 
FELSLAGER,  n.  man  schaute  von  ostcn  nach  westen  an 
dem  felslagcr  hin.   Göthe  28, 167. 

FELSLOCH,  n.   foramcn  petrae:    meine  taube  in  den  fcls- 
löchern.  hohelied  2,14.     bei  Williram:  in  sleinlocheron  : 
gibt  unterm  meer  ein  fclsloch  ihm  zur  haft. 

Gries  liojiirdo  1, 1,53. 
FELSPFAD,  m.  was  fcisenpfad.  Götiie  17,  S4. 
FELSRIEGEL,  m.    wenn  man  hinaufkommt,  liegt  ein  un- 
geheurer felsricgel  hinten  vor,  über  den  man  nach  dem  see 
hinunter  musz.  Göthe  27,  40. 

FELSRITZE,  /.  rima  saxi:  in  hohen  fclsritzcn.  Gütue 
1.5,213;  Sonnenstrahl,  der  sich  durch  die  felsritze  stiehlt. 
Betti^e  br.  1,  239. 

FELSSATTEL,  m.  sella  ru]iis,  cinsallelung. 
FELSSPITZE,   f.     auf  den    höchsten   fcisspitzcn.    Bettine 
br.  2,92. 

FELSSTARR, 

feUstarrc  amme, 

nide  ragged  luirsc.    Richard  111.4,1. 

FELSSTEIN,  m.  saxtim. 

FELSSTOCK,  m.    bisher  hatte  das  thal  meist  gleiciie  «eile. 
nun  schlicszt  ein  felsslock  die  <^inc  hälUtc  üb.  Göthe  43, 192. 
FELSSTRAiNÜ,  »1.  Utas  petrosum: 

selige  m.'ichie  der  tief,  und  so  viel  des  iimfandcteu  fclsstrand« 
«ügigcii  kies  ihr  bewohnt.    Uri>licus  Anj.  334. 

FELSSTCCK,  fi.  sojciim: 

«icder  darauf  erhob  er  ein  noch  viel  grösrcres  folsslück. 

(hl.  1),  .j37. 
FELSTHAL,  n.  rallis  inier  taxa,  in  saxo: 

im  starreiidrfii  fcUihdl.    ürpheut  Arg.  072. 
FELSTRLMM,  m.  fraymenlum  riijiis: 

doch  »tiirzt  in  die  fluten  der  fclstrumm.    Od.  4,  &08. 

FELSU.MSTEILT: 

die  Ihr  de»  merre« 
rcliuffiiicUle  bucht  bcwvhart    GOrui  M,  410. 


FELSVERSCHLUSZ,  m.  was  felsenvcrschlnsz : 

nimm  in  dos  kerkers  sichern  felsverschhisz 

der  ungesliimon  stürme  rohe  scharen.    Uüokert  gcs.  ged.  2,  330. 

FELSVORSPRL'NG,  m. 

der  an  felsvorspri'ingen  erlauscht  besch.iumter 
brandungen  ankun».  Plate;«  llü. 

FELSWAND,  /.    vgl.  felsenwand: 

von  der  hohen 

steilen  felswand.    Göthe  2,  5S; 
denn  kein  hafcn  empfängt  die  zwiefach  rn.lernden  schiffe, 
sondern  rings  umstarrt  sie  die  uiier<tcipliclie  felswand. 

0)-plicus  Arg.  1201  ; 
denn  über  mir  hieng  schrof  die  felswand  her 
und  unten  rauschte  fürchterlich  der  Schäclion.    Schiller  532»; 
die  knie  versagten  ihm,  ich  sah  es  kommen, 
dasz  er  jetzt  an  die  felswand  würde  sinken.    5;t3'; 
fleh  ich  die  gnade  goites  an  und  drücke, 
mit  allen  leinesknilien  angestemmt, 
den  hintern  gransen  an  die  felswand  hin.    541*. 

FELSWEG,  «i.    vgl.  felscnweg: 

bösen  fclsweg  auf  und  nieder 

trösten  Halls  deine  liedcr.    Götitk  5,4; 

ein    derber,   tüchtiger,   nicht   allzugroszer  junger  mann  trat 
klüftig   und    sorgfältig   den   felsweg    herab.    21,5;    da  gebts 
durch  bewaldete  felswege.  Bettine  br.  l,  26. 
FELSWL'RF,  m.  jactus  saxi: 

ha,  du  gewaltiger  ries,  unbändiger,  der  du  im  Schlachtfeld 
mähst  mit  entwurzelter  tann  und  mit  felswurf  bercre  ver- 
schüttest.   Voss  2,  l^5. 

FELTSCHEN,  s.  fcilson  sp.  1450. 

FEMDING,  n.   was  femgericht.    cod.  dipl.  üilesirte  3, 117. 1.53. 

FEME,  f.  sagina  glandaria,  abdudio  suum  in  silvam,  ein  wort, 
dessen  hottes  alter  in  den  niedcrsächiisclun  und  westfälischen  Wäl- 
dern sich  nur  nicht  belegen  läszt.  zunäcM  slelÜ  es  Schüttel 
de  singularibus  et  antiquis  in  Germanüi  juribus  1071  p.  562.  563 
auf  in  den  Zusammensetzungen  vehmschweine,  jiorci  ad  sagina- 
tioncm,  in  die  nuuitung,  destinati,  vehmgeld  pecunia  pro  jiorcis 
ad  saginaria  destinatis,  vehmmahl  aduslio  porcorum.  das  ein- 
faclic  velim  deutet  er  sehr  allgemein  separatio  ad  wrtum  aliqucm 
adum,  um  auch  das  folgende  ferne  darunter  zu  fassen,  diese 
angaben  werden  von  StiEf.er  432  wiederholt  und  bezweifelt,  aber 
auch  Frisch  1,255'  gewährt  sie  und  das  brem.  wb.  1,372  hat 
'swine  upfemen',  scliweine  in  die  masl  verdingen,  mit  dem  daraus 
gezognen  fernen  verdingen;  besser  Fulda  idioL  91  fem  (•;>/.•(•/- 
maslung,  fernen  mästen;  .\deli'Ng  nimmt  fehm  für  die  frucht 
der  eichen  und  buchen  und  führt  an :  die  Schweine  in  die  fehm 
treiben,  einfehmen.  sie  aus  der  fehme  nehmen,  ausfehnien, 
diese  verba  halte  bereits  Frisch  aus  der  pommerisclwn  holz  und 
maslordnung  geschöpß.  bei  Stroutmann,  SciiAMitAcn.  Danneii., 
Stürenrurg  nichts  von  allem  dem.  es  fällt  unmöglich  bis  in  die 
quelle  änes  so  spät  und  sjtar.^am  bezeugten  ausdrucks  zu  dringen, 
vielleicht  berührt  er  sich  mit  feime  acervus.  manipulus,  wobei 
sp.  1451  das  alts.  arnnfimba,  acervus  aus  dem  häyeregisler  von 
Werden  s.  219  anzuführen  versäumt  wurde,  wahrschiinhch  aber 
ist  er  auch  dem  folgenden  feine  identisch,  wie  sogleich  dnrzuthun 
versucht  wnden  soll. 

FE.ME,  f  supplicium,  poena,  nirgend  im  Ssp.,  aber  schon  mhd. 
in  gedichlcn  bezeugt,  die  sicli  dem  nd.  nähnn: 

undc  hast  is  dincn  spot, 

daj  wir  von  rolitor  sculdc 

die  vöme  dulden,    vom  ijlouben  IS77; 

so  bcslö;;  man  in  zu  stete 

In  eine  koiinin,  die  d:i  lac, 

da  muoslo  unz  an  den  drittln  tac 

Cr  inne  li^in  gcspaniiin 

vur  wihin  und  vur  manntn, 

daj  al  da^  volc  nn  ime  grsA, 

von  wik'liir  scull  sin  vemo  goscö. 

»6  den  der  dritte  tac  irsceiu 

»ö  qu.-im  da?!  volc  uhir  ein 

zu  Rrnne  in  den  vrönin  sal 

und  die  roiisuln  uhir  al 

und  irii.'iliiii  Ime  den  luift, 

die  wart  da  hcreitil, 

das  dO<  nicht  wart  gebeitit.    .Uhis  A,U2— 15G; 

mir  is  beii^or  lierde  vflo, 

dat  ich  mit  h  der  schände  schäme 

und  lido  Aue  achult  de  vemo. 

frnijm.  ton  SUsotini:. 
in  diesen  stellen  hat  vfme  den  aUgemcinen  sinn  ron  ärafe  g>ni- 
ohne  hexug  auf  die  besunderlieit  der  westfdlLvJwn  gtrichte,  du- 
s}»ltirbin  danach  genannt  werden,  deren  eigrnheil  aUo  gar  niiht 
in  ihrem  namen  Iwißiffim  ifl.  ein  glricJwt  gilt  r«n  dem  rerfium 
fernen  und  ditt  mit  ferne  zusammtnijeietitm  «H/r<«rn,  in  velchtn 


1517 


FEME— FEMRECIIT 


FEMRÜGE— FENT? 


1518 


man  erst  sfdlcf,  nach  dem  Untergang  dieser  heimlichen  geridUe, 
abenleiierlieltfs  gcsuclU  liat. 

allerdings  viag  von  Sachsen  vnd  }Yeäfalen  her  das  icort  ferne 
ausgegangen  und  auch  ins  hochdeutsche  vorgedrungen  sein;  nichts 
schänl  doch  natürlicher,  als  es  mit  dem  zuerst  aufgeführten  ferne 
zu  einigiH.  tcie  wenn  beiden  ungefähr  die  rorslellung  des  ziuhlens 
und  ziichli'jens  unterläge?  aus  ziehen  flieszt  zucht  nulrilio, 
diseiplina,  castigalio,  poena,  wie  der  landmann  sein  rieh  in  die 
masl  führt,  wird  der  misselhäter  in  den  kerker  oder  tod  ge/ührt 
und  erleidet  Züchtigung,  die  rerschollne  würzet  fernen  {goth.  Innan, 
fam,  femun?)  kann  enthalten  haben,  was  den  entfalteten  bcdeu- 
tungen  von  ziehen  glich,  altn.  drückt  fimr  aus  dexter,  sollers, 
ohne  dasz  sich  ein  subst.  oder  vcrbum  dazu  vorfände,  aber  viele 
composita  damit  kommen  vor.  aus  deP  sinnlichen  feine  des  waldes 
deutet  sich  die  abslracte  des  gerichts.  Frisch  suclite  vergeblich  die 
letzte  der  ersten  unterzuschieben. 

in  einer  aus  dem  original  gedruckten  Urkunde  von  1251  bei 
Seibertz  n*  269  liest  man:  iilud  occuitnm  Judicium,  quod 
Tulgariter  rehma  seu  vridinch  appellari  consuevit.  hier  ist 
das  inlautende  h  bedenklich,  welches  doch  jenen  mhd.  stellen  und 
allen  beinahe  gleichzeitigen  Urkunden,  in  denen  vemenote  vor- 
kommt, mangelt,  aus  fehen  odisse  liszt  sich  ferne  nicht  ableiten, 
auch  in  den  goslari.^chen  Statuten  {aus  der  ersten  hälfte  des  14  jh.) 
heiszt  es  36,20:  sprcke,  dal  de  man  osfen  wcslen  suden  unde 
norden  'der  bogen  veme'  voiscull  Iicbhe,  also  alse  he  to 
rechte  sin  lif  vonvarcht  hcbbe;  bei  Heinrich  vo«j  Hehtord 
(t  1370)  s.  30:  legem  secreti  judicii,  quod  iilius  patriae 
(Saxonum)  lingua  'veme'  diciiur.  auf  fehein  in  der  blume  des 
Ssp.  ist  nichts  zu  geben,  so  wenig  als  auf  die  nhd.  Schreibung 
vehm,  fehm  bei  Schottel,  Stiei.er  und  den  späteren.  Klopstock 
9,  322.  10,  25S.  316  hat  sogar  die  altn.  disir  {rerunslaltel  in  düsen) 
zu  'göltinnen  der  fehm'  gemaclU,  die  falsche  deutung  ist  der 
schlechten  formen  trerth.  wie  viel  srhrißsleller  des  IS  pi.  sind  mü 
der  heiligen  fehme  aufs  übelste  verfaJircn. 

FEM  EL,  5.  fimmel. 

FEiMEX,  1)  porcos  postum  agere,  s.  ausfemen,  einfemen. 

2)  mhd.  in  Judicium  vocare,  in  judicio  punire,  condemnare: 
ze  dinge  si  sie  remeten.    vom  gluuben  1397; 
man  sol  sie  sän  ze  stunden 
also  bitterliche  Temen, 
daj  sich  es  ander  Trouwen  Schemen.    Eber^ca^d  1443. 

rpl.  vorfemen.  rittersp.  1468,  nhd.  verfemen,  in  den  urk.  oft 
verfemen  und  verfüren. 

FE.MER,  m.  carnifex,  Scharfrichter,  henker,  mhd.  veniffre, 
vemer:  dö  man  si  dar  brachte,  daj  man  ir  dag  houbit  solde 
abe  slahen,  d6  bat  si  den  vemer,  der  ir  da;  houbit  solde 
abe  slahen,  da;  her  beitete  wan  da;  si  ir  gehet  gespreche. 
mysl.  SS,  3S ;  und  dö  saite  si  dem  veniere,  da;  si  ir  gebet 
gesprochen  hete,  diJ  slug  der  vemer  dare  und  sluc  ir  da; 
houbet  abe.  89, 15. 157, 1 ;  der  krig  wart  also  hcrte  mit  dem 
gesange  undir  on,  da;  sie  sich  vorphiichten,  wer  do  vorlore, 
der  sulde  Stemphele,  also  hiesz  zu  dem  male  der  femer,  zu 
teile  werden.  Rothe  thür.  chron.  cap.  416. 

FEMERN,  FEMMERN,  scintillare,  micare,  flimmern,  funkeln. 
Senn.  1,  532,  den  vorausgehenden  Wörtern,  scheint  es,  unverwandt, 
man  mäste  denn  das  einbrennen  der  zeichen  auf  schein  und 
flamme  beziehen  dürfen;  gemahnend  ans  ags.  dvimor,  dveomor, 
gedvimor,  phantasma,  spectrum,  dvimorllc,  gcdvimorlic,  f/ian- 
lasticus.     davon 

FEMERZEN,  TZyiEZESJrequentaliv.  Höfer  1, 241.  Schm.  1, 532. 

FEMGELD,  n.  abgäbe  für  die  masl  im  walde. 

FEMGENOSZ,  ni.  scabinus,  schOffe,  beisitzer  des  peinlichen 
gericlits,  in  weslfälisclien  Urkunden  veroenot.  Kindlixger  münst. 
beitr.  III  n'  81.  S7.  94  aus  den  j.  1267. 12S0. 1291.  andere  stellen 
bei  Haltaus  433. 

FEMGERICHT,  n.  Judicium  poenaU,  secretum,  freigericht,  das 
schwere,  heilige  gericht,  die  schwere,  hohe,  letzte  acht. 

FEMGRAF,  m.  judex  poenalis,  freigraf.  in  der  blume  des 
Ssp.  (HoMEvERS  richtsteig  s.  377)  geschrieben  fehemgrefe,  vehem- 
grefe.  vehiingreve. 

FEMMAHL.  n.  das  den  mastsdiweinen  eingebrannte  zeichen. 

FEMRECHT,  n.  jus,  judiaum  secretum:  mittlerweile  hatten 
allhier  lande  und  städle  viel  handelung  wegen  des  feine- 
rechtes, was  es  nun  für  eine  gelcgenheit  mit  dem  femerecht 
oder  freiem  heimlichen  gerichte  gehabt  habe  und  welcher 
gestall  sich  dieselben  freien  heimlichen  richter  über  fremde 
untertbanen  zu  erkennen  haben  angemaszet  u.  s.  w.  Schutze 
beschr.  Freusiens  155 


FEMRCGE.  f.  aecusalio  poenalis,  femfrage,  femsache. 

FEMSCHOFFE.  m.  was  femgenosz,  frcischO/fe.  in  der  blume 
des  Ssp.  375.  376  fehemschepfe,  veimschepfe.  oft  verbunden: 
echte,  rechte,  frie  scheffen. 

FEMSTATT,  /.  locus  suppliäi,  ahd.  hamalstat.  mhd.  vemestaf : 
der  richter  gap  da;  urteil  über  si  und  der  vater  fürte  si  ü; 
und  slug  ir  selber  abe  ir  boubit,  und  do  her  von  der  veme- 
stat  ging,  do  quam  ein  bligze  von  deine  himele  und  ver- 
brante  in  ze  aschen.  myst.  12,  IS;  und  man  fürte  si  an  die 
vemestat  und  sluc  ir  abe  da;  boubit.  65, 1 ;  und  do  man  si 
brächte  zu  der  vemestat.  156,  40.  175,  29 ; 
da^  pruflt  man  bi  der  kleidir  spei, 
daj  an  der  femestad  geschaeh.    rillerspicgel  922, 

beim  loszen  der  kriegsknechte  um  Christes  rock,  die  weisthümer, 
z.  b.  ein  Herrenbrcilinger  von  1460  (3,  5S0)  bestimmen  den  ort  und 
die  weite  der  feimstadt  (einmal  steht  gescltrieben  feinstadt).  alle 
diese  stellen  mänen  die  gewöhnliche  richtüätte,  im  heimlichen  fem- 
gericht  war  sie  aber  gern  der  vald  und  der  freischöffe  hieng  dm 
missethäter  an  den  ndclislen  bäum:  einem  sin  recht  don  und 
bangen  an  des  koninges  wimen,  d.  i.  balken,  was  den  galgen- 
baum  oder  den  waldbaum  ausdrücken  kann,  eine  urk.  von  1459 
«n  UsEXERS  westf.  freiger.  s.  207  hat  aber:  'bangen  an  des 
konlx  vemen,  d.  i.  an  dem  nechsten  bome,  die  inen  darzu 
bequem  ist'  und  es  wäre  merkwürdig,  wenn  sich  noch  ander- 
wärts ferne  für  den  bäum  nachweisen  liesze.  einen  waldduft  hat 
nun  einmal  die  feme.  gewis  darf  man  ferne  nicht  von  wime 
ableiten,  das  eher  durch  misverstand  dafür  eingetreten  sein  kann 
(brem.  wb.  5,  259.  Useser  s.  193)  und  freilich  passenden  sinn  gibt. 

FENCH,  m.  panicum,  bei  Maaler  83'.  134*  heidel,  butzweisze, 
ahd.  fenih  (Graff  3,  526),  alts.  unverschoben  panik,  gen.  panikas 
in  der  Freckenhorsler  hcberolle,  nnl.  panikkoorn.  nhd.  fennig, 
pfennig,  pfencb,  fencb.  von  dein  gescheiten  samen  bereitet 
man  gute  müslein  und  breilein,  dieser  samen  i>t  gesunder 
dann  der  hirschen  oder  fench,  ist  verdaulicher.  Tabernae- 
«ostanls  650. 

FENCHEL,  m.  ancthum  foeniculum,  Täncbel  marathrum. 
Maaler  130*.  ahd.  fünachal,  finachal,  phenichal  (Graff  3,526), 
ags.  flnugl,  finol,  engl,  fennel,  lit.  pankolis  m.  penkula  f.  letl. 
wennkahls,  böhm.  feniki: 

mhd.  den  venchel  und  die  minzen, 

salveien  unde  rüten 

wil  ich  diuem  träten 

gewande  niht  geliehen,    g.  schmiede  594; 
ahd.    weil  spähend  ich  des  Feuers  quell 

beschüch  und  in  den  hohlen  fencbel  barg.    Stolbsrg  15, 9. 

6«  Acschylos  steht  vaQ&r^^,  ferula  (Prom.  109). 

FENCilELGL'RKE,  f.  in  fenchel  mit  essich  eingdegl. 
FENCHELHIRSE,  m.  panicum,  fench. 
FENCHELKRAÜT,  n. 

mhd.  ü^  eines  kokatrillen  büt, 

diu  schein  grüen  als  ein  venchelkriit.    tr.  kr.  3714. 

FENCHELÖL.  n.  aus  fenchelsamen  gedrückt. 
FENCHELSAME,  m.  Folz  confectbuch  268. 
FENCHELSTAUDE,  f. 

traut  Rensicin  über  die  beide  reit, 

er  schosz  nach  einer  tauben, 

da  strauchelt  im  sein  apfelgr.iw  ros 

über  eine  fencbelstauden.    Uuland  259. 

FENCHELSTENGEL,  m.  caulis  foeniculi. 

FENCHELWASSER,  n.  aus  fenclwl  abgezogen. 

FENCHELWEIN.  n.  marathrites.    Maaler  130". 

FENCHELWLRST,  f.  so  nam  er  alsdann  die  morgensup 
ein,  dadurch  den  nebel  und  den  dau  zu  legen  und  sonst 
von  des  bösen  lufts  wegen,  als  schöne  fenchelwürstiin,  ge- 
röstete züngleinstücklin ,  gebratene  pfaffenbisziin,  geröstets 
katzengeschrei.   Garg.  160*. 

FENCHGRAS.  n.  panicum. 

FENCHSTROH,  n.  strömen  paniceum. 

FENGEN  für  fangen,  fangen.  Schmeller  1,542:  fruchte 
fengen,  einen  acker  fengen,  ernten,  abernten ;  das  traid  fengen. 
trei.v//i.  3,643. 

FENN ,  f.  conis  femina.  Frisius  180'  schreibt  fänn  oder 
bündln,  Maaler  130'  fänn,  hundsbraut;  woher  na/iro  Schottel 
1312  sein  fänn,  hindinf  vielleicht  kein  fehler  für  bimdtn,  da 
auch  fr.  faon  {sprich  fan)  hinnulus,  hinnuleus,  hirschkalb  aus- 
drückt, dos  merkwürdigste  bleibt  aber  fenn,  fänn,  fann  canis, 
das  sich  zum  phano  der  lex  salica  stellt,  meine  vorrede  s.  xxiii 
hat  schon  auf  faon  gewiesen  und  die  ullgenteine  bedetäung  von 
weif  cattdus  verliehen,    phan,  phano  darf  sich  dem  skr.  cvan, 


1519 


FENNBEERE  —  FENSTER 


FENSTER 


1520 


xend.  ?pi,  lit.  srS,  lat.  canis  anreihen,  tne  in  andern  uürlern 
mehr  die  anlaute  pha,  spha,  sva  uediseln.  in  allem  fall  ein 
vorl  des  höchslen  alters,  uozu  auch  noch  das  fr.  gagnon,  waignon, 
canis  zu  halten  ist. 

FENNBEERE,  f.  vaccinium  orycoccos,  sumpfigem  boden  ent- 
sprieszend.     liesze  sich  in  golh.  fanjubasi  übersetzen. 

FENNE,  n.  lutum,  palus,  golh.  fani,  das  sich  zu  ahd.  fenni 
rerhdlt  vie  kuni  zu  chunni,  ags.  fenn,  engl,  fcn,  altn.  fen, 
fries.  fenne  morland,  morweide  (Richthofejj  733),  heule  noch 
fi'lin  und  fenne  (StObenbirg  52),  nnl.  vccn,  bei  Kii.ian  besser 
von,  venne.  übrig  im  fr.  fange  lutum  {wie  linge  linteum, 
linnen),  urvervandl  vielleicht  gr.  Tiiros.  im  gcnus  schwankend, 
sciton  ahd.  aus  fenni  in  fenna  f.  weder  mhd.  noch  in  oberd. 
Volkssprache  aufzuweisen,  doch  in  Ortsnamen  fortdauernd  (Fübste- 
MANN  2,  483.  484).  die  namcn  F;iriigold  und  Managold  lassen 
sich  auf  die  eddische  Fenia  und  Menia  zielten,  fanigolt  ist  der 
im  sumpf  versenkte  schätz  {mythol.  498.  930) 

FENNICH,  m.  panicum.     s.  fench. 

FENNICHSEGGE,  m.  carex  muricata, 

FENSTER,  n.  feneslra,  ahd.  fönslar,  mhd.  vßnster,  vinster, 
bei  NicLAS  VON  Wyle  277,  15  gesclirieben  pfenster,  Schweiz. 
feister  {wie  alllat.  festra),  nnl.  venster,  altsp.  hiniestra,  it. 
fenestra,  fr.  fenetre,  welsch  ffenestr,  armer,  prenestr,  alban. 
pendsercja,  serb.  pendscher,  nach  Vük  ein  türkisches  wort,  das 
lateinische  kann  aber  aus  Italien  unter  Albanescr  und  Türken  ge- 
drungen sein,  Seugriechen  scheint  es  unbekannt,  wäre  es  liefir 
im  Orient  verbreitet,  so  gewänne  es  an  Wichtigkeit  für  die  deutung 
von  fenestra.     ich  führe  heinach  serbische  stellen  an. 

1)  an  dieses  lehnworts  stelle  halte  aber  unsere  älteste  spräche 
die  sinnlidie  Umschreibung  goth.  augadaiirö  {O'voiStov  2  Cor. 
11,33,  in»  alten  lest,  wäre  es  oft  vorgekommen),  schwaches  nculrum 
wie  augö,  hairto,  ahd.  ougatorä,  n.  wie  ougä,  herzä,  ags. 
eägdurf,  wie  eägfi;  denn  das  fenster  üt  einem  äuge  des  hauses, 
das  aiige  einem  fenster  des  leibs  ähnlich,  daher  auch  die  Slaven 
unmittelbar  von  oko  äuge  ihr  okno  fenster  bilden,  aus  welchem 
okno  sich  das  finn.  akkuna,  ikkuna,  est.  akken,  läpp,  ikkon 
leitet,  ein  rundes  daclifenster  lieiszt  uns  Ochsenauge,  fr.  oeil 
de  boeuf,  skr.  gaväxa.  der  altn.  name  des  fenslers  aber  lautet 
>indauga,  schw.  vindöga,  dän.  vindue,  engl,  wiiidow,  womit 
sich  wol  das  ir.  uinneag  berührt,  auch  das  sp.  ventana,  skr. 
vätäjana,  vcnti  via  vergkichl;  wie  das  licht  dringen  luß  oder 
icind  durch  die  öfnung: 

iura  fenster  da  ziehen  die  winde  hinaus, 

sie  kommeD  durch  alle  die  zimmer.    Götbb  1,195. 

man  sehe  auch  das  noch  unaufgehellle  andern  1, 310  nach,  thür 
d.  i.  öfnung  drücken  sich  ebcnwol  in  O'v^is,  neugr.  nagad'vQi  aus. 

2)  bezüge  zwischen  fensler  und  äuge  erscheinen  uns  noch  in 
Zusammensetzungen  und  redensarlen :  wenn  finster  werden  die 
gesiebt  durch  die  fenster  {vidg.  lenebrescent  videnles  per 
foramina).  pred.  Sal.  12,  3  ;  ihr  alte  abenteurliche  greifen  ziehet 
die  fenster  {augengldser)  aus  dem  briilenfutter.  FiscnART  groszm. 
16;  aus  dem  fenster  der  augcn  eines  andern  gucken  =  mit 
dessen  äugen  sehen,  pers.  rosenih.  5,18;  ans  hohen  fcnstern 
schauen  =  stolze  blicke  werfen,  vornehm  thun;  er  hat  ihm  die 
fenster  eingeschlagen,  colore  licido  oculos  ejus  pinxit.  Stieler 
401;  ihm  blaue  fenster  gemacht  (2,  81);  dem  erblindeten  fehlen 
seine  fenster,  sind  die  fenster  zerbrochen,  verdunkelt,  man 
sehe  unter  10  vCnster  für  vudere. 

8)  fenster  bedeutet  öfnung,  lüdie,  luke,  das  loch  der  wand, 
durch  welches  tag  einbricht,  wodurch  aus  dem  haus  ins  freie  ge- 
schaut wird:  dem  betticr  ein  almosen  zum  fenster  iiinaus 
reichen;  sein  geld  zum  fensler  hinauswerfen,  pecuniam  jn-rdere. 

mhd.  im  ist  noch  wirs  dan  d(n  die  gönt 

nach  porle  aldii  diu  v<>n$ter  slänt.    Parz.  171,5; 

dö  luocht  #r  wider  und  vflr 

und  envant  T#nsier  noch  tür, 

di  ^r  üi  möhte.     tu.  MIß;, 

hie  eie  ein  venster  durch  die  want, 

dt  diirch  raht  tr  die  hant 

und  leii  im  üf  ein  br«t  ein  brät.    3305; 

Jer  lag  bricht  zu  den  fcnstern  herein.  Felsenburg  3,  45R.     rs 
heisil   das   fensler   öfnen  oder  schlieszen,    auf  oder  zu  thun, 
auf  oder  zu  machen,  auf  oder  zu  schlagen : 
mkd.  wand»  iii  nArh   nlner  bete 

ein  veniitfr  ob  im  üt  tcit>.    Iw.  1450; 

diu  Ttntter  man  ür  warf  te  hant.    H.  t.  Wiloom  24,  IM; 

«luoc  d*t  Ttniler  tuo.    GA.  3,217; 
iu  feniter  steht  auf  oder  offen : 

der  \tn*\rr  oincj  offen  wa» 

|eia  d«m  boumKirtca.    Ptrs.  553,6; 


nach  vierzig  lagen  thel  Noah  das  fenster  auf  an  dem  kästen 
und  liesz  einen  raben  ausfliegen.  lAfos.  8, 6;  thu  das  fenster 
auf  gegen  morgen.  2kön.  13, 17;  denn  die  fenster  in  der  hohe 
sind  aufgethan.  Es.  24, 18 ;  ob  ich  auch  nicht  des  himmels 
fenster  aufiliun  werde  und  segen  herab  schütten  die  fulle. 
MaleachiZ,  10.  denn  man  nahm  an,  dasx  golt  durch  die  fenster 
des  himmels  rüederschaue,  wie  auch  P.  Diac.  1,  8  von  Wodan 
sagt:  e  regione,  qua  ille  per  fenestram  orienlem  versus  erat 
solitus  aspicere;  dem  lieben  gölte,  der  ja  nicht  blind  ist, 
sondern  durch  seine  blawe  fenster  auf  aller  menschen  kiiider 
sihet.  Jon.  Wigandcs  ob  die  newen  Willenbcrger  1575,  6".  Daniel 
halte  an  seinem  sommerhause  offene  fenster  gegen  Jerusalem 
{vulg.  fenestris  apertis  flexit  genua  contra  Jerusalem).  Dan. 
6, 10.     fenster  sind  bald  hoch  und  weit,  bald  schmal  und  eng; 

mhd.  glänz  und  nilit  ze  timber 
diu  venster  alle  wären, 
diu  lieht  dem  hüse  baren 
von  dem  wunneciichen  tage.    (r.  kr.  17509. 

4)  aus  dem  fenster  schauen,  im  fenster  liegen,  am  fenster 
stehen,  sich  ins  fenster  legen,  stellen  gill  zumal  von  sehnenden, 
neugierigen,  müszigen  frauen,  mhd.  mit  dem  pl.,  wenn  mchrcr$ 
ausschauen : 

in  dime  vSnstere  diu  Junge  kuninginne  stuni, 

schiere  quam  der  hclit  junc 

over  hof  gegangen.     Kotlu-r  21ii9; 

dö  sach  diu  juncfrowe  her  abe 

von  dem  venster  da  si  lach.    En.  2(j7, 8; 

nu  höret  wie  sij  ane  vienc, 

zu  d6m  venster  si  gienc.    287,14; 

in  d€m  venster  si  lach, 

also  si  gewone  was, 

si  warte,  wanne  Enöas 

zu  quäme  geriten.    301,2; 

dö  geneich  ir  EnSas 

der  märe  und  der  riebe, 

und  sach  vil  fruntliche 

gegen  dem  venster  da  si  lach. 

minnecliche  sin  ane  sach 

und  eeneich  ime  wider 

von  dem  venster  hin  nider.    305,29; 

dö  gesach  dür  helt  halt, 

Eneas  der  Tröjän 

Lavinen  zu  dgm  vfnster  stän.    327,22; 

ich  hän  vil  gbende  al  min  schouwen 

115  venstern  über  beide,  üf  sträje  und  gein  den  liebten  ouwen 

gar  verloren,    er  komet  mir  ze  seilen.     Tii.  117; 

so  gßn  ich  von  dem  vönster  ...  an  die  zinnen, 

da  warte  ich  Osten,  westen.    118; 

dö  sach  der  künic  stAn 
oben  in  d€n  venstern  manic  schirne  meit.    Nib.  377,3; 
dö  hie^  diu  küniginne  ü;  d^n  venstern  gän 
ir  herliche  meide,    sin  solden  dn  niht  stein 
den  fremden  an  ze  selienne.    3y2, 1  • 
Kriemhill  mit  ir  vrouwen  in  diu  venster  sag.    1807, 1 ; 
Uote  diu  vil  edele  saz  in  d£n  venstern  lobeliche. 

Gudr.  42,4; 
si  nam  in  sj^lbe  mit  der  hant, 
gein  den  vindcn  an  die  want 
säjense  in  diu  venster  wit.    Parz.  24,2; 
diu  venster  wunneba^re 
diu  wurden  schoener  wibe  vol, 
da  von  wart  geluoget  wol 
dar  geste  vremde  und  unbckant.    tr.  kr.  7312; 
nn  was  von  juncvrouwen 
umbe  und  umbc  an  dem  sal 
da;  riebe  palas  über  al 
in  den  vSnstern  besejjen.    kröne  20362; 
ein  köstlichen  palas  fr  d&  sach, 
d^s  wfir,  wol  erbouwen, 
dar  üf  wol  lüsent  vrouwen 
an  den  venstern  umbe  sAsca 
die  ir  ougon  weide  roAieu 
b«r  abe  uf  die  beide 
mit  also  maneger  meide.    28411; 

worunler  doch  meL<!t  breite  und  tiefe  fensler  zur  aussieht  gemeint 
sind,  die  dann  in  balkone,  gaUerien,  mhd.  line  {wb.  1,  964),  ahd. 
bliiiA,  hlinAn  übergehn. 

nhd.  die  multer  Sissera  sähe  zum  fensler  aus.  rkhL  5,  2«; : 
tuul  da  die  lade  des  hcrin  in  die  slad  David  kam,  kucket 
Michal  die  lochter  Sauls  durciis  fcnslor.  2  Sam.  6,  Iß;  und 
da  Jchu  gen  Isreel  kam  und  I>ebol  das  crfur,  schminket  .•«ii« 
ir  angesiciit  und  schmücket  ir  beiibt  und  kucket  zum  fen<iler 
aus.  2  kön.  9,30;  da  nu  die  lade  des  bunds  des  bcrrn  in 
die  slad  David  kam,  sähe  Michal  die  lochler  Saul  zum  fenster 
aus.  1  chron.  18,  2V ;  und  die  jungfrawen,  so  sonst  nicht  unter 
die  leule  giengen,  liefen  unter  die  thor  und  auf  die  mauren. 
etliche   lagen  in  den  fenstern.    2  Macc  3, 19 ;    $0  wird  etwa 


1521 


FEN'STER 


FENSTER — FENSTERB.OD 


1522 


die  Spinnerin  nnlnstig  und  nirapt  die  kunkel,  schmitzt  sie 
hinder  die  thür  und  lüuft  im  hus  unib  und  guckt  denn  zum 
fenster  hinusz.  Keisersb.  iüger  53* ;  das  ist  nnverborgen,  dasz 
Phiiomena  allzeit  im  fenster  lieget,  so  wir  des  ballens  sclilagen ; 
es  ritten  drei  reiter  zum  thore  hinaus, 
feinsliebcben  das  schaute  zum  fenster  heraus. 
wunderh.  1,3-18, 
tro  andere  singen  guckte;  hierauf  setzte  sich  Eibenstein  zu 
pferde  und  ritt  fort,  doch  war  er  fünvitzig.  ob  ihm  die  baro- 
nessin  auch  woi  aus  dem  fenster  nachsehen  möchte,  wes- 
wegen er  einen  handschuh  fallen  liesz,  damit  er  nur  geiegen- 
heit  hätte  sich  mit  dem  pferde  umzudrehn.  mittlerzeit  aber, 
da  sein  diener  abstieg  und  den  handschuh  aufhob,  hatte  er 
noch  die  freude,  dieselbe,  welche  sich  fast  mit  halbem  leibe 
aus  dem  fenster  gelegt  hatte,  zu  erblicken,  da  er  dann  noch- 
mals ein  compliment  üinaufmachte.  irrg.  der  liebe  s.  89;  da 
legte  sich  Gelanor  mit  ihm  ins  fenster  und  schwatzte  bald 
dies  bald  jenes  mit  ihm.  Weise  ersn.  182;  als  ich  im  fenster 
ein  frauenzimmer  sitzen  sah,  das  mir  unter  einem  spitzen- 
bäubchen  gar  jung  und  hübsch  und  unter  einer  seidnen 
mantille  sehr  wol  gebaut  schien  ...  ich  bückte  wieder  nach 
dem   frauenzimmerchen   im    fenster.    GüirfE  24, 282 ; 

0  schönes  mädchen  du, 

die  du  ans  fenster  trittst.    2,90. 

es  gab  aber  für  das  ausgucken  oder  ausgutzen  (l,  879)  noch 
allerhand  lebendige  redcnsarten  und  Umschreibungen ;  von  einer 
guten  hausfrau: 

dies  fenster  nit  hat  stets  am  bals, 

nit  zeoliisch  ist  und  bschoattert  alls. 

Job.  Mathesu  oeconomia.  2iürnb.  1561  A3; 
und  das  gott  einer  die  zum  brunne  gehet  so  bald  ein  man 
bescheren  kan,  als  wenn  eine  zum  tanz  oder  wie  Dina 
spatzieren  gehet,  oder  thfir  und  fenster  stets  am  halse  hat. 
Sarepta  1562,271';  dann  die  schöne  weiber  und  Jungfrauen 
arbeiten  nicht,  gehen  gern  spazieren  oder  haben  sonst  den 
ganzen  tag  das  fenster  am  hals.  Simpl.  3,  55 ;  dies  mensch 
trägt  das  fenster  den  ganzen  tag  am  halse.  Stieler  401.  man 
sehe  hernach  fensterbeiszerin,  rahmenfresserin,  fensterrahm- 
knaupler  und  fensferhenne.  siail  'in  das  fenster  treten'  hiesz 
es  auch  'in  das  fenster  fallen'  (wie  in  das  haus,  5p.  1279): 
indem  wir  gewahr  wurden,  dasz,  da  wir  den  fusz  in  die 
Stadt  setzten,  ein  jeder  in  die  fenster  fiel  und  an  die  thür 
trat,  uns  zu  sehen,  pol.  maulaffe  131.  die  ins  fenster  tretenden 
Kolten  aber  oft  nicht  ausscliauen,  sondern  sich  ungestört  beiscits 
unterreden:  wie  der  herr  vater  das  hörete,  stund  er  auf  und 
bat  die  gesellschaft  um  erlaubnis.  dasz  er  nur  ein  paar  worte 
mit  mir  sprechen  dürfte,  darauf  giengen  wir  an  ein  fenster 
und  entschlossen  uns  u.  s.  tr.  ehe  eines  mannes  s.  132.  ein 
spricfiKort  lautet: 

baust  du  ein  haus, 

so  guckt  ein  ander  nun  fenster  heraus, 

der  erbauende  gelangt  oft  nicM  zum  genusz  seines  irerks. 

5)  der  vogel  fliegt  zum  fenster  ein  und  aus,  fliegt  an,  vor 
das  fenster,  singt  im  fenster: 

mkd.  vil  balde  da?  er  vlöch 

zuo  dem  renster  inne.    GA.  3,238; 

nhd.  auch  rohrdommel  und  iegel  werden  wonen  auf  iren 
thürmen  und  werden  in  den  fenstern  singen  und  die  raben 
auf  den  balken.  Zephania  2, 14.  giMinncn  ersdieinen  in  rogel- 
gestalt,  stehen  plötzlich  ror  dem  fensler  {mylh.  252.  302).  falke, 
nactitigall  kommt  geflogen,  setzt  sich  ins  fenster,  singt  botschaft: 

STu  notsch  mi  snko  prepjeva 

na  milanovu  pendscheru, 

die  ponze  nacht  durch  singt  mir  der  falke 

an  Milans  (d.  i.  meinem)  fenster.    Vck  1,269; 

dva  slaviija  prepjevasche 

na  pendscheru  proschene  djevoike, 

zwei  nachtigallen  sangen 

am  fenster  der  braut.    I,  ASO; 

liebe  nachtigallen,  schlaget 

früh,  oh  früh  vor  meinem  fenster  I    Göihb  2,100. 

6)  gefangne  enlOiehen  durchs  fenster,  diebe  steigen  ein 
nnd  aus:  da  liesz  sie  die  zwen  auf  dem  d.ich  versiccklen 
münner  am  seil  durchs  fenster  ernider,  denn  ir  haus  war 
an  der  stadmaure.  Josua  2,15;  wenn  wir  komen  ins  land 
und  du  dies  rote  seil  in  das  fensler  knüpfst,  damit  du  uns 
ernider  gelassen  hast.  2. 18 ;  der  tod  ist  zu  unsern  fenslern 
herein  gefallen,  kr.  9,  21 ;  darumb  ist  der  tod  eingesliecen 
durch  die  fenster  meiner  fünf  sinn.  Keisersberc  pred.  64'; 
!n  die  heuser  steigen  und  wie  ein  dieb  zum  fensler  hinein 
komen.  Jvel  2.  9 ;  und  ich  ward  in  einem  korbe  zum  fenster 
aus   durch   die  maure   nidergelassen  und  entran  aus  seinen 

III. 


henden.  2  Gor.  11,33.  bei  Ulrichs  tos  Lichtenstew  unglüek- 
liehen  abenteuern  ist  der  ausdruck  'lin'  gebraucht  (s.  344 — 47.  303. 
364.  542),  niemals  venster. 

7)  glasfenster,  dem  aiterlhum  unbekannt,  haben  sidi  erst  im 
laufe  der  zeit  eingeführt,  früher  behalf  man  sich  mit  gitter,  auch 
mit  vorgespanntem  linnen,  wie  noch  heule  rersdäedentlicli  mit 
papier.     bemerkenswerth : 

einhalp  der  kemenäten  want 

vil  venster  hete,  da  vor  glas.    Parz.  553,5; 

diu  venster  wären  schöne  verglast.    Ls.  2, 2f'.l. 
vgl.  AemacÄ  fensterbret,  fensterglas.     vir  sagen  rom  glasfenster: 
das  fenster  läuft  an,  schwitzt,  friert,  bildet  blumen  von  eis, 
thaut  auf.  die  fenster  einschlagen,  einwerfen  (Garg.  50'),  zer- 
brechen geht  viedcr  auf  ihre  glasscheiben. 

pfosten  stürzen,  fenster  klirren.    Schiller  7S'. 
besser   ein   fenster   aus   als    ein    haus  ein;   fenster  brechen 
alle  von  selbst. 

8)  das  sehif  ist  ein  haus  auf  dem  meer,  also  sldten  ihm  auch 
fenster  zu  und  an  jedem  verschlossenen  gegenständ  mag  die  an- 
gebrachte öfnung  luflloch  (rentil)  oder  fenster  heiszen :  ein  fenster 
soltu  dran  {an  dem  kosten)  machen,  oben  an  einer  eilen  grosz. 
1  Mos.  6, 16.  in  länwand,  pappdeckel,  dünnes  bret,  kuchen  Verden 
fenster  geschnitten:  snit  obene  ein  venster  darin,  von  guter 
spise  18.  öfnungen  am  ofen,  am  glasofen  sind  fenster.  durch 
innere  wände  und  gänge  des  hauses  gehn  erhellende  fenster. 
am  gehürgang  unterscheidet  man  zicei  fensler,  fenestra  rotunda 
und  semioraiis.  auch  für  nasenloch  kommt  vor  nasenfenster, 
für  schweiszloch  schweiszfenster. 

9)  im  mittelaller  hieszen  die  schlitze  des  heims  vor  den  äugen, 
wodurch  der  ritter  sehen  und  schauen  muste,  fr.  visiere,  fenster: 

wan  ich  im  nach  dem  willen  min 

da;  sper  da  durch  den  heim  sin 

ob  den  venstern  verre  stach.    Lichtksstei!«  219,31; 

die  zegel  warn  z«  rehte  lanc, 

ir  lenge  unz  üf  die  venster  swanc, 

diu  wol  mit  valden  was  behuot.    452,2; 

in  den  romanischen  gedichlen  steht  dafür  ventaille,  j>ror.  vei»- 
talha,  sp.  ventalla  (an  ventana  mahnend),  die  aber  nicht  nur 
äugen,  sondern  auch  mund  deckte  und  den  athem  frei  liesz. 
durch  den  sciäld  bohrten  die  spere  der  ritter  iceite  fenster: 

Keie  sine  tjoste  brähte, 

als  im  der  ougen  nie;  gedähte 

durchs  Waleis  schilt  ein  veuster  wit.    Parz.  295,15; 

der  schilt  was  ouch  verhouwen, 

der  tjoste  venster  was  gesniten 

mit  der  glävine  wit.    506,4; 

sin  schilt  verhouwen  üf  allen  ort, 

manic  venster  wit  derdurch  gebort 

an  der  tjost  mit  giävinen  scharf.    Ludteig  4565. 

10)  die  löcher,  worin  tauben  nisten,  heiszen  fenster:  wer  sind 
die  welche  fliegen  wie  die  wölken  und  wie  die  tauben  zu 
iren  fenstern?  {rulg.  qui  ut  nubes  volant  et  quasi  columbae 
ad  fenestras  suas).  Es.  60,  9,  v^.  fensterloch,  für  die  flug- 
löcher  der  bienen,  die  löcher  des  fuchses,  dachses  findet  sich  nie 
fenster. 

11)  aus  den  fenstern  des  bimmels  ergieszt  sich  regen,  blähen 
sie  lange  verschlossen,  so  schmachtet  alles  in  dürre:  das  ist  der 
tag,  da  aufbrachen  alle  brünne  der  groszen  tiefen  und  theten 
sich  auf  die  fensler  des  himels  und  kam  ein  regen  auf  erden 
vierzig  tag  und  vierzig  neclit.  1  Mos.  7,  tl ;  und  die  brünne 
der  tiefen  werden  verstopfet  sampt  den  fenstern  des  himels 
und  dem  regen  vom  himel  ward  gewehret.  8,2;  denn  die 
fenster  in  der  höh  sind  aufgelhan  und  die  grundfeste  der 
erde  beben.  Es.  24,  S. 

121  figürlich,  ich  habs  verdeudscht  also,  alleine  das  ich 
nicht  ein  fenster  (eine  lücke)  müste  im  text  lassen.  LrmER 
4,264';  ein  leerer  plcUz,  den  man  im  schreiben  läszt,  heiszt  auch 
fenster;  da  brach  alsohald  seine  grausamkeit  zu  allen  fenstern 
{allen  ecken,  löchern)  herein.  Reineke  prosa  V26 ;  etliche  beiszcn 
sich,  wenns  von  ihnen  anskompt,  mit  den  achseln  durch  ein 
hänfen  fenster  {erhängen  sich).  Kirchhof  mit.  di.<tc.  121. 

s.  dacbfenster,  drahl fensler,  gillerfenster,  glasfenster,  kam- 
merfen-ler,  kellcrfenster,  kuhfenstcr,  nasenfensler,  Schaufen- 
ster, slallfenster.     ßr  bodenfenster  heiszt  es  bodenloch. 

FENSTEn.\L'GE,  n.  nach  fenster  1  ein  plconasmus:  gegen- 
über sah  den  grafen  das  weisze  scblosz  mit  den  blitzcnd«n 
fenstcraugen  an.  J.  P.  komet  3, 101. 

FENSTER  AI  STRITT,  tu.  bakon.     s.  austritt. 

FENSTERBAND,  n.  eisenstreif  mit  ose,  woran  das  fenster 
sidi  dreht. 

96 


1523   FENSTERBANK — FENSTERIIAKE 

FEiNSTERBANK,  f.    l)  eriwhung  am  fettster,  fcnsterlritt. 

2)  was  fcnstcrbriistung. 

FENSTEHBEHANG,  iu.  rchim  fenesirae:  alle  die  lieben 
süszen  spiele  meiner  kindheit  scliliipflen  liinter  den  schweren, 
wollenen  fenslerbehängcn  hervor.  TuUmmel  4,  428. 

FENSTER BEISZERLN,  f.  von  einer  müsziijijäuqerin  oder  biih- 
lerin,  die  den  ganzen  lag  im  fenster  lieijl,  gehildcl  uie  biich- 
beiszer  (2,4691,  der  immer  das  buch  in  der  hand  hat,  oder  wie 
fadenbciszer  (oben  sp.  1234):  wer  sie  bekoiiinit,  dem  wäre 
liesser  er  bekäme  was  anders,  denn  sie,  so  zu  reden,  vor 
fnulheit  stinket,  sie  ist  eine  rahmcnfresserin  und  fensler- 
beiszerin.  die  entlarvte  böse  siebene.  1723  s.  20.  s.  fensler  4 
und  fenstcrhenne. 

FEN'STERBEKLEIDUNG,  f.  schmale  bretsireifcn  und  leisten, 
womit  die  fensicrüfnung  besetzt  wird. 

FE.NSTEBBESCI1LAG,  m.  munimentum  fenestrae,  eisen  und 
mcssingslücke  am  fensler. 

FENSTERBIER,  n.  das  fest  beim  fenslereinsctzen  des  neuen 
hauses.     in  I^iedersachsen. 

FENSTERBLEI,  n.  plumbum  orbiculis  vüreis  firmandis,  biet, 
worin  die  glasscheiben  eingefügt  sind.  Bbockes  1,282.  2,300; 
den  gar  kleinen  Zwerglein  aber,  die  man  backofentrcscher 
zu  nennen  pflegt  (l,  lor.s),  weisz  ich  kein  ander  mittel,  als 
dasz  sie  sich  von  neuem  umgieszen  und  wie  das  fenslerblei 
durchrollen  und  ziehen  lassen.  Simpl.  K.  1045. 

FENSTERBOGE,  wi.  fenestra  arcuala,  bogenfenstcr  : 

dort  wars,  wo  er  zwei  stock  hocli  niederstürzte 

als  er  im  fensterbogen  eingeschlummert.    Scuiller  388\ 

FENSTERBRET,  n.    1)  das  brct  der  fensteibrnstung  : 
wä  vensterbret  und  glas  dar  für?    Ilätzlerin  43'. 

2)  schmales  bret  oben  am  fenster  zur  befestigung  des  Vorhangs. 

3)  blumenbret  vor  dem  fensler. 

'  4)  sdimales  biet,  Werkzeug  der  maurer,  beim  setzen  der  fenster. 
FENSTER RRÜSTUNG,  f  gleichsam  lorica  fenestrae. 
FENSTERCHEN,  n.  fenestclla,  fensterlein :  war  nur  ein  fenster- 
chen, wodurch  du  in  mein  herz  sehen  könntest! 
FENSTERDECKE,  f.  fenslervorhang : 

schon  sah  der  hohe  tag  in  Damis  stilles  zimmer, 

wo  er  gemächlich  schlief,    nur  furchtsam  fiel  der  Schimmer 

durch  dunkle  fensterdecken.    Dusch  vcrm.  werke  126. 

FENSTERECHT,  fenestralus,  ]xrtusus,  lücherichl :  schurae  die 
wirz  mit  einer  vensterehten  schiijjeln,  da  der  scluime  inne 
blibe,  und  niht  die  wirz.  von  guter  speise  6  =  Haupt  5, 12. 
FENSTERECKE,  f  angulus  fenestrae:  ein  abbe,  der  bisher 
mitten  in  dem  allgemeinen  lärm  in  einer  fensterecke  ge- 
schnarcht hatte.  TnCHMEt.  2, 159. 

FENSTEREINFASSUNG,  f  fenslerbekleidung. 
FENSTEREIS,    n.    eis   das   sich   den    fenslerscheiben   ansetzt: 
dann  krystallisierten  sich  ihre  vergangnen  blumen  noch  ein- 
mal im  fenstereis  ihres  jetzigen  winters.  J.  P.  Ilesp.  2, 167. 
FENSTEREISEN,  «.  fensterstdbe,   cisengitlcr  vor  dejn  fenster: 
ich  sach  ze  einem  venstcr  in, 
da  von  het  dr  des  tages  schin, 
daj  was  veriset  also  vast.    Ls.  2,238. 

FENSTERFACH,  n. 

FENSTKRFELI),  ». 

FENSTER  FLIEGE,  f.  musca  fencslralis. 

FENSTERFLÜGEL,  m.  valva  fenesirae. 

FENSTERFÖRMIG,  fenestralus. 

FE.\STERFITTER,  «.  innere  fenslerbekleidung,  worin  die  flügcl 
täten. 

FENSTER  GELD,  n.  abgäbe  auf  fensler,  fenslersicuer. 

FENSTERGERÜSTE,  n.  jugamentum  fenestrae.  Stieler  1646. 

FENSTERGESTELLE,  n.  dasselbe. 

FENSTERGEWÄNDE,  n.  die  beiden  langen  seilen  der  fenster- 
btUadung. 

FENSTERGIEBEL,  m.  duszere  Verzierung  des  obern   fensters. 

FENSTERGITTER,  n.  calalhri  fenestrarum,  die  gegen  einbruch 
tichem: 

DUD  brach  man  ichnell,  trotz  smrm  und  grau«, 

entzwei  dai  renslcrgitter.    .SiEPUAniE  äesj.  sinijfpiele  1792  (.  179. 

FENSTERGLAS,  n.  vUrum  fentttrale,  mhd.  aber  blosz  fenestra : 

wand  <r  (der  ionnen*cl}ein)  d#n  (teliehen  zwrin 
durch  ein  T<atterglai  «chein.    trclt  :>UI):i. 

nU.   fcDsterglas  ins   äuge   kneifen.    Frevtag  toll  und  haben 
FE.NSTERHAKE,  m.  worin  der  fentUrflkyel  lidngl. 


FENSTERIIASPE—  FENSTERLOCH      1524 

FENSTERHASI'E.  f  dasselbe. 
FE.NSTEIUIKNNE,  f.  uugefnhr  was  fenslerbeiszerin : 
mltd.  'herre,  wie  aht  ir  die?  * 

vruiner  knelit,  ich  sag  dir  wie. 

die  selben  ich  dir  nenne 

nach  einer  vensterhenne, 

diu  kriselt  von  ir  man 

nach  einem  andern  han. 

also  luogel  sie  dan.    Helblisg  1,1338. 

FENSTERHÖLE,  f 

in  den  öden  fenstcrhölen 
wohnt  das  grauen.    Sciullkr  7S'. 

FENSTERICIIT,  fenestralus,  wie  fensterecht :  eine  fenstei  i(  hie 
Ihür,  jwrta  fencstralis,  thür  worin  ein  fenster,  ein  glas  angvbvmUt 
ist;  die  stube  ist  vielfcnslericht,  hol  viel  fcnslcr.  Stieleii  loi. 
Iieute  vielfensterig. 

FENSTERK.Ü'ER,  m.  dcrmaUes  fenestralh. 

FENSTERKETTEL,  f.  catenula  feiwstralis,  zum  anhängen  der 
fensterflügel  oder  fcnstcrladcn. 

FENSTERKISSEN,  n.  pulrinar  fenestrarum. 

FENSTERKITT,  m.  zur  fcstigung  des  glases. 

FENSTERKLÜPPE,  f  ein  wcikzcug  der  Schlosser. 

FENSTERKORB,  «i.  eiscngillcr  vor  dem  fenster. 

FE.NSTERKRELZ,  n.  kreuzförmige  holzslücke  im  fenslcrralimen 

FENSTERLADE,  f  vulvae: 

als  euch,  lang  im  wolkcnflnr  verborgen, 
durch  der  feiistcriade  herz  der  morgen 
schwach  erhellt  des  stiihcheiis  raimi. 

SCIIMIIIT   VON    WF.RNElICnEt«    170, 

man  schneidet  ein  herz  in  die  lade,  wodurch  der  tag  briclit. 
FENSTERLADEN,  m.  foriculae  fenestrarum: 

macht  alle  fcnsterladen 
den  andern  göttern  auf  und  führet  sie  herbei.    Opitz  1,91; 
himmel!  was?  am  feusterladen 
auf  der  liiule  ast  am  haus 
stand  ein  geist,  weisz  wie  Soldaten.    Ki>d  gedickte. 

FENSTERLEHNE,  f  was  fensterbrüstung,  mhd.  diu  lin. 
FENSTERLEIN,  n.  fenestella: 
mhd.  zer  fossiurc  oben  inne, 

da  wären  kleiniu  veiistcrlin 

durch  daj  lieht  gehouwen  in.     Trist.  420,11; 

ein  tougenlichej  vensterlin.    438,1; 

und  vant  euch  er  ein  vCnslerlin.    439,23; 

dö  sach  ich  da^  diu  vrouwe  min 

saj  an  einem  vensterlin, 

da  si  min  luite  genomen  war.    minnetehre  2224; 

er  wart  ein  kleine^  vogelin 

und  vloug  üf  daj  vensterlin.    (iA.  3,217; 

s6  get  si  dort  her  zuo  zeinem  vensierline 

und  silit  mich  an  reht  als  der  suniie  schine.    MSU.  1,127'; 

nhd.  und  es  waren  enge  fenslerlin  an  den  gemachen  und 
crkern.  Ez.  40, 16. 

FENSTERLEN,  fenestrare,  von  frauenzierat :  uf  irem  houble 
trug  sie  ein  krönen,  die  was  gefcnstcrlet  als  ein  rouchfasz. 
Oberlin  385.     s.  feustern  1. 

FENSTERLICHT,  n.  ein  über  Ihüren  oder  thorwegen  arnje- 
brachtes  fenster. 

FENSTERLIED,  n.  operculum  fenesirae,  gebildet  wie  augeu- 
lied,  kanncnlied: 

hör  ich  meinen  liebsten  nicht? 
hat  er  sich  doch  schon  allliier 
hinter  unsre  wand  begelinn, 
sieht  durchs  fensterlied  herPür, 
durch  das  gitter  schaut  mein  leben. 

Opitz  hohes  licd  1627  s.  8.  gvJ.  3, 12. 
Stieler  670. 1121. 

FENSTERLN,  s.  fenslcrlen  und  fcnslem. 
FENSTERLOCH,  n.  foramen,  fenestra:  fenslerloch,  item 
fensterglas,  sclieih  oder  raut,  specularc,  s/wcnlarium.  Serrams 
.tj/Hon.  07' ;  damit  die  in  den  sieineni  palatien  für  den  fliehen- 
den brand  sicher  sind,  haben  sie  gar  kleine  fenstcrliicher. 
pers.  reiseb.  3,1;  der  kdnig  führete  uns  auf  einen  thiirni, 
welcher  inwendig  rings  heruinb  voller  ausgemauerter  taubeii- 
löcher,  worinnon  über  tausend  stück  nisteten,  jeglichem 
wurde  ein  stecken  in  die  hand  gegeben,  damit  stellete  sich 
der  kiinig  und  wir  auf  den  iimbgang  des  tiitirms  für  die 
fensteriftcher,  unsere  trompeler  ninsten  lerm  blasen,  da  flogen 
etliche  hundert  heraus.  \s eiche  meist  erschlagen  winden. 
4,4;  Rodoniont  von  und  auf  Fensterlorb.  GütPUiiis  l,  s:i:i ; 
zimmer,  worein  er  nie  durch  ein  gätler  oder  Iflnslerluctt 
gegucket.  Rumi'LER  s.  0; 

lege  dort  an«  fonitterloeh 

deiu  schneckenrundo«  uhr.    Lbvcouoh  31  { 


1  525      FENSTERLOS  —  FENSTERSCHEIBE 


FENSTERS  CIIERBE  —  FENSTERZWICKEL     1526 


natürlich,  dasz  ich  mich  nach  jenen  schönen  thaten 

so  gut  ivie  ihr  durchs  fensterioch  emprahl.    Borger  HO*. 

FENSTERLOS,  expers  fenesirarum :  ein  fensterloser  stall. 
TniMMEL   3,  453. 

FENSTERLOSER,  m.  qm  aures  ad  fenestram  arrigil,  lauscher: 
du  xututler,  Verräter  und  Tensterloser.    fasln.  89,9. 

FENSTERMACHER,  m.  feneslrarius,  rUriarius  faber,  glaser. 
FENSTERMAIER,  f.  vorin  fensler  sieben. 
FENSTERN,  fenestrare   l)  fenestris  ornare,  das  haus  ist  noch 
nicht  gefenstert ; 

mhd.  gevenstert  und  gewelbet  was 

UDib  unde  umb  ein  palas.    kröne  20131; 
nhd.    do  sicir  das  alley  het  ergangen 

und  nun  die  sun  mit  liebten  strängen 

durch  nianig  löchlein  zu  mir  gleustert, 

die  in  den  wenten  warn  gefenstert.    fastn.  1301; 

figürlich,  wer  weite  von  groszen  herm  foderen,  das  ire  brüst 
gegen  einem  iglichen  gefenstert  sei  und  ein  idweder  ihres 
herzens  meinung  gleich  lesen  könne?  Bctscbkt  Palm.  458. 
s.  befenstern,  durchfenstern. 

2)  nachls  vor  des  mädchens  fenster  gehen,  singen  und  zu  ihm 
einsteigen,  Kofür  eine  menge  andrer  namen  bekannt  und  mit 
uralten  gebrauchen  verwachsen  ist:  brcnteln,  chilt  gehen,  fugen, 
gassei  gehen,  mentschem,  schnurren,  schwammen: 

ich  ging  für  meins  puln  venster  singen,    fasln.  611,4; 

erstlich  da  ich  was  brewtgam  worden, 

da  fenstert  ich  schier  alle  nacht.    II.  Sachs  I,  4'5'; 

da  heim  mein  Jansel  hat  grosz  acht 

und  mir  schier  fenstert  alle  nacht, 

und  juchzet  das  {dasz  es)  im  dorf  erhal.    1,508'; 

das  er  mit  Maier  Elsen  redt, 

der  ir  zu  nacht  gefenstert  bei.    1,531'; 

zu  nacht  die  pawrenknecht  erst  fenstero.    IL  4,2'; 

naszkalt   baucht  im  october  der  west.    auch  warmes  gewand 

durch 
wehet  er  bis  auf  die  haut,    nur  Jünglinge  wagen  zu  fenstem 
dann  mit  abendmusik  und  der  sturmverachtende  Weidmann. 
Luise  n.  /.  h.  ISO. 

der  kilt  oder  chiltgang  ist  schweizerisch,  das  fugen  schwäbisch, 
das  fensterin,  fenstern  tirolisch,  steierisch,  bairisch,  das  brenteln 
kdrnlnerisch,  doch  fenstern  am  allgemeinsten  bekannt  {auch  auf 
der  insel  Fehmem,  nach  Schütze  1,  317,  finstern).  böhm.  gjli 
na  zebräckau  noc,  nachtschwärmen. 

3)  scinlillare,  wie  fenster  glitzern: 

ein  weiblein,  dem  die  äugen  fenstern, 
recht  als  die  sunne  tut  her  glenstern, 
die  nem  ich  für  mein  nachtraal  heint, 
und  wer  mau  mir  ein  jar  darumb  feint,    fasln.  265, 2, 

4)  fenstern,  ausfenstern,  schellen,  vgl.  abfenstern,  vom  fensler 
her  sdielten,  abireisen. 

FENSTERNAGEL,  m.  kleiner  nagel  zum  einschlagen  in  die 
fensler. 

FENSTERÖFNUNG,  f. 
FENSTERPFEILER,  m. 
FENSTERPFOSTE,  m. 

unter  deinem  fensterpfostcn 

sei  mein  stand  und  sei  mein  posten.    Platkt»  81*. 

FENSTERPOLSTER,  n.  fcnsterkissen :  vorgebogen  über  das 
fenslerpolster.    Thcsjmel  5,  426. 

FENSTERQLASTE,  m.  f.  am  fenstervorhang. 
FENSTERRAHM,  m.  margo  lignetis  fenestrae: 
da  schlichen  sie  und  lauschten 
wol  an  des  Sängers  fensterrahra. 

SiEGFR.  Schmidt  im  m.  a.  1798  *.  30. 

FENSTERRAHMKNAUPLER,  m.  was  fensterbeiszcrin.  böse 
frau  I6S3  «.112. 

FE\.STERRALTE,  f.  viereckige  fensterscheibe. 

FENSTERRECHT,  n.  servitus  fenesirarum,  berechtigtmg  fenster 
in  einer  wand  zu  setzen,  die  auf  des  nachbars  haus  gehen. 

FENSTERREIBERLELN,  n.  obex  feneslralis.  Stieler  1580, 
veil  der  geschobne  riegcl  reibt,  ein  lebendiges  wort. 

FENSTERREIHE,  f  lanqe  folge  von  fenstem  an  einem  haus. 

FKNSTFHIilEGEL.  m.  obex  feneslralis. 

FENSTE15SCHEIBE,  f.  orbis  vüreus:  der  hagel  schlug  an 
die  fensterscheiben  und  zerbrach  ihrer  eine  menge;  sie  (die 
bergleule  in  der  grübe)  haben  sich  eine  tcrminologie  gemacht, 
um  zehn  grade  der  bauwürdigkcit  zu  unterscheiden,  es  sind 
folgende:  1.  mauseöhrchen.  2.  3  er.  3.  C  pf.  4.  1  gl.  5.  2  gl. 
0.  4  gl.  7.  8  gl.  8.  9  gl.  9,  specieslhalcr.  lo.  fensterscheibe. 
GöTue  51,  IIS; 


nachts  ni  schwitzen  wie  die  fensterscheiben. 

ScHaiDT  vo:t  Ws«:«ecchs:<  144; 
sobald  der  moud  auf  weisze  wände 
die  runden  fensterscheiben  mahlt.    Jacobi. 

fensterscheibe  heiszt  auch  eine  dünne,  durchsichtige  muschd, 
anomia  clacenla,  fr.  transparente. 

FENSTERSCHERBE,  f  blumeniopf  vor  dem  fensler. 

FENSTERSCHIRM,  m. 

FENSTERSCHLAG,  m.  obex,  operculum  fenestrae: 

der  äugen  schlaffe  lieder, 

des  leibes  fensterschläge.    Brocees  3,670; 

es  war  in  keinem  haus  im  flecken  ein  fensterschlag  herab- 
gelassen, daher  schien  alles  öd  und  leer,  s,  342. 

FENSTERSCHMIEGE,  f.  schräger  winket  inwendig  am  fenster. 

FENSTERSCHWALRE,  f.  hirundo  urbica,  die  ihr  nesl  ober- 
halb des  fenslers  baut,  hausschwalbe. 

FENSTERSCHUEISZ,  m.   der  sich  den  fensterscheiben  anlegt. 

FENSTERSCHWENKE,  m.  fcnslerwitikel.     die  spinne  sa^: 

des'bleib  ich  ungeirret  henken 

vor  einem  dunklen  fenstersehwenken 

von  muckendrecken  überzogen.    H.  Sachs  1,483*. 

FENSTERSEITE,  /.  wand  des  Hauses  oder  sales,  worin  sieh 
die  fensler  finden :  zu  seiner  {des  schuUheiszen)  linken  bis  gegen 
die  fensterscite  saszen  nunmehr  die  herren  der  zweiten  bank. 
GöTllE  24.  26. 

FENSTERSEULE,  f  cdumna  feneslralis. 

FENSTERSPIEGEL,  m.   zwischen  den  fenstem. 

FENSTERSPIN.NE,  /".  aranea  domestica,  die  im  vitJiel  des 
fenslers  ihr  nelz  wcbl,  vgl.  fensterschwenke. 

FENSTER  SPROSSE,  m.  was  das  folgende  worl. 

FENSTER.STAB,  m.  baciilum  feneslrale:  chromatischer  Prü- 
fungen eingedenk  halte  ich  das  wunderei  vor  die  äugen  ge- 
nommen, um  die  horizontalen  fensterstäbe  dadurch  zu  be- 
trachten. GöTHE  31,  234. 

FENSTERSTEIN,  m.    mhd. 

durch  die  Tenstersteine 
erglasten  in  die  helme.    Gudr.  1396,  3. 

FENSTERSTELTR,  f.  vecligal  in  fenestrae  impositum. 

FENSTERSTOCK,  ni.  das  starke  holzslück,  der  lothrechte  balke 
im  fensterrahmen :  so  müsser  sich  an  seinen  triefenden  fenster- 
stock setzen  und  den  bettel  ersinnen.  J.  P.  uns.  löge  3,131; 
inzwischen  konnter  jetzt  nicht  am  fensterstocke  bleiben, 
durch  ströme  und  wälder  und  Aber  berge  zu  schweifen  ver- 
langte die  frische  natur.   Tit.  2,  219. 

FENSTERSTÜRMER,  m.  der  die  fenslersrh^ben  einwirft:  des 
andern  tages  lasset  er  diese  fensterstürmer  für  den  recforem 
magnificum  eitleren.  Br.wdts  bericht  von  Tauhmann  s.  43. 

FENSTERSTURZ,  m.  die  obere,  schmale  seile  des  fenslers. 

FENSTERTAFEL,  f.  fensterscheibe:  die  mädchcn  und  ge- 
wisse herren  finden  in  jeder  sache  einen  spiegel,  in  jeder 
fenstertafel.  vor  der  sie  vorübergehen.  J.  P.  paling.  2,  32. 

FENSTERTIEFE,  f.  wie  fensterverliefung :  wie  sie  mich 
sonst  in  dem  garten  anrief  oder  auf  dem  feldc  bei  seile 
winkte,  wenn  sie  mir  etwas  besonderes  zu  sagen  hatte,  so 
that  sie  auch  hier,  indem  sie  mich  in  eine  fenstertiefe  zog. 
GöTHE  26.36. 

FENSTERTRITT,  m.  erhühung,  bank  vor  dem  fensler,  um 
leichter  auszuschauen.  * 

FENSTEKVERDACHÜNG,  f.  dach  über  einem  fensler. 

FE.NSTERVERTIEFUNG,  f.  die  breite  der  inneren  mauer  am 
fensler,  in  welche  sich  sprechende  abseits  stellen:  Lothario  hatte 
bisher  in  einer  fensterverliefung  gestanden.  Götde  2o,  303. 

FENSTERVORHANG,  m.  jedes  putzstück,  besonders  die  art 
es  anzulegen,  die  eile  und  weile  dabei,  ist  ein  durchsich- 
tiger fenstervorhang  oder  Jalousiefenster  des  inncrn  der  fraa. 
J.  P.  komet  3,119. 

FENSTERWAND,  f.  paries  feneslralis,  fensterseUe. 

FENSTERWEIT,  latissime,  wie  man  sagt  angelweit,  thünveit : 
mhd.  er  kan  zur  tjoste  die  schilte 

und  darzu  helme  vensterwit  entrennen.    Albr.  Tit.  1341. 

nhd.  fensterweit.  Stieler  2490. 

FENSTERWERK,  n.  opus  feneslrale. 

FENSTERWIRBEL,  m.  pessulus,  reriicillus  fenestrae,  lölm. 
obrtel.  russ.  zaverlka. 

FENSTERZWICKEL,  m.,  cuneoli  inier  rolulas  vilriarias  inler- 
jecli.  Stieier  2fiGl,  das  dreieckige  glas  zteisclien  rundfn  fensta- 
schciben,  scheibenzKickei, 

96  ♦ 


1527 


FENTCHEN  — FERCH 


PERCH— FERCHGESELl 


1528 


FENTCHEN,  n.  j.  fiintchen;  ein  junges  fentchen,  von  fanf, 
la/fe.  Herhes  Soph.  reise  4,  375.  ein  junger  fent,  levis,  incon- 
sidcralus  juvenis.  Stieier  4C0. 

FENTE?  nihä.  vende.  zu  dem,  was  sp.  1318  unter  fant  vor- 
getragen wurde,  stimmt  der  spätere  p/.  fenten: 

die  fenten  sind  noch  unerzogene.    Fiuoor  WUlekinden  B4'. 

fendo  des  scliachspiels  kommt  noch  im  16  jh.  vor,  z.  b.  ich 
solle  den  besten  fenden  in  disem  spiel  ziehen.  Wiksung 
CaiUitus  3,  3. 

FENZ,  FENZE,  s.  sp.  1320. 

FENZIG,  sp.  1321,  lünzig,  artig,  schmuck,  wozu  noch  einige  belege : 

zeuch  mich  doch  gar  fenzig  von  leib, 

dos  mich  hat  grawsam  lieb  «las  weih.    H.  Sachs  II.  4,30'; 

•a  ihr  glaubts  nicht,  wie  er  {der  schnridcr)  den  fenzigen  huren 
so  schöne  klcider  machen  können.  Simpl.  K.  226  nach  DGK. 
FER,  procul,  ganz  das  ahd.  für  (Graff  3,  656),  alts.  für,  ags. 
feor,  engl,  far,  nach  der  geuohnheit  rr  im  auslaul  zu  verein- 
fachen, wie  z.  b.  ahd.  far  taurus,  gen.  fan-es,  für  farr  geschrieben 
wird,  alts.  setzt  die  Bamb.  hs.  fer,  die  cotlon.  ferr.  tnhd.  ver 
anstatt  vgrre  ist  nicht  überliefert,  wäre  jedoch  möglich,  gewöhn- 
lich steht  auch  nhd.  ferr,  wie  an  seiner  stelle  belegt  werden  soll, 
wo  von  der  würzet  zu  reden  ist.  dem  ahd.  was  nalles  för  fon 
in.  Mallh.  8  gleicht  also  noch  das  nhd.  nahent  und  fer.  kriegb. 
des  fr.  24;  fer  und  nah.  Pelr.lH';  nit  ver,  non  lange.  Dasyp. 
13'  ausnahmsweise,  da  er  sonst  ferr  schreibt;  ir  seid  zu  fer,  sie 
seind  als  fer  von  mir.  Aimon  nlV;  als  fer  er  mir  mein 
land  mit  friede  wil  lassen,  ml';  so  fer  Lniherus  {so  weit 
Luther).  Milich  sclirapleufel  R2'.  in  der  Schiveiz  scheint  man 
es  zu  dehnen,  denn  Stalder  1,362  schreibt  'feer'.  Türler  ISO' 
'fera,  fehra'  und  Grob  in  den  ausreden  der  schützen  (Haupt 
3,  265)  'nach  und  auch  fchr' :  gwehr,  mehr,  aas  von  dem  verr 
bei  Frisiüs  und  Maaler  abslicht,  doch  reimt  ebenfalls  Spee 
fehrrheer;  und  Dedekind  im  miles  2,3: 

du  aber  sei  von  mir  nicht  fehr, 

ich  wil  dich  nicht  betrüben  mehr; 

für  dich  so  setz  ich  gut  und  er, 

und  solt  ich  mit  dir  ziehen, 

kein  weg  war  mir  zu  fer.    Uuland  134. 

Lehmann   überliefert  den   spruch:    'fehr  hat  nicht  ehr',     auch 

der  comp,  ferer  ist  zu  lesen  in  Chmels  Maximilian  s.  293.  295. 

Luther  gebraucht  weder  fer  noch  ferr,  sondern  allenthalben  fern. 

FEHBE.N  =  färben  sp.  1325.     hier  noch  ein  paar  stellen: 

aber  die  narrheit  dut  uns  ferben.    Brawt  85,22; 

ich  soll  es  doch  ein  wenig  ferben 

und  nit  mit  eichen  rinden  gerben.    104,52; 

ich  hör  auch  an  der  schelmen  rott, 

dnj  ich  kan  thun  ein  gferbten  spott.    Mur:»kr  schelmenz.  11'; 

djeselbig  lieb  ist  die  gcfcrbt 

und  wird  der  glaub  dodurch  verderbt.    Ackermahn  Tobias  A4; 

vom  lautern  und  geferbtem  oder  vermengtem  kupfer.  Mathe- 

8ICS   75*. 

FERBER,  m.  ßafevs  Ai.b.  dict. ;  am  wege  beim  ackcr  des 
ferbers.  £$.  7, 3 ;  und  seine  kleider  wurden  helle  und  seer 
weisz  wie  der  schnee,  das  sie  kein  ferber  auf  erden  kan  so 
weisz  machen.  Marc.  9, 3. 

FERBESBEERE,  FERRESBEERE,  f.  für  berbisbeere,  6er- 
beris  vulgaris. 

FERCH,  n.  quercus,  der  einzige  Stalder  1,  303  hat  fcrch 
eichenholz  und  mahnt  an  quercu«,  gleich  nah  liegt  ir.  darach, 
nach  dem  öfteren  Wechsel  zwischen  f  und  d.  Fbisiüs  «nd  Maaler 
kennen  das  wort  nicht.  Nemmch  hat  unter  quercus  die  composita 
vereichfi,  viereicbe,  verkeleiche,  raasteiche,  was  vicllciclu  enl- 
sleilunifen  des  echten  ausdrucks.  wichtiger  stimmen  bei  Graff 
1, 127  die  formen  vereheih,  weriheih  und  aus  Rotiiars  gi:setzen: 
roborem  aul  quercum,  quod  est  fereha,  siclwr  fcreha  und 
wol  f.  vgl.  foraha,  fi.lirc,  pinns.  bei  Sveinbjörn  179'  fjorr, 
Ijörr,  arboris  genus,  pl.  fjorvar,  fjürvar,  viri,  homines,  sonst 
firar,  wie  mdnner  oft  nach  bäumen  heisien,  was  dem  ahd.  flrahl 
tiominrx.  firaliiin  hominilins  ganz  eutsprictU.  inüylich  auch  ein 
Zusammenhang  mit  dem  folgenden. 

FERCH,  n.  1)  vila,  sanguit.  ahd.  alts.  fi'rah,  anima,  vita,  ags. 
feorh,  aitn.  fiOr,  dat.  fiörvi.  t'f^.  färbe  .<p.  1324, 9.  könnte  das 
k.  fuil  sanguii  in  hclraclU  kommen?    besonders  zu  merken  alid. 

i\  r<>rehe  «man  *tah.    0.  IV.  33,27; 
want  tr  ward  thA  giwAro  giwuntöt  fliu  «uftro, 
zl  f«r<.h«  gimochnti.    V.  11,20; 
mhd.  dA  «luogpn  die  vil  niiutdpn  vil  mnti<<ffi>n  »winden  iilac 

durch  Ji«  >c!l<;u  ringe  vait  uuz  (if  Jat  venli      Sil,   jii:,:i 


d6s  riehen  T^rramfires  hant 

iraj  leben  üjem  vtrlie  sneit.     Wh.  413,21; 

ir  verch  und  ir  gcbeine 

dar  inne  (im  sarcstein)  lit.    357,26; 

Alitschanz  muos  immer  s;plio  sin, 

sit  (T  sd  manec  bluot  begd;, 

das  "S  ir  reinem  verhe  (löj, 

die  vor  gote  sint  genesen.    420,8; 

von  ir  vSrhe  enphienc  den  zol 

dennoch  manec  gctoufler  soldier.    444,6; 

die  de  Wirtschaft  da  besäjen, 

den  was  almeislic  läjen 

zßr  ädr  od  sus  zcm  vörhe.    449,3; 

si  künden;  anders  rüeren 

mit  den  ecken,  die  da;  werten 

und  üf  ir  verch  so  zerten, 

des  (=  da;  6s)  nu  ir  sSIc  sinl  vil  lieht.    450,28; 

in  dimc  namn 
was  min  vfrch,  min  habe  geveilet.    456,3; 
ein  samenunge,  diu  nu  h,^t 
unser  verch  hie  niht  gespart.    457,23. 

andere  stellen  mehr  mhd.  wb.  3,  302.  303.  ferch  scheint  bald  mit 
blut  zusammenzufallen,  bald  sich  davon  zu  unterscheiden,  es  hiesz 
zur  ader  oder  zum  fercbe  lassen  und  das  blut  flieszt  aus  dtui 
ferch.     nhd, 

und  warf  mich  herab  über  zwcrch, 

das  es  mir  gieng  durcli  mark  und  ferch. 

Herk.  von  SACHSE?(HEia  mdrtn  7; 

das  blut,  die  spermas  und  das  ferch,  oder  wie  es  etzliche 
nennen  das  leben.  Tiicrneisser  prob,  der  harnen  28 ;  welche 
wunden  in  die  maus  gestochen  werden,  und  das  leben  ist 
am  selben  ort,  welchs  das  ferch  heiszt,  ist  auch  zum  tod. 
Paracelsüs  chir.  sehr.  6';  was  allein  fleisch  trift ,  ist  ohn 
schaden,  es  were  dann  dasz  das  fercht  {so,  l.  fcrch),  leben 
oder  maus  darin  were,  als  dann  mag  es  zum  tod  gehn,  in 
ein  iiilinii  oder  in  ein  ander  sorg.  3 ;  die  ander  art  ist  auch 
ein  hüpfen  und  vippern,  zittern  und  beben  der  augenliede. 
solches  widerfert  manchem  allein  an  einem  äuge,  manchem 
auch  an  allen  liedern,  etzlichen  werels  für  und  für,  elzÜchen 
nur  zu  Zeiten,  und  solches  nennen  die  gemeinen  leute  das 
fcrch,  bei  den  gelerten  aber  heiszt  es  TtaXfiös,  palpitatio 
Bartisch  176.  in  diesem  vibrieren,  pulsieren  zuckt  die  lebens- 
kraft.  Stieler  469  schreibt:  ferch  scintillalio  oculorum,  pal- 
pitatio palpebrarum  et  musculorum.  quod  appellant  'das  leben", 
sed  ferch  quoque  est  diaphragma,  beides  nach  Hemsch  1069,38, 
diaphragma  ah  'herzblalt',  lebenssilz  gedacht,  lirol.  ist  fcrch 
rothe  rühr,  hlutflusz.  Frommann  5,  229.     s.  hernach  ferchwimde. 

2)  auch  bei  den  bergleuten  scheint  ferch  erzadern,  oder  eine 
aus  ihnen  dunstende  kraft  anzuzeigen,  ich  finde  es  weder  het 
ScHEUCHENSTUEL  noch  GÄTzscHMANN,  aber  in  der  ungcdrucklen 
einleitung  des  Dan.  von  Czepko  zum  heil,  dreieck:  er  führet 
den  aufdunstenden  ferch  {also  m.)  durch  die  härtesten  felsen, 
zeitigt  das  erz  in  den  ädern,  nach  Aüellnc  ist  der  ferch  ein 
dunst  aus  flüchtigem  schwefel  und  sah,  der  .tiVA  zuweilen  in  dem 
bergwcrk  entwickelt,  allmdlich  hat  sich  das  wort  übtrhaupt  für  1 
und  2  01(5  dem  gebrauch  verloren,   Luther  kennt  es  nicht  mehr. 

3)  der  ferch  für  pferch,  koth  der  thiere  in  den  schafttürden 
auf  dem  felde  gehört  nicht  hierher. 

FEr»CHB.\N,  «i.   mors,  alid.  fCrahpano: 

vaste  durch  den  vfirchpan.    Rot.  177,26. 

FERCHBLUT,  n.  sanguis: 

da;  im  da  ze  d^n  örcn 

da;  v«rchbluot  ü;  spranc.     not.  158,30. 

FERCHFEIND,  m.  inimicus  cajntalis, 

mhd.  dil  d^r  chunic  himelisk 
d^n  siiien  fiirechviant 
mit  sigenunfie  uberwant.    Die^ir  271,28; 

unser  hörrc  Ihesus  Cristus  di'r  was  di's  tuvils  vörchvlcul. 
Levser  101,  35 ;  nhd.  du  must  in  mit  dir  lossen  gon.  aber  er 
ist  diu  ferchviend,  was  du  wilt,  so  wil  er  ein  anders.  Kei- 
SERSBERC  büger  131';  het  ich  einen  ferchveind,  ich  wolt  iins 
nit  wünschen,  parad.  der  seien  226*. 

FERCHFREL'NÜ,  m.  blutsfreund,  aus  dem  vorhergehenden  und 
den  folgenden  mit  sicherheil  zu  schlieszen. 

FERCHGENOSZ,  m.  consanguineus : 

wan  Ich  bin  «in  v^rchgenAz, 

diu  Innt  «In  kleine  oder  gfi^;, 

Ich  eigne  glichei«  (eilen.     liALTADt  451. 

FKRl'FIGESFLL.  m.  suciu%  sani/idne  jnndus: 
d»  vant  Ich  «rl»eii  oh  einer  irliiel 
sivbi  II  verchgejcllen  guei.    K(i.lkr  ert.  G^«,  19. 


1529 


FERCHGRIM5I  —  FERGELN 


FERGExN  — FERKEL 


1530 


FERCHGRIMM,  crudelis,  iceldies  uHe  crudus  mit  cruor  ver- 
wandt ist: 

dö  vrumte  «r  inme  hüse  diu  verchgrimmen  sÄr.    Nib.  2902, 2. 
FERCHLOS,  exsanguis,  blutlos^  bleich. 

da  viel  verchlös 

der  Til  mortgire  man.    Rol.  163, 3. 

FERCHMÄG,  ffl.  consanguineus : 

der  was  des  Prinzen  verichmäg.    Oitocar  IS*. 

FERCHMASE,  f.  macula  sangiiinea: 

wan  wie  reich  und  edel  sie  was, 

so  het  ein  verichmäs 

irn  leunt  verschrenzt 

und  Ir  wirdichait  engenzt.    Ottocar  lOS'. 

FERCHTIEF,  bis  aufs  leben  dringend,  todeswunde: 

e;  eumohte  nieman  scheiden,    des  sacb  man  vliejen  da  da; 

bluot 
von  verchtiefen  wunden,  der  wart  da  vil  geslagen. 

Mb.  2UT1, 1; 
wa;  {r  da  schoener  frouwen  von  ir  friunden  schiet, 
mit  verchtiefen  wunden  in  den  herten  striten.    Guar.  1352,3; 
wan  ?r  anders  niht  ensach 
wan  manigen  vliejenden  bach 
dSr  verchtiefen  wunden,    klage  625  Holzm. 

FERCHWUND,  morlifere  vulneraius: 

man  bringet  der  gesunden  fünf  hundert  oder  ba; 
und  der  verchwunden,  wi??et,  froiiwe,  daj, 
wol  ahzec  röte  bare  her  in  unser  lant.    JVifc.  238,2; 
dö  sprach  der  verchwunde.    930,1;  933,2;  937,1. 
FERCHWUNDE,  f.  vulnus  letale:  umbe  bluolruns,  die  dne 
verchwunden  geschehent.  Schicabensp.  Schilt.  79,4; 

ist  da;  ich  also  s%lec  bin, 

da;  er  niht  verchwunden  hat, 

so  mag  es  alles  werden  rät.    Trist   237,18; 

under  seinen  danch 

ward  er  überwunden 

mit  solcher  verichwunden 

davon  er  doch  verdarib, 

in  der  vanchnus  er  starib.    Ottocar  530*; 

wer  ein  messer  gewinnet  und  einen  wundet,  dem  sol  man 
ein  band  abhouwen.  ist  es  auch  ein  verchwunde  oder  dötet 
einen,  über  den  sol  man  richten  nach  rechte.  Sigismunds 
feldlugerordn.  bei  Datt  ICl ;  darnach  ward  der  ungetreue  auf 
freien  platz  gefurt,  die  passer  (schergen)  waren  daselbst  be- 
stellt und  mit  den  war  verlassen,  sie  sollen  im  vil  vörch- 
v^unden  schlagen,  ehe  sie  in  geköpften,  chron.  bei  H\hx 
monum.  2,  730 ;  wa?  nu  vörchwunden  sei,  daj  la;  wir  euch 
wijjen,  daj  ist  in  dem  waden  underhalb  des  ehnies  und  ist 
ein  den  maus  oberhalb  des  engelpogen  (/.  enkelpogen)  und 
ist  ein  (in)  dem  ruckepralen,  also  das  man  im  lungel  und 
Jeher  sieht,  und  ist,  ob  er  wunt  wirt  vor  an  den  pauch, 
daj  im  daj  gewaide  au;  gel,  oder  durch  daj  haupt,  da;  im 
die  hierenschal  durchel  wirt,  da;  hai;et  alle;  vörchwunden. 
recbtb.  von  1332  bei  Weste>rieder  7,  27  und  Scbä.  1,  559. 

FERGE,  m.  rcmex,  porlitor,  schon  sp.  1332  unter  farge  auf- 
gestellt, tcüzu  hier  nachgetragen  wird:  und  licsz  sich  begnügen 
an  demselben  wein  und  prot,  an  dem  die  vergen  und  ander 
knecht  sich  genügen  lieszen.  Müglein  5S';  kaufleute,  hen- 
deler, fergen.  Ez.  27,  27 ;  er  het  kein  gelt,  den  fergen  zu 
Lezalen.   Münster  1152; 

ein  lischer  und  ein  ferg(e), 

ein  biittel  und  ein  scherg(e), 

ein  klimmer  und  ein  Steiger, 

ein  liedler  und  ein  geiger  u.s.  w. 

ein  ochs  und  ein  rind, 

sind  all  gschwisterkind.    Philahder  1,465; 

andere  pilger,  die  gelt  hatten  . . .  saszen  zu  schif  und  lieszen 
sich  den  see  hinauf  führen,  dahingegen  muste  ich  durch 
umweg  zu  fusz  fort  tanzen,  keiner  andern  Ursachen  halber, 
als  weil  ich  den  fergen  nicht  zu  bezahlen  vermochte.  Simpl. 
S.  905;  oß  bei  neueren  dichtem  im  reim  auf  berge, 
war  ich  ein  kecker  fergc  auf  üris  grünem  see. 
üiila:<ds  ged.  471. 

nach  P.  vos  Stette!»  s.  4  hiesz  auch  ferge,  der  die  berecbtigung 
hat  in  dem  fUchwasser  zu  fischen,  im  weakürzer  17*  slelU  meiir- 
mals  pferch  für  ferg,  ferge  geschrieben. 

FERGELD,  n.  was  fahrgeld  sp.  1259,  bei  Serranüs  syn.  67* 
ferggelt,  geld  für  den  fergen : 

was  warst  du  doch  so  args  gesint, 

dn.sz  du  woltst  geben  das  fergelt  nicht 

dem  Charon,  wie  er  hat  bericht?    Schade  sal.  1,107. 

FERGELN,  an  etwas  hin  und  her  fahren,  reiben,  fegen,  wetzen, 
ein   bairiKhes  wort,     an   einem  fergeln,   nicht  ablassen  ihn  mit 


hüten,  fragen,  anreizungen  lu  belästigen.  Schmeller  1,  562.  wie 
sonst  an  einem  nergeln. 

FERGEN,  es  gibt  ein  ahd.  genug  erscheinendes  fergftn,  welches 
petere,  poscere,  exigere  ausdrückt  (Graff  3,  6S1)  und  füglich  dem 
lat.  precari  verglichen  werden  dürfte;  zu  ihm  stimmt  nnl.  vergen 
exigere,  nd.  fargen  (brem.  wb.  1, 352).  ein  o/in.  fergja  hat  die 
stärkere  bedeutung  premere,  comprimere.  mhd.  nicIUs  ähnliches, 
nhd.  aber  in  der  Schweiz  und  in  Scliwaben  ein  den  bucitstaben 
nach  scheinbar  entsprechendes  fergen,  ferggen,  fergken,  ferken, 
convehere,  expedire,  schleppen,  fortscltaffen,  tragen,  bringen.  Frisils 
327'.  513'.',  Maaler  134".',  StALDER  1,364.  ScHMiD  190:  lieber 
fergk  mich  darvon  das  ich  gange,  expedias  me  hinc  te  rogo; 
ein  ding  schnall  ab  statt  fergken,  rem  in  pauca  confeire;  die 
holten  auf  den  vsäg  fergken,  extrudere  tabellarios ;  ein  zeug 
über  meer  fergken,  copias  transportare ;  einen  ab  der  weit 
fergken,  einen  aus  der  weit  schaffen,  umbringen;  fergken,  es 
sei  auf  der  ax  oder  zu  wasser,  convehere; 

wir  wollend  glich  von  stunden  an 
die  diener  ferken.    Kolrosz  Daniel  Cl; 
weibel,  gang  hin  ee  es  werd  spat, 
und  samle  mir^den  ganzen  raih 
und  auch  darzu  ein  ganze  gmein, 
den  narren  wil  ich  fergken  beim. 

spil  wie  man  die  narren  beschweren  soll.  1554  B3'; 
ear  rennt  fain  fort,  klembt  8bar  da  zäun, 
drauf  faht  ar  fain  widar  ällsgraach  gaun, 
damit  die  andara  buoba  nit  merkat, 
dasz  man  ihn  a  so  gferkat.    lied  um  1623  gedruckt. 

FRoaXANü  mundarten  4,88; 
und  was  guter  zu  markirechl  ligen,  darüber  soll  niemand 
richten  dan  ein  schultheisz  und  sol  man  auch  dieselben 
guter  fergen  mit  des  schultheiszen  band,  wästh.  l,  2S6 ;  den 
kouf  fergen.  1,  253 ;  uf  die  bürg  helfen  vergen  was  die  not- 
durft  ist.  1,274;  das  gericht  vergen.  1.275;  die  unwackern 
zimi  alten  entschlafenen  häufen  ferken.  Fronsp.  kriegsb.  l,  176* ; 
{ich  e^elt  bab  geladen  manch  schönes  werk, 
das  ich  weidlich  zum  himmels  saal  nauf  ferg. 

(Horri:«GER)  menschen,  thiere  und  Gölhe  s.  12 ; 

sie  hat  bis  dahin  dem  mannevolk  gar  nichts  nachgefragt, 
und  wenn  einer  kam,  fergele  sie  ihn  kurz  ab.  Gotthelf 
erzählungen  1,  231 ;  das  hat  dem  manndcli  glähigi  (flinke)  bein 
gmacht,  un  es  hat  sex  ol  {oder)  sihen  hammi  un  vier  specksiti 
un  en  ganzi  rieschelen  würstleni  fürha  gen  un  bäts  dem 
docter  mit  ros  und  schütten  müeszen  zum  hus  ferggen. 
Saaner  mundart  im  Bernerland  bei  Frommasx  6,  397,  wo  s.  414 
der  bündnerische  gebrauch  von  ferggen  =  bringen,  es  chind 
ferggen  ==  ein  kind  zur  weit  bringen,  gebären  angemerkt  ist. 
jenem  ahd.  fergün  läszt  sich  dies  schweizeriscJie  fergen  kaum  an  die 
seile  stellen,  und  man  erklärt  es  ricIUig  als  gekürzt  aus  fertigen,  ab 
fergen  aus  abfertigen,  was  sich  zur  bedeutung  schicid,  abfergete 
ist  abfertigung,  obgleidi  das  sinnliche  tragen,  schleppen  etwas 
stärker  scheint.  Maaler  134'  hat  hinter  fergken  unmillelbar  auch 
fertigen,  als  sei  es  ein  ander  wort.  Hexisch  1070,  der  hier  (wie 
oft)  Maalerx  ausschreibt,  leitet  fergken  von  ferge  nauta,  doch 
lassen  sich  hOcIistens  einige  beispiele  auf  ein  fortschaffen  zu  schif  oder 
zu  wasser  ziehen,     man  sehe  im  verfolg  fertigen,  lirgeln,  firkeln. 

FERGER,  m.  nauta,  was  ferge;  fergers  nachen,  narigium. 
Perus  210.  306. 

FERGER,  FERGGER,  FERGKER,  m.  transaclor,  ausriehler, 
Maaler  13 1'.  Frisils  1326.  6ei  Stalder  1,  365  AaiK^erer, /rörf/er; 
er  was  ein  ferker  der  koufmansgüter  und  ouch  selbs  ein 
koufmann.  Tschldi  1,  636. 

FERGSCHILLING,  m.   weisth.  1,  279. 

FERGSTIRE,  f    Stalder  1.  365. 

FERHELEIN,  n.  porcellus,  ahd.  farheli  (Graff  3,  6S1) :  ein 
gebraten  gefültes  ferhelin  mache  also,  ron  guter  speise  3 
mhd.  da;  verchlin.  Reinhart  s.  304,  363.     s.  ferklein,  ferlein. 

FERHIN,  proeul,  heule  fernhin : 

das  wildfeur  fer  hin  von  uns  jag 

in  wilds  gerör  und  hage, 

darin  es  uiemant  schaden  mag 

peir  nacht  und  auch  peim  tage.    Ublakd  813, 

tro  man  leicht  zusammen  schieben  kann  'fcrhin'. 

FERIEN,  pl.  feriae,  feierlage,  s.  sp.  1434  und  crntefcrien, 
herbstferien,  oslerferien,  sommerferien,  Winterferien,  gerichts- 
ferien,  Schulferien,  lange  ferien,  kurze,  späte;  wir  haben 
beute  ferien;  die  ferien  sind  angegangen; 

von  liederlichen  thränen  gibts  nun  ferien. 

Kolzebues  ehrenpforte  ».  1. 

FERIG,  s.  fahrig  $p.  1259. 

FERKEL,  n.  porcellus,  dinünution  von  farch  sp.  1331,  bair. 
facki,  fackcl  ron  fack  sp.  1227,  wellerauisch  freckcl.    schniücu 


1531 


PERKELCIIEN  —  FERMAXN 


FERMEL  —  FEUN 


1532 


ihm  ein  stück  fleisch  aus  seiner  brüst  und  brieten  es  mit 
zween  ferkeien  und  fraszen  es  auf,  'das  sie  seiner  damit 
möchten  vergessen'  {eine  zauberet,  die  an  Albrechts  TU.  5941 
gemahnl).  Hesneberger  preusz.  lamllafel  44t ;  was  die  sau  ver- 
wirket, müssen  die  ferkcl  entgelten.  Otho  122;  wem  das 
ferkel  geboten  wird,  soll  den  sack  bereit  haben ;  wenn  das 
ferkel  träumt,  so  ists  von  trebern ;  wenn  das  ferkel  satt  ist, 
8töszt  es  den  trog  um; 

und  kurz,  ein  eckstein  gleicht  den  brauten, 

woran  sicli  jedes  ferkel  reibt, 
wer  kehrt  sich  an  die  klemmen  zetten. 

wo  niemand  ohne  richter  bleibt.    GiJ>TnER  21*. 

einen  fehler  machen  hiesz  'eine  sau',  einen  kleinen  (etiler  'ein 
ferkelchen  machen' :  und  das  wir,  wie  man  von  den  sengern 
sagt,  wenn  sie  feilen,  nur  ein  klein  ferkel  gemacht.  Lutber 
3,  340\     s.  saugferkel,  Spanferkel. 

FERKELCHEN,  n.  nochmals  diminuicrl. 

FERKELGLOCKE,  f.  was  sauglocke,  rülps,  ruclus', 

so  wirst  du  keine  lust  bei  leuten  auch  verderben, 
wenn  du  die  Tcrkelglock  hübsch  orte  schlagest  an. 
Grobianus  II. 

FERKELGRAS,  n.  polygonum  aviculare. 

FERKELKRALT,  n.  dasselbe,  auch  hyoseris  und  hippochaeris : 
Theod.  Gaza  hat  es  porcelliam  verdolmetschet  und  dieweil 
es  bei  uns  Tcutschcn  keinen  namen  hat,  haben  wir  es  ferk- 
leinkraut  genennet,  damit  es  auch  einen  tcutschen  namen 
bekommen.  Tabernae«.  499. 

FERKELN,  porcellos  parere,  s.  ferlen. 

FERKELSTECHER,  m.  tcinkeladvocat,  am  MiUelrhdn  wie  zu 
Mainz  u.  s.  w.  ägentlich  ein  bönhasc  der  metzger,  der  nur  ferkel 
abslicht,     s.  fcrkenstecher. 

FERKEN,  n.  porcellus,  die  nnl.  form  varken,  gen.  varkcns, 
pl.  varkens  und  weiter  diminuicrl  varxkcn,  varkentje.  auch  nd. 
verken,  varken,  brem.  üb.  1,  353.  Schütze  1,  308.  Schambach 
256'.  man  lasse  keiner  moren  über  achtzchen  junge  färken 
zu.  Sebiz  132;  drei  ferkcn.  Moser  1,329; 

schon  morgen  kleine  ferken  kriegen,    ükockes  6,32; 

und  mancher  tapfre  held  gegrunzt  nach  ferken  art. 
Zacuariä  1, 1Ü4; 
V.  wie  so  lustig  die  ferken  quiken! 

gütig  ist  doch  und  weise  gott. 
M.  zur  Kunstbeschauung  der  antiken 

ward  meines  geistes  äuge  flott. 
S.  nicht  beneid  ich  den  baron  von  Tott, 

pfeif  ich  auf  dem  blatt  bei  I'nedcrikcn. 

A.  W.  Schlegel  2,212. 

FERKENSTECHER,  m.  etliche  bürgcrmcister  und  raths- 
herrcn  . . .  halten  auch  wol  selber  in  ihren  häusern  ehrlose 
diebe,  fcrkenstecher  und  bönhascn,  verlaufene  oder  selbst 
gemeisterte  schuster,  Schneider,  mäurcr,  zimmerleut,  schmidt, 
die  der  rechten  bürger  armen  weib  und  kindcrn  alle  nahrung 
und  das  brot  fürm  maul  wegstehlen.  Andrea  buszposaune. 
Amslerd.  1043.  4.  M3.     nnl.  varkensteker. 

FERKLEIN,  n.  }>orcetlus:  ferkelin.  ro»  guler  speise  3.  4. 

FERLE,  n.  jiorculus.  Maaler  130*  schreibt  färle:  sie  seint 
gleich  denen,  die  ire  ferle  in  das  ccker  schlahen,  das  sie 
fciszt  werden.  Keisebsb.  narrensch.  144'. 

FERLEN,  porcellos  parere,  färla  Tobler  176';  die  mutcr- 
schwcin  färlcnd  oder  bringend  ire  fürle,  elidunl  foelus  sues. 
Maaler  13o'. 

FERLIN,  FERLEIN,  n.  porcellus.  Dasypodius  190":  da  kam 
die  Widerpart,  was  reich  und  schankt  dem  richter  ein  ferlin. 
Keisibsberc  irrig  schaf  k  2* ;  si  hoiTen  das  ferlin  leg  sich 
nidcr,  so  man  im  an  den  bauch  kratzet,  narrenscli.  127*;  von 
Terlin  sol  man  zehenden  geben,  was  billich  ist.  weislh.  1,352; 
bringet  ein  möre  fünf  verlin,  das  zchcnde  vcrlin.  4,234. 
*.  spanferlin,  sugferlin. 

FERLIN,  n.  scrophula,  wie  diese»  von  scropha,  sagte  man 
fcrlein :  de  scropbulis  vel  scrophis  vel  suillis,  vitlgo  ferlein. 
Paracelsl-s  c/itr.  sc/ir.  443';  dann  der  biilzslral  soll  das  ferlin 
in  ädern  rerbrennen  oder  schmelzen  und  den  ädern  nichts 
thun.  Pabacelrl«  l,52<t'. 

FERLINSTHRÄNEN,  jA.  auch  warum  der  pfaf  alsdann  so 
jemcriich  und  barmherzig  anfangt  auszusehen,  wie  ein  gc- 
ftlochcn  k.ilb,  und  ferner  fortführt  das  oflat  küchliii  belrnuer- 
lich  zu  beklagen  und  mit  fürlinxlhninen  zu  beweinen,  bicnenk. 
15S*.     nnl.  varkens  Iranen  krijlen,  plcurer  tans  lärmet. 

KERMANN,  m.  nauta,  fllhmiann  sp.  1262, 
Cbaron  der  fcrmon  fand  sich  bald.    Scuadi  $at,  1, 100. 


FERMEL,  wi.  confirmatio,  unclio:  wenn  ich  ein  magd  aus 
der  taufe  hebe  oder  zu  fermel  trage,  so  kan  ich  oder  mein 
son  weder  sie  noch  ire  mutter  noch  ire  Schwester  zur  ehe 
nemen.  Luther  2, 165'. 

FERMELN,  confirmarc,  ungere :  warumb  ist  das  keine  fcr- 
melung,  wo  sich  einer  selber  fernielt?  Luther  0,84".  heute 
firmeln,     alid.  firmon  (Graff  3, 695),  mhd.  firmen  («•6.3,327). 

FERMELL'NG,  f  confirmatio,  unctio,  firmelung,  alid.  firmunga, 
mhd.  lirmunge,  firmelunpe. 

FERN,  FERNE,  dem  ferr,  ferro  iiir  seile,  die  liquide  gemi- 
nation  rr  scheint  immer  erst  aus  Verbindung  des  r  mä  einem 
andern  laut  hervorgegangen,  und  auf  ähniuhe  weise  verhält  es 
sich  mit  II,  mm,  nn.  rr  enLiprang  zumal  aus  rn,  rs,  ri.  von 
welchen  hier  blosz  rr  aus  rn  in  betracht  steht,  das  goth.  stairnd, 
alul.  sll-rno,  nhd.  stern  ist  al.w  alterlhfimlicher  als  das  ags. 
steorra  und  die  ahd.  nebenform  sterro ;  das  gulh.  gairns,  alid. 
kern,  ags.  georn,  altn.  giarn  setzen  einen  stamm  gairan  rora«.?, 
wie  das  alln.  biürn,  ags.  beorri  auf  bairan  wci.sen,  aus  welchem 
ahd.  pijro  entsprang,  neben  golh.  ara,  ahd.  aro,  alln.  ari  stellt 
ags.  carn,  alln.  örn.  in  die.-<en  drei  letzten  worlreüten  hat  sich 
kein  rr  gezeigt,  man  miisle  es  denn  in  orrusta  ==  i-rnusl,  eornest 
{sp.  924)  zugeben,  also  stände  auch  goth.  fairra,  ahd.  fßrro,  mhd. 
verre,  cdtn.  fiarr,  ags.  fcorr  unserm  nhd.  fern  nach,  das  seine 
ursprfingliche  gestalt  treuer  bewalut  hätte,  ahd.  fi-rno  bei  Graff  isl 
unsicher,  mhd.  blickt  verne  kaum  auf,  es  steht  gr.  Rudolf  P",  9 : 
gerne,  die  stelle  Heinrichs  von  Morunce  MS.  1,  53  {MSF.  135) 
ti'urrfc  schon  gramm.  1,  390  angeführt,  und  der  vf  des  mlid.  wb. 
3,  301'  hat  kein  anderes  beispicl  hinzugefügt,  hier  iä  stimme  :  verne  : 
gerne  gereimt,  die  beiden  ersten  lieszen  sich  in  stiTre  :  vßrre 
ändern,  wenn  es  nicht  gerne  untersagte,  das  niemand  mit  einem 
uncrliOrten  gurre  vertauschen  wird,  und  wo  käme  für  dorn  körn 
hörn  hirn  harn  mhd.  irgend  ein  dorr  korr  horr  hirr  harr  zum 
Vorschein?  zwar  Stalder  {landes.^jyr.  der  Schwdz  s.  68)  berichtet 
uns,  da.%z  heute  an  einigen  orten  chorre,  horre,  gerre  u.  a.  m. 
gesprochen  werde  für  körn,  hörn,  gern,  ferre  und  ferne  sind 
gleichberechtigt. 

ja,  neben  golh.  fairra  prorul  begegnet  auch  rn  in  dem  offenbar 
verwandten  fairnis  vctus,  welchem  alid.  mhd.  sein  i  verblieb,  das 
aber  nhd.  bald  firn,  bald  fern  lautet  und  von  dem  hcrnadi  beson- 
ders zu  handeln  ist  {sp.  1535).  fairra  und  verro  stehn  aber  zunächst 
dem  lat.  porro,  gr.  no^öco,  deren  rr  aus  Txöoaot,  TToiwat 
assimiliert  wurde,  während  unser  deutsches  rr  aus  rn  erwuchs, 
wie  verträgt  äch  diese  abweichung?  ich  werde  unter  ferre  darauf 
zurück  kommen. 

fern  geht,  wie  lang,  cds  adv.  und  adj.,  beides  auf  räum  und 
zeit,  während  weil  mehr  auf  den  räum  eingeschränkt  u4. 

I)  adverb,  procul,  lange,  prov.  long,  it.  lungi,  lontano,  sp 
lejos,  fr.  loin. 

l)  allein  stehend  neben  dem  verbum:  einen  schweren  stein 
kann  man  nicht  ferne  werfen.  Henisch  1070,70;  es  ist  bös 
fern  springen  ohne  stab ;  lauft  ein  escl  fern,  er  ist  drumh 
nicht  desto  gelehrter;  wo  der  vogcl  singt,  da  ist  das  nest 
nicht  fern.  1072;  so  schickt  er  botschafi,  wenn  jener  noch 
ferne  ist,  und  bittet  uinb  friede,  l'ri  nvrov  tiÖqoco  ot'xos, 
vulg.  adhuc  illo  longc  agente,  golh.  n:iuh|)anuh  iinina  fairra 
visandin.  Luc.  14,32;  da  sie  das  hiirctcn,  sprachen  sie,  da» 
sei  ferne,  fiij  ytroiTO,  vulg.  absit,  golh.  nissjai  =  nili  sijai. 
20,16;  denn  ewcr  und  cwer  kindcr  ist  die  verheiszung,  und 
aller  die  ferne  sind,  welche  gott  erzu  rufen  wird,  aposlelg. 
2, 39 ;  das  sei  ferne,  fii;  yi'roiro,  vulg.  absit.  Itöm.  3, 4 ; 
3,31;  6,2;  6,15;  11,1.11,  ,«;o//i.  nissjai ;  1  Tor.  6,15;  (.'oi.  2,17, 
goth.  nissjai.  noch  heute:  das  ist  fern,  das  soll  tiirlU  geschehen, 
das  sei  fern,  das  geschehe  nicJä.  bleib  fern!  komm  nicht  näher; 
0  lasz  mich  fern!  Gotter  3,492; 

tretet  mir  nicht  nah, 
bleibt  ferne  stehen.    Schiller  5.S0'; 

Hr  ist  nah  und  lern 
kein  btisen,  der  ilim  freundlich  schütz  gewAhrtc!    539'; 
und  sin  slelil  micli  srlimclterliiig. 
zitternd  vor  dws  freiinds  V(>rl:iiiK<<n 

»pringt  sie  nuf.  da  (lieg  ich  ferne  (procul  avolo).    GOtiix  1,57. 
ferne  bleib,  o  Jüngling,  blellio  .itchcn  I     1,211; 

und  nicht  forn  mehr  Ingen  die  gnrtoniimRclirnen  hAusrr. 

40,  -isi ; 

über  diese  d.nraiif  ein  prosio»  hi'wijii.l.  1 1.  ^  jri.^lim:il 
srliülli'tnii  wir  dn«  lii>ili(.'i'  lircr  !>■'  ' 

nm  vnriniilciiüen  ulraiulf  ilos  hrri 

dnxz  0«  (Vm  rr'-rliliMie  di'n  iiicenlu  i  iiini'rn, 

allen  die  jrttt  niltii'bcn  und  ipAt  aulblulin  in  der  tukiinn. 

üd.  ll.Wt 


1533 


FERN 


FERN 


1534 


auch  zwo  mächtige  lanzeD  gespitzt  mit  der  schärfe  des  erres 
fasite  der  Leid,  dasz  lerne  das  erz  zum  erhabenen  himmel 
stralt.  //.  11,44; 

in  fern  nachahmenden  zögen  erreicht  unsre  seele  zuweilen 
die  spielende  natur.  Schiller  315'.  dies  fern  nahm  sonst  oft 
den  abstracteren  sinn  von  sehr,  mullum,  ralde  an,  icie  er  auch 
mit  veit  oder  dem  lal.  lange  verbunden  trird:  so  nu  die  geist- 
liche genalt  ewige  guter  der  seel  anbeut  und  allein  durchs 
wort  und  sacrament  geiibet  wird,  ist  sie  fern  unterschieden 
von  welllicher  gewalt.  Augsb.  conf.  bei  Lctaer  6,  375*  =  corp. 
doctr.  ehr.  36;  Moirelte  heiszt  sie,  aber  ihr  geschlechte  ist 
ferne  bekandt.  polit.  slockf.  63; 

wer  der  natur  laterne 

geht  nach,  irrt  selten  ferne.    Logaü  3, 140, 18. 

in  folgenden  redensarlen  haßet  der  sinn  von  procul:  was  man 
ferne  holt  ist  süsz;  willst  du  was  finden,  suchs  nicht  fem. 

2)  mit  darauf  folgenden  praeposUionen, 

a)  von :  wenn  jemand  ferne  von  euch  über  feld  ist.  4  9Ios. 
9,10;  das  sei  ferne  von  dir,  das  du  das  thust.  l.Vos.  18,25; 
das  sei  ferne  von  mir.  1  Mos.  44,17;  ist  aber  die  stet  fern 
von  dir.  5  Mos.  12,21;  da  stund  das  wasser  seer  ferne  von 
den  leuten.  Jos.  3, 16;  er  ist  nicht  ferne  von  einem  iglichen 
unter  uns.  aposlelg.  17,  27;  als  sie  etwas  ferne  von  dem  schlosz 
angekommen,  pers.  rosenth.  3, 1 ;  er  wohnt  fern  von  uns ;  ich 
bin   fern  von  dir. 

b)  vor:    es   ist   noch   fern   vor  tag,   nacht;   er  steht  fem 

vor  dir; 

merk  auf,  feins  lieb,  was  ich  sag, 

es  ist  noch  fern  vor  jenem  tag.    Ambr.  Ib.  s.  56; 

Moses  aber  nara  die  hütten  und  schlug  sie  auf,  auszen  ferne 
für   dem  lager.  2  Mus.  33,  7. 

e)  über:  zoch  ferne  über  land.  Luc.  15,13,  golh.  aflaij)  in 
land  fairra  visandö ; 

es  ist  fern  über  mitternacht.    Grtpuiis  1,58. 

3)  steht  ein  dal.  dabei,  so  bleibt  ztccifcliiaft,  ob  fern  adv.  oder 
adj.  und  man  kann  beides  annehmen:  die  unter  den  Völkern 
uinb  euch  her  sind,  sie  seien  dir  nahe  oder  ferne,  vulg.  in 
circuitu  genlium  quae  jiLXta  vel  procul  sunt,  ö  Mos.  13,7;  er 
steht  mir  und  meinen  gedanken  fern; 

o  mein  stern, 
soll  ich  fern 
deinen  säufligenden  stralen  schreiten? 

RccKEBT  ges.  ged.  1,226. 

4)  von  ferne,  de  longe,  fr.  de  loin:  du  verstehest  meine 
gedanken  von  ferne,  ps.  139, 2,  nilg.  intellexisli  cogilationes 
meas  de  longe;  da  nun  David  hinüber  komen  war,  trat  er 
auf  des  berges  spitzen  von  ferne,  das  ein  weiter  räum  war 
zwischen  inen.  1  Sam.  26, 13 ; 

wer  von  ferne  samlet  ein, 

kan  von  nahem  lustig  sein.    Logau  1, 77, 10, 

«•0   auch   von    nahe  slehn   sollte;   ich   sehe   dich   von  ferne. 
freilich  ziehen  irir  heule  das  adj.  ror:  von  fernem,  von  nahem, 
von  weitem,  doch  haßet  das  adv.  am  lidisten  bä  ferne: 
von  ferne  stehend.    Götter  3,534-, 
herbei  geströmt  von  fern  und  nah.    ScanxER  5S'; 
und  es  saust  und  dröhnt  von  ferne.    60"; 

alle  die  von  dieser  religion  dazu  getreten  waren,  verlieszen 
jetzt  den  bund,  der  die  ausschweifungen  der  bilderstürmer, 
wenn  auch  nicht  absichtlich  angestiftet  und  befördert,  doch 
unstreitig  von  ferne  vcranlaszt  hatte.  S3&';  auch  seine  Ver- 
nunft hatte  schon  von  fern  angefangen,  sich  zu  entfalten. 
1008'. 

5)  sehr  oß  gehen  dem  ferne  zu,  so  voraus  und  dasz  folgt  im 

nadisatz :  dammh  das  der  ort  dir  zu  ferne  ist.  5  Mos.  14, 24 ; 

das  werk  ist  nun  zu  fern,  wir  können  nicht  zurücke. 
Grtphii;s  t,  292; 

weil  der  weg  so  ferne  ist.  b  Mos.  19,6;  zu  meiner  rechten, 
das  ist  neben  mir,  also  weit  und  fern  zu  regieren  als  ich 
selber.  Llther  1,90*;  es  ist  gott  lob  so  ferne  komen,  das 
man  mein  nicht  sonderlich  darf.  3,59';  und  wenn  man  das 
stück  so  fern  ins  volk  gebracht  hat,  hat  man  es  dafür  ge- 
hallen, es  were  wol  gepredigt.  3, 156* ;  ire  verslockung  ist 
so  ferne  in  sie  komen,  das  {dasz  sie)  gleich  ir  natur  worden 
ist.  3.311*;  sondern  ein  iglicher  sol  selbs  seinen  glauben 
verteidingen  und  nicht  auf  eins  andern,  sondern  auf  sein 
eigen  fahr  gleuben  oder  nicht  gleuben,  wenns  so  fern  kompt, 
das  unser  oberherr  als  der  kciscr  an  uns  wil.  6,306*;  dann 


bald  darnoch  begab  sichs,  das  er  (Lullier)  widder  den  ablasz 
zu  schreiben  anfienge  und  die  sach  so  fem  bracht  hat,  das 
wir  nun  wissen  was  der  recht  ablasz  ist  und  warumb  wir 
Christen  heiszen.  Albercs  wider  Wilzel  A6';  warf  sich  auf 
für  das  obriste  haupt  der  Christenheit,  so  fern  die  weit  were. 
Mathesius  92";  und  so  fem  ist  es,  das  er  inen  versam- 
lungcn  gönnen  solle,  .  .  .  das  er  sie  auch  alzumal,  da  er 
sie  nur  betretten  oder  ertappen  kan,  vil  eher  verbrennet, 
ertrenket,  köpfet  und  henket,  bienenkorb  171*; 

was  glänzet  da  droben 
so  nah  und  so  fern?    Götbb  1,100; 
stellt  nicht  so  fern !    Gorru  3, 492, 
d.  i.  nicht  so  veit  tceg  von  mir ; 

dasz  er  es  sei,  kann  sie  nicht  wol  vermuten, 

weil  er  so  fern  dem  vorgen  wesen  steht,    Gries  Ar.  29, 59, 

so  weit  ab  von  seinem  vorigen  zustand,  überhaupt  zielä  die  neuere 
Sprache  mei^enlheils  'weit'  dem  'fern'  ror,  doch  kann  sie  damit 
nicht  so  leicht  den  dat.  verbinden. 

6)  hieraus  erzeugen  sich  endlich  conjunctionen,  im  sinne  des 
lal.  eatenus  und  quatenus,  dummodo. 

a)  so  fern,  quaienus,  mhd.  so  ver:  so  ferne  das  on  schwer- 
men  geschehe.  Lctder  3, 38' ;  so  fern  und  lang  es  gott  leidet 
3, 533* ;  ja  die  statt  selbst  zu  kaufen  w  er,  so  fern  man  ein 
kaufman  finde,  der  sich  kein  geld  dauren  liesz.  bienenk.  23o', 
mehr  belege  folgen  unter  sofern,  da  man  heute  zusammenschiebt. 

b)  in  so  fem,  gleicher  bedeulung.  man  sehe  insofern,  in- 
soweit, inwiefern. 

c)  erst  im  16  jA.  erscheinen  die  verkehrt  gebildeten,  an  sich  sinn~ 
losen  Partikeln  dafern  und  wofern,  tarn  longe  und  quam  longe 
Idszl  sich  denken,  kein  ubi  longe,  »7iafi  faszte  da  und  wo  ah 
'51  quando'  und  das  bei  so  und  wie  eingeübte  fern  folgte  nach, 
für  sofern,  wiefern  gilt  auch  soweit,  wieweit,  niemand  wird 
aber  daweit,  woweit  sagen,  ich  weisz  nicht,  wer  diese  dafern, 
wofern  zuerst  verschuldet  hat,  LtrraER  und  He:<isch  wissen  nichts 
davon.  Stieler  verzeichnet  sie  470.  sie  lösen  sich  auch  nicJit  in 
da  fem,  wo  fern,  welche  niemand  verstände,  sondern  fügen  sich 
stets  zusammen,  dafern  wurde  schon  2, 673  vorgebraclit  und  der 
früheste  beleg  aus  Grtphics,  der  oß  beide  parlikeln  verwendet: 

dis  haus  wird  stehn,  dafern  des  hauses  feinde  fallen.    1,37, 
der  höchste  blitzt  nicht  bald  dafern  ihn  jemand  flucht.    1,38; 
wofcm  durch  letzten  wundsch  was  zu  erhalten  ist.    1,41; 
wofern  ihr  mächtig  angst  und  schrecken  zu  erregen.    1,42; 
wofern  du  wachen  kanst.    1,46; 

wir  wündschen  uns  den  tod,  dafern  wir  nicht  gewacht.    1,47; 
dafern  die  Damme  denn  mich  ganz  verzehren  will.    1,56; 

und  sicher  noch  an  vielen  stellen,  aus  Opitz  und  Fleming  ent- 
sinne ich  mich  keiner  beispiele,  sie  setzen  'im  fall',  aber  der 
kanzleisprache  waren  dafern  und  wofern  ohne  zweifei  willkommen 
und  der  pedantisclie  Sprachgebrauch  behielt  sie:  dafern  es  ihnen 
gelegen,  irrg.  d.  liebe  359 ;  wofern  es  Eibensteins  eigene  ange- 
legenheiten  zugelassen  hätten.  376. 

II)  adjectiv,  longinquus,  it.  lonlano:  die  fremden,  die  aus 
fernen  landen  komen.  5  Mos.  29,  22 ;  deine  knechte  sind  aus 
seer  fernen  landen  komen.  Jos.  9, 9 ;  sondern  hastu  dem 
hause  deines  knechts  noch  von  fernen  zukünftigem  geredt. 
2  Sam.  7, 19 ;  sie  sind  aus  fernen  landen  zu  mir  komen  von 
Babel.  2  kön.  20, 14 ;  wenn  auch  ein  frembder,  der  nicht  deins 
Volks  Israel  ist,  kompt  aus  fernem  lande,  l  kün.  8,41;  denn 
der  mann  ist  nicht  daheime,  er  ist  einen  fernen  weg  ge- 
zogen, spr.  Sal.  7, 19 ;  ein  gut  gerücht  aus  fernen  landen  ist 
wie  kalt  wasser  einer  dürstigen  seele.  25,  25 ;  die  aus  fernen 
landen   komen   vom   ende   des    himels.    Es.  13, 5.   Jer.  4, 16. 

6,20; 

tritt,  Hesperus,  tritt  auf  und  stelle  dich  ins  ferne. 
Fuainc  624; 

von  fernem  bistu  viel,  von  nahem  meisten  nichts. 
LoGAU  1,159,79; 

die  elster  sahs  mit  schclem  blicke 

und  wollte  von  des  sperlings  glücke 

nicht  blosz  ein  ferner  zeuge  sein.    Geixert  1,254; 

hör  kind,  wie  wenn  der  falsche  mann 

im  fernen  Ungarlande 

sich  seines  glaubens  abgethan 

zum  neuen  ehebande?    Bcrcer  13*; 

musz  noch  an  deinem  bände 

durch  fremde  lande, 

durch  ferne  thäler  und  wälder  wallen!    GöTHi  1,107; 

ist  mir  nichts  von  ihr  geblieben, 

nicbl  ein  süsi  erinnernd  pfand, 

dasz  die  fernen  sich  noch  lieben?    Schill»  54*; 


1535 


FERN— FERNBERUFEN 


FERNBERÜUMT  —  FERNEN 


1536 


nicht  länger  wollen  diese  Heiler  leben, 

als  bis  ihr  klang  ein  fühlend  herz  erfreut, 

zur  fernen  nachweit  wollen  sie  nicht  schweben, 

sie  tönten,  sie  verhallen  in  der  zeit.    IUI'; 

mich  fernen  auch  erfaszt  die  klage.    Letiad  neue  geil.  188. 

ffian  kann  unschlüssig  sein,  ob  fern  neben  dem  verb.  subsl.  und 
ähnlichen  Wörtern  für  das  adj.  oder  adv.  zu  gelten  habe,  vgl. 
1, 3 :  ich  bin  fern  davon  zu  glauben,  «o  auch  ein  fr.  je  suis 
loin  und  eloigne  statthaß  ist.  s.  unfern,  in  ferner,  firner 
Schnee,  der  vom  vorigen  icinter  liegen  geblieben  ist  (Schm.  1,564) 
steckt  firn,  vetus. 

III)  Steigerung  gilt  ßr  adv.  wie  für  adj. :  prolabor,  ich  fall  ferner 
ader  für  mich.  Alberüs,  falle  vor  midi  hin;  dies  land  liegt 
ferner,  liegt  fernst ;  ir  mögt  nicht  viel  mores  und  höflichkeit 
Missen,  dasz  ihr  mich  one  ferner  mein  erkanntnus  also 
schmehen.  Amadisiid;  bisz  sie  auf  ein  schöne  ebne  matten 
kamen,  welche  von  der  iandstrasz  ein  armbroslschusz  ferner. 
295;  denvegcn  ich  jelzo  bedacht,  damit  ich  ewer  keinen 
ferner  {amplius)  verlüre.  376;  auf  dis  antwortet  im  Angriota, 
als  der  ferner  nichts  vermocht.  203;  hienif  zog  Amadis  ferner 
{longius).  203;  ohn  ferneren  verzog.  347;  es  ist  freilich  alles 
zuvor  schon  gesungen  und  so  herlich  und  tröstlich  gegeben, 
das  es  meiner  und  meines  gleichen  IVrners  zuthuns  nicht 
bedarf.  Selneccer  chrixll.  psalmen  l5S7ron-. ;  wenn  sie  ferner 
(weiler,  fester)  einnisleln  sollen,  pers.  rosenlh.  1,5;  wiewol  sie 
hieran  noch  nicht  vergnügst  gewesen,  sondern  ferner  (weiter) 
gegangen  sein  und  sich  erkühnet.  Aue.  Büchners  poct  1665  s.  4 ; 

und  merkt,  dasz  so  sein  nam  je  mehr  je  ferner  geht. 
LoGAu  3, 217 ; 

Wörter,  die  nicht  ferner  als  irgend  nur  in  einem  platz  des 
Teutschlands  cäng  und  gab  sein,  hab  ich  vermieden.  Hompier 
5.  19  ;  und  so  ferner  (et  sie  porro).  Göthe  8,  54  =  und  so 
weiter.  42,  67 ;  ich  sage  ferner  (wäter) ;  ferner  so  sage  ich. 
Stieler  470 ;  ferner  ist  anzunehmen ;  fernere  anmerkungen  ; 
in  den  fernsten  ländern;  die  fernsten  sterne; 

dort,  siehst  du?  dort  in  goldnem  dufl, 
wo  die  sonne  hinunter  gieng, 
und  die  fernem  (stcntc)  in  den  höhen, 
wie  sie  glänzen,  wie  sie  wehen. 

Kretschuasks  werke  2,115. 

FERN,  anno  praelerüo,  niQvai,  lit.  pernay,  lett.  pehrn. 

mhd.  mirst  min  lön  g<!n  der  vil  süejen 

hiure  unnäher  danne  verne  (  :  gerne).    MS.  2,  IW»'; 

tn  den  folgenden  Strophen  vern  :  enbörn,  gern  stumpfreim i g , 
ich  gehielt  ouch  die  raaget  verne  (  :  gerne).    Flore  3674, 

genau  unterschieden  von  verre  (procul)  :  herre.  3541. 

nhd.    si  tribend  wunder  bfir  und  fern, 

doch  glichs  und  gliches  gselit  sich  gern,    fastn.  896,10; 

also  blibcn  sie  hür  als  fern.  Keisersb.  bilger  51*;  sind  gute 
gesellen,  bleiben  hewer  wie  fern.  Luthers  lischr.  221* ; 

die  neue  Baucis  macht  in  eil  rlie  streu  zurecht, 
wirft  quendel  und  orangenbluten 

aus  ihrem  gärtchen  drauf,  trägt  fette  milch  voll  schäum 
und  saftge  pllrschen  auf,  und  feigen  frisch  vom  bäum, 
beklagend,  dasz  ihr  fern  die  mandeln  nicht  geriotlicn. 

Oberon  4,  38, 

in  den  erslen  drucken,  wo  aber  die  sfxUeren  'jüngst'  setzen. 
'fern'  trar  schöner  und  besser,  nur  heute  zweideutig  geworden, 
das  einfädle  fern  wurde  alts.  umschrieben  fl'rnun  jära,  d.  i.  im 
alten  juhr.  man  könnte  sich  ein  dem  ahd.  hiurö  für  hiujArö, 
hoc  anno  gleichlaufendes  fi-rniurii  für  förniujürA  denken,  woraus 
fSrnerig  annolinus  (Graff  3,  CGI)  entspränge,  kürzung  des  volleren 
ferniuric,  wie  hiurlc,  nhd.  heurig,     s.  ferndrig. 

F"ERNAH,  procul,  von  ferne,  von  weitem,  weitab:  da  hörte 
nie  ganz  deutlich  fernab  ein  klägliches  gewinsci.  Tiecr  9.  22s ; 
die  engeigestalt,  die  er  so  fernab  im  träum  seiner  kindheit 
gesehen  hatte  Sternbald  1,139: 

es  zogen  beere,  donnerten  jreschOlie 
fernab,  die  starke  veste  zu  be!>iürmcn. 

A.  W.  ScuutciL  ged.  17>.  poel.  verke  1,288. 

FERNABDON.NEH.ND,  eminus  lonans: 

die  eumeniden  ziehn,  ich  höre  «!c, 

zum  tartanm,  und  nchlagen  hinter  «Ich 

die  ehrnen  thore  feruabdonncrod  zu.    Götmk  0,61 

worum  nicht  fernab  donnernd? 

KKIINANSICHT,  f.  ojilica,  peritpective. 
KKH.NAT/.EU.  m.  eine  traubenart. 
KK1INBEHI;FEN,  rr;lBxlrrr6s: 

mutige  Troer  und  fernbenifne  biindenironniison. 

SrOLIRRb    11,202. 


FERNBERÜHMT,  longe  laleque  darus,  veitberühmt.   Stieler 

1637. 

FEH.NBLINKE.ND,   aus  der  ferne,  in  die  ferne  schimmernd: 
Arcturus 
schosz  fernblinkende  Straten  umher.  Willaüot  dithyramhen  66. 

FERND,  anno  praeterito,  gleichviel  mü  fern,  fernt  und  fert : 
die  bawrcn  werden  in  dem  monat  (august)  ärger  dann  die 
Juden  sein,  was  sie  fernd  den  ackern  geliehen  haben,  das 
wollen  sie  in  diesem  monat  zweifaltig  wieder  haben.  Fischart 
groszm.  114. 

FERNDIG,  anni  praeteriti,  femig,  firnig:  du  solt  nemmen 
ferndigen  speck.  Seüter  204;  (zum  malze  frisdies  getreide 
nehmen),  weiln  die  ferndige  und  alte  fruchte  nicht  wol  wachsen. 
HOHBERG  3,  l,7l'. 

FERNDRIG,  jenes  ahd.  fernerig:  was  ich  von  euch  ge- 
lernet hab,  das  hat  der  ferndrige  schnee  gefressen.  Para- 
cELsns  1,  200'.  s.  femiger  schnee,  und  ferner,  fimer  bei 
Schneller  1,  564. 

FERNE,  adj.  und  adv.     s.  fern. 

FERNE,  s.  firne. 

FERNE,  /".  longinquilas,  intervallum,  enllegenhät,  weite,  in  räum 
wie  zeit:  nicht  alle  möchten  komen  von  ferne  des  wegs.  Luther 
1,138';  die  länge  und  ferne  machen  verdrossen.  Henisch 
1071, 10;  da  er  vor  nachts  oder  sonst  ungefüttert  ferne  halben 
des  weges  nicht  könnte  heim  kommen,  corpus  const.  brandenb. 
culmb.  1,355;  ja,  drei  viertel  jähr  ist  in  der  ferne  eine  lange 
zeit,  da  denkt  man,  der  tage  sind  so  viel  und  es  geht  einem, 
wie  mit  einer  band  von  hirseiikörnern.  sollte  man  sie  aus- 
zählen, so  dächte  man  nicht  damit  fertig  zu  werden,  und 
sind  sie  ausgeschüttet,  so  ists  ein  kleines,  kleines  häufchen. 
Weisze  jubelhochz.  11;  das  steht  noch  in  weiter  ferne;  in  dem 
walde  sah  der  wandrer  aus  der  ferne  ein  licht  schimmern; 
ich  habe  allem  aus  der  ferne  zugesehen;  wer  in  der  ferne 
pocht,  schweigt  in  der  nähe; 

aber  aus  der  dumpfen  grauen  ferne 
kündet  leisewandelnd  sich  der  stürm  an.    Götue  2,76; 
und  wenn  mich  am  tag  die  ferne 
blauer  berge  sehnlich  zieht.    47,69; 
und  sie  vergehen  doch  auch  unserm  Söller?   'gerne!' 
allons  denn!  'stiehl  nicht  mehr!'  'die  länge  bringt  die  ferne I' 

7,  114, 

d.  h.  mit  der  zeit  will  ich  mirs  schon  abgewöhnen ;  die  länge  bat 
die  ferne,  deinceps  fit  quod  non  statim  fit; 

damals  sah  ich  dich 
zitternd  in  der  ferne  stehn.    Schiller  .  .  .; 
aber  des  waidwerks  geschenke  versagte  dir  Delia  klüglich, 
nur  in  den  fernen  umher  schmetieri  ihr  silbernes  hörn. 
Matthissom  229; 
und  sie  sieht  in  den  azurnen  fernen 
noch  des  scbilfcs  segel  an  der  luft 
wallend,  und  im  feuchten  niorgenduft 
halb  verschwindend,  gleich  umwölkten  Sternen. 

A.  VV.  ScHLKKEL  gct.  41. 

FERNEGLAS,  n.    telescopium :    das    wort  gottes  ist  als  ein 
ferneglas,  damit  wir  die  himmlische  gemacher  hindurch  schauen 
können.  Scriver  seelcnsch.  2,  988.     s.  fernglas. 
FERNEHER,  eminus,  a  longinquo  loco: 
am  himmel  sahn  wir  ferneher 

gcwölk  wie  Schäfchen  ziehn.    Miller  im  mutenatm.  1790  «.21 ; 
nur  (Sine  Sehnsucht  störte  deine  ruh 
dasz  ferneher  du  deinen  bruder  riefest.    Voiss  4,^. 

s.  fernher. 

FERNEMOST,  m.  mustum  serolinum,  wie  feniewein. 

FERNEN,  mM.  vßrren,  s.  ferren. 

l)  intransitiv, 

n)  fern  sein:  herzen  und  fernen  von  herzen  hat  seine  zeit, 
vulg.  tempus  amplexandi  et  tempus  longc  fleri  ah  amplexibus. 
/wed.  S(J.  3, 3 ;  aus  der  sanftem  und  fernenden  {fernliegendm) 
eiinnerung  mag  er  dichten.  Scuillkr  1234. 

b)  in  der  ferne,  aus  dir  ferne  erscheinen: 

ich  habe  nichts  pclcrnet, 
dal  grosz  von  weiten  .'itelit  und  nur  nlloino  fernet, 
bin  lichtem  scheine  feiiid.  Flkxiic  201 ; 

mein  sinn  sieht  an  der  slirn,  ich  habe  nichts  gelcrnel. 
da*  wol  von  weiten  steht  und  nur  nllelne  fernet, 
mein  weg  ist  tchlecbi  und  recht  und  gleich  gerade  zti.    22.^; 

die  Jungfer  fernet  fein,  salis  renusta  est  haec  puella  eminus. 
SriF.LER  470;  da»  mädcheu,  die  frnu  fernet,  sieht  von  ferne 
schön  JIM.  s.  feldschön ;  freunde  imd  liebcntle.  sie  wurden 
durch  kleine  kinder  vorgoslollt,  welche  gar  mahlcrisch  fcmlea. 
GOthk  46,  73.     $.  fcrnsen. 


1537 


FERNEN  — FERNERS 


FERNERWEIT  —  FERXLAND 


1538 


2)  Ir.  in  die  ferne  schaffen,  entfernen,  femhallen,  mnd.  vernen, 
gevernen,  enlfrentden.  S^p.  1,31,2.  1,52,2,   s.  fenen  sp.  1542. 

und  mit  der  linken  ferne 
netzendes  salz  toü  des  knaben  autlitz!    Stolbebg  4,272; 
dasz  er  von  uns  den  Untergang  ferne.    11,7; 
und  ferne  die  pest  vom  beere  der  Griechen.    11,29; 
den  Untergang  fernend.    11,178; 
der  Weltraum  fernt  mich  weit  von  dir, 
so  fernt  mich  nicht  die  zeit.    Klopsiock  öden  179S  2, 20O; 

die  stunde 
die  mich  fernt  von  meinem  freund.    Höltt  95 ; 
fernt  von  ihm  das  todesverhängnis.    Bürger  212'; 
wenn  sie  das  vergehn  auch  von  sich  fernet, 
so  hegleiteis  doch  ihr  bück  mit  gunst.    9S'; 
was  noth  I  gewohnheitsposse  nnr 
fernt  euch  von  Wahrheit  und  natur.    Göths  13,90 
kannst  du  dann  weinen  und  siehst  sie  durch  thränen, 
fernende  thränen,  als  wäre  sie  fern.    40,  411; 
da  schlug  die  stunde,    trennung  fernte  mich 
und  nur  cypressen  hört  ich  einsam  rauschen.    Matthisso;«  111. 

3)  sich  fernen,  aUre,  sich  entfernen :  den  armen  hassen 
alle  seine  brüder,  ja  auch  seine  freunde  fernen  sich  von  im. 
pred.  Sul.  19,7;  meine  Verfolger  nahen  sich  zur  missethal 
und  haben  sich  gefernet  von  deinem  gesetz.  Llther  1,525'; 
Stachel  und  strick  sind  auf  dem  wege  des  verkereten.  wer 
aber  sich  davon  fernet,  bewaret  sein  leben.  22,5;  er  fernet 
sich  von  ihm,  recedit  ab  eo.  Stieler  470; 

seiner  ferse  klang  fernte  sich  hinab  am  gebirg, 

bis  er  endlich  in  der  dufte  gewölk 

unter  dem  hange  des  gebirgs  verschwand.    Klopsiock  1,  199. 

wie  nah  war  ihnen  der  webende  beerzug, 

welcher,  immer  gewendet,  sich  nun 

schnell  wie  der  wink  herwirbelte,  dann  sich  fernte.    2,  ISO; 

jetzt  wurden  des  ölbergs  pfade 
steiler,  Salem  fernte  sich,  und  die  gipfel  des  berges 
ragten  gröszer  empor.  Messias  19, 967 ; 

ach  nacbtigall!  es  fernte  kaum 
sich  im  beglückten  morgentraum 
mein  jahrelanger  kummer, 
da  scheuchtest  du  den  schmeicheltraum 
und  meinen  süszen  schlummer. 

Miller  im  Lripz.  alm.  1773  s.  1S2,  anders 

in  den  gedichlen  s.  49. 

FERNEN',  adv.  liesze  sich  vielleicht  aufs  ahd.  ferrana,  a  lange 

(Gbaff  3,660)   zurückführen,   Ainadis  297   liest  man:   welcher 

nicht  ferrn  von  dannen  wohnet  {sp.  1543).     gewöhnlich  aber  fu:iszi 

es  "von  fernen':  bis  sie  ihn  von  fernen  gegen  inen  kommen 

gesehen.  3S1,  und  dafiir  auch  -von  fernem'  249.   aus  welchem 

von  fernen  entstellt  sein  könnte,  vgl.  fern  1,4.     hier  noch  belege,- 

wer  mich  von  fernen  gehn  ersieht.    Rjsgwald  geisll.  lied.  72; 

weg  perlen,  seide,  gold,  und  was  von  fernen  kömt. 

Fleming  60S; 
vfeil  er  wundertbateu  thut 
löblich  nah  und  auch  von  fernen, 
von  der  erd  bis  an  die  sternen. 

Mahder  bundestieder  16S0  s.  147. 
FERNER,  longius,  amplius  s.  fern  III. 
FER.NERAü,  longius,  s.  fernab: 

dasz  fernerab  sitzt  selbst  die  farbenkunst.    RiJCKSRT  ges.  ged.  1, 42. 
FERNERHLN,  imposterum. 

FERNERS,  adr.  mit  dem  aee.  neutr.  oder  mit  dem  gen.  ge- 
bildet? die  mhd.  Schreibung  entschiede  leicht,  früher  waltete  jedoch 
schicadie  form  der  comp.,  aber  wir  sagen  auch  mit  artikel  'des 
fernem',  'des  breiteren',  wodurch  der  gen.  ferners  waltrscltein- 
liclur  wird:  wie  sie  (die  lutherischen  prcdicanlen)  dessen  in 
iren  schreiben,  reden  und  predigen  biszher  beflissen  haben, 
ietzuudcrt  brauchen  und  forthin  sich  also  ferners  verhalten 
werden.  Joa.  NASt:s  nasenesel  Hl'; 
Petrus  thut  ferners  lehren, 
was  man  auch  meiden  soll. 

Nasis  krie'js  u.  siegapredig.  Inyolsl.  1572.  F3'; 
welcher  seines  allers  halben  nichts  ferners,  denn  was  er  mit 
der  red  vollbracht,  verrichten  mocht.  Amadis  67;  ist  ferners 
und  über  disz  sehr  unbillich.  27;  und  als  sie  ihn  ferners 
schlagen  wollen,  schlug  man  stunnb.  S'-O;  weil  sie  auch  fer- 
ners vermerket.  226 ;  demnach  und  dieweil  er  fürchtet,  dasz 
ihn  die  wacht  im  schlosz  ersehen  möcht,  ritte  er  etwas  fer- 
ner» in  den  wald  und  berg  hinein.  355;  ferners  vom  anbel- 
len der  stummen  bilder  schreitet  er  zur  anrufung  der  ver- 
storbnen heiligen,  bienenk.  ISü"; 

dnrurob  dan  dankend  dir, 

berr,  ferners  bitten  wir.    Wiciueiun  81; 

CS  begabte  mich  aber  mein  guter  koän  ferners.  Simpl.  K.  32. 
tgl.  weiters. 
UI. 


FERNERWEIT,  porro,  amplius,  gebildet  wie  anderweit,  das 
1, 314  aus  mhd.  anderweide  gedeutet  wurde,  doch  leicht  verband 
man  ferner  nocA  zum  überflusz  mit  weit,  dessen  comp,  weiter 
gleichfiel  ist  dem  ferner:  was  er  etwa  femerweit  angeben  und 
vortragen  möchte.  Felsenb.  4,  2S0 ;  ob  des  Vincentii  künsle 
fernerweit  so  gut  eintreffen  würden.  4, 3S6 ;  ich  wünsche, 
dasz  deine  reise  bis  dahin  glücklich  gewesen  und  noch  fer- 
nerweit glücklich  sein  möge.  irrg.  d.  liebe  i9S ;  indem  er  alle 
umstände  bereits  sehr  genau  eingesehen,  auch  gleichsam  durch 
ein  perspectiv  fast  alles  femerweit  einsehen  konnte.  374. 
lebt  zumal  im  canzleistil.     auch  als  adj.,  wie  anderweit. 

FERNERWEITIG,  uUerior:  das  femerweilige  liebesverständ- 
nis  sehr  gerährlich  zu  sein  schien,  irrg.  d.  liebe  2S9 ;  wegen 
der  fernerweitigen  ausführung  seines  Vorhabens.  333;  hätte 
ihr  allen  fernerweitigen  umgang  aufgesagt.  405 ;  erwarte  dero 
fernerweitigen  befehle.  Felsenb.  3,114;  fernerweitige  anwen- 
dung  auf  die  erziehung.  Weisze  kinderfr.  5  im  inhaU. 

FERNERJIVEITS,  adv.  wie  fernerweit. 

FERNEWEIN,  m.  vetus  vinum: 

dann  fasset  er  den  krug  mit  allen  beiden  bänden, 
trinkt  seinen  fernewein,  bis  dasz  er  aus  den  lenden 
drauf  athem  holen  musz.    Opitz  Ztatna  414  (i,  139). 
s.  firaewein. 

FERNGEDCFT,  n.  die  duftende  ferne: 

des  rauhen  hüflhorns  ton  durchschmettert 

das  ferngedüft.    Frid.  Brcn  im  m.  u.  179S  «.  182. 

FERNGEHEND,  lote,  longe  se  extendens. 
FERNGEHÖRT,  fernher  zu  ohren  dringend: 

ich  will 
den  Brutus  sehn  und  sterben,    triegt  mich  nicht 
ein  ferngehört  geschrei,  so  tragen  ihn 
die  seinigen  noch  lebend  her.    Brawb  Brutus  5, 2. 

FERNGLÄN'ZEND,  longe  splendens:  (Dejanira),  welche  in 
zarter  wolgestalt  am  fernglänzenden  ufer  sitzt  und  den  galten 
erwartet.  Heisse  Ardingh.  2,  73. 

FERNGLAS,  n.  telescopium:  er  sieht  mit  einem  ausgezo- 
genen feinglas  gen  himmel  auf.  Otho  405;  ein  geistliches 
perspectiv  und  ausgezogenes  fernglas  ist  dieser  sprach,  ebenda; 
unser  schwaches  äuge,  als  ein  viel  zu  kleines  fernglas. 
BuTSCHKT  Palm.  24; 

nutzt  nicht  der  grobe  pBug,  die  egge  mehr  dem  Staat 

als  ihm  ein  fernglas  nutzt,  das  dir  entdecket  hat 

wie  von  Cassini  schnee,  von  Huygens  weiszer  erde 

im  fernen  Jupiter  ein  land  gefärliet  werde?    Hagedor!«  1,  13; 

und  siebt  die  weit  kaum  einen  feiertag, 

kaum  durch  ein  fernglas  nur  von  weiten.    Göthe  12,36. 

FERNGUCKER,  m.  tubus  opticus,  fernrohr,  nd.  kiker, 
FERNHER,  aus  der  ferne  her: 

ein  fernher  zugeworfner  kus.    Wihand  5,  98; 

fernher  blinkt  der  alpen  kette, 

schon  erathm  ich  Schweizerlufl.    A.  W.  Scblegel  1,237. 

FERNHERTREFFEND,  exrjßöloi,  in  dieser  und  den  folgende» 
bildungen  ist  bloszer  anschub,  keine  echte  composition,  weJialb  äe 
auch  weit  hinter  den  rjrieelaschen  Wörtern  zurückbleiben: 
scheut  den  femhertreffenden  Phöbus.    Stolberg  11,4. 
FERNHIN,  in  die  ferne  hin. 
FERNHINDONNERND,  eiovonr^s: 

fand  den  fenihindonnerndea  Zeus.    Siouuc  11,31. 

FERNHLNTREFFEND, 

kund  uns  thu,  warum 
der  fernhlntreffende  so  zornig  sei.    Bckgkr  142\ 

FERNIG,  v«tus,  vorjährig:  deine  kele  wie  guter  wein,  der 
meinem  freunde  glat  eingehe  und  (icli)  rede  von  fernigem. 
holielied  7, 9 ;  mein  freund,  ich  hab  dir  beide  heurige  und 
feraige  (jfrüchte)  behalten.  7, 13,  vulg.  poina  nova  et  velera, 
bei  WiLLiRAX  obaj  niwaj  unte  alla;;  wo  ist  der  fernig  schnee? 
es  ligt  bei  den  femigen  biren.  Yh^^k  sprichw.  1,37';  sagt  vom 
feraigen  schnee,  wie  ers  vom  groszvater  hackeleback  gehört 
hat.  Garg.  131';  ferniger  wein,  vinum  annolinum.  Frischlm 
nomencl.  297;  fernig  getraid,  frumentum  bihomum.  Hexisch 
1072,18;  das  sind  femige  wölken,  wölken  vom  vorigen  jähr; 
er  wer  heut,  gestern  ferniger  zeit  todl  gewesen.  Pab&celsgs 
1,36';  I^vater  hat  zwar  nicht  geschrieben,  aber  heuriges  und 
ferniges  beigelegt.  Haiian.'«  6, 264.  Bbant  93, 10  setzt  es  aber  als  adv. 

und  ist  dann  vämig  böser  hür, 
es  is/  in  diesem  jähr  schlimmer  als  in  vorigem,     s.  fern  und  firn. 

FERNLAND,  ri.  terra  remota,  peregrina: 
eh  ihr  auszieht 
in  das  feruiaud.    Göthi  40, 416. 

97 


1539 


FERNLÄNDISCH  —  FERNSEN 


FERNSEULIG  — FERR 


1540 


FERNLÄNDISCH,  pcre/)nntt!!.    Stieler  1064. 

FERNMAHLEHEI,  f.   Götiie  44,3. 

FEKNNIS,  f.  distanlia,  ferne:  als  er  in  vun  fernis  hat  er- 
sehen. KtisERSBEnc  pred.  1,  52'.  orftT  «s/ w  fernes,  ferns  ?  docli 
schreibt  auch  Maaler  427'  von  vcrrnusz,  ]>rocul.      vgl.  weilnis. 

FEHNHIECHEU,  m.  conjcdor  futuri.  Stieier  1530. 

FERNIUECHIG,  sagax.  Stieler  1531. 

FERNROHR,  n.  telescopium: 

der  Vorwitz  lept  .«ein  fernrohr  aus  der  band. 

besorgnis  späht  nicht  nach  der  zukinid  nüstcn.    Salis  147; 

die  Schönheit  der  weit  steht  grosz  und  naii 

vor  des  menschen  natürlichen  äugen  da, 

du  brauchst  nicht,  um  sie  zu  erpreircn, 

fernrohr  und  kleinsehglas  zu  schleifen.    RL'ckert  316. 

FERNS,  jirocul,  analog  dem  ferners,  rieUeichl  gar  ein  Überrest 
des  uralten  ferns,  fers  für  ferr?  vgl.  fernsen.  Iaither  in  der 
predig  über  das  erst  buch  Mose  1527  schreibt  1  Mos.  21,16:  da 
nu  das  wasser  in  der  flaschen  aus  war,  warf  sie  den  knaben 
unter  einen  bawm  und  ging  hin  und  salzte  sich  gegen  über 
feras  eins  bogenschosz  weil,  die  ausg.  der  bibel  1545  hat 
aber  'von  ferns'.  das  alle  teslanienl  Basel  1523  ebenfalls,  wo  für 
bäum  steht  sirauch,  für  bogenschosz  arnibruslschosz.  auch 
LcTBERS  sehr.  4,  476  'von  ferns'.  die  Zürcher  bibel  von  1534 :  von 
verrnusz  ein  armbrusischulz  weit,  aucli  andere  stellen  gewähren 
'von  ferns',  nicht  das  blosze  'ferns':  Petrus  aber  folgete  im 
nach  von  ferns.  Malth.  26,  5S;  und  es  waren  vi!  weibcr  da, 
die  von  ferns  zu  sahen.  27,55;  bunde,  die  sie  von  ferns 
lassen  herholen.  Spangesberg  jngteufel  y3';  das  kraut  sieht 
wol  von  ferns  dem  fenchel  gleich.  Tiilrneisser  infl.  wirk. 
aller  erdg.  66;  von  ferns  dröwen,  es  hat  noch  kein  noth,  in 
diem  est  quod  tninaris.  He.msch  1071,  61.  ferns  und  von  ferns 
verhallen  sich  uic  fernen  und  von  fernen. 

FERNSCH.\U,  f.  sjieculalio  ex  longinquo. 

FERNSCHAL'EN,  aus  der  ferne,  in  die  ferne  schauen. 

FERNSCHAUER,  m.  der  weither,  weithin  schaut. 

FERNSCHEIN,  wi.   fiersjKctive. 

FERNSCHIESZEND,  longc  feriens,  der  fernschicszcndc  blitz ; 
der  maustüdtenden,  siiszstimmenden,  ferrschieszcnden  sonne 
[Apolls)  kinder.  Fischart  groszm.  77. 

FERNSCHEINEND: 
unter  dem  wagen  des  pols  liegt  hier  langhalsig  ein  eiland, 
welchem  zunächst  sich  im  kreis  vorragende  hölieii  umliorziehn 
und  fernscheineiide  thäler,  am  äuszersten  rande  der  meerbucht. 
Orpheus  .Arg.  H'i. 

FERNSCHMETTERND: 

der  aus  schrecklicher  band  fernschmctiernde  Icuclitungen 

sendet.    Voss. 

FERNSCHON,  in  der  ferne,  von  fernher  schön,  s.  feldschön, 
denn  in  mehrern  Zusammensetzungen  begegnen  sich  feld  und  fern. 

FERNSCHÖNHEIT,  f  die  aus  der  ferne  scheint,  auch  per- 
sönlich: sie  ist  eine  fernschönhcit,  sie  ist  in  der  ferne  schön, 
nicht  in  der  nälie. 

FERNSCHREIREKUNST,  f  telegraphia. 

FERNSCHREiRER,  m.  telegraphus:  ich  wünschte  nie  Napo- 
leon unterwegs  zu  sein,  weil  ich  vor  jedem  frischen  kirch- 
tburm  zusammenfahren  müste,  da  jeder  mir  sich  als  den 
Zeigefinger,  reiscbaroincter  und  fernschreiber  der  vcrdainmien 
huldigungslangwcile  vorstellte.  J.  P.  dämm.  77. 

FERNSCHREIREREI,  /.  er  werde  diese  fernscbreiberei 
lesen  können  und  ihm  dafür  ein  paar  groschen  schenken. 
J.  P.  flegelj.  2,  17. 

FERNSCHRIFT,  f.  telegramma. 

FERNSCHWEDE.ND,  procul  pendens:  der  fernschwebende 
Schimmer.  Kmnger  4,  24S. 

FERNSEHEND,  longe  progpiciens,  fernsrhauend :  höre  an  den 
rath  der  fernsehenden  leute,  denn  sie  haben  keinen  samen 
des  basses  in  ihren  herzen,  pers.  baumg.  2, 9 ;  der  könig 
hatte  einen  Ireflicben  ralh,  redlich  vun  gemiilh  und  fern- 
sehend. 7,21;  das  tiefsinnende  und  fernsehende  Schicksal. 
Kl-ltCER   7,  251. 

FERNSEHER,  m.    1)  propliela. 

2)  trlneopium:  wer  sein  lebenlang  in  einer  düslern  höhle 
gesteckt  bat,  was  wcisz  der  von  einem  fcrnseher  zu  sagen, 
wodurch  man  auf  zehn  ineilen  weit  sehen  mag?  per*,  baumg. 

7,  29. 

FERNSEN,  was  fernen  1,*.',    bei  Stieler  470  fcrn-ien,  firnsen : 

e«  fernst  tio  un  widdrit.    Arkold  ppn(j»tm.  147, 

90»  willle,  »cileln  -»  fernsen; 

mancher  T-rntl  wol, 

»orro  mrinn  Im  rr  nnll  {null).     I,fm<i\<ii  37, 


minuU  praesenlia  famam  ;  der  wein  fernst  orfer  firnst,  rrlnsta- 
lem  sofiil  hoc  vinum.  andere  schreiben  und  sprechen  fcrnzen, 
doch  hat  lernsen  die  anulogic  des  ags.  feorsian. 

FhliNSEl'LIG,  rarseulig,  wenn  die  seulen  weit  ron  einander 
stchn.  (jcgensalz  zu  feinseulig. 

FERNSICHT,  f.  ferngehende,  weilersireckte  ansieht  oder  uns- 
sicht:  dasz  er  in  hober  freier  luft  sich  einer  solchen  fern- 
sieht mit  stetem  wolbehagcn  der  äugen  so  lange  jähre  er- 
freut habe.   Götue  4S,  lio;  blaue  fernsichlen. 

FERNSICHTRAR,  den  sp.  1532  unter  fern  1, 1  angezognen 
vers  ändeiic  Voss  späterhin  in: 

dasz  es  fenisichtbar  aus  der  mecrflut  w.'iro  den  männern. 

Ott.  24,83. 

FERNSICHTIG,  fernsehend. 

FERNSICHTIGKEIT,  f  vermögen  fern  zu  sehen. 

FERNSPIEGEL,  m.  wie  feldspiegel :  so  wir  uns  selbst 
prüfen  nach  dem  brennenden  fernspiegel  der  zehen  gebot, 
so  kans  nicht  fehlen,  unser  eigen  herz  musz  bekennen: 
keine  sünde,  deren  same  nicht  in  mir  liegt.    Otho  1180. 

FER.NT,  anno  praelerito,  mhd.  wb.  3,302:  kütz  kalz  (I.  kilz 
katz),  vom  zumpfen !  du  fraszest  mir  fernt  auch  einen,  de 
fide  concub.  134.     häufig  dem  heuer  entgegengesetzt : 

was  ich  sol  heur  vcrzercn, 

das  hab  ich  fernt  vertan.     Uhla!«d  5SI; 

vom  selben  doctor  hab  ich  fernt 

vil  kostlicher  decept  gelernt.    Alberus  Esop  133'; 

sie  järlich,  sowol  fernt  als  heur 

sich  leszt  purgieren  im  fegfeur.    unnskönig  E4'; 

ein  markbucsz  Stammer  (Slammhcimer)  Merten  von  fernt  her, 
hat  ein  jungen  buchbanm  ahgebawen  im  buchwald  als  die 
nachbar  zum  rucgegericht  waren,  anno  1570.  markbücldein  zu 
Rodcnbach  (i.  d.  Welterau)  beim  j.  1571;  daraus  volgt,  das  der 
weit  glaub,  so  in  ircm  allen  wcsen  und  haut  unversetzt  bleibt, 
heur  als  fernt  kein  glaub  ist.  Frank  paradoxa  133"  (142). 
unrichtig:  beut  wie  fernt.  Lehmann  103.  s.  fert. 
FERNTREFFEND,  sy.r,ß6}.os: 

die  hekatombe  des  ferntrelTenden 
Apollon.  Borger  14"'. 

FERNTREFFER,  m.  ey.äsQyos: 

fliehest  du  schon,  ferntrcITer?    //.  21,472. 

FERNCNG ,  f.  ferne,  Untergrund,  reressus:  die  paleltc 
erschöpfte  sich  schon  an  den  fernungen.  Mevkr  bei  Gölhe 
37,345;  andere  bäume  im  mittelgrund  und  etwas  fernung 
macht  eine  schöne  landschaft.  Hackert /»d  CiV/ic  37,  359 ;  da^ 
undeutliche  was  in  der  fernung  herscht,  zu  zeichnen.  37,360; 
von  der  fernung  an  bis  auf  den  vorgrund.  37,362;  fernungen, 
mittelgrund,  vorgründe,  ebenda;  seine  vorgründe  eben  so  scbüii 
als  fernungen  und  miltelgründe.   37,365; 

frischer  dünstet  der  ihau.    tiefere  dämnienme 

spannt  den  trübenden  flor  über  die  fernung  bin.    Salis  56; 

wenn  sieb  die  frühlingsblum  entfaltet, 

(preis  ich)  Pamphilis  anemonenilur 

doch  ach,  bis  diese  brüst  erkaltet, 

aus  öder  fernung  nur.    Matthisson  234. 

FERNVERWORREN, 

und  ihm  deucht,  oh  aus  den  tiefen 
fcrnverworrne  stimmen  riefen. 

I.EJtAf  neuere  gcd.  26. 

FERNZEL,  n.  f.  mensurae  aridac  genus,  scheint  verderbt  aus 
vierzal,  oder  kann  fern,  firn  ans  altn.  fernir  mahnen?  im 
Ravengirsburger  hundgeding  von  1442  heiszt  es:  und  sal  also  sin 
die  masz,  das  sieben  siester  und  ein  halb  melmasz  sullent 
glich  sin  an  der  giosze  einer  fernzel.  weislh.  2, 176,  2  viernzel 
1,  664,  vierenzal  4,  257;  vgl.  Iiunther  cod.  dipl.  rlienomos.  4,  413  ; 
sie  schenkten  dem  kaiser  60  viernzel  baber.  Stumpf  669.  nach 
Stai.der  1,369  enthielt  das  Baseler  viernzel  zwölf  viertel  oder 
2-l~  pf und  körn,  2X' pfund  haber.  Oberiin3'n7  aus  einer  Urkunde 
von  1409:  der  bof  von  S.  R.  git  vi  malter  und  ein  fernzal 
körn,  nach  dem  Habsburger  urbar  dritthalb  viertel,  s.  Pfeikers 
ausg.  362.  iii  vierdenzal,  vi  viernzal  pellen.  Wachehnaghs 
Walther  von  Klingen  s.  30.  31.     man  latinusierle  auch  virnderella. 

FERR,  FERRE.  procul  {vgl.  j>roculus),  golh.  fairra.  ahd.  fiTm. 
mhd.  verrc;  sp.  1527  sahen  wir,  dass  hin  und  wieder  'for"  ije- 
schrieben,  'fehr'  gedehnt  wurde,  sp.  1532,  dasz  allmdlirh  'fern' 
die  Oberhand  gewann,  das  alle  rr  hielt  aber  bis  ins  10  jh.  noch 
lange  stand,  bei  MEGEMnERC  liest  nuin  allenIhaUien  verr,  i.  I>. 
00,23.131,20.  gar  verr  11«,  18;  DAsvponiüfi  jrAn<*  ferr,  Fni-ir^ 
und  Maaler  verr,  gar  verr,  vnst  ferr,  nit  verr,  so  verr  l.'<.', 
und  die  Ziiricher  bibrl,    welche  Luthers  Übertragung  der  schnn- 

ZCriiChcn    ?»<'"■'■"'    ••■■ir,-lil    -n   vi,>rhin   \Uiltl     trrltiusclll   dr<SCn   fiT'l 


1541 


FERR 


PERR  — PERREN 


1542 


mit  verr.  an  der  identitdt  von  fairra,  ferro,  verre  mü  lat. 
porro,  gr.  tio^qoj  Idszt  sich  nicht  zweifeln,  hinter  welchem  aber 
nöpaco  liegt,  tcäiirend  unser  ferre  in  ferne  ausgelU;  demselben 
laiiiwechsel  begegnen  tnV  in  tunis,  ti^^qis  für  ri-gais  neben 
aJul.  turr,  turri  und  turn,  mhd.  turn,  nhd.  thiirm  (itie  mhd. 
vann  statt  \arn);  wurzelhapem  por,  per,  fair,  fer,  tur  traten 
bald  s,  bald  n  hinzu,  fern  (procul)  hat  in  fairni,  firni  retus, 
und  lit.  pernay  beslätigung,  ferr  (anno  praeterito)  in  Tvi^'Oi  == 
Ttioat.  vergangenlieit  und  zukunß  reichen  beide  in  die  ferne, 
dasz  aber  goth.  fairra  aus  fairza  entsprang  lehrt  nicht  nur  die 
analogie  ron  airzjan  =  ahd.  irran,  sondern  auch  das  im  ags. 
feorsian  tcie  im  nhd.  fernsen  haßende  rs.  vielleicht  gab  es  ein 
uraltes  ferns  für  filrn. 
I)  adcerb. 

1)  allein  neben  dem  verium:  ahd.  irö  herzä  ist  ferro  fona 
mir.  Maith.  15,  8 ; 

nhd.  griisz  euch  got,  künic,  lieber  Herr 

wir  kummeD  do  herein  aus  eim  tlorf  nit  ferr, 
das  iigt  zu  aller  nechst  dauszen,  do  die  Pegnilz«her  Deuszt. 

fn$tn.  78,7; 

wir  haben  zu  lauren  ferr  und  weit.    419,27; 

die  Jesabel,  kfing  Ahabs  weih, 

hat  ferr  verjagt  Helie  leib.    Schwarzembebg  156,2; 

ich  musz  noch  ferr.    Mlrser  sclietmenz.  73, 10; 

was  hab  wir  mer? 

nu  tragt  uns  her, 

drei  haselhuner  sein  uns  nit  ferrl 

tischlied  in  Wolfs  zeilschr.  fiir  d.  mylh.  1,467; 

die  waren  nit  ser  ferre.    Uhla;«d  496; 

DU  bin  ich  doch  heut  ferre  gangen, 

dasz  ich  müde  worden  bin.  779; 
einer  sitzt  nah,  der  ander  ferr,  der  dritt  sitzt  in  der  mitt. 
Keisersb.  pred.  über  das  alph.  2 ;  ferr  und  nahend,  buch  d.  l. 
91, 1 ;  der  ritter  wol  empfand,  dasz  die  stund  seines  letzten 
elends  nicht  ferr  war.  258, 1 ;  o  nein,  das  sei  ferr !  bienen- 
korb  96*;  doch  lief  er  nicht  ferr.  Amadis  3S8;  und  hengt 
seinen  gelüsten  den  zäun  also  ferr.  362; 

ein  guter  eseJl,   mein  liebef  herr, 

der  fromme  ritler  ist  nicht  ferr.    Dedeki<«d  miles  2,  5; 

wer  weit  nachfragt,  der  gehet  weit  ferr.  Lehmann  209;  fusz 
vor  fusz  geht  man  auch  ferr,  nur  dasz  man  später  in  die 
herberge  kommt.  S2. 

2)  mit  folgendem  von : 

in  kummer  gieng  ich  ferr  Ton  haus.    Schwarze5berg  150,2; 

ferr  von  dem  beinhaus.  Wickram  roWir.  52;  auch  fand  die 
schlang  Evam  aliein  und  ferr  von  ihrem  gemahl.  buch  d.  l. 
291. 3 ;  pfui,  pfui,  das  sei  ferr  von  uns.  bienenk.  34 ;  und 
indem  sie  also  sprachten,  sahen  sie  dasz  Galaor  schon  fern 
von  in.  Amadis  366; 

und  dasz  er  seinen  lust  erfüll 

er  gottes  wort  ferr  von  sich  zwinget.    Weckbkru»  36; 

ferr,  ferr,  Jerusalem,  sei  von  uns  dise  schand !    294. 

3)  mit  folgendem  darvon  oder  von  dannen,  anhin,  oben, 
unten:  aber  ir  gemüt  war  verr  darvon.  Steixböwel  Esop  lOl'; 
des  königs  volk  war  nicht  ferr  darvon  buch  d.  l.  270,  2 ;  des 
Ladasin  schlosz,  welches  nicht  ferr  von  dannen  gelegen. 
Amadis  370. 

4)  de  lange,  longe  infra,  sursum:  als  ob  er  von  verre  etwas 
sähe.  Steinhöwel  Esop  Itl' ;  der  wolf  trank  oben  an  dem  bach 
und  das  lamb  ferr  unden.  2S ;  du  must  lang  da  sitzen,  ee  du 
ferr  anhin  kompst  zu  gewalt  und  eer.  Keisersb.  brüsaml.  59'. 

5)  i"or  comjmrativen :  vcrr  grcejer,  ueit  gröszer.  Megenberg 
85,4;  verr  lenger.  155,22;  verr  lieber.  304,4;  verr  anders 
{longe  aliler)  reden.  430,  7. 

6)  bei  vorangehendem  so : 

ich  bin  so  ferr  in  tiefem  tal, 

dasz  mich  kein  mensch  nicht  hören  mag.    Uuland  143; 

du  bist  so  ferr  in  tiefem  tal, 

dasz  dich  kein  mensch  nit  hören  mag.    144: 

ich  reit  nicht  gern  so  ferr  hindan.    346; 
und  wirfet  sie  von  sich,  so  ferr  als  der  est  von  westen,  der 
morgen  vom  abend  ist.  bienenk.  106*. 

7)  conjunciioncll:  so  ferre  meiner  ehren  nichts  venveislichs 
erfolge.  Galmy  26;  so  ferr  und  so  lang  als  es  ir  geliebt. 
bienenk.  30*;  wir  wüllen  warten  bisz  ferr  Susanna  kümpt  in 
garten  herausz.  Frischlin  Susanna  248,  oder  zu  bessern  fer 
(frau)  S.? 

II)  adj.:  über  verreu  lanl.  Megenberg  179,4;  über  verreu 
mer.  303,3;  von  vcrien  landen.  138,24;  wan  vil  mit  einander 
über  feld  gnnd  ein  ferrca  weg  als  bilger  oder  kaufleut.  Kei- 
SERSBERC  omeis  15; 


ein  gwisse  botschafl  überall, 

die  ich  weit  schick  in  ferre  land.    Mlrners  schelmenz.  3*; 

ir  lieben  brüder  lobt  den  herren, 

der  uns  drei  jähr  in  also  ferren 

landen,  zu  Babel  hat  erhalten.    H.  Sachs  III.  1, 143': 

mit  glüenden  kolen  den  mist  von  fenem  umbiegt  oder  umb- 
zeunf.  Frank  wellb.  17';  wiewol  er  so  ein  ferren  weg  von 
seiner  allerliebsten  herzogin  war.  Galmy  63 ;  von  ferren  lan- 
den herkommen.  123 ;  sich  zu  öberst  in  ihr  gemach  füget, 
da  sie  dem  ritter  einen  ferren  weg  nachsehen  mocht.  209  == 
buch  d.  l.  64, 1 ;  von  ferren  landen  her.  272, 1 ;  der  graf,  dem 
solche  gedanken  von  der  frauwen  ferr  und  fremd  waren. 
Bocc.  1,102';  umb  des  groszen  guts  willen,  das  dir  gott, 
weil  {quam  diu)  du  noch  ferr  und  feind  wärest,  kluge  tceise 
reden  1565, 131*.  1570, 139' ;  gott  kennt  das  hohe  von  ferrem. 
1570, 367" ;  der  herr  wirt  wider  dich  bringen  ein  volk  von 
ferrem.  Reiszner  Jerus.  2, 125' ;  sie  nu  von  ferrem  dem  Area- 
laus mit  des  Amadis  rüstung  ersahen.  Amadis  224;  wie  der 
könig  Lisuart  von  ferrem  drei  gerüste  ritter  kommen  ge- 
sehen. 255;  das  glück,  welches  oflermals  viel  ferre  mittel, 
wo  man  sie  betrachtet,  erfindet.  315;  legt  er  sich  in  ein 
kostlich  zugericht  bett,  darinn  er  gleich  entschlief,  als  der 
so  des  ferren  wegs  und  gethanen  reis  halber  sehr  lasz  war.  409 ; 

zu  zeigen  an,  das  wie  sie  könten 

den  hirs  warm  lifern  an  ferrn  enden, 

also^eren  sie  allzeit  gwertig 

zu  iffbnen  iren  freunden  fertig.    Fischart  gl.  schif  190. 

III)  Steigerung,  ferrer,  mhd.  vSrrer,  ahd.  ferror: 
wir  müssen  heint  noch  verrer  gan.  fasln.  788,24; 
vil  verrer.  Megenberg  110, 11;  ferrer,  porro.  Dasyp.  190';  her- 
zog Reinharls  lob  verrer  zu  melden.  Aimon  rorr. ;  und  von 
dann  ferrer  an  die  ende  dahin  er  ew  bescheiden  wirdet. 
Cbmels  Maxim,  s.  296  (a.  1508) ;  ferrer  solle  und  mag.  statsp. 
Karl  V  s.  474;  so  laszt  ir  mt.  inen  den  churfursten  feirer 
anzeigen,  ebenda;  war  dem  feinde  ein  herz  gegeben  weiter 
zu  reden  und  ferrer  zu  versuchen,  buch  d.  l.  291,  4 ;  als  sie 
ferrer  wollen  reden,  hat  er  inen  ein  zeichen  geben  sie  sollen 
schweigen.  Reiszner  Jerus.  2,139';  hierauf  rannten  sie  so 
grob  wider  einander,  dasz  ire  lanzen  in  stücker  zersprungen, 
doch  ferrer  keinen  schaden  theten.  Amadis  202;  alsdann 
zogen  die  zwo  frembde  jungfrauwen  one  ferrer  sprachen 
widerumb  hinweg.  216;  bedenkt  euch,  ob  ir  ferrer  meiner 
hülf  von  nuten  sein.  223 ;  dis  der  Arealaus  ersehende  zöge 
er  one  ferrer  sprachen  seinen  weg  hinder  sich.  225;  aber 
ich  bitt  euch  ferrer,  laszt  uns  hie  nidersilzen.  259. 

FERRE,  f.  absentia,  distantia,  ferne,  enlfernung:  die  ferre 
meins  mannes.  ßocc.  1,102';  bitt  ich  euch,  wollest  ingedenk 
bleiben  und  mein  umb  ferre  des  wegs  nit  vergessen,  dann 
mich  fürwar  kein  freud  noch  leid  vergessen  macht,  buch  d.  l. 
61,  4;  ich  bin  auch  sonder  zweifei,  dasz  keine  ferre  des  weges 
unser  liebe  ausleschen  soll.  247,  2;  mich  sol  auch  keine  ferre 
des  wegs  daran  verhindern.  Ga/my  280;  mit  dem  leib  gegen- 
wertig, mit  dem  herzen  iTi  der  ferr.  Lehmann  1,  272. 

FERREN,  mhd.  verren,  geverren  {sp.  1536.  37). 

1)  inlr.  abesse,  deesse,  aftd.  ferren  (Gräff  3,  061) ; 

mhd.  sol  mir  din  minne  verren, 

so  muo5  mir  minne  werren.    Parz.  76,29; 

der  gotes  gruo;  mir  verre, 

op  mich  ie  ha;  ^ezaeme 

swgs  ich  vom  wirte  nsme.    436,28; 

so  verret  dir  der  gotes  sSgen.    Gerhart  4420. 

2)  intr.  longe  prospicere: 

sin  {des  kaisers)  ören  hcprent  dur  dfn  walt, 
sin  ougen  verrent  über  velt.    MS.  2, 131*. 

die  bedeulung  des  nhd.  fernen,  ron  ferne  scheinen  l'ls:U  sieh  im 
mhd.  verren  noch  nicfit  aufweisen. 

3)  tr.  removerc,  segregare,  ahd.  firran,  fSrran,  ags.  feorraa 
und  feorsian; 

mild.  Sifrit  hate  gevfrret  dSs  künic  Gunthßres  tot.    Nib.  437,8;; 
sin  rät  und  boeses  fleisches  gir 
die  hänt  geverret,  herre,  uns  dir.    Walth.  3, 14. 

fiAd.  wir  harrten  des  Urteils  und  es  ist  nit,  das  heil  (/.  de« 
heils)  und  es  ist  gefcrrel  von  uns.  bibel  1483,  357',  etspecla- 
vimus  Judicium  et  non  est,  salutem,  et  elongata  est  a  nubis. 
Es.  59,11;  es  ist,  das  ein  mensch  fliehe  solicbe  ding,  die 
in  uf  eine  kleine  zeit  von  gott  mögen  ferren.  Keisersberg 
selenpar.  47* ;  das  ander,  davon  ein  mensch  entfrömdet  und 
geffiret  wirt  von  der  heimlicheit  gottes,  dasselb  ist  dicke 
und  stUllic'he  unmüszigung  üuszerlicber  gescbeft.  144*. 

97* 


1543 


FERREN— FERSE 


FERSE 


1544 


4)  refl.  siih  verrcn: 

mhd.  swfr  sich  abor  von  ir  {der  unkeuschheil)  Icngel 

und  vcrrct,  der  ist  ein  s.tüc  man.    lienner  11734; 
er  ((ier  jagiUiund)  hat  nu  für  gewunnen 
und  ferrci  sich  mir  ff^rre. 

nhd.  sich  her  dan  vcrren.  MEGF-snEnc  304, 12. 

FERKEN,  adv.,  vie  fernen  sj).  1537,  alul.  R-rrana,  ferrano, 
flg.«.  feorrnn,  foon'anc. 

1)  vnabhinfjiij  von  einer  praeposUion: 

ilcm  wil  ich  verrcn  nach  reiten  und  gen.    ftstn.  741,21; 

in  allen  landen  verren  und  weit.    745,7; 
derselbe    halte   ein  zan,    der  ihm  als  ein  clterzan  fcrrn  aus 
dem  niundc  gicng.  buch  d.  l.  207, 1 ; 

dem  hastu  seinen  leib  am  dünnen  aurgerissen 
nicht  fcrren  von  der  schosz.    Opitz  1,"J7; 
das  fcrren  von  mir  sei.    2,03; 
das  sei  Terren.    Löbers  Olren  1,52. 

2)  mü  vorstehendem  so: 

ich  waisz  gut  lemraerwaidc 

80  rerren  auT  jener  haide.    Uuland  251; 

dann  so  ferren  mein  hinscheiden  von  binnen  sein  wird,  buch 
d.  l.  62,2; 

das  haus  so  ferren  liegt  von  falschheit.    Opitz  1,60. 

3)  mit  vorausgehendem  von :  von  verren  hat  ein  gevvappel 
ros,  auf  dem  ein  reiter  sasz,  geschmeckt  ein  strit.  Cjr///.  2S'; 
erkandte  die  königin  von  ferren.  buch  d.  l.  91,  2 ;  höret  den 
hund  von  feiren  bellen.  92,1; 

von  ferren  schrai  sein  vetler.  Uhlaisd  655; 
dan  wie  Homerus  erzelt,  wan  Juno,  Pallas  oder  Apollo,  oder 
jemands  anders  aus  diser  geselschaft  einem  ircr  freund  wolten 
en  hiilf  kommen,  so  must«n  sie  vom  himel  hernider  faren 
und  konten  das  gebet  der  menschen  von  ferren  nit  hören. 
bienenk.  1S5.     vgl.  ferr  II. 

FERRENS,  de  lange,  mcislenihcils  von  ferrens, 
mhd.  dal  der  von  verrens  neme  war.    Ludwig  3921 ; 

ü;  des  lantgräven  hcrc  von  verrens  nach 

im  reit  ein  ritler,  der  dir  wol  sach.    58e8; 

dffr  slrit  in  einem  lale  geschach, 

von  verrens,  als  er  raobte,  in  sach 

der  »i  des  lantgräven  her 

in  nach  warte.    6!)17  ; 

nu  hei  des  gar  die  mi^re 

der  ritler  brächt,  der  im  nach 

von  verrens  reit  und  sach.    5959; 

der  in  snichen  prisant 

hete  verrens  dar  gesant.    pass.  K.  51, SC; 

diz  was  ein  menvunder 

von  verrens  dar  gestrichen.    334,29; 

da;  verrens  icht  bekäme.    645,77; 

von  vSrrins  zii  und  nßhir  baj.    Jeroschis  3113; 

ritten  in  von  verrens  nach.    22900; 

hei  leis  van  vfirrens  löfen  dö.    Karlmeinet  108,11. 

nhd.  da;  feur  wirl  von  verrens  gesehen.  MECExnERC  72, 33 ; 
und  da  der  esel  zu  weid  gieng,  da  liesz  sich  der  l'urhs  sehen 
und  da  in  der  csel  von  ferrens  sähe,  da  sprach  er  'pfei 
dich!  was  wollest  du  aber  mit  mir  ausrichten?'  buch  der 
allen  freuen  1592,140',  wo  Hollands  ausgäbe  12S,  IS  viin  ferrc 
lied,  aber  s.  230  die  Varianten  von  vernet  und  von  vernis 
(j.  ferns  sp.  1539)  verzeichnet. 

FERRER,  s.  ferr  IH. 

I  ERRESBEERE,  f.    siehe  fcrbesbecrc. 

FERSE,  f.  juvenca.  s.  Hirse. 

FERSE,  f.  calx,  nhd.  {trie  wölke,  rabe)  um  sein  n  gebrnchl, 
welches  eine  menge  andrer  Wörter  ungebfihrend  empfangen,  schon 
MecE*(BEiic  4S,  2h  und  DAstPonius  22*.  447'  .setzen  vcrs,  bei 
Stiei.er,  Frisch,  Aueiunc  ist  ferse  Idngd  dnrchifdrungen.  übel 
klingt  Luthers  versehe,  worin  ihm  manche  nachfolgen,  noch 
iibler  das  welterauische  fcrsrbt.  Keiskrsiikik;  lnhauptdc  fersen, 
f/.  fersencn,  aurJi  die  Sfhwizer  halten  das  organisciu;  versen, 
jil.  versinen  fest,  Frisil's  177'.',  Maai.kr  430*;  bei  Stai.her, 
Toiii.ER  (seihst  Sciixem.P.r)  steht  das  worl  gar  nicht. 

goth.  fairzna,  ahd.  fi*rsana,  fi'rsinn.  li'rsna  (r;RAFF  3, 690), 
tnArf.  »firnen  (wfc.  3,  340*),  ags.  licrsn.  CXijm.  56, 17,  «;i/.  verzen, 
nnd.  »erscn.  den  nord.  dialeclen  ganz  abgehend,  welche  dafür 
yfbranrhen  alln.  h(p|l,  tchw.  ddn.  hül,  aijs.  hei,  engl,  becl,  nnl. 
biel,  wofür  ein  ahd.  huol  zu  erwarten  wUre. 

' :i,  ein  zeuge  für  dir  niUirre  nrirundtsrhaft  zwischen  goth. 

miniihiit,  i.%t  uralt,  iJ,r.  pärniii,  i/r.  nvi'ffvf,  p  durch 
.    uirin   rinili;,   n  ji>/.nii>i,    iiLit  i=  Ttiit}  ".  liil.   pci  li;i. 


die  zwar  meist  schinke ,  doch  auch  noch  ferse  bedeuten,  vgl. 
pernio  ein  fersenübel  und  pernix,  schnell,  gut  auf  den  fersen, 
auf  den  beincn.  ferse,  TiT^orn  ist  der  untere,  niedere,  hintere 
Iheil  des  fuszes,  wir  sahen  vorhin,  daxz  fern,  nach  beiden  enden, 
das  vorige  und  känßige  ausdrndd;  sollle  niclit  auch  fairana  un- 
vüllelbar  mit  fair,  fairra,  fairza  verwandt  sein?  das  sl.  pr'st', 
lit.  pirsztas  für  fingcr  könnte  auf  ähnliche  wem  die  spitze,  das 
üHszerste  der  hand  bezeichnen:  die  fersen  ist  das  uszrest  und 
niderst  teil.  Keisersb.  hell,  löwe  21 ;  von  der  fersen  bis  zu 
der  Scheitel,  schif  der  penit.  37'. 

das  lat.  calx  und  calcaneus  gehören  zu  calcarc,  auf  die  ferse 
treten,  und  herüliren  sich  sicidbar  mit  jenem  h«^l,  hrell,  sowie 
dem  ir.  sal,  gal.  sail,  lit.  kulnis. 

1)  Luthers  und  du  wirst  in  in  die  verschon  stechen.  1  Mos. 
3, 15  erreicht  das  insidiaberis  calcaneo  ejus  der  vulg.  und  das 
TTjorjasis  avTov  nrBovaj'  der  LXX  niclU,  weil  das  lauern  auf 
die  ferse  lebendig  mahlt,  wie  der  Verfolger  dem  nachstellt,  was  er 
von  dem  fliehenden  zuerst  erlangen  kann,  was  nachkommt,  heiszt 
es,  schlägt  die  fersen  wund,  und  in  den  sagen  retszt  die  zu- 
schlagende thür  noch  ein  stück  der  ferse  des  flüclUigen  ab.  dalier 
auch:  dan  wird  eine  schlänge  werden  auf  dem  wege  und  ein 
Otter  auf  dein  steige,  und  das  pferd  in  die  fersen  beiszen, 
das  sein  reuter  ziirücke  falle.  49,17;  der  strick  wird  seine 
fersen  hallen  nnd  die  durstigen  werden  in  erhaschen.  Wob 
18,9;  sie  halten  zu  häuf  und  lauren  und  haben  acht  auf 
meine  fersen,  wie  sie  meine  seele  erhaschen,  ps.  56,  7,  vulg. 
calcaneum  meum  observabunt,  LXX  itjv  jtTtf rav  fiov 
(fvXn^ovai.  denn  ist  mein  ketzcrbiichlin  {die  lieüige  schnß) 
recht,  so  mag  er  mein  scheblimini  in  die  fersen  beiszen. 
Luther  6,  321'. 

mhd.  du  lägest  ire  vSrsene, 

da;  tu  sie  mögest  gehecchen>    fundgr.  2,20,26; 

da  räraenl  die  slangen 

dem  wibe  der  versen.    anegenge  18,58; 

ir  virscne  si  dir  erloubet.    Diemer  10,7; 

und  schriet  die  swerlschcide 

und  die  sporn  beide 

hinder  dvr  versencn  dan.    [w.  1117. 

2)  die  fersen  weisen,  zeigen,  geben,  it.  mostrare  il  cal- 
cagno,  nnl.  de  hielen  toonen,  sich  auf  die  fersen  verlassen, 
mit  den  fersen  hinter  sich  hauen,  schlagen  heiszt  fliehen,  den 
rücken  wenden,  voltar  le  calcagna;  einem  auf  der  ferse  sein 
oder  liegen  {wie  in  den  eisen,  sp.  366)  lieiszl  ihn  verfolgen, 
hinter  einem  her  sein: 

id  mach  lichte  also  geschein, 

dat  ir  uns  sullet  lassen  sein 

ür  versen  ofTcnbäre.    Karlmeinet  188,62; 

das  gar  zu  grosze  vertrauen  auf  seine  fortan,  welche  ihm 
bishero  in  keiner  actinn  fast  die  fersen  gewiesen.  Chfu.mtz 
1,207';  welchs  als  es  der  mönch  ersah,  das  nur  ir  sinn  zu 
fliehen  und  zu  fersen  geben  stund,  stieg  er  von  seim  ros, 
trat  auf  ein  gro<zcn  hiigel  und  mähet  mit  ausgestreckten 
armen  mit  seiner  fochlel  unter  diese  lldchtige  brotverderber, 
wie  ein  anderer  todtenvorläufer  der  höllen.  Car^.  2:>7* ;  nach 
der  Schlacht,  darin  Heinz  das  hasenpanier  ergrilTen  und  mit 
fersen  hinter  sich  gehauen  hatte.  Luthers  werke  ed.  Irmischer 
26,49;  und  also  ward  nur  einer  uberig,  welcher,  weil  er 
sähe,  wie  das  losz  auf  seine  gesellen  gefallen,  den  rücken 
keret  und  mit  verschen  zuschlüge.  Amadis  358; 

und  do  der  wirt  wolt  haben  gelt, 
du  (Iraf  ifhs  loch  w"ii  iibers  feit, 
mit  meinen  fersen  bMit  ich  das, 
was  an  der  kcrlien  zeirlincl  was. 

MuRixKR  scticlincnzunfl  15'  (1512  b1'), 

ich  machte  mich  auf  die  bcine,   ohne  zu  zahlen  ($.  fcrsengeld); 
ereilende  schrecken 
hcrieion  sich  an  die  ferse  der  Huclit.    Netsias  3,152; 

als  die  im  släts  in  den  fersen  lagen  {Htm  nachfolgten).  Srnv- 

iniuKt.  dec.  47S,  2:i ;  und  immer  den  Tcutschen  in  den  fersen 

gelegen  haben.  Micräi.ius  2,130; 

kommt  er  von  lorn  orhitit  mir  auf  der  fersen  n.nch. 
nnTrims  I,  201; 

immer  glaubt  herr  Klotz  mir  auf  den  fersen  zu  sein.  Le«sinc 
8.  in ;  er  wird  ihnen  an  den  fersen  sein.  (Iöthk  s,  «4.  42, 120 ; 
Wilhelm  sprang,  ohne  sich  zu  besinnen,  die  treppe  hinab 
und  Mignon  folgte  ihm  an  den  fersen.  10,210; 

ir«  landvojjn  reilrr  sin.l  ihm  auf  .\rn  frrsrn.    SntittM  51s* ; 
,m(  den  frrsi-n  fnlpt  der  lod  mir,  n  i.  «rhwirrt 

III  durchbohren  meinoii  hu<nii.  i'  1  diircli- 

U«hr         ^  I    i,  in«. 


1545 


FERSE 


FERSENBEIN—  FERSENGELD 


1546 


ein  andres  'die  ferse  geben'  als  jenes  fludtl  ausdrückende  be- 
deutet aber  den  sporn  geben,  mit  der  ferse  ansjmnen  in  dem 
eytgramm  Lessisgs  auf  das  ffcrd  Friedrich  Williehns: 

ihr  bleibet  vor  verwundrung  stehn, 
und  zweifelt  docii  an  meinem  leben? 
laszt  meinen  reiter  mir  die  ferse  geben, 
so  sollt  ihr  sehn!    l.'ii. 

3)  in  einem  Hede  Neidhärts  hdszt  es  bei  Benecke  s.  445 : 

nu  tritet  mir  der  meier  an  die  versen, 

ja  tniwe  ich  einem  stolzen  ritter  wol  gehersen, 

«n  bauer  drängt  sich  zu  mir,  die  ich  änen  stolzen  riUer  behersche, 
andere  handsrhrißen  lassen  die  loclder  der  mutler  antworten: 
setzet  ir  mir  den  pawrn  an  die  versen, 
gießet  ir  mir  den  meier  an  die  vßrsen, 

setzt   oder   srhfUlet  ihr  mir  den  bauern  vor  die  füsze,    völlig  ab- 

«•(vf/iCTid  aber  lautet  die  1,791  angezogne  lesart: 
giejent  mir  den  meien  'under  ougen', 
ich  minne  einen  stolzen  ritter  also  tougen. 

den  imperaliv  behallend  schreibt  Haupt  27,  21 : 

giejet  mir  den  meier  an  die  versen ! 
vnd  sielU  dann,  mit  recht,  veracliiung  ausgedrürkt,  irie  sie  auch 
»«  setzen,  werfen,  scLiitten  'an  die  fersen'  l<lge.  die  kuh  im 
märchen  bittet  sogar,  dasz  man  ilir  die  gemolknc  milch  'auf  die 
klauen'  giesze  {oben  sp.  11 9S).  das  gieszen  des  mais  ins  gesichl  ist 
leicht  richtig   und  kann  sich  auf  eine  alte  frfihlingsfeiir  beziehen. 

4)  noch  andere  redensarlen  der  vorzeit  sind  uns  entfremdet: 

zippehehen,  schocken  dar, 

strichen  mit  den  vßrsen, 

swer  daj  kan,  des  nirat  man  war, 

dem  kan  nieman  gehörsen.    ilSH.  3, 2S3'; 

das  ich  dein  liebe  mug  erkennen, 

lasz  dir  ein  mark  an  die  fersen  prennen, 

so  kenn  ich  dich  aus  andern  knaben 

lind  merk,  das  dti  mich  lieb  tust  haben. 

die  grosze  lieb  mich  ubenrant, 

das  ich  wart  durch  mein  fersen  prant.    fastn.  123,35. 

solch  ein  brennen  tcürde  den  fusz  lähmen  und  mag  als  strafe 
vorgekortimen  sein,  von  einem  mtUtersöhndien  sagte  man,  er  sei 
seiner  mutier  an  die  fersen,  an  den  fersen  gewachsen:  ja 
gesclnveig  unser  katzerueines,  seidenspinniges  külhlein  Grosz- 
wustier,  der  warlicb  seiner  mutter  nicht  an  den  fersen  ge- 
wachsen ist,  das  man  ilun  also  die  hüllenküchlein  verbit- 
tci1e.  Garg.  47';  sie  fand  die  allermeisten  gaste  schöner  an 
der  ferse  (trenn  ste  fort  gtengen)  als  an  der  nase.  Gotthelf 
eizäld.  3,215. 

5)  es  geschieht  oft,  dasz  füllen  ihre  Stuten  mit  fersen  schlagen 
(ron  undankbaren  hindern).  Lehmann  192.  der  erst  der  eraus 
kam,  war  rötlicht,  ganz  rauch  wie  ein  feil,  und  sie  nenneten 
ihn  Esau.  zu  band  darnach  kam  eraus  sein  bruder,  der 
hielt  mit  seiner  band  die  fersen  des  Esau.  und  bieszen  in 
Jacob.  1  Mos.  25,  25.  26 ;  die  hohe  stad  nidrigct  er,  das  sie 
mit  füszen  zutretten  wird,  ja  mit  fiiszen  der  armen,  mit 
fersen  der  geringen.  £s.  26,  6;  mit  fanst  und  ferse  losschlagen. 
Wieland  24,  2S ; 

eh  an  die  ferse  lockten  wir  selbst  durch  gräsziiche  thaten 
uns  die  Erinnyen  her.    GöniK  1,203; 

ganz  nah  an  der  ferse  begleitet  die  noth.    41,313; 
seid   ihr   geistlich,   so  zittert,   wir  heften  uns  dann  an  eure 
fersen,   spähen   alle   eure   privathandlungen   aus.    D.aulmann 
'r.  rcroi.  410  (409). 

6)  meine  gesellen  haben  gedieht 
ein  hübschen  stolzen  tritt, 
der  ist  nach  dem  hof  gesitt, 
si  tretten  hin  auf  den  zchen, 

,das  si  nit  gen  auf  den  versen.    fastn.  3%,  34.  446,14; 
mild,  da  wart  ze  tal  gesenket 
diu  versen  mit  uumuos^e 
und  w.irt  mit  liolem  fuoje 
der  »tegereif  da  wol  getreten,    tr.  kr.  309C5. 

7)  rock  der  bis  auf  die  fersen  reicht,  tunica  talaris:  das 
Joseph  ein  langes  kleid  habe  gelragen  bis  auf  die  fersen. 
Dltsciiky  kanzl.  775.  bildlich,  einem  gelehrten  nicht  an  die 
fersen  reichen. 

s)  aufbrurh,  bersten  der  ferse  vor  kälte,  böse  ferse,  lal. 
pernio.  Hemsch  1072,32:  solche  brühe  hilft  wol  den  erfror- 
nen  ferschen.  Tabernaemoxt.  S15;  solch  öl  sei  gut  angestrichen 
wider  den  brand  imd  die  erfrornen  ferschen.  1014. 

!))  a«f/»  den  thieren  werden  fersen  beigcU-gt,  z.  h.  den  pferden 
(s.  5),  selbst  den  bienen:  die  fersen  sind  inwemÜg  mit  haaren 
lieselzt,  womit  sich  die  liieno  putzen  kann,  an  der  ferse  der 
binlerbeine  stehen  die  banrc  in  reihen,  so  da.<z  sie  wie  eine 


bürsle  ausseben,  auswendig  sind  die  fersen  glatt.  Gundelach 
naturgescJi.  der  honigbienen.  C<issel.  1S42  s.  10.  Orrrz  läszi  sogar 
eine  taube  ferisengeld  geben. 

10)  ferse,  spitze  edic  eines  landes: 

schon  der  Phöniker  gescblecht,  das  nab  an  der  tauchenden 

sonne 
wohnt  auf  der  äiuzersten  ferse  von  Lybia,  starrt  voll  Schreckens. 
Voss  Theokr.  IG,  77  (ay.oov  ofvoäp). 

FERSENBEIN,  n.  os  eakaneum,  malleolus,  knücliel,  ofioov, 
laius,  fr.  talon.  steife  haare  laufen  auch  vor  dem  fersen- 
bein  her,  so  dasz  sie  mit  der  Vertiefung  im  fersenbein  eine 
art  körbchen  bilden,  in  welches  die  bienen  den  blumenstaub 
sammeln  und  nach  hause  tragen.  Gundelacb  s.  11. 

FERSEiNBEISZER,  m.  nennt  Luther  die  schlänge,  den  tenfel 
nach  1  Mos.  3, 15.  wenn  die  Christen  mit  dem  teufel  oder 
fersenbeiszer  nicht  im  kämpf  sind,  so  ists  kein  gut  zeichen, 
denn  es  bedeut.  das  der  fersenbeiszer  fiiede  und  seinen 
willen  hat.  6.  54l\ 
FERSENFLECHSE,  f. 

FERSENFLCGEL,  m.  flfigH  an  der  ferse,  wie  Mereurs. 
FERSENGELD,  n.  nur  in  der  redensart  fersengeld  geben, 
fugere,  terga  vertere,  davon  laufen  statt , zu  kämpfen  oder  zu  zahlen, 
mit  den  fersen  zahlen  (s.  Mlbners  stelle  unter  ferse  2).  bc^m. 
patami  plalili,  od  pat  platiti.  schon  mhd.,  doch  mir  teiBosE« 
und  Ottocar: 

alsus  behuop  der  küng  sin  leben, 

sin  vinde  muosten  alle  geben 

versengeld,  daj  was  vil  guot.    Bon.  100,87; 

die  Unger  g-bcn  versengeli, 

an  diemarich  ubt-r  velt 

in  was  ze  Dieben  gäch,    Ottoc.  70'; 

und  gäben  fersengelt  {es  stäU  (lirsewgelt) 

fluchtig  über  velt.    72S"; 
nhd.  solchs  musz  er  holen  über  feld, 

damit  so  geit  er  fersengelt.    Schwarzesdkrg  120,2; 

gib  fersengelt.    Scheid  yrobian.  P  3 ; 

so  thun  sie  eilend  fliehen  und  rennen 

und  räumen  ir  läger  und  zeit 

und  geben  weidlich  versengelt 

den  nechsten  (d.  i.  weg)  wider  in  ir  land.    H.  Sachs  IIL  1, 34' ; 

wo  du  änderst  wilt  bleibn  bei  lehn, 

so  magst  du  wol  versengelt  gebn, 

ehe  ich  dich  erstich  vor  ipeim  haus.    Atrer  fasln.  C9'; 

da  fleisch,  tod  und  teufel  fliehen  und  fersengeld  geben  müssen. 
LtTTHERS  6r.  3,  3SS ;  die  Teutschen  haben  die  Behemen  etlicb- 
mal  mit  fersengelt  geschlagen.  /iscAr.  377';  die  Franken  geben 
versengelt.  Aventin  löSO,  261'  am  rande;  das  sie  musten  ins 
letzte  fersengeld  geben.  SceCrz  Pr^iszen  99;  dann  die  kost 
es  wenig,  wann  sie  es  mit  ander  leut  gut  oder  mit  fersen- 
gelt zahlen.  Garg.  hi*;  welchs  als  es  die  feind  horten,  meinten 
sie  es  weren  warhafle  teufel,  fiengen  derhalben  all  an  mit 
verschossenem  zäum  fersengelt  zu  geben.  254';  fersengeld 
geben.  Harnisch  202;  es  ist  ihme  aber  dermaszeu  mit  gehö- 
rigem ernst  unter  die  nasen  gepfiffen  worden,  dasz  er  mit 
seinen  durstigen  ülbergern  zeitlich  widerumb  umbwenden 
und  das  versengeld  mit  schimpf  und  spott  naher  Homburg 
geben  müssen.  Reinhard  tcerlhtim.  gegetibericlU  1,  253 ; 

zwar  durch  die  sporn  wird  seine  schand, 

schand?  nein,  sein  fersengelt  bezahlet.    Weckberu5  816; 

meint  ihr  wol,  sind  sie  gehelmte  hascn. 
und  kommen  fersengeld  zu  geben  in  den  krieg.     Oprrz  2,31; 
wie,  wann  die  taube  sieht  den  habicht  auf  sich  fliegen 
und  giebet  fersengeld.    3,266; 
itzt,  weil  er  dich  verspürt,  so  gibt  er  fersengeld, 
ja  selbst  mein  fleisch  und  hlut  musz  mit  ihm  reiszaus  geben. 
Chr.  Grtphius  poel.  irti/der  1,'J5; 

aber  sobald  sie  mich  und  mein  gold  sahen,  eben  so  bald 
gaben  sie  auch  fersengelt.  Simpl.  K.  264 ;  und  würden  ihr 
mordliches  vornehmen  ausgeführet  haben,  sofern  nicht  als- 
bald einer  aus  den  bausgenossen  zur  hintern  Ihür  hinaus- 
geloffen  und  die  wacht  vom  ralhhaus  abgehoiel  hätte,  auf 
derer  ankunft  sie  das  versengeld  gegeben,  fr.  Sintpl.  2,  S5; 
hierüber  entwischte  der  weinwütende  burgerraeisler  von  der 
tafel  und  gäbe  (?mit)  seinen  füszen  das  gebührliche  fersen- 
geld. Arele  5, 219 ;  er  liesz  mir  das  kleid  in  bänden  und 
gab  fersengeld.  Weise  keuscher  iosefih  87; 

so  zahl  ich  euch  mit  fersengeld.    Platin  193*. 

slaW  fersengeld  Aal  Weinhoid  achles.  icb.  19*  fcrsenbrotel  geben 

dasz  diese  ausdrucksireiie  langst  auch  nd.  war,  erhellt  aus  einer 

slelle  rf<v  Ssp.  3,  "3 :  latel  sie  (acc.  jil.,  die  Wendinne)  ok  irc 

man  {nom.  j>/.),  also  wendisch  recht  is,  sie  (</te  rnänncr)  muleQ 


1547 


FERSENIIÖCKER  — FERT 


FERT  — FERTIG 


1548 


irme  berren  die  versne  pcnninge  geven,  dat  sin  dri  Schillinge. 
die  Wenden  durften  ihre  weibir  enllassen  (reptidiare),  hallen  aber 
dafür,  dasz  sie  die  weiber  mit  dem  rucJcen  ansalten,  Uinen  die 
ferse  zeigten,  d.  h.  sie  rcrlicszen,  dem  lurrn  die  fersenpfennigc, 
drei  scitillinye,  zu  entricfUen.  Hümeyer  s.  389  hält  das  erste  sie 
für  den  nom.,  das  folgende  man  für  den  acc,  wie  ißammatisch 
zulässig  ist,  doch  hat  die  alte  lateinische  Übersetzung  'repudinntur'. 
versnepcnning  leitet  er  {gleich  Wohlbkück  Lebus  2, 2GS)  ton 
fUrse,  juvenca,  teas  durch  die  form  versne,  von  versen,  nicht 
von  verse,  u-ie  durch  die  analogie  des  hd.  fersengclds  widerlegt 
wird,  kommt  für  dieselbe  abgäbe  auch  'kuhpreniiig'  vor,  so  bc- 
ruJit  das  auf  einem  frülu-n  niisverstand  des  'versnepenning'. 

FERSENÜÖCKEH,  m.  tuber  calcanei,  die  erhabenlieit  auswen- 
dig am  fersenbein. 

FERSENKITZEL,  m.  wir  fühien  den  körperlichen  achsel 
und  fersenkitzel  halb  willkürlich.  J.  P.  aesth.  1, 163. 

FERSENLEDER,  n.  zeUschr.  für  kullur  1,  Sl. 

FERSENLL'ST,  f  endlich  gehört  es  noch  zu  den  vorlhci- 
Jen  dieser  äugen  und  fersenlust,  dasz  die  kindcr  mit  kindern 
durcii  keinen  härtern  canon  als  den  musikalischen  leicht  wie 
töne  verbunden  werden.  J.  P.  36, 107. 

FERSENRITTER ,  m.  id  cum  sentiret  Mezcntius  {herzog 
Heinrich)  mox  conscensis  cquis  avolasse  dicitur,  formidans 
bospitii  periculum.  der  grosze  fersenritter  ergrif  das  basen- 
panier  gar  bald.  Lctiiehs  br.  5,  273. 

FERSENSTICH,  m.  wer  den  feiscnstich  des  kampfes  und 
den  frieden  des  siegs  oft  erfahren  hat.  Claudius  8, 102. 

FERSENSTOSZ,  m.  und  wenn  ihr  verächtlicher  fersenstosz 
den  beleidigten  wurm  aufweckte.  Schiller  204*. 

FERSICHT,  scaurus,  maguis  lalis  fultus,  der  grobe  knöchel, 
knarren  hat. 

FERSLEIN,  n.  malleolus  pedis.  die  drei  kurzen  weiblicher 
Schönheit : 

von  erst  hab  ich  drei  kurz  genennt, 

das  sind  zwei  kurze  ferslein  schien  {fchön), 

das  dritt  ein  kurz  gespalten  kien  (kinn).    H.  Sachs  I,  507*. 

FERT,  die  nhd.  abgehende  ßexion  von  fahrt  {sp.  1203),  mhd. 
»art,  vcrtc,  erscheint  noch  hin  und  wieder  im  15.  16  jh.,  z.  b, 
bei  ScnwAnzENEERC: 

und  wolt  gebrauchen  proszc  hert  {härte), 

da  flelon  von  im  auf  der  lert 

zelien  von  den  zwelf  gesciiiechtern.    108,  1. 

dies  ferl  ist  anders  auszusprechen,  als  die  folgende  partikel,  welcher 
mhd.  e  gebührt.  Stieler  1442  führt  an:  den  hirsch  an  seiner 
ferl  und  gelös  spuren,  was  man  aber  auf  den  nom.  fährte 
lurnckleUen  kann. 

FERT,  anno  praclerilo,* gleiclibedeutend  mit  fern  und  fernt. 
vdul.  sehr  oft  verwendet: 

ej  nam  in  dem  jflre  vfrt 

des  landes  vrouwe  einen  man.     lui.  4C54; 

wfi  mir  armen  hiure!  diz  was  vcrt.    Waltii.  102,32; 

jÄ  weist  du  vil  wol  war  ich  dich  snnde  vcrt, 

disiu  reise  ist  fjoldes  wfirt.    Neidhari  10,  X>; 

wol  gena-tiu  bficiel  truoc  si  dannoch  vert.    4S,39; 

biure  tumber  danne  \6n.    86,5; 

wol  im  der  nii  vert  vcrdarp, 

der  hat  hiure  sin  leit  verklagt.    MS.  1,82': 

(l  Tcrt  libie,  ej  ist  hiure  vSrrer  danne  vert.    1, 158'; 

mirst  min  alliu  klage  biure  niuwer  danne  vCrt.    I,1G6*; 

ich  alte  ic  von  tage  zu  tage, 

und  bin  doch  hiure  nihtes  wiser  danne  v^rt.    MSF.  157,2; 

i\fr  biure  ist  b(Pscr  danne  vCrt.     M'tn»6.  28, 10; 

(l  ist  biure  und  was  ouch  vCrt, 

und  ist  die  wilc  minnc  wört.     Trul.  298,25; 

fr  hat  vört  undc  biure 

manegem  man  den  tdt  get&n.    Lanz.  3010; 

beidiu  vert  und  hiure.    0321; 

der  v<<rt  larhcte  d^n  lät  biure  weinen.    O'iu/r.  1377, 1; 

und  xont  RuffiriCü  sint  %b  wert 

vor  allem  bcilicluom  als  vert.    /I«nner  0051 ; 

und  ist  hiur  eher  danoe  ven.    1616; 

minem  vater  vert  alsam  gescbach.    RelnJiart  i.  301,371 ; 

kukuk  hiure  iinde  vert, 

dai  gibt  benamen  zwei  Jir.    IIkldl.  2, 48i; 

kukuk  hiure  unde  vArt, 

»ö  komcnt  zwei  jär  für.    4,  SOd; 

H  troumt  mir  vert  von  einem  man, 

den  loch  Ich  biure  blinden  gAn.    Ilrlmhr.  tiK); 

immer  auf  wPrl.  gcrl,  swört,  nie  auf  vert,  wert,  swcrt,  hrrl, 
irrt  ramend,  so  das:  f  unzweifHIiaß  ist.  slrllrn  Wolfrahs  und 
CoMiAUi  niebl  darunter. 


nhd.  was  fert  sitt  was,  das  ist  auch  sitt  heur.    fasln.  103,7; 

herr,  gilt  der  grosch  heur  als  fert.    208,  II ; 

du  leist  mir  fert  auch  also  Metzen.    588, 18; 

wir  sind  heur  ains  jars  eher  denn  (ert.    609,11; 

vert  beten  wir  auch  ein  solche  unru.    730,10; 

fert  an  der  fasnacht  da  rait  ich 

und  scizt  ain  Junkl'rau  hinder  mich.    758,22; 

das  ich  dich  herzlich  musz  meiden 

gleich  heut  (/.  heur)  als  ferd 

auf  dieser  erd.    Ambr.  tb.  s.  233,23; 

noch  heur  als  fert  « 

bin  ich  unwert.    Uuland  395; 

auch  hct  wir  fert  gut  fried  im  land, 

heur  hab  wir  fcnknns,  raub  und  brant.     H.  Sachs  III.  1,242*; 

du  kambst  fert  nit  so  bald  bcrwider.    III.  1,242'; 
und    wenn    das  jar  umb  ist,   können  sie  heuer  so  viel  als 
fert.  Luther  4,  394' ; 

bleibt  ein  narr  hewer  als  ferl.    Evkrmc  2,011; 

ich  traw  und  traw  hewr  gleich  als  fert. 

RsBHUH^  klag  des  a.  mnnns  12; 

gleich  wie  ein  vogel  von  dem  hert, 

so  bin  ich  Ihr  entwischet  fert.    Hatnkcciüs  schuJ<e«/"i'/  1,3; 

von  stund  an  ich  mir  geben  hiesz 

brief  in  ein  ander  kloster  fert.    1,4; 

drumb  war  zu  wündschen,  dasz  die  uns  aucli  hiclicn  wert, 

die  wir  zu  ehren  brachten  fert.    1,5; 

und  wann  ihr  kompt  zusamen 

und  scheint  es  sei  was  wert, 

so  hats  doch  nur  den  namcn, 

bleibt  sonsten  heur  wie  fert. 

Dova:«  lied  von  der  tcutschen  hanse  in 
MoRHOFs  nnterr.  s.  388; 

wünsch  ihm  von  herzen  wol  heunr  und  fert 

gut  nudl  und  küchel,  so  viel  er  bcgert.    Abelk  4,503. 

später  schwindet  diese  partikel  aus  dem  gebrauch  wie  aus  den 
würlerbücliern  und  musz  nun  durch  voriges  jähr,  vorigen  jahrs, 
im  vorigen  jähr  umschrieben  werden,  wie  ist  sie  selbst  zu  fassen  ? 
kaum  als  kürzung  von  fernt  {sp.  1540),  das  wol  durch  den  an- 
hang  eines  t  aus  fern  entsprang,  vcrt  sclieint  unmittelbar  von 
ver  wie  vernt  von  vern  gebildet;  eine  ahd.  form  liegt  uns  gar 
nicht  vor.  deutliche  analogie  hersciä  auch  zwischen  vert,  fert, 
fort  und  dert,  dort,  dert,  dort  (2, 1304).  wie  sich  goth.  fairrajirA 
und  pajjro,  gr.  -jiö^Qcod'ev  und  ixeld'ev  berühren  und  es  ist 
schon  bei  ferr  und  fern  dargethan  worden,  dasz  die  Vorstellung 
des  rückgangs  sowie  Vorgangs  in  zeit  und  räum  einen  geniein- 
schaßlichcn  ursjirung  haben  müsse,  die  bedeutsamste  einstimmung 
mit  viJrt  eigibl  das  skr.  parut  {anno  superiori),  gr.  TieQvai,  wobei 
die  Störung  der  auslaute  nichts  verschlagen  kann,  an  skr.  para 
ulterior,  renwtus,  parama  supremus  schlieszen  sich  fairra,  furiro, 
furisto  und  fruma  primus,  aus  dem  skr.  acc.  param  entsjirang 
die  adverbialbedeutung  ultra,  welche  auch  im  tat.  perendie,  skr. 
paredjut  an  den  tag  tritt,  eigeuthümlich  gieng  das  schw.  und 
norw.  ifjol,  fjol  =  vi-rt  aus  ifjör,  ifjörd,  i  förra  äret  hervor, 
und  alle  diese  partikeln  sind  vielgestaltig  verschlungen. 

FERTEN,  eine  bairische  und  o.il fränkische  nebenform  von  fert, 
bei  Schmeller  1,567.  568  fcrtcn  voriges  jähr,  vorferlen  vor 
zwei  Jahren ; 

ja  es  sind  unser  ferten  vier 

gen  Bamberg  zum  hier  gangn  spacirn.    Atrer  fustn.  58'; 

bäit  denkt,  du  wfiszt  von  fertn  no 

wos  in  kalender  stcilit.    Grcbel  1,194; 

bin  i  nit  fertn  gstnrhn  droh, 

80  glab  is  heuer  niet.    2,8.).  daselbst  1,50.  2,  ISO. 

FERTIG,  paratus,  bereit,  auf  der  fahrt,  auf  dem  sprang  stehend, 
zur  fahrt  geschickt,  gertistet,  woraus  sich  eine  sp.  1247.  124s  nicht 
genug  hervor  gehobne  verwandtschaß  zuisclien  faran  und  parare 
ergibt,  parare  ist  ganz  eigentlich  zur  fahrt  rüsten,  fertig  machen, 
fertigen,  so  wie  auch  bereiten,  goth.  garaidjan,  ags.  geri'ilan, 
alln.  reida  {geschr.  reida)  unmittelbar  zusammenhängt  mit  ahd. 
reita  currus.  ags.  r.A«l  Her,  gera-de  apparalus.  folglich  mit  ahd. 
rllan  ags.  ridan  equo  vehi,  fern,  was  unter  diesem  letzten  wort 
näher  entfaltet  werden  soll,  das  golh.  luanvus  piralus,  manvjaii 
parare  vergleicht  sich  dem  tat.  miliare,  pecus  afjere,  it.  inenare, 
fr.  mcner  ducere.  hiernach  erklären  sich  alle  Iwdeulungen  von 
fertig  =  ahd.  rcili,  engl,  rcady.  goth.  kein  fard«.  also  kein 
fardeigs,  alid.  farllc,  ferllr  (ORAtr  3,  5s:.).  mhd.  verlcc  («/'. 
3,  25s),  nnl.  vaardig,  vecrdig,  nd.  fardig.  das  schw.  dJn.  fSrdig 
cn//('/in/. 

1)  ron  weg,  sirasze,  ftusz,  gan^ar,  fiütrbar : 
mhd.  iclnnno  boume  hl  vcriiffcn  tirA^en.    Urinier  l'Tfi- 
(reit)  einen  aUd  verlkcn  itic.    kione  11719; 


1519  FERTIG 

vertic  tier  und  harte  piot 

was  im  (dem  tcaster)  dar  Cii{  und  ouch  d^r  sant. 
Gi-rlitirt  5268. 

nhd.  fanige  und  unrärtige  wege.  tnu  el  inria.  vrk.  von  1323 
6«  Haltacs  443.  vgl.  ahd.  anavarlk  ofriwi,  duruhfarticpen-n<5, 
unzuofartic  inaceessibilis. 

1)  ron  gehenden,  faJircnden,  reisenden:  du  si  nu  wurden 
terlic  (sich  aufmachten),  du  kämen  si  zuo  einem  wa^jer,  da; 
heilet  Tigris.  Grieshaber  2.  IS ;  ein  kindichin.  da;  «as  ge- 
reite fünf  jar  alt  worden  und  hatte  noch  nie  kein  Irel  ge- 
tretin,  da;  man  Torchte,  da;  i;  an  sinen  fö;en  unde  bein 
nimmer  vertig  {gehend)  werde.  Berits  Ludicig  übers,  ron  Ködiz 
«,7; 

eottes  geigt  fertig  war  ob  mir  {$dneebte  über  mir), 

das  ich  ergrif  den  löwen  schir, 

und  het  doch  weder  schwert  noch  spiesx. 

H.  Sachs  III.  1,49'; 

wir  sprechent  ouch  von  eim  frigen  gezoge,  dasz  ein  iegüch 
man  sol  faren  war  er  wil,  bekumet  ime  sin  banherre,  brichet 
im  sin  wagen,  der  herr  sol  absitzen  und  sol  ime  helfen, 
dasz  er  fertig  werde.  «reirfA.  1, 729  ;  befohlen  wird,  mit  giieten 
reisigen  pferden,  reisigen  knechten,  ufs  slerksle  wir  ufkom- 
men  können,  bei  tage  und  nacht  fertig  zu  sitzen,  (a.  1623). 
halt.  Studien  15, 18.  vgl.  eilfertig,  reisefertig,  ringferlig,  segel- 
fertig, wegfertig,  besonders  aber  unfertig. 

3)  ron  sterbenden,  die  zur  letzten  fahrt  gehen  oder  "fangen 
stnd  (s.  fahren  9): 

lind  dessen  rauih  für  nichts  sich  scheuhet 

als  allzeit  förtlg  für  den  tod.    Weckherlw  3S6; 

indem  er  sich  nunmehr  zu  sterben  fertig  macht. 

Gbtphius  1,  2bi; 
fertige  wandrer  hinauf  zu  gehn  zu  der  heimat  im  himmel 
waren  wir  jetzo  nicht  mehr.  Mefsias  19, 94.i; 

neun  von  den  unsrigen  sind  fertig  (liegen  am  tod  oder  sind  ladt). 
ich  selbst  bin  am  linken  ohrlappcn  gest.'-eift.   Schiller  175*; 

sein  herz  ist  still,  das  meine  sonder  rast 
pocht  tag  und  nacht  in  ungeduldger  hast, 
auf  dasz  es  endlich  einmal  fertig  werde 
und  seinen  sabbalh  find  in  kühler  erde.    Le!«au. 

ron  einem  unheilbaren  kranketi:  der  ist  fertig,  ist  in  den  letzten 
iügen,  ich  bin  fertig,  erschöpft  ron  arbeit,  ich  kann  nicht  mehr. 

4)  ron  berauschten:  der  herr  von  H.  machte  sich  mit  ein 
paar  Qaschen  vollends  fertig  und  ward  in  ein  bette  gebracht, 
um  seinen  rausch  auszuschlafen.  Nicolai  Sebaldus  Sothanker 
3,128;  er  ist  fertig  (betrunken).  LicniEMiERC  3,74; 

schon  fertig  untern  lisch  zu  sinken 

{fpäler:  bereit  vom  stui  zu  sinken) 

sprach  er,  du  bist  nicht  klug, 

zu  viel  kann  man  wol  trinken, 

doch  nie  trinkt  man  genug.    Lessiüg  1,43. 

auch  von  einem  entzückten  und  auszer  sieh  gesetzten  ■ 

Bninelt,  ich  musz  gestehn, 

ich  lieb  und  bin  ganz  fertig  (bin  ganz  weg), 

ich  habe  gegenwertig 

dich  neulieh  recht  besehn.    Leccoleo?!  s.  104. 

5)  ron  einer  läußschcn  hündin:  ein  vertigc,  reyende  hünJin 
kan  man  mit  banden  und  ketten  kume  da  heim  beheben, 
also  tut  ein  frowe,  die  böse  Hebe  hat,  sie  ist  unstetig,  usz- 
sweilig,  ungeduilig  und  ungeruwig  und  mag  nit  daheim  bleiben. 
alld.  bl.  1,  61.  zu  reien  vgl.  ruhen,  reihern  bei  Schm.  3, 74.  7S. 
läuftig  tind  fertig  verbinden  sich  auch  sonst  in  andern  sinn, 
s.  9,e. 

6)  fertig,  volubilis,  vas  sidi  dreht,  umläuft: 

mhd.  wi;^ct,  da^  gelückes  rat 

ist  vertic  und  sinewel.    kröne  4145. 

7)  fertig  ron  mundendem  vein  gebraucht  schetnt  zu  saqcn 
'uol  hinunter  laufend':  wie  schmeckt  er  dir?  ist  er  ferlig? 
thßt  crs?  'ja  herr,  on  zweifei  ist  er  ganz  fertig'.  Steinuöwel 
dec.  3S3,  31  =  Bocc.  2,  5*.  der  urtext  hat  nur:  chente  b 
(quanti  est?),  h  buono?  'messer  si'.  so  müsle  es  auch  ron 
einer  sjßeise  heiszen,  dasz  sie  fertig  sei,  gut  hinab  gehe. 

8).  ron  sacken,  die  bereitet  sind,  bereit,  vollendet  stehen :  es  ist 
fertig,  wird  fertig;  das  essen,  die  speise  ist  fertig,  zubereilet, 
gar;  das  gcbäude,  das  zimmer  ist  fertig;  es  ist  alles  fertig 
(vorbereitet),  den  könig  zu  empfangen;  das  buch  ist  noch 
nicht  fertig  (ausgearbeitet,  oder  gedruckt,  oder  gd)nndi'n) ;  und 
die  niaure  ward  fertig.  Sehern.  6, 15  ((/(Ah.  ustauhana  var|)  s6 
baiirgsvaddjus);  und  ward  also  das  haus  fertig.  Ihön.  9,25; 
also  ward  das  ampt  am  hause  des  herrn  fertig.  2  chron.  29, 35 ; 
und  machten  das  haus  gottes  ganz  fertig  und  wol  zugericht. 
24, 13 ;    da  die  kirche  geweihet  und  der  tempel  fertig  ward. 


FERTIG 


1550 


iMaee.  '2,9;  so  stehet  nu  an  beinen  geslifelf,  als  fertig  zu 
treiben  das  evangelinm  des  fridos ,  damit  ir  bereit  seiet, 
v^iodr^aäiiirpot  roxi  ^öSai  Iv  eroiuaaia  tov  evayye/.iov 
rfjs  elpr^tt^i,  golh.  gaskohai  futum  in  manvi[)ai  aivagg^ljöns 
gavairj)jis.  Eph.  C,  15 ;  durch  den  glauben  merken  nir,  das 
die  weit  durch  gottes  wort  fertig  ist.  Hebr.  11,3;  dann  in 
der  kucben  war  provision  von  allerband  magenkräftigem  pro- 
viand  und  labsal  zu  allem  anlauf  fertig,  wa  man  mit  eim 
glas  herstach.  Garj.  53';  die  dilettanten,  wenn  sie  das  mög- 
lichste gethan  haben,  pflegen  zu  ihrer  cntschuldigung  zu 
sagen,  die  arbeit  sei  noch  nicht  fertig,  freilich  kann  sie  nie 
fertig  werden,  weil  sie  nie  recht  angefangen  ward,  der  meister 
stellt  sein  werk  mit  wenigen  strichen  als  fertig  dar,  ausge- 
führt oder  nicht,  schon  ist  es  vollendet.  Götbe  22,  216  = 
44,  253 :  eine  solche  arbeit  braucht  nicht  im  höchsten  grade 
ausgeführt  und  vollendet  zu  sein,  wenn  sie  gut  gesehen,  ge- 
dacht und  fertig  ist,  so  ist  sie  für  den  liebhaber  oft  reizen- 
der, als  ein  grüszeres  ausgeführtes  werk.  22,219  =  44,257. 
man  sagt  etwas  fertig  machen,  fertigen,  verfertigen,  zu  stände 
bringen,  ausarbeiten,  vollenden :  ich  kann  es  nicht  fertig  bringen, 
kriegen,  schmieden;  liesz  auf  seinen  hohlschwebenden  leib 
einen  ambosz  heben  und  auf  demselben  von  einigen  wackern 
schmiedegesellen  ein  hufeisen  fertig  schmieden.  Götbe  IS,  164. 
9)  fertig,  auf  personen  abstrad  angewandt,  und  in  den  be- 
deutungen  b,  c,  d  gern  von  der  praep.  mit  gefolgt,  drückt  aus 

a)  paratus,  prompt us,  uillig,  bereitwillig:  der  mache  euch 
fertig  in  allem  guten  werk  zu  thun  seinen  willen.  Hebr.  13, 21 ; 

also  weren  sie  allzeit  gwärtig, 

zu  dienen  iren  freunden  färtig.    Fischait  gl.  tchif  192; 
und  sei  zu  helfen  uns  so  förtig,  als  sie  seind  arglistig  uns  zu 
fangen.    Weckheru!«  1S2; 

er  war  allezeit  fertig  die  herzen  der  groszen  und  kleinen  ao 
sich  zu  ziehen,  perj.  baumg.  1,18; 

der  ist  kaum  ihres  flehns  gewärtig, 

so  hält  er  zum  voraus  sich  mit  der  antwort  fertig, 

Uaceoorx  2, 107 ; 
wer  weisz,  mit  welcher  tinnknen  freude 
itzt  die  verlebten  alten  beide 
ihn  zu  empfangen  fertig  stehn,    Gelxert  1,193; 

ehrwürdiger  mann,  die  sieh  am  leichtesten  übereilen,  sind 
nicht  die  schlechtesten  menschen,  denn  sie  sind  gröszten 
theils  eben  so  ferlig,  ihre  Übereilung  zu  bekennen.  Lessing 
10, 12S;  viele  endlich  denen  nicht  mehr  zu  helfen  war,  stan- 
den jeden  augenblick  fertig,  den  fenerbrand  in  die  republik 
zu  werfen,  Schiller  800*;  fertig  zum  handeln,  sobald  ihm 
die  nothwendigkeit  einleuchtete  und  eisern  in  seinem  ent- 
schlusse.  970',  im  17  jh.  schlosz  man  briefe  mit  fertig,  dienst- 
willig: ich  bin  in  alle  wege  meines  herren  fertiger  diener. 
BcTscHst  kanzt.  7;  dasz  ich  sei  dero  allzeit  fertiger  knecht. 
171.  vgl.  buszfertig,  dienstfertig,  schlagfertig,  kampffertig, 
friedfertig. 

b)  fertig  sein,  eonfecisse,  ^absolrisse :  wir  sind  nun  damit 
fertig,  sind  noch  lange  nicht  fertig;  wir  waren  bald  fertig, 
verlhaten  alles,  er  ist  mit  seinem  gelde  fertig,  hat  es  aus- 
gegeben, durchgebracht,  wozu  man  das  sinnliche  fertig  unter  3 
und  4  halte,  'mutter,  ich  bin  fertig'  ruß  das  länd  auf  dem 
topf.  ,die  1,  927  angezogne  rcdensart  'fertig  bis  aufs  ausputzen' 
erklärt  sich  daher,  dasz  schlafen  gehende,  nachdem  sie  sidi  fertig 
entkleidet  halten,  zuletzt  noch  das  licht  löschen,  ebenso,  der  brief 
ist  fertig  bis  aufs  zusiegeln,  das  haus  ist  fertig  bis  aufs  ans- 
treichen «.  a.  m. 

wer  fertig  ist  (mit  sich  ferlig,  ab$olutii»,  tufßxant),  dem  ist 

nichts  recht  tu  machen, 
ein  werdender  wird  immer  dankbar  sein.    Götus  12,  l.^. 

c)  fertig  werden,  eonßcere,  (^solrere:  ich  kann  damit  nicht 
fertig  werden;  ich  will  ohne  dich  schon  fertig  werden;  sie 
wurde  gar  nicht  fertig  ihn  zu  lohen;  wir  würden  nicht  ferlig 
werden,  wenn  wir  diese  gegensälze  so  weit  treiben  wollten, 
als  sie  giengen.  Wiela.nd  1,65;  aJs  nun  aber  die  riescn  mit 
dem  dracben  fertig  geworden,  so  stieg  ihnen  gleichfalls  der 
muth  und  dunkel.  Götbe  23,91;  mache,  dasz  du  ferlig  wirst: 
er  kann  mit  nichts  fertig  werden. 

d)  sich  fertig  machen  zu,  auf,  mit  etwas,  im  sinne  des  vor- 
hergehenden fertig  werden:  seitdem  der  landbesitzer  sich  nicht 
mehr  mit  seinem  eigenen  vieh  jind  körne  fertig  machen 
(helfen)  kann,  sondern  auch  gelJ  nöthig  hat.  Moser  palr.  ph. 
1,99.  sich  fertig  machen,  fassen,  rüsten  auf  etwas:  unter- 
dessen mache  du  dich  fertig  auf  eine  gute  laszfliete.  Ettüus 


1551 


FERTIG 


FERTIGEN 


1552 


hcbamme  745;  ich  mache  mich  fertig  auf  ein  g\it  glas  wein, 
niaclil  eiuU  forlig!  {zum  schicazeii).  auch  sich  fertig  iiaJten, 
ben'U  halten :  nur  werdet  ihr  mit  dem,  was  ihr  habt,  euch 
fertig  hallen,  dasz  ihr  längstens  heute  nachmittag  euch  ein- 
stellet, damit  unsere  reise  nicht  möchte  gezögert  werden. 
EiTNEns  hibamme  5; 

nimm  die  armbrust, 
du  hast  sie  gleich  zur  liand,  und  mach  dich  fertig, 
einen  apfel  von  des  knabcn  kopl'  zu  schie^izcn.    Schu.ler  53GV 

o)  fertig  sein  und  ein  folgender  genitiv  bcJeutcl  «m«  nuidiiig 
sein,  CS  innehaben:  der  schaffer  wol  sach,  das  er  aller  paucrn 
arbel  wol  fertig  was.  Steinhöwei.  Ki",  31  =  Bucc.  1, 137*,  im 
lest,  che  egli  oltimamcnte  sapea  lavorare;  es  ist  im  selu- 
leuftig,  er  ist  sein  fertig,  das  valcrunser  leret  man  die  kinder 
in  der  jugcnd,  alshald  sie  reden  lernen,  darunib  ist  es  inen 
gemein  und  leuftig.  Aciiicula  s;w.  104,  wo  auch  die  nd.  aus- 
gäbe: id  is  em  seer  iöftich,  he  is  des  verdich;  desselbigeu 
fertig.  Micu.  Neanoeb  bedenken  19'; 

und  solle  gleich  durch  neid  Barrlajus  unlergelin, 

so  wfird  er  doch  durcli  dich  hinwifdcr  ganz  da  stehn, 

so  fertig  bist  du  sein.  Fleming  47, 

SO  geläufig  hast  du  dir  t/m  gcmacUl,  so  gewaltig  bist  du  seiner 
Schreibart. 

10)  fertig,  celer,  alacer,agilis,  rasch,  behend  und  leicht,  gleichsam 
im  gegensalz  zu  3  und  4,  wo  fertig  in  erschüpß  übergegangen 
var. 

a)  leiclU,  ring:  leib  verlig  und  waicb.  MEGENnEBC  349,30; 
ein  ieichlbekleideter  fertiger  mann  kam  daher  mit  einem 
hammer  zugeloffen.  Puilander  1,505;  leicht  und  fertig  auf 
den  fiiszen.   wanliclm.  licbh.  209,     s.  leichtfertig. 

b)  esiiedilus,  volubilis:  ihres  leibes  gesunde  glieder  und 
ihre  fertige  seelenkrafle.  Scm\er  seelcnsch.  2,297;  sie  werden 
dreist,  bekommen  ein  fertiges  maul,  einen  verschlagenen  sinn, 
z,  305;  der  stammelnden  zunge  wird  ferlig  und  reinlich  reden. 
f.«.  32,4;  stammelt  im  beten,  aber  sehr  fertig  Qucht,  und 
schalt  es  ungeslammelt.  Carg.  129"; 

wenn  er  die  götter  all  auf  ferigcr  zunge  trägt, 
was  wunderis  euch,  dasz  er  im  herzen  keinen  hegt? 
Lessi^^g  1,29; 

seine  fertige  feder.  8,9.  man  sagt  allzeit  fertige  Schriftsteller. 
Kam  5,  483;  ein  fertiger,  gcuandl er  nvdxii),  ein  ferliger,  geübter 
Soldat,  ein  fertiger,  gexchicläcr  diencr,  was  sich  mit  2  berührt 
und  auf  die  gangferUgkcil  bezogen  tcerden  kann,     vgl,  rechtfertig. 

c)  rasch,  schnell: 

ich  wil  der  allerferiigsl  sein,    fasln.  111,6; 

verschlussen  die  von  Perusia  die  cardiniil  zusamen,  gaben 
in  täglich  minder  speis,  auf  das  sie  der  wal  dester  fürliger 
eins  wurden.  Frank  chron.  30l' ;  nach  vollendeter  abendmal- 
zcit  stellet  euch  mit  euren  gehülfen  aufs  fertigste  ein.  (jkv- 
PHics  I,  731 ;  ein  pferd  so  schnell  als  der  wind,  ferliger  lau- 
fend als  ein  blitz,  pers.  baumg.  2,13;  ein  bischof  der  so  gar 
ferlig  zu  pferd  sprang.  Zinkgref  apojih.  11,9;  dieser  innere 
sinn  musz  fertig,  zart  und  bildlich  sein,  fertig  und  schnell, 
weil  die  ersten  eindrücke  die  schnellsten  sind.  Winkelmank 
2,395; 

weil  mildrcdcnd  du  bist  und  fertiges  sinns  und  cnliiaiisara. 

Uli.  13,333; 

ich  habe  ihm  desto  fertiger  hierinnen  gewillfahret.  Uodmer 
in  Danzels  Gotisclicd  188. 

11)  eigenheil  der  Schweizersprachc  ist  es,  neben  fertig  in  gleichem 
sinn  das  einfachere  fcrig  zu  gelirauchen ,  weiches  schon  oben  sp.  \V>'i 
unter  fahrig  aufgestellt  wurde,  entweder  wurde  es  gleich  dfm 
heuligen  fahrig  unmiitelbar  aus  dem  einfachen  fahren,  faren  o<I<t 
eineni  nomcn  falw  gebildet,  oder  das  t  ron  fertig  ausgestuszen 
(riß.  fergen  aus  ferlgen*.  nicht  nur  Frisius  z.  b.  1073'  und 
Maai.kr  stillen  ferig  und  ferlig  geradezu  hintereinander  auf, 
Hindern  aucJi  SciiMitJTS  idiol.  bern.  ir,"  bietet  ferig  dnr,  Staldeh 
1,305  ferig,  leiTig;  Tont  EH  hiü  beide  ausgelassen. 

FKKTK;,  FKUDHJ,  anni  »u/xr/on«,  ganz  rcrschicden  tom  vor- 
amijegangnen  ferlig,  dessen  c  offen  ist,  das  hiir  virhandelte  aber 
au»  Verl,  anno  prarlerito  entsprossen,  gleichviel  mit  fern  und  feriiig: 
wir  schicken  e.  w.  hicmil  den  ralhschlag  ferdig»  reichslags 
zu  Speirr  den  sUinden  iibergebeti.  Khks/. />«  .t/(7anr////»«f»  2, So; 
«aglH  von  dem  fetligen  sehne,  ist  lütigsl  dahin,  acta  agis. 
AtKiTii  ißnmm.  bei  Seh m.  1,.'>08;  so  wenig  aN  voiu  fenlifrcn 
«rhnee  zu  schreiben  ist.  Pahackisiis  1,1131*;  die  heuiigeii 
nn<l  die  ferdigen  fohlen .  pnlli  hoc  et  superinri  anuo  nati. 
Kmc»   gutUlijarlen  300;    ftirdigcs   (/.    ürdigex,    ferdigcs)  und 


heuriges  gewächs  von  wein.  Frisch  1, 260* ;  fertiges  obes, 
fertiger  wein;  das  ir  dehein  malz  nuwes  noch  virdiges  melzent. 
urk.  ton  1317  ba  Gemeiner; 

der  ferdig  schoce  ist  iengst  vergangen, 
denkt  au  gegenwerlige  dingl    Avrer  3üb'. 

FEKTIG1:^N,  parure,  absolvere,  Iransmitlere,  fertig  viachen,  auf 
die  fart  bringen,  mlid.  vertigen,  schwtiz.  ferlgen,  ferggen,  fergen. 
die  bedeutungen  2.  3.  4  lassen  gern  die  jwwp.  mit  folgen. 

1)  anfertigen,  vei'firtigcn,  bereiten,  madwn,  schaffen,  wirken: 
kleider,  scimlie  fertigen;  also  ein  schmid ,  das  hettimern 
schlegt  im  die  oren  vol  und  sihct  drauf,  wie  er  das  werk 
recht  mache  und  musz  denken,  wie  eis  fertige  und  früe  utid 
spat  dran  sein,  das  ers  fein  auserbeite.  Sir.  38,  31 ;  der  wclet 
ein  holz,  das  nicht  faulet  imd  suchet  einen  klugen  meister 
dazu,  der  ein  bilde  fertige,  das  besfendig  sei.  Es.  40, 2(>; 
gefertigte  pfeile.  Bltsciiky  kanzl.  C77;  dinge  bilden  und  fer- 
tigen. Clauiiils  8,82;  betrachtete  die  gelnirlslagsgcschenke, 
von  denen  sie  noch  nichts  gebraucht,  nichts  zerschnilleu, 
nichts  gefertigt.  Gütue17,  182;  die  sorgfältig  gefertigten  risse. 
26,17;  meiner  büsle,  von  Tieck  mit  groszer  Sorgfalt  gefer- 
tigt, darf  ich  an  dieser  stelle  wol  gedenken.  31,118;  jedes 
gcmählde  das  er  zu  fettigen  hätte.  3S,  IsO; 

als  wir  nun  iin  schifTo  gefcrtiget  alle  gerüthschaft.    Od.  11,9, 
Tjfieis  S"  07t}.a  Hy.aata  7roi'r]anuerot  xara  »*»;«, 
{vorher:  als  wir  jedes  geraih  mit  llcisz  geordnet  im  schiffe); 
werklose  bummeln, 

hört  die  bien  im  vorbeillicliM, 

fertiget  honig,  und  singt.    Voss  3,  07. 

2)  im  gcriciülichen  sinn  zufertigen,  exffCilire,  nach  IIaltaus 
451.  4o2  absolulam  et  cxitedilam  redderc  rem  alicuatam,  z.  b. 
die  müli  ufgcben  und  verigen,  aufgeben  und  gcwalu-cn,  ein 
Ichen  fertigen,  einen  handcl  fertigen,  einen  allen  beleg  aus 
einer  urk.  von  1273  hol  Wackernagels  Wulllier  von  Klingen  s.  27 : 
und  sol  man  die  hofstat  fertigen  hinnan  zi  unser  fiouweu 
mes  der  anderin  mit  aj  dft  {instr.  fem.,  s.  Germania  3, 153) 
gwarsami,  so  daj  kl6ster  bidarf;  Heinrich  von  Frankenberg 
verkauft  den  halben  zchenl  zu  Chuteldorf,  gelobt  auch  denselben 
'zu  fertigen  imd  zu  freien'  von  seinem  lehcnlierren  dem  burg- 
gi-afen  zu,  Nürnberg,  mon.  zolkrana  3,  57  (it.  13:i'.i) ;  wenne  es 
darzu  kumpt,  das  das  gut  verkoufet  ist,  so  sol  des  gotshus 
abt  oder  sin  pfleger  danne  das  erbe  vertigen.  u-eislh.  1,35 
(a.  1347) ;  alle  die  guter,  die  in  die  vorgenanlen  dingstat  ge- 
hörent,  sol  noch  mag  nieinan  verigen  vor  dehcinen  gerich- 
ten,  denn  in  der  diiigstat.  1,  26  (1431). 

3)  in  geisllicliem  sinn  absolvere: 

mint,  sh  an  däm  andern  morgen  vruo 
der  kciscr  bat  du 
di'n  wi\ren  goiis  holden 
daj  er  in  vertigen  woldo 
mit  dem  vrönen  umbchte, 
gelweln  er  langir  da  nemehtc.    lieisrrchr.  15060. 

wollin  ich  noch  ein  spalives  fertigen  nehme:  derhaJhcn  bitlec 
wir,  herre,  das  du  dieses  opfer  unsers  diensls,  dazu  auch 
dies  deines  gcsinds  gnediglich  annemesl  Uiid  unsere  tage  in 
deinem  friede  fertigest.  Llthlu  2, 50ü'. 

4)  abfertigen,    entlassen,  entsenden,  cx}iedire,  nblniare,  millere, 
ü)  j)ersonen,  gäite,  boten, 

mhd.  swer  mir  diz  leit  biifet  tragen 

d(.-r  sol  mir  billich  nrmuot  klagen, 

den  vorleg  ich  al.sö  mit  habe, 

das  er  nibt  darf  wenken  alte.     tt7i.  170,15; 

dtV  koiser  dö  die  gosic 

vcrtigti!  alle  schiene. 

als  wul  gezam  der  kiönc.    Mni  2-11,3; 

nu  sage  mir,  weimu  diu  tit  sul  sin, 

dar  nAch  wij  ich  besprechen  mich, 

wie  ich  siil  vertigen  dich. 

der  bute  sprach,  hörre,  ich  tuun.    99,38; 

verlig  bolon  in  diu  laut 

mit  diiien  bricfen  al  z«  baut.    Dietr.  590; 

lierro,  ir  habt  uns  wol  mit  inlimen 

gtivertiget  ftu  scliando 

wider  lielm  xe  laude.    1332; 

iU\  Randoll  govcrligot  wa« 

da  hin  gegen  UOruo.    2'>^i, 

nhd.  aJM.  fertiget  Isaae  tli'u  Jacob,  das  er  iu  Mes.ipoi.imiam 
zog.  I  Wo.t.  2H,  5;  er  kau  wol  zur  reit  etlich  man  und  ro* 
fertigen,  difo  ein  ge.srhrei  machen.  I-t  niKM  h,  21^;  wir  haben 
diesmal  den  boten  nicht  k<^niien  »»  eilend  feriigen.  l.imifRs 
br.  3,  272;  {valer  und  uheim)  ferligelend  iiacbNNicn.  ÜcuiNbüR 


1553 


FERTIGEN— FERTIGKEIT 


FERTIGUNG  — FESE 


1554 


1,7;  und  fertigten  Xantippen  mit  groszer  ehrung  und  gaben 
wider  in  Greciam.  Lirius  von  Carbacli  99"; 

ich  wil  schreiben,  derwepen  hinab 
gehn,  und  den  hotten  fertigen  ab.    H.  Sachs  V,  234'; 
damit  so  fertig  ich  ihn  ins  grab.    Atrer  24S'; 
jedoch  Terzeuch  noch  hier,  bis  mein  gewisser  tod 
dich  fertigt  bald  von  hier.  Fleming  635. 

6)  Sachen :  das  keis.  mt.  ein  instruction  an  uns  hieher 
gefertiget  hat.  Luther  5,25';  würden  schwein  oder  andere 
dergleiciien  thier,  die  der  scliaw  bedürfen,  verkauft,  die  sollen 
durch  die  schaw  dem  kaufer  gefertigt  werden.  Nürnberger 
reform.  1564,91*;  sie  selten  cederholz  von  berg  Libano  gen 
Jerusalem  fertigen.  Reiszner  2,32";  (die  fische)  werden  von 
den  Teutschen  in  alle  andere  land  gefertiget.  ForebS";  man 
pflegt  sie  in  andere  ort  und  weite  land  zu  fertigen.  ISS". 

5)  ausfertigen,  verfertigen,  fertig  machen,  ausrichten,  zu  ende 
bringen:  ist  auch,  das  urteiln  stöszig  und  gezogen  werdenf, 
die  soUeut  gevertget  werden  durch  der  stulsäszen  drig  oder 
mer.  tceisth.  1,  26 ;  fertigt  die  brief  von  wort  zu  wort.  Aimon 
ml';  da  ewer  brief  kam,  hatte  ich  schon  gefertiget  die  brieve 
an  den  cardinal.  Luther  3, 140';  Christus  sol  sein  reich  aufs 
erst  oidenen,  zurichten  und  fertigen.  18S';  solche  Unterricht 
solle  ich  lengst  haben  gefertigt.  33o';  harre  ein  wenig,  über 
eine  stunde  wil  ich  beten,  ich  musz  dis  oder  das  zuvor  fer- 
tigen. 6,308';  mir  der  ich  jetzt  alt  und  schwach  bin,  liegt 
Tiel  auf  dem  halse,  also  das  ich  itzt  mit  gewalt  hab  müssen 
mich  abstelen  von  den  leuten  und  gescheften,  damit  ich 
diese  schiift  einmal  fertigen  möcht.  6,506*;  ist  derhalben 
mein  unterthänige  bitte  e.  k.  f.  gn.  wolle  den  schlusz  fer- 
tigen, br.  2,3S0;  ein  jeglicher  mensch  ist  ihm  selbs  der 
nechst  bei  gott  und  hat  vollen  gewalt  sein  Sachen  gegen  gott 
zu  fertigen.  Paracelsus  1,114';  meinen  ihr,  daiumb  das  ihr 
den  Ävicennam  habt,  ir  seiend  also  gefertiget  {vollkommen, 
absolviert)  ?  es  ist  alles  nur  schiitzerei.  1,  221' ;  wenn  solch 
männlein  nun  selbst  ne  schrift  fertigt  und  mit  selbiger  vor 
aller  weit  äugen  hervortritt.  Klopstock  12, 127 ; 

dies  denn  werd  ich,  o  greis,  so  fertigen  wie  du  verlangest. 

Od.  4,485; 
aber  nachdem  er  geeilt  zu  fertigen  seine  geschäfle.    9,310. 

6)  fertigen,  fortschaffen,  fördern :  das  ward  funden  als  falsch 
gut,  das  woide  Jocof  ferlegen  und  wart  gefangen.  Necmamx 
Magdeb.  iceisth.  s.  12  {a.  1421J ; 

denn  meinem  herren  gott  ich  dank, 

der  meine  reis  gefertigt  hat 

zu  allem  glück  nach  seinem  rat.    Tip.olfs  Isaak  u.  Rebecca  E8; 

deshalb  ein  andre  weis  ist  gwis, 

zu  zämen  die  wasser  und  flüsz, 

das  sie  geschlacht  und  folgig  werden 

und  die  leut  fertigen  on  bschwerden.    gl.  schif  24; 

der  wein,  als  welcher  die  zunge  zu  reden  fertiget  (geschickt 
macht).  Bctscuky  Patm.  198 ;  weil  die  natur  hin  und  wieder 
in  die  winkel  ganze  felsen  von  crjstall,  diamanten  und  car- 
funkeln  geordnet,  so  die  helling  hinunder  fertigten  {helle  hin- 
unter leiteten,  schaßen).  Simpl.  K.  768. 

7)  sich  fertigen,  sich  sputen,  fördern:  und  fertigeten  sich 
durch  den  Jordan  für  dem  könige  her  und  machten  die  fürt. 
2Sam.  19,17. 

heutiges  tags  bedient  man  sich  überall  lieber  des  durch  Par- 
tikeln bestimmten,  als  des  einfachen  worts,  s.  abfertigen,  anfer- 
tigen, ausfertigen,  durchfertigen,  verfertigen,  zufertigen,  doch 
rechtfertigen  entspricht  dem  ahd.rehliesligiyn, 'vorüber  mehr  unter 
diesem  teorte  selbst,     öslr.  der  gefertigte,  unterzeichnete,  soussigne. 

FERTIGER,  m.  opifex,  fabricator,  verfertiger,  bair.  fertiger, 
expedilor,  der  das  salz  auf  den  schiffen  wider  das  wasser  gen 
Regensburg  führt,  salzfertiger.  Schäeller  1,  567. 

FERTIGERl.N,  f.  göttin  Fortuna,  der  menschlichen  bände! 
ein  fertigerin.  Fbaxk  ...  59. 

FERTIGKEIT,  f. 

1)  promptitudo,  festinalio: 

dieselb  Arig  (Aar)  bat  sie  geleit  (geleitet) 

inn  (in  den)  Rein  mit  schneller  fertigkeit.    gl.  schif  258; 

ist  doch  seine  silsamkeit 

nicht  wie  deine  förtigkeit 

durch  ein  andre  lieb  zu  fallen.    WecKHKiu,n«  402; 

wie  begierig  meine  fertigkeit  zu  seinem  willen  sei.  Butschky 
kanzl.  184. 

2)  habilitas,  facultas:  da  nemlich,  es  kurz  zu  sagen,  diese 
reinigung  in  nichts  anders  beruhet  als  in  der  Verwandlung 
der  leidenschaflen  in  tugendhafte  fertigkeilen.  Lessi.ng  7,352; 

ihr  alle  reimt  mit  gleicher  fertigkeit.    Gellekt  1,13S; 
III. 


fertigkeit  zu  saitenklang.  Zachabiä  hinterl.  schriflen  1781  s.  xsxi  • 
seine  kinder  sogleich  thatsächlich  in  den  wesentlichsten  fer- 
tigkeiten  des  bürgerlichen  berufslebens  üben.  Pestalozzi 
4,  251 ;  fähigkeiten  werden  vorausgesetzt,  sie  sollen  zu  fertig- 
keiten  werden,  dies  ist  der  zweck  aller  erziehung.  Götbe 
17,60;  jeder  greife  mit  seinen  fertigkeifen  so  weit  umher, 
als  er  zu  reichen  fähig  ist.  21, 99 ;  die  eigenschaften,  die 
fertigkeiten  ('fits')  des  lichtes  rege  zu  machen.  59, 11 ;  er 
besitzt  eine  auszerordentliche  fertigkeit  im  geigen ;  lasest  du 
ruchlose  fertigkeit  auf  meiner  stirn  ?  Schiller. 

FERTIGUNG,  f.  expeditio,  confectio,  mhd.  vertigunge. 

1)  die  fertigung  eines  schuhes,  kleides  u.  s.  tr.  ich  erbot 
mich  zu  fertigung  eines  grundrisses.  Güthe  26, 17 ;  geschwinde 
fertigung.  Hebel  3,390;  dasz  sie  in  fertigung  ihrer  lectiones 
mit  einem  fremden  kalbe  gepflüget.  Leipz.  arantur.  1,  67. 

2)  progressio,  promotio,  förderung:  die  sachen,  so  in  recht- 
fertigung  lang  gewesen,  und  gestanden  haben,  vor  andern 
so  viel  möglich  zu  fertigung  {in  gang)  zu  bringen,  absdiied 
der  keiserl.  commissarien  ron  1517.  5,  2. 

3)  traditio  judicialis:  und  wenn  der  koufer  sin  vertgung 
derselben  gueter  enphahet  von  eins  probstes  band,  weisth.  l.  9. 

4)  bair.  die  brautausslattung,  der  brautwagen.  Leoprechtixg  s.  84. 

5)  ödr.  namensunlerschrift.  Höfer  1,  212. 

FERZEN,  pedere,  praet.  farz,  richtiger  als  das  spätere  farzen 
(sp.  1335).  ScHM.  1,  568.  afterriuwe  ist  ferzens  geselle.  Diut. 
1,324; 

und  farz  im  drei  stunl  in  den  mund.    ring  11*, 2; 

da?  hört  her  Troll,  e;  gie  im  zherzen, 

gen  dem  ritter  ward  er  ferzen 

und  sprach  'daj  sei  dem  gast  geschankt!' 

des  ward  im  ie  so  schier  gedankt.    S',  15; 

darauf  liesz  er  einen  streichen,  'diesen  schenk  ich  dir  zum 
einstand,  schieb  ihn  ein,  dasz  er  nicht  schimle'.  fr.  Simpi. 
1, 46 ;  'diesen  schenk  ich  dir  auf  den  weg,  steck  ihn  hinters 
linke  ohr,  so  fällst  du  nicht',  l,  58 ; 

und  wer  mich  drum  verdenken  wil, 

der  höre  diesen  guten  streichen 

und  nehm  ihn  mit  und  schweige  still.    Gcxther  941. 

den  rohen  braudt  wird  sein  hohes  alter  entschuldigen:  o^fxnats 
(lTi//e  yao  bti  ititcov  xart:u£vos)  iixäoas  aTtefiaxäiae, 
xai  tovtÖ  ftiv  iy.tlsve  ^Ttoirj  aTiäyeiv.  Herop.  2, 162.  (dieser 
Äpries  ist  kein  andrer  als  der  ägyptische  köuig  Haaphrahet,  bei 
Jerem.  44,  30  Haphra,  LXX  Oray^ijs).  Scaliger  in  lecl.  Auson. 
1,  25  ostendil,  crepitus  ventris  apud  Graecos  fausti,  apud 
Laiinos  mali  ominis  fuisse. 
FERZER,  f».  podex  =  pordex: 

dieser  kehrt  ihr  das  gesiebte, 
jener  gar  den  ferzer  zu. 

Weise  überfl.  ged.  theil  1,  duttend  1,7. 
vgl.  börzel. 

FERZER,  m.  name  eines  biers ,  nach  dem  vorigen:  cum 
sint  tot  paene  cerevisiarum  quot  civitatum  et  oppidorum 
nomina,  in  quibus  et  talia  quandoque  audivi  ridicula,  apud 
Frankfordianos  ad  ripam  Oderae  .  .  .  streckeperzel,  ferzer. 
de  generibus  ebriosor.  145,10;  streckelbörzel,  ferzer.  Fiscbart 
Garg.  59';  filz  zu  Magdeburg,  fitscherling,  fener.  leitverir. 
1668  .«.157. 

FESE,  f.  palea,  acus,  spreu,  hülse,  geringste  sache,  gr.  Ttrtaavrj 
von  Ttriaastv,  hülsen,  enthülsen,  mit  eingeschaltetem  t  wie  in 
Tiriova,  Tizölts,  altn.  fis,  ahd.  fesi,  mhd.  vese  {wb.  3,329'): 

swie  si  nie  getnete 

mines  willen  gegen  einer  hirsen  Tesen.    NEiDHAtT  53,  11; 

die  eristen  sint  liz  gelesen 

als  der  weije  üj  der  vesen.    Geo.  2661 ; 

swer  nu  welle  wol  genesen, 

der  neme  den  kern  üj  der  vesen.    Marl.  211,62; 

da  min  herze  solde  wesen, 

da  trage  ich  eine  lichte  fesen, 

oder  ein  strd  oder  einen  wisch.    Hiuon9424; 

vur  bröt  caf  unde  vesen.    14959; 

daj  mir  nie  gein  einer  vesen 

ir  deheiner  mohte  geliehen,    »einsetnoelg  302; 

dem  wigt  himel  und  erde  ringer 

denne  ein  vese  üf  minem  vinger.    Mariengrüsze  476; 

il  gaeb  umb  alle  bunde  niht  ein  f^sen.    Hadaiar  186; 

ich  wig  ii  gen  ir  alle;  als  ein  fesen.    224; 

ich  gedächt,  nu  hin !  ir  ist  vor  im  genasen, 

ir  g^b  in  tausent  jären. 

sich  ich  wol,  umb  in  niht  ein  T^sen.    t.  194,117. 

nhd.  von  spreu  oder  hülse  verdrängt,  denn  in  einigen  stellen 
bei  WAtDis: 

98 


1555 


FESE  — FESSEL 


FESSEL 


1556 


die  amciscn  das  polt  aufleson 

bei  kleinen  koinlin  und  bei  feseu.    3,26.  61.  150*; 

ein  alles  inesbiich  iingelesen, 

ein  alles  lischluch  one  fesen.    4,93.  ftJ.SSr; 

scheint  es  vulmchr  fase,  faser,  floccus.  doch  haben  schueizemclie 
und  baimche  ueidhümer  vesse  für  spiU,  dinkel,  uic  es  auch  in 
allen  glosscn  erscheint:  ein  moller  vesscn  rellrn.  1,30;  in  den 
drien  körnen,  roggen,  vcssen  und  babern.  3,  ülö,  die  ebcnuol 
von  detn  folgenden  m.  herrühren  können. 
FESE,  m.  dasselbe: 

laszl  mich  nnlcrn  parben  lesen 

den   schniltern  nach  den  glallnen  vescn.     Nie.  Frischlin  103; 

si  sprach  mich  an,  das  sie  möcht  lesen 

von  garben  den  abgelallneu  vescn 

und  samlen  da  den  schniltern  nach.    105. 

SciiMELi.ER  1,  570  hat  der  fesen,  dinkel  oder  spcU,  so  lange  die 
kümer  in  der  hülse  stecken:  swcr  vesen  gürl)et  {cnthüisct)  und 
si  u;  der  niiil  füren  wil;  so  man  ein  .Slutlgartcr  sclicflei 
ßsen  gegerbt,  tbut  3i/j  siminern  kärn.  Fiionsp.  120*.  fese 
hiess  auch  eine  geschn-uist  der  Icfzcn  des  jiferds:  es  wächst 
underwilen  ein  gcsrliwulsl,  heiszt  die  fesen,  dem  pferd  in- 
wendig der  lefzen  gegen  den  zahnen  und  dieselbig  geschieht 
gern  von  scharpfem  fulter  (fruchthüLsen)  oder  vom  jiraut,  das 
dem  pferd  in  den  lefzen  und  in  dem  kifer  lang  gelegen  ist. 
Seüter  405. 

FESELN,  ftflegen,  unterhalten:  ein  iglich  lehnman,  der  da 
hat  lehnbolz,  der  sol  das  hegen  und  feselen  und  versorgen. 
veislh.  1,  640.     vgl.  fasel  und  faseln. 

FESE.NFLICRER,  tii.  der  brachnionat  ist  der  fcsenflickcr, 
wShrend  guten  wetlers  werden  in  diesem  monat  die  liebten 
stellen  auf  den  fesenäckern  dichter.  LEOPBFxnTixc  185. 

FESENMEIER,  Vesenmeier,  name  des  villicus,  «te  Grasmeier, 
Strobmeier. 

FESENSTROH,  n.  stroh  von  spell  und  dinkel:  nimb  bahcr- 
gtro,  fesenstro  und  gerstenstro.  Seuter  32. 

FESER,  VI.  propago,  gervien,  ertceichl  für  fecbser  {,<p.  1225) 
und  von  faser  (.f.  1339)  unterschieden:  des  herrn  zebaotb  Wein- 
berg aber  ist  das  haus  Israel  und  die  nienner  Juda  seine 
zarte  feser  {vulg.  germen  ejus  deicctabilc).  Es.  5,  7;  der  wein- 
stock ist  verderbt,  die  berrn  unter  den  beiden  haben  sein 
edle  reben  zugeschlagen,  Ire  feser  .«ind  zustrewet  (propagines 
ejus).  IC,  8;  darumb  wirst  du  lustige  pflanzen  setzen,  aber 
du  wirst  damit  den  frembden  die  fcser  gelegt  haben  (germen 
alienum  seminabis).  17,10;  denn  die  abieser  werden  sie  ab- 
lesen und  ire  feser  verderben  (propagines).  Nahum  2,3. 

FESSEL,  m.  f.  n.  conipes,  vinculum,  mhd.  vei',;el  m.,  mit 
e  uic  sej^el,  nicht  mit  e  nie  kejjel,  nejjel,  denn  da  vej^el 
und  kciiel  oß  genug  erscheinen,  würden  sie  gereimt  worden 
tein,  wäre  der  reim  vicIU  falsch,  erst  der  spätere  FnALKMon 
erlaubt  sich  MS.  2,  215*  nej^cl  :  kej^el  :  söj^el  zu  verbinden. 
rein  ausgesprochen  musz  der  vocal  in  ve;;el  andeis  gelanlel  haben 
als  in  vejjciin  rasculum.  ahd.  fe;?a!,  sSj^al  neben  cbej^il, 
nez,?ilä,  noch  sichtbarer  von  einander  weichend  golh.  fitls,  sitls 
und  katils,  natiiö,  «renn  icli  recht  ralhe.  altn.  fiötl  und  kelill, 
dat.  filli  und  katli ;  doch  ags.  fallen  feie!  und  celel,  seid, 
netele  fast  in  der  ausspräche  zusammen,  wie  wir  nhd.  den  vocal- 
laut  von  fessel,  sessei,  kessel,  nessel  nicht  mehr  zu  sondern 
vermögen,  das  mlat.  fadulus,  faidulus,  fagiduhis  (Diekesbacb 
222')  darf  die  deutschen  lautvirhältnvise  nicht  beslimmen. 

die  Wurzel  ist  golh.  fitan,  ahd.  ff'Sjan,  der  wir  schon  sp.  1340. 
1358. 13C5. 1368  begegnet  sind,     das  genns  schwankt. 

1)  balleus,  cingulum,  vinculum,  namcnllich  ein  band,  worin  das 
Schwert,  der  schild  hieng,  auch  der  dem  falken  angelegte  rietne, 
um  Um  auf  der  hand  zu  tragen. 

mhd.  dfir  vi^^^el  was  ein  borte 

al«A  breit  tö  ein  haut.    En.  101,2; 

einen  v«{;el  zweier  hende  breiten 

bat  sin  sw£rt.    Neiduakt  4t,  1 ; 

rSdelohte  «porcn  treit  mir  Fridcprfiht  ze  leide, 

niuwe  T*Kel.    75, 1(»; 

iin  «Chili  den  ructe  ir  höher,  dfin  v<tncl  nider  baj. 

MI,.  1875,3; 

man  muo;  in  bi  d^m  yt^ne)  ziehen  wider  dnn.  105)),  3. 
rjl.  die  iutammenselzunf/en  lancvüjjci,  srliiilvl'^jei,  sw)''rlvt'7,7,el 
{mhd.  «b.  3,  284').  nhd.  felUt  das  worl  bei  Dash-oi».,  Fnisii:<, 
Maaler,  wurde  aber  durch  Luther  genug  eingeführt  und  u/l  bild- 
lich gebraucht:  deine  hende  Hind  nicht  gebunden,  deine  füsze 
»ind  nicht  in  fe««c!  gccelzt,  2Äkim.  3,  34;  die  niniiiMi  Mnnassc 
gefangen  mit  ffn^cln  und  Hunden  in  mit  keten.  3c/i/on.  :i3,  II ; 
ir  kOnigc  zu   binden    mit    kellen   und  ire  edlen  mit  eitern 


fesseln,  ps.  140,  8 ;  er  folget  ir  balde  nach,  wie  ein  ochse 
zur  fleischbank  gefürt  wird,  und  wie  zum  fessel,  da  man 
die  narren  züchtiget  {viilg.  nescit  quod  ad  vincula  stultus 
trabatur).  sjir.  Sid.  7,22;  in  fesseln  werden  sie  gehen.  Es. 
45, 14 ;  er  hat  mich  vermauret,  das  ich  nicht  heraus  kan  und 
micii  in  harte  fessel  gelegt,  klagt.  Jer.  3,7;  und  alle  ire  ge- 
waltigen wurden  in  ketten  und  fessel  gelegt,  l^ahum  3,  lO; 
ergib  deine  füsze  in  ire  fessel  und  deinen  hals  in  ire  lials- 
cisen.  Sir.  6,  25;  wenn  man  den  narren  ziehen  wil,  so  stellet 
er  sich  als  wolt  man  im  fessel  an  bende  und  füsze  legen. 
21,22;  denn  er  war  oft  mit  fesseln  und  kellen  gebunden 
gewesen  und  halte  die  kellen  abgerissen  und  die  fessel  zu- 
rieben (gulh.  untfi  is  ufta  eisarnam  bi  föluns  gabuganaim  jab 
naudibandjöm  eisarneinaim  gabundans  vas,  jab  galausida  af 
sik  \)os  naudibandjns  jab  [)ö  ana  fölum  eisarna  gabrak). 
Marc.  5,  4 ;  und  er  war  mit  kellen  gebunden  und  mit  fesseln 
gefangen  und  zureisz  die  bände  (jab  bundans  vas  ersarna- 
bandjöm  jab  fötubandjom  faslai|)s  vas  jab  dishniupands  |)os 
bandjös).  Luc.  8,  29 ;  ein  bund  zun  fesseln,  canis  ad  vincula. 
Henisch  1075, 18; 

des  kcrkers  grause  noth,  die  fässel  so  uns  binden. 

Gbypiiils  1,101; 
fessel,  trotz  und  foltcrbank.    1,121; 
die  fessel  zeugen  schände.    1,2(34; 
und  spann  ihn,  sperrt  er  sich, 
mit  fesseln  an  das  klotz.    1,268; 
ein  fessel  drücket  mich,  so  schwerer  ist  als  ich. 

llors!A:»NswALDAi;  Ueldenhr.  35; 
mein  fessel  lieb  ich  mehr  als  vormal  heim  und  schwerl.    45; 

sie  {die  liebe)  setzt  uns  härter  zu,  wenn  lessel  sie  umgeben. 
geCr.  schiifer  II ; 

denselben  augenblick  man  ihm  die  fessel  (ncc.pl.)  ahgelban. 
sterb.  Sucrat.  4; 
hingegen  eine  wilde  seele, 
so  noch  das  alte  lessel  drückt.    125; 

in  der  frcibeit  ein  raschendes  {überraschendes,  einfallendes) 
fessel.  VViEüEMANN  decemb.  7 ;  ein  unerträgliches  fessel.  Lohen- 
stein Arm.  1,  820 ; 

wagt  sich  die  feige  faust  selbst  an  den  fessel  nicht, 
der,  wann  er  brechen  soll,  mit  blut  gebeizt  nur  bricht. 
Lessi;«c  '},  347; 

die  vertrauten  der  gfttter  zermalmten  die  eisernen  fessel  der 
regel.  Sturz  1,213;  die  fessel  der  liebe  tragen;  mein  männ- 
liches herz  zerbricht  deine  stolzen  fesseln; 

werd  ich  zum  angcnblicke  sagen  : 

verweile  doch,  du  bist  so  schon  ! 

dann  magst  du  mich  in  fesseln  schlagen, 

dann  will  ich  gern  zu  gründe  gebn!    Gotiie  12,  86j 

die  seele  wars,  die  jähre  lang  gebunden 

durch  alle  fesseln  jetzt  auf  einmal  brach.    Schillbr  46*; 

der  Teil  in  fesseln,  in  des  vogis  gewall!    539'; 

es  heiszt  also  in  fesseln  sein,  in  fesseln  liegen,  in  fesseln 
gebn ;  in  fesseln  legen,  setzen,  werfen,  schlagen,  scbuiieden, 
mit  fesseln  binden,  fesseln  anlegen ;  fesseln  tragen,  dulden ; 
die  fesseln  ablegen,  abwerfen,  abnehmen,  abscbütleln,  brechen, 
zermalmen,  zerreiben,  zcrfciien ;  man  sagt  schwere,  klirrend«-, 
rasselnde  fessel.  gleichbedeulig  mit  fessel  sind  band,  eisenband, 
eisen,  kelle,  das  ahd.  fiJjjal,  fi'j/,il  erscheint  immer  nculra!, 
bleibt  also  im  nom.  acr.  ;>/.  unverändert,  das  mhd.  vP7,7,el  ist 
männlich,  das  nhd.  fessel  früher  meist  neutral,  selten  männlich, 
zuletzt  aber  überwiegend  weiblich,  also  mit  dem  pl.  fesseln ;  alln. 
fiötla  auch  f.  ahd.  mhd.  bedeidct  das  worl  fast  nur  band,  nicht 
die  .vhwere  kelle,  wofür  fi-jara,  mhd.  vi''j;/,er  galt. 

2)  da  auch  Ihiere  unten  am  fusz  gebunden  und  gefesselt  werden, 
$0  ergab  sich  leicht,  dasz  fessel  den  untern  Iheil  des  Ihierischrn 
fuszes,  pars  pedis  ungulae  jiroxima  bezeichnet: 

mhd.  fti  (dai  pfrrd)  \\H,  sit  ich  fi  lohen  muoj, 
kurzen  vejjel,  hiihen  fuoj.    AV.  7360; 
als  ir  pfen  in  gewuot 
unz  an  die  vg^^^el  zo  tal.    kröne  6015; 

nhd.  die  stücke  (der  Vorderbeine  des  pferdes)  sind,  von  oben 
her  ubwerts  zu  zehlen,  der  l>ng,  der  theil,  so  sich  von  donnen 
an  Itisz  zu  dem  knie  hinab  erstreckt,  die  rtihr  unter  dem 
knie,  die  ober  fessel,  die  unter  feisel,  der  fusz.  FrrENnAdi 
1,108;  dieselbe  einiheilung  bei  den  hinterbeinen  s.  203;  wann 
ein  ros  zwischen  den  feszien  fratl  und  rüssig  oder  »Irtlfüs/iK 
wirt,  grhür  da«  haar  vor  hinweg.  wa»ch  den  prosten  mit 
wein  aus.  Seriz  157 ;  die  füsze  der  pferdc  s(dl  man  »bor 
und  unterhalb  der  knie,  sonderlich  in  den  fesseln  und  um  den 
preis  (2,  355  brei«,  3)  mit  einer  cariaisehen  oder  hitransenen 


1557 


PESSELäDER^  FESSELN 


FESSELSCHATZ  — FEST 


1558 


lucli  trocken  reiben.  Hobbebc  2, 13 s'.  Selter  setzt  aber  für 
fessel  'füeszel'.  dies  und  das  lal.  pedica  sowie  compes,  com- 
pedio,  impedio  lieszen  tcol  daran  denken,  dasz  auch  fe;al,  vej^el 
mü  fiioj,  vuo;  selbst  zusammen  hängen  und  es  käme  darauf 
an,  die  verba  fe^jan  fag,  golh.  fitan  fat  und  fajan  fuo;.  goth. 
fatan  fot  zu  einigen,  worüber  Jtn/er  fusz  mehr  zu  sagen  ist,  vgl. 
fesser,  fisselicli,  fiszlocli. 

s.   balsfessel,  handfessel,  hornfessel,  wurffessel. 

FESSELADER,  f.  bei  dem  pferd,  die  ader,  welche  den  fessel 
entlang  hinab  geht. 

FESSELAT,  f  was  fesselgescbwür,  mhd.  vejjeläte?  gebildet 
wie  misceläte,  teiläte,  zweiäte:  eierdoUer  und  rosöli  (rosolio) 
under  einander  geschlagen  und  auf  {die)  fesselat  in  der  wunden 
gelegt.  Braünschweig  24. 

FESSELBAND,  n.  pleonasmus : 

du  kennst  den  m.ichiigen,  der  des  lyrannen  riegel, 
der  uiiscliuld  fesselband  zerschlug.  '  Tuümhel  2,39. 

FESSELBELADEX,  compede  vinclus. 

FESSELEK,  m.  lorarius ,  lictor,  Stieleb  438,  wäre  mhd. 
vegjelsere.  bildlich,  der  an  sich  fesselt,  die  herzen  fesselt, 
s.  feszicrin. 

FESSELER,  m.  rascidarius,  der  holzgefäsze  macht,  slraszbur- 
gische  ralhsverordn.  von  1362  m  Mones  zeitschr.  3,160;  do  man 
ralt  1362  jor,  do  wurden!  zu  Slroszburg  die  goltsmide  und 
die  ducbscberen  und  die  feszeler  zu  antwerken  gemalet,  die 
vormols  kunstofeler  (unzünßig,  vgl.  2,  635)  worent.  Closener 
117.  wäre  mhd.  vejjelaere,  und  nach  lieutiger  Schreibung  füsseier, 
fäszier. 

FESSELFEST,  compeditus,  vinclus: 
dein  reden,  schönste  Schäferin, 
und  dein  so  süszes  lachen, 
die  können  Zungen,  herz  und  sinn 
bald  fesselfeste  machen.    Kecxahks  lustw.  62. 

FESSELFREI,  compede  liier: 
wie  prächtig  klingts  den  fesselfreien  geist 
im  reinsten  quell  des  lichts  von  seinen  flecken  waschen. 

WlELAT^D  23, 15. 

fesselnfrei  bei  Uz  1,  231  und  Hippel  7,  302,  wie  sorgenfrei, 
schuldenfrei. 

FESSELGESCHWCR,  n.  an  dem  fessel  des  rosses. 

FESSELLAST,  n.  onus  compedum. 

FESSELLOS,  wie  fesselfrei: 

mit  sturmbeladnem  flügel  braust  Ton  ferne 

der  fessellosen  winde  rohe  schar.    Uberon  8,17; 

die  blicke  frei  und  fessellos 

ergehen  sich  in  ungemeszncn  räumen.    Schiller  . . . 

FESSELLOSIGKEIT,  f  die  einbildungskraft  erscheint  hier 
in   ihrer  ganzen  fesseliosigkeif.  Schiller  . . . 

FESSELN,  vincire,  nach  den  bedeutungen  von  fessel,  altn. 
fiötia,  nodare: 

so  kromet  denn  der  kinde  lerfrouwe 

dem  knaben  ein  tesche,  der  tochter  ein  hübe 

und  jedem  kind  ein  turteltube 

gevesselt  an  ein  sidin  borten,    nambuch  *.  113; 

da  ward  er  (Xerxes)  so  ergrimmet  ser, 

das  er  liesz  geiselen  das  mer, 

und  wurf  ketten  drein  es  zu  stillen 

und  es  zu  fesseln  nach  seim  willen.    Fischart  gl.  seh.  10; 

soll  ihn  das  leichte  volk  sehn  auf  den  richiplatz  gebn 

gebunden  und  geschleift?  soll  er  geßsselt  stehn? 
Crtphics  I,  31 ; 
ein  löge  an  die  ander  fesseln  wir  ein  ketten.  Megerle  Judas 
1,295; 

(hat)  mit  eins  ein  seil  mir  umgeworfen,  das 

mich  seitiem  dienst  auf  ewig  fesselt.    Lessi^ic  2,252; 

fesselt  dich  die  Jugendblüte?    Göthe  1,77; 

sie  schwebt  heran  und  fesselt  ohne  säumen 

um  meinen  hals  die  allerliebsten  schlingen.    5,251; 

war  es  denn  blosz  liebe  zu  Marianen,  die  mich  ans  theater 
fesselte?  19,128;  mit  dir  verlor  ich  alles,  was  mich  an  das 
leben  fesselte.  20,  88  ;  man  halte  gewünscht  durch  eine  Zauber- 
formel die  erscheinung  nur  einen  augenblick  zu  fesseln. 
24,317;  die  wuth  fesseln,  die  sein  undank  in  mir  anfacht. 
Klisger  2, 187 ;  fesselt  nicht  durch  eure  klagen  meinen  eilenden 
geist  in  diesem  körper.  2,439;  den  gefesselten  fluchen  luft 
machen.  3, 156 ;  trieb  sie  in  das  gerängnis  zurück,  wo  sie  in 
körbe  gefesselt  wurden.  3,191;  fesselt  die  wilden  geister  in 
meiner  brüst  durch  liebe.  4,160;  fesselnde  Unterhaltung; 

entzücken  fesselt  meine  zunge.    Gotter  3,465; 

du  fesseltest  das  schwort.    2,318; 

und  regimenicr  fesselt  das  starre  commando.    Schiller  "'; 

Bcrtha  von  liruneck,  die  zur  bcrrenburg 

dich  zieht,  dich  fesselt  au  des  kaiscrs  d\eDst.    52G'; 


0  nun  ist  alles,  alles  hin!  mit  euch 
sind  wir  gefesselt  alle  und  gebunden.    539*. 
man   sagt:   an  sein  bett,   an  sein  lager,    an  seinen  Schreib- 
tisch gefesselt  sein,  vgl.  anfesseln,  entfesseln,  losfesseln. 

FiscHABT  führt  ein  'fesseln  und  kesseln',  als  spiel  oder  leibes- 
übung  an,  wovon  es  schwer  ist  die  rechte  Vorstellung  zu  gewinnen: 
hie  fesselt  man,  hie  kesselt  man,  und  die  den  wein  ver- 
schütten werden,  lecken  ir  teil  von  der  erden.  Garg.  loo'; 
wann  er  denn  nun  genug  gespielet,  gerasselt,  gefesselt,  ge- 
kesselt und  die  zeit  verrammelt  bett,  da  wolt  sich  nun  auch 
in  alle  weg  gebüren  ein  weil  zu  bansen  aus  der  krausen.  170'. 
Maaler  134'  hat  feszlen,  hin  und  wider  feszlen,  bewegen,  treiben, 
agitare 

FESSELSCHATZ,  m.  arrha:  der  mahl  oder  fessclschatz. 
Cbeidics  2,  209. 

FESSELUNG,  f.  asirictio,  s.  anfesselung,  entfesselung. 

FESSELWUND,  von  pferden,  unten  am  fusie  wund. 

FESSELZWANG,  m.  compages,  vinculum: 

todte  gruppen  sind  wir,  wenn  wir  hassen, 

götter,  wenn  wir  liebend  uns  umfassen, 

lechzen  nach  dem  süszen  fesselzwang.    Schiller  S".  756'; 

gesetz  und  fesselzwang 
hielt  den  gemarterten,  der  unter  Schlangenbissen 
vergebner  reu  die  dürren  bände  rang.    Tbüvsel  2, 170. 

FESSER,  f  compes,  catena,  ahd.  fejara,  fej^erä,  mhd.  vi-j^er. 
DiEFENBAcn  379.  fesser,  eisenhalt,  poi.  t'oc.  1482  h  7*.  das  ent- 
sprechende ags.  fetor  scheint  n.,  obgleich  ich  nie  den  gen.  fiitores 
gelesen  habe,  auch  das  altn.  fiötur  ist  pl.  n.;  mhd.  nur  im 
miltelii  Deutschland: 

yeiieren  unde  balsbant 

löste  ime  Maria  zu  bant.    pass.  H.  144,72; 
•     man  sach  in  gar  zuruckin, 

zu  hrechin  und  zustuckin 

beide  vej5irn  unde  bant.    Jeroschi.i  13905. 

nhd.  do  warin  under  sobin  (sieben)  des  landes  echtir,  die 
fürte  man  kegen  Gotha  uf  eime  wagin  gebunden  unde  in 
vessir  geslossen,  die  worden  do  mit  kettin  an  den  galgea 
gesmedit.  Rothe  dür.  ehr.  c.  649 ;  spienen  on  in  vessir.  c.  701. 
Alberüs  hat  noch  unter  fang  :  fesser,  compes,  cippus,  später 
erscheint  es  selten.  Mena.ntes  gal.  weit  in  der  ausg.  von  1702 
1,40:  viele  sciaven  an  silberne  fesser  an  einander  geschlossen; 
die  von  1749  setzt  dafür  fessel;  Hdnold,  der  Verfasser,  war  aus 
Thüringen,  wo  das  wort  wahrscheinlich  hin  und  wieder  noch  unter 
dem  volk  lebt,  eine  urk.  des  10  jh.  bei  Dro.nke  n*  664  besagt: 
Adalbraht  tradidit  in  pago  Grapfeld  quicquid  ei  in  partem 
ccdebat  in  Vej^eriin  'ubi  ferrum  conflatur',  und  der  ort  trug 
wol  seinen  namen  davon,  dasz  man  dort  ketten  schmiedete,  es  ist  das 
spätere  kloster  Fesser  bei  Themar,  Föbsteman.v  2, 1504  vermengt 
es  viit  einem  ganz  andern  Westera.  auch  in  Pols  Jahrbüchern 
3,110  begegnet,  ich  weisz  niclit  woher:  nahm  die  fesser  von 
füszen,  erhieng  sich  an  die  kette. 

FESSERN,  vincire,  compedire,  ahd.  füjarün,  mhd.  vejjern, 
altn.  flütra.  ags.  fetorian,  feterian.  nhd.  vorauszusetzen  da,  wo 
sich  das  subst.  findet. 

FESSIG,  capax  =  fässig,  oben  sp.  1347:  wie  vil  metzen 
fessig  die  gugel  sei.    Fbank  ...  50. 

FEST,  firmus,  validus,  durus,  schon  oben  sp.  1348  unter  dem 
adv.  fast  angeregt,  ahd.  fasli,  festi,  mhd.  veste,  nhd.  fest,  zu- 
weilen noch  feste,  alts.  fast,  nn/.  vast,  ags.  fast,  engl,  fast, 
aUn.  fastr,  schw.  dän.  fast,  xweisilbigkeit,  der  ausgang  auf  i 
und  Umlaut  des  a  sind  also  hochdeutsches  kennzeichen.  dies  merk- 
würdige wort  bedarf  weitere  erörterung. 

1)  ror  allem  fillt  seine  abwesenheil  im  goth.  auf.  Ulfilas  ver- 
deutscht ßißatos,  OTSosöi,  sS^aios  durch  tulgus.  da  von 
diesem  ausdruck  erst  spät  gehandelt  wird,  sei  gestattet  hier  eine 
bemerkung  vorweg  zu  nehmen,  tulgus  verhält  sich  wie  hardus  und 
die  eigennamen  Tulga  m.,  Tulgilö  f.  sind  damit  gebildet,  weldte 
FöBSTEMASx  1, 355  nicht  unter  dulg  liälte  setzen  sollen,  dem 
tulgus  entspricht  nur  das  alts.  adv.  tulgo  valde.  nah  verwandt 
aber  scheinen  ags.  telg,  telgor  ramus,  ahd.  zuelga  (Graff  5, 729), 
trie  ^ch  aus  der  Vorstellung  ast,  ramus  auch  sonst  die  der  stärke 
und  festigkeit  entfaltet,  auf  zelga  aratura,  Scum.  4, 255.  Stald. 
2, 468,  in  tat.  urk.  celga  [RA.  353)  wäre  sp.  1493  unter  feige 
I«  weisen  gewesen,  weil  auch  da  z  und  f  sich  vertreten  könnten. 

2)  «ftr  {il)ersehen  den  umfang  der  goth.  spräche  bei  weitem  nicht 
und  auszer  tulgus  wären  noch  andere  adjectiva  ähnlicher  bedeu- 
tung  möglich,  von  tulgus  leitet  sich  lulgjan  ßeßniovf,  (nriQi^sir, 
xvoovr,  wartim  sollte  nicht  auch  [)vastjan  ßeßaioti;  xaors- 
Qit^n;  deren  künde  wir  erst  in  den  paulinischen  briefen  erhallen, 
entsprungen   sein    aus   {»vasts,   ßißaioi,    firmus?     viele   ändert 

93* 


1559 


FEST 


FEST 


1560 


verba  dieser  art  fulljnn,  haftjan,  varmjan,  abijan  gdien  auf  die 
ad},  fulls,  Uafts,  vanns,  abrs  zurück;  nach  der  verschiede lülkh 
vahrgenommnen  berfthrung  zuisclien  j)v,  |)  und  f  werden  nun 
pvast  und  fast  dasselbe  sein  und  man  hat  anzunehmen,  dasz  die 
golh.  mundart  selbst  veranlaszl  trar  ihren  laut  zu  spalten,  jivasljan 
|)vastida  für  firmare,  stabilire,  hingegen  faslan  fastaiila  (s/i.  1351) 
für  servare,  observare  zu  verwenden,  jenes  war  fest  machen, 
dieses  fest  halten,  jenes  der  ältere,  dieses  der  abslractcre  begrif. 

3)  |)vasts  empfängt  aber  noch  andere  gewälir,  es  war  der  gothi- 
schen  mit  der  lilauisclien  und  slaviscJien  spräche,  rivllcicht  ein 
entsprechendes  tcort  sclton  der  gelischen  mit  der  sarmalischcn  ge- 
mein, nur  tritt  lit.  und  sl.  r  an  des  goth.  s  stelle,  lil.  Ivirtas 
(irmus,  sl.  tvr  d'  durus ,  russ.  tverdyi,  poln.  Iwardy,  böhm. 
(vrdy;  wie  die  golh.  und  sl.  anlaute  ))V  und  tv  begegnen  sich 
auch  die  inlaule  des  golh.  fna})va,  salijtva  und  sl.  molitva, 
sclilva.  die  Vorstellungen  fest  und  hart,  was  soglcicli  erhellen 
vird,  liegen  sich  unmittelbar  nahe,  daher  anck  das  adv.  valde 
ahd.  bald  durch  fasto,  bald  durch  harto,  mhd.  vaste  und  harte 
ausgedrückt  tcird,  gerade  tele  die  lit.  adrerbia  tvirtay  und  drulay 
stimmen,  noch  ireiler  greifend  liesze  sich  auch  das  lat.  duriis 
und  lit.  drutas  zu  tvirlas  heranziehen,  denn  so  gut  ])va.*ls  und 
fasls  von  einander  irichen,  können  sich  auch  twirlas  und  drulas 
abgesondert  haben,  da  s  dem  r  (wie  umgekehrt  r  dem  I)  an  aller 
voraus  geht,  so  musz  die  uns  verdunkelte  würzet  ein  golh.  |)\is 
})vas,  oder  auch  auslautend  einen  andern  Unguallaut  dargeboten 
haben,  der  sich  vor  dem  t  in  s  außüsle.  lat.  firmus  kann  aus 
fisimus  hervorgehen. 

4)  dies  alles  voran  gesandt  und  forlgeselzler  prüfung  an- 
empfohlen legen  wir  die  bedeutungen  des  nhd.  fest  dar. 

a\  ßrmus,  was  hält,  widerhält,  nicltt  bricht  oder  losgeht :  die  feste 
erde,  der  feste  grund  und  Loden,  das  feste  land,  im  gegensalz 
zu  dem  zu  und  abflieszenden  meer,  terra  conlinens,  später  firma; 
zu  fiilen  ob  sie  sicher  weren  und  fest  land  erreicht  hellen. 
Garg.  238';  das  feste  eis,  noch  ist  der  flusz  fest,  zugefroren,. 
so  dasz  er  den  mann  trägt  oder  betreten  werden  kann;  ein  festes 
fasz,  das  nicht  rinnt;  ein  fester  knote,  der  sich  nicht  löst;  ein 
festes  l)and,  rinculum  firmum,  festes  schlosz,  sera  firma;  feste 
thür,  firma  janua,  feste  briickc,  fesle  niauer,  tiilgus  grundu- 
vadjus,  fester  kalk;  festes  gestein,  fester  fels;  feste  gehäude. 
GöTOE  40,  2S1 ;  eine  feste  band,  manus  non  vncillans,  mit  fester 
band  geschrieben ;  einen  fest  nehmen,  gefangen  nehmen,  fest 
halten,  gefangen  halten,  dasz  er  nicht  enlweichen  kann,  festen 
fuszes,  d'un  pied  ferme,  der  feind  liat  festen  fusz  im  lande 
gefaszf.  einer  hat  sich  fest  gerennt,  dasz  er  stecken  bleibt, 
iiat  sich  fest  gegessen  oder  getrunken,  musz  für  die  Zahlung 
in  haß  bleiben;  er  hatte  sich  fest  gefahren  und  seine  bc- 
mühungen  wieder  los  zu  kommen  waren  vergebens.  Göthe 
17,139;    in  welclien  fällen  fest  das  adj.,    nicht  das  adv.  scheint. 

b)  fixus,  infixus,  unbeweglich.  Kant  sclireibl  noch  8,  234  {im 
j.  1755)  feste  Sterne  oder  fixsterne.  Stieler  2150  schon  stand- 
stcrn,  fixstern,  Stella  fixa  (besser  infixa),  was  uns  ungeschickt 
klingt,  da  wir  mit  fix  den  sinn  von  hurti,,  verbinden;  der  achse 
fester  Stern,  der  polarstem,  ein  fester  sitz,  wohnsitz,  aufent- 
hall,  der  sich  nicht  verändert,  fr.  dcmeure  fixe;  fester  platz, 
feste  stelle;  fester  punct,  feste  linie,  seine  fesle  linie  nicht 
verlassen  ;  feste  formen.  Götue  1, 141.  fesler  preis,  prix  fixe, 
wofür  man  sonst  deutscher  die  feste  band  sagte,  fester  gehalt. 
ein  festes  äuge,  ein  fester  blick,  feste  gcsichlsziige,  feste 
richlung,  fester  beruf,  der  bäum  sitzt  fest  in  der  erde,  der 
nagel  fest  in  der  wand;  man  sagt  iesl  kommen,  fest  werden 
/Br  stecken  bleiben,  haßcn. 

e)  $oUdut,  densus,  derb,  gesund:  ein  fester  leib,  feste  backen, 
vvangen,  arme,  waden.  fesle  (comparle)  mas.ie,  fester  teig,  festes 
brot,  feslgebadien,  gegenüber  dem  leise  gebacken,  zitiiben  {rosinen) 
eingepackt  und  steif  mit  füeszen  eindretlen  lassen,  damils  fiist 
und  frisch  ob  einander  bleiben.  KitAfTs  reisen  s.  4S.  festes 
xhst,  hallbares,  das  sich  lange  hält;  fesler  kern,  es  zeigt  sich 
ein  fesler  kern,  die  sache  gewinnt  feste  gcstall.  mich  hungerte 
nach  etwas  festem  von  discurs.  J.  I*.  Fibel  C3,  narfi  fester  speiv. 
auch  e\u  fester  schlaf,  lomnus  arctus,  gesunder  schlaf,  er  liegt  in 
festem  schlaf,  gegensatz  in  leisem,     ebenso  fesler  und  leiser  tritt. 

d)  forlit,  stark :  fester  zwirn,  ein  fester  faden,  festes  gc- 
«cbc.  ein  handfester  mann,  manu  fortis,  beiname  des  Wat- 
tkariui,  ahd.  hantstarrh,  armstrengi,  altn.  bandramnir.  dalier 
die  anrede  fester  und  ehrenfester: 

ilnniiii  Irli  TC«ter  iimker  liiil, 
wOUeud  inaloi  gcTli  vernctioin-n  iiil. 

WiCKN«»!  piliji-r  11,2. 


e)  durus,  hart,  wie  das  lit.  tvirlas  fest,  das  sl.  tverdy  hart 
ausdrückt  und  felsenfest,  felsenhart  gleidtviel  sind,  man  sagt  fest 
oder  bart  wie  stein  und  bein.  fesigefroren  oder  hartgefroren, 
einen  festen  oder  harten  köpf,  ein  festes  oder  hartes  herz, 
festen  oder  harten  sinn  haben,  daher  fest,  wie  hart  orfer 
zähe,  für  geizig:  ach  mein  herr  Palladi,  wie  ist  er  so  frei- 
gebig mit  dienstanerbiclungen  und  so  fest  {zurückhallend, 
sparsam)  mit  der  lieferung.  Gnvpiiitjs  1,  777 ;  es  ist  auch  ein 
arbeiler  seines  lohnes  werlh,  und  also  musz  sich  der  herr 
nicht  so  feste  finden  lassen,  wenn  noch  auf  die  beiden  recht- 
schaffene kerle  20  bis  30  rth.  müssen  gewendet  werden. 
causenmacher  69;  ein  frauenzimmer,  welche  sonst  mit  ihrer 
waare  nicht  feste  hielt.  Virgil,  Nürnb.  1738  s.  4G. 

/)  zumal  auch  fest  gemacht,  hart  geworden,  unverwundbar,  wie 
den  Siegfried  seine  hortüiaut  gefestigt  oder  gefeil  halle.  Gryphius 
2, 477  verfaszte  ein  epigramm  'auf  die  kunst  sich  feste  zu 
machen': 

kunst,  du  wunder  aller  künslc,  die  ITir  stahl  und  blei  kaH  stetin, 
und  für  schnödem  men.schenmiste  musz  in  dampf  und  nichts 

vergehn. 
LoGAD  2,192,88  'auf  Jungfrauen': 

Venus  war  gefnlirlich  krank,  scliicklc  hin  den  kleinen  schützen, 
dasz  er  solle  juncfernfleisrh  mit  dem  göldrieri  pfeil«  ritzen, 
well  sie  iungCernblut  bedurfte,   zwar  der  knahe  schosz  gewis, 
gleichwol  merkt  er,  wo  er  träfe,  da.sz  kein  blut  sich  sehen  liesz, 
llog  l)etri'ibt  zur  mutter  zu,  wolte  drüber  sich  beschweren, 
bis  er  hörte,  dasz  durch  krieg  auch  die  Jungfern  feste  weren. 
denn  das  weisz  ja  die  ganze  weit, 
dasz  der  Friedländcr  einen  teufel 
ans  der  hölle  im  solde  hält. 

'ja,  dasz  er  fest  ist,  das  ist  kein  Zweifel'.    Schiller  323'; 
was  hilft  uns  wehr  und  walTc  wider  den? 
er  ist  nicht  zu  verwunden,  er  ist  fest, 
gegen  schusz  und  hieb!  er  ist 
gefroren,  mit  der  teufclsk\inst  behaftet, 
sein  leib  ist  undurchdringlich,  sag  ich  dir.    398', 
wo  wieder  'gefroren'  dem  harten  und  festen  begegnet,  sonst  auch 
'eisern'   und   'kugelfest',   sf/)on   in  der  cdda  Scemundar  'hard- 
giürr'.     fest  oder  gefroren.  Chemnitz  I,  213". 

g)  noch  gewöhnlicher  ist  fest  gleichviel  mit  befestigt,  muuitus 
von  bürgen,  slddicn,  lagern :  feste  bnrgen.  castra  munita,  fesle 
Städte,  fcslnngcn,  feste  lager;  eine  fesle  brückenschanze,  fons 
fortis,  munitus. 

h)  zahllose  absiracte  anwendungen,  meistens  im  sinne  von  firmus: 
fester  mut,    entschlossenheit,    er   ist  festen  sinnes,    entschieden, 
standhaß;  ich  bin  fest,  «ante  nicltt,  gebe  nicht  nach; 
ihre  reden  achtet  nicht  der  bruder, 
fest,  Imoskis  Cadi  sie  zu  trauen.    Götre  2,53; 

fester  glaube,  feste  hofnung,  feste  freundschaft;  ich  habe 
davon  eine  feste  meinung,  darüber  noch  keine  feste  ansieht; 
er  kann  zu  keinem  festen  entschlusz  gelangen ;  es  besteht 
als  feste  rcgel,  ein  fester  brauch;  er  gab  sein  festes  ver- 
sprechen ;  kein  festes  glück  war  ihm  beschieden ;  fester  friede 
ist  uns  verkündet;  das  glück  halte  keine  fesle  dauer;  was 
helfen  die  festesten  gelübde? 

5)  viel  Zusammensetzungen  mit  fest ,  die  nicht  auf  dieselbe 
weise,  sondern  verschieden  zu  deuten  sind:  erdfesl  sp.  768  fest 
in  der  erde;  wurzclfest,  kernfest,  /"c.sf  in  der  würzet,  im  kern; 
wandfest,  fest  in  der  wand;  bodenfest,  fest  im  boden ;  grundfest, 
fest  im  grund;  mauerfesl,  fest  in  der  mauer  oder  auch  wie  dw 
mauer;  fausifesi,  handfest,  fest  in  der  faust  und  hand ;  taclfest, 
fest  im  tacl ;  bibelfest,  fest  in  der  bibel ;  nagelfest,  sattelfest, 
fest  im  nagel,  satlel;  bandfest,  fest  wie  im  band;  nietfest,  fest 
genietet;  nothfest,  nicht  fest  in  der  nolh,  sondern  gleich  eintr 
fessel,  golh.  naudihandi ;  ciscnfest,  felsenfest,  fest  wie  eisen 
und  fels;  bickelfest,  fest  wie  bickel stein ;  baumfesl,  fest  wie  ein 
bäum :  kugelfest,  fest  gegen  die  kugel.  der  allen  sjwache  waren 
solche  composita  weit  geläufiger,  z.  b.  alts.  li'garfast,  ans  lager, 
ans  bell  gefesselt;  ags.  vlDTäst,  verheiratet,  an  ein  weib  gefesselt; 
sigefäst,  an  den  sieg  gefesseil,  .lieyreirh  u.s.w.  wenig  lob  ver- 
dient die  anfügung  des  fest  an  pari,  jrraes.  wie  festsetzend, 
fe.st  stellend. 

KFST,  adv.  firme,  firmiter,  wofür  goth.  tulguba  (irt>  harduba, 
manvuba)  und  {ivastiba  {wie  augiba,  sliuriba)  zu  gewarten  wäre  ; 
ahd.  fasto,  mhd.  vaste,  woraus  allmdlich  dir  schwächere  bedeu- 
tung  ferine  hervorgieng,  so  dasz  sieh  fast  und  fesl  absonderten 
{sp.  1348.  49).     hier  bleibt  aiso  nur  ron  diesem  letzteren  adr.  ie<\ 

zu  handeln,  in  vielen  fällen  ist  aber  srbiier  zirf-i ••■' '  ■'■!>'. 

XU    sriieiden.      solche    Unsicherheit    der   rede  l<  'e 

formen,     neben  sein,    werden,  bleiben  ist  i  Ij. 

anzunehmen,  zweifeln  kann  man.  ob  neben  stehen,  sitzen,  »lecken, 
haften,  wurzeln,  sclzcn,  siclleu,  halten,   wo  im  lat.  der  num. 


1561 


FEST 


FEST — FESTAUSSCHUSZ 


1562 


oder  acc.  des  adj.  zu  folgen  pflegt,  doch  auch  eine  adverbiale  vor- 
slellung  denkbar  ü/,  z.  b.  es  steht  fest,  ist  unuinstüszlich,  aus- 
gemacht, u-ird  allgemein  angenommen;  der  stuhl  steht  nicht 
fest,  wackelt ;  so  muste  der  hut  vom  köpf  und  hätte  er  noch 
so  fest  gestanden.  Weise  erzn.  57;  das  gewitter  steht  fest 
über  der  Stadt,  entfernt  sich  nicht;  der  vogel  sitzt  fest  auf 
der  Stange;  der  regen  sitzt  in  den  wölken  fest,  ergieszt  sich 
nicht,  fällt  nicht  nieder;   der  nagel  steckt  fest  in  der  mauer; 

Mars  traget  stiefeln,  die  als  schuh  was  fester  stecken. 
LoGAD  1,114,  »4; 
der  barnn  wurzelt  fest  im  boden ;  es  ist  fest  gemacht,  man 
sollte  es  fest  machen,  genau  verabreden,  auch  sichern,  sancire; 
CS  wurde  fest  gestellt;  der  friede  wurde  fest  gemacht  mit 
handgebung,  als  damals  gewönlich  war.  Waissels  chronik  s.  ST; 
macht  fenster  und  thür  fest  zu!;  haltet  euch  fest,  tapfer! 
haflt  dich  fest  an  die  mauer ! ; 

halt  dich.  Annale,  feste!    Garg.  SS*; 
bleibet  nur  auch  so  fest  und  beständig  auf  dieser  meinung. 
ScHOCH  stud.  leben  B3';  du  must  das  glas  fest  halten,     zieht 
man  hier  fest  auf  das  glas,  so  erscJteinl  es  adjecliiisch,  zieht  man 
es  auf  halten,  adverbial. 

in  folgenden   stellen   liegt   das   adrerb   mehr  offenbar:    wenn 
einer  im   fest   furnimpt   {vulg.   dennoch  statuit  in  corde  suo 
firmus).  1  Cor.  7,37;    haltet  fest  an  der  demut.  1  Pelr.  5,5; 
dem  tcufel  widerstehet  feste  im  glauben.   5,  9,   d.  i.  forliter, 
obschon   vulg.    cui   resistite   fortes   fide,   auf  fide,   niclit   auf 
resistite  bezogen;  der  mensch,  als  er  die  kälte  übel  empfin- 
det, verhüllet  sich  fest  in  seinen  rock.  Lokmans  fab.  33; 
so  fest  geschnürt  sie  immer  gieng.    Gellert  1,134; 
ich  glaube  fest,  dasz  deine  sinne  trügen.    1,1SI; 
und  ihr  behauptet  steif  und  fest.    Götbe  1,2°2'2; 
haltet  am  glauben  fest  und  fest  an  dieser  gesinnung.    40,242; 

wir  wollen  halten  und  dauern, 
fest  uns  halten  und  fest  der  schönen  guter  hesitzthum. 

40,337; 
fest  gemauert  in  der  erden 
steht  die  form  aus  lehm  gebrannt.    Schiller  77". 

man  sagte  ehmals  'fest'  essen  {sp.  1164.  liCC).  schreien,  lachen 
für  'stark',  aie  noch  heute  fest  schlafen,  fest  schlummern: 
asz  nur  desto  fester.  Wickram  ro//«'.  76';  je  mehr  und  fester 
sie  {die  enle)  schreien  ward.  58';  der  papagei  hub  noch 
fester  an  zu  schreien,  buch  der  liebe  23S,  2 ;  ein  theil  lachte 
noch  fester.  Simpl.  K.  1016:  fest  schlummernd.  Fr.  Miller 
1,  22 ;  vermutlich  wird  Luise  so  fest  schlafen,  dasz  sie  ihre 
ankunft  nicht  vernimmt.  Kotzebce  dram.  sp.  3,  144.  fest 
marschieren,  fest  aufschreiten,  fest  arbeiten. 

man  hat  sich  heule  getrölint,  das  adverb  an  das  verbum,  zu- 
mal an  die  participia  dicht  zu  reihen,  iroraus  dann,  nie  bei  an- 
schlieszcnden  partikeln,  lauter  uneciüe  Zusammensetzungen  hervor- 
gegangen sind :  fesibringen,  festsetzen,  festhalten ;  festgebracht, 
feslbestimmt,  festgehalten,  festgesetzt,  deren  die  geläufigsten 
aufgeführt  werden  sollen,  es  wäre  eben  so  unnütz  als  unlhunlich 
alle  denkbaren  zu  verzeichnen,  immer  bleibt  auch  noch  die  lose 
Stellung,  wodurch  das  adrerb  fühlbarer  vorlrilt,  slatüiap,  durch 
die  anreihung  wird  gröszere  abstraclion  herbeigeführt. 

FEST,  n.  festum,  dies  festus,  solemnis,  fest,  nicht  fest  {also 
wie  in  nest,  nicht  wie  in  best)  auszusprechen,  den  beiden  vor- 
ausgehenden unverwandt,  und  erst  aus  der  lat.  kirchensprache  auf- 
genommen, g(dh.  und  ahd.  galten  dafür  dul[»s,xtuld  {sp.  1434), 
vihd.  huchzif.  huchgezU.  die  friüisten  stellen  sind  bisher  bei 
Konbad  aufgefunden: 

swölch  frouwe  si  noch  hiule 

diu  schoenste  üf  disem  veste  (:  breste).    tr.  kr.  1455; 

nü  man  begienc  die  höcbgezit 

und  da;  fest  ein  ende  nam.    15149; 

Rwa;  man  von  vröuden  ie  gelas, 

des  alles  wart  begangen  vil 

ze  dirre  höchgezite  spil 

und  üf  des  t.nges  vgste  (:  gebrdste).    163S7; 

so  daj  si  (die  canonisierlen)  nü  diu  kirche  hat 

vor  heilig  und  ir  vest  begät.    Jehoscbin  92S6; 

dör  virde  päbist  ürbän 

satzle  da;  vest  zu  begän.    15.t38; 
du  her  daj  fest  vollebrächt  hate.  myd.  254,  6. 

nhd.  sagt  man  ein  fest  machen,  halten,  ftlern,  begehen, 
anstellen,  wie  hochzeil  machen,  halten,  feiern,  begeben,  an- 
stellen: lasz  mein  volk  ziehen,  das  mirs  ein  fest  halle  in 
der  wüsten.  2  Mos.  5, 1 ;  denn  wir  haben  ein  fest  des  herrn. 
10,9;  dreimal  solt  ir  mir  fest  halten  im  jar.  23,14;  das  fest 
der  unKosewrtcn  brot  soitti  hallen.  34,  IS;  so  solt  ir  nu  das 
fest  des  bcnn  halten  sieben  tage  nu.  d  Mos.  23,30;  ich  musz 


allerding  das  künftig  fest  zu  Jerusalem  halten,  apostelg.  lS,2i; 
ir  haltet  tage  und  monden  und  feste  und  jarzeit  («/ot/t.  dagam 
vitaij)  jah  men6J)um  jah  melam  jah  aj)nam).  Gal.  4,  lo ;  und 
Salomo  machte  zu  der  zeit  ein  fest.  1  kön.  8, 65 ;  und  er 
macht  ein  fest  am  fünfzehnten  tag.  12,  32 ;  ir  haltet  jarzeite 
und  feiret  feste.  £«.  29, 1;  das  ir  auch  mit  uns  dasselb  fest 
begehet.  2  Macc.  1, 18 ;  dieweil  wir  nu  solchs  fest  begehen 
wollen.  2, 16;  denn  sie  waren  auch  zum  fest  komen.  M.  4,  45; 

und  jeder  tag  ein  fest  des  glückes  und  der  fülle. 
Gellem  1,260; 

leben  ist  ein  groszes  fest, 

wenn  sichs  nicht  berechnen  läszt.    Göthk  1,125; 

wir  haben  uns  feste  hier  oben  erlaubt.    1,196; 

saure  wochen !  frohe  feste !    1, 199 ; 

aber  so  wende  nach  innen,  so  wende  nach  auszen  die  kräfte 
jeder;   da  wärs  ein  fest  Deutscher  mit  Deutschen  zu  sein. 

1,357; 

und  das  glückliche  fest  in  allen  den  landen  begangen.    40,243; 
so  war  der  frciersmann  immer 

in  dem  hause  der  erste  bei  jedem  häuslichen  feste.     40,302; 

in  das  wilde  fest  der  freuden 

mischten  sie  den  wehgesang.    Schiller  53'; 

und  der  tempel  heitre  wände 

glänzen  schon  in  festes  pracht.    56'; 

wol  glänzet  das  fest,  wol  pranget  das  mahl.    69*; 

doch  sagt  was  ist  des  kalsers  werth 

an  seinem  herlichsten  feste?    69'; 

wenn  die  hellen  kirchenglocken 

laden  zu  des  festes  glänz.    78*; 
0  möchte  siebenfaches  erz 

vor  euren  festen,  vor  mir  selbst  mich  schützen !    475* ; 

zu  leichtsinnig  glaubte  man  am  hofe  zu  Paris  das  andenken 
an  die  vertilgten  Hugenotten  doch  noch  durch  ein  jährliches 
fest  über  ihren  Untergang  verewigen  zu  müssen.  1076'. 

das  fest  iü  eine  zeit  der  freudc  und  des  jubeis,  wie  auch  zu 
eingang  des  Nibelungenlieds  fröude  und  hochgezite  zusammeti- 
gesteUl  sind,     schon  mhd. 

heid  in  wunneclicher  wät 

lit  bekleidet,  des  nü  feste  hat 

frigiu  lerk  in  lüften  hö.    »JS.  2,92», 

die  lerche  jubiliert,  tireliert.  fest  und  freude  machen.  Siei5- 
höwel  dec.  94,  23.  freude  und  feste.  98, 1.  540, 1.  Fiscbart 
im  45  ps.  {geistl.  lieder  s.  52) : 

wan  du  hertritst  in  deinem  pracht 

aus  helfbainen  pallästen, 

da  ider  auf  dich  hat  grosz  acht, 

haben  mit  dir  ir  feste; 

sein  fest  wormit  haben,  re  aliqua  laelari  Stieiek  473;  er 
macht  ein  groszes  fest  daraus,  rem  magni  aestimat;  du  hast 
zwar  von  jeher  mit  den  sternen  dein  fest  {daran  deine  freude) 
gehabt,  und  pflegtest  es  als  eine  göttliche  wolthat  anzusehen, 
wenn  der  himmel  so  recht  voll  sternen  war.  Clacdics  3, 43 ; 
ich  erwarte  ihn  in  einigen  tagen,  du  kannst  denken,  was 
das  für  ein  fest  {jubel,  freude)  sein  wird.  Güthe  29, 119. 
indessen  bedeutet  bä  Lctder  und  andern  mehr  die  redensart  'viel 
fcsts'  weniger  jubel  als  wesen,  lärm,  aufheben :  da  hebet  sich 
viel  fests  mit  dem  weibe  Isaacs.  4, 138 ;  da  hastu  wol  ange- 
zeigt, wie  Moses  ein  unnützer  wescher  ist,  das  er  von  un- 
nützen Sachen  so  viel  fests  machet.  4,143";  oder  was  ists 
für  ein  grosz  ding,  das  er  davon  predigt  und  so  viel  fests 
drüber  machet,  wer  weisz  das  vorhin  nicht?  6,203';  daraus 
sieht  man  die  ursach,  warumb  die  heilige  kirch  so  grosz 
fest  von  diesen  decretalbriefen  machet.  bienenL  77';  item  sie 
hat  auch  wol  den  rechten  natürlichen  schwänz  vom  esci, 
da  er  auf  ritt,  und  die  rechte  kripp,  darin  er  lag.  da  sie 
vil  fests  von  macht.  176';  sie  {die  evangelischen)  machen  kein 
grosz  fest  drausz  in  ein  feiszlc  mönchskutte  {sp.  1470, 7)  oder 
in  ein  schicchts  hembd  begraben  zu  werden.  199". 

s.  erntefest,  friedensfest,  frühlingfest,  herbstfest,  hochzeits- 
fest, jahrfest,  kirchenfest,  maifest,  oslcrfest,  pfingstfest.  rosen- 
fest, sommerfest,  Volksfest,  Wiegenfest  u.  a.  m.  in  den  fol- 
genden Zusammensetzungen  vermengen  sich  föst  und  fest  und  die 
ausspräche  hat  gar  nicht  verstanden  sie  zu  unlersclieiden. 

FEST.\BEND,  m.  dies  ante  diem  festum. 

FESTABSCHMTT,  m.  sectio  diei  festi 

FESTALTAR,  m. 

nimm  den  reichen  kränz  und  schling  ihn 

um  des  tages  festaltar.    Rccksrt  ge$.  ged.  1,470. 

FESTANGELEGE.NHEIT,  f.   vgl.  feslhändel. 
FESTAIFZIJG,  m.  festa  pompa. 

FESTArs.SCHUSZ,  m.  wofür  heule  undeulsrh  gesagt  wird  fest- 
coroite. 


1563 


FESTBESTIMMT  —  FESTEN 


FESTEN— FESTHAIN 


1564 


FESTBESTIMMT,  ßxus: 

denn  kennt  jemand  den  herrn,  so  kann  er  ihm  leichter  genug 

thun, 
wenn  er  die  dinge  bedenkt,  die  jenem  die  wichtigsten  scheinen, 
und  aur  die  er  den  sinn,  den  restbestimmten,  gesetzt  bat. 

GüTHE   40,317. 

FESTBIER,  n.  für  hodizcüen,  schmdtise  gebraut. 

FESTBRINGEN,  firmare,  ßgere:  ich  kann  den  kränz  nicht 
festbringen,  feslanhepen;  dringend  hat,  endlich  einmal  was 
mir  gegenwärtig  wäre,  auf  das  papier  festzubringen.  Göthk 
26, 200.     gegensatz  losbringen. 

FESTCHORAL,  m. 

wandelt  sie  beim  hohen  fcstchorale 

durch  den  tcmpcl  zu  des  herren  mahle.    Bürger  5*. 

FESTE,  f.  firinamentum,  munilio,  ahd.  festi  (Graff  3,  71C), 
mhd.  Teste  (wb.  3,  274.  275). 

1)  ein  von  nalur  gedeckter,  sicherer  ort: 

mhd.  ich  snch  an  einem  aste 

die  spercben  schrien  vaste, 

si  päbten  ze  einem  neste 

üf  eines  boumes  veste.    Mar.  154,2. 

«/id.  und  gott  sprach,  es  werde  eine  feste  zwischen  den 
wassern,  l  Mos.  1,6;  die  blaue  feste,  himmelsfeste.  Logaü 
2, 112,  73. 

2)  ein  bau,  anbau,  fcslung: 

mild,  swfir  büwes  ie  begunde, 

ba;  denne  ich  sprechen  künde 

Ton  dises  büwes  veste  ( :  beste}.    Parz.  403,17; 

dö  wart  hern  Iweine  gäch 

gcwäfent  von  dßr  veste.    Iw.  2543; 

und  vlöch  dö  werlichen 

gein  einer  siner  veste.    3769; 

Isenstein  diu  veste.    A'ib.  373; 
nhd.  die  feste  stehet  elend  und  ist  zurissen.   Jer.  48,1;    das 
alle  deine  festen  vcrstüret  werden.    Hosea  10,14;    denn  weil 
Habacuc  auf  der  hut  und  feste  stehet.  LirrnER  3,241*; 

Gurgistans  trotze  feste 
war  mit  gewürktem  gold  aufs  herlichst  ausgeziert. 

Grypuil's  1, 106; 
und  bebte  gleich  der  weiten  bau  und  veste, 
so  zaget  er  bei  ihrem  einfall  nicht.    Hagedorn  1,13; 

der  Patriarch 
hiernächst  hat  ausgegaltert,  wie  die  veste 
sich  nennt.  Lessing  2,220; 

was  Teindlicbe  männer  euch  leides  gethan  auT  der  veste. 

Od.  10,459; 

schon  zweimal  ward  die  feste  hart  berannt.    Körner. 
heute  nur  dichterisch,  in  prosa  gilt  feslung, 

3)  härte  und  fesligkeit. 

mhd.  dgr  marmeline  estcn'ch, 
der  ist  der  st.Tle  geiich 
an  der  grüene  und  an  dfir  veste.    Trist.  426, 17, 

d.  h.  ist  beständig  grttn  und  fest,  bergmännisch  heiszt  feste  eine 
grosze  menge  geslein,  wo  die  erzmasse  außörl  und  ein  fels  vor- 
geschoben ist.   Fniscn  1,2C1. 

4)  carcer,  den  gefangnen  in  die  feste  führen,  s.  fronfeste 
und  festun g. 

5)  firmatio,  scn/rfura.     s.  handfeste. 

e)  abstrael,  jeder  zweifei  von  dir  erregt  ein  erdbebcn  in 
den  innersten  festen  der  tiefe  meines  hcrzens.  Gütiie  an  fr. 
ton  Stein  2,  226 ; 

da  risz  der  innre  grimm  der  heldenhrust 

verwegen  an  den  testen  seines  lebens.    Körner  2, 186. 

FESTE,  f.  tunica,  veste,  restis,  nach  dem  fr.  veste,  v  wie  f 
ausyrsiirochen :  eine  schamerierte  feste,  inicrula  tacniis  aureis 
et  argenteis  segmentata;  brokatfcsle,  subucula  ex  tela  aurea  vcl 
argenlea.  Stieler  474.  in  der  zueilen  hdlfte  des  17  jh.,  spdler 
wieder  umiebräucldich. 

FKSTEINRICIITLNG,  f.  instUulio  sokmnium. 

FESTEI.NZL'G,  m.  introitus  solemnis,  Iriuwphus. 

FESTEN,  firmare,  goth.  ))va8tjan,  |)va8tida,  alid.  festan,  fusta, 
mhd.  veslen,  vaste : 

ir  minne  was  in  Testende.  Fsis.  Triil.  162'). 
nhd.  festen,  feslele,  ohne  rückumlaul :  wann  die  arm  der  sundcr 
werden  zcrknischcl,  aber  der  iierr  vestct  die  gerrchtrii.  bibvl 
14%3,  271*,  pi.  30, 17;  der  ungillig  man  vcslct  ungescbemigklich 
■ein  antlilz,  »ir  impius  procaritcr  obfirmal  vullum  stium.  It««3, 
302',  tpr.  Sal,  21,20;  die  dritte,  schell  ist  Hieb  festen  iif  das 
Sprichwort  got  hat  das  himelreich  mit  den  genscn  geniadii. 
Kr.iseiisKKiic  narrmsch.  4.V ;  da  er  die  wölken  droben  festet, 
da  er  festiget  die  brünncn  der  liefen.  *j/r.  Sal.  8,  2S;  er  bowel 


und  festet  sich  mit  dcnselbigen  (mit  holz  und  stein).  Luther 
3, 24S';  dieser  boden  wird  wie  die  undcren  beide  dem  ofen 
eingeieibet  und  an  den  gefestet.  Thurneisser  prob,  der  harnen 
106;  schönes  gcpräge  des  geldcs  ist  oft  ein  starker  klammer 
und  band,  damit  uns  der  pfennig  ans  herz  gefestet  und  also 
dieses  gegen  den  dürftigen  nechsten  desto  fester  verschlossen 
wird.  ScRivER  Gotthold  143; 

vom  magistrat  beordert,  beute 

zu  festen  diesen  knöpf.    Voss  6,114; 

der  tiefe  lehmhoden,  durch  bloszen  nachlfrost  nicht  gefestet. 
VARNnAGENS  Ülüchcr  337.  heule  dafür  festigen,  s.  entfesten 
und  festnen.  beide,  festen  und  festncn,  galten  zumal  vom  ver- 
loben der  braut. 

FESTEN,  f  firmitas,  munilio,  ahd.  festin  (Graff  3,718): 
und  waren  ctlich  todt,  die  andern  in  der  feiftin  einbeschlossen 
blieben.  Aniadis  381 ;  am  vierden  tag  ersahen  sie  ein  schöne 
festin  zu  obeist  auf  einem  bcrg.  398;  hierauf  ritte  sie  gegen 
der  festin  zu.  401;  weil  ein  festen  und  kämpf  fürscheuszt. 
M.\THEsiDS  1502,  307'.  vestinen,  die  in  der  höhe  ligend,  aeriae 
arccs.  Maaler  440^ 

FESTENTWEIHEND,  exaugurans. 

FESTENTWEIHCNG,  f  profanatio  festi. 

FESTESGLANZ,  wi.  festlicher  glänz: 

altar  und  kircho  prangt  in  festesglanz.    Schiller  470*. 

FESTESSEN,  n.  fe.itae  epulae,  feslschmaus. 

FESTFEIER,  f.  für  fest,  pleonastisch. 

FESTGARE,  f.  feslgeschenk. 

FESTGEBÄCK,  n.  feslkuchen.  J.  P.  Fibel  22. 

FESTGEBANNT,  expulsus: 

ist  der  schmerz  in  Lethes  welle 

tief  versenkt  und  festgebannt.    Scuillzr  54*. 

FESTGEBEIEB,  n.  festgeläute: 

wann  mit  bluten 

auf  den  hüten, 
sens  und  rcciien  auf  dem  arm, 
unter  spätem  festgebeier 
heimwärts  kehrt  der  zug  der  heuer 
und  der  Schnitterinnen  schwärm.    Salis  6t. 

FESTGEBRAUCH,  m.  usus  feslivus: 

gefasze  die  der  opfrer  sich 
zur  band  verlangt  vollziehend  heiligen  festgebrauch. 
Götuk  41,  1S2. 

FESTGEBUNDEN,  vindus:  lege  dich,  die  haare  festgebun- 
den, zu  bette.    Götoe  31,225; 

ich  lag  im  schif  mit  stricken  festgebunden.    Scuiller  540V 
FESTGEDIEGEN,  hart  gefroren. 
FESTGEHEUL,  n.  feslus  ululalus.  Ov.  met.  3,  529. 
FESTGELAG,  n.  epulae  solemnes. 
FESTGELÄUTE,  n.  sonilus  campanae  fedivus: 

dumpflg  und  wie  bienensummen 
klingt  der  glocken  festgeläute.    IIöltt. 

FESTGENOSZ,  m.  socius  festi. 

FESTGESANG,  n.  jubilum,  canlns  solemnis,  jubelsang. 

FESTGESCHLOSSEN:  festgeschlosscne  reihe;  feslgcschlos- 
sene  äugen.  Gotter  3,  32. 

FESTGESCHREI,  n.  jubilum. 

FESTGESELL,  ni. 

du  eilest  nicht  zu  jenen  fcstgesellen?    Göthb  2,  33. 

FESTGESETZT,  definitus:  am  festgesetzten  tage. 

FESTGESUND,  kerngesund:  die  kindcr  bilde  lieb  und  ernst 
und  Weisheit  zu  festgesunden  menschen.  Dhäsekk  glaube,  liebe, 
hofnung. 

FESTGETCMMEL,  n.  /h«ii(//«s  fesiivus. 

FESTGEWAND,  n.   festa  reslis,   feiergewand,   feirrlagsgewand. 

FESTGEWIRRE.  n.  das  fromme  festgewirre  (am  fronleich- 
namstag).  Gütiie  29,  3. 

FESTGEWÜHL,  n.  von  wo  man  ungesehen  ins  fcsigewiihi 
cinschaucn  konnte.  J.  P.  Fibel  107. 

FESTGEWURZELT.  r<i</jfc  infixus. 

FESTGBÜNDIG,  fnmissimus,  lestgcgründet :    da  ich  so  klar 
mit    starker    und    feslgründiger    scbrift    beweiset    halle,    das 
alle  Christen  geistlich  und  pricster  sind.  Litiikr  1,36»*; 
doch  den  Odvssou«  setzte  Telcmnchos,  listrn  crdeiikctMl, 
im  rostgründlgcn  mhiincrgemach  an  die  steinerne  scbwell«. 

oä.  2n,2is. 

frlihen  drinnen  im  wolgegrQodcten  satl. 

FESTHAIN,  m.  nemus  sacnim: 

Pospldon«  licMli-her  roMhaln.    /».  2.506; 
der  herliche  fcMhoin.    Urpheut  Aig.  ühT. 


1565 


FESTIIALLE  —  FESTIVITÄT 


FESTKLAMMERN  —  FESTNEN 


t566 


FESTHÄLLE,  f. 

FESTHALTEN,  firmiler  tenere,  s.  fest  adv.: 

sie  hat  ein  andern  im  nest, 

den  wird  sie  baltea  fest.    Atrer  faitn.  158'; 

was   er  begehrte,  das  war  ihm  gemäsz,  so  hielt  er  es  fest 

auch.    GöTHE  40, 280 ; 

an  ihm  blosz  hieltest  du  bei  jenem  stürme 

dich  fest.  Schiller  3ti6*; 

wer  konnte  es  nun  den  Katholiken  zum  rerbrechen  machen, 
wenn  sie  sich  bei  diesem  Widerspruche  der  nieinungen  an  die 
autorität  ihres  glaubens  festhielten.  884";  auch  einzelne  baum- 
gruppen  hielten  an  mancher  stelle  das  äuge  fest.  GötheI",  31; 
bei  dem  glücklichsten,  alles  festhaltenden  gedächtnis.  31,  215. 

FESTHALTUNG,  f.  eine  festhaJtung  des  fons,  den  man 
einmal  angegeben  hat.  Kli."«ger  9,  85. 

FESTHÄNDEL,  p/.  curae  feslivae:  Wieland  halte  sich  in  jenen 
thcater  und  feslhändeln  sehr  wacker  benommen.  GüTaE31,145. 

FESTHASE,  m.  der  wildmeister  war,  wie  alle  einsame 
oder  waldraenschen  unter  die  Schaumünzen  von  selbstgepräge 
gehörig,  unter  die  sogenannten  feslhasen,  die  man  für  das 
fest  mitten  aus  dem  Jagdverbot  herausschieszt.  J.  P.  Fibel 
150  (104) ;  in  die  küche  war  schon  ein  anderer  festhase  und 
auszerordentlicher  gesandter  eingelaufen,  der  hofkaplan. 
Hesp.  3.49. 

FESTHEIT,  f.  firmUas:  welche  treue  nnd  sanfte  festheit 
in  diesem  gesiebte!  Lavaters  jdiysiogn.  3,10,14. 

FESTIEREN,  fr.  feter:  da  war  festieren  und  jagd  und 
lustharkeit  aller  art.  Tieck  3,  33.     s.  festivicren. 

FESTIGEN,  firmare,  stabilire,  weder  ahd.  noch  tnhd.,  dodi  für 
letztei-es  aus  dem  subst.  vestigunge  zu  folgern;  nhd.  vestigen. 
Dasyp.  44"';  darumb  sol  ein  mensch  geren  wonen  und  sein 
bei  den  dürftigen  armen  und  betrübten,  uf  das  wäre  christen- 
liche  liebi  in  im  gefestiget  werd.  Keisersb.  se/enp.  11";  ist  sie 
eine  thür,  so  wollen  wir  sie  festigen  mit  cedernbolen.  Iiohelied 
8,9;  das  ers  nicht  kan  so  plötzlich  faren  lassen  und  sein 
gewissen  festigen,  das  des  bapsts  ding  unrecht  und  dieser 
brauch  recht  und  evangelisch  sei.  Luther  2,  9S';  er  sol  ein 
haus  bauen  meinem  namen  und  ich  wil  seines  reichs  stuel 
festigen  ewiglich.  2,241";  o  du  greifests  fast  weislich  an  und 
schlegests  gut  für  mit  deim  bawen  und  festigen.  3,  24S'; 

Tcstigt  tempel  euch  aus  marmel.    Lohesst.  Hyac.  65; 

ist  es  nicht  wunderlich,  wie  gottes  band  die  Sternen 

theils  (astigt,  theils  bewägt?    Rompler  147; 

unten  dorrte  dies  laub,  sänke,  hier  oben  grünts, 
festigt  den  stolzen  entschlusz.    Klopstock  2,87; 

sich  durch  guten  frasz  und  sof  zu  stärken  und  zu  festigen. 
Hippel  2, 193;  er  schmeichelt  unseren  schwächen  und  festiget 
unsere  stärken.  Göthe  6,116;  aberglaube,  der  durch  menschen- 
opfer  Städte  zu  festigen  denkt.  4«,  326;  geschichte  des  ge- 
fühls,  wie  es  sich  nach  und  nach  festiget  und  läutert.  60, 225. 
X.  befestigen. 

FESTIGKEIT,  f.  prmitas,  durities,  conslantia,  persererantia : 
daj  eisen  alleu  andren  dinch  zämt  mit  seiner  vestikait. 
Megexberg  479,17;  festigkeit  des  holzes,  garnes,  tuchcs; 
sollten  die  umstände  über  ihre  festigkeit  siegen.  GorrER3,  75; 
festigkeit  in  seinen  entschlüssen.  Klinger  5,  243 ;  so  zeigte  er 
die  festigkeit  und  Sicherheit  seines  sinnes.  Gütde  32,  25S. 

FESTIGLICH,  ßmiiler:  welher  dcnne  sterker  ist,  der  wirft 
den  andern  zuo  der  erden  oder  in  ain  wajjer  als6  vesticleich 
ze  stunden,  daj  er  schef  under  kert.  Megexberg  80,19;  ze 
helfen  vesticleich  wider  all  vergift.  284,25;  w4  man  ej  hin 
streicht,  d4  wert  ej  vesticleich,  daj  icht  härs  da  wachs. 
303,  8 ;  widerst^ t  dem  roten  flu;  gar  vast  und  widerstet  auch 
vesticleich  der  fduhfen  in  dem  leib.  416, 18 ;  und  halt  in  im 
baw,  den  deine  rechte  gepflanzt  hat,  und  den  du  dir  festiglich 
erwelet  hast.  fts.  80,10;  und  die  leute,  die  du  dir  festiglich 
erwelet  hast.  80, 18;  lasz  deinen  knecht  dein  gebot  festiglich 
für  dein  wort  halten,  das  ich  dich  furchte.  119,38;  sie  glauben 
vesliglich.  Micu.  Neaxdeb  menscliensp.  51 ;  festiglich  versprechen. 
Käst  4,45; 

er  ist  entschlossen  festiglich.    Wielajid  9,207; 
ich  glaub  es  festiglich.  Hippel  14, 193.     heute  auszer  gebrauch. 

FESTIGUNG,  f  firmatio  :  die  bildung  und  sittliche  festigung 
des  jungen  mannes. 

FESTI VIEREN,  was  festieren:  in  Trier  soll  schon  in  die  acht 
tage  mit  groszem  pomp  festiviert  werden.  Fr.  MCller  3,  333. 

FESTIVITÄT,  f.  wie  der  hebräische  künig  bei  fcsfivltüten  und 
feierlichkeiten.  Fr.  M|}ller  1, 314.  berührt  sich  hiermit  das  schveiz. 
fcstilis,  compliviente,  ceremonien,  umschiveife?  Stalder  1,366. 


FESTKLAMMERN,  arde  constringerc ,  sich  festklammern, 
anklammern:  der  schifbrüchige  klammert  sich  fest  an  eine 
planke; 

und  an  jedem  bein 
hielt  sich  ein  junge  festgeklammert.    Gökwgk  2,69. 

hddlich,  das  einzige  rettungsmittel,  woran  sie  sich  mit  aller 
beharrlichkeit  eines  mütterlichen  herzens  festklammerte. 

FESTKLEBEN,  inhaerere,  adhaerescere. 

FESTKLEID,  n.  feierkleid. 

FESTKNÜPFEN,  firmiler  jüngere:  war  es  liebe  zur  kunst, 
die  mich  an  das  mädchen  festknüpfte?  Götoe  19,128. 

FESTKOPPELN,  vinculo  coptdare:  die  hunde,  rosse  fest- 
koppeln ; 

man  koppelte  die  rosse  fest  in  reihn.    Bcrcer  152*. 

FESTKÖRNIG:  fein-  und  festkörniger  magneteisenstein. 
Halsmanx  in  den  gött.  gel.  anz.  1841  s.  281. 

FESTKREIS,  m.  circulus,  congressio  convirarum. 

FESTKUCHEN,  m.  festgebäck. 

FESTLAND,  n.  continens,  das  feste  land. 

FESTLÄNDISCH,  continentalis :  die  festländische  sperre. 

FESTLEGEN,  stabilire.  Stieler  1110. 

FESTLEGER,  m.  slabilUor. 

FESTLEIBIG,  l)  corpore  fortis,  mannhaft. 

2)  dura  alvo  laborans,  hartleibig. 

FESTLEIBIGKEIT,  f.  1)  durüies  corporis:  und  dasz  des 
mans  festleibigkeit  die  weibliche  blödmütigkeit,  wie  der  aug- 
stein  die  spreuer  an  sich  ziehe.   Garg.  66'. 

2)  alvus  astricla,  harüeibigkeit. 

FESTLICH,  firmus,  ahd.  fastlih  (GEArr  3,  715),  mhd.  vestlich 
{wb.  3,  274),  a^.  fästlic,  füid.  nur  tnt  15. 16  ^.,  nachher  durch 
festiglich  ersetzt: 

mit  euerm  haar,  so  festlich  schön  es  ist.    Gellert  1,252; 

er  sprach,  ain  ieder  brief  (prüfe)  sich  wol, 

wie  er  in  tügent  festlich  steh.    Schwarzehbsrg  151. 

FESTLICH,  festus,  festivus,  feierlicli: 

alle  leute  waren,  spazierend  in  festlichen  kleidern 

auf  den  dörfern  vertheilt  und  in  den  schenken  und  mülen. 

GöTHB  40,  249 ; 
sein  blut  ist  heisz,  warum  sein  blick  so  kalt? 
so  abgemessen  festlich  sein  betragen?    Schiller  252'; 
der  könig  steht  im  festlichen  ornat.    475*; 

die  festliche  sonne.  J.  P.  unsichtb.  läge  3,80;  er  ziehet  ganz 
festlich  auf,  veste  ulilur  feriala.  Stieler  474; 

unser  gesang  soll  sie  festlich  erheben.    Schiller  56\ 

FESTLICHDUNKEL,  Albine  und  Rabette  kamen  herauf, 
festlichdunkel  gekleidet,  zum  gange  in  die  begräbniskirche, 
J.  P.  Tit.  5, 189. 

FESTLICHKEIT,  f.  fesUcUas: 

mir  ist  das  hen  verwandelt  und  gewendet, 

es  flieht  vor  dieser  festlichkeit  zurück.    Schiller  474'. 

FESTLIED,  n.  canlio  fesLiva.    Stieler  1161:    von  geselligen 
festliedern  bis  zur  kleinsten  geschenksgabe.  Göthe  4S,  163. 
FESTLIEGEN,  sedere,  anschlieszen,  ein  festliegendes  gewand ; 

nur  die  natur  ist  redlich!  sie  allein 

liegt  an  dem  ewgen  ankergrunde  fest.    Schiller  492'. 

FESTMACHEN,  capere,  vincire,  fesseln,  heften:  etwas  an  der 
wand  festmachen,  befestigen;  er  liesz  sich  festmachen  durch 
den  kreis,  den  eine  biene  um  ihn  zog.  J.  P.  Hesp.  l,  166 ;  fest- 
machen, ratificieren ;  festgemacht,  hartgemachl,  unverwundbar. 

FESTMACHER,  m.  male  feriatus,  der  viel  feierlage  macht. 
Stieler  1161.  Logaü  1,  86  überschreibt  dreigedichte  'festemachcr', 
es  ist  nicht  klar  in  welchem  sinn. 

FESTMAHL,  n.  convivium  solemne,  festliches  gaslmahl: 

nagte  des  festmahls  knochen  Packan  und  murrctc  seitwärts. 

Luife  1,  13. 
FESTMUSIK,  f.  musica  augustior.  Stieler  1312. 
FESTNAGELN,  clavo  figere: 

wie  sie  den  doctor  schnell  umringen, 

wie  sie  die  harten  fauste  schwingen, 

die  guten  lehren  festzunageln, 

die  brausend  auf  den  sünder  hageln.    Li5ad  Faust  55; 

0  dieser  festgenagelte  Sonnenschein  und  all  die  heiterkeit 
lim  mich  her!  Hebbels  Mar.  Magd.  81;  der  gesandte  ist  zu 
Rom  festgenagelt.  Niebihbs  leben  2, 150. 

FESTNEHMEN,  capere,  tenere:  der  dieb  ist  festgenommen. 

FESTNEN,  firmare,  ahd,  festinön  festin6ta,  mhd.  vesten 
vestenle : 

dö  beten  sl;  gevestent  mit  eiden  alsO  stark.    Kib.  1080, 2 ; 


1567 


FESTNEN  —  FESTSETZEN 


wir  haben  in  gnAde  getan,  also  daj  wir  demselben  gotes- 
bäse  iilliu  diu  liut  und  alliu  diu  rl-ht,  diu  si  liänt  koufet, 
haben  bcslaetet  und  gefestent.  urk.  von  12!)1  in  Schmid  pfalzgr. 
von  Tüliinyen  s.  71.  nhd.  darunib  mag  ej  (iler  taubgebornc) 
kain  sprach  geveslenen.  Megenberg  15,  4;  er  vestent  die 
wagenden  zend.  447, 17 ;  so  werden!  die  zend  gevestent  da 
von.  89,  30 ;  als  nu  disz  also  gevestnet  und  beschlossen  worden 
ist,  suchet  er  ain  kuplerin.  Nicl.  von  Wvle  32, 37 ; 

aber  F'amphilus.   'was  sagt  si?'  hat  gefestnet  den  globcn. 
sed  hie  Pamphilus.   'quidf  dicit?'  firmavit  iidera. 

Terentius  1499,22*.  Anririti  v.  462; 
warunib  nit  gebütst  ze  berufen  die  tochter  und  festnest  die 
zugab,  die  ich  zugesagt  hab.  94'  Heaut.;  gebietung  schwerer 
si  und  basz  gefestnet,  die  mit  gewalt  geschieht,  dann  das 
durch  fründschaft  zusammen  gefücgt  wirt.  97".  Adelph. ;  wSr 
wäre  kristenliche  liebe  stark  in  dir  gefestent,  mit  deren 
überwindest  du  alle  ding.  Keisersberg  sclenp.  li';  do  sprang 
er  männlich  zu  inen  und  mit  seinen  tröstlichen  worten  festnet 
er  sie  im  giouben.  frcd.  llö';  zerstört  den  flecken  Bladolz- 
heim,  den  graf  Rudolf  von  Habspurg  zevor  mit  einem  graben 
und  tam  gevestnet  hat.  Tschüdi  1,175;  die  gemeldte  kochung 
im  munde  gehalten  stärket  und  festnet  die  wacklende  zahn. 
Tabernaem.  358;  teschelkraut  im  mund  gehalten  festnet  die 
wacklenden  zahn.  514.  wird  später  tingebräuclilich,  scheint  aber 
in  der  Scinceiz  fortzuleben,  ztrar  Fnisius  506'  hat  vesten,  kein 
vestnen,  doch  Stalder  I,  366  verfestncn  und  Lavater  festnen : 
auf  diese  weise  festnet  der  physiognomist  seine  blicke  auf 
das  feste,  unveränderliche,  auf  die  unwandelbare  Wahrheit 
einer  physiognomie.  fragm.  4,  2,  5. 

FEST.MSTE.V,  irie  einnisten :  der  Franzose  nistete  sich  am 
hofe  und  in  den  familien  fest.  Kunger  10, 100. 

F'ESTOCHS,  m.  bei  chverlObnissen,  schmausen  geschlachtet. 

FESTOPFER,  n.  und  wolt  dem  hcrrn  opfer  thun,  es  sei 
ein  brandopfer  .  .  .  oder  ewer  festeopfer,  auf  das  ir  dem 
herrn  ein  süszen  geruch  machet  von  rindern  oder  von  schafen. 
AMos.  15,3. 

FESTORDNER,  m.  ordinalor  festi. 

FESTNIS,  FESTNUS,  f.  munilio: 
verstörten  alles  umb  und  umb 
bis  auf  das  capitolium, 
das  war  ein  wol  verwart  festnus.    ganskönig  g3'. 

FESTI'FLÖCKE.N,  paxillo  figcre:  Stöcklein  wollte  eine  kleine 
Just  und  geschäftsreise  machen  ...  als  der  teufel  ihn  wie  einen 
hornschröter  in  die  festung  festpflückte.  J.  P.  ^epomukk.  113. 

FESTPREDIGER,  m.  festus  concionalor. 

FESTPREDIGT,  f. 

FESTQUELLEN,  turgescere:  sie  haben  mich  in  eine  kurze 
Jacke  gesteckt,  in  der  alle  meine  gliedcr  wieder  festquellen. 
Stcrz  2.  407. 

FESTREDE,  f.  fesla  oratio. 

FESTREDNTR,  m.  festus  orator. 

FESTREICH,  abundans  festis:  der  merz,  dessen  zweite 
bälfte  für  uns  so  festreich  gewesen  war.  Güthe  24,  311. 

FESTREIHEN,  m.  Chorea  fesla: 

CS  tost  des  gottes  festreihen 

durch  die  Waldungen  des  gebirgs.    Voss. 

FESTREISE,  f.  reise  zum  fest :  die  apostel  begleiteten  Jesus 
auf  seinen  festreisen.  \Viners  bibl.  realwOrterb.  1,  81. 

FESTROCK,  Hl.  vestis  festa.  Horazens  sat.  von  Wieland 
1794.  2.45. 

FESTSCHLAFROCK,  tn. 
dasz  er  die  wärmende  mutz  aufsetzt  als  vater  dea  hauses 
und  sich  den  fcst.schlarrock  anicgcte.    doch  er  versagt  es. 

Luise  3, 60. 
FESTSCHLINGEN,  laqueo  firmare. 
FESTSCHMAUS,  m.  festessen: 

und  feierten  stattlichen  festschmaus.    Voss; 
die    stadttcute   sprechen  von  groszcn  fcstscbmausen  als  Ton 
einer  fronarbeit.  Abkim  kronenw.  1,354. 

FFSTSCHML'CK,  m.   ornatus  festus:    gehäufte  bflodcr  und 
sonstiger   in    der  nachbarschaft  tiblicher  festsclimuck  wurde 
•chicklich  vertheilt.   Götue  23,  204. 
FESTSCHRITT,  m.  fetlus  grestus: 

zwar  lange  verhallt  ist  jener  geiang,  den  einil  des  Arminlui 

heerschar 
anstimmcod  gejauchzt  in  des  sieg»  festschrltt,  auf  römischen 
gribem  getanzt  Ihn.    I'latkn  302'. 
FF„STSCH\VARM,  m.  feüa  turba. 

FESTSETZEN,  l)  dnturrr,  constituere:  c»  wurde  fcslgcsclzt, 
beiiiiiimt ,  IM  .11  In. .nie  es  nicht  sogleich  fcslactzen. 


FESTSITZEN— FESTL'NGSSCHLÜSSEL     1568 

2)  sich  festsetzen,  niederlassen,  einnisten:  es  hat  sich  in 
ihm  der  gednnke  festgesetzt,  dasz  er  bald  sterben  müsse. 

FESTSITZEN,  sedere:  der  pfeil  sitzt  fest;  der  kahn  sasz 
fest;  sie  saszcn  fest,  was  konnten  sie  machen?  Gütue  8,127. 
42, 166. 

FESTSPIEL,  n.  ludus  festivus:  die  bühne  wurde  mit  einem 
festspiel  eröfnet. 

FESTSTAIUi,  vor  fcsligkeit  starrend. 

FESTSTEHEN,  stare:  wenn  das  einmal  feststeht,  dasz  nichts 
begehrungswürdig  ist  als  tugend.  Garve  zu  Cic.  off.  3,46; 
feststehende  meinungen  u.  s.  w. 

FESTSTELLEN,  statuere:  die  friedensbedingungen  fest- 
stellen. 

FESTSTELLUNG,  f.  feststellung  des  Zahltages. 

FESTSTÜCK,  n.  festspiel:  jenes  feststück  zu  Nancy.  Gütue 
36, 183. 

FESTTAG,  m.  festus  dies,  ahd.  tulditago,  fäertag: 

die  junge  Schäferin 
gienß.  wenn  es  festlag  war,  nicht  zu  den  reihen  hin, 
sie  blieb  auf  ihrer  tritt.    Rost  scliäferg.  94; 
schön  in  kleidern  musz  ich  kommen, 
aus  dem  schrank  sind  sie  genommen, 
weil  es  heute  festlag  ist.    Götuk  1, 102. 

FESrrÄGlG:  beim  festtügigen  kirchgang.  Güthe  17,201. 

FE.STTÄGL1CH:  eine  festtägliche  Zerstreuung  durch  gesell- 
schaft.  Lichtenberg  8, 102. 

FESTTÄGLICH,  l)  quovis  festo  die :  das  geschieht  festtäglich. 

2)  festke:  kinder  spielten  auf  einem  grünen  platze  fest- 
täglich geschmückt.  Tieck  4,  226. 

FESTTAGS,  adv.  die  festo,  s.  oben  sp.  363. 

FESTTAGSKLEID,  n.  feicrtagskleid. 

FESTTAGSLIED,  n. 
das  war  mein  lieblingslied,  mein  festtagslied.    Körner  2,  191. 

FESTTAGSMENSCH,  ffl.  je&iMc/ icie  alltagsmensch:  gewisse 
menschen  nenne  ich  hohe  oder  festtagsmenschen.  J.  P.  uns. 
löge  2,  58. 

FESTTAGSWITZ,t?i.  du  wendest  solchen  festtagswitz  an  ihn  ? 

FESTTANZ,  tn.  festiva  saltatio: 

fröhlicheren  festtanz  lehrte  mich  Aristophanes. 

A.  W.  Schlegel  2,71. 

FESTUMHEGT,  firmUer  cinclus: 

zur  wand  hiniretend  des  feslumhegeten  vorhofs. 
Uesiod  haust.  732. 

FESTUMMAUERT,  eireixeos: 

die  festummauerte  Troja.    Bijrcer  187*.  195*. 

FESTUNG,  f.  locus  munilus:  ob  sie  in  gezelten  oder 
festungen  woncn.  4  Mos.  13,20;  und  da  der  Midianiter  band 
zu  stark  ward,  machten  die  kinder  Israel  für  sich  kliiften 
in  den  gebirgen  und  hülen  und  festungc.  rieht.  6,2;  und  wird 
ircn  pracht  nidrigen  mit  den  armen  seiner  hende  und  die 
hohe  festungc  ewer  mauern  beugen,  nidrigen  und  in  den 
staub  zu  boden  werfen.  £s.  25, 12;  und  bcsalzten  die  festungen 
auf  den  bergen.  Judith  4, 3.  man  sagt  grosze  und  kleine, 
uneinnehmbare,  jungfräuliche  festung;  die  festung  angreifen, 
berenncn,  belagern,  beschieszen,  aushungern,  stürmen,  nehmen, 
erobern,  schleifen,  übergeben,  vertheidigen ;  die  festung  hält 
sich,  fällt,  ist  gefallen,  geht  über;  vor  die  festung  ziehen, 
von  ihr  abziehen ;  besatzung  in  die  festung  werfen ;  die  festung 
ist  durch  berge,  durch  einen  Dusz  gedeckt. 

FESTUNGSARBEIT,  f.  festunysbau,  zu  lebenswieriger 
festungsarbeit  verdammt,  verurtheilt. 

FESTUNGSBAU,  m.  muniendi  opera:  zu  feslungsbau  aU 
slrafarbeil  oß  in  ketten,  verdammt; 

viel,  die  der  geiz  betrogen, 
viel,  die  der  chrgeiz  sticht,  die  fröliiion  stets  allhier. 
für  sie  Ist  diese  weit  pIii  trauriges  Algier, 
ihr  haus  ein  vestungsbau.    Licutwer  recht  der  verntinfl  56. 

FESTÜNGSHAUKUNST,  f 
FESTUNGSBEZIRK,  m.  raijon  de  la  forterei.<ie. 
FESTUNGSGRABE,   »i.     die   cingefrornen    festungsgraben 
Güthe  20,331. 

FESTUNGSHAFT,  f.  ddentio  in  caslro. 
FESTUNGSKRIEG,  m.    der   herzog    hätte   sirh    auf  rinrn 
fesluugskrieg  beschränken  mögen,  allein  der  kiTiik-lichc  villo 
schob  ihn  vorwärts.   Dahlmann  fr.  rtv.  4'i 
FESTUNGSSCHLllSSEL,  m. 

wer  stftrt  uns  norli  in  sn&icr  narhi?    vs  i^i 
der  commandant.    er  bringt  die  fcKiungn-K  liln«e|. 
SuiiUJUi  3'jy'. 


1569   FESTUNGSSTRAFE  — FETSCHEN 


FETT 


1570 


FESTUXGSSTRAFE,  f. 

FESTU-NGSWEHK,  n.  munimentum :  was  aber  Terweichlicht 
und  die  festungswerke  der  seele  bricht,  kann  krieg  und  friede 
gleich  gut  zuschicken.  J.  P.  dämm.  61. 

FESTVERSCHLOSSEN :  marmorbilder  mit  festverschloszner 
band.   Kretscbxan?«  launen  204. 

FEST\'ER\\TSER,  m.  wie  festordner. 

FESTWÄHLUNG,  f.  wan  wir  nur  am  schnürlein  wissen, 
das  unser  liebe  mufer,  die  heil,  kircb,  der  taghaitung  und 
festwehlung  ebenso  vil  kraft  als  dem  blut  Christi  selbst  zu- 
schreibt, bienenk.  152". 

FEST\^'E1N,  n.  rinum  diebui  festis  resenatum: 

feh,   schenke,  bringe  mehr  herein, 
och  du  must  alten  festwein  geben.    Hagedob!«  3,123; 
wenn  sie  Ton  dem  einst  tranken  dem  rothen  balsamischen 

festwein, 
rov  S'  ore  nivotev  fteXirßea  otvov  i^&Qov.  Od.  9, 208 ; 
mischten  den  rötlilichen  fes-twein, 
XE^üvxäs  TaX&ona  ohov.     24,364; 

und  nicht  trag  umlieg  euch  das  land.    es  erfreut,    mit  dem 

festwein, 
Ismarus  höhn  xu  beschatten,  mit  öl  den  groszen  Taburnus. 
Yirgils  landbau  2,37. 

FESTWILLIG,  tenax  profosüi: 
mutbegaht,  festwillig,  yoU  ausdauernder  kraft  in  des  kampfs 
langwierigkeit.  Platbs  132. 

FESTWiRT,  m.  rer  festlich  bewirtet:  bei  ankunfl  der  frem- 
den gaste  machte  die  Stadt  selbst  den  festwirt.  dann  auch 
ein  trirt,  der  bei  einem  feste  die  bewirtung  zu  besorgen  hat. 

FESTZEIT,  f.  zeU,  in  die  ein  fest  fällt. 

FESTZUG,  m.  den  feslzug  antreten.    Göthe  2,  32. 

FESTZWEIGIG,  vom  palmbaum,  der  seine  zweige  stds  behält, 
a.  reüA.  lustg.  349. 

FESZ,  f  scrophula,  ein  sonst  unerhörtes  «ort,  bei  Maaler  134* 
und  aus  ihm  bei  Hemsch  1074  vorkommend,  nicht  aber  bei  Frisius 
1190'  unter  scrofula.     aiirA  m  ISemnicbs  lex.  nosoiog.  abgehend. 

FESZLEIN.  n.  secundina.  doch  nicht  dem  vorigen  verwandt? 
oder  für  fäsziein ?  der  einzige  Thlrneisser  infl.  wirk,  aller  erd- 
gfwijchse  f.  151  hat:  das  fe>zlein  oder  wie  man  es  anderstwo 
nennt,  das  buschelein,  sunst  secundina  oder  die  nachgeburt 
fortzutreiben,      möglich  auch  geschrieben  für  feslein,  fäslein. 

FESZLERIN,  /".  vinctrix,  trenn  man  so  sagen  kann: 
so  sah  ich  sie,  die  herzenfeszlerin, 
gleich  einem  maitag,  mir  lur  seite  spielen.    Scrillkk  27*. 

FETSCHE,  FÄTSCHE,  f.  linteolum,   fascia,   wickelschnur  fiir 
kinier,   aber  in  Baiern    auch  falsche,   bauchgürtel  für  tndnner, 
vgl.   oben  sp.  1363  und  Scnx.  1.  5S7.  Stieler  438. 
FETSCHELN,  fasciare,  windeln,  einbinden. 
FETSCHEN,  dasselbe,  befetschen,  einfetschen.    Stieleb  438. 
auch  wol  falschen  t^nd  faschen. 

FETSCHE.N  sich,  facessere.  die  Verdeutschung  des  Terenz 
von  1499,  "7*  hat:  trab  dich  oder  fetsch  dich,  wo  der  lext 
Heautont.  11.  3  am  ende  'ambula',  und  der  Übersetzer  merkt  an 
'im  laiin  hei«zt  es  wandle,  aber  das  (jenes  'fetsch  dich')  ist 
gemein  tütsch'.  doch  weder  die  glossare  noch  die  ältere  spräche 
geben  es,  desto  gewöhnlicher  steht  es  bei  H.  Sachs  : 

derbalb  fetsch  dicb,  räum  mir  den  garten!    1,421*; 

fetsch  dich  zum  teutschen  hof  hinaus!    1,475'; 

geh  jud  und  fetsch  dich  bald  darren!    II.  2,23*; 

pawrn  ir  hund  gar  oft  an  mich  hetsehen, 

bald  musz  ich  aus  eira  dorf  mich  fetschen.    II.  4,5*; 

dnimb  fetsch  dicb  bald  von  der  porten.    111.2,181*; 

drumb  fetsch  dich  du  unQat,  du  gelber!    111.3,27*; 

fetsch  dich,  ich  mag  mit  dir  nit  balgen!    V,3ö9*; 

drumb  fetsch  dich  von  mir,  lasz  mich  gebn!    V,  366*; 
und  wol    noch  in   mehr  stellen,     die  bedeulung  ist  völlig  klar: 
apage!  troll   dich,   mach  dich  fori,   mach  dasz  du  fort  kommst! 
seilsam  nur,  dasz  die  spätere  mundart  das  wort  nicht  mehr  darbietet, 
selbst  Atrer  schreibt  dafür  pack  dich,  back  dich,    in  diesem  packen 
läge   zugleich   der  Schlüssel   für  fetschen,   das  nichts  anders  als 
das  vorausgehende  fetschen  trdre,  der  fortgehende  schnürt,  packt, 
bindet   seine  sachen.      nur  ist   mir  nicht  vorgekommen,   dasz  es 
H.  Sachs   tonä   für  binden  oder  windeln  setzt  und  in  Schaoes 
bergreihen  s.  80  begegnet  es  auch  unreflexiv,  rein  transitiv: 
du  kumbst  mir  In  mein  küchen  nicht, 
ich  wolt  dich  auszhin  fetschen, 

d.  h.  hinaus  treiben,  schaffen,  wo  das  packen  und  binden  keinen 
finn   gäbe,     wem  fällt   nicht   bei   fetschen  das  enql.  felch  ein, 
das   auf  ags.  feccean  (wie  twilcb  auf  tviccean,   bitcb,  flitcb, 
111. 


witch  auf  bicce,  flicce,  ricce)  zurückgeht,  also  uf^serm  fahen 
sp.  1236)  oder  facken  {sp.  1229)  näher  stände?  doch  den  bedeu- 
tungen  müste  man  zwang  anthun.  vgl.  falschen,  fatschen 
(sp.  1363),  fetzen  {bei  demselben  H.  Sachs,  der  auch  vorhin 
hetsehen  für  hetzen  auf  fetschen  reimt)  und  fitschen. 

FETT,  pinguis,  nnl.  \eU  schw.  fet,  ddn.  fed.  wie  die  mangelnde 
lautrerschiebung  zeigt,  ein  unhochdeulsches,  erst  durch  Lctuebs 
bibel  eingedrungnoi  wort,  stall  des  hochdeutschen  feisz  (^p.  14C6), 
welches  in  der  form  feiszt  (sp.  1467)  daneben  fortdauert,  weid- 
männisch wird  noch  zwischen  feiszt  und  fett  unlerschieden,  jenes 
nur  den  thieren  der  höheren  jagd,  feit  denen  der  niederen  jagd,  so 
wie  den  raubthieren  beigelegt:  der  hirsch  isl  feiszt,  nicht  fett, 
der  hase  fett,  nicAi  feiszt.  Döbel  1.32.  Hartic  lehrb.  1,40. 
dem  hirsch  und  reh  wurde  die  alte,  heimische  benennung  gelas.-^n, 
so  wie  feisz  oder  feiszt  in  oberdeutschen  büchern  lange  vorherschte. 
die  Züricher  bibel  setzt  feiszt  an  die  stelle  des  fett  der  lutherischen, 
selbst  die  zu  B'isel  1523  gedruckte  hat  1  Mos.  41,  2  feiszt,  nicht 
fett,  feisz  und  feiszt  verhalten  sich  wie  pinguis  und  adipaliis, 
saginalus,  doch  ist  ersteres  von  letzlerem  verdrängt  worden,  lantd« 
feisz,  altn.  feitr  auf  goth.  fails,  so  wäre  die  fonnel  feitan,  fati, 
fitun,  iromi^  sich,  wie  in  andern  fällen,  tilan,  fat,  fetun  berfthren 
könnte,  dem  heutigen  Sprachgefühl  ist  jedoch  feiszt  beinahe  ent- 
schwunden und  wird  mci>tenUteils  durch  fett  er<elzt,  dessen  vocal 
wir  wie  in  bett  oder  weit  aussprechen,  riditiger  wie  in  brett 
(bret)  oder  in  belleln  aussprechen  sollten. 

1)  fett  von  mensclien :  da  er  aber  feit  und  satt  ward,  ward 
er  geil,  er  ist  fett  und  dick  und  stark  worden.  öJfoi.  32, 15; 
Egion  aber  war  ein  seer  fetler  man.  ticht.  3,17;  er  brüstet 
sich  wie  ein  fetter  wanst  und  macht  sich  fett  und  dick. 
Hinb  15,  27 ;  ir  person  brüstet  sich  wie  ein  fetter  wanst.  ps. 
73,7;  ein  gut  gerücht  machet  das  gebeine  fett.  spr.  Sal.  iö.ZO ; 
zu  der  zeit  wird  die  herlicbkcit  Jacob  dünne  sein  und  sein 
fetler  leib  wird  mager  sein.  Es.  17,4;  daher  werden  sie  ge- 
wallig und  reich,  feit  und  glat.  Jer.  5,  24 ;  besser  magerer 
herr  als  fetter  knecht ; 

!tfacer  hat  nichts  fettes,  auszen  nicht,  nur  innen, 

ist  von  leibe  mager,  aber  fett  von  sinnen.    Locad  2,121,8; 

ein  feller  raönch,  ein  fetter  praelat;  Hansel,  strecke  deine 
finger  heraus,  damit  ich  fühle,  ob  du  bald  feit  bist,  kinderm. 
n*  15;  sie  verderben  mir  die  imaginalion,  rief  Aurelie,  weg 
mit  ihrem  fetten  Hamlet!    Götbe  19,179. 

2)  fett,  von  thieren :  und  sehe  aus  dem  wasser  steigen  sieben 
schöne  feite  küe  und  giengen  an  der  weide  im  grase.  1  Mos. 
40,  2 ;  feiszte  wider  und  bücke  mit  fetten  nieren.  5  Mos.  32. 14 ; 
opferte  man  ein  ochsen  und  ein  fett  schaf.  2Sam.  6, 13;  fette 
ochsen  haben  mich  umbringet,  ps.  22.13;  sihe,  ich  wil  richten 
zwischen  den  fetten  und  magern  schafen.  Ez.  34,20;  höret 
dis  wort,  ir  fetten  küe.  die  ir  auf  dem  berge  Samaria  seid. 
Amosi,l;  ein  fettes  zicklein,  ein  fettes  schwein  schlachten; 
des  berren  äuge  macht  das  pferd  fett;  fette  hüner,  feile 
lerchen.  man  sa^  einem  drohen  wie  einer  fetten  henne, 
wie  einer  fetten  gans,  die  geschlachtet  werden  sollen.  Sinrock 
spr.  1684.  Sackmanns  predigten  s.  75  (vgl.  oben  sp.  146S).  es 
galt  im  mitlelalter  ßr  schwere  belcidigung,  einem  als  gäbe  einen 
fetten  hund  hinzuwerfen  (Ki.  717). 

3)  fett,  ron  Speise:  ein  fetler  brate,  ein  feller  bisse,  ein 
feiles  slück  fleisch;  fette  milch;  eine  feile  brühe  oder  suppe; 
fette  äugen  auf  der  suppe;  von  Asser  kompt  sein  fett  brol. 
l  Mos.  49,20;  die  feiten  topfe  gehen  uns  ab,  die  küchc  ist 
mager  geworden,  sich  ein  fettes  maul  machen,  ein  fettes 
maul  haben,  schwelgen. 

4)  fett,  ron  erde,  land,  weide,  vohnung:  fette  oder  magere 
erde;  ein  fetter  grund  und  boden;  fetter  acker;  du  wirst 
eine  fette  wonung  haben  auf  erden  und  vom  law  des  hiniels 
von  oben  her.  l  Mos.  27,39;  und  was  für  land  sei,  obs  feil 
oder  mager  sei  und  ob  bewme  drinne  sind  oderinicbl,  seid 
getrost.  4  Mos.  13,21;  und  funden  fette  und  gute  weide. 
1  ehron.  5,40;  und  sie  gewunnen  feste  siedle  und  ein  fett 
land.  Nehem.  9,25;  in  dem  weiten  und  fetten  lande,  das  du 
inen  dargelegt  hast.  9,  35 ;  die  wonunge  in  der  wüsten  sind 
auch  fett,  das  sie  triefen,  ps.  65.13;  daselbs  werden  sie  in 
sanften  hurten  ligen  und  fette  weide  haben  auf  den  bergen 
Israel.  Ez.  34, 14; 

und  fettes  land,  wohin  man  tritt.    Bcria'i^s  fabeln  152; 
so  wird  der  fiberflusz  auf  deinem  hause  ruhn, 
so  wird  die  erde  selbst  dir  ihren  schosi  nufthun, 
so  wird  des  bimmels  thau  die  fetten  furchen  segnen 
und  tausendfache  frucht  in  deine  saaten  regnen. 

LiCBTWEX  recht  der  Vernunft  118; 

99 


1571 


FETT 


FETT— FETTDARM 


1572 


fette  und  in  den  besten  liimmelsslriclien  üegendc  länder. 
Kam  9, 5.  feil  hciszl  der  llion  oder  inOrUi,  i/t  dem  skh  zu 
venig  sand  hefindel. 

5)  fett,  ton  kräuUrn  und  gras;  fette  wiesen; 
ihr  bäche  dieser  feiten  wiesen, 

ja,  ja,  ihr  llicszet  ziemlich  reia.    Hageuorii  tSOU  4,133; 
wo  in  den  thälern,  in  den  triflcn 
lacht  fetter  kicc  und  blunien  diiflen.    Ui  1,123; 
Damöl  ist  schlau  genufr,  jetzt  zieht  er  an  den  Rhein 
und  nimmt  die  beste  irift  am  fetten  uler  ein. 
da  gibt  das  futler  milch,  da  kann  man  was  gewinnen. 
Rosi  schäfinijca.  üO; 

fetler  grüne  du  taube 

am  rebengelandcr 

hier  mein  fenstcr  herauf!    Göthk  I,0'2; 

fettes  grün.  J.  P.  Tit.  1,29;  eine  mit  fetterem  grün  liezeicli- 
nete  quelle,  biogr.  bei  1,87;  eine  fette  binmenebene.  Iksp. 
1, 152. 

6)  fett,  von  Ihau,  regen,  duft: 

ein  fruchtbar  fetter  regen  fällt.    GRTPniis  1,522; 

so  trüg,  als  hübe  sich  ein  adler  in  die  liifle 

den  man  vom  raube  scheucht, 

noch  schwebt  er  drüber  her,  und  witternd  fette  dufte 

entflieht  er  minder  leicht.    Lessimg  1,'J(>. 

7)  fett,  feucht,  triefend: 

das  Tora  blut  fette  schwert.    Grtphiis  2,312. 
ähnlich,  doch  rerschieden  die  biblische  redensart :  des  iieirn  scliwert 
ist  vol  biuts  und  diele  von  fettem  (=  von  dem  fetten,   von 
dem  feil),  vom  biul  der  liimmer  und  bocke,  von  der  nieten 
fette  aus  den  widern.  £s.  34,  6. 

S)  ein  fettes  mäulchen,  ein  saßiges  sclimälzchen  : 

(meiber,  dii;)  ihrem  schätz  ein  fettes  mäulchen  drchn. 
Gühtuek  385; 

aber  auch  drei  fette  (derbe)  maulschellen.  pol.  colica  320. 

9)  fette  lüge  {wie  feiszte  sp.  1470):  das  Carlslad  gute, 
fette,  starke  lügen  ausleszt.  Lüthkr3,  Sl';  diese  lügen  allein 
ist  patzig  und  fett  genug.  Kirchuok  tcendunm.  357"; 

und  lästert  was  doch  taug,  und  tauscht  für  fette  lügen 
die  dürre  warheit  aus.  Locau  3,215. 

10)  fette  beule,  fetter  fang: 

so  fette  beut,  als  kaum  ein  Jäger  hoffen  kan.    Griphius  1,597; 
der  süsze  brauch  zu  machen  fette  beute 
aus  allem  was  gott  selbst  gehabt  und  alle  leute. 
LoGAii  1,  ()9; 

unterdessen  hatte  Soiande  dem  armen  Stolbio  wieder  zu  dem 
seinigen,  sich  aber  zu  einer  fetten  beute  geholfen.  jhjI. 
stock f  210. 

11)  fette  pfarre,  pfründe,  fettes  amt,  die  viel  eintragen,  ab- 
icerfen:  wenn  ich  oder  ein  ander  predige  utnb  einer  guten 
fetten  pfarr  v\illen.  Luther  6,37*; 

man  strafte  nechsten  ta^  den  jungen  predigcr, 
der  vor  ein  fettes  amt  viel  beutet  hingeschmissen. 

GÖ.NTUEH  551 ; 

auf  dem  einsamen  wege  der  lugend  zu  wandeln,  wo  noch 
kein  hofmann  eine  fette  pfründe  erreicht  hat.  Thimmel  U/7- 
helmine  (1764)  70. 

12)  fetter  kostgüngcr,  der  viel  bezatill:  Ögneck  mochte  sich 
innerlich  nicht  wenig  freuen,  einen  so  feiten  kostganger  und 
palienten  angetroffen  zu  haben,  von  welchen  er  keine  magere 
brocken  zu  genieszen  verhofte.  irrg.  d.  liebe  327.  feile,  reiclie 
braut,  fette  aussicuer;  er  ist  ein  fetter  gast,  opimis  rebus 
ttbundat.  Stieler  474. 

13)  fettes  urlheil,  das  viel  zuspricht:  es  ist  besser  einen 
magern  vertrag  belieben,  als  einer  fetten  sentenz  erwarten. 
ScRivER  sceUnsch.  2,  350  utid  danach  Butsciiky  i'a/m.  135. 

14)  fetter  pinsel,  der  färbe  stark  auflrdgl,  fett  mahlt;  feiler 
zug,  fette  schraflierung;  auf  eine,  fette  manier  arbeilen. 

15)  fette  tilcl:  • 

er  kan  die  titcl  misten, 
tr&gt  stets  den  fetsicn  auf,  zeucht  stets  herfür  den  besten, 
jedoch  nur  wann  man  da,  der  rücken  sieht  es  nicht. 

Locau  3,215. 

16)  die  feilen  »nd  die  reichen  und  stolzen:  behüte  mich 
für  den  gottlosen,  die  mich  verstören,  für  meinen  feinden, 
die  unib  und  umh  naeli  meiner  seien  Kleben,  ire  fetten  hallen 
znominen,  sie  reden  mit  irem  munde  stolz  (rulg,  inimici 
mei  adipem  suum  conrluserunl.  o»  eoinim  loculurn  est  su|)er- 
biaiii).  pt.  17,10;  darum  wird  der  berr  Zebaolh  iiiiler  seine 
fetten  die  darre  senden  (mittel  in  pingniltus  ejus  leniiitaloni). 
El.  10,10;  aber  das  fleisch  der  feltco  werden  sie  fressen. 
ZtcAar.  li,  14; 


der,  den  die  fetten  in  dem  land 

verächtlich  von  sich  sticszen.    Sculbart  lodcsgesännc  t.  211. 

es  ist  noch  allzu  fett  für  dich.  Ilarni^cJi  275,  es  steht  zu  hoch, 
unerreichbar  für  dich. 

17)  'das  wild  das  kraut  noch  nicht  fett  machen*,  nicht  aus- 
reichen: allein  alles  dieses  würde,  wie  man  spricht,  das  kraut 
nicht  fett  gemachet  haben,  che  eines  ueibes  58;  der  wille  ist 
gar  gut,  allein  von  gutem  willen  wird  man  nicht  fett.  /.iVe/u/Zc 
m  Kanke  fr.  gesell.  5,  315  =  der  gute  teiile  thuts  noch  nicht ; 
davon  wird  keiner  letl  =  das  hUß  keinem;  es  marhle  meine 
liehe  zum  erdkrcisc  nichl  fetter,  dasz  m.  s.  w.  i.  I'.  anhang  zu 
TU.  2,  71 ;  vgl. 

mainstu  es  wachs  mir  schmer  darbei?    11.  Sachs  1,450*; 
mhd.  da  hi  wuchs  mir  nindcr  smer.    Neiohart  79,  4, 
dabei  steckte  ich  nichts  auf. 

FETT,  pinguiler:  es  fühlt  sich  fett  an;  es  duftet  hier  fett; 
es  hat  ihm  fett  {reicidicit)  eingetragen;  er  bat  fett  gebraten, 
fett  gedüngt ; 

Pluto,  der  mit  hasz  und  groll 
ihre  herzen  hat  so  fett  gedünget. 

Gersdorf  hei  ß/  ypliius  2,  498  ; 
einen  von  haus  und  hof  vertreiben,  blosz  weil  Berkley  fetter 
stund    als  Bushy  —  es    ist  schändlicli.    Klimgers  th.  2,274; 
der  schnitt,  der  zug  ist  fett  gehalten. 

FEIT,  »I.  mieps,  schmer:  das  Ihierischc  fett  Hniersc/ieirfei  ncA 
rom  ül  der  pflanzen;  das  fleisch  cntliiilt  viel  fett;  er  setzt 
fett  an;  legt  fett  auf;  kommt  zu  fette;  das  fett  nimmt  ziem- 
lich ab  bei  ihm,  er  icird  mager;  das  fett  schwimmt  oben; 
man  musz  das  fett  abschöpfen  (oß  bildlich,  das  beste  vorweg- 
nehmen);  das  fett  gerinnt,  ist  schon  geronnen;  sich  mit  fett 
beschmieren,  besudeln. 

und  soll  alles  fett  ncmen  am  cingeweide  und  die  zwo 
nieren  mit  dem  fett  das  drüber  ligt.  2  Mus.  29, 13 ;  und  der 
priester  sol  den  köpf  und  das  fett  auf  das  holz  und  fewr 
legen.  3  Mos.  1,12;  und  sol  also  von  dem  dankopfer  dem 
herrn  opfern  zum  fewr,  ncnilich  sein  fetl,  den  ganzen  schwänz 
von  dem  rücken  abgerissen  und  alles  feil  am  eingeweide. 
3,9;  aber  alles  sein  fetl  sol  er  auf  dem  altar  anziinden. 
4, 26 ;  ir  soll  kein  fett  essen  von  ochsen,  lemmern,  zigen. 
7,23;  und  das  schwert  Saul  ist  nie  lere  widorkomen  von 
dem  blut  der  erschlagenen  und  vom  fett  der  beiden.  2  Sam. 
1,22;  du  klönest  das  jar  mit  deinem  gut,  und  deine  fusz- 
slapfen  triefen  von  fett.  /w.  65, 12;  meine  knie  sind  schwach 
von  fasten  und  mein  fleisch  ist  mager  und  hal  kein  fett. 
109,24;  ein  mal  von  reinem  wein,  von  fett,  von  mark,  von 
wein,  darinne  kein  hefcn  ist.  Es.  24,6;  das  fett  ist  ranzig 
geworden;  das  stinkende  fett,  womit  diese  herren  ihre  kriti- 
schen Wassersuppen  zurichten.  Lessinc  8,206;  er  kann  vor 
vielem  fette  kaum  alheni  holen;  am  fette  der  einbildung  er- 
stickt der  schwerfällige  verstand.  J.  P.  grönl.  proc.  1,36;  er 
ist  im  eignen  fett  erstickt ;  er  zehrt  von  seinem  eignen  fett. 

matt  sagt  'einen  mit  seinem  eignen  fette  betrüufen'  Lessinü  8,4, 
die  geforderten  beispiele  aus  seinen  eignen  schrißen  erbringen ;  'er 
soll  sein  fett  schon  kriegen',  seinen  gebührenden  lohn  empfangen ; 
der  amtmann  soll  dir  sein  fett  kriegen,  hal  ohnehin  schon 
etwas  bei  mir  im  salz.  Fn.  Müller  1,270;  Göschen  ist  ein 
lumpenhund,  da  schickt  er  den  achten  band  wieder  in  papicr 
gebunden,  wie  die  vier  ersten  theile.  was  ihn  nur  vor  ein 
narr  gestochen  bat  den  fünften  Iheil  so  prüchlig  einbinden 
zu  lassen?  aber  er  soll  sein  feil  kriegen,  ich  habe  eine 
epislel  an  ort  und  stelle  geschickt  und  mich  gegen  dieses 
unmuslerhafte  betragen  höchlich  beschwert.  Göthes  mutter 
an  l'nzelmann  in  Ihrows  reminiscenzen  s.  177;  der  bat  sein 
fett :  ich  hab  ihm  sein  fetl  gegeben. 

FFTFACH,  wi.  ala,  aJui.  fedah,  fellah  (Gbaff  3,449),  mhd. 
vetech  («7*.  3, 288'),  nlid.  littich.  die  alte  form  fettach  hat 
noch  Keisersiiehc  has  im  pf.  Aa3*. 

l'KTrAI)F-ll.  f  adijiosa  vena,  in  der  nierenhaiä. 

FETTAMMF.lt,  /.  emberiza  hortulana,  oitolan. 

FETIANSATZ,  m.  incrementum  pinguedints,  meist  unterm  kinn . 

FETI'AIJGE,  n.     1)  augenkraukheit  der  pferde,  hydalitei. 

1)  fett  auf  einer  wassersupfie  schwimmend ,  bulta  adiposa , 
magere  brühe,  auf  der  keine  fellaugen  sichtbar  sind. 

FEITHAUCÜf,  aintomcn,  schmerbauch,  fiHtwansl.  die  kraniche  b>'t 
Göthe  41.112  schellen  die  ziren/i'  rellbauchkruimnltcinscheline. 

FE'ITHAIClilG,  abdomimmis. 

FErrm. ASCHEN,  «.  adiima  vesiciila. 

FETTItEAlT.  n.  piniiiiirula  vulgaris. 

FEITDAIIM,  m.   rnlum  inteflinnm,  aßerdarm. 


1573 


FETTDRÜSE  —  FETTHENNE 


FETTICH  — FETTMÖ.NCH 


1574 


FETTDRÜSE,  f.  glandula  adiposa,  besonders  der  vögd  über 
dem  steisz. 

FETTE,  f.  finguedo:  zu  der  zeit  wird  seine  las(  von  deiner 
schuller  weichen   müssen  und  sein  joch  von  deinem  halse, 
denn    das  joch  wird  verfaulen  für  der  fetfe.    Es.  10,  27 ;    so 
werden   ihr  die  süsze  diser  holdseligen  büchlein  von  inner- 
licher dicker  feite  und  merklichem  raarkhaftem  schmär  viier 
lehren  gespicket,  fülen  und  hochzilen.  Garg.  22*;  sie  thaten 
aus  mangel  des  baumöls  andere  feite  an  den  salat.  W«/.  34; 
wer  ein  grosres  haus  wil  bauen,  baw  die  kuchel  erstlich  klein, 
sonsien  musz  des  beuteis  fette  nur  der  kuchel  zinsbar  sein. 
LocAü  3,24,5. 
vgl.  alln.  fila,  pinguedo. 

FETTE,  f.  querhalke,  der  den  dachstuhl  eines  gebdudes  trägt, 
in  Franken  pfelle.  Schmeller  1,326,  bair.  breite  1,2:1.  ma» 
könnte  an  pfeit,  goth.  paida,  hemd  denken,  dem  giebel  tcürde 
gleichsam  ein  kittet,  hemd  angelhan,  vgl.  enpfelten,  entkleiden. 
Adeicxc  erinnert  ans  fr.  falle,  fasligium.     s.  dachfetle.  sluhlfette. 

FETTEN,  impinguare,  feit  machen,  schmelzen:  bereite  mir 
ein  siipplein,  das  glatt  eingeht  und  wol  gefettet  sei,  ich 
will  dirs  lohnen.  Mcsaecs  rolksm.  s.  553;  er  fettet  die  schwarze 
suppe.  i.P.  Fixl.  166;  die  wolle  fetten,  mit  Ol  bestreichen; 

er  hatte  sein  blondes  haar  in  saubre'locken  geringelt, 
es  basz  gefeitet,  es  basz  mit  puder  bestreut. 

Kl.  ScHXiDT  kum.  lUchtutigen  17S. 

es   heiszt   auch:    die  butter   feitet   nicht.     Keidmännisch,   den 
frasz  der  hunde  fetten. 

FETTENTH.\LTEND,  fettig. 

FETTFEDER,  f  penna  adiposa,  feder  an  den  feltdrüsen,  über 
dem  sieisz  der  vOgel.  einem  die  fetlfedera  ausziehen,  «An  arm 
machen. 

FETTFELL.  n.  auf  der  hornhaul  des  auges. 

FETTFI-NNE,  f.  pinna  adiposa,  auf  dem  rücken  der  fische. 

FETTFLECK,  m.  macula  ex  adipe ,  im  kleid  oder  papier: 
übrigens  friszt  der  fettfleck  des  vorhersehenden  genusses,  so 
wie  ein  feltfleck  an  einer  marmorseule  unaufhörlich  weiter. 
J.  P.  dämm.  61. 

FETTFLOS.SE,  f.  vas  fettfinne. 

FETTG.\>'G,  m.  vena  adiposa,  durch  icckiie  sich  das  fett  aus 
dem  blut  absondert. 

FETTGANS,  f.  aptenodyles,  eine  art  vrilder  gänse. 

FETTGAR.  ton  leder,  das  durch  feit  gar  gemacht  mrd. 

FETTGELD,  ton  rübsameii:  feltgelbe  rübsenflächen  für 
bienen  und  öl.  J.  P.  flegelj.  1,55. 

FETTGEM.\STET,  saginatus:  den  gegenbeweis  lege  man 
einem  fettgemästeten  ochsen  zwischen  die  hörner.  Rabeser 
3,89; 

zum  tcufel  pack  dich, 

ein  quark  für  dich, 

brummte  das  fcttgemastete  aas. 

H.  L.  Wag!<er  Macbeth  II. 

FETTGERISZ?  für  die  arbeitsanstall  zu  Brauwciler  bei  Köln 
Verden  ausgeschrieben  4750  scheffel  brandgerisz,  3420  «cheffei 
fettgerisz,  2S50  scheffel  schrotgerisz,  neben  720  pfund  rüböl, 
9660  pfund  geläutertem  rüböl.  vahrscheinlich  ist  fellgriesz, 
sclirotgriesz  cm  schreiben  und  unter  griesz  grobgemalenes,  ge- 
schrotetes gelreide ,  kochkorn  oder  grützc  zu  verstehen,  griesz 
heiszen  sonst  auch  die  Irümmer  von  kohlen,  «obei  sich  an  fett- 
kohle.  fetlschrol  denken  liesze. 

FETTGERLCH,  m.  oder  ping^tis,  braiengerueh  aus  einer  küche. 

FETTGESÄIERT.  mit  fellsäure  gesättigi. 

FETTGESTRECKE,  n.  nennen  die  goldscMdger  das  schlagen 
der  hdule  zuHschen  papier,  um  das  feU  zu  beseitigen. 

FETTGEWICHT,  n.  feltwansl: 

kaiser.    den  weisen  seh  ich  mir  zur  seile, 

allein  wo  ist  der  narr  geblieben? 
Junker,  gleich  hinter  deiner  mantelschleppe 

stürzt  er  zusammen  auf  der  treppe, 

man  trug  hinweg  das  fcttgewicht, 

todt  oder  trunken?   weisz  man  nicht.    Göthb  41, S. 

FETTGLANZ,  m.  matter  glänz,  einem  Überzug  von  feil  ähnlich. 

FETTGRAS,  n.  juncago,  salzgras,  fettes  futtergras. 

FETTHALS.  m.  tras  speckhäls. 

FETTHAMMEL,  m.  schüi^ :  haslu  denn  gar  nichts  gehört 
von  den  fellhammeln?  Arm«  schaub.  2,267. 

FETTHALT.  f  adiposa  membrana. 

FETTHENNE.  /".  sedum  IclejMum,  de  jiantis  eyntome  Vtlri 
Andreae  Malthioli  senensis  ed.  Camerarius  15S6  p.  411,  Lomcerds 
94'.  hauslaurh,  unter  riden  andern  nanien  bekannt,  auch  unzu- 
iarnfnengesetzl  die  fette  hcnne,  z.  b.  in  hexeuprocessen :  ob  zeugin 


mutter  feite  henne  unter  den  balken  gesteckt?  ob  inquisitin 
bei  Pfeffers  fette  henne  hätte  sehen  unter  dem  balken  stecken  ? 
'es  wäre  ihres  wissens  ihr  tage  keine  fette  henne  in  ihr 
haus  kommen',  neue  mitlh.  des  thüring.  Vereins  9, 124. 126  (a.  16S9). 
dän.  fedebok,  smörbog. 

FETTICH,  m.  ala,  heuU  ßltich:  der  bahn  kreiet  und  schlug 
mit  beiden  feticben  in  die  pfefferbrüe.  Reisersb.  s.  d.  m.  19', 
rgl.  fo.«/.  3,  8l';  den  fettich  henken,  traurig,  niedergeschlagen 
sein.  post.  1,28';  die  fettich  oder  flügel  abschneiden.  Fba» 
sprichw.  2,  84'; 

hie  darf  das  schif  kein  Dügel  nit, 
hie  darf  kein  fettich  man  umbthun 
wie  Ikarus.    Fischart  gl.  seh.  77. 

auclt  von  zweigen  gebrauclU:  die  Stengel  werden  elenhoch,  fast 
haarecht  und  rauch,  inwendig  hol,  mit  vilen  nebenfettichen 
oder  zweiglein.  Boci  k-räuterb.  191. 

FETTICHT.  pinguedineus :  Speckstein  ist  fetticbt,  das  kupfer 
hat  etwas  fettichles  an  sich. 

FETTIG,  pinguis:  fettige  bände;  sich  fettig  machen,  mit 
feil  besudeln. 

FETTIGKEIT,  f.  jnnguedo,  obesitas:  gott  gebe  dir  vom  ta\r 
des  himels  und  von  der  fetligkcit  der  erden  und  körn  und 
weins  die  fülle.  1  Mos.  27,  28 ;  er  ist  nervig  imd  fein,  gedrungen 
ohne  felligkeit.  Stcbz  1, 10 ;  die  fettigkeit  ihres  nihenden 
landes.  Göthe  42,144;  schöne  fettigkeit,  welche  die  Morgen- 
länder so  lieben.  J.  P.  grünl.  proc.  2, 96.  bildlich,  blosz  die 
fetligkcit  ihres  Verstandes  vorzustellen  und  zu  beweisen,  das 
es  ihnen  an  keine  worte  (so)  fehle  und  dasz  sie  so  oft  reimen 
können  als  sie  begehren,  pers.  baumg.  4, 10.  persönlich,  mein 
compliment  an  die  fettigkeit  Dicze.   I^ichtesbebg  8,  288. 

FETTING,  »71.  eine  aus  feldspath  mü  bütersdzerde  bestehende 
Steinart. 

FETTKÄFER,  m.  Speckkäfer. 

FETTKAUSCH,  m.  Valeriana  locusla,  nach  dem  nnl.  vettekoiis, 
was  fetthose  ausdrückt. 

FETTKLUMPE,  m.  mdes  adipis.  auch  persönlich,  ein  fetter, 
dicker  kerl,  s.  fettigkeit. 

FETTKOHLE,  f  lithanihrax,  glanzkohle  unter  den  Steinkohlen. 

FETTKRAM.  m.  handel  mit  fetticaaren  im  kleinen. 

FETTKRÄMER,  m.  fettspeiser. 

FETTKRANKHEIT,  f.  krankheit  der  Seidenraupen  nach  der 
zweiten  liäutung.  sie  werden  klebrig,  glänzend,  grünlich,  zuletzt 
gelb  und  sterben. 

FETTKRANZ,  m.  ein  mürbes  backwerk. 

FETTKRAUT,  n.  pinguicula,  mit  schleimigen,  fettigen  blättern. 

FETTLAURIG:  die  fettlaubigen  hirsegräser  mit  ihren  ge- 
spreizten, krakehligen  ährendolden.  Beklepsch  alpen  s.  52. 

FETTLICH,  subpingtiis:  talk,  ein  berggewächse,  das  sich 
schiefert  und  stückelt,  hat  einen  feltlichen  angrif  und  den- 
noch läszt  es  auch  das  gewaltigste  feuer  unbemeistert.  med. 
maulaffe  s.  148 ;  sie  ist  weisz,  niedlich,  jung,  fettlicb.  Güthb 
36.  28. 

FETTLING,  m.  motacilla  pinguis. 

FETTLOCH,  n.  Ofnung  am  äeisz  des  daclises,  teorin  sich  vide 
fettzellen  befinden,     vgl.  fettdrüse. 

FETTMACHER.  m.  ein  sfioltname,  welchen  dimals  die  deutschen 
tuchmacher  den  niederländischen  gaben,  veil  sie  öl  bei  der  tcoUen- 
bereilung  verwendeten.  Fßiscn  1,262'. 

FETTM.\GE,  m.  stomachus  quarlus,  vierter  möge  der  Wieder- 
käuer. 

FETTMÄNNCHEN,  n.  getinge  kölnische  Scheidemünze:  ich 
brachte  den  küsler  durch  ein  kopfslQck  und  ein  feltmänn- 
chen  dahin.  J.  P.  paling.  2.  63 ;  ihr  frauen  erhaltet  und  ver- 
dient gerade  so  viel  achtung  als  ihr  fordert,  und  könnt,  ihr 
mögt  legiert  sein  wie  ihr  wollt,  euren  roUnzslempel  oder 
prägslock  aus  der  lasche  ziehen  und  euch  damit  prägen  zu 
einem  damendor  für  den  einen  herrn  und  zu  einem  elenden 
fettmännchen  für  den  andern.  He.7).  3, 116.  auch  ein  backwerk 
wie  feltkränzchen.  fettmännchen  scheint  ent.<iellt  aus  fellroönch, 
dem  bilde  eines  mönchs  oder  geistlichen  auf  dem  kleinen  geldstück. 

FETTMARKT,  m.  markt  für  feüwaaren. 

FETTMASSE,  f  wie  fetlklumpc. 

FETTMÖNCH,  m.  was  fettmännchen :  ein  solcher  geldwolf, 
dergleichen  kaum  noch  einer  zu  finden,  das,  so  ich  bisher 
gesehen,  sei  noch  nichts,  wenn  ich  noch  ein  weil  da  ver- 
bliebe, würde  ich  gewahr  nehmen,  dasz  er  sich  nicht  schäme 
einen  esel  umb  einen  fellmönch  zu  schinden.  SimfJ.  K.  51S; 
damit  er  nicht  etwan  umb  einen  fettmOncb  betrogen  würde.  520, 

9»* 


1575 


FETTNÄPFCIIEN  —  FETZE 


FETZE  — PETZEN 


1576 


FETTNÄPFCHEN,  n.  es  beiszt:  damit  wirst  du  ihm  schön 
ins  fetlnüpfihen  treten,  damit  uirsl  dus  bei  ihm  lerschfiUen. 

FETTiNOPPEH,  in.  bei  den  tuclimachern,  der  das  gewebte  luch 
über  der  beschauwalze  (1, 1549)  gegen  das  tagesiicht  besidUigt,  weil 
das  tuch  sein  fett  von  dem  Webstuhl  mitbringt,  vielmehr,  der 
das  tuch  vom  fette  noppl,  reinigt,  noppen  sind  knötchen  in  der 
volle,  auf  dem  tuche,  die  entfernt  uaden  tnüssen. 
FETTPFHÜNDE,  f.  siehe  fett  11. 

FETTPOLSTER,  «i.  felligkcil  eines  gesunden  weisen  ralhs.  J.  P. 
teufelsp.  1,22. 

fETTR.\HMlG,  flore  ladis  pingui  jilenus: 
ja,  und  besiiche  der  milch  vollströmende  kammer,  wie  rinfrstim 
siclm  fctirahmigc  salleu,  wie  schwer  eintragen  die  mägdlein. 

Voss  2,  47. 

FETTRLBE,  f  rübse,  brassica  napiis. 

FETTSÄTKCHEN,  n.  adiposus  sacculus. 

FF;TTSALER,  feltsäure  enlliailend. 

FETTSÄURE,  f.  acidum  axungiae. 

FETTSCIILA.MM,  m.  herz,  du  treibest  dein  hhit  zu  reiszend 
um,  aber  dein  fehler  ist  doch  schöner,  als  wenn  du  mit 
plilegmalischem  gelricbe  aus  dem  stehenden  wasser  des  bluts 
bloszen  fettschlamm  anlegtest.  J.  P.  uns.  löge  2,  l.i2. 

FETTSCHROT,  n.  abfM  der  Steinkohlen  an  den  gruben, 
s.  fellkohle. 

FETTSCHWAMM,  m.  agaricus  unduosus. 

FETTSCHWANZ,  m.  adijmsa  ovium  cauda.  bildlich,  ohne 
alle  Icidcnschaften ,  diese  fettaugen  und  fettschwänze  der 
lugend.  J.  P.  jubeisen.  43;  dieser  gedankenstricii  soll  niclit 
der  fettschwanz  eines  perioden  mit  schlechter  wolle  sein. 
grvnl.  proc.  2,  n.  sleltt  auch  für  das  fellschwänzige  schaf  st'/6s<; 
zwanzig  fettschwänzc  ankaufen. 

FETTSCHWIMMEND,  pinguedine  madens:  da  halt  man 
ordentlich  etlich  tag  dem  S.  Schweinhardo  griebenfressige, 
maulschmutzige  begengnus  mit  lederkrachen,  fettschwimmen- 
dem wein,  friszt  wie  ein  klosterkatz  zu  beiden  backen.  Garg.  48'. 

FETTSPEISER,  m.  was  fettkrämer. 

FETTSTEIN,  m.  was  Speckstein. 

FETTSTREIFE,  m.  taenia  adiposa:  hüflenstücke  des  Schweins 
mit  fettstreifen  bedeckt. 

FETTING,  /".  pinguefadio. 

FETTVÖGELCHEN,  n.  phdaena  pinguinalis. 

FETTWA.\RE,  f.  renalia  pinguia. 

FETTWANST,  m.  adeps,  wie  fetlbauch  auch  schelle. 

FETTWANSTIG,  adiposus. 

EETTWASSER,  n.  wasser,  worin  fettige  dinge  fett  abgesetzt 
haben. 

FETTWEIDE,  f.  felis  graswdde  ßr  Hornvieh. 

FETTWOLLE,  f  pinguis  lana,  wolle,  die  sich  feil  anfithlt. 

FETTWl'RM,  ni.  was  speckwurm. 

FETTWLRZ,  f  sympAy/um  offiänale. 

FETTZ.\H,  pinguedine  lenax ,  lenlus :  fetlzUhc  dampfe. 
BrrscnKY  kanzl.  808. 

FETTZELLE,  f.  cellula  adiposa. 

FETZCIIEN,  n.  panniculus. 

FETZE,  m.  lacinia,  pannus,  fahne,  tappe,  lumpe,  zunächst 
herleilbar  aus  fal,  faj  vestis  {sp.  1358),  also  golh.  fatja,  ahd.  fezo 
lautend,  die  nicht  vorkommen,     mhd. 

t\k  hänt  si  guotiu  kleidcr  an, 

sü  sinl  si  deste  l>az  getan, 

sd  muo;  min  litb  \n  Tclzen  gfln.    JUS.  2, 100*, 

wo  in  \eiJfi,  MSH.  2, 14V'  in  vcjjen  steht,  was  sich  leicht  in 
vezen  =  vetzen  ändert,  vegen  würde  vielmehr  au f  \i:iT,c  führen, 
fihd.  es  ist  ein  Sprichwort,  wer  zu  der  liechtmes  nit  ein 
wolf  furcht  und  zu  der  fast  nacht  ein  bauren  und  in  der 
fasicn  ein  pfaffcn,  so  man  beichten  sol,  der  ist  ein  geherz 
man,  darumb  die  jungen  gesellen  die  ligen  immcrmeder  an 
den  lagen  ze  fetzen,  wen  sie  beichten  sollen,  und  die  frowen 
hond  etwas  in  den  hcnden  und  zerpfelzen  es,  da;  es  nttl 
me  wert  ist,  darumb  fdrcht  man  die  pfatfeu  in  der  fasten 
und  die  bauren  in  der  faslnachl  und  die  wülf  in  der  hor- 
nung.  Keisersr.  omeü  41'.     was  meint  hier  'ze  fetzen  ligen'?; 

dorn  weit  ich  gm  (irn//  ich  (jebrn)  ein  grosxen  fetzen 
von  mincr  kappen,  die  Icli  irng.    trug.  Juh.  A2; 
der  lliiUfn  tcl  den  frtzcn  (die  fnlme)  tragen, 
er  icu  gar  dapfcr  wagen.    Uuland  Uü3; 

Mnd  hart  dameben  da  wont  ein  Schneider,  der  bei  drei  knccht 
»ilzen  uf  einem  laden  und  neilcn,  und  won  tlonspiegel  fllr 
•ie  gieog,  »o  »puttetco  sie  sciu  vdcr  würfen  im  ein  felzco 


nach.  Eulensp.  cap.  49;  zwei  offene  fliegende  und  zwei  zuge- 
wickelte fetzen  (fahnen)  mitnehmen  und  wo  es  nolh  wäre 
auch  diese  fliegen  zu  lassen.  Schmid  schw.  wb.  191  aus  eitler 
besdir.  des  bauernkriegs ; 

musz  alls  vertrunken  werden, 
dieweil  ich  ein  tetzen  han. 

HoFMANN  geseltsch.  lieder  s.  150.  2  ausg.  s.  2C7 
aus  Glanmers  liedlein  157S; 
es  schneit  und  schneit,  dasz  es  Tclze  schneit, 
der  Samichlaus  isch  nümme  weit.    Hocuuolz  kinderl.  1. 192 ; 

verfaulte  fetzen.  Megerle  Judas  1,182; 

nun  gut,  das  will  ich  auch  nicht  ganz  vorreden, 
um  meines  mantcls  willen  nicht,    sobald 
der  ganz  und  gar  verschlissen,  weder  stich 
noch  fetze  länger  halten  will,  komm  ich 
und  borge  mir  zu  einem  neuen 
tuch  oder  geld.    Lbssimg  2,  247; 

frau,  wo  ist  doch  der  fetzen  papicr?  Fr.  Möller  1,276;  gib 
mir  anlwort  oder  ich  hau  dich  in  fetzen.  3,170; 

da  wars  nackt  —  misgeburt!  und  in  fetzen.    Götbb  2,216; 

das  erste  wovon  Schiller  zu  mir  sprach  war  diese  compo- 
silion,  über  welche  er  ganz  entrüsfct  war,  wie  ein  so  ge- 
feierter berühmter  mann  ein  gedieht  so  zerarbeiten  könne, 
dasz  über  sein  geklimper  die  seele  eines  gedichts  zu  fetzen 
werde.  Zelter  an  Gölhe  749.  das  kleid  geht  in  fetzen,  ist 
in  fetzen,  carplim  scinditur ;  hauen,  dasz  die  fetzen  davon 
fliegen,  herunter  hängen ;  ein  groszer  fetze,  oder  wie  jVdelüng 
setzt,  fetzen  brot  oder  Schinken.  Schmeller  1,  580  führt  an, 
dasz  sich  im  Ries  die  bedeulung  fetzen  für  kleider  überhaupt 
erhallen  hat,  sonntagsfelzcn,  alltagsfetzcn  sind  sonntags,  werkel- 
tagskleider.  sonst  ist  fetze  ein  durch  zerreiszen  oder  schlechles 
.<tchnäden,  hauen  cnlstandnes  slück,  unförtniiches  ding,  und  andern 
Wörtern  tritt  fclzen  zur  Verstärkung  oder  auch  Schmähung  vor: 
fetzcnkcrl,  fetzenmensch,  von  grosz  gewachsnen  burschen  und 
mädchen  (wie  lumpenkerl,  lumpenmensch),  nürnbergisch  fetzen- 
ehr, fetzenfreud,  groszc  ehre,  freudc,  vgl.  Frommanns  glossar  zu 
Weikcrl  und  Grübet  1,  2t.  71,  und  die  folgenden  composita. 

das  it.  pezzo,  fr.  picce,  il.  fctta  und  fetluccia  scheinen  dem 
worl  und  sinne  nach  verwandt,  enthalten  jedoch  nur  die  Vorstel- 
lung des  abgerissenen  oder  geschnittenen  stücks,  nicht  des  gewandes 
selbst,  weshalb  die  heimische  abkunß  von  fasz,  kleid  den  vorzug 
verdient,     vgl.  noch  fitze  und  filzband. 

FETZEL,  m.  bairisch  der  teufel:  so  sei  und  blcihs  freund- 
schaft  und  holl  der  fctzel  den,  der  feindschaft  undcr  uns 
begert  anzurichten!  Winkelfeldeh  s.  339;  dasz  er  mit  einem 
jeden  kartenspiel,  welches  er  die  tag  seines  lebens  nie  be- 
rührt, dem  fctzel  selhs  sein  geld  getraw  abzugewinnen,  s.  377; 
mancher  zieht  der  hohen  schul  zu  als  ein  züchtiger,  gold- 
frommer cngcl  und  komt  wider  nach  haus  als  ein  lüsterlicher 
fetzl  . . .  der  mensch  kommt  seinen  nebenmenschen  oft  wie 
ein  gott  vor,  oft  aber  wie  ein  lebendiger  fctzl  . . .  wenn  ein 
mann  für  sein  weih  einen  lästerlichen  höllfetzl  bekommt. 
SciiM.  aus  Selhamers  predigten  von  1694.  die  ableitung  unsiciter, 
vgl.  das  verstärkende  fetzen,  fiesz  und  filze  falz. 

FETZELN:  ein  sicher  gewissen  filzelt  und  felzelt  nicht 
also,  CS  sagt  dürr  und  frei  heraus,  wie  in  im  selber  isl. 
Ldtiier  3,  342,  vgl.  fitzelu  und  fitzefatz. 

FETZEN,  lacerare,  scindere,  reiszen,  in  felzen  reiszen: 
und  das  man  im  sein  har  mit  fetzt 
als  lang  pisz  er  wurd  gel  und  kraus,    fasln.  212,13; 

hadern,  felzen  und  raufen.  Wickram  rollw.  23';  ei,  lasr  mich 
ungefelzt !  Schade  sal.  und  pasq.  2,  2C3 ; 

mit  einer  klaw  die  haut  nur  schrunden, 

als  hett  ihn  ein  dornheck  gefctzl, 

ein  schramm  Ins  angesicht  gesetzt,    froschmeuf.  L  2, 19.  P3*; 

wer  auf  den  prahcsicin  sich  nur  wird  wollen  »eizcn, 

dorn  wird  die  dürre  faust  den  scsscl  weidlich  fetzen. 

iioFMAMiiswALDAi;  poet.  yrabschr.  <.  7S. 

auf  rolhwelsch  heiszl  felzen  flicken,  was  sieh  auch  mit  felze, 
lap]>e  verträgt,  fetzen,  lapi)en  ansetzen :  han  den  gefetzten  wind- 
fang (mori/c/)  voll  doull  (i/eW).  FlSCHART  «yrosim.  50.  he:  W  <''n« 
steht  aber  einmal  felzen  für  fcischen  ijesclirieben : 

el  zfind  un<  keinen  weler  an ! 

fetz  dich,  kunihst  wider,  alles  pAtzen, 

ich  hsz  diel)  in«  narreiiliouslein  seilen, 

durtiuch  luil  hundon  dich  aufhetzen  I    III.  2,  ISO*, 

WO  man  sich  'alles  gölzcn'  nach  I,  230  erkläre,  heult  bezeidinet 
uns  felzen  ein  ungeschicktes  schneiden  undreiizrn:  in  da«  brot, 
in    da»   zeug  hinein  felzen ;    mit  dem  degen  in  da«  pflaslcr 


1577 


FETZENGAUL  —  FEUCHT 


FEUCHT— FEUCHTE 


1578 


fetzen  {vgl.  wetzen);  mit  glühenden  zangen  fetzen,  rgl.  zer- 
fetzen. 

FETZENGAUL,  m.  groszer,  starker  gaul.  Schüid  schw.  wb.  191. 

FETZENKERL,  m.  starker,  dreister  kerl  auch  von  thieren: 
und  dia  drei  hummel  {stiere),  dia  fetzakerle,  die  möge  ebbes 
fressa.  mer  muesz  ens  gea,  sust  launt  se  noch  {lassen  sie 
nach,  trcrden  mager).  Nefle!«  teWer  aus  Schwaben  357. 

FETZENLUMP,  LUMPER,  m.  er  hat  an  die  hend  genomen 
Junker  Ecken ,  den  Empser,  den  Murnar  und  den  Fetze- 
lumper  von  Tübingen,  'das  seind  warlich  gelert  leut  und  be- 
sonder der  zu  Tubingen,  den  ir  den  Fetzelumper  nennent. 
ich  wen  aber  er  haisz  doctor  Lemp,  ist  mir  anders  recht', 
ja  warlich,  er  haiszt  also,  dasz  mirs  got  vergab,  dasz  ich 
in  also  genent  hab !  ich  hon  sicher  gemaint,  er  haisz  der 
Fotzeliimper.  Schade  sat.  und  pasq.  3,  215. 

FETZER,  m.  l)  podex,  iceil  er  gefetzt,  gestrichen  wird  {kaum 
fTir  ferzer,  vrie  podex  für  pordex):  einem  den  fetzer  voll 
bauen;  wenn  der  schmuck  wechst  und  überhand  nimmet 
und  arm  und  reich  ubermachens  mit  der  hoffart  in  der  klei- 
dung,  so  gehet  gemeiniglich  land  und  leut  zu  boden  oder 
Junker  landsknecht  schmücket  sein  fetzer  damit.  Mathesics 
49'  =  1562,69';  kann  er  unscrn  bauersirunzen  ein  fleck 
narredei  hermachen  und  schwenkt  sie  nach  der  reihe  rümb, 
dasz  man  ihnen,  wenn  sich  der  kittel  umb  den  fefzer  hinten 
lind  vorn  rümb  dengelt,  flugs  bis  an  das  liebe  leben  nauf 
sehen  kan.  Scnocn  stud.  leben  Ds';  da  hat  er  wol  mehr  als 
zwei  rutbcn  an  mir  stumpf  geschmissen,  also  dasz  ich  so 
wol  unter  der  nase  als  auf  dem  fetzer  voll  blul  war.  narren- 
spital  I6S2  s.  6;  wie  wol  thätestu,  wenn  du  eine  ruthe  bän- 
dest und  sie  so  lange  auf  den  fetzer  hiebest,  fo/.  feuermäuer- 
kehrer  cap.  5 ;  ich  halte  meinen  fetzer  wol  so  hoch  als  ein 
ander  seine  nase.  Weise  sittenl.  203.     s.  fätzer  3  sp.  1365. 

2)  ein  groszer  degen : 

der  fusz  ward  spanisch  fortgesetzt, 
der  fetzer  hin  und  her  gewetzt, 
der  puder  flog  die  kreuz  und  quer 
aus  meiner  staatspanique  her. 

Mkm:(tks  gal.  ged.  1,221; 
auf  öfl"entlicher  gasse  musz 
der  fetzer  sich  recht  drehen, 
und  nach  der  tablatiir  der  fusz 
mit  spanschea  sehritten  gehen : 
denn  so  fallt  stracks  den  leuien  ein, 
der  herr  musz  ein  magister  sein. 

dessen  allerneuste  art  zur  poesie  zu  gel.  137. 

3)  die  strafe  mit  der  ruthe  auf  den  hintern:  ein  kuchen  der 
schmeckte  mir  besser  als  zehen  schulfetzer,  so  sehr  die- 
selben auch  gespicket  waren,  narrenspital  s.  1.  vgl.  sp.  1365 
fätzer  2. 

4)  scheint  auch  eine  art  von  hosen  bezeichnet  zu  haben,  da 
des  Olobincs  Vap.isccs  ethnogr.  mundi  1608  1,  29  pluderhosen, 
velzer,  kielhosen,  apostelshosen  «.  s.  tc.  aufzalül. 

FETZGLOCKE,  f.  campana  rimosa:  dasz  sich  vor  ihnen 
nicht  zu  besorgen  sei,  dann  es  weren  nichts  als  huderbutzen, 
grindpfutzen,  fetzgiocken,  raumsfelder,  marlerhansen,  muf- 
mafl"en,  baurenelementer,  die  gar  kein  kriegsweis  wissen,  als 
Stelen  und  rauben.  Garg.  232*. 

FETZIG,  lacer,  zerrissen:  ein  fetziges  hemd. 

FELCHT,  humidus,  in  den  goth.  fragm.  dazu  kein  anlasz, 
ahd.  föht,  fiuhti,  mhd.  viuhle,  ags.  föbt  oder  fuht,  engl  er- 
loschen, mnl.  nnl.  vocht,  mit  weilerer  ableitung  scäü'.  fuktig, 
ddn.  fugtig.  wie  humidus  zu  humus  gehört  und  eine  aus  der 
erde  aufsteigende  feuchligkeit  bezeichnet,  musz  auch  feucht  zu  der 
sp.  1367  für  faul  ermittelten  würzet  fallen,  dem  dunst  oder  duß 
wird  feuchte  beigemessen  und  ahd.  fi'ihti  ».«^  ^osse  für  odor 
(GnAFF  3,  4461,  so  dasz  sich  feucht  i/nd  pulidus,  putris  begegnet. 

si  tuont  der  fledermiuse 

gclich,  diu  nahtes  (liugel, 

da;  si  der  glänz  betriuget 

an  einem  fülen  späne, 

da;  si  lebt  in  dem  wäne, 

da;  von  dem  holze  fiuhte 

ein  wäre;  lieht  da  liuhte.    tr.  kr.  159. 

hier  stellen  faul  und  feucht  ganz  gfeichbedeulig.  feucM  liegende 
Sachen  dunsten,  und  man  sagt  feuchte  dünste,  faule  dünste, 
feuchte,  stinkende  nebel,  vgl.  der  alb  feistet  sp.  1466,  weshalb 
fauchen,  fäuken,  fiuka  sich  mit  feucht  nahe  berühren,  volksm. 
'die  geschieht e  ist  feucht',  nicht  rein,  stinkt,  wir  verwenden 
aber  auch  feucht  von  dem  reinen  nasz. 

\)  die  erde  ist  feucht  vom  regen ;  kann  auch  die  schilf 
anfwachscn,  wo  sie  nicht  feucht  stehet?  //io6s,  11;  und  wenn 
sie  gleich  ser  feucht  und  am  wasscr  stünden,  werden  sie 


doch  ausgerottet,  ehe  es  reif  wird.  Sir.  41, 16;  das  gras,  der 
rasen  sind  feucht  von  thau ;  feuchte  wiesen,  feuchte  abende ; 

aus  dem  bewegten  wasser  rauscht 

ein  feuchtes  weih  hervor.    Götub  1,IS5; 

mein  herz  heiszt  mich  dich  noch  zu  sehen  und  doch  möchte 
ich  nicht  gerne  in  das  feuchte,  an  fr.  v.  St.  2,  297 ;  feuchtes 
holz,  das  noch  nicht  trocken  ist;  ein  feuchter  keller,  eine 
feuchte  wohnung,  wand;  Sumpfvögel  hausen  an  feuchten 
orten;    erlen  wachsen  in  feuchtem  boden,  feuchtem  gründe. 

2)  feuchte  äugen,  feuchte  blicke,  nasse,  thronende  (1,790. 
2,115):  ihre  äugen  wurden  feucht,  sind  von  thränen  feucht; 

aber  nach  Bacchus,   dem  weichen,  dem  träumenden,   hebet 

Cythere 
blicke  süszer  begier,  selbst  in  dem  marmor  noch  feucht. 
GöTHK  1,274; 
wieder  steht  mein  aug  im  feuchten, 
lange  hat  mirs  nicht  geregnet.    RCckert  34S. 

3)  feucht  von  wein,  vino  madens:  aber  Xantus  was  nun 
feucht  {angetrunken)  worden  von  dem  wein.  Steixhüwel  Esop  14  ; 

der  schon  ist  worden  feucht  vom  wein.    H.  Sachs  IIL  l,y5'; 
das  haben  habet  ihr.    löst  aber  euch  aufs  beste, 
das  ist  die  kaufmanscbaft  für  eure  feuchten  gaste. 

Fleiüig  51. 

4)  feuchte  lippen,  feuchte  küsse;  feuchte  bände;  noch 
feucht  hinter  den  obren  {unreif);  die  Dügel  des  vogels  sind 
noch  vom  thau  der  nacht  feucht,  feuchte  wasche,  feuchte 
windein,  bettücher,  strumpfe. 

5)  feucht  galt  ehmals  für  vornehm,  eingebildet,  hochduftend:  so 
sich  einer  selbs  so  feucht  hell,  dasz  er  sich  allein  ein  liecht 
der  weit  und  ja  alles  zu  sein  dünken  laszt,  spricht  man  'ei 
lieber,  man  gelebt  eines  gottes,  aber  nit  eines  menschen, 
wer  leuchtet  ehe  du  wärest?'  Frans  sprichw.  2,b*==kluge 
weise  reden  1565, 10*.  1570, 12';  er  helt  sich  selbs  feucht,  meint 
er  höre  das  gras  wachsen,  die  flöhe  husten.  Frank  2,13*; 
als  der,  welcher  ein  löenhaut  umbhat,  liesz  sich  feuchter 
gedunken  als  der  in  der  schafhaut  herein  trat.  Garg.  194*. 

6)  'ein  feuchtes  geben'  hiesz  so  schlagen,  dasz  Mut  ftieszl: 
aber  er  gab  ihm  mit  der  geisel  so  ein  feuchts  umb  die  bein, 
dasz  die  knöpf  darinnen  stunden.  Garg.  198*;  da  befand  sich, 
dasz  der  Saurimars  ein  feuchts  mit  dem  hebel  auf  den  schettel 
{schadet)  bekommen  hett.  217". 

7)  einen  feuchten  tod,  ein  feuchtes  grab  finden,  tro  wasser 
umkommen. 

S)  feuchter  natur,  phlegmatisch. 

9)  feucht   ist   weniger  als  nasz,   der  beginn  des  nassen,     die 

Chemiker  nehmen  versdüedne  grade  des  feuchten  und  nassen  an. 

FEUCHTARSCH,  m.  pelecanus  carba,  ein  tauchervogel. 

FEUCHTBLATT,  n.  bei  dem  roth  und  tannhirsch,  der  sau, 

ricke  und  gemsin  heiszt  das  weibliche  glied  das  feuchtblalt, 

oder  wie  einige  sagen  das  feigenblatt.  Heppe  läthund  366. 

FEUCHTBRET,  n.  glattgehobeltes  bret,  worauf  das  zum  drucken 
angefeuchtete  papier  gelegt  wird. 

FEUCHTBRLDER,  m.  saufbruder,  nasser  bruder,  feucht  3 : 
doch  dasz  du  habest  guten  wein, 
wir  feucbtbrüders  woiln  bei  dir  sein ! 

Strickers  schlemmrr  G3*. 

FEUCHTE,  /".  humor,  feuchtin  roc.  1482  h6';  aus  dürrer 
erden,  da  kein  feuchte  noch  saft  ist.  Luther  4,  259*;  sie  ver- 
gleichen den  Nil  einem  menschon,  der  aus  feuchte  und  trückne 
sein  leben  bat.  buch  d.  liebe  220, 1 ;  also  das  die  feuchte  von 
dem  öl  gleich  in  das  pulver  kompt.  Fbonsperc  2,191*;  also 
hat  auch  die  natur  ihre  fässer  selbst  gebunden,  in  denen 
die  feuchte  sein  sollen.  Paracelsüs  1,  295' ;  in  welchem  ein 
feuchte  gesehen  wirt  gleich  einem  ei.  Forer  SO*;  verzehret 
die  feuchten,  die  sich  in  die  gleich  {glieder)  und  gewerb  setzen. 
Taberxäem.  602; 

Zunder  ist  sie  bei  der  glut, 

bei  der  flut 
triebsand,  der  die  feuchte  trinket.    Flkii!(c  3SS; 
ihr  brünnleio,  reich  an  feuchte.    Spee  tnitzn.  83(90); 
fürnehmlich  dann  sie  sorgen 

fTir  ihre  flügel  zart, 
dasz  die  bis  auf  den  morgen 

ITir  feuchte  sein  bewahrt.    120(131); 
trocken  erhält  so  der  kern  nihiges  leben  bewahrt, 
quillet  strebend  empor,  sich  milder  feuchte  vertrauend, 
und  erhebt  sich  sogleich  aus  der  umgebenden  nacht, 

GöTUK  1,327; 
in  dieser  holden  fouchic 
was  ich  auch  hier  beleuchte 
ist  alles  reizend  schön, 
'in  dieser  lebensfeuchte 
erglänzt  erst  deine  leuchte'.    41,177; 


1579 


FEUCHTE  — FEUCHTEN 


FEUCHTGEFÜHL  —  FEUCHTWARM   1 580 


die  feuchte  des  meers.  29, 326 ;  träufelnd  von  alllieszender 
feuchte.  30,50;  deren  innere  trockenheil  die  äuszere  feuchte 
bald  überwand.  30,51;  der  sieg  der  untern  region,  der  sich 
auf  die  erde  beziehenden  feuchte,  durch  den  wcstwind. 
51,  233;  durch  wüinne  und  kälte,  durch  feuchte  und  trockne, 
durch  masz  und  übermasz  solcher  zustände.  51,254;  licht, 
schatten,  trockenheit,  feuchte,  hitzc,  wärme.  58,105;  genährt 
durch  feuchte  der  thäler,  verkümmert  durch  trockne  der 
höhen.  58,109. 

FEUCHTE,  f.  pinus,  für  fichte,  trie  schon  ahd.  fiuhta  neben 
fiehta  (Graff  3,  451).  Seüter  schreibt  409  feuchtenbaum  für 
fichtenbaum.     mehr  unter  fichte. 

FEUCHTEN ,  rigare  {der  reim  :  leuchten  alhu  nah),  ahd. 
fAhtan,  fiuhtan,  mhJ.  viuhtcn. 

1)  tr.  tnadefacere,  befeuchten,  anfeuchten,  erfcuchlen :  und  mit 
meinen  zehern  wil  ich  feuchten  mein  bet  (iacrimis  meis 
Stratum  meum  rigabo).  bibel  1483,  264'  =  j>s.  6,  7,  bei  Llther 
und  netze  mit  threnen  mein  lager;  aber  ein  nebcl  gieng 
auf  von  der  erden  und  feuchtet  alles  land.  l  Mos.  2,6;  du 
trenkest  seine  furchen  und  feuchtest  sein  gepflügtes.  /)s.  65,11; 
er  wird  herab  faren  wie  der  regen  auf  das  feil,  wie  die  tropfen, 
die  das  land  feuchten.  72,  6;  du  feuchtest  die  berge  von  oben 
her.  104, 13 ;  ich  der  herr  behüte  in  (den  wcinbcnj)  und  feuchte 
in  balde,  das  man  seiner  bletter  nicht  vermisse.  Es.  27,3; 
denn  gleichwie  der  regen  und  schnee  vom  himmel  feilet  und 
nicht  wieder  dahin  kompt,  sondern  feuchtet  die  erden.  55,10; 
und  wird  zu  uns  komen  wie  ein  spatregen,  der  das  laud 
feuchtet  und  fruchtbar  macht.  Llther  tischr.  12",  188*; 

sie  die  ihr  angesicht  zu  feuchten 

nur  meinetwegen  allzeit  schwur, 

die  lasset  als  ein  andre  hur 

für  andi-e  ihre  äugen  leuchten.    Weckberlim  396; 

gott  sei  dank!  des  fiicdens  thaw 

feuchtet  wieder  unser  aw.    Logau  2,245; 

ie  näher  man  sich  zur  sonnen  macht,  ic  mehr  werden  die 
augenlider  nasz  und  gefeuchtet.  Butschky  kanzl.  685;  das 
papier  wird  vor  dem  druck  gefeuchtet; 

schnell  zum  Olympos  empor,  dem  ewigen  sitze  der  göttcr, 

sagen  sie,  den  Kein  stürm  erschütterte,  nie  auch  der  regen 

feuchtete  oder  der  schnee  umstöberte.    Od.  C,  44; 

wenn  jetzt  alle  donner  rollen 

und  der  ganze  himmel  leuchtet, 

wird  der  wilde  staub  des  windes 

nach  dem  boden  hin  gefeuchtet.    Gutue  5,25, 

feucht  zu  boden  geschlagen,     anders: 

und  die  erde  deiner  väter  fcnchtet 

immer  noch  ein  tröpfchen  aus  dem  quell 

des  allseligcn,  und  immer  leuchtet 

der  erkenntnis  schöner  strahl  gleich  hell.     Qvebbeck  ged.  94, 

die  erde  gibt  immer  noch  etwas  her  aus  dem  quell  des  wassers. 

2)  inir.,  ohne  acc.  oder  nom.  dabei, 

a)  feucht  werden,  madefieri:  unser  herr  gott  musz  zuvor 
einen  guten  platzregcn  mit  einem  donner  lassen  hergehen, 
darnacli  fein  mälich  lassen  regnen,  so  feuchtcis  durch  {dringt 
die  feuchte  durch).  Luther  tischr.  2, 153 ;  aber  endlich  wurde 
ich  des  blutvergieszens  müde,  das  nichts  fruchtete,  und  nun 
sollte,  wo  so  gefeuchtet  {genetzt,  blut  vergossen)  ward,  auch 
etwas  hervorwachsen,  wie  dort  umher  sonst  nichts  wächst. 
Klopstoce  10,  271 ; 

denn  wo  mir  recht  ist, 
feuchtet  der  rasen  bereits.    Luise  1,'552; 
bald  stockt  die  red  im  dürren  halse 
TOD  braten,  fisch  und  heringssnise, 
wo  nicht  gefeuchtet  wird.    Voss  4, 101, 

mit  wein  begossen,  getrunken. 

b)  nOssen,  modere,  feuciU  sein:  ihr  äuge  feuchtet,  steht  in 
Ihrdnen;  die  wölke  feuchtet,  thaul  nieder,  wie  man  auch  vom 
träum  sagt,  dasz  er  nieder  thaue,  sich  auf  den  schlafenden 
herablatu : 

ihn  {den  pfad)  wandelt  der  jS^er  der  gemsen,  im  graun 
der  feuchtenden  wölke,  mit  kühnem  vertraun. 

M*nnisKON  173; 
ich  wollte  iie  warnen  im  fcuchiendon  tr.-ium. 

Stolberi;  5, 127  ; 

die   band,  wange  des  kranken  feuchtet,  schwitzt; 

doch  wer  roeuphyaik  »tudiert, 

der  wei«i,  da«i  wer  verbrennt  nicht  fiicrt, 

welxx,  dan  da«  naste  feurhiüt 

und  ciast  da»  helle  leuchict.    Schiller  07'. 

r)  besonders  auch  von  entlassung  unreiner  feuchtigkeil ,  vobei 
man  sich  der  mirandtsrhnß  feucht  und  faul  erinnere:  die  nase 
feucblel,  itl  feucht,  Pirtzl ;  die  fisllen,  so  da  mcchlig  feuchten 


oder  flieszen.  TncRXEissEn  «n/7,  wirk,  aller  erdg.  2S ;  weidmän- 
nisch, feuchten,  wasser  lassen,  miugcrc,  von  bunden  und  wild. 
Heppe  leilh.  2S2.  ir.  fual  urina  (Zeusz  s.  92fi.  927)  gemalmt  an 
unser  faul. 

rf)  feuchten,  von  speise  gebraucht,  humectare,  feuchtende  mittel 
humectantia,  feuchtende  arznci :  so  sol  nu  das  derselben  speise 
sein,  was  sich  wol  Icsset  verdawen,  feuchtet  meszig,  bicset 
nicht  auf,  als  da  sind  junge  hüncr.  kaphancn,  rephüner  u.  s.  w., 
alle  speise  soll  vielmehr  gesotten  denn  gebraten  sein,  darumb 
dasz  sie  besser  feuchtet.  Mülman  geisel  s.  2«.  29. 

FEUCHTGEFÜHL,  n.  empfindting  des  feuchten :  beim  anblick 
und  fcuchtgcfühl  des  rinnenden,  laufenden,  stürzenden,  in 
der  fläche  sich  sammelnden,  nach  und  nach  zum  see  sich 
ausbreitenden  gewässers  war  der  Versuchung  {sielt  im  freien 
zu  bade»)  nicht  zn  widerstehen.  Güthe  4S,  136. 

FEUCHTGEFÜLLT,  mit  saftigem  obst  erfüllt: 

der  schöne  herhsitag  selbst  gibt  anlas2  sich  zu  setzen 
und  in  der  grünen  schosz  des  gartcns  zu  ergötzen, 
der  nahe  wcinstock  beut  die  braunen  trauhcn  dar 
mit  wciszen  unierslcckt.    das  feuchtgcfülite  jahr 
reicht  ganz  sein  reichthum  her,  trügt  plirsctikcn  auf  undquiüen, 
läszt  äpi'el  aller  art  bin  auf  den  tcppich  schütten. 

Fleming  91. 

FEUCHTGLIED,  n.  was  feuchlblatt. 
FEUCHTHELSZ,  humidus  et  calidus:  fcuchtheiszcs  clima. 
FEUCHTIG,  humidus,  mhd.  fiuhtec,  nnl.  vochtig,  schw.  fiiktig, 
dän.  fuglig;  feuchtiger  oder  feuchter,  foc.  1482  hO'; 

Fridcrich  der  dritt  kaiser  durchlcuchtig 

regiert  mit  andacht  gar  durchfeuchtig.    U.  Sachs  1,199', 

die  einfaclu:n  leuchtig  und  feuchtig  auszcr  gebrauch,  ahd.  liuhtic, 
fiuhtic. 

FEUCHTIGEN,  humectare:  sintemal  es  des  schlafs  art  ist, 
die  natur,  die  da  not  leidet,  zu  sterken  und  zu  feucbtigen. 
Agricola  spr.  n'  623.  gewöhnlicher  ist  befeuchten,  befeuchtigen 
1, 1258. 

FEUCHTIGKEIT,  f  humor,  humiditas,  nnl.  vochligheid,  schw. 
fuktighct,  dän.  fuglighed: 

er  entzieht  der  landschaft 

die  feuchtigkeit  so  gar,  dasz  nichts  mehr  dort  kan  leben. 

Weckuerlin  252; 
den  wasserloscn  grnnd  kan  er 
durch  die  feuchtigkeit  erfrischen  und  verbessern.    253; 

die  feuchtigkeit  des  nassen  holzes,  der  wasche,  des  kellers; 
der  acker  hat  noch  viel  feuchtigkeit ;  zähe  feuchtigkeilcn ; 
die  wässerige  feuchtigkeit  im  augc;  natürliche  feuchtigkeit, 
urina.  Simpl.  3,  758. 

FEUCHTIGKEITSMESSER,  m.  hygrometer. 
FEUCHTKALT,  humidus  et  frigidus,  gegensalz  von  feuchtheisz : 
und  es  weht  schon  des  abends  so  feuchtkalt.    Voss; 

fühlt  ich  jetzt  das  schauern 
fcuchtkalter  luft  in  dunkler  grotten  schosz. 

KosHGAUTEK  brilt.  odeon  2,  3'2.'>. 

FEUCHTLICFI,  subhumidus:  so  ein  schönes,  allerliebstes, 
dichtes,  feucbtlicbes  hölzchen.  GötheH,  85;  an  feuchllicben 
örtern  ein  Stückchen  wiese.  28,178;  dies  schreib  ich  unter 
den  bäumen  in  meinem  garten,  es  ist  schön,  doch  feuchl- 
lich  warm,  an  fr.  von  St.  1,108;  himmelsluft  weich,  warm, 
feuchtlich,  man  wird  auch  wie  die  trauben  reif  und  süsz  in 
der  seele.  1,243;  hiermit  nehm  ich  von  ihnen  abschied,  nur 
möchte  gern  in  den  feiichtlichen  gangen  um  ihr  fcnster  heut 
abend  erscheinen,  l,  354. 

FEUCHTLICH,  adv.  Iiumectim,  humectalim,  madenkr,  naszlich. 
voc.  1482  hc'. 

FEüCHTOHIUG,  aure  madens,  noch  nicht  trocken  hinter  den 
oliren :  feuchlohrige  buben,  fischen  phrases  aus  der  schinclit 
bei  Cannä  und  greinen  über  die  siege  des  Scipio,  weil  sie 
sie  exponieren  müssen.  Schiller  106*. 

FEUCHTSCHIMMEHM), 

wir  schmelzen  wie  wachs  an  der  sonne 

an  ihren  fcuchtschimmornden  nugcn  dahin.     Stolrero  1,273. 

FEUCHTTROCKEN:  wie  der  biber  ein  feuchltmcken  leben 
füret.  Fisciiart  ehz.  505;  ich  woll  sie  beide  mit  eint  solchen 
feuchttrockenen  Schwallen  und  quallen  wol  eins  mnrhen. 
Garg.  53*. 

FEUCHTl'Nti,  f  nim  nngeliischlen  kalk,  darzu  gar  kein 
wasser  oder  fenchtung  ist  kommen.  Fronsp.  kriegsb.  2,  ls4'; 
solche  schedliche  deinpf  und  fenchtnngen  den  ganzen  bili 
diirrbwniidern  miigeii.    Ihlrnkisser  pmli.  der  harn.  20. 

FKICHTWARM.  wie  feuchtheisz:  durch  einen  feiirhiwarinin 
lenz  cincü  bessern  bluiiiensuincn  aufschwellen.  J.  I'.  .W>en*.  l,  2| 


1581 


FEUER 


FEUER 


15S2 


FEUER,  n.  ignis.  ahd.  fiur.  atls.  fiiir.  fries.  fiur,  fior,  ags. 
fJT,  mhd.  yiur,  viwer,  im  mutieren  DeulschUind  und  mnd.  vür, 
nhd.  fewr,  feur,  feuer,  icellerauisch  fauer  (tcie  auer  für  ubr 
und  allgemein  mauer  für  min)  z.  b.  in  dem  Ortsnamen  Faucr- 
bach,  mnl.  vier,  nti/.  vuur,  engl.  fire.  tceder  goth.  noch  nord., 
denn  schic.  dän.  fyr  sind  erst  spät,  für  gewisse  bedeutungen,  von  uns 
entnommen,  bedeutsam  stimmt  das  umbr.  pir  aus  pur,  gr.  nvo, 
vobn  man  nicht  übersehe,  dasz  Plato  im  Cratylus  410  sotcol  nvo 
als  vScoo  für  ungriechisdi  und  aus  flirygien  eingeführt  erklärt. 
Plirygen  (auföreooi)  und  Thraker  hängen  an  mehr  als  einem 
faden  zusammen  und  die  vorfahren  der  Germanen  mögen  in 
ihren  noch  asiatischen  sitzen  sieh  mit  ihnen  berührt  haben;  wer 
veisz  ron  welchen  rö/fcem  allen  die  Hellenen  (oi  v:i'o  rols  ßao- 
ßi'toots  oiy.oviTEs)  Wörter  entlehnten,  es  fällt  auf,  dasz  auch 
die  neugr.  spradie  (also  die  südliche  der  inseln)  kein  nvo,  son- 
dern statt  dessen  fdhi  n.  oder  cpcarid  f.  =  ipcöi  gebraucht, 
an  Tii'o  mahnen  kömäe  das  alban.  ^laoQc.  in  den  urverwandten 
sprachen  wallet  sJ:r.  agnis,  lat.  ignis,  lil.  ugnis,  sl.  ogn',  goth. 
auhns  focus,  furnus,  fomax,  scliw.  ugn,  ahd.  ofan,  gr.  irtvöi, 
fa^  eben  wie  dem  namcn  des  andern  elanents  vSofo  altd.  wa?ar, 
alls.  watar,  ags.  väter,  engl.  nl.  water  zur  seile  und  lat.  aqua, 
goth.  abva,  dtd.  aba  und  affa,  lit.  uppe,  skr.  ap  gegenüber  stehn. 
agnis  scheint  herkitbar  aus  der  würzet  ag,  agere,  ttüo  aus  pft 
lustrare,  wozu  auch  puriis  fällt  und  das  r  in  rrfo,  fiur  wie  in 
vScuo,  wajar  enjibt  sich  als  zugelrelne  ableitung.  dieses  r  mangelt 
wiederum  dem  goth.  fun  gen.  funias,  vato  gen.  vatins,  gleich 
dem  altn.  funi  und  vatn.  die  anomalie  fön  funins  setzt  aber, 
nach  GDS.  845,  funan  fan  fönum  voraus  und  ein  finkan  fank 
funkun  entfaltete  sich  auszerdem  (sp.  131S),  sein  auslautendes, 
durch  vorangebende  nasalis  gestärktes  k  wird  sich  sogleich  aus 
skr.  und  lat.  formen  verständigen,  denn  im  skr.  erwuchsen  aus  p& 
einmal  pavana  oder  pävana  purißccUio,  thus,  ventus,  dann  pävaka 
iynis;  jenes  kommt  mit  golh.  fön  oder  funa,  umbr.  poni,  puni 
thus,  (Äer  pdvaka  mit  lat.  focus  (fovicus)  für  pocus  und  mit 
unserm  funke  übercin.  im  roman.  it.  fuoco,  sp.  fuego,  fr.  feu 
kehrt  die  rorslellung  feuerstätte,  herd  in  die  einfache  des  fcuers 
zurück,  wie  umgedreht  aus  agnis,  ignis  ein  goth.  auhns  ahd.  ofan 
auf  den  herd  beschränkt  blieb,  höchst  natürlich  erscheinen  musz  die 
naJie  berührung  des  feuers  und  windes,  die  beide  reinigende  demente 
sind  und  wie  pävaka  und  pavana  sehen  wir  finn.  tuli  ignis  und 
tuuli  ventus  einander  naii  gesellt,  nach  der  edda  ist  feuer  des  windes 
bruder.  ich  verbinde  auch  lat.  favonius  {schwdz.  föbn,  fön)  und 
favilla  mit  favere,  fovere,  tcie  mit  pavana  und  goth.  fön.  es 
gibt  noch  vide  andere  benennungen,  die  hier  angeregten,  lange 
nicht  erschöppen  reihen  lassen  aber  liefe  blicke  werfen  in  die  urge- 
meinschaß  und  abweichung  der  uns  zunächst  berührenden  sprachen, 
das  fr.  feu  hat  fast  den  klang  und  die  buclislaben  von  feuer 
und  ist  doch  anders,  aus  focus,  wie  lieu  aus  locus  entstanden, 
der  Wurzel  fü  oder  pft  für  feuer  dürfen  auch  faueben,  feucbt, 
faul  nicht  allzu  weit  abliegen,  golh.  aubjön  lärmen  gemaiint  ans 
prasselnde  feuer.  das  latein  behielt  in  purus  und  putidus  an- 
lautende tcnuis,  schob  sie  aber  fort  in  focus  und  foelidus, 
wahrscheinlich  auch  in  fervidus  und  febris  für  ferbris,  fervebris, 
wie  nvoeröi  und  goth.  brinnö  zeigt,  februare  ist  purgare, 
lustrare  u.  s.  w. 

1)  das  feuer,  unter  allen  dementen  das  lebendigste,  wurde  als 
ein  Ihier  gedacht  das  gebunden  liegt,  gleichsam  scliläß,  aber  ent- 
bunden und  geweckt  werden  kann  und  dann  ausgehl,  schreüd, 
springt,  greiß  und  raubt,  um  sänen  unersättlichen  hunger  zu 
stillen:  es  leckl,  spielt  mit  der  zunge.  weidet,  fiiszt,  schlingt, 
scbwelgt,  vorat,  serpil,  lambit,  haurit ;  vorax  ignis,  grädug  logna  ; 
das  kwr  spricbl  nicbt  'es  ist  gnug'.  spr.  Sal.  30,16  {vulg. 
ignis  nunquam  dicit  'sufficit');  fiur  ist  ein  ding  das  nieraer 
spricbet  'gnuog'.  Hacpt  S,  225,  bei  Ulfilas  würde  stehen  'ganab'. 
ire/7  es  leckt,  so  küst  und  lacht  es: 

wies  rewr  das  siroh  küst  und  anlacht 

bisz  dasz  es  alls  zu  ascben  macht,    froschm.  117*; 

wie  das  flieür  blosz  daran  laichet,  allambenlibus  flammis. 
Maaler  260',  bei  Stalder  2, 153  das  feuer  lallet  flammt,  der 
lall,  hüchauffahrende  lohe:  die  flamme  züngelt; 

ags.  nu  sceal  gied  f<eian.    Beot.  6223; 

altn.  leilu  eld  eia  iofra  bjgdir.  Secm.  143*; 
eldrinn  li-k  um  }iä,  flamma  illos  hausit.  es  haszt:  das  feuer 
bricht  los,  wird  los,  gehl  an,  gebt  auf,  steigt  auf,  verzehrt 
was  es  erreichen  kann,  sucht  den  nagel  in  der  wand;  findet 
es  nidits  mehr,  so  erstirbt  es,  ist  es  wieder  todt  und  verschwindet, 
fr.  s'en  va,  exstinguitur.  in  den  steinen  und  kieseln  schloß  es 
und  kann  daraus  gelockt,  gestrichen,  geweckt  werden. 


2)  die  altn.  spradie  und  dichikunsi  stellt  das  feuer  dar  ah 
einen  uvlf  oder  waldhund,  der  sich  heulend  den  hdusern  der 
menschen  natu,  aus  den  häusem  schnaubt,  und  sie  mit  heiszem 
munde  versdäingt: 

ballar  gandr  gekk  hüsum  haerri; 
Tiäar  hundr  svalg  beitum  muani  hvert  hüs; 
(Blju  rakki  för  grenjaudi  um  gaijs  hliS; 
här  logi  gaus  er  hüsum ; 

das  gewinnt  an  bedeutsamkeit,  wenn  man  erwägt,  dasz  auch  Lotd, 
der  unheilvolle  golt,  dessen  name  schon  lohe  ausdrückt,  der  selbst 
ein  wolf  den  ungeheuren  wolf  Fenrir  gezeugt  hat,  am  ende  der 
weit  seiner  fessd  ledig  werden  soll,  dann  erfolgt  viutspUli,  die 
holzverzehrung,  und  alles  geht  in  flammen  auf.  der  bei  feuers- 
brünsten  erschallende  ruf  'feuer  ist  los'  gleidU  also  dem  erschreck- 
lichen 'der  wolf  ist  los',  den  allfr.  dichtern  heiszl  das  feuer 
««  böses  in  den  häufigen  Verwünschungen: 

que  maus  feus  le  puist  devourer! 
qua  male  flambe  les  arde ! 

gerade  wie  ags.  läda  lig,  das  leide  feuer  {Beov.  165)  gesagt  mrd. 

3)  gan^arer  unter  uns  geblieben  ist  die  gleich  lebhaße  Vorstel- 
lung eines  hahns,  der  auf  die  dächer  fliegt  und  über  die  häuser 
läuft,  mordbrenner  und  feueranlegcr  drohen  :  'ich  will  dir  einen 
rothen  hahn  aufs  stadel  setzen,  stecken,  aufs  dach  fliegen 
lassen,  der  rothe  bahn  soll  euch  über  die  bäuser  laufen, 
ich  will  einen  rothen  bahn  oder  sieben  machen',  d.  i.  sieben 
häuser  anzünden!  'der  rothe  hahn  kräht  aus  dem  dach!' 
es  brenrä,  die  flamme  prasselt, 

dän.  den  rode  hane  galer  over  taget! 

wie  das  feuer  überluiupt  flackert,  flattert  und  fliegt,  denn  aus 
dem  brand  fliegen  funken  und  es  heiszt,  einen  ins  gesiebt 
schlagen,  dasz  das  feuer  {aus  den  äugen)  fliegt;  auf  die  steine 
hauen  oder  treten,  dasz  die  funken  stieben; 

dd  stoup  üz,  dem  helme,  sam  von  brenden  grö^ 

die  riwerröte  vaRken.    Sib.  185,3; 

dat  Tür  van  den  helmen  spranc, 

dat  man  da  van  inzunde 

ein  lieht  bi  der  stunde.     Crane  33S9; 
altfr.  le  feu  i  boute,  la  flambe  en  fet  voler.    AirsERi  107, 
stöszt  das  feuer  an,   läszt  die  flamme  daraus  fliegen. 

4)  nach  jenem  skr.  pävaka  und  pavana,  jenem  finn.  tuli  und 
tuuli,  ist  schon  in  den  worten  Zusammenhang  zwischen  feuer  und 
wind  begründd,  mit  der  flamme  erzeugt  sich  auch  hift  und  wind; 

si  sluogen  durch  die  schilde,  da?  ej  lougen  began 

von  viwerröten  winden.    A'tft.  1999,2; 

von  ir  zweier  swerten  gie  der  fiurröte  wint.    2212, 4. 

TtvQos  avTitri  ist  bei  Homer  das  wehen,  der  dampf  rfcs  feuers, 
Tivoli}  Hfaiaroio,  des  Hephäsios  anhauch.  die  flamme  weht, 
haucht,  bläst,  pfeift,  knistert,  prasselt,  tobt  und  wütet  ^eidi 
dem   winde,     gottes    feuer,   der   blitz,   fahrt  aus  den  wölken. 

5)  noch  einige  andere  ausdrücke  seien  angemerkt: 

in  des  iiures  scb'ricke 

der  enget  von  himele  sleif.    Sertat.  398, 

schrick  ist  Sprung,   was  sidi  vom   springen  des  wolfs  oder  des 

vogds  erklären  läszt. 

dar  wart  genendenclicheo 

dat  vür  ind  der  scherde  ( :  swerde).    Crane  3036; 

man  sach  dar  springen  üf  den  sant 

dat  vür  van  scherde 

van  des  borggräven  swerde.    4374. 

in  HoLLEs  mundart  musz  scherd  oder  scherde  soriei  als  schrit, 
gressus  bedeuten,  wie  mnl.  terden  für  treden,  treten  stdit,  oiler 
man  dürße  es  mä  schraejen,  scbräte  zusammenhalten,  das  wdien, 
sprühen  bedeulet,  so  dasz  scherd  einem  mhd.  schrät  oder  sprat 
entspräche,  schön  bei  Bettixa  1,  39 :  es  brannte  wie  ein  blumen- 
strausz  aus  dem  gauploch;  denn  bei  illuminationen  bilden  die 
flammen  in  den  fen^ern  gleichsam  kränze  und  blumengewinde. 
flamme  ist  des  feuers  blume,  bliUe,  daher  feuer  und  flamme, 
ignis  flammaque  überall  verbunden  werden. 

6)  in  den  ags.  gesetxn  steht:  fyr  bid  [leof,  das  feuer  ist  ein 
dieb,  wenn  es  bäume  des  waldes  stiil  verbrennt,  hingegen  seo  eax 
bid  nielda,  die  laut  erschxitlende  axt  ist  ein  meider,  kein  dteb. 
für  die  abgebrannten  bäume  musz  vMe  busze,  für  die  gehaunen 
drei  ersten  nur  geringe,  für  alle  weiter  gefällten  braucht  gar  keine 
busze  entriddet  zu  werden,  auch  in  unsern  weisthümem  ruft  dit 
holzfällende  axt  (RA.  47.  514). 

7)  den  schädlidien  Wirkungen  des  feuers  steilen  sich  seine  heil- 
samen und  wolthätigen  überwiegend  entgegen: 


1583 


rEUER 


FEUER 


1584 


wolthfitig  ist  des  Teuers  macht, 

weno  sie  der  mensch  bezähmt,  bewacht.    Scuilleh  TS^; 

es  leuchtet,  envärmt,  reinigt,  und  bat  von  der  wurzH  pö  seinen 
nanien  empfangen,  die  hauptwürttr  des  brennens,  zündens  und 
löschens  verlangen  hier  einen  überblick. 

a)  inlr.  ordere,  candere.  golh.  brinnan,  ahd.  prinnan,  ags. 
birnan,  analog  dem  rinnan,  ags.  irnan  currere  und  die  innere 
beteegtichkeit  des  elemenls,  nie  sie  aus  der  skr.  wurzel  ag  für 
agni  hervorgieng,  besldtigend.  ein  andres  vcrbum  miisz  tiiidan 
yclautet  haben,  ahd.  zintan,  das  aber  nur  in  den  ableilungen  des 
Ir.  tandjan,  ahd.  zunfan,  souie  irti  goth.  ttindi  (aihvatundi, 
dornslrauch  d.  i.  pferdeopfer)  und  fundnan  incendi  erscheint,  man 
darf  auch  heitan,  calerc  zu  liaits  calidus  vermuten,  diese  drei 
gehen  auf  das  wärmende,  glühende,  viel  mehrere  auf  das  leuch- 
tende, scheinende  fetter:  bleikan,  blaiii;  liulian,  lauli  u.s.w. 

b)  tr.  goth.  inbranjan  =  inbrannjan  incendore,  nlid.  ent- 
brennen (sp.  504);  golh.  intandjan  incendere,  aTirsiv,  ag.<!. 
ontcndan,  schtc.  tanda,  ddn.  tände,  alid.  aber  inziintan  = 
intzuntan,  mhd.  enzünden,  nhd.  entzünden  [sp.  670),  vgl.  an- 
zünden accendere.  unsrer  mundart  gemäsz  ist  zünden  stall 
zenden,  das  die  goth.  analogie  fordert,  auffallend  aber  ist  das 
der  bairüichöstreichi.<tclitirolisclien  mundart  eigene  (doch  nirgends 
bei  den  älteren  dichtem  und  schrißdellenv  z.  b.  Neidhaht,  Helb- 
i.ii\c ,  LicnTENSTEiN ,  WüLKEXSTEiN ,  OiTOCAR,  Megenberg  er- 
scheinende) kenten,  incendere.  Scrmeller  2,308.  Hüker  2,126. 
Fbommanm  3, 105.  458.  6,  294,  entspreclwnd  dem  alln.  kinda,  engl. 
kindle  igncm  alere,  ja  dem  lat.  ccndere,  von  candere,  in 
accendere,  incendere,  und  candela,  ags.  candel,  candelstäf 
candelabrum,  ahd.  kenlilastap.  dem  engl,  kindle  gleicht  nun 
keine  ags.  form,  uvl  aber,  da  es  auch  parere,  junge  werfen  von 
kaninchen  ausdrückt,  das  ags.  cennan,  parere,  gigncrc  (sp.  866) 
und^  hin-  schlägt  unmillclbar  eine  andere  tvortrcihc  ein.  aljan, 
nnlrire,  alere  ist  im  altn.  ala  wiederum  parere,  gignere,  das  feuer 
zünden  heiszt  es  nähren,  und  u-ir  gelangen  auf  den  alle  nord. 
sprachen  durchdringenden  namen  des  fcuers  alln.  eldr,  schw. 
eld,  ddn.  ild,  der  auch  im  ags.  äied  vorbricht  und  nichts  anders 
bedeuten  kann,  als  was  das  golh.  part.  ali{)s  aussagt,  der  genährte. 
kind  aber  ist  das  gezeugte,  geborne  wesen,  gleichsam  der  ins  leben 
erweckte  funke,  synonym  dem  feuer  anbrennen,  anzünden  sind 
die  heule  üblichen  anlegen  (1,397),  machen  (faire  du  feu),  an- 
machen (l,  397),  anstecken  (l,  479) ;  in  der  allen  spräche  musz  aber 
auch  quicken,  goth.  qiujan,  ahd.  quicchan,  chicchan,  ags.  cviccan, 
cucian,  alln.  qveikja  hierher  genommen  werden,  weil  das  zünden 
ein  beleben  und  erwecken  des  funkens,  ein  focillare,  vivificare 
und  das  feuer  das  queckfeuer,  das  lebendige  heiszt.  damü  stelU 
gleich  ags.  äIed  veccan,  jenes  aljan,  alere  und  gignere.  im 
gegensalz  ist  löschen  ein  lüdlen  der  flamme  und  des  liclits. 

c)  inlr.  exslingui,  suffocari,  golh.  hvapnan,  alln.  kafna,  rer- 
wandt  mit  gr.  xanvös,  weil  das  ausgehende  feuer  verdampft, 
verraucht,  dampf  und  rauch  zurück  Idszl:  das  feuer  ist  ver- 
raucht. Lessinc  1,  291.  alln.  slokna,  scliw.  slockna.  alid. 
lescan,  läse,  ntid.  löschen,  losch,  nlui.  das  feuer  verschwand, 
absorplus  est  ignis.  4  Mos.  11,2. 

d)  tr.  exstinguere,  golh.  hvapjan,  mdyeiv,  alln.  kcfja,  schw. 
qvüfva.  0^5.  cvencan ,  engl,  quencli.  ags.  dväscan ,  ald. 
duespao,  bei  0.  thuesban,  hess.  dispen.  ahd.  lescan,  lascta, 
mhd.  leschen,  laschle,  nhd.  löschen,  löschte,  nnl.  lesschen, 
laschte,  altn.  slückva,  schw.  släcka,  ddn.  slukkc.  nnl. 
blusschen.  nhd.  ersticken,  auszcrdem  noch  andere,  namcnllich 
gehört  dampfen  dahin,  das  .tich  auf  dampf,  wie  dampf  auf  die 
uralte  wurzel  tap  brennen  zurück  leitet. 

die  ausdrücke  sind  hier  nur  angerührt,  gewöhnlich  nocli  mit 
Partikeln  versetzt,  und  in  den  einzelnen  fällen  näher  zu  erläutern. 

8)  dies  alles  vorausgeschickt,  folißn  nunmehr  redensarten  der 
heutigen  tpraehe,  erst  intransitive,  dann  transitive:  das  feuer 
geht  an,  ist  angangen,  b  Mos.  32,22;  will  nicht  angehen; 
das  feuer  glimmt,  knistert,  prasselt,  funkt,  sprüht;  Hingt  mit 
funken  an ;  ein  feuer  geht  auf,  steigt  auf,  führt  empor,  es 
ist  feuer  im  dach,  im  dorf,  es  brennt;  alles  sieht  in  feuer. 
das  feuer  kommt  au»,  ist  in  einer  scheune  ausgekommen, 
e»  bricht  aus,  fahrt  aus,  gleichsam  das  losgelassene  Ihier,  man 
kann  aber  auch  deuten  kommt,  bricht,  fährt  aus  den  balken, 
vdnden,  dächern  der  hduser  oder  noch  anders:  da»  fcwr  kam 
au«  von  dem  herrn.  3  Mos.  ft,  24 ;  da  fuhr  ein  fewr  au»  von 
dem  herrn.  10,2;  dazu  fuhr  da»  fcwr  aus  von  dem  herrn. 
4  Mos.  16,  3&;  und  da»  fcwr  für  nii»  dem  fei»,  rieht.  6,21;  so 
gfhe  fewr  au«  dem  dornbusrh  und  vcrzcrc  die  cedcrn.  (»,  l.'i. 
CIO  feuer  tchlu^;  auf  in  die  höhe,  schlügt  empor,  ludert  auf. 


fahrt,  füllt  nieder,  regnet;  schlügt  hinter  einem  her,  als  ob 
es  ihn  verfolge:  lief  nach  der  sladl  zu,  als  ob  das  angezün- 
dete feuer  hinter  mir  drein  schlüge.  Felsenb.  ^,  A12 ;  eilet  als 
ob  er  feuwer  aufm  rücken  hell.  Kircuhok  wendunm.  200'; 
feuer  und  flamme  schlagen  aus  giebel  und  dach,  laufen, 
springen  über  die  dächer.  das  feuer  fliegt,  die  funken  stieben 
weit; 

in  der  dunstlul^  unten  versenct  dir 
fliegendes  feuer  den  hart,    dann  sclinur!>'M>t  du.    Voss  2,250. 

das  feuer  hat  schon  drei  häuser  gefaszt,  greift  die  balken 
an,  greift  auf  allen  seilen  um  sich,  quillt  aus  allen  löchern, 
klettert  an  den  wänden  hinauf,  es  irisizt  und  verzehrt,  was 
es  von  holz  findet  und  ist  nach  speise  hungrig:  das  fewr  zwei 
hundert  und  fünfzig  menner  frasz.  4  Mos.  26,10;  das  volk 
ist  wie  speise  des  fevvrs,  keiner  schonet  des  andern.  Es. 
9, 19.  das  feuer  sinkt  in  sich  zusammen,  erlischt,  geht  aus, 
verglimmt. 

<j)  feuer  aus  hölzern  reiben  (notfeuer,  mythol.  570),  feuer 
schürfen,  ans  steinen  schlagen,  aus  dem  kiesel  locken,  mit 
dem  Zündholz  streichen:  er  schlug  feuer,  seine  pfeife  zu 
zünden.  Sciihxer  709'; 

mhd.  het  er  ein  viwer  geslagen  (iif  geslagen).    Amis  1064; 
nhd.    dort  klang  die  laut  und  hier  ein  degen, 

das  pllaslcr  schrie  erbärmiglich, 
weil  man  auf  den  und  .jenen  wcgtMi 

das  feuer  aus  den  kieselii  strich.    Günther  162. 

das  feuer  anblasen,  aufblasen,  anlegen,  anmachen :  das  feuer 
musz  angemachel  sein  von  dem  holze,  welches  kreuzdorn 
heiszt.  Zauberformel,  IhOring.  zeitschr.  1,189.  kreuzdorn  id 
rhamnus  catharlicus  (der  reinigende),  bald  weiszdorn,  bald  schwarz- 
dorn, man  vgl.  die  goth.  aihvatundi.  feuer  ohne  rauch  machen, 
oft  in  den  weislhümern,  sonst  aber  lautet  der  sprach:  wer  das 
feuer  will  haben  musz  den  rauch  leiden,  das  feuer  nähren, 
speisen,  füttern,  unterhallcn,  schüren,  pflegen,  slürkcn.  Simpl. 
K.  553  sieht  'dem  feuer'  pflegen,  wie  man  sagt  einem  warten, 
der  gen.  eines  pflegen  id  davon  verschieden,  stärke  das  feuer 
auf  drei  stunden,  d.  h.  gib  ihm  so  viel  nalnung,  dasz  es  drei 
stunden  brenne.  Ihür.  zcilsclir.  a.  a.  o.  reiser,  holz  zum  feuer 
tragen,  ein  scheit  zum  brand  tragen,  feuer  anzünden  oder  das 
holz  anzünden,  entzünden,  in  feuer  setzen,  das  feuer  bedecken, 
zudecken,  mit  asche  betrechen,  ersticken,  ausgehen  lassen, 
ausmachen,  löschen,  tilgen,  das  feuer  kann  besprochen,  zum 
stehen  gebracht,  umritten  werden:  gewafnet  in  die  flamme 
reiten ,  auf  sie  hauen ,  getragne  kleider  darauf  werfen, 
strangulatus  ignis.  feuer  werfen,  speien,  regnen,  in  der  allen 
spräche  mit  feuer  werfen,  speien,  regnen ; 

feuer  sprühen,  schnauben,  spratzen.    II.  Sachs  1, 201'. 

10)  die  brennbaren  sloffe  fangen  feuer  [sp.  1312) :  der  linke 
flügel  des  hauses  fieng  zuerst  feuer;  kann  auch  jemand  ein 
fewr  im  hosen  behalten,  das  seine  kleider  nicht  brennen? 
spr.  Sal.  0,  27 ; 

die  Wälder  fangen  f^ur.    Grtphius  1,701; 
der  bettelmann  gicng  nah  an  die  kohlen,  seine  lumpen  fiengen 
feuer;  alln.  1)4  var  eidrinn  svä  kominn,  at  feldrinn  braun  af 
Grimni.  Swm.  40;  die  frau  streifte  an  der  lampe  vorbei  und 
ihr  kleid  fleng  feuer; 

mhd.  ein  slange  im  buüscn,  ein  liur  in  lieber  wrrte.    MS.  2,97'. 
das    haus    ist   vom    feuer    ergrifl"en,   in   brand   gerathcn;    der 
thurm  ist  vom  blitz  enizündcl,   ijufüyos  (von   oarrBiv),  ge\u 
auf  in  feuer. 

feuer  bei  stroh 

brennt  lichterloh; 

kommt  Teuer  und  stroh  zusammen, 

so  gibt  C8  gerne  flammen; 

feuer  und  stroh 

ist  kcuis  des  andern  froh ; 

sie  sucht  nichts,  als  eine  tendeln  ihm  >(i:;iiMlcr  zu  halien, 
zu  scherzen,  die  bände  zu  paren,  in  den  arm  zu  nehmen, 
zu  küssen,  alleiuc  das  heiszt  'feuer  in  die  scheune  machen' 
und  dies  kunststückc  haben  sich  die  zigeuner  vorbehalten, 
dasz  sie  auf  ein  btmd  slruh  feuer  legen  tmd  dasselbe  nicht 
verbrennen,  pol.  stockf.  107. 

11)  im  feuer  stchn,  in»  feuer  gehn,  durch  da«  feuer  waii 
dein,  zwischen  zwein  feuern  sitzen,  zwischen  zwei  feuer  setzen, 
altn.  seija  1  milli  elda  tvcggja;  in»  feuor  fallen,  stürzen;  in» 
feuer  »loszcn,  werfen;  die  hund  iii»  feuer  Kleiken,  für  die 
Wahrheit  einer  sache:  da  wollte  meine  hand  wol  vor  in-i  feuer 
stecken.   Cii.  Ki.  vi  (tiii  V"  •   ..i<  i->i,.r  !.'r.'if,Mi     ,li,.  l,.isr.i.,iru 


15S5 


FEUER 


FEUER 


1586 


aus  dem  feuer  holen ;  für  einen  durchs  feiier  laufen,  dnrch 
ein  fheiir  laufen  umb  ein  mund  voll  brol.  Maaleb  135'.  ins 
feuer,  zum  feuer  verurtheilen :  als  ein  pöse  man  in  das  feüer 
geurleill  werden.  Steixhöwel  dec.  549,  2-1  (esscr  come  malioso 
condennato  al  fuoco).  ich  wolf  mich  vor  ein  wenig  regen  und 
brant  in  einer  nacht  an  dreien  orten  und  hab  gleichwol  nit 
gern  gebrennt,  aber  es  geschah  darum,  das  ich  dacht,  der 
amtman  solt  über  das  feuer  rucken.  G.  vo.n  Berl.  lebensb.  170 ; 

noch  zittert  ihr  der  schreck  durch  jede  nerve, 

noch  malilet  feuer  ihre  pbantasie 

zu  allem  was  sie  mahlt.    Lessi>c  2,  IM; 

er  winkte  meinem  engel,  dasz  er  sichtbar 

auf  seinem  weiszen  titticbe  mich  durch 

das  feuer  tröge.    2, 199. 

1-2)  fiter  den  feuerruf  s.  aiad.  monalsber.  1850  s.  111  und 
hernach  feurio,  schrien  fiwer  fiwerl  Meraner  stadlr.  6et  Haupt 
6,424;  das  man  für  schruge.  tceisth.  1,213;  schreien  auf  auf 
auf,  es  print.  3,  6 ;  ke  tuti  cridan  fogo  Togo !  Bioxdelli  foesie 
lornkp-lhö;  ai//r.  haro  ie  feu !  .Meo>-4,  439;  armor.  tan  ru  war! 
(rolh  feuer  oben),  barzas  breiz  1, 223 ;  ann  tan !  1, 318 ;  arab.  nar 
narl  {feuer  feuer);  türkisch  janghin  war!  {feuersbrvnsl  ist); 

de  kersen  nam  se  in  de  band 

und  lip  dar  se  de  scbüne  yand, 

se  stak  de  kersen  in  dat  dak, 

se  leip  weder  in  un  sprak: 

'tö  joduie,  hüde  und  jummer  mfirl'    G.4.  2,329; 

wasser  her  io,  wasser  her!    ring  43', 32; 

flammen  in  der  brüst  empfinden 

und  dabei  nicht  feuer  schrein, 
heiszt  die  ruihen  gröszer  binden 

und  sein  eigner  henker  sein.    Gc!»ther  253; 

feuer!  feuer!  — wer  hat  feuer  geschrieen?  Göthe  14,293.  296; 
Terwahrt  (bewahrt)  das  feuer  und  das  licht!    Gellert  T,  147. 

13)  feuer  und  Qamme  des  herdes:  mit  feur  und  flam  in 
der  mark  sitzen.  Kciilh.  2,  174;  feuer  und  flamme  hallen. 
2,211;  dem  missethäter  feuer  und  flamme  loschen,  aqua  et 
igni  interdicere;  beim  feuer  sitzen,  igni  assidere.  den  gast  ein- 
laden hiesz  ror  alters  zu  seinem  feuer  laden,  bei  Sido.'siüs 
Apollix.  ep.  2,  2  ad  focum  invitare; 

mhd.  swäT  werdekeit  wil  minnen, 
der  lat  dise  Aventiure 
in  sinem  hüs  ze  fiure.    Il7i.  5,4; 
Seite  si  mich  zeinem  male 
hein  zuo  ir  gedanken  flure.    HS.  1,S9*. 

im  dorfe  sind  sechzig  feuer,  d.  i.  feuerstellen,  herdslälten,  voh- 
nungen.  auf  dem  herd,  in  der  kuche  wird  das  feuer  unter- 
halten, im  feuer,  auf  dem  herd  haben  heiszt  sieden  und 
braten;  ir  solts  nicht  roh  essen,  noch  mit  wasser  gesotten, 
sondern  am  fewr  gebraten.  2.Vos.  12, 9;  auf  dem  herde  bren- 
nen drei  feuer;  sie  hatte  nur  einen  topf  im  feuer; 

sehse  biren  biet  si  in  dem  fiure. 

Neidhart  Ben.  389,  wo  ÜAUPt  47,23 

briet  si  in  d?m  riuwer. 

14)  feuer  der  gewehre  und  gcschüfze,  seit  erßndung  des 
puhers:  feucr  geben,  displodere,  das  geicchr  lösen,  losschieszen, 
nnl.  vuur  geven,  sclur.  gifva  ^r,  dän.  give  fyr  {niemals  gifva 
eld,  give  ild).  noch  nicht  bei  Dasypodiüs,  Frisics,  .Maaler, 
Hemsch,  doch  schon  am  schlusz  des  16  jA.  bräuchlich,  zur  zeit  des 
ZOjähr.  kriegs  allgemein  verbreitet,     in  Grobs  lobspruch  ton  1602 

gab  nit  gschwind  fewr.    ntcpi  3,254; 
sie   {die  gcschülzc)  alle  zugleich  fewer  gebend.   Kirchhof  mil. 
disc.no ;  fort!  fort!  gebet  feuer  wo  jemand  kommet.  Oryphics 
l,Si7  find  auf  den  blitz  des  himmels  angewandt: 

ist  Catharina  tod  und  chach  ist  noch  bei  leben ! 
und  wil  der  himmel  nicht 
gewafnet  mit  der  glut  von  schwefelhellem  liebt 
teuer  nach  dem  köpfe  geben?    1, 174. 

später  sehr  häufig:  auch  die  in  der  Stadt  stark  fewr  heraus 
gaben.  Chemmtz  1.202";  fewr  auf  sie  gegeben  und  fünf  lieu- 
lenants  und  fendrichs  geschossen.  IV.  4,  34;  gebt  feur!  kriegs- 
manual,  SchaPiausen  1CG4  s.  18. 19;  sagte  auch  jedem,  wer  feuer 
gehen  und  welcher  seinen  schusz  im  röhr  zum  vorrath  be- 
halten solle.  Simpl.  K.  411;  feuer  auf  feuer  unter  sie  gaben. 
veäf.  Robinson  53 ;  'sie  drohten  feuer  zu  geben*,  'meine  pistole 
war  nicht  geladen'.  Schiller  712'.  it.  dar  fuoco,  far  fuoco, 
fp.  dar  fuego,  hazer  fuego,  fr.  donner,  faire  feu,  a6er  auch 
blosz  donner.  serb.  vatni  {nicht  ognja)  dati:  jivu  vatru  dao 
{gab  lebendiges  feuer).  Vük  3, 448, 118.  engl,  nur  mit  dem  rerbum 
fire  {feuern),  man  sagt:  kühn  ins  feuer  gehn,  tapfer  im  feuer 
stehn,  er  ist  noch  nicht  im  feuer  gewesen,  ein  wolgerich- 
III. 


teles  feuer  unterhalten;  das  feuer  der  infanferie  war  nicht 
wirksam;  das  feuer  der  kanonen  schwieg  endlich; 

führt  mich  ins  feuer  frisch  hinein!    Schiller  322*. 
vgl.  kartätschenfeuer,  pelotonfeuer,  roitenfeuer. 

15)  feuer  der  schmiede  und  anderer  handwerker:  unter  die 
schmiede  gehörten  alle  die  im  feuer  arbeiteten,  v.  Stette!« 
Augsb.  7.  künstliche  feuer,  &  freudenfeuer,  lustfeuer,  feuer- 
w  erk,  feuerkugel ;  steigende  feuer  {rakelen).  H.  Sachs  I,  204'. 
feuer  der  bergleute  und  minierer:  das  grubenlicht  heiszt  feuer ; 
wo  die  genge  vest  und  knaurig  sein,  das  kein  stahl  darauf 
haften  wil,  musz  man  setzen  und  feuer  fürs  ort  machen. 
Mathesids  59';  feuer  setzen,  um  festes  gestein  mürbe  zu  machen; 

was  in  des  dammes  tiefer  grübe 

die  band  mit  feuers  hülfe  baut.    Schiller  77^. 

IC)  feuer,  krankheilen  bezeichnend,  ivie  fieber,  goth.  brinnft, 
gr.  TTi'oerös.  das  kalte  feuer,  der  kalte  brand:  mein  liebes 
weih  einen  harten  fall  gethan,  also  dasz  sie  über  ein  knie 
eine  grosze  schrumme  gefallen,  dasz  auch  das  kalte  feuer 
bald  zugeschlagen,  über  welches  sie  grosze  schmerzen  er- 
litten. ScHWEiMCHEN  2,  296.  das  heilige  feuer,  erysipclas: 
wie  die  trewen  erzte  thun,  wenn  das  heilige  fewr  in  die 
bein  komen  ist.  Luther  8,101';  da  will  man  nun  auf  allen 
seilen  das  heilige  feuer  mit  Ziegenmilch  löschen.  Ettxebs 
«nif.  doct.  771,  vgl.  rothlauf  und  Antoniusfeuer  1,  501.  das 
laufende  feuer,  ignis  volaticus,  nesselsurht,  febris  urlicata.  med. 
maulaffe  827.  rode  et  occtde  23.  das  wilde  feuer,  viüligo,  lepra 
alba,  auch  der  blitz, 

das  wild  fewer  auch  einbin  trang.  H.  Sach  s  I,4ö'; 
aber  auch  die  bräune  bä  den  Schweinen,  und  sonst  das  nolh- 
feuer.  diese  geschichte  lief  um  sich,  wie  das  wilde  feuer. 
BoD£5  Tr.  Sh.  1, 50.  hellisch  feuer.  magensiechUium.  Schx.  1, 553. 
17)  feuer,  angewandt  auf  leuchtende,  glänzende  äugen  oder 
blicke,  auf  errölhende  wangen:  er  ward  lauter  feuer  im  gewicht 
{das  blut  stieg  ihm  ins  gesichl);  das  feuer  trat  bei  den  schönen 
in  das  gesichl.  Pierot  1,172;  das  feuer  stieg  mir  ins  gesicht. 
1,242;  dasz  mir  das  feuer  in  die  äugen  gestiegen.  1,401; 

der  blicke  feuer  und  der  lippe  stammeln.    Schiller  499* 
strich  Wolf 

sogar  die  augenbraunen  mit  der  band. 

gleichsam  das  feuer  seines  blicks  zu  bergen.    Lsssnic  2,254. 

feuer  und  flamme  schlug  mir  gleich  beim  ersten  anblick  zum 
gesicht  heraus,  ich  war  ganz  auszer  mir.  H.  L.  Wagser  reue 
nach  der  Ihat  s.  22.  das  feuer  der  edelsteine,  der  färben. 
das  licht,  die  strahlen  der  sonne  heiszen  ihr  feuer: 

als  noch  auf  uns  die  roorgensonne 
ihr  allbelebend  feuer  gosz.    Gotter  1,10; 
die  blicke  die  noch  zagen, 
der  sonne  feuer  zu  ertragen.    1,229. 
s.  fetu-ig. 

IS)  abstractionen  und  bilder: 

a)  feuer  der  liebe:  bis  guts  muts,  gang  neher  zu  dem 
fiiwer,  so  erhitziget  dich  mer  dann  genug.  Terenz  1499, 39' 
=  eunuch.  85 

bono  animo  es, 
accede  ad  ignem  hunc,  jam  calesces  plus  satis: 

dann  wie  wol  ich  wite  von  dir  bin,  so  hast  doch  mich  letz 
nit  allain  getan  warm  werden,  sunder  gar  nach  ganz  ver- 
brennet und  din  unsichtig  füre  durch  mine  ougen  geworfen 
in  min  geeder,  die  an  all  min  schulde  ganz  uszebrennen. 
NlCL.  T.  Wyle  255,  27 ; 

das  {hert)  hart  in  liebe  ist  verstricket 

gegen  euch  in  heiszer  liebe  fewr.    H.  Sachs  UI.  2, 123'; 

dein  feuer  ist  mein  frost.    Fle«i:«g  617; 

Daraöt  wird  traurig,  schweiget  still, 

umarmt  sein  kind,  doch  nur  mit  halbem  feuer.    Gellert  1, 126; 

sprich,  was  du  willst  von  mir,  nur  nicht,  dasz  meine  liebe 

zu  wenig  feuer  hat  und  allzu  schläfrig  ist.    Rosi  schäf erg.  78; 

aber  wenn  ein  süszes  feuer 

euren  jungen  busen  füllt.    Götter  1,130; 

kennt  ihr  eifersucht?   ihr  feuer 

trieb  mich  in  den  wald  hinaus.    MjSll^^er  die  schuld  130. 

b)  über  dieses  war  ihr  ein  altes  grämliches  weib  zur  hof- 
meisterin  vorgesetzt,  vor  welcher  dieses  schöne  bild  sich 
nicht  einmal  frei  umsehen,  geschweige  dann  mit  jemanden 
reden  durfte,  ohngeaclitet  sie  viel  feuer  im  leibe  hatte,  irrg. 

I  d.  liebe  ioZ;  aber  kaum  hatte  sich  Alabanda  des  königs  und 
der  regierung  hemüihtigef,  so  wurde  der  alle  mann,  unter 
dem  Torwande,  dasz  er  nicht  feuer  genug  habe,  zurückbe-- 
rufen.  Wieland  6,181; 

100 


158: 


PECER  —  FEUERANSAGER 


FEÜERANZEIGER  -  FELTIRRLATTER      1 588 


oft  nur  Pill  ärmrlien  wcisz  und  rund, 

oft  nur  ein  schlau  gcworliier  sclileicr. 

und  ScIudoD  gieiig  auf  in  feuer.    Gottsr  I,-H3; 

ah  bravo!  find  icli  euch  in  (17'.H)  im)  feuer? 

in  liurxur  zeit  ist  Gretcben  euer.    Götuji  12, 157, 

ach,  mit  welcher  liehe,  mit  welcher  zarllichkcit,  mit  welchem 
feuer  umarmt  er  mich.  18,63;  o  wie  er  in  feuer  ist!  rief 
Philine,  nur  gehissen,  nur  geduldig.  .19, 232;  es  laszt  sich 
denken,  dasz  unsere  reisenden  durch  diese  crziihlung  sehr 
in  feuer  gesetzt  wurden.  56,197;  Ferdinand,  in  feuer  gesetzt 
von  den  Spaniern,  grif  zu  den  waffen.  Sciiilier  91S'. 

c)  das  feuer  des  bluls,  der  ädern,  des  gefühls,  der  spräche, 
des  ausdrucks,  der  rede;  das  feuer  seiner  bercdsamkeit; 

im  ersten 
feuer  des  hohen  gedankens  nach  edler  freiheil  zti  streben. 

GöTHE  4ü,2!t8. 

d)  das  feuer  muliger  rosse,  stiere;  des  wcins:  der  wein 
hat  feuer  (wie  hhime); 

mit  ehren,  wein,  von  dir  heroeistert 

von  deinem  ilüszgcn  fcur  begeistert.    Lessi?(c  1,50; 

ich  habe  ohne  dies  meiner  nachbarin  ein  räuschchon  zu 
gedacht,  ich  möchte  wol  an  iiir  versuciicn,  ob  der  wein 
feuer  hat.  Weisze  opern  3, 117 ;  der  pfeffer  hat  feuer,  beiszt 
auf  der  zunge. 

e)  das  feuer  des  zorns  und  eifers,  welche  Wörter  selbst  schon 
brand  aussagen,  des  aufbrausens,  aufruhrs,  der  empörung : 
denn  ir  habt  ein  fewr  meines  zorns  angezündet,  das  ewiglich 
brennen  wird.  Jer.  17, -1;  und  ich  rede  solchs  in  mcinnm 
eiver  und  im  fewT  meines  zorns.  Ez.  38,19;  der  zorn  des 
fewrs  müsse  sie  verzeren.  Sir.  36,11;  heiT,  wie  lange  wiltu 
so  gar  zürnen?  und  deinen  eiver  wie  fewr  brennen  lassen? 
fis.  79,5;  herr,  wie  lange  wiltu  dich  so  gar  verbergen,  und 
deinen  grim,  wie  fewr,  brennen  lassen?  89,47;  solch  schreiben 
nichts  anders  bisher  gewest  noch  fort  mehr  sein  kann,  denn 
ins  fewer  blasen.  LuTiiEn  6,112';  wo  das  nit  geschehe,  so 
wer  das  füer  im  dach  [würde  sein  zorn  außodern).  Keiserso. 
bilger  125*;  grüszest  du  etwann  ein  nachbeurin,  lobest  elwann 
eine  wie  schön  sie  sei,  kommest  etwann  spat  heim,  da  ist 
fewer  im  lach  (zürnet  die  frau),  da  brinnets  erst  an  allen 
orten,  da  ist  es  jamer  über  jamer.  Petr.  60';  wolt  ihr  der 
mann  etwas  untersagen  oder  eine  gute  lehr  geben,  da  war 
gleich  feuer  im  dach.  Fuchsinundi  240;  aber  wer  konnte  sich 
auch  einbilden,  dasz  ein  mann  von  einer  solchen  kleinigkeit 
gleich  feuer  fangen  würde.  Wieland  8,262;  Karl  ist  jach- 
zornig und  versteht  keinen  scherz,  so  bald  ihn  eines  seiner 
geschwister  neckt,  ist  er  gleich  im  feuer.  Weisze  kinderfr. 
1,16;  puhl  gab  das  ein  feuer!  Wagner  kindermörd.  47; 

ihr  müszt  nit  mit  feuer  und  schwert  drein  schlagen! 
GöTHE  13,64; 

auch  speien  Rebcl  und  Francoeur  deshalb  feuer  und  flammen. 
sie  sagen,  alles  gehe  verloren.  36,109;  ist  ihr  etwas  nicht 
recht,  so  ist  gleich  feuer  und  flamme  im  haus;  bei  diesen 
werten  fieng  der  flötenvirtuose  plötzlich  feuer.  J.  P.  flegelj.  l,  34; 
er  ist  gleich  feuer  und  flamme,  von  ei/er,  bcyeislerung  u.  s.  w. 
D  feuer  der  räche,  Verfolgung,  trübsal:  denn  gleichwie  das 
gold  durchs  fewr,  also  werden  die  so  gott  gefallen,  durchs 
fewr  der  Inihsal  beweit.  Sir.  2,  5;  und  welcherlei  eines  iglichen 
werk  sei,  wird  das  fewr  beweren.  1  Cor.  3, 13 ; 

durch  der  Verfolgung  fewr  .  . .  bewehret.    Weckuerlik  275. 

g)  im  feuer  der  arbeit,  ferrenle  apere:  sciinilt  in  musze- 
stunden  mehrere  federn,  um  sie  im  feuer  bei  der  band  zu 
haben.  J.  P.  Fibel  84. 

FELEHADER, /■.  venaignis:  warum  die  feuerader,  die  diese 
bebungen  hervorbrachte,  blosz  unter  dem  boden  der  seen 
fortgelaufen  sei.  Kant  9,  35.  audi  eine  ader  unter  dem  schtcanze 
der  rinder,  die  man  öfnet,  iren»  sie  das  feuer  {die  feuerkrank- 
beit)  haben. 

FEL'EHAMBOSZ,  m.  pyracmon:  Servius  wil  andeuten,  der 
eine  {arbeiler  Vulcans)  habe  Doiinersclimid,  der  ander  ßlitzer, 
der  dritte  Fcuerambosz  gelieiszen.  Opitz  1,36. 

FEI'EHA.MT,  n.  aml  des  feuerherrn,  der  die  fcueranslaUen 
beaufticJiligt.     t.  feiiereisenanil. 

FEI'EHANBETKU,  m.  cullor  iiinis:  in  der  liebe  war  ihm 
Karl  der  höhere  fciieranbeier  und  der  lector  nur  der,  den 
die  kohle  dieses  feuer«  schwärzt.  J.  P.  7V/,  2,201. 

FEI  KRAN.MArUEH,  m.  gui  caUfacil,  heizrr. 

FELERANSACiEII,  m.  eitbolc  zum  antagen  einer  ausgebrochnen 
huiul,  gewöhnlich  feuciiaufer. 


FEÜERANZEIGER,  m.  index  tncendii. 

FEUEHANSTALT,  f.  incendiorum  cura,  löschanslalt. 

FEIEHARBEIT,  f.  wozu  man  feuer  brauclit. 

FELERARBEITER,  m. 

FEÜERARMIG,  ignilis  bracliiis  tnslructus:  da  doni.irn  sie 
sanftmuth  und  duldung  aus  ihren  woJken  und  bringen  dem 
gott  der  liebe  menschenopfer,  wie  einem  feuerarmigen  moloch. 
Schiller  122'. 

FEUERATHEM,  m.  halilus  igneus.     s.  feuerodem. 

FEUERAUGE,  n.  octdus  ardens: 

schon  ergreift  sie  mich 
mit  ihren  feueraugeii,  wirft  von  fern 
der  blicke  schlingen,  nimmer  fehlend,  nach  mir  aus. 

Schiller  . . . ; 
ein  schwarzer  hund,  die  zahne  blosz, 
mit  feueraugcn,  tellersgrosz.    Börcsr  24*; 
eines  fcuerauges  dunkler  blick.    Platen  24; 
dem   mit  schwarzen   feueraugen  hin  und  wieder  blickenden 
manne.  Göthe  24,  290. 

FEUERAUGIG:  buhen  wie  die  kälber,  dickköpfig  und  feuer- 
augig.  Fr.  Müller  1, 132; 

soll  diese  Stadt  zum  schlachtgefilde  werden, 

und  briirterliche  Zwietracht,  feueratigig, 

durch  ihre  straszen  losgelassen  toben?    Schiller  3S5*. 

FEUERBACH,  m.  /".  rivus  ignium: 

wie  grimmig  oft  und  viel  die  schwere  feuerbacb 

herfür  gebrochen  sei.    Opitz  1,31; 

das  ist  ein  grausam  mördrisch  uiigewittcr, 

der  himmcl  droht  in  feuerbächeii  sich 

herab  zu  gieszen.    Schiller  48U'. 

FEUERBACKE,  m.  gena  ardens,  rubicunda,  rollte  wange 
Stieler  75: 

nun  wansiige  schuften  mit  den  feuerhacken, 

ihr  glüht  so  recht  vom  höllenschwefel  felszt.    Göthe  41,325. 

FEUERBAD,«,  balncum  ignilum,  laracrum  ignis.  Stieler  77: 
regt  ein  neugchorner  fromme  blande, 
dasz  mau  ihn  sogleich  zur  sonne  wende, 
tauche  leib  und  geist  im  fcucrbadc! 
fühlen  wird  es  jedes  morgens  gnade.    GöruE  5,244; 

sommers  hält  man  ein  fcuerbad,  in  iibermäsziger  hitze  aus. 
FEUEIIBAHN,  f  breiter  weg,  den  man  um  einen  Waldbrand  zieht. 
FEUERRAKPLN,  ;i.  pharus,  fcucrzeidien.    wäre  alid.  fiurpoiichan , 
fiurcs  pouclian. 

FEUER  BALL,  m.  globus  flammcus,  molcs  ignifera: 
eher  hört  dich  ein  fisch, 
als  der  Icuerhall  (die  sonne)  dort.    Ffeffel; 
wo  jetzt  nur,  wie  unsre  weisen  sagen, 
seelenlos  ein  feuerball  sich  dreht, 
lenkte  damals  seinen  goldnen  wagen 
Helios  in  stiller  majestat.    Schiller  21»; 
sieh,  dunkelrolhe  feucrballen  sausen 
mit  wirbeln  rauclis  vermengt  zum  himmelsrand. 
Gries  Taitso  12, 46. 
FEUERRAND,  n.  reif,   den  die  bölticher  auf  die  tonne  legen, 
wenn  sie  über  dem  feuer  hergestellt  wird. 

FEUERRAUM,  wi.  juniperus  communis.   Mecenberc  325,  IS. 
FEUERRECKEN,  n.  foculus,  kohlenbeclcen. 
FEUERBERG,  m.  f7iOH.';  ignicomus,  feuerspeiender  berg: 

entzückend  ists,  wann  donnernd  himmelan 

des  feuerberges  wogen  sich  cihelien, 

auf  Napels  golf,  bei  nacht,  im  leirlitou  knhn, 

in  magischer  beleuchtung  hinzuschweben.    Mattbissok  12. 

FEUERBESTÄNDIG,  ignis  rim  su!ilinen.<!,  fixus:  ein  feuer^ 
beständiges  durchsichtiges  rubinglas.  Fehenb.  4,561;  hieiauf 
wird  das  gerippc  zur  statue  . . .  mit  einer  feuerbcstJindigeu 
masse  überzogen.  Göthe  35, 328 ;  die  einzigen  feuerbestän- 
digen freuden  des  lebeus.  J.  P.  una.  loi)e ;»,  123. 

FEUERRESTÄNDIGKEIT,  f.  die  materie  der  erde  dürfte 
nicht  genug  feuerbcsliindigkeit  haben.  Kant  8,  275. 

FEUERREWAIIRT,  igne  jtersfieclus. 

FEUERBILI),  n.  imago  ignita:  sind  sie  auf  einmal,  wie  ein 
glänzend  feiierbiM  der  nacht,  verschwunden.  Göthe  8,276; 
die  künstlich  gebohrten  und  gefüllten  hülsen,  die  prächtig 
abwechscifidu  fiMierbilder  in  die  luft  zeichnen  .sollten.  IS, lis. 

FEI'ERRLASE,  f  die  das  feuer  aus  nassem  holze  treütt  und 
die  bald  zerspringt:  wan  eiin  ein  tochterlein  stiibl,  so  spriclil 
man  'wnlan,  wie  sol  man  im  Ihun,  e<t  ist  docii  kein  knab 
gewesen',  man  spricht  'es  ist  ein  feuerblas'.  KKKKBsnKRG 
erangeliii  1517.  f.2'. 

FKUERRLASER,  m.  ciniflo.  IIenisch  Ios3,  61. 

FEUERBLA'nER,  /".  epini/ctit,  naclitblaüer,  bei  naclU  aut- 
breclirnde  hilzbluller. 


1589   FEUERBLIGK— FEL'ERBÜSCHEL 


FEüERBL  TZ  —  FEUERFACKEL 


1590 


FEUERBLICK,  w».  feuerauge: 

frisch  an  die  seiuigen  mit  werten  und  mit  werlten, 
thut  ihrer  lügend  schärf  mit  fcnerblicken  Sterken. 

Zi>KGR£Fs  vermanung  zur  dapferkeit  hinter  seineni 
Opitz  Straszb.  1624  s.  221; 
ich  las  in  ihren  feuerblicken 
nicht  eine  siibe  von  verralh.    Göthe  1,211; 

der  hohläugige  Toledaner  mit  der  ehrnen  stirne  nnd  dem 
tiefen  feuerblick.  S,  229:  das  glas,  wodurch  wir  die  heiligen 
strahlen  der  verbreilelen  nator  an  das  herz  der  menschen 
zum  feuerblick  sammeln.  44,2;  ihr  inneres  entsetzte  sich  vor 
seinem  feuerblick.  J.  P.  uns.  löge  2,  S5 ;  mit  einem  feuerblick 
der  Verachtung  wandt  er  sich  ab.  Tit.  2,  209 ; 

die  tausend  liebesfunken  im  azur 

sind  in  der  sonne  feuerblick  geschvrunden. 

RiJcKERT  ges.  ged.  1 ,  108. 

FEUERBLINKEND,  sdnlälans,  igneus:  mit  einem  feuerblin- 
kenden Schwert  war  der  weg  zum  baimi  des  lebens  Ycrwahrt. 
Orno  561. 

FEUERBLUME,  f.papaver  rhoeas,  wegen  seiner  faicrrothen  färbe  : 

rad  uud  tremsen  darin  und  feuerblumen  und  schwertel. 

Voss. 

FEUERBOCK,  m.  fulcntm  focarium:  einen  alten  feuerbock, 
desgleichen  einen  kammertopf,  die  dreispännig  da  waren, 
nemlich  als  driilinge,  diese  berührte  ergarnicht.  J.P.Siebenk. 
2,  52.     rijl.  feuerhengsl,  feuerhund. 

FEUERDOHNE,  f.  pitaseolus  mulliflorus. 

FEUEUBORN,  »i.  Bbockes  3,  685.  6, 109 ; 

getränkt  mit  allen  stralen 
aus  dem  leuerborn  der  liebe.    Ovsrbecs  r^rni.  ged.  2. 

FEUERROTER,  m.    fcuerzunder,    eine  nd.   form,   ivofiir  hd. 
feuerbüszer  stehen  sollte:  was  machen  doch  die  Schreiber,  die 
bofburschen,  die  Studenten,  die  kranijungen  und  pfeffersäcke, 
die  handwerksburschc,  die  baurenknechte,  die  feuerboter  und 
dergleichen   lemmel,   dasz  man  nicht  eiue  anime  bekommen 
kann.    Schcppils  1C84  s.  536.      fürböler  heiszl   sonst   auch  der 
Hirschkäfer,   lucanus   cervus,   vgl.  2, 572.  573.     kann  hierher  ge- 
hören das  mhd.  fiurbuo5e  MS.  2, 181',  wofür  Hacejj  tut  buoje 
schreibt?     ags.  fvrbeta  fucarius.  Wright  voc.  27'. 
FELTRBRAND,  m.  torris: 
ich  Paris,  weil  ich  war  ein  richter,  gast,  fewrbrand, 
durch  gailheit,  last  und  wut,  gehaizet  blind,  bethörer. 

Weckherlin  800; 
und  nach  dem  giebel  fliegen  feuerbränder.    Schiller  34*; 

ich  habe  feuerbrände  in  eure  bigotte  sladt  geworfen.  122'; 
du  hast  den  feuerbrand  in  mein  junges  friedsames  herz  ge- 
worfen und  es  wird  nimmer  wieder  gelöscht  werden.  1S4'; 

er  wirft  den  feuerbrand  bis  an  den  thron  des  kaisers.     .  . . 

lifblos  sind  die  bände, 
die  mit  der  axt  den  todesstreich  gethan, 
die  mich  zerstückten  so  in  feuerbrände  (scheite). 

RÜCKERT  ges.  ged.  1, 125. 

FELTIRBRÄUN,  rolhhraun:  feuerbraunen  angesichts; 

rauchend  in  des  henkeis  bogen 

schieszts  mit  feuerbraunen  wogen.    Schiller  7S\ 

FECTIRBRENNEND :  der  fewrbrennende  ruthencomete,  der 
a.  1618  so  lange  am  himmel  geschienen.  Andrea  bussposaiinc 
D';  was  hat  man  mit  solchem  Unwesen,  da  man  mit  solcher 
gewalt  sich  wider  den  fewrbrcnnenden  zorngott  geleget,  ge- 
wonnen? D2;  warlich  das  kan  nicht  anders  sein,  als  gott 
bespotten  und  seinen  fewrbrcnnenden  zorn  immerhin  anzünden 
und  aufblasen.  Albrecht  fluchabc.  dedication;  feuerbrennender 
eifergrim.  BuTscnKV  Palm.  75.     im  18  jh.  nicht  mehr  gebraucht. 

FEUERBRIEF,  m.  irie  brandbrief,  feuerdrohung  etUhaltend. 

FEL'ERBRÜCKE,  f.  mauer  auf  dem  herde  des  flammenofens, 
die  das  erz  von  dem  feuer  scheidet. 

FEUERBRU.NST,  f  incendiutn,  was  schon  brunst  allein  aus- 
drückt : 

Aetna  brennt,  unermeszlich  die  feuerbrünste  verdoppelnd 
Er)T[.  Voss  Orirf  n*  7, 252. 

üblicher  ist  feuersbrunst. 

FELTR BÜCHSE,  f.  fcuwerbüchsen  das  seind  kurze  stück, 
ungeferlich  vier  schuch  lang,  daraus  feuwerkugcin  in  die  be- 
salzungen  zu  schieszen.  Fhossperg  kriegsh.  1,  72*. 

FEUTRBCHNE,  f.  erliOhung  zum  aufschichten  der  hohstösze 
für  diis  feuer  im  bergtrcrk. 

FEUERBUSCFl.  in.  rubus  flammea,  derfeurtgc  buseh.  Stieler  112. 

FEUER  BÜSCHEL,  m.  fasciculus  igneus,  büschelförmig  bren- 
nendes feuer.  1 


FEUERBUTZ.  «j.  den  feueraerkern  erbsengrosze  brennbare  kugel. 
FEUERCHEN,   n.   igniculus:     so   brennt   an    allen   ecken! 
'wird  ein  hübsch  feuerchen  geben'.  Göthe  8, 138 ;    'das  war 
einmal  ein  brändchen  heint'; 

holterti  polterti  ruck  ruck  ruck! 
feuerchen  brenn!  kesselchen  schluck! 

H.  L.  Wagsers  Macbeth,  bei  ScanxER : 
rüstig  rüstig!  nimmer  müde! 
feuer  brenne,  kessel  siede! 

FEUERDIENER,  m.  ignis  cuUor: 

feucrdiener  und  brahman,  Christ  und  muselmann  bin  ich. 
Rdckert  ges.  ged.  2, 442. 

FEUERDIENST,  m.  die  zoroastrisclie  religion,  feueranbetung. 
FEUERDORN,  m.  mespilus  pyracaiüha,  vgl.  feuer  9. 
FEUERDRACHE,  f7i.  draco  igniromus: 

ein  feuerdrach 

umfliegt  das  dach 
und  bringet  uns  butter  und  eler, 

die  nachbarn  sehn 

die  funken  wehn 
und  schlagen  ein  kreuz  vor  dem  feuer.    Höltt  243. 

FEUERDROHEND,  incendium  minans. 
FEUERDUNST,  m.  vapor  igneus: 

tanzt  in  rasendem  taumel 

fcuerdüusten  des  sumpfes  zu.    Stolberg  1,311. 

FEU"ERDURCHWEBT,  igne  pertexlus:  in  dem  ewigen  blau 
des  feuerdurchweblen  himmels.  Götbe  14,  4C. 

FEUERECKE,  f.  die  stumpfe  ecke  neuer  schneidcwerkzeuge,  die 
erst  abgeschliffen  u-erdbn  musz. 

FEUEREIFER,  m.  ira,  ardens  Studium:  fewereiver,  der  die 
widerwertigen  verzeren  wird.  Ebr.  10,27; 

o  so  scheute  Kain  doch 

gottes  feuereifer  noch.    Stolberg  1,49. 

FEUEREIMER,  »i.  situla  igni  exstinguendo :  auf  dem  rath- 
hause,  auszer  dem  saale,  da  die  feuercimer  hiengen,  stunden 
folgende  reime  angeschrieben, 

hier  hangen  die  eimer  in  gemein, 

ein  jeder  bürgen  der  hat  ein, 

und  mancher  hat  ihr  auch  wol  zwei 

im  fall  der  noth,  da  gott  für  sei.    Weise  W.  leute  198. 

FEüEREINWERFEN,  n.  injeclio  igniS:  in  unserm  hause 
waren  wir  mit  dem  feuereinwerfen  verschont.  Rarener  6,264. 

FEUEREISEN,  n.  ignis  suscitabulum ,  feuerstahl,  fiurisen. 
Diefenbach  roc.  1470  p.  133 :  so  ein  funken  fewr  vom  fewr- 
eisen  feilt  und  trift  den  zundel  im  fallen.  Paracelsds  1,370'; 

wer  Verleumdung  hört,  ist  ein  feuereisen, 

wer  Verleumdung  bringt,  ist  ein  feuerstein.     Logaü  2,166,38. 

in  einem  Hede  von  1549  bei  Hildebrasd  s.  248  heiszl  es: 

Osnabrugh  ist  uns  niet  ferne, 

bei  sünncn  aus  und  wider  daheim, 

feürisern  hetten  wir  gerne, 

und  feuereisen  scheint  hier  ein  backwerk  aus  der  eisenpfanne. 
FEUEREISENAMT,  n.  sonst  bencnnung  eines  reichsamls. 
FEUERENTZÜCKEN,  n..  summa  roluplas: 

feliebtes  bild,  das  mir  mit  feurentzücken 
ie  seele  füllt.  Höltt  153. 

FEUERERZEüGNIS ,  n.  mit  einem  feuererzeugnis  ihrer 
kalköfen.  Göthe  28, 126. 

FEUERESSE,  /.  ustrina,  Schornstein,   was  schon  das  einfache 

esse: 

eine  ward,  in  spröder  blässe 
und  in  strenger  bäuslichkeit, 
hüterin  der  feueresse 
und  die  Vesta  jener  zeit.    Hagedor!«  3,78; 
die  feueressen  des  douners.    Göeinck  3,178; 
doch  sturmfest  ist  das  erdenhaus  gegriindet, 
und  durch  gebirgesschlöte,  feuerspeiende 
ist  seiner  feueressen  kraft  verkündet. 

RccKERT  161.  ges.  ged.  1, 165. 

FEUtRESSENARBEIT,  f.  bergmännüch,  wenn  auf  den  Stollen 
und  strecken  über  sich  gebrochen  wird. 

FEUERESSENKEHRER,  m.  fumariorum  purgalor. 

FEUERFACH,  n.  focus,  herd. 

FELTREACHGELD,  n.  herdgeld,  die  vomhtrdxu  enlrichlende 
abgäbe. 

FEUERFACHS,  n.  feuerhaar,  s.  fachs  eoma  sp.  1225  und  mhd. 
yaMahs,  fahlhaarig :  ihr  seid  ein  feuerfachs  uud  kein  kanzelei- 
wax,  ihr  seid  ein  rauchfangkehrer  und  kein  rechtsverdreher. 
pol.  feuermäuerkehrer  c<ip.  6.     eine  art  von  dianthus  hriszt  feuerfax. 

FEUERFACKEL,  f.  fax,  facula,  gleichviel  mit  deni  einfachen 
worl:    solches   auch   die  Fidcnatcr   und  Vejenlcr  mit  herge- 

100* 


1 59 1   FEUERFAHEND  —  FEUERFLOCKE 

lucklen  feuwerfncklen  thaten  (facibus  arreplu).  Taaus  ha 
Fronsp.  3,  248';  gult  dreuet,  wenn  wir  seiner  stimme  niciil 
gehorchen,  steckt  uns  auch  dergleichen  abmerkliche  feuer- 
fackeln zur  Warnung  seines  gerechten  eifers  im  himmel  auf. 
BOTSCUKY  Palm.   214. 

FEIIEHF.\HE.ND,  tgnem  concipiens:  wie  man  mit  einem  bren- 
nenden licht  an  einem  solchen  ort,  wo  viel  flachs,  werg, 
Stroh,  hobelspäne  und  dergleichen  leicht  fcuerfahonde  dinge 
vorhanden,  sehr  behutsam  umgehet,  so  musz  ein  schönes 
mSdchen,  die  den  herrn  lieb  hat,  mit  ihrer  Schönheit  für- 
sichlig  umgehen ,  dasz  sie  niemand  zum  anstosz  gerathe. 
ScRivER  seelcnsch.  2,939. 

FEUEnFÄHIG,  dasselbe:  wann  wir  dann  durch  solche  hitz 
viel  feuerfühiger  wmden,  als  die  beste  schwebelhölzlcin. 
Simpl.  K.  SS8. 

FEUERFAHNE,  f.  vexülum  tncendiarium.  Stieler  399 :  eben 
dann  würde  meine  empfindung  die  feucrfahnc  der  dcinigen 
gewahr  und  liefe  desto  mulhiger  über.  ScmtLER  171" ;  in  das 
abendgcwölke  waren  breite  feuerfahnen  gepflanzt  und  das 
sonnenauge  schlo^z  sich  Mutend  zu.  J.P.l'U.  2,238. 

FEUERFALTER,  papiliohippolhoe,  feuervogel.  Diefenbach  4tl'. 
kann  leicht  das  flii'yen  des  schmeltedings  in  die  flamme  ausdrücken, 
vgl.  fewerstel  bei  MEGESiiERC  299, 17,  sich  aber  auch  aus  feifalter 
($p.  1440)  entstelll  haben,     die  bedeutung  wäre  irninerhin  treffend. 

FEUERFANGEN'D,  was  feuerfahend:  feuerfangende  sachcn. 
aber  noch  los:  einen  schnell  feuer  fangenden  schwamm.  Güthe 
26,  277. 

FEUERFÄNGIG,  uas  fcuerfähig. 

FEUTfiFARB,  igtwo  culore,  flammeus,  mhd.  viurvar:  ein 
feurfarber  jochant.  fastn.  763,9;  dies  (band)  war  feuerfarb 
und  geflammt.  Schii.i,er  152'. 

FEUERFARBE,  f.  igneus  color,  rtibor:  diese  echte  feuer- 
farhe  der  bcängsleten  sittsamkeit.  Tiir-MMEL  3,  325. 

FEUERFARBEN,  scidcchle  form  stall  feuerfarb:  ein  aller- 
liebstes röckchen  von  feuerfarbenem  alias  mit  spitzen  eiuge- 
faszt.  Moser  9, 120 ; 

vom  feuerrarbnen  abeiidliimmel  sieht 
der  liebe  beilger  siern  herunter. 

Khetscuxann  an  Kleists  grabe  24; 
des  rechten  ros  war  silberblinken, 
ein  feuerfarbner  trug  den  linken.    BÜRCsa  70". 

FEUERFARBIG,  flammeus,  rutilus. 

FEUER FASZ,  n.  ein  ivasserfasz  zum  feuerlOsdien. 

FEUERFAX  s.  feuerfachs. 

FEUERFELÜ,  n.  culina? 

Mopsus  denket  auf  den  söIler, 

Mop^a  denket  auf  den  keller, 

Mop.siis  (lenkt  ins  bimmelszelt, 

Mopsa  denkt  ins  feuerleld.    Logau  3,190,96. 

FEUERFEST,  ignibus  impervius:  feuerfeste  wände,  feuerfeste 
eiserne   kassenschrünke;    feuerfeste,   starke  brüst;    ich  halte 
bisher  oft  Lianens  krankengeschichle  mit  der  taubheil  eines 
markigen  feuerfesten  Jünglings  angehört.  J.  P.  7/7.  1,139. 
FEUERFESTIGKEIT,  (. 

FEUERFINGER,  m.   ein  verbrannter,   vom  brand  enlzündeler 
finger?    in  einer   urk.   uo»   1384  der  cigenname  Fridreich  der 
fewrfinger.   Heiligenkreuz  2,  358. 
FEUERFINKE,  m.  fringilla  ignila. 

FEUERFLAMME,  f.  flamma.  mhd.  fiurcs  flamme  (tt'6.3,336'): 
von  biniol  ein  lewernam.    11.  Sachs  IIL  2,  275>; 
ihr  duiider,  plitz  ninl  simlii,  die  ilir  mit  rewerllammen 
des  lierreu  ktral'  und  i;i'iiu  erweiset  aller  weit. 

Wkckhehlin  305; 
wie  die  feuerflamrae  bei  dunkler  nacht, 
in  die  bäuser  fahret,  wenn  nieinaud  wacht.    Schiller  322*. 

auch  die  ruthc  adnnis  heiszl  fcuerflatnme.     s.  feuerröschen. 

FEUERFLAMMEN,   ßammare,  flagrare:    höre  mich  dreimal 
schrecklicher  gott,  der  da  oben  über  dem  nionde  waltet  und 
rächt  und  verdamtnt  über  den  Sternen  und  fencrflammt  über 
der   nacht!    Schiller  13C';    die   feuerflammenden   holzstösze 
machen  lag  aus  mittcrnacht.  . . . 
FEUEBFLIEGE,  f.  musca  aestuans. 
FEUERFLOCKE,  f.  floccus  ignis,  scinliUa: 
»ieh,  von  de»  knaben  «cheilel  quillt 
hellcucbteud  eine  reuernucke.    Schiller  .  .  .; 

und  wiim 
RMCh  eine  fouerflock«  walnheil  nur 
in  dei  deipoieii  »cele  kubti  geworfen.    277*; 

branote  das  bauptbaar  wie  in  bellen  feuerflücken  Beckers 
»Hlg.   5,308. 


FEÜERFLUG  —  FEUERGEIST 


1592 


FEUERFLÜG,  m.  volatus  ardens: 
und  deines  geistes  höchster  feuerflug 
hat  schon  am  gleichnis,  hat  am  bild  genug.    Götur  3,82. 

FEITERFLÜGEL,  m.  ala  ignea: 
des  blitzes  fcuertliigel 
schosz  durch  die  lult  dahin. 

lIöLir  in  Toffel  und  Käthe. 

FEUER  FLUT,  f.  fluctus,  impctus  ignis: 

itzt  kämpfen  die  dracheo  allein,  mit  tödiender  feuerQuien 

eiderschuttornder  wut, 

es  waren  ströme  von  gluten 

die  llossen  im  mcerc  von  blut.  KRiTscuaATfü  an  Kleuts  grabe  40  ; 

bald  machte  mir  die  kühnste  wut 

das  blut  zu  einer  IVucrlUit.    Hhingulph  53; 

er  packt  die  keul  und  schleudert,  wo  sich  eben 

die  sclilang  erhebt,  auf  sie  die  feucrOut.    Gaiss  Rol.  42,  56; 

sie  ward 
zur  flamme,  die  der  bäume  iliclit  gczweig 
und  das  gebälk  ergreifend  prasselnd  aufschlug 
und  um  sich  wütend  schnell  das  ganze  haus 
in  ungeheurer  feueiDut  verschlang.    Schiller  500*. 

FEUERFÜLGE,  f.  die  pfticiU  der  orlscinwohiur  bei  naher 
fcuersbrunst  zum  löschen  zu  eilen.  Stielkh  534. 

FEUERFOLTER,  f.  crucialus  ardens:  deine  Schwester  mit 
ihrem  landlichen  von  feuerfollern  tobenden  herzen.  J.  P.  TU. 
1,  160. 

FEUERFRESSER,  m,  pyrophagus. 
FEUERFUCHS,  m.  equus  colore  rulilo. 
FEUERFUNKE,  m.  säntilla,  mhJ.  fiurvanke: 
da  war  der  neigung  feuerfunken 
in  sein  leichtlodemd  herz  gesunken. 

Kretsciima:«»!  Ultingulph  51; 
hoch  bäumte  sich,  wild  schnob  der  rapp 
und  sprühte  feucri'unken.    Kühger  15*; 
wer  liesz  so  unversengt  um  sich 
der  Schönheit  feuerfunken  sprühen?    Gökingk  1,7S; 

wenn  ihr  den  kleinen  griechischen  feuerfunken  nicht  aus- 
tretet, der  diese  kriege  vcranlaszt,  so  sollt  ihr  noch  das 
ganze  Schwabengebirge  wider  euch  auflodern  sehen  und  die 
alpen  und  den  Hundsrück  obenein.  Heinr.  von  Kleist  2,150 
(vgl.  austreten  1, 1003). 

mhd.  als<^  da;  die  fuirvankea 

drohten  üj  den  schilden.    GuJr.  301, 3.  von  drxjeo. 

FEUERGABEL,  f.  rolabulum,  ofengabel,  zum  schüren  des 
feucrs.  voc.  1482  h6'. 

FEUERGARBE,  f.  ein  feuer,  das  die  feuerwerker  sprühen 
lassen:  so  wie  ein  geschickter  wasserwerker  sein  springwasser 
bald  als  glocke,  bald  als  fcuergarbe  steigen  läszt.  J.  P.  büclu:r- 
schau  2,  6. 

FEUERGASSE,  f.  canal  für  das  feuer,  im  hfülenwerk,  brand- 
gasse. 

FEUERGATTER,  n.  in  löpferne  Ofen  zum  schütz  der  kachel 
gesäzl. 

FEUERGAUL,  m.  solis  equus: 

ein  alncin-ieso  (liodmer)  schimpft,  in  Sachsen  wirds  bekräftigt, 
()  Phöhns,  bist  auch  du  zu  meiner  {(iothcln'dft)  räche  faul? 
wo  nicht,  so  zeig  es  uns,  spann  einen  feucr;»aiil 
zu  meinem  besten  aus,  damit  auf  diesem  pferde 
der  alpen  l'olyphera  von  mir  bestritten  werde. 

Kost  Vorspiel  75. 

FEUERGEBET,  n.  bei  der  feuersbrunst  und  zu  besprechung 
des  fcuers. 

FEUERGEBILDE,  n.  auf  der  spitze  des  Hausberges  flammte 
ein  kolossales  leuchtendes  A  .  .  .  freimle  gaste  fragten  ver- 
wundert über  die  mittel,  wodurch  ein  so  bedeutendes  und  die 
festlichkeit  krönendes  feuergehilde  habe  veranstaltet  werden 
können.  Göthe  31.  177. 

FEUERGEBIRGE,  n.  mons  üjneus,   ßamtnivomus,   pyrenaeus 

FEUEBGEBOBEN,  mgiym^s, 

evoe  triumphierer 

fudergüborner  erdbeglQckerl    Wolaiov  dif/iyramfren  33. 

FEUERGEFÄHRLICH,  faälis  accmsu,  leicht  zündend:  feuer- 

geführliilie  stofl'e. 

FEUERGEFÄSZ,  n.  fuculus,  batillus.  Brockes  6,110. 
FEUERGEISEL,  f   flagellum  igneum: 

NchwiiiK  deine  geisel,  sttngor  der  luffend,  schwing 
<lio  feuergeiiel,  welche  dir  llrnfrn  gab. 

ilöLTT  an  TiuilKird  {l'riadr.  Hahn)  im  göiiini. 
mus.  alm.  1773  i.  181. 

FEUERGEIST,  m.  fervidus  honw.  ardcnlis  animi : 
die  K^tterkran,  die  Ihn  durchfleutil, 
bellugell  seinen  feucrgeist.    DOrcrr  M*. 


1593 


FEÜERGELD  —  FEUERHAFEN 


FEUERHAHN— FEUERIO 


1594 


auch  rom  tceine,  vinum  ardens,  s.  feuer  IS,  d; 

von  mancher  edeln  kelter  Deuszt 
für  mich  der  traube  l'euergeist.    12'. 

FEUEHGELD,  n.  herdgeld,  ron  jedem  haus  zu  entrichten. 

FEUERGEKATH.  n.  rasa  ad  alendum  et  comfeseendum  ignern  : 
ein  ungeheueres  kamin  und  dem  angemessenes  feuergeräthe. 
GöTHE   26.  2SS. 

FELERGERATHSCHÄFT,  f.  dasselbe. 

FELERGERUCH,  m.  nidor  e  re  adusta,  brenzlicher  gerudi. 

FELERGESCHIRR.  n.   ignea  tesia: 

aber  die  listige  ^'omas  bekenn  ihr  heimliches  süpplein ! 
nennen  die  bände  des  flucbs  wird  dir  ein  feuergeschirr. 
dicet  damnatas  ignea  tesia  manus.    Properl.  Y.  7, 3i. 

FEUERGESCHOSZ,  n.  lelum  ictum  cum  igne  edens.  Hexisch 
1084, 12. 

FEUERGESCHREI,  n.  clamor  incendii  orti  index,    s.  feuer  12. 

FECERGESCHWORNE,  pL  die  bei  feuersbrunst  einschreüende 
mannschaß,  feue^ehr.  Kürbe  Bremen  und  Verden  1,  Sl. 

FEl'ERGESICHT,  n.  vullus  rulilus: 

was  ist  mir?  was  leuchtet  ein  wunderlich  licht? 
0  so  leuchtet  der  furie  feuergesicht.    Götbe  4,201. 

FEUERGEWEHRj  n.pyrobolum:  dasfeuergewehranscUlagen, 
lösen. 

FEUERGEZAL*,  n.  pyrolheca,  ignilabulum,  Diefeseach  285', 
alte  benennung  des  feuerzeugs:  darumb  sol  ein  bergraan,  wenn 
er  einfaren  wil,  des  vatterunsers  je  so  wenig  vergessen,  als 
seines  grubenüccLls  und  fewergezawes.  Matbesils  40".  ahd. 
gizüuwa,  mild,  gezouwe,  tgl.  vürgezouwe  bei  Jeboscbis  24603. 

FEL'ERGEZEL'G,  n.  dasselbe:  zum  andern  hat  der  bilger 
in  seinem  sack  ein  fuergezüg  wol  bereil,  da  von  er  ein  liecht 
entschlahen  gedüne  und  von  dem  liecht  ouch  ein  füer  mach. 
Keisekseerg  bilger  13'. 

F"^EL'ERGIEKE,  f.  foculus  suppedaneus,  vericeichte  ausspräche 
des  nd.  kike,  ein  koläenlopf  die  ß(sze  zu  värmen.  besser  feuer- 
sorge, feuerst  übchen. 

FEUERGIFT,  n.  virus:  jetzt  schlosz  das  zweimal  getroffene 
herz  das  wunderblut  in  sich  und  kochte  es  zu  feuergift.  J.  P. 

FEUERGIPFEL,  «».  mons  igniromus:  BiTdone,  der  zuerst 
durch  seine  beschreibung  die  lust  nach  diesem  feuergipfel 
(Aetna)  entzündet,  ist  gar  nicht  hinauf  gekommen.  Göthe 
2S,  195. 

FEUERGLANZ,  m.  splendor  ignis:  fewerglanz  der  da  brenne 
des  nachts.  Es.  4,  5. 

FEUERGLANZEND:  die  häring  für  sich  selbs  bei  nacht 
einen  feuerglauzenden  schein  geben.  Fiscbabt  ehz.  547.  heute 
feuerglänzend. 

FEUERGLAST,  m.  icas  feuergianz :  er  fiel  vom  boden  durch 
ein  loch  hinab,  aus  welchem  ihm  feuergiast  -«atgegen  kam. 
Hebel  schalzk.  166. 

FEUERGLASTIG,  fulgidus, 

sag  mir,  wo  find  ich  dich  hernach? 

'schlag  mit  eim  stahel  an  eim  stein, 

so  liodst  du  mich  darin  allein 

mit  meinen  fcwerglasting  (.=  glastigen)  flammen'. 

H.  Sachs  1,255"; 
0  liebe  amb  {amme),  es  tobt  und  wüt 
mein  herz  in  dieses  ritters  lieb 
fewerglastig  mit  starkem  trieb.    IH.  2, 123'; 
sein  {des  dracheii)  atcm  ist  also  vergifl, 
fewerglastig,  wen  er  antrift, 
derselbig  ist  des  tods  vergwist.    IIL  2,  266'; 
erschein  kolschwarz,  rottet  und  rauch, 
mit  fcwerglastigen  äugen  auch.    V,  Ssö*; 

FEUERGLOCKE,  f.  campana,  qua  signum  datur  incendii  orti, 
hrandglocke,  Sturmglocke,  aber  auch  das  signal  zum  austhun  des 
feucrs  bei  einbruch  der  nacht,  s.  das  folgende. 

FEUERGLOCKE.\ZElT,/;pyn</a/;jum.  roc.  1482h7'.  Diefex- 
BAcii  437'.     engl,  curfew,  fr.  couvrefeu. 
FEUERGLUT,  /".  ignis  ardor: 
ihr  (kranke  äugen)  blickt  auf  meine  hand,  dasz  sie  vor  sonnen- 

pfeilen 
mitleidig  euch  zum  schlMe  wenlen  soll, 
und  auf  den  grünen  schirm,  die  feuerglul  zu  theilen, 
die  aus  dem  Scharlach  quoll.    Gökinck  3,41. 

FEIERGOTT,  m.   Vulcanus. 

FEUERGRIFFEL,  ni.  stilus  igneus :  mit  feuergriffel  schreiben, 
eintragen. 

FEUERGRUFT,  f.  Rast  9,  51. 

FEüERH.\FELEIiN,  n.  ignitabulum,  glulpfanne.   Hemsch, 

KEUERHAFEN,  m.  dasselbe. 


FEUERHAHN,  ni.  gallus  ignifer:  hüt  dich  vor  den  rotbär- 
tigen fewerhanen  und  den  lächern,  die  da  sind  gemutzt. 
FiscBART  gruszm.  53.     «.  feuer  3. 

FEUERHAKEN,  wi.  hamus  igni  alendo,  suscilando,  finrhäke. 
f.  zum  einreiszen  und  tcegziehen  brennender  balkcn  bei  briinsten. 
Hacpt  6, 424.  vcialh.  4, 319 ;  der  koch  lauft  mit  einem  feur- 
hakon  nach.  Ayreb  277'.  in  Herbersteixs  lebensbeschr.  354 
zweii  eisnen  feurhäggen. 

FEUERHAL,  FEUERHANGEL,  m.  zum  aufhängen  der  topfe. 

FEUERHALT,  jgrale,  d.  i.  hyjwaustum.  roc.  14S2  ho'. 
Diefenbacb  436',  rgl.  phiesel ,  pisel ,  pisale.  6«  Hemsch 
10S4, 16  steht  fewerhelt,  fewerloch. 

FEUERH.\LTEND,  brennbaren  slof  enthaltend,  in  sich  haltend. 

FEUERHANDWERK,  n.  das  in  feuer  arbeitet:  auch  sind  ver- 
schiedene feuerhandwerke  daselbst  in  guter  nahrung.  Götbe 
43,  208. 

FEUERHAUFE,  m.  cumulus  ignis,  «rie  aschenhaufe:  ein 
brandzettci  des  lauts,,  das  die  stadt  solte  zum  feurhaufen 
werden,  angeheftet  befunden,  (a.  1619).  Lisch  mddenb.  jb. 
17,  202. 

FEUERHEISZ,  igne  calcns:  legen  das  körn  zwischen  einem 
(so)  marmeislein  und  ein  feuerheisze  eisene  platten.   Tabeh- 

RAEMO.TT.    590. 

FEUERHELL,  lucidisämus, 

ja,  Tolkmar,  schön  blinkt  in  der  luft 

des  feuerbellen  abendsternes  wink.  KRETscflXAns  werke  2, 115; 

brannte 
das  antlitz  mir  nicht  feuerbell?    Körper  2,70. 

FEUERHELLE,  f.  claritas:  plötzliche  feuerhelle.  Kuxgebs 
th.  2.  201. 

FEUERHEMDE,  n.  was  brandhemde. 

FEUERHENGST,  «i.  tcos  feuerbock,  feuerhund.  bei  Hebbeb- 
STEix  s.  354  unter  dem  küchengesehirr :  vier  feiu"hengst. 

FEUERHERD ,  «».  focus,  sprichw.  Yollerei  macht  kalten 
feuerherd ; 

gott  sei  dank,  dasz  friedens  thaw 

feuchtet  wieder  unser  aw, 

gott  sei  dank,  sein  feuerherd 

wird  wie  vor,  nicht  umgekehrt.    Logad  2,243; 

bald  wie  wann  unterm  frost  das  feld  verödet  lieget, 

der  jugendliche  tanz  um  einen  feurherd  flieget. 

Dusch  term.  »cerke  308; 
am  wahren  mittelirdschen  feuerherde. 

RccEERT  ges.  ged.  1, 149. 

FEüERHERR,  m.  der  dem  feueramt  rorstdü. 

FEUERHERZ,  n.  bist  du  nicht  die  erste  liebe  dieses  feuer- 
herzens  ?  J.  P.  TU.  2,  71. 

FEUERHIMMEL,  m.  caelum  empyreum,  der  neunte  kreis  des 
firmamenis,  nach  der  allen  Vorstellung. 

FEUERIHTZE.  f.  ardor  ignis,  igneus. 

FEUERHÖHLE,  f.  carum  igneum:  schon  längst  hatten  wir 
sie  bedauert,  dasz  sie  mit  in  der  dumpfigen  feuerhöhle  stecken 
muste.  Weisze  briefw.  des  kinderfr.  4, 221. 

FEUERHOLZ,  n.  cremia.  brennholz:  da;  holz  ist  gar  guot 
feurholz  und  macht  guot  koln.  Megenberg  324,  5. 

FEUERHUND,  m.  focarium  fulcrum.  Stieleb  866,  s.  feuer- 
bock, feuerhengst. 

FEUERHUT,  m.  schornäein.  Diefexbach  roc.  1470.  133. 

FEUERHLTUNG,  f.  custodia  ignis :  alle  langen  feuerhütungen 
schaden  der  gcsundheit  und  wol  keine  mehr  als  die  vestalischen. 
Lichtenbergs  erkl.  der  hogarlhischen  kupferst.  1, 152. 

FEUERIG,  s.  feurig. 

FEUERIN,  igneus,  vihd.  fiurin,  feureiner,  igneus.  roc.  1482 
he';  gleich  neben  dem  thron  Christi  Jhesu,  an  dem  aller- 
wirdigsten  ort  des  fiirinen  himels  der  selikeit.  Keisersbebg 
Marie  himelfari  5';  wie  herniden  bei  uns  und  umb  uns  drei 
dement,  wasser,  erdrich,  luft  sein,  also  soll  oben  der  him- 
roel  und  stern,  sonn  und  mond  als  fewrin  und  aus  feuwer 
gemacht  und  zusammengesetzt  sein.  Aventin  52'. 

FEUERIO,  FEURIO,  clamor  ad  ignem,  tcie  mordio,  diebio, 
wafenio:  wann  der  flamm  an  allen  orten  zu  dem  lach  usz 
schlecht  und  versumpt  ist,  so  schreien  sie  da  feur  io !  Kei- 
sersberg  nnrrensch.  86*;  die  weil  disz  feür  brint,  die  weil 
wollen  wir  fewre  io  schreien.  Axdr.  Keller  auslegung  des 
23  cap.  tialthei,  Straszb.  1524  B  4';  er  sieht  das  brennende  haus, 
lauft  mit  lauter  stimm  rufende  dem  dorf  zu,  fcuwrjo,  feuwrjo, 
ach  helft  leschen!  Kirchhof  »rpHrfinim.  179';  der  nordostwind, 
der  auch  seinen  zahn  auf  die  sladt  haben  musz,  kam  uns  tref- 
lich  zu  statten  und  half  die  flamme  bis  hinauf  in  die  obersten 
gicbel  jagen,   wir  indes,  gasse  auf,  gasse  nieder,  wie  furicn 


1595    FEUERKÄFER— FEÜERKRONE 


FEÜERKRÖTE  —  FEUERMASSE 


1596 


feuerjo,  feuerjo!  durch  die  ganze  sladt.  Schiller  120';  ich 
machte  die  Studenten  aufmerksam  darauf,  diese  schrien 
'feuerjoh!  der  hölzerne  gaul  brennt!'  Just.  KenNER  2,46;  an- 
dere drohten  in  gcgenwart  der  Schauspieler  laut,  wenn  die  sonne 
im  stück  aufsteige,  einstimmig  feuerjoh!  zu  schreien.  2,49. 
FEUERKÄFER,  m.  lacanus  arvus,  liirsdikäfer,  wie  börner, 
berner,  hausbrenner  (2,245),  bei  He.msch  10S4, 19  lampyris: 

feuerkäfer,  scorpion,  hummehi  oder  pferdefliegen. 

üuscH,  schofzlinntt,  AUoria  t'56  s.  7; 
und  CS  schwirrten  auf  den  matten 
feuerkäfer  otine  zahl.    Köhner  1,248. 

im  Odenwalde  der  glaube,   dasz  nur  die  trcibchen  kohlen  tragen. 

FEL'ERKATZE,  f.  pyns  globulis  et  pulvere  replda,  karlälsche. 
Stieler  935.  sie  hat  ein  gesiebt,  wie  eine  gespannte  feuer- 
katze,  darüber  gemacht,  mägdelob  C4. 

FEL'ERKELCII,  ni.  calix  igncus: 
trinkt  aus  ihrem  feuerkcich  erquickung.    Schiller  . .  . 

FEUERKERZE,  f.  cereus,  was  das  einfache  wort: 

die  wangc  weisz  und  roth,  umschattet  von  der  schwärze 

der  locken,  jedes  äuge  eine  feuerkerze.    Weisze  ,'u«{6;;.  1,397; 

sich  aus  allen  deutschen  herzen 

hell  des  dankes  flamme  wand 

und  in  tausend  feuerkcrzen 

sichtbar  auf  den  bergen  stand.    Rückert  199, 

FEUERKESSEL,  m. 
FEUERKETTE,  f.  calcna  ignea: 

vom  amtmann,  der  im  dorfe  spukt 
und  mit  der  feuerkette  klirrt.    IIöltt. 

FEUERKIEKE,  f.  wie  feuergieke,  bei  Rädlein  279'  feuerkicke : 
die  feuerkieke  von  messing.    Voss  2,273. 
kike  ist  nd.  urccu.f,  urna,  ags.  cedc,  mlat.  caucus. 

FEUERKLANG,  in.  der  schall  ist  nichts  als  hartes  pochen, 
gleich  einem  hohlen  feuerklang.  J.  Bün.>iE  Aurora  Slutlg.  1835 
s.  142.     was  iieinzl  das? 

FEUERKLAUE,  f.  ungula  ignea:  schon  streben  sie  {die 
eumenidcn)  an  das  herz  des  schuldigen  mit  scharfen  feuer- 
klauen sich  zu  hängen.  Kli.nger  2, 165. 

FEUERKLEIÜ,  n. 

damals  trug  er  (der  schmerz)  lichipcwand  und  noch  nicht 
sein  fcuerkleid.    Rückkrt  ges.  gcii.  1,  i'M). 

FEITRKLUFT,  was  feuerzange. 

FEUER KLU.MPE,ni.  massa  ignea:  feuerklumpe  des  himmuls. 
J.  P.  uns.  löge  2, 170. 
FEUERKOHLE,  f.  carba: 

ihr  habt 
nicht  feuerkohlen  blosz  auf  euer  haupt 
gesammelt.  Lessimg  2,317. 

FEUERKOPF,  m.  Ingenium  fervidum,  hitzkopf:  wenn  im 
ganzen  nur  das  gute  geschieht  und  die  dummen  menschen 
zu  diesem  guten  sich  die  bände  führen  lassen,  so  füllen  sie 
ihren  platz  nützlicher  aus,  als  die  überschwenglichen  genies, 
die  feuerköpfe,  mit  ihrem  sich  durchkreuzenden  unaufhöi- 
Jichen  wirken  und  streben.  Knicge  umg.  tn.  m.  l,  183  ;  wählten 
die  regierungen  die  rechten  wege,  so  berschten  sie  über 
liebende  unterthanen,  und  einige  feuerkfipfe,  die  sich  immer 
finden,  Tänden  keinen  anhang.  Niebchr  leben  2,  413. 

FEUERKRAFT,  f.  vis  ignea: 

durch  des  weines  feuerkräftc, 

nur  durch  sie  8ingt>t  du  so  schön.    Lessing  1,56; 

an  des  herdes  raschen  feucrkräften 

reift  das  rohe  thier-  und  pflanzeiisäflcn.    Göthe  5,246. 

FEUERKRANKHEIT,  f.  s.  feucr  16. 

FELTR KRANZ,  m.  serlum  igneum,  er  warf  feuerkränze  in 
Rabcttens  herz.  J.  P.  Tit.  3,168; 

doch  hochverklärt,  aus  seinem  feuerkranzo 
wird  er  erstehn  in  frischem  jugendtflaiize. 

KöHMER  Ifiinr  u.  schw.  25. 

FEUERKR.\UT,  n.  epilobium  angustifolium ,  aäaea  spicala, 
nach  den  rolhen  beeren,  bei  Henisch  1084, 15  das  kraul  filiut 
ante  patrem. 

FEUERKREIS,  n.    1)  cireultu  igneus: 
ein  feuerkreis  hat  prasselnd  dich  umzogen.    Körtier  1,71. 

2)  caelum  empyreum: 

die  Rplitlcr  hpran^en  bis  zum  himmclshogeii, 
rrzfilill  Turnin,  und  dirKniiil  nprifhl  er  wahr, 
■lenii  inanrlicr  kam  verbrannt  zuiiickKclIngen, 
d«r  bis  zum  feuerkrci*  godningcii  w.ir.    Ar.  /In/.  30,40. 

FELEHKRONE,  f.  Corona  sftlendnn: 
mit  abgelegter  feuerkrona 
lieht  *ie  all  icbönheil  vor  uni  da.    ScmiLct  23*. 


FEUERKRÖTE,  f.  rana  bombina. 

FEUERKRÜCKE,  f.  rulabulum,  Werkzeug  zum  schüren  des 
feuers:  feurhaken,  fcwerkrücken,  stopfhülzer.  Matuesiüs  117'. 

FEUERKÜBEL,  m.  wie  feucrfasz,  lOschkübel. 

FEUERKUGEL,  /.  globus  igneus,  feurkugel  oder  feurpfeil, 
bolides,  igneae  faces.  Serranüs  synon.  6s';  bombe,  granale, 

vierhundert  fewcrkugl  und  pfeil.    II.  Sacus  1,212'; 
in   diesen   zimmern   hier  platzte  jetzt  wol  eine  feuerkugcl. 
Gütiie  24,161 

FEUERKUNST,  f.  pyrotechnia.  fcucrkunst  oder  cbyinie. 
Leibmtz  468.     tn  Nürnberg  auch  eine  feuersprülse. 

FEUERKÜNSTLER,  m.  feuerwerkcr:  die  fcuerkünstlcr  richten 
eine  kugel  zu,  welche  nachdem  sie  entzündet  ist,  ins  wasser 
geworfen  wird  und  dennoch  brennet  und  ihre  llamme  von 
sich  stöszet.  Scriver  seelensch.  2,  456. 

FEUERKUS,  m.  ardens  basium: 

ein  feuerkus,  der  von  der  lippc  zittert, 

gibt  ihnen  engolseligkeit.    IIoltt  240; 

und  feuerküsse  regnen  auf  den  raarraor.    Schiller  262*. 

FEUERLADE,  f.  pyrolheca,  igniarium. 

FEUERLÄRIVI,  m.  concursatio  ex  incendio  orlo:  machet,  schlagt 
lärm!    trommelt  durch  alle  gassen!    stürmt  mit  der  glocke  ! 

FEUERLÄUFER,  »j.  nuntius  incendii,  eilbole  an  einen  fremden 
ort,  zum  ansagen  der  ausgebrochnen  fcuersbrunst,  auch  herzu- 
eilendor  helfer:  man  hatte  stürm  geläutet,  weit  und  breit 
kamen  von  allen  seilen  fcuerläufcr  und  helfende  nachbarn. 
Pestalozzi  2,  389. 

FEUERLÄUTERUNG,  /".  purgalio  igni  facta. 

FEUERLEER,  was  feuerlos. 

FEUERLEIN,  «.  igniculus,  mhd.  viwerlin.  Lichtenst.  54, 1. 
nhd.  ein  riischs  feürlin  gemacht.  Steinhöwel  dec.  614, 38. 

FEUERLEITER,  /.  scalae  incendiariae,  starke,  an  der  rath- 
hausmauer  aufgehangne  leilem:   furlcilern.  weisUi.  4,319; 

und  mir  ist  wie  dem  kätzlein  schmächtig 

das  an  den  feuerleitern  schleicht.    Götbk  12, 192. 

FEUERLICHT,  n. 

es  gieng  am  tag  die  wölke 
vor  ihnen  her,  und  in  der  nacht  dein  feuerlicht,  dein  waches. 
RtcKERT  gcs.  ged.  1,87. 

FEUERLIEBE,  /".  ardens  amor: 

0  dasz  deine  feuerlieb 

mich  zu  dir,  herr  Jesu,  trieb ! 

JoAcu.  Neander  bundeslieder,  Bremen  1680  s.  170; 

FEUERLOCH,  n.    carum  foci. 
FEUERLOCKE,  f  cincinnus  fulgens: 

das  glänzendste  der  glänzenden  meialle 
ist  gold,  es  Helios  fenurlockcn  gleichet. 

WiLii.  Humboldt  4,  378. 

FEüERLOS,  expers  ignium,  languidus: 

an  ihrer  holte  feuerlosem  herd 

und  leerem  tisch  lasz  nicht  die  wiiwe  trauren. 

Kosegarten  br.  od.  2,341, 

FEUERLÖSCHUNG,  f  ignü  exslinclio. 

FEUERLUFT,  /".  acr  igneus,  aura  inflammata,  sauerstof:  seine 
crziehung  und  anläge  hatte  ihn  an  die  lebens  und  feucrluft 
der  sludierstube  gewöhnt.  J.  P.  Ilesp.  1,129;  eilet  eh  die 
bluinen  eurer  tage  und  die  blumen  der  wiese  von  dem  abcnde 
überzogen  werden,  wo  sie  statt  der  lebeas  und  feucrluft  nur 
giftige  verhaueben.  3, 194. 

FEUERLUSTIG,  aldiymicus:  Johann  Kunkel  wandle  sich 
zur  chemie  .  .  .  doch  must  er  als  ein  practisch  gewandter 
mann  bei  feuerlustigcn,  geheimes  forschenden  fürsten  und 
herren  guten  eingang  finden.  Göthe  60,179  vgjl.  32,219. 

FEUERMACHT,  f.  vis  ignis:  in  Island  wirkt  die  eis  und 
die  feuermacht  gleichstark;  feuermacht  der  Jugend.  J.  P. 
fricdenspr.  42. 

FEUER!VIAL,  n.  macula  inusla,  naevus  rubicundus: 

wer  sie  nur  angerührt,  den  brennt  ein  feuormal. 
Güntukn  IOUI; 
feuermäler  der  vorigen  barbarci.  J.  P.  Fixl.  8  ;  fcucrmüler  der 
Icidcnschaflen.  Tit.  1, 188 

FEUERMA.NN,  m.   bei  Heniscu  homo   igneus,   cycl 
aber  ignis  faluus,  irrliclU,  Weiniiold  schles.  wb.  I»; 

nun  pflügt  er  als  ein  foucrmann 
ouf  seine«  nachharn  flur.    IIüi.tt  50. 

auch  rincr  von  der  lüschmann.vhafl,  von  den  fcucricuten. 

FEIERMÄNNCHEN. 

FEUERMASSE,  f.  massa  ignea:  die  feuermas^cn  srhciuiti 
dies  land  der  sonne  Daher  zu  rUckcn.  Ardinghclh  2,  Ui. 


1597 


FEUERMAUER  —  FEUERN 


FEIERN 


1598 


FELERMAUEO,  f.  fumanum,  schornslein,  schlol,  auch  feuer- 
feste schulzmatier :  wie  der  rauch  Ton  der  fewTmeur.  /Zosea  13, 3; 

da  sähe  ich  steinerne  wend 
und  eine  fewermewr  dabei, 
ich  fragt  den  gärtner,  was  das  sei? 

Ferber  armbrusUch.  F2'; 

noch  Rädlei^j  279*  schreibt  feucnnäuer,  schon  Hesisch  1082,44 
fi'wcrmanr,  Stiei.eu  1S59  feucrmauer;  Gotthold  sähe,  dasz 
die  fcuermauren  auf  den  häusern  yil  rauchs  von  sich  gaben, 
daraus  er  abnehmen  kon^e,  dasz  man  in  der  kiichen  geschäftig 
und  das  mittagsniahl  zuzurichten  bemühet  war.  Scriver  Goll- 
hild  14;  da  ".vill  ich  mir  lassen  ein  haus  bauen,  nur  einen 
groszen  kummer  hab  ich,  ich  weisz  nicht  wie  ich  die  feuer- 
maur  recht  anbringe.  Weise  er:n.  96 ;  das  gold  hat  die  feucr- 
mauer Tcrgiildet.  Ettsebs  roseng.  3;  Terfaiit,  wie  die  Tcut- 
schen  zu  reden  pflegen,  aus  der  feuermauer  ins  kellerloch 
{aus  lollkülmheit  in  zaghaßigkcil).  icestf.  Robinson  252 ;  sie  stellte 
die  Schwester  als  feuermauer  vor  sich  (zur  ireAr  gegen  die 
licbesqlul  des  bruders  derselben).  J.  P.  T«/.  1,111. 

,  FEUERMAUER  KEHRER,  m.  pttrgator  fumaiiorum,  schlol  feger  : 
an  andern  orten  mag  der  feuerraauerkchrer  den  rusz  mit- 
nehmen und  brauchen  wie  er  will,  aber  weil  es  hier  anders 
f ingeführet  ist,  so  gehet  alles  dem  herm  zu  gute.  Weise 
comüd.  probe  276.     'der  politische  feuermäuerkehrer'. 

FEUERMEER,  n.  lacus  igneus,  magna  vis  ignis.  Brockes 
1,197.  2,160.  4,392.403.  5,13.  6,109; 

0  erde  thu 
dich  auf,  verbirg  vor  uns  des  tages  licht, 
roll  über  uns,  du  ewig  feuermeer, 
das  durch  die  hölle  sich  mit  brausen  wälzt! 

Weiszk  trauersp.  3,238; 
es  wallt  um  ihn  ein  feuermeer.    Borger  71'; 
fühle  tief  in  einem  feuermeere 
meine  seele  brennend  untergehn.    100"; 
den  lichtwurm  und  der  sonne  feuermeer 
schuf  eine  vaterhand.    Matthissom  182; 
des  lebens  fackel  wollten  wir  entzünden, 
ein  feuermeer  umschlingt  uns,  welch  ein  feuer! 
ists  lieb,  isis  hasz?  die  glühend  uns  umwinden, 
mit  schmerz  und  freuden  wechselnd  ungeheuer. 
GöTHK  41,7; 

im  Innern  siedets,  schäumt  und  schleudert  wilder 
durchs  feuermeer  furchtbare  schreckensbilder.    4, 20t ; 

nun  war  das  theater  im  augenblick  ein  feuermeer.  Bettise 
br.   2,302. 

FELTRMEISTER ,  m.  igniariae  slruclurae  arlifex.  Stieler 
2376. 

FEUERMESSER,  m.  mensor  ignis:  er  untersuchte  jetzt  am 
arbeitstische  Rlotildens  wärme  mit  dem  feuermesser.  J.  P. 
ncsp.  2,17. 

FEUERMITTE.  /".  medium  ignis: 

aus  des  ofens  feuermitte 

flammte  der  gezwungne  tag.    Körner  1,247. 

FEUERMÖRSER,  «i.  morlarium  ignitum.  bei  Rädlein  feuer- 
mörsel,  mortier. 

FEUER^IÜCKE,  f.  pyralis,  pyrausta,  musca  lucemis  advo- 
lilans,  lichlmolte.  Hexisch  1084,38;  e;  ist  ainr  lai  mucken, 
. . .  daj  sint  fourmucken,  wan  so  si  in  ainen  feurovcn  komeut, 
so  vliegent  si  ze  miteist  durch  daj  feur  unbelaidigt.  Megex- 
i;ERG305, 1;  eine  art  von  fewermücken,  die  umbs  licht  fliegen 
und  sich  selbst  zu  verbrennen  pflegen,  fcrs.  reiscb.  1,  4. 

FEUERMUND,  m. 

weggeküst  mit  deinem  feuermnnde 

meiner  augon  milde  thränenllut.    Göeingk  /.  ;.  {.  116. 

FEUERMUTH,  m.  animus  ardens. 

FEUERM,  intransitiv  oder  transitiv,  tcas  oß  schwer  zu  er- 
iicnnen. 

1)  inlr.  ignescere,  ordere,  ^ühen,  flammen,  ahd.  fiur^n  fiur^la, 
mhd.  viuren  viurete, 

der  alte  mit  Hirne  harte, 

der  erzürnte  harte, 

ime  Türeten  diu  ougen.    Hol.  78,19; 

hie  von  sol  liebe  riehen, 

jungen  uiide  niuwen 

und  viuren  an  den  trluwen.    Trist.  328,28, 

feurig  sän,  denn  lauter  inlransiliva  folgen  (armen,  alten,  kuolen, 
kalten); 

T  munt  dör  viuret  (=  viurete)  unde  bran 

ri'hte  als  ein  glüender  kol.    441,14; 

rann  mac  da;  wa^^er  slahen  zaller  vrist, 

da{  ii  doch  envinret  niht, 

wan  im  da;  viur  xe  liän  niht  gescbibt.    w.  gast  14&45, 


besser:  wan  im;  ze  haben  niht  geschiht,  weil  in  dem  zweiten 
ej  auch  viur  und  dies  in  viuret  enthalten  ist. 

nhd.  welhcr  senfter  regen  und  ahrisender  tow  ganz  er- 
löschet den  fürenden  ofen.  Keisehsberg  bilg.  65*;  in  einem 
greuslichen  feurenden  tiefen  dobel.  dessen  trostspiegel  1.  5 ;  wer 
da  feuret  und  flammet  hinter  dem  gruntherren  (mit  feuer  und 
fl.  wohnl).  weisth.  2,  251 ; 

das  herz  in  lieb  uns  feurt  und  brind.    Atrer  345'; 

ich  feure  ganz  und  brenne  liechter  loh.    Flemixc  634; 

scheinheilger  bub.  ich  beb,  ich  feur,  ich  schau  mit  schrecken. 

Grtphius  299; 

wann  oft  der  heisze  hund  mit  seinen  dürren  flammen 

und  Phöbus  goldne  glut  dann  feuren  stark  zusammen. 

LoGAü  1,  193; 

die  götiin  ii>acht,  dasi  hier  von  heiszer  liebe  brennt 

und  fewert  jung  und  alt,  bis  an  ihr  letztes  end. 

Werders  Ar.  18, 127  (139) 

(e  fa  la  dea,  che  tutte  ardon  d'amore, 

giovani  e  vecchie  infino  all  ultime  ore); 

es  fewret  mein  gesiebt  vor  schäm.    Schottels  lamenlatio; 

eine  eiterbeule,  die  zu  schwären  und  zu  feuern  beginnt. 
Scriver  selensch.  1, 310 ;  der  magnet  glänzet  nicht  wie  ein 
diamant,  er  feuret  und  leuchtet  nicht  wie  ein  rubin,  sondern 
ist  dunkel,  schlecht  und  recht,  wie  etwa  ein  ander  gemeiner 
feld  und  eisenstein.  2,375;  hab  aber  schon  die  gerten  ein- 
gwaicht  und  wil  dem  schwanzmodler  sein  arsch  gärben  nnd 
zerfetzen,  dasz  er  ihm  feuern  soll.  Schwabe /inien/^  64 ;  mein 
armer  köpf  wie  er  feuert  und  tobt !  TbOnmel  3, 387 ; 

wie  feuerte  das  herz,  wie  schlug  es  einst  für  dich!    Weisze; 

die  dächer 
feuren  im  golde  des  sinkenden  tags. 

Kosegarte:«  ged.  {Kaianken): 
itzt  erblaszt, 
itzt  feuert  mir  die  wange  (geständnis)  ; 

jener  menschen,  grad  und  gut, 
die  für  pflicht  und  recht  noch  feuern.    (Sehnsucht). 

heule  in  diesem  sinn  fast  ungebraucht:  was  der  wein  feuert! 
{für  ein  feuer  hat). 

2)  Ir.  brennen  machen,   entzünden,   ahd.  fiuran  fiurta,   mhd. 

viuren  viurte: 

diu  zwei  diu  waren  verdäht, 

bekümberet  beide 

mit  dem  lieben  leide, 

daj  solhiu  wunder  stellet, 

daj  honegende  gellet, 

da;  süejende  siuret, 

da;  touwende  viuret.     Trist.  299, 12, 

WO  wieder  gellen  auch  für  süejen,  siuren,  viuren  den  Ir.  begrif 

festigt; 

diu  hSne  Tinret  unde  muot.    422,40; 

von  Agramontin  roanic  pfell  (=  pfelle) 

wart  dar  bräht,  swer  des  niht  gelouben  well  (=  wfille), 

da;  sie  geniuwet  sint,  swenn  man  sie  viuret.    Lo/ien^r.  5480 ; 
nhd.  dann  wer  de  drischet  vor  dem  schnit, 

und  ee  wil  pachen,  dann  er  knit  (knetet), 

und  ee  wil  heizen,  dann  er  feurt, 

ob  der  sein  müe  ein  teil  verleurt, 

des  schaden  niemant  klagen  sol.    fastn.  130, 28; 
gefeuerter,  gesotten  wein,  weinordn.  von  1497; 

gfewrten  Elsaszer  darzu  trunken.  U.  Sachs  T,  396'; 
und  daselbs  {im  Aetna)  werden  die  arme  selcken  {seelchen, 
wofür  15S6  seelenknäblin)  so  jämerlich  gefeurt,  geflambt.  ge- 
räuchet  und  geröstet,  als  obs  dürre  bering  oder  westfälische 
schunken  weren,  die  siben  jar  im  rauch  gehengt  haben,  oder 
als  wann  man  im  Elsasz  in  kellern  den  wein  feuret.  bienetUc. 
112';  den  gefeurten  ...  burterbratcn  {vgl.  2,533).  Garg.  54'; 
setze  es  in  ein  freies  fewr,  in  einen  ofen  und  fange  ganz 
gelind  und  gemach  an  zu  fewren,  bis  der  essig  alier  in  den 
recipientcn  herüber  gestiegen  ist.  WCrtz114;  und  vergleichet 
die  reine  lere  einem  reinen  oder  gefewerten  silber.    Mathe- 

sius  65'; 

kleinmut,  forcbt,  neid,  hasi  . .  . 
verfinstern  seinen  lag,  als  ihres  herrens  meister, 
und  fewren  (erlcucliten)  seine  nacht  als  ungehewrc  geister. 
Weckiieru!»  515; 
wenn  stilles  entzücken  bei  seinen  gesängen 
deine  wangen  gefeuert.    Zacoariä  tagst.  2,  S7. 

3)  feuern,  feuer  machen  und  daran  kochen:  in  diesem  ofen 
wird  täglich  gefeuert ;  hier  in  der  küche  feuert  man  seilen ; 
hier  feuert  man  hartes  holz;  in  Holland  wird  torf,  mit  torf 
gefeuert ;  nun  arm  und  bein  können  wir  doch  nicht  unter 
die  casserole  Ihua  und  damit  feuern  ?  Tieck  3,  287.  Schweiz. 
filre.  feuern,  kaffe  kochen :  es  müste  doch  feuern  für  die  gotte, 


1599 


FEUERXESSEL  —  FEUERPEIN 


sagte  es,  so  zleerem  {mit  leerem  magen)  lasse  es  sie  niclit 
fort,  und  dann  für  eine  mehr  oder  weniger,  selb  komme  in 
eins,  wenn  man  einmal  gefeuert  Labe.  Gottuelf  scimldbauer  67. 
vgl.  anfeuern,  befeuern,  einfeuern. 

4)  feuern,  emil.  fire,  feuer  geben  (fcuer  u),  abfeuern,  los- 
brennen des  gewehrs:  das  vordere  regiment  feuert  schon;  es 
wird  noch  nicht  gefeuert; 

auf  die  knie  geworfen 
feuern  die  vordem,  viele  stehen  nicht  mehr  auf.    Schiller  7'; 

erfuhr,  was  ihm  schon  der  schall  des  feuerns  hätte  klar 
machen  sollen,  dasz  alles  für  die  Franzosen  gut  stehe.  Göthe 
24, 155.     bildlich, 

wir  Teuren  aus  den  Glücken, 
die  uns  ein  glaser  geuszt.    Fleming  165: 

wo  mich  die  gewiller  überraschten  und  die  breite  blühende 
linde  mich  unter  dach  nahm,  die  blitze  feuerten  durch  ihre 
liefhüngenden  zweige.  Bettina  lagebuch  44,  wo  sich  feuern  doch 
auch  für  leuchten,  glühen  {nach  1)  nehmen  läszt.  man  sagt:  der 
stahl  feuert  gut,  schldgl  leicht  funken;  der  stein  feuert  nicht, 
gibt  beim  scidagen  kein  feuer. 

FEUERNESSEL,  /".  urlica,  bremicssel: 

sengt  es  euch  wie  feuernesseln.    Göthe  5, 104. 

FECERNEU,  recens  a  claro,  nagelneu,  funkelneu: 

so  wiszt,  ich  kan  on  laugn  und  aschcn 

die  alten  beiz  so  sauber  waschen, 

dasz  sie  werden  bei  meiner  trew 

schncweisz,  als  werens  fewerncw.    II.  Sachs  V,  368"; 

dasz  sie  wider  werden  schneweisz, 

als  ob  sie  weren  fewernew.    308'. 

als    sie   viele    feuerneue  tnagisters  über  die  gasscn  führten. 
leiermaiz  correspondenzgeüd  1608  s.  86;    fcuernc»   wie  ein  ver- 
rostet eisen,  das  aus  dem  ofen  kommt.  Otho  818. 
FEUERNEl]E.\,  rcnorare,  erneuen,  mhd. 

diu  viurniuwet  im  den  muot 

mit  der  glimmenden  eluot, 

diu  im  doch  naht  unde  tac 

betrochen  in  dem  herzen  lac.     Trist.  478,11. 

FEUERMS, /■.  niederrhein.  fernüs, /bei«;  die  wolhabenderen 
kochen  auf  fernüssen,  mit  mehreren  lopflöchern,  bei  denen 
sich  die  kochgeschirre  unmittelbar  über  der  flamme  befinden. 
ViCTOn  Jacobi  niederrhein.  hcimal  Lp.  1854  5.  G3. 

FEÜEROCHSE,  m. 

wenn  Jason  mit  fewrochsen  pflügt, 

bricht  den  acker,  bis  er  sich  fügt 

und  in  sich  nimmt  die  trachenzeen 

daraus  new  kricgshclden  cntstehn.    froschm.  N8. 

FEUERODEM,  m.  halilus  igneus: 

gewürzeblumen! 

von  meines  llebchens  süszem  munde  nehmen 

den  feuerodero  zimmt  und  kardomumen. 

RücKERT  ges.  yed.  2, 348. 

FEUEROFEN,  m.  clibanus :  du  wirst  sie  machen  wie  einen 
fewrofen,  pones  eos  ut  clibanum  ignis.  fis.  21, 10;  und  werden 
sie  in  den  fewrofen  werfen  {rulg.  in  caminum  ignis,  eis  tt^v 
xäfiivov  rov  nvQÖe).  Natth.  13,  42.  dagegen  6,  30  das  gras 
auf  dem  felde,  das  doch  heule  stehet  und  morgen  in  den  ofen 
geworfen  wird  (ti;  y.).ißnvov  ßaX).6fierov,  rulg.  in  clibanum 
inillitur),  golh.  in  atihn  galagij).  y.).ißnros  oder  xQißai'os  ist 
hier  von  xaftiro?  unterschieden,  die  ahd.  rersion  setzt  Matlh. 
ß,  :tO  in  ovan,  13, 42  in  ovan  fiures.  die  ags.  6, 30  on  ofen, 
13,42  on  fjres  ofen,  so  dasz  auch  fco/UiKiLAS  13,42  in  auhn 
funins  wird  gehabt  haben,  nuhns  =  ovan,  ofen  ist  Körtlich 
feuer,  ignis,  der  bedeutung  nach  focus. 

FEUERORDM  NC,  f  ediclum  de  incendiis:  sollte  denn  der 
gelehrte  pracsident  (Montesquieu)  sein  dorf  nicht  einmal  mit 
einer  feuerordnung  beschenkt  haben?  TnümiEi,  6,  2ys;  der 
haiifilmann  bestellte  einen  punch  royal.  wenn  er  so  fortfahrt 
in  seiner  guten  feuerordnung  tiiid  immer  ein  volles  gefüsz 
im  hause  hat  als  lOschanstall,  so  kann  mein  buch  nie  der 
Vorwurf  treffen,  dasz  man  darin  wie  im  Grandison  zu  viel 
Ihec  coD»uinicre,  eher  zti  viel  starkes  getrüiik  gehl  auf.  J.  V. 
Tit.  2,133. 

FEUERPEIN,  f.  dolor  ardem:  alles  was  man  davon  sagen 
kann,  ist  zu  schwach  die  feucrpein  auszudrücken,  die  durch 
eine  so  gewaltsame  zerreiszung  in  einem  gefühlvollen  herzen 
verursacht  wird.  WiKUNt)  2,1^^2; 

»rhrecki  ihn  da«  Vorgefühl  der  scharfen  feuorpein, 
dk  lii'bR  liiirif  ihm  uhertfiubcn.    .  . .; 
dir  ri'ii.'rpfin 
euch  im  yebein  f    Gömi  12,  IM. 


FEUERPFÄNiNCHEN  — FEUERR.\D       1600 

FEUERPF.iVNNCnEN .  n.  foculus,  diminutiv  des  folgenden: 
und  kam  den  alten  weibern,  die  äpfel,  nüsse,  kraut,  käse 
und  andere  höckereien  feil  hatten,  mit  den  kuffen  in  ihre 
kürbe,  dasz  eines  hin,  das  andere  her  flog,  die  jungen  liefen 
zu  und  lasen  auf,  die  alten  weiber  würfen  mit  ihren  feuer- 
pfänngen  darzwischen  und  wolten  ihre  waaren  nicht  preis 
geben.  Weise  erzn.  387. 

FEUER  {'KANNE, /.  sarlago,  arula.  uoc.  1482  h  6'.  7",  srhmelz- 
pfanne,  gluthafen,  ags.  fjrpanne,  engl,  firepan.  dem  kaiser  zu 
ehren  feuerpfannen  brennen ; 

tind  all  nacht  fewerpfannen  brend 

in  allen  gassen  bis  zu  end.    H.  Sachs  1, 204V 

FEUERPFÄNNLEIN,  n.  feuerpfdnnchen. 

FEUERPFEIL,  m.  sagitta  incendiaria,  brandp feil,  auch  rakete : 

dcrglelch  die  Türken  schieszen  künden 
in  die  Stadt  sehr  viel  feuerpfeil.    11.  Sachs  1,209'; 
ein  grosze  zal  der  fewerpfeil.    IV.  2,96". 
bildlUh, 

sahst  du  sein  äuge  nicht  gleich  fcuerpfeilen  blitzen? 
Wkisze  trauersp.  2, 14.i. 

FEUERPFEILER,  m.  columna  ignea :  und  ich  sähe  einen  an- 
dern cngel  vom  himel  herab  komen,  der  war  mit  einer  wölken 
bekleidet  und  seine  füsze  wie  die  fewrpfeiler.  offenb.  lo,  i. 

FEUERPFERD,  n. 

als  unlängst  die  Aurora  kam 

mit  ihren  feuerpferden.    Sciiirvers  singende  rosen  lied  43. 

FEUERPFUHL,  m.  locus  igneus: 
ein  trüglich  bild 
der  hölle  wars,  ein  widerspensiger  freist 
herauf  gestiegen  aus  dem  feucrpfuh].    Schiller  i'i'. 

FEUERPL.\TTE,  f.  eisenplatte  des  herdes. 

FEUERPROBE,  f  ignis periculum, ein  alles gottesurthed  (RA.  912), 
später  nur  bildlich  gebraucht:  in  der  feuerprobe  der  kritik  sich 
in  lauter  dunst  auflösen.  Kant  2,330; 

und  welches  mädchen  hält  wol  diese  feuerprobe? 
Göthe  7,51; 

wir  hoffen  dieses  büchlein  sollte  nicht  unwürdig  die  feuer- 
probe bestanden  haben.  26.70;  groszes  glück  ist  die  feuer- 
probe dos  menschen.  J.  P.  Fibel  43. 

FEUERPUMPE.  /".  anllia  incendiaria,  löschpumpe. 
FEUER PUNCT,  ni.  im  bergbau,  der  herd. 
FEUERQU.^LL,  m.    ferror  ignis?    Jag.  Röhme  mysl.  magn. 
41.53.84,  wie  wassorquall.     quall  ton  quellen  scalere: 
dort  loderts  aufl  die  ernte  strömt  in  feuerquall 
zum  himmel  an,  und  des  besitzcs  treu  gehäus 
schwankt  unterQammt  und  beugt  sich,  widersteht  und  sinkt. 

Göthe  11,257. 

FEUERQUALM,  m.  vapor  igneus,  von  quelen,  quälen,  daf 
eigentlich  dünsten,  ersticken,  tödten: 

erdschlünde  thun  sich  auf,  ein  feuerqualm 
zuckt  flammend  übers  feld,  versengt  den  halm. 
GöTUE  4,201. 

FEUERQUELLE,  f  fons  igneus:  die  lodernden  feuerquellcn 
der  liebe.  J.  P.  Hesp.  1, 112. 

FEUERRARE,  m.  corvus  pyrrhocorax. 
FELERRACHE,  m.  faux  ignea,  feuerschlund : 

Vesuvus  feucrrachen.    Schirmebs  singende  rosen  lied  Cl  ; 

nun  flohen  mit  wiehernden  rossen  die  reuler 

die  reimllichen  reihen  hinan! 

da  blökten  hundert  eherne  drachen 

die  todirerüllten  reiierrachcn 

und  hniicliien  sie  mit  donnern  an. 

weg  waren  ros  und  mann.     Krktsciima^n  (in  Aim.v(s  grabe  31; 

da  schwimmt,  hegrüszt  von  hundert  feucrrachen. 

in  trAger  maje.si.nt  der  hucenlaur  heran.    Wiklakd  IS,  IS**, 

FEÜERRAD,  »i.  orbis,  rata  ignea,  oft  bei  i.  P.  unterdessen 
hatte  sich  das  feuerrad  der  erdenzeit,  die  sonne,  gieszend 
heraufgediehl.  Ilesp.  1,125;  aber  ein  rollendes  feuerrad  des 
allegro,  womit  die  harmonisten  auf  der  wiese  die  weichende 
sonne  begleilelen.  3,230;  das  lebendige  feuerrad  seines  her- 
zens  lief  in  ilen  gährenden  lebensbalsain  um.  Firl.  i:t6;  das 
feuerrad  der  cntzflckuug.  Tit.  t,is»;  so  halt  er  recht  oft  die 
freiide,  irgend  ein  feuerrad  (ijoldslürk)  in  ihre  (der  hankhallri) 
zischende  schlangenhrde  zu  rollen.  2,26;  da  kreisele  da* 
feuerrad  der  entzückiing  mit  ihm  reiszend  um  und  um  den 
daraufgetliM  litenen  köpf  wehten  die  nammenkreise  hoch  auf. 
f>,  74;  Gotlheif  wurde  ein  geschwungener  Itrand  im  feuerrad 
[dir  tanzenden),  das  den  bauin  umlief.  Fibel  107  «.  a.  m.  feuer- 
rad an  einem  feuerrohr,  rouet  d'arquebuse,  Hädlkii»  SM*,  am 
alten  ftintenschlosz. 


1601 


FEÜERRAUCH  —  FEÜERSAFT 


FEUERRAICH,  m.  ex  igne  fumus.  Stieler  1529. 
FELERRAUM.  m.  auf  herden,  in  Ofen,  auf  dampfsehifjfen. 
FEUERREDNER,  m.  oralor  incenstis :  Cicero  der  feuerredner. 
J.  P.  aeslh.  2,  213. 

FELERREGEN,  m.  intber  igneus: 

die  lanz  ist  in  der  faust,  am  platz  der  degen, 

die  keul  am  sattelknopf  sprüht  feuerregen, 

von  ewger  glut,  die  nie  sich  zehrt  noch  endet, 

ist  diese  keule  wunderbar  durchfacht.     Griks  Ar.  Bol.  42,54; 

bei  feuerverken,  in  der  illuminationsnacbt  führte  ihre  Sehn- 
sucht und  meine  leerhcit  im  feuerregen  der  freude  uns 
wärmer  an  einander.  J.  P.  Tit.  3.175;  am  dichtesten  läszt 
der  Terfasser  seinen  satirischen  feuerregen  auf  die  musika- 
lische schönthuerei  niederfallen,  kl.  bücherschau  1,  35. 

FEUERREICH,  dnes,  über  igne,  mhd.  viurrkhe,  viwerriche, 
gebildet  nie  waj^erriche.  nhd.  dieses  herze  empfindet  die 
macht  euer  feuerreichen  äugen  mit  starkem  nachdrucke. 
Me NANTES  (/oi.  «e// 1,  57;  suchet  nur  in  meinem  herzen  nach, 
welches  ihr  ja  bei  euch  habt,  so  werdet  ihr  diejenigen  flam- 
men finden,  die  eure  feueireiche  äugen  darinnen  angezündet. 
1,125; 

der  zügellose  sieg,  die  feuerreich«  jugend 

sprach  ihm  die  beute  zu.     Uz  2,2U; 

so  lächelt  sie,  so  schlau,  so  feuerreich 

sind  aug  und  blick,  und  so  gewis  zu  siegen.    Hagedorn  2, 164; 

noch  hat  er  nur  um  pfand  geküst, 

was  feuerreich  im  küssen  ist, 

war  ihm  nur  halb  bewust.    3,  Sl; 

es  mögen  künftig  wein  und  most 

des  trägen  alters  ernst  und  frost 

durch  feuerreiche  kraft  verdringen.    3,94; 

Tiele  lieder,  welche  . . .  einen  Philander  von  der  Linde  oder 
den  feuerreichen  Günther  zu  Verfassern  haben,  sind  noch 
meisterstücke  in  unserer  lyrischen  poesie.  3,  xvii;  der  grosze 
feuerreiche  ström  (Rhein).  Fr.  Müller  1, 1S6. 

FEUERREICH,  n.  elementum  ignis:  eine  einzige  bleikugel 
wirft  das  ganze  schall  oder  feuerreich  der  gegenwart  um 
dich  fern  hinunter  in  die  tiefe.  J.  P.  komet  1, 124. 

FEUERREIZ.  m.  Stimulus  ardcns:  der  feuerreiz  des  ehi- 
triebes.  J.  P.  nachdämm.  79. 

FEUERRI.NG,  m.  orbis  igneus:  da  trat  die  sonne  hervor 
und  umzog  mit  wölken  kämpfend  die  höhen  mit  einem 
feuerring.   Bettina  br.  1,  276. 

FEUERROHR ,  n.  fistula  pyrta,  flinle.  Kibcbbof  tcendunm. 
476";  er  geberdet  sich  mit  dem  stock  als  mit  einem  feuer- 
rohr.  Grtpbiüs  1,327; 

im  felde  schleich  ich  still  und  wild, 
gespannt  mein  feuerrohr, 
da  schwebt  so  licht  dein  liebes  bild, 
dein  süszes  bild  mir  vor.    Göths  1,110 

FEUERROS,  n.  feuerpferd. 
FEUERRÖSCHEN,  n.  adonis. 
FEUERROSE,  f.  dasselbe. 

FEUERROST,  m.  platte  zur  Unterhaltung  des  feuers. 
FEUERROTH,  ruiitus,  igneus,  rubicundus,  mhd.  viurröt : 
von  ir  zweier  swerten  gie  der  fiurröte  wint.    Nib.  2212,4; 

ir  varwe  diu  wart  beide 

von  Zorne  und  von  leide 

tötbleicb  und  iesä  viuwerröt.    Trist.  254, 17. 

nhd.  einer  wird  sich  für  dem  andern  entsetzen,  fewrrot  wer- 
den ir  ongesicht  sein.  Es.  13,  8 ;  auf  einem  feuerrothen  wagen. 
Lohesst.  Arm.  2,421;  feuerrothes  haar,  fuchsrulh;  sie  wurde 
bei  den  letztern  Worten  feuerrotb  {schamrolh,  erröUidc). 
Felsenb.  1,  "4; 

hier  wurd  sr  blässer  als  narcissen 

und  plötzlich  wieder  feuerroth.    Wieland  Juno  u.  Gangmed  6S6; 

wie  neulich  bei  dem  vetter,  wie  du  den  huizschnitt  und  die 
beschreibung  fandst  und  mit  einem  schrei  riefst  'graf  Egmont  I ' 
ich  ward  feuerroth.  Güthe  S,  194 ; 

'herr  je  !  herr  je  ! 

ach  das  thut  weh!' 

der  kleine  steisz, 

so  mild  und  weisz 

wie  semmelhrot, 

ward  feuerrotb.    MusÄus  kinderktapper  16. 

FEUERRUF,  m.  clamor  inccndii,  feueryeschrei. 
FEUERSACK,  m.    grobe   Sackleinwand,    dte   durchndszt  zum 
feurrlvschen  gebraucht  wird. 

FEUEUSAtT,  »j.  vom  punxh.  Scbiller  52'. 
iU. 


FEUERSABT  — FEUERSCHRACK   1602 

FEUERS  ART,  f.  indoles  tgnis: 

hat  die  liebe  feuersart, 

weil  sie  h\u\  und  brennt.    Locau  1, 12. 

FEUERSÄUFER,  m.  potalor  ignis:  er  wurde  nach  dem  bei- 
spiel  der  feuerfresser  jetzt  ein  feuersäufer  {trank  unmässig 
feurigen  punsch).  J.  P.  Tit.  2, 136. 

FEUERS.ÄULE.  s.  feuerseuie. 

FEUERSBRUNST,  f.  iucendium,  Schadenfeuer: 

gegeng«nst  erhöhet  gunst, 

gegenliebe  nähret  liebe 

und  entflammt  zur  feuersbrunst. 

was  sonst  aschenfünkcben  bliebe.    Bcrgkr  27*. 

FEUERSCHADE,  m.  l)  damnum  incendio  datum.  vgl.  Schaden- 
feuer, bildlich,  die  doctorin  besah  den  feuerschaden  ihres 
gesichts  (»pdhte  die  icirkung  ihrer  feurigen  blicke  auf  die  männer). 
J.  P.  Tu.  2,  77. 

2)  abgang,   den  die  metaUarbeHer  beim  verschmehen  erleiden. 

FEUERSCHÄLE,  f  palella  ignis: 

ihm  glitscht  durch  die  lüfte 

die  feuerschal  hin.    Fb.  Mcllkb  2, 3S0. 

FEUERSCHATZ,  m.  cumulus  ignium:  die  Vereinigung  einer 
so  unendlichen  menge  feuerschätze,  als  diese  brennenden 
sonnen  sind.  Rast  8,331;  ein  groszer  vorrath  entzündeter 
materie,  der  die  feuerschätze  im  Innern  der  erde  häuft.  9. 23. 

FEüERSCHÄU,  f.  inspeciio  aedificiorum  ad  praecarenda  in- 
cendia:  auf  straszen  und  feuerschau  zu  schauen.  J.P.flegelj. 
1,  69 ;  die  häifte  der  feuerschau  schien  mit  dem  reichen  Gogel 
unter  einer  decke  zu  stecken,  anh.  zu  Tit.  1, 41.  schwcu. 
fürschau.  Tobler  208*.     Schmelleb  1.  553  hat  feurbeschau. 

FEUERSCHAUB,  m.  manipulus  igneus,  brennender  <:lrohwisch : 
schwarze  hunde.  Schreckgespenster,  feuerschäube.  Simp/.  A'.  44'>. 

FEUERSCHAUFEL,  f.  prunae  batillum,  kolilenschaufel. 

FEUERSCHEIN,  m.  1)  fulgor  incendü,  der  sctiein  eines  aus- 
gebrochnen  feuers. 

2)  bräunliche  färbe,  die  das  Kochs  nach  dem  schmelzen  annimmt. 

FEUERSCHEU,  paiens,  horrens  ignem,  co)istematus ,  von 
Pferden. 

FEUERSCHEU,  f.  pavor  ignis. 

FEUERSCHIESZEND,  scinlülans: 
bleich  mit  fewrschieszenden  äugen.    0.  Sachs  II.  2,61*. 

FEUERSCHIF.  n.  brander. 
FEUERSCHILD,  m. 

FEUERSCHILLING,  m.  herdschilling.  Milich  schrapteufel  C  i". 
FEUEBSCHIM.MER,  m.    splendor   ignis:    im    feuerschimmer 
glühten  nun  über  mir  die  cedern.  Fr.  Müller  1,33. 
FEUERSCHIRM,  m.  munimcntum  ad  ignem. 
FEUERSCHLACHT,  f  proelium  fen-idum: 

mich  treibt  der  feuerschlacht  gesiebt. 

Kretscuiann  tihinijvlph  12. 

FEUERSCHLANGE,  f.  draco,  feuerdrache. 
FEUERSCHLIPPE,  f.  recessus  ignis,  enge  schmale  gösse  zwischen 
häusern,  ein  Schlupfloch  des  feuers.     nd.  slippe,  hd.  besser  schlüpfe. 
FEUERSCHLOSZ,  n.  elater  sdopeti:  ich  war  gleich  fix  und 
fertig,  wie  ein  alt  feuerschlosz.  Sni/i/.  courage  s.  162. 

FEUERSCHLUCHT,  n.  faux  ignis:  feuerschlucht  und  rauch- 
pforle.  J.  P.  TU.  4. 171. 

FEUERSCHLUND,  m.  hiatus  ignivomus: 
eure  kleine  schar  .  .  . 
droht  mauern,  wo  der  tod  aus  feuerschlünden  bricht. 
Götter  1,  372; 
bei  nächtlich  stiller  weile 
gährts  in  dem  tückschen  feuerschlunde,  ladet 
sich  aus  mit  tobender  gewalt.    Scuillbr  383'; 
doch  das  entsetzen,  das  .  .  . 
wie  glühende  wölken  aus  des  berges  feuerschlund 
herauf  sich  wälzt,  erschüttert  auch  des  beiden  brüst. 
GöTUE  41,  185. 

FEUERSCHNÄUBEND,  igni  anhelans: 

flügel  gab  er 

dem  beer,  und  die  feuerscbnaubenden  rosse 

mit  dem  wagen  Mavors  brausten  voran.    Wiixahot  diihyr.  59. 

FEUERSCHNELL,  blitzschnell,  vgl.  feiierschritt. 

FEUERSCHRACK,  m.  sallus,  fragor  ignis  (sp.  1582. 5)  •  und  das 
feuer  aufschlaget,  dasz  es  alles  in  einen  scai ecklichen  ffuer- 
sclirack  gerätb  und  auffahret.  Jag.  Bübme  drei  princip.  18 ;  kriifte 
salnilrischen  schrackes  im  feuer,  ...  da  hat  sichs  mit  der  des 
anzündung  im  salnilrischen  feuerschracke  getheilet.  ntysterium 
magnum  1678  s.  54.  56.  78.  80.  82;  blitz,  der  sich  aus  dem 
angezündeten  schracke  des  feuers  im  wasser  gebäret.  4uroru 

101 


1603   FEUERSCHREBEN  — FEUERSEE 


FEUERSEELE  — FEUERSPRITZEND   1604 


1682  s.  283;  so  giengen  durch  den  schrack  des  feuerblitzes 
wieder  auf  allerlei  figuren.  s.  293;  und  ist  das  lebensliecht 
durch  den  erstarreten  leib  des  todes  gebrochen  und  hat  aus 
dem  tode  gegrünet,  es  ist  aber  am  dritten  tage  nur  im  feuer- 
scbracke  gestanden,  s.  314;  als  sich  aber  die  sonne  ange- 
zündet, so  ist  der  grausame  feuerschrack  über  sie  gefahren. 
s.  33« ;  die  ausgegangene  kraft  im  Hechte  war  aber  viel  mäch- 
tiger als  der  feuerschrack.  s.  338 ;  sie  {die  galle)  hat  ihren 
ersten  Ursprung  vom  blitz  des  lebens,  wann  sich  das  leben 
im  herzen  gebäret  und  dasz  das  Hecht  im  wasser  aufgehet, 
so  gehet  der  feuerschrack  vorher,  der  steiget  aus  der  ängst- 
lichkeit  des  wassers  in  die  hilze  auf.  s.  3:!9 ;  der  Schwefel 
wird  so  ins  gedrlinke  (gedränge)  getrieben,  dasz  er  nicht  an- 
ders, als  wie  in  einem  weiter  einen  feuerschrack  von  sich 
giebet.  Czepko  einleüung  zum  heil,  dreieck  {lis.) ;  in  selbigem 
erschrecken  wird  der  feuerschrack  geboren,  daselbst  und  ößer. 
an  kräpiges  vort,  dessen  niclUgebrauch  zu  bedauern  ist,  vielleicIU 
dem  folgenden  verwandt. 

FEUEKSCHREBEN,  n.  splendor.  in  Bartiscii  augendiensl 
s.  124  handelt  es  sich  vom  blick  und  fewerflammcn  der  äugen : 
es  ist  vielen  menschen,  das  es  ihnen  erscheinet,  als  schwebele 
ihnen  glanzfewer  und  flammen  für  den  äugen,  welches  ge- 
meine leute  das  wetterleuchten  der  äugen  nennen,  zu  latein 
splendores  nocturni  ...  ein  sehr  guter  trank  vor  fcwer- 
schreben  der  äugen.  —  man  könnte  fewerschwcben  ändern, 
velches  vorausgeht,  doch  ist  wol  schreben  richtig  und  leitet  sich 
wm  mhd.  schra?jen  schrdte,  das  fast  die  hedcutung  des  ähnlich 
lautenden  spra-jen  spräte  Aoi,  beide  drücken  aus  spriihen,  flackern; 
wie  aber  spnejen,  wwjen  übergehn  in  sprewen,  wßwen,  wäre 
auch  für  schra*jen  zulässig  schrewen,  nhd.  schreben.  daher 
der  eigenname  Schreber.     vgl.  scherd  unter  feuer  5  sp.  1582. 

FEL'ERSCHREI,  m.  feuergesclirei,  feuerruf. 

FEUERSCHREIEND,  feuer  rufend:  o  muse  hilf  mir  das 
getümmel  beschreiben,  das  in  dem  hause  des  magisters  ent- 
stund, als  die  gräszliche  feuerschreiende  stimme  sich  über 
das  aufgeschreckte  dorf  ausbreitete!  ThIjjimel  Wilhelmine  91. 

FELERSCHRITT,  »j.  cüus  iruxssus,  schnellschriU,  gescliwind- 
schrill,  eüsdirilt,  Sturmschritt: 

und,  wie  nach  Emmaus,  weiter  gings 

mit  Sturm  und  feuerschritten : 

prophete  rechts,  prophete  links, 

das  weltkind  in  der  mitten.    Göthe  26,283. 

FEUERSCHRÖTER,  m.  lucanus  cervus,  hirsclikäfer,  audi  blosz 
Schröter. 

FELERSCHUPPIG,  squamis  lucidis:  du  knüpftest  jhres  ge- 
spanns  feuerschuppige  schwänze  in  einander.  Fr.  Müller 
1, 172. 

FEL'ERSCHW.\DEN,  m.  brennbare  luß  tm  bergbau. 

FEUERSCHWALBE,  f  hirundo  rustica,  weil  im  haus,  am 
herd  wohnend. 

FEUERSCHWAMM,    m.    boletus   igniarius ,    zunderschwamm. 

LOSICERUS    SO*. 

FEUERSCHWANGER,  ignifer,  feuer  in  sich  tragend: 
feuerschwangrer  stern.    Brockes  1,15; 
es  schnarre  sich  die  luft  mit  feuerschwiingern  wettern, 
der  liimmcl  wafne  sich,  die  enle  zu  zerschinctteru. 

LicHTWER  reclU  der  Vernunft  24 ; 

oft  hat  ein  i^öttersohn 

den  feuerschwangern  bauch  der  felsen  aiif^rcritzt. 
Schiller  18*. 

FEUERSCHWÄNZEND,  ignea  cauda:  feuerschwänzende 
coineten.   BLTscnsy  Palm.  737. 

FEI.ERSCHWEFEL,  m.  arsenicum. 

FEUERSCHWEIF,  m.  der  grausige  feuerschweif  des  comelen. 

FEUERSCHWERT,  n.  flammeus  ensis:  die  räuber  stehen 
auf  den  bergen  im  abendnebel  und  schauen  wartend  herab, 
wenn  die  feuersrhw erler  der  nanimen  auf  allen  seilen  durch 
die  nebel  glänzen  und  mit  ihnen  rauben  und  morden  werden, 
um  zu  ihnen   herab  zu  kommen.  J.  P.  Tu.  5,  72. 

FEUERSCHWl.NGE,  f  ala  ignea: 

o  raubet  nun  dem  blitz  die  feuerschwingen, 
ihr  Ktimden,  ihn  herheizubringeo 
den  sdszen  RUgenbllck.    Obvrun  14,8. 

FEUERSCHWUNG,  m.  impetus  alacer. 

FEUERSEE,  m.  locus  igneus:  man  sieht  weile  fcuerscen. 
Kam  s.  'Mh. 

FEUERSEE,  f. 

wann  auch  die  fewer*ee  Vt^ievui  auftuwallco 
•ui  (cioer  kluft  begioot.    TicHKRniNO  138. 


FEUERSEELE,  /. 

FEüERSEGEN,  m.  Carmen  incendiarium :  mein  held  aber 
hatte  überall  zu  lesen  und  warens  nur  feuersegen  an  der 
thüre.  J.  P.  Ilesp.  2,71;  den  feuersegen  an  die  thür  seines 
museums  annageln,  lit.  nacld.  4,  2. 

FEUERSETZEN,  n.  das  säien  und  anzünden  der  holzslösze 
in  bergwerken. 

FEUERSEULE,  columna  ignu:  und  der  herr  zoch  für  inen 
her,  des  tagcs  in  einer  wolkseulen,  das  er  sie  den  rechten 
weg  füret,  und  des  nachts  in  einer  fewrseulen,  das  er  inen 
leuchtet.  2  3/os.  13,  21;  als  nu  die  morgenwache  kam,  schawet 
der  herr  aus  der  fewrseulen  und  wölken.  14,24;  und  hast 
sie  gefürt  des  tages  in  einer  wolkseulen  und  des  nachts  io 
einer  fewrseulen.  JVc/t.  9, 12 ; 

flackernd  steigt  die  feuerseule.    Scuillrr  78'. 

FEUERSFLAMME,  f 

ich  befils  den  hciszen  feuersnammen, 

die  hoch  oben  zu  den  baien  auslangen.    Uulakd  280; 

die  lieb  läszt  sich  verbergen  nicht, 

sondern  wie  feuersflamm  ausbricht. 

Hammeks  ruscnijarlen,  Zirickau  1654  (.  166. 

FEUERSFURCHT,  f.  auf  das  geschrei,  aus  feuersfurchl, 
zulief,  pol.  colica  303. 

FEUERSGEFAHR,  f  periculum  ignis. 
FEUERSGLUT,  f.  ardor  ignis:  mit  wetterstein  nnd  feners- 
glute  krallen.  Melissus  F  7' ;  fcwersglut  des  lenzen.  Wecruer- 
LIN  790. 

FEUERSGNEIST,  m.  scintilla  ignis.    ein  altes  pßngsüied  beginnt . 

jauchz  erd,  und  himmel  dich  ergell, 

die  wunder  gotts  mit  freudn  erzell, 

die  er  heut  hat  begangen 

an  seim  trostlosen  häuriein  klein, 

das  sasz  mit  still,  friedsam  in  ein, 

mit  gbet,  hat  grosz  verlangen, 

dasz  es  getauft  würd  mit  dem  geist, 

der  kam  einsmals  mit  feuersgncist, 

mit  gthös  und  starkem  winde, 

das  haus  erfüllt  er  überall, 

die  Zungen  sach  man  in  dem  sal 

zertlieilt,  sie  redien  geschwinde. 

FEUERSICHER,  was  feuerfest:  feuersichre  schränke. 
FEUERSIGNAL,  n. 

seht  ihr  die  fcursignale  auf  den  bergen?    Schillcr  547'. 
FEUERSMACHT,  f  ignis  vis: 

bald  sah  man  sie  vom  wort  zum  zanke  kommen, 
zum  schrein,  zum  dröhn,  und  endlich  auch  zur  schlacht, 
die  durch  den  zorn  weit  schneller  war  entglommen 
als  jemals  stroh  entglomm  durch  feucrsmacht. 

Gries  Ar.  Hot.  27,  78. 

man  könnte  unangeschoben  lesen  feuers  macht,  wie  bei  Scuiller  78' 

wolthätig  ist  des  feuers  macht, 
wo  freUich  der  artikcl  vorausstcht. 

FE11;RSN0TH,  /".  incendU  calamitas,  auch  bildlich, 
wen  die  fcuersnoth  so  plagt,  wen  nur  immer  dursten  wil, 
den  führt  endlich  wassersnolh,  Wassersucht  zu  seinem  ziel. 
LocAU  3,  52,  75 ; 

wer  einmal  in  feuersnoth  gewesen  und  das  zweitemal  nirlit 
vorsichtig  ist,  verdient  es,  dasz  er  darin  umkommt.  H.  L. 
Wagner  kindermörd.  68. 

FEUERSORGE,  f  fewersorge,  foculus,  batUlus  mensarius, 
glutpfanne,  so  man  zur  speis  über  tisch  brauchet.  Golii 
onomasticon  1582  .</).  325; 

auf  ihr  knechte,  holet  mir 
die  feucrsorgp,  schnell  heraus  den  blasebalg! 

Aristtiphanes  Actiurnei-  888  (Drotseü) 

Sficöes  i^eptyxaxB 
■tTjv  ioxn^av  /not  SeiQO  >cni  rriv  ^miSa. 
FEUERSPANNER,  m.    xum  spannen  der  Schlösser  an  feuer- 
gruehren. 

FEUERSPATZ,  m.  eine  art  mehlspeue.  Scbmeixe«  1,553. 
FEUlERSPEI END,  ignivomus. 

FEUERSPIEGEL,  m.    1)  speculum  ustorium,  brennspieyel : 
l'ica  Ist  ein  feuerspiegel,  brennt  zum  ersten  auf  die  äugen, 
dasz,  was  sie  im  srhilde  führet,  sie  lu  sehen  nicht  wol  taugen. 
LooAU  3,  24U,  159. 
2)  Speculum  lucidum: 

BUS  der  Wahrheit  feuerspiegel 

lachfit  sie  den  forscher  an.    Scuillrr  19*. 

FEUERSPRITZE,  f  sipho  incendiarius. 

FEI;ERSI*RITZENI),  ignivomus:  wir  gond  Ton  dem  ««»rh 
des  altars  als  die  feuerspritzenden  IOweu.  Keisersrerg  hHlttck 
U/W  f.  4\ 


1605 


FEL'ERSPUR  —  FEUERTAUFE 


FEüERTEUFEL  —  FEUERVERHEERT  1 606 


FEUERSPUR.  f.  resligtum  tffiiis. 

FEUER  STAHL,  m.  clialybs  ignem  suscitans. 

FEUERSTANK,  m.  fodor  ex  igne:  auf  diese  unschuldige 
weise  halte  ich  mich  im  stillen  und  lasse  den  garstigen  Wart- 
burger feuerstank  verdunsten.  Güthe  an  Zelter  300. 

FEUERSTÄTTE,  f.  focus,  herdslätie:  in  dem  kreis  sind  bi 
sechs  oder  siben  und  sibenzig  fürslelt.  Tobler  20S';  weislh. 
4,302; 

lu  Tulkanens  feuerstätte.    Rccuht  ges.  ged.  1,181, 
auch  de  r  ort.  tro  es  gebrannt  hol. 

FEUERSTÄTTER,  m.  hausbewohner. 

FEUERSTEHLE,  f.  für  ignis,  lichtmoUe.  die  belege  schon 
oben  sp.  1441.  Diefexbach  411*  hat  aus  dem  tocab.  Hubriiugus 
'fuersteller',  vas  doch  wol  feuerstehler  m.  ist.  dieb  am  licht 
gilt  auch  vom  nebendocht  (2. 10S7,  ').     vgl.  feuerwolf. 

FEUERSTEIN,  m.  silex  pyrües: 

€r  geneistet  als  ein  flurstein  sn£l.  MS.  1, 1S4\ 
ifo  ein  epithel  des  feuers  auf  den  stein  gezogen  iM :  und  nach- 
dem sie  den  tempel  gereiniget  hatten,  machten  sie  einen 
andern  altar  und  namen  fewrstein  und  schlugen  fewer  auf. 
2  Macc.  10,  3 ;  ein  kus  ist  ein  paar  gegen  einander  schlagende 
feuersteine.  Fra>zis»t  neuaufgerichtete  liebeskammer  1679  {bei 
Gellert  4,  73),  rgl.  Parz.  257,  20 : 

swiej  ie  kom,  ir  munt  was  rot, 

der  muose  alsölhe  varwe  tragen, 

man  hete  fiwer  wol  drüj  gesfagen ; 

TTOwen  de  ouch  munde  tragen 

bremzelich  unde  rösenvar, 

man  mochte  viur  bän  drü;  geslagen.    Hacpt  1,14. 

FEUERSTELLE,  f  focus,  herdsteUe,  herdstätie. 
FEUERSTERN,  m.  Stella  Martis: 

im  fall  wir  deinen  stern  sehn  bei  der  Venus  stehn, 
den  croszeri  fewerstern  von  roiem  angesichie, 
wie  du  aucti  selber  bist,  beim  scböoen  Venusliechte. 

Opitz  1,02. 

FEUERSTIEFEL,  m.  der  beim  feuerlöschen  angezogen  vird. 
FEUERSTOF,  m.    elementum   ignis:    italienische  weine  voll 
deutschem  fcuerstof,  ohne  deutschen  sauerstof.  J.  P.  Tit.  1, 15. 
FEUERSTRAFE,  f.  poena  ignis,  rivicomburium. 
FEUERSTR.XHL.  m.  fulmen. 
FEUERSTRAHLEND,  feuerblitzend,  feuenrerfend. 
FEUERSTRICH,  m.   ductus  igneus:  eifersucht  ist 

ein  reuerstrich  durch  bimmels  slemenschrift. 

RccKKRT  ges.  ged.  2,315. 

FEUERSTROM,  m.  torrens  igneus,  aß  büdlidi, 
ists  Verstellung,  die  uns  selbst  bekämpfet, 
die  des  gähzorns  feuerströme  dämpfet?    Hallkk  "1; 
ein  wetier  zieht  herauf,  schlägt  unter  finsternissen 
des  feldes  reife  saat  rait  schweren  hagelgüssen 
und  regnet  feuerströme  und  donner,  schlag  auf  schlag, 
erschüttert  erd  und  himmel,  ballt  siebenfältig  nach. 
Ocsca  1,49; 
aber  ihr  blick 
wird  des  falken,  ihr  herz  wird  leuerstrom.    Klopstock  2,  Ui ; 
der  Schönheit  feuerstrom  umkreist 
die  abgelebten  wie  die  jungen.    Thühiel  h.  Küian  50; 
so  schieszt  mit  allbelebendem  Schwünge 
ein  feuerstrom  durch  ädern  und  gebein.    Wiela?id; 
des  erdballs  axe  kracht,  der  wölken  schwarze  schosz 
gieszt  feuerströme  aus.    Oberen  8,18; 

als  sie  vor  dem  feuerstrom  seines  auges  das  augenlied  nieder- 
schlug. J.  P.  uns.  löge  2, 199. 

FEUERSTRUDEL,  m.  vorlex  ignis: 

bemerkst  du,  wie  in  weitem  schneckenkreise 
er  um  uns  her  und  immer  näher  jagt? 
und  irr  ich  nicht,  so  zieht  ein  feuerstrudel 
auf  seinen  pfadcn  hinterdrein.    Göiu«  12,62. 

FEUERSTCRCHEN,  n.  icas  feuerkieke. 
FEUERSTl  BE,  f  dasselbe. 

FEUERSTURM,  m.  procella  ignis:  der  jüngling  stürzt  in 
den  schlachtlod,  unibrauset  von  dem  feuerslunn  der  ehre. 
J.  \'.herbslbl.  3,7. 

FEUERTAUFE,  f  baplisma  ignit,  nach  Mallh.  3,10; 
dasz  über  sie  würde 
ausgegossen  die  feuertaufe  des  heiligen  geistes.    Messias; 

dem  neugebornen  kinde  ertheilte  man  die  feuertaufe  in  sol- 
chen strahlen  (der  sonne,  bei  den  Parsen).  Götbe  6,  20.  vom 
krieger,  der  zuerst  im  feuer  steht,  heiszt  es,  er  hat  die  Feuer- 
taufe empfangen,  figürlich,  die  feuertaufe  des  geistes,  der 
liebe.  J.  P.  Hesp.  1, 169. 


FEUTIRTEUFEL,  m.  kegelförmiger  pulverteig,  lauf  feuer  zum 
abbrennen,  pelermdnnchen,  schtceiz.  fürtüfel. 

FEUERTEUFLEIN,  n.  irrmsch,  sditceiz.  fürtüfeli.  Tobler  20i'. 

FEUERTHEIL.  m.  pars  ignis:  während  in  andern  erlauchten 
geschlechtern  die  animalischen  feuertheile  ihrer  stammeitern 
unter  dem  mantel  der  etiquette  verraucht  sind.  TbCm»el3,513. 

FEUERTHEILCHEN,  n.  parlicula  ignea,  scintiUula. 

FEUERTHGR,  f.  allein  das  war  doch  immer  nur  eine 
feuerthüre  für  den  nothfall.  Wieland  19,  266. 

FEUERTHURM,  m.  leuchtthurm. 

FEUERTILGEN,  n.  deletio,  exstinclio  ignis:  segea  zum  feuer- 
tilgen. Ettners  hebamme  2S4. 

FEUERTOD,  m.  viricombu^io,  feuerärafe: 

sag  ihr,  dasz  ich  den  heiigen  schwur  der  treue 

zu  halten,  den  ich  schwor,  den  feuertod  nicht  scheue. 

die  verurtheilung  der  neun  tribunen  zum  feuertod.    Niebohr 

2,  192. 

FEUERTONNE,  f.  feuerfasz. 

FEUERTOPF,  m.  tcas  feuerkieke,  feuerslube. 

FEUERTRANK,  m.  potus  igneus: 

doch  fälscht  ein  rebenhasser 
den  feuertrank  mit  wasser, 

frisch ! 
trommelt  auf  den  tisch !    Voss  4, 132. 

FEUERTRIEB,  m.  divinus  impetus: 

und  du,  0  muse,  habe  dank, 

dasz  du  mir  liebe  zum  gesang 

und  feuertrieb  zur  dichtkunst  schenktest. 

Zachariä  hinterl.  sehr.  >.  SO. 

FEüERTRIEFEND,  igne  stülans: 

wenn  nun  ihr  wächserner  sterblicher  leib 
unter  des  feuertriefeuden  {Zeus)  armen 
niederscbmilzt.  Schiller  16*. 

FEUERTROMMEL,/",  lympanum,  incendii  nunlius :  die  feuer- 
trommel  erweckte  mich  aus  dem  schlaf,  figürlich,  ach  hätte 
man  unser  herz  nicht  zu  einer  lärmenden  feuertrommel  aller 
leidenschaften  werden  lassen.  J.  P.  uns.  löge  l,  40 ;  nur  zu- 
weilen entfiel  einer  fernen  wölke  ein  schlag  auf  die  feuer- 
trommel {ein  donnerschlag).  Tit.  l,  A3. 

FEUERTROPFE,  m.  scinlüla :  fewrtropfen  fallen  vom  himmel. 
Atextix  chron.  323'  am  rande; 

insonderheit  die  alte  nater. 

unser  schlangen  mutter  und  vater, 

für  einem  heiszen  rauchloch  hiengen 

vil  stich  und  fewrtropfen  empfiengen.    froschmeuseler  L6'. 

bildlich,  feuertropfen  standen  in  seinem  äuge. 

FEUERTROPFLEIN,  n.  gutlula  ignis:  es  fielen  schwarze 
brennheisze  feuwertröpflein  auf  die  menschen,  wo  es  einem 
nuf  die  blosze  haut  fiel,  starb  er  von  stund  an.  Ave.ntix 
cAron.  323'. 

FEUERTRUNK,  m.  hauäus  igneus: 

der  feuertrunk,  geschöpft  aus  traubcnblut. 

RücKKRT  ges.  ged.  1, 116. 

FEUERTRUNKEN,  laetilia  exsultans:  Tirza  ...  die  hohe, 
feuertrunkne  seele.  Fr.  Müller  1,  S ; 

freude,  schöner  götterfunken, 

tochter  aus  elysiüm, 

wir  betreten  feuertrunken, 

himmlische,  dein  heiligthum.    Schiller  19*; 

ist  der  geist  nicht  feuertrunken, 

und  das  herz  bleibt  unergetzt.    49*. 

FEUERUMLEUCHTET,  igne  collustratus : 

flüchtend  sah  ich,  durch  rauch  und  glut 
schreitend  wundergestnlten 
riesengrosz  durch  düsteren 
feuerumleuchteten  qualm  hin.    Göthe  41,  IS8. 

FEUERUNG,    f.    1)  ustio  Ugnorum:    ein    diener   halle    die 
feuerung    zu   besorgen,   ein    mädchen  wasser  zo  holen;    die 
kosten  der  feuerung  belaufen  sich  hoch. 
2)  ligna  alendo  igni: 

bepackt  mit  fcurung  knarrt  im  frost  die  lasi(\ihr.    Voss  3, 182. 
FEUERUNGESTÜM,  m.  furor: 
der  mit  feuerungestüm  mich  liebte.    Seat  bart  ged.  278, 11. 

FEUERUNGSBEDARF,  m. 
FEUERUNGSMITTEL,  n.  brennmalerüü. 
FEUERVERGOLDET,  inauratus,  im  feuer  vergnldel. 
FEUERVEHGOLDUNG.  f,  geqen^alz  zu  kalter  Vergoldung. 
FEUERVERHEERT,  igne  raslalus. 


1607     FEUERVERSICHERUNG  — FEUERWERK 


FEUERWERKER  —  FEUERZANGE        1 608 


FEUERVERS[CHEra:\G.  f.  caulio  de  incendio. 
FELEKVEHSICHEULNGSANSTALT,  f. 
FEliERVERSILBERl.NG.  f. 

FEIER  VOCJEL.  m.  papilio  hippoüiol,  feuerfdter.  in  den  märchen 
isl  aber  fciirrvngel,  goldvogel  auch  der  vogel  llumix,  der  sich  im 
[euer  rerjüniicnde. 

FEl'ERVÖGELCHEN,  n.  pyralh.  pyrausles,  lichlmolle. 
FELERVüLL,  fdenus  ardore.  igjiiltis: 

der  beiden  tust,  die  reuervolle  schlacht.    IIacedor'<(  1,57; 
ihr  seid  verliebten  gleich 

die  feuervoll  den  gegenständ  nicht  kennen.    E.  von  Kleist; 

er  wa^ts,  es  wird  auT  das  was  ihn  entzückt 

der  feuervollste  kus  gedrückt.    Wiklakd  Juno  m.  Ganymerf  "46; 

alles  wol,  das  hier  gequollen, 

alle  lust,  die  hier  erschollen, 

ruft  herab,  mit  feuervollen 

Segenswünschen,  ihr  zum  heill    Göthe  13, 24.T; 

als  wie  ein  schwarzer  aar,  des  flügel  Teuer  lingen, 

so  schlägt  die  schwarze  nacht  die  feuervollen  schwingen. 
Lenau  neuere  geil.  191. 

FEUERWACHE,  f.    l)  exeubiae  nodurnae: 

und  in  der  zehenten  nacht  erschien  das  heimische  ufer, 
dasz  wir  nahe  bereits  die  fcuerwachen  erblickten.    Ud.  10,30. 

2)  exeubiae  adversus  incendia  institulae. 
FEUER\V.\C}1TER,  m. 
FEUERWAGEN,  m.  currus  igneus: 

da  strahlt  ihr  {der  aonne)  wagen,  da  schäumet 

vor  ihrem  feuerwagen 

ihr  eher  Gullinbust.    KRETscHXAitns  nhingulph  63; 

dort  prangt  sie  nun  nach  westen  hin 

des  tages  stolze  Königin, 

auf  ihrem  rothen  feuerwagen 

hinab  ins  meer  getragen.    Weisze  hinderfr.  12,104; 

auf  schwarzen  wölken  rollt  des  donners  (euerwagen. 

Wieland; 
ein  feuerwagen  schwebt  auf  leichten  schwingen 
an  mich  heran.  Götue12,  43. 

FEUERWANGE,  f.  gena  rubicunda:  auf  deinen  nassen 
feuerwangen  und  warmen  augcn  voll  busze.  J.  P.  TU.  1,101; 
schweigend  lehnt  es  sich  mit  der  feuerwange  voll  rosen  an 
Uianens  hruder.  2,118.      • 

FEI'ERWANZE,  f.  cimex  calens, 

FELERWARTE,  f.  was  feuerlhurm. 

FEl'ERWEDEU,  m.  flabellum  igniarium. 

FEUERWEHR,  f.  neugebildet,  wie  landwehr:  die  zum  feuer- 
lösclien  eingeübte  niannschaß. 

FELERWEIN,  m.  vinum  ardens:  warum  fordert  ihr  zum 
gefrornen  feuerweio  das  verdünnende  eis,  woraus  er  abge- 
zogen ist  ?  i.  P.  aeslh.  2, 42 ;  er  verkorkt  sie  durcii  seinen 
hauch,  ebensogut,  als  der  Italiener  seine  schweren  feuer- 
weine mit  dem  leichten  öle  statt  des  koiks.  Iierbslbl.  3,242; 

sie  sollen  ihn  nicht  haben 

den  freien  deutschen  Rhein, 

80  lang  sich  herzen  laben 

an  seinem  feuerwein.    Nie.  Beckkr. 

FEUERWELLCHEN,  n.  undula  ignea: 

doch  das  raorgenroth 
aus  halbgeschloszner  wolkenpforte  droht 
und  spülte  kleine  feuerwellchen  her.    Ankette  Drohte  4'*4. 

IIUERWELT,  f.  mundus  ignetts: 

welch  eine  feuerweit.    Brocses  0,110. 

FEUERWERFEND,  feuerslraldend :  seine  schwarzen  feuer- 
werfenden äugen.   Schiller  129'. 

FEUERWERK,  n.  1)  altmenlum  ignis,  brennmaterial :  so  man 
sich  erkunden  mag,  dasz  er  kürzlich  vor  dem  (angelegten) 
prand  heiiger  imd  verdechtlicher  weis  mit  ungewonlichen, 
verdcchllichen  geverlichen  feuerwerken,  damit  mau  heiiulich 
zu  lirennen  pflegt,  imihgangen  ist,  das  gibt  redlich  anzeigung 
der  mislhal.  C^rulina  4t ;  item  bekent  der  gefragt  ein  brand, 
man  soll  inen  .  .  .  fragen,  mit  was  feurwerk  er  den  brand 
gctiian,  von  wem,  wie  oder  wo  er  solch  feurwerk  oder  den 
zeug  darzu  zu  wegen  bracht  habe.  .M ;  er  gehet  Irisch  dran 
unter  den  bewmcn  im  walde,  das  er  cedern  abhawe  und 
neme  buchen  und  eiclien,  ja  einen  cedern,  der  gepllanzet 
und  der  Tom  regen  erwachsen  ist  und  der  den  leulen  fewr- 
wrrk  gibt,  davon  man  nimpt,  das  man  sich  dabei  werme 
und  den  man  anzündet  und  brot  dabei  heckt.  Et.  44, 15 ; 
und  die  bilrger  in  stedlen  Israel  werden  nraus  gehen  uu<l 
fewr  machen  und  veri»renuen  die  waffen,  schild,  larlschen, 
bogen,  pfcil.  fau«) Klangen  und  lange  Hpiesze  und  werden 
»icbrn  j  ir    I-""   <■."■. rwcrk    damil    li.illi'n     /■'-     'y. '.i  ;    detin   der 


cinflieszende  saft  und  feuchtigkeit  wird  dürr  und  wird  gut 
feurwerk.  Luthkr  1,36".  3, 17";  wenn  ein  herr  viel  bollwerks 
und  zeune  uuib  sein  schlosz  innciite,  lasz  in  bawen,  es  wird 
gut  fewrwerk  draus.  3,  25o';  und  ist  doch  eitel  siro  und  gut 
fewerwerk.  5, 51' ;  so  wolt  (in  der  schlaclU  bei  Lepanto  1571) 
der  Türken  fewerwerk  uit  angehn  und  was  gleich  angieng, 
das  richtet  winzig  aus,  das  ir  faustwehr  das  meist  must 
thi'in.  Jon.  Nasus  kriegs  und  sigspredig  E2'.  diese  bedeutung 
veraltet  später. 

2)  ignes  artißciosi: 

wolt  ihr  mit  auf  das  jäid  hinaus, 

oder  ein  weil  zum  ringlein  rennen 

oder  sehen  schöns  feurwerk  brennen?    Atrkr  179*; 

die  Rache  verschwindet  mit  einem  feuerwerk.  Gryphius  1,633  ; 
wie  wenn  von  ungefähr  unter  der  zurüstung  ein  feuerwerk 
in  brand  geräth.  GotheI8,11S;  ich  wollte  nicht  dasz  jemand 
hier  langeweile  hätte,  darf  ich  ihre  äugen  mit  feuerwerken 
ergötzen?  Schillkr  14S';  das  goldne  feuerwerk  des  chrisi- 
baums.  J.  P.  Fibel  23;  ja  ich  will  setzen,  ich  brennte  die 
buntesten  feuerwerke  des  witzes  ab.  Hesp.  l,  99. 

3)  jocus: 

do  hemmer  e  fuerwerk  (da  gihtf  einen  spast). 

Arnold  pßngsimontag  $.  86; 
zell  isch  e  fuerwerk  gsln  (das  ivar  ein  spasz).    s.  93. 
FEUERWERKER,  m.  tormentarius  : 

schau,  liebchen,  hin!  wie  gehts  dem  fcuerwcrker? 
GÖTHK  2, 17. 

FEUERWERKEREL  f.  officina  pyrolcchni. 

FEUERWERKERKUNST,  f.  res  tormentaria,  pyrotechnia. 
P.  Stetten  kunslg.  von  Augsburg  227. 

FEUERWERKGEPRASSEL,  n.  feuerwerkgeprassel  wider 
einander  tönender  stellen  (in  der  ouverture).  J.  P.  Hesp.  2,  96. 

FEUERWESEN,  n.  vis  ignea:  die  lebenskrafl  kann  in  einem 
freien  und  gebundncn  zustand  existieren  und  hat  darin  viel 
ähnlichkeit  mit  dem  feucrwesen  und  der  electrischen  kraft. 
Hufelands  makrobiotilc  1,  30;  wie  ein  ausgelöschter  groszer 
Stern  dräut  das  grimme  feuerwesen  herunter.  Tieck  novellen- 
kranz  3.  200. 

FEUERWIRBEL,  m.  lurbo  igneus:  ha,  so  hätt  ich  dich  an 
meinem  busen,  so  hätl  ich  dich  in  meinen  armen  ...  so 
schwind  ich  mit  dir  in  feuerwirbeln!  Klingers  lli.  4.  lül. 

FEUERWOLF,  m.  jAölzlich  und  knallend  hervorbrechendes 
feucr,  wie  zuweilen  aus  deni  backofen.  der  grosze  häufe  glaubt,  ein 
solcher  wolf  entstehe,  wenn  sich  unter  dem  holz  des  ofcns  ein 
stück  befinde,  das  vom  blitze  getroffen  war.  feuerwolf  Aann  aber 
auch  gemeint  sein  wie  feuerdieb  und  lichtdieb,  wofür  'wolf  gesagt 
wird  (2,1087,7).     s.  feuer  0. 

FEUERWOLKE,  f  nnbes  ignea,  feurwolken ,  flammironia 
nubeSj  quac  vomil  ignem  in  ascensionc  domini.  vocab.  incip.  teut. 
ante  lat. ; 

dein  schild  eine  feucrwolke  im  stürme.    Göthe  10.  173, 
nach  Macphersons  thy  shield  a  red  cloud  in  a  slonu. 

FEUERWORT,  n.  verbum  ianeum: 

(rfnc/i  wenn  von  dort)  der  hinimel  flammet, 
seltsam  geregelt,  strahl  am  .sirahle  strahlt, 
in  scbreckenszügen  IViierworte  mahlt.    Gothe  4,57. 

FEUERWUNDE,  f.  rulnus  vehemens: 
aufgerissen  seine  feuerwunde, 
durch  die  secle  liöllcuschnit-rz.    Schiller  1'. 

FEUERWL'RM,  m.  ricindela,  Jitlinnniswurm,  lichlwurt» : 

bei  jedem  feuerwurni  in  felscnstflcken, 

als  ob  die  Icen 
da  tanze  webten,  riefst  du  voll  entzücken 

"wie  schon,  wie  s<'liiin!' 

Mattiiisson  im  rnuxenatm.  1793  s.  1S5.    iii  den 
gnl.  iMri  .«.  nn  iliifui  lichtwurm: 
der  Vollmond  schwebt  im  osten. 

am  alten  geisiertlnirm 
nimmt  bliuilich  im  hemosten 

gestein  der  feiierwurm.    ged.  12.'». 

feuerwurm  kann  aber  auch  luomus  rervus,  drache  und  salanunder 
ausdrurhcn.     roc.  14SÄ  bo'  hat  es  für  salaiiiandra. 
FEUKRWURMCHEN,  fi. 

in  dieser  freundlichen  »ommrrnncbt, 
wo  uuszer  feiierwurnichen  und  heimchen 
kein  geichöpf  mehr  neben  mir  wncbt. 

Lkni  im  riiHicniWm.  l'tlH  l.tti. 

FEI  ERWCRMLEIN,  n.  pns.  haumg.  3,  I*. 
FEUERWURZ,  f.  W/./wru«  nujer. 
FFUFRZAN(;E,  f  forceps  ujii:,n,i>    fcuerUufl 


1 609    FEUERZAUBER  —  FEURERZEN 

FEUERZALBER,  m.  ignis  aHifieiosvs,  kunsifeuer: 
allein  nun  wallet  über  den  kaiserstrom  (die  Donau) 
die  finsternis  zurücke,    verloschen  ist 
der  feuenauber.    kein  geprassel 

wecket  die  berge,   kein  donnemaclihall. 

Dk!«is  i»n  musenulm.  iu9  ».  ^40. 

FEUERZAUBEREI,  f.  pyromanlia.  Stieler  2592. 
FEUTERZEICHEN,  n.    1)  meleoron  igneum,  irie  Sternschnuppe, 
nordlicht,  comel. 

2)  ägnutn  incendü  campana  dalutn. 

3)  Signum  accenso  igne  daium: 

indes,  bewafn  et  und  zum  werk  bereit 

e  rwartet  ihr  der  berge  feuerzeichen.    Schiller  544". 

4)  radius  pyrius,  räkele:  da  ihm  kein  feuerzeichen,  kein 
donnerlaut  ein  glückliches  gelingen  Terkünden  wollte.  Götbe 
17, 368. 

FEUERZEIT.  f.  im  hütlenicerk,  die  zeit  vann  der  ofen  Ikälig 
ist.     eine  schmelzarbeit  hat  ihre  geurisse  feuerzeiten. 

FEUERZEUG,  m.  und  später  n.,  ignis  suscilabulum,  stahl, 
stein  und  zunder,  ignile.  roc.  14S2  h  6'.  6«  Keisersberg  füer- 
gezüg:  zum  andern  hat  der  bilger  in  seinem  sack  ein  füer- 
geziig,  wol  bereit  und  gedörret,  do  von  er  ein  Hecht  ent- 
schlahe  und  von  dem  liecht  ouch  ein  füer  mach,  bi  dem 
liecht  zu  gesehen,  wenn  es  finster  ist  und  bi  dem  füer  sich 
zu  wermen,  wenn  er  kalt  und  erfroren  ist.  jo  es  gerötet 
ouch  im  nit  aliwegen,  sobald  ein  füer  und  liecht  zu  haben, 
wenn  etwan  kan  ers  nit  recht  schlagen,  oder  ist  der  füer- 
gezüg  verderbt  und  nit  gut.  es  geriet  sant  Augustin  nit 
aliwegen,  der  doch  ein  guten  woigedörten  füergezüg  hat. 
wenn  etwan  ein  grober  mensch  über  ein  füergezüg  kompt. 
der  nit  darmit  kan,  der  schlecht  etwen  weisz  wie  lang  und 
klOgt  sich  ee  uf  die  hend,  eb  im  ein  liecht  kan  werden  {und 
schlägt,  klopft  sich  eher  auf  die  hdnde,  eh  ihm  ein  licht  u-ird), 
und  ein  andermole  on  grosz  arbeit  gar  bald  wirt  im  ein 
liecht.  bilger  13';  wenn  einer  zuvor  kein  feuerzeug  gesehen, 
so  müst  er  sagen,  das  es  das  schönste  Instrument  auf  erden 
neben  dem  compas  und  schlagenden  zeigen  eines  were. 
Mathesius  112';  lauten,  die  sich  selbs  richten,  und  fewrzeug, 
der  selbs  im  busen  ein  fewr  aufschlegt.  dann  sie  wüsten 
bessers  als  Claus  narr,  der  sorgt,  der  fewrzeug,  welchen  einer 
in  busen  schob,  soll  ihn  verbrennen.  Garg.  193';  Klotilde 
hatte  dieses  ganze  feuerzeug  und  diese  schwefelminen  des 
temperaments  gemein.  J.  P.  Hesp.  3, 155. 
FEUERZUG,  m.  ductus  ardens: 
und  grabe 

dem  sinne  des  entsetzten  hörenden, 

mit  feuerzügen,  dieses  Unglück  ein.    Götbk  9,305; 

all  verglüht  ist  dein  gefühl, 

jeder  feuerzug  getödtet.    IlEiDEjeRKicH. 

FEUERZUNDER,  «i.    fotnes  {in  icclchem  auch  foTere  steckt): 

weh  wenn  sich  in  dem  schosz  der  Städte 

der  fenerzunder  still  gehäuft, 

das  volk  zerreiszend  seine  kette 

zur  eigenhülfe  schrecklich  greift!    Schiller  "9*; 

wenn  in  den  aurgehäuften  feuerzunder 

des  alten  hasses  auch  noch  dieser  blitz, 

der  eifersucht  feindselge  flamme  schlug.    50S*. 

FEUERZUNGE,  f.  loquela  inpammata: 

mit  ihrer  feuerzunge  schilderte  * 

sie  jeden  umstand  der  verruchten  that.    Götbk  9, 47. 

FEUFEL  des  reimes  wegen  für  feifei,  feibel  {sp.  1432): 

iederman  furcht  ihn  wie  den  teufel, 

ich  weh  das  ihn  erstech  der  feufel.    Atrer  329*; 

behalt  dir  dein  gelt,  hab  dir  den  feufel! 

'hab  dir  die  streich,  fahr  bin  zum  teufel!'    417*. 

FEUNF,  tceisth.  4,102.264.     *.  fünf. 

FEURE,  pinus  silvestris,  lUn  und  wieder  für  före,  führe. 

FEUREN.  j.  feuern. 

FEURENFÖHRE,  f.  pinus  sUvestris,  pleonasmus. 

F"EURENHOLZ,  n.  lignum  pineum:  von  feurenholz  ist  sie 
gemacht.  ßoDES  Tr.  Sh.  4.  21. 

KEÜRER,  m.  incensor,  calefaäor,  ustor,  heizer,  einheizer,  alid. 
fiuiari,  mhd.  riurare.     vgl.  anfeurer,  befeurer,  einfeurer. 

FEURERIN,  f.  entzünderin,  mhd.  viunerinne: 

du  kom  diu  rehte  niinne, 

diu  wire  viurarinne.     Tritt.  25, 10. 

ahd.    aber   fiurara ,   focaria ,   küchin ,   vol   auch   noch    in  obcrd. 
gegenden  die  feurere.     vgl.  befeurerin. 

FEURERZEN,  scinlUlare,  funkeln,  funken  sprühen:  so  bin  i 
mit   ihm   in   keller   abi   krakseil  .  .  .   wir  habo  von  a  jedn 


FEURIG— FEURISCH 


1610 


fassel  kost,  und  wie  mir  wieder  herauf  kommen  sein,  haben 
uns  daugen  ordentli  gfeurerzt.  Hans  Jergel  1,  7.  s.  feurzen. 
FEURIG,  ardens,  igneus.  goth.  funisks.  kein  ahd.  fiuric 
angemerkt,  sondern  dafür  fiurin  (Gräff  3,  677).  auch  mha. 
herscht  viurtn  vor,  z.  b. 

mit  manegem  fiurinen  slage.    Er,  881 ; 

da  Ourin  regen  sich  gemeret.    o.  Tit.  129,4; 

obschon  viuric  begegnet: 

da;  fürige  swert.    Hartmaw  vom  glauben  887; 

da  koment  ü;  fiurige  (rar.  fiurine)  man.    Part.  496, 12- 

ein  füric  miooe.    Diut.  1,367; 

nhd.  wird  feurin  selten: 

ich  wil  dir  geben  deinen  Ion, 

in  der  bell  die  feurin  kTon.    fastn.  505,34; 

er  rust  ein  fürin  ofen  zu.    Kolrosz  Daniel  H4: 
empireum.  daj  ist  der  feurein  himel.  Megesberg  54;  wänten, 
da;  die  stem  feurein  waem.  71, 13 ;  atlmälich  kommt  nur  feurig 
in  gebrauch 

1)  und  der  engel  des  herrn  erschein  im  in  einer  fewrigen 
flammen  aus  dem  pusch.  2  Mos.  3,  2;.  aus  seinem  munde 
faren  fackeln  und  fewrige  funken  schieszen  heraus.  Hiob 
41,10;  seine  äugen  wie  eine  fewrige  fackel.  Dan.  10,6;  und 
die  thiere  waren  anzusehn,  wie  fewrige  kolen.  die  da  brennen. 
Ez.  1,13;  dürstet  in,  so  trenke  in.  wenn  du  das  thust,  so 
wirstu  fewrige  kolen  auf  sein  heubt  samlen  {goth.  hauija 
funins  rikis  ana  haubij)  is).  Rom.  12,  20 ;  zu  der  zeit  wil  ich 
die  fürsten  Juda  machen  zum  fewrigen  ofen  im  holz  und 
zur  fackeln  im  stro.  Zachar.  12,  6 ;  an  diesem  feurigen  morgen. 
J.  P.  Hesp.  1, 165 ;  die  berge  und  die  inseln  standen  grosz  im 
jungen  feurigen  tage.  Tit.  4, 132. 

2)  und  des  nachts  war  sie  {die  wölke)  fewrig.  2. Vos.  40, 3S; 
und  da  sie  mit  einander  giengen  und  er  redet,  sihe,  da  kam 
ein  fewriger  wagen  mit  fewrigen  rossen.  2it(5n.  2,  U;  da  öfnet 
der  herr  dem  knaben  seine  äugen,  das  er  sehe,  und  sihe  da 
war  der  berg  vol  fewTiger  ros  und  wagen  umb  Elisa  her.  6, 17; 
und  ich  wil,  spricht  der  herr,  eine  fewrige  maur  umbher  sein. 

'  Zachar.  2.5;  ergreifet  den  schilt  des  glaubens,  mit  welchem 
ir  ausleschen  künd   alle  fewrige  pfeile  des  bösewiichts  {goth. 

■  andnimandans  skiidu  galaubeinais ,  |)ammei  magut>  allüs 
arhvaznüs  |)is  unseljins  funiskös  afhvapjan).  Eph.  6, 16 ;  und 
also  sähe  ich  .  .  .  das  sie  hatten  fewrige  und  gele  und 
schwefeliche  panzer.  offenb.  9,17;  lebendig  wurden  diese 
beide  in  den  fewrigen  pfui  geworfen,  der  mit  Schwefel  brande. 
19,20;  so  soll  mich  Beelzebub  vier  und  zwanzigmal  auf  und 
ab  durch  die  ganze  armee  seiner  dienstbaren  geister  feurige 
spiszruthen  laufen  lassen.  H.  L.  Wagxer  Eichen  HumbreclU  62. 

3)  da  sandte  der  herr  fewrige  schlangen  unter  das  volk, 
die  bissen  das  volk,  das  ein  grosz  volk  in  Israel  starb.  4  Mos. 
21,  6 ;  denn  aus  der  wurzel  der  schlangen  wird  eine  basiliske 
komen  und  Ire  frucht  wird  ein  fewriger  fliegender  drache 
sein.  Es.  15, 29.  'der  nuisz  feurig  gehn'  {nach  seinem  lode 
als  feuriger  mann,  irncisch  umgehen)  sagt  man  von  einem  der 
schreiendes  unrecht  Ihut.  bei  Göthe  57,174  drückt  'giengst  du 
feurig!'  diese  verwünscltung  aus. 

4)  und  man  sähe  an  inen  die  zungen  zerteilet,  als  weren 
sie  fewrig.  apostelg.  2,  3 ;  feurige  äugen ; 

bei  diesem  wort  zieht  sie  mit  feurgem  blicke 

aus  ihrem  busen  einen  dolch  hervor.    Uberon  5, 10; 

des  löwen  muth, 

des  hirsches  Schnelligkeit, 

des  Italieners  feurig  blut, 

des  Nordens  daurbarkeit.    Göthk  12,90. 

5)  drauf  den  mächtigen  hain,  den  der  feurige  Romulus  freiort 
nennete,  zeigt  er  im  gebn.  (Romulus  accr).    ^«-h.  S, -H-i: 

den  feurigen  ȟnder  umgaben 
seine  vertrauleren  pharisäer.    Me.^ias  7, 6.Vi; 

jagt  ein  tnipp  feuriger  reiter  die  steig  herab.  Schiller  140'; 
der  feurige  Jüngling  der  sommer.  J.  P.  uns.  löge  l,  41 ;  feuriger 
wein,  ferridum  rinum ;  zu  feurigen  thalen  anspornen;  feurige 
liebe,  feuriges  verlangen. 
FEURIG,  ardenler: 

sine  ougen  vürec  brauten,    paw.  Jf.  224, 45  ; 

feurig  lieben,  feurig  fühlen ; 

feurig,  mit  ungestüm,  sprach  Abdiel,    tiessias  13,510; 

0  wie  feurie  führest  du 

die  verihcicigung  meiner  triebe, 

feurig,  wie  ich  drum  dich  liebe.    Mi:LLKiR  die  tchutä  28. 

FEURISCH,  igneus.  jenem  goth.  funisks  ähnlich  gebildä: 
sei  schlaft  dest  basz  und  furcht  ir  nicht 
vor  leupen  idicb$tali  und  vor  feurtch  gschichi  (feuerfbrunit). 

nn9  22*,  38; 


16U 


FEURZEN— FIBEL 


PIBELBUCII  — FICHTE 


1612 


also  sollen  unser  äugen  aufgctban  werden  in  der  kunst, 
damit  wir  arzneiisch  und  fewrisch  sehen  dasjenige  so  der  hawr 
öffentlich  sieht.  Paracf.lsüs  1,31';  welches  ist  ein  luflisch 
und  fewrisch  gift.  1,353';  also  ist  uns  mit  der  anzündung 
des  feuers  im  liechte  des  feuers,  welches  ist  das  liccht  der 
natur,  vier  eigenschnflen  zu  verstehen,  als  eine  fcurischc, 
eine  luftische  und  eine  ölische,  darinnen  das  Hecht  offen- 
bar ist,  und  eine  wUsserische.  Jag.  Buhne  niysl.  inagn.  s.  80 ; 
das  weibel  ist  aus  dem  miinnel,  als  die  liechts  und  wassers- 
tinctur  aus  der  feurischen,  und  gehören  in  der  natur  in 
^ins.  s.  86;  so  helte  die  feurische  bewegung  müssen  auf- 
hören, s.  194. 

FEURZEN  icie  feurerzen,  fetter  sprüfien,  prickeln  in  den 
händen  empfinden,  bildlicli  zanken.  Schmeller  1,  553. 

FEUSER,  ffi.  cdapa: 

wo  ich  hinein  geh  int  wirtsheuser, 

so  wird  mir  oft  ans  ehr  ein  feuser.    H.  Sachs  FV.  3,62', 

wie  aber  zu  deuten  ?  zunächst  stellt  fausen,  niil  der  ruthe  hauen, 
streichen  bei  Staldeb  1,358.  Schmeiier  1,323  hat  pfausen, 
pfausten,  blasen,  pfauser  ron  einem  sdiwcralhmcnden,  pustenden, 
wozu  sich  bausen  und  bansten  turgcre  1, 1200.  1201  halten  Idszt. 
feuser  kann  sehr  wol  einen  schlag,  der  den  backen  schwellen 
macht,  auf  dem  backen  klalsclU,  ausdrücken. 

FEIJSTEN  für  feisten  sclion  sp.  1466  aus  Garg.  87'  angezogen, 
es  kann  aber  auch  geschrieben  sein  für  fiiuslen  sp.  1382,  wie 
sich  mhd.  viston  und  viustcn  nahe  liegen. 

FELWER,  FEWER,  s.  feuer. 

FEüZEN,  was  feizen  sp.  1474. 

FEX,  s.  fachs  sp.  1225.    feix  1473: 

mit  hexcnfexen,  mit  gespen.sigespinsten. 
kielkröptigen  ztvergcn  steh  ich  gleich  zu  diensten. 
GöTUE  41,72. 

FEXEL,  m.  vialleolus,  spineszling,  wie  man  einen  baum- 
garlen  mit  den  samen  und  fe.xelen  kan  erbawen.  Hemsch 
1089,  45,  der  auch  in  gleicher  bedetUung  die  form  fexer  ==<  fechser 
anführt  {oben  sp.  1225). 

FEXEN,  s.  fechsen. 

FI,  nhd.  pfui,  mhd.  pfi  (sp.  1212),  aber  auch  fi : 

fiä  fiä  fie, 

fi  ir  vertanen  I    Parz.  284,15; 

da  schrei  man  iemer  fiä  fi!    Geo.  154; 
nd.    fi,   nnl.  (ij,   engl,  fie,    fr.  fi  {weder  ü.  noch  sp.),   lat.  phu 
und  pby,   man   hat  auch  PI.  Casina  III.  G,  7  fi  fi  foetet  ange- 
setzt, wo  doch  jetzt  ei  ei  foetet  vorgezogen  wird,     dem  mhd.  pfi, 
fl  (ßeicht  die  form  pfei,  fei: 

fei  teifcl,  spricht  der  morian, 

wan  sein  weih  zaniict.    Weckherli!«  806; 

Stieler  481  stellt  fi  auf:  fi  tcufel !  fi  fi,  wie  slinkels !  die 
kürzung  des  fei  in  fi  mag  durch  das  fr.  fi,  welches  doch  selbst 
aus  unserm  pfi  oder  nl.  fij  stammt,  herbeigeführt  sein,  man  Mit 
fi  für  feiner  und  vornehmer  als  pfui  oder  pfei : 

fl!  herr  gemahl,  es  ist  nicht  zum  ertragen, 

ist  das  auch  eine  Icbunsart 

für  einen  gott,  durch  den  die  ricsen  fielen? 

»0  alt,  so  einen  groszcn  hart, 

und  noch  mit  kleinen  buhen  spielen! 

\ViELA!iD  Juno  und  Ganymcd  396; 

fil  das  wäre  ein  wahres  scandal!  Gotter  3,  401 ;  fi!  es  ekelt 
mir  vor  diesen  fetten  hoffiirtigen  burschen.  L.  Ph.  Hahn  aufr. 
zu  Pisa  24;  du  ein  Senator?  und  so  wenig  herz?  fi,  fi!  89; 
meine  beste  Erncstinc,  du  bist  doch  wieder  heiter?  fi,  weiche 
IrQbe  miene!  Voss  hr.  1,293; 

was  war  das,  fr.iulpin  nichte?  fi!  ihr  werft  euch 

ihm  an  den  kopr.    ihr  sollict  euch  doch,  dacht  Ich, 

mit  eurer  person  ein  wenig  thcurcr  machen.    Schiller  349'. 

die  nnl.  hdufung  des  verwundernden  und  verachtenden  au.'^rufes 
ij  en  fij!  entspricht  dem  nhd.  Iiiii  imd  pfui!,  wie  auch  hui  dem 
hei  begegnet  und  bairisch  ui  für  ei  (Schm.  I,  s).  nd.  dal  is 
niK  i  iin  nig  fi,  verdient  weder  hewunderung  noch  Verachtung 
(br.  tr6.  1,  384).  doch  hol  die  nl.  mundart  neben  lij  das  stärkere 
f'iei,  die  engl,  neben  fie  das  tUrkcre  faugh!  vgl.  pfuidichan, 
nd.  fidikan,  fudikan. 

FIBEL,  f.  abecebuch,  libcr  lUeraruin  elementariarum,  es  ist 
noch  ungefunden ,  wann  und  wo  diese  cntstellung  des  Wortes  hihcl 
für  den  angegebnen  besonderen  stnn  aufkam,  sie  hat  allmälich 
itberall  finqnng  erlangt,  aus  bibel  machte  die  bairisrhe  mundart 
wihel  {wie  au»  habe  wawc,  aus  bar!  wart  und  umgekehrt  aus 
warf  barf,  aus  weih  briw);  wenn  H.  Sac»«  in  feinem  gedicfU 
ffm  hausrat  KhrtiU 


die  bibel  und  ander  bücher  mehr.  1,410% 
ändern  spätere  ausgaben  in  'wibel'  (Göz  1,  32),  wibel  konnte 
leicht  in  Abel  fibergehn.  ähnlich  is/ fibern,  fippern  (Schm.  1,507) 
für  bebern  (1, 1210),  bibern  (1, 1807),  umgedreht  hiach  für  llach 
(2,  58),  ball  für  falz  {vgl.  2.  599).  fibcl  stelU  zuerst  in  den  voca- 
bularien  des  Ihjh.,  namentlich  dem  von  1419  (Schm.  1,507),  von 
1477  (tco  phybel.  MoneG,  216.  Diefenbach  2',  vgl.  25'),  in  einem 
Kölner  glossar  (Mone4,  251)  und  im  voc.  ex  quo  (Moxe8,256). 
Luther  musz  das  wort  gekannt  und  gebraucht  haben  {s.  hernach 
fibelist).  Alberus /la/;  liber  elementarius,  ein  fihcl,  sie  vocant 
Saxones  ein  kleine  bibel,  der  kleine  catcchismus;  da  er  ver- 
schiedentlich in  Niedeideutschland  lebte,  mochte  ilim  das  in  seiner 
heimat  unvernommene  wort  auf/allen ;  auch  Chytraeus  (1597) 
verzeichnet  es,  wogegen  man  ihm  in  oberdeutachcn  wb.  nicht  be- 
gegnet, selbst  bei  Hemsch  nicht.  Stieikr  257  und  Frisch  1,204' 
tragen  es  ein.  der  knabe  lernt  noch  in  der  fibel,  ist  noch 
abcschüler; 

ich  kenn  ihn  seit  der  fibcl 

und  niemals  nahm  ers  übel, 

wenn  ich  ihn  angelacht.    Voss  4,233; 

buchstabiert  in  liebcsfibcln, 

tändelnd  griibelt  nur  am  liebeln, 

müszig  liebelt  fort  im  grübeln, 

doch  dazu  ist  keine  zeit.    Göthk  41,220. 

Dänen  und  Schweden  haben  fibel  ton  tms  entliehen,  Liltauer 
ihr  pibelis,  das  ihnen  von  biblija  abstellt,  wie  unser  fibel  ton 
bibel. 

FIBELBUCH,  n. 

ft-öhlich  tanzen  sie  nun,  wenn  sie  die  kleinen  lehrt, 
auf  den  blättern  des  fibelbuchs.    Overbeck  ged.  91. 

FIBELHAHN,  »j.  in  der  büderßbel.  i.  P.  Fibel  9.  91. 

FIBELIST,  m.  abcschüler:  wollen  sie  {die  heiligen  väter)  uns 
aber  nicht  gnädig  und  barmherzig  sein,  so  müssen  wir  sie 
lassen  engel  sein  und  im  paradies  unter  eitel  bluinen  tanzen, 
als  die  den  glauben  lengest  an  den  schuhen  zurissen  und 
in  irer  himelischen  hciligkeit  keine  anfechtung  weder  vom 
teufel,  fleisch  noch  weit  haben,  wir  aber  uns  im  schlämm 
und  koth  arbeiten  und  sudeln,  als  die  im  glauben  fast  arme 
fibelisten  und  anfahende  schüIer  nicht  können  solche  hübe 
doctores  und  meister  im  glauben  sein.  Luther  t-on  den  con- 
ciliis  und  kirchen.  ]yUlemb.  1539  {Innischer  2,  228).  fiblista 
statt  biblista. 

FIBER,  f.  fibra,  unser  faser  (sp.  1339): 

trübe  stunden  gehn  vorüber 

schnell,  wie  eine  Irüblingsnacnt, 
und  des  lebens  stumpfe  fiber 

wird  durch  sie  nur  scharf  gemacht.    Bi'hmab!»  ged.  45; 
bald,  um  des  berzens  fibcrn  alle 
zur  freud  heranzuziehen,  rauscht 
Christinens  finger  durch  die  saiten 
der  harfe.    GöKncK  1,75; 
mein  buscn  bebte  mir  in  jeder  Aber, 
als  nun  um  mich  dein  blick  in  thronen  schmolz. 

A.  W.  Schlegel  im  musenutm.  1796  s.  112; 
ob  der  hölle  macht  ist  grosz 
und  an  einer  über  bebung 
hangt  die  wonne  wie  der  graus.    Möllsir  die  schuld  131 ; 

herz,  das  ohne  die  fiber  der  leidcnschafl  schlug.  J.  P.  Tit. 
4, 143. 

FIBERN  für  bfljern,  bebern.  s.  rorAin  wnier  Abel.  aiifA 
fippern. 

FIBERNGARN,  n.  fibrnrum  lextura:  fiberngarn  der  slirn 
und  backe.  J.  P.  77/.  3,  82. 

FIBKItNGEWKBE,  n.    Herders  werlic  3,99. 
FICllKLN,    pali'Ure,  hätscheln,  schmeicheln,  streicheln,  dem  cli 
zum  trotz  eine  nd.  form.  Sciiambach  269*.     vgl.  fickeln,  flcbleln. 
FKTILER,  wi.  ;»a//)0,  palpalor,  leisetreter. 
FICHTE,  /.  pinus  abies,  pinus  picea,  trieder  nn  aussrhlieszend 
hd.   wort,  denn  nichts  ähnlidics  findet  steh  nd.  nl.  agf.  fries.  nord. ; 
leider  entgeht  die  goth.  form.     ahd.  f\»\\\i,  feohlA,  fieht.A,  schlechte 
sdireUiung   verrückt   das  ht  in  Ih,  fiulha,  fiellia ;    den  ausdruck 
sichern    zumal   alte   Ortsnamen,    wie   sie  Förstema?«!«  2, 501.  505 
anführt,   dessen    ableitung  ron  (Inhti,   humidus  zu  verwerfen  ist, 
was   schon   die   analogie   der   auch    mit    lannA  getiildeten  namen 
lehrt:    dem    Fiolilpah,    Fiohlchiricbi    xi4r   seile  sielten  Tanpah, 
Tanchirichi.     mhd.  viehic: 

tU  dnK  hüs  in  einen  patas 
vuorti^  di-r  nirt  sini-n  gntt, 
ili'i  drliclnps  rAir»  Kebrail, 
zo  rIncMi  \lnrr  liobirn, 
dnj  imp  von  dürrrn  vicnien 
•r  üf  wu  cnbrtiit.    krönt  ^Wi 


1613 


FICHTE 


FICHTE  —  FICHTENBERG 


1614 


CTÜene  Tiehten  und  erüene   tannen 

in  dürren  weiden  sul  wir  den  mannen 

und  ouch  den  reinen  frouwen  geliehen, 

die  wir  sehen  tugenilichen 

grüenen  bi  den,  die  zübte  und  ^ren 

nibt  ahtent  und  aleine  sich  keren 

an  dirre  dürren  werlte  unstaete, 

diu  selten  grüenet  in  lügende  waete.    Renner  15090; 

ein  erle  schöne  bi  wajjer  st^t  {sp.  !>94), 

in  garten  schöne  ein  viehte  üf  get, 

eichin  loup  ziert  grüenen  walt, 

üf  bergen  ein  tanne  ist  nol  gestalt.    17335; 

gwenne  ein  fuhs  bi;  in  den  tot 

siech  vrirt,  so  büejet  im  die  not 

viebten  zäher,  den  er  slindet 

und  sin  not  gar  überwindet.    19344; 

vulpis  haijt  ain  fuhs.  der  hat  die  art,  weane  e;  im  umb 
daj  leben  gh  von  siechtum,  sam  Ämbrosius  spricht,  so 
suocht  er  ain  viehten  und  ijt  des  harzes,  daj  ab  dem  stam- 
men vleujt,  und  macht  sich  also  gesunt.  Megenceeg  163, 17. 

fiechte  schreibt  Dasvpodics  1>»3'.  327',  füchten  Fbisils  6*, 
1006",  MiiLER  145',  ficht,  feuchte,  füchten  Hexisch  1092,37, 
fichte  Stieler  481  und  su  die  späteren,  vnter  den  idioliken 
feichte  Höfer  1,  204.  3,  255,  feichten,  fiechten  Schneller 
1,  509.  feichte  :  fluchte  könnte  sich  rerhalten,  wie  oft  ei  :  iu. 
bei  Stalder,  Tobler,  Schmid  mangelt  das  tcort,  musz  also  heute 
in  der  Schweiz  und  in  Schwaben  unbekannt  sein,  wie  es  auch 
schon  mhd.  bei  den  dichtem  dieser  gegenden  nicht  begegnet,  im  nhd. 
fichte  ist,  wie  in  licht  und  a.  m.  der  difJäh.  ie  schädlich  verwischt. 

hervorragend  sind  die  Urverwandtschaften,  gr.  bieten  sich  zwei 
ausdrücke  dar,  Ttei^xr,  und  nirts,  die  man  leiclit  einigt:  dem 
jungem  niri'i  scheint  x  vor  r  ausgefallen,  ohne  dasz  dem  älteren 
Tiei'XT]  r  nach  dem  x  geschwunden  zu  sein  braucht,  nixrts 
und  Tisi'XTj  oder  gar  TieiicTTj  fallen  aber  nahe  und  ganz  zu 
fiohtä,  zu  einem  goth.  fiuhtö,  trie  sich  vermuten  liesze.  eine 
insel  unfern  den  Donaumündungen  hiesz  ÜEt-xr;,  doch  wol,  weil 
sie  mit  fichten  bewachsen  war,  und  nach  ihr  ein  mit  den  Bastamen 
sich  berührender  rolkslamm  IIevxivoC,  Peucini,  das  wäre  goth. 
Fiuhleinai,  trenn  man  lieber  will  Fiuheinai.  litauisch  führt  die 
fichte  den  namen  puszis,  f.,  der  sich  genau  mit  einem  goth. 
fiuhi,  fiuhö  ausgliche;  wem  es  hier  golhische  Wörter  zu  rathen 
verwegen  scheint,  setze  dafür  althochdeutsche,  die  schon  sicherer 
sein  mögen,  die  Verbindung  der  Penkinen  mit  Gelen  und  Gothen 
lenkt  aber  das  äuge  eben  dahin,  da  so  viel  Ortsnamen  aus  fichte 
gebildet  sind,  kann  sich  unter  verwandten  stammen  auch  die  be- 
nennung  Fichtelwälder,  Fichlelberger  wiederholt  haben. 

dem  lat.  pinus  gebricht  der  kehltaut,  ihm  wird  also  ein  picnus, 
picinus  vorangegangen  sein,  wie  dem  lumen  ein  lucmen,  dem 
iuna  lucina,  dem  deni  deceni,  dem  Dani  Dacini  (GDS.  192), 
picinus  führt  aber  auf  pix  und  auf  den  grund  des  namens. 
pinus  ist  die  harz  ausschwitzende  picea  und  pix  ist  niaaa, 
nirra,  wofür  man  deutsches  fih,  feh  erwartet  und  ein  unver- 
schobnes,  später  entlehntes  pech  findet,  it.  steht  dem  bäum  picea 
das  harz  pece,  fr.  dem  pesse  die  poi\  zur  seile,  engl,  entsprang 
erst  späterhin  aus  pilch  der  name  pitchlree,  pechbaum  für  fichte. 
bedeutsamer  scheint  das  russ.  pichta,  wurde  es  aus  unserm  fichte 
erborg?     die  übrigen  sl.  sprachen  haben  es  nicht. 

allerdings  kliniß  nun  feucht,  humidus  an  fichte  an,  obschon 
ahd.  fuht,  fiuhti  immer  noch  geschieden  ist  von  fiohtä  und  auch 
bei  Frisils  und  .Maaler  feucht  von  füchtea.  da  aber  auch  in 
feucht  berührung  mit  feuer  gespürt  wurde  (sp.  löSl),  «Jag  selbst 
ein  bezug  zwischen  lichte  und  fohre,  führe,  das  roHiin  in  der 
gestalt  von  feiire  auftrat  (sp.  1609),  sich  geltend  machen  und  einen 
tieferen  blick  in  die  wurzel  beider  Wörter  gestatten,     man  sehe  fohre. 

fichte,  fohre  und  tanne  werden  auch  in  der  anschau  oft  ver- 
wechselt. Mecenberg  sagt  314,  9 :  du  scholt  auch  wij^en,  daj 
die  maistcr  in  der  natur  vörhein  holz  und  viechtein  holz  allej 
tannen  haijent  mit  dem  geniainen  namen  abies,  aber  sie 
sprechent,  da;  diu  recht  tann  under  ica  drein  die  aller- 
edelst  sei,  wan  diu  hat  da;  allerweijist  und  da;  allerlüfligst 
holz,  da;  viechtein  holz  ist  ain  tail  roeter  und  der  viechlen 
pleter  sint  nicht  so  smal  sam  diu  tannenpleter,  aber  vörhein; 
holz  ist  voller  kiens  und  da  macht  man  Hecht  au;,  die  drei 
pauiu  hai;ent  ze  latein  nach  enander  abies  alba,  abies  citrina, 
abies  resinosa.  «nii  339,  2  ron  (fer>iechten:  den  paum  hai;ent 
eticich  piceam,  dar  umb  da;  harz  dar  au;  switzet  . .  .  iedoch 
sprich  ich,  da;  picea  ain  vorch  hai;  und  pinus  ain  viecht 
und  abies  ain  tann.  —  unter  diesen  drei  bäumen  wächst  die 
fichte  am  höchsten,  hat  schmale,  steife,  stechende,  vierseitige  nadeln, 
ihre  zapfen  hängen  nieder,  die  nadeln  der  tanne  sind  zweiseitig 
und  liatt,  ihre  zapfen  aufwärts  stehend,     die  föhre  (kiefer,  kien- 


baum)  erreicht  nicht  die  höhe  und  geradheU  der  fichte  und  tanne, 
ihre  nadeln  sind  länger  und  sprieszen  kreisförmig  an  den  zweigen, 
die  tanne  heiszt  weisztanne,  weil  ihr  holz  weisz,  die  fichte  ruth- 
tanne,  weil  ihr  holz  rüthlich  ist.  jungen  fichten,  die  nicht  dtdd 
äeitn,  schadet  der  sicli  dicii  anhängende  duft,  vgl.  duft  6  und 
duftbruch. 

hoch  wehn  die  schwanken  fichten 

und  stöhnen  seufzerlaut.    Saus  79; 

sie  {Cybele)  spricht:  gebt  mir  den  bäum,   der  ohne  breite 

blätter 

dem  alten  winter  trotzt,  die  immer  grüne  höhte. 

Gleim  fabeln  2  [Berlin  1757)  $.  34. 

ein  altes,  seinem  Ursprung  nach  dunkles  Sprichwort  lautet 
'einen  um,  an,  hinter  die  fichte  führen'  für  belriegen,  fallere, 
Vorstellungen,  die  schon  in  dem  bloszen  anführen,  hintergehen, 
circumducere,  circumvenirc  gelegen  sind,  was  die  fichte  beson- 
ders dabei  zu  schaffen  hat,  müste  uns  erst  eine  volkssage  erklären, 
denken  dürfte  man  an  die  myth.  1153  angeführte  fabel,  wo  aber 
ein  Spindelbaum,  keine  fichte  genannt  ist.  der  mythos  ton  Atys 
und  Kybele  kann  nicht  in  betracht  kommen,  hier  sind  zeuger.. 
denn  der  böse  teufel  kan  auch  gute  wprt  und  mit  schönen 
scheinen  seine  böse  sachen  fürgeben,  wie  er  Eva  das  hälm- 
lein  durch  ihren  mund  zog  und  sie  mit  scheinlichen  und 
gelehrten  worten  umb  die  fichte  führete.  Mathesics  historien 
von  Luther.  1592  (vorher  1570. 1576. 15S0. 15S3)  s.  141*;  «ie  der 
Dalila  lippen,  die  süszer  waren  denn  hönigsam,  den  thewren 
held  Simson  umb  die  fichte  füret.  Mathesics  vom  ehestand 
und  hauswesm.  Nürnberg  1563  G';  so  wolle  nun  auch  der 
könig  den  orden  der  Unkosten  halben  um  die  fichten  führen. 
Schütz  beschr.  von  Pr.  s.  55 ;  umb  die  fichten  geführt,  über  den 
tölpel  geworfen  werden.  He.msch  1092,  49 ;  denn  ja  dises  ein 
artiger  weiberlist  gewesen,  dasz  dieses  weib  ihrem  mann 
verdeckter  weise  anzeigt,  dasz  das  kind  nicht  sein  sei,  und 
ihn  doch  umb  die  fichten  führet,  dasz  er  den  bossen  nicht 
merket.  Sasdrcb  s.  30  (wo  doch  die  fabel  nichts  von  der  fichte  hat)  ; 

wir  wollen  bald  ihn  um  die  fichten  führen, 

wie  keck  und  klug  er  sei-    Filidor  Wittekinden  CT; 

weils  doch  ein  narr  ist  in  der  haut 

und  er  so  gerne  hett  ein  braut, 

so  schadete  es  ihm  gar  nicht, 

das  man  ihn  führte  umb  die  ficht,    herz.  Hkiki.  Jn.  71S; 

damit  wird  er  nu  wol  vexirt 

und  weidlich  umb  die  ficht  geführt.    732; 

die  hofnung  führt  ihn  dort  im  elend  um  die  fichte. 

GL'>'TBKR  570. 

Stieler  4SI,  Frisch  1,  265'  geben  die  redensart  noch  beide,  sie 
lebt  auch  unverstanden  unter  dem  volk  fort,  man  hört  auch :  in 
die  fichten  gehen,  verloren  gefm,  wegkommen. 

FICHTELBERG,  m.  mons  pinifer,  ein  gipfel  des  erzgebirges, 
gebildet  wie  Heidelberg,  kindelbett  u.  s.  tr.  die  ältere  gestalt 
des  namens  ist  in  keinen  urk.  außehaüen.  Scbx.  1,  509. 

FICHTELGEBIRG,  n.  in  Franken. 

FICHTELN,  palpitare,  von  fechten  abgeleitet:  dann  sagst  du 
zu  viel  zu  und  die  natur  mags  nicht  vollbringen,  so  zahlest 
und  fichtlest  dahin,  dahin  du  nicht  kommen  magst.  Paba- 
celscs  chir.  sehr.  s.  1.     vgl.  fuchteln,  aber  auch  ficheln. 

FICHTEN,  ptneus,  ahd.  fiuhtin,  mhd.  viehtin,  lit.  puszinnis : 
viechtein  holz.  Megexberg  314,10;  iedoch  smeckt  der  wein 
pa;  au;  viechteim  inaser.  317,  4 ;  nlid.  zum  pichen  brauchen 
wir  fichten,  kiefern  oder  kinforen  oder  tennen  harz  zu  pech 
gesotten.  Mathesics  52';  fichtene  rinden.  Zechexdorfer  gebr. 
der  ros  2, 19 ;  sechs  packentröge  von  fichtenem  holze.  Gry- 
PBics  1,835;  fichtenes  laub.  Lohexsteix  Arm.  2,749;  auch 
werden  hier  die  dauben  zu  fichtenen  fässern  gejchuillen. 
Göthe  16,  232 ; 

erst  den  fichtenen  mast  in  die  mittlere  böhlung  des  bodens 
stellten  sie  hoch  aufrichtend  und  banden  ihn  unten  mit  seilen. 

Od.  15,2SS. 

FICHTENAPFEL,  m.  strobilus,  fichtenzapfe. 
FICHTE.NAST,  m.  ramus  pini: 

doch  als  er  etwas  zu  sich  selbst  gekommen, 

fällt  er  mit  einem  flcbtenast  ihn  an.    Gkies  Bojardo  1, 1, 48. 

FICHTENBAUM,  m. 

drängt  euch  um  mich  her,  ihr  fichtenbäume, 

hüllt  mich  ein,  wie  eine  tiefe  grufti    Tiedge  elegiecn  1,73; 

ein  flchtenbaum  steht  einsam 

im  norden  auf  kahler  höh.    ühim,  ged.  137. 

FICHTENBERG,  m.   mons  pinifer:     auf  dem   rücken    von 
schwarzen  fichtenbergen.  Gütbe  ...; 
als  plötzlich  überm  flcbtenberg 
der  mond  vollwaugig  strahlte.    Eosegaitii«  br.  od.  2, 169. 


1 615    FICHTENBEKRÄNZT— FICHTENSCHWÄRMER 

FICHTE.NBEKP.ÄNZT,  pmfer : 
fichtenbekräim  hat  ihn,  der  in  einsamer  grölte  gesireclit  lag, 
Manalus,  ihn  auch  beweint  das  geklipp  des  kalten  Lycäus. 
Virgils  idyltcit  lU,  14. 

FICHTENBEWACHSEN,  nevxr;eis, 

Lynkeus  jetzo  bemerkt  ein  flchlenbewachsenes  eiland 
mit  fernschaueiidcm  blick.    Orpheus  Aiij.  IISS. 

FirilTENBOHREH,  m.  dermesics  jiiniperda. 

FICHTENEULE,  f.  j^halaenapini.  licliU-nspinner,lannensptnner. 

FICHTENFINK,  m.  fringüla  piiidurum. 

FICHTENGEHÖLZ,  n.  pinelum,  alid.  fiohtahi. 

FICHTENGIPFEL,  m.  cacumen  jnni: 
dort  lephTrs  leichten  hauch,  der  mit  den  blättern  spielt, 
in  üchtengipfeln  rauscht  und  ihren  schatten  kühlt. 

Di'scu  verm.  tcerke  309. 

FICHTENGLUCKE,  f.  was  flchteneule. 
FiCHTENGRÜN,  n.  viretum  pinorum: 

0  kühle  State  schattendüfte 

im  lichtengrün, 
wo  frische  rege  sommerlüfte 

den  hain  durchziehn! 

Fried.  Brun  im  mus.  atm.  1796  s.  182. 

FICHTENHACKER,  «».  loxia  enuclealor,  kirschfinL 
FICHTENHAIN,  m.  pinHum. 
FICHTENHARZ,  n.  resina  pinea. 
FICHTENHALPT,  n.  cacumen,  captU  pint: 

immer  geschüttelt  Tom  stürm  und  von  hagelgestöbei  zersrciRcIt 
ist  sein   (da  Alias)  lichtenhaupt  mit  schwnrzeg   woikiMi  um- 
schleiert.    Uühger  24b*. 

FICHTENHAUS,  n.  domus  jnnea,  setzen  die  dicIUer  des  17  jh. 
für  schif: 

das  schwache  Oecbtenhaus,  verworfen  von  den  winden, 

ein  pall  des  uneelücks, 

erwartet  des  gesrhicks, 

bei  Steuer,  segel,  mast  ist  schlechter  trost  zu  fimien. 

IIÄrsoörfkrs  sonn/»f;.'ian(/ac/ifen.  Nünib.  lt>49.  l.üli; 
Neptun  ist  sinnenlos.    er  wirfet  in  die  luft 
das  schwache  (ichtenhaus,  bald  wieder  in  die  gruft, 
wo  Kadamantus  wohnt.    Racuelii  tat.  ged.  Fraiikf.  1664  i.  7; 
Tiphys,  du  wärst  nicht  bekant, 
wenn  das  meer  nicht  hätte  wellen, 
die  das  Uchtenhaus  umschwellen. 

Kjiittels  poet.  sinnenfr.  1677.  s.  29. 

FICHTENHÖHE,  f.  fichtenbewachsne: 

entlegnes  tbal,  von  ficbtenhöbn  begrenzt.    Saus  146. 

FICHTENHOLZ,  n.  lignum  pineum. 
FICHTENHOLZTUTE,  f.  conus  ßgulinus. 
FICHTENKAFER,  m.  dermesles,  ßchtenbvhrer. 
FICHTENKRANZ,  m.  corvna  pinea: 

nicht  des  felsen  stirn  im  fichtenkranze, 

die  sich  rauschend  in  die  wölken  hebt.    Rörger  98*. 

FICHTENKREBS,  m.  dermestes  lypoyraphus,  ßcktenbohrer. 
FICHTENLAÜB,  n.  frons  pinea: 

das  firhtenlaub,  der  eppichstrauch 

umschatten  seinen  köpf  und  bauch.    Hagedorn  3, 129. 

FICHTENLÄIIFER,  m.  certhia,  baumläufer. 
FICHTENLAFS,  f.  a}>his  pini. 
FICHTENMARDER,  ««.  mufU-la  murlrs. 
FICHTENMOTTE.  f.  phnlaena  pini,  ficldenenle. 
FICHTEN  NADEL,  f.  foliuni  jiini  subitlaliun. 
FICHTENNADELRAD,  n. 
FKTITENNUSZ,  f.  nux  pini,  ficlitenapfel. 
FI(;HTEN()L,  n.  oleum  resinae  pini. 

FICHTENPFLANZI'NG.  f.   planlalio  pinorum,   mit  angesäten 
oder  iiesilzlen  ficliten  bewachsne  bodenfläche. 
FICHTENRAUPE,  f.  eruca  pini. 
FICHTEN  RINDE,  f.  mHcx  pineus. 
I  ICHTENRISSELKÄFER,  «i.  curculio  pini. 
rUHTKNSANGER,  m.  certhia  pini. 
FICHTENSAI  GER,  m.  was  flchtciispargcl. 
FICHTENSCHLAG,  m.  regio  jiinorum  caedendarum: 

lieber  lind,  aU  seine  (dm  kiinfiiinrhi)  marmorbiiHlen, 

grabmal,  grott  und  ntaheiit<<eli  dach, 

mir  die  lannenhiihi-r,  die  hier  nisten 

und  die  reh  im  stillen  lichlenschlag.    Schmiut  von  Wkrn,  226. 

HCHTENSCHÜNUNG,  f.  eingeliegte  fichtenpßanzung : 

durch  fold  und  wald  heult  kalter  wind, 
und  in  der  llchtenKrhonung  hind 
vcrklanirat  diu  jungen  huven.    t.  72. 

FICIITENSCHWÄRMER,  m.  i/Vimx  pini. 


FICHTENSPAN— FICKE 


1616 


FICHTENSPAN,  m.  segmen  pineum: 

und  ^ihst  für  lorper  hin  geiszkot, 

und  fichtenspeu  (\ir  zimetnrinden.    fasln.  478,5. 

FICHTENSPANNER,  m.  phalaena  piceana. 
FICHTENSPARGEL,   f.     monolropa    hypopilys ,    eine   kleint 
schtnarotzerppanzr  auf  ftchlen.  . 

FICHTENSPINNER,  wi.  phalaena  pint.  ' 

FICHTENSTAMM,  m.  slijies  pini: 

nehmet  holz  vom  fichtenstamme, 

doch  recht  trocken  laszt  es  sein, 

dasz  die  eingeprcszte  Ramme 

schlage  zu  dem  schwaich  hin.    Schillu  77S 

FICHTENSTARR,  rigens  pinubus: 

in  der  gewölke  schwarzem  kissen  ruht 
sein  lichtenstarres  baupt.    Scbillkr  40'. 

FICHTENTANNE,  f.  pinus  Mes,  sclion  Lonicer  scheidH  ficht- 
dana  von  dem  ilecbtenbaum ;  spitzige  fichttannen.  weish, 
luslg.  68. 

FICHTENTHAL,  n.  vallis  pinubus  consita.  Göthe  16,  231. 
FICHTENWALD,  m.  pinelum,  fiechlenwald.  Dasypod.  327'; 
versteckten  sich  in  ein  fiechlenwald.  Aimon  m3*;  versteckten 
sich,  auf  das  gnawest  sie  vermochten,  in  einen  fiechtenwald 
r3';  abwechselnde  berge,  alte  fichtenwälder    Göthe  16,243- 
und  von  ihrer  äxte  schlagen 
krachend  stürzt  der  lichtenwald.    Schilur  56'; 
es  schallten  muntre  lieder 
hell  durch  den  lichtenwald.    Chahisso  169. 

FICHTENWÄLDCHEN,  n. 

FICHTENWANDLER,  »i.  fichlenmmie,  deren  raupen  ganu 
ficlilenu'dlder  überziehen. 

FICHTENWANZE,  f.  cimex  pim. 

FICHTENWICKLER,  plialaena  piceana. 

FICHTENWURM,  m.  pinorum  eruca.  Lonicerds  34S';  flchten- 
runpen  oder  wiirmlein  liraucht  man  auch  wie  goltkefer,  dörret 
sie  ...  und  seind  die  fichtenwürin  den  nachtigallen  ein  an- 
geneme  speis.  149". 

FICHTENZAPFE,  m.  slrobilus  pini,  wie  tannenzapfe. 

FICHTZIRNE,  FICHTZIRNENBAUM,  pinus  cembra.  aller 
weish.  luslg.  615.  617.     s.  zirbeL 

FICK,  m.  tritus,  friclus,  idus,  das  reiben,  hin  und  her  rutschen, 
filzen  mit  der  riithc: 

'du  böses  stück, 
flck  tick  flck  fick!' 
'ach  das  thut  weh'.    MusÄu«  kinderkt.  16, 

wenn  man  niclU  in  diesem  fick  einen  imperativ  sehen  will,  obseoene, 
fulutio.  fick,  die  fäulung  am  hufe  des  rindviehes,  reibung?  oder 
ein  andres  wort? 

FICKCHEN,  n.  loculus,  beuleichen,  säckchen: 
da  hab  ich  noch  ein  stückgen 
lim  fickgen.    Joh.  Fr.  Rotiixann  tust,  poele  1711  t.  193. 

FICKE,  /.  was  fick.  .Stieler  1962  hat  ficke,  klappe,  eaesio, 
wo  ohrfeige  {sp.  1412)  anklingt. 

FICKE,  f.  crumena,  loculus,  lasche,  sdcklein,  mlal.  ficacium 
(Ducange  3,  278').  noch  niciU  bei  Henisch,  zuerst  bei  Schotteliüs 
1350  fikke  und  Stiei.er  4S2  ticke,  sät  der  zweiten  halfle  des 
17  }h.  bei  den  scbriflstellein  {kaum  oberdeutschen)  häufig  genug 
nicht  nnl.,  aber  nd.  (Schamrach  269'),  scltw.  ficka,  ddn.  fikke 
begegnete  es  früher,  so  liesze  es  sich  zu  ags.  pocca,  poba,  engl 
poucb,  pocket,  fr.  poche,  isl.  poki  {vgl.  posi,  schw.  pase,  dan 
posc)  hallen,  die  simllicii  pera  ausdrücken,  aus  licken  reiben, 
insofern  man  durch  häufiges  eingreifen,  einschieben  die  lösche 
riebe,  ist  es  kaum  entsprungen;  eher  darf  an  fach,  Schubfach 
{sp.  1221,  9)  gedacht  weiden,  s.  hernach  lickfack. 

einen  in  die  ficke  {den  sack)  stecken  kiinncn  (ihm  überlegen 
sein).  Sah.  Müller  üiron.  von  Sangahausen  s.  200;  den  kindern 
dienet  nicht,  wann  sie  noch  jung  sind,  dasz  sie  die  firketi 
oder  scbiebsäckc  immer  voll  geld  haben.  Scrivkh  seclenscK 
1, 327 ;  bald  zöge  er  einen  puffer  aus  der  licke.  Weise  trin.  204 , 
zog  Stolbio  eine  neue  comödien  aus  der  licken  dicselbige 
abzusrhreiben.  jmjL  stockf.  91 ;  seines  briefc»  in  der  fickeu 
vcrgasz  er  gänzlich.  118;  nähme  der  schalzkriimerin  vor  dem 
8chlos»c  all  ihr  geld  aus  der  ficke.  Jucundiss.  S9;  er  8elb>i 
zöge  eine  halbe  knackwnrst  aus  der  ficke  hervor.  12S;  zöge 
unter  wahrender  nrbeil  ein  dn'lglgeiglein  hervor  au»  der  firke. 
158;  er  stecket  da»  geld  in  seine  ficke,  ;>rrHfM(im  ingen: 
suis.  Stieler  482;  einem  die  ficke  lausen,  emuni/ere 
argento ;  wenn  der  Schneider  sein  bügeleisen  nicht  iii  mr 
flcke   hat.   Felscnb.  2, 432 ;    weswegen  denn  meine  «cbwesler 


1617 


FICKE  — FICKEN 


FICKEN— FICKFACK 


1618 


einen  holländischen  gülden  aus  der  ficke  zohe.  3,7;  unter 
der  zeit  aber  hätte  sie  eine  bleifedcr  aus  der  ficke  gezogen 
und  einige  zeilen  auf  ein  biättchen  papier  geschrieben,  irrg. 
d.  l.  13 ;  mittlerweile  zog  Thalberg  zwei  venetianische  dukaten 
aus  seiner  ficke  und  druckte  sie  dem  allen  in  die  band. 
143 ;  so  schüttete  ich  den  toback  in  meine  beiden  westenflcken. 
Lcipz.   arant.   1.  42; 

er  grir  wol  zehnmal  in  die  fleken 

und  guclite  nach  der  taschenuhr.    Gömtber  166; 

und  wenn  ich  ohugefchr  ein  maul  voll  götter  fieng, 

so  rast  ich  voller  hist,  und  zog  bei  solchem  glücke 

auf  zwei  quart  Milius  zwöir  groschen  aus  der  ficke.    376; 

lerreiszt  die  misgunst  ihr  id.  i.  fielt)  hierüber  gleich  die  ficke, 

so  bleibet  dennoch  nicht  mit  seiner  pflicht  lurücke.    415; 

die    ficken  musten  voller  band,    das  maul  voll  zimmt  und 

Zucker  stecken.    430; 

gleich  hatt  ich  ä^rel  in  den  ficken, 

husch !  zog  ich  einen  apfel  vor, 

puf  hatt  er  einen  an  das  ohr 

und  wieder  einen  aul  dem  rücken.    Weiszb  kom.  op.  3,6; 

so  lag  das  heil  da  grosz  und  breit, 

und  er  steckts  in  die  ficken.    Clauoics  7,64; 

Ich  hatte  zwar  noch  ein  endchen  taback  in  der  ficke.  Wieland 
15,  129;  mein  dukaten  rcisegcld  war  schon  dünn  wie  ein 
laub  worden,  sonst  hatt  ich  keinen  heller  in  der  ficke.  der 
a.  m.  im  Tockenb.  156;  ich  hab  meines  Suschens  ficke  durch- 
sucht. Le>z  1,156;  ob  die  band,  die  ich  fühle,  mir  etwas 
in  den  hut  werfen  oder  aus  der  ficke  ziehen  will.  LicBTErr- 
BEBG  3,108;  nu,  ihr  leute,  meine  bulle  (flasche)  ist  leer,  und 
meine  ficke  auch.  Gotter  der  Jahrmarkt  6; 

trill  Weihnacht  wieder  einmal  in  das  land, 
danu  strotzt  von  geld  mir  die  ficke. 

Yuss  mus.  alm.  179S  s.  199; 

du  aber  brennst 
ihm  überm  köpf  das  haus  zusammen,  während  er 
das  schreiben  trägt  in  seiner  ficke  heiligthum.    Plate^i  301^ 

das  wort  kiingt  uns  heute  gemein  und  kann  nur  in  nachlässigem, 
konmchen^  slil  gellen.     Gütde  und  Schiller  haben  es  nie  getelzt. 

FICREISEN ,   n.    cauterium,   brenneisen.     Blaxcardi   lexicon 
medicum  137. 

FICREL,  n.  porcellus.  Stieler  4S2.  Frisch  1,  265*,  brem.  ab. 
1,3S6,  mit  ausgestosznem  r  für  ferkel,  bair.  fackel,  5p.  1227. 1531. 

FICKEL,  membrum  virile.  Frisch  1,  265*. 

FICRELER,  m.  ein  altes  spiel,  dessen  nähere  beschrcibung  ent- 
geht: vickeier,  sirumpis,  est  ludus  cum  quo  pueiie  solent 
ludere  subtractis  pedibus.  toc.  1452  kk5*,  uelche  stelle  schon 
tun  Frisch  1,  265*  und  neuerdings  ron  Diefenbach  538*  ange- 
führt wurde.  Frisch  setzt  si  rumpis,  es  scheint  eher  ein  ent- 
stelltes gr.  oder  hebr.  icort.  Altswebt  nennt  unter  den  spielen 
'zwei  spilten  über  füejelin' 
'zwei  spilten  bein  über  beia' 

und  Fischart  Garg.  174*  den  jungfrauwurf  diu'ch  die  bein. 
s.  hernach  Reisersbergs  ficken  an  den  füszen. 

FICRELFACREL,  subito,  im  handttmdrehen,  scheint  nur  ver- 
kleinertes fickfack :  du  solltest  dich  schämen,  dasz  du  sogleich 
fickelfackel  mit  ihrem  bösen  leumund  fertig  bist.  Lenz  1, 110. 
FICRELN,  rJr^ts  leriter  perculeic.  Stieleb  4SI ,  gemildertes 
ficken.  es  steht  aber  auch  für  fiedeln,  geigen  (Schm.  1, 510), 
überhaupt  für  hin  und  her  fahren,  mit  einem  stumpfen  messer 
fickeln,  der  degen  fickelt  das  futtertuch  entzwei.  Reinwald 
1,  32,  so  dasz  es  sich  mit  fackeln  (sp.  122S)  und  fuckeln  berührt, 
Stalder  1,  368  figgelen  vom  hahn,  der  die  henne  tritt. 

FICRELSCHER,  m.  beutelschneider,  schon  Renner  1736,  vo 
yikelscherre,  ron  scherren  rädere,  tcas  sich  leicht  in  vickelscher, 
ron  schem  tondere  ändert,  nach  dem  heutigen  namen  Fickenscber. 
FICKEN,  fricare,  ein  tiort,  dessen  ahd.  und  mhd.  keine  spur 
erscheint,  sie  taucht  aber  in  der  mundart  eines  Stücks  von  Karl- 
meinet auf: 

we  bei  mit  sime  helme 

geink  ficken  in  dem  melme.    79,44; 

den  schilt  hei  vur  sich  druckede, 

mit  sporen  hei  do  vickede 

dat  rabij  {mhd.  ravit).    119,51, 

vo  Bartsch  s.  342  dem  reim  gemäsi  ruckede  lesen  u-ill,  bei 
ficken  in  dem  melme  liesze  sich  freilich  an  fr.  ficher,  mhd. 
fischieren  denken,  so  dasz  in  beiden  belegen  noch  unsicherlieit 
obvallH.  deutlicher  sind  nhd.  stellen:  zum  vierden  wirstu  sehen 
rechte  und  billiche  baltung  seiner  gelider,  so  er  steet,  das 
er  nil  fick  {scharre,  kratze)  an  den  füszen,  so  er  sitzt,  das 
er  nit  auf  den  eilenbogen  lige,  und  so  er  ligt,  das  er  seine 
gelider  ürdonlich  haltet,  so  er  redt,  das  er  nit  mit  den 
füszen  tritt  oder  mit  der  band  umb  sich  Schlacht.  Keisebs- 
lU. 


BERG  schif  der  pen.  30*;  in  den  nOwen  schuen  gel  man  gar 
übel,  sie  zerficken  einem  die  füsz.  bilger  90*;  welcher  wil 
über  feld  gon,  der  sol  lügen,  das  er  die  schu  vor  acht  tagen 
oder  lenger  hab  getragen,  denn  ist  gut  darin  gon,  sonst 
ficken  sie  im  blotern  {reiben  blättern,  blasen).  93*;  indem  sie 
sich  bewegen,  mit  den  hufen  der  füesze  daran  reiben  und 
ficken.  Uffenbach  1, 169 ;  dies  pulfer  heilt  die  geschwär,  item 
wo  einen  die  schuch  geficket.  Forer  52";  schaden  aus  ficken 
und  reiben  empfangen.  Wirscng  298.  aus  den  glossaren  ergibt 
sich:  ficken  fricare,  wider  aufficken  refricare,  hinein  ficken 
infricare,  wol  ficken  perfricare,  zumal  ficken,  confricare.  Dasy- 
poDics  327';  fricare,  kratzen,  riben,  jucken,  ficken.  Frisics 
585*;  perfricare  vast  ficken.  979*;  ficken,  vast  ficken,  fricare, 
defricare.  Maaler  135*  und  danach  Hemscu  1093 ;  figgen,  fieggen, 
reiben,  hin  und  Iter  rutschen.  Stalder  1,  36S ;  fegga,  figga,  riba. 
Tobleb  179*;  dhosa  feggid  mi,  dasz  i  of  {auf,  ofne  haut, 
wunde  haut)  öbcrchomm;  an  etwas  ficken,  figken,  reiben,  ein 
thier  mit  der  ruthe,  peitsche  ficken,  t/im  einen  kurzen  sträch 
versetzen,  mit  den  äugen  ficken,  rfie  augeulider  schnell  auf  und 
ab  bewegen  {zwicken,  zuinkcn,  zwinkern).  Scomeller  1,  510;  auf 
dem  stuhl  herum  ficken,  hin  und  her  fahren,  das  kleid  ver- 
ficken,  abwetzen,  sich  am  fusz,  an  der  band  aufficken,  auf- 
reiben. Höfer  1,  214 ; 

lieb  mich  nicht  anders  wie  ich  dich, 

wenn  ich  dich  kreb,  so  fick  du  mich.    Etring  2,107, 

ein  dienst  ist  des  andern  werth,  wenn  ich  dich  kraue  (krieble),  so 
sollst  du  mich  kratzen,  die  allgemein  bestehende  obscene  bedeu- 
tung  ron  ficken  futuere  bezeugt  schon  Mich.  Lindeners  rast- 
bücJdein  1558  a7.  auch  engi.  fuck  (tn  den  «bb.  meist  ausge- 
lassen),    vgl.  fiedeln. 

Kaum  zu  glauben  ist,  dasz  ein  in  den  letzten  drei  oder  vier 
Jahrhunderten  feststellender  und  in  das  volk  gedrtingner  ausdruck 
früher  sollte  ungekannt  geu-esen  sein,  wenn  auch  das  zeugnis  aus 
Karlmeinet  bestritten  werden  kann,  von  fricare,  mit  getilgtetn  r, 
irird  man  ficken  nicht  lierlcUen,  auch  nicht  ron  figere,  it.  ficcare, 
fr.  ficher,  beidemal  gebräche  laulverschiebung.  die  sich  darböte, 
wenn  man  auf  piccare,  piquer  zuruckgienge,  weil  der  Vorstel- 
lung des  siecliens,  doszens  die  des  reibens  naite  liegt,  noch 
bessir  denkt  man  aber  an  fegen,  schön  reiben  (.<p.  1412),  das 
auch  hin  und  her  fahren,  wischen  bedeutet  und  an  fahen  ge- 
mahnt, gleich  dem  folgenden  fickfack,  vgl.  ficke,  ohrfeige,  ohr- 
fege, wobei  auch  Toblers  fegga  für  figga  zu  erwägen  ist.  hier 
sei  noch  das  engl,  fidge  und  fidget  erwähnt,  welche  sich  zu  ficken, 
wie  edge  zu  ecke,  bridge  3u  brücke  verhalten,  selbst  fechten 
scheint  anzurühren:  das  figget  mich  nicht,  was  figget  dich 
das?  Stalder  1,368;  das  fickt  mich  an.  Scn«.  1,510  statt 
ficht,  irie  Maaler  135*  schreibt:  die  liebe  ficht  mich  an,  appetit 
me  amor.     vgl.  falschen,  filschen,  futschen  und  fitzen. 

FICRENFAUL,  ararus,  der  ungern  seinen  beulet  ziM:  ich 
habe  viel,  viel  geld,  mein  vater  liesz  mir  solch  zeug  genug 
und  ich  bin  auch  nicht  fickenfaul.  Weisze  lustsp.  3.  231. 

FICRENUHR.  f.  horologium  portaiile,  tasdienukr,  sackuhr. 

FICRENLHRCHEN,  n.  - 

denn  wenn  ich  habe  drei  bälmer  strob, 

so  färb  ich  sie  bunt,  bald  so,  bald  so, 

das  gibt  mir  ein  büchscheo  zum  fickenübrchen. 

so  macbeus  auch  unsre  berrn  sludierchen. 

Christ.  Heinr.  Scuhid  anihologie  1,220. 
FICRER,  m.  ictus  virgae  levis,  fitz.  Hüfer  1,  214.  Castelli  12S. 
FICRERLATZ,  gleich  den  folgenden  ausruf  der  Verwunderung. 
ficker  ioU  hier  überall  das  heilige  saker  veiiiuUen: 
botz  tausend  fickerlatz.    Hallsann  Adonis  49. 
FICKERLOT,  ifie  sackerlot,  sapperlot:  husch!  wer  kömmt? 
fickerlolh!   die   gnädige  frau  und  fräulein  Malchen!    Weisze 
kinderfreund  S,  102 ;   fickerlot !   da  möchte  sich  einer  krumm 
und  lahm  ärgern.  Gotter  der  Jahrmarkt  85. 

FICRERMENT,  sackerment,  sapperment:  dasz  dich  der  hagel 
erschlag!  lebstu  auch  noch,  bruder?  potz  fickerment,  wie 
führt  uns  der  teufel  hier  zusammen?  Simfi.  K.  153;  ficker- 
ment, wenn  ich  so  ein  buhn  hätte,  ich  schlüge  den  hahn 
maustod  und  träte  es  selbst,  ped.  scJtulfuchs  82.  s.  fickramenl. 
FICRESTIEL,  m.  eine  wählerische,  schwer  zufrieden  zu  stellende, 
an  allem  eine  schwache  seile  entdeckende  weihsperson.  Alb.  tom 
RCtte  s.  23. 

FICRFACK,  tn.  iäus  virgae,  was  das  anfache  fick.     die  ver- 
dojtplung   ist   merkwürdig   und   an   fahan  faifah  erinnernd,   wie 
faifalter,   fifulter   an    falt)an  faifuld,   obschon  echte  redujtlication 
nur  den  anlaut,  nicht  den  auslaut  der  würzet  vorausschickt ;  nach 
dem  der  alte  trieb  in  der  conjugttion  längst  eilosch,  bricht  c 

102 


1619 


FICKFACKEN  — FIDEL 


FIDERTSCHE  — FIEBER 


1620 


noch  hin  und  icieder  auf  andern  veiini  im  nomen  herror.  ähnlich 
sind  klingklang,  mickmack,  niischniascb,  schnicksciinack, 
licklark,  kitzkatz,  ripsraps,  Wirrwarr  u.  a.  m.,  in  denen  die 
sin-ache  gern  mit  dem  laut  sineU.  wir  salicn  in  licke  bezufi  auf 
fach,  dürfen  also  auch  fickfack  und  fitklackcn  viil  fackcn  oder 
recken  verbinden,  nieister  fickfack  lieiazl  der  ltdscher  und  henker, 
welcher  mit  der  rullie  streicht,  und  die  steupe,  der  rulhenschlag 
selbst  wird  fickfack  genannt: 

dick  (lack, 

lick  fack, 

band  uuii  eisen, 

landverweisen, 

stadtrecht  liegen, 

auf  die  stiru  den  galgcn  pregcn. 

lii'ii  von  lH(i4  bei  Hiluebrand  .«.  40'2; 
der  kleine  wird  dir  mit  der  nithe  einen  gulcii  fickfack  gehen. 
pol.  feuerviüuerk.  cap.  l ;  sie  mnste  also  diesen  tapfern  fickfack 
einnehmen.  Melissls  Saliude  232.  gleiciwiel  ist  fitzfatz.  wol- 
laulende,  kräßige  irörler,  die  auch  in  der  abslraclion  heule  mehr 
gemieden  als  gebraucht  werden. 

FICKFACKEN,  virgis  caedere,  sieupen,  ficken:  steckte  ihr 
das  Schnupftuch  ins  maul  und  hielt  sie  so  lang,  bis  dasz 
Halso,  nach  vorhergegangner  aufhebung  des  rocks,  das  kalte 
Heisch  tapfer  abgefickfacket.  Salinde2Tl.  da  auch  ein  gaukler 
wü  der  ruihe  aufscJddgl,  nimmt  fickfacken  den  sinn  von  fallere, 
decipere,  teuschen  an.  s.  fickclfackei.  das  nnl.  fikfakken  be- 
deuM  aber  etile,  nichlige  dinge  treiben. 

FICKFACKER,  m.  deceplor,  fallaciarum  auctor,  teusclier,  be- 
irieger,  mnl.  vikvacker.  hör.  belg.  7,36': 

drauT  machte  Jacob  sich  ans  thor: 
'msrsch.  packe  dich  zum  teufel!" 
'«■.i«:'  schrie  trau  Schnips  ihm  Inut  ins  ohr, 
'fickfackerl  ich  zum  teulel?"    BiJRCER  -Ib'. 

FICKFACKEKEI,  f.  /raus,  fallacia,  nugae.  man  sagt  auch 
sdiuedw'Ch  fickfack  nicht  im  sinn  von  rulhenschlag,  sondern  von 
betrug,  nnl.  fikfakkerij,  unnfdze  geschäfligkeit. 

FICKFACKERIN,  f  ränkemaclierin :  ich  habe  aber  einige 
zeit  nach  meinem  hinwegreisen  vernommen,  dasz  die  frau 
fickfackerin,  nach  ihrer  eingebildeten  Weisheit,  ihren  christ- 
lichen mann  endlich  beredet,  aus  gewissen  slaafsursachen 
solches  Verlöbnis  zu  widerrufen  und  die  tochler  an  einen 
andern,  eben  nicht  so  gar  angenehmen  mann  zu  verheiraten. 
Fel>enb.  2,  an ;  wirlh:  frau  gevallerin.  sie  ist  ganz  auszer  öden 
(iilhrmi!  was  gibts?  Liese:  die  verwünschte  französische 
fickfackerin.  .  .  .  wirlh:  nun?  Lie.te:  sie  hat  dem  haushof- 
nieisier  einen  proces  an  den  hals  geworfen.  Gotteb  die  dorf- 
gala  S3. 

FICKLER,  m.  begegnet  als  eigenname,  vgl.  cdid.  Ficcho  (Förste- 
»(.\NN   1.4o.i).     s.  fickeler  und  fickelscher. 

FIChML'L,  /.  ludus,  qui  singulis  tructibus  ternariuin  claudendo 
vincil.  eine  fickmiil  haben,  spe  duplici  uli,  vom  hin  und  her 
schieben,  ficken  der  steine:  uf  dieselbig  frog  antwortet  er  im 
niit  anders  denn  sie  glaubt  als  ich  glaub,  und  ab  diser 
fickmiilen  liesz  er  sich  den  vigend  nit  triben.  Keisersuliig 
seleniar.  lOl'; 

niet  ich  mich  einr,  so  lasz  ichs  wandern 

und  hall  mich  darnach  zu  einr  andern, 

so  hab  ich  ein  gute  llckmül, 

darmit  ich  wol  mein  kerz  (herz?)  erkül.    H.  Sachs  1,305'. 

wMI  dise  fickmüle  (es  slehl  fückbmiille)  für  mein  glück  hallen. 
Kbafts  reisen  s.  413;  indem  er  (herzog  Bernharl)  am  Hhein, 
wie  auf  einer  fickmül  zu  spielen  wustc.  Simpl.  Springinsf 
1,16;  inzwischen  hatte  er  doch  neider  wegen  dieser  guten 
fickmüle  genug.  Melissus  Salinde  71;  figge  und  müle  haben, 
gewonnen  spiel  haben.  Alb.  vo.n  Rotte  23.  Fischart  führt  fick- 
mül unter  den  spielen  n*  16  auf  und  die  facel.  faccliar.  428 
nennen  es  ein  unzüchtiges  spiel,  später  wurde  für  fickmül  gesagt 
zwickmül. 

FICKMÜLE.N,  als  verbum:  ich  flieh  auch  noch  nicht,  dan 
ich  kan  fickmiilen  und  rucken  von  einem  lager  ins  ander, 
ex  hoc  in  hoc.   Garg.  102*. 

FICKRA.MENT,  was  fickerment,  gebildet  wie  Sakrament:  potz 
fickrament,  jetzt  sehet,  frau,  was  vor  ein  geist  in  unserin 
haus  gehet !  Simpl.  Vogelnest  2,  9.  in  Scuwabes  tintenfäszl  steht 
auch  dfler  fickremech,  tausend  fickremecb,  potz  tau.send  fickre- 
mech  wie  safremech  für  fickerment,  sackerment. 

FIDEL,  f  violina,  s.  fiedel. 

FIDEL,  aus  der  Studentensprache:  ein  fldiler  kerl ;  zwei 
muntre  fld^ie  mädel.  Fr.  Mi^LiEii  2,  .S7;  halt!  war  das  nicht 
die  melodie  vom  reknitenliede?  das  kßnnt  ich  just  brauchen, 
um  meinen  mann  fidel  zu  machen.  Gotte*  der  Jahrmarkt  4ü. 


FIDERTSCHE,  f.  ranunculus  platanifoHus,  sonst  hahnenfusi. 
doch  Ulli  von  feder,  gefiedert?     vgl.  fieberkiaut. 

Fli'IRU.S,  «/.  chartuia  causticd  tubaco  succendendo,  nach  einem 
fr.  fil  de  bois,  Zündholz,  zündfaden,  schwefelholz?  hildesh. 
filibus,  cdfer  nie  ron  lulz  und  faden,  nur  von  gefaltenem,  gc- 
kneiiden  papier  gellend,  man  hat  noch  andere  unwahrscheinlichere 
deiitungen  ersonnen,  das  worl  ist  erst  in  der  zueilen  hallte  des 
11  jh.  aufgekommen:  dazumal  lernte  ich,  was  die  weitlauftigen 
progranimala  an  dtn  doi  loralen  nütze  wären,  denn  zur  noth 
konnten  die  lieben  herrn  fidibns  draus  machen.  Weise  crzn, 
318;  im  übrigen  könne  ich  ihnen  nicht  besser  rathen,  als 
dasz  sie  fidibus  aus  meinem  calender  oder  pfeffer  und  ander 
gewürz  darein  zu  wickeln  anwenden.  Simpl.  K.  1042;  steckt 
alle  die  pfeifen  mit  vidibus  an,  wie  ich  gelhan,  so  lange  der 
bahn  noch  laufen  kan.  ped.  schnlfuchs  205; 

Pfeifchen  und  ein  ridihiis  soll  und  miisx 

mit  mir  stets  zu  bette  geben,    weimnr.  jb.  2, 2.%S; 

und  mangelt  fidibus,  so  rcisz  dies  blau  entzwei. 

GÜNTIIEH  1124; 

schleppt  pfeife,  knasterdose, 
nebst  lidibus  herbei.    Bürgbr  21'; 

beiliegende  manuscripte  sind  so  unwürdig  nicht  vor  der  weit 
zu  erscheinen  und  ich  habe,  wie  mich  deucht,  sehr  wol  ge- 
than  sie  einem  freunde  zu  verweigern,  der  mich  ziirilich 
darum  bat,  weil  er  sie  zu  fidibus  zu  verbrauchen  gedachte. 
Sturz  2,82;  sie  sehen,  dasz  ich  dergleichen  grillen  schon 
im  köpfe  hatte,  aus  dem  fidibus,  der  mir  eben  in  die  bände 
fällt,  da  ich  meine  papiere  aufkrame,  lassen  sie  es  um  des 
bimmels  willen  nichts  weiter  als  fidibus  sein.  Schmio  bei 
Lessiug  Vi,  Ti3 ;  wenn  man  künftig  die  fidibus  hier  zu  land  so 
galant  kneipen  wird,  wie  ein  süsz  zettelcben,  wirds  ein  tref- 
lich  leben  geben.  Göthe  an  fr.  v.  Stein  1,3;  da  kan  en  sek 
de  pipe  an  der  wand  ansticken,  un  brukct  keinen  filibus. 
Sciiui  MANN  Stippstürken  s.  55.     vgl.  knallfidibus. 

FIEBER,  n.  febris,  oben  sp.  1385,  für  ferbris,  fervebris  von 
ferveo  ferbui,  wogegen  unsere  spräche,  den  kalten  sdiauder  berück- 
sicldigend,  frörer  bildet,  vgl.  schauer  und  Schüttler,  goth.  heitö, 
brinnö,  «tc  Ttv^szöe.  unser  heitnischer  ausdruck  war  eigentlich 
alid.  rito,  mhd.  rite  (mythol.  1107),  mnl.  rede,  mnd.  ride;  noch 
Alherus  stellt  auf  ritt,  febris,  fieber,  und  zu  fieber  Matth.  8, 14 
merkte  Luther  am  rande  an  'das  ist  den  ritten  auf  deudsch, 
fiber  ist  latinisch',  auch  Lomcerus  im  kreulerhnch  118'  hat 
beide  wOrter  nebenänander :  das  wasser  {vom  kraut)  getrunken 
ist  gut  für  den  ritten  oder  feber.  dasz  man  auch  bieber  für 
fieber  sagte,  folgt  am  biberklee,  fieberldee  (1, 1807)  und  sdwn 
dem  mhd. 

so  mich  daj  biever  ane  gäl.    Freid.  74,9. 

gleich  andern  kranklieiten  wird  das  fieber  als  ein  ddnion,  als 
ein  Ihier  aufgefaszt,  dcts  die  mcnsclwn  anfällt,  angeht,  angreiß, 
anstöszt,  schüttelt,  mitnimmt,  heimsucht,  verzehrt  und  wied-r  ver- 
läszt,  vorüber  gehl,  weicht :  für  bunger  sollen  sie  verschmachten 
und  verzeret  werden  vom  fiber.  5  5/os.  32, 24;  und  Jesus  kam 
in  Peters  haus  und  sähe,  das  seine  schwiger  lag  und  halte 
das  fieber,  da  greif  er  ire  band  an  und  das  fieber  verliesz 
sie  (golii.  gasahv  svaihrön  is  ligandein  in  beitön,  jab  aitailük 
bandau  izös  jah  aflailöt  ija  so  hello).  Matth.  8, 14. 15.  r(;/. 
Marc.  1,29.30.  Luc.  4,38.39;  wann  ein  fieber  mit  zuschlegt. 
MtiLMANN  geisel  28;  du  schnatterst  ja,  als  ob  du  das  fieber 
hättest.  WiEi.AND ;  ich  habe  das  fieber.  sage  du  nur,  wenn 
der  pastor  kommt,  ich  habe  das  fieber.  Schiller  137';  Victor, 
dessen  fieber  der  liebe  gestern  durch  die  glul  der  Schlaf- 
losigkeit so  sehr  zugenommen  hatte.  J.  P.  Hesp.  2,  HC;  alle 
fieber,  so  auch  die  geistigen,  kühlt  der  neue,  frische  morgen. 

TU.  3,27; 

es  packt  iiin,  wie  mit  krallen  an, 

und  schülit'lt  ihn  xvio  Heber 

hinüber  und  herüber.    Uürckr  52*; 

ihr  gelagert  gegenüber 

wagt  nifin  ödem  keinen  xiig, 

kalt  um)  glühend,  als  im  lieber, 

hemm  ich  meines  .scufzcrs  (lug. 

llulB  in  Jucubis  Iris  1810  $.  204; 
ihr  sprecht  im  flobor  einer  wie  der  andre.    ScaiLLKR  401'; 
m&dchen,  was  ist  dir  denn  lieber, 
das  carcssicrn  oder  das  lieber?    altes  lamlied. 

redU  bezeichnend  für  die  jiersonification  sind  folgende  retlensarlen . 
mit  disen  zweien  stücken  gedachte  ich  denen  fieboru  bald 
den  hals  zu  brechen.  Ett.ners  untr.  doct.  *1>2; 

was  rniiHi-ht  dort  durrli  die  itlniiden  ber? 

wie  wenn*  luuin  alles  über  war?    H.  Sachi  V, }44\ 


1621         FIEBER  ANFALL  — FIEBERISCH 

sa^  der  Uufel  von  seiner  frau.     an  hCses  wtib  heisst  des  mannes 
altes  fieber. 

man  unterscheidet  das  dreitägige,  viertägige,  kalte,  hitzige, 
schleichende,  zehrende  fieber,  rgl.  bruslfieber,  darmfieher, 
faulfieber,  fleckfieber,  gallenfieber.  miichfieber,  nervenfieher, 
nesselfieber,  scharlachfieber,  schleimfieber,  wechseifieber, 
wandfieber;  kanonenfieber,  romanfieber. 

FIEBERANFALL,  n».  areessio  febris:  Eraesline  hat  auch 
schon  das  rathhaus  mit  einem  neuen  fieberanfall  eingeweiht. 
Voss  hriefe  t.203. 

FIEBERANGST,  f.  ßeberfrost: 
Hoch  nur  das  fräulein  immerdar 
voll  fieberangst  noch  wachte.    Bcrge«  53"; 
sanft  schläft  er  auf  des  lebens  fieberangst.    Scbillm  5<>S'. 

FIERERANSTOSZ,  m.  vas  fieberanfall. 

FIEBERARTIG,  febriculosus. 

FIEBERAUGE,  n.  sogleich  liesz  er,  um  die  fieberaugcn 
zu  schonen,  im  krankenzimmer  statt  der  Wachslichter  die 
magische  hängelampe  aus  beinglas  brennen.  J.  P.  Tit.  4,  47. 

FIEBERBEWEGL'NG,  f.  diese  envartung  war  bis  zur  fieber- 
bewegung  gestiegen.  THfjMitEL  2,  21. 

FIEBERBILD.  n.  delirium:  ein  gewisses  fieberbüd  sprach 
ihm  sein  krankes  leben  ab.  i.¥.  uns.  löge 7,  HO;  aber  endlich 
überdeckte  das  ausgebreitete  nachtstück  seine  heiszen  fieber- 
bilder.  Hesp.  3,137;  ich  ergrimme  immer  mehr  gegen  ihn, 
wie  gegen  ein  greuliches,  hupfendes  fieberbild.  Tit.  4, 12. 

FIEBERBLÄSSE,  f.  paUor  febris. 

FIEBERBLIT,  n.  seine  flöte  hob  das  herz  aus  dem  schla- 
genden fieberblut  sanft  in  den  benihigten  äther  des  himmels 
im  träume  hinüber.  J.  P.  Hesp.  1,  250. 

FIEBERBKAND,  m.  ardor  febris. 

FIEBERCHEN.  n.  febrieula.  fieberlein,  sdiäuerchen. 

FIEBERFARBE,  f  color  febriculosus. 

FIEBERFLAMME,  f.  flamma  febrilis:  der  arzt  repetiert  am 
bette  des  kranken,  über  dem  die  fieberflammen  zusammen- 
schlagen, ruhig  die  abschnitte  aus  seiner  klinik,  die  her- 
passen. J.  P.  uns.  löge  2, 145. 

FIEBERFROST,  m.  frigus  fibriculosum :  von  fieberfrosl  be- 
fallen ; 

schon  scbfittelt  ihn  der  (leberfrost  der  angst, 

ein  blättchen  rauscht,  ein  schatten  streiftj  er  zittert. 

KosEGASTE^  br.  odeon  2,465. 

FIEBERFROSTIG,  fieberfrostiges  novemberwetter.  J.  P 

F1EBERGESCHW.\TZ,  n.    deliria:    was   in   aller  weit  soll 

ich   mit   deinem   fiebergeschwätz   anfangen?    Tbükxel  5,  36 

(7, 54). 

FIEBERGLUT,  f.  was  fieberhitze: 

jede  Zärtlichkeit, 
die  ihm  vielleicht  in  fieberglut  entwischte.    Schiller  250*. 

FIEBER GLRILLEN,  deliria,  ßeberträume,  aegri  somnia.  s.  fieber- 
mücke. 

FIEBERH.\FT,  febriculostts :  verzagte  ich  wieder  in  fieber- 
haften zweifeln.  Göthe  16.  ISO;  doch  waren  die  bewegungen 
seines  herzens  beinahe  fieberhaft.  20,145;  so  viel  schreck- 
liche und  wunderbare  begebenheiten  hatten  eine  art  von 
fieberhafter  Schwingung  in  das  haus  gebracht.  20,300:  ihre 
lippen  zitterten  fieberhaft. 
FIEBERH.\FTIGKEIT.  f. 
FIEBERHEISZ,  fieberglüfiend,  ferridtts: 

du  warst  von  der  Versöhnung  nie  so  weit, 
als  da  du  wolltest  mit  der  Ceberheiszen 
verzweiflungsglut  vertilgen  allen  streit, 
dich,  weit  und  gott  in  eins  zusammenschweisien. 
Le5*l'  Fmut  197. 

FIEBERHITZE,  f.  aestus  febrilis,  ungeßhlter  plconasmus,  da 
fieber  schon  hilze. 

FIEBERICHT,  febriculosus:  indem  die  erde  gleich  einem 
fieberichten  hebele,  pers.  baumg.  rorr. 

FIEBERIG,  dasselbe:  dem  fieberigen  sind  auch  feigen  bitter. 
FttKM  lob  der  Ihorheü  87;  sie  (die  mittägigen  winde)  machen 
scbläferig  und  fieberig  leüt.  tceltb.Z';  da  seind  sie  gemeinklich 
nach  Ostern  fieberig.  135*. 

FIEBERISCH.  FIEBRISCH,  dasselbe,  adj.  und  adv. 

und  was  ists,  das,  wenn  mich  Laura  küsset, 

purpurflammen  auf  die  wangen  geuszt, 
meinem  herzen  raschern  schwung  gebietet, 

fiebrisch  wild  mein  blut  von  hiaoen  reiszt?    Scbiller?; 

mensch,   dein    gcsirht  brennt  fieberiscti,   wie  dein  gespräch. 
171';  mein  köpf  brennt  so  fiebrisch.  209'; 


FIEBERKALT  —  FIEBERSCHAUDER       1 622 

oh,  mein  köpf  brennt  fieberiscb!    Hcll5Er  die  sduüd  66; 

wo  zuckt  im  arme  der  krampf, 

im  herzen  fiebrischer  schauer.    Rcckert  146; 

als  er  den  fiebrischen  schonend  gegrüszt  und  beschenkt  hatte. 
J.  P.  Hesp.  1. 171. 

FIEBERKALT,  fieberfrosUg. 

FIEBERK.\LTE,  f  fieberfrosl. 

FIEBERKLEE,  m.  menyanthes  Irifoliala,  bitlerklee.  für  biber- 
klce  1, 1S07. 

FIEBERKRANK,  febri  laborans. 

FIEBER KR.\NKHEIT,  f 

FIEBERKR.\UT,  n.  gentiana  cenlaurium:  tausendgolden, 
sonst  genant  fieberkraut,  erdgall,  biberkraut,  gr.  xsviavoiov 
fitxQov,  iat.  febrifuga,  fei  terrae,  wer  das  kraut  seudt  in 
wein  oder  das  pulver  trinket  mit  wein  zween  oder  drei  tag 
nach  einander  des  morgens  nüchtern,  der  wird  des  febers 
ledig.  LosicERCs  kreuterbuch  117'.  biberkraut  kann,  wie  bieber 
für  fieber,  auf  bibern,  bebern  gezogen  werden  und  hat  mit  detn 
biber,  fiber  nicJäs  zu  schaffen,  der  mlat.  name  lautet  febrifugia 
(febrim  fugans),  wonach  ags.  feferfuge,  enql.  fevcrfew  {mythtd. 
1192),  «o^iir  sich  bei  Babnes  auch  fcafherfowl  findet,  was  dem 
Obenangefühl len  fidritsche  begegnen  könnte,  s.  hernach  fieber- 
mflcke. 

FIEBERKUCHEN,  m.  eine  härte  urder  den  kurxen,  rippen  bet 
wech.^el  fiebern. 

FIERERLEHRE.  /".  dodrina  de  fdnibus. 

FIEBERLEIN,  febriciäa,  schäueriein,  scMuderlein.  Stieler  480 

FIEBERLICH,  febrilis:  fieberliche  anstösze.  Ettxers  heb- 
amme  712. 

FIEBERLOS.  fcbre  solutus:  der  kranke  ist  heute  fieberlos. 

FIEBERLOSIGKEIT,  f  fieberloser  zustand. 

FIEBERMATERIE,  f  materia  febrilis. 

FIEBERMirfEL,  n.  mcdicamentum  febrim  infringens 

FIEBERMUCKE,  f  tipula  febrilis,  wie  ja  das  fieber  durch  eine 
miicke,  einen  Schmetterling  verursacht  werden  soll,  Tj7tin/u)s 
TTioerov  TToöSoouos.  Meineke  fragm.  com.  gr.  2,  tOS6.  5, 65. 
lit.  ist  drugis  Schmetterling,  fiebervogel  und  fid)er  selbst,  vgl.  oben 
fidritsche  und  engl,  featherfowi.  tipula  ist  ii(pr]  und  Tltpvs 
ein  quälender,  drückender  dp,  ifiäJ.rT;s,  wieder  Schmetterling, 
feifaller. 

FIEBERN,  fd)rire ,  febricitare,  im  fieber  liegen,  vom  fieber 
glühen :  der  kranke  fiebert ;  alle  pulse  fieberten ;  zitternd  und 
fiberend.  Fuchsmundi  376;  träume  eines  fiebernden.  Klinges 
1,406;  dasz  der  gedanke  sich  die  königswürde  anzumaszen, 
in  der  finsternis  des  kerkers  die  fiebernde  seele  ergriffen 
haben  mag.  Niebijhr  2, 6S2;  Male  fieberte  mit  kopfschmerzen. 
leben  Siebuhrs  l.  3%2;  Male  hat  gestern  wieder  gefiebert.  1,382. 
vgl.  bebern.  fippern. 

FIEBERNACHT,  f.  nox  febri  somniisre  agitala: 

aus  einer  ängstlichen,  traumvollen  fiebernacht, 

als  wie  zur  dämmerung  des  ewgen  tags  erwacht.    Wixla!<d. 

FIEBERÖL.  n.  ein  im  fieber  heilkräßiges  Ol. 
FIERERPILLEN,  pHlulae  febrifugae.   Stieler  88. 
FIEBERPULS,  n>.   der  stillende  schlaf  hält  den  fieberpuls 
der  seele  an.  J.  P.  Siebeak.  2,  2. 
FIEBERREICH,  abundans  febribus: 

was  in  den  fieberreicben 
septembertagen  mich  gesund  erhält. 

WfELAüDs  übers,  ton  Borm  episleln  1,239. 

FIEBERPINDE,  f  corlex  peruvianus:  durch  was,  lieber 
doctor?  fragte  ich.  'durch  ein  loth  fieberrinde,  ehe  sie  ihren 
Spargel  essen',  antwortete  er  mir.  ThCxmel  5,  9 ;  des  schlafes 
kürner  sind  die  fieberrinde  gegen  das  kalte  fieber  des  hasses. 
J.  P.  Siebenk  2.  2. 

FIEBERRÖTHE,  f  rubor  febrilis:  allmälich  umzieht  fieber- 
röthe  die  blassen  wangen.  TbChkel  8, 101. 

FIEBERSAND,  m.  bildlich:  in  wenig  ininuten  sank  das 
matte  so  lang  im  heiszen  fiebersande  walende  gemüth  auf 
die  frische  grüne  rasenbank  des  Schlummers  nieder.  J.  P. 
Tä.  4,49. 

FIEBERSCHAUDER,  SCHAUER,  m.  febrium  horror: 

zur  nachtzeit  lassen  Oeberschaucr 

ihr  keine  ruh.    Gottsr  i,  16»; 

überfallt  ein  fleberschaner 

seinen  ahnenstolz.     Gokimck  i.  137, 

das  packt  ihn  wie  fieberschauer  an.     Rörtiir; 

in  allen  gliedern  wühlt  ein  tieberschauer 

Ar:<im  sih'imb.  2, 133. 

102* 


1623      FIEBERSCIIAUDERCIIEN  -  FIEDEL 


FIEDEL  -  FIEDELER 


1624 


FIEBERSCHÄUDERCHEN,  n.  febricula. 

FIEBEHSCHLAü.  n».  von  dem  tage  an,  wo  du  meinem 
herzen  den  reiz  zum  ficberschlage  auf  mein  ganzes  leben 
aufgedeckt.  J.  P.  /7wp.  2, 108. 

FIEBERSCHLUMMER,  m.  sopor  fehrüis: 

so  sctimaclitet,  abtezohrt  von  kiimmer 

ein  leidi'iuler  im  fieberschlummer.    Gotter  I,4C6. 

FIEBERSIECH,  was  fieberkrank. 
FIEBERSNOTH,  f.  gebildet  wie  hungersnolh : 

Xantippen,  Tanaquillcn, 

die  bringen  angst  und  tod, 

sind  eine  licbersnotb, 

die  auch  ein  arzt  nicht  stillen 

im  eignen  hause  liann.    Tscherning  342. 

FIEBERSTÜRZ,  m.  rcddiva  febris.  ahd.  avarslurz.  Grafp 
6,  726. 

FIERERTAG,  m.  dies  quo  febris  redil. 

FIEBERTRANK,  m.  potio  medicata  adversiis  febrim. 

FIEBERTRAUM,  m.  aegri  somnium,  delirium :  brachte  die 
ganze  nacht  in  fieberträumen  zu;  worauf  gründet  sieb  dieser 
neue  fiebcriraum?  Schiller. 

FIEBERTRAUMGESCHWÄTZ,  n.  wie  fiebergeschwätz : 

fiebertraumsgeschwätz  zu  horchen  ziemt  dem  klugen  nicht. 
Stolberc  14, 115. 
FIEBERUNRüHE,  f.  ihre  fieberunrube  verstaltete  ihr  kein 
bleiben.  Thümmel  2,  29S. 
FIEBEBWAHN,  m. 

das  nennt  dein  nebcrwahn  Unsterblichkeit?    Schiller  21*. 
FIEBERWECHSEL,  m.  der  schnelle  fieberwechsel  zwischen 
ernst  und  scherz.  J.  P. 

FIERERWEIDE,  f.  salix  pentandra  fragUis. 
FIEBERWUTH,  furor  febrium: 

gar  mancher  steht  lebendig  hier, 

den  euer  vater  noch  zuletzt 

der  heiszen  lieberwuth  entrisz, 

als  er  der  seucbe  ziel  gesetzt.    Göthb  12,56. 

FIEBEBWUBZ.  f.  arum  maculatum,  ariäolochia  demalilis. 

FIEBERWLRZEL,  f.  dasselbe. 

FIEBERZETTEL,  m.  gegen  das  fieber  anzuhängen. 

FIEBRISCH,  s.  fieberisch. 

FIECHT,  s.  fiesz  am  ende. 

FIEDEL,  /.  t)  fidicula,  das  wie  fidis  sowol  saüe,  als  sailen- 
inslrumenl  ausdrüclU,  mlat.  fidula,  flgelia,  vigella,  vidula,  vitula. 
Ddcange  6, 860.  U.  viola,  prov.  \iula,  altfr.  viele,  allmälich 
drang  violino,  violina,  violine  durch,  für  basgeige  blieb  das 
augmentativ  violonc,  vioion.  ahd.  fidiilä,  mhd.  videle,  nhd. 
fidel,  fiedel,  bei  Luther  und  Alberus  fiddel,  nnl.  vcdel,  veel, 
ags.  fidele,  alln.  fidia,  dän.  fiddel,  engl,  fiddle : 

sili  thar  ouh  al  niarit,  thn^  Organa  Tuarit, 
lira  joh  üdula  joh  managfalta  suegala.    0.  V.  23,198; 
mhd.  DU  wart  vröude  über  al 

von  videlen  undl)usinen.     Wh.  1, 145*j 
Volker  dar  vil  sn^lle  mit  siner  videlen  dan 
gie  gezogenlicben  für  Gotelinde  stän.    Nib.  1643, 1 ; 
dd  hie;  6t  im  bereiten 
mit  sidinen  seilen 
ein  videlen,  erziuget  wol, 
als  st  ein  vürsle  vüeren  so!.    GA.  1,348; 
ja  wist  ir,  dsz  man  guote  noten  giget 
ür  alten  videlen,  der  si  kan.    MSH.  3,211'; 
den  schilt  begund  6t  va^en,  dd  wolt  6t  in  die  ni)t, 
dar  ane  stuont  ein  videle,  diu  was  von  golde  röt. 
hfliiensuije  s.  2WA. 
ithd.  ich  hab  ein  pogcn  und  ein  fldcl, 

da  mit  kan  ich  so  süsziich  strei('hen.    fnsln.  230,21; 

und  im  reiten  hub  Alart  an  süszigklichrn  und  lieldicbcn  ein 
newcs  licd  zu  singen,  desgleichen  tlielen  Rcicliart  und  (Jisz- 
imrt  all  mit  einander,  aber  ich  sage  euch,  das  nie  liedel 
oder  harpf  also  süszen  ton  gaben,  als  die  vier  gebrüder 
8ungen.  iiimonnl*;  nachdem  s.  churrii.  gn.  drei  l.indsknecht 
mit  solchen  lnpi)eiiden  hosen  hat  sehen  auf  der  gassen  gehen 
mit  einer  fiirgehender  liedel.  Miiscuiiis  hosenleufel  1555  Ei'; 
er  kann  auf  der  fiedel,  seile  canil  ßdihus;  die  fiedel  hoziehn, 
rhordas  aplare ;  die  fiedel  sliininen,  lemperaie; 
IT»«  ein  röhr  In  den  hAnden  »ein 
und  henkt  im  ein  liedel  am  haU.    Atrki  fa»ln.  100'; 

ihr  rn     '  '    u'n 

schienet  feurige  blicke,  i'iid  iles  dorres 

putzt  «ich  Rllein  TUr  «ie,  die  srhrcicnde  (Icdel 

nachilicbe  sereiiaden.    ZtriiAmA  Kni^iriten  42; 

&ie    gellende    fiedel    einer   dnrf^chenke    erregt    die    waekem 

gli>-d«T    :it>(^    kr.tlli^-!,-      <:    •■•-     ".    IM  ; 


die  fiedel  stockt,  der  tänzer  weilt.    12,57; 

wovon  auf  leichter  fiedel  eins  zu  schnarren 

die  inuse  nicht  verschmäht.    Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  34; 

hat  nicht  einmal  mir  ein  concert, 

das  kunstreich  philomelens  noten 

in  tact  setzt,  in  octaven  sperrt, 

mir  eine  flcdel  angeboten.    Tuühmel  3,  400. 

fiedel  ist  wie  geige  und  noch  mehr  als  dieses  alltndlich  un^el 
geworden  und  der  kiinsller  wird  zwar  noch  von  seiner  geige, 
nicht  von  seiner  fiedel  slall  violine  rc(/en,  fiedel  hat  nur  den 
verächtlichen  sinn  einer  elenden  geige,  dorffiedel,  bicrfiedel.  schon 
Luther  ersetzt  das  1523  in  t  Sam.  18,  6  verwandte  liddeln  später 
durch  geigen,     s.  kniefiedcl,  slockficdel,  sirohfiedcl. 

2)  figürlicher  gebrauch:  nam  sich  an,  solle  friden  zwischen 
dem  keiser  und  küiiig  machen,  aber  er  halte  ein  anders  in 
der  fidel.  Nicrinus  pajnst.  inquisition  s.  681;  fiedel  der  hoffarL 
Jag.  Böhme  Aurora  s.  223;  aber  stille  mit  der  fiedel!  (stille 
davon .')    Riemers  reime  dich  s.  6. 

3)  fiedel,  ein  holzstück,  das  um  hals  und  bände  eines  am 
pranger  stehenden  gelegt  wird,  wie  spielleute  ihre  geige  um  den 
hals  liängen:  an  der  fiedel  siehn,  am  pranger; 

ei,  so  zum  henker,  sags,  es  ist  mir  recht, 

wenn  du  die  liedel  dir  ersparen  kannst. 

'o  du  abscheulicher I  du  undankbarer! 

werth,  dasz  ich  mir  die  liedel  spare,  werth, 

dasz  ich  mit  einem  wort  zu  ehren  mich, 

und  dich  in  ewiges  verderben  bringe'.     H.  von  Kleist  2,  73. 

solcli   ein  holz  wird  auch  im  ersten  grad  der  foltcr  angelegt  und 
für  folter  nimmt  es  wol  die  angeführte  belegslelle. 
FIEDELBOGE,  m.  plectrum,  mhd.  videlboge: 
Volker  der  snclle  zöh  näher  üf  der  banc 
einen  videlbogen  starken,  miclicl  iinde  lanc, 
gelich  einem  swerte  scharf  iinde  breit.     Nib.  1723,2; 
Volker  der  vil  snelle  von  dem  tische  spranc, 
sin  videlboge  im  iüte  an  siner  haut  erklanc.     1903,2; 
ej  ist  ein  röter  anstrich,  den  6r  zcm  videlbogen  hat. 

I»4I,4, 
nach  einer  sinnigen  vergleichung  der  heldenarbeil  mit  einem  spiel, 
des  Schwertes  mit  dem  fiedeibogen; 
heiä  nu  hei, 
nu  ist  dem  videla?re  sin  videlboge  enzwei!    MS.  2,63"; 

welcher  ausdruck  in  den  faslnachlspielen  unzüchtig  angewendet  wird 
und  reiszt  ah  euer  fldelhogen.    3i;t,  8; 
noh  leihest  du  hin  dein  fidelpogen.    161,13; 
juchheisa,  heisa  he! 
so  gieng  der  fiedeibogen.    Göthe  12,54. 

Sprichwort,  wer  die  wahrheil  geigt,  dem  schlagt  man  mit  dem 
fiedeibogen  auf  den  köpf,  junge,  du  stehst  da  wie  ein  fiedei- 
bogen. Sturz  2,48.  in  der  niagdieburgischen  chronica  lesen  wir, 
dasz  a.  ehr.  1203  zu  Osscmer  bei  Stendal  der  pfaf  in  pfingst- 
feiertagen  den  bauren  selbst  zum  lanz  gefiedelt  habe,  da  ihm 
denn  bei  aufsteigendem  weiter  der  donner  die  band  sauibt 
dem  fiedeibogen  hinweg  geschmissen  hat.  Matth.  Hammkr 
hist.  rosengarten,  Zwickau  1654  5.  59. 

FIEDELBRET,  n.  verächtlich  eine  schlechie  geige: 

0  C.hapclain,  der  du  auf  altem  fiedelbret 

bcatae  nienioriae,  mit  einem  liedelhogcn, 

den  vater  Apoll  schlecht  caHonieren  thiit, 

nach  noten,  die  katzcn  und  hiinde  zum  heulenden  tanz  bewo^^en, 

dasselbe  historchen  daher  gt'kralzil 

Kl.  SciiMinr  kom.  dicht.  lOO. 

FIEDELCHEN,  n.  nnl.  vcdelke,  vedellje. 

FIEDELKI,  f  elende  musik. 

FIKIlELER,  fidicen,  ags.  fiJelcre,  mhd.  durchaus  in  gutem  sinn 
ob  ej  dir  wol  gevalle.  vil  licbo  vroiiwe  min, 
sü  wuld  ich  gerne  senden  nach  den  vriunden  din 
die  minen  videhrre  in  llurgonden  laut.    Nib.  1347,3, 

das  alterthum  bediente  sich  zu  boten  der  spielleute 

«wn^  ic  begin  Ilagne,  dai;  dühte  den  vidcliere  guot.    V'li   t 

küenor  viilchero  wart  noch  nie  dehein.     1772,2; 

A»l  nie  videlnercs  hnnt 

i\»l  wunder  mir  geworhto, 

al.srt  der  unervorhlc 

In  disen  siriieu  hAt  getAn.    kl.  1500; 

dar  nftch  zw<*n  vldel.rre  guot 

riien,  die  mich  hi^rhgemuot 

machten,  wnn  si  \lilflii'n  hO 

ein  ri'iscnot,  diu  let  mich  fril.    Lichlentlrin  IG6,  b, 

manc  videirrr  mir  ilaiic 
sagt,  d'ij;  ich  die  not  srt  h.\ 
inncbt.     ifi,  \H; 
kücfer  vil!'  ■  r-  •■> 
huolirii  I 
(Chillei  I 
mit  »ur;, i  '■  !  I  : 


k 


1625  FIEDELHARZ  — FIEDELRÜMPFCHEN 

vil  vidilere  quämin, 

die  da  wole  gezämin 

und  yidiltin  vil  suoje.    Athis  C*,  23; 

ich  hat  niergen  ein  glit  so  kleine, 

geloube  mir  der  mrrre, 

da  ensaeje  üf  ein  videlcere.    GA.  3,123; 

der  ist  enzwei!  heiä  nu  hei, 

des  videlares  seile  der  ist  enzwei.    MS.  2,61'; 

nu  ist  dem  videlaere  sin  seile  zebrochenl    2,  W; 
nhd.  sie  hatlens  am  griffe,  wie  die  fidJeler.  Luther  5,52"; 

juchheisa  ihr  fiedler,  zum  lustigen  tanz!    Borger  35*; 

keinen  reiraer  wird  man  finden, 

der  sich  nicht  den  besten  hielte, 

keinen  fiedler,  der  nicht  lieber 

eigne  melodieen  spielte.    Göiuk  5,95; 

fiedler  tod,  o  spiel  uns  doch  den  kehraus!    Plates  22. 
allmälich  malus  fidicen,   bierfiedler,    dorffiedler,  bauernfiedler 
(Stiei-Er  490). 

FIEDELH.\RZ,  n.  colophonia,  geigenharz: 

verschmäh  den  weirauch  nicht,  er  ist  nicht  rein  geletea 
und,  da  ichs  recht  beseh,  nur  fledelharz  gewesen. 

GÖNTHER  381. 

vgl.  den  'röten  anstrich'  .Vit.  1949, 4. 
FIEDELLEl.N,  n.  griglein,  violinchen. 

mhd.  ein  weihisch  videllin.    Renner  16751. 
FIEDELM.\>N,  m.  ßdicen,  fiedler:    wer  von  natur  zu  der- 
gleichen eiteikeit  ineünieret,  der  bedarf  einen  Oedelraann,  so 
ist  der  tanz  fertig.  Weise  academicus  s.  1. 

FIEDELN,  canere  fiJibus,  geigen,  mhd.  videlen,  schw.  fidia,  fila. 
mhd.  £r  videlte  süe^e  dipne  und  sanc  ir  siniu  iiet.    Sih.  1643,3; 

dö  Tidelie  ungefuoge  Günthers  spilman.    1903,3; 

er  begunde  videlende  durch  den  palas  gän.    1913,2; 

hoert  ir  die  doene,  Hagne,  die  dort  Volker 

videlt  mit  den  Hiunen,  swer  zuo  den  turnen  gät?    1941,3; 

küener  helt  zen  banden 

in  allen  kristen  landen 

videlens  noch  nie  mer  began.    kl.  1443; 

durch  daj  er  videlen  künde, 

die  Hute  in  zailer  stunde 

biejen  einen  spilman.    1493; 

ie  neben  zwein  ein  spilman 

vil  süeje  videlende  gie, 

der  deheiner  dem  andern   nie 

einen  grif  übersach.     Wigal.  190,40; 

so  kumt  aber  ein  und  siht  hin  in, 

der  lernet  fünf  messe,  zwo  la-t  er  sin, 

mit  disen  löufet  er  durch  diu  laut, 

die  videlt  er  nach  wäne.    Henner  16745; 

and  videlten  alle  den  albleich.    G.4.  l,t33; 
aus   welchen   stellen  folgt,    dasz  videln  sowol  Ir.  als  intr.  gesetzt 
wurde,     vihd.  ist  videlen  üblicher  als  gigen,  nhd.  dreht  es  sich  um : 

du  fideist  auf  fremden  geigen, 

und  dein  geig  doheim  ist  wol  beseit  (besaitet) 

und  ist  dir  tag  und  nacht  bereit,    fasln.  161,9; 

fideist  du  nur  auf  fremder  geigen, 

so  musz  ein  andrer  in  mein  nest  steigen.    161,  IS; 

aber  es  ist  dieselbige  geige,  darauf  er  (Carlstad)  imer  fiddelt. 
Luther  3,  56' ;  er  fiedelt  immer  einerlei,  singt  immer  dasselbe 
lied;  armuth  lehrt  fiedeln,  paupertas  omnes  perdocet  arles; 
ungelück  wil  uns  ie  den  danz  fideln,  wie  dem  der  den  reien 
fürt.  Schade  sat.  u.  pas)j.  2,  61 ;  hat  der  fiedler  auszen  für 
dem  gefengnis  müssen  solche  zeit  über  hofieren  und  fiedlen. 
Musculus  hosent.  E2';  das  ewige  fiddeln  und  arbeitefi  im 
Orchester.  Matthesox  der  neue  götlingische  ephorus.  s.  200; 
wenn  der  fandango  gefidelt  wird.  Kant  10,355;  die  spielleute 
fiedelten  aus  leibeskräften; 

wol !  wer  auf  rechter  spur 

sich  in  der  stille  siedelt, 

im  olnen  tanzt  sichs  nur, 

solang  Fortuna  fiedelt.    Göthr  3,292; 

wie  mancher  auf  der  geige  fiedelt, 

meint  er,  er  habe  sich  angesiedelt.    4,359; 

da»  fiedeln,  schreien,  kegelsrhieben 

ist  mir  ein  gar  verhaszter  klang.    12,54; 

der  spielmann  fiedelt  drauf  los. 

der  spielmann  sagt,  sist  nicht  genug, 

ich  musz  fiedeln  noch  einen  zug.    Köckert  115. 

obsc  wie  geigen,  fickeln  und  ficken,  die  auch  allgemein  den 
»nn  von  reiben,  krauen,  kratzen  haben,  man  sagt  die  geige, 
auf  der  geige  kratzen  für  fiedeln,  .uhleclU  spielen. 

FIEDEIJ'KCH,  n.  colojJionia,  fiedeUiarz. 

FIEDKLKLMPFCHEN,  n.  lunicera  xylosteum,  sonst  auch 
pfeifenrührle,  weil  aus  dem  strauch  tabacksrOkren  geschnitten 
werden,  die  dem  hals  einer  yeige  gleirlien. 


FIEDELTREÜTCHEN  — FIEDERN        1626 

FIEDELTRELTCHEN,  n.  einer  (von  zwein  priestern)  hätte 
dem  andern  hinler  dem  inicken  nachgeredet,  als  wäre  er  auf 
der  Universität  mit  Fiedeltreutgen  {eines  fiecUers  lodder?)  wol 
bekannt  gewesen.  Weise  erznarren  283. 

FIEDELU.MPL'MP:  da  giengs  fidehimpurap!  ibi  sonabanl 
fMndurae.  Stieler  490;  fidellumppump !  sieben  lächerliche  ge- 
schnäh,  fliegendes  blalt  um  1620,  geige  und  pauke  zusammen. 

FIEDELU.NG,  f  canttis  et  lusus  pandurae. 

FIEDELWERK,  n.  der  son  gottes  machet  Adam  und  Eva 
kittelein  oder  schiirzlein  von  rauhen  feilen,  daran  lieszen 
sich  Adams  fromme  nachkommen  genügen,  aber  die  welt- 
kinder,  die  nun  ir  seitenspiel  und  fidelwerk  betten  und  ir 
abend  und  nachtdenze  hielten,  wollen  nicht  in  iren  beizen 
herein  rauschen  und  rumb  schlumpen,  sondern  trachteten 
auf  weiche  und  seidene  kleidung.    Mathesius  10*. 

FIEDERICHT,  plumosus.  wie  federicht  sp.  1401. 

FIEDERIG.  s.  fiedrig. 

FIEDERING,  m.  amentum,  hltzclien,  maikätzchen,  lämmchen 
an  den  haselslauden.     ahd.  fidirinc.   Gbaff  3,  449. 

FIEDERLING,  m.  sagilta  pennata^  gefiederter  pfeil,  bolz: 

ir  beckenreuter,  tunt  gemach, 

scbieszt  die  fiderling  nit  zu  hoch 

in  dem  grünen  finstern  halte!    Uhlv^d  407; 

und  schmilz  ihn  in  ein  fiderling.    H.  Sachs  IV.  3,51'. 
FIEDERN,  plumare,  plumis  ornare,  afid.  fideran,  mhd.  videren, 
nhd.    fidem.    roc.  14S2  h  7",   ags.   gefederian,    gefideran,   engl. 
feather. 

1)  im  eigenllicJien  sinn:  die  natur  hat  alle  viigel  gefiedert, 
dasz  sie  sich  leicht  in  die  luß  erheben  und  weite  räume  schnell 
durcheilen  können ;  in  manchen  tönen  ist  die  nachligall  noch 
Togel.  dann  steiget  sie  über  ihre  classe  hinüber  und  scheint 
jedem  gefiederten  andeuten  zu  wollen,  was  eigentlich  singen 
heiszt.  Güthe  17, 311.     s.  federschar,  federvolk 

2)  pfeil  und  bolz  fiedern  {vgl.  2,  234) :  du  hast  nicht  ere, 
damit  man  einen  polz  gefidern  möcht.  urk.  von  1420; 

ich  des  frembden  adels  bin, 
der  vil  verheiszt  an  ein  kerbholz, 

zu  letzt  dir  fidret  einen  bolz.    Mcrner  schelmens.  15"  (2S*); 
weil  er  mit  ihren  federn  fein 
kan  Uederen  die  bolzen  sein,    ganskönig  F3*; 
der  scheuszt  die  bolzen  von  der  Stadt, 
die  ihm  der  fuchs  gefiedert  hat.    poslreuler  1591  E4*; 
der  pfeile  hat  er  viel  von  anfangs  her  verschossen, 
die  er  ihm  schneidet  selbst,  selbst  fledert,  selbsten  schaft. 

Fleäwg  651 ; 

es  war  damahln  eben  feldmarschalk  Hans  Georg  von  Arn- 
heim  zu  Berlin,  welcher  vielleicht  die  pfeile,  so  verschossen 
worden,  guten  theils  gefiedert  gehabt.  Chemmtz  1,168';  er 
will  die  bolzen  fiedern  helfen,  die  der  konig  verschieszen 
soll.  Weise  freim.  redner  9;  der  eine  fiedert  die  pfeile,  der 
andere  verschieszt  sie. 

3)  ein  bett,  eine  decke,  ein  kissen  fiedem,  mit  federn  stopfen : 

fegt  das  zinn  oder.fldert  pett.    11.  Sachs  1,512'. 

4)  bergmännisch,  die  spalten  und  ritze  fidern,  verkeilen: 
und  setzet  keil  und  plotz  und  fidert  oder  ketzert  die  ritz 
{im  geslein)  aus  mit  fimmeln  und  federn  und  schmeiszt  im 
schwang  mit  den  groszen  peuscheln  mit  freiiden  drauf,  bis 
sich  der  stein  gibt  oder  aufthut.    Mathesius  139'  (1562, 197'). 

5)  wie  feder  für  haar  und  pelz  stelU  {sp.  1392, 1*),  heiszt  auch 
fiedern  mit  pelz  füttern: 

mild,  sin  pölz  der  was  Inter  grA, 

mit  einem  samitc  dör  was  blä 

bezogen  vil  meisterliche. 

gevideret  was  er  riche 

mit  einem  zohel  spanne  breit.    Wigal.  115,23. 

6)  diäieren: 

erhebt  nun  euer  girig  gmnter 

und  hört  mir  zu,  was  ich  euch  fider, 

das  ist,  was  ich  euch  jetz  dictier 

mit  der  feder  auf  dis  papier.    Garg.  283*. 

^)  figürlich, 

a)  nach  1,  pennis  instruere: 

mhd.  ir  herze  daj  fuor  n-hle  enbor, 

als  ej  geviderl  wa-re.     Trist.  133, 5; 
da;  frnudelln  vil  kleine, 
da;  was  sil  balde  dan  geflogen, 
als  ej  gevidert  wmtb.    Engelli.  180! ; 

wer  der  ist,  der  gol  und  sinen  nehesten  liep  hM,  d@r  sol 
da;  wi;;;en,  da;^  sin  sele  pefiderl  ist  und  da;  er  mit  frien 
vetticiien ,.  da;  ist  mit  der  heiligen  mione  fliuget  hin  z« 
gotte.  Haopt  7, 144. 


1627 


FIEDERN  — FIEREN 


FIESZ 


1628 


b)  menliri,  gleichsam  in  die  luft  fliegen  lassen: 
mhd.  liugt  denn  einer,  daj  heijt  gevidert.    LS.  3,328; 

habe  ich  nu  dar  an  gevidert.    Dioclelian  348; 
tthd.    und  kunnen  unsere  lügen  Tidern. 

MiRMSR  lulh.  narr  2200;  Scheid  grohuin  D3; 
und  weil  die  Vernunft  sihel.  das  (==  dasz  es)  so  gar  wider  iren 
verstand  und  alle  sinne  und  fülcn  ist,  so  feilet  sie  davon  und 
lengnets  gar  oder  wenn  sie  nicht  fürüber  kan,  drehet  und 
fiddert  goites  wort  mit  glosen,  das  sichs  doch  musz  auf  iren 
verstand  reimen.  Lutmer  6,  2i;t';  so  man  dan  solche  märlin 
und  lugen,  das  volk  zur  andacht  zu  erwecken,  lideron  mag, 
wie  vil  mer  mag  man  was  fremds  und  abentheuiigs  von  den 
iietzcrn  crzelen?  bienenk.  191'. 

8)  sich  fiedern,  federn  bekommen,  sowol  von  den  jungen,  welchen 
die  enden  federn  wachsen,  als  von  den  alten,  stell  mauszenden: 
was  ist  das,  das  sich  der  weihe  fidert  oder  mauszt  hei  dem 
osterwind?  KEiSERsnERC  scMf  der  pen.  40";  uf  das  er  (der 
vogel  casiila)  in  der  ernd  sein  narung  hab,  so  sich  ielz  sein 
jungen  fidern.  Brant  6«  Sleinhöwel  Esop  119; 
flder  dich,  blaufusz, 
die  gäns  gehen  barrusz! 

fasznachipredig  vom  doctor  Schwärmen; 
es  meldet  aber  Daniel,  wardurch  sich  das  schwache  reich 
wider  fidern  und  aufschwingen  solle.  Matmesius  8S'.  tropisch 
für  lügen:  mancherlei  art  ist  bei  uns  Teulschen,  verdeckt  und 
höflich  das  Hegen  zu  nennen,  als  under  die  tauben  schieszen 
(dasz  sie  auffliegen),  in  schweidier  greifen,  junkcr  ßcrnhart 
raufen ,  under  der  nasen  sich  kratzen ,  sich  fidern ,  sich 
streichen,  auf  dem  sims  gehen,  das  beihel  zu  weit  werfen, 
den  daumen  regen  etc.  Kirchhof  wendunm.  n'  252  (s.  216*). 
vgl.  fliegen  ohne  f  (oben  sp.  1212, 10). 

FIEDLE,  s.  füdle. 

FIEDLER,  s.  fiedeler. 

FIEDLERLN,  f  ags.  fidelstre. 

FIEDRIG,  wie  federig  sp.  1401:  was  musz  ich  aber  thun, 
da;  ich  des  kropfs  abkome  und  der  alten  federn  und  da; 
ich  gar  niiw  werde,  wan  ich  bin  ganz  fidiig  und  pfluminig, 
vol  lichtfertikeit,  vol  iteler  ere?  Keisersbekg  bilg.  10";  du 
siehst  aus  wie  ein  fiedriges  käuzlein. 

FIEK,  wi.  ligula  abdominalis,  eingeweidewurm,  auch  geschrieben 
fick,  ricmcnwurm ,  gürtelwurm:  die  Wiener  nat urforscher 
glauben,  dasz  der  fiek  der  fische  in  die  vögcl,  welche  von 
diesen  leben,  übergeht.  Rddoi.phi  beilr.  zur  anthropologie  s.  136. 
nicht  zu  verwechseln  mit  feig,  feigblatter  sp.  1441. 1443. 

FIEKCHEN,  n.  eine  zwiefache,  erst  nd.,  dann  hd.  diminution. 
von  Sophia  (mhd.  Suffie  MS.  1, 14")  schnilt  man  schon  frühe  die 
erste  siWe  weg,  und  Phia,  Fie  wurde  in  Fiekc,  dies  in  Fickchen 
verkleinert,     nd.  genügt  Fieken: 

wüst  ich  hübsche  liebesstückchen, 

lustig  wie  des  kuckuks  schall, 

ach,  dann  holte  mich  mein  Fickchen 

abends  an  des  amtmanns  stall.    liöLrr  beltlerode. 

ähnlich  Mie  für  Marie,  Micke,  Miekchen.  bei  Günther  401. 
456  heiszt  die  philosophie  Fieckgen. 

FIEPE.N,  sibilare:  fiepen  nennt  man  es,  wenn  die  im  august 
vom  bock  gejagten  schmalthicre  oder  die  jungen  rehe  ein 
pfeifendes  angstgeschrei  hören  lassen.  Hartig  lehrbuch  1,40. 
fiepen  hält  die  mitte  zwisclien  hd.  plifen  und  nd.  pipen.  erzgeb. 
pfiepen. 

FIERE,  f.  quadralum:  darnach  hat  man  im  triumph  ge- 
sehen ein  ganz  gUldin  berg,  wunderbarlich  in  die  fiere  ge- 
macht. Petr.  35*. 

FIEREN,  quadrare,  mhd.  vieren  (wb.  3, 308"),  oft  mit  dem 
mebensinn  ton  gefüge,  schlau  und  bellend  machen: 

Afm  aber  min  schappcl  werden  8ol, 
der  muoi  vil  wol  gevieret  «in.     WiMhckin  16,10; 
vor  ir  ein  wol  gevieret  man.    Nkidhart  72,14; 
die  Hut  wol  halp  «int  alstervdcb, 
dai  müelich  lernen  vinden  kan 
einen  reht  gevierten  man.    IUlbl.  8,388; 
nhd.  »i  waren  getchide  und  gefleret.    Dioclelian  2844- 
wie  iez  die  weit  «o  gar  ist  f^enitten, 
geflcrt,  listen  vol  und  bcichiMen.    fasln.  H20,T; 
lieft  im  bauwen  ein  noiiw  gemach, 
hoch  wie  ein  thurn  und  oben  geliert, 
mit  allem  vorrat  «ch/tn  geziert.    Waldi«  *.  I5ft*. 

Maaikr  1S2*  hat  gfiert,  vierschröt,  quailratus,  gflert,  gsrhid, 
fanurgu»,  rer$ulni  gfierler  häuf  krieg^volks,  quadralum  ai/men 
und  gfierle  f  mtutia.  rallidilas.  bei  Frisii;«  131'  steht  gilirrt, 
a%lulut.  Till,  nlirnliren  1.42,  abgevierl  1,48,  «o  vuhrvres  ge- 
nauer zu  ic'ttmmcn  lilnld.  und  zufieren. 


FIESZ,  m.  catlidus  hostis,  diabolus,  ein  ausdritck,  der  mhd. 
noch  nicid  bei  den  guten  dichtem,  gegen  den  sciäusz  des  13  jh. 
und  seitdem  öfter  im  tiefen  Schwaben,  in  Tirol,  EL<tasz  und  der 
Schweiz,  bei  Hugo  vo.n  Langenstein,  Wohenstein,  Wittenweilk» 
und  in  unccIUcn  neidhartisclien  liedern  begegnet: 

(gotl  i\iT  in  himilrich  gehie; 

und  iiilit  ungelöiict  liej, 

swa/,  in  der  martcr  spiej 

tcl  und  der  helle  fiej.     Martina  101,42; 

wä  nu  tremel,  Stangen,  spiej? 

leiicrn,  hacken  her! 

wein  wir  slahen  disen  ße?, 

er  geinüet  uns  nicmer  raÄr.     ilSII.  3,270'; 

wä  ist  nu  dilr  fiej  von  Zeijcnmüre? 

süre  Wirt  im  disiu  vart.    3, 2Ul'; 

Erkenbolt,  d*r  starke  licj, 

Wildcbrchteii  nider  stie;, 

des  vröut  sich  d;i  min  gcniej. 

süsä  wie  er  streit!     3,  "iiHi*; 

min  alle  sorge  ich  verliei, 

ich  sach  den  allcrgnesten  vie?, 

daj  in  der  tiiilcl  würge!    Uageh  hctdcnb.  2.205; 

6r  sei  ze  niäjc  sin  ein  fiej, 

swör  sweret  unde  schiltet.     LS.  3, 3SS; 

d6  vaht  er  als  ein  fiej, 

er  wundct  siben  üf  dt-n  tot.    3,314  —  llälzl.  s.  203,370; 

sus  wäfent  sich  der  Rüschenschiit 

und  dannoch  manic  zier  hell  flcj, 

Mockenrii<le  und  ßitterspiej.    3,417; 

darumb  daj  ich  erzürnet  hän 

ein  kleinen  ungenant 

mit  einem  smalcn  widerdrie;, 

den  ich  pöi  dem  geraden  viej.    WoLnnsTii!«  s.  68. 
rJtd.  do  was  er  gllohen  also  gach 

hin  aiiT  Itertschin  snm  ein  liesz, 

daj  er  sich  nicht  do  vinden  liesx.    ring  lu',  12; 

er  lief  in  des  nuiliicrs  haus, 

der  lech  im  lest  einen  spicsz, 

scchl  do  vacht  er  sam  ein  llcsz!    40",  33; 

mächtig  was  ir  eilen 

auf  die  von  Nissingen  die  fleszen.    40%  29; 

die  sach  man  grimmelichen  treten 

sam  die  zieren  ficszen.    4i>',  33; 

der  dritte  haubtman  ist  gereit, 

der  l'reidigest  der  cristenheit, 

er  ist  ein  fiesz  vil  wol  derkant.    49', 22; 

halt  euch  sam  die  zieren  fleszen!    52",  12; 

siben  blibend  an  dem  spiesz, 

die  huob  er  auf  der  selbig  liesz, 

sam  die  hüener  an  eim  spis, 

nieman  was  vor  im  gewis.    .'i.')',  11; 

des  stachens  her  mit  iren  spieszen 

in  der  Lappenhauscr  lieszen.    5D^54; 

da  von  er  der  steinreich  müller  hiesz, 

er  was  ein  junger  starker  liesz  (s.  /.) 

und  was  gar  zerliglicli  erzogen, 

von  neste  was  er  nie  geflogen.    Kellers  erz.  s.  iCä; 

das  ir  nun  mögent  merken  das 

von  einem,  der  Caml)ises  hiesz, 

gar  ein  wunderfreidiger  flesz, 

und  was  ein  kunig  in  Persia. 

MoBsiiKiM  npirgel  d.  reg.  Oppenheim  1515  BSV 
o.j.ii.o.  C3'  iii  GoDKKSs  ausg.  r.590; 
die  wellliciicn  menschen  sclient  in  dieser  finsternis  scharpf 
und  scind  klug,  listig  und  fie;,  zitlich  gut,  lust  und  er  zu 
überkonien.  Keisehsberg  post.  2,  05.  ich  muste  alle  stellen,  .<» 
vieler  ich  habhaft  u'Cfden  konnte,  versammeln,  um  ein  heule  längst 
erloschenes,  merkwürdiges  wort  aufzuklären,  in  'mniiic  zier  iiell 
fie;'  und  in  den  pluralformen  'die  lieszen'  stellt  es  deutlich 
adjeclivisch  und  Idszl  auf  die  bedeiilung  callidus  rallien.  da  nun 
der  böse  fcind  'callidus  hostis'  heiszl  (mylltol.  Oll),  dessen  litt 
die  menschen  berückt,  so  darf  ficsz  einen  teufet  bezeichnen,  die 
benennung  teufet  aber  wiederum  auf  unbändige,  (jetrallthätige 
menschen  angewandt  werden,  wie  sie  sich  hier  mnsleniheils  für 
ungescidaclile  haucrn  schickt,  daneben  mag  ein  solcher  teufet  auch 
'zier',  schmuck  und  stolz  genannt  sein. 

auffallen  musz,  da.'tz  ein  im  südcn  Ilocitdeulschlands  chmalt 
befesliijler  au.uiruck  selbst  in  den  heutigen  rolL^mundarlen  ver- 
schwunden scheint,  kein  idiutiJion  rerseichnct  ihn,  weder  Faisius, 
Maai.er  noch  bis  auf  ScnuKi.i.ER.  ausnähme  macht  wol  das  olien 
sp.  1570  behandelte  bairische  felzel  für  teufet,  das  sich  Inchl  aus 
fleszel  könnte  verändert  Italien,  denn  höllfelzl  stimmt  doch  nchtbar 
tu  helle  fie;  in  der  Martina,  dafür  liefert  eine  gl.  aus  der 
Maasgegend  in  Mones  quellen  3U4*  vies  callidus  und  Kiman  74f)' 
vie«,  j)hantaslicus,  morofus  (?).  beidemal  mit  ainlautendem  », 
das  man  nicht  dem  mhd.   ;  ißeichslelle. 

bedeutsam  aber  wird  für  die  sprafhijeschichte  der  einklang  einet 
ty/enlhümlich  ahd.  adjectivs,  welchem  bisher  weder  mhd.  noch  «M 


1629 


FIESZ  — FIGUR 


FIGUR  — FIGURIEREN 


1630 


I 


irgend  einem  andern  deutschen  diakde  etwas  entsprechendes  an 
die  seile  trat,  bereits  aar  Oberlin  sp.  391  auf  die  spur  gera- 
then,  ohne  dasz  man  den  rini  verfolgt  hätte,  ahd.  ist  fizus 
(nicht  fijus,  Keil  auch  ficis  geschrieben  u-ird,  gramm.  1,163)  und 
die  bedeutung  callidus,  aslulus,  dolosus  vollkommen  beglaubigt 
(Graff  3,  737).  fizusün  besagt  callere,  woher  callidus  =  fizus, 
der  abslractiun  liegt  aber  callum,  sch'wiele,  hart  geumdne  haut  an 
hdnden  oder  füszen  zum  gründe,  callere  war  eigentlich  callum 
obducere,  wie  sich  altn.  fit  planla  pedis,  palma  manus  zu  fizus 
halten  läszt.  fizus  ergäbe  ein  goth.  fitusis,  fituseis,  der  Wort- 
bildung bferusis,  beruseis  analog.  berusjüs  sind  parenles, 
parientes,  qui  pepererunl,  genuerunt,  genüores,  von  bairan,  bar, 
beiun.  fitusis,  gleichfalls  ein  pari,  praet.  aclivt,  musz  zurück- 
gehen auf  feitan,  fait,  fituo,  was  kann  duses  bedeuten?  die 
formel  wurde  schon  oben  sp.  1570  vorausgesetien.  gesetzt  feitan 
war  callere,  pingucre,  erhärten,  feiszt  werden,  so  erklären  sich 
faits  pinguis,  altn.  fit  membranula  in  pedibus  arium,  palmula, 
fitusis  aber  wäre  der  schwiele,  feit  angesetzt  hat,  abstract  callidus, 
ein  schlauer,  kluger,  dem  es  hinler  den  obren  sitzt,  damit  würde 
das  einzige  ahd.  beispiel  einer  urallen  parlicipialform  gewonnen, 
die  vielleicht  im  8.  9  jh.  noch  fühlbar  blieb,  später  unlergehn 
muste,  wie  ein  ahd.  pärus  =  bfirusis  längst  erloschen  war. 

desto  begreiflicher  ist  auch  das  völlige  außören  eines  gemein- 
mhd.  vitzes  und  dasz  nur  in  den  südlichen  landstriclien  ein  aus 
fitzes  entstelltes  fiesz  auftaucht,  dessen  parlicipiale  natur  in  zu- 
gleich subäantivischen  und  adjeclitischen  gebrauch  nachwirkt,  die 
bedeutung  von  fiesz  callidus,  wie  sne  durch  die  folgenden  zusam- 
mensdzungen  vollends  bestätigt  wird,  entscheidet;  so  gibt  das  späte 
fiesz  erwünschten  aufscldusz  tiber  das  alte  fizus  und  die  einge- 
tretne  kürzung  gleicht  der  uralten  in  den  reduplicationen  hiej 
oder  liej  =  golh.  haibait,  lailöt.  im  nl.  vics  bewahrte  sich  der 
anstaut  von  fizus.  wer  weisz,  ob  ein  sonsl  undeutbares  fiecht 
vcht  auch  hierher  gehört: 

du  hallst  dich  selber  meer  dann  fiecht  ( :  liecht) 
und  gibst  dir  selbs  so  grosze  namen.    trag.  Job.  o3. 

FIESZHEIT,  f  calliditas,  ahd.  fizusheit  (Graff3,  73S):  und 
die  natürliche  gescheidiakeit,  die  sie  {die  ameise)  von  got  hat 
ir  angeschöpf,  die  fieszheit  beisz  ich  ir  gedechtnis  und  Ver- 
nunft, got  der  her  hat  der  naturen  der  thieren  geben  ein 
fieszheit  und  gescheidikeit,  die  heisz  ich  ir  Vernunft.  Kei- 
SERSBERG  omcts  18';  und  darzu  was  das  bßst  sei,  uf  das  er 
es  so  mög  und  wöil  verwerfen,  dahin  ker  dein  fieszheit 
und  dein  bescheidigkeit  oder  dein  angeborne  Vernunft,  wie 
du  es  nennen  wilt.  seelenpar.  46'.  nl.  viesheid  morositas.  Kiliax. 
FIESZLICH,  callide,  astute,  ahd.  fizusHcho :  disen  beschiben 
(1, 1550)  knecht,  der  den  pfulwen  hinter  dem  ofen  bestricht 
und  fiesziich  und  schalklich  handelt,  lobt  der  üerr  nit  seiner 
erbarkeit  halb.  Keisersberc  post.  3,  64. 

FIGATTER  schlagen,  tympano  pulsalo  ad  iler  convocare. 
FIGEL,  /■.  lima,  feile  {sp  1448). 

FIGEL.N,  limare,  feilen  (sp.  1449).  figelet,  gefält.  Gersdoef  102, 
FIGUR,  /.  gestalt.  menschliclie  gestalt ,  axrjua  icird  goth. 
durch  manauli,  ein  allen  übrigen  deutschen  sprachen  entgehendes 
wort,  bezeichnet,  unser  gestalt  dauert  zwar  bis  heute  fori  und 
ist  sogar  edler  als  figur,  dieser  fremde  ausdruck  fand  aoer  schon 
im  13  jh.  eingang,  besonders  bei  Gotfried  und  Koärad  : 

bemeistert  und  berihtet 

xe  ritters  flgüre.    Trist.  168,13; 

sin  wät  und  sin  flgüre 

die  scbephent  woTaa  im  den  man.    273,22; 

von  sin  er  {den  riui)ps)  kraft  also  verdaht 

wart  ir  raenschlicli  bilde, 

daj  ir  ßgrtre  wilde 

wart  in  allen  üf  dem  plan.    tr.  kr.  1208; 

der  Wunsch  der  hete  mit  gewalt 

geschepbet  die  iigüre  sin.    3033 ; 

gestellet  und  gesticket 

sin  figüre  schein  alsus.    4547; 

ligüren  (gen.  pl.)  si  da  vil  entwarf 

in  fremder  forme  bilde.    10552; 

si  was  ein  rouoter  siner  not 

und  der  tigüren  wiplich  tformarum  muliebrium), 

in  die  verwandelt  hete  sich 

sin  vrecher  lip  vil  unverzagt.    1.5C55; 

so  wunnedicb  ti^i'ire 

wart  nie  bekam,  des  bin  ich  wer.    17U54; 

es  wa<re  bi  den  stunden 

§ar  eigenlichen  funden 
es  andern  fipi'ire 
mit  golde  und  mit  In^ilre 
gebildet  und  gebuochstabet.    Engelh.  34(>3; 

ich  er^icbeiu  als  ein  iigür  (schalle,  ycspeiut).    M6U,  3,236'; 


Ton  der  gotebeite  ^ebot 
Sint  an  in  zwä  naiure 
in  einer  tigüre.    pass.  H.  172,  72. 
heute  verstehen  wir  unter  figur 

1)  iw  allem,  wie  mhd.,  die  menschliche  gestall  und  erscheinung : 
eine  edle,  ansehnliche,  anmulige,  stattliche,  schöne,  häsziiche, 
lächerliche,  armselige,  elende  figur,  fr.  figure  noble,  belle, 
agieable,  laide.  man  sagt  figur  machen,  spielen,  rolle  spielen; 
sie  macht  eine  schlechte  figur;  Schwester  Bähet,  in  so  ge- 
lehrter gesellschaft  spielen  wir  nur  sehr  mitteimäszige  figuren. 
Kretschmanns  famiiie  Eichenkron  47;  der  stolze  gedanke  in 
den  annalen  von  Abdera  dereinst  figur  zu  machen.  Wiela.vd 
Abderilen  14,181;  die  alberne  figur,  die  ich  mache,  wenn  in 
gesellschaft  von  ihr  gesprochen  wird ,  solltest  du  sehen. 
GöTHE  16,51;  mache  ich  mit  meiner  Verschlagenheit  figur, 
so  ragt  meine  tapferkeit  nicht  vor.  J.  P.  kumet  3,27;  ein 
neuer  prinz,  der  aber  freilich  vor  der  band  nichts  weniger 
macht  als  diamanten  oder  sonst  nur  figur  von  bedeutung 
3,  96;  die  figuren  in  dieser  gesellschaft  sind  immer  die 
nemlichen.     schw.  göra  figur,  au/sehen  machen. 

2)  die  figuren  eines  gemähldes,  im  gegensalz  zur  landschaft; 
ausgehaune,  geschnitzte  figuren;  die  figuren  des  Schachspiels; 
figuren  im  kartenspiel.  Götter  1,100;  figuren  zeichnen; 

die  blätter.  werden  auTgemengt  und  frisch 

ge.egt  in  neuer  Ordnung  auT  den  tisch, 

doch  immer  sinds  die  nerolichen  ßguren.    Lsüac. 

3)  figur,  in  abstractem,  philosopliiscliem  sinn.  Jac  Böbme 
bedient  sich  des  ausdrucks  oft  für  bild,  symbol  oder  Wahrzeichen, 
z.  b.  als  gott  den  bund  mit  Abram  gemacht  hatte,  so  gab  er 
ihme  das  siege!  des  bundes  als  das  zeichen  und  die  figur, 
auf  welchen  ens  der  segen  gienge.  mysl.  magn.  408;  die 
innere  figur  stehet  also.  4S4.  456;  dieses  ist  nun  die  figur 
des  reiches  Christi.  455;  und  haben  wir  dessen  allhie  an 
Lofhs  weihe,  welche  zur  salzseule  ward,  eine  figur.  457;  die 
allerinnerlichste  figur  von  Loths  weibe  ist  diese.  459;  in 
dieser  figur  ist  zweierlei  verstand.  564;  welches  eine  figur 
ist  von  der  neuen  geburt  im  reiche  der  natur.  570  u.  s.  w. 
Gerb.  Tersteege?(  im  geistl.  blumengarten  n'  91  sagt : 

im  herzen  du  {gott),  dort  auszen  die  figur, 
ich  liebe  dich  in  deinen  schildereien, 

wo  figur  die  erscheinungen  der  natur  meint,  bei  Ka>t  sind 
figuren  die  typen,  formen  der  Schlüsse:  unter  figuren  sind  die 
vier  arten  zu  schlieszen  zu  verstehen ,  deren  unterschied 
durch  die  besondere  Stellung  der  prümissen  und  ihrer  be- 
grifi"e  bestimmt  wird.  1, 459 ;  die  wunderliche  figur,  unter 
der  sie  die  meinungen  des  gegners  auftreten  läszt.  S,  150. 

4)  grammatische  figuren,  ungewöhnliche,  aber  geslaltole  aus- 
drucksweisen ;  rednerische  figuren,  bilder  und  Wendungen,  die 
sich  der  redende  erlaubt;  figuren  in  der  tonkunst,  im  tanz, 
änderungen,  abweichungen  im  ton  und  gang,  geometrische  figuren 
sind  aber  zeichenhafte,  beäimmte  formen:  eine  dreieckige,  vier- 
eckige figur.  dreieck,  Viereck,  vgl.  bild,  gestalt,  schein,  er- 
scheinung, form  und  zeichen. 

FIGL'RAL.  m.  concenltts,  symphonia.  Stieler  578. 

FIGÜRAM,  m.  qui  numerum  explet,  persona  mula,  neben- 
person  einer  Vorstellung. 

FIGCRCHElV,  n.    sie  hat,  ist  ein  zierliches  figürchen. 

FIGURE.NSCH.MTZER,  m.  scalptor  ßgurarum  lignarius.  Güth£ 
28, 100. 

FIGURIEREN,    l)  tr.  fingere,  bilden,  gesalten: 

mhd.  BÜ  schinet  wol,  da?  ricbiu  cleit 
den  man  rilicbe  stellent 
und  arme  liute  wellent 
nach  forsten  figurieren,    tr.  kr.  3083; 

darumb  das  der  mensch  ist  gefiguriert  aus  widerwertigen 
dingen.  Aibr.  von  Evbe  20';  nachdem  als  got  den  ersten 
menschen  Adam  erschaffen  hat  in  menschlicher  figur  nach 
seiner  gestalt,  hat  er  gefiguriert  das  weih  Evam.  21";  recht 
ist  von  den  alten  die  geizigkeit  mit  zugebundenen  äugen  und 
ausgestreckten  henden ,  die  immer  zu  nemen  bereit  sein 
figuriert  und  abgemahlet  worden.  KiRcnuoF  wendunm.  178". 

2)  inlr.  symphonia  canere,  den  figural  mit  einander  singen 
Stieler  578: 

wir  figurieren  wol.    die  schönen  künste  steigen 
auch  mit  dem  trunke  stets,    diorben,  flöten,  geigen 
sind  unser  tnglichs  spiel.  Flehi:(6  167. 

3)  tti/r.  conspici,  sich  sehen  lassen,  nätil  aliud  quam  adesse: 
wie  geister  die  gewächse  figurieren.    Tis«  2, 177 ; 

sie  figurieren  blosz,  ersdtcinen,  treten  auf  ol\ns  zu  reden  und 
zu  handeln. 


1631 


FIGURIST  — FILZ 


FILZ 


1632 


FIGUHIST,  fli.  symphoniacus.  Lutuer  3,407*. 
FIGÜRLtlN,  n.  figärchen. 

FIGÜRLICH,  fiyuralis,  Iropicus,  bildlich:  figürlicher  oder 
bedeutlicber.  vuc.  1482  h7*;  die  erkenntiiis  durch  Symbole 
beiszt  symbolisch  oder  figürlich.  KantIO,  2U0;  ein  figürlicher 
ausdruck;  er  liebte  den  verstand,  wollte  dessen  haben  und 
bat  golt  um  einen  langen  figürlichen  hart.  J.V.  tcufehp.  \,n. 
FIGÜRLICH,  trojiice:  doch  begleiteten  mich  jene  beiden 
eltcrliciien  gaben  durciis  ganze  leben,  mit  einer  dritten  ver- 
bunden, mit  dem  bcdürfnis  mich  figürlich  und  gleichniswcise 
auszudriirkeii.   Götue  25,  305. 

FIGÜRLICIIKEIT,  f.  figurücheil,  bcdcutlicheit,  figuralUas. 
VW.    14s2   h7'. 

FIGüRSTEIN,  m,  lilhoglyplius. 

FIK.\RI,  in.  vicarius.  Ghaff  3,441.  nnl.  vikaris.  der  herr 
vikari.  ijcdichl  tun  Coiinoui. 

FILBEN,  fuJere:  man  hawet,  filbet  oder  bildet  mit  pillen 
und  ritzeiseii  ein  ritz.  Mathesius  13s'  =  1562,  19"'.  1587, 120', 
ein  auch  von  Frisch  1,20b'  ausgchobucs,  weiter  gar  nicht  er- 
scheinendes ivort,  das  doch  kaum  mit  lil|ien,  pfeifen  zusammen 
fallt,  eher  sich  niü  dclben  berührt,  nach  dem  Wechsel  zwisdien 
d  und  f. 

FIELEN,  excuriare,  pellcm  detrahere,  das  feil  abziehen,  schinden, 
häuten,  goth.  wahrscheinlich  liiljaii,  ahd.  lillun  (Güaff  3,  4G0), 
mild.  Villen : 

iwäre  ö  ich  ir  la-ge  lästerlichen  bi, 

e  liej  ich  mich  scheru  und  villcii.    MS.  1,81"; 

swer  duj  hnr  so  nähe  schiel, 

daj  er  die  hi'il  villet, 

daiie  Wirt  niht  gestillet, 

suuder  mßr  geserel.    Atrone  0170; 

st  begundeu  mich  scbern  und  Villen.    Renner  14593. 

nhd.  Villen  oder  schinden  excoriare.  voc.  1482  kk4';  der  gebot 
sinen  dienern,  das  si  in  schunten  (l.  schüiitcn,  vom  starken 
schinden,  schant)  oder  fliten.  yesta  Rom.  K.  22.  spätci-  ver- 
drängt durch  schinden  und  niclU  mehr  bei  Dasypod.,  Frisuis, 
Maai.er,  Hemsch,  doch  von  Stiei.ek  400  angeführt,  den  idioliken 
unbekannt,     nnd.  nnl.  dauert  villen  fort: 

ihr  {liochdfulschen)  schindet  ewer  aas,  de  rackers  unse  villen, 
ihr  siuct  auf  arsbackeu.  wi  sitteii  up  den  Lilien. 

LAiiiiKMBEnG  72,077; 
do  hat  de  arme  Hans  um  dusenl  giules  willen, 
de  huren  möchten  en  doch  ganz  und  gar  iiicli  filleu.    140, 158. 

FILLER,  m.  excoriator,  schinder,  carnifcx,  licnker: 
sträfer  die  heijet  man  vilier.    Renner. 

blieb  an  manchen  orten  in  der  form  von  gefiller,  kafiller,  kavilier 
lanije  ''iblich.  Frisch  1, 266'. 

FIEPEN,  obslrepere,  überschreien,  von  Orgelpfeifen,  vgl.  fiepen. 

FILSEN,  raccmari?  item  anno  1498  haut  ain  raut  (hat  ein 
rath)  und  zunfimaister  etlichen  erlobt  in  irem  vvingart  zu 
filsen  und  zu  lesen,  dan  sie  sich  vasl  beclagt  haben,  ir  gut 
well  erfülen  und  verderben  im  feld.  da  hat  man  fünf  bcnn 
in  der  Neckerbalden  ufgetbon  und  an  andern  orten,  und 
haben  gestnpfelt  und  gefilst.  Mone  zcitschr.  3,  296.  sonst  un- 
bezeugt,  vielleicht  /iir  feilscn  {sp.  14.^0),  dessen  bedcutung  freilich 
allgemeiner  tsl,  durch  das  beigefügte  lesen  und  stupfeln  wird 
der  besondere  siun  hervorgehoben. 

FILTRIEREN,  colare,  durchseilien,  durch  filz  laufen  lassen, 
engl,  filier,  nach  fr.  filtrer,  iL  feltrare.  da  diese  zurückgehen 
auf  ags.  feit,  nrä.  vilt,  also  alls.  filt,  ahd.  filz,  hatte  die  hd. 
form  lauten  sollen  filzen,  das  wir  aber  von  filtrieren  unter- 
scheiden, r  ist  romanische  einschallung:  das  musz  erst  filtriert 
werden ;  kaffe  filtrieren,  durch  einen  groben  sack  oder  lOsch- 
papier  laufen  lassen. 

FILTRIERHUT,  m.  pileus  colalorius:  durch  ülzene  ßUrier- 
hule  seihen.  J.  P.  Kamp.  23.  lauter  die  ungefühlteslen  pleonasmen, 
da  auch  in  filtrieren  lilz  und  in  hnt,  pikms  wiederum  filz  liegt. 

FILTRIERSACK,  m.  sacculus  colalorius. 

FILTRlElt.STEIN,  m.  cot  fiUrum. 

FILWERK,  n.  pellcs,  pclzwerk,  fellwerk:  und  do  schon  ge- 
wi'rbc  gewesen,  hat  man  da  gewechselt  oder  gebeutet  und 
wahr  an  viabr  gestochen  oder  partirt,  wie  der  Semer  körn 
und  der  WiideUp  {«üde  Lap)  filwerg  au  ander  wahre  sticht. 
Mathekius  161'  Ml  15H2,  230*. 

VIL'A,  m.  und  n.  lana  coada,  verdichtete  wolle,  mlal.  nilrtim, 
voe.  I»«.!  h7*  kk4,  it.  feltro,  fr.  feulrc,  ahd.  filz,  mhd.  vilz, 
nnl.  tili,  agt.  engl,  feit,  tdiw.  dän.  All,  aber  auch  biJtm.  pist, 
lerfr.  puft,  foln.  piUd,  yr.  nlkos,  gefilztet  haar,  filz,   ¥><thrend 


lat.  pilus  das  reine,  unverworrene  bezeichnet,  pileus,  pila  ball, 
gedrücktes,  verarbcileles  voraussetzen,  dem  gr.  und  lat.  worl 
mangelt  der  im  deutschen  zugelretne  linguallaut.  die  in  pilus 
enthallnc  Vorstellung  des  haars  scheint  grtindlagc  alles,  doch  mu^z 
die  des  filzes  frithe  entsprungen  sein,  wie  m^-os,  pileus  und  jula 
bezeugen,  ob  und  wann  die  laulversclwbnen  filt  und  filz  aus 
pilus,  pileus,  die  sl.  Wörter,  deren  anstaut  zu  dem  deutschen 
stimmt,  von  uns  entnommen  wurden,  bleibt  dahin  gestellt,  bei 
pIst  uri  plesli,  poln.  plesc,  d.  i.  plicare,  flechten  zu  denken,  hin- 
dert die  lat.  und  deutsche  gutturalii,  so  sehr  sich  ])lica  ;ijr  t>cr- 
flcchlung,  verfilzung  fügt  und  so  annehmlich  selbst  berührung  mit 
falz,  plica  (sp.  1302)  sclwinen  könnte,  vgl.  hernach  filzen,  cni- 
faUen  wir  die  bedeulungen. 

1)  filz  ist  das  wiire,  verwaclisne,  klumpige  haar,  wie  es  als 
verdnbnis  oder  krankheil  erscheint,  s.  filzen,  verfilzen. 

2)  oß  gleichen  sich  haar  und  kraut,  filago  germanica  heiszl 
fiizkraul,  Wollkraut,  kätzclien;  im  Pöhmerwald  und  in  bairuichen 
landslriehen  führen  diciU  mit  mos  bewachsne  gründe  die  namen 
filz  m.  odir  filze  f.,  z.  b.  Seefilz,  Zwergbirkenfilz,  Kolbcrfilz, 
Elmoserfilz,  vgl.  Schmei.i.er  1,  531.  Leopuecuting  Lechrain  s.  35. 
allg.  Zeitung  1855  s.  3145.  wenn  MSH.  2,  205'  bildlich  gesagt 
wird : 

sus  nimi  min  sänie  zuo  mit  vülen  vilzen, 

scheint  die  meinung,  dasz  faules  mos  sein  getraide  überwuchre. 

3)  filz  ist  nun  hanjAsiichlich  die  gekremjite,  gekrempeile  wolle 
der  schafe  oder  auch  das  haar  anderer  thiere,  wie  der  hasen, 
rehe,  ziegen,  kanincfwn,  woraus  sloffe  zu  hüten,  mutzen,  schuhen, 
decken,  mdnteln  und  manclieiiei  geräth  gewonnen  werden,  und 
die  sämtlich  das  anfache  wort  filz  bezciäinel:  ahd.  filz  sagum 
(Grakf  3,519),  mhd.  vilz: 

einen  vilz  den  hat  6r  dar 

ür  also  schöne  gezogen.    Neidhart  91,39; 

dar  hiej  er  im  reichen 

einen  vilz  weichen,    ilauriiius  830; 

inre  des  troul"  Keie  her 

ze  Tuoi^e,  alsam  ein  na^^er  vilz.    Hsinr.  Trist.  2169; 

von  vilze  truoc  er  einen  huot 

und  zwene  schuohe  rindcrin.    tr.  kr.  1652; 

nhd.  dicker  lilz  von  wullen  und  haar  gemacht,  cento.  .Maai  er 
135*;  er  wuldc  is  in  heberten  mit  sinem  libe  uf  sinen  lip, 
in  sime  einfaren  rocke,  mit  sime  loiden  Schilde,  mit  sime 
eichen  kolbin,  mit  siine  wiszen  vilze,  mit  sime  utgebundeu 
huote.  weisth.  2,  213 ; 

aus  alten  schuochen  ein  vilz.    fastn.  367, 13 ; 

ich  mein  ich  het  ein  samat  gweben, 

so  hats  ein  läutern  filz  geben.     H.  Sachs  L224'; 

und  jenem,  der  sich  was  beschwert, 

mit  einem  Alz  die  fliegen  kehrt.    Rincwalo  Ir.  Eckh.  U2*; 

höflich  uf  filzen  schlichen  {leise  auf  filzschuhen  treten).  Schade 
sat.  u.  pasq.  3,32;  send  woiiiraulen  in  essig  und  netze  einen 
filz  darin,  druck  ihn  wol  ans  und  legs  warm  über.  Taber- 
NÄMONTANus  398  ;  den  filz  abnehmen,  den  hui,  die  kuftpe  ablhun ; 
herunter  mit  dem  filz!  detrahe  pilcum^  honora  quos  honorare 
debes  aperto  capite.  Frisch  1,  206' ; 

Hans  Veiten  klagt  den  köpf,  sie  {mutier  Ursel)  spricht,  es  ist 

die  milz. 
der  mann  erschrickt  und  glaubts,  und  kratzt  sich  unterm  filz. 
Gottsched  (/t'd.  1,.i05. 

4)  weil  bauern  sich  mit  grobem,  rauhen  filze  bekleiden,  geht 
filz  über  m  die  Vorstellung  eines  bäurtsdien,  ungeschliffenen  kerls 
und  wird  zur  schelle:   fseilliart  s}»iclU  zu  den  bauern 

'ir  dorper  und  ir  vilz!'    fasln.  428,  4; 

die  prinizit  ist  ein  esel  tnn, 

die  tcrz  ist  von  sant  Grobian, 

hSimacherknecht  singen  die  seit, 

von  groben  fllzen  ist  der  text.    ürakt  73,51 

do  kam  ein  grober  Alz  nnd  wolt  zerstorn  den  tani. 

Schade  herijreien  108.    Uuland  64H; 

man  findet  wol  etliche  nllzen  und  filze  mich  unter  dem  adel. 
Luther  4,386*;  denn  du  weiszest.  das  alle  weit  von  dir  weisz, 
wie  du  deine  löbliche  fürstin  hülfest  als  ein  voller,  toller 
filz  und  truiikenbold.  Luther  ed.  Irmischer  26,58;  wer  kann 
68  aber  alles  crzelen,  wie  gott  sein  eigen  geschi>pf  {nemltfh 
die  weiber)  hoher  geehrt  hat,  weder  die  groben  filzen  uf 
erden,  denen  das  weibeigesrhlerht  stinken  mi'is/,  on  wo  sie 
der  armen  creatur  zur  hurerei  inisbrauchen.  Ki.uy.m  s  ehliucJürin 
El';  Eva:  'ei  reicUest  du  (Com)  unserin  lieben  hcrrn  gott 
die  lioke  band,  du  grober  UU!'  LeutiH.  Jacobi  dtdogm  m« 


1633 


PILZ 


fall  Adams  1559  D  2' ;  wo  ein  filz  ist,  der  weder  got  noch  die 
weit  fijrciit,  iederman  belestert,  wan  man  dein  wünschet,  das 
im  ein  rad  über  ein  bein  gang,  das  ist  usz  guter  meinung 
geschehen.  Keisersb.  s.  d.  m.  3S';  grober  filz,  düppel,  slipes, 
fungus.  Maaler  135*;  du  bist  ein  grober  filz,  ich  mein  es 
hab  dich  ein  hutmacher  gemacht.  Schade  sat.  u.  pasq.  3, 184 ; 
mich  wundert,  das  ir  mit  den  groben  filzen  reden  mügt,  sie 
schonen  weder  euer  noch  der  heiligen  weich  (weihe).  H.  Sachs 
vier  dialoge  26,15;  bei  gott,  grober  filz,  weh  dir,  dasz  du 
herein  komen,  denn  du  musl  da  eines  scbentiichen  tods 
sterben.  Amadis  133;  bei  gott,  grober  filz,  du  must  mich 
dahin  beleiten.   173; 

wer  sich  mit  groben  filzen  hudelt, 

zu  lohn  wird  mit  undaok  besudelt.    Lebmah;«  21; 

sind  sie  alle  die  männer,  filze  sind  es,  hären  sind  es.  Esgel 
diamanl  128.  nur  selten  in  gutem  sinn,  der  arme  filz,  der 
arme  kerl: 

der  tod,  dem  reiche  krönen 

und  arme  üb  gleich  werth.    Weckherliü  191. 

5)  filz  ist  'zähe',  der  grobian  ist  zugleich  karg  und  geizig, 
milde  und  freigebigkeü  sind  ihm  fremd: 

deu  kargen  beiszt  die  weit  ein  filz  und  wimer. 

meisteil.  f.  23  rf245; 

das  ir  seit  der  allergröszt  wuchrer 

und  der  allerkergst  vilz  genant, 

als  er  iendert  ist  in  disem  lant.    fastn.  650,24; 

so  ist  einer  ein  vilz  karc.  653,  2; 
aber  von  einem  kargen  filze  redet  die  ganze  stad  übel  nnd 
man  saget  recht  daran.  Sir.  31,29;  hie  beiszt  hund  den 
kargen  filz.  Lltber  3,  442 ;  dem  Junker  Scharrhans  auf  dem 
lande  folget  denn  nach  Junker  Filz  in  stedten  und  er  Omnes. 
5,433';  kein  hund  noch  saw,  er  sei  ein  scharrhans,  filz  oder 
bawer,  sol  einen  buchstaben  vom  evangelio  kriegen.  5,434'; 
must  milt  und  nit  karg  sein,  oder  du  bist  ein  riilz  und  filz. 
Pelr.  6l';  da  werd  ihr  geld  finden,  dann  der  filz  hats  bei 
der  schwere,  filz  sag  ich,  dann  ein  hochgeadelt  fürstlich 
gemüt  hat  nimmer  kein  haller,  die  grobe  unverstendige  filz- 
hüt  schätzen  und  saramelen  nur  thaler.  Gary.  219';  sei  nicht 
Tcrthunlich,  sei  auch  kein  karger  filz.  Philander  1,  633 ; 

entschläft  der  karge  filz,  so  fällt  es  an  den  erben. 

TscHKRM>c  98; 
derhalben  kans  wo!  sein, 
dasz  ieder  karger  filz  ein  grobes  masteschwein. 

Kel'Mark  luslic.  223; 
der  schalksfreund,  filz  und  menschenhasser.    Hagedorn  . . . ; 
der  bissen  that  ihm  weh,  den  er  des  tages  asz, 
die  fruchte  schmeckten  ihm,  die  er  nicht  selbst  besasz, 
und  endlich  liesz  der  filz  sein  weih  für  hunger  sterben, 
er  that  es,  o  des  schimpfs !  um  mehr  von  ihr  zu  erben. 

LiCHTWER  fabeln  (1775)  149; 
der  schlimmste  geiz  ist  der,  mit  dem  sich  kargbeit  paart, 
der  filz  hat  keine  schäm  und  lebt  nach  pöbeis  art. 
ihn  sättigt  schimmlicht  brot  bei  vollen  speiseschränken, 
sein  keller  liegt  voll  wein,  doch  kofent  musz  ihn  tränken, 
ist  er  bedauerns  werth,  wenn  das  erkratzte  gut 
blitz  oder  krieg  verzehrt,  ein  böser  söhn  vertbut? 

recht  der  Vernunft  70; 
welch  tödtender  gestank  hier,  wo  Lukrin  begraben, 
der  unbarmherzge  filz!  ich  glaube  gar  sie  haben 
des  wuchrers  seele  mit  begraben.    Lessi^ig  1,6; 
und  was  auch  der  filz  von  dem  leibe  sich  schmorgt, 
so  bleibt  ffir  deu  heitern  doch  immer  gesorgt, 
weil  immer  dem  frohen  der  fröhliche  borgt.    Göthb  1,160; 

der  alte  M.  ist  ein  geiziger,  rangiger  filz.  16,  52  (in  beiden  ersten 
ausg.  des  Weriher,  1774.  1775  stefit  dafür  'hund');  weiszt  du 
noch,  wie  tausendmal  du,  (fie  flasche  in  der  band,  den  alten 
filzen  hast  aufgezogen  und  gesagt,  er  soll  nur  drauf  los 
schaben  und  scharren,  du  wollest  dir  dafür  die  gurgel  ab- 
saufen. Schiller  107';  reichen  filzen  ein  drittheil  ihrer  sorgen 
vom  halse  schaffen,  die  ihnen  nur  den  goldnen  schlaf  ver- 
scheuchen. 109'; 

0  geld,  dir  wuchert  der  filz.    Platih  265. 
auch  bühm.  ist  pistnak  ein  filz  und  knicker. 

6)  hiemach  begreift  sich  leicht,  wie  filz  auch  einen,  sdion  in 
der  scMte  liegenden  vcru:eis  (objurgaiio)  ausdrücken  kann,  es 
heiszl  einen  filz  geben,  ertheilen,  austheilen,  lesen,  abziehen, 
bringen  und  einen  filz  erhalten,  einnehmen,  bekommen:  gab 
also  heimlich  und  überquer  dem  rath  ein  filz  umb  der  nach- 
lessigkeit  willen.  Luther  lischr.  60';  danimb  ist  ihme  von- 
dem  hofratb  ein  grober  filz  (dem  groben  gleichsam  der  hui) 
abgezogen  worden.  Scbehtlins  ie6en  s.  314;  was  sols  sein? 
man  wird  filze  austheilen.  herz,  Heins.  Jül.  340 ;  man  theilet 
filz«  aus.  351; 

Ul. 


FILZ  — FILZEN 

ich  bitt  dich,  du  wollest  mir  beistahn 

und  meinem  manu  lesen  ein  filz.    Atrer  fastn.  64*, 


1634 


wie  einem  die  leviten  oder  ein  capitel  lesen ;  möchten  gute 
filz  und  capitel  herab  gezogen  und  ertheilt  werden,  gespr. 
Augsb.  bürger  s.  86 ;  einen  guten  filz  gebracht,  a.  1629 ;  einen 
starken  filz  'bekommen.  Witzenbürger  2,  cap.  2 ;  aber  der  alt- 
künig  gab  seinem  söhn  ein  filz,  dasz  er  dem  alten  rath 
übers  rnaul  gefahren  und  seine  meinung  nicht  hören  wollen. 
Lehmanx  1,630;  der  doch  selber  nichts  recht  thun  könne, 
getadelt  werde  und  filze  musz  einnehmen.  Pbilander  1,  628; 
hat  es  beim  könige  nichts  als  lauter  filze  davor  abgeben. 
CeEa.MTz  I,  IS'';  das  machte,  dasz  ich  auf  dem  ganzen  weg 
nur  hin  und  her  gafte,  wenn  hingegen  berzbnider  an  seinem 
rosenkranz  betete,  deswegen  ich  manchen  filz  bekam.  Simpi. 
K.  673 ;  aber  ehe  sie  sichs  versähe,  war  die  Jungfer  gebulzt 
und  gemutzt,  derowegen  liefe  sie  selbsten  im  hof  und  gab 
dem  meier  mit  harten  Worten,  dasz  es  der  Junker  vorm  thore 
wol  hören  konte,  einen  groben  filz,  um  willen  er  den  recht- 
schafifenen  cavalier  so  lange  warten  liesz.  Vogelnest  1,2;  und 
wann  ich  je  unterweilen  die  nasen  darüber  rümpfete  oder 
das  maul  verkrembte,  da  gab  mir  mein  herr  einen  filz.  fr. 
Simpl.  1,  50;  aber  er  muste  wider  sein  verhoffen  einen  dichten 
filz  mit  nehmen.  Weise  kl.  leute  41;  was  den  befebl  betrifl, 
so  ist  er  zufrieden,  dasz  dieselben  mit  ihrer  gewöhnlichen 
befehlshaberei  denen  guten  mütlern  einen  tüchtigen  filz  geben, 
die  es  denenselben  nicht  nach  ihrem  sinne  machen.  Güthe 
29, 211.    ähnlich,  es  wird  kappen  setzen,  schelte,  verweis,    s.  kappe. 

7)  unverständlich  bleibt  eine  ahd.  glosse  scellifilz,  sceltifilz, 
saluistros,  scaluistros  (Gräff  3,519.  6,488.  Diefenbacb  516'), 
solange  der  mlat.  ausdruck  selbst  unverstanden  ist.  zw-ar  hat 
Frisch  2, 172'  scheller  in  der  bedeutung  von  filz,  exprobratio 
cum  elamore,  was  zu  schelte  unter  4  stimmen  könnte;  doch  war 
dieser  sinn,  so  viel  wir  wis.^en,  dem  ahd.  filz  noch  fremd,  das 
deutsche  wort  scheint  das  romanische  blosz  unsrer  spräche  geßg 
machen  zu  sollen,  it.  ist  scalfitto  levis  iclus  von  scalfire  (excale- 
fieri?),  neuere  Wörter  klingen  nicht  an. 

8)  magdeburgisch  filz,  benennung  eines  biers.  Garg.  59'. 

9)  filz  der  äugen,  isopia.  toc.  14S2  h  7*.  Diefe-xbacb  310', 
«n  fehler,  fleck  im  äuge? 

FILZARBEIT,  f  opus  coactüe. 
FILZARTIG,  coactilis. 
FILZBALL.  m.  pila  filtro  referta. 

FILZBÄLLCHEN,  n.  kleiner  ball  zur  retnigung  der  platten 
beim  kupferdntck. 

FILZBAUER,  m.  hämo  ruslicus,  s.  filz  4: 

nun  pin  ich  gar  zu  groszen  schänden 

gemacht  von  den  vilzpauren.    fastn.  414,36; 

da  komen  ril  hin  der  vilzpauren.    416,14; 

wer  wolts  im  anders  nachmols  eigen  (s.  /.), 

seit  der  ßlzpaur  eim  konig  wolt  schweigen  (s.  /.).     538,24; 

du  filzepauer  und  esel!  Stei.nböwel  dec.  3S0,  4;  ze  versteen 
geben,  wie  er  doctores  und  nicht  filzpauren  aus  dem  pflüge 
mit  im  soll  gen  Florenz  gefürt  haben.  488,  36.     s.  filzgebauer. 

FILZBESATZ,  m.  limbus  lanae  coactae. 

FILZBLECH,  n.  worauf  die  hutmacJier  die  wolle  filzen. 

FILZDECKE,  f.  stragulum  e  lana  coacta. 

FILZEISEN,  n.  womü  gefilzt  wird. 

FILZEL,  n.  bei  Helblixg  1, 1148  ist  undeutlich. 

FILZEN,  1)  lanam  cogere ,  Ü.  feltrare,  fr.  feutrer,  bühm. 
pistiti.  man  derüct  leiclit  auch  an  falzen,  das  wir  doch  oben 
sp.  1303  mit  falten  gleichsetzten,  wä/irend  in  filzen  pilus  haar 
enthalten  schetnt.  nach  dem  fachen  (zei<'en,  sp.  1223)  werden 
die  haare  von  den  hutmachern  gefilzt.  Brosesiüs  132.  calcei 
viltiati.  eh.  a.  1146.  MB.  9,  503 ;  gevilzt  schuech.  a.  1347.  MB. 
12, 316.  seiden fdden  filzen  sich  nicht,  aber  haare  filzen  sich,  dasz 
man  sie  nicht  mehr  auskämmen  kann,     von  einer  teufelin  heiszt  es 

vilzet  ist  ir  loc.  Apolloniux  4368, 
verfilzt,  verworren,  vgl.  antvahs  und  verworren  En.  84,38.  85,  S 
cofi  Sibylle,  auch  figürlich  von  anderm,  das  sich  wirrt:  und 
damit  solche  materien  gleich  bei  einander  erhalten  und  zu- 
sammen geküttel  und  geleimet  oder  in  einander  gefilzt  werden. 
Mathesics  32';  etliche  lassen  (6e»  rfernia/;^erei/H  nj)  den  waizen 
auswachsen  so  lang  er  will,  der  meinung  es  könne  nicht  zu 
riel  sein,  ob  er  sich  schon  zusammen  filzet.  Hohberc  2, 79'; 
auf  welche  rohe  weise  Newton  sein  weiszes  licht  zusammen- 
krämpeln  und  filzen  will.  Göthk  59,238;  denn  hier  ist  nicht 
von  krämpeln,  filzen  und  kardetschen  fertiger  farbenlichter 
die  rede.  59,  240.     s.  verfilzen. 

103 


1635 


FILZEN— FILZGEZELT 


FILZGRAS— FILZIG 


1636 


2)  lana  coacia  veslire,  grob  kleiden,  vas  dann  unmülelbar  in 
scMle  übergelU:   grobe  gefilzte  narren.  Keisersb.  narrensch.  116. 

3)  filzen,  kargen,  parcere:  dieser  daheim  filzet  und  karget. 
Kirchhof  trendunm.  1S2'. 

4)  oOjurgare,  schelten: 

was  macht  ihr  in  meim  haus? 

dort  lilzt  ich  euch  hinaus, 

so  seid  ihr  jetzt  widerkoinmen, 

darob  hab  ich  ein  graus.    Athkr  fastn.  US' ; 

ei  sie  werden  mir  webe  damit  tbun,   wenn   sie  micb  filzen. 

herz.  Heinr.  Jdl.  341; 

er  sieht  mich  beim  essen  und  trinken  nicht  gern, 
fllzet  mich  aus  und  läszt  mir  kein  ruh.    Abele  4,504; 

musz  aber  docb  ein  wenig  filzen,  dasz  ihr  mir  eine  ent- 
scbuidigiing  macht,  mir  ewern  neujahrswunsch  in  post- 
scriptura  geschrieben  zu  haben.  El.  Chabl.  v.  Orl.  s.  119 ; 
weilen  der  könig  mir  befohlen  m*  de  Berry  zu  filzen,  wenn 
sie  was  Unrechts  thete.  103.  s.  ausfilzen,  erfilzen. 
FILZEN,  coaclüis,  mhd.  \iilzin, 

den  Tilziuen  huot.    G.4.  2,43S; 

und  seint  von  dreien  stücken  zusammengesetzt,  unden  hülzin 
und  oben  filzin  (unten  holzgeschuht,  oben  ßhhulig,  in  der  mitte 
der  leib).  Keisersberg  narrensch.  29',  bei  Bhant  Tod"  unden 
hülzen,  oben  fülzen;  ist  mancher  nicht  grosz,  so  wer  er 
doch  gern  grosz.  sie  seind  aber  lent  von  dreien  stücken, 
tragen  hohe  hütlin  auf  den  köpfen  und  hohe  holzschuh  oder 
banfoffeln  an  den  füszen,  seind  oben  filzen  und  unden  holzen. 
seh.  und  ernst  1555,216;  darnach  nam  er  ein  filzen  hfit  und 
mantel  und  walstab  in  die  band.  Aimon  v4';  durch  filzene 
filtrierhüte  seihen.  J.  P.  Kamp.  23. 

FILZER,  m.    1)  pilearius,  der  wolle  filzt,  hüte  machl. 

2)  objurgatio,  verweis,  ausputzer:  durch  der  frau  mutter  gute 
wort  und  schankung  sich  von  der  zucht  und  Unterweisung 
abschrecken  und  bethören  lassen,  damit  dem  jungen  herrchen 
nur  kein  streich  oder  filzer  werde.  Pbilander  1,  614. 

3)  homo  aiarus,  geizhalz,  knicicer. 

FILZEUEl.  f.  sordes,  araritia,  knauserei:  was  ist  der  neid 
änderst  dann  filzerei,  warauf  schweren  ihr,  dicweil  ihr  nichts 
können  noch  wissen?  Paracelsds  1, 151'.  Stieler  467.  Kuian 
144'  hat  fielterije  spurcUia,  fielt  nebulo. 

FILZGEBAUER,  m.  uos  filzbauer,  niM.  vilzgebftr,  vilzgebftre : 

ich  hrer  wol,  daj  du  von  natür 

bist  als  ein  krieger  (?  karger)  vilzgebür.    Renner  6024; 

des  sprichet  manec  vilzgebür 

sime  wibe  dahcime  vil  bcesiu  wort.    11395; 

du  bist  sinne  und  witze  ein  slür, 

Worte  und  wfrke  ein  vilzgebür.    12195; 

ob  ein  wip  zart  ist  von  natür 

und  ein  uoertic  vilzgebür 

unzühteclich  ir  walten  wil.     12955; 

da;  merkent  die  gehörten  ba;  danne  von  rShter  art  ein  vilz- 

gebüre.    Albr.  Til.  5345; 
das  »ah  ein  vilzgebüre.    MSH.  3, 202'; 
dö  stuont  vil  manic  vilzgebür.    3,238'; 
dö  vrägt  ich  einen  vilzgebür.    3,304'; 
fiM.  da  bist  ein  rechter  plehingere 

und  ein  edeler  vilzgebaur.    Kellers  erz.  464. 

v^.  gebauer. 

FILZGEFCLLSEL,  n.  ohne  eben  viel  dank  für  das  auf- 
gesetzte filzgefüllsel  haben  zu  wollen  (der  lange  prorisor  drückt 
dem  kurzen  seinen  mit  eiern  angefüllten  hui  auf  den  köpf),  i.  P. 
Hesp.  2, 58. 

FILZGEIGE,  f.  politura  peclinum,  ein  mit  feinem  filz  bezog- 
net  Werkzeug  der  kammacher.  Frisch  1,  266*. 

FILZGELEICH,  m.  articulus,  puljia  pedis?  wenn  nictU  ver- 
schrieben für  fuszgeleich,  fuszgelenk,  in  fdtjender  stelle  schwer 
XU  deuten:  Magis  nom  einen  seiden  faden,  den  (bei  er  weschen 
und  Reinharts  braunen  in  den  filzgelcith  darmit  hart  binden. 
Aimon  k3'.  in  den  andern  bearbeitungen  der  sage  wird  das 
pferd  am  fusz  gebunden,  d-isz  es  hinken  musz.  geleich  scheint 
das  ahd.  gileih  arlus,  puljia  {(Graff  2, 151),  das  mhd.  geleich, 
gleich  articulus  (wb.  1,  960'),  doch  sind  beide  neutral,  nictU 
männlich,  filz  könnte  die  filzige,  pulpose  sleUe  des  gelenks  aus- 
drücken, KOS  drr  besldtigung  bedarf  für  ein  adv.  Idszl  sich  das 
«M  filz  getrennte  geleich  schwerlu-h  nehmen,  vg/.  noch  fisziacb, 
flszteicb  in  den  cor.  zu  Flore  2761. 

FILZGEZELT,  n.  lentorium  stragulis  tedum,  s.  Ulzhaiu: 

mhd.  docb  mit  werlirher  hant 
llgen  »\  le  v^Me 
under  nancKem  vllifctClde.    Errut  39M. 


FILZGRAS,  n.  filago,  ein  dichtrerschlwngnes,  niedrig  am  baden 
wachsendes  kraul. 

FILZHAUS,  n.  ahd.  Ismahelitae,  die  der  hüser  ne  habent, 
sunler  okkeret  vilzhös.  Williram  7,  25,  wo  die  andere  hs. 
wildes  höta,  feile. 

FILZHOLZ,  n.  was  filzgeige. 

FILZIIUT,  m.  endo,  pileus  e  lana  coacta,  bühm.  pIstSnice  f., 
im  voc.  14S2  kk4'  calendrum;  einen  vilzhuot  und  zwfine  henl- 
schuohe.  weisth.  4,  263  (sdion  im  13  jh.) ; 

ir  bar  Im  zopf  geflochten  ist  wie  ein  filzhut.  . 

meisleiij.  23  «•  tl ; 
wenn  sie  (die  kucken)  gar  schmalzig  sind  und  gut 
und  zurgen  (zergclm)  in  dem  mund  als  ein  vilzhut. 
fasln.  374,27.  791,  12; 

im  Winter  ist  dem  bilger  not  der  dick  grosz  zoltecht  ßlzhuL 
Keisersb.  bilger  62*;  ja  mit  einem  filzhut  würden  sie  fünfe 
tod  werfen.  Luther  3,134';  ein  bawer  würde  mit  eim  filzhut 
zehen  feinde  zu  tod  schlagen.  Alberus  wider  die  leie  der  Carl- 
slader 0  3';  da  seind  sie  (die  gefangnen)  oft  so  wolfeil,  das 
man  vil  umb  ein  schlechte  summ  gells  kauft,  ja  etwan  ein 
mensch  umb  ein  filzhut  geben  wirt.  Frank  weltl).  lOl';  ist 
es  nit  abendeurig,  das  man  solichen  dreien  stiften  golt  gut 
und  gelt  mit  breiten  filzhuten  bringen  sol?  Schade  sat.  und 
pasq.  3,  41 ;  aber  in  ander  leut  baut  schneidl  man  wie  in  ein 
filzhut.  Lehmann  97 ; 

es  ist  ins  andern  or  zu  schneiden  wie  in  ein  Olzhut. 

Schade  sal.  u.  pasq.  1,170; 
nach  ist  das  hier  dick  und  gut 
und  schmeckt  wie  ein  filzhut. 
vorzeiten  war  der  kophant  sterker. 

Ad.  Scul'bartu  der  sieman  d.  i.  wider  den  hautteufel. 
Wehienfels  o.j.  üb'; 
was  Wolfens  thon?  wöln  sie  zu  spot 
wol  mit  lilzhüten  werfen  zu  tod?    II.  Sachs  IIT.  1,40'; 

wies  der  herr  Jesus  so  weit  versähe,  dasz  er  in  den  öligarten 
kam,  da  ward  seine  sache  zum  filzhut  (tum  quidcm  perieral 
fundilus).  Mei.ander  jocoser.  2  n  111  (nach  der  Licher  ausg.  von 
1604  s.  455  n°  511);  alles  mit  einander  ist  verspielt  und  zu 
einem  filzhut  worden.  Avher  }yruc.  1,9;  ihn  diinke,  wenn  er 
das  leben  hätte,  er  wolle  noch  schweizerisch  und  bairisch 
lernen,  denn  dieselbe  sprachen  sonderlich  anmutig  und  ver- 
giengen  einem  die  Wörter  im  maul  als  wie  ein  filzhut. 
Simpl.  traumgesitht  von  dir  und  mir  s.  743;  der  oflermals  einen 
schaubbut  setzt,  da  einer  wol  eines  guten  filzhuts  bedürfte. 
ScHüPPius  bei  Wack£rnagcl  3, 750 ; 

ich  habe  verzert  mein  valers  gut 

bis  auf  einen  alten  lilzliut.    tcun(/e)7iorn  2,75. 

steht  auch  persönlich,  wie  filz,  als  schelte: 

wir  wellen  nit  mcr  leiden 

den  groszen  übermnt, 

den  geilen  uns  tut  treiben 

ein  ieklich  grober  lllzhut.    Uhla>d  6S5; 

ja  ja,  da  kömmt  der  grobe  filzhut.  causenmachcr  142 ;  Ohn- 
macht fallen,  alter  filzhut,  das  wäret  ihr  noch  werth!  Arnim 
scitaub.  2,  76.  s.  oticA  die  unter  filz  aus  Garg.  219'  angeffüirlc 
stelle. 

FILZIltTEL,  tl.  wenn  wir  recht  Christen  wollen  sein,  so 
würden  nit  so  vil  roter  filzhütlen  (cardindlc)  sein,  man  würd 
wenig  der  römischen  bähen  achten.  Scbade  sat.  und  pas^. 
2, 122. 

FILZICHT,  l)  coaclilis:  eine  filzichte  masse,  flizichles  haar. 

2)  figürlich,  ich  musz  hie  seines  (Zwingli.^)  filzichten,  feind- 
seligen deudsches  brauchen.  Luther  3,  345';  versiehe  ich 
sein  flizicht,  zötticht  deudsch  recht.  409'.  s.  vorhin  über 
schweizerisch  und  bairisch. 

3)  sordide  avarus: 

man  kann  mit  ftig  und  recht  den  aufgehlasnen  reichen, 
der  karg  und  lllzlchl  ist,  mit  einem  schweinc  gleichen. 
^■tMA«K  tuMwatilclu'ii  223. 

FILZIG,  wie  filzicht, 

tl  coachlis,  filzige  wolle,  fllziges  haar;  mit  zerrissenem 
filzigen  kleide.  Fr.  MIJlleh  2, 187. 

2)  von  pflanzen,  tomentosus.  fein  gepul.^terl. 

3)  sordidus,  illiberalis:  ein  filziger  geizhals;  seine  hauswirt- 
»chaft  war  zu  seiner  eiiiiiahnu'  mehr  filzig  als  genau  zu 
nennen.  Uipz.  avant.  1,52;  filzige  habsuiht.  Kant  tO,  II. 

FILZIG,  adv.  Uliberaliter : 

nin  ;iirrii'ii(Mi,  dasi 
er  nur  den  müii  »ollt  rr  auch 

de»  mnngeix  in  um  ili«  pnb« 

nach  dieser  ur>  i./uwftgcn.    Luftn«  S,2I1. 


1637 


FILZIGKEIT— PIS2S0HLE 


FILZSTIEFEL  — FIMMEL 


1638 


FILZIGKEIT,  f.  nach  den  bedeulungen  des  adj.:  seine  Vor- 
rat hskammer  zeigete  eben  von  einer  groszen  filzigkeit.  Leipz. 
atanl.  t,  54;  neben  dem  sind  mir  wenig  leute  vorgekommen, 
die  ihn  in  knickeriger  filzigkeit  übertroffen  hätten,  c/u  eines 
weites  47. 

FILZITÄT,  f.  dasselbe:  ists  beschwerlich  und  verdrieszlich 
einem  herm  gelrew  dienen,  der  es  aus  kröpfischer  filzitet 
nicht  erkennt.  Lehmass  144. 

FILZKAPPE,  f.  cucullus  e  lana  coaeta. 

FILZKEGEL,  m.  starkes  papier,  das  die  hulmacher  beim  ßlzen 
ticischen  die  fache  legen. 

FILZKEKN,  m.  dasselbe. 

FILZKLEID,  n.  endromis,  ein  dichtes  Ideid  der  jäger.  Fbischmn 
nomencl.  4TS. 

FILZKRALT,  n.  cuscut<i,  zwirnrnnde,  flachssäde,  (lachsdoUer. 
LosicERCs  236',  sonst  auch  ßlago  germanica  oder  calUia  palustris. 
ScB5URR  1664  s.  22S.  HoHBERG  1,  534*.  cuscuta  zurückiufüJiren 
aufs  gr.  xäaao?,  xaaovs,  worin  die  Vorstellung  des  zottigen  ent- 
halten, das  kraut  hat  dichte,  rerscUungne  fasern,     s.  flachsseide. 

FILZKRAL'TWASSER,  n.  zeit  seiner  distilüernng  ist,  so 
die  faden  knüpf  oder  samen  tragen,  das  kraut  hat  nicht 
Weiter  wie  ander  kraut,  zu  derselben  zeit  gebrandf.  Lo.'si- 
CERl*  237'. 

FILZLÄPPCHEN,  «.  ein  Stückchen  filz  oder  leinwand  zum  filzen. 

FILZLAPPE,  m.  ein  stück  filz,  cento. 

FILZLAUS,  f  pediculus  pubis,  morphio,  nnl.  filtluis:  zogen 
frische  hembder  an,  newe  kleider  über  alte  filzläus.  Garg. 
174*;  dieser  Fritz  einen  langen  hart  hatte,  welchem  eine 
filzläuse  {so)  wol  40  meil  weges  zu  ehren  reisen  mögen. 
hicundiss.  197;  für  siebzehn  jähren,  wie  mich  dlieb  noch 
gjuckt  hat,  wie  ein  filzläus.  Schwabe  tintenf.  54; 

so  frölich  as  ne  fihlus  schier.  Fr.  Recter  riemels  4  aufl.  206. 
in  mehrem  städlen  heiszen  oder  hieszen  gössen  und  bierhäuser 
filzläus,  die  gülden  filzläus.     figürlich, 

sonst  in  der  weit  pehts  also  ru, 
manch  filzläus  schlimm  macht  grosz  unrah 
mit  zorn,  neid,  hasz,  stolz,  übermuth. 
tbu  gmach  gsell,  zuvil  nicht  gut  thut. 

pEfERABETtD  jag  Und  wetdwerkimch  57*. 

FILZLEIN,  n.  mW.  vilzelin: 

do  sazt  er  die  glrpvin 

Torn  üf  des  satels  Tilzelin.    Parz.  537,  C. 

v^.  filzsatfel. 

FILZMACHER,  m.  pi/earius,  nni.  viltraaker;  Tilzmacher  oder 
huter,  fiUrifex.  roc.  14S2  kk  4' ;  ist  noch  auf  disen  tag  etlicher 
reichen  filzraacher  red,  bei  handwerkern  und  baursleuten. 
WickRAM  piiqer  L3  6/.  40. 

FILZMAMEL,  m.  sagum  ejana  coaäa: 
ir  reutr,  ich  sih  ein  dort  von  weiten 
io  einem  filzmantel  her  reiten.    H.  Sachs  V.  341'; 

disz  gebew  war  gebawet  .  .  .  nach  dem  hirzhnm,  wie  die 
statt  Brundus,  und  nach  eira  macedonischen  filzmantel,  wie 
Alexandria.  Garg.  275';  1  fl.  3  gr.  für  2  vilzmentel  (o.  1515). 
mittheil,  des  Ihür.  sächs.  Vereins  V.  4,  43. 

FILZ.MLTZE,  f.  was  filzkappe. 

FILZRAUPE,  f.  raupe  der  phalaena  potatoria. 

FILZROCK,  m,  sagum,  kotze.  Dastpodids  290' 

FILZSATTEL,  m.  sattel  mit  fihbesatz. 

FILZSCHUH,  m.  calceamentum  laneum.  ror.  14«;2  kk  4*.  Dast- 
PODILS  290\  filzschuch,  sculponea.  Ma.^iler  135',  geschlächt 
mit  filzschuchcn,  sculponcalus. 

FILZSOCKE,  m.  soccus: 

der  Winter  zog  gar  unverholn 

daher  mit  kalt  schneidendem  lufl, 

wäld  und  heck  waren  al  betufl, 

wunn  und  freud  er  eins  nachts  erfrört, 

mit  lerman  war  das  volk  entpört, 

und  flöhend  das  viech  in  die  stell, 

das  Tolk  sich  alles  wapnet  schnell 

in  pelz,  rauchmützen  und  filzsocken, 

paotolTel,  bendschuch  unerschrocken.    H.  Sachs  1, 422* ; 

die  würz  sind  steinhart,  wie  die  grieben, 

wil  ieder  in  ein  stifel  schieben. 

auf  dasz  mir  die  fösz  nit  erfrieren, 

wenns  schneit,  thut  glenstem  und  gefrieren, 

sind  nutzer  mir  als  zwen  filzsocken, 

wenn  ich  zu  nachts  geh  zu  dem  rocken.    V,349'; 

den  fünften  (pUger  erhascht  er)  durch  ein  schnitt  im  schuch, 
den   er   (der  pilger)   minders  tnirkens  halben  drein  gekerbet 
hat.  also  da«  die  filzsocken  Iirraus  ragten.  Garg.  238*. 
FILZSOHLE,  f.  solca  t  lana  coacta. 


FILZSTIEFEL,  m.  ocrea  e  lana  coacta:  bis  der  ochse  wird 
filzstiefeln  tragen.  Weise  erzn.  345. 

FILZSTÜCK,  n.  ein  groszer  fetze  filzes. 

FILZTAFEL,  f.  vorauf  der  hutmadier  die  wolle  filzt. 

FILZTUCH,  fl.  vas  filzlappe. 

FILZÜBERZUG,  m.  gelheerler  eines  dadus 

FILZUNG,  f.    1)  coaclio  lanae. 

2)  objurgatio,  renceis.   Risgwald  lata.  warh.  lOS. 

FILZ  WERK,  n.  opus  coadile,   alle  aus  ßz  bereüden  waaren. 

FILZ  WOLLE,  f.  lana  coactüis. 

FIME,  f.  acervus,  nd.  form  für  das  hd.  feime  sp.  1451 :  des 
nachts  ist  unter  blauem  himmel  die  heufime  sein  belle  ge- 
wesen. Mosers  werke  1, 175.  Scbahbacq  270'  schreib!  fimme, 
soirol  für  den  häufen  garben,  als  für  heufimme  und  hollfimme. 
Danseil  51'  fim  und  fin,  das  er  auf  holtfim  einschränken,  da- 
gegen von  körn,  stroh  und  heu  dim  gebraudä  tcissen  wiU.  fim 
und  dim,  fime  und  dime,  fieme  und  dieme  sind  aber  dasselbe 
wort,  nach  dem  irechsel  zirisdten  f  und  d.  das  nl.  Tim  soll 
einen  häufen  ron  hundert  bündeln  oder  büscheln  bedeuten,  die 
ddinung  fieme  gleicht  dem  nhd.  fehme  ßr  ferne  (sp.  1516).  es 
tritt  hinzu,  dasz,  wie  schon  sp.  1516  nachgehet  wurde,  im  hebe- 
register  ron  Werden  aranfimba  einen  ernte  oder  getraidehaufen 
ausdrückt:  debetur  autcm  aranfimba  quod  dicitur,  id  est  unus 
acervus,  dari  sex  mansis,  uv  die  worle  'quod  dicitur'  über  die 
voUcsmässigkeit  der  deutschen  benennung  keinen  zweifel  hinter- 
lassen, mit  diesem  alls.  fimba  trift  nun  die  zweimal  verzeich- 
nete ahd.  glosse  finbAn,  pigä,  acervos  (Graff  3,  523)  zitsammen, 
finbä  bedeiäet  gleich  piga  acervus.  sonst  bindet  sich  kaum  n, 
gern  aber  m  mit  b,  ist  finbftn  zu  bessern  in  fimbftn?  fimba 
mag  in  fima,  fimma  übergehen,  wie  lamp,  snamp  in  lam,  saam, 
gen.  lainmes,  suammes. 

solche  ausdrücke  dürfen  hohes  alters  sein,  da  vom  volk  an  allen 
namen  und  gebrauchen  des  landbaus  zähe  fesigelialten  wird,  nur 
fällt  es  sdiwer  das  auf  ihnen  liegende  dutikel  zu  zerreiszen.  m 
ermangelung  besserer  beweise  stäien  blosze  rermuUtungen  frei, 
alts.  ist  femea,  nocA  der  andern  hs.  fehmea  Hei.  9,  22  rirgo, 
ifo:«  sich  ags.  fsemne,  fries.  fämne,  alln.  feima,  am  merkwür- 
digsten das  unverschobne  lat.  femina,  it.  femmina,  fr.  femme, 
sp.  hembra  ßgen.  gerade  wie  aus  femina  dies  letztgenannte 
hembra,  könnte  aus  femea  fimba  erwachsen  sein,  nun  wird 
Terschiedenllich  beim  emtefcst  eine  garbe  geschmückt,  als  mädchen 
oder  puppe  hämgeführt  (Hacpt  7,  3S9  —  393),  wie  wenn  ron 
femea  überhaupt  der  name  ferne,  feime,  fime  für  die  garbe 
oder  das  garbengebund  ausgegangen  wäre,  analog  läge  die  aus 
mavi,  mouwi  entsprungne  benennung  der  handfessel  mouwe, 
voron  ich  anderwärts  gehandelt  habe,  und  selbst  die  peinliche 
feme  liesze  sich  am  ende  noch  darstellen  als  fesselnde,  züchtigende 
Jungfrau,  deren  spur  in  den  sagen  ungelU^  blid);  die  gauner- 
spradie  verwendet  fehme  ßr  hand  (handfessd?).  der  feme  der 
eichein  und  bücheln  im  wald  läge  die  des  getraides  auf  dem  acker 
nicht  allzufern,  dieser  einfall  hebt  das  sp.  1517  vorgdragne  wieder 
auf,  musz  sich  aber  lächi  zurück  ziehen  vor  einer  hernach  unter 
fin  milzulheilenden  dritten  ansieht. 

FIMER,  m.  canis  sagax,  Spürhund? 
die  wilden  schwein  die  sind  auch  gut 
wer  mit  der  hetz  sie  fahen  thut, 
die  fimer  müssen  sie  ausspürn, 
waidicui  und  rüden  must  mit  fTim.    H.  Sachs  1, 424*. 
nur  in  dieser  einen  stelle  aufzuweisen ;  stände  fenner  statt  fimer, 
so  liesze  sich  an  fenn  sp.  1518  denken. 

FIM.MEL,  FEMEL,  ni.  heiszt  dem  rolk  der  gelblieh  blühende, 
keinen  samen  lraf,ende  kurze  hanf,  dessen  zartere  Stengel  früher 
reifen  und  gcrauß  werden,  als  die  des  langen,  kömer  bringenden, 
welcher  in  der  Sdtweiz  mäschel  genannt  wird,  die  namen  sind 
aber  verdreht  und  fimmel,  d.i.  cannabis  femeüa  auf  den  männ- 
lichen,  hingegen  mäschcl,  cannabis  mascula  auf  den  weiblichen 
angewandt  worden,  weil  der  sinnlichen  ansdiatiung  die  stärkere 
pflanze  männlich,  die  schwächere  weiblich  erschien,  die  natur- 
forscher  stellen  das  richtige  rerhälinis  her,  ihre  benennungen  lauten 
darum  den  volksnpJszigen  ganz  entgegengesetzt,  schon  bei  Maaleb 
135*  war  fimmel  fehlerhaß  der  kurze  hanf.  weder  Frisics, 
Dastpodiüs,  flOcA  die  bei  Diefendach  unter  cannabis  ausge- 
hobnen glossen  liefern  das  wort,  weil  mäschel  neben  fimmel 
steht,  läszt  sich  letzteres  sicher  nicht  aus  jenem  allen  femea  her- 
läten  und  mag  erst  im  IC  jli.  aufgenommen  worden  sein,  in 
Österreich  sagt  man  für  fimmel  bästling.     auch  engl,  fimble. 

FIMMEL,  m.  bergmännivh,  ferramerttum,  ein  eisenkeil,  der 
zwischen  das  gestein  getrieben  wird,  bOhm.  fimol,  fimel,  dunkler 
abkunß,   dem   rorausgehendea  fimmel  unrrriranrf.';    aber  ein 

103» 


1639 


FIMMELBÄUSCHEL  —  FINANZ 


FINANZ— FINANZKR 


1640 


Testern  gang,  der  sich  hauen  läszt,  auch  ein  vestes  und 
noch  vesters  gestein  des  hangenden  geninnen  sie  mit  stärkern 
hergeisen,  neniiich  mit  dem  fimniel  also  genannt.  Bechius 
Ayricola  83;  nun  kommen  wir  zu  ewenn  schlegcl  und  eisen 
und  was  ir  ferner  für  gozaw  zu  ewer  liergarlicit  im  schürfen, 
reschen,  Stollen,  schechten,  strecken,  hornsletlen  bedürfet, 
als  klein  und  grosze  peuschel,  handfeustel,  blölz.  federn, 
keil,  fimniel,  ritzeisen,  keilhaw,  kratzen  u.  s.  w.  Mathesiüs 
1562,196'  =  1587,137';  man  hawet  mit  piilen  und  rilzeisen 
ein  ritz  und  setzet  keil  und  plolz  und  fidert  oder  ketzert 
die  ritz  aus  mit  fimmeln  und  federn.  1562, 197' =  15^7, 139"; 
wenn  man  den  stein  mit  fewer  hebet  oder  ritzet  in  mit 
fimmeln.  1562,314'.  Hertwig  134'  hol  das  worl,  in  den  neueren 
idioliken  von  SciiEUcnENSTUEL  und  Gätzschmann  maugell  es. 

FIM.MELBÄLiSCHEL,  m.  ein  schwerer  Hammer  zum  einschlagen 
des  ßmmcis. 

FLMMELF.\USTEL,  m.  dasselbe. 

FIMMELN,   den  kurzen  fimmel  ausziehen.    Maaler  133*;    6« 
ScHMELLER  1,531  allgemeiner:    aus  fruchten,   die  auf  dem  felde 
stehen,    die  reifen   lesen    und  sclieidcn.      das  nnl.  fijmelen,    bei 
KiLiAN  femelen  bedeutet  kaarden  en  de  noppen  {vgl.  sp.  1575) 
afpluizen,  ähnlich  unserm  federlesen.     s.  auch  fummeln. 
FI.MMELN,  bergmännisch,  den  ßmmel  einschlagen,  einhauen. 
FIN,  FINE,    acervus,   slrues.      fin    hier   aufzustellen  berechtigt 
die   ron  Danneil  51*    neben  fim  ausdrücJilich  gegebne  form  und 
das  schon  vorhin  angeführte  ahd.  finhd.     fin  könnte  den  vorzug 
verdienen  vor  fim,  wie  mlul.  turn  ror  nhd.  tliurm.    noch  grüszeies 
geuiclil   haben  ags.  ahd.  und  fremde  tcörter.      Lye  gibt  das  ags. 
vudufin,    vudefin    ligni   strues,   glossen  bieten  dm  dat.  vudufine 
strue,   congerie   (Haupt  9,  464"),    vudefine   strues  (Wrigiit  39'). 
in  einem  grenzbcgang  vom  j.  931  bei  Kembi.e  5,  194  liest  man: 
ford  lö  |jära  ealdan  ädfini  {zu  dem  allen  feuerhaufen,  Scheiter- 
haufen),   of  {)äm   finie    (von   dem  häufen)  up  tA  [)äm  ealdan 
elcbeame.      der    artikcl    |)äm    fordert   ein  m.  oder  n.  gleichviel 
mit   vudufin    erscheint   anderwärts  finvudu,    und  in  einem  west- 
fälischen weisth.  von  1411  (3, 82.  83)  vineholt.     Otfbid  bezeugt  uns 
ahd.  witufina  oder  witufina,  rogus,  strues: 
in  then  alteri  crnan  legita, 
so  druhlin  imo  sagela, 
thia  liebün  sein  sina 
ufan  ttiia  wituvina.    0.  II.  9, 48. 

hierzu  stimmt  ßnn.  pino  slrues  lignorum  ordinala,  estn.  pinno, 
lit.  pinnai  (;>/.)  tanncnäste  zum  zaunflcchten,  piniift  twora,  ge- 
flochlner  slrauchzaun,  pinti  flechten,  winden,  skr.  pind,  coacer- 
vare,  colligcre,  es  ist  bekannt,  dasz  die  scheilerhaufcn  zum  leichen- 
brand  mit  dürnern  durchflociUen  wurden,  war  nun  Ana  oder  fin 
sdicilerhaufc,  holzhaufe,  so  wird  es  auch  für  die  anhdufung  von 
heu,  Stroh,  getraide  und  von  garbcn  verwandt  worden  sein,  dem 
finba  lag  vielleicht  ein  ältn-es  finiba  zum  gründe,  nachlwr  gieng 
finba  in  fimba,  dies  endlich  in  fime  über,  die  vorhin  gewagte 
hcrleilung  aus  f^mea  ist  damit  aufzugeben,  ein  so  altes  wort  vcr- 
diente,  dasz  man  in  seine  beschüffenhcit  von  allen  selten  her  zu 
dringen  sucht. 

FINANZ,  f.  pl.  finanzen,  gebildet  wie  exspeetanz,  ojiservanz, 
pelulauz,  Vigilanz,  cadcnz,  excellenz,  sequenz,  audienz,  con- 
Tenienz  und  eine  menge  anderer,  die  ins  deutsdie  Wörterbuch  eist 
dann  gehören,  wenn  sie  häufigen  gebrauch  oder  besondere  bedeu- 
tung  gewonnen  haben,  alle  gehen  zurück  auf  lat.  antia,  enlia, 
ienlia,  diese  auf  participia  pracs.,  obgleich  das  zum  gründe  liegende 
verbum  oß  erloschen  ist  {z.  b.  in  clemenlia,  frequenlia  von 
Clemens,  frequens).  tia  wurde  it.  in  za,  sp.  in  cia,  fr.  in  ee 
gewandelt,  ntui.  genügte  bei  der  aufnähme  bloszes  z,  nnl.  blieb  ce. 
nUid.  sluszen  nur  ein  paar  auf,  unkenntlicher  und  männlich 
gcmaclit  (govenanz,  requianz,  ridewanz,  wie  doch  reverenz  m. 
noch  Felsenburg  3,  393),  seit  dem  16  jh.  bleiben  sie  weiblich  und 
mischen  sich  in  unsre  spracJie  vielfach  störend  ein. 

finanza  rülirl  nun  her  aus  einem  neben  flnire  aufkommenden 
finare,  praeslare,  componere  de  ]iecunia  solvenda.  quittieren,  bezahlen 
und  der  pl.  Hnanzc  drückt  aus  geUlangeleyrnhciten,  Zahlungen,  ein- 
künfte.      sonderbar  steht   aber  das   nhd.  linanz  int  16  jh.  (und 
aus  dem  15  vermag  ich  noch  keint  aufzuzeigen)  beständig  im  Übeln 
tinn   für  betrug,    list    und  böse  ranke,    der  verkehr  mit  geuinn- 
türldigen    welschen   kaußeuten   und   unterhlndlern   musz  damals 
den   eindruck  hinterlassen   haben,    dasz  ihre  finanzen  und  geld- 
geschä/le  auf  uuclier,  kniffe  und  trug  ausgiengen: 
wikIixc  daü  Intili  iiml  aiirti  it.in  f^rat, 
al>  titiireu,  flnani,  iiriil  und  liaix, 
»o  hi-ticii  <lie  tchar  und  rindcr 
bcur  dia  jar  cia  t^Sten  witiirr. 

Kki>Eii>.i;Kiu  niiiirtucli.   Id4) 


wie  das  einer,  bapst  Clemens  genant,  sich  zum  regiment  in 
unser  heiligen,  christlichen  kirchen  durch  simonien,  mit  gelde, 
heimlichen  listen,  allerlei  finanzen,  bösen  tücken  und  an- 
schlegen  schendlich  eingekauft.  Lütuer  6,329';  Hnanz  oder 
praclik.  Oberun  392;  sich  aller  finanzen  understehen.  Wiciba« 
roliw.  52; 

sag,  was  wilt  suchen  in  der  weit, 

dann  untrew,  tiiianz  und  das  gelt 

band  ietzund  so  gar  überhand, 

das  irew  ist  gwichen  aus  dem  land.    bilger  g2,  6f.  22; 

dan  der  bapst  hat  uns  mit  flnanz 

dem  teufel  gbunden  uf  den  schwänz. 

Schaue  sat.  u.  pasq.  2,202; 
all  gottlos  wesen  und  finanz 

ist  römischer  bapst  rosenkranz.    KiRcuuor  tcenJunm.  372'; 
wir  wollen  stechen  discn  bock 
und  tunken  in  das  pltit  den  rock 
uf  abentheur  und  frei  feinanz, 
damit  uns  sicher  gral  die  schanz. 

.  ,     .  TuiKBOLT  Gasts  Josetth.  1540  B6; 

der  nicht  in  dieser  weit 
auf  Wucher  thut  sein  gelt, 
linanz  damit  zu  treiben,    ülknbkrg  psatt.  49; 
umb  unser  schalkheit  und  finanz.     II.  Sachs  III.  1,64'; 
auch  schwinde  ßnanz  hellen  machen.    III,  3,35*; 

kauTmaniis  flnanz 

^ar  und  zum  tail 

ist  all'-'s  Tail, 

es  gilt  in  gleich, 

das  himelreich 

gend  si  umb  gelt.    Schade  sat.  und  pafq.  2, 161  ; 

damit  mag  man  die  pfründcnkremer  mit  irem  finanz  vertilken. 
3,61;  einer  führt  sein  söhn  vom  dorf  in  die  Stadt,  den  be- 
schisz  und  finanz  bei  den  krämern  zu  lernen.  Lehmann  107; 
durch  betrug,  finanz,  geiz  und  wucher.  191.  im  17  jh.  ist 
diese  sddimme  bedeutung  allmälich  erloschen.  ImUe  verwenden 
wir  das  wort  häufig,  aber  in  der  französischen  bedeutung  und  nur 
im  pl.:  die  finanzen  des  Staats  sind  zerrüttet;  meine  finanzen 
stehen  gut;  seine  finanzen  sind  nicht  ganz  in  Ordnung. 
FINANZANSTALT,  f. 
FINANZBEHÖHDE,  f. 

FINANZBLITZER:  wie  viele  finanzblitzer  gibt  es,  deren 
aufblitz  nur  dazu  dient,  dasz  man  das  schreckliche  der  ver- 
derbensnacht  erblickt.  Hippel  6, 194. 

FINANZEN,  fallere,  fraudare,  wucliern,  übervortheilen,  übel 
und  belrieylich  wirtschapen,  fr.  financer,  donncr  de  l'argenl, 
besledien : 

sollen  sie  nichts  zu  beuten  han, 
sie  würden  wol  von  kriegen  lan, 
oder^sunst  zii  linanzcn  gar  vil, 
sie  Ißgien  bald  zürn  reclitcn  zil. 

Mlrukr  schetmentunft  10"; 
auf  solch  finanzen  thiit  mans  ziehen, 
sunst  aber  thunts  all  lernung  (liehen. 

WicKRAM  bitger  0  2.  6/.  50; 
si  sagen  vil  und  recbnens  weit, 
wie  dasz  der  sack  spilore  geit 
und  hat  doch  nie  gedanzet. 
wann  sie  sich  selber  sähen  an 
was  sie  lang  hant  geranzet,  gfinanzeti 
UuLANO  mS; 

wa  aber  menschlich  Weisheit  über  die  schrifl  feil  und  darin 
finanzt,  reimpt  und  grübelt.  Frane  weltb.  125';  wuchern  und 
finanzen  war  ihn  (ilmen)  ganz  unbekannt,  chron.  6'; 

wuchern,  finanzen,  schinden  und  schaben. 

Ring  WALD  ir.  Eckli.  AM; 

es  war  ein  man,  der  mit  finanzen  umbgieng,  betrog  land  und 
leut.  kluge  reden  8" ;  und  schickte  es  gott  wunderlich,  da« 
ich  den,  der  mich  zuvor  durch  fuchsschwanzen  {s.  l.)  und 
finanzen  halte  ausgewogen,  hinwieder  aufrichtig  nnd  ehrlich 
vertrieb.  Schweimchen  3,  39  ;  mein  kaufhaiis  soll  einem  jeden 
ofi'en  stehen  und  soll  keiner  gefinanzet  oder  betrogen  werden. 
Jag.   BOiime  yli(rora  172  {ed.  stutg.); 

bürger  sind  fuchse  zum  schleichen  und  schmögen, 
vorlheln,  bernrken,  llnanzen  und  lügen.    Loou-  2,102,11. 

FINANZENFRESSEB,fn.  judex  numarius,  bestechlicher  richtet: 
PS  ist  kein  ilrger  flnanzenfresser  im  lande  als  der  mann. 
Weise  erzn.  303 ;  sehen  mich  die  hcrren  für  einen  finanzcn- 
frcsser  an?  comödirnpr.  260. 

FINANZENPACHTEH,  m.  Rabbneii  4,229. 
FINANZER,  m.  it.  finanziere,  fr.  fiiiancier,  FTenkcii  loflri, 65: 
den  kaufmon  nennet  sie  (die  wrtt)  einen  fln.m/rr. 
meitlrrt.  /n/.  23  n*  245; 

solche  finnnzer  heiszt  man  die  gorgeUlocher  oder  kclslecher, 
sind  aber  für  grosze,  geschickte  Icute  gelulteti.   I.LriiKR  2,  4*>!i' ; 


1641 


PINANZEREI— FINDEN 


FINDEN 


1642 


die  hofeschranzen  und  finanzer.  3,297*;  daher  auch  die  poeten 
die  Wüterich  und  tvrannen  bern,  löwen  und  trachen :  die  gei- 
zigen und  überfaiier  der  arraen  wülf:  die  finanzer  und  new- 
fiindler  füchs  genennet  haben,  kluge  reden  1565,  27*.  1570,30*; 
eigennützige  geltnarren  und  finanzer.  Aventi»  1566,  61 ; 

finanzer,  sctimeichler,  die  allzeit 

hinderten  die  gerecluigkeit.    U.  Sachs  III.  1,257'; 

0  ihr  flnanzer !    Rixgwald  tr.  Eckh.  N  1*. 

FINANZEREI,  f.  fraudatio,  betrug,  vucher:  wenn  jemand 
gerne  ein  schlosz  oder  sonst  etwas  groszes  hette  und  treibet 
so  viel  finanzerei,  durch  Freundschaft  und  womit  er  kan. 
LuTBER  4.407*;  seinen  wucher  oder  finanzerei  mit  dem  gelt 
treiben.  Recter  kriegsordn.  s.  2. 

FINANZISCH,  fraudulentus :  denn  hierin  {dem  handel  der 
kfämer)  gar  oft  betrügerei  und  finanzischer  vortheil.  Kirchhof 
düc.  135. 

FINANZMANN,  m.  ein  glück,  dasz  er  eben  ein  so  guter 
rechfsmann  ist,  als  ich  ein  finanzmann  bin.  Göthe  20,245; 
so  sah  er  sich  als  ein  kluger  finanzmann  nach  andern  mit- 
tein um.  21, 198. 

FINANZMÄSZIG,  adv.  lucri  causa:  den  werth  einer  sache 
finanzmäszig  beurlheilen.  Rabener  5,30. 

FINANZMINISTER,  m. 

FINANZNOTH.  f. 

FIN.\NZSACHE,  f.  causa  ad  reditus  jniblieos  ferlinens. 

FINANZSTAND,  m.  bis  künftig  mit  gott  ihr  {der  kasse)  finanz- 
stand blühender  wird.  Wielasd  bei  Merk  1,  88. 

FINANZWESEN,  n. 

FINANZWISSENSCHÄFT,  f. 

FI.NDANSTALT,  f.  bei  ertrunkenen  wären  bessere  findan- 
stalten   oft  mehr  werth  als  alle  rettungsanstalten.   Hcfelasd 
Makrobiotik  2,  311. 
,    FINDBAR,  ftndlieh,  Irouvable. 

FINDEGELD,  n.  praemium  inrenlae  rei,  ßndelohn.  schw. 
hitteliin,  dän.  findelön,  hittelön. 

FINDEL,  FINDELE,  n.  parvulus  exposUus,  auch  geschrieben 
fflndel:  dadurch  Albanus  erlernet  die  warheit,  das  er  wer 
ein  fündel  {so)  und  ausgelegtes  kind.  Albr.  v.  Etbe  49* ;  findele, 
in  der  gemeine  aufgefangen.  Hemsch  1097, 13.  serb.  naod, 
nachod,  ton  nachoditi  finden: 

nachod  Simeune.    Vci  2,64. 

FINDELHAUS,  n.  hospitium  expositorum:  mein  trauerspiel 
lege  ich  vor  ihre  thür,  wie  vor  ein  fündelhaus  {so)  nieder, 
unbekümmert  über  sein  Schicksal,  das  ich  ihnen  überlasse. 
Sturz  2, 1S2;  sollte  nicht  eine  consistorialanstalt,  die  ein 
ganzes  land  zum  findelhause  eines  vielgebärenden  kopfes  auf- 
thut,  für  geistarme  geistliche  durch  solche  einfuhrgebote 
sorgen?  J.  P.  Fü)el  197(135). 

FINDELIN,  m.  tf<K  findel,  findling: 

ich  hör  es  die  lüte  saeen, 

ir  sint  ein  findeliQ.    Ühli;<d  80. 

FINDELKIND,  n.  dasselbe,  exposüicius  puer.  Dastpodics  189*. 
Sebrancs  syn.  69':    das  in  die  fraw  Tilleicht  als  ein  fündel- 
kint  {so)  wolt  verschmehen.  -\lbr.  ton  Etbe  50*;  hurenkind, 
fündelkind  (so),  nollbruder.  Fischart  ^oszm.  82;  da  entgegen 
under   dem  gnnzen  predigcauzenthumb  nit  einer  wer  {wäre), 
der    gnts   adelichen    herkummens,    münch    und   pfaffen   und 
fündelkinder  {so)  ausgenummen.  Jon.  .Nas  kriegs  und  sigspredig. 
Aö";  bei  allem  dem  ...  mag  es  in  Scheschian  jährlich  eine 
hübsche  anzahl  fündelkinder  (so)  gegeben  haben.  Wielasd  7, 230 ; 
sanft  wie  thauige  hraden 
blickst  du  auf  das  tlndelkind, 
reichst  ihm  .\ri.-idnrns  faden 
durch  des  lebens  lubyrinth.    Salis  17; 
bald  wirst  du  nicht  mehr,  gleich  dem  fiudelkind, 
deine  herkunft  und  dein  losz  nur  ahnen. 

Pfkffel  poet.  versuche  9, 194. 
FINDELMUTTER,  f.  frau  die  sich  des  gcfundnen  kindes  an- 
nimmt. 

FINDELOHN,  m.  vas  findegeld. 
FINDELVATER,  m.  tri«  findelmutler. 
FINDEN,  inrentre.  golh.  fin})an,  ahd.  findan,  mhd.  vinden, 
aün.  Dnna,  ddn.  finde,  die  ablaute  schon  $p.  1309  angegeben. 
finfian,  findan,  finna  verhallen  sich  recht,  ags.  aber  sollte  für 
findan  slehn  fidan  {trie  für  goth.  gun|)S  ags.  gud,  ahd.  kund, 
altn.  gunnr).  altn.  lautet  die  lertia  sg.  statt  finnr  verschiedent- 
lich fidr,  wie  gudr  =  gunnr  eintritt,  noch  im  17  jh.  schreiben 
einzelne  nhd.  finnen  für  finden,  i.  b.  H.  Sachs,  Ayrer  440'  reimt  es 
auf  sianen,  selbst  nnl.  begegnet  fionen,  x.  b.  bei  Bbedero  i.  463. 


man  merke  das  ahd.  part.  praet.  funtan,  mhd.  runden  und  noch 
lange  nhd.  funden  ohne  ge. 

die  geschichte  des  worts  iü  lehrreich,  aber  verwickelt,  ohne  dit 
bedeutungen  kann  der  formen  Übergang  nicht  erhellt  «erden. 
1, 1052.  2,  51  wurde  unser  bitten,  gbth.  bidjan  gleichgesetzt  dem 
lat.  pctere,  obschon  die  lat.  buchstaben  pet  goth.  fi|i  fordern, 
hier  haben  wir  fi|)  in  jenem  fidr  unmittelbar,  bitten  und  findtm 
müssen  anfänglich  eins  und  dasselbe  gewesen  sein,  die  anlaute 
verhalten  sich  wie  in  balz  vnd  falz,  blach  und  flach,  oder  irie 
im  lat.  foetere  und  pufere,  ferre  und  parere,  da  lat.  f  dem 
goth.  b,  lat.  p  dem  goth.  f  entspricht,  dem  eingeschalteten  nasal- 
laut  von  fin))an,  findan  begegnen  wir  aber  im  gr.  TTxn&ävoiiat, 
dessen  formen  ■xvd'ov,  Ttv^'äad'nt,  vitTivouat  des  n  entrathen, 
wie  es  in  petere  und  bidjan  fehlt,  in  ireoos  fehlt,  in  an|)ar 
vorhanden  ist;  u  für  i  gibt  keinen  anstosz,  wie  es  auch  die  ab- 
laute funl)un  und  fun{)an  zeigen,  lat.  fendo  in  offendo,  defendo 
dürße  sich  wol  berühren,  oEfendere  ist  unerwartet,  unvermutet 
antreffen. 

zwar  der  sinn  von  bitten  und  finden,  von  petere  und  tvv- 
d'sad'ai  scheint  abzustehen,  verknüpft  sich  aber  leicht,  wenn  man 
eine  menge  analogien  erwägen  will,  voraus  bemerkt  sei,  dasz  bei 
Ui.FiLAS  fin|)an  nur  yr/rMaxeiv,  nicht  evoiaxtiv  ausdrückt, 
dies  hingegen  durch  bigitan  verdeutscht  wird,  bidjan  steht  für 
aizEiv,  ipcoräv  und  andere  Wörter  mehr,  weder  für  yiyvcäaxeiv 
noch  evQtaxeiv.  nun  tritt  petere,  expetere ,  rogare  über  in 
quaerere,  inquirere,  requirere,  interrogare.  weil  der  bittende  sucht, 
fragt  und  forscht  {oro  rogoque,  Tiwd'ät'Oftat  xal  iocorcö), 
umgekehrt  der  suchende  ersucht,  macht  ausfindig,  der  verlangende 
erlangt,  acquirit,  erhält,  findet,  ahd.  dikan,  alts.  thiggian  ist 
sowol  petere  als  impetrare,  oblinere,  es  heiszt  allgemein  wer  sucht 
der  findet  und  wer  findet  der  hat  gesucht,  aireTv  wird  bald 
durch  goth.  bidjan,  bald  durch  sökjan  wiedergegeben,  erhalten, 
erlangen  und  finden  sind  die  ziele  des  biitens  und  suehens,  liegen 
auf  demselben  weg  und  die  begriffe  wie  die  Wörter  laufen  inein- 
ander, es  musz  einen  punct  geben,  wo  der  sudiende  ein  findender 
wi'-d.  in  solcher  tneinung  stehen  auch  suchen  lind  finden  ganz 
gleichbedeutig,  man  sagt,  geh  hin  und  suche  mir  den  verlornen 
Schlüssel,  d.  i.  find  ihn,  fr.  ist  allez  chercher  und  allez  trouTer 
einerlei,  it.  cercare  aufsuchen  und  finden,  einen  besuchen,  aller 
trouver  quelqu'un,  sp.  catar  suchen  und  finden,  niemand  würde 
suchen  lassen,  wenn  nicht  gefunden  werden  soll,  zugleich  aber  ver- 
steht sich,  dasz  der  fragende  etwas  erfragt,  der  forschende  erforscht, 
der  nach  etwas  fahrende  es  erfährt,  der  findende  also  ein  wahr- 
nehmender ist,  der  evQiaxcov  auch  ein  yiyvtöaxcov. 

aus  venire  entspringt  invenire,  advenire,  adire,  accedere,  an- 
kommen, an,  zu  etwas  kommen,  es  bekommen,  treffen,  antreffen, 
finden,  wie  auch  petere  ausdrückt  ire  oder  tendere,  skr.  pat  ire, 
gr.  nazelv  treten;  wer  kommt  geht  von  einem  orte  her  zu  einem 
ort,  findet  sich  ein,  findet  sich.  böhm.  ist  jiti  gehen,  najiti 
finden,  serb.  choditi  gehen,  nachoditi  finden  und  niciü  anders 
gelten  russ.  naiti,  nachodit  ßr  finden,  eben  so  ungezwungen 
taten  sich  die  Vorstellungen  des  erlangens,  adipiscendi,  oblinendi, 
des  wahmehmens,  bemerkens,  findens  her  aus  denen  des  zeugens, 
erkennens:  parere  gignere,  reperire  finden,  aperire  entdecken, 
finden,  experiri  erfahren;  altn.  gSta  gignere,  condpere,  goth. 
bigitan  evoiaxsiv,  ahd.  pikezan  adipisci,  ark^jan  oblivisci,  goth. 
fin()an  aber  yiyfcöaxeiv,  erkennen,  das  sonst  zeugen  ausdrückt, 
wie  yiyvead^ai,  yirea^'ai  generari,  fieri.  überlegt  man  die  nähe 
von  parere  und  ferre,  so  darf  auch  letzteres  herangezogen  trerden 
und  in  finden  «n  holen,  bringen  oder  herbei  tragen  gelegen  sein. 

dies  einstimmen  und  ineinander flieszen  der  begriffe,  dünkt  mich, 
gestattet  atich  auf  Verwandtschaft  der  formen  zu  schlieszen,  deren 
ach  freilich  die  spräche  nicht  immer  bewust  blieb,  es  musz  lawje 
zeit  verstrichen  gewesen  sein,  seit  sich  bidjan  ron  fin|)an  sonderte 
und  die  sinnliche  bedeutung  ron  ke^an  irar  schon  ahd.  verhallt, 
wie  auch  die  golh.  brtichstücke  kein  solches  gifan  aufzeigen,  mhd. 
und  nhd.  weisz  man  nichts  mehr  von  begejzcn,  begessen  finden. 

merkwürdig  ist  dasz  die  nordischen  sprachen  neben  finna  nocA 
et»  anderes  verbum  hitla  besitzen,  dessen  in  unsem  übrigen  keine 
spur,  es  gilt  mehr  von  dem  zufälligen  unenr arteten  finden  {in- 
ddcre  in  aliquid,  offendere),  nicht  vom  finden  des  gesuchten,  z.  b. 
ein  findling  heiszt  hittebarn  und  scheint  nahrerwandt  mit  hietta 
periculo  se  exponere,  hstta  periculum,  was  dem  finn.  hülle,  läpp. 
helle  entspricht,  alle  romanischen  sprachen  lieszen  aber  das  lat. 
invenire  und  reperire  fahren  {obwol  aprire,  abrir,  ouvrir  blieb) 
und  ersetzten  es  durch  Iruovare,  trobar,  trouver,  welches  räthsel- 
hafte  wort  ich  zu  unserm  treffen  {engl,  hil)  gehnllen  hatte.  DiEZ 
5.  359  denkt  an   lurbare  und  tieht  in  trovare  ein  durchsuchen. 


1643 


FINDEN 


PLVDEN 


1644 


durcbstüren,  conlurbare,  doch  itird  aus  lat.  turba  (utuerm  dorf) 
it.  Iruppa,  fr.  troiipe 

Dies  alles  crOrlerl  folgen  nun  die  einzelnen  fälle  unseres  nhd. 
finden. 

1)  suchen  und  finden,  * 

a)  terlvrnes  oder  eiilwandlcs  finden,  wiederfinden,  reperire: 
reperimus  nostra,  invenimus  aliena,  obschon  der  si>rachgcbrauch 
beide  wOrter  oß  rerKeclisell ;  der  sein  sele  findet,  der  verleusl 
sie.  und  der  sein  sele  verieust  um  mich,  der  findet  sie. 
Mallh.  10,  3!)  I«  der  bibel  14S3,  474',  bei  Luther:  wer  sein  leben 
findet,  der  wirds  verlieren  und  wer  sein  leben  verleurt  umb 
meinen  willen,  der  wirds  finden,  golh.  saci  bigitij)  saivala 
seina,  fraqistci|)  izai,  jah  saei  fraqisteij)  saivalai  seinai  in 
meina,  bigitij)  |)ii,  vulg.  qui  inveniel  animam  suam  pcrdet 
illam,  et  qui  perdiderit  animam  suam  propter  me  inveniet 
eam;  denn  dieser  dein  bruder  war  tod,  und  ist  wider  leben- 
dig worden,  er  war  verloren  und  ist  wider  fnnden,  änolotf-ois 
eioed'T;,  perierat  et  inventus  est,  jah  fralusans  jah  bigitans 
varj).  Luc.  15,  32 ;  schickten  den  bunden  rock  hin  und  lieszen 
in  irem  vater  bringen  und  sagen,  diesen  haben  wir  fnnden, 
silie  obs  deines  sons  rock  sei  oder  nicht?  1  3/os.  37, 32;  und 
er  suchte  und  hub  am  gröszesten  an  bis  auf  den  jüngsten, 
d;i  fand  sich  der  becher  in  Benjamins  sack.  44,12;  und  die 
menner  für  der  thiir  am  hause  wmden  mit  blindheit  ge- 
schlagen bis  sie  müde  wurden  und  die  thiir  nicht  finden 
künden.  19, 11;  und  so  du  suchst  deinen  herrn  got,  du  vindesl 
in,  doch  ob  du  in  suchest  mit  einem  ganzen  herzen,  cumqrie 
quaesieris  ibi  dominum  deum  tuum,  invenies  eum,  si  tamen 
toto  corde  quaesieris.  bibel  1483,  86'  =  .■>  Mos.  4,  29 ;  und  um 
die  eselinnen,  die  du  für  dreien  tagen  verloren  hast,  beküm- 
mere dich  jetzt  nicht,  sie  sind  gefunden.  1  Sam.  9,  20.  ei, 
heiszl:  er  konnte  nicht  worte  finden  um  zu  danken  {die  worte 
versagten  ihm);  sie  sahen  einander  an  und  konnten  rieht  worte 
finden  {rerloren  die  rede),  finden  eh  einer  verloren  hat,  drückt 
aus  entwenden,  stehlen: 

du  kansi  wol  gcU  und  gcitswert  finden, 

ee  das  es  ander  biüerb  liit  verlieren,    fasln.  8G6, 15; 

swer  gerne  vindet,  gerne  still.    Freidank  49,5; 

wer   findt   eh  man  verleurt,    der  musz  sterben  eh  er  krank 

wird.  Frank  spr.  2, 116. 

b)  finden  des  gesuchten,  das  man  noch  nicht  hatte,  invenire: 
und  daselbs  findet  man  gold.  1  Mos.  2, 11 ;  sagten  im  an  von 
dem  brun,  den  sie  gegraben  halten  und  sprachen  zu  im,  wir 
haben  wasscr  funden.  2  3/os.  15,  22;  gehet  hin  in  den  flecken, 
der  für  euch  ligl  und  alsbald  wenn  ir  hinein  kompt,  werdet 
ir  finden  ein  füllen  angebunden,  auf  welchem  nie  kein  mensch 
gesessen  ist,  löset  es  ah  und  füret  es  her.  Marc.  11, 2  {golli. 
bigitats  fnlan  gabundauana);  ziehet  "hin  und  forschet  nach 
dem  kindlin,  und  wenn  irs  findet,  sagt  mirs  wider,  das  ich 
auch  kerne  und  es  anbete.  Matlh.  2,11;  bittet,  so  wird  euch 
gegeben,  suchet,  so  werdet  ir  finden,  klopfet  an,  so  wird 
euch  aufgethan.  Luc.  11, 9.  jäger  suchen  das  wild  auf  und 
finden  es,  der  hund  sucht  und  findet,  reisende  suchen  den  weg 
auf  und  finden  ilin,  seefahrer  suchen  nach  land  und  inscln  und 
finden  sie,  vgl.  oben  sp.  507.  798  über  entdecken  und  erfinden. 

81  runden  da;  si  suochten  an  den  olieiiden  sit.  Ai/>-  2211,4; 
er  suchte  sein  glück  in  fremden  welltheilcn  und  fand  es 
nicht;  wären  wir  in  der  Stadt,  wo  alles  zu  finden  ist,  so 
hätte  niemand  diese  kleine  summe  in  eine  uhr  verwandelt. 
G()TnF.  19,5;  eine  gefällige  weit  legt  die  natur  um  unsern 
jugendlichen  geist  und  der  aufkeimende  trieb  der  liebe  findet, 
was  er  ergreife.  Schiller  317*.  in  schwieligen  fallen,  nOthen 
und  rerlegenheilen  wird  das  rechte  mittel  erwählt,  die  rechte  aus- 
kunß  getroffen:  in  den  beschwerten  Sachen  guten  ralh  finden. 
ScuwEiMicHES  3,  217;  der  sinnende  forscht  nach  neuen  ge- 
sellen und  aufschlössen,  findet  sie  und  ruß  setn  ei'pjjxrt, 
gefunden,  rief  Wilhelm,  gefunden !  welch  eine  glückliche  ent- 
deckung!  GütheI«,  174.  o/l  ÄW.«/ es  ruhe,  gnade,  Verzeihung, 
nach<>icht,  enlschuldigung,  eingang  finden :  suchet  rüge  und 
findet  Bic  nicht.  MatUi.  12,43;  aber  Noah  fand  gnade  für  dem 
herm.  1  Mos.  6,8;  die  weil  dein  knecht  gnade  funden  hat 
für  deinen  äugen.  10,1»;  lasz  deine  magd  gnade  finden  für 
deinen  äugen.  1  Sam.  1,18; 

o  ob !  ich  weisz,  der  berr  hnt  gnade  Dindcn 
vor  Saiadin!  Lmii?ic  2,  304 ; 

er  fand  heifali,  glauben,  gehür,  räum,  hülfe,  beistand  ;  ich  fand 
keinen  beruf  mich  damit  zu  befassen ;  ich  fand  groszes  ver- 
faO|eD   darao;    weder  Vorstellungen  noch  bitten  fanden  bei 


ihm  eingang.  Springinsfeld  1,  21  hcisjt  es:  ich  hatte  auch 
weder  ganzes  noch  halbes  glück  darinnen,  weil  ich  mich  an- 
fänglich nicht  darein  richten  oder  den  brief  [d.  i.  ein  buch) 
linden  konnte  zu  lernen,  wie  maus  machen  müste,  dasz  man 
sich  auch  reich  und  grosz  kriegte,  man  sagt:  ich  finde  darin 
nichts,  cyo  in  hac  re  nihil  reperio;  ich  finde  nichts  dabei  (kein 
bedenken);  finde  nichts  daran  {niclds  besonderes,  nichts  gutes); 
bin  doch  ein  arm  unwissend  kind, 
bugreife  nicht  was  er  au  mir  tiiidt.    Göthb  12,169; 

sei   aufrichtig   und   sage  mir,   was  du  an  diesen  kalten  und 
starren  liebhabereien  gefunden  hast?  21,45. 

1)  finden  ohne  gesucht  zu  haben,  zuföllig  finden,  jenes 
nordische  hilta:  mhd.  funden  sache.  Greg.  802;  da;  kint  vin- 
den.  1037 ;  als  ich  an  einer  hecke  vorüber  gieng,  fand  ich 
mitten  darin  ein  Vogelnest;  am  frühen  morgen  fand  er  ein 
ausgesetztes  kind  vor  der  hausthür;  er  fand  einen  groschen 
auf  derstrasze;  das  volk  spriclit :  finden  finden,  wiedergeben, 
schenken  schenken,  behalten,  d.  i.  gefundnes  id  an  den  eigner 
abzuliefern,  geschenktes  darf  man  behalten;  der  Schäfer  kletterte 
auf  den  fels  und  fand  oben  eine  blaue  blume;  an  einer  stelle 
im  wald  fanden  die  wanderer  plötzlich  eine  herlicbe  aus- 
sieht in  die  ferne; 

ich  hab  ein  bächicin  funden.    Stolberg  1,S3; 
er  schlug  einen  gcfundnen  Seitenweg  ein ;  dachte  an  keinen 
bcsüüdern  empfang  und  fand  die  freundlichste  aufnähme; 

der,  wenn  er  den  harz,  uns  zu  besuchen 

übcrsieigt,  nur  einen  cicrkuchen 

findet,  doch  kein  rebhun  prick  und  zart.    Gökinge  3,49; 

findt  im  zarten  herzen  ol'ne  thore.    Göthe  47,  61. 
er   hat   seinen  mann  gefunden  {der  ihm  gewachsen  ist,   es  mit 
Htm  aufnimmt); 

ni/n/.  der  röte  bet  da  fimden 

alresi  sincn  gcstriten.     Wigal.  80,28; 

er  findet  nicht  seines  gleichen. 

3)  finden,  wahrnehmen,  gewahren,  erkennen,  dafür  halten, 
animadvertcre,  cognoscere,  oft  mit  sehen  oder  erblicken  gleichbe- 
deutend,    beispicle  hernach  unter  6. 

4)  finden,  erfinden:  der  bapst  hat  das  sacramcnt  nicht  ge- 
stiftet noch  funden.  Luther  8, 175'.  zumal  in  der  bedeutung 
von  erdichten  und  dichten,  wie  sie  ganz  technisch  dem  romanischen 
trovare,  })rov.  trobar  beiwohnt,  und  es  auch  bei  Gotfriü  hriszl : 

Tristan  er  machet  unde  vant 

an  iegclichem  seiis])il 

leiche  und  guotcr  nöteh  vil, 

die  wol  gcminnet  sint  ie  sit. 

er  vant  euch  ze  der  selben  zit 

den  cdelcn  leicli  Tristnndcn, 

d^n  mnn  in  allen  landen 

so  lieben  unt  so  worden  hat, 

die  wile  unt  disiu  werlt  gestät.    482,2. 

docli  bei  Ulrich  von  Liciitenstein  stelU  überall 
dö  sang  ich  disiu  liet; 
ich  sanc  ze  dienst  ir  disiu  liet; 
da  von  sanc  ich  disen  leich; 
zwo  wise  ich  gegen  dem  sumer  sanc; 
ze  hnnt  ich  tihten  dö  bcgan 
disiu  ritterlichen  liet; 
ze  linnt  ich  tibtcn  dö  began 
von  miuer  vrowen  niuwc  liet;  u.s.w. 

wie  in  der  Limburger  chronik:  do  machte  man  das  lied.     nur 
in  einer  hs.  des  Wolfdieterich  {grundr.  s.  9)  liest  man: 

si  sat/t  für  sich  zweii  meister, 

die  funden  disen  den  dnrzQ. 

vgl.  mhd.  wb.  3,319";  aus  spaterer  zeit: 

ich  cnipllnd  nun  in  meiner  bnist 

sich  ein  verlangen  anztizinden. 

das  treibet  mich  mit  groszem  tust 

ein  ucwes  lobgesang  tu  finden.    WECKnKRLm  369; 

der  dieses  lied  gefunden 

und  also  hat  cidacht.    weim.  jb.  4,321. 

bekannt  ist  aus  des  nordischen  skalden  Ecils  höfudlausn  die  stelle: 
UVunU  liiiliiim  bann, 
Jiviai  lir(\(1r  of  fann, 
siteniium  ruijnmus  itlum, 
nam  Carmen  inveni. 

heute  gebrauchen    wir   weder   finden    noch  erfinden  für  dichten, 
ob-nhon  fund  oder  erlindung  aiicA  enluhtung  ausdrucken. 

5)  im  pari,  praet.  liegt  zuweilen  besondere  kraß  und  rumer 
nachdruck : 

ahd.  wnnta  ihnit  Ut  f^inian.    0.  Lud.  '"■>, 
denn  dat  ist  ausqemadit,  sicher,  unlteslreübar ;  Laben  geben  ain* 
rcliten  und  redlichen  koufi  für  ain  fries  aigcn  uuicru  wideui< 


1645 


FINDEN 


FlJfDEN 


1646 


hof  ...  mit  allen  zugehörden  und  allen  rehfen  . . .  sio  sien 
benemt  oder  umbencmt,  ej  si  an  holz,  an  velde,  an  lüten, 
an  guten,  an  äkkern,  an  wisen,  an  gelt,  an  zinsen,  an  hüsern, 
an  schüran,  an  hofsteten,  an  garten,  an  wegen,  an  unwegen, 
fundens  und  unfundens,  wie  siu  gehaiszen  sint.  urAr.  fonl352 
in  ScHMiD  pfalzgr.  von  Tübingen  s.  237,  wodurch  soicol  der  gemachte 
als  der  ungemachle  fund  bezeiclinel  ist.  eine  gefundene  sache 
meint  oft  eine  sich  uneniartet  und  glücklidi  darbietende,  iciU- 
kotnmne:  mir  war  dieses  ein  gefundener  handel.  Felsenb.  2, 529 ; 
für  köpfe  von  schweren  begriffen,  wie  der  meinige,  ist  das 
immer  eine  gefundne  sache.  Thümmel  2,  67 ;  das  war  mir  eine 
gefundne  mahlzeit,  wo  ich  gleich  zu  tische  sitzen  konnte; 
das  ist  ihm  ein  gefundenes  essen  (fressen). 
6)  was  die  fügung  angeht,  so  gesellt 

a)  die  ältere  spräche  zu  finden  hin  und  wieder  partitive  genitire  : 
¥ielleicht  so  finden  wir  etwan  unsers  volks  (ron  unsern  leuten 
einige),  die  den  weg  basz  kennen,  denn  wir.  bucli  der  liebe 
263, 1;  so  wolt  ich  für  war  mich  der  demut  {von  solcher  demut, 
so  demütig)  haben  finden  lassen.  Lcther  5, 140'.  anders  zu 
nehmen  ist:  ich  fand  ihn  guter  dinge,  gutes  aussehens,  wo  sich 
sein  hinzudenken  und  daron  abhängig  machen  Idszt,  so  mhd. 

ich  vant  in  guoter  mäht  (wesen).    urstende  126, 66. 
noch   anders  ist:   der  herr   wirt  si  irs  unrechten  anforderns 
und  tyrannei  wol  finden.  Franr  chron.  238',  für  ihr  u.  o.  schon 
:u  finden  und  zu  strafen  wiesen. 

b)  5eAr  hhifig  folgt  der  acc.  zu  allen  bedeutungen  des  findens : 
geld  finden,  ein  schwert  im  grase  finden ;  ich  kann  die  thür, 
den  ausgang,  den  weg  nicht  finden  und  wie  dieses  'weg'  neben 
adjectiven  auszufallen  pflegt  und  gesagt  wird  den  nächsten  {gramm. 
4,263),  ist  auch  neben  finden  die  ellipse  wahrzunehmen:  er  fand 
nicht  zu  hause,  zu  strande,  zu  rande: 

ich  walle  wie  ein  schif,  das  durch  das  wilde  meer, 

von  wellen  umgejagt,  nicht  kann  zu  rande  finden. 

Opitz  . .  . ; 

ich  will  auch  sorgen  für  dein  thier 

und  binden  seine  wunden, 

wenn  wir  zu  haus  gefunden.    Overbeck  ged.  159; 

findt  keiner  mehr  nach  haus.  Eiche><dokf  ged.  123  und  oft. 
man  sagt  einen  anlasz,  eine  gelegenheit,  einen  trost,  eine 
beruhigung,  anstand  in  etwas,  zu  etwas,  von  etwas,  bei  etwas 
finden:  sie  werden  von  der  gegenwart  dieses  neuen  freundes 
nicht  wiederum  anlasz  zu  einer  entschuldigung  finden.  Göthe 
21, 176 ;  ich  finde  das  einen  sehr  hübschen  zug  an  den  frauen. 
17,116;  ich  finde  es  eine  übermäszige  gufmüthigkeit  und 
gar  nicht  am  platz,  Lenardon  unsere  briefe  mitzutheilen. 
21,110;  ich  finde  das  einen  unverzeihlichen  fehler;  jeder- 
mann findet  die  Schmeichelei,  welche  einem  andern  gesagt 
wird,  eine  fade,  lose  speise.  Klinger  11,  US. 

c)  ebenso  oft  stehen  adjeciiva  bei  finden  in  der  b^deutung  von 
dafür  halten,  dafür  erklären:  ich  finde  das  schön,  gut,  rath- 
sam,  nützlich  u.  s.  w.,  ich  finde  sie  schön,  finde  den  wein 
gut,  er  fand  es  lobenswerth,  unfadelhaft,  worauf  denn  auch 
dasz  oder  ein  inftnitiv  mit  zu  folgen  kann,  die  meinung  ist 
eigentlich,  ich  habe  gefunden,  wahrgenommen  und  glaube  nun. 
es  scheint  aber  fehlerhaft  dem  adj.  an  für  oder  als  rurangehn  zu 
lassen,  niemand  sagt:  ich  finde  ihn  für  schön,  als  schön  {wie 
ich  halte  ihn  für  schön),  sondern  nur  ich  finde  ihn  schön; 
findest  du  ihn  der  mühe  würdig.  Wjeland  1,  2S0.  wol  aber 
begegnet:  ich  finde  es  für  gut,  halte  es  für  gtU,  verschieden  von 
ich  finde  es  gut;  ich  finde  es  für  das  beste,  für  am  nütz- 
lichsten statt  ich  finde  es  das  beste,  am  nützlichsten.  Göthe 
schreibt  19, 2S4:  gerade  diejenigen,  welche  Wilhelm  als  die 
verständigsten  gefunden  hatte,  brachten  nur  flüchtige  augen- 
blicke  im  theater  zu.  das  als  würde  besser  felden.  wenn  es 
aber  bei  Lessijcg  heiszt: 

ich  aber  find  euch  noch  den  nemlichen.  2,264, 
so  hat  hier  finden  ganz  seinen  natürlichen  sinn  und  jedermann 
sagt:  ich  finde  dich  noch  den  selben,  den  alten,  nicht  anders 
verhält  es  sich  mit  folgenden  ausdrücken :  du  sollst  an  ihm  einen 
zuverlässigen,  gefälligen  mann,  einen  heftigen  gegner  finden. 
belege  für  jenen  nachfolgenden  inf.  mit  zu  liefert  Wieuind: 
Agathon  fand  nicht  rathsam,  sich  in  einen  Wettstreit  einzu- 
lassen. 1,77;  so  fanden  sie  nutuig,  alles  so  viel  möglich  zu 
vermeiden,  was  ihrem  unternehmen  das  ansehen  eines  straf- 
baren aufruhrs  geben  konnte.  7,94;  Danischmend  fand  noch  j 
Dicht  rathsam,  ihnen  seine  meinung  von  der  sache  zu  sagen 
S,  164 ; 

du  fliehst  den  zwang  von  ernsten  liebeshändeln 

und  findest  sicherer,  mit  Amorn  nur  zu  tftndeln.    9,21; 


ans  dreien  reizenden  die  schönste  auszuwählen, 
fand  Aristipp,  ein  weiser  mann,  nicht  leicht.    10,153. 

d)  participia  verhalten  sich  gleich  den  adjectiven:  sie  fanden 
ihn  schlafend  oder  eingeschlafen,  schlummernd  oder  einge- 
schlummert, sterbend  oder  gestorWn:  und  er  kam  zu  seinen 
jungem  und  fand  sie  schlafend.  Matth.  26,  40.  ahd.  inti  quam 
zi  sinen  jungiron  inti  fand  sie  släfentf;  und  er  kam  und 
fand  sie  aber  schlafend  und  ire  äugen  waren  vol  schlafs. 
26, 43.  ahd.  inti  quam  abur  inti  fand  sie  släfente,  wärun 
th6  iro  ougnn  gisuaretiu;  auf  das  er  nicht  schnelle  kome 
und  finde  euch  schlafend.  Marc.  13, 36 ;  den  obersten  patron 
aber,  der  an  eijiem  fieber  krank  gelegen,  funden  wir  schla- 
fend.  KR-iFTS  reisen  301 ; 

wie  findest  du  die  zarten  thiere? 

'so  abgeschmackt  als  ich  nur  jemand  sah'.    Göthe  12,121; 

wie  er  als  kind  die  Otter  überwand, 

die  er  um  seiner  schwester  arm  sich  schmiegen, 

um  die  entschlafne  fest  gewunden  fand.    43,"lS4. 

griechische  und  lateinische  participia  wie  adjediva  lassen  hier  gleich 
in  der  form  den  nom.  des  subjecls  vom  acc.  des  praedicals  unter- 
scheiden,  wo   sie  bä  uns  erd  der  Zusammenhang  zeigt,   z.  b.  er 
fand  ihn  ruhend,  welches  ruhend  nom.  und  acc.  sein  kann; 
eyvoiv  ya^  tiiv  iaävra  iServ  otcavov  iövra.     Od.  15, 532. 

e)  in  der  lelztangcführten  göthischen  stelle  stehen  inf.  und  part., 
schmiegen  und  gewunden  nebeneinander  statt  geschmogen  und 
gewunden  oder  statt  sich  schmiegen  und  winden,  solche  in- 
finitive  bei  finden  liebt  er  aber: 

mit  neuen  büchern  in  der  band 

findt  man,  so  wie  man  gebt  und  steht, 

von  thörschwell  auf  bis  zum  privet, 

einen  jeden  emsig  sich  erbauen 

und  kaum  zum  gnisze  seitwärts  schauen.    13,46; 

nun  stieg  ich  hinauf  und  fand  zu  meiner  freude  den  gesuch- 
ten schwerspath  häufig,  meist  in  unvollkommener  eiform,  an 
mehreren  stellen  des  eben  zerfallenden  gebirgs  hervorschauen. 
27,175;  heraustretend  fand  ich  den  völlig  aufgehellten  him- 
mel  von  Sternen  blinken,  straszen  und  platze  mit  schnee 
überdeckt.  30,231; 

und  wir  eilten  hinzu  und  fanden  die  kranken  und  alten, 
die  zu  haus  und  im  bett  schon  kaum  ihr  dauerndes  leiden 
trügen,  hier  auf  dem  boden,  beschädigt  ächzen  und  jammern. 

40,240; 

SO  finden  wir  jederzeit  einer  griechisch  angeführten  stelle 
die  lateinische  Übersetzung  nachfolgen.  49,  iö4;  so  finden 
wir  an  dieser  nelke  sich  äugen  entwickeln  und  wirkliche 
zweige  und  blumen  darstellen.  58,  71.  seltner  sind  ältere  belege : 
selig  ist  der  knecht,  wan  sein  herr  kumet,  das  er  in  wachen 
findet.  Keisersberc  drei  Marien  34*;  sie  funden  Lucretiam 
seufzen  und  bitterlichen  weinen.  Licius  von  Carbach  21; 

mhd.  mit  sime  ritterlichen  her 
vur  er  gen  Röme  über  mer, 
da  er  den  vater  wesen  vant.    pass.  H.  277,  90. 

das  sind  lauter  acc.  mit  dem  inf.  (gramm.  4, 114),  wie  sie  auch 
nach  befinden  (l,  1260,  4),  nach  erklären,  hoffen  u.  a.  m.  ein- 
treten, in  den  bedeutungen  ist  kaum  eine  Verschiedenheit  zwischen 
ich  finde  dich  schlafen  oder  ich  finde  dich  schlafend,  man 
müste  sich  denn  bei  dem  particip  einen  länger  anhaltenden  zu- 
stand denken,  während  der  blosze  inf  mehr  einmal  erfolgende 
handlung  ausdrückt,  die  spätere  spräche  schalid  meistentheHs  an 
ungehöriges  'zu'  vor  den  inßniliven  ein:  viel  von  den  umb- 
stehenden  funden  seine  wort  nicht  gar  abweg  zu  sein. 
Pbilander  1, 308 ;  befand  das  gemeine  Sprichwort  wahr  zu 
sein.  Felsenb.  2, 1S7.  damit  vermische  man  nicht  die  fälle,  m 
welchen  der  acc.  vort^dem  zu  finden  gehörigen  subject  abhängt: 
ich  will  dir  dasjenige  mittheilen,  was  ich  nach  einer  neu- 
lichen Untersuchung  für  das  beste  zu  sein  fand.  Lessing 
4, 70 ;  ihr  werdet  zu  thim  finden,  das  könnt  ihr  mir  auf 
mein  wort  glauben.  Wieland  19,121;  ich  finde  genug  daran 
auszusetzen ;  ich  finde  zu  bestimmen,  anzuordnen  (kanzleistil). 

f)  anstatt  der  participien  und  des  inf.  kann  ebenwol  die  con- 
junclion  dasz  gesetzt  werden:  ich  finde,  dasz  er  schläft,  dasz 
er  eingeschlummert  ist;  ich  finde,  dasz  du  recht  hast;  in- 
dem ich  ihren  boten  erwarte,  so  finde  ich,  dasz  ich  sie  noch 
einmal  aufmuntern  sollte  herüber  zu  kommen.  Göthe  an 
Schiller  491;  als  er  fand,  dasz  die  feinde  anrückten,  liesz  er 
alle  thore  scblieszen. 

7)  reflexives  sich  finden. 

a)  inteniri:  in  diesem  buch  findet  sich  eine  dich  wider- 


1647 


FINDEN 


FINDEN 


1648 


legende  stelle;  wer  kann  die  schönen  stellen  alle  nennen, 
die  sich  in  diesem  gedieht  finden;  es  finden  sich  in  dieser 
rede  allerhand  hedenkliche  ausdrückungen.  Liscov  33S;  in 
diesen  bergen  findet  sich  viel  kupfer;  es  fanden  sich  viele, 
inrenli  sunt  muUi ;  in  dem  dorf  linden  sich  (yibl  es)  zwei 
kirchen;  man  suchte  und  es  fand  sich  nicht  das  geringste; 

bei  (tipsen  schririen  lindet  sich  ein  lirief, 

bestimmt  iür  meine  königliclie  schweslur.     Scuiller  4U7'. 

es  fand  sich  beim  auskehren  (1,  891). 

b)  sich  finden,  heraus,  an  den  tag  kommen,  sich  zeigen,  sich 
ergeben,  geben: 

do  sprach  der  man, 

mein  Unschuld  wird  sich  finden,    meistert.  23  n*  23(i; 

0  schöne  stunden! 

wie  nol  habt  ihr  euch  ftinden.    Fleming  42; 

ach  herbe  trauernacht  versctiwlnde! 

ach  dasz  der  morgenstern  sich  (inde! 

Grypuius  vcrl.  genj).  p.  41; 

es  wird  sich  schon  finden.  Göthe  14,  91 ;  wo  sollen  die  Hinten 
und  pistülen  herkommen?  'das  findet  sich  alles'.  14,279; 
auf  dem  rechten  fliigel  des  Schlosses  kann  er  wohnen  und 
alles  andre  findet  sich.  17,7;  an  meine  übrigen  freunde  in 
Berlin  geb  ich  ihm  briefe  und  karten  mit  und  die  Verhält- 
nisse werden  sich  schon  finden,  an  Zelter  80. 

c)  sich  an  einem  ort  finden,  befinden  (1, 1261, 6),  anzu- 
Ire/fen  sein,  sich  dahin  einfinden,  sich  nach  einem  orte  finden, 
irie  einen  finden,  an  einem  orte  finden,  treffen,  hier  erscheint 
der  zusamtnenhang  zwisclien  gehen  und  finden :  wer  solch 
apostolisch  werk  sehen  und  dabei  sein  wolt,  der  selbig  möcht 
sich  dahin  auch  finden,  älberus  wider  Wilzel  G4'; 

es  ist  ein  rolk,  das  seine  pTerd  an  fremde  krippen  bindet, 
das  sich  bei  fremdem  leuer  wärmt,  zu  l'remdem  tsller  iiadet. 
LoGAU  3,226,47; 

mein  esel  sicherlich 

niusz  klüger  sein  als  ich. 

ja  klüger  musz  er  sein  ! 

er  fand  sich  selbst  in  stall  hinein, 

und  kam  doch  von  der  trenke. 

man  denke!    Lessimg  1,  (iO; 

er  konnte  sich  nicht  zu  hause,  nach  hause  finden,  fand  den 
weg   nicht;   ich  kann  mich  hier  noch  nicht  (zureclU)  finden; 

jetzt  geh!  ich  will  mich  linden  (einsleiten).    Schiller  257'; 

Ton  dreiszig  regimentern  haben  sich 

die  obersten  zusammen  schon  gefunden.    331'; 
da  besahen  sie  das  land 

sich  näher  und  gewahrten  schöne  fülle 

des  holzes  und  entdeckten  gute  brunnen 

und  meinten  sich  im  lieben  vaterluud 

zu  finden  (belinäen).    529"; 

von  land  zu  lande  irrt  ich  flüchtig  nun 

drei  jähre  lang  ein  obdach  suchend, 

bis  ich  zuletzt  nach  Peckin  mich  gefunden.    5S2'; 

diesen  abend  finden  sie  sich  in  dem  Vorzimmer  des  dom- 
herrn.  Göthe  14, 157;  wenn  wir  uns  denken  mögen,  dasz  ein 
harfner  sich  bei  der  heu,  körn  und  kartoffelernte  finden 
wollte.  33,151;  ein  mann,  der  ohne  von  meinen  bemühungen 
unterrichtet  zu  sein,  durch  naturell,  Übung  und  nachdenken 
sich  auf  die  gleichen  wege  gefunden  hat.  52,  360.  oft  auch 
sich  dabei,  daheim,  da  finden  lassen  o(i<T  fc/o.sz  finden  lassen: 
und  der  leufel  liesz  sich  auch  warlich  daheim  finden  mit 
morden  durch  die  tyrannen.  Luther  8,  77*;  als  ich  aber  lust 
zu  pferden  und  reuterci  trug  und  mich  dabei  finden  liesz. 
Görz  vojt  B.  lebensb.  7;  bei  diesem  nun  liesz  sich  Solande 
manchen  tag  finden,  pol.  stockf.  216; 

ich  freilich  kann  mich  an  dem  orte,  wo 

der  bräutigam  ist,  linden  lassen.    Schiller  223'; 

wenn  es  meine  pflicht  ist  sie  aufzusuchen,  so  ist  es  die 
ihre  nicht  weniger  sich  finden  zu  lassen.  638*. 

d)  sich  in  etwas  finden,  schicken,  fi'u/en  lernen:  ich  kann 
mich  nicht  mehr  in  dich  finden.  GoTrEB3,247;  Garrik  wüste 
sich  indes  darin  zu  finden.  Gökingk  1,.33;  er  findet  sich 
nicht  leicht  in  etwas;  er  fand  sich  in  die  umstände; 

anntatt  dasz  meine  scbwester 
mit  jedem,  wie  er  sei,  zu  leben  weist, 
•0  kannst  du  selbst  nach  vielen  jähren  kaum 
lu  einen  freund  dich  flodea.    Gurut  9,139; 

mit  welcher  slirne  wüste  sie  sich  in  ihr  Schicksal  zu  finden. 
1«,  87;  80  wenig  konnte  er  sich  in  die  weit  finden.  20,361; 
so  konnte  er  »ich  doch  nicht  drein  finden.  20,262;  hier- 
durch kommen  wir  zum  angehauen  jener  Übereinstimmung, 
wozu  der  mensch  berufen  ist,  wozu  er  sich  oft  wider  seinen 
willen  finden   musz.   31, 188 ;   auch  hierin  konnten  lich  die 


knaben  nicht  finden.  22,3;  wir  hatten  uns  kaum  in  diesen 
neuen  zustand  gefunden.  24,152;  nun  mag  denn  ihr  nächster 
biiel  entscheiden  und  ich  will  mich  darein  finden  und  er- 
geben was  er  auch  ausspricht.  30.9;  ein  hoher  gesinnter 
mann  konnte  sich  hierin  nicht  finden.  31,58;  ich  kann  mich 
weder  anders  finden  noch  fügen.  38,  lü9; 

und  laszt  nur  mich  ins  glück,   das  neu  mir  gegönnte,   mich 

linden.    40,332. 
ebenso  sich  aus  etwas  finden,  se  expedire;  er  weisz  sich  aus 
der  Sache  nicht  zu  finden. 

e)  sich  selbst  finden,  sich  wieder  finden,  aus  der  verirrung 
zurecht  finden :  aber  er  hat  sich  selbs  gefunden.  Spalatin 
bet  Luther  5,  36* ; 

oftmals  hab  ich  geirrt  und  habe  mich  wieder  gefunden. 

GöTUE  1,374; 
wenn  sich  der  verirrte  findet, 
freuen  alle  götler  sich.    2,31; 
thu  was  du  kannst,  dasz  dieser  mann  sich  finde, 
und  alles  wieder  bald  in  gleichem  sei.    9, 191 ; 
ach  ich  weisz  mich  kaum  zu  linden, 
welch  ein  uuheil,  welch  ein  glück!    10,259; 

eine  der  töchter  hatte  das  Unglück  gehabt,  an  dem  tode 
eines  ihrer  geschwister  schuld  zu  sein  und  sich  darüber 
nicht  beruhigen  noch  wieder  finden  können.  17,  266 ;  die 
dieie  scheinen  sich  wieder  gegen  einander  zu  finden.  17, 391 ; 
ich  bin  aus  meiner  bahn  geschritten  und  ich  soll  nicht  wieder 
hinein,  ein  feindseliger  dämon  scheint  mich  von  auszen  zu 
hindern,  hätte  ich  mich  auch  mit  mir  selbst  wieder  zur  cinig- 
keit  gefunden.  17,  393 ;  und  die  leiden  unserer  freunde  bringen 
wir  nicht  in  anschlag?  auch  unsere  freunde  thun  wol,  wann 
sie  sich  bald  finden.  20,90; 

kein  jähr  ists  noch,  dasz  ich  mich  selbst  gefunden, 

denn  bis  dahin  lebt  ich  mir  selbst  verborgen, 

nicht  ahnend  meine  fürstliche  geburt.    Scuiller  662\ 

die  selbstßndung  ist  Selbsterkenntnis  und  beleuchtet  das  golh.  fin])an 
1=  cognosccre. 

f)  sich  finden  neben  adjectiven:  er  findet  (befindet)  sich  übel; 

find  ihre  majestät  mit  krankheit  sich  beschweret? 
üRTPUius  1, 123; 

sich  willig  und  bereit  finden,  se  promfium  praebere ;  wir  wollen 
also  lieber  gestehen,  dasz  wir  uns  unvermögend  finden,  den 
tumult  der  leidenschaflen  abzuschildern.  Wieland  2, 183 ;  ich 
finde  mich  vollkonimcn  glücklich;  er  fand  sich  beleidigt, 
fand  sich  nun  ganz  zufrieden; 

damit  sie  sich  gleich  zufrieden  floden.  Schiller  320*; 
indem  ein  jeder,  der  sich  diesseits  einigermaszen  unbequem 
fand,  sich  drüben  in  freiheit  zu  setzen  hofte.  Göthe  21,121; 
ein  künstler  und  gemähldehändler  besitzt  schöne  sachen  und 
läszt  sich  billig  finden.  30,338;  der  schultheisz  liesz  sich 
gütlich  finden  (begütigen);  findet  sich  alles  wahr,  so.  14,306; 
KiRciinoF  wendunm.  254* ;  dieser  mensch  liesz  sich  feige  und 
undankbar  finden. 

g)  neben  adverbicn:  es  ist  das  erstemal,  wenn  die  sache  wieder 
vorkommt,  will  ich  mich  schon  besser  finden.  Sturz  2,  390 ; 

besser 
für  mich  und  euch,  wir  finden  uns  in  gute.    Göthe  10,264; 

unser  haushcrr  als  Jüngling  nach  Europa  gelangt  fand  sich 
hier  ganz  anders.  21,121;  er  konnte  sich  mit  mir  durchaus 
am  besten  finden.  25,  248. 

h)  sich  in  einem  räume  finden:  seines  gleichen  fand  sich 
im  lande  nicht;  er  findet  sich  in  einem  dumpfen  kerker; 

im  grenzenlosen  sich  zu  finden 

wird  gern  der  einzelne  verschwinden.    Göiui  3.  S9; 

dich  im  unendlichen  zu  finden, 

must  unterscheiden  und  dann  verbinden.    3, 103. 

i)  sich  zu,  von  einem  finden:  sie  fanden  sich  schnell  zu 
einander; 

drum  prüfe,  wer  sich  flwlir  bindet, 
ob  sich  das  hcri  zum  herzen  findet.    Scuiller  7S*; 
als  fern  als  est  und  west  sich  von  einander  finden. 
Weceuerlin  217. 

*)  sich  finden  neben  partiäpien :  er  fand  sich  zwischen  iwel 
Stühlen  sitzend;  nun  fand  er  sich  den  ersten  wachenden  in 
«einen  besilzungcn.  Göthe  17,142;  ich  finde  mich  uuenl- 
gchlossen,  in  der  vorigen  meinung  ncubestiirkt. 

/)  neben  dem  infinitiv:  das  findet  sich  wahr  sein.  Cbeidu!» 
2,  370. 

ni)  mil  folgender  conjuncUon:  es  fand  sich,  dasz  er  unschuldig 
war ;  es  wird  sick  »chou  finden,  dasz  ich  die  wahrhoil  »ngc. 


1649 


FINDER  — FIXGELER 


FINGER 


1650 


vgl.  abfinden,  anfinden,  auffinden,  ausfinden,  befinden,  ein- 
finden,  empfinden,  erfinden,  vorfinden,  so  wie  treffen  und  an- 
treffen, eintreffen. 

FINDER,  m.  inventor, 

1)  qui  rem  inrenit:  ein  ring  gieng  Terloren,  der  redliche 
finder  wird  ersucht  ihn  abzugeben; 

die  perl  im  tiefen  meer  erbeutete  der  Ander. 

LiCHTWBB  reche  der  rcrminft  115; 
zwei  blumen  blähen  fQr  den  weisen  finder.    Scbiller  21*. 

2)  der  erfinder,  namenllkh  der  dichter,  poeta,  trobador,  trouveur : 

Tindaere  wilder  maere, 

der  maere  wildenare.    Trist.  118,25; 

die  finder  in  den  künsten.  Paracelscs  1.367*,  nl.  vinder. 
beute  ungebräuchlich,  mari  sagt  der  erfinder  der  fabel,  doch 
auch  nicht  vom  dichter. 

3)  der  aufspürende  hund,   der  auch  sucher,  Suchhund  häsü. 

4)  nl.  vinder,  juralus  opificiorum  collegii,  nhd.  schauer,  prüfen 
KllIAS  750. 

FINDERIN,  f.  invenlrix:  geitigkeit  ist  ein  finderin  und 
mererin  der  iaster.  Keisersberg  narrensch.  168';  die  noth  ist 
eine  finderin  der  künste. 

FINDGELD,  n.  bergmännisch  praemium  tnventae  venae. 

FINDGRL'BE,  f.  fodina,  vena:  in  der  spräche  sind  die  abbre- 
viaturen,  sobald  sie  ins  allgemeine  gehen,  eine  findgrube. 
Hippel  2,145.     üblicher  fundgrube. 

FINDIG,  ingeniosus,  erfinderisch:  {Alb.  Dürer)  so  findig, 
künstlich,  mit  reiszen,  mahlen,  stechen.  Frank  chron.  243'; 
aber  auch  callidus,  schlau,  verschlagen: 

Judith,  ein  findiges  wib.    Mirners  geuchmaU  1012  (Sdieible). 
heute  auszer  gebrauch,  so  häufig  spitzfindig  oder  spitzfflndig  ist, 
s.  fündig  und  ausfindig,  ausfündig. 

FINDKUNST,  f.  heuristik.  J.  P.  aesth.  2, 49. 

FINDLICH,  findbar,  der  zu  finden,  aufzufinden  ist: 

wann  ich  nicht  zu  trinken;   essen,   noch  mich  zu  bekleiden 

hätte, 

sonsten  auch  gar  viel  nicht  gilte  ({.  gülte),  gilt  es  eine  starke 

wette, 

ob  nur  einer  findlich  wäre,  der  nur  einmal  sorgt  um  mich. 
LoGAC  2, 10, 35. 

mhd.  vindenlich:  vindenlichiu  vlust.  Parz.  547, 19. 

FINDLICH,  aperte,  manifeste:  das  macht  nun.  das  die  künst, 
so  aus  den  geistern  gehn,  findlich  liegen  und  trunken  sind 
und  gar  verblend:  etwas  ist  da,  aber  der  grün d  nicht,  dann 
das  mans  mag  auslegen,  wie  mans  meinen  will.  Paracelscs 
2,195*.     oder  Kare  findlich  zu  nehmen  für  feindlich? 

FINDLING,  m.  1)  exposilus,  findclkind:  da  kam  ein  hirt, 
des  weib  was  auch  allererst  gelegen  des  kinds  und  pracht 
den  flndling  seim  weib.  Mlgleis  ^sch.  der  Römer.  Augsb. 
1489, 16*. 

2)  findlinge  nennt  der  biencnzüchter  die  abhanden  gekommnen, 
ah  herrenloses  gut  im  valde  eingefangnen  schwärme,  veimar. 
Jahrb.  2,  210.     ebenso  eingefangne  herrenlose  andere  Ihiere. 

3)  findlinge  heiszen  auch  in  dem  sand  und  schntllande  zer- 
streut liegende  gesleinblöckc,  durch  fluten  oder  eisschollen  dahin 
getragen : 

findlinge  nennt  man  sie,  weil  von  der  brüst 

der  mütterlichen  sie  gerissen  sind.    Asm.  vo«  Drostb  s.  59. 

heute  überwiegt  fast  die  Schreibung  fündling,  was  man  sehe. 

FINDLlNGHAüS,  n.  findelhaus,  steife  Verdeutschung  des  fr. 
maison  des  enfans  trouves  :  wenn  ihr  vater  die  hundert  thaler 
nicht  hergeben  will,  um  ihr  kind  ins  findlinghaus  zu  thun, 
so  will  ich  allenfalls  davor  ralh  schaffen.  Wag.ners  kinder- 
viOrderin  81.    Evchen  Humbrecht  97. 

FINDUNG,  /.  inventio, 

1)  verlorner,  unenldeckter  Sachen. 

2)  erfindung:  solcher  künst  findung  seind  noch  Tiel  mehr. 
Paracelsus  1,601';  also  sollen  ihr  nun  wissen  mit  der  kürzi 
der  menschen  thierischen  findung  und  Weisheit.  2,  229'; 

fürwar,   die  findung  und  den  nutzen  (der  buchdntclterei)  zu 

becrachten, 
sein  all  erzählte  künst  dargegen  ring  zu  achten. 

Rcmpler  von  Löwenualt  51. 

3)  findung  des  urtheils  im  geriebt. 
FINDUNGSLEUTE,  die  das  urtheil  vor  gericht  finden:   wenn 

aber  beim  landgerichte  Sachen  vorkommen,  welche  sie  (die 
Junkern)  angehn,  so  sollen  die  findungsleute  aus  ihres  gleichen 
besteben.  Kobbe  Bremen  und  Verden  1,  83. 

FINGELER,  m.  digilus  anmdarius,  eine  benennung  des  vierten 
oder  ringfingeis,  welche  die  vocabula  pro  juvenibus  überliefern. 


Uesxe  sich  ein  verbum  fingein  für  fingern  aufweisen,  so  würde 
es  bestärken,  was  bei  der  wurzel  von  finger  gesagt  isL 

FINGER,  m.  digilus,  durch  alle  unsere  sprachen  gehend,  golh. 
figgrsj  ahd.  finkar,  fingar,  mhd.  vinger,  ags.  engl,  finger,  aUs. 
Ungar,  nl.  vinger,  fries.  finger,  altn.  fingr,  schw.  ddn.  finger, 
wofür  in  den  urverwandten  sprachen  kän  ausdruck  nalie  liegt, 
nur  einzelne  sich  von  ferne  heranziehen  lassen,  ein  merkwürdig 
zeugtiis  von  der  alten  abgrenzung  unsers  idioms. 

mit  finger  unmittelbar  in  der  wurzel  verwandt  wurde  schon 
sp.  1311  fangen  dargestellt,  d.  h.  ein  der  rcduplicatirform  fangen 
fieng  vorangegangnes,  längst  erloschnes  fingen  fang,  wie  auch 
andere  reduplicationen  auf  ältere  ablaute  zurückschlieszen  lassen, 
geht  ein  eben  besprochnes  fingein  alt  hinauf,  so  läge  darin  be- 
slätigung  des  fingen,  und  das  lat.  pangere,  compingere  ent- 
spräche, dasz  seinem  begriffe  nadi  finger  aus  fangen  herfliesze 
ergibt  sich  von  allen  seiien.  fang  ist  das  fangende,  greifende, 
des  raubvogels  krallen  heiszen  fange,  warum  könnten  sie  nicht 
auch  den  namen  finger  führen?  ein  iegleich  vogel,  der  vinger 
hat  an  den  klden,  der  vaeht  oder  raubt.  Mege.nberg  165,  7 ; 
e;  sint  vil  vogel  krummer  vinger,  die  wenig  airent.  195, 1 ; 
der  eisvogel  hat  zwen  vinger  an  dem  fuog  und  krum  negel 
oder  kläen  dar  an.  202, 15.  vom  greifen  sind  sie  ebenwol  griffe 
genannt,  nach  Haltrich  zur  deutschen  thiersage  s.  38  hat  die 
siebenbürgische  mundart  fänjer  für  finger.  baskisch  leitet  sieh 
atza  finger  von  asir,  atzi  greifen,  selbst  unser  band,  goth.  handus, 
malbergisch  channu  verleugnet  nicht  seinen  Zusammenhang  mit 
hinj)an  capere,  ahd.  hunda,  hunta  ist  captura,  fang,  beute,  der 
hund  das  fangende  Ihier,  welches  worl  uns  durdisichtiger  wird  als 
die  entsprechenden  formen  den  übrigen  sprachen,  skr.  kara,  gr. 
Xei^,  finn.  käsi  bindet  sich  mit  hri  capere,  ir.  lamh,  welsch 
Haw  mit  kafißärco.  weil  aber  daume  der  vornehmste  finger, 
so  darf  dessen  finnischer  name  peukalo,  est.  päk,  peial  und  ver- 
setzt läpp,  pelge,  lat.  polles,  böhm.  palec  allerdings  an  die  buch- 
staben  von  finger  rühren,  ja  das  poln.  palec  besagt  geradezu 
finger.  iiiren  Ursprung  bergen  lit.  pirsztas  finger,  zehe,  kralle, 
Ictl.  pirksts,  allst,  pr  st' ,  mss.  perst",  böhm.  prst. 

nicht  untkunlich  sdiiene  etwa,  der  form  nach,  finger  mit  digitus, 
it.  dito,  sp.  dedo,  prov.  det,  fr.  doigt  zu  vereinbhren,  einen 
lausch  der  anlaute  f  und  d  anzunehmen  oder  gar  bezüge  zwischen 
fahen,  fangen  und  dikan  thiggian  zu  vermitteln,  allein  digitus 
entspricht  offenbar  unserm  zehe,  ahd.  zeha,  ags.  täh,  altn.  Xk 
[GDS.  240),  die  von  finger  abliegen  und  ihre  klare  wurzel  (goth. 
teihan)  zu  erkennen  geben. 

die  einzelnen  fingernamen  verzeichnet  meines  bruders  abhand- 
lung  zur  exhorlatio  s.  SO  ff.  hZ  ff.  und  die  meisten  werden  tm 
Wörterbuch,  jeder  an  sriner  stelle,  aufgeführt,  ich  irill  hier  aus 
Göthe  24, 186  nachholen,  wie  ein  claviermeister  die  finger  lu 
bezächnen  pflegte:  'die  däumerlinge  und  deuterlinge,  die  krabler 
und  Zahler',  unter  welchen  beiden  letzten  doch  der  dritte,  vierte 
und  fünße  insgemein  begriffen  scheinen,  beiwörter,  ausdrücke, 
redetuarten  sollen  nun  der  reihe  nach  folgen. 

1)  irie   alles   zählen   an  den  fingern  begann  (ini  Saietvlotv 
avfißäilaad-ai.  Herod.  S,  63),  lieiszt  es  von  rohen  Völkern,  dasz  sie 
nicht  einmal  ßnfe,  oder  nicht  über  fünf  zählen  können  {GDS.  239), 
was  dann  auf  beschränkte,  unbesonnene  köpfe  angewandt  wird: 
darunder  manger  ist  betäubt, 
das  er  nit  lunfe  zelen  kan.    Wolkb^stmh  s.  96; 
stest  du  da  mit  dinen  gesellen, 
als  kontestu  keine  vive  teilen.    Soester  Daniel  8S. 

eine  mnl.  thierfabel  von  fudis  und  elster  läszt  Reinaeri  xu  ver 
Ave  (frau  Ava)  sagen: 

ic  soude  u  leren  teilen  twA 

ende  daer  toe  twe,  al  6r  wi  scieden  (belg.  mus.  6,414). 

merkwürdig,  da  naturforscher  beobachtet  haben,  wenn  in  eine  hütte, 
die  unter  dem  nest  der  elster  steht,  weniger  als  fünf  oder  gerade 
fünf  Jäger  gehen  und  dann  einzeln  wieder  heraus,  so  wartet  sie 
ab,  bis  alle  heraus  sind,  ehe  sie  wieder  zu  neste  fliegt,  was  aber 
itber  fünf  ist,  merkt  sie  niclU  mehr.  2  +  2  is(  =  vier,  über 
welche  vier  finger  der  daume  als  fünfter  hinaus  geht,  wie  das 
erste  jähr  der  zweiten  olymjAas  ein  fünßes  ist.     efceniroi  heiszt  es: 

als  ob  sie  nit  recht  dreu  kün  zeln.    Hacpt  8,516; 
ob   er  nicht  über  drei  künde  zeln.    Garthener  384;   hängen 
die   köpfe   als   wenn   sie  nicht  drei  zählen  könten.   Schlanw- 
pampes  lod  44. 

an  sime  rioger  6t  dd  las 

und  zaite  viT  r^hte 

ir  beider  gesiebte.    Herb.  5938; 
ich   konnte   es   an   den  fingern  abzählen  (es  war  leicht  zu 
erkennen),   dasz   du   mir   nicht  beistimmen  würdest;   nit  das 

104 


1651 


FINGER 


FINGER 


1652 


man  dir  alle  ding  müsz  an  den  fingern  uszzelen.  Morners 
geucfimat  (Sclicible)  926;  beim  itzigen  slatswescn  könte  man 
die  gerechten  an  den  fingern  zählen,  die  in  bösen  gewissen 
verhaften  aber  mit  vil  tausenden.  Butsciiky  Palm.  244;  ich 
hatte  das  allerwenigste  hierwieder  einzuwenden,  zumalen  da 
ich  an  allen  meinen  fingern  abzehlen  konte,  dasz  eine  stär- 
kere macht  erfordert  würde,  die  insel  mit  gewalt  der  waffen 
einzunehmen.  Fdsenburg  4,  298 ;  was  zählen  sie  denn  an  den 
fingern?  was  hat  ihnen  denn  der  arme  nagel  gelhan,  dasz 
sie  ihn  so  zerbeiszen?  Lessing  1,289;  ein  mann,  der  seine 
wolthalen  schon  ausposaunet,  der  sie  einem  jeden  auf  den 
fingern  vorzurechnen  weisz.  1, 238 ;  ich  kann  mir  doch  wol 
an  den  fingern  abzählen,  woher  sie  den  ring  kannte.  1,548; 
auf  den  fingern  herzählen.  8,243;  ja  sie  werden  einen  sol- 
chen rechenmeister  brauchen,  der  an  den  fingern  abzählen 
musz,  wie  lange  er  in  den  tag  hineinschläft.  'narr,  das  ist 
eine  ganz  andere  rechnung.  wo  man  nach  kriigen  und  gläsern 
zählt,  braucht  man  der  finger  nicht*.  Weisze  Aom.  opon  2, 203 ; 
das  stand  doch  wol  an  den  fingern  abzuzählen.  Sicgfr.  »on 
Lindenb.  1,57;  hast  du  vergessen,  wer  dir  den  klugen  ge- 
danken  eingab,  sie  zu  verlassen?  soll  ich  sie  dir  an  den 
fingern  herzählen?  GötheIO,  98;  ich  weisz  es  auf  den  fingern 
{sehr  genau).  Gotter  3, 283.  an  den  knöpfen  des  rocks  ab- 
zählen können  ist  ein  gkichnalürlkher  ausdruck. 

sam  vil  der  jär  als  sich  ein  hanl  gevingert.  Albr.  TU.  2866 
umschreibt  dichterisdi  fünf  jähre,  die  fünf  finger  bezeichnen 
aber  auch  einen  handschlag:  solches  knarren  währete  solange 
bisz  Florindo  sich  erbarmete  und  mit  fünf  fingern  auf  seinen 
backen  spielete.  Weise  erzn.  149;  welche  thaten  der  groszen 
vfeltbeschrienen  heldengescbichten  oftmals  mit  solchen 
Schwachheiten  angefüllet  sind,  dasz  man  die  erzlügen  mit 
allen  fünf  fingern  greifen  kann  {handgrei/lichc  lügen).  Jucundiss. 
191;  da  ober  die  Stichelworte  allzu  geraeine  wollen  werden, 
sähe  sich  Solande  genötigt  los  zu  brechen  und  dem  gröszten 
under  dem  häufen  eine  band  voll  finger  auf  die  nasen  zu 
werfen,  pol.  slockf.  286;  und  wenn  sie  etwas  kaufen,  so  zahlen 
sie  was  billig  ist  und  plagen  einen  nicht  mit  märten  (marklcn), 
dasz  es  einem  duechl,  man  möchte  ihnen  fünf  finger  usgwicht 
geben.  Gotthelf  bilder  u.  sagen  5,  6.  Hesiod  nennt  die  hand 
ixivTO^ov,  fünfzack,  neyraöäxrvXov  ist  das  fünfftngericraul. 
sechs  finger,  die  als  spiel  der  natur  vorkommen  (s.  bilßnger), 
sclireüen  von  dem  decimal  in  das  duodccimahyslcm :  da  war  ein 
grosz  man,  der  hatte  ja  sechs  finger  und  sechs  zehen,  die 
machen  vier  und  zwenzig  und  er  war  auch  von  den  riesen 
geborn.  t  diron.  21,  6,  sie  weisen  unnützen,  störenden  nberßusz 
und  es  heiszt  von  etwas  unpassendem:  schickt  sich  wie  sechs 
finger  in  ein  händschuch.  bienenk.m^;  reimt  sich  wie  sechs 
finger  in  einen  handschuh.  böse  weiber  (1CS3)  s.  85.  für  die 
fiiKjcr  beider  bände  zusammen  wird  auch  gern  alle  zehn  finger 
gesagt:  er  leckt  alle  finger  darnach,  er  bleibt  alle  finger  lang 
(jeden  augenblick)  stehn,  es  kommt  mir  in  alle  finger.  Gott- 
BELr  Uli  326;  oder  sinnlicher:  alle  zehn  finger  lecken,  höchst 
lOslem  sein,  einen  mit  allen  zehn  fingern  herbciziehn.  des 
eilften  fingers  geschah  sdion  oben  sp.  HO  mcldung,  in  den  fast- 
nachlspielen  triU  er  oft  auf  99,  14.  100,  10.  154.  156.  242, 32. 
244,2.   313,7. 

2)  der  ausgestreckte   finger,    zumal   der  rechten  hand  deutet, 
mit  dem  finger  deuten  ist  weisen: 

mit  minem  viuger  wiseie  ich  in.    pass.  H.  95,58; 

mit  dem  finger  auf  mich  zeigen.    H.  Sachs  1,541'; 

als  deine  mutier  dich  in  unsre  reihen  brachte, 

da  Her  er  aur  mich  zu  und  spracli  'die  scharerin', 

und  wie«  dabei  auf  dich  mit  seinem  iiiiger  hin, 

'die  nimmt  mir  etwa«  weg,  was  «oll  ich  jetzo  machen? 

ich  weisz  nicht  wie  mir  ist*.    Rost  nclidfiigcil.  117; 

ein  loser,  schedlicher  mensch  gehet  mit  verkeretem  munde, 
winket  mit  äugen,  deutet  mit  fiiszen,  zeiget  mit  fingern,  spr. 
Sal.  6,13;  so  du  niemand  bei  dir  beschweren  wirst,  noch 
mit  finger  zeigen.  Es.  68,  9 ;  ich  komme  auch  in  keinen  hof, 
da  man  mit  fingern  auf  mich  zeige.  Aimnn  n  5' ;  hier  wo 
jedermann  sie  kennt,  mit  den  fingern  auf  sie  weist.  Lenz 
1,  24«.  gewinkl  wird  mit  dem  Zeigefinger  oder  mit  der  ganzen 
hand,  gedrM  mit  dem  Zeigefinger,  der  vierte  finger  briszt  der 
namenlose  orfrr  ungenannte  (impudicut),  finn.  nimetnin  sorini, 
und  wenn  auch  den  nordamericaniscben  Münitarris  der  dritte  finger 
•der  ohne  nainrn'  genannt  wird,  ist  et  doch  unser  vierter,  weil 
ät  dfN  daumen  besonders  rechnen  und  vom  ersten  finger  su 
btginnen.    reite  dei  prinzen  von  Wied  2,  567 ;    rühr   es 


mit   dem   ungenanten  finger  der  rechten  hand.    Sedter  196 ; 

unter   allen   fingern  ist  der  kleine  der  klügste  und  witzigste,   wie 

von   den  sieben  knaben  der  däumling  d.  «..  le  petit  poucet;    er 

hat  mehr  im  kleinen  finger  als  ein  andrer  in  der  ganzen  hand; 
dar  scal  dcnne  hant  sprächen,  houpit  sagön, 
alldrö  lidö  huelih  unzi  in  den  luzigun  vinger. 

muspilU  95.  «ö; 
erst  gestern  fragt  ich  noch  den  lileinen  finger  aus, 
der  prophezeit  mir  wol.  GcuTiiga  387 ; 

sacht,  ihm  erzählt  es  ein  vögelchen  oder  sein  flnger. 

Voss  -i.-ib; 

fr.  mon   petit  doigt  me  l'a  dit,    obschon  man  auch  hört:   wie 

mir  mein  daumen  erzählt  (2,  850). 

3)  für  schön  gelten   an   frauen   lange,   feine,    zarte,   runde 

finger,  kleine,  rane  finger.  Maaleb  136': 

si  truoc  zwd  linde  hende  blanc, 

dÄ  stuonden  kleine  vinger  laue 

schön  und  lusteclichen  ane.    tr.  kr.  19992; 

ir  wolstßnden  hende, 

ir  vinger  lanc  als  einer  küneginne.    MS.  2,  67'; 

ir  hende  und  ir  vinger  lanc, 

Äne  bühel  und  ine  bcrc.    ftore  6910; 

röte  und  linde  ballen, 

die  man  an  schduien  frouwen  siht, 

ich  wa-ne  dem  hol  si  niht.     Wiuat.  163,15; 

schöne  hende,  linger  lanc, 

glander  negel.    Herbort  .2496; 

an  wijen  banden  vinger  lanc.    MSH.  3,468*; 

ir  hend  fiberschoenet 

sint  mit  lichter  varwe  glänz, 

ir  vinger  grüeblecht  und  ganz.    Lt.  S,  102; 

vinger  sinwgl  überal, 

gedrat  als  ein  kerzestal; 

Ions  et  gresles  avoit  les  doiz.    MioN  4,148; 
kaulichte  (kugelichte,  rundliche)  finger.   Ettners  hebamme  802; 
die  Jungfer  hat  feine  helle  äugen  und  geziegene  subtile  finger- 
chen,  unw.  doä.  327,    wo   vielleicht   geriegcne   oder  gediegene 
zu  lesen. 

3)  in  anderm  sinne  sind  lange  oder  krumme  flnger  did)ische, 
stehlende:    lange  finger  machen,  wonach  reichen,  es  entwenden. 
i.  P.  grönl.  jn-oc.  2,  25.     substantivisch,  das  ist  das  verächtliche 
beer    der  langen  finger  (der  spilzbuben  und  gauner).   Schiller 
149';    warncten,    dasz  sie  sich  sollen  wol  füisehen  für  den- 
jenigen, welche  nach  uns  kommen  w iirden,  weilen  sie  krumme 
finger  hatten,  fr.  Simpl.  2, 103  ;  ich  hab  noch  nie  gehöret,  dasz 
auch   der   fiechiste    dieb    hat   auf  einem  Jahrmarkt  krumme 
finger  gemacht,    wann  ihm  der  stadtrichter  hat  zugeschauet. 
Megerle  Judas  1,284;  geschwinde  finger.  Pierut  2,363.      hin- 
gegen, die  finger  sich  krumm  und  lahm  arbeiten; 
die  flnger  krump  an  garn  wintcn.    fasln.  267, 14; 
da  musten  stets  die  finger  gehn 
und  am  verwünschten  rade  drehn.    Wbiszk  kam.  op.  2,68; 

auch  sind  mir  die  finger  ganz  verklommen,  so  kalt  ist  es 
'  schon.  Lessing  12,470;  starre,  erstarrte  finger,  lahme,  er- 
:  lahmte,  die  finger  spitzen,  spitze  finger  machen  will  sagen, 
j  etwas  nur  mit  den  enden  der  finger  zierlich  und  reinlich  fassen: 
i  wo  die  geputzten  herren  und  damen  im  garten  spazieren 

und  mit  spitzigen  Ungern  die  bluraen  reichen  und  hallen. 

GöTiiR  40,262; 

hab   ich   einem  gegenständ  nur  die  spitze  des  fingers  abge- 
wonnen, so  kann  ich  mir  die  ganze  hand  durch  hören  und 
denken  wol  zueignen,  vgl.  fingerspilze.     nackte,  blosze  finger 
sind  die  ohne  handschuh,  aber  auch  die  von  ringen  entblöszten : 
nSchst  war  Melan  ein  knecht,  und  raustc,  da  dar  schmaus 
den  letzten  trauring  frasz,  mit  nackten  Ungern  beileln. 

GiJMHKR  5"2!t. 

reine,  nnbeneckte  finger  stehn  entgegen  den  klebrigen,  schmuUigen, 
gcldzählenden  des  Wucherers: 

das  keim  an  fingern  nichts  pleib  kleben,    fasln.  792,12; 
er  hat  geld  an  den  fingern  kleben  lassen,  veruntreut; 

(ohit  immerhin,  ihr  kargen  Ihoren, 

die  finger  blau,  das  ȟber  blank.    GfiNTUiR  172; 

freund,  kenne  doch  die  weh!  der  grfisire  dient  geringem, 

an  weisen  haflel  alaub  und  gold  au  kargen  fingern. 

Dl'uch  rrrm.  U)«ikr  !h)4 

mit  regen,  schnellen,  aufmerksamen  fingern  etwas  durch- 
suchen: mit  den  aufmerksamsten  fingern  forschte  dieser 
grosze  gelehrte  diesem  niedlichen  polte  durch  alle  knpfcr- 
bilcher  nach  und  wo  ihm  nur  ein  kleiner  nackter  buhe  vor- 
kam, da  schrie  er  Amor!  Ainor'  Llssinc  8,219. 

5)  meine    hende   trofTen  mit  myrrhen  und  inyrrhen  liefen 
Ober   meine   flnger   an   dem    rigel  «ra  ichloix.   hohelied  5,5, 


1653 


FINGER 


FINGER 


1654 


sich  das  bast,  die  haut  von  den  fingern  melken  oder  winden 
ic/wn  1, 1149  angeführt,  doch  mag  hier  die  eine  stelle  vollständiger 
platz  finden: 

die  sonne  sticht  und  brennt,  das  biszchen  gras  varwelkt, 
dasz  man  sich  abends  fast  das  bast  von  fingern  melkt, 
und  wenig  milch  bekömmt.    Rost  sdiäfergedicUte  63, 
iceü   die  schlaffen    euter  härter  gezogen  tcerden  müssen,     in  den 
folgenden  redensarlen  mangelt  der  artikel  rächt: 
und  war  schon  der  und  der 
wie  vor  uns  andern  todt, 
du  strichest  sein  beschwer 
als  mit  dem  finger  weg.    Fleming  S6, 

du  halfst  ihm  mit  leichter  hand.  er  erschrack  bis  in  den  finger 
{bis  in  die  fingerspitzen).  pers.  rosenth.  1, 5,  was  die  ausg.  von 
1775  verdirbt:  bisz  sich  in  die  finger.  er  ist  geschwind, 
schnell  mit  den  fingern,  fingerfix.  so  viel  man  mit  den  fingern 
erfaszt,  ergreift,  eine  faust  voll,  pugillus.  er  ist  mir  unter  den 
fingern  (bänden)  todt  geblieben,  leute,  welche  die  finger  im 
spiele  haben  {sich  einmischen).  Gottbelf  eri.  3,  204.  aber 
Belial  ver\vundert  sich  mit  den  fingern  {machte  verwundernde 
gebärde).  Ayrer  proc.  1,  6.  sei  so  thüricht  nicht,  dasz  wenn 
du  eine  Untugend  siebest,  du  dieselbige  auf  den  fingern 
tragest  und  einem  jedem  anzeigest,  pers.  baumg.  7,30;  und 
kommt  mir  vor,  dasz  diejenige  {dame),  mit  welcher  e.  maj. 
geredet,  schon  würklich  es  umb  zwei  finger  hücher  traget, 
als  die  andern,  so  das  glück  nicht  gehabt  (a.  1712).  archiv 
für  vsterr.  gesch.  16,  224.  die  saugen  mirs  nicht  aus  den 
fingern.  Schlampampe krankh.  hl;  wie  manche  hübsche  duenna 
ist  mir  bei  der  gelegenheit  unter  die  finger  gekommen !  Göthe 

10,95; 

wie  froh  erschrack  ich,  als  mir  unvermuthet 
ein  brietchen  in  die  finger  kam.    Schiller  262'. 

den  handschuh  von  den  fingern  ziehen,  abstreifen,  reiszen. 

6)  das  thierchen  ist  nur  eines  fingers  oder  einen  finger  lang ; 
das  band  ist  nicht  einmal  fingers  breit;  ich  weiche  nicht 
fingers,  nicht  um  einen  finger  breit  {ne  digitum  transversum) ; 

und  weiche  keinen  finger  breit 
von  gottes  wegen  ab.    Höltt  48; 

der  tisch  steht  noch  einen  finger  weit  ab;  es  ist  kaum  einen 
finger  {schrill]  vor  tage;  die  schminke  liegt  fingers  dick.  Lessixg 

1,  378 ;  er  rieb  sich  erst  den  schlaf  und  den  mehlstaub  aus 
den  äugen,  der  ihm  fingers  dicke  auf  seinen  borstigen  wira- 
pern  lag.  \\ eisze  jubelhochzeü  33.  diese  fügungen  sind  vorzüg- 
licher und  freier  als  die  heule  beliebten  uneigenllichen  cotnposita. 
es  ist  so  nah,  dasz  man  es  mit  dem  finger  reichen  kann. 

7)  die  finger  helfen  einander,  tcie  alle  glieder  thun.  der  wirt 
und  der  landjäger  sind  wie  zwei  finger  an  einer  hand.  Gott- 
belf Schuldenbauer  29;  deux  bons  amis  sont  les  deux  doigts 
de  la  main;  er  ist  so  gesund,  ihm  thut  kein  finger  weh, 
oplitne  valet. 

8)  gottes  finger,  gottes  spur  in  der  ganzen  nalur,  ein  tcink  gottes: 

dis  ist  des  herren  wort,    hier,  hier  ist  gottes  finger. 

Grtphius  1,2S9; 
Wälder,  felder  mit  dem  vieh 
zeigen  gottes  finger  hie. 

JoACH.  Kea:<der  bundestieder.  Bremen  16S0  s.  162 ; 

der  unmittelbare  finger  der  alimacht.  Kant  8,361;  gute  ge- 
müther  sehen  so  gerne  den  finger  gottes  in  der  natur.  Gothe 
19,343;  aber  wenn  ich  gottes  fingersehe.  Kotzebue  rfrum.  sp. 

2.  200 ;  herr  obrister,  hier  ist  gottes  finger.  3, 318 ;  da  sprachen 
die  Zauberer  zu  Pharao,  das  ist  gottes  finger.  2  Mos.  8, 19 ; 
gab  er  im  zwo  tafeln,  die  waren  steinern  und  geschrieben 
mit  dem  finger  gottes.  31, 18 ;  und  mir  der  herr  die  zwo 
steinern  tafeln  gab,  mit  dem  finger  gottes  beschrieben.  5  Mos. 
9,10;  so  ich  aber  durch  gottes  finger  die  teufel  austreibe,  so 
kompt  je  das  reich  gottes  zu  euch.  Luc.  11,  20.     s.  fingorzeig. 

9)  einem  den  finger  auf  den  mund  legen,  ihm  dadurch  kraß 
verleihen : 

flngar  thinan  dua  ana  mund  minan, 

theui  ouh  hant  tbiua  in  thia  zungün  mina.    0. 1.  2,3; 

legete  im  die  finger  in  die  obren  und  spützet  und  rflret 
seine  zunge  {goth.  lagida  figgrans  scinans  in  ausuna  iinnia 
jah  speivands  attaitok  tugg6n  is).  Marc.',ZZ;  die  Juden  wan 
sie  hörten  got  lestern,  so  stieszen  sie  ein  finger  in  ein  or. 
Keisersberg  narrensch.  ISO*,  stillschweigen  gebietet,  wer  den  Zeige- 
finger auf  eines  andern  mund  oder  auf  seinen  eignen  legi: 

ir  legete  in  den  vinger  über  den  munt, 

da  mite  tt^te  ^r  in  kunt 

da;  sie  #;  nieman  wollen 

sagen  noch  künden  sollen.    Uolricb  MS; 


das  macht  das  er  den  finger  uf  das  mul  leit  und  schwigt 
Stil.  Keisersberg  bilger  l'; 

und  schwig  du  mir,  so  schwig  ich  dir, 

man  kan  wol  halten  finger  für 

die  ougen,  das. man  säch  dar  usz 

und  wachend  tun  als  ob  man  rusz.    Bra:i;  33,10; 

ich  legte  meinen  finger  an  die  nase  und  sann  lange  nach. 
Gellert  8,  4. 

lo)  keine  fingergebärde  kommt  häufiger  vor,  als  jenes  halten 
der  finger  vor  die  äugen,  das  lat.  connivere  oder  blinzen,  gr. 
xarauvstv,  xaiiuieiv,  etwas  wie  unbemerkt  oder  ungerügt  hin- 
gehn  lassen,  schon  in  Stolles  thüring.  chron.  do  sogen  {sahen) 
die  forsten  dorch  die  fingere.  196;  die  hern  zu  Missen  toten 
keins  dar  zu,  sundern  sie  sogen  dorch  die  fingere ;  die  forl- 
setzung  des  mnl.  Reinaert  hat  4251  {Willems): 

leren  door  die  vinger  sien. 
nhd.    drümb  sib  ich  durch  die  finger  zu.    Schwarzb:iberc  119,2; 

ob  die  magt  das  von  der  frauwen  dem  junkem  sol  sagen, 
oder  sol  sie  von  dem  Junkern  der  frauwen  sagen  oder  sol 
sie  durch  die  finger  sehen,  als  ietz  geschieht,  man  schenkt 
ir  ein  mantel  oder  ein  schleier,  so  schweigt  sie  und  hilft 
auch  darzu.  Keisersberg  s.  d.  m.  72';  das  gott  durch  die 
finger  sieht  und  sein  straf  verlengert.  predigen  143';  und  wo 
das  Volk  im  lande  durch  die  finger  sehen  würde.  3  Mos.  20,  4 
{LXX  vTieoiScaaiv  toIs  of&aXfwXs,  vulg.  blosz  negligens  und 
parvipendens);  durch  die  finger  sehn.  Llther  5,148";  denn 
er  kan  wol  eine  Zeitlang  durch  die  finger  sehen.  6,271*; 

nun  ich  musz  es  lassen  geschehen 

und  darzu  durch  die  finger  sehen.    H.  Sachs  III.  2,242'; 

so  er  beuchlisch  durcht  finger  sech.    V.  316*; 

dammb  gott  durch  die  finger  hat  gesebn.  Frank  lad.  der 
trunkenh.  H2*;  durch  dfinger  sehen  one  brill.  Kirchhof 
wendunm.  43*; 

und  secht  in  {den  lündem)  nit  durch  dfinger  zS. 

Scbhelzl  Verl,  son  4'; 
gott  doch  tyrannen  nicht  stets  durch  die  finger  seh. 

Grtphids  1, 116; 
kann  chach  zu  diesem  stuck  auch  durch  die  finger  sehn. 

1,  172 ; 
ach  wie  oft  wird  den  gröszern  bansen  durch  die  finger  ge- 
sehen. Abeij:  gerichlsh.  1,398;  das  er  seinen  söhnen  zu  vil 
nach  und  durch  die  finger  sähe.  Bltscbkt  ians/.  332;  ob  die 
menschen  schon  zu  geringen  Sünden  durch  die  finger  sehen 
können,  so  wil  es  doch  gott  nicht  P(üm.  871;  geräth  das 
kind  übel,  um  das  der  vater  durch  die  finger  gesehen.  378; 
dem  duell  durch  die  finger  sehen.  Kant  10,  2S6 ;  wir  sehen 
mit  den  einheimischen  handwerkern  durch  die  finger.  Moser 
p.  p/i.  1,  204 ;  ich  könnt  ihnen  manche  frau  nennen,  die  ihren 
mann  mit  lauter  liebe  zu  tode  quält,  'weil  sie  seinen  unarten 
nicht  durch  die  finger  sehen  will*.  Gotter  Jeannette  l  aufz. 
iauflr.;  freilich  sieht  er  einem  auch  einmal  durch  die  finger. 
GöTBE  8,  209 ; 

dasz  auch  mir, 
wie  billig,  eine  schönlieil  in  dem  kühlen, 
wenn  icli  sie  suche,  gern  begegnen  mag. 
'wir  wollen  Treundlich  durch  die  finger  sehen', 
dagegen  wiszt  ihr,  dasz  ich  schonen  kann.    9,116; 

der  amtmann  möchte  durch  die  finger  sehn,  wenn  man  dem 
menschen  zur  flucht  behülflich  wäre.  16,148;  der  vater  hatte 
das  alles  zu  veranstalten  erlaubt,  er  selbst  schien  nur  durch 
die  finger  zu  sehen.  18, 24 ;  dasz  man  von  oben  herein  durch 
die  finger  zu  sehen  und  alles,  was  sich  ereignen  könnte, 
dem  Zufall  zu  überlassen  geneigt  sei.  30,3t4;  ich  solle  mich 
davon  machen,  sie  wollten  mir  durch  die  finger  sehen  (e  che 
loro  m'arieno  falte  spalle).  34, 316 ;  der  poet  mag  hierüber 
mit  seinem  gewissen  übereinkommen,  der  leser  aber  musz 
gefällig  durch  die  finger  bücken.  38,299.  Mosers  mit  statt 
des  datirs  ist  undeutsch,  ganz  etwas  anders  ist  einem  auf  die 
finger  sehn,  ins  gesicht  fassen  was  er  in  seinen  fingern  hat  oder 
damit  thut:  indem  der  {böte)  mittwochs  oder  sonnabends  früh 
in  mein  zimmer  kommt,  wird  auf  die  finger  gesehen,  ob  er 
nicht  einen  brief  von  ihnen  bringe,  an  Sdiiller  431. 

11)  die  finger  aufrecken,   erheben  lu  sdiwur  oder  feierlichem 
handel  und  gelübde: 

w^lt  ir  s^hen  sinen  kouT, 

recket  einen  vinger  out.    Hslbuhc  1,1314; 

und  wer  mir  trauren  helfen  will, 

der  beb  ein  finger  auf!    GdRRis  mei*terl.  90; 

und  welcher  mit  mir  woll,  der  reck 

mit  mir  auf  einen  finger  1    meittert.  T.  23  n*  89 ; 


1655 


FINGER 


FINGER— FlNGEUBRElt 


1656 


weihen  fortan 

sein  weib  nit  überlisten  kan, 

der  selb  recli  auf  ein  llnger!    n'213; 

wers  thon  will  reck  ein  finger  auf!  II.  Sachs  III.  3,12'; 
macUlen  also  ein  ufrur  unter  dem  häufen,  dasz  sie  zusam- 
men schwuren  und  die  finger  ufreckten.  Götz  v.  B.  kbensb. 
209;  ein  eid  mit  ufgerecklen  fingern  schweren,  treisth.  2,l9i. 
ebenso  die  band  recken,  cxlendere  manum,  goth.  ufrakei  handu 
lieina.  Marc.  3,5.     anders: 

du  aber  leg  die  finger  auf  die  brus.  r      ,  w 

und  scbwore  mir  mit  einem  ilieuien  eid.    Uula!1DS  Lrnst  14. 

ttatt  recken,   strecken  hcUzl  es  auch  die  finger  spreizen,  aus- 
spreizen, cigenllich  auseinander  in  die  holte  halten. 
12)  spiUisch  gesagt  ist  zu  einem  riUer: 

l&t  iu  den  vinger  ziehen  1    Pari.  599,8, 
den  im  kämpf  Versehrten,  verrenkten  slrnchen  und  zurecht  ziehen  ? 
auch  im  spiel  von  der  upslandingc  (Ettm.  956): 
gi  sinl  beide,  dar  man  schal  Mn, 
sillet  ueder,  läi  ju  den  dümen  tcn! 
in   einem   nlid.    büchlein,    betitelt   der  complimentisl  s.  290  findet 
tich   'die    finger  ziehen  oder  Schnappern  lassen',   wol  an  den 
gelenken  ziehen,  dasz  sie  knacken: 
die  llnger  krachen, 
die  manner  wachen.    Garg.  168*. 

mit  den  fingern  schnippen  hekzt  den  auf  den  daumen  gedrückten 
mütelfinger  sclmllend  auf  die  maus  gleiten  lassen:  der  sich  immer 
in  die  lippen  beiszt,  durch  die  zahne  zisclit,  mit  dem  köpfe 
schüttelt  und  mit  den  fingern  schnippt.  Weisze  kinderfreund 
8,103.     höhnisch  oder  scherzend  'ein  Schnippchen  schlagen'. 

lustig  mit  den  ungern  schnellt.    Günther  195. 
tiMJnt  6«  GöTHE  5,263,  der  äne  houri  sagen  läszt: 
wieder  einen  li'iger  schlägst  du  mir  ein! 
weist  du  denn  wie  viel  aeonen 
wir  vertraut  schon  zusammen  wohnen? 
'nein!  wills  auch  nicht  wissen,   nein!" 
auch  eine  solche  handbewegung?     dasz  epileptische  den  daumen, 
den  finger  einschlagen  (sp.  274)  gehört  nicht  dahin. 

13)  an   den    fingern   kauen,    nagen,   bciszcn   hat   mehr   als 
Hnen  sinn,     es  kann  bedeuten  was  die  finger  wonach  lecken: 
wir  suln  ein  niuwe?  briuwen, 
dar  nach  si  die  vinger  kiuwen 
bn  den  triuwen.    Neiduart  13,36; 
die  idolliT)  wolt  ich  in  ein  smalz  schlagen, 
so  wurden  die  bauren  die  finger  nach  nagen,    fasln.  212,26. 
es   meint  aber  auch  nahrung  daraus  saugen,    nach  alten  Überlie- 
ferungen sogar  u:issenschaß,  kenntnis,  Weisheit  daran  saugen,     in 
einem  altirischen  lied  von  Ossian  und  Putrlk  136: 
'snach  raibh  do  mhaith  a  Bhflonn  fein 
is  a  cognadh  a  mheir  go  smaois, 
Finn  selbst  vermöchie  ja  <jar  niciUK, 
venn  er  nicht  an  dem  finger  kaut, 
mer,  heute  mear   (gen.  meir)   ist  finger,   daume.     bei  uns  von 
einem  wissenden:   er  hat  es  aus  seinem  daumen  gesogen;  er 
hat  es  nicht  aus  seinem  kleinen  finger  gesogen.  Schlampampe 
Üben  8  {siehe  oben  2). 

dan  Ir  habts  usz  den  Ungern  gesogen. 

MuRiER  /m(/i.  norr  2049; 
usz  got  und  nit  den  fingern  gesogen.    2332. 
Gescenbach  Idszt  s.  129  einen  ehmann  zu  Venus  sagen: 
du  bist  die  mich  jetzt  fröwi  allein, 
wib  und  kind  wil  ich  Verlan 
und  wil  allein  dir  hangen  an. 
dir  koufcn  rnck,  mSntcl  tind  schuhen, 
mein  Iraw  lassen  die  finger  sugen, 
sie   mag   an    den   fingern   saugen    und   sich  so  das  leben  fristen, 
wie   der  bär    an    den  tatzen  saugt  (Döbel  1,33*).     in  folgender 
stelle  ist  etwas  in  die  finger  beiszen  soviel  als  verbeiszen,  uiilrr- 
drücken:    welches   wir   aber   alles    bis  zu  seiner  zeit  in  die 
finger  beiszen  (o.  1585).    Ro»iiel  hess.  gesch.  5,644.     an  den 
fingern  nagen,  in  die  nägel  beiszen,  zum  Zeitvertreib: 
der  junge  rephyr  fand 
d»  gute  ding  {die  lii*).  das  fleiszig  wache  stand, 
»or  lanKer  weil  an  •eluen  fingern  nageo. 

WicLAND  Juno  und  Gnnymeä  872. 

auch   verlegene,   reuige   menschen  beiszen  sich  in  die  finger,  fr. 
■   »"en  mordre  les  doigt«,  i'en  repentir,  vgl.  Stai.der  1.:«7(>. 

14)  sich  die  finger  verbrennen  und  schaden  davon  haben, 
anlaufen,  fr.  «c  brüler  les  doigt-* :  wer  einmal  so  unglücklich 
gewesen  int  «ich  die  finger  zu  verbrennen.  Lenz  1,105;  der 
untorMrhiige  halle  zugegriffen  und  »ich  die  finget  bäszlich 
verbnuint : 


der  unparteiische  corrcspondenl  (Hamburger  zcilung), 

der  sich  nur  selten  die  finger  verbrennt. 

Kl.  Schiidt  kam.  dicht.  349 
meine  119  riesz  groszfoliopapier  {die  Voss  zum  dntck  seiner 
Odyssee  gekauß)  kann  ich  noch  nicht  anbringen,  ob  ich  gleich 
die  wolfeilslen  preise  angeboten  habe,  es  scheint  die  buch- 
händler  freuen  sich,  dasz  doch  einmal  ein  seibstverleger  die 
finger  verbrannt.  Voss  briefe  2,  269.  man  kann  den  ausdruck 
aucli  vom  gottcsurlheil  herleiten:  ich  möchte  für  die  wahrheil 
einer  behauptung  meinen  finger  nicht  ins  feuer  halten,  je 
n'en  mettrais  pas  mon  doigt  au  fcu. 

15)  den  finger  dazwischen  stecken  und  klemmen :  nu  wil 
ich  mein  finger  nicht  stecken  zwischen  die  irrigen  händel. 
Lutiiehs  br  1,  314.  ursprünglich,  zwischen  holz  und  rinde,  zwischen 
ambosz  und  hammer  slecJcen. 

16)  die  fingor  rühren,  mit  dem  finger  anrühren:  ich  mag 
darum  keinen  finger  rühren;  nun  nit  ein  finger  an  ein  ding 
legen,  sich  niencr  umb  arbeiten.  Maaler  136';  ja  die  hofe- 
ehre,  würde,  gcwall  und  höhe  wollen  sie  wol  gern  haben, 
aber  die  hofemuhe  und  erheil  wollen  sie  nicht  mit  einem 
finger  anrüren.  Luther  6,  li;2';  werdet  ihr  mir  nur  noch  ein- 
mal eins  {von  den  kindern)  mit  dem  finger  anrühren,  so  will 
ich  euch  das  loch  weisen,  welches  der  Zimmermann  im  hause 
offen  gelassen  hat.  Jncnndiss.  119;  ich  setze  keine  feder  mehr 
an,  rühre  keinen  finger  mehr  für  ein  so  undankbares  volk. 
Wieland  14,190;  und  dem  soll  eine  frau  eine  band  geben, 
ihn  mit  einem  linger  berühren?  J.  P.  Siebenk.  4,80.  vgl.  an- 
rühren, nicht  rühr  an  1,431. 

n)  die  finger  werfen,  fr.  jetcr  les  doigts,  bei  Maaler  136* 
micare  digitis,  geheimen  wink  geben,  aber  auch  nur  legen: 
hier  warf  Amint,  mit  neuer  lust, 
die  finger  auf  die  warme  bnist  {der  Doris), 
worauf  er,  wie  er  zärtlich  glaubte, 
die  freiheit  mehr  zu  rauhen  raubte. 

Rost  sclinfererz.  49.   schäferged.  73. 

18)  den  finger  bieten,  reichen:  wenn  man  ihm  den  finger 
gibt,  so  will  er  gleich  die  ganze  band;  man  darf  der  Jugend 
nur  einen  finger  bieten,  sie  wird  gar  bald  die  ganze  band 
hernach  ziehen.  Weise  ersn.  61 ;  wenn  man  ihnen  den  finger 
reicht,  so  reiszen  sie  einen  bei  der  band  an  sich.  Bettine 
br.  1,218. 

19)  wir  konnten  keinen  finger  stille  halten  (zitterten  an  allen 
gliedern).  Leipz.  avant.  1,  86. 

20)  er  ist  so  weich  und  nachgibig,  dasz  er  sich  um  den 
finger  wickeln  läszt;  schon  kann  ich  ihn  um  einen  finger 
wickeln.  Lessing  1,  237. 

21)  einem  auf  die  finger  klopfen,  ihn  gelinde  süchtigen,  fr. 
donner  sur  les  doigts. 

22)  finger  am  handschuh,  was  die  finger  bedeckt. 
23). finger  am  dorn: 

das  llöckchen  hielt  der  dorn 

in  scharfen  fingern  fest.    Rücmrt. 

FINGERAB,  e  digito,  vom  finger  herunter: 

als  ich  auf  dem  Kuidirat  schifte, 

streifte  sich  der  goldno  ring 

fingerab.     Götuk  .%  147. 
FINGERARBEIT,  f.   i.  b.  ndlien,  stricken,  schreiben,  vgl.  band- 

arbeit. 

FINGERBAD,  n.  sagte  man  ehmals  für  fingerabwaschung. 
spöttisch  zu  den  Wächtern: 

mcn  scholde  ju  maken  en  flngerhat, 
dat  gi  sißpen  an  dcme  grave.    upstandinge  942, 
man  sollte  euch  ein  handwa.<tscr  geben. 

FINGERBEER,  n.  pupula,  das  euszerstc  an  den  fingern, 
welches  von  dem  gemeinen  mann  pupulae  oder  buppeln  und 
fingerbecr  genant  wird.  TnunNEissER  magna  ü/cAymw  2,  86 ; 
beere  n.  der  duszersle  theil  der  fingerspilze,  fingerbeere,  finger- 
kuppe.  Stalder  1,151;  das  fingorbeeri,  fingerspüze.  .\lb.  vo«» 
BllTTE  s.  24.  wuncl  ahd.  perian,  lerere,  premere,  weil  man  mit 
der  fingerspitze  drückt  und  knetet,  sicher  gab  es  auch  ein  mhd. 
vingerber  oder  einfadies  her  in  demsellien  sinn. 

FINGERRELN,  n.  os  digUi. 

FINGERBEl'GER,  m.  nervus  digiU. 

FINGERBEWEGIJNG,  f  motio  digilorum:  indem  sie  mit 
einer  leichten  fingerbcwegnng  seine  hemdkrausc  wcgschncilt 
und    eine   bandschleife,    die    da  verborgen    war,  wegnimmt. 

SCIIILIF.B    262*. 

FINGERBLOSZ,  ohne  handschuh. 

FINGERBLITADER,  f  vena  digiti. 

FINGEIIRREIT,  (M<i/is.-  fingerbreite»  band;  cm  liiignorcit 
abendrolh.  J.  P.  Fibel  rorr.   Gönn«  3,  I2s.     oft  ohne  su»am- 


1657       PLXGERBRILLE  — FINGERGLEICH 


FLNGERGLIED  —  FLNGERLEIN 


165$ 


menselzung  {s.  finger,  6) :  einen  fingen,  keinen  finger  brei( ; 
ich  wollte  auf  solchen  wegen  lieber  von  hier  nach  Paris 
fahren,  als  nur  einen  finger  breit  nachgeben,  wenn  die  rechte 
und  befugnisse  bestritten  w  erden.  Götue  15,  36 ; 

durch  gotlicbe  6re 
wägeter  den  lip  so  sere, 
da?  küme  rem  töde  ein  vinger  was.    Geo.  128; 
wije  Joppen  Tinger  breit  gesteppet.    MSU.  3, 2S0'. 

FINGERBRILLE,  f.  etlich  machen  fingerbrillen  {sehen  durdi 
die  finger).  Garg.  ISö';  sehet  nicht  durch  die  fingerbrille. 
Mestwert  73. 

FI.NGERBRUCH,  m.  fradura  digilorum.  unter  den  fechter- 
hieben werden  genannt:  einlauf,  gemächstüsz,  beinbriich,  arm- 
brüch,  fingerbrüch,  gesellenstösz ,  mordstösz,  gesichtstieb. 
Garg.  ISS'. 

FLNGERCHEN,  n.  digüulus: 

wie  konnte  der  denn  das  erlangen? 

er  ist  auf  fingerchea  gegangeo.    Götbe  2,263; 

und  die  wangen  waren  von  der  färbe 

wie  das  fingerchen,  das  sie  gebildet.    2, 190. 

FLN'GERDEL'TEN,  n.  rituperaiio,  tadel,  indem  man  fingerdeulet: 

da  würde  ein  vingerdiuten 

Ton  iuwers  vater  liuten 

dur  wäre  schulde  üf  mich  getan,    tr.  kr.  22215; 

keinen  herren  ouch  da^  wol  zimt 

daj  er  sin  armen  liuten  nimt 

ir  guotes  mere,  denn  er  ze  reble 

nemen  sol,  und  mit  gebrehte 

da;  Terzen  mit  riehen  liuten 

durch  werltlich  ire  und  Tingerdiuten.    Benner  2255; 

wijjet,  daj  ofte  vingerdiuten 

m6  schadet  dan  frumet  klösterliuten.    3303; 

storcbsnebel  und  vingerdiuten 

guckent  ofte  nach  tumben  liuten.    14068; 

«wer  sich  gesellet  ze  tumben  liuten 

der  machet  im  selbe  ein  Tingerdiuten.    15*11  Ij 

oben  von  der  scheiteln  nider 

unz  üf  die  solen  dan  üf  wider 

was  niht  an  sime  libe, 

daj  von  manne  noch  von  wibe 

vingerdiuiens  bxte.    Rudolfs  wellchr.  ScbEth  2,180. 

tpäler  nicht  im  gebrauch. 

FINGERDEUTLICH,  aperte,  ul  digUo  monslrari  possü:  so 
lang  sie  einen  nicht  fingerdeutlich  vom  gegentheile  überführt. 
Moser  p.  ph.  3,36. 

FINGERDICK,  crassitudine  diqiti:  die  butter  fingerdick  auf- 
schmieren,    vgl.  fingersdick. 

FINGERDRUCK,  m.  pressus  digiti,  vie  händedrack: 

lesen  könnt  ich  in  seinen  festen  zügen 

seinen  lang  und  treu  bewahrten  entschlusz, 

auch  mit  keinem  fingerdrucke  zu  lügen.    Le5au  n.  ged.  104. 

FINGEREIDE,  n.  annulus,  mAd.  vingeride,  n«r  frei  Neidhabt  : 

Tniten  swester  Bride 

spilt  mit  Eppen  umbe  ein  vingeride.    42,13; 

also  vlös  min  vrcuwe  ir  vingeride, 

dö  si  den  krumben  reien  üf  dem  anger  trat, 

dö  wart  e;  ir  ab  ir  hant,  seht,  an  ir  danc  genomen.    60, 2S. 

könnte  gebildet  sein  irie  goüi.  ave|)i  ovile,  grex,  caula  für  aveij)!, 
ahd.  ouwiti,  ewiti  für  ouwidi,  ewidi,  und  icenn  dieses  herde 
ausdrückt,  die  terschlingung  mehrerer  ringe  zum  schmuck  be- 
leichnen?  das  erloschne  wort  ist  hier  nur  aufgeführt,  um  nach- 
furschung  in  süddeutscher  volksprache  anzuregen. 

FINGERENDE,  n.  exlremus  digäus,  fingerspitze,  fingerkuppe, 
vofür  vir  vorhin  das  ältere  fingerber  kennen  lernten: 

mistrauiscb  aufgeschreckt  Ton  jedem  leisen  wort, 
trägt  er  (der  blinde  Gangolf)  die  äugen  nun  an  seinen  fingerenden. 
WIKLA5D  22,2';3  (Uberon  6,53). 

FINGERFASENACKT,  verstärktes  fasenackt  {sp.  1339).  rocken- 
phil.  2,4. 

FINGKRFERTIG,  expeditusdigitis:  ein  fingerfertiger  Schreiber, 
geipenspieler. 

FINGERFERTIGKEIT,  f. 

FINGERFISCH,  m.  polynemus. 

FI.NGERFI.X,  fingerschnell,  sudelnd  in  der  arbeit: 

den  Fingerfix  kennt  jetrt  fast  keiner, 

den  Zeuxis  noch  fast  jedermann.    Bi;*»«  64*. 

FINGERFL.\CHE,  f.  fläche  der  handknochen  nach  den  fingern  hin. 
FINGERFÖRMIG,  digiti  formam  referens. 
FINGERGELENK,  n.  articulus  digüi, 
FINGERGESCHWCR.  n. 

FINGERGLEICH,  n.  articulus  digiti :  eines  fingergleichs  lang. 
WCbtz  103 


FINGERGLIED,  n.  dasselbe.  Dasyp.  288" ;  von  einem  gestorbnen 
mahler: 

die  geschickten  flngerglider 

kommen  nimmermehr  herwider.    Roxpler  94. 

FINGERGOLD,  n.  annulus,  golh.  figgragul|),  alln.  fingrgiill. 
doch  kein  ahd.  finkarkold,  kein  mhd.  vingergolt  aufzuzeigen. 

FINGERGR.\S,  n.  digilaria  filiformis,  ein  fenchgras. 

FINGERGRIF,  m.  pleonaslisch,  da  der  grif  mit  den  fingern 
XU  geschehen  pflegt,  doch  kann  auch  mit  dem  mund,  von  vCgeln 
mit  Schnabel  und  klaue  gegriffen  werden:  die  diebin  für  dem 
{so)  fingergrif  eine  belohnung.  Abele  unordn.  4,  221. 

FINGERGROSZ:  mit  vingergrüjen  strängen.  Er.  5395. 

FINGERGUCRER,  m.  der  einem  auf  die  finger  sieht. 

FINGERH.\NDSCHUH,  m.  handsdiuh  mü  fingern. 

FINGERHAUBLE.  n.  für  einen  kranken  finger.  Maaleb  136*. 

FINGERHOCH,  hoch  wie  ein  finger. 

FINGERHUT,  m.    l)  digitale  sulorium,  zu  abwehr  der  nadel- 
Stiche,  it.  ditaie,  sp.  dedal,  fr.  doigficr,  ringerhut  Hacpt  6, 322*, 
Dasvpodils  54',  vingerhoit,  leutonisia  290*: 
auch  hab  ich  nadein,  pursten  und  kern, 
flngerhuot,  laschen  und  nestel  vil.    fastn.  477,26; 
ein  eilen  und  ein  fingerhut.    Atrer  372*. 

2)  oß  gebraucht,  geringen  ^hall  einer  masse  auszudrücken: 
pfaffengut,  raffel^ut, 

gebt  zusammen  in  ein  fingerhut.    LKOPRECume  49; 

indem  wir  schon  von  altem  nectar  glühten, 

ruft  Bromius,  'das  grosze  deckelglas, 

he  mädchen  flink!  mit  diesen  flngerhüten 

macht  man  ja  kaum  die  lippen  nasz'. 

WiELA?«D  Juno  u.  Ganymed  254. 
armer  tropf,  aus  dieser  Jage  reiszen,  und  auf  mehr  raffinirt 
dein  fingerhut  voll  gehirn  nicht?  Schiller  109';  ein  fingerhut 
voll  puder,  zu  viel  oder  zu  wenig.  J.  P.  uns.  löge  9. 

3)  kräuter  mit  blumen  in  fingerhulgestait,  digitahs  purpurea, 
flore  luteo,  campanula  sikeslris,  nnl.  fingerhoedkruid. 

FLNGERHCTER,  m.  fingerhutmacher : 
die  bader,  küfer,  fiugerhüter 

bringen  zusamen  nicht  viel  guter,    fotiohlatl  von  1621. 
FINGERHÜTLEIN,  n. 

dem  faulen  balg,  dem  tröpfeln 
wir  karg  in  gläschen  ein, 
in  gläschen,  wie  bei  äpfeln, 
zu  nippen  snszen  wein  ! 
ach  seufzt  er  'lingerhütlein ! 
denn  gläschen  bist  du  kaum! 
ich  kühlte  gern  mein  mütlein 
und  feuchte  nur  den  gaum!'    Voss  5, 123. 
FINGERIEREN,   die  finger   auf  dem    instrumetü  gebrauchen, 
von  klavierspiclern :  sie  fingerieren  gut.     fingern  wäre  dassdbe. 
FINGERIG,   digitatus.     s.  fünffingerig,   langfingerig,  rosen- 
fingerig. 

FINGERKALENDER,  m.  ich  hatte  nicht  lang  in  die  hohle 
band  und  deren  prophetische  handzeichnung  geschauet,  als 
ich  Alitheen  mein  erstaunen  über  diesen  fingerkalender  der 
Zukunft  nicht  recht  mehr  verhehlen  konnte.  J.  P.  jubeis.  138 ; 
verstärkte  seine  buchersammlung  mit  einem  seltnen  finger- 
kalender. Fibel  27. 

FINGERKALT,  von  gelinder  kdUe,  wobei  einen  sdutn  an  den 
fingern  friert. 

FINGERKOPPE,  f.  fingerspüxe,  ü.  polpastrello :  mit  den 
fingerkoppen  die  regsamsten,  gefühligsten  nerven  berühren. 
Ardinghello  2,  215;  und  wären  allen  Schneidermeistern  die 
nähfinger  oben  an  der  fingerkoppe  durchstochen.  J.  P.  doppel- 
heerschau  185. 

FINGERKRAUT,  n.    siehe  fingerhut  3  und  fünfßngerkraut 
FINGERKUPPE,  f.  was  fingerkoppe:  ich  schreibe  verzweifelt 
ungern,   die   fingerkuppen  tbua  mir  immer  so  weh.   Weisze 
luslsp.  234. 

FINGERL,  n.  annulus,   östr.  und  bair.  ßr  fingerlein,  schon 
bei  LicHTENSTEiN  116, 10. 228, 6.  Megembebg  vingerl.  433, 14. 472, 7. 
FINGERLANG,  longiludine  digUL 
FINGERLEIN,  n.  digüulus,  annulus. 

1)  in  der  alten  spräche  ring,  das  am  finger  getragne,     wie  aus 
SäxTvXos  SaxTvXws,  aus  finn.  somii  finger  surmus  ring,  aus 
sl.  pr'st"  finger  pr'sten'  ring  wurde  auch  aus  ahd.  finkar,  fingar 
gebildet   fingiri    annuhis,  pl.  fingiriu,  allmälicJi  aber  gieng  es  in 
fingirin  und  fingarlin  über,  ohne  dasz  im  begrif  eine  diminution 
liegt,     gerade  so  erscheint  im  Ruodlieb  digitalis  für  annulus: 
annulus  ut  victi  donetur  ter  superanti. 
tunc  is,  'qui  Indum,  quem  liidamus  modo  primum, 
acquiral',  dixit,  'digitalis  uterque  suus  sit'.    8,63- 
Judendo  proprium  cito  perdebat  digitalem, 
quem  tranit  a  digito,  jaciebai  eique  rouudo.    8,97; 


1659 


FINGERLEIN  — FINGERN 


FINGERN— PLNGERREIP 


1660 


tandem  ter  denos  fabricare  jiibet  digitales 

ex  auro  puro,  reperitur  nou  melius  quo.    3,382; 

sie  dicens  gladium  sibi  üquerat  et  digitalem.    14,81; 

et  pariier  sibi  tres  dat  gemmatos  digitales.    14,96. 
mhd.  ist  dies  vingerlin  für  ring  tiberaus  lidufig: 

er  zöch  ir  ab  der  hende  ein  guldin  vingeriin.    Kib.  627,3; 

her  Iwein,  nämet  ditz  vingerlin.    /le.  1202; 

unde  lät  ditz  vingerlin 

ein  geziuc  iit  rede  sin.    2945; 

und  sendt  ir  wider  ir  vingerlin.    3193; 

dö  spilten  si  d€r  vingerlin.  GA.  2,41S,319. 
thtnso  noch  im  14. 15. 16  jh.  da;  graben,  da;  man  in  vinger- 
lein  tuot.  Megenberg  377,  24;  darumb  list  man,  da;  Salumün 
ain  vingerlein  bet,  da  gaist  in  bcslu;;en  wären.  430,25;  do 
gab  er  dem  ersten  sun  das  wib,  dem  andern  seinen  liort, 
dem  dritten  sein  chostpäilich  vingerlein.  yesta  Rom.  ed.  K.  \(i ; 
vtas  wildu  das  icb  dir  geb  für  das  pfand?  sie  antwurt,  dein 
fingerlein  und  dein  armgeschmcid,  annulum  tuinn  et  armillam 
tuam.  bibel  14S0  1  Mos.  38,18,  wo  Luther  setzt:  deinen  ring 
und  deine  scbnur;  vingerlein  anulus,  enchiridion  grece.  voc. 
1482,  kk  5*;  und  weisz  im  ein  guldin  fingerlin  an  die  band 
stoszen.  Keisersberg  posl.  2,  52' ; 

fra^,  nembt  von  mir  disz  fingerlein, 

das  traget  nun  umb  meinem  willen.    H.  Sachs  IV.  3, 53'; 

hab  flngeriin  feil, 

leg  die  hend  in  schosz.    Scheid  grobian  m3. 

vie  aber  Luthers  bibeUibersetzung  diesen  ausdruck  nicht  festhielt, 
tondern  dafür  fingerreif  oder  ring  setzte,  verschtcand  er  aUmdlich 
im  Sprachgebrauch  und  dauert  blosz  in  dem  Volkslied  und  hin 
und  wieder  unter  dem  volk.  Stieler  485  hat  noch  fingerlein 
schenken,  annulo  dunare.  aucfi  nnl.  kommt  vingerlija  für  ring 
vor,  aus  dem  nhd.  entlehnt. 

2)  fingerlein  für  kleiner  ßnger,  fingerchen:  die  wurzeln  sind 
rund  und  lang,  eines  kleinen  fingerleins  dick.  TAtiERNAEM.  83 ; 
ein  ringlein  an  deinem  vingerlein  hat  die  ganze  sacbe  ge- 
dreht. Fb.  Müller  2,114; 

und  horch !  Aurora,  die  Jungfrau  fein, 
schlosz  auf  mit  rosigem  lingcrlein 
der  sonnen  diamantne  thi'iren. 

Kl.  Schmidt  liom.  dicht.  218. 
FIXGERLEN,  /reguetiiolti)  »on  fingern :  die  finger  spielen  lassen. 
Stalder  1,370.    ScHN.  1,543; 

mei  schätz  ist  en  orgelist, 

er  flngerlet  wos  ist, 

er  fingerlet  am  lädle: 

'Mariele,  wo  bist?'    Ernst  Meikr  Schwab,  volksl.  42. 

FINGERLESEN,  loqui  digitis: 

mhd.  wand  #r  was  stum 

von  dör  geburt  her  gewesen, 
man  muste  mit  im  vingerlesen.    pass.  K.  143, 60. 

FINGERLING,  m.  tfteca  digiti,  fingerhut,  auch  nl.  vingerling 
und  verkleinert  vingerlingje.  schueiz.  der  am  fmger  abgezogne  lianf. 
Stald.  1,  370.     bei  M aaler  136'  hülchen  für  einen  kranken  finger. 

FINGERLOS,  expers  digüi. 

FINGEULOSZEN,  digüis  micare.     vgl.  finger  17. 

FINGERMLSCHEL,  f  dactyli  concha. 

FINGEHMLSKEL,  m.  nervus  digilalis. 

FINGERN,  dit/Uis  längere,  nnl.  vingeren,  in  verschiedner  an- 
wendung: 

1)  palpare,  eontreclare: 

die  alten  sich  verjfingeren, 

wan  sie  die  mädiciti  fingeren.    Weceherlin  781  ; 

beim  frauenzimmcr  ist  das  fingern  gefährlich.  STtELER485; 
und  um  den  nacken  der  mädchcn  zu  fingern.    Wieland  16,30; 
oftmals  hab  ich  auch  schon  in  ihren  armen  gedichtet, 
und  des  bexaraeters  mnsz  leise  mit  fingernder  band 
ihr  auf  dem  rücken  gezählt.         Götue  l,'.!6ö; 
der  doctor  streichelt  sich  und  eilt  in  Fritzens  zelle, 
er  fingert  um  den  puls,  erwegt  auch  alle  falle. 

Hacedodn  2,97; 
ein  fingernder  doctor  besalbt  mir  den  leib.  3,74; 
er  fingert  lang  an  seiner  scbifertasche.    Wieland  10,64. 

2)  Iractare  fides,  auf  den  sailen,  auf  der  geige,  fliiie  fingern: 
er  kann  wol  geigen,  aber  nicht  fingern; 

mhd.  euch  künde  ti  die  selten 

Tingem  und  bereiten.    ilB»o>T  9333; 
et  iit  doch  benser  redn  als  pfelfn, 
diewcil  PH  nicht  vil  fingern*  darf.    Atrer  fmtn.  51*; 
Florian  der  gtii«  pfeifen 
fieng  ttmm  Hu»zlnnds  grAitte  tladl, 
und  solang  er  fingpru  kunie, 
nng  «r,  wie  er  steu  begtinte.    Fuiinc  370; 


bei  meiner  violon, 
da  krieg  ich  einen  süszen  ton 

durch  sanftes  streichen  und  durch  fingern.    Mbnante»  1,257; 
mein   viole   d'amour  will    nil  mehr  klingen,   ich  mach  auch 
was  ich  wolle,    'vielleicht  hat  sie  einen  catbarren  an  denen 
fingeren,  fingert  nit  wol'.  Calle.nbacu  uli  antehac  s.  74; 
frisch !  nimm  die  flöte  her,  du  must  mir  etwas  fingern 
geschwinde  spiele  mir  das  lledcheii  mit  den  Springern, 
ich  hör  es  gar  zu  gern.        Rost  scitäfergeäichie  147 ; 

mit  der  linken  fingert  er  auf  seinem  haberrohr.  Fr.  Müller 
1, 180. 

3)  digilis  effingere ;  die  Schwierigkeit  aus  einem  so  sprOden 
leim  gerade  das  bild,  das  ich  haben  will,  heraus  zu  fingern. 
Wieland  an  Merk  s.  193. 

4)  digitis  monstrare,  fingerdeuten:  er  hat  lange  hinaus  ins 
meer  gezeigt  und  gefingert.  Claudius  4, 113.  schon  mhd.  von 
einem  der  sich  stumm  stellte: 

unde  sich  selber  an  nam 

durch  ein  valsche  eselkcit, 

da;  sin  spräche  was  geleit 

und  wolde  stete  swigeu, 

vingern  und  nigen 

pflac  er  vor  die  zunge.    pass.  K.  520, 92. 

5)  tradere,  zufertigen:,  fingre  ihm  hurtig  das  fertige  todes- 
urthcil  in  die  band.   Fr.  Mt:LLER  3,  220. 

6)  digilos  amputare,  digüis  truncare: 
also  sind  soliich  usz  dem  orden 

gelierteilt,  köpft  und  gefingert  worden.    Gengbnbach  401. 

7)  sich  fingern,  in  digitos  dividi,  sejungi:  die  band  fingert  sich ; 
der  bäum,  die  pflanze  fingert  sich;  blätter  fingern  sich,  wachsen 
in  fingerform,  stehn  auf  der  spitze  eines  Stiels  zusammen; 

sam  vil  der  jär,  als  sich  ein  hant  geviugert.    Albr.  TU.  2S66. 
s.  abfingern,  befingern. 

FINGERNACKEND,  wie  fingerblosz :  und  lasz  ich  dich  finger- 
nackend an  einen  pferdeschwanz  binden  und  bis  unter  den 
galgen  schleifen.  Weise  kl.  leute  217. 

FINGERNACKT,  dasselbe:  welchs  wir  wol  an  unsern  armen 
pfarrherrn,  iren  weiblin  und  kindlin  teglich  sehen  und  an- 
dern vil  armen,  den  der  bunger  aus  den  äugen  sihet,  kaum 
das  brot  und  wasser  haben  und  dazu  fingernacket  gehen. 
Luther  wider  Hansworst.  1541  D2;  wer  seinem  ehegemahel 
nicht  sein  eid  helt,  tregt  aus  dem  hause  und  nichts  drein, 
wild  dem  weihe  alles  an,  lesset  die  kindcr  fingernacket  gehn, 
der  wird  nit  allein  den  menschen,  sonder  gott  selber  trew- 
los  und  meineidig.  Matiiesius  predigten  vom  ehestand.  Jiürnb. 
1563  Rr;  welche  daselbst  fingernackt  hunderterlei  geile  Stel- 
lungen machten.  Lohenstein  Arm.  1,300; 

sein  leib  war  tingernackt.    auserlesene  ged.  1,279; 
eine  Völkerschaft  von  fiiigernacklen  leiiten.  Wieland  15,  4. 

FINGERNAGEL,  »j.  unguis  digiti:  llnsät  wert  dem  krampf 
und  wert  auch  den  runzeln  an  den  vingerncgeln.  Megenberg 
422,30;  und  ist  der  stain  (onich)  auch  gevar  sam  ain  vinger- 
nagel.  454,6;  da  solt  ein  reichstng  worden  sein,  das  weder 
von  bischolTen  noch  von  fürsten  eiu  fingernagel  blieben  were. 
Luther  {ed.  hmischer)  2,  is  ine  von  mh  'nii  ht  eine  klaue',  gar 
niclds;  ein  harpfuer  neben  mir  notierte  die  baupiconteuta  der 
rede  auf  seinen  fingcrniigeln.  J.  P.  ;ia/)ierrfr.  1,216. 

FINGERNAGELKRAUT,  n.  myagrum  paniculalum. 

FINGERNUDEL,  f.  meldspeise  von  fingerähnlicher  form.  Scii«. 
1,  543. 

FINGERRECHNUNG,  f  rechnung  mit  hülfe  der  finger  gemacht. 

FINGER  RECHT,  n.  als  aber  ihre  band  schlaf  auf  dem 
warmen  feldbelte  der  ehre  und  auf  dem  wedt'l  ruhte  und 
mich  ärgerte,  könnt  ich  zum  faiisl  oder  fiiigerrecble  greifen 
und  sie  selber  inhaflieren.  J.  P.  paling.  1,  03. 

FINGERREGUNG,  f  welche  mystischen  beziehiingcn  würde 
nicht  ein  Kanne  aus  den  religiösen  gebnliithen  und  finger- 
regungen  eines  Hindus  holen  können  ?  J.  I'.  ;<ij/<ier(/r.  2, 195. 
vgl.  ViKRORDT  de  junctaniin  in  precaudo  muuuum  urigine  in- 
dogei-manica.   Carolsruhae  1S5I. 

FINGERREIF,  m.  annulus  digitalis:  und  der  knnig  thct  abe 
seinen  fingeireif,  den  er  von  Hainan  hatte  genomen  und  gab 
in  Mardachai.  Esther  8,2;  bringet  das  beste  kleid  erfür  und 
thtit  in  an  und  gebet  im  einen  fiiig>-rreif  an  seine  band  und 
schuch  an  seine  füsze  {goth.  jab  gibi|)  figgragul|i  in  handu 
is,  (igs.  syllad  hiin  bring  on  bis  iiaud).  Luc.  l.'>,  22;  denn  die 
weit,  bawcr,  l)urgi'r.  adel  sind  doch  des  tcufcis,  on  das  goll 
ir  wenig  als  köstlich  edelsleinc  und  türkis  erous  lieset,  die 
er   in  »einen  fingerreif  fasset.   LumKR  »,«4';    »o  haben  die 


1661   FINGERRING  — FINGERSTUNDE 

alten  Römer  dem  eisen  und  aller  kriegsrüstung  zu  ehren 
eine  gute  zeit  eiserne  fingerreif  getragen.  Mathesios  78*. 

FINGERRING,  m.  dasselbe. 

FINGERRCCKEN.  m.  pars  digUi  supenor. 

FINGERRÜCKENNERV,  m. 

FINGERSATZ,  m.  admotio  digiUmim  ad  eliäendos  ntnorum 
sonos,  die  applicatur. 

FINGERSRREIT,  vas  fingerbreit. 

FINGERSCHLAG,  m. 

,  sie  spielte,  wie  ich  tiefer  sank, 

mit  leisem  Ongerschlag, 
der  mir  durch  leib  und  leben  drang, 
mich  frohen  schlummrer  wach.    Höltt  s.  40. 

FINGERSCHLAGADER,  f.  arteria  digüalis. 

FINGERSCHNALZ,  m.  percussio  digUorum:  die  kunst  durch 
einen  fingerschnalz  seinen  namen  in  ein  testament  zu  bringen. 
Gartes  übers,  von  Cic.  de  off.  3, 19. 

FI.NGERSCHNECRE,  f.  pinna  digüiformis,  äne  ari  Schnecken, 
die  auch  fingerchen  heiszen. 

FI.NGERSCHNELL,  fingerfertig,  fingerfix,  nn/.  vingersnel. 

FINGERSCHNELLEN,  vUirare  digito.  Garg.  165'. 

FINGERSDICK,  was  fingerdick :  die  kollerader  lief  fingers- 
dicke auf,  er  legte  die  band  an  den  degen.  Felsenb.  l,  47. 

FINGERSDICKE,  f  aassüudo  digüi: 
denn  flngersdicke  hat  der  wipfel  kaum.    Griss  Bcifardo  2,5,9. 

FINGERSETZUNG,  f  im  clarierspiel  tcas  fingersatz :  indes  der 
scheue,  blöde  Falterle  keine  schöne  zu  einem  andern  schritte 
brachte  als  zum  rückpas  im  menuet  und  statt  der  Setzung 
seines  ichs  zu  nichts  als  zur  fingersetzung.  J.  P.  TU.  l,  125 ; 
der  lector  unter  die  niemals  eigenhändigen  menschen  gehörig, 
die  alles  gern  durch  die  dritte,  sechste,  fernste  band  nach 
einer   der  fingersetzung  ähnlichen  händesetzung  thun.   4, 42. 

FINGERSGLIED,  n.  vas  fingerglied:  wunde  eines  fingers- 
glieds  tief  «•«>/*.  1,  621. 

FINGERSHOCH,  iras  fingerhoch. 

FLNGERSI.NNLICH :  als  könnten  wir  die  andere  weit  so 
fingersinnlich  machen,  als  dasz  zweimal  zwei  vier  ist.  Hippel 
3, 135.     v^.  fingerdeutlich. 

FINGERSLANG,  tras  fingerlang:  und  mein  hart  ist  auch 
wieder  fingerslang.  Schiller  192*;  und  die  gemeinderäthe  sind 
etwas  ungehalten  über  den  pfarrer,  der  sie  all  fingerslang 
aufs  rathhaus  hinsperre  mit  unnöthigem  zeug,  das  dem  alten 
pfarrer  nicht  leise  eingefallen  sei.  Neffles  der  reller  aus 
Schwaben  s.  274;  all  fiiigerslang  musz  ich  ins  schlosz  und 
buszen.  Gotthelf  Schuldenbauer  29. 

FINGERSPIEL,  n.  digitorum  gesticulalio.  als  Rigr  in  das 
haus  des  edlen  geschlecfüs  eintrat: 

sAtu  hion,  säi  i  augu 

FaCtir  ok  HCSir  fiogrum  at  leika, 

und  fornmannasögur  7, 172  heiszl  es:  Tar  st4  kAtr,  at  hvert 
harn  kvaddi  bann  hla>jandi  ok  l^k  vid  fingr  sina.  es  ist  ein 
Zeichen  frohes  behagens  ohne  arbeit  zu  sitzen,  einander  ins  äuge  zu 
schauen  und  mit  den  fingern  zu  spielen. 

FLNGERSPITZE,  f.  exlremus  digilus,   fr.  le  bout  du  doigt: 
Tor  schäm  und  liebe  rotb  bis  in  die  fingerspitzen.    Wiki.a!<o; 

wo  ist  der  urquell  der  natur, 

daraus  ich  schöpfend 

himmel  fühl  und  leben 

in  die  fingerspitzen  hervor.    Göthb  2,192; 

im  herzen  da  liegts,  da !  das  ist  wild,  brausend,  hochklopfend, 
ich  spftrs  bis  in  den  fingerspitzen.  Wagner  die  reue  nach  der 
Ihat  6;  berurotappen  und  seinen  weg  mit  den  fingerspitzen 
suchen.  Fichte  fr.  revol.  27 ;  ich  weisz  es  in  den  fingerspitzen, 
habe  es  gtit  in  gedanken. 

FINGERSPRACHE,  f.  loquela  ditiüorum,  gebärdensprache. 

FINGERSTARK:  eine  fingerstarke goldne  uhr.  Götter  3. 423. 

FINGERSTEIN,  m.  belemnUa,  daciylus,  ein  versteinertes  seethier. 

FINGERSTOCK,  m.  ein  stob,  womü  die  finger  der  lederhand- 
tchuhe  lang  gedehnt  werden. 

FI.NGERSTRECKER,  m.  eitensor,  ausstreckmuskel. 

FI.NGERSTRÄL,  pecten  digitorum:  die  Athener  hatten  ein 
fest  Kylhroi  {ol  xv&poi),  da  sie  einander  mtisten  närrisch 
gnug  verkitlern  durchs  gitler,  wie  der  apotbekernarr  durch 
den  fingersträl.  Garg.  7. 

FINGERSTÜCK,  n.  zum  einsetzen  an  die  hand schuh  finger. 

FINGEKSTÜNDE,  f  ein  der  12  stunden,  welche  die  hand- 
uhi  anzeigt  Peter  .\piands  inslrumenibtich.  IngoUt.  153S  th.  1 
wp.  3,    engl,  fingerwatch. 


FINGERSÜCHT  — FINGERZEIGEN       1662 

FINGERSUCHT,  f.  ehiragra.  Serrasüs  synon.  70',  gdyiidet  wie 
füszsucht,  podagra. 

FINGERTUCH,  n.  mappa,  serriette: 

oft  lang  nagen  am  fingeituch.    Atbbr  fasln.  57', 
trenn  nicht  bungertuch  zu  lesen. 

FINGERWALD,  m.  capillus.  wdl  £e  raufenden  finger  ins  haar 
greifen,  das  haar  ist  ihr  «ald,  in  den  sie  gehn,  haar  steht  oft 
für  wald: 

da  klatscht,  da  kümmert  sich  das  alte  trödelweib 

in  jeder  rockenzunfl  um  alle  spindelgrillen, 

da  sucht  er  unter  lichts  der  köchin  zeitverireib, 

da  holt  er  Ilsen  aus,  da  forscht  er  von  Sybillen  . .  , 

wie  oft  sich  frau  und  mensch  bei  dem  begräbnis  raufen, 

und  Fritz  und  Florida  nach  fingerwalde  laufen.    Gc^^thek  501. 

man  dürße  an  einen  Ortsnamen  Fingerwalde  denken,  doch  keine» 
solchen  gibt  es  in  der  nähe  von  Schweidnitz,  wo  das  gedieht  spielt. 
FINGERWECHSEL,  m.  in  der  musik:  das  Werkzeug,  das 
er  zu  handhaben  hat,  ist  ihm  eingehändigt,  sogar  die  art 
und  weise,  wie  er  sich  dessen  bedienen  soll,  ich  meine  den 
fingerwechsel,  findet  er  vorgeschrieben.  Göthe  22, 160. 

FINGER  WINK,  m.  nulus:  mit  einem  fingenvink  schien  sie 
alle    die   kleinen    gehorsamen   weiberseelen   zu   beherschen. 

Klingehs  th.  2,  201 ;  eben  machte  Engelberta hemickende 

fingerwinke.  J.  P.  flegelj.  4, 145.     vgl.  augenwink,  händewink. 
FINGERWUND,  digito  vulneralus. 
FINGERWUNDE,  /.  digUi  vulneratio. 
FINGERWURM,  m.  paronychium,  nagelgesehwür. 
FI.NGERWURZ,  f.  potenlilla,  ßnffingerkraut,  schw.  fingerört, 
ddn.  fingerurt. 

FINGERZAHLEN,  numeri  simplices,  von  ans  bis  neun,  ä^ 
finger  1). 

FLNGERZAHM,  mhd.  ringerzam,   assudus  digito,  vogel  der 
auf  den   rorgehallnen   finger  geflogen  kommt,   vom  finger  friszt, 
schw.  dän.  fingertam,  fingerspag  (spakr).     im  bild  von  menschen . 
mhd.  wie  dunk  ich  dich  sd  vingerzam.    Eckenlied  102; 
wir  sin  nit  vingerzam.    Alpharl  265; 
Cr  was  nu  worden  vingerzam, 
den  becher  er  vil  gerne  nam.    Tcrl.  Wh.  54'; 
und  swer  noch  habe  ein  übel  wip, 
der  lege  ein  satel  üf  ir  lip 
und  rite  si  euch  alsam, 
ja  wirt  si  im  wol  vingerzam.    GA.  1,501, 

was  man  auch  auslegen  dürfte:  sie  läszt  sidi  um  den  finger 
winden,     vgl.  handzahm  und  mansuetus. 

FINGERZÄHMEN,  digito  assuefacere,  mansuefacere,  einen  wilden 
vogel  so  zahm  maclien,  dasz  er  sich  einem  auf  die  hand,  auf 
den  finger  gepelzt,     dän.  fingertämme. 

FINGERZEIG,  m.  significatio,  nutus,  hinwets,  hindeulung:  ein 
fingerzeig  werden,  digitis  vulgi  designari.  Maaler  136";  der  ge- 
ringste fingerzeig  dahin  ausgestreckt  ist  meucbelmord.  Les- 
sing 10,  135;  die  Warnungen  und  fingerzeige  der  träume. 
Wieland  1,302; 

ich  sah  in  ihm  der  götter  flngerzeig, 
den  hellen  weg  aOs  unserm  labvrintb. 

Weiszc  trauersp.  3,146; 

der  vorangeschickle  proIog  gibt  genügsamen  fingerzeig  über 
die  absieht  dabei.  Göthe  4, 177 ; 

'ich  hab  es  in  der  götter  hand  gelegt*, 
sie  pflegen  menschen  menschlich  zu  erretten, 
'auf  ihren  fingerzeig  kommt  alles  an'.    9,66; 

wenn  ich  nicht  irre,  so  wollte  er  uns  blosz  durch  einen 
fingerzeig  auf  den  rechten  weg  weisen.  18,270;  allgemeine 
liebevolle  betrachtungen  geben  ihm  fingerzeige.  20, 142 ;  nicht 
ohne  göttlichen  fingerzeig  wandert  Abraham  gegen  westen. 
24,206;  und  ist  nicht  der  körperliche  schmerz,  der  jedes 
tibermasz  begleitet,  ein  fingerzeig  des  göttlichen  willens? 
Schiller  . . . 

FINGERZEIG,  iemonstrabilis,  worauf  man  mit  dem  finger 
weisen  kann,  für  fingerzeige,  ahd,  fingarzeigi?  weil  die  kirch 
nit  etwan  ein  sonderer  häuf  und  fingerzeige  sect  ist,  an 
dement,  zeit,  person  und  slat  gebunden,  sondern  ein  geist- 
licher unsichtbarer  leib  aller  glider  ChristL  Fraxk  paradoxa 
vorr.  4' ;  wol  wissende,  dasz  die  gmein  gottes  nicht  finger- 
zeig ist,  dasz  man  möchte  sagen,  die  sect  ist  hie  oder  da. 
verbütschiert  buch  4 Di*,     nur  bei  diesem  Schriftsteller. 

FINGERZEIGE,  m.  monstrator,  index:  mhd. 

swer  nu  deheine  vröude  hat, 

der  vingerzeige  mucj  ich  sin.    MSF.  111,20. 

FINGERZEIGEN,  digito  monstrare  und  wie  fingerdeuten  oft 
in  tadelndem  sinn,  rituperare. 


1663 


FINGERZEIGEN  —  FINKE 


FINKE  — FINKENHERD 


1664 


mhd.  swie  wol  #r  sich  dar  nach  bewar, 

man  vingerzeiget  iemer  dar.    Fmidank  45,  Z3; 
nü  si  alle  trüreni  »ö, 
wie  niöhte  iehj  eine  denne  Inn? 
ich  müese  ir  vingeraeigen  llden.    Walthih  120,2; 
ine  viiigcrzeigen  was  ej  gar  (unladclhaft).    Lanz.  1473; 
d&  wart  vingerieigct  vil 
ül  Goielinden  man, 

das  s'  ''*"  wolden  senden  dan.    Dil.  8215; 
din  nahlgebürc  der  tac  vingerzciget.    MS.  2,155'; 
gw6r  d«n  swachen  vellet, 

das  machet  niht  der  6ren  vlngerzeigen.    Albr.  Ttt.  3513; 
swSr  gar  dfr  erden  ende 
so  tielc  sich  geneiget, 
der  vindet  sunder  wende, 
da?  er  antarticum  wol  vingerzeiget.    4749; 
daj   merkent    die   Hute  wol  unde  vingerzeigent  ftf  in.    myst. 
1,313.     nhd.  sellner:  er  hat  mich  crkant,  do  ich  noch  in  muter 
Hb  lag,  und  hat  mich  darnach  getöift  und  gefingcrzöigt  und 
gesprochen  'sehent,  das  ist  das  lanip  goltes  das  da  hiiinimpt 
die  «und  der  well'.  Keisersberg  postill  l,  6 ;  desgleichen  hett 
er  euch  zügniis  von  mir  geben,  do  er  mich  fingerzöigl  und 
uf  mich  tüttet  und  sprach  sehent  «.  s.  w.  2,  44 ;  er  hat  Christum 
Jesum   unseren    henen  getöift  und  hat  in  gefingcrzöigt  und 
gesprochen,  sehent  u.s.w.  4,3; 
als  ich  meinen  gang 
het  lu  ir,  da  wert  es  nit  lang, 
ir  nachbaurn  mcrktens  ferr  und  nahen, 
und  Üngerzeigend  auf  mich  sahen, 
oft  ward  ein  wispleu  über  mich.    H.  Sachs  1,319'. 
FINGEKZEIGL'NG,  f.  monstralio:  über  den  zwizüngigen  ist 
die  bösist  fingerzeigung,  denotatio  pessima  super  biliuguem. 
bibel  14S3,  320*  =  Sirach  5, 17. 

FINGERZINKE,  f.  ramus  digilorum: 

und  jeder  wollte  an  den  Ungerzinken 
des  andern  glänzen  sehn  den  lebensreif. 

RCciKRT  ges.  ged.  1,213. 
FINGERZWEIG,  m.  ramißcalio  nervorum  in  digilos. 
FINGIEREN,   erdichten:    namen  auf  lechisch  und  zechisch 
(polnisch   und  böhmi.^ch)  fingieren,    wie  die  poeten  des  winds 
und  sonnenpferds  namen.    Fischart  groszm.  47. 

FINK,  FINKE,  m.  fringilla.  alid.  fincho,  finco  (Graff  3,527), 
mhd.  vinke  (Renner  19433.  Heinzelein  626),  nhd.  schwankend 
zwischen  slarkcni  fink  und  schwachem  finke,  man  setzt  aber  auch 
finko  f.  fürs  weibchen,  nnt.  vink,  ags.  nur  finc,  nicht  finca, 
engl,  ünch,  schw.  fink,  dän.  finke  finkens.  ob  schon  ein  yolh. 
ügks  oder  Cgka  galt,  wissen  wir  nicht,  it.  pincione,  sp.  pinzon, 
fr.  pinson  (in  mundarten  pinchon,  pinchard,  princard,  quincon), 
armor.  pint  und  tint,  welsch  pinc,  auch  in  Northamplonshire  pink 
und  spink  (Baker  2, 115).  estn.  wink,  böhm.  penkava  f.,  ungr. 
pinty,  pintyöke.     diese  formen  scheinen  alle  verwandt. 

fringilla  würde  bei  ausgeslosznem  r  den  übrigen  nahe  treten, 
lautterschoben  aber  fring  ein  deutsches  brink  oder  hink  werden, 
wie  frango,  confringo  brika,  breche,  für  äch  betrachtet  führt 
unser  fink  gerade  zu  auf  die  wurzel  finken  fank  funken, 
der  laut  fink  ergänzt  die  ablaute  in  fanke  (sp.  1317)  und  in 
funke,  also  würde  finken  ausdrücken  funkeln,  leuchten,  glänzen 
und  das  geßeder  des  brandünken  (fringilla  ßammea),  des  gold- 
finken  bezeichnen,  ja  nach  Nemnich  1C57  gibt  man  in  Ostreich 
dem  fink  den  beinamen  'wilds  feuer'.  bedeutsame  mylhen  be- 
richten von  feuerbringenden  vöglein  (Kuhn  herabkunß  des  feuers 
t.  31.  104),  nach  einer  volksage  in  der  Normandie  trug  Zaunkönig 
(reblos,  reblet)  das  feuer  vom  himmel.  Pi.lolet  contes  populaires 
de  Uayeux  p.  44  und  Bosquet  tradilions  220.  221.  was  könnte 
der  ableüung  unsers  finke  aus  finken  leuchten  besser  zusagen? 
patsend  schiene  freilich  auch,  dasi  der  vogel  nach  seinem  ruf  oder 
schrei 'f\nk  fink!  birik  hink!  penkpcnk!'  hrUze,  Jent  fringilla, 
frigilla  zur  seile  sieht  fi  ingulire,  frigulire  (nur  niclit  mit  Festus  : 
avis  dicia  quod  frigore  canlel  et  vigcat  I),  ungr.  bedeutet  pin- 
tvegek  ich  binke  wie  ein  fink  und  der  an  jenes  spink  mahnende 
gr.  name  anl^n  oder  anivos  stimmt  zu  ani^eiv,  pipen,  pfeifen, 
wir  finden  aber  unzdhlicliemal,  da.^z  die  Vorstellungen  des  sdialls 
und  lichts  einander  begegnen,  wäre  nun  fink  die  durchsichtigste, 
echteste  gestaU  des  namens,  so  schiene  er  von  uns  her  ins  roma- 
tU$die,  wie  ins  böhmische  und  estnische  übernommen,  denn  pincione 
IdtU  tidi  niehi  unmitleWar  auf  fringilla  führen,  das  on,  one 
$d»ickt  sieh  zu  untrer  schwachen  beugung.  skr.  kalavinka  paster 
(BöHTi..  2, 155)  lasse  ich  aus  dem  sfiiel. 

1)  fink  gilt  für  einen  zierlichen,  lustig  zwitschernden  vogel: 

flüchtig  und  flink, 

frei  wie  drr  link 

auf  itrluchffm  und  bAumen 

in  himmeUraumen.    Scuillbb  33S*. 


als  grafen  Eberhart  von  ]yürteml>erg  bald  nach  einer  gewonnenen 
schlaclU  im  j.  13&S  seines  urenkels  geburt  verkündet  wurde,  rief 
er  freudig  aus:  'sei  es  gott  gelobt,  fink  hat  wieder  samen  1 ' 
Stalin  3,  347.  Fischaht  führt  unter  den  spielen  Gary,  lüo'  eins 
an,  dessen  verhalt  jetzt  nicht  mehr  bekannt  ist:  'wie  gibst  du 
den  finken?';  Fibel  und  der  finke  schrien  erbärmlich  und 
jeder  anders.  J.  H.  Fibel  18.  nnl.  hij  luistert  als  een  viuk, 
teas  sowol  heiszen  kann:  glänzt,  leuchtet,  als  lausclit,  hört  scliarf 
wie  ein  fink.     wer  finken  fangen  will,  musz  ihnen  zuvor  körnen. 

2)  verschiedentlich  aber  wird  geredet  von  bösen,  losen,  leicht- 
fertigen, groben  finken  (wie  vögeln): 

darurab  Ifijen  wir  sus 

die  bd'sen  Anken  sorgen 

den  Äbent  und  den  morgen.     LS.  2,678; 

der  selb  mag  sein  von  groben  Unken.    Ferbe»  Ol'; 
kam   der    losen    finken    und   landslreicher   einer.     Kibchuof 
wenditnm.  446*. 

3)  studentisch,  ein  fink,  muthloser,  der  sich  nicht  paukt,  oder 
keiner  veibindung  angelUJrt. 

s.  blulfink,  brandfink,  distelfink,  fiachsfink,  goldflnk,  lock- 
fink,  inistfink,  rothfink.  ags.  goldfinc,  ragofinc.  engl,  gold- 
finch,  chaflinch. 

FINKELER,  FINKLER,  auceps.  vogler,  königs  Heinrich  beiname. 
FINKELFECH,   brennendbunt.   MS.  2, 75',   die   ableüung  von 
finke  bestärkend. 

FINKELJOCHEM,  m.  vinum  aduslum,  nach  der  jüdischen 
gaunersprache.  jochem,  joham,  Johann  bedeutet  wein,  hebr. 
jajin,  finkein  ist  kochen,  sieden,  man  sagt  auch  gefinkelter 
jochem  und  gefinkel : 

jetzt  sieht  es  alle  weit  mit  rechte 
vor  harten  pompernickel  an, 
den  blosz  das  musqueiiergeschlechte 
in  flnkeljochem  riechen  kann.    Gümther  945. 
vom   schwedischen    dichter  Hallman    gibt    es    eine  comödie   det 
underjordiska  bränvinsbränneriet,  worin  ein  advocat  Finkel  und 
ein  dislillatur  Jockum  auftreten. 

FINKELN,  1)  fringillas  capcre,  dann  allgemein  aves,  aucupari: 
keiser  Henrich  fangt  finken.  Garg.  1S5'.  HAr(JiA>s  schreibt 
finkein  für  funkeln,  funkeln: 

blinkend  und  llnkelnd  uns  drucken  vorgiebet  _ 

heiliges  licht  und  himmlisches  wort.     anm.  zur  poelcret  s.23b. 

2)  inlr.  brennen,  stechen,  z.  b.  in  der  liaut,  wenn  sich  eine  hand- 
blase bildet,  in  Sachsen. 

FINKELSTEIN,  m.  nimm  finkelslein  von  eim  schmid,  mach 
den  glüende.  Ai.bbecht  rosarznei  Q  91. 
FINKEN,  1)  fringutire,  auch  hinken  (wie  falz  und  balz): 
es  sasz  ein  meise  auf  einem  sprink  (sprenkel), 
es  war  kein  meise,  es  war  ein  fink  (d.  i.  eme  Anke), 
flnket  die  flnk, 
setz  an* und  trink, 
flnket  die  meise 
nach  der  alten  weise, 
traurige  nacht, 
nimm  dich  wol  in  acht, 

junger  gesell,  das  glas  schnapp  ab!  .i       .      . 

tuqcniihnfter  jumifruuen  teitrerlreiher  durcJi 

HiLARiuii  LusTiu  VON  Freudeniual.  (um  1690) 

lieä  187. 

2)  finken,  vügcl  fangen,  aucupart.  Stalder  1,  370.  wie  finkein. 

FINKEN.\CGE,   n.   eine   alte   münze,   vinco,   denarius   vinco- 

nensis.  Klöden  kaufmann  des  mittelallcrs  2,  64. 

FINKENBAFER,  m.  cavea  fringillaria,  dann  bildlidi  für  carcer : 
klagt  sein  Unheil, 

wie  ihm  sein  stürmen  sei  worden  säur, 
hab  sitzen  müssen  im  llnkenbaur. 

Sommer:  Wiciicrevii  Cornelius  relegntus 
(injum.  act.  IV. 
FINKENBEISZER,  m.  lantus  collurio. 
FINKENBUSCII,  m.  nryullum  fringillarum.    Gökimck  2,160. 
FINKENCHOR,  n.  fringillarum  chorus.  Götter  I,  451. 
FINKENtR,  m.  fringilla  mas:  während  der  alle  zusah,  wie 
sein    mit    leimruthen    bestecktes    finkener    die  eifersüchtigen 
niünnchen  auf  sich  lockte,  i. P.Fibel  iu  (13).     *.  o6fii  sp.  690.691. 
FINKENFAIIER,    FINKENFÄNGER,  n».    was   flnkler :     und 
8eint    finkenfaher,   Irinker,   «pieler,    spalzierer.    Keisersbkrc 
narrensch.  137'.     s.  finkenstrich. 
FINKENFAI.K,  m.  falco  nisus. 
FINKENFANG,  m.  caplura  fringillarum,  aucupium. 
FINKENGARN,  n.  rete  avibus  capiendu. 
FINKENHABICHT,  m.  sperber. 

FINKENHEIlD,  m.  area  fringilla  eapiendit  facta,  figürikhr 
aoll  man  nicht  toll  werden,  wenn  man  alle  läge  hörl,  ww 
•chwttnucrisch  Hebende  sieb  ins  hascnlager  uod  in  die  siapei- 


1665       FIMENKLOBE  — FINNENSCHMER 


FINNENWüRM  —  FINSTER 


1666 


Stadt  der  liebe,  in  die  andere  weit  bestellen  wie  auf  einen 
Blocksberg  und  wie  sie  auf  diesem  flnkenherd  ihr  wesen 
treiben,  bis  sie  copuliert  sind.  J.  P.  TU.  2,  202 ;  gestanden  im 
garten,  da  nun  der  ßnkenherd  ist.  Henneberger  landtafel  334. 

FINKE.XKLOBE,  m.  calamus  aucitpaiurius,  vogelklobe:  sein 
vater,  ein  armer  Vogelsteller,  stand  eben  liinter  einem  finken- 
kloben.  J.  P.  Fibel  12. 

FLNKENLIED,  n.  cantus  fringillae: 

ein  finkenlied  macht  traurige  figur, 

wenn  nachtigallen  es  verdrängen.    Bcrman:«  fabeln  79; 

unsre  wiesen  grünen  wieder, 

blumen  duften  überall, 

fröhlich  tönen  finkenlieder, 

zärtlich  schlägt  die  nacbtigall.    Salis  C5. 

FINKENLOHN,  m.  mäusearbeit.  Henisch  1096,  64. 

FINKENNÄPFCHEN,  n.  wassernäpfchen  am  finkenbauer. 

FINKENNEST,  n.  fringülarum  nidus,  etwas  kleines  und  geringes  : 
ich  hatte  gemeint,  dieweil  wir  wol  40000  mann  stark  und 
mit  aller  rüstung  wol  und  genugsam  gefaszt  zum  schlagen, 
wir  sollen  uns  nicht  auf  die  finkennester  {kleinen  nester,  örter) 
legen.    Schärtlins  lebensbeschr.  120. 

FINKENNETZ,  n.reteaucupo/ürium;  finkennelze.  Haupt  5, 416. 

FINKENOHREN,  rinca  minor,  jjervinca,  singrün,  scheint  durch 
misver^tand  des  lat.  vinca  gebildet. 

FINKENRITTER,  m.  thraso,  maulheld:  disz  geschach  zur 
zeit,  da  die  häuser  flogen,  die  thier  redten,  die  bäch  brauten 
und  man  mit  stro  leschte,  die  bauren  bollen  und  die  hund 
mit  spieszen  heraus  loffen  und  da  krähet  der  han  und  da 
ich  erwacht,  da  wards  tag.  {am  rande)  nemlich  zur  zeit  des 
strengen  finkenritters.  bienenkorb  182'; 

so  schwärmten  in  reichem  buntem  kleide 

die  tlnkenritler  .  .  .  zur  seile, 

Toran  und  hinterdrein.    Wielasd  21,10. 

FINKENSAME,  m.  myagrum  erysimum,  leindoUer. 
FINKENSCHLAG,  m,    1)  cantus  fringillarum,  gezwitscher  der 
flnken. 
2)  der  ort  des  finkenfangs:  ein  finkenschlag  im  busche. 
FINKENSTECHER,  m.  dreispitziger  hut  der  landleute. 
FINKENSTRICH,  m.  zug  der  finken:    wann   auch  finken- 
strich  mehr  dann  von  zweihundert  linken  kommen  sein,    der 
beste   finkensfrich   hell   sich  14  tage  nach  Bartholomei  über 
den  busch  an  und  wehret  sechs  wochen  am  Stärkesten,  bericht 
ron  dem  vogelslälen.  1626  s.  5S2.     dann  aucupium,  oft  bildlich: 
wann  eh  und  ich  mich  umb  gesicb, 
so  ist  sie  auf  den  Ünkenstrich.    H.  Sachs  1,450'; 
nun  wil  ich  gehen  aber  einmal 
auf  meinen  alten  linkenstrich.    II.  4,24'; 
dort  geht  ein  fraw,  die  dünket  mich 
sei  geschmückt  auf  den  finkenstrich.    IV.  3,18*; 

buhler  gehn  auf  den  finkenstrich.  Lehmass  173;  meint  sie 
{die  regierung)  dann,  der  bursche  sitze  am  schatten  und  blase 
trübsal,  so  sitzt  er  in  einer  pinte,  oder  hat  gar  den  finken- 
strich genommen.  Gotthelf  schuldenb.  24. 

FINKENWÜRGER,  m.  was  finkenbeiszer. 

FINKLI,  schweizerisch,  calcei  lintei,  sor^uli.  Maaler  135*,  376', 
gestrickte  oder  leinene  socken,  auch  halbsliefel.  Stalder  1,370. 
vielleicht  weil  vögel  darauf  genäht  oder  gestickt  waren,  wie  auf 
Helmbrechts  haube. 

FIN.NE,  f.    1)  pinna,  floszfeder,  flösse. 

2)  (u6er,  scrophula,  nl.  ?in,  gesichtblaUer : 

mancher  wenn  er  trinken  sitzt, 
so  überkömpt  er  manche  tinn 
und  wird  gar  klug  in  seinem  sinn. 

RiMGWALD  laut.  marh.  73; 

endlich   ward  ich,   nach  tausendmal  wiederholter  bespiege- 
lung,   fertig,   sähe  aber  zu  meinem  äuszersten  verdrusz  eine 
kleine  finne  in  meinem  gesiebte,  ehe  eines  mannes  354; 
um  ihren  mund,  wo  eine  der  häszlichsten  (innen, 
die  je  ein  gesiebt  verschimpfte,  ihr  gar  zu  niedlich  steht. 
WiELAjiD  5, 130; 
aber  wenn  euer  gnaden  darauf  acht  gegeben  haben,   so  hat 
sie   doch   so   was   in   ihrem  gesiebte,     'ja  wol,   finnen  und 
pockengruben,  so  viel  du  willst'  unterbrach  ihn  den  Sylvio. 
11, 182.     vgl.  blutfinne  2, 182. 

3)  mhd.  phinne  nagel,  pflock,  myst.  1, 12,  30.  nd.  pinne,  nnL 
pen,  pin,  engl.  pin.  nhd.  finne,  die  spitze  seüe  eines  Schmiede- 
hammers,    abfinnen,  damit  bearbeiten.  Bbose."«ius  2,377. 

FINNENSCH.MER,  n. 

das  dich  einer  zwackt  mit  sticbelwortea 
and  gerne  mit  dem  flnnenschmer 
....  an  dich  wer.    Ri:4gwaju>  laut.  warh.  118. 
IIL 


FINNENWTJRM,  m.  an  schwanen,  hannov.  mag.  1844  s.  305. 

FINNHÄMMER,  m.    siehe  finne  3.     nd.  pinhamer. 

FINNTCHT,  tuberosus,  nodosus:  finnichter  speck  und  stin- 
kende butter.  colica  321 ;  ein  finnichter  kerl  mit  einer  groszen 
gebährenden  nase.  Zachariä  1,  308. 

FINNIG,  dasselbe,  nnl.  vinnig:  siebzehn,  die  gar  'vinnig 
über  iren  hart  sind',  br.  Bertholt  s.  401;  die  braut  war 
pockengrübig  und  der  bräutigam  finnig.  Lichte-nbekg  2,  74. 
oft  geschrieben  pfinnig: 

ein  alte  schelmige  ku 

und  ein  plinnige  sau  dazu,    fastn.  573,27; 

das  pfinnige  wortlein  'allein'.  Cochläüs  von  der  aposlasei  und 
von  gelübden  der  closlerleut.  1549. 

FINSTELER,  m.  obscurator,  dunkelmann,  an  von  Lctheb 
kühn,  doch  unrichtig  gebildetes  wort,  da  sich  das  -er  von  finster 
nicht  entbehren  läszt  und  niemals  finst  oder  finstel  gesagt  trird. 
lasz  da  sehen,  was  unser  finsteler  und  tünkeler  hie  wollen 
machen  in  diesem  Hecht.  3, 37o'.     finsterer  iräre  besser. 

FINSTER,  tenebrosus,  ahd.  finstar,  mhd.  vinster,  ans  der 
kennzeichen  hochdeutsches  idioms,  denn  weder  ags.  engl,  fries.  nl. 
noch  in  den  nordischen  dialecten  ist  das  wort  bekannt,  nur  Hei. 
12,  7  und  131,  20  hat  die  alliteration  finistri  äatt  des  alts.  thiustri 
herbeigeführt,  irie  auch  in  heutigen  nd.  mundarten ' blosz  die 
substantiva  finster  und  finsternisse  vorkommen  (Schambäch  270*). 

neben  finstar  erscheint  schon  im  vocabularium  sancti  Galli  193 
dinstar  und  neben  mhd.  vinster  ausnahmswäse  dinster  {wb. 
1,361").  sichtbar  entsprechen  sich  din  in  dinstar,  ten  im  lat. 
tenebrosus,  tarn  im  lil.  tamsas  obscurus,  lett.  tumss,  skr.  tamas 
caligo,  altsl.  t  ma  caligo,  russ.  temnyi,  böhm.  temny,  poln.  ciemny 
obscurus,  ir.  deim,  welches  für  teim  wie  das  ags.  engl,  dim  ßr 
thim  steht,  im  alts.  thimm  obscurus,  ahd.  demar  crepusculum 
und  jenem  dinstar  für  dimstar  ist  alles  recht  lauirerschoben. 
diesen  linguallauten  sämtlich  tritt  nun,  wie  bereits^oben  sp.  1211 
angemerkt  ist,  labialanlautend  das  finn.  pimeä,  estn.  pimme, 
livische  pimd  zur  seile,  mit  welchen  das  fin  unseres  finster  zu- 
sammentriß,  die  formen  finster  und  dinster  reichen  uns  ein 
wiederholtes  beispiel  des  consonantwecksels  dar,  den  wir  in  feile 
«nd  |)iöl,  in  fest  und  |)vast,  fime  «nd  dime  sp.  1638  gewahrten, 
in  fein  «nd  dünn  mutmaszlen.  läder  entgeht  uns,  ob  der  goth. 
Sprache  der  anlaut  fim  oder  |)im  zusagte,  wie  sie  auch  weiter  das 
wort  gebildet  haben  mag,  denn  schwerlich  stand  ihr  nur  riqis 
und  riqizeins  zu  gebot,  die  im  N.  T.  axöros  und  oxotsivos 
übertragen. 

mit  ausfallendem  m  oder  n  («"te  in  feister  für  fenster  sp.  1519) 
lautet  die  alts.  form  thiustri,  ags.  {)eostre,  {)ystre,  nnl.  duister, 
nd.  düster,  das  zuletzt  auch  ins  nM.  eindrang  (2, 1761).  wie 
der  diphthong  iu,  eo  hier  entsprang  ist  noch  nicht  aufgeklärt,  die 
nahverwandten  ahd.  timpar,  mhd.  timber,  nhd.  timmer  (2,1152), 
ahd.  tunchal,  nhd.  dunkel,  alts.  dunkar,  ahn.  döckr  bleiben 
unbesprochen ;  zu  den  farbbestimmungen  verwandte  die  frühere 
Sprache  oft  finster  statt  des  heutigen  dunkel. 

a)  sinnliche  bedeutungen  von  finster. 

1)  unpersönlich,  es  ist,  es  wird  finster:  und  es  war  finster 
auf  der  tiefe,  xal  oxoros  inäro)  xov  aßvaaov,  et  tenebrae 
erant  super  faciem  abyssi.  l  Mos.  l,  2,  wo  Luther  doch  wol 
das  adj.  meint;  recke  deine  band  gen  himel,  das  {dasz  es) 
so  finster  werde  in  Egyplenland,  das  mans  greifen  mag,  vulg. 
et  sint  tenebrae  super  terram  Egj-pti  tarn  densae,  ut  palpari 
queant.  2  Mos.  2,  21,  wieder  deutlich  das  adj. ;  und  es  war 
schon  finster  worden,  xai  axoria  tjSt]  iyeyövei,  vulg.  et 
tenebrae  jam  factae  erant,  goth.  jah  riqis  jujian  var{».  /oA. 
6, 17;  frühe  da  es  noch  finster  war,  tiocoI  axorias  ^zi  ovotjs, 
vulg.  mane  cum  adhuc  tenebrae  essent.  Joh.  20, 1.  ebenso 
s(igen  ictr  es  wird  hell,  heiter,  dunkel,  verstärkt,  es  ist  stock- 
finster, stockpechfinster:  ins  land,  da  es  stockdickefinster 
ist.  Hiob  10,  22 ;  ach  es  wird  mir  ganz  finster  Tor  den  äugen ! 
Weisze  kom.  opern  2, 18. 

2)  die  finstre  nacht,  wie  sonst  die  schwarze,  die  eitle  {sp.  385) ; 
der  selbe  tag  müsse  finster  sein,  dies  illa  vertatur  in  tenebras. 
Hiob 3, 4;  ire  Sterne  müssen  finster  sein  in  irer  demmerung, 
vulg.  obtenebrentur  steliae  caligine  ejus.  3,9;  ein  finster  tag, 
ein  tunkel  tag,  vulg.  dies  tenebrarum  et  caiiginis.  Joel  2,  J, 
wo  auch  die  Züricher  bibel  ein  finsterer  tunkler  tag;  finster 
Wetter,  ten^ricosissimum  tempus.  Maaleb  136';  die  tröstende 
liebe  leitete  seinen  zweifeinden  fusz  durch  die  finstre  nacht. 
Wilhelmine  so ;  der  andere  tröstete  sich  heimlich,  dasz  es  in 
seinem  gehime  so  finster,  wie  eine  durchnebelte  wintemacht, 
aussah.  112 ;  der  finster  mond,  der  neunwnd.  Rüttb  24 ;  zum 

105 


1667 


FINSTER 


FINSTER  —  FINSTERBLAU 


1668 


finsteren  Sternen,  eaput  finis  terrae.  Maalcr  136*,  aus  mtsver- 
ttand  des  tat.  worts.  perg,  die  zu  mitternacht  leuchten  als 
der  finster  steren.  Steinüöwel  dec.  475,  26,  wo  ßocc.  che  rilucon 
di  mezza  notte  vatti  con  dio.  vgl.  die  unter  finsterlings  aus 
Matiiesius  gegebne  stelle. 

3)  es  war  aber  ein  finster  wölken  und  erleuchtet  die 
nacht,  vulg.  et  erat  nubes  tenebrosa  et  Uiuininans  nociem. 
2  Mos.  14,  20. 

4)  und  ob  ich  schon  wandert  im  finstern  tal,  fürchte  ich 
kein  unglück.  ps.  23,  i;  wir  giengen  durch  den  finstern  wald; 
finstere  hölzer  nennen  die  jäger  nudelholzer  gegenüber  den  lichten 
laubhOlxem. 

5)  der  finstere  kerker,  die  finstere  kammcr: 
ein  scbnit  brots  grb  ich  im  all  tag  fru, 
kleckts  nit,  so  esi  er  halt  bonen  zu, 

der  lign  vil  in  der  finstern  kammcr 

darin  er  badt  in  angst  nnd  jammer.    H.  Sacus  V,  340*; 

wie  künd  mein  herr  sein  guter  ding, 

dieweil  er  sitzt  in  einer  llnstern  kamraer 

Tcrspert,  gfangen,  in  trübsal  jammer.    V. 341*; 

du  habest  Ernsten  darum  eingesperrt 

in  einen  tiefen  und  sehr  flnstern  thurm, 

damit  ich  desto  reicher  werden  soll.    Uhlakds  Ernst  8; 

und  er  musz  sitzen,  fühlend,  in  der  nacht, 

im  ewig  tinstern.    Schiller  523*. 

den  Slaven  dn'ickt  das  einfache  subst.  schon  gefängnis  aus:  allst. 
t'm'nitza,  böhm.  temnice,  poln.  ciemnica  =  die  finstre,  die 
Stube  ist  sehr  finster;  das  zimmer  finster  machen,  die  vor- 
hänge herablassen. 

6)  finsteres  brot,  Schwarzbrot,  Weinhold  schl.  wb.  20';  ein 
finstres,  trübes  glas: 

geit  im  ein  schein  als  ein  vinsters  glas,    fastii.  6S1,7. 
als  seine  äugen  finster  worden,  pers.  baumg.  l,  3  ;  darumb  ist 
auch  unser  herz  betrübt,  und  unser  äugen  sind  finster  worden. 
üagl.  lerem.  5, 17.      doch   ein  schwarzes,   dunkles  äuge  nennl 
niemand  ein  finsteres. 

7)  ungewöhnlich  ton  haar  und  locke  statt  dunkel: 

und  sein  kinn  umsproszte  der  finsteren  locken  gekräusel 

(Voss), 
und  es  umsproszte  das  kinn  ein  dunkelschwärzlicher  kinnbart 

(Uscbnkh). 

icvaveai  8  iyevotKO  yeveiaSee  a/u^l  yeveiov.  Od.  16, 176. 
vgl.  die  Zusammensetzung  finstergelockt. 

8)  gleich  ungewöhnlich  vom  staub: 

empor  stieg  unter  dem  fusztritt 
flnsterer  staub  in  die  liift. 

es  flog  von  den  trilten  der  ffisze 
wirbelnder  staub  in  die  hob  (Uscuner). 

noOcjv  o    vnivBQd'e  xovitj 
iorax    aeiQoiievr].     II.  2, 151. 

9)  im  finstern  ist  gut  mausen  {wie  im  dunkeln  ist  gut 
munkeln);  im  finstern  bricht  er  zu  heusern  ein,  perfodit  in 
tenebris  domos.  Hiob  24, 16 ;  denn  sie  sind  müde  in  angst 
und  gehen  irre  im  finstern.  Es.  8,  22  (rührt  bister,  irre,  niil. 
bijster  an  finster?);  wer  ist  unter  euch  der  den  herrn 
fürchtet,  der  seines  knechts  stim  gehorche,  der  im  finstern 
wandelt,  vulg.  quis  ambulabit  in  tenebris.  50, 10 ;  er  legt 
mich  ins  finster,  wie  die  todten  in  der  weit,  collocavit  me 
in  obscuris  sicut  mortuos  seculi.  ps.  143,3;  gelegenheit  im 
finstern  zu  schiffen  (zu  betriegen).  Kificanor  wendunm.  440'. 
da  tappst  im  finstern; 

gott,  der  in  das  finster  sieht.    Art»  397\ 
b)  bildliche,  abgezogne  anwendungen. 

1)  der  teil  ist  hie  finster,  das  ist  seer  ebreisch.  Luther 
3,255*;  ist  der  spruch  auch  finster?  3,367';  also  auch  mag 
der  thalmud  finster  unluter  und  verborgen  mainungen  in  sich 
halten,  die  anders  von  inen  verslunden  werden.  Reuchmn 
tertt.  '*;  man  hat  in  den  flnstern  zeilen  oft  sehr  grosze  niün- 
oer  gesehn.  Lichte:<berc  1, 179.     ui'r  sagen  heute  meiä  dunkel. 

2)  ein  finsteres  gesiebt  oder  äuge  machen;  etliche  finstere 
gesiebter  machen.  Geilert  4, 136 ;  o  werden  sie  mit  zehn 
flottern  mienen  herausfahren.  4, 140;  die  vcrse,  wobei  man  so 
floiter  aussieht,  können  unmßglich  geralhen.  Lessinc  1,201; 
•ebt  nicht  mit  eins  so  finster ! ;  ein  finsterer  blick.  Götter  I,  u  ; 

dein  blirk  ist  flnsier,  deine  stim  geAirchl.    (Jui.ands  Ernnt  77; 
nicht  diesen  stnrren  blirk!  nicht  diese  flnstr« 
bruubung,  k6nigio.    Gorrr.R  2, 23tt; 
ikr  blick  ist  finstrer  rtnke  leer.    1.111. 
S)  welcher  finstere  schmerz   hat  eich  ihrer  bem&chtiget? 
LSMUS  2,  S7; 


schon  viele  tage  seh  ichs  schweigend  an, 

wie  (Instrer  trübsinn  deine  stirne  furcht.    Schiller  519*; 

soll  er  in  diesem  flnstern  kummer  scheiden?    W2'. 

4)  er  hat  ein  finsteres  (mürrisches)  wesen ; 

denkt  euch  ein  madchen,  das  jetzt  hold, 
jetzt  flnsier  sich  gestaltet.    Götter  1,89. 

5)  vier  Jahrgänge  finsterer  predigten  halt  er  also  geendigt. 
Wilhelmine  2\;  das  sind  finstere  (trübe)  Vorstellungen;  du 
machst  dir  finstere  gedankcn;  die  finstere  nachrichl  ihrer 
entführung.  J.  P.  Hesp.  1,  225. 

C)  ngenlhümlich  verwendet  Frank  finster  für  unbekannt,  obscur 
von  Völkern:  disz  volk  (die  Litauer)  ist  etwan  finster  und 
den  Henszen  oder  Reizen  unterthenig  gewesen,  wellbuch  3o' \ 
Germania  ist  etwan  gewesen  ein  rauch,  unbeüwig,  fruchtlos 
land,  mit  grobem  volk  besetzt,  welche  sich  einfellig  von  dem 
vihe  also  nörelen,  brauchten  weder  gold,  kunst  noch  silber, 
deshalb  von  disera  finsteren ,  beurischen  land  wenig  ge- 
schichlschreiber  zu  sagen  wissen.  42';  parlhisch  land,  ist 
erstlich  nit  grosz  und  auch  noch  zu  der  Meder  und  Persier 
zeit  ein  finster  volk  und  gleich  on  nammen  iedermans  raub 
gwesen.  183*.     ebenso  dunkel. 

in  den  abstraclen  bcdeutungeu  2 — 6  Idszt  sich  finster,  d.  i.  trüb, 
traurig,  mürrisch,  böse,  unheimlich,  roh  nicht  durch  dunkel  rer- 
trelen,  wie  umgekehrt  manche  bedeutungen  von  dunkel  kein  finster 
gestalten,  ebenso  scheiden  sich  verfinstern  und  verdunkeln  in 
manclien  fällen,  überhaupt  genommen  ist  finster  (und  düster) 
mehr  tencbrosus,  caliginosus,  dunkel  mehr  obscurus,  opacus. 

FINSTER,  f.  caligo,  ahd.  finstari,  mhd.  vinster,  vinstri  und 
viflsterin : 

uiiz  daj  diu  naht  ans  gienc 
und  ej  diu  vinster  undervienc.    Iw.  7348; 
der  vinster  man  vil  gar  vergaj.    Parz.  82, 21 ; 
vßrre  üj  einer  vinster.    A'ifc.  1775,3; 
etteliche  sprechent,  si  sin  in  einer  vinstri.  myst.  1,  268 ;  sie 
schieden   daj   lieht   von  der  vinster.    1,332;    6  wol  die  s^le 
wart,  der  vinster  in  diz  lieht  verwandelt  ist.    1,369;    iedoch 
schreibt  man,  daj  Titus  der  kaiser  in  der  vinster  sa;h,  wenn 
er  waht,  reht  als  an  dem  lichten  lac.  Megenbebg  9,35;  diu 
eselinne,   wenne  si  gepern  schol,  so  fleuht  si  daj  lieht  und 
suücht  die  vinster.  120, 19 ;  so  wirt  diu  vinster  seiner  äugen 
verzert  von  der  suniien  hitz.  166, 19 ;  unser  frawe  sichert  den 
sündaer  vor  den  nahlvorhten  und  vor  der  vinster  des  Ewigen 
tödes.  442,22;    und   werft   aus   den  unnützen  knecht  in  die 
euszersten  vinster,  da  wirt  weinen  und  grisgrammen  der  zen. 
bibel  1483,482'  =  Mallh.  25,30; 

wie  wol  es  in  der  finster  ist.    fasln.  387,32; 

reiszende  wölf  und  Icnilc  milt, 

so  einer  pett  {hrlel),  der  ander  schilt, 

und  liecbt  bei  flnstcr,  grosz  und  klein, 

der  gegenwürf  sin  vil  gemein.    Schwarzemberg  129,2; 

in  der  finster  an  Hecht.    H.  Sacus  I,  3U2'; 

als  Jesus  starb  zur  none, 

ein  grosze  finstre  ward.    Soltaü  507(1632); 

da  han  ich  oft  groszen  hunger  ghan  und  bin  ilbel  erfroren, 
darumb  das  ich  oft  bis  um  mitte  nacht  in  der  finstre  han 
niieszen  nmbher  gan  singen  umb  brot.  Tuo.  Plater  27 ;  doch 
von  der  finster  wegen  der  nacht,  ersähe  er  inner  dem  holz 
ein  groszes  fewer.  Amadislih;  des  fisches  gall  in  die  äugen  ge- 
schmiert nimpt  hin  die  tünkeic  und  finstere  der  äugen.  Forer 
29';  derjenige  so  mich  in  der  finstere  visitieren  wollen.  Simpl. 
K.  262;  wir  thälen  eine  kleine  reise  in  der  finstre.  Birke?« 
OL.  92;  weil  er  in  der  finstere  keine  gelegenheit  (ahlrilt) 
finden  können,  ßwgenwadd  107;  in  der  finster  ligen.  Abele 
gerichtsh.  vurr. ;  lockviigei  soll  man  im  mnrtiu  in  die  finstere 
setzen.  HoiiKEnc  1, 111*.  zuweilen  mit  schwaclter  flexion,  wo  niclU 
für  finsterin: 

bort  mich,  ich  gieng  ein  nacht  spncleron, 

wart  mit  der  fliiaiern  mich  umblhieren.    fatln.  330; 

ich  kan  dich  in  der  flnstern  nicht  erkennen.  BurscnKv  kanxl. 
914;  wann  die  vögcl  in  der  flnstern  krank  werden.  Huuberg 
2,689';  in  dera  finstern.  W'eikerts  nürnb.  ged.  200;  znachts 
in  der  finstern  drausz.  GrCbei.  3,  208.  doch  alle  diese  tceibliclien 
formen  weichen  allmdlich  dem  adjidivisclien  'in  dem  finstern', 
oder  den  suhstanlifhildungen  fiiistoriiis  und  fiiislerlicit. 

FINSTKURANG,  dessen  dichte  finsterheil  bamien  erregt:  »orbci 
an  fiii-<ti'rlinng(Mi  klagciulcii  wUldrrn.   Fr.  Müder  i,  60. 

FINSTKRULAII,  dunMhlau:  weil  sein  innerer  himmel  wie 
der  physische  immer  gerade  und  nahe  Über  ihm  flosterblau 
aussiebt.  J.  P.  TU.  3,  47. 


1669 


FINSTERBR  AÜN  —  FINSTERNIS 


FINSTERNIS 


1670 


FLNSTERBRAUN,  dunkelbraun:  das  volk  gleich  schwarz- 
braun oder  finsterbraun.  Frank  weltb.  204*. 

FINSTERERNSTHÄFT.  Klinger  8,  52.  im  anfachen  finster 
lag  schon  dasselbe. 

FLNSTERGELB,   dunkelgelb:    ist   mit   braunen  flecken  be- 
sprengt, sonst  ßnstergeib.  Forer  72'. 
FL^STERGELOCRT, 
höre  mich,  Poseidaoti,  umuferer,  finstergelockter  (Voss), 
höre  mich,  läDderumgürter,  o  dunkelgelockter  Poseidon 

(Uschseh), 

xXZd'i,  üoaeiSaov  yair,oy_e  yvavoxaiza.     Od.  9,528; 

und  wie  der  finstergrelockte,  voll  zorns  auf  den  vater  Kronion, 
schlug  des  alten  Lykaon  gebiet  mit  dem  goldenen  dreizack. 
Ofpheus  Arg.  1279. 
FINSTERHEIT, /■.  caligo:  in  der  finsterheit  gehen.  Leopbech- 
IING   69. 

FINSTERIG.  lenebrosus.  voc.  1482  kks'. 
FINSTERIGKEIT,  FINSTRIGKEIT,  f.  opacäas  et  proprie  sü- 
vartim.  voc.  1482  kkS*. 

FINSTERKEIT,  f.  gekürzt  aus  dem  vorhergehenden :  aus  seiner 
gall  wirt  ein  löbliche  arznei  bereitet  für  die  finsterkeit  der 
äugen  oder  flecken.  Forer  s';  das  ganze  herz  zum  menschen- 
hasz  und  den  geist  zur  entschiedensten  finsterkeit  zu  ver- 
derben. Niebchrs  leben  2,  21. 

FINSTERLING,  m.  tenebrio,  dunkelmann.  lichtscheuer  mensch: 
ich  sehe  die  finsterlinge  gegen  aufklärung  und  aufklärer  sich 
erheben.  Wieland  29,  23. 

FINSTERLING,  adv.  m  tenebris,  mhd.  vinsterlingen : 
wer  solt  euch  vinsterlingen  spiln?    Parz.  82,19. 

nhd.  gestu  finsterlingen  hin  und  weist  nit  wohin  oder  wie 
du  das  crütz  tragen  solt.  Keisersberc  bilger  161*;  du  solt 
lernen  finsterling  spinnen,  das  ist  du  solt  dich  üben,  das  du 
an  got  lerest  gedenken  on  bild.  56*;  schlug  dem  hindersten 
finsterling  mit  den  feusten  nach  dem  köpf.  Eulenspiegel  cap.  9; 
er  sagts  zu  mir,  der  steg  und  weg  bei  tag  und  nacht  finster- 
ling treffen  kann.  Lcthers  br.  3,357;  schob  er  alles  under 
der  nasen  ein,  fand  das  maul  finsterling.  Garg.  130'; 

so  darf  ich  michs  nicht  unterstehn, 

finsterling  zum  brunnen  zu  gehn.    Atrk«  fastn.  4'; 

dann  es  ist  also  abgeredt, 

wen  ich  finsterling  fangen  künd, 

umb  die  zech  für  die  andern  stund.    428*; 

lieszen  sie  mich  finsterling  im  keller  also  nackt  liegen,  giengen 
hinauf  und  aszen.  ungr.  Sivipl.  s.  11. 

FINSTERLINGS,  dasselbe:  wir  haben  nun  disz  ewige  Hecht, 
das  uns  unser  golt  zu  unsern  zelten  wider  hat  schüren  lassen, 
das  es  fein  lauter  und  helle  brinnet.  helf  der  ewige  son 
gottes,  das  wir  gewerlich  damit  leuchten  und  nicht  drein 
sprützen  und  durch  unser  gezenk  und  gepeisze  selber  wider 
ausleschen,  denn  so  das  geschehe,  müsten  wir  wariich  alle 
finsterlings  schlafen  gehn,  oder  zum  finstern  stem  oder  den 
irrwischen  und  faulen  holz  nachlaufen.  Mathesids  1562.  62'. 
1587,44';  finsterlings  schlage  anmessen.  Arnold  Pfingstmon- 
tag 120. 

FINSTERN,  nach  zwei  bedeulungen, 

1)  intr.  ahd.  finstarSn,  nigrescere,  caligari:  finstrft  mitti  tac, 
tenebricat  meridies.  hymn.  12. 

mhd.  ej  vinstert  bald.  WoLKBNsram  $.  255; 
nhd.  vinstern  oder  dick  werden,  voc.  1482  kk  5' ;  darumb  das 
kein  gottes  gnade  noch  gute  über  sie  scheinet,  sondern  eitel 
Wetter  und  wirbel  des  gottlichen  zorns  über  sie  finstret. 
Luther  3,174';  Vreneli  trippelte  ungeduldig  hinter  die  base 
und  sagte,  sie  wollten  doch  machen  und  fort,  es  finstere 
ja  schon.  Gotthelf  Uli  303. 

2)  tr.  ahd.  finstaran,  caligarc,  obscurare.  nhd.  diese  edle 
und  klare  ausicgung  deuten  und  finstern  sie  mit  einer  an- 
dern glose.  Luther  1,  18S'; 

die  sonne  finstert  sich.    Küittkl  kurtg.  forts.  s.  2; 

der  todten  (freihrit)  schatten  finstert  den  abendstera, 

und  wird,  wenn  nun  zu  seiner  heimat 

er  sich  erhebt,  den  orion  finstern.    Klopstock  7,30; 

mögt  so  gern  den  bauersmnnn  bespötteln, 

ha!  und  furcht  die  stirn  bei  allem  gold! 

finstert  trotz  juwel  und  bankozettcin. 

euren  blick,  der  mit  dem  Schicksal  schmollt. 

ScuaioT  VON  WiHMEccB»:»  280. 
s.  befinstem,  entfinstern,  rrfinstcrn.  verfinstern. 

FINSTERNIS,  f.  und  n.  tenebrae,  alid.  finstamessi.  nhd.  wie 
kan  ich  frölich  sein,  so  ich  in  der  finstcrnus  sitz.  Keiskrsb. 
narrenb.  95';  häufig  bei  Llthkr  und  das  geschleclU  .sihiiankcnd : 
da   scheidet   gott   das  Hecht  vom  finsternis  und  nennet  das 


Hecht  tag  und  die  finsternis  nacht,  l  Mos.  1, 4.  5 ;  da  ward 
ein  dick  finsternis  in  ganz  Egj-ptenland  drei  tage.  2  Mos. 
10,22;  finsternis  und  tunkel  müssen  in  uberweldigen.  HitA 
3,  5 ;  das  volk,  das  im  finsternis  sasz,  hat  ein  groszes  Hecht 
gesehen  {ahd.  folc  thaj  thar  saz  in  finstamessin,  gisah  mihhil 
lioht).  Matth.  4,  16;  wenn  aber  das  Hecht,  das  in  dir  ist, 
finsternis  ist,  wie  grosz  wird  denn  die  finsternis  selber  sein? 
{ahd.  oba  thä;  lioht,  thaj  thar  in  thir  ist,  finstamessi  ist, 
thiu  finstarnessu  wio  mihhilu  sint?  goth.  jabai  nu  Huhafi  |jata 
in  J)us  riqiz  ist,  J)ata  riqiz  hvan  filu  I)  Matth.  6,  23 ;  er  hat 
mich  ins  finsternis  gelegt,  gleichwie  die  todten  dieser  welL 
Luther  1,43';  im  finsternis,  im  ewigen,  höllischen  finster- 
nis. 5,278'.  279';  wie  grosz  wird  das  finsternis  selbst  sein? 
5,416*;  und  lige  im  tiefesten  finsternis;  der  teufel,  welcher 
ist  ein  fürst  der  finsternis.  6,172';  so  kan  ein  fürst  keinem 
ins  herz  sehen  und  musz  sein  regiment  also  bleiben  im 
finsternis.  6, 137';  wer  im  finsternis  wandelt,  der  weisz  nicht, 
wo  er  hin  feret.  138*;  aber  die  kinder  des  reichs  werden 
ausgestoszen  in  das  finsternis  hinaus.  6,298';  wo  das  ge- 
schieht, so  bistu  schon  aus  dem  reich  hinaus  ins  finsternis 
gefallen.  6,302*;  nach  dem  greulichen  finsternis.  br.  2,220; 
imd  wir  wollens  nu,  nach  dem  faH,  in  solchem  finsternis 
verachtea.  tischr.  1,83;  so  gleubet  an  das  Hecht,  das  euch 
die  finsternis  nicht  ergreifen.  Luthers  rorr.  zu  Alberus  barf. 
eulenspiegel  *3*;  so  hat  der  fürst  der  finsternissen  uns  flugs 
dahin.  *3';  unter  solchem  finsternis.  Melanchthon  im  corp. 
doetr.  ehr.  128;   finstemus  und  ungewitter.  Cyriüus  49'; 

und  wolt  mich  schon 

die  finsternus  der  sünden 

mit  eilend,  hon 

und  trübsal  gar  verblinden.    WKCMERlra  99; 
wo  Anchisen  söhn  den  weg  zur  holten  fand 

durch  stilles  flnsteruüs  geführet  von  Sibyllen.    Opni  1,27; 
wann  aber  ihrem  Hechte 

ein  trübes  finsternus  wird  in  den  weg  gesetzt.    1,47; 

lasz  du,  0  Zincgref,  auch  den  guten  zweck  nicht  liegen 

zu  helfen,  wie  du  tbust,  das  finsternus  besiegen.    2,29; 

zeigt  ihm,  wo  er  die  nacht,  bei  dunkler  finsternus, 

und  da  kein  mensch  nicht  ist,  sich  hin  verbergen  müsz. 
Werders  .4r.  5,42; 
iher  viel  haben  das  licht,  wandeln  aber  im  finsternisse. 
BoTSCHKT  P<üm.  38;  diese  leute  sehen  nur  bei  anderer  leute 
lichte,  wenn  nun  solcher  leute  Hebt  finsternus  ist,  wie  grosz 
wird  wol  ihr  finsternus  sein?  710;  damit  du  von  den  ketten 
und  banden  des  ewigen  finsternisses  erlediget  wirdest.  kanü. 
724; 

die  zeit  erwünschter  finsternisse, 

die  wacher  schönen  stille  küsse 

den  müttern  unerforschllch  macht.    Hagrdoik  3,74; 

Western,  den  itzt  unsichtbar  Urgon  an  dem  ermel  zupfte, 

sah  wie  seine  finsternis  (sein  schalle)  an  der  wand  vorüber  hüpfte, 

schlug  die  bände  dann  zusammen,  lachte  und  brach  also  los: 

ei  zum  teufel,  welch  ein  schatten  I    Dcsce  tchoxzhund  40; 

kein  bitten  hielt  mich  auf,  vom  zorne  fortgerissea 

entwich  ich  in  des  hains  einsamste  finsternissen. 

DcscH  poet.  werke  3,163; 

sprich  nur,  es  bleibt  bei  mir  in  tiefen  finsternissen. 

J.  E.  SCBLEOEL  1,249; 

Unwissenheit,  der  seele  finsternis, 
haszt  er  und  sucht  das  licht. 

Zachariä  Schöpfung  der  holte.  Altenburg  1760  t.  77 ; 

und  der  gott  der  kaufleute  und  diebe  verbirgt  den  raub  und 
den  hurtigen  räuber  in  den  finsternissen  des  waldes.  Wü- 
helmine  79 ; 

du  grenzest  an  den  finsternissen 

unheilbarer  melancholei.    Gottrr  1,223; 

so  jammervoll,  durch  glaubenszwang  entstellt, 

gehüllt  in  öde  finsternisse, 

lag  Deutschland  einst.     1,426; 

wo  finsternis  aus  dcnj  gesträuche 

mit  hundert  schwarzen  äugen  sah.    Götbs  1,75; 

ja,  da  segnet  ich  die  finsternisse, 

die  so  rubig  alles  überdeckten.    2,102; 

die   finsternis  seiner  scele,   dosz  es  so  mit  ihm  enden  soll. 
8,154  (42,439  die  f.  vor  Seiners.);  in  der  muthlosen  finster- 
nis erkenn  ich  dich  nicht  mehr.    8,162.  42,205;    die  irrung 
und  finsternis  meiner  seele  zerstreut  sich.  16,55; 
als  ein  gesicht,  d6r  ahnlich,  die  ich  misse, 
nur  gröszer  von  gesialt,  als  sie  im  leben  war, 
daher  tritt  durch  die  finsternisse.    Schillkb  37*; 
eibcnzweige,  abgerissen 
bei  des  mondes  finsternissen.    572*; 
hilf!  rette  mich  aus  diesen  finsternissen 
der  Zweifel,  die  mein  blutend  herz  umnachten  I 

Lmau  neitrre  ged.  21; 
103* 


1671 


FINSTERNISLEHRER  —  FIPSEN 


FIRGELN— FIRLEFANZ 


1672 


aus  wälderfinstemissen.  J.  P.  Hesp.  3, 137 ;  ringförmige  nachte 
der  Staaten,  die  oft  länger  sind  als  unser  leben,  friedenspr. 
40;  da  wird  es  still  auf  der  weit,  die  Sehnsucht  steigt  so 
heimlich  aus  den  finsternissen  empor.  Dettine  br.  l,  192. 
seil  dem  isj/t.  ist  das  friüier  vorhersehende  n.  eilosclien  und  dem 
f.  gewichen,  neuere  schrißsteller,  wie  die  belrye  zcitjen,  setzen  gern 
den  fd.  in  prosa  bexichnet  finsternis  mehr  die  wirklichen  xu- 
ttände,  finstre  und  finsterheit  die  abstracUon,  es  heiszt  in  finsler- 
heit  oder  finstre,  im  finstern  wandeln,  nicIU  in  finsternis,  da- 
gegen Sonnenfinsternis,  nicid  finstre,  die  dichter  kehren  sich 
doch  nicht  an  den  untcrscltied. 

FINSTERNISLEHHER,  m.  tenebrio,  finslerling :  hütet  euch 
für  den  finslemislerern.  Lutheb  3,  437'. 

FINSTERSTCNDIG,  adv.  noctu,  bei  nacM: 

jetzt  erst,  ihr  mühsam  linsterslündig  strebenden, 
für  euch  ein  rubraahl!  denn  wer  nachts  arbeitete, 
ireniesie,  wenn  die  andern  früh  zur  mühe  gehn. 
GöTUK  4ü,  387. 

FINSTERTHAL,  n.  vallis  tcnebrarum:  in  der  verderbten 
mordgruben  oder  finsterlhal  der  erden.  Jac.  Böhme  Aurora. 
StuUg.  1S35  s.  89  ;  da  ward  der  ganze  leib  ein  finsterthal.  s.  188. 

FI.NSTRU.NG,  obscuratio.  vinslrunge,  vinsternusse.  voc.  1482 
kk5'. 

FINTE,  f.  fictio,  simulalio,  dolus,  machina,  nach  dem  it.  finta, 
fr.  feinte  im  17  jh.  eingebürgert,  noch  nicIU  bä  Hesisch,  aber 
bei  Stieler  459.  das  sind  finten,  erdichtungcn ;  eine  finte 
machen  oder  zeigen,  fechlerausdruck,  einen  listigen  stosz  aii- 
bringen;  ich  kenne  seine  finten  wol;  kein  Studentenstückchen 
oder  zugelassene  finte  konte  er  machen,  denn  er  war  zu 
einfältig,  pol.  maulaffe  52 ;  'nehmet  euch  in  acht',  rief  er  mii 
zu,  sobald  wir  einander  das  weisze  im  äuge  sehen  konten, 
•denn  di£  meisters  behalten  gemeiniglich  die  beste  finte  vor 
sich'  .  .  .  hiermit  giengen  wir  nach  abgeworfenen  kleidern 
auf  einander  los  und  mein  gegner  wurde  im  zweiten  gange 
ein  wenig  in  dem  arm  verwundet,  da  er  aber  dieserhalb 
nur  desto  hitziger  wurde  .  .  .  auch  vor  der  mir  selbst  ge- 
zeigten finte  sich  nicht  versähe,  lief  er  sich  meinen  degcn 
gewaltsam  unter  dem  arme  in  die  brüst  hinein.  Felsenb.  2,378; 
eure  verteufelte  finten !  Pierot  2,  47 ;  ja  du  steckst  voll  finten, 
wie  eio  alter  pelz  voll  lause.  Lenz  l,  278 ; 

keiner  ist  beim  bataillon, 
keiner  der  wie  Fickfack  würbe, 
flnien,  llausen,  pflffe,  nasen 
werden  endlich  mir  nicht  schwer. 

Gotter  Jahrmarkt  46 ; 

keine  schalkheit,  keine  finte 

gibt  es,  die  der  schelm  nicht  weisz. 

MusÄus  kinderkl.  83; 
und   80  bei  jedem  braten,   den  man  iszt,   den  schmeichel- 
haften gedanken  zu  haben,  den  haben  dir  deine  unten,  dein 
löwcnmuth,  deine  nachtwachen  erworben.  Schiller  109';  fein 
und  bewundernswerth  war  die  finte.  213'; 

ginnend  auf  lustige  finte.    A.  von  Drosti  gcd.  174. 
FINTENVOLL,  fallaciarum  plcnus: 
mein  monsieur 
verstand  die  lintcnvolle 
vorher  studierte  rolle 
wie  ich  mein  abc.    Börcbr  22T. 

FIPPERD.\USCHEN,  n.  homo  inquies.     s.  däuschen  2,  855. 
FIPPERDÄUSEL,  n.  dasselbe. 

FIPPERN,  tremere,  beben,  zittern,  wol  nach  dem  lal.  vibrare, 
TJbrari :  fipern  labiis  tremere.  Prasch  bei  Schmeller  1,  507 ; 

der  mund  pidmet  und  fippcrt  im.    H.  Sachs  II.  2,91»; 
obren  klingen,   augcn  fippcrn,    rockcnplül.  3,50;    auf  seinen 
lippen  fipperten  thränen ;  die  Sterne  fippcrn,  strahlen  mit  lil- 
temdem  glänze;    die  strahlen  des  Sonnenlichtes,   welche  aus 
einer   gerüttelten  gelte  mit  wasser  an  der  decke  eines  zim- 
mers   oder   an    den   wänden    eines   bauses   umher  fippcrn. 
Reisu  Thuc.  vorr.  b3;  kdrntneriscli: 
mein  rlicndle  i^t  sauber 
in  tuniitatrcw.'indl.-in, 
va  lauiar  liah  lipnern 
die  füoriuchbandlan.    F*OBaA?i!«  mundarlen  5,246; 

fippem,  ingttlieh  umher  tasten.  Herhes  Soph.  reisen  1,  427; 
herum  fippern.   Wurmsame  2,  24«. 

FIPPRUi,  leiclUfertig,  foldtrc.  Hermes  Soph.  reisen  C,  240. 

Fn*S,  m.  taUtrum,  natenttüber,  mit  an  den  daumcn  gedrücktem, 
getehneUtem  mittelßnger,  schnalz. 

FIPS,  adv.  sdineU,  im  schnall,  fix:  flps  war  sie  mit  einer 
oadel  da.  IleRHe*  Soph.  rrisen  1, 68S. 

HPSEN,  einen  »Mag  gAeu,  schndzen,  fingerschneUm. 


FIRGELN,  FIRKELN,  eine  frequentatirform,  der  einfaches 
firgen  ztm  gründe  liegt,  worin  das  ahd.  fergon  (Graff  3,  681. 
682)  enthalten  sein  kann.  Tergön  ist  precari,  poscere,  mit  welchem 
es  und  goth.  fraihan,  ahd.  fr'ig^n  sich  unmittelbar  berühren  müssen, 
sogar  die  Umstellung  des  fragen  oder  fragin  in  fergön  gleicht 
der  von  precari  in  percontari,  das  sp.  wieder  preguntar  lautet, 
ausdriicidich  bedeutet  nun  auch  firgeln  soviel  als  fragen  oder 
foisclien:  aber  du  solt  nit  firkelen  und  fragen,  wie  das  raüg 
sin,  das  solt  du  got  lassen  und  gang  du  des  niüszig,  anders 
du  verbrust  (verbrühest)  din  hend  daran.  Keisersrerg  büger 
109*.  aus  diesem  forschen  und  förscheln  scheint  sich  weiter  die 
Vorstellung  des  abmfiliens,  qudlens  und  Iribuliercns  zu  entfalten, 
wie  es  bei  demselben  Verfasser  heiszt:  also  ist  es  auch  mit 
eltlichen,  die  also  ein  enge  conscienz  haben,  und  so  vil 
die  selb  understond  zu  fegen  durch  beichten,  so  vil  werdent 
5ie  me  verwüstet  und  ungesübret  (im  andern  druck  gcunsübret), 
das  aus  so  vil  firglens  ie  me  und  me  her  (im  andern  druck 
har)  für  kummet.  irrig  schaf  17'  (g3'); 

und  wurden  iren  zorn  an  mir  auslassen 

und  firkellen  mich  hin  und  erwider 

ein  stiegen  auf,  die  ander  nider.    fastn.  332,6; 

Schmeller  1,  562  hat  'an  einem  fergeln',  nicht  ablassen  ihn  mit 
fragen,  bitten,  anreizungen  und  vcrdneszlichkeilen  zu  belästigen, 
'an  etwas  fergeln'  daran  hin  und  herfahren,  fegen,  reiben,  wetzen, 
wozu  das  'fegen'  in  Keisersbergs  zweiter  stelle  stimmt.  Frisch 
1,  209"  gibt  aus  Meisner  de  Silesia  loqucnle:  firgeln,  einen 
meistern,  vexieren,  wie  auch  Weinhold  20'  firgeln,  quälen, 
vexieren  der  heutigen  schlesischcn  mundart  zueignet,  ähnlich  diesem 
firgeln,  fergeln  klingt  das  bekannlere  'nergeln'  ron  gleicher  be- 
deutnng.  dies  ist  alles  was  ich  über  das  seltne  worl  bisher  ge- 
fanden habe. 

FIRKELECHT,  ausfragend,  ausforschend,  quälend:  do  sprach 
er,  die  stim  ist  Jacobs,  aber  die  hend  sint  Esau.  Isaac  was 
alt  und  hat  dunkel  ougen,  er  gesach  nit  wol,  er  liesz  es 
am  nechsten  bliben,  er  was  nit  firkelecht  (es  steht  verdruckt 
sirckelecht),  er  gloubt  im  (drang  niclit  weiter  in  ihn  mit  fragen). 
Keisersberg  bilgcr  UO'. 

FIRLEFANZ,  m.,  von  fanz  wurde  oben  sp.  1320  und  1,  203 
unter  alefanz  geredet,  es  musz  einen  frischen,  lustigen  kerl  oder 
schalk,  scurra,  nebulo  ausdrücken,  noch  dunkler  zu  liegen  scheint 
der  composilion  erster  theil.  wenn  aus  ags.  feor  procul  sicJi  ein 
weiteres  adv.  feorla,  wie  aus  altn.  dr  niane  ein  Srla  ableitet, 
dürßc  auch  beim  goth.  fairra  an  assimilation  aus  fairla  gedacht 
werden,  so  dasz  die  zum  grund  liegende  parlikel  fair  sich  nach 
zwei  seilen  hin  in  fairra  =  fairla  und  fairnis  vetus  erwcilcrl 
hätte,  woneben  auch  Ttö^gco  aus  tzÖqoco  (sp.  1532)  besteht,  nicht 
anders  wäre  ahd.  för  auf  fcrr,  dies  auf  ein  unerhörtes  firlo, 
ferlo  zurückzubringen,  von  fairla  könnte  im  alierUnim.  das  über 
unsre  geschichte  hinausreicht,  ein  nomen  fairls,  ron  firlo  ein  firl, 
firil,  viit  dem  sinn  von  fremdling,  alicnigena,  e  longinqno  advena 
entsprungen  sän,  auch  fremdling  stützt  sich  auf  die  parlikel  frani. 
in  firlefanz  entdeckten  uir  also  ein  synonym  von  alefanz  und 
ein  gleidi  alles,  bei  Weinhold  20'  ist  firl,  ferl  ein  hurtiger 
mensch,  gefirle  behende,  das  stimmt  merkwürdig,  kein  ags.  feorl 
neben  feorla  vermag  ich  aufzuweisen,  doch  das  ähnliche  feorlen 
longinquHS  aus  Luc.  15, 13. 

auf  diese  noch  un ausgemachten  deutungen  folgt  nun  die  reihe 
der  Zeugnisse  für  das  wort  selbst,  warum  sollte  es  nicht  sciwn 
ahd.  und  mhd.  gegolten  haben?  die  denkmäler  gehn  daran  vor- 
über, wie  an  vielen  andern  ausdrücken,  der  fremdling  halte  einen 
neuen  wunderlichen  tanz  ins  land  gebracht  und  die  weise  dazu, 
die  bauern  erhielten  ihn  am  längsten,  sein  name  blid)  auf  tanx 
und  weise  haften,  wie  man  späterhin  galliarden,  französische  und 
schollische  tanze  einführte. 

gar  wcidelich  trit  si  den  flrlefanien.    Wolkrnstkih  (.  117, 
wofür  NSII.  3,  307'  in  einem  unechten  Seidhart  fulafranzen  rer- 
sdnicben  steht.     Fisciiart,  der  den  alten  druck  des  Mdhart  vor 
äugen  liatte  und  aus  diesem  licde  Garg.  165'.'  stellen  au.^hob,  hat 
den  firlefanz  nidU  aufgenommen. 

do  pfeif  er  ir  den  flrlofanx 

wol  nach  der  dörfcr  siie, 

do  tanzten  sie  den  hottotton, 

der  edclman  kam  selber  dran 

und  wolt  auch  tanzen  mite,  ja  mite. 

ber^reUn  M7.  Uhlano  647; 
da«  lernt  ich  an  cim  ahendtani, 
da  wir  hielten  den  llrlcrnnr     fy-onchmemeler  Hat^i 
tanzen  wir  den  lli  lof.ini  von  Schwaben  ! 
«Ie  lind  nicht  all  nn  dlr^em  rclhn, 
die  wir  tollen  haben.     Wtimnr.  jb.  3,130; 


1673 


FIRLEFANZ— FIRM 


FIRM  — FIRMGÖTTIN 


1674 


so  ward  een  minsche  noch  mit  Telem  eten  plaget, 
mit  supen  aver  macht,  bet  en  de  spelman  jaget 
mit  siner  frölicheit.  den  kiimpt  de  bruet  inn  danx, 
de  brögam  maiiet  er  en  groten  ürlefanz. 

Lappenbergs  Lauremberg  *.  117; 

kumt  Märten  Dudebrok  und  bringt  em  enen  dans, 
Hans  Hohn  de  makt  em  dar  een  groten  firlefans.  s.  13". 
doch  mit  der  zeit  verdunkelte  sich  der  bezug  auf  tanz  und  weise 
und  das  vorl  bezeichnete,  me  alefanz.  blosz  etwas  altfränkisches, 
läppisches  oder  geckenhaßes,  eulenspieglisches :  für  seinen  feder- 
posch  trag  er  ein  schöne,  lange,  hohe,  ploe  feder.  diser 
firlefans  läppet  im  lustig  über  das  recht  or  herab,  wie  den 
zimmerleutcn  die  hanenfedem.  Garg.  119';  Stieler  486  wAiärt 
firlfanz  gesliculalio,  praestigiae;  Eslor  meldet,  dasz  zu  seiner  zeit, 
in  Hessen,  wenn  man  dem  gesinde  vorhalte,  es  esse  zu  viel,  die 
antwort  folge: 

wenn  ich  heisz  firlefanz 
und  war  unter  der  nas  ein  gans; 
ihr  firlefanze,  flügelmännische  riesen!    Göthb  41,325; 
ihr  Studium  ist  flrlefant.    Göki:«gk  1,  2S; 
die  eitelkeit  mit  ihrem  firlefanz.    3,235; 
drum  bitt  ich,  laszt  den  firlefanz 
das  liebeln  und  das  hängen. 

H£KSL£R  im  musenalm.  1779  5.74; 
hört  ihr  den  schwäbischen  wirbeltanz? 
iirum  trallarum  herbei! 
mag  ein  pedantischer  firlefanz 
rufen  sein  ach  und  sein  ei ! 

Uaugs  icalzerlied  im  musenalm.  1791  s.  9, 
ICO  der  misverstand  des  worts,  das  gerade  einen  Schwabentanz  aus- 
drückt, desto  unglücklicher  ist;  ich  habe  den  arzt  so  ange- 
schnauzt, dasz  er  hinaus  ist,  der  unerträgliche  firlefanz.  Geo. 
Forsters  briefwechsel  2,650;  eine  stelle  Rlopstocks  12,406  ist 
schon  1,  204  ausgehoben;  so  will  ich  heute  mein  testament 
aufsetzen,  unterschreiben,  besiegeln,  kurz  alles  thun,  was  der 
juristische  firlefanz  mit  sich  bringt.  Kotzebce  dram.  sp.  3, 314 ; 
CS  kam  ganz  spöttisch  schlecht  daher,  sein  dünnes  kitteli 
war  manchmal  einen  halben  fusz  und  mehr  zu  kurz,  denn 
das  mädchen  wuchs,  vom  übrigen  firlefanz  war  keine  rede 
und  das  meitschi  plagte  den  rater  nicht  damit.  Gotthelf 
erz.  4,  227.  schon  bei  Hesisch  1094,  3  steht  fierilafanse  loser 
medicum,  asa  foetida,  teufelsdreck,  was  firlefanz  sein  soll. 

FIRLEFÄNZEN,  ineptire:  wie  soll  ein  arm  man  thun,  der 
gern  schreiben  wolt  und  künd  nichts?  er  musz  je  so  firle- 
fanzen  und  mit  worten  umbher  schweifen,  das  die  leut  den- 
ken, er  wolle  ein  buch  schreiben.  Lctheb  2,149';  Hemsch 
1105,  C3  setzt  firofanzen,  spiegelfechten; 

man  schaft  hinaus  die  netze,  spiesz  und  lanzen 

und  mancher  legt  die  rüstung  an  sofort, 

denn  solche  jagd  braucht  mehr  als  firlelanzen, 

nicht  hasen  oder  rehe  gibt  es  dort.    Gries  Bojardo  2,28,20. 

FIRLEFANZER,  m.  nugator,  gesticulalor,  der  mit  Worten 
umher  träumet.  Luther.   Stieler  4S6. 

FIRLEFANZEREI,  f.  gesticulatio,  praestigiae:  es  machte  uns 
zwar,  ohnfehlbar,  ein  böser  geist,  unterweges  allerhand  firle- 
fanzereien vor.  Felsenb.  4, 407 ;  wir  wüsten  von  all  der  firl- 
fanzerei  nichts.  Göthe  57,108;  und  kümmert  sich  den  hen- 
ker  drum,  in  was  für  firlfanzereien  man  all  das  in  Städten 
und  am  hof  vermaskeriert  hat.  57, 184. 

FIRLEFANZERIN,  f  gesliculalrix,  praesligialrix.  Stieles  4S6. 
FIRLEFANZICHT,  gesliculatonus.  Stieler  486. 
FIRLEFEI,  m.   gekürztes   firlefanz,    fei  an  sicli  gäbe  keinen 
änn.     wieder  in  einem  der  unechten  Nddharte: 
ja  was  ich  der  fröuden  lös, 
da  er  also  lange 
bi  der  guoten  wol  getan 
spranc  den  fierleifei.    MSH.  3,  252»; 
und  als  ob  einer  den  virlei  (aus  Drlefei)  traete 
und  in  einem  tiefen  horwe  linste.    Renner  18076; 
dö  Cantadülz  den  flrlafei 

pfeif  durch  ein  sauren  dön.    Wolkustkin  t.  85. 
nhd.  ei  lieber  mein,  mach  zur  letz  uns  das, 
es  geht  gar  wol,  du  weist  wo!  was, 
zeuch  die  geig  aus  dem  sack, 
oder  nem  die  sackpfeif  strack 
und  mach  uns  den  tutelei, 
den  spitinger  und  firlefei!    Garg.  99», 
meine  ausg.   von   1594   verdruckt   tirlefei,   ich  kann  nicht  nach- 
uhen,   ob  schon  die  älteren,     virlei  steht  freilich  dem  fr.  virelai 
nalie,  das  einen  gesang  und  tanz  ausdrückt,  wer  weisz  aber  selbst 
nach  dem  altfränkisclien  wort  gemodelt  wurde. 

FIRM,  firmus,  erst  im  vorigen  jh.  eingeführt  und  ganz  un- 
nölkig:  hab  keinen  firmen  ödem.  Fr.  MIJller  2,175;  ein  jüger 
musz  haben  firmen  muth.  TiEct  2,  340 ;  meine  lieblingsarie, 
in  der  ich  firm  zu  sein  glaube;  zu  einem  pfosten,  zu  einer 


thüre  und  schwelle  gehören  nur  ein  paar  gesunde  angen  und 
eine  firme  faust.  IxaERXANXS  Münchhausen  l,  130. 

FIRM,  f.  firmalio,  confirmatio :  nach  der  firm  sein  wir  nnmals 
aufgenomen  und  gemustert  Söldner  Christi.  Bertold  leutsch 
tlieol.  cap.  61,  4 ;  darumh  ist  die  firm  nit  zu  verachten,  sonder 
über  die  tauf  hoch  zu  preisen.  61,  5. 

FIRM.\,  f.  nomen  mercatoris,  tilulus:  wir  erkennen  den 
forsten  an,  weil  wir  unter  seiner  firma  den  besitz  gesichert 
sehen.  Göthe  22,  237. 

FIRMAMENT,  n.  die  himmelsfeste  {sp.  1563) : 

und  habe  da;  firmamentum, 

das  ^5  ^on  steten  niergen  gi.    Geo.  765; 

es  leucht  auch  das  ganz  himlisch  beer  in  der  höhe  am  fir- 
mament,  und  die  hellen  sterne  zieren  die  himel.  Sir.  43,  9 ; 
der  dritt  himel  haizt  ze  latein  firmamentum,  da;  ist  der  vest 
himel,  dar  umb  daj  er  ain  vest  und  ain  grünt  ist  aller  ge- 
steckten Stern.  Megesberg  55,  20 ;  das  gestim  am  firmament 
Kirchhof  mü.  dise.  91 ; 

nichts  ist  ihm  in  dem  firmament, 
auf  erden  nichts  verborgen.    Wkckhkklis  257; 
Elisa,  welche  als  der  schätz 
und  wunder  Albions  geboren, 
bald  durch  des  firmaments  gesatz 
für  unsers  lands  kleinot  erkoren.    341; 
allein  und  abgetrennt 
von  aller  freude, 
seh  ich  ans  firmament 
nach  jener  seite.    Göthk  19,67. 

FIRMBINDE,  f.  s6  sich  ein  mensch  wil  firmen,  so  sol  es 
ein  wisen  man  bitten,  das  er  es  für  den  bischof  bring  . . . 
so  sol  der  wis  man  den  menschen  für  den  bischof  füeren 
...  er  mag  im  wol  sin  firmbinden  umbstricken  u.  s.  «•. 
Schwabensp.  cap.  345;  noch  ist  eine  art  geistliche  verwand- 
schaft,  die  ist  aber  hie  zu  lande  nicht,  seht  das  ist  die: 
ein  ieglichcr  mensch,  der  sich  firmen  will,  soll  gehen  zu 
einem  weisen  manne,  der  pfaffe  oder  laie  ist,  und  soll  dem 
seinen  glauben  vorsprechen,  der  soll  dann  mit  ihm  vor  den 
bischof  gehen  und  soll  sein  zeuge  sein,  dasz  er  ein  rechter 
Christ  sei  und  derselbe  möchte  ihm  dann  wol  die  firmbinde 
umbinden,  aber  er  ist  sein  rechter  pathe,  wenn  er  ihm  auch 
die  binde  nicht  umbindet  Göbels  Berthdd  2,  8.  diese  binde 
heiszt  auch  firmelband,  war  ein  feingeuebtes  leintnch,  drei  finger 
breit  und  einige  eilen  oder  fusz  lang,  nach  abnähme  des  Stirn- 
bandes wurde  die  stime  mit  salz  abgerieben  und  gewaschen. 
Bixterisc  denkte.  1,  249.     s.  firmtuch. 

FIRMELN,  conßrmare,  bei  Katholiken:  was  weiter  das  edict 
von  firmelen  und  olungen  zu  halten  gebeut.  Lcther  5,  296' ; 
beim  firmeln  schlägt  der  bischof  dem  kinde  auf  die  wange:  so 
wurde  öfters  Europa  durch  schlage  gefirmelt.  J.  P.  dämm.  64. 
sprichw.:  auf  nimmertag,  wann  man  die  gänse  firmelt. 

FlfLMEN,  dasselbe,  ahd.  firmön  (Graff  3,695): 

her  Cristän  in  der  obern  pfarr, 

zwar  der  ist  sicher  nit  ein  narr, 

wer  in^  wil  teuschen  auf  dem  stück, 

der  musz  gar  fru  .erwachen. 

er  peit  ein  weil  und  doch  nit  lang, 

darnach  so  flrmt  er  eim  ein  wang, 

das  im  vergen  sein  falsche  tück, 

des  er  nit  mag  gelachen.    Wolkkisteissb  215; 

küs  den  boden,  ich  wil  noch  bischof  an  dir  werden,  ich 
kan  dich  firmen,  ich  kan  dir  den  krisam  anstreichen.  Garg. 
86';  wann  einer  floh,  firmt  er  ihm  zur  letz  so  ein  tröstlichen 
streich  über  der  lambdoidischen  und  ypsiloidischen  com- 
missur  oder  nad  der  hirnscbalen  her,  dasz  ihm  der  köpf 
zu  stucken  dort  hinaus  stiebet,  man  hett  ihn  mit  besen  nit 
zusammen  gefegt.  205';  in  der  fasznacht  wird  sich  ein  theil 
der  weit  verstellen  und  verkleiden,  das  ander  zu  betriegen 
und  zu  firmen,  groszm.  40 ;  frag  ist,  warumb  allein  die  pischof, 
als  der  apostcl  nachkomen,  ze  firmen  haben?  Bektold  teutsch 
theol.  cap.  61,  5 ; 

er  euch  vor  unbenanntem  frasz 
mit  seiner  band  beschirmet, 

sonst  würdet  ihr  auf  grüner  strasi 

wol  blutig  oft  geflrmet.    Spbk  Iruttn.  1T7  (194). 

firmen,  die  rüben  oben  und  unten  beschneiden.  Schm.  1, 563, 
vgl.  das  1, 39  übersehene  abfirmen : 

und  mit  eim  messen  herb  und  scharf 

thet  er  mir  all  mein  fleisch  abOrmen.    H.  Sachs  1,501». 

FIRMGÖTTIN,  f.  susceptor  confirmaii,  firmpathe:  zu  der  zit 
was  ein  pricsler  an  Grenchen,  zu  dem  fart  man  mich,  er 
soll  min  firmgöttin  werden.  Platers  leben  s.  6.  fimigötte, 
gOttei.  ScBii.  1,563.  2,84. 


1675 


FIRMUNG— FIRN 


FIRN  — FIRNEKORN 


1676 


FIRMLING,  m.  confirmalus,  trie  täufling:  die  firmlinge  haben 
sich  vor  der  firmuiig  bei  dem  pfarrer  einzufinden,  um  sich 
auf  dieselbe  vorzubereiten. 

FIRMTLCH,  n.  uas  firmbinde:  dieweil  aber  ir  voriger  mann 

diesem  gesellen  das  firmtuch  umgebunden.  LirrnERs  br.  2,349. 

FIHML'NG,  f.    conßrmalio:    die  messen,    Vielehe  nicht  sind 

noch    niügen  eii^opfer  sein,   so  wenig  als  die  ander  sacra- 

ment  tauf,  firmung,  busze,  olung  etc.  Luther  1, 335*. 

FIRN,  FIRNE,  vetus,  golh.  fairnis,  alid.  firni  (Graff  3,662), 
mhd.  virne,  besonders  bei  Konrad  und  im  Renner  {nidit  bei  Hart- 
«AJI5,  Wolfram,  noch  in  den  Mb.),  ags.  firn,  meist  geschrieben 
fyrn  (ine  auch  Grein  1, 362  ansetzl),  ultn.  forn,  schw.  forn  {nur 
in  Zusammensetzungen),  weder  engl,  noch  nl.,  vnmillelbar  sich 
berührend  mU  dem  sp.  1532  behandelten  ferne  so  tcie  mü  den 
Partikeln  ferr  und  ferne,  die.  gleich  dem  seltnen  ags.  feorla 
{sp.  1672)  auf  das  einfache  fair  und  fer  zurückgehen,  was  im 
räum  absteht,  musz  es  auch  in  der  zeit  und  die  rorstcllung  longc, 
procul  begegnet  der  diu  und  olim,  prius.  in  den  urverwandten 
sprachen  liegt  uns  nicMs  näher  als  das  lit.  pernay,  anni  prioris, 
lett.  pehrni,  die  noch  in  uipernay,  lell.  aispehrn,  vor  zwei  jähren, 
propernay  vor  drei  jähren  weiter  rückwärts  weichen,  die  ent- 
sprechenden adjecliva  lauten  lit.  pernyksztis  und  uzpernyksztis, 
propernyksztis,  was  wir  nicht  nadialimen  können.  Iwiteren  ver- 
halt des  firne  zu  primus,  fruma,  forma,  lit.  pirmas  musz  ich 
hier  vorbei  lassen. 

das  goth.  fairnis  geht  sowol  auf  kleid  (snaga),  balg  und  Sauer- 
teig (beist),  als  auf  den  menschen  (maniia),  das  gesetz  (triggva) 
und  das  jähr  (jer).  ahd.  firni  findet  sich  von  bürg  und  wort 
gebraucht,  dagegen  heiszt  es  alte  belgi.     liier  folgen  mhd.  stellen: 

dehein  dinc  wart  da  virne  • 

innerthalp  dem  buregraben, 

der  #5  hundert  jär  solle  haben 

f;  wjere  ie  ebensch(pne.    iMnz.  226; 

man  bete  ungSrne  da  gesehen 

ein  Gleit  swach  unde  virne.    ir.  kr.  3863; 

er  was  alt  und  virne.    4503; 

6?  (dat,  tempei)  was  alt  und  virne.    9624; 

si  brach  den  gebet  ir  enzwei, 

der  alt  was  unde  virne.    10675; 

si  solde  niht  versprechen 

daj  virne  dur  daj  niuwe.    11239; 

wan  er  (rff>r  sal]  enwas  nibt  virne, 

er  lullte  gar  niuw  unde  frisch.    17542; 

6r  künde  wol  erkennen 

daj  niuwe  und  euch  daj  virne.    19257; 

wan  du  vür  unser  virne  missetät 

wurde  in  den  wäc  getiuhet.    MSH.  2,311»; 

den  {üs)  gebent  niuwe  und  virne  (kteider) 

die  herren  durch  ir  tcerschen  muot.    2,390"; 

wan  ich  bin  ouch  ein  armer  wirt, 

dem  selten  iht  virncs  über  wirt.    flenner  5554; 

niuwe  friunde  und  niuwer  win 

miigen  wol  gelich  einander  sin, 

allen  ougen  und  ouch  dem  birne 

vil  gesunder  si  der  virne, 

doch  trinkent  tdrn  den  niuwen  gerne 

durch  niuwen  gelust  in  der  taberne.    1883; 

»6  werdent  aller  liutc  houbct 

Ton  niuwen  mosten  mer  betoubet, 

gwenne  der  trinker  wol  gesioubct, 

dan  von  reinem  virncm  wine.     17274; 

dö  trank  der  aide  grise 

durch  siner  geste  liebe, 

da;  im  des  slätes  diebe 

suchen  in  die  stirne. 

den  kleinen  win  virne 

trank  er  da  s6  vaste, 

des  latte  er  zeime  gaste 

den  slär  in  da;  houbet, 

da{  er  wart  betoubet.    CA.  2,49. 

«eichen  unterschied  der  bedeutung  man  wol  damals  noch  fühlte, 
venn  'alt  und  virne'  zusammen  stehn?  bemerkenswerth  tritt  hin 
und  wieder  der  sinn  von  klug  oder  schlau  vor,  wie  man  rinrn 
allen  fuchs  als  schlau,  erfahren  bezeichnet: 

louf,  bis  virnci    Jkroscrin  7330; 

trüllieret  und  virne.    LS.  3,544. 

fpi.  fimig.  nhd.  vird  Arn  aUmälich  fast  auf  den  wein  und  ge~ 
Irride  eingeschränkt,  auf  das  vorjährige,  gegenüber  dem  frischen, 
doch  hMszt  es  in  einem  inventar  Elsen  vdn  IloLüiustN  a.  ItIO: 
item  etswo^  fleischs  fasle  firn  und  dorre,  da;  «er«  smrrble 
und  gestochen  was  von  miluen  und  wormern,  iinn  wir  durch 
golPK  willin  gegcbin ;  und  soll  von  dcui  firncu  essen  und 
wenn  das  ncwc  konipl,  da«  firnen  {so)  v^cglhun.  3  Mos. 
M,10} 


wann  pessers  chomt,  es  wirt  unwert, 

also  geschieht  dem  virnen  wein  {dem  jemaligen  vom  letzten 
jähre),     liältlerin  271*; 

die  fulen  bering  man  vermischt, 

das  man  verkoult  sie  gar  für  frisch, 

all  gassen  sint  fürkouler  vol, 

gremperwerk  triben  schmeckt  gar  wol. 

iirn  und  nüw  man  vermänkeln  kan, 

mit  btriignis  gat  umb  iederraan.    Brani  102,79; 

die  schwalbe  sucht  ihr  Arnes  haus, 

die  lerch  hebt  an  zu  singen. 

RoBEKTuiN  bei  Göiieke  d.  dichiung  1,333*; 
fast  alle  übrigen  stellen  reden  von  wein  und  körn:  so  der  abbat 
kumet  die  reben  ze  schöwende,  so  sal  man  ime  geben  des 
dages  virnen  win  unde  nuwen.  «rm/Ä.  l,  665  (o.  1320) ;  so  sol 
auch  niemant  zweirlei  oder  mer  win  schenken  in  eime  kelier, 
es  sei  dan  nuwe  win  und  firn  win.  1,  509 ;  item  der  meier 
soll  es  meiner  frau  irem  gesind,  dem  kirchbern  und  seinem 
sigristcn  wol  bieten  mit  wildem  und  zamem,  fliegend  und 
flieszend,  virn  und  new  (rf.  t.  mit  wildbret  und  zahmem  fleisch,  mit 
vögeln  und  fischen,  altem  und  neuem  wän).  l,  705 ;  und  nimpt 
der  probst  die  herbcrge  vor  wihenachten,  so  sol  man  si  ime 
geben  mit  nüwem  und  mit  virnem  wtne,  beitct  er  aber 
darüber,  so  sol  man  si  ime  geben  mit  nüweui  wine.  4,24; 
so  man  firnen  win  und  nüwcn  trinket  in  dem  ersten  herbest- 
gedinge.  4,151;  in  dem  selben  jar  (1442)  ward  so  vil  wein 
und  körn,  das  man  es  nil  wol  behalten  mocht,  der  firne 
wein  galt  das  fuder  26  gülden  und  alsbald  im  herbst  galt 
es  4  gülden,  vil  siiszer  und  besser  dan  der  firne  wein  (vorige 
Jahrgang)  gewesen  war.  Steinhöwel  chron.  26'; 

wein  stark  und  Arn.    Scheid  grobian  H3; 

ein  raasz  starks  firnen  weins.  Frey  garteng.  25';  söffe  den 
firnen  wein,  das.;  ein  mirinbruder  versehen  mit  wolmundetem, 
maulreiszendem,  zapfreszem,  lautschwatzendem,  zungklapfigem, 
zungzwilzerigem,  zungkützelichem,  glasschwitzigem,  rausch- 
danzendem,  brenzlendem,  grawgebartetem  (d.  i.  uraltem), 
röschem  wein,  von  furnen  (so)  und  heurigem,  dörrsomme- 
rigem  und  järigem,  mostigem  und  verjartem.  Garj.  57';  bring 
uns  den  firnen,  den  kehraus  in  der  Stirnen!  99';  that  darauf 
ein  guten  suf  fümen  (so)  wein  und  wartet  demnach,  wann 
man  das  nachtessen  zuriistet.  238";  von  zorn  bin  ich  schier 
erstarret,  dieweil  mir  mein  gesind  nicht  von  meinem  firnen, 
sondern  allein  von  dem  newen  wein  zum  imbisz  hat  aufge- 
tragen. KiRcnnoF  wendunm.  425"; 

ja  was  musz  es  für  ein  wein  sein, 

ein  fürner  oder  ein  ablasz?    Atrer  fasln.  78»; 

wein,  der  nicht  gar  neu,  noch  auch  nicht  gar  fürnen  (so) 
oder  alt  ist.  so  er  aber  gar  alt  und  firnen  etc.  Hobberc 
3,  274' ;  so  aber  der  same  firn  oder  jiirig.  3,  2,  5 ; 

die  supp  hält  können  gewürzter  sein, 

der  braten  brauner,  lirner  der  wein.    Götbr  2,214. 

FIRN,  FIRNE,  m.  der  alte,  nie  schmelzende  schnee  derhochalpe,  die 
schneekuppe,  der  glelscher,  bei  Frisius  und  Maaler  unvcrzeichnel, 
noch  auffallender,  rfa.«  IIaller  in  seinem  gedieht  die  alpen  (1729) 
das  wort  nicht  vtrwendet.  dcnsell)igen  alten  schnee,  sa(fi  Stumpf 
2,284",  nennt  man  firn,  das  ist  allen,  veHegenen;  der  Rhoden 
empfängt  doch  sein  wasser  nicht  nur  aus  natürlichen  bniu- 
ncnquellen,  sondern  vielmehr  aus  dem  steten  firn  imd  glet- 
scher  des  gebirgs.  Sciieuchzer  3,10t;  gemeiniglich  heiszet 
man  gletscherische  bergeis  auch  firn,  einen  allen  verlegenen 
schnee  zum  unterschied  von  dem  heurigen,  einjährigen. 
3,107.  108; 

wo  um  des  Gl.nrnlsch  hohe  llrne 

ein  goldduft  bebt!    Fr.  liRuri  im  munennlm.  17%  t.  183; 

mach  hurtig,  Jenni.    zieh  die  nnue  ein. 

der  graue  ibalvogi  kommt,  diimnf  brüllt  der  Arn, 

der  niYllienstein  zieht  seine  luiul>e  ein 

und  killt  her  liliist  e.t  aus  dem  wetterlorh.    ScniLLin  517*; 

und  er  musz  sitzen,  fühlend,  in  der  nnchl, 

im  ewig  liiistern,  ihn  en|iiiokt  iiirht  mehr 

der  nirilieei  warmes  grün,  der  blutnen  schmolz, 

die  rothen  Urnen  kann  er  nicht  mehr  «chauou.    623*; 

«lebst  du  die  Urnen  dort,  die  weiszen  hftrner, 

die  hoch  bis  in  di'n  himniel  sich  verlieren?    635*; 

wie  eine  windlnwine  dlrh  versrlmilet, 

wi«  unter  dir  der  trügerische  llrn 

clnbrirhi.    ^;^2•. 

der  />/.  Arne  hei  der  Brun  scheint  vorzüglictur  ab  Rnicn  bei 
Si  II hier,  doch  hört  man  in  der  Schweiz  und  im  Ktsass  firnen, 
berglirnen. 

FlUNERORN,  n.  gdrtidt  vom  vorigen  fahr. 


1677 


FIRNEMOST  — FIRST 


nRST  — FIRSTBALKE 


1678 


FIRNEMOST,  m.  muslum  prioris  anni: 
und  du  groszer  krug  der  ernte, 
wol  bekomm  dein  firnemost! 
sei  nie  leer,  du  krug  der  ernte, 
wenn  der  Schnitter  in  dich  sieht! 

Gebstehbercs  term.  tchr.  2,222. 

FIRNEWASSER,  n.  das  rom  gletscher  abflieszl:  der  Sand- 
bach führet  der  Linth  beständiges  und  trüebes  firenwasser 
zu.  ScHECCBZEB  3,  24. 121.  »71  einigen  siricltcn  der  Schwäz  spricht 
man  firen  oder  firren  für  firn. 

FIRNEWEIN,  n.  rinum  vetulum,  anncAinum,  abgelagerter  vein; 
bihornura.  Dastpodius  292' ;  der  firnewein  ist  der  beste,  der 
heurige  ist  etwas  befiehl.  Docemiüs  sprachenthür  §.  441; 

die  ganze  dorfschaft  komme  mir, 

sie  soll  willkommen  sein, 

und  ich  versprecb  euch  kirmiszbier 

und  guten  ürueweiu.    Hagedors  3,77; 

der  kaufmann  nimmt,  was  seine  Speicher  fassen, 

der  abt  wählt  sich  den  edeln  firnewein.    Schuxer  71'. 

FIRNIG,  inklligens,  prudens: 

rat  .  .  .  so  weis,  so  klug,  so  firnig.    MiLissis  ps.  F 1*. 

FIRNIS,  m.  Vernix,  fr.  Tcmois,  it.  vernice,  »n  öl  oder  alkohd 
aufgelöstes  harz,  mhd.  firnis,  firnes: 

diu  muoter  was  wise, 

mit  peche  unt  mit  flrnise 

die  zeinen  si  verchlenite.    fundgr.  2,87; 

ob  man  in  nibt  bestricket 

gar  mit  der  staete  Arnes  ( :  geslirnes).    Ls.  2, 203. 

doch  liest  man  En.  146,26: 

ir  Tarwe  lieht  unde  guot, 
rehte  als  milch  unde  bluot, 
wol  gemischet  rot  und  wij, 
äne  blanc  und  an  vernij. 

nhd.  fimis,  früher  auch  firnus,  firneis  und  fümis  geschrieben, 
firnesz  roc.  14S2  h  7*,  firnz  fr«  Steisbacb  ;  firnus,  weicherauch 
aus  den  spenlein,  so  vom  agstein  abgedrehet  und  wachalter- 
harz  gemacht  wird.  Mathesics  öS";  zucht  macht  allen  andern 
lugenden  eine  gestalt  und  gibt  inen  ein  höher  färbe,  wie  der 
firnus  alle  färben  erhebet.  53'; 

lern  alles  oben  hin  und  lasz  von  jung  und  alten 
den  füruisz  (so)  deines  koths  Tor  reines  golderz  halten. 
GÜTiTUER  49s; 

der  äuszre  firnis  des  gesiebtes 

wird  von  den  jähren  abgehaucht, 

so  ganz  auch  die  natur  in  färben  reines  lichtes 

den  feinen  pinsel  eingetaucht.    Karschi:«  ged.  126; 

wie,  wenn  ein  doppeltsinn  in  den  worten  des  bösen  Ter- 
borgen  läge,  der  seinen  lügen  einen  so  hübschen  firnis  von 
Wahrheit  zu  geben  weisz.  Wagsebs  reue  nach  der  titat  149; 
der  gesellschaftliche  firnis.  Gotteb  3,  li;  da  zum  glück  die 
sitten  seiner  rohen  erziehung  halb  unter  dem  firnis  der  sitten 
seines  feineren  Umgangs  verborgen  lagen.  J.  P.  uns.  löge  1, 17. 
s.  bernsteinfirnis,  goldfirnis,  iackfirnis,  mahlfirnis,  terpentiu- 
firnis. 

FIRNISRLASE,  f.  zum  sieden  des  firnis. 

FIRNISGLEICH, 

ihr  kronengold  ist  nicht  ein  flrolszgleicher  schein. 

GÜ.'«THEB  1060. 

FIRNISSEN,  remice  obducere :  gefirnistes  holz ;  geförniszt 
juppenbier  aus  gerslen  von  Danzwig.  Garg.  59'. 

FIRNZEL,  n.  was  fernzel  sp.  1540 :  ein  firnzel  korns.  tceisth. 
1,452.462.    zwei  viernzel  habern.  1,664. 

FIRST,  m.  urui  f.  cuimen,  fasiigium,  gibel,  gipfel,  ags.  fierst, 
fyrst,  das,  wie  fäc,  fach  (sp.  1220)  in  die  rorstellung  der  zeillich 
-rüreckten  frist  übertritt,  tcovon  mehr  unter  frisl  zu  reden,     mhd. 

rst.  nhd.  first  {nicht  selten  fürst  gesclirieben),  im  voeab.  ex 
l'io  forst,  ifte  hetüe  noch  wetterauisch.  nd.  fast.  Scbambach 
257'.  Reuter  Hanne  fiüte  s.  142. 143.  330  (wie  fasse  für  ferse). 

1)  der  gibel  des  dachs,  die  zinne  des  hauses,  die  oberste  dach- 
katüe.  ahd.  also  wir  in  demo  hfts  heijen  magensftl  dia 
raeistön  söl,  ih  meine  diu  den  first  traget.  N.  Boeth.  125. 
mhd.  stalte  in  da  öf  den  virsl  des  lempels.  Grieshabeb  2, 82; 

die  TJrste  und  die  wölben  (gibel  und  Wölbung) 

begunden«  üf  die  helme  legn 

mit  starken  ungefüegea  slegn. 

ich  bete  ungerne  hiute 

sölhe  zimmerliute.    HTi.  396, 14, 

möchte  nicht  so  auf  mich  zimmern  lassen; 

sie  stiegen  zue  der  swalben  nest 

und  zogen  ein  junge  ausi  irem  nest 

nahe  bei  des  firstes  rafeu  (balken).    Kuxu  ers.  469,10; 


da;  tacb  was  überzogen  rein 
mit  eime  sidin  toppelstein 
von  dem  virst  bi;  üf  da;  ende. 


L».  1,396. 


nhd.  der  sei  uf  den  first  stän  und  mit  dem  rechten  arm 
grifen  under  dem  linken  und  sol  das  har  in  die  rechten  band 
nemen  und  ein  sichlen  nemen  bi  dem  spitz  in  die  linken 
band,  und  als  ver  als  er  wirft,  als  ver  sond  sin  hüner  gan. 
ueislh.  1,  29 ;  item  es  sol  auch  ein  wirt  nit  mer  haben  daa 
ein  hengsl  am  baren,  ein  katzen  und  ein  gugei  {gückel,  haus- 
hahn)  und  sol  der  wirt  uf  der  first  stan  und  sol  ein  sichlen 
in  der  linken  band  nemen  und  so  fer  er  die  sichlen  werfen 
mag»  also  wit  sol  sin  gugel  recht  haben  zu  weid  gan  unge- 
varlich.  4, 312 ;  dem  hantdeligen  sin  hus  slieszen  und  be- 
sehen, was  dann  da  inne  were  von  varender  habe  . . .  vom 
wUstein  {dem  grundslein)  an  bis  zur  firslen.  2,  218 ;  dem  selben 
man  sol  der  meiger  die  fierst  von  sinem  hus  enzwei  don 
hauwen.  2,  243 ;  der  huober  soll  auch  einer  steigen  uf  die 
first  (um  nach  dem  feind  avszuschauen).  4, 60.  unter  diesem 
first  pflegte  man  heu  und  slroli  zu  verwahren,  die  first  eines 
strawfachs.  Calepi.m  dictionar.  356 ;  wolle  er  das  {eingelhane, 
gepfändete)  vich  nit  lösen,  so  sol  man  wasser  uf  das  übertür 
stellen  und  hoew  uf  die  first  legen  {wohin  das  vieh  nicht  reichen 
kann)  und  lassen  essen  unz  uf  die  hut  {bis  es  nur  haut  und 
knochen  hat),  ueislh.  1, 164.  eine  nachricht  aus  Bern  meldet,  dasz 
bei  der  feuersbrunst  zu  Glarus  in  der  nacht  vom  10  auf  den 
11  mai  1S61  nach  amilicher  bestätigung  500  firslen  (d.  i.  hduscr) 
abgebrannt  seien,  die  flamme  verbreitete  sich  unaußaltsam  von 
first  zu  fir'sle,  une  man  sagt,  dasz  der  rothe  hahn  auf  dem  first 
gekräht  habe.  Stalder  1,  371.  Lichtesbebg  8,  141  von  einem 
neuen  bau :  ist  das  gebäude  lang,  so  müssen  auf  beiden  enden 
Stangen  errichtet  werden  und  das  blei  über  die  ganze  firste 
(für  first)  laufen.  Göthe  39,  342 :  w  as  soll  uns  das,  dasz  der 
erste  zum  bedürfnis  empfindsame  (?  erfindsame,  so  in  der 
ersten  ausg.  1773)  mensch  vier  stamme  einrammelte,  vier  Stangen 
drüber  verband  und  äste  und  mos  drauf  deckte,  und  es  ist 
noch  dazu  falsch,  dasz  deine  hätte  die  erstgebome  der  weit 
ist.  zwei  an  ihrem  gipfel  sich  kreuzende  Stangen  vornen,  zwei 
hinten  und  eine  stange  quer  über  zum  first,  ist  imd  bleibt, 
wie  du  alltäglich  an  hütten  der  felder  und  Weinberge  erken- 
nen kannst,  eine  weit  primärere  erfindung. 

Iren  zieht  nicht  an,  dem  naiven  sinn  des  alterthums  in  einzelnen 
Ortsnamen  auf  die  spur  zu  kommen?  ein  Binesfirst  mag  danach 
heiszen,  dasz  sich  schwärmende,  heilbringende  bienen  auf  den 
gipfel  des  ersten  hauses  setzten,  den  bekannten  namen  Schillings- 
fürst, ahd.  Scillingesfirst  {MB.  2S',  2S5  in  einer  urk.  vom  j. 
1000  geschrieben  Xillingesfirst)  verstehe  ich  so,  dasz  am  first  des 
neubaus,  wer  weisz  aus  welchem  gründe,  an  Schilling  aufgehangen 
wurde. 

2)  der  gipfel,  die  höhe  des  bergs.  in  Hnem  grenzbegang  vom 
j.  SOI  wird  gesagt:  sursum  in  Bramfirst,  ...  in  da;  smala 
eihahi,  after  dero  firsti  (der  acc.  musz  first  lauten)  in  Rin- 
deshaubit, trad.  fuld.  n*  1*5.  -  nM  auf  Dur  und  feld,  in  berg 
und  thal,  auf  first  und  halden.  Hebel  schalzk.  2S; 

längs  der  alten  mauer, 

deren  firsten  wilder  epheu  deckt.    Srühr  569; 

bald  rund,  bald  spitz,  bald  bewachsen,  bald  nackt  sind  die 
firsten  der  felsen,  wo  oft  noch  oben  drüber  ein  einzelner 
köpf  kahl  und  kühn  herüber  sieht.  Göthe  16,  222.  'die  first' 
hiesz  ehmals  das  elsäszisch  und  lothringisch  gebirg,  der  Wasgau, 
Vogesus.  Maaler  136*.    die  hohe  first.  weisth.  1,  666.     auch  nd. 

3)  bergmännisch  ist  first  oder  firste  der  obere  thcil  des  stallen, 
die  Stollenfirste.  Hertwig  134';  nur  konnte  ich  meine  ver- 
suche nicht  wiederholen,  weil  sich  ^ie  naiur  der  weiter  in 
ein  und  derselben  firste,  im  vorgesümpfe  des  nemlichea 
Schachts  von  tage  zu  tage  ändert.  Hcmboldt  gasarten  183; 
wenige  tage  nach  gemachtem  durchschlage  beleuchtete  der 
Steiger  die  firste  des  liefen  sloUens  und  entzündete  die  brenn- 
baren weiter,  die  sich  unterdes  gesammelt  hatten,  s.  ISS; 
wie  diese  allen  knochenmasseu  gerüstet  öl  ausschwitzen,  so 
entbindet  sich  im  sommer  ein  wasserslofgas  aus  ihnen,  das 
an  der  firste  angezündet  den  gerucb  eben  dieses  brenzlicbea 
öls  verbreitet,  i.  197. 

FIRSTBALKE,  m.  höchster  dachbalke:  auch  gienge  den 
bubener  not  an,  so  mochte  er  den  buwe  verkeufen  und  sal 
aber  hauwen  in  der  mark  solichen  buwe.  und  sal  das  zwirnt 
tun,  an  dem  drittcnmale  sal  er  ein  swelle  hauwen,  da  ein 
tore  of  gehe  und  sal  das  ander  in  die  erden  stecken  und 
einen  erlin  firstbalken  of  zwo  sulea.  weisth.  l,  500. 


1679 


FIRSTENBAÜM  — FISCH 


FISCH 


1680 


FIRSTBAUM,  m.  tolus,  festum.  voc.  1482  h"',  lignum  quod 
tuslerUat  plura  ligna  in  summitale  domus.  DiEFENCAcn  232',  bä 
welchem  festum  oben  feite,  pfetle  {sp.  1573)  zu  erwägen  isl. 
wenn  das  kind  geboren  wird  und  den  flrstbaum  gesehen 
mag.  «'«s//i.  4, 276,  vgl.  RA.  75.410;  wer  uf  dieselben  hofstet 
dekeini  ein  hus  machen  wii,  dem  sol  des  golzhus  amiman 
vier  holzer  geben  ze  einem  ringe  und  ein  holz  ze  einem  first- 
boum,  darnach  er  huscn  wii.  4,334. 

FIRSTENVVEISE,  adv.  weil  der  gang,  das  hangende  und 
das  liegende  sehr  fest  ist,  so  werden  alle  erze  durch  feuer- 
setzen und  firstenweise  gewonnen.  Cancrin  bergw.  95. 

FIRSTSAUL,  f.  columna  fustiyii,  gibclseule:  und  wann  er 
ein  haus  zimmern  will,  so  soll  er  legen  ein  wichtslein  an 
die  fürslsaul  und  gehet  er  einwärts  hinein  und  legt  das  maul 
auf  den  wichtstein  und  bleibt  ihm  der  nagel  unterhalb  des 
geschwölls,  so  hat  er  die  herschafl  und  das  gut  gewehret. 
wehth.  3,  626. 

FIRSTWEIN,  ro.  siehe  beschluszwcin  1, 1581. 

FISCH,  m.  piscis,  golh.  fisks,  ahd.  fisc,  mhd.  visch,  alts.  fisc, 
nJ.  visch,  fries.  fisk,  ags.  fisc,  auch  wol  umgeslelU  fix,  engl. 
fish,  alln.  fiskr,  schw.  dän.  fisk,  lat.  piscis,  it.  pesce,  sp.  pez 
pl.  peces,  fr.  poisson,  roman.  pesc,  welsch  pysg,  armor.  pesc, 
»r.  iasc,  gal.  iasg,  gr.  i/,0^s,  wozu  das  seltne  skr.  ittha,  ilhusi, 
islhusi  bei  Böhtli.ng  1,  791  außaucht.  nach  dem  etymon  wurde 
vorrede  XLVUI  gesucht  und  ein  bezug  auf  die  schuppe  gefunden, 
N.  Bth.  gedenkt  dero  rühon  echinorum,  doch  ist  echinus  an 
tlaclUichter  secigcl,  kein  fisch,  aber  Gudr.  99,2  steht:, 

€t  sach  in  dem  wäge  die  ruhen  vische  hie 

die  künde  er  pevähen,  ern  nioht  ir  uiht  genicsen, 

sin  kuchen  diu  rouch  selten, 

also  von  eszbaren  fischen,  die  Hagene  nur  weder  sieden  noch  braten 
konnte,  schuppig  heiszen  die  fische  überdl.  auch  Porr  1,  244 
deutet  squamis  obductus,  zerlegt  aber  pi-sci,  in  sei  das  tcgere 
legend,  ob  gar  berührung  zwisclien  piscis  und  skip,  fisch  und 
schif  möglich  sei,  wie  das  schif  im  wasser  schwimmt,  gleich  dem 
fisch,  gehört  in  engalhmige  Untersuchungen  über  lautversetzung. 
viele  redensarten. 

1)  es  wird  ihm  vvol,  wie  dem  fisch  im  wasser; 

fr  wart  pcsunt  reht  als  ein  visch, 

der  veri  in  einem  wäge.    tr.  kr.  10S08; 

«r  wart  gesunt  als  ie  ein  visch 

und  also  frech  und  also  frisch 

daj  ime  nihtes  m&  gebrast.    Engelh.  2407; 

ach  wüstest  du,  wies  flschlein  ist 

so  wolig  auf  dem  grund, 

du  stiegst  herunter  wie  du  bist 

und  würdest  erst  gesund.    Götur  1,185; 

trinke  nur  frisch, 

und  du  wirst  heiter, 

gesund  wie  ein  fisch.    11,149; 

da  war  mir  es  so  wol,  so  lustig,  so  leicht,  wie  einem  fische 
im  wasser.  16,137;  da  dir  es  wol  war  wie  einem  fisch  im 
wasser.  10,138;  es  ist  nur  ^in  Rom  in  der  weit  und  ich 
befinde  mich  hier  wie  der  fisch  im  wasser  und  schwinune 
üben  wie  eine  stückkugel  im  quecksiiber,  die  in  jedem  an- 
dern fluidum  untergeht.  29,10;  so  dasz  ich  mich  geheilt  und 
gesund  wie  ein  fisch  fühlte  (io  fui  guarito  e  sano  conic  un 
pesce).  34, 167 ;  bübchen  und  mädchen  so  gesund  wie  die 
fische  im  Rhein.  Wikiand  an  Merk  s.  146;  ich  belheure  dir 
dasz  beide  kinder  so  frisch  w  ie  fische  sind.  Niebuur  leben  3, 156. 

2)  schwimmen  wie  ein  fisch: 

Damöt  schwimmt  wie  ein  fisch,  er  le^t  sich  auf  den  bauch 
und  darf  nur  eini-n  fusz  ein  wenig  seitwärts  kri'imnicn, 
(0  kann  er  allemal  dem  ström  entgegen  schwimmen. 
Kost  schiifenj.  121. 

man  sagt  'der  fisch  will  schwimmen',  das  essen  verlangt  einen 
trunk : 

die  vUcbe  wellent  geswemmet  >fo.    ring  37',  32; 
der  Schinken  ist  so  gut.   'aber  ich  dachte,  wir  tränken  nun 
wieder  eins  dazu',    recht  hcrr  wirth,  der  fisch  musz  schwim- 
men,  ich   habe  ohne  dies  meiner  nacbbarin  ein  rUuscbchcn 
zugedacht.  Wkisze  kom.  opem  3, 117. 

3)  zappeln  wie  ein  fisch : 

man  leit  in  wider  iit  d<>n  tisch 

und  Ifct  in  «cherzen  all  ein  visch.   Jüngling  412; 

Olivie  bewies  sich  ungeduldig,  wie  ein  fisch  auf  dem  strande. 
GüTHK  26,35; 

ich  ein  in  dtm  riebe 

von  Tand«  ze  lande 

aU  der  vifcb  In  dem  tand«.    Li.  2,315; 


die  fische  springen,  und  das  Wasserhuhn 

taucht  unter,    ein  gcwitter  ist  im  anzug.    Scholbk  517*. 

4)  mich  dunket,  der  du  hast  gegen, 

diu  si  iiilit  visch  unz  an  den  grät.    Walthbr  67,31; 
er  ist  niht  visch  unz  an  den  grät.    Teicitmbb  75; 
ir  seit  nicht  lisch  bis  auf  den  grat.    Walsis  143^. 

5)  gegensatz  von  fisch  und  fleisch; 

«5  wa-re  vieisch  oder  visch.    Otto  hart  284; 

fij  wären  bi  ir  viüre 

under  wilen  tiure 

vieisch  mitten  vischen.    Iw.  6217; 

bröt  uude  win, 

vieisch  mit  den  vischen.    Nib.  870,  3; 

was  soll  dieses  sein,  fiscii  oder  fleisch?  MATrnESON  tphortu 
78;  nicht  ist  alles  fleisch  einerlei  fleisch,  ein  anders  der 
fische,  ein  anders  der  vogel.  1  Cor.  15,  39 ; 

du  bist  mit  all  dem  denken 

nicht  lisch  noch  Heisch, 
das  herz  erst  musz  dich  lenken, 

soust  gibts  gckreisch. 

OvBKOKCK  im  muscnalm.  1798  t.  91 ; 

unrechte  brüder  setzen  einen  ritter  in  Verlegenheit,  sie  sind 
nicht  fisch  nicht  fleisch,  kein  Werktag  und  kein  soontag. 
kam»  schaub.  1,  41. 

6)  fische  angeln,  fangen:  fisch  etzen  und  do  mit  vahen, 
inescare.  voc.  14b2  kk  ö' ;  gehe  hin  an  das  meer  und  wirf  den 
angel,  und  den  ersten  lisch  der  aufferet,  den  nim  (piscem 
qui  primus  ascenderit  tolle).  Malth.  17,27; 

du  fechst  nit  fisch  in  discm  bacb.    fastn.  291,19, 
liast  hier  kein  glück,  riclitest  hier  nichts  aus;  darnach  das  wasser 
ist,  darnach  seind  die  fisch,  in  groszen  wassern  fangt  man 
grosze  fisch,  in  kleinen  kleine.  Leuuan.n  20; 
da  von  si  söUichen  uudersturz  nam, 
das  ir  der  visch  in  die  rcuson  kam.    fastn.  356,23; 
es  müst  der  visch  in  die  reusen  geen.    747,11; 
dann  nun  hielt  ers  mit  den  Yenedigcrn,  dann  mit  dem  künig 
aus  Frankreich,   und   dann   mit  dem  keiser,   nachdem  ihme 
der  fisch  entgegen  schwamm,  biencnk.  131',  nacftdem  itim  vor- 
Iheile  geboten  wurden; 

i  hob  wunder  denkt  wöi  grausz, 
dasz  i  heuut  an  lisch  wer  lauga. 

Marx  jeä.  m  Nüritb.  mundarl  56. 

7)  den  fisch  schuppen,  ausnehmen,  gellen  (Greg.  3119), 
braten:  und  etliche  stücke  vom  fische  brieten  sie  und  na- 
mens mit  auf  den  weg.  Tob.  6,7.     sieden,  blau  sieden; 

mein  engel,  sprach  der  mann,  mein  enget,  ist  mir  recht, 
so  ist  der  lisch  nicht  gar  zu  blau  gesotten.    Gellkht  1,83; 
denn  ist  der  fisch  gesotten, 
was  billl  es  dasz  die  quelle  flieszt?    Göthx  3,254; 

fische  in  eiern  backen: 

da  sitz  ich  nun  vergnügt  bei  tisch 

und  endige  mein  abeuteuer 

mit  einem  paar  gesüttuer  eier 

und  einem  stück  gcbacknen  fis^:h.    Götbs  an  Friederike. 

fische  einmachen,  einsalzen,  trocknen,  dürren:  häringe  oder 
dürre  vische.  Haupt  6, 419;  fünf  brot  und  zwen  fische.  Marc. 
6,  38 ;  ein  tisch  mit  fischen  übersetzt,  exslructa  piscibus  mensa. 
Maaleh  136'; 

bot  ich  dan  alle  vische, 

im  twaht  bi  minem  üscbe 

durch  e^jcn  nimmer  iwcr  haut.    Hclmbr.  783; 

man  diente  in  riterliche. 

diu  ktincginne  riche 

kom  stolzlich  für  sinen  tisch, 

hie  stuont  der  reigcr,  dort  der  visch.    Pars.  33, 4. 

8)  abgestandne,  faule  fische,  oft  figürlich  für  lügen,  /lausen, 
flunkerei,  wind:  wer  mit  renken  und  faulen  fischen  uuibgehet, 
der  musz  doch  mit  der  zeit  zu  schände  werden.  MATutsiiis  2t* ; 

geh  heim  schnaiuhabn,  du  brillonmann, 

mit  deinen  faulen  fischen!    tccimar.  jb.  2,209; 

wenn  der  patrun  merkt,  dasz  hinter  dem  gelehrten  mann 
im  gründe  doch  ein  fauler  fisch  steckt,  wie  denn?  Fi. 
Müller  2,43; 

und  bütt  euch  am  (Veitag  vor  posen  viseben,    fattn.  IGS,  13; 
mein  buch  ist  ein  elender  fisch,  dem  der  schweif  fehlt,  ohne 
welchen  er  nicht  steuern  kann.   J.  P.  Fibel  203.     den  bucJi- 
drucJtern  heitsen  durcheinander  gcworfne  U'ltem  'iwicbellisolic'. 

0)  fisch,  ohne  gräten,  bedeutet  sclddge.  Fkümiiamn  mundarirn 
4,50.  'geld  für  den  fisch!',  wenn  man  auf  schnelle  soMunf 
dringt,  den  fischen  zu  fressen  geben  bedeutet  einen  Mchnam 
ins  Kiuter  werfen.  Sasthow  1, 151. 


1681        FISCH  — FISCHBEINREISZEREI 

10)  stumm  wie  ein  fisch: 

dann  die  menge  sogar  in  stummer  fische  gemeinschafl 
auch  erstarrt.  Mörikk  li-tcher  Martin  3. 

11)  fisch  in  muscheln,  concha,  man  begrif  condtylien  und 
krebse  auch  unter  den  fischen :  allerlei  fisch,  die  schärben 
oder  schalen  haben.  Ma.\ler  136'; 

das  Schneckenhaus  lasz  fallen  darauf, 

davon  bricht  es  ohn  zweilel  auf, 

dann  issest  du  den  fisch  daraus.    Aibkrcs  95'. 

12)  fisch  fteiszt  den  schlossern  was  von  einem  breiten  Ittürbande 
im  holz  steckt. 

13)  fisch  lieiszl  auch  eine  Spielmarke  von  bestimmter  gellung, 
das  stammt  aber  aus  dem  fr.  flehe  f.  zweihundert  und  fünfzig, 
sechzig,  siebenzig,  achtzig,  neunzig,  vierhundert  und  fünfzig, 
sechzig  —  vierhundert  sechzig  an  marken  und  wieder  vier- 
hundert und  vierzig  für  drei  postillons,  macht  zusammen 
gerade  acht  fische.  Gotter  ieannette  1  aufz.  1  außr. 

eine  menge  einzelner  (ischnamen  sind  mit  fisch  zusammen- 
gesetzt, vgl.  backfisch,  bratfiscb,  engclfisch,  gangfisch,  gold- 
fisch,  halbfisch,  Schellfisch,  Stockfisch,  weiszfisch,  walfisch. 

FISCHAAR,  m.  falco  ossifragus,  fischadler:  und  dis  soll  ir 
schewen  under  den  vögeln,  das  irs  nicht  esset,   den  adeler, 
den  habicht,  den  fischar.  3  Mos.  11, 13.  5  Mos.  14, 12. 
FISCHA.NGEL,  hamus: 

die  Aar  beim  höchsten  gbirg  entspringt, 

dem  Gotthart,  der  in  dwolken  dringt, 

und  sich  wie  ein  fischangel  windt 

durch  Brienz  und  Thunersee  geschwind,    glückli.  schif  '245. 

FISCHARTIG,  pisci  simUis. 

FISCHASZ,  n.  esca.  vischase  oder  vischspeise  edulium. 
voc.  14S2  kkö'.  der  haß  oder  das  uferasz,  die  ephemera  heiszt 
so,  iceil  sie  zum  küder  für  fische  dient. 

FISCH.\UGEL,  n.  myosolis  scorpioides. 

FISCHBACH,  m.  rivus  piscosus: 

do  die  drei  rauber  an  dich  kamen 

und  dir  das  g'&It  mit  ainlifen  namen, 

und  dich  in  vischpach  würfen  darzue, 

da  mustu  wol  in,  wolst  sein  mit  rue.    fasln.  35,  2"2; 

man  musz  euch  ein  fart  oder  zwirnt  in  fispach  tragen. 

t>t>0,35. 
FISCHBA.\D,  n.  =  fisch  12. 

FISCHBANK,  f.    1)  auf  dem  fischmarkt,  forum  piscarium. 
2)  ort  im  meer,  tco  sich  fische  in  menge  außaltcn. 
FISCH  BAR,  piseulentus,  ein  fischbares  wasser. 
FISCH  BÄR.  m.  ursus  ichthyophagus. 
FISCHBEERE,  f.  Crataegus  aria. 
FISCHBEERE,  m.  nassa,  aas  das  einfache  beere,  mhd.  bere: 

der  wilde  visch  in  dem  bere 

nie  genam  so  manegen  wanc, 

als  min  herze  in  jämers  lere.    ilS.  1,83*; 

vgl.  1,  1127.  1244,  nhd.  oß  geschrieben  bär,  bärn,  bern,  die 
accusativflexion  in  den  nom.  gezogen,  fischbärn  tragula.  Golii 
onomast.  loS2  fo/.  218;  sie  aber  {die  ärz/e)  richten  ihren  fisch- 
bären  allein  gelt  einzunemmen.  Paracelsus  1,  5l';  im  schüssel- 
korb, da  die  frawe  dem  s.  Herman  den  fischbären  über  den 
köpf  zog.  FisciiART  groszm.  120;  da  haben  die  Hscher,  die 
mit  zween  fischbeeren  den  ganzen  bach  übersetzen  können, 
fünf  schöne,  grosze  lachs  gefangen.  Hohberg  2,466';  zwei 
lacbs  seind  in  den  beeren  gefallen,  ebenda;  ein  netz  das  ge- 
strickt ist,  wie  ein  fischbeer.  2,  4S5*. 

FISCHBEHÄLTER,  m.  piscina,  vivarium:  dieweilen  auch 
der  fischbehälter  zu  Kleinencarben  beim  gemeinen  brunnen 
alda  gelegen,  ganz  in  abgang  kommen  und  der  markordnung 
zenfgegen  eine  zeit  lang  keine  fisch  alda  zu  verkaufen  feil 
geboten  worden,  dieses  nun  hinwieder  in  esse  zu  pringen, 
so  soll  der  markschulthcisz  solchen  behälter  wiederumb  auf- 
richten und  machen  lassen.  Carber  mdrkergedingsacten  von  16S6. 
s.  fischhalter,  fischkalter. 

FISCHBEIN,  n.  maxilla  balenae,  nnl.  vischbeen,  tngl.  whale- 
bone,  jf/(if.  ddn.  fiskben :  'auf  sand  gebaut,  wer  männern 
Innit'  ist  kluger  weiher  denkspnich,  darin  sie  den  trauring 
binden  und  unterm  gürtcl  fest  am  fischbein  {blankscheit)  tragen. 
Fb.  MCller  3, 120; 

gleich 
vom  platz,  wie  ein  gekrfimmtes  Tischbein  flog 
das  ganze  rospewimmel  ab  in«  feld.    üeimi.  v.  Kleist  1, 13. 

FISCHREINERN,  celareus:  in  einer  fischbeinernen  scbnOr- 
bnist  gehen,   l.ripz.  arantur.  1,44.  , 

FISCHBEI.NRKISZER.  m.  der  die  harten  spaUet. 

FISCHBEINREISZEREI,  f.   die  spaUung  und  Zubereitung  der 
barten  des  ualfisches.  Brosemcs  1,  244. 
lU. 


FISCHBEINROCK  —  FISCHEN 


168-2 


FISCHBEINBOCK,  m.  ihr  fischbeinrock  hat  seinen  urspning 
dem  nordpol  zu  danken.  Babener  1, 15S;  das  feuer  prasselt 
über  sein  haupt  und  die  wellen  des  fischbeinrocks  schlugen 
über  seine  zerrissenen  haarlocken  zusammen.  ThCimel  WH- 
helmine  92. 

FISCHBEINSIEDEN,  n.  das  sieden  des  rohen  fitdürnns  um 
es  zu  reiszen. 

FISCHBEWOHNT,  rnscosus: 

so  scliwebt  in  tief  gesenktem  bogen 

um  ßschbenohnier  klippen  rand 

die  mewe  längs  dem  meeresstraüd.    Schiller  40*. 

FISCHBL.\SE,  f.  vesica  piscii,  scftuimmblase    er  prahlt  mit  einer 
leeren  fischblase.     mit  der  fischblas  =  nein!  Frohxank  3,14. 
FISCHBLATTE,  /.  pschschnssel.   Garg.  74'. 
FISCHBLOTZ,  m.    2.152. 

FISCHBLÜTIG,   frigido   sanguine,   kaltblütig:    schreibe    mir 
und   sage    mir  deine  meinung  von  meinem  briefwechscl  mit 
dem  weisen,  fischblütigen  Böolier.  Wielaxd. 
FISCHBRET,  n.  hcAzerner  fischtellcr. 

FISCHBROT,  n,  spongia  friabilis.  aJid.  aber  fiscbr&t  liquor 
jnscium  sahus.  Graff  3,  291. 

FISCH  BRÜHE,  /.  jus  piscibus  infusum.   fiscübrOje  Maaler  136* 
FISCHBRUT,  f  fetus  pisäum. 
FISCHBUCH.  n.  liber  piscium. 

FISCHRUTTE,  f.  hölzernes  gefäsz  zum  tragen  der  fische. 
FISCHCHEN,  n.    1)  piscicidus,  nnl.  vischje; 
'  ein  heller  bach 

fiieszt  unter  zweigen, 

die  über  ihn 

sich  wölbend  neigen, 

bald  schüchtern  hin, 

läszt  bald  im  spiegel 

den  grünen  hügel, 

wo  läramer  gebn, 

des  Ufers  büschchen 

und  alle  flschchen 

im  gründe  sehn.    Bcbger  9'. 

2)  ausntf:  potz  fischchen !  ich  dächte  so  könnten  wir  uns 
bei  hofe  wol  sehen  lassen.  Göthe  11,  302. 
FISCHDAMPF,  m.  vapor  e  piscibus  exätatus: 

ha!  und  schüren  die  ghit,  indes  ein  dicker 
pestaushauchender  qualm  graugelb  emporqualmt. 
der,  wie  einst  des  Tobias  fauler  fiscbdampr, 
selbst  die  teufe!  verscheucht.    Voss  3,113. 

FISCHDARM,  m.  serpula  contortu  plicata,  kanalvurm. 
FISCHDIEB.  m.  mustela  lutra,  fischotter. 
FISCHDISTEL,  f.  cnicus  acarna,  stechkraul,  grosze  distel. 
FISCHEI,  n.  Ovum  piscis :    hunderte  von  fischeiern  kleben 
zusammen. 

FISCHEINEN,  olere  piscem,  fischenzen,  fisclieln. 
FISCHEL,  n.  pisciculus,  fischlein: 

nü  bin  ich  din  geverle  und  inest  Sne  mich, 

du  soldes  mir  da;  viscbel  halbe;  teilen.    LoAeniyriii  650. 

FISCHELN,  piscem  olere:  das  fieisch  dieser  fisch  ist  lieb- 
lich zu  essen,  indem  dasz  sie  nicht  stark  fischein.  Forer 
1G3*.    St-ALDER  1,373. 

FISCHEN,  piscari,  goth.  fiskon,  ahd.  fiscAn,  fisgon,  mhd. 
Tischen,  nnl.  visschen,  ags.  fiscian,  engl,  fish,  alln,  sdtu:  fiska, 
ddn.  fiske.  ron  fisch  leitet  sich  dies  fischen,  fische  fangen,  aus 
dem  icasser  holen,  tcie  ron  piscis  piscari,  it.  pescare,  fr.  picher 
(poisson  abliegend),  ron  Ixd'is  i^dx-nv.  analog  gebildet  sind 
von  vogel,  maus,  krebs  und  raupe  vögeln,  mausen,  krebsen, 
raupen,  andere  thiernamen  lassen  keine  solche  verba  zu;  ver- 
glächbar  wäre  blatten,  grasen,  krauten,  lauben,  schuppen, 
häuten  für  blätter,  gras,  kraut,  laub,  schnippe,  haut  abfressen, 
abbrechen,  abstreifen,  ja  haupten  für  haupi  abschneiden,  das 
rerbum  drückt  aus,  was  im  nomen  selbst  unenlhalten  ist  und 
wird  privativ,  man  mnste  denn  fischen,  grasen  allgemein  fassen 
als  sich  mit  fischen,  gras  zu  thun  machen,  cUigeben.  es  heiszt 
sowd  intr.  im  flusz,  im  wasser,  im  teich  fischen,  als  Ir.  das 
wasser,  den  teich  fischen  (hefischen),  mhd.  der  viscliende 
man,  piscator.  Greg.  3518.  die  bedeulungen  des  fischens  sind 
häufig  figürlich. 

1)  wir  haben  die  ganze  nacht  gefischet  und  nichts  ge- 
fangen ;  sihe,  ich  wil  vil  fischer  aussenden,  spricht  der  herr, 
die  sollen  sie  {die  Linder  Israel)  fischen.  Jer.  16, 16 ;  ich  wil 
hin  fischen  gehen.  Joh.  21,3;  so  habt  ihr  denn  wol  gefiscbet. 
LcTHKR  6,  274*. 

2)  im  trüben  ist  gut  fischen;  im  trüben  wasser  Aschen. 
Gotter  3,19; 

in  dem  klaren  mag  Ich  gern 

und  auch  im  trüben  tischen.    Göthk  12,228. 

106 


1683 


FISCHEN  — FISCHER  AMT 


FISCHERBARKE  —  FISCHERREUSE  1 684 


3)  vor  dem  beer,  garn,  harnen  fischen  bezeichnet  ein  rer- 
kehrles,  sinnloses  unlcrnehmen : 

mlut.  lieber  kiielit,  mir  ist  leit 

das  ilü  vischest  vor  dem  bör.    ITelrl.  2,519; 

ir  rätmf  jjor  gar  äne  sin, 

sara  der  vischet  vor  dorn  bt'r, 

weit  ir  Tolgen  miiier  lör?    4,77; 

der  Tischet  vor  dem  peren.    flnizl.  tK9'; 
nhd.  darumb  acht  ichs,  es  sei  vor  dem  garn  gefischt.  Luther 
6, 3'.    br.  3, 5G2 ;    das    hiesze    freilich    recht  für  dem  harnen 
fischen  nnd  gewalt  für  recht  gebraucht,  br.  3,  321 ;  da  mügen 
wir  wol  ziisehn,  sonst  fisclicn  wir  für  dein  hamen.  Itsclir.  22s'. 

4)  oft  will  man  tischen  und  krebst.  Wiei.ands /iwac/wj/c«.  5. 
Stieler  487.  austern,  perlen,  nach  austern,  nach  perlen, 
korallen  fischen: 

um  perlen  in  die  höh 
zu  fischen.     Gokitcgk  2,90; 
nach  flöhen  fischen,  flöhe  suchen: 

auch  sol  junkfraw,  maid  oder  fraw 
nach  keinem  Hoch  hinunter  fischen. 

tischzucht  in  meixterl.  23  n'  212; 
thut  am  tisch  nach  den  flöhen  nschen.    H.  Sachs  1,510'; 
umb  die  weiber  und  meid 
hals  auch  ein  andern  bscheid, 
müssen  laiiksam  aufstehn, 
üotiet,  unlustig  pehn 
und  nach  den  Hohen  fischen.     1,  533'. 

5)  liebammen  fischen  {krebsen)  kiiider,  wie  man  vortpid,  dasz 
funge  kinder  atis  brunnen  geholt  werden :  die  hebamine,  eine 
von  denen  erfahrneslen,  sagte:  Jungfrau,  hier  werden  wir  ein 
kind  fischen,  man  musz  das  bette  zurechle  machen.  Ettners 
hebamme  "03. 

6)  Damis  will  Julianen  nicht,  vielleicht  fischt  sie  {acc.)  Valer. 
Lessinc  I.  300. 

7)  fischen  in  der  schusseln.  Keisersr.  flarren.?c/t.  50';  fische 
mir  noch  ein  klöszchen  aus  der  suppe;  es  ist  da  nichts 
mehr  zu  fischen,  rari  nantes  in  quryite  rasto ; 

einen  troslspruch  aus  der  schrift  hatte  Rosa  ihr  erwischet, 
dasz  man  dort  mit  .\l)raham,  Isac,  Jacob  ewig  tischet, 
freuet  sich  auf  beszre  speisen,  als  man  hier  erjagt  und  fischet. 
LoGAi;  3,  2J5,  14<l. 

8)  Wörter  ans  einem  buch  fischen ;  feuchfohrigc  hüben 
fischen  phrases  aus  der  schlacht  bei  Cannac  nnd  greinen 
über  die  siege  des  Scipio,  weil  sie  sie  exponieren  müssen. 
ScHiiLER  lOO';  aus  dieser  allen  sage  tnusz  es  Mahumcd,  wie 
er  pfieget,  gefischet  haben,  furs.  roseuth.  . . . 

9)  die  Stauden,  in  den  Stauden  fischen,  im  icald  streifen, 
raukcn. 

lu)  da  hat  sich  was  makein  lassen,  da  hat  sich  was  fischen 
lassen.  Schiijxr  192';  wozu?  um  geld  zu  fischen,  gcld. 
Lessinc  2,  269 ;  um  etwas  von  mir  zu  fischen.  J.  P.  aeslh.  3, 154. 

II)  fischen,  vagari,  effugcre,  himchchcn,  hinschlüpfen: 

und  fisch  auch  nil  vil  ein  und  aus, 

sonder  bleib  stets  hei  mir  im  haus.    II.  .Sachs  III.  2,  174"; 
(ie  {die  tögel)  fischen  in  der  Infi  gesichert  hin  und  her. 

Opitz  2,  2S4. 
j.  abfischen,  auffischen,  ausfischen,  befischen,   diirchGschcn, 
erfischen,  nachfischen,  umfischcn. 

FISCHENZ,  f.  piscina,  jus  i^candi:  am  andern  teil  des 
Zuger  sees  hat  das  gottshns  die  vischenz  am  Wipfling  halb. 
Tscncoi  1,15;  in  stillstehenden  wassern  als  seen,  wcihcrn, 
fischanzen  und  graben.  Sebiz  563 :  hocbflug,  fischenzen  und 
wildbann.  Jon.  MCi-LEr  4,17.  vgl.  Sqm.  1,  572.  Stai.der  1,372. 
FISCHENZEN,  1)  in  piscem  desinerc:  fischcnzcnde  meer- 
wunder. Pbaetoriüs  veltb.  1,  387. 
2)  piscem  olerc.    Schmei.i.er  1,  573. 

FISCHER,  m.  piscator,  einfacher  ist  das  golh.  fiskja,  wofür 
doch  ahd.  nicht  mehr  fisco,  sondern  fiscAii  oder  fiscari,  ni/i(/. 
vischa-re  l'arz.  225, 13.  226,  20  und  vischer  226,  1 ;  nhd.  nur 
fischer:  und  die  fischer  werden  Irauren  und  alle  die  so  angcl 
ins  Wasser  werfen  werden  klagen,  und  die  so  nclzc  auswer- 
fen auf.s  wasscr,  werden  betrübt  sein.  tÄ.  19,  8 ;  und  sähe 
jwei  «chif  am  see  stehen,  die  fischer  aber  waren  ausgetre- 
ten und  wuschen  irc  nelzc  (golh.  jah  gasahv  Iva  skipa  slon- 
dandöna  al  |iamrna  saiva,  i|i  fiskjans  afgaggandans  uf  im 
tutivubun  naija).  Luc.  b,  2 ; 

dai  wa««iT  raUDCht,  das  wanKor  schwoll, 
ein  n»cher  «asi  daran.    GAthi  I,1S5; 
flucht  an  deinem  strande 

der  llücher  nur,  kein  dichter  ((Ifick?    GAkIück  3,  177. 
M   einigen    orim   hetazl    grüner  und  gei«alzner  fischer  der  n^ 
frischen  und  gesalznen  fischen  handelt. 
FISCHERAMT,  n.  fitcherinnun^j. 


FISCHERBARKE,  /.  ci/mba  pi<!catoria: 

die  rhede  ruht,  von  braiinun  tischerbarken 
und  nachen  übersät.     Salis  43. 

FISCHERBEERE,  m.  was  fischbeere:  alle  philosopbi  haben 
gedacht,  niercurius  und  sulphur  sei  ein  mutler  aller  metallen, 
aber  des  drillen  haben  sie  nicht  gedacht,  noch  ir  keiner 
den  fischerpern  in  die  band  genommen,  das  im  wasser  lig 
und  sei  ein  inuller  aller  metallen.  Faracelsüs  1,934*. 

FISCHER ROOT,  n.   cymha  piscaloria. 

FISCHERDORF,  n.  viciis  piscalorum. 

FISCHEREI,  /".  piscalura,  vischrei  inscalrina.  roc.  1482  kk5'; 
das  gut  hat  starke  fischerei;  so  haben  wir  gottlob  einen 
solchen  löblichen  landesfürsten ,  der  züciilig  nnd  ehrlich, 
aller  unzucht  und  Untugend  feind  ist,  dazu  ein  schwere  band 
hat,  mit  dem  schwelt  gewapnel,  das  er  seinen  speck  und 
fischerei,  dazu  die  ganze  stadl  wol  wird  wissen  zu  reinigen, 
darumb  ralh  ich  euch  speckstudenlen,  das  ir  bei  zeit  euch 
trcdlet.    Luthers  br.  5,  501. 

FISCHEREIGERECHTSAME,  f  jus  pi.tcandi. 

FISCIIERERBE,  n.  jiincalura  hcreditaria. 

FISCIIERFALK,  m.  falro  piscator. 

FISCHERFELD,  n.    oberhausische  fischerfeld.  Garg.  02". 

FISCHERFÜLLT,  piscibus  abundans. 

FISCHERCiARN,  n.  relc  piscalorium. 

FISCHERGEDICHT,  n.  carmea  piscatorium :  Bronners  fischer- 
gedichte. 

FISCHERGER,  m.  tridens  jAscatims:  mm  fischen  praiicliet 
man  die  üschergeren  oder  tristachel.  Sebiz  563 ;  schosz  die 
fischergere,  die  tridcntcn.  Garg.  179'.  fischergere,  fuscina. 
Maaler   136*. 

FISCnp^RGER.\TIL  n.  instrumenta  piscatoria. 

FISCHERGEWERRE,  n.    Sams  91. 

FiSCHERGRANSEN,  m.  piscinac  loculalae.  Maaler  136*. 

FISCHERHANDWERK,  n.  ßscltergewerbe. 

FISCIIERHAUS,  n.  domus  piscatoris. 

FISCHERHIMMEL,  m.  caelum  pkcatorum:  weil  nun  viel 
ehrlicher  Iculc  unter  euch,  auch  wol  unter  denjenigen  sind, 
welche  in  sanimet  und  seiileii  gekleidet  gehen,  welche  gern 
in  den  einfältigen  fischcrhimmel  wollen,  darin  der  alte  fischer 
Zcbedaeus  mit  seinen  söhnen  Jacobo  und  Johanne  sitzt. 
ScnLPi'Tcs  bei  Wackernagel  3,  703. 

FISCHERHÜTTE,  f.  casa  pbcatoris,  ärmliche  hülte. 

FISCHERIN,  /".  piscatnx:  die  frau,  wiewol  sie  nur  eine 
fisclierin  war,  halle  lieber  federhansen  als  prediger  {zu  sühnen) 
gehabt.  Oriio  t350. 

FISCHERINNLNG,  f.  corpus  piscatorum. 

FISCHERKAH.N,  ni.  cymha  piscatoris: 
es  kommt  kein  flscherkahn  zu  uns  herüber.    Scitillkr  519'. 

FISCHERKAR l'FE,  m.,  der  beim  teichausfischen  dem  fischer 
gebührt. 

FISCHERKITTEL,  m. 
lasz  mir  den  llscherkittel,  den  trutzigen.    MöRm  Marl.  53. 

FISCHERKNARE,  m.  also  der  buler,  so  er  niemans  war 
niinpt,  so  wenl  er  man  sehe  in  auch  nit,  so  es  doch  so 
offenbar  ist,  das  es  die  fischerknahen  uf  den  kühlen  scblahen. 
Keisersderc  wellt,  lewc  55',  siehe  kiibcl.  lischerknabe  bat 
ScMII.IER   51«'.  539'.    GörnE  3,  34. 

FISCHERKNECHT,  m.  aber  die  flscherknechte  hatten  die 
freiheif  einen  miticlfisch  zu  zerhauen.  Hennebercer  pr.  land- 
tafcl  417. 

FISCHERKOLRE,  m.  fuscina:  vischerkolb  oder  krewi.  voe. 
I4S2  kk5*. 

FISCHERLEIN.  n.  ein  armer  fischer. 

FISCIIKRLIKI).  fi.    Salis  01—95. 

FISCIIKRMÄDCHEN,  n. 

FISCH  ER  MEISTER,  m.  milglied  dir  fischerinnung. 

FISCHERNETZ.  n.  rete  piscalorium.  Schaue.«?/,  m.  po.««/.  2, 46. 

FISCHERPLAITE,  f  ciiller  piscatoris:  womit  hieb  Petnis 
dem  Malchus  das  ohr  ab?  war  es  ein  schwer! ?  nein  es  war 
kein  schwelt,  war  es  dann  ein  nsrherplaiilen?  ja  die  war 
es,  mil  einer  fi<cherplaMleu  hiebe  er  dem  knerhl  das  ohr 
ab,  dann  s,\nct  l'eler  war  ein  4lscher.  dniiub  trug  er  auch 
der  vorgeuanlen  wehr  keine,  sondern  ein  flschrrplaulen. 
KiRCHMor  wendiinm.  4li'.     s.  fischblolz.  fischcrsploli. 

FISCIlERRErSE,  f.  nas.<a  iiisratoria,  Uschcrreuschen  Maai.eii 
136*: 

h.'indel  -ind  wie  fischrrreuson,  lelchtlirV.  i     -:  ^-n  dreia, 
leichilich  wieder  ruus  tu  kummen  kau  -flu. 


1685     FISCHERRING  — FISCIIGESCHLECHT 


FISCHGRAT—  FISCHKIEFER 


1686 


FISCHERRl.NG,  m.  piscaioris  annulus,  Siegelring  des  poisfa.' 

des  bonzen  fischerring  wird  ein  gemeiner  stein, 
als  Splitter  nur  berülimt  verlorner  Ivönste  sein. 
TuiJaaEL  4,  löü; 
in  einem  bei  sancl  Peter  am  14  merz  1519  unter  dem  fischer- 
ring   ausgestellten    schreiben    ermächtigt  Leo  X    den    künig, 
für    den    fall    dasz   er    durch    stimme    und    mitwirkung    des 
churfürsten    von  Mainz   zum  kaiserlhum  gelange,    demselben 
die    würde    eines    legalen    in    Deutschland    zu    versprechen. 
Ra?>ke  reform.  1.  303. 

FISCHERROHR.  n.  arundo  piscaloria,  eine  pflanze. 

FlSCHERRl'THE.  f.  arundo  fiisialoria,  ein  gerdlh  des  fischers. 

FISCHERSCHIF,  n.  navis  piicaioria,  vischerschif  oder  waid- 
ling,  tragum.  roc.  14S2,  kk  ö'. 

FISCHERSCHLAG,  m.  imminutio  pretii,  absddag,  vie  ihn  sich 
fischer  gefallen  lassen: 

man  kan  ietz  nüt  verkoufen  ine, 

man  hab  dan  got  geschworen  ee, 

und  so  man  lang  schwört,  in  und  usz, 

so  wirt  ein  vischerschlag  dann  driisz.    Brant  48,84; 

ob  er  das  iiit  geben  nil, 

du  merkest  pald  hin  und  her, 

so  schlach  ab  als  ain  risclier, 

der  peut  umb  zwaiuzig  und  gibt  umb  vier.    Ilälzlerin  308,90. 

FISCHERSCHNLR,  f.  linea  jnscaloria. 
FlSCHERSPLdTZ.  n.   culler  jiscaloris,   vgl.  fischblotz  2,152 
und   oben    unter   fischerplaute    die  stelle  Kibchhofs,    fcelche  bei 
Sa-NDRCB  n*  35  5.69  so  gereimt  tcird: 

fragt,  wars  ein  Schweizerdegen?  'nein'. 

wirds  ein  rentling  gewesen  sein? 

'o  nein',  war  solches  dann  ein  schwert? 

'nein  dessen  hat  er  nit  begert'. 

wars  ein  cardelasi?  "aiiwe  nein', 

ein  sebel  wirds  gewesen  sein? 

'auch  nit'.   ein  karrenmesser?  'nein'. 

was  denn?  'wils  euch  berichten  fein, 

ein  fischersplotz  sanct  Peter  trug, 

da  er  Malcho  sein  ehr  abschlug', 

FISCHERST.\NGE.  f.  contus  piscatorius. 

FISCHERSTECHEN,  n.  ein  spiel  der  fischer  auf  dem  u-asser. 

FISCHERVOGEL,  m.  stcrna  hirundo,  uasserschKalbe. 

FISCHER  WEIDE,  f  salix  viminalis. 

FISCHERZLNFT,  /.  fischerinnung. 

FISCHESSER,  tn.  ichlhyophagus,  unter  den  wilden  und  rohen 
Völkern  sind  viele  fischesser. 

FISCHETE.  f.  vas  tischenz:  wirt  zu  Straszburg  in  einer 
fischelen  oder  weier  behalten.  Forer  1S4'.  St.m.üer  1, 372. 
fischelze  Pfeifers  Cerni.  4, 55. 56.  das  ahd.  fiskizzi,  n.  ist 
aber  piscatura,  nicht  fiscina. 

FISCHFANG,  »i.  piscatura. 

FISCHFÄNGER,  m.  ij  piscator.  2)  piscidia,  ein  pflanzen- 
geschleclil. 

FISCHFASZ,  n.  fasz  mit  wcUem  Spundloch,  das  zum  fischbe- 
hilter  dient. 

FISCHFEDER,  f.  pinna,  flösse,  floszfeder.  s.  fcder  1.  b  und  flosz. 

FISCHFRESSER,  m.  vas  fischesser. 

FISCHFROSCH,  m.  rana  paradoxa. 

FISCHGAREL,  f.  melirzinkiges  eisen  zum  stechen  der  fische, 
rgl.  fischerger. 

FISCHGALLE,  f.  fei  piscis 

FISCHGALLERTE,  f.  gelalina  jnscium,  aus  gekochten  fischen. 
FiscuART  schreibt  tischgalrei :  darnach  wäscht  er  seine  händ 
mit  frischem  wein,  siewret  oder  grübelt  in  zänen  mit  eim 
kalten  kalbsfusz,  mit  schweinenkloen  aus  der  ßschgalrei  inu 
essig  gedünkt.  Garg.  163'. 

FISCHGARN,  n.  rele.  vischgarn  oder  watt  oder  tuggarn, 
tragum,  traga.  roc.  14S2  kk  5' ;  w  erd  im  meer,  darauf  man  die 
fischgarn  aufspannet.  Ez.  2t;.  5. 

FISCHGEBACK,  n.  auch  FISCHGEBACKNES,  crustula  frixa 
e  piscibus. 

FISCHGEHALTER,  m.  fischl,alter,  fischkalter. 

FISCHGEIER,  m.  falco  rufus,  fischadler. 

FISCHGELEICH.  m.  fdusjiscium,  fischleich:  damit  die  jungen 
fischgelaich  oder  brüt  in  wassern  desto  besser  ufkommen. 
fischordnung  des  landgr.  Georg  ron  Hessen  1642. 

FISCHGERIPPE,  n.  sceleius  piscis: 
von  oben  weib  und  unten  fiscbgcrippe.  REckut  ge$.  gcd.  1, 158. 

FISCHGESCHLECHT,  n.  genus  piscium: 

bald  aber  hungert  ihn  (den  rcitjer)  und  nun  sieht  er  sieb  um 
nach  karpen  oder  hecht, 

allein  verscbwundeo  ist  das  ganze  liscligeschlecht. 
Ci.KUi  fabeln  2, 61. 


FISCHGRAT,  m.  spina  piscis,  mhd.  grät;  viscbgrat,  ossa, 
grado.  roc.  14S2  kkö'. 

FISCHGRÄTE,  f  dasselbe,  nach  der  heute  üblichen  form. 

FISCHGRÄTIG,  spinosus: 

ich  hab  ench  erkannt  beim  ersten  blick 
an  euren  fischgrätigen  zabneo.    Reime. 

FISCHGRIBE,  f  piscina.  wc.  14S2  kk s'.  weier,  see,  Tisch- 
grübe.  Aleb.  vox  Eybe  46*;  man  sihet  auch  noch  zu  Rom, 
wie  er  ein  fischgrube  habe  angefangen,  von  dem  berge  Museno 
an  bis  an  den  see  Averuum  reichende.  Pelr.  86*. 

FISCHGURRE,  f.  cobiiis  fosstlis,  sonst  biszgurre,  beiszker 
(1,  1403). 

FISCHHÄHER,  m.  corvus  piscator,  ardea. 

FISCHHAKE.N.  m.  ames  piscatorius. 

FISCHHÄKLEIN.  n.  sihe,  es  kompt  die  zeit  über  euch, 
das  man  euch  wird  eraus  rücken  mit  angeln  und  ewer  nach- 
komen  mit  ßschhecklin.  Arnos  4,  2,  wo  die  rulg.  abucichend  et 
levahunt  vos  in  contis  et  reliqnias  vestras  in  ollis  ferventibus. 

FISCHHALTER,  FISCHHÄLTER,  m.  pscina:  sie  giengen 
um  den  ganzen  meierhof  herum  und  Elbenslein  bewunderte 
dessen  schone  läge  wegen  der  quellen,  bäche  und  fischhäller. 
«(T<7.  d.  liebe  373 ;  Plinius  erzählet,  dasz  in  den  groszen  fisch- 
haltern  Domitians  einige  fische  besonders  kamen,  wann  sie 
bei  den  ihnen  beigelegten  namen  gerufen  wurden.  Weisze 
kinderfr.  11.  59 ;  wenn  er  sähe,  dasz  in  unsern  nonnenfisch- 
hältern  alles  voll  probecomödie  ist.  J.  P.  papierdr.  2,  92. 

FISCHHA.ME,  «i.  sagena,  funda  pufc^itoria:  den  man  fflr- 
setzet,  wenn  man  in  einem  bach  wil  fisch  fangen,  der 
störer,  damit  man  die  fisch  in  hamen  jaget.  Lctiiehs  tischr.  330'. 

FISCHHANDEL.  »i.  celaria. 

FISCHHÄNDLER,  m.  cclarius. 

FISCHHAUEN,  n.  es  soll  auch  hinfort  das  nachtleuchten, 
fischbavven  und  das  stechen  mit  den  eisen,  desgleichen  das 
treiben  und  jagen  der  fische  aus  den  wögen  (wägen)  und 
aus  den  staden  auf  die  klänge  verboten  sein,  landgr.  Geobgs 
fischordn.  von  1642. 

FISCHHAUS,  n.  domus  prope  ad  pisänam,  vofa'n  man  geht 
fische  zu  esseri.  « 

FISCHH.\UT,  f.  exuriae  piscis,  r^.  oben  1496, 3 ;  im  aUer- 
tkum  für  klcider: 

von  fremder  Tische  hiuten  bezoc  wol  getan.    Nib.  354,1; 

von  Tisches  hiute  truoger  an 

ein  surköt  und  ein  b6nit.    Parz.  570,  2. 

FISCHHERR,  m.   aufsichler  über  die  fischerei. 
FISCHHÖKER,  m.  prvpola  piscium :  ein  ehrlicher  fischhöker 
aus  Brentford.  STt;BZ  2, 373. 

FISCHHOLZ.  n.  ligna  coquendis  piscibus  minulatim  seda: 

flugs  thue  dich  packen 

uud  tbue  mir  dieweil  flscbholz  hacken! 

comedi  vom  Peter  Trink.  1628  BS; 

du  must  geschwind  die  kanne  Schmerlen  sieden. 

'ja,  ja,  madam,  ich  bins  zufrieden'. 

Dorinde  geht  zurück,   die  magd  durchsucht  das  baiu, 

zum  sieden  hartes  bolz  zu  linden. 

'madam,  ach  lassen  sie  sicbs  klagen, 

es  ist  kein  hartes  fischholz  da, 

soll  ich  das  bild  herunter  tragen, 

es  ist  hart  holz,  und  es  zerschlagen?' 

das  bild?  uein.  nein.  —  doch  thus  nur,  ja, 

was  brauchst  du  mich  denn  erst  zu  fragen?    Gellert  1,267. 

bei  Ayrer  fasln.  54*: 

Trau,  wenn  ich  schon  die  flsch  bekem, 

musz  ich  auch  wissen  das, 

wo  ich  doch  das  holz  darzu  nem, 

unser  holz  ist  alles  uasz, 

so  grün  als  wie  ein  gras'. 

geh  bring  die  flsch  und  etwas  guts, 

so  wolln  zerhauen  wir 

den  hülzen  Ilansn,  der  ist  nicht  nutz, 

dann  das  man  (man  ilin)  unterschir  (unterschür), 

ich  bhalt  den  lebntigen  mir. 

FISCHIG,  piscem  olens,  pisce  squalidus: 

swaz  da  was  spise  für  getragen, 

bcliben  si  da  nach  ungetwagen, 

das  enschadet  in  an  den  ougen  niht, 

als  man  fischegen  banden  gibt.    Parz.  487,4; 

die  fischig  riechenden  netze.  Armx  fronen».  1, 415. 

FISCHKÄFER,  m.  dytiscus. 

FISCHKALTER.  m.  =  fischgehalter,  fischbehdlter.  Stieler  741. 

FISCHKASTE,  m.  pisana  lignea,  fischfasz,  fischhälter:  dasz  sie 
nur  alle  wie  sie  sind  in  die  fischkasten  kommen.  GötbeU, 98. 

FISCH  KELLE,  f.  cochlear  piscarium. 

FISCHKESSEL,  m.  ahenum  piscarium. 

FISCHKIEFER,  m. 

106* 


1687 


FISCHKIEME  —  FISCHPINSEL 


FISGIIR  AFFE  L  —  FISCIITIEGEL 


1688 


FISCHKIEME,  f.  nnl.  visclikieuw,  brnnchiae,  fischohr. 

FISCHKNABE,  ni.  ein  kleiner  fischknabe  scbwimmt  mutbig 
voraus.  Göthe  39,  28S. 

FISCHKNOCHE,  m.  fischbein:  ibre  angeln  sind  von  fistb- 
knocben.  fers,  reiseb.  3,  4. 

FlSCHKOril,  m.  coquus  pisäum. 

FISCHKÖDER,  m.  esca  piscaria. 

FISCHKOKB,  «I.  reuse.  viscbkorb,  gurgtistium.   roc.  1482,  kk  5'. 

FISCHKf{.\M.  «1.  ßschhandel. 

FISCHKKAMER,  «i.  fischhdndlcr. 

FISCHKRAUT,  n.  brauuwtirz. 

FISCHKLMMEL,  m.  carvnt  carvi,  wiesenkünnticl. 

FISCHKLNDE,  f.  nutitia  pUcium. 

FISCIILAKE,  f.  mttria:  wie  man  kupferne  ticgel  mit  fiscb- 
iakcn   und   salz   ausreibet  oder  hell  und  klar  machet.   Ma- 

THESIUS    14'. 

FISCHLEICH,  tn.  sjxrma  {nscium. 

FISCHLEIM,  m.  ichlhyocolla.  fiscbleim,  ein  gumnii,  sar- 
cocolla,  gluten  carnis,  giimnii  eines  dornecbten  baunis, 
gleichet  dem  weiszen  weiraucb,  rötlecbl  und  fast  bitter. 
LoMCEnns  kreuUrb.  376'. 

FISCIILEIMFIRMS,  m.    Kmnger  11,188. 

FISCHLEIN,  n.   piscicuhts:   und    hatten  ein  wenig  fiscblin 
(r«/(/.   pisciculos   paucos,   golh.   fiskans    favans).    Marc.  8, 7 ; 
fisciilin,  hast  auch  ein  röglin?  Garg.  162*; 
ach  wüstest  du,  wies  fisctilein  ist  - 
so  wolig  auf  dem  grund.    Götue  1,1S5. 

fiscblein   heiszen   auch  spdllchcn  von  rohen  Äpfeln,   mü  dünnem 
leig  überzogen  und  in  schmalz  gebaclicn.  Schm.  1, 573. 
FISCHLOCH.  n.  «■«;  fiscbgrube. 
FISCIILÖFFEL,  m.  tcic  fiscbkelle. 
FISCHMAN.N,  tn.  piscinarius.  Maaler  136*. 
FISCHMARKT,  m.  forum  piscarinm:  mit  dem  herzen  bistu 
uf  dem  fiscbmarkt.   Keisersberg  büger  205". 

FISCH  MAUL,  n.  \)  nerita  albicilla,  einevmschel,  a«cA  ocbsen- 
gaume  genannt. 

2)  nach  fischen  lecker,   gebildet  trie  fleischmaul,    leckermaiii. 
FISCH  MEISTER,    m.    der   über   grosze   ßschercien  gesetzt  ist: 
auf  der  Scbarpau  ist  gewesen  in  seinen  jungen  jaren  brudcr 
Wilhelm  von  Tockelfeid  fiscbmeisler.    Henneberger  417. 

FISCHMEISTEREI,  f.  das  unter  die  bofkeilerei,  Schläch- 
terei, fiscbmcisterei,  kasteilanei  und  dienerei  vertheilte  trefifen. 
J.  P.  Hesp.  2,  42. 

FISCHMELDE,  f.  chenopodium  polyspemium. 
FISCHMENGER,  «i.  piscarius,  pisäum  venditor,  engl,  fish- 
monger  {vgl.  eisenmengcr):  'du  gebest  {d.  i.  gäbest)  einen 
guten  fischmenger',  also  spricht  man  zu  Coin,  so  einem  die 
Viftnd  zittern,  dann  die  dar  fisch  verkaufen,  zittern  trüglich 
mit  der  band.  Frank  sprichu».  2,18*; 

das  alte  klapt,  das  newc  klingt, 

das  all  nichts  taug,  das  new  tust  bringt. 

disz  Sprichwort  man  auch  den  mag  sagen, 

die  faule  flscli  zum  marii  tliun  tragen, 

die  ror  zween  tagen  gsturben  sind, 

unter  die  fritscheii  mengen  gschwind, 

gebens  hin  mit  zittrcnden  lienden, 

damit  die  leui  triegen  und  lilenden  .  .  . 

demnacli  hat  dieses  Sprichwort  stal 

bei  dem  der  zitircnde  hende  hat, 

demsclhigeei  mau  saften  ihut, 

er  wer  zu  eint  lischtuenger  gut.    Etering  1,263. 

FISCHMILCH,  f.  Sperma  pisäum  lacteum,  vischmilich  laäes. 
roc.  1482  kk.V. 

FISCH.MINZE,  /■.  mcnlha  aqualica :  bachmünz,  fischmünz, 
wassermünz.  Loxicerl's  kreuterb.  144'. 

FISCHMONAT,  m.  im  bornung,  fischmonat  wird  die  sonn 
dreier  stund  spftter  niedergehen.  Fischart  groszm.  09. 

FISCHM^lNCH.  m.  praemonsiralenfis.  Schmeller  1,  573. 

FISCHMCSCHEL,  f.  oüra.    roc.  1482  kks'. 

FISCHNETZ,  n.  vie  flscbernetz,  rete.     vgl.  netz. 

FISCHOHR,  n.  kieme,  eine  der  vier  Ofnungen,  branchiae,  t« 
ßony/tit,  wodurch  die  fisciw  alhmen. 
""FISCHÖL,  n.  fiffhllnan. 

FISCHttRIlNIiNG,  f. 

FISt'HOTTER,  f.  lutra,  aber  auch,  gleich  dem  einfachen  olter 
vutnnlieh:  h.ltte  ich  triebe,  und  ktimc  mir  der  fischotter  hin- 
ein, %o  hatte  ich  auch  drei  oder  vier  jähr  umsonst  gchuft. 
WKittK  erzn.  (»4. 

FISCHI'FANNE,  /.  tum  $uden  der  fische. 

FISCH i'INSEL,  m.  aiu  fitdulkrkattren,  (üto  fisehoUerjiintel, 
äne  untauffciuk  küriung. 


FISCHRAFFEL,  /".  sackförmiges  netz,  ein  ungewöhnliches  wort. 
FISCH RATH,  m.  cun.-<ilium  de  pisce  capto: 
der  prusten  punsi  und  hasi 
und  rntlisclhatier  Mick  macht  auch  vertraute  blnsz 
und  killte  redncr  stumm,  wie  iiiclit  blosi  die  erluhrep 
die  beim  Üomitiaii  in  seinem  lischrath  waren. 

IIagkookn  1,36, 
vgl.  Jui'cnals  vierte  snlyre. 

FISCHREICH,  piscosus:  datbei  ein  schöns  lusligs  und  gar 
fischreiches  wasscr  bintlü.-;z.  Aimon  |3'; 

nlleiitliulb  wo  einer  liiiischaiict, 

sieht  er  die  sclihnsien  weitsten  wiesen, 

d.-irin  visclireiche  peclilein  dieszen.    Atrer  353*. 

FISCHREIHER,  REIGER,  ni.  ardea  cinerea. 

FISCHREUSE,  f  nassa,  vischrewse  oder  korbJein,  do  mit 
mau  die  visch  fahet,  fiscella.  iw.  ll'-i  kkö';  kanstu  das  net/e 
füllen  mit  seiner  haut  und  die  Itsrhreiiscn  mit  seinem  köpf? 
//to6  40,  26 ;  bald  flochten  wir  korbe  oder  üschreusen  oder 
machten  brennholz.  Simpl.  K.  80;  ein  fischreuse  für  sein 
plattiertes  glatteisherz.  J.  P.  jubcls.  42.     s.  das  einfaciie  reuse. 

FISCHREÜSLIN,  n.  dammb  stehet  Job  am  41,  das  des 
dracben  heubt  soll  komen  in  ein  kieins  fischreuslein.  Lutueb 
1,  97". 

FISCHRIEME,  n».  fasciola  intestinalü. 

FISCHROGEN,  m.  ova  piscium,  ahd.  rogan. 

FISCHROGENFRESSER,  m. 

herein  komm  auch  kein  listfuchs,  heiichler,  Schmeichler, 
kein  flschrogenlresser,  harzhaubzichisch  amtleut.    Garg.  270». 

vgl.  'mine  pfalTen  die  suln  rogol  t-äjen'  in  Lacdüanns  Wallhcr 
s.  161  und  oben  fischlein. 

FISCHSACK,  m.  der  flscher  nebst  dem  gartner  und  grahe- 
knecht  flickten  ohnweit  dem  teiche  die  netze  und  fischsäcke 
aus.  Lcipz.  avant.  1, 32. 

FISCHSÄCKLEIN,  n.  ihr  ftschsecklein  blaw  und  weisz  ein- 
gctheilt.  Garg.  71*. 

FISCHSALZWASSER,  n.  toas  fiscblake.  voc.  1482,  kki'. 

FISCHSATZ,  m.  fetus  piscium,  junge  brut. 

FISCHSCHIEFER,  m.  schiefer,  worin  fische  abgedrückt  sind. 

FI'^CHSCIIIF,  n.  navis  pisccUoria. 

FISCIISCHM.\LZ.  n.  thran  oder,  wie  es  an  etlichen  enden 
gencnnel,  sablfelt.  Kiucuuof  disc.  mil.  38.    Stalder  I,  37t. 

ITSCHSCHCPPE, /".  squama,  roc.  14S2  kkö';  halten  so  dicht 
zusamen  wie  die  fiscbschupen.  Dccimator  gewissensteufcl  a  4". 
s.  schuppe. 

FISCHSCHWANZ,  n».  cauda  piscis.  figürlich:  du  bewegtest 
deinen  fischschwanz  (die  vernunß)  und  schriebest  dir  damit 
eine  rechtJüufige  bahn  durch  die  wogen  vor.  J.  P.  Fixl.  171. 
auch  phalaena  prnni  heiszt  fischschwanz. 

FISCHSCIIWIELE,  f.   mergelstück  mit  abdrücken  von  fischen. 

FISCIISOLE,  f  was  fiscblake,  wie  man  sole  für  aqua  salsa 
braucht,  voc.  14S2  kks'  schreibt  vischsul. 

FISCHSPEISE,  /".  1)  edulium  pisäum,  speise  der  fisdie,  zu- 
mal von  ins  wasser  gcworfnen  Icicfien  {vgl.  fisch  9):  fischspeis, 
fündling,  auswirfling.  Garg.  63". 

2)  äbus  c  pisce  paratus.  die  kircbe  fordert  für  den  freitag 
fisciispeise. 

FISCHSTEIN,  m.  ichthyolithus,  wie  fischschiefer. 

FISCHTAG,  m.    1)  der  tag,  an  welcliem  gefischt, 

2)  der,  an  welchem  fisch  gegessen  wird. 

hier  ein  beleg  für  jenes:  es  sollen  denen  unterthanen  die 
zwcn  tage,  neuilich  dinstag  und  freilag  fischtag,  mit  dem 
hanien  zu  fischen  gelassen  werden,  und  weil  es  herkoinmens 
mil  der  angel  des  tages  zu  fischen,  wann  sie  wollen,  auszer- 
balb  fiscbtag,  soll  es  auch  sein  Verbleibens  haben,  ingleicbeu 
wann  die  fischlage  sein.  Carber  inärkergedingsactcn  von  1690. 
vom  faütag  aber  gelten  folgende:  fleisch  zu  essen  auf  einen 
fischtag.  Luther  3,63*;  das  verbot  der  speisen  belangend, 
da  man  aus  Werktagen  und  Sonntagen  hat  fischtag  und  fleiscb- 
tag  gemacht,  bienenk.  14C'. 

FISCHTEK-H,  tn.  jnsäna.  man  untersciieidet  slreicblcichc, 
leichteicbe,  satzteiche,  streckleiche. 

FISCHTHRAN,  m.  adeps  jiisnum.  änige  schräben  drain,  an- 
dere im  ;>/.  tlirenen:  wie  die  Prctiszen  ir  fellwerk  mit  fisch- 
drain  und  die  scbusler  mit  srbuier  durcharboilen.  Matiiesiis 
57' =  1562,  so';  fischtbrenen  seu  oleum  balacnarum.  IIohukiio 
2, 184'.     f.  thran. 

FISCHTIEGEL,  m.  fisrhpfanne  mil  ßsxen:  gut  lauter  honig 
ein  pfund.  das  thne  in  einen  fischliegel  oder  bcfiucme  pfann« 
und   lasz   sieden.    IIahtisco  augcndunsl  00;    wenn    eiu   kind 


1689 


FISCHTOPF  —  FISCHZüNGE 


FISEL  — FISLACH 


1690 


I 


zum  erstenmal  das  freisig  hat,  soll  man  ihm  einen  ererbten 
fiscütiegel  über  den  köpf  decken.  roctoipAi/.  6,  93.  Stieler  287. 

FISCHTOPF,  n».  durcMOcherler  topf,  vorin  vmn  kleine  fische 
lebendig  erhält. 

FISCHTKAGEND,  pisces  ferens:  disz  land  ist  fischreich  aus 
vile  der  (Iscbtragenden  wasser.  FRÄ^K    trellb.  49. 

FISCHTRAMPE,  f.  slanyc,   um  fische  in  das  netz  zu  treiben. 

FISCHTKAUBE,  f.  eine  traubenart  mit  kleinen,  gelben,  süssen 
beeren. 

FISCHTREIBER,  m.  anas  Iradoma,  tulpanser,  fuchsgans. 

FISCHTROG,  m.  alreus  piscarius :  auf  ein  zeit  het  er  ein 
guten  aal  in  dem  fischtrog  laufen,  seh.  und  ernst  1522,  6. 
1555,356;  buch  d.  liebe  2S6, 1;  hatte  sie  aus  ihres  herm  fisch- 
troge  das  schönste  und  grüszte  schock  krebse  ausgelesen. 
pol.  stocJif.  9«. 

FISCHTRL'.NK,  m.  polus  pisdum,  aqua. 

wer  zum  tiscbtrunk  fischtruiik  niinrat, 

selten  dem  die  Tuszgicht  kümint.    Logau  3,234,90. 

FISCHTUNRE.  f.  fischbrühe. 

FISCHUNG.  f.  piscalio:  da  ein  fürnemme  fiscbung  der 
corallen  ist.  Fha>k  tcellb.  is';  zu  Zeiten  etliche  Italiener  bei 
solcher  fiscbung  gewesen.    Fober  61*. 

FISCHVERKÄUFER,  m.  piscarius,  fischliändler,  fischmenger, 

FISCHWAAKE,  f.  pisces  renales. 

FISCHWAGE,  /.  libra  piscaria:  dasz  ein  karpfe  von  vier 
pfund  mehr  wiege  auf  der  fiscbwage  der  Zufriedenheit,  als 
die  goldiieu  fiscbgräten  im  rothen  felde  des  wappens  des 
grafen  von  Windischgrätz.  J.  P.  Hesp.  3,50;  nachdem  Walt 
aus  der  durchlöcherten  fischwage  des  esamens  blöde  und 
stumm  gestiegen  war.  fiegelj.  l,  65. 

FISCHWAN.NE,  f.  labrum  piscartum. 

FISCH  WÄSSER,  n.  aqua  piscosa: 
het  baumgerteo,  baut  wein, 
flschwasser  waren  mein.    H.  Sicas  II.  2,  57* ; 

in  den  leeren  pontinischen  sümpfen  suchte  Dian  seine  brief- 
tasche  hervor,  um  über  das  letzte  fischwasser  des  kirchen- 
staats  aus  Petrus  nachfischern  zu  kommen,  ohne  tödlich 
einzuschlafen.  J.  P.  TU.  4, 11". 

FISCHWÄTE,  f.  nd.  wade,  il.  guada,  pl.  guade  (Mo>ti  vocab. 
di  Como  lOS'),  vgl.  gramm.  3,  466.  467.  ein  aus  /innen  gefer- 
tigtes zugneti  mit  tcdnden,  gcgensat:  zu  der  aus  rtithen  gefiochtnen 
rcuse.  libertatem  piscandi  super  fluvium  Odram  et  in  ipso 
Odra,  cum  retibus  et  instrumenti«,  quae  waten  in  lingua  teu- 
tonica  dicuntur.  eh.  a.  1291  6«  Tzscooppe  find  Stexzel  5.  415. 
hier  Verden  waten  gestattet,  reusen  untersagt,  vgl.  speirwat. 
Seen.  3,  575.     Lisch  urk.  des  gcschl.  Hahn  «*  224  hol  wadentoghe. 

FISCHWEIB,  n.  mulier  vendens  pisces.  oft  für  ein  grobes, 
schimpfendes  weib :  sie  schellen  sich  wie  fischweiber. 

FISCH WEIBERHÄUBE,  f  palella  equestris,  kappenformige 
muschel. 

FISCHWEIDE.  /".  1)  fischjagd,  fischerei,  Schm.  4,  28.  veislh. 
3, 7S0.     tgl.  vogelweide. 

2)  ßecittuerk  in  stehendem  Asser  eingeriehlet,  aufenlhalt  der  fische. 

nSCHWEIHE,  f  fischadler. 

FISCHWEIHER,  m.  viranum. 

FISCHWERK,  n.  allerlei  fische: 

es  kämpft  teich,  flusz  und  meer, 
wer  uns  aus  ihnen  schickt  das  meiste  fischwerk  her. 
LouE<(STEi>(  Arm.  2, 1350. 

nSCH WIMMELND,  fischerfüllt: 

dasz  wir  hurtig 
durch  fischwimmelnde  pfade  hinsegelten.    Voss. 

FISCHWIRTSCHAFT,  f.  oeconomia  piscaria,  betrieb  der  fischerei. 

FISCHWURM.  m.  myjcina. 

FISCHWURZ,  f  scrophularia  nodosa,  feigwarzenkraut.  LoNi- 
CERUS  kreiilerb.   164*. 

FISCHWURZEL,  f  dasselbe. 

FISCHZÄH^iE,  ichthyodontes,  rerstänerungen. 

FISCHZAUN,  m.  sepes  piscaria:  fischzaune  flechten.  Bbon- 
SERS  fischerged.  1, 154,  ro  die  nähere  beschreibung. 

FISCHZEHNTE,  m.  decima  pisdum. 

FISCHZEüG.  ffl.  supellex  jiiscaria:  mit  solichen  schetzen 
leszt  sich  mein  netz  nicht  bessern ,  noch  mein  schiflein 
füren,  ich  hab  andern  fischzeug  und  rüder  gehabt.  Schade 
sat.  und  pasq.  2,  46. 

FISCHZUG,  m.  piscatus,   so  viel  mit  dem  netz  gezogen  wird: 

und  fSngt  auch,  dasz  sein  schif  den  flschzug  kaum  ertrage. 

Lo6AU  1,205,47. 
FISCHZINGE,  /.  fisdum  hngun. 


FISEL,  m.  penis,  virga,  nd.  pesel  brem.  icb.  3,  309.  Schambach 
154',  nnl.  pees,  nerrus,  engl,  pizzle.  da  in  heimischen  Wörtern 
hd.  und  nd.  f  zusammenslimtnen  musz,  so  schdnt  liier  ein  fremdes 
vorzuliegen,  dessen  p  erst  hd.  verschoben  vurde,  obschon  man  viel- 
mehr pfisel,  wie  pfeil,  pforle  erwarten  sollte,  doch  heiszt  es  auch 
mhd.  visel  =  fisel,  s.  hernach  visellin  =  fisellein  und  fissel  für 
fisel.  ohne  diesen  verhalt  von  fisci :  pesel  würde  ein  bezug  des  fisel 
auf  fasel  (sp.  1337)  ganz  glaublich  sein,  wie  wir  fisel.  fiserchen 
für  faserchen,  fäserchen  finden,  fisel  penis  steht  bd  Schmeixeb 
1,571.  Staldeb  1,372.  ScHMiD  193,  sond  zeigt  es  sicüt  selten: 

gab  er  ir  den  fisel  in  die  haut,  fasln.  219,17; 
fisel  oder  zisel  oder  geperglid,  genitale,  voc.  I4S2,  h7';  item 
'libenter'  heiszt  ein  pfaffenfisel  und  'semper*  ein  wolfsmagen. 
Garg.  53'.  s.  ochsenfisel,  nd.  bullenpesel,  flachsfisel,  pechfisel. 
ScBXiD  193  hat  auch  fisel  für  altes,  dürres  weib.  verschiedentüch 
steht  fisel  für  fifel  =  feifei  verdruckt,  z.  b.  bd  Sebiz  153,  oder 
Simpl.  3, 172  den  fiesel  schneiden  für  feifei. 

FISEL,  GEFISEL,  n.  fibra,  floccus,  losgewordnes  gewebe,  her- 
abhängende faden  oder  fasern,  gefäser.  Staldeb  1, 372.    s.  fiserchen. 

FISELHÄAR,  n.  capilli  pubis.   voc.  14S2  h"'. 

FISELLEIN,  n.  peniculus: 

mhd.  si  und  ander  frouwen 

begunde  betalle  schouwen 
zwischen  beinn  sin  visellin. 
er  muose  vil  getriuiet  sin, 
do  er  hete  maniichiu  lit.    Parz.  112,25. 
FISELN,  1)  rodere,  nagen,  knaupeln,  was  bedeuten  kinnte  die 
nerven  zernagen: 

mhd.  vrowe,  icb  was  nie  so  siech, 
icb  viselet  iu  ein  ohsen  diech 
für  ein  kleinen  gensefuoj.    Helbli!<g  1,430. 

«ir  sagen  nhd.  abfiseln,  cdiknaupeln,  abnagen;  ein  bein  mit 
den  zahnen  abfiseln ;  das  eichhörnchen  fiselt  eine  nusz  aus. 
Schneller  1,  571. 

2)  mit  dner  ruthe  hin  und  herfahren.  Stälder  1, 372,  wo  aber 
mehreres  unter  dnander  geworfen  schdnt.  Schmeller  1,  571  h*t 
mit  den  fingern  fiseln,  in  den  haaren  fiseln. 

FISERCHEN,  n.  floccus  für  faserchen,  faserchen,  mit  der 
auch  sonU  begegnenden  Schwächung  des  a  in  i:  die  mutter  rückte 
ihm  noch  den  hemdkragen  zurück  und  putzte  ihm  noch  alle 
fiserchen  von  seinem  blauen  rocke  weg.  Acebbach  dorfgesch. 
iaufl.  1.200. 

FISERLEN,  EISERN,  iteratives  fiseln,  sieh  fasern,  fasern,  in 
faden  reiszen.  Stalder  1,  373. 

FISIERLICH.  mirus,  wunderlich,  närrisdi:  mit  runden,  langen, 
breiten,  schmalen,  spitzen  mücklein  und  andern  fitzirlichen 
(?  fisierlicben)  zum  anblick  dringenden  gestalten  bekleidet. 
Pbilander  1, 454.  Staldeb  1,  373.  fitzirlich  mahnt  an  fitz  und 
fltzelbändchen. 

FISIERLICH,  concinne,  eUganler,  artlich.  Maaleb  136*; 

sin  angsicht  so  wunderzierlich, 

zween  flügel  geferbt  so  gar  fisierlicb. 

TuL'R^EissER  archid.  27, 
es  war  alles  sehr  fisierlich  anzusehen.  Philasd.  1,  ISI.  unrer- 
wandt  mit  fiesz  und  fizus  (sp.  1628),  vielmehr  auf  das  mhd. 
visieren  {Flore  1956),  mnl.  visieren,  folglich  fr.  viser  zurückzu- 
führen, visierlich  ist  was  man  wol  gemessen  und  ins  äuge  gefaszl 
hat,  nett  und  zierlich.  Nexmcu  hat  fiserlich  als  subst.  papiUo, 
was  wol  dcis  zierliche,  artige  thicrchen  bezeichnen  könnte. 

FISIGUNKES,  FISIGUG,  FISLGUNK,  m.  homo  ineptus,  m- 
solens,  naseweiser  thor,  in  der  Schweiz,  in  Schwaben  und  Baiem, 
doch  erst  seü  dent  16. 17;A.  Stald.  1,373.  Scn».  1,571:  etlich 
visegunklen  sagen.  Sch.\de  so/,  u. /)aäg.  2,  133 ;  ein  lächerlicher 
fisigunkus.  Philasd.  1, 373 

boscha,  wie  ists  beut  so  dunkel, 

betten  wir  von  spän  enueg  lunkel, 

oder  wenn  sicbs  möcbt  aufheitern, 

wolln  wir  boln  mehr  Sturmleitern. 

sein  wir  nit  üselgunges?    Fadingerlied  ton  1626; 

haben   nicht   etliche   phvsicunkes   vermeint,   dasz  Epiphania 

Christi  säugamm  gewest  sei?  .\bele  gerichtshändel  i66%  1,262; 

fislgunkes,  fisigunkes,  wird  dhochzeit  bald  werdn? 

SCUIELLER  1,571. 

Staldeb  gibt  auch  fisibutz.  wol  entstellung  dnes  romanischen 
Worts,  dessen  erster  theil  physio  enthält,  wie  Abele  zeigt,  viel- 
leicht nichts  als  der  acc.  von  physicus,  doch  findet  steh  auch 
filigunkes.  'in  gunkes  gehn'  nach  Schh.  2, 56  drauf,  zugrunde 
gehn.  ähnlich  lauten  sparcmunkes  (.\bele  gerichish.  2,  352), 
spiriguckes,  spirigunkes  (ScnatD  schwäb.  wb.  502),  bair  spari- 
fankel,  spirifankcl,  spadifankel. 
FISLACH,  FISLOCU,  s.  fiszloch. 


1 69 1       FISPEN — FISTELIERSCHNABEL 


FISTELISCH  —  FITSCHEL 


1692 


FISPEN,  aas  fispern.  Stieleb  489. 

FISFEREIl.  m.  sibilans  Iwmo. 

FISPEHICHT.  susunans. 

FISPEK.N,  sibilure ,  s u surrare ,  wofür  sonst  auch  wispern, 
pfispern,  pispern,  zispern  und  mil  1  slalt  r  wispeln,  lispeln, 
pispeln,  vgl.  (lispcrn,  plispern,  flistern,  fliislern :  «anim  wonest 
du  zwischen  zweien  enden,  das  du  hörest  das  wispeln  und 
vispern  der  herd?  bibd  1483,113'  =  rieht.  5,16,  vulg.  quare 
habitas  inter  duos  terniinos  ut  audias  sibilos  gregum?  wo 
Lutber:  wanimb  bicibstu  zwischen  den  hürlen,  zu  hören 
das  blecken  der  herde?; 

neben  der  straszen  hört  ich  vispern, 

e(was  hinter  eim  gstreusz  laut  zispern.    II.  Sachs  1,503*; 

wer  da  fispert,  hat  seiner  rede  keine  ehre.  Stiener  489 ;  sie 
bat  gifl  von  ihrem  waldliruder  geschluikt,  lialis  von  einer 
dühl  fispern  gehört.  Fb.  Müller  3,  359 ;  sie  steckten  die  köpfe 
zusannnen  und  fisperlen ;  er  gieng  und  nach  einigem  fispern 
mit  ihrer  nichte,  verliesz  auch  die  alle  Bertilia  das  zimmcr. 
ThCmmel  4,  200. 

FISPERL'NG,  f.  susurrus,  flüstern. 

FISSEL,  /.  an  einigen  orten  für  faden,  fr.  ficelle,  was  sich 
zu  fisel,  fiser,  faser  stellen  kunnte,  s.  fisseln. 

FISSEL,  /".  gleidiviel  mit  fessel  2  {sp.  1556) :  darnach  bind 
inie  {dem  rosse)  die  halfter  an  einen  fordern  fusz  in  die  fisscl 
wo!  kurz  {ganz  kurz),  damit  der  köpf  wol  under  sich  auf  die 
erden  sehe.  Seuter  35;  so  soll  man  ime  die  halsader,  in 
fisseln  oder  auf  schrenkadern,  und  die  püegadern  nach  ge- 
legenheit  des  pferds  schlagen.  12. 

FISSELN,  dünn  regnen,  bei  andern  mU  langem  vocal  flseln. 
Schneller  1,  571  hat  feisein,  feistein :  de  snei  fisselt  so  sachten 
von  den  heben  dal.  Reuter  olle  kamelle  4.  nach  Danneil  51' 
irärc  fisseln  (fiseln)  die  feinen  fäden  eines  gcwebes  ausziehen  {also 
faseln  3, 133S),  was  sich  leiclU  auf  feinen  regen  anwendet,  wie 
man  wol  auch  hört:  es  regnet  faden. 

EIST,  m.  visium,  ventus  tacilus,  ein  fisen  feis  fisen  voraus- 
idiend,  vgl.  feisen,  feist,  feisten  sjt.  1465.1466: 

wan  dem  wibe  ein  flst  inpßt, 

ir  htimlplin  sie  «Inriimb  sl(^t.     ilorolf  2^0  (vgl.  itp.  1295.  1466); 

heur  hört  ich  von  im,  mit  laub,  ein  flst, 

do  spract)  er,  es  het  der  hunt  getan, 

und  log  den  armen  hiint  an.    fusin.  337,3.  520,16; 

er  sol  ir  geben  ein  gute  morgengabe, 

hunden  sciileg  alle  tage, 

fut  knöpfet  tist  is.  folg.  stelle)  all  morgen, 
ereil  kein  zu  borgen.    516,26; 
und  sprach  du  best  ein  kleui  gewunden 
von  den  listen  liberal.    611,23; 
des  müej  ein  list  walten,    ring  U",  28; 
sie  liesz  dich  durch  ir  Unterhemd 
warlich  kaum  einen  llst  schmecken.    H.  Sachs  II.  4,31'; 
wer  bös  äugen  wil  machen  gut 
und  pfawen  fist  drein  werfen  thut.     Etering  2,402; 
Tersigelt  wards  mit  einem  flst.    2,  464, 
wie  sp.  1554   an  ein  siegeln  der  sendung  gedacht  werden  könnte. 

der  achtet  (octatus)  hciszei  Muggenflst.    fastn.  342, 16. 
vgl.  bofist,  bubcnfist,  hundsfist,  krähenfist,  wolfsfist. 
FISTEL,  f.  fistula,  eigentlich  röhre,  pfeife, 

1)  ein  in  röhren  oder  gangen  tief  gehendes  geschwür:  fistel 
ist  ein  geschwer  oder  schaden,  der  eine  harte,  dicke  haut 
um  sieb  hat,  tief  und  lang  im  leib  mit  krummen  güngcn 
schleift,  hart  zu  bescblieszen  und  zu  heilen  ist.  Wirsung  arz- 
»eibuch  613; 

die  flitlen,  löcher,  Alschenkcl  grosz, 
die  Wassersucht  plag  oii  iinterlasz 
wcrd  dir  ewig  niemer  ab!    fastn.  865,8; 

da  er  sie  mit  fisteln  und  bösen  geschweren  an  heimlichen 
iirtern  plaget.  Mathesius  45';  dasz  dich  der  krebs  ankomme! 
'und  den  die  fislel,  der  hieran  ursachl'  (iRVPiiius  l,  915. 
i.  augenfistcl,  thränenfistcl.  zahnfislel,  ulcus  in  dente. 

2)  künttlich  hohe  üimme,  im  gegensatz  zur  natürlichen,  aus  voller 
kehle  fiehenden :  er  singt  durch  die  fistel,  vocent  in  acutum  frangit. 

FISTEI^.\RZT,  m.   vulnerarius  tnedicus. 
FISTELGESCIIWÜR,  n.  ulcus  ßstulosum. 
FISTFLIEREN,  FISTULIEREN, 

1)  klein  singen,  in  die  fistel,  minunrr. 

2)  »ich  fislulirren,  tn  röhre  bilden:  man  wil  vermuten, 
wann  ein  gaul  wund  und  ime  der  schaden  iiinerthalh  jo  lagen 
nit  heil  wurd,  k>  fl«liiliere  .sich  dicselhig  «unde.  Seitkr  72. 

nSTELIERSrUNAREL.  m.nanu^:  blaue  lelzen.  (iber  welch« 
ein  langer  OttiliertcLoobcl  herabhänget.  Weise  /u.^(rcdnlT  252. 


FISTELISCH,  fidiilosus:  das  salz  leidet  in  den  faulen  fist- 
lichen  schaden  kein  geslank  und  würm.  Thlii.m;is.>er  infl. 
wirk.  72. 

F1STELKH.\1!T,  n.  pedicularia  silcatica,  Idusekraut,  heilsam 
bei  fisteln. 

FISTELMESSER,  n.  zum  aufschneiden  der  fisteln. 
FISTELN,  was  fistulieren. 
FISTELSÄNGER,  m.  der  durch  die  fidel  singt. 
FISTELSCIINEIDER,  m.  fiste.arzt. 

FISTELSTIMME,/',  unnalürlicli hoiie stimme :  höhnische  fistel- 
st inimc.  J.  P.  flrgelj.  1,  2  .  . . 
EISTEN,  lisire.- 
die  (ctien  wibe  fisten  söre.    Morolfiil; 
wer  clobelauch  issct  tu  stunden, 
der  flstet  oben  und  unden.    342; 
weistu  das  wir  zu  dem  rocken  kamen, 
do  fisten  die  maid  und  waren  fro, 
und  sprachen  zu  in  'linspel  um  hin  do!'    fa.'itn.  6tl,15; 

was  machstu?  wiltu  übel  fiirz  lassen,  so  gang  us  der  stuhen 
in  den  hof  und  fist  so  vil  dn  will.  Eulensp.  hLtt.  52;  dieweil 
die  alten  weiber  aus  angst  in  der  beicht  übel  fisten.  Kircr- 
uoF  wendunm.  477';  saufts  gar  aus,  dann  halb  trinken  ist 
bellerisch,  es  ertrinkt  im  meer  kein  visch,  ietz  das  maul 
gewischt  und  dahinden  geüst,  so  seil  ir  zum  lesen  gerüsl! 
Garq.   25'. 

FISTER,  m.    l)  qui  visit,  vgl.  ascbcnfister. 

2)  podex,  wie  ferzer.    Dähnert  121". 

FISTICHT.  FISTIG,  pntidus. 

FISTVV.\RM,  lepidus,  laulich: 

mein  Cimz,  leg  dich  ein  weile  nider 

und  decke  dich  tistwarm  zu.    H.  Sachs  V,  354*. 

auch  nd.  Dähnert  121*  und  thüring.  fistwarme,  halbwarme  suppe. 
FISTWEIDE,  /•.  anns,  culus: 

er  wer  wol  des  wert, 

der  im  heizet  ein  hert 

und  im  sein  vistweid  verprül, 

das  er  kein  guten  gesollen  nimmer  mfit.    fnsln.  1135. 
FISZLOCH,  n.    fessel  ist  der  hinlcrbug  isuß'rago)  des  pferde- 
fuszcs   (sp.  1556),    was  die   Franzosen    paluron,    die   Engländer 
pastern  nennen,    über  dem  fessel  liegt  das  kötgelenk,  fr.  beulet, 
worauf  haare  wachsen,  nhd.  der  kötenzopf,  die  baarzotle,  das 
bufhaar,  der  behäng,  fr.  fanon,  d.  i.  crins  sur  le  boulet.     für 
fanon  findet  sich  die  englische  bcnennung  fellock,  a  luft  of  hair 
that  generally  grows  bchind  the  paslernjoint,  und  diesem  fellock 
entsprach   das   nhd.    fiszluch   oder  fiszlach,    dem  wir  bereits  im 
mild.  Flore  27G1  begegnen,  teo  von  einem  zeller  gesagt  mrd: 
er  häte  stark  gebcitie, 
liölievijjelochen  fuoj, 

wenn  so  kann,  nicht  vielmehr  musz  gelesen  werden  vijjelochen, 
vijjelahten,  nach  analogie  des  engl,  fellocked.  viz;jeloch,  später 
fiszloch  hängen  deullich  ab  von  fessel,  vej^el  und  das  angefügte 
ocli,  ach  scheint  ein  dllircs  derivativ  auf  ah,  ahi.  denken  liesze 
sich  auch  an  leich  artus,  articulus,  dann  wäre  vijjclleich,  mil 
doppeltem  I  zu  schreiben.     Stalder  i,  372  setzt  fisloch,  fiesloch. 

im  allen  gedieht  anlaster  eines  pferdes  wird  ein  sclilechlcs 
geschildert,  das 

nit  geliAriu  fljfach  het.  64, 
dem  die  haare  an  der  köte  mangeln,  in  den  scliweizerisehen  weis- 
thümern  ist  reichliclies  pferdefnlter  durcti  die  formet  ausgedrückt, 
dasz  sie  bis  an  das  fiszloch  in  haber  gestellt  werden  sollen:  so 
mag  er  {der  junker,  wenn  er  gericlit  hall)  komcn  selb  ander 
oder  selb  drill,  ob  im  ein  gut  gesell  uf  dem  weg  kompt, 
und  soll  inen  der  keller  den  imbis  geben  und  sin  (des  Junkern) 
pferd  in  das  fuler  stelleu  bis  an  das  viszlach  und  den  an- 
dern sunsl  fiiter  geben.  1,124;  und  mag  kumen  selb  zwölfl 
ritend  mit  dri  winden  und  zwein  vogelhnnden  und  mil  cin<Mn 
habch.  käme  im  ouch  einer  oder  zweu  erber  man  uf  dem 
weg,  die  mag  er  mit  im  nemen  und  die  sol  man  halten  als 
die  sinen,  und  man  sul  eins  heren  pfarl  steilen  in  den  habern 
bis  an  das  vislach  und  dem  bahch  ein  hiln  gehen.  l,liu; 
ist  es  aber  sach,  das  er  kompt,  so  sol  er  im  das  mal  geben 
imd  den  pferden  ftieler,  das  si  darin  sliiundinl  unz  an  die 
fisziöcher  und  sol  auch  sinem  habch  geben  ein  huon,  das 
derselben  nacht  aller  nechst  bim  hauen  gesessen  ist.  4,318; 
item  nin  vorsler  sol  aineni  herren  sin  pfürd  rnpfahen.  stellen 
und  nlters  gni'ig  geben  und  in  das  futcr,  d.  i.  in  den  babern 
stellen  bis  an  das  vislach.   4,  427. 

FITSCHEL,  f.  locus  tutwr  {bei  einem  »;«<•/).  Jom.  Gürrm.  Haas 
deutsehlat.  wh.  203*.  stelle,  von  wo  man  mit  etnfuchem  hin  und 
herziehen  auf  einem  punclc  wirkt,  «.  b.  im  mühlensjiiel,  billard. 


1603 


mSCHElX— FITTICH 


FITTICH  — FITZ 


1694 


FITSCHELN.  eodem  loco  morere  calculum,  alterere,  htic  iilue 
ayilare:  die  juckcndm  ziihne  streichen  und  fitzschein  {vgl. 
fifzeln).  drmit  das  zahiitleisrh  erweichet  würde,  dasz  die  zahne 
desto  eher  heraiisl»rechen.  KmzRS  hebamme  ilb ;  mit  stumpfem 
messen  fitschein  imd  niiddeln.  Jüngers  Wurmsame  1,13t ;  fit- 
schein, mit  dumpfem  messer  schneiden.  Weiniiold  schl.  vb.  21*. 
Fbojimann  4.  Iß";  auf  der  geige  filscheln,  kratzen:  nach  einem 
kurzen  gofitschel  geht  der  Vorhang  auf. 

FITSCHEN,  dasselbe,  hin  und  her  flallem,  me  an  Schmetter- 
ling, oft  zur  Ihür  aus  und  einspringen.  Stalder  1, 374.  bä 
Dähnert  121'  ist  filschen  mit  ruthen  streichen,  in  offenbarer  ver- 
wandlschaß  mit  ficken  reiben,  engl,  fidge  (sp.  161 S,  vgl.  fal- 
schen sp.  I3ti3,  felschen  sp.  1569).     s.  auch  fitzen  und  fitzeln. 

FITSCHEPFEIL,  m.,  üblicher  fiifzpfeil: 

das  nennt  man  die  kosacken, 

die  dort  den  hart  voraus, 

den  üischepreil  im  nacken 

sebn  nahrliaft  heidnisch  aus.    Rcckert  160. 

die  kinder  machen  sich  fitschepfeile  von  röhr. 

FITSCHERLING,  m.  hiesi  ehmals  ein  Magdeburger  hier.  Garg.  59*. 
zeilrerlr.   15S. 

FITTICH,  m.  ala,  spedfisch  hochdeutsch  (nd.  filtek  erst  ent- 
lebnl),  edler  und  feierlicher  als  fliigel,  in  der  bcdeutung  gleich- 
stehend mit  schwinge  und  altn.  viengr,  schw.  ddn.  vinge.  alts. 
fiflherhamo.  ags.  federhama,  altn.  fiaJrhamr  drückt  mehr  das 
ganze  gefieder  aus.  das  guth.  vorl  für  ala  kommt  im  N.  T. 
niciu  vor.  ahd.  gilt  fedah,  verderbt  in  fetah.  das  a  der  letzten 
silbe  fordert  in  rorlctzter  e,  mhd.  vetach,  vetech,  vetich  und  so 
noch  nhd.  fettich  (sp.  1574),  im  voc.  14S2  i  1*  sogar  noch  fetach, 
seit  LcTHER  wird  fitlich  {schlecht  gcschr.  fittig)  herschend.  da 
dem  ft'dah  das  characln istische  r  von  födara,  Tirsoöt;  pero 
abgeht,  erscheint  die  nebenform  fedarah  (Gbaff  3,  44S)  ursprüng- 
licher und  feduh  die  entstellte,  gckürzJe.  noch  stärker  gekürzt 
vurde  in  vilch  GA.  2, 161, 16S,  in  fetch  bei  Albercs,  fitch  bei 
Schambach  und  in  fegg  bei  Hebel  244. 

1)  Werkzeug  des  fiiegens:  der  habich  sieht  seineu  kint  mit 
den  \etachen  und  twinget  si  ze  Diegen  nach  dem  raub. 
Megenbebc  170, 10 ;  der  elbi;  hdt  sein  sterk  in  den  vetachen. 
174, 14 ; 

ein  vetich  wart  dir  versniten.    Helmbr.  607; 

alles  was  fliegen  kund  und  alles,  was  fitlich  hatte.  1  Mos. 
7,14;  wie  ein  adler  ausfüret  seine  jungen  und  über  inen 
schwebet,  er  breitet  seine  fittich  aus.  5  Mos.  32,  II ;  er  schwebt 
auf  den  littichen  des  windes.  ps.  18,11;  ich  will  wonen  in 
deiner  hütten  und  trawen  unter  deinen  fittichen.  61,5;  ein 
groszer  adler  mit  groszen  flügeln  und  langen  fittichen  und 
voll  federn,  die  bund  waren  {vulg.  aquila  grandis  magnarum 
alarum,  longo  raembrorum  ductu,  plena  plumis  et  varietate). 
El.  17,3; 

hie  darf  kein  fettich  man  umbthun 

wie  Ikarus,  so  schmelzt  die  suiin.    gl.  schif'T; 

er  winkte  meinem  enpel,  dasi  er  sichtbar 

auf  seinem  weiszen  tittiche  mich  durch 

das  feuer  trüge.    Lessimc  2,  ItW; 

die  du  {muse)  dich  auf  fitiigen  schwerer  fledermäuse  hebest. 
Drscu  schoszhiind  16; 

schweigsamen  fltticbs,  Oedermäuse.    Götbb  41,147; 

des  lebens  höchstem  ziele  zu  entsagen 

und  wie  ein  aar,  pebrochnen  iittiges, 

zum  himmel  aufzublicken.    Uhlatids  Ludwig  262. 

der  Togel  schlägt  seine  fittichc,  schlägt  mit  den  fittichen 
{vgl.  schlagfitlich,  slafitlich),  tritt  in  die  filliche,  spreizt  die 
flügel,  fährt  zornig  auf,  uas  auch  auf  zürnende  mensdien  a%- 
getrandt  trird. 

•2)  oß  uHrd  der  fitlich  bildlich  personificationen  beigelegt: 

unter  des  segcntriefenden  frtedens 

beschattendem  lillipe.    Klop>tocs  I,t.i9; 

kühle  balsamische  dufte  sind  von  dem  fittig  des  abends 

auf  die  erde  gesunken.    ZACu^küü  iiujsz.  74; 

ein  sanfter  Schlummer  deckte  mit  seinen  fittichen  die  müde; 
welch  ein  liefsinn  bedeckt  ilzt  mit  den  fitiigen  der  niitter- 
nacht  das  cabinet  der  schönen  Ciarisse.  TbGxmel  WUhelmineSi; 

viel  thaten  des  vcrworrnen  sinnes  deckt 

die  nacht  mit  schweren  littigen.    GotheO,  19; 

und  lust  und  liehe  sind  die  flitige  ' 

xu  groszen  thaten.    9,  31 ; 

WO  will  die  liebe  filtige  hergenommen  haben,  wenn  nicht 
Ton  den  Tiigeln?  14,106;  dem  siege  wüsten  sie  fittige  zu 
(cbafTen,  den  boren,  dem  schlaf.  14, 107 ; 


schwing  0  lied  als  ehrenfahne 

deinen  littich  um  ihr  haupt!    Borger  75'; 

bis  mein  geist  den  fittich  hebt 

und  zu  euerm  frieden  seh  webt.    Rcckert  12; 

es  regt  die  kühnen 
Dltiche  der  geist  in  mir, 
seinen  banden  zu  entschweben.    Mcll;<er  schuld  ISS. 

3)  fittich  bezeichnet  den  zipfel,  das  äusz^'rste  eines  gevandes: 
sprich  zu  inen,  das  sie  inen  lepplin  machen  an  den  fittigen 
irer  kleider  und  gele  schnürlin  auf  die  lepplin  an  die  fittig 
thun.  4  Mos.  15,  3S;  du  soll  dir  leplin  machen  an  den  vier 
fittigen  deines  mantels.  5  .Vos.  22, 12.  ir<e  einer  den  rogel  beim 
flügel  ergreiß,  encischt,  hält  man  einen  fliehenden  beim  fittich, 
schlafitlich:  will  dich  auch  bei  den  fittichen  haben,  herz. 
Heinb.  Jci..  444;  und  were  er  selbst  schier  gefangen,  wie 
ihn  dann  ihrer  zween  vom  feinde  schon  beim  fitlich  gehabt. 
Chemnitz  1, 1S7*;  siehe  da  ward  es  dahin  gerichtet,  das  er 
durch  einen  riltmeister  beim  fittich  envischet  .  .  .  auf  dem 
schlösse  gefangen  eingesetzel  worden.  IV.  4,21";  den  kerl 
beim  scblafittich  nehmen  und  aus  dem  hause  führen ; 

ei,  ei !  rief  meister  Ehrenwort, 
als  er  beim  Qttich  sie  erwischte.    Bcrcer  90*. 
vgl.  flitlich. 

4)  auch  geringe,  alle  Ueidungsstücte,  tücher  Verden,  urie  fähn- 
chen  sp.  1241,  fittiche  genannt:  ihre  paar  fittige,  die  ich 
{IMine)  ihnen  (Wilhelmen)  aufgehoben,  können  wenig  betragen 
und  wenn  sie  an  den  redlichsten  Juden  verkauft  werden. 
GöTHE   19,  53. 

5)  nicht  unähnlich  heiszl  ein  leichtfertiger  mensch  selbst  fittich, 
ein  rechter  fittich,  lockerer  vogcl,  lockerer  ansig.  du  bist  CB 
rechten  filtek  I  Schambach  270*. 

FITTICHEN,  1)  alas  addere,  flügeln:  an  dem  stain  man 
vint  ain  gevctiacht  pfert  (equum  alatum).  Megexberg  46S,  19 ; 

hoch  durcbwandlich  gewölk,  von  der  mus  um  die  fersen  ge 

fittigt. 
rings  säuselt  äther,  unten  fliehn 
Waldungen  äcker  und  seen.    Voss  3,222; 
dasz  gleich,  vom  segenschwangern  weste 
gefmiget,  aus  warmem  neste 
die  lerche  sich  zum  äther  schwang.    6,191. 

2)  alas  movere,  die  flügel  schwingen,  fliegen: 

hast  du  das  mädchen  gesehn 

flüchtig  vorüber  gehn? 

wollt  sie  war  meine  braut! 

'ja  wol !  die  blonde,  die  falbe .' 

sie  firilgt  so  zierlich  wie  die  schwalbe, 

die  ihr  nest  baut'.    Göthe  3, 155. 

vgl.  umftttigen,  umfliegen: 

und  berg  und  gemäuer 
umlittigen  wir.    1,99. 

?.)  mit  dem  ßtich  zusammenfegen,  nd.  Idf  t6  hape  fliehen. 
Schambach  270'. 

FITTICHLÄHM,  claudus  ala,  flügellahm,  so  heisU  ein  veisel, 
trenn  er  nicht  auffliegen  kann. 

FITTICHSCHWEBEND,  volans,  praelervdans : 

hat  ihn  mit  rühm  nichrdie  fluigschwebende  gekrönt? 

Stolberg  13, 13t; 
fittigschwebeude  beute  des  pfeils.    14,32t. 

FITTIGSTEIN,  m.  tegula,  dachziegel,  böhm.  kridla,  der  deckende 
flügel,  wie  bibcrschwanz  der  deckende  schwam,  fahziegd  die 
sich  übereinander  legen. 

FITZ.  ffl. .'  scheint  versdtieden  vom  folgenden  fitze  f.,  begegrut 
aber  fast  nur  in  der  Zusammensetzung  wunderfilz,  wdche  neuyier 
oder  einen  neugierigen  ausdrückt: 

doch  wenn  der  wunderfitz  ein  öbbe  brennt.  nEBEi  45; 
bisch  ein  wunderfltz.  Corrodi  hcrr  profeiter  92; 
du  wunderfitz  I  ISS; 
doch  stellt  Henisch  112Q,  47  fitz,  witz,  pnidentia,  aslulia  auf, 
Stalder  hat  2,  459  wunderfilz  oder  wnnderkelle,  neugierige 
person,  Schmellee  4,114  ein  bairischcs  wunderwitzig,  neugierig, 
statt  des  besseren  schtrdbischen  wundcrfitzig.  dabei  dürße  nun 
zunächst  gedacht  werden  an  das  $]>.  162S  verhandelte  fiesz  und 
aiui.  fizus,  deren  bedeulung  schlau  und  listig  sich  leicltt  mit  wunder 
verbände,  nicht  zu  übersehn  wäre  «n  6«  Stalder  1,  374  dar- 
gebolnes  adv.  filz  mit  dem  sinn  von  viel,  allzuviel,  sehr,  die  in 
einem  Hede  bei  Ihlasd  734  wiederkehrende  formet  'zum  filz  und 
federle'  mahnt  an  filzfaden,  fitzefutz,  filzen  und  felzeln.  in 
betrachl  hime  ausserdem  das  vieldeutige  englisdie  fit,  das  bald 
subslantirUch  für  sloss,  anfall,  einfall,  laune,  bald  adjectiii.<ch 
steht  für  tüchtig,  anständig,  dienlich,  bequem,  lauter  abslradionen, 
denen  eine  verdunkelte  sinnliche  bedeutung  zum  gründe  liegt,     aas. 


1695 


FITZ  — FITZEN 


FITZEN— FIX 


1696 


ist  fit  an  lied,  gedieht,  aber  auch  streit  (Grein  I,  300).  fd)erall 
im  spiel  sein  musz  die  ireil  greifende  sp.  1340.  135S.  1365.  1369. 
1555  aufgestellte  wurzel  filan  fal  Klun,  der  dann  auch  ein  feitan 
fait  filun  {sp.  1570. 1629)  entflossen  sein  kann. 

FITZ,  rn.  verwirrte  fäden,  u-irrwarr. 

FITZCHEN,  n.  ßlum  tenue,  fädchen,  hilum,  voraus  nihiliim  und 
ähnlicli  ein  fiUchen,  «n  wenig.  Frommann  2,  550,  vgl.  litzel  4,204. 

FITZE,  f.  1)  licium,  ahd.  fiza,  fitza  (Graff  3,  733),  altn. 
fit  /".  operum  lextilium  ümbus,  mariio,  feti  vi.  tnanipulus  statninum 
tclae,  norifpg.  fcte,  lit  f.\AREN  94"),  dän.  fed,  fid,  nhd.  fitz 
forago,  filiim  cum  quo  texiores  fila  distinguunt.  vocab.  14S2  h  7*. 
ein  Breslauer  vocab.  hat  'prepede  (?)  vilcze  24  fila',  Broseniüs 
2, 156  'vierzig  fäden  um  den  haspel,  jeder  etwa  vier  eilen 
lang  machen  eine  filze'.  Stieler  489 :  filum  quo  textrices 
opus  diurnum  di.stinguunt ;  Frisch  1,270':  'fitze  wird  vom 
garn  gesagt,  so  viel  allezeit  das  schnappen  des  haspcls  oder 
das  zählen  auf  der  weife  fäden  bemerkt,  dasz  sie  mit  einem 
faden  bewunden  oder  gebunden  und  von  den  andern  alige- 
theilt  werden,  numerus  certus  filorum,  quem  filo  duplici 
Iransverso  nelriccs  separant  et  a  ceteris  in  filorum  mani- 
pulo  distinguunt'. 

wann  draur  der  Zahltag  kommt,  dann  reiszt  die  fltz  entzwei. 
CzBPKo  sal.  ged.  6, 13  (hundxclmfi). 
das  twAm.  poln.  wart  dafür  ist  pasmo,  gebinde.  wird  dadurch 
ntclU  das  vorhin  genannte  ags.  fit  cartnen  deutlich?  es  bezeichnet 
die  abtheilungen,  gcsänge  eines  liedcs,  wie  sie  auch  altengl.  fitles 
lieiszen:  fit,  a  division  of  a  poem  or  dance  (Wright  dict. 
1, 454"),  was  sogar  an  die  alts.  witlia  erinnern  darf:  juxla 
morem  illius  poemalis  omne  opus  per  vitleas  dislinxit 
(ScHMEi.LERS  Hcltand  2,  xiii),  nach  der  uralten  ähnlidikeit  des 
webens  und  dicIUens. 

2)  fitze  ist  auch  falte,  runzel  an  der  stirn,  ruga,  das  engl. 
fit  of  the  face,  a  grimace: 

a  fit  or  two  o'  the  face,    king  Henry  viii.  1,3. 
zu  fitze  halte  man  fessel,  fetze,  fitzeln,  fitzen,  fitzfaden. 

FITZEBAUM,  m.  licialorium,  weberbaum,  ahd.  fizapoum. 

FITZEBOHNE,  f.  phaseolus  vutgarü,  Ostr.  flsolc. 

FITZEL,  m.    l)  fitzel,  was  fitze  1.   Schambach  270*. 

2)  rifi  mürbes  gebäck.  Schmeller  1,  581.     anderwärts  die  fitze. 

FITZELBAND,  n.  was  das  anfache  fitze. 

FITZELBÄNDCHEN.  m.  welche  ihrer  nacbbarin  Jungfer 
Elsichen  zu  gefallen  das  hiitchen  mit  allerlei  fitzelhändichen 
gezieret,  weimar.  jb.  1, 324  aus  dem  Hamburger  complemcnlier- 
büchlein  1654. 

FITZELFECH,  eine  Verstärkung  von  fech,  varius  {sp.  1386), 
in  alten,  gramm.  2, 559  aufgewiesnen  glosscn,  von  pferden  ge- 
braucht und  möglich  dem  lat.  pelilus  verwandt,  bedeutsam  ist 
der  bezug  auf  die  namen  der  deutschen  heldensagc  Fizilo  und 
Sintarfizilo,  altn.  Sinfiötli.  dem  filzelfech  gleicht  auch  fedarfßcL 
polymitus.  Diut.  1,  265'  und  federbunt  {sp.  1398). 

FITZELIEBEN,  redimire,  vinculis  ornare: 
de  .so  wale  sint  geiiret 
op  iren  rossen  gclitzelöret.    Karlmeinet  50, 16. 

FITZELN,  l)  in  der  Wetterau  stümperhaß  spinnen,  so  dasz 
der  faden  schleclil  gedrelU  ist  und  leicht  reiszt:  'das  ist  nicht 
gesponnen,  das  ist  gefitzell  und  kann  der  weher  nicht  weben'. 

2)  fitzeln  und  felzeln  verknüpfen  sich  wie  fitzen  und  fetzen : 
lieber  ein  sicher  gewissen,  das  der  sache  gewis  ist,  fitzelt 
nnd  fetzelt  nicht  also,  es  sagts  dürre  und  frisch  heraus. 
LtrrnER  3,  342. 

3)  filzein  und  betteln:  dasz  an  dem  neuen  jahrstag  von 
der  Jugend  mit  dem  sogenannten  'fitzeln  und  betteln'  viel 
Unordnung  verübet  wird,  corpus  conslilt.  branbenb.  culmbac.  1,539. 
die  kinder  betteln  mit  ruthen  streichend,  filzelnd. 

4)  soll  eine  süugamme  dem  kinde  des  tagcs  einigemal  mit 
einem  finger  fein  gemachsam  unter  der  zunge  herum  fahren, 
damit  sie  durch  starkes  fitzeln  das  wündlein  nicht  reize  und 
eine  enlzündung  zuschlagen  möge.  Ettners  liebamme  821.  v^. 
fltscheln  und  filzen.  ScnAMBACH  fitzeln,  nnl.  vitselcn.  oi/n. 
ü(  fill  Inix  attreciatio. 

FITZKLTAG,  m.  tag  der  unschuldigen  kinder,  wo  die  kinder 
mit  ruthen  fitzeln,  um  gaben  zu  erlangen.   SciiMin  193. 

FITZEN,  1)  lelam  ordiri,  altn.  filja  upp,  opus  textile  ordiri, 
nhd.  fila  deroliäa  ligamine  distingurre.  Frisch  1,270';  gefilzte 
»chleier,  denen  künstliche  musler  eingewebt  sind;  niemand  «ol 
gevitzte  scbleier  tragen,  script.  rer.  tilesiae.  3,199; 

dat  prumuch  utxl  dat  gellitie  hembd.    fa*ln.  1276; 

die  naiur  haszl  das  fitzen  {intricare),  vermcnleln,  gleiszen, 
und   bckompt  vil  glilcksaliger,   das  mit  keiner  kunst  ist  ge- 


fälscht und  gesdiwecht.  Frank  lob  der  torheil  29";  indem  sie 
mit  ihrem  filzen  und  futschen  nechsthin  eine  grosze  Schwie- 
rigkeit   bei    der   nachbarschaft    angezündet.    Abele  gericiUsli. 

1,  321.     vgl.  verfilzen,  rerifirren. 

2)  rugare,  coirugare,  in  fallen  legen,  rümpfen,  runzeln:  das 
rathsame  maul  in  falten  fitzen,  rockenphil.  4,18; 

'was   T\\fl  ihr?'   sagte  man  (dem  seine  waare  preisenden  kauf 
mnnnr),  'das  lach  mögt  ihr  Tergrabon, 

nnd  der  ist  auf  sein  gcld  ergrimmt, 

der  es  eiicti  einst  vom  halse  nimmt, 

ich  möcht  es  nicht  geschenket  haben'. 

der  kaufmnlin  fuzte  das  gesiebt, 

geht,  sprach  er  bei  sich  selbst,  ich  lasz  euch  diesmal  laufen, 

allein  ihr  müszt  die  tücber  kaufen, 

ihr  mögt  sie  wollen  oder  nicht.    Lichtwer  fabeln  s.  26  (1, 12); 

denkt  ein  mädchen  braut  zu  werden, 

freilich  ja  dann  schämt  sie  sich, 

dann  sind  reden  und  geberden 

jüngferlich  und  zimperlich. 

dann  musz  sie  das  naschen  fitzen. 

köplcben  schütteln,  niündlein  spitzen. 

Wkisze  jubelhochteit  160. 
man  sagt  auch  sich  in  nichts  fitzen  {fügen,  scluclcen)  können, 
was  dem  engl,  fit  gleiciU.     vgl.  verfitzen,  verwirren. 

3)  virgis  caederc,  insofern  dies  hiesze  die  haut  streifen,  binden, 
falten?  oder  ist  dies  ein  ganz  andres,  zu  licken,  reiben  gelujriges 
wort?  gedenk,  das  die  menschen  sint  unsers  hergots  ruten, 
do  mit  er  dich  filzet,  wenn  man  ein  kind  houwt,  so  musz 
es  dann  die  ruten  küssen  und  sprechen 

liebe  rut,  trute  rut, 

werestu  (=  enwserestu),  ich  tct  niemcr  gut. 

Kkisersberg  bilyer  68'; 
welicher  geholten  (du  seit  nit  stälen,  nit  cebrechen)  wir  aller 
nil  dörftind,  wenn  wir  das  ander  gebott  hiellind,  du  snit 
dinen  nechsten  als  lieb  haben  als  dich  selbs.  so  aber  das 
nit,  so  hat  gott  diso  geholt  ouch  müssen  uszgcbcn  und  ist 
nit  gnug  daran  gsin,  er  hat  ouch  müssen  empfelhcn,  das 
man  den  ubertrettenden  fitzt  {straft).  Zwixglis  predeg  von  güt- 
licher und  menschliclier  grechtigkeit,  Zürich  1525  C2';  ein  kind 
mit  der  ruthe  fitzen,  strichen.  Alb.  von  Bütte  s.  24.  nni. 
vitsen.     vgl.  fetzen. 

FITZE  B,  m.    l)  textor,  weber. 

2)  ietus,  hieb  mit  der  rulhe:  an  der  grenze  aber  gab  er  dem 
röslein  einen  fitzer  und  ritt  hinüber.  Hebel  Aaw/reunrf  268. 

FITZEBIN,  f  te-vtrix,  netrix. 

FITZFADEN,  m.  forago,  so  viel  als  filze  oder  faden  einfach : 
wenn  beim  schuhanziehen  der  fitzfaden  zerreiszet.  rockenphil. 

2,  96.     böhm.  pasniice,  pasemnice. 

FITZFATZ,  rn.  fustigalio,  stauj^esen:  so  ferne  sie  nicht  den 
fitzfatz  auf  den  buckel  haben  und  mit  diesem  aus  dem  amt 
hinaus  gewiesen  sein  wolle.  Salinde  114.  vgl.  fitzeln  fetzeln 
und  fickfack. 

FITZFEILE,  f.  um  das  Ohr  in  die  nadel  zu  feilen.  Broseniüs 
2,  446. 

FITZHAKEN,  m.  ein  Werkzeug  der  siebmaclier. 

FITZIG,    1)  verfitzt,  verwirrt. 

2)  fitzig  auf  etwas,  erpiciU,  versessen 

FITZNASE,  /.  eine  person,  die  die  nase  rümpß:  den  augen- 
blick  will  ich  zu  der  fitznase  laufen  und  ihr  die  zuage  aus 
dem  halse  schneiden.  Weisze  lustsp.  3, 380. 

FITZBUTHE,  f  1)  ein  dünner  stab,  an  weldiem  die  garnkette 
auf  dem  webesluhl  am  garnbaum  befestigt  wird. 

2)  ri(//ie  zum  hauen  oder  schlagen,  bei  Schambach  270*  fitzclrauc. 

FITZZANGE,  f  zum  festhalten  der  nadeln  beim  fitzen. 

FIX,  alacer,  promlus,  eigentlich  fixus,  firmus,  weil  wer  fest 
und  entschlossen,  auch  fertig  und  bereit  uU  zu  handeln ;  doch 
haben  das  it.  fisso,  sp.  iijo,  fr.  fixe  nicJil  diesen  nebensinn  des 
schnellen  und  hurtigen,  wie  er  auch  im  nnl.  fiks,  fiksch,  dtin. 
fix  waltet,  ohne  dasz  man  darum  bereclUigt  wäre,  dieses  adj.  aus 
altn.  schw.  fika  jcstmare,  dän.  fige  herzuleiten,  welche  verlia  lid. 
und  nd.  ganz  unbekannt  sind,  die  früksten  bei.<t])iele  werden  sich 
hernach  beim  adr.  darbieten.  Dasypodius  und  Maai.er  ^ri-nncn 
das  Wort  noch  nicht,  Henisch  1120,50  hat  fix,  richtig,  bewehrt, 
fixus,  Stieier  578  aber  fix  auch  für  agilis,  celer. 

1)  im  ursprüngliclien  sinn:  wasser  bleibt  wasscr,  fewr  fewr, 
dann  es  seind  lixelemeiiten  und  die  fixarl  ist  noch  nie  he- 
tracht  worden,  dasz  die  nesse  ihr  kelle  fix  hall  und  mau 
will  eine  hcisze  krankheit  mit  ihr  »ertreiben  und  kein  krank- 
heil ist  fix  in  kelle  oder  hilz  und  fix  und  unfix  »oll  gegen 
einander  streiten.  Paracelsus  1,211';  «nd  also  ist  dixz  fix, 
wie  das  h.  kreuz  auf  der  falschen  münz,  bienenk.  IS9*;  wie 
von   den    vieren  eines,   fewr,   lufl,   wasser,   erden,   eine*  in 


1697 


PIX 


FIXFAX  — FLACH 


1698 


einer  jeden  natur  fix  ist.  Jac.  Böhme  drei  principien  s.  68; 
eine  jede  creatur  siebet  nur  in  seiner  mutter,  welche  in  ihm 
fix  ist.  s.  69.  das  quecksilber  fix  machen,  fixieren,  so  noch 
heute  fixe  luft.  fixe  ideen,  fixe  Sterne,  wie  er  von  jenem  fixen 
liegrif  nicht  loskommen  konnte.  Göthe  25,  2C1 ;  das  hei-z  des 
cananäischen  weibes  ist  gediegen  und  fix.  Claudius  S,  111; 
auszen  fix  und  innen  nix  {schale  ohne  kern).  Gotthelf  11,409. 

2)  paratus,  fertig  und  u-ie  dieses  oß  in  oder  mit  etwas,  flink 
bei  der  hand,  gewandt: 

in  roszarznei  auch  gwaltig  vii 

war  er  und  sunderlich  zun  zehn 

kund  er  den  wurm  gar  treflich  schneidn.    tcnrmschneiden  1fi2S ; 

so  ist  er  mit  dem  maule  so  gewaltig  fix.  Schocb  stitd.  leben  D  2'; 

Brunei]  ist  so  voll  list,  vull  diebstnl  und  untreu 
als  jener  auf  dem  schlosz  sehr  fix  in  Zauberei. 
Wkbdkrs  Ar.  3,69; 
Sempronius.  impura  meretrix.  Cyrilla.  ja  die  hure  ist  fix,  wer 
hat  mich  darzu  gemacht  ?  Grvpuius  1,  827 ;  der  Schneider  war 
fix  mit  der  antwort.  Weise  erzn.  257 ;  Florindo,  der  mit  dem 
maul  sehr  fix  war.  2S4;  das  ist  ein  verdrüsziiches  wesen,  wenn 
die  Schelme  und  diebe  gefixer  sein,  als  wir.  causenmacher  AG ; 
ein  poet,  wie  du  bist,  ist  fix  mit  seinen  versen,  wie  ein  alt 
feuerschlosz.  reimedich  51;  es  ist  ein  fixer  kerl,  man  wird 
keinen  fixem  finden  als  ihn.  Stiei.er  578;  er  ist  fix  mit  der 
feder,  fix  mit  dem  degen  heraus ;  im  ausparieren  alle  drei 
sehr  fix  waren.  Felsenb.  2.366;  eine  fixe  zunge,  die  hat  er. 
Lessing  1,255;  hübsch,  munter,  fix.  1,395;  sie  waren  sehr 
fix  mit  diesem  bogen,  aber  man  sieht  es  diesem  bogen  auch 
an.  10,  39 ;  du  bist  fix.  'wie  der  vogel  aus  dem  käfig'.  Gütqe 
8,114.  42,147; 

und  ich  war  Fix  und  bückte  mich  erbärmlich.    11,128: 
erzählt  das  eben  fix  und  treu, 
als  war  er  selbst  gesin  dabei.     13,128; 
bist  du  da?  gestiefelt  und  fix.  Fr.  Müller  3,209; 
mich  haschen  wollte  eine  von  den  fixen, 
doch  lixer  war  die  muscbel  zu  entfliehn. 
und  liesz  im  stieb  den  triton  und  die  nixfn. 

RöcKERT  154  =;  gcs.  ged.  1,159. 

3)  furmelhaß  gesellen  sich  gewandt,  fertig  ü«(i  ausgemacht  zu  fix  : 

hol  ich  ihn  [GollscheiD  einst,  so  soll  er  mir 

meinen  braten  wenden  ITir  und  ffirl 

denn  wir  brauchen  in  unsrer  liöllen 

ohndem  hierzu  einen  starken  gesellen, 

dpf  nicht  viel  denkt  und  mit  der  band 

fix  und  tüchtig  ist  gewandt.    Ro.st  in  Schnüds  anihol.  1,218; 

mein  pathcben  wird  ein  niedlich  mädcben 

und  für  ihr  alter  hat  sie  viel  versffnd, 

dabei  ist  sie  fix  und  gewandt.    Mlsäls  kindvrkl.  115; 

dazu  sind  wir  fix  und  fertig,  unsere  leute  wollten  längst 
rebellern.  Güthe  15,23;  ei  was!  ich  bin  gern  fix  und  fertig. 
15,71;  ihr  müszt  die  gebäude  innerhalb  vier  munate  fix  und 
fertig  liefern.  Lenz  1,  89 ;  fix  und  fertig  ist  der !  Fr.  Müller 
2,26;  und  doch  fix  und  fertig?  Schiller  186*;  fiks  un  fardig, 
völlig  geputzt.  Däb.^ert  lis'; 

mich  wundert,  dasz  sie  meine  frau  abholen  nicht, 
die  fix  und  fertig  schon  im  hause  wartend  steht. 

Rapps  l'lautus  s.  1740, 
quae  jamdudum,  si  arcessatur,  omata  exspectat  domi; 
sisch  fix  un  usgemacbt.    Arnold  pfingstm.  16. 
FIX,  adv.  cito:  fix,  rühre  dichl  move  te  oäus!; 
Dement  den  wein  vii,  biderman ! 

nruzlerin  271*.   Kellers  erz.  WiC,  18; 
sog.Tr  das  seltsame  ding,  das,  närrisch  genug',  in  uns  denkt, 
unti  jede  geheime  feder.  die  seinen  willen  lenkt, 
erklärte  der  mann  so  fix,  als  obs  ein  Uhrwerk  wäre. 
WiEiAKU  4,  .53; 
nicht  volle  neun  tage  ?  heiszt  das  nicht  fix  gearbeitet  ?  19, 212 ; 

die  dame  nahm  bescheidnen  blicks 

besiiz  von  seiner  gäbe, 

und  sireiehelt  ihr  lieb  männeben  fli, 

und  nannt  ihn  guter  knnbe.    Overreck  15t ; 

Merkur,  fix  sporn  und  stiefle  dich. 

und  meld  ihn  bei  der  Didol    J.  U.  Michaelis pot/.  icc»*e  1, 100; 

bei  der  liebe  gegenständ 

gebt  es  mir  fix  von  der  band.    Weisze  kom.  <tp.  1,3; 

greift  fix  nach  steinen  in  die  runde.    Bürger  32', 
wo  es  auch  adj.  sein  kann. 

FL\,  «I.  sub.<!tanliiH.sch :  ich  dauchte  mich  zwar  meislcr  Fix 
zu  sein.  Scuwei.nichen  1,157;  meister  Fiks,  der  Scharfrichter. 
Däunert  IIS*;  gevatter  fixcfaxe.  Simrock  kinderb.  7C7:  batze, 
icte  es  sonst  auch  heuszl  filzcfalz ;  in  Thüringen,  wo  die  spitze 
fixe  (irte  sonsl  hurtig,  wacker,  munter)  heiszen.  J.  P.  flegelj.  3,40; 

seine  mutter  hat  gebuhlet,  oder  hat  in  ihren  wehn, 

ihrem  Spanier  zum  schimpfe  sich  an  einem  vix  versebn. 
Dt&cu  i,dw!-thunA  57; 

111. 


gib  dem  vixe  etwas  zucker,   küsse  doch  doch  das  murmel- 

thier.    66; 

Columella  räth  dem  landmann,  die  zeit  nicht  mit  der  jagd 
zu  verderben,  sondern  nur  für  einen  groszen  schwarzen  hof- 
hund  und  für  tapfere,  am  besten  weisze  fixe  zum  schütz  der 
herde  zu  sorgen.  Voss  anm.  zu  Virgils  landbau  3,  4ü4.  Herr 
in  seinem  Columella  84'  setzt  hurtig  (7, 12).  dat  is  man  en 
fiks,  üri  dem  hunde  ist  nichts  besonders.  Dähsert  118'.  ryl. 
ßngerfix. 

FIXF.\X,  gaukelei,  blendiverk. 

FIXFERTIG,  in  dem  sinne  von  fix  und  fertig,  absolutum. 

FIXFINGRIG,  digitis  velox: 

zum  Zeuxis  prahlt  einst  Agatharcb,  ein  kleiner, 
fixfingriger,  bebender  pinselmann.    Bijrger  64*. 

FIXIEREN,    1)  consiUuere,  festsetzen. 

2)  immolis  intueri  oculis:   sie  fixierte  ihn,  sali  Um  starr  an. 

FIXKUTER,  m.  groszer  haus  und  hopiund,  auch  schäferltund. 

FIXSTERN,  m.  Stella  inerrans,  fixa. 

FIXSTERNHIMMEL,  «i. 

FIXSTERNWELT,  f. 

FL.\B,  äeh  Dappe. 

FL.\CH,  planus,  aequtis.  wie  sich  die  Vorstellungen  flach, 
eben,  platt,  schlicht  und  breit  berühren,  streifen  uudi  die  wort- 
formen in  einander. 

1)  das  alid.  flah  bildet  den  gen.  nalihes  d.  i.  flaches,  trenn 
in  flah  die  reine  spirans  wallet,  wie  in  sah,  goth.  sahv,  altn. 
sä,  wie  üi  höh,  goth.  hauhs,  altn.  här,  wie  in  doh,  goth.  jjauh, 
altn.  \>o  «.  s.  w.,  so  entsjrricht  ilim  vollkommen  das  altn.  Öär  und 
vielleiclit  ein  ags.  fleah.  das  mlid.  vlach,  nhd.  flach  lassen  aber 
den  wirklich  axjnrierten  kehllaut  nicht  verkennen,  wozu  auch  tnnl. 
\lac,  nnl.  vlak  stimmen,  selbst  altn.  ersdwint  fläki  planities, 
nicht  fläi.  im  lit.  plasztaka,  vola  manus  entscheidet  sz  niciäs, 
da  es  sowol  goth.  h  als  k  vertritt. 

2)  gleichbedeutig  ist  mit  lingualauslaul  altn.  flatr.  schw.  flat, 
dän.  flad,  engl,  flat,  wonach  sich  auch  ags.  flät  ansetzen  läszl, 
wie  es  ein  attd.  flaj  gab  (Graff  3,  777),  das  mhd.  nlul.  ausstarb, 
wovon  aber  noch  Hetze  area  übrig  ist  =  ahd.  flezi,  ags.  flet. 
das  auslautende  t  ron  flatr,  z  ron  fla;  würde  der  lautverschie- 
bung  gemäsz  lal.  pladus  fordern,  was  von  latus,  gr.  Tilarvs 
absteht,  wälircnd  goth.  braids,  ags.  brdd,  ahd.  preit  sich  zum 
skr.  prithus  schicken,  welche  Störung  auch  in  den  auslauten 
walte,  die  atdaule  pla  und  fla  stimmen  in  Tilaivs,  planus,  flah 
und  fla;;  dem  b  in  braids,  breit  gleicht  aber  das  blach  für 
flach  in  blachfeld  (2,  58.  59),  nach  oß  beobachtetem  Wechsel 
zwischen  unserm  b  und  f. 

3)  das  flache  feld,  flache  land  sind  der  ge(}ensatz  des  ge- 
birges:  es  si  denn  sach,  das  ein  herr  zu  Kostanz  selber 
ufnem  flachen  feld  lige  {campiere).  weisth.  l,  2S0;  wenn  er 
viele  wagen  bei  sich  hat  und  er  auf  flachem  felde  ist,  auch 
keine  hecken  noch  dörfer  gewinnen  kann,  oeuvres  de  Frederie 
le  gr.  30,32;  als  er  sich  dem  flachen  lande  wieder  näherte 
und  am  fusze  des  gebirges  in  einer  schonen  und  fruchtbaren 
ebene  ein  landstädtchen  liegen  sah.  Güthe  18, 140;  das  leben 
auf  dem  flachen  lande.  21,  20 ;  der  esel  ist  im  gebiig  kein  so 
verächtlich  thier  als  im  flachen  lande.  21,  20;  mit  manigfaltigera 
grün  geschmückt  ist  der  von  Süden  herab  sich  ziehende 
flache  grund,  welchen  die  liier  bewässert.  25,  226.  das  flache 
ufcr  ist  das  niedrige  und  steht  dem  steilen,  hohen  entgegen : 
nach  dem  flächern  ufer.  43,154;  ebenso  die  flache  küsle,  der 
flache  Strand,  die  flache  hand,  vola  manus:  funden  sie  nichts 
von  ir,  denn  den  schedel  und  füsze  und  ire  flachen  hende 
{vulg.  summas  manus).  2  Aön.  9,35;  wie  die  hunde  Jesabels 
flache  hende  fraszcn.  Mathesius  11*.  flache  nase,  flache  stirii 
ist  die  niciU  vorragende,  die  eingedrücJcte,  breite: 

daj  antlütze  dürre  und  vlacb.    Itc.  419; 

nase  vlach  gewunden  und  breit,    kröne  1%64; 

(bein)  vlach  unde  sieht 

als  Cime  tiere  üfreht.    Er.  7357. 

flache  klinge,  die  breite,  unscJiarfe,  ebenso  flacher  hieb  mit  dein 
degen ;  flache  Schüssel,  flacher  löffel,  teller,  geijennher  den 
tiefen,  vertieften  gefäszen,  Haches  wasser  aqua  languida  {wo 
nicht  flack?).  abstract  ein  flacher  sinn,  der  niciU  tief  geht, 
sich  auf  der  Oberfläche  hält;  flache  gedanken,  flaches  urtiieil, 
flaches  Wortspiel;  ein  flacher  mensch; 

flaches  land  und  flache  seelen, 
die  der  erde  schone  zier 
iutii  den  bimmel  mir  verhehlen, 
bleibet  ewig  hinter  mir. 

A.  \V.  Schlegels  pop/.  werke  1,257. 

107 


i69Ö 


FLACH — FLÄCUENKRAFT 


FLÄCHENMAS2  —  FLACHS 


1700 


bergmännisch,  flacher  gang,  flaches  lager,  diu  sich  horiiontal 
abflachen  und  einen  sehr  kleinen,  spitzen  ivinkel  bilden. 

4)  das  flache  fcld  und  land  iä  freiliclt  auch  ein  ebnes,  doch 
bezeichnet  eben  mehr  das  gleichmäizig  fort  erstrecJile  und  für 
flache  hand,  nasc,  schiissel,  klinge  läsil  sich  nicIU  setzen  ebne, 
noch  weniger  für  flaches  uitheil  ebnes,  denn  ebne  gedankea 
drücken  ein  lob,  flache  gedanken  einen  tadel  aus.  das  flache 
land  ist  auch  das  platte,  niedrige  und  die  flache  nase  oder  brüst 
auch  eine  ]ilaUe,  das  flache  fahrzeug  ein  plattes;  doch  t.s(  ein 
plalter  mensch  stärker  gesagt  als  ein  flacher  und  platte  gedanken 
itärker  als  flache,  ein  schlichter  sinn,  verstand  gleicJil  dem 
einfachen,  geraden,  ebnen  und  steht  ab  vom  flachen,  platten, 
der  schlichte  weg  ist  der  ebne,  nicht  der  flache,  die  platte 
spräche  eine  im  ebnen  land  geredete,  darum  keine  flache. 

FL.\CH,  adv. 

und  mir  die  nas  ist  flach  zuquetscht,    fastn.  261,9; 

der  gang  fallt  flach,  wenn  er  unter  einem  winket  von  10  —  30 
graden  gegen  den  Iwrizonl  geneigt  ist;  zu  gleicher  weis  seind 
under  den  schwebenden  gängcn  etliche  die  sich  seiger  ge- 
richt,  andere  aber  die  sich  flach,  auch  andere  die  sich 
steigend  und  fallend  ausbreiten.  Bechius  Agiicola  44;  einige 
modellierten  rund,  einige  flach  erhoben.  Güthe  22, 106 ;  flach 
pflügen,  obenher,  untief;  er  hieb  mit  dem  degen  nur  flach; 

flach  bedecket  und  leicht  den  güldenen  sarocn  die  Tiirche. 

GöTUK  2, 127; 
des  leben»  flach  alltügliche  gestalten.    Sciiller  39'j'; 
flach  und  kahl  entflieht  das  leben, 
läszt  dem  schwaclien  keine  wähl, 
nur  des  starken  echtes  streben 
folgt  dem  flüchtgen  ideal.    Körmer  t,235. 

FLACHBOHRER,  m. 

FLäCHBRCSTIG  ,  gegensatz  2u  hochbriistig,  vollbrüslig, 
mammosus. 

FLACHDEICHSEL,  f  gerade  dcichsel. 

FLACH  DRAHT,  m.  laiin,  filnm  argenti  spurium,  breiter  drahl. 

FLÄCHE,  f.  planilies,  superficies:  fleche  und  ebne  des  felds, 
aeqiwr,  fleche,  breite  on  ein  hohe /ü/i7iirf«.  Dasvp.  327'';  fläche, 
ebne.  .Maaler  137';  auf  der  fläche  des  meers,  in  summa  aqua; 
die  fläche  der  hand,  stirne; 

es  spielen  luft  und  laub,    es  spielen  wind  und  bnche, 
dort  duften  blum  und  gras,  hier  grünen  berg  und  flache. 

Hacedorm  3,  S7 ; 
bescheiden  schlüpfet  sie  zur  tiefe  nieder, 
allein  das  ebenmasz  der  weiszen  glieder 
«trahlt  durch  die  heitre  fläche  [des  bndus)  wieder. 

Gerstenberc  verm.  xclir.  2,  94 ; 

das  kinn  und  die  iiacken,  nie  voll  phlegma  und  fläche. 
Lavater  physiogn.  2,34;  diese  heilere,  bunle,  belebte  fläche. 
GöTHE  25,226;  die  unendliciie  fläche  des  Elsaszes.  25,320; 
nicht  fläche,  weichheil  des  herzcns  sei  an  seiner  Unbe- 
stimmtheit schuld.  33,43;  eine  handlung  der  freiheit,  die 
durch  beherschung  der  eindrücke  ihnen  an  tiefe  nimmt,  um 
ihnen  an  fläche  zu  geben.  Schiller  1164';  daher  wird  man  in 
den  sogenannten  verfeinerten  weltaltcrn  Weichheit  nicht  seilen 
in  wcichliciikeit,  fläche  in  flachheit  ausarten  sehen.  1167*; 

deutsche  flüsse,  in  der  gewässer 

noch  so  stolzer  fläche ! 

einieln  seid  ihr  doch  nicht  besser 

alt  aie  wiesenhnche. 

aber  wenn  ihr   deutsche  flüsse, 

strömet  eure  wassergüsse 

in  6\n  bctt,  in  i'me», 

das  ist  grosz,  ich  mein  es.    Rcckert  1S2. 

FLACHEISEN,  n.  ferrum  quadrilaterum. 

FLACHELMEISZEL,  m.  Werkzeug  der  klempner. 

FLÄCHELN,  flache  verliefungen  machen. 

FLACHEN,  aequare,  ebnen,  s.  abflachen,  ausflaclien. 

FLÄCHE.NFLSZ,  m.  fusz  des  fldchenmaszes. 

FLACHE.NHAFT,  um  kunstwirkungen  zu  erzwecken,  müssen 
an  ihr  (der  kugel)  flächen  hervorgebracht  werden,  damit  die 
theiie  der  schatten  und  lirhtseitc  sich  meiir  in  sich  selbst  ab- 
•ondern.  die  Italiener  nennen  dieses  il  plazzoso,  man  kannte 
es  im  deutschen  das  flächenhafie  nennen.   Gotiik  52.3.14. 

FLÄCHEM.MIALT,  m.  area:  auf  der  ganzen  empflndsamcn 
reite  hatte  der  cubikinhalt  der  braut  in  lauter  zimmern  ge- 
fcblafen,  an  denen  der  flächeninhall  (das  büd)  des  bräuligams 
wie  eine  kreuzspiane  die  ganze  nacht  herunter  hicng.  J.  P. 
Http.   1,  17S. 

FLACIIENKRAFT,  f.  eine  bewegende  kraft,  dailunh  ma- 
lerien  nur  in  der  gemcinNchafi liehen  fläche  der  berubrung 
WuniUelbar   auf  einander   wirken   können,   nenne   ich   eine 


flächenkraff.  Kant  8, 503 ;  danach  aber  wird  dem  inteliect 
klar,  dasz  er  selbst  da  eine  blosze  fläcbenkratt  ist,  gleich 
der  electricität,  d.  h.  blosz  die  Oberfläche  der  dinge  erfaszt. 
Schopenhauer  parerga  2,  35. 

FLÄCHENMASZ,  n.  mensura  latiludinis,  super ficier um. 

FLÄCHENRAL'M,  m.  spatium  areae. 

FLÄCHENRUTHE,  f 

FLÄCHENSCHUH,  m. 

FLÄCHENZAHL,  f.  numerus  planus. 

FLÄCHENZOLL,  m. 

FLACHERHOBEN,  halberhoben,  basrelief,  opus  ex  dimidta 
parte  caelatum :  eingelegte  arbeit  und  flacherhobenes  von  Calel. 
GöTIlE  31, 118. 

FLACHFALLEND,  in  profundum  diagonaliler  descendens. 

FLACHFELD,  n.  blachfeld,  camjms.    Dasyp.  327*. 

FLACHFISCH,  m.  was  plattfisch,  pleuronecles. 

FLACHFUSZ,  m.  planijies. 

FLACHFÜSZIG,  plautus. 

FLACHGARN,  n.   niedriges  netz  zum  hühnerfang. 

FLACHGEBILDET,  ein  zimmer,  das  rings  umher  mit  hoch 
und  flachgebildcten,  mit  gröszeren  und  kleineren  figuren  ge- 
füllt war.  GiiTHE  23,  27. 

FLACHGESCHLIFFEN,  unsere  ftachgeschlifl"enen  Schrift- 
steller, z.  b.  Geszner,  im  gegensalz  zu  denen  in  erhabener 
arbeit,  »eiche  durch  Übersetzung  nur  in  vertiefte  verwandelt 
werden.  J.  P.  aesth.  3,  2«.. 

FLACHGESCHLITZT,  diagonalüer  flssus:  flacl geschlitzte 
äugen.  Nicolais  Sebaldus  AWAan/.er  l,  170. 

FLACHHAND,/',  pu/ma,  a/id.  flajja :  da  siudhciiiclie  saehen 
und  so  begreiflich  wie  die  flachhand,  wenn  man  sie  nur  ge- 
faszt  hat.  Güthe  29, 160. 

FLACHHEIT,  f  planities,  sowol  fläche  als  oberfldcldichkeit. 

FLACHHOHLEISEN,  n.  meiszel  der  bildhauer. 

FLACH  KETTE,  f.  am  tej)pichgewebe. 

FLACHKOPF,  m.  l)  clavus  plani  capitis,  nagcl  mit  flaclum 
köpf.  Karmarsch  1,  480. 

2)  ingeninm  imbecille,  schuachkopf:  ein  junges  genie,  seiner 
profession  nach  ein  niahler  und  beinahe  ein  ebenso  aufge- 
dunsener üachkopf,  als  sein  jüngerer  kunstgenosse.  Musäus 
toi/um.  716 ;  hingegen  ist  es  eine  ganz  bekannte  sache,  dasz 
unter  Klopstocks  eifrigsten  bewunderern  einige  der  gröszten 
flachköpfe  der  nation  sind.  Lichtenherg  1, 3oS;  ich  würde 
mich  nicht  trösten  können,  wenn  ich  ihn  einst  wie  einen 
anmaszcndcn  burschcn  oder  wie  einen  hohlen  flachkopf  oder 
wie  einen  eitlen  narren  umhergehen  sähe.  Niebouk  leben 
2,  486. 

FLACHKÖPFIG,  imbecillis. 

FLACHLAND,  n.  gestaltloses  flachland.  Huubolbt  kosmos  1,7. 

FLACHLÄNDER,  m.  incola  regionis  jAanae:  flachländer  von 
hügeln.  auen  und  wiesen  her.   Göthe  15,308. 

FLÄCHLICH,  obliquus. 

FLÄCHLING,  m.  flaclikopf 

FLÄCHLINGEN,  adv.  in  planum.  Maaler  137'. 

FLÄCHLINGS,  oblique.  Stieler  491. 

FLACHMAHLER,  m.  anstreiciur,  tüncher.  Hecner  5,149. 

FLACH.MEISZEL,  m.  mit  gerader  schneide,  gegenüber  dem 
hühlmeiszel. 

FLACHNASE,  /".  simo,  slumpfnasie. 

FLACHNASICHT,  simus:  die  flachnäsichten  weiber  wären 
bei  den  mohren  die  sciiönsten.   Lohenst.  i4rfn.  2,  90. 

FLACHNÄSIG,  dasselbe,  der  ein  lelleriias  hat.  Dasyp.  289*. 

FLACHRLTHE,  f.  wtrkzeuq  bei  der  sammtweberei. 

FLACHS,  m.  linum,  ahd.  flahs  (CiRArr  3,  771),  mhd.  viahs, 
nd.  flas  n.,  ni.  vlas  n.,  ags.  fleax  n.,  engl,  flax,  fries.  flax  n. 
doch  altn.  hör,  noriee^.  hör.  wie  auch  aiul.  haru,  gen.  harawrs 
i^alt  (Graff  4,  9h7),  nüid.  bar  {wh.  1,033')  und  noch  heule  in 
Ostreich  bar.  das  goth.  worl  iß'bricht,  man  d'irf  wol  auf  harvs 
rathen,  wenn  niclit  lein,  aifiidJi;  linleum  zugleich  die  pflanze 
bezeichnete,  wie  sie  dir  lil.  ;>/.  linnai  ausdruckt,  die  buchslahcn 
von  flahs  malmen  an  goth.  |>lalixjaii  (sr/irerArri).  was  nun  flaii« 
angeht,  so  steht  Htm  unmUlrlbar  uali  das  lit.  plaukas  cainttus. 
in  allen  slavii-chen  sprachen  allst,  vlas  ,  russ.  volos  ,  lnAm. 
serb.  vlas,  poln.  wlos,  wiederum  capitlns,  und  das  serbische  irnrt 
bedeutet  auch  eine  gattung  flachses.  gerade  u-ie  sich  unser  b.Ar 
crinis  mit  haru  linum  beriihrt,  müssen  auch  plaukas,  vlas  und 
flaiis  zusammemjehören,  haar  und  gehlmmler  flachs  s^nd  gteich- 
gestattcl  und  einen  hellgelocUen,  blondlocXtyen  nennen  uu  flach«- 
haar,  flachskopf. 


1701 


FLACHS 


FLACHSACKER  —  FLACHSEN 


1702 


als  ich  still  und  ruhig  spaon, 

ohne  nur  zu  stocken, 

trat  ein  schöner,  junger  mann 

nahe  mir  zum  rocken. 

lobte  was  zu  loben  war, 

sollte  das  was  schaden? 

mein  dem  flachse  gleiches  haar 

und  den  gleicbeu  faden.    Göthe  1,202. 

in  den  formen  siimnü  plauk  xu  flali,  nur  fehlt  das  in  flahs 
folgende  s.  vährend  dieser  auslaul  im  ü.  vlas  haflet ;  Übergänge 
des  anlautenden  v  und  f  rechtfertigen  sich  auf  vielen  tcegen. 
zuletzt  aber  kann  man  nicht  umhin,  nach  der  analogie  von  haru, 
här  und  sl.  vlas,  auch  noch  fabs  (.<p.  1225)  in  die  vencandl- 
schaßsreihe  von  flahs  einzulassen,  da  aus  den  anlauten  1)1,  pl, 
fl  das  1  oft  weiciU,  ttie  vir  bei  biegen,  flieben,  ftigere  oder  bei 
pectere,  flectere  und  plectere  geicahren.  unser  fabs  hat  die 
bedeutung  des  lit.  piaukas,  unser  flahs  die  des  d.  vlas.  in  der 
vurzel,  welche  sie  nun  sei,  «aren  die  Vorstellungen  des  kämmens, 
flechtens,  tcebens  gelegen. 

1)  vie  unterscheiden  sich  lein,  linnen  und  flachs?  es  heiszl 
nd.  lein  säen,  lein  bauen,  lein  jäten,  der  lein  siebt  gut ;  hd. 
aber  flachs  säen,  jäten,  der  flachs  steht  gut,  der  flachs  blüht, 
flachskraut,  flacbsfeld,  flachsernte,  den  flachs  rösen,  rösten. 
brechen,  schwingen,  hecheln,  spinnen,  den  flachs  verweben ; 
grober,  feiner,  langer,  kurzer  flachs,  hingegen  sagt  man  lein- 
weber,  linnenhenid,  linnentuch,  leinwand.  niemals  flachsweber, 
flachshemd,  flachswand,  tcol  ater  flachsleinwand :  sie  gehet 
mit  wolle  und  flachs  umb  und  erbeitet  gerne  mit  iren  henden. 
spr.  Salom.  31,13.  lein  und  linnen  bezeichnen  also  das  zu  tuch 
werdende  oder  gewordne  gam.  flachs  die  rohe  oder  auch  verar- 
beitete pflanze,  solange  sie  noch  in  faden  dem  haar  gleicht,  datier 
flachsgelb,  flachskopf,  nic/i/ leingelb,  leinkopf  od«- linnenkopf. 
in  flachs  bricht  immer  der  begrif  des  haarigen  durch,  der  im 
ijewebten  tuch  aufliOrt,  in  leinsame  und  leinöl  nicht  zu  suchen 
üt.  ganz  wie  flachs  musz  sich  haru  verhallen  haben.  Bocs  im 
krätäerbuch  130  sagt:  gleichwie  in  griechischer  und  lateinischer 
Zungen  leinen  geducli  und  das  flachskraut  kirov  oder  linura 
genennt  werden,  also  behielt  der  flachs  in  unserm  land.  er 
sei  grün  im  feld  oder  zu  spinnen  bereit,  seinen  namen  flachs. 
sprich«,  kurzer  flachs  gibt  auch  langen  faden;  flachs  und 
reben  geben  nichts  vergeben  (umsonst). 

2)  man  sagt  eine  reiste,  riste  flachses  (Graff  2,541); 

alles  ir  gewasses 

gar  kleine  risten  flasses.    Diul.  1,3'*4; 

so  gibt  si  mir  verholn 

ein  reisten  flachs  oder  zwu.    faftn.  6S9, 2. 

üblicher  ist  heute  kaute,  flachskaute,  flachsbündel,  merkwürdiger 
das  bairische,  steirische  schot:  ain  schot  harbes,  zwai  schot 
(ScHM.  3,  417.  Raccb  2, 112. 113),  ifonn  ich  das  goth.  skaudaraip 
luäi,  den  bundriemen  finde,  so  dasz  skaud  oder  ahd.  scut  bündd, 
gebund  ausdrückt,  auch  pöjo  (2, 26S)  galt  dafür  ahd.,  nd.  bute 
de  lino,  ein  hotten  flachs,  weisih.  3, 137, 13S,  rj/.  2,  268,  an- 
derer benennungen  zu  geschweigen. 

3)  die  samenboHe  oder  hülse  des  flachses  heiszl  knote,  jil. 
knoten,  knotten:  also  ward  {vom  hagel)  geschlagen  der  flachs 
und  die  gersten,  denn  die  gersten  hatte  geschossct  und  der 
flachs  knoten  gewonnen.  2  Mos.  9.31; 

dich  lieb  ich  ganz  allein,  und  meine        liebkeit 

die  alles  unternimmt,  verändert  keine  zeit. 

zweimal  siehst  du  den  flachs  schon  gelbe  knoten  schlagen, 

zweimal  die  reife  saat  die  vollen  ähren  tragen, 

doch  wart  ich  in  geduld  auf  einen  holden  scblusz. 

Dlsch  reim,  werke  4S2. 

4)  was  bedeutet  'mit  flachs  schieszen'? 

was  steht  ihr  dort  und  da  bei  solchen  gaukelpossen? 

laszt  es  der  einfalt  zu,  der  es  am  salze  fehlt, 

und  diesem,  den  ein  kus  bisweilen  ärger  quält, 

als  wenn  ein  rothes  aug  ihn  gar  mit  flacbs  geschossen. 

GÖMTUSR  509. 

das  rothe  äuge  meint  eine  hexe,  blies  sie  aus  roltr  fldclisne 
bolzen? 

5)  flachs  drückt  auch  aus  ehorda,  lendo,  nervus,  was  wir  ge- 
wöhnlich flechse,  flachse  /.  nennen,  weil  die  sehne,  ehorda  zäli 
und  fest  wie  flachs  ist,  aus  flachs  gefloclUen  wird:  ein  jeglicher 
flachs,  der  sein  baisam  verleurt,  gibt  auch  ein  lahme  wund. 
Fabacelscs  c/iir.  «Ar.  6';  flachs,  nervus.  Calepim  diction.  Basel 
ltil6  p.  943.  dies  bestätigen  flachsader  und  harwachs  (nerri«, 
cartilago),  welches  letztere  von  bar  (linum),  nicht  von  här  (crinis) 
zu  leiten,  also  niclit  hdrwachs  zu  schreiben  ist.  mehr  unter  diesen 
icOrtern  und  unter  flachse,  flechse. 

*.  erdflachs,  frauenflacbs,  queisflacbs,  wasserflachs,  wiesen- 
Qachs. 


FLACHSACRER.  m.  ager  Uni,  flachsfeld. 

FLACHS.\DER.  f.  nervus,  lendo,  was  das  vorhergehende  flachs  5 : 
wie  man  die  sailen  aufzeucht,  also  waren  die  gelider,  die 
flacbsadern  und  blutadern  zerspannen.  Keisersberc  schif  der 
jien.  94*;  Dastp.  150'.  Fbisils  S65*.  Maaler  136*;  zerfolterl 
inen  die  flacbsadern.  Garg.  205';  die  senn  oder  flachsader 
darvon  (vom  rennthier  dient  ihnen)  anstatt  des  flachses  zu  garn. 
Fi*CHART eAj.  546 ;  wann  ein  rind  hinkt,  darumb  das  es  im  die 
nerven  oder  flacbsadern  vertretten  oder  verletzt  hat.  Sebiz  129. 

FL.\CHS.\DERLEI.\,  n.  nervulus:  es  ist  aberwol  zu  merken, 
das  unten  an  den  schlafen  ein  flaiäderlin  ligt,  welches  so 
es  inzwei  geschnitten  wird,  die  erstarrung  des  kiefels  oder 
kinbackens  leichtlich  verursachet.    WI^rtz  los. 

FLACHS.\GEN,  f.  paiea  Uni,  bair.  harbagen  (goth.  barvis 
ahana  ?) ; 

mhd.  lii  äf  gin  agen  und  vlahs!    CA.  1, 19'i ; 

artischokislöcke  vor  der  gefrier  mit  flachsagen  oder  gräten 
einmachen  {bedecken)  lassen.  Hobrerg  1.137*.     s.  agen  l,l«i9. 

FLACHSARBEIT,  f.  bei  pflege  und  Zubereitung  des  flachses. 

FLACHSART.  f  genus  linL 

FLACHSARTIG.  lino  similis. 

FLACHSBART.  m.  lanugo. 

FLACHSBÄRTIG. 

FLACHSRAU.  m.  Uni  cultura. 

FLACHSREREITER.  m.  Imarius.   Maaleb  13«*. 

FLACHSBEREITL'.NG.  f. 

FLACHSBL.\TT.  n.  folium  Uni:  so  man  flacbsblelter  auf 
zeilige  geschwer  legt,  so  machet  es  zuband  ein  loch  darein, 
also  das  mans  nicht  aufbrechen  darf.  Lo.ticERus  1S9'. 

FL.\CHSBLELEL,  m.  maUeus  stuparius.  im  vuc.  14S2  h7* 
flanga. 

FLÄCHSBOLLE,  f.  flachsknote :  ein  jedes  blümlein  derhaus- 
wurz  vergleichet  sich  einer  ofl'enen  flachsbollen.  Tabebkäxo;«- 

TA.NL'S    224. 

FLACHSROSZE.  f.  fasdculus  Uni  manualis. 
FLACHSBRECHE.  /.  lini  frangibulum. 
FLACHSBRECHERIN,  f.  quae  linum  frangü. 
FLACHSBÜNDEL,  m.  fasdculus  lini. 
FLACHSBLSCHEL,  m.  dasselbe. 
FL.\CHSCHEiBE,  f.  ein  Werkzeug  der  uhrmaeher. 
FLÄCHSCHEN,  n.  linulttm: 

ich  hab  gesponnen  genug  weiszes  fläcbschen. 

FLACHSCHWEBE.ND :  das  strotzende  der  eichenäste,  das 
flachschwebende  der  buche.   Sal.  Gesz.ser  2.  260. 

FLACHSDARRE,  f.  furnus  Uno  lorrendo. 

FL.\CHSDOTTER,  m.  pseudolinum,  sesamum,  cuscuta,  lein- 
dotter,  ein  schädliches  unkraut,  dem  flachs  an  kratä,  Stengel  und 
holten  ähnlich,  das  sich  viel  in  flachsfetdern  findet.  Lo!«iceru3 
194*.  195*.  236*,  heiszt  auszerdem  llachsseide,  bair.  harlocke :  es 
soll  auch  jede  gute  haushalterin  iren  flachs  von  den  har- 
locken,  welche  man  flachsseiden  oder  flachsdotter  («  steht 
dotten  für  dotier  oder  dottem)  nennt,  lo»  machen.  Sebiz  503. 
auch  engl,  dodder,  a  pdrasitical  plant  that  draws  its  nourish- 
ment  front  other  plants ,  schw.  dodra,  däddra,  ddn.  dodder. 
nicht  anders  gilt  nhd.  das  einfache  dotier  soviel  als  flachsdotter. 
leindolter  (2, 1314).    der  name  rfthrt  von  der  eigelben  blute  her, 

FLACHSE,  f.  nervus,  u-ie  flachs  5  und  das  heutige  flechse: 

denn  weil  vom  schlafe  schon  die  flachsen  starrend  worden. 

Grobian.  2; 

dem,  der  uns  nicht  rauchen  läszt, 

soll  an  statt  der  nerv  und  flachsen 

ein  tobacksstrunk  wachsen.    Gi:!<THER  920. 
das  f.   ist    Mcht   ganz  sicher,   da  sich  die  pL  beider  bdege  audi 
männlich  nehmen  lieszen. 

FLACHSEITIG.  flache  seilen  habend. 

FLACHSE.N,  FLACHSEN,  FLECHSE.N,  Uneus.  flachsin  toe. 
14S2  hS';  'die  Philister  über  dir,  Simson!'  er  aber  zureisz 
die  seile,  wie  eine  flechsen  schnür  zureiszt,  wenn  sie  ans 
fewr  feucht.  r»<:A^.  16,  9;  paliiiim  ist  ein  henfen  oder  flechsen 
faden.  Luther  8,245*;  Äächsin  liimple  linamentum.  Maalei 
136' ;  und  es  ist  nicht  wol  müglich  gott  ein  flächsinen  barl 
oder  wächsine  nas  zu  machen,  dan  solchs  mag  niemand 
thun,  dann  unser  I.  muter,  die  h.  röm.  kirchc,  die  vier  weisiei 
fiisz  hat  und  nit  glitschen  kan,  noch  zol  geben  darf,  darum 
hat  sie,  zu  eim  warzeichen,  das  sie  gott  ein  flächsinen  barl 
machen  wöll,  einen  heiligen  brauch,  das  sie  ihren  gott  in 
den  kirchen  mit  eim  weiszen  hart  wie  flachs  abmahlt,  bienenk 
202*:  ich  hätte  oft  manchen  hören  sagen  'o  wie  ist  diesei 
oder   diese   so   ein    allerliebstes  oder  allerliebster  mensch! 

107* 


1703       FLÄGHSENZART  — FLACIISLOCK 


FLACHSMACHER—  FL  ACK 


1704 


da  inusz  man  zusehen,  dasz  die  fläclisene  zarte  wort  nicht 
wirken  tuch  machen  und  der  supcriativus  nicht  in  des  nach- 
barn  taubhaus  fliege.  Simpl.  3,731; 

nun  wnr  ihm  gelungen 
einen  flächsenen  hart  und  ciiio  wächserne  nase 
seinem  könig  zu  drehen.    Götub  40,97,  wo  im  Hcincke  sieht: 
Uli  hndde  nisus  encn  vlassen  hart 
deine  koningo  makei  tor  .sulvcii  varl, 
nicht  allene  encn  hart  van  vlasse, 
ineii  ök  ene  iiesc  angesel  van  wa.«se; 
der  erzdiimmling  mit  nachseiicn  haaren.    MöiiiiiK  Marliii  hl; 
zeuge  aus  baumwollen  und  (lächsen  garnc  zu  inaciien.  Fclscnb. 
2,  ■122.    kuclieu  (VIS  tveizentnchl  nnnit  man  in  der  Wdterau  flessene, 
kuchen  aus  kurn  und  gerslfniiwld  wirkene.     nd.  Iwiszl  von  flässen' 
so  viel  ah  ron  neuen»,  ron  fristlicin,  mit  erncuerUr  kraft.  Heüter 
läusclwn  un  rienich  4  aufl.  s.  77. 

FLÄCHSENZAllT,  teuer,  nwllis  ut  Unum: 

silbern  war  sein  hart, 
fläch.senzart  .«ein  schelte!  war.    Herder  8,81. 

vijl.  die  eben  aus  Simpl.  3,  731  angezogne  stelle. 

FLXCHSKBN,  lincus,  gebildet  trie  dörnerii,  .steinern :  weisz 
mein  herr  wie  die  sachen  stehen?  diesem  hurenjäger  wird, 
ich  weisz  nicht  was  für  ein  labcnfell  entlaufen  sein  und  der 
sie  genommen  hat,  wird  ihn  iibcrredel  haben,  als  ob  wir  es 
gethan,  damit  er  den  kerien  von  dem  halse  schaffe,  und 
dieser  rotzlöffel  hat  ihm  lassen  einen  flächsernen  hart  an- 
drehen. Grtfhius  1,888;  blut  färbt  ihr  flächsernes  haar.  Fr. 
Müller  1, 190. 

FLACHSFADEN,  ni.  fitum  lini:  so  theur  kann  der  aller- 
lieiligst  vater  zu  Honi  flarhsl'aden,  der  sonst  kaum  sechs 
pfeniiig  werth  ist,  verkaufen.   Luther  ed.  Irmischer  2C,  52. 

FLACHSFAHHE,  f.  eolor  lineus. 

FLACHSFAHBIG,  colorc  lineo. 

FLACHSFELD,  n.  camjms  lini:  Hcrulorum  cxercitus  dum 
hac  illacque  difliigeret,  tanta  super  eos  coelilus  ira  respexit, 
ut  viridantia  camporiim  lina  cernentes  naialiles  aquas  esse 
putarent.  duinque  quasi  naialuri  brarhia  exlendcrent,  cru- 
deliter  hostiiiin  fcriebantur  a  gladiis.  Paulus  diaconu.i  1,  20. 
auf  einmal  kamen  sie  an  einen  stark  angeschwollenen  bach 
und  war  keine  brücke  und  kein  sieg  darüber  zu  geben,  da 
war  die  braut  flink,  hob  ihre  kleider  auf  und  wollte  durch- 
waten, wie  sie  nun  eben  im  wasser  so  steht,  ruft  neben  ihr 
ein  mann  'ei  wo  hast  du  deine  aiipen?'  da  giengen  ihr  die 
awgen  auf,  und  sie  sah  sich  mitten  in  einem  blaubiühcnden 
flachsfelde  siehn.  kinderm.  llft. 

FLACHSFINK,  »n.  frimßln  linaria,  hänßing:  hat  den  namen, 
dieweil  er  von  dem  hanfsnmen  imd  von  dem  leinsamen  seine 
nahrnng  suchet.  Lonicerus  316';  Jas  zeisle,  ttachsliiik  und 
die  mcis.  gantkönig  a2'. 

FLACHSFISEL,  m.  ßachsbart.  Schmid  193. 

FLACHSr.ELB,  /farH.-c  ut  Unum. 

FI-ACHSGBAS,  n.  eriopliorum,  Wollgras,  mvsenflaehs. 

FLACHSHAAH,  n.  capillus  flarus:  er  hatte  milchhaare  im 
hart  und  narb«liaare  um  die  schlafe.   Göthe  8, 54.  42,  «7. 

FLACHSHAAKIG,  /Jariamius  : 

rrcnndlich  stehn  sie  ort  still  und  reden  gern  mit  den  alten 
miiltern,  welch  im  arm  flachi-liaarige  hiilieii  und  niägdlein 
tragen,  oder  aufs  gras  zu  den  küchlciii  sie  tuhreii  am  leitband. 
SciminT  nin  W'crneuclien  151. 
FLACHSILVNDEL,  m.  mmatnra  linaria. 
FLArHSH.\MtLEH,  «i.  Itnopdla. 
FLACHSHECHEL,  f.  hami  ferrei  Uno  Iradando. 
FLACHSJAHIJ,  n.  in  nelchem  der  flaelis  gerdlh.     die  bauern- 
regcl  lautet: 

lichttnesz  hell  und  klar 
gibt  <'iii  gutoti  flachsjahr. 

FLACHSKLOPFEN,  n.  pulsalio,  fraelio  lini:  wie  in  dem 
gemühlde  Hogarts  der  zuclilineisler  iiinter  dem  menschen- 
freandlichen  mädchen  steht,  die  zum  flachsklopfen  verurtheilt 
ist.  SriBZ  2.  56.     das  Werkzeug  dazu  lu-istt  flachskiopfc  f. 

FLACHSKNOTF:,  m.  u-as  flachsbolle. 

FLACHSKdI'l',  m.  roma  flava. 

FLACHShOi'FCHEN,  n.  tnfans  flavicomus. 

FLACHSKliACT,  n.  linum,  zuweilen  pseudolinum. 

FEACHSKItEIS,  m.  circulus  nentium:  endlich  schied  der 
gelehrte  an»  dem  flachskreise.  J.  P.  Fibel  05. 

FLACHSLAM),  n.  ager  hni 

FLACHSLOCK,  m.  fasriculus  lini:  dan  Rind  sihen  flachs- 
locken. KEiAKAMti.  bilg.  51';  sie  haben  den  flachs  gehechlel 
und  haben  im  eben  gctbon,  als  man  thül  tuil  einer  kunkelat, 


die  man  nuisleriich  wil  anlegen,  so  nimpt  man  die  lengsten 
volkunimensleii  und  hübsten  liick  und  rislen  (luchs,  die  legt 
man  uszwendig  umbher,  und  inwendig  hinein  miszt  man  die 
kleinen  kurzen   liick,  die  nit  als  hübsrh  sind,  und  die  nenjpt 
man  kindlen.  51'.     Maaler  lati*  ic/irc/i/  der  flachslocken,  hapsus. 
FLACHSMACHEH,  m.  Uni/ex,  länweber.    ruf.   14S2  h  7*. 
l'LACHSMANN,  «i.  lintearius,  linarius.  Mamir  i:ib*. 
FLACliS.MiJHLE,  f.  zum  stampfen  des  gentstelen  flaclises. 
FLACHSMTZ,  «i.  Uni  uliUlas:    seiwrz  rom  flaeiisnutzc, 
gowis  der  lielie  flachs  ist  gar  ein  nutzes  wescii, 
der  der  es  wo  nicht  glaubt,  mag  die.se  reime  lesen. 
I.iu;u;  1,3,5. 

FLACHSPERÜCKE,  f  capillumenlum  flavum. 

FLACHSPFAL,  m.  ein  starker  pfid.  welehcr  durrh  ein  gebund 
flachs  im  wasser  yescidagen  wird,  damit  es  darunter  tum  rdsten 
festgehalten  werde. 

FLACHSHALIKE,  f.  erulsio  Uni.  ausziehen  des  reifen  flacitses. 

FL.\(;HSHEFFEN  ,  n.  delraetio  lim  eupilum,  abstreifen  der 
knoten  des  geernlelen  flacli.'ies,  ein  rolkslesl,  wobei  den  arbcitern 
mileh  mit  eingebrockten  wecken  ausgetlwilt  zu  werden  pflegt. 

FLACHSHEICH.  Uno  ferax. 

FLACHSHEISTE,  ni.  fasciculus  lini:  ein  härl  bat  die  Jungfer 
wie  ein  flachsreisten.  Schwabe  tintenf.  59.  Maaler  13tj'  flachs- 
risten. 

FLA(/HSI{!FFEL,  f.  hami  ferrei  delrahendis  eapilibus  lini: 
flachsrilfel  oder  kill'el,  mataxa,  dentria,  ritora.    mc.  14S2  h  7*. 

FLACHSItOCKE,  m.  coUis,  spinnrocke. 

FLACHSIU)SSEN,  »i.  maceralio  Uni,  as.'nmiUerl  aus  rosten, 
rösten:  das  flachsrossen  in  unsern  lorcll,  grundel  und  krebs- 
wassern soll  ganz  und  gar  verbotten  sein  und  sonsten  auszer- 
balb  der  flicszcnden  wasser  eigene  wannen  und  gruben  an 
unnachlheiligen  enden  oder  pfülen  gemacht  und  zu  flachs- 
rossen gebraucht  werden,  doch  was  die  Löhn  und  Eder  als 
ziemlich  grosze  ströme  anlangt,  darin  flachsrossen  an  den 
tischen  keinen  schaden  thun  können,  soll  allein  in  denselben 
flachsrossen  zu  machen  erlaubt  sein,  fischordn.  landijr.  Georgs 
von  Hesseii  1042. 

FLACHSHOSTE,  HOSTE,  /".  maceralio  lini  und  hcus  macerando 
Uno:  schlahcl  ins  wasser  pfäle  und  bindet  daran  liürden 
oder  leitein,  wie  in  etlichen  orten  die  flachsroslen  gemacht 
werden.    Kimchhok  di.sc.  md.  108.     poln.  moczadlo. 

FLACIISSAAT,  f  scges  Uni. 

FLACHSSAME,  m.  scmcn  Uni,  leinsame:  der  samen  des  flachs- 
dollers  wiid  gebraucht  wie  der  flachssamen.  Lonicerus  195*. 

FLACHSSt'HÄlJE,  f.  agen,  palea.  abgang  beim  brechen,  flachs- 
acheln,  nd.  schewe,  flasschcwe  (Sciiambach  1S3'),  man  findet 
auch  geschrieben  schiefe:  da  hat  er  ganz  jammerlich  gelegen 
auf  der  erden  unter  den  flachsschiefen.  Henneberger  346. 
poln.  pazil/.ierze  ;)/. 

FLACHSSCHWINGE,  f.  venlilabrum  lini. 

FLACHSSEIDE.  /".  cuscuta,  flachsdotter,  fiizkraul.  Lomcer236'. 

FLACHSSPINNEIIEI,  f  ars  fda  deduccndi. 

FLACHSSTENGEL,  m.  calamus  Uni:  sie  aber  liesz  sie  auf 
das  dach  steigen  und  verslecket  sie  unter  die  flachsslengel, 
den  sie  ir  auf  dem  dach  ausgebreitet  hatte.  Jos.  2, 0.  der 
acc.  'den'  gehl  auf  flachs  in  flachsslengel.  sjtätne  ausgaben 
ändein  unnölhig  in  'die'. 

FLACHSTAHL,  wi.  geradschneidiges  Werkzeug  der  drechsler  xum 
abdrehen. 

FLACIlSTANtiE,  f  zum  pressen  in  blech. 

FLACHSIEINSCHNEIDEU,  m.  eaelator  :  ein  schmergelslein, 
da  die  ilarhsteinschneider  alle  stein,  ohne  den  diainani,  mit 
sclmeitlcii.  Thurneisskr  magn.  alch.  2,  Sti. 

FLACHSTICHEL,  »«.  fMscJineidiger  sticliel. 

FLACHSW  ASSEH,  n.  das  vom  rö.'iten  des  flach.'^s  schwarze, 
sUnkende  wasser.  die  fische  sUrben  dalwi  und  die  krebse  kriechen 
ans  uftr. 

FLACIISWEIDE,  f.  salix  rimtnalis. 

FLACIISUlitTKL,  f  rertebra  linaria.  Maaler  136*. 

FLACII\M;1IK,  h.   ojms  planum,  arbcitssluck  «Ut  ebner  flache. 

FL\('H/IK(;EL,  f  legula  plana. 

FLAt'K,  Icfiidus:  flack  sein  oder  lowe  sein,  /r;iere,  i.  e. 
calefieri.  roe.  14S2  h7*,  man  möchte  (jenau  wissen,  in  welcher 
gegend  auftjenommen ;  flack  Iqndus,  incalescens,  flackes  wasser, 
aqua  tcfiida.  Stiki.er  492;  flack,  irurm,  lau,  desgL  black,  dal 
water  is  black,  doch  huret  man  mehr  flack  sprechen.  Sthodt- 
mann  2«.  55.  luntichsl  liegt  ags.  »iilc  lepidus.  vLco  lepor.  vHc- 
vcariu  lepulut,  tejwrus,  engl,  lukewarm,     vi  und  fl  verhalten  sich 


1705 


FLACKE  —  FLACKERLEBExN 


FLACKERN  — FLADE 


1706 


wie  in  rasen,  fräsen,  wrasen  (cespes)  oder  in  ringen,  fringen, 
wringen  {turquere).  das  uwt  scheint  nicht  hd.,  Dähnert  12-2' 
gibt  für  flakke  die  dopjtelle  bedeulung  untief  d.  h.  fladi  und 
lauUch:  dat  is  jo  nig  flakk,  uarm.  im  brem.  üb.  3,4  steht 
laak  laulich,  schwul,  daneben  slak,  sluk,  slukwarm.  das  ags. 
slac,  engl,  slack  ist  piger,  segnis,  und  wir  finden  hernach  im 
rerbum  flacken  3  irieder  die  bedeutung  segnescere,  fürs  adj.  schreibt 
ScH«.  1,  5S2  flach,  flau,  träge,  besser  schiene  flack.  die  aus- 
lautende tenuis  in  tUic  forderte  allerdings  ein  hd.  ch,  doch  hat 
es  bedenken  flach  planus  diesem  flack  lepidus  gleichzustellen,  dessen 
ags.  vi  fiel  eher  einem  hd.  nackten  1  entspräche,  wie  sich  wirklich 
ahd.  lao,  gen.  lawes  tepidus  findet,  woraus  nhd.  flau  wird,  gerade 
tcie  flack  aus  lack,  auch  unterscheidet  Rilian  flau«  languidus 
145'  von  Tiack  jilanus  752*.  dem  lak  ertheill  Schambach  117' 
die  bedeutung  ungesalzen,  unschmackhuß.  leie  auch  Dan.neil  flack 
p/anus  52'  von  lack  jejunus  122"  fern  hält,  ubsclion  jenes  engl. 
luke  de«  wegfall  des  Itpiienanlauls,  also  das  laak  des  brem.  wb. 
bestätigt,  dies  flack.  Jack  entspricht  merkwürdig  dem  goth.  J>laqus, 
lat.  flaccus,  flaccidus.     »«an  erwäge  flacken,  flackern,  flau. 

FLACKE.  f.  procella,  turbo,  stürm,  wind,  mhd.  Oäge,  vläge, 
Becb  in  Pf.  Germ.  3,335.    mnl.  vlaghe,  nnl.  vlaag: 

die  wint  ene  vlaghe  brachte.    Uose  13151; 
en  seinde  (segnete)  wint  en  waghe, 
datse  Valien  soude  die  vlaghe.     Maerl.  3,  ISO; 
des  Sturmes  vläge  dö  gelac.    pnss.  K.  11,78; 
vil  storme  an  großen  vlägen.    4$,  59. 
nhd.  nur  in  einer  stelle: 

ein  schidein  stand  gehemmt  an  einem  starken  starken, 
das  schwebet  auf  dem  meer  und  spielte  mit  den  llaekeu. 
Werders  .4r.  10,37, 

wo  im  original  coi  fluUi  marini  scherzando,  allein  die  flacken 
sind  keine  wellen,  wogen,  sondern  winde,  schauer,  wie  man  noch 
heute  nd.  schneeflage,  regenflage,  windflage  sagt,  vielleicht  zu 
schreiben  staken  :  flaken ;  man  könnte  auch  verstellen  flacken  = 
flaggen,  vexUlis.     s.  flagge. 

FLACKE.  f.  vexUlum.     s.  flagge. 

FLACKEN,  in  mehrfacher  bedeutung, 

II  flacken  oder  lawen,  tepere.  roc.  14S2  h7'.  Stieler  492  = 
ags.  vlacian,  ahd.  lawen.   Graff  2, 294. 

2)  flacken,  flagrare,  scheint  unmittelbar  aus  dem  vorigen  ent- 
sprungen, wie  tepere  dem  skr.  tap,  calefacere.  gr.  TtvQi  d'anxeiv, 
sl.  tepl"  calidus  entspricht:  iasz  nicht  das  fewr  zu  hoch  und 
weit  umh  sich  flacken,  damit  mans  on  grosze  mühe  löschen 
mög.  buch  d.  l.  61.  3  =  Galmy  183.  Schweiz,  flacka:  das 
liecht  flacket ,  lodert ,  hat  eine  grosze  flamme.  Tübler  194'. 
tepere  eriwhl  sich  in  calere.  , 

3)  Backen,  segnescere,  languescere,  engl,  flag,  faul  da  liegen, 
insofern  die  vor.<itellung  von  lau,  warnt  auch  in  faul,  träge  über- 
gelit,  s.  vorhin  unter  flack,  nälier  steht  vielleitiit  das  lat.  flaccere, 
flaccescere.  diexe  bedeutung  ist  gut  oberdeulscli :  der  flackt  den 
ganzen  tag  auf  der  härenhaut,  flack  dich  hin,  dufaulenzer! 

SCBMELLER    1,  5S4  ; 

gelüstet  nichts,  als  täglich  seinen  magen 
zu  rullen  und  auf  seinem  schrägen 
zu  Hucken  wie  bisher.    Wiklamd  18, 134; 
und  flacken  auf  dem  ruhebett.    18,  321 ; 

alle  gölter  laufen  ans  fenster,  Zeus  allein  bleibt  nihig  auf 
seinem  sofa  flacken.  36,  379 ;  die  ruhig  auf  der  scite  flacken 
und  all  dem  liierarischen  Unwesen  zusehen  können.  Wielasd 
bei  Merk  2.  95. 

4)  flacken,  die  wolle  mit  Stäben  schlagen  und  auflockern.  Bro- 
SEMi's  161.     nnl.  vlaaken,  von  vlaak  hürde  zum  wollschlagen. 

FLACKER,  m.  wollschläger,  engl,  woolbeater. 
FLACKER,  lucidus :  wann  der  wein  nit  ist  auf  den  ersten 
oder  zweiten    ablasz   kommen,   so   wird   er  nit  flacker  und 
gesund.  I.ehmann  1,  444.     das  ags.  flacor  ist  volitans,  flackernd. 
FLACKERRINSE,  /".  juncus  effusus. 
FLACKERFEl'ER.  n.  ein  kleines  flackerndes  (euer. 
FLACKERHERD.  m. 

doch  getrost,  du  bist  zu  haus, 

warm  wie  an  dem  flackerherde 

liegt  man  in  der  dcuti^chen  erde.    Heine  romamero  172. 

FLACKERIG,  riridus:  der  Schmiedjacob  sah  die  madchcn 
an,  die  sich  verdingt  hatten,  lauter  flackerige  dingcr!  Hor^ 
Schmiedjacob  2S2. 

FLACKERLEBEN,  n.    Mephiäopheles  sagt  tum  trrUcht: 

gr-h  er  nur  grad,  ins  teufcis  namen! 

»onst  blas  ich  ihm  sein  Ilackerleben  aus.    Göthe  12,203. 


FLACKERN,  flagrare,  frequentativ  von  flacken  2.  ahd.  aber 
erscheint  flokarün,  flogarön,  ardere,  splendere,  flagrare  und  voli- 
tare,  wie  sich  aus  flngaronti,  volatilis,  volucris  (Graff  3,  763( 
und  attn.  flügra  rolUare  entnehmen  läszl  und  auch  dem  sinne 
nach  die  flackernde  flamme  sich  mit  der  flatternden  berührt,  nur 
einmal,  gl.  jun.  232  steht  flagarunliu,  roiaiilis,  wenn  nidtt  ver- 
druckt statt  flogaröntiu.  flogarön  stammt  doch  ab  von  fliogan, 
volare,  ba  flackern  b'mnte  rücksichl  aufs  lat.  flagrare  gewaltet 
haben,  mhd.  begegnet  keins  von  beiden,  weder  flogern  noch  flagcrn, 
flackern,  nur  Karlmeinet  539,35  heiszt  es  von  Karls  äugen: 

si  vlackerden  in  dem  gebere, 
recht  als  id  ein  karfunkel  were. 

hierzu  fügt  sich  das  nnl.  flakkeren  und  flikkereo  flagrare,  ag':. 
fliccerian,  engl,  flicker  molare  alas,  wie  flattern  in  flittern, 
flamme  in  flimmer  übergeht,  nhd.  flackren  radiäre.  Mones 
anz.  5,86,  oß  bei  Keisersberg:  nim  feuer,  es  flackert  siets 
ufhin  gegem  himel  zu,  da  oben  ist  sein  natürliche  stat. 
XV.  staffeln  27*;  die  scbmid  die  schütten  eltwann  wasser  uf 
die  kolen,  nit  das  sie  sie  leschen,  aber  das  das  feuer  her- 
nach dester  höher  flackere  und  brinn.  brüsamlin  33';  mit 
keinem  andern  cleid  kunt  sie  nit  gefüglicher  sin  komen  für 
got,  wenn  mit  disem  witen  goltschinenden  mantel  der  woren 
inbrünstigen  liebe,  in  deren  ir  herz  ganz  flackeret  was. 
büg.  45';  dise  haben  ir  lieb  ganz  allein  uf  in  gott  gezogen, 
in  des  lieb  ire  herz  und  sele  flackert.  4«';  ist  unser  herz 
nit  heisz  entzündet  und  flackeren  in  uns  worden  in  andacht 
und  liebe.  129';  es  sind  die  da  meinten  ein  mensch  inöcht 
durch  ein  flackrende  liebe  also  in  gott  versupft  werden,  das 
er  sein  eigen  wesen  also  ganz  verlür,  als  ein  tropf  wassers 
sich  verleurt  in  einem  vollen  vasz  mit  wein,  selenpar.  7S' ; 
das  ffler  der  unküscheit  flackert  in  dir  und  der  hafen  deine? 
buchs  begert  glust.  narrensch.  155*;  nim  ein  exempel  in  einem 
liecht,  wan  es  schier  ausgebrant  ist,  so  lüchtet  es  und  flackert 
am  clärsten.  200'. 

Luther  verwendet  das  wort  nicht,  im  t6.  17  jh.  ist  es  selten 
und  wird  erst  im  18  üblicher,  es  fehlt  bei  Dastpod.,  Frisius, 
Maaler,  Hesisch,  steht  aber  bei  Stieler  492.  als  der  morgen- 
stern  im  osten  herfür  flackerte.  Sinifd.  K.  52; 

wenn  in  edlen  herzen 

er  die  schönsten  flammen  freudig  Oackem  siebet.    Götz  2, 217 ; 

verschlänge  doch  stets  dich  ihr  glühender  scblund, 

und  müstest  du  ewig  da  flackern,  o  hund, 

vom  zeh  bis  zum  wirbel  beschwefelt.    Bcbcer  81"; 

des  flammenreichs  meister 

sind  rastlose  geister. 

bald  schlängelt  ihr  lauf 

sich  mondwärts  hinauf, 

bald  flackern  sie  fix 

hernieder  zum  styi.    Matthisson  145; 

aufwirbelten  viel  tausend  wilde  flammen 

und  flackerten  in  ein  gewölb  zusammen.,  Göthe  41,62; 

flackernd  steigt  die  feuerseule, 

durch  der  strasze  lange  zeile 

wächst  es  fort  mit  Windeseile.    Schill»  78'; 

immer  näher  flackert  die  flamme.    Köi!<ek  1,126; 

lösche  du  des  Verstandes 

flackernde  lampe  mit  deinem  schein.    Rijceert  350; 

ja,  wie  ein  flämmchen,  flackert  eine  rose, 

die  noch  aus  eden  stammt,  in  meinem  busen.    Plaie:i  73'; 

den  flackernden  athem  (der  kranken  bmst).  J.  P.  Uesp.  2.241; 
so  knackert  und  flackert  jetzt  die  musik  in  mir.  Bettixe 
frr.  1,271;  bei  dem  unsichern  flackern  der  nachtlampc.  tageb. 
217.  man  sagt:  das  licht,  der  kien  flackert  zu  stark,  ich 
kann  nicht  dabei  arbeiten,  s.  aufflackern,  ausflackern,  ent- 
flackern, zerflackern. 

FLACKERSTLMPF,  m.  Iruncus  candelae,  stümmel  vom  licht. 

schnell  beim  letzten  flackerstumpfe 

deiner  abgebrannten  kcrzen.    Lb;«al'  n.  ged.  321. 

FLACKFISCH,  m.  gadus  merlucius,  zarteste  art  von  Stockfisch. 

FLACKHERLNG,  m.  clupea  harengus,  s.  flickhering. 

FLÄCKLEIN,  n.  cquulcus  ligncus :  nempt  dises  fläcklein  auch 
mit  untern  arm,  es  ist  ein  ungarisch  ros,  fornen  dürr  und 
binden  mager.  Garg.  134*.  nach  Nem.mch  heiszt  auch  der  hänf- 
ling.  die  fringiUa  linaria,  flackiin  und  füdemic,  was  auf  das 
Steckenpferd  angewendet  sein  könnte. 

FL.\DCHEN,  n.  placeiütUa,  küchlän. 

FLADDER,  s.  flauer. 

FLADE?  auch  wiseten  sie,  wan  man  das  bruch  banwen 
sulle  und  uszgeben,  so  sulle  man  anheben  zum  jars  tage 
und  sulle  baunen  bis  zu  sant  Walpurge  tag,  dasz  der  gaucb 


1707 


FLADE  —  FLäDENBECKE 


FLADENBISCHOF  —  FLADER 


1708 


guktc  und  iiit  Icngor,  und  da  siil  der  apt  sechs  tage  vor- 
banwen  mit  sechs  knechten  odir  hcpen  und  das  auch  zu 
(lade  ufliauwen.  tceislh.  1,  525. 

FLADE,  m.  l)  placcula,  alid.  flado,  fertus  ftmis,  d.  i.  opferkuche 
(Graff  3,  771),  namentlich  auch  favus  ineitis,  vihd.  vlade,  viü 
kurzem  a: 

wis  gegrüei^et,  lioneges  vlade, 
hilf  uns  armen  ziio  dem  stude. 

Halpi  t>,2Sü.   DocEH  mjsc.  2,245; 

nhd.  flade,  wofür  Keisersb.  W(/.  II s".  seh.  d.  fen.  112  und 
Dastp.  291'  flad,  Frisius  770*.  lOO"'.  Maai.er  13«'  fladen  setzen, 
bei  LcTHER  ist  nur  das  oblique  fladen,  nicht  der  nom.  ersichtlich, 
nnl.  vlaede,  vlaeie  bei  Kilian  752",  also  wil  langem  vocal,  heute 
vlade  oder  gekürzt  via.  ags.  und  nord.  mangelnd,  lulal.  flado 
Düca;«ce  3,  31S\  dariefrc»  flanto  3,  318*.  flaco  3,  314',  «/.  fiadonc, 
$p.  flaon,  fr.  flau,  die  sich  eher  aus  ahd.  flado  ergeben  als  aus 
lal.  placenta,  gr.  7i).axovg,  Ti'/.ay.ovJT lov,  doch  diesen  nähern 
sich  flaco  und  flanlo  für  flacento.  offenbar  beiührt  sich  auch 
mit  placenta  poln.  böhm.  placek  und  flado  könnte  enlsimingcn 
tein  aus  flahdo,  so  dasz  auch  flah  planus  in  dem  uvrt  läge, 
vgl.  engl.  Datcake,  dän.  fladkage,  flacher,  breitgefurinter  kuche. 
fl  und  pl  verhalten  sich  hiei-  uie  f  und  p  in  Anke,  pincione. 

einen  fladen  von  vischen  gemachet.  gute  spise  56;  wiltu 
machen  einen  fladen  von  vaslengerete  (faxtsjunse).  57 ;  der 
einen  fladen  machen  wolle  von  fleische.  S6;  wiitu  einen  guten 
fladen  machen  von  kalbsichern  .  .  .  giu;  in  den  fladen  und 
backe  in  vvol.  90; 

so  ist  sie  an  der  liuut  getan, 

du  ribst  dir  kes  gunuog  zuo  fladen  dran,    fastn.  71,15; 

ir  kauft  ein  küdreck  für  ein  fladen.    370,5; 

lieisz  fladen! 

ir  herrn,  so  trag  ich  fladen  feil, 

wolt  ir,  versucht  ir  doch  ein  teil.    374,9.  790,28; 

die  fasoaclit  hat  uns  pracht  zu  groszem  schaden, 

das  wil  uns  die  osteru  wider  kern  mit  air  und  fladen.    b31,7; 

ir  junkfrauen,  ir  schult  nit  erschrecken! 

wenn  wir  zu  ostern  wider  erkecken, 

so  wöll  wir  euch  ein  pfalTen  leilien, 

der  musz  euch  die  fladen  weihen.    722,20; 

die  gewichten  fladen  uns  nit  schmecken, 

das  noubt  das  dut  man  bald  entdecken.    Brant  110',  96- 

dii  fragst,  was  v\irl  sein  unser  speis,  werden  wir  och  fladen 
essen?  ich  antwurt  und  sprich  ja,  wan  die  furnemst  speis 
aller  heiligen  ist  der  Dad.  nun  sprichstu,  was  ist  aber  diser 
flad?  ich  sprich,  diser  flad  ist  Cristus,  unser  herr,  got  und 
mensch  u.s.w.  Keisersberg  «c/i«/ der  penü.  112";  der  flad  wird 
gesegnet  und  ist  die  österlich  speis,  wird  auch  zum  ersten 
versucht  vor  andrer  speis.  112';  so  schickt  man  den  fladen 
wider  und  für,  verschenkt  in.  112';  ein  fladen  über  den  zun, 
den  andern  wider  herüber,  omcis  81*;  den  fladen  zeichnet 
man.  man  bächt  in  in  einem  bachofen,  man  schickt  in  in 
die  kirchen  und  laszt  in  gesegnen,  narrensc/i.  217;  ungesewrt 
brot  und  ungesewrte  kuchen  mit  öle  gemenget  und  unge- 
sewrte  fladen  mit  öle  gcsalbet  {vulg.  crustulam  absque  fer- 
mentu,  lagana  azyma).  2  Mos.  29,3;  einen  fladen  aus  dem 
kurhe  des  ungcscwrten  brots.  29,23;  ungesewrte  fladen  mit 
oie  bestrichen.  3  Mos.  2,  4.  7, 12.  4  Mos.  6, 15 ;  am  ostertag, 
da  man  noch  die  fladen,  fleisch,  eicr  etc.  zur  kirchen  trcgt 
und  weihen  lesseL  Luther  1,335'; 

so  fressen  wir  mit  haut  und  haar 

die  fladen  unberopfcl  gar.    Gnrg.  199'; 

schunkeu,  käs  und  fladen.    Weckherli?i  530; 

mabizeit  ordnen  sie  an  und  spelteno  fladen  im  grase 

legen  sie  unter  die  kost.    Voss  .  .  .; 

traulich  auf  ein  schmal  gericht 

seid  ihr  eingeladen, 

auf  ein  freundlich  angesicht 

und  auf  diesen  fladen. 

hält  man  nur  den  fladen  feucht. 

dann  verdaut  und  schlaft  man  leicht.    5,21. 

$.  eierfladc,  bonigfladc,  immcnflade,  küscflade,  osterflade, 
weihnachtflade. 

2)  bildlich  ron  menselien,  eine  buhlerin  sagt: 

ich  wil  auch  naxmt  gehn  an  den  laden 

und  benchawnn  den  jungen  fladen, 

ob  ich  den  mucht  int  rewsen  bringen.    II.  Sachs  III.  1, 197*. 

3)  excrementum  boum  pa^eenlium  in  pralis,  böhm.  kravincc, 
poln.  krowieniec,  vgl.  knhflade.  hier  lusze  sich  aber  an  sl 
litato,  poln.  hiolu  kolh  denken.' 

FLADENAPFEL,  m.  annona  rdieulala,  ummelapfel,  nnl.  vladc- 
appnl,  eng/i.  cuslardapple. 

FLADLNBECKE,  m.  placetaariuM,  kuchenbtcker.  Carg.  19b'. 


FLADENBISCHOF,  «i.  hat  er  sich  .  .  .  wider  sein  eigen 
gewissen  zum  beplischen  pfafl^en  durch  einen  weihbischof, 
welchen  er  pflegt  fladenbischof  zu  nennen,  schmieren  lassen. 
Ai.iiKRrs  »cKicr   Witzeln  F&'.     s.  fladenweiher. 

FLADE.NDACH,  n.  lectum  jtlacentis  Stratum:  bratwürstzäun, 
honiggips,  fladendiicher.  Garg.  96*,  rgl.  kinderm.  n*  15. 

FLADENGECKE,  m.  slultus  placenlarius :  spotteten  auch 
gesangsvveis  durch  ein  rebhlat.  mit  abgcslollcner  stimme,  der 
armen  fladengecken  und  nudelnheckcn,  dasz  sie  so  übel  an- 
gelofl^en  waren.  Garg.  199*. 

FLAÜENHAUS,  n.  im  fladcnhaus,  da  man  die  giins  scbieret. 
Fischart  groszm.  104. 

FLAÜENKRIEG,  m.  bellum  inter  placentarios  et  paslores. 
ItAiiELAis  1,25.26.  Garg.  cu;).  2S.  29;  es  verlohnte  sich  woi 
der  müh,  dasz  er  so  einer  lumpenursach  willen  einen  fladen- 
krieg antieng.  Weise  ers«.  294.  es  gehl  so  blutig  her  wie  im 
fladenkrieg,  auch  schon  die  kriegsrüstung  zwiachcn  kurfürst  Johann 
Friedrich  und  herzog  Moriz  1542  wurde  so  benannt,  weil  die  aus- 
einander gehenden  krieger  osterfladen  geschenkt  erhielten. 

FLAÜENMANN,  m.  placenlarius.  voc.  1482  h7'. 

FLADEN.MAUL,  n.  placenlo}>liagus :  nach  disem  hülfen  die 
fladcnmäuler  ihrem  haubtman  Saurimars  wider  uf  die  gur. 
Garg.  198'. 

FLADENSCHIEBER,  m.  furca  placentaria: 

am  kleinen  backhaus,  schwarz  von  rusz, 
stehn  ofenwisch  und  fladenschiehcr. 

SciiMinT  ron  Wfrneiichen  251. 

FLADENSIEGLIED,  n.  eantus  triumj^iialis  de  placentarits: 
das  meisterlos  fladensiglied  laut  also  im  lilgenton.  Garg.  199'. 

FLADENWEIHE,  f  consecratio  placenlarum:  indem  nu  Strausz 
nicht  widerkam  und  des  Witzeis  fladenweih  sauipt  der  bawren- 
kirmes  ein  bös  ende  nemen  und  man  das  ablasz  mit  streiciien 
austeilen  wolt.  Ai.berus  wider  Witzel  G6'. 

FLADENWEIHER,  m.  consecralor  placenlarum:  wenn  einer 
teufet,  da  keine  person  were,  die  sich  teufen  liesze,  oder 
wenn  ein  fladenweiher  eine  glocke  teufete,  die  nicht  sein 
kan  die  person,  so  getauft  mag  werden,  lieber,  sage  mir, 
were  das  auch  eine  taufe?  Luther  6,84*;  denn  solch  was- 
serteufen hab  ich,  noch  kein  mensch,  seihs  erwelet,  wie  die 
Zauberer  oder  bepstische  fladenweiher,  noch  die  wort  selbs 
erdacht.  6,281";  das  sind  newe  sündc,  die  für  dem  bapst 
und  seinen  fladenweihern  sünde  sind,  für  gott  aber  sind 
es  nicht  sünde.  /i.scAr.  103";  gleichwie  die  fladenweiher  im 
bapstunih,  so  sich  schreiben  und  rühmen  der  örter,  die  sie 
doch  ihr  lebenlang  noch  nie  gesehen.  Albeiius  icider  Witzel  G2'; 
ha  ha  ha,  ietz  manest  du  mich,  dasz  ich  aber  musz  lachen, 
dasz  der  ernstlich  wolf  aus  dem  Dautenberger  bag  den  fuchsen 
von  Sickingen  ir  Eberberger  höln  so  dapfer  l)ewachen  und 
auf  die  haut  erhalten  wolt  vor  dem  fladenweiher  (buehoß  von 
Trier  und  dem  hitzigen  Hessen.  Schaue  sat.  u.  pasq.  2,  67 ; 
o  lieber  got,  des  armen  weihens !  ir  müszent  vorhin  gedacht 
haben,  ob  man  euch  fladenweiher  mer  fordern  wird,  stain 
und  holz,  strick  und  alt  kessel  zu  weihen.  3,149;  lieben 
fladenweiher  bleibt  dahaim  mit  euerm  weihen.  3,150; 
und  auf  den  fladenwcihr 
mit  allen  frcwdcn  schmeiszt.    Bingwald  laut,  tearh.  438. 

FLADER,  m.  placenlarius,  fladenbecker,  knchenbecker,  mhd. 
vladiure :  und  het  gesprochen,  er  wolle  den  flnder  sins  koufes 
fertigen,  als  er  im  ein  fladhus  geliehen  hat  in  fladergasz. 
Oberlin  395  (a.  1421). 

FLADER,  m.  acer,  ahom,  sowol  der  bäum  selbst,  als  vorzugs- 
weise snn  geädertes,  geflecktes,  krauses  holz,  das  sich  zum  drechseln 
eignet,  lignum  acernum,  venosum,  vcna  ligni,  maser,  fr.  bois 
madr^,  nou6  {nodatus),  tachele.  ctn  aJid.  fladar,  mhd.  vladcr 
nicht  aufzuzeigen,  letzteres  sidier  a\is  dem  adj.  vlederln  zu  folgern. 
zu  flad  läszt  sich  das  plat  in  platanus,  TiXäraroi  halten,  be- 
riüirung  mit  flattern  (alas  agitare)  findet  kaum  statt.  Plinius 
16,16,26:  allerum  genus  aceris  crispo  macularum  discursu, 
qui  cum  cxcellentior  fuit,  a  simililudinc  caudae  pavonum 
nomen  accepit.  16,27:  bruscnm  et  mollu.icuni  sunt  lubera 
aceris  arburis,  bruscnm  quidem  intorlius  crispum.  moiluscuni 
simplicius  spar.suni.  e  brusco  flunt  et  mcnsae  nigrescenics. 
reperitur  et  in  aino  tuber,  tanto  detcrins.  quanto  ab  acere 
alnus  ipsa  distal,  hiervon  eine  stelle  bei  üiiERLiif  3Ui:  »er 
baselnusz  schiitl  in  ein  gruben,  die  feuclit  sei  und  dasz  sie 
darin  bezwungen  ligen,  darusz  wachset  ein  grosz  (laderhasel- 
baum.  Albkru»  im  diäion.  tettt  fladder,  briucvm.  Frisiu« 
tu  bruscum  I6ü"  'brüsch,  wie  e«  die  trftier  nennend",  im 
molluscum  833'  •8tanimr«ii.  fladcr  lagciid  ctlicb',  jm  /u6ef  1334' 


1709 


PLADEft  — FLAGGE 


PLAGGE  — FLAIEN 


1710 


I 


•knorreo,  maser,  tuberculum  düssele'.  Maaier  gibt  79'  brüsch, 
136*  Qader,  3S4'  stammreit,  düssel,  düssele.  brüsch  wurde 
2,  443  anyezoijen,  stammreit  und  düssel  sind  ganz  dunkle,  sond 
nicht  vorlretende  Wörter,  bei  Stieleb  493  flader  f.  bii  Nejimcu 
auch  flaser.  die  Böhmen  haben  fladr  bruscum,  tuber  aufge- 
nommen,    hier  folgen  belege  für  flader: 

darum   ein  zauu  von  zederbolz, 

die  pTorte  war  von  flader.    mi-istei-l.  23.  n'222; 

ict)  urteil  hie  von  diesem  quader, 

es  dunkt  mich  so  ein  edler  Hader, 

wir  sollen  es  ein  drechsel  lassen  seen, 

ob  er  ein  köpf  daraus  mocht  dreeu.    (aitn.  213,2 

so  urieil  ich,  ob  man  das  riet, 

das  mau  den  flader  denn  zuschniet  (znschnille) 

und  einen  tisch  damit  iiberleit, 

der  nurd  so  kraus  und  so  gemeit 

Tur  palsam  und  für  pisem  schmecken.    213, 12; 

dan  stöszt  man  esz  (rfis  haar)  auf  mit  eim  hader, 

das  esz  sich  würbelt  (kräuselt)  wie  ein  flader.    1276; 

von  gelbem  flader  war  die  pfort, 

inwendig  tafelt  alle  ort.    H.  Sicbs  1,102*; 

ich  hab  heuser  von  steinen  quader, 

mein  wend  getätlet  sind  mit  flader.    1,-67'; 

daher  die  hoffart  kompt.  das  man  nun  haus  und  stuben- 
decken  mit  goid  beschmieret,  kupfer  verguldet  und  die  sluben 
mit  dünuem  flader  furnieret,  auch  mit  papier  wie  die  bachanten 
ire  kammcrn  verkleistert.  Matbesics  54";  gleichwie  ein  rinde 
»on  einem  bäum  oder  ein  flader,  auch  ein  schwamm  von 
einem  bäum.  Paracelsus  l,  2S7';  so  du  nun  die  statt  weiszest, 
so  lege  die  sälblin  über  die  statt,  so  erhärtet  sie  wie  ein 
flader  oder  maser.  diir.  sehr.  12l';  der  kröpf  ist  ein  minera- 
lisches gewechs  gleich  dem  flader.  440*.  heule  steht  ftir  flader 
überall  maser. 

FLADERBAIM,  m.  acer. 

FLÄDERECHT,  renosus,  maculosus. 

FLADERECHTIG,  dasselbe,  bei  Maaler  136*  fladerächtig, 
blümbt  holz,  crispans  lignum. 

FL.\DERHOLZ,  n.  liguum  maculosum  aceris;  item  alle 
fladderhoizer  zu  schonen.    Hohbebg  2,  5S2'. 

FLADERl.N,  maculosus,  crispus,  mhd.  vlederin: 
här  krüs,  reit,  vledrin.    jüngling  7t  (Halft  8,  .552) ; 
daj  hefl  was  klein  vlederin.    1Ielbli!«g  1,494; 
nlui.  fladerin  tisch,  pantherinae  mensae.    .Maaler  136*,    gefleckt 
läe  das  pantherfell.     s.  das  folgende. 

FLAÜERN,  acemus:  fladdern  oder  masern  tisch,  panllierina 
mensa.  Alberls;  fladrinholz  oder  maser,  murra.  ruc.  14S2  h7'; 
sie  hüben  alle  deine  tafelwerk  aus  fladernholz  vom  Sanir  ge- 
macht. Es.  27,  5 ;  es  ist  auch  nicht  alles  fladern,  cedern  und 
palmbeumen,  was  die  färb  und  ansehen  hat.  Matuesics  54". 
»nun  drehte  fladerne  becher,    iric  es  schon  Rudlieb  5,  12  heiszt: 

potus  at  in  patera  summi  tuberis  nucerina 
praecipui  vini  piperali  sive  medonis. 

FL.\DERN,  blalcrare,  plaudern,  blodern.  Stalder  1,376  ßr 
bladem  (2,  ßO.  141),  tcie  flach  und  blach. 

FLÄDLEI.N,  n.  placentula,  ßädchen:  mag  man  kleine  fledlein 
machen,  kuchenmcisterei  cap.  4. 

FLADUNGE.N,  Ortsname.    Förstemasü  2, 506. 

FLAG,  n.  am  vorderfusz  des  pferdes.  bei  Sebiz  152  ist  unter 
den  fehlem  und  krankheüen  des  pferdes  'Wendung  des  flags' 
genannt,  wie  vorher  'Wendung  des  bugs'  und  der  holzschnitl  weist 
aufs  Vorderbein,  vielleicht  flach  als  gegensalz  zum  bug?  weder 
in  dem  anlader,  noch  in  Frieor.  Pfeiffers  Sammlung. 

FLAGGE,  f.  vexillum  navale,  nnl.  rlag,  pl.  vlaggen,  engl. 
flag,  ist.  flagg,  5c/iir.  flagg,  flagga,  dän.  flag  n.  ahd.  alts.  ags. 
fries.  nicid  verzeidmet,  so  viel  anlasz  dazu  in  den  ags.  gedichlen 
war.     mhd.  riilleiclit  in  einer  bekannten  stelle  Waltuers  124,  IC : 

als  ich  gedenke  an  manegen  wünneclicben  tac, 
die  mir  siut  enpfallen  gar  als  in  daj  mer  ein  flac, 

vo  man  dem  flac  die  lesarl  slac  vorzieht,  allerdings  ist  es  häufig 
ZH  sagen  'ein  slac  in  den  bach,  in  daj  wa^.^cr',  trenn  ausge- 
drückt werden  soll,  dasz  etwas  sclmcll  vergehe,  verrinne,  wie  wenn 
der  Spiegel  eines  bachs  durch  einen  rutlienscIUag  gestört  seine  glätte 
verloren  hat ,  augenblicklich  wieder  hergestellt  wird.  doch  ins 
wogende  meer,  vom  hohen  rand  des  schiffes  sciäägt  keiner  und  der 
scläag  wäre  gar  nicht  wahrzunehmen,  wie  sollte  er  auch  daJiin 
entfallen  ?  ein  schönes  bild  ist  aber  die  ins  meer  entfallende  flagge, 
an  der  das  schif  nun  vorüber  rauscht. 

zu  diesem  vihd.  fluc,  Oacke  äimmt  auch  die  nitd.  Schreibung 
flacke  des  17  jh.  bei  Stieler  492,  Grvpuius  und  LoiiE!«STEi>f, 
nur  Fleming  schreibt  flagge  neben  flakke: 


wird  mau  nicht  jenem  gleich,  der  Tbetis  schäum  durchstreift 

und  wider  Völker  recht  die  freie  flacke  hindert, 

und  die  durch  brand  und  thal  zustückten  segel  plündert? 

Grtphics  1,333; 
der  günstige  nordost  der  bläst  aus  vollen  bakken 
die  holen  segel  auf,  er  jagt  die  hohen  flakken.    Flesimg  101 ; 
der  flaggen  hoher  flug.  der  blitz  der  falkenetteo, 
der  stücken  donnerschlag,  das  jauchzen  der  trompetlen.    203; 
eilt,  steckt  die  flaggen  auf,  rührt  trummein  und  trombetten, 
gebt  feuer  alsobald  aus  euren  falkenetten.    584: 
laszt  euch  erschrecken  nicht  die  jauchzenden  trombetten, 
der  spiele  vollen  lerm,  der  flaggen  hohen  flug.    bbö; 
der  fromme  norden  jagt  die  ausgesteckten  flaggen.    590; 
der  spiele  lauter  terra,  der  flaggen  rothes  blut, 
der  hacken  dunkler  blitz,  der  stücken  trübe  glut.    591; 

die  helfle  derselben  führte  römische  adler,  die  andere  cherus- 
kische  pferde  in  flacken.  Lobexsteix  Arm.  2, 105i.  1,338; 

et  is  ok  mennig  stolte  flagg  an  klipp  und  sand  gebleven. 

mi.  gedieht  in  Lappe:<bergs  Laaremberg  s.  133; 
drum  flog  ein  schif  herzu  und  liesz 
die  flagge  stattlich  wehen.    Höltt  33. 

flacke  würde  sich  einfach  von  flacken  herleiten,  wenn  diesem 
verbum  auszer  der  bedeutung  flagrare  auch  die  von  volitare  zu- 
stände, wie  in  flackern  Leide  erscheinen,  abweicliend  und  auf- 
fallend ist  'läge'  in  Opitz  Argenis  1,  42S,  wo  wian  liest:  an  den 
spitzen  der  dreien  mastbaume  hiengen  lagen  von  unterschie- 
denen färben,  welche  nach  dem  winde  umbher  flatterten. 
aus  seinen  gedichten  erinnere  ich  mich  keiner  stelle,  läge  könnte 
sich  zu  flage  verhalten  wie  lack  zu  flack  (sp.  1705). 

heutzutage  herscht  entschieden  die  form  flagge,  es  heiszt  die 
flagge  fliegen,  wehen  lassen,  aufziehen,  aufslecken,  senken, 
streichen;  unter  deutscher  flagge  fahren,  unter  fremder,  fal- 
scher flagge  fahren,     s.  freudenflagge,  trauerflagge. 

FLAGGEN,  vexillum  pandere,  wehen  lassen,  nd.  flaggen,  nnl. 
vlaggen,  rfJn.  flagge:  als  der  könig  einzog,  flaggten  alle  schiffe 

FLAGGENBILD,  n.  figura  vexilli  navalis. 

FLAGGENFCHRER,  m.,  der  berechtigt  ist  eine  flagge  zu  fuhren. 

FLAGGENSCHIF,  n.  nacis  praetoria. 

FLAGGENSPIEL,  n.  flackenspiel.  Stieler  20S7. 

FLAGGENSTANGE,  f.  pertUa  vexilli. 

FLAGGENSTOCK,  m.  dasselbe:  den  flaggenstock  gut  frei 
halten;  der  flaggenstock  ist  gut  offen. 

FLAIEN,  lavare,  eluere.  Schneller  1, 582  bezeugt  uns  ein 
oberdeutsches  flaen,  flähen,  flajen,  fläwen  in  dieser  bedeutung, 
man  möchte  seine  älteste  form  aufspüren,  solche  Wörter  pflegen 
schwankend  j,  h  und  w  neben  dem  vocal  zu  entfallen,  wie  z.  b. 
mhd.  draejen,  drsehen,  mit  dem  prael.  drate.  liesze  sich  für 
vl*jen  ebenwol  vläte  nachweisen,  so  läge  die  deulung  von  flat 
und  Unflat  offen,  fläl  ist  reinheit,  glänz,  unflät  schmutz,  eine  menge 
frauennamen  sind  mit  flüt  schön  gebildet  (Förstemass  1, 407). 
ahd.  steht  aber  flewan,  flawan:  irflawen  eluere;  thie  fiscari 
stigun  nidar,  thaj  sie  flenitin  iru  nezzi,  ut  lavarent  relia  sua. 
T.  19,  4  =  Luc.  5,  2,  ifö  golh.  fiskjans  afgaggandans  us|)vöhun 
natja ;  mhd.  vlew  en,  vlöuwen :  da  stunten  zwai  schifei,  dar 
an  wären  vischaere  unde  fleuten  ir  netze,  fundgr.  1,126; 

TOD  dSr  güsse  errlöuwet  (vom  regen  amgi-waxciien), 

kröne  6793; 
Wolfhart  vor  den  wigandea 
mit  durchbiegen  zanden 
noch  lac  in  dem  bluote. 
in  bies  der  degeu  guote 
heben  ü;  der  aschen, 
sin  lierre  bat  in  waschen 
unt  vlöwen  üj  den  ringen,    kl.  1827  Holzx., 

iro  bei  Lachm.  S55  fleun.  dies  flewen,  flöuwen  wiese  wie  strewen, 
ströuwen,  streuen  auf  goth.  straujan,  flaujan,  prael.  stravida, 
flavida,  gliche  aber  dem  böhm.  plaviti,  poln.  plawic  schwemmen, 
schwenken,  spülen,  die  form  flähen,  flähen  dem  sl.  plakati  larare, 
und  dem  lat.  lavare,  luere  braucht  man  nur  den  labialanlaul 
vorzuschieben,  um  auch  hier  der  nahen  verwandtxchaß  sicher  :u 
sein,  vgl.  pluere  und  gr.  ■jxXi^rsiv.  hier  folgen  belege  für  flauen  : 
da;  pain  erschain  pluutvar,  dö  schuof  der  chunic,  daj  man 
c;  flaiet  mit  einem  wajger.  gesla  Rom.  K.  51;  dö  mocht  man 
weder  mit  chratzen  noch  mit  fl^en  da;  pluot  ab  dem  pain 
nicht  gewaschen.  52;  da;  sich  die  lebinn  njcht  mocht  ge- 
na>en  in  dem  wa;;er.  69;  ein  christenmensch,  der  geOa?t 
{laulus,  lotus)  ist  mit  der  sa'Iigen  tauf.  76 ;  so  wirt  da;  hemd 
geswachet,  da;  man  e;  muo;  flseen.  S6 ;  so  ward  da;  hemd 
gemailigt  und  bedürft  dann,  da;  man  e;  rainiget  und  fla?t.  86; 
in  wa;;er  fltet.  Mege<iberg  403,  7.  to«  diesem  uralten  verbum 
zeii^   unsere  heutige  schrißsyraclie   keine  spur,   auszer  deni   adj 


1711 


FLAMBERGE  — FLAMM 


FLAMM  — FLAMME 


1712 


unflätig  {illotus);  nd.  (Akt  dauert  vlii-n  (ßr  vioion,  flogen)  «m 
iinne  von  putzen,  schmücken  d.  i.  reinigen,  waschen,  dann  auch 
XU  recht  machen,  rüsten: 

ik  wil  de  ledder  to  rechte  rlien.    Reineke  1915; 

sus  gingen  se  släpen  tor  siilv«n  stiint 

up  den  sal  gevlegen  mit  hoie  (mit  heu  ger^chtnückl).    36G7; 

de  rcst  ja  nu  de  kost,  d.i  gcit  dnt  flioii  »n. 

Lappemikugs  iMurcmberg  111,173; 
wan  sik  iwe  tosamen  ü'wn, 
wan  sik  twe  tosuracii  tlecliten.    119, 18, 

me  auch  flege  putz  bedeutet,  115,46.  126,71.  vgl.  brem.  wh. 
1,  4t8.  ScHAMBACu  272'.  D.^NNEiL  53'.  «»/.  vljen,  vlijen,  ornare 
(Kii.iAN  75C')  verschieden  von  vinen,  vlaan,  degluhere,  cTCOi-iare 
(KiLiAN  753*),  alln.  flu,  ])art.  flcginn,  obschon  die  Vorstellung  des 
rcinigens,  tvaschens  mit  der  des  scMlcns,  luiulens  cinigermaszen 
ziisammenlri/t.     vgl.  flau,  flaum. 

FL.\MBERGE,  f.  der  name  eines  heldenschwerts,  wofür  aber 
die  altfr.  gedickte  bald  froberge,  bald  floberge  geben  {mijlhul. 
I9C).  Aimon  B  4'  steht  schon  'Hamberg,  mein  gutes  schwelt' 
und  Garg.  tl7'  'des  kaisers  Groszkaile  oriflambe,  des  Henalds 
nainiicige  und  solclie  flammküngcn  und  wuiinslecher',  lieiUe 
gilt  es  den  dicJUern  übnhaupt  für  ein  flammendes  schwerl: 

stoszl  mit  an, 

mann  für  mann, 

wer  den  flaml)erg  schwingen  kann!    Körnp.r  1,104. 

FLÄME.N,  flandiische,  nicderldnduiclie  ausspräche  annehmen? 

enge  ermel  trcit  er  lanc, 

die  sini  vor  gebr.rmet, 

innen  swarz  und  öien  l)lanc. 

mit  siner  rede  er  vlaMnet.    Neiohart  S2,  2. 

FLÄMING,  m.  flandrensis: 

da  was  von  tiuschera  lande 

Fl.Tminge  und  Bräbande.     Wh.  t2C,  14; 

den  Fl.Tminc  und  den  Engelois, 

den  Itiäbant  und  den  Franzois.    269,25; 

Iper  uiide  Arra; 

scbriten  Fl.-praiiige.    437,15; 

Marke,  du  versinc ! 

din  laut  da;  lit  uneben, 

ich  und  manec  FI<rminc 

muoj  liie  un.iaiilte  leben.  Neidiiart  102,34; 
mir  g.Tb  ein  lierre  lihter  sinen  meiden  i1i;cm  stalle, 
daune  ob  ich  al.s  ein  Wieber  Fla>minc  vür  die  vroiiwen  drunge. 

MS.  2,  II 9-. 

viel    Fldmingc    u-anderten   in  Deutschland  ein,    unser  dichter  aus 
dem  Voigtlande  schrieb  sich  Fleming,  ein  grafemjeschkchl  Flemiiiing. 
FLÄMISCH,  ßandricus,  nnl.  vlaamsch,  nd.  vläiusk : 

so  ist  er  nibt  äne 
der  vbTmischen  liövescbeit 
da  sin  vater  Batzc  wenic  mit  ze  scbalTen  hat. 
Neidiiart  .'>4,  3i;. 

zo  noch  nhd.  fliimisclie  guter,  .schafe,  beringe,  scliiilinge, 
flämisciies  recht,  tcarum  wol  dies  worl,  das  ehmals  vielmehr 
zart  und  fein  ausdrücJäe,  sjHiler  den  sinn  von  lurvus,  iracundus 
überkam?  zornig,  münisch.  Schmeli.er  I,  588.  er  sieht  flämisch 
au.s,  torvum  videt;  er  wird  bald  flämisch,  facile  se  abrijiipalilur 
iracundia.  SritiLER  496;  ihr  werdet  mich  zwar  auf  diese  frage 
gar  flähmisch  ansehen,  rockenpliil.  1,  3 ; 

das  sieb  als  überzwercb,  mit  ganz  verdrehten  Sternen 
und  flemschen  äugen  an.  Grobian  7; 

und  sieh  so  flämisch  aus  als  ein  crstochner  bock. 

SciiERFERS  grub.  4ü; 
ihr  flämisches  gesiebt  ist  wie  der  spilzunkram, 
aus  dessen  lächern  nächst  ein  dieb  die  waaren  nahm. 

GÖHTUKR  457 ; 
'Kell',  ruf  ich  für  und  für, 
'oii  bist  ein  nurr,  .so  greulich!' 
da  macht  er  ein  flämisch  gesiebt.    Götur  3,20t; 

sie  machten  ihm  nicht  blosz  durch  ihre  gegenwart,  sondern 
auch  oft  durch  flämische  ßcsichter  und  bittre  reden  einen 
verdrieszlirhcn  augenhiick.  19,123;  der  Vorleser  summte  fort, 
machte  dem  advocaten  ein  nüinisch  gcsicht.  27, 119.  auch  nd. 
en  TlÜoisk  gesigt  maken,  bös  und  vcrdrieszlich  aussehn.  brem. 
teb.  1, 402,  nur  in  der  Schweiz  hat  sich  für  nüiiisch  die  be- 
deutung  von  fein,  zart  und  weich  erhalten,  wie  sie  sich  auch  zur 
fläinsrhen,  zarten  feinen  wolle  schickt.  Stai.her  1,  376. 

FLAM.M,  F'LAMME,  m.   i)  flamma,  schon  mhd.  verschiedentlich, 

und  der  vlamme  wart  gejaget 

Ar  sie  an  nimc  rnuche  swnrt.    paat.  K.  30,8; 

die  iun((e  und  die  Aren  min 

Wart  mit  demn  vlamm<-n  Rerurt.    144,5; 

dar  rlaane  wiieo  lioli  erfdf.    SK,79| 


da;  als  einis  vuers  flam 

der  heilige  geist  dar  ül"  si  quam.    Jeroschin  9607 ; 

uiiil  du  maiicliii)  vlanimen  rot 

machte  mit  den  sinen.    22787; 

A-Af,  der  flamme  höbe  üf  dranc 

geieit  vicrzic  elen  lanc.    ertöbung  1852. 

nhd.  wann  du  gleich  durch  das  feuer  gehest,  so  soll  dir  der 
flammen  nit  schaden.  Frank  parad.  63 ;  schöpfet  und  ent- 
zündet er  den  flammen  der  Unlauterkeit  in  seinem  gemüt. 
bucJi  d.  liebe  292, 1 ;  gleich  als  das  feuwer  holz  begeret  zu 
naning  seines  flammen,  alle  weisen  1592.  1.53";  es  wiird  ihn 
nicht  ein  jeglicher  flamm  schaden  timn.  Paracei.süs  1,95"; 
er  zeucht  den  flammen  vom  liecht  abe.  2,388";  so  verscret 
der  flamm  des  feuwers  alle  ankläger.  Keiszner  Jerus.  2,  27* ; 

je  gröszer  der  flamm  uf  flackret.    Waldis  3,87; 

brinnende  lieb,  du  heiszer  flam, 

wie  gar  hastu  mich  umgeben.    Amhr.  Ib.  s.  120,1. 

auch  in  Ölincers  gramm.  liest  man  s.  39  der  flam,  s.  50  der 
orfer  die  flam.     bei  Schmeiier  1,  588  der  oder  die  flammen. 

2)  dieses  flamm  bedeutet  in  der  älteren  wundarzneiknnde  pani- 
culus,  eine  gcschwulsl,  oder  ül  es  panniculns  haut,  läppe?  streife, 
von  der  flammigen  gestalt  ?  so  aber  der  Schiffer  {in  der  wunde) 
nicht  wolt  lassen  und  doch  das  fleisch  schon  hingefallen 
were,  so  hanget  er  noch  an  einem  flammen,  iianirulus  ge- 
nannt, der  wird  wol  auch  noch  hinfallen.  \ViJRTz25;  hieiuit 
fieng  an  auf  dem  flämmlin  des  hirns  ein  fleisch  zu  wachsen, 
gleich  wie  in  einer  wunden,  das  ward  je  ienger  je  gröszer, 
bis  es  denselbigen  flammen  ganz  bedecket  und  ausfüllet. 
103;  endlich  stiesz  sich  dieser  flamm  oder  fasen  auch  hin- 
weg, so  dasz  ich  sehen  konte  was  darunder  were.  daselbst, 
es  pflegt  sich  auch  das  gebein  zu  schälen  und  abzusloszen 
von  wegen  des  lufts  und  seiner  blösze  halben,  also  das  der 
paniculiis  oder  flam  ob  dem  bein  auch  gelämpt  wird  und 
liinfaliet.  238;  da  es  {das  nagelgeschwür  der  wurm  genant) 
mit  allem  gewalt  hindurch  brechen  möge  durch  Verbrennung 
des  flammes  und  beinhütleins.  266.     x.  flamme  f.  3. 

FL.\MM.\SC11K,  f  cinis  flammae.  Henisch  1125,35. 

FLAMMBHE.N.NEM),  ardens : 

das  Ihut  die  finnihrenncndc  lieb, 

die  ihn  inbrünstig  darzii  trieb.    Ferrer  armbrustsch.  gl'. 

FLAMMBHÜNSTIG:     die    seel  menschlicher  seel  ist  flam- 
brünslige  liebe.  .Mei.issls  bd  Opi:  z.  172. 
FLÄMMCHEN,  11.  flummula,  nnl.  vlammelje: 

sie  gchn  dem  flrmimchen  auf  der  spur 

und  glauben  sich  nah  dem  schätze.     Götiir  12, 229; 

es  schleicht  ein  Mäinmclien  am  unkenteich.    Rörgkr  60'. 

FLAMMDEGEN,  m.  gladius  sinuosus,  Stiei.er  270.  vgl.  flam- 
berg,  flanimkiiuge. 

FLAMME,  f.  flamma,  il.  fiammn,  sp.  Ilama,  fr.  flamme. 
alul.  ags.  alln.  ungebraucht,  auch  alts.,  doch  geben  die  ps.  72,21 
an  nammiiii  ist,  cor  iiiflammattini  est ,  altengl.  flaiube  bei 
CuAUCEii,  iiafV»  dem  fr.,  engl,  flame,  nnl.  vlam,  ;)/.  vlammen, 
schw.  flamma,  dän.  flamme,  jene  abwesenheil  des  worls  in  der 
älteren  sjnache  ist  ein  kennzeichen  seiner  sfHlteren  enllehnung,  di6 
formen  flimmen  neben  flammen,  flimmern  und  flammerii  reichen 
nicht  hin  zum  o/rcw  eines  deutschen  Ursprungs,  anders  verhält 
sich  das  altsl.  plamen  ,  bühm.  plainen,  )Kdn.  plomieii,  die  in 
|ilaiiauti ,  plonac  wurzeln  und  zu  recJU  veiscJu)ben  sclwinen. 
ilamma  gelmrt  zu  llare  und  würde  deutsches  bl  fordern,  wie 
bh'isen  und  bl;\st  zeigen,     vgl.  ifXiyfin. 

mlui.  erst  hin  und  wieder,  nicht  bei  Hartm.  Wotri«.  GuTm. 
WiHNT,  am  meisten  wol  bei  Ko.nrad: 

zwirne  steine  hOr  in  die  liant  nam, 

die  wriM  di-r  Krimmige  man, 

da;  dar  ü{  vür  diu  vlamme.    Iluthcr  1042; 

wände  .si  brauten  ir  mülc 

an  den  gluondl^on  sülen 

von  des  füris  flammen.    Alex.  443S  (IV.  438&); 

die  gotliche  vlamme  die  on  verdronkct.    Marienlieder  89, 3j; 

wan  al  quam  die  vlanie  sü  Kri»?.     90,31; 

wilich  diiic  vlammen  enbinnen  wt>ren.    93,24; 

dat  he  sine  vlammo  muste  oirenbttrnn.    94,29; 

beleip  sin  glnnx 

Vor  llurftN  lliiiiime  iinverschart.    Waltuck  4, 18; 

ri'ht  iilsö  driiiKi't  uiulii  K<'>t 

ül  kranker  ««mtc  siainmu 

vil  starker  sorgen  flamme,    tr.  kr.  414" 

er  wirfei  ü^  dem  rächen 

gilt  uiido  liiircs  fluinnicn.    b201  - 


1713 


FLAMME 


PUMME  — FLAMMEN 


1714 


sw^r  sich  mit  ir  betriebet, 

friunt  herre,  dem  enfvichet 

des  wilden  tiures  Xamrae.    9240; 

da{  eiler  und  der  Oammen  roucb.    9286; 

von  rehter  güete  flammen 

sin  bene  wart  enzündet.    Silv.  1171. 

«ät  häufiger  nhd.  l)  die  leibliche,  lebendige  flamme:  die  helle, 
lichte,  hohe,  wilde  flamme;  sie  bricht  aus,  leuchtet,  sprüht, 
glüht,  prasselt,  flattert,  verbreitet  sich,  greift  um  sich,  schlägt 
aus,  zündet,  flamme  speien,  streuen,  werfen,  von  sich  geben; 
in  die  flamme  springen,  sich  in  die  flammen  stürzen,  die  band 
in  die  flamme  'halten,  den  Scheiterhaufen  in  flamme  setzen, 
er  ist  feuer  und  flamme  {sp.  15S5),  steht  in  heller  Damme,  ist 
umgeben,  bedeckt  von  flamme,  gehüllt  in  flamme,  geht  in  flam- 
men auf,  rgl.  feuerflamme  (.tp.  1591),  feuersflamme  (sp.  1604) 
und  in  den  eben  angezognen  mhd.  stellen;  und  der  herr  er- 
schein im  in  einer  fewrigen  flammen  aus  dem  pusch.  2  Mos. 
3,  2 ;  fewr  ist  aus  Hesbon  gefaren,  ein  flamme  von  der  slad 
Sihon,  die  hat  gefressen  Ar  der  Moabiter.  4  Afos.  21,28;  sein 
ödem  ist  wie  Hechte  lohe  und  aus  seinem  munde  gehen 
«flammen.  Hiob  41,  2 ;  wie  ein  fewr  den  wald  verbrent  und 
wie  flamme  die  berge  anzündet.  p5.  83, 15;  vor  im  gehet  ein 
veaehrend  fewr  und  nach  im  ein  brennende  flamme.  Joel 
2, 3 ;  sie  sprengen  daher,  wie  die  wagen  rasseln  und  wie 
ein  flamme  lodert  im  slro.  2,  5;  und  das  fewr  vermocht  mit 
keiner  macht  inen  zu  leuchten,  noch  die  hellen  tiammen 
der  Sterne  kunten  die  elende  nacht  Hecht  machen,  ueish. 
Salom.  17,5;  sende  Lazarum,  das  er  das  euszerste  seines 
fingers  ins  wasser  tauche  und  küle  meine  zungen,  denn  ich 
leide  pein  in  dieser  flammen.  Lue.  16,24; 

des  fewers  flammen  aus  den  schifl'en 

erbreiten  sicti  mit  hellem  glänz.    Spie*«g  IL  362'; 

das  Wetter  schlägt  zusammen 

mit  güssen  und  mit  flammen.    Fleiirg  539; 

wie  zwo  flammen  sich  ergreifen.    ScHaut  1"; 

in  goldnen  flammen  blitzen 

der  berge  wolkenspitzen.    8'; 

heulend  kommt  der  stürm  geflogen, 

der  die  flamme  brausend  sucht, 

prasselnd  in  die  dürre  frucht 

fällt  sie,  in  des  Speichers  räume.    7S*; 

hoch  zu  flammen  entbrannte  die  mächtige  lohe  noch  einmal. 

GöTUK  40,341; 
schon  geht  der  wald  in  flammen  auf.    41,60; 
weckt  aus  der  asche  behend  flammen  aufs  neue  hervor. 

1,272; 
welcher  himmel,  welcher  göttertag 
streute  flammen?  welche  flamme  fuhr 
auf  dich  nieder,  schalTende  natur. 
als  du  Minna  lieszest  werden?    Kl.  Schmidt  elegieen  39; 

zimmer,  in  welche  die  morgensonne  ihre  ersten  flammen 
wirft.  J  P.  uns.  löge  3.  68 ;  endlich  wehten  die  flammen  der 
sonne  über  die  erde  herein.  Hesp.  l,  165;  die  flammen  des 
abendroths.  1,  243.  ivie  der  funke  aus  dem  feuer  springt,  vU 
flamme  gleichsam  eine  aus  der  feuermasse  gestrecAle  zunge,  die 
blume.  bilde  des  feuers,  ein  auf  oder  nieder  fahrender  strahl; 
doch  der  pl.  flammen  drückt  auch  das  feuer  zusammen  aus. 

2)  figürlich,   gern   im  pl.     flammen   der  liebe,   des  hasses, 
zorns,  kriegs  u.  s.  «. 

vergebens  sucht  ihr  feuervoller  blick 

die  flammen  wieder  anzufachen.    Wiklarb; 

dort  banden  wir  zusammen 

den  allerersten  strausz. 

dort  schlugen  unsre  flammen 

zuerst  gewallig  aus.    Götuk  1, 126; 

sitzt  ihr  nur  immer,  leimt  zusammen, 

braut  ein  ragout  von  andrer  schmaus, 

und  blast  die  kümmerlichen  flammen 

aus  eurem  aschenhäuTchen  raus!    12,36; 

der  freundschaft  arme  flamme 

füllt  eines  Posa  herz  nicht  aus.    Schill»  305*; 

lasz  ab,  lasz  ab !  wie  beb  ich  schon 

Tor  seines  zornes  flamme.    Bcrgek  53': 

wo  der  ring  denn  hingekommen 

weisi  ich  nicht,  sonst  gab  ich  ihn 

allen,  die  in  reinen,  frommen. 

doch  verschmähten  flammen  glühn.    Job.  Fr.  Kind; 

ach,  schon  schwören  sich,  misbraucht  zu  frechen  flammen 

meine  geister  wider  mich  zusammen!    Scuillek  4'; 

fahr  hin,  edler  Jüngling !  wenn  diese  flammen  ins  Vaterland 
schlagen,  mögen  die  Doria  feste  stehen.  149';  seine  freund- 
schaft war  in  eine  so  hohe  flamme  aufgeschlagen.  J.  P.  uns. 
löge  2,  75;  aber  erst  als  die  pfarrerin  ihr  kind  in  ihren  armen 
und  an  ihren  lippen  hatte,  fühlte  sie,  dasz  die  gefaugnen 
III. 


flammen  ihrer  gefühle  ihre  öfnung  fanden.  Hesp.  1,111;  und 
doch  zerstäubt  diese  arme  liebe  wie  ein  alter  leichnam, 
wenn  sie  gezeigt  wird  und  ihre  flamme  zerflattert  wie  eine 
begräbnislampe,  wenn  sie  aufgeschlossen  wird.  2,110;  die 
flamme  meiner  seele.  2,240;  o  tonkunst,  die  du  die  Vergan- 
genheit und  die  Zukunft  mit  ihren  fliegenden  flammen  so 
nahe  an  unsre  wunden  bringst.  3, 76 ;  Flamin  wurde  ein  eis- 
berg,  dann  ein  vulkan,  dann  eine  wilde  flamme.  4,95;  da 
will  ich  flammen  unter  das  volk  werfen,  die  den  thron  ein- 
äschern sollen.  4,  96 ;  flammen  (des  zorns),  die  der  eintre- 
tende Weberfritz  auswarf.  Jti.  1,  97;  wenn  man  so  nahe  vor 
der  flamme  der  freude  steht,  so  flieht  man  zwar  menschen, 
aber  man  sucht  sie  auch.  3,  4.  "meine  flamme',  meine  ge- 
liebte, für  die  ich  entflammt  bin,  zumal  meine  erste,  alte  Hebe, 
enp/.  my  flame,  lat.  meus  ignis. 

3)  gleich  dem  flamm  m.  bezeichnete  auch  flamme  f.  panni- 
culus,  haut  oder  läppen:  das  ist  die  flamm  oder  netz,  das  in 
dem  bauch  die  derm  bei  einander  behalt.  Brjujxscbweig 
Chirurg.  13;  die  weichen  des  trildbrets  häszen  flämen,  trf  das 
flammen?  vgl.  smalz  von  flemen  (gute  speise  9,  2-2).  wenn  bei 
Si-iLDEB  1,  376  steht  flamme,  eine  seile  uhweinschmalz,  Speckseite, 
urie  mans  vom  thier  abzieht,  so  scheint  darunter  ein  fetze  oder 
streif  zu  verstehn.  veidmdnntsch  ist  flamme  die  rothe  haut  an 
den  äugen  des  auerhahns,  birkhaims,  viclleiclU  von  der  färbe? 

sag,  hust  der  krank  und  wirfet  aus? 

'ja,  ja,  grosz  flammen  nach  der  paus  {copioxe  1, 1197)'. 
II.  SiCHs  V.  354', 
d.  i.  grosze  läppen,  fetzen,  dies  flamme  scheint  femer  einen 
hesatz,  läppen,  streifen  an  der  hose  ausgedrückt  zu  haben :  darumb 
kan  auch  jederman  erkennen,  was  für  ein  unvorschampter 
pluderischer  teufel  jetzunder  die  jungen  leut  regiert,  die  so 
vorgeszlich  mit  kurzen  rücken,  die  nit  recht  die  nestel  er- 
reichen und  mit  hellischen  flammen  das  entplöszen  . . .  das 
auch  die  natur  bedeckt  und  vorborgen  haben  will.  Mcscclcs 
hosenleufel  B4';  wie  mit  groszem  frolocken  der  hosenteufel 
am  jüngsten  gericht  auf  sie  warten  und  nach  ergangenem 
goltes  urtheil  mit  iren  hosenflammen  in  die  ewigen,  helli- 
schen flammen  ziehen  und  reiszen  wird.  C  l' ;  machen  gott 
und  dem  teufel  zn  trotz  die  ludern  (al.  bludern)  und  flam- 
men noch  gröszer,  unzüchtiger  und  bübischer.  C  2'.  geflammtes 
zeug  ist  gestreiftes,  pannus  flammeus.  im  pl.  häszen  die  auf- 
laufenden adem  des  kuheuters  flammen,  also  Striemen  oder  striche, 
ein  zeichen  der  milchfülle. 

4)  der  besoffene  'geht  in  flammen',  geht  ungerade,  schvankt 
hin  und  her,  irie  ein  irrwisch.  Schütze  1,  321. 

FLAMMEGEBEND,  flammen  gebender  brennslof 
FLAMMEISEN,  n.  verkzeug  der  tischler  um  leisten  zu  flammen. 
FLAM.MEN,  flammare,  flammas  edere:   das  licht  flammt  zu 
sehr;  kiefernholz  flammt,  gibt  eine  starke  flamme; 
mein  lieb  ist  so  inprunstig  heisz 
und  flammet  in  meines  herzen  kreisz.    fasln.  134,5; 
herr,  sei  guts  muts,  und  naher  geh 
von  disem  heisz  flammenden  fewr.    H.  Sachs  V, 214'; 
sol  ich  die  köngin  samt  dem  kind 
verbrennen  in  flammendem  fewr?    V, 235"; 
in  des  flammenden  fewers  glut.    V,  236'; 
flammet  schwert  1,9',    flammend  oder  geflammt?    vgl.    flam- 
berge  sp.  1711;    des    entzündten    flammens  der  liebe  halben. 
Amac^  23; 

entzünde  mich  durch  dich  und  lasx 

mein  herz  ohn  end  und  alle  masz 

in  deiner  liebe  flammen.    P.  Gerhard; 

sie  wüsten  beide  nicht,  dasz  eifersüchtige  liebhaber  den  grünen 
zäun  überstiegen  und  dort  im  gesträucbe  auf  sie  mit  eifer 
und  flammenden  äugen  acht  hatten,  pd.  stockf  284; 

und  dem  groszen  allmächtigen  kühn  mit  flammendem  grimme 
widerstandest.  i/essi<M  2,  716; 

als  er  hinsank,  flammte  der  himmel  im  schauenden  äuge 
des,  der  nicht  mehr  ein  sterblicher  war.    8,187; 

von  den  goldnen  altären 
flammten  morgenröthen  hinauf  zu  des  richtenden  throne. 

8,273; 
er  blickte, 
nie  gewendet,  hinauf  zu  der  engen  pforte,  durch  die  es 
flammte.     10, 383 ; 

dem  schnellsten  gefühl  gleich  flammt  er  und  eilte.    10,611; 
und  gern,  wie  Klopstock  liebt,  mit  persönlichem  dativ, 

so  wie  ihm  das  antlitz  vom  eilenden  fluge  noch  flammte. 

10,618; 
dasz  sie  ihr  äuge 
niedersenkte,  die  wang  ihr 
flammte  von  rötherer  tcham.    Klomtocx  2,64; 

108 


1715 


FLAMMEN  —  FLAMMENATHEM 


so  hau  ihm 
nimmer  am  äuge  geüammt.    ..  .; 
auch  der  Tiirchtbarcn  grazie 
flammt  es  von  dem  altar.    2,97; 

bald  will  ich  jenen  das  hurtige  schif  mit  flammendem  donner 
schlagen  im  duukeleu   mcer  und   in   irümmer  und  graus  es 
tcrschmettern.    Od.  li.'iSl; 

ein  solches  feuer,  wenn  auch  eben  nicht  als  flammender, 
doch  als  ein  hitziger  körper.  KamI,  41ü;  flammende  körper 
selbitleuchlcnde).  8,  333 ;  noch  heller  flammte  ihr  zorn.  Sicqfr. 
von  Lindenb.  2,  259 ;  wie  ehemals  der  junge  Aencas  seinen 
alten  frommen  vater  aus  dem  flammenden  Troja  trug.  Wil- 
helmine  128; 

dann  flammen  reisig  und  scheite, 

und  die  envSrmeie  nacht  wird  uns  ein  glänzendes  fest. 

GöTUB  1,272; 

flamme  flammet,  roth  in  gluten 

steht  das  schwarze  moosgestclle.    41,309; 

wie  meine  liebe,  flammt  mein  dank.    Bürger  12'; 

zu  sammeln,  was  ihm  wuchern  wird,  zu  ahnen 

wie  hoch  sein  dank  einst  flammen  wird!    Schiller  2.'!.')'; 

brüder,  die  räche  flammt!    Körmer  1,74; 

als  wollte  sie  des  herzens  schuld  verkünden, 

so  flammte  mir  die  sonne  blutig  roih.    1,135; 

vor  dem  Spiegel,  aus  dem  der  unendliche  sonnenriese  flammt. 
J.  P.  uns.  löge  2,80;  er  schrieb  mit  einer  flammenden  dank- 
barkeit.  2,  5;  die  weit  breitete  sich  aus  mit  flammenden  seen. 
2, 10;  eines  philosophen,  dem  die  wahrheitssonnc  so  wagrechl 
in  die  äugen  flammt,  dasz  er  darüber  weder  weg  noch  gegend 
sieht,  llesp.  2,162;  er  preste  die  warme  band  an  sein  flam- 
mendes angesicht.  3,  S7;  kommt  er  {der  pfarrer)  flammend 
herunter  {von  der  kanzd).  flegelj.  1,26; 

flammende  brande 
leuchteten  hell  um  den  wagen  herum.    Mörikk  Marliii  1U9; 
die  blitze  flammen  aus  den  wciternächtcn 
und  flattern  um  die  göttliche  geslalt, 
ein  strahleniliadem  um  sie  zu  flechten.    Lkjiau  Faust  107; 
doch  wie  auch  flammt  des  Wunsches  leidenschafl, 
die  ehrfurcht  hält  ihn  fest  in  scheuer  hafl.    ebenda; 

da  trat  die  sonne  hervor,  die  waldkronen  flammten.  Bettine 
br.  1,276. 

flimmen  und  flammen  ist  wie  blink  und  blank  tini  ähn- 
liches: 

es  nimmt  und  flamrot  rund  um  ihn  her.    Bürger  71^ 
was  gilber  flimmen  mag  und  gold  mag  flammen. 

RccKEBi  ges,  gcd.  1,  176. 

2)  fr.  mit  flammenfeuer  brennen,  flammen  viaclien,  streifen : 
gerupfte  gänse  flammen,  sengen;  die  stückform  durch  reis- 
holz flammen; 

mein  herz  erweiterst  du,  du  flammst  den  arm 
zu  groszen  thaten.  Weisze; 

flamme  mich  in  tigrische  mordsucht,  leidendes  lamm,  dir 
will  ich  ein  opfer  bringen,  dasz  die  schauenden  stcrnc  über 
mir  sollen  dunkel  werden  und  in  todesschaucr  erstarren  soll 
die  natur.  Schillers  rditber,  Mannheimer  thcalerausg.  5  aiifz. 
5  avftr. ;  aus  den  tiefen  der  gottheit  flammte  seine  zungc 
leben  und  licht.  Göthe  5«,  242.  häufiger  entflammen,  accen- 
dere  (sp.  518).  man  sagt  eine  seule  flammen,  mit  reifen  ver- 
sehen, eine  leiste  flammen,  mit  flammähnlichen  kerben,  seidne 
Strümpfe  flammen,  wässern,  ein  zeug  flammen,  flammige  figuren 
darauf  drücken,  datier  geflammtes,  gestreifles  zeug. 

ein  sauberes  halstuch 
nur  leicht  seiden,  geflammt.    Mörikk  Martin  33. 

in  einem  Steckbrief  ton  1755  heiszt  es:  geflammte  starke,  mit  etwas 
grauen  unterschossene  haare,  die  tulpe  ist  gcflamnit,  bunt- 
yestreiß,  das  euter  der  ktih  ist  geflammt,     s.  flammcnstrich. 

FLAMMKN,  flammeus:  nu  kan  ja  niemand  einen  engel 
sehen  in  seiner  natur,  sondern  allein  in  seiner  flammen  (d.  t. 
flammenen)  oder  hellen  gestalt.  Lutiikr  3,  48(>'. 

FLAMMK.N,  vertuchen  ob  ein  schieszgeuehr  abbrennt,  um  es 
trocken  und  rein  zu  machen;  in  der  kochkunst,  etwis  gelb  bren- 
nen, heisi  machen.  Stalder  1,376.  figürlich  betriegen,  prellen: 
der  wirl  hat  mich  gcfllimml,  übervoriheill.  diese  letzte  bcdeu- 
tung  gibt  auch  Schmkller  1, 5SS,  iri«  das  engl,  flam  bringen, 
einem  rlicat  aufbinden,  weit  maciien  hciszl.     vgl.   fleintncn. 

FLAMMKN  ANTLITZ,  n.  t.lrahlend<s  f^sicht. 

FLAMMKNATIIKM,  m.  der  nachlwind  bespülte  mit  kühlen 
wellrn  ihre  feuerwange  uad  Gustavs  nammenatheni.  J.  1*.  uri5. 
hge  1,146. 


FLAMMENATHMEND  —  PLAMMENGEZÜNGT     1716 

FLAMMENATHMEND,  bcgeislermg : 

flammenaihmend  erhellst  du  abgründe  vor  mir  her. 
Stolbkrc  1,82. 
FLAMMENAUGE,  n. 

musz  ich  nicht  aus  deinen  flammenaugen 

meiner  wollust  widerstrahlen  saugen?    Scuillkr  8'; 

da  reisz  ich  des  bettes  verhäng 

auf  mit  ungestümer  hast, 

und  mit  tausend  flammenaugen 

starrt  die  nacht  mich  glotzend  an. 

Grillparzkr  alinfrau  aufi.  1. 
FLAMMENBACH,  m. 

der  meister  kann  die  form  zerbrechen 

mit  weiser  band,  zur  rechten  zeit, 

doch  wehe,  wenn  in  flammenbachen 

das  glühnde  erz  sich  seihst  bel'reii!    Scuillkr  79'. 

FLAMMENBART,  m.  wie  bartstern,  komet. 
FLAMMENBECHEH,  m. 

bestand  Brydone  schönere  gefahr, 

als  er,  ein  gott,  am  ofnen  flammenbecher 

des  Aetna  stand  und  hoher  zcclier 

der  himmelsliifto  war?    Kl.  .Sciiiidt  pocf.  br.  108. 

FLAMMENBESCHWEIFT,  flammig  geschwänzt, 

flammenbeschweifle  nachiphantome.    Matthissom  105. 

FLAMMENBILD,  n.  leuchtendes  bUd. 

FLAMMENßlLDUNG,  f 

soll  ich  dir,  flammenbildun^,  weichen? 

ich  bins,  bin  Faust,  bin  deines  gleichen.    Göthk  12,95. 

FLAMMENBLICK,  m. 

ich  liebe  dich, 

sprach  schnell,  mU  flammenblick,  Teutona.    Klopstock; 

es  war  schön  anzusehn,  wie  er  hoch  aus  der  luft  mit  dem 
blutigen  pfeil  herunter  fiel,  aber  nun  ist  sein  flammenblick 
verloschen,  mit  dem  er  Römerleichen  suchte.  8,  92 ;  mit  dem 
flammenblick  {W'inkelmanns),  welcher  in  Apollos  nase  götter- 
verachtung  fand.  Stürz  1, 37. 
FLAMMEN  BLITZ,  m. 

erliegst  du  (rose)  nicht  vor  meinem  Hammenblitze? 

RÜCKSRT  132.   ges.  gcd.  1, 107. 

FLAMMENBLUME,  f.  pldox,  nnl.  vlambloem,  auch  blosz  'die 
flamme' : 

flamm  und  mSdchen  im  busch  (nigella  damascena). 
Klopstock  2, 232. 
FLAMMENBOTE,  «i. 

du  bist  es  heiiger  geist, 
du  warst  die  feurig  kol,  so  des  vorsagers  lippen 
durch  flammenbotten  band  berührt  hat.    Rompler  s.  4. 

FLAMMENDAMPF,  m. 

zwischen  dem  abendroth  und  dem  flaramendampf  dss  Vesuves. 
Stolberq  1,403. 
FLAMMENDOCHT,  m. 

ihr  herzen  all,  die  pochten 

und  pochen  kämpf  fürs  licht, 

ihr  all  gleich  flammcndochtcn 

durchleuchtet  mein  gesiebt!    Rcckert  112.  ges.  ged.  1,91; 

schenk,  erneue  die  flammendochtc  des  lebens 

diesem  niedergebrannten  löschenden  Stumpen.    309. 

FLAMMENFARBE,  f.  color  flammeus. 

FLAMMENFARBE.N:    flosz  sie  nun  langsamer,    aber  noch 
in  flammenfarbncr  glut,  Stulbehc  8,42. 
FLAMMENFEUER,  n. 

da  ward  ein  rother  leu,  ein  kühner  freier, 

im  lauen  bnd,  der  lilie  vcrnLiltli 

imd  beide  dann,  mit  ofnem  flammenfeuer, 

aus  einem  braulgeniach  ins  andere  gequiilt.    Götui  12,58. 

FLAMMENFLUG.  ni. 

FI,AMMKNFLÜGEL,  ni.  j>lialaena  pyramidea. 

FLAMMENGAUKELSPIEL,  n. 

verzeihst  du  herr  das  flammengaukolspiel? 

'ich  wünsche  mir  dergleichen  scherze  viel'.    Gotik  41, (>I. 

FLAMMENGEHEGE,  n. 

dann  umsauset  die  sl.idt 

ein  flammengehegc.     Stolbkro  l.l,  M. 

FLAMMENGEPHASSEL,  n. 
jener  »prachs.  und  laiiler  berells  ichullt  fl.immenpeprRMel 
durch  <fiö  gebftud  und  esnahnheUzwogi'ndi'gluimd^sbr.indi •« 

vtfiicis  2,701. 

flammengezCngt, 

am  scliilliiliirri  nfcr 

lii:  1  -lige. 

n.Mi  ii-  »rblniige. 

gl•^l'  MI  (onneusiribl.    GOni  M|-^. 


1717  FLAMMENGIPFEL  —  FLAMMENMEER 


FLAMMENMÜRGEN  —  FLAMMENSAAT  1 7  IS 


I 


FLAMMNGIPFEL.  m.  jo  lagen  am  18  oclober  die  deutschen 
bergsiraszen  als  milchstraszen  und  wälder  aus  llammcngipfeln 
um  das  ause.  J.  P.  Itcrbstbl.  3, 101. 

FLAMMENGLFJCH,  (lammeus, 

er  hält  sie  (die  frucht)  iii  den  letzten  strahlen 

der  sonn  empor,  die  ihre  glatte  haut 

mit  flammengleichem  roth  bemahlen,    Wieland  23,35. 

FLAMMENGLUT,  f. 

also  er  stet  in  flamen  giut.    fasln.  12S7. 
FLAMMENGOLD,  n.     kleider,   welche   sein   verbreral   mit 
flammengold.  ScHoriELics  1647  s.  269. 
FLAMMENGRAB,  n. 

wenn  der  phoenix  ist  bejahret  und  nimt  an  den  kräften  ab, 
bauet  er  von  zimraeirinden  ihme  seihst  ein  flamraengrab. 

Uarsdörfers  sonntagandacliten  1,20.2; 
bezeugt  mirs,  Trojas  heiige  trümmer, 
du  flammengrah,  das  meine  Stadt  verschlang, 
dasz  ich  an  jenem  schreckenstage  nimmer 
mich  feig  entzogen  des  gerechtes  drang.    Schiller  33'. 

FLAMMENGRLBE,  f. 

und  man  trägt  die  starren  glieder 

bald  zur  flammengrube  hin.     Göthe  1,253. 

FLAMMENHAAR,  n.  kometenschweif. 
FLAMMENHAICH,  m. 

matt  von  dem  flammenhauch  des  erfindungsreichen  Hefästos. 

Voss. 
FLAMMENHEER,  n.  der  sfcme. 
FLAMMENHEISZ, 

gleichwie  der  Hekkelberg.  wenn  in  den  hölengruflen 
ein  flammenheiszer  wind  der  rauhen  felsen  klulieu 
zerlöchret  u.  s.  w.    Schottelics  lustgarte  33. 

FLAMMENHELL,  eine  flammenhelle  nacht; 

flammenhelle  schlachtgedanken.    Lesau  n.  ged.  33. 

FLAMMENHlTiG, 

hinab,  du  flammenbufiges  gespann ! 

gallop  apace,  yoii  fleryl'ooted  steeds  !    Bomeo  .%  2. 

FLAMMENKELCH,  m.    was  geht  mit  dem  menschen  vor? 
was  erfährt  er,  was  erlebt  er  in  dem  innersten  Dammenkelch 
seines  herzens  ?  Bettine  br.  i,  194.     tgl.  flammenbecher. 
FLAMMENRESSEL,  m. 

an  des  Aetna  flammenkessel 

von  der  Werkstatt  qualm  umraucht, 

schmiedet  er.    Rcckeri  ges.  ged.  1,81. 

FLAMMENKERZE,  f. 

stein  und  felsen  ihre  herzen, 

ihre  seelen  nacht, 
von  des  himmels  flammenkerzen 

nie  in  glut  gefacht.    Schiller  10*. 

FLAMMENLEUCHTE,  f. 
und  neckten  mich  mit  flammenleuchte, 
wie  ich  auch  bang  sie  von  mir  scheuchte.    Tieck  4, 133. 

FLAMMENLICHT,  n. 

der  sonnen  purpurangesicht, 

das  aug  der  weit,  das  flammenliecht 

der  menschen  sinn  erquicket. 

Uarsdörfers  sonntagsand.  2,21; 
reiner  als  cristallenglas 
scheint  ihr  ganzes  angesichte, 
Phryne  wird  ein  dunkel  fasz 
gegen  ihrem  flammenlichte. 

Knittels  iinnenfr.  s.  14. 
FLAMMENLIEBE,  /. 

war  denn  diese  Dammenliebe 

freier  willkür  heimgestellt? 

nein,  den  samen  solcher  triebe 

streut  natur  ins  herzensfeld.    Bürger  44'; 

im  glühnden  taumel  meiner  flammenliebe.    Körner  1, 134. 

FLAMMENLOCH,  n.  foramen  orbiculare. 
FLAMMENLOHE,  f. 

schlaget  nun,  ihr  kühlen  fluten 

still  um  diese  flammenloh.    Röckert  23.  ges.  ged.  1,16; 

und  glut  ihr  plötzlich  bis  zum  hals  hinab 

das  antliu  larbl,  als  schlüge  rings  um  sie 

die  weit  in  helle  flammenlohe  auf. 

Hei>r.  \on  Kleist  1,125. 

FLAMMENMÄDCHEN,  n. 

du  flammenmädchen,  fleuch  (/.  fleug)  in 
meine  zitternden,  licbeslassen  arme! 

Kl.  Schmidt  im  alm.  d.  d.  musen  1774  s.  27. 
FLAMMENMEER,  n. 

bläst  aus  ein  flammenmeer,  läszt  schwefelwolkcn  ziehen. 
ScHonELiis  lustg.  35. 


freilich  ists  nicht  jedem  geist  gegeben,  sich  formlos  ins  flam- 
menmeer   der   gotlheit   zu  versenken.    Herder;    aber  urtheil 
und  empfindung  bleibt  eins  und  strömt  gleich  stark  in  dem 
flammenmeere  der  liebe.  Voss  br.  1, 189 ; 
hciland,  lasz  uns  verlassen  nicht  stehn, 
nicht  im  flammenmeer  untergehn!    Körner  1,126. 

Brockes  setzt  2,  41S.  4,  402.  8,  2S4  flammemeer. 

FLAMMENMORGEN,  m.  wenn  ein  flammenmorgen  in  unsre 
gassen  niedersinkt.  J.  P.  uns.  logc  2,  9. 

FLAMMENNACHT,  f. 

sie  erlöst  Ancbisens  laren, 

als  die  glut  sein  haus  urafleng, 

sie  aus  tausend  meergefahren 

was  der  flammennaclit  entgieng.    Bcrger  3*.  127*. 

FLAMMENN.AHT,  f.,  flammenstkh,  wobei  der  faden  so  gezogen 
uird,  dasz  er  eine  flamme  bildet. 

FLAMMENNOTH,  f.  Variante  zur  eben  angeßhrlen  stelle  BüttcERS. 
FLAMMENPAAR,  n. 

des  greises  äugen  schienen  so  entglommen, 
als  er  dies  sagte,  wie  einflamraenpaar  (che  parvero  duefochi). 
Gries  -Ir.  35,  30. 

FLAMMENQÜALM,  m.    so   verdüsterte   der  flammenqualm 
des  orcus  den  olympischen  äther.    Gotbe  45,214. 

flammenqueLl,  »j. 

Eoesie,  du  flammenquell, 
rieh  nur  los  mit  leuchtendem  verderben,  aber  schnell! 
KöR>ER  1,92. 
FL AM.MEN  RACHEN,  m. 

vom  fürchterlichsten  tod 
umschlungen  springt  aus  seinem  (des  brennenden  scltiffes) 

flammenrachen 
wer  springen  kann  und  wirft  sich  in  den  nachen.    Wieland; 

der  funke  nagt  ein  wenig  am  pulver,  plötzlich  reiszt  er  einen 
ungeheuren  flammenrachen  auf.  J.  P.  TU.  3, 169. 
FLAMMENRAD,  ii. 

laccbe,  lacche !  gnade,  gnade! 

reisz  mich  von  dem  flammenrade.    Fr.  Mcller  2, 352. 

FLAMMENRAUB,  m.  verlieerung  durcli  (euer: 

das  zerstörte  haus, 
den  flammenraub  erbauten  wir  im  stillen 
mit  neuer  landschaft  rings  umzirkt.    Göthk  4,72; 
und  die  geduld.  die  bei  zerscblagner  blute, 
bei  flammcnrauh,  beim  sarg  des  sohnes  und  der  braut 
in  die  entilohnen  tage  schaut.    Gotter  1,412. 

FLAMMENRAUCH,  ni. 
FLAMMENRAÜCHSTAUB,  «i. 

flammenrauchstaub  kraust  empor.    Göthe  11,257. 
FLA.MMENREDE.  f.   geradezu  eine  flammenrede  über  him- 
mel  und  erde  zu  halten.  J.  P.  flegclj.  l,  152. 
FLAMMENREICH,  feurig. 
FLAMMENREICH,  n. 

ist  der  Kocyt  so  furchtbar  anzuschaun 

wie  dieses  ineer?  gleicht  diesem  sitz  der  oreade 

das  flammenreich  des  Dis,  der  Erebus? 

und  bin  ich  hier?    "Gerstenberg  verm.  sehr.  2,79; 

des  flammenreichs  meister 

sind  rastlose  geister.    Matthisso»  145. 

FLAM.MENREIHER,  m.  flamming. 

FLAMMENRING,  «i.    Albano   sah  in  einem  spiegel  seinen 
eignen  köpf  in  einen  flammenring  gefaszt.  J.  P.  Tit.  4, 14. 
FLAMMENROTH, 

und  was  mich  brennt,  so  für  und  für, 
ihr  mündlein  flammenroth. 

Kl.  Schmidt  im  alm.  der  muten  1779  «.  251 ; 
dich  lobt  der  donner,  der  am  hiramel  rollt, 

der  flammcnrothe  blitz, 
der  wolkenbruch,  der  auf  die  fluren  stürzt 

und  thäler  überschwemmt.    IIöltt  tob  der  gotlheit; 
vom  flammenroilien  wiederschcine  brennt 
des  meeres  spiegel  und  das  lirmament.    Schiller  32'. 

FLAMMENROTH,  n. 

'herr  pastor'  hub  sie  stotternd  an 

mit  flammenroth  auf  beiden  wangen, 

^'mir  ist  des  nachhar  Kunzcns  söhn 

mit  einem  anirag  nachgegangen'.    Tikdgi  elegicen  1, 170. 

FLAMMENRCSTUNG,  /. 

auf  einem  goldncn  richtstubl  lasz  es  (meinhcwunlsein)  thronen, 

und  alle  schrecken  des  gewissens  ihm 

in  flammenrüstungen  zur  seile  stehn.    Heinr.  v.  Kleist  2,139. 

FLAMMENSAAT,  f. 

wenn  der  verjagte  landmann  mit  blassem  antlitz  flieht, 
und  Aetna  flammcnsaaten  und  felsen  speien  sieht. 

Dusch  cerm.  verke  65. 

108* 


1719     FLAMMENSCHILD  —  FL  A51MENSTRICH 


FLAMMENSTROM  —  FLAMMENWUTH     1 720 


FLAMMENSCHILD,  m. 
FLAMMENSCHLUND,  m. 
FLAMMEiNSCHMERZ,  m. 

freiidip  eil  ich,  in  dem  kalien  tode 

aiuszuloschen  meinen  Oammenschmeri.    Scbillkr  S'. 

FLAMMENSCHÖN,  flanmeus,  geflamnü.  Stieler  1754. 

FLAMMENSCHRIFT,  f. 

also  betet  Nephthoa.    sein  enge!,  der  nelien  ihm  schwebte, 
höret  ihn  beten,  und  schrieb  mit  unauslöschlichen  Zügen 
Oammeuscbrin  in  sein  buch.  Messias  15,120; 

die  engel  zeugten,  enthüllten 
nammenschrirt.    Itj,  5(1; 

doch  will  ich  jenen  tbaten  hier  kein  denkraal  stiften, 
nicht  singen  will  ich  deinen  rühm, 

denn  alles  prangt  schon  dort,  mit  hellen  flammenschrirten 
in  Friedrichs  thatenvollem  heiligthum. 

Kretschma!in  hnrile  nn  Kleists  grabe  29; 
die  magier  Kamen,  doch  keiner  Terstand 
(u  deuten  die  flamnienschrin  an  der  wand.    IlKini; 
mit  flammensclirift  war  innigst  eingeschrieben 
Petrarcas  brusl  vor  allen  andern  tagen 
charfreitag.  Göthb  2,18; 

tief  eingegraben,  nie   die   flamincnsckrift  der   Icidenschaft. 
Bettine  la4)eb.  51. 

FLAMMENSCHÜTZE,  m. 

freund,  der  kleine  flammenschütze  hat  das  dritte  freudenfeuer 
angeflamnit  in  deinem  herzen,  über  freudcn,  die  sonst  iheucr. 

LocAU  3,84. 

FLAMMENSCHWANGER,  glühten  üainmenschwanger.  Bhok- 
KES  7,  249 ; 

die  glocke  in  dem  stürme, 

die  zum  gebete  ruft, 

lockt  erst  nach  ihrem  thurrae 

die  flammenschwangre  luft.    Körner  1,76. 

FLAMMENSCHVVANZ,  m. 

sie  sagt  es  kaum,  so  risz 
der  besen  schon  sich  in  die  höh  und  stiesz, 

wie  ein  komet  mit  seinem  flammenschwanze, 
den  eine  weit  der  herr  zerlrümmern  hiesz, 
das  sptnnenweb,  nach  hundertfachem  risz, 

zu  boden  in  den  staub,  trotz  seinem  seidenglanze. 
antliolo(jie  1782  s.  120. 

FLAMMENSCHWERT,  n. 

dem  Sturme  gleich  in  mitternächten, 
ein  flammenschwert  in  seiner  rechten, 
siebt  sie  den  todesengel  ziehn. 

i.  G.  Jacobi  an  Gleim  13  febr.  1768. 

FLAMMENSCHWINGE,  f.   Ann.  von  Drüste  ged.  277. 
FLAMMENSCHWUNG,  «i. 

diesen  flammenscbwung,  den  ich  schwinge  mein  schwert,  und 

nicht  langer 

sollt  ihr  ihn  sehn !    Messias  13,  467.    $.  schwung. 

FLAMMENSEE,  f.    Brockes  6,110. 
FLAMMENSEELE,  f. 

bitt  ihn,  dasz  er  mich  zum  vogel  macht, 
nicht  zum  adler,   nein  zur  philomele! 
dann  werd  ich  mit  meiner  flammenseele 
leicht  auf  deinem  fittig  fortgebracht. 

Karschin  im  musenalm.  1798  s.  96. 
FLAMMENSEU.,  n. 

vom  hohen  himmel  strahlen  sie  {die  tteme) 

empfindung  mir  ins  herz, 

mit  flnmmenseilen  ziehen  sie 

die  Seele  himmelwärts.    Stolberc  1,412. 

FLAMMENSEUFZER,  m. 

der  hochaltar,  TOn  dürrem  gras  urorauscbt, 

die  stufen  aus^enindet  vom  gebet, 

zeugt  noch,  wie  oft.  von  sernphim  belauscht, 

der  andacht  flammenseufzcr  hier  geweht.    Matthisson  167. 

FLAMMENSPIEL,  «. 
süszei  lAcheln,  dasz  der  sieg  nicht  fehle, 
milderte  des  glanzes  flammenspiel.    Uürger  96'; 
allein  sie  {die  k«ize)  halte  sich  im  flammenspiele 
des  kampfs  verzehrt.     KvcKtnj  gcs.  <jeil.  1,189. 

FLAMMENSPITZE,  f.  die  nchrtnc  gräfin  ist  heule  früh  weg. 
(ie  siebt  aus  und  ist  wie  eine  »chOne  scnle,  die  aus  den 
letzten  flammenspitzen  eines  nicht  verdienten  fegfeuers  scheidet 
und  sieb  nach  dem  liiinmel  sriinend  erhebt.  Gothe  an  fr. 
«m  Sl.  1,175;  der  minister  halte  mit  der  lichlscheere  ohne 
noth  über  den  Wachslichtern  zugeschnappt  und  nur  die  flam- 
menspilze  geköpft.  J.  P.   TU.  2, 160. 

H.AMMKNSTICI!.  m.  trat  (lainmennaht 

FLAMMKNSTOCK,  m.    verkzruii  der  srhloster  und  lisrhlrr. 

FLAMMENSTRICH,  m.  bunter  flreif,  i.  b.  der  lulpe.  Staldrr 
1,  876. 


FLAMMENSTROM,  m. 
nicht  weit  von  ihm   [Friedrich  des  gr.  palasi)    in    furchtbar 

schöner  pracht 
das  haus,  wo  seine  donner  schlafen, 
well  euch!  auf  deren  trotz  einst  dieser  Aetna  wacht! 
mit  flammenströmen  wird  er  strafen.  Willaiot poef.  sehr.  160; 

flammenströme 
aus  des  Cocylus  Schlund.    Fr.  Müixer  2,267. 

FLAMMENSTUFE,  f. 

bis  gott  zu  den  flammenstufen 

seines  ernsten  ricbterstuls 

auch  den  letzten  vorgerufen 

deiner  frechen  capituls  {capitelherreii).    Thübiibl  6,326. 

FLAMMENSTURMHAUBE,  f.  buccinum  flammeum,  fr.  casque 
flamb^,  eine  muschel. 
FLAMMENTOD,  m. 

das  lebendge  will  ich  preisen, 

das  nach  flammentod  sich  setinet.    Götui  5,  26. 

FLAMMENTON,  m. 

wo  du  wandelst,  in  dem  raorgenstcrne 

oder  weiter  in  der  weiten  ferne, 

die  der  leier  (lyra)  flammenton  entzückt. 

Kl.  Schmidt  elegieen  83. 
FLAMMENTRAGER,  m.  ßammifcr.  Maaleh  137'. 
FLAMMENTRIEB,  m. 

kannst  du  des  herzens  flammentrieb  nicht  dämpfen, 

so  fordre,  tugend,  dieses  opfer  nicht.    Schiller  20*. 

FLAMMENÜBERMASZ,  n. 

nun  aber  bricht  aus  jenen  ewgen  gründen 

ein  flammenübermasz,  wir  stelin  betrofl'en.    Görai  41,3. 

FLAMMENWAGEN,  m. 

wir  schwebten  selbander 

im  flammenwagen  der  jugend, 

hielten  in  straffen  zügeln  die  brausenden  rosse  nicht. 
Stolberg  1,321. 
FLAMMENWÄLZEND, 

der  flammenwälzende  Acheron.    Fr.  Müller  1, 150. 

FLAMMENWEG,  m. 

noch  schwebet  die  sonne 

in  fröhlicher  wonne, 

versiebet  die  bahn, 

mit  froher  geberde 

treibt  sie  die  pferde 

den  flammcnweg  an.    Fr.  .Müller  2,379. 

FLAMMENWEHEND, 

weit  in  die  quer  hinziehend  das  flnmmenwebende  haupthaar 
funkelt  der  stern.  Voss. 

FLAMMENWETTER,  n. 

der  knabe,  der  ihn  führt,  sinkt  betend  nieder 

das  Junge  herz  verzagt  im  flammeiiwetter, 

er  strecKt  die  arme  jammernd  hinimelwärts.    Körner  1, 172. 

FLAMMENWIND,  m. 

wollustfunken  aus  den  äugen  regnen, 
seelcn,  wie  entbunden,  sich  begegnen, 
in  des  athcms  flammenwind. 

Schiller  anlhologie  1782  t.  35  (39). 

FLAMMENWIRBEL,  m 

er  läszt  der  blitze  flammenwirbel  los. 

A.  W.  Schlegkl  im  mitsrnalm.  1798  s.  70; 

es  entbrennt  unermesxlich  die  waldung 
und  rings  wehet  der  wind  mit  sausenden  flammeawirbflln. 

Voss. 
FLAMMENWORT,  n. 

als  er  ihr  sich  nahet,  umarmet  ihn  einer  der  siebzig 

und  erzählt  ihm  mit  flammenwortcn,  wie  wunderbar  gott  sei. 

Messias  12,740; 
flammenwori  der  entscheidung  erscholl  und  sie  flohn  vom  g»- 

ricbtsplau.    18,559; 
sie  lieben  beide  dich,  und  reden 

oft  mir  von  dir,  und  mit  flamnienworten.    Stouir«  1,360; 
ein  kirchenlicht,  wie  keins  noch  je  geschienen, 
ein  hoher  redner,  der  in  kühnen 
metanhern  sprach,  der  flnmmenworie  schrieb, 
und  freilich  auch  ein  wonig  übertrieb. 

Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  41. 
FLAMMENWUNDE,  f 

mich  verlangt  in  ruhe  da  zu  weilen, 

wo  der  liebe  flamnienwunden  heilen.    BSicia  100^. 

FLAMMENWUNSCH,  m. 

Insz  nicht  den  flnmmenwunsch  im  herten  lodern, 

der  Schöpfung  ihr  gcheimni«  abtufodern.    Lbnau  Faust  7. 

FLAMMENWUTH,  f. 

sie  erlöst  Anchises  laren 

als  die  glut  sein  hau.«  umfleng, 
aia  aus  tausend  meergofibren 

was  der  Ournrocnwuth  entgieng.    Rüssir  S*. 


1 72 1    FLAMMENZEICHEN  —  FLANDER 


FLANDER  — FLANKART 


1722 


FLAMMENZEICHEN,  n. 
frisch  auf  mein  volkl  die  Dammenzeichen  rauchen, 
hell  aus  dem  norden  bricht  der  freiheit  licht.    Köbseb  I,"9; 
in  feuer  lag  die  Stadt,  an  dreizehn  ecken 
zugleich  schlugen  die  flammenzeichea  auf.    2,25. 

FLAMMENZECG,   n.   bei  den   tischlern,   alle   zum   flammen 
nöthigen  uerk:euge. 
FLAMMENZLG,  m. 

ihres  rühme-  fiammenzüge  lodern 

in  dem  tempel  der  unsterhiichkeit.    Köhxer  1,61; 

grosz  iii  der  kirnst,  im  leben  und  im  kämpfe, 

hast  du  den  ewgen  tempel  dir  gebaut, 

wo  deines  namens  fiammenzüge  lodern.    2, 189. 

FLAM.MERN,  frequenlaiiv  von  flammen,  ßndel  sich  nicht  ror 
der  zweiten  hälfle  des  11  jh.:  wie  die  sonne  geglänzet  und  ge- 
flammert.  Scncppics  j.  lOS;  wie  die  sonne  mit  ihren  güldenen 
strahlen  den  flammernden  glänz  der  sterne  benimmt.  Salinde 
s.  2S.     die  dichter  gesellen  dazu  Dimmern  tcie  zu  flammen  flimmen  : 

es  schleicht  ein  flämmchen  am  unkenteich, 

das  flimmert  und  flammen  so  traurig.    Bürger  60*; 

mitkundig  der  stillen  Vermählung 
flimmert  und  flammen  der  äther.    24(}^; 
mag  der  strahl  des  sommers  flammem.     Rosecarteh; 
kommt  ihr  ersten  liebesgefülile  in  flammernder  pracht.  Tie« 
10,  227. 

FLAMMGOLD,  n.    aurum  tremulum,  fliUergoid:     (silber  und 

golil)   oftmals    scbaumsweis  auf  den  felsen  ligend,   als  tafel- 

silber,  auch  auf  den  wiesen  als  flaramgold.  Pabacefscs  2, 56'. 

FLAMMICHT,  flammeus:     dann  etlichs  bat  grob  und  kör- 

nicht,  etlichs  flammicbt  und  leicht  gold.  Erker  42'; 

sie  {die  enget)  eilen,  gott,  wenn  du  befehle  blickst, 

durch  deinen  himmel  viel  geschwinder 

als  deine  blitze,  die  du  flammicht  [es  uteht  flammigt)  schickst! 

KiBSCHiN  ged.  S; 
flammicht  (ileht  flammigt)  der  stern.    Gebstemberg  Ugol.  49. 

FLASIMIEREN,  l)  intr.  flammen,  leuchten: 

ich  sähe  sie  dort  her  flammieren, 

die  mir  die  liebste  was.    beryreien  126,  4. 

2)  tr.  flammare,  bei  den  tischlern  für  flammen. 

FLAMMIG,  flammeus:  flammige  und  flammiger  wölk,  flammi- 
voma.  roc.  14S2  h  "';  als  sie  den  gottesacker  öfneten,  schwamm 
er  flammig  im  schmelz  und  brand  der  abendsonne.  J.  P. 
flegelj.  1, 102 ;  die  rothen  ströme  gehn  neben  den  wasser- 
bächen  und  so  sind  die  flammigen  wesen  immer  thätig  und 
freudig.  Tieck  4, 375. 

FLAMMING,  m.  phoenicopterus,  flamingo,  ton  seinem  flam- 
menden, hochroihen  gefieder.  zu  unterscheiden  von  fläming,  Maaler 
137"  und  Hemsch  1125,  36  hat  dafür  flammbart. 

FLAMMKLINGE,  f  siehe  die  uiUer  flamberge  aus  Garg.  117* 
angeführte  stelle. 

FL\MMKUCHE,  m.  ein  dünner,  zur  reinen  krusle  ausgebackener 
biotteig,  den  man  zum  jubel  der  kinder  mit  den  übrigen  brolen 
ins  backhaus  schickt.  Riehl  die  Pfälzer  s.  267.  auch  in  der  Wellerau. 
geflammter  kuchc?  oder  nach  dem  fr.  Dan  =  flade? 

FLÄMMLINGE.N,  flammatim:  hätte  sich  zwar  einmal  hin- 
aus gewagt,  es  wäre  ihm  aber  alsobald  von  groszer  hitze 
das  haar  angangen,  dasz  es  flämmlingcn  gebrunnen.  Simpl. 
3,758. 

FL.\MMOFEN,  m.  zum  eisenfrisehen  oder  metallschmelzen. 

FL.\MMRLSZ,  m.  fuligo  optima. 

FLÄMMSCHUSZ,  m.  trenn  man  pulver  ohne  kugel  lo^ennl. 
Staldeb   1.376.     vgl.  flammen. 

FL.\MMZEN,  olere  flammam,  nach  der  flamme  schmecken : 
das  gericht  bat  angebrennt  oder  es  hat  geflämbzt.  WUzen- 
bürger  129.     icelterauisch :  die  suppe  flämmzt.     vgl.  flanzen. 

Flampen,  vagarl  oHosum,  schlendern:  Frilz  fahrt  mit  einem 
fudcr  heu  die  wiese  her  und  hält  aus  allen  leibeskräften  auf 
ebenem  boden,  dasz  es  nicht  umwerfe,  o  verlorne  arbeit, 
dachte  ich,  der  wagen  gienge  eben  so  richtig  daher,  wenn 
er  ruhig  hinten  nach  flampte.  der  a.  mann  im  Toggenb.  2S6. 
gleichviel  mit  flanggen,  pflanggen  bei  Stalder  1, 377,  flankieren, 
Kie  schlampen  mit  schlenkern,  schlendern. 

FL.\NDE,  pl.  flanden,  das  geschlecht  unsicher,  seinliUae  e  can- 
dente  ferro  micanles.  Hemsch  1126, 12,  sonst  unbezeugt.  viel- 
leicht flander  pl.  flandern,  *.  die  folgenden  und  flinder. 

FL.\.N'DER,  »n.  floccus:  da«z  die  kaminfeger  in  den  kaminen 
nur  den  rusz  oder  flandern  abzukehren  pflegen,  das  pech 
»ber  hangen  lassen.  Schmeixer  1, 5S8.     5.  flatteirusz. 


FLANDER,  f  lacinia,  fl'dter,  läppe,  lumpe:  und  Titus  (/.  Titius) 
must  unter  den  laufern  mit  den  flandern  ligen.  wer  zu  fusz 
in  hämisch  gangen  war,  der  must  plosz  under  den  flandern 
geen.  MCglei.x  33".  34*.  bei  Yd.  max.  11.7,9  heiszt  es:  jussit 
eum  toga  laciniis  abscissis  amictum,  discinctaque  tunica  in- 
dulum,  nudis  pedibus,  a  mane  in  noctem  usque  ad  principia 
per  omne  lempus  militiae  adesse,  das  ist  sehr  frei  und  unklar 
verdeutscht,     henneberg.  flander,  fländer,  flocke,  fetz,  vgl.  flatter. 

FLANDER,  m.  pleuronectes.     s.  flinder  5. 

FLANDERER,  m.  hat  Hemscb  1126,5  fOt  fax,  funale  und 
für  flamen,  priesler,  es  gehört  zu  flande  und  flandern.  schtcäb. 
flanderer.  flaüergeiM. 

FLANDERL,  FLANDERLEIN,  n.  flatlerhaßesmäddten.  Schüel- 
LER  1.  5SS.     Frisch  1,  272'  hat  fländerlein  für  fliUer,  vgl.  flinder. 

FLANDERN,  FLANDERN,  alas  agitare ,  motUare,  flattern, 
wehen,  auch  für  pfuchzen,  sprfitzcn,  speien:  so  es  dann  ein 
andere  gestalt  gewint  oder  ein  geschmack  von  sich  gibt,  oder 
im  fewer  verbrint,  pfutzet  und  fländert,  so  ist  es  saJpeter. 
Thcrxeisser  ron  wassern,  s.  33.     s.  flendern  und  flindern. 

FL.\NDERN,  Flandria,  Flamland,  häufig  im  reim  at</" andern, 
treulosigkeit  und  flatterhaßigkeit  der  weiber  oder  junggeseäen  aus- 
zudrücken : 

wann  dise  bübin  ist  von  Flandern, 

sie  gibt  ein  hüben  umb  den  andern.    H.  Sachs  1,516*; 

wann  die  bulerin  sind  von  Flandern, 

geben  ein  narren  umb  den  andern.    V,  215*; 

und  noch  öfter  bei  diesem  dichter,  vie  auch  bei  .\trer.  ich 
fragte  die  zeit  nicht  viel  nach  Jungfrauen,  gab  eine  umb  die 
andere,  wo  ich  hinkam,  fand  ich  eine,  und  wo  ich  wegzog, 
liesz  ich  eine,  derowegen  so  war  ich  risch  gerillen,  sage 
'meine  herzliebe  Hese,  dein  herz,  dein  raih,  ich  bin  von 
Flandern,  gebe  eine  um  die  andern'.  Schwei.nichen  1,97; 

mein  fcins  lieb  ist  von  Flandern, 

gibt  einen  umb  den  andern, 

wer  ihr  nicht  zusprechen  kann, 

dem  schneidt  sie  bald  ein  kappen  an.    fl.  bl.  um  1620; 

doch  weil  mir  nun  bei  andern 

das  glücke  günstig  scheint, 

so  bin  ich  auch  von  Flandern.    Weise  überfl.  ged.  4,10; 

ich  lasz  mich  niemals  den  Vorwurf  betrüben, 

ich  wäre  von  Flandern  und  striche  herum.    Gc<<tber  25S; 

weil  ich  so  gewohnt  zu  wandern 

heute  hier  und  morgen  dort, 

meinen  sie  ich  war  von  Flandern, 

schicken  gleich  mich  wieder  fon.    Göthb  11,339. 

das  flattern  =  flandern  leitete  von  selbst  auf  den  namen  Flan- 
dern und  auf  das  unbesVindige,  nicht  blosz  in  der  liebe,  sondern 
überall : 

wann  wir  sind  kummen  her  von  Flandern, 

geben  ein  drappen  umb  den  andern.    H.  Sachs  I,  öl'\ 

drappe  sclieint  traube,  racemus?  von  uns  entnahmen  die  Slaren 
böhm.  flandra,  poln.  fladra.  serb.  tlandra  als  schelte  für  ein  leicht- 
fertiges wäb.     Wittesweiler  im  ring  s',  33.  s',  25 : 

sie  ritten  in~  enander 
recht  sam  die  säw  von  Flander; 
und  rumplen  unter  enander 
sam  wildeu  swein  von  Flander. 

FLANDRER,  m.  Flandrensis: 

der  Toscaner  lieblichkeit 

und  der  Flandrer  witzigkeit.    Wecihbruw  376. 

vgl.  flanderer. 

FL.\NDR1SCH,  was  flämisch,  doch  ohne  dessen  nebensinn. 
FLANELL,  m.  pannus  laneus  tenuior: 

sie  suchte,  wenn  der  ohm  die  gute  laune  verloren, 

nach  dem  bewähnen  katzenfell, 

und  ballt  ihn  sorgsam  in  flanell 

bis  über  die  obren.    Kl.  Scuhidt  kam.  dicht.  276; 

wie  seine  füsze  in  flanell,  so  war  sein  hen  warm  einge- 
futtert in  kaufmännischen  familienstolz.  2S4; 

und  ich  sah  die  Wöchnerin  froh  die  verschiedene  leinwand, 
aber  besonders  den  weichen  flanell  des  Schlafrocks  befühlen. 

GöTHi  40,246. 
FLA.NELLMACHER,  m. 
FLANELLWEBER,  m. 

FLANK,  m.  östreichisch  floccus,  pannus,  fetze,  lumpe  und 
dann  homo  pannosus,  ein  lump,  lumpenkerl.  Hüfeb  1,  226. 
Casteili  129:  ein  grober  rülps,  ein  flank,  der  sich  umtreibt, 
flankiert,  fländert.     bair.  =  fank,  funke.  Schm.  1,  589. 

FL.\NK.\RT,  m.  wol  nach  einem  fr.  flanchet,  flanquart,  das 
sich  von  flanc  abieilet:  und  hat  mir  gott  das  glück  gegeben, 
dasz  ich  ihn   und   seine  knecbt  geschlagen,  ihne   auf  der 


1723 


FLANKE  — FLÄNSEL 


FLANSEN  — FLARUE 


1724 


rechten  seilen,  die  ich  ihme  selbst  ahgewonnen,  mit  einem 
Kchäflein  unter  dem  flankartz  hinein  gestoszen,  hart  ver- 
wundet. ScHÄRTLiNS  kbcnsb.  4C. 

FLANKE,  f.  latus,  lumbus,  ein  tirJcutsches  wort,  das  gleich 
andnn  uiisrc  vorfaiiren  ins  romaniscite  yclraijen,  wir  surüdgc- 
nvmmcn  haben,  ahd.  lancha  (Grakf  2, 222),  »?i/ii/.  lankc  (wb. 
1, 934),  il.  iiancü,  sp.  flanco,  fr.  Qanc.  Stieler  1070  stellt 
nuch  lanke  tind  Oanke  nebeneinander,  da  mit  lanke  auch  gc- 
lenk,  biegung,  einschnilt,  taille  unmütelbar  sielt  berührt,  alln. 
hieckr,  schw.  länk,  ddn.  lanke  calena  ausdrückt  und  die  kitte 
aus  gliedern,  gelcnken  besieht;  so  Idszl  sicii  rennuten,  dasz  ahd. 
lancha  frither  hiancha  lautete,  und  aus  hl  das  romanische  fl 
herrorgieng.     mehr  noch  unter  gelenk  und  lenken. 

1)  flanke  bezeichnet  uns  die  lende,  seile  des  leibs  an  der  hüfle, 
am  Ihier  die  dünnung:  die  dünnimgen,  so  das  gcscheide  uni- 
schlieszen,  heiszen  die  eisbeine  oder  flanken.  Döbel  1,17; 

0  scbonc  die  kaldauo^nlcere 

verilorrte  flanke  dciiilr  mähre! 

verzeuch  und  halt  die  ziigel  an : 

steig  ab,  0  barter  rittcrsmann  ((ioii  QuLrote). 

Kretschmann  im  alm.  1774  s.  24. 
s.  flankenschlagen. 

2)  flanke,  die  wand,  seile  eines  g^äudes: 

seht  diese  flanken,  diese  Strebepfeiler, 

die  stehn  nie  Tür  die  ewigkcit  gebaut.    Schiller  521'; 

die  flanke  des  bolhverks  einer  festung,  die  streichlinie.  nicht 
anders  die  flanke,  seite  eines  gebirgs:  sowol  den  berggipfel 
als  dessen  flanken,  seilen  und  Umgebung.  Göthe  60, 137. 

3)  dem  lieer  werden  wie  flügel,  so  auch  flanken,  seilen  bei- 
gelegt, man  sagt  dem  feind  in  die  flanke  fallen  orfer  gehen, 
ihn  von  der  seite  angreifen ;  sich  in  die  flanke  des  feindes 
werfen ;  die  flanken  decken ;  nach  den  flanken  abfeuern  lassen. 
oeiuT.  rfefr. /e  jr.  30,  "8;  wald  auf  der  flanke  haben.  30,121; 
die  rechte  flanke  des  hcers  lehnt  an  einen  beig;  sie  (iengen 
schon  an  sich  turmenweise  zu  schwenken,  uns  um  die  enl- 
blöszle  flanke  herum  in  den  rücken  zu  fallen.  Ki.opstock 
Herrn ann seid. ;  mittlerweile  ein  häufen  Schweizer  demselben 
(Karl  dem  kühnen  bei  Nancy)  von  der  einen,  ein  andrer  von 
der  andern  seile  in  die  flanquen  fiel.  Lavater  Schweizcrlieder 
195;  ich  thu  als  wenn  ich  den  Jery  nicht  kennte  und  fall 
ihm  dann  mit  meinem  antrag  in  die  flanke.  Göthe  11, 16. 

FLANKENSCHLAGEN,  n.  gewaltsame  bewcgung  in  den  seilen 
eines  thiers,  gewöhnlich  vorbote  seines  todes. 

FLANKIEREN,  vagari,  fr.  flanquer,  vgl.  flank,  auch  tr. 
den  feind  flankieren,  prorumpere  per  mcdios  hosles. 

FLANNEN,  flere,  plorare:  mit  lauter  stimm  flannt  und  heult 
Jacob,  als  er  Rachel  sein  basen  kennet,  umb  das  verbergt 
Jerusalem  weinet  Israel  also,  das  sie  die  statt  ein  flannstatt  oder 
betilstatt  nennten.  Frank  verbülschiert  buch  1559  /*/.  115'.  ahd. 
flannendo,  ora  conlorquendo  (Graff  3,  773).     nicAr  «71/cr  flennen. 

FLANNER,  m.  ein  heulbock.   Stieler  99. 

FLAIS'S,  m.  OS,  mlid.  vlans,  oft  gleich  maul  verdclitlich : 

•Ir  «ult  varen  der  sunnen  haj', 

sprach  der  knappe,   'ir  sit  eiri  gang. 

möht  ir  gerüeret  bän  den  flans, 

und  bei  den  wirl  gevräget!'    Parz.  247,28; 

als  er  in  bi  d^me  harte  dang, 

das  kinne  wart  ime  unt  der  vlans 

vll  häres  da  beroubet.    Otto  hart  268; 

6  du  Idser  gramer  flans, 

W8J  geudestu  von  der  bluomen  glänz?    Ilnttl.  219, 117, 

wie  wir  heule  sagen  'du  loses  maul',  oder  wäre  zu  setzen  Gra- 
moflanz :  glänz? 

nhd.  thu  zu  din  flans  (es  steht  flnncz)  du  böser  wicht! 
Mor<K  scliausp.  137,939. 
die  nhd.  idiotica  haben  es  kaum,  nur  Schm.  1,  590  hat  flenscha, 
maul,    gesicht.      das  alln.  flcnsa  lambere,   lingere  drüclU  fomm. 
$ög.  6, 350   osaUari   aus,   wie  lambere  mit  dem  maul  lecken,   so 
dasz   auf  ein  flans  os  geschlossen  werden  darf      im  abfieleäelen 
flcns  II.  ignobilet  blandüiae  Uegl  also  .sjieichellecJierei.     Iicss.  flenzen 
fiir  flensen,   das  gesicIU  verziehen;   öslr.  flenschen,   flienschen. 
IIOrKR  1,  230.   bai'r.  flenschen.  Schm.  1,500.     j.  flanseo,  flinscn 
und  (lunsch. 
FLANSEL,  FLANSLEIN,  n.  osculum,  mdulchen: 

ir  tütteU  grAnitct, 
dn{  icboup  siro  in  «in  vlAnsel.    Pari.  113,8, 

WO  andere  hst.  granii :  vlans,  gränseltn  :  vlanscila; 
diu  an  tltm  inuir  Ir  (.ii;^'cn  nider 
*lrt  aU  ein  1  -''lin, 

•A  kluwet  m 
dat  «(  muo;  >  men  danc.    Honner  13447. 


FLANSEN,  adulari.  Diefemiacu  14*. 

FLANST,  m.  t'a;jor,  dampf  \\olfs  zeilschr.  für  mvlh.  2,  76. 
V(jl.  flanzen. 

FLANTSCH,  laänia,  felze,  ftalscli:  wenn  wir  jedweden  kerlen 
einen  flantsch  vom  ohr  oder  von  der  achsel  abschneiden. 
Weise  tTzn.  18.  Weinhold  seid.  wb.  21'  setzt  flanschen  m.  für 
mund  und  für  einen  läppen  fleisch,  besonders  ans  kla/fender  wunde, 
man  wird  Zusammenhang  zwischen  flans  und  flantsch  einräumen 
müssen,  Isch  und  z  scheinen  dabei  immer  aus  s  verderbt. 

FLANTSCHE,  f  dasselbe:  wenn  ich  ihn  wüste,  ich  wollte 
ihm  zu  fusze  fallen,  und  wenn  ich  ihm  flugs  eine  flantzsche 
aus  der  kniekehle  beiszen  solle.  Weise  unvergn.  scele  197. 

FLANTSCHIER,  lacinia,  liripijnum.  Oberlin  395.  fleiitschier 
fimbria  397. 

FLANZEN,  vaporem  emiUere,  nicderhess.  das  licht,  die  lampe 
flanzt,  dampft,  raucht,  verwandt  mit  flamzen.  s.  flanst.  nrf. 
sagt  man  blacken.  kann  dazu  gehören  pflanziger,  wcicitcr, 
nasser  schnee?  Stalder  1,162. 

FLAPPE,  f.  OS  hians,  die  Schreibung  flabbe  Lil  mehr  nieder- 
deutsch und  vcrIidU  sich  wie  ribbe  zu  rippe,  nnl.  Aap.  nd.  flabb 
(Danneil  5l'),  in  den  anlauten  IIa  läszl  sich  dhnlichkctl  mit  flans 
nicht  verkennen,  vgl.  labium,  lippe.  lefze;  (lai^itc  herab  hängende 
Unterlippe:  mak  nich  saune  flappc.  Schamhach  27i';  einem 
eins  in  die  flappe  geben.  Stieler  491;  nnl.  ik  gaf  hem  eenen 
Aap  om  de  ooren ;  vliegcnAap,  flifgenklatschc.  im  reimedieh 
s.  3  steht  Rosenflabbe  für  Rosenmund.  vgl.  alln.  flipi,  inferius 
labrum  equinum. 

FL.\PPEN,  plaudere,  crepitare,  klappen :  der  kerl  ist  geflappt. 
Callenbach  quasi  64.    scIUagen.    Frohmann  6,  14. 

FLAPS,  m.  von  flappen,  wie  klaps,  laps,  schnaps,  taps  von 
klappen,  läppen,  schnappen,  tappen,  kicks  von  klacken: 
flabbs,  la/fe  (Danneil  51');  wer  mich  einen  Hegel  schimpft, 
der  ist  selber  ein  flaps ;  der  flaps  wird  schon  sein  fett  kriegen  ; 
ich  denke  immer,  der  flaps  könte  noch  seine  nachbaren  mit 
versorgen.  Tiecks  tischler  2, 305 ;  der  eitle  flaps !  Heinr.  v.  Kleist 
2, 33 ;  in  beiden  folgenden  stellen  verächtlich  mit  'dort'  tvrbunden : 

das  mädchen  ringt  die  band,  und  er  der  flaps  dort, 
der  trotzt,  wie  toll,  euch  in  des  Zimmers  mitte.    "2,50; 
flaps  dort,  schweig  er  jetzt!    2,71. 
man  spricht  und  schreibt  auch  flapsch.     vgl.  flips. 

FLARRAUGE,  n.  wundes,  rothes,  eiterndes  äuge :  grün  wasser- 
eppichkraut  gestoszen  bekompt  wol  den  überstilpften  (stülpten) 
flarraugen.  Tabernaemont.  341 ;  dann  es  sehr  ein  gut  wasser 
ist  zu  den  roten  flarraugen.  192.     s,  flcrrange  und  flirren. 

FLARRE,  /■.  mhd.  vlarre  und  vierre,  auf  ahd.  flarrd  und  flarriä, 
ürftT  flard,  flariä  weisend,  nhd.  neben  flarrc,  flärre,  flerre  auch 
blarre,  plärre,  plärre,  plerre  (2,  66),  nach  dem  Wechsel  zwisciwn 
f  und  1),  «'IC  flach  «»irf  blach,  falz  wrirf  balz;  Stieleh  99  schreibt 
neben  blerre,  flerre  zugleich  flerpe,  flörpe.     mehrere  bcdeutungen, 

1)  die  vielleicht  älteste  von  ejulalus,  ploratus  niciU  aufzuweisen, 
docli  aus  dem  vcrbum  zu  scidicszen,   vgl.  auch  geblürr,  geplerr. 

2)  ridus,  os  ringcns,  weil  der  li^ftig  weinende  den  mund  ver- 
zerrt, ein  breites  maul  zieht,  diesen  sinn  legt  Schambach  271' 
dem  nd.  flarrc  ausdrücklich  bä. 

3)  vulnus  grave  patens,  wie  die  Vorstellung  des  mundes  und 
der  wunde  sich  begegnet,  Calderon  sagt  'wunden  sind  münde, 
die  niciU  lügen',  die  wunde  reiszl  das  fleUch,  wie  der  mund  das 
gesicIU  auf,  und  die  wunde  verzerrt  fleisch  und  haut,  zerfetzt  sie: 

mhd.  s\  slahcnt  im  eine  vlerren 

rtjen  über  sin  wengel.    Neidhart  167,13; 

oder  ör  .'slah  mir  schier 

grßzer  vlarren  vier 

iij  dem  diehe.    ilSII.  3,191»; 

d^m  slab  ich  tiefe  vlarren  ü(  den  zant.    199*; 

Rngcldie  vriimt  Kngelmar 

ein  vil  wiie  vlerren 

durch  sin  8cha>ne;  wnnge  ilf  den  zant.    224*. 

die  flarre  wird  in  oder  durch  die  wange  und  ai«  dem  fleisch 
geschlagen,  so  dasz  zolin  und  knorhe  fletscht.  Sciimellkr  I,  590 
hat  flarr,  flärre,  plärre  für  breite,  unfdrndicite  wunde,  narbe  und 
entzündete  stelle,  Stalder  t,  377  ßr  breite  wunde,  derben  schlag, 
Dahnert  122  für  lange,  breite  narbe  von  schnitt  oder  hieb;  he 
liat  en  flaar  iipt  oog,  hat  einen  flalsch  übers  äuge  bi'kommen 
und  sieht  nun  schlecht.  Schütze  1,321. 

4)  risz  überhaujA,  flarrc  ein  ris:  in  leinwand  oder  zeug,  so  dasi 
fetzen  und  lap/x-n  niedirhängcn,  nd.  (lirrcn  un  flarrcn,  allerlei 
lum]H-n  und  fetzen.   ScHlJrzK  1,321,  auseinander  geierrlc  lapften. 

5)  flärre  ein  groszes,  breites  stück  brot  oder  kiichen.  Staloeii 
1,  377,  uvfür  man  auch  flatsch  und  fetze  hvrt. 


I 


1725 


PLARBEN  — FLASCHE 


6)  eine  verschüitete,  verzerrte  flitssigkeü,  ein  breiler  klecks,  bei 
Stüresburg  45'  kohflarre,  kuhfladen,  was  die  kuh  fallen  lassen, 
dabin  geflerrt  h(ä.     östr.  der  flarn,  ein  breiler,  u-eidier  kleks. 

7)  flarr,  area,  areola.  SchOxsleder  P2",  ^eichsam  ein  breiler 
jiatx,  fleck,  urie  avch  Stalder  2,  5U  nachholt,  ein  alles  groszes 
haus  oder  dach,  welches  übel  unterhallen  ist.  wir  nennen  das 
was  sich  breit  in  den  weg  slelll,  spreizt,  vnnöthigen  plalz  ein- 
nimmt, ein  geflärre,  geOürr  oder  flarre. 

die  anlaute  ron  flade.  flander,  Dans,  flarre,  flatsch,  flatter 
haben  ähnlichkeil  und  kiihOade  kann  mit  kuhflarre  ^n:  3U5am»ien 
fallen,  da  nd.  aus  d  häu/ig  rr  wird.  g> 

FLABREN,  FLERREN,  1)  ejulare,  heulen,  wänen,  mit  plorare 
unmittelbar  rerwandt,  wie  blerren  an  flere  malmt,  dessen  r  aber 
zur  fiexion  gehört:  das  weib,  so  si  fromb  ist,  mit  weinen 
und  flarren  den  kranken  betrübt.  Fram  chronica  94';  so 
flärret  (weint)  Saul  auch  vergebens  über  die  gnad  Davides 
im  bewisen.  rerbütsehiert  buch  146'.  diese  bedeulung  dauert  noch 
im  Schwab,  flarren,  flerren,  pflerren.  Schmid  195. 

2)  OS  ringere,  diducere,  das  maul  flerren,  zerren,  verziehen, 
wie  auch  Bannen,  flennen  an  flans  rührt. 

3)  flarren,  vom  rieh,  kolh  auswerfen,  pissen,  s.  flarre  6. 

4)  sich  flarren,  flerren,  spreizen,  in  den  weg  stellen:  es  ist 
so  viel  unnöthiges  geräth  herbeigetragen,  dasz  es  sich  flerrt, 
den  räum  sperrt;  die  frau  flerrt' sich,  macht  sich  breit. 

FLARRIG,  übel  zerfetzt,  zerschnitten,  sich  spreizend. 

FLARZEN,  FLARTSCHEN,  ron  flarre  3  hergeleitet,  wund  sein, 
eitern,  bei  Stalder  1,  37S  flanschen,  pflartschen,  pflarzen,  1.384 
flirzen.  Qirtschen,  6«Tobier  194'  flartscha.  flarza:  vertreibt  den 
kindern  die  stinkenden  und  flarzenden  flüsz  des  haupts.  Tfur5- 
eisser  inß.  wirk,  der  erdg.  64 ;  wenn  den  kindern  die  äuglein 
flarzen  und  von  zuflieszender,  dicker  materi  zugebacken.  S6. 

FLÄSCHCHEN,  n.  lagenula,  fläschlein. 

du  enget,  das  hat  keine  noth. 

l)ier  ist  ein  Häschchen;  drei  tropfen  nur 

in  ihren  trank  umhüllen 

mit  tiefem  schlaf  gelallig  die  natur.    Göthk  12,  tS4; 

nachbarin  I   euer  fläschchen!  12,201.     s.  flasche  5. 

FLASCHE,  /■.  lagena,  ampuUa,  ahd.  flascä  (Graff  3,774), 
mhd.  vlasche,  vlesche,  nnl.  viesch,  ags.  flaxe,  engl,  flask,  altn. 
$chw.  flaska,  dän.  flaske,  mlai.  flasca,  flasco,  flascus,  it.  fiasco, 
sp.  frasco,  fr.  flacon,  russ.  fljaga,  fljaschka,  böhm.  flase.  puln. 
flasza.  flaszka,  lit.  pleszka,  ungr.  palaszk,  palatzk,  finn.  lasku. 
man  geht  zurück  auf  ein  gr.  (f).aay.rj  und  <p).äay.i.ov.  woher 
rührt  der  umlaut  im  mhd.  vlesche,  n/.  viesch  und  noch  lange 
im  nhd.  flusch,  irie  im  lit.  pleszka?  auch  Alberus  schreibt 
flesch  rasculum,  flesch  wein;  Luther  aber  flasche.  es  ist 
damit,  wie  in  äsche,  täsche  neben  asehe,  lasche  (l,  57S)  und 
was  wir  eben  sahen,  in  flarre  neben  flarre.  Lcthers  frr.  4,553, 
trenn  riclUig  gelesen  wurde:  und  du  thätest  wot,  das  du  mir 
herüber  schicktest  den  ganzen  kelier  voll  meins  weins  und 
ein  pfloschen  deines  biers,  so  oft  du  kannst,  im  invenlar 
Elsen  vox  Holzucsen  a.  1410  liest  man:  itcin  vi  sz.  umb  ein 
czynen  fleschen.  item  xvi  sz.  umb  ii  isern  flesschen;  bitten 
thet,  das  er  im  seines  guten  weiszen  weines  ein  flaschen 
schicket.  Steinhöwels  dec.  384,  20,  wo  die  ausg.  1580  2,  5'  ein 
flaschen ;  da  stund  Abraham  des  morgens  früe  auf  und  nam 
brot  und  eine  flassche  mit  wasser  und  legts  Hagar  auf  ire 
schulder.  1  Mos.  21, 14 ;  da  nu  das  wasser  in  der  flasschen 
aus  war,  warf  sie  den  knaben  unter  einen  bäum.  21,15;  da 
gieng  sie  hin  und  füllet  die  flassche  mit  wasser  und  trenkl 
den  knaben.  21,19;  mit  einer  flasschen  weins.  l  Sam.  1,24; 
einer  tregt  drei  böcklin,  der  ander  drei  stück  brots,  der  dritte 
ein  flasschen  mit  wein.  10, 3.  hier  folgen  noch  mehr  stellen, 
ältere  und  neuere. 

ein  flesche  und  ein  legellin 

wart  binder  in  gebunden.    Hicetis  heldenb   2,197; 

mit  dem  tische  das  alles  bescbach, 

was  rates  man  daruf  satzt 

von  spise  und  von  Silbergeschirre, 

das  lag  alles  gar  irre 

under  dem  tische  in  der  eschen, 

köpf,  kannen  und  fleschen.    Dioclet.  3759; 

du  stinkender  eimer,  du  kanige  flasch!    fasln.  255,12; 

das  man  und  frauen  wol  zu  snmmen  fügen, 

recht  sam  ein  gürtei  zu  einer  taschen 

und  eben  als  ein  xapf  für  ein  Oaschen.    694,22; 

und  usz  der  Ansehen  freudig  sin, 

mörtlich  schwur  dut  man  bi  dem  win.    Bram  8^fl6; 

sechs,  achterlei  wein  was  vorhanden, 

da  trfig  mnn  atif  mit  fleschen,  kanden. 

WiatttM  pUger  03  M.  52; 


FLASCHE  — FLASCHENBÜRSTE        1726 

nasse  knaben  und  trunken  fleschen  {Irvnkenbolde) 

mit  bösem  wasser  seint  geweschen.    Mörser  sc/ie/men*.  34" ; 

wirst  du  grob  machen  dein  schinden, 

förcht  ich,  ich  werd  dich  eins  mals  finden, 

wie  mein  vater  sein  flaschen  fand. 

•die  fand  er  hengen  an  der  wand'  frf.  i.  aufgehängt). 

Samder  trag,  von  Johannes  dem  laufet  07*; 

das  gelt  aus  der  täschen, 

den  wein  in  die  flaschen.    Garg.  50*; 

habt  ir  auch  je  ein  flaschen  aufgeschraubet  oder  mit  eim 
diterich  erbrochen,  so  werd  ir  wol  wissen  was  ir  darinnen 
gefunden  habt.  2t';  ein  poet  soll  auf  einer  seit  am  gürtel 
ein  dintenhorn,  auf  der  andern  ein  fläsch  henken  haben, 
das  soll  sein  brevirbflchlein  sein.  23';  klang  der  flaschen  und 
kannen.  112";  im  sommer  trinken  sie  aus  gekülten  flaschen. 
253*;  es  ist  was  anders  in  der  flaschen,  dessen  ich  gern 
bescheid  und  mich  rechts  erholen  wolle.  Pbilasder  2,794; 
dannenhero  der  Säuerling,  der  an  entfernte  ausländische  örter 
soll  verführet  werden,  am  allerlängsten  dauret  und  in  seiner 
gute  verbleibet,  wann  er  in  die  hierzu  gerechtelte  ausgewäs- 
serte flaschen  bei  reiner  Sonnenbestrahlung  gefüllet  wird. 
med.  maulaffe  789; 

lieber  aus  der  flaschen 
als  aus  der  taschen; 
die  schäfer  hatten  schon  die  flöten  weggeihan, 
und  biengen  sich  nunmehr  die  leeren  flaschen  an. 

Rost  schdferg.  92; 
jetzt  komm,  ich  will  mit  dir  nach  deinem  wäldeben  hinken, 
vergisi  die  flasche  nicht,  ich  werde  wacker  trinken.    140; 
jetzt  kollert  sie  die  leere  flasche.    144. 
man  sagt  die  flasche  spülen,  reinigen,  füllen,  leeren,  öfnen, 
versiegeln,  entsiegeln,  stopfen,  propfen,  entpropfen,  ausstechen, 
ihr  den  hals  brechen : 

der  mann  verstand  die  kunst,  den  flaschen  die  halse  zu  brechen 
und  glaubt  im  übrigen  gern,  was  mutier  kirche  glaubt, 
die  strafe  blieb  nicht  aus.  von  übermäszigem  zecheo 
erzeugte  sich  ein  Dusz  an  seinem  vollmorulshaupt. 

Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  50; 
habe   ich   denn   nicht  so   manche  flasche  kapwein  mit  ihm 
ausgestochen?  Lessinc; 

von  nun  an  trink  ich  doppelt  besire  flasche.    Götbk  41,68. 
in  geschliffener  flasche.  G5the.     den  wein  auf  flaschen  ziehen, 
lerare  il  vino  a  finschi.     vgl.  bierflasche,   blechflasche,   brant- 
weinflasche,   dinlenflasche,   essichflasche,   ölflasche,   pulver- 
flasche,  Weinflasche. 

2)  die  mUchbrüste  äner  amme  werden  flaschen  genannt: 

darmit  se  f'/iV  Jungfern)  den  bussem  so  konden  utstafl'eren, 
als  went  Karrenamme  ere  beiden  flaschen  weren. 

LMuremberg  21,106. 

3)  metallarbätern  heisU  flasche  der  den  formsand  festhaltende 
rahmen. 

4)  am  flaschenzug  ist  flasche  das  gehäuse,  worin  sich  die 
Scheiben  finden. 

5)  am  hals  der  schafe  erzeugen  sich  bei  ungesundem  futter 
kröpfe,  die  man  flaschen  oder  fläschchen,  fläschel  nennt. 

6)  mhd.  vlasche,  beule,  wunde,  ohrfeige.  Castelli  129: 

er  hieb  ir  eine  vlaschen.    past.  K.  156,60. 
FLÄSCHEL,  n.  (f.)   lagenula:    den   visches  sdm  den  vaeht 
man  denn  und  tuot  in  in  klaineu  fläschel,  als  triakers  fläschel 
sinL  Megenberg  248,14; 

ir  herren,  nembt  das  Däscbl  und  trinket  alle! 
schaut  wie  euch  der  wein  wol  gefalle,    fasln.  432,28; 
ich  trank  kalten  wein  aus  einer  fläschel, 
das  mir  we  tet  der  pauch.    472, 16. 

FL.ÄSCHELCHEN,  n.  doppelt  diminuiert:  item  iii  heller  umb 
ein  klein  fleszelchin  .  .  .  umb  ein  zinen  fleszelcbin  . . .  umb 
ein  kulkesselchin  und  ein  isem  fleszelchin.  Els.  ton  Houbuse:! 
invenlar  v.  1410. 

FLÄSCHELN,  ridere,  plorare,  ßr  fleischein?  in  einemtriegenr- 
lied: 

sause,  liebe  ninne,  was  nistelt  im  struh? 
schab  mir  die  kielte,  nimm  mannstreu  darzu, 
enzian,  allrain,  koabenkraut, 

so  schmutzelt  der  bräutgam,  so  fläschell  die  braut. 
Weise  Jacobs  heiralh  44. 
WEtsHom  seht.  wb.  2l'  fläscheln,    den   mund  zum  lachen  ver- 
ziehn,  lächeln,  frequentativ  von  fletschen. 

FLASCHEN,  succedere,  gut  von  stallen  gehn.  Fromjia!«!«  5,56. 
FLASCHE.NBIRNE,  f    weil  ihre  gestalt  fiaschenförmig,  pirum 
ampullaceum, 

FLASCHENBCCHSE,  f.  art  vindbüchse. 
FLASCHENBÜRSTE,  f   scopula  laguncularis,   um  die   hätte 
XU  reinit/en  und  zu  schwenken. 


1727    FLASCHENET  — FLÄSCHLEIN 


FLASCHNER  — FLÄTIG 


1728 


FLASCHENET,  n.  flageolet,  kleine  flöte  von  hohen  tönen: 

wenn  lum  gesnng  der  nacbtipallen 

in  diesem  liaiii,  deu  siliwacher  tag  durchdringt, 

mein  kleines  flaschenel  eriilingl 

und  seine  töne  dir  gefallen, 

dann  hör  ich  dich  mit  anmuth  sagen, 

'du  hast  mir  Ja  noch  nichts  verehrt!' 

alm.  der  deutschen  musen  1774  s.  23. 
FLASCIIENFUTTER,  n.    lagcnarium,    alln.   flöskufödr,    dän. 
flaskefodcr,  ein  behällnis  gelrdnk  auf  der  reUe  mit  sich  zu  fiüiren  : 

doch  sprich  dein  muttcrfasz  und  flaschenfulter  an. 

Fleming  582; 
Uszt  euer  kind,  betrübte  mutier, 
und  sollte  gleich  kein  tlaschenlXitter 
zu  finden  sein,  so  musz  er  Tort.    Canitz  350; 

ich  machte  mein  fläschefultcr  auf  und  wolle  ihm  einen  trank 
spanischen  wein  zubringen,  allein  er  wolle  nicht,  sondern 
sagte,  ihr  werdet  euer  Diischenfutter  unterwcgens  selbst  von 
nülhen  haben,  bis  ihr  in  den  sund  kommt.  Sciioppics  16S4 
s.  2S2 ;  das  schönste  und  grüszte  schock  krebse  ausgelesen, 
abgesotten  und  dieselbigen  mit  einem  flaschenfulter  voll  franz- 
wein verschanzet,  pol.  dockf.  98 ;  ich  liesz  ihn  nocii  ein  flaschen- 
fulter wein  mitnehmen.  Geilert  4,  316.  figürlich,  eine  stunde 
übergab  der  andern  das  flaschenfulter  der  lust.  J.  P.  Fixl.  176. 

FLASCHENGENERAL,  m.  kcllermeister,  der  seinen  unlerthanen, 
den  flaschen  gebietet,  2u  commandieren  hat.  Gotter  3,  542. 

FLASCHENHALS,  m.  Collum  lagenae:  der  flasche  den  hals 
brechen,  sie  erüfncn.     s.  unter  flasche. 

FLASCHENKELLER,  m.  abtheilung  des  kcllers  zur  auße- 
«ahrung  geffdUer  flaschen. 

FLASCHENKELLERCHEN,  n. 
unter  die  sterne  komm  ich  gewis  in  kurzem,    denn  meiner 
flaschenkellerchen  Treund  ist  nicht  geringer  als  Zeus. 

alm,  der  deutschen  musen  1776  s.  22G. 

FLASCHENKORR,  m. 

FL.ASCHENKCRRIS,  m.  Cucurbita  lagenaria:  die  andern  sein 
breillecht  flaschenkürbs  genennel,  dicweil  man  flaschen  daraus 
machen  kann.  Tabernaemont.  861. 

FLASCHENMACHER,  m.  ampuUarius,' flaschner :  fleschen- 
mächer,  vascularius.  Alrerus. 

FLASCHENREIF,  von  getränke,  so  entwickelt,  um  auf  flaschen 
gezogen  werden  zu  können:  der  wein  hat  lange  gelegen,  ist 
flaschenreif;  ein  mittel  alle  weine  binnen  wenig  stunden 
flaschenreif  zu  machen,  wurde  unlängst  angekündigt. 

FLASCHEN  REST,  m.  quod  reliquum  est  in  lagena,  was  in 
der  angebrochnen  flasche  übrig  ist,  die  neige. 

FLÄSCHE.NTÄNZELN,  die  flaschen  tanzen  machen,  an  ein- 
ander stoszen,  klirren  lassen :  faszfingerlen,  gläserklingelen  und 
Daschendänzelen  vorgehabt.  Garg.  112*. 

FLASCHENSAUGER,  m.  bibax.    Henisch  1126,  3L 

FLASCHENSCHRAÜBE,  f 

FLASCHENSPOLER,  m. 

FLASCHENTRÄGER,  m.  1)  lagenarum  fmtator,  aufwdrler, 
kellner:  jung  hur,  alte  kuplerin,  junger  bub,  alter  fleschen- 
trager  oder  galgenschwengel.  Frank  sprichw.  2, 193' ;  ich  musz 
schier  aus  diesem  schreiben  glauben,  als  sei  der  gottlos 
münich  ein  Zeitlang  ein  hurenweibel  oder  flascbenlrager  in 
einem  solchen  tempclhaus  (frauenhaus)  gewesen.  Hier.  Rau- 
schers ander  hundert  der  bapistischen  lügen.  1565.  B4;  junger 
Jicb-,  alter  flascbenlrager.  Henisch  1126, 38. 

2)  zugrebe,  kunkel,  wenn  die  rutlten  eines  starken  weinstocks 
auf  b  bis  1  äugen  geschnitten  sind. 

FLASCHENZUG,  m.  machina  tractoria:  ich  mesz  es  dem 
bebenden  flascheiizuge  der  electrischen  Verstärkungsflaschen 
des  pontaks  bei.  J.  P.  Fixl.  126. 

FLASCHGAREI,  FLÄSCHGEREI,  f.  adulteratio,  fdlschung, 
kaum  venelzt  aus  fälscherei,  sondern  ein  entstelltes,  fremdes 
wart:  von  der  himmelfarl  und  krönung  Marie  ist  ein  solche 
flasgarei,  das  (dasz  es)  mich  verdrossen  hat  ze  lesen.  Frank 
chron.  126';  ich  mein  auch  darbei  alle  die,  so  der  natur  ir 
krafl  bescheiszen  und  verderben,  es  sei  vom  text  oder  com- 
ment  der  hohen  schulen  oder  anderer  flüschgcrei.  Paracelsus 
chtr.  uhr.  342*. 

FLASCHICHT,  ampuUaceut:  die  Llunic  ist  flascUickt  von 
geiitalt. 

FLÄSCHLEIN,  n.  layenula:  ja  wann  er  nit  das  flcschlin  am 
bei  hei  bangen.  Kkisehsberc  omeu  75^; 
baitu  loht  giuiten  allen  wein, 
dei  «oliu  mir  lullen  das  fliicbelein.    fastn.  Ml,t2; 
und  füll  ir  auch  da«  flatcbelfini    601,39; 
ich  netz  Im  da»  fletchlein  an  d«n  munt, 
(u  haut  (u  «irt  der  paur  geiuol.    b7V,  1. 


FLASCHNER,  m.  ampuUarius,  klempner,  il.  liascajo: 

dei  schoustcr  (//.  Sachs)  und  dei  flaschner  (Grübet)  hant 
für  gmatii  leut  hall  gschricbn. 

Weikrrt  ged.  in  Nümb.  mundarl  174. 

FLASER,  f.  vena  in  ligno,  in  lapide,  flnder,  maser:  gneis,  in 
welchem  die  flasern  zwillingskrystalle  sind.    Götue  60, 134. 

FLASERIG,  apialus,  variegalus,  geädert,  gemasert,  getüpfelt. 

FLASERN,  variegare:  ein  geflasertes  holz  wäre  das  schönste. 
LoiiENSTEiN  i4rm.  2,;U7;  kästeben  von  geflasertem  holz.  Freytag 
soll  und  haben  1,91.     s.  durchflasern. 

FLAT,  mit  den  entgegengesetzten  bedeutungen  von  mundities  und 
squalißt,  wurde  sp.  1710  richtig  aus  der  Vorstellung  des  waschens 
abgeleitet,  und  eben  wie  von  lavo,  luo  ein  lautum,  loluui,  illotum 
und  lulum,  entspringen  von  flaicn,  flewen  sowol  flil,  unflAl  als 
flat,  welchem  ich  kurzen  vocal  beilege  wie  er  dem  lulum  zusteht, 
dieselbe  würzet  liefert  uns  das  gewaschene,  reine  und  die  abge- 
waschene unreinigkeil.  flit  und  unfldt  stehn  einander  gegenüber, 
flüt  und  flat  wiederum,  iinflät  ist  illotum,  flat  ist  lutum.  das 
ungewctschene  fällt  mit  dem  schmutzigen  meistentheils  zusammen, 
dem  flat  und  lutum  entsprechen  böhm.  blato,  poln.  bloto,  russ. 
bololo,  für  flat,  unflit  gibt  es  keine  sl.  form. 

1)  flAl,  lautUia,  mundilies. 

mhd.  in  lobelichcr  vläte.    Jeroscuin  19899 ; 
an  allirhande  vläte.    27663, 
beidemal:   ornate.     belege   des  gegensatzes  unvIAt  folgen  im  U. 
die  nhd.  spräche  beltdll  unflat,  wcUirctid  sie  das  positive  wort  fahren 
Idszt. 

2)  flat,  lulum,  sordes,  squalor.  mhd.  stellen  würden  das  kurze 
a  zu  erkennen  geben,  mangeln  aber  noch,  wie  ahd.  fläl  und  flat 
al)gchn.  nhd.  wann  einer  auf  die  gant  oder  under  die  hund 
kompl,  das  das  glück  von  im  feit,  so  fallen  alle  vermeinte 
freund  zu  flat  {zu  boden,  in  den  dreck?)  nit  allein  von  im, 
sonder  es  rupft  und  zuckt  ieder  dem  gefallnen  ein  feder. 
Frank  sprichw.  1,  20'; 

der  du  hast  dein  volk  geheilet 
von  der  groben  missethat 
und  bedeckt  der  sünden  flat. 

Adam  Wkimhkiher  geistliclie  wacht.  Marb.  1612  s.  341. 

auch  Steinbach  verzeichnet  flat,  squalor. 

FLÄTANGEL,  «1.  ein  nd.  scliimpfwort,  unflat,  grubian,  gleichsam 
schmutzige  thürangel.  brem.  wb.  1,  406.  Schambach  271*,  von  flat, 
sordes.     sollte  eigentlich  geschrieben  sän  fladangel,  fledangel. 

FLÄTIG,  wiederum  zu  sclieidcn 

1)  mhd.  fleelic,  mundus,  purus,  pulcher: 

junc,  fliPlic,  süejer  man.    Parz.  141,5; 
flftec  warn  diu  s<!lhen  kindclin.    241,49; 
DU  seht  wie  flmiigiu  kint.    672, 14; 
Artus  Her  die  werden 
über  al  da;  her  diu  kinder  s^hn, 
da  si  den  wünsch  mohten  sp^hn, 
ritter,  mägde  unde  wip, 
mangen  fl:i'tigen  lip.    718,  18; 

in  welchen  allen  stellen  Wolfram  das  wort  von  kindern  braucht, 
kinder  werden  vorzugsweise  des  waschens  Uteühaß.  ebenso  von 
einem  aussätzigen: 

sHs  wart  er  öj  dt^n  leiden 

und  von  dem  armen  siechtagen 

erheset  und  also  getwagen, 

daj  6r  da  vor  in  keiner  stunt 

wart  so  ri'hte  wol  gesuni 

noch  also  flatic  an  der  hüt.    Engelh.  6353; 

wer  zweifelt  noch,  dasz  dem  flsetic  flaien,  flewen  zum  gründe 
liegt?  vgl.  Sciim.  1,594.  nhd.  nun  sahen  die  herren,  das  der 
gast  ein  sauberer  man  was  und  dazu  stark  was  und  flälig. 
gesta  Rom.  K.  fiS;  da  nam  Marcius  Curtius,  ein  flüliger  Jüng- 
ling aus  hohem  edlem  plut  ein  grosz  ros  und  seinen  har- 
nasch.  ML'glein  73'; 

ich  hnb  euch  einen  auszerschen, 

ist  jung  und  schön,  verstendig,  llftig, 

in  Sachen  auszzurichien  theiig.    Walois  2,61. 

die  belege  zu  unflätig  setzen  alles  noch  mehr  ins  licht,  schon 
Dasypoihus,  Frisius  und  Maaler  führen  nur  unflülig,  niVAi 
mehr  flälig  auf,  beide  gibt  noch  der  teuloni'da,  vledich  und 
onviedicb.     bei  Kilian  und  ulierhauitt  nl.  fehlen  beide. 

2)  mhd.  flclic,  flalec,  tordidus,  squalidus,  nicht  zur  hanJ. 
nhd.  flälig  oder  wasserecht  plut,  flruma,  d.  i.  verderbtes,  faulet- 

FLÄTK;,  (i</r. 

1)  laute,  ojnpare:  von  der  gschwindigkeil  des  äffen»  i»l  ein 

sprüchworl   erwachsen,    damit   man   anzeigen  wil,  wo  einer 

I   seiner  such  und  kuost  Oütig  nachgat,  so  spricht  luan,  er  ut 


1729 


FLÄTIGKEIT  —  FLATTERER 


FLATTERESCHE  — FLATTERHAFT   1730 


als  hurtig  als  ein  äffe.  Geszners  thierhuch  verdeutscht  durch 
Forer  1563  bl.  5 ;  ich  habe  mich  ein  rechtes  verwundert  aJs 
ich  sah,  wie  die  Windmühlen  so  flätig  vom  winde  umgetrieben 
werden.  Herel  die  tabacksdose  s.  236. 

2)  sordide,  squalide:  die  mistgabel  stinkt  mich  gar  flätig 
an.  faslnachlspiel  ron  änem  dOlpischen  und  grabet}  baurenknecht, 
genant  der  Steffel  von  Neuhausen.  1628  A6. 

FL.\TIGKE1T,  f.  sauberkeü,  mhd.  vleeticheit.  Teichser  25. 

FLÄTIGLICH,  icie  flätig  1,  mhd.  flaetecllch: 

beide  magde  unde  wip, 

die  truogen  flaeteclichen  lip.    Parz.  723, 14. 

FLilLICH,  adv.  sordide:  die  mistgabel  stinkt  mich  flätlich 
an.  fastn.  ron  einem  baurenknecht,  1628  Aö'. 

FLÄTS,  FLÄTSCH,  FLATSIG,  rudis,  ingens,  sordidus.  nd. 
bei  Schambach  271,  wol  für  fläds,  flädsch.     s.  flätz. 

FLATSCH,  m.  nimbus  effusus,  regenguss.  Frommaxx  2,  342 ; 
ein  fletsch,  Uatsche  blute.-*,  illuvies  et  squalor  cruoris.  flätsch, 
nässe,  sdimtitz.  Tobler  195".     s.  flosz  und  das  folgende. 

FLATSCHE,  m.  lacinia,  copia,  fetze,  kaufe:  Hans  Barth,  wel- 
chem ich  mit  meinem  rückenstreicher  einen  groszen  flatschen 
von  seiner  krummen  habichtsnase  gesäbelt.  Sdielmufsky  2,39; 
ich  sende  mit  heutiger  post  wieder  einen  ziemlichen  flatschen  an 
meinen  bruder.  Lessixg  12,  518 ;  wenn  Ramler  in  diesem  neuen 
flatschen  auch  nur  wieder  eine  sechsfüszige  zeile  entdeckt, 
so  ist  es  mir  schon  lieb,  ebenda;  du  bekommst  hierbei  aber- 
mals einen  neuen  flatschen  des  manuscripts  . .  .  sobald  ich 
den  zweiten  flatschen  manuscript  zurück  habe.  12,  522.  523 ; 
unser  groszes  theater  lebt  jetzt  in  angustien  {!).  eben  habe 
ich  einen  flatschen  vom  Hamlet  gesehn.  Zelter  an  Gö/Ae  492. 
ein  flatschen  butter,  lehm.  Bernd  Posen  61.  Danneil  52  schreibt 
flatsch,  flatschn,  bei  Schämbach  27l'  ist  flatsche  weiblich. 

ausierdem  steht  flatsche  {bei  Schm.  1.  594  flätschc)  auch  für 
schlag,  klatsch  oder  flasche  (in  diesem  sinn),  vgl.  mhd.  viatsche 
wb.  3,  33'*,  endlich  für  aqua  temtre  effusa,  flarre,  s.  flatschen  3. 

FLATSCHET,  platt  gedrückt.  Frommann  4,171.  5,232.  vgl. 
ahd.  fla;  flach,  platt. 

FLATSCHEN,  mehrfachen  sinnes, 

1)  lergo  insidere,  hocken  ?  die  andern  zwei  Völker  Indie  flat- 
schen auf  der  erde  umb.  Frank  weltb.  191',  oder  icas  versteht 
er  darunter?     vgl.  fletzen. 

2)  voütare,  flattern :  die  hüner  flatschten  eins  nach  dem 
andern  hinauf  zu  ihrem  loch.  Stillings  jugend  s.  29  (30). 

3)  flatschen,  lemere  e/jfundere,  stark  regnen,  platschen,  pidi- 
schen, s.  fletschern. 

FLATSCHMAUL,  n.  plalschmaul,  breites. 
FLATSCHNASE,  f.  plalschnase,  breilgedrückte. 
FLATSCHNASZ,  pldlschnasz,  triefnasz. 
FLATTER,  n.    nlhd.   vlater,   u;as  bedeutet  es  in  der  wieder- 
kehrenden formet  'sunder  vlater' :  gevater  cod.  Kolocz.  134  ?    GA. 
2, 162   ist   sie   mit   unrecht   ausgemerzt,    da  in  demselben  gedieht 
gevater  auch  den  reim  'bi  dem  gater',  'über  den  gater'  empfängt, 
es  scheint  soviel  als :  ohne  ausflucht  {s.  das  folgende),  ohne  weiteres, 
ohne  zaudern,  ohne  langes  gerede,  geplauder. 

FLATTER,  n.  oslium,  foramen  alvearis,  flugloch,  an  dem  die 
bienen  aus  und  ein  flattern:  wann  die  stocke  weit  und  darzu 
sehr  hoch  und  lang  sind,  so  verzagen  die  bienen  leichtlich 
und  arbeiten  wenig,  dasz  die  stocke  in  etlichen  jähren  nicht 
bis  ans  flader  voll  werden.  Hohberg  2, 370';  das  flader  oder 
flugloch.  2,373'. 

FLATTERBAND,  n.  ein  frischer  busenstrausz  mit  flatler- 
band  dem  mädchen  angesteckt.  Möriee  Mozart  55. 

FLATTEREL  f  blanditiae,  vanitas:  lasset  uns  des  teufeis 
liebkosen  und  der  weit  flattereien  verachten.  Scriver  selensch. 
1,363;  die  natürliche  Schönheit  eines  mägdleins  ohn  zusatz 
von  äuszerlichen  entlehnten  überflüssigen  kleidungen,  flat- 
tereien und  phantaseien.  2,  928. 

FLATTERER.  m.  l)  sphinx,  abend falter,  Schmetterling,  wozu 
sich  einige  der  folgenden  stellen  nehmen  lassen. 

2)  hämo  levis,  instabUis,  volaticus,  alin.  fladrari  adulator: 
schwärm  der  .  .  .  flatterer.    Mrlissvs  ps.  k5'; 
ich  sah  doch,  wie  mit  sanftem  kus 
der  lose  zephvr  dir  geschmeichelt, 
du  sahst  den  tlatlrer  zu  dir  nahn 

und  lächeltest  ihn  schalkha^  an.    J.  A.  Scnttatt  fabeln  95; 
getreu  soll  ich,  o  Chloe,  sein, 
ich  flatterer?  getreu?    Gleih  an  Chloe; 
und  manch  lesbisches  mftdchen 
straft  des  liedes  eiiln-eihungen, 

lacht  dem  junglinge  nicht,  welcher  den  flatterer  (Gleim) 
tu  buchttäblicb  erkiftrt.  Klopstoci  1,  lu«; 

III. 


ft'Bchen  flatb-em  beut  es  (das  mätlchen)  höhn. 
BuRKANH  ged.  92; 
schon  tanzen,  ihr  hrüder, 
dort  mädchen  in  reihn, 
sie  locken  durch  lieder 
uns  kühner  zu  sein, 
sie  lachen  und  scherzen 

um  Amor  das  kind, 
und  küssen  und  herzen 

den  flatterer  blind.    Fr.  Mclles  2,395; 
soll  denn  nur  ich,  ein  heimatloser  flattrer  (schiedrmer) 
kein  flecklein  finden  rings  wo  ich  mag  fliegen?    Rcckkrt  S8; 
der  schwache  flattrer  (schmetterlinq)  ringt  vergebens 
nach  dem  verschmähten  Strand  zurück.    Le^au  n.  ged.  35. 

FL.\TTERESCHE,  /".  populus  tremula,  beberesche,  ziUeresdie, 
flitteresche. 

FLATTER  FLAMME,  f  flamma  agilis,  tremula: 

wenn  sie  nur  möchte  sehn  in  treuer  herzensgunsl, 
wie  grosz  mein  liebesleid  und  meine  heisze  brunst, 
das  angelegte  feur,  so  über  sich  zusammen 
in  meinem  herzen  schlagt  mit  vollen  flatterflammen. 
Nel'mark  luslwälfichen  143. 

FLATTERGEIST,  m.  homo  ragus,  levis:  ich  hasse  die  flad- 
dergeister  (rar.  weblinge)  und  liebe  dein  gesetze  {vulg.  iniquos 
odio  habui,  LXX  TiaQavöuovs  ifiiar,aa).  ps.  119, 113;  fladder- 
geister  heiszen  hie  die  unbesfendigen  geister,  die  imer  etwas 
newes  finden  und  furnemen,  wie  kelzer  pflegen  zu  thun.  am 
rancft' zu  119, 113 ;  aber  unser  schwermer  haben  den  Schwindel 
und  fladdergeist.  Luther  3,  364";  da  sinds  eitel  flüchtige  flad- 
dergeister.  3,451";  da  sihe  den  fladdergeist  abermal.  3.482'; 
denn  so  die  apostel  haben  mit  inen  selbs  müssen  kempfen, 
das  sie  den  artikel  erhielten,  was  wird  denn  den  fladder- 
geistern  geschehen.  6,69';  denn  die  flatfergeister  und  Schwär- 
mer verstehen  nichts  in  der  schrift.  /i5f/ir.  1,  6 ;  die  Uader- 
geister  und  falschen  hrüder.  Mathesils  löl';  hie  machet 
Lutherus  den  heiligen  geist  zu  einem  prediger,  damit  man 
nicht  hinauf  nach  ihm  gen  himmel  gaffe,  wie  die  fladergeister 
und  schwermer  thun.  MClman.n  chriäl.  geisel.  109; 

die  mesz  den  flattergeist  thut  schrecken 
das  uns  des  nachts  vom  schlaf  nit  wecken. 

Waldis  pdbsll.  reich  3,6; 

SO  musz  man  auch  nicht  ehe  fliegen  wollen,  als  man  federn 
bekommt,  die  flattergeister  lügen  auch  nichts,  welche  also- 
bald  nach  dem  obersten  sinnen.  SimpL  K.  76;  du  rebelle, 
du  malcontente,  du  fladergeist  I  Weise  JeplUhae  tochter  to3 ; 
indem  du  fladdergeist  mit  deinen  bezaubernden  Schmeicheleien 
meine  seele  zu  verblenden  gesucht  hast.  irrg.  d.  l.  381;  er 
ist  ein  fladdergeist  und  fremder  kerl.  405;  aber  harre,  un- 
getreuer flattergeist,  vielleicht  veränderst  du  deine  gedanken 
w  ieder,  wann  du  mich  siebest,  ficrot  2,  40 ; 

die  ruthe,  sprach  sie,  nicht  zu  sehn? 

dir  flattergeist  ist  recht,  geschehn.    Gellert  1,251; 

doch  auch  der  mauschel  leichtes  geld 

beförderten  die  flattergeister 

rasch  wieder  in  die  weite  weit.    Langbeik  ged.  2,115; 

armes  Julchen,  beinahe  hätte  ich  dein  gutes  herz  unter  dei- 
nem flattergeisfe  verkannt!  Weisze  kinderfr.  2,154;  zirbel- 
drüsentheriak,  der  nichts  als  einige  scrupel  unsers  flatter- 
geistes  übrig  läszt.  Hamann  2. 183. 

FLATTERGEISTERISCH,  hier  gebe  ich  ein  spitziges  lan- 
cetlein,  die  etwan  flattergeisterische  würm  zu  figieren  und 
zu  bannisieren.  Callenbach   Wurmland  94. 

FLATTERGERÄLSCH,  n. 

bajonette  blitzen,  in  langen,  starrenden  reiben, 

hoch  vom  flattergeräusch  farbiger  fahnen  umweht. 
Salis  113. 

FL.\TTERGROB,  n.  vox  gravissima  tubae. 
FL.4TTERHAAR,  n. 

wir  in  dieser  tausend  äste  flüsterzittem,  Säuselschweben 
reizen  tändelnd,  locken  leise,  wurzelauf  des  lebens  quellen 
nach  den  zweigen,   bald  mit  blättern,   bald  mit  bluten  über- 
schwenglich 
zieren  wir  die  flatterhaare  trei  zu  luftigem  gedeihn. 

GöTHE  41,247. 

FL.\TTERHAFT,  vagus:  seiner  fladderhaften  art  nach  schlug 
er  sich  die  spröde  und  kaltsinnige  fräulein  sogleich  aus  dem 
sinne,  irrg.  d.  l.  442;  die  flatterhaften  jähre  sind  vorüber. 
Weisze  lustsp.  2,12;  ihre  Schwester  Julie  ist  ein  leichtsin- 
niges, flatterhaftes  ding,  kinderfr.  1,158;  laune  eines  flatter- 
haften publicums.  Lichtenberg  3,23; 

bedenke,  Phvllis  Will  mich  hassen, 

das  flatterbahe  böte  kind,    Lusn^o  1,84; 

109 


1731  FLATTERHAFTIGKEIT  — FLATTERN 

nun,  statt  des  lenzes  flatterharten  rosen, 

anstatt  des  sommers  wandelbaren  nelken, 

pflück  ich  die  blume  meiner  huldigungen.    Röckkbt  61; 

ein  flatterhaftes,  sattes  quintett.  J.  P.  Kamp.  36. 

FLATTERHAFTIGKEIT,  f.  läppische  flatterhaftigkeit.  Kant 
10,11;  ich  habe  grosze  fehler,  aber  flatterhaftigkeit  gehört 
nicht  darunter,  der  jüngste  meiner  freunde  ist  es  (d.  h.  flaller- 
haß)  seit  zehn  jähren.  Götter  JeanneUe  2,5; 

die  Heb  und  auch  die  zeit 
verlernen  hier  die  flatterhaftigkeit, 
vergessen,  dasz  sie  flügel  tragen. 

Kl.  Schviot  knm.  dicht.  1$4. 

FLATTERHAÜT,  f.  unter  den  beutelthieren  gibt  es  viele 
nächtliche  mit  flatterhäuten. 

FLATTERICHT,  volaiicus,  levis,  mobilis:  von  einer  flader- 
echten  würze!  {beim  rcinfar)  kommen  vil  stengei.  Bock  krduterb. 
128;  flattericht  gestein,  loses,  klüßiges,  unfestes,  leicht  zu  ge- 
winnendes; in  meinem  unbeständigen  und  flatterichten  herzen. 
ehe  eines  ueibes  211; 

noch  ein  Spaneigen  lacht,  dis  ist  ein  flattricht  kind, 
gemüth  und  leih  ist  gut,  nur  fleisch  und  blut  sind  blind. 

GÖNTUER  457; 

gut   ist   dein  herz  und  mehr  als  die  flatterichte  seele  eines 
Schmetterlings.  Wieland  32,  238. 
FLATTERIG,   dasselbe:    unwissende,   flattrige  scribenten. 

Wl.NKELMAN.f    5,  113. 

FLATTERKLND,  n. 

ein  bonigvö^Iein,  weich  und  zart, 

ist  leichte  sinnenliebe, 

von  Schmetterlings  und  bienen  art 

sind  ihre  nahrungstriebe. 

nur  Tür  den  lenz  bat  die  natur 

dies  flatterkind  geboren.    Bürger  10l^ 

FL.\TTERKOHL,  m.  brassica  patula,  effusa,  dessen  blälter  sich 
nicht  in  hdttptcr  versammeln. 
FLATTERLICHT,  n. 

damit  ein  flatterlicht  von  falscher  phantasei 
uns  nicht  verführen  mag.    Brociks  3,59. 

FLÄTTERLING,  m.  papilio. 

FLATTERMÄDCHEN,  n.    siehe  flittermädchen  sp.  1224. 
FLATTERMAUS,  f.  vespertilio,  fledermaus :  gleich  den  flatter- 
meusen,  die  allein  im  tunkein  fliegen.  Bdtschky  Pa/n».  488.  912. 
FLATTERMINE,  f.  cuniculus  tumuUuarius : 

und  selbst  den  leuten  du  bon  ton 

ist  dieses  büchlein  lustig  erschienen, 

es  ist  kein  globe  de  compression, 

sind  lauter  flatterinienen.    Götue  2,268; 

die  beute  legt  er  meist  zu  neuen  fladderminen  unter  pharao- 
tischen an.  J.  P.  Tit.  2,  26. 

FLATTERN,  alis  plaudere,  rolitarc,  den  flug  versuchen,  erheben, 
erst  schwach  fliegen,  ags.  flotrian,  engl,  flutter,  ahd.  und  auch  mhd. 
noch  nicht  aufzuzeigen,  man  müste  denn  das  sp.  1729  angeführte 
'sunder  flafer'  heranziehen.  aUn.  fladra,  blandiliis  fallere,  schw. 
fladdra  volitare,  vgl.  fr.  flatter  und  flotter,  s.  flieszen  8.  einige 
schreiben  fladern  und  fladdern.  wie  volitare  aus  volare  erwächst, 
möchte  man  bei  flattern  on  fliegen  denAen,  dessen  formen  doch  nicht 
in  fla  übertreten,  zunädist  aber  liegt  flittern,  das  zu  flattern  steht 
wie  knittern  zu  knattern,  gitter  zu  gatter,  flickern  zu  flackern, 
Oirzen  zu  flarzen,  flimmern  zu  flammern  und  flutlern,  bei 
Fbisius  1403*,  Maaleb  13S'.  139",  fludcrn,  flüdern,  pfludern  bei 
Stalder  1,  384  neben  flodern.  auch  .Siieler  493  stellt  Haderen, 
flederen,  flattern,  flottern,  fluttern  nebeneinander,  man  ver- 
gleiche plaudern  und  ahd.  fludar  (=  fluodar)  fluor  (Graff  3, 754), 
so  wie  die  mhd.  reime  blodern  :  flödern  im  weinschwelg  230. 
bei  Fhomiia?!!»  4,  353  heiszt  es :  'der  knabe  fliltert  [plaudert)  sein 
platt  wie  eine  milblc',  das  flattern  in  dfr  luß  gleicht  dem  plät- 
schern im  Wasser,  flittern,  flattern,  fluttern  nöthigen  nicht  zu 
brdfnkliciiem  flitten  flalt  flutlen,  sondern  können,  wie  schon 
Weicand  1, 345  vermutet,  hervorgegangen  sän  aus  flüdan  oder 
flStan,  praet.  Hat,  dessen  pl.  uo  haben  mochte,  wie  trlilan,  trat, 
truodun  für  trälun,  so  dasz  sieh  höher  aufwärts  ein  goth.  fludan, 
flad,  fludun  {GÜS.  848)  folgern  und  der  scldiisscl  für  flödus, 
ahd.  fluot  gewinnen  Uesie.  die  Vorstellungen  flieszen  und  fliegen 
berühren  sieh  genug,  jenes  fluttern  scitiene  demnach  aus  flödern, 
fluodeni  verderbt,  oder  enthielte  das  alte  u  des  praesens,  durch 
dn^eichaüeles  n  entspringt  flandern  {sp.  1722).  hätte  sich  die 
«W.  und  mhd.  spräche  des  worles  fla  Item  so  oß  bedient  ait  die 
nhd.,  wären  wir  über  die  formen  besser  im  remen.  auch  im  ags. 
tnyl.  t  und  II  für  d.     vgl.  fledcrmaut. 

1)  flaltern   ton  feurr,    Uclit,    bltlt :    H-L,..,   ,„lpr  flaH<Tn  all 


FLATTERN 


1732 


das  feuer  hin  und  her  zitteren,  crepitare.    voc.  1482  il';  das 
feuer  fladerl  zum  dach  hinaus.  Stieler  493; 
die  flammen  flattern  nicht, 

wenn  ihnen  scharfer  wind  und  freie  lufl  gebricht. 
Neuhark  tuslw.  154; 

und  wankt  der  kerze  flatternd  rieht: 

das  ist  mein  geist,  o  zweifle  nicht!  Matthisson  206; 
eilt  was  ihr  könnt  die  Irrlichter  aufzusuchen,  es  ist  noch  zu 
hell  sie  zu  sehen,  aber  vielleicht  hört  ihr  sie  lachen  und 
flattern.  Götiie  15,  241.  hierlier  gehört  flattergeist.  wenn  aber 
ein  blitz  in  unser  äuge  flatterte.  J.  P.  Hcsp.  3, 121 ;  dessen 
zersplitterte  blitze  an  den  fenstern  und  an  der  Stubendecke 
flatterten.  3,188;  die  güsse  des  lichts  flatterten  immer  breiter. 
Fixlein  138. 

2)  von  luß,  wind,  wasser:  der  tag  brütete  die  frische  nacht- 
luft  seiner  seele  zu  einem  schwülen  flattern  des  Südwindes 
an.  J.  P.  flcx/).  3, 144;  der  laue  flatternde  äther  des  frühlings. 
3,  231;  ein  abendlüftchen  flatterte  in  den  lindenblättern. 
4,73;  als  die  töne  immer  leiser  flatterten.  3,75;  flatterndes 
getöne  von  Aeolharfen.  4,190;  wie  der  schlagende  punct  des 
räderthiers  im  flatternden  wasserkügelchen  des  bergstroms 
schwimmt.  1, 168 ;  Liane  stand  hinter  dem  flatternden  wasser 
{der  fontaine).  Tit.  2, 15. 

3)  flattern  in  luß  oder  wasser:  die  kleinen  diebe  aber,  so 
kaum  zehn  groschen  stelen,  die  müssen  flattern.  Luther 
4,527';  der  schatten  dieses  groszen  menschen  stand  gleich- 
sam an  die  nacht  geworfen  flatternd  und  aufgerichtet  vor 
ihm.  J.  P.  Hesp.  1, 73 ;  eine  Zeitlang  flattert  die  seele  am 
boden,  aber  bald  schwebt  sie  aufwärts.  Bettine  br.  2,  309 ; 

denn  andre  sind  flatternde  schatten.    Od'  10, 495, 
die  übrigen  schwirren  als  schatten   (Uschner), 
Tot  Se  axial  aiaaovatv. 
sähe  etliche  creaturen  im  wasser  herum  fladern.  Simpl.  K.  "lt. 

4)  vorzugsweise  von  vögeln  und  insecten:  der  zum  erstenmal 
ausfliegende  nestling  flattert,  schlägt  noch  unsicher  mit  smwn 
flügeln ;  die  arme  taube  flattert  unter  den  krallen  des  habichls ; 
der  rabe  mit  fladdern  und  kratzen  verhinderte.  Kircuuuf 
wcndunm.  25'^ 

in  des  papillons  gestalt 

llattricb.    Götue  1,56; 

es  flattert  um  die  quelle 

die  wechselnde  libelle.    1,69; 
da  rasselt,  dn  flattert  und  sträubet  es  sich, 
wie  gegen  den  falken  die  taube.    Borger  60'; 
und  es  entstürzte  dem  ncst  jählings  vor  entsetzen  der  eule 
noch  schwach  flatternde  brut,  dasz  der  flaum  an  den  balken 

umher  flog.    Morike  Marlin  s.  137; 
es  badet  und  badet 
was  krabbelt  und  kriecht! 
es  badet  und  badet 

was  flattert  und  fliegt!    Kl.  Schiidt  kom.  dicht.  145; 
die  freude  mit  flatterndem  gefleder 
läszt  sieb  auf  seinem  vorhaupt  nieder.    210; 

vgl.  flügelflatterschlag.  bringet  rosse  erauf,  wie  fladdernde 
kefer.  Jcr.  51,  27 ;  fladernde  käfer,  bruchi  crcpitanles.  Stieler 
493;  und  so  flatter  ich  denn  mit  ziemlich  abgestäubleii 
schmetterlingschwingen  im  unabsehlichen  tenipel.  J.  P.  Hesp. 
3, 118 ;  da  flattert  der  menschenzweifalter  auf  und  nieder. 
ebenda;  die  ältesten  gefühle  flattern  unter  den  nachtschinet- 
terlingen.  flegelj.  1, 57.     vgl.  flatterer,  flatterling,  flatterschc. 

5)  von  bäumen,  kränzen,  bändem,  wimpeln,  gewand  und  haar : 
flattert  driiber  (über  dem  lyrnftc)  hfingebirken, 

dampft  den  lag  umher  durch  luub.    Salis  127; 

juchheisa,  ihr  fledler,  zum  lustigen  tanz! 

mir  schweben  die  füsze,  mir  flattert  der  kränz!    Di!RciR35'; 

schwebt  unsre  faline  noch?  'hoch  flattert  «le*.    Scuillir  48t'; 

hierauf  nahm  er  die  krftnze  herab  und  gab  sie  dem  madrhcn 

nächst  zur  band,  auch  die  flattormlcn  bander. 

MoHiKE  Marlin  19; 

tuch  aufspannen,  doch  so  stark  dasz  es  auch  nicht  fluddcrl. 
Kirchhof  mil.  di^c.  104; 

doln  flatterndes  gewand  wie  unumwölkter  himmel 
flog  um  die  srhulter  her.    Karschin  yed.  121 ; 
und  wo  die  hnar«  lieblich  natlcrn, 
um  iiirnsclicnsiirneii  freundlich  wchn, 
dii  .Hiebt  iii.'in  .ti-lilaiigoii  lii^r  und  nadern 
die  girigeHchwoliiien  b.lurho  hiahn.    Schiller  58*; 
o  du  mein  hArIcIn,  nioin  gelbes  hArlein 
wirst  nicht  mehr  nnttirn  im  wehnden  winde.    GOnu  11,117; 
die  losen  enden  flnitern  windbewegl.    .  .  . 
C)  rofi   krdutern    und   wurzeln,    die   sich   über   den   erdboden 
rankend  trstt-'—:.  ■•■.i.-,.    j^..  ,..i  fortkriechen  (wie  flechten  2): 


1733 


FLATTERN — FLATTERSCHE 


FLATTERSCHNELL  —  FLAU 


1734 


die  yrrmel  (des  riedgrases)  fladert  und  kreucht  im  grund  mit 
Tilea  zaselen.  Bocr  kräuterb.  53" ;  ein  knöpfeclite,  kriechende 
Wurzel,  die  da  hin  und  her  in  der  erden  üadert  und  kreucht, 
wie  der  hopfen  und  quecken.  315 ;  fladert  mehr  auf  der  erden, 
dann  das  es  über  sich  zu  wachsen  begeret.  846;  die  wurzel 
[des  mespelbaums)  fladert  weit  umb  sich.  Lomcercs  2S';  das 
gröszer  riedgras  hat  eine  kriechende  und  fladernde,  zasechtige 
wurzel.  TABER!tAE».  525;  die  wurzel  der  wegdistel  fladert  im 
erdreich  weit  um  sich.  lOSO;  die  wurzel  disz  gewechs  ist  an 
gestait  uneben  mit  >ilen  angehenkten  beiwurzeln  oder  zeser- 
lein  fladernder  und  zerspreiier  weis  begabt.  Thcrneisser  inß. 
wirk,  aller  erdg.  3;  quinquefolium  vulgare  überkommt  eine 
lange  dunkelbraune  wurzel,  sie  ist  nicht  dick,  fladert  hin 
und  wieder  mit  ihren  nebenwürzlein.  Hohberg  3,1.438*;  die 
wurzel  (von  der  tceiszwurz)  fladert  auf  dem  grund.  453*.  schade 
dasz  die  heutigen  bolaniker  des  so  bezeichnenden  uortes  sich  enthalten, 

7)  merkwürdig  ist  die  anicendung  auf  ein  feierlidtes,  gleichsam 
fliegendes,  im  gewande  prangendes  gericht  gegenüber  dem  kahlen, 
bluiten  (2, 194) :  so  mein  frauw  wil  ir  geding  han  gefladert, 
so  soll  sie  es  gebieten  vor  sant  Verenen  miss  siben  nacht, 
wil  sie  es  han  blutt,  so  soll  sie  es  siben  nacht  darnach 
gebieten,  ueislh.  4,  58  (o.  1394). 

8)  abslractionen :  wenn  sie  den  te.\t  betten  angesehen  und 
nicht  darüber  hin  gefladdert,  wie  itzt  unser  blinden  leser 
über  die  schrift  fladdern.  Luther  5,394';  aber  das  sie  (die 
vemunß)  wil  aus  dem  haus  oder  fürstenthum  mit  iren  ge- 
danken  fliegen  und  in  das  gütlich  wesen  fladdern  und  davon 
urteilen,  reimet  sich  übel.  6,64';  hie  sind  uns  erst  genomen 
und  gewehret  die  klugen  gedanken,  damit  die  vernunft  gen 
himel  fladdert  und  goit  in  der  majestät  suchet  und  forschet, 
wie  er  im  himel  regiere.  6,67*;  die  andern  werden  fladdern 
nach  hohen  dingen.  iK<cAr.  288';  die  weit  aber  nimpt  golt  in 
ir  nit  war,  rauscht  und  fladert  mit  dem  gedön  der  creaturen 
immer  zu  onmiiszig  für  über,  darum  weisz  sie  nichts,  sie 
hört  nicht,  darumb  lert  sie  nichts,  geht  die  weil  in  tausend 
unnützen  künsten  umb,  grübelt,  sucht  und  lert  immer  zu. 
Fr.4>k  lob  des  gütlichen  irorts  156*;  zwischen  teutsch  und  fremd 
hin  und  her  fladdernde  worte.  Leibsitz  ged.  von  der  deutschen 
spr.  96;  woher  kömmt  uns  gelassenen,  ernsten  Deutschen 
die  flatternde  Ungeduld?  Lessisg  7,73;  Lottchen  theilte  die 
aufgestellten  bauerkinder  nach  den  köpfen  ab  und  Fritze 
und  Luischen  gaben  jedem  seine  bestimmte  traube.  nach 
diesem  fröhlichen  geschäfte  flatterten  sie  zurück,  stellten 
sich  selbst  mit  unter  die  arbeiter  und  halfen  mit  {trauten) 
lesen.  Weisze  kinderfr.  9,45; 

stets  ist  jüDglingeD  ja  ihr  hen  voll  flatterndes  leichtsinns. 

IL  3,109; 
insgemein  auch  flattern  der  jungem  roänner  gemüther. 

BcRGES  207»; 
denn  der  Jünglinge  sinn  ist  unstät  immer,    üscbku; 
verbülle  mit  dem  schwarzen  mantel  mir 
das  wilde  blut,  das  in  den  wangen  flattert, 
hood  mr  unmauod  blood,  bating  in  m;  cheeks, 
with  tby  black  mantle.    Homeo  3,  2, 

wo  unmanned  und  bating  von  dem  falken  enlnommen  sind: 
an  unmanned  hawk  is  one  that  is  not  brought  to  endure 
Company,  bating  is  fluttering  with  the  wings  as  striving  to 
fly  away.  Steevess.  das  phänomen  der  flatternden  herzen 
erklärt  in  Doves  opt.  Studien  s.  1S2.  Chariton.  wiewol  eine  frau, 
doch  griechischschlank,  flatterte  neben  Liane  fort.  J.  P.  Tit. 
2,63;  frohe  töne,  nach  denen  söhne  und  töchter  um  den 
kurzen  abend  flattern  (unterm  maibaum  tanzen),  biogr.  bei. 
1.183;  alle  äugen  liefen  jetzt  der  läuferin  nach  und  flatterten 
mit  ihr  durch  das  heildunkel  des  abends  in  den  pfarrgarlen. 
liesp.  1,55;  eine  röthelzeichnung  seiner  und  ihrer  dabin  ge- 
flatterten freudentage  im  pfarrgarlen.  2, 235 ;  nur  auf  dem 
derben  stamme  der  individuafion  flattert  die  blute  des  Ideals. 
aesth.  3, 18.     flatternder  sinn,  wie  flattersinn. 

s.  aufflattern,  entflattern,  herflattem,  hinflattern,  nachflat- 
lern,  umflattern,  verflattern,  zerflattern,  zuflattern. 

FLATTERRUSZ,  m.  gleichviel  mü  flander  (sp.  1722),  der  feine 
aus  dem  rauch  niederfallende  rusz. 

FLATTERRCSTER.  m.  ulmus  tremula. 

FLATTERSCHAR,  f.  cohors  volatica: 
sich,  der  bübchen  flatterschar, 
das  bewegt  und  regt  so  schnelle, 
■wie  der  morgen  sie  gebar, 
flügelhan  sicn  paar  und  paar.    Göthe  3,38. 

FLATTERSCHE,  f.  pyralis  phalaena,  Schmetterling,  vgl.  fletterle. 


FLATTERSCHNELL:    flammen   und  fladerschnelles   fewn 

SCHOTTEL. 

FLATTERSCHÖN,  vergänglich  schön. 
FLATTERSEMDE,  f.  juncus  effusus,  flaUerbinse. 
FLATTERSLNN,  m.  levitas,  inconstantia.  Stieler  2031- 

ob  eine  der  kammenofen,  wie  glaublich  scheinen  könnte, 

am  flattersinn  der  schönen  Colilicbon 

auf  diese  weise  sich  zu  rächen  ihm  vergönnte.    Wiklahd  4, 93 ; 

und  eher  must  ich  euren  flattersinn, 

als  eure  Schwermut  schelten.    Schiller  40S*; 

wir  leben  im  Zeitalter  der  Systeme. 

ich  habe  manch  ein  liebsystem  gemacht, 

du  aber  hast,  dasz  es  mein  werk  beschäme, 

den  flattersinn  in  ein  system  gebracht.    Röcurt  364; 
es  hat  nicht  selten 

sein  flattersinn  den  treuen  geist  misbraucht.    gas.  ged.  1,130; 

wofern  ich  euch  erheitern  soll,  so  musz 

ich  wol  ein  lustges  lied  anstimmen,  eins, 

das  recht  den  flattersinn  der  liebe  predigt?    Plitbn  244*. 

FLATTERSINMG. 

nicht  flattersinntg  wiegen 
sie  sich  von  haus  zu  haus.    Platkn  16*; 
flattersinnig,  unbeständig  liesz  ich  zwar  das  äuge  schweifen. 

at'. 
FLATTERSTAUB,  m.   der  im  freien  vom  gewöhnlichen  winde 
aufgejagte  staub,   welcher  sich  überall  ansetzt,     in  dürren  som- 
mern sehen  blätter  und  fruchte  mancher  gewächse  weiszlich 
aus  von  flatterstaub  (nirgend  stärker  als  vor  den  Ihoren  Neapels). 
FLATTERTHIER,  n.  eine  art  fiedermäuse. 
FLATTERUNG,  /.  ^ausus  alarum: 

und  mit  der  flatterung  der  flüge!  macht  es  wind. 

LoHB!»sTEPi  aiiserl.  ged.  1,  252. 
FL.ATTERWERK,  n.  effugium,  praelextus: 

ich  könnte  hier  von  dir  und  deinem  klugen  handel 

ohn  alles  flatterwerk  der  schnöden  heuchelei 

ein  herliches  gepräng  und  groszes  wesen  machen. 

Chr.  Grtpuics  poel.  wätd.  1,315. 
FLATTERWTRZEL,  /".   vgl.  flattern  6:    man  soll  im  junio 
der  erdbeer  kriechende  fladderwurzel  von  den  rechten  stocken 
abnehmen   und   weiter   versetzen,   sonst  verderben    sie   den 
hauptstock.  Hohberg  1, 122'. 

FLATTIEREN,  blandiri,  nach  dem  fr.  flauer,  prov.  flatar, 
das  weder  it.  noch  sp.  erscheint  und  von  Diez  631  aus  ags.  flat, 
ahd.  flaj  geleitel  wird ;  vielmehr  ist  unser  flattern  dabei  im  spiel, 
der  Schmeichler  schlägt  mit  den  flügeln,  tcie  der  hund  mit  dem 
schwänz  wedelt.  Maaler  137'  schreibt  flatieren,  schmeichlen, 
geschickt  zum  flatieren,  der  den  falben  gaul  wol  reiten  kann, 
eruditus  ad  assenlationem ; 

aus  complimenten  und  flattieren 

erkennt  man  den  politicum.    Gönthkr  910; 

ich  kann  nicht  flattieren,  wer  heutiges  tages  fortzukommen 
gedenket,  der  musz  flattieren  lernen.  Stieler  493.  die  person, 
icie  bei  schmeicheln,  im  datio: 

dem  ja  von  je,  du  klagtest  es  immer,  die  alte  flattiert  hat. 
HöRixB  Martin  52, 
fehlerhaft   im  ace.:    du  willst  unser  eine  nur  immerdar  flat- 
tieren. J.  P.  Siebenk.  1, 117. 

FLATTIERER.  m.  adulator,  palpator.  Maaleb  137'. 
FLÄTZ,  FLÖTZ.  «i.  scurra,  homo  impudens.  Stieler  516; 
hallunke,  scburke,  schuft  und  knecht, 
flötz,  flegel  und  canaille! 

FLATZENMAüL,n.  flatschmaul:  die  faulen  mägd  und  flatzen- 
mäuler.  Kalziporus  a6*. 

FLAU,  infirmus,  debilis,  eigentlich  aber  dUutus  und  von  flewen, 
flauen  (sp.  1735)  herzuleiten,  ein  mhd.  flou  oder  flouwe  voraus- 
setzend, wie  lau  tepidus  dem  ahd.  lao,  thau  ros  dem  mhd.  tou  gen. 
touwes  entspricht,  nnl.  flauw.  Bredero  110.  da  sich  nun  lau  dem 
ags.  vläc  vergleicht,  darf  auch  für  flau  und  flauw  die  nnl.  nd)en- 
form  flac  oder  vlac,  golh.  {)laqus  erwogen  werden,  unser  adj. 
erscheint  unhäufig,  fast  nur  unter  kaufleuten  oder  in  den  redens- 
arien  es  ist,  es  wird  mir  flau  =  schwach,  der  ursprüngliche 
sinn  tritt  klar  hervor  in  folgender  stelle:  die  hohen  und  starken 
färben  hieszen  bei  den  Römern  saturi,  und  die  flauen  färben 
und  von  niedrigerm  tone  diluti.  WiNRELHA.tn  5, 193.  beiunsem 
mahlem  ist  dieser  gegensats  des  satten  und  flauen  (rerwaschnen) 
nicht  so  üblich,  doch  nennen  sie  äru;  sanfte  bläuliche  ferne  flau. 
es  stimmt  dazu  ganz,  dasz  auch  wer  sich  schwach  fühlt,  weil  er 
nicht  zum  essen  gelangt,  sagt  es  ist  mir  flau  im  magen  oder 
leib:  wenn  einer  ein  bischen  vorgelegt  hat,  so  hats  so  leicht 
nicht  noth,  dasz  ihm  unterwegens  flau  wird.  Segfr.  von  Lin- 
denb.  2,189; 

mir  ist  ganz  flau 
om  lung  und  leber  und  die  gall  läuft  über.    Tiicc  1,259. 

109* 


1735 


FLAÜAÜS  — FLAUM 


m  der  kaufmannssprache  von  der  waart  alUäglich :  wein  flau,  kaffe 
flau  für  ungesucJä  im  handel,  wenig  abgesetzt,  anderwärts  lau, 
matt,  schwach :  flau,  kalt  im  betragen.  lUeraturbriffe  (1762) 
14,264;  er  meinte  der  graf  sei  flau  und  grämisch  über  den 
heereszug  und  ihm  nicbt  mit  gutem  willen  nachgezogen. 
MusAEDS  volksm.  577;  kunst  und  kritik  kann  nicht  so  matt 
und  willenlos  in  einer  lauen  und  flauen  mitte  stehen  bleiben. 
TiECK  nov.  kr.  4,  238 ;  nun  endlich  gab  Österreich  einen  flauen 
wessenbergschen  entwurf  in  etwas  veränderter  gestalt  und  ver- 
einbarte ende  des  monats  mit  Hannover  und  Preuszen  aus 
diesem  und  dem  flauesteo  preusziscben  entwürfe  einen  neuen 
dritten.  Gervinus  19  jh.  1,  301.  an  berühritng  des  flau  mit  tat. 
flebilis,  fr.  faible  für  fleble,  floible  ist  nicht  zu  denken,  wol 
aber  besteht  ein  fr.  flou,  floi,  matt.  Diez  632. 

FLAUAUS,  m.  in  der  Welterau  ßatlerhaßer,  leicfü sinniger  mensch, 
liesze  sich  aus  dem  imp.  von  flauen,  fleuen  erklären  waschaus, 
der  sich  auswdsctU,  verwäschl,  Schwächling.  Weigano  bei  Haupt 
7,  551  deutet  fleuch  aus  ! 

FLAUDACH,  n.  rantenta  ferri,  hammerscMag :  flawdach,  cal- 
citon  (chaiciton),  et  est  quod  resultat  de  ferro,  quando  pur- 
galur  in  igne.  voc.  1482  h  7' ;  flawdach,  squama,  ebenda,  flau- 
dacb  squama.  kk5';  flawdach  squama.  Hemscb  1126,65,  wozu 
er  fiscbscbupe  und  barplatten  hämisch  sel^.  vgl.  Diefenbacu 
89'.  wahrscheinlich  auch  von  flewen  levarc,  purgare  und  aufzu- 
lösen in  ein  alid.  flawidabi,  'flewidahi.  ein  andrer  name  des 
hammerschlags  ist  feuersprang  und  sp.  1604  nachzulwlen. 

FLAUE,  f.  languor,  alid.  flewi,  mhd.  flöuwe,  mangel  der 
lebhaßigkeit  im  verkehr,  wenn  die  kauflust  mangelt:  heute  grosze 
flaue  im  handel,  flaue  im  kornhandel  u.  s.  «'. 

FLAUEN,  1)  infirmari,  languere,  nnl.  flauwen,  flau  sein,  lau 
ergehn.  ärgerte  sich,  wenn  der  kaffe  in  den  Zeitungen  flaute. 
Frevtag  soll  u.  hc^en  1,  7. 

2)  zuweilen  für  Ir.  flauen,  fleuen,  waschen,  schwenken:  die 
Wäsche  flauen,  in  kaltem  wasser  abspülen;  die  gepochten  erze 
flauen,  wascltcn,  reinigen,     s.  erfläuen,  flauwen. 

FLAUFASZ,  n.  spülfasz,  waschfasz. 

FLAUHEIT,  /.  was  flaue:  ftauheit  im  baumwoUenhandel. 
auch  für  lauheit,  flauheit  der  gesinnung. 

FLAUM,  m.  lulum,  sordes,  colluvies  =  flat  2  und  ebenso  aus 
flewan  abzuleiten,  ahd.  floum,  viclleiclil  goth.  flagms,  wie  bagms 
=  ahd.  poum  und  ylt'yfia  =  flamma.  woroltfloum  0.  V.  1, 21 
ist  colluvies  mundi,  was  Graff  3,  76S  falsch  erklärt  und  unter 
fliuhan  gebracht  ist,  das  ags.  fleäm  fuga  war  verführerisch,  ein 
mhd.  floum  nicht  aufzuzeigen,  doch  sehr  möglich,  tmter  den 
heuligen  mundarlen  ein  nd.  adj.  vlaum  schmutzig,  trübe  von 
Wasser  und  äuge  (Schambacu  271'.  VVoeste  110),  flömrig,  lümrig 
(Dan-neil  54")  und  damit  scheint  das  subst.  flöm  für  fett,  sahne, 
raiim,  flauni  das  rulie  nierenfeil  der  gänse  und  schweine  genau 
verwandt,  wie  auch  mhd.  räm  sordes  ausdrückt,  mü  fett  be- 
sudelt man  sich,  fettige  bände  sind  unreine,  schmutzige  {sp.  1574). 

FL.\UM,  m.  pluma,  ein  lehnworl,  dem  vorangehenden  unver- 
wandt, und  nicht  etwa  auf  fliegen,  wie  buchstäblich  wol  angienge, 
lurückzu führen,  weil  es  sonst  ahd.  mhd.  außrelen  m&sle.  auch 
bestätigt  der  für  ausländische  Wörter  vorzugsweise  geltende  häufige 
Übergang  des  anlautenden  fl  in  pfl  diese  auffassung,  aber  ehmals 
galt  auch  pl.  MecenijERG  brauclU  das  wort,  wozu  er  genug  an- 
lasz  gehabt  Itätle,  in  keiner  form,  schon  Dasypodius  187'  setzt 
zu  pluma  ein  deutsches  flum,  plum,  329"  hingegen  flaum  oder 
pflaum,  Frisiüs  1012'  flaumfäderen,  Maaleh  137',  Stieler  204 
gibt  plüme  und  pnaumfedern.  allmälich  führte  sich  daun,  dune 
on  (2,85.1.1529),  eiderdaun  und  eider  (3, 84);  der  echtere  aut- 
druck  wird  unter  gauch,  mhd.  gouch  vorgeführt. 

1)  filuma  mollissima: 

so  lang  ihr  zarlei  rell  aur  flaum  und  ederdon  ruht. 
WiiLAND  4,77; 

es  ist  so  lütt  auf  flaum  und  rosenbl&tiera 

im  arm  der  wollust  sich  vergöttern.    9,5; 

und  wenn  sie  sich  xnr  ruh  begab  versanl( 

die  schönd  Jasi  der  «volgepflegien  landen 

in  icbwaoenflauro.    9,  tii^; 

bebt  wie  ein  vogel,  der  vom  bäum 

rescheticbt  aus  seines  nestes  flaum 

in  eineo  dacbsbau  sich  verflogen.    Thühmil  Kilian  3; 

sieh  weisier  als  pflaun 

im  giirten  den  bflcin 

von  unien  bin  obeunn  blühen.    J.  M.  MaLia  yed.  121 ; 

und  wol|;c(allig  hnrchl  er  unverwandl. 

■is  streichle  jemand  ihm  die  haui  mit  pflaum. 

muiLruiitm.  l'i\tS.  46; 
biafesireclii  auf  Oaumen  (;>< )  oder  raoos.    Büscita  .  .  . ; 


FLAUM— FL  AUMICHT  1736 

ich  sah  mit  staunen  und  vergnügen 

eine  pl'auenfeder  im  coran  liegen. 

an  dir,  wie  an  des  himmels  siernen 

ist  gottes  grösze  im  lileinen  zu  lernen, 

dasz  er,  der  weiten  überhlicl<t, 

sein  äuge  hier  hat  aulgedrückt, 

und  so  den  leichten  flaum  geschmüclit, 

dasz  knnige  kaum  unternahmen 

die  pracht  des  vogels  nachzuahmen.    Göthk  5,235; 

diesen  zierlich  und  krhriig  doch 

kiium  geborenen  sniigling 

faltet  in  reinster  windeln  flaum.    41,231; 

wenn  wirklich  etwas  poetisches  an  ihm  wäre,  auch  nur  der 
flaum  einer  dichterschwinge.  J.  P.  flegelj.  1,  Hl. 
2)  lanugo: 

mit  gänseflaum  ums  kinn.    Wieland  9,14; 

das  alter,  wo  der  knab  im  Jüngling  sich  verliert, 

und  hier  und  da,  was  ehmals  glatt  gewesen, 

mit  weichem  pflaum  sich  schmückt  und  sanft  beschattet  wird. 
Jurid  und  (ianymed  566; 

sobald  ihm  etwas  flaum  durchs  kinn  gestochen.    .  .  .; 
an   (/.  von)    eigentlichem   verstand,   an   (von)  lessingiscbem, 
sitzt   ihm  {Lavater)   kaum  der  erste  flaum  am  kinn.    Hkinse 
an  Jacobi  2,  90 ; 

da  sproszt  ihm  kaum  der  erste  flaum  ums  kinn.    Schillik  331*; 

er  träume  denn,  ihm  ist  ein  träum  gewinn, 

wem  noch  ein  llaum  besät  das  weicne  blonde  kinn. 

Platen  11*; 

dasz  ich,  wiewol  der  jugend  flaum  am  kinne, 

von  fest  und  spiel  und  fröhlichem  gelage 

der  mitgenossen  weggewandt  die  sinne.    43'; 

trau  nur  auf  des  freundes  beharrlichen  sinn, 

doch  kehrt  er  nicht  wieder  mit  flaumen  am  kinn.    155*; 

um  der  lippe  feinen  säum, 

wie  am  rand  der  quelle, 

sproszt  ein  weicher  frühlingsflaum 

aus  der  jugend  welle.    Röckert  360; 

braun  sind  die  äugen,  blond  das  lockenhaar. 

der  flaum  am  kinn  will  eben  erst  erscheinen, 

der  sprach  'er  hat  schon  hart,  der  'er  hat  keinen'. 

Gribs  Bojardo  2, 15,  44 ; 

die  armen  gänse,  als  sie  noch  klein  mit  gelben  flaumen 
dünn  bekleidet  sich  im  nest  zusammen  drängten.  Abnih 
schaub.  2, 141. 

FLAUMBART,  m.  was  flaumenbart. 

FLAUMBÄRTIG. 

FLAUME,  f.  was  flanke  1:  flaumen,  flanken,  dünnwildpret, 
wammen  ist  das  zarte  wildpret,  so  den  bauch  eines  thieres 
formieret  und  von  denen  rippen  bis  zum  scblegel  gehet. 
Heppe  «'o/redt';ider  jdger  124.  von  flaum,  lanugo,  gebildet?  oder 
von  flaum  fett? 

FLAUMEN,  plumare:  ein  riedisch  genslin  wol  bepflaumeL 
Garg.  138',  wo  andere  ausgaben  gepflaumet. 

FLAUMENBART,  m.  adolescens: 

da  kam  ein  junger  flaumenbart 

voll  anniuih  und  voll  leben.    Borger  111*. 

FLAUMENBETT,  n.  lectus  jüumosus. 
FLAUMENFEDER,  f.  lanugo: 

ein  andres  würd  ihn  gar  ein  hübsch  gesichle  nennen, 
und  einen  Mavorskopf  in  seinem  köpf  erkennen, 
verstellt  sich  von  der  zeit,  als  noch  in  Mavors  hart 
die  pflaumenfeder  hieng  und  er  zum  mann  erst  ward. 
Weiszb  lu-slo]).  1,397. 

FLAUMENLAGER,  n.  flaumenbetl: 

wo  manche  zarte  Städterin 
halb  wach  im  flaumenlagcr  säumte.    Voss. 

FLAUMENSTREICHEN,  n.  adulaiio,  nnl.  plulmslrijken : 

steht  fest  und  leszt  sich  nicht  beweichen 

ir  federlescn  und  pOaiimcnstreichen.    Waldis  1,11  6{.  9*. 

FLAUMENSTREICHER,  m.  adulalor:  pflauinenstreicher  sein 
all  falsch.  Gartnbri  dicla  proverb.  9' 
FLAUMENWEICH, 

erwachet  Bamiuo!  Malcolm!  Donalbain! 

werft  diesen  flauincnweichen  schlaf  von  euch, 

des  todes  schoinbild  und  erblickt  ihn  selbst!    Scbiixir  565*. 

FLAUMENWEIHER,  m.  weites  beU.  J.  P.  FixL  119. 

FLAUMFEDER,  f.  pluma  mollissima:  ich  küste  seine  kalten 
lippen  . .  .  und  gewis  wäre  ich  wie  eine  flaunifeder  von  seinem 
bauche  bcw  egt  wurden,  wenn  er  seine  secle  nicht  ausgebaucht 
hatte.  Arnim  1,250. 

FLAUMICHT,  plumosus:  Blnquo,  Donalbln,  Malcom,  er- 
wacht!  schüttelt  ihn  ab  diesen  pflaumiglcn  schlaf,  da»  ehen- 
bild  des  luden  und  seht  den  lud  sclbsU  Wacnkks  MacbtA  54. 


1737 


FLAUMIG  —  FLAUSENMACHER 


FLAUMIG:  [dumeus: 
werrt  ab  den  flaumgen  schlaf! 
shake  off  this  downy  sieep!    Macbeth  2,3; 
eh  noch  sein  flaumig  kinn  der  dienen  eingeseifet.    Voss  6, 174; 
du  gehst  in  dunkelheit,  doch  wie  ein  halher  mond 
umstrahlt  dein  angesicht  der  flaumig  junge  hart.    Plates  76'; 
sein  mund  zwar  ist  dein,  doch  die  stimme  war  xart, 
er  hatte  dein  kinn,  aber  flaumigen  hart.    154'. 

FLALMNELKE,  /.  dianthus  superbus,  federnelke. 

FLAÜMWOGE,  f.  federbat:  lief  er  im  hafen  der  flaum- 
wogen  ein,  so  war  er  mit  seiner  abendandacht  fertig.  J.  P. 
Fixl.  96. 

FLAUS,  m.  vergröbert  in  FLAüSCH,  globus  laneus,  eüicium, 
vesiis  cUicina,  nahverwandl  mit  flies,  rellus,  kos  man  nachsehe, 
ahd.  glossen  gewähren  ein  unsichres  flaus  für  loga  oder  strophium 
(Graff  3,774.  gl.  hrab.  975*.'.  gl.  ker.  272.  Diut.  1,277),  das 
ein  aiterlhümlicher  abtaut  von  Oios,  flius  sein  könnte  und  nach 
analogie  von  lös  =  golh.  laus  eigentlich  Aus  zu  lauten  hätte; 
es  kommt  aber  auch  laos  und  uie  sich  hernach  zeigen  vrird, 
flaos  =  lös,  Qüs  tor.  ein  solches  Ü6s  begegnet  weder  ahd.  noch 
mild..  Aus  steht  fundgr.  1, 36S',  die  nd.  mundart  hat  Aus,  flusch 
{vgl.  plüsch).  mnl.  viüs,  hör.  belg.  7,  36*.  Reinaert  5590.  weder 
Maaler,  noch  Hemsch,  Stieleb  kennen  flaus.  Frisch  1, 273' 
gibt  flauscb  für  schuncolle,  raufwolle,  wenn  sie  wie  ein  feil  bei- 
sammen ist.  AiiELCNG  setzt  ein  flausch  wolle,  haare;  späterhin 
kommt  grober,  rauher,  grauer  flaus  für  tuch  und  kleid  vor: 
WehmeitT  im  geräumigen,  saftgrünen  flause  hängend.  J.  P. 
Tit.  1, 104.  Mephislopheles  Fausts  alten  pelz  schüttelnd,  dasz  cicaden 
und  käfer  daraus  fahren: 

ich  schüttle  noch  einmal  den  alten  flaus, 
noch  eines  flattert  hier  und  dort  hinaus. 
hiaauT!  nmher!  in  hunderttausend  ecken 
eilt  euch  ihr  liebchen  lu  verstecken.    Göthk  41,  94. 

in  folgender  stelle  scheint  der  goldne  flaus  goldgewand  oder  goldnes 
flies,     der  fürst  von  Albion : 

schlagt  aus  dem  goldnen  flaus 

und  aus  dem  silbernen  futter 

der  heiligen  thaler  und  heinrichsdor. 

Kl.  ScHXiDT  kom.  dicht.  1S6. 
vgl.  flausrock. 

FLAUSE,  f.  nugae,  tricae,  mendacium,  fucus,  windbeuielei. 
wir  sahen  eben  aus  dem  flaus  grillen  schütteln  und  umgekehrt 
sind  grillen  auch  flausen.  in  einem  gesprdch  bei  Nefflex  s.  178  : 
nun,  Lorenz,  soll  die  frau  wirtin  noch  keinen  spiritus  holen? 
L.  'meintweaga,  wenn  glei  seina  flausa  in  der  stuba  rum 
fliega.  dasz  (dasz  es)  a  elend  ist',  doch  läszt  sich  flause  nirgend 
als  benennung  des  heimchens  weisen,  obschon  die  launen  und 
giillen  fliegen  und  gefangen  werden. 

wir  haben  grillen  und  haben  launen, 

ja  wol  manchmal  auch  eine  flause.    Göths  5,263. 

meistentheils  steht  aber  der  pl.  flausen :  auf  lauter  flausen  und 
faxen  denken;  da  müssen  alle  flausen  aufhören; 
lieben  macht  flausen 
und  melancholisch  blut, 
benimmt  die  freiheit 
und  stürzet  den  mut; 
ach,  Merten,  ein  sack  mit  ducaten, 
ach  dann  war  uns  beiden  geraten, 
ach  hätten  wir,  hätten  wir  dfn! 
dann  wollten  wir  zechen  und  schmausen, 
dann  machte  kein  amtmaun  uns  flausen, 

dann  sollte  der  schuhe  wol  sehn!    BuRXAH.t  ged.  29; 

flausen  machen.  Hebxes  Soph.  reise  4,  7S ;  was  sollen  die  vielen 
flausen?  kommt  zur  sache.  Tieck  3,183;  Lucas,  lasse  die 
flausen  I  J.  P  ßegelj.  1,  69  (102) ;  es  dünke  ihns,  er  sei  zu 
solchen  flausen  wol  alt,  und  wahrscheinlich  werde  die  base 
ihn  nicht  heraufgeschickt  haben,  um  mit  solchem  narren- 
werk es  zu  versäumen.  Gotthelf  LH  der  kn.  29S  (2S0) ;  ihr 
wollt   mit  mir  nur  eure  flausen  treiben.   302  (2S3)  und  öfler. 

zu  diesem  flause,  flausen  stimmt,  lae  bereits  Scbxeu.eb  1, 592 
sah,  das  ahd.  kiflös,  susurratio,  fallacia,  flusari,  cafloasari,  falsi 
loquax,  mendax,  kifl6sida  praestigia,  welche  Gbaff  mit  unrecht 
2,  266.  276.  278  unter  fliosan  =  farliosan  bringt,  der  diphthong 
oa  in  floasari  dient  dem  vorhin  beigebrachten  ahd.  flaus  =  flös 
zur  besläligung,  man  darf  also  flaus  floccus  laneus  und  flause 
mendacium  vereinen,  nugae,  tricae  sind  zugleich  flocci  und  globi, 
gerade  wie  zotte  und  zote,  vellus  und  villus  steh  berühren, 
vielleicht  findet  sich  noch  ein  mhd.  fl6s  und  fl6se  auf  und  belebt 
diese  Vermutungen.  Schm.  1, 570  fausen  ohne  1,  vte  1, 589  flank 
für  fank. 

FLAUSENMACHER,  m.  mendax,  Windbeutel:  ein  grober knoll 
und  dabei  ein  flausenmacher.  J.  P.  flegelj.  2, 48. 


FLAUSEXTREIBER  —  FLECHTEN        1 738 

FLAUSENTREIBER,  »n.  dasselbe. 

FLAUSROCK,  m.  vesiis  ßoccosa,  flaus.  siehe  6et  Voss  6,161 
das  sdiöne  gedieht  mit  dem  refrain: 

und  zieh  den  alten  flausrock  an. 

FLAUTE,  f.  tibia  transversaria,  gewöhnlich  flöte,  querfföte.  it. 
Qaulo  m.,  fr.  flöte  f,  nnl.  fluit,  nd.  fleit,  fleidfts  für  fleiü 
Dasxeil  83,  auch  böhm.  flauta,  flautraver,  foln.  flet,  flotrower< : 

der  guckuck  überschreit  des  Phoebus  nachtigallen, 

ein  nächtliches  holla  durchdringt  das  fensterglas, 

so  zierlich  kan  es  kaum  aus  jener  hole  schallen, 

in  welcher  Cacus  einst  mit  seiner  flaute  sasz.    GüiiiasB  5SS; 

könnt  ich  spielen  eine  laute, 

wüst  ich  wem  ich  mich  vertraute, 

vor  dein  fenster  würd  ich  treten, 

könnt  ich  blasen  auf  der  flaute.    Platkh  85*. 

FLAüTROG,  m.  flaufasz,  trog  zum  flauen  der  erze. 
FLAüWEN,  /arare,  flauen,  geschrieben  wie  frauwen,  trauwen 
für  frauen,  trauen: 

dasz  man  zu  heller  tageszeit 

soll  ehrlichen  weibern  und  frauwen 

nachstellen,  ihren  beiz  zu  flauwen. 

Friscuunorcx  Susanna  2S9; 
und  hast  dich  nit  vor  dieser  frauwen 
gefurcht,  gescheuhet  ihr  zu  flauwen.    448. 

FLECHSE,  f.  nerrus,  tendo,  sehne,  von  flachs  {sp.  1701, 5), 
kaum  vom  lat.  flesus  zu  leiten,  vgl.  hernach  flechten: 

und  das  frohe  sternenhaus 

geuszt  den  schlummernden  gewachsen 

neue  kraft  in  ihre  flecbsen.    Flesimc  36<>; 

t 

auf  meinen  ersten  hieb  blieb  ihm  die  rechte  band  nur  an 
einer  einzigen  flechse  hangen.  Felsenb.  3, 444 ;  so  hält  die 
natur  verschiedene  flecbsen  in  def  band,  mit  denen  sie  durch 
ein  geringes  zerren  sofort  das  ganze  weih  unvermerkt  ins 
laufen  bringt.  J.  P.  teufelsp.  1, 15. 

FLECHSENHAUBE,  f   gewebc  von  flechsen  auf  dem  schadet. 

FLECHSENHAUT,  f  düntie  und  breite  flechse. 

FLECHSENMASCHINE,  f.  corpus:  meine  flechsenmaschine 
hat  sich  noch  nicht  an  jene  beweglichkeit  gewöhnt,  welche 
für  die  teränderlichkeit  der  befehle  nothwendig  ist.  J.  P. 
grönl.  proc.  102. 

FLECHSICHT,  nervosus.  Stieleb  492. 

FLECHTARBEIT,  f  opus  viminale,  crates: 

und  schickt  mir  des  Lorenz  jungen,  den  Uampfusz 
der  so  saubere  flechtarbeit  in  weiden  und  rcbr  macht. 
MöRiKB  ilariin  s.  77. 

FLECHTBAND,  n.  laenia:  wenn  du  sieben  locke  meines 
heubts  flöchtest  mit  einem  jlechtband,  und  heftest  sie  mit 
einem  nagel  ein.  nc/U.  16, 13;  er  aber  wachet  auf  von  seinem 
schlaf  und  zog  die  geflochten  locke  mit  nagel  und  flechtband 
eraus.  16, 14. 

FLECHTBREITE,  f.  latifundium  lichenum:  von  den  flecht- 
breiten auf  dem  verwitterten  zerbröckelten  ruingestein,  von 
den  grashalmen.  Göthe  43, 422. 

FLECHTCHEN,  n.  taeniola: 

ihr  meine  flechtchen  von  grüner  seide 

sollt  nicht  mehr  funkeln  im  Sonnenschein.    Göthk  11,117. 

FLECHTE,  f  crates,  teges,  textura,  goth.  flahto,  1  Tim.  2, 9, 
vielleicht  flaihtö,  ahd.  flehtä,  mW.  flehte. 

1)  flechtendes  und  geflochtenes  haar,  band,  stroh,  reis,  bei  Diefek- 
B&CH  441'  plecta,  442*  plectula: 

sanft  nun  umschlang  ihn  {den  kränz) 
welliges  haar  ringsum,  es  verbarg  ihn  hinten  die  flechte. 

Luise  3, 154; 
und  umwunden  bin  ich,  römische  flechten,  von  euch. 

GöTHB  1,264; 
ihre  wang  umspielt  in  zarten  flechten 

goldnes  haar,  vom  purpumetze  los.    A.  W.  Schlegel  ged.  39; 
zieht  nicht  rosen  auch  ihr,  rrischblOhende  flechte  zu  winden 
um    den  etrurischen  krug  und  die  scheite!  der  büste  von 
marmor?    Platr:«  54'. 

s.  haarflechte,  käseflechte,  korbflechte,  wagenflechte,  zaon- 
flechte. 

2)  liehen,  mentagra,  impetigo,  flechte  auf  der  haut,  auch 
scll^^inde,  schwindflechte,  vergehe  genannt:  ein  gesiebt  voll 
flechten,  flechten  am  hals.    mhd.  da;  vlehlen.  Mones  anz.  7,608. 

3)  liehen,  planla  lichenosa,  kryptogam,  das  sich  über  die  felder 
breitet,    s.  flechtbreite,     ebenso  gebildet  ist  winde,  convolvulus. 

4)  eine  art  milben,  siro  scabiei. 

FLECHTEN,  plectere,  texere,  winden,  weben,  goth.  flaihtan, 
flabt,  ahd.  flübtan,  Saht,  mhd.  fli-hten,  flaht,  nhd.  verderbt  in 


1739 


FLECHTEN 


FLECHTEN  — FLECK 


1740 


flocht  und  gar  in  flöchte,  wie  selbst  Luther  Judith  16, 10  sdst. 
die  dritte  person  des  sg.  lautet  fliehtet,  gewöhnlich  flicht,  wo  dafür 
flechtet  begegnet,  i.  b.  in  der  1, 1074  unter  baderhütlein  aus- 
gehobnen tlelie  FiscHARTS,  ist  es  auf  ein  schwacfies  flechten, 
flechtete  i«  beziehen,  wie  z.  b.  Schuppiüs  bei  Wuckemagel  3,  729 
flechteten  und  schmücklen  schreibt  oder  Scriver  in  der  nachher 
folgenden  stelle,  nnl.  viechten,  viocht;  ags.  und  engl,  mangelnd, 
wie  auch  dän.  fletle,  danach  isl.  flietla  von  uns  entlehnt  scheinen, 
die  altn.  spräche  kennt  es  nicht.  urrerwandlscJiaß  von  7i)Jx£iv, 
plicare,  plectere,  sl.  plesti,  po/n.  ple^c  leuchtet  ein,  der  verhalt 
XU  flectere  und  falten  wurde  sp.  1300  erörtert,  das  gr.  wort  ist 
ohne  Ungualis,  das  sl.  ohne  gtUluralis,  welclie  plectere  und  flechten 
verbindet,  wie  raivia  zu  teivsiv  tendere  fällt,  musz  auch  flechte 
band  sich  berühren  mit  flechse. 

l)  sinnlich,  sowol  das  hervorgebrachte  werk,  als  den  stofoder  das 
ausdrückend,  womit  oder  worin  gefloclilen  wird,  decken,  giirtel, 
ketten,  knoten,  körbe,  kränze,  krönen,  matten,  netze,  schürze, 
seile,  stränge,  stricke,  stuhle,  zäune,  zöpfe  flechten,  aber  auch 
arme,  beine,  hart,  binsen,  blätter,  blumen,  dörner,  linger, 
haare,  locken,  röhr,  weiden  flechten : 

mhd.  ich  und  si,  wir  wurJon  tnne 

wol  wie  minne  flilitel  arme  unt  bein. 

LiCHTBNSTEiN  Ö83, 2,  vgt. 
d&  ein  man  und  ouch  ein  wip 
Tor  liei)e  werdent  des  enein, 
da;  sicti  ir  arme  und  Ir  bein 
von  tierzenlieb  zesamne  wept.    511,19; 
man  und  wip  wiprn  al  ein, 
si  vläbien  arm  unde  bein.    Parz.  203,6; 
wib  una  neven  die  vander 
mit  armen  zuo  zeinander 
gevlohten  nähe  und  ange.    Trist.  457,3; 
Sit  ich  den  Ersten  bluomen  flaht.    MS.  1,41'; 
8w6r  ouch  vür  ein  müre 
ein  swachen  zun  dsehte.    kröne  7193; 
d€n  gurren,  die  si  truogen  hin, 
den  warn  die  zagele  under  in 
zesamene  gevlohten.    Iw.  4943; 
sin  bär  daj  wart  gevlohten 
und  ein  borte  drüf  geleit,    tr.  kr.  14946. 

nhd.  und  flochten  feigenbletter  zusamen  und  machten  inen 
schürze.  1  Mos.  3,  7  (Dachtens  zamen.  H.  Sachs  I,  40*) ;  und 
flochten  eine  dornenkrone  und  salzten  sie  auf  sein  heubt, 
ahd.  inti  flühtentfi  corona  fon  thornon,  sazten  ubar  sin  houbit. 
Matth.  27,29;  flochten  eine  dorne  kröne  und  setzten  sie  im 
auf,  golh.  atlagidödun  ana  ina  |)aurneina  vipja  usvindandans. 
Marc.  15,17;  und  die  kriegsknechte  flochten  eine  kröne  von 
dornen  und  setzten  sie  auf  sein  heubt,  go/A.  jah  |)ai  gadrauhteis 
usrundun  vipja  us  {)aurnum  jah  galagidedun  inima  ana  haubid. 
Joh.  19,2;  weicher  geschmuck  sei  nicht  auswendig  sein  mit 
har  flechten  und  gold  umbhengen  oder  kieider  anlegen. 
1  Petr.  3, 3 ;  ir  wisset  auch  was  mir  geschehen  ist,  das  ich 
meiner  metzen  in  die  zöpfe  geflochten  bin  (nicht  aus  den 
banden  meiner  geliebten  komme).  Llthers  br.  3,  9  (vgl.  3, 18  ich 
bin  an  Kethen  gebunden  und  gefangen);  bei  den  lieben  gott- 
seligen alten,  wann  die  mutier  ihre  tochter  flechtete  und 
schmückte,  muste  das  kind  nebst  ihr  ein  geistliches  lied 
singen.  Scriver  goldpredigten  74; 

der  Zeisig  baut  sein  nest  und  flicht  stets  einen  stein, 

den  ^r  nur  flnden  kann,  in  reis  und  moos  mit  ein. 

Rost  schafererz.  35.  vgl.  schdferged.  50; 

als  ich  jüngst  ein  kränzchen  flöchte, 

fand  ich  Amorn  in  den  rosen.    Raülkrs  hlumenlete  1,417; 

die  knoten,  die  um  unsre  wiegenbetten 

der  warterinnen  einfalt  flicht.    Gotter  1,397; 

die  bank,  wo  meine  bchwe.ster 

cjraDenkr&nze  flocht.    Matthisson; 

lächelnd  segnet  sie  die  erde, 

flicht  der  ersten  garbe  buiid.    Schiller  55'; 

und  huldiget  d<-r  rurchtbarn  macht, 

die  unerlorurhlich,  unergnindet, 

des  Schicksals  dunkeln  knauel  flicht.    5S'; 

nur  der  korper  eignet  jenen  mächten, 

die  das  dunkle  Schicksal  flechten.    72'; 

ehret  die  Traueo,  sie  flechten  und  weben 

himmlische  rosen  ins  irdische  leben.    WC; 

und  flechte  sich  krftnze, 

wem  die  locken  noch  jugendlich  grünen.    497*; 

Ich  wiird  In  moruleimAchten, 

beim  «lillfln  uteinentniiz, 

»nn  wilden  lieHern  flt-cliten 

iitn  mein«  braut  den  kränz.     Ll"*o  n.  grit.  ISS; 
die  ßnger  flechten,  in  einander  schranken  odn  falten ;  gefloch- 
tene ftfiger,  gefallene;  bei  den  sterbenden  wird  iiiaiis  gewahr, 


0  wie  flechten  sie  die  band  in  einander !  Otbo  72 ;  der  kaplan 
flocht  aus  furcht  vor  dem  thaufuszboden  ein  bein  ums  an- 
dre über  die  schenke!.  J.  P.  llesp.  2,  96 ;  der  Verbrecher  ward 
aufs  cad  geflochten. 

2)  inlr.  flechten,  von  kraut,  das  auf  dem  boden  fortkriecht 
(latius  serpil):  poiei  ist  ein  flechtends  kraut,  hin  und  her 
auf  der  erden  sich  anhenkend.  Bock  IS;  under  diesen  flechten 
zwo  heftiger  dann  die  dritt.  30 ;  der  wild  thymus  ist  wie  der 
heimisch  thymus  mit  blumen  und  blettern  kurz  auf  der  erden 
flechtend.  33.  bildlich:  ein  unkeuscher  gedank  flechtet  immer 
nieder  für  und  für  {greiß  immer  weiter  um  sicli).  Keisersbebg 
sihen  schwerler. 

3)  abslraä: 

und  es  sei  in  ein  geflochten 

nach  aller  forme  antwort  und  klag,    fastn.  389,34; 

und  haben  (die  papisten  abendmal  und  messe)  doch  daneben 
so  nahe  in  einander  geflochten,  das  der  gemein  mann  nichts 
hat  unterscheiden  können.  Luther  fi,  119*;  merk  aber  und 
vergisz  nicht,  das  ich  oben  angezeigt  habe,  wie  Christus  in 
diesem  spruch  sein  und  des  vaters  erkennlnis  in  einander 
fliehtet  und  bindet.  6,178*;  und  doch  das  man  seine  bewei- 
sung  nicht  möge  taddeln,  feret  er  zu  und  machet  das  argu- 
ment  stark,  fliehtet  und  knüpfet  die  beweisung  in  einander, 
das  es  gewaltiglich  schleuszt.  6,  226*;  von  den  teulschen 
diphthongen  und  geflochten  silbcn,  als  do  sein  gschl,  gfl, 
bdr.  Ickelsamer  dl;  verschränkte  syllogismos  in  einander 
flächten.  Rompler  8 ;  labyrintbische  perioden  flechten,  bei 
welchen  man  dreimal  athem  holen  musz,  ehe  man  einen 
ganzen  sinn  fassen  kann.  Lessing  6, 136 ; 

doch  mit  des  geschickes  mächten 

ist  kein  ewger  bund  zu  flechten.    Schiller  78*; 

verwegener,  was  unterfangt  ihr  euch 

in  eureii  blutgen  frevel  mich  zu  flechten?    433*; 

auch  mit  Proserpinens  galten, 

mit  dem  schwarzen  fürst  der  schatten, 

flechten  wir  den  ewgen  bund.    Körmer  1, 114. 

4)  sich  flechten: 

mhd.  diu  rose  und  diu  r6be  sich  flaht 

zesamene  in  der  erden.    Ulr.  Trist.  5610; 

wie  dij  gesinde  vaehte 

und  er  sich  dninder  vlnehte 

mit  sin  selbes  krefte.    fr.  Isr.  6292. 

nhd.  kein  kriegsman  flicht  sich  in  hendel  der  narung  (vulg. 
implicat  se  negotiis  secularibus,  goUi.  dugavindi])  sik  gavaurkjam 
|)iz6s  aldais).  2  7'»».  2,4; 

das  {Wort)  wolsiu  gott  bewaren  rein 

für  diesem  argen  gesohlechie, 

und  lasz  uns  dir  befolhen  sein, 

das  sichs  in  uns  nicht  flechte.    Lutbbr  8,364*; 

das  ich  nicht  mit  heucheln  mich  in  die  schuld  flechte,  br. 
3, 196  ;  wer  sich  auf  einmal  viel  sachen  unterstehet  und  flicht 
oder  dringet  sich  in  fremde  hendel.  Mathesids  151';  diewurzel 
mit  vielen  faseln,  damit  sie  sich  in  die  erden  fliehtet.  Taber- 
naemont.  1307;  sie  reichten  ihre  bände,  die  finger  flochten 
sich.  s.  aufflechten,  ausflechten,  bedechten,  durchflechten, 
einflechten,  entfleehfen,  verflechten,  zuflechten. 

FLECHTENARTIG.  impeti<,inosus. 

FLECIITENBÄLMCHEN,  n.  cassia  alala. 

FLECHTER,  m.  textur  viminum,  vgl.  gürtelflechter,  korb- 
flechler.  stuhlflcchter,  wagenflcehter. 

FLECFITGRAS,  n.  triiicum  repens. 

FLECHTKRAIIT,  n.  cassytha. 

FLECHTMOOS,  n.  muscus  rcfH'ns:  es  würde  mir  zu  viel 
platz  wegnehmen,  wenn  ich  die  sippschaftsbäume  beider  höfe 
mit  allen  ihren  heraldischen  blättern,  wasserschösziingen  und 
flechtinoo«en  für  den  leser  hinsetzen  wollte.  J.  P.  Tit.  1,  76. 

FLECHTSTIIHL,  f?i.  geßochlner  stuhl. 

FLECHTWAGEN,  m.  korbwagen.    ungr.  Simpl.  15. 

FLECHTWEBK,  n.  opus  i'imineum,  craticum: 

hierauf  schirmt  er  die  seiton  entlang  mit  dem  weidenen  flechl- 

werk.    Od.  5.256; 

weil  er  bei  mehr  ehr-  als  weiberiiebe  über  kein  flechlwerk 
röther  wurde  als  über  das  eine»  korbe».  J.  P.  Tit.  2. 170. 
das  sl.  plot  zäun  enls}iringt  schön  einfach  aus  pletu,  flechte. 

FI<K('K,  m.  n.  gen.  fleckes,  pl.  flecke,  nicn^*  sich  mit  dem 
schwachen  flecke  und  das  genus  schwankt,  ww  die  belege  rrijrl>cn. 
ahd.  Ili'ili,  mlut.  vif'c,  mit  <•  nach  dm  reimen  und  dem  abge- 
leiteten  flicken;  war  das  wart  schon  i/olJii.trh ,  so  milste  es  flikü 
oder  llik  gelautet  halten,     em  altn.  fltk  pannus  ist  retblteh  und 


1741 


FLECK 


FLECK 


1742 


vielleicht  besser  flik  zu  schreiben,  das  ags.  flicce  pema,  en^. 
flitch  darf  koI  in  die  vencandtschaft  gezogen  Verden. 

1)  grundbedeuiung  scheint  fxinnus,  lacinia,  läppe,  felze, 

mhd.  hie  lac  ein  loc,  dort  ein  flec 

der  hüben  und  des  häres.    Helmbr.  1S90; 

mir  hanget  allej  noch  an 

ein  vlec  der  alten  liürsen  min.    Helbl.  9,42, 

bildlich,  mir  hängt  noch  ein  fetze  des  alten  getrandes  an,  der 
allen  geicohnheil ;  man  muo?  e?  iu  ze  flecken  zersniden,  hie 
da;  röte  in  daj  wige  u.  s.  k.  BERiuoLn  293.  nhd.  fleck  oder 
stuck  pecies,  voc.  1482  hS*;  fleck,  flick,  läppe,  immissura. 
Dasyp.  327';  fleck,  immissura,  fruslum,  fragmenlum  panni. 
SERRA:nJS  synon.  "0*;  einen  fleck  aufsetzen  auf  den  risz  im 
kleid  oder  schuh,  einen  schuh  flecken,  beflecken  =  flicken; 
man  bietzt  nicht  neue  flecke  auf  alte  juppen; 

für  das  loch  ist  zu  ciain  mein  fleck,  fasln.  "01,26; 
als  aber  sein  Junker  zu  schreien  anfieng,  setzte  er  den  fleck 
heszlich  neben  das  loch  {versah  ers  gewaltig).  Simpl.  Vogel- 
nest 1,  3 ;  der  Schneider  hat  einen  fleck  vom  tuch  genommen. 
ttegkürzer  9';  so  du  an  den  wind  kommst,  so  weht  er  dir 
alle  flecke  Ton  der  haut.  Gryphics  1,766;  so  fern  ein  loth 
safran  nicht  völlig  in  die  Schachtel  gienge,  solle  er  den  Über- 
rest nur  der  magd  in  den  fleck  (die  schürze)  schütten.  Megerle 
ndrrinnen  72; 

sein  hochzeitrocli  ist  zwar  nicht  nett, 

hier  gleiszt  ein  flecli,  dort  hängt  ein  lappeo, 

wie  an  den  bunten  bettlerlfappen. 

und  an  Menautes  quodlibet.    G£:<tber  1106; 

kaum  hatte  noch  des  Schneiders  band 

dem  afTen  ein  erflickt  gewand 

von  bunten  flecken  umgehangen.    Gkllebt  1,262. 

das  mlat.  pecies,  petacium,  pictacium  besagt  auch  nichts  anders 
ois  fleck,  bletz.  läppe.  Diefendach  41s'.  433'.  dieses  üeck  hatjen 
die  Böhmen  in  gleicher  bedeutung  von  uns  entlehnt.  Jcngmäns 
1, 547*.  vgl.  hadefleck.  brustfleck,  ermelfleck,  haiibenfleck, 
hausfleck,  spitzenfleck. 

2)  aus  dem  schneiden  der  läppen  folgt  die  Vorstellung  des  auf- 
schneidens,  prahlens: 

der  biinget  einen  schwank,  der  schneidet  einen  fleck, 
den  Polyphemus  selbst  nicht  solte  tragen  weg, 
der  saget  neue  mär,  der  bapst  sei  luthrisch  worden. 
Flkhimg  166; 
der  poet  schneidet  einen  fleck  daher,  den  Polyphemus  kaum 
wegschleppete.  reime  dich  s.  lA;  hieher  gehören  auch  alle  auf- 
schneider,   die   von   schlachten,   reisen   und  frauengeneusze 
grosze  flecke  schneiden,  complimentirbüchlein  von  1654  im  tceimar. 
jb.  1,323;  sich  einen  fleck  machen,  grosz  thun,  sich  etvas  ein- 
bilden. 

3)  der  f/.  flecke  bezeichnet  fetzen  fleisch:  fleck,  kuttelfleck, 
abligumma  (/.  ablegumina)  pluralis  numeri,  partes  extorum.  voc. 
1482  h7'  (Diefesbach  3'); 

hier  um  so  bit  ich  uwer  stüre, 
wurste,  flecke,  wampen  zu  dem  füre. 

Mo?iB  altd.  schausp.  129,691; 
eh  ich  dich  würg  und  erbeisz, 

mit  den  zänen  und  zu  flecken  reisz.    0.  Sachs  V,  345'; 
er  schlang  es  auf  bei  groben  flecken, 
im  blieb  eiTk  bein  im  hals  bestecken.    Waldis  1,6. 

ebenso  der  böhm.  pl.  Qeky,  slücke  von  fläsch  und  eingeweide  bei 
den  fleischern  und  in  der  kfiche,  wozu  der  lit.  pl.  blekai  gekrüse 
stimmt,  kein  sg.  blekas  icird  angeführt. 

4)  sehr  häufig  erhält  fleck  den  sinn  von  ort,  platz,  stelle,  wie 
man  auch  sagt  ein  stück,  fetze  landes,  gerade  so  geht  das 
finnische  paikka  {lacinia)  über  in  die  Vorstellung  von  locus. 

a)  dann  die  uberigen  warent  in  der  vorstat,  welches  ein 
hübscher  fleck  was  und  vil  volks  darinne.  Aimon  f3';  lieszen 
einen  groszen  fleck  alt  kiefern  holz  verkaufen.  Schweisicbei» 
1,  338 ; 

kein  ort  war  ihr  mehr  angenehm, 

kein  fleck  zur  weide  mehr  bequem. 

Rost  schäfererz.  16.  »chdferged.  21 ; 
ich  kenne  schon  ein  brav  fleck  davon  (ton  Thüringen).  Göthe 
bei  Merk  1,  93 ;  das  schöne  fleck,  dds  gemeindegut  war  und 
das  der  gerichtshalfer  zum  garten  einzäunen  lassen.  Göthe 
15,  28 ;  kamen  sie  an  ein  eben  fleck,  so  gieng  es  desto  lang- 
samer. 27,32;  die  liebe  gibt  mir  alles  und  wo  die  nicht  ist, 
dresch  ich  stroh.  das  malerischte  fleck  gerüth  mir  nicht,  und 
ein  ganz  gemeines  wird  freundlich  und  lieblich,  an  fr.  v.  St. 
1,49;  da  stand  dir  ein  Deck,  der  war  doch  nicht  anders  wie 
blau  fuch,  so  besät  mit  veilchen.  Falks  JoA.  r.  d.  osfsee  1, 166 ; 
wo  ein  schöner  fleck  ist,  da  schmeiszt  der  teufel  eia  kloster 
bin  oder  einen  edelmann.  Siiroci  2503. 


b)  der  rechte  oder  unrechte  fleck:  das  war  nicht  der  rechte 
fleck;  den  rechten  fleck  rühren,  trefl"en,  rem  a««  längere; 
der  barbier  konnte  nicht  auf  den  rechten  fleck  des  ader- 
lasses  kommen;  ich  habe  genug  dran  und  finde  dasz  sie 
aufs  rechte  fleck  gestochen  haben.  Wielasd  bei  Merk  2,  77 ; 

sie  schweigt  und  gräbt  getrost,    ha  ha,  nun  klingt  es  hol, 
nun  wird  der  rechte  fleck  bald  kommen.    Gellebt  1,210; 

dasz  die  autoren  selbst  doch  auch  nicht  immer  den  rechten 
fleck  zu  treffen  wüsten.  Göthe  24,171;  drei  dinge,  fieng  er 
an,  sind  bei  einem  gebäude  zu  beachten,  dasz  es  am  rechten 
fleck  stehe  u.  s.  w.  17, 96 ;  freilich  kannte  ich  ihn  schon 
längst  als  einen  guten  köpf,  versehen  mit  allerlei  feinen 
kenntnissen,  dem  auch  das  herz  nicht  am  unrechten  flecke 
säsze.  Bürger  243". 

c)  der  schwarze  fleck  in  der  scheite: 

Tartaglia !  mein  seel !  ins  schwarze  fleck 

geschossen,  'mitten  hinein,  so  wahr  ich  lebe'.    Scbuxu  591* 

wo  man  auch  verstehen  kann  macula,  wie  mhd. 

6t  nam  alberina  staba, 
sneid  in  die  rinte  iewä  abe, 
lie  dar  ane  suarze  vlecche, 
ettewä  wije  plekchen.    Diui.  3,80. 

der  faule  fleck,  die  faule  stelle:  das  gehim  des  dieners  fieng 
am  faulen  flecke  des  herschaftlichen  kopfes,  wie  ein  apfel 
am  andern  faulnis  auf.  J.  P.komet.  2,140.  der  einzige  fleck: 
siehe  schlänge,  das  war  der  einzige  fleck  der  Vergebung. 
Schiller  211'. 

d)  der  alte  fleck:  der  bäum  steht  immer  noch  auf  dem 
alten  fleck; 

wenn  mir  der  köpf  am  alten  flecke  steht.    Götbx  11,133; 

wir  blieben  auf  dem  flecke  halten,  bis  dasz  sie  vorüber 
waren.  30,  293 ;  einer  der  zweikämpfer  blieb  auf  dem  flecke ; 
er  war  immer  der  erste  auf  dem  fleck;  er  kommt  wieder 
auf  den  fleck,  von  dem  er  ausgieng.  Hebel  schatzk.  3. 

e)  vom  flecke  kommen,  gehn,  rücken,  weichen,  sich  rühren, 
regen,  loco  movere,  promovere:  vom  flecke  zum  zwecke;  so 
wie  marsch  commandieret  wird,  müssen  die  reiter  den  pferden 
die  spornen  alle  auf  einmal  geben,  damit  sie  zugleich  vom 
flecke  kommen,  oeuvres  de  Fred,  le  gr.  30,104;  man  hat  oft 
ein  paar  tausend  meilen  gemacht,  wenn  sie  geschworen  hätten, 
dasz  wir  nicht  vom  flecke  gekommen  wären.  Wieland  11, 260 ; 

eh  wirst  du  nicht  von  diesem  flecke  kommen, 

bevor  ich  nicht  den  Ursprung  deiner  flucht  vernommen. 

Rost  schäferged.  40; 
gib  nur  den  schöps  heraus,  eh  geh  ich  nicht  vom  flecke.    111 ; 

so  geh  nur  vom  flecke,  sehe  nur  nach,  am  ende  liegt  sie 
gar  im  bette.  Göthe  U,  106 ;  nie  ist  mirs  so  leicht  (im  tanzen) 
vom  flecke  gegangen.  16,32;  so  läszt  die  zngluft  die  wölken 
nicht  vorbei,  sondern  kämpft  mit  ihnen  und  dem  winde  der 
sie  trägt,  hält  sie  auf  und  macht  ihnen  wol  stundenlang  den 
weg  streitig,  diesem  kämpf  sahen  wir  oft  zu  . . .  und  wenn 
wir  eine  stunde  gegangen  waren,  konnten  sie  noch  kaum 
vom  fleck.  16,  274 ;  so  haben  sie  den  vater,  der  nicht  vom 
flecke  gewollt,  vor  sich  her  getrieben.  16,292;  die  gegen- 
stände rückten  nicht  vom  flecke.  24, 100 ;  durch  ihn  kamen 
wir  diesmal  vom  flecke.  30, 133 ;  daher  sich  denn  die  da 
droben  eben  so  wenig  vom  flecke  rühren  sollen.  38, 272 ; 
autorität  ist  hauptsächlich  Ursache,  dasz  die  menschheit  nicht 
vom  flecke  kommt.  50, 133  ;  da  nichts  recht  vom  flecke  wollte, 
habe  ich  indessen  geordnet.  Göthe  an  Knebel  81.  ^ 

/)  einem  auf  den  fleck,  au/"eine9«mses/W/c  helfen:  übrigens 
hab  ich  etwa  ein  halb  dutzend  märchen  und  geschichten  im 
sinne,  die  ich  als  den  zweiten  theil  der  Unterhaltungen  meiner 
ausgewanderten  bearbeiten,  dem  ganzen  noch  auf  ein  gewisses 
fleck  helfen  und  es  alsdann  in  der  folge  meiner  Schriften 
herausgeben  werde.  Göthe  an  Schilter  417. 

g)  von  einem  flecke,  von  einem  punct,  einer  stelle  aus:  wie 
in  jedem  menschen  spuren  übrig  bleiben,  wenn  er  bei  groszen 
handlungen  gegenwärtig  gewesen  ist,  wie  er  sich  von  diesem 
einen  flecke  gleichsam  gröszer  fühlt.  Göthe  16,  269. 

5)  zuweilen  steht  fleck  pl.  flecke  für  das  schwache  flecke  pL 
flecken  in  der  bedeutung  von  macula,  naevus,  labes: 

ich  bin  der  perle  gleich,  die  flecke  hat  bekommen, 
und  von  der  kröne  weg  an  schlechte  halse  musi. 

pol.  ülockf.  3)6; 
her  von  der  ostsee  bis  gen  Sinas 
ocean  herschet  ein  edler  Jüngling, 

der  hat  des  namens  flecke  vertilgt.    Klopstock  1,46; 


1743 


FLECKCHEN  — FLECKE 


FLECKEISEN  — FLECKET 


1744 


noch  seid  ihr  sicher,  noch  ists  nicht  so  weit 

tnit  ihm  {dem  mdiiirl).    ihr  seht,  er  ist  so  ziemlich  noch 

im  Stande,    nur  der  eine  ziplcl  da 

hat  einen  parstgen  fleck,    er  ist  versengt, 

und  das  bekam  er  als  ich  eure  tochtcr 

durchs  feuer  trug,    'es  ist  doch  sonderbar 

dasx  so  ein  böser  fleck,  dasz  so  ein  brandmahl 

dem  mann  ein  beszres  Zeugnis  redet,  als 

sein  eigner  mund.    ich  möchl  ihn  küssen  gleich 

den  flecken!'  Lkssimc  •-',  "247, 

uo  ziäetzl  in  den  schwachen  acc.  eingelenkt  wird. 
FLECKCHEN,  n.  bohm.  fljcek,  ä.  flickchen. 

1)  angulus,  eckeben,  stellchcn,  jtlälzclien: 

nicht  ob  disz  fleckchen  land,  dasz  dritthalh  ziegen  nährt, 
dem  Junker  Hans,  dorn  juuker  Jörg  gehört? 

WiKL\MD  urth.  des  Paris  50; 

es  sollen  schöne  biumen  in  den  beeien 

die  breiten  wurzeln  schlagen,  rein  und  zierlich 

soll  jeder  gang  und  jedes  fleckchen  sein.    Göthe  9,235; 

gönn  ihnen  doch  das  fleckchen  land.    Schiller  340'; 

läszt  mich  denn  niemand  ein 

und  gönnt  mir  auch  ein  fleckchen, 

in  all  den  häuserreihn 

ist  denn  fiir  mich  kein  eckchen 

und  war  es  noch  so  klein?    Röcekrt  246; 

nicht  aufgeränmt?  ja  das  ist  immer  das  ende  vom  liede, 
wenn  ich  die  Wahrheit  sage,  wenn  ich  das  fleckchen  trefTc. 
Gotter  Jeanneltc  l,t;  ein  jeder  dümmert  auf  diesem  erden- 
rund  sein  fleckchen  wie  der  andre.  Fr.  MDller  2,  41. 

2)  maciila,  labecula :  an  dem  gewand  ist  kein  fleckchen, 
iein  unlhätchen;  auf  seiner  ehre  sitzt  kein  fleckchen. 

FLECKE,  m.  gen.  flecken,  pl.  flecken,  alid.  flcccho,  gen. 
flijcchin,  pl.  flecchon,  mhd.  vlecke,  vlücken,  nlid.  aber  häufig 
mit  übler  lilgiing  der  schuachen  form  flecken,  gen.  fleckens. 
erträglich  ist  der  nom.  sg.  fleck. 

1)  macula,  nola,  der  angesetzte  läppe  macht  das  kleid  bunt, 
alles  gefleckte  ist  scheckig:  flecken  auf  der  haut,  sommerflecken; 
Decken  auf  dem  pantherfcli,  auf  der  fischhaut,  an  dem  ge- 
fieder;  ein  weiszer  hund  mit  schwarzen  flecken;  blaue  flocken, 
liror  et  cruor ; 

ich  wil  dir  ietz  plob  flecken  machen.    Atrer  fnstn.  8*; 

wo  unter  den  hecken 

mit  goldenen  flecken 

der  schatten  sich  mischt, 

da  läszt  man  sich  nieder.  Salts  75; 
da  sprossen  hundert  bräunlich  rothe  flecken, 
die  zum  verdrusz  die  weisze  baut  bedecken.    Götbk  41,78. 

t.  dintenflecke,  fettflecke,  Obstflecke,  Ölflecke,  Schandflecke, 
Schmutzflecke. 

2)  labes,  Unreinheit,  bcfleckung:  ist  das  der  böse  flecken, 
der  an  mir  ist?  buch  der  lid)e  190,  i ;  den  flecken  der  Unehre 
abwischen,  pol.  stockf.  361; 

dieser  bicderseele  flecken 

rüge  keine  lästerung! 

denn  was  flecken  war,  vermodert, 

nur  der  himmelsfunke  lodert 

einst,  geläutert,  zur  verherlichung.    Bürger  15'; 

den  tod  kannst  du  leiden,  aber  nicht  ertragen  den  flecken 
in  deine  jungfräuliche  ehre  (statt  an  deiner).  Klinger  2,155; 
so  tilgt  er  den  flecken  in  die  (an  der)  ehre,  ebenda;  du  hast 
einen  flecken  in  dein  kleid  gemacht,  ich  kann  den  flecken 
nicht  herausbringen,  nicht  wieder  auswaschen. 

3)  loctis,  stelle,  wie  fleck  4. 

mhd.  ü(  säzen  si  dö 

und  ntcn  doch  unvSrre. 

Guivreij  der  h6rre 

ruorte  si  öz  dem  wCge 

in  gämellclier  pflege 

an  einen  wiseflöcken.    Er.  7035. 

nhd.  für  vicus,  goth.  veihs,  ahd.  wich,  übrig  in  weichhild,  ge- 
wöhnlich einen  offenen  ort,  im  gegensatz  zur  ummauerten  sladt 
bezeichnend,  zuweilen  auch  allgemeiner  nur  Wohnort  ausdrückend  : 
das  land  hat  schöne  stüdte,  bevrdkerte  flecken,  anmutige 
dorfcr,  wie  man  fr.  Tille,  bourg,.  village,  enp/.  town,  borough, 
TÜlage  unlcrteheidel ; 

die  saiizeni  uf  dem  land 

in  dorr  und  offen  flecken.    Soltao  300; 

«teckt  den  flecken  allenthalben  mit  fewr  an.  Aimon  f3';  man 
sollte  die  hfluser  abbrechen,  die  flecken  auf  den  boden 
schleifen.  KiRCtiHor  wendunm.  469'; 

die  triibe  «onn  entblAnzt  Ihr  l'---':- ,-■-•• 

den  jammervollen  »tand  der  ^  ■  n 

aa4  du  verbnutnle  land  der  ■  ii. 

OKTPHii*    l,:>4»; 


Stadt  Schreiber  des  königlichen  fleckens  Schütstroh.  1,  833 ; 
giengen  also  die  slrasze  fort  bis  wir  abends  in  einen  kleinen 
flecken  kamen,  hicundiss.  155;  und  fange  oft  an  zu  wünschen, 
dasz  ich  nirgends  als  in  dem  kleinen  gebürgischen  flecken, 
in  dem  ich  geboren  bin  und  blosi  unter  dem  namen  eines 
ehrlichen  mannes  bekannt  sein  möchte.  Gellert  8,9; 

die  lawinen  hätten  längst 
den  flecken  Altdorf  unter  ihrer  last 
verschüttet.         .Schiller  53.S*; 
des  morgens  kommen  aus  den  fernen  flecken 
zur  Stadt  herein  landlcute,  weisz  vom  reiTe, 
mit  ländlicher  musik,  schalmei  und  preiTe.    Röckirt  389. 

Moser  osn.  gesch.  2.  55  schrieb  'das  heutige  flecken  Iburg',  nach 
dem  nd.  'dal  blck,  welches  sich  freilich  mit  fleck  berührt,  spätere 
ausgaben  ändern  'der  heutige',     vgl.  marklflecken. 

FLECKEISE.N,  n.  ungeschmeidiges  eisen,     s.  flecket. 

FLECKELN,  saräre  calceos,  die  schulte  flicken,  flecke  daran 
setzen,  verschieden  davon  fleckein,  fläckeln,  schmeicheln.  Stald. 
1,  375,  das  zu  flehen  gehört. 

FLECKEN,  1)  saräre,  kleider,  schuhe  flecken,  auibessern. 
s.  flicken. 

2)  succedere,  vom  fleck  gehn,  von  stallen,  vorwärts  gehn,  «n- 
persönlich  : 

seit  der  Leipziger  fatalität 

wollt  es  eben  nirgends  mehr  flecken.    Schiller  322*; 

ich  hatte  mir  vorgenommen,  den  zweiten  theil  des  Tasso  bis 
Ostern  auszuarbeiten,  aber  es  will  noch  immer  nicht  flecken. 
Gries;  ich  bin  ziemlich  fleiszig  bei  der  geschichte  gewesen, 
ohne  dasz  es  recht  fleckt.  Niebühr  leben  2,335;  drum  wollt 
es  mit  der  arbeit  auch  nicht  flecken.  Armm  scitaub.  2.  308 ; 
es  hed  em  wüest  gfläckt,  ist  ihm  schlecht  geglückt.  Stalder 
1,375.     vgl.  klecken. 

3)  maculare,  maculis  notutque  aspergere:  das  öl,  die  dinte 
fleckt,  macht  flecken;  das  obst  fleckt;  schwarze  kirschen 
flecken,  schmutzen,  les  cerises  noires  fönt  des  laches; 

die  nackten  leiber  mit  färben  gefleckt, 
die  schultern  mit  wilden  häuten  bedeckt. 

Kretscumanns  Rhingulph  90; 
dort,  das  gewand  vom  schatten  gefleckt  der  beweglichen  blätter, 
sasz  sie  und  stickt.  Voss  2,7; 

ach  dieses  mit  tag  und  nacht  gefleckte  geflide  (auf  welchem 
schalten  und  Sonnenschein  sich  jagen).  J.  P.  llesp.  3,  216.  cutch 
das  zächnen  des  holzes  zum  fällen  nennen  die  fOrster  flecken, 
anflecken. 

4)  maculari,  maculam  trahere,  schmutzen:  weisze  kleider 
flecken  leicht; 

die  schlaue  weit  hat  lose  gaste, 
und  schwebt  in  bosheit,  furcht  und  list, 
dasz  auch  das  leben  tagend  heiszt, 
das  heimlich  fleckt  und  auszen  gleiszt. 
Weise  pol.  näscher  86. 

5)  inquinare,  beflecken: 

hier  hat  der  jähre  staub  den  adelsbrief  versiegelt, 
den  blut  und  moder  zwar,  doch  kein  verbrechen  fleckt. 
Gö:«TUER  1073. 

FLECKEND,  maculam  trahens,  flecket,  fleckig,  gefleckt:  dasz 
seine  schaf  mehr  fleckende  als  weisze  lammer  gebracht. 
AVRER  j)roc.  1,  7. 

FLECKENFREI,  labis  expers,  integer: 

jedwede  tugend 
ist  fleckenfrei  bis  auf  den  augenblick 
der  probe.  Schiller  2S4'. 

FLECKENHAUT,  f  cutis  maculis  sparsa:  wenn  ich  vor  dem 
tiger  gewarnt  haben  will,  so  darf  ich  seine  schöne,  blen- 
dende fleckenhaut  nicht  übergehen.    Schiller  . . . 

FLECKENKHALT,  n.  scutellaria.  ceritülie  major. 

FLECKEN!>OS,  fleckenfrei :  ein  fleckenloses,  unbeflecktes  leben. 

FLECKENPLTZEU,  m.  qui  purgat  maculas,  fr.  di^graisseur. 
die  mutier  gottrs  von  Alorha: 

weint  so  sehr,  dasz  man  ihr  kleid, 
seit  man  ilen  lempel  eingeweiht, 
ob  hundert  alte  weibor  gleich 
zum  vorsrhiuack  von  dem  liimmolreich 
den  bellgcn  säum  zu  küssen  gehen, 
beim  flerkenpulzer  nie  gesehen. 

11   L.  WA(iNiii  nnliscable  ertählungen  1774  i.  \i. 

FLECKENREIN,  flerkcnfrei. 

FLKtKENWÄSCHEn,  m.  dasselbe. 

FLK("KKH,  m.  bühm.  flck^r,  »areinalor.  flieker.  auch  «vm 
flerksieder. 

FLECKET,  maciilnsus,  sjwrcu.i,  Wim.  flekntjf.  Skrrhii  «  symm. 
70':    ich    wil   heule  durch  alle  deine  hcrdc  gehen  und  aus- 


1745        FLECKFIEBER  — FLEDERMAUS 

sondern  alle  Deckete  und  bunte  schafe.  1  Mos.  30,32;  and 
sihe,  die  bücke  sprangen  auf  die  sprenkliche,  fleckete  und 
bunde  herde.  31, 10 ;  flecket  zihn  (zinn)  ist  herter  und  un- 
schmeidiger  umbs  kisz  willen,  es  gibt  aber  gut  und  besten- 
dig geschirr.  Mathesids  loo';  ein  kleid  in  roten  wein  ge- 
dünkt nicht  rein  gewaschen,  sondern  vielmehr  flecket  gemacht 
wird,  aller  veish.  luäg.  13S. 

FLECKFIEBER,  n.  febris  petechialis :  so  aber  eilete  der  tod 
mit  Süiandens  eitern  fort,  dasz  sie  beide  an  einem  fleckfieber 
innerhalb  zwein  tagen  dahin  stürben,  pol.  slockf.  13;  gleich 
nach  seinem  tod  ist  er  pechschwarz  worden,  woraus  man 
gesehen,  dasz  das  fleckfieber  sich  zu  den  blättern  geschlagen. 
Liselotte  s.  421 ;  wem  also  alle  gichtknoten,  fleckfieber  und 
blei  oder  silbercoliken  des  menschengeschlechts  nichts  sind 
als  eine  andere  art  von  wolbefinden.  J.  P.  Hesp.  2,220;  die 
Constitution  der  Deutschen  ist  gesund  genug,  um  dem  fleck- 
fieber des  witzes  weniger  ausgesetzt  zu  sein  als  andere  Völker. 
uns.  löge  1, 135. 

FLECKHAFTIG,  maculosus:  und  alles  das  do  wird  braun 
und  fleckhaftig  und  manigerfarb,  als  wol  under  den  schafen 
als  under  den  gciszen,  das  wirt  mein  Ion.  bibel  14S3, 19*  = 
1  Mos.  30, 32,  bei  Lltbeb  :  was  nu  bund  und  flecket  fallen 
wird,  das  sol  mein  lohn  sein. 

FLECRICHT.  dasselbe: 

schwarzer  Ursprung,  fleckicbt  leben 

kan  sich  hoch  bei  hofe  heben.    Logad  1, 174, 33. 

FLECKIG,  dasselbe:  junge  hirschkälber  sind  fleckig;  der 
treue  Matthieu,  dessen  fleckige  seele  sich  vor  jedem  anders 
drehte.  J.  P.  Hesp.  4,  S9.  bergm.  wie  flecket :  fleckiges,  hartes, 
ungeschmädiges  zinn.     s.  vielfleckig,  tausendfleckig. 

FLECKKEHLCHEN,  n.  motacilla  variegata,  uie  rothkehlchen. 

FLECKLECHT,  maculosus,  rarius:  wo  kumpt  es  her?  oben 
her  von  unsern  eitern,  die  haben  ab  disem  blenklechteu 
steblin  getrunken,  ein  gemüstes  (gemischtes,  buntes)  leben  ge- 
fürf,  und  wir  in  (ütnen)  nachkommenden  hant  es  in  uns 
getrucket,  in  nach  gefolgt,  und  die  uns  nach  kumnien,  wer- 
den denn  ouch  also  flecklecht  und  blenkiecht,  es  ist  mit 
einem  solchen  gemüsten  leben  glich  wie  mit  Jacobs  schaflin. 
Keisebsberg  bilger  41'. 

FLECKLECV,  n.  trie  fleckchen, 

1)  macuiapana:  'der  vogel'  heiszet  das  flecklin  im  weiszen 
des  eies.  Keisebsberg  sdiif  der  pen.  112". 

2)  riculus:  es  musz  ein  jeglich  dorf  und  flecklein  einen 
eigenen  pfarrherr  haben.  Luthers  tischr.  1, 14. 

3)  panuiculus,  tuchstücke:  endlich  fühlte  ich  in  scbubsack, 
da  fund  ich  noch  etliche  flecklein,  die  ich  zu  mir  gesteckt, 
die  stickte  ich  zusammen  und  machte  ein  börtlein  davon, 
dises  verkaufte  ich  und  bekam  davor  3  groschen,  wer  war 
froher  als  ich?  unw.  doct.  376. 

FLECKPOLSTER.  »I.  geflicktes  polsler,  eine  schelte,  fasln.  Uh,^. 

FLECKSCHREIBER,  m.  scribaviä,  wie  dorfschreiber,  stadt- 
schreiber.  Fudismundi  21B.  217. 

FLECKSEIFE,  /".  zum  ausmachen  der  flecken. 

FLECKSIEDER,  m.  der  tltiereingeweide  zubereitet,     s.  fleck  3. 

FLECKSIEDERN,  schmutzig  wie  ein  flecksiedem  wammesz. 
Schwabe  Unten  f.  As". 

FLECKSTLCK,  n.  panniadus,  felze,  pleonasiiseh,  da  fleck 
bereits  dasselbe  besagt:  in  fleckst iicken  zerhawen.  Ml'LMAX  184. 

FLECKSUCHT,  f.  tcas  fleckfieber, 

FLEDE,  f.  jMebolomum,  fliede:  tief  und  wol  bepickt  mit 
der  fleden.  Forer  199*. 

FLEDERFLITZCHEN,  n.  name  eines  vögleinSj  nach  dem  reim : 

flederflitirhen,  fledcrnitzchen  sasz  auf  einer  staogen, 
hat  ein  gelbes  hemdeben  an  und  liesz  die  hosen  hangen. 

vol  flflgel  ßr  hosen  su  setzen,     flitschen,   flitzen  ist  flattern. 

FLEDERGEIST,  m.  flattergeisl:  vor  solche  fledergeister,  die 
einmal  berhorchen  und  darnach  wieder  abziehn,  davor  be- 
danke ich  mich.    Weise  liebesalltancc  203. 

FLEDERHAME,  m.  sagena,  rete,  ein  fischergerdth,  dessen  schil- 
dervng  uns  entgeht:  item  der  eng  flcderhame  soll  auch  von 
nstern  bis  uf  sant  Barlholomeustag  (24  aug.)  verholten  sein. 
IS'eckarfischerordn.  von  1.502  in  Moxe  seitschr.  4,  90. 

FLEDERMAUS,  /.  vesperlilio,  nycteris,  aitd.  fledarmfts  und 
daneben  fledremöstro,  Graff  2,  873,  im  rocab.  i.  Galli  198, 
nach  Lachmakns  und  Graffs  1.  i.xvi  abschriß,  fesperlilia  fredarmi, 
mhd.  viedermös,  virdramös.  nhd.  im  voc.  1482  h  8*  fledermaus, 
bei  Dastpodius,  Frisils.  Maai.er  fladermaus,  bei  Lcther,  Ai.- 
»ERCS  II.  0.  ffi.  fleddermaus,  nnl.  viedermuis,  geküril  vleermui», 

m. 


FLEDERMAUS  —  FLEDERMAUSMASKE  1 746 

engl,  flitfermouse.     statt  fledermaus  bin  und  tcieder  fedennaus 
(sp.  UOö),  icie  ßr  flederwisch  federwisch  {sp.  1410). 

fledar  setzt  ein  goth.  fli|)r  voraus,  wie  fedara  fij)ra.  in  fi|)ra 
ausgefaünes  1  anzunehmen  hat  doch  groszes  bedenken,  federmaus 
musz  Verderbnis  oder  teusdiung  sein,  die  fledermaus  ist  ja  gerade 
ungefiedert,  federlos,  fledermaus  bedeutet  offenbar  flatternde, 
schwirrende  maus  und  kann  nur  aus  den  uns  noch  nicht  ganz 
enthüllten  formen  des  Wortes  flattern  erklärt  werden,  ül>er  welche 
sp.  1731  rermutungen  gewagt  sind,  zur  flatternden  maus  stimmt 
auch  das  dän.  flaggermuus,  isl.  flagurmüs,  von  flagre,  isl. 
flögra  flattern,  isl.  flaedurmös  mag  erst  nach  unsenn  wort  ge- 
bildet sein,  neben  engl,  flittermouse  begegnet  rearmouse,  rere- 
mouse,  ags.  hreaJemfts  und  bei  Wricht  77*  hreremüs,  die 
kauni  anklingen  an  jenes  ahd.  fredarmi,  fcorin  gar  nidit  mfts 
enthalten  scheint,  völlig  ab  Hegt  <üe  heute  üblidute  englische  b& 
nennung  'bat'. 

1)  mhd.  ein  vederlöriu  vl^dennös.    MS.  2, 144*; 

diu  vicdramüs  diu  dunket  ein  vogel,  swenne  so  si  fliuget. 

2, -234'; 
uns  seit  diu  schrifl,  da;  unser  sin  nach  gotes  LTinst  sich  rihte, 
sam  gegen  des  liebten  sunnen  scbiu  der  vledermiuse  gesihte. 

SISH.  3,  414. 
nhd.  und  dis  soll  ir  schewen  unter  den  vögeln,  das  irs  nicht 
esset  . . .  den  huhu,  die  fleddermaus,  die  rordommel  u.  s.  w. 
3  Mos.  11, 18.  5  Mos.  14, 16 ;  zu  der  zeit  wird  jederraan  weg- 
werfen seine  silbern  und  gülden  götzen  in  die  löcher  der 
meulwlirfe  und  der  fleddermeuse.  Es.  2, 20 ;  kömpt  daher 
eine  fleddermaus  aus  eines  officials  winkel,  on  zeugen  und 
on  gottes  befehl.  Luther  5.  234' ;  wenn  wir  ewer  fledermaus 
oder  nachteule,  nemlich  ewer  Widerrede  nicht  betten  begert 
noch  haben  wollen.  5,277';  die  nacket  fledermaus  flüget  des 
abents.  Steinhüwel  Esop  1555,  50 ;  wenn  man  ein  rauch  macht 
mit  epheu,  so  fliegen  alle  fledermeus  von  dannen.  Herr  feld- 
bau  lio';  nun  ich  wünsche  noch  einmal,  gott  bringe  die 
lichtscheuende  fledermaus  zum  erkenntnis.  Weise  erzn.  forr.  ; 

halb  vogel  und  halb  maus 

flog  sie  und  biesz  die  fledermaus.    Gliim  fabeln  2,21. 

2)  mit  der  fledermaus  wurde  mancherlei  zauber  geübt,  i.  b 
wer  sie  bei  sich  trug,  konnte  des  gegners  waffen  unkräftig  machen 

er  ist  bin,  hat  uns  bie  gelassen, 
er  het  im  busn  ein  fledermaus, 

darmit  schlug  uns  den  armbrust  aus.    H.  Sachs  T,  341'. 
tgl.  fledennaushaar. 

3)  unter  fledermaus  verstand  und  verstdit  man  den  sdimeUer- 
ling  (flätlerling)  der  abends  in  das  licht  fliegt: 

er  tuet  mir  als  der  vledramüs  daj  lieht.  MS.  1,9*, 
tro  die  andre  lesarl  gibt:  dijr  vi  werstein  (oben  sp.  1441).  im  voe. 
ex  quo  heiszt  es  papilio  ein  zwcifalter  vel  fleddermusche. 
Albercs  hat  zu  fleddermaus  auszer  vespertilio  auch:  papilio, 
vermiculus  alatus,  hepiolus,  quo  nuUum  animal  imbecillius 
est,  fleddermaus  odder  zweifalter,  fleugt  ins  liecht.  noch  heute 
sagen  Pfdlzer  und  Odenwdider  ßr  sdimetterling  fledermaus,  für 
tespertHio  speckmaus,  weil  sie  an  den  speck  in  den  Schornsteinen 
gehn  soll. 

4)  fledermaus  dimals  ßr  grOsdiel,  vom  adler  darauf,  der  ver- 
zerrt atissi^t: 

und  wenns  im  dritten  himmel  wir, 

so  acht  ichs  keine  fledermaus.    Bcrsik  71*. 

5)  fledermaus,  dadifenster.  Helft  119*. 

6)  fledermaus,  Steckbrief,  gerichtliehe  Vorladung.  Schk.  1,  5S5. 
FLEDERMÄUSCHEN,  n. 

war  ich  nur  das  fledermäuschen, 
das  um  ihre  mutze  schwirrt! 

HöLTT  petrarch.  bettterode  str.  2. 
FLEDERMAUSFLÜGEL,  f».   die  flatlerhaut   der  fledermaus 
und  ähnlicher  thiere. 

FLEDERMAUSHAAR,  ». 

froschzebn  thun  wir  auch  daran, 
fledermaushaar,  hundeszahn.    Schillkr  572V 

FLEDERMAUSHERZ,  n.  wenn  ibr  liebbaber  von  irdischen 
gerichten  seid,  will  ich  hier  etwas  auftischen,  das  eure 
gauinen  reizen  soll,  von  wolfsleber,  fledermaushcrzen  u.  s.  w. 
Friedr.  Miller  2.153. 

FLEDERMAUSHIMMEL,  m.  denn  solk  männeken  muten 
stigen,  wo  nit  op  de  pregstui  {die  kanzel),  doch  de  orgel, 
die  ist  wol  etwas  höher  und  dem  fledermaushimroel  naher. 
Garg.  140". 

FLEOERMAUSLAÜS,  f.  aearus  vespertilionis. 

FLEDERMAUSMASKE,  f  lustigkeit  ist  die  beste  fleder- 
mausmaske  des  nehmens,  sogar  des  geizes.  J.  P.  komet  1,  2, 

110 


1747 


FLEDERMAUSSINN  —  FLEGEL 


FLEGEL  — FLEGELHüT 


1748 


FLEDERMAUSSINN,  m.  man  hat  den  fledermSuseti,  weil 
sie  aucli  wenn  ihnen  die  aiigcn  ausgestochen  sind,  mit  der- 
selben Sicherheit  ohne  anzustoszcn  fliegen,  den  sogenannten 
fledermanssinn  zugesprochen.  Ssell  in  der  Minerva  1847  s.  401. 
neuere  beobaclätingen  stellen  die  fledermaus  aU  ein  kluges,  gut- 
mütiges thier  dar. 

FLEDERMAUSWINKEL,  m. 

zudem,  wer  weist  wo  er  umb  zeucht, 

vor  uns  in  fledermeus  winkel  kreucht.    Atrbk  436*. 

FLEDERN,  volitare,  mhd.  vlederen  (wb.  3, 338').  «.  flattern, 
flittern. 

FLEDERN.  mit  dem  fiederwisch  abkehren,  s.  abfledem. 
FLEDERRATTE,  RATZE,  f.  äne  arl  groszer  ßedermduse. 
FLEDERWISCH,  m.    scopulae  plumeae,   gansßügel  zum  ab- 
kehren, federbesen,  zuweilen  fedarwisch  {sp.  1410)  geschrieben,  nnl. 
vederwisch,  auch  spöttisch  für  prtigel,  säbel,  degen:  wir  haben 
unseren    flederwisch  gefunden,   der  kan  uns  abkehren,   seh, 
seh,  gesell,    bist  auch  noch  stäubig?   Garg.  135";    man  wird 
euch  die  eichene  flederwisch  allzeit  warm  überlegen,  wo  än- 
derst das  fewer  nicht  abgehet.   Fiscrart  groszm.  16,   bei  Ra- 
belais: il  y  aura  de  bien  chauffez,  si  le  fournier  ne  s'endort 
{zur  waruung  gesagt  den  Protestanten,  welchen  der  holzstosz  drohe)  / 
ich  woh  all  tae  eins  iren  leib 
mit  guoten  eichen  fiederwischen 
so  rein  erpleucn.    fnsln.  "5,9; 
fehlt  er,  so  wöll  wir  sein  nicht  fehlen, 
in  mit  dem  eisern  flederwisch  strahlen.    Atmr  274'; 

ein  hochmüthigcs,  damals  noch  unverheirathetes  frauenziramer 
nennete  die  jungen  mannspersonen  so  noch  ledig,  vesper 
oder  abendknechte,  der  alsobald  ein  geschwinder  und  hur- 
tiger geist  mit  erzehlung  einer  artigen  geschieht  von  ver- 
Icbcten  Jungfrauen  begegnet,  welche  nachdem  sie  viel  ge- 
wehlet  und  gewartet,  zuletzt  in  einsamkeit  verbleiben  und 
flederwische  verkaufen  müsten.  Gryphius  1,953  (o.  1062); 

nimm  was  du  wüst,   ich  will  allein  die  zeit  vertreiben, 
'so  wilst  du  für  und  für  ein  vesperknecht  verbleiben!' 
wer  einsam  ist,  vertreibt  die  zeit  in  höchster  ruh. 
'wer  so  verschimmelt,  bringt  die  zeit  gar  übel  zu', 
verschimmel  ich,  so  putzt  mich  ab  mit  fleder«-ischen  I    2,68; 

andere  erzdiäen  von  einer  spröden  Jungfrau,  die  jedem  ihrer  freier 
mü  dem  flederwisch  nachzukehren  pflegte  und  endlich  so  arm 
wurde,  dasz  sie  flederwische  auf  dem  markt  feil  halte; 

komm  ich  in  den  alten  häufen 

und  musz  flederwisch  verkaufen; 

bring  dirs,  in  gesundheit  aller  flederwisch!  fr.  Simpl.  1,47; 
Jerg,  es  gilt  dir  auf  aller  ehrlichen  flederwischen  gesundheit- 
1,57;  hier  ist  Eberhard  mit  dem  flederwisch  drüber  her  ge- 
fahren und  hat  nicht  so  aufrichtig  als  sonst  geschrieben. 
Felscnburg  3,331;  flederwische,  literae  inanes,  schlechte  gemeine 
briefe,  bonus  dies  briefe.  Stieler  238 ;  worauf  denn  Beau  des 
abends  gewöhnlichermaszen  zu  tische  gienge  und  sich  nicht 
das  geringste  merken  liesze,  als  habe  er  an  diesem  tage 
seinem  tischpatron  flederwische  zu  kaufen  gegeben  (Hin  an- 
geführt). Salinde  3l~ ;  und  hebt  eine  kanne  hier  wie  eine  mutze 
weg,  als  wenns  ein  flederwisch  were.  Scnocn  slud.  leben  D3; 

drum  must  du  bei  verlegnen  waaren 

den  flederwisch  verkaufen  stebn.    GGntbkr  944; 

der  künstler  DSdalus  fliegt  mit  zwo  flederwischen.    1097^ 

heraus  mit  eurem  flederwisch  I 

nur  zugestoszen!  ich  pariere.    Göthi  12,195; 

hervor  den  degen  in  der  band, 

raus,  feurig,  frisch 

den  flederwisch  !    57, 166. 

FLEDERWISCHJUNGFER ,  f.  ein  armes,  junges  mddchen, 
das  flederwische  feil  hat:  weisz  Sylvia  schon  wie  es  in  der 
weit  zugehe?  'ob  sie  es  wisse?  es  scheinet,  du  verstehest 
nicht,  dasz  man  nicht  mehr  nach  der  alten  weise  lebe  und 
dasz  die  kleinen  mügdlein  besser  wissen,  was  die  widder 
vor  hömer  tragen,  als  da  wir  jung  waren,  eine  zimliche 
flederwischjungfer'.  Cryphius  t,  877. 

FLEGEL,  m.  flagellum  granis  frumenti  excutiendis  factum,  sp. 
flagelo,  fr.  fl^an,  schon  ahd.  flegil  (Graff  3,  769),  mhd.  nnl.  viegel, 
nd.  fleger,  «»9/.  flait,  din.  pleicl,  aUo  ein  lehnworl,  der  ecJitere 
deutsche  ausdruck  war  wol  golh.  |iriskilA  =  ahd.  driscilA,  ags. 
Jx^rsrel  (n'e/teicW  |)grsrele),  noch  nhd.  drischel  (2,1421).  it. 
nicht  (lagello,  das  nur  gnsel  ist,  sondern  trebbia  >»  lat.  Iribula. 
lil.  opiagilas.  et  kimml  zur  beurtheilung  des  gerdlhes  darauf  an, 
ob  dat  grtrride  genchlagen,  getreten  odn  befahren  wird,  driscan 
tchnnl  sich  mit  drisciifli  fchurlle  zu  berühren,  stall  des  ein- 
fachrn  flegrl  hdufl  man  drescbflcgel  «nd  obndeiilsch  «trrf  gern 
gnchnebtyt  nr>gel,     ei«n-ne  flrgel  bezeichnet  eine  waffe.  KiRcnnor 


n\ü.  disc.  29;  flegel  mit  eisern  häupicn.  Frischlts  456.  in 
diesem  sinn  erscheint  es  weiblich:  der  fuhrniann  schlug  den 
wolf  mit  einer  eisern  flegel  zu  todt.  Hans  Ciawerl  1591  s.  118 ; 

denn  da  du  {Bacchus)  ihn  {Icarius)  verehrt,  als  du  zu  ihm  bist 

kommen, 

mit  einer  flaschen  wein,  hat  er  sie  erst  genommen, 

den   bnwren  mitgetheilt,  das  ihm  nicht  wol  bekam, 

weil  jeder  hitzig  ward,  und  seinen  flegel  nam, 

und  schmissen  auf  ihn  zu,  bis  dasz  er  hat  sein  leben, 

im  sande  jämmerlich  ermordet,  aufgegeben.    Opitz  1,390; 

der  dem  pflüge  vor  entlief, 

baureu  in  den  bcutel  grif, 

und  bei  fremdem  tische  schmauste, 

wird  nun  wieder  müssen  hin, 

wo  die  krae  dem  schweinc  lauste, 

ochsen  her  für  flegeln  ziehn.    Logau  2,240; 

so  wil  ich  dir  auf  die  haubcn  greifen, 

dich  lernen  an  dem  flcgcl  pfeifen.    Opel  und  Cqhr  431; 

es  galt  die  alte  regcl, 

Soldat  ins  feur  hinein, 

der  bauer  mit  dem  Hegel 

sieht  zu  und  läszt  es  sein.    Rdckert  161. 

2)  flegel,  schelte  für  bauer,  ruslicus,  agrestis: 
'schultheisz,  ich  heisze  der  Heini  flegel'.    H.  Sachs  III.  3, 15»; 
ein  grober  flögel 

schlagt  oft  sechs  kögel, 

da  sonst  ein  ehrlich  biderman 

nicht  wol  äin  kögel  trefl'en  kart.    PHiLAfinBR  1,144; 

ein  grober  flegel.  pers.  roscn/ft.  4,5;  der  gemeine  flegel  meint 
man  pflüge  mit  blinden  pferden  sowol  krumme  furchen  als 
gerade.  Lehmann  140 ;  der  ist  ein  flegel,  büffel,  bachant,  der 
arm  ist.  53;  sagt  nicht  mancher  'bei  flÖgel!  lerne  zum  ersten 
mores,  alsdann  rede  mit  deinem  vntfer,  du  hundskrol !  wil 
dann  das  el  gescheider  sein  als  die  henne?'  knEiE  geridilsh. 
1,  245 ;  du  groszer  flegel,  kanst  du  nicht  den  einen  (frosch) 
hin,  den  andern  her  schmeiszcn?  so  bist  du  der  marter  los. 
Weise  comörf.  pr.  41 ;  Ich  meinte  ein  solcher  flegel  sollte  sich 
besser  unter  das  commando  schicken.  103 ;  so  ein  flegel  ge- 
hört ins  hundeloch,  da  kann  er  liegen,  so  lange  er  will. 
178 ;  ein  garstiger  flegel  und  ein  narr,  iucund.  198 ;  hierauf 
brachten  wir  die  flegel  nach  haus.  202;  dazu  halte  der  flegel, 
dem  ich  doch  ins  maul  zu  greifen  die  ehre  gelhan,  mir  die 
zwei  vordersten  gelenke  zweier  finger  linker  band  abgebissen. 
Felsenb.  1,59;  ihr  flegel,  versteht  ihr  denn  keinen  spasz? 
Lessing  1,324;  weg,  flegel!  Fr.  Müller  3,  78 ;  der  flegel  hStle 
auch  an  seiner  wunde  sterben  können.  3,  217 ;  hust  ihm  in 
seine  chocolade.  er  flegel,  er  esel !  2, 45 ;  warum  kam  der 
flegel  nicht  mit?  Lenz  1,124;  und  kaum  hat  er  (Klinger)  in 
die  hohe  schule  geguckt  so  heiszt  er  schon  alle  vernünflige 
gelehrte  'kerls  und  flegels'.  H.  L.  Wagner  die  frohe  frau  10 ; 

einem  armen  kleinen  kegel, 

der  sich  nicht  besonders  regt, 

hat  ein  ungeheurer  flepol 

heule  grob  sich  aufgelegt.    Götiik  l.l.w; 

da  kommt  ein  flegel  ihm  auf  den  leih, 

friszt  seine  fipfel,  boschläft  sein  wcib.    13,  4; 

ihr  seid  ein  flegell  ihr  Ihut  mir  weh.    13,79; 
kannst   nicht  verdauen,   dasz  ein  halbgolt  sich  betrinkt  und 
ein  flegel  ist,  seiner  gottheit  unbeschadet.  33,289; 
ob  ein  kaiser  unter  segel 
oder  ein  fremeiner  flegel, 
ist  dem  winde  einerlei.    Arni>  schaub.  2,38. 

3)  obsc.  pcnis: 

und  kan  ich  nit  trcschen  mit  dem  flegel, 

so  sol  man  mich  besehenden  vor  allen  frauen.    fanin.  Si',  10; 

mein  flegel  sol  nit  in  deiner  scheurn  treschon.    701,30. 
FLEGELCHEN,  n. 
FLEGELEI,  f.  rusticitas:  arl  ige  flegelci.  Harnisch  294; 

sis  h  flegelei,  üch  »n  jedem  Medermann  zreibfi, 
der  üch  nit  thäl  naeh  üenn  gu.-.lus  schreib,"!. 

HnTTiMGKR  menschen,  Ihicre  und  GAf/ie; 
die  flegelei !  das  flnd  ich  unerlnuhi.    GöTUi  4t,  8«. 
FLEGELER.  m.  geisrlbruder,  flagellant. 
FLEGELHAFT,  inurbanus. 

FLEGELIIENKE,  f.  ein  schmaus,  wenn  die  emIeJrrscher  die 
flegel  an  den  nagel  henken,  bei  Stalder  1, 162  uitter  pflegcl- 
hilnki,  vgl.  sirbelhenkc. 

FLEGKLHKHR,  m.  ßr  drescher:  sie  schreibis  ihnen  ja, 
dasz  sie  an  der  scbeune  dreschen  zusieht  imd  sich  mit  den 
«chinulzigen  kindern  der  flegelherrcn  ein) '</i  Wi  is,i  k,n,hrfr. 
1, 100. 

FLEGELHOLZ,  n.  carpinus  hetulus. 

FLEGELHÜT ,  m.  ein  dapinsmös,  ein  rtegelhut,  Fran« 
tprirhw.  2,  47*. 


1749 


FLEGELICHT  — FLEHEN 


FLEGELICHT,  ineptus,  insulstis. 

FLEGELISCH,  rustice:  oft  siebet  ein  rath,  dasz  es  unge- 
schickt, kriimb  und  flegeiisch  hergehet.  Lebmank  1,  634. 

FLEGELJAHRE,  pl.  anni  juienantes,  aetas  ferocior. 

FLEGELJAHRZEHEND,  n.  gerade  dem  flegeljahraehend  der 
schneidenden  wiilkür  und  der  Umwälzungen  stellt  sich  gegen- 
über das  jähr  das  zu  seinem  reize  der  neuheit  Wiederher- 
stellung des  alten  sich  erwählt.  J.  P.  herbstbl.  3,  25. 

FLEGELKAPPE,  f.  corium  li-ibuli,  lederne  kappe  zur  festigimg 
des  flegelklOppels  an  die  handhabe,  bildlich,  reiben  ihnen  {stehlen- 
den kriegsleuten)  die  bawern  die  köpf  mit  flögelskappen  vor 
die  flüsz.  KiBCHHOF  mil.  disc.  120 ; 

Veit  trägt  eine  flegelkap  über  eioer  knebelbaut, 
Höflich  hat  ihm  abgesagt,  dieses  macht  dasz  er  nicht  traut. 

LoGAO  3,9,24. 

FLEGELN,  mhd.  trüurare,  nhd.  rustice  nüi,  incitmbere,  caedere: 
wurden  zwen  an  einander  flegeln.    H.  Sachs  1,506'; 
das  er  des  nachts  in  dannen  flegel.    1,512'; 
den  wöl  wir  flegeln  von  dem  tanz.    IIL  3,17; 
so  wir  nicht  wern  und  flegeln  Ire  rücken. 

ScuADK  iul.  und  pasq.  1,3; 
besonders  wenn  das  lumpenpack 
an  Feiertagen  kegelt, 
da  stinkt  es  von  Swizenttoback, 
da  wird  was  rechts  geflegelt.    Voss  4,44. 

sich  flegeln,  sich  bäurisch  benehmen. 

FLEGELSKOPF,  m.  grobianus  von  Heixbacb  1592,32'. 

FLEGELSL.Ä.NGE,  f.  wollt  ihr  eure  flegelslänge  noch  ein- 
mal messen,  if  you  will  measure  your  lubbers  length  again. 
king  Lear  1.  4. 

FLEGELTAGE,  wenn  der  mensch  über  die  tölpeljahre  hin- 
über ist,  so  hat  er  noch  jährlich  einige  tölpelwochen  und 
flegeltage  zurückzulegen.  J.  P.  Siebaik.  2,  5. 

FLEGLER,  5.  flegeler. 

FLEHBRIEF,  m.  supplicatio.  Stieler  240. 

FLEHE,  f.  prex  pl.  preces,   supplicatio,    deprecalio,  blandiiiae, 
90<A..  |)laiha,  aJid.  fleha,  mhd.  vlehe,  vlege  [wb.  3,339): 
mancher  fragt  nach  sachen  mit  De  {flehentlich), 
erfert  er  es,  so  tut  es  im  we.    fastn.  162,23- 
des  pit  ich  euch  mit  groszer  fle.    315,2.  141,22; 

gib  deinen  kindern,  das  du  auch  behaltest,  das  du  in  nit  zu 
flehe  durfest  komen.  Gefkex  zehn  geböte  s.  71 ;  das  ire  heim- 
liche Verlöbnis  nichts  ist,  es  sei  denn,  das  sie  es  von  iren 
eitern  mit  demütiger  flehe  und  bitte  hernachraals  erlangen. 
LtTUER  2,42';  eim  unwirdigen  zu  flehe  kommen  ist  schand. 
Fra.nk  sprichw.  1,  69' ;  in  die  flehe  fallen ,  supplices  mantts 
tendere.  Stieler  502.  dies  gute  icort  hat  man  auszer  gebrauch 
geralhen  lassen  und  setzt  dafür  den  unbequemeren  inf.  substantivisch. 

FLEHEN,  precari,  supplicare,  blandiri,  golh.,  titif  \)l  für  fl, 
])laihan,  {iai{)laih  (nicht  {)laihaida,  wäl  der  imp.  l  Tim.  5, 1. 
6,  2.  2  Tim.  4,  2  ga|)laih  und  nicht  ga{)laihai,  tertia  sg.  1  Tim. 
5,  8  gajilaihij),  nicht  gaj)laihaij)  lautet),  pari.  j)laihans.  zweifeln 
könnte  man,  ob  ai  in  jilaihan  diphthongisch  (ai)  oder  gebrochen 
(ai)?  die  ahd.  /bm»  scheint  zuHsclien  5  und  h  zu  schwanken, 
mhd.  überwiegt  i,  das  jedoch  gleich  dem  ä  in  bähen,  fähen 
unorganische  produäiun  sein  mag.  für  die  kürze  streitet  das  lat. 
6  ton  precari,  dessen  pr  sichtbar  unserm  fl  entspricht  und  dem 
lit.  praszyti,  tl.  prositi  gleichsteht,  ob  man  d'elysiv,  mulcere 
zu  ^laihan  halten  darf?  d'rio  gibt  lat.  fera,  goth.  dius,  nii7A»n 
andern  anlaut  als  prex  und  fleha.  wol  aber  klingt  an  {)laiban 
in  der  bedeutung  von  trösten,  kosen  ahd.  fluobaran,  ags.  fiufrian, 
frfifrian.  die  reduplication  {)ai|)laih  würde  nun  ein  ahd.  fliah, 
fliah,  mhd.  vliech  nach  sich  ziehen,  welche  nirgends  erscheinen, 
neben  dem  seltneren  inf.  flghan  gilt  ein  schwaches  flehün,  flehöta, 
mhd.  vl^hen,  vlehete  oder  vlegen,  vligete,  nhd.  flehen,  flehte 
und  selbst  unsere  volksmundarten,  die  geneigt  änd  unorganische 
prad.  auf  ie  (kief,  pries  für  kaufte,  preiste)  zu  bilden,  geben 
dem  flehen  niemals  fliech. 

|)laihan  ist  malinen,  kosen,  trösten,  TtaQaxaXeiv,  flehen  tsi 
demütig,  schmeichelnd  mahnen,  darum  inniger  als  bitten,  den 
schwächsten  grad  bezeichnet  ersuchen  (requdrir),  den  zweiten  bitten 
iprier),  den  drillen  flehen  (supplier).  wenn  flehen  den  dat.  der 
person  bei  sich  hat,  sieht  es  intransitiv,  wenn  deii  acc.  aber  transitiv. 

1)  das  goth.  ga))laihan  regiert  den  dativ  {gramm.  4,685),  ebenso 
das  mhd.  flfhen  in  folgenden  stellen: 

das  ^ir  ^^  vl£hen  immer  bän 
unsem  goten.    Parz.  21,6; 

eme  weit  oucb  in  nilit  vlöhen, 

d<!U  alten  noch  d6a  kinden.     Wh.  126,30; 


FLEHEN 

(min  b«ne)  daz  flÄd  dir  bit  flije, 

daj  du  mir  willes  genäden.    HAtipt  2,196, 


1750 


he  sal  deme  heiligin  geiste  vl6n.    Wmsh.  t.  N.  87,17; 

man  muo;  im  flehen  undin  biten.    Fuioakk  2,20; 

so  man  den  herren  Sähen  muo;, 

da;  man  veliet  an  ir  fuo;.    29, 16; 

swer  den  tören  flehen  muoj, 

dem  wirt  selten  sorgen  buoj.    83,3; 

es  ist  waptlich  äne  not,  ' 

das  ich  dir  geflebe  so  vil.    Flore  2345. 

nhd.  und  bekeren  sich  und  flehen  dir  im  lande  ires  gefengnis. 
1  kvn.  8,  47 ;  und  Esther  redet  weiter  für  dem  könig  und  fiel 
im  zun  füszen  und  flehet  im  (doch  1545  in).  Esth.  8,3;  so 
du  aber  dich  bei  zeit  zu  gott  thust  und  dem  allmechtigea 
flehest.  Hiob  8,  5 ;  ich  rief  meinem  knecht  und  er  antwortet 
mir  nicht,  ich  muste  im  flehen  mit  eigenem  munde.  19,16; 
mein  weih  stellet  sich  frembd  wenn  ich  ir  rufe,  ich  musz 
flehen  den  kindern  meines  leib«.  19,17;  dem  herrn  wil  ich 
flehen,  ps.  30,9;  ich  flehe  dem  herrn  mit  meiner  stimme. 
142, 2 ;  in  fesseln  werden  sie  gehen  und  w  erden  für  dir 
niderfallen  und  dir  flehen.  Es.  45, 14 ;  wenn  man  eim  bawrm 
flehet,  so  wechst  im  der  bauch.  LirrHEB  4, 539'  (6r.  3, 75 
verderbt)  ; 

lasz  dir  flehen.    Scbeid  ^robiant»  K4; 

so  wil  ich  ihm  auch  flehen  weil  ich  bin.    Opitz  psalmeup.  220; 

was  ist  das  für  ein  feind,  der  seinem  feinde  fleht? 
FuaiMG  109 

und  du,  0  Stifter  dieser  noth, 

Cupido,  dem  ich  flehe, 

bist  du  des  bimmels  stärkster  gott, 

so  wehre  diesem  wehe.    541; 

nun  fleht  ihm  mit  gesenkten  waffenl    Günther  125; 

disz,  herr,  befiehlt  dein  zorn,  der  mir  das  herze  bricht, 

und  dem  sonst  niemand  als  die  Unschuld  widerspricht, 

die  dir  so  ängstlich  fleht.     1U21 ; 

0  wie  werden  wir  da  den  bügeln  flehen  'bedeckt  uns'! 

Messias  4, 4!43 ; 

und  ihn  sandte  vielleicht  des  bedrängten  mutter,  und  fleht  ihm, 

hingesunken  in  thränen  vor  ihm,  dasz  er  gieng  und  vom  tode, 

ach  vom  tode  befreite  der  söhne  besten  und  liebsten.    6,356; 
ich  will  dir  fluchen,  und  kann  nicht! 

fluchen,  dasz  ich  um  hülfe  dir  flehte.    10,143; 

wenn  ich,  mit  heiszer  stirn  voll  andacbt, 

dir  um  die  ewige  ruhe  flehte.    Klopstock  1,60; 

dies  fleh  der  mutter!    2,237; 

hör  unser  tbränenvoll  gebet, 

das  dir  um  ewigs  leben  fleht.    7,87; 

beweg  ihn.  fleh  ihm,  dasz  er  frage.    9,133; 
war  dieses  nicht, 

so  bätt  ich  früher  dir  für  Salomo  gefleht.    10,85; 

soll  ich  hingehen  und  seine  band  umfassen  ?  und  sie  fest- 
halten? und  ihn  kindlich  ansehen?  und  ihm  flehn,  dasz  er 
nicht  traurig  sei?  8,13;  von  noch  mehr  Völkern  verfassen 
flehte  er  dem  Caesar  vergebens  um  beistand.  12,  230 ;  dafür 
flehten  er  und  sein  volk  ^uch  dem  feldherrn  der  Römer  ver- 
gebens um  unbewohnte  felder  in  ihrem  vateriande.  12,234; 
w  ie  er  ihr  so  nahe  war,  dasz  sie  nicht  mehr  entfliehen  konnte, 
so  fleht  sie,  sagt  die  fabel,  dem  Üuszgotte,  dasz  er  sie  ver- 
wandeln soll.  Wielaso  1,  206 ; 

als  ich  um  meinen  hals 
zum  letzten  male  dir  mit  heiszen  thränen  flehte, 
wars  menschlichkeit,  was  mich  dazu  betrog.    10,350; 
die  winselnd  dem  langsamen  tode  flehen.    16,52; 

wir  flehten  ihm,  umsonst! 

taub  blieb  er  unserm  flehn.    27,7; 

allmächtiger,  der  seinen  thron 

in  himmeln  hoch  erhöhet, 

0  höre  mich,  der  erde  sehn, 

der  dir  im  staube  flehet!    ZachauI  allgemeines  gebet; 

so  fleht  er  allen  Acbaiern, 
Atreus  söhnen  am  meisten,  den  beiden  völkergebieteru. 

B6b6B>  li>5'; 

und  flehete  allen  Achalem 
aber  zumeist  den  Atreideu,  den  xween  beerfürsten  der  rölker. 

Voss  11.  1,  15; 
dir  fleh  ich,  deine  macht  zum  heil 
des  besten  mannes  zu  beweisen.    Gorm  1,221, 
flehet  den  blitzen,  ihn  zu  zerschmettern, 
flehet  dem  abgrund,  ihn  zu  verschlingen.    2,498; 

ihm  flehen  und  auf  ihn  schauen.  Claudius  4,  45.  die  heutige 
spräche  ist  diesem  dat.  abgeneigt  geworden  und  setzt  lieber  die  prac- 
position  zu: 

«0  flehe  zu  den  unsichtbaren, 

dasz  sie  zum  glück  den  sobmerz  verleibn.    Schiller  57*; 

110» 


1751 


FLEHEN 


FLEIIENSWORT  —  FLEISCH 


1752 


bin  XU  knien  an  heiiger  statte, 
XU  der  göttlichen  zu  <1ehn.    498'; 

und  flehte  lu  allen  Achiern 
und  zu  den  beiden  Atriden  zumeist,  den  völliergebietern. 
USCUUKK  tl.  1,  lö, 

früher  auch  vor:  Mose  aber  flehet  für  dem  hcrrn  seinem  goU. 
2  Mos.  32, 11. 

2)  oft  sieht  flehen  ohne  casus, 

ifi/id.  wie  lange  sul  wir  flögen.    Nib.  2202, 1 ; 
man  hört  in  s&re  vlähen.    Parz.  414,12. 
wer  denn  bittet  und  flehet,  ikön.  8,38; 

er  geufit,  er  fleht,  er  schwört,  er  küst.    Gellsrt  1,49; 
sie  fleht,  sie  weint,  sie  schreit.    1,59; 
er  klagt  und  fleht  rerzweiriungsToll.    1,239; 
XU  bitten  dacht  ich,  flehend  siehst  du  nun 
die  dringende.  Götur  9,340; 

aber  ihn  hielt  der  söhn  und  sagte  die  flehenden  worte. 

40, 322. 

3)  iransitives  flehen  mü  dem  acc. 

mild,  flegel  dih  diu  irdiske  dlet.  Mones  am.  1839,  59 ;  von 
diu  schult  ir  mit  vil  dietuuotlihcr  stimme  hiute  got  vl^gin. 
Kelle  spec.  eccl.  70; 

und  vlfiget  got  vil  söre.    Iw.  3315; 

und  wil  alle  birse  hgrren  dester  minre  flöhen.    Walth.  28,33; 

und  flöhe  in  [d.  imc)  umbe  dine  not.    Parz.  119,23; 

doch  muose  man  in  (illum)  vlöhen.    421,25; 

unx  das  i"  Gunthör  söre  vlögen  began.    Nib.  499,8; 

dön  künc  ich  vlögen  began.    kl.  5S2. 
nhd.  ein  adelicher  jünglinp,   frölich  vom  geblüt,    hinter  dem 
man  den  tod  (um  schunung)  hätte  flehen  sollen,  der  legt  sich 
und  wird  krank.  Otbo  879; 

geh  hin,  das  bitt  ich,  Joab,  fleh  ich  dich.    Klopstock  10,39; 

0  dann  gräbt  sich  meinem  buscn 
jeder  kleine  iriller  ein, 

0  dann  fleh  ich  alle  rausen, 

bald  von  dir  geliebt  zu  sein.    alm.  d.  d.  miiscn  1776  s.  257; 

du  flehst  ein  taubes  ohr,  erniedrige  dich  nicht! 

ich  kenne  diesen  mann,  er  weisz  von  keiner  pflicht. 

Weiszb  trauersp.  1,147; 

vergebens  flehten  sie  den  wQtrich,  den  barbaren.    1,215; 

alle  götter  in  der  höh 

fleht  sie  lindernd  öl  zu  gieszen 

in  die  sturmbewegte  see.    Schiller  60*. 

was  erbeten  wird,  konnte  sonst  gleichfalls  im  acc.  slehtt: 
alles  was  schmücket,  was  zieret,   was  mahlet, 
kumme  mit  eile  genade  zu  flehen.    Locau  3,  212; 

so  in  der  angeführten  skllc  Klopstocks  10, 39.  Iieute  wird  die 
praep.  um  gesetzt: 

sie  flehten  in  gemeiner  noth 

ihn  insgesammt  um  ihrer  männcr  leben.    Gellert  1,139; 
da  liegen  sie  vor  ihm,  zu  des  tyrannen  füszen, 
flehn  um  erbarmung,  flehn  ihn  unter  thrünengüssen. 
Weisz E  iruucrsp.  1,221; 
dreimal  kam  er  wieder 
all  bittender,  um  liebe  dich  zu  Uehn.    Schiller  245'; 

ohne  acc.  der  person: 

von  rern  her  kommen  wir  gezogen 
und  flehen  um  ein  wirtlich  dach.    57*. 

einen  um  hilTe,  Schonung,  raclie  flehen,  ungewöhnlich,  ich 
flehte  von  ihm  einige  fruchte.  Aue.  Lafontaine  der  nalur- 
vtensch  1801  s.  35C  stall  erflehte,  oder  flehte  ihn  an  um  einige 
fruchte,     s.  anflehen,  erflehen. 

FLEHE.N,  n.  supplices  preces,  heiszes,  inständiges  flehen ; 

umsonst,  spricht  Venus,  ist  dein  flehen.    Gellert  1,.50; 

der  diamanten  flehen, 

des  golds  beredsamkeit  wird  sie  nicht  widerstehen.    1,113; 

bSren  sie  auf,  meinem  flehen  länger  zu  widerstehen.  Brawe 
frtigöd  153; 

helft  mir  dingen,  helft  mir  weinen 
und  veredelt  jedes  flehn.    Kl.  Schiiot  an  Minna  62; 
sein  flehen  dringt  zu  keinem  rctter.    Sciiillkr  68*. 
FLEHEN,   schlechte  Schreibung  für  flohen,  mhd.  vloehcn  {wb. 
$,  34ß'),   flüchten,    in  tutum  deferre,   Schweiz,  flachen,  flOcheln. 
Stalder  1,384:    der   bat   sein  bab  und  gut  in  die  Stadt  gc- 
flehet.  WicKRAM  roUw.  iit; 

weil  er  sich  dann  auoh  wolt  zur  LogNlillcn  flehen, 
so  würde  er  nichts  da  als  heilge  «litcn  sehen. 

Wkrders  Ar.  10,45, 
e  po),  che  r  Lo^itiilli  si  traooso, 
do»e  vedcr  pornu  coslumi  sanii; 

nachdem  nun  neulich  die  scbladit  von  Nordlingcn  verloren 
und  ich,  wie  du  weist,  rein  ausgeplündert  und  zugleich  (Ibcl 
beschädiget   «oi.l.u,    h;ib  ich  mich  hicher  iu  bi(  hcrbcit  go- 


flehet  (al.  geflehnet).  Simpl.  K.  135,  8 ;  deswegen  dann  jeder- 
man   sich   selbst   sampt    seinem    vich  und  besten  sachen  in 
die  hohe  wSldcr  flchete  (al.  flehnete).  785,  9.    i.  flöhen,  flöhnen. 
FLEHENSWORT,  n.  snpplex  rcrbum,  flehendes  wort: 
wenn  ihr  mich  anschaut  mit  dem  eisesblick, 
sclilieszt  sich  das  herz  mir  schaudernd  zu,  der  ström 
der  thniiien  stockt,  und  kaltes  grausen  fesselt 
die  flelieusworte  mir  im  busen  an.    Schiller  427'. 

FLEHENSWUNSCH,  n. 

hinauf  zu  dir  in  heiszem  flehenswunsch, 

in  (leine  himmel  send  ich  meine  seele.    Schiller  485*. 

FLEHENTLICH,  snpplex:  flehentliche  reden,  geberden;  mit 
flehentlichen  werten,  jammerworlen.  }X)l.  slockf.  261.  362. 

FLEHENTLICH,  enixe:  über  diese  ankündigung  betrübt 
sich  die  königin,  wie  billig,  sehr  und  bittet  die  fee  flehent- 
lich, mitleiden  mit  ihr  zu  haben.  Wielasd  11,35. 

FLEHRiUF^F,  ni.  lilerae  supjilices. 

FLEHGEBET,  n.  preces  supplices: 

den  gesang  des  chors 
beim  abendopfer  ihres  flehgcbets.    Stolberg  4,76. 

FLEHLICH,  supplex,  mhd.  viehelich  {wb.  3,  339') :  das  na 
binden  dran  (hosianna)  lautet  flehiich,  gleichwie  wir  mit  ah 
oder  doch  anzeigen  unser  flehiich  herz.  Luthers,  63*;  wenn  ir 
in  flehiich  bittet.  6ucA  d.  iiefce  219,  3 ;  wir  bitten  dich  flehiich, 
du  wollest  dise  wächsene  formen  gesegnen.  Line  von  Colditz 
bapsts  gepreng  J3; 

darnach  sich  wieder  stracks  aufriebt 
flehiich  hinauf  gen  himmel  sieht. 

Waldis  päbsll.  reich  1,11; 
dise   menschen    ruften    mit   flolichem  gschiei  nach  frid  und 
barniherzigkeit.  Franr  cfiron.  476';   solchem  nach  ist  syndici 
undeilhiinigs  hochfleiszigs  und  flelichs  bitten.  Ayrer proc.  2, 2. 
FLEHMÜTHIG,  supplex: 

bitten  demüthig, 
flehmüthig,  wehmüthig, 
laszt  uns  im  haufeu 
nun  auch  mit  laufen.         , 

RÖCKERT,  Chamuso  musenalm.  1833  «.  27. 

FLEHNEN,  flüchten,  in  sicherIwU  bringen:  beraubeten  auch 
die  kirchen,  da  die  von  Schwerin  das  ihrige  hin  geflehnet 
hätten.  Micrälios  3,  431;  Simpi.  Ä.  135,  8.  785,  9  steht  geflehnet 
neben  der  lesart  geflehet;  deswegen  dann  jedermann  sich  selbst 
sampt  seinem  vieh  und  besten  sachen  in  die  hohe  wälder 
flehnete.  785,  9 ;  sie  bemächtigten  sich  des  Schlosses  und  er- 
beuteten ein  groszes  darein  geflehntes  gut.  LucÄ  schles.  dcnkw. 
1238  und  häufig,  noch  heule  scliwäb.  flehnen,  flechnen,  flcinen. 
ScHMiD  195.    Schweiz,  flöchnen.  Stalder  1, 384.     s.  flöhnen. 

FLEHUNG,  /.  rogaiio,  lelania.  roc.  1482  h8'. 

FLEIEN,  s.  flaicn. 

FLEISCH,  n.  caro,  der  goth.  spräche  fremd,  ahd.  fleisc,  mhd. 
vleisch,  alls.  flfisc,  nd.  fleesch,  nni  vleesch,  fries.  fldsc,  ags. 
Debsc,  engl,  flesli,  alln.  nur  in  der  bedeutung  von  lardum  flesk, 
scliw.  fläsk,  da«,  flesk.  die  andern  Wörter  sind  CDS.  i009 — 1011 
behandelt  und  sl.  polt,  Iit.  pallis  zu  fleisch  gehalten,  den  ans- 
taut sc  möchte  man  von  der  Wurzel  sondern,  flaisk  für  fl;ihisk, 
wie  flusc  für  fluohisc,  maist  für  mahist  nehmen,  welcher  sinn 
nun  in  flah  liege,  vgl.  alln.  flu  excoriare,  wie  tt.  scarnare,  fr. 
ccharner  :i«  carnc,  chair  fällt;  doch  malmen  ask,  fisk  und 
solche  dunkle  Wörter  zur  vorsieht,     fl  könnte  auch  an  feil  klinijrn. 

1)  fleisch  ist  der  gcgensatz  zu  haut  umi  knoche:  er  hüiifc'I 
wie  die  knochcn  in  der  haut,  man  sieht  nur  haut  und  knochen 
an  ihm,  er  ist  ohtic  fleisch;  mein  gcbein  hanget  an  meiner 
haut  und  fleisch.  Hiob  19,  20  (richtiger  vulg.  pelli  meac  con- 
suiiiplis  carnihiis  adhaesit  es  tneum);  man  kann  ihm  alle 
rippen  zählen,  es  liegt  kein  fleisch  darüber,  trie  das  fleisch 
über  den  knuchen,  ist  haut  und  feil  über  das  fleisch  gezogen , 
man  sagt  es  sitzt  ihm  noch  zwischen  feil  und  fleisch,  ebensu 
durchziehen  ädern  und  blut  das  ganze  fleisch,  daher  die  oft 
gU-ichbedeutigen  formein  'fleisch  und  liein'  (in  dieser  anvendung 
nicht  knoche),  oder  -fleisch  und  blut'  für  den  gesammten  leib, 
meist  um  gleiche  abstammung  zu  bezeichnen; 

fleisch  undo  bein.  Part.  469,26; 
wulan,  du  bist  mein  bein  und  fleisch.  tAfot.  20,14;  gedenkt 
auch  dabei,  das  ich  ewr  gebein  und  fleisch  bin.  ricU.  i),  2 ; 
ir  seid  meine  brüdcr,  mein  bein  und  mein  fleisch.  1  S>am. 
19,12;  bistu  nicht  mein  bein  und  mein  fleisch?  19,13;  ftllet 
mich  und  sehet,  denn  ein  grist  hat  nicht  fleisch  und  lii-in, 
wie  ir  sehet,  das  ich  luihe.  Luc.  21.39;  denn  er  ist  un>er 
liruder,  unser  fleisch  und  blut.  1  Hos.  37,27;  denn  flri'irli 
niiil    l'i'i    Imi  <Im   H->u  njciit  offenbaret,    loudcro  mein  valer 


1753 


FLEISCH 


FLEISCH 


1754 


im  himel.  Matth.  16,17  (ahd.  fleisg  inti  bluot  ni  gioffanuta 
thir  thaj);  davon  sage  ich  aber,  Heben  brüder,  das  fleisch 
und  blut  nicht  können  das  reich  gottes  ererben.  1  Cor.  15,50; 
alsübald  für  ich  zu,  und  besprach  mich  nicht  darüber  mit 
fleisch  und  blut  (vtdg.  non  acquievi  carni  et  sanguini).  Gal. 
1, 16 ;  nachdem  nu  die  kinder  fleisch  und  blut  haben.  Ebr. 
2,14;  er  ist  auch  fleisch  und  blut  =  ein  mensch,  thul  und 
leidet  menschliches;  ein  mann  von  fleisch  und  blut,  ein  leib- 
haßer  mensch,  keine  blosze  erscheiniing;  das  ich  ansah,  das  sie 
mein  bluet  und  fleisch  wcren.  Katzmair  s.  18;  ich  bit  euch,  das 
ir  meinen  kindern  zu  unrecht  kein  args  zufügent,  denn  wie 
wol  ich  sie  hab  verschworen,  so  seind  sie  doch  aus  meinem 
fleisch  und  blut  herkommen.  Aimon  x  4' ;  der  verderbte  mensch 
wird  nicht  aus  gott,  sondern  aus  fleisch  und  blute  geboren. 
Jag.  Böhme  Aurora  s.  111; 

das  habt  ihr  nun  mit  fleisch  und  blut  erwogen, 

und  Ivommt  und  tragt  euch  wieder  an.    Lessing  2,297; 

in  solchen  fällen  gieng  Gawin  nicht  zu  rath  mit  fleisch  und 
blut.  VViELA.\D  18,  2S9 ;  fleisch  und  blut  hat  sein  spiel,  sooft 
ich  träume.  22,131;  wo  pflicht  und  ehre  ruft,  fragst  du  nicht 
fleisch  und  bluL  22,  "7;  damit  die  römischen  beiden  nicht 
wie  Miltons  engel,  sondern  als  wesen  von  unserm  fleisch 
und  blut  vor  uns  erscheinen.  Niebcbr  1,5; 

kann  sie  im  wasser  liebesglut      entzünden, 
wie  soll  man  ruh  mit  fleisch  und  blut     wol  finden? 
GöTBE  1,208; 

ein  braver  kerl  von  echtem  fleisch  und  blut.  12,105. 
2)  fleisch,  lab  des  menschen:  Ir  soll  aber  die  vorbaut  an 
ewrem  fleisch  beschneiten.  1  Mos.  17, 11 ;  und  sol  seine  kleider 
waschen  und  sein  fleisch  im  wasser  baden,  so  ist  er  rein. 
3  Mos.  14.9;  und  sol  den  heiligen  leinen  rock  anlegen  und 
leinen  niderwad  an  seinem  fleisch  haben.  16,4;  aber  recke 
dein  band  aus  und  taste  sein  gebein  und  fleisch  an,  was 
gilts,  er  wird  dich  ins  angesicht  segnen.  Hiob2,5;  und  werde 
darnach  mit  dieser  meiner  haut  umbgeben  werden  und  in 
meinem  fleisch  gott  sehen.  19,26;  zittern  kompt  mein  fleisch 
an.  21,6;  mein  fleisch  verlanget  nach  dir.  ps.  b3,  2;  meine 
knie  sind  schwach  von  fasten  und  mein  fleisch  ist  mager 
und  hat  kein  fett.  109,24;  alles  fleisch  ist  hew.  Es.  40.6; 
darumb  wird  ein  mensch  vater  und  mutier  lassen  und  an 
seinem  weibe  hangen  und  werden  die  zwei  ein  fleisch  sein 
{ahd.  sint  zuei  in  einemo  fleisge).  Matth.  19,  5 ;  und  werden 
sein  die  zwei  ein  fleisch,  so  sind  sie  nu  nicht  zwei,  sondern 
ein  fleisch  (gulh.  jah  sijaina  1)6  Iva  du  leika  samin,  svasvfi 
|ianasei|)s  ni  sind  tva,  ak  leik  ain).  Marc.  10,8;  und  das 
wort  ward  fleisch  und  wonet  unter  uns.  Joh.  1, 14;  da  wir 
im  fleisch  waren  {golh.  l)an  auk  vfsum  in  leika).  Rom.  7,5; 
so  lasset  uns  von  aller  befleckung  des  fleischs  und  des  geistes 
uns  reinigen  (golh.  hrainjam  unsis  af  allamma  bisauleinö  leikis 
jah  ahinins).  2  Cor.  7,1;  ist  mir  gegeben  ein  pfal  ins  fleisch 
{goth.  atgiban  ist  mis  hnutö  leika  meinamma).  12,  7 ;  denn 
alles  fleisch  ist  wie  gras,  l  Petr.  1,24;  mit  ihren  eigen  müt- 
tern  «erden  sie  aus  einem  alten  herkummen  ein  fleisch  und 
beschlafen  si.  Feank  ifeZ/fc.  189' ;  wo  nit  gar  hader,  zank  und 
schleg  hernach  [unter  den  ehUuten)  folgen  und  aus  Einern 
fleisch,  wie  man  pflegt  zu  sagen,  wenn  sie  sich  schlagen, 
zwei  werden.  Musculus  ebleufel  C4".  das  fleisch  ausziehen 
ist  eviscerare.  Maaler  137',  ttie  entfleischen,  zerfleischen  exco- 
riare,  it.  scamare.  vom  fleische  fallen  ist  abmagern:  ich 
spinne  peide  tag  und  nachte,  mir  möchte  das  fleisch  von 
den  neglen  fallen.  Steishöwel  dec.  416,3  (non  fo  il  di  e  la 
notte  allro  che  filare,  tanto  che  la  carne  mi  s'h  spiccata 
dali'  unghia) ;  ich  falle  bei  herzlichem  appetit  sehr  vom  fleische. 
LiCBTEXBERG  8,  33 ;  dasz  er  innerhalb  acht  tage  alles  fleisch 
am  leibe  verloren.  Salinde  61 ;  es  ist  nicht  viel  fleisch  an  den 
beinen.  einer  hat  derbes,  strammes,  festes  fleisch,  derbe 
Waden,  tcunddrzte  schneiden  das  todte,  wilde  fleisch  aus.  der 
ring  ist  ins  fleisch  gewachsen,  man  redet  vom  blühenden 
oder  blassen  colorit  des  fleisches.  vorige  färbe  und  fleisch 
wieder  bekommen,  irrg.  d.  l.  423.  von  einzelnen  theilen  des 
Icibs :  Zahnfleisch,  Sitzfleisch,  zuweilen  bezeichnet  auch  fleisch 
den  einzelnen  menscheri: 

fleisch,  das  in  dem  leime  wohnet,  lebt  in  müh  bei  schlechter  kost, 
fleisch,  das  in  den  steinen  wohnet,  l^ht  in  pracht  und  eitler  lust. 
Heisch  im  leime,  fleisch  in  steinen,  macht  des  todes  freier  raub 
das,  wie  jenes  also  dieses,  jedes  wird  ein  leichter  staub. 

LoGAü  2,179,6; 
ihr   seid   halt   ein   bischen    locker  gewesen,   wies  eben  das 
junge   fleisch    meistens  ist.   ScBtuLBa  131';    wer  einen  gnisz 


an  das  liebe  fleisch  zu  bestellen  hat,  darf  nur  das  gute  herz 
boten  gehen  lassen.  181'.  man  sagt:  ein  böses  stück  fleisch, 
das  böse  stück  fleisch,  das  alte  stück  fleisch,  iwi  einer  bösen, 
allen  frau :  ein  schlimm  stück  fleisch.  Harnisch  306 ;  ein  stück 
fleisch  an  den  hals  hängen  {heiraten)  ist  gar  billich  und  zu- 
läszlich.  Jucundiss.  206.  vgl.  jungfernfleisch ,  nonnenfleisch 
{hernach  5). 

3)  das  eszbare  thierfleisch,  ein  hauptbeslandtheil  unsrer  nahrung : 
weiches,  zartes,  mürbes,  faules,  zähes,  hartes,  rohes,  frisches, 
grünes,  fettes,  mageres,  dürres,  eingeweichtes,  gesalzenes, 
geräuchertes,  gedigenes,  gekochtes,  gesottenes,  geschäumtes, 
gebratenes,  gehacktes,  geschmortes  fleisch,  esset  das  fleisch 
nicht,  das  noch  lebt  in  seinem  blut.  l  Mos.  9,  4;  ir  seit  nichts 
von  seinem  {des  passah)  fleisch  hinaus  für  das  haus  tragen 
und  soll  kein  bein  an  im  zubrechen.  2  Mos.  12, 46 ;  wenn 
ein  ochse  einen  man  oder  weib  stöszet,  das  er  stirbt,  so 
sol  man  den  ochsen  steinigen  und  sein  fleisch  nicht  essen. 
21,  28 ;  woher  sol  ich  fleisch  nemen,  das  ich  alle  disem  volk 
gebe?  4  Mos.  11,13;  und  die  raben  brachten  im  brot  und 
fleisch,  des  morgens  und  des  abends.  1  kön.  17,6;  und  er 
nam  ein  joch  rinder  und  opfert  es  und  kochet  das  fleisch 
mit  dem  holzwerg  an  den  rindern  und  gabs  dem  volk,  das 
sie  aszen.  19,  22;  darumb,  so  die  speise  meinen  bruder  ergert, 
wolle  ich  nimermehr  fleisch  essen,  auf  das  ich  meinen  bruder 
nicht  ergerte  {golh.  ni  matja  mimz  aiv,  ei  ni  gamarzjau  br6|)ar 
meinanal.  1  C<ir.  8, 13 ;  brot  und  fleisch,  gesalzen  und  unge- 
salzen. Aimon  xd*;  sie  meinten  eier  werent  weich  oder  flüssig 
fleisch  und  milch  wer  weisz  blut.  Keisersb.  selenp.  45*;  ein 
halb  masz  wein,  brot  und  kalt  fleisch  im  bauch  haben. 
Philander  2,624;  bleib  beim  brot  im  dienst,  bis  man  dir 
fleisch  dazu  gibt.  LehmaxM45;  mancher  dient  viel  jähr  umbs 
brot  und  kann  doch  nicht  zum  fleisch  kommen.  146 

mhd.  ej  wären  bi  ir  viure 

under  wilen  tlure 

vleisch  mitten  vischen.    Iw.  6217; 

geladen  vil  der  rosse  kom  vor  in  über  Bin, 

diu  den  jeitgesellen  truogen  brot  unde  win, 

vleisch  mit  den  Tischen.    Nib.  870,3; 

man  git  uns  vleisch,  bröt  unde  win.    frauend.  335,26; 

fl  si  daj  vleisch  oder  visch.    Bo:«.  41,20; 

ein  guot  fleisch  lac  da  bi.    Helmbr.  869. 
die  metzger  schneiden,  hauen,  hacken,  die  koche  sieden,  schäu- 
men, braten,  spicken  das  fleisch: 

mein  und  dein  fleisch  wird  ungleich  sieden.    Atrer  449*, 
wir  taugen  den  jähren  nach  nicht  für  einander; 

wir  hauen  als  hackten  wir  fleisch  zur  bank.    BCrgbr  81'. 
eine  menge  Zusammensetzungen:   kalbfleisch,  rindfleisch,  ham- 
melfleisch,  hünerfleisch  «.  s.  w.,  früher  durch  adj.  ausgedrückt, 
mhd.  rinderin,  keiberin,  hußnerin. 

4)  fleisch  des  obstes,  das  den  kern,  gleichsam  den  knocken  der 
frucht  {d)erzieht,  lat.  pulpa,  it.  polpa  {vgl.  polt,  paltis):  die  Sper- 
linge sind  nach  dem  fleisch  der  kirschen  lüstern;  das  saftige 
fleisch  der  trauben,  pfirsiche  und  bimen ;  der  same  wird  zu 
allen  sachen  kräftiger  gehalten,  dann  das  fleisch  an  den 
melonen.  Taber^aem.  859.  fleisch  der  pflanzen  und  des  baums : 
die  innere  seile  der  zweiten  rinde,  das  sogenannte  fleisch. 
Göthe  55,32.     auch  das  fleisch  der  perle,  das  weiche. 

5)  fleisch  im  gegensatz  zum  geist,  widerstand  des  leiblicJien 
und  sinnlichen  gegenüber  dem  geistigen:  die  menschen  wollen 
sich  meinen  geist  nicht  mehr  strafen  lassen,  denn  sie  sind 
fleisch.  1  Mos.  6,  3 ;  ah  gott,  der  du  bist  ein  gott  der  geister 
alles  fleischs.  4.Vös.  16,  22;  das  in  seiner  band  ist  die  seelc 
alles  des  da  lebet  und  der  geist  alles  fleischs  eins  iglichen. 
Hiob  12,10;  ire  rosse  sind  fleisch  und  nicht  geist.  Es.  31,3; 
wachet  und  betet,  das  ir  nicht  in  anfechtung  fallet,  der  geist 
ist  willig,  aber  das  fleisch  ist  schwach  {ahd.  th6r  geist  fun» 
ist,  tha;  fleisc  ist  abur  unmahtic).  Matth.  26,41;  die  nicht 
nach  dem  fleisch  wandeln,  sondern  nach  dem  geist  {golh. 
ni  gaggandam  bi  leika).  Rom.  s,  1 ;  denn  das  fleisch  gelüstet 
wider  den  geist  und  der  geist  wider  das  fleisch  (leik  gaimei|i 
vi|)ra  abmun,  i|)  abma  vi))ra  leik).  Gal.  6, 17 ; 

ich  peut  mein  fleisch  den  mannen  feil,    faatn.  746,17; 

in  hofl'art,  fleisch  und  au^en  gier 

vil  menschen  leben  als  die  thier.    Schwaizi^bsrc  157, 1 ; 

der  auf  den  menschen  sihet  und  aufs  fleisch,  so  einen  Ter- 
bolnen,  vermaledeiten  grund  hauwet.  Fram  welW.  37*; 

lebhaft  fleisch,  lebhaft  geist.    Garg.  57*; 

der  feiod,  die  well,  das  fleisch.    WiciainLni  269; 


1 755       FLEIS  CHADER  —  FLEISCHBEERE 

die  fleisches  lust  stürzt  viele  ins  verderben;  eine  herliche 
tilgend  an  Solanden  v^ar,  das  er  dem  üppigen  fleische  feiud 
war.  pol.  stockf.  100;  doch  liasse  ich  alle  eitelkeit  des  fleisches. 
45 ;  das  aufgebrüstete  fleisch  ist  wie  des  voglers  futter,  damit 
man  die  vogel  körnet.  73;  da  mir  nimmermehr  nonneufleisch 
wachsen  soll.  irrg.  der  liebe  254;  ich  wol  spürete,  dasz  mir 
kein  nonnenfleisch  gewachsen.  272;  die  Sünde  des  fleisches 
begehen.  KlikgerS,  105;  er  fühlte  sich  ailmäJich  absterbend 
dem  fleische  und  auflebend  im  geiste.  ARnm  kronenw.  1,144. 

6)  die  gr.  spraciie  unterscheidet  zwischen  aä^^  und  xQcae 
und  braucht  letzteres  nur  für  das  eszbare  fläsch  der  dritten  be- 
deutung,  in  den  übrigen  gilt  aäo^.  ebenso  verfährt  die  sl.  und 
lil.,  welche  das  eszbare  fleisch  mjaso  (po/«.  mi<;so),  lit.  miesa 
nennen,  od^^  aber  tjelo  (poln.  ciaio),  lil.  kunas  geben,  auch 
im  golh.  sondert  sich  mimz  und  leik.  doch  ttn  lal.  caro  und 
nickt  anders  schon  im  ahd.  fleisc  fallen  beide  zusammen,  das 
ist  nachlheilig.  freilich  luüle  auch  altd.  11  h  und  noch  mhd.  lieh 
den  sinn  von  corpus  und  caro,  der  iibaselzer  von  Isidor  de  nativ. 
dorn,  häuft  sogar  53, 6  Holzm.  in  fleisches  liehe ;  nach  und 
nach  galt  aber  leich  und  leiche  nur  vom  lodten  leib,  dasz  caro 
etymologisch  mit  x^eae,  cruor,  kraiijas,  corpus  und  hraiv  zu~ 
sammenhange,  wurde  CDS.  1010  dargelhan. 

FLEISCH.\DER,  f.  vena  muscula,  an  asl  der  schUisselbeinader. 
FLEISCHANLAGE,  f    incremenlum  carnis,    wenn  sich  fleisch 
anlegt:     hat   die   dicke    figur  wol  eine  menschliche  seele  in 
seinen  weitläufigen  fleischanlagen  sitzen?  Tieci. 

FLEISCHART,  f  indoles  carnis:  das  wir  in  uns  angeboren 
haben  in  fleischart  und  natur.  Paracelsus  2,171'. 
FLEISCH ASZ,  ni.  esus  carnis,  ags.  flaescaete. 
FLEISCHASZLE,  f  carnarium.  Maaler  137'. 
FLEISCHAUSTHEILUNG,  f  visceratio. 
FLEISCHBACKWERK,  n. 
FLEISCHBALKE,  m.  trabecula  carnea  cordis. 
FLEISCHBANK,  f  macellum:  er  folget  ir  balde  nach,  wie 
ein  ochse  zur  fleischbank  gefüret  wird.  spr.  Sal.  7,22;    und 
du  bist  der  man,  durch  des  schuld,   so  vi!  an  dir  ist,  kein 
man  sein  leib  weih  kind  haus  hof  guter  sicher  haben  müge, 
sondern    du    opferst    sie  alle  frei  dahin  auf  die  fleischbank. 
Luthers,  181';  es  müsse  euch  gehen,  wie  es  uns  Deudschen 
gieng,    da   wir    wider   s.  Johannes  Hus  auch  anfiengcn  den 
frieden   zu   brechen   und  die  Behemen  bekriegten,   und  uns 
der   bapst   auch  auf  die  fleischbank  opferte.    5,275';    eben- 
sowol  der  Jugend  Verräter  seind,  als  der  so  sie  auf  die  fleisch- 
bank opfert.  Garg.  145'; 

die  ihn  gar  keines  argen  trawen, 

sie  feischlich  tu  der  fleisctibank  hawen.    11.  Sachs  II.  4,43*; 

und  geb  den  könig  auf  die  fleischbank.    III.  1,108'; 

der  (klalTer)  ist  schendlicher  denn  ein  dieb, 

weil  sein  lung  zu  der  fleischbank  hieb, 

«ein  nächsten  bringt  umb  glimpf  und  ehr.    V,  123'; 

»0  kan  ich  beide  mann  und  frawen 

binterrück  zu  der  fleischbank  hauwen.    .  .  .; 

dann  es  ist  wenig  wocben  lang, 

das  man  sie  hat  uf  die  fleischbank 

verführet  und  geopfert  auf.    poslreuter  1591.  D2'; 

und  ob  ich  wol  wusle  die  so  mich  also  hatten  auf  der  fleisch- 
bank gehackt,  dennoch  liesz  ich  es  gut  sein.  Scuweinicuen 
3, 16<i ;  einen  menschen  auf  den  fleischbank  geben.  Tmlrneisser 
m.  alch.  2,177;  hätten  diese  sie  angelaufen,  zurückgelriben 
und  also  auf  die  fleischbank  gebracht.  Tacius  bei  Fronsp.  3, 247' ; 
sonder  sie  dem  feinde  gleich  auf  die  fleischbank  gaben 
(caedendos,  trucidandos  praebebant).  3,248*;  die  knccht  nicht 
verlassen  und  auf  die  fleiscbbang  geben.  Ruvter  kriegsordn.  2 ; 

gar  tief  müssen  wir  uns  jetzund 

lür  manchem  keizer  biegen, 

und  wie  die  f'rerabden  bawershund 

untern  fleischbaiiken  schmiegen.    Soltau  4C6. 

Ui.pit,A«  verdeutscht  l  Cor.  JO,  25  iv  fianeUcp  at  skiljam,  d.  i. 
apud  laniot. 

FLEISCHBATZE,  m.  homo  in  voluplatibus  volulabundus :  also 
das  ein  mensch  genent  werden  vor  got  so  vil  ist  als  ein 
gol»»chalk,  crzdieb,  todfeind,  golloser  bub,  fleischbalz,  teu- 
felskind  u.  t.  w.  Frajce  parad.  37'  und  üflcr; 

du  lecker,  was  manhst  hie  allein? 

du  wir»i  gwU  auch  ein  flelgrhpiiiz  sein.    Athkk  14t)'. 

».  batze  J,  1180  und  dreckbatzc,  küthbalze,  ri/l.  patzig  in  einer 
»nlrr  neischeslost  ungezognen  stelle. 

FLtlSCHBAlM,  m.  holt  oder  $tange  in  den  feuermauem,  um 
fleitdi  daran  zu  riuchern. 

fXEISCH BEERE,  f.  ribes  grouularia. 


PLEISCHBEGIERDE  —  FLEISCHEN      1 756 

FLEISCHBEGIERDE,  f.  cupido  carnaiis: 
ganz  geistiglich  ist  sein  beginnen, 
er  ist  von  fleischbegierden  rein, 
wie  die  lieben  herzengelein.    Göiai  IS,  63. 
FLEISCHBEIL,  n.    1)  securis  camaria. 
2)  obsc.   penis: 

als  ein  witwe  war  wol  betagt, 
deniiocht  ward  sie  gar  sehr  geplagt 
von  einem  külzel  weit  dort  unilen, 
wolt  han  ein  üeischbeil  zu  der  wunden. 

Waldis  3.  ö  s.  140». 
FLEISCHBILDSEULE,  f.    sein   ich   ist  mir  verflogen,  nur 
die  fleischbildseuie  dageblieben.  J.  P.  38,  29. 
FLEI.SCHBIRNE,  f  was  schmalzbirne. 
FLEISCHBLATTCHEN,  pl.  camosae  partes  ungidae,  die  weichen 
tlicile   des  hufes,   welche  gerade  unter  der  fläsclilcrone  liegen  und 
nach  ilirer  läge  die  namen  fleischzehe,  fleischwand,  fleischtracht 
bekommen,  auch  alle  drei  zusammen  die  fleischwand  heiszen. 

FLEISCHBLUME,  f  mdampyrum  pratense,  wiesenklee.  Alberus. 
LoNicERüs  135",  der  name  wol  deshalb,  weil  das  kraut  als  futter 
fleischig  macht. 

FLEISCHBOHNE,  f.  fJmseolus  multiflorus. 
FLEISCHBÖSEVVICHT,  m.  furcifer: 
du  fleischböswicht,  nun  sag  doch  an, 
was  hastu  mir  ie  guts  gelhan?    Murner  gauchm.  s.  1047; 
bin  von  Lazaro  Schwendi,  als  einem  erzvorzweifelten  fleisch- 
bosewicht  auf  die  fleischbank  geopfert  worden.  Sastrow  2, 172. 
auch  in  Haynecciüs  Hansoframea  2,  2. 
FLEISCH  BRUCH,  m.  sareocele. 

FLEISCHBRÜHE,  f  jus  carnium:  flaischsup  oder  flaischpru, 

prodium,  et  est  panis  in  aqua  cum  carnibus  cocta.  voc.  1482  h  7'. 

FLEISCHBRÜHSÜPPE,  f.     wenn    der    bauersmann    in  der 

woche  Wassersuppe  iszt,  so  hat  er  doch  sonntags  gern  eine 

Deischbrühsuppe.     vgl.  fleischsuppe. 

FLEISCHBRÜHWEIHER,  m.  es  ist  nichts  unerhörtes  oder 
überprächtiges,  dasz  Siebenkäs  beim  ersten  gange  ins  centrum 
den  Suppenzuber  oder  fleischbrühweiher  stellen  liesz,  worin 
man  mit  den  lüffela  krebsen  (s.  fischen  7)  konnte.  J.  P. 
Siebenk.  1, 35  (49). 

FLEISCHBUBE,  m.  In  solcher  Deischbuben  und  blutschender 
catalogum  wird  nicht  unbillich  der  Cambyses  gezehlet.  Kisca- 
Hor  wendunm.  s'. 

FLEISCHBÜNDEL,  m.  fasäculus  fibrarum  carnearum, 
FLEISCHBÜTTE,  f.  labrum  carnibus  salc  conditis  asservandis : 
das  überig  halblheil  salzet  sie  in  ein  fleischbütten.  Roszlins 
hebammenbüchlein  s.  95. 

FLEISCHBUITERBROT,  n.  mU  fleisch  belegtes. 
FLEISCHBUTZ,  m.  larva  carnea:  sihe  in  dein  kuchen.  die 
nun  andere  urtheilen,  kompt  aus  dem  mangel,  dasz  sie  sich 
selbs  nit  sehen,  noch  in  den  hafen  ircs  herzens  gucken, 
dann  da  würden  sie  finden,  dasz  alle  menschen  Adam,  ja 
ein  mensch  were  ein  fleischbutz  und  verderbter  Icimenklotz. 
kluge  weise  reden  1565, 126".  1570, 134'.  $.  fleischbatze. 
FLEISCHCHEN,  n.  caruncula,  flnschlein: 

wenn  solch  ein  fleischchen,  weisz  und  mild, 
im  kraute  liegt,  das  ist  ein  bild 
wie  Venus  in  den  rosen.    Uhlani>s  ged.  89. 
FLEISCHDÄMMER,  m.  carnis  domUor:  und  ist  disz  nit  ein 
genugsam    wunderlich   mirakel,    die  kraft  und   tugend  diser 
neuen  reiigion,  diser  gewaltigen  Oeischdeinmer  und  hegirden- 
zämer  zu  erweisen?  bienenk.  27*. 

FLEISCHECHT,   carnosus,   carnaiis:    dann    sie   nit  anders 
meinten  als  es  wer  ein  verniumpter,  vergalsterter,  vergslalter, 
fleischechter,  leibhafter  teufel.  Garg.  229' 
FLEISCHECHTIG,  dasselbe.  Maaler  137\ 
FLEISCHEISEN,  n.    Werkzeug   der   gerber   zum   scluzben  und 
reinigen  der  hdute  von  den  fleuclitheilen. 

FLKISCIIELN,  carnem  oUre:  in  ihrer  viehischen  lust  be- 
gehren manche  die  weit  nimmermehr  zu  verlassen,  diesen 
rufen  heut  die  lieben  engel  zu :  ihr  männcr  von  Galiläa  was 
stehet  ihr  hier?  es  männelt,  mcnscbelt  und  fleiscbelt  gar 
zu  sehr  lici  euch!  Otho  558. 

FLEIS(;HEN,  l)laedere,  vulnerarc,  laniare,  verletzen,  versehren, 
so  dasz  der  wurf,  schusz,  hieb  tn  das  flrhch  dringt,  es  xcrreiszt, 
wie  nocii  bn  den  gerbern  das  fleisch  alireiszen,  von  dem  feil 
sekabcn,  aasen,  vgl.  fleisclier. 

mhd.  d*r  wlrt  f  ■'    '   -  -pll  an 
und  w.it  II  wfgant 

durch  (I  die  want 

mit  itoiio'i  >uiii'iMi'. 
ein  w4nic  Cr  iiln  vlcisto  Iffir  vleinchte), 
dai  Ar  daj  bluot  rirt«.    Lant.  1I7C. 


1757 


FLEISCHEN — FLEISCHERN 


FLEISCHERSBESEN  —  FLEISCHGENüSZ  1 75Ö 


I 


nhd.   welcher   edelman   ietz  nicht  kan  bluten  nnd  fleischen, 
der  kan  nüt.    du  höwest  wol  einen  in  den  trQ??ei  und  durch 
das  haubt,  bedörflest  dennocht  nit  darzu  fleischen.  Keisersb. 
s.  d.m.  19';   hub  (hieb),  dasz  es  geflfei^cht  hett.  Göriy.B.lebensb. 
194;  an  dem  ort,  da  man  einander  fleischen  musz.  Petr.2~'; 
hier  stöszt  dort  hält  man  mich,  bald  werd  ich  da  geiupfet. 
ich  bin  der  meinen  spiel,   gleichwie  der  wolf  das  schaf, 
der  geier  ein  jung  huhn  und  taube  grimmig  rupTet, 
so  fleischet  mich  die  weit,   ich  bin  in  steter  straf. 

Fl«»i"<g  116; 
derknecht  hieb  mir  auch  durch  den  panzerermel  hindurch,  dasz 
es  ein  wenig  gefleischt  hatte.  Göthe  8,  91.  42, 115.  337.    *.  ab- 
fleischen, ausfleischen.  beflelschen,  entfleischen,  zerfleischen. 

2)  incamare:  dasz  die  seel  ist  ein  athem  vom  munde  gottes 
'  und   ist   durch   die   nafnr  gefleischet  In  das  tödlich  fleisch. 

Paracelsüs  2, 434*.  also  auch  in  das  fleisch  gehen,  dringen, 
vgl.  einfleischen. 

3)  schleppen,  schleifen,  s.  Sch.heller  1,  593. 
FLEISCHE.N,   cameus,   mhd.    rieischln:    flaischin  toe.  14S2 

h7';  wie  Christus,  unser  herr,  ein  fleischener  gott  ist,  also 
ist  der  geistlich  mensch  ein  fleischener  engel.  Keisersberg 
par.  der  sele  31";  also  ist  das  neuwe  und  lebendige  gesatz 
in  fleischene  taflen  des  herzens  geschrieben.  Beiszkeb  Jer. 
Iil8'.     heute  fleischern. 

FLEISCHEND,  eamosus: 
«wischen  den  leinen  schultern  und  da  er  fleischend  was. 
hürnen  Seifrid  178, 1. 

FLEISCHER,  m.  lanius  oder  lanio,  qui  lanial,  der  fleischt, 
das  fleisch  xerreiszt,  zerhaut,  goth.  skilja,  tras  ein  skiljan  oder 
skilan,  häuten,  aus  der  haut  oder  schale  thun,  reisten,  ritzen 
voraussetzt  (GDS.  903).  nicht  unähnlich  gebildet  sind  Schinder 
und  filier  (camifex)  von  schind  und  feil,  schlächter  und 
mefzger  gehen  auf  schlachten  und  metzeln,  man  sagt  'einen 
fleischers  gang  thun',  einen  vergdAichen,  veil  der  fleischer  oß 
vergebens  nach  kälbern  über  land  geht;  'euer  vater  ist  gewis  ein 
fleischer  gewesen',  zu  solchen,  die  sieh  erlauben  unbescheiden  zu 
betasten  und  anzugreifen. 

FLEISCHER  BEIL,  n.  ascia  laniorum,  fleischbeil 

FLEISCHEREI,  f.  truridatio,  metzelei:  es  war  eine  grelle 
fleischerei.  Seüxes  leben  113. 

FLEISCHERGANG,  m.  üus  H  rediius.  Her  vanum: 
was  nützen  solche  fleischergänge?    Lichtwers  fabeln  1,  7; 
kurz,  sie  machten  was  man  nennt  einen  fleischergang.  Les- 
sisc  10,74;  ThCxmel  4.338; 

das  Schicksal  will  mich  irre  führen, 

sprach  er  nach  manchem  fleischergang.    PriFm  4, 199. 

FLEISCHERGESELL,  m.  schlächtergesell,  fleischerknecM. 

FLEISCHERGEWICHT,  n.  pnndus  grarius  laniorum. 

FLEISCHERHANDWERK,  n.  ars  laniaria. 

FLEISCHEHHUND,  m.  canis  laniarius. 

FLEISCHERIN.  f  macellaria. 

FLEISCHERINNUNG,  f  collegium  laniorum. 

FLEISCH  ER  JUNGE,  m.  lehrjunge  eines  fläschers.  Lichtenberg 
erÄ7.  der  hogarlh.  kupferstiche  1,  233. 

FLEISCHER  KNECHT,  m.  was  fleischergesell:  ohne  absieht 
heute  hier,  morgen  da  dienen,  heiszt  wie  ein  fleischergesell 
reisen,  weifer  nichts.  Lessüig  1,  557. 

FLEISCHERMESSER,  n.  es  gehört  mehr  zu  solchen  sachen 
als  ein  fleischermesser  zu  einem  schweinbraten.  Schoch  stud. 
leben  J6'. 

FLEISCHERN,  laedi,  vulnerari,  gleichsam  intr.  fleischen  :  aber 
fleisch  und  blut  fleischert  und  blutet,  thut  wie  sein  art  ist. 
Luthers  tischr.  352',  iro/  vom  Sammler,  nicht  von  Ldtber  selbst. 

FLEISCHERN,  cameus:  und  wil  das  steinern  herz  weg- 
nemen  aus  ewrem  leibe  und  ein  fleischern  herz  geben.  Ez. 
11,19.36,26;  nicht  in  steinern  tafeln,  sondern  in  fleischern 
tafeln  des  herzen  (goth.  ni  in  spildum  staineinaim,  ak  in 
spildöm  hairlanß  leikeinaim).  2  Cor.  3,3;  da  er  unsern  gott 
heiszt  den  fleischern  gott  Luther  3, 347' ;  in  unsere  fleischerne 
und  newgeborne  herzen.  Mathesius  106';  also  sind  der  bei- 
den  herzen  ebenfalls  fleischern.  Lodejist.  Arm.  2,254; 

des  Zeno  glieder  sind  auch  fleischern,  nicht  Ton  stein. 

Epichar.  lUi,  10; 
flieszt  ewig  wie  ihr  flieszt.  es  ist  ja  möglich  nicht, 
dasz  einst  der  harten  nicht  ihr  fleischerns  herze  bricht, 
das  lange  keinem  stahl  und  steine  sich  mag  gleichen. 

FLKHIKe  W\; 

unser  fleischernes  Jahrhundert  J.  P.  teufelsp.  l,  158.  m  «tn«m 
T^Uhsel  vom  puler: 

er  hat  ein  Imöchern  angesiebt 

und  einen  fleischern  bart. 


FLEISCHERSBESEN,  m.  riiscus  aeuleatus. 
FLEISCHERVOGEL,  m.  ampelis  carnifex. 
FLEISCHERZEUGEND,  eamem  gignens. 
FLEISCHESBROT,  n.  panis  cameus:  denn  es  ist  nu  nicht 
mehr   schlecht  brot  im  backofen,    sondern  fleiscbsbrot  oder 
leibsbrot  LtrrHER  3, 488*. 

FLEISCHESLUST,  vduptas,  appetUus  camis: 

wie  dise  reine  magt  sich  schwanger  können  finden, 
und  wie  ohn  fleiscneslust  disz  wonnekindelein 
aus  krafl  des  heiigen  geists  geboren  könne  sein. 
RoaPLiR  27; 
die  weit  liget  im  argen  nnd  bestehet  in  augenlust,  fleisches- 
lust  und  einem  hoffärtigen  leben.  Bdtscbkt  Palm.  756;  patzig, 
wie   das    geschmeisz   {die  fliegen)  da,   sind  flugs  die  dirnen, 
wenn  man  nur  einen  länger  bewegt,  sie  Ton  der  fleischeslust 
abzuwehren.  Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  293 ;  diese  ganze  zeit  war 
den  geistlichen  herren  von  dem  muthwillen  meiner  nachbarin 
keine  ruhe  gegönnt,    besonders  gaben  ihr  die  zur  fastenzeit 
in   fleischgesfalt  verwandelten  fische  unerschöpflichen  anlasz 
gott-  und  sittenlose  bemerkungen  anzubringen,  besonders  aber 
auch    die   fleischeslust   her^•orzuheben  und  zu  billigen,    dasz 
man   sich   wenigstens  an  der  form  ergötze,   wenn  auch  das 
Wesen  verboten  sei.  Göthe  28, 46. 
FLEISCHESSEN,  n.    1)  camium  usus. 
2)  cifnis  e  eame  paralns,  fleischspeise. 
FLEISCHESSER,  m.  eamem  edens. 
FLEISCHESSINN,  m.  sensus  pravus. 

FLEISCHFARBE,  f.  color  e  rubicundo  candicans,  die  natür- 
liche färbe  der  menschlichen  haut. 

FLEISCHFARBIG,  rubicundus^  cameus:  fleischfarbiges  tuch, 
zeug. 

FLEISCHFASER,  f.  flbra  eamea. 

FLEISCHFASZ,  n.  was  fleischbütte.  flaischfasz,  mit  der 
unverständlichen  lat.  Übertragung  minusatorium.  roc.  1482  h7'. 
J.  P.  jubeisen.  186  sagt  auch:  das  fleischfasz  des  lebens. 

FLEISCHFELL,  n.  blutfelle  und  fleischfeile  der  äugen,  bei 
den  alten  panniculns  carnosus  genent.  Bartiscb  augendienst  141. 
FLEISCHFLIEGE,  f.  musca  earnaria,  schmäszfliege. 
FLEISCHFRASZ,  n».    1)  pastus  camium. 
2)  voralor  carnis,  fleii^chfresser : 

mit  was  sprüch 
die  fleischlVaszen  bhelfen  sich.    J.  Rasch  fastevlob  1588. 
FLEISCHFRÄSZIG,  carruroru*.'  willst  du  allezeit  essen  und 
trinken,  du  fleischfräsziges  thier?  J.  E.  Schlegel  3,  201. 
FLEISCHFRESSEND,  dasselbe. 

FLEISCHFRESSER,  m.  carniphagus:  wie  ir  fleischfresser 
sagt.  Luther  3,  359' ;  uns  arme  capemaifen  und  fleischfresser. 
3.  365'.  374'.  37"*;  er  sol  ein  capernait,  .Vtreus,  Thyestes  und 
fleischfresser  sein.  8,378';  da,  da,  ir  fleischfresser  und  blut- 
seufer.  3,451*;  wir  armen  Sünder  nnd  fleischfresser.  3,469*. 
484*.  490*. 

FLEISCHG.\BEL,  f.    l)  creagra,  zum  ko<1ien  und  bereiten  des 
fleisches:    de   qnibus   scriptum   est   per  prophetam  dicentem 
reges    eos  in  virga  ferrea",   man  wird  sie  mit  eisern  fleisch- 
gabeln  heim  jagen,    et   tanquam    vas    figuli   confringes  eos, 
und  mit  alten  krauthäfen  nach  in  werfen,  de  generibus  ebr.  p.  27. 
2)  obsc.  penis: 
doch  halt  ich,  hett  man  ir  {der  kranken  nonne)  genragen 
mit  einer  fleischgabeln  wol  geschlagen, 
nnd  hett  sie  in  ein  kloster  than, 
da  zwei  par  schuh  vorm  bette  stan, 
und  ir  all  nacht  die  laudes  gelesen, 
wer  wol  von  solcher  krankheit  genesen.    Walois  4,40. 
FLEISCHGADE.N,  m.  l)  camißana.  roc.  14S2h7'.  carnarium. 
Maaler  137'. 
2)  obse. 
da  woln  wir  tanzen  nnd  darnach  paden, 
und  darnach  kürzweilen  im  fleischgaden.    fasln.  718,27; 
sie  lasz  ir  in  das  fleischgaden  prechen.    750,10; 
hast  dir  lassen  in  das  fleischgadem  prechen.    165,17; 
des  nachts  im  fleischgadem  zu  zechen.    245,7; 
einer  hat  mir  mein  hausehr  genumen, 
und  ist  meiner  frauen  ins  fleischgaden  gestigen.    709,21. 
FLEISCRGASSE,  f   fasin.  625,27. 
FLEISCHGERACKEN,  pdtivt^,  wie  fischgebacken. 
FLEISCHGEBÄRDE,  f.  geslus  molusve  camis: 
damit  ich  nicht  mög  in  Jleisrhgeberdn 
die  leng  was  ungedultig  werdn.    Rincwali)  tr.  Edsh.  N4'. 

FLEISCHGEBUNG,  f.  darstellung  des  fleisches  in  färbe, 
FLEISCHGELD,  n.  weväh.  1,646. 
FLEISCHGELTE,  f.  kleine  fleischbütte. 
FLEISCHGE.NUSZ,  m.  ums  carnium. 


1 759     PLEISCHGESCH  WULST  —  FLEISCIIKLOSZ 


FLEISCHKLÖSZCIIEN  —  FLEISCHLICH     1 760 


FLEISCFIGESCHWULST,  f.  lumor  carnis. 

FLEISCHGESTAI.T.  f.  forma  carnis.  Götue  29,46. 

FLEISCHGEWÄCHS,  n.   excrescentia  camosa. 

FLEISCHGEWICHT,  n.  wie  flciscliergewicht. 

FLtlSCHGlER,  f.  Ubido. 

FLEISCHGIEHIG,  libidinosus :  ein  Iciclilferlig,  floiscligicrig, 
in  leiblicher  wollusl  ersoffen  weih.  Frank  r/iron.  248. 

FLEISCHGIERIGKEIT,  hbido:  Barbara  was  ein  weil)  iiner- 
schäpflicher  fleiscligierigkcit ,  ein  iibolsliiikends  vasz  aller 
lasier.  Frank  chron,  204";  alle  winket  (zu  Rom)  stecken  voll 
buren  und  buhen,  all  unzuclit  und  unsaubere  fleiscligierig- 
keit  springt  in  diser  sladt.  kiRciinor  wendunm.  1505  s.  3S5. 
1602  s.  Sti4. 

FLEISCHHÄCKEL,  m.  was  das  folgende,  flaischheckel  voc. 
1482  h7'. 

FLEISCHHACKER,   m.    lanius ,    macellarius,    fleisclier.    voc. 
1482  Ul';  carnifex:  das  du  nil  fürchtest  disen  fleischhacker. 
bibel  1483,463'.  =  2  Macc.  7,29,  wo  Luther  lienker  hat; 
ich  wolt  das  si  hei  der  fleischhacker!    tnnislerl.  fol.23  n*240. 

FLEISCHHACKERSTOCK,  m.  Schlachtfeld,  der  fleisch- 
backerstock  der  raenschheit.  J.  P.  uns.  logc  2, 145. 

FLEISCHHAFEN,  m.  oUa  cami  coqueiidae  jfaela. 

FLEISCHHAFT,  carnosus:  flciscbhaft  stuck,  pulpamenium, 
Maai.er  137'. 

FLEISCHHAKEN,  m.  uneus  carnarius. 

FLEISCHHALLE,  f.  macellum. 

FLEISCHH.\UER,  m.  lanius,  fleischhacker,  fleischer,  knochen- 
hauer:  carnifex,  ein  fleischhauer  oder  metzeler.  pol.  col.  221.  223. 

FLEISCHHAUS ,  n.  1)  carnarium.  voc.  1482  h  7*.  ags. 
Qffischfts. 

2)  corpus,  Wohnung  des  leibs:  also  ist  auch  das  fleischhaus 
des  menschen  ein  finster  thal,  da  zwar  die  ängstlichkeit  des 
lehens  innen  ist.  Jac.  BOhhe  .4i/rora  351 ;  das  fleischhaus 
gebaret  einen  sanien  seines  gleichen  wieder  zu  einem  men- 
schen, ebenda;  aldieweil  der  mensch  in  diesem  elenden  ver- 
derbten fleischhause  lebet,  drei  principicn  s.  9 ;  nu  verstehet 
man  an  der  seelen  essentien  und  eigenthumb  gar  sehr,  das/, 
sie  in  diesem  fleischhause,  da  sie  gleich  erbohren  wird, 
nicht  daheim  ist.  s.  157. 

FLEISCHHAÜT,  f  cutis  camea,  tumca  dartos. 

FLEISCHHELLER,  m.  fleischabgabe. 

FLEISCHHÖCKER,  m.  tuber  carncum:  der  weisze  schwan 
hat  einen  fleischhöcker  auf  der  wurzel  des  Schnabels,  kann, 
mag.   1844  S.  328. 

FLEISCHHORN,  n.  excrescentia  camea  corneaquc 

FLEISCHHÜGEL,  coüis  carnosus:  nun  hielt  der  knabe  Milon 
den  alten  satyr  an  die  wand  gelehnt  cmpur,  mit  der  linken 
tingert  er  auf  seinem  haberrohr,  mit  der  rechten  liielt  er 
den  fleischhügel  von  hinten  umschlungen.  Fn.  Müller  1, 180. 

FLEISCHHL.NGER,  m.  dcsiderium  carnis:  ich  habe  eine 
idee,  sagt  der  erobcrcr,  und  daran  setz  ich  dörfer  und  Städte 
und  erfülle  meine  und  feindliche  landeskinder  mit  blutdurst 
und  fleischhunger.  J.  P.  dämm.  71. 

FLEISCHICHT,  carnosus:  eines  breiten  rücken,  dicken  fetten 
bauchs,  fleischigter  schultern.  Kirchhof  «'eniiunm.  396';  grab- 
schriß  eitles  fleischer s: 

weil   ich  lebte,  Inint  ich  beine  wol  so  hoch  als  fleisch  ver- 

kauTeo, 
Würmern  schenk  ich  Jetzt  was  fleischicht,  belne  bleiben  ühcrm 

häufen.    Logad  8,238, 112; 

mein  «tubcnnachbar  erlernte  die  medicin,  gicng  aber  lieber 
mit  fleischirhlen  körpern  als  mit  ekelhaften  gerippen  um. 
Rabener  2. 18  ;  eine  derbe,  flcischigtc  brünette.  Klinger  3, 154. 

FLEISCHIG,  1)  carnosus,  callosus,  pulposus:  ein  fleischiger 
arm,  eine  fleischige  bime. 

2)  camalis :  8olt  dan  ein  fleischig  man  nit  sterben.  Mdrner 
luth.  narr  028. 

FLEISCHIGKEIT,  f.  hatten  die  kflnstler  dieses  stiis,  deren 
»ornehmste  belrachtung  auf  die  vollkommnen  gewflchsc  ge- 
riclyet  war,  «ich  in  der  überflüssigen  fleiscbigkeit  nicht  ge- 
zeigt.   Wl.lKELMAKM    i,  2Sfi. 

FLK!-''"-'MM    m.  caruncula. 

FI-I  I  in,  f    carnarium:    es    kroch  ein  fuchs  in 

eine  Ib '  r.   Wr.tot:  kl.  leulehrt;  mit  züchten  zu  reden, 

ein  jungiraw  ihre«  zeithenii,  die  ihr  obiter  in  tran.situ  die 
wurmilichige  flciüchknmmer  tisilicren  lasiicn.  facH.  facäiar. 
S.  420. 

FLEtSCHKLÜbZ,  m.  ylobtu  earneuM. 


FLEISCHKLÖSZCIIEN,  n.    glohulus  e  carnc  et  farina  coclus. 
FLEISCHKLOTZ,  m.  Iruncus  carneus: 

wenn  ein  hochroüth^er  fleischkloti  uii:<  bedroht, 

10  lel  an  arrogant  picce  of  llesli  ihreat  iir.    Cymbelinr  4,2. 

FLEISCHKLLMPE,  m.  muUUudo  carnium,  fteischmasse,  flmclir 
kndlc. 

FLEISCHKNÜLLE,  m.  ^obus  carms.  Stiklbr  988. 

FLEISCIIKOCH,  m. 

FLEISCHKORB,  m. 

FLEISCHKOST,  f  cibi  carnci. 

FLEISCHKREUEL,  m.  creagra.  Stielkr  1038. 

FLEISCH  KRONE,  f.  am  huf  des  pferdes,  vgl.  fleischbiattilien. 

FLEISCHKLCHEN,  m.  placenla  caruea. 

FLEISCHLAKE,  f  muria  caruaria. 

FLEISCHLAPPE,  ni.  lacinia  carnis:  eine  muskel  oder  fleisch- 
lappen.  Fr.  Müller  3,  34. 

FLEISCHLAÜCH,  m.  allium  ßslulosum. 

FLEISCHLEIM,  m.  sarcocolla:  das  blut,  welches  gestocket 
in  einer  wunden  ligen  bleibt,  ist  der  rechte  fleischlim,  weit 
über  den  sarcocolla.  Wühtz  81.    Tabebnaem.  615. 

FLEISCH  LEIN,  n.  caruncula. 

FLEISCHLICH,  carn<Jis,  ald.  fleisclih,  mW.  vleischlich  (wb. 
3,  340") : 

fleischlichen  trost  und  ewig  Ion 

kain  mensch  aut  erd  erlangen  kan.  Schwarzsnbbrg  134,2; 
auf  flaischlich  tust  muin  trost  ich  stell.  140,1; 
mit  im  ist  ein  fleischlicher  arm,  mit  uns  aber  ist  der  herr 
unser  gott.  2  chron.  32,  8  ;  hastu  denn  auch  fleischliche  äugen 
oder  sihestu  wie  ein  mensch  sihet?  Hiob  10,4;  denn  wir 
wissen,  das  das  gesetz  geistlich  ist,  ich  aber  bin  fleischlich, 
unter  die  sünde  verkauft  {goth.  vitum  auk,  |)ata  vit^li  ahmein 
ist,  ij)  ik  leikeins  im,  frabauhts  uf  fravaurht).  Rom.  7,14;  ir 
aber  seid  nicht  fleischlich,  sondern  geistlich,  so  anders  goltes 
geist  in  euch  wonet  (ij)  jus  ni  siju|)  in  leika,  ak  in  ahmin, 
sve|)auh  jabai  ahma  gu})9  bauij)  in  izvis).  8,9;  und  ich,  lieben 
brüder,  kund  nicht  mit  euch  reden  als  mit  geistlichen,  son- 
dern als  mit  fleischlichen,  wie  mit  jungen  kindern  in  Christo. 
1  Cor.  3,1;  seid  ir  denn  nicht  tleischiithe  und  wandelt  nach 
menschlicher  weise?  3,3;  das  wir  nicht  in  fleischlicher  Weis- 
heit, sondern  in  der  gnade  goltes  auf  der  weit  gewandelt 
haben  (|)alei  ni  in  handugein  leikeinai  ak  in  anstai  gu|)s 
usmetum  in  [)amma  fairhvau).  2  Cor.  1,12;  oder  sind  meine 
anschlege  fleischlich?  (ibai  bi  leika  })agkjau?)  1.17;  gegen 
etliche,  die  uns  schetzen,  als  wandelten  wir  in  fleischlicher 
lust  (ana  sumans  l)ans  munandans  uns  sve  bi  leika  gapg^in- 
dans).  10,2;  denn  ob  wir  wol  im  fleisch  wandeln,  so  streiten 
wir  doch  nicht  fleischlicher  weise  (ni  bi  leika  drauhtinum). 
10,3;  denn  die  wafTcn  unser  rillerschaft  sind  nicht  fleisch- 
lich (untc  vepna  unsaris  drauhtinassaiis  ni  leikcina).  10,4; 
und  ist  on  sache  aufgeblasen  in  seinem  fleischlichen  sinn 
(svarö  ufl)lesans  fram  fra[)ja  leikis  seinis).  f-oi.  2,18;  lieben 
brüder  enthaltet  euch  von  fleischlichen  lüstcn,  welche  wider 
die  Seelen  streiten.  1  Petr.  2,11;  bullieder  und  fleischliche 
gesiinge.  Luther  (W'aWi)  10,1722;  die  auf  solche  mittel  aber 
sich  mehr  dann  auf  gott  verlassen ,  die  vertrawcn  einem 
fleischlichen  arm.  Kirchhof  rfwc.  mi/.  3 ;  du  darfst  auch  nicht 
denken,  dasz  ich  sei  in  himmel  gestiegen  und  habe  solches 
mit  meinen  fleischlichen  äugen  gesehen.  Jac.  Bübme  Aurora 
s.  11t.  133; 

Trcch,  flüischlich  oder  gaii. 
wer  flaischlich  ist,  der  mag  sich  nach  dem  flaisch  umhselien. 
Weckhirmn  734; 
fleischliche  woiliistc.  pers.rosenih.  1,6;  der  fleischlichen  liebe 
nicht  zugethan.  fwl.slockf.rtO;  sieh  in  eine  fleischliche  Sünde 
einlassen  wollen.  53.  fleischlicher,  Iciblirhtr  bnider,  fraler  ger- 
manus,  nnl.  vieesehelijke  broeder.  IIutd.  op  Stoke  2,  507. 

FLEISCHLICH,  carnnlilir:  wenn  irgend  eine«  maus  weih 
sich  verlief,  und  jemand  sie  fleischlich  heschleft.  4. 'f(U.  5,13; 
denn  die  da  fleischlich  sind,  die  sind  fleischlich  gesinnet, 
die  aber  geistlich  sind,  die  sind  geistlich  gesinnet,  aber 
fleischlich  gesinnel  sein  ist  der  lod,  und  geistlich  gesinnel 
sein,  ist  leben  und  friede  (nnlA  |iai  bi  leika  visandans  |iA, 
|iAei  leikis  sind,  milond,  i|)  |>ai  bi  ahmin  t)A,  |iAel  ahmin«. 
a}i|ian  fra|)i  leikis  dau}ius,  i|)  fra|ii  ahmins  libainsjah  gaTair|)i). 
Rüm.  8,  5.  0 ; 

die  lit  ein  jungfraw  rein  und  pur, 
wIn  «je  uns  von  euch  gelion  wiir, 
din  hnh  wir  MeiMliliih  nie  erknnt.    Atrrr  143'; 
unsere    fleischlich    gesinnte    gedanken.     BrTSCHtr  P'ilm.  41«; 
hatte   um  lelbige  zeit  ein  gewisser  Turnuhiuer  herrn  dicnrr 


I 


1 76i   FLEISCHLIN  —  FLElSCHSCHNECKß 

die  unzucüt  begangen,  sich  mit  eiuer  weibsperson  fleischlich 
zu  vermischen.  Febenb.  2.  55. 

FLEISCHLIN.  FLEISCHLEIN,  n.  fruslum  carnis,  Stückchen 
fleisch,  auch  persüniich  gebraucht: 

das  fleischlin  (das  mädchen)  ist  ietz  dio  eigen,    fduf n.  SSO,  29 ; 

ein  fleischlin  in  mein  tälzlin.  Bebel  facei.  99*. 

FLEISCH  LING,  m.  l)  homo  libidinosus :  das  ist  allein  under 
dem  dürren  holz,  dornigen  geizhäisen,  unlautern  fleischiingen, 
die  gott  einsen  (einmal)  ausmustern  lassen.  Joa.  Nas  war- 
nungsengel  ISl. 

2)  boletus  bovinus. 

FLEISCHLOS,  expers  carnis: 

wa  dein  von  beio  und  baut  fleiscblosps  angesiebt? 
Wecehkrli:«  715; 
dieser  fleischloser  und  geisthafter  {Rübezahl  und  Kalzenreit). 
Praetobics  bericfit  vom  schnakischen  Katienreit.  1665.  rorr.  bl.  1 :  ach 
dieser  gewesene  glückliche  ist  jetzt  ein  fleischloses,  bleich- 
fahles, hinfälliges  gerippe  ohne  gesundheit.  ohne  fröhlichkeit, 
ohne  Schuldlosigkeit  und  ohne  kraft.  Kreischjian:?  Zäunen  207 ; 
deine  fleischlose  knochenversteinerung.  i.P.uns.loge  3,bl. 

FLEISCHLOSIGKEIT.  f.  macies. 

FLEISCHMADE.  f.  termes,  larre  der  fleischftiege.  iedoch  mag 
tarmus  ain  iegleich  flaischmad  haijen.  Megeneerg  309,  23. 

FLEISCHMAHL,  n.    1>  cü)us  e  carne  paralus,  fteischspeise : 

heim  bauen  die  weiber  und  kinder  den  herd, 

ein  leckeres  fleischmabl  ist  heut  uns  beschert.    Bö>gk>  60^. 

2)  brandmahl,  brennzeichen,    «eisth.  3. 255.  257. 

FLEISCHMANGEL,  m.  penuria  carnis. 

FLEISCHMANN,  m.  lanio,  carnium  propola,  auch  Häscher, 
auffänger. 

FLEISCHMARKT,  m.  maceHum,  fleischbank:  alles  was  feil 
ist  auf  dem  fleischmarkt,  das  esset  (all  ^atei  at  skiljam 
frabugjaidau.  maljai|)).  1  Cor.  10,25. 

FLEISCHMASSE,  /.  tasU  corporis  tnoles:  er  ist  eine  unge- 
heure fleischmasse. 

FLEISCHMAl'E,  f.  musculus  carnis,  torus:  gerollte  wammen, 
spallen,  kalbsbraten,  nierbraten,  eingetonnet  fleischmauen, 
zemmer  und  knöpf  von  hirzen.  Garg.  53';  hiib  den  leib  in 
die  luft,  also  dasz  er  den  ganzen  leib  allein  mit  den  fleisch- 
mauen und  spannadern  des  daumens  in  der  wag  aufhielt. 
230';  fleischmaunen,  fleischknurren  an  den  meusen  der 
srhenkle  nnd  arme.  tori.  Maaier137*,  also  in  deutlichem  Zusam- 
menhang mit  mauwe.  ermel ;  hat  sich  ein  sehr  groszcs  wildes 
Schwein  sehen  lassen,  welchs  von  dicken  fleischmauwen  ganz 
feist  und  fett  war.  Spaxgesberg  jagteufel  94.     rgl.  maue. 

FLEISCHMAIL,  m.  edax  carnis,  ßeischfresser.    Maaler  13*'. 

FLEISCHMAUS.  f.  musculus  carnis.  auch  Stieler  t25S  setzt 
fleischmau  und  flcischraaus  neben  einander,  s.  fleischmaue. 

FLEISCH.MESSER.  n.  fleischbeü,  kochmesser,  sluckmesser, 
macera.  voc.  14S2  h  s'. 

FLEISCHMILBE,  f.  acarus. 

FLEISCHMIS.  n.  fleischsfieise :  des  freitags  pflag  derselbige 
Rausch  zu  kochen  gar  ein  guot  fleischmuos.  bruder  Rausch  A  2. 

FLEISCHNABEL,  m.  rhamnus  sarcomphalus. 

FLEISCHNAHRUNG,  f.  alimentum  carneum. 

FLEISCHNARR,  m.  carni  dedilus  homo: 

ein  lleischnarr  ist  ein  junger  meusch.    Brockes  6,329. 

FLEISCHPASTETE,  f.  fleischbackwerk,  fleifchgebackMi. 

FLEISCHPFENNING.  m.  abgäbe  auf  fleisch. 

FLEISCH  PREIS,  m.  fleischlaxe. 

FLEISCHRIEME,  m.  gesalznen  schweininen  flcisches,  st^c- 
cidia.  Maxier  13"'. 

FLEISCHRINDE,  f.  cortex  carneus:  die  verdunkelte  seele 
fühlte  sich  wie  eine  haniadrjade  von  der  biegsamen  fleisch- 
rinde überwachsen.  J.  P.  Hesp.  2. 13. 

FLEISCIIROTH.  roth  u-ie  fleinh,  flekchfarb. 

FLEISCHSACK,  m.  der  treg,  lasz,  ful  gesell,  din  eigner 
lib.  der  fleischsack,    der  an  dir  hanget.    Keisersb.  bilg.  134*. 

FLEISCHSCHARRE,  f.  maccllum .  fleischhalle :  nicht  ein  gas- 
sengesrhrei  daraus  machen,  aufm  markt  und  in  lleischscharen 
ein  klagüed  drflberfübren.  Oi  orim  Varisci  {loh.  Sommers) ethnogr. 
mundi.  Mnyde!>.  lü09.  k  fi ;  in  die  juristische  fleischscharre  treiben. 
J.  P.  //»'(/W;.  1.  46.     j.  fleischscherne.  fleischschranne. 

FLEISCHSCHÄTZER,  m.  ae.<:timalor  carnium. 

FLEISCHSCHAl'.  f.  carnium  sj:erlatio. 

FLEISCHSCIIAIER.  m.  sf<eclatür  carnium.  amtlicher  beschauer. 

FLEISCHSCHERNE.  SCHERBE,  f.  fleischscharre. 

FLEISCHSCHNECKE,  f.  ürombus  puytlis. 

m. 


PLEISCHSCHMTT— FLEISCHWL'NUE      17b2 

FLEISCHSCHNITT,  m.  incisura  carnis,  schnitt  ins  fleisch. 

FLEISCHSCHNITTE,  f.  segmentum  carnis. 

FLEISCHSCHRANNE,  f.  macellum,  fleischscherne. 

FLEISCHSCHRAL'FE,  f.  weisz  aber  pit,  ob  ich  mir  die 
gurgel  abschneidn  soll  oder  mich  an  meins  vattem  sein  grosze 
fleischschraufn  aufhenken.   Schwabe  tinlenf.  59. 

FLEISCHSCHWAMM,  m.    II  agancus  ralidus. 

2)  aplitha:  dasz  das  fleisch  in  der  wunden  zu  luck  schwam- 
mecht ist  und  sich  begeret  zu  einer  fislel  oder  fleischschwam- 
men zu  ziehen.  Würtz  302. 

FLEISCHSEITE,  f.  bei  den  geriern,  die  inwendige  seile,  die 
aasseile  der  haut. 

FLEISCHSETZER,  m.  fleischschätzer,  der  die  fieischf-reise  ansetzt. 

FLEISCHSOHLE,  /.  solea  camea  ungulae,  der  wache  tbeil  im 
hufe,  der  die  ganze  homsohle  bedeckt. 

FLEISCHSPEISE,  /".  cibus  e  carne  paratus. 

FLEISCHSPENDE,  f.  fleischrerlhalung  an  arme. 

FLEISCHSTACHELN,  folliculi. 

FLEISCHST.ANDER.  m.  fleischbülte. 

FLEISCHSTELER,  f  fleischabgal>e. 

FLEISCHSTOCK,  m.  caudex  macetlarius:  v»er  sich  seines 
weibes  nicht  achtet,  der  lasset  sie  als  wie  ein  alten  fleisch- 
slock  über  nacht  auf  der  gassen  leer  stehen. 

FLEISCHSTRÄHL,  m.  zwischen  dem  hornstralil  und  der  fleisch- 
sohle im  huf. 

FLEISCHSIPPE,  f.  1)  jus  carneum,  fleischbrüh:  flaischsup 
oder  flaischpru,  prodium,  et  est  panis  in  aqua  cum  carnibus 
cocta.  voc.  14S2  h7';  gelt,  den  teller  voll  lleiscbsuppe,  den 
ich  ihr  vorgestern  abends  hinstellte,  warum  hat  sie  ihn  nicht 
gewärmt  und  gegessen?  H.  L.  Wacxer  Aindennörrfenn  95  , 

2)  bildlich  für  bhtt:  pfui,  dasz  man  dir  nicht  die  fleisch- 
snppe  über  den  grind  herabgieszen  (didi  blutig  schlagen)  soll ! 
Weise  errn.  109. 

FLEISCHTAG,  m.  dies  quo  carnibus  tesci  licet,  gegensalz  zu 
fasltag:  und  betreufe  sie  mit  butern  oder  mit  smalze,  ob  e; 
(niht)  fleischtac  si.  ron  guter  spise  25;  und  brat  den  teic  in 
smalze  oder  in  butern,  ob  e;  niht  fleischtac  ist.  43 ;  gediug 
uf  den  nechsten  flcischdag  vor  s.  Thomas  gehalten.  wei-4h. 
2, 178  ;  wenn  dirs  auf  einen  fleischtag  geboten  würde.  Lctiii-r 
3.  63';  das  verbot  der  speisen  belangend,  da  man  aus  Werk- 
tagen und  Sonntagen  hat  fischtag  und  fleischtag  gemacht. 
bienenk.  146' ;  es  ist  nicht  alle  tage  fleischtag,  geht  nicht  imuier 
hoch  her,  man  ist  nicht  in  änem  fort  glüddick,  es  geht  ntcht 
stets  fort  nach  wünsch. 

FLEISCHTAXE,  f  prelium  carnium  jrraescriptum. 

FLEISCHTOPF.  m.  olla  carni  coquendae  facta:  sich  nach 
den  ägyptischen  fleischtöpfen,  nach  dem  wolleben  sehnen ;  da 
wir  bei  den  fleischtöpfen  saszen  und  hatten  die  fülle  brot 
zu  essen.  2  Mos.  16.  3. 

FLEISCHTÖPFCHEN,  n.  ollula  carnis. 

FLEISCHTRACHT,  s.  fleischblättchen. 

FLEISCHTRAURE,  f.  mit  kleinen  beeren  roll  snszen  safles. 

FLEISCHTRODEL,  f  cirrus  carnosus:  das  perlhuhn  hat  an 
den  backen  fleischtrodeln. 

FLEISCHUNDBEINGITTER  stehen  zwischen  den  mensrhen- 
scelen  und  doch  kann  der  mensch  wähnen,  es  gebe  auf  der 
erde  eine  umarmung,  da  nur  gitter  zusammenstoszen  und 
hinter  ihnen  die  eine  seele  die  andre  nur  denkt.  J.  P.  uns. 
foge  2, 1«5. 

FLEISCHYERK.\CFER,  m.  mandpiorum  negoliator,  sdacen- 
händler.  Münster  rosmogr.  1324. 

FLEISCHVEBMESSEN.  temerarius: 

hat  einen  fleischvermesznen  mutb, 

kein  gnad  bei  ibm  ersuchet.    Riigwald  evang.  IS^ 

FLEISCHVOBRAT,  m.  copia  carnis. 

FLEISCHWAARE.  f  carnes. 

FLEISCHWAGE,  f 

FLEISCHWAND.  f    siebe  neischblältchen. 

FLEISCHWARZE,  f  caruncula. 

FLEISCHWEINER,  m.  rother  traminer. 

FLEISCHWEISE,  nach  dem  fleitch,  nicht  nach  dem  </••«"«/.■ 
die  weltgelerten ,  Ueischweisea  im  buclistaben  der  schrift. 
Frans  sfir.  2,  ir.4". 

FLEISCHWFRDUNG.  f.  incamatio,  wie  menscbwerdung. 

FLEISCHWERK,  n.  carnes:  er  hat  gutes  fleischwerk,  ist 
fleischig. 

FLEISCHWrCHS,  m.  incrementum  camit. 

fLtiSCHVMNDE,  /.  minus  in  carne. 

111 


1763 


FLEISCHWLRFEL  —  FLEISZ 


FLEISZ 


1764 


FLEISCHWÜRFEL,  m.  cuhus  rarneus :  ein  schöner  rindtorso 
oder  flcischwürfel  als  poslament  des  ganzen  eszkunstwerks. 
J.  P.  Siebenk.  1,  50. 

FLEISCHWllRM,  m.  termes. 

FLEISCH\^•^I{ST.  f.  mit  iiehacklem  flriscli  gefüllt. 

FLEISCHZAPFE,  m.  daricula  carnea. 

FLEISCHZKHE.  /.    siehe  flcischblötlchen. 

FLEISCHZEHNTE,  m. 

FLEISCHZEIT,  f.  Umpus  quo  carne  resci  licet. 

FLEISCHZUCKER,  m.  aus  fleisch  gezogen,  vgl.  leberzucker, 
traiibenzuckcr. 

FLEISCHZWIEBEL,  f.  allium  porrum. 

FLEISZ,  m.  conlentio,  diligentia,  Studium,  induslria,  ahd.  fli;, 
mhd.  vitj,  alts.  ags.  (lit,  engl,  ausgestorben,  nnl.  vlijt,  schw.  flit,  ddn. 
flid  ton  uns  entlehnt,  denn  die  altn.  spräche  kennt  kein  solches  nort 
vnd  fliotr  celer  ist  tinreruandt,  auch  ein  goth.  fleit  erscheint  nicht, 
sondern,  wie  die  belege  zeigen,  dafür  aljan  (eilen)  und  iisdaudei. 
6«  LcTiiER  fehlerhaft  geschrieben  vleis.  die  alte  bedeutting  von 
tireit  ganz  erlonclien,  die  von  eifer  und  anstrcngung  geblieben. 

1)  groszcr,  ganzer,  hoher,  ernster,  emsiger,  beharrlicher 
fleisz;  anhaltender,  ausdauernder,  angestrengter,  verdoppelter 
flcisz;  böser,  verkehrter  fleisz,  iiberiger  fleisz  (affeclalio). 
Maai.er  137';  der  fleisz  wächst,  steigt,  erhöht  sich,  nimmt 
tu;  ermattet,  erkaltet,  läszl  nach,  nimmt  ab. 

2)  fleisz  thun:  da  der  könig  solchs  höret,  ward  er  seer 
betrübt  und  thet  groszen  fleisz,  das  er  Daniel  erlösete.  Dan. 
8.14;  so  du  aber  mit  deinem  Widersacher  für  den  fiirsten 
gehest,  so  thue  fleisz  auf  dem  wege,  das  du  sein  los  wer- 
dest. Lwc.  t2,  58;  thue  fleisz,  das  du  vor  dem  winler  komest. 
2  Tim.  4,21;  indes  thet  der  Augustin  allen  fleisz,  das  er 
seinen  leib  mit  vielen  tüchern  warm  macht.  Luther  3,402'; 
das  ist  ja  leid  für  dich,  thun  auch  fleisz  und  bitten,  das  du 
ledig  werdest.  422*;  wie  er  denn  groszen  fleisz  thut,  böse 
deudsch  zu  reden.  441* ;  ei  ich  weite  mich  wol  aus  der  weit 
fragen  und  du  kanst  dich  des  imd  des  nicht  erkündigen, 
und  es  ist  war,  ein  mensch,  wenn  er  fleisz  thut,  kann  vil 
erfaren.  lernen  und  ausfragen,  kluge,  u-eise  reden  15C5, 271*. 
1570,  2SC';  doch  nit  feirclen  und  fleisz  thelen.  Bocc.  1,42'; 
sie  solchen  fleisz  thun  wolt,  das  im  das  on  zweifei  werden 
solte.  1,299';  thut  fleisz.  Mich.  Nea>der  menschensp.  ^9 ;  eines 
tags  thet  der  ritter  also  groszen  fleisz.  buch  d.  l.  34,  2 ;  die 
ärzte  theten  also  groszen  fleisz,  darmit  der  Lanzelet  wider 
gebeilt  und  gesund  ward.  37,2;  thue  nur  fleisz,  idage.  Ayrer 
proc.  1, 1 ; 

auch  ihr  seid  aus  der  schar,  die  von  der  wiegen  an 

mit  alter  Weisheit  eicIi  zu  messen  fleisz  gethan.    Flehing  62; 

auch  ich  hab  ümm  parnasseu 
und  sein  gelehrtes  volk  mich  of^e  linden  lassen, 
hab  allen  fleisz  gcihan  ümm  Fobus  seine  gunst.    96; 

ich  höre  aufmerksam  zu  und  will  fleisz  thun,  dasz  ich  euch 
nicht  misverslehe.    Clacdids  8,  81.     fr.  faire  diligonce,   eilen. 

3)  fleisz  haben :  also  auch  die  lischer  und  zimmerleute, 
die  tag  und  nacht  erbciten  und  schnitzen  bildwerk  und  fleisz 
haben  mancherlei  erbeit  zu  machen.  Sir.  38,  28 ;  ich  gebe  im 
Zeugnis,  das  er  groszen  fleisz  hat  umh  euch  {goth.  t)atei  habai)) 
manag  aljan  bi  izvis).  Col.  4,13;  und  ob  er  alle  sunde  so 
rein  nicht  kan  erzelen,  das  er  doch  fleisz  hab,  sich  der  alle 
zu  erinnern.  Jo;«aä  fcei  Lu/Aer  6,  419";  darumb  haben  wir  alle- 
zeit groszen  fleisz  gehabt,  augsb.  conf.  im  corp.  doclr.  ehr.  129; 
befahl  seinen  scherern  und  erzten,  sie  «ollen  groszen  fleisz 
haben,  in  wider  zu  heilen  und  gesund  machen,  buch  d.  l. 
221,  2.     ähnlich  ü(  fleisz  hallen : 

bah  vleisz  aiiT  unser  neun ! 

WoLFi  tciltcltr.  für  d.  myih.  1,467. 

4)  Oeisz  kehren,  ankebren :  k^ren  mhd.  wb.  3, 352',  nhd. 
ab<:ch.  des  reiciureg.  ihOl  §.10;  »o  sollen  die  nolarien  höchsten 
fleitz  ankebren.  not.  ordn.  von  1512  §.  14;  fleisz  ankeren, 
xnrigUare,  incumbere.  Serbaüus  tyn.  70*.     mehr  belege  1,379. 

5)  fleisz  anwenden,  verwenden:  allen  möglichen  fleisz  an- 
wenden ;  und  so  die  hcupter  und  regenten  der  gemeine  nicht 
werden  fleisz  fürwenden,  augsb.  conf  im  corp.  doctr.  369 ;  fleisz 
und  mühe  anwenden.  1,  619.  tnAd.  wenden  (u'b.  3, 352').  flciat 
erwinden.  SciiERTtiis  br.  115. 

5')  zum  fleisz  auffordern,  nüthigen,  zwingen : 

Je  mehr  er  »ich  mm  fiel«/'»  twinKl, 

um  detto  mehr  ci  ihm  grliiigi.     Gotwi  13,  \'>c>. 

6)  Deisz  legen,  anlegen,  setzen,  ansetzen :  leget  Reiiz  an 
Ire  msuren  und  erhöhet   ire  pullust.  p.  4s,  it;   fleisz  anlegen 


1,  398 ;  eine  fraw  die  hatte  zwei  hOndJin,  die  ihr  sonderlich 
lieb  waren  und  groszen  fleisz  auf  sie  setzte,  buch  d.  l.  288, 4. 
heute,  den  fleisz  auf  eine  sache  richten,  ihr  widmen. 

7)  so  sol  nu  hie  unser  fleisz  sein,  das  wir  weit  von  ein- 
ander scheiden.  Luther  3,36*.  heute:  unser  streben,  be- 
streben. 

7')  keinen  fleisz  sparen,  unterlassen", 
der  schöne  zwerg  hat  licinen  fleisz  gespart.    Wiklasd. 

8)  sihe,  dasselbige  das  ir  göttlich  seid  betrübet  worden, 
welchen  fleisz  hat  es  in  euch  gewirket  {goth.  hvelauda  gatavida 
izvis  usdaudein).  2  Cor.  7, 11 ;  das  ewer  fleisz  gegen  uns  ofl"en- 
bar  würde  (du  gabairhtjan  usdaudein  nnsara).  7,12;  aber 
gleichwie  ir  in  allen  stücken  reich  seid  im  glauben  und  im 
wort  und  in  der  crkenntnis  und  in  allerlei  fleisz  (jah  in  allai 
usdaudein).  S,  7 ;  gott  sei  aber  dank,  der  solchen  fleisz  an 
euch  gegeben  hat  in  das  herz  Tili  (izei  gaf  |)ö  samön  ui- 
duudeiu  faur  izvis  in  hairtö  Teitaus).  8,16;  nMi. 

üf  daj  sftibe  wunsolileben 

sÖ  hei  ich  minen  vlij  pegi^ben 

in  miner  frouwen  gcwail. 

9)  ein  von  fleisz  abhängender  geniliv  bezieht  sich  meist  auf  das 
thdtige  subject,  z.  b.  ich  bewundre  den  fleisz  des  mannes; 
der  kinder  fleisz  crn.ihrte  die  eitern;  geld  ist  das  mittel, 
den  fleisz  der  menschen  gegeneinander  zu  verkehren,  so 
dasz  der  nationalreichthum  eigentlich  nur  die  summe  des 
fleiszes  ist,  mit  dem  die  menschen  sich  lohnen.  Kant  6, 94. 
zuneilen  gehl  er  aber  auch  auf  den  gegenständ,  welchem  fleisz 
und  sorgfall  zugeuendel  werden  {rgl.  mhd.  zornes  vlij,  slüfe« 
vli;.  «'6.  3,352"): 

mein  leib  zoch  ich  mit  hisies  fleisz, 

nun  ist  er  hie  der  wiirme  speis.    Scbwarzkkberc  114,2; 

der  fleisz  des  Schmucks,  ^iloxooftia.  Fischart  ehz.  74; 

wer  rief  euch  in  das  fremde  land,  den  blnhnden  fleisz 
der  felder  zu  verwüsten?  Schiller  464'. 

man  könnte  nicht  sagen  der  fleisz  auf  die  felder,  an  den  fel- 
dern  ohne  hinzugefügtes  particip  oder  adj.,  eine  Überschrift  bei 
LocAU  2,37,40  lautet  indessen:  fleisz  zur  lugend,  wie  es  hiest 
sich  zu  etwas  fleiszen,  und  bei  Maaler  137'  steht  fleisz  und 
ernst  auf  ein  ding,  intentio.  fleisz  im  feld,  bei  der  arbeil 
wäre  heute  zulässig,     wenn  Rost  schdfercrz.  16  setzt: 

ihr  uiiverdroszncr  fleisz 

war  bei  den  schafen  ietzt  nicht  mehr  wie  tonst  geschäftig. 

so  gehört  die  praeposition  zur  ganzen  redensart. 

10)  häufig  entsjtringcn  advcrbia. 

a)  mit  dem  genitiv,  fleiszes,  alles  fleiszes,  diligenter,  diligen- 
tissime  {wie  ernstes,  alles  ernstes  sp.  925) :  doch  wil  ich  übrig» 
fleisz  (=  fleiszes)  auch  sagen  mein  meinung.  Luther  1.398'; 
welches  auch  ifg.  ich  mich  alles  fleiszes  erbot  ins  werk  zu 
richten.  Schweinichen  3,134;  ich  will  besten  fleiszes  mich 
bemühen.  Opitz  j)Of /cm' l';  so  ersuche  ich  ihn  hiermit  dienst- 
lichen fleiszes.  Wieiand  14,  57;  sie  hallen  ihm  die  mühe  er- 
spart eignen  fleiszes  zu  suchen,  was  sie  schon  gefunden 
hatten.  19,27. 

b)  mit  fleisz,  sedulo  {mhd.  wb.  3,  352') :  aber  verwaret  euch 
mit  fleisz,  das  ir  sie  nicht  bekrieget.  S^/os.  2,  4;  das  du  mit 
fleisz  haltest  und  thust  alles  das  dich  die  priester  leren. 
24,8;  haltet  nun  aber  an  mit  fleisz.  das  ir  thut  nach  dem 
gebot  und  gesetze.  Jos.  22,5;  ich  Dariiis  habe  dis  befolhen, 
das  es  mit  fleisz  gethan  werde.  Esra  fy,li;  alle  dasselh  nim 
und  keuf  mit  fleisz  von  demselben  gelde.  7,17;  und  er  weidet 
sie  auch  mit  aller  trew  und  regiert  sie  mit  allem  fleisz.  ps. 
78,72;  SU  lasz  dein  obre  auf  Weisheit  acht  haben  und  neige 
dein  herz  mit  fleisz  dazu.  sfrr.  Sal.  2,2;  behüte  dein  herz 
mit  allem  fleisz.  4,23;  er  sihet  aber  reuter  reiten  und  faren 
und  hat  mit  groszem  fleisz  achtung  darauf.  £s.  21,7;  merket 
mit  fleisz  und  schawet.  Jer.  2,10;  da  berief  Herodes  die 
weisen  heimlich  und  lernet  mit  fleisz  von  Inen,  wenn  der 
Stern  erschienen  were  {altd.  gl*rnllrho  lernAta).  Matth.  2.7; 
nach  der  zeit,  die  er  mit  fleisz  von  den  weisen  erlernet  halle. 
2,16;  das  ich'' zu  dir,  mein  guter  Theophile,  mit  fleisz  ordent- 
lichen schriebe  {goth.  gahnhj6  |ms  nxMj.in,  batista  Thaiaufeilu). 
/.uc.  1,3;  da  sie  aber  zu  Jesu  kamen,  baten  sie  in  mit  fleisz 
{guth.  bi^dun  ina  usdnudö).  7, 4 ;  kere  das  haus  und  suche 
mit  fleisz,  iiis  das  sie  in  linde  ((/ot/i.  sokeij)  glaggvaba  unt)^ 
bigiii|i).  15,  S;  Zeiinn  und  Apollon  fertige  ab  mit  fleisz.  auf 
das  inen  nichts  gebrei  he.  7'i/.  3, 13 ;  baten  in  auch  mit  fleisz, 
er  wolle  die  weihenacblen  bei  inen  birilien.  LirnK*  3,33*; 
belegten  mit  fleisz  die  ttraszcn  zu  Mcldurf.  9,34*; 


1765 


FLEISZ  — FLEISZEN 


FLEISZEN 


1766 


ain  bartet  man,  was  alt  unJ  greis, 

der  thet  mir  auT  und  fragt  mit  Oeisz, 

■wie  ich  allda  verirret  wer.    Schw^rzenbkrg  150,2; 

mit  fleisz  (attenle)  hört  ich  den  werten  zu.  15t, '2; 
nnd  danket  dem  risenfconig  mit  hohem  fleisz  (magnopere). 
buch  J.  l.  4;  wir  danken  dir  mit  bficbstem  fleisz.  210,3; 
mit  ganzem  fleisz  (allenti.<<sime)  Reinbart  und  Gabiiotto  der 
zeit  erwarten  theten,  dasz  man  zu  bof  anhub  zu  blasen. 
241.  3 ;  Pbilomena  und  Gabriotto  anbuben  in  dem  scbacb  zu 
ziehen,  Laurata  ihnen  mit  fleisz  zusehen  ward.  242,2; 

ein  hänlin  weisz 

mit  ganzem  fleisz 

sucht  seine  speis.    Garg.  S7*; 
des  böcbsten  namea  will  mit  fleisz  ich  singen. 

AVecküerli:«  25; 
und  wan  ich  schon  mit  höchstem  fleisz 
dich  solt  erheben  nach  verlangen.    363; 
tritt  her  und  schau  mit  lleisze.    Paul  Gehhard  15,2; 
einst  wirst  du  in  den  alten  linden 
noch  spuren  deines  namens  finden, 

ich  weisz,  du  kömmst  und  nimmst  mich  mit. 
du  zeigst  iliu  dem  getreuen  greise, 
der  ihn  einst  mit  verliebtem  fleisze 

zum  deukmal  in  die  bäume  schnitt.    Rost  tchäferg.  17; 
mein  sehn,  das  hast  du  vrol  gemacht, 
mit  flei>z  das  bild  zu  stand  gebracht.    Götre  13,156; 
liebe  herren,  bedenkts  mit  Jleisz, 
sist  des  kaisers  will  und  gebeisz.    Schilleb  32S** 

e)  dieses  'mit  fleisz'  nimnU  häufig  die  hedeutung  ton  consullo, 
mit  absieht  und  rorsalz  an:  sie  trank  die  schalen  nicht  gar 
aus,  sondern  liesz  mit  fleisz  ein  wenig  darinnen,  buch  d.  l. 
214,1;  denn  ich  mich  mit  fleisz  auf  ein  andern  weg  richten 
wil.  254.4;  mit  diesen  Worten  der  ritter  seinen  briefbeschlosz, 
den  mit  fleisz  unterschreib  dein  elender,  verjagter  son'.  257,4; 

die  Lylla  sei  schön,  wie  mit  fleisz 

vil  rühmen,  kan  icb  nicht  gestehen, 

sie  ist  (ohn  witz)  lang  aufrecht,  weisz, 

recht  wie  ein  hüpsches  bild  zu  seben.     Weckuirus  801; 

die  Zunge  wohnt  mit  fleisz  im  weiszen  beingehege, 

dann  dis  ist  ihre  grenz,  in  der  sie  sich  bewege. 
LOCAU  1,  ItiO,  it6. 

die  anderen  lustgedichte  habe  ich,  zu  ungleichem  urtheil  nicht 
anlasz  zu  geben,  mit  fleisz  zurücke  gehalten.  Hofmas.xswaldau 
von.;  so  misz  mir  nicht  bei,  als  wenn  ichs  versehen  und 
ein  niederteutsches  wort  unter  das  hochteutsch  gemenget, 
ich  habe  es  mit  fleisz  gelhan.  Nel mark /us/ir.  rorr. ;  ich  mochte 
mir  dieses  mit  fleisz  nicht  deutlicher  erklären  lassen,  ehe 
eines  mannes  1S5 ;  oder  man  müste  annehmen,  dasz  es  noch 
itzt  gelehrte  geben  könne,  die  wol  wüsten,  wo  so  etwas  im 
verborgenen  stecke,  und  es  mit  gutem  fleisze  im  verborgenen 
lieszen.  Lessixg  8,332; 

ei  sieb !  so  hättest  du  ja  wol,  wenn  du 
verlorst,  mit  fleisz  verloren,  Schwesterchen?    2,227; 
ist  denn  dein  lied  schon  aus?    ich  habe  zugehört 
und,  weil  mirs  wol  gefiel,  mit  fleisz  dich  nicht  gestört. 
Rost  scliäferq.  128; 
ich  thue  es  mit  fleisz  nicht ;  ich  gebe  dir  das  buch  mit  fleisz 
zurück. 

d)  ahd.  sagte  man  in  fli;.  cetlatim  {gramm.  3, 154.  Graff 
3, 7S0).  mhd.  in  allen  fli?.  Parz.  113, 3.  Er.  668,  in  die  welle, 
um  die  welle,  dieser  ausdruck  ist  nhd.  unüblich,  da  sich  die 
bedeutung  ron  fleisz.  certamen  verloren  hat. 

FLEISZE,  f.  vigilanlia,  diligentia,  fleisze  oder  wachung. 
voc.  1482  h  8*,  entspricht  dem  ahd.  flijl.  Graff  3,  780. 

FLEISZE.N,  contendere,  studere.  ahd.  fli|an,  flei;,  flijun, 
mhd.  vliz;en,  vlei;,  vlijjen,  nhd.  fleiszen,  flisz,  flissen,  alls. 
flilan,  flet,  flitun,  ags.  flitan,  Dät,  flitiin,  doch  habe  ich  die 
practerita  üit,  flät  nie  gelesen,  so  wenig  als  fleit  erscheint  ein 
golh.  fleilan ;  man  wäre  sogar  versuciU  dafür  ))leilan  {nach  analogie 
von  {)laihan,  ))liuhan  =  flehan,  fliohan)  zu  ahnen  und  im  lal. 
stiis,  stlata,  sllocus  eine  bestätigung  zu  finden,  da  diesen  ein 
tlis,  flatus,  tlocus  torangegangen  scheint ;  docA  rfem  jileits,  J)leitis 
=  tlis,  tlilis  geht  Verschiebung  des  inlauts  ab,  so  richtig  der  anlaul 
verschoben  wäre,  auf  keinen  fall  war  dem  Ulfiias  solch  ein 
|)leitan  {)lait  geläufig,  weil  er  überall  usdaudjan  setzt,  ferner  ab 
tage  äne  vergleirhuug  ron  fleisz  und  fleiszig  mit  dem  sl.  pilnost 
(poln.  pilnosc)  und  pilny,  die  dasselbe  ausdrücken,  aber  wol  zur 
Mfurzel  pln,  plenus,  goth.  fulls,  voll  gehören,  von  pil  liesze  sich 
vbergehn  auf  til  und  wieder  zu  goth.  fl  =  j)l  gelangen. 
1)  ahd.  galt  noch  das  intransitive  verbum: 
da^es  inti  nahtes 

fleis  »1  thar  thes  rebtes.    0.  I.  16,13; 
•ie  flijsuo  tha{  sie  giltin.    I.  22, 2. 


mhd.  begegnet  nur  inf.  und  part. 

da;  vli{en  unt  daj  pinen.    Trist.  132,23; 
das  part.  sowol  mit  hän  als  mit  bin; 

herre.  ich  hän  gevliuen 

an  iegelicbem  seitspil.     Trist.  93,26; 

Sit  et  dar  an  gevlij^en. 

da;  mir  kein  schade  iht  üf  erste.    266,32; 

nu  kam  der  tac  da;  Fidre 

solt  körnen  von  Montöre 

wol  geQi;;eo  üf  den  tac.    Flore  2133. 

nhd.   zieht  der  inf.   vor  fleiszigen,   im  part.  haftet,    nd>en  bin, 
geflissen : 

bis  auf  die  pfert  geflissen!    fasln.  247,13; 

dessen  bis  noch  geflissen!    Ri:<ewAU>  geislt.  lieder  83; 

ob  man  dir  auch  sei  gflisseo 

zu  lieben  dich  von  berzeugrund.    Atrer  203*; 

dann  auf  dein  recht  und  seinen  guten  grund 

Tertrcst  ich  mich  und  bin  darnach  geflissen.    Opitz  pt.  228. 

2)  weit  häufiger  kommt  vor  sich  fleiszen. 
mhd.  dar  nach  er  sich  mit  vlije  vlei;.    Parz.  61,20; 
au  welen  buocben  bänt  si  da;  erlesen, 
da;  sich  so  maneger  fli;et  wä  er  ein  schine;  wip  verrtlle? 
Walther  34,3; 

der  wirt  gein  sinen  gesten  sich  söre  vli;en  began. 

Aü.  725,4; 
oucb  fli;ent  si  sieb  an  turnei.    DocE:f  misc.  2, 306 ; 
mit  davon  abhängendem  genitit: 

Tli;et  iucb  diemüete.    Part.  170,28; 

swa;  ie  guoter  tugende  an  vroun  Heichen  lac, 

der  vlei;  sich  ou  vrou  Kriembih  dar  nach  vil  manegen  tac. 

Mb.  1329.2; 
die  sich  des  fli;ent, 
da;  si  den  muut  so  säre  bi;ent.    Wai.thx>  61, 17. 

schwachformig  : 

si  vligete  sich  ir  waete.  Karaja;«  24,25.  25,3,  oder  vH;ete? 
nhd.  solt  sich  ein  mensch  fleiszen,  das  er  alle  zeit  in  allen 
seinen  werken  ufgespannen  wer  mit  seiner  meinung.  KtistRSB. 
irrig  schaf  19*;  denn  wie  ir  euch  geflissen  habt  von  gott  ab- 
zuweichen, also  bekeret  euch  nu  und  fleisziget  euch  zehn- 
mal mehr  den  herrn  zu  suchen.  Baruch  4,  28 ;  wiewol  ich  ein 
mechtiger  könig  bin,  hab  ich  doch  mich  meiner  gcwalt  nicht 
wollen  überheben,  sondern  mich  geflissen  gnediglich  und 
sanft  zu  regieren,  stücke  in  Esther  \,i;  also  das  ich  alles  mit 
dem  evangelio  erfüllet  habe  und  mich  sonderlich  geflissen, 
das  evangelium  zu  predigen.  Rom.  15,  20 ;  die  giftigen  meuler, 
die  sich  fleiszen,  wo  sie  etwas  ergröbbeln.  Lcther  4,406*; 
dahin  flissen  si  sich  auch  ir  sprach  zu  leiten.  Fbans  weltb. 
4l';  er  flisz  sich  in  alle  weg,  das  er  von  menigklichen  ge- 
liebt ward.  cAron.  18;  und  also  haben  sie  sich  endlich  zu 
fahren  geflissen.  buch  d.  l.  10,1;  got  wolt  aber,  ich  mich  in 
ihrer  gnaden  dienst  nach  allem  Iren  willen  fleiszen  möcht. 
233,4;  es  begibt  sich  oft,  dasz  sich  etliche  fleiszen  ander 
leut  zu  verspotten.  Bocc  1,  3S';  man  sol  sich  fleiszen,  dasz 
die  rinder  ninmier  aus-hungers  not  mager  werden.  Fober 
thierb.  HS"; 

wil  fleiszen  mich  vor  allen  dingen, 

das  ich  errett  im  sein  leben.    U.  Sachs  III.  1,217*; 

mau  fleiszt  sich  jetzt  den  hart  vom  maule  zu  gelosen  (abzu- 
lösen).   LoGAU  2,  b(»,  37  ; 

gar  genug,   wann  fremdes  gut  recht  zu  brauchen  icb  mich 
fleisze.    2, 158,  »8. 
mit  geniliv: 

und  tust  dich  erst  eins  neuen  fleiszen.    fattn.  56,13; 

und  wer  der  zeit  kein  recht  tut 

und  sich  vil  böser  ding  fleiszet.    319,26; 

du  tust  recht  sam  ein  saw  in  einer  pfützen, 

die  sich  unsauber  koste  fleiszt.    658,2; 

darümb  wer  wirig  {auf  die  daiter}  berschen  wil, 

der  soll  sich  fleiszen  fügend  vil.    Scuwakzknbkbs  HS,  1; 

drümb  wie  ain  ieder  alten  wil, 

des  fleisz  er  sich  von  jugent  vil.    143,2; 

der  fleiszt  sich  warlicb  pöser  töck.    155,1; 

der  sich  des  adels  fleiszt. 

und  doch  den  fUchs  nicht  beiszt.    ühla5d  365; 

thut  sich  der  schäflin  fleiszen, 

das  die  wolf  sie  nit  zerreiszen.    Soltad  260; 

was  fleiszest  dich  vil  alter  schand?    Mcrxer  schelment.  43,9; 

keiner  gütigkeit  er  sich  fleiszt.    H.  Sachs  III.  3,61*; 
fleisz  dich  gepraten  opfel  oder  gepraten  pim.  küchenmeisterei 
cap.  6;  ein  ireflicher  man,  der  sich  von  jugent  auf  aller  tugent 
geflissen  hatte.  2  Macc.  15, 12 ;  so  wir  bisher  und  fürt  mehr 
uns   dcsselbigen   geflissen   hatten.    LirrHERS  br.  l,  436;    und 

Hl* 


1767 


FLEISZENDS — FLEISZIGLTCH 


FLEISZLEIN  —  FLENNEN 


1768 


lleiszen  sich  alles  des  das  zu  zier  ires  leihs  und  angesichts 
dienet.  Frank  tre/<*.  193*;  des  sich  die  alten  weisen  nach  im 
grflissen  liaben.  Reucihin  augensp.  lO';  mit  jn-aejiosiliunen : 
haben  sich  auf  ir  gut  hier  geOissen.  Mathesius  15G2,  274* ;  hat 
man  sich  liernach  auf  gieser  geflissen.  daselbst; 

wer  sich  tu  gutem  zeitlicti  fleisit 

lind  leszl  sich  strafen  in  der  jugent.    Waidis  2,71  6/.  124'; 

aufs  gute  fleisi  man  sich  und  werd  zum  bösen  trftg. 

Simpl.  K.  (>41. 

heute  vird  sich  fleiszen  selten  gehraucM: 

welche  freud  an  meinem  kinde, 

die  sich  fleiszci  ernst  und  still.    Rcckkrt  geg.  ged.  1,2M, 

die  /Insxig  ist,  arbeilet,     rgl.  bedeiszen. 

FLEISZENDS,  ditigenter,  gebildet  trie  eilends,  zusehends. 
FLEISZIG,  diligeiK,  altentus,  mhd.  vli?ec,  vnd  mil  gen.  der 
sofhe:  bistus  vlijec.  MS.  1.170*.  nhd.  fleiszige  leule  am  ge- 
scbeft  des  ampts.  Ichron.  10,13;  fleiszige  menner  achzchen. 
27,  9  ;  fleiszige  menner  zwei  tausent.  27,  32 ;  lessige  band 
macht  arm,  aber  der  fleiszigen  band  macht  reich,  spr.  Sal. 
10.4;  ein  fleiszig  weib  ist  ein  kröne  ires  mannes.  12,4;  die- 
weil  andere  so  (leiszig  sind.  2  Cor.  8,8;  mit  vleisziger  liebe 
gefangen.  Ar.BR.  v.  Eybe  4*;  etwar  auf  fleiszig  sein,  allendere 
ad  aliquid.  Maat  er  137*; 

«uf  dein  fleiszig  hitt.    Scrwarzehberg  1S2,  2; 

Paul  ist  (leiszig  mich  zu  fragen, 

ich  verdriiszig  was  zu  sagen.    I.ocaü  .3, 100,  S8; 

ein  hialt,  ein  bricf  von  dir,  ein  hialt  mit  deinen  Zügen, 
dies  ists,  geilchtes  kind,  wobei  ich  (leiszig  bin. 

die  zeit  wird  nicht  verderbt,  ich  lese  deine  schrillen, 
und  lerne  stets  daraus,  was  zärtlich  lieben  sei. 
Rost  xcitäfcrg.  (i(>; 
eine   wenig   bemerkte   kleine    seitenkapelle   von   roch  geist- 
reichern' und    leichlern    maszen,    von    noch    gefiilligern    und 
fleiszigern  zierralen.   GiIthe  17,  209. 

FLEISZIG,  adv.  diligenler,  ahd.  flt?igo:  so  soltit  fleiszig 
forschen  und  fragen.  5  Mos.  13.14;  ich  könig  Arlhabsnstba 
habe  dis  befolben,  das  was  Esra  von  euch  foddern  wird, 
das  ir  das  fleiszig  tbul.  Esra  7. 21 ;  ziehet  bin  und  for- 
schet fleiszig  nach  dem  kindlin.  Mallh.  2,  «  ;  bab  ich  doch  so 
fleiszig  im  nccbsten  i)(ichlin  geschrieben.  Luther  3,  449'; 
und  bitt  vleiszig  e.  w.  wolle  sie  von  mir  fruntlich  annemen. 
Mei.ancmthon  anrichtung  der  lal.  schul.  A2';  das  schreibe  ich 
danimb  so  fleiszig,  das  wir  doch  sehen,  wie  voller  lügen 
die  histori  seind,  wie  unfleiszig  die  teutschen  münch  unser 
histori  haben  beschiiben.  Frank  cAron.  106*;  danket  ihm  auch 
ganz  fleiszig  und  sprach,  buch  d.  l.  11,1;  darnmb  so  wer  dir 
von  nftten  fleiszig  in  der  sach  l)andeln.  244,4; 

liebe,  die  alle  raängel  gerne  hüllt  und  (leiszig  decket. 

LocAU  2,82,  14: 
bankarte  sind  tapfre  leute,  wannen  kümmt  doch  dieses  her? 
weil  sie  lieb  und  gegenliebe  (leiszig  zeugt,   nicht  ohngefähr. 

2,  44,  bC; 
schreib  er  fleiszig  bücher,  mein  söhn! 

Rost  der  tcufel  an  Go/Isched  in  Schmidit 
anlliulogie  I,  218; 
lusl fuhren    und    histwandicr   begegneten    uns  fleiszig  (hdußg, 
op).  Gi'iTHE  43,249;  wir  wollen  uns  fleiszig  besuchen. 

FLEISZIGF.N  sich,  studere,  coniendere,  besonders  in  den  prae- 
»ensformen,  trdhrend  im  prael.  fleiszen  noch  stark  flectiert  wurde  : 
sie  fleiszigen  sich  der  lügen,  gehen  gute  wort,  aber  im  herzen 
fluchen  sie.  ps.  G2,  5;  weh  denen,  die  des  morgens  friie  auf 
sind,  des  saufens  sich  zu  fleiszigen  und  sitzen  bis  in  die 
nacht,  das  sie  der  wein  erhitzt.  Es.  h,n;  sie  fleiszigen  sich 
drauf  wie  einer  den  andern  belriegc.  Jer.  9,5;  in  solchem 
land  stehet  alle  ktmst  der  prophelen,  der  fleiszigen  sie  sich. 
Ll'tiier  3,  7* ;  das  sage  ich  umb  der  jüdischen  einrede  willen, 
der  sich  etliche  fleiszigen,  243*;  das  wol  ein  iglicher  sich 
fleiszigen  sol  ein  Christen  zu  sein.  4,477*;  er  wird  sich  nii 
seiner  nesselart  fleiszigen.  Llthers  frr.  4,503;  wiewol  er  sich 
der  obcricndischen  art  zu  reden  fleisziget.  KiRcnitor  wendunm. 
122*;  da  man  »ich  der  kürze  in  den  Worten  zum  höchsten 
pflegt  zu   fleiszigen.  0.  veish.  tustg.  411.     1.  befleiszigen. 

FLEISZIGKEIT,  f.  assiduitoi,  instantia,  tw.  1482  h  8*.'.  Stie- 
I,ER   5Pf.. 

FLEISZIOLICH,  ifdulo,  astidue,  instanter:  oo  hat  der  herr 
«och  zu  purh  gesand  alle  »eine  knechte,  die  propheten 
fleisziglich.  it.  2*,  9;  Maai.er  138*; 

drumb  nf\  gewarnet  neUzIglinh.    AiBtRCf  28*  5 
•r  gnuit  den  rsben  fleUiiglich.     30*; 
«tie  weil  du  iung  bl»t,  «oltu  dich 
mtl  •rb<-li  üben  fleiiijiglicb.    WO*; 


er  spracli  zum  wald.  ich  bitte  dich, 
mein  Hoher  wuld,  gar  tleisziglicli.     143'; 
bell  ob  gottes  worten 
uud  wandelt  lleiszij^llch  darin.     Atrer  424*; 

wie  fleisziglich  und  getrewiich  ich  mein  vaterland  zu  ehren 
Itegehre.   Weckiieri.in  rorr.  zu  den  vclll.  ged. 

FLEISZLEIN,  n.  opella,  Studium  lere.  SriEt.ER  505. 

FLEISZLICH,  assidue.  roc.  14>*2  hs*;  so  musz  meszigkeit 
fleiszlich  darzu  dienen  in  allen  werken,  kürhenmeisterri '  ■  und 
{Clas  Fabrr)  alle  bücher,  so  wider  den  Liiiber  gemacht  wer- 
den, so  fleiszlich  Iriickl.  Ai.nEnus  uider  Wilzel  kö*. 

FLEISZWILLIG,  diligentissiinus.  Stiei.er  2538. 

FLEME,  n.  adeps  renalis,  rcntralis,  bauch fill,  nierenfetl  von 
schireinen,  gänsen,  fischen,  im  geyensatx  zu  dem  von  rind  und 
hammel,  irelchcs  talg  genannt  wird,  nd.  flöm  (Danneii,  54*):  niiu 
dri  gesotene  swines  darme,  nim  darzu  smal/.es  von  Beinen, 
daz;  tuo  die  wile  e;  ungesoten  ist,  als  laue  und  gn^  als  die 
darm  sint.  von  guter  sjiise  s.  9.     vgl.  flauin,  feit  uttd  fleinie. 

FLEMLE,  membranae  et  vaginae  viscerum,  darin  die  in- 
neren glider  des  libs  eingefassel  und  umbgcben  sind,  als  die 
leber,  hmg,  herz.  Maai.er  137*.  nah  dasselbe  was  fleme,  nur 
mehr  die  innere  fetthaut  als  das  fett  selbst. 

FLEMLEIN,  n.  diminulion  des  folgenden  flemme:  ehe  noch 
die  Wasser  einigen  gang  entplöszet  oder  ein  flitzschlein,  zein- 
lein  oder  flemlein  von  einem  goldgang  oder  fels  abgestoszen 
oder  ausgewaschen  hatten.  Matheskjs  7*  (1562,  lo*);  flemmicht 
gold,  gediegen  goldflezlin,  goldflemlin.  Schwenkfeld  stirpium 
et  fossdium  Sitesiae  calalogus  {Lips.  I6OO)  p.  367. 

FLEMME?  fehlt  in  allen  bcrgmännisclten  wOrterbfichern,  gehört 
es  zu  flamme  oder  zu  flimmer?  wie  man  auch  geineinigklich 
in  zihnseifen  (zinnseifen)  flemmen  und  klein  goltkörner  ge- 
diegen weschet,  welches  oft  eingeschmelzt  wird.  Mathesius 
29"   (15fi2,  41"). 

FLEMMEL,  m.  briza  trcmula,  gramen  tremulum,  flitlergras, 
zillergras. 

FLKMMEN,  flammare,  «n  geirand  flammen,  streifig,  geflammt 
(flajnmeum)  machen :  ein  schlangenwendig,  plitzsträmig  und 
geflcinniet   kicid.  Garg.  114*. 

FLEMSCH,  s.  flämisch. 

FLE.NDEH,  m.  lemniscus,  flatterndes,  flimmerndes  band.  Stie- 
ler  5(11. 

FLENDERLING,  m.  derber  faustschlag.  Frommann  mundarlen 
4, 107. 

FLENDERN,  flimmern,  flattern,  rgl.  flandcrn,  flandern 

FLENKE,  /■.  hosenbänder  und  flcnken.  Albkrtim  narren- 
hatz  304. 

FLENNERALZER,  m.  schelte  für  einen  weinenden,  heulenden 
knabcn,  mit  Ruizer,  Raltliasar  (1.  1095),  wie  das  folgende  mil 
Eis,  Else  (3,417)  für  ein  mädchen  gebildet,  gröber  lauten  flenn- 
bock, heulbock,  heularsch: 

so  lassich  darum  mich  in  keine  thrSnen  ein, 

und  mag  darüber  nicht  ein  (leiiiiehalzer  seiu.    Gönther  405. 

FLENiNELS,  f    ein  bekannter  sjioUreim : 
flenneis  auf  der  geigen, 
kuijiist  du  nicht  geschweigen, 
kauf  ich  dir  ein  rothen  rock. 

LicntENRERC  4,270  schreibt  flennelz.  Flenn  Eis  heiszt  auch  eine 
der  zu  Hanswursts  hochzeit  eingeladenen  personen. 

FLEN.NE.N,  os  lorquere,  ringere,  den  mund,  das  gesicht  ver- 
ziehen, wie  weinende  und  lachende  thun.  engl,  make  wry  faces. 
flennen  weist  auf  mhd.  vlennen  vlante  {nach  brennen,  braute, 
kennen  kante,  rennen  ranle),  das  unübcrliefcrt  ist,  man  dürßt 
ein  golh.  flannjan  flaniiiila  oder  flanjan  (i/ic  branjan),  also  im 
hintergrund  ein  .tlartces  flinnan  flann,  flinan  flau  ralhen,  de.<:sen 
bedeulung  dahin  gestellt  bliebe,  ahd.  erscheint  rtanncn.  welchem 
wir  noch  nhd.  flanneii  {sp.  1723)  entsprechen  sahen,  es  steht  bei 
N.  (llallemer  2,  52>i*):  wanda  die  anirunga  histriuncs  t.Aten 
ora  contorquendo,  da;  cliit  flanncndo,  wo  der  mangtlndt 
umlaul  auf  die  fterion  ^n  und  inlranititiren  begrif  weisL  das 
umlautende  verbum  Irbl  alter  in  allen  heulufn  mundarlen:  bair. 
fletien,  pflenen  (Scim.  1,  588),  kdrnt.  flennen,  fliuien  (Levkr  9S), 
Schweiz,  niinnen,  pflilnnen  (Stai.her  1,  l(i2),  pnenna  (Toni  kr  47*), 
nfirub.  flanna,  pflanna,  schwdb.  hess.  schien,  thür.  mnszn.  flennen, 
nd.  flennen  iSchahbach  272*.  Dannkil  123"),  nur  ketn  nl.  vlennen 
ist  verzeichnet,  sdiw.  flinn,  norr.  flina  (Aasen  102*),  ddn.  fliiie, 
lachen,  fletschen,  vnrzugswei.se  zum  lachen,  wie  auch  Scoambai n 
für  flennen  /»ei(/f5  lachen  und  weinen  angihl. 

ein  so  verbreitetes  wvrt  müste  auch  in  den  unfrvandlen  »prachen 
seinen   anhält   finden,     tat.    ploro   yleirht  zwar  unserem  hierre, 


1769 


FLENNEN— FLENSELN 


FLENSEN— FLETSCHEN 


1770 


florre  (ap.  1725. 1""0),  mehr  doch  veisl  es  auf  pluo,  ttXv^'o},  vie 
fleo  auf  fiuo,  so  riasz  in  ploro  und  fleo  nicht  sowoi  der  schrei  als 
die  lliränen  des  weinenden  ausgedrückt  würden,  wobei  sich  n/.ii-eiv 
noch  besonders  zu  den  formen  flina.  flenen  gesellt,  dem  weinen 
lag  dann  das  verziehen,  verzerren  des  gesiclUs  nahe,  es  kommen 
freilich  noch  andere  mit  pl.  fl  anlautende  rerba  in  belracht.  sl. 
plakati  ist  goth.  flekan  oder  flükan  und  lat.  plangere  (wie  tekan 
längere),  ton  fletschen  wird  an  seiner  stelle  gehandelt,  neben 
flannen,  flennen  haben  flans  und  flensen  [oben  172.3)  wieder  bezug 
auf  den  mund,  Danneh.,  der  123'  alle  ausdrücke  des  weinens  sam- 
melt, schreibt  auch  Qinsen  und  plinsen,  Stai  der  1.162  pflaunen 
und  pflijrf sehen,  nd>en  jenem  nord.  flina  gilt  flira  und  fnisa  für 
das  verziehen  des  munds  zum  lachen,  vgl.  feixen  sp.  1473.  sicher 
stnd  noch  ähnliche  landschaftliche  örter  beizubringen. 

1)  frühere  denkmäler  bezeugen  die  Vorstellung  des  mundrer- 
ziehens  und  setzen  das  verbum  trnnsitir,  wie  es  sich  für  die  form 
flennen  gehört.  Aiberds  hat  sogar:  ich  flenn,  exsero  linguam, 
doch  scheint  das  recken  der  zunge,  das  zalmentblöszende  fletschen 
stärker  als  flennen,  er  krümmete  und  flennete  das  maul  von 
einer  seile  zu  der  andern.    \Mtzenb.  266; 

die  nur  hönisch  das  maul  ihun  flennen  (es  xieht  fleinmen), 

mit  recht  thut  man  sie  spötter  nennen.    Etri^g  I.WU; 

der  nur  allein  lu.«t  hat  zu  schlafen 

und  flent  das  maul  gleichwie  die  alTen.    2,213; 

dasz  man  die  nase  nrnpft  und  meuler  auT  mich  flennet. 

LouE!<ST.  Ibrah.  2; 
der  pöbel  greift  ihn  an  mit  ärgsten  lästerungen, 
flennt  auf  ihn  zahn  und  maui.    geistt.  ged.  b4, 1555; 

flennende  mäuler.  Arm.  1, 1214. 

2)  sich  flennen,  sich  verzerren:  er  helle  sich  gern  geflennt. 
Witzenbürger  278 ;  und  sie  flenten  sich  mit  den  zahnen  gegen 
ihm  {wiesen  ihm  die  zahne).  Helviccs  1,129;  und  wann  die 
siisze  qualität  der  bittern  qualilät  geschmack  kostet,  so  flend 
{für  flent,  flennt)  sie  sich  und  giebet  das  weichen,  wie  ein 
mensch,  wann  er  bitter  oder  herbe  gailen  kostet,  so  breitet 
er  im  maul  beide  gaumen  aus  und  flend  sich  und  erweitert 
die  gaumen  weiter,  als  sie  ihm  gewachsen  seind,  also  thut 
die  siisze  qualität  gegen  der  biltem.  }.kc  Böhme  Aur.  62;  so 
lobet  man  auch  keinen  koch,  der  des  salzes  in  den  speisen 
vergisset  und  flennen  sich  {schneiden  gesiebter)  die  patienlen 
so  sehr  darüber,  wann  sie  auf  die  arznei  eine  ungesalzene 
erbesbriihe  einnehmen  sollen.  SinifJ.  3,  763 ;  seht  nur,  das 
liebe  leben  kömmt  ihm  schon  in  die  herzgnibe,  wo  es  noch 
eine  spanne  höher  kömmt,  wie  wird  er  sich  zuflennen.  Weise 
comödienprobe  31. 

3)  aümälich  gilt  flennen  blosz  für  weinen  und  zumal  für  un- 
artiges, kindisches,  weibisches:  wie  ich  j.  g.  den  churfiirsten 
das  letzlemal  da  gesehen,  da  ist  mir  das  flenen  so  greulich 
ankommen,  das  ichs  nicht  hab  verhalden  können.  Ch.  El. 
VON  Obl.  *.  5;  der  könig  redt  so  christlich,  dasz  es  einem 
recht  zu  herzen  gehl  und  hat  mich  gestern  den  ganzen  tag 
flenen  machen,  s.  159 ;  sie  dürfen  uns  wol  nicht  ein  gesetze 
nach  dem  andern  herflennen,  'wir  können  es  den  lieben 
kindern  nicht  vor  übel  haben,  wenn  es  lange  währt,  so 
flennen  wir  auch  mit'.  Weise  comöd.  pr.  319 ;  einer  flennt 
mir  ein  gesetze.  siitenl.  116; 

durch  ungeduldigs  flennen.  Brockzs  1,404; 
o  wer  doch  ein  alt  weib  wäre  und  recht  flennen  dörfti 
H.  L  Wag.ner  die  reue  nach  der  that  103 ;  stund  lange  still, 
sah  zur  erd  vor  sich  nieder  und  fieng  endlich  hell  zu  flennen 
an.  Fr.  MCller  3,  197;  hab  flennen  müssen  dabei  wie  ein 
junger  bub.  3,395;  das  ist  ja  recht  alexandrinisch  geflennt. 
Schiller  106';  wie  hab  ich  diese  nacht  um  ihn  geheult,  ge- 
flennt. KoTZEBCE  dram.  sp.  1,  320  ; 

an  lachen  und  flennen 
ist  der  narr  zu  erkeuuen; 
ich  glaube  gar,  du  flennst  aus  jammersinn.    Tikck  3,  240. 
in  greinen  und  heulen  ist  schreien  gelegen,  flennen  gleicht  dem 
alten    riejcn,    weinen,   was   auch  ratzen  heiszl.      in  diesem  sinn 
Idszt  sich  ß'tÄvva  mucus  buchstäblich  hinzu  halten. 

FLtN.MCHT,  flebtiis:  und  die  riesen  mit  ihren  flennichten 
anllilzen.  Louenst.  Arm.  1,  1366,  das  heiszl  «ol  grinsenden, 
verzerrten. 

FLEN  NICHT,  adv.  flebilüer.  Stieler  99. 
FLENSEL.N,  mulcere,  palpare,  streicheln? 
eim  weiblein,  dem  die  äugen  fenstem, 
recht  als  die  sunne  tut  her  glensiern, 
und  der  die  pron  {supercüiß)  sein  genen.<<elt, 
•am  «chwan  auf  weisz  und  rot  gepeoseit.    fattn.  Kh,A; 


hab  mich  derhalb  geflissen,  so  vil  mir  möglich,  nit  zu  bol- 
dern noch  zu  flenslen,  sonder  on  alle  affect  die  warheit  ufs 
allerstumpfest  und  einfelligst  darzuthun.  Fraik  chron.  aa6'. 
allen  Wörterbüchern  fehlend,  den  buchstaben  nach  liesze  es  sich 
zu  flans  maul  stellen,  ums  maul  streichen,  schmncheln,  s.  flansen 
{oben  sp.  1724).  in  dem  ersten  beleg  scheint  flenseln  hervor- 
streichen,  herausstreichen,  was  sich  auch  zu  dem  andern  aus  Fbanr 
fügen  könnte,  insofern  der  gegensalz  von  poltern  als  gelindes 
streicheln  erfaszt  wird. 

FLENSE.N,  concidere,  terslücken,  zerhauen,  ein  aus  flinson 
{was  man  sehe)  gebildetes  transitirum.  da  flinsen,  pflinsen  hd. 
ist,  miisz  es  auch  flensen,  pflensen,  obschon  man  ihm  nicht  be- 
gegnet, es  scheint  mehr  nd.  und  beim  walfischfang  vom  zerstücken 
des  specks  gebräuchlich,  in  welchem  sinn  auch  dän.  flense  gilt, 
at  skäre  eller  hugge  späkket  af  en  fangen  hval. 

FLE.NSWERK,  n.  succidia:  grosze  stücke  waitischspeck, 
welche  geflenset,  d.  i.  in  kleinere  stücke  geschnitten  werden. 
Nemmch. 

FLENZEX.  flennen,  nd.  flenten.  Stürenburc  56'. 

FLERRAl'GE,  n.  was  flarrauge.  älbebls  setzt  flarrauge, 
ectropium,  cum  inferior  palpebra  cum  superiori  non  com- 
mittitur.  strabo,  qui  oculos  habet  distortns,  Qerraugen,  fler- 
rige  äugen. 

FLERRE,  f.    1)  kiatus,  ridus  oris,  Uerre. 

2)  wunde,  oben  1724. 

3)  deformif  et  ignava  mulier,  auch  flerpe.  Stieler  99. 
FLERREN,    l)  distendere,  spreizen:   die  äugen  flerren;    der 

vogel  flerrt  sich,  spreizt  sieh,  auch  von  steifem  putz:  das 
mädchen  flerrt  sich,    wund  reiben.  Fromma!«!«  2,  342. 

2)  gleichviel  mit  blerren,  schreien. 

FLERSCHZIEGEL,  f.  tegula  sine  marfßne.  Stieler  2S7. 

FLERZE.N.  frequentatires  flerren :  aber  was  roth  flerzen 
(flerzende)  äugen  hat,  den  soll  man  farinam  fabae  warm 
machen.  Paracelscs  1.47,i'. 

FLESCHELN,  schalkliaft  lächeln:  die  wirthin  fleschelte  «nd 
war  froh  darüber,  dasz  sie  so  mit  ehren  aus  dem  bandet 
kam.  schles.  provinzialbl.  1788  1, 133.  wie  Hasche  wunde  be- 
deutet {sp.  1726)  =  flane,  flerre,  kann  auch  flescheln  soviel  als 
das  gesicht  verziehen  sein. 

FLETACH,  m.  deutscher  tanz  oder  Schleifer.  Schn.  1,  594. 

FLETSCH,  m.  zopßand.  Fromman?«  4, 194. 

FLETSCHEN,  l)  dislorquere,  stringere  os,  denies,  die  zahne 
blecken,  weisen,  also  was  Hennen,  doch  ohne  in  die  bedeiUung 
des  weinens  überzugehen,  noch  nicht  bei  Hemsch.  zuerst  bei 
Stieler  501,  welcher  anführt :  das  maul,  den  tiegel.  die  zahne 
fletschen ;  der  galgenvogel  fletzsohte  so  artig  die  zahne  zwi- 
schen seinem  knisterbarte.  causenmacher  Ml ;  allein  diese  mit 
meiner  schreibfeder  poussirte  slatue  flätzschet  zwar  eben  die 
Zähne  nicht,  wenn  ihr  jemand  im  vorbeigehen  eine  freund- 
liche mine  macht,  ich  aber  kan  doch  auch  nicht  gut  davor 
sein,  dasz  die  darinnen  versteckte  Orgelpfeife  nicht  brummen 
solle,  wenn  ein  naseweiser  querfeldein  blasender  wind  deren 
Ventil  mit  gewalt  aufklappen  wolle.  Felsenb.  2  vorr. ;  doch  ge- 
wisse recensenten  haben  ihre  eigene  spräche,  unverzeihlich 
heiszl  bei  ihnen  alles,  worüber  sie  sich  nicht  enthalten  kön- 
nen die  Zähne  zu  fleischen.  Lessi>c8,  3;  fletsche  deine  ge- 
fiaszigen  zahne  mir  nicht  so  entgegen  I  mir  ekelts !  Göthe 
12,  233 ;  umsonst  dasz  du  feuer  schieszest,  zwei  scharfe  zahne 
fletschest.  Fr.  Müller  1,364;  vgl.  anfletschen,  ausfletschen. 
ungewöhnlich  intransitiv:  ein  grinsen  fletschte  plötzlich  aus 
seinem  munde  hervor.  Tiecr  8. 147 

2)  Stieler  hat  fleischen  für  impedimenio  esse,  riam  obsidere, 
sich  hinfletschen.  rcclinare:  wo  man  was  zu  Ihun  hat,  da 
fletschest  du  dich  hin :  wo  man  heimliche  sachen  hat,  musz 
sich  nicht  ein  jedes  hinfletschen;  auf  dem  stülchen  fletschen 
und  faulenzen.  Ett.ners  hebamme  726.  in  diesem  sinn  kann  es 
nicht  dem  blecken  gleiclistehn  und  uU  aus  fletzen  eiüslelll. 

3)  es  gibt  auch  ein  fletschen  ßr  breüschlagen  oder  drücken: 
mctalle,  welche  sich  unter  dem  hammer  fleischen  und  strecken 
lassen ;  glaserz  leszt  sich  aufm  nage!  streichen  oder  unlern 
zenen  fletzschen.  Mathesils  63';  dasselbe  wasserHüszIein  ist 
wie  die  Eger,  darinnen  sind  mittelmeszige  körner,  lassen  sich 
fletzschen ,  sind  halber  gut  gold.  Tbcrnei.sser  magn.  alch. 
1, 122.  hierzu  könnte  das  zweite  fleischen  stimmen,  doch  die 
zahne  zeigen  wird  nicht  ausdrücken  breit  schlagen,  anziiijeben 
welche  begriffe  in  solchen  wf>rtem  von  dem  fl  umscläos.<en  liegen 
ist  nicht  leicht,  s.  Hatsch,  flalsche  (sp.  17»),  zerfletschen  und 
Hitschen,  auch  flitzsche. 


1771 


FLETSCIIENMAÜL  —  FLETZ 


FLETZ- FLEUG 


1772 


FLETSCnENMAUL,  m.  ein  jungor  nelschenmaul.  Simpl. 
8,  752.  fleischen-  für  flctschden-  sollte  einen  viännliclien  acc. 
nach  sich  haben. 

FLETSCHERN,  aqitam  leniler  agilare,  plätschern :  es  «oll  ein 
kleines  neues  löpfclien,  samt  einem  qiiiilclien,  gekauft  und 
80  theuer  bezabiel  werden,  als  es  geboten  ist,  darein  wird 
Ton  des  kindes  bade  gegossen  und  also  auf  den  ofen  ge- 
steilet,  damit  soll  das  jüdel  {der  hausgeisl)  spielen  und  das 
wasser  heraus  flctzschern,  bis  nichts  mehr  im  töpfchen  sei. 
Tockenj)hil.  1,  63.     vgl.  flatschen  3. 

FLETTE,  f.  schwinyfvtUr,  flügelfeder:  den  küben  die  hörn, 
den  gänsen  die  (leiten  übschncideu.  Lori  Ledirain  348.  Schm. 
1,  594.     s.  fliltich. 

FLETTEULE,  n.  bracleola  micans,  flitler:  büudchen  mit 
goldnen  fletterlen.  Klose  Breslau  s.  237.  bei  Lexer  9S  Qetterle 
Schmetterling,  ryl.  flattersche. 

FLETZ,  n.  area,  aulu,  ahd.  flazi,  flezi,  nthd.  vielze,  alts. 
fletti,  flet,  ags.  llet  (Greix  1,302),  altn.  flet,  uwlclie  formen 
sämtlich  auf  ein  golh.  flali  schlieszcn  lassen  und  sich  dazu  ver- 
halten tcie  nezi,  netze,  nct  zu  nati.  deutliche  Verwandtschaft 
mit  fla;,  altn.  flair  planus  {sp.  1698)  und  des  nichlverscliobnen 
t  ungeachtet  mit  n)MTUi,  Tikateia,  platea,  dessen  übernähme 
ins  goth.  platja  {denn  plapja  ist  aufgegeben)  jenem  vermuteten 
flati  entgegen  sclieint.  man  hat  aber,  uie  für  naijan,  netzen 
ein  untergegangncs  nitan  nat,  auch  ein  flatjan  mit  dein  stamm 
flilan  flat  anzunelwun,  dessen  bedeulung  unbestimmbar  bleibt, 
von  flewen  reinigen  abzuleiten  hätte  weniger  für  sich. 

dieser  abkunft  gemdsz  wird  in  Hetz  die  Vorstellung  einer  fläche, 
ebne,  breite  gelegen  sein,  die  sich  verscliiedenllich  auf  räumliche 
gegenstände  anwendet,  nicht  nur  der  flache  grund  und  bodcn, 
die  lenne,  das  haus,  die  halle,  wohnung  übeihaupt,  sondern  auch 
die  einzelne  stube,  Icammer,  das  lager  und  bell  können  fletz  ge- 
nannt sein,  das  alid.  flazi  und  flazza  bezeichneten  selbst  die 
fläche  der  band  oder  des  fuszcs  (Graff  3,  777),  vgl.  fuszboden, 
sonst  aber  besagt  ahd.  flazi,  flezi  area,  atrium,  aditus  {ebner  ein- 
gang,  flur),  und  ausdrüciclich  stehn  flezi  und  betti  nebeneinander, 
in  einer  allen  bcichtformel  (öiui.  3, 1C9)  hciszt  es:  ih  gihu  gode 
almabtigen  da;  ih  dürftig^  man  zi  hüs  ni  giiadota  noh  den  ma; 
noh  dranc  ni  gap,  noh  flezzi  noh  betti.     mhd.  von  einer  ehfrau, 

die  eime  liirsten  wol  gezam 
zu  netze  untle  ouch  zu  bette.    Diut.  1,347; 
und  von  gestickten  löwen: 

die  lewen  als  sie  giengen 

daj  Hetze  <IA  boviengen.    1,3G0; 

macli  flwer  unt  clier  daj  Detze.    kindh.  Jesu  87,63; 

si  beten  einen  tanz,  der  was  dem  vietze  gar  ze  wit. 
Neidh.  4ö,  20. 
ebenso  ist  das  ags.  flet  halle  und  fuszboden  der  halle,  estrich 
{sp.  1172)  und  das  altn.  flet  Stratum,  scamnutn,  lectus  humilis, 
dann  auch  domus.  einer  ganzen  reihe  ags.  und  altn.  Zusammen- 
setzungen entsprechen  keine  ahd.,  z.  b.  (\e\gcs\eM  opes  domcsticae, 
fletpäd  hausflur,  Delrest  nachllager,  fletsittend,  hausgenosz,  flet- 
▼eorud  aulica  coliors;  altn.  fletbiorn,  fletvargr,  fletfceringr,  dedi- 
lius,  wie  noch  dän.  fledfcjre  sig,  sich  auf  den  allen  Iheil  setzen, 
sein  haus  übergeben  {RA.  319).  dieser  umfang  zeugt  von  dem 
alter  des  ausdrucks. 

nhd.  hol  sich  fletz  in  der  sdiriflsprache  kaum  erhalten,  lebt 
xumal  in  den  volksmundarten  fort:  der  bunt  bat  ewr  cbindel 
getötet  und  fressen  und  umb  die  wiegen  ist  e;  gar  swaijig 
{blutig)  auf  dem  fletz  (fuszboden).  gesta  Rom.  K.  109 ;  nach  der 
tat  giengen  si  zu  der  wiegen  und  funden  da;  cbindel  also 
gesunde;  und  die  natcrn  ligen  bei  der  wiegen  auf  dem  fletz. 
ebenda;  es  stehet  nit  lang  an,  so  konipt  der  Dcheimb  wider, 
hciszt  die  zwen  hinein  gehen  und  abennal  in  einem  kleinen 
fletz  warten,  welches  nicht  fast  sauber  auskülirt  (ausgekehrt) 
war.  auf  einer  seilen  des  fletzs  stund  eine  bank  mit  drei 
füszen  ohne  lehnen,  auf  der  andern  seilen  ein  groszer  eidiner 
knig  auf  der  erden,  in  der  mitte  des  fletzs  ciildeckl  sich 
ein  aller  gliitscberben  u.  s.  ».  Winkelfelder  2(io.  261  (wo  bei 
CenvA.iiTES  patio  steht) ;  liesz  die  übrige  burscb,  so  sich  hin 
und  wider  versleckt,  in  das  fletz  sainpt  und  sonders  niefen. 
359;  item  weisen  wir  dem  vorgenanten  bof  zu  Hiepenhuw 
tmd  sunst  fletz  und  flioire  (bell  und  speise)  und  das  nach 
n.icbbarrecht.  wcuiüi.  2,  0S3  (a.  \f,11);  fletz,  accubitus,  archi- 
Iricltnium,  cofnaculum,  »darium.  I)iKrK?<nACii  s',  voc.  incip.  tcut. 
ante  tat.  g2*;  ihrer  badknccht  einer  legt  iliu  riicklingen  auf 
ila<  pfletz  niirdcr.  Scimib  «3;  die  grdszeren  häuser  (im  i-ec/irain) 
hoben  eine  eigene  Ihtlrc  in  das  hausflet/.,  bei  den  alteren 
und    kleiocren    ist   das   iiladeilhor  zugleich  der  eingang  nnd 


die  lenne  bildet  das  fletz.  Leoprechting  219.  Sciimemer  1,595 
schreibt  fletz,  pflitz  für  bodcn.  grund,  stubenboden  und  sonst  für 
den  gejiflasterlen  oder  aus  festgestumpfleni  lehm  gebildeten  gang 
der  hausflur.  Lexer  98  fletz  m.  haustenne,  erdboden:  guoler 
und  lelzer  Hetz,  in  Stvier  aber  n. :  als  sich  ein  groszes  doii- 
nerwetter  zu  Giiitz  erhebt,  hab  ich  allir  orten  benini  zu 
Grätz  die  zerrissene  und  eingeschlagene  fenster,  hingege« 
auf  der  erden,  oder  wie  man  es  daselbst  zu  nennen  pfleget, 
auf  dem  flütz,  die  zerschlagene  glasscheibeu  und  herabge- 
fallene und  zerschmetterte  ziegeltriimmer  in  groszer  unzahl 
gesehen.  Arele  gei-ichtsh.  2,  379 ; 

•ie  gehen  Innler  schätz 

und  linieii  auf's  fletz.    Weinhold  ueihnacliltp.  422. 

in  der  Schweiz  ist  das  geile\z  das  schif  der  kirclw  und  ane  abtbeihing 
im  kircJienstul.  Stai.der  1, 379,  der  es  mit  geflätsch,  gesprilze 
mengt,  ud.  flet,  eine  jede  der  beiden  seilen  oben  im  bauerhause, 
welche  mit  fensicrn  erleticldet  sind,  etwas  reinlicher  gehalten  wa'den 
und  wo  die  betten  stehn.  nnl.  kein  viet,  auch  nicht  bei  Stüre.nburc, 
Däiinert,  SctiAMiiAcii,  Danmeil,  doch  bei  SrnooTMAnN  58  flutte, 
der  ort  im  bauerhausc  bei  der  thüre,  wo  man  isset. 

diese  Schreibung  mit  ö  gilt  auch  in  dem  einzigen  fall,   wo  die 
heutige   Schriftsprache   das  alte  wort  bewahrt,   für  seine  bergmän- 
nische bedeutung,   das  flülz,   strala  metallica,  ist  eine  plattenför- 
viige   lagerslätte   des   erzes,    welche  mit  dem  umgebenden  gebirgs- 
gestein   gleichzeitige    enlslehiing,   gleiches   streichen  und  fallen  hcU. 
Gätzschma.nn  5.  28.     man  redet  von  hangenden  und  liegenden, 
flachen,    steilen,  stehenden,  sich  stürzenden  und  wieder  auf 
richtenden,  unartigen  und  schädlichen  flützen.  Scheuciienstüel 
77.  78 ;    die  über  dem  flötz  befindliche  steinlage  hciszt  das  dach 
(superficies),  die  worauf  es  ruht,  die  sohle  oder  das  liegende  {basis); 
die  borg  machst  du  von  ohcn  nasz 
nnd  läszt  drauf'  wachsen  laub  und  gras, 
in  gang  und  Holz  gut  erz  du  legst, 
fried,  scliuiz  und  recht  du  selber  hegst. 

NicoL.  IIerma!«!«  bei  Mützitl  s.  431; 
gott  hat  in  diesem  erdenball 
so  mancher  erze  reichen  fall 

mit  weiser  band  verborgen, 
gold,  Silber,  kupfer  auf  sein  wort 
streicht  in  den  edlen  gangen  fort, 
die  menschen  zu  versorgen, 
machtig  prächtig 
dui'ch  die  tlötzen 
heiszt  er  setzen 
die  metallen, 
dasz  sein  rühm  musz  herlich  schallen. 

bergreilien,  wiinäerh.  1,1W; 
doch,  wie  hier  schon  der  reim  Uelzen  fordert,  findet  sich  auch  früher 
die  richtige  Schreibung:  ein  anderer  gang  streicht  nicht  sirarks 
gegen  dem  lach  zu,  feit  auch  nicht  gerichts  zu  seiner  tiefe, 
wie  der  gang,  so  in  die  tiefe  feit,  sondern  thut  sich  also  in 
der  erde  verborgen  weit  auf,  welcher  darum  ein  schwebender 
gang  oder  fletze  genant  wird.  Bechius  Agricola  33 ;  fletz  ist 
was  eben  hinweg  ligt  und  weder  unter  sich  noch  über  sich 
fiilt.  I^üHNEis  bevicht  vom  bergwerk  10 ;  silber  hat  sein  strei- 
chende geng  und  Hetze.  Mathesiüs  1562,  200';  man  grebt 
auch  eisen  und  stahelstein  aus  streichenden  gengen,  flelzen  nnd 
stücken.  201*; 'denn  die  schönen  kirchen  in  Asien,  Grecken- 
land  haben  alle  dise  lere  s.  Pauli  eine  lange  zeit  behalten, 
bis  von  mitlag  und  aus  den  arabischen  gebirgen  etliche  un- 
artige fletz  diesen  schönen  gang  verunedelten  und  zerteil- 
ten, sind  der  zeit  hat  es  nimmer  so  wol  brechen  wollen. 
1562,307';  wir  bitten  aber  den  ewigen  vatler,  er  wolle  uns 
auch  fnndgrübner  bleiben  lassen  .  .  .  und  uns  vor  allen 
tauben  uird  unartigen  gengen  und  schedlichen  fletzen  be- 
hüten,   ebenda,     vgl.  kalkflölz. 

FLETZBIllN,  /".  Solanum  tuberosum,  grundbirn,  kartoffel,  in 
Kärnten.  Sartori  reise  durch  Österreich.  1812.  2,  228.  fletzpiru. 
Lexer  98. 

FLETZEIV,    zu    boden  werfen,   prostemere;    sich  flelzen,  sich 
ungeschliffen    hinlegen,    accumlnre,    s.  fletschen  J.      fletzen,   dte 
Wohnung  verändern,  ausziehen.  ScnsiEi.t.ER  1,  595.     nicht  xu  ver- 
machen mit  flölzen  cons/tergere,  humectare. 
FLETZGKIUÜGE,  n.  montes  stralosi. 
FLETZLEIN,  n.  spaliolum.  Tücher  baumeisterbueh  300,15. 
FLKTZSrnWARTE.  f  daclurhde,  dachwand  2,  6«6. 
FI.KTZSTItOll,  fi.  brttsiroh. 
FLElCn,  imp.  von  fliehen. 

FLEICIIEN,  in  lulum  ]>rrferre.  flüchten:  und  jagt  in  schlerbli 
auch    vom    himel    und    aus    dem    geist ,   dabin   doch   in  die 
scbwcrmer  gefleuchl  hallen  als  in  eioe  feste  bürg.  LirrBBR  3,  SOG*. 
FLEUG,  imp.  iK^n  fliogea. 


\in 


rLEÜGASt  — PUCK 


mCKARBEIT  — FLICKEN 


1774 


FLEUGAST,  ffl.  zveig  von  laub  die  fliegen  bei  einem  einge- 
spannten Pferde  wegzuseJteudien.  Stalder  1,  383.  vgl.  veisth. 
3,  259.  260. 

FLEUGASTEN,  bildlich  einen  scheuchen,  sddagen,  prügeln. 

FLEUG E,  f.  musca,  dem  ahd.  fliuga  entsprechend,  wie  das 
schrißdeittsche  fliege  dem  ahd.  fliogä,  mhd.  vliege.  ags.  fleoge, 
nnl.  TÜeg.  fleiige  vnd  fliege,  ahd.  fliugä  und  flioga  verhalten 
sich  wie  feuchte  und  flechte  pinus,  ahd.  finhtä  und  fiohti. 
dem  laulge.ietz  nach  wird  in  durch  ein  folgendes  i  oder  u  beding, 
trogegen  die  brcehung  io  eintritt,  sobald  a  folgt,  fliuga  und  fiuhtä 
setzen  also  ein  fliugiä,  fiuhtiä  voraus,  deren  i  allmdlich  schwand, 
doch  auf  das  iu  der  wurzelälbe  nachwirkte;  man  kann  sie  aber 
auch  aus  fliugl,  fiuhti,  wie  beuge,  seuche  aus  biugi,  siucW 
erklären,  flioga  und  fiohtä,  desgleichen  mhd.  vliege  und  viehte 
sind  in  der  Ordnung;  mhd.  viluge  wäre  möglich  wie  alid.  fliuga 
vnd  nhd.  fleuge,  begegnet  aber  blosz  in  Varianten  zu  Box.  36,1. 
7.  23.  41,3,  wo  ich  es  als  ältere,  vollere  form  dem  aufgenommnen 
vlieg  oder  vliege  vorgezogen  hätte,  entscheidende  reime  sind  nicht 
da.  fleuge  wird  gerade  für  die  Schweiz  bezeugt  (Statder  1,383), 
obwol  Fbisics  850'  mit  verderbtem  nom.  fliegen,  Maaler  138* 
fliegen  oder  flögen  schreibt,  üslr.  fleugen  schlahen.  Schmelzl 
lobspruch  65; 

ich  wän  mich  hab  ein  fleug  gestochen,  ring  M',3T; 
die  fleugen  um  ihn  bohren.  Hof»,  geseltschapsl.  n"  369. 
auch  ScHMELiER  1.  587  Stellt  fliegen  und  fleugen  nebeneinander. 
Dasypodics  145'  hat  fliig.  die  alln.  und  schwed.  gestall  ist  fluga, 
dän.  flue,  mit  kurzem  u  statt  des  diphlh.,  von  der  wurzel  wird 
unter  fliege  gehandelt,  wie  wol  Ulfilas  ml«  übertrug?  kaum 
durch  ein  mit  fl  anlautendes  wort,  aus  unsem  bruchslücken  erhellt 
es  niclU. 

FLEUGEBRÄTSCHER.  m.  fliegenklalscher,  fliegenplätscher. 

FLEUGEDÄTSCH,  DÄTSCHER,  m.  dasselbe,  vgl.  datsch 
5,  825.    Stalder  1.  383. 

FLEUGEH.4USLEL\,  n.  penarium  muscarium,  fliegenschrank. 

FLEUGEN,  fliegen  machen,  mhd.  vlougen: 

Trie  liebe  gar  rerholn 

diu  ervlouget  uns  die  sinne.    MS.  1,88'; 

nhd.  gab  ihm  ein  solchen  stich  mit  der  lanzcn,  dasz  er  ihme 
den  heim  vom  haupt  hindan  fleuget.  Amadis  285. 

FLEUGENSCHÜTZEN,  p/.  heiszen  bei  Schmelzi.  lobspruch  94 
und  noch  heule  in  Osierrcich  schwere  fuhrleule,  deren  wagen  mit 
'plahen'  überzogen  sind,  bei  Höfer  1,  231  fliegenschütze  lanJ- 
kutscher,  miethkutscher. 

FLEUGEWADEL,  tn.  muscarium,  fliegenwedel.  Stalder  2, 427. 
fleugenwadel.  Helber  44.     vgl.  fleugasf. 

FLEUGFALL,  m.  ?  so  ein  res  feiszte  und  wasserechte  äugen 
hat,  so  gib  ihm  nermulh  etc.  solche  arzenei  dient  auch  für 
schoszfall  oder  fleugräll.  Tabersaemont.  8. 

FLEUHEN,  purgare,  eluere,  spülen,  waschen,  reinigen,  andere 
form  für  üe\en,  flaien,  flcuwen,  flauen  (irfleuen  sp.  8(>t):  fleuhe 
in  ab.  küchcnmeislerci  bl;  das  kind  bcbelt  die  rautter,  die 
windelein  fleuhet  sie  aus,  das  unrein  bad  mit  dem  unflat 
schüttet  sie  weg.  Mathesils  1587,  63'. 

FLEUTE,  f.  tibia.  Serrancs  synon.  71*,  vgl.  flaute,  flöte. 

FLELTLEIN,  n.  der  pfif  mit  einem  fleutlein.  Ldthers  br. 
5,  257. 

FLEüTEN,  tibia  eanere,  flOlen.     nd.  Acuten  gähn,  durchgehen : 

DU  is  hei  doch  uns  fleutcn  gähn! 

Rkuter  täuschen  vn  riemel»  38. 

FLEUTENSPIELER,  m.  tibicen :  halte  einen  guten  schreiben 
nnd  einen  tapferen  kriegsmann  in  ehren,  nicht  aber  einen 
fleulenspieler.  pers.  baumg.  1,  33. 

FLICK,  m.  pannus,  gleichviel  mit  fleck  (sp.  1740),  das  sich 
wie  speck,  zweck  verhält,  während  flick  dem  blick,  strick,  zwick 
gleicht:  besser  ein  flick  als  ein  loch.  Simrock  n*  2532;  die 
vorigen  flicke  vom  aufsatz  waren  jähre  vorher  dem  Verfasser 
entkommen.  Herder  ron  deutscher  art  und  kunst.  1773  s.  114; 
•b  ich  sie  diesmal  noch  zurecht  flicken  werde,  weisz  ich 
nicht,  denn  ich  habe  nicht  einmal  ein  flick  {hier  n.)  Bogcnil 
GoLZ  jiigendleben  1,133. 

FLICK,  FLICKE,  rolueris,  matnrus,  fehlerhaft  für  flück,  wie 
schlickt  für  schluckt,  schluckt  vorkommt,  man  findet  auch  fligg 
=  flügg,  flügge:  er  als  ein  verschmitzter  eisvogel,  flick  auf 
stück  und  lück,  der  etwan  auf  dem  eis,  wann  der  Rhein 
libergefroren,  gemacht  war  worden.  Garg.  21 1',  wo  schon  die 
beiden  letzten  Wörter  zu  flück  nöthigen;  die  raubvögel  soll  man 
mit  lebendiger  v^gel  fleisch  atzen  und  kröpfen,  dan  solches 
macht  sie  desto  flicker.  Sebiz  605; 


hei  lauf  doch  einer  und  hol  ein  strick, 

wir  wölln  ihn  nicht  lang  lassen  Dick  (frei  fliegen). 

Bei'tuers  Reinicke  fuchs  1,21; 

ganz  einem  vogel  gleich,  der  flick  ist  auszufliegen. 
Funii:<G  201 ; 

die  begierde  von  ihm  etwas  zu  lernen  war  gar  schlecht, 
aber  eine  flicke  lügen  zu  hören,  vergasz  ein  jeder  seines 
rechtes,  pol.  colik  257;  sagen  sie  dem  alten  und  dem  jungen 
prinzen,  dasz  eine  ganze  hecke  küchlein  noch  ihres  vaters 
flügei  brauchte,  um  flicke  zu  werden.  Weisze  kinderfr.  6, 102 ; 

im  ei  ist  noch  ein  wünsch  versteckt, 
ein  andrer  halb  entkrochen, 
der  wird  schon  flick,  weil  Jene  jüngren  zirpen. 
WiELA!»D  32,  129; 

ist  er  schon  flicke,  junger  herr,  bat  er  schon  federn  ?  11,229; 

und  kamen,  k'aum  halb  flick,  nun  mit  den  schwalben  an. 
Latice  Tiiirsis  und  Dämons  tieder  193. 

FLICKARBEIT,  /.  sartura,  flickwerk. 

FLICKCHEN,  n.  panniculus,  läppchen  (fleckchen  sp.  1743): 

sprich,  wenn  der  Junker  selbst  sein  feld  bestellen  könnte, 
ob  er  uns  wol  ein  iickcben  acker  gönnte? 

WiLLAMOV  dial.  fabeln  75, 

6«'  Campe  und  .\delc.vg  unter  'fleck'  ungenau  'fleckchen'.  ni. 
ea  flicken  lüg,  land.  Das.neil  53" 

FLICKE,  m.  cenlo:  der  flicke  (flicken)  musz  allemal  grüszer 
sein  als  das  loch;  du  hast  den  flicken  neben  das  loch  gesetzt; 

hier  ruhet  raeisier  Scheere, 

der  manchesmal 

sich  selbst  die  flicken  stahl, 

damit  er  nicht  die  fertigkeit  verlöre. 

Göltinger  musenalm.  t775  s.  164; 
an  den  kleidern  trugen  die  drei 
löcher  und  bunte  flicken, 
aber  sie  boten  trotzig  frei 
spott  den  erdeageschicken.      Le:<ac  n.  ged.  77. 

FLICKELOHN,  m.  sarciendi  merces:  ohne  ausgäbe  einiges 
flickelohns.  pol.  colica  87. 

FLICKEN,  sarcire,  reflcere,  mhd.  vlicken,  kein  ahd.  flicchan 
überliefert;  wenn  blicken,  nicken,  stricken,  zwicken  auf  bleichen, 
neigen,  streichen,  zweigen  zurückgelten,  so  liesze  flicken  ein 
unerhörtes  fleichen  oder  fleigen  im  hintergrund  erwarten,  den 
hegrif  des  flickens  enthalten  auch  bletzen,  büszen. 

1)  zerrissene  kleider  und  schuhe:  niemand  flickt  ein  alt  kleid 
mit  einem  läppen  von  newem  tuch  {goth.  ni  hvashun  laeji|) 
du  plata  fanan  |>arihis  ana  snagnn  fairnjana).  Malth.  9,  t6; 
niemand  flicket  einen  läppen  von  newem  tuch  an  ein  alt 
kleid  (ni  manna  plat  fanins  niujis  siuji()  ana  snagan  fairnjana). 
Marc.  2,  21 ;  niemand  flicket  einen  läppen  vom  newem  kleid  auf 
ein  alt  kleid  (ainshun  plat  snagins  niujis  ni  lagjid  ana  snagan 
fairnjana).  Luc.  5,36;  ein  geflicktes  hemd,  geflickter  rock; 

und  wenn  ein  frosch  ein  storchen  verschlickt 
und  der  pettler  nimmer  an  den  claidern  flickt. 

fimtn.  29!»,  3; 
und  anderseits  den  reim  mit  leichten  fabeln  spicken, 
beiszt  ihm  ein  altes  kleid  mit  neuen  lumpen  flicken. 
Gü?(THER  778; 

nnd  ist  schad,  wenn  man  newen  zeug  auf  alten  rock  flicket. 
Lehma^ü  13;  mancher  trägt  lieber  ein  verrissen  kleid  als 
ein  geflicktes,  loo;  in  den  stand  der  geflickten  hosen  kom- 
men {sich  verhriralen).  pers.  rosenth.  6,  5  in  der  Überschrift ;  auch 
ihre  kleider  waren  reinlich,  obgleich  alles  fast  doppelt  und 
dreifach  an  ihr  geflickt  war.  Gütue  18,172;  bildlich, 

zurisine  seelen  weisi  ich  leider  nicht  zu  flicken. 
Grtpuii's  1,670; 

einem  am  zeuge  flicken,  kleinlichen,  hämischen  tadd  aussprechen, 
aber  auch  in  gutem  sinne  einem  etwas  anhaben,  ihn  fassen: 

der  kaiser  will  gern  mir  am  zeuge  was  flicken 
und  hat  mir  drei  nüsz  auf  die  zäbne  gepackt.    Bcrger  66»; 
er  strich  den  fuchsschwanz  vom,  doch  hinter  jemands  rücken 
wüst  er  der  Unschuld  selbst  am  zeuge  was  zu  flicken. 

Kl.  ScaiiDT  kom.  dickt.  204; 

Huisgen  wollte  mich  zum  tüchtigen  rechtsgelehrten  haben, 
ein  noihwendiges  band  werk,  wie  er  meinte,  damit  man  sich 
und  das  seinige  gegen  das  lumpenpack  von  menschen  regel- 
m:i<zig  verlhcidigen,  einem  unterdrückten  beistehen  und  allen- 
falls einem  Schelmen  etwas  am  zeuge  flicken  könne.  Göthe 
24.  257.  Strümpfe  flicken  heiszi  gewöhnlich  stopfen,  zwischen 
schuhe  flicken  und  flecken  ist  etwa  der  unterschied,  dasz  jenes 
allgemein  bessern,  dieses  stücke  leder  oder  sohle  ansetzen  ausdrückt. 
so  ist  kein  emptlein  so  klein,  solet  es  nicht,  so  flickt  es 
doch.  Matbesics  1562,  2t4'. 

2)  netze,  korbe,  w:aeen,  kessel,  pfannen,  scherbeo,  häusWi 


I7t5 


rUCKEN 


PLiCKfiN— l<^lCKLA^Pß 


1776 


dächer,  brücken  flicken:  und  da  er  von  dannen  furhasz 
gieng,  sah  er  zween  andere  brüder,  Jacobuin  und  Johannen 
im  scbif  mit  irem  vatcr  Zebedeo,  das  sie  ire  nelze  Uicklen 
{mlg.  reficientes  relia  sua,  atul.  rihtenli  iro  nezzi).  Mallh. 
4,21;  {ydh.  manvjandans  naljai.  Marc.  1,19; 

so  sie  aber  ein  korp  zu  dickeu  bat.    fasln.  372,29; 

Jarzu  kau  ich  auch  Micken 

alt  wegen  und  auch  karni.    «17,6; 

alt  pfannen  plelzen,  kessel  flicken.    37.'»,  tl; 
obsc.  und  nick  alspald  die  meit  darneben,    ebenda; 

ir  hern,  die  alten  kurb  ich  pletz, 

darbei  rieht  ich  dan  an  mein  cesweti 

gen  den  hausmeiden,  wo  ich  dan  flick, 

das  ich  aus  in  erforsch  vil  dick 

das  sie  mir  olTenbarn  ir  herz.    789,17; 

wer  einen  narren  leret,  der  flicket  Scherben  zusamen.  Sir. 
22,7;  derhalben  lieben  bergleut  .  .  .  hütet  euch  für  allen 
andern  farten  und  treppen,  die  ander  leut  gen  hiniel  machen 
wollen,  es  reicht  doch  keine  hinauf,  und  wenn  alle  niüniche 
und  nonncn  dran  zimmern,  flicken  und  binden  hülfen. 
Mathesius  15(i2,  20ü';  ein  altes,  übel  gebautes  und  beinahe 
schon  gänzlich  zerfallnes  gebäude  musz  nicht  geflickt,  es 
luusz  vollends  eingerissen  und  nach  einem  bessern  plane 
uen  aufgeführt  werden.  Wiki.and  7,  210;  am  dach  der  kirche 
musz  alle  jähre  geflickt  werden;  ist  es  rathsamer  die  wege 
zu  flicken,  als  neu  zu  machen?  Moser  palr.  ph.  2  n'65; 

und  du  flickst  zwischen  der  Vergangenheit 

erhabne  trOmmcr 

für  deine  bediirfnisse 

eine  hütie,  o  mensch.    Götur  2,  t82; 

eine  schwalbe  bat  ihr  nest  oben  an  den  halken  geflickt! 
unerfahrne  baumeisicr  durch  ihr  ungereinibt  flicken  und  klicken 
dem  feiud  die  eroberung  in  die  band  geben  haben.  Kirchhof 
dkc.  mtl.  12.  bildlich  wird  das  flicken  eines  gehäudes  ange- 
wandt auf  das  erneuen  eines  lobs  in  einem  gediciäe  ftruder  Wieners 
MSH.  3,16*. 

3)  gedieht,  licd,  reim,  spräche,  wort  und  rede  werden  geflickt : 

nieman  sol  sprechen,  da;  ich  flicke 

min  ffctihte,  ob  ich  e;  verzwicke 

und  mit  der  heiligen  schrift  bewaere.    Ucniier  20143; 

ein  renterliedlein  mit  garstigen  bossen  geflickt.  Pnir.ANnER 
1,  ei3;  nimb  beide  testament  für  dich,  des  Luthers  und  des 
Sudlers,  halt  sie  gegeneinander,  so  wirstu  sehen,  wer  in 
allen  beiden  der  dolmetscher  sei.  denn  was  er  in  wenig 
örlen  geflickt  und  geendert  hat  (wiewol  mirs  nicht  alles  ge- 
fellel),  so  kan  ichs  doch  wol  leiden  und  schadet  mir  son- 
derlich nichts,  so  vil  es  den  text  bctrifl.  Luther  5, 141*;  und 
wolt  es  alles  mit  dem  alten  testament  flicken.  Krane  »eWfc.  9S"; 

die  miisen  würklen  zwar  durch  kluge  tichtersinnen, 
dasz  Deutschland  solle  deutsch  und  artlich  reden  künnen, 
Mars  aber  schaft  es  ab  luid  hat  es  so  geschickt, 
dasz  Deutschland  ist  blutarm,  drum  geht  es  so  geflickt. 
LoGAU  1,64,57, 
drum  musz  es  so  viel  fremde  Wörter  aufnehmen; 

es  gilt  euch  alles  gleich,  fresrhickt  und  un(;eschicket, 
gereimt  und  ungereimt,  geslickct  und  geflicket, 
gemengt  und  abgeiheilt,  halb  oder  ausgeführt, 
und  ist  auch  gar  genug,  wenn«  nur  heiszt  discuriert.    2,  09; 
wo  kein  bninn,  da  kans  nicht  flieszen, 
wer  viel  redet,  musz  viel  wissen. 
Veit  sagt  viel,  weisz  nichts,    er  flicke, 
dünkt  mich,  lügen  Hir  die  lücke.    3,  140,69; 
e»  hat  der  schuster  Franz  zum  dichter  sich  entzückt, 
wa»  er  als  «chuster  that,  das  thut  er  noch,  er  flickt. 

LEssif<c  1, 17 ; 
personen,  die  sich  die  allerseltsamsten  tone,  ausathinimgen, 
banale  reden  angewöhnen,  um  damit  ihren  vortrug  zn  spicken, 
zu  flicken  und  zu  zerstürken.  Göthe  49.  156 ;  an  dieser  lehre 
zu  leimen,  zu  flicken  und  zu  verkleistern.  50,  220. 

41  und  wenn  der  arzt  schon  lange  dran  flickt,  so  gchets 
doch  endlich  also  'beule  könig,  morgen  tod'.  Sirach  10.11; 
und  wenn  du  gleich  hie  und  da  flickest,  so  kompstn  doch 
nicht  eraus.  II,  lO;  auch  das,  was  ich  ihnen  bishergegeben 
habe,  bat  mir  eine  iUcke  gemacht,  die  ich  wieder  flicken 
nuiz.  bei  .ScH<ti.i.  172; 

nun  h.-it  der  feldsrheer  zwar  geschickt 

mich  wieder  lo  zurcchl  geflickt.    GöiiMCK  3, 128; 

minixter  flicken  um  slanl, 

die  rirhirr  flicken  am  ralh, 

dif  pf.irrer  an  dem  gewinnen, 

dir  am  an  haiidrn  und  riimen  : 

o  Jiib»eii.  «van  Hickr«!  dann  du? 

du  nirkrsi  an  di-n  iniiii^KTn, 

*ii  nrliiprn.  ftr/ifn.  maKitiern 

Mrrutu*  »tliuh:    V\u*x«  kom.  optm  2,  147. 


5)  sie  haben  hie  viel  marterns  in  diesem  spruch,  wie  sie 
in  allen  andern  haben,  und  können  doch  nichts  schafl°en, 
on  das  sie  immer  am  schlegel  flicken.  Luther  8, 129'.  was 
heiszt  das?  einen  hamnier  (tudes)  kann  hier  schlegel  nicIU  aus- 
drücken, ehiT  coxa,  wie  man  sagt  rchschlegel. 

6)  sagt  dem  guten  gesellen,  das  sichs  nicht  so  wird  flicken 
lassen  für  golt  und  im  gewissen.  Luther  4, 35l';  item  wie 
er  sein  busheit  mit  andern  flickt  und  entschuldiget.  Frank 
ur/tb.  38^;  geflickte  lieb  oder  freundsrbaft  wird  nimmer  ganz. 
Lehman.n  100;  wer  hiindel  flickt,  der  macht  selten  etwas 
besser,  daselbst;  an  einem  wcib  und  einer  miihl  ist  immer 
zn  bessern  und  zu  flicken.  159;  geflickte  freundschaft  ist 
einem  erzenen  gefäsze  gleich,  welches  heute  gliinzel,  morgen 
aber  rostig  ist.   Butschky  Palm.  315. 

7)  stelU  ein  dal.  der  person  bei  flicken,  so  sind  ausgefallne 
acc.  der  saclie  zu  ergiinzen  (gramm.  4,  693),  z.  b.  die  haut,  das 
feil  flicken :  die  hundc  verfolgten  den  hasea  und  flickten 
ihm;  dem  kind  den  bintern  flicken; 

wie  wol  er  ist  ein  junger  bub, 

so  kiin  er  sich  ind  sach  wol  schicken, 

ich  mein  Circis  die  soll  im  flicken.    Gengenbacu  s.  125, 

wie  der  verfolg  zeigt,  die  gaucldtaare  absdieren.  es  lieiszt  aber 
auch  das  kind  auf  den  hintern  flicken  oder  blosz  das  kind 
flicken,  Uim  die  rulhe  geben,  bair.  und  öslr.  sagt  nuin  'einen 
flicken',  umgang,  kamcradscltaß  mil  ihm  haben.  PIöfer  1, 230. 
Schmeu.er  1,  585,  gleiclisam  Htm  einen  läppen  zum  scliutz  an- 
setzen, ihn  hegen,  decken. 

8)  sich  flicken,  zudeclcen,  entschuldigen,  schmiegen :  w  eil  Carl- 
stad  das  werk  hat  aus  eigenem  köpf  fievelich  angefangen, 
wolt  er  sich  hernach  gern  flicken  und  die  schände  mit  feigen- 
bletler  zudecken^  Luther  3,38";  das  aber  Carlslad  sich  hie 
flickt  mit  einer  glose.  3,  7ü';  das  sie  solche  arme,  elende 
bettler  über  mir  werden  und  sich  so  flicken  müssen.  3,33l'; 
wie  denn  alle  die  thun,  so  böse  Sachen  haben  und  sich  so 
jcmerlich  flicken  und  allerlei  renke  suchen.  5,279';  erstlich 
sehe  man  doch  an ,  wie  elendiglich  und  kumerlich  sein 
{Daiids)  königreich  anfleng,  da  er  unter  Saul  so  lange  muste 
unsicher  sein,  und  nach  Sauls  tod,  ah  wie  flickt  er  sich, 
ehe  er  zum  könig  besteligt  ward.  0,165';  das  die  pricster 
nichts  handeln,  wuchern,  noch  sich  in  weltlich  geschefl 
Hucken  {für  flicken).  Frank  chion.  357';  denn  er  hat  wun- 
derliche list  und  künsle,  durch  welche  er  sich  flickt  und 
einwickelt  in  die  gemüte  der  menschen.  Meuanchtho.n  ru;»» 
abendrnul,  übers,  von  Mich.  Mcurer.  1532  f4;  die  vordem  biig 
sollen  inen  {den  ausgesuchten  zuchtkdlbern)  zotfecht  und  kurz 
sein,  die  Schenkel  schlecht,  vcst,  feiszier  dan  lang  und  die  sich 
nit  an  einander  flicken  (/"Myen,  oder  ficken,  reuen?),  so  si  gond. 
Mich.  Herr  feldbau  1545, 141';  anno  997  flickte  sich  Sylvester  2 
mit  listen  in  das  bapsllhumb.  Kirchhof  wendunm.  387'; 

der  sich  zu  keiner  Unzucht  flickt.    Scumklzl  verl.  suUn  5'; 

so  kumbt  der  teiird,  flickt  sich  ein 

und  söi  auch  seinen  sanien  drein,    hochteit  V. 

man  sagt  auch:  er  hat  sich  geflickt,  sali  gegessen  {eigentlich 
restauriert,  hergestellt),  s.  anflicken,  ausflicken,  einflicken,  nach- 
flicken, zerflicken,  zuflicken. 

FLICKFK,  »i.  sarcinalor:  ein  arzt  ist  gottes  Qicker,  hilft 
leiblich.  Luther  ttschr.  200'; 

eines  flickers  hütilcin.    Wkckukklin  .569. 
s.  allflicker.  korbflicker,  kesselflicker,  schuhUicker. 

FLICKK.KKI,  f.  sartura,  refeclio,  aitubessern. 

FLICKKHMENT,  was  liikerment  ,«/i.  16ls:  flickerment  nein, 
das  waren  wir  gewis  nichL  Fh.  MCller  1, 32u.  s.  zcrflacker- 
inenlieren. 

FLICKKItl.OIIN.  n.  was  flickelohn. 

FLlCKFItN.  .V.  flackern. 

FLICKFLFCK,  m.  lacmia,  asstinwnlutn,  etn  gehdußer  ausdrttck, 
da  jedes  der  verbundnen  Wörter  schon  dasselbe  ausilrücJU :  dan 
ist  nit  die  h.  mesz  von  imzaligen  piipslen,  cardinülen  und 
bischolTen  zu  unterschideiien  Zeilen  und  orten  zusamen  geraft 
und  als  ein  betlersnianlel  mit  vil  flickflecken  und  scliuli- 
pletzen  der  menschlichen  fanlaseien  in  einander  geuaiel? 
bicnrnk.   19'. 

FLICKFHF.IM),  m.  amicus  succenlurialiu.  SriKLKt  &ä5. 

FLICKIIArr.  assulus. 

Fl.iCKHKHINt;.  wi.  ßackhermg. 

FI.ll'KISCn,  sarcinalus.   SriM.ER  518. 

FLIl'KLAI'l'K.  m.  «vu  Hickfleck:  da  steht  er  ja  in  dem  soin- 
merklcidti  uu«  Uickluppuu.  Aji.mmk/wuI'.  2,  5U;  et  »oll  »eben, 


1777 


FLICKLEITER  —  FLIEDEISEN 


FLIEDEL— FLIEGE 


1778 


wie  theuer  sie  mir  diese  flicklappen  für  iiire  zerrissenen 
Wämser  bezahlen.  2,  228. 

FLICKLEITER,  f.  bergmännisch,  eine  angesetzte  zwischenlnler  : 
haben  sie  auch  ir  kohl  und  erdgestübe,  flickleitern,  kleb- 
scheit,  stoszbauni  und  kolben.  Mataesics  1562, 210'=158i';,14''. 

FLICKNACHRICHT,  f.  über  flicknachrichten  sich  einen 
weg  zur  begeisteiung  bahnen.  Herder  2,  91. 

FLICKREI.M,  m.  Iwmoeoteleulon  mero  complemento  serviens: 
fast  ohne  gewöhnliche  flickreime  flieszen  die  verse.  Herder 
20,  203. 

FLICKSCENE,  f.  episodium. 

FLICKSCHElt,  n.  bergmännisch,  u-ie  klebscbeit.  Bech  Agri- 
eoh  317. 

FLICKSCHNEIDER,  m.  centonarius. 

FLICKSCHUSTER,  m.  veteramenlarius : 

der  flickschuster  wird  ihr  schon  einrallen.    Hei;«r.v.  Kleist  2,  71; 

meinst  du,  dasz  du  den  flickschuster  nicht  wertb  bist?    2,72. 

FLICKSTEIN,  m.  lapis  subsecivus:  ich  werde  doch  wol  noch 
an  einen  ort  kommen,  wo  sie  so  einen  flickstein  brauchen, 
wie  mich.  Lessing  12,  8. 

FLICKVERS,  m.  versus  complementarius :  die  \ieien  flick 
und  fiillverse  (in  den  ?sibelungen).  Göthe  45,  210. 

FLICKWÄNDE,  pl.  lapides  ad  fornac.em  reficiendam. 

FLICKWERK,  n.  opus  reconcinnatum: 
also  musz  ich  mit  flickwerk  mich  betragen,    fastn.  793,10; 
gehen  nur  mit  flickwerk  um,  dasz  sie  ir  irrthum  beschönen. 
Luther  tischr.  S' ;    ein    Schneider   arbeitet  lieber  in  frischer 
waar  als  in  flickwerk.  Lehmann  163 ; 

solch  flickwerk,  uubestendig  wesen 
kan  man  in  cwern  büchem  lesen. 

Fischabt  Dominici  u.  Francisci  leben  1571.  G2'; 
was  tolle  redensart  hat  dieser  thor  erdacht? 
•er  hats  Tor  diesem  nicht  so  wunderlich  gemacht, 
bis  dasz  er  den  Vergil  in  possenreimeu  sab, 
da  fieng  sein  fiickwerk  an.    wie  götter  da  beinah 
yerdrehn  schier  jede  wort,  so  bildet  er  sich  ein, 
es  werd  auf  ihren  schlag  die  sprach  auch  göttlich  sein'. 
Grtphius  1,669; 

vergeszt  ja  keinen  augenblick,  dasz  ich  reine  arbeit  verlange 
und  hütet  euch  vor  allem  flickwerk,  vor  aller  stümpereL 
H.  L.  Wagner  Macbeth  72; 

und  wir  bekannten  überfrei, 

dasz  Ilias  nur  ein  flickwerk  sei.    Göthk  3,166; 

SO  fand  er  am  vorlheilhaftesten,  Schneider  zu  bedienten  zu 
haben,  welche  die  stunden  gut  anwenden  musten,  indem  sie 
nicht  allein  ihre  li^reien,  sondern  auch  die  kleider  für  vater 
und  kinder  zu  fertigen,  nicht  weniger  alles  flickwerk  zu  be- 
sorgen hatten.  25,  ti;  wie  die  blei  und  kupferbedeckung, 
wegen  des  ewigen  flickwerk?,  nur  veranlassung  zu  groszem 
kostenaufwand  geben  kann.  39.366;  unser  gebildeter  innerer 
mensch  ist  ein  abscheuliches  flicknerk  in  allem  unsern  wissen 
und  wollen.  J.  P.  «r«.  löge  2,  56.  » 

FLICKWORT,  n.  vocabulum  redundanter  fßOsitum:  die  wör- 
terchen ,  welche  den  meistersängem  so  wol  angestanden, 
sonst  von  etzlichen  neulingen  flickwörter  genannt ,  habe 
allzeit  in  guter  anzahl  fertig  und  bereit  wie  ein  garnseil, 
das  die  ratten  zerbissen  haben,  reimedich  66;  ich  musz  die 
reime  nicht  mit  flickwörtern  ausfüllen,  solches  seind:  thun, 
sein,  lobesan,  fürwar  etc.  Hanmann  2«  Opitz  s.  167;  ange- 
wöhnte flickwörter.  Kant  10, 149 ;  die  harmonie  durch  flick- 
wörter stören.  Bürger  14o';  und  so  sagen  wir  beherzt,  dasz 
im  ganzen  stück  {dem  pßngstmonlag)  kein  leeres,  zufölliges 
oder  nothdürftig  eingeschaltetes  flickwort  zu  finden  sei.  Götue 
45,185;  dasz  man  aus  natürlicher  fahrlässigkeit  immer  noch 
gewisse  flick  und  Schaltwörter  behaglich  einschiebt,  um  eine 
sonst  tüchtige  und  wirksame  rede,  man  weisz  nicht  warum, 
zu  erlangen.  49, 156. 

FLICKZEUG,  n.  irte  flickwerk. 

FLIED,  s.  fliet. 

FLIEDE,  f.  phlebotomum,  tcälere  künung  ron  fliedme,  auch 
fliet,  fliete,  flede  {sp.  1745)  geschrieben:  schir  das  haar  ab  dem 
ort,  reib  es  mit  einem  bänfin  tuch,  bisz  offen  wird,  darnach 
setz  laszköpf  darauf,  bick  es  alsdann  mit  einer  flieden  wol, 
wasch  das  blut  ab.  Seuter  4;  und  wann  du  siehst  das  die 
knipfel  zeitig  scind,  so  kanst  du  inen  wol  mit  einer  flieden 
helfen  das  sie  rinnen.  39 ;  disem  ros  soll  man  die  balsader 
schlagen  mit  einer  breiten  flieden.  59.  man  kann  auch  schon 
dem  nom.  flieden  geben,     s.  fliete. 

FLIEDEISE.N,  tu  scalpeUum,  bei  ScbOnsleder,  lasieisen, 

m. 


FLIEDEL,  m.  diminution  des  vorigen:  dieser  köpf  soll  ge- 
salzt sein  an  scbrapfen  fliedl  und  soll  bedecken  nachat  den 
ganzen  pauch.  aderlaszbuch  ton  1477  6«  Schm.  1,  5S5 ;  es  wird 
mit  einem  flieddel  {so)  eine  subtile  öfnung  gemacht  {in  der 
haut,  ifo  man  einen  blutegel  ansetzen  tcitl).  Hohberg  1. 262" ; 
pferde  mit  dem  fliedel  schrepfen.  2, 1S4*.  215'. 

FLIEDER,  m.  sambuciis  nigra,  hulunder,  holder,  weder  ahd. 
noch  mhd.,  auch  nicht  in  <^rd.  idiotiken,  zuerst  bei  Heniscb 
1131,  35  und  als  sächsich  bezeichnet,  nnl.  vlier  Kilian  756*.  der 
doch  753'  die  vollere  form  fl  edder  hat,  Hofmanns  gloss.  belgicum 
118"  gibt  vliedelere  vel  holentere,  das  alte  gtossar  Diut.  2,  22s' 
nur  holendere.  nd.  Deder,  vlieder.  Diefenb.  509'.  Dähnert 
122',  flirr  Danneil  53'.  irestf.  flier ;  aus  fleder  enlMml  scheint  das 
schwed.  Däder,  lett.  pleder.  die  herkunft  unsicher,  denn  flader, 
ahom  {sp.  170S)  und  das  Ostr.  flider,  flitter,  populus  tremula,  von 
flittern,  flattern,  zittern  berühren  sich  nur  zufällig  und  der  holunder 
flattert  nicht  {doch  s.  flinder  4).  sollte  nicht  das  -der  ron  Diedcr 
tcie  in  holder,  holunder,  wacholder,  maszolder  zu  ndimett  sein  ? 
dann  wäre  blosz  das  vorstehende  flie  oder  fle  zu  deu'en.  man  nennt 
aber  auch  die  syringa,  das  nägelein  blauen  oder  spanischen  flieder 
oder  flieder  allän  und  der  Zusammenhang  musz  ergeben,  was 
gemeint  ist.  an  flied  gummi  kann  flieder  nicht  rühren,  da  weder 
sambucus  noch  syringa  harzig  ausflieszen: 

der  flieder  und  die  linde  wehn 

mir  bange  seelenschauer.    Höltt  166; 

da  läszt  man  sich  nieder 

von  liaselu  und  flieder 

mit  laubdurt  erfrischt.    Saus. 

FLIEDERBAUM,  m.  flederbaum,  nnl.  vlierboom. 

FLIEDERBEERE,  f.  holunderbeere. 

FLIEDERBLATT,  n.    flierenblelter.  kunkelevang.  D2. 

FLIEDERBLAU,  nägleinblau. 

FLIEDERRLÜTE,  f.  holunderblüte. 

FLIEDERBÜCHSE,  f.  aus  holler  oder  hdunderrohr  gemacht. 

FLIEDERDUFT,  m. 

FLIEDERGANG,  m. 

welches  säuseln  regt  die  espenwipfel? 

welches  flistern  spricht  im  Diedergang? 

KosEGARTE^  pocsien  2,  337. 
FLIEDERGEBCSCH,  n. 
FLIEDERGRÜN,  n. 

nestvögel  piepen 

im  fliedergrün.    Schxidt  ton  Wemeuchen. 

FLIEDERHECKE,  f. 

zum  erstenmal  kroch  eine  schn«cke 

aus  der  verborgnen  fliederhecke.    Pfiffel  1,27. 

FLIEDERMUS,  n.  eingedickter^  soft  der  schwarzen  hdunder- 
beeren. 

FLIEDERN,  sambuceus,   nd.  fleern,  hoUeni.    Strootüann  56. 
FLIEDERPFEIFE,  f.  hollerpfeife,  sambuca.    s.  Diefenb.  509'. 
FLIEDERSAFT,  m.  hulundersaft. 
FLIEDERSCHATTE,  m. 

der  hof,  wo  bienenstöcke 

im  fliederschatten  stebn.    Matthisson  17  (91). 

FLIEDERSCHOSZ,  m.  surculus  sambuceus. 

FLIEDERSTRAUCH,  m. 

FLIEDERTHEE,  m.  holunderlhee. 

FLIEDERZWEIG,  m. 

FLIED.ME,  f.  ptdebotomon.  Helber  45.  ahd.  fliedima,  fliodema. 
Graff  3, 360.  77i    nd.  vlieme,  vieme.     5.  fliede. 

FLIEGAUF,  m.  homo  volatilis,  nd.  fliegup,  besonders  ron  einem 
munteren,  wilden  mädciten,  man  sagt  auch  fliegupske,  f.  brem. 
wb.  1,  409.     vgl.  flauaus  sp.  1735,  saufaus  u.  a.  m. 

FLIEGE,  f.  musca,  ahd.  fliogä,  die  ältere  form  fliugd  rorfim 
unter  fleuge  behandelt,  mhd.  vliege,  ags.  fleoge,  nd.  flege,  nnl. 
vlieg.  das  golh.  wort  verborgen,  unbedenklich  stammt  fliege  aus 
fliegen,  bedeutet  mithin  volatilis,  wie  aucli  andere  geflügelte  in- 
seclen,  namentlich  die  biene  altn.  byfluga  {vgl.  mouche  ä  miel), 
die  bremse  myfluga  und  der  Schmetterling  butterfliege,  nnl.  boter- 
vlieg,  engl,  butterfly  heiszen.  wie  fliehen  für  fliegen  volare 
kommt  auch  fliehe  ßr  fliege  musca  vor. 

abweichend  in  den  urverwandten  sprachen  gr.  ftvla,  lat.  musca, 
it.  sp.  mosca,  fr.  mouche,  altsl.  moucba,  böfim.  maucha,  poln. 
mucha,  dimin.  böhm.  muska,  poln.  muszka,  lit.  müsse,  letL 
muscba,  skr.  maxika  =  altsl.  mousciiitza,  welchem  unser  mücke 
Culex,  ahd.  muccä,  muggä,  ags.  mycge,  engl,  midge,  altn.  my, 
schw.  mygga,  dän.  myg  zur  seile  slefU.  möglich,  dasz  die  Gothen 
für  ftvla  sagten  mugjü  =  ags.  mycge  (iri*  bugjan  =•  ags. 
bycgan),  ahd.  raucci  und  dasz  erst  späterhin  ahd.  fliug^.  fliogi 

112 


1779 


FLIEGE 


FLIEGE  — FLIEGEN 


178Ö 


außam,  muccii  dann  auf  rtilex,  kleine  fliege  (scbnake)  einge- 
schidnkl  wurde,  siclubar  ist  das  ir.  cuil  =  tat.  cuIex,  drückl 
aber  musea  aus  xtnd  die  diniinulion  cuileog.  gal.  ruileujj  Culex, 
welsch  cylionen,  arinor.  kelit-nen  fliege  uud  miicke. 

dantil  nicht  genug,  in  berührung  zu  miicke  slifä  auch  ahd. 
mnhlifiinü  cicada,  gryllus  (Gbaff  953),  Schweiz,  umgeslelll  in 
lieiniiniiui'b  (Staldeb  2,  lü)  und  die  flwgende  nm\s,  floJcrinaus. 
ich  habe  anderwärts  {navien  des  donners  s.  20)  die  verwandlschaß 
zwischen  fivla  und  /uvs,  miisca  und  mus,  miicke  und  maus 
dargelegt,  des  vogels  flug  ist  hörbar,  fliege  und  maus  nahen  lieini- 
Uchschndl,  mausen  heiszl  heimlich  stehlen,  raeuclieln  heimlich 
morden,  ja  golh.  mauijir,  altd.  mordar,  nhd.  mord  (==  meucliel- 
mord)  scheinen  entsprungen  aus  muzdr,  inuslr  und  die  sp.  1745 
angeführte  form  Hedarmustro,  fledermaus  empfangt  dafür  bedeu- 
tung.  noch  wichtiger  stimmt  das  tnalbergische  rlireo  mosido 
(corpus  occisi  hominis  in  furtum  ex.sjmluivil),  was  golh.  hraiv 
musida  lauten  könnte  und  welches  atidere  glos.mi  durch  mardo 
(/.  murdo)  ausdrücken,  ich  bin  hier  nicht  ausgeschritten,  denn 
wir  seilen  die  Vorstellung  des  meuchehis,  wie  sie  in  miicke  ror- 
laucht,  gerade  auch  tn  fliege  walten,  altn.  fluga  bedeutet  assasinium 
und  flugumadr  sicarius. 

1)  die  fliegen  schaden  und  werden  lästig  mit  ihrem  stechen 
und  schmehzen, 

fliegen,  flflehe,  dSs  tiuvels  nit, 

die  müeiit  die  Hute  zailer  zit.    Freidake  146,1. 

man  scheucht,  jagt  und  tüdlel  sie  unaufhörlich,  kleinen  vögeln, 
zumal  den  schwalben  fallen  sie  zahllos  zur  speise,  darum  heiszen 
sie  schualbenfuUcr,  schwalbenasz: 

du  swalwen  äj,  waj  ist  din  gir?    Bon.  40,21; 

seine  diencr  sclieuchen  wedelnd, 

nicht  verjagen  sie  die  fliege, 

sie  umsclinärmt  ihn,  sticht  uud  irret 

und  verwirrt  die  ganze  tafei.    Götue  5,272. 

nur  die  trinker  im  sommer  erweisen  ihnen  auf  den  bicrlLtchen 
dulJung,  es  heiszl  voll  einschenken,  dasz  die  fliege  oben  iiber 
das  glas  schwimmen  kann  {sp.  208);  einen  eimcr  meth  vor- 
setzen so  voll,  dasz  die  fliege  am  äuszersten  lande  trinken 
könne,  weisth.  2,  iv.  fliegen  und  freunde  kommen  im  sommer. 
\\as  fliegen  lockt,  lockt  auch  freunde  {zum  besuch); 

diu  fliege  ist,  wirt  dör  sumer  hcij, 

der  küenste  vogel  den  ich  weij.    Freidank  145,25; 

wie  ein  versofiic  flieg 

für  den  zapfen  lieg.    Ringwald  laut.  warb.  59; 

er  kam  gezogen  wie  die  fliege  aus  der  bultcrmilch;  und 
wenn  es  ein  weil  geweret,  so  wirft  der  lenfel  die  flieg  in 
das  gebreut  habermus.  Keisersb.  brösaml.  60*; 

in  diesem  hau  voll  Ordnung  und  voll  praclit 

sasz  eine  finstre  flieg  auf  einem  stein  und  dachte. 

denn  dasz  die  fliegen  stets  aus  linstcrn  äugen  sehn 

und  oft  den  köpf  mit  Einern  heiuc  halten, 

und  oft  die  flache  .stirne  falten, 

kommt  hlosz  daher,  weil  sie  so  viel  vcrstehn 

und  auf  den  grund  der  sachcn  gehu.    Gellert  1,149.150; 

ward  nie  mir  doch  mein  ofensims 

von  treuen  fliegen  leer.    Schmidt  r.  tV.  45. 

2)  also  verderben  die  schedlichcn  fliegen  gute  salben.  ]ned. 
Sal.  10,  i;  denn  zu  der  zeit  wird  der  herr  zischen  der  fliegen 
am  ende  der  wasscr  in  Egjpten  und  der  bleuen  im  lande 
Assur,  das  sie  koincn  und  alle  sich  legen  an  die  trocken 
beche.  £j.  7,  IS;  hungrige  fliegen  beiszcn  übel,  fciszte  fliegen 
stechen  minder;  welche  fliege  sticht  euch?  ihr  habt  eiu;h 
in  einen  handel  eingelassen,  der  übel  ablaufen  konnte.  Götue 
30,320;  wo  man  gott  gehorsam  sein  sol,  da  hindert  uns 
eine  fliege  jcnst  dem  Kein.  Luther  6,322'; 

das  ich  wie  eine  {harinnckigc)  flieg 

mit  Icutcii  jetzt  im  rechte  lieg.    Hingwald  tr.  Eck.  LI*; 

3)  die  fliegen  weiiren  und  kehren : 

Kleich  «0  wehretc  sie»  vom  leibe  dir,  wie  wenn  die  mutier 
wehrt  vom  söhne  die  flieg,  indem  süszschlummernd  er  daliegt, 
17  de  roaov  fuv  t'tQytv  aTTÖ  ;ifooo»,  töi  ore  fn^rr-o 
nniS'os  itQyri  ur'inv,   od"' r^dii  Xi^erai  VTTrco.    //.  4,131 ; 
ton  hCichcrn  liab  ich  gro.szcn  hört, 
verniaiid  doch  driiiti  gur  wenig  wort, 
und  halt  sie  deiinocht  in  den  urcn, 
das  Ich  in  wil  der  fliegen  weren.    Hrani  1,8; 

wal  vor  recht  helilien  die  papen  von  Derneburg  up  dein  vor- 
holte? *wan  HC  in  süiuerdagcn  obeit  holt  riet,  so  drövct 
{dinfrn)  se  »ek  cncu  «juasl  afbreken  un  damidde  de  fliegen 
•fwehren,  wen  »e  aversl  ut  dem  bollc  knini,  miiten  se  en 
»on  tek  »miten  und  drövcl  cn  nicht  mit  sck  nebmcn'.  weiilh. 
I^UO.     I.  fleugast  */>.  1773; 


(ohn  disciplin)  leszt  sich  die  Jugend  nicht  erzielin, 

man  musz  bisweilii  den  guten  herrti 

an  ihrem  ort  die  Hiegen  kehrn.     Hingwald  laut.  warb.  223; 

und  jenem,  der  sich  was  beschwert, 

mit  einem  tilz  die  fliegen  kehrt,    tr.  Eckart  H2*  (G6'). 

4)  fliegen  fangen,  schlagen: 

den  köpf  hat  er  also  gebient, 

das  er  den  ganzen  tag  uf  gient, 

als  ob  er  fliegen  vohen  wolt.    Ürant  "7,21; 

0  dasz  ich  endlich  euch  ertappe, 

drei  fliegen  unter  ßiner  klappe.    Klopstock; 

mein  vater  trieb  seine  öconomic  mit  zeit  und  krüften  so 
weit,  dasz  ihm  nichts  mehr  vergnügen  machte,  als  zwei  fliegen 
mit  einer  klappe  zu  schlagen.  Gothe  25, 54 ;  schw.  slä  tvä 
flugor  i  en  smilll;  siebene  auf  einen  streich,  im  kindermärchen. 

5)  es  hindert,  Urgert  ihn  eine  fliege  an  der  wand;  die 
erfahrung  lehret,  dasz  solche  siechlinge  manchmal,  wie  man 
spricht,  die  fliege  an  der  wand  irret  und  eifert.  Scriver 
seelensch.  2,  943 ;  der  stürm  hatte  alle  unsere  leule  dermaszen 
abgemattet,  dasz  sie  wie  die  fliegen  dahin  fielen.  Felsenb. 
1,333;  ich  bin  so  matt,  dasz  mich  eine  fliege  umstoszen 
konnte.  Geliert  3,  369 ;    matt  wie  eine  fliege. 

6)  er  ist  eine  wilde,  böse,  wüste  fliege,  homo  dissolutus,  ein 
kecker,  freclier,  lästiger  kerl,  vgl.  hummei.  Miisca  war  ein  römischer 
bdname.  'so,  lebt  die  fliege  noch?'  fiel  der  wirt  ein.  J.  P.  flegelj. 
1,  49.    bierfliege,  lett.  allus  miischa,  hezeichnel  einen  saufaus. 

7)  spanische  fliege,  vicloe  vesicatorius : 

spanische  fliegen  auf  die  waden.    Kotzebuk  dram.  $p.  2,262. 

8)  fliege,  das  knöpfclien  am  schieszgewehr,  fr.  le  bouton,  la 
mire  du  fusil,  ai(c/j  die  miicke,  gewöhnliclier  das  körn.  schw. 
fluga,  die  stelle  an  der  fruclU,  wo  die  blute  sasz. 

9)  ankcrfliege,  was  ankerfliigel,  ankerscliaufel. 

vgl.  aasflicge,  brummfliege,  fensterfliegc,  flcischfliege,  haus- 
fliege,  rcgcriflicgc,  schmeiszflicge,  Stechfliege,  Stubenfliege. 

FLIEGEN,  volare,  ahd.  fliogan,  whd.  vliegcn,  ags.  fleogan, 
engl,  fly,  ?i»i/.  vliegen,  altn.  Iliiiga,  schw.  flyga,  ddn.  flyve.  die 
praet.  lauten  ahd.  Houc,  flugini,  mhd.  vlouc,  vlugen,  tUid.  flog, 
flogen,  nnl.  vloog,  vloogen,  ags.  fleag,  flngon,  c;ii//.  flew,  ulln. 
flaug,  flugo,  schw.  flog,  flögo,  dän.  flöi.  der  imp.  Iial  altd. 
fliuc,  mild,  vliuc,  nJid.  früher  fleug,  heute  flieg  und  ebenso  die 
tcrtia  sg.  ahd.  fliugit,  vihd.  vliuget,  ului.  fleugt,  heute  fliegt. 
rfcr  ags.  imp.  fleog,  altn.  fliug,  schw.  flyg,  dän.  flyv. 

bcsdszen  wir  das  A.  T.  oder  vom  neuen  die  apocalypse  auf 
gotldsch,  so  würde  uns  ein  so  wichtiges  worl  in  dem  ältesten  dialeä 
unserer  spräche  nicht  enlgchn.  auch  dessen  ausdrücke  für  fliigel, 
fcder  und,  wie  eben  verhandelt  wurde,  für  fliege  kennen  wir 
nicht,  nur  fiigis  aii's  ist  bekannt,  unter  vogel  soll  aber  die  mög- 
üclüicÜ  aufgestellt  werden,  dasz  fugls  soviel  sei  als  flugis  und 
unmittelbar  verwandt  mit  fliigel,  wie  avis  mit  ala.  der  aidaut 
f  ergäbe  zugleich  den  des  gesucläcn  verbums. 

in  fugls  wie  in  dem  sp.  1392  gemutmaszten  fi|)ra  =  feder 
folgt  der  labialis  kein  1,  beide  gleiciwn  hierin  dem  gr.  Ttsxenöi 
und  mBoof,  folglich  würde  Ttsroftat  TtriaO'at  auf  ein  guth. 
verbum  mit  f  ohne  l  rathen  las.<ten.  pluma  hal  das  I,  penna 
»i;f///.  eine  menge  andrer  fälle  schwankt  aber  zwisclwn  einlas:  und 
ausstosz  der  liquida,  es  sei  nur  an  flectcre,  fliehen,  fugere,  tfeiyfir 
und  biegen,  an  flederwlsch  und  federwisch,  an  flitlich  und 
litlich,  an  flahs  und  fahs  {sp.  1701)  erinnert. 

noch  andre  Unsicherheit  entspringt  dalter,  ob  nicht  das  gothisclie, 
zu  })  für  f  geneigte  organ,  wie  es  |)liuhan  «nii  |)lauh$  stall  fliuhan, 
flaulis  bildet,  ebcnfdls  |>liugau  anstatt  IVmgim  bettebt  haben  könne? 
freilich  kommen  aucli  flaulan,  flödus  und  andere  mit  fl  anlau- 
tende Wörter  vor,  allein  zwischen  jiliuhan  und  jiiiugan  schiene 
nähe  obzuwalten,  die  sich  auf  ähnlichkeit  der  laute  niciU  nur, 
sondern  auch  der  vorslelluniien  in  beiden  aiudrücken  gründet,  die 
bcgrilje  des  lliegens  und  fliehcus  sind  zwar  rerscliieden,  dennoch 
einander  berührend  und  die  berührung  wird  noch  inniger,  wenn 
auch  in  fliehen  die  sinnliclicre  Vorstellung  des  springens  gesucht 
werden  darf  der  entfliegende  vogel  entflieht  zugleich  und  schneller 
flug  fördert  die  cüe  der  flucht ;  wir  sagen,  dasz  die  wolketi  fliegen 
oder  fliehn,  dasz  uns  die  zeit  entfliege  oder  entfliehe,  zwar 
flieht  {entspringt)  auch  der  liirsch  auf  seinen  füszen  und  iler 
feind  auf  fliichti(fni  rosse,  der  hcranfliegt-»dc  iüi/W  flieht  nidd, 
sondern  kommt  uns  ndlier,  allein  in  den  hau]>lfallen  des  fliegen^ 
ist  doch  ein  entfernen,  fortfliegen  gemeint,  nichts  war  u/.«>  natüriuhrr 
als  dasz  häufig  fliehen  anstatt  llirgen  gi-srlntcben  wurde,  die  ags. 
Sprache  bildet  von  fleogan  das  praet.  fle;ih  für  fleäg  {wie  von 
lieogan  bei'ih),  rnn  fleon  {'•^  fleohan)  wiederum  He/ih,  und  im 
enyl.  steht  nwld  selten  flcc,  flcd  anstM  U)',  Hcw.     htcr  sind  auth 


1781 


FLIEGEN 


FLIEGEN 


1782 


nhd.  beispiele  ton  fliehen  für  fliegen:  fleucht  gen  himel.  spr. 
Sal.  23,5;  fliehen  heiszt  sie  nicht,  wie  die  vogel  fliehen, 
sondern  wie  David  für  seinem  son  Absalon  flöhe.  Lütbeb 
3,  313*;  aber  sie  faren  on  gottes  wort  und  hefehl,  als  so 
einer  auf  einen  hohen  thurn  und  spitzen  woll  treten  und 
herab  fliehen.  4, 1S4';  flugs  flöhe  im  die  schwalbe  auf  die 
hand.    ALbtRcs  barf.  Eulenspiegel  n'467; 

als  dasselbig  eiu  kroh  vcrnam, 

zum  adeler  geOohen  kam.    Alberus  Esop  95; 

die  redlichen  kriegsleut  werden  mit  unverzagtem  herzen  bei 
euch  stet  und  fest  hallen,  weil  {so  lange)  das  fenlein  fleucht. 
Reüter  ron  Sp.  27 ;  ein  fliehender  pfeil.  pers.  rosenlh.  3,  27 ; 
dasz  ich  rabe  mit  andern  raben  auf  den  wänden  der  gärten 
stolz  und  lustig  herumb  hüpfen  und  (liehen  möchte.  5,13; 
damit  die  in  den  steinern  palatien  für  den  fliehenden  brand 
sicher  sind,   haben  sie  gar  kleine  fensterlöcher.   pers.  reiseb. 

3,  1 ;  die  taube  flöhe  eilend  an  das  gemählde.  Lokman  2S ; 

mein  schall  floh  überweit,  kein  laodsmann  sang  mir  gleich. 

Flejisc  670; 
siehst  du  jene  rose  blühen, 
schönste,  so  erkenne  dich, 
siehst  du  bienen  zu  ihr  fliehen, 
Phyllis,  so  gedenk  an  mich.    Hagidorm  3,S8; 
zwischen  ufer,  thal  und  klüften 
liesz  der  treue  Saladin 
mit  den  kühlen  abendlüften 
tausend  heisze  sfltfzer  fliehn.    GEmher  301 ; 
Cupido,  der  hierum,  wie  kleine  kinder  sind, 
gescbältig  läuft  und  dient,  fleucht  stärker  als  der  wind.    664; 
ein  täubchen,  dem  ein  schusz  den  treuen  galten  stürzt, 
^  fleucht  schüchtern  hin  und  her,  girrt  unter  nacht  und  holen. 

763; 
wie  aus  dem  bäum,  in  den  der  stral  des  himmels  stürzt, 
der  gescheuchte  geier  fleucht.    Götiinger  musenalm.  1775  s.  57; 
alles  lachet,  alles  blühet 

hier  im  niedern  thal. 
froh  zu  jungen  buchen  fliehet 

amsel,  nachtigall.    atm.  der  musen  1776  f.  182; 
woher  die  imme  fleucht.    Fr.  MiJLLSR  1,22. 

fleucht  für  fleugt  kijnnle  überall  nur  verschrieben  orfer  a«s  fleuget, 
uie  manch  aus  manag  gekürzt  sein,  in  fliehn  :  blühn  teird  man 
eher  unbetrusle  rertcechslung  mit  fliegen  zugeben,  kaum  steht 
umgekehrt  fliegen  für  fliehen,  ich  habe  nur  zwei  stellen  aus 
MicRÄLii's  angemerkt:  ward  im  tempel,  zu  dem  er  geflogen 
war,  erschlagen.  2. 179 ;  daraus  waren  die  bOrger  in  die  nahist 
gelegen  wälder  geflogen.  2,  250.  der  nd.  mundart  lag  es  näher 
flogen  beides  für  flogen  und  flohen,  geflagen  für  geflogen  und 
geflohen  gellen  zu  lassen. 

urallen  Zusammenhang  zwischen  fliegen  und  fliehen  eingeräumt, 
liesze  sich  in  gleicher  tiefe  beiden  auch  das  uort  flieszen  als  ver- 
wandt zugesellen,  der  ßsch  flieszt  im  wasser,  n>ie  der  vogel  in 
der  luft  fliegt  und  die  flut  rinnt,  entrinnt,  entflieszt,  entOieht 
unterm  äuge,  fliegen  und  flieszen  verbinden  sich  oft,  (fliegen 
und  kriechen  sichn  einander  entgegen): 

dö  schuof  man  den  riehen 
guoter  spise  genuoc, 
man  vnorte  dar  unde  truoc 
swax  ie  gevlouc  oder  gevlöj.    gute  frau  2653', 
fr  git  uns  wilt,  er  git  uns  zam, 
er  tuet  uns  vliegendes  und  vliejeodej  undertän. 
HSH.  l,2*jy; 

item  wen  der  probst  kumpt  in  die  herberg,  so  soll  man  im 
geben    fliegendes   und   flieszendes    (vügel   und  fische),    ueisth. 

4,  42.  skr.  plu  ist  souol  natare  als  volare  und  plavit  avis,  vgl. 
plih  und  plav  ire.  in  fliegen,  fliehen,  flieszen  allen  drei  ist 
schnelle  bewegung  ausgedrückt,  das  lalein  hält  aber  volare,  fugere, 
fluere  gesondert,  während  sich  unsere  «Orter  in  den  anlautenden 
consonanlen  wie  in  dem  folgenden  difJithong  nahe  rücken,  dasz 
mit  plu  und  fliegen  das  tat.  volare  gänzlich  unverwandt  ist, 
braudU  kaum  gesagt  zu  werden,  mir  scheinen  volo  volavi  und 
volo  volui  zusammen  gehürig.  volare  ist  petere,  petere  caelum 
pennis,  also  ein  begehren,  wollen,  peto  rültrl  an  Tierofiai,  folglich 
an  TiSTTjvos  und  meoöv  (vgl.  sp.  1277. 127S),  statt  des  o  in  volare, 
voluntas,  volucer  zeigt  sich  alleres  c  (=  il  in  velle,  velim  iric 
in  velox.  hat  diese  gleichheit  der  formen  und  hedeutungen  gnnd, 
so  musz  auch  unser  vilja,  willo  ogenllicli  flug,  aufflug  oder  ßügel 
und  [■ersonifictert  einen  geflügelten  lieliesgolt  gemeint  haben,  wie 
Eros,  Wunsch  und  Wille  sind,  ich  deute  blosz  an,  was  auszu- 
führen  nicht  hierher  gehört. 

auf  diese  tinleitung  folgen  die  heuligen  hedeutungen. 
1)  fliegen  der  vögei  und  insccten:  der  vogel  fliegt  auf  und 
daroa;    gevogcl,   das  auf  erden  unter  der  feste  des  bimels 


fleuget.  1  iVo5.  1,20;  alles  was  fliegen  kund  und  was  fiitich 
hatte.  7,20;  und  liesz  einen  raben  ausfliegen,  der  flog  imer 
hin  und  wider  her  bis  das  gewesser  vertrocket  auf  erden. 
S,  7;  darnach  liesz  er  eine  tauben  von  sich  ausfliegen.  8,8; 
und  lasse  den  lebendigen  vogel  ins  freie  feld  fliegen.  3  Mos. 
14,7;  wenn  du  auf  dem  wege  findest  ein  vogelnest  ...  und 
das  die  mutler  auf  den  jungen  oder  auf  den  eiern  sitzt,  so 
soitu  nicht  die  mutler  mit  den  jungen  nemen,  sondern  soll 
die  mutier  fliegen  lassen  und  die  jungen  nemen  auf  das  dirs 
wol  gehe  und  lange  lebest.  5  Mos.  22,  7 ;  der  herr  wird  ein 
Volk  über  dich  schicken,  von  ferne  von  der  weit  ende,  wie 
ein  adeler  fleugt.  2S,  49 ;  der  mensch  wird  zu  unglück  ge- 
boren, wie  die  vögel  schweben  empor  zu  fliegen.  Hiob  5,  7 ; 
wer  bereit  dem  raben  die  speise,  wenn  seine  jungen  zu  gott 
rufen  und  fliegen  irre,  wenn  sie  nicht  zu  essen  haben?  3S, 41; 
fleuget  der  adler  aus  deinem  befeih  so  hoch?  39,27;  wie 
saget  ir  denn  zu  meiner  seele,  sie  sol  fliegen  wie  ein  vogel 
auf  ewre  berge,  ps.  ii,i;  o  hätte  ich  flügel  wie  tauben,  das 
ich  flüge  und  etwa  bliebe.  55,  7 ;  wie  ein  vogel  dahin  ferct 
und  eine  schwalbe  fleuget.  s/>r.  Sal.  26,  2 ;  w  ie  ein  vogel  dahin 
fleugt,  der  aus  dem  nest  gelrieben  wird.  Es.  16,  2 ;  siehe  er 
fleugt  daher  wie  ein  adeler  und  breitet  seine  flügel  aus  über 
Moab.  Jer.  4S,  40 ;  ich  wil  den  vögeln,  wo  sie  her  fliegen, 
zu  fressen  geben.  Ez.  39,  4 ;  er  thut  dir  wie  der  adler  seinen 
jungen  thut,  wenn  er  sie  wil  leren  fliegen,  so  flügt  er  über 
sie  und  je  hoher  je  höher.  Keisersb.  brüsaml.  3l';  was  bald 
anfleugt,  fleugt  bald  ab.  A7.  weise  reden  1565,16';  fleugt  gans 
über  meer,  komt  gans  wider  heim.  Petr.  9';  die  nacket  fleder- 
maus  flüget  des  abents.  Stei.miöwel  Esop  52; 

da  kam  ein  imb  geflogen 

in  dlinden  er  gnistet  bat.    mylhol.  1089; 

es  fleugt  ein  kleins  waldvögelein.    Ublakd  179; 

flieg,  maikäfer,  flieg!; 

fleug  vogel  sonder  federn!    Grtphics  1,767; 

allein  sie  {die  bremse)  suchte  sich  zu  rächen, 

sie  flog  ibm  nach,  um  ihn  zu  stechen 

und  stach  den  schimmel  in  das  maul.    Gellert  1,75; 

die  henue  läuft  mit  strupGgtem  gefieder 

das  ufer  zehnmal  auf  und  nieder, 

setzt  zehnmal  an  und  fliegt  doch  nicht  hinein!    1,128; 

ich  habe  tauben  fliegen, 

so  schön  du  sie  verlangst,  du  sollst  die  besten  kriegen.    3,402; 

zur  feldmaus  sprach  ein  spatz :  sieh  dort  den  adler  sitzen ! 

ich  flieg  ihm  gleich,    'fleug,  praler',  rief  die  maus. 

Lessi5c  1 ,  101 ; 
und  sie  sieht  mich  schmetierling. 
zitternd  vor  des  freunds  verlangen 
springt  sie  auf,  da  flieg  ich  ferne.    Göthk  1,57; 
das  Pärchen  weiszer  tauben, 
du  siehst,  es  fliegt  dorthin.    1,126; 
seht  den  vogel,  er  fliegt  von  einem  bäume  zum  andern. 

1,3S6. 

'es  flöge  nicht  ein  vogel  danach'  gleichviel  mit  es  krähte  kein 
hahn  danach,  kümmerte  sich  niemand  darum:  war  einer  da 
und  sprach  in  mutwillen;" 

wie  pranget  der  von  Waidenstein  so  hoch, 
ich  habe  ihme  wol  vier  pferde  genommen, 
und  flöge  nicht  ein  vogel  darnach! 

das  ward  Simon  von  Waidenstein  angesagt,  der  antwort, 
bette  er  geschwiegen,  so  were  er  mir  unbekant  gewesen 

(/.  geblieben), 
haben  nicht  vögei  darnach  geflogen, 
so  sollen  nun  grosze  raben  fliegen! 

und  nam  denselbigen  sobald  vom  tisch,  fürte  ihn  hinaus  und 
liesz  ihn  an  einem  bäum  henken.  Ihüring.  chron.  bei  Sexkex- 
berg  sei.  3, 402.  man  sagte  sonst  'eins  fliegcns',  in  einem  fort 
wohin  fliegen,  involitare.  Stieler  509:  so  bint  man  im  (dem 
lauber)  den  brief  under  den  flug,  so  flugt  er  ains  fliegcns 
dahin  uf  das  hus,  da  er  erzogen  ist  worden.  Schiltberger 
ed.  Nelsianx,  München  1S59  s.  110.  zu  'irre  fliegen'  (wie  irre 
gehn ,  reiten)  »icrAe  vian  den  namen  Irrcfogel  bei  Haupt 
1,  438  und  Henricus  dictus  Irrevoghel  bei  Seibertz  n*  im 
(a.  1312),  der  sich  verflogen  hat. 

2)  fliegen   der  gütter,    cngel   und   andrer  geflügelt  gedachter 
wesen : 

fliugct  minne  ungSrnc  üf  hant?  Tit.  64,4; 
und  er  fuhr  auf  dem  chcrub  und  flog  daher,  er  schweflet 
auf  den  fitlichen  des  winds.  ps.  IS,  11;  seraphim  stunden 
über  im,  ein  iglicher  hatte  sechs  flügel,  mit  zwecn  deckten 
sie  ir  andlitz,  mit  zween  deckten  sie  ire  füsze  und  mit  zween 
flogen  sie.  Es.  6,2;  da  flog  der  seraphim  einer  zu  mir.  6, 6 ; 

112* 


1783 


FLIEGEN 


FLIEGEN 


1784 


und  ich  sake  und  höret  einen  engul  fliegen  mitten  durch 
den  bime!.  offenb.  8, 13.  14,  6.  auch  die  seele  dachte  man  sich 
aus  dem  kichnam  gen  himmel  fliegend: 

so  bist  du  nun  gefloi^en, 
du  schöne  seele  du,  und  läszt  uimacbgezogen 
den  leib  dein  schönes  kleid.    Fleiinc  144; 
erde  mag  zurück  in  erde  stSuben, 
fliegt  der  geisl  doch  aus  dem  morschen  haus.    Schiller  7*; 

das  feuer,  das  man  sich  als  hahn  daclile,  fliegt  von  dach  zu 
dach;  die  funken  flogen  {stoben);  das  gerUcht,  msere,  die  fama 
fliegt  (mythol.  850.  851) : 

dö  flugen  disiu  mirre  von  laut  zo  lande.    Nib.  1362,2; 

fleug,  feuchter  zeryr  aus!    Fleming  618; 

geh,  Amor,  üeiig  geschwind.    C34; 

die  Zeitung  (log  von  land  zu  land.    wunderh.  1,58; 

die  pest  fliegt  über  ganze  lande 

begleitet  von  dem  lod.    Uz  1,187,  vgl.  m\ilhol.  1134. 

ganx  unpersönlich:  es  flog  gestern  durch  die  ganze  Stadt,  die 
künde  verbreitete  sich  eilends; 

indessen  war  von  club  zu  club 

die  trauerpost  geflogen.    Götter  1,94. 

3)  gefiederte  pfeilc  fliegen :  TireQosi^sg  oi'aroi  IL  5, 171 ; 
das  du  nicht  erschrecken  müssest  für  den  pfeilen,  die  des 
tages  fliegen,  ps.  91,5;  der  wind  fliegt;  Schneeflocken,  die 
ja  federn  gleichen,  fliegen :  der  winter  nahte,  scbnee  flog  auf 
die  dächer.  stäubchen  fliegen.  Gotter  1,55;  eine  wölke  von 
staub  flog;  der  staub  fliegt  in  die  äugen. 

4)  ohne  allen  gedanken  an  gefiedcr  drückt  fliegen  auch  flug 
schnelle,  eilige,  plülzliche  betcegung  aus:  der  pulverthurm  flog 
in  die  luft,  flog  auf  {fr.  sauta  en  l'air);  kugeln  flogen  dicht 
über  das  feld,  durch  die  luft,  was  auch  kühner  so  gegeben 
wird:  in  einem  augenbJick  flog  die  luft  voller  singenden  kugeln 
über  uns  her.  Simpl.  K.  327;  der  ball  oder  stein,  den  die 
kräftige  band  wirft,  fliegt  durch  den  räum: 

und  man  so  weit  vorschauet  als  fliegt  der  geworfene  feldstein. 

lt.  3,12; 
das  fenster  öfnet  sich,  und  Stephan  fliegt  heraus. 
Gellert  1,  207; 
ein  schäumender  bach, 
der  von  dem  steilen  felsen  fliegt.    Zachariä  2,291; 

das  schif  fliegt  durch  die  flut,  gkicli  dem  schwan,  wobei  wieder 
die  Verwandtschaft  der  Vorstellungen  fliegen  und  schwimmen  vor- 
bricht: 

bis  ein  boot  zu  hülf  ihm  flieget.    Wieland  4,216; 

fleug  welttheile  zu  verknüpfen 

schif,  und  lasz  den  handel  blühn.    Röckkrt  4. 

<f«  rasch  fahrenden,  scliiffenden ,  reitenden  erscheint,  dasi  die 
gegenstände,  welchen  sie  vorüberkommen,  sich  bewegen,  sie  selbst 
aber  ruhig  sitzen,  so  heiszt  es  schön  in  der  Lenore: 

wie  flogen  rechts,  wie  flogen  links 

gebirge,  bäum  und  hecken, 

wie  flogen  links  und  rechts  und  links 

die  dörfer,  städt  und  flecken! 

wie  flog  was  rund  der  mond  beschien, 

wie  flog  es  in  die  ferne, 

wie  flogen  oben  über  liin 

der  himmel  und  die  sterne!    Bürger  15*. 

das  thor,  die  thür  fliegt  auf,  wird  schnell  geöfnet; 

ihr  arm,  kein  schnee  gleicht  seiner  weisze, 
fliegt  aus  dem  fenster  in  die  luft.    Uz  1,12; 

das  fenster  that  sich  auf  und  ein  beutel  flog  daraus;  ich 
weisz  dasz  allenthalben  geld  genug  geflogen  {ausgeslrrul  worden) 
ist.  Ostreich,  arch.  16,104;  er  verschwendete  hab  und  gut,  die 
tbaler  flogen. 

5)  mhd.  sd  lie{  ich  schenke!  vliegen.    Greg.  1427; 

neben  der  mane  vlugen  diu  bein.    1433; 
nhd.  lust,  freud,  wuun  und  alle  kürzweil, 

das  fleugt  von  mir  mit  groszer  eil.    fastn.  720,10; 

si  kumpt  vom  sechfiten  frouwenhus 

und  ist  in  Naples  und  rulgeu  zogen, 

von  eiro  klofitcr  in  das  ander  gflogen.    885,3; 

auf  auf,  fleug  bald  mein  junges  herz 

zu  deren,  die  dich  allein  nöhret.    Wicibulin  473; 
mein  geist  der  reget  sieb 

tu  fliegen  in  dein  lob.    OriTZ  1,88; 

•Is  flögen  wir  davon.    GCnru»  546,  nach  pt.  »0,10; 

Ich  flog  also  mit  ungeduldiger  frcude  zu  unsrcr  abgeredeten 
rosammenkunfL  Wielaüd  2,  »o ;  er  flog  zu  mir,  wie  er  mich 
wieder  gewahr  wurde.  13, 113;  sie  flog  in  meine  arme; 


die  reutcrei  fliegt  rasselnd,  strömt 
mit  staubigtem  gestampf 
den  leind,  gleich  fluten,  weg  und  kommt 
und  schnaubt  durch  rauch  und  dampf. 

Lavater  Schtoeitertieder  188; 
des  dorfes  und  des  mädchens  satt 
warf  er  sich  auf  si-iri  ros, 
flo^  wieder  in  die   köniL'sstadt 
und  in  sein  marmorschlosz.     Höltt  17; 
die  nonne  flog,  wie  nacht  begann, 
zur  kleinen  dorfkapelle.    37; 

er  fliegt  auf  Gusmann,  stürzt  rasch  wie  der  blitz  ihn  nieder. 

Gotter  2,  455 ; 

auf  den  garben 

liegt  der  kränz, 

und  das  junge  volk  der  schniiter 

fliegt  zum  tanz.    Schiller  70'; 
leb  wol,  zur  räche  flieg  ich,  zur  entdeckung.    503»; 
fliege  zur  that!  des  bruders  beispiel  folge,    daselbst; 

die  den  bäumen  näheren  nonnen  flogen  unter  das  laub.  J.  P. 
Hesp.  3,  218.  das  fliegen  der  nonnen  ins  kloster  (.«.  aus  fasln. 
885,  3)  doch  vielleicht  daher,  dasz  eine  taube  nonnentaube,  columba 
cucullala  und  noch  andere  vögel  nonnen  heiszen. 

6)  wie  der  vogcl  in  der  luft  flattert,  gilt  auch  fliegen  vom 
flattern  der  haare,  bänden  fahnen:  er  läuft  dasz  ihm  die 
haare  fliegen  {wie  sonst  pfeifen); 

ich  sehe  mit  vergnügen 
wenn  um  sein  voll  gcsicht  die  braunen  locken  fliegen. 
Gkllbrt  3,315; 

still !  flei  vater  Zeus  ihm  ein, 
und  schüttelt  seinen  köpf,  dasz  ihm  die  haare  fliegen, 
ich  weisz  genug!    VVieland  Juno  und  Ganymed  285; 
und  ein  weit  umschlungnes  band 
flieg  am  rand 

eurer  gelben  halmeuhüte.    Salis  80; 
die  Franken  rücken  an  mit  fliegenden  fahnen.    Schiller  484"; 

fahnen  fliegen  dem  beer  voran;  die  fahne  fliegt  auf  dem 
eroberten  wall. 

7)  treffend  von  schnell  aufsteigenden  emp/indungen,  von  aus- 
breclienden  scufzern,  warten:  die  äugen,  die  blicke  flogen;  über 
ihre  wangen  flog  eine  röthe; 

getilgt  ist  der  Verwirrung  feuer, 

das  sonst  mir  auf  die  wange  flog.    Götter  1,287; 

durch  die  lilienwangen  flog  oft  ein  fieberroth.  J.  P.  Hesp. 
2,  208 ;  ihr  schien  eine  ahnung  seines  schrecklichen  Vorhabens 
durch  die  seele  zu  fliegen.  Göthe16,  176;  doch  flogen  heim- 
liche Seufzer  nach  Amalien.  nord.  Robinson  2, 159 ;  zuweilen 
flogen  annoch  wider  meinen  willen  heimliche  seufzer  nach 
derselben.  2, 169 ; 

herr  Max  ward  krank,  und  pfarr  und  doctor  zogen 
die  achseln  sehr, 
der  pfarr,  weil  er  ein  sündenheer 
unüberzählich  sah,  der  doctor  noch  weit  mehr, 
weil  in  des  kranken  puls  vortruppen  des  todes  flogen. 
Kl.  Schmidt  Atom,  dicht.  HO. 

reden,  fluche  und  schelten  fliegen  {mythol.  1177); 

die  fluche  flohen  (für  flogen)  um  die  wette.    Gönther  163; 

lasz  keine  scheltworte  und  fluche  fliegen  gegen  einem  ge- 
waltigen, arab.  spriclm.  39 ;  sä  gfit  der  fluoch  und  diu  boesen 
wort  niuwen  hin  wider  heim,  als  Salomon  sprichel:  fliege 
der  vogcl  vgrre  oder  nähe,  s6  fliuget  6r  doch  ze  jungest 
wider  in  sin  nCst.  Berto.  63.  dasz  die  homerischen  Snaa 
nregoeiTa  doch  weniger  flugschnelle  als  fliegende,  wilde  warte 
sind,  hat  neulich  Wackerkagel  ausgeführt, 

sfn  wort  diu  swciment  als  ein  ar.    Trist.  120,2; 

du  flog  noch  manches  wilde  wort.    Göthi  1,212; 

auch  flogen  werte  hin  und  wieder.  Daiilhann  1,  75;  mit  flie- 
gender feder  rühmte  sie  {im  briefe)  die  schöne  aussieht.  Kl. 
ScnMiDT  kom.  diciU.  455.     vgl.  fliegend,  geflügelt 

8)  man    merke   'fliegen    lassen':     o    lasz    den  armen  Togrl 
fliegen: 

der  schmuck  der  zarten  frauen  steht  nicht  im  haare  flechten, 
drum  lassen  sie  sie  fliegen  zur  linken  und  zur  rechten. 
LocAü  2,1)«,  3«; 

es  stand  ihr  schOner  als  putz,  dasz  sie  die  locken  fliegen 
liesz;  liesz  die  äugen  an  alle  fenster  fliegen.  Wkisb  erzn.  56 ; 
ob  das  schif  gleich  vor  nnker  liegt  und  seine  bunte  flaggen 
fliegen  l.lszL  reimedich  44;  so  hättet  ihr  nicht  dcrgli-irhea 
kiiidinche,  unbedachtsnine  reden  fliegen  lassen.  AW.<*-nft,  2.  90 ; 
Petersen  liesz  zwar  hierauf  einige  einplindlicbc  reden  fliegen. 
2,595;  geräth  mit  meinem  berrn  in  wortsireil,  welcher  ver- 
schiedene  zweideutige  reden    fliegen    I9kzI.    3, 384 ;    wo    wir 


1785 


FLIEGENBAUM  —  FLIEGEND 


FLIEGEND  —  FLIEGENFALLE 


1786 


diese  phantasien  vor  der  uutergehenden  sonne  und  nach 
dem  schönsten  tage  fliegen  lieszen.  J.  P.  uns.  logeZ,  102;  in  der 
that  wollt  ich  mich  einmal  recht  gehen  und  fliegen  lassen. 
komet  1,  XIII.     vgl.  fahren  lassen  sp.  1255,  gehen  lassen  m.  s.  ie. 

9)  in  die  kerze  fliegen,  irie  die  motte  ins  licht  und  darin 
umkommen : 

wan  mir  nicht  so  gewogen 
mein  herr  §oit  war  gewest, 
war  schon  in  kerz  geflogen 
an  schwerer  Sünden  pest.    Speb  g.  lugendb.  187. 

10)  fliegen  von  benachbarten  ackern  einer  flur:  wo  die  in 
der  gemeinschaftlichen  flur  liegende  äcker  von  dem  einen 
hause  an  das  andere,  wie  man  zu  reden  pflegt,  fliegen  können. 
Moser  p.  ph.  4.  216. 

11)  tr.  irird  fliegen  nur  in  den  Zusammensetzungen:  ein  feld 
befliegen,  einen  wald  durchfliegen,  berg  fiberfliegen :  der  best 
falk,  der  je  den  wald  überflog.  Bocc.  l,  300*. 

s.  abfliegen,  anfliegen,  auffliegen,  ausfliegen,  befliegen,  bei- 
fliegen, daherfliegen,  dahinfliegen,  durchfliegen,  fortfliegen, 
herfliegen,  herabfliegen,  hinfliegen,  hinabfliegen,  hinauffliegen, 
hinausfliegen,  mitfliegen,  nachfliegen,  überfliegen,  umfliegen, 
wegfliegen,  zerfliegen,  zufliegen,  ableitungen  aus  dem  rerbum  sind 
fleuge,  fliege,  fliig,  flügel.  tcahrscheinlich  auch  flocke  und  TOgel. 

FLIEGENB.\1'M,  m.  ulmus  campeslris,  vol  weil  aphis  ulmi 
dicht  darauf  zu  sit:en  pflegt. 

FLlEGE.NBLüME,  f.  ophrys  inseetifera. 

FLIEGEND,  volans,  volalUis. 

1)  fliegende  vögel,  fische,  käfer:  unfliegend  vöglein,  avicula 
involucris.  ein  fewriger,  fliegender  drache.  Es.  14, 29 ;  das 
vierde  Ihier  gleich  einem  fliegenden  adler.  o/fenb.  4,7;  also 
das  allerlei  vogel  unter  im  (dem  cederbaum)  wonen  und  aller- 
lei fliegends  unter  dem  schatten  seiner  zweige  bleiben  mOge. 
Ez.  17.  22.  der  fliegende  vogel,  ein  sjnel.  med.  maula/fe  82. 
ein  fliegendes  (fallendes)  blatt,  fliegende  Samenkörner;  wiltu 
wider  ein  fliegend  blat  so  ernst  sein  und  ein  dürren  halm 
verfolgen?  //io6  13,  25.  ähnlicMeit  und  gegensaiz  des  üiegendea 
und  flieszenden  vorhin  sp.  17S1. 

2)  fliegende  fahnen  und  bänder  (s.  fliegen  6):  das  beer  zieht 
mit  klingendem  spiel  und  fliegenden  fahnen;  fliegende  haare, 
locken,  crines  passi: 

mit  fliegend  schönem  haar.    Wbckherli?«  714; 
er  schlang  ihr  fliegendes  haar  um  die  faust 
und  hieb  sie  mit  knotigen  riemen.    Borger  61^; 

mit  rundem  hut,  mit  fliegenden  armen  und  haaren.  J.  P. 
Hesp.  1,  14;  fliegende  ermel;  ein  fliegendes,  leichtes  gewand, 
draperie  volonte,  ftügelkleid;  eine  fliegende  brücke,  ponltdanl; 
die  vernünftigen  freigeister  sind  leichte,  fliegende  corps.  Lich- 
tenberg 1, 103. 

3)  fliegende  röthe,  hitze,  erröthen,  phlogosis: 

aber  das  trefliche  mädcfaen,  von  solchen  spöttischen  worten, 
wie  sie  ihr  schienen ,  verletzt  und  tief  in  der  seele  getrolTen, 
stand,  mit  fliegender  röthe  die  wange  bis  gegen  den  nacken 
Übergossen,  doch  hielt  sie  sich  an  und  nahm  sich  zusammen. 
GöTHK  40,326; 

diese  betrachtungen  jagten  mir  eine  fliegende  hitze  in  das 
gesiebt.  TniMMEL  3,  306 ;  eine  fliegende  röthe  spannte  einmal 
nms  andre  sein  ganzes  gesiebt.  i.P.  uns.  läge  16;  die  fliegende 
hitze  des  fliegenden  lebens.  Fixl.  19;  genieliebe,  dieser  Wechsel 
von  fliegender  hitze  und  fliegender  kälte.  Tit.  2, 171;  ja.  lieber 
bruder,  du  könntest  mich  schon  von  manchem  fliegenden 
fieber  des  grimms  reinigen.  Göthe  an  Lavater  125; 
willkommen!  und  als  sie  den  grusz  ihm  entbot, 
bedeckte  die  wangen  ein  fliegendes  rot.    Platem  154». 

4)  fliegende  worle,  ^rcsa  msooevra  (s.  fliegen  7): 

da  raunt  einer  dem  andern  die  fliegenden  worte  zu  obren. 

BiJRGER  208*, 

leise  redete  mancher,  und  sprach  die  geflügelten  worte. 

Voss  //.  3, 155, 
sprachen  sie  untereinander  die  leisen  geflügelten  worte. 

USCB5ER ; 

nur  mit  fliegenden  worten,  ihr  minner  Israel,  kann  ich 

heut  zu  euch  reden.  MexBian  7,703; 

Hermann  stellte  den  eitern  sie  vor,  mit  fliegenden  worten. 

Göthe  40,325; 

wunder,  wie  rasch  der  fresser  mit  fliegender  zunge  da  plappert 

Od.  18,26. 
fliegende  rede,  gerüchl  {sp.  1783);  stellete  ihr  vor,  dasz  man  ja 
sich  nicht  sogleich  an  die  erste  fliegende  rede  kehren  müste. 
Felsenb.  3, 142 ;  sich  nicht  durch  gerflchle  und  fliegende  reden 
bethören   lassen.    Heilnanks  Thue.  107;    und  ich  hub  meine 


äugen  abermal  auf  und  sähe  und  sihe  es  war  ein  fliegender 
brieve  (vulg.  et  ecce  volumen  volans,  LXX  xai  iSov  S^tTiayo» 
Tteröfievov  d.  i  abschnitt).  Zachar.  5,  1;  fliegender  bogen. 
Lessi.ng  3, 443 ;  fliegende  blätter.  12,  503 ;  unsere  persönlichen 
Zusammenkünfte  waren  unterbrochen,  wir  wechselten  flie 
gende  blätter.  Götbe  31, 192;  sind  nicht  jetzt  der  zeituugen, 
der  monatsschriften,  der  fliegenden  blätter  so  viel?  15,25; 
fliegende  Schriften  voll  bitterkeit  und  satire.  Scuilleb  785 ; 
durch  fidibus,  papierdrachen  und  andere  fliegende  blätter. 
J.  P.  Fibel  10 ;  ich  will  das  fliegende  tischgespräch  hersetzen. 
uns.  löge  2, 122. 

5)  dazu  auch  den  fliegenden  liechtern  und  irrwischen  ge- 
gleubt  hat.  LtrrHER  5,  ICS' ;  die  Vergangenheit  und  die  Zukunft 
mit  ihren  fliegenden  flammen.  J.  P.  Hesp.  3,  76 ;  3as  fliegende 
feuer,  serpigo,  sonst  zittermal.  Gersdorf  100;  fliegende  gicht, 
arthrilis  vaga;  zwei  herzen,  auf  welche  der  tod  seine  fliegenden 
wulkenscbatten  geworfen.  Hesp.  2,235;  unter  dem  fliegenden 
getöü  des  frühlings.  Tu.  2,  85;  fliegender  frühling,  ich  meine 
die  liebe,  so  wie  man  den  nachsommer  einen  fliegenden 
sommer  nennt,  du  eilest  selber  pfeilschnell.  Tit.  3,19;  sie 
wandelten  unter  die  aus  allen  gesträuchen  fliegenden  zephyre 
dahin.  Hesp.  i,l9i;  ihre  fliegende  seele  hatte  längst  die  flügel 
zusammen  zu  legen,  die  thränea  und  wünsche  zu  verhüllen 
gelernt.  3,  56 ;  mit  betäubendem  getös  und  fliegendem  unge- 
stüm. Stolberg  6,  82 ; 

er  höret  der  trometen  klang, 

der  kuglen  fliegendes  gesang.    Weckbsrl»  346; 

weswegen  ich  eiligst  umwandte  und  mit  fliegenden  schritten 
den  rückweg  suchte.  Felsenb.  1, 174;  geschwinder  als  fliegende 
blicke.  Klopstock. 

6)  mhd.   diz  vliegendö  bispel 

ist  tumben  Hüten  gar  ze  snel.    Parz.  1, 15, 

dies  leicIU  entschlüpfende  gleichnis.  mein  herz  musz  keinen 
groszen  antheil  daran  gehabt  haben,  ein  fliegender  gescbmack 
(=  verfliegender,  eine  vorübergehende  neigung),  das  war  es  aufs 
höchste  alles.  Lessisg  1,  374;  eine  fliegende  andacht.  Scriver 
seelensch.  1,  97;  wie  er  also  in  fliegenden  gedanken  lag.  Galmy 
41;  lajen  vliegen  die  gedanke.  Berthold  231,  vgl.  gedankes 
gefider  bei  Hadamar  vox  Laber  378 ;  'ists  müglicb,  liebe  mutter, 
so  errette  und  behalt  den  mann  vom  tod'.  Persina  konde 
den  rechten  grund  irer  meinung  nicht  erkennen,  sondern  sie 
argwohnet  einer  fliegenden  liebe,  buch  d.  l.  227,1; 

aber  die  fliegend  lieb  förwar, 

die  wert  oft  kaum  ein  Vierteljahr.    H.  Sachs  III.  3, 46*, 

vgl.  unter  3  fliegende  hitze. 

7)  fliegende  rechte.  Moser  p.  p/i.  2,  479 ;  fliegende  urtheile  : 
auch  war  er  kein  durchfliegender  berühmter  reisender,  von 
dem  man  wol  solche  fliegende  urtheile  anmerkt.  Lichtenberg 
5,170;  die  allzu  hoch  fliegende  meinung,  die  ich  ohnehin 
geneigt  war  von  meiner  bestimmung  zu  fassen.  Wieland  2, 91. 

8)  fliegend,  elegans:  mancher  würde  sich  solche  liebe  nur 
auf  eine  halbe  stunde,  bis  er  seine  begierden  abgespeiset, 
vorgenommen,  und  wol  gedacht  haben,  was  soll  ich  mit  dem 
baurenhainpel  machen?  geld  waschet  alles  ab.  ich  musz 
etwas  fliegenders  und  manierlichers  vor  mich  haben.  Simpl. 
K.  711. 

9)  das  fliegend  (übel),  erysipelas,  rothlauf,  u-ie  man  sagte 
das  fallend  (übel),  epilepsia,  daj  vallende.  RCckert  zu  Berit 
125,  vgl.  Germania  2,  377.  holderrinde  ist  gut  für  das  fliegend 
oder  gesegnet  genant  an  den  füszen  oder  beinen,  so  sie  einem 
auflaufen  und  mit  hitz  und  rötin  anfahcnt  geschwellen,  so 
leg  die  feuchlin  oder  das  wasser  in  einem  nassen  tuch  darüber. 
Tall.at  arzneibüchlein.  Erfurt  1532  6/.  31.  s.  hochfliegend, 
schnellUiegend. 

FLIEGEND,  volando,  im  flug: 

der  mäszige  wird  öriers  kalt  genannt 

von  menschen,  die  sich  warm  vor  andern  glauben, 

weil  sie  die  hitze  fliegend  überrallt.    Göthe  9,15t; 

zuweilen  betrachtet  er  die  andern  fliegend  und  scharf.  Schiller 
160'. 

FLIEGENDECKE,  f  die  man  pferden  zum  schütz  gegen  die 
fliegen  außegl. 

FLIEGENDRECK,  m.  siercus  muscae,  fliegenschmisz,  fliegen- 
schisz,  nnl.  vliegenscheet,  fr.  chiasse  de  inouche,  it.  cacatura 
di  moscbe,  engl,  flyblow,  scJiv.  flugsmuts. 

FLIEGENENTE,  f.  anas  muscaria. 

FLIEGENFALLE,  f.  araneum,  Spinnwebe:  eine  spinne,  die 
Betty  aus  Unachtsamkeit,   nicht   etwa  um  sich  die  freier  zu 


1787        FLlEGENF.VxMi  —FLIEGENMANN 

erbalten,   ihre    fliegenrailc   frei  aurstclicn  licsz.    Kl.  Schmidt 
kom.  dicht.  431. 

FLIEGENFANG,  m.  eaplura  muscarum,  dann  Mich  oi>era 
levissima:  ich  trotzte,  spräche  und  vers  sei  mir  ein  flicgcnfang. 
Voss,  wie  vard  F.  Sl.  ein  unfr.  4S. 

FLIEGENFÄNGER,  m.  einer  der  sich  damit  abgibt  fliegen  zu 
fangen : 

daTür  macht  auch  ein  reicher  fliegenlanger 
bei  seiner  sultanskost  nicht  hnlh  so  Irisches  blut. 
Wieland  21,343. 
auch  name  eines  vogels,  des  fliegenschnäppcrs,  muscicapa,  desgl. 
der  lacerta  agilis. 

FLIEGENFITTICH,  m.  eine  arl  kupfererz :  fliegenfittiche  be- 
stehen aus  ganz  dünnen,  scinvärzlidien,  silberhalligen  und 
länglichen  flecken.  Ca>chim.s  bergwerice  G.  kupfcrhalligcr  mergel- 
schiefer mit  abdrücken,  die  wie  fliegenflügel  aussehen  (in  Hessen). 

FLIEGENFÜHMIG :  fliegenforinige  flecken  auf  der  euszer- 
lichen  haut  eines  pferds.  Uffenbach  2,  29.     s.  fliegenschimmcl. 

FLIEGENFCRST,  m.  diabolus,  mylhol.  950: 

hier  blieb  der  Oiegeufürst  und  sein  gcTährte  stehn. 
IIagedurn  2,71. 
FLIEGENFÜSZ,  m. 

sie  liegt 
so  still  aur  ihrem  platz  und  athmet  euch  so  leicht, 
ihr  bettgenosz  hätt  ihrciiiwcgen 
von  einem  niegcnfusz  die  iriiic  hören  mögen.    Wikland  18,92. 

FLIEGENGAHN,  n.  tras  fliegennetz. 

FLIEGENGESCHMEISZ,  n.  muscae,  ova  muscarum. 

FLIEGENGESL'MS.  n.  susurrus  muscarum. 

FLIEGENGETRÄUFT,  irie  mU  fliegen  gefleckt,  belräuft.  in 
der  Schilderung  des  ellcndeis  oder  urlhiers  heiszt  es:  über  den 
rucken  ein  schwarzen  Striemen  nach  neapolitanischer  färb 
fliegengetreift  und  mit  growen  würwelen  gezeichnet.  Garg.  146*. 
s.  fliegenträufip.  flicgenfürmig. 

FLIEGENGIFT,  h.  venenum  muscarium,  arsenicum  squamosum. 

FLIEGENGITTER,  m.  östr.  fliagngater,  drahlgiller  zum  schulz 
gegen  die  fliegen. 

FLIEGENGL.\S,  n.  glas  mit  engem  hake,  in  dem  sich  fliegen 
fangen,  bildlich:  hätt  er  sich  nicht  in  einem  wirtshause  in 
das  fliegenglas  der  werber  zu  tief  verflogen.  J.  P.  flegelj.  1,37; 
das  zimmer,  worin  du  siehst,  präsentier  ich  dir  als  ein  fliegen- 
glas voll  hofbediente.  Tit.  2, 3L 

FLIEGENGOTT,  m.  was  fliegenfürst,  fliegenmann : 

seine  diener  scheuchen  wedelnd, 
nicht  verjagen  sie  die  fliege, 
sie  umschwärmt  ihn,  sticht  und  irret 
und  verwirrt  die  gatize  tafel, 
kehret  wieder  wie  des  hämischen 
fliegengottes  abgesandter.    Göthe  5,272; 
fliegengott,  verderber,  lögner.    12,70. 
FLIEGENHEFENKIRSCHE,  f.  lonicera  xylosleum,  sonsl  bein- 
holz,  baumkirschc,  frauenkirsche  und  unter  vielen  andern  natncn 
vorkommend,  die  meistens  dunkel  sind. 

FLIEGENHEIMER,  pl.  die  ingeweide  der  allerkleinesten 
roilben,  meiten,  auch  fliegenheimer  analomicrcn.  Thurneisseu 
magn.  alch.  1, 15.     vgl.  muchhcim,  grille. 

FLIEGENKÄFER,  m.  canlharis,  ceramhix,  holzbock. 
FLIEGENKIRSCHE,  f.  lonicera  xylosleum. 
FLIEGE.NKLAIM'E,  f.  muscarium  mortiferum: 

die  niegenklappe  {xpricht  die  ameise  zur  fliege) 

wartet,  dasz  sie  dich  ertappe 

allenthalhcn,  und  dein  lod 

steht  bei  jedem  bissen  brot.    Glbui  fabeln  2, 4G. 

FLIEGENKLATSCHE,  f.  dasselbe. 

FLIEtiENKNÄPPER,  m.  was  fliegenschnäppcr,  von  knappen 
=  schnappen. 

FLIEGENKÖNIG,  m.grosze  brummfliege :  des  morgens  ratischt 
er  (der  ohrenteufel,  das  ohrenbrauscn)  mit  hammcrschlägen  da- 
zwischen, und  gegen  abend  brummt  er  wie  der  flicgcnkiinig. 
Voss  wie  ward  Fr.  St.  ein  unfr.  s.  41  :=  br.  2, 32ö.  s.  hum- 
melkiinig. 

FLIEGENKOPF,  m.  capul  muscae,  auch  benennung  einer  augen- 
krankheit,  was  fliegenmaul. 

FLIEGENKRALT,  n.  datura  siramonium. 

FLIE(;ENKREBS,  m.  Cancer  depurator. 

FLIKGKNLEIM,  m.  worin  die  fliegen  festkleben. 

FLIF.GENMANN,  m.  fltegengotl:  also  neniirtcn  die  Juden 
den  abgolt  Accaron  zur  schmach  Rcelzebiib,  fliegenniaii,  als 
der  ein  omcchtigcr  man  wcrc,  der  kaum  wirdig  were  zu 
haben  ein  fliegen  zum  wcib.  Lutbeh  wtdcr  den  gastl.  stand 
da  baptli.  C}. 


FLIEGENMAUL  —  FLIEHEN 


1788 


FLIEGEN.MAUL,  n.  /ivioxiqxtloy,  wenn  die  iiis  (Irauhen- 
haut)  durch  die  cornea  (Iwrnhml)  vordringt:  riipluru  formicalis, 
muscalis,  darumb  das  es  genieiniglicli  auf  der  cornea  er- 
scheinet, da  entspringet  es  von  ihm  selb«!  und  ist  erstlich 
zu  sehen  ein  kleines  tüpflin  als  einer  mückeu  heiibt  oder 
einer  fliegen  maul.  ÜAiiriscDli9.  </et  Hemsch  1115,42  fliegen- 
mal, mückcnmal. 

FLIEGEISMILBE,  f.  acarus  muscarum. 

FLIEGENNETZ,  n.  conojnum,  ags.  flcohnet. 

FLIEtiENl'FLASTER,  n. 

FLIEGENPILZ,  m.  agaricus  muscarius. 

FLIEGENPLÄTSCHER,  «i.  fliegenklalsche. 

FLIEGENPliLVER.  n.  fliegengift. 

FLIEGENREICH,  n.  das  volk  der  fliegen,  der  insectcn: 

und  in  euren  (der  blumen)  balsamhecicn 

gattct  sich  das  llicgenreicli.    Schiller  anthologie  ITS'i  $.  04. 

FLIEGENRLSSEL,  m.  roslrum  muscae: 

bettlich?  sprach  die  stolze  fliege, 

warf  den  riissel,  blies  zum  kriege.    Gleim  fabeln  2,47. 

FLIEGENSCHIMMEL ,  m.  ein  schimmclpferd  mit  kleinen 
schwarzen  flecken,  s.  fliegenförniig. 

FLIEGENSCHMALZ,  n.  fliegendreck:  alle  ding  sind  auf  ein 
oder  die  andre  weise  zu  etwas  nützlich,  ohn  allein  das  mückcn 
oder  fliegensclimalz.  leben  Jiislinä  DuHzin  8. 

FLIEGENSCHNÄPPER,  m.  miiscicapa,  muscipcla,  ein  inscclen, 
besonders  fliegen  im  fliige  auffangender  vogel,  auch  fliegenfiiiiger, 
fliegenkniippcr,  fliegenspieszer  genannt,  iL  pigliamosche,  fr. 
gobemouche,  engl,  llycntclicr.  eigentlich  sind  schwalben,  rolh- 
kchlchen,  rolhschwänzchen  und  andere  dnnnschnäbel  fliegenfnngcr: 

du  läszt  den  ganzen  tag  die  herde  herde  sein, 
kreuchst  alle  hecken  durch,  rangst  fliegenschnäpper  ein. 

Rost  schiiferg.  IIU; 
in  dem  sonnichten  vorholz  lauschet  der  rothschwanz  und  alles 
was  zu  den  fliegenschncppern  gehöret,  wie  plötzlich  und  gierig 
schieszen  sie  nach  dem  bunten  insect!  nicht  glänzende  Tarhen 
uocb  die  schimmernden  schwingen  erretten  den  stutzer  des 
sommers.    Zacuarlä  tageszciien  4u. 

nd.  flcigensnepper  bei  Schambach  272". 
FLIEGENSCHNÄPPERCHEN,  n. 

fliegenschnäpperchen,  siehst  du  nicht  die  rüssel- 
scharfen,  heszlichen  fliegen,  wie  sie  böslich 
mich  im  zirkel  der  liebsten  liebe  stören! 

Kl.  ScumDT  im  alm.  d.  d.  musen  1774  (.  93. 
FLIEGENSCHRANK,  m.  penarium  viuscarium.  Stieler  1732. 
FLIEGENSCHiJTZ,   m.   fuhrmann,   landkulsclur,   s.  fleugen- 
schütze.     wie  zu  erklären? 

FLIEGENSCHWAM.M,  ni.  fungus  muscarius,  agaricus. 
FLIEGENSCHWARM,  m.  turba  muscarum. 
FLIEGE.NSPIESZER,  m.  fliegenseJmäpjter,   dorndrehcr,  weil  er 
sich  Vorrat  von  fliegen  auf  die  dörner  spieszt. 

FLIEGENSTATT,  f.  muscarium,  muckenstat,  locus  ubi  muscae 
abundant.  voc.  1482  h  8". 

FLIEGENSTECHER,  m.  molacilla  rubeira,  muscicapa. 
FLIEGENSTEIN,  m.  arsenicum  sguamosum. 
FLIEGENSTICH,  m.  iclus  viuscac:  zerfetzt  von  dornen  und 
fliegenstichen.  Campe  kinderschr.  19,  73. 

FLIEGENVOGEL,  ni.  muscicapa,  besonders  auch  kolAri. 
FLIEGKNWANZE,  f.  cimex  personatus. 
FLIEGENWASSER,  n.  ein  fliegengift. 

FLIEGENWEDEL,  m.  muscarium.     im  16  jh.  fliegenwadel : 
ein    hofmann   ist   der   fliegenwadel,   der  alle  grillen  verjagt, 
die  auf  den  fürsten  sich  setzen  wollen.  J.  P.  lit.  nacht.  4, 24. 
FLIEGENWOLF,  m.  vespa  für,  raubwespe. 
FLIEGENWCRM,  m.  epliemera,  merzfliege,  uferaas: 
ich  zeige  keine  gunst,  die  nur  will  heute  währen 
und  wiu  manch  Iliegenwurm  sich  nur  zwolT  stunden  speist. 

ilOFMAMNSWAI.DAU   hcl'icnbv .    Ö.S. 

FLIEGER,  m.  qui  volat,  volalicus.  man  nennt  auch  so  eine 
von  der  fledermaus  versdiiedne  fliegende  maus. 

FLIEGIG,  volatilis.  Serranus  dict.  ccC'. 

FLIEGKL'NST,  f.  ars  volandi. 

FLIEGLEIN,  n.  musca  parva: 

sollt  ein  flicglein  gott  verhindern?    GAtbi  5,S72. 

FLIE(JSANI),  vt.  glarea  sterilis,  üblicher  flugsand. 

FLIKGCNG,  f.  volalus.    Skrrasiis  dirl.  cc<".'. 

FLIEHEN,  fugerc,  ahd.  Hiohan,  mhd.  vliehen,  ags.  fleon, 
engl,  flce,  mnl.  vlicii,  nnl.  vlicn,  gnviihnlich  vlieden  {wann  ji(fr>/'), 
die  nd.  Idiotika  verzeichnen  kein  vlieii  (fugert),  sondern  diese 
form  bedeutet  ihnen  ornare,  putzen  (fleien),  auf  vliodrn  komme 
ich  noch  unter  flul;  alln.  flja,  schw.  fly,  ddn.  flye.      die  praet. 


1789 


FLIEEEN 


FLIEHEN 


1790 


lauten  ahd.  flub.  fliihun.  mhd.  vlücb,  flulien  (vloben),  nJid. 
floh,  flohen,  a^s.  Beab,  nnl.  vlood.  altn.  aber  schwach  flydi,  schw. 
flydde,  dän.  flyede.  der  imp.  hat  ahd.  fliuh.  mlid.  vliucb,  nfid. 
fleuch,  heute  flieh  und  ebenso  die  terlia  sg.  ahd.  fliubit,  mW. 
vliuhet,  nhd.  fleucht,  heule  flieht. 

hierneben  erscheint  nun  das  golhische  })liuhan,  |)lauh  mit  |) 
für  f,  wie  in  Jilaqus  {sp.  1705),  jilaihan  (sp.  1"49),  rielleiciU 
auch  in  Jtliugan  (s/>.  1780).  Scbmeller,  der  unter  dem  bairischen 
volk  hin  und  wieder  anlautendem  tl  für  kl,  gl  begegnet  ist :  flee 
klee,  tlen  klein,  thig  klug,  tlabin  glauben,  tlai  gleich,  tlanz 
glänz  {mundarten  §.475.5181,  hat  liein  tliegng,  tliecben  aufge- 
zeichnet, so  denkbar  sie  wären,  sprechfehler  greifen  ein  in  Spiel- 
arten der  dialecle. 

man  wird  von  selbst  und  nach  den  gepßognen  Untersuchungen 
andrer  Wörter,  welche  die  liquida  nach  dem  f  tilgen,  darauf  ge- 
leitet, fliehen  unmittelbar  mit  fugere  und  fsiyeiv  zu  vergleichen. 
Schwierigkeit  macht  nur,  dasz  weder  anlaut  noch  inlaut  zu  recht 
verschoben  sind,  der  tat.  und  gr.  aspirata  sollte  deutsche  media 
gegenüber  slehn;  höchst  merkwürdig  tritt  sie  vor  in  ei iiem  andern 
Worte  nahrerwandtes  begrifs,  in  biegen,  das  im  ag$.  bftgan  verti, 
flecü,  fugere  ausdrückt  und  dem  lit.  begli.  lett.  behgt,  böhm. 
beieti,  behati,  poln.  biegac  «.  s.  w.  entspricht,  diese  alle  bedeuten 
sinnliches  laufen  und  hernach  davon  laufen,  fliehen,  was  den 
inlaut  angeht,  so  würden  fugere,  fevystv  anstatt  ihrer  media 
goth.  tenuis  und  ahd.  asp.  gewarten  lassen,  wie  nyoö?,  ager  zu 
akrs.  achar  wird  u.  s.  w.,  wovon  sowol  das  h  in  fliehen  als  das 
g  in  biegen    cd/steht,   doch  h  könnte  aus  eh  erwachsen  scheinen. 

hauptaugenmerk  musz  aber  hier  das  vortretende  oder  schwin- 
dende 1  sein,  wir  sehen  })liuban  und  fliohan  neben  fugere, 
fleclere  neben  biugan  und  begti.  dem  serb.  idiom  schmilzt  1 
in  dug  für  dlug,  Tuk  für  vulk  u.  s.  w.,  dem  it.  in  bianco, 
biado,  fiore  «.  s.  w.  jenes  bairische  schwanken  zwischen  tl,  gl, 
kl  verständigt  es  uns  über  den  analogen  Wechsel  von  fliohan  und 
J)liuhan  ?  ich  will  ihn  durch  ein  anderes  beispiel  erklären,  altsl. 
glubok",  russ.  glubokiy,  poln.  gleboki,  böhm.  hluboki  wird 
serb.  illyr.  zu  dubok,  woran  sich  lit.  dubus,  goth.  diups,  ahd. 
tiufi,  nhd.  tief  schlieszen.  diups,  tief  stehn  aber  im  ablaut  zu 
daupjan,  taufen,  wie  auch  fundere,  fundus,  profundus  zusammen 
gehören,  dem  liüuhan  und  fliohan  entsprechen  auf  kellischem 
Sprachgebiet  gal.  leich,  ir.  teith,  armor.  iechel  und  welsches  ffoi; 
da  dem  ir.  der  anlaut  tl  nicht  fremd  ist,  könnte  ein  älteres 
tieich,  tieilh,  lloi  für  fifoi,  vorangegangen  sein,  die  ganz  in  den 
kreis  des  goth.  })liuhan  einträten,  auch  das  sl.  teku  curro, 
teschtsch  currcre  nicIU  zu  übersehen. 

u-ienun,  so/it«  i«  deu^cAerjun^  fliehen  urui  biegen  dasselbe 
wort  sein?  sicher  nicht,  so  weit  unsre  geschichte  reicht  sind  sie 
unterschieden  und  jedes  derselben  behauptet  seine  eigenheit,  so 
manches  sonst  bei  Omen  in  flexiun  wie  bedeutung  übereinstimmt, 
da  aber  früherhin  die  wurzeln  jeder  spräche  andre  gestalt  und 
andres  masz  angenommen  hohen  können,  mögen  auch  diese  verba 
in  einer  vorgei,cJüchtlichen  urzeit,  zu  welcher  sich  die  Vermutung 
wol  erheben  darf,  einander  näher  gestanden  haben,  damals,  wo 
auch  fugis,  vogel,  flügel,  feder  sichtbar  zu  fliegen  gerechnet 
werden  musten,  die  wir  historisch  von  einander  gesondert  halten, 
durch  belrachtung  des  Wortes  fliehen  wird  auch  die  für  feder, 
fedach,  vogel  u.  a.  m.  aufgestellte  möglidikeit  eines  ausgefallnen 
1  beleuchtet  und  bestätigt  worden  sein. 

bedeutungen  des  fliehens. 

1)  wie  schon  yexagl  ist  das  sinnliche  laufen,  das  im  lil.  begti,  sl. 
bezeti  fortgilt,  für  unser  fliehen  in  die  abstraction  des  davon  laufens, 
entrinnens,  enlueichens,  entspringens  übergetreten,  wobei  die  art  und 
weise  des  cntkommens  meist  unbezeichnet  bleibt,  das  lal.  fugere 
ist  ganz  eigentlich  celeriler  discedcre,  exälire,  wovon  bei  Plaütüs 
exsilium,  actus  exsiliendi,  fuga.  darauf  dasz  auch  unser  flieheo 
ursprünglich  springen  ausdrückt  führt  unser  floh,  der  springende, 
und  entspringen,  fugere  ist  dann  die  abgezogne  Vorstellung,  am 
sinnlichsten  klingen  die  imfferative:  mach  dich  auf  und  fleuch 
zu  meinem  bruder  Laban  in  Haran,  vulg.  consurgens  fuge 
ad  Laban  fratrcm  meum  {gal.  agus  eirich,  (eich;  welsh  cyfod, 

»ffo  at  Laban;  lit.  kelkis  ir  begk).  l  Mos.  27,43;  fleuch  in 
Egyptrnland  (vulg.  fuge  in  Aegyptum;  ahd.  fliuh;  a(}5.  fleoh; 
ir.  agus  teilb;  gal.  agus  teich;  welsh  a  ffo;  lit.  ir  begk). 
i  Hatth.  2,13;  ach  du  liebes  vogelin,  fleuhe  nicht!  ich  gönne 
dirs  von  herzen.  Litbeb  tischr.  2, 25 ; 

spare  nur  die  j^päien  thräncn, 

leide,  bitte,  schwöre,  geh  und  fleuch!    Gc:<tbek  2S4; 

geh,  wulirlieii,  schnell  und  fleuch!    530; 

Qeuch  uasie  traurigkeit!    ^9i^, 


jene  rose  lockt  xum  brechen, 
hüte  dich,  ihr  dorn  kanu  stechen. 

i'ener  buscb  reizt  deinen  sinn, 
leuch!  die  natter  lauret  drina  {tatet  anguis  in  herba). 

BoiE  im  Göttinger  musenalm.  1774  s.  161 ; 
fleuch!  meip  bogen  tönt,    mein  köcber 
rasselt  goldner  pfeile  voll.    Bcrger  27'; 
fleuch,  unhold,  fleuch!    71»; 

doch  fleuch,  gedank  an  sorg  und  grab!    Gottsk  1,280. 
bei  OssiAX    steht   dies  teich!    fuge!   worin  ich  älteres  lleich  = 
goth.  |)Iiuh  ahne,   sehr  oft,   eben  wie  in  den  märchen  des  Hoch- 
lands, z.  b.  bei  Campbell  3, 121.     zumal  in  beschwörungsformeln, 
schon  in  der  bei  Marcellus: 

tet  un  cre  son  co  bregan  gresso ! 
oder  in  griechischen,  lateinischen,  deutschen: 
yeiys,  fpeiye,  xoi&^  ae  Siiöxei. 
fuge  uva,  ne  Cancer  te  comedat! 
fuge,   fuge  (spring,  spring)  lepuscule,    et  tecum  aufer  coli 

dolorem ! 
fuge,  fuge,  et  omnis  nervorum  dolor 
de  pedibus  meis  et  omnibus  membris  meis! 
fleuch  blatter  und  nicht  zubrist! 
das  gebeut  dir  herr  Jesu  Christ; 

irie  sonst:  inspring  baptbandun,  infar  vvigandun!; 

gang  üt  nesso  mid  nigun  nessiklinon !    mythot.  1184. 
matt  tönt  gegen  das  alte  fleuch  I    unser  heutiges  flieh !   oder  gar 
fliehe ! 

flieh  auf!  hinaus  ins  weite  land!    Götre  12,  3t. 

2)  sieg!  die  feinde  fliehen;  der  verräthcr,  der  räuber  ist 
geflohen  ;  das  beer  flieht,  der  linke  flügel  flieht  schon ;  darum 
alle  die  herbergen  v^iirden  betrübt,  sie  schrien  und  klagten 
und  fluhen  (omnia  castra  turbata  sunt  et  vociferantes  ululan- 
tesque  fugerunt).  bibel  14S3, 115*  =  rieht,  s,  21 ;  alles  floh  über 
hals  und  köpf; 

das  mädchen  mit  dem  kleinen  munde 
ist  sonst  zum  fliehen  aufgelegt, 
ich  aber  kam  zur  guten  stunde, 
worin  man  hübsch  zu  bleiben  pflegt. 

Kl.  Schmidt  im  mus.  alm.  1774  s.  196; 
wenn  um  das  götterkind  Auroren 
in  finsternis  werden  rosen  geboren, 
sie  fleucht  (?  fleugt),  so  leicht,  so  hoch  gemeint, 
die  sonn  ihr  auf  die  fersen  scheint.    Götuk  3,132; 
ist  eure  band,  ist  eure  tafel  leer, 
so  flieht  der  uäscher  schwärm.    Wielasd  9,5; 

die  falschen  freunde  fliehen;  das  scheue  reh  flieht  mit 
schnellen  schritten,  dem  suchen  und  folgen  gegenüber  stetU 
fliehen  und  meiden. 

3)  die  zeit  flieht  unaufhaltsam,  fugil  irreparabile  tempus; 
ach  erinnrung  der  zeit,  die  floh.    Klopsto«  2,218; 
geniesze,  weil  die  jähre  fliehen.    Götter  1,439; 

nicht  schneller  flieht  die  schäferstunde.    1,276; 

flohene  freuden 

ach,  säuseln  im  winde.    Götbe  10^325; 

wünsche,  triebe,  phanlasien, 

alles  ist  euch  jetzt  noch  frei, 

lieben  könnt  ihr,  ihr  könnt  fliehen 

ohne  vonvurf,  ohne  reu.    Gotter  1,130; 

unser  ganzes  leben 

flieht  mit  ihr  (der  liebe)  geschwinder.    1,39; 

o  wenn  die  weibliche  thräne  leicht  flieht,  so  entflattert  ja 
noch  leichter  das  weibliche  lächeln.  J.  P.  Tit.  2,63;  die  ge- 
scbwulst,  das  fieber  flieht,  weicht;  die  wölke,  der  schatte 
flieht;  der  mensch  vom  weihe  geborn  lebt  kurze  zeit,  gehet 
auf  wie  eine  blume  und  feilet  abe,  fleucht  wie  eine  schatten 
{so)  und  bleibt  nicht.  Hiob  14,  2. 

4)  praepositionen  bei  fliehen. 

0)  vor,  für:  goth.  ga|)lauh  faura  im.  Marc.  14,52;  kuni 
nadre,  hvas  gataiknida  izvis  |}liuban  faura  ))amma  anavair})in 
hatiza?  Luc.  3,7,  bei  Llther:  wer  hat  euch  denn  geweiset, 
das  ir  dem  zukünftigen  zorn  entrinnen  werdet?;  und  bawet 
daselbs  einen  altar,  darumb  das  im  daselbs  gott  otTenbart 
war,  da  er  flöhe  für  seinem  bruder.  1  Mos.  35,  7 ;  aber  Mose 
floh  für  Pharao.  2  Mos.  2, 15 ;  da  ward  der  stab  zur  schlangen 
und  Mose  floh  für  ir.  4,3;  und  ganz  Israel  floh  für  irem 
geschrei.  i.Vos.  16,34;  also  zogen  hinauf  des  volks  bei  drei 
tausent  man  und  die  flohen  für  den  mennern  zu  Ai.  Jos. 
7,4;  und  wenn  sie  uns  entgegen  eraus  fahren,  wie  vor  hin, 
so  wollen  wir  für  inen  fliehen.  8,5;  warum  bist  du  vor  mir 
geflohen?;  und  sie  flohen  für  im.  2  Sam.  10,13;  der  bas« 
flieht  vor  dea  huudenj 


1791 


FLIEHEN 


ich  fliehe,  glaub  es  nur,  vor  leichen  und  vor  sfirfren 
so  flüchtig  und  erhiut,  als  diebe  vor  den  schergen. 

Gd!ith£M  795; 
es  rennt  der  mensch,  es  fliehet 
vor  ihm  das  bewegliche  ziel.    Götue  .  .  . 

statt  vor  einem  fliehen  hat  man  den  bloszen  dativ  versucht, 
er  flieht  mir  =  flieht  vor  mir: 

so  fliehet  dem  gierigen  raube 

des  habichts  die  bebende  taube.    IIalkm  poesie  u.  prosa. 

bei  entfliehen  ist  dieser  dativ  in  der  Ordnung  (sp.  520). 

6)  von,  im  16  jh.  oß  anstatt  vor,  weil  man  von  dem  fort 
flielU,  vor  dem  man  flidü,  doch  in  andern  fällen  ist  der  Wechsel 
unstatthaft: 

bedenken  stäts  die  letzten  zeit 

macht  fliehen  von  den  «finden  vreit.    Scuwarzknbkrg  115,2; 

so  ich  zu  kainer  rcichstat  zeuh 

und  auch  von  niemand  scbantlich  fleuh.    138,1; 

wo  komslu  her?  und  wo  wiitu  hin?  sie  sprach,  ich  bin  von 
meiner  frawen  Sarai  geflohen.  1  Mos.  16,  8 ;  iaszt  nns  fliehen 
von  Israel.  2  ilfos^  14,  25;  trawren  und  seufzen  wird  von  inen 
fliehen.  Es.  51, 11 ;  und  sie  giengen  schnelle  eraus  und  flohen 
von  dem  grabe  (golh.  jah  usgaggandans  af  |)amma  lilaiva 
gu{)lauhun).  Marc.  16,8;  darumb  meine  liebesten  fliehet  von 
dem  göfzendienst.  1  Cor.  10,14;  von  dem  er  auch  fleuhet. 
Matbesids  112'; 

und  muthig  von  der  armutti  fliehen 

durch  guten  winds  und  glucks  beistand.    WECiuKRLin  353; 

so  dasz  von  ihrer  vollen  wange 

gesundheit  und  vergnügen  Diehn.    Gottkr  1,79; 
gedohn,  gcflohn 

ist  auch  von  mir  die  Jugend  scHion.    1,437. 

c)  aus:  er  ist  aus  dem  land,  aus  der  Stadt  geflohen. 

d)  in:  wohin  fleuchst  du?  in  die  wüsten,  in  das  gebirge; 
der  sol  in  der  stedte  eine  fliehen,  das  er  lebendig  bleibe. 
5  Mos.  4,42;  und  ein  iglicher  floch  in  seine  hutten.  1  Sam. 
4,10;  wenn  sie  euch  aber  in  einer  stad  verfolgen,  so  fliehet 
in  eine  andere  (goth.  jjliuhaij)  in  an))ara).  Malth.  10,  23. 

e)  zu:  also  musz  ein  mensch  in  allem  mangel,  gebresten 
und  anligen  zu  gott  fliehen,  in  um  hilf  bilten.  Keisersberg 
seelenpar.  150"; 

ich  flieh  zu  deinem  wort.    Weckherlin  266; 

UIvsz,  hier  siehst  du  uns  zur  tiefsten  dcmuth  fliehn. 

J.  E.  Schlegel  1,204; 
was  fleuchst  du  zu  des  todes  thoren?    E.  v.  Kleist  1,3; 
wer  gläubig  zu  ihm  flieht,  den  schirmet  sein  panier. 
Götter  2,4G8; 

und  fleucht  hin  zu  ihr.  Herder  6«  Merk  2,11.     s.  Zuflucht. 

f)  auf:  alsdenn,  wer  in  Judea  ist,  der  fliehe  auf  die  berge. 
Marc.  13,14. 

g)  über:  der  dieb  floh  über  die  maucr  und  entkam;  jetzo 
fliehet  eine  weisze  taube,  wie  eine  giosze  Schneeflocke,  blen- 
dend über  das  tiefe  blau.  J.  P.  Hesp.  2,  247. 

h)  unter:  wer  unter  den  mantel  einer  frau  floh,  war  gerettet. 

5)  gleich  fei'yeiv  und  fugere  steht  auch  fliehen  Ir.  und  den 
tod,  den  feind  fliehen  gleichbedeutig  mit  dem  inlr.  vor  dem 
tode,  vor  dem  feinde  fliehen:  ob  du  es  gebeulest,  ich  gee 
auf  einen  acker  und  sammel  die  eher,  die  da  fliehen  die 
hend  der  schneidenden,  bibel  14S3,  123*  ==  Ruth  2,  2,  vulg. 
spicas  quae  fugerint  manus  metcntium  {die  LXX  und  Luther 
haben  das  nicht);  fleuch  die  lüste  der  Jugend,  yolh.  juggans 
lustuns  |)liuh.  2  Tim.  2,  22 ;  fliehet  die  hurerci,  fei'ysxe  ii]v 
■no^veiav,  fugile  fornicationcm.  I  Cor.  6, 18 ;  fleuch  die  buleriu, 
das  du  nicht  in  ire  stricke  fallest.  Sir.  9,3;  flouchs  auch 
nicht  zu  Beer.  13,13;  die  eulc,  als  eine  die  den  tag  fleucht. 
KiRCHDor  «CHdunm.  63;  din  haben  sie  lieb,  mich  fliehen  sie. 
Terenz  1499,119";  er  flieht,  scheut  die  arbeit,  laborem  fugit; 

fleuh,  fleuh,  sorglos  zu  sein, 

die  pest,  die  lieb,  den  wein.    Wkckherli!«  815; 

fleuch  diese,  folge  dar  zum  myrrbeubcrge  nach.     Günther  546; 

lebst  du,  wie  sicbs  gebührt,  fleuch.st  Ungerechtigkeit. 

Canitz  137; 

Menalk  floh  kummcnoll  den  reiz  der  schönsten  flur. 

e.  T.  Kleist  1,05; 
jeder  sucht  den  tod  zu  fliehn.    1,99; 
Jetzt  fliehet  mich  die  lust.    1, 141; 
fleuch  ibr  angetichl.    Gotter  1,13; 
flieh  die  schwarze  kammer.    1,52; 
d»s  mldchen  floh  den  lunz,  dpr  Jüngling  floh  den  weio.    1,306; 

mich  fliehen  alle  Treuden, 

ich  sterb  vor  Ungeduld, 

an  allen  meinen  leiden 

Ut  nur  die  liebe  schuld; 


FLIEHEN  — FLIESZ  1792 

mich  hat  Tydeus  söhn  bis  zu  den  schifl'en  geflohen. 
Stolberg  11,261; 
ich  flöhe  diese  träume, 
noch  hab  ich  niemnnd  sie  vertraut.    Schiller  265*. 

fliegen  und  flieszen,  die  sonst  dem  fliehen  so  nah  stehn,  ver- 
slatten  diesen  tr.  begrif  nicht  oder  kaum,  s.  fliegen  11.  flieszen  19. 

6)  von  mischung  des  fliegens  und  fliehens  war  sp,  1781  dt« 
rede,  so  nah  verwandt  mitssen  bade  sein,  als  das  fliegen  dem 
laufen  und  springen  ist. 

7)  ableilungen  von  fliehen  sind  floh  pulex  und  flucht,  jfoth, 
^lauhs. 

FLIEHEN,  n.  fuga:  im  augenblick  des  fliehens  wurde  er 
noch  erkannt; 

beliebts  euch  überall  zu  naschen, 

im  fliehen  etwas  zu  erhaschen.    Göthr  .  .  .; 

niemand  hielt  stand,    das  fliehn  war  allgemeia. 

'nein  herr,  auf  eurem  flügel  fleng  es  an  .    Schiller  460'. 

FLIEHEND,  fugitivus: 

denn  in  der  erinnrung  balle 

trag  ich  fliehenden  genusz.    Stolberg  6,67; 

kann  nichts  dich,  fliehende,  verweilen, 

0  meines  lebens  goldne  zeit?    Schiller  48'; 

unser  fliehendes  dasein,  i.  P.  Hesp.  3, 64 ;  an  einander  ge- 
drängte, fliehende  leichenprocession  todtenblasser  szenen. 
Jubels.  58;  an  jedem  fliehenden  schiffe  fanden  sie  mehr  als 
eine  blume.  Tit.  1,17;  fliehende,  lachende  ufer.  2,49;  flie- 
hendem feinde  soll  man  goldne  brücke  bauen. 
FLIEHENWOLLEND,  fugüunis : 

aber  wenn  er  {iler  krokodill)  preilschneli 

mit  zähneblinkendem  rächen  schon  über  den  sand 

daberschieszt,  welie  dem  fliehenwollcnden ! 

WiLLAüov  ililhyramben  41. 

FLIEHER,  m.  fugitivus,  ßüchlling,  sowol  exsul  als  transfuga, 
dcserleur,  heule  kaum  gebraucht,  aber  noch  bei  Stieler  507. 

swaj  si  der  flieher  funden,  ir  deheiner  dö  genas, 

si  betungten  mit  den  töten  da;  velt  und  oucb  dai  gras. 

Wolfdicterich  344  (Hacbns  heldenb.  1,115); 
ein  fliehcr  bist  du  vor  gesin, 
darumb  so  muost  du  liden  pin.    ring  8',  44; 

wend  ein  flier  komen  w  ere  her.  Lindenbl.  54 ;  wer  das  tele, 
der  sulde  ein  flier  sin  des  landes.  95 ;  als  dis  also  stunt, 
qwam  ein  flier  von  Litlowin.  138 ;  wilde  Charaktere  hat  er 
gut  gemahlt,  den  starken  Würger,  den  ängstlichen  flieher. 
Merk  1, 515 ;  der  flieher  ist  allzeit  verdächtig,     s.  sündenflieher. 

FLIEHIIAUS,  ti.  refugium,  bei  Kiliam  755'  vliedberg:  ein 
Barte  kam  zum  könige  in  Liltauen,  verhiesz  ihm  bei  sei- 
nem halse  das  schalaunische  fliehhaus  zu  geweren.  He?ine- 
berger  417. 

FLIEHKUAFT,  f  - centrifugalkraß. 

FLIEHSTÄTTE,  /.  zuflnchtsoH. 

FLIES,  n.  vellus,  felüerhaß  geschrieben  fliesz.     s.  vlies. 

FLIESE,  m.  ])erdens,  ahd.  flioso:  scazfliese,  nurni/jcrdo.  M.  B. 
13, 1 ;  leipflicsp,  paniperda. 

FLIESE,  f.  segtnenlum  lapdis,  tabula  lapidea,  laleraria,  nd. 
flise,  alln.  flis,  fe.<:tuca,  segmentum,  schw.  flisa  dünne  steinscheibe . 
sandsteinytlalle,  ddn.  flise,  sieinfliese,  marmorfliese,  ziegellliese, 
deren  man  sich  zum  ausplätten  und  pflastern  bedient,  oß  auch 
Splitter:  ein  bildhaucr  arbeitet  an  sciuein  stein  fort,  ob  ihm 
schon  funken,  staub  und  fliesen  ins  gesiebte  stieben.  Scriver 
seelenscft.  1,700;  wie  kieselsteine,  die  wenn  sie  geschlagen 
werden  einem  die  funken  und  fliesen  unter  äugen  sprengen. 
2,  55.  man  unterscheidet  holländische  und  schwedische  fliesen. 
s.  flnrfliese,  ofenfliese,  ziegelflicse. 

FLIESEN,  perderc,  amiücre.  diese  heholfnt  knrsung  des  goth. 
fraliusan  in  ahd.  fliosan,  flös.  fliirun,  floran  (fiRArr  2,  263 — 265), 
in  mhd.  vlieson,  vlAs,  vluni,  viorn  (wb.  1,  1032)  isi  nhd.  un- 
stallhaß  schon  weil  die  vergröberte  ausspräche  sich  nicht  mehr  darauf 
erstand  fliesen  ton  flieszen  rein  zu  sondern,  einzelne  beispiele 
des  fliesen,  fleust  aus  dem  14  jÄ.  rcrrnc/irif/  doch  noch  Scrmellbk 
2,  499.     Meck^herg  setzt  immer  Verliesen.     «.  flust. 

FLIESENKACHEL,  f  mit  fliesen  gebaut,  ausgepflaäert. 

FLIESENSAAL,  m.  mii  fliesen  gedeckt:  im  hiiiterhaus,  im 
fliesensaal.  Stob«  sommergeschichIrn.  Rirlin  1851  s.  20. 

FLIESZ,  m.  n.  fluenlum,  ahd.  flioj.  mhd.  vliej,  ags.  flcot. 
nnl.  vlict,  gebildet  neben  flusz,  wie  verdriesz,  geniesz  neben  vrr- 
drusz,  genusz,  durch  -icsz  scheint  das  tmndne.  durch  -usz  das 
gröszere  ausgedrückt,  fliesz  ein  kleines  wasser,  flusi  das  grusierc, 
verdriesz  ein  geringer,  verdrusz  ein  grotzer  ärger,  mhd.  galt 
auch  vliejc  f.  Trist.  330, 13.  488,  l. 


1793        PLiESZßLATTEM  — FLIESZEN 


FLIESZEN 


1794 


mild,  eio  waj^er  dar  üj  flöj 
brianende  vile  gröi, 
da;  da  Flegetön  hie;, 
unreine  was  sin  flie;.    En.  101,18; 
ü;  dem  grabe  quam  ein  vlie;.    pass.  K.  IS,  54; 
nhd.    fliesz    machet    fliesze    {tcunde   zieht   vmnden   nach   sich), 
v/eisth.  1, 18 ; 

ich  gieng  mit  einem  durch  eio  fliesz.  Bi5gwajj>  tr.  Eckh.  £2*; 
(gehursam),  das  sie  euch  Sprüngen  in  ein  fliesz.  laut,  icarh.  297 ; 
auf  Samland  fragt  ich  einen  hauptman,  wie  das  nahste  fliesz 
alda  hiesz,  er  saget,  wie  das  dorf  so  dabei  liegt,  dennoch 
(deninach?)  hab  ich  den  fleisz  darauf  gewendet,  das  man  nicht 
^il  flieszer  darinnen  wird  finden,  darbei  man  seinen  rechten 
uamen  nicht  auch  finde.  He>xeberger  landlafel  7;  es  ist  ein 
fliesz  zu  Mülhausen  auf  Natangen,  das  ist  so  fischreich,  das 
man  es  billig  ein  gülden  flies  nennen  möchte  (irort^iel).  345 ; 
bei  dem  fliesz  Elbing  da  baueten  sie  eine  bürg,  nenneten  sie 
nach  dem  fliesz  Elbing.  \V.\issel  chronica  50 ;  alle  diese  arten 
morehnen  werden  in  keinem  flusse,  ströme  oder  fliesze  ge- 
fangen, sondern  nur  in  den  groszen  landseen.  Hohbebg  2, 522'. 
s.  ausfliesz,  brunnfliesz,  wasserfliesz,  flieszlein  und  fliet. 

FLIESZBL.\TTER>',    tariolae  confltientes,   die  in  der  eiterting 
zusammen  flieszen. 

FLIESZEI,  n.  ovum  sine  lesla,  ei  ohne  schale. 
FLIESZEN.  fluere,  ahd.  fliojan,  mhd.  vliejen,  ags.  fleotan, 
engl,  fleet,  alls.  fliotan,  nd.  fleten,  fleiten.  nnl.  vlieten,  fries. 
fliata,  altn.  fliola,  sehic.  flyta,  dän.  flyde.  prael.  ahd.  floj 
flüjjun.  mhd.  vli^  vlu^jen.  nhd.  flosz  flössen,  alls.  flftt  fluten. 
ags.  fleät  Uuton,  nnl.  vioot  vloten.  altn.  flaut  fluto,  schw.  flöt 
flüto,  dän.  flöd.  imp.  ahd.  fliuj,  mW.  vliuj,  nhd.  fleusz,  heute 
fliesz.  alls.  fliot.  ags.  fleot. 

goth.  weder  fliutan,  noch  t)Iiutan.  sondern  qsXv  stets  übertragen 
durdi  rinnan,  doch  zwei  andere  bildungen,  flautan  und  flödns 
scheinen  die  möglichkeit  von  fliutan  :«  sichern,  flautan  flautaida 
{falls  1  Cor.  13,  4  flauteij)  tn  flautaifi  zu  bessern)  drückt  aus 
exacerbari,  superbire  und  entspricht  den»  ahd.  fl6jen  {bei  Geaff 
3, 743  flöjan),  tcäre  also  überflieszen  von  stolz  und  hochmut. 
flüdus  aber  ist  unverkennbar  das  ahd.  fluot.  mhd.  vluot,  nhd.  flut, 
ags.  flüd,  engl,  flood,  nnl.  vioed  fluctus,  und  so  wenig  in  diesem 
lät.  Worte  -tus  der  würzet  gehört,  musz  auch  in  flödus  das  -ddus 
äuszerlich  hinzutreten,  wie  in  auhjödus  tumultus,  mannisködus 
humanilas.  wurzelhaß  in  flödus  bleibt  nichts  als  fl  und  höchstens 
ein  mil  -ödus  vermischter  vocal.  ich  komme  unter  flut  darauf  zuritck. 
zu  fl  stellt  sich  die  skr.  wurzel  piu.  welche  natare,  navigare. 
flare,  alluere  ausdrückt,  des  vogels  flug  ist  an  flieszen,  schwimmen 
durch  die  luft,  vom  wehen  und  schweben  heiszt  er  plavit,  wie 
von  ar;fievai  avis  {vgl.  aar  1,  5).  überall  seilen  wir  die  rerba 
fliegen,  fliehen,  flieszen  einander  durchdringen,  fr.  flotter  ist  fliegen 
vnd  schwimmen,  schweben,  flattern,  mil  plu  eins  ist  gr.  TtXio) 
schiffe  und  schwimme,  f/.voi  und  ß).vto,  lat.  pluo  «nd  Duo,  gusz 
des  regens  und  flusz  des  wassers  bezeichnend,  zwischen  fluere  und 
vnserm  flieszen  gebricht  laulverschiebung,  wie  sie  vorhin  gebrach 
zwischen  fugere  und  fliehen,  d(Kh  Idszt  äch  fluere  mit  flare, 
unserm  blasen,  blähen,  wie  fugere  mit  unserm  biegen  vergleichen, 
dem  plu,  flu  begegnen  nochmals  ags.  flövan  flieszen  und  bl6van 
blühen,  florere,  aus  fluere  entfaltet  sich  fluvius,  eföuvium,  aus 
pluere  pluvia,  aus  alluere,  diluere  ailuvies,  diluvium,  wie  aus 
eiuere,  induere  exuviae.  induviae.  gleich  dem  flovan  könnte 
ein  goth.  fluhan,  flühjan  bestanden  haben,  daraus  flöhodus,  flödus 
hervorgegangen  sein,  da  auch  lat.  fluctus  lidier  ein  flucere  als 
flugere  voraussetzt,  und  hier  lenke  ich  wieder  auf  jenes  merk- 
würdige rd.  vlieden  für  vlien,  das  in  die  ablaute  viood,  vloden, 
gfvloden  eingeht  und  dem  vloed  fluctus  höchst  ähnlich  erschätU, 
wdhretid  neben  vlieten  ein  vloeijeu  sich  offenbart. 

hier  gelangen  tcir  auf  den  punct,  wo  es  Ihunlich  wird  den 
eigenlhümlichen  lingualausgang  unsrer  verba  flieszen,  gieszcn 
u.  s.  w.  zu  erklären,  nach  einem  grundzug  deutscher  spräche 
ichlieszen  alle  wurzeln  consonantisch  und  gelangen  erst  dadurch 
zu  ruhe,  es  fälll  doch  ins  äuge,  wie  giutan,  j^riulan,  niutan, 
ahd.  giojan,  driojan,  fliojan,  niojan,  riojan  völlig  auf  gleicher 
linie  slehn  und  nicht  anders  x^**'»  »'«*»'»  nÄelv,  Qelv,  d'elr, 
und  wie  auszer  den  lauten  auch  die  bedeulungen  verwandt  sind. 
gieszen  sagt  aus  pluere,  flieszen  fluere,  riojan  flere,  Ihrdnen 
rergieszen,  in  {)riutan  scheint,  wie  |)rutsfiil  lehrt,  ursprünglich 
die  Vorstellung  krankhaßer  ausflösse  gelegen,  aus  ahd.  diojan  dö;, 
rauschen  von  flieszendem  wasser  und  bei  Notkeb  geradezu  flieszen 
läszt  sich  ein  goth.  |)iutan  )>aut  folgern  =  d'elv  laufen,  schiffen, 
wenn  aber  giutan  x^^*'>  **»■•  hu,  das  vermutete  fliutan  nXelv, 
skr.  plu.  was  wird  niiifan  zuerst  anders  gewesen  sein  als  reh; 
lU 


flieszen,  schwimmen,  fischen,  fische  fangen  und  fangen  überhaupt  ? 
die  abstraäionen  des  besilzes,  gebrauchs  und  genusses  folgten 
aUmdlich  hinterher,  schiffen  und  fischen  zu  einigen  {sp.  1679) 
war  so  uneben   nicht,      da   nun   goth.    nuta   fischer,   lat.  nauta 

.    scUffer,  gr.  vovtt^s  übereintreffen,  ohne  laulverschiebung,  so  könnten 

j  in  vorgeschichtlicher  zeit  der  noch  ungetrennleren  sprachen  die 
tenues   von   vavrT^s   wie  von  ;firos    ins  goth.  idiom  eingetreten 

'  sein  und  sogar  die  ablaute  niutan  naut  nutun,  giutan  gaut 
haben  bilden  helfen,  diese  der  ältesten  wortgestalt  noch  fremden 
linguale  wären  in  die  wurzeln  unserer  spräche  verwachsen,  gerade 
wie  auch  die  s  der  rerba  lisan,  liusan,  kiusan  anfänglich  flexion 
waren  und  in  die  ablautende  wurzel  drangen,     der  hergang  gliche 

I  dem  vorftin  bäm  nl.  vlieden  beobachteten,  aber  noch  mehr,  von 
pluo  kommt  kein  pari,  praet.  vor,  es  musz  plutus  gelautet  haben 
wie  von  compluo  complutus,  von  luo,  ruo  lutus,  rutus ;  allein 
neben  fluo  entsprang  fluito,  aus  flo,  no  entsprangen  flato,  nato. 
deren  t  dem  ungeschobnen  von  fliuta,  niuta  wol  an  die  seite 
gestellt  werden  darf  nur  auf  diesem  weg  werden  die  lingualen 
Wurzelschlüsse  von  fliutan,  giutan,  niutan  deutbar, 
bedeulungen  des  flieszens. 

1)  flieszen  und  rinnen  sind  sich  oß  gleich  und  Ulfilas  scheint 
überall  nur  letzteres  zu  gebrauchen,  gar  kein  fliutan  zu  kennen  : 
saei  galaubci)}  du  mis,  ahvös  us  vanibai  is  rinnand  vatins 
iibandins.  Joh.  7, 38.  wo  Lcther.  wer  an  mich  gleubet,  von 
des  leibe  werden  .«tröme  des  lebendigen  wassers  flieszen,  gr. 
Qsvaovoiv,  vulg.  fluent.  rinne  streiß  an  Qtca  und  hat  den 
hegrif  des  schnellen,  die  thräne  rinnt,  das  blut  rinnt  ist  heßiger 
als    flieszt    und   darum   hat    auch  rennen  den  allgemeinen  sinn 

:  des  laufens.  wir  sagen  von  einem  bach  lieber  dasz  er  rinne, 
!  von  einem  ström,  dasz  er  fliesze.  i^oth.  rinnö  iX  torrens  und 
\  rinnan  mcJinl  an  brinnan,  torrere.  flieszen  ist  die  ruhige,  lang- 
same bewegung,  obschon  es  auch  schnell  und  rasch  flieszen 
heiszt,  oder  der  .<!lille  bach  flieszt.  der  sand  rinnt,  flieszt  nicht. 
;  das  wasser  flieszt  «nd  der  nachen  flieszt  auf  dem  wasser.  durch 
'  die  luß  wird  geflogen,  auf  dem  boden  gelaufen,  doch  läuft  auch 
]    das   wasser.      das   Hl.    teketi   ist  flieszen  und  laufen,    das  pol». 

■  ciec,    böhm.  teci  flieszen,    seilner  laufen,    das  gal.  feich  fliehen. 
i    noch  langsamereti,   leiseren  flusz  bezeichnet  uns  triefen,   manare, 

stUlare:  der  honig  trieft,  der  Ihau  trieft,  der  regen  rieselt. 

2)  das  erst  wasser  heiszt  Pison,  das  fleuszet  umb  das  ganze 
land  Herila.  l  Mos.  2. 11 ;  und  warf  den  staub  in  den  bach, 
der  vom  berge  fleuszt.  5  Mos.  9,  21 ;  und  stöszet  an  den  bach, 
der  für  Jakneam  fleuszt.  Jos.  19,11;  denn  es  fleuszet  in  Pom- 
merellen  die  Raddaun.  .Micrälics  1,  5 ;  und  iiesz  beche  aus 
den  felsen  flieszen.  ps.  78.16;  wie  ein  frisches  bechlin  oder 
wesserlin,  das  inier  fort  fleuszet.  Lctheb  6,36'; 

I  fleusz  sanfte,  wie  du  thust,  in  beiden  ufern  hin.    Fluiing  589 

j  reichlicher  flieszen 

bächleio  zumal.    Göthk  1,90; 

fliesze,  fliesze,  lieber  flusz!    1,111; 

mir  wird  so  schwer,  so  schwer  vom  ort 

zu  flieszen, 

ich  krümme  mich  nur  sachte  fort 

durch  wiesen.    1,20». 

3)  das  blut  flieszt,  flieszt  in  strömen,  es  wird  in  diesem 
krieg   riel   blut  flieszen,   ist  schon  viel  blut  geflossen,     hier 

i   könnte  nicht  rinnen  gesagt  werden,     die  wunde  flieszt; 

j    mhd.   die  wunden  flujjen  s^re,  alsam  sie  täten  6.    Sib.  986,1; 

i  so  recht  ich  noch, 

I  bis  mit  dem  blut  mein  leben  von  mir  fleuszt. 

E.  VON  Kleist  2,  201 ; 
:    das   blut    der  Fiesker  flieszt   (in   den   ädern)  nur  unter  dem 

■  purpur  gesund.  Schilleb  172";  sein  blut  flieszt  langsam. 

4)  milch  und  honig.  in  ein  land,  darinnen  milch  und 
honig  fleuszt.  2  Mos.  3,8;  ein  land  zum  erbe  geben,  darin 
milch  und  honig  fleuszt.  3  Mos.  20,  24.  4  Mos.  13,  28  und  oß. 
meine  lere  triefe  wie  der  regen  und  meine  rede  fliesze  wie 
thaw.  5  Mos.  32,2;  das  die  wölken  flieszen  und  triefen  seer 

I   auf  die  menschen.  Hiob  36.  28 ;  der  regen  flieszt,  gieszt,  strömt, 
'   fällt. 

5)  die  Zähre  flieszt,  rinnt;  um  ihn  flieszen  unsre  thräi:en; 
er  flieszt  (zerflieszt,  schwimmt)  in  thränen; 

mit  weinen  rängt  sichs  leben  an, 

obn  weinen  solcbs  niemand  schlieszeo  kan, 

und  lassen  immer  zäbren  flieszen, 

bis  wir  das  leben  wieder  schlieszen. 

Matth.  Hahher  roseitgarten,  Zwicliau  1654  t.  420; 
das  thränenwasser  sich  ergeuszt 
und  über  meine  wangen  fleuszt; 
aber  ach,  das  that  ich  nicht, 
und  fliesze  nun  in  zähren  drüber  aus.    Bcieu  153". 

Uli 


1795 


FLIESZEN 


FLIESZEN  — FLIESZEND 


1796 


das  äuge  flieszt,  ihrdnl,  weint ;  meine  äugen  flieszen  mit  wasser, 
das  man  dein  gesetz  nicht  lieit.  ps.  119, 136.  die  nase  flieszt, 
läuft,  im  schnupfen,  der  mund  flieszt  von  speichel ;  der  schleim 
kumpt  und  fleuszt  aus  dem  fisch.  Forer  fischbuch  5' ;  der  rolz 
flosz  dem  bauerjungen  über  die  rotben  backen;  harz  flie.szt 
aus  dem  bäum  {vgl.  flieszhai'z  und  fliet). 
6)  zechen,  dasz  wein  und  hier  flosz; 

ich  gedenke  wol,  daj  ich  zeimäl  sa; 

bi  künic  AdolT  niht  v6rre  und  ai. 

da  gö;  man  win  hin  als  ein  bach, 

daj  lei  mir  w6,  do  ichj  gesach, 

der  tisch^erihte  mich  verdröj, 

dö  vor  minen  rcie^en  flöj 

der  win  als  über  ein  v61t  der  brunne. 

eia,  gedäht  ich,  liebiu  sunne, 

wie  dicke  die  rebe  din  warmer  scbin 

bat  gefröut,  dar  öj  ir  der  win 

gewahsen  ist,  der  vor  mir  fliujet, 

des  leider  nieman  hie  geniujet, 

den  manic  arm  mensche  vor  der  tür 

vil  gern  rtf  vienge,  torstej  her  ffir. 

Uenner  4773—4786. 
(7  das  fasz  flieszt,  rinnt,  läuft  am.  das  papier  flieszt,  saugt 
die  dinie  ein;  nun  hat  es  frau  von  Stein  gemahlt,  .  .  .  der 
atiasz  flosz,  er  war  zu  dünne.  Götue  an  grdfin  Stolberg  157; 
es  wird  wasser  aus  seinem  eimer  flieszen  (fluet  aqua  de  situla 
ejus)  und  sein  same  wird  ein  grosz  wasser  werden.  4  Mos. 
24,7;  das  krügiein  hört  auf  zu  flieszen; 

dein  methTasz,  o  Piast,  das  jedem  kunte  flieszen, 
gab  dir  die  polsche  krön.    Locau  1,224,25; 
von  mancher  edeln  kcltcr  fleuszt 
für  mich  der  traube  feuergeist.    Borger  12'. 

8)  flieszen  von  liaar  und  gewand,  ßuitare,  flaltern: 

das  ungebundne  haar  flosz  straubicht  um  das  haupt. 
Lessi!<c  1,  tl5; 
langes  haar,  dessen  wallende  locken  bis  zu  den  knien  her- 
unter flössen.  Wieland  2,31; 

und  ihre  schwarzen  augenbrauen, 

die  flössen  ihr  so  sanft  verloren  hin.    10, 181 ; 

ihr  gewand  flieszt,  wie  gewölk,  sanft  um  sie.    Klopstoce  1,  ISO, 

ein  mantel,  der,  voll  frischer  dufte, 

sich  stolz  an  ihrer  (der  nacht)  schulter  bläht, 

flieszt  ausgewickelt  durch  die  lüfte 

in  stralenloser  ma.jestät. 

BoiE  (in  den  abend,  im  musenalm.  von  1770; 

nur  sah  ich  sie  den  reinsten  schleier  halten, 

er  flosz  um  sie  und  schwoll  in  tausend  falten.    Götbe  1,  6; 

wer  hutte  krall  den  mantel  auszubreiten, 

der  tausendfarbig  über  unscrm  hauple  flieszt?    Gotter  1,402; 

ihr  schönes  körperchen  flosz  so  sanft  um  ihre  schöne  seele, 
als  seien  sie  aus  einem  slofl'e  geschatfen !  Ivlinger  5, 19.  das 
fr.  flotter  ist  bald  fluüare,  bald  fiuäuare,  vgl.  flaltern. 

9)  flieszen  von  strahlen,  licht  und  ton:  strahlen  des  lichts 
flössen  um  ihn  her;  die  sonne  flieszt  doch  immer  mit  der- 
selben wärme  in  unser  angesicht.  i.P.Hesp.  3,233; 

aber  wenn  in  nächtger  stunde 

süszer  lampe  dämmrung  flieszt.    Göthe  19, 190. 

oft  hür  ich  töne  in  mein  lauschendes  ohr  flieszen.  Klingeb 
G,32;  die  töne,  die  über  diesen  garten  flössen,  sind  versiegL 
J.  P.  Hesp.  3,  57.     vgl.  gieszen,  ergieszen. 

10)  vom  leibe  flieszen,  niederfallen,  sich  lösen:  ganze  stun- 
den lang  {sagt  der  papagei)  bei  tag  und  nacht  kann  ich  stehen, 
den  nacbtigallen,  ierchen  zuhören  und  so  entzückt  so  selig 
sein,  dasz  ich  manchmal  meine  die  federn  müsten  mir  vom 
leibe  flieszen.  Göthe  14,  84.  aus  den  banden :  welches  herz 
flösse  nicht  aus  seinen  banden  vor  diesem  Jammer.  8, 295. 

tl)  flieszen  für  schuimmen,  schiffen: 

«wie  wölken  swimmen,  wie  waj^^er  dicken, 
wie  tief  sich  grimmen,  wie  vische  fliegen, 
wie  wurme  kriechen,  wie  vogcl  fliegen.    Uenner  11061; 

anders  wohin  ziehen,  wandern,  faren  und  flieszen  in  andere 
lande,  weisth.  2,  241 ;  selig  flosz  der  scbwau  zwischen  seinen 
wellen.  J.  P.  TU.  3,  41. 

Vi)  flieszen,  flüssig  werden,  sclimelzen:  das  wachs  flieszt, 
lerßieszt ;  das  erz  flies/1,  gerdlh  in  flusz ;  den  eisenstcin  niusz 
man  puchen,  etlichen  wescht  man  auch,  eisensteinige  gilbe 
miisz  man  im  zusetzen,  sonst  fleuszt  er  nicht.  Mathesius  72'; 

daitz  die  xibe  glockenspeiie 

Oiesie  nach  der  rechten  weise.    Scbillir  tV. 

13)  bildlieh,  flieszen,  dahinflieszen,  vcrflieszen: 
wie  leicht  und  «tili  die  frohen  tage  OieKien.    Götiir  13,  inU; 
In  Unschuld  flosjien  meine  stillen  tag».    Schillrr  612*; 
•o   gelind   und  still    flosz  seine  regieiung.    1030';    ihr  leben 
Qv3z  sanft  wie  pine  quelle  davon.  J.V.  uns.  löge  1,33. 


14)  flieszen  von  versen,  reimen,  worten,  briefen,  musik: 

sie  {meine  verse)  flieszen  nicht  so  artig  und  gelinde, 
so  sanfte  nicht  als  ich  die  euren  Unde. 

ScHöNBOR!»  bei  Gry]Mus  2,501; 
lasz  die  reime  lieblich  flieszen.    Göthe  4,363; 
denn  wenn  man  so  zwei  bogen  reime  schreibt, 
da  wollen  sie  zuletzt  nicht  flieszen.    56,6; 

die  briefe  wollten  nicht  mehr  flieszen.  15,  269 ;  sie  trat  ans 
klavier  und  fieng  eine  menuet  an,  sie  woihe  nicht  flieszen. 
16,  165;  etwa  so  ein  abschiedchen  in  versen.  in  meiner 
Jugend  ist  mir  dergleichen  manchmal  geflossen.  Fr.  Müller 
3,40;  aus  des  alten  Nestoris  mund  fleuszt  ein  red  süeszer 
dan  honig.  Frank  lob  der  torheit  9' ; 

'hier  lieget  Mendax',  sagt  man  izt  von  dir, 

da  sich  dein  mund  auf  ewig  hat  geschlossen. 

als  aber  sonst  von  ihm  noch  worte  flössen, 

da  hiesz  es  'Mendax  lüget  hier'.    Göungk  3,273; 

ein  liedchen  von  Chloeus  lippeu  fleuszt.    Gotter  1,417; 

kein  wort  flosz  über  ihre  lippen;   die  Unterhaltung,  das  ge- 

sprach  flosz  nicht  mehr,  gcrielh  ins  stocken. 

15)  die  schilleiu  hinüber  herüber  schieszen, 

die  faden  sich  begegnend  flieszen.    Götbb  3,100; 

der  grosze  weg  war  von  herden  und  maulthieren,  reitern 
und  wagen  belebt,  die  an  beiden  seilen,  ohne  sich  zu  hin- 
dern, stromweise  hin  und  her  flössen  (wogten,  sicli  bewegten). 
15,  254;  deine  freude  flieszet  in  ein  fremdes  herz  und  strömet 
daraus  verdoppelt  in  deines  zurück.  J.  P.  Fixlein  68. 

16)  alle  holz  und  jagdgeiUlle  flieszen  in  die  forstcasse ; 
die  Strafgelder  flieszen  in  die  ölfenlliche  casse. 

17)  die  letzte  wendung  flosz  ihm  aus  der  feder,  nicht  aus 
dem  herzen.  Göthe  17,171;  weil  er  gehört,  dasz  aus  einer 
gelehrten  feder  so  manches  buch  geflossen.  J.  P.  Fibel  27; 
jedes  dicke  buch,  das  ihnen  von  den  fingern  flosz.  Klincer 
6,266;  welche  warnung  aus  dem  rechten  brunnen  warer 
freundschaft  fleuszet.  Galtny  47 ;  hör  meinen  rath  an,  der 
gewis  aus  treuem  herzen  fleuszt.  Fr.  .Müller  1, 137. 

IS)  flieszen,  folgen,  sich  ergeben,  emanare,  effici:  du  sihest 
doch,  das  ein  Sprichwort  hieraus  geflossen  ist.  Ldther  3,  290'; 
aus  welchen  umständen  von  selbst  flieszet,  dasz  u.  s.  w.  Hahns 
hist.  3,4;  aus  welchen  umstünden  von  selbst  flieszet,  dasz 
Fridericus  nur  sechsmahl  nach  Italien  kommen.  3,  279 ;  die 
conclusion,  die  aus  den  Vordersätzen  flieszt.  Kant  1,11;  so 
flieszt  {sequitur),  dasz  «.  s.  w.  1,  51 ;  aus  einem  andern  gesetze 
wäre  eine  ausdehuung  von  andern  abmessungen  geflossen. 
8,26;  weil  die  fhat  aus  den  umständen,  die  ihr  vorher- 
giengen,  so  natürlich  flieszt.  Schiller  831';  so  kann  die  an- 
genehme folge  für  uns  alle  daraus  flieszen.  J.  P.  Wesp.  1.162. 
19)  flieszen  tr.  für  flieszen  machen,  flüszen,  schwemmen :  davon 
vliejent  si  die  poescn  fäuhten  au;  dem  magen  mit  ausrähsen. 
Megenberg  125,33; 

fliesze,  gieszo 

deine  ^üte  ins  gemüte, 

dasz  wir  können 

Christum  unscrn  heiland  nennen! 

Mich.  Scuirber  im  Hfrtiner  gesangb.  1640; 

welches  doch  der  Rhein  gleich  wieder  hinweg  flösse.  Simpl. 
K.  583  {nach  DGK).  in  beiden  letzten  stellen  deutet  das  falsch 
auslautende  e  auf  flösze  und  flöszte. 

s.  abflieszen,  anflieszen,  ausHieszen,  durchflieszen ,  ein- 
flieszen,  hinflieszcn,  herflieszen,  überflieszen,  umflieszen,  ver- 
flicszcn,  zerflicszen,  zuflieszen,  Qöszen.  abgeleitete  nomina  fliesz, 
flosz,  flösse,  flusz. 

FLIESZEND,  fluens,  manans,  fluviatilis,  nach  den  bedeiUungen 
des  verbums. 

1)  flieszendes  wasser,  gegenüber  dem  siehenden ;  flieszeude 
(regnende)  wölken. 

2)  flussig  geworden,  geschmolzen :  das  eis,  das  ei-z  ist  fliestend ; 
seine  gnad  ist  mein  flies/.ender  zucker  gewesen,  der  mir  alle 
bilterkeilen  versüszcl   hat.  Scriveh  seelensch.  2,  851. 

3)  flieszendes  haar,  flieszeude  locken ;  wolhäbige  greise  mit 
flieszenden  oder  gekrausten  biirlen.  Göthe  43,408; 

ewigblühendo  roien  umkrAniten  snin  Oiestcnde«  haupthaar. 
Klopstock  1,31. 

4)  flieszendes  gewand: 

ob  lie  gleich  mit  dem  fliostenden  ichleier  ihr  augr  bedeckte. 
ilessias  4,  771. 

5)  wenn  die  küustlerin  (Wiiktih)  uns  reich  und  lebens\oll, 
üppig,  beweglich,  gracios,  welleuhult  und  flieszend  erschien. 
Göthe  44, 190;  ciu  glückliches  Verhältnis  der  glieder,  flieszeude 
umrisse,  ein  lieblicher  leiut.  Schiller  liio'. 


1797 


FLIESZEND  — FLIETE 


FLIETLEIN— FLIMMERN 


1798 


6)  da  weckte  ihu  der  langsam  flieszende  (wehende)  mor- 
genwind.  J.  P.  Hesp.  4,  62 ;  flieszender  Schimmer.  Fixl.  61;  wir 
giengen  in  diesen  flieszenden  himmel  hinein,  in  welchen  uns 
sonst  nur  die  alpen  heben,  uns:,  löge  3, 64. 

7)  flieszender  laut:  wenn  auf  einen  stummen  laut  ein 
flieszender  folgt  (mula  cum  liquida) ;  flieszende  werte,  flieszende 
rede,  flieszender  stil  (coulantj;  flieszende  reime,  verse; 
flieszende  poetische  auen.  J.  P.  mum.  3,54;  er  spricht  ein 
flieszendes  englisch,  schreibt  eine  flieszende  hand; 

wan  dan  zu  singen  icti  bereit 

dein  flieszende  wolredeuheit.    Weckbkrlis  374; 

der  flieszende  herr  Geliert  und  der  spitzige  herr  Rabener, 
wird  es  heiszen,  haben  hier  und  da  ganz  artige  gedanken 
gehabt.  R.\bener  bei  Geliert  8, 170. 

S)  aufenthalt  eines  amtmanns  oder  schössers,  welcher  die 
ehemals  hieher  flieszenden  Zinsen  und  gefalle  noch  fernerhin 
einnimmt.  Götbe  39,  265. 

9)  der  philosophische  chicaneur  kann  die  flieszenden  grenzen 
ebensogut  für  den  nachdruck  benutzen,  wie  für  sich  der  teufel. 
J.  P.  herbslblum.  3, 134. 

10)  stetige  gröszen  (quanta  conlinua)  kann  man  auch 
flieszende  nennen,  weil  die  synthesis  der  produetiven  ein- 
bildungskraft  in  ihrer  erzengung  ein  fortgang  in  der  zeit  ist, 
deren  continuität  man  besonders  durch  den  ausdruck  des 
flieszens  (verflieszens)  zu  bezeichnen  pflegt.  Käst  2, 181 ;  der 
satz  einiger  schulen,  dasz  alles  flieszend  und  nichts  in  der 
weit  beharrlich  und  bleibend  sei.  2,671;  unendlich  ist  nur 
die  empirie,  sowol  die  des  stehenden,  der  natur  in  der 
physik,  als  die  des  flieszenden,  der  zeiterscheinungen  des 
raenschengeschlechts  in  der  geschichte.  Fichte  grundz.  d.  g.  z. 
231;  das  ungelehrte  publicum  ist  ein  flieszendes.  232.  der 
flieszende  gegensatz  steht  dem  ausschlieszenden  gegenüber. 
Ritters  rechtsphil.  116.  vgl.  hellflieszend ,  schnellflieszend, 
starkflieszend. 

FLIESZEND,  adv.  facik,  volubililer. 

das  flieszeod  schnelle  silber.    WECEaERi.T!t  452; 

flieszend  reden,  reimen. 

FLIESZGäRS',  n.  rele  piscatorium. 

FLIESZGOLD,  n.  aurum  sohilum. 

FLIESZHARZ,  n.  terebinlhina ,  terpenliiij  'ein  ausflusz  des 
terebinthbaums. 

FLIESZIG,  fluidus.  Stieler  513 :  wodurch  ein  herz,  das 
vor  der  bekehrung  hart  und  fest  gewesen,  wie  eisen  schmelzet 
(schmilzt),  dasz  es  flieszig  wird  und  sich  in  alle  formen  des 
göttlichen  willens  gieszen  läszt.  Scriveb  seelensch.  1,  665.  vgl. 
flüssig  und  durchflieszig  2, 1610. 

FLIESZLEIN,  n.  ein  klänes  fliesz:  Narpisken  ist  ein  dörf- 
lein  im  Insterburgischen  bei  einem  kleinen  flieszlein,  die 
Golbe  genant,  gelegen.  Hesneberger  327.  liegt  in  fliesz.  wie 
sp.  1792  aufgehellt  wurde,  schon  eine  diminufion  der  Vorstellung 
flusz,  so  wird  sie  durch  -lein  und  das  beigefügte  klein  verdreifacht. 

FLIESZLOCH,  n.  ostium  fornacis  stnnnariae. 

FLIESZPAPIER,  n.  charta  bibula,  löschpapier.  Maaler  138', 
nnl.  vioeipapier,  zuigpapier:  ich  will  meine  brüst  mit  einem 
buch  flieszpapier  belegen.  Fr.  Müller  2, 103. 

FLIESZPOCKEN,  wie  flieszblattern. 

FLIESZL'NG,  f.  ftuor.  Stieler  513. 

FLIESZWASSER,  n.  aqua  fluida,  fluvialis ,  lympha:  die 
fruchtbarkeit,  dazu  der  regen  vor  dem  flieszwasser  vorzüglich 
geschickt  ist.  Käst  9, 13. 

FLIET,  «.  bdellium,  gummi,  resina,  ahd.  fliod,  fliad.  phlied, 
phliet,  fliet  (Graff  3,360).  N.  im  M.  Cap.  68  zu  denlriles: 
daj  ist  ein  valewin  gemma,  diu  ouh  succinum  heijet,  tiu 
ü;er  den  boumen  diujet,  also  flied  unde  harz,  unde  diu  aba 
dien  boumen  in  daj  wajer  fallende  ze  steine  erhärtet,  mhd. 
fliet  (ivb.  3,341).  da  die  eigentliche  bedeulung  von  fliod,  fliet 
wie  von  allem  harz  und  gummi  effluvium,  ausflusz  ist,  so  scheint 
es  unmittelbar  mit  fliesz  gleichzustellen  und  die  ältere  media  zu 
uahren,  die  allmälich  in  t,  zuletzt  erst  in  z,  übertrat,  wie  sich  m 
llieszharz  bestätigt,  selbst  das  ßS  von  ßSe'/.f.iov,  vielleicht  von 
fiSiÄ/.a  bluligel  tJingt  an  flied,  das  saugen  berührt  sich  mit  dem 
flieszen  des  bluts,  vgl.  ßSeJv  feisen  sji.  1466. 

FLIETE,  ff»,  f.  gleichviel  mit  fliede,  fliedme.  laszeisen,  phid)0- 
tomum,  woraus  es  gekürzt  ist :  denn  so  lidet  ein  mensch  gedültig- 
lichen  den  flieten  in  dem  geschwer  oder  ciszen,  so  er  bekent, 
das  im  der  flieten  ist  ein  milwirkung  der  gesuntheit.  Keisersb. 
büg.  6%';  Seneca  schreibt  von  einem  scherer,  der  eines  künigs 
dochter  gesunde  soll  machen,  ir  ein  bnist  uf  thun  und  kunt 


das  en  ein  flieten  oder  en  ein  scherraesser  nit  zu  wegen 
bringen,  narrensch.  ll';  jeder  sei  wol  darauf  sehen,  das  er 
die  flieten  nit  zu  tief  einhaue.  Wirslsg  arzneib.  23 ;  lasse  das 
Zahnfleisch  bicken  mit  einer  flieten.  Tabehsaemost.  29S  ;  der 
barbierer  neben  seinen  gesellen  wurden  bestellet  mit  ihren 
flieten  in  eil  fertig  zu  halten.  Pbilasd.  2,451;  wenn  es  nun 
gar  zu  harte  halt  (beim  zahnen),  so  musz  man  mit  einer  flieten 
den  ort  ein  wenig  ritzen  lassen,  welcher  verhärtet  ist,  wie 
denn  solches  leichllich  geschieht,  wenn  man  die  kinder  viel 
lasset  im  munde  mit  harten  sachen,  als  wolfzähnen  griebeln. 
Mich.  Crcgeser  aufgarickelter  gebrauch  seiner  elixieren.  Dresd. 
1662  s.  240;  tragen  die  kinder  zum  halbier  oder  bader  und 
lassen  ihnen  hinter  beiden  obren  mit  einer  fliete  hacken. 
ETTSER/iefcamme907;  man  musz  dem  pferde  unten  am  schweif 
an  der  spitze  ein  riszlein  mit  einer  flieten  hinein  reiszen. 
Hobberg  2, 182*.  217'.  s.  auch  flede,  flitte. 
FLIETLEIN,  n.  Gersdorf  70. 

FLIETMESSER,  n.  scalprum  chirurgicitm.  Blancarsi  lex. 
med.  557. 

FLIMMEN,  fremere,  micare.  ein  unerhörtes  wort  gewährt  die 
ahd.  glosse  bei  Hacpt  5,  330' :  frementem  equum  flimmintej 
res,  also  ist  flimman  hinnire.  fremere  entspricht  genau  dem 
ahd.  preman  und  primman,  woraus  nhd.  brummen  wird,  fremere 
verwandt  mit  tremere  verdeutscht  sich  aber  auch  griraman  und 
mit  Übergang  des  schalls  auf  die  färbe  gelangen  wir  zu  glimman 
micare,  das  rauschende  schimmert,  mhd.  erscheint  flimmen  weder 
im  sinn  des  summens,  brummens  noch  des  leuchtens.  nhd.,  doch 
erst  im  18  jh.,  für  micare,  coruscare,  und  gern  mit  flammen 
verbunden : 

wenn  in  dem  finstersten  wald  ein  flimmender  sonnenblick 

wandelt.    Zacharü; 

es  flimmt  und  flammt  rund  um  ihn  her 

mit  g'rüner,  blauer,  rotber  glut.    Bcrgkk  71'; 

am  alten  geisterthurm 

flimmt  bläulicli  im  bemosten 

gesteia  der  feuerwurm.    MatthissO!»  139; 

in  dieser  blende  flimmte  schwermutsvoll 

die  heiige  lampe,  wenn  der  chorgesang 

der  junglraun  durch  die  mitternacht  erschoU.    168; 

und  mit  bläulichem  scheine  flimmt  der  glühwurm.    185; 

in  seinen  gröttcben  ists  gar  fein, 

es  flimmt  und  flammt  wie  Sternenschein.    Göthe  11,339; 

sieh ,  und  blank  auf  dem  giebel  im  mondscbein  flimmte  dei 
brautkranz.    Voss  2,112; 

wähn  ich  mich  im  himmelmaienglanz  zu  lichten 

wenn  dein  blick  in  meine  blicke  flimmt.    Scuillkk  3*; 

dasz  er  io  Lauras  flimmendem  äuge 

gott  sah.    ScHCBART  ged.  2,69; 

hinterm  wasser  wie  Qimmende  flammen, 

berggipfei  oben  mit  gold  beschienen.    Tieck  Stemb.  %  91 ; 

hell  vom  bunten  scheine 

flimmt  des  herzen  nacht.    RCcexst  ges.  ged.  1,310; 

und  das  sprühn  und  flimmen 

hält  deu  blick  umflirrt,    ebend.; 

der  flimmende  stern.  Klisgers  th.  2, 226 ;  den  flimmenden 
docht  auffrischen.  Hippel  lebend.  1,73;  seht  her,  seht  hin, 
seht  die  sonne  dann,  wies  flimmt,  wies  flammt,  alles  vom 
lichte  stammt.  Arsu  kronenw.  1, 306.  will  man,  den  Zusam- 
menhang mit  aiid.  flimman  verkennend,  das  nhd.  flimmen  aus 
bloszem  lautspiel  zu  flammen  deuten?  flamme  und  flammen 
sind  uns  freilich  erst  aus  der  fremde,  gleichwol  schon  frülie  ein- 
gebracht worden,  es  läge  daran,  mhd.  belege  für  flimmen  und 
die  beiden  folgenden  ableitungen  aufzufinden. 

FLIMMER,  m.  fulgor  coruscans,  tremor,  zitternder,  beweglicher 
Schimmer,  glimmer:  tlimmer,  eine  taube,  gehaltlose  bergart; 
y  ich  denke  dein,  wenn  sich  des  mondes  flimmer 
in  quellen  mahlt.    Götue  1,65; 
und  in  der  kircbe  war  noch  schwacher  flimmer, 
doch  bald  drauf  sah  ichs  dunkel  dritinen  werden 
und  es  erstarb  des  lichtes  letzter  Schimmer. 

BoKAVEMTi  RA  im  ttischenb.  Is02  s.  125; 
des  guten  beifall  wünscht  sie  zu  erlangen, 
den  Wahrheit  rührt,  den  flimmer  nicht  besticht. 

Schiller  101'; 
dunkel  wird  es,  dunkler  immer, 
kaum  manchmal  durch  bäum  und  Strauch 
zweifelt  eines  Sternes  flimmer, 
stiller,  kühler  wird  es  auch.    Le:«aü  «.  ged.  299. 

FLIMMERBEWEGLNG,  f  tremor,  zitternde  bewegung. 

FLIMMER.N,  micare,  coruscare:  es  flimmerte  und  flammerte 
von  lauter  golde  und  edelgesteinen.  Scheimufsky  i^iii;  mitt- 
lerweile fiel  ein  hohes  fest  ein,  wobei  Agnes  ihre  kostbaren 
kleider  und  schmuck  sehen  liesz  ...  sie  wurde  allzeit  in  die 

113* 


1 799       FLIMMERSCIIEIN  —  FLINDERLEIN 


FLINDERLESTECRE  —  FLINK 


1800 


kircbe  und  über  die  straszc  getragen,  beim  ein  und  ans- 
steigen  flimmerte  und  flammerte  alles  von  gold,  silber  uml 
edelgesteinen.  veäfäl.  Robinson  (174$)  $.  271;  flimmerte  nicht 
ihr  schaal,  als  ob  er  aus  lauter  Sonnenstrahlen  gewirkt  wäre  ? 
WiELAND  8,284; 

ach  wie  das  schimmerte, 

ach  wie  das  flimmerte!    Mdsäus  kinderkl.  5; 

es  schleicht  ein  flnmmchen  am  unkenteich, 

das  flimmert  und  flammert  so  traurig.    Bdbgbr  tiü'i 

rückt  wol  der  scliatz  indessen  in  die  höh, 

den  ich  dort  hinten  flimmern  seh.    Götbk  12,193; 

mir  ward  es  vor  den  äugen  sctilecht, 

da  flimmert  es,  ich  sah  nicht  recht.    41,287; 

eh  ich  es  mich  versah,  flel  ich  in  seine  schlingen  und  so, 
dasz  es  mir  noch  jetzt  vor  den  äugen  flimmert.  Klisger  9, 167; 

bei  diesem  thau,  der  mir  im  äuge  flimmert.  Platkn  101; 
da  gegenüber  flimmerts  im  dunkel,  wie  wenn  man  der  katze 
das  feil  streicht.  Bettine  br.  l.  25S ;  wärmbecken  voll  flim- 
mernden Weingeist.  J.  P.  Ilesp.  3,125;  flimmerndes  erz;  ein 
flimmerndes  steinchen  aufheben,  analog  dem  vocaiwechsel  von 
flimmern  und  Dammern  ist  der  von  flindern  und  flandern, 
flittern  und  flattern. 

FLIMMERSCHEIN,  m.  als  wenn  melodien  durch  den  flim- 
merschein wehen.  Tieck  U,  128. 

FLIMMERTHIERCHEN,  n.   leucopliia. 

FLIMSEN,  s.  flismen. 

FLINDER,  »1.  bracleola  mtcans,  flimmerndes  goldblätlchen,  kos 
sich  zu  flitter  verhält  wie  flandern  zti  flattern  und  zahlreichen 
andern  fällen  gleicht,  iro  ror  der  Ungualis  a  eindringt  oder  schwindet, 
ahd.  und  mhd.  siebt  flinder  unbezeugt.     nhd.  liefert  den  ältesten 
beleg  ein  bericht  über  Friedriclis  III  znsammenkunß  mit  Karl  dem 
kühnen   im  jähr  Uli    {neue   mittheil,  des  Ihüring.  säclis.  Vereins 
2,  84) :   auf   dem  hut  ein  kostlich  cleinot,    das  wunder  was, 
das  het  vier  rubin  .  . .  und  zwen  demant  . . .  und  drei  perlin 
und   zu   ring  darumb  schablicht  perlin,    die  hiengen  als  die 
Binder  fast  kostlich.  Stieler  520  setzt  flinder  ==  flitter,  ebenso 
Schmeller  1,  589.    Lexer  99    gold   und   silberflilter   auf  künst- 
lichen blumen.      hinter   ihm   eine  tänzerin,    die  ein  kind  vor 
sich  hält,  das  mit  bändern  und  flintern  {so)  wol  herausgeputzt 
war.  GöTBE  18,144.  allen  eiteln  flinder  verachten; 
wie  ich  mich  freu  an  stern  und  weltenballe, 
dem  groszen,  meines  ewgen  kleides,  flinder, 
und  sorge,  dasz  kein  stück  dem  säum  entfalle. 
RÖCKERT  1834  s.  179. 

treffend  wird  flinder  angewandt  auf  flatternde,  fütternde  dinge, 

1)  auf  den  papillon,  flinner,  flinder,  der  auch  sonst  flatterle, 
fletterle,  flinderling,  Schmetterling  von  schmettern,  slrepere 
heiszt.     nnl.  vlinder,  dagviinder,  nachtviinder. 

2)  auf  den  kränz,  busch,  der  als  bierzeicften  aushängt  und 
mit  flitter  umwunden  Lü,  oder  den  flitterbund  ersetzt:  'er  hat 
den  flinder,  man  geht  zu  ihrn  in  den  flinder',  Um  trift  die 
reihe  die  wache  hindurch  bierydste  zu  setzen.  Schmeli.er  1,  589. 

3)  auf  eine  blecitmünze,  glänzende  bkchstiicke. 

4)  KiMAN  hat  vlinder  sambucus,  Nemmch  flinder  syringa,  das 
aus  flieder  entstellt  sein,  vieUdcld  doch  bexug  auf  das  flattern 
der  blüle  haben  kann. 

5)  ich  weisz  nicht,  ob  auch  flinder  die  benennung  eines  platt- 
fisches,  fleuronectes  flesus  hierher  gehört,  er  heiszt  auch  flander, 
flonder,  flunder,   engl,  flounder,    und  ob  seine  haut  schimmert. 

6)  die  sp.  1722  verzeichnete  bedeutung  von  flandern  entsprang 
von  selbst  aus  flindern  und  flandern.  in  dir  heutigen  spräche 
ist  flinder  ror  flitter  ganz  zurückgetreten. 

FLINDERER,  m.  bracteolarius. 

FLI.NDERFEDER,  f  mü  flitter  umwundne:  köstlich  perlin- 
gestickle  haarhauben  und  die  sammele  parellin  darauf,  auf 
die  meichsnisch  art  zur  seilen  bangend,  wie  die  Icipsische 
{leipzigische)  jungfrawkränzlin  zur  bochzeit,  auch  flinderfedern 
darauf,  wie  der  turgäuisch  adel,  wan  sie  einmal  in  ein  mcsz 
kumtnen.  Garg.  281*. 

FLINDEKGOLD,  n.  aurum  tremulum.  flUtergold: 
mit  flindergold  bewundeo.     BiRKifi  OL.  104. 

FLIM)ERIIA(;RE,  f.  mU  fliUer  gedickte. 

FLI.NDKRKR.VNZ,  m. 

FLINDERLE,  n.  flUterchen,  flinder  1,  in  der  volkspradu  flin- 
nerli,  flitterle,  nchmetlrrling.  auch  flinnerk,  flidderk.  Fromhann 
6, 133.  kdrnln.  au  flindcrle,  an  wenig,  bischen  {blechmünu). 
LexER  »». 

FLINDERLEIN,  n.  braclevla  micans:  die  bewegen  sich  stSligs 
als  die  Oiaderiio  an  den  jungfrauwenkrinzen.  Tabe*nabiioi«t. 


666;  ein  fein  wapenröcklin,  daran  silbere  schellelein  und 
flinderlein  zum  turnieren  und  schlittenfahren  an  ketllein 
hiengen.  Garg.  116*.  auch  die  federlappen  und  schrecktüdier  des 
Jagdzeugs  heiszen  flinderlein. 

FLINDERLESTECKE,  m.  auch  damit  dem  kind  nichts  an 
kurzweil  abgieng,  macht  man  im  ein  flinderleslecken  und 
fornen  dran  ein  windspiel  von  den  flügeln  einer  windmül 
aus  Franken,  damit  lief  er  auf  und  ab  die  gasz  und  lur- 
nieret  den  leuten  die  fenster  aus.  Garg.  131'. 
FLINDERLING,  m. 

der  mucken  wert  (wehrt)  in  aller  ding 

der  Wüstling  und  der  flinderling.    H.  Sachs  L425'; 

paumheckcl,  heidlerch  und  wüstling, 

Könglein,  zaglmeis  und  flinderling 

in  dem  gesteud  und  paumen  saszcn.    1, 42*\ 

Wüstling  meint  das  rotlischwdnzclien  (Frommann  4, 191)  und  flin- 
derling miisz  ein  andres  mückenfressendes  vöglein  sein,  das  gleich 
dem  Schmetterling  vom  flattern  seinen  namen  hat. 

FLINDERM.\CHER,  m.  was  flinderer.  Stieler  520. 

FLINDERN,  volitare,  agitari,  flattern,  flimmern.  Lexeb  99, 
vgl.  flandern  sp.  1722 ; 

der  Student  hin  zum  pfarrer  trat. 

der  gut  müller  an  der  stat 

nam  das  rechtbuch  {corpus  juris)  herfOrher,  das 

ad  marginem  glosieret  was, 

abzeichnets  mit  der  rötelschnur, 

und  mit  der  zimmerparten  pur 

hawt  herab  uheral  die  glos, 

liesz  nur  pleiben  den  texte  blosz 

schnureben  herumbher  ganz  glat. 

als  der  Student  kam  wider  spat, 

do  flindert  die  glos  umb  und  umb 

zerstrewet  in  der  mül  herumb.    H.  Sachs  II.  4,106'; 

ich  schweig  wo  wir  uns  nachts  verhindern 

pisz  das  die  liechtcr  verfliudern  (verßatiern,  ausgehn). 
fasln.  388,17; 
FLINDERSCHLÄGER,  m.  flinderer.  Stieler  520. 
FLINK,  splendidus,  agilis,    noch  nicht  mhd.,    obwol  nach  dem 
subst.  vlinke  möglich,  nicht  bei  Hemsch,  geschweige  bei  den  älteren, 
zuerst  bei  Stieler  519:  die  Jungfer  ist  flink,  etegans,  venusta; 
flink  i.st  der  wallach,  sprichwörtlich  von  prahürn,  die  ihre  sacken 
als  die  beslen  rühmen;  bei  Strodtmann  57 :  flink  is  de  wallach, 
die  Sache  gehl   gut;   flink  hei,   dar  geit  et  flink  hei!    flinkes 
gewehr,  leiclUes,  blinkendes ;  alle  monsieur  Gaston  dochter  hatten 
das,  gar  flink  mit  der  band  zu  sein  und  ihre  leute,  männer 
und  weiber  zu  schlagen.  Cu.  El.  von  Orl.  504  {a.  1721) ;  als 
man    aber  sah,   wie  flink  meine  mädchen  in  kurzen  rocken 
auf  dem   feldc  und  im  stalle  wurden,  so  fleng  jeder  an  zu 
stutzen.  Moser  2,  44 ; 

zum  mädchen  wün.<:cht  ich  mir,  und  wollt  es  ha!  recht  lieben, 

ein  junges,  nettes,  tolles  ding, 

leicht  zu  erl'reun,  schwer  zu  betrüben, 

am  wüchse  schlank,  im  gango  flink.    Lessi:<g  1,17; 

im  ganzen  dorr  ist  kein  gesiebt 

der  flinken  Hanne  gleich.    Weisze; 

er  war  ein  narr,   ein  flinker  jung 

hat  anderwärts  noch  liift  genung.    Götbb  12,  187; 

im  seidnen  mantcl  und  kräglein  flink, 

das  ist  doch  gar  ein  ander  ding.    13,111; 

eiu  schmucker  zimmergeselle  führte  Eduarden  ein  flinke» 
bauermädchen  zu  {zum  tanze).  17,156;  unsere  flinke  nacht 
Süll  diesen  morgen  im  multerleibe  erwürgen.  Schiller  163'; 

der  trftge  bleibt  zurück  und  nur  der  flinke  folgt.     Platin  86; 

wie  ein  reh  so  flink  und  gelenk.  Kotxkbob  dr.  sp.  1,303. 
Le.xer  99  schreibt  flingg.  flink  fcrem.  «ft.  1.  422.  DÄn>ERT  12J\ 
ScHASBACH  und  Danneil  führen  das  uvrt  nicht  auf  nnl.  dat 
is  een  flink  van  eenen  karel,  van  cene  vrouw;  hij  is  ecn 
flinke  vrijer;  hij  zal  eene  flinke  vrouw  aan  haar  hebhen. 
srhw.  en  flink  karl,  en  flink  budbärare,  ein  rascher  böte ;  dän. 
en  flink  pige,  en  flink  arbeider.  Adelung  hielt  das  wort  nur 
für  gemein,  es  ist  aber  durch  die  dichter  allerwärls  gehoben,  von 
der  abstammung  unter  dem  verbum. 

FLINK,  adv.  rasch,  munter:  das  heiszt  flink  gearbeitet; 
desto  flinker  geht  das  abschreiben  von  stalten.  Le8sii«c8,S&; 

die  speisen  kamen  auf  den  wink 

der  unhnldln  von  selber, 

«s  flogen,  wenn  .lie  .Nchellta,  Oink 

gebratne  taiib«ii,  kitllier, 

kspaun  und  hasen  auf  den  tisch.    HOltt  32; 

da«  (yftuicin  lagle,  stand  und  stand, 

da  grif  er  nach  der  nchwniionhnnd 

und  log  «io  flink  ht-niinder.     Ueno»«  53». 
schw.  iirbela  flinkt;  det  hnr  gStl  flmkt,  das  ist  rasch  gegangen ; 
iefva  flinkt  lloribu»,  in  saus  und  braus  leben. 


ISOl 


FLINKE  — FLINS 


FLINSBACH  —  FLINTENHAHN 


1802 


FLINKE,  m,  ats  fulgens.  mhd.    kupferrlinke,  minera  cupri: 
geslaht  quarz  mit  kuppervlinken 
wandelt  mit  dem  gange,    feldbauer  158. 
auch   glänzende   fische  heiszen  flinken,     bairisch  und  kärntnisch 
sa^  man  aber  flinke,  flingge  für  flinle  (Schmeixer  1,  590.  Lexer 
99),  icas  sich  auf  den  glänzenden  lauf  des  feuergetcehrs  ziehen  liesze. 
FLLNKEN,   ful^e,   nah   rericandt  oder  zusammenfallend  mit 
blinken,  trie  flach  mit  blach,  daher  auch  beide  gern  aufeinander 
füllen:  es  kann  nicht  alles  flinken  und  blinken.  Stieler  519; 
dasz  die  himmlischen  liechtkörper  nit  blosz  des  flinkens  und 
blinkeus  halber  über  die  hift  gesetzt  worden.  Biree.n  OL.  252; 
die  Schwerter  flinken  von  der  sonnen; 

es  flinket  und  bliuket  die  gleiszende  aue.  Abele  5,29; 
ein  Hinkender  pfeil.  Perus  2tO;  unterdessen  schössen  die 
flinkende  liebespfeil  an  allen  enden  und  orten  herfür.  fr. 
Simpl.  1,  223.  aus  der  Vorstellung  des  Hehls  entfallet  sich  viel- 
fach die  der  schnelle,  tgl.  bald  und  aoyös  (l,  lOSl),  flink,  eigentlich 
blinkend  empfieng  allmälich  den  sinn  von  rasch,  munter,  vgl. 
bair.  flank  für  fanke,  funke.  Schm.  1,  5&9. 

FLLNKENERZ,  n.  kupfererz.  Fbiscb  1,278.     vgl.  flinke. 
FLINKERCHEN,  n.  mtcula:  alles  was  nur  ein  flinkerchen 
vou  witz  hat.  Stocs)i.\?(  leiden  des  jungen   Werlhers  s.  4. 
FLINKEBE,  f  Zittergras.  Scoambach'272'. 
FLLNKER.N,  micare,  verhält  sich  zu  flinken  wie  bunkern  zu 
blinken,  flimmern  zu  flimmen: 

es  ist  nicht  alles  gold  was  fliakert.    Ca*.  Gitphids  2, 4M; 
es  flinken  alles  in  seinem  hause ;  es  flinkert  alles  von  golde 
in    dem    palast ;    es    flinkert    anders    nicht    als  silber.    instar 
argenli  micat ;  schiebe  ein  den  donnrenden  Jupiter,  die  röth- 
liche  Aurora,  den  Üinkrenden  Hesperus.  reime  dich  73 ;   eine 
solche  dirne  mit  ihrem  flinkrenden  schleier.  Wielasd  8, 2S7; 
der  besatz  ihres  kleides  flinkerte  von  Juwelen.  Mgsäcs2,  18; 
sist  aber  von  perlen  und  edlem  granat, 
schau  wie  das  fliakert  in  der  sonnen  I    Schillbk  320'. 
vgl.  flunkern. 

FLINRERSCHUH,  m.   flitlerschuh :    nimm    dich  ja  in  acht, 
dasz  du  nicht  auf  dein  neues  rosenfarbenes  taffentkleidchen 
und  auf  deine  Dinkerschue  eitel  bist.  Weisze  kinderfr.  5,161. 
FLINKERWERK,  n.  flinderwerk,  flittencerk. 
FLINKICHT.  splendidus,  alaais.  Stieler  519. 
FLINKHEIT,  /.  agililas,  schtc.  flinkhet,  dän.  flinkhed. 
FLINKUNG,  f  splendor,  agilitas. 

FLINS,  wi.  silex,  feuerslein,  kiesel,  über  die  tcurzel  eine  Vermutung 
hernach  unter  flinsen.      ahd.  er  flinse,  ex  silice.  Graff  3,773; 
mhii.  da{  er  niht  isen  als  ein  strüj 
und  starke  vlinse  verslant, 
daj  machte  daj  err  niht  envant.    Parz.  -12, 11; 
ir  sah  ein  riter  halden 
bi  dem  waj^er  Säbins, 
den  wir  wol  möhten  heilen  Hin» 
der  manlichen  krefte.    678,20; 
ein  vlins  Ton  donresträlen 
inöbt  ich  zalien  malen 

bän  erbeten,  da;  im  der  herte  entwiche  ein  teil. 
WoLFR.  lieder  9,32; 

ein  h#rze  da;  von  flinse  (:  zinse) 

ime  donre  gewahsen  waere, 

daj  müeten  disiu  mxre.    Wh.  12,16; 

höhe  al  umbetürnet 

mit  velsen  und  mit  vlinsen  {:  gedinsen).    tr.  kr.  58S7; 

si  liefen  si  diu  kint  her  dan 

ab  den  vil  höhen  vlinsen 

Achiile  balde  dinsen.    •il57; 

da  wart  ein  klage,  diu  flinse  het  gespalten.  .\lbr.  Tit.  3765; 
welchen  stellen  sich  noch  manche  beifügen  lassen,  wenn  es  in 
einer  predigt  bei  Letser  85,8  heiszt:  Petrus  daj  spricht  ein 
stein,  ein  TÜns,  und  uflTe  den  vlins  wil  ich  böwen  m'ine 
kristenheit,  da  wo  sonst  fels  verwendet  wird  {oben  sp.  1500),  so 
liegt  es  nahe  beide,  auch  von  Ko^rad  rerknüpße  Wörter  für  ein- 
ander beschlechlel  zu  nehmen,  wie  kommt  es  nur,  dasz  ein  so 
gangbarer  ausdruck,  wie  mhd.  flins  irar  (obgleich  ihn  einzelne 
dichter  nicht  gebrauchen)  späterhin  beinahe  ausslirbl  ?  schon  Megex- 
BERG  hat  ihn  nicht  mehr  und  die  glossare  bei  Diefe.hbacb  533', 
Daptp.,  Frisics,  Maai-ER  eben  so  wenig,  in  der  minercdogie  bleibt 
noch  flins  benennung  des  mit  kalk  versetzten  quarzes  und  Hins- 
hom  des  petrosiiex,  homslein,  felskiesel,  vgl.  Stobrs  alpenreise. 
in  Steier  .w//  flins  oder  pflins  eisenstein,  stalderz  ausdrücken. 
BoTBOs  Sachs,  chron.  bei  I^nitz  3,  336  meldet :  de  Wenden  de 
badden  weder  up  ören  olden  afgot,  de  het  Flins,  wente  he 
stod  up  einem  Dinssleine.  \liessteen  siUx  findet  sich  bei  Kiiia!« 
7.j6',  wodurdi  man  auf  das  sp.  1792  verhandelte  altn.  flis  ge- 
leilet würde,  zu  welchem  sich  flins,  wie  zu  äs  ans,  tu  gis  gans 


verhielte,  obschon  die  bedeutung  splitter  und  dünne  steintafd  nicht 
zu  der  von  kiesel  äimmt. 

wichtiger  ist  das  ags.  und  engl,  flint,  schw.  flinta,  dän.  flint 
sUex,  petra,  die  nur  darin  abweichen,  dasz  sie  auf  t  auslauten, 
flint  verlangt  ein  ahd.  flinz  und  doch  steht  flins  durch  die  ahd. 
Schreibung  wie  die  mhd.  retme  fest.  nhd.  sehen  wir  sz  oder  5 
häufig  zu  s  geworden  und  umgekehrt  altes  s  in  sz  verderbt,  in 
unserm  fall  aber  erscheint  z  (sprich  tz)  auf  gleicher  linie  mit  s,  und 
dafür  biden  sich  schon  einige  sehr  alte  beispiele  dar.  neben  ahd.  kanz 
inleger,  mhd.  nlid.  ganz  ist  nnl.  gansch.  golh.  gans,  wenn  darauf 
ein  schlusz  gilt  von  gansjan  parare,  und  neben  ahd.  gans  unser  f. 
ein  ganzo,  ganazo  anser  m.  wahrzunehmen;  auf  die  nemliche 
weise  kann  neben  flins  auch  flinz  bestanden  haben  und  dem  ags. 
flint  entsfirechen.  ahd.  flins  wäre  hiernach  auf  flinz  zurückzu- 
leiten, wobei  sich  muozan  muosta,  inuosa.  wigan  wista,  wissa 
erwägen  liesze.  es  gälte  ein  entschiednes  flinz  aufzuspüren,  wie 
Stieler  520,  nccA  Scbottel  1317,  >enen  gölzennamen  als  Flinz 
hinstelll,  freilich  aus  flinzen,  leuchten,  glänzen  deutet,  flint  rer- 
gleicht  Obeblin  398  mit  TtJuv&os,  doch  wäre  die  Verschiebung 
ungenau  (t  für  d)  und  die  bedeutung  ziegel  wacht  ab  von  kiesel. 

FLINSBACH,  n.  ortsname  bei  Förstemas»  2,  510,  wie  fels- 
berg  sp.  1500. 

FLINSEN.  turgere?  stark  gebogen  flinsen  flans  flunsen,  aus 
welcliem  flans,  der  schwellende  mund,  die  schwellende  lippe  und 
fluns  das  schmoüetxde  maul,  vor  allem  aber  flins,  der  strotzende, 
volle  kiesel  entsprungen  scheinen.  Keisersberc  hat:  ufgeblasen, 
zerphlunsen  und  geschwollen,  brösamlin  5l' ;  von  dem  er  sich 
bläet  und  zerschwillt  und  wirt  zerpflunsen  und  zerbläet.  siben 
Schwert  aa3';  der  hoflertig  wirt  zerpflunsen  im  gemüt.  aaS". 
H.  Sacbs  im  nasentanz  I,  530*  führt  unter  vielen  beiwürlern  der 
nasen  auch  pflüntscht  auf,  was  nichts  anders  als  geschwollen  sein 
kann,  die  bezüge  auf  fels  leiden  durch  flinsen  nicht,  aber  flinz 
und  flint  widerstreben. 

FLINSEN,  indurare,  durare,  prad.  flinste.  mhd.  sich  flinsen, 
stcfc  verhärten,  wb.  3, 342'. 

FLINSIG,  siliceus,  lapideus,  kieselhart: 

und  sol  mit  ougen  regen  fiuhten 

sin  flinsic  herze  und  mit  gebete.    Renn.  20623. 

FLINSHART,  dasselbe,  mhd.  flinsherte  ringe,  klage  1235 
HoLzx.  flinsherte  helme.  Mb.  2156, 3.  schw.  flinthärd,  dän, 
flinthaard. 

FLINSTERN,  blandiri,  adulari.  voe.  1482,  il*.    rgi.  Distern. 

FLINTBCCHSE,  f.  was  flinte.  Stieler  257. 

FLINTE,  f  sclopetum,  pyrües,  it.  fucile,  fr.  fusil,  dän.  flint, 
poln.  böhm.  flinta,  letl.  plinte,  offenbar  nach  flint,  dem  feuer- 
dein  benannt,  also  nicht  zuerst  bei  uns,  weil  dann  flinse,  wenigstens 
flinze  stehen  würde,  engl,  heiszt  zwar  der  kiesel  flint,  doch  die 
waffe  firelock,  feuerschlosz,  nach  dem  schlosz,  mit  welchem  der 
sehusz  gelöst  wird. 

noch  im  ganzen  dreiszigjährigen  kriege  wurden  die  scfueszgewehre 
durch  lunten  (meches)  entzündet  und  erst  in  der  zweiten  hälße 
des  17  jh.  allmälich  flinten  eingeführt,  das  wort  kann  also  bei 
Pbilakder.  Oprrz,  Fle»isg,  CnEMNrrz  nicht  vorkommen,  zwar 
für  fäuMnge,  pi4olen,  fuffer,  die  mit  einer  hand  gdöst  wurden, 
musten  auch  friiher  schon  feuerstcine  üblich  gewesen  und  von  ihnen 
späterhin  auf  die  schullergewehre  übertragen  worden  sein;  doch 
heiszen  sie  nie  flinten.  flinte,  röhr  so  man  nicht  spannet. 
ScHOTTEL  1317;  flinte,  'dieweil  es  flink  und  ohngespannet  ab- 
gehet', fistula.  quae  catulo  lenditur  et  ictu  chalybis  inflammatur. 
Stieler  519,  das  flink  abgehen  leärde  zu  flink  (sp.  ISOOI  passen, 
s.  vorhin  flinke,  lange  blieb  unter  den  ^Idalen  der  name  röhr, 
leuerrohr,  gewehr,  feuergewehr  bräuchlich,  und  bis  auf  heute  lautet 
das  commandowort  gewehr  auf  die  schuller  I  gewehr  bei  fusz! 
tüemals  flinte.  es  mag  sich  eher  bei  Jägern  geltend  gemacht  haben 
(vgl.  doppelflinte,  Jagdflinte,  vogelflinte),  so  viel  ich  mich  ent- 
sinne, enthalten  steh  des  au.idrucks  auch  noch  Gi^mher  und  Gellert  ; 
aber  Felsenb.  1,48  steht:  nahm  sich  meine  im  grase  verdeckt 
liegende  flinte,  warf  noch  ein  paar  laufkugeln  hinein;  ich 
gab  meiner  flinte  eine  frische  ladung.  das  wort  ist  jetzt  aHjc- 
mein  geläufig,  doch  unsoldatisch :  die  flinte  geht  los,  versagt;  die 
flinte  laden,  entladen,  losschieszen,  lösen,  losbrennen  (rührt 
noch  von  der  lunte  her),  auf  die  Schulter  nehmen ;  er  musz  diu 
flinte  tragen,  auf  den  rücken  nehmen  (sddat  sein);  die  flinte 
niederwerfen,  sieh  ergeben;  die  flinte  ins  körn  werfen,  rer- 
zweifeln,  die  flinten  ausziehen,  rein  machen  (lieber,  die  gewehrt). 

FLINTENHAHN,  m.  relinaculum  pyritae:  ich  .«pannte  den 
flintenhahn  meiner  nase  auf  und  drückte  mich  folgender- 
gestalt  los.  J.  P.  teufelsp.  2, 33. 


1803 


FLINTENKOLBE  —  FLISPERN 


FLISTERN— FLITSCHBOGE 


1804 


FLINTENKOLBE,  m.  manubrium,  pes  ft/rüae:  mit  flinlen- 
kolben  drauf  schlagen. 

FLINTENKl  GEL.  /.  glohulus,  glans  sdopetaria. 

FLINTEN  LAUF,  m.  fistula  pyrüae. 

FLINTENPULVER,  n. 

FLINTENKOHR.  n.  vas  flintenlauf. 

FLINTENSALVE,  f.  ictus  sdopelorum :  dem  feind  eine  flinten- 
salve  in  die  nase  geben ;  Lafayelte  zerstreute  die  widerseU- 
liche  menge  durch  eine  flinteusalve,  welche  verwundete  und 
todte  hinlerliesz.  Dahlmasn  fr.  rev.  387. 

FLINTENSCRAFT.  m.  lignum  sdopeti. 

FLLNTENSCHLOSZ ,  n.  armalura  sdopeti,  firelock,  schw. 
flintläs.  ddn.  fliutelaas. 

FLINTENSCHLOSZBLECII,  n. 

FLINTENSCHUH,  m.  lederüberzug,  die  flitüe  gegen  nässe  tu 
sehütsen. 

FLINTENSCHUSZ,  »i.  icUis  sdopHi: 
als  plötzlich  unlprm  bäume  ein  nintcnschusi  geschah 
und  ich  mein  liebes  müiinchen  vom  blei  getroffen  sah. 

auf  das  zeichen  eines  flintenschusses.  Göthe  34,  HO.  danadi, 
wie  durdt  sperschusz.  pfeiischusz  ermiszl  man  die  ferne:  es 
ist  einen  Qintenschnsz  weit. 

FLINTENSTEIN .  m.  lapis  igniarius,  pyiites.  Stieler  2139. 
vlintstein  hör.  bdg.  7, 36*.  man  denkt  nicht  daran,  dasz  unser 
aÜfs  flins  und  flinsstcin  eigentlich  dasselbe  ausdrüchen,  sondern 
rersleht  den  stein  im  ßinlensdilosi. 

FLINTENTRÄGER,  m.  musketenlräger,  gemeiner  soldat. 

FLINTGLAS,  n.  engl,  flintglass,  sc/iu'.  flinl glas,  feines  krystall- 
glas  von  heselerde,  kali  und  bleioxyd. 

FLINZBERG,  «i.  Meselfels,  flinsberg.  ein  beigname  in  Schlesien  : 
reisen  so  lange,  bis  sie  unter  dem  Riesengefilde  und  Flinz- 
berge  an  der  lustigen  bach  des  Zackens  auf  die  werthe  nimfe 
Hercinia  treffen.  Opitz  2,  248 ;  so  wisset,  dasz  wie  hiesiges 
rohe  Riesengeßlde,  hiesiger  Flinzberg  und  Schneegebirge, 
anfänglich  von  natürlichen,  erbursprünglichen  Deutschen, 
den  Marcomannen,  Marsingern  und  dergleichen  bewohnt  . . . 
bis  die  sarmatischen  Winden  ihre  VVeixel  überschritten  und 
sich  dieser  und  anderer  land  bemächtigt  haben.  2,  268. 

FLIPS,  stibiio,  raptim:  der  läuft  ganz  allein  durch  die 
schwarzen,  verlassenen  finsternisse,  flips  ist  er  weg!  der 
andre  dort,  weg  ist  er.  Bettine  in  Cl.  Brentano  frühlingskranz 
1, 30.     vgl.  ripsraps,  schnips,  fix,  flugs,  schwups  und  auch  flaps. 

FLIRRE,  f.  besonders  im  pl.  ineptiae,  nugae,  grillen,  Schrullen: 
er  hat  flirren  im  köpf.  Schame.\ch  272'.  Stuodtmann  57; 
lügen,  flirren,  Dausen.  Immermanns  Mündih.  3,151; 

befreit  von  blöder  äugen  llirren.    Wh.  v.  Humboldt  3, 417, 
was  aber  auch  das  folgende  verbum  sein  kann. 

FLIRREN,  slrepere,  schwirren: 

die  berge  rankten  um  ihn  her, 
es  flirrt  ihm  vor  der  stirne.    Borger  52'; 
er  hat  mich  geziert,  dasz  es  klirrt  und  (lirrt, 
mit  sämtlichen  weinhausorden.     RBckkrt  343; 
und  das  sprühn  und  flimmen 
hält  den  blick  umflirrt,    ges.  ged.  1,310; 
lasz  sehu!  wie,  was?  bei  meinem  hart,  es  flirrt 
mir  vor  den  augeti!    PL*TBn  221*; 
ich  flirrte  jeden  augenblirk  zur  thür   hinaus,   aus  angst  der 
Schulmeister  möge  aufwachen.  BErriinA  briefw.  2, 162.    Stalder 
1,384   hat   flirzen,    flirtschen    fast  in   derselben  bedeutung,    das 
könnte  «n  uraltes  flirsen  sein  und  wie  goth.  airzjan  zttm  ahd.  irran 
iiehn.    rgl.  flarren,  flerren,  flarrauge,  flerrauge,  blerr  und  Harzen. 
FLISMEN,  susurrare :  in  die  oren  blasen,  insusurrare.  runen. 
Faisius  714.    Maai.er  138';    haben    dann  von  der  wunderbar- 
lichen    Zusammenkunft    geredt,    geschnadert    und   gcflismet. 
TauBNEissER  no/Ag.  ausschr.  3,15;  flismen.  rauschen,  murmlen, 
ein    gelummel    machen.    Calepini  diä.  1433;   flisme,   flüstern. 
GoTTHELF    1.  147.      6«   Stalder    1,  383   umgestellt   in   flimsen. 
verwandt  mit  fliBpcm,  flislern,  flüstern. 
FLISMER,  m.  ein  fliisterer,  rauner. 
FLISMERIN,  f.  eine  zufliuterin. 

FLISMERN  verhdU  tich  lu  flismen  vie  flimmern  zu  flimmen. 
FLISPERN,  susurrare,  flüstern,  vgl.  plispcrn,  pispern,  plispeln, 
lispeln  und  flitschcrn,  platschern :  birken,  deren  dunkelgrüne 
biBlter  beständig  fort  im  ewigen  winde  flisperten.  STiLLii«c2,i3; 
diir  btutoc  nispcm  und  die  «iniamkolt.    Titci  1,112; 
«a*  i(t  dai  (Or  ein  bäum  da,  dessen  blfttter 
■0  baatig  Olapem,  als  wenn  iie  zitterten.    3,335. 

9gi.  yr-  fhnoßos. 


FLISTERN,  dasselbe:  runchen,  flistern,  raunen,  murmurare, 
susurrare.  voc.  1482  bb5';  plisteren.  Diefenb.  532";  schon  ahd. 
flistran  fovere,  palpare,  blandiri  (Graff  3,777): 
die  heimlich  schwatzen  und  flistern, 
pflegen  zu  liegen  (mentiri)  mncliiig  gern. 

Gartmf.ri  liict.  prov.  67'; 
schwächt  nicht  ihr  buhirisches  flistern.    E.  von  Kleist  2, 29; 
wie  lieblich  flistert  dort  im  bnin 
der  schlanken  cspen  furchtsam  laub.    .  .  .; 

der   dichter   sagt   nichts   von  murmelnden  quellen,    er  läszt 
blosz  die  fichte  lieblich  flistern.  Lessing  5,  82 ; 
im  garten  des  pTarrers  von  Taubenhain 
gehts  irre  bei  nacht  in  der  lanbe. 
da  flistert  tuid  stöhnts  so  äng-stlglicli, 
da  rasselt,  da  flattert  und  sträubet  es  sich, 
wie  gegen  den  lalken  die  taube.     Bürger  00'; 
da  ringelts  und  schleift  es  und  rauschet  und  wirrt, 
da  pispcrts  und  knisterts  und  flisterts  und  schwirrt. 
GöTHK  1,197; 
da  ich  sah,  dasz  der  domherr  nicht  aufhörte  dem  lachenden 
mädchen  in  die  obren  zu  flistern,  so  fieng  ich  für  die  armen 
Puppenspieler  zu  fürchten  an.  Thümmel  4,  250.     s.  flüstern. 

FLITSCH,  FLITSCHE,  f  jacnlum,  sagitla,  geschosz,  pfeil,  nnl. 
flits  m.,  nach  dem  fr.  fleche,  il.  freccia.  welches  fr  hier  ur.'früng- 
licher  scheint,  weil  auch  dem  sp.  port.  flerha  äUeres  frecha  (vgl. 
flasco  und  frasco)  rorangelU.  da  nun  in  Frischiins  nomencl.  453 
flitsch  cateja  glossiert  und  bei  DiEFENSAcn  107*  cateja  geschosz, 
sowol  pfeil  als  lanze  bedeutet,  so  darf  man  wol  darauf  geralhen, 
dasz  gar  das  uralte  france,  altn.  frakka  (GM  516)  dahinter 
liege,  allmälich  gieng  der  geworfne,  geschossene  sper  in  den  vom 
bogen  abgeschossenen  pfeil  über,  auch  ags.  flä  und  flän  liesze 
sich  vergleichen,  die  wiederum  beides,  jaculum  und  sagitta  aus- 
drücken, da  jedoch  ahd.  flukhe  sagitta  erscheint  (Graff  3,  763), 
läge  auch  flücke,  flicke  volatilis,  volucris  nahe  genug,  endiuh 
wenn  das  verbum  flitschen  nicht  aus  flitsch,  xonrfern  umgekehrt 
flitsch  aus  Vm  gebildet  ist,  würde  flitsch  sehr  passend  den 
schwirrenden,  tönenden,  klingenden  pfeil  ausdrücken,  die  abh-i- 
tung  bleibt  demnach  unsicher. 

die  Türken    schussen    täglich   vil  hundert  flitschen  in  sie. 
Frank  diron.  110 ;  sie  wurden  ringsumb  von  den  feinden  umb- 
geben  und  (ward)  mit  flitschen  in  sie  geschossen.  147 ;  slreit- 
par  leut  in  bogen  und  flitschen  gar  fertig.  482"; 
es  begab  sich  in  gemcltem  jähr, 
das  durch  ein  kriegsmacbt  überzogn 
die  Ungern  mit  ihm  flitschn  und  bogn 
das  ganze  Kordgew  weit  und  breit. 

Fbischlins  Wendeigard  prolog; 
thaten  wol  neuntausent  fünf  und  zwenzig  schusz  aus  fal- 
konetlin  und  toppelhacken  nach  im,  dasz  im  die  kugeln 
uinb  den  köpf  sausefen,  als  ob  die  mcikäfer  geflogen  kämen 
und  so  dick  in  einander  wie  die  Türkenflitschen,  das  er  kein 
himmel  sähe  und  im  den  luft  verschlug  alhain  zu  schöpfen. 
Garg.  233';  sie  {die  allvordem)  haben  dem  tode  gleichsam 
flügel  angemacht,  indem  sie  die  flitschen  befedert.  Birken 
OL.  18;  flitsch  und  bogen.  Harnisch  102 ;  wie  oft  fleucht  eine 
verlipte  (verlüpte,  giftige)  und  feurige  fliUche  daher,  die  das 
arme  herz  der  angefochtenen  dermaszen  trift,  dasz  sie  sinken 
lind  vergehen  möchten  (vgl.  Epli.  6. 16).  Scriver  seelensch.  2.  521 ; 
David,  der  betrübte  mann,  der  mitten  zwischen  des  todes 
und  der  weit  verliebten  (giftigen)  pflitzschen  sasz,  der  singet 
in  seinem  schönen  confilemini  'non  moiiar  sed  vi\am'.  Otho 
1048  (aus  Mathesius) 

FLITSCH,  f  ala,   wie  flittich  für   fittich,   bei  Scu».  1,  594 
die  flitschen: 

da  war  es  tief,  er  trrihitr)  kundt  nll  schwimmen, 
luleizt  mit  seinen  flitschen  platscht.  Waldis4,54  6i.  270  . 
in  Schwaben:  raus  mit  der  flitsche!  gleichsam  mit  dem  degen 
oder  fledeninsch,  um  dich  zu  wehren,  wol  nur  lufäUig  mit  dem 
vorausgeiu'nden  gleichlautig,  obschon  man  sich  auch  den  pfeü  gt- 
fiedert  denkt,  in  folgenden  stellen  ist  aber  nn«  waffc  zu  versUhn. 
mit  der  gesdilaiien.  gehauen  wird: 

rfi  di.-ifr  fasnarht  tflnd  sie  »i^b  vergleichen, 

ich  wult  in  gerne  schawcii  tu, 

«pat  und  frfl,  .       ,  _    ,  .  . 

wie  sie  mit  der  flitschen  fleischen  künden  itreictien. 

mit  der  Hitschen  flet.schen  heten  •!«  In  getroBChen, 

dasi  im  das  bltit  zur  spei  aus  ran 

dem  selben  man, 

ein  kn  wUr  durch  die  wunden  au»  gekrochen,    übl*»»  mp 

Wer   kann  weder  pfeil  noch  sper,    nur  gei^el,   srhwrrt  oder  degrti 
gemeint  sein.     vgl.  flalsrhen,  fletschen. 

FLITSCHBOGE,  m.    thcteu  grosze  wehr,   einer  mit  einem 
röhr,  der  ander  mit  einem  flilschbogen.  Hans  Stade  152;  ti« 


1805 


FLITSCHELEIN  —  FLITTER 


haben  flitschbogen  und  die  spitzen  der  pfeilen  sind  von 
knochen,  die  sie  scharf  wetzen  und  darauf  binden.  187; 
welcher  Tögel  mit  einem  Oitschbogen  oder  einem  armbrust 
von  den  häusern  und  bäumen  herunter  schieszen  wil,  der- 
seibige  musz  böIz  haben,  die  fornen  am  spitz  zweischneidig 
sein.  Feierabend  falknerei  49*.     vgl.  Ditzboge  und  ags.  flänboga. 

FLITSCHELEIN,  n.  schwingfeder,  fiUich,  flfigel. 

FLITSCHELN.  ßattem,  rmt  den  flägeln  schlagen.  Schmeller 
1,  594.     s.  flatschen  2. 

FLUSCHEN,  dasselbe,  nach  Schxeller  ;  bei  Stalder  1,  384 
aber  schwirren,  von  dem  laut,  den  eine  geschwungne  gerte,  ein 
geschoszner  pfeil  in  der  lufl  rege  macht,  was  dem  flattern,  flatschen 
der  flügel  nahe  stelU:  es  hat  geüitscht,  man  hat  die  geisel- 
schläge,  nie  sie  auf  den  entblüszten  rücken  fielen,  vernommen, 
ebensoicol  steht  schwingen  vom  emporfliegen  des  vogels  als  vom 
erlheilen  der  streiche,  bei  Hans  Stade  172  lieiszt  es:  das  stocket 
ist  anderthalb  klafter  hoch,  machens  dick,  dasz  kein  pfeil 
hindurch  mag  kommen,  haben  kleine  schieszlöchlin  darin, 
da  sie  heraus  flitschen  (jifeile  schieszen  ?) ;  auch  für  pldtscheriij 
flistern  des  wassers: 

es  rinnen  die  brünnen,  die  wässerlein  glatschen, 
die  flitschen  und  flatschen,  pGtscbpratsclien  und  platschen. 

Abels  5,  29. 

FLITSCHENPFEIL,  m.  sagitta,  pleonastisch  : 

ei  schneller  wai»  die  fliischenpfeil.     meislerl.  23  n*  153  {bei 

Haupt  10,  308  flitscherpfeil  verdruckt) ; 
schussens  zu  in  mit  flitschenpfeilen.    H.  Sachs  IV.  2,94*; 
da  wurden  \il  Spanier  mit  flitschenpfeilen  geschossen.  Frank 
chron.  246'  und  öfter. 

FLITSCHER,  m.  ferenlarius,  ringer,  schütz,  leicht  bewafneter 
bogenschütz.    Frischlin  nomencl.  464. 

FLITSCHERN,  susurrare,  flistern:  da  ich  mich  erinnerte, 
dasz  sie  einander  etwas  in  die  obren  geQitschert.  Pierot  1, 33 

FLITSCHGOLD,  s.  flitzschgoid. 

FLITSCHPFEIL,  m.  was  fliischenpfeil :  darnach  haben  sie 
bogen  und  flitschpfeil  gebraucht.  Schütz  beschr.  Preuszens  3; 
ein  jeder  gibt  den  warsagern  gescbenk,  welches  sein  flitsch- 
pfeile,  feddem,  dinger  die  sie  an  die  oren  henken.  H.vn-s 
Stade  183 ;  am  ende  Iheilte  sich  der  strausz  (des  comelen)  in 
sieben  flitschpfeiigestalten.  Wiedeman  febr.  -86;  ein  flitsch- 
pfeil fuhr  seinem  ros  durchs  aug.  Fr.  MiJlleb  1, 364.  s.  flitz- 
pfeil  und  ohne  1  fitschepfeil  sp.  1693. 

FLITSCHROSE,  f  papaver  rhoeas,  klatsclirose. 

FLITTE,  f  was  fliede  und  fliete: 

nachdem  thet  er  (der  bader)  sein  laszzeug  zucken, 

sein  flitten  war  ein  eisner  keil, 

die  setzt  er  auf  mit  schneller  eil.    H.  Sachs  1,529'; 

nach  dem  sich  auf  die  laszbenk  setzet, 

da  hett  der  lasser  vil  gewetzet 

die  fliten,  schlug  hart,  macht  dem  heisz, 

die  zän  er  auf  einander  beisz.    FV.  3,88'; 

noth  dasz  man  ihn  oft  ader  schlug, 

dazu  dörft  man  ein  eichen  flitt  (einen  prügel). 

Calagii  Susanna  3, 1 ; 
des  Nero  meisten  nam  die  flitte 
sein  leben  hin  wie  sein  geblüte.    Logad  1,149,44; 
zwar  öfters  braucht  man  auch  die  flitte  bei  den  beulen. 

Chb.  Grtpuius  2, 15S; 
wie  man  zur  ader  läszt  mit  wolgespitzten  flitten. 

WiBDEMA!«  febr.  32. 
FLITTER,  bracleola,  wie  Binder,     meist  m.  {gen.  flitters,  pl. 
flitler),  bei  einigen  f.  {gen.  flitter,  pl.  flittern). 

1)  kleine  blechmünze:  als  manig  flitter  to  den  dren  gülden 
gehören,  herz.  Heinr.  Jul.  80 ;  kupfern  geld  und  flitter.  rathschlag 
in  Pamasso  50;  allein  wir  haben  ihnen,  gott  sei  gedankt, 
keinen  flitter  geben  dürfen.  Felsenb.  4, 231 ;  von  der  beute 
aber  verlange  ich  keinen  flitter.  westf.  Hob.  81.  nicht  einen 
flitter.  85.    von  seinem  vermögen  keinen  flitter  verthun.  103. 

2)  die  flitter,  lunaria,  auch  gramen  Iremulum.  in  der  lilie 
sind  die  gelben  flittern  {slaubfdden)  su  unaussprechlich  und 
wunderbar  formiert.  Wiedeman  merz  58. 

3)  Schimmer,  glänz,  glänzender,  eitler  putz:  zu  der  zeit  wird 
der  herr  wegnemen  ...  die  fiittem,  die  gebreme,  die  schnQrlin. 
Es.  3,20; 

das  menscb  gefällt  auch  ungeputzt 

trotz  mancher,  die  in  flittern  stutzt.    Hagidorm  3,75; 

ein  neues  schönes  sonderding, 

das  Dicht  von  fremder  flitter  gleisze.    Kiopstocc  12,180; 

sie  sollen  fühlen,  dasz  er  nur  desto  gröszer  ist,  wenn  sie 
ihm  alle  diese  flittern  wieder  abnehmen,  womit  sie  ihn,  wie 
kioder   eine  auf  kurze  zeit  geliebte  puppe,   umhängt  haben. 


FUTTERAMBOSZ  — FLITTERLOS       1806 

Wieland  2,129;  die  flittern,  wie  kindisch  schimmern  sie  im 
glänz  von  tausend  weiten.  31,334; 

das  zweifelhafte  licht, 

das  unter  tausendfachen  flittern 

in  diesem  labyrinth  mit  sichtbarm  dunkel  ficht.    23,260; 

es  sei  genug,  dasz  mau  die  macht  ihr  nahm, 

musz  man  die  armen  flitter  ihr  misgönnen?    Scbillbb  406'; 

beruhige  dich,  Hanna,    diese  flitter  machen 

die  köuigin  nicht  aus.    4ü7*; 

dann  verbittern 
uns  den  gang  durch  schilf  und  reihergras 
würde  nie  ein  weiszer  schuh  mit  flittern, 
wäre  gleich  die  wies  ein  wenig  nasz.    Schkidt  v.  W.  187; 
macht  euch  hinfort  zu  einem  eisenwalle 
dem  Vaterland,  das  kern  jetzt  sucht  statt  flitter.    Rcckert  132; 

und  ist  ihr  nur  der  flitter  lieb, 

der  in  die  äugen  sprüht.    400. 

4)  nach  dem  Übergang  des  lichts  in  den  schall,  der  färbe  m 
den  ton  scheint  flitter  auch  frohes  geldchter,  lautes  oder  stilles 
gekicher  atiszudrücken,  s.  flittern  3. 

FLITTER.\MROSZ,  m.  kleiner  ambosz  zum  schlagen  des  dünnen 
flitters. 

FLITTERBAND,  n.  was  flatterband, 

FLITTERBEIWERK,  n. 

was  als  hauptwerk  könnte  gründen 

eines  liebedichters  rühm, 

leg  ich,   meine  macht  zu  künden, 

dir  als  fliuerbeiwerk  um.    REceeri  ges.  ged.  1, 284. 

FLITTERBLÜME,  f.  centaurea: 
lispelnd  bebte  das  gold  und  die  flitterblumen  des  kranzes, 
lieblich  rauschten,  wie  blätter  im  west,  die  flatternden  bänder. 

HöLTI  51. 

FLITTERCHEN,  n.  bradeola,  lameilae  crepüantes. 
FLITTERERZ.  n. 

FLITTERESCHE,  f  populus  Iremula,  ziUeresche. 
FLITTERGESCHMACK,  m.    wie  edle  einfalt  und  Wahrheit 
den  neuen  flittergeschmack  demütigt.  Stcrz  1,  231. 
FLITTERGLANZ,  m. 
FLITTERGOLD,  n.  aurum  tremulum,  bauemgold,  scheingoid : 

nicht  rauschend  Qittergold,  noch  schwülstige  gedanken. 

Gö.nthkr  376 
der  mond  ists,  so  der  wölk  entrollt, 
ins  kirchenfenster  schimmert, 
am  rothen  band,  am  fiittergold 
der  todtenkränze  flimmert.    Höltt  167. 


FLITTERGOLDEN: 

machst  die  flittergoldnen  enget. 


ScHCBART  ged.  2, 116. 


FLITTERGOLDSCHL.\GER,  m. 

FLITTERGRAS,  n.  gramen  tremulum,  hasenbrot. 

FLITTERHAFT:  als  ihm  Roquairols  worle  das  leben  immer 
durchsichtiger  und  flitterhafter  (dünner)  schlugen.  J.  P.  TiL 
2,115. 

FLITTERHAUBE,  f  mit  flüter  gezierte 

FLITTERHERLICHKEIT,  /.  ebenso  schwer  ists  auch,  dasz 
ein  mann,  der  sich  an  der  flitterherrlichkeit  der  neuen  weit 
ergötzt,  ein  gefühlvoller  künstier  werde.  Göthe  44,  6. 

FLITTERICHT,  tremulus.  Stieler  520. 

FLITTERIG,  vanus:  zwei  nichten  leben  hier  bei  ihr,  deren 
eine  mir  etwas  leicht  scheint,  die  andere  ist  nicht  unan- 
genehm, aber  ein  flitteriges  pQppcben,  in  London  erzogen. 
NiEBüHR  leben  iV.  l,  258. 

FLITTERJAHR,  n.  annus  primus  laetior: 

0  meiner  liebe  erstes  flitterjahr, 
wie  schnell,  ach  wie  so  schnell  bist  du  entflogen ! 
Schiller  27*. 

FLITTERKENNTNISSE:  sich  einige  flitterkenntnisse  und 
flitterfertigkeiten  einüben.  Pestalozzi  11, 217. 

FLITTERKOPF.  m.  inanUt  homo. 

FLITTERKÖPFIG :  gott  bewahre  dich,  dasz  du  je  unter 
diese  schalen,  verzerrten,  aufgeblasenen,  OitterkOpflgen  men- 
schen gerathest.    Woldemar  149. 

FLITTERKRAM,  m.  nugae,  vanitas:  leerer  flitterkram; 

mit  lächelnder  Verachtung  sieht  die  dame 
das  weise  paar  mit  seinem  flitterkrame 
von  falschen  tugendea  und  groszen  Wörtern  an. 
Wieland  9,  57. 

FLITTERKRANZ,  m.  ich  denk  an  meinen  schmuck  und  ao 
den  flitterkranz.  Weise  comöd.  350. 
FLITTERLOS: 

lebe,  lebe  deine  pilgertage, 

gutes  mädch«n,  fliuerlos.    Höltt  134. 


1807     FLITTERMACÜER— FLITTERSTAAT 

FLITTERMACHER.  m.  bracleolarius.  Stieler  119:«. 

FLITTEHMÄDCHEN.  ti.    sieh  sp.  1224  unter  fächerspiel. 

FLITTEH.MOiNAT,  m.  wie  Hitlerjahr.  llilterwüche ,  üonig- 
monat,  küsmonat,  in  Fiscuarts  ehezucM  auch  huldennoiial. 
nd.  Stutenmond. 

FLITTERN,    l)  tremttle  micare,  glimmern: 

ein  flitternd  blumenwerk  bebt  um  des  Fensters  fach. 
Hagedorn  1,22; 

das  blattlein  Oitterte  und  blinkte  so  bell  und  gelb  wie  gold. 
Mdsäcs  2,  62 ; 

wie  silberfarb  Oittern 

die  wiesen,  wie  zittern 

tausend  sonnen  in  perlendem  thau.    Schiller  8'; 

wo  schwach  nur  edelstein  und  perle  flitteneu.    RQcksrt  184; 

wenn  tiefe  Schwermut  meine  seele  w-ieget, 

mags  um  die  buden  am  Rialto  Dittern, 

um  nicht  den  ^eist  im  tande  zu  zersplittern 

such  ich  die  stille,  die  den  tag  besieget.    Platkh  98'; 

ich  fürchte  nur,  es  möchte  dich  erbittern, 

wenn  ich  mir  selbst  so  hohes  lob  verstatte, 

blosz  um  vor  dir  in  falschem  glänz  zu  flittern.    101*. 

2)  agilari,  flattern,  vgl.  (ledern :  quamen  die  swane  zu  ir 
Diende  i*nd  flitternde  mit  iren  flögein.  cdld.  bl.  1, 133 ; 

bald  (littert  sie  (die  lerche)  mit  regen  schwingen, 

bald  steigt  sie  schnell  empor.    Lange  Tliirsis  und  Dämon  55. 

3)  ridere,  ueU  das  lachen  eine  innere  bewcgung  ist  {vgl.  flennen), 
bei  Jeroschin  7884  gevlitter,  heimliches,  unterdrücktes  geldchter, 
gekicher.  s.  flitterwoche.  anklingt  auch  altn.  flissa,  patulo  ore 
ridere.    susurrare  flitlren.  Diefenb.  570*. 

4)  blandiri,  kosen,  scltmeichein,  fiaUieren,  ahd.  flitarazan,  blandin. 
Graff  3,  773 : 

des  knndt  die  agerlaster  (to)  kittern, 

spotweis  thet  ir  der  heher  Dittern.    H.  Sachs  1,426'. 

5)  transitiv,  jedes  bäumchen,  jedes  stäudlein  flittert  freude. 
der  a.  m.  im  Toggenb.  274.  wie  tnan  auch  sagt:  lacht  freude, 
nach  3.     s.  flattern  und  fluttern. 

FLITTERPAPPEL,  f.  r>opulus  tremula,  züterpappel. 

FLITTER  POMP,  m.  pompa  futilis. 

FLITTER PÜNCTCHEN,  n.  fliUerclien:  die  ausländerei,  die 
unsern  kronmantel  mit  einigen  flilterpünctchen  stickt.  J.  P. 
aesth.  2.  200. 

FLITTERPUTZ,  m. 

wfinsche,  brechend  durch  die  grenzen, 
durst  nach  flitterputz  und  gold, 
eitfilkeit  und  sucht  zu  glänzen 
weichen,  wo  das  spinnrad  rollt. 

Kl.  ScuitiDT  kom.  dicht.  374. 

FLITTERRING,  m. 

FLITTERRÜTHE,  f.  ferula  picla,  bracteolis  ornata.  Stieler  1597. 

FLITTERSAND,  m.  arena  micacea,  glimmersand. 

FLITTERSCHATZ,  m.  die  gern  alle  ihre  falschen  flitler- 
schätze  um  ein  gefühl  der  kiudlicbkeit,  der  Unschuld  oder 
gar  der  liebe  hingeben  möchten.  Tieck  4,  65. 

FLITTERSCHAL',  f. 

geputztes  Volk  du,  flitterschau ! 

sie  kommen  roh,  sie  kommen  rauh, 

in  hohem  spning,  in  raschem  lauf, 

sie  treten  derb  und  tüchtig  auf.    Götbe  12,303.  41,54. 

FLITTERSCHEIN,  n. 

um  seinen  flitterschein 

gab  ich  nicht  einen  becher  wein.    i.  G.  Jacobi. 

FLITTERSCHIMMER,  m.  fliUerglam. 
FLITTERSCHLÄGER,  m.  bracteolarum  micantium  cusor. 
FLITTERSCHMUCK,   m.     in    diesem   losen   flitterschmuck 
eigner  tugend  erschien  ich  dreist  vor  gott.   Gütue  19,  289. 
FLITTERSCHUH,  m.   calceus  bracteolis  oniatus,  flinkerschuh: 

bang  um  flor  und  flitterschuh 

•ebo  sie  dir  am  fenster  zu.    Scbiidt  v.  W.  254, 

die  tceiber  dem  regen. 
FLITTERSEITE,  f. 

»0  «ehr  auch  seine  flitterseite  blendet.    Goma  1,241. 

FLITTERSILBER,  n.  als  alle  fontainen  vor  dem  monde 
rauschende  krünze  aus  fliltersilber  auswarfen.  J.  P.  Tit.  2,15. 

FLITTF>HSTAAT,  m.  cuUm  ajieciusior  quam  jtretiosior :  ein 
nienHchenwerk,  das  den  anstand  einer  klinigin  unter  dem 
fliilersiaal  einer  gemeinen  buhlcrin  verricih.  Thümmel  2, 1!»3; 
K  h  habe  lange  gedacht,  dasz  Johann  nicht  orgaiiist  und 
I.isette  nicht  frau  organiKtin  werden  sullle,  oiinc  vorher  beide 
Jbrtu   jcliigcü    flill(ist,i;.t    zu  vcrkimf.-ii.    MOsKR  »crte3, 50; 


FLITTERSTEIN  —  FLITZERN 


ISOS 


der  farbige  flitterstaat  der  vergänglichen  welL  Arnim  kronenw. 
1,96; 

herunter  mit  dem  flitterstaat!    Koizkbuk  dram.  $p.  1,2S. 

FLITTERSTEIN,  m.  quarz,  knitlerslein,  glimmerstein. 

FLITTERSTÜCK,  n. 

doch  wie  mich  iedes  kleinste  flitterstück, 

das  mir  zum  schmuck,  zum  spiel  fiel  in  die  band, 

freun  kann,  mein  freund,  o  war  es  dir  bekannt! 

RöcKERT  ges.  geU.  1,232. 
FLITTERTAND,  f7i.  nugae. 
FLITTERWELT,  f. 
des  carnevals  zerstreuter  flitterweit 

ward  sinnreich  spiel  und  handlung  zugesellt.    Gin»  13, 141. 
FLITTERWERK,  n. 

FLITTERWESEN,  n.  nun  floh  er,  und  nahm  einen  tiefen 
ekel  an  allem  flitterwescn  zur  beute  mit  sich  davon.  Hoi- 
demar  41; 

zerstreue  nicht,  durch  eitles  flitterwesens 
neugierige  betrachtung,  deinen  geisl.    Göthk  9, 301, 

FLITTERWITZ,  m.  glänzender  witz  ohne  geholt. 
FLITTERWOCHE,/',  molle  principium,  fiebdomas  ludicra,  nicht 
sowol  vom  glänz  und  Schimmer,  als  von  flittern  3  lachen  abzu- 
leiten, woclie  der  freude  und  des  lachcns: 

in  der  flittenvochen.  H.  Sachs  1,518'; 
so  werden  nicht  die  ersten  vier  wochen,  sonder  die  ganze 
zeit  so  freundlich,  lieblich  und  frölich  sein  als  eben  die 
flitterwoche.  Musculus  cA^/eu/ci  B  5*;  als  zwei  junge  leutlein  mit 
einander  hochzeit  gehalten  hetten,  begäbe  sich  nach  ausgang 
der  flitterwochen,  dasz  die  frau  u.  s.  w.  Kirchhof  ivenJunm. 
328';  der  andere  mangel  musz  stracks  in  der  flitterwoche 
bedacht  werden.  Weise  kl.  kute  372;  nach  der  flitterwoche 
kommt  die  zitleiwoche ; 

in  der  fliderwochen  ist  gut  hochzeit  machen.    Etrinc  2,  ,')24 ; 
die  brautnacht  ist  ein  theil  davon  {der  gnldnen  jähre),  da  hängt 

der  hinimel  voller  geigen, 
doch  tritt  man  aus  der  flitterwoche,  so  kommt  das  hauskreuz 

nach  und  nach 
und  kreucht  mit  sammt  dem  neuen  paare  in  kleider,  bett  und 
schlafgomacb.    Gönthbr  427; 
er  träumte  von  der  Adelheid, 
mit  der  er  sich  versprochen, 
daneben  von  der  Seligkeit 
der  ersten  flitterwochen.    Höltt  22(26); 

was  konnte  überhaupt  einem  menschen  viel  fehlen,  der  aus 
der  stillen  woche  eines  einsiedlers  auf  einmal  in  die  flitter- 
wochen eines  zweisiedlers  gefahren  war?  J.P.Siebenk.  1,82; 
die  flitterwochen  der  erziehung  sind  eben  so  gefährlich,  wie 
die  in  der  ehe  mit  einer  fein  fühlenden  frau.  uns.  löge  l,  us  ; 
er  lebte  mit  der  tugend  im  brautstand  und  in  den  flitter- 
wochen. 2, 18. 

es  gibt  viele  andere  benennungen:  bair.  kuderwoche,  vo  es 
noch  lustig  her  gehl,  gekudert  {ge flittert,  gekittert,  gekichert)  wird. 
ScHM.  2,283;  Schweiz,  trütlerwoche,  von  trüteln,  trdten,  mhd. 
triuten,  liebkosen,  kässen.  Stalder  1,315.  Tübler  156',  vgl.  kiis- 
monat;  zürtelwoche,  ton  zärteln,  kosen,  schmeicheln;  butter- 
woche;  nd.  stutenweke,  tro  man  stuten,  feines  backwerk  i.<zt, 
nnl.  wittebroodsweek ;  honigwoche,  ü.  luna  di  miele. 

FLITTERWÖCHNER,  m.,  der  in  den  flitterwochen  lebt. 

FLITTERZEIT,  f.  die  geburtstundc  seiner  honig  und  flitter- 
zeit.  J.  P.  Hesp.  3, 185. 

FLITZ,  m.  sagitta,  flitsch,  foie  Iz  und  tsch  öfter  tauschen,  nnl. 
flits.  Stieler  520  stellt  beide  formen  nebeneinander:  dieselben 
schössen  so  dicke,  das  herzog  Bogislaf  in  gar  kurzem  15  flitzen 
in  seinem  Schilde  stecken  sähe.  MicrXliüs  3, 473 ;  Frischlin 
nomenc/.  221;  pflitzboge.  Heberer  2,  :>6;  flitzeu  mit  wurfheiucu 
werfen.    Comenius  von  Dücemius  712; 

sein  wind  und  fcderspiul  das  ist  sein  fliti  und  pfeil, 
die  er  wol  seihst  gemuchl,  ein  nies>er  und  ein  heil 
das  ist  ihm  Werkzeugs  satt.  Klkhing  73; 

Amor  bot  ihr  bald  die  spitze 

mit  dem  nitze, 
den  er  gleich  auch  schnellte  los.    382; 
ich  schwere  bei  den  fliti  und  pfeilen, 
darmlt  der  kleine  gott  uns  iwingl.    502; 

flitz  in  aiigei),  Itpftitudo.  Gersdurf  97.     x.  flix. 

FLlT/BOtiE,  m.  s.  flitschboge,  nul.  flitsboog:  ein  instni«< 
mcnt,  das  in  der  mitte  zwischen  dem  flilzhogen  und  der; 
armbriist  steht.  Tiec»  not»,  kr.  4,  25. 

FLlTZERiN?  dieselben  rOckc  waren  um  die  bnisl  oben 
gcmillzert  und  genuizert  und  waren  vornen  iuifgeüchtitzt  bis 
an    den    gilil<-l      l.imlnirtirr  cht     S    :;c, :     am  li    rihrlfii    riüer, 


1809 


FLITZPFEIL  — FLOCKE 


FLOCKE 


1810 


knechte  und  burger  Schecken  und  scheckenröck,  geflitzert 
hinten  und  neben  mit  groszen  weiten  armen.  §.  175.    s.  flogein. 

FLITZPFEIL,  m.  vie  flitschpfeil:  mit  flitzpfeilen  und  bogen 
zu  der  wehr  gar  behend.  Fronsp.  kriegsb.  1, 169*.  Weinhold 
scMes.  wb.  22',  der  auch  fritschepfeil  hat,  ivas  an  freccia  mahnt. 

FLITZSCH,  n.  an  bergmännisches  wort,  das  von  flitz  und 
flitsch  pfeil  ganz  verschieden,  rielleicht  mit  Öitsch  ala  und  flet- 
schen verwandt  ist.  Scheüche.nstlel  und  Gätzschmanjj  führen 
es  gar  nicht  mehr  auf,  bei  Hertwig  136'  liest  man :  flintschen 
oder  Ditschen,  Qintscherigen  oder  flinkenerz  wird  genennet 
was  von  sichtigem  erz  man  auf  dem  gestein  liegen  siebet. 
also  das  flimmernde,  glimmernde  erz.  Mathesius  schreibt  immer 
lz<ch :  Moses  denket  mit  klaren  worten,  das  goldseifen,  die 
das  klareste  und  reineste  gold  an  flitzschen  und  körnem 
gefüret,  nit  allein  vor  Adams  fal,  sondern  auch  für  des  men- 
schen erschöpfung  {erschaffung)  schon  gewesen  sein.  1587,7' 
=  1562,10*;  flitzsch  oder  flammet  gold.  1587, 13' =  1562,18*. 
hier  slehn  die  flitzschen  (flimmernde  massen)  den  körnern  gegen- 
über, es  scheinen  gleichsam  flalschen  von  erz.  Frisch  1, 27S'  hat 
flitschen  sqnamulae  sjilendentes  in  lapidibus  aes  continenlibus. 

FLITZSCHGOLD,  n.  das  glimmende,  flihchende  gold?  der 
goldsand  ?  da  Mose  auch  vor  Adams  fal  oder  Übertretung  des 
reichen  goldseifens  im  flusz  Pison  erwehnet,  der  durchs  gold- 
land  India  vil  flitzschgold  oder  ein  goldsand  und  körner  füret. 
Matdesiüs  1587,  5'  =  1562,  7' ;  ein  treflich  reich  goldwesch- 
werk  in  Colchide  {in  Jasons  goldnem  feil),  da  man  nicht  über 
die  plahne,  sondern  über  rauche  feil  gewaschen,  damit  man 
das  flitzschgold  behalten  könte.  1562.  317*.     vgl.  goldflitzsch. 

FLITZSCHLEIN,  n.  fluchs  im  anfang  .  .  .  ehe  noch  die 
Wasser  einigen  gang  entplöszet,  oder  ein  flitzschlein,  zeinlein 
oder  flemlein  von  einem  goldgang  oder  fels  abgestoszen  oder 
ausgewaschen  hatten.  1562,10*;  glaserztrüpflein  oder  küchlein 
oder  flitzschlein,  so  in  den  kleinen  klüftlein  ligen,  oft  auch 
ins  gebirg  brechen,  kennt  man  am  schneiden  und  das  es  sich 
unterm  hammer  oder  zehnen  fletzschen  lesset.  40';  schöne 
stüflein,  derbe  greuplin  und  edle  flitzschlein  darunter.  310'. 
aus  der  vorletzten  stelle  erhellt  deutlicher  Zusammenhang  mit  flet- 
schen, breit  schlagen,  und  die  hier  beibehallne  Schreibung  tzsch 
ist  in  tsch  zu  vereinfachen. 

FLIX,  Vitium  oculorum,  macula,  verwandt  mit  flirren  und 
flirzen:  sie  hab  flix  in  den  ougen,  karrensalb  in  den  oren, 
ein  blow  stinkend  mul,  gel  oder  schwarz  zen  oder'sig  von 
schweren  sitten.  Keisersb.  post.  1,  29.     s.  flitz. 

FLIXEiN,  limis  spectare,  sdiielen  oder  sonst  an  den  äugen  laden, 
vgl.  flirren,  flirzen:  es  war  doch  nimmer  on,  du  sähest  etwas 
an  ir,  das  dir  mistiel  und  dir  si  erleidet,  da  hat  si  ein  stin- 
kend maul,  denn  hat  si  fli.xen  in  den  äugen,  da  butzen  in 
der  nasen,  denn  hat  si  geel  zen  und  ein  unlustlich  gespräch, 
es  war  immer  etwas,  das  dir  ein  muck  in  das  habermus 
gegen  ir  fiel,  das  si  dir  erleidet,  has  im  pfeffer  Ka.''.  gleidi 
dem  inf.  läszt  sich  aber  auch  der  acc.  eines  subst.  annehmen. 

FLOCH,  pulex,  s.  floh. 

FLÖCHNEN,  was  flehnen,  flöhnen,  flüchten:  dorumm  im 
der  apt  entsasz  und  floch.  im  flüchnen  aber  wurdent  etliche 
puren  der  untrüw  gewon  und  fiengend  dem  apt  etliche  ros  uf. 
Blllinger  1,266;  da  was  ein  starker  kilchhof  mit  muren 
und  gräbnen  gevestnet,  darin  ouch  etliche  hüser  stundent  und 
vil  guts  darin  geflüchnet  was.  Tschcdi  1,  321. 

FLOCKASCHE,  f  zarte  asche  von  rusz. 

FLOCKBLUME,  f  centaurea. 

FLOCKBRAND,  m.  in  tceizen,  gersle,  hoher. 

FLÖCKCHEN,  n.  flocculus: 
auf!  purpurne  flöckchen 

und  weisze  lu  streun!    Matthisso!«  im  munenalm.  1708  s.  38; 
das  flöckchen  hielt  der  dorn  in  scharfen  finjjern  fest.    Rijckeiit; 
da  tanzten  sie,  die  weiszen  krausen  flöckchen 

vom  wolkenzelt  herab, 
und  sanft  und  warm,  wie  lämmerwollc 
decken  sie  dich,  die  mutter  natur!    Schcbart  ged.  2,2^6; 

und  als  er  sich  vorstellte,  wie  sie  während  seiner  abwcscn- 
heit  ganz  einsam  das  rädchen  und  die  flöckchen  so  eifrig 
handhaben  werde,  so  riefen  alle  wünsche  in  ihm,  es  gehe 
der  armen  doch  gut.  J.  P.  Siebenk.  3, 139.     nnl.  viokje. 

FLOCKE,  n».  f.  lanugo,  ahd.  floccho  (Graff  3, 763),  mhd. 
vlocke  {wb.  3, 34:.),  nnl.  viok  pl.  vlokken,  altn.  flöki,  schw. 
flocka  f.  dän.  flokke,  engl,  flock  neben  flake.  der?»  a»n  wie 
den  buchstaben  nach  Icidil  auf  fliegen  zurückgehend,  denn  die 
flocken  aller  art  fliegen  in  der  luß  und  ck  schiene  zu  nehmen 
wie  in  fliii  ke.  roklilh.  hidenklich  macht  nur  die  Zustimmung 
III. 


des  unverschobnen  lat.  floccus,  welches  ganz  absteht  von  volare, 
und  das  gegen  fliuga  sich  sträubende  einfache  k  des  altn.  flüki, 
dazu  mit  voranstellendem  langem  vocal.  dem  lit.  pukas  ist  I 
ausgefallen,  wie  unserm  vogel,  was  sich  am  verwandten  lit.  plaukas 
für  haar,  und  am  lelt.  plaukas  bestätigt,  äe  könnten  aber  beide, 
gläch  dem  bühm.  flok,  lehnwörter  sein,  wie  socke  dem  soccus, 
wäre  flocke  dem  floccus  analog  nachgebildet  und  der  anklang 
an  fliegen  dem  Sprachgefühl  willkommen  gewesen,  warum  aber 
sollte  sielt  g  und  ck  in  fliegen,  flocke  nidd  gerade  so  verhallen 
icie  in  smiegen  und  smoccho,  schmiegen  und  schinocke,  neigen 
und  nicken?  es  musz  also  offen  bleiben,  dasz  flocke  ein  ur- 
deulsches  wort  und  im  lat.  floccus  der  Überrest  eines  verbums 
enthalten  sei,  das  unserm  fliegen  entsprociten  habe,  wiewol  auch 
Üectere  und  plectere  in  betradU  kommen,  daneben  mag  das  altn. 
flockr,  engl,  flock  cohors,  caterva  erwogen  werden,  das  sich  vielleicht 
mit  folk  populus  berührt,  denn  die  voräellung  der  menge  flieszt 
aus  dem  zusammenwehen  oder  sdmeien.  fehlten  uns  doch  nicht 
alle  diese  wMer  fliegen,  flocke  und  volk  im  golhischen .' 

ahd.  und  mhd.  war  das  männliche  geschledU  entschieden,  wält- 
rend  nhd.  das  weibliche  vorwiegt,  doch  begegnet  auch  der  flocke 
oder  mit  falschem  nom.  flocken,     meistens  nur  der  pl. 

1)  zunäclist  floccus  nivalis,  der  schnee  fliegt  gleich  federn  in 
der  lufl  {mythol.  246.607): 

mhd.  dö  sach  man  üf  dem  recken  sam  snewes  flocken  swinde. 

Guar.  503,3; 

do  began  ej  sere  sniwen, 

dem  was  als  von  bliwen 

die  vlocken  afle  wapren.    kröne  16016; 
nhd.    es  reiset  von  hellen  flocken 

der  schnee  auf  jener  art.    Hälzl.  87'; 

geleich  als  die  schneeplocken  (/.  flocken)  grosz 

im  kalten  winter  fallen  blosz.    Spreng  //.  261*; 

als  wann  zu  kalter  Winterszeit 

umbfliegen  die  Schneeflocken  weit.    452*; 

es  schneiet  das  glück  bei  uns  mit  groszen  flocken.  Pbii  and. 

2,  665 ; 

wenn  es  dreht  und  flocken  schloszt, 

dasz  wir  fast  nicht  ohne  grauen 

für  das  kalte  fenster  schauen.    Flemixc  218; 

das  fensler  zeigt  mir  gleich  den  wirbel  in  dem  schnee, 

die  flocken  kommen  uns  zu  segnen  aus  der  höh. 

GCKTHER  413; 

wie  dichtwimmelnde  flocken  des  schnees  von  Zeus  sich  er- 

gieszen.    //.  19,357; 
wie  im  winter  der  schnee  im  dichten  gewimmel  der  flocken 
fällt  zu  erde  herab.    12,278  (Uschmer); 
dich  loben  flocken,  die  das  griine  haar 
des  düstern  tannenhains  versilbern.    Höltt  lob  der  gel th. ; 
da  kam  der  schadenfroh  im  merz 
mit  neuem  frost  und  flocken.    ScflxaT  v.  W.  71 ; 
da  wurde  von  den  flocken 
des  Januars  umstiirmt, 
mit  jubelndem  frohlocken 

der  Schneemann  aufgetbürmt.    Matthisson  23; 
schlaft  wol  und  euch  begrabe 
mit  sanften  Docken  goK, 
damit  kein  gierger  rabe 
mit  euch  hier  treibe  spott!    Rückert  197; 
0  mutter,  wie  stürmen  die  flocken  vom  himmel,' 
es  wird  uns  in  schnee  noch  begraben.    2U9; 
wann  die  flocken  wieder  flistern, 
wohnt  er  unter  den  Philistern.    Schwabs  schlittenlied : 
wann  der  frost  gemach  entflohen, 
der  die  leichte  flocke  streut.    Platsti  6. 
s.  federflocke,  Schneeflocke,  winterflocke. 

2)  flocke  ron  wolle,  haar,  seide,  distel  und  andern  flockigen 
blumen :  pfüi  mit  flocken  gefOllet,  culätra  lanea.  Golii  onomast. 
1582  sp.  327;  das  einer  ihn  die  händ  öfnet  und  mit  dem 
heraus  gclasznen  blut  ein  flocken  dunkt  {färbt,  sp.  320).  Frank 
weltb.  1S7';  wollsäcke  in  einem  groszen  gewölb,  welche  alle 
mit  flocken  und  Scherwollen  {tudischererwolle)  angefüilet  waren, 
mit  diesen  flocken  handierte  der  kaufmann  allein  und  hatte 
bencbcns  keine  andere  waar  mehr.  fr.  Simpl.  2,  137 ;  flocken 
der  blumen;  flocken  lesen,  faseln  {sp.  1338);  wir  sahen  den 
allen  wcibersommcr  in  schönen  langen  weiszen  filden  und 
flocken  durch  die  luft  ziehen.  Weisze  kinderfr.  5,73; 

bruder,  hier  um  deine  brüst 

wirf  dies  feil  voll  bunter  flocken!    Fr.  Mfller  2,347; 
denn  was  uns  furchtbar  macht  und  hochgesinnt, 
ist  nicht  der  pflugstier,  nicht  die  goldne  saat, 
die  weisze  llorke  nicht  der  lümracrherde.    Freitag  Fahler  39. 
s.  dislelflocke,  scidenflocke,  wollenflocke  und  flockwolle. 

3)  flocke,  an  sdileier  und  putz  der  frauen. .  in  einer  Speierer 
kleiderordnung  von  1356 :  der  vrowen  sul  deheine  kein  schappel 
dragen  oder  dehcinen  sIeiger,  genant  kruseler,  der  me  hübe 

114 


1811  FLOCKECHT  — FLOCKENSALPETER 


FLOCKENSCHAUM  —  FLOH 


1812 


umbe  gewunden  danne  vier  vach,  also  da;  dieselben  vach 
alle,  an  den  Docken  daran,  von  der  Stirnen  über  sich  uf  nit 
höher  sint  oder  sin  süllent  danne  eins  twerchvingers  hoch 
(oben  sp.  1220).  anz.  des  gervi.  mtis.  1856  s.  175;  ein  netz  von 
bunten  schnüren,  flocken  und  quasten.  Göthe  21, 20. 

4)  flocke  f.  münchskuUe  (Schm.  1,595),  fr.  froc,  vüal.  (locus  und 
frocus,  irslLs  monaslka.  Ducange  3, 323.  419.     vgl.  flockenstol. 

5)  flocke  an  spiesz  und  anderm  kriegsgerdth :  wie  der  hun- 
nisch könig  Cacan  Gisulfs  fraw  mit  spiesz  und  flocken  hat 
gespisset  und  verkeihclt  {rerkeilt).  Garg.  61*  {bei  Paulus  diac. 
4, 38  palum  in  niedio  campo  configi  praecipicns,  Itoniildam 
in  ejus  acumine  inseri  mandavit) ; 

ein  kinppel  klingt  nur  hohl,  doch  ivilt  du  sieger  sein, 

so  scliraube,  wie  Eugen,  pciard  und  flocken  ein.    Gcnther  471, 

rtelleicIU  ist  hier  flocke  mit  pdock  vermischt,  s.  flocken  2. 

fi)  bildlich:  die  hofnung  des  ungüttlichen  oder  eines  sol- 
chen seellosen  menschen  ist  gleich  der  flocken,  die  von  dem 
v^inde  hin  und  her  getriben  oder  gewäget  wirf.  Keisf.rskerg 
selenpar.  lll"; 

o  glück,  wem  bist  du  ähnlich?  flocken, 

die  nichts  sind,  sobald  man  sie  hält.    IUirvank  ged.  ohne  r.  44; 
volli.  dem  er  heil,  wie  flocken  gibt.    Lessing  1,100; 
und  der  himmel  wie  glas  und  die  wölken  wie  flocken  von  purpur. 

Pf.aten  258; 
in  den  vergoldeten  vögeln,  die  wie  Aurorens  flocken  umher 
schwammen.  J.  P.  flegelj.  1, 103. 

FLOCKECHT,  FLOCKECHTIG,  flocddus:  folget  nach  eine 
weisze  flockechtige  wollen,  gleich  wie  die  flocken  am  hasenkol. 
Tabernaem.  327. 

FLÖCKELN,  in  kleinen,  dünnen  flocken  niederfallen :  es  flöckelt, 
schneit  ein  wenig.  Stalder  1,  384. 

FLOCKEN,  1)  wlilare,  volilari,  fl allern  :  flocken  oderfladern, 
als   das    feuer   hin  und  her  zitieren,   crejnlare.    voc.  1482  i  t" 
v^.  flockfeuer;  die  haare  flocken,  flattern, 
die  relder  flocken  ümm.    Flehihg  1(j2; 
wie  aus  der  urmachltiefe 

von  gon  gerulen  sonnen  flockten.    Scrubart  ged.  2,  401  (324) ; 
jüngst  bat  ich  dich  (den  wiuler)  in  reimen  zwar 
nicht  lauge  zu  verweilen, 
und  nirht  so  wild,  wie  vorges  jähr, 
zu  flocken  und  zu  heulen.    Schmidt  v.  W.  201 ; 

sie  bäumen  siih  auf  und  ergreifen  flockend,  anwachsend 
diese  und  jene  gestalt.  Tieck  ges.  nov.  5,  57 ; 

schneeweisz  und  so  weich  wie  seide 

flockten  lang  herab  die  haare.    Heine  romanzero  131; 
sich  kreuzend  wie  der  schnee, 

den  flockend  durcheinander  treibt  der  stürm.    Röceert  250. 

2)  flocken,  Ir.  carpere,  decerjiere,  pflocken,  pflücken,  voc. 
1482  ys',  vgl.  entpflocken,  deccrpere.  g4'; 

setz  dich  dann  zur  ruh 
damit  an  einem  ort,  das  fleisch  herab  zu  flocken. 
ScHRRFRRS  gnihiunus  s.  08, 
was  doch  bedeuten  kann  flockenweise  ahlii.<en.     nie/«- «n<<T  pflücken. 
FLOCKENBETT,  n.  ein  mit  wollflocken  gcstopfles. 
FLOCKE.NBINSE,  f  eriophorum  jmlystachyum. 
FI-OCKENBLIJME,   f.   c^nlaurca.     man   unterscheidet   grosze 
und  kleine,  schwar/e  «.  s.  w. 

FLOCKENDBESCHER,  m.  spollweLie  von  einem  luchschercr. 
Fmscn  1,  278*. 

FLOCKENGEKBÄrSEL,  n.  flocci  velleris  crispi: 
und  (laraur  im  hcrliclieii  flockriigekräusel 
hielt  ich  fest  die  bände  gedreht,  ausdaiircndes  herzens. 

Od.  !(,  4:m. 
FLOCKENGESTÖBER,  n.  nives  volanles.  Voss  G,  328. 
FLOCKENGEWEBE,  n.    unhaltbares  flockengewebe.   J.  P. 
FM  182. 

FLOCKENGEWIMMEL,  n. 
ofl  wenn  der  greis  anstaunte  das  stöbernde  flockcngewimmcl. 

Voss. 
FLOCKENHEER,  n.  Brocies  2,4«. 
FLOCKENKBALT,  n.  cenlaurea. 
FLOCKKNLAST.  f  Broches  4,407. 
FI.OCKENLKSEN,  n.  convuLm.  sprnma. 
FLO<-KENMANN,  m.  hiems,  der  winln : 
lierr.  ob  jplzi  begraben  li«-«!  ]mi  und  Zierde  der  naiiir, 
WHÜ  dt-r  graue  flockonmaiin  drüber  fuhrt  ili*>  raiie  Kpiir. 
LoGAli  2.38,42. 
FLOCKENREICH,  nivosut: 

wnnn  der  niicki-iirfjrbe  nord 
ftbüf  dir  gebirgc  «ireirhet. 

IttaLlim  hlumrnlrrr  1,427. 
FI.OrKENSALri-TER.    m.,    talpeler,    in    florhgen    krpstallen 


FLOCKENSCHAIM,  m. 

sahst  je  du,  wie  im  blauen  himmelsraume 
ein  klein  gewölk  kaum  sichtbar  erst  entstehet, 
doch  bald  mit  gröszercn  zusammen  geliet 
und  fort  drauf  zieht  in  lockrem  flockeiischaume? 

Wild,  von  IIuiirüldt  7,446. 
FLOCKENSCHNEE,  m. 

leicht  zu  tragen  scheint  des  winters  flockensclinee, 

weil  ich  blütenschnee  des  lenzes  ahne,  mir.    Plate«  72*. 

FLOCKENSCnWABM,  m. 

der  nordwind  jagt  den  flockcnschwarm 

mir  sausend  an  die  l'ensterscheiben.     Schmidt  v.  W.  220. 

FLOCKENSEIDE,  f.  lomentum  seiicum. 
FLOCKENSPIEL,  n.    Brocres  6,  198.v 
FLOCKENSTOL,  f  slola  floccida,  ein  prieslergewand :  wischt 
hinaus,    warf   die    flockenstol  über  die  achsel,    und  mit  der 
kreuzstangcn  über  die  rebenfcind.  Garg.  205*.     s.  flocke  4. 

FLOCKE.NTL'CH,  n.    pannus   crassior:     eben    wie  D.   Blenn 
einen  diencr,  dem  er  flockcnlucb  zum  rocke  verehret  halle, 
peinlich  anklagte,  dasz  er  es  flockentuch  und  nicht  gut  lacken 
geheiszen.  reimedich  5 ;  alleine  der  menschen  gedanken  pflegen 
oft  einzugeben  wie  das  flockentuch  im  regen.  ;»o/.  slockf  301. 
FLOCKER,  m.    in   der  tucliwebcrei   ein   arbeiler,   der  die  ge- 
waschenen flocken  der  wolle  locker  scidägl. 
FLOCKFEDEB,  f  was  flaumfeder. 
FLOCKFEI'EB,  n.  schnell  außoderndes. 
FLOCKGESTÜßE,  n.  der  fliegende  aschenstauh,  die  flockasche: 
das    flochgestub,    das    fewer    und    gehles    igebldse)  iiber  sich 
stoszel  und  wider  herab  feilet.  Mathesius  109' ;  was  das  ge- 
blese und  wenn  die  üfen  zu  liecht  gehen,  über  sich  stoszet, 
fangen    etliche  in  rauchgewelben  oder  es  feilet  wider  nider, 
das  nennen  wir  flock  oder  flüggeslub,  hell  auch  silber.  109"; 
an  stat  des  fluchgeslübcs.  109'  (1502,154*). 
FLOCKGRAS,  n.  alopecurus  geniculalus. 
FLOCKICHT,  floccidus,  floccens: 
dein  ruf  gebeut,  so  kommen  frost  und  hitze 
und  aus  der  wölke  flockigt  eisl    Karschin  ged.  32; 
Luna  belauscht  die  gesänge.    wie  mild  und  sanft  es  dnliinschift 
an  dem  hellen  flockichten  himmel,  das  liebe  gesiebte. 
UuRMANN  ged.  ohne  r.  39. 
FLOCKIG,  dasselbe:  flockige  kräuler; 
ein  aufgehäuftes,  flockig  löst  sichs  auf, 
wie  schällein  tripplend  leicht  gekämmt  zu  häuf.    Göths  3, 106; 

den  flockig  fallenden  schnee.  Arnim  kronenu:  1, 17. 

FLOCKIN, //ofcCKs.  flockines  tuch.  oberlaus.  Urkunden  l,'h.Hi. 

FLOCKLEIN,  n.  flocculus. 

FLOCKSEIDE,  f.  lomentum  sericum. 

FLOCKTE PPICII,  m.  gestäubter  teppich. 

FLOCKWOLLE,  f.  lomentum,   flockiger  ahgang  der  volle  bei 
den  tuclischerern.     ndat.  plecta  Diefenb.  441". 

FLODERMAHL,  n.  o  gilt  rulen,  ja  starke  benge!  und  distel 
für  ein  solche  eselsgoscben  und  flodermaul.  Nasus  nasenesel  22*. 

FLODERN,  flattern,  flackrrn.  Stieier  494,  vgl.  mhd.  wb.  3,353 : 
die  scbandelliecbter  flodern.  dialog  von  den  vier  gröszten  be- 
scliwernüs  eins  Pfarrers  A  i' ;  wann  er  zornig  war,  so  bauseten 
und  floderten  ihm  seine  backen  und  stunden  ihm  herlich 
und  weisziich  und  nicht  übel.  I.imbiirger  chron.  §.  8t ;  der 
gemeine  gundelreb  kriecht  und  flodert  mit  seinen  dünnen 
steuglein  oder  reblein  hin  und  wieder  auf  der  erden.  Hdhberc 
3.1,408*;  das  feuer  flodert.  LEopRECuriNf;  119;  Scim.  1,585; 
seine  küsse  !  wie  sie  hochaii  nodcrii ! 

SciiiLLKR  (5'  verändert  in  hochauf  Indern^ 

FLOG,  aldaut  von  fliegen. 

FLOGEL,  m.  für  flügel: 

du  böser  vogel, 
des  nachts  sclileg.it  du  mit  deinem  flogel.    Waldis  1,01. 

FLOGELN,  a/(ire,  //i7(/(7n.  geflopcll,  <j/rt/t(s.'  auch  sol  niemand 
geviogelle  erinel  an  den  rCicken  tragen  mit  bermelin,  lassilzen 
oder  dem  gleich,  scrijit.  rer.  siles.  3, 19».     v^.  flitzern. 
FLOGERN,  volitare,  aiid.  flogaron. 
FLOGERZEN,  subvolare.  N.  ('<j;i.  130.     bair.  flaugezen. 
FLOGIIARER,  avena  falua,  s.  flohhaber. 
FLOGZEN,  volüare: 

>%  {das  herz)  flogzetc  von  begirde. 

Kam  es  gevider  tiete.    Schhki.i.krs  Ijiber  t.  195. 

FLOH,  ablaul  von  fliehen. 

FI.OIl.  Hl.  piilcr.  ahd.  flöh,  HArh  (GiiArr  3,  ICo),  wM  vlAch, 
fj.  viirhe  ftWi.  3.  3,'.3'),  auch  vl'i  f  BüN.  AH,  die  floch.  Maalkr         ■ 
138'.    die  floh.   Dl  «iCH  .vr/ii«:/ii/«i/ s.  7;  nn/.  vloo /".  p/.  viooijen;        9 
ags.   fleah.   Ileä.   engl,   flea ;    alln.   flö  /.      zundch^l  liegt  rfiw  lat.         ^ 
pftlex,    tl.   piilce,    s;>.   juilgn,  fr.   pure,  deren  krhllaut  auch  dem 
b     Odir    ch     «H     llnli     eiihf.nrbl,     ,/,i,h    iiiiI    irr<W.-/.v    Ib.    lU.       sl. 


1813 


FLOH 


bfcha,  russ.  blocha,  fcö/im.  blecha,  i<oln.  pchla,  serb.  bucha, 
lil.  blussä,  Idt.  blussa  gleichen  anlaulend  unserm  11,  (/«.sfH  f 
zti  sl.  b  s/cAt  Ute  in  fiiit  3«  bred,  biod  u.  a.  m.  albanes.  plesti. 
bl  erscheint  yenaii  im  gr.  ^In/w,  ßh]ifäv,  betiennungen  des 
flöhkrauts,  pulcgium,  polei,  icogeyen  in  rpvV.a,  xf;v'/los  ein  s 
zugelrclen  u<t.  auch  in  einer  ags.  ncbenform  loppe  f.,  die  all- 
engl.  loppe,  lop  lautete,  und  im  schw.  loppa,  ddn.  loppe,  tapp. 
lafa,  das  alln.  llö  verdrängt  hat,  könnte  man  umgestelltes  pul  suchen, 
so  kreuzen  sicli  veruandtscliaften  und  die  wurzel  steckt  liefer 
rerborgen,  als  man  deiJa.  denn  von  flii-hen  und  fliegen  scheint 
der  sinn  zu  uiderstreben,  das  thier  sollte  gleicii  der  Heuschrecke 
nach  dem  springen  oder  hüpfen  heiszen,  uozu  loppa  stimmen 
wurde,  trenn  es  sich  mit  laufeu  verbinden  Idszt.  nun  haben  wir 
aber  vorhin  in  fliehen  selbst  ein  ursprüngliches  springen  gesucht, 
die  Wörter  Quh  und  fliege  scheinen  wie  zu  einander  gehörig,  selbst 
piilex  und  ciilex  wären  zu  einigen,  in  einer  bekannten  fabel  sind 
lloU  und  lieber,  d.  i.  p<ipiliu  (butterfly)  als  gesellen  dargestellt; 
legejnan  dem  Hiegen  und  fliehen  den  allgetneineren  sinn  sclmcllcr 
bewegung  oder  auch  dem  fliehen  den  besonderen  des  springens 
unter,  so  leitet  steh  die  Vorstellung  von  floh  und  fliege  treifend 
daraus  her. 

vom  fliehen  wil  ich  floh  dich  nennen,    ftuhalz  860; 

an  mir  gilt  iiz  nichts  der  nam  floh, 

dan  warlich  ich  nicht  sehr  wol  floh.    '82. 

dünn  gewinnen  unsere  verba  für  das  Verständnis  der  angeführten 
ausländischen  namen,  die  weniger  offen  zu  liegen  scheinen,  werlh, 
ganz  wie  es  bei  floccus  der  fall  sein  kann,  ein  golh.  ^lauhs 
von  |iiiiilian  für  floh  bliebe  dennoch  sehr  gewagt,  denn  dies,  be- 
deutet gerade  flucht. 

viele  redensarten,  die  oß  bildlich  zu  fassen  sind,  pulex  haijt 
ain  floch,  der  wirt  aiij  gewenntein  staub  und  auj  fauler 
fauhtcn.  Megfnberg  305,  7.  ein  floh  der  beiszl  und  sticht, 
er  zwickt  und  pickt,  er  stupft  und  hupft,  er  kreucht  und 
fleucht,  er  kitzelt  und  bitzelt,  zilzclt  und  litzelt,  krabelt  und 
zabelt.  WiuMANNS  mus. kurzueil.  IBIS  in  Hokm.  gesellschaßsl.  n'  375 ; 
was  ist  das  beste  beim  floii?    'dasz  er  keine  Lufeisen  hat'; 

es  beiszt  mich  ein  floh, 

es  stechen  mich  zwo  (also  f.) ; 

wenn  die  weiber  heiszen  die  flöh, 

so  regnets  gern,  micli  recht  versieh. 

GiLuusiis  grammalica  96; 

die  meidlin  und  die  weiher 

nicht  sicher  vor  ihm  bleiben. 

die  weiber  mit  den  flöhen, 

die  liaut  ein  steten  krieg, 

sie  gäben  gern  aus  leben, 

dasz  mans  nur  all  erschlug,    gesellschaftsl.  n'376; 

und  ist  inen  (den  fraurn)  ein  floch  am  hals  gesessen,  so 
zürnen  sie  über  die  kellcrin.  Keisep.sii.  brOsand.  50';  Spring- 
insfeld hatte  mir  einen  unruhigen  floh  ins  ohr  gesetzt.  Simpl. 
Ä.  460;  wer  weisz  was  er  vor  einen  floh  im  obre  sitzen  bat. 
Weise  comöd.  pr.  31 ;  man  bat  ihm  einen  floh  ins  ohr  ge- 
setzt. Lehman.n95;  nun,  der  hat  einen  floh  hinter  den  obren. 
Lessing  2,370;  ich  werde  ihm  einen  floh  ins  ohr  setzen. 
Heiske  bei  Lessing  13,411;  aber  da  sie  mir  wegen  der  Mag- 
dalena einen  floh  ins  ohr  gesetzt  haben,  so  kann  es  wol 
sein,  dasz  ich  mein  teslament  ändere.  Thümmel  4,307;  wie- 
'vvol  es  den  polilicis  oft  ein  dorn  im  aug  und  ein  floch  im 
ohr  ist,  wenn  sie  sehen  und  hören,  dasz  der  pfaf  täglich 
bei  dem  fürsten  sei.  Schuppius  1684  s.  14.  man  soll  nichts 
so  eilend  Ihun  als  floh  fangen.  Lehma.nn  182; 

wer  ich  da  nit  von  dannen  gewichen, 

so  iiet  er  mir  die  flöh  <-ib  gestrichen 

mit  einer  schweren  Zuberstangen,    fasln.  756,7; 

ich  wil  euch  beiden  die  flöh  abkeren.    11.  Sachs  1,227'; 

etwan  tritt  er  auch  seinen  man, 

der  im  redlich  die  floch  abkert.    1,416'; 

was  bi.«t  du  ausgezogn  kOnig  doch, 

zu  suchen  alhie  einen  floch, 

oder  wie  man  ist  jagen  thun 

auf  den  bergen  ein  juug  rcphun. 

111.  1,70*.  nach  1  Sam.  26,20; 

wil  ich  kein  müh  noch  flcisz  mehr  sparn, 

bis  dasz  den  pfan"fin  ich  erschleich 

und  ihm  weidlich  ilie  floh  abstreich.     IV.  3,9*; 

das  er  darob  entrüstet  wird, 

das  er  ihm  auch  die  llöcli  abkehrt 

und  ihm  sein  fuchsen  balk  erbert.    IV.  3,69*; 

Idie  ehfrau)  wischt  im  den  scbweisz  ab,  so  kehret  er  ihr  die 
lliib  ab.  Carg.  7l';  den  (illts)  strichen  sie  nun  ziinlich  die 
floh  ab.  265';  wie  dem  ersten  also  ward  auch  dem  andern  der 
habern  {so)  geschwungen  und  die  flöhe  abgekebret.  Kircuuof 
wendunm.  417'; 


FLOHALANT  — FLOHKNÖTERICH   1814 

sie  stecket  auch  der  Oöch  ganz  voll,' 

und  thet  stets  nach  den  flöhen  tischen.    H.  Sachs  1,452*; 

dann  er  vermeinet,  er  hett  gar  wol  geOscht, 

so  hette  er  kaum  ein  floch  envischt.    Ayukb  proc.  2, 11 ; 

mein  herr,  ich  lig  in  solchen  pöten, 

dasz  ich  jetzt  kaum  ein  floh  köndt  tödten.    H.  Sachs  IV.  3,22*; 

wem  jagstu  nach?  einem  todten  bund,  einem  einigen  (einzigen) 
floch?  1  Sam.  24,15;  der  könig  ist  ausgezogen  zu  suchen 
einen  Hoch,  wie  man  ein  rephun  jagt  auf  den  bergen.  26,20; 
es  ist  vergebens  flöhe  in  einem  korb  hüten.  Philand.  1,132; 
man  musz  den  bund  mit  den  flöhen  haben.  Lehmanx  97; 
er  meint,  er  höre  das  gras  wachsen,  die  flöhe  husten  (dünkt 
sich  überklug),  kluge  weise  reden  1565,15';  die  (so)  floh  lauft 
im  bemd.  ein  spiel  bei  Fiscuart  175;  ein  floh  in  der  inilch- 
suppe,  eine  weiszangekleidete  magere  brünette.  Scan.  1,  587. 

mitd.  der  enget,  tiuvcl  noch  der  man 

ir  keinj  ein  flöch  gemachen  kan.    Fbeid.  2,27; 

soUtes  der  keiser  selbe  swern 

crn  kan  sich  mucken  uiht  erwern,! 

was  hillet  herschaft  unde  list, 

sit  da;  ein  flöch  sin  meister  ist?    74,4; 

alle  künge  üf  erden  mit  ir  hern 

mügen  sich  der  floehe  niht  erwern.    Renn.  23357. 

s.  erdfloh,  hundsflob,  müllerfloh,  wasserflob. 

FLOHALAM,  m.  inuta  pulicaria. 

FLÖHBEISZIG,  folgends  dreilausige,  scbläferige,  flohbei- 
szige,  hundsflöhige,  düttenwelke  m.  s.  w.  Garg.  47*. 

FLÖH  BESEN,  «».  scopae  Iterbariae.  Stieler  112. 

FLOHBELTEL,  m.  velula  plena  pulicum.  Stieler  521.  Frisch 

1, 279' : 

ich  musz  einmal  mich  sehen  umb, 

dasz  nicht  mein  alter  flohbeutel  kumm.    II.  Sachs  V,  344'. 

FI>OHBISZ,  m.  punctiuncula  pulteis,  flolistich,  engl,  fleabite, 
die  rollwn  flecken  davon. 

FLOHBRAUN,  schwarzbraun. 

FLÖHDKECK,  m.  conus  fustigatus  et  pulicaris,  eine  muschel, 
eniil.  fleadung.  Nem.nich. 

"FLOHELI,  adv.  celeriler,  flugs.  Stalder  1, 385.  oder  von  floh, 
schnell,  wie  ein  floh  springt? 

FLÖHE.N,  pulictbus  liberare,  yw)li^eiv,  nrd.  vlooijen,  it. 
spulciare.     gebildet  wie  lausen,  it.  spidocchiare. 

FLÖHEN,  in  tutum  deferre,  flüclUen,  mhd,  vlochen  (tcb.  3,346), 
Schweiz,  flöcha  (Tobler  196),  flohen  fugare.  voc.  1482  il';  do 
bat  es  sich  begeben,  das  der  engcl  gewarnet  hat  den  Joseph 
das  kind  zu  flöhan  in  Egvpten.  Keisersb.  j>ost.  l,  11 ;  so  jemand 
weltliche  guter,  die  in' ein  kirchen  geflöhet  weren,  stele. 
Carolina  174  {wo  die  Bamb.  halsger.  ordn.  200  sdtreibt  geflühent); 
einsmals  als  sein  initbürger  vil  guts  aus  der  Stadt  trugen 
und  flöheten.  Frank  chrun.  25' ;  so  jemand  in  sorglichen  auf- 
leufen,  fcwer  oder  wasser  oder  dergleichen  not  zu  einem 
andern  etwas  flöhet.  Nürnb.  reform.  1564,89";  ein  stettlein 
bei  Placentia,  darin  die  Römer  und  die  landleut  ir  leib  und 
gut  geflöhet.  Livius,  Sciwfferlin  114";  Fabius  geboten  hell, 
wabin  Hannibal  ziehen  und  keren  würd,  das  man  eilends 
flöhen  und  was  man  nit  darvon  bringen  mocht,  verbrennen 
soll.  116";  aber  Galaor  erreicht  den  letzten  so  grob  in  das 
angesiebt,  dasz  er  im  den  beim  vom  haupt  flöhet  {fliegen, 
fliehen  macht).  Amadts  130.     «.  eutflohea  und  flöhnen. 

FLÖHFALLE./",  pulicipula.  Frisch  1,  279":  sie  haben  leicht- 
fertige ding  feil,  als  schnurren,  rechen,  blasbelg,  abbrechen, 
flöchfallen,  blawenten,  die  auf  holdschuben  gon  und  scheiden 
und  dergleichen  thorechtc  ding.  Keisersb.  brösaml.  95' ;  mach 
ein  ganzen  bausrat  in  ein  bücbslein  oder  den  ziehenden 
passiou,  bereite  flöfallen  und  iionnentrösler,  damit  ich  mich 
bei  den  Schwestern  zukauf.  Garg.  246'.  auc/i  flöiihatz  ed. 
Scheible   808.  866. 

FLÖHFANG,  WJ.  venalio  pulicum:  zum  flöhfang  gehört  be- 
hendif;keit.  Lehmann  1S2. 

FL(tHFARBE,  f.  schwarzbraun. 

FLl'lUFLErK,  m.  ictus  puliris,  floMisz. 

FL0HIIAI5EH,  m.  avena  sterilis.  Frisch  1, 279*.    pgi.  flöhsand. 

FLOHHATZ,  «i.  flöhjagd.    ein  bekanntes  gedieht  Fischabts. 

FLOHHEl  SCHRECKE,  f.  cicada  spumaria. 

FLÜHHÜPF,  ttJ.  sallus  fmlicis:  sancl  Fridlin  {im  merz)  lupft 
(hebt,  enceiterl)  den  tag  um  ein  flohupf.  Gödekes  Gengenbach  418. 

FLÖHIG,  pulicosus:  ein  flöhiger  hund. 

FLllHJAGl),  /".  flöhfang. 

FLOHKÄFKR,  m.  mordella. 

FLOHKAFEKCHEN,  n.  dermestes  pulicar%us. 

FLOHKNÖTERICH,  m.  polyipnum  amphibium. 

114* 


1815 


FLOHKETTE— FLOR 


FLOR 


1816 


FLOHRETTE,  f.  eine  keUe  mit  so  feinen  gliedern,  da»  flöhe 
daran  gelegt  werden  kOnnen:  wo  er  ohne  ein  gelenke  der  ent- 
zweigeschnittenen flüh-  und  affenkette  des  hofes  frei  durch 
die  natnr  geht.  J.  P.  Uesp.  4, 184. 

FLOHKHAUT,  n.  menlha  piäeginm,  fmlei,  dann  auch  persicaria 
maculala,  pfersingkraut,  mnckenkraul.  Lomcerus  198',  wie  von 
flölistichen  besprengt,  desgleichen  für  conyza  squarrosa,  crigeron 
und  andere  krduter.  nach  solchen  flecken  scheinen  auch  floh- 
pfeffer  und  flohriedgras  benannt:  das  kraut  morgens  im  law 
in  den  kamraern  und  gemach  geslrewet,  vertreibet  die  flöhe, 
doch  das  man  die  gemach  alsbald  mit  einem  besen  auskehre. 
Lomcerus  a.  a.  o. 

FLOHKKEBS,  m.  Cancer  pulex. 

FI.OHKIUEG,  m.  crzdhlung  von  Kl.  ScnmDT  kom.  dicht.  42. 
FLOHMÜCKE,  f.  lipula  minulissima. 

FLÖHNEN,  /iHfWcn,  «'/e  flöhen,  «iM.  Tloehenen :  das  schlosz, 
in  welchem  vil  köstlich  zierd  und  ornat  des  reichs  geflehnel. 
Fräse  chron.  201";  die  burger  zu  Wien  flühenten  ir  weib 
und  kind.  245*;  was  in  ir  hüser  getragen  oder  geflochnet 
Wirt.  iceUth.  1, 114; 

war  übel  wind  und  kalter  regen, 
gar  bald  flölinet  man  ein  die  gruben 
kraut  pairisch,  gelb  und  weisz  ruben.  H.  Sachs  1,421«; 
soll  er  dem  hinderleger  zusampt  dem  gcflöhneten  und  ein- 
gegebnen gut  noch  so  vil  als  es  werth  ist  zu  erstatten 
schuldig  sein.  A'ürnb.  reform.  1564.  89*;  entweders  es  nuisz 
fewr  zu  Stroh  nicht  gelegt  werden  oder  weit  von  den  andern 
geflöhnet.  Paracelsus  l,  3ü9';  geflohnte  sachen.  Erqach  gegen 
Werlheim  15;  durchgieng  und  mit  einigen  leuten,  die  grosz 
gut  nach  Hamburg  Üöhnten,  darvon  segelte.  Sinipl.  vogdnest 
2, 20 ;  auch  erfuhr  ich  nachwarts,  dasz  diese  leute  einige 
stunden  vorher  eh  ich  in  ihr  haus  kam,  die  besten  habselig- 
keiten  geflöhnet  und  ihre  kinder  expresz  so  zerlöchert  an- 
gezogen hätten,  der  a.  m.  im  toggenb.  208.  noch  heule  in  der 
Schweiz  und  in  Schwaben  üblich,  die  worle  Jcr.  10, 17  thu  dein 
gewerbe  weg  aus  dem  lande,  die  du  wonest  in  der  festen, 
erklärt  die  sarloriussche  bibel,  Tüb.  ISOß  \aufl.:  flöhne  es  vor 
dem  feind. 

FLOHPFEFFER,  m.  polygonum  hydropipcr,  eine  scharfe  art 
uvietrüt. 

FLOHPFLANZE,  f  conyza. 
FLOHRIEDGRAS,  n.  carex  pulicaris. 
FHOHSACK,  ff»,  was  flohbeutel. 

FLOHSAME,  wi.  planlago  psyllion.  Lonicerus  160',  entweder 
weil  der  schwarze  same  flohen,  flöttbissen  gleiclii,  oder  weil  das 
kraut  flöhe  vertreiben  soll. 

FLÖHSANÜ,  m.  glarea  slcrilis. 
FLOHSTICH,  m.  was  flohbisz. 

FLOM,  m.  fuga,  cursus,  exiHum,  ahd.  floum,  ags.  fleäm, 
alln.  flaum,  aus  dem  folgenden  flömel  zu  schlieszeii? 

FLÖMEL,  n.  fugitirus,  exsul,  vgl.  ags.  tlema,  flyma  profugus: 
die  magd  sprach,  ir  herren,  mir  hänn  wol  gebort,  was  die 
beide  Juden  über  uns  arme  dienstbotten  do  klagen,  unser 
herr  klagt  über  uns  und  er  weisz  selbscht  nicht  was.  was 
wolt  ich  arms  flömel  in  bestolen  han?  Puhander  2,  "S7. 

FLOR,  m.  flos,  viyor,  Uiile,  nnl.  zwier,  zuerst  in  Hans  Ulr. 
Krakts  reise,  die  1616  niedergeschrieben  wurde:  in  flors  zeilen 
heb  niemand  an  dergleichen  Wunderwerk  gottes  gedacht,  s.  71  ; 
ein  alle  kirche,  darin  die  Cristen  zu  irer  letzten  Horis  zeit 
nit  vil  kamen,  s.  73.  sonst  aber  erscheint  es  im  ganzen  17  jh. 
selten  und  kommt  im  18  auf.  im  flor  sein,  im  blast  sein,  florere. 
DE5ZLER  278*  und  111*;  ü.  essere  in  fiorc;  in  den  gröszten 
flor  kommen  u.s.w.  unw.  dod.  63; 

nur  kurze  leit  gcduli !  ihr  soll  wie  sauer  bier 
durch  kreide,  kalk  und  stein  in  bessern  flor  gcrathen. 

GbKTUKS  531 ; 

bald  hfiptt  von  deinem  (des  schnees)  ku»  erwärmt 

da«  keirochen  früh  liervor, 

und  keine  mutlererüe  liärmt 

»ich  um  rerttorbnen  Dor.    Blumak!»  ged.  175; 

da  lieget  deine  liitt!  in  einem  indienkleide 

hüllt  »ich  der  Oor  der  Jugend  ein.    Dcscii  verm.  werke  447; 

die  blume  «tehl  im  schönsten  flor;  einen  schönern  nelken- 
flor  habe  ich  nie  gcsehn;  bis  die  Araber  antlengcn,  den 
Arititolclcs  wieder  in  flor  zu  bringen.  Kant  1,355;  der  flor 
des  gemeinen   weseos.   6,393;    der  Oor  der  Wissenschaften. 

«,  I6S'; 

ein  Iiltimcii^'lörkchen 


Im 


GOru  1.2S; 


auch  thäl  ich  bei  der  schätze  flor 

viel  glui  und  relchthum  schwärmen.    2,197; 

da  wälzen  sich  thiere,  sie  trocknen  zum  flor, 

und  pOauzcn  gezweige  sie  dringen  hervor.    2,223; 

der  Jüngling  froh,  wie  in  der  kindheit  flor, 

im  frühling  tritt  als  frühliug  selbst  hervor.    3,22; 

da  wird  dorthin  das  ohr 

lieblich  gezogen, 

doch  um  des  liedes  flor 

durch  lärm  betrogen.    5,17; 

wenn  ich  so  sasz  bei  einem  gelag, 

und  die  gesellen  mir  den  flor 

der  mägdlein  laut  gepriesen  vor.    12, 191;' 

sie  bringt  auch  .selber  nichts  hervor, 

und  lebt  und  steht  doch  grosz  im  flor.    13,48; 

das  gibt  alsdann  ein  reich,  das  hält 

im  schönsten  Uor  bis  ans  end  der  weit.    13,68; 

aber  sie,  die  alle  hofuung  des  lebens  auf  ihn  gesetzt,  ihm 
den  flor  ihrer  Jugend  aufgeopfert  hatte.  10,142;  die  auf  zahl- 
reiche nelkenstöcke  verwendete  Sorgfalt  versprach  den  manig- 
falligsten  flor.  22,197;  besonders  dienstag  abend,  wo  die 
raserei  mit  den  moccoli  in  völligem  flor  war.  29,  279 ;  die 
Universität  Jena  stand  auf  dem  gipfel  ihres  flors.  31,72; 
bei  aller  schätz  flor 

wie  ihr  gewesen  bleibt  ihr  nach  wie  vor.    41,  69; 

die  köpfchen  hoben  sich  empor, 

die  blätterslengel  im  grünen  Uor.    47,79; 

behüte  gott!  jetzt  wird  der  flor  erst  angehn.    Schillik  352*; 

und  welch  ein  kind!  so  voll  und  rund, 

so  früh  kam  noch  kein  buseu  und 

kein  weiblich  herz  in  Uor.    Tuühsel  3,156; 

0  mutter  Eva,  dein  bild  war  es,  du  standst  da,  dein  reiz 
entfaltet  im  höchsten  himmlischen  flore.  Fr.  Mt5i.LEB  1,  89. 
der  pl.  wird  nur  mit  der  lat.  form  gesetzt:  in  floribus  sein, 
leben :  es  gieng  in  floribus  zu.  Felscnb.  4,  96 ;  zumal  izt,  da 
alles  wieder  in  floribus  geht.  Kretschmann  hauskabale  33 ; 
;jls  ich  vorgestern  nacht  abritt,  war  alles  noch  in  floribus, 
aber  heut  ist  eine  Hiobspost  eingelaufen.  Fr.  Müller  3,  33S. 
im  sg.  begegnet  zuweilen  das  f.:  eine  schöne  flor  blunien;  ob 
die  ringelblume  durch  die  natur  zur  flor  gebracht  werden 
müsse.  MusÄüs  4,  69; 

der  Jüngling  in  der  flor  der  heitern  frühlingsjahre 

war  seiner  {des  tudes)  sichel  schon  so  reif  als  graue  haare. 
Diiscu  verm.  tceike  351 ; 
wie  auch  die  nachher  angeführte  schwache  form  weiblich  itt. 

FLOR,  m.  pannus  tenuissi^nus,  ni'bula,  velum,  fr.  cn'pe,  p/. 
flöre,  sdieiut  wkderum  aus  flos  Iwrzulcilen,  da  viele  bluvun 
flockige  bli'äcn  tragen  und  it.  fioretto,  fr.  Üenret  uuserm  floret, 
floretseide  enlsprkhl;  docii  steht  weder  fiore  noch  fleur  für  ein 
feines  gcwebc.  nnl.  findet  sich  flojrs  n.  pl.  floersen.  besonders 
wird  trauerflor  gemeint,  wie  man  sagt  flor  um  den  arm.  um 
den  hut  binden;  es  trauret  bei  ihm  um  den  todlen  nichts 
als  der  flor.  Stieler  521;  dünner  flor,  fester  flor;  iii.  ploras; 
der  deutsche  helikon 

hat  schwarzen  flor  und  binden  angethan.    Fleiinc  309; 

die  luft  hat  ausgeweint,    der  hiramel  läszt  den  flor 

der  schwarzen  wölken  ab.  der  stürm  der  ist  vorüber.    65-2; 

ich  halt  es  mir  erlaubt  bei  thränen  mitzuweinen, 

und  unter  boi  und  flor  der  leiche  nachzugehn, 

ans  deren  schatten  noch  so  viel  Verdienste  scheinen, 

als  lichter  um  den  sarg  und  leut  im  Höre  slehn.    Günthkr  001 , 

es  schwärzt  der  flor  den  tag.    60«; 

der  flöre  sind  genug  den  mittag  zu  betricgen.    614; 

r.ythero  srhleiret  sich  in  eine  schwarze  binde 

uiid  schenkt  den  gratien  den  flor  betrühn-r  tracht.    621; 

der  Zukunft  tafeln  deckt  ein  undurchsichtgor  flor, 

was  dir  begegnen  soll,  sagt  kein  gestirn  zuvor. 

LicHTWER  recht  der  »em.  177; 

nachlässig  hingestreckt, 

die  brüst  mit  llor  bedeckt.    Lrssinc  1,57; 

es  wurde  nacht,    ein  düstrer  flor 

bedeckte  thal  und  huhu.    Höltt  20; 

und  schlief  sichs  da  so  süsz,  so  süss 

an  ihres  busens  flor.    39; 

der  mond  verbirget  «ein  sterbendes  licht, 

die  erdo  bediicket  vom  schwfirzesten  flor 

liegt  tief  im  schlaf.    Wkimi  kom.  opcrn  2,40; 

brich,  o  sonne,  brich  hervor 

durch  der  morgenrötho  flor!    MiLLM  ged.  174; 

und  krt'iM-nd  führt  ihr  {kometan)  in  bcwi'gten  lüften 

den  wuiuivlbaren  flor.    Götiik  1,141; 

er  führet  die  freudo  durch»  offene  thor. 

CS  glänzen  die  wölken,  es  theilt  »Ich  der  flor.     1,180; 

hier  leuchtet  glut  aus  dunst  und  flor.     12,20«); 
und   alles   trat   wie   hinter   den  flor  der  cntfernnng  tunick, 
wenn  er  sich  die  edle  blühende  gräfin  dachte.  IS,  30«; 


1817 


FLORA— FLORFLIEGE 


FLORGESPINST — FLOSZ 


1818 


Ton  dem  flor  der  nacht  umschattet.    Gorre»  1,101; 
welches  meteores  Schimmer 
dämmert  durch  der  wölken  flor?    3,534; 
nennst  du  das,  du  blinder  thor, 
leise  die  natur  belauschen 
und  durchschauen  ihren  flor?    Gökhjgk  3,95; 
sie  stürzt,  die  Schöpfung  der  gedanken, 
der  dichtung  schöner  Dor  zerreiszt.    Schilie»  48'; 
aber  plötzlich  zerreiszt  der  flor.   der  geöfnete  wald  gibt 
überraschend  des  tags  blendendem  glänz  mich  zurück.    75*; 

0  mich  deucht,  die  ganze  Schöpfung  sollte  den  flor  {trauer) 
anlegen.  212*;  ein  aus  Weinreben  gesponnener  flor  Tor  den 
äugen  {bendielnder  rausch).  J.  P.  biogr.  bei  1,140;  hier  stand 
auf  einmal  ihre  heilige  seele  ohne  flor  Tor  ihm.  Tit.  2,  241. 
s.  goldflor,  seidenflor,  silberflor. 

FLORA,  /".  die  blumengötlin,  gen.  dal.  Floren,  vie  von  Fama 
Famen : 

ich  danke  deiner  Floren, 

in  welcher  kräuter  schosz  ich  oftmals  mich  rerloren. 

Fijua:<c  101; 

itzund  lasz  dich  von  mir  führen 

in  dem  feuchten  Rosenthal, 

dasz  wir  sehn  die  Flora  zieren 

ihrer  langen  wiesen  saal.    418; 

der  Floren  feuchter  mann 

haucht  mit  gesundhcit  an 

Empanders  grünes  haus.    463; 

wolan  ich  weisz  den  ort,  Priapus  hat  das  zeit 

mit  grünem  aufgesteckt  und  Flora  hat  bestellt, 

wornach  ein  mensch  wie  ich  sich  pfleget  oft  zu  kehren.   615; 

fleug,  feuchter  Zefyr,  aus,  fleug,  wie  nach  deiner  Floren 

du  itzt  noch  pflegst  zu  thun  (:  verloren).    616; 

da  sie  von  dem  hehren  gatten 

Floren  und  den  lenz  empfieng.    Bcrger  1'. 

FLORÄMOR,  FLORMOR,  m.  amaranlhus :  die  lustige  pur- 
purrothe  blum  floramor  oder  tausentschön  hat  ihren  namen 
von  ihrer  lieblichen  färb,  vulgo  flos  amoris.  Lonicebds  134'. 
Maaleb  13S'. 

FLORB.\ND,  n.  taenia  e  lenui  panno  serico,  fr.  fleuret 

FLORBESEiV,  m.  studentisdi  ein  gefeiertes  mädchen,  eine 
florierende  schöne ,  tgl.  1, 1615. 

FLORBLNDE,  f.  es  wunderte  ihn,  dasz  der  rath  sehr  ein- 
gefallen aussah  und  eine  florbiude  um  den  ermel  hatte.  J.  P. 
Siebenk.  4, 159. 

FLORDACH,  n.  blütendach,  laubdach: 

ein  schützend  flordach  webten  dir  die  zweige. 
H.  TON  Kleist  1,55. 
FLORE,   m.   homo   fulilis.    He.msch  1158,  6.      sdieint   nnJ. 
KiLIAN   146'. 

FLORE,  FLOR,  FLOREN,  m.  florenus,  it.  fiorino,  fr.  florin, 
gülden:  so  wäre  auch  gestern  eine  magd  gewesen,  welcher, 
als  er  kein  augenwasser  mehr  gehabt,  er  den  aufgeworfenen 
floren  in  dem  wischtuche  wieder  zuriickgeschmissen.  als 
aber  jemand  anders  den  flore  mit  dem  tüchlein  aufgefangen 
und  das  mensch  des  verlornen  halben  sich  sehr  übel  geber- 
dete, liesz  er  durch  seinen  bedienten  ein  ander  tüchlein  holen, 
legte  einen  andern  flore  hinein  und  gab  ihr  solches,  med. 
maula/fe  685.  686;  Eckarth  gab  dem  Schöpfer  (am  Sauer- 
brunnen) ein  flor  vor  gehabte  mühe  zum  trinkgeld.  840.  ofl 
abgekürzt  geschrieben  fl..  vas  man  'gülden'  liest. 
FLORE,  FLOR,  f  flos,  blute: 

kein  unglück  sei  nu  mehr  davom, 
die  weit  steh  jetzt  in  bester  florn. 

J.  Nas  grosie  glocke  tu  Erfurt  46. 

FLOREN,  florere,  mhd.  ornare: 

ja  wenn  ein  mensch  verbieten  weit, 

das  (diitz  es)  im  winter  nit  schneien  soll 

und  das  im  meicn  nit  ?olt  floren, 

der  wer  ein  narr  für  allen  thoren.    Waldis  2,60  hl.  liO*. 

FLOREN,  von  flor,  lenuissinius :  durch  den  flornen  Vor- 
hang, der  die  Zuschauer  verbarg,  schimmerten  zunächst  zwei 
schwarzbeschlagne  bänke  meinen  feuchten  äugen  entgegen. 
Trümxel  5, 416 ;  er  liesz  die  flornen  vorhänge  an  den  fen- 
stern  herunter.  6,  446.    bei  Scaii.  1, 591  floren. 

FLORENREICH,  n.  blütenretch.  Brooies  1,17. 

FLORENZEN:  sie  (die  Tartaren)  seind  auch  daran,  wie  die 
Saracenen,  nicht  ersettigt,  sie  florenzen  oder  erkennen  auch, 
das  scbendlich  ist  zu  sagen,  die  knaben  und  allerlei  vihe. 
Frank  veltb.  96*  und  daraus  in  Seb.  MC.nstebs  cosmogr.  1537 
F  l\     vgl.  Lessisg  11,  323. 

FLOHENZER,  m.  paederast. 

FLORETSEIDE,  f  sericum  tenuius,  fr.  fleuret. 

FLORFLIEGE,  f  Itemerobius,  goldfliege,  landfliege. 


FLORGESPINST,  n. 

das  kreuz,  das  unter  florgespinste 

des  probstes  zaubergriffel  zog.    ThBbiei.  3,364. 

FLORGEWAND,  n.  florüeid. 

FLORHAUBE,  f 

FLORICHT,  verschleiert:  die  Jungfer  ist  nur  darum  floricht, 
dasz  man  ihre  heszlichkeit  nicht  sehen  soll.   Stieler  521. 

FLORIEREN,  1)  intr.  florere,  blühen:  dieses  reich  ist  so 
beständig  gefasset  worden,  das  es  cc  jähre  geflorieret.  Micrälics 
1,92;  vor  vielen  hundert  jähren,  wo  das  goldne  Zeitalter 
florieret.  Fb.  Müller  1,  282;  der  in  holz  geschnitten  auf  allen 
messen  und  Jahrmärkten  florieret.  1, 310 ;  alles  floriert  hier, 
steht  in  blute. 

2)  tr.  ornare,  blühen  machen,  zieren: 

mhd.  Gäwän  sacb  geflörieret 
unt  wol  gezimierel 

von  richer  käste  helme  vil.    Part.  341,3; 
boum,  zwi  unde  ir  este 
mit  koste  geflörieret.     Wh.  403,27; 
wunschliche  florieren.    Bari.  219,40; 
geflörerde  wip!    Demantin  130; 
n/id.  ein  giftig  vipernatter  lag 

bei  einer  standen  in  dem  gras, 

der  haut  gar  schön  gespreckelt  was 

von  grün  und  brauner  färb  gezieret, 

mit  gold  darunter  geflörieret.    H.  Sachs  II.  4,38*. 

FLORKAPPE,  f.  rica  tenuissima:  Louisgen  hatte  sich  mit 
einer  florkappe  vermummelt.  Leipz.  avant.  1,143.  Simpl.  3,754 
steht  florskappe.  u:as  tum  nl.  floers  stimmt,    vgl.  auch  nebelkappe. 

FLORKLEID,  n.  alle  die  schönen  formen,  die  ich  aus 
jedem  faltenschlag  ihres  florkleides  mir  abzog.  Tuüiijiel  3, 75 
tgl.  5,136. 

FLORLEINWAND,  /".  tela  suevica. 

FLORSCHLEIER,  m.  velum. 

FLORSCHÜRZE,  f 

FLORSEIDE,  f  kos  floretseide. 

FLORTifCH.  n. 

FLORVERHULLT,  squalidus,  trauernd. 

FLORWEBER,  m.  textor  panni  tenuis. 

FLOSKEL,  f.  flosculus  orationis,  poetische,  rednerische 
floskel :  es  ist  nur  eine  floskel,  eine  redensart.  auch  für  band: 
den  mädchen  seidne  floskeln  und  flügeldecken  für  die  pur- 
purfahne  des  maienbaums  abzubetteln.  J.  P.  biogr.  bei.  l,  131. 

FLOSSE,  f  pinna,  pl.  flössen,  floszfeder,  gebildet  von  flieszen, 
wie  gösse  von  gieszen,  das  voc.  1482  il*  kk5'  schreibt  flosz 
oder  vischfeder  und  Adelüsc  flösze  mit  langem  tocal,  doch  den 
kurzen  bewährt  mAd.  vlogen  :  gedoyen.  Arorie  972;  swaj  flogen 
unde  grät  hat.  Dieveb  284, 7.  aus  dem  wart  bestätigt  sich  der 
Zusammenhang  zwischen  flieszen  und  fliegen. 

nhd.  sie  sollen  ihn  nicht  haben, 
80  lang  die  flösse  hebet 
ein  fisch  auf  seinem  grund.    Nie.  Becker. 

bei  Pfeffel  4, 122  ßr  Schwimmhaut,     auch  kork  am  zugtielze. 
FLOSSIG,  pinnatus: 

und  die  schenket  gekrümmt  zum  flossigen  schweife  des  fisches. 

Voss. 

FLOSZ,  ablaut  von  flieszen,  der  pl.  lautet  nhd.  flössen. 
fehierhaß  geben  einzelne  dem  sg.  flösse: 

von  hohen  thurmen  flösse 

der  harfen  silberklang.    Fr.  Mclur  2,333. 

FLOSZ,  fn.  fiuxus  und  von  flusz  fluvius  unterschieden,  ahd. 
fld;,  flao;  (Graff  3,753),  mhd.  vlu;,  ich  kann  keine  sichere 
pluralformen  außreiben,  sondern  mutmasze  nur  den  nom.  alid. 
flöja,  mhd.  vloje,  gegenüber  dem  folgenden  fluj  ralis,  pl.  flöji, 
mhd.  vioeje.  fl6j  und  flu;  verhalten  sich  wie  fluius  (it.  flusso) 
und  fluvius,  jenes  scheint  mehr  einen  erfolgenden  ausflusz,  dieses 
das  stetige  fortflieszen  zu  bezeichnen. 

mhd.  so  s^re  da^  der  ougen  vlö; 

regenes  wis  ir  wät  begö;.    Greg.  8311; 

vonme  herzen  miner  ougen  vlöj.    Parz.  440,16; 

von  getouflen  bluotes  flöse 

und  von  den  werden  töten 

da;  velt  begunde  röten.    Wh.  431,10; 

DU  was  diu  vlie^e  und  dfir  t16s 

vor  der  schifbrucken  also  grö^.    Trist.  336,13; 

DU  was  der  vlöj  alse  gröj 

der  von  Urgänes  wunden  vlöj.    403,29; 

dfs  Rines  vlie^e  und  sin  vlö; 

Air  enist  an  keiner  stat  so  grö;.    4SS,  1; 

dar  n&h  bi  das  Rines  flö; 

lit  Colne  ein  stat,  diu  ist  vil  gröj.    Diut.  1,65; 


1819 


FLOSZ 


FLOSZ  — l'LOSZEN 


1820 


«5  (das  mare)  häl  von  rede  so  «iieu  vlöj.    Ir.  kr.  240; 

si  mahle  üi  kleinem  flöso 

wol  eiueii  uugelucgeu  se.    7436; 

Ir  leiden  hüs  penöj 

Jer  irehene  llö;         becot 

ir  beider  wcngel  do  vil  gar.    31S.  2,%*; 

sd  w.Tre  der  liebe  vlöj 

gevlojjen  wol  her  xe  mir.    GA.  1,474; 

das  'S'  ^"^^  reinen  toufes  flöj.    Bari.  81,7; 

swic  man  elliu  wai^er  sihl 

kereii  in  da?  nier  ir  vlöj.     155,31; 

swin  lebende^  in  der  werllc  lohet 

iu  wunneclichcm  vlöje  ej  sncbet.    234,16; 

das  ir  dekeinen  ruorle 

des  Wassers  vlöj  üf  dem  wege.    264,13; 

das  si  ungeraüel  blibc 

von  des  repens  vlöscn  „.>  ,, 

Wide  von  des  wiudes  slosen.    pass.  U.  iVl.b'l; 

das  nimanne  enpniwet 

voii  der  rcgene  vlöse 

noch  von  der  winde  slöse-  V"«*-  *.  54,22. 
in  der  vorklzten  sldle  wäre  ein  dal.  pi.,  wo  niclil,  wie  in  der 
letzten  sieht,  vlLtje  :  slüje  zu  ändern  oder  vlojnn  der  inf.  isl,  auch 
metdel  dis  passional  den  uinlaut  U)  und  vlujcn  könule  strcnj- 
mhd.  vlujjen  sein. 

ein  so  luiußges  wart  verschwindcl  nhd.  fast  ganz,  bis  auf  ein- 
zelne Verwendungen: 

der  du  schönes  kraut  trägst  um  die  reinen  flöszer  [backe) 
und  blumen  voller  zier.    Opitz  2, 157  (1,245), 

u-o  flöszer  für  flosze,  wie  dörncr  für  dorne  zu  nehmen,  in 
Schlesien  noc/i  heute  das  rotbe,  weiszc  llusz,  das  Kalkflosz, 
Miiliinosz  von  lachen,  neutral  (Weinhom)  22').  Ai.berus  hat 
llosz  rivus  und  'in  den  bornllös/ern',  brunnenrinnen,  bei  Weigand 
das  wellerauische  llosz  n.  slraszenrinne,  rinnstein,  aber  kurz,  ;>/. 
flösser.  Jon.  Geo.  .\cnicoLA  beschr.  des  hirsches.  Amberg  ItilT 
s.  20  von  bluttriefendem  hirschgeweih :  so  einen  groszen  flosz 
(eine  laclie)  zusanib  geblut.  in  Baiern:  das  kinti  hat  einen 
ganzen  flosz  {gleichsam  einen  bach)  aufm  bodcn  gniacbt.  Schm. 
1.592.  »ujl.  flüszelmacber,  ober  auc/»  flatscli  s/>.  1729.  rolurlsch 
flosz  für  suppe  (die  ausgegossene,  ausgeschüttete). 

FLOSZ,  m.  ratis,  ;»/.  flosze,  ahd.  flojl,  mhd.  floei^c,  auch  n. 
wtisth.  4,511;  nicht  das  ßieszende  wasser,  sondern  das  auf  ihm 
flieszcndc,  fortgeschiße  holz,  congeries  lignoruin,  qiiae  vulgariler 
UcEje  nuncupantur.  MB.  17,  7  {a.  1244),  sowol  ein  kleines  schif, 
als  die  auf  dem  wasser  liegenden,  durch  band  und  flccittwerk  der 
lange  nach  zusammenhängenden,  von  menschen  fortbewegten  baum- 
stämme,  homerisch  ax,t8ia  7io?.iSeaftos.  Serbanus  diction.  e8* 
verstellt  unter  crates  alles  was  geßochten  ist,  flosz  und  hurt. 

mfid.  nu  sach  er  üf  dem  wasser  sä  .^„  ,, 

fliesen  einen  kleinen  flös.     nigal.  102,  IZ; 
er  nam  den  flös  und  zöch  in  dan.    102,18; 
und  zöch  es  (das  ors)  an  den  flös  ze  baut.    168,29; 
ich  zug  als  leicht  an  ainera  sail 
wider  wasser  aiuen  Ilös-    Oitocah  23'. 

nlid.  meine  knechte  sollen  sie  {die  ccdern)  von  Libanon  bin- 
a!)bringen  ans  meer  und  wil  sie  in  flöszen  {dal.  pl.)  legen 
lassen  auf  dem  meer.  1  kön.  5,  0 ;  so  wollen  wir  das  holz 
Uawen  auf  dem  Libanon  und  wöllens  auf  flöszen  bringen  im 
meer  gen  Japho.  i  chron.  2,16;  ein  mensch,  der  in  allen 
Wollüsten  lebt,  ist  nicht  anders,  dann  wann  einer  allein  ein 
groszes  und  schweres  flosz  wider  den  starken  und  schnellen 
Strudel  des  wasscrs  hinauf  zeucht.  Hömgebs  narrenschif  82; 
da  machten  sie  flöszen  {für  flosze)  über  das  wasser  zu  stürmen, 
slünneten  auch  heftig.  Hennebercer  ;t.  landlafel  424; 

haim  meint  zu  faren  in  dem  fried 

auf  einem  zam  geschrenkien  flosz 

Ton  paumen  lang,  stark,  schwer  und  grosi  .  .  . 

Indem  ein  schwal  wasser»  herschosi 

und  schlug  lllissem  von  dem  flosz, 

das  raccr  ob  im  zusamen  schlug, 

mit  schwimmen  er  krefiigklich  zug 

zum  flosz  und  wider  darauf  sasz  .  ,  . 

alt  ^eptunu«  in  Zornes  grimmen 

noch  auf  dem  flosz  in  sach  umbschwimmen, 

■cbosi  er  ein  groszen  wasserstral 

auf  In,  und  »ein  flosz  uberal  ,  ..^t 

ton  einander  Kieng  gar  zudrümmerl.    II.  Sachs  1,149*; 

Vlisset  fclll  zwalnzg  bawmen  gros» 

daraus  er  machet  eitlen  flusz, 

darauf  Im  die  golliu  zu  dank 

gab  kleidung,  speis  und  das  gelrank  .  .  . 

(.\r;>(unu5l  der  macht  im  meer  ein  ungestümb, 

mit  wellen  grosz  trieb  er  in  limb, 

eudlich  den  flosz  im  gar  zcrtrüramert.    1,309'; 

bauen  OöM«  gelegt.    KLortTOci  llermanntcht.  3  «.  50; 


er  nur,  ringend  mit  noth  im  vielgebundenen  flosze 
komm  am  zwanzigsten  tag  in  Scberias  schollige  felder. 

Od.  5,33; 
die  du  im  flosz   mir  zu  fahren  gebeuut  durch  die  woge  des 

meeres.    5,174; 
auch  aus  seiner  grünen  wella 
steigt  der  schilfbekranzie  gell, 
walzt  den  schweren  flosz  zur  stelle 
auf  der  göuin  machtgebot.    Schillbr  56'; 
von  schüren  und  von  flöszen  wogt  der  ström. 

UllLANDS  Ijiäwif)  150. 

innn  verstelU  unter  flöszen  auch  ans  ufer  gelegte  tritle  und  höher 
zum  wasscrschiijifen  oder  ausladen  der  schiffe,  der  vocal  ist  immer 
lang  wie  in  schosz,  schoszcs  und  ein  fehler  zu  schreiben  flosses, 
ji/.  flösse,     in  flotz,  flotzes  {w.  m.  s.)  aber  wird  er  gekürzt. 

FLOSZ,  wi.  bergmännüch,  das  rohei.sen,  wie  es  in  eine  vor 
dem  ofen  befmdlidui  rinne  gelassen  wird:  wirf  den  brochen 
bafen  zum  fenster  aus  oder  deck  den  flosz  mit  eschen  zu, 
das  ist,  lasz  den  zorn  aus  sein.  Frank  cliron.  27'  {oder  ist 
hier  ttosz,  ßuxus,  larlw  gemeint?  die  deckende  asche  widerspricht) ; 
ich  habe  sehr  schöne  flösz  {amethysten?)  oder  durchsiclili^e 
querz  gesehen,  da  zihnstein  {zinnstein)  inne  geslaiuleii.  Ma- 
TiiEsius  29' ;  nun  setzet  man  allerlei  metall  den  erzen  im 
ofen  zu,  flösz  und  glet,  das  die  erzt  nicht  lang  im  ofen 
stehn.  97";  auf  der  andern  seilen  stehen  schöne  braune 
flösz,  die  man  behemischc  ametisten  nennet.  99";  genge, 
schiefer,  flosz  und  metal.  1502,317'.  es  ist  ßiissigcs,  in  ßusi 
gebrachtes  metall  gemeint,  und  dann  ein  glasartiger,  nicht  schmel- 
zender stein,  quarz,  genauere  bestimmung  musz  vorbehalten  bleiben, 
vgl.  flosze  2.  3. 

FLOSZ,  m.  fluxus,  das  alte  kartenspiel,  s.  flöszen. 

FLOSZAMT,  n.  praefeclura  lignationis  fluvialis. 

FLOSZANWEISEK,  «i.  scriba  rei  lignariae  ad  flunun. 

FLOSZAUGE,  n.  oculus  lacrimans. 

FLÖSZÄUGELN,  manare  oculis:  da  quillet  das  heisze  busz- 
wasser  aus  den  lloszauglenden  äugen.  OrnoOtO;  flösz;luglen 
fronnnc  eitern  über  ihrer  kinder  tod,  so  kommet  Jesus  und 
sagt,  weinet  nicht!  8S7;  Jesus  flöszaugelt  herzlich  über  die 
Stadt.  780  und  öfter;  sie  licszcn  die  kutsche  anspannen, 
setzten  sich  ihrer  drei  mit  dem  doctor,  der  zwar  flöszaugelte 
und  ieinc  Sachen  zusannnenrafte,  auf  und  fuhren  in  allei 
stille  ihrer  wege  fort.  ErrNEHS  ftnir.  doct.  584.     s.  floszelu. 

FLÖSZRACH,  «I.  auf  dem  holz  geflöszt  wird. 

FLOSZBAM),  n.  zur  fesligung  der  holzstdmme  des  floszes. 

FLOSZBAl  HOLZ,  n. 

FLOSZBAUM,  vi.  holzstamm,  der  geflöszt  wird. 

FLOSZKEAMTE,  m.  curator  lignationis  fluvialis. 

FLOSZBEDIENTE,  m. 

FLOSZBETf,  n.  ein  sdiwimmendes  flosz  bei  Wasserbauten. 

FLOSZBRÜCKE,  /".  gebildet  aus  flöszen. 

FLOSZBlirrER,  /■.  flüssige  scitmelzbutter. 

FL()SZ1)IENST,  «J.  Irohnc  beim  flöszen  des  holzes. 

FLOSZE,  f.  1)  lignatio  fluvialis,  auch  das  floszschif,  fährsdaf, 
was  flosz  m.,  nd.  flöte. 

2)  holzkaslen  in  der  ade  zum  waschen  des  seifengehirges  und 
absondern  des  zinnsteins. 

3)  sleinrinne  zur  sonderung  des  dorniciüs  vom  tinnstnn. 
FLOSZEISEIS,  n.  flüssige  eisenmasse  im  ofen. 
FLOSZEL,  H.  kleiner  flosz,  ausgusz. 
FLOSZELMACHEH,   m.   catulus  crebro  mingens.   Weindold 

seid.  wb.  22'. 

FLOSZELN,  manare  lacrimis,  floszäugeln:  Phiiippus  brauchte 
sich  der  wort  und  floszellen  ihm  die  äugen  (u'ürcn  nasz). 
Mei.anchthon  5,  743. 

FLOSZELN,  Tolwclsch  iningere,  mergcrt.  flosziel,  ertninU. 
Gencenbacii  307. 

FLÖSZEN,  flieszcn  matltcn,  mhd.  vlcejcn,  gebüdd  wte  scümjcn 
tt.  a.     nd.  flöten. 

1)  aus  etwas. 

m/i<J.  ein  wnsser  wirt  üz  rösen 

gebrennet  und  geflfpsot-    ''•  *''•  ■'**'; 

öl  Are  wftren  si  ('/!<■  furrrn)  mit  kuiisl 

gefloss'-ii  und  gefln'sel  (yi»<h?iu/;/).     1H>7:I; 

des  lä  von  dinre  brüste  worden  blanke  milch  gefta>set. 

nlul.    durch  f.hrislura,  der  nra  crnui  Ul  ghangen 
daran  er  hat  sein  blul  geflOs«  (^rr«<)y^^n). 

H.  Sachs  III.  2,  l»r. 

2)  in  etwa«,  iii.'cli7/<«rf,  einflöszen  (5;..  179).  die  nrinei  in  rinrn, 
in  die  keiile  flöszen  ^  sie  thm,  der  kehle  nnflöszen;  nnrm 
kinde  milch  in  den  muud  Uo»ien;  diute  in  die  fcdcr  flusicu; 


1821 


FLÖSZEN 


FLÖSZER— FLÖTE 


1822 


rnlid.  driaken  nam  diu  wise  dö, 

diu  listige  l<tinegin 

und  vlöjte  im  der  als  vil  in, 

bi;  da;  er  switzen  began.     Trist.  23S,  4. 
nhd.    und  gleicliwol  flöszt  in  ihre  brüst 

der  träge  kus  recht  jugendliche  lust.    Hacedors  2,  101; 

veitraun  und  sorge  flöszen  sie  zugleich 

in  meinen  geist,  der  gern  sich  unterwirft.    Göthe  9,212; 
allein  die  sonne  gieng  wieder 

berlicher  auf  als  je  und  flöszte  mir  muth  in  die  seele. 

40,25U; 

du  hast  durch  deine  küsse 

mir  gifl  ins  herz  geflnszt, 

das  hat  mir  die  entschlösse 

in  Sehnsucht  aufgelöst.    RBckert  3S7.  ges.  ged.  1,100; 
natürliche  liehe  und  Zärtlichkeit  flüszten  mir  diese  zeiien  in 
die  feder.  Beckers  icellg.  9,  66. 

3)  hin,  hinab,  weg,  nd.  dalflöten.  hinab flöszen  : 

du  {,wein)  floszest  die  spis.    Bratet  ISO",  3J*6, 

machst  dasz  sie  besser  rvlscht;  als  er  den  neugebachen  oster- 
fladen  zu  viel  mit  wein  hinab  geHöszt.  Kirchhof «pHd««»!.  237; 

kein  kleiner  raub,  ein  solch  geschöpf!  geschöpf? 

und  wessen?  doch  des  sclaven  nicht,  der  auf 

des  lebens  öden  Strand  den  block  gellöszt, 

und  sich  davon  gemacht?    Lessimg  2.333 

wie  gerne  mag  dein  träum  zerstieben 

von  deinem  kus  hinweg  geflöszt.    IU'ckert  220. 

4)  ganz  technisch  das  flöszen  des  holzes  oder  der  bausteine 
auf  fiüssen  und  strömen :  finden  etwan  vil  holz,  baun  holz  euer 
anders  auf  iren  gutem,  so  von  groszen  wässern  dahin  ge- 
flöszt werden.  Höniger  narrensdt.  73; 

der  weidlich  sich  bewegt,  sät,  ackert,  erntet,  drischt, 
gräbt,  pflanzet,  wässert,  walzt,  schwimmt,  rudert,  flöszt  und 
fischt.  Hacjidor!«  1,23; 
ans  Sachsen  wird  viel  holz  nach  Hamburg  gedüszel;  Zim- 
merholz, Scheitholz  flöszen.  aber  auch  bergm.,  so  findt  man 
in  den  auen,  so  zwischen  hohen  gebirgen  ligen,  vil  geschüb 
und  fletz,  so  die  siindflut  von  gengen  und  stücken  abge- 
stoszen  und  in  die  gründe  geflöszt  und  übereinander  ge- 
schoben hat.  Mathesiüs  2*. 

5)  flöszen,  abschwemmen,  abspülen,  ahiraschen:  man  sol  in 
(den  laitis  lasuli)  auch  vorher  weschen  und  flöszen  und  das 
am  boden  ligt  binschülten,  und  in  dann  geben  mit  violsyrup. 
fiERSiioRF  68.     oberd.  die  wasche  flöszen,  spülen,  flauen. 

ryl.  verflöszen,  zerfloszen  und  flötzen. 
FLÖSZEN.   ein  altes,   wie  es  scheint,  in  Frankreich  erfundnes 
und  schon  zur  zeit  Ludwig  XU  übliches  karlenspiel.     zuerst  unter 
uns  gedenkt  srin  Gengenbach  irh  gedieht  'der  welsch  flusz',  ico 
auch  der  ausdruck  flüszlis  spilen  vorkommt;   flnsz  üt  gleicln-iel 
mit  flosz,  fliiTus  und  flux  lautet  auch  die  franzüsu^che  benennung. 
Agricola  sfrichw.  329 :   'ich  gewinn  das  zusehen',    die  Deut- 
schen haben  ein  spiel,    das  heiszct  flöszen,  ist  zu  inen  aus 
andern  naiion  kommen,  hat  zwen  gewinn,  das  zusehen  und 
den    flosz.     der   flosz    ist  drei  blat  einer  färb,    das  zusehen 
zwei  gleiche,  zwo  zehne,  zwen  künige,  zwen  oberleute,  oder 
das    höchst   blat    ein  tausch  (a/.  rauscht,     wenn  nu  jemand 
diser  keins  gewinnet,  sondern  setzt  immer  ein,  der  sihel  zu 
wie  andere  gewinnen,  er  gewinnet  aber  nichts  denn  das  zu- 
sehen,   darumb  ist  das  zusehen  gewinnen,  ampbibolon,  ein- 
mal   für    ein    theil    des  spiels,    das  andennal  für  nichts  ge- 
winnen, sondern  aufsetzen  und  den  gewinnern  zusehen, 
es  hubens  ander  leut  am  lernen  verstau, 
dasz  die  vorsitzer  im  flöszen  ein  vortheil  han 
und  das  aufsehen  sei  im  spil  das  best, 
ist  nicht  gut,  dasz  man  einem  zu  vil  vorteil  Jeszt. 

Schade  mt.  u.  pnsq.  1,56; 
ich  sprach  in  ir  'so  wöll  wir  flöszen'.    H.  Sachs  1,518»; 
Dromo,  du  solt  der  tisch  warten, 
Echaw  das  da  sind  Würfel  und  karten, 
das  wir  iirabschanzen,  fluszen  und  bocken, 
bis  das  man  leut  die  fewrglocken.    JII.  3,70'; 
kan  auch  ein  spil.  heiszt  man  das  flnszen, 
drauf  tbei  ich  oft  den  ablasz  lösen.    V,  357'. 

bei  FiscHART  Garg.  lOl"  irird  unter  den  spielen  zu  allererst  ge- 
nannt 'der  flössen'  und  171'  heiszl  es:  nach  dem  nachlessen 
kamen  auf  den  plan  die  schöne  evangeli  von  holz,  das  ist 
voll.mf  prellspiel  oder  'das  schön  flössen'  esz,  dansz,  Iroi. 
/"•/  Harei.ais  beginnt  die  aufzählung  mit  joiier  au  flni.  am 
scidusz  des  ea})itels  entspricht  'le  l)e.iu  flux,  un,  deiix,  Irnis' 
iriederum  den  ausgehnbnen  deubchen  trorien,  nur  dasz  fitr  der 
flii-sen  gesHzt  ist  das  flössen,  flux,  flosz  und  fliiszli  müssen 
sich  aus  einer  genaueren  Schilderung  des  Spiels  erläutern,  die  auch 
aus  dem.  uas  Güoeke  zu  Gengenbach  $.  533.  534  beibringt,  nicht 
SU  entnehmen  ist. 


FLÖSZER,  m.  arbeiler  an  der  flösze,  flöszender.  Momes  zälsckr. 
9,427.     rgl.  breilflöszer  2,360. 

FLOSZERZ,  n.  alle  floszerz,  sie  seind  gelb,  weisz,  braun, 
blau,  grün  oder  grau,  item  kupferlasur,  kupfer  oder  barkgrün 
und  kiipferglas,  die  halten  eineslheils  auch  silber.  Erker  4*. 

FLOSZFEDER,  f.  pinna,  flösse,  /ischflosse:  fürbasz  bis  an 
den  bauch  giengen  floszfedem  zu  dem  schwimmen  geschickt. 
Steinhöwel  £sop  1497, ItO;  alles  was  floszfedern  und  schuppen 
hat  in  wassern,  im  meer  und  bechen,  solt  ir  essen.  3  Mvs. 
11,9.  5  Mos.  14,9;  und  der  engel  sprach  zu  im,  ergreif  in 
bei  den  floszfedem  und  zeuch  in  heraus.  Tob.  6,  4 ;  auf  den 
von  den  floszfedern  (den  flsdien)  geschlagenen  wellen  des 
sees.  J.  P.  biogr.  bei.  1, 132. 

FLOSZFITTICH,  m.  bei  Voss  einmal  für  floszfeder,  unpas- 
send, da  die  flössen  keinen  fittich  bilden. 

FLOSZFCHRER,  m.  ductor  ratis. 

FLOSZFCSZIG,  vinovs,  tcas  »lan  schwimmßszig  deutet: 
und  floszfüszige  robben  der  lieblichen  Ilalosydne 
ruhn  in  scharen  umher  den  graulichen  fluten  entstiegen 
herbe  gerüch  aushauchend  des  unergründlichen  meeres. 

Vd.  4,404. 

FLOSZGALLE,  f.  eine  krankiteit  des  pferdes,  nach  Rosev- 
zweic  s.  79  eine  weiche  geschwulsl  auf  der  seile  des  fusselknochens, 
halb  so  grosz  als  ein  taubenä,  ein  erblicher  fehler  und  schon  bei 
jährigen  fMen. 

mhd.  ejn  hat  niht  flöjgallen.    Eracl.  1327; 
hat  er  (der  voP  niht  flö^allen, 
muoj  er  uns  wol  gevallen.    heinh.  «.  314; 
vlöjgallen,  beinwahs  unde  spat, 
gebt  ej  alle?  hin  für  giiot.    Helbl.  7,746; 
nhd.  wann  ein  pferd  floszgallen  hat.  Sedier  289. 

FLOSZGÄRN,  n.  eine  art  fischernetz. 

FLOSZGEFIEDER,  n.  alle  thiere  mU  flössen. 

FLOSZGEHAU,  n.  wald^lelle  wo  floszholz  geschlagen  wird. 

FLOSZGERECHTIGKEIT,  f.  recht  in  einein  flusze  zu  flöszen. 

FLOSZGRARE,  m.  zum  holzflöszen. 

FLOSZHAKE,  m.  stange  mit  haken  heim  flöszen. 

FLOSZHART,  m.  rotwelsch  für  was.<ier. 

FLOSZHERR,  m.  eigenthümer  eines  floszes. 

FLOSZHOLZ.  n.  weislh.  4,511. 

FLOSZHCTER,  m.  aufsichter  beim  flöszen. 

FLÖSZIG,  fluens,  effluens- 

FLÖSZIGKEIT,  f.  evagatio:  flöszikeit  oder  ausschweifigkeit 
seiner  fanlnsien.  Keisersb.  irrig  schaf  73*. 

FLÖSZJl  NliE.  m.  beim  flöszen  bescIuJfligt. 

FLÜSZKNECHT,  m.  bildlich:  ganz  aufgeräumt  setzte  sich 
dieser  flöszknecht  so  vieler  thränen  und  abgehauener  bliilen- 
zweige.  die  er  darauf  hiuabschwimmen  liesz,  an  die  abend- 
tafel.  J.  P.  Tit.  3,  85. 

FLÖSZLLXG,  m.  pisäs  (jnnnalus),  «n  roltrelsches  wort.  Genceü- 
BACH  344.  367. 

FLOSZMANN.  m.  traductor,  überfurer.  roc.  14S2  i  l". 

FLOSZMFISTER,  m.  herr  jter  floszknechte. 

FLOSZMCLE,  /.  mala  natatilis.  die  auf  flösze  gelegt  ist :  hielt 
mich  anderthalb  jähr  in  einer  berühmten  flosziniije  auf.  Fei- 
setiburg  2.  398. 

FLÖSZORDNüNG,  f. 

FLOSZRECHEN,  ni.  ein  wehr  von  baumsUimmen  im  fliaz- 
«asser:  das  schelmendiiplicat  wurde  in  seinem  schnsse  und 
flusse  blosz  durch  einen  floszrechen  aufgehalten,  eine  alte 
seelenlreue  kammerjungfer  war  der  rechen. 

FLOSZRECFIT,  ti.  floszgerecläigkeit. 

FLOSZSCHEIT,  n. 

FLOSZSCHIF,  n.  scapha,  ahd.  flojscef.  Graft  6,456.  voe. 
14S2  i  f. 

FLOSZSCHREIBER,  m.  scriba  rei  lignariae. 

FLOSZTEICH,  »». 

FL()SZ\VASSER,  n.  zum  holzflöszen  benutztes  gewässer. 

FLOSZWEHR,  n.    s.  floszrechen. 

FLOSZZAPFE,  m.  in  Düringen  sol  man  in  ofnen  klüften 
solche  lange  floszzapfen  finden,  wie  ciszapfen.  Matbesil's 
1562.  267'.  meint  wieder  quarz,  der  zapfen  bildet,  den  eiszapfen 
ähnlich. 

FLÖTCHEN,  n.  kleine  fliie:  es  gehl  wie  ein  flölchen,  nnl. 
Iiet  gaat  als  een  fluilje. 

FLÖTE,  f.  1)  tibia,  mhd.  floile,  ü.  flanlo,  fr.  flftte,  nnl.  fluit, 
engl,  flule,  s.  flaute  o6eii  sp.  1738. 

mild,  von  trumben  und  von  vioiten  der  schal  wart  sA  gröz. 

Nih.  7.il,2; 
des  stimme  a!«  ein  n  ■<"'  mnr     kröne  I41f,5; 


1823 


FLÖTEN 


FLÖTEN  — FLÖTENIST 


1824 


nhd.  ihr  hofleut  seit  lustig  und  frisch 
mit  singen,  geigen  und  trumeten, 
schlagt  lauten  und  pfein  auf  den  fleten.    Atrbr  194'; 
bringt  uns  lauten,  geigen,  flöten, 
junger,  hole  das  regal, 
die  musik  kann  trauren  tddtcn. 
sie  zertreibt  der  sinnen  quäl.    Fleming  45G; 
die  hirten  preisen  dich  mit  hell^cstimmten  flöten. 

Grtphius  2, 3d4; 
dnim  hielt  er  erstlich  etwas  ein, 
und  liesz  hernach  die  flöte  schrein.    Göntrer  358; 
gesetzt,  dasz  ich  zugleich  in  seine  flöte  singe, 
wird  dies  wol  unrecht  sein?    Gellert  3,386; 
ihr  deutsche  musen,  nehmt  die  flöten, 
ich  biet  euch  einen  Wettstreit  an, 
die  liebe  macht  mich  zum  poetcn, 
ich  bin  nicht  mehr  eur  untenhan! 

Rost  im  taschenh.  f.  dichlpr  6,116; 
frisch,  nimm  die  flöte  her!  du  must  mir  etwas  fingern. 

schnferged.  147; 
und  was  mich  weiter  kränKt,  so  rühmt  sie  stets  Damöten, 
spiel  ich,  so  heiszts,  Damöt  der  spielt  recht  auf  der  flöten. 

DiscH  verm.  werke  467; 
drauf  liesz  ich  meine  flöte  schallen, 
da  sang  sie,  wol  nicht  unbemüht 
dem  flötenspieler  zu  gefallen, 
in  meine  flöt  ein  lied.    Glbik  an  Damotf 
im  gelispel  athmet,  flöten! 
leis  entschlummert  sinkt  das  haupt 
meiner  freundin,  das  zu  rötlien 
sich  ein  süszer  träum  erlaubt. 

BoiE  in  Jacobis  Iris  1810  s.  203; 
bei  dem  glänz  der  abendröthe 
pieng  ich  still  den  wald  entlang, 
Dämon  sasz  und  blies  die  flöte, 
dasz  es  von  dem  felsen  klang.    Götbx  1,22; 
bei  flöten  und  Schalmeien 
erneuert  sich  die  zeit.    1.129; 

der  knabe  schien  seine  flöle  versuchen  zu  wollen,  ein  in- 
strument  von  der  art,  das  man  sonst  die  sanfte  siisze  flute 
zu  nennen  pflegte,  sie  war  kurz  geschnäbelt,  wie  die  pfeifen. 
15,323; 

es  lächelt  der  see,  er  ladet  zum  bade, 
der  knabe  schlief  ein  am  grünen  gestade, 
da  hört  er  ein  klingen 
■wie  flöten  so  süsz.    Schiller  510'. 

die  flöte  besteht  aus  hinein  stück,  aus  drei  stücken, 

s.  feiuflüte,  holflüte,  Lirtenflöte,  querQöte,  robrflötc,  Irauer- 
flöte. 

2)  wie  tibia  röhr  und  röhre  ist,  aus  pipa,  pfeife  die  Vorstellung 
eines  Irinkmaszes,  Irinkgefaszes  sich  enlfallel,  drüclU  auch  in  der 
Volksprache  fr.  flute  und  unser  flute  ein  lan^s  trinkglas  aus. 
t.  flütenglas. 

FLÖTEN ,    libia   canere,    nd.    floiten,   fleilen,    fleitjcn,   nnl. 
fluiten,  sogar   mit   starker  biegung   floot,    gefloten,   was  in  der 
Schreibung  abstellt  ron  vliclen,  vioot,  gcvioton  fluere.     wie  pfeifen 
oß  von  vögeln,  sumal  der  naclUigall,  hin  und  wieder  tr.,  wie  singen, 
l)   nd.  etlike  floiteden,  etlike  sungen.    Rriuke  vos  6577; 
nhd.  und  die  hügel  umher  hörten  mein  flötend  lied. 
Klopstock  1,44; 
der  flötenden  nachtigall 
erflndungsvolle  seele.    1,113; 
die  nachtigall  flötet 
hochzeit.    2,112; 

aber  nun  sang  sie  auch,  wie  sie  nie  gesungen,  mein  Hebung 
flöhete  wehmut,  wie  sie 

gelber  als  mutter  nie  nicht  geflötet,  wenn  noch  die  feder 
flog  und  der  geier  vom  blute  noch  trof.    2,180; 
schmelzend  flötet  pbilomele 
tief  im  dunkeln  pappelhain.    Borger  3'; 
nachtigall  und  lerche  flöten 

minnelieder  über  euch  {blumen).    Schillir  anthol.  1782  s.94; 
säusle  nieder,  abendroth,  und  flöte 
sanft  in  Schlummer  die  erstorbne  weit.    0*; 
und  in  naher  waldung  lichten 
flötet  laut  ein  drosselchor.    Salis  123; 
drosseln  singt  in  leisen  chören, 
amtel  flöt  im  trauerhain. 
flötet  nur  gelaszne  klage, 
hemmt  der  trauertöne  lauf,    ebenda; 
freude  girret  im  forst,  flötet  im  blüienstrnuch. 
Matthisson  113; 
dumpfe  tranertöne  flöten 
ihre  lange  melodie.    I'lati*!  2; 


von  andnn  insirumenten,  wenn  tu  dn  fli4e  ähnlich  werden : 
Jeden  flötenden  violincnzug.  J.  V.  llenp.  2, 100. 

2)  redtnsarien.  c«  fliilct  (p/W/l)  durch  da«  Rchlünsellorh, 
10»  unhrimhrhrm  grrdusch  und  geflüürr.  nach  etwas  flrtlen, 
Irachlen,    nnl.    hij    lin-fi    al  lang  op  dat  niei^j«  gefloirn;    du 


magst  auf  deinem  daumen  flöten,  gij  kunt  op  uwen  duiin 
fluiten,  hilf  dir  so  gut  du  kannst,  'flöten  gehn',  verloren  gehn, 
schwinden,  dahin  tönen  in  die  luß.  wie  der  verhallende  laut  einer 
flöte,  heute  sehr  üblicli,  doch  nicht  vor  der  zweiten  hälfte  des 
18  jh.  aufzuweiten: 

du  liebe  zeit,  du  liebe  weit 

mit  deinen  raritaten, 

dein  hab  und  gut,  dein  rühm  und  geld 

geht  all  am  ende  flöten.    Uurmann  ged.  25; 

Karthago  nemlich  gieug  ihr  {der  Jmu)  nah, 

es  hatte  schütz  von  nnlheu, 

und  gieng,  wie  sie  im  voraus  sah 

durch  seine  (des  Aeneax)  enkel  flöten. 

i.  B.  Michaelis  })oe(.  tcerite  1780  1,98; 
mit  Kickeriki  dem  hauspropheten, 
des  köpf  sogar  dabei  gieng  flöten. 

Strügels  neuer  froschmeuseler  Cöln  1796; 
bei  RoiLEMiÄCKN  11,9  steht  das  woH  nicht;  so  oft  ich  (sagt  der 
flötenspieler)  auch  nachher  gieng  und  flötete,  das  geld  gieng 
aucii  flöten.  J,  P.  flegclj.  1804  1,162.  ein  nd.  spruch  lautet: 
de  de  moder  fo  fründe  hett,  geit  mit  de  dochtcr  floiicn 
{Frommann  4,144)  d.  i.  trägt  die  tochter  davon,  fährt  die  lochler 
weg,  erlangt  die  braut,  wie  es  bei  Simrock  10340  anrfers  ausge- 
drückt heiszt:  wer  die  tochter  haben  will,  halt  es  mit  der 
multer  [stehe  sich  zuvor  gut  mit  der  mutter).  diesem  flöten 
gehen  gleicht,  dasz  man  sagt  fortgeblasen,  weggeblasen  werden, 
die  treue  ist  durch  ein  jiigerhorn  aus  der  weit  geblasen  worden. 
verloren  gegangen.  Weigand  1,  [\:,i  hält  hinzu  das  jüdischdetUsche 
pleite  gehn  sich  furlrnacken,  in  der  gaunersprache  bedeutet  biete 
(plüthe)  holchen  durchgehn,  biete  scheften  verschwunden  sein, 
andere  dachten  ans  nl.  pleiten  gaan,  ror  gerichl  gehn,  procex- 
sieren  und  verderben,  diesen  fremden  redensarten  opfert  man 
doch  ungern  die  natürlich  scheinende  und  scliöncre  deulung  aus 
dem  sich  verlierenden  flölenlaut.  der  ausdruck  hat  uns  freilich 
einen  gemeinen  beischmack  und  es  ist  auffallend,  dasz  er  niciU 
früher  verwandt  wird,  nie  aber  wird  bieten,  pleten  gesagt,  son- 
dei-n  flöten  immer  nach  dem  instrument. 

3)  nach  flöte  2  ist  flöten  auch  zeclien,  fr.  flöter:  il  aime  ä 
nöter.     vgl.  pfeifen  und  auspfeifen. 

FLÖTEN.\NSATZ,  m.  modus  applicandi  labiLs  tUiiam:  wir 
sagten  iiim  früher  selber,  er  blase  sein  leben  gern  auf  einer 
barm  oder  trauerflöte  ab,  und  ein  harnizusalz  sei  ihm  ein 
lieber  neuer  flötenansatz.  J.  P.  körnet  3,223;  und  warf  allen 
Passagiers  durch  flötenansiitze  concertansätze  entgegen,  flegelj. 
1,53.. 

FLOTENBAüM,  m.  philadelphus  coronarius,  pfeifenbaum,  nnl. 
fluilenboom.  wilder  jasmin. 

FLÜTENBEGLEITUiNG,  f.  Klolildens  stimme  konnte  die 
flötenbegleitung  des  äuszern  regengelispels  sein.  J.  P.  Hesp. 
1,117. 

FLÖTENBLÄSER,  m.  tibicen: 

ihm  versetzte  drauf  der  flötenbläser.     Platen  325*. 
FLÖTENBOHREB,  m.  zum  ausbohren  der  flöten. 
FLÖTE.NDUDELEI,  f.    wenn   uns   nur  Eduard  mit  seiner 
flötendudelei  verschonte.  Güthe  17, 145. 

FLÖTEN  KUTTER,  n.  tlieca  libiae,  engl,  nutccasc. 
FLÖTE.NGESANG,  m.     wer    wird   von    der   iiebegirrenden 
taube  oder  von  der  schmachtenden  nachtigall  den  aufschwung 
des  adicrs  oder  den  flötengcsang  der  lerche  begehren  ?  Herdkr  ; 
besser,  besser,  mein  söhn!    du  must  brüllen,  das/,  die  erde 
sich   unter  mir   auflhun,   der   liinunel  sich  auf  mich  herab- 
stürzen möclite.   jetzt  ist  mir  dein  schrein  nur  noch  niiitn- 
gesang.  H.  L.  Wagner  die  reue  nach  der  ÜuU  139. 
FLÖTENGESÄUSEL,  n. 
sanit  plätschert  um  sie  die  melodische  flut  und  es  hebt  sich 
flutcugesäusci.    1'latkn  25!t. 
FLÖTENGETÜN,  n. 
0  schönste,  lispelt  er,  mit  schmachtendem  flölengctön. 

WiKI.ANO. 

FLÖTENGLAS,  n.  scfimales  champagneriiliui:  zweimal  mu-ite 
ich    geschwind    hintereinander    diu    ijüteiiglüser  rriiie  heruia 
füllen,   um    dem   tubcndeu   schäume  seiueu  willen  zu  thuii. 
TllDlIsiEL  4,257. 
Ki/»TENHALL,  m. 

Kuterpes  flötnnliall.    Rchplir  von  Löwinhalt  M. 
FLÖTENHAUCH.  m. 
wie  der  nnrhhnll  eines  flöienhauchei.    Tkdoi  elegien  l,MI; 

wenn  Ihr  gesnng 
wie  junger  went  nni  niscnstraurhe 
der  Iiarfe  folgt  mit  flulenhauche.    Siuai. 

FLÖTENIST,  ro.  ftütens}.iflor. 


1S25 


FLÖTENKLAGE  — PLOTT 


PLOTT— FLÖTZEN 


1826 


FLÖTENKLAGE,  f.  die  llötenklagen  stiegen  von  dem  festen 
grabe  auf  in  das  abendroth.  J.  P.  Hvsp.  3,  253  ;  als  die  flüten- 
klagen   des   blinden   aus   dem  einsamen  hause  in  die  nacht 
auszogen.  1.  273. 
FLÖTENKLA.NG,  m. 

horch!  flöteoklaDg!  liebesgesangl    Göthe  47,61. 
FLÖTENLAUT,  m.  ihre  anfangs  muntern  töne  giengen  nach 
und  nach  in  immer  rübrendere  noten,  immer  schmelzendem 
flotenlaut  über.  TbCxjiel  5,  240 ;  es  wird  gleich  flötenlaut  in 
deine  obren  schleichen.  Kli.vger  2. 399. 
FLÖTENMACHER,  m.  engl,  flutemaker. 
FLÖTENMELODIE,  f. 

er,  welcher  Döleiimelodie 

der  lerrh  und  nacbtigall  verlieh.    Bcsckr  37\ 

FLÖTENPFEIFE,  f.  in  der  orgel,  openpipe. 

FLÖTENREGISTER,  n.  :ug  von  ßüUnpfeifen. 

FLÖTENSCHALL,  tn.  uns  rührt  nicht  gesang,  uns  rührt 
nicht  flütenschall.  Klinger  2, 237. 

FLÖTENSCHULE,  f.  uiUerridU  im  flötenspiel,  bildlich,  er 
dankt  gott,  wenn  der  bof  eben  eine  gute  flötenschule  ist 
(«0  alles  freundlich  ergehl).  J.  P.  dämm.  98. 

FLÖTENSPIF.L,  n.  caiUus  libiarum. 

FLÖTENSPIELER,  «i.  libicen,  engl,  fluteplayer. 

FLÖTE.NSPIELERIN.  f.  libicina:  die  nacht  mit  einer  tän- 
zerin  oder  flolenspielerin  zubringen.  Wielaxd. 

FLÖTENSPIELERISCH,  llötenspielerische  dinge.  Claudios 
5,  79. 

FLÖTENSTIMME,  f.  Kollanlende,  liebliche. 

FLÖTENSTOCK,  m.  engl,  flutestick. 

FLÖTENSTROM,  m.  und  die  trunknen  seelen  stürzten  sich 
aus  wonne  von  den  uferblumen  in  den  flötenstrom.  J.  F. 
unsichtb.  löge  3.  S9. 

FLÖTENSTCCK,  n.  flöteitlied:  die  QöteDstücke  der  stuben- 
uhr.  J.  P.  TU.  1, 145. 

FLÖTENTANZ,  m. 

und  mancher  abend  flocht  durch  leichte  flötentänze 
sich  in  die  mitternacht  hinein.    GöuxcK  3, 48. 

FLÖTENTON,  m.    Bürger  72'. 
FLÖTENUHR.  f.  uhr  7nit  flölenspiel,  engl,  fluteclock. 
FLÖTEN  WERK,  n.  roces  molliores:  dann  fiengen  vom  mor- 
genwinde    angeregt   alle   register  der  groszen  wesenorgel  zu 
geben   an   und  vor  seinen  obren  schrie  das  flötenwerk  der 
Vögel.  J.  P.  Hesp.  3,  204. 

FLÖTENWIND,  m.  er  hörte  seinen  söhn  flöte  spielen, 
wodurch  er  bis  aufs  innerste  seines  herzens  berührt  wurde 
und  sprach:  der  flütenwind  hat  feuer  in  meinem  herzen  auf- 
geblasen, pers.  baumg.  3,  22. 

FLÖTENZUG,  m.  tox  libiae,  engl,  flutestop  in  organs: 
werde  ilötenzug  o  zitier, 
töne  süsz,  wie  nach  gewitter 
philomel,  umfacht  von  blütenduftl    Schäidt  von  W.  215. 

FLÖTER.  Hl.  tibicen.  Stieler  520.    flöuter.  Maalek  13S' 

FLÖTERIN,  /.  libicina. 

FLÖTSEIDE,  f.  floretseide:  es  geschieht  auch  oft,  dasz  die 
fäden  abbrechen,  weil  der  Seidenspinner  oder  haspler,  indem 
er  die  häuslein  ins  wasser  wirft,  nicht  beobachtet,  ob  die 
Dötseiden  wol  mit  dem  besen  abgenommen  sei  oder  nicht. 
Hohberg  2,  431*. 

FLOTT,  nalans,  nnl.  viot  und  ico/  daher  entldinl,  engl.  aOoat, 
Doaty.  fr.  k  flot.  noch  nicht  bei  Stieler,  «ol  aber  bei  Frisch 
1, 2S0'  und  .\delcng. 

1)  im  eigentlichen  sinn:  das  schif  ist,  wird  flott,  ein  schif 
flott  machen,  tn  gang  bringen,  blieb  ich  im  Texel  plötzlich 
und  unverhoft  mit  meinem  schiffe  auf  einer  gefahrlichen  Sand- 
bank sitzen  und  meinem  bruder  wäre  es  bei  einer  haare 
eben  also  gegangen,  allein  ihm  wurde  noch  in  der  geschwin- 
digkeit  geholfen,  dasz  er  flott  ward,  ich  aber  muste  drei 
ganzer  tage  und  näcbte  pausieren,  ehe  mir  geholfen  und  ich 
wieder  flott  gemacht  werden  konte.  Felsenburg  4,  48. 

2)  figürlich,  frei,  leiclU,  los,  lustig:  ja,  ja,  bei  ihrer  hoch- 
leit.  da  giengs  flott.  Weisze  kom.  opem  3, 176 ;  wie  göttlich 
schön  dir  das  derangierte  haar  läszl,  mein  liebchen  I  kann 
mich  nicht  sali  an  dir  sehn,  die  zöpfe  so  flott!  H.  L.  Wagners 
kindermOrderin  11;  jede  Jungfrau  glaubt  ihre  empfindungen 
flott  werden  zu  sehn  und  die  geheime  geschicble  ihres  ge- 
fiibls  zu  hören.  TuCmjiel  3,110; 

Mephutophetes.  kommt!  wie  der  herr  gebieten  läszt 
und  mor?en  gibt  ein  iTotienrest. 
die  drei,    der  alte  herr  erapfieng  uns  schlecht, 

ein  flottes  fest  ist  uns  zu  recht.    Gön»  41,306. 
lü. 


meinst  du,  man  hab  uns  ohne  grund 
heute  die  doppelte  löhnung  gegeben, 
nur,  dasz  wir  flott  und  lustig  leben?    Schiller  320*; 
flott  will  ich  leben  und  müszig  gehn, 

alle   tage  was   neues  sehn.    322",   ico  das  leort   'leben'  fehlt, 
Uelsics  atisg.  des  Wallenstein  s.  65  hat  es  nach 
der  ersten  hergestellt ; 
zur  kunstbeschauiing  der  antiken 

ward  meines  geistes  äuge  flott,    ilatlhisson  im  vetlgesang; 
ich  möcht  euch  süsze  dinge  sagen, 
doch  wird  mir  kein  gedanke  flott.    Plate;«  65"; 
sonst  wird  noch  eure  poesie  so  frei ,  so  burschikos  und  flott, 
bis  endlich  ganz  Europa  ruft :  ihr  Deutseben  seid  ein  kinder- 

spott.    292*.     . 
studentisch,  ein  flottes  haus,  flott  trinken,     nnl.  het  gaat  nog 
niet  vlot  genoeg. 

FLOTT,  m.  cremor  laclis,  sahne,  rahm,  schmand: 

der  trank  der  Levante  mit  dem  berlichsten  flott. 

ZacuibiI  1,32S.  ^ 

vakrsdiänlich  aeil  das  fett  auf  der  milch  oben  sdiunmmt. 

FLOTTE,  f.  i)  classis,  it.  flotta,  fr.  flotte,  nnl.  vioot,  altn.  floti, 
sehw.  flotta,  dän.  flaade.  das  ags.  flota  ist  nur  naiis,  nicht 
classis.  noch  nicht  bei  Dastp.,  Frisiüs,  Maaler,  Henisch,  ico 
immer  umschrieben  wird  'ein  häufen  schiS'e',  xuerü  hat  Schöss- 
leder (1618)  ein  flolt  classis,  dann  auch  DcEz  (1664)  430*  flotte, 
eine  flotte  ausrüsten ;  die  flotte  ist  aus  oder  eingelaufen ;  die 
unübenvindliche  flotte; 

ich  verlor  ihm  eine  flotte, 
wie  keine  nocb  im  meer  erschien.    Schiller  275'; 

andre  briefe  melden, 
dasz  eine  flotte  Solimans  bereits 
von  Rbodus  ausgelaufen.    304*; 
(gott),  der  du  die  ganze  flotte 
der  weiten  in  dem  ocean 
der  Schöpfung  führst.    Gökitcgk  1,200. 

2)  flotte,  bei  den  färbem  die  ia  der  in^ügoküpe  ol'ea  auf- 
schwimmende brühe. 

FLOTTENBEZWINGER,  m.  perdüor  dassium: 
was?  wann  der  trotzige  Hector  sich  hub  aus  .Andromaches  lager, 

waren  die  schiS'e  Myceus  nicht  vor  dem  kämpfe  besorgt? 
flottenbezwinger  war  erundmaureuzertrümmerer  jener  (IcftiWcij. 
Voss  Propert  III.  22,33. 

FLOTTENFCHRER,  m.  dux  dassis. 

FLOTTERN.  flattern,  flodem:  der  polei  wächst  gemeiniglich 
an  feuchten  auen,  wiesen  und  Wäldern,  flottert  hin  und  wieder. 
Hohberg  HL  1,  557*. 

FLOTTGRAS,  n.  fesluca  fluitans,  hochdeutscher  floszgras. 

FLOTZ,  m.  n.  ralis,  für  flosz.  tz  für  sz  (=  j)  entspringt 
eigentlich  aus  nachfolgendem  i,  irie  in  setzen  (satjan),  netz  (nati) 
ti.  0.  m.  sichtbar  ist,  wegen  länge  des  ö  richtiger  flöz  {wie  geiz, 
heizen)  zu  schreiben,  man  darf  alle  flotz  auf  an  umlautendes 
flötz  zurückführen,  aus  dem  sidi  der  umlaut  wieder  verlor,  flotz 
schedia,  ralis.  Dastp.  205*.  329*.  Frisios  1118*.  Maaler  138*. 
Frischli.x  nomencl.  460;  schlof  unter  den  flotz,  sasz  auf  den 
flotz.  Garg.  178*;  wanderten  mit  mir  dem  geslatt  des  meers 
zu,  allwo  sie  ein  wunderbarlichs  flotz  stehen  halten  mit  einem 
segel,  auch  binden  und  fornen  mit  einem  Steuerruder  ver- 
sehen. Simpl.  1019;  sobald  sie  mich  auf  das  flotz  brachten. 
1020. 1021.  später  auch  f. :  während  eine  kühne  flotz  mir  ent- 
gegen ruderte.  Helnse  an  Gläm  1, 426,  offenbar  für  flötze.  am 
Rhein  hört  man  Iteule  bald  flosz,  bald  flotz  n.^  ine  ^i  kiusz 
und  klotz  spalten. 

FLÖTZ  für  fletz,  lager,  Stratum  s.  oben  sp.  1772 

FLÖTZ.\RTIG,  in  modum  strati:  zu  den  vor  drei  hundert 
jähren  gestifteten  anfangen  hatte  sich  nach  und  nach  eine 
bedeutende  zahl  von  büchersammlungen,  nicht  weniger  ein- 
zelne bücber  auf  manigfaltige  weise  gehäuft,  dasz  sie  flölz- 
artig  .  .  .  über  und  nebeneinander  gelagert  standen.  Goths 
32, 118.     s.  flölzweise. 

FLÖTZE,  f.  ratis.  Stieler  515. 

FLÖTZE.N,  was  flöszeu:  und  die  tropfen  flötzen  die  erden 
weg.  Hiob  14,  t9 ;  so  ein  grosz  ungewitter,  dasz  es  vil  dörfer, 
Schlösser  und  grosz  beum  hinschwemmel,  wekfüret,  hinrisz 
und  flülzet.  Fr.a.nk  cÄron.  231* ;  und  Wechsel  dasselb  (die  rinde 
der  Siechpalme)  gcstoszen  in  einem  flieszenden  wasser,  so  flötzt 
das  wasser  die  kleine  hoizspreisziing  hinweg.  Bocs  kräuter- 
buch  845;  hört  er  übel  an  beiden  obren,  so  soll  man  dis 
wasser  in  dasjenige  ohr  einUölzen,  welches  umb  etwas  besser 
höret  und  sich  auf  das  andre  legen.  889; 
auch  die  Sternen  weinend  kamen, 

flOtzten  ab  all  ihren  schein, 
schein  und  ihränon  flössen  sammen 

recht  zum  blauen  feld  hinein.    Spkk  truitn.  215; 

115 


18-27 


PLÖTZER  — FLUCn 


FLUCH— FLUCUEN 


182S 


es  würblet  und  mürmlel  die  lisplende  quell 

aus  wisplender  zcll, 
sie  netzet  und  Dötzet  mit  wunderanschauen.    Abele  5,69; 
flöszen   oder   flölzcn,  hols   auf  dem   wasscr  forttreiben  lassen. 
Heppe  wolredender  Jäger  125. 

FLÖTZER,  ni.  «n  Schwaben  noch  heule  der  die  lamjen  ßuszc 
den  A'ecAar  und  Rhein  hinab  nach  ?liederland  teilet,  ein  rauher, 
starker  menschenschlag.  harzer  und  flötzer  im  Schwarzwald. 
Fischart  groszm.  71;  galleenknecht,  flützcr.  94. 

FLÖTZGEBIRGE,  n.  montes  slratis  terrae  el  saxorum  con- 
slantes. 

FLOTZGEN,  volUare: 
dann  mein  herz  gleichsam  schaudert,  frfist, 
vor  forcht,  hofnung,  freud  und  mut 

es  flotzgen,  ragen  und  Lüpfen  thut.    Frischlim  Susanna  455. 
FLÖTZLAGE, /".  Stratum  montanum:  die  flölzlagen  des  nörd- 
lichen Deulsihlands.  Göthe  51,185. 
FLÖTZS.\NDSTEIN,  m. 

FLÖTZWEISE,  wie  flötzartig:  wir  entdeckten  zuletzt  in  einer 
kaninicr  sännntliche  familieubilder,  üützweise  über  einander 
geschichtet.  Götue  43,  296. 

FLLCH,  »I.  exsccratio,   imprecalio,   malediclim,    ahd.  fluoch, 
mhd.  vluoch.    alls.  fluoc,    nd.  flok,   nnl.  vlock.      mangelt  golh. 
ags.  en^.  altn.  schw.  dän.,   worüber  mehr   beim  verbum.      man 
sa^   ein   schwerer,   harter,   bitterer,   tiefer,    herzlicher  fluch 
und  dem  fluch,  der  ferwütischung  steht  der  wünsch,  der  segen, 
detn   verwünschen,    devowre   das   wünschen,    vovere   gegenüber, 
ein    heiles  wünsch,    wie  bei  Walther  18,  25—28  scUieszl  das- 
selbe ein,  was  der  fluchende  wünsch  im  LS.  2, 423 /f.  abspiitht.^ 
merkwürdig  ist  Frauenlobs  ausdruck  'Aus  vluoches  herter  kisel' 
MSH.  2.  339*.    Eltm.  s.  5    und  gleichsam    anklingend   an   fluoh 
rupes,   dessen   h  sich   doch   vom   ch  in  fluch  abkehrt,      in  einer 
andern   stelle  Frauenlobs  Etlm.  s.  221    heiszt   es  'von  vluoches 
slihte'.     fluche  steigen  auf  in  die  höhe,  fliegen  (sp.  1784,1), 
schweben  und  senken  sich  nieder  {mythol.  s.  1177),  entschlüpfen, 
entwischen,  folgen,  verfolgen,  sie  kleben  und  ruhen  auf  einem, 
da  von  ouch  ime  der  vluoch  bekleip.    lUupi  5,516; 
dem  muos  der  fluoch  bekliben.    5,550; 
der  fluoch  klebet  nieraer  an, 
wan  der  sla-te  daran  beslät.    8,187; 
sollen  alle  flöeche  kleben, 
so  möhten  lützel  liute  leben.    Freid.  130,12; 
d?n  fluoh  solt  du  fore  hän.    Diesikr  9,20; 
mit  fluoche  vol  mej?en.    Walth.  11,15; 
zwßne  herzeliche  üüeche  kan  ich.    73,30 
herre,  waj  si  flüeche  liden  sol.    73,5; 
der  müese  unsern  fluoch  hän.    o.  Heinr.  508; 
swie  Vit  si  flüeche  unde  bete 
unde  ouch  schelteus  gelete.    1333; 
ir  heiles  pan,  ir  sselden  fluoch!    Part.  316,11; 

nhd.  so  möchte  vielleicht  mein  vater  mich  begreifen  und 
brcchte  über  mich  einen  fluch  und  nicht  einen  segen.  da 
sprach  seine  multer,  der  fluch  sei  auf  mir,  mein  son.  1  Mos. 
Tl.  12.  13;  vvenn  eine  sele  sundigen  würde,  das  er  einen  fluch 
höret  und  er  des  zeuge  ist.  3  Mos.  5,1;  der  herr  setze  dich 
zum  fluch  und  zum  schwur  unter  deinem  volk.  i  Mos.  5,21; 
sihe  ich  lege  euch  heute  für  den  segen  und  den  fluch.  5  Mos. 
11,26;  und  wandelt  dir  den  fluch  in  den  segen.  23,5;  dar- 
nach liesz  er  ausrufen  alle  wort  des  gesetzes  vom  segen  und 
fluch.  Jos.  8,34:  und  kam  über  sie  der  fluch  Jotham.  rieht. 
9,  57 ;  denn  ich  liesz  meinen  mund  nicht  sündigen,  das  er 
wündschete  einen  fluch  seiner  {des  feindes)  scelen.  //io6  31,30; 
und  er  wolle  den  fluch  haben,  der  wird  im  auch  komcn, 
er  wüit  de«  segens  nicht,  so  wird  er  auch  ferne  von  im 
bleiben,  und  zoch  an  den  fluch,  wie  sein  hemd  {vulg.  cl 
induit  malediciioncm  sicut  vestimentum)  und  ist  in  sein  in- 
wendiges gangen  wie  wasser  und  wie  öle  in  sein  gebeine. 
ps.  109,17.18;  darum  frisset  der  fluch  das  land.  Es.  24,6; 
denn  des  valers  segen  bawet  den  kindern  hcuser,  aber  der 
mutler  fluch  reiszet  sie  nider.  Sir.  3,11;  wir  sind  stcis  aU 
ein  fluch  der  weit.  1  Cor.  4,13;  denn  die  mit  de»  gesetzes 
werken  umbgebn,  die  sind  unter  dem  fluch.  Cal.  3, 10 ;  Christus 
aber  hat  uns  erlöset  von  dem  fluch  de«  gesetzes,  da  er  ward 
ein  fluch  für  nn«.  S,  13; 

!<n  durch  lang  bet  erhört, 
-km, 
l.el  liir, 
JaiUufth  iu  Uci  lluili  »uibs  vor  der  tfir. 

liiMAi.1  kuiiwilig  getiiräch  152C.  UdS; 

•  11  Oücb  fi«  bbcr  mich  bat  gfelt.    Uauft  3,202; 


arbeit  ist  der  sünde  fluch,    solte  Tiger  viel  sich  mühen, 
wünl  er  auf  sich  viel  verdacht  eines  groszen  sonders  ziehen. 
LOGAU  3,44,26; 

schickt  ihr  mir  die  drei  nicht  wieder, 

leg  ich  schon  den  fluch  d;irauf.    Gü^THER  911; 

mehr  sogen  und  gedeihen, 
als  fluche  mir  aniizi  auf  nieiiien  buckel  schneien.    1039; 
er  faszte,  lowen  gleich,  den  allsten  hei  den  haaren, 
sah  laut  frohlockend  ihm  in  sein  crblaszt  gesiebt 
und  stürmte  fluch  um  fluch,    sein  winseln  rüiirt  ihn  nicht. 
Weisze  Iraucrsp.  1,216; 

0,  der  fluch,  den  du  fluchst,  der  wird  dich  selber  ergreifen, 
du  ciilsetzlichcr  mann.  Klopstock; 

fluch  gesprochen  sei  dem  erben, 
der  uns  von  einander  reiszl!    Uübcer  38'; 

ein  heimlicher  fluch  auf  mich  selbst  entwischte  mir  in  einer 
art  von  wulh.  Mosers  werke  3,37;  so  wird  dich  doch  dein 
böses  gewissen  und  mein  fluch  verfolgen.  THtsisiEis  Wilhcl- 
mine  79 ;  seine  donnernden  fluche  flogen  in  der  küche  herum. 
94;  fragt  die  natur,  sie  wird  euch  mit  dem  strengsten  finger 
zeigen,  worüber  sie  ewig  und  unwiderruflich  ihren  fluch  aus- 
spricht. Unfruchtbarkeit,  kümmerliches  dasein,  frühzeitiges 
zerfallen,  das  sind  ihre  fluche,  die  kcnnzeichen  ihrer  strenge, 
in  der  stille  des  klosters  und  im  geränsche  der  weit  sind 
tausend  handlungen  geheiligt  und  geehrt,  auf  denen  ihr  fluch 
ruht.  Göthe  20,  267.  268;  wir  fliehen!  'und  der  fluch  deines 
Vaters  uns  nach?  ein  fluch,  den  auch  mörder  nie  ohne  er- 
hörung aussprechen,  den  die  räche  des  hiinmels  auch  dem 
dieb  auf  dem  rade  hält'.  Schiller  198*;  da  warf  ich  ihm 
lucinen  fluch  in  den  hart.  Freitag  braulf  88; 

0  fluch  der  könige,  der  ihren  werten 

das  fürchterliche  leben  gibt.    403'; 

auf  unserm  hause  liegt  der  fluch  des  bimmels.    386»; 
icli  verbanne  dich 

aus  unsrer  heiigen  kirche  muuerschosz 

und  übergebe  dich  dem  ewgen  fluch.     Uhlakds  hrnst  38; 

und  unter  fluchen  krachet  mein  genick.    39; 

der  priester  höbe  dräuend  seine  band 

und  spräche  fluch  statt  segen  über  uns.    48; 

wer  solchen  fluch  getragen  hat  wie  ich, 

der  bleibt  von  acht  und  banustrahi  ungcschreckt.    92. 

Sprüche:  ungerechter  fluch  trift  nicht,    fluch  ruht  auf  betrug. 
oß  im  ausruf  und  mit  dem  von  fluchen  abliängigen  dativ: 
0  fluch  dem  tag,  da  dieses  landes  koste 
gastfreundlich  diese  Helena  cmpüeng!    Schiller  406  ; 
fluch  über  diese  reise!    337'; 

fluch  dir!  fluch  über  dich!  fluch  über  weiberlist!    405». 
es   ist   lehrreich  die  ßfiche  aller  zeilen  und  Völker  zu  veigleichen, 
worauf  doch  hier  nicht  kann  eingegangen  werden,     einiijes  wurde 
schon  mythol.  1173.  1176. 1177  berührt,     fuhrmanns  fluch.  Philand. 
2, 345. 

FLUCHABWENDER,  m. 
FLUCHBEFREIT, 
heil  mir  und  heil  der  fluchbefreiten  Stadt!    Schiller  .  .  . 

FLUCH BELADEN, 

die  fluchheladne  fackel  dieses  kriegs.    Schiller  342  ; 
und  jetzt,  da  wir  die  schwere  wafl^enarbeit, 
die  undankbare,  fluchbeladene  gelban.    382*; 

ihm,  dem  feinde 
der  kirche,  dem  verslosznen.  fluchbeladenen. 

l'nciNDS  Ludwig  270. 
FLUCHDÄMON,  m.  verwünsdäer  getst. 
über  Moses  leichnam  stritten 
selige  mit  flucbdämonen.    Göthe  4,  371. 

FLUCHEN,  malediccre,  itnprecari,  ein  worl,  dessen  form  noch 
nicht  gehörig  auseinander  gesetzt  iä.  zwar  herscht  schon  alid.  du 
schwache  vor  fluochön  fluochöta,  und  mhd.  nhd.  yiU  keine  an- 
dere, vluochen  vluochete,  fluchen  fluchte,  allein  ahd.  /./,!>7i 
die  '  particijiia  erfluahhaii ,  farflunhhan  malignus,  m.iA  .i.i.^ 
(Grakf  3,760),  dasz  ein  starkes  fluochau  bestand,  dessen  ;iu,;. 
nicht  anders  als  fliah,  flieh  gelauld  haben  kann,  drs^ilrulnn 
läszt  das  alts.  farflöcan  maledictus  IM.  135. 7  ztaücknUlieizcn  auf 
flökan  atk,  eben  in  der  formet  farfluiichan,  farflöcan  maledictus 
halle  sich  die  ursprüngliche  wortgeslall  .<itatt  des  sixilcien  faifluochül. 
farflocöd  bewahrt,  fiiin  i.W  auch  nnl.  vlocken  vioekle  mgedrungen, 
doch  begegnet  «in/,  das  wichtige  vlicc: 

sl  vlicc  haer  sciven  ende  den 

WiiLtv  10.5^- 

warum  tollte  nirht  auch  irgendwo  ein  vr  n  vliecli  auf 

lauclien  ?  das  alts.  flöcan,  ft/^k,  siflöcan  sirhl  au/  gtnfhcr  rnh 
mit  gibruocan  IH.  167,15  flexus.  welchem  pari,  wiederum  er. 
bniucau  o</cr  br.'.kan  luV-k  unterlugi-n  mu.«J,  dat  von  brecai. 
brac  gibiücan  abstelU,  obgleich  Am  vtritandt  irf.     mhd.  /»m  n  wir 


1829 


FLUCHEN 


FLUCHEN  — FLUCHS 


1S30 


min  herze  muoj  ich  brauchen  ( :  boucben) 
iu  iuwer  aller  rät.    Mar.  173,33; 

ich  brouche  miniu  clinie  zuo  gole.  Kelle  spec.  s.  164  und  noch 
anderwärts  erscheint  dies  brouciien  {mhd.  üb.  l,  205"),  es  liegt 
auf  der  hand,  dasz  es  für  bruochen  eingetreten  und  dem  fluochen 
analog  sei.  allerdings  ist  das  alts.  o  zweideutig  und  bald  dem 
ahd.  Oll,  bald  dem  uo  gleich,  doch  steht  hier  gerade  gibniocaa 
und  nicht  gibrucan. 

dem  grammatischen  gesetz  gemäsz  müssen  sowol  flek  als  brek 
{ahd.  fliah,  priah)  für  Verengung  golhischer  reduflicationen  faiflök 
und  baibrök  gellen,  kein  baibrük  begegnet  bei  Clfilas,  icoi  aber 
Luc.  S,  bi  gaigr6tun  jah  faiflökun  und  man  hol  das  letzte  wie 
gaigrüt  aus  gretan  aus  flekaa  abgeleitet,  richtiger  scheint  aber 
Mükan  anzusetzen  auf  den  fusz  ron  hvupan  hvaibvop  und  an- 
zuerkennen, dasz  die  goth.  redujlicierenden  verba  sowol  das  ai 
und  au  als  i  und  6  im  part.  prael.  behalten,  ohne  den  laut  6 
bliebe  die  ganze  entfaitung  in  der  thal  unrollständig. 

faiOokun,  in  der  angez^gnen  einzigen  stelle,  drückt  aber  p/an- 
gebant,  ixönnotTO  aus,  nicht  maledicebant,  und  sti  plangere, 
Trlr^aaeiv  stimmt  das  lautrerschobne  flökan  genau,  plangere  ist 
=  plagere,  selbst  das  lat.  ä,  gr.  rj  verhält  sieh  der  gebühr 
nach  zum  goth.  6.  ahd.  uo.  den  bütuligen  einklang  der  formen 
plangere,  flökan,  fluociian  kann  niemand  verkennen,  wie  soll 
nun  die  bedeutung  des  fluchens  aus  der  ron  plangere  entuickell 
Korden  ?  plangere,  -nlr^aasii-  ist  eigentlich  schlagen,  stoszen  und 
rtXr^ysis,  der  geschlagene,  der  verschlagene,  verstoszene  wäre  der 
terdammte,  verfluchte,  y.arü^aros.  verdammen  gelU  unmittelbar 
über  in  verwünschen,  tcie  goth.  vargjan,  alts.  waragian  damnare 
in  ags.  vergian  maledicere,  exsecrare.  se  verega  gast,  malignus 
Spiritus  ist  jener  farOiiachan. 

unserm  flehen  steht  Quochen  fern,  jenes  hat  h,  dieses  eh, 
und  Qehen  ist,  wie  sp.  1749  angesetzt  wurde,  das  goth.  J)laiban, 
J)ai|)!aih,  was  von  flökan,  faiflök  ganz  abweicht,  sonst  liesze 
sich  die  bedeutung  flehen,  precari  mit  der  von  fluchen  iinprecari 
vereinbaren,  da  auch  wünschen  ein  bitten,  verwünscJien  ein  flucMen 
ist.  das  goth.  faiflök  und  J)aiJ)laih  slehn  von  einander,  ahd. 
könnte  für  beide  fliah  gelten. 

nicht  unmöglich  wäre  auch  berührurrg  mit  dem  altsl.  kljati 
exseciari,  höhm.  kleti,  poln.  klac,  wovon  kljatva  exsecralio,  bvhm. 
klalba,  poln.  klatwa,  und  das  nasale  a  mahnt  an  plangere,  vgl. 
flecken  und  kiecken  sp.  1744. 

das  heutige  fluchen  hat  nun 

1)  getröhnlich  den  dat.  der  person  bei  sich,  maledicere  alicui: 
viltd.  si  bcgunden  alle  vluocheo  dem  selbem  spilman.  Nib.  1954,  2 ; 

swer  dir  Duoche,  der  si  verfluochet.  Waltu.  11,14; 
der  Wunsch  vluochet  im  so.  Iw.  7ot)6: 
gevluochet  wart  dem  tage.  VVolfr.  tiedcr  8,22; 
verflucht  sei  wer  dir  flucht,  gesegnet  sei  wer  dich  segnet. 
1  Mos.  27,  29 ;  vNer  vater  und  mutier  flucht,  der  so!  des  tods 
sterben.  2iVo5.  21.17;  den  gollern  soltu  nicht  fluchen.  22,28; 
du  soll  dem  tauben  nicht  fluchen,  i  Mos.  19,14;  welcher 
seinem  golt  fluchet,  der  soll  seine  sönde  tragen.  24,15; 
sihe,  ein  volk  ist  aus  Egypten  gezogen  und  bedeckt  das  an- 
gesicht  der  erden,  so  kom  nu  und  fluch  im.  4  Mos.  22,  il ; 
lieber  kom  und  fluche  mir  diesem  volk.  22,1";  ich  hab  dich 
holen  lassen  zu  fluchen  meinen  feinden.  23,11;  ich  sähe 
einen  tollen  eingewurzelt  und  ich  fluchet  plötzlich  seinem 
liause.  Hiob  5,  3;  segenet  die  euch  fluchen  (goth.  Jiiujjjaij) 
|)aus  vrikandans  izvis,  ahd.  luot  then  wola  thie  iunih  ha;;önl). 
.Mülth.  5,  44 ;  wer  vater  und  mutler  fluchet,  der  sol  sterben 
(ahd.  dedar  fluochöt  sinemo  fater  inti  muoter,  döde  arsterb^). 
Mallh.  15,10;  wer  vater  oder  mutier  fluchet  (goth.  saei  ubil 
<\\\>ni  allin  seinamma  aij)au  ai|)ein  seinai).  Marc.  7,10;  da 
fluchten  sie  im  (goth.  })anuh  lailuun  imma).  /oA.  9,  2$;  segenet 
die  euch  (vobis)  fluchen  (|)iuj)jail)  j)ans  vrikandans  izvis). 
Rom.  12.  14; 

ich  will  dir  fluchen  und  kann  nicht.    Messias  10,142; 

wenn  ich  mit  flammender  räche  dir  fluchte.    10,144; 

ein  weib,  das  ihrem  manne  fluchet.    Lessi?ig  1,86; 

auch  fluche  nicht  der  alten  muhme, 

ni.in  mu$z  ihr  brummen,  sich  zum  rühme, 

mit  stiller  sanftmuth  übergehn. 

die  locbter  ist  ja  schön.    1,73; 

er  fluchte  den  bauern 

die  ihn  geschlagen.    Göthe  40,29. 

2)  absolut,  diras  voces  mittere,  ohne  casus: 

mhd.  ouwfi  (laj  ich  nihl  fluochen  kao.    Walth.  73,26; 

der  gieng  eraus  und  fluchet.  iSam.  16,5;  geben  gute  wort, 
aber  im  herzen  fluchen  sie.  p5.  62,  5;  ir  mund  ist  vol  fluchens 


und  billerkeit.  Rom.  3,14;  segenet  und  fluchet  nicht  (gotii, 
})iu^jaid  jah  ni  un))iu|>jai|)).  12,14;  er  fluchet  aus  leibeskrafien; 

Zeus  wälzt  im  bette  sich 

und  fluchte  mörderlich.    BoiieKK  21'; 

ins  weite  feld  hinein  fluchen.  Mestwebt  10t;  fluchen  und 
wünschen,  das  sich  die  sonne  dafür  enlferben  möcht.  Friedricb 
saufleufel  C2';  er  seufzt  schon  recht  herzlich  nach  ihnen 
und  flucht,  dasz  das  haus  einfallen  mochte.  Lessi>g  2,410; 
fluchen  und  schweren,  dasz  es  donneren  möcht.  Garg.  149*; 
dasz  die  balkcn  krachen  (r^.  1, 1039),  ine  es  auch  umgekehrl 
beim  heil  wünschen  heiszt: 

got  des  geve  en  jummer  bei,  dat  {■=  dat  et)  kraket. 
WizLAW  s.  45. 

3)  in,  auf  etwas,  über  etwas  fluchen : 

die  bibel  flucht  zwar  drein.    GÖNTHSa  530; 
itzt  spielt  sie  mit  dem  weiszen  tucbe, 
itzt  jagt  sie  sich  die  mucken  fort, 
sie  niest,  ach  schönste,  halt  ich  fluche, 
doch  uicbt  aut  dich,  nur  auf  den  ort. 

Rost  im  taschenb.  für  dichter  6,117; 

das  hör  ich  sechzig  jähre  wiederholen, 
ich  fluche  drauf,  aber  verstolen.    Göthe  3,112. 
selten  steht  in  diesem  sinn  ein  gen.  der  perscm: 

ob  sie  des  wütrichs  flucht  und  seinen  tod  doch  hasset. 

Lkssikg  3,  ä4ä. 

4)  fluchen  mit  dem  acc.  der  sache: 

sie  fluchten  donner  und  weiter.    Wielasd  4,43; 

was  flucht  er  seinen  morgensegen 

durch  die  beschneiten  wilden  höhn?    Göthe  1,210; 

bei  aller  verschmähten  liebe!  beim  höllischen  demente! 

ich  wollt  ich  wüste  was  anders,  dasz  ichs  fluchen  köiuite. 

12,  144. 
alle  zeichen  fluchen,  alle  verwünsdiungen  aussprechen.  Staldeb 
2,468; 

flucht  alle  zeichen,  dasz  der  boden  kracht.    Hebel  44. 

einem  arm  und  bein  abfluchen.  Serz2;  flucht  dem  teufel  das 
link  hörn  vom  köpf.  Garg.  232'  (wie  Gröa  dem  Thor  den  stein 
vom   liauple  segnet);   flucht    ihm   die   nase  aus  dem  gesiebt. 
GoTTHELF  schuldb.  27.     s.  verfluchen. 
FLUCHENSWERTH,  exsecrandus  : 

mög  ihn  gott  verdammen 

den  thäter  dieser  fluchenswerthen  that.    Schille»  .  .  . ; 

es  spreche  weit  und  nachwelt  meinen  namen 

mit  abscheu  aus  und  Friedland  sei  die  losung 

für  jede  fluchenswerthe  that.    366*. 

FLUCHENTLASTET,  ab  imfrrecatione  liber: 
er  war  zu  der  erde 
erstem  hüter  erkoren,  der  fluchentlasteten  erde. 
Messias  19, 1005. 
FLUCFIER,  m.    dirarum  jactator:    Christus  bittet   für  seine 
Öucher  und  lesterer.  Luther  3,  306*;  und  füreten  den  flucher 
aus  für  das  lager  und  sleinigeten  in.  3  Afos.  24,  23 ;  von  einem 
flucher  nehme  ich  keinen  grusz  an.  Gellert  3, 180 ; 
einen  flucher,  einen  beter, 
aller  lasier  einen  thäter.    Logad  1, 121, 11. 

FLÜCHGESCHICK,  n. 
das  ist  das  flnchgeschick"der  könige, 
dasz  sie,  entzweit,  die  weit  in  hasz  zerreiszen.    Schiller  .  .  . 

FLUCHGETRIEBEN,  diris  actus: 

der  Wandrer  ist  der  Jude  Ahasver, 

der  fluchgetrieben  rastlos  jagt  umher.    Lenad. 

FLUCHMAUL,  n.  os  exseerationes  jactans:  da  reck  deine 
obren  wol  her,  du  durchleiifelles  fluchmaul,  lasz  den  teufel 
mit  deinem  fluchen  unver\vorren.  Albrecbt  fluchabc.  107 ;  ein 
verzweifelt  böses,  loses  lasier  und  fluchmaul.  Mestwert  53. 61 ; 

der  Josua  war  doch  auch  ein  soldat, 

köriig  David  erschlug  den  Goliath, 

und  wo  steht  denn  geschrieben  zu  lesen, 

dasz  sie  solche  flucbmäuler  sind  gewesen?    Schiller  32V. 

FLUCHS,  sine  mora,  statim,  wie  sich  aus  dem  schwanken 
zwisclten  fliegen  und  fliehen  (sp.  1781)  erklärt,  oft  für  flugs 
geschrieben:  nun  war  es  schon  zu  der  zeit  auch  der  brauch, 
das  man  meinet,  wenn  man  fluchs  süffe,  so  wuchs  das  erz. 
Mathesius  14',  ifo  doch  1562,19'  flucks;  der  (son  gotles)  hat 
auch  in  kraft  seines  Sprechens  fluchs  im  anfang  dicht  und 
lölig  gold  in  seine  flieszende  wasser  und  berge  sprechen 
und  schaffen  können.  7'  =  1562,10*,  wo  fluchsz;  und  fluchs 
und  bald  zu  haus.  Kalsiporus  kl*; 

da  gieng  das  scherzen  an.  die  spielten  der  fünf  karten, 
die  jagten  fluchs  ius  loch  in  dem  beschneiten  garten. 

Flsmiig  IBH,  wo  jedoch  1685,172: 
die  jagten  fuchs  ins  loch  in  den  beschneiten  garten; 
besser  also  fluchs  als  langsam  gebrochen.  Moser  p.  pA.  3,36, 
die  neue  ausg.  werke  3,  38  bessert  in  flugs,     s.  flucks  und  fliigs. 

115* 


1S31 


FLUCHSINNEND  —  FLUCHT 


FLUCHT 


1832 


FI.ÜCHSINNEND,  xaxa  firjxiooiv, 
doch  nun  haben  es  anders  gewollt  fluchsinnende  Rötter. 

Od.  1,235. 
ÜscHNER :    die   unheilsinnenden    götlcr.     H.  15, 27   verdeulschl 
Voss   dasselbe  ttorl :    arglistcn  entwerfend,    Uschner:    unheiU 
Tolles  ersinnend. 

FLÜCHSTADT,  /.  Rom,  von  uannen  die  päbsle  bann  und 
fluch  srhletidern: 

froh  staunte  da  die  morgcnhore 

der  poldnen  zelten  Wiederkehr, 

die  bann  und  flurhüiadt  der  Gregore 

und  Alexander  war  nicht  mehr.    Matthisson  35. 

FLl'CHT,  f.  fuga,  pl.  flüchte,  ahd.  fliiht,  mlid.  vinhl,  alts. 
fluht,  nui.  vlugt  und  von  uns  entliehen  seinr.  flykt,  dän.  fingt. 
das  ags.  flyht  utl  niebl  fuga,  sondern  volalus,  im  engl,  fliglit 
treffen  beide  bedeuttingen  fuga  und  volatus  zusammen,  aus  dem 
golli.  j)iiuhan  fugere  entspringt  |)lauhs  {d.  h.  })laiilis,  mit  kurzem 
aij)  fuga,  urlehem  ein  ahd.  fluh,  ohne  t,  analog  dem  fluc,  flug 
rolatus,  entspreehen  würde,  ags.  gilt  fleäm  fuga,  welchem  sich 
altn.  flaum  cursus  celer  in  der  form  vergleicht,  für  die  bedeulung 
fuga  besieht  altn.  flütli  m.,  gleichsam  an  ahd.  flubto.  lauter 
merkwürdige  verschiedenlieiten  und  abstände. 

1)  flucht,  fuga. 

a)  die  flucht  wird,  geschieht,  hebt  sich: 

goth.  ,i|)|ian  bidjoi|i,  ei  ni  vair|)ai  sa  jilauhs  izvar  vintrau, 
bittet  aber,  das  ewre  flucht  nicht  geschehe  im  winter,  ahd. 
tha;  ni  werde  iuwer  fluht  in  wintar.  Mallh.  24,  20.  Afarc.  13, 18 ; 
erst  wankten  einzelne  häufen,  endlich  ward  daraus  eine  allge- 
meine, unaufhaltsame,  wilde  flucht; 

mhd.  dö  die  andern  daj  sähen,  diu  fluht  huop  sich  ron  dan. 

A"i6.  1954.2; 
nhd.  die  flucht  erhob  sich  über  das  gebirge. 

b)  auf,  in  der  flucht,  aus  der  flucht  sein:  der  feind  ist 
auf  der  flucht,  est  en  fuite,  geht  in  flucht; 

swer  immer  get  en  fliihten.    Haupt  7,362; 
und  über  das  sein  res  die  lufl  schncidt  und  zertrennt, 
und  auf  den  woliien  her  in  flüchten  springt  und  rennt. 
Werders  Ar.  3,  ()7; 
lind  giengen  stetig  in  flüchten.  Mathesiüs  43';  der  linke  flügcl 
war  schon  in  voller  flucht; 

Jugend,  lust  und  schöne  wangen 

stehn  fast  stündlich  auf  der  flucht.    Gcntbkr  325; 

brauche  deiner  Schönheit  frucht, 

sie  und  du  sein  aus  der  flucht.    Flehiwc  513, 

bleiben  und  entfliehen  nicht,     auf  der  flucht  umkommen, 

c)  die  flucht  geben,  fugere,  terga  dare  : 

mhd.  die  andern  gäben  die  fluht.  Er.  6623; 
daj  er  kcrte  und  gap  die  fluht.  Iw.  1055; 
nhd.  röstet  euch  und  gebt  doch  die  flucht,  vulg.  accingite 
et  vinccmini.  £5.  8,9;  seine  fürsten  werden  für  dem  panir 
die  flucht  geben.  31,9;  wie  kompts  aber  das  ich  sehe  das 
sie  verzagt  sind  und  die  flucht  geben.  Jer.  46,5;  Damascus 
ist  verzagt  und  gibt  die  flucht.  49,24;  und  alle  kriegsieule 
gaben  die  flucht.  52,7;  und  wenn  ir  merket,  das  sie  verzagt 
sein  werden  und  die  flucht  geben.  Judith  14,  5 ;  und  gaben 
die  flucht,  das  sie  den  Ebreern  entrinnen  möchten.  15,2; 
hat  mir  auch  nicht  gefallen,  das  er  flucht  gab,  was  wolt 
man  im  thun?  er  ist  ein  frei  ledig  mensch.  Llther  3,415*; 
da  die  Türken  sahen,  das  sie  Heinharten  nit  widerstcen 
mochten,  da  gabent  sie  die  flucht  den  nechsten  der  stat  zu. 
Aimon  C  2* ;  und  gab  die  flucht  gleicberweis  wie  sein  junker. 
Götz  V.  Beri..  lebensb.  64; 

der  die  flucht  gab  on  alle  schäm.    H.  Sachs  III.  1,36'; 

doch  hab  wir  ihn  also  heimgsucht, 

das  er  müssen  geben  die  flucht.    Atrkr  76'; 

der  in  der  Schlacht  die  flucht  gibt,  den  schlage  todt.  pers. 
baumg.  1.33;  als  er  ein.smals  bekrieget  wurde,  gaben  all 
die  seinigen  die  flucht,  pers.  rosenUi.  1,17; 

wer  fromm  ist  und  gerecht,  kan  sicher  bei  gott  sitzen, 
wann  alle  weit  umbner  die  flucht  schon  von  ihm  gibt. 

Opitz  1,34.^. 

tpdterbin  ungebraucht,  doch  sagt  man  rciszaus  geben  in  gleichem 

tinn. 

d)  rerutiieden  ist  in  die  flucht  geben  :  ich  wi!  mein  schrecken 
für  dir  her  senden  und  wil  dir  geben  alle  deine  feinde  in 
die  flucht.  7  Mos.  23,27;  du  gibst  mir  alle  meine  feinde  in 
die  flucht.  2  Sam.  22,41;  du  gibst  mir  meine  feinde  in  die 
flucht,  da»  ich  meine  hasscr  versWlrc.  ps.  18,  41.  sich  in  die 
flucht  geben,  begeben,  heute  auf  die  flucht : 

dMi  er  durch«  hioterhaui  sich  io  die  flucht  begibct. 

CANffZ    108. 


e)  die  flucht  nehmen,  ergreifen,  prendre  la  fuite :  alsobald  er 
sähe,  dasz  Thiamus  gegen  ihm  gieng,  nam  er  die  flucht. 
buch  d.  l.  208,2;  der  mörder  hat  die  flucht  genommen,  er- 
griffen; die  gesellen  des  verwundeten,  da  sie  den  lärm  sahen, 
hatten  die  flucht  genommen.  Wieland  8,183; 

dreimal  prif  der  Rurgunder  an 

und  dreimal  ohne  fruclit. 
ein  hauptmann  flcl,  die  beiden  sahn 

ihn  todt  und  nahmen  flucht.    Latater  Schwciterlieder  173. 

f)  flucht  machen,  flielien:  item  ob  einer  oder  mehr  weren, 
die  in  schlachten,  Scharmützeln  im  feld  oder  sonst  flucht 
machten.  Fronsperg  1,20";  wo  einer  fliehen  oder  sonsten 
heimlichen  abtreten  oder  gegen  andern  ein  flucht  begeret 
zu  machen.  3,16".     mhd.  sagte  man  vluht  hdn: 

wessich  war  ich  mchte,  ich  hetc  gerne  vluht.    Nib.  526,2. 

g)  in  die  flucht  schlagen:  aber  der  könig  von  Sodom  und 
Gomorra  wurden  dasclbs  in  die  flucht  geschlagen  und  nider- 
gelegt.  1  Mos.  14,  lO;  man  hat  seine  söne  in  die  flucht  ge- 
schlagen und  seine  töchter  gefangen  gefürt.  4  Mos.  21, 29 ; 
greif  er  die  feinde  an  und  schlug  den  Seron  und  sein  volk 
in  die  flucht.  1  Macc.  3,  23 ;  und  die  beiden  wurden  in  die 
flucht  geschlagen,  das  sie  über  das  blachfeld  flohen.  4, 14 ; 
und  schlugen  denselbigen  häufen  auf  der  rechten  seilen  in 
die  flacht.  9, 15. 

/»)  in  die  flucht  bringen,  treiben,  jagen:  wenn  diese  nie 
auszurotten,  sondern  höchstens  nur  in  eine  kürzere  oder 
längere  flucht  zu  bringen  sind.  Lessing  8,336; 

doch  zur  räche  kümt  der  wirbel,  treibt  die  tochtcr  in  die  flüchte. 

LoGAü  3,33,62; 
und  wieder  kam  ich,  überflel  den  Baier 
vor  Burgau,  trieb  ihn  schmählich  in  die  flucht. 
Uhlands  Ludwig  232; 

es  war  der  landwehr  geglückt,  den  feind  in  die  flucht  zu  jagen. 

j)  sich  in  die  flucht  stellen:  sie  stellen  sich  auch  etwa 
in  die  flucht,  bis  sie  irn  vortheil  ergreifen.  Frank  wcllb.  "o*. 
sich  in  flucht  auflösen :  das  gefecht  löste  sich  in  flucht  auf. 

A)  die  flucht  suchen:  da  aber  die  schifleute  die  flucht 
suchten  aus  dem  schifl'e  und  den  kahn  niederlicszen.  apostelg. 
27,30;  sich  nach  der  flucht  umsehen.  Heilmanns  Thuc.  282. 
438.  449  und  öfter. 

k')  die  flucht  wenden,  kehren: 
sagt,  wohin  wendet  ihr  die  flucht?  ich  gehe, 
mich  in  des  nordens  wäldern  zu  verbergen.    Sciiii.tK«  431*. 

/)  einen  in  der  flucht  haben,  ron  sieh  fem  halten:  die  geist- 
lichen müssen  sich  in  England  sehr  in  acht  nehmen,  dagegen 
haben  sie  auch  das  übrige  publicum  sehr  in  der  flucht. 
GöTHE  29,  82. 

ni)  flucht  mit  einem  genitiv: 

die  werke  kluger  sinnen 

hat  nie  vertilgen  kiiiinen 

der  Zeiten  starke  flucht, 

wie  viel  sie  sonst  vermocht.    Locau  3,67,57; 

des  leidens  melodien 

rauscht  der  enteiste  bach, 

und  alle  scherze  fliehen 

der  flucht  des  winters  nach.    Wetsze  tyr.  ged.  1,256; 

die  flucht  der  Jugend,  der  jähre.    Gottir  1,436; 

stehe  in  dem  slurm  der  jähre. 

daure  in  der  zelten  flucht.    Schiller  .553*; 

die  klänge  verhallen  in  der  flucht  des  augenblicks ;  die  {beim 
fahren)  vorüberrückenden  berge,  die  vorbeistürzenden  h-lume. 
die  wegrinnenden  felder,  diese  flucht  der  natur  schien  in  einen 
groszcn  Wasserfall  zusammeuzuflieszen.  J.  P.  Hesp.  3,  85. 

n)  mit  praepo.tUionen :  die  flucht  ins  thal,  ins  freie,  grüne; 
Gustav  war  in  der  mitte  des  schönsten  und  wichtigsten  jahr- 
zehends  der  menschlichen  flucht  ins  grab.  uns.  löge  1,185; 
die  flucht  aus  dem  kerker. 

0}  flucht,  der  weg  der  flucht:  weidmännisch,  flucht  und 
schweisz  haben,  die  spur  des  uüds; 

siehe,  da  nidelten  dort  sich  die  hirsche  zusammen  und  «türzien 
laut  die  sti'iubende  flucht  hinab  ins  otTrne  blachfeld. 

Ki'iicKR  24<)\ 

p)  auf  der  flucht,  während  der  flucht,  nach  der  flurbi : 

doch  das  hab  Ich  alles  ertragen 
auf  der  traurigen  flucht,  und  nah  am  verfolgenden  feinde. 

GAthr  4ü,  .131 ; 
dies  angedenkon  trug  Ich  auf  dir  niicht 
mit  mir  als  rin  gi-roitct  liejlleihum.     l'HLAHn»  Kriul  f»6; 

nach  der  flucht  de»  r<i'Hl.-e  .iilnm-ii'  alles  wieder  auf. 


1833 


FLUCHT  —  FLUCHTHANS 


FLUCHTHAÜS  —  FLÜCHTIG 


1834 


2)  flucht,  Zuflucht,  refugium: 

mhd.  war  hat  diu  arme  sele  fluht.    Part.  467,5; 

min  triuwe  hat  doch  gein  in  Duht.    4SS, 8; 

er  was  der  nölhaften  fluht.    a.  Heinr.  64; 
nhd.    lu  dir  pfleg  ich  in  angst  und  grämen, 

0  herr  mein  gotl,  die  flucht  zu  nehmen.    Opitz  ps.  s.  20. 

3)  (lucht,  6«  den  hauleulen,  isl  die  gleiche,  gerade  richlung 
oder  linie  der  matiern  und  gebäude,  hecken,  zäune,  baumreihen, 
die  ebene  in  der  sie  zusammentreffen:  die  flacht  vor  der  thür, 
der  freie  sjnelraum;  in  die  mauer  sind,  in  einer  flucht,  mehrere 
nischen  angebracht.  Göthe  2S.  99 ;  die  strasze  ist  krumm, 
hat  keine  gerade  flucht;  beide  häuser  haben  gleiche  flucht; 
zaunpfäle  werden  mit  einer  ihrer  seilen  in  die  flucht  gesetzt ; 
diese  bäume  sind  in  eine  flucht  gepflanzt;  es  sind  da  sechs 
fenster  in  gleicher  flucht,  fr.  le  jeu,  la  jouee,  der  sjnelraum  : 
i!  faut  donner  plus  de  jeu  h  la  penture  de  cetle  porte,  man 
musz  den  thfirhaspen  mehr  flucht  geben,  da  jedoch  lal.  alae, 
gr.  Ttreoä  in  gleicher  bedeittung  bei  gebäuden  vorkommen,  so 
scheint  hier  wiederum  flucht  eigentlich  fing  und  flftgel  auszv- 
drücien,  nach  dem  schwanken  zirischen  fliehen  und  fliegen. 

4)  flucht  für  flug,  wie  engl,  flight,  vgl.  flug  4.  5: 
eine  flucht  von  tauben.    Gökit<gk  2,  161 ; 
taubenflucht  mit  rauchen  hosen.    Schiujt  p.  W.  280; 

eine  flacht  spalzen  schnarrte  vom  boden  auf;  eine  flucht 
hühner.  Münchhausen  25.     nd.  selbst  für  flügel: 

ratsch  ratsch,  hett  hei  en  stock  herunner  von  den  hahn, 
unii  nu  ne  flucht,  un  nu  en  bein!     Fbitz  REtrrBR  lauschen  133. 
s.  ausilucht,  dingflucht,  Zuflucht. 

FLUCHT,  flüchtig:  flüchte  jungfrawe.  N.  tos  Wile  265,17, 
bedarf  mehr  beiceiscs. 

FLUCHTBARLICH,  fluchlperlicher  oder  geschickter  zu 
fliehen,  pcrfugahilis.  voe.  14S2  il'. 

FLUCHTBAU,  m.  weidmännisch,  ein  bau,  den  sich  der  fuehs 
für  den  nothfall  hält. 

FLÜCHTEN, 

1)  ahd.  fluhlan,  fugare.  GniFF  3,  768. 

2)  nhd.  in  iutitm  perfcrre:  als  der  feind  nahte,  wurden  alle 
schätze  eiligst  eingepackt  und  geflüchtet;  als  die  Stadt  brannte, 
wollte  man  auch  bei  mir  flüchten  und  retten.  Göthe  21,223; 

wenig  flüchteten  wir.    ich  sasz  die  traurige  nacht  durch 
vor  der  siadt  auf  dem  anger,  die  kästen  und  betten  verwahrend. 

40,250; 

du  warst  es,  treue  seele,  der  ihn  (den  schätz)  mir 
dorthin  gefluchtet  hat  auf  beszre  tage.    Schiller  490". 

3)  inlr.  die  flucht  ergreifen: 

mhd.  er  dähte  'roirst  der  wec  ze  lacc, 

flühtich  wider  geim  walde'.    Parz.  339,25, 

wo  Lachm.  unpassend  flühtic  setzt,  ohne  anzugeben,  dasz  10125 
6«  Afü//er  fluchtich  steht;  nhd.  schon  beim  ersten  erdstosze 
flüchteten  alle  ins  freie  feld;  damit  man  sie  nicht  für  eine 
landstreicherin  ansehen  möchte ,  die  irgendwo  mit  einem 
schabe  flüchten  müssen.  Moser  3,  31 ; 

0  da<z  ich  jetzt  nicht  mit  den  schwalben 

verschlafen  oder  flüchten  kann!    Gcsther  191; 

vor  körperreiz  pflegt  niemand  auch  zu  flüchten.  Göktigk  2, 169; 

sie  [die  kranken  äugen)  flüchten  schon  vor  meiner  lampe  schein. 

3,43; 
Laura,  über  diese  weit  zu  flüchten 
wähn  ich,  mich  im  himmelmaienglanz  zu  lichten, 
wenn  dein  blick  in  meine  blicke  Qimmt.    Schiller  3*. 

4)  gleichviel  ist  sich  flüchten: 

wenn  alle  weit  dich  herzlos  kalt  verhöhnt, 

so  flüchte  du  dich  hin  zu  unserm  grabe.    Schiller  514'; 

wenn  ihr  mich  enterbet,  vater, 

ohne  land  und  ohne  boden, 

musz  mich  in  die  fremde  flüchten,    üerders  Cid  21,9; 

da  nun  das  mädchen  erfuhr,  dasz  sich  der  pflanzer  vor  der 
wuth  der  ncger,  die  ihn  verfolgten,  in  einen  nahe  gelegenen 
holzstall  geflochlet  hatte.  Hei>r.  v.  Kleist  3, 194. 

FLUCHTERREGER,  m.  *.  fluchtrcrbreiter. 

FLUCHTFREL  zur  flucht  frei  und  offen  stehend. 

FLUCHTGIERIG,  fugae  dedilus,  feige:  zaghaft,  flucbfgirig 
und  forchtsam.  Froxspehc  1, 183'. 

FLUCHTHANS,  m.  homo  ignavus,  feigling:  hieroh  mehret 
sich  die  forcht  des  fluchthansen  dergestalt,  dasz  er  seinen 
schilt  auf  den  nicken  warf  und  heftiger  dann  davor  mit  spom- 
streichen  zuschlug.  Amadisl^O;  so  verschaft  nun,  dasz  dieser 
fluchthans  sich  für  überwunden  halle.  286;  verliesz  Amadis 
den  andern  fluchthansen.  358 ;  diese  weren  lauter  fluchthansen. 
Scnt^rz  besckr.  von  Pr.  69.     vgl.  federhans,  groszhans. 


FLUCHTHAÜS,  n.  asyl:  unsere  eidgenössische  lande,  wie 
sie  sint  der  zeit  ihrer  dapfern  wieder  erstelleten  freiheit  ge- 
wesen ein  fluchthaus  viler  um  der  religion,  kriegs  oder  an- 
derer Ursachen  willen  verfolgten  Völkern,  also  auch  sein  können 
asylum  languentium,  ein  trost-  und  heilhaus  der  kranknen  (so). 
ScHEccBZER  naturg.  d.  Schw.  1,60.     mhd.  vluhthCis  (ir6.  1.740"). 

FLUCHTHEER,  n.  fliehendes  heer.  J.  P.  Iierbstbl.  3, 105. 

FLÜCHTIG,  ahd.  fluhtlc.  mhd.  vlühtec, 

1)  sein  oder  werden,  fliehen,  auf  der  flucht  sein: 

mhd.  80  muo?  ich  ieraer  mite 

vluchtic  sin  vor  Rotbere.    Roth.  2017; 

des  war  er  ist  vlühtec  nibt, 

er  entwichet  durch  decheine  not.    kröne  10708; 

waer  ich  von  unkunst  gesin 

vlühtic  dem  herren  min.    Bart.  280,36; 

ern  wart  von  im  niht  vlühtic.  Silv.  1635; 
nhd.  unstet  und  flüchtig  soltu  sein  auf  erden.  1  Ifos.  4, 12. 14 ; 
schössen  pfeil  und  donnerstral  in  die  feinde,  das  sie  geblen- 
det und  flüchtig  wurden.  2  }Iacc.  10,30;  si  wollen  fürhin, 
weil  ir  herr  nun  flüchtig  an  in  wer  worden,  treuer  leisten 
und  halten.  Frank  wellb.  233*;  da  zog  herr  Paulus  und  wir, 
die  bei  im  waren,  wider  hinter  sich,  gleich  als  wären  wir 
flüchtig.  Götz  v.  B.  lebensb.  52 ;  viele  von  denen,  welche  im 
ersten  schrecken  flüchtig  geworden ,  zeigten  sich  wieder. 
Schiller  904.  das  volk  sagt  auch  flüchtig  gehen:  wir  musten 
vor  dem  wilden  thiere  flüchtig  gehn;  hätte  mich  der  starke 
kerl  angepackt,  ich  wäre  flüchtig  gangen. 

2)  flüchtig  thun  oder  machen,  in  die  flucht  schlagen: 

mhd.  der  e  flühtec  tet  ein  her 

und  manegen  frumen  riter  vie, 

dem  künde  sich  gefristen  nie 

mit  deheiner  siner  krafl.     Wigal.  109,12; 

nhd.  wie  gehets  zu,  das  einer  wirt  ir  tausent  jagen  und  zween 
werden  zehen  tausent  fluchtig  machen.  5  Mos.  32,  30.  sich 
dem  Jäger  flüchtig   stellen,   vom  fliehenden  wild,   das  schusz- 

gerecht  wird: 

der  äugen  klare  blicke 
sind  unsre  stärkste  kraft,  sind  unsre  band  und  stjicke, 
dadurch  uns  räilt  ins  garn  ein  wild,  das  uns  gelallt, 
und  sonst  zu  unsrer  gunst  sich  etwa  flüchtig  stellt. 

worle  eines  mädchen.^  bei  Locic  2,  11. 

3)  lebendig  wird  vom  flüchtigen  fusz  gesprochen:  er  ist  auf 
flüchtigem  fusz,  auf  der  flucht ;  Joseph  wolt  Mariam  verlassen, 
heimlich  und  ungerüget  flüchtigen  fusz  von  ir  setzen.  Fra.me 
cAron.  126';  dasz  sie  mehrmals  den  mannen,  so  gleich  flüch- 
tigen fusz  wollen  stellen  {die  im  begrif  standen  zu  fliehen), 
herfür   under   die  äugen  gestanden  sein.   Fbossperg  3,  202' ; 

das  er  von  uns  heut  oder  morgen 

setzet  einen  flüchtigen  fusz.    U.  Sachs  III.  1,262'. 

4)  der  flüchtige,  profugus:  seid  doch  ir  Gileaditer  unter 
Ephraim  und  Manasse  als  die  flüchtigen  zu  Ephraim,  rieht. 
12,  4 ;  Ire  flüchtigen  fliehen  von  der  drcijerigen  kue  bis  gen 
Zoar.  Es.  15,5;  verbirge  die  verjagten  uud  melde  die  flüch- 
tigen nicht.  16,5;  bietet  brot  den  flüchtigen.  21,14;  und 
niemand  sei,  der  die  flüchtige  samle.  Jer.  49,5;  ein  häufe 
flüchtiger  Soldaten. 

5)  flüchtig,  schnell  von  thieren:  ein  flüchtiges  ros,  der  flüch- 
tige hase;  einen  flüchtigen  reitklcpper  kaufen,  irrg.  d.  liebe 
415;  das  flüchtige  rennlhier.  Fr  Müller  1,24; 

sie  lieben  nicht  die  rast,  und  säum  ich  noch, 
sind  sie  entflogen  auf  den  flüchtgen  rossen. 

Uhla:«ds  Ludwig  204. 

6)  flüchtig,  vergänglich  vom  menschen: 
ach  wie  nichtig,  ach  wie  flüchtig 
ist  der  menschen  leben! 

wie  ein  nebe!  bald  entstehet 

und  bald  wiederum  vergehet, 

so  ist  unser  leben,  sehet!    anfang  eine»  kirckenlieds; 

ungleich  vertheilt  sind  des  lebens  guter 

unter  der  menschen  flüchtgem  geschlecht.    Schilleh  491*; 

was  sind  hofnungen,  was  sind  entwürfe, 

die  der  mensch,  der  flüchtige  söhn  der  stunde, 

aufbaut  auf  dem  betrüglichea  gründe.    507'. 

so  auch  von  blumen,  die  flüchtigen,  verwelkenden,  flüchtige  Öle, 
die  schnell  verdurtslen;  flüchtiges  salz,  sal  volatile. 

7)  mit  flüchtiger  feder  aufgesetzt.  Weise  kl.  leutc  vorrede; 
häufig  in  alten  Stammbüchern ;  mit  fluchtiger  feder  setzte  er  noch 
hinzu.  Göthe  17,  386.      wie  mit  eilender  feder.  oben  sp.  1396. 

8)  die  Junker  von  flüchtigerem  geblütc  flatterten  schon 
über  das  pflaster,  um  die  blassen  fräuleins  an  der  toiletle 
zu  besuchen.  Thijumel  Ht/A.  64 ;  wie  oft  verfolgte  sein  schwerer 
witz  die  flüchtigen  reden  des  lustigen  kammerjunkers.  113; 


1835 


FLÜCHTIG  —  FLUCHTSTRAFE 


dasz  nichts  unsicherer  ist,  als  fürstengunst,  vornemlich  eines 
so  jungen,  Qüchtigen,  lockeren  fürstensohnes  wie  dieser. 
Rhetscbmanns  fam.  Eichenkron  44; 

Tergänglich  i»t  und  nochtiger  als  wiml 

der  schönen  punsi,  die  brudcrtreu  der  lerher.    Wielakd  9,4; 

dieser  wallet  mit  pedull,  jener  mit  flüchiigem  sehnen 

in  die  irren  der  zukunfX  hinein, 

aber  alle  wnhnen 

söhne  des  himmels  zu  sein.    Kl.  Schmiht  phuntnxien  71 ; 

jene  ungeküustelte  geschmeidigkeit  und  gratie  der  diction, 
durch  welche  sich  die  flüchtigen  gedichte  der  Fniuzosen  vor 
den  ähnlichen  arbeilen  aller  neuern  nationen  auszeichnen. 
Gotter  1,  VII ;  davon  soll  uns  der  bischof  eine  fliichiige  über- 
sieht geben.  Göthe  54,11;  diese  fehler  sind  wie  tliichlige 
stützen  eines  gebäudes,  die  man  nicht  wegnehmen  darf,  ohne 
vorher  eine  feste  mauer  unterzuziehen.  19, 162 ;  selbst  die 
feinsten  flüchtigsten  gefühle.  Tieck  ges.  nov.  8,260;  in  der 
flüchtigen  unsichlbarkeit  ungesehen.  J.  P.  biogr.  bei  1, 61 ;  gleich- 
gültiges das  tödtet  das  flüchtige  salz  des  geistes.  Bettine 
br.  2,117;  ich  habe  doch  nicht  alles  aufschreiben  können, 
weil  diese  gedanken  zu  flüchtig  sind.  2,  2s9. 

9)  nach  flucht  3 :  das  neue  haus  steht  mit  dem  alten 
flüchtig. 

FLÜCHTIG,  adv.  kviler,  slridim,  festinanicr:  ich  berühre  es 
nur  flüchtig;  ein  buch  flüchtig  ansehen;  es  ist  ganz  flüchtig 
geschrieben; 

nein,  ob  das  aug  ihr  flüchtig  überlief, 
nur  wie  ein  leichter  hauch  den  spiegel  trübt. 
Uhlauds  Ernst  4S. 

FLÜCHTIGEN,  fugare,  in  fugam  veriere :  der  teufet  wird 
geflüchtiget,  bibel  14S3,  234' =  Tob.  6,19;  der  Türgg  hat  den 
kiinig  Ludwigen  zu  todgeschlagen  und  die  Christen  gellüch- 
tiget.  BuixiNCER  3, 327 ;  aber  er  ward  von  im  überwunden 
und  geflüchligel.  Stumpf  1, 165'.     s.  verflüchtigen. 

FLÜCHTIGKEIT,  f.  telocUas,  levilas,  fatlinalio,  nach  den  be- 
deulungen  ton  flüchtig:  die  flüchligkeit  des  rches;  die  flüch- 
tigkeit  seiner  feder;  ein  öl,  dessen  Zähigkeit  seine  flüchligkeit 
befestigt.  Kant  9,22;  die  flüchligkeit  des  menschenlebens. 

FLL'CHTKBIEGER,  m.     nit    so    gar    herzenhaft  im  dngrif, 

sunder  fluchlkrieger  in  der  eil  und  fluelil.   Frank  uellb.  139'. 

FLÜCHTLING,  m.  profugus,  fugilivus:    wir  sind  flüchtlinge 

und  bitten  um  ein  obdach ;  ihr  sollt  dem  flüchlling  herberge 

geben ; 

der  hase  flieht  mit  bangen  schritten, 

sucht  und  erreicht  das  ferne  scbaf, 

das  unbewegt  bei  seinen  liilten 

an  (Urcbt  den  Nüchtling  übertraf.    Hagedorn  2,35; 

seitdem  das  gold,  der  lliichtling, 

leichtfüszig,  wie  ein  zephyr 

mich  flieht  mit  rascher  ferse.    Overbecs  Anakreon  106; 

bin  ich  der  Oüchtling  nicht?  der  unbehauste? 

der  Unmensch  ohne  zweck  und  ruh?    Göth«  12,175; 

das  rettungsschif,  das  nur  dem  flfichtling  frommt, 

zertrümmert  er.    Umlands  Ludwuj  2üG; 

und  dieser,  um  den  zorn,  den  ihr  ihm  tragt, 

zu  sühnen,  euch  den  flüchtling  anerbot.     Ernst  33. 

in  folgender  stelle  leichtsinniger  mensch,  landsirächer?  dann 
gibts  flüchtlinge  und  üble  spaszvögel,  die  sich  herabzulassen 
scheinen,  um  ihren  übermuth  dem  armen  volke  desto  empfind- 
licher zu  machen.  GOthe  16,11. 

FLUCHTI.INGIN,  f.  fliehendes  mädchen :  halbkugel,  die  er 
in  Herculanum  in  der  asche  ausgedrückt  gefunden  vom  busen 
einer  schönen  flüchtlingin.  J.  I'.  Tit.  4,  83. 

FLUCHTLINIE,  f.  an  gebäuden.     s.  flucht.schnur. 

FLUCHTKEDE,  f.  excusalio,  ausflnclU:  so  ist  ir  bchelf  und 
fluchtrede  nichts  gegen  solche  öffentliche  warheit.  Lotber  7, 34*. 

FLLCHTHEISE.  f.  fuga. 

FLL'CHTRÖHRE,  f.  die  sich  der  fuchs  gräbt,  s.  fluchtbau. 

FLLCHTSAL,  fuga,  nihd.  fluhtesal,  vlühtsal: 

si  brihte  dar  durch  nühte.sal 

de«  werden  Gahniureies  kiiit.    l'<u:.  IIT,  It; 

dai  wirt  begraben  kA  zestunt 

durch  vlülit-tal  in  drr  erde  grünt.    liarl.  238,30. 

tpitere  ttelUn  bei  Oheri in  401  und  mhd.  wb.  3,  347. 

FLLCHTSAMI.  f.  dasselbe  (o.  1383).  weiilh.  4,  4S0. 

H.LCHTSCIi.XNZE,  f.  redoule.  Radlein  291". 

FLLCHT.SCHNLR,  f.  dir  der  manrer  ausspannt,  um  einen 
bau  iu  ncMen  oder  zu  verselicn.     s.  flucht  3. 

HI  (  lllvr\TT,  f.  freittalt,  n'<.l    !!»„,.,>. 

i  ItAFE,   f.     unsc!  -    verzichllhun    auf 

j'  Ige  und  unsere  I1ii<  :  ime»  jeden  schrittet 


FLUCHTVERBREITER  — FLUDER       1836 

aus  dem  marschregicment  oder  der  scbrittordnung  der  collegien- 
schnecken.  J.  P.  friedenspr.  41. 

FLLCHTVERBREITER,  m.  fir,aT(x)Q  fößoto, 

und  Tjdeus  söhn,  den  Kriegeswüihcrich, 
den  fiuchlverbreiier  fernt.     Bühckr  170*; 
thränen  benetzten  den  rand,  benetzten  die  walten  der  kriegcr, 
solch  ein  fluchtvcrbreiier  war  der,  nach  dem  sie  sich  sehüien. 

241'. 

Voss  verdeutscht  schreckcngcbietcr,  Usciiner  fluchterreger. 

FLUCHTVERSUCH,  m.  fugae  conatus. 

FLÜCHTUNG,  f.  salus  fuga  pelüa. 

FLUCFIUNG,  f.  imprecalio,  exsecratio.  voc.  1482  il". 

FLUCHVOLK,  n.,  auf  dem  ein  fluch  lastet. 

FLUCHVOLL,  exsecrandus  : 

flucbvolles  amt  das  mir  geworden  ist.    Scdiller  .  .  . 

FLUCHWASSER,  n.  das  bittere  tcasser  des  Moses. 

FLUCHWÜRDIG,  exsecrandus: 

flucbwürdigo  gewalt  der  stimme.    Göihk  9,  3.i8; 
fluchwürdig  Schicksal  des  Soldaten.    Schiller  3t:f. 

FLUCK,  cito,  KOS  man  gegen  die  ableitung  von  Oucks  aus 
flugs  gellend  machen  kann: 

ich  wil  reiten,  so  fluck  ich  kan.    H.  Sachs  V,  355*. 

FLÜCK,  FLÜCKE,  volucris,  volalilis,  plumatus,  ad  volandiim 
ßrmalus,  ahd.  Ducchi  (Graff  3,763),  mhd.  vlücke  (wb.  3,314) 
ans  fliegen,  das  cch  entsprungen  uic  in  Awicchi  avium,  lucchi 
fallax  u.  s.  u\ :  vil  catholische  beiden  gesagt  und  geschriben 
haben,  das  Christus  uns,  da  wir  noch  nicht  fliick  waren, 
geätzet  habe,  bienenk.  99";  vermeinelen  einen  flücken  vogel 
auszuheben  (viel  zu  erben).  Kircuhof  wendunm.  426'; 

doch  lasz  dir  leicht  sein  das  gelück, 

weil  es  gar  waukel  ist  und  flück.    H.  Sachs  1,126*; 

du  bist  so  wanket  und  so  flück.    Ul.  3,  II'; 

wir  wollen  das  nest  voll  flücker  jungen  ausheben  und  den 
alten  vogel  dazu.  Fr.  MiIller  2,  78 ; 

0  lernet  früh,  die  flügel  jedem  wünsch 

noch  eh  er  Uücke  wird.  Beschneiden.    Stolberc  5,83; 

ein  vögelchcn  ist  flücke, 

das  ei  verschlieszt  noch  dieses.    15,257  (vgl.  .inakieon  33); 

und  so  brütet  musik  fort,  von  da  an  wo  der  geist  sich  regt, 
bis  er  reif  und  flück  und  ungeduldig  hinaussliebt  nach  jenseits. 
Bettine  br.  1,268;  küminre  dich  nicht  um  die  leeren  eier- 
schalen,  aus  denen  die  flück  gewordenen  geister  entschlüpft 
sind.  1,  288.  einen  allen  beleg  für  die  bedeutung  plumalus, 
plumeus  liefert  des  Conrad  Dankrotzhelm  nambuclt  s.  108 : 

sidene  borten  mit  gold  bcslagen 
und  was  ein  töhterlin  sol  tragen, 
vine  hüben,  berlehle  locke, 
flucken  beige  und  bouwelröcke, 

feine  haube,  perlen  in^  haar,  federbalg  und  baumwollen  rock, 
s.  flick  und  flügge. 

FLUCKS,  cito:  heb  dich  flucks  und  bald,  ich  schineisz 
dich  uf  dein  schcdcl  zur  kanzel  ab,  bald!  rier  beschwernüs 
eins  Pfarrers.  A4';  flucks  böswicht,  stige  hinuf!  D4*;  so 
schreib  bald  ein  urfede,  flucks!  D4';  hebe  dich  flucks  und 
bald  hin  weg,  das  ich  dich  nimmer  sehe!  ebenda,  s.  fluchs 
und  flugs. 

FLUDER,  n.  canalis,  alveus,  rivus,  fiuor ,  gerinne,  ahd. 
fluodiir,  das  noch  zum  golh.  flödus  stimmt  und  dte  media  fest- 
hält, NoTKER  schreibt  floder:  ioh  tdr  undere  hirlicho  ersuizz«nde, 
tPla  si  (hmo)  dia  iiida  föne  düino  flödcre  eruini^n,  siib  qiiibus 
plurimum  sudans  ima  subjecia  roscidis  videbatur  inundare 
fluoribus.  Marl.  Cap.  59.  hier  Iwiszen  also  die  roscuh-  fluores, 
der  auf  die  erde  triefende  scIiwcLsz  der  himmelskönigin  flöder. 
fr»  den  j/o.wcn  begegnet  aber  (luodar  für  rates,  die  rinnenden 
schiffe. 

mint,  dö  huob  <>r  i^f  und  trnnc 

einen  irunr,  t\fr  begundc  biAdern, 

als  da^  waner  üf  den  flödcrn 

an  allen  clmuiplmuln  tuot.    weinscliw.  2.30, 

Toutdien   gleich  dem  watser  auf  dem  gerinne  aller  kumpfmükn , 
vollende  mit  \M\%  schrie 
den  meiüiir  üf  des  straiidis  vlüdr 
und  mit  im  xwi!uc  und  zw*nzic  brüdr.    Jkrojchin  2(W02, 

am  rauschenden,  flutenden  sirand,  der  n-im  auf  brftdr  sniini 
den  laut  A  t/H(/  iio.  nlui.  hat  steh  das  schnne  wart  nur  fürt 
girinne  der  niide  erhalten,  in  Itaurn  auch  für  hätflöste  auf  dem 
watser.  Schm.  1,580;  ob  das  wehr,  die  rüder  und  dns  fluder 
stark.  HoBBCiui  1,  U.     fiillOudcr  u/  icUcuue.    t.  gcfludcr 


1837 


PLUDER  — FLUG 


PLUG  — FLUGBRET 


1838 


FLUDER,  m.  mergus,  nvyoaxe/.is,  der  tauchet,  ahd.  tüchil. 
fluder  nur  bei  Maaieb  13S'  neben  dünhel  =  düchel,  tftchil, 
doch  finde  ich  von  Fiscbart  Garg.  237*  (am  schlusz  des  cap.  40) 
unter  einer  menge  tögel  auch  die  Öuder  (///.)  genaiuil.     s.  fludern. 

FLCDER,  prunus  insiticia,  getcOhnlich  krieche,  su/ime  scidehe, 
bei  Nemmcu  auch  fliider,  pOiider,  «ras  doch  vom  vorangehenden 
fluder  ganz  verschieden,  eher  zu  pfludern,  flattern  fällt,  oder  ists 
nieder? 

FLIDERBAUM,  fn.  fachbaum  vor  einem  mülgerinne,  aber  auch 
pöszholz,  geschu:emmtes  holz,  trißholz.  Sch*.  I,  5S6.  in  Coleri 
hausbuch  6.  20 :  ein  bäum,  woraus  man  spundstücke  zu  fludern 
oder  ganze  fluder  machen  kann. 

FLIDEHEI.  f.  flöszgeschäfl. 

FLLDERER.  m.  hvLflöszer,  in  änigen  gegenden  Baiems.  das 
nolizenbl.  6, 334  hat  einen  Ditniarus  fluderraagister  (ßudermeister). 

FLUDERN,  mit  langem  u,  rinnen,  flieszen  machen,  holz  aus 
den  bergen  mittels  der  wetterbäche  in  die  beständigen  bäche  und 
flüsse  und  auf  diesen  weiter  fortscbicemmen;  durch  den  Ämmer- 
see  wird  das  triftholz  gefludert.  Sch».  1,5S6. 

FELDERN ,  toläare,  mit  kurzem  u,  gleicfiricl  mit  flattern 
{sp.  1731),  auch  gesprochen  pfludern.  hüner,  junge  vögel,  fleder- 
mäuse  fludern;  o  ihr  verwirrte  nachlkefer,  wie  fludert  ihr 
so  unbehufsam  um  ein  scheinendes  Hecht.  Megerle;  immer 
wonniger  fludert  es  {das  töglein)  und  badet  sichs  im  sonnen- 
goid.  HoLTEi  Lammfell  2,91.  auch  wn  u;asser  und  wind:  aber 
wiltu  (beim  einschenken)  darüber  fludern.  so  verschüttestu. 
Keisersb.  bilg.  157*;  der  wind  geht  gefludert,  geht  lau,  flau, 
flattert  nur.     s.  gefluder,  geflatler,  fluttern. 

FLLDERR.VLH,  par  volalui,  trenn  der  rogel  im  nest  stark 
zum  ausflug  ist,  flattern  kann, 

FLUG,  m.  volatus,  pl.  flüge,  der  goth.  ausdruck  unbekannt, 
ahd.  fluc  pl.  flugi,  vihd.  vluc  f4.  Tlfige,  alln.  flug  n.,  ags. 
flyge  m.  neben  fljht  f.,  nnl.  vlugt. 

1)  in  eigenlliclien  sinn. 

mhd.  an  ir  hohem  vluge  wart  ir  wä.    Parz.  282,19, 
einer  sneller  swalwen  lluc.    MS.  2,238'; 
als  der  valke  enfluge  tuot.    MSF.  156,13; 
und  möhte  ich  dem  arn 
beschröten  sine  wite  vlüge.    kröne  18423. 
nhd.  wie  ein  vogel  der  durch  die  lufl  fleuget,  da  man  seines 
weges  keine  spüre  finden  kan.  denn  er  regt  und  schlegt  in 
die  leichte  luft,  treibt  und  zuteilet  sie  mit  seinen  schweben- 
den   flügeln,   und   darnach   findet   man   kein  zeichen  solchs 
fluges  darinnen,  tceish.  Salom.  b,  11 ; 

ein  häufling,  den  der  erste  flu^r 

aus  seiner  eitern  neste  trug.    Lichtwsr  .  .  . ; 

mir  träumt,  ich  war  ein  vögeleia 

und  (log  mit  gaukelliariero  flug, 

dann  auf  die  weisze  band, 

dann  wieder  auf  das  busentuch 

und  pickt  am  rothen  band.    Höltt  39; 

nun  wiegt  sich  der  raben 

geselliger  Oug.    Göthe  1,99; 

wie  er  im  raschen  flug 

hin  durch  die  wölken  schifte, 

stumm  durch  den  znitschernden  zug, 

der  Ahasver  der  lüfle ! 

ged.  ton  ArixsT.  GrÖ!«  3  aufl.  s.  277. 
dies   'im   fluge'    wird   Itdufig  gesetzt  für  schnell,   tcie   ein  vogel 
rorüberfliegt,  poln.  w  lot,  böhm.  letmo  von  lot,  let  flug:  im  fluge 
haschen,  fangen: 

die  im  flug  vorüber  ziehen.  Götbe  1,23.^; 
er  ist  im  fluge  von  Paris  zu  Madrit.  10,70;  ihren  schalten 
iiabe  ich  schon  im  fluge  gesehen,  lasz  mich  sie  wieder  in 
meine  arme  fassen.  20, 101 ;  im  flug  gesprochne  worte.  Nacbert 
rolkam.  1,  61 ;  ich  schreibe  dir  im  flug.  Bettine  br.  1. 136. 
glrichriel  ist  der  gen.  fluges,  flugs,  «foro»  nachher  besonders. 

2)  iibertragen  auf  alles  sich  schnell  bevegende,  auf  wind,  seele, 
gedanken,  seufzer,  tranm.  äuge,  blick,  wagen,  rad,  pfeil,  fusz: 

i»t  sie  schon  auf  den  flug, 
die  seele,  so  ists  aus.    FLgai^tc  3n; 
den  vers  eines  gesanges,  der  die  seele  dahin  erhebt,  wohin 
der  redner  wünscht,  dasz  sie  ihren  flug  nehmen  möge.  Götue 
18,220; 

du  sowol  ihrer  seufzen  Oug, 

als  ihr  geschrei  und  klag  wol  merkest.    Wkckberli!«  40; 

der  goit  des  schlaf«  fliegt  ihr  (der  nackt)  zur  seilen, 

die  Phantasie,  der  träume  Oug, 

der  eulen  banger  schwärm  begleiten 

den  ernsthaft  feierlichen  zug. 

BoiB  an  den  abend  im  musenatm.  1770; 

zittert  eine  ge.«tah,  dämmernd  in  mildem  giani, 

leisp«  fluges  vor  dir  vorbei, 

winkt  uuU  lächelt  dir  zu,  Miller,  es  ist  dein  freund !   Uöltt  81; 


die  erde  scheint  wie  nichts 

in  jenen  geffenden  des  lichls, 

wo  deiner  blicke  flug  an  fremden  weiten  landet.    Uz  1,69; 

durch  die  schwebende  weit  flieg  ich  des  wind  es  flug. 

Schiller  6* ; 
wirf  ganze  alter  weg  und  winsle  statt  der  reu, 
wie  gar  zu  schnell  der  flug  der  augenblicke  sei. 

Dlsch  renn,  werke  351; 
der  stunden  flug.    Gotter  1,407; 
der  schnellen  fiisze  flug.    Wulasd  4,16; 
des  sonnenwagens  flug,-    22,202; 

mit  geschwinden  sohlen 
eines  wagens  flug  zu  überhohlen.    Scbiller  216'; 

dichter,   die   so   gern    ihren  flug  weit  über  alle  fassung  des 
gröszten  tbeils  ihrer  leser  nehmen.  Lesslng  1,155; 

jede  wunde, 
die  auf  des  dichters  ersten  flug 
ein  kalter  recensent  ihm  schlug.    Gotter  1,452; 
er  hat  die  flüge  gethan!  ob  er  sie  ferner  wird  thun, 
das  steht  bei  meiner  gebietenden  laune. 

Kl.  Scuiidt  lutm.  dicht.  4. 

3)  in  den  «•eisthümem  erkenrU  die  furmel  'zug  und  flug'  fisch- 
fang  und  falkenjagd  zu,  es  steht  oß  geschrieben  zock  und  flock 
(pflock).  i?.4.  45. 46.  oder  anders  ausgedrückt  'den  fisch  im 
wasser,  den  vogel  in  der  luft',  loiseau  eis  aire  et  le  pechon 
sur  le  gravier,  auch  mit  hinzufügung  'und  darmit  den  hohen 
flug'  {weisth.  2,29);  man  möchte  Parz.  282,19  lesen: 

an  des  hohem  fluge  wart  ir  wä, 
weil  der  falke  aus  der  höhe  auf  die  lagernde  gans  stiesz,  die 
gans  kann  nicJU  hoch  geflogen  sän.  N.  M.  Cap.  39:  einiu 
Thalia  diu  ward  ze  leibo  [blieb  zurück,  dahinten)  in  einemo 
felde  scünemo,  wanda  iro  albij  fleug  ze  sewe,  dö  si  dia  burdi 
joh  ten  bühflug  erliden  ne  trftw^ia. 

4)  flug  drückt  nicht  selten  flügd  aus  {wie  zug  zügel): 

mhd.  und  het  er  danne  zwene  flüge 

ich  wolt  in  für  ein  enge!  han.    Geo.  4782; 

und  het  er  flüge,  ich  wänt  da;  e;  ein  engel  waere. 

Albr.  tu.  166,2; 
auf  seinem  heim  fürte 

ein  flug  von  chlarem  golde  reich.    Scche?(w.  15,212; 
ouch  stiegen,  als  diu  wärheit  gibt, 
zesamen  ir  gespreiten  flüge.    Uberlii«  402; 

vielMcht  ist   auch  kröne  1S324  die  vlüge  beschroten  die  flügd 
schneiden  ; 

nhd.  nun  hat  die  gegenwerlig  nacht 
mit  ihren  schwarzen  flügn  gmacht 
die  bimelwolken  dunkel  zwar.    Atrer  ISC. 

der  pl.   flüge  entspricht  dem  lot.  alae  exercitus,   uas  wir  heute 
flügel  nennen : 

die  vlüge  dd  ze  velde  vlugen.    kröne  18529; 

wan  ich  hän  in  arebeit 

die  vlüge  gesehen  fürwär.    18274. 

5)  ein  flug  tauben,  rebjiüner,  vögel,  äne  rotte,  nn  häufe, 
was  wir  heute  kntle  nennen,  und  wofür  wiederum  flucht  gut 
{sp.  1S33) ;  ein  flug  bienen,  examen,  schwärm. 

6)  flug,  gelegener  räum  und  vortheilhaße  richtung  auszufliegen. 
ein  bienenstand  musz  so  angebracht  sein,  dasz  die  bienen 
einen  guten  flug  haben,     s.  flugloch. 

s.  abflng,  anflug,  aufflug,  ausflug,  durchflng,  einflug,  eulen- 
flug,  nachUug,  uaiüug,  vogelflug,  vorflug,  zuflug. 

FLUG,  adv.  subito,    mit  dem  acc.  sg.  gebadet,  wie  weg,  tag : 

ein  pferd  ist  ja  allein  für  uns  zween  nicht  genug, 
und  dieses  edle  ros  kömpt  uns  zu  helfen  flug. 

Werders  .4r.  1,  73; 

hernach  jagt  er  ihm  nach  demselben  plerde  flug, 

das  mit  dem  fräwlein  ihm  sein  herz  auch  weg  mit  tnig.    8,32; 

doch  die  bedingung  liesz  er  ihm  gar  hart  ffirschreiben, 

dasz  er  zwar  ein  ganz  jähr  bei  leben  solle  bleiben, 

zum  ende  dessen  soll  er  aber  sterben  flug.    <J,  46. 

FLUGASCHE,  f  faviUa  volatilis,  loderasche. 
FLUGBEGIERDE,  f.  aviditas  volandi,  currendi: 
so  rennt  es  fort  mit  wilder  flugbegicrde.    Schiller  9S*. 

FLCGBIENE,  f.  apis  operatrix,  die  nach  den  Numen  aus- 
fliegende arbeit^iene. 

FLUGBIRNE,  f  Crataegus  rolundifolia,  aus  fluhbirne  entstellt, 
emil.  alpine  mespilus. 

FLUGBL.\TT.  n.  fliegendes  blatl,  flugsdiriß. 

FLUGBRAND,  m.  im  walzen,  haber,  gerste,  auch  staubbraod. 

FLUGBRET,  n.  am  fluyUxh  da-  bienenäOtkt, 


1839 


FLÜGEL 


FLÜGEL 


184Ö 


FLÜGEL,  m.  ala,  mbd.  vliigel,  mnl.  viogel,  nnl.  vleugel. 
in  den  yolb.  fraym.  ist  keine  yeli-genheit  zu  dem  uort,  ags.  slcltl 
feder  pcnna  zugleich  für  ala,  altn.  gilt  vtengr,  scltw.  ddn.  vinge, 
tcolier  uuch  emjl.  wiiig.  incrkwüräig,  dasz  Jus  ial.  uorl  sich 
nicJU  tun  volare  uie  Uiigel  ton  fliegen,  fUticli  von  feder, 
TixiQv^  t'OH  titsqÖv  leitet,  sondern  zu  axilla  gehört  und  tvic 
schwinge  die  krafl  des  schwingenden  gclenkcs  ausdrückt. 

1)  der  vügel  regt,  versucht,  hebt,  breitet,  spreitet,  wiegt, 
schwingt,  schlagt,  schrankt,  schmückt,  hängt  dieflügel;  der 
bahn  schlägt  die  fliigel  und  kräht;  die  schwalbe  huscht 
auf  den  flügeln;  die  henne  deckt  mit  ihren  fliigeln  die 
küchlein,  nimmt  sie  unter  die  fliigel;  die  flügel  nieder, 
fallen,  hängen  lassen;  den  vogel  beim  flügel  haschen,  er- 
wischen; die  flügel  schwirren,  rauschen,  flattern;  die  flügel 
sind  ihm  schon  gewachsen,  sind  ihm  beschnitten,  wie  ein 
adeler  ausfüret  seine  jungen,  breitet  seinen  fittich  aus  und 
tregt  sie  auf  seinen  flügeln.  b  Mus.  32,11;  wenn  ir  zu  felde 
ligt,  so  glenzets  als  der  tauben  flügel,  die  wie  silber  und 
gold  schimmern,  ps.  68, 14 ;  beschirmen  wie  die  vogel  thun 
mit  flügeln.  Es.  31,5;  auffaren  mit  flügeln  wie  adeler.  40,31; 
sihe,  er  fleugt  daher  wie  ein  adeler  und  breitet  seine  flügel 
aus.  Jer.  4S,  40 ;  wie  eine  henne  versamlet  ire  küchlin  unter 
ire  flügel.  Mallh.  23,37;  versamlen  wie  eine  henne  ir  nest 
unter  ire  flügel.  Luc.  13,  24 ; 

uod  adler  und  falken  und  iiabichlc  schweben 

und  wiegen  die  llügei  im  blcudeaden  strahl.    Scuillsr  9'; 

0  kette  ich  flügel  wie  tauben,  das  ich  flüge  und  etwa  bliebe! 
j)s.  65,  7  ; 

0  hält  ich  flügel,  flog  ich  auf!    Götuk  12,301. 

2)  flügel  der  engel,  winde  u.  s.  w. 
mhd.  dö  truoc  der  junge  Parziväl 

äoe  flügel  eugels  mal.    Parz.  SOS, 2; 

im  A.  T.  tragen  die  cherubim  und  sa-aplnm  flügel :  und  die 
Cherubim  sollen  ire  flügel  ausbreiten  oben  überher,  das  sie 
mit  iren  flügeln  den  gnadenstuel  bedecken  und  eins  iglichen 
andlitz  gegen  dem  andern  stehe.  2  Mos.  25,  20.  37,  9 ;  und  er 
sprach,  wer  bistu?  sie  antwortet,  ich  bin  Ruth  deine  magd, 
breite  deinen  flügel  über  deine  magd.  Ruth  3,  9 ;  beschirme 
mich  unter  dem  schatten  deiner  flügel.  ps.  17,8;  und  unter 
dem  schatten  deiner  flügel  hab  ich  Zuflucht.  57,2;  neme  ich 
flügel  der  morgenrote  und  bliebe  am  euszersten  meer.  139,  9 ; 
Seraphim  stunden  über  im,  ein  iglicher  hatte  sechs  flügel, 
mit  zwen  deckten  sie  ir  andlitz,  mit  zwen  deckten  sie  ire 
füsze  und  mit  zwen  flogen  sie.  Es.  6,2;  und  ich  höret  die 
flügel  rauschen  wie  grusze  wasser  und  wie  ein  gedöue  des 
allmechligen  wenn  sie  giengen,  und  wie  ein  getüniel  in  irem 
beer,  wenn  sie  aber  still  stunden,  so  lieszen  sie  die  flügel 
nider,  und  wenn  sie  still  stunden  und  die  flügel  niderlieszen, 
80  donnerte  es  im  himel  oben  über  inen.  Ez.  1,  22 — 25 ;  der 
wind  mit  seinen  flügeln  wird  sie  gebunden  treiben,  //os.  4,19; 
und  das  rasseln  irer  flügel  war  wie  das  rasseln  an  den  wagen 
vieler  ros,  die  in  krieg  laufen,  offenb.  9,  9. 

schlaf  bis  der  morgenrötlie  nügel 

der  weit  die  färben  iviedcr  bringt.    GGnTUER  280; 

tvenu  wahn  die  halbe  weit 

mit  «chwarzeu  flügeln  decket.    Uz  1,91; 
damit  wir  uns 

hier  in  des  Wingolf  lichten  hallen 

unter  dem  flügel  der  frcud  umarmen.    Klopstock  1,15; 

du  verkennest  ihn  nicht,  wenn  du  dem  abendslern, 

nach  den  pflichten  des  tags  schnellere  flügel  gibst.    l.tOS; 

entzückt  bestieg  der  hirt  den  hügel, 

die  nonne  glüht  ihm  im  Besicht, 

er  merkte  selbst  den  raschen  flügel 

der  rauhen  ducemberwinde  nicht.    KnETscuMArin  2,113; 

der  «cblaf  der  auch  den  knecht  mit  seinen  flügeln  deckt, 

fliegt  vur  dem  luger  fürt,  wo  sich  ein  dichter  streckt. 

Duscu  verm.  werke  333; 

wo  warst  du  enge  macht,  die  du  der  lürsten  Icheu 

mit  deinen  fltigeln  deckst?    Weisze  Iraucrtp.  1,93; 

und  wann  nun  Theben  siolt  sein  haupt  erhebt 

und  Spartat  ioch  zertritt,  die  freilieil  dann 

von  banden  los  den  guldnen  fliiKel  schlägt.    3,39; 

huscht  doch  die  freud  auf  tlhfreln  schnell, 

wie  schwalben,  vor  uns  tiiii.    IIühucii  47*; 

wonne  webt  mit  weichem  flügel 

des  pilülen  wangen  an.    72'; 

wulKeflihte  wehn  die  flügel 

milder  winde  vor  ihm  her.    t*; 

wifidf,  faxt  die  OUnr]  fallen. 

rtMell  uicltt  durch  luub  uod  robri    72'; 


der  raond  von  einem  wolkenhügel 

sab  klai;llch  aus  dem  duU  hervor, 

die  winde  schxvaiiL'en  leise  Hügel, 

umsaustun  feierlich  mein  ohr.    Götub  1,75; 

uiisrc  seele  hebet 

sich  auf  ihrem  flügol.    Gotter  1,41; 

an  der  begeisterung,  die  ihrer  rede 

des  Sturmes  flügel  gab.  2,314; 
jetzt  da  er  die  ehre  recht  beim  flügel  befestigt  hatte.  J.  P. 
uns.  löge  1,  luu;  ich  hatte  ohnehin  den  flügeln  seiner  phan- 
tasie  nicht  federn  genug  ausgerissen.  1,  lb5;  presset  die 
klopfenden  vergänglichen  herzcu  heisz  an  einander,  eh  sie 
der  flügel  der  zeit  zerschlägt.  Ue.^p.  2,100;  der  morgen  legte 
allen  seelen  die  flügel  an,  die  der  mittag  den  menschen 
immer  bindet.  Tit.  3,35;  Schoppe  risz  ihm  die  verklebicn 
Hügel  auf.  3,138;  der  scherz  schlägt  sich  an  jedem  gillcr 
die  flügel  wund,  komel  1,  ivi;  was  einem  herzen  flügel  und 
flammen  gibt.  Fibel  38. 

3)  bildlich: 

ja  sie  beugen  schon  die  flügel 

aller  orten  krank  und  matt.    Soltau  volksl.  519; 

zieh  du  vielmehr  das^schicksal  aller  menschlichen  dinge  in 
betracht,  und  der  geist  der  spüttelei  wird  schon  von  selbst 
die  flügel  hängen  lassen.  Klopstock  12, 150 ;  was  läszl  du  die 
flügel  hängen?  BtrriNEfcr.  1,2.  wenn  sie  heule  abend  ihrem 
eheherrn  meinen  brief  vorlesen,  so  lassen  sie  das  aus,  was 
ich  von  ihm  gesagt  habe,  er  würde  sonst  beide  flügel  schlagen 
und  hoch  krähen.  Moser  3,  41 ; 

kaum  ist  der  vater  todt,  so  hebt  der  söhn  die  flügel, 
mit  frcudcn  öfiicn  sich  der  vollen  kammeru  riegel, 
die  kasieu  springen  auf  und  das  verscharrie  geld, 
gefangne,  grün  von  rost,  zerstreuu  sich  durch  die  weit. 

LicuTWEK  recht  der  vernunß  67 ; 
ein  Jüngling  musz  die  flügel  regen, 
in  lieb  und  basz  gewaltsam  sich  bewegen.    Götue  13,100; 

sie  haben  ihm  sehr  die  flügel  beschnitten;  und  der  adel 
musz  auch  bei  zeiten  suchen  ihr  (der  inquisition)  die  flügel 
zu  beschneiden.  Göthe  8,176;  wer  sollte  nickt  auch  hier 
seine  flügel  versuchen?  Scbiller  113". 

4)  flügel  eines  gewandes,  einer  haube,  patagium,  die  herab- 
liängenden  theile  eines  rocks:  ich  halte  meine  sackpfeife  kaum 
aufgeblasen,  da  erdappte  mich  einer  aus  ihnen  beim  flügel. 
Simpl.  1,40;  Eurylas  kriegte  hierauf  den  mahler  beim  flügel 
und  sagte,  wie  sitzt  ihr  da,  als  wenn  ihr  eiue  drei  pfund 
allein  behalten  wollet.  Weise  erzn.  200; 

nun  eilst  du  emsig  vor  den  spiegei 
und  streichst  die  augunbraunen  glatt,        ^ 
legst  haaro  und  des  nuchtzuugs  flügel, 
so  wie  es  ein  geschicke  hat. 

Ossenfeloer  odeii  u.  lieder  148. 
tu  der  dichterischen  bescitreibung  der  haube  zu  eingang  des  Heltn- 
brcchl  kommt  der  aiisdruck  flügel  nicltl  vor.     s.  flttich  sp.  1694,3, 
flügelhaube,  flügelkleid. 

5)  flügel  eines  heers,  ala,  cornu,  der  rechte  oder  linke 
flügel,  die  flügel  dehnen  sich  aus;  auf  dem  rechten  flügel 
hub  das  treUen  an;  der  linke  flügel  ist  in  die  flucht  ge- 
schlagen; den  flügel  schwenken;  reifer  stehn  aut  beiden 
flügeln  aufgestellt,     vgl.  flug  4. 

beide  flügel  bindend  schlieszt  der  Telamone, 

den  die  stolze  Salamis  gebar, 

mit  zwölf  scbifl'uu  dieses  zuges  kröne.    Scuiixek  '11'.'. 

eine  anwcndung  auf  die  grammatischen  casus. 
wann  ich  dann  mach  ein  Ordnung  schon 
müssens  in  dreien  lUigeln  ston, 
drei  dcclination  ich  halt, 
so  ist  mein  schlucht  sehr  wol  besialt, 
primam,  sccundam,  tertiam.    Gu.uusiU8  grammatica  HO. 

flügel  eines  wagengespanns: 

bunte  Schenkel,  gelbes  mähnenliaar 
schniiit:kten  das  gesuann  auf  jedem  flügel, 
weiszgcflecket  war  das  deichsulpaar.    Scuillkr  216'. 

O)  flügel  eines  hauses,  ala,  einer  thür,  valva:  das  gcbäude 
hat  noch  einen  flügel;  der  hintere  flügel  brannte  ab;  ersah 
dasz  die  beiden  flügel  der  plorte  sich  aufthaten.  Wieiam» 
12,274;  der  herr  des  hauses  wohnt  in  einem  und  die  IVuu 
im  andern  flügel.  Moser  1,131; 

und  der  schwarzen  kammer  flügel 
öfneu  sich.    Götter  t,52; 
der  flügel  der  thür  sprang  auf. 

7)  flügel,  arm  der  windniüle,  |N'nna<  nu^  venio  agilatae, 
l'aile  ä'un  moultn  d  vent: 

Ich  wil,  wo  euch  geliebt,  die  flügel  di«  der  wind 
on  einer  mül  umreUzl,  wenn  sie  im  «chwanRr  iliid, 
ollviu  mit  einem  streich  eniblosiirr  kliuK  aiilli.iluri. 
GRtrttit»  i,  K-'O. 


1841    FLÜGELARtlG  — PLÜGELPaNG 


FLÜGELF  ARN— FLÜGELKLEiD    1842 


8)  flügel  6«  der  icebcrei:  von  diesem  weberbaum  laufen 
fäden  durch  das  blatt  in  der  lade  sowol  als  durch  die  flügel 
des  geschirrs.  Göthe  23,  63. 

9)  ort  eines  groszen  clatieres  in  geslall  eines  ßügels: 

sie  spielt  den  flügel  schöo 

und  kann  vortrellicb  singen.    Gellkrt  1,20<>; 
ich  sasz  eben  am  flügel  als  er  kam,  und  da  probierten  wir 
ein  kleines  duet.  Kretschma.nns  fam.  Eidienkron  13. 

10)  die  beiden  seilen,  wände  der  nase,  alae,  latera  nasi,  nasen- 
flügel,  natenlapfjen ;  lungenflügel,  alae,  lobi  pulmonum;  ohren- 
flügel,  pinnaeauris:  dasz  das  ohr  platt  geschlagen  und  an  den 
knorpeiichten  flügeln  geschwollen  erscheint.  Winselm.  4,211. 

11)  flügel  lieiszen  auch  kleine  dünne  bldttchen  an  den  samen- 
kelchen  einzelner  pflanzen,  nametUlich  pinus  silvestris,  anethum 
u.  s.  w.   foliola  aliformia. 

12)  in  der  Jägersprache  sind  flügel  die  von  einem  ende  des 
ualdes  zum  andern  gehauenen  wege. 

FLÜGELARTIG,  alae  instar:  wölken  entwickelten  sich  um 
ihre  füsze,  steigend  hoben  sie  flügelartig  die  heilige  gestalt 
empor.   GöriiE  21, 185. 

FLÜGELBAND,  n.  ligamentum  alarium. 
FLÜGELBAUER,  wi.  der  claviere  baut. 
FLÜGELBÄUM,  m.,  der  sich  zu  einem  mndmülenflügel  eignet. 
FLÜGELBEGÄBT,  alatus: 

kann  kein  erdegebomar 

fiügelbegabter 

beldensinn, 

Sängergeist 

den  banden  der  niedren  mutter 

fanz  entfliehn, 
em  edlen  vater 
lichte  zu?    RBcKERT  ges.  ged.  1,64. 
FLÜGELBLUME,  f.  pteranthus. 

FLÜGELBOGE,  m.  arcus  alae:  dise  falken  aber  werden 
für  die  adelichsten  und  hoch  gehalten,  welche  einen  langen 
hals,  hohe  brüst,  breite  Dügelbogen,  schöne  subtile  flugfedern, 
lange  herscher  haben.    Sebiz  608. 

FLÜGELBOTE,  m.  alipes' nunlius,  Merkur,     bildlich: 
leben,  spräche,  seelen,  herzen 
flügelboten  süszer  schmerzen, 
gosz  euch  (blumen)  dies  berühren  ein.' 

Schiller  anlhologie  17S2.  95, 
in  späteren  ausgaben  (9*)  stumme  boten. 
FLÜGELBUBE,  m.  alatus  puer,  Amor: 

der  kleine  llügelbube  hupft  (:  zerzupft).    Göihk  1,149. 
FLÜGELCHEN,  n.  pennula,  nnl.  vleugeltje: 
seht,  wie  sich  die  amoretten 
in  die  bellen  wangen  betten, 
Tor  der  stürme  lautem  schwärmea 
ihre  Uügelcheu  zu  wärmen. 

Kl.  Schmidt  verm.  ged.  1,39. 
FLÜGELDECKE,  f.     1)  der  harte  flügel  des  kdfers,   elylrum. 
halbe  flügeldecken  Aeme/yira,  insecten  mit  halben  flügeldecken, 
liemiplera. 

2)  bildlich,  eines  aufgeflognen  engeis  weggelegte  flügeldecke. 
J.  P.  Hesp.  1,  61 ;  zu  was  dienen  denn  am  ende  die  schönsten 
bände,  die  ich  sehe,  wenn  sie  immer  unter  den  flügeldecken 
liegen?  3,29;  es  waren  nur  halbe  bandschuhe  mit  nackten 
fingern  oder  halbe  flügeldecken.  3,30;  den  mädchen  seidne 
floskeln  und  flügeldecken  {bänder  und  tücher)  für  die  purpur- 
fahne  des  maienbaums  abzubetteln,  biogr.  bei  1, 13L 

3)  decke  eines  clatierflügels. 

FLÜGELEILE,  f.  befliigclle  eile  {une  sp.  106  eile  vom  schnellen 
fusz  geleitet  wird): 

was  wunder  dann,  dasz  paar  bei  paar 

die  Oatterhaften  liebesgötter 

ihr  herz  beschossen,  dasz  Vulcan 

und  seine  heller  lobesan, 

mit  aller  hämmer  flügeleile 

nicht  fördern  konnten  alle  pfeile, 

die  Cypripor  und  compagnie 

bei  ihm  bestellten?    Kl.  Schmidt  knm.  dicht.  46. 
FLCGELEIN,   FLÜtiLELN,   n.   pennula  für   flügellein,   tne 
schon  mhd.  vogelin,  mentelin  für  vogellln,  mentellin  begegnet, 
von   flug  4   darf  man   flüglein   kaum  ableiten,  s.  das  im  beleg 
vorangehende  engelein  für  engellcin : 

sclilummre,  sclilummre  immer  zu, 

engelein  ilich  decken 

mit  flngelein  zur  ruh.    Fr.  Mijller  3,281; 

da  trippelt  ich  auf  Einern  beio 

und  hatte  so  mein  spiel. 

und  spielt  ihr  mit  dem  flügelein 

die  rotlie  wange  kühl.    Holtt  40. 

FLCGELERBSE,  /".  lotus  lelragonolobus. 
FLÜGELFANG,  m.  gertüh  im  bergwerk.  Garg.  187'  ici«  balg- 
farg.  windfang. 
Hl 


FLÜGELFARN,  m.  pteris  aquilina. 

FLÜGELFEDER,  f.  penna  alae:  o  ihr  armen  menschen! 
fangt  doch  nach  den  flügel-  und  Schwanzfedern  der  freude. 
J.  P.  Hesp.  4, 106. 

FLÜGELFLATTERSCHLAGEN,  n. 

mordgescbrei  und  sterbeklagen ^. 
ängstlich  flügelflatterscblagen!    Göthe  41, 141. 
FLÜGELFÖRMIG,  alae  speciem  habens. 
FLÜGELFORTSATZ,  m.  forlsetzung  des  keilbetns. 
FLÜGELFRUCHT,  f   s.  flügel  11. 
FLÜGELFUSZ,  m.  pes  al-Uus: 
hier  sind  die  berge,  schau,  die  bis  an  himmel  gehn, 
zu  deren  höhen  du  mit  flügelfüszen  fleuch, 
hoch  über  den  Aman,  hoch  übern  Liban  streich ! 

Herrn.  Hugonis  goUsäligvi-  verlungi-n  drei  bücher  in 
leulschcn  reimen  von  Wenzel  Scherfebn  ron  Scher- 
fenstein.   Brieg  16t)2  s.  293; 
kaum  weilt  sein  flügeifusz  in  Tyrus  nächsten  gauen. 

Schiller  40*. 
FLUGELGARN,    n.     vogelgarn,    flügelgarn,     vogeUtrick. 
Sebiz  563. 

FLÜGELGEBÄUDE,  n.    flügel  6. 
FLÜGELGELENK,  n.  junctura  darum. 
FLÜGELGOTT,  m.  dcus  alatus. 
FLÜGELHAFT,  alis  praeditus: 

wie  der  morgen  sie  gebar 
flügelhaft.    Göthe  .  .  . 

FLÜGELHAU.  m.  ein  fechlerausdruck : 
er  sprach,  der  kunst  zu  eim  eingang 
lert  man  ober  und  unterhaw, 
mittel  und  flügelhaw  genaw.    H.  Sachs  1,410*.   Garg.  I8S'. 

FLÜGELHÄUBCHE.N,  n.   vgl.  flügel  4:     ein    nettes   flügel- 
häubchen  stand  dem  kleinen  köpfe  und  dem  feinen  gesiebte 
gar  wol.  GüTiiE  26, 1S5. 
FLÜGELHÄUBE,  f 

sittsam  stand  sie  da,  Ximene, 
von  elastisch  feiner  leinwand 
pufte  ihre  flügelhaube.    Herders  Cid  15. 

FLÜGELHALT,  f    s.  Oügel  II. 
FLÜGELHERD,  m.  auf  dem  pochwerk. 
FLÜGELHORN,  n.  Jagdhorn  zum  zeichengeben. 
FLÜGELHUF,  m.  ungula  equi  alijiedis: 

schlug  mit  dem  flügelbuf 
an  den  fels.    Stolberc  5, 25. 
FLÜGELHU-ND,  m. 

sein  flögelhund,  der  gierge  eeier,  springt 
umschattend  auf  die  starrgebundnen  glieder. 

A.  W.  Schlegel  im  musenalm.  1798  t.  70. 
FLÜGELHLT,  m.  petasus. 
FLÜGELICH,  alatus,  für  flügellich. 
FLÜGELKI.ND,  n.  genius,  flügelbube. 
FLÜGELKLATSCH,  m.  plausus  alarum. 
FLÜGELKLATSCHE.N,  plaudere  alis. 

FLÜGELKLEID,  n.  vestis  fluitans,  patagiata,  leichtes  jugend- 
liches gewand  mit  hängenden  ermein : 

doch  laszt  euch  auch  nicht  bei  der  tocke  und  schon  im  Oügel- 

kleide  frein.    Gömther  439: 
die  regung  mütterlicher  triebe, 
der  fürwitz  und  der  geist  der  liebe 
fahrt  oftmals  schon  ins  flügelkleid.    Hacedob:i  3,72; 
sie  hatte  kaum  das  flügelkleid 
und  einen  bessern  putz  empfangen, 
so  scherzten  witz  und  freundlichkeit 
in  beiden  grübchen  ihrer  wangen.    3,91; 
kaum  aus  dem  flügelkleid  spielt  sie  schon  stolz  die  dame. 

Zachariä; 
ihr  hüpftet  noch  im  ersten  flügelkleide.    Wiela!id  .  .  .: 
sorgt  für  die  jugend  wol,  lehrt  sie  im  flügelkleid«  • 
den  wichtgen  unterschied  von  wahrem  schmerz  und  freude. 

LicuTWER  recJit  der  Vernunft  46; 
Gretchen  in  dem  Oügelkleide 
fühlet  schon  die  groszte  freude, 

wenn  sie  Manschen  küssen  kann.    Weisii  kom.  op.  2,  196; 
als  ich  noch  im  flügelkleide 
in  die  raädchenschule  gieng; 
eine   uhr  war  sonst  für  ein  madchen  so  viel  als  ein  mann, 
jetzt   gibt  man  sie  ihnen  fast  im  flügelkleide.    Moser  1,112; 
dasz  Gerhard  eine  tochter  habe,  die  dem  flügelkleide  ziem- 
lich entwachsen  sein  müsse.  Nacbert  volksm.  i,  49. 
der  glückliche,  dem  seit  dem  flügelkleide 
kein  seufzer  aus  dem  busen  drang.    Gottrr  1,323; 
wie  wird  mir?  leichte  wölken  heben  mich, 
der  schwere  panzer  wird  zum  flügelkleide.    Scbillu  488'; 

im  flügelkleide 
ward  ich  seines  sohnes  braut, 
drei  jähr  drauf  ward  ich  getraut, 
kinder.  waren  wir  noch  beide, 
lüudar  an  gcmülh  und  geiit.    Mi;u.Hn  die  schuld  144; 

llö 


1843 


FLÜGELKNABE  —  FLÜGELN 


FLÜGELN— FLÜGELSCHEIDE    1044 


ich  liiipfle  mit  dem  anpe  blosz  auf  die  (/T/r  den)  nahen  laub 
und  blutenkiiospcn  hemm,  diesen  flügelkieidern  des  wachsen- 
den  fnihlings.  J.  P.  Hfsp.  1,  21; 

FLtGELR.NABE,  ni.  flügelbube,  flügeUcind: 

dein  herr  sucht  zu  ereilen 

der  kleine  tlügelktiiib, 

dns  gschicke  saniht  den  pfeilen 

ihm  auch  den  bogen  gab.    tiinbe  I6S8  s.  14. 

FLtJGELKÖLBCHEN,  j)l.  kälteres,  libramenla,  schtcingkOlbchen. 

FLCGELKOLBE,  m.  kalter,  schivinykolbe. 

FLÜGELLAHM,  claiidus  alis:  wie  jene  kleinen  blütenkronen, 
nachdem  sie  ihren  duft  ausgehaucht,  vom  irdischen  staub 
beschwert,  flügellahm  sich  endlich  unter  die  erde  betten. 
Bettina  tafjeb.  209.     vgl.  Iluglahm. 

FLÜGELLAUF,  m.  citrsus  rapidus,  beflügelter  lauf. 

FLÜGELLOS,  ohne  flügel,  alis  solutus.  Stieler  1179: 

armer  mensch,  was  wiliu  steigen 
hoher  als  ein  thurmknaui  ragt? 
denke,  wer  sich  höher  wagt, 
Oügeilos  musz  er  sich  neigen. 

ScHOTTELii'S  lu.itg.  1647  «.  26; 

der  regen,  welcher  meinen  armen  pcgasum  ganz  fusz  und 
flügellos  gemacht,  arretierte  mich  in  Cadix.  iMoianüers  par- 
nuwus  ltj99  s.  64;  die  anieisen  sind  erst  flügellos,  bekommen 
aber  gegen  das  ende  des  sommers  flügel. 

FLÜtJELMACHEK,  m.  flügelbauer. 

FLÜGELMANN,  m.  niiles  praevwnstralor,  antesignanus :  solche 
naturen  können  als  geistige  flügelmänner  angeseiien  werden, 
die  uns  mit  heftigen  äuszerungcn  dasjenige  andeuten,  was 
durchaus,  obgleich  oft  nur  mit  schwachen  unkenntlichen 
Zügen,  in  jeden  menschlichen  busen  eingeschrieben  ist.  Göthe 
35.349;  von  der  giraHe  bis  zum  wallfiscli  war  ein  bedeu- 
tender weg,  man  veriirle  sich  aber  nicht  in  vielem,  sondern 
man  suchte  die  wenigen  flügelmänner,  die  man  zu  diesem 
zweck  bedeutend  fand.  55,177;  denn  das  thier  zeigt  sich  als 
flngelmann,  indem  die  einfachheit  seines  baues  den  character 
deutlicher  ausspricht,  die  einzelnen  thcile  gröszer  und  charac- 
teristisch  in  die  äugen  fallen.  55,  256;  Voss  ist  der  Qügelmann 
unserer  prosodie.  Knehei.  in  Botligeis  lit.  zust.  2,  216 ;  die  flügel- 
männer des  anzugs.  J.  P.  mumicn  3, 13 ;  manche  fehler  be- 
gehen nur  grosze  poetische  flügelmänner.  grünl.  proc.  2,13; 
ich  schrie  ihm  noch  dazu  aus  meinen  mumien  in  einem  fort 
zu,  gesciieid  zu  sein  und  auf  mein  schulmeisterlein  als  einen 
Dügelmann  der  fieudcn  handgrifTe  acht  zu  geben,  //esp.  3, 184; 
für  auloren,  die  wahre  geschichle  zugleich  erzählen  und  ver- 
mummen wollen,  bin  ich  vielleicht  im  ganzen  ein  modeil 
und  flügelmann.  Tit.  1,70; 

wäre  Doch,   wie  sonst,   ein  freigeist  flügelmann,  wie  schnell 

belehrt 
würden  jene  gott  verleugnen  durch  ein  steiTes  rechtsumkehrt  1 

Platen  2U3'. 

FLÜGELMÄNNISCH,    nie   ein  flügelmann:   {Josl  Amman)  in 
dem  groszen  kunstsinne  der  damaligen  zeit  beiiandelt  er  die 
gestalt  der  tbiere  symbolisch,  flügclmännisch.  Göthe  39,225; 
phantastiscbflügclmännische  beschwörungsgebäiden.  41,324; 
ihr  flrieranze,  Oügelmännische  riesen.    4t,  325. 

FLCGELMANTEL,  m.  aus  dessen  armlöchern  flügel  herab- 
hängen. 

FLÜGELMEISTER,  m.  Jäger,  der  auf  Ireibjagden  ^nen  der 
flügel  leilet. 

FLÜGELMUSKEL,  m.  der  die  bewegung  der  flügel  bewirkt, 
plerygoideus  mufculus. 

FLÜGELMCTZE,  f.  wie  nngclhaube. 

FLÜGELN,  1)  alare  {wovon  nur  alalus  vorkommt),  alis  in- 
üruere,  alas  addere,  meist  beflügeln:  geflügelte  thicre,  gc- 
Oügelle,  ungeflügelle  insectcn; 

die  winde  flOgebt  du.    Oerrz  3, 173; 

geOügell  mit  vernunri  und  roüihigen  gedankcn.    poeterei  s.  12; 

da<z  die  andacht  der  opfernden  durch  einen  götllicben  trieb 
geflügelt  würde.  Lohenst.  Arm.  1,8; 

bald  regelt  «ie  den  blitz,  bald  flügrlt  sie  den  wind.    2,1349; 
begehren  kommt  vom  «ehn,  und  wa*  wir  vor  uns  haben, 
da*  Ougelt,  iit  e«  ichön,  der  siüIkii  wünsche  lauf. 

G('MiiKH  59!t; 
der  abend  nogelt  ichon  dem  heRperuH  den  lauT.    663; 
da  «rhirmt  er  al«  ein  «trom  von  bergen,  klipp  und  bügeln, 
den  »cbnee,  iprtrhniolznei  ei>  und  nehenlifiche  nugela.    712; 
weon  nemlich  tspfreii  blut  der  ktndcr  mime  «iegelt 
uiMt  willao  und  %cr»uud  b«i  leiten  aulwtru  Oügelt.    730s 


ich  will  laufen  als  wenn  meine  beine  geflügelt  wären,  cauten- 
macher  58; 

iizt  seh  ich  ihre  stolzen  tritte! 
was  ist  sie?  meine  knnigin. 
itzt  flügelt  sie  die  leichten  schritte  1 
was  ist  sie?  meine  schäTerin. 

Rost  im  luschrnb.  für  dichter  6, 117; 
wenn  sie  das  wesen  der  wesen  nach  ihrer  Weisheit  enthülltea 
und  in  das  furchtbare  dunkel  hinauf,  von  träumen  geOügelt, 
drangen.  Menian  Is,  646; 

einst  da  ich  einsam  und  verlassen 
am  Ufer  irrt,  und  jeden  hnuch 
der  lult,  der  nach  der  küste  blies, 
mit  meinen  seufzern  lliigelte.     Gkrstenbkrg  i-erm.  sehr.  2,97; 

wir  sprachen  auf  gut  oberdeutsch  von  Schlittschuhen,  wel- 
ches er  (Klopstock)  durchaus  nicht  wollte  gellen  lassen,  denn 
das  wort  komme  keineswegs  von  Schlitten,  als  v^enn  man 
auf  kleinen  kufcn  dahin  führe,  sondern  von  schreiten,  in- 
dem man,  den  homerischen  güttern  gleich,  auf  diesen  ge- 
flügelten sohlen  über  das  zum  boden  gewordne  meer  bin- 
schreite.  Götue  26,336; 

wir  fliegen  den  tanz  im  kreise, 

als  dügelt  uns  stahl  auf  eise!    Voss  5,135; 

warum  flügeln  sollt  ich  mich 

auf  zum  himmelsbogen? 

Rt;cKERT  353  =  ges.  ged.  1,423; 

oft  in  stillen  mitternächten 

fühl  ich  mich  empor 

flOglen  von  des  trnumes  machten 

zu  dem  sternenthor.    yes.  geit.  1,324; 

sein  innerer  wie  ein  cherub  geflügelter  mensch.  J.  P.  Hesp. 
1,250;  die  geflügelten  schatten  der  wölken.  3,210. 

2)  intr.  flügelschlagen,  flattern: 

so  schwuren  sie 

und  Amor  drückt 

sein  täubchcn  snnft. 

entzücket  hnpfts 

auf  Amors  brüst 

und  llügelt  um  den  knaben.    Fr.  Mcller  2,  364. 

3)  weidmännisck,  einen  vogel  flügeln,  in  den  flügel  schiesxen. 
vergleichbar  der  bei  fischen  dargelegten  bedeutung. 

FLÜGELOFFEN,  latissime  patens  valvis  apertis,  sperrweit  offen : 

so  ist  es  also,  wenn  ein  sehnend  hoffen 

dem  höchsten  wünsch  sich  traulich  zugerungen, 

erfüllungspfortcn  findet  tlügeloffen.     Götur  41,7. 

FLÜGELPAAR,  n.  par  alarum: 

er  kömmt  halb  an  dem  liodcn  kriechend, 
der  schwalbe  ähnlich,  die  mit  beiden  flügeln 
bald  in  der  luft,  bald  an  ilem  boden  hängt, 
dasz  lief  von  seinem  flüffelpaar  gebogen 
die  blumen  ihren  thau  ihm  übern  rücken  sprützen. 
Fr.  Müller  2,368. 
FLÜGELPATSCHEN,  flügelklalschcn. 
FLÜGELPFEIL,  m.  sagUta  alala,  vgl.  flitschpfeiL 
FLÜGELPFERD,  n.  pegasus.  Stieler  1440: 
in  lächerlichem  znge 
erblickt  man  ochs  und  Uügclpferd  am  pflüge.    ScatLLiR  98\ 

FLÜGELRAUSCHEN,  n.    Stridor  alarum:     freudiges  flügei- 
rauschcn  des  geistes.  Bettine  tageb.  218. 
FLÜGELREICH,  alis  dives: 

ach  nit,  nit  euch,  ihr  knaben, 

ihr  Jüngling  flü^elrcich, 

ach  euch  will  sie  nit  haben, 

weicht  ab  von  danncn  gleich.    Spre  (ru(;n.  53(55). 

FLÜGELRINNE,  f  Vertiefung  am  keilbein. 
FLÜGELROCK,  m.  die  hatschiergarde  in  schwarzsammtnen 
flügelröcken,   alle  nähte  reich  mit  gold  gulonniert,   darunter 
rothe  leibröckc  und  Icderfarbcnc  camisolc.  Göthe  24,306. 
FLÜGELROS,  n.  ahd.  flugihros,  flugeros; 

sehr  freundlich  ward  dem  pnladin  indessen 
von  diesen  hcilgcn  wobnung  hier  verliehn, 
und  auch  sein  flügelros  Ward  nicht  vergessen, 
man  reicht  ihm  körn  so  viel  genugciid  schien. 

Griks  Ar.  31, 6U; 
dem  dfimon  ist  sein  opfer  unverinren, 
war  es  an  öde  klinpen  angebunden 
und  an  des  atlaa  iiinimrlirngcnde  seulcn, 
so  wird  ein  flügelros  es  dort  ereilen. 

FLÜGELSAME,  m.  pentapetes. 
FLÜGELSCHAR,  f  cohors  alala: 

ja  schon  dnrton  kommt  gefahren 

durien  ein  geninhlie  wulk, 
sein  ininii)  in  wnhrbeit  fliigelschnren. 

Willkomm,  schönes  federvolkl    Spie  26(1(383). 

FLCGELSCHEIDE,  f.  elytrum.  flügeldcckt:  so  mu<iz  sogar 
der  gcist  dos  geistes,  dns  gedieht,  aus  seinem  freien  himmel 
in  einen  crdcnleib,  ID  eine  enge  flügeiscbeidc  tiehcn.  J.  P. 
fle^lj.  4, 144. 


1 S45   FLÜGELSCHLAG  —  FLÜGELVSTRK 


FLÜGELWORT  —  FLUGHOPFE 


1846 


FLÜGELSCHLAG,  m.  jtlausus  alarum: 

bei  jeilem  flügelscblag 

der  turteltaiibe, 

nie  lauscht  mein  obr.    WiELUts; 
flfipelschläpe  von  dem  weibchen 
tragt  des  laubers  Trommer  sinn.    Borger  6*; 
hörte  den  flügelscblag  deines  gesangs.    41*; 
noch  ihatst  du  keinen  flügelscblag, 
der  tadellos  passieren  mag.    n'.i^; 
ein  Dügelschlag!  und  hinter  uns  äonen.    Göthb  .  .  .; 
vom  flügelscblag  und  von  dem  blick  getrofTea. 

RccEERT  yes.  ged.  1,168; 
tritt  sanfter  auf  mit  deinem  flngelschlage, 
0  lefjr,  denn  du  rührest  beilige  räume.    91 ; 
oder  darf  lahm  werden  der  himmlischen  weihe 
flügelscblag,  mutlos  in  entiiedener  kraft?    PLiTE!»  131*. 

FLÜGELSCHLAGEN,  plaudere  alis,  praet.  flügelschlagte. 
FLÜGELSCHNECKE,  f.  strombus. 
FLÜGELSCHNELL,  tolucer: 
ein  schif  lauft  sorglos,  flugelsnel.    Scuottelics  lustg.  160; 
brächt  ein  gütig  geschick  mich  ihr  entgegen, 
eine  flügelschuelle  minut  in  ihrem 
himniel  zu  aibmen.    Höltt  So  (102); 
in  stetem  Wechsel  kreiset 
die  flügelschnelle  zeit, 
sie  blühet,  altert,  greiset 
und  wird  Vergessenheit.    Voss  4,96. 

FLÜGELSCHNELLE,  f.  velucüas: 
hinaus!  mit  flügelschuelle  durch  das  land.    Göthe  9,23; 
doch  wenig  hilft  die  flucht  auf  alle  fälle, 
denn  Ferragu  verfolgt  sie  durch  den  plan 
auf  einem  ros,  begabt  mit  üügelschnelle, 
und  kurz,  ihm  glückt  es,  beide  sie  zu  fabn. 

Gries  Bvjardo  2,22,60; 
du  sollst  ein  scbiflein,  sprach  der  herr,  erlangen, 
das  sicher  ist  und  flügelschnelle  bat.    Ar.  43,51. 

FLÜGELSCHNELLIGKEIT,  f.  dasselbe: 

das  Jawort,  das  dein  königlicher  mund 

aussprechen  wird,  mit  flügeischnelligkeit 

zu  seiuem  trunknen  obre  hinzutragen.    Schiller  416*. 

FLÜGELSCHRAUBE,  f.,  mü  zwet  flügeln  an  der  mutier,  um 
leichler  zu  drehen. 

FLÜGELSCHRITT,  m.  eitus  gressus,  mit  fliigelschritten  eilen. 
FLCGELSCHL'H,  m.  cakeus  dolus,  auch  solea  ferrata,  Schlitt- 
schuh : 

auf  gewässer,  welche  ruhen, 

weil  gebändiget  vom  eise, 

zieht  die  Jugend  leichte  kreise 

wandelnd  auf  den  flügelscbuben.    Plate»  11'. 

FLÜGELSCHWINGEND,  alas  agüans: 
die  flügelschwingende  mücke 
verändert  so  schnell  sich  nicht,  wie  der  menschen  glück. 

Herders  zerstr.  bl.  2,  255  (IVi^j  21)4  (1796). 

FLÜGELSOHLE,  f.  soUa  alala: 

erst  knüpft  er  au  den  fusz  die  goldnen  flügelsoblen. 
Schiller  4u'. 
FLÜGELSPEICHE,  f.  radius  molae  alalus: 

feiernd  stehn  die  flügelspeichen.    Lk:«id  n.  ged.  285. 
FLÜGELSTREBEND, 

ein  adler,  flügelstrebend, 

war  reichspanier  hievor, 

ich  sah  ihn  noch,  wie  lebend 

zu  Nürnberg  an  dem  tbor.    Ublands  ged.  137. 

FLÜGELTHIER,  n.  animal  alalum,  aris. 
FLÜGELTHOR,  n.  porla  ralvata. 
FLÜGELTHÜR,  f.  fores  valralae: 

die  treppen  waren  aus  achat, 

die  weiten  flügelthüren, 

durch  die  man  in  den  pallast  trat, 

aus  blitzenden  sapphiren,    Höltt  26. 

FLÜGELTRAB,  m.  cursus  incilalus: 

sie  sich  von  mitgenossen 

im  schwärm  zerthellen  ab, 

von  haus  mit  freuden  stoszen 

in  vollem  Dügeltrab.    Spee  tiulzn.  136  (124). 

FLÜGELVIEH,  n.    1)  geflügel,  ares.     2)  pegasus: 

was  anders,  wenn  das  flügelvieh 
einn  groszen  poeten  auf  sich  spürt, 
da  werdt  ihrs  sehn,  wies  gallopiert 
durch  dick  und  dünn,  berg  ab,  berg  auf. 

Kl.  Schsidt  kom.  dichl.  2U5. 
FLÜGELVOLK,  n.  (edcrvolk: 

das  laute  flügelvolk,  das  stumme  wasserheer. 

LoHE>STEi!«  auierl.  ged.  1,  238. 
FLÜGELWERK,  n.    1)  aves  edules: 

viel  flügelwerk  zerbissen.    Baocus  9,  276. 


2)  pennae: 

dazu  die  leere  luft  scheint  flügelwerk  zu  schnein. 

Lohe:<steim  Arm.  2, 176. 

3)  ein  aus  fleischigen  flügefgdenken  bereitetes  gerieht. 

4)  ein  angehängter  flügel: 

der  kleine  schelm  ward  alsobald 
zum  nelTen  (A^c  nius)  uragepräget, 
sein  flügelwerk  ihm  abgeschnallt 
und  ins  lültral  geleget. 

J.  B.  MicaiELis  j)oe(.  tcerke  1,226. 

5)  angehängter  bartflaum: 

er  überkam,  nach  unsrer  Stutzer  art, 
ein  schönes  leeres  haubt,  ein  wolgepadert  haar, 
wobei  zugleich  dem  kinnchen  ohne  hart 
ein  flügelwerk  von  band  anstatt  des  Schattens  war. 
Hagedou  2,  Tu. 

FLÜGELWORT,  n.  geflügeltes. 

FLÜGELWLRM,  m.  gefligeUer,  clio. 

FLÜGELZWERG,  m.  geflügelter  elb:  die  bunten  Qügelzwerge 
des  witzes  springen  leichter  und  schneller  vor  das  äuge. 
J.  P.  aeslh.  2.  7. 

FLLGENGELCHEN,  b.  genius  alatus:  wie  ein  Cupido  oder 
flugengelcben  abmahlen  lassen.  Wiedemax  jan.  52. 

FLÜGE.NGELN,  ein  kind  unter  die  arme  fassen  und  gleichsam 
fliegen  lassen.  Stälder  2, 515. 

FLUGERDE,  f.  angeflogne  erde:  unser  glück  wachset  auf 
der  flugerde  der  Zufälligkeiten.  J.  P.  Fixl.  159. 

FLLGFERTIG,  flügge. 

FLLGFEUER,  n.  scintillae  vagae,  bei  einer  feuersbrunst  fort- 
fliegende und  zündende  funken. 

FLUGFLSZ,  m.  alipes. 

FLÜGG,  FLÜGGE,  malurus.  vdueris,  s.  flick  und  flücke: 
meins  bedunkens  halt  ich,  er  sei  noch  nit  fiügg  noch  zeitig. 
Luthers  br.  2,  521 ; 

acb  sie  weineten  laut,  und  klagender  noch  als  vögel, 
als  scbarfklauige  adler  und  habicbte,  welchen  die  kinder 
ländliche  mänuer  geraubt  bevor  sie  flügge  geworden. 

Ttaoos  7teT£T]vä  ysviad'ai.     Od.  16,  218; 

wenn  allmälich  erst 
an  anemonen  und  levkojen  sich 
die  flügg  gewordene  natur  versucht, 
entfaltet  endlich  sich  der  rose  scbosz.    Platek  197*; 

nie  pulsieren  da  tausend  puncta  salientia  im  köpf!  und  die 
besten  gedanken  werden  fliigge  und  schwingen  sich  auL  J.  P. 
biogr.  bei.  1,134. 

FLUGGEL,  m.  papilio,  eine  der  viden  landschaflliehen  benen- 
nungcn  des  schmelterlings,  die  alle  ein  fliegen  und  flattern  aus- 
drücken. 

FLUGGELD,  n.  tcas  zu  entridUen  ist,  ««nn  bienen  in  die 
Heide  gesetzt  werden. 

FLUGGESCHWIND,  wie  flugschnell:  dasz  die  postwagen 
Quggeschwinde  fortgerollt  würden.  Lohenst.  Arm.  1,  443. 

FLUGGESTIEBE,  n.  kos  beim  schmelzen  der  erze  vegflieg/t 
und  wieder  aufgesammelt  wird. 

FLUGGEWOLK,  n.  nubet  volanles:  das  ferne  fluggewölk. 
J.  P.  Tit.  4,  S2. 

FLUGGOLD,  n.  aurum  tremulum,  flUlergold:  das  goldne 
Jahrhundert  des  menschen,  nemlich  die  ersten  kinderjahre, 
legten  ihr  fluggold  sogar  noch  den  spätjahren  an,  so  gut 
und  glanzgolden  fielen  sie  für  unsem  kleinen  Gotthelf  aus. 
J.  P.  Fibel  13 (IS). 

FLUGHAAR,  n.  jetzt  war  er  schon  so  weit  herabgebracht, 
dasz  er  in  ihrem  {der  fürdin)  flughaar  für  ihn  giftiges  raupen- 
haar webte  und  knöppelte.  J.  P.  Tit.  3, 195. 

FLUGHABER,  m.  areno  fatua,  windhabcr. 

FLUGHAUT,  f.  membrana  ad  rolandum  apia,  haut  der  fl'iller- 
thicre,  dann  auch  für  ala,  flügel:  man  spanne  die  flughaut 
einer  schürze  aus.  J.  P.  ju&e/5. 11  (20);  darum  setzt  ich  mich, 
da  ich  ihn  fliegen  sah,  auch  aufs  flughret  heraus  und  spannte 
die  flughaut  aus.  palingen.  1,5;  es  gäbe  dem  werke  keinen 
lächerlichen  anstrich,  wenn  man  aus  demselben  annlange 
papienvickel,  wie  Qughäute  flattern  liesze.  flegelj.  1, 131 ;  diesen 
Schminklappen  des  gefühls,  diese  flughaut  der  phantasie  (das 
Schnupftuch)  in  der  band  zu  haben.  3,  39 ;  aber  himmel,  ists 
nicht  genug,  dasz  ein  paar  fürstliche  lungenflügel  sich  Staaten 
als  Oughäute  ansetzen?  ddmmerungen  57;  der  exerciermeister 
mit  der  bunten  flughaut  oder  rückenschürze  eines  soinmer- 
kleidchens,  gleichsam  mit  den  gelben  obcrflügeln  eines  butter- 
vogels.  TU.  1,104. 

FLUGHOPFE,  m.  humulus,  Idufer,  veü  an  Stangen  auflaufend, 
auffliegend. 

116* 


1847 


FLUGHITZE  — FLUGS 


FLUGS 


1848 


FLUGHITZE,  f.  schnell  aufflammende. 

FLUGJAHR,  n.  annus  quo  evolat  scarabaeus:  die  flugjahre 
der  laubkäfer.  neue  Zürcher  zeilung  1854  n*  2S6. 

FLUGKAMMER,  f.  ein  gemauerter  langer  kanal  über  der  gicht 
jutn  auffangen  der  rerflüchligten  vielalle  und  feinen  erxtheilchen. 

SCHEUCIIESSTL'EL    S.    78. 

FLUGKRAFT,  f.  vis  rolandi:  jetzt  lag  sein  geisl  nur  an 
der  erde,  er  konnte  seine  gesenkten  schwingen  niciit  er- 
heben, ilire  flugkraft  war  zerschnitten.  Klinger  8,344. 
FLUGKUS,  m.  ein  ciirsorischer  flugkus.  J.  P.  holzschn.  ISO. 
FLUGLAHM,  volatui  impar:  die  wildgans  ist  flugslark,  die 
zahme  fluglahm,  hannov.  mag.  1844  s.  339.  ein  fluglahm  ge- 
schoszner  adler. 

FLUGLEIN,  n.  parva  ala,  für  flögellein.  Schmidt  von  Wer- 
neuchen  s.  23  scliün : 

im  grünen  schwärmt  der  Schmetterling, 
und  klappt  auT  kirschenblQten  flink 
die  flüglein  auT  und  zu. 

FLÜGLICH,  volatilis:  aus  der  art  des  spiritus  in  urina, 
nachdem    und  er  sich  flügiich  (flüchtig)  machet  und  volatilis 

ist.    PARACErSOS    1,  671*. 

FLUGLING,  m.  avis: 

die  hirt  errreue  dich,  dnrinn  man  lieblich  hört 
wie  deine  tlüRling  oft  mit  zwitzerendem  singen 
dem  geber  alles  heils  ein  dank  und  loblied  bringen. 

ROHPLER  24. 

FLCGLINGS,  volando,  mhd.  flüglingen: 

Gäwän  in  flügelingen  stach.    I\tix.  385,10; 
wand  er  mich  flügelingen  stach.    424,20; 
dar  nach  ich  flügelingen  stach.    500,  8; 
wan  daj  Sr  flüglingen  swebte.    Albr.  Tit.  407. 
FLÜGLOCH,  n.  foramen  ttnde  a]ies,   columbae  evolant,   sonst 
flattrr,  flader,  ahd.  flougar,  flögar  (Graff  3,  7C3),  lil.  plautas, 
nrf.    fluchllok.    Schambach  273'.      bildtick,   alle    ideea  werden 
durch  den  äuszern  lärm  munter  und  einige  kommen  zuletzt  zum 
flugloche  heraus,  ich  meine  zum  munde.  J.  P.  lit.  nachl.  4,  52. 
FLLGMEHL.  n.  tu  der  müle  flüchligcs,  verstiebendes  mehl, 
FLUGORDNUiNG,  f.  ordo  volandi: 

und  wenn  der  herbst  wird  k.ilt  und  nasz, 

scliwüng  er  (Itninicli)  sich  hoch  hin  in  die  luft, 

nehm  oinlimr)  nach  dem  somraerland  Zuflucht, 

sein  gselleti  folgten  auch  die  straszen, 

ivenn  er  auf  zog  fleng  an  zu  blasen, 

wenn  die  flugordnung  wer  gemacht,    froschmeuseler  E6'. 

FLUGREDE,  f.  fliegende  rede,  gerückt:  es  seind  fliigrede, 
alala  verha,  es  ist  nichts  gewisses,  darauf  nicht  zu  bawen 
ist.  AcRicoLA  n'lS3;  kluge  weise  reden  1565,103'.  1570,110*. 

FLUGREISE,  f.  stknelle,  im  flug  gelkane  reise,  ausflug.  J.  P. 
TU.  3,  137. 

FLUGROS,  n.  alipcs,  flügelros,  ahd.  flugeros  alipedcs.  N.  M. 
Cap.  39. 

FLUGS,  eeleriter,  stalim,  mit  dem  gen.  gebildet,  wie  stapfes, 
drabes. 

mfid.  da;  twert  von  d€m  bluote 

und  von  des  ciiers  gebruote 

sich  geliche  vliigus  enzunde 

und  brinnen  begunde.    kröne  15201 ; 

*i  sprangen  unde  liefen 

balder  dau  si  ka;men  fluges.    tr.  kr.  3901; 

da{  er  dar  über  mit  gewalt 

in  alle  vorhte  lluges  lief.    6111; 

die  schenket  fuorte  er  und  diu  bein 

nebent  sinam  orse  fluges.     12581; 

tr  tpranc  vluges  üf  da;  pfert.    GA.  1,110; 

im  slug  der  von  Tyrlant 

fluges  ab  die  rechten  hant.    Apnlloniuf  9480. 
nhd.  tcird  twar  beute  flugs  gesckrieben,    früher  oß  flux,    flucks, 
fliichs,  ifo^ür  schon  im  voraus  stellen  gesammelt  sind,     im  vocal 
des  adrerbs  haßet  durcligängig  die  alle  kürze,    während  wir  sonst 
flog  und  fluges  gedehnt  aus.<iprechen  : 

wenn  Ichs  den  frumen  leuten  dag, 

so  sprechen*,  ich  sull  Mux  mit  ir  katzen, 

si  tut  mich  aber  bei  meinem  cid  kratzen, 

das  iderman  ie  het  erbarmen,    fnstn.  48,5; 

so  tragt  neur  her  und  schenkt  flux  ein.    67,4; 

das  er  mit  ir  (lux  umb  wirt  gumpen.    261,20; 

•0  Schlacht  mich  flux  mit  einem  scheit.    275,16; 

flax  heim,  das  wir  prassind  und  schlemroind!    802,21; 

so  lond  uns  schnell  gon !  ich  hlib  niimmen. 

kumm,  kumm  flux,  das  wir  bald  nider  kummen!    802,23; 

denn  lie  wurden  darumb  also  gestraft  und  flugs  wider  ge- 
heilet. Kcith.  Sal.  to,  11;  zog  flugs  gen  Antiochia.  2  Macc. 
k,  31 ;    di«  «oll  man   flugs   erstechen.   6, 9 ;    setze  dich  und 


schreib  flugs  fünfzig  {goth.  jah  gasilands  sprnutö  gamfelei 
fimftiguns).  Luc.  16,  6 ;  und  darnach  flugs  zu.  Luther  3,  51* ; 
und  flugs  drauf  sagt.  3,69';  flugs  drauf  folgete.  69';  es 
schreiben  auch  die  historien,  das  gemeiniglich  aller  frevel 
sei  flugs  und  bald  gerochen.  3,247";  creuzigcn  sie  in  flugs 
dahin.  3,375';  flugs  desselben  morgens.  3,532';  hartneckige 
köpf  inusz  man  flugs  angreifen  und  schrecken,  tischr.  ll'; 
flugs  in  hinein  hui!  91*;  unser  berr  gotl  komme  nur  bald 
und  nehme  mich  flugs  hin.  44.i';  flugs  und  bald!  ut  canis  e 
Nilo.  kluge  weise  reden  1,565,  84';  man  soll  nur  behend  und 
fluchs  mit  im  darvon  fahren,  seh.  und  ernst  1546, 17 ;  da  sagt 
ich  zu  dem  bubcn,  er  solle  flux  den  ncchsten  {auf  dem 
nächsten  weg)  den  gaul  beschlagen  lassen.  Götz  v.  B.  lebensb. 
166;  flugs  zum  tiefsten  mit  inen  zu!  Mathesius  1562,303'; 

wir  wellcnt  flux  all  zuo  in  gan.    trag.  Joli.  B  I ; 

der  bawer  bläst  flux  in  den  brei.    Albkbls  81'; 

drum  nimm  den  korb  und  troll  dich  fluchs! 

H.  Sachs  IV.  3,  43'; 

flugs  troll  dich,  und  bring  mir  rechts  geld !    V,  344*, 

flugs  trollt  euch  odr  ich  wil  euch  fressen.    V,  345' ; 

bawer,  lawer,  troll  dich  flugs!    V,  353*; 

Woirdieterich  steht  flux  wider  auf.    Atrer  228*; 

Pamphagus  .<<priclit,  ir  soll  flux  gan!  Schmelzel  verl.  ton  17', 
flugs  bringt  die  magd  ein  fuszwasser,  da  schürzet  sich  die 
fraw,  kniet  zum  kübel.  ßarg.  73';  trinkt  flugs  herum  und 
macht  es  aus!  86';  und  flugs  auf  und  will  davon  fliehen. 
198*;  flugs  sie  hin,  werfen  ihre  kappen.  206';  dasz  er  ge- 
zwungen ward,  flugs  seine  wehre  hinweg  zu  werfen.  Amadis 
291;  flugs  und  bhend,  c(7a/tm.  Maai.er138';  flux,  von  stundan 
139*;  damit  der  ganze  häufe  flugs  überkomme  nacheile  und 
die  feind  erschnappe.  Kirchhof  mü.  disc.  157;  ich  wil  flugs 
antreiben ,    dasz   wir   heute   oder   morgen   wieder   kommen. 

SCHWEINICHEN    1,  269 ; 

komm  zu  mir  plotz  und  flugs!    Logau  1,33,18; 

wo  nun  aus?  sagt  der  fuchs. 

do  kriecht  in  dise  sidel  fluchs.    Etring  2,432; 

da  wird  ein  ehrlicher  kerl  flugs  angefahren.  Weise  sittenl.  73  ; 
0  kan  ich  nicht  flugs  zu  ihm?  77;  aber  wer  findet  flugs  ein 
gut,    das    solche   pcrtinenzstücke  bat?  erzn.  94;    flugs  gehe 
und   thue    fein    erbar.   comöd.  pr.  323;    so   wollen    wir  flugs 
sieben  dörfer  in  den  brief  setzen.  333 ;    herr,  ihr  denkt  ich 
kann   die  arbeit  flugs  blasen,   causenm.  51;    flugs  da!    wenn 
sie   es  sagt.    Schlampampe  tod.  7;    er   will  flugs  Junker  sein, 
illico  grandescU.  Stieler  510;  es  ist  flugs  gelhan,  diäum  factum ; 
doch  hab  ich  niemals  auch  mein  leben  so  gellebt, 
dasz  mich  die  blinde  furcht,  wie  andre,  flugs  betrübt. 
Günther  1017; 
meine  tuchter  nähet  blumen,  man  möchte  flugs  daran  riechen. 
J.  E.  Schlegel  2, 177; 

dem  Selim  werde  flugs  sein  kleinod  zugestellt.    Hagkdori«  2,03; 

und  seid  ihr  da  genüglich 
gew^aschen  und  frottiert,  dann  flugs  ins  bett,  und  deckt 
euch  doppelt  zu.  vViKLAfiu  lo,  32i»,- 

flugs  war  sie  bei  der  band.  Moser  l,  216;  fiele  er  ins  wasser, 
so  spränge  ich  ihm  flugs  nach  und  holte  ihn  heraus.  3,62; 

tönend  ruften  sie  aus  und  flugs  {ftäX    Mxa)  war  die  roange 

versammelt.    Od.  2,  8; 
ja,  ihm  entgegen  lenke  flugs  zuerst 
dein  ehernhuliges  gespann.    Bürger  16S*; 
was  Amor  wagt,  das  läuft  auf  lieben 
und  wiederlieben  flugs  hinaus.    Kl.  Schmidt  kom.  dicht.  54; 
und  flugs  wie  nur  der  handel  still, 
gleich  greift  sie  nach  dem  rndchcn.    Görui  1,38; 
und  zum  altar  hintretend,  wo  die  Inmpe 
dem  heiigen  brannte,  zündet  er  sie  flugs 
dort  an.  Schiller  5u8'; 

und  jener  spricht,  es  soll  ^eschehn, 
und  macht  »ich  flugs  bereit.    CS*. 

Adelung  bildete  sich  ein,  das  adv.  sei  unhochdeulsch,  die  gehduften 
belege  zeugen,  dasz  es  von  allers  her  bei  uns  heimisch  war,  und 
man  kann  es  uicltt  von  einem  adj.  herleiten,  der  mhd.  gen.  Ki 
XU  detttlirh  {vgl.  das  folgende  wort),  nd.  fluk  und  fluks,  nnl. 
fluks,  bei  Kiliaw  vlughs,  vieughs.  die  sr/iw.  dän.  flux,  flugs 
von  uns  entnommen,  zu  beachten  sind  die  Verstärkungen  flugs 
und  gleich,  flugs  und  bald,  flugs  und  behend,  flugs  stund  an, 
flugs  im  hui. 

FLUGS,  cilus?  da  das  genüirische  s  i/c»  adv.  nicht  in  den 
eomparativ  eingehen  kann,  ein  adj.  flux  aber  dem  fix  nachge- 
bildet scheint: 

wil  gleich  dcstar  flficbser  Iciiiu*)  hinein  laufen. 
IL  Saoms  III.  3,43*. 


1849 


FLÜGSAND— FLÜH 


FLUH  — FLUHHEÜ 


1850 


genüivische  adverbia  ertragen  keine  comparation,  um  eo  eUiut  aus- 
zudrücken tcagle  sie  der  dichter,  als  gebe  es  ein  adj.  flugs,  ein 
solches  schtreble  auch  einem  andern  vor: 

abr  ich  von  hier  auf  flugsen  fusz 
zum  Brentio  hin  geben  rousz. 

phasma  Frischlini,  ron  Bkrtesits  2, 3  (6«» 
Gödeke  315  verdr.  Bertelics). 
das  sind  kecke,  die  spräche  verletzende  bildungen. 

FLUGSAND,  m.  arena  rolatica,  glarea  sterilis,  altn.  foksandr, 
ddn.  flyvesand.  .«and,  den  der  wind  auf  die  felder  treibt:  diese 
zukünftige  zeit  schwebt  über  mir  hin,  gleich  den  winden, 
die  so  manches  dasein  mit  leichtem  flugsand  verscharren. 
Bettixe  6r.  2.  307. 

FLUGSANDGRAS,  n.  anindo  arenaria. 

FLI'GSCHIENE,  f.  hölzctien  über  dem  flugloch,  zum  schütz 
gegen  den  regen. 

FLUGSCHIESZEN,  n    das  sckieszen  eines  thiers  im  (luge. 

FLUGSCHNELL,  velox:  kein  maszstab  past  auf  individuen 
so  flugschneller  enlwickelung.  Gutzkow  ritler  vom  geist  6,429. 

FLUGSCHRIFT,  f.  libellus  in  vulgus  emissus :  bei  den  kleinen 
flugschriften.  die  ich  ungenannt  herausgab.  Güthe  26,  204. 

FLUGSCHÜTZE,  m.  jdger  der  vOgel  im  fluge  herunterschiesst. 

FLUGSEIDE,  f.  man  lese  die  sielte  aus  Fra.nks  tceltb.  192' 
sp.  1403. 

FLUGSEN,  FLUXEN,  stemutare,  niesen.  Staldeb  1,  3S8.  bair. 
pfuchzen,  pfutzen. 

FLUGSPäNE.  pl.  runcinarum  raplus,  hobelspäne.  Ha&leb  138'. 

FLUGSTARK,  s.  vorhin  fluglahm. 

FLUGTAUßE,  f.  columba  domestica,  feldlaube:  er  lockte  in 
Blumenbühl  flugfauben  täglich  durch  futter  näher.  J.  P.  Tit. 
1,27;  ich  habe  oft  das  schöne  leichte  nbmadenleben  der 
niädchen  in  ihren  arkadischen  lebensabschnitten  bewundert 
mit  neid.  leicht  flattern  diese  fluglauben  in  eine  fremde 
familie  und  nähen  und  lachen  und  besuchen  da  mit  der 
tochter  des  hauses  ein  oder  zwei  monate  lang.  2,  222. 

FLUGVOGEL,  m.  der  strausz  ist  kein  flugvogel.  die  schwalbe 
ist  ein  rechter  flugvogel. 

FLUGWEITE,  f.  die  länge  der  enlfernung,  insofern  diese  das 
ende  des  fluges  ist.  die  flug^veite  eines  Zugvogels  an  einem 
tage,  einer  abgeschosznen  kanonenkugel  u.  s.  tv.  gHnldet  wie 
tragweite. 

FLUGWERK,  n.  pelaurum :  flugwerk  und  erscheinungen 
{maschinerien)  welche  vorkommen  in  der  {opcr)  Niobe.  München 
1688  •. 

in  den  wind  und  wasser  schreiben, 

fiugwerk  ohne  flügel  treiben.    Logac  1,152,52; 

schnell  gehorchte  der  söhn  und  schnallte  das  güldene  flugwerk 

an  die  iusze.  Bürger  247'; 

eine  herabgefallene  biene,  deren  flugwerk  ihr  honig  verpichte. 
J.  P.  Hesp.  1, 260 ;  der  gröszte  tiefsinn,  die  heiligsten  em- 
pfindungen,  der  höchste  aufschwung  der  phantasie  bedürfen 
gerade  das  wächserne  flugwerk  des  körpers  am  meisten. 
4, 13 ;  die  karten  waren  bisher  ein  gut  angeschnalltes  tlug- 
werk,  auf  dem  man  zuweilen  am  hofe  zu  höhern  stafl'eln 
aufflatlerte.  teufelsp.  1,  74. 

FLUGWURZ,  malra  alcea. 

FLUH,  m.  fuga,  gebildet  von  fliehen,  mit  kurzem  u,  wäre 
dem  flug  ron  fliegen,  flusz  ton  flieszcn  analog  und  erscheint 
im  golh.  |)lauhs  {mit  aü)  von  t)liuhan  Marc.  13, 18,  kommt  aber 
weder  abd.  mhd.  noch  nhd.  vor,  sondern  uird  durch  das  f.  fluht, 
flucht  vertreten,  dem  )}lauhs  gleicht  auch  bühm.  beb  ron  behati, 
bezeli,  doch  vom  lit.  begti  lautet  das  nomen  begimmas  m.  oder 
begte  f.  =  flucht 

FLUH,  f.  rupes,  mit  langem  u  oder  diphth.  uo,  ahd.  fluoh, 
fluah  (Graft  3, 769),  mhd.  vluo  (wb.  3, 355*),  wozu  sich  das 
ags.  floh  stänes,  gleba  silicis  bei  Lye  nehmen  läszt.  das  fl  ge- 
stattete an  pr  in  7iQr,vrii  und  pronus,  selbst  an  xor^urös  von 
xgefiäi'vi'fii  zu  denken;  doch  ist  hier  kein  kehlauslaut  und  in- 
sofern rupes  ron  rumpo  einen  abgebrochnen,  abgesprungnen  theil 
des  felses  bezeichnet,  läge  floh,  pxdex  m.  (wofür  auch  ahd.  floah, 
pbloah  geschrieben  vorkommt)  und  fliehen,  springen  (oben  sp.  1789) 
näher,  man  hätte  uo  wie  in  flut,  fluot  neben  flieszen  zu  erklären. 
fluh  ist  Sturz,  jäher  absturz,  abfall,  abhang  eines  felses.  altn. 
flug  n.  praecipüium,  abruplum ,  flugabiörg  rupes  praeruptae. 
SvEiXB.  Egilss.  186' ;  Qyggi  n.  framspringande  och  öfverhängande 
klippa,  bergvägg,  brant  klippa.  U;«ander  allmogemälet  i  Vester- 
botten.  üppsaia  1857  5. 10;  flog,  flygg.  Rietz  ordbok  lhO\  einen 
anklang  entdecke  ich  im  lU.  plyszys,  risz,  spalte  von  pleszti  reisxen, 
spalten,  lett.  plihlums  ipa//,  ul4s  plyszys  i  Mos.Z3,22istfelsklufl. 


ahd.  gewähren  gl.  Jun.  219  scorröno  fluahi  praeruptae,  excisae 
rupis  extremiiales ;  227  fluahi  scorröno  scopuli;  N.  ps.  113,  8 
(Hattemer  408')  der  den  stein  bechfrta  ze  sewaj^eren  unde 
die  fluoh  ze  springenten  wajjeren,  qui  convertit  petram  in 
stagna  aquanim  et  rupem  in  fontes  aquarum.  gen.  dat.  sg.  lauten 
^ch  dem  nom.  pl.  fluohi.     die  gl.  mons.  geben  das  wort  nicht. 

auch  mhd.  nur  bei  schweizerischen  dichtem: 

innen  hol  und  üjen  hart  {war  der  stein) 
als  ein  gelJendiu  fluo.    Lanzetel  7127; 
in  einer  vluo  hat  er  (der  wolf)  ein  ho! 
mit  giioter  spis  gevüllet  wol.    Box.  55,3; 
der  (bncli)  begegeat  mit  den  hörnen  sin 
schalklich  dem  ochsen  in  der  vluo.    7S,  25; 
si  {die  geisz)  gieug  vil  hoch  in  einer  vluo, 
da  ir  kein  tier  mocbt  komen  zuo.    90, 3. 

nhd.  haftet  fluh  lediglich  im  Hsasz,  in  Vorarlberg  und  der  Schweiz, 
doch  in  Schwaben,  Baiern,  Österreich,  Sleier  ist  es  unbekannt.  Staldeb 
1, 386.  ToBLEB  196'  verzeichnen  es,  auffallend  dasz  Dasypodios, 
Fbisics,  Maaler  seiner  geschweigen  und  nur  fels  und  schrofe 
anführen,  dem  obliquen  casus  wird  noch  gern  flui  (ahd.  fluobt) 
gelassen,  zum  unterschied  vom  nom.  fluo.  ilem  was  der  selben 
lüten  hie  ist,  die  mugent  ziehen  hinan  war  si  wend,  und  wenn 
sie  für  die  groszen  fluo  in  koment  (einkommen  sp.  216),  so  sül- 
lent  sie  einem  vogt  nüt  me  gebunden  sin  ze  dienene.  weisth. 
4,  304  (o.  1393) ;  bruder  Claus  vor  flui,  das  ist  in  dem  felsen  vor 
Swyz  im  ort  Unterwaiden,  ist  zu  disen  zeilen  verscheiden. 
fasciculus  tempor.  pag.  ult. ;  es  spricht  sant  Gregorius,  wann 
der  hirt  über  die  fluo  und  felsen  gon  wil  und  über  die  scharfen 
eck  der  hohen  berg,  so  fallen  die  schaf  ze  tod  über  abbin. 
Keisersb.  omm  21';  das  mör  ist  verfarlich  und  sorklich,  wann 
darinn  seind  gar  vil  sorklicher  ort,  fluhen,  glufen  und  felsen. 
schif  der  penil.  A' ;  als  ein  fisch  im  wag  öder  flS.  Marie  himel- 
fart  10";  wie  man  in  der  bergrüfe  nüts  anders  sieht  weder 
das  trüb  wasser,  wiewol  so  grosz  flu  drin  gond.  Zwi!«gli 
2,237;  er  stiesz  in  über  ein  hochi  fluo  hinab  und  meint  ine 
ze  tod  gefällt  haben.  Tschcdi  2,153;  im  selben  Schlund  unter 
einer  hohen  flu  hat  es  eine  wismatte.  item  darbei  auf  einer 
hohen  ßü  liegt  das  schlosz.  Wcrstises  Basler  chron.  . . . ;  als 
ich  aber  erwachet  und  gsach  wo  ich  was,  weisz  ich  nit,  ob 
ich  min  läbtag  wurs  (schlimmer)  erschrocken  bin,  dan  wen 
ich  noch  zwei  klafter  tiefer  weri  gangen  znach,  so  weri  ich 
über  ein  grusaine  hohe  flu  abgfallen  vil  tusend  klafter  hoch. 
Platers  leben  s.  11.  nach  Scbelchzer  ron  grenzen  und  bergen 
der  Schweiz  s.  104  bedeutet  flu,  flu,  flühe  nicht  allzeit  steile, 
hohe,  gächstotzige  felswände,  sondern  auch  andere  gälte  meist  von 
gras  und  bäumen  entblüszte  ürter.  flu  gebührt  nur  dem  nom. 
acc.  sg.,  flu  dem  gen.  dat.  sg.,  nom.  acc.  pl.  nach  der  Du  oder 
flue  heiszen  in  der  Schweiz  manche  ürter,  Bädeker  s.  105  nennt 
im  Bemer  oberland  die  mauer  'der  ebenen  flue',  s.  134  die  hoch- 
fluhkirche  unterhalb  Morel  an  der  Rhone.  Flüelen  bei  Schilleb 
539'.'.  540'.  auffallend  in  Keisersb.  seh.  der  penil.  '*  fluhe  für 
prora :  das  schif  ist  spitzig  und  eng  an  beiden  orten,  vornen 
an  der  fluhen  und  hinten' am  stierend  (steuerende,  puppis)  und 
in  der  mitten  ist  es  breit  (vielleicht  fluhe  die  ankerstelle.  Frisch 
1,  282  ankerfluhe,  anchorae  uncus). 

aus  der  Schiceizersprache  Schiixer  im  Teil  540': 

so  wird  das  schif  zerschmettert  an  der  fluh, 

die  sich  gäbstrotzig  (l.  gähstotzig,  wie  auch  die  au.tg.  von  1304 

s.  15S  liai)  absenkt  in  die  tiefe ; 
da  tritt  ein  weih  aus  der  ladenthür, 
eine  schlichte  Trau  von  den  fluhen, 

die  stiesz  an  den  klingelnden  harlekin  schier, 

und  bat  nicht  gelacht  noch  geschrien.  An;»,  vo!«  Droste  327. 

auch  die  folgenden  siisammensetzungcn  sind  schweizerisch,  das 
zweite  wort  bildet  fluh  in  ackerfluh  (steingerölle  auf  wiesen. 
Tobler  14"),  bergfluh,  meerfluh,  nagelfluh,  salzflub,  sandflub. 

FLUHBIRRLI,  n.  mespilus  chamaemespUus.  Stalder  J,  386. 
DüRHEiM  184  fluhbirne  (s.  flughirne),  Zwergmispel. 

FLUHBLUME,  f.  FLUHBLCMLI.  n.  primula  veris,  auricula, 
badönikli,  wild  auf  der  alpe  wachsend,  von  den  Entlibudier 
Jünglingen  ihren  dtrneft  beim  kiltgang,  zum  schmuck  der  Stroh- 
hüte, dargebracht.  Staldeb  1, 386.  DuBnEm  184.  Fhiscb  1,  259'. 

FLI'H BUCHS,  vacänium  vitis  idaea.    Durreim. 

FLUHFOLLE.  f.  schweizerisch  von  einem  felsengrund,  dessen 
eingang  weit  und  breit,  der  ausgang  stumpf  oder  geschlossen  ist. 
Stalder  1,389.     s.  foHe,  waldfolle. 

FLUHHEU.  n.,  auf  den  unwegsamsten  stellen  der  atpen,  wo 
selbst  das  rieh  nicht  weidet,  oft  mit  lebensgefcJrr  gewonnen.  STALCBt 
1,  386,  auch  kammheu,  wildheu. 


1851 


FLCHKIRSCHE  — FLUP 


PLÜR  — FLUR  WÄCHTER 


1852 


FLUHKIRSCHE,  f.  lontcera  xylosUum. 

FLIHLEHCHE,  /.  mutarilla  aipina. 

FLCHLL'FT,  f.  alpenluß.  Rltte  s.  25. 

FLÜMEN,  mingere,  pissen.  Stalder  1,387. 

FLÜMIG,  impurus:  so  da  ein  warme  hitzig  arznei  auf  ein 
kalt  Dümig  geplut  gelegt  wird.  Brauwscbweic  31.  vgl.  flauin, 
sordes  sp.  1735. 

FLL'NDER,  m.  pleuronedes  flestis,  dän.  flynder,  schw.  Dundra, 
aUn.  flydri,  eine  art  schölle,     s.  flander,  flinder. 

FLLNK,  ni.  flügel,  flügelstumpf.  Schambach  273*.  Danneil  55". 

FLL'NKE,  m.  scinlilla,  funke.  Schm.  1,590.    dän.  niinke. 

FLUNKERN,  1)  säntillare,  flimmern,  funkeln,  flackern,  nnl. 
flonkeren : 

sprenge  gen  mitternacht  mit  abgewendetem  antlitz, 
dasz  laut  heule  der  siurm  und  blutroth  flunkre  das  nordlicht. 

Voss  2,  180. 

2)  gloriose  menliri,  aufschneiden,  windmachen :  der  kerl  flunkert, 
lü^,  nd.  hei  flunkert;  ich  kenne  euch  doch  sonst  als  einen 
überaus  wahrhuflen  mann,  allein  jetzt  sollte  ich  doch  fast 
denken,  ihr  flunkertet.  Miinchhausens  reisen  95. 

FLUNS,  FLUNSCH,   FLUNTSCH,   m.   os  dislorlum,  ein  ver- 
logenes, schmollendes  maul,  s.  flinsen  und  flans; 
und  wie  der  tuifel  sinen  flouns 
haut  uf  getoun  und  sinen  giel.    Fritz  von  Zaire  188; 

gereimt  auf  gouns  ™=  gans;  er  schnitt  seinen  häszlichsten 
fluntsch.  HoLTEi  Lamm/e// 3,49.  Weinhold  scWes.  «'6.  22'.  Schm. 
1, 590  hat  flensche  /.  in  gleichem  sinn.  Ihür.  obersächs.  flunsch 
für  flansch. 

FLUNSCHEN,  FLUNTSCHEN,  os  distorqucre :  ich  dachte  bei 
mir,  fluntsche  du  nur.  Holtei  Lammfell  3,  49.  bä  Weinhold  23' 
fluschen,  flutschen,  bair.  flenschen,  flendschen.  im  Wchabend 
1658  B3'  flunlzschen,  fleischen:  hier  musz  das  alte  lied  herfür : 

darnach  so  gieng  das  tanzen  an, 
da  sahen  wir  schöne,  weisze  behn, 
wenn  die  kittel  in  die  höhe  sprungen, 
so  fluntschien  wir  die  zahn. 

ich  dachte,  man  müste  die  zahne  fluntschen  und  sehn  wie 
eine  katze,  wenns  wetterleuchtet  oder  ein  steineulchen,  wenns 
eine  seltzame  pastete  sihet. 

FLÜNZEL,  m.  mensura  vini :  derjenige  so  in  diesem  hof 
empfahct,  der  ist  schuldig  ein  flünzel,  das  ist  ein  eimerweins 
mit  dem  staf  gemessen,  tceisth.  2, 395. 

FLUR,  f  in  der  zweiten  bedeutung  zuweilen  m.  ahd.  fluor, 
mhd.  vluor,  ags.  flör,  engl,  floor,  nnl.  vloer. 

1)  campus,  ager,  seges,  pascua,  bair.  esch  {sp.  1140),  nhd.  auch 
für  heide  und  trifl: 
mhd.  der  hagel  eines  kornes  fluor 

niht  so  balde  neiget,    ir.  kr.  25976; 

der  wint  durch  eines  kornes  fluor 

sd  tobelichen  nie  geswanc.    turn,  von  JV.  129,4; 

da  von  et  in  der  enge  wart  schiter, 

reht  als  in  eim  vluore  tuot  starc  ungewiter.    Lohengr.  4602; 
nhd.    allein  auf  unsrer  flur  sind  schönre  schäferinneu. 

Gellert  3,323; 

wie  oft  hab  ich  nach  dir  die  Auren  durchgestrichen.    3,328; 

ja,  für  die  eifersucht  hilft  nichts  in  unsrer  flur.    3.406; 

{ein  hirt,  der)  ein  geheimnis  oft  erfuhr, 

das  mancher  schäfer  in  der  flur 

noch  so  geheim  zu  halten  dachte. 

Rost  schäferert.  34.  schäferged.  49; 

und  Phyliis  hatte  sich  aus  seiner  flur  verloren, 

wo  sie  Ihm  doch  so  oft  die  treue  zugeschworen. 
schäfmjfd.  94; 

ich  komm  in  eure  flur,  und  eine  schäferin, 

ach  Thyrsi».  dasz  ich  doch  zu  euch  gekommen  bin ! 

und  eiiie  schaferin  entzündet  mich  aufs  neue.    146; 

und  doch  wollt  ich  dabei  mein  Schicksal  noch  nicht  hassen, 

müst  ich  die  schöne  flur  nur  nicht  sobald  verlassen. 

hier  ist  die  weide  gut.    ebenda; 

ich  wollte  mich  sogleich  aus  dieser  flur  entfernen 

und,  harte  Silvie,  dich  ewig  meiden  lernen.    129; 

Damöt  ist  jung  und  hübsch  und  wird  ja  fast  von  allen 

in  unsrer  flur  geehrt.    12Ü; 

aber  als  der  winter  kam 

und  der  flur  das  leben  nahm, 

uod  nun  alles  öde  stand.    Glbib  fabeln  2,31; 

iwölf  Auren  wurden  misvergnügt 

und  zwölf  gelllde  wurden  neid.    Bcrhanks  fabeln  147; 

komm  mit  mir  auf  die  flur  spazieren, 

komm  und  bewuudre  die  natur. 

W'tLLAiov  dialog.  fabeln  $.  30; 

willkommen,  schöner  jüngling. 

willkommeo  auf  der  flur  t    ScuiuLia  0'; 

f«ni  auf  cnilef  euer  flur.    Od.  18,9:>3; 


die  edelleute  haben  immer  die  besten  äcker  in  der  flur. 
GöTHE  14,  287.     s.  dorfflur,  kornflur,  weideflur. 

2)  solum,  area,  pavimenlum, 
mhd.  dö  er  nftch  goilicher  art 

alhie  liej  der  erden  vlür, 

uude  in  die  ewigen  sunuen  vür.    pass.  H.  325,13; 

da  mit  si  genügen  treit 

in  des  ungemaches  vlür.    385,66; 

die  an  der  erden  vlüre 

da;  vie  vor  den  goten  slän.    pass.  K.  670,62; 

mit  den  er  von  hinnen  vür 

ze  hirael  von  der  erde  vlür.    lii'l.  chron.  54; 
nhd.    seht  nur  wie  flink  dort  Hanne  thut, 

sie  tanzt  recht  von  der  flur  {vom  bodm  iceo). 

der  frau  mnllei-  handkorb  1770  «.  173; 

voll  der  schattengebild  ist  die  flur  und  voll  auch  der  vorhof. 

Od.  20.  35.1 ; 

scene,  die  ofne  flur  in  Nathans  hause,  gegen  die  palmen 
zu.  Lessinc  2,316;  wir  fanden  die  ganze  flur  (den  ganzen  fluri 
voll  leute;  schob  ihn  über  den  flur  zur  hausthüre  hinaus. 
AcG.  Lafontaine  naturmensch  s.  62;  Stuben  und  flur  sind  vor 
dem  einzug  erst  auszuweiszen ; 

ach  wie  lang  ists,  dasz  ich  walle 
suchend  durch  der  erde  flur.    Scbilleb  54*; 
aber  frei  von  jeder  zeitgewalt, 
die  gespielin  seliger  naluren, 
wandelt  oben  in  des  lichtes  Auren, 
göttlich  unter  göltern,  die  gestalt.    72*; 
im  flur.       Ann.  von  Drostk  ged.  s.  142. 
FLURBEREITER,  m.  custos  segclum  equeslris.  Stieler  1516. 
FLURBUCH,  n.  tabulae  agrorum  :  die  richtigste  beschreibung 
einer  gegend  gehört  darum  noch  in  keinen  musenalmanach, 
sondern  mehr  in  ein  flurbuch.  J.  P.  biicherschau  2,  92. 

FLURRUCHSAUSZUG,  m.  amtliche  abschriß  über  ein  grund- 
slück  aus  dem  fiurbuclie. 

FLUREN,  die  grenzen  einer  flur  bezeichnen:  scheidet  und 
fluret.  Haltaus  467  (a.  1533). 

FLURENBEHÜTER,  m.  qui  agros  tuelur,  flurgoU. 
nicht  wo  die  goldene  Ceres  lacht 
und  der  friedliche  Pan,  der  flurenbehüter.    Schillkr  .  . . 

FLURENWELT,  f.  als  die  halbe  sonne  über  die  thauige 
flurenweit  hinblitzte.  J.  P.  flegelj.  1,  53. 

FLURER,  m.  1)  custos  agrorum,  flurhüter,  eschheie:  item  sie 
sollen  haben  ein  flurer,  dem  sollen  sie  geben  von  jedem 
leben  vier  garb  beederlei.  weisth.  3,  628 ;  die  schützen,  flurer 
und  eschaien.  des  baurenstands  lastei-prob  s.  92.     s.  flurschütz. 

2)  carnifex,  excorialor,  abdecker:  flurer,  fallmeister,  wasen- 
meister,  Schinder,  abdecker  steht  unter  dem  obristjager- 
meisteramt.  Heppe  wolredender  jdger  190. 

FLURGANG,  m.  solemnis  obambulatio  finium,  feierliche  bt- 
gehung  der  grenzen  einer  feldmark,  grenzbegang. 

FLURGENOSZ,  m.  cotnmarcanus:  innige  Verbindung  der 
flur  und  stadtgenossen.  Gothe  23  118. 

FLURGEWALT,  f.  flurgotlheit : 

ob  gott,  ob  göttin,  sei  den  Römern  hold, 
gastlich  begrüsz  ich  dich  und  weihe  dir 
bei  andern  flurgewalten  den  altar.    Frkttac  Fabier  19. 

FLURGOTT,  ni.  Pan: 

hoher  Aurgott,  pAege  sein !    Schillk«  .  .  . 

FLURGRABE,  m.  fossa  limitanea.  H.utaus  467. 

FLURGRENZE,  f.  limes  agrorum. 

FLURHÜTER,  m.  flurer,  flurschütz. 

FLURKARTE,  f.  das  ganze  pays  de  Vaux  lag  wie  eine 
flurkarte  unter  uns.  Göthe  16,  235. 

FLURL.\UFER,  m.  flurbuch,  flwregister:  Encau  de  libronim, 
quos  grenz,  lagerbücher,  flurläufer,  erbbüchcr  und  heberegister 
dicere  solemus,  forma.  Ff  u.  Lps.  1766. 

FLURMARK,  f  feldmark. 

FLURMICHEL,  m.  flurer,  feldsrhülz. 

FLUR  RECHT,  n.  jus  agrorum,  fam/wrum. 

FLURRECilSTER,  n.  flurbuch. 

FLURSCHEIDE,  f  flurgrenze:  andirbalbin  morgen  ackaria 
an  der  flurscheide  anic  Langingunsir  wege.  unk.  ton  tSJO  bei 
Bau»  Arnsbunj  n'  613. 

FLURSCHUTZ,  m.  agrorum  custos,  feldsrhiUz:  diese  bauwren 
einen  dorfsknerhl  oder  florschillzen  gehabt.  Kirchhof  fccndunm. 
254';  durch  den  florschutzen  unihher  tragen.  254'; 
Siüssi,  der  üurscliuit.    Schiller  545*. 

FLURSTEIN,  m.  litnes,  ronfinium.  Haltaus  46S. 

FLURUMRI.NGT,  o'/ru  ctrcumdalut. 

FLURWÄCHTER,  m.  flurhüter. 


1853 


PLtRWALLEN  — FLÜSSIG 


FLÜSSIG  — FLÜSTERZITTERN    1854 


FLURWALLEN,  n.  flurgang:  Ton  diesem  feld-  und  Oor- 
wallen  (ambarralibus)  schreibt  der  poet  Virgilius.  aller  tceish. 
luslg.  25. 

FLURWENDE,  /".  conßmum  agrorum.  Haltacs  468. 

FLURZäUN,  m.  sepes  Umüanea. 

FLURZUG,  m.  flurbegang:  am  schönsten  tage  einmal  auf 
dem  Wege  hielt  man  einen  sinnigen  flurzug  durch  das  ganze. 

GöTBE    21.  140. 

FLUSCH,  m.  die  nd.  form  für  flansch,  flaus  (sp.  173T),  nach 
Dan>!Eil  55*,  trenn  haare,  uulle,  werch  knäuel  und  häufen  bilden, 
in  einem  mnd.  gedieht: 

binnen  des  de  deif  in  deme  hi'is 

scnet  üt  siner  bant  ein  gröt  flüs.    Hacpt  5,395, 

ichnilt  sich  aus  der  hand  einen  (froszen  fetzen,  ein  grosz  stück, 
einen  flocken,  flalsch. 

FLUSCHEN,  proficere,  von  statten  gehn,  flecken,  eigentlich  sich 
flocken,  knäueln,  nd.  de  arbeit  fluscht  em  recht,  geht  ihm  von 
der  hand.  Danneil  55*;  det  fluscht  beter,  rief  die  pommersche 
landtcehr,  als  sie  die  kalben  nahm.  Weinhold  schks.  tcb.  23', 
wonach  das  u-ort  auch  in  Schlesien  vorkommt.  Fritz  Reuter 
gebraucht  fluschen  und  flaschen.  nhd.  fluschen  oder  flanschen 
in  diesem  sinn  kenne  ich  nicht. 

FLÜSSEN,  s.  flöszen:  im  bret  spilen,  für  die  langen  weil 
flüssen.  Schade  sat.  2,  6;  vollauf  pretspil  oder  das  schön 
Aussen.  Garg.  I7l'. 

FLÜSSIG,  fiuidus,  liquidus,  ahd.  flu;!c,  mhd.  vlü^ec,  welchem 
adj.  in  den  übrigen  dialeclen  nichts  entspricht,  es  ist  gebildet  von 
flu;,  Qusz,  jfte  bühm.  tekut<',  poln.  ciekly  von  tek,  ciek. 

1)  im  gegensatz  zu  fest:  flüssige  körper,  corpora  liquida; 
flüssige  Sachen,  fr.  des  liquides;  ein  flüssiges  element;  land 
mit  honig  und  milch  flüssig.  Frank  iffW.  ITb';  flüssiges  blut; 
flüssiges  öl;  sie  meinten  eier  werent  weich  oder  flüssig  fleisch. 
Keisersb.  selenp.  45';  flüssig,  das  gern  fleuszt  oder  rinnt. 
Maaler  13S'.  flüssig  werden,  schmelzen,  gegensalz  von  gerin- 
nen :  das  fett,  die  butter,  das  erz,  blei  wird  flüssig,  geräih 
in  flusz,  schmilzt;  das  dicke  blut  musz  flüssiger  gemacht 
werden;  die  dinte  ist  nicht  mehr  flüssig;  flüssiges  gold,  or 
potable.  wie  nach  einem  warmen  regen  das  abendrolh  und 
das  flüssige  Sonnenlicht  von  allen  goldgrünen  bügeln  rinnt. 
J.  P.  TU.  2,  58 ;  der  nordost  wühlte  das  feste  land  zum  flüs- 
sigen um.  2,  219.     ein  flüssiger  leib,  alvus  liquida. 

2)  flüssig,  madidus,  nasz,  feucht : 

aber  die  freier  im  schiT  durchsegelten  flüssige  pTade, 

iKtTtleov  vyoä  xi).£v&a.     Od.  4,  842. 

3)  rheumatkus,  catarrho  fluens:  ein  alter,  flüssiger  mann, 
«n  vieux  fluxionnaire ;  ein  flüssiger,  zum  schnupfen  geneigter 
mensch,  graredinosus  homo;  von  viel  personen  gebraucht,  die 
gar  flüssig,  rotzig  gewesen  sind.  Paracelscs  1,  lOOö';  in  wasser- 
süchtigen, flüssigen,  gesüchtigen,  podagrischen.  chir.  sehr.  $ö' ; 
man  kann  auch  den  flüssigen  bauch  stopfen.  Zechendorfeb 
1,85  vgl.  bauchflusz;  so  ein  mensch  ein  rot  und  ein  flüssig 
angesicht  hat,  mit  welchen  wassern  das  zu  vertreiben.  Barth. 
Vacter  tcie  man  alle  gebresten  und  krankhciten  arzneien  soll.  1582 
6/.  12;  ist  da;  ain  mensch  lang  sitzt  oder  sisft  des  nahtes 
an  dem  monschein,  so  wirt  ej  traeg  und  wirt  swaer  und  wirt 
huostend  und  wirt  oft  im  da;  haupt  flü;;ich  und  wetuond. 
Mecenberg  66,13.  flüssiges  weiter,  das  fiüsse  verursacht,  kmps 
propre  d  causer  des  fluxions. 

4)  mollis,  weich,  flieszend,  coulanl:  die  formen  seiner  glieder 
sind  sanft  und  flüssig,  wie  mit  einem  gelinden  hauche  ge- 
blasen. Winkelmann  4,  S9 ;  ein  flüssiges  gewand,  teäis  fluitans, 
vgl.  flügelkicid. 

5)  flüssige  laute,  literae  liquidae;  flüssige  rede,  flieszende, 
geläufige,  langage  coulant;  zur  reinen  harmonie  und  zur  flüs- 
sigen ausspräche.  Herder  1,193. 

6)  flüssig ,  überflüssig,  abundatts,  redundans:  flüssiger 
mensch,  redundans  homo,  Maaler  138',  der  zu  viel  getrunken 
hat?  reich  ist?;  flüssiges,  reichlkhes  mahl;  das  nachtmal  war 
gemeinlich  etwas  flüssiger  und  weitleufiger,  und  also  solls 
sein.  Garg.  184' ;  flüssige  kuh,  die  viel  milch,  flüssige  wiese, 
die  viel  gras  gibt.  Stalder  1,  387.  | 

7)  abstraclionen :  unsere  nothwendige  handlungen  gewinnen 
einen  flüssigem  fortgang.  dafern  man  sie  zu  rechter  zeit  mit 
ehrlicher  ergetzlichkeit  abwechselt.  Bütschky  Pa/m.  394 ;  eine  ' 
malerie,  deren  theile  unerachtel  ihres  Zusammenhanges  den- 
noch von  jeder  noch  so  kleinen  bewegenden  kraft  an  ein- 
inder  können  verschoben  werden,   ist  flüssig.   Ka.nt  8, 51S ; 


wer  wäre  denn  hier,  der  uns  in  gegenwart  dieses  stationären 
Werkes  (einer  slatuengrvpfe)  mit  treflichen  worlen  die  einbil- 
dungskrafl  dergestalt  erregte,  dasz  alles,  was  wir  hier  fixiert 
sehen,  wieder  flüssig  würde,  ohne  seinen  character  zu  ver- 
lieren. Göthe  22, 167 ;  der  pfalzgraf  hatte  das  erstarren  über 
Walts  sturmlaufen  mit  der  bemerknng  flüssiger  gemacht 
«.  s.  w.  J.  P.  flegelj.  1,  SO;  die  gedanken  des  genesenden 
wurden  allmälich  wieder  flüssiger,  gehler,  forderungen  sind 
flüssig,  wenn  sk  oder  dk  Zinsen  davon  erhoben  werden  können. 
flüssig  sein  bedeutele  ehmals  entrinnen,  skh  davon  machen: 

sein  kram  begund  er  bald  zu  sacken, 

wolt  sich  eilend  von  dannen  packen. 

als  er  beinahe  gar  flüssig  war, 

ein  altes  weib  kam  lauren  dar.    Waldis  4,50  bl.26f^. 

s.  bauchflüssig,  blutflüssig  (2, 182),  leichtflüssig,  schwerflüssig, 
strengflüssig,  überflüssig,  unflüssig. 

FLÜSSIG,  adv.  fluenter,  abundanter,  molliter:  flüssig  ge- 
schrieben, ectit  coutamment ;  mit  einer  zierlichen  manigfaltig- 
keit  sanft  ablenkender  umrisse  und  flüssig  unterbrochener 
theile.  Winkelsiann  3,  80. 

FLÜSSIGKEIT,  f  liquor,  humor:  die  schönste  mineralische 
flüssigkeit  liesz  doch  immer  ein  pulver  fallen.  Göthe  .  .  . ; 
die  flüssigkeiten,  ks  liqueurs. 

FLUST,  f.  amissio,  dantnum,  goth.  fralusts : 
mhd.  er  brjehie  Dust  ode  gewin.    Greg.  1918; 

gewin  und  flust,  wie  daj  gestö.    Parz.  102,24; 
got  wei;  wol  daj  ich  nie  bekande  Minnen  flust  noch  ir  ge- 
winne.    Tit.  t3,i; 
dir  Wirt  wol  ins  frage  bekant  Minnen  flust  und  ir  gewinne. 

68,2; 
diu  flust  sins  höben  muotes.    &4,  2; 
beidiu  flust  unde  gewin.    Wigat.  135,2-5; 
dö  buop  sich  flust  unde  gewin.    280,31; 
äne  aller  fröiden  flust.    US.  1, 16*. 

nhd.  reicht  das  wort,  gleich  fliesen  amillere,  höchstens  noch  ins 
14.  15  jh.  und  erlischt  nachher  gänzlich  gegen  dk  volle  form 
Verlust  (verlurst).  dk  letzten  beispiele  ergeben  sich  aus  bairischen 
oder  schwäbischen  Urkunden:  mit  dem  selben  wandel  sitzt  er 
seins  erbs  on  flust  (a.  1438).  NB.  24,  635 ;  ze  gewin  und  ze 
flust.  Schmeller  1,500;  sie  habent  auch  geselzet,  da;  chain 
ir  purger  niemant  chainen  beraiten  pfenning  leich  {leihe), 
davon  er  schaden  oder  flust  raiten  {berechnen)  well,  stadirecht 
von  München  ed.  Auer  s.  143.  meist  lautet  die  formet  'ze  ge- 
winne und  Verluste',  mon.  zoll.  3,  75  (o.  1341),  wo  der  dat. 
noch  deutlich  f.,  während  heute  Verlust  n».  andere  belege  hat 
Haltacs  713.  714,  bei  welchem  auch  'zu  gewinne  und  zu  fliese' 
=  Verliese  vorkommt  (s.  burgverlies  2,  544). 
FLÜSTERN,  susurrare,  s.  Bistern : 

wie  lieblich  flüstert  dort  im  hain 

der  schlanken  espen  Turchtsam  laub.    E.  von  Kliist  1,81; 

nun,  flüstert  ihm  die  Jungfrau,  edler  ritter, 

was  zögert  ihr?    VVikland  22,111; 

den  rath,  den  du  mir  gibst,  den  hat  sie  dir  geflüstert. 

Stolberg  i:i,  22; 
fluche,  die  ihm  flüsterte  ein  dämon  und  kein  mensch.    14, 181 ; 
leise  gab  er  darauf  mit  flistemder  stimme  die  antwort. 

Od.  14,492; 
für  sie  flisterte  das  weizenfeld.    Scbcbart  ged.  1,446; 
wann  mit  Zärtlichkeit  verschwistert 
freude,  die  im  busen  wohnt, 
bald  aus  deinen  blicken  flüstert, 
bald  auf  deiner  lippe  thront.    Gotter  1,164; 

wo,  beihaut  von  duften, 
nur  liebe  flüsterte,  nur  sehen  und  spiel. 

A.  W.  ScuLKCEL  musenalm.  1798,52; 
war  es  nicht  ein  weih, 
ein  weib,  das  mir  es  flüsterte?    Scuiixsi  27t*; 

mittemacht  war  vorüber,  die  musik  fieng  an  stiller  und  ver- 
lorner zu  tönen,  die  kerzen  dunkler  und  endlich  nur  einzeln 
zu  brennen,  das  gespräch  leiser  und  immer  leiser  zu  flüstern. 
729';  ein  anderer  miswollender,  der  tückischste  von  allen, 
nahm  jenen  ersten  bei  seile  und  flüsterte  ihm  etwas  in 
die  obren,  wobei  sie  mich  immer  spöttisch  ansahen.  Göthe 
24,106;  die  flüsternden  biälter.  J.  P.  Hesp.  1,250;  in  dem 
flüsternden  laube  eines  todtenkranzes.  3,75;  der  hain,  in 
dessen  flüsterndes  und  dumpfendes  dickicht  er  sich  verlor. 
Tit.  1,  28.  s.  einflüstern,  zuflüstern. 
FLÜSTERZITTERN,  n.  tremor  susurrans: 

wir  in  dieser  tausend  äste  flüsteniitern.  Säuselschweben 
reizen  tändelnd,  locken  leise,  wunelauf  des  lebens  quellen 
nach  den  iweigen.  GöTaB4i,24T, 


1855 


FLÜSTRER  — FLÜSZ 


riüsz 


1856 


FLÜSTRER,  wi.  susurralor:  die  bosheit  des  flflstrers,  der 
sich  schlau  entfernt,  wenn  er  böse  gedankcu  dem  herzen 
des  menschen  zugelispelt  hat.  Ki.inger  7,  234. 

FLUSZ,  ni.  fluvius,  fluxus,  ahd.  fluj  pl.  Duji,  mlid.  vhi;  pl. 
vlüjje,  tüid.  flusz  pl.  flüsse,  wiederum  ein  spedfisdi  unsrer  mundart 
angeiiüriyes  irort,  welchem  weder  ein  golh.  fluts,  ags.  Hut,  noch 
selbst  nd.  viut  enlspridtt,  gerade  wie  diesen  allen  auch  das  adj. 
flüssig  gebricht,  nalwerwandl  ist  freilich  das  goUi.  Qftdus,  ahd. 
fluof,  tt'üt'on  hernach  unter  flut. 

1)  fluinus,  flumen,  TtoTa/iös  wird  swar  ahd.  aha,  wie  golh. 
abva  ausgedrückt,  da  die  bedeulung  des  rinnenden  wassers  mit 
der  des  flusses  zusanimentriß,  und  wir  einen  flusz  oder  ström 
auch  heule  noch  wasser  oder  gewässer  nennen,  docit  lieiszt  es 
schon  T.  129,  5  nach  loh.  7,  38:  flu;;!  fon  sinero  wambu  fliü;ent 
lebentes  wa;ares,  flumina  de  venire  ejus  flucnl  aquae  vtrae 
{goth.  ahvus  us  vanibai  is  rinnand  vatins  libandins,  ags,  libbendes 
vüteres  flöd  flüvad  of  bis  innode,  bei  Lother,  von  des  leibe 
werden  ströme  des  lebendigen  wassers  flieszen).  hier  sehen 
wir  ahv6s,  flu;;i,  ströme  und  den  sg.  flod  in  gleichem  sinn  ver- 
tpandt.  da  nun  tnlid.  der  gebraudi  von  aha  immer  seltner  wird 
{mhd.  wb.  1, 13'),  nhd.  völlig  aupwrl  {nur  in  zusammengesetzten 
eigennamen  dauert  1, 162),  so  ist  schon  mhd.  und  noch  entschiedner 
nlid.  vlu;,  flusz  an  die  stelle  getreten: 

durch  den  (Bodensä)  mit  richem  vlujje  {ströme,  Strömung)  sträbet 

der  Rin,  des  Huj  noch  strichet  hin 

von  lantgebirgeii  drin.    Diut.  1,(>2; 

vertic  lief  und  harte  guot 

was  im  der  fluj  und  ouch  der  sant.    Gerh.  5269; 

da  da;  In  mit  Ihij^e  in  die  Tuonouwe  gäl.    Nib.  1235,4; 

müg  ich  der  Elbe  ir  fluj  benemen.    MS.  2,66''; 

swaj  höber  forsten  harren  hat  des  Rines  fluj 

Ton  Tiseutis  hinabe  bij  an  den  swachen  duj.    2,234'. 

wir  sagen  ein  groszer,  tiefer,  reiszendef,  schneller,  schifbarer 
flusz ;  ein  stiller,  sanfter,  schmaler,  in  krümmungen  sich 
windender  flusz.  mäclilige  und  breite,  gewaltige  ßüsse  pflegen 
Strom  lu  heiszen,  Rheinstrom,  Donaustrom,  Elbstrom ;  kleine, 
enge  flüsse  bach,  der  mülbach,  steinbach;  und  mit  dreien 
groszen  flüssen  fallet  er  {der  bach  am  Libanus)  in  das  mör, 
on  ander  bäch,  die  auch  aus  im  in  das  mör  flieszen.  Frank 
iccllb.  166*; 

0  Rein,  mit  deinem  hellen  llusz, 

dien  du  uns  nun  zur  l'ürdernus.    glückh.  schif  i6b; 

der  flusz  theilt  sich  in  drei  arme;  der  mond  schien  so  hell 
am  himmel  und  gosz  einen  ganzen  bach  von  Straten  über 
den  stillerwai'tenden  flusz  (die  Elbe)  aus.  Voss  briefe  1,193; 

fliesze,  flicsze,  lieber  (lusz! 
rausche,  flusz,  das  tbal  entlang 
ohne  rast  und  ruh!    Göthk  1,111.112; 
es  schäumt  das  meer  in  breiten  Aussen 
am  tiefen  gruud  der  felseu  auf.    12,21; 

deutsche  flüsse,  oben  sp.  1699. 

2)  flusz,  fluentum,  fusio,  imber,  gusz,  ergusz,  der  flusz  des 
regens,  blutes, 

mhd.  aldä  der  regen  und  d€s  gu{ 

erbrochen  bete  witen  vluj.    Parz.  603,8; 

bi  des  brunnen  üune  stuont  der  hörliche  gast.    Nib.  918,4; 

sins  pluotes  flu; 
d«n  tiuren  pfellel  gar  begö^    Wli.  444, 18. 

tüid.  ein  fisch,  wann  er  in  eim  zuber  ist,  da  rüget  (ruhl)  er 
nit.  aber  wenn  man  in  thtU  in  ein  flusz  eins  wassers,  da 
echüszl  er  dar  von  und  rügt.  Keiseksbkbg  Marie  liimclfart  10* ; 
trinke  wasser  aus  deiner  gruben  und  flüsse.  aus  deinem 
brunnen.  spr.  Sal.  5, 15 ;  es  soll  nun  jederman  still  schweigen 
und  dem  wasser  seinen  flusz  lassen.  Frank  weltb.  158*,  man 
sagt  Iteule  seinen  lauL 

3)  flusz,  fluxut,  fluxio. 

a)  monatlicher  flusz,  audt  krankhafter  blutflusz  der  frauen. 
ahd.  seno  Ihö  wib,  tha;  thar  bluoles  flu;  tholeta  zuelif  jiir 
(guüi.  jah  qinü  visandei  in  rnna  bl6))is  jära  Ivalif).  Luc.  8,43. 
7.60,3;  inti  sliumu  gistuont  thßr  flu;  ira  bluoles  (Jah  suns 
gastA|>  sa  runs  bl6|MS  iz^s).  8,44.  T.  60,4;  wenn  ein  wcib 
irs  Icibs  blutflusz  hat,  die  sul  hieben  lag  bei  seit  gethan 
werden,  wer  sie  anrürel,  der  wird  unrein  sein  bis  auf  den 
abend.  "A  Mos.  15,10;  und  die  narung  (des  kindeis)  ist  pluol 
und  dar  umb  ist  der  monutleich  flu;  ver8lu;;en  an  den 
•wangem  frawen.  MecKNütHC  33,23;  gcschiht  »her  der  flu;, 
das  i*'  S'r  seilen.  38,31;  und  wenn  ain  fraw  darüber  (a/raun- 
*)  titzl,  so  heoiait  ej  ir  dea  uiuuter  flu j.  407, 30.    weisser 


flusz,  fluor  albus,  menses  decolores:  aneis  reinigt  die  rouoler 
von  dem  wei;en  flu;.  Megenberc  385,  8. 

b)  rother  flusz,  rühr,  dysenteria:  regenwa;;er  ist  guot  zuo 
der  ruor,  da;  diu  verste  und  zuo  dem  roten  flu;.  Mecenberg 
S2,  85;  da;  zukkerrosAt  hat  ain  kraft  ze  sänfligen  wider  den 
roten  Hu;.  345, 8 ;  verstellt  auch  den  gemainen  roten  fluj 
von  dem  leib.  445,3. 

c)  rlieuma,  catarrhus:  wan  einer  ein  flusz  (fonlanell)  hat  an  eim 
Schenkel,  so  kumpt  er  zum  arzet  und  laszt  sich  heilen,  der 
arzet  spricht,  ich  heile  dir  es  nit  zu,  wan  so  ich  dirs  zu  heil,  so 
laufet  es  dir  und  zücht  zum  herzen  und  sliibst,  ist  nun  nit 
besser,  der  Schenkel  flicsze,  dan  sterben?  Keisersberc  omeis 
11';  der  leicbnam  lesset  von  sich  eitel  unflat,  rotz,  speichel, 
putter,  schweisz,  schweren,  blättern,  grind,  gnatz,  flüsse,  eiler, 
mist  und  härm.  Lt;THER  6,316";  schwere  gedaiiken  krcnken 
den  leib,  denn  gedanken  machen  flüsse.  tischr.  225';  (die 
bauem)  reiben  ihnen  (den  kriegsleuten)  die  köpf  mit  flögels- 
kappen  vor  (für)  die  flüsz.  Kirchhof  mit.  disc.  120;  er  ist  zu 
flüssen  geneigt,  mit  flüssen  behaftet; 

lieszcst  du  die  güsse  (das  Irinken), 

so  verlieszen  dicb  auch  die  flüsse.    H.  Sachs  1,463*; 

hab  von  den  erzten  vernommen, 

ihm  sei  ein  solcher  flusz  gefallen.    Atrkr  203'; 

wenn  man  das  als  zusammen  thut, 

wird  drausz  ein  podagrischer  flusz.    fastn.  37'; 

dan  da  kommen  aufgezogen 

kalte  tUisz  für  die  küs  {küsse) 
die  ihn  unlängst  jung  betrogen.    Wkckherlin  598; 
husten,  flüsz  und  krankheit.    782; 

wie  ein  scharfer  flusz,  der  für  die  äugen  fällt,  uns  gemei- 
niglich die  mittel,  so  doch  bei  der  band  sind,  nicht  ersehen 
läszt.  Opitz  2, 294 ;  es  sei  ihm  herzlich  leid,  dasz  seiner 
liebsten  diese  nacht  ein  schwerer  flusz  auf  die  brüst  gefallen. 
Weise  erzn.  13 ;  der  toback  solle  die  flüsse  abziehen,  brüchle 
zwar  feuchtigkeit  genug  in  dem  munde  zusammen,  allein 
dieses  würen  nicht  die  rechtschuldigen  flüsse.  316;  dem  einen 
war  ein  flusz  gefallen.  Fuchsmundi  265;  milz  und  mutlerbe- 
schwcrungen,  engbrüstigkeit,  böse  flüsse.  Wieland  20,5; 

Sprech  ich  um  einge  küsse 

zur  guten  nacht  ihn  an, 

so  schreit  er  über  Müsse  {gliederrei''zen), 

wenn  er  nicht  schnarchen  kann.    VVsiszx  kom.  op.  2,240; 

von  übermäszigem  zechen 
erzeugte  sich  ein  Uusz  au  seinem  volimondshaupt. 

Kl.  Scuüidt  kom.  riicht.  51. 

flusz  im  köpfe,  gravedo,  in  der  nase,  coryza,  flu;  zuo  der 
nasen.  Mo.ne  anz.  6, 339'.  es  ist  dem  kranken  ein  flusz  ge- 
fallen, die  kranUteit  hat  bösartige  wendung  genommen.  Stalder 
1,387. 

4)  flusz  des  erzes,  aes  liqualum,  des  glases,  vürum  lique- 
factum: 

weisze  blasen  seh  ich  springen, 

wol,  die  massen  sind  im  flusz, 

laszts  mit  aschensalz  durchdringen, 

das  befördert  recht  den  gusz.    Schiller  77'; 

die  glocke  musz  nur  um  desto  besser  klingen,  als  das  erz 
länger  in  flusz  erhalten  und  von  allen  schlacken  gereinigt 
ist.  GöTiiE  an  Schiller  367.  flusz  heiszl  in  der  bcrgmannsprache 
auch  der  zusalz  zum  erz,  der  es  leichter  zum  sdimelzen  bnngl: 
man  kann  zum  schmeidig  machen  des  silhers  einen  flusz  zu- 
richten, welcher  die  metalle  fast  sehr  reiniget,  also,  nimb 
sal  alkali,  salpelcrsalz,  rohen  Weinstein  und  salpeter,  eins 
so  viel  als  des  andern.  Erker  34'.  vgl.  fluszspal.  flüsse 
heiszen  auch  farbige  cristallgläser,  die  eddsleine  nachahmen. 

5)  der  flusz,  fluxus,  ein  altes  kartcnspii'l ,  eigentlich  folge 
gleicher  karten.  Gence.nbach  305.436.529: 

es  si  mit  wiben, 

mit  karten,  würflcn,  flüssen,  hassen,    trag.  Joh.  C2; 

fr.  sagt  man  nocli  heute:  il  a  flux  et  scquencc,  viele  auf  ein- 
ander folgende  trumpfe,     s.  flosz  sp.  1820.  1821  und  flüssen. 

6)  figürlich  (nach  2  und  4),  in  flusz,  in  gang  kommen,  im 
flnsse,  gange  sein;  neuere  philosophcn  lassen  sich  jetzt  cigeiii- 
iich  nicht  nennen,  weil  hier  alles  gleichsam  im  flussc  fort 
gehl,  was  der  eine  baut,  reiszt  der  andre  nieder.  Kant  t,  356; 
ein  stehendes  und  bleibendes  selbst  ia  dem  Ousse  innerer 
erscheinungcn.  2,645; 

dun  flusz  der  stunden.    Wiilakd  17,74; 
das  erstemal  seil  langer  zeit  hast  du  wieder  gesprochen,  wie 
einer    dem    etwas  w.iliihnft  nin  herzen  liegt,   zum  erstenmal 
LhI  der  Uusi  der  rede  dtclt  wieder  fort jerisseu.  GöruK  Xi,  3«  i 


1857        PLtlSZAß  — FLüSZGRASLEDER 

ich  hatte  ihr  herz  immer  mehr  aufzuschlieszen  und  ihre  rede 
im  fliisz  zu  erhalten  getrachtet.  23,180;  in  den  flusz  der 
Vorlesung  hineinzureden.  27, 118 ;  figur  und  wesen  sind  nicht 
durchgearbeitet,  spräche  und  gebärden  haben  keinen  flusz. 
43,36;  die  heisze,  in  flusz  gebrachte  seele.  J.  P.  TU.  1,128; 
als  die  Versammlung  allmälich  in  flusz  kam  und  man  anfieng 
einander  kennen  zu  lernen.  Dahlmann /"r.  rev.  399.  die  redensaH 
'das  hat  seine  fliisse'  =  Schwierigkeiten  scheint  aber  nach  einer 
der  bedeutiingen  unter  3. 

s.  abflusz,  ausflusz,  bauchflusz.  blutflusz.  durchflusz,  ein- 
flusz,  hauptflusz.  honigflusz,  mutterflusz,  schlagflusz,  silber- 
flusz.  speichelQusz,  überflusz,  zuflusz. 

FLUSZAB,  secundo  flumine,  mhd.  ze  tal, 

entfaltet  euch,  gedrängte  massen, 

vom  berg  ins  laud,  fluszab  ans  meer!    Göthe  13,273. 

FLüSZABWÄRTS.  dasselbe:  ein  kahn  führte  uns  fluszab- 
wärts  die  Strömungen. 

FLL'SZM)LER,  m.  falco  haliaetos,  meeradler. 

FLL'SZ.XTs'WOH.NEND,  ripae  proximus:  fluszanwobnende 
weiden.  Voss. 

FLUSZANWOHNER.  m.  accola  fluvü. 

FLUSZARCHE,  f.  arca  roslrala. 

FLISZARM,  m.  brachium  ßuvii. 

FLUSZARM,  paufier'fluviorum,  icasserarm. 

FLL'SZARTIG,  wie  ein  flusz.  auch  rheumaticus,  ein  flusz- 
artiges  fieber. 

FLL'SZAUF,  den  flus:  hinauf,  mhd.  ze  berge:  vorgebirg, 
wie  jenseits  und  weiter  fluszauf  der  schloszberg.  Güthe  51,  23. 

FLUSZBAD,  »1.  lavacrum  fluviale :  ein  fluszbad  nehmen,  vivo 
flumine  perfundi. 

FLUSZBARSCH.  m.  perca  fluvialüis. 

FLUSZBARTFISCH,  m.  cyprinus  barbus  flurialilis, 

FLL'SZBAÜ,  m.  Wasserbau  im  flusz. 

FLUSZBETT,  n.  alveus:  als  die  gefühle  in  ihrem  flnsz- 
bett  ein  w enig  ruhiger  wieder  dahin  liefen.  Kl.  Schmidt  kom. 
dicht.  487.     s.  bett  2. 

FLüSZBLUME.  f.  gnaphalium  arenarium. 

FLL'SZBRACHSEM,  m.  cyprinus  brama. 

FLUSZBRA.NÜ,  m.  inccndium  fluvii:  im  Widerschein  des 
blutigen  sprudelbachs  alles  wie  ein  fluszbrand  der  hölle,  wo 
gestern  noch  ein  eden  geblüht  hatte.  Tieck  Cev.  l,  421. 

FLÜSZCHE.N,  n.  amniculus. 

FLUSZDORN,  m.  nerila  Corona,  eine  schneckenart  mit  stacheln. 

FLUSZDÖRNCHEN.  n.  dasselbe. 

FLUSZEiSE\,  n.  flüssige  eisenmasse  im  ofen. 

FLISZERDE.  /.  schmelzbare  erde. 

FLLSZESSE.NZ.  f.  liquor  catarrhalis. 

FLUSZF.\HRZEL'G,  n.  narigium  in  flumine,  fiösze. 

FLL'SZFALKE,  m.  falco  fluvii  accola. 

FLL'SZFALL,  m.  lapsus  fluminis,  calarrhacta,  Wasserfall,  vgl. 
Rheinfall. 

FLUSZFIEBER,  n.  febiis  catarrhalis. 

FLUSZFISCH,  m.  piscis  fluvialüis. 

FLL'SZGALLE,  f  geschwulst  am  kniegelenk  des  pferdes. 

FLISZGANG,  m.  alveus,  cursus  fluminis,  mhd.  ahganc  (wb. 
1,475*},  bildlich:  so  enmac  der  wäre  sunneschin  in  unser 
herze  niht  milteclichen  gevliejen  unde  troestlichen,  wan  im 
der  vlu^ganc  verleit  ist.  myst.  1,  323. 

FLUSZGEBIET,  n.  tractus  fluvii,  landstrich,  den  ein  flusz 
belierscht  und  durchströmt,  z.  b.  fluszgebiet  des  Rheins,  der 
Donau,     s.  fluszregion. 

FLUSZGEIST,  m.  daemon  fluviatUis. 

FLUSZGESTADE,  n.  ripa  fluminis: 
und  am  abend  steiget  nieder 
eine  schar  zum  fluszgestad.    Uhla;«». 

FLUS^GEWÖLBE,  n.  von  der  cloaca  maxima  zu  Rom.  Nie- 
BL'HR  1,436  u.   ö. 

FLL'SZGOLD,  n.  aurum  fluviatile. 
FLLSZGOTT,  m.  deus  fluvialU: 

sie  fliehn,  sie  fliehn 

zum  strömenden  Rhein, 

sie  drängen,  sie  stürzen  sieb  hinein. 

der  tluszgott  aber  winlit 

«einen  bellenden  stürmen, 

da  brausen  die  wellen  und  Ihürmen 

und  ros  und  manu  vf>r.<iinkt. 

Kretsch«a:»!i  ges.  Hhingulphs  76. 
FLUSZGRAS.  n.  alopecurus  geniculatus.  j 

FLi;SZGRASLEDEU,  n.  conferva  fluvialilit  I 

iil. 


PLÜSZGÜSZLING  -  FLUT 


185$ 


FLÜSZGÜSZLING,  m,  Vulcantlusz  mit  schla^ckenstof  ver- 
setzt. Storrs  alpenreise. 

FLUSZHAFEN,  «».  portus  in  flumine. 

FLUSZHÄHNCHEN,  n.  ranunculus  aquatilis. 

FLLSZHARZ,  n.  gummi  anime,  animeharz. 

FLUSZKAH.N,  m.  cymba  fluvialüis. 

FLLSZKAN.NENKRALT,  n.  equisetum  fluvialüe. 

FLUSZKIESEL,  m.  silex  fluvialüis. 

FLLSZKRAIT,  n.  potamogeton. 

FLLSZKRERS,  m.  Cancer. 

FLLSZLOCH,  n.  fonticulus,  fontanell.  Zi.nkgref  apoplUh.  307. 

FLUSZMASSE,  /.  in  flusz  gebrachte,  flüssig  gemachte. 

FLUSZ.MITTEL,  n.  gestän  oder  salz,  das  den  erzen  beigemischt 
wird,  ihre  scitmclzbarkeü  zu  erhöhen.  ScHEncHEKsroEL  78. 

FLUSZMOOS,  n.  muscm  fontanalis. 

FLLSZMÜLLER,  m.  mein  vater  war  ein  Ouszinüller  an  der 
Mulde.  Fchenb.  2. 362.    vgl.  floszmüle  sp.  1822. 

FLUSZMÜ.NÜUXG,  f  os  fluminis.  * 

FLÜSZML'SCHEL,  f.  conclia  fluvialis. 

FLUSZNACHTIGALL.  f.  turdus  arundincuxus. 

FLUSZNADEL,  f.  strombus  fluvialüis. 

FLLSZ.NATTER,  /;  culuber  hydrus. 

FLUSZ.MXE,  f.  was  nixe  allein,  Wassernixe. 

FLUSZ.NV.MPHE,  f  libella  fluviatilis. 

FLl'SZOCHS,  »71.  hipiwpolamus. 

FLLSZOTTER,  f.  tutra. 

FLUSZPFERD,  n.  hipiiopotamus,  nilpferd. 

FLL'SZPULVER,  n.  pulvis  catarrhalis.  Stieler  447. 

FLL'SZRAiND,  m.  margo  fluminis. 

FLUSZRAUCH,  m.  was  Quszpulver. 

FLLSZRECHT,  n. 

FLUSZREGIO.N.  f.  fluszgebiet:  schon  bei  meinen  wenigen 
Wanderungen  durch  die  weit  hatte  ich  bemerkt,  wie  bedeu- 
tend es  sei,  sich  auf  reisen  nach  dem  laufe  der  wasser  zu 
erkundigen,  ja  bei  dem  kleinsten  bache  zu  fragen,  wohin  er 
denn  eigentlich  laufe,  man  erlangt  dadurch  eine  übersieht 
von  jeder  fluszregion,  in  der  man  eben  befangen  ist.  Götbe 
25,320;  wir  verfolgten  unsern  weg,  und  da  der  Übergang 
aus  einer  fluszregion  in  die  andere  immer  der  hauptaugen- 
merk  mein  des  geognosten  war,  so  fielen  mir  die  sandslein- 
hühen  auf  «.  s.  w.  31,  211. 

FLUSZSAND,  m.  arena  flum. 

FLUSZS.\UER,  was  fluszspatsauer. 

FLUSZSÄURE,  f.  fluszspalsäure. 

FLUSZSCHIF,  n.  navis  in  fluvio. 

FLLSZSCHIFFAHRT,  f. 

FLLSZSCHILDKRÖTE,  f.  tesludo  fluvialüis. 

FLUSZSCHNECKE,  /.  Mix  slagnalis. 

FLüSZSCHWÄMM,  m.  spongia  fluvialüis. 

FLUSZSPAT.  m.  calcareus  fluor,  ein  grünlicher  stein,  den  man 
dem  erze  beimischt,  um  es  leichtflüssig  zu  machen. 

FLUSZSPATDUXST,  m.  - 

FLUSZSPATERDE,  f 

FLUSZSPATGAS,  n.  gas  acidum  fluoricum. 

FLUSZSPATGEIST,  m.  Weingeist  mU  fluszspalsäure  verbunden. 

FLUSZSPATSAUER,  fluoricus,  fluoratus. 

FLUSZSPATSÄURE,  f. 

FLUSZSPINDEL,  f  murex  cariosus,  spindelschnecke. 

FLUSZSTEIG,  m.  semüa  ferens  Irans  fluvium:  rechts  des 
fluszsteiges  ist  eine  arl  von  natürlichem  wall.  Göthe  43, 182. 

FLUSZSTEI.N,  m.  quarz. 

FLUSZSTI.NT,  m.  salmo  eperlanus  fluvialüis. 

FLUSZTABACK,  m.  schnupf  oder  rauchtaback  gegen  fiüsse. 

FLUSZTAUCHER.  m.  colymbus  minor. 

FLUSZTEUFELCHE.N,  n.  fulica  aterrima. 

FLUSZTHAL,  «.  vallis,  quam  percurrU  fluvius. 

FLUSZTHIER,  n.  animal  fluviaticum. 

FLUSZTREIBENDE  arzneien,  expecloranlia.  Stieler  2319. 

FLUSZUFER,  m.  ripa  fluvii. 

FLUSZWASSER,  n.  aqua  fluvialis. 

FLUSZWATE,  f.  was  fischwate  sp.  1689. 

FLUSZWERK,  n.  rheumalismus :  das  reiszen  in  den  gliedern 
ist  fluszwerk. 

FLUSZZIN.N,  n.  stannum  rüde,  zinnerz  in  abgerundeten  slücken. 

FLUSZZOLL,  «1.  ripalica. 

FLUT,  f.  flumen.  fluäus,  g<>lh.  flödus,  ahd.  fluot,  mhd.  vluot, 
alls.  fluod,.  nnl.  vloed,  ags.  flöd,  engl,  flood.  alln.  flod.  schw. 
din.  flud.     dte  nltd.  scttreü)uni^n  fluth  und  Hulil  sind  scMedU 

U7 


1859 


PLÜT 


ilieszcn  flosz,  fliejen  flöj,  fleotan  fleät  fordern  ein  goih.  flintan 
flaut  (ffo  nicht  {)liutan  ^laut)  und  mit  diesen  allen  slimml  der 
vocal  in  fliit,  fluot,  flöd,  flodus  ebensouenig  als  die  cunsonanl- 
stufe  des  aitslauls  oder  inlauls.  die  aus  unserm  flieszen  gelei- 
teten numina  flosz  (sp.  1818)  und  Ousz  {sp.  1855),  der  form  nach 
abstehend  von  Qut,  haben  dodi  den  anlaul  fl  uie  die  bedeutung 
mit  ihm  gemein. 

das  golh.  flödus  begegnet  nur  einmal  und  kann  m.  oder  f. 
fein,  nie  auch  mhd.  vluot  bald  m.  bald  f.  ist,  ags.  flöd  m., 
altn.  flöd  n.  der  sp.  1731  versucliten  erklärung  trf  vielleicht  die 
sp.  1793  entfaltete  vorzuziehen,  man  wird  nemlkh  aller  Verlegen- 
heit, die  der  vocal  brin^,  überhoben,  trenn  sich  fludus  als  D-ödus 
fassen  und  zu  nianniskodus,  aubjödus,  vralödiis  halten  liesze. 
flödiis  aber  würde  gekürzt  scheinen  aus  fluliödus  von  fliibun 
und  sidi  dem  lat.  flucliis  von  flucre  für  flucere  (wie  fliimeo 
für  flucincn,  lunien  für  lucmen  und  ductus  von  duccre)  nähern, 
mag  auch  der  anlaut  pluere  dem  deutschen  worte  mehr  ent- 
sprechen, denn  beide  fliiere  und  pluere  müssen  hvlier  hinauf 
zusammenfallen;  ein  (loth.  fluliun  oder  vielleicht  ricli liger  Üüh'pn 
darf  sich  ganz  besonders  auf  das  nnl.  vioeijen  vloeide,  neben- 
form  von  vlieten  vlool  stützen,  selbst  flaien,  flenn,  waschen, 
TiXv%Etv  klingen  vcneandt.  so  viel  erhellt,  weder  das  d  in  Oödus, 
das  t  in  fluot,  noc/i  das  sz  in  flieszen,  das  t  in  fleotan,  vlieten 
gehörten  der  urwurzel  an,  wenn  letztere  schon  nacither  in  eine 
secundäre,  ablautende  wurzrl  eingiengen.  bei  flüdus  und  vioed 
verdient  sodann  das  nnl.  viieden  für  vlien  {fugere  sp.  1788)  er- 
wigung,  da  die  begriffe  und  worlc  des  flicgens,  fliehens  und 
fiieszens  sich  innerlichst  berühren,  man  halle  zu  dieser  enlfal- 
lung  von  flut  die  analoge  von  blut,  brut,  glut  und  mut,  deren 
t  ougenscheinlicli  den  wurzeln  fremd  ist,  und  ztim  uo  in  fluot 
und  flieszen  das  in  fluoh  und  flieben  (5p.  1849). 

1)  Out,  fluvius,  ßumen,  aqua.  Iifilas  überträgt  TtQoatQori^ev 
o  Ttotrtfiöi  Luc.  6,48  bislogq  abva  und  6,49  bislagq  flodus, 
beide  ausdrücke  gelten  ihm  also  gleichviel,  auch  bei  Kero  [Hiüt.  33') 
heisxt  es  qbuäniun  abü,  venerunl  flumina. 

mhd.  darnSrh  bi  de.«  Oines  vhiot 

lil  ein  vesle  utininjen  guot.     üiut.  1,62; 

darnach  bi  des  Rines  vluot 

lit  Megenze  vil  vermejjen.    1,65; 

le  samne  was  pesloj^en  manic  schef  vil  guot 

daj  in  nilit  enschadete  die  iinde  noch  diu  fluot.   Nlb.  1318,2; 

daj  najjer  ist  engojjcn,   vil  starc  ist  im  sin  fluot.    14t>8,  3; 

der  Lrunne  was  Lüele,  li'ner  unde  guot. 

Gunthar  sich  dd  neigte  nider  zuo  der  vluot.    920,2; 

nhd.  es  komen  wasser  berauf  von  mitternacbt,  die  eine  flut 
macbcn  werden.  Jer.  47,2;  eins  weisen  mans  lere  fleuszt 
daber  wie  ein  flut  und  wie  eine  lebendige  quelle.  Sir.  21,16; 
fluten  geben  undare,  fluctuare; 

ßui,  die  nicht  ersSufl,  nur  Ladet.    Locao  1,222,17; 
e<  blitzt  und  donnert,  .«türmt  und  kracht, 
die  Duteu  reiszen  iiher.    Gutiie  1,181; 
aber  ach,  wie  nah  ist  der  feind !  die  fluten  des  Rheines 
schützen  uns  zwar,  doch  ach,  was  sind  nun  Unten  und  berge 
jenem  schrecklicheo  volke,  das  wie  ein  gewitter  daher  zieht  1 

40,  208. 

2)  mecrflut,  zumal  die  steigende,  brausende,  gegenüber  der 
fallenden,  sinkenden  ebbe,  die  wallende,  die  wilde,  hohe  flut: 
die  Hut  lauft  an,  steigt,  bebt  sieb; 

mhd.  ich  kan  itich  Cif  d^r  fluot 

binnen  wol  (terüercn,  da^  wirket,  helde  guot, 

die  rebien  woj^ersträje  »int  ihir  wol  bekant.    Nib.  367,1; 

wan  da;  er  «i  hdrte  üt  dCm  wilden  Quote.    Gudr.  397,3; 

mir  saclden  unde  güete, 

denn  In  des  mores  flüete 

ai  griejes  unde  sandcs.    g.  tchm.  1744; 

wan  ich  dfitt  llefon  merea  fluot 

mit  siner  breiten  fliieie, 

»wie  in  vil  selten  icmen  wuot, 

für  disen  kumher  wüeie.    llAaT«.  1  hüchl.  1803. 

nhd.  durch  dein  blasen  Ihelen  sich  die  wasser  auf  und  die 
flut  Rtundcn  auf  häufen,  die  tiefe  wallet  von  einander  mitten 
im  meer,  2  Mof.  15,  8 ;  deine  flut  rauseben  daber,  das  bic 
eine  liefe  und  da  eine  tiefe  brausen,  alle  deine  wasserwogcn 
and  wellen  geben  über  mich.  ps.  48,  8;  ich  versinke  in  tiefem 
•chlam,  da  kein  gmnd  )>it,  ich  bin  im  tiefen  wasser  imd  die 
flut  wil  m;rb  crscufen.  09,3;  der  da  srbiffcn  wil  und  durch 
wilde  fttiten  zu  farcn  gedenket,  vcinh.  Sal.  14, 1 ;  da  ward  aus 
dem  roien  meer  ein  weg  on  bindemis,  und  aus  den  mech- 
ti|;cn  fluten  ein  frunes  feld.  19,7; 


FLUT  — FLUTBETT  1860 

die  flut,  so  hoch 
sie  morgens  eintritt,  ist  des  mittags  längst 
verlaufen.  Lessimg  2,208; 

dort  stand  der  alte  zecher, 
trank  letzte  lebensglut, 
und  warr  den  heiigen  becher 
hinunter  in  die  flut.    Götuk  1,188; 

warum  der  ström  des  genies  so  selten  ausbricht,  so  selten 
in  hoben  fluten  berein  braust?  16,19; 

doch  werd  ich  wieder  steiücn,  hohe  flut 

wird  bald  auf  diese  ebbe  schwellend  Tolgen.    ScBauu  400*, 

und  schon  dunkelten  die  fluten.    60'; 

und  hinab  in  ihre  Schlünde 

reiszt  ihn  die  empörte  flut.    60'; 

und  wenn  du  nicht  der  Rlücher  bist, 

so  musl  du  in  die  flut.    Rückert  2u5. 

3)  antt'cndun^  auf  wein  und  thränen: 

mhd.  6r  sprach,  daj  ist  ein  süejiu  fluot, 
diu  weschet  mir  von  dem  harzen 
untröude  unde  sm^rzen.    tpeinschwelg  232;  , 

nhd,    hier  ist  ein  saft,  der  eilig  trunken  macht, 

mit  brauner  flut  erlüUt  er  deine  hole.    Göthk  12,44; 
die  lorbeern,  tapfrer  held,  die  deine  stirn  umschlieszan, 
würd  ich  mit  einer  flut  von  thränen  nur  begieszen. 

Weisze  liaucrsp.  I,  232; 
redet,  flut  der  äugen,  glut  der  wangen, 
redet  ihr  statt  meiner  lippe  (ort.    Bürger  97* 

so  wie  man  überhaupt  in  Albanos  jähren  die  flut  der  äugen 
zu  hoch  anschlägt.  J.  P.  Tit.  1,  202. 

4)  bildlich: 

des  vaters  Zornes  flut  fahrt  über  ihn  mit  graus 

und  will  ihn  aus  dem  land  und  leben  rotten  aus.    Flkmii«c9; 

durch  solche  flut  und  sce  der  widerwertigkeil.    Wecehbrlin  69; 

verdopple  deinen  mut!  der  feinde  wilde  fluten 

hemmt  Friedrich,  und  dein  starker  arm.    E.  von  Klust  1,17; 

der  unzählbaren  ähren  unübersehliche  fluten. 

iles.sias  13,  °iu7  (n/f.  kornes  fluor  $p.  1851  und 
Uxvn  1,578); 
seht  weg!  itzt  steigt,  itzt  f^llt  der  busen! 
seht  hin,  dort  seht  ihr  ebb  und  flut! 
macht,  was  ihr  wollt,  erstaunte  mtisen, 
ich  meid  euch  schon  um  dieses  gut. 

Rost  im  taschenb.  ßr  dicht.  8,118; 
fleuch  zu  meiner  Umarmung,  und  ersäufe 
dein  erröthen  in  einer  Hut  von  küssen. 

Kl.  Schmidt  im  atm.  der  musen  1774  ».  27; 
so  reiszt  im  haine  Teuiebergs 

des  Sturmes  flut  die  eiche  hin.    KaETScnHinns  werke  1,134; 
bin  ganz  entzückunc,  hin  ganz  ohr 
und  walle  trunken  in  der  Hut 
der  hoben  harmonie.    Gerstenberg  2,90; 
das  fräulein  schien  ihn  drum  noch  mehr  zu  lieben, 
wenn  eben  ebb  in  ihrem  blute  war, 
doch  kam  die  flut  zum  herzen  angetrieben  u.  a.  w. 

GöKiNGK  2, 180; 
die  hohe  flut  des  reichthums  ist  zerflossen 
und  tiefe  ebbe  ist  in  deinem  schätz.    Schiller  453*; 

mit  der  hohen  flut  der  Iraurigkeit  entschuldige  man  es.  J.  P. 
uns.  löge  2, 14t;  eine  warme  band  bob  Victors  belbautcs  haupt 
vom  scblaftisch  auf  und  richtete  es  der  ganzen  daberscbla- 
genden  flut  des  morgens  enigegen.  Hesp.  2, 1;  die  leule  ziehen 
ihn  von  melodischen  fluten  in  fluten.  3,  7C;  als  er  nach  hause 
kam,  hatte  sich  nichts  gegeben,  sondern  hoch  war  die  flut 
des  tibels  {das  ßeber)  gestiegen.  TU.  4,39;  flut  von  venvün- 
schungen  uiirf  ähnliches  vielfach. 

6)  im  bergbau  heiszt  flut  das  vom  pochwerk  abgefaüne  «asser, 
der  teich,  wohin  es  abfällt. 

6)  in  der  Schweiz  sind  ttülen  eine  art  mehlklösxe.  Stalder  1,388. 
s.  liebesflut,  meeresflut,  sündflul,  Wasserflut 
FLlJTA^KER,  m.  der  zur  flutzeit  ausgeworfen  wird. 
FLLTUACH,  «I.  /■.  torrens,  gicsibach : 

mich  reisze  ja  die  flutbach  nicht  mit  ihr.    Opitz  ps.  69. 
FLllTBANK,  f.  effluvium:  liesz  die  flutbank  seines  lacheni 
los.  Harnisch  248. 

FLUTBKRGE,  f   geringhaltige  smiler,   die  sieh  in   der  flut, 
d.  i.  dem   vom   hcrde  fallenden  wasser  absetzen  oder  bergen  {vgL 
Out  5).     gebildet  wie  berl)erge,  halsberge  «.  s.  w. 
FLITBESPCLT,  fluclibus  elulus: 

die  luppiid  und  dii<  frcilielt  fliohn 
auf  fliilhe>piilte  frUrn  hin, 
und  Hchen  angntlicli  weit  umher 
ob  da  kein  relter  weiter  w.-lr. 

KtiKTüCHaA«)!«  ges.  Bhittgulphi  48. 

FLUTRETT,  n.     l)  an    der   müle,    wassergerinne   von  eichen- 
boläen:  ein  erbärmlicher  streich,  indem  sich  ein  scchsjühngir 


1861 


FLÜTBÜGE  — FLUTERN 


FLUTGANG  —  FLUTWÄRTS 


1862 


knabe  allzuweit  in   das   flutbette   der  müle  wagte.    Felsenb 

2,  507. 

2)  in  den  slrOmen,  fluszbeü:  die  flutbettea  der  ströme. 
Kant  9,8. 

fLL'TBOGE,  m.  an  brücken,  hochwegen  «.  s.  v>.  iura  durch- 
lassen der  flut. 

FLIJTE.N,    l)  intr.  aesluare,  undare,  mhd.  ?luoten: 
und  aber  sines  herzen  kiel 
begunile  in  ungeüanken 
vluoien  unde  wanken.     Trist.  4S6,  2; 
nhd.  fahre  den  stolzen  ström  (die  Elhe),  so  weit  er  flutet,-  hinauf. 
Klopstock  IU, '251; 

da»  meer  ebbet  und  flutet;  das  menschliche  geschlecht  ebbte 
und  flutete.  Hippel  6,8;  das  flutende  leben; 

qualentzMcken,  paradiesesschmerzen ! 
wilder  lluiet  zum  beklommnen  herzen, 
wie  gewappnete  zur  schlacht,  das  bluL 

Schiller  aiiihulogie  1T82  $.  35 ; 
doch  wo  die  spur,  die  aus  der  menge, 
der  Völker  flutendem  gedränge, 
den  schwarzen  thäier  kenntiich  macht?    58" ; 

alle  meine  ädern  fluten  noch  vom  heuligen  nachmitfage. 
J.  P.  uns.  löge  2,  76 ;  injurien,  bei  denen  ein  mann  von  ehre 
flutet  und  kocht.  2,  145;  die  erstickten  Ihränen  ströuilen 
flutend  auf  sein  herz  hinan.  Hesp.  2.102;  indem  er  so  wan- 
delte, flutete  der  nordost  ihm  immer  voller  entgegen.  Tit. 
2.219;  0  wie  ist  mein  trübes,  flutendes  herz  jetzt  still  und 
hell  und  rein!  komet  3.216;  der  valer,  ein  greiser  greis, 
stand  mit  seinem  weiszen,  flutenden  haar  in  der  Zerstörung 
furchtbar  einsam  da.  Tiecr  ges.  nov.  2, 100. 

2)  Ir.  das  wasser  hat  den  Steg  hinweg  geflutet.  Kirchhof 
wendunm.  89. 

i.  durchfluten,  überfluten,  umfluten,  verfluten. 

FLUTE.NBETT,  n.  was  flutbett : 

da  wars,  als  ob  das  meer  die  Oberhand 
gewonnen  iiber  land  und  frühling  hätte, 
da  eine  rose,  wie  sich  dort  nicht  fand, 
hier  lächelnd  schwebt  im  grünen  flutenbette.    Rcckxrt  303, 
FLUTENBRAUS,  m.  aestus  maris: 

bald  schwamm  ich  sacht  durch  schilf  und  seegestäude, 
bald  in  des  roeeres  ofnem  fluienbrause. 

RtJcKERT  ges.  ged.  1, 155. 
FLUTENDONNER,  m.  fragor  ßuctuum: 
Sturmläuten,  jammerruf  und  hiilfeschrefen 
und  fluteiidonner,  schlagend  an  die  wände, 
sind  diesmal,  frühling,  deine  melodeien 
und  deine  blumen  sind  geruugne  bände.    Luic  n.  ged.  246. 

FLUTENFELD,  n. 

auf  dies  blaue  flutenfeld.    Bromis  7,91. 
FLUTENGEDR.\NG,  n. 

stets  umdroht  uns  flutengedräng.    Plate!i  116. 
FLUTENPFERD,  n.  navis,  irieags.  hrimhengest,  merehengest 
vaeghengest  u.  s.  w.  Andr.  u.  El.  xxxiv.  xxxv.  ' 

und  soll  das  flutenpferd  nicht  mehr  die  Thetis  (/Sr  Tethvs) 
pflögen.    LoHEJisTEis  aiuscil.  ijeil.  l.JH' 
das   alte   hild  halte  -sich  rerschiedenllich  bewahrt,    2.  b.  im  frans. 
Simp/.  3,  46:  das  weisz  gott  wol,  auf  was  für  wilden  wassern 
ich  mein  lebtag  das  hölzerne  Wasserpferd  getummelt  hab 
FLUTENREICH,  n.  aequor: 

hoch  in  seinen  flutenreichen 
walzt  der  eoit  die  heiigen  leichen 
und  er  selber  ist  ihr  grab.    Scmillee  61". 
FLUTENSPIEGtL,  m. 

da  wird  einst  am  flutenspiegel 
über  der  enischlafnen  hiigel 
einsam  die  cypresse  webn.    Matthisso^  178. 
FLUTENSPIEL,  n.  lusus  ßuctuum,  spiel  der  vellen.  BaocsES 
7,118. 

FLÜTENWEISE,  ftudualim: 

Bacchus  voran  bewapnet  mit  stürmen 
und  Platzregen  flutenweis.    Willamov  dilkiframben  44; 
flutenweise    strömte    die    tobende   menge    unter   grüszlichen 
drohungen  auf  die  wohnung  des  verhaszten  zu.  Wiela.-id  8  434. 
FLUTER,  m.  vas  flnlherd.  ' 

FLUTERN,  rolitare,  ßatlern,  fluttem,  und  nickt  zu  flut  gehörig: 
auch  bort  ich  do  ein  grosz  gemürbel  (iwürbel) 
von  andern  fopeln  grosz  und  klein, 
die  in  dem  wald  in  einr  gemein 
all  durch  einander  wurden  flutern, 
die  bort  ich  do  so  lieplicb  kutern.    fattn.  1304. 
Initern  tat  quiUern,  iwiUchern. 


FLLTGANG,  m.  cursus  aquae,  gerinne,  flutbett. 
FLUTGEBRAUS.  n.  was  flulenbraus: 

ihn  triebs  vom  trauten  blütenstrande 

zur  meeresfremde  lern  hinaus, 

vom  scherzend  hohlen  frühlingstande 

ins  ernste,  kalte  flutgebraus.    Lcxad  r.  ged.  S4. 

FLUTGEROLL,  n. 

doch  der  helle  gott  {IteliotS,  er  schleudert 
eines  ersten  blickes  groll 
hin  nach  dem  tbessalschen  Tempe, 
nach  Peneios  flutgeroll.    Rlcksbt  17. 

FLÜTGEVVOG,  n. 

als  dein  goldner  sonnenwagea 

leer  am  leeren  bimmel  flog, 

und  du  mit  mir  badend  stundest 

in  Euroias  flutgewog.    RiJcJiEKT  19.  get.  ged.  1,11, 

FLUTGEWÜHL,  n. 

noch  einmal,  ruft  er  aus,  hebt  aus  dem  flutgewäbl* 
des  lebens  sich  mein  baupt.  Tuoes. 

FLUTGRABE,  m.  zur  ableitung  der  flut,  bei  müien,  auf 
wiesen,  im  bergwerk. 

FLUTHAFEN,  m.  in  den  schiffe  nur  mit  der  flut  anlaufe» 
können. 

FLUTHEBER,  m.  eletator  aquarum:  der  mond,  der  nahe 
mcerwassergott  und  flutheber,  windelt  uns  in  ein  nasses  bad- 
gewand  von  wölken  ein.  J.  P.  herbstbl.  3,  227. 

FLUTHERD,  m.  der  boden  des  gerinnes  des  freiwassers. 

FLÜTIG,  turbidus:  warumb  wolt  man  denn  den  armen  nicht 
auch  gönnen,  das  sie  bisweilen  an  unschedlichen  orten,  und 
wenn  die  wasser  trüb  und  fliilig  sind,  ein  fischlin  faben? 
Milichics  sclirarteufel  E2'.     s.  fliltscbig. 

FLUTKNECHT,  m.  arbeiter  im  salzwerk. 

FLUT.MESSER,  m.  am  meerstrand,  um  die  höhe  der  flut  lu 
messen:  unser  flulmesser  hat  nur  bis  20  fusz  scalx  llamb. 
corresp.  1S25  n'  22. 

FLUTNER,  m.  arbeiter  im  pochwerk. 

FLUTSCH,  m.  lurba,  scliu-urm  ■  und  als  der  häufen  zu  Alt- 
dorf ausgessen  halt,  ist  er  aufbrochen  und  auf  .Morsmünster 
und  Zabern  zugezogen,  wo  sie  mit  ihrem  flutsch  Zubern  auch 
eingenommen,  bauernaufrur  von  1525  in  Stöbees  Alsalia  1S55 
s.  150.     rp/.  fiutschig  turbidus. 

FLUTSCHAUM,  m.  spuma  maris: 

des  Dutschaums  blum  im  haar.    Platin  128*. 

FLUTSCHEN,  FLUTSCHERN,  rom  federvieh,  kränkeln,  das 
gefieder  außlasen.  Fbommasn  4, 167.  Weinbold  sehles.  wb.  23*. 
mtl  vielen  Ihränen  weinen.  Bernd  i*o.<:en  64. 

FLUTSCHIG,  turbidus,  utiginosus,  pluviosus.  Stieieb  516,  der 
daneben  plülschichl  stellt,     bet  Gotthelf  flolschig,  kvthig,  nasz, 
vom  welter  und  weg  (RCtte  5.  24).     tgl.  flutig,  flatsch.  flätsch 
und   flalscben  3  sp.  1729,   zu   plülschig  kann  platschen  und 
platzregen  gelialten  werden. 
FLUTSCHLAMM,  m.      - 
wandeln  wird  er 
wie  mit  blumenfOsien 
über  Deukalious  Qutschlamm.    Göthx  2, 70. 

FLCTSTROM,  m. 

des  geistes  flutstrom  ebbet  nach  und  nach.    Göthb  12,43. 
FLUTSTURM,  m.    nachdem    er  (Herder)  vorher  die  lasler- 
brut  der  neueren  geister,  de-  und  atheisfen,  philologen,  fext- 
verbesserer,   Orientalisten   mit   feuer  und  Schwefel  und  flut- 
slurm  ausgelilgef.  Göthe  60,224. 

FLUTTERN,    volitare,   schon   bei   Stieieb  493   gleichriel  mit 
flattern :  er  flultert  vor  furcht  an  bänden  und  füszen.  Fbom- 
MAN!«  3,521.     s.  auch  üutern,  fliltern.  pflüttern. 
FLÜTTIG,  m.  da,  für  flittich,  fUiich: 
0  keusche  lieb,  Cupido  rein, 

allda  dein  hitz  erkiihle, 
da  tüuk  dein  beisze  flüuig  ein. 

dasz  {iiasz  ic/i)  dich  so  stark  nit  fühl«,     Snx  trtUxn.  0  (5). 
im  goldn.  lugendb.  267.  382.  390. 
FLUTTRATZEN,  ösir.  flaUern. 
FLUTUMRAUSCHT, 

schau,  Silen,  erkennst  du  die  gestalt, 
welche  dort  mit  leichtem  schritte  wallt, 
jene  dort  im  flaliernden  gewande 

an  dem  flutumrauschteu  strande?    A.  W.  ScBLtsa  gtd.  48. 
FLUTWÄRTS,  aqitam  versus: 

und  verworren  strebt  sie  flutwirts 

mit  unsichrer  band  zu  schöpfen.    Göthb  3, 12. 

117* 


1863 


FLUTWELLE  — FOCmN 


FOCHTEL  — POCKEN 


1864 


FLUTWELLE,  f.  Brandes  Vorlesungen  über  aslronomie  l,  23-2. 
FLUTZEIT,  /".  tempus  quo  mare  accedit. 
FLUNVEL,  n.  holosericum,  sammt  und  seide,  nnl.  fluweel,  zoo 
zacht  als  niiweel: 

darto  einen  kragen  van  fliiwel, 

he  si  rod,  blaw  efle  gel.    fasln.  975. 

FN,  ein  aus  unsrcr  spräche  geschtrundner  anlaul,  der  in  den 
mundarlen  nur  als  PFN  dauert,  der  beschränkte  umfang  der  golh. 
fragmente  läszt  freilich  kein  beispiel  blicken,  von  BM  das  einzige 
bnaiian,  reiben,  ahd.  erscheinen  fni'han  fnah  ßare,  anhelare  = 
Ttreh',  fnähtan  anhelare,  fndstön  anhelare,  fnaskazan,  fneskizan 
iinyuUire,  fnölön  quassare.  mhd.  phnehen  phnach  anhelare, 
singullire,  phnesclien  singultire,  phnäsen  frcmere,  pliniihf,  phnust 
fremilus,  pfniu!  (Helül.  1,1128),  pfniirren /rt-mprf  (S<Tra/.  16S). 
die  Schweizersprache  hat  pfnflchs,  pfiiächsen,  pfnuchs,  pfnuchsen, 
pfnasten,  pfneisten,  funkeln,  gneisten,  pfnillern,  pfnoserL,  dürr, 
pfiMisen,  pfniisen,  deren  näliere  bedcutung  zu  ersehen  aus  St mt>er 
1, 103. 164  und  ToBLKR  47;  Maaler  31S'  gibt  allein  pfniisel  und 
für  pfnoserl  pfoserachtig.  die  bairüche  pfnechen,  pfnuchezen, 
pfnäckeln  stinken,  pfnausen,  pfnüschen,  pfnasten,  pfnotlen, 
plnotzen.  Schmeller  1, 330.  331.  nnl.  fniezen  slernutare,  fnuiken 
tellere,  rupfen,  debilitare.  ogs.  fnäd  ßmbria,  fnäst  oder  fnaest 
flalus,  frieosan  slernutare  (engl,  sneeze).  altn.  fnasa  fremere, 
fnikr  gravis  odor  [bair.  pfnäcki)  =  Ttflyos,  TivtyuSe,  fnioskr 
lignum  aridum  {schueiz.  pfnoserl),  fniosk|)urr  rapj'eldürr,  fnaiidi 
homuncio,  vir  ignavus,  fnaesta  flare,  fnysa  eructare.  schw.  fnas 
hülse,  fnasa  enthülsen,  fnask  scrula,  quisquiliae,  fnelira  leise 
lachen,  fniigg  feine  flocke,  fnurra  schnurren,  knurren,  fnysa 
fremere,  fnoske,  alln.  fnioskr.  dän.  fnas,  fnat,  fnise,  fnug, 
fnyse.  allen  aus  der  vollispraclie  sicher  viel  nachzutragen,  reichere 
schw.  bei-^piele  gewährt  Rietz  s.  156 — 15S.  icie  das  lalein  (und 
iuch  das  romanische,  keltische)  den  anlaut  pn,  fn  nicht  leidet 
(griech.  7iv  sind  genug  da),  scheint  Htm  unser  organ  gleichfalls 
abgünstig  geworden,  er  konnte  aber  auf  doppelte  wäse  schwinden, 
durch  unteidrückung  der  labialis  (wie  niesen  für  pfniesen)  oder 
des  n  (wie  puiren  für  fnurren,  pfnurren,  pfoser  für  pfnoser, 
pfui  für  pfnui).  die  doppelconsonanz  ist  schwerer  voriubringen, 
doch  nachdrucksamer. 

FOCHE.N,  flare,  halare,  auf  kochen  gereimt  fastn.  1454,  ver-- 
wandt  mit  fauchen  sp.  1367  und  den  dort  angeführten  warten, 
s.  hernach  focher  und  focke.  zum  gründe  legen  darf  man  ein 
starkes  fiechen  oder  flehen,  golh.  ausgedrückt  fiuhan  fauh,  analog 
dem  tinhan  lauh.     vgl.  fochern,  fachen  und  fächern. 

FOCHENZ,  f  laganum,  torta,  flade,  weiszbrot,  it.  focaccia, 
sp.  hogaza,  fr.  fouace  (Rabelais  1,  25),  ahd.  fochanzä,  fochenzd 
(Graff  3,  411),  mhd.  fochenze  (wb.  3,  35''),  Schweiz,  vogetze 
(Stalder  1,388.  Secesser  rechlsgesch.  von  iMzern  2,37"),  schwäb. 
fogalz,  fechelzle  (Sciimid  198),  bair.  fochenz  (Schm.  1,  507), 
kämt,  focbanze,  fochilze  (Lexer  lOO),  sloven.  serb.  pogatscha, 
ungr.  pogälsa.  am  einfachsten  ags.  foca,  panis  sub  cinere  pistus. 
offenbar  aus  dem  lat.  focus,  ich  habe  dazu  l,  1065  unser  backen 
gehallen,  unter  den  spielen  nennt  Fischart  Garg.  166'  Memminger 
Togalzer  hecken  hrol. 

FOCHEH,  m.  follis,  flabellum,  das  heutige  fücher,  im  voc. 
1482  i  r,  6«  Hemscii  1168,33.  Stieler  520  forker,  fucker  ge- 
schrieben, nürnlierg.  fiicher,  vgl.  foculare,  fociicr,  blasbalg  bei 
DiEFtNBACH  241*:  unserm  goll  danken  für  die  scheine  kunst, 
das  man  gul  welter  durch  windfang,  lullen,  gehlese  und 
focher  in  ein  stoin  füren  und  treiben  kan.  Mathesius  146' 
=  1562,208';  darbei  stehen  zwecn  parafrenarier  mit  wedeln 
oder  fochern  von  schwarzer  seiden  und  wöhren  den  fliegen. 
Li.tK  vo;«  Coi.oiTZ  bapfts  gepreng  k3. 

FOCHEH.N,  venlilare,  volUare:  das  aber  die  nflchste  rüslung 
dag  b58  weller  des  windschachts  und  Stollens  kiinne  bessern, 
so  ist  auch  die  alte  weis  für  und  für  mit  leilachen  zu  fochern 
(tvrnlilandi  assiduo  linleonim  jaclalu).  Becii  176  nach  Acricola 
de  re  melall.  p.  169 ; 

sieh,  wie  die  flatntne  mit  rocherndcm  scherzen  u.$.w. 
ScHKiriiM  yrit.  HO. 

FOCniN,  f.  rulpissa,  vulpecula.  voc.  1182  ii*.  vohin.  Diefen- 
BACH  632'.  golh.  fauhö,  ahd.  fotid,  mhd.  volie  (altd.  wäld. 
3,  196.  200),  äte  organische  bcnrnnung  des  Ihiers  und  gleich  dem 
lat.  Tulpen  weiblich,  wozu  hernach  ein  mdnnUches  fuhs  gebildet 
wurde,  buher  hat  die  ablntung  von  fuhA  und  fuhs  für  schwierig 
gtgoUen,  das  vorhin  unter  fochen  ermUlrttt  fluhan  fauh  scheint 
die  aUtreinfachfte  danubteten ,  eine  ganze  Ordnung  verwandter 
thiei\  der  fuchs,  dachs,  hamster,  iilu,  das  frettchen,  die  sich  liicher 
in   is»  trdt  graben,   zeichnet  sich  durch  üir  faurlicii,    faui  hzen, 


pfuchzen  0(/cr  sciinftufen  (sp.  1367)  ans,  erklärt  das  nicht  den 
namen  der  fuhe  und  des  fuchses  aufs  bündigste? 

FOCHTEL,  f.  latus  ensis,  wurde  sonst  statt  desheiüigen  fuchlel 
geschrieben :  ein  schweizerischer  bufl^el,  der  mit  einer  elen- 
langhandhabigen  fochtel  und  mit  ausgestrecktem  contractem 
ungebogenen  arm  daher  vordanzet  oder  vortritt.  Garg.  83'; 
jeder  Schweizer  baur  hets  mit  seiner  fochtel  auch  also  auf- 
lösen können.  286';  und  mähet  mit  ausgestreckten  armen 
mit  seiner  fochlel  unter  dise  flüchtige  brotverderher,  wie  ein 
anderer  todenvorläufcr  der  höllen,  tödtel  und  erlegt  auch 
so  viel,  dasz  ihm  sein  fochtel  enzwei  brach.  257';  er  meiet 
(motu)  mil  den  fochteln  zu  beiilen  bänden.  177';  welche  nicht 
mcister  Mars  mit  der  breiten  fochlel  kan  umbringen,  die 
wird  der  Mors  verschlingen,  groszm.  73;  eine  fochtel  tragen. 
Witzenb.  3,  vorr.;  aus  misbrauch  der  in  Frankreich  heutiges 
tags  gemein  ist,  allwo  die  ehr  mit  der  fochlel  musz  gesucht 
und  erhallen  werden.  Piiii.anü.  1,  600;  die  beide  gast  giengen 
ihrem  corporal  zu  hülf  und  mit  ihren  fochteln  auch  auf 
meinen  hochzeiter  los.  Simpl.  Courage  14; 

hängt  seine  fochtel  an, 
die  er  zu  tragen  weisz,  als  wol  kein  edelmann.    Flrming  134. 

FOCHTELN,  obliquo  ense  ferire,  mit  der  breiten  klinge  scfJagen, 
heute  fuchteln :  einsmahls  fochlelte  er  mil  dem  degen  umb 
sich.  WiEDEMANN  35;  vasch  hin  und  Iter  faliren,  mit  dem  licht 
herum  fochteln.  figürlich,  die  focbtelnd  (ausgelassene)  freud 
ist  schantlich,  lachen  ist  zimlich,  ein  hfirngelechler  aufschla- 
gen onzimlich.  Frank  spnc/iw.  l,  26';  ja  thun  mit  ihrem  focht- 
len  und  engsilicben  zahlen  nif  mehr,  dan  dasz  sie  zu  narren 
werden.  2,55';  fochlelt  mit  den  bauren  hcrumb.  Garg.  5t'; 
mit  den  bänden  umb  sich  fochlelte.  Simpl.  3, 154,  gerade  wie 
mit  den  bänden  um  sich  fechten  (sp.  1388). 

FOCHTERN,  was  fochern :  ohrenblascn  hat  den  namen 
von  blettern  und  vom  wehen,  fochtern  oder  rauschen  und 
summen.  Syrach  Mathesii  1,  26". 

FOCK,  m.  halitus,  im  fock,  cursim,  im  flug.    schweiszbad, 

die  manch  grosz  krankheit  und  lltz 

im  fock  vil  mar  dcten  verzeni, 

wan  sie  von  holz  geheizt  wem.    fnsln.  1255. 

FOCKE,  m.  /".  entweder  der  eigenname  Focko,  Foccho,  Fucco 
bei  FöRSTEMANN  1, 437  orfer  reiher,  birkhahn,  schUdhahn,  ardea 
änerea,  nycticorax,  telrao  telrix,  scliildlreger.  Hemsch  1168,37, 
ardea  varia.  Schwenkfei.d  Iheriotr.  226,  Döbel  1,  47  eap.  28, 
bei  Nemnich  foke.  walirscheinlich  dem  folgenden  focke  f.,  also 
dem  alten  fiuhan  verwandt,  der  flalterude,  fliegende, 
mhd.  ich  spriche  zno  dem  kinde: 

'nu  wol  für,  her  vocke  I 

zuo  raengem  ruhen  stocke, 

zuo  dornen  und  zuo  brämen'.    Martina  261,99. 

war  das  ein  zurtif  des  Jägers  an  den  vogel?  die  Japaner  nennen 
den  reiher  oder  kranich  'o  Isuri  samal'  groszer  herr  kranich! 
man  sagt:  du  bist  ein  loser  focke,  von  dem  nichts  mehr  als 
drei  gute  federlin  kommen.  Henlsch  1168,  44.  leicJitfertiger  vogel. 
FOCKE,  f  velum  anlerius,  SoXcov,  vordersegel,  alln.  focka  1 
schw.  fock  m.  dän.  fok,  nnl.  fok  f.  aufgenommen  ins  russ. 
fok".  Wurzel  altn.  liuka,  vento  fem,  dän.  fyge,  weil  das  vordeie 
segcl  im  winde  flattert;  fok  n.  ist  ninijor  und  volatus.  hochd. 
form  des  verbums  wäre  fiechen,  womit  fauchen  (sp.  1367)  ver- 
wandt, folglich  hätte  das  subst.  zu  lauten  foche,  wir  haben  focke 
aus  der  nd.  schiffersprache  empfangen,  fiechen  und  foche  sind 
aber  durch  fochen  (sp.  1863),  und  loche,  focher  bestätigt,  nnl. 
de  fok  ophalen,  strijken,  das  segel  aufziehen,  streichen,  altn. 
bafa  uppi  fockur,  die  segel  aufgesfuinnt  haben,  superbire,  stolzieren: 

die  focke  war  zu  schwach, 

das  schwere  schif  zu  liehn  aus  diesem  ungemach. 

Klkmiixg  80; 
mach  nun  die  focke  voll  und  schwänger  den  meisan, 
0  günstiger  nordwest.  hol  utiiem  aus  dem  gründe.    5S4. 

der  dichter,  auf  seiner  seereise,  hatte  diese  würler  genug  gehört, 
meisan  ist  das  fr.  niisaine  =  focke,  in  die  übrige  .<:prache  sind 
sie  wenig  gedrumjen.  doch  Stieler  676.  19B0  verzeichnet  focke 
velum  ad  proram  und  so  fortan  FRiscn  und  Adelinc  nach  dem 
n/.  «IC  velum  (ron  velarc)  eigentlich  hülle  und  namentlich  . Schleier 
ausdrückt,  bedeutete  auch  nl.  focke  nach  Kiliam  146'  superior 
tunica  und  in  der  Eifcl  ist  fock  ein  frauenkleid  aus  wolle  und 
linnen.   Fhoiuiann  fl,  20.     s.  das  folgende. 

FOCKE,  FOCKEN,  m.  für  flocke,  wie  lil.  pukas:  ein  forken 
wolle,  haare,  hrol,  hiiller,  ein  klümpchen,  biizchen. 

FOChEN,  Hindere,  vexare.  fop]>en : 
nd.  ocli,  wo  ••c-lioldo'iiu  mi  diMUio  vorken. 

lelc  ik  dl  luf  mil  »niliitn-inc  lorkrn.     Reinekt  6479; 


186J 


FOCKER  — FOÜDERN 


FÖDEL  — FODERN 


1866 


mnl.    ic  enbin  ghen  vogbel  mit  kaer  te  locken, 
oc  hoe  sout^te  mit  mi  vocken, 

of  ic  di  dus  liet  ongaen.    lleinaert  4020.  Willems  7326; 
nh(/.    und  das,  die  mich  fretten  {pLigen)  und  focken, 

nicht  jubilieren  und  Trolocken.  Melisscs  ps.  E3*. 
die  nd.  idiotiken  haben  sonsl  das  tcurl  nicht,  nnl.  ist  fokken 
ziehen,  aufziehen,  schapen,  paarden  fokken,  schafe,  pferde  ziehen, 
bij  de  ooren  fokken,  an  den  ohren  herbei  ziehen,  und  aufziehen 
kann  leicht  in  veirieren  übergehn,  s.  Oldemass  zu  Bredero  s.  111. 
vielleicht  ist  foppen  unmiltelbar  verwandt  (mehr  unter  diesem  u-ort). 
da  nun  aber  auch  fokken  inir.  forlgehn,  fortsegeln  {bei  Kilian 
vulificare)  ausdrückt,  scheint  es  ganz  natürlich  von  focke  segel 
abzustammen,  die  focke  zieht,  nach  Flemings  worlen,  das  schif, 
voraus  auch  das  tr.  ziehen,  aufziehen  folgt.  Schm.  1,  511  A'j<  ein 
oberpfdlzisches  focken,  fogken  =^  foppen. 

FOCKER,  blasbalg,  s.  focher. 

FOCKER,  m.  ardea,  wie  focke. 

FOCKFEDER,  f.  reiherfcder :  der  focke  hat  auf  dem  köpf  drei 
federn  in  gestalt  eines  kleeblalts.  fockfedern,  pennae  ardeae, 
quae  capiti  innascuntur,  nivei  coloris,  dodrantales,  quae  magno 
veneunt  pretio,  quibus  juvenes  nobiles  pileos  siios  exornant. 
Hemsch  116S,  42,  wie  noch  heute  die  alpenjäger  schildhahns- 
federn  und  gemsbart  auf  den  hut  stecken.  Schsi.  3,  353. 

FOCKMARS,  m.  corbis  malo  veli  anterioris  afßxa.     s.  mars. 

FOCKMAST,  m.  malus,  nnl.  fokkemast. 

FOCKSEGEL.  n.  segel  am  fockmast,  nnl.  fokzeil,  russ.  fokzail  . 

FOCKST.ANGE,  f.  obertheil  des  fockmastes. 

FODDER,  ulterius,  amplius:  bitte  derhalben  e.  k.  f.  gn. 
wolle  ein  christlich  werk  Ihun  und  eine  furschrift  {schriftliche 
Verwendung)  für  den  gefangen  uns  zufügen  (übersenden),  die 
sollen  wir  fodder  schaffen  (weiter  fördern).  Lcthers  br.  3, 108. 
LcTHEB,  Alberüs  u.  ö.  tw.  schreiben  dd  in  einzelnen  Wörtern, 
xumid  Partikeln,  wo  später  einfaches  d  vorgezogen  wird,  nament- 
lich in  odder,  widder  und  dem  hier  in  frage  stehenden  fodder, 
welches  Idztere  sicittbar  aus  forder  entspringt,  dem  odder  und 
widder  begegnet  gerade  auch  ahd.  erdo  und  wirdar,  neben  dem 
üblicheren  edo  und  widar,  unter  wider  soll  die  höchst  merkwür- 
dige Übereinkunft  des  welschen  gwrth  mit  wirdar  näher  besprochen 
werden,  aus  der  grammatik  ist  bekannt,  dasz  in  vielen  andern 
Wörtern  altn.  dd  dem  goth.  zd,  ahd.  rt,  ags.  rd  entsprechen,  so 
dasz  der  hier  in  frage  stehende  Wechsel  zwischen  dd  und  rd  gar 
nicht  befremden  kann,  aber  noch  andere  Wörter,  wie  haddem 
für  hadern,  bei  denen  kein  rd  nacitzuweisen  ist,  zeigen  bei  ihm 
dd.  Luthers  Schreibung  schwankt  vielfach  und  ist  ohnedem  aus 
den  ungenauen  abdrücken  seiner  werke  nicht  sicher  zu  entnehmen, 
in  der  bibel  von  1545  steht  nicht  mehr  fodder,  sondern  forder, 
förder  «nd  fiirder,  die  belege  folgen  unter  diesen  formen. 

FODDER,  FODDER,  prior,  ahd.  fordaro,  mhd.  vorder,  nhd. 
der  fordere,  vordere :  damit  ich  müge  das,  so  mir  gestern 
und  am  föddem  tag  fürgehalien  ist,  verantworten.  Lctber 
1, 114*;  also  bindet  auch  eine  braut  ihrem  breulgam  den  kränz, 
das  födderst  (es  steht  gedr.  föddert)  und  hinderst  zusammen. 
5,  "O",  das  forderste  und  hinterste,  die  bibel  von  1545  zeigt  nur 
forder,  forderst,  förderst. 

FÖDDERLICH,  commodus:  mit  fodderlichem  zuthun.  Lctbebs 
br.  3.336. 

FÖDDERL(CH,  commode,  ßrderlich:  hierinne  bitt  ich  dema- 
thig,  e.  k.  f.  g.  wollt  fedderlich  rathen  und  helfen.  Luthers 
br.  2.381;  aufs  födderlichst,  aufs  förderlidisle,  commodissime. 
ebenda. 

FODDERN,  poseere,  postulare,  zuweilen  auch  juvare,  promo- 
vere.  fördern,  ahd.  fordarun,  mhd.  vordem,  nhd.  fordern  und 
fodem.  dies  foddern  behält  auch  die  bibel  von  1545  und  setzt 
nur  ausnahmsweise  fordern,  Basel  1523  überall  fordern:  und 
fodderten  Lot  und  sprachen  zu  im,  wo  sind  die  menner, 
die  zu  dir  komen  sind  diese  nacht?  l  Mos.  19,4;  du  föd- 
derst es  von  meiner  band.  31,39;  nu  wird  sein  blut  gefod- 
dert.  42,  22 ;  von  meinen  henden  soltu  in  foddern.  43,  9 ;  da 
foddert  Pharao  die  weisen  und  zeuberer.  2  Mos.  7, 11 ;  der 
herr  foddere  es  von  der  band  der  feinde,  l  Som.  20,16;  ja, 
soll  ich  das  blut  nicht  foddern  von  ewren  henden  und  euch 
von  der  erden  thun?  2  Sam.  4,11;  fodder  dir  ein  zeichen 
vom  herren  deinem  gott.  Es.  ",  11;  so  sind  die  gewonhcit 
und  lange  breuche  nicht  gewis,  was  sie  für  gott  gelten,  und 
er  sein  wort  an  uns  foddert,  nicht  menschen  lere  noch  ge- 
wonheit.  Luther  1,391*;  sintemal  wir  gnug  haben  für  uns 
und  gewis  sind,  das  sie  uns  keinen  abbruch  thun  mögen, 
sondern  je  mehr  sie  toben,  je  mehr  sie  sich  verderben  und 
uns  foddern  müssen.  2,  ü9';    wie  gott  alle  vogel  des  himels 


foddert,  das  sie  sollen  fressen  das  fleisch  der  forsten.  3,132'; 
dem  fürsten  zu  dienen,  vvenns  die  zeit  foddert.  3,  326' ;  die 
jungfraw  behelt  recht,  den  gesellen  umb  die  ehe  zu  foddern. 
4. 3S3';  du  erhörest  gebete,  darumb  kompt  alles  fleisch  zu 
dir.  bistu  nu  fleisch  und  blut,  so  bistu  auch  hierin  genen- 
net und  gefoddert  und  stehest  ebensowohl  in  diesem  vers 
als  ich.  6. 125*.     auch  Albercs  schreibt  dieses  foddern. 

FÖDEL^  n.  s.  ftidel. 

FODER,  FÖDER,  prior,  anterior,  schon  bei  Megekberg  voder 
neben  vorder:  in  den  vodern  (kinpacken)  legen  si  da;  ej^en. 
13,28;  kümpt  aber  ain  sterkerr  und  übern  int  den  vodern. 
122,5;  in  der  prust  und  in  den  vodern  fuejen.  144,29;  an 
dem  vodern  tail.  144,  32.  ze  voderst.  98,  26;  zu  aller  foderst. 
fasln.  77,  2S ;  der  voder  tag,  in  einer  predigt  (Haupt  6,  396) ; 
die  des  morgens  und  abents  mit  iren  giiten  freunden  ze 
tische  saszen,  darnach  an  dem  andern  morgen  in  der  andern 
weit  mit  iren  vodern  (lor/aAren)  waren.  Steinhüwel  dec.  S,  24; 
zu  hinterst  foderst.  Ayrer  397'';  die  föderste  Ursache  (haupl- 
ursache).  Opitz  Arg.  2, 153.  später  kaum  in  der  Schriftsprache, 
wol  aber  unter  dem  rolk,  namentlich  in  Sachsen,  Thüringen,  auch 
hat  es  Tobi.er  197*  und  Lexer  100. 

FODERN,  poseere  für  fordern  gleich  Luthers  foddern  be- 
gegnet häufig  und  auch  bei  solclten,  die  sonst  fordern  schreiben, 
namentlich  bei  dichtem  im  reim  auf  lodern,  modern,  blodern. 
der  ausfall  des  liquiden  r  tritt  ein  wie  in  mader  für  marder, 
köder  für  kerder  und  in  vielen  andern;  vgl.  lat.  pedo,  podex 
für  perdo,  pordex,  prosa  für  prorsa  u.  s.  w.  niemand  fällt 
darauf  das  r  in  mord,  mörder,  nord,  oder  in  dem  unmittelbar 
nah  liegenden  fort  zu  tilgen,  vofür  nur  die  bairische  tolksaus- 
sprache  ein  fuscht,  fut,  fuet  (Schx.  1,  56S)  darbietet,  ahd.  mhd. 
noch  keine  spur  von  foderon,  weshalb  verglächung  des  tat.  petere 
unpassend  wäre,  doch  musz  die  syncope  wenigstens  mhd.  einge- 
räumt werden,  tcenn  sie  schon  kän  reim  streng  beweist: 

da  leidem  manige  bittere  not, 

die  ej  habent  gevoderöt.     Tundal  47,62; 

ich  wei;  wol  het  ich  ir  nü 

ze  eiien  gevoderet  alsam  du.    Hahns  Strickbr  ;.  16,212; 

du  voderst  mir  ein  swsere;  phant.    Kart  bö'; 

noch  het  er  ein  neven  da 

den  vodert  er  ie  sä.    9S', 

in  welchen  beiden  stellen  Bartsch  4996.  9t46  vordert  liest,  ohne 
einmal  die  Variante  anzumerken;  den  lät  si  nimmer  geruowen, 
si  voder  tägelichen  und  ouch  willigen  gesuoch  von  im.  myst. 
314,7;  dar  inne  wir  uns  alle  zit  ersehn  süln,  wa;  got  ton 
uns  voder  ze  behalten.  326,5;  der  schätz,  den  du  an  mich 
voderst.  predigt  bei  Haupt  6,  396.  nhd.  luit  Megenberg,  bei 
dem  wir  auch  voder  anterior  trafen,  gleichfalls  das  terbum:  wan 
er  laejt  nns  niht  versuochen  über  unser  mahl,  noch  vodert 
an  uns,  des  wir  niht  vermögen.  172,  20.  lüeran  reihen  sich 
andere  stellen: 

was  eur  einer  von  eim  torst  fodem, 

dem  er  sein  bauch  torst  also  plodern, 

als  zwei  matrad  lufTen  die  wett.    fustn.  214,25, 

«m  die  wette  umliefen; 

dan  wen  ich  voder  mit  eim  wort, 

der  dret  schnell  her  auf  diesen  ort.    336,6; 

wenn  man  in  federt  zu  der  arbeit, 

so  ist  er  alweg  lauksam  bereit.    516,19; 

es  foderts  unsre  freuntschaft.  Steph.  Rock  zu  Meiszen  gesprrch 
zweier  ehweiber  B. ;  vermutlich  liefern  Steishöwel,  Schwarze.n- 
berg,  H.  Sachs  und  Atber  einzelne  belege.  Hemscb  (1616)  stellt 
fodem  und  fordern  auf.  1168.  1169 ;  im  17  jh.  häufen  sich  die 
beispiele  der  erweichten  form:  ich  wil  euch  aus  den  gräbern 
foderen.  Opitz  Arg.  2,  97 ; 

fodert  nichts  dafür  als  dank.    Logad  3,16,66; 

aufs  freie  feld  hinaus  fodem.  Weise  kl.  leute  14.  im  18  jh. 
werden  beide  formen  beinahe  gleich  berechtigt,  Bödiker  s.  15  will 
fodem  postulare  von  fordern  promovere  scheiden,  Gottsched 
hatte  sich  für  fodern,  Adelung  irierfer  mit  recitt  für  fordern  er- 
klärt, den  diditem  schien  jenes  weicher  und  zum  reim  laugender, 
da  sich  fordern  fast  nur  mit  beordern  (fordern  mit  mördem) 
bindet : 

so  brich  nur  bild  und  ring  entzwei 

und  lasz  die  briefe  lodern, 

ich  gebe  dich  dem  ersten  frei 

und  habe  nichts  zu  fodern.    G65tber  323; 

weil  musen,  lieb  und  krieg  nur  solche  kinder  fodern, 

bei  nelohen  kraft  und  geist  noch  aus  den  mienen  lodern. 


1867 


FODERN 


FÖDERN— FOHLE 


1868 


was  aber  fordern  {to)  wir  noch  lange  stund  und  leit? 

jetzt  eben  laszt  du  uns  zum  regimente  federn, 

da  vor  dein  liebstes  kind  die  hochzeiifackela  lodern.    799. 

Gellert  schreibt  meist  fordern,  R.ibener  meist  fodern :  sie  musz 
mir  alle  heller  abfodern.  GEt.i.ERT  3,  212,  doch  gleich  dalänler 
fol^  fordern.  Klopstock  hat  fodern,  z.  b.  Messias  10,  896. 
14,  629 ;  Kant  in  den  originalamgabcn  durchgängig  fodern  ;  wenn 
ihr  versprechen  wollet  an  dieser  frau  weiter  nichts  zu  fodern. 
Felsenb.  3,431; 

gott  fodert  ja  von  uns  zu  thun  und  nicht  zu  wissen. 
Haller  136(128); 

sie  (die  liebe)  ist  was  tief  in  uns  Tür  unsre  kinder  lodert, 
sie  macht  die  müh  zur  lust,  die  ihre  Schwachheit  fodert. 

143  (135) ; 
hier  kinder,  —  ach  mein  blut  musz  lodern, 
wenn  sie  dich  stammelnd  von  mir  fodern.    1'70(1('>3); 
was  fodert  itzt  ein  kluger  mann?    Hagedorn  2,63; 
welch  feuer  musz  in  eurem  busen  lodern! 
ihr  habt  den  muth  euch  kühn  heraus  zu  fodern. 
doch  eure  klugheit  hält  dem  niuthe  das  gewicht, 
ihr  fodert  euch  und  stellt  euch  nicht.    Lesshsg  1,4; 

viel  gefodert,  sehr  viel.  2,115;  fodre  nur!  fodert  nur!  2,121; 
graf  ich  fodre  genugthuung.  2,145;  eigenschaflen,  welche 
geschinack  und  kritik  an  ihm  fudern.  8, 428,  an  ihm,  wie 
voHän  Felsenb.  3, 431  an  dieser  frau  und  Megenberg  172, 20 
an  uns  (dal.  oder  acc.?);  höhere  wesen,  denen  alles  erlaubt 
sei  und  an  welche  niemand  etwas  zu  fodern  habe.  Wielano 
6,49;  dies  ist  alles  was  sie  wollen  und  alles  was  sie  an 
mich  fodern  können.  3,184;  Waller  hat  mich  gefodert.  Got- 
ter 3,112; 

denn  wir  würden  so  lange  die  Stadt  mit  flehen  durchwandern, 
fodernd  das  eigenthum,  bis  ihr  uns  alles  vergütet.    Od.  2,78; 

wer  weisz  wie  mancher  modert 

nms  jähr,  gesenkt  ins  grab, 

unangemeldet  fodert 

der  tod  die  menschen  ab.    Voss  4,97; 

zwar  kamen  mir  auch  die  thrünen  in  die  äugen,  wo  du  von 
unserro  vater  sprichst,  den  gott  bald  fodern  wird.  Voss  br.  l,  300 ; 

hundert,  hundert  fänden  sich, 

die  vor  eifer  würden  lodern 

dich  vors  Weltgericht  zu  lodern.    BGrgbr  51*; 

und  noch  im  herbste  werden  die 

für  dich,  wie  jetzt  im  lenze,  lodern, 

und  sehnend  heb  um  Hebe  fodern.    63*; 
0,  ihr  ergebner  knecht 

kennt  sie  nur  gar  zu  wol  und  weisz  auch  was  er  fodert, 

und  sieht  nicht  ein  warum  ihr  zorn  so  heftig  lodert. 

GöiUE  7,  lOU; 

ach  die  innre  hütte  lodert, 

die  bemoost  und  feucht  gestanden, 

schnelle  hülfe  wird  gelodert, 

keine  rettung  ist  vorhanden.    41,309; 

und  wenn  das  grimme  feuer  um  uns  lodert, 

das  märtyrthum  es  wird  von  uns  gefodert.    57,294; 

genius,  der  in  mir  lodert, 

auf!  und  ob  die  hölle  bitter 

dich  verhöhnt,  ein  loblied  lodert 

dieser  enge!  gottes  auch.    Schmidt  v.  W.  215; 

lasz  morschen  im  grabe,  lasz  modern ! 

ein  schändlicher  hübe,  auf  ritterlich  wort, 

der  grollt  um  ein  schwänkchen  der  liebe  hinfort, 

und  tückische  räche  kann  fodern.    29U; 

wuchernd,  mädchen,  wird  der  tod 

schwere  Zinsen  fodern  (:  modern,  lodern).    Schiller  4*; 

«0  a  nicht  reimt,  führen  spätere  ausgaben  fordern  ein,  z.  h. 
so  fordr  ich  mein  Jahrhundert  in  die  schranken.    254*; 
bescheiden  wieder  fordert.    319*, 
ftoch  die  drille  ausg.   Wallenslant  (ISül)  s.  9  las  fodert,  Hclbig 
(1856)  f.  47  behält  fordert; 

errath  ich  etwa  nicht, 
warum  die  tochter  hergefordert  worden.    345*, 
Helkig  188  gefordert,  1801,131  gefodert; 

aus  freiem  trieb,  unaufgefordert  kam  er.    375*, 
HEtBic  346  unaufgefordert,  1801,76  unaufgefodert; 

jeut  forden  mich  ein  dringend  werk  von  hier.    404* 

(fvfiher  fodert); 

zum  bimmel  fordert  oder  zu  der  hölle.    563*. 
Macbeth  I80l,44  itt  forderl  druckf.  für  fodert. 
nicht  «ich  in  den  wind  verlmlern, 
iltiH  wenn  ghil  die  stunden  lodern 
nicht«  im  herzen  blieb  als  dampf.    Röcerrt  233; 
pflanze  meines  (rartens,  lied !  frenang,  mein  Teuer! 
um  zu  leben  muszt  ihr  anerkenriung  lodern.    325. 

alle  duse  'fodern'  treten  uns  viel  zu  nahe,  als  dasz  sie  anstosi 
geben  könnten  und  sind  untadrlhaft.  dennoch  Idsil  sich  niciU 
rerkmnen,  dasz  in  unterm  gegenwärtigen  Jahrhundert  das  'fordern', 
tnt  im  der  prota,  lein  onfangluhes  recht  wieder  ynotmnen 


hat.  GöTHEN  war  schon  in  der  ersten  ausg.  des  Wcrlher  'fordern' 
geläufig  (s.  die  belege  unter  fordern).  Schweden  und  Dänen 
nalimen  von  uns  ihr  fordra,  fordre,  sprechen  doch  gewöhnlich 
füdra,  fodre  aus,  was  sich  dann  mit  ihrem  fodra,  fodre  =» 
futtern  mischt,  nnl.  kein  erweiciUes  vodercn ,  nur  vorderen, 
kämt,  foadern ,  feadern  (Lexer  lOO).  von  den  bedeutungen 
wird  unter  fordern  gehandelt,  s.  abfodern,  auffodem,  einfodern, 
herausfodern. 

FÖDEBN,  jpromovere,  wurde  nach  analogte  dob  fodern  im 
17.  18  jh.  für  fördern  geschrieben  und  gesprochen,  also  reimbar 
auf  ködern,  blödern  {limidiorem),  selbst,  wie  sich  gleich  ergeben 
wird,  auf  Pelern.  in  Thüringen,  Sachsen  behält  das  volk  födem 
bei.  Lexer  104  verzeichnet  auch  ein  kämt,  fudern  für  filrdern. 
dennoch  ist  heuligestags  fodern,  befödern,  föderlich  von  der  Schrift- 
sprache aufgegeben,  während  fodern,  einfodern  conect  bleiben, 
hier  sind  frühere  Zeugnisse: 

denn  der  so  selber  nicht  ist  gut 

nimmermehr  das  recht  fodern  thut.    Atrer  408'; 

die  wahre  freundschaft  ist  recht  fodern  und  recht  lieben, 

und  wann  es  übel  geht  mit  freunden  sich  betrüben. 

TSCUERNING  Ü8; 

eigner  lleisz  und  fremde  hülfe  lodern  einen  guten  mann. 

LoGAU  3,  t),  ö; 

Lullus,  wo  du  Sachen  hast,  ist  den  richtern  allen  bang«, 
fodern  dich,  nicht  weil  du  recht,  weil  du  redest  grausam  lange. 

3,62.78; 
auf  beiden,  fodert  euch!    Christ.  Grtpuius  1,654; 
und  schulden  einkassieren  iJt  gewls 
auch  kein  gescbäfl,  das  merklich  fodert.    Lessi;«g  2, 191 ; 

wie  ein  blinder,  der  seinen  gang  nicht  fodert,  er  habe  denn 
mit    seinem    stabe   alle   und   ide   fritte   berühret  und  ob  er 
fuszen  könne,  vergewissert.    Bdtschky  Palm.  272;    'beföderer 
und   gönner'   schreibt   Bodmer    «n   der   vorrede   zu  den  minne- 
stngern  s.  iv,  m  seinen  gcdichlen  wird  auch  födem  anzutreffen  sein; 
slr  Mammon  ward  von  Petern 
gefleht,  er  möchte  schier 
sein  werk  mit  segen  lodern, 
was  that  der  gott  nicht  hier? 

alm.  der  musen  1771  s.  101. 
FODERUNG,  f.  postulatio, 
zwar  des  frühlings  foderungen 
mich  zu  freuen,  die  verwerf  ich  nicht, 
weil  von  dem,  der  ihn  gesungen, 

jedes  blatt  und  jede  blume  spricht.    Karschin  ()ed.  1764  t.  158; 
nicht  ist  einige  scheu  der  foderung  oder  der  Schenkung, 
ist  sie  einmal,  in  dem  preis  Undet  ersatz  der  veriug. 
Voss  l'iopert  3,  13,  13; 
in  folgenden  stellen  des  Wallenslein,  wo  auch  Helbig  forderung 
gWl,  haben  die  ersten  und  älteren  ausgaben  foderung: 

da,  diese  neuen  säubern  forderungen, 
die  dieser  Questenherger  bringt.    Scuillbr  332*; 
sie  wissen  um  des  kaisers  forderungen.    340'; 
was  ist  des  kanzlers  forderung?    3tj3'. 
FOGEL,  n».   avis,   wird   im   15   und  16  jh.  noch  häufig  stall 
vogel    geschrieben,   namentlich  in   den  drucken  der  Schriften  V9n 
Keisersberg  und  bei  Steinhöwel. 

FOGELER,  m.  attceps:  ist  den  fogelern  da;  fogeln  zn  »er- 
bieten.  Frankfurter  bürgermeisterbudi  von  1429. 

FOHLE  [füle],  m.   pullus,   golh.  fula,   ahd.  folo,   mhd.  vol, 
ags.  fola,  altn.  foli,   dem  gr.  ncäloe,    lal.  pullus  entsprechend 
noch  im  voc.  1482  il'  fol,  poledrus,  palefredus: 
was  ist  swerzer  den  der  kol? 
und  zeltet  rehter  den  der  vol? 
'die  agelsler  ist  swerzer  den  der  kol, 
und  zeltet  reht  alse  der  vol'.    Uhlamo  6; 
und  siehst  du  dort  den  voln 
an  der  hefte  haben  (hulifu)? 
der  soll  mich,  mein  allerliebstes  Heb, 
aus  groszen  nöten  tragen.    t89. 
bildlich, 

ich  bult  ein  flreulein  gar  verholn, 

das  sie  mir  strigelt  meinen  foln. 

sie  sprach,  das  wil  ich  thun  gnr  gern, 

du  solt  mich  auch  hie  vor  gewern, 

das  ich  dein  liehe  mug  erkennen, 

lasz  dir  ein  mnrk  an  nie  fersen  brennen, 

so  kenn  ich  dich  aus  andern  knalieii 

und  merk,  das  du  mich  lieb  lust  haben,    fasln.  1)3,81; 

der  ein  schein  foln  da  helmen  hat, 

und  der  nicht  gern  on  fuoter  siat 

und  im  das  nlmpt  und  es  uuttregt 

und  es  f\ir  arkereurren  legt 

und  «eins  daheim  uiige^sen  lol.    306,9, 

hier  wird  aus  dem  m.  in  das  n.  übergesprungen,  gleich  dem 
lat.  pullus  bildete  ahd.  folo  einen  beinamen:  L.  Juoiu«  Pullu« 
consul  anno  urbis  505.  Sigiboto  qui  dicitur  Volo.  MB.  7,880, 
303.    vgl.  füll,  füllen,  follen. 


1860 


FOHLE— POHRfi 


FOHRE  — FÖHREN 


1870 


FOHLE,  f.  pullus,  irf  tadelhafl,  bezeichnet  vielmehr  die  stute 
(Staldeb  1.  3SS.  Stieleb  526),  unsicher  bleüit,  ob  man  dem 
Schwab,  fohle,  fohle  ßr  mddchen  den  sinn  ton  pullus  zutrauen 
dürfe.  ScHsiD  198.  denn  Schm.  1,  524  schreibt  fei  und  brin^  es 
zu   födel,    füdel.      die  bedeutung  equa  gehört  der  schrißsjprache : 

auch  Torscbt  man  nach  dem  liebesbisseo, 

der  auf  der  fohle  jungem  haupt  sich  bläht, 

dem  zahn  des  muiterpferds  entrissen.    Schiixkk  43', 

quaeritur  et  nascentis  equi  de  fronte  revolsus 

et  matri  praereptus  amor.    Aen.  4, 515. 

FOHLEN,  fi.  pullus,  der  in  den  nom.  gedrungne  acc.  ton 
fohle,  oder  aus  fül,  füllen  verderbt,  schon  Rädlein  310"  und 
ÄDELC5G  stellt  auf  das  fohlen,  des  fohlens: 

0 !  und  kalb  und  fohlen, 

schwalbe,  spatz  und  dohlen 

stimmen  lauten  jubel  an.    Schsidt  t.  W.  180; 

um  ins  feld  zu  gebn,  wo  lamm  und  fohlen 

uns  umhüpfen.    210; 

heuschrecken  zwitschern  uns  im  körn, 

langbeinigt  hüpft  das  fohlen  vorn.    'i47: 

da  sahn  wir  von  weitem 
eine  stute  mit  ihrem  fohlen  und  eins  wie  das  andre 
wie  ein  rabe  so  schwarz,    vier  monat  mochte  das  fohlen 
alt  sein.  Götus  40,  t2S; 

und  er  gieng  und  fragte  die  frau,  wie  theuer  das  fohlen?    129. 
auch  Rnneke  3739.  3741    dat    volen,    Reiuaert  4007.  4013  vole,  ' 
Tolen.     s.  füllen. 

FOHLEN,  pullum  eniti,  ton  der  stute:    wenn  in  Ai^bien 
ein  adeliches  pferd  fohlt.  i.P.leufelspap.  1,91.  Stalder  1, 388. 
FOHLENSTUTE,  f.,  stute  die  ein  saugendes  fohlen  hat: 
der  Pächter  kommt,    er  drückt  mir  treu  die  band, 
erzählt  dir  viel  von  seinen  fohlenstuten. 

ScHMiBT  r.  H'.  alm.  1802  s.  99. 
FÖHN  [F5n].  m.  f  aus  dem  it.  favonio,  lal.  favonius  über- 
nommen, die  den  lieblichen  westmnd,  lephyrus  bedeuten.  Rütte 
s.  25  nach  Gottbelf  18,  268  erklärt  föhn  flühluß,  heiszer  sitd- 
icind,  der  im  frühling  blätler  und  bluten  versengt:  Südwind  ist 
aber  notus,  also  pluvius,  proeellosus,  wie  auch  Fbisids  878'  und 
Maaler  139'  mit  notus  fön  und  die  Vorstellung  regenvind  ver- 
binden, bei  Stalder  1,  390  heiszt  fön,  fühn,  pfön,  fün  gleich- 
falls süduind,  der  den  schnee  im  frühling  plötzlich  schmelzt,  der 
velsche  Westwind  wird  zum  schweizerisclifn  südwind.  die  abkunß 
aus  favonius  bestärkt,  dasz  auch  die  romanische  spräche  in  Grau- 
bünden favugn,  favuogn,  fagiign,  fuogn  für  südwind  aufweist 
(Cabiscr  54').  das  merkwürdigste  zeugnis  legt  eine  alte  glosse  in 
MoNES  anz.  8,  503'  ab,  nach  welcher  das  worl  weiblich  ist:  fonne, 
favonius.  diu  fönne  ist  vvarm,  und  bringit  den  regen,  ej 
kumit  von  phönnun,  bi  der  phönnun.  dies  funne  ist  entweder 
fuonne  oder  fünne,  funne,  also  weisend  auf  ein  ahd.  fuoniä,  funid. 
fön  und  fuoniä,  funiJi  gemahnen  an  goth,  f'Ltn,  funins,  aus 
dem  sich  leicht  ein  f.  fonjö,  funjü  lüinute  entfaltet  haben  ;  wäre 
das  wort  in  unserer  spräche  liefer  verbreitet  und  die  glosse  za 
uunniuuinte,  ad  auram  (Graff  1,624)  aufzulösen  in  vunniwinte, 
funniwinte,  nicht  in  wunniwinte  oder  gar  wiwinte,  so  gäbe  ich 
der  heimischen  deutung  den  vorzug.  doch  deutet  fuogn,  favugn 
und  die  nälie  von  Italien  auf  favonio,  dessen  verwandlschaß  mit 
favere  und  favilla  eine  weitere  mit  dem  goth.  fon  ignis,  altn. 
funi  favilla  ignita  nicht  aussdiliesit  {sp.  1581).  die  glut  des  feuers 
begegnet  der  des  windes: 

solvitur  acris  biems  grata  vice  veris  et  favoni. 
«  Hör.  carm.  1.  4,  1. 

jetz  ist  ein  speck  am  Uimrael,  dann  gehet  der  fön  vom  nider- 
gang,  dann  ist  der  mon  wie  ein  ofenkrücken.  Pabacelsds 
chtr.  sehr.  354";  um  die  mitte  oclobris  hielt  vil  tage  nach 
einanderen  an  ein  ungemein  starker  und  warmer  fön  oder 
mittagswiod.  Scbegcbzer  l,  182 ; 

die  plahn 
macht  schön, 
wann  sie  vergabt, 

fällt  sie  ins  kabt.    Frisch  1,5W5*  aus  einer  predigt 
des  Biilih.  Pliilgus  rom  winoAturm; 
der  föhn  ist  los,  ihr  seht  wie  hoch  der  see  gebt. 
Schiller  517'. 
Hallers    alpen   kennen    das  wort  wieder  nicht.      Adelcnc  sucht 
irrig  einen  Zusammenhang  zwischen  föhn  und  finne  luber,  fenne 
lutum.  palus. 

FÖHNEN,  nur  unpersönlich:   es  föhnt,  der  föhn  weht,  bläst, 
doch   soll   nach  Stalder  l,  390  föhnen  auch  heimlich  entwenden 
ausdrucken,  was  bildlich  weißlasen  sein  könnte. 
FÖHNIG,  plnriosus.  rentosus. 

FOHHE,  FÖHRE,  f  finus  silvestrit,  picea,  das  h  hier  kein 
dihnieichen,  sondern  umgestellt,  ahd.  foraha  (Griff  3, 678),  mhd. 


Torhe,  ags.  furb,  engl,  fir,  altn.  schw.  fura,  dän.  fyr,  fyrre. 
bedeutsam  stimmt  sl.  bor  pinus  und  pinetum,  böhm.  poln.  serb. 
icovon  mehr  unter  forst.  der  umlaut  führe  ist  nie  in  möhre, 
ahd.  moraha,  und  wol  durch  das  adj.  führen,  förchin  einge- 
schleppt, unterschied  zwischen  föhre,  tanne,  lichte  sp.  1613  an- 
gegeben, in  TccBERS  baumeisierbuch  s.  75.  76  stehn  die  adj.  ten- 
nen,  viechten  und  forhen  immer  gesondert,  die  lebendigen  bäume 
sind  doch  leichter  zu  erkennen,  als  das  aus  ihnen  geschnittene 
bret.  mit  fobre  scheint  kien  und  kiefer  in  der  bedeutung  eins, 
diese  berühren  sich  aber  auch-mit  kieme,  kiefe,  kiefer  brancltiae, 
was  hier  nicht  näher  zu  untersuchen  ist.  zwei  nord.  benennungen 
liegen  ganz  ab,  altn.  t>olIr  m.,  ^ö\l,  gen.  |)allar  f.  none.  schm. 
tall  und  schw.  dän.  gran. 

über  die  abkunß  des  worts  bleibt  die  frage  noch  offen,  foraba 
gleidit  dem  langob.  fereha  quercus  sp.  1527,  trie  auch  altn.  j)ollr 
esche  und  bäum  allgemein  bedeuten  kann;  älbercs  schreibt  ferchen, 
fichtenbaum,  das  könnte  das  adj.  förhin  sein,  da  sich  für  fohre 
feure  findet  {sp.  1609)  wird  man  an  feuer,  und  bei  fura  an 
fjr,  bei  engl,  fir  an  fire  erinnert;  aus  der  fohre  rinnt  das  feuer- 
fangende peeh  oder  harz,  wie  selbst  flechte  und  feucht  jenem 
flehen  und  fauben  flare,  efflare  nicht  fremd  liegen,     s.  forst. 

LcTHER  setzt  Es.  4t,  19 :  ich  wil  in  der  wüsten  geben  cedern, 
fohern,  &r;aco  xeSgov  xai  tiv^ov,  wo  spätere  ausgaben  führen, 
föhren  schreiben,  die  Zürcher  von  1534  buchs.  unsre  Hehler 
brauchen  das  wort  viel  seltner  als  flehte  oder  tanne  : 

kaum  rötbete  die  föhren 
die  morgensonne.    Ol)eron  3,\i; 
hier  will  ich  ruhn  an  dieser  hoben  föhre, 
am  xwillingsaste  hängt  ein  dohlennest 
zu  trotz  dem  regensturm  von  gestern  fest, 
süsz  tönen  rings  der  frohen  Gnkeu  chöre. 

ScuaiDT  ron  Werneuchen  191; 
da  droht  mich  im  lauf  zu  stören 
die  felswand  schrof  und  nackt, 
das  wilde  gestrüppe  der  föhren.    Platitc  4* 

die  abgeleiteten  namen  haben  das  alle  rh,  nieht  hr:  Forcbheim, 
Forchbeide. 

FOHRE,  f.  truta,  fr.  truite,  salmo  fario,  ahd.  forahana, 
forhana,  mhd.  vorhen,  nach  dem  lat.  fario,  farionis  in  Ausvnius 
Moseila  1.30,  iro  aber  Böckisg  sario  lied,  was  den  Zusammenhang 
mit  forbana  und  forelle  außiebt.  im  Rudlieb  13, 16  steht  blosz 
truta  digena,  rufa  vel  alba,  ohne  das  deutsche  wori.  nnl.  voren, 
Toorn  m.  pi.  vorens.  eine  ags.  glosse  bei  W'bight  55'  gewährt 
forn  turnus  piscis,  neben  tructa  tnilit,  doch  ist  turnus  kein  fisch- 
name.  dies  forn  stimmt  zum  Schweiz,  forne,  bachforne,  fornli 
(Stalder  1, 391)  und  dem  mhd.  vorhena,  vorhen,  pl.  vorhen, 
wofür  die  belege  mhd.  wb.  3,  384  gesammelt  sind.  nhd.  folgen  hier: 
saira,  becht,  fobren  und  die  schlei, 
koppen,  gründel  mir  wohnen  bei.    Ambr.  Ib.  s.  182; 

fobren,  hechle  u.s.w.  Bartiscb  254;  desgleichen  vergasz  er 
sich   auch   nicht   mit    frischen   fischen,   forellen,    hausslock- 
fischen,  dörren,  posten,  prösem  {brachsen),  stören,  scheiden, 
rot  fobren,  weisz  orfen  imd  gel  baselnaschen 
räumen  den  (dat.  pt.)  streudasgütlein  die  taschen.    Garg.  5C* 

allda  die  herren  von  Augsburg  i.  f.  gn.  das  geschenke  von 
groszen  führen  und  karpfen ,  die  in  den  Stadtgräben  auf 
fremde  herren  gebalten  und  von  den  fleischern  mit  den 
plautzen  gespeiset  müssen  werden,  neben  sonst  gutem  wein 
verehren  lassen.  Scbweimchex  1,136;  und  waren  also  mit 
guter  speise  überschüttet,  dasz  ich  auch  nicht  mehr  grosz- 
vögel,  fuhren  und  lachse  essen,  auch  Rheinfall,  muskateiler 
und  Rheinwein  nicht  mehr  trinken  konnte,  denn  dessen  die 
fülle  waren.  154 ;  lachsfobren,  oder  wie  man  sie  sonsten 
nennet,  forellen.  Hobberg  2,465.  467'.  52l'.  fobr«n  3,2.  29S'.'; 
in  dem  weiher  fieng  er  mehr  fobren  als  er  tragen  konnte. 
Mdsäds  1, 10.  Stieler  587  schreibt  fore  und  gibt  das  prover- 
bium  captiosum :  lächs,  binden  und  forn  sind  die  besten  ge- 
richte,  salmones,  hinnulei  et  trultae  fercula  nobilissima.  wie 
sich  ahd.  foraba  pinus  und  forahana  trutta  unlersclteidcn,  würden 
es  auch  nhd.  fobre  und  fobren,  wenn  man  letzterem  das  n  ge- 
lassen hätte,  s.  bacbfohre,  grundfuhre,  lachsfobre,  rolhfohre, 
schwarzfohre,  teichfobre,  waldfobre,  weiszfohre  und  forelle. 
FÖHREN,  pineus,  bei  Tucber  forhen,  forhen,  6«  Stiele« 
536  förin :  forhen,  förin  holz,  lignum  pineum,  lade  Ton  förin 
bolz;  föhren  fusz,  naris: 

und  du,  0  vater  Kahm,  geusz  deinen  braunen  Huss 
mit  vollem  krügen  aus.  dasz  unsern  fnlirnen  fusz 
kein  blinder  sand  halt  auf,  kein  falscher  grund  versäume. 

Flemiic  6*>2, 
Kabm  iä  die  hinler  Kasan  mit  der  Wolga  zusammenflieszende  Kania 


1671 


FOnRENBACH  — FOLGE 


FOHRENBACH.  m.  forellenbach :  one  was  die  kiirner  oder 
flitzjirhen  sein,  die  man  in  seifen  und  fuLrenbeclien  findet. 
Mathesius  55'. 

FOHKENBAUM,  m.  pimis,  forchenbaum. 

FÜHHENßÜSCHEL,  fasciculus  pineus: 

die  alte  blickt  aus  dichten  augenbrauen, 
die  föhrenbüscheln,  glutvet^engten,  gleichen. 
Lemac  n.  qrä.  17. 

FOHRENFANG,  m.  forellenfang.    fornefang.  iceislh.  1,23. 

FÖHRENHOLZ,  n.  ligntim  pineum:  foern  (d.  i.  fohern)  holz. 
S  .Vos. -25, 5. 10.  5ilfos.  10,3;  bundeslade  von  fornholz.  Mathe- 
sius 43'. 

FOHRENTEICH,  m.  forellentekh. 

FÖHRENWALD,  m.  piiiflum.  Oberon  3, 14. 

FOLAND,  m.  tras  faland  sp.  1267:  du  böser  folant !  seh. 
und  ernst  1522,  603.  als  eigennatne  auch  geschrieben  Fahland, 
Volland. 

FOLG,  n.  comüatus,  gefolg: 

so  Tolg  man  ihm,  im  Tolg  der  alten.    Simpl.  K.  88. 

FOLGBAR,  imilandus:  der  übrigen  weit  zu  keinem  folg- 
baren boispiel  dienen,  gespcnst  278. 

FOLGB.\R,  adv.  Uaque,  folglich:  womit  sie  sich  künftig 
ehrlich  ernähren,  fulgbar  ihnen  selbst  und  dem  nächsten 
unbeschweriich  sein  miigen.  corpus  conslit.  brandcnb.  culmbac. 
H.  1,679;  verwundt  und  folgbar  krank  und  angsthaft  ist  er. 
Birken  0.  l.  45.  233. 

FOLGBRIEF,  m.  testimonium  de  obtenta  executione  et  immis- 
sione.  Haltaus  473. 

FOLGE,  f.  sequela.  das  was  folgt,  Imlerher  folgt,  kein  ahd. 
folga  sicher,  denn  selbfolga  bei  Graff  3,  512  bleibt  zweifelhaft, 
mild,  volge,  alln.  fylpja,  dän.  folge,    {schw.  följe  ist  n.) 

1)  leiblich,  zumal  im  alln.  fylgja,  das  eine  beyleiterin,  gelei- 
tende schutzgüttin  bezeichnet,  der  gen.  fylgiu  weist  aber  schtcache 
form,  so  dasz  ein  ahd.  folgä  entspredien  und  dem  männlichen 
lolgo.  comes  zur  seile  stehn  würde,  das  starke  fulga,  volge 
drückt  dagegen  den  collcclivbegrif  eines  gefolges,  einer  nachfolge  aus. 

mhd.  din  himelsträje  ist  alle  zit 
^ar  ungebant  und  eine, 
ir  volge  ist  leider  kleine.     Bart.  105,  16, 

wenige  folgen  auf  ilir  nach;  di  Romerc  wären  frö  daj  si  in 
funden  häten  und  täten  iine  grüje  ere  und  machten  eine 
volge  mit  deme  steikisten  volke,  dag  si  sammenlen  in  allen 
landen,  myst.  1,  233, 39.  nM.  wurde  auch  der  folge  not  zu 
dun  mit  der  ganzen  macht.  Haltaus  471 ;  der  Jäger  hat  die 
folge  in  des  andern  revicr,  darf  dem  wilde  dahin  nach  folgen, 
ist  zur  folge  berechligl ;  der  geleitsherr  hat  die  folge,  das 
recht  den  durch  sein  gebiet  ziehenden  wagen  zu  geleilen;  das 
sie  von  iren  eigen  leuten  die  Mge' (den  nachzug  in  den  krieg) 
nicht  haben  würden.  Spalatin  bei  Luther  5.  35";  daneben 
mögen  sie  aber  als  herrn  die  hoheit.  folge  und  eigenthumb 
haben.  Melanchthon  im  corp.  ductr.  ehr.  679 ;  nichts  desto 
weniger  musle  er  (der  schuhe)  selbigen  abend  noch  mit  der 
folge  (dem  häufen  der  dazu  aufgebotnen  leute)  fort  und  einen, 
welcher  die  kirche  bestolen  hatte,  auf  eine  nieile  weges  ein- 
bringen, pol.  colica  s.  322 ;  ich  will  die  folge  schon  sonst  be- 
stellen, s.  323.  im  jurislisciten  sinn  14  folge  was  nachfolge, 
tuccessio:  folge  in  grundstücke  oder  in  fahrende  habe,  siehe 
erbfoige,  feuerfolge,  heerfolge,  jagdfolge,  landfolge,  lehiifolge, 
nachfolge. 

2)  ftilge,  conscnsus,  wer  dem  andern  folgt,  ist  seinei'  tneinung 
und  parlei,  pßtchtet,  stimmt  ihm  bei,  mhd.  wb.  3, 366.  so  beson- 
ders beim  gerichlliclien  urlheil,  dem  folge  gelhan,  gegeben  v»  erden 
musz,  ein  ungefolgtes  urtheil  ist  kein  urlhcil,  kommt  nicht  über 
den  dritten  mann.  RA.  864,  wo  die  belege  angeführt  sind,  der 
folge  gebende,  folgende  trilt  gleichsam  in  die  fuszstapfen  des 
urlheilenden.  8entcntia  per  approbationem  et  collaiidationem 
communem,  quac  volga  dicilur.  weisth.  1,  810  (a.  1346). 

*si  male  quid  dixi,  reprobi't  grex  istius  antri, 
»i  quid  et  utiliuR,  caruin  ferat  iütc  KeiiatUK.' 
collautiaiit,  venerantur,  amant  et  laude  frequunlant. 

ecbasi»  538; 
mhd,  wie  «ol  ich  danne  leben,  da;  ich  mine  zubt  «tOBre 
und  doch  die  meiKlen  volge  niht  vcr.spipte? 
6tn  r:^i  noIi  Ir  mir  K«>ben,  wan  ich  dn;  dicke  baere, 
•wiT  Hi-Ibe  enkan,  d«r  «noch«  wise  ra-t«. 
i»i<ipr  rAl 

vil  x:\ue.  b&t.    MS.  1,8b': 
i.iiiitiiirct  niht  langer  tweic 
diT  M>lge,  al«  im  tin  htne  Jach.    Parz.  7,17; 
•i  k'"*rte  iiU  ir  diu  volge  jarh.    «4,4; 
dar  üich  diu  voIk«  wart  goiin.    90,0; 


fÖLGE  im 

dft  volge  und  urteil  wart  getan.    97,16; 
nü  merket,  swer  sich  selbe  lobet 
&ne  volge,  da;  gr  tobet.    Fheio.  60,25. 

nhd.  wird  diese  bedeutung  seltner,  Haltaus  471  hol  noch  einige 
beispiele.  do  er  den  rat  gegeben  hat,  do  was  es  ein  gemeine 
volg  und  fielent  alsamen  doruf.  Keisersberg  post.  2, 13 ;  und 
als  er  (Wilzel)  zu  Fach  und  anderswo  die  folge,  wie  ers  gern 
gehabt,  nit  erlangen  mocht.  Alberus  fü/rfcr  H't/ic/ G  l' ;  tugent 
wirt  mit  dem  hosten  (d.  i.  besten)  verachtet,  was  aber  Üppig- 
keit vorhat,  es  sei  wie  schwer  und  böse  es  sein  möge,  so 
hats  folge  (wird  ihm  beigepflicMel).  Pelr.  98*.  auch  nc^ahmen 
ist  nachfolgen,  nachtrelen:  heldenthalen  den  nachkömmlingen 
zur  folge  aufzeichnen.  F'hilander  2,54;  wenn  Hofmanuswaldau 
in  die  welschen  poeten  nicht  so  verliebt  gewesen,  sondern 
sich  die  lateinischen  zur  folge  gesetzt  hätte.  Wermue  bei 
Hagedom  l,  112. 

3)  folge,  obedientia,  weniger  das  sinnliche  nachgehen,  nach- 
folgen, als  die  abstracle  befolgung,  der  geiwrsam,  das  sich  be- 
quemen  auch  des  nicht  einslimmenden.  folge  thun,  geben,  leisten 
haszt  dem  gebot  gehorchen,  es  vollziehen,  vollstrecken,  es  geschieht 
folge,  es  wird  vollzogert,  vollführt,  es  wird  ihm  nachgegeben,  es 
ist  keine  folge  bei  dem  menschen,  er  geiwrcht  nicht;  wollet 
dazu  thun,  das  (meiner  vermanung)  folge  geschieht.  Luther 
3,154';  besorge  auch,  so  diesem  mittel  nicht  folge  geschieht, 
so  wird  das  ding  allererst  recht  eraus  faren  und  aus  dem 
schimpf  ein  ernst  werden,  br.  1,208;  derhalben  so  wird  kein 
partei  unter  euch  dem  evangclio  gnug  thun,  es  sei  dann, 
das  ein  dem  andern  folge  las.se  (nachgebe),  was  er  wil.  1,382; 
also  bitten  wir  e.  f.  g.  auch  unterthäniglich,  sie  wollten  auch 
solches  anklopfen  gottes  unsäuinig  aufnehmen  und  seinem 
gottlichen  willen  helfen  folge  thun.  3,336;  ich  gib  auch  den 
Sophisten  und  weltweisen  nit  folge  und  statt.  Melanchtho!« 
hauplartikel  verdeutscht  s.  l.  et  a.  blatt  8;  Hannibal,  du  kanst 
den  sieg  wol  erlangen,  du  weist  aber  dich  des  siegs  nit  zu 
gebrauchen,  wo  ich  an  dir  folge  hctt,  wir  wollen  an  dem 
fünften  tag  zu  Rom  in  dem  capitol  essen.  Livius  von  Carbach 
120';  item  bricht  einer  ein  geschvvorne  urphede  mit  Sachen 
und  thatcn,  dariimb  er  unser  keiserlichen  recht  und  diser 
Ordnung  nach  zum  lod  on  das  mocht  gestraft  werden,  der- 
selben todsiraf  soll  volg  geschehen  (sie  soll  vollzogen  werden). 
Carolina  art.  10s ;  euwer  gnad  an  mich  begerl  euch  bei  der 
band  hinüber  zu  führen,  dem  ich  also  mit  geneigtem  willen 
folge  gab.  Galmy  37;  doch  lelzlich  des  burgermeisters  an- 
schlag  folge  zu  thun  beschlossen.  Kirchhof  wendunm.  163'; 
wenn  ich  nun  meinem  vorsatz  folge  leistete  (Um  vollführte), 
jwrs.  rosenth.  1, 18 ; 

gib  unterweilcn  nach,  knnst  du  gleich  überwinden, 
durch   folge  kann  man  ihm  (d.  i.  sich)  die  freunde  sehr  ver- 
binden.   Opitz  1,301; 
wer  dem,  was  ihm  steht  r.u,  wil  rechte  folge  geben, 
der  musz  zum  minsten  ihm,  zum  meisten  andern  leben. 

I.OUAU  3,133,81; 
wo  rath  nicht  wird  gehört,  wo  rath  nicht  folge  hat, 
ullda  ist  gar  kein  rath  der  allerbeste  rath.    3, 14K,  65; 
wo  viel  gemeinschafl  ist,  ist  ansehn  nicht  grraain, 
wo  ansefin  mehr  nicht  ist,  wil  auch  nicht  folge  sein, 
wo  folge  reiszei  aus,  kan  Ordnung  nicht  bestehn.    2,72,64; 
sucht  euch  von  Jugend  auf  der  fol^re  zu  boflciszen. 
Cur.  Grypmiis  2,201. 

tu  solchem  oder  ähnlichem  sinn  nodi  heute  folge  geben,  stall 
oder  räum  geben,  wallen,  gewahren,  geschehen  /üwch.'  characler 
im  groszen  und  kleinen  ist,  dasz  lier  mensch  demjenigen 
eine  stete  folge  gibt,  dessen  er  sich  fähig  fühlt.  Göthe  56,131. 

4)  folge,  ordo,  series,  fr.  suite.  da  das  folgende  hinter  ein- 
ander geht,  auf  einandtr  folgt,  so  bildet  sich  eine  reVie :  folge 
der  buchstaben,  der  zahlen,  der  könige ;  die  männliche  folge 
der  herscher  ist  unterbrochen ;  die  eimer,  die  backsleine 
werden  von  band  zu  band,  in  diner  folge  fortgereichl;  eine 
ganze  folge  von  wagen  zog  durch  die  sirasze;  iiäunie  stehen 
in  unabsehbarer  fol^e ;  ich  inuchic  gern  die  folge  der  gegetid, 
die  abwechselung  der  landesart  bemerken.  Götue  31,  96 ; 

und  so  gewinnt  sich  dns  lebendige 
durch  folg  aus  folge  neue  krufl.    3,76. 

die  Worte  des  redenden  erfolgen  eins  nach  dem  andern, 
machen  eine  folge;  die  gramnialik  handelt  von  der  Wortfolge, 
jede  spräche  hat  ihre  natürliche  art  und  folge:  welch»  itl 
ein  lauter,  freveler  miilwille  wider  die  natürlich  art  und  folge 
der  spräche,  die  art  und  natürlich  folge  der  worl.  Lt/THm 
3, 69'.     man  laijl  eine   folge  von  (heilen  eine»  werk»,   vua 


1873 


FOLGE 


FOLGE  —  FOLGEBESTÄNDIG 


1874 


münzen  u.  s.  «■. ;  die  folge  sende  ich  dir  zu.  sobald  sie  er- 
scheint: münzen,  die  von  münzliräraern,  weil  in  denselben 
nicht  leicht,  wie  in  den  römischen  eine  folge  zu  machen 
ist,  nicht  sonderlich  gesucht  werden.  Wixkelmann  3,  xxiii; 
eine  folge  von  trumpfen  im  karlenspiel.  noch  öfter  in  ab- 
straclem  sinn:  die  stelle  des  buchs  ist  dunkel,  man  musz  die 
folge  {das  was  folgt)  lesen ;  mein  ganzes  leben  soll  eine 
ununterbrochene  folge  von  dankbarkeit  sein.  H.  L.  Wagner 
der  unbekannte  Zi ;  die  aufuierksamkeit,  anstatt  sie  durch  eine 
vernünftige  folge  zu  befriedigen,  nur  durch  seltsame  kunst- 
grifife  aufzuspannen.  Göthe  15, 144;  da  das  zusammenhängende, 
wie  du  sagst,  eigentlich  euer  dement  ist,  so  musz  man  euch 
freilich  nicht  in  einer  folge  reden  hören  oder  sich  entschlieszen 
euch  recht  zu  geben.  17. 10  ;  du  wolltest  zuerst  die  tagebücher 
deiner  reise  mir  in  ordentlicher  folge  mittheilen.  11,11;  wenn 
wir  dasjenige,  wozu  wir  geboren  sind,  mit  Ordnung  und 
folge  verrichten.  18,123;  wenn  ich  einen  menschen  kennen 
lerne,  frage  ich  sogleich,  womit  beschäftigt  er  sich?  und 
wie?  und  in  welcher  folge?  19,341;  welche  regelmäszige 
thätigkeit  wird  erfordert,  um  diese  immer  wiederkehrende 
Ordnung  in  einer  unverrückten  lebendigen  folge  durchzu- 
führen! 20,56;  ich  war  glücklich  sie  in  einer  folge  reden 
zu  hören,  denn  sonst  gab  sie  nur  wenige  worte  in  das  ge- 
spräch.  24,270;  eine  folge,  woraus  gewohnheit  entspringt, 
ist  nothig.  25,117;  wie  die  groszen  angelegenheiten  der  kirch- 
lichen religion  mit  folge  und  Zusammenhang  behandelt  werden 
müssen.  25,117;  eine  wol  überdachte  folge  übereinstimmender 
momente.  32,66;  unter  einem  volke  zu  wohnen,  dem  eine 
Vollkommenheit,  die  wir  wünschen  und  nie  erreichen,  natür- 
lich war,  bei  dem  in  einer  folge  von  zeit  und  leben  sich 
eine  bildung  in  schöner  und  stätiger  reihe  entwickelt.  38.  4. 
darum  auch  die  folge  der  zeit,  der  jähre,  rgl.  zeilfolge,  reihe- 
folge,     einzelne   dieser  beispiele  lassen  sich  auch  unter  6  stellen. 

5)  folge,  successus,  ext/u«,  erfolg:  die  folge  wirds  geben, 
exitus  acta  jn-obabit.  Stieler  534;  die  reputation  hat  manches- 
mal nicht  die  folge  (die  eruarlung  «irrf  nicht  befriedigt).  Weise 
erzn.  142;  ich  habe  gelesen,  dasz  in  den  geistlichen  rechten 
verordnet  ist,  wenn  ja  ein  medicus  zuerst  zu  einem  palienten 
erfordert  worden,  dasz  er  soll  schuldig  sein  ihn  zu  erinnern, 
dasz  er  auch  einen  geistlichen  arzt  möge  zu  sich  erbitten 
lassen,  der  die  seelenkur  führe:  so  er  aber  keine  folge  hätte 
in  dreien  tagen,  sollte  er  ihn  nicht  weiter  besuchen.  Scriver 
seelensch.  2,945;  die  sache  hat  traurige  folgen;  man  ist  der 
folgen  wegen  in  sorge;  man  kann  dem  krieg  auch  wolthätige 
folgen  beimessen; 

es  wäre  dann  die  göttin,  die 

bei  jungen  müitern  pflegt  am  liebsten  einzukehren! 

auch  meine  tiütte  dürfte  sie 

mit  ihrem  Zuspruch  bald  beehren. 

mit  was  ITir  folge?  wann  und  wie? 

wir  Werdens  nach  der  faste  hören.    Kl.  .Schmidt  poet.  br.  ISO; 

war  diese  art  gleich  roher,  als  eine  folge  von  ausbildung, 
in  welcher  der  sittliche  mensch  sich  täglich  zu  bemerken, 
zu  warnen  und  zu  strafen  pflegt.  Göthe  19,117;  man  müste 
darüber  verzweifeln,  wenn  nicht  überhaupt  in  der  weit  so 
weniges  eine  gehofte  folge  zeigte,  kinder  halten  nicht  was 
sie  versprechen.  17,115;  die  sache  ist  ernsthafter  als  du 
denkst,  indessen  bin  ich  recht  wol  zufrieden,  dasz  du  sie 
leicht  nimmst,  denn  für  uns  beide  kann  noch  immer  die 
heiterste  folge  werden.  23,55;  eine  andere  wallfahrt  wurde 
dagegen  mit  mehr  nutzen  und  folge  unternommen.  29,333; 
dasz  des  menschen  leben  nur  in  sofern  etwas  werlh  ist,  als 
es  eine  folge  hat.  43,266;  hüten  sie  sich  vor  den  folgen 
des  mislingens  guter  absiebten  auf  ihr  herz!  Klinger  8,230; 
eine  der  denkwürdigsten  begebenheiten,  wichtiger  noch  durch 
ihre  folgen  auf  die  weit  die  noch  bis  auf  diesen  augenblick 
fortdauern.  Schiller  1013'. 

6)  folge,  con^eculio,  consequentia,  dem  grund  gegenüber,  wie 
Wirkung  der  Ursache:  der  grund  des  übels  war  gelegt,  und 
die  folgen  sind  nicht  atisgeblieben:  diese  ist  seiner  folge 
(/.  folgen)  eine,  dis  ist  wider  die  schrift,  darumb  ists  ketzerisch. 
I.cther  1,  61':  die  folgen  der  dinge,  deren  zufällige  verknüpfimg 
von  dem  willen  goltes  abhängt.  Kant  6.  66 ;  er  zog  die  folge 
daraus,  dasz  alles,  was  man  von  den  götlern  sagte,  erlin- 
duiigen  schlauer  köpfe  wären.  Wieland  2,  22;  und  dieses 
dünkte  ihm  genug  daraus  zu  schlieszen,  dasz  . . .  eine  selt- 
same folge!  Lessing  6,438;  aber  ich  leugnete  meinem  unge- 
nannten die  folge  .  .  .  und  wer  hat  sich  je  in  der  profan- 
geschichte  die  uemlicbe  folgerung  erlaubt?  10,51;  ich  räume 

lü. 


die  folge  nicht  ein ;  nachdenkende  leser  werden  diese  folge 
leicht  selbst  machen.  Moser  p.  ph.  2.63;  wenn  ich  nur  ein 
geschäft  wüste,  ein  rühriges,  das  aber  keine  folge  auf  den 
morgen  {keine  consequen:  für  die  zukunß)  hätte,  das  fleisz  und 
hestimmiheit  im  augenblick  erforderte.  Göthe  16,204;  das 
geschäft  verlangt  ernst  und  strenge,  das  leben  willkür,  das 
geschäft  die  reinste  folge  {consequenz).  dem  leben  thut  eine  in- 
consequenz  oft  noth.  17.  41 ;  man  kann  der  gesellschaft  alles 
aufdringen,  nur  nicht  was  eine  folge  hat.  17,  259 ;  so  ist  ent- 
schiedenheit  und  folge  das  verehrungswürdigste  am  menschen. 
19,340;  dasz  sie  sich  ihres  vergangnen  lebens  freuen  können, 
dasz  sie  auf  einem  schönen  reinen  vvege  in  einer  sichern 
folge  gegangen  sind.  20,46;  in  allen  seinen  planen  fand  man 
eine  unbestechliche  folge.  20,261;  auch  hier  zeigte  sich  der 
mangel  an  folge,  welchen  man  den  Äntwerpern  zur  last  legen 
musz.  Schiller  877.     s.  schluszfolge. 

7)  nhd.  'zu  folge' md  vorausgehendem,  oft  weit  daran  getrenntem 
daiiv,  für  das  fr.  selon,  en  consequence:  dem  zu  folge,  ideo; 
diesem  zu  folge,  hanc  ob  rem;  dem  allem  zu  folge;  deinem 
befehl  zufolge  fand  ich  mich  dort  ein ;  dem  längst  empfangnen 
auftrage  deines  bruders  zu  folge  übersende  ich ;  dem  neuen 
plane  seiner  mehr  zärtlicheo  als  behutsamen  geliebten  zu 
folge.  Wieland  2, 153 ;  dieser  weisen  beobachtung  zu  folge. 
6,204;  diesem  befehl  zu  folge.  6,231;  einem  alten  herkom- 
men zu  folge.  7,137;  den  neusten  nachrichten  zu  folge  ist  er 
noch  am  leben,  diese  Wortfügung  stimmt  zu  den  gleich  üblichen: 
ihm  zum  trotz  ist  es  geschehn ;  dir  zum  trotz  thue  ichs 
gerade;  den  ununterbrochnen  auswanderungen  dieses  jahrs 
zum  trotz  blieb  die  bevölkerung  noch  sehr  ansehnlich;  dem 
könige  zu  ehren  war  die  Stadt  erleuchtet ;  diese  armen  sind 
gott  zu  ehren  gekleidet  worden ;  meinem  bruder  soll  es  zu 
liebe  gethan  werden,  mhd.  den  herren  ze  minnen,  minem 
gote  ze  minnen,  iu  allen  ze  minnen.  der  dat.  darf  auch  nach- 
stehen: zu  folge  diesen  meidungen;  zu  folge  den  gewissen 
gründen,  die  wir  angeführt  haben.  Kant  1,46;  trotz  allem 
diesem  gerede ;  ich  thue  es  trotz  dem ;  zu  ehren  dem  könige 
fand  beleuchtnng  statt,  in  diesem  fall  der  nachsetzung  ziehen 
einige  den  gen.  ror:  zu  folge  dessen;  trotz  dessen;  zu  folge 
dieser  meidungen ;  trotz  des  schlimmen  wetters ;  doch  deutscher 
scheint  der  dal.  es  ist  fiberall  ein  dat.  commodi  und  niciit  etwa 
daher  zu  läten,  dasz  da.^  vermögen  ihn  zu  regieren  aus  den 
rerben  folgen  und  trotzen  in  die  subsl.  folge  und  trotz  über- 
gegangen wäre,  diese  deutung  würde  nicht  auf  ehre,  liebe,  minne 
passen,  mit  'in  folge'  verbindet  sich  aber  nur  ein  stets  nach- 
stehender gen. :  in  folge  dessen,  in  folge  eingetroffenen  be- 
fehls.  verscliieden  davon  ist  'in  der  folge',  in  posterum,  in 
folge  der  zeit.  Göthe  26,  43. 

FOLGE,  f.  situla,  gelte,  biereimer,  milcheimer,  wobei  .\delijn6 
nicht  unpassend  an  balge,  balie,  schlauch  (l,  10S6)  erinnert,  nach 
Stieler  ISS  palella,  schüssel.  ich  würde  darin  zunächä  das  ror- 
hergehende  folge  4)  sehen,  weil  eimer  und  schusseln  hintereinander 
gereicht  werden,  auf  einander  in  der  reihe,  wenn  nicht  Akellng 
als  schueizerische  form  folken,  .Stalder  1, 389  dagegen  foile  an- 
gäbe, woher  folken  entnommen  ist,  weisz  ich  rächt,  folle  könrtte 
SU  follis  schlauch  und  balge  unmittelbar  gehören,  es  ist  ein  obe» 
weites,  unten  eng  oder  stumpf  auslaufendes  gefäsz,  in  das  die 
melkerin  noch  grüne  tannenreiser,  rinde  oder  gürlelkraut,  folle 
schübel  legt,  um  die  milch  durchzuseiJien.  diese  milchfolle  heiszl 
sonst  aucli  milchsiene  (Stalder  2, 210.  Maaler  290'),  miich- 
seihe.  vgl.  fluhfolle,  waldfolle  «mi  Aernar/i  «n/er  folgen,  folge 
für  biereimer  ist  in  der  Lausitz  üblich,  nach  Scham bach  274'  wäre 
folge  nur  der  schwimmende  deckel,  womit  die  slanne  verschlossen 
{cird,  damit  das  hier  niclä  so  schneit  sauer  werde,  so  wie  des 
bicrs  in  der  slanne  weniger  wird,  'folgt'  auch  der  deckel,  senkt 
sich  immer  tiefer,  'geit  dal',  doch  hat  die  milchfolle  keinen 
dec.'iel.  im  meL<;znischen  heiszen  ungleiche  grasflerke  oder  streifen 
wiesenland  (^eichfalls  folgen,  sonst  auch  brüche,  breiten,  breit- 
chen.  sprücke,  sprückchen,  entweder  nach  ihrer  gestaü  oder 
reihenfdge. 

FOLGEALTER,  n.  seculum,  von  sequi,  rfo.»  folgende  Zeitalter. 

FOLGEU.XND,  n.    relinaculum,   gängelband  für  kleine  kinder, 

mhd.  diu  wijin  hant 

leit  an  mich  ein  volgebant.    MSH.  1, 174*. 

FOLGEBEGRIF,  »j.  der  begrif  der  Verknüpfung  der  Ursache 
und  Wirkung,  mithin  auch  dessen  folgebegrif  der  kraft.  Ka.ht 
3,  167. 

FOLGEBESTÄNDIG,  ronsequent.  wird  von  Fichte  verschie- 
dentlich gebraucht:  die  deutsche  pbilosophie  übertrift  sehr  weit 

U8 


1875  FOLGEßESTÄNDIGKEIT  — FOLGEN 


FOLGEN 


1S76 


die  herschenden  Philosophien  des  dcrmaiigen  auswärtigen 
ausländes,  indem  sie  in  der  auslünderei  weit  gründlicher 
und  folgebeständiger  ist,  denn  jenes,  reden  an  die  d.  not.  212. 
vgl.  rechtshestündig. 

FOLGEBESTÄNDIGKEIT,  f.  consequenz:  indes  man  doch 
vielleicht  sehr  entfernt  ist,  ihnen  für  die  person  klares  be- 
wustsein  dessen,  was  sie  reden,  und  fulgebeslüudigkeit  bei- 
zumessen. 191. 

FOLGEDIENER,  m.  pediscqmts,  dicner,  der  seinen  Herren  be- 
gleilel,  ihm  auf  dem  fusze  nachlriU,  ahd.  fuo^folgo  (Grakf  3, 512). 
.«.  folgemagd. 

FOLGEGANG,  m.  ordo,  natura  rerum :  nun  hatte  er  das  grosze 
geschafl  muthig  anzutreten  und  zu  beginnen,  das  übrige  dem 
fulgegang  und  Schicksal  zu  überlassen.  Göthe  23,  21ü. 

FOLGEGEIST,  m.  genius  cumes.     s.  folgergeist. 

FOLGEGEMÄSZ.  conxequent :  zu  eintMn  gründlichem  und 
folgegeniäszcrn  nachdenken.  Fichte  reden  an  die  d.  nal.  192. 

FOLGEGEMÄSZIIEIT,  f.  comcquciUia :  durch  ihre  eiserne 
folgegemäszheit.  217. 

FOLGEGESCHLECIIT,  n.  jtosterilas,  nachkomnwnschafl  : 

doch  sie  kommt  die  vergeltende  zeit,   schon  winkt  sie  nicht 

lern  mehr, 
wo  es  dem  folgegeschlccht  zeichnet  den  leuchtenden  pTad. 

WlLH.   VON    HCMBOLDT   1,382; 

hat  mit  schände  bedeckt  sich  selbst  und  die  rolfrcgeschlechter 

zartgeschairener  fraun.  Ud.  11,433; 

wol  ziemt  es  dem  i'olgegeschlecht,   wo  immer  ein  fröhliches 

muhl 
gasifreunde  vereine,  mir  auch  volltriefcnde  schale  zu  weihn. 

Platen  IIs'. 
FOLGEHERSCHER,  n».  successor,  nachfolger  im  reich: 

ein  tulbend  war  das  band,  das  Aleiandern 
in  sclilüifen  schön  vom  haupte  fiel, 
und  allen  folgckerscherii  jenen  andern 
als  königszierde  wol  geliel.    Götuk  5, 154. 

FOLGEJAHR,  n.  annus  fulurus.  Stieler  879 
FOLGELEBEN,  n.  vUa  conscqucns,  conyrua: 

und  wenn  wir  unterscliiedcu  haben, 

dann  müssen  wir  lebendige  gaben 

dem  abgesonderten  wieder  verleihen, 

und  uns  eines  lolgelebens  erlreuen.    Götiik  3, 109. 

FOLGELEER,  cassus,  inutilis:  nicht  ein  folgeleerer,  sondern 
auf  unsere  moralische  beslininiung  bezogener  versländlicher 
glaube.  Kant  1,236;  gibt  es  nicht  auch  eine  heftige  und 
doch  zugleich  mit  bewustsein  vergebliche  Sehnsucht  (z.  h. 
wollte  gott,  jener  mann  lebte  noch!),  die  zwar  thatleer,  aber 
doch  nicht  folgeleer  ist.  rec/i/s/e/fre  (1798)  s.  160;  ein  folgeleeres 
schatlenwesen.  Pestalozzi  11, 17. 

FOLGELEISTUNG,/',  obedienlia:  zu  schuldiger  folgeleislung. 

FOLGELOS,  incongruus,  inutilis :  seiner  nachfahren  schwäche, 
thorheit,  folgeloses  beiragen.  Gotiie  6, 204;  das  folgerechte  und 
folgelose  handeln.  48,123;  fulgelose  plane  bildend.  48,120; 
zu  raschen  aber  folgelosen  planen  gegen  den  hof  verleitete. 
Schiller  1077'. 

FOLGEMAGD,  f.  pedisequa,  ahd.  fuojfolgA,  einfacher  blosz 
folgä,  alln.  fylgja,  gekücrin,  schutzgei.4,  auf  dem  fr.  thcaler 
suivanle,  die  aufwartende  dame  im  gefolge  der  künigin  oder  Iwldin 
des  stftcJis,  ihre  gespielin  und  vertraute,  siehe,  mensch,  gottes 
gute  ist  deine  folgemagd.  Scbiver  seelensch.  1,  6 ;  alle  andere 
lehrpuncte  und  gleichsam  die  dienerinnen  und  folgemägde, 
welche  dem  bräutigam  und  der  braut  aufwarten.  1,  263 ;  ge- 
meiniglich hat  die  gottseligkeit  die  armuth  zur  gespielin  oder 
folgemagd.  1,824;  armuth,  der  besten  gemüther  beschwer- 
liche folgemagd.  GoUhold  84; 

wenn  mactite  sich  das  lob  der  tugend  eigen? 

wenn  war  es  nicht  des  glückes  folgemagd?     Haobdorn  1,12; 

die  Philosophie  soll  keine  folgemagd  der  theologie  sein. 

FOLGEN ,  sequi,  comilari,  lit.  sekti,  alid.  folken,  folgen, 
folg^ta,  mhd.  volgen,  und  so  schreibt  Maaler  472*,  alts.  fulgun, 
folguian,  nnl.  volgen,  ags.  fylgan  fylgde,  fyligean  fyligde,  eiujl. 
follnw,  fries.  fulgia,  folgia,  f(dia,  altn.  fylgja  fylgdi,  schw.  fiilja 
följde,  norv.  fylgja  fylde,  dän.  folge  fnlgle.  aber  kein  gotli. 
«ort  tntspricJU,  nach  der  ahd.  form  luUle  man  fnigan  fulgaida, 
nach  der  ag$.  und  altn.  fulgjan  fulgida  zu  eruarlcn.  dafür  ifll 
laiKijan,  tesli^a  premere,  narJUrrIrn  oder  afarlaisljan,  afargaggan, 
vie  auch  ahd.  leislan,  altt.  b^stian,  ags.  Ixstan,  nhd.  leisten 
ursprüntßich  sequi,  dann  exsequi,  j/raaUare  bedeuten,  vie  zu 
fassen  ist  nun  folgen  oder  jenes  nur  tcrmulele,  nie  vorlianden 
gewesene  fulgan?  auf  das  selbst  dunkle  felgan,  falgan  (.</).  141(3) 
leUH  es  nsdU,  eben  so  wenig  auf  fulgins,  rondUu»,  occultus  nm 
AUuo.     dock  dat  ttusfullvnde  g  in  folia,  fOlja,    fullow  gemahnt 


an  füllen,  goth.  fnlljan  impUre  und  fulls  plenus.  denn  u-ie  aus 
laistjan  sequi  ein  ahd.  leistan  efftcere,  implcre,  explere  wurde, 
scheint  umgckeltrt  aus  fulljan,  füllen,  exseqiU  ein  folgen  sequi  her- 
vorgegangen. 11  in  fulls  kann  nicht  der  ursprünglichen  gestalt  des 
Worts  gehören,  wcui  man  sclion  an  nXios,  tiÄjjoijs  sieht,  entweder 
ist  es  aus  In  ron  plenus,  lit.  pilnas,  sl.  pl'n"  [vgl.  Stella  aus 
stelna,  stairno)  zu  erklären,  oder  aus  li,  das  dann  leidit  in  Ij, 
Ig  übergieng,  wie  uns  gerade  follis  und  halgs,  folle  und  folge, 
balie  vorlagen,  balg  wäre  der  schlauch,  folge  cimer  und  schüssel, 
die  gefüllt  wtrden  und  beigen  lumere  (l,  1447)  liesze  sidi  einem 
iinpleri  gleiclislcllen.  dasz  der  begrif  des  mllen  in  folgen  irgend 
mitspiele,  zeigen  uns  die  Zusammensetzungen  goth.  fullafahjan 
servire,  ahd.  follaziohan  juvare,  follazuht  auxilium  und  zumal 
folleistan,  ags.  fylstan  juvare,  die  dem  cinfacfien  laistjan,  leistan 
entsprechen,  ahd.  folieist,  follust,  ags.  fries.  fylst  auxUitim.  für 
volleisten  wird  aber  hctile  gesagt  folge  leisten,  was  den  Zusam- 
menhang zwischen  voll  und  folge  schlagend  besldtigl  und  man 
erwäge  nocli  vollbringen,  vollführen,  vollstrecken,  die  sämtlich 
cxscqui,  implcre,  also  was  die  einfachen  folgen  und  leisten 
ausdrücken,  Wii.lerams  vollevolgün  (Gkaff  3,  512)  iräre  ein 
fdeonasmus.  aus  der  ännlichcn  Vorstellung  des  tretens  in  die 
spur,  des  hinten  nach  geUens,  des  Stehens  zur  seile  entfaltete  sich 
in  vielen  Wörtern  die  abstraction  der  hilfe  und  des  beustandes. 
icli  nehme  an,  dasz  hier  sequi  odir  das  goth.  laistjan  der  älteste 
begrif  ist,  exsequi  oder  nhd.  leistan  der  spätere;  in  folgen  war 
eigenlUch  der  letztere  enthalten  und  wurde  dann  auch  auf  den 
er.^leii  erstreckt,  möglich,  dasz  beide,  voll  und  folgen,  auf  eine 
Wurzel  filan  zurückijehen  und  die  waltrnehmung  des  formverhalts 
in  fulgan  kann  noch  für  andere  lg  wichtig  werden,  z.  b.  für 
tulgus  (sp.  1558)  von  der  würzet  tilan. 

auf  alles  werden  noch  die  bedeutungen  des  nhd.  folgen  licht 
werfen. 

1)  leiblich  folgen,  nnchgehn,  mit  dat.  pers.,  wie  axoXov&tXi'  rit'i, 
aber  goth.  laistjan,  wie  tat.  sequi  und  comilari,  geleäen,  begleiten 
mit  acc,  folgen  hat  den  persönlichen  casus  des  cüid.  leistan. 
meister,  ich  wil  dir  folgen,  wo  du  hin  gehest  (golh.  laisari, 
luistja  jiuk  |)ishvadiih  |)adei  gaggis,  alid.  meistar,  ih  folgen  thir 
so  wara  so  thft  gcs).  Malth.  8, 19 ;  folge  du  mir  (goth.  laistei 
afar  mis,  ahd.  folge  mir).  8,22;  und  seine  jünger  folgelen 
im  (goth.  afariddjednn  imma,  ahd.  folgetun  imo).  8,23;  folge 
mir,  und  er  stund  auf  und  folgete  im  {golh.  laistei  afar  mis, 
jah  usstandands  iddja  afar  imma,  alid.  arstantanti  folgela 
imo).  9, 9 ;  neme  sein  creuz  auf  sich  und  folge  mir  (ahd. 
nenie  sin  crüci  inti  folge  mir).  16,24;  neme  sein  creuz  auf 
sich  teglich  und  folge  mir  nach  {goth.  nimai  galgan  scinana 
dag  hvanöh  jah  laistjai  mik).  Luc.  9,  23;  und  er  gieng  binauH 
und  folgt  im.  apostclg.  i1,  9 ;  hän  ich  weder  Aristoteli  wider- 
sprochen noch  Ptolemeo  noch  andern  meistern,  die  den 
volgent.  Megenberg  78,  28;  den  (quibus)  si  nit  gcvolgen  mag. 
281,  23. 

mhd.  dö  gie  sie  zuo  dem  münster,  ir  volgete  manic  wtp. 

Nib.  29«,  1 ; 

d£n  edelen  küniginnen  volgete  manic  kücne  man.    754,  4; 

minr  ritr  im  volgeten  fünfe  dar.    Pur:.  618,28; 

und  Voigt  im  swar  er  körte.    Iw.  3SS0. 

die  töchler  sollen  vor  der  mutler  her  gehen,  die  söhne  dem 
vater  folgen.  HA.  409;  das  beer  folgt  seinem  führer;  die 
berdc  folgt  dem  hirt ;  die  schafe  folgen  dem  leilhammel ; 
also  folget  ein  gans  der  andren  gans  nach.  Keisersb.  selen- 
parad.  20l';  man  sagt  auch  einem  znge,  der  leiche  folgen 
(GüTHE  16, 192) ;  einem  zu  fnsz,  zu  pferde  folgen,  mhd.  ze 
fuojen  folgen.  Laker  170;  der  fabne  folgen,  hinlir  der  fahne 
hergehen,  im  beer  folgen ;  dem  kalbfeil  folgen,  hinter  der  Irom- 
mel  gehn.  Simjd.  rogeliiest  2,  22  {mehr  unter  11).  den  ort  l>eslim- 
men  praeimsitionen  näher:  einem  in  den  wald,  in  das  haus,  in 
die  kaumier,  in  das  bett  folgen ;  an  den  berg,  an  den  lisch 
folgen;  auf  die  bank,  auf  den  tburm;  über  den  Steg,  über 
die  brücke  folgen,  dem  wege,  dem  pfade,  dein  steig,  der 
strasze  folgen ; 

mhd.  einen  slic  ich  äl\  gevlenc. 

der  tnioc  mich  rt^  der  wilde, 

dem  vulglu  ich  eine  wile.    Iw,  277; 

und  vülget  einer  RlrAje.  3827. 
axolov{yt'o>  ist  ijrlnldrl  nach  xt'XevO'os  und  laistjan  drückt  aus 
dasz  der  folgende  seinen  fusz  in  den  laist,  die  spur  des  voran- 
gegangenen setzt :  da}  er  dem  weg  volge  und  in  die  gruob 
vall.  Mecenherc  163,  12.  ich  folgte  meinen  äugen,  rinrni 
licht,  das  aus  der  ferne  brach,  einem  schrei  den  ich  vernahm. 


1877 


FOLGEN 


FOLGEN 


1878 


es  kann  auch  folgen  ganz  allein  stehen,  ohne  casus,  die  sieh 
leicht  hinzu  denken  lassen:  ich  folgte  von  weitem;  kein  geist- 
licher folgte  {der  leiclte);  die  ganze  gemeinde  folgte;  beim 
zuruf:  folge I  folget! 

folg,  ruft  ein  teufel,  folgl    Höltt  in  Adelst,  und  Röschen, 

2)  beipflichten,  zuslimmen  (s.  folge  2),  in  einer  sache,  die  den 
gen.  fordert,  ganz  wie  auch  bei  helfen  dat.  der  pers.,  gen.  der 
sache  statt  hat  (gramm.  4, 664).  die  person  kann  ausgedrückt 
sein,  oder  vegbletben.  ursprünglich  gierigen  «ol  die  zustimmenden 
der  fuszspur  des  urlheilenden  leiblich  nach. 

a)  blofzer  geu.  der  sache.  ahd.  sih  nu,  daj  wir  dero  liuto 
wänes  folgende  ze  ungioublih  ting  ne  festenöen,  vide  igitur 
ne  opinionem  populi  sequentes  quiddam  ralde  inopinabile 
confecerimus.    N.  Bth.  224. 

mhd.  er  sprach,  ir  herren,  wolt  irs  volgen?    Rcinh.  1434; 
des  mügen  dise  herren  volgen  wol.    lt)32; 
des  volge  ich,  sprach  Isengrin.    1756; 
des  volgetens,  wand  ej  was  reht,    1645; 
des  Tolge  ich,  sprach  Liddamus.    Parz.  421,13; 
des  volgien  al  die  rätgeben.    426,9; 
man  den  helt  des  volgen  sach.    548,19; 
done  wolt  ers  niht  volgen.    Iu>.  "335; 
min  eines  loben  ist  ein  wiht, 
und  volgens  ander  liute  niht.    Fheidank  61,2; 
des  wil  ich  gerne  volgen.    Aifi.  274, 1 ; 
des  wart  dö  von  den  gasten  gevolget  güetlichen  sint. 

554,  4. 

b)  gen.  der  sache ^nd  dat.  der  person:  ahd.  so  Adam  teta, 
dö  er  dero  chenün  rätes  folgeta,  der  frau  in  ihrem  rath  folgte. 
N.  ps.  1,1; 

gerne  ich  iu  des  volgen  wil.    a.  Heinr.  828; 

des  volget  mir,  her  Iwein.    Iv.  2912; 

dö  wart  gevolget  Gahmurete 

einer  böf<chlichen  bete.    Parz.  45,29; 

swer  nu  des  wil  volgen  mir.    516,3; 

des  volge  wir  dir  alle.     TrUt.  81,40 

der  rede  im  dö  gevolget  wart.  Wigal.  208,30; 
nhd.  sind  solclie  genilive  nur  Jrüherhin  zu  finden:  item  was 
urteile  zu  Neftenbach  stöszig  werdent,  das  sei  man  ziehen 
für  die  oberhand  (an  den  oberhof),  ob  er  {der  geurtheilt  hat) 
zwen  hat,  die  im  der  urleil  gevolget  hant.  treisth.  1,  78 ;  der 
schultheisz  fragt  die  einzelnen  schaffen  'volgt  irs'  ?  1,  810 ;  und 
ee  du  will  einen  menschen  erzürnen,  so  ubergibstu  ee  got  und 
die  gerechtikeit  und  sagst  ee  ich  folgs,  ich  folgs'.  Reisers- 
BERC  drei  Marien  5l';  und  folg  mines  rots  (rals),  den  ich 
dir  gib.  bilger  25*;  wiltu  meines  rats  folgen.  Fierabras  Dö; 
folget  er  raths,  so  ist  ihm  geholfen.  Agricola  sprichw.  30. 
späler  und  heute:  in  einer  sache  folgen,  einem  darin  folgen; 
in  dieser  ansieht  folge  ich  dir  nicht. 

3)  gehorchen,  ohne  dasz  die  Vorstellung  des  sinnlichen  nach- 
gehens  darin  liegt: 

mhd.  rät  ich  iu  wol,  so  volget  mir.  Iw.  826; 
DU  volget  mir.  1230; 
kinder  sollen  ihren  eitern  folgen ;  liebes  kmd,  wiltu  folgen, 
so  wirstu  weise  und  nimpstu  es  zu  herzen,  so  wirstu  klug. 
Sirach  6,33;  gehorchet  ewren  lerem  und  folget  inen.  Ebr. 
13,17;  der  kranke  folgt  dem  arzt;  folge  der  mutter  in  allem 
was  sie  sagt ;  man  braucht  dem  raädthen  nur  zu  winken, 
so  folgt  es ;  ich  will  der  stimme  der  natur  folgen ;  wer  nicht 
folgt,  der  musz  büszen.  sich  iconach  richten,  es  nachahmen: 
er  folgt  seinem  köpf;  folge  seinem  beispiele  nicht. 

4)  in  der  reihe  folgen,  wobei  zwar  auch  der  dativ,  gewöhn- 
lich die  praep.  auf  verwandt  wird:  den  veilchen  folgt  die  rose, 
violis  succedtt  rosa ;  eine  schüssel  folgte  der  andern ;  ein  w  ort 
tolgte  dem  andern,  gab  das  andere;  boten  folgen  auf  boten; 
thräne  folgte  auf  thräne; 

ein  schauer  faszt  mich,  thräne  folgt  den  thränen.  Göthk  12,  6. 
heftige  reden  folgten  aufeinander;  auf  den  winter  folgte  ein 
milder  frübling.  den  folgenden  tag,  im  folgenden  jähr;  die 
folgenden  theile  des  werks. 

5)  erfolgen,  eintrelen,  von  statten  gehen :  sauft  euch  nicht  vol 
weins,  daraus  ein  unordig  wesen  folget.  Epties.  5, 18 ;  denn 
wo  man  was  newes  für  hat,  da  musz  der  vier  eines  komen, 
das  es  gut  oder  böse  werde,  das  leben  oder  tod  draus  folge. 
^rach  37,  21 ;  die  zeichen  aber,  die  da  folgen  werden,  denen 
die  da  gleuben.  sind  die.  Marc.  16, 17 ;  es  sollte  vielleicht 
mir  schleuniger  folgen  (jeroiAen),  denn  inen.  Luthers  fcr.  1, 436 ; 
das  sagte  er  deutsch,  denn  das  latein  wollte  ihm  nicht  länger 


folgen.  KiRCHBOF  wendunm.  451';  er  verneiszt  viel,  aber  es 
folgt  nichts ;  die  kanonen  waren  geladen,  doch  kein  schusz 
folgte;  schon  ist  drei  wocben  dürre  und  kein  regen  folgt, 
folgen  drückt  auch  aus  zugesandt  werden:  hierbei  folgt  ein 
ring,  den  du  verloren  hast;  hier  folgen  alle  briefe,  die  für 
dich  eingegangen  sind,  altn.  fylgiast,  ddn.  füiges. 

6)  es  folgt,  sequUur;  das  folgt  nicht;  aus  allem  was  du 
gesagt  hast  folgt,  dasz  du  dich  irrst ;  wenn  ich  den  schatten 
einer  person  bei  mir  führe,  musz  es  nicht  folgen,  dasz  das 
original  mir  werth  ist?  Schiller  153";  aus  der  fabel  folgt, 
dasz  man  einen  kleinen  feind  nicht  verachten  solle;  was 
würde  alles  daraus  folgen;  der  brief  lautet,  wie  folgt;  es 
schrieben  auch  die  Römer,  wie  folget.  2  Macc.  11, 34. 

7)  folgen  lassen,  verabfolgen:  ir  wollet  meinem  weihe  die 
guter,  so  sie  hat,  lassen  folgen.  Luther  3,137*;  wii  er  dir 
etwas  nemen  und  schaden  thun,  so  soltu  es  folgen  lassen, 
als  geschähe  dir  recht  daran.  1,76';  darunib  ist  an  dich 
mein  bitt,  wollest  meinem  treuwen  diener  alles  mein  gut  willig 
folgen  lassen,  buch  der  liebe  257,  4 ; 

als  nun  der  rab  sah,  wie  sie  frasren, 
sprach  er,  ir  werdl  mir  folgen  laszen 
des  raubs  ein  ziemlich  theil.    Alberus  105; 

der  buer  liesz  Ulenspiegel  und  sinem  gesellen  das  tuch  folgen. 
Eulensp.  cap.  6S ;  er  liesz  im  den  schild  folgen.  Octavianus  m. ; 
befahl,  dasz  man  ihm  seinen  unterhalt  reichlich  folgen 
lassen  sollte,  pers.  rosenlh.  1,  20;  denn  ob  sich  zwar  die 
obrigkeit  ins  mittel  schlug  und  mir  als  einem  verthulichen 
menschen  nichts  folgen  liesz.  Weise  er;n.  78 ;  ich  wil  sie 
ihnen  allemal  ohne  entgeh  folgen  lassen,  dessen  liebesalliance 
235.  dies  folgen  lassen  ist  gleichsam  etwcu  aus  der  hand  lassen, 
los  lassen,  dasz  es  einem  andern  folge  und  angehöre,  also  es  dem 
andern  überlassen  und  gewähren,  hier  erscheint  wieder  der  zusam~ 
menhang  zwischen  folgen,  leisten  und  gewähren,  in  etwas  an- 
dern sinne  sagen  wir  heute:  gott  läszt  uns  wieder  Sonnenschein 
auf  regen  folgen,  d.  i.  nach  dem  regen  Sonnenschein  eintreten. 

8)  ebenso  stellt  folgen  auch  ohne  lassen, 

a)  intr.  für  ausgehändigt,  ausgefolgt,  verabfolgt  werden:  so 
soll  dem  kieger  auf  sein  betewrung  mit  dem  eide,  dasz  im 
solche  guter  geraubt  oder  gestolen  worden  seien,  geglaubt 
werden,  und  im  dieselben  abermals  in  maszen  als  obsteht, 
darauf  volgen.  Carolina  ort.  208  und  öfter, 

b)  tr.  für  aushändigen,  ausfolgen,  verabfolgen,  gewähren,  mit  aec. 
und  im  passivum  nom.  der  sadte:  wurden  des  zufriden,  dasz 
sie  im  sein  bet  wollen  folgen.  Eulensp.  cap.  58;  ihm  ward 
das  lösegeld  gefolgt.  Lohensteix  Arm.  l,  868 ;  kam  gleich 
den  andern  tag  ein  trommelschlager,  uns  abzuholen,  dem 
wurde  der  corporal  und  drei  andere  gefolgt.  Simf4.  K.  466 ; 
ein  diener  begehret  von  einem  reichen  kaufmann  kostbare 
waaren  in  seines  hetren  namen,  dessen  hand  in  einem 
schriftlichen  schein  er  vorzulegen  hat,  worauf  sie  ihm  wil- 
ligst gefolget  werden.  Scriveb  seelensch.  2,  503. 

9)  ladelhaft  aber  sclieint  -der  acc.  bei  folgen,  irenn  es  befolgen 
ausdrückt,  im  sinne  des  lat.  sequi  oder  goth.  laistjau:  thUren 
wir  doch  nicht  das  wagen,  das  wir  alle  werk  und  wort  unsers 
herrn  Christi  folgen  möchten.  Lcther  5,167';  .Maria  wil  viel- 
mehr, das  wir  die  e.\empel  ires  glaubens  und  ihrer  demuth 
folgen  sollen.  Jonas  bei  Luther  6,447';  wofern  sie  klug  sind, 
werden  sie  meinen  rath  folgen.  Liscov  104.  hier  wären  dte  datire 
allen  werken  und  worten,  den  exempeln  und  meinem  rath 
deutscher,  gleich  fehlerhaft  ist  folgen  für  prosequi  oder  persequi, 
verfolgen:  Taubmanns  vater  halte  die  freien  künste  undstudia 
nicht  gefolget,  sondern  einem  ehrlichen  bandwerk  sich  er- 
geben. Brandts  berichi  von  Taubmann  s.  8.  erträglicher  wird 
das  participium  gefolgt  für  begleitet:  der  bischof  trat  hervor, 
gefolgt  von  allen  geistlichen ; 

ein  römischer  hauptmann, 
von  der  wache  gefolgt.      Uessias  14,165; 

ein  baldacbin  wankte  herauf,  von  östreichischen  kriegem 
begleitet,  gefolgt  von  zeitigen  autoritäten.  Götbe  43,  265,  alUs 
nach  fr.  suivi  de. 

10)  im  praet.  setzt  zu  volgen  die  mhd.  spräche  'hin': 

üj  minis  vater  lande 
hast  du  mir  gevolgöt.    kaiterchr.  11S93- 
daj  ir  sin  iht  wurde  gewar, 
dem  er  het  gevolget  dar.    Er.  226  ; 
Rennewart  d*r  starke 

het  im  ze  fuoj  gevolget  dan.    Wh.  226,13, 
■  Josweijen  müeie  sire, 
daj  IT  Terramere 
gevolget  hete.    3»8,3; 

118* 


1879 


FOLGEN— FOLGEND 


FOLGENDERGESTALT  — FOLGENDS  1880 


wir  sulo  iu  langer  dienen,  den  wir  her  gevolget  hän. 

Mb.  b44,4; 
ich  hAn  onch  in  der  wilde 
dem  vögele  nut  dem  wilde 
gevolget  unde  nach  gezogen.    Trisl.  429,27; 
des  Stern  schein  in  unser  lani, 
dem  hän  wir  her  gevolget  sider.    Jeaus  81,72; 
DU  chora  in  vil  pereile 
der  Stern  ir  geleite, 
dem  si  dar  gevolget  häten.    81,86; 
owe  das  ic''  gevolget  hän 
der  muoier  min  und  ir  geböte,    tr.  kr.  16630. 
SO   auch  Irülierhm   noch   die   nhJ.:    er   hat   auch  gevolgt  den 
maistern.  MECtNBKBC  4i)4, 11 :  darumb  das  er  trewiich  dein  lierrn 
gefolget  Lal.  5,Wos.  1,36;  darumb  das  du  dem  herrn  meinen 
golt  treMÜch  gefolgel   hast.  Jos.  14,  9 ;  das  wir  nicht  gefulget 
haben  der  sunde  unser  vetcr.  Judith  8,15;    denn  wir  haben 
nicht    den    klugen  fabeln  gefolgel.    2  Pär.  1,16;    dergleichen 
hat  die  kirche  gefolget  und  prediget  die  passio.  Mei.anciith. 
im  corp.  doctr.  ehr.  682 ;  das  ist  war,  das  sich  ellliclimal  ein 
wölkiin  zwischen  uns  erhaben  hat,  nach  dem  wol  ein  ungestüm 
Wetter  gefolget  hett,  wo  ich  demselben  nit  mit  eim  freund- 
lichen anblick  entgegen  komen  were.  Alberus  eAtücWin  B  3"; 
dann  wo  ir  hin  gelaufen  seid, 
dahin  bab  ich  euch  alle  zeit 
gefolget,     hnop  105; 
welcher   seinem    valer  in  der  regierung  soll  gefolget  haben. 
.MicRÄLiLs  2,205;    könig    Ferdinandus    mit    königlicher   krön 
und    kleidung    angethan    hat    nebenst    den   geistlichen  cbur- 
fiirsten  gefolget.  3,524;  ach!  hätte  ich  ihnen  gefolgt,  liebste 
miss,  so  wären  wir  jetzt  durch  ein  band  verknüpft.  Lessing 
2,  46 ;    diesem    exempel    haben    hernach    andere    comödien- 
schreiber   gefolgt.   3,  253;    endlich   habe   ich   ihnen    gefolgt. 
3,301;    hätte  ihm  Pope  gefolgt.    5,31;    dieser  erste  gcdanke 
war  sehr  gründlich  und  würde  ihm  vieles  iingeinach  erspart 
haben,    wenn    er   seiner   eingebung   gefolgt   hätte.    VVielanü 
3.26;  ich  habe  dem  süszen  zug  der  menschlichkeit  gefolgct 
und    die    Ihränen  der  unglücklichen  abgewischt.    14,43;    ich 
hab    deinen  vermaledeiten  lehren  gefolgt,    aufs  haar  gefolgt. 
Wacnebs  kindcntii'irdciin  44.     allmdlich  kam  aber  'sein'  in  brauch, 
irie   es   sich   zu  dem  intransitiv  gewordnen  folgen,    seil  die  Vor- 
stellung exsequi  ganz  daraus  gewichen  war  besser  schickte,  obschon 
fr.  a  suivi    und  a  ete    für   unser  ist  gefolgt  und  ist  gewesen 
gilt,     in  derselben  sidle,  wo  Lessisg  5,  31  hätte  ihm  Pope  ge- 
folgt  schrieb,    fügt   er  hinzu:    aber   was  weisz  Pope  hiervon, 
der  dem  Schaftesbury  gieichwol  soll  gefolgt  sein?;  nach  den 
nemlichen  grundsäfzen,   denen  er  in  seiner  Staatsverwaltung 
gefolgt  war.  Wieland  3, 111 ;  er  ist  mir  auf  dem  fusz  gefolgt; 
ich    bin    der    nachtigall    lange    durch   das   gebüsch    gefolgt; 
kühne   reiter  sollen  dem  fliehenden  feind  bis  an  den  ström 
gefolgt  sein,     dies  activc  gefolgt  sein  verwechsle  man  nicht  mit 
dem  passiven   nach  9,    z.  b.    seine    gnaden   ritten  seit  einiger 
zeit   nur   selten    ohne   von   einem    groszen  theil  ihrer  livrec 
gefolgt  zu  sein.  Siegfr.  von  Lindenb.  2,  264.      für  die  dritte  be- 
deulung  des  gehorchcns  dauert  noch  jetzt  haben:  das  kind  hat 
nicht  gefolgt,  nie  ist. 

11)  hier  noch  einzelne  rcdcnsarlen :  einem  aufs  eis  folgen; 
sfiejer  Worte  ist  er  so  wis, 
dai;  man  si  mohte  schrilien, 
den  volget  ich  unz  nl  da^  is, 

der  schade  muo^  mir  bclibeii.  Hartmanns  liedcr  15,2; 
der  schmid  hell  dann  für  ein  Sprichwort,  wann  der  knecht 
fast  mit  den  beigen  blasen  soll,  so  sjirach  er  'ha  ho,  folg 
mit  den  beigen!'  also  nam  Tlenspiegel  den  einen  balg  auf 
den  hals  und  folgt  dem  meister  nach  in  den  hof  und  sprach, 
•hie  bring  ich  den  einen  balg,  wo  soll  ich  ihn  hinthun? 
ich  wil  gon  den  andern  auch  bringen',  hist.  39.  so  wird  auch 
bei  einer  musik  gerufen  'folge  mit  den  pauken  nach!'  der 
trunuiiel  oder  dem  kalbfell  folgen  heiszt  sotdut  werden :  als  ich 
nun  zwei  jähr  dag  .schneiderhandwerk  geleruet  und  ich  das 
Tierzehonde  jähr  erreichet,  rief  er  mich  an  einem  abend  zu 
sich  und  sagte  -Serapion  hörcl'  ich  sagte  'was  vater?'  er 
sprach,  'du  bist  schon  14  jähr  alt  und  wird  nun  vonnothen 
sein,  dasz  du  dich  in  die  well  machest,  anjetzo  kommen 
junge  Icute  am  besten  fort,  wer  nicht  der  nadel  nachziehen 
will,  der  mag  dem  kalbfell  folgen,  du  hast  die  wähl  in  beiden', 
unip.  doct.  357. 

j.  abfulgen,  aunfolgen,  befolgen,  beifolgen,  erfolgen,  niit- 
folgen,  nachfolgen,  verfolgen,   verabfolgen,  zuriickfolgrn. 

KUJiKND,  deincejii ,  ponlea ,  icol  nhd.  folgt^mlo:  denn 
S.  Auguxlin  selb»  legt  sich  aus,  da  er  folgend  spricht.  Luther 
3,  521';    folgend    ziehen    sie    dcu    andern    lag    gen    Emaus. 


bienenk.  150';  die  samenzeit  bringt  wenig  freufle,  aber  viel 
mühe  und  arbeil,  welche  auch  eine  Zeitlang  scheinet  ver- 
loren zu  sein,  jedoch  folgend  .eine  reiche  ernte  und  viel 
freude  gebieret.  Scriver  seetensch.  2,  500.  Luther  setzt  es  aber 
auch  für  folglich,  consequenter :  weil  du  nicht  weist,  was  wider 
die  Schrift  und  folgend  viel  weniger  verstehest,  was  ketzerisch 
und  zu  verdammen  sei.  1,6'2';  also  haben  folgend  etlich  kur- 
furslen  .  . .  mit  mir  gehandelt,  br.  1,  596. 

FOLGENDKHGtSTALT,  hoc  modo:  damit  verhielt  es  sich 
aber  folgeudergestalt.  Gothe  26, 49. 

FOLGE.NÜEUMASZEiN,  dasselbe:  da  ihm  jenes  epitaphium 
des  von  der  princessin  geschossenen  wildes  folgendermaszeu 
gelungen  war.  Göthe  26, 77 ;  man  erklärte  sich  gegen  den 
werthen  mann  vertraulich  folgendermaszeu.  44,81;  so  würde 
unsre  recension  sehr  kurz  und  zwar  folgendcrmaszen  aus- 
fallen. 49,173. 

FOLGENDLICH,  consequenter:  es  ist  zwar  ihr  Interesse 
und  nutzen  und  folgendiich  auch  meiner  dabei  nicht  ver- 
gessen worden,  coust'/imac/ier  24 ;  andertens  wird  man  sagen, 
ich  were  niemahlen  in  Spanien  gewesen,  volgentlich  wüste 
ich  auch  nicht  diese  Sachen.  Wiener  archiv  16,23;  und  wird 
der  gr.  Sinzendorf  eine  von  beiden  keiserinnen  blinder  weis 
zu  secundieren  nicht  ermangelen,  volgentlich  mir  schwer 
fallen  den  köpf  zu  bieten.  16,  25. 

FÜLGENDS,  deinceps,  deindc,  in  der  folge,  nachgehends,  nachher : 
nach  diesem  Noah  und  seinen  kindern  ward  hernach  Abraham 
erwecket  die  kirche  gottes  zu  erhalten  und  folgends  alle 
heilige  propheten.  Luther  8,  288";  da  bekleidet  sich  die 
schöne  Magclona  wieder  mit  iren  kleidern,  wie  sie  gewohnet 
war  zu  tragen  im  spital,  und  gieng  volgends  in  die  kammer 
zu  dem  Peter,  buch  d.  liebe  43,3;  wie  denn  auch  folgends 
bescliehen.  Idiensb.  Götz  v.  B.  6;  bin  ich  folgends  zu  herrn 
Conrad  von  Berlichiiigen  kommen.  7;  sehr  häufig  im  Amiulis 
von  1561,  z.b.  folgends  grif  er  zum  wehr.  365;  folgends  als 
sie  bei  einer  halben  meil  für  kommen.  366;  folgends  fragten 
ihn  die  hirten.  367.3(19.376.378.380.383.392.393.400.401.404 
u.s.u'.;  so  lange  ich  folgendes  lebe.  Schweimchen  2,2;  hat 
er  sich  aus  Preuszen  erhoben  und  sich  folgendes  nach  Daciain 
{Dänemark)  gewendet.  MicbXi.ils  1,  59;  folgends  verstörten 
sie  Hamburg.  2,  203 ;  folgends  {schnilzcll  er  Him)  noch  zehen 
oder  zwölf  (pferd)  zu  dem  prangen  und  siben  zur  post.  Garg. 
132';  folgends  führet  er  sie  wider  durch  einen  weiten  saal 
und  von  dannen  erst  zu  seiner  kammer.  134";  letzlich  lan- 
deten sie  zu  Paris,  allda  er  sich  zwcen  oder  drei  lag  von 
der  reis  erquicket  und  kreuzgut  leben  mit  seinen  gefärten 
führet,  auch  folgends  fragt,  was  es  für  weise  gelehrte  leut 
da  helle  und  was  sie  für  wein  trinken?  14s';  folgends  gieng 
er  auch  hin.  19l';  folgends  in  eim  luftsprung  erhob  ersieh 
wider  mit  ganzem  leib  in  höhe.  230';  folgends  warf  er  seinen 
gaul  zur  linken  umb.  256';  folgends  fühlt  sie  Sirozzagurgel 
in  ein  saal  und  liesz  ihnen  auftragen.  260';  folgends  liesz 
er  des  von  Schnaderentingen  cörper  ehrlich  bestalten,  aber  des 
Truckdendilen  leichnamsstück  über  die  mawren  schlaudern. 
264';  hiesz  folgends  das  ganz  beer  ruhen  und  guter  ding 
sein.  267*;  an  der  h.  drei  künig  tag  bachcn  sie  kuchen, 
stecken  ein  bon  oder  pfenning  drein,  theilens  aus,  geben 
erstlich  Christo,  darnach  Marien,  folgends  den  h.  drei  königen 
ire  stück,  und  letzlich  jedem  im  haus,  bienenk.  U9' ;  folgends 
können  wir  das  pfaffenopfern  der  iness  aus  dem  propheten 
Malachia  krafiiglich  bewehren.  73', 

als  folgends  sie  auf  Basel  kamen,    gl.  schif  1041; 
und  folgends  idcr  sich  bereit 
im  sclnuzi'uhaus  mit  seinem  Tan.    1064; 
den  haben  in  seim  eignen  gehnus 
wol  mehr  denn  halb  gufressn  die  meu«, 
und  der  hagel  fülgcU  [für  lolgents,  lolgends)  rrschlign. 

AtHKR   124' i 

die  Armee  nahm  keinen  verzugT 
zu  C.uüie  bald  zusamou  ruckt, 

frisch  aul! 
zog  man  in  ('-inein  hui 
der  dossauischen  brücken  zu, 
folgends  gar  iu  die  «chanx.     Opri.  und  Oohn  165  (n.  1626); 

»o  nuisx  dein  her«  docli  weinen  ( ?  flennen) 
aus  wehmuth,  weich«  dich  fiir  alten  in  der  weit 
dem  hftrhsten.  der  dich  liebt,  nun  nftcbsii-n  bat  cestelll, 
und  durch  kein  glfick  und  TbII  wird  lolgen.U  von  ihm  trennen. 

Si»('j<  Uacm  H'; 
aus    solcher    ernsten    kunst  {des  pulteri)  hl  dies«  folgends 

kommen, 
dasz  lustig  («uerwcrk  den  umprung  hat  genommen. 
lloapLKB  bä; 


1881 


FOLGENDS  — FOLGER 


FOLGERECHT— FOLGERKUNST 


1882 


i'uo^rernvolk  hat  diese  sinnen,  der  zuerst  ihr  kränzlein  nimt, 
ileihi  gemeinlich  stets  der  liebste,  gebe  gott  werfolgendskünit. 

LocAi-  2,  »27, 10« ; 
kleiner  anlasz  macht  grosz  n-esen.    Glaiicus  sah  mit  halben 

blicken 
eine  magd,  der  must  er  folgends  für  zwei  leiber  speise  schicken. 

3, 156,5; 
doch  als  des  todes  band  ihm  die  gemahlin  raubte, 
empfand  man  was  Terlust  und  lolgends  welimut  sei. 
Chr.  Grtpuics  ],b4t); 

folgends  haben  sie  sich  zusammen  gethan.  pers.  reiseb.  2,  3 ; 
als  ich  die  buchslaben  kennete,  lernete  ich  buchstabieren, 
folgends  lesen  und  endlich  besser  schreiben.  Simpl.  K.  75; 
folgends  erschiene  ein  feldscherer  mit  scharfer  lauge.  126; 
gieng  er  zu  dem  freunde  und  bat  beweglichst  iim  hülfe,  be- 
kam aber  zur  antnort,  er  kenne  sein  nicht,  folgends  erhub 
er  sich  zu  dem  andern  freunde.  Bctschey  Palm.  469 ;  erstlich 
wachsam,  folgends  geschwind.  546;  das  also  dise  abgelehnte 
ausreden  von  künftig  stetem  schreiben  des  herren  nicht  ab- 
sondern, vilmehr  hierzu  anhalten  und  folgends  noch  mehr 
aufumnlern  werden  die  fedi-r  seines  beflissenen  dieners  N.  N. 
kanzlei  63;  von  seiner  abwesenheit  und  folgends  von  allem 
dem,  welches  ich  am  meisten  in  der  weit  liebe.  94;  weil 
{während)  sie  in  dem  süszsten  schlafe  lagen,  kriegten  sie  von 
ihres  gemahls  gegenwart  nicht  eher  nachricht,  als  bis  er  vor 
dem  ziinmcr  stunde,  sie  erschracken  ungemein  und  wüsten 
fast  nicht,  was  sie  vor  furcht  und  entsetzen  solten  anfangen, 
zumal  da  er  folgeuds  die  thür  aufschlösse  und  mit  dem  licht 
hinein  gienge.  Mex.4mes  gal.  well  1,  76 ;  ihre  artigen  inienen 
und  zuweilen  ein  sitsames  lachein  charmierten  Heralden,  wo 
es  ja  nicht  gänzlich  geschehen,  folgends  meisterlich.  1,82; 
machten  ihn  folgends  so  sehr  grausen.  1, 176. 

man  geiralirl,  tcie  eine  im  16  jh.  ganz  geläufige  parlikel  {auch 
Luther  rerwendel  sie,  doch  nicht  in  der  bibel)  im  17  seltner  rur- 
kommt ,  von  der  schripsprache  des  IS  völlig  aufgegeben  tcird. 
unter  dem  rolk  dauert  sie  hm  vnd  wieder  noch  heule,  merkwürdig 
in  Baiern  {Thüringen,  Sachseti)  auch  in  der  bedeutung  von  vollends 
(ScHs.  1,  52S),  wohin  sicli  auch  bei  Mexames  1, 177  'zwei  {damen) 
und  folgends  Schwestern'  nehmen  läszl;  bezeugt  das  nicIU  trieder 
den  zu):ammenhang  ton  folgen  mit  voll?     vgl.  fols. 

FOLGENLOS,  inutilis,  fruchtlos. 

FOLGE.NLOSIGKEIT,  /.  inconscquenz :  eine  auffallende  fol- 
genlosigkeit  in  unserer  denkungsart.  Fichte  über  die  fr.  revo- 
lution  loO. 

FOLGENREICH,  quod  magnum  eventum  habet:  ein  folgen- 
reicher krieg;  eine  folgenreiche  Unternehmung; 

wird  nicht  die  schnür  der  folgenreichen  stunden 
vom  Zufall  aufgewunden?    TucxielS, 27. 

FOLGENREICHTHLM,  m. 

FOLGENBEIHE,  f  series,  was  schon  im  einfachen  folge  und 
reihe  liegt,     s.  folgereihe. 

FOLGENSCHWER,  magni  momenti.     s.  folgeschwer. 
FOLGER,  m.  qui  sequitur,  ahd.  folgari,  mhd.  volger,  volgaere, ' 

swer  des  wibels  volger  ist, 

der  Wirt  gefuort  in  rosse  mist.    Ilenner  8.>31, 

irer  dem  käfer  nachfliegt,  wird  in  mist  geführt  oder  gefüttert? 
swer  in  danne  uiist.Tte  gibt, 
des  volg.Tre  enbin  ich  niht.    /w.  1SS6; 

Irlandsre, 
der  vrouwen  volga're.    Tritt.  290,6. 

ithd.  1)  assecla,  anhänger  einer  lehre,  behauplung,  gesinnting: 
alle  die  aus  Verachtung  göttlichs  gesetzes  eines  halsstarrigen 
irrthums  entweder  erfinder  oder  von  andern  erfunden  folger 
sind.  LtTTHER  1,17';  aber  zuletzt  folget  auch  draus  das  alle 
solche  folger  esel,  narren,  blind,  toll,  unsinnig,  rasend,  töricht 
und  tobend  sind.  3,529*;  jetzt  begercn  vil  Vorsteher  vil  von 
den  folgern,  das  sie  mit  eim  finger  nit  anregen,  kluge,  weise 
reden  1565, 135*.  1570, 143* ;  folger,  der  einem  im  urlheil  folgt, 
beistimmt ; 

o  gut,  0  böses  gut  was  kanstu  denen  geben, 

die  deine  folger  sind  und  dir  zu  diensten  leben!    Owi«  1.59; 

den  blinden  gab  er  liecht,  den  tauben  das  gehör, 

er  speiste  wunderlich  die  folger  seiner  lehr.    Flmisc  5; 

ein  gottloser  hübe  hat  hinter  meinem  rücken  mein  gebrechen 
offenbaret  ...  du  bringst  sie  nun  noch  näher  zu  mir  und 
bist  jenes  böser  folger.  pers.  baumg.  4,12; 

vertlucht,  was  Franzensittc  lehrt, 
und  jedem  folger  Quch  ! 

JoH.  Fried».  Hah:i  im  musenalm.  1773  s.  178. 


2)  suecessor,  natA folger: 

die  ungezeblte  zahl 
der  folger  dieses  prinzs  besiegle  ailzumahl 
das  weilberühmte  Rom.    Haigwitz  Maria  Sluarda  3,  t03; 
dem  frommen  Autonin  gefällt  der  edle  friede, 
sein  folger.  Antonin  der  weise,  wird  bald  müde 
der  kirchen  feind  zu  sein.    Casitz  s.  72  (214); 
ein  Staatsmann  sagt,  als  man  ihn  abgesetzt, 
sein  fulger  würde  zwar  von  ihm  sehr  hochgeschätzt. 

Websike  250; 
dasz  der  mein  folger  sei,  der  mir  am  gleichsten  ist.    295; 
misgünstig  sieht  er  jedes  edlen  söhn 
als  seines  reiches  folger  an.    Götue  9,9; 
allein  er  hat  das  haus  uns  übertragen, 
zwar  keinen  noch  zum  folger  sich  ernennet.    13, 1S2. 

3)  comes  funeris,  der  dem  sarg,  der  leiche  folgt.  Scbambach 
274*;  ein  grabgeleite  betrat  den  kirchhof,  sechs  träger  und 
zwei  folger.  Storm  sommergeschichlen.  Berlin  iSöl  s.  112. 

FOLGERECHT,  congruus,  consequent:  vor  allen  dingen  also 
handle  nur  stets  folgerecht.  Ksigge  umg.  m.  m.  1,53;  eine 
folgerechte  reihe  von  thaten.  Göthe  6,  99 ;  der  obersten  ge- 
walt  unterwerfen  sich  mäszige,  feste,  folgerechte  naturen. 
6,100;  ein  fleisziger  und  in  seinen  Studien  folgerechter  acade- 
mischer  bürger.  26,5;  tüchtiger  bürger,  folgerechter  haus- 
vater.  45,  167;  auf  das  folgerechte  und  folgelose  handeln. 
46, 123 ;  nun  gedachte  sie  es  vollständiger  und  folgerechter 
zu  machen.  17, 179; 

nichts  fehlt  zu  dieses  aufenthalts  behaglicbkeit 
als  folgerechte  küehenkunst.    Plate:«  123'; 
histörchen,  abenteuer,  plattes  volksgewäscb, 
statt  folgerechten  gegenstands  entwickelung.    30I». 

FOLGEREI,  f  concluäo  ex  falsis  praevtissis.  Frisch  1.  2S4*, 
zuweilen  auch  folgerung,  schluszkraft;  der  grobe  geist  weisz 
noch  nichts,  was  im  himel  sein  heiszt  und  wil  folgerei  drin- 
nen treiben.  Luther  3, 463'.  4U4*;  ir  gebt  mir  ewren  gcifer 
und  folgerei.  3.529*;  sie  schreiben  eitel  lügen,  folgerei  und 
gaukelei.  3,  531"  {rgl.  folgern  und  gaukeln) ;  welches  incon- 
veniens  nicht  allein  den  geistlichen  beschwerlich  fället,  son- 
dern auch  zu  mancherlei  üblen  folgereien  anlasz  giebet.  corpus 
eonstit.  brandenb.  culmb.  1,237;  es  liegt  mein  schrift  vor  aller 
menschen  äugen,  dasz  aber  die  bösen  leule  eins  und  das 
andre  so  hoch  feindseelig  aufmutzen  und  solche  giflige  fol- 
gereien daraus  erzwingen  wollen,  kan  ich  nicht  darvor.  Job. 
Schefflers  Sendschreiben  1664.  Ä2;  allein  ich  leugnete  den 
kleinern,  und  sagte  endlich,  dasz  im  ganzen  argument  keine 
folgerei  {schluszkrap)  sei.  Schcppils  1684  s.  664 ;  ich  gedachte 
aber  doch  der  folgerei  nach,  und  was  endlich  meinem  Vater- 
land daraus  erwachsen  möchte.  Simpl.  rogelnest  2, 11 ;  aber 
das  sind  folgereien,  die  ganz  ähnlich  sind  einer  andern. 
Präetoriüs  satumalia  s.  34;  der  unerfahrne  disputalor  gibt 
nicht  gewonnen,  sintemal  sein  vorgefaszter  wahn  ihn  so  sehr 
blendet,  dasz  er  die  klarheit  der  folgerei  {folgerung)  nicht 
sehen  kan.  Bltschky  Poim.  204;  aus  unrechten  folgereien,  die 
man  aus  denen  für  bekannt  angenommenen  Sätzen  machet. 
Leibxitz  2,  329  und  O/tcr.  wekh  hübsches  wort  für  das  heulige 
'consequenzmacherei'.  vgl.  falscherei,  flaschgarei. 
FOLGEREICH,  fruchtbringend: 

die  wiese  grünt,  gehörnte  herde  bräunt, 

da  wandeln  menschen  gut  und  bös  gelaunt, 

genieszen  reichlich,  spärlich,  früh  und  spat, 

den  wunderwachs  der  folgereichen  saat.    Göthe  4,  15t ; 

ehe  ich  nun  von  jenem  für  mich  so  bedeutenden  und  folge- 
reichen Verhältnisse  zu  Herdem  den  blick  wegwende,  finde 
ich  doch  einiges  nachzubringen.  25,312;  wer  einen  glück- 
lichen, folgereichen  gedanken  hatte  und  ihn  nicht  gleich  offen- 
baren wollte.  50,  in. 

FOLGEREICH,  n.   regnum  hereditarium :   sei  ein  reich  ein 
wähl  oder  folgereich.  Hippel  11, 140. 

FOLGEREIHE,  f  wie  folgenreihe  pleonaslisch. 
FOLGERGEIST,  m.  was  folgegeist,   oder  folgerei  treibender? 
solchs  soll  der  folgergeist  haben  umgestoszen.  Lcther  3,  464*. 
FOLGERICHTIG,  congruus,  wie  folgerecht. 
FOLGERICHTIGKEIT,  f 

FOLGERIN,  f  KOS  folgemagd,  suivante,  ahd.  folgarä: 
wie  einer  sie  {die  zunge)  regieret, 
so  ist  sie  folgerin.    Kmittels  poi-t.  sinnenfr.  1T2; 
so  wählt  er  eine  meiner  jungfraun  mir 
zur  folgerin.  Götbe  9,43. 

FOLGERKLNST,  f  syllogistik :  aber  da  trift  er  den  Luther 
allererst   recht,   da   er  seine  folgerkunst  beweiset  über  den 


1883 


FOLGERN— FOLGEZEIT 


FOLGIG— FOLGSAMKEIT 


1884 


Spruch  Christi,  wo  ich  bin,  da  soll  ir  auch  sein.  LurnER 
3,464';  wie  soll  der  papisten  folgerkiinst  so  rot  werden. 
3,531*;  dasz  das  ohne  folgerkunst  erlernt  werden  könne. 
Leibsitz  3SS. 

FOLGERN,  1)  argumenlari,  colUgere:  aus  mit  dem  folgern 
und  gaukeln!  Lcther  3,529';  in  den  entfernungen  der  pla- 
neten  herscht  proporlion,  auch  auf  die  dichtigkeit  ihrer  masse 
hat  man  wahrscheinliche  Schlüsse  gefolgert.  Herder  3,  9, 
einfacher  «-dre;  wahrscheinlich  gefolgert;  was  willslu  daraus 
folgern  ? 

2)  sich  folgern:  diese  worle  bieten  einen  sinn  dar,  der 
keine  misdeutung  zuläszl  und  es  folgern  sich  daraus  zwei 
Sätze,  worin  alles  begriffen  ist.  Wieland  supplcm.  6,  96. 

3)  fastn.  491  steht  folgern  für  folgen  mit  dem  acc,  was  noch 
beäätigung  fordert: 

frau  Weinzange,  nu  gce  uns  vor, 
wir  weilen  forgern  euern  sporl 

FOLGERUNG,  f.  argitmcntalio :  die  folgenmg  ist  falsch; 
wie  deutlich  zeigt  icli  ihm  des  stolzes  Tolgerungcn, 
dadurch  er  statt  des  ruhms  nur  scliand  und  spott  errungen. 
J.  E.  Schlegel  1, 226. 
FOLGESATZ,  m.  consectarium. 

FOLGESCHNÜR,  f.  an  des  Jägers  hießorn,  deren  länge  be- 
zeicJinelc,  wie  weil  er  über  die  grenze  hinaus  einem  wild  folgen 
durße.     jetzt  blosz  zur  zierde  getragen. 

FOLGESCHUITT,  n».  progressus:  alle  folgeschritlc  von  dieser 
zeit  an  bestätigten  leider  allzusehr  die  furchtbaren  ahnungcu. 
GüTHE  30,  267 
FOLGESCHVVER,  wie  folgenschwer: 

die  sonne,  die  sich  stralend  dort  erhebt, 

sie  führet  einen  f'olgeschweren  tag 

für  mich  und  dich,  geliebter  söhn,  herauT. 

UuLANDs  Ernst  5. 
FOLGESTERN,  m.  Stella  sequax,  trabant: 

ob  Hiiygens  fleisz  in  jenen  fernen 

mit  keinen  neuen  lolgestcrnen 

die  herschali  der  pianeten  mehrt.    Drollinger  22; 

80  fliege  sie  den  flug  mit  ihren  folgesternen, 

den  alles  leben  fliegt.    Borger  79'. 

FOLGET  für  folgend,  wie  folgets  für  folgends,  detnde:  die 
bergkordnung  der  son  gottes,  der  einige  mittler,  in  Arabien 
auf  dem  berge  Synai  ausgerufen  und  folget  durch  sein  güt- 
liche finger  auf  zwo  steinerne  tafeln  gehawcn.  Mathesiüs  20' 
{doch  liest  1560,  29*.'  folgend  oder  folgends). 

FOLGETAGE,  dies  posteri: 

doch  schlimmer  wards  in  allen  folgetagen, 
du  wardst  mir  fremder  als  du  je  gewesen, 
du?  nein  ich  dir,  so  hätt  ich  sollen  sagen.    Platen  47*. 

FOLGETON,  «i.  der  versuch,  ein  coexistentcs  nicht  mit 
folgetönen  zu  schildern.  Herder  13, 195. 

FOLGEWELT,  f.  posterior  aetas,  vgl.  vorweit,  nachweit: 

dein  name  wiedertönt  mir  liehlicher  im  herzen, 

als  alle  trommelei  der  späten  folgeweit. 

Kl.  ScHMiBT  fcom.  diclil.  261 ; 
ein  edles  verlangen  musz  in  uns  entglühen,  zu  dem  reichen 
Tcrmächtnis  von  Wahrheit,  Sittlichkeit  und  frciheit,  das  wir 
von  der  vorweit  überkamen  und  reich  vermehrt  an  die  folge- 
well wieder  abgeben  müssen,  auch  aus  unsern  mittein  einen 
beitrug  zu  legen.  Schiller  1007';  der  wünsch  einer  folgevvelt 
den  nach  unserer  einsiciit  besseren  weg  zu  zeigen.  Göthe 
35,372;  eigentlich  für  solche  alte  käuze,  wie  du  bist,  bah 
ich,  mein  theuerster,  die  schillerische  correspondenz  schon 
gegenwärtig  drucken  lassen,  die  jetzt  und  folgewclt  mag  sie 
hinnehmen,  wie  sie  kann,  für  sie  bleibt  dies  wcsen  alles 
historisch  und  auch  so  wird  es  manchem  verstündigen  dien- 
lich und  heilsam  werden,  an  Zelter  640. 
FOLGEZEIT,  f.  dasselbe: 

ein  weriher  freund  belehrt  die  folgezeil, 
und  zeigt  um  «elbst,  wie  viel  wir  gute«  «tiften. 
IIaceoorn  1,5IS; 

«r  war  voll  weiter  sittsamkeit, 

druro  ward  er  keiner  lecie  götze, 

und  hinterliciz  der  folgeieit 

zwar  musler,  aber  nicht  getelie.    1,130; 

wir  kennen  nirht  den  zwang  der  strengem  folgczeitcn, 

und  unxer  leben  int  genunz.    2,114; 

wenn  wir  orientalische  um!  besonders  persische  dichtkunst 
der  ffilgczeit  redlich  nchittz«  i  wollen.  Göthe  0, 31 ;  so  blieb 
der  folgezeit  nichts  übrig  als  zu  sein  wie  er,  6,72;  mögen 
dir  litrrntoren  der  folgezeit  historisch  bemerken.  23,  273 ; 
dies«  guten  ospectcn,  welche  mir  die  asirulogen  in  der  folgc- 
teit  ff br  hoch  anzurecbnen  wuitcn.  24,  ll ;  Herder  vergällte 


sich  und  andern  immerfort  die  schönsten  tage,  da  er  jenen 
unmuth,  der  ihn  in  der  jugcnd  nothwendig  ergriffen  hatte, 
in  der  folgezeit  durch  geisteskraft  nicht  zu  maszigen  wüste. 
25,311;  je  mehr  dem  schreibenden  nur  der  augenblick  vor- 
schwebte, je  weniger  ihm  eine  folgezeit  in  den  sinn  kam. 
37,10;  diejenige  eigenschaft  der  atmosphäre,  die  uns  so  lange 
verborgen  blieb,  da  sie  bald  schwerer  bald  leichter,  in  einer 
folgezeit  an  demselben  orte,  oder  zu  gleicher  zeit  an  ver- 
schiedenen orten  sich  manifestiert.  51,255;  wenn  nicht  sogar 
dieser  ganze  krieg  um  Sutrium  eine  blosze  Verdoppelung  aus 
der  folgezeit  ist.  Niehihr  2,  654. 

FOLGIG,  FÖLGIG,  obediens,  consetüiens,  ahd.  gifolgic,  mhd. 
gcvolgec.     niid. 

1)  in  dem  selben  sinn:  wenn  er  in  uns  regirt  durch  den 
glauben  und  wir  gelassen  fulgig  sind,  in  also  schweben  und 
faren  lassen.  Luther  1,464';  derselbig  lerineister  soll  in  das- 
selhig  ledig,  folgig  und  gehorsam  gemüt  und  herz  bilden  und 
gieszen,  die  einem  forsten  erlich  und  rümlich  sein,  sjn-ichw. 
man  musz  entwer  ein  konig  oder  ein  narr  geborn  werden, 
von  Erasmo  rolerod.  verteulsciU  {durch  Geo.  Spalatin)  1520  c'; 
wollen  wir  nit  sein  was  er  (gott)  ist,  so  will  dise  völgige 
kraft  sein  was  wir  seind.  Frank  paradoxa  22';  sich  fölgig 
gaben  (unterwarfen).  Melissus  pi.  Gl';  welche  mit  der  hexen 
ascendenten  (dem  Icnfel)  behuft  sei  und  sich  im  folgig  ge- 
macht habe.  Paracelsus  2,254';  das  sie  in  allenV  das  ich  ir 
gebütten,  nicht  folgig  gewesen.  Thürneisser  nulhg.  ausschr.  3, 116 ; 

kriegsleuten  nicht  verbeutst  allein 
den  hauptleuten  folgig  zu  sein. 

LoBn-AssER  enlhauplung  Joh.  1  4; 
zu  zürnen  die  wasser  und  flüsz, 
das  sie  geschlacht  und  folgig  werden. 

FiscHART  gt.  sctiif  23. 

2)  postcrus,  nachfolgend:  im  jar  1233  ist  erstlich  die  cul- 
mische  handfeste  den  beiden  Städten  Culin  und  Thorn  ver- 
lehnet und  gegeben  und  folgiger  zeit  allen  Städten  im  land 
für  ein  ewig  recht  milgetheilet  worden.  Schütz  beschr.  Pr.  18. 

FOLGIG,  adv.  postea,  in  der  folge:  nach  Boleslai  tode, 
welcher  der  krönen  entsetzet,  folgig  auch  in  wahnwilz  ge- 
raten. Schütz  9;  sintemal  bei  dieser  zeit  und  folgig  die  l'olen 
noch  zu  unterschiedenen  malen  in  Pommern,  Cassuhen  und 
Preuszen  ausgefallen.  10;  folgig  ist  Boleslaus  in  Preuszen 
geruckt,  daselbst  gehceret  und  geplündert,  ebenda. 

FOLGLICH,  adv.  itaqite,  atquc  ita:  du  bist  ein  mensch, 
folglich  bist  du  auch  sterblich;  ich  bin  im  stände,  folglich 
entschlossen  alles  zu  thun,  was  man  von  mir  erwartet;  sie 
hat  trauer,  wird  folglich  nicht  erscheinen ; 

so  kam  nun  dieser  ring  von  söhn  zu  söhn 
auf  einen  vatcr  endlich  von  drei  söhnen, 
die  alle  drei  ihm  gleich  gehorsam  waren, 
die  alle  drei  er  folglich  gleich  zu  lieben 
sich  nicht  cntbrechen  konnte.    Lessimg  2, 277. 

früher  auch  für  deinde,  poslhac,  porro,  ferner,  weiter:  ob  eine 
grosze  anzahl  solcher  redlichen  Icute  in  der  weit  anzutreffen, 
will  ich  eben  nicht  auscalculieien,  sondern  folglich  berichten, 
dasz  meine  reise  zu  dem  Orgelbauer  gieng.  Felsenb.  2,360; 
der  erzherzog  reiset  von  Wien  nach  Olmütz,  von  da  nach 
Königgratz  und  folglich  nach  Prag. 

F()LGREÜE,  f.  conclusio,  consectarium:  folgredc  D.  M.  L. 
aufs  bepstliche  breve  bupst  Adriani  des  vi.  Lither  2, 1S6'; 
denn  gleiciie  folgrede  könd  ir  aus  Paulo  schlicszen.  4,377'; 
solche  folgerede  solt  ir  beweisen.  4,379';  daruinb  wenn  mich 
das  geselz  beschuldiget,  . . .  musz  ich  bekennen,  es  sei  alles 
war,  aber  die  folgredc,  darumb  bislu  verdampl,  musz  ich 
nicht  einreuinen.  5,475";  folgrede  I).  M.  L.  auf  obgemelte 
Johaniiis  Hussen  brieve  au  die  geistlichen,  so  auf  ausge- 
schriebenem concilio  zusamen  komen  möchten ,  sich  für 
Coslenser  concilii  exempel  zu  hüten.  6,494'. 

FOLGSAM,  obsequiosus:  ein  folgsames  kind;  das  pfcrd  ist 
folgsam,  läszt  sich  lenken ; 

ihn  zu  lii'liersclirn  wAhnten  sie,  und  waren 

ein  folgsam  Werkzeug  seiner  hohoni  plane.    Schillu  301'. 

FOLGSAM,  1)  itaqne,  folglich:  und  folgsamb  ist  es  iiinb 
mein  leben  geschehen.  Mec.erie  Jik/u.«  1, 295;  befragt,  wie 
lang  er  schon  stumm  scie?  so  hat  er  sich  vergessen  und 
folgsamb  deutlich  geantwortet,  herr,  es  seind  schon  sechs 
jähr.   1,  298. 

2)  jwslea:  einer  hat  ein  glas  gefressen  und  folgsam  die 
secl  samt  dem  blut  ausgeworfen,  tuchsmundi  374. 

FOLGSAMKEIT,  f.  obsequum. 


1885 


FOLGÜNG— FOLTER 


FOLTERBANK  —  FOLTERlTfG 


1886 


FOLGUNG,  f.  dasselbe:  eben  disz  schön  gekrönt  Irachen- 
haupt  .  .  .  den  obgedachten  keiser  Heinrichen  den  fünften 
. .  .  wider  den  vater  hat  zu  absolonischer  aufrur  angewiesen 
und  ime  darnach  den  Ion  für  seine  gehorsame  folgung  ge- 
geben, bienenk.  127'. 

FOLIANT,  m.  liber  formae  maximae,  it.  libro  in  foglio,  fr. 
un  in  folio,  volle  bogen,  die  nicht  in  vier  oder  acM  bldller  ge- 
fallet sind.  mlat.  hiesz  foliare  fdia  emitlere,  also  liber  folians 
ein  das  ganze  blatt  darstellendes  buch,  auch  nnl.  schw.  dän.  foliant, 
poln.  foliat.  Henisch  und  Stieler  verzeichnen  das  icorl  nicht, 
uol  aber  Frisch  1, 284*.  ich  muste  allzeit  rein  austrinken, 
also  dasz  ich  einen  guten  volianten  (50)  in  köpf  bekam. 
Jax  Rebbü  1,  20,  einen  rausch  in  folio,  in  optima  forma; 

wor  is  it  nütte  to,  dat  mennich  foliant, 

des  oame  is  unerhört  und  weinigen  bekant, 

ja  ganze  regiment  Latiner  sampt  flen  Greken 

dar  stahn  in  sentinel  in  einer  biblitheken?    Lacrexberg  «.  76 ; 

der  ungeheurste  foliant 

hat  wie  der  dickste  kerl,  luweilen  noch  verstand. 
Hagedorn  1.9U; 

drum  in  folianten  eingepackt 

nachts  zu  schwitzen  wie  die  fensterscheiben. 

ScHHiDT  ron  Werneuchen  144; 

lang  schon  auf  die  folter  spannen 
dich  die  alten  folianten.    Plaien  4'. 

FOLIE,  f  bractea,  nnl.  foelie,  die  unterläge  bei  edelsteinen 
und  spiegeln,  fr.  feuille.  die  folien  oder  bletlein,  so  man 
unter  die  edlen  gestein  legt.  Mathesics  58'  =  1562,81',  bei 
Maale«  139'  das  folium;  da  liesz  ich  die  goldschmiede  be- 
rufen und  zeigte  ihnen  den  diamant  mit  der  folie  des  Milano, 
und  hernach  mit  der  meinen.  Göthe  34,271;  er  tadelt  bei 
gefärbten  steinen  die  allzu  dunkle  folie.  35, 320.  figürlich, 
es  dient  ihm  zur  folie,  hebt  ihn  hervor. 

FOLIO,  n.  forma  maxima,  s.  foliant.     oß  figürlich: 

die  spröde  Coelia  tractiert  die  pursche  so, 
als  war  ihr  riltergut  ein  gut  in  folio.    Gömthkr  457; 
dies  zieh  ich  in  den  reim  und  sag  es  kürzer  so: 
ein  kerl  in  duodez,  ein  narr  in  folio.    492. 

FOLK  im  15  jh.  noch  verschiedentlich  für  volk  geschrieben, 
1.  b.  geordnet  folk,  acies.  Keisersberg  bilg.  34*. 

FOLL,  plenus,  gleich  oß  für  voll,  z.  b.  ein  folien  hals  het. 
Keisersberg  omeis  85'.  «.  folie,  folge,  folgen,  fols.  mehr 
unter  voll. 

FOLLE,  m.  plenus  numerus,  die  volhahl:  geweist,  der  folie 
der  gehöfer  seie  nit  beieinander,  jedoch  wollen  sie  bis  zu 
irem  folien,  da  es  angenommen  werden  wolle,  wes  an  sie 
von  alters  pracht,  weisen  und  sprechen,  tcmlh.  2,  615. 

FOLLE,  f.  situla,  s.  folge  xp.  1874 :  der  senn  sienet  die  milch 
durch  die  folien  in  das  grosze  wellkesse.    Scdeccuzer  1,  32. 
FÜLLEN,  m.  mllus  equi,  s.  fohle  sp.  1869 : 
■was  tiist  du  hie,  mein  Ulinger 
■was  tSst  du  hie,  mein  trauter  herr? 
'so  sten  ich  hie  und  ein  wit  wind 
daran  ich  meinen  folien  bind', 
und  stest  du  hie  und  wiridst  ein  wit, 
da  du  dein  folien  anbinden  wilst, 
so  red  ichs  auf  die  trewe  mein, 
du  seit  mir  selber  der  folien  sein.    Uhlaüd  145. 

POLLEN,  plane,  völlig,  mhd.  vollen  {wb.  3,363':  ich  bin 
folien  gedullig.  Keisersberg  bilger  64'. 

FOLS,  plane,  penitus:  ein  kind  das  zu  fru  vor  seiner  rechten 
zeit  geboren  wirt,  das  hat  etwan  noch  kein  negel  an  seinen 
vingerlin  und  zehlin,  das  selb  bindet  man  in  tuechlin  und 
leit  es  icnen  in  einen  ziegel  zu  dem  ofen  und  von  der  hilz 
des  feures  wirt  es  fols  zeitig,  tat  man  das  nit,  das  kind 
verdiirb  und  keme  nit  zu  kreften.  Keisersberg  parad.  der 
seien  U*.  der  sinn  ist  offenbar,  da  sich  aber  kein  ahd.  mhd. 
adv.  folles,  volles  findet,  sehe  ich  in  fols  eher  eine  kürzung  aus 
folgends,  vollends,  und  von  neuem  betcährt  ach  der  verhalt 
ztrischen  folgen  und  voll. 

FOLTER,  f  tortura,   tcird  vom  it.  poledro,  puledro  gelötet, 

da  auch  lat.  equuleus,   it.  eculeo  und  cavalletto,   fr.  chevalet 

die   fdterbank,   den  marterbalken ,   das   marterpferd   ausdrücken, 

'  man  hätte  sich  also  auch  des  deutschen  uorles  fohle  oder  füllen 

bedienen  sollen,     für  poledro  spricht  die  Schreibung  folder: 

man  sagt  durch  pein  geprest,  was  man  nicht  sagt  mit  gute. 

'die  folder  überwand  kein  unverzagt  gemüte'.    Gktpuius  1,30; 

sie  würd  ihn  wahrlich  mehr  als  strick  und  leiter  renken 

und  bald  nach  Ost  und  west  wie  auf  der  folter  schwenken. 

Gckther  457. 
meistenlheils   vird   das   wori  für   anspannung   und  quäl  gesetzt: 
den  wiiz  auf  die  folter  spannen.  Kant  10,  238;  auf  die  folter 
der  Prüfung  gespannt  werden.  Götter  3,375; 


0  was  bereitet  ihr  euch  selbst  für  bittre  schmerzen! 
ihr  tragt  in  euch  den  wurm,  die  folter  in  dem  herzen. 

Lichtwer  recht  der  Vernunft  24; 

0  du  loses  leidigliebes  mädchen, 

sag  mir  an,  womit  hab  ichs  verschuldet, 

dasz  du  mich  auf  diese  folter  spannest, 

dasz  du  dein  gegeben  wort  gebrochen.    Göthh  2,102; 

er  empfand   die   foltern  der  unglücklichen  anspannung  mit. 
19, 131;  die  künstler  haben  sich  die  folter  gegeben,  um  solche 
armseligkeiten  bedeutend  zu  machen.  27,  68 ; 
ich  soll  noch  länger 
auf  dieser  folter  der  erwartung  liegen.    Schiller  445'. 

FOLTERB.VNK,  f.,  einen  auf  die  folterbank  legen,  auf  der 
folterbank  recken. 
FOLTEREISEN,  n. 

glaubt  doch  nur, 

Epicur 

macht  die  klügsten  weisen! 

die  Vernunft 

seiner  zunfi 

sprengt  die  foltereisen, 

die  der  aberglaube  stählt.    GÖ5ther  931. 

FOLTERER,  m.  tortor:   benetzte  mich  mit  seinen  thränen 
und  sagte  worte,    die  mich  itzt  mehr  peinigen,    als  tausend 
folterer  vermöchten.  Bb.awe  freigeist  112. 
FOLTERFRAGE,  f  peinlidie  frage: 
hab  im  wetter  ganzer  blitzen, 
unter  seuch  und  ach  und  zagen, 
unter  glut  und  folterfragen, 
ich  noch  nicht  genung  gestritten!    Grtphics  2,43. 

FOLTERGERÄTH,  n.  folterzeug. 

FOLTERHANS,  m.  tortor:  die  natur  hat  ein  ensitzen  {ent- 
selzen),  wann  solche  folterhansen  mit  ihrer  kunst  einherlreten. 
Paracelscs  cliir.  sehr.  14*. 

FOLTERISCH,  s.  foltrisch. 

FOLTERKAMMER,  f  camificina: 

das  ist  mehr  als  von  der  kette, 

aus  der  folterkammer  pein, 

in  der  wollust  flaumenbette 

durch  ein  wort  entrückt  zu  sein!    Borger  122*. 

FOLTERLEITER,  f  scala  torturae:  ich  müste  nicht  gelebt 
oder  gelesen  haben,  um  nicht  so  viel  jammer  und  noth  bei 
der  band  zu  haben,  um  zwei  sorg  und  schuldlose  menschen 
auf  die  folterleiter  zu  spannen.  i.P.  Fibel  lOZ;  Schoppe  legte 
seinen  liebling  ganz  ungewöhnlich  hart  auf  die  folterleiter 
seines  spaszes.  Tit.  4,9;  ebenso  geht  der  dichter  mit  den 
folterleitern  des  lebens  um.  herbslbl.  3,5;  andere  kameraden 
liegen  noch  alle  unten  auf  der  folterleiter  (sind  noch  gemeine 
Soldaten),  komet  1, 57. 

FOLTERN,  torquere,  nnl.  folteren  :  derhalben  unerschrocken 
dran,  drara,  dran,  mit  dem  köpf  voran!  er  ist  rund,  es 
haftet  nichts  dran,  können  sie  eins,  können  wirs  ander,  sie 
poltern,  wir  foltern.  Garg.  233'; 

gefoltert  wird  mein  leib  und  meine  seel  gequälet. 

Weckuerliü  3'ä; 
da  hängt  es  überall,  da  foltert  ihn  ein  wort, 
da  berstet  seine  kunst,  da  musz  der  athem  fort. 
Gi;:<TUEH  409; 
lassen   sie   mich,  fräulein!   ihre   gute  foltert  mich.    Lessi!«g 
1, 542 ;   nun   foltern  ihn  Verzweiflung,   reue,   sorgen.   Gotter 
1,174;  du  folterst  mich  mit  diesen  dunkeln  reden.  3,116; 

also  liesz  man  ihn  dort,  gespannt  in  der  folternden  fessel. 

Od.  22,  20«. 
FOLTERPACHT,  f  ein  ausländer,  der  von  dem  elend  des 
irländischen  landmanns  gehört  hätte,  dasz  er  für  folterpachlen 
den  boden  baut,  der  seiner  vorfahren  eigenthum  war.  Niebuhr 
1,  649. 

FOLTERPEIN,  f  tortura: 

warum  ach  war,  zur  folterpein  für  mich, 
was  ich  gekostet,  von  so  kurzer  dauer? 

Schmidt  r.  W.  alm.  1802  s.  219. 
FOLTERPFERD,  n.   der  gaul  hat  das  leben  und  den  men- 
schen, dieses  reitende  folterpferd  der  wunden  natur,  zu  lange 
getragen.  J.  P.  flegelj.  1,  87. 
FOLTERRING,  m. 
schraufen,  schnür  und  volterring.    Birk  doppetspUer  59. 

FOLTERSAAL,  m.  der  tod  sagt: 

haszt  ihr  dieses  thränenthal, 

bietet  mir  die  band, 

ich  führ  aus  dem  foltersal 

in  das  Vaterland.    Crtphius  1,162. 

FOLTERSCHMERZ,  m. 

meiner  äugen  folterschmerx.    Göki^igk  3,187. 

FOLTERSEJL,  n.  fidiciäa,  Serbaküs  he'.   Heimisch  1172,6. 
FOLTERUNG,  f  tortura. 


1887   FOLTERWERKZEUG  — FOPPEN 


FOPPER  — FORCIIT 


FOLTERWERKZEUG,  h.  lormcnlorum  inslrumenla. 
FOLTERZELG.  «.  dasselbe. 
FüLTRlSCH,  quälend,  peinigend: 

so  uiieriräglicli  schwer  und  rolirisrh  ist  mein  sclimerz. 
Wkckiikki.i^  90. 
FOLZ.  kosefortn  für  Folprehl,  Folrdt  oder  äimliclie  mannsnamen. 
FÖN.  s.  f.)lin. 

FÖPPELN,  Hindere,  aufziehen,  necken.  Schneller  I,  546.  vom 
folgenden  gebildet. 

FOPPEN,  insultarc,  nnl.  foppen,  das  gleichviel  mit  fokkon 
scheint,  s.  focken  sp.  ISdä,  doch  foppen  klingt  ganz  unhuth- 
deulsch  und  kommt  zuerst  in  der  zweiten  hälfte  des  15  jh.  unter 
den  gaunern  vor  (x.  das  folgende  fopper),  dann  in  Gknckn- 
BACHS  bettleroden,  wo  es  neben  fäiben  {belriigen,  lügen  sp.  1M25)  steht : 

so  es  gevopt  und  geferbt  ist.    z.  201  (Gödkkk  s.  319) ; 

also  disz  bettler  mit  klugen  sinnen 

köunen  das  gelt  von  liiten  brin^ren, 

80  es  gevopt  ist,  'was  sie  sagen",    z.  527  (G.  s.  358) ; 

sobald  die  selben  in  ein  siat  kommen, 

verbergens  ir  kappen  oder  büt 

und  bricbten  dan  gar  bald  die  lüt, 

sie  sigen  in  eestolen  worden 

oder  man  habs  in  tu  leid  verborgen, 

so  es  gevopt  ist  'was  sie  sagen',    z.  594  (G.  «.  360); 

wann  ein  spricbwort  under  inen  gat, 

welcher  breger  kein  erlatin  (meisterin)  hat, 

die  wo!  voppen  und  l'erben  kan, 

der  musz  dick  ungcssen  schlafen  gan.    z.  659  (G.  s.  302). 

das:  foppen  ein  rotwelschcs  wort  war,  geht  aus  dem  beigefügten 
*was  sie  sagen'  =  wie  sie  es  nennen,  hervor,  und  das  vocabular 
bei  GöüEKE  s.  370  hat  voppen  liegen,  d.  i.  lügen,  im  17  jh.  be- 
deutet foppen  oder  fuppen  anführen,  zum  besten  haben,  vexieren, 
bei  Hemsch  fehlt  es  noch,  Stieler  535  nennt  es  vocabnluin 
plebejum  et  sordidum,  es  mochte  ihm  immer  noch  der  gaune- 
riscJu  Ursprung  ankleben :  andere  leute  mit  obgemelten  jam- 
bischen hinkenden  oder  knappenden  versen  und  reimen  voppen 
und  woi  aushippen.  VVolfh.  Spangenberg  anm.  wvish.  luslg. 
178;  ihr  seid  ein  narr  und  wollet  mich  auch  noch  fuppen. 
ScHocn  studenlenlcbcn  Et';  die  Spesserler  und  Vogelsberger 
hauren  lassen  sich  fürwahr  so  wenig  als  die  Hessen,  Sauer- 
lünder  und  Schwarzwälder  auf  ihrem  mist  foppen.  Simpl.  K. 
90;  ich  wurde  meines  Stands  so  müd  und  satt,  als  wenn 
ichs  mit  lauter  eisernen  kochleffeln  gefressen  hätte,  einmal 
ich  gedachte  mich  nicht  mehr  von  jedermann  so  voppen  zu 
lassen.  314;  also  wurde  ich  erst  rechtschaffen  der  erste  meines 
namens,  stammens  und  wappens,  und  wenn  mich  jemand 
damit  hätte  foppen  wollen,  so  hatte  ich  ihm  ohne  zweifei 
einen  degen  oder  paar  pistolen  anpraesentiert.  438;  so  halte 
ich  mich  versehen,  dasz  man  mich  auch  nicht  als  ein  kind 
gefoppt  hätte.  404;  hernach  machte  sie  sich,  weil  ich  sie 
nur  anfieng  zu  foppen,  geschwind  von  mir.  4SI;  wie  der- 
jenige, so  mich  im  Sauerland  foppen  woke.  927;  aber  dieses 
gieng  mir  zu  herzen,  dasz  ich  mich  noch  deswegen  foppen 
lassen  und  noch  gute  wort  darzu  geben  muste.  Cmtrage  cap.  4; 
und  hatte  ich  zuvor  die  leute  auf  der  gassen  und  die  schonen 
Spiegelscheiben  in  den  fenstern  nicht  geschoren,  so  fupte 
ich  sie  hernach  allererst,  v*ie  ich  wieder  meinen  freien  willen 
hatte.  Schelmufsky  1, 12 ;  es  gilt  hier  kein  foppens  nicht,  scrio 
res  agitur.  Stieier  536;  ich  foppe  mich  (im  ihn  nicht  ein 
har.  nihd  cum  curo ;  was  foppst  {schierst)  du  dich  iim  seinen 
liiiclinmt?;  ich  habe  einen  schwären,  der  foppt  mich  greulich. 
Ulcus  molestussime  me  urgel ;  wie  der  teufel  dergleichen  aber- 
gleubische  narren  foppet  und  sein  gespiel  mit  ihnen  treibet. 
Megerle  ndfrri»  5;  er  solle  lieber  seinen  hansnarrcn,  den 
Jückel,  als  mich  voppen.  Abele  4, 151.  im  t8  jh.  wird  es  noch 
unschuldiger  und  zugänglicher: 

du  fragst  vielleicht  warum?  und  denkst,  ich  voppc  dich. 

Gcmthkr  7!*5; 
du  weist,  mein  schätz,  ich  bin  kein  groszer  Sprecher, 
allein  geToppt  will  ich  nicht  sein.    Wibland  4, 150; 

Franz  foppte  und  neckte  die  dicner,  die  um  ihn  geschäflig 
waren.  MtsXi's  volLsm.  4,  41 ;  ebenso  drillen  und  foppoii ; 
einen  hund  foppen.  GriKiNCK  1,96;  nimm  gegen  den  hof- 
Bchranzen  eine  arl  von  wilrde,  von  cdelni  stolze  und  von 
bobeit  an,  damit  nie  der  gedanke  in  ihm  aufkeimen  kimnc 
dich  zu  foppen  oder  zu  misbraiichcn.  Knu.c;!;  umg.  m.  m.  3,00; 
tiin  deiner  utzereicn,  deines  foppens  und  all  der  luuiperei 
dazu  madc.  Fr.  .Müm.er  2.180: 

ha  krieg  ich  dich,  ha  krieg  ich  dich, 

in  toll  dich  do*  wetter  verzehren 

uud  Ich  will  deo  schAaner  Toppen  lehren. 

Wtuxs  kum,  utiern  1,100; 


er  tapple  hin  und  wieder, 
verrenkte  Inst  die  glieder 
und  alle  foppien  ihn.    Göthe  1,18; 

Moses  sagt,  du  sollst  nicht  stehlen,   oder  du  eraplanest  den 

lohn ! 

'war  das  Moses  aus  Aegypten  oder  Moses  Mendelsohn?' 

Toppi  er  mich?   'des  Juden  stimme  hab  ich  irgendwo  gehört'. 

I*L*TE>  250; 

der  mich  und  meine  frau  so  foppt.  /'/.  Caüna.  Rnpp  1744, 
qui  me  atque  uxoreni  luditicatus  est  larva.  es  gibt  ein  engl,  fob 
{praet.  foblied),  das  betriegen  ausdrückt,  also  die  alte  lieJcutnng  nm 
foppen  festhält;  das  nnl.  foppen  ist  anführen  und  zum  narren 
haben,  fokken  aber  ist  ziehen,  wozu  sich  etwa  'einen  heraus,  hinein, 
hin  und  her  foppen'  bei  Scumei.ler  1,  540  hallen  liesze. 

FOPPER,  wi.  planus,  velerator,  landstrcichcr,  bctrieger.  in 
Knebels  um  1475  geschriebner  Baseler  chronik  finden  sich  ver- 
Iwre  der  beltlcr  und  gauner  (abgedrucM  in  Heinr.  Schreibers 
tasclwnb.  für  1839  s.rMff.  und  wuderlioU  im  weimar.  jb.  4,0(0, 
woraus  zu  anfang  des  IG  jh.  der  bekannte  über  vagatorum  her- 
vorgieng.  da  heiszl  es  unter  dem  arlikel  vopper  {Sehr.  339. 
Hofm.lA):  es  sind  auch  etliche  frauen  und  mann,  die  lassen 
sich  an  eisernen  kellen  führen,  als  ob  sie  unsiimig  wären 
und  zerren  die  kleidcr  und  Schleier  von  ihrem  leib,  um  dasz 
sie  die  leute  betriegen.  es  ist  auch  etlicher,  der  über  sein 
vveib  oder  über  einen  andren  menschen  steht  und  dem  {für 
sie)  heischet  und  spricht,  er  sei  besessen  mit  dem  bösen 
geist,  das  doch  nicht  ist,  und  er  habe  ihn  gelobt  zu  einem 
heiligen,  und  müsse  haben  zwölf  pfund  wachs  oder  ander 
ding,  durch  das  der  mensch  erlöst  werde  von  dem  bösen 
geist  und  die  heiszen  'vopper  die  da  dilzent'.  im  lib.  vagal. 
{llofm.  87)  'vopper  die  da  dutzen'  und  vorangehend:  etlich 
die  treiben  vopperei  auf  dutzen.     (»ei  Gengenbach  $.  361  o^er; 

das  sind  die  vopper,  die  da  dutzen 

wan  man  sje  da  (/.  däic,  iliäie)  mit  benglen  schinützen 

oder  mit  ruten  uf  den  lib, 

so  wurden  si  des  dufels  quit, 

wo  zu  lesen  ist  schmitzen,  zur  bestäligung  des  dunkeln  'ditzen', 
da  auch  dutzen  {du  nennen)  unpassend  scheint,  der  eigentliche 
sinn  von  fopper  und  foppen  wird  damit  nicht  er.'^^chlossen.  im 
vocabular  bei  Gödeke  370  heiszt  es  aber  vopparl,  narr,  wozu 
das  engl,  fop,  a  fool,  a  simpleton  .stimnü,  was  von  jenem  fnb, 
betriegen  abstefU.  uns  drückt  lieutzulage  fopper  f«<7ir  einen 
spOllcr,  necker,  spaszvogel  aus. 

FOPPEREI,  f  fallacia,  ludibrium:  es  ist  nicht  mehr  zeit 
vopperei  zu  treiben.  Abele  1, 11 ;  die  vopperei  geliel  mir  dan- 
nocht  nicht.  2,  33t ;  kanstu  keine  fopperei  {keinen  sclierz)  ver- 
stehen ?  Stieler  .536. 

FOPPICHT,  facetus,  lepidus,  neckisch.  Stieler  .536. 

FOPPIING,  /.  jocus,  scherz,  spasz:  wurd  ich  von  einem 
Seelsorger  voppungsweis  gefragt.  Abele  4,  222. 

FOR,  heule  geschrieben  vor.  golh.  faura,  ahd.  fora,  mhd.  vor. 
das  15.  16  jh.  behält  noch  oft  for  bei,  besondtrs  in  Zusammen- 
setzungen wie  forgang,  forhaupt,  formünder  m.  i.  w.  der  üM- 
stand  unseres  Unterschieds  zwischen  f  und  v  {sp.  1210)  wird  bei 
vielen  folgenden  wörleru,  deren  grundlage  diese  purlikrln  sind, 
höchst  empfindlich  und  Idslig,  so  dasz  schon  hier  im  allgenwiiwn 
zu  merken  ist, 

1)  f  dauert  in  fern,  ferse,  firn,  fordern,  fordern,  fort,  fremd, 
fromm,  frommen,  für,  fürder,  fürst,  so  wie  in  den  mit  ver 
zusammengesetzten  freischen,  fressen,  welcJu^n  sicft  einige  noch 
zweifelhajte  beifügen  lieszen. 

2)  V  gilt  in  ver,  vor,  vorder,  vorne,  von  welchen  die  beiden 
letztern  auch  schon  als  forder  und  foriie  aufzuführen  sind. 
Bl'Tsciiky  schrieb  wiedtr  for,  Zksen  sogar  fohr. 

FORCH ACH.  FÖRniACH,  n.  pinetum.  alid.  forahahi.  foralinrh. 
GbaFF   3,  07<J.    FöRSTEMANN   2,514.   ScilMELLBR   1,560. 

FORCHniSTEL,  f.  Carduus  marianus. 

FORt^lIK,  f.  wiis  fohre,  piniis,  s.  auch  forhe,  forc. 

FORCHE.  FORCHE.  FtMtHE,  salmo.  s.  forhe,  fore. 

FOUCIIEN,  ;«fiei«,  fuhren,  führen. 

FORt'HENRAFM ,  m.  pinus:  forchenbaum  uinb  Padun. 
Fisciiaiit  groszin.   135. 

FlHtCHCiRAS.  n.  gramen  pratense,  wiesengras. 

FORCHHEIDE,  f  'erica  lelralix. 

FÖR('HI,INCi,  m.  agaricus  deliciosut ,  ein  eszbarer,  leckerer 
schirawiii.  weil  in  fithreninllilern  wachsend,  auch  täiinling. 

FORCIIT,  f.  linior,  ahd.  forahla,  mhd.  vorhic,  nhJ.  furcht. 
die  alle  Schreibung  begegnet  hin  und  wteiler,  i.  b.  ich  »nge  disi 
nicht  um  forchl  des  lods  willen.  Aimon  53";  forchl  halber, 
aus  bcsorynii.  ucisttt.  4,  &71;  uiil  furcht,  seh.  u.  einst  1555,103; 


1S89 


FORCHT  — FORDERE 


FÖRDERRAHN  —  FORDERN 


1890 


habt  golt  lieb  mit  forcht.  buch  d.  l.  291. 2.  273, 2.  295. 2. 
287,4;  ein  immerwerend  forch  fc«  H.  Sacbs  1, 225'  ist  icol  ver- 
druckt für  forcbt ;  forcLt  und  entsetzen.  Fronsp.  1,  6S' ;  mit 
freudiger  forcbt.  Garg.  73*;  gotlesforcht.  Rosipler  122  tt.s.iv. 
FORCHT.  limuü,  ahd.  forhta,  niM.  vorhte:  er  forcht  seiner 
haut.  Keisersb.  hos  im  ff.  aa  2' ;  (das  kind  Garganlua)  war 
fiomm,  bisz  nieman  im  schlaf,  küst  die  rut,  doch  nit  gern, 
spie  oft  ins  hecken,  forcht  den  kemmelfegcr  {fürchtete  sich 
vor  dem  schornsteiUfeger),  den  hiidelump  und  den  mann  mit 
dem  sack,  forcht  man  steck  ihn  wie  der  mönch  den  käs 
darin.  Garg.  129';  unter  andern  forcht  sie  sein  vor  einer 
Jungfrauen  {fürddete  für  iJm  von  e.  j.)  buclt  d.  liebe  2S7, 4. 
LirriiER  schrieb  furchte,  die  scJirißsiirache  hat  aber  fürchtete  an- 
genommen, auch  das  praesens  lautet  im  16  jh.  häufig,  im  17.  18 
hin  und  wieder  fürchten,     s.  fürchten. 

FORCHTIG,  FÖRCHTIG,  timidus:  wir  (frauen)  sein  unsläte 
nnd  wanke!,  unbeherzent  und  forchtig.  SiEi-NHöwELiiec.  11,29 
{in  späteren  atisg.  forchtsam); 

so  forchtig  hat  mich  der  geist  gmacht.    Atrer  fasln.  65'; 
Pan,   der   gott,   der  die  leut  erschreckt  und  forchtig  macht. 
Frank  U  ;    der    forchtige    verlrawet    gott    nicht.     Paracelscs 
1.  349*.     auch  für  timens,   rn-erens,   hctäe  furcht  ig,   in  gottes- 
fürchlig;  oder  für  terribilis:  fürchtige  zeitung  bekommen. 

FORCHTLICH,  terribilis,  fürchterlich:  und  erscheinen  für 
den  menschen  so  grosz  geachtet  und  forchtlich  und  gleich 
zun  heubten  sitzen  und  gewaltlich  alle  ding  durchdringen. 
LlTBER  1.  90'. 

FORCHTSAM,  pavidus:  o  die  kinder  singen  oft,  wie  einer 
durch  ein  finsteren  wald,  mit  forchtsamer  freud  und  freu- 
diger forcht,  das  eine  innerlich,  das  ander  cuszerlich.  Garg.  73'. 
FORDER.  FÖRDER,  ultra,  ferner,  weiter,  zum  gründe  liegt 
vor,  die  darauf  folgende  lingnalis  irird  unter  fort  erörtert,  das 
schlieszende  er  verhält  sich  wie  in  hinter,  after,  ober,  unter, 
nieder,  inner,  auszer,  und  ist  nicht  comparatiiisch,  einmal  weil  allen 
diesen  bildungen  schon  goth.  r  {kän  z)  gebührt,  dann  weil  ahd.  dem 
T  ein  a,  kein  6  vorangeht,  endlich  weil  das  r  auch  in  die  Super- 
lative forderst,  hinterst  u.  s.  w.  eingeht,  forder.  hinter  «.  s.  w. 
steht  also  nicht  auf  gleicher  linie  mit  ferner,  weiter  (witör),  die 
tm  superl.  fernst,  weitest  (witöst)  erhalten,  wer  in  solchen  r 
comparatire  wittert,  musz  sie  auch  in  den  lat.  inter,  super,  inira, 
supra,  infra,  ultra  «.  5.  w.  ansetzen,  forder  entgeht  uns  im 
gothischen,  würde  aber  wol  lauten  faurjjr  {trie  niaurjjr,  ahd.  mordar), 
ahd.  erscheint  fordar  und  furdir,  ags.  fordor,  engl,  fürt  her,  alts. 
furdor,  furdur.  mhd.  zuweüen  noch  vorder  {myst.  62,  40),  ge- 
wöhnlich fürder  {wb.  3,  3S2'),  hin  und  wieder  fuder,  füder.  nhd. 
forder  oder  vorder,  weil  syncopiert  fodder  und  foder  {sp.  1S65) 
vorkommen,  vorhersehend  fürder  {belege  an  seiner  stelle),  daneben 
auch  förder,  räumlich  wie  zeitlich:  seid  forder  nicht  halsstarrig. 
5  Mos.  10, 16 ;  warumb  solt  dein  knecht  meinen  herrn  könig  iorder 
beschweren  ?  2  Sam.  19, 35 ;  das  Jerobeam  forder  nicht  zu  krüften 
kam.  2  chron.  13,  20 ;  thel  er  fürder  ab  die  höhen  und  haine  aus 
Juda.  17,6;  unser  lieber  herr  Christus,  der  wirds  förder  auch 
wol  weiter  machen.  Luther  6,  360';  der  schulen  halber  ist 
fürder  abgeredl.  br.  5,795;  ein  forder  gut  mechlige  statt. 
FflAMk  weltb.  190* ;  nicht  förder  kommen  können,  pers.  reiseb. 
2,2;  förder  sein,  valere;  also  bliebe  auf  des  predigers  zu- 
muthen  kein  einziger  in  der  capelie,  auszer  etzliche  alte  weiber, 
welche  man  förder  tragen  musle.  pol.  maulaffc  102 ; 
seines  priesters  halhen 
hat  dieses  weh  golt  Sminiheus  uns  gesandt 
und  wird  es  forder  senden.  IScrger  143*; 
so  sprach  sie  noch  Törder  manch  gleiszendes  wort. 

Ratschkt  ged.  WU-n  l'ai  s.  59. 
es  schwanken  also  forder,   fürder,  fürder,   foder,  föder,  füder, 
vorder,  vorder,  voder. 

FORDERE,  FÖRDERE,  anterior,  prior,  räumlich  und  zeillich, 
goth.  abhanden,  zu  vermuten  faurj)ra,  ags.  furdra,  altd.  fordaro, 
mhd.  vorder,  nhd.  noch  oft  geschrieben  fordere,  z.  b.  durdtgehcnds 
bei  Stieler,  dann  aber  vorhersehend  vordere. 

1)  adjeclivisch :  bi  Hercule,  so  ist  nichts  forderer  (/.  forderes) 

noch  sierkcrs,  ist  sach,  das  du  das  tun  magst.  Terenz  1499,37*, 

siquidera  hercle  possis,  nil  prius  noque  Toriitis.    Eunuch.  1,5; 

bekantcn,  wie  sie  Rinaldo  des  fordern  tagcs  beraubt  betten. 
Steinhöwel  dec.  «5,5;  begerte  von  seinem  caplan,  dasz  er 
ihm  aus  allen  seinen  förderen  chroniken  wollte  zusammen 
lesen,  bueli  d.  l.  262,3;  stiesz  sich  das  schif  an,  und  das 
forder  teil  bleib  feste  stehen  unbeweglich,  aber  das  hindcr 
teil  zubrach  von  der  gewalt  der  wellen,  apostelg.  27.  41 ;  denn 
e»  war  da  aufgericLt  das  forder  teil  der  hütten,  Ebr,  9,2; 
111. 


weil  er  das  förder  (teil)  vertreten  thät.  Opki,  und  Cohu  s.  207, 
den  ersten  platz  einnahm; 

da  sihet  man  die  schif  mit  schmalem  fordern  iheil. 
Weckhkrli;«  227 ; 
wie  musz  nit  das  liebkosende  hündlein  mit  seinen  fördern 
bratzen  aufwarten?  Abele  4,127;  ich  empfehle  sehr  nach- 
drücklich eine  genaue  aufmerksamkeit  auf  die  Untersuchung 
der  rechten  band  und  der  zwei  fordern  finger  zu  wenden. 
Sturz  2.  45 ;  nach  welchem  eine  Venus  den  mantel  nie  anders 
als  spitzig  mit  den  zwei  fordern  fingern  anfassen  darf.  2, 176. 

2)  substantivisch,  die  forderen,  anlecessores,  voreltem,  vor- 
fahren, ahd.  altfordoron  (Graff  3,  632).     s.  allvordern  1.  275. 

FÖRDERRAHN,  /.  bergm.  grubenbahn  zum  fördern  d.  i.  fort- 
schieben der  lasten. 

FÖRDERBUG,  m.  armtts. 

FORDERER,  «i.  ador,  prorocator,  ahd.  fordardri,  mhd.  vor- 
deraere:  der  forderer  oder  kleger.  weisth.  3,601;  lierausfor- 
derer  zum  Zweikampf,  z.  b.  Salinde  123.  s.  geldforderer,  zins- 
f orderer,  exactor. 

FÖRDERER,  m.  adjutor,  faulor,  gönner,  beförderer:  alle  ober- 
zehlte  {römische  kaiser)  ob  sie  schon  feinde  der  Christen  ge- 
wesen, dennoch  sein  sie  der  Christen  wollätige  förderer  worden. 
Rutsch RV  Aans/.  70S;  Stifter  der  gesellschaft,  fürdrer  und  Ord- 
ner des  ackerbaues.  Herder,  im  bergwerk  heiszt  der  arbeüer 
förderer,  der  das  erz  fortzusdtaffen  hat,  sonU  auch  laufer,  truhen- 
laufer.  hundstoszer. 

FORDERHAND.  f.  vorhand,  manus  dexlera,  atieh  vorzug,  palma. 

FÖRDERHASPEL,  m.  bergm.  welle  zum  einlassen  des  gesenkes. 

FORDERHIN.  FÖRDERHiN.  in  posterum,  fernerhin: 
es  wird  die  Donau  förterhin  (so) 
mit  kläglichem  gemurrmiirr  flieszen.    Roipler  67. 

FÖRDERHUND,  m.  vehiculuin  fossorum,  remora,  grubenhund: 
kleiner  karre,  den  die  bergleule  auf  hölzernem  geleise  {dem  ge- 
länge) fortstoszen.   Schecchenstuel  79.     vgl.  hund. 

FÖRDERKLAGE,  f.  vorklage,  querela  in  antecessum :  so  wer- 
den wir  auf  fürderklage  vielleicht  die  sache  au  unsern  gn. 
herrn  gelangen  lassen.  Luthers  br.  4,  527. 

FÖRDERKORB,  m.   bergmännisch. 

FÖRDERLEIB,  m.  corpus  adrersum,  pedus,  vorderleib:  der 
fürderleib  war  ihr  hinler  {rückwärts)  bis  über  das  gesesze 
gedrehet,  pol.  colica  206. 

FÖRDERLICH,  vxhd.  fürderlkh. 

1)  commodus,  ulilis:  denen  die  gott  lieb  haben  seind  alle 
dinge  förderlich  zu  gutem.  Keisebsberc  prci/»«;  45* ;  mit  einer 
gesetzten  förderlichen  masz.  cammerger.  ordn.  v.  1521.  31,2; 
itzt  wollt  ich  dir  nur  sagen,  dasz  ich  mit  dem  sultan  in 
einem  gewissen  Verhältnisse  stehe,  wodurch  ich  dir  vielleicht 
in  deiner  angelegenheit  förderlich  sein  kann.  Wielasd  8, 436 ; 
nicht  wie  bei  dem  letzten  abgange  des  paketboots  wehte 
diesmal  ein  förderlicher  frischer  nordost,  sondern  leider  von 
der  gegenseite  ein  lauer  Südwest,  der  allerhinderlichste.  Gütbe 
28,83; 

damit  ilir  seht,  dalz  ich  eurer  pein 

will  förderlich  und  dienstlich  sein, 

wollen  wir  keinen  augenblick  verlieren, 

will  euch  noch  heut  in  ihr  zimmer  führen.    12,136. 

2)  citus:  sendet  auf  das  förderlichst  jemand  zu  uns,  das 
wir  uns  miteinander  vereinigen,  i  Macc.  11,36;  reitent  zu 
dem  förderlichsten  ir  immer  mögent.  Aimon  0  4 ;  zum  förder- 
lichsten und  aufs  längst  in  einem  jähr,  reidisabsch.  von  1530 
§.  5 ;  uns  mit  förderlichsten  einen  tag  und  mahlstatt  zu  be- 
nennen. Ayrer  ;>rof.  3, 2 ;  förderliche  beantwortung.  BuTSCHkT 
kanzl.  53.     s.  födderlich  und  fürderlich,  rji.  beförderlich. 

FÖRDERLICH,  adv.  instanter,  utiliter:  damit  aber  sein  für- 
nemen  ein  forlgang  helle,  treib  er  Thomas  den  pöfel  förder- 
lich dazu,  den  rath  als  unchristlich  abzusetzen.  Luther  3,127*; 
nachdem  Tischbein  mir  sein  treues  geleit  durch  natur  und 
kunsigegenstände  förderlich  geleistet.  Güthe  28,  62. 

FORDERN,  poscere,  postulare,  ahd.  fordarön,  mhd.  vordem, 
nhd.  bei  Dasyp.,  Frisius,  Maaler  und  fast  allen  forderen,  nnl. 
vorderen,  weder  alts.  ags.  engl,  noch  alln.,  denn  Schweden  und 
Dänen  haben  ihr  fordra,  fordre  erst  von  uns  entnommen,  eigen- 
Ihümlich  daßr  altn.  krefja,  schw.  kräfva,  dän.  kräve,  engl,  crave, 
das  sich  unmittelbar  mit  uiiserm  kraft,  cJtd.  cbraft  vis  berührt, 
also  ein  gewaltsames  fordern,  abfordern,  abnüthiyen  ausdrückt. 

auch  fordern  ist  poscere,  exigere ,  gleichviel  mit  heischen, 
cischen  {sp.  363)  und  härter  als  verlangen,  u-ie  verlangen  stärker 
als  begehren,  ersuchen,  bitten,  cupere,  desiderare,  jictere,  royare. 
das  in  verlangen  liegende  innerliche  sehnen  fehlt  dem  fordern, 
precari  vurde  sp.  1749  xu  flehen  riditiger  als  1530  zu  fergöa 

119 


1891 


FORDERN 


FORDERN 


1892 


tifhuüen,  tcdchem  wiederum  die  strencjere  bedetäung  zusteJä.  fordern 
uher  teilet  sieh  von  forder,  wie  hindern,  widern,-  nidcrn  von 
hinter,  wider,  nider  und  da  die  partikdn  fort  d.  i.  ford  und 
l'irdcr  unmillelbar  zu  vor  und  für  gehvren,  darf  fordern  dem 
liil.  poscere  cergliclien  und  dies  auf  pro,  prae  gezogen  werden, 
an  proscere  rcirhl  nahe  unser  forschen,  in  fordern  ist  dem- 
nach die  bedeulung  des  forllreibcns,  Ireibcns  und  nüthigens  ent- 
halten, wie  im  folgenden  fördern  gleichfalls  ein  firomovere,  fort- 
rücken, fortschaffen,  die  inconsequenz  der  heuligen  sclireibung 
vorder  für  das  ad}.,  fürder  für  das  adv.  und  fordern  für  das 
verbum  liegt  am  tage. 

ron  der  blöden  form  fodern,  die  sich  nhd.  wie  foder  für  forder 
entfaltete  und  dem  harten  begrif  des  worlcs  wenig  zusagt,  ist 
sp.  tS66  gehandelt  und  gewiesen  worden,  wie  sie  bei  den  diddern 
der  reim  auf  lodern  herbeiführte.  Luther  hat  sein  foddern 
(,«/>.  isr.">).  wenigstens  zuletzt  in  der  bibcl  von  1545  gewollt,  wenn 
er  auch  vorher  niUunter  fordern  gebraucht.  Geliert  setzt  lieber 
verlangen,  doch  wo  er  den  strengem  ausdruck  wäldt,  wenn  die 
ausgaben  sidier  sind,  fast  immer  foidern,  in  vers  und  prosa: 
der  mann  wendt  alles  an 
was  man  von  mannern  fordern  kann.  1,91; 
dieses  gemählde  würde  nichts  als  wähl  und  feinheil  erfor- 
dern. 1,297.  doch  3,212  heiszt  es:  taschengcid  hat  meine 
frau  gar  nicht,  sie  musz  mir  alle  heller  abfoHern,  worauf  aber 
unmillelbar  folgt:  nun  wenn  das  ist,  so  haben  sie  ja  nichts 
zu  befürchten,  denn  sie  wird  doch  nicht  mehr  fordern  als 
sie  braucht,  es  wird  eine  gewisse  stille  und  ruhe  des  geistes 
ei fordert,  umgedreht  läszt  sich  Rabener,  der  sonst  fodern  ror- 
zieht,  2,  97  ein  fordere  entschlüpfen.  Göthe,  der  freilich  fodern 
für  den  reim  nidU  versdimäht,  musz  sonst  doch  stets  fordern 
gesprochen  haben.  16,61:  ich  bitte  dich,  lieber  Wilhelm,  es 
war  gewis  nicht  auf  dich  gercdt,  wenn  ich  die  menschen 
unerträglich  schalt,  die  von  uns  ergebung  in  unvermeidliche 
Schicksale  fordern,  die  erste  ausg.  des  Werther  s.  "5  hat  dafür 
abweichend:  es  war  gewis  nicht  auf  dich  geredt,  wenn  ich 
schrieb,  schaft  mir  die  kerls  vom  hals,  die  sagen  ich  sollte 
mich  resignieren.  16,86:  sie  hiirte  jemand  gehen  und  fragte 
und  forderte  dich  zu  sich,  die  erste  ausg.  s.  HO  und  forderte 
dich  zu  ihr.  16, 161 :  auch  gab  er  ihm  befehl,  überall  contos 
zu  fordern,  die  erste  ausg.  s.  1S7:  überall  contis  zu  fordern. 
Schiller  hingegen  sprach  und  schrieb  schon  in  Schwaben  fodern, 
erst  die  spiiteren  ausgalicn  seiner  dichtungen  führten  fordern  ein, 
wie  die  sp.  1867  gegebnen  stellen  zeigen;  wer  auch  in  deh  nachher 
angezognen  fordern  die  älteren  drucke  vergleichen  will,  wird  dafür 
fodern  finden,  am  Main,  in  der  Wetterau,  in  Oberhessen  heiszt  es 
fordern,  unterm  volk  auch  foddern,  in  Niederhessen  beginnt  fodern. 

bedeutungen. 

1)  geld  fordern:  was  forderst  du?  ich  fordere  fünfzig 
Ihalcr.  du  forderst  zu  viel,  was  die  thier  zurissen,  bracht 
ich  dir  nicht,  du  fodderst  es  von  meiner  band,  es  were  mir 
des  tages  oder  des  nachts  gestolen.  1  3/os.  .Tl,  39  ;  der  barbier 
fordert  ein  genandl  geld.  KincnnoF  wcndunm.  120*. 

2)  der  betller  forderte  brol;  milch  gab  sie,  da  er  wasscr 
fodderf.  rieht.  5,  25.     im  Wirtshaus  wein  fordern. 

3)  80  sage  nu  für  dem  volk,  das  ein  iglichcr  von  seinem 
nehcsten  und  eine  iglichc  von  irer  nehistin  silbern  und  gül- 
den gefesz  fordere  {so).  2  Mos.  11,2;  und  die  gülden  stirn- 
bande,  die  er  foddertc,  machten  am  gewichte  fausent  sieben 
hundert  sekel  golds.  riebt.  8,  26 ;  und  es  begab  sich,  da  sie 
einzoch,  ward  ir  geraten  einen  ackcr  zu  foddern  von  irein 
Taler.  Jos.  15,18  =  rieht.  1,14,  wo  fordern. 

4)  der  reisende  forderte  einlasz,  aufnähme,  herbcrgc,  ein 
bell,  speise,     die  kalte  fordert  warme  kleider. 

5)  versündiget  euch  nicht  an  dem  knabcn,  und  ir  wollet 
nicht  hriren?  nu  wird  sein  blut  gefoddcri.  l  Mos.  42,22;  ja 
«olt  ich  das  blut  nicht  foddern  von  ewrcn  henden  und  euch 
von  der  erden  Ihun?  2Sam.  4,  II;  dieser  frevel  fordert  blut. 
man  tagt:  das  l)lut  fordert,  ruft  zur  räche;  der  wein  for- 
dert, reizt  zum  mehrtrinken. 

6)  einen  fordern,  zum  kämpf  fordern,  herausfordern;  wird 
mil  einem  .Niedcriilnder  auf  den  abend  uneinig,  dasz  sie  ein- 
ander fordern.  Schweimche!«  1,2C0; 

komm  mit  herab,  wo  unnre  walTen  eellen. 

•wie  du  nicht  fordern  iiollleiit,  fol^  ich  nirhl'.    Göthi  9,  ITjO; 
»or   den    degen,   auf  pistolcn    fordern;    den   degcn  fordern. 
ScHL'PPiL-s  bei   Wackern.  3,  739. 

7)  einen  vr»r  gerichl,  auf  das  rathhaiis  u.s.w.  fordern;  zu 
^icb  fordern,  enHnrtrn,  rufen;  und  nu  sende  menricr  gen  Joppen 
und    lasz    foddern    Simon,    apottdy.  lo,  &;    ii.i.  h    ili 


lirsciii.     III 


zwei   lagen,    bat    der  könig   ihro  f.  gn.  noch  eins  gefordert 
(vorgeforderl).  Schweixiche!«  1,  57 ;  ich  liesz  sie  wieder  zu  mir 
fordern,    pcrs.  rosenlh.  5,10;    wenn    du    will,    so    wollen  wir 
den  arzt  fordern  lassen,  der  dir  arznei  zur  besserung  gebe. 
6,1;  gott  bat  den  kranken  zu  sich  gefordert; 
als  wir  zum  letztenmal 
bei  den  cariliniisern  uns  gcsebn,  liesz  mich 
di;r  kiiiiig  zu  sich  fordern.    Soiillkr  29j'; 
ich  ffirclile  nichts  mehr,  arm  in  arm  mit  dir, 
so  fordrich  mein  jaliihundert  in  die  scitranken.    254*; 
es  ist  die  glocke,  die  dich  angenblicks 
zum  himmel  fordert  oder  zu  der  holte.    563*; 

schon  in  den  ersten  zelten  dieser  epoche  forderte  mich  eine 
wichtige  angelegenheit  an  den  hof.  735*;  Tillys  vermehrte 
macht  forderte  den  kOnig  dringend  nach  diesem  kreise.   945'. 

8)  die  noth  des  Vaterlands  fordert  inünner;  der  krieg  forderte 
zahllose  opfer;  der  landhau  fordeil  hände,  die  ernte  Schnitter; 

dann  wann  des  laslers  riesenirotz  die  langmuih 

des  Iiiramels  aulgezeliit,  die  reiche  ernte 

der  misselhat  in  vollen  balmen  steht, 

und  einen  schiiilter  sonder  hei.«piel  fordert, 

dann  stehen  sie  un  ihrem  platz.    Scuiller  259*; 

bei  gott,  ich  hätte  dieses  schergenamt 

nicht  übernommen,  dächt  ich  nicht,  dasz  es 

den  besten  mann  in  England  forderte.    415*; 

zu  süszen  sorgen  b!eil)t  nun  keine  zeit, 

ganz  andre  fordern  dich,  erhabner  mann!    Götbb  9,325. 

9)  die  kirche  fordert  glauben,  das  volk  fordert  wunder 
und  zeichen  ;  da  traten  die  phariseer  und  saduceer  zu  iiu, 
die  versuchten  in  und  fodderten,  das  er  sie  ein  zeichen  vom 
himel  sehen  iiesze.  Malth.  16,1;  sintemal  die  Juden  zeichen 
foddern  und  die  Griechen  nach  Weisheit  fragen  (unte  Judaieis 
taiknß  bidjand,  i|)  Kiekeis  handugein  sökjand).  1  Cor.  1,21; 
wir  fordern  erst  beweise ;  die  nachrichl  fordert  noch  besta- 
tigung;  von  allen  denen,  so  durch  Christum  gesund  gemacht 
werden,  fordert  Christus  nichts  iner  dan  den  glauben.  Alberüs 
wider  WUzel,[)i*;  genugthuung,  ehrenerklärung,  auskunft,  auf- 
schlusz  fordern  ;  man  forderte  geradezu  das  unmögliche  ;  und 
richte  imd  trachte  nach  recht,  und  fordere  gerechtigkeit.  Es.  16, 5. 

10)  es  heiszt  von  einem,  zu  einem,  an  einen  fordern,  von 
ist  das  gewöhnliche  und  bedarf  keines  belegs. 

mhd.  Ition  wir  unserem^  briioder  den  tot, 

so  vorilerot  got  zu  uns  sin  btuot.    Diut.  3,92. 

fordern  an  einen  gleicht  dem  forderung  an  einen  stellen:  deren 
so  usz  gar  früntlichein  beger  oft  an  mich  gefordert,  dazu 
crbetten  haben,  mein  erfaren  experimenta  zu  eröfnen.  Gehs- 
dorf  i'orr.  2';  ich  habe  viel  an  ihn  zu  fordern,  er  ist  mir 
noch  viel  schuldig; 

da  forder  sie  an  Iren  bruder.    11.  Sachs  ¥,221'; 

dein  teil  trulzlich  solst  fordern  an  mir. 

ScHMELZL  Verl,  solin  7'; 

er  fordert  täglicli  an  mich  gelt.  Suul  24'; 
jener  suppicincntband,  den  ich  seihst  an  mich  fordere,  aber 
leider  nicht  verspreche.  Göthe  00,32;  der  regent  habe  sehr 
viel  an  sein  volk  zu  fordern,  aber  forderungen  des  volks 
seien  in  keinem  rechte  begründet.  Klincer  7,  SS;  eben  dieses 
reich  fordert  an  mich,  dasz  ich  könig  meiner  leidenschafleu 
sei.  2, 17 ;  fordr  ich  mehr  an  sie  als  das,  was  billig,  gerecht, 
ihnen  nützlich  ist?  8,172;  und  du  forderst  es  gerade  an 
mich?  9,6.     vgl.  anfordern,  abd.  anafoiderön. 

11)  mit  folgendem  dasz:  ich  fmdrc,  dasz  du  mir  folgest; 
niemand  konnte  fmdern  dasz  er  so  schnell  nachglibe;  es 
wird  gefordert,  dasz  du  mit  gehest,     oder  infiniliv: 

fordere  niemand  mein  Schicksal  zu  hören. 

lloLTKi  iter  litte  fetititerr. 

12)  fordern  im  karlensjtiel,  eine  färbe  zuerst  aus.<t]iielen,  die 
dann  bekannt  werden  musz. 

13)  foidern  drückte  auch  aus,  was  heute  das  folgende  fördern. 
schon  a)ul.  ftudero  odo  fram  gifitori^,  provehal.  glosse in  V.cc.kko 
Fr.  or.  2,  979*.  «/i(/.  sie  schmücken  sich  unteriiander  selbs, 
das  sie  ire  böse  saclic  fordern,  ps.  36, 3 ;  v<m  dem  herrii 
wird  solches  maus  gaiig  gefordert  und  hat  Inst  an  seinem 
wege.  37,23;  und  der  herr  unser  gott  sei  uns  freundlich 
und  fordere  das  werk  unser  heude  bei  uns,  jn  das  werk 
unser  hende  woll  (/.  woll)  er  fordern.  10.17;  denn  gereih- 
ligkeil  fordert  zum  leben,  aber  dem  übel  nachjagen  lordcit 
zum  tod.  jt;>r.  .S'ij/.  11,  19;  ein  golllo»  wesen  fordert  den  men- 
schen nicht.  12,3;  die  furcht  des  herrti  fordert  zum  leben. 
19,23;  sie  hallen  kein  recht,  dem  waisen  fordern  sie  seine 
»ache  nicht.  Jer.  .'•,  2H ;  das  gott  eim  iglichen  keiscr  seinen 
eiigrl   zu    \i'iiird<'!it.   ili-i    sein   bestes   bei   im  tliue  und  fuideru 


1S93 


FÖRDERN 


FORDERND  —  FORDERNIS 


1894 


in  in  scim  regiment  und  herschafl.  Lltheb  3,  407* ;  und  ist 
mein  gütliche  bitte,  wollet  im  (/.  in)  gegen  meinem  gn.  herrn 
günstiglich  fordern,  br.  5,516;  der  betreugt  niemand,  nimpt 
niemand  das  sein,  sondern  ist  vielmehr  geneigt  seinem  nechsten 
zu  helfen  und  {Um)  zu  fordern.  Albercs  trider  Wüzel  El'; 
diser  hat  die  lere  des  euangelii  gefordert.  E4';  da  hat  der 
bischof  von  Lultich  die  Christen  verbrent,  erhenkt  um  des 
euangelium  willen  und  die  reine  lere  nit  gefordert.  Eö";  mich 
Lintrolln  an  den  ort,  da  mein  glück  und  heil,  ehr  und  gunst 
angehen  und  gefordert  soll  werden.  K3';  aber  unser  herr 
gott  ist  nicht  ein  schalk,  gott  hilft  nicht  böse  sachen  fordern. 
leider  die  C<irhtader.  0  3".  in  den  bibelstellen  setzen  spdlere  aus- 
gaben fördern. 

s.  abfordern,  anfordern,  auffordern,  ausfordern,  befordern, 
einfordern,  erfordern,  herausfordern,  nachfordern,  überfor- 
dern, verfordern,  vorfordern. 

FÖRDERN,  juvare,  promovere,  provehere,  beschleunigen,  nicht 
aufschieben,  aus  förder  gebildet,  me  fürdern  aus  fürder,  for- 
dern aus  forder.  füriern  der  gegensatz  ton  hindern,  die  mhd. 
form  fürdern  erscheint  auch  hin  und  läeder  nhd. 

1)  lasz  der  gottlosen  bosheit  ein  ende  werden  und  fördere 
die  gerechten,  ps.  7, 10  (aus  Luhers  fedeii-  flosz  uol  fordere) ; 
Friderich  mir  deine  krankheit  zu  wissen  thet,  auch  genug- 
sam zu  verstehen  gab,  was  dich  zu  solcher  krankheit  geför- 
dert hat.  Galmy  34 ;  und  disz  geschähe  darum,  auf  das  dise 
Marozia  iren  eignen  son  Johannem  den  12  möcht  zum  heiligen 
stul  fördern,  bienenk.  210';  damit  man  schände  und  sünde 
gefördert.   Mathesics  50'  {doch  kommt  auch  üßer  födern  vor); 

fördert  gott,  so  hindert  nichts.    Flkmi.nc  216; 

mancher  hat  in  dem  seine  plage,  das  ihme  allzeit  ein  häufen 
Volkes  vor  dem  zimmer  aufwartet  und  ein  ider  gern  von  ihm 
wolte  gefördert  sein.  Bctschsy  kanzl.  69S.  Gellert  schrieb 
fürdern.  Ki.opstock.  trie  er  zwischen  fordern  und  fodcrn  schwankt, 
sowol  fördern  als  födern  und  auch  Lessinc  verwendet  beide,  von 
Gütbe  kenne  ich  nur  fördern: 

fördert  den  aliar,  druiden!    Klopstoce  8,92; 

indes  aber  entweder  mich  die  presse  oder  ich  die  presse 
nicht  genugsam  fördern  konnte,  erhalte  ich  das  61 — 63ste 
stück  besagter  beitrage  und  bin  wie  vernichtet!  Lessing 
10,129;  briefe,  waaren  fördern,  versenden; 

in  jeglichem  falle 
fördert  ein  schicklich  organ  den  übrigen  gliedern  die  nahrung. 

GöTHE  3,  97 ; 
sie  tdie  sonne)  rückt  und  weicht,  der  tag  ist  überlebt, 
dort  eilt  sie  hin  und  fördert  neues  leben.    12,59; 
was,  ohne  haupt,  was  förderten  die  glieder?    41,270; 
alle  diese  anlagen,    die  jetzt  mit  einem  übermäszigen  triebe 
gefördert  werden.  17,143;  der  gehülfe  hatte  gar  bald  die  ge- 
müthsarten  und  fähigkeiten  der  kinder  zu  tage  gebracht  und 
sie    wirklich   bedeutend    unterrichtet    und  gefördert.    17,279; 
Alesander  von   Humboldts    gegenwart    in   Jena    fördert   die 
vergleichende  anatomie.  31,46;  läszt  cardinal  Borromeo  eine 
copie  fördern.  39,104;   die  kunst  kann  niemand  fördern  als 
der  meister.  49,  5S; 

und  munter  fördert  er  die  schritte.    Schiller  57'; 
•  munter  fördert  seine  schritte 

fern  im  wilden  forst  der  wandrer 

nach  der  lieben  beimathütte.    79*; 

sofern  dich  je  bekümmert  was  ich  dichte, 

ein  Zufall  dir  es  fördert  zu  gesiebte.    Plate!»  47*, 

man  sa^e,  einen  zu  den  schatten,  nach  der  hölle,  in  die 
unterweit  fördern.  Kli>ger  2, 157.  3,  254. 

2)  fördern  gilt  ganz  technisch  vom  fortschaffen  der  erze  in 
und  aus  dem  Schacht,  man  fördert  in  der  grübe  mit  band- 
trögen, mit  hunden,  in  kübeln  und  karren,  aus  der  grübe  in 
tonnen,  körben,  mit  seilen,  das  häszt  zu  tage,  an  den  tag 
fördern  und  scheint  von  da  auch  figürlich  von  andern  aufge- 
brachten, ans  licht  gebrachten  dingen  üblich  geworden,  an  Zelter 
schreibt  Götbe  813:  die  menschen  lebten  alle  nach  wie  vor, 
ihrer  art  gemiisz,  vom  kühler  bis  zum  porzellanfabrikanlen. 
eisen  ward  geschmolzen,  braunstein  aus  den  klüften  geför- 
dert, wenn  auch  in  dem  aiigenblicke  nicht  so  gesucht  wie 
sonst ;  femer  sollen  in  Rockizan  auch  niüisteine  gefördert 
w  erden.  60, 151. 

3)  sich  fördern,  beeilen,  spulen :  darumb  fördert  euch  und 
sendet  etliche,  das  wir  wissen  was  ir  gesinnet  seid.  iMacc. 
11,37;  diejenigen,  die  zum  ersten  newe  kleidungen  an  sich 
nemmen  und  sich  gedenken  zu  fördern  und  für  andern  an- 
gesehn   zu  werden,   findet   man  denn  einen  dem  es  wolge- 


fellt,  so  sind  doch  allweg  zeben,  die  sie  verspotten,  buch 
d.  liebe  2S9,  4 ;  soll  ir  oder  Frideiich  mir  schreiben,  wil  ich 
mich  sonder  säumen  zu  euch  in  schneller  eil  fordern  zu 
kommen.  Galmy  205; 

die  mäuner  fördern  sieb,  und  binnen  vierzehn  tagen 
sieht  man  das  erste  Stockwerk  stebn.    Gellebt  1,1^5; 

desto  mehr  fördern  sich  die  gesandten  den  vergleich  abzu- 
schlieszen.  Schiller  846*. 

4)  inlr.  fördern,  hene  cedere,  gedeilten,  veiler  kommen,  von 
stalten  gehen :  ich  gieng  gar  nicht  den  gew öhnlichen  weg,  war 
fleiszig  und  förderte  doch  nicht.  Reiske  Icbensb.  8 ;  ich  war 
nicht  nur  fleiszig,  sondern  förderte  auch  darinnen  {im  ar(Mschen) 
glücklich.  13; 

was  ists?  wills  (ordern?  wills  bald  gehn? 

GöTHE  12,  157  =  Fauft  1790  «.  114; 
ich  habe  mir  zeit  genommen,  nachdem  ich  vorstehendes  ge- 
schrieben, was  ich  aber  auch  darüber  denke  will  immer  nicht 
fördern.  22,187;  jedoch  war  kahn,  rüder  und  ruderpflock 
nicht  sonderlich  fördernd,  er  verschafte  sich  segelstangen 
und  segel.  22,189;  unmittelbar  darauf  werden  die  Wahlver- 
wandtschaften in  die  druckerei  gegeben  und  indem  diese 
fleiszig  fördert  {kann  auch  zu  1  genommen  werden),  so  reinigt 
und  rundet  sich  auch  nach  und  nach  die  handschrift.  32,45; 
das  hecheln  ist  eine  arbeit ,  die  nicht  sehr  fördert  (nur 
langsam  ergehl). 

s.  befördern  und  fürdern. 

FORDERND,  auffordernd,  anregend :  und  wenn  ihn  der  for- 
dernde tag  zu  rascher,  wirksamer  thätigkeit  aufbot,  so  war 
es  bei  nächtlichem  erwachen,  wo  alles  widenvärlige  . . .  sich 
in  seinem  innern  umwälzte.  Göthe  22, 115. 

FÖRDERND,  jurans,  promovens,  gut  von  stalten  gehend: 
eine  fördernde  arbeit;  haben  sie  nochmals  dank  für  ihren 
langen  fördernden  brief.  Göthe  an  Schiller  409. 

FORDERNIS,  f.  n.  poslulatum,  erfordernis :  darüber  spricht 
man,  ob  der  gegenständ  hätte  günstiger  aufgenommen  wer- 
den sollen,  ob  der  character  getroffen  ist,  und  was  solche 
erste  allgemeine  fordernisse  sind.  Göthe  27,  220. 

FORDERNIS,  f.  n.  oft  von  Götbe  gebraucht. 

1)  adjumentum,  cura :  schon  Cäthari.na  Melaschthos  (6«  Mtl. 
ed.  Bretschn.  Z,  lOSb) :  darzu  ich  eures  dienstes  und  fordernis 
bedurft;  Fischart  richtet  an  die  musen  den  hexameicr: 

drumb  bitt  ich  inniglich,  dasz  ihr  mir  fördernus  sendet. 
Garg.  40';  und 

0  Rein,  mit  deinem  hellen  flusz 

dien  du  uns  zur  fürdernus.    Qt.  schif  266; 

aber  auch  ihre  triumphe  dienen  ihm  zu  keiner  fordernis. 
Göthe  6, 211 ;  nicht  als  hindernisse,  sondern  als  fordernisse  des 
heiligen.  22, 15 ;  aber  eben  ein  solches  fordernis  junger  leute 
im  literarischen  thun  und  treiben,  eine  lust  hofnungsvolle 
menschen  vorwärts  zu  bringen.  25, 293 ;  dasz  sie  mir  und 
andern  durchs  ganze  leben  zur  leitung  und  fordernis  dienen 
sollen.  27,202;  wie  denn  sein  treuer  fleisz  gute  aufnähme 
und  fordernis  gefunden  .hatte.  29,150;  was  in  diesem  sinne 
von  einem  jungen  fürsten  für  aufmunterung  und  fordernis 
nah  und  fern  gewirkt  ward.  30,216;  was  mir  zu  mehrerer 
Vollständigkeit  und  fordernis  meiner  Studien  diente.  31,13S; 
aus  seinen  bricfen  geht  eine  klare  einsieht  in  das  wollen 
und  vollbringen  hervor,  dasz  ein  wahres  fordernis  daraus 
erfolgen  musle.  31,  50;  wozu  mir  denn  die  Sammlungen 
meiner  freunde  die  besten  fordernisse  darreichten.  39,356; 
dasz  ihrer  eigensten  neigung  Sicherheit  und  fordernis  gelobt 
sei.  43,310;  die  eigentlichen  lebemenschen  wollen  geschwin- 
der gefördert  sein  und  deshalb  lehnen  sie  ab  und  verhin- 
dern die  fordernis  dessen,  was  sie  selbst  fördern  könnte. 
49, 135 ;  über  fordernisse  und  hindernisse,  wie  sie  die  empi- 
rische weit  darreicht  oder  zwischenschiebt ,  mag  ihn  das 
leben  belehren.  49,137;  bedeutende  fordernis  durch  ein  ein- 
ziges geistreiches  wort.  50,  93 ;  gegnern  zur  ein-^sicht,  gleich- 
denkenden  zur  fordernis,  der  nachweit  zur  kenntnis  und, 
wenn  es  glückt,  zu  einiger  ausgleichung.  50,  99;  da  fand 
ich  denn  durch  jene  sondernde  terminologie  immer  fordernis. 
51,238;  Schiller  sagte  mir  einmal,  da  ihm  meine  allgemeine 
toleranz,  sogar  die  fordernis  dessen  was  ich  nicht  mochte, 
nicht  gefallen  wollte:  Kotzebue  ist  mir  respeclabler  in  seiner 
fruchtbarkeit,  als  jenes  unfruchtbare  im  gründe  immer  nach- 
hinkende und  den  raschfortscbrcil enden  zurückrufende  ond 
hindernde  geschlecht,  an  Zelter  824. 

2)  bergmdnniicfi,  das  in  den  schadtten  geförderte,  fortgeschafte : 
auch  ist  alsdann  der  qucrschlag  von  dem  tiefen  Martinröder 

119* 


1895 


FÖRDERS  — FORDERUNG 


FÖRDERUNG  — FORHE 


1896 


Stollen  im  festen  gestein  nach  dem  Johannisschacht  fortge- 
trielien  und  mit  einem  aus  dem  letztern  angesetzten  gegenort 
im  monat  juiiius  desselben  Jahres  zum  durchschlag  befordert 
worden,  seit  jenem  durchschlag  mit  dem  obern  Stollen  wurde 
dem  Johannisschacht  die  zu  einem  kunstschachl  nüthige  länge 
zugegeben,  von  diesem  punct  an  konnte  das  abteufen,  zu- 
mal in  dem  beinahe  ohne  alle  klüfte  immer  fortsetzenden 
überaus  festen  gipsgestein  nicht  mehr  so  geschwind  wie  vor- 
her von  statten  gehn.  überdies  muste  damit  bei  erbauung 
des  treibcwerks  zuweilen  giinzüch  inne  gehalten  werden  und 
je  tiefer  man  kam,  je  schwieriger  wurde  auch  das  fordernis 
der  berge,  welches  man  mit  einem  dreimännischcn  haspel 
zuletzt  in  mehr  als  90  lachlern  teufe  kaum  noch  bestreiten 
konnte,  ztceile  nachricht  vom  Ilmenauer  bergbau  1787  s.  4 ;  diese 
lichter  {der  benjlcule)  die  bei  tag  und  nacht  im  ganzen  jähre 
unter  der  erde  leuchten  und  wirken  und  die  fordernis  ver- 
steckter schätze  begünstigen.  Güthe  22, 176.     s.  fürdcrnus. 

FÖHDEHS,  deinceps.  was  förder,  zuweilen  förters  geschrieben, 
vie  fort  für  ford:  und  wollen  förters,  so  viel  den  christ- 
lichen glauben  belrift,  mit  grund  der  heiligen  schrift  unter- 
weiset werden.   LuTiiEn  2,  7l'; 

darauf  der  kiiab  alsbald  bestund, 

kein  l'usi  er  lörders  heben  kund. 

Mattu.  Haxher  hiH.  roseng.  67; 
du  wirst  mir  vileicht  einstreuen,  das  nicht  mehr  ein  solcher, 
als  diser  gedultige  lob  anzutreffen,  aber  hierauf  werde  ich 
dir  antworten,  es  sei  nicht  unmöglich,  das  dergleichen  an- 
zutreffen, und  förders  gehend  werde  ich  dir  andeuten  u.s.to. 
Bltsciiry  kanzl.  654. 

FOHDEHS.\M,  FÖRDERSAM,  vgl.  befördersam, 

1)  unaufschteblich,  was  zu  fördern,  akbald  vorzunehmen  ist, 
geirOhnlich  nur  im  suimrlativ  des  adv.  gcbrauclU:  nachdem  ich 
versichern  lassen,  alles  was  auf  diesen  beiden  inseln  sich 
merkwürdiges  und  besonders  zugetragen,  aufs  fördersamste 
und  aufrichtigste  zu  melden.  Felsenburg  4,1;  sollte  aber  ein 
oder  anderer  dieses  zu  verspielen  stehende  pferd  in  forder- 
sanisten  augenschein  zu  nehmen  gewilligt  sein,  der  kann  in 
gedachtem  Offenbach  zu  mehr  erwehntem  rentmeister  sich 
ins  schlosz  erheben,  da  einem  jeden  solches  alsdann  sogleich 
gezeiget  werden  soll.  (a.  1736).  Belli  Frankfurt  2,59; 

und  was  alsdann? 
'dann  wäre  mit  dem  Juden  fördersamst 
die  strafe  zu  vollziehn,  die  päbstliches 
und  kaiserliches  recht  so  einem  frevel, 
so  einer  laslenhat  bestimmen',   so?    Lessijic  2,302; 

80  habe  ich  mich  fördersamst  {quam  primum)  dieser  schuld 
hiermit  entladen  wollen.  Wielanü  bei  Merk  2, 193 ;  es  wurde 
alles  fördersamst  in  bcreitschaft  gesetzt,  das  beilager  zu  voll- 
ziehen. MLSii;8  volksm.  105; 

er  leib  uns  fördersamst  ein  hemd.    Langbein. 

2)  bei  GüTBE  ist  fördersam  bequem  oder  nützlich,  das  för- 
dernde: indem  er  das  hier  bekräftigt  fand,  was  er  mehrmals 
in  seinem  leben  als  vernünftig  und  fördersam  erkannt  hatte. 
23,5;  diese  Vorsätze  müsten  unterstützt  und  dieser  kleine 
roman  fördersamst  {quam  citissime)  abgeschlossen  werden. 
4S,  61;  am  allerfördersanistcn  aber  sind  unsere  nebenmen- 
Bchen,  welche  den  vortheil  haben,  uns  mit  der  weit  aus  ihrem 
standpnnct  zu  vergleichen.  50,  !(4. 

FÖRDERSCHACHT,  m.  puleus  cxtractorius.  Scheüchenstuel79. 

FÖRDERSEH.,  n.  woran  die  aus  und  ein  zu  lassenden  gegen- 
stände befestigt  werden. 

FORDERST,  FÖRDERST,  anlicus,  fmmus:  die  fördersten 
bullen.  Fbr.  9,6;  ihr  tragt  den  ring  schon  am  fördersten 
fingen  Garg.  2S7':  das  förderste,  erste.  Mich.  Neander  ifrf.  22; 
wie  die  nalur  sich  heftig  belustiget  sie  die  lürnemineste  und 
förderste  in  aller  volkommenheit  zu  machen.  Amadis\6l;  und 
setzet  under  die  fünf  fördersten  hinein.  368;  zum  fördersten. 
WicKRAM  roWic.  59;  zu  forderst,  zu  förderst; 
mhU.  und  le  vordresi  dem  künige  »i  wir  her  gesant.  Nib.  13S7, 3; 
d4  reit  von  Tronje  llagne  laller  vorderösl.  1466,1; 
dat  die  herren  va-hien  le  aller  vord«rö»t.    19)7,2; 

FORDERST,  FÖRDERST,  adv.  imprimis:  forderist.  MRCEniE 
Judas  1,191.277.305;  förderst.  Rutschky  kanzl.  15.  320;  »ich 
förderst  in  besitz  zu  setzen.  Wielanu  10,  306.     vgl.  vorderst. 

FÖRDERSTOLI.E,  m.  zur  fOrderung  der  rrze  be.'^timml. 

FilRDERSTRECKE,  f  gang,  worin  dte  losgcarbritrlen  erze  bis 
tum  fiillorl  qrsthaß  werden. 

FORDERING,  f.  1)  poüutalio,  ahd.  fordarunga,  mbd.  »or- 
derunge: 

nio  vordenioge  ist  Af  in  kleintr  denne  ein  böne.  Waltb.M,  20; 


gä  wider  in  unde  gich, 

(line  vrinnt  die  hieben  dich 

dise  vorderuiige  varn  Inn.     Trist.  2^5,33. 

forderung  ist  gebieterischer  als  verlangen,    dieses  mehr  innerlich. 

man   sagt   ein   heiszes  verlangen,    eine  harte  forderung,   iinJ 

die  bciwörler  können  nicltl  tauschen: 

sie  geben  uns  mit  vielen  complimenten 

die  harte  fordrung  zu  verstchii.    Gkllert  1,74; 

eine  häufige,  billige,  gerechte,  unverschämte  forderung.  eine 
fordrung  haben,  machen,  aufstellen,  darauf  bestehen,  von 
ihr  ablassen,  ihr  entsagen;    meine  fordrung  beträgt  so  viel; 

der  fee  forderung  geht  nicht  so  weit.  Wieland; 
die  forderungen  überschreiten  alles  masz;  ist  denn  das  bür- 
gerliche leben  so  viel  werth,  oder  verschlingen  die  bedürf- 
nisse  des  tags  den  menschen  so  ganz,  dasz  er  jede  schöne 
forderung  von  sich  ablehnen  soll?  Göthe  26,27;  über  kunst 
und  ihre  theoretischen  forderungen  hatte  ich  mit  Moritz,  in  Rom, 
viel  verhandelt.  50.  49 ;  mich  schreckte  die  fordrung.   40, 263. 

2)  unpassend  haben  einige  reclitslehrer  forderung  auf  den  begrif 
der  römischen  obligatio  gezogen  und  von  einem  recht  der  for- 
derungen statt  obiigationenrecht  gehandelt,  dieser  verwirrende 
Sprachgebrauch  scheint  doch  jetzt  wieder  beseitigt. 

3)  «'IC  fordern  filr  fördern  wurde  auch  forderung  für  for- 
derung gesetzt:  denn  leid  zu  treiben  bringt  unserin  gescheft 
kein  forderung  oder  statten.  Aimon  s  6'. 

FÖRDERLiNG,  f.    1)  adjnmentum,  Vorschub: 
er  woll  mir  aucli  ein  fönlruiig  thun. 

Reruuun  litiitj  des  »rmen  mannt  ».  11 ; 
dieneil  er,  wiewol  er  vil  guls  und  forderung  vom  erstgedach- 
ten Benedict  dem  4  erfahren,  dises  unangesehen  in  ins  ge- 
fängnus  warf,  bicnenk.  214';  so  haben  ihre  kaiser  diese  Wis- 
senschaft so  lange  in  ihren  schütz  und  forderung  genommen. 
Opitz  1,2';  es  soll  ihm  hilfe  und  forderung  zu  theil  werden; 
einen  lehijungen  dem  meister  zur  forderung  übergeben. 

2)  beigmdnnisch,  forderung  der  erze. 

3)  die  iUiernuinmnc,  zu  fördernde  arbeit  bei  handwerkern :  ich 
habe  vier  forderungen,  tier  arbeiten  im  gcsciidß. 

FORDERUNGSLOS,  modestus,  anspruchslos:    wenn  er  auch 
noch  so  demüthig,  noch  so  forderuiigslos  seinen  stillen  gang 
fortgehet.   Knigge  umg.  m.  m.  3,  88. 
FÖRDERL'NGSMITTEL,  n.  subsidium. 
FÖRDERVOLK,  n.  bergmännisch  exlraclores 
FORE,  f  pinus,  fohrc,  vgl.  sp.  1869 : 
so  bracht  ich  ilin  zu  einer  foren, 
welch  die  manthier  halten  erkoren, 
darin  ein  bieiicnsilz  gemacht,    froschmeuseter  L  2, 11(52'). 

FORE,  FÖRE,  /".  salmo  fario,  sp.  1870.  Forer  fisciü).  173*. 
die  besten  fisch  aus  den  süszen  wassern  sind  die  fören.  173*; 
das  man  umb  etlicher  wenig  hechte,  foren,  krebs  oder  der- 
gleichen willen  die  leut  hat  erschieszen  oder  henken  lassen. 
Spangenrerg  jagteufcl  68". 

FORELLE,  f  dasselbe  und  jetzt  die  lierschende  form,  betont 
forelle,  in  Thüringen  forelle,  zu  erklären  aus  förhfene,  fdrhönle 
{wie  lat.  lamella,  patella  aus  lamina,  patina) :  golt  findet  und 
irift  inaa  an  seinem  ort  in  gengen,  in  flössen,  seifen  und 
sandigen  gebirgea  und  do  es  gollkörner  und  forclleu  hat. 
Mathesius  I5(i2,  201'.  5.  förle. 

FORHE,  FÖHRE,  /".  salmo  fario,  forelle:  weil  nun  dem 
bawren  sein  mus  so  wol  schmeckt,  als  dem  herren  sein  forhen 
und  Vögel.  Frank  lastcr  g2;  halt  des  reichen  leckerhafligen 
verschmachten  urdrützigen  mund  gegen  sein  förhen  und  des 
armen  gegen  seiner  suppen.  paradoxa  58*;  man  sagt  noch 
von  einem  fürsten,  der  sei  für  einen  hirten  geritten  und  ihn 
an  eim  stück  lirotes,  das  im  freilich  lebkuchen  ist  gewesen 
und  im  basz  geschmackt,  dann  dem  fürsten  sein  wildlnel, 
sehen  nagen,  kluge  weise  reden  1565, 145'  «™  1570, 154* ; 

gut  beeilt  drei, 

rot  vorhon  drei, 

wer  hunifriif  sei  .     .       ,  .    .    .... 

mach  sich  herbei!    Wolm  teilschr.  f.  mylh.  1,46»; 

knrpfen,  forhen.  hecht  und  nippen, 
die  im  ich  lieber  denn  rtlsuppen.    fastn.  726,5; 
allerhand  rUch  man  darin  fand,  t.      .,   .-, 

frtrhenncn,  karpli-n  und  niaiid.     Wiciram  btiger  E3.  bl.  16; 
bcisz  sie  kniifen  voihen  und  eschen 

mit  «chlcckerbisilin  K"len  gneschcn.    11.  Sachs  HI.  1,198*; 
hab  wol  v<kgcl,  wildhret  und  visch. 
hecht.  vorhon,  karpffn,  äl  und  rsrh 
und  dergleichen  ander  gut  gonesch.     Hl.  t,23H'; 
wU  schon  tfihd.  vorhe  und  asch  irr*Mni/rn   werden: 
Schlonntiilander  mit  einem  v«>deranKel 
vieac  (i«cbcn  uudo  vörtion.    Tu.  IM,  2; 


1897  FORKE  — FORM 

beidiu  Torben  und  asch 

bet  daj  b<T>se  pfaffen  lotter 

beimlieh  gejjen  als  ein  otter.    Ls.  3,225. 

vgl.  fohre  und  forcbe. 

FORhE,  f.  furca,  Heugabel:  das  heu  wird  mit  forken  oder 
gabeln  in  heiihaufen  oder  in  hucken  geschäufet.  Comenius 
sprachenthür  con  Docemics  §.  418;  auszer  flegeln  und  forken 
wird  es  [das  körn)  nair  gafleln  umgekehrt.   Beocses  7,570. 

FORKEL,  f.  gleichfalls  gabel,  ahd.  furkuia,  uiicinus.  Graff 
3,  685. 

1)  am  gehOm  des  hirschcs. 

2)  eine  stange,  um  tOcher  und  ander  Jagdzeug  aufzustellen. 
Fi.EMMi.NG  deutscher  ßgcr  106. 

3)  bergmännisch  ein  rüJireiscn.  Ebker  31'  (mit  abbildung). 
FORKELN,   furca  exciY-ere,  gabeln,  spies:en,    u-ird  vom  hirsch 

gesagt:  wenn  der  hirsch  sich  nicht  mehr  auf  seine  laufe, 
sondern  auf  sein  gehörn  verläszt,  steht  und  nicht  vom  platze 
weicht,  kämpft  er  alles  ab  was  ihm  zu  nahe  kommt,  spieszt 
manchen  hund.  der  ihm  zu  scharf  ist,  forkelt  einen  Jäger, 
der  sich  nicht  wol  vorsieht.  Heppe  Jagdhund  74. 

FORLE,  FÖRLE,  f.  pinus  silvestris,  in  Franken  iorel.  Scdsel- 

LER    1.553. 

FÖRLE.  FERLE.  f.  salmo  fario,  forelle: 
bier  sab  m^n  aal  und  weis  und  auserlesne  Schmerlen 
und  persken,  meine  tust,  und  kösteliche  ferlen, 
auch  karpfeo,  barben,  becht  und  lacbs,  die  zier  dem  tisch. 

Grtphius  2,  64, 
ifo  köstliche  forellen,  was  der  reim  lehrte  zu  bessern.    «.  «.  foreUe. 
FÖRLING,  ffl.  pinus  silveslris. 

FORM.  f.  forma,  von  ferre,  weil  die  gestalt  das  mit  sich,  an 
sich  getragene  ist.  den  buchstaben  nach  stimmt  es  zu  barm,  dem 
tragenden  schosz,  zu  farm,  der  getragenen  last  (1, 1134),  der  be- 
deulung  nach  zu  gebärde,  ahd.  gibärida  gestus,  sämtlich  von 
bC-ran,  mit  Wechsel  des  b  und  f,  wie  in  blach  flach,  balz  falz 
u.  s.  w.  das  0  in  forma  von  fero  {man  halte  Jas  dunkle  norma 
zum  eigennamen  Nero),  wie  in  rogus,  toga  von  rego,  tego 
und  wie  in  boran  ror«  heran,  dieser  berührungen  war  sicli 
doch  unsere  spräche  bei  aufnähme  des  lat.  wortes  längst  nicht  mehr 
hewust.  ahd.  aber  zu  ihr  noch  kein  bedürfnis  vorhanden,  sonst 
würde  wol  N.  forma  gebraucht  haben,  und  drückten  nicht  gibärida, 
giscaft.  gistalt,  biladi  die  begriffe  habilus,  forma,  imago  aus? 
auch  die  mhd.  dichter  der  guten  zeit  enthüllen  sich  des  für  Jen 
reim  untaugenden  fremdlings,  selbst  Gotfried  noch;  erst  Ko>rad, 
dem  figftre  geläufig  war  (sp.  1629),  verwandte  das  damit  fast 
gleichbedeulige  forme: 

da;  Oberteil  der  forme  sin 

was  gesiellet  als  ein  wip.    tr.  kr.  3746; 

da;  Oberteil  der  forme  sin 

was  gestellet  als  ein  man.    5S54; 

begunde  si  betrahten 

die  rilterlicben  forme  sin.    7711; 

der  kiiiscbe  min  getriuwet  er 

und  miner  glenzen  forme  niht.    22057; 

mit  wunderlicliem  bilde 

was  ir  frecher  lip  behaft, 

da;  Oberteil  an  ir  gescliafl 

was  gestellet  als  ein  man, 

und  schein  da;  nnderteil  dar  an 

vib  oder  tiere  vil  gelicb, 

si  wären  fremder  forme  rieb 

sus  unde  so  geschaffen.    25006; 

der  bähest  sprach.  Ich  zeige  dir 

ir  bilde  und  al  ir  forme  gar.    Site.  1478; 

wan  6ine  forme  vander 

an  in  beiden,  swer  si  sach.    Engelh.  452; 

sin  forme  git  den  selben  scbin, 

den  ouch  diu  mine  geben  kan.    602; 
hier  slehn  forme,  geschaft  und  bilde  in  demselben  sinn,      noch 
mehr  stellen: 

din  antlitze  ist  erwildet 

der  forme,  und  du  sollest  bän.    Ulr.  Trisf.  2387; 

ir  forme  was  versniten  niht, 

engelvar  was  ir  gesiht.    GA.  2,8; 

ir  bende  wi;  die  zient  an  sich 

die  besten  forme,  dunket  mich.    MSH.  2,  32*; 

da;  scbuof  sin  edelicbe  form.     Z-ohen</r.  6237 ; 

secbt,  da;  wart  algemeine 

brächt  in  sine  forme  als  e, 

die  gerten  wären  golt  nicht  m&; 

an  den  steinen  gar  gewart 

die  forme  unde  die  unart, 

als  si  wären  6  gewesen. 

8wä  man  si  bete  Of  gelesen.    pas$.  H.  237, 43—47. 

in  snirher  forme  ^r  in  erschein 

als  ob  sin  lib  algemein 

mit  geiselea  were  wol  züslageD.    patt.  K.  21, 50; 


FORM 


1898 


in  der  forme  im  e;  ergienc, 

da;  er  bösen  lön  nam.    2!M>,  80; 

die  stimme  er  dicke  dö  vemam, 

wie  si  in  sulcber  forme  quam.    423,10; 

sich  müste  witen  künden 

ir  schöne  forme,  die  si  trüc.  5,39,  fl. 
im  verlauf  der  zeit  nimmt  dieser  gebrauch  belrdclitlich  zu,  beson- 
ders für  die  prosa  und  den  stil  der  Urkunden,  beispiele  aus 
Megesberg  mögen  genügen:  da;  si  den  gestirnten  luft  ze 
samen  haltent,  daj  er  under  der  stimm  form  beleiben  muo;. 
16,16;  diu  sei  ist  ain  selpwesigeu  form.  32,32;  diu  sunne 
ist  ain  form  oder  ain  gestalt  der  varb.  58,21;  und  gibt  da; 
lieht  der  varb  ir  gestall  und  ir  form.  59,12;  so  wirft  diu 
sunn  ir  ebcnpild  neur  oben  in  die  Spiegel  nach  ains  krai2:es 
form.  99,25;  wan  der  teufel  mag  sich  verkeren  in  aller  tier 
form.  271, 8 ;  auch  nement  diu  dinch  ir  kraft  von  den  formen 
und  den  aigenhaiten,  die  der  himel  kreft  dar  ein  drückent. 
379, 8.  dieses  form  ist  ^eichviel  mit  gestalt,  wie  dessen  bei- 
fügung  zeigt. 

Dasvpodics  verdeulscid  forma  78*  durch  gestalt,  nicht  durch 
form,  stellt  aber  230"  form  species  auf.  Fbisics  577'  u-lzt  zu 
forma  die  deutscheti  forme  und  gestalt,  desgl.  Maaler  139*. 
LcTHEB  hat  in  der  bibel  forme  nur  ein  einziges  mal  Rom.  2,20, 
sonst  immer  gestalt,  in  dieser  stelle  würde  goth.  hivi  slehn,  wie 
2  rini.  3,  5.  form  für  forme  trat  ein  wie  quäl  zahl  pein  acht 
Schlacht  für  quäle  zahle  peine  achte  schlachte.  H.  Sacus 
und  Atrer  gestatten  sich  furm  :  stürm,  wurm. 

nhd.  lassen  sich  folgende  bedeutungen  unterscheiden. 

1)  form,  geslalt,  figur  können  zuweilen  tauschen,  nicht  überall: 
sie  hat  eine  zierliche  gestalt,  figur,  form,  figur  drückt  doch 
die  ganze  geslalt  und  erscheinung,  form  nur  den  umrisz,  die  züge 
aus.  es  heiszt  eine  edle,  königliche  figur  oder  gestalt,  nidit 
mehr  form,  Konrads  obertcil  der  forme  träre  beule  unzulässig, 
obschon  im  17  jh.  noch  beispiele  vorkommen: 

mein  weib  ist  unden  ein  wurm, 

vergleicht  sich  eins  meerwunders  furm.    Atrer  335'; 

so  sih  ich,  dasz  er  sieb  ab  meiner  form  entsetzet. 
Weckherlijc  205; 
auch  so  erschienen  Moses  und  Elias  den  Jüngern  Christi  in 
ihrer  form  und  gestalt  auf  dem  berge.  Jag.  Böbsie  Aurora  33. 
wir  sagen:  sein  gesiebt  hat  eine  edle  fonn.  ihre  bände,  finger 
haben  die  schönste  form,ffO  auch  gestalt,  nictU  figur  stehen  dürfte; 

und  keine  hexen  scbrein  uns  an 

in  form  der  schwarzen  katzen.    Weiszk  kom.  opern  3,93; 

der  braunen  locken  dunkle  ringe  seh  ich 

des  weiszen  halses  edle  form  beschatten.    Schiller  . .  . 

tn   allen  fällen   war  ahd.  giscaft,   mhd.  geschaft,   engl,  shape 
statthaft. 

2)  form  ist  überhaupt  der  gegensatz  zum  Stoffe  und  bezeichnet 
das,  was  aus  ihm  gemacht,  die  gestalt,  die  ihm  gegeben  wird 
die  Sache  gewinnt  gestalt  und  form,  der  thon  unter  des 
bildners  band  nimmt  alle  formen  an;  das  mittelding  zwischen 
form  und  klumpen  war  widerwärtig  anzusehen.  Göthe  15,252; 
das  kleid  war  ein  tucb,  dem  der  Schneider  form  gab,  er 
wählte  dafür  die  rechte,  die  gehörige,  die  passende;  der  bau- 
meister  ersinnt  die  form,  nach  der  ein  haus  errichtet  wer- 
den soll. 

3)  form  heiszt  auch  das  gefäsz,  worin  oder  wonach  an  werk 
gefertigt  wird,  die  form  zum  teig  oder  kuchen,  der  Stempel  zur 
münze,  die  form  zum  gieszen  eines  lichls,  einer  kugel,  einer 
glocke:  den  kuchen  hat  die  neue  form  besser  ausgebacken; 
die  kugelformen  ruhten  wenig,  man  konnte  nicht  genug  blei 
anschaffen;  der  Ichrjunge,  vorwitzig  wie  das  glühende  era 
aussähe,  rührte  an  den  krahn,  der  fuhr  heraus  und  es  rann 
und  rann  in  die  form;  die  formen  wurden  aus  eisernen 
platten  zusammen  gesetzt,  mit  eisernen  federn  gehalten,  in- 
wendig mit  öl,  auswendig  mit  thon  bestrichen.  Göthe  35,324; 
um  in  erz  zu  gieszen  macht  man  zweierlei  arten  von  formen. 
35,  327 ;  hierüber  wird  eine  feuerfeste  form  gemacht  und  das 
wachs  heraus  geschmolzen,  ebenda; 

fesigemauert  in  der  erden 

steht  die  form  aus  lehm  gebrannt, 

beute  musz  die  glocke  werden, 

frisch  gesellen,  seid  zur  band!    Scbiller  77"; 

in  die  erd  ists  aufgenommen, 

glücklich  ist  die  form  gefüllt.    79*; 

schwingt  den  hammer,  schwingt, 

bis  der  raantel  springt, 

wenn  die  glock  soll  auferstehen, 

musz  die  form  in  stücken  gehen.    79*. 
also  die  form  einsetzen,   einaiauem,  füllen,  zerbrechen,  zer- 
schlagen. 


1899 


FORM 


FORM  ALIEN  — FORMEN 


1900 


4)  einen  hui  in  seine  rechte  form  bringen,  über  die  form 
schlagen;  einen  strumpf  über  die  form  ziehen,  fr.  cnfoiiner 
Jes  bas;  das  kleid  hat  seine  form  verloren,  ist  aus  der  form 
gekommen,  hei  verschicJnen  handwerkcn  hat  form  eine  lech- 
nisclte  bcdeulung. 

5)  den  buclidritckern  heiszt  form  der  vierccJiige  rahme,  in  uel~ 
dien  die  geselzten  Zeilen  yescliraubt  werden :  die  form  schlieszcn, 
fr.  serrer  la  forme: 

der  drucker  sprach  behende: 

'ich  wil  mit  auf  die  fari, 

mir  schwitzen  so  ser  die  lenden, 

ich  hab  gezogen  so  hart, 

ich  musz  ictz  «arlicli  trinliea 

sunst  lian  icli  druci<cu  nit'. 

der  setzer  tet  im  winken 

'ich  gc  gewislich  mit. 

mein  form  die  klebt  so  harte, 

nacht,  sie  ist  nit  genetzt, 

drurab  ich  der  gsclschall  warte, 

dies  tapfer  hineui  setzt'.    Umland  690. 
den  papiermachern  isl  form  der  dralitbespannte  rahme,  worin  das 
zeug  geschöpft  uird ;  den  lichlgieszern  der  zinnerne  lahjlrog. 

6)  form  eines  rechtsgeschäfts:  die  form  der  klage,  der 
ehe,  der  Scheidung,  der  übergäbe,  des  Vertrags;  es  soll  alles 
in  der  besten  und  gehörigen  form  geschehen,  in  forma  optima 
et  debita,  fr.  en  bonne  et  dCie  forme,  engl  in  duc  form; 
doch  soll  der  dich  im  auslassen  . . .  den  bütleln  iren  gewon- 
lichen  gebüre  für  ihr  müh  und  (Icisz  entrichten  und  zu  dein 
allen  nach  der  besten  form  umb  enthaltung  willen  des  ge- 
meinen frides  ewige  urfchde  thun.  Carolina  art.  157; 

der  sol  es  dem  richter  f'ürtragen 

mit  solcher  form,  das  er  verstee, 

das  er  mit  warheit  ümb  gec.    fastn.  "09,10; 

ein  solch  gescLefl  het  gar  kein  furm  (  :  wurm). 
H.  Sachs  I,2-23'; 
ein  Widerspruch  in  der  besten  form.  Kant  8,155;  unter  der 
form  eines  kaufs,  unter  dem  schein,  sub  sjnrie  emliunis ;  es 
musz  der  form  geniigt  werden ;  der  major  wollte  nur  noch 
der  form  wegen  einen  abschiedsbcsuch  machen  {pro  forma). 
GoTUE  22,  C3. 

7)  die  formen  der  spräche  sind  ihre  ßexionen,  ableilungen 
und  Zusammensetzungen ;  die  formen  der  allen  spräche  waren 
reiner  und  reicher;  die  poesie  hat  ihre  formen,  die  formen 
des  liedes  sind  manigfach;  es  kommen  unaufhörlich  neue 
redeformen  auf;  dise  nüwe  form  rcdens.  Nici..  v.  Wvle  295,36. 

8)  form  allgemein  für  weise,  art:  mit  form  und  gestalte, 
wie  ich  mocht  {so  gut  ich  vermochte).  Nicl.  v.  Wvi.e  258,  22 ; 
Rosamunda  auf  solche  form  {folgcndergestall,  folgenderweise) 
anhub  zu  reden,  buch  d.  l.  233,  3 ;  Gabriotto  gedacht  seiner 
allerliebesten  jungfrauwen  den  letzten  brref  zu  schreiben, 
derselbige  auf  solche  form  lautet.  257,4; 

secht,  seclit,  das  beer  steh  sich  in  furm, 

samb  CS  anlaufen  wöll  ein  stürm.    II.  Sachs  III.  1,22S*, 

stellt  sich  so  auf,  in  solcher  weise  tmd  Ordnung;  man  sagt,  hier 
herschen  leichtere  formen,  manicren,  weisen: 

aber  in  den  heitern  regionun, 

«0  die  reinen  formen  »vohnen, 

rauscht  des  Jammers  trüber  stürm  nicht  mehr.    Scuiller  73"; 

droben  tönet  lautere  form.    Klopstock, 
erschallen  reine  töne  des  gesangs. 

9)  form  für  versinnlichung,  sinnliche  er.^cbcinung :  in  der  cr- 
ücheinung  nenne  ich  das,  welches  macht,  dasz  das  manig- 
fallige  der  crschcinung  in  gewissen  Verhältnissen  geordnet 
werden  kann,  die  form  der  crschcinung.  Kant  2,00;  das 
reich  gotles  kann  in  der  sinnlichen  form  einer  kirche  vor- 
gestellt werden.  0,330. 

10)  form  gegenüber  dem  gehalt  (wie  unter  2,  nur  abslracl  gefaszt)  : 

denke,  dasz  die  gunst  der  musen 

unvergünglichcs  vcrhciszi, 

den  gohnit  in  deinem  busen 

und  die  form  in  deinem  geisl.    GöThe  1,133; 

auf  der  seile  jener  dichlkunst,  welche  dahin  sircbt,  dasz 
der  einbildungskraft  gehalt,  gcslalt  und  form  dargebracht 
werde.  4«,  120. 

11)  form  heiszl  eine  Verhärtung  oder  schwiele  oben  am  harn 
des  jiferdefutzes,  wodurch  es  oft  lahm  wird. 

12)  ungewöhnlich  form  m.,  wie  nnl.  vonn,  gen.  vorms: 
»o  laut  knallet  in  allem  furm, 

als  ob  man  ichüüZ  ein  «tat  zum  stürm,    il.  Sachs  1,201'; 

den  form  lerhrach,  in  den  sie  Ihn  gegossen.    Gorreii  1,372. 
I.  dicbtform,   kSseforni,  knopfform,  kuchenform,  kugelfonn, 
licblform,  redefomi,  reimform,  sprachform,  unform,  urfunn, 
wortforin. 


FORMALIEN,  p/.  ritus:  mit  allen  formalien,  quo  decetordtne, 
mit  aller  furmlichkeit. 

FGHMALIKNKLAL'BER,  m.  Kant  1,372.     s.  formelklauben. 

FUK.MALISIERE.N,  notare,  improbare,  anstoszen,  fr.  sc  for- 
maliser,  engl,  furmalize:  formalisierten  sich  darüber.  Wieland 
19,322;  sulllen  die  leiite  sich  über  unser  schweigen  forma- 
lisieren.  bei  Merk  1, 100. 

FORMALITÄT,  f  man  musz  sich  formalitäten  gefallen  lassen, 
die  die  Sachen  in  die  länge  ziehen.    Weisze  traucrsp.  5,  325. 

FORMAT,  n.  modus  libri,  formal  eines  buchs,  wird  auch 
auf  andere  surhrn  angewandt,  z.  b.  eine  laute  in  kleinem  formal. 
GüTHE  22, 129. 

FORMBRET,  n.  beim  meiallgusz. 

FÖHMCHE.'V,  n.  eine  kleine  form,  nnl.  vormpje. 

FORMEISE.N,  n.  drchctsen. 

FORMEL,  f  forma,  luquendi  formida:  die  forrriel  wird  oft 
zum  todten  buchstab ;  der  salz  des  Widerspruchs  ist  die  erste 
formel  aller  Verneinung.  Kant  1, 87 ;  ohne  uns  selbst  mit 
der  formel  unsers  bewustseins  an  die  stelle  jedes  andern 
inlelligenten  wcsens  zu  setzen.  2,  065;  wer  weisz  was  dem 
malhomaliker  eine  formel  bedeutet  .  .  .  wird  eine  formel, 
welche  dieses  in  ansehung  aller  pflichl  überhaupt  thut,  nicht 
für  etwas  unbedeutendes  und  entbehrliches  halten.  9,103; 

gebt  achtl  wir  setzen  eine  formel  auf.    Schiller  344'. 
s.   bcichtformel ,    fluchformcl ,    gelielformcl,    glaubcnsformel, 
leinformel,  schluszformel,  schwurformcl,  Zauberformel. 

FÖRMELCHEN,  n.  mich  setzen  diese  förmelchen  in  den 
stand  dem  lescr  einen  begrif  von  dem  inhalte  des  ganzen 
trauerspieles  zu  geben.  J.  E.  Schlegel  3,  9. 

FORMELFHOMM,  s.  formendengler. 

FORMELGESCHWÄTZ,  n.  formularum  strepüus. 

FORMELKLAUBE.N,  n.  formularum  invesligalio: 

0  des  öden  formelklaiibens! 
alle  sind  wir  einus  glaubens, 
6ines  Volkes  glieder.    Voss  5,276. 

FORMELL,  formalis,  fr.  formel,  wie  wir  naturell,  natura  für 
fr.  naiurel,  modell  für  modele  schreiben. 

FORMELN,  formtdieren :  dasz  Schelling  aus  der  uns  vor- 
liegenden nalur  allgemeine  wahrheilen  sich  abstrahiert  und 
danach  einige  ausdrücke  ihrer  beschaffenheit  im  ganzen  ge- 
formelt  hat.  Schopenhauer  parerga  2,  53. 

FültMELSRRACHE,  f  der  mathcmatikcr.  vgl.  Götbe  50, 
1C7 — 174. 

FORMELWESEN,  n.  das  leere  formelwesen. 

FORMEN,  formare,  nnl.  vormen,  bilden: 

mhd.  wart  ich  geformet  zeinem  man, 

zwäre,  deist  lützel  an  mir  schin.    Ulr.  Trist.  1761; 

du  bist,  der  einic  gcforniet  hSt 

swaj  tot  ist  oder  lebende.    MSH.  3,414*; 

äai  herze  formet  den  munt 

nach  siner  iteln  niäjc.    pass.  K.  168,37; 

min  kummer  formet  sich  in  ringes  wise, 

er  hat  doch  niendert  ende.    H.  v.  Laber  296; 

nhd.  da  von  ain  iegicich  dinc  dS  mit  geformt  förmleich  sein 
leben  h;\t.  Megenberc  32,34;  wes  antlülz  niht  wol  geschicket 
ist    noch    wol  gefonnet.    46,24;    do  der  laig  geknelen  ward 
und  daj  brol  geformet  in  den  ofon  gelegt.  Steinhöwel  Esop 
94';   und  wie   der   Schreiber   solche  urlheil,   die  sich  obge- 
meller  maszen  zu  ofnen  und  lesen  geblue,    formen  und  be- 
schreiben soll.  Carolina  art.  di  und  bamberg.  HO ;  ein  Ordnung 
und  bcricht,  wie  der  gerichlschreiber  die  entliehen  url heilen 
der   todssiraf   halb    formen  soll.    art.  190  Überschrift,   im  lest 
selbst  formircn,  wo  docli  bamb.  217  ebenfalls  formen; 
gefurnu't  als  ein  leopart.    II.  Sachs  1,320'; 
den  üsnubrng  gebar,  der  fried  ist  wie  ein  beer, 
zu  Nürnberg  furmt  man  ihn  und  kehrt  ihn  hin  und  her. 
LoGAU  2,51,86. 

ein  bild  aus  gips,  geschirrc  aus  Ihon  formen ;  den  leig  zu 
brot  formen;  darinnen  sich  alles  bildet  und  fornu'l.  Jac. 
Böhme /iHrura  s.  97;  wann  über  die  billeic  qualillit  darinnen 
aufgehet,  so  zerlheilet  und  formel  sirhs,  gleich  als  wan  es 
lebete.  109;  eine  menge  menschen,  die  sich  zu  einem  gemei- 
nen wesen  imler  politischen  gcscizcn  fonnicn.   Kant  6,301; 

wie  könnte  wul  au«  staub  ein  wi>rk  der  kunst  rnisichen, 
geformt  vom  zufall  «ein  und  sich  nach  regeln  drehen? 

Dcscu  poit.  tFvrke  1,41; 
wenn  die  natnr  mit  srlinpferisrlien  bnndon 
den  tlinn  gelurnii,  kann  iilrlii  dn»  nngolnhr 
•0  wie  zum  Mur»)aii  ihn  zum  Apoll  vollvndeu?   Gonu  \,V>1; 


1901 


FORMEXDENGLER-  FORMIG 


FÖRMIGKEIT  —  FORMSCHAFT 


1902 


dies  unbefangne  herz  geformt  von  der  natur.    2,  433, 
du  kannst  allein  ein  urtheil  sprechen, 
ob  noch  mein  herz  dem  herzen  gleicht, 
das  du  geformet  hast.     Gökixgk  2,34; 
aiicli    bin    ich  nicht  aus  so  rauhem  Stoffe  geformet  wie  du. 
Klinger  2,119;    der  minister,    der   wie  sonst  alte  menschen 
und  alte  haare  schwer  zu  kräuseln  und  zu  formen  war.  J.  P. 
Tä.  3,154. 

s.  abformen,  überformen,  umformen,  Terformen. 
FOR.MENDENGLER,  «».  malleator  formularum,  formensdimid, 
der  die  formen  dengelt  (2,  925) : 

ir  formendängler,  ir  formmulfrom,  nit  im  herzen.    Garg.  279*, 
formmulfronim  ein  Wortspiel  mit  formelfromm  und  maulfromm. 
FORME.NFÜLLE,  f.  copia  formarum:  die  formenfülle  eines 
leibs.  des  sanskrits. 

FORMENMACHER,  «i.  moduhrum  confeelor. 
FORMENSCHNEIDER,  m.  modulorum  sculpior. 
FORMENSCHRANKE,  f. 

ich  hab  in  formenschranken 

mich  dazu  vorgeübt, 

um  nun  den  gottgedanken 

zu  spiegeln  ungetrübt.    Rccsert  ges.  ged.  1,373. 

FORMENTROG,  m.  in  zuckersiedereien  ein  trog,  über  dem  die 
formen  gefüllt  uerden. 

FORMER,  m.  formator,  bilder,  vgl.  kaster,  ahd.  chastari. 
FORMERDE,  /.  eine  thonart,  die  zu  formen  dient. 
FORMEREI.  /".  die  bildung  aus  weicher  masse  für  den  metallgusz. 
FORMERFINDUNG,  f.  Hebder  15,68. 
FORMERZ.  n.  ein  weiches  erz,  mit  silber  gemengt. 
FORMFEHLER,  m.,  lerstosz  in  der  form. 
FORMFLASCHE,  f  bei  metallarbeUern. 
FORMFLTTER,  n.  6«  den  goldschlägern,  in  welches  die  häute 
beim  schlagen  des  melalls  gelegt  werden. 

FORMGEWÖLBE,  n.  räum  für  das  gebläse  im  hohofen,  auch 
blosz  form  genannt. 

FORMH.XMMER,  m.  bei  goldschlägern. 
FORMHEIT,  f  die  gesammte  formheit  ist  der  stof.  Fichte 
fhiios.  journ.  5, 39.     vgl.  formschaft. 

FORMIEREN,  was  formen,  mhd.  zum  reim  besser  taugend: 

begunde  si  formieren 

und  üf  den  strit  bildieren.    ir.  kr.  30259; 

ir  kel  und  ouch  ir  kinne 

lormieret  nach  der  minne.     Wigam.  4939; 

Adeltrüt  da^  amt  hat  in, 

daj  si  adellichen  wol 

schicken  und  formieren  so).    Ls.  1,3S1; 

ir  euglin,  nas,  mund,  kinn  und  kel 

gformieret  schön.    Wolsesstein  s.  213; 

diu  kel  hat  die  kraft,  daj  si  münzet  und  stellet  die  stimm 
und  dag  gesanc,  wie  da;  sei  daj  si  der  wort  nicht  formier. 
Megenb.  18,29;  wenn  diu  natftr  da?  kindel  furmiert.  488,8; 
ein  fraw,  die  ein  kind  entpfacht,  ist  es  ein  kneblin,  so  wirt 
sein  leiblin  geformiert  in  vierzig  tagen,  ist  es  aber  ein  föch- 
lerlin,  in  achtzig  tagen.  Keisersbekc  brüsavil.  28* ;  der  töpfer 
musz  mit  seinen  armen  aus  dem  thon  sein  gefesz  fonnieren 
und  musz  sich  zu  seinen  füszen  müde  bücken.  Sir.  38, 33 ; 
das  durch  kraft  der  sonnen  der  bernstein  geformieret  werde. 
MiCBÄLiüs  1,  6 ;  also  auch  gehet  der  h.  geist  aus  dem  valer 
und  söhne  aus  und  wallet,  formieret  und  bildet  alles  in  dem 
ganzen  gott.  Jac.  Böhme  Aurora  49 ;  durch  denselben  geist 
seind  alle  engel  formieret  und  aus  des  vaters  kräflen  gebil- 
det worden,  und  derselbe  geist  erhält  und  trägt  alles,  for- 
mieret alles,  alle  gewächse  und  färben  und  creaturen  im 
himmel  und  in  dieser  well.  69 ;  alle  figuren  helfen  formieren 
und  bilden  nach  der  sieben  geisler  lust  und  willen.  196; 

das  loh,  so  ich  von  dir  formier, 
ist  nicht  aus  frembdem  schmuck  gestücket. 
Weckueblim  ^73; 

dan  euch  got,  euch  schön,  gut  und  klug 
formierend,  alles  gab  zu  wissen.    554. 

der  buchbinder  formiert  das  buch,  miszt  sän  formal  ab,  der 
gärt  n  er  formiert  beete  u.s.w.;  Iiäufig  in  der  kricgssprache :  die 
armee  wurde  in  zwei  treffen  formiert,  die  Soldaten  formieren 
sich,  stellen  sich  in  reih  und  glied,  einzelne  bataillone  suchten 
sich  wieder  zu  formieren,  nicht  überall,  docli  in  vielen  fällen 
wird  heute  das  heimiscJie  bilden  vorgezogen. 

FOR. MIERER,  m.  plastes,  figulus,  biidner,  schOpfer. 

FORMIG,  FORMIG,  (ormam  prae  se  ferens:  nichts  ist  ohn 
ein  form,  also  auch  die  krankheit  sind  nicht  ohne  form, 
sondern  sie  sind  formig.  Pabaceiscs  1,58ö';  die  silvestres 
find  bei  uns  die  necbstco,  dann  in  unserm  luft  erbollcu  sie 


sich  auch  und  nehmen  under  denen  den  nechsten  förmigen 
tod  bei  uns  an.  2,184';  die  krankheit,  die  du  nach  gelegen- 
heit  des  schadhaften  gliedes  eben  mit  dem  das  ihm  förmig 
(gleichförmig)  ist,  zu  curieren  wissen  wirst.  Thcrxeisser  von 
wassern  79.  heule  nur  in  Zusammensetzungen:  eiförmig,  ein- 
förmig, gabelförmig,  gleichförmig,  kegelförmig,  kugelförmig, 
tausendförmig.  vielförmig,  unförmig. 

FÖRMIGKEIT,  /".  parilUas.  Dastpod.  330*.    s.  gleichförmigkeit. 

FÖRMLICH,  ju'slam  habens  formam,  legitimus,  verus:  form- 
liche einigkeit,  darumb  das  der  heilige  geist  sich  in  solcher 
form  hat  offenbaren  wollen.  Lcther  3,  48G';  und  soll  die 
beschreibung  aller  handlung  gar  fleiszig  und  unterschiedlich 
durch  einen  gerichtschreiber  . . .  geschriben  werden  und  soll 
sich  der  Schreiber  selbst  underschreiben  . . .  damit  auf  solch 
formliche  gründliche  beschreibung  stattlich  und  sicherlich 
geurtheilt  werden  möge.  Carolina  art.  189 ; 

er  (Momtis)  trieb  den  rohen  zeug  in  förmliche  gestalt, 
und  sieh,  es  wurd  ein  kind  von  höhnischen  geberdeo. 

GüsTHER  496; 
unsere  Schnörkel  und  das  allerliebste  muschelwerk,  ohne 
welches  itzo  kein  zierrat  mehr  förmlich  werden  kann.  Wis- 
kelmasx  1,  59 ;  unzähiiche  ihrer  (der  Etrusl^er)  werke  zeigen 
offenbar,  dasz  sie  gearbeitet  worden,  ehe  die  Griechen  selbst 
etwas  förmliches  aufweisen  konnten.  3,174;  die  rechtslehre 
betrift  nur  das  förmliche  der  nach  freiheitsgesetzen  einzu- 
scluänkenden  w illkür.  Kant  5, 197 ;  das  förmliche  der  sitt- 
lichen willensbestimraungen.  5, 207 ;  eine  analyse,  wodurch 
man  sich  zu  einer  förmlichen  lehrverfassung  tüchtig  machen 
kann.  6,41;  die  anthropologie  zum  rang  einer  förmlichen 
Wissenschaft  erheben.  10,117;  Wilhelm  wollte  nun  seinen 
förmlichen  abschied  vom  theater  nehmen.  Götbe  20,115;  ver- 
schaffen sie  mir  dagegen  meine  förmliche  entlassung.  20,232; 
ffir  etwas  unverlanglichs  halt  ich  ihn  {den  eid), 
obgleich  ich  dieses  förmliche  nicht  liebe.    Scuilleb  356*; 

eh  sich  die  bürg  ergab,  muste  eine  förmliche  belagerung 
unternommen  werden;  es  gieng  daraus  eine  förmliche  feind- 
schaft  henor,  wie  es  auch  heiszt  eine  wirkliche,  wahre,  die 
bedeulungen  können  unter  umständen  selbst  in  gegensatz  treten: 
förmliche  entlassung,  vollständige,  ganze,  in  optima  forma; 
dagegen  förmlich,  nur  der  form  nadt,  ohne  inhalt,  letzteres  ge- 
wöhnlich formell. 

FÖRMLICH,  adv.  vere,  wirklich,  in  aller  form:  da  von  ein 
iegleich  ding,  da  mit  geformt,  formleich  sein  leben  hat. 
Megesderg  32,  34;  die  ausgesteckte  fahne  muste  förmlich 
abgenommen  werden;  gestern  morgen  war  die  rühr  aufs 
neue  da  und  ich  muste  mich  förmlich  wider  legen.  Niebudbs 
leben  2,  321. 

FÖRMLICHKEIT,  f.  rilus,  c^erimonia:  dasz  die  kirche  nicht 
förmlichkeilen  enthalte,  die  auf  idololatrie  führen.  KastG,3!>5; 
er  war  allen  förmlichkeiten  feind. 

FORMLOS,  informis,  engt,  formless,  shapeless:  jede  form- 
lose Willenserklärung  genügt  (bei  der  Schenkung  unter  ehegallen), 
wird  jedoch  auch  durch"  eine  neue  willensändcrung  entkräftet. 
Savigsv  System  4, 183 ;  weil  die  meisten  menschen  selbst  form- 
los sind,  weil  sie  sich  und  ihrem  wesen  seihst  keine  gestalt 
geben  können.  Göthe  20,250;  rückte  die  pfeife  in  die  ecke 
des  formlosen  mundes.  J.  P.  flegelj.  1,  64. 

FORMMEISTER,  m.  formenmaclier  bei  den  hochöfen. 

FORMNAIIT,  f.  sulura  formae:  die  form,  in  der  diese  fal- 
schen thalerstücke  von  zinnmetall  nachgegossen  worden,  ist 
so  geschickt  vorgerichtet,  dasz  nicht  blosz  das  gepräge,  son- 
dern auch  die  bezcichnung  des  hohen  kantenrandes  mit  aus- 
gegossen ist,  die  unvermeidliche  formnaht  mithin  nur  eine 
kante  und  so  fein,  wenig  bemerkbar  und  leicht  wegzunehmen 
war,  dasz  die  formstücke  sehr  gut  an  einander  gepasl  haben 
müssen,  münzwardein  Loos  in  gericlitsaclen  1833. 

FORMPRESSE,  f  der  goldsdiläger. 

FORMRECHT,  der  form  entsprediend,  wie  regelrecht. 

FORMREICH,  reich  an  formen: 

so  form  als  farbenreich.    Bbockes  1,310. 
aus  Italien  dem  formreichen  war  ich  in  das  gestaltlose  Deiilscb- 
land  zurückgewiesen.  Göthe  58, 115. 

FORMRICIITIG,  der  form  gemäsz. 

FOR.MSAND,  m.  glarea  fusoria,  zarter,  veiszlicher  sand,  aus 
dem   mit  kienrusz  vermengt  die  metallarbeiler  ihre  formen  bilden. 

FOR.MSCH.VFT,  f.  gebildet  wie  formheit,  habe  ich  tdid.  noch 
niclU  angetroffen,  mhd.  komml  es  vor  und  bedeutet  was  das  ein- 
fädle form: 


1903 


FORJISCHEIBE  — FORN 


FORN  — FORSCHE 


1904 


an  im  was  verbi^en 

sin  varwe  Icsierliche  (fenüc, 

wnnd  er  wol  elx'iic  m.ijR  tnic 

den  tOvelen  an  der  Torraeschaft.    pnss.  K.  33,33; 

si  was  srliAnc  und  nul  gestalt 

io  itistliclicr  rorniesrliafl.     111,25; 

so  wil  ich 
dar  kuinen  und  Lericliten  dich 
in  din  erste  rormcschart.    Un(>,  91. 

FORMSCHEIBE,  f.  l)  bei  den  lOpfcm  die-  obere  srhcilic  zum 
drehen. 

2(  bei  den  glusern  die  kleinste  fensteracheibe. 
FOHMSCMNKIDEKr.NST,  f.  ars  ifuZ/x-rirft  moduhii,  lyjm. 
FORMSCHNEIDEK,  m.  sndptor  lypurum  ■ 

'sol  ich  soirh  pselscliafl  meiden? 

sprach  der  formschneider  drauf, 

'hör  ich  ieizt  niiC  xu  sclineiden. 

wenn  ich  aiicii  tri'rnc  sauf 

und  spar  nii  dran  mein  rächen, 

tra^t  ir  nur  auf  mit  schal  1 

wil  trinken  dasz  es  sol  krachen, 

gol  geh  wers  gloch  heial".     Uuland  690. 

form    und    gcsiclitersclineider,    silhoueüeur.    J.  P.  Ilesp.  1,66. 
bildlich,  ein  päJygogisclier  fornisclineidcr.  komel  1,  54. 

FORMSTKG.  m.  bei  den  buchdruckern  ein  sieg  oder  stob  von 
holz,  zirbchen  die  c^liimnen  einer  form  zu  legen. 

FOUMSTEIN,  in.  in  den  hochofen,  worin  die  form  zu  liegen 
kommt. 

FORMSTOSZEIi.  ni.  im  hültcnbau  ein  eisen  zum  aussloszm 
des  rerstapflen  blasebalgs. 

FOhMSTL'CK,  n.  tras  formstein. 

FOKMILANT,  m.  rantis  formularum  recilalor :  sie  machen  den 
leeren  köpf  zum  heuchler  und  formulanlen.   Herdkr  18,  ISl. 
FOHMLLAR,    n.     mlal.    formulare.      nach   den    2,  4i)0    aus 
Carg.  173'  angezognen  ivorlen  heiszt  es  daselbst  weiter:  derhalben 
lieliulf  er  sich  nil  der  gebelformular  (gen.  pL),  die  heul  ein 
jeder    canzelstand    und   predigslnibeschreiler  zusammen  kul- 
lert, damit  er  aucli  wie  ein  Schwalbennest  am  haus  an  doctor 
Geszners  bibliothek  oder  ins  Supplement  zugeflickt  werde; 
ob  nun  der  cid  auch  leicht  zu  schwören  war, 
entscheid  ich  nicht,  hier  ist  das  furmular. 

Wacker  confmcubte  erzdhlungen  29. 
FORMUMFORMEND,  transfigurans : 
bei  tag  der  wölken  formuraformend  weben, 
bei  nacht  des  slernenheeres  glühend  leben!    Götbb  47,145. 

FORMC.NDER,  ni.  lulor,  schreibt  noch  Garg.  272*,  ahd.  fora- 
mundo. 

FORMUNG,  f.  formalio,  ößer  bei  Jag.  Böhme,  z.  b.  in  der 
tiefe  über  der  erden  gieng  auf  die  wunderbarliche  formung 
der  krafle.  Aurora  s.  2Si;  im  schall  oder  ton  stehet  die  for- 
niung  aller  färben  und  Schönheit.  Stieler  478;  sind  seine 
gestalten  leer,  seine  formungen  schwach.  Herder  17, 139. 

FORMVERÄNDERUNG,  f  mulatio  formae.  Haushanss  einl. 
in  die  mineralogie  §.  9. 

FORM  WAND,  f  der  hinlere  stein  im  zinnofen. 

FORMWIDRIG,  gegen  die  form  stoszend,  gebildet  wie  regel- 
widrig: forniwidrigc  abfassung  einer  schrifl, 

FORN,  FORNE,  FORNEN,  a  fronte,  die  heulige  Schreibung 
mit  V  entspricht  zwar  dem  vor,  weiclit  aber  ab  von  fort,  fornc 
ü/  a/iJ.  forana,  forna,  das  sich  zu  foia  tfr/(ä/<  wie  hintana  zu 
hini,  innana  zu  in,  Ö7,;5ana  zu  ftj,  opana  zu  opa  u.  a.  m.  mhd. 
vor  ttchl  i)ß  gleichledculig  mit  vitrn,  z.  b.  Iw.  5049.  5328  wurde  das 
vorn  der  ersten  benecliisclicn  ausg.  in  dir  zweiten  zu  vor.  forncti 
tteht  entgegen  dem  hinten,  jenes  drückt  a  fronte,  dieses  a  Icrgo  aus. 
itu'xjlich,  dasz  mit  forn  und  forder  sich  auch  frons,  vorderlhcil 
des  haupli  beridirc,  tat.  f,  wie  anderwärts,  p  vertrete  und  frons 
2U  pro,  porro,  proniis,  pronitus  gelu,rc,  gerade  wie  sich  aus 
anl,  ante  der  begrif  der  stirne  entfultcte  (sp.  447),  vgl.  Irit.  pccre 
front,  denn  auch  in  andern  ableäungen  hier  einschlagender  Wörter 
uhrn  wir  tat.  pro  und  ante  sich  zur  seile  treten  und  beide  das 
rortrdrti  geneigte,  vordere,  das  proniim  und  anlicum  bezeichnen 
hrlfrn.  rgi  prora  und  anlcnna,  ja  im  ahd.  fornenligi  ((Jrakf 
du  hiiifung  beider.  wer  nun  diesen  vergleichen  iiirlit 
ma^,  wird  doch  anerkrunen,  dasz  in  fornen  (a  frunle) 
und  fi>rder  {antrrior)  Zusammenhang  oliwalle  mit  ahd.  forn  {olim, 
ontea).  mit  flni»-  (nnliipius),  mit  ferne  (;/rwu/),  am  entschie- 
'  n  fort  {anteriore  anno)  und  fort  (/lorro), 
I  sondert  geredet  wird.  die  golh.  Uber- 
,„.„..,,  ,,,/rTii  i.,;r.  Mitra.  fairrajito,  warum  tollte  nicht  neben 
laur,   faura  ein   f«urj)rö  btttanden  haben,   das  dem  mhd.  \urt, 


wie  fairra))rü  dem  vi'rf,  wie  Jiajirö  dem  dart  (dert,  dort),  alls. 
thaiod  entsprach?     diese  formen  alle  waren  vielseitiger  enlwickhing 
fähig,  räum  und  zeit,   vorzeii  und  zukunfl  durchdrangen  sich  m 
ihnen,  im  vor  i4  das  voraus  gegangnc  wie  das  voran  schreitende 
gelegen,     hier  einen  mhd.  beleg  für  den  räumlichen  begrif: 
Ginövcr  sich  vil  sere  schämt, 
d^is  gevie  .sie  vorn  gar  ensaml 
ir  gewant  und  vielt  sich  dar  in.    Aroiic  tl794. 

die  schwankende  schräbung  treibt  den  gesammelten  wortvorrnth 
auseinander.  Keisersberg  und  Lltiier  lieszen  noch  das  alte  f 
anlauten,  der  letzte  mindestens  in  der  bibel  von  1545,  spälire  aus- 
gaben führen  v  ein,  aber  viele  schvi/htellir  des  16,  einzelne  des 
17  j/i.  behielten  forne,  fornen,  selbst  Hemscii  und  SriELER ; 
Frisius  und  Maaleb  haben,  nach  mhd.  weise,  vorne,  vornen, 
das  im  18  überwog,  hier  sollen  also  nur  wenige  belege  und  die 
reicidichsten  erst  unter  v  mitgellieill  werden. 

1)  forne  und  fornen  können  zwar  allein  neben  dem  verbum 
stehn,  z.  b.  er  geht  fornen,  das  pferd  ist  forne  lahm,  das 
haus  bricht  forne  zusammen,  gewöhnlich  aber  folgen  unmit- 
telbar andere  parlikeln. 

a)  am  häufigsten  an:  und  stellet  die  megde  mit  iren  kin- 
dern  forne  an.  l3/os.  33,  2;  und  lagerten  sich  in  Elham  forn 
an  der  wüsten.  2Mos.  13,  20;  forn  an  der  hütten.  26,9;  und 
sollen  forn  an  ziehen.  4  Mos.  2,  9 ;  und  da  sie  fern  an  den 
ort  des  heers  kamen.  2kön.l,b;  die  für  bunger  verschmach- 
ten fornen  an  allen  gassen.  klagt.  Jer.  2,19;  die  aber  forne 
angiengen  {golli.  \m  faura  gaggandans).  Lhc.  18,  39;  die  zween 
ritter,  so  fornen  an  ritten.  Amadis  238 ;  fornen  an  bebrennen, 
praeurere.  Stiei.er  229. 

b)  andere  parlikeln:  und  ligen  die  steine  des  heiligthums 
fornen  auf  allen  gassen  zerstreut,  klagt.  Jer.  4,  l ;  und  damit 
auch  sprengen  forne  gegen  den  gnadenstuel.  3  Mos.  3,1«; 
und  da  er  hinaus  gangen  v\ar  auf  den  weg  lief  einer  forne 
für  (golh.  duatriunands  ains).  Marc.  10,11;  und  die  forne  vor 
giengen  und  die  hernach  folgelen  (jiai  fauragaggandans).  ll,9; 
doch  ward  er  selbst  allzeit  fornen  im  streit  und  der  letzt 
im  abzug.  Amadis  374;  die  blätter  sind  fornen  gegen  der 
spitzen  ein  v\enig  zerkerft.  Taüernaem.  444;  fornen  dran. 
SnEi.ER45;  die  nase  forn  abbeiszen.  129;  er  v^ili  immer  wieder 
von  forne  anfangen.  Weisze  jubelbochz.  s.  28 ;  laszt  mich  jd 
gehn,  liebe  multer,  sonst  fiingl  er  wieder  von  forne  an.  s.  30. 
ebenso  fornen  aus,  forne  hin,  fornher,  fornhin,  von  forn- 
herein  «.  s.  w. 

2)  fornen  und  hinten  o/l  verbunden : 

was  wiliu  mir  aus  der  aiclien  ruchcn? 

was  will  (In  aus  den  puechen  suchen? 

was  will  du  mir  ans  der  tannen  finden? 

der  ma>r  bcscheid  mich  forn  und  binden,    fastn.  556, 1 ; 

so  solln  dich  nit  daran  kcrcn,  sunder  soll  qucslen  machen 
von  biikin  reisen  und  mit  den  selbigen  questen  inen  {den 
kindern,  die  sich  heraus  lügen  wollen)  das  weren,  das  sie  hin- 
ten und  fornen  blitzen  und  ufspringen.  Keiserso.  ;.  (i.  m.  lo'; 
da  nu  .loab  sähe,  das  fornen  und  hinder  im  streit  wider 
in  war.  1  chron.  20, 10. 

FORNAN,   Überrest  der  vollen  form  und  kaum  forn-an,   urll 

an    gleich    hinterher  fulgt,    es  müstc  denn  adv.  und  praq>.  neben 

einander  gellen:  das  isl  das  schwarz  hiindlin,  das  do  fornan 

an  dem  briisllin  ein  gclwes  blelzlin  hell.    Keisersb.  Wij^  145*. 

FORSCHREGIER,  f  scrulandi  Studium,  lernbeoier. 

FORSUHBEGIERDE.  f  dasselbe: 

priiicessin,  die  schon  manches  aber 
voll  frommer  forschhi'gierde  sprach. 

die  Karsciii!«  im  t.  Merkur  1775  inniiM  t.  MO. 
FORSCHREGIERIG. 

FORSCHE,   f.   quacstio,   inquisUio,   ahd.  forsca :     da;  Ul  in 
forsco,  in  quaeslione,  das  iä  in  frage.  N.  ps.  77,4«; 
mhit.  nu  gelii^rtent  ir  nie 

s<^  maiicge  vorsehe  s6  dA  wart.    lAint.  3427; 
da^  si  da  langer  beliben, 
ir  vorsehe  und  ir  vrAge  Iriben.    Tritt.  514, 52| 
und  kAnien  nach  vorsehe  dar.    Flor»  409; 
Ir  buteni  doch  versprochen 
Torsch  und  frilge  widor  mich.    fchvanrUler  1173. 
nhd.   mit   vlei«ziger   forsch    erfarn  und  verhörn.   NB.  M,  2t7 
o.  1378;    vorsehe  oder  erfanmg,  scrulinium.  roc.   llsJ  niinJ*; 
acht  und  forsch  auf  etwas  haben:  nieinand<«  isl  aber  wo!  mit 
irer   forsche,   denn    niemand:«  helfen  sie.   Paiiacei.sus  1,371*. 
s.  nnchforsciie.      hnite   aber  weichen  furscLe  und  oscbforicho 
dem  furscbung,  nuchforscbung. 


PF  Griinm,   Jakob  Ludwig  Karl 

3625  Deutsches  Wörterbuch 

G7 
Bd. 3 


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