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l^NIVfiRsrTY OF
TORONTO PRESS
DEUTSCHES
WÖRTERBUCH.
DRITTER BA>D.
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DEUTSCHES
WÖRTERBUCH
VON
JACOB GRIMM IM) WILHELM GRIMM.
DRITTER BAND.
E — FORSCHE.
LEIPZIG
VERLAG VON S. lUKZEL.
18 62.
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Uruck von J. It. Iliricbtrltl iii (.«Ipilit.
DRITTES
NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
ACKERMANN, Job., spil vom verlornen son. 1537; ein geist-
licb .<[iiel von dem froraen gottfiirchtigen mann Thobia. 1539.
AGRICOLA, Job. Geo., bescbreibung des birscbes. Amb. 1617. 4.
ALBERTINI landleben : Anlonii de Guevara, von der beschwer-
lichkeit und verdrusz des boflebens, und lob des feldbaues
und landsitzes, verdeutscbt von Aeg. Alrertim'. Amberg
1599 «. ößer ; Lucifers künigreicb und seelengejaidt oder
narrenbatz in acht Ibeil abgetbeilt. Augspurg l«17.
aller (lies: anmutiger) weisbeit lustgarten sp. 1143. vgl. im
1. verzächnisse Lycostbeves.
alte weisen, .«. buch der beisp. d. a. w.
ANDREAE, J. Val., adenlicher zucht ehrenspiegel. Stras2burg
1023. {mil pag. 52 — 130 angebunden an die geistl. kurtzweil).
sieh 2. Verzeichnis.
anweisung zur hausbaltung oder unlerricbt an hausmSgde
aus der erfahrung zusammen getragen von F. S. E. gedruckt
in diesem jähr. 64 selten.
ARNOLD, der pfingstmontag, lustspiel in Straszburger raund-
art. Siraszburg 1S16.
AL'GSBL'RGERS Arnalte : der von seiner liebsten übeigebaltene
Amant, oder Arnalte und Lucenda. erstlich in griechiscber
spräche geschrieben, nach solcher spanisch, aus derselbigen
französisch und aus dieser vorher italianiscb, jelzo aber
hochdeutsch gegeben durch A. Acgsplrger. Dresden 1642.
BÄDEKERS Schweiz. 8. aufl. Coblenz 1S59.
BELLI, Maria, geb. Gontard, leben in Frankfurt am Main.
10 thle. Frkft! 1S50f.
bericht, kurtzer und einfeltiger, von dem vogelstellen, o. o.
1626. dedicalion tind vorrede sind unterzeichnet : Rotenberg
an der Fulda, 27 Sept. 1031. Jüiiax Cünrad Aitinger.
BERLEPSCH, H. A., die alpen. Leipzig 1S61.
BINK sp. 24 verdruckt für BIRCK, Tbom., s. 1. Verzeichnis.
BLL'MALER, Aloys, Virgils Aeneis travestirt. 3 bände. Wien
17S4 — 17S8. vgl. das 2. Verzeichnis.
BOCK, teutscbe speiskammer. besonders paginierter anhang zu
seinem kräulerbuch, neu herausgegeben mit zusdlzen von Melchior
Sebiz dem altern 1580, 1595. nochmals übersehen von M. Sebiz
dem jüngei-n. Straszburg 1630. s. 2. Verzeichnis.
RUBEL, Th., haus und feldweisbeit des landwirlhs. Berlin 1S54.
RODE, Übersetzung von Yoricks empfindsamer reise. 4 thle.
Hamburg 1708.
Bogner mirakel, aus Schmeller.
BR.VNDES, Vorlesungen über die nalurlehre. 3 Ible. Leipzig
lS30f.
BRANDIS, mittheilungen über Griechenland. 3 thle. Leipzig
1842.
BREHME, Christian, allerhandt lustige, trawrige und nach
gelegenheit der zeit vorgekommene gedichte. Leipzig 1637.
RHOSENIL'S, H., technologie. 2 thle. Leipzig 1821.
bruder Rausch sp. 1761 ; vgl. Weimar, jahrb. 5, 357 ff.
buch der beispiele der alten weisei^ herausgegeben von W. L.
Holland. Stuttgart 1860.
BLLLINGER, Heinr., der alt gloub. (Zürich) 1544.
CALAGILS, Andr., Susanna, eine zumal lustige undgarnewe
cumoedia. Görlitz 1604. vgl. Gödeke s. 336.
CALLENBACH, Franz, genealogia Nisibilarum, des urallen
Nisi Stammhaus, geburtsbrief, auf und zunehmen, o. o. 1715.
CA.NCRIN, F. L.. bergwerke in Hessen. Frankf. 1767; berg-
werke in der grafschaft Hanau. Leipzig 1787.
(v. CANITZ), nacbrichten und belrachtungen über die thatcn
und Schicksale der reiteroi in den feldzügen Friedrichs H
und der neuem zeit. 2 thle. Berlin 1S23.
CAVALLIUS s. Grimms märchen HL 3. aufl. s. 357.
CELANDER, der verliebte Student. 2 thle. Hamburg 1713.
cbarfreitagsprocession s. 6L'cit.tEB im 2. verzcichn.
CHEMNITZ, Bogisl. Ph. v., königl. Schwedischen in Teutsch-
land geführten kriegs 1. theil. Allenstettin 1648. 2. theil
1653. 3. u. 4. theil Stockholm 1855 u. 59.
CHRYSEFS, Job., bofteufel. Wittemberg 1545.
COHN, s. Opel.
COLEIiUS, Job., calendarium perpeluum, das ist ein stets
wehrender calender vor die hauswirt u. s. h:, Wittenberg
0. j. auch Frankfurt 1040.
COLLIN, Heinr. Jos. v., werke. 6 thle. Wien 1812 f.
CORROÜL Aug., de herr professer. idyil aus dem Züribiet.
Winterthur 1857; de heiT vicari. winteridyll. das. 1858; de
herr dokter. herbstidyll. das. 1860.
Courage s. Simplicissinms im 1. verzeichn.
CRA.MER, leben Gellerts. Leipzig 1774.
CRUGNER, Mich., aufgewickelter gebrauch seiner elixieren.
Dresden 1662.
DAN.NEIL, J. Fr., Wörterbuch der altmärkisch-plattdeutschen
mundart. Salzwedel 1859.
DANZEL, Tb. W., Gottsched und seine zeit. Leipzig '850.
DENIS, Michael, die lieder Sineds des barden. Wien 1772.
denkmale des mitlelalters gesammelt und herausgegeben von
H. Hattemer 3 thle. St. Gallen 1842 ff.
Dictys Crclensis Verdeutschung von Tatius Alpiscs. Augsburg
1540. folio.
DOROW, reminiscenzen. Leipzig 1842.
DOVE, optische Studien. Berlin 1859.
DRASEKE, glaube liebe hoffnung. Lüneburg 1815. 7. aufl. 1842.
DROVSENS Übersetzung des Aristophanes. 3 tbie. Berlin 1835 f.
DL'LLER, neue beitrage zur geschicbte Philipps des grosz-
inüthigen. Darmstadt 1842.
DUSCH. Job. Jakob, vermischte werke in verschiedenen arten
der dichlkunst. Jena 1754; der schoszhund. Altona 1756.
Meister ECKHART, herausg. von Pfeifkeb. Leipzig 1857.
Deutsche .Mystiker, 2. bd. c
EICHENDORF^ graf Lucanor. Rcriin 1840.
die entlarvte böse siebene d. i. kurze lebensbeschreibung
einer liederlichen und bösen frauen. Leipzig 1719.
ERKEH, Lazarus, bescbreibung aller fürnembsten mineralischen
ertz und bergwerks arten. Frankfurt 1580.
ESCHE.NBERG, J. J. , deukmäler altdeutscher dichtkanst.
Bremen 1799.
ETTNER, vade et occide Cain, oder gehe und schlage den
Cain todt. FrankL u. Leipzig 1724. 70 seilen in 8.
FABRI, Job., christenliche unlerrichtung. Dresden 1528.
FALK, Job., der mensch und die beiden, zwei salin gedichte.
Leipzig 1798.
fastnacbtspicl von einem dölpischen und groben baurenknecht,
genant der Steffel von Neuhausen. 1628.
FEIERABEND falknerei; jagd und weidwerk; fischweidwerk
s. weidwerk im 1. verzeichn.
FERBER, W., armbrustschieszen. Dresden 1610.
FILIDOR (Jac. Scbwieger), die Wittekinden , singe- und
frewdenspiel. Jena 1666. vgl. Gödeke s. 456.
FORSTER. Georg, frische liedlein. Nürnberg 1552.
FÖRSTEMANN, Ernst, altdeutsches namenbuch. theil 1. 2.
Nordliausen 1856. 1859.
FREDERIC le grand, oeuvres. 30 vol. Berlin 1846 f.
FREYTAG, bildcr a. d. deutschen Vergangenheit. 2 thle.
Leipzig 1S60; neue bilden 1862; die brautfahrt. Leipzig 1847.
FRISCHLLN, Nicoderaus, deutsche dichtungen, herausg. von
D. Fr. Stralsz. Stultg. 1857. s. a. Glaser.
FUNCKELLN, Jacob, ein gantz lustige und nutzliche Iragoedi
von dem rychen mann und armen Lazaro. Bern 1551. vgl.
GöDEKJE s. 304.
GABELKÖVER, Oswald, arzneibuch. Frankfurt 1625.
DI
DRITTES NHD. QUELLENVERZEICHNIS.
IV
GEFFCKEN. J., bildercalechismus des 15. jalirh. Leipzig 1S55.
GERSTENBEKG, Heinrieb Wilhelm von, vermisclite schriflen.
3 bände. Altona iSlä; gedieht eines skalden. Kopenhagen
t«. 5. V. 1766.
geschichtsfreund. mittlieilungen des bist. Vereins der 5 orte.
Einsiedeln 1S44 f. bis jdil IS bände.
gesellschaft. wunderbare, in der neujahrsnacht sp. 289 siebt
in Jkan Pauls tcerken 6d. 30. s. 1. Verzeichnis.
GESZNEK, Salomon, säinmtliche Schriften (berausg. von Klee).
2 tble. Leipzig 1841.
GLASER, Arnold, phasma: das ist ein newe geistliche nach-
gehndig comoedia ... im latein von Nicod. Frischiino.
Greifswald 1593.
GLEIM, Johann Wilhelm Ludwig, lieder, fabeln und romanzen.
Leipzig 1758.
GOLTZ. Bügumil, jugendleben. 3 thie. Leipzig 1952.
GÖSCHEN, Vorlesungen über civilrecht. 3 thIe. Götting. 1838 f.
GÖTHE, das tagehuch. {als handschr. gedruckl 1861); chaos
(zeilschrift, in Weimar gedruckt 1829 — 1831. 2 Jahrg.) zweite
nachricht vom Ilmenauer bergbau. 1787.
GOTTER, Friedrich Willielm, die mutter, ein Schauspiel.
Leipzig 1790; die dorfgala, ein lustspiel. Gothal774; Schau-
spiele. Leipzig 1795; Jeannette, ein lustspiel nach dem ab-
druck im 2. bände des hamburgischen Iheaters.
GOTTHELF, Jer. (Bitzius), gesammelte Schriften. 23 thIe.
Berlin 1855 f.
GOTTSCHED, Johann Christoph, gedichte. 2 Ihle. Leipzig 1751.
GREFE, der Lüneburger saline ausschüeszlicher salz-debit
im fürstenlhum Lüneburg. Gottingen 1849.
GRUTER,proverbia: Janus GrutiT, (loriiegiumethico-politicum.
Frankf. 1610 ff. .«.Zacher, die deutschen sprichwörtersamm-
lungen. A'r. ."^4 /f.
GCEINTZ, Ch., deutscher Sprachlehre entwurf. Ciithen 1641.
GÜNZEL, haubtschlüssel der tcutschen und ilaliänischen
sprach, das ist vollständiges wortbuch aller teulschen und
ilaliänischen stamm und beiwürter, la chiave macstra della
lingua todescha & italiana, per Giovanm Alemanni Sassone.
Augsb. 1648. der deutsche tlwil hat 931, der italienische 451 seilen,
die deutsche vorrede ist unterzeichnet Joannes Güntzel, civis
noribergensis.
HAGEDORN, Friedrich von, poetische werke. 5 thIe. Ham-
burg 1800. gewöhnlich angeführt nach der ausg. von 1757 in
3 bänden, s. 1. Verzeichnis.
HALEM. G. A. V., poesie und prosa. Hamburg 1789.
HALLER, A. v., Fabius und Kalo. Bern und Güttingen 1774.
HALLM.\NN, Joh. Christian, trauer- freuden- u. schäferspiele.
Breslau (1684). einseln cilicrt: Adonis, Mariamne, Heraclius,
Theodorich, Antiochus.
H.\LTRICH, J., deutsche Volksmärchen aus dem Sachsenlande
in Siebenbürgen. Berlin 1856.
HAMMER, Mallh.. historischer rosengarten. Zwickau 1654.
HARSDÖHFFER, Ge. Phil., sonntagsandachten. Nürnberg 1649.
HARTIG, Ichrbuch für jüger. 6. aufl. Stuttgart 1845.
HATTEMER, s. denkmale.
HAUGWITZ , A. A. v., prodromus poeticus. Dresden 1684.
daraus einzeln cilierl Soliman, Maria Stuarda.
HAUSMANN , versuch einer einleitung in die mineralogie.
Gitltingen 1S28.
HEBBEL, Fr.. .Maria Magdalene, trauerspiel. Hamburg 1844.
HEBEL bei Becker: J.P.Hebel, festgabe zu seinem 100. ge-
burlxiage, herausg. von F. Becker. Basel 1S60.
HEBEBER, Joh. Mich., der churpfülzische robiuson oder zehn-
jährige reisen. 1. theil. Frankfurt 1746. 2. 1747. früher unter
dem tuet Aegyptiaca scrxilus. Heidelb. 1610. (Lessi.nc 9,390),
wofür anderwürti 1612 sieht.
HEIDEB. dcducl. Lindau.: gründliche ausführung der reichs-
sladl Lindau, die ohnversebens abgelftsle und der erzher-
zügin Claudiae f. d. pcndcnte lite cedirte reichspfandscbaft
belreflend. Nürnberg 1643. der verf. tst Damiel Heiper. vgl.
POtter. lit. d. «taatsrechts l, 216.
HEfsE und CROPP, juriHtixchc abhandlungen. 2 thIe. Ham-
burg lH27f.
HEVNERERG, Caspar, erklSrung der preuszincken landtafel.
K • ' 1595.
Hl ^S «ellxitbioiraphie, berauag. von KovAcaics.
< i .
nun MANN VON FALLERSLKPF.N. «prnden zur deuUchen
litfraturgrucbichte. 2 Ible. Leipzig 1844.
HÖRN, W. 0. v., des alten Schmiedjacobs geschichlen. 3 thIe.
Frankfurt 1853 f.
Hl'.MBOLDT, A. v., über die unterirdischen gasarlen. Braun-
schweig 1799.
IMMERMANN, die epigonen. 3 tble. Düsseldorf 1836.
JACOBI, Johann Georg, Iris, ein taschenbuch für 1810. Zürich.
hierin s. 203 — 211 gedichte vort Boie.
JACOBI, Max, Übersetzung des Thucydides. 3 tble. Hamburg
1804 f.
JAH.N, Otto, über den aberglauben des bösen blicks, in den
berichten d. sächs. gesellschaft der Wissenschaften. 1855.
heft 1. 2.
JEROSCHIN, Nicol. v., die krönike von Prftzinlant. herausg.
von E. Sthehlke. Leipzig 1861.
Hans Jörgel : komische briefe des Hans Jörgeis von Gum-
poldskirchen {von Jos. Alois Gleich). Wien von 1832 an.
JÜNGER, Joh. Fr., Huldreich Wurmsamen, komischer roman.
3 Uile. Leipzig 1781 f.
KABAJAN, Th. G. v., deutsche Sprachdenkmale des xii. Jahr-
hunderts. Wien 1846.
KARMARSCH, handbuch der technologie. 2 thle. 3. aufl.
Hannover 1857.
KÄSTNER. A. G., werke. 4 thle. Berlin l»41.
KATZMAIR, Jörg, s. Sciimeller.
kindermärchen aus mündlichen erzählungen gesammelt. Er-
furt 1787.
KLEMPIN, diplomatische beitrage zur geschichle Pommerns.
BeHin 1859.
KNIGGE, über den umgang mit menschen. 2 thle. Hannover
1788. 3 t heile. 1790 u. ößer.
KOBBE, J. P., geschichte u. landesbeschreibung des berzog-
thums Bremen und Verden. 2 thle. Göltingen 1824.
KORER, Tob., idea militis christiani. tragoedia von d. ritter-
niäszigen beiden Christof von Zedlitz etc. Liegnitz 1607.
KOLRE, Bremen u. V. sp. 5tl verdruckt für Kobiie, s. oben.
KOSEGARTE.N, Ludwig Theobul, poesieen. 2 bände. Leipzig
1798; legenden. 2 bände. Berlin 1810; britlisches odeon,
denkwürdigkeifen aus dem leben und den Schriften der
neuesten brittischen dichter. 2 bände. Berlin 1800; die
inscifahrt. Berlin 1804.
KRAFT, Hans Ulrich, reisen und gefanpenschaft aus der
Originalhandschrift herausg. von K. D. Hassler. Stuttg. 1861.
KRETSCHMANN, Karl Friedrich, sämtliche werke. 6 bände.
Leipzig 1784 — 1799. einzelne stücke daraus, die ihre eigene
Seitenzahl haben, sind besonders angeführt, z. b. die lu.ttspiele
die familie Eichenkron, die belagerung u. 5. «■. ; scherzhafte
gesänge. 1771.
KRONBIEGEL, C. F., über die kleidertracht, sitten und ge-
brauche der Altenburgischen bauern. Altenburg 1793.
KUHN , A,, sagen , gebrauche und märchen aus Westfalen.
Leipzig 1859.
kunstbüchleiii : ein schön neuerfundnes kunstbüchlin darinnen
130 stück vor menschen und vielie, von einem geborneii
zigeuner, anitzo zum <lritteninal gedr. 2 bogen 8.
LABERS jagdgedicbl: Hadamars vox Larer Jagd- und drei
andere niinnegedichte seiner zeit, herausg. von Schmeller.
Stuttgart 1S50.
LAFONTAINE, der naturmensch. Halle 1791. 3. aufl. 1801.
LAMPE, bündlein 25 gottseliger gesänge. 1723.
das landhaus. oomoedie. Leipzig 1770.
LANG, Karl Heinrich ritten von, memoiren. 2 theile. Braun-
schweig 1842.
LANGE, S. G., u. J. J. PYRA, Thyrsis und Dämons freund-
schafl liehe lieder. Zürich 1745.
LAPPKNREHGS Lnuremberg: Scherzgedichte von Jobann
Laureniberg, hcrniisii. von J. M. LArpKNnERC. Slullgart 1861.
LAUZE, Wigand, leben und Ihaten berrn Philippi inagnaninii,
landgrafen zu Hessen, 2 Iheilr als 2. und 3. suppletnenÜKind
der zeilschr. f. hess. gesch. Cassel lS4lf.
LAVATERS aussiebten in die ewigkeil. 3 Ihle. Zürich 17M;
ochweizerlieder. 3. null. Bern 1768.
leben eines po>*aunent>kiserK, ans liebt gesleiU von einem
linkenpfeifer. Freiberg 1729.
LENNKi, Fr., etwas zum Ineliru. 4. aufl. Mainz 1M6.
LEOPBECHTING, K. v., aus dem Leebiain. zur deutachsn
sitten und sagenk le. Mimchen 1855.
LKUCOLEON, G.ilnmrlite oder allerhand krusehe lust und
liebeslieder. Frankfurt 1071.
DRITTES NHD. QUELLENVERZEICH.MS.
VI
LEYSER, predigten: deutsche predigten des 13. u. 14. Jahr-
hunderts, herausg. ton Herm. Leyser. Quedlinburg 1S3S.
LIEBRECHT, Übersetzung von Basiles pentamerone. Bres-
lau 1S46.
lieder, vermischte, aufs clavier mit meiodien (ron Cb. Kitser).
W'interthur 1775.
LINK. Wenzesiaus, geb. zu Koldilz, bapst gepreng ausz dem
ceremonienbuch. Straszburg 1539.
LISELOTTE: briefe der herzogin Elisabeth Cbarlotte von
Orleans, m Ranke französ. gesch. band 5. 1S61 p. 280 — 442.
LOBWASSER cal.: Georgi Buchanani tragoedia von der ent-
hauptung Johannis, genannt Calumnia, ausz dem lat. ins
teutsche vertirt durch Ambb. Lobwasser. 15S3.
LÖHNEYS. Georg Engelh., griindl. u. ausfuhr!, bericht von
bergwerken. Straszburg 1599 u. ößer.
LUCAE, Fr., scblesische denkwürdigkeiten. Frankfurt 16S9.
LYR.\, F. W., plattdeutsche briefe, erzählungen u.s. ir. Osna-
brück 1S46.
MANDER. bundeslieder, sp. 1537 verdruckt für Neander.
MAL'RITIUS, Georg, ein schöne comoedia von dem Schul-
wesen. Leipzig 1606.
MEGENBERG. Konr. v., das buch der natur, herausg. von
Pfeiffer. Stuttgart 1S62.
MEGERLE, Ulr.. gen. Abraham a Santa Clara, ganz neu aus-
gehecktes narrennest oder curiöse Werkstatt mancherlei
narren und närrinnen. 3 thie. Wien 1751. s. auth AßRinAJi
A Santa Clara im 1. Verzeichnis.
MELA.NCHTHON, vom abendmal des herrn {übers, von Mich.
Mecrer). Wittenberg 1532; von anrichtung der latinischen
schul. Bon 1543; christl. erinnerung von den lieben engein
übers, von G. Spalatincs. Wittenberg 1536; Verlegung etlicher
artikel w eiche die v^iderteufer fürgeben. Wittenberg o. ;. ;
oration vom landgraf Friederich, detüscli von Lauteebeck.
s. Lacterbeck im 1. Verzeichnis.
MEMUS, Justus. vom bapstum, eine newe seer schöne tra-
gedia Thome Naogeorgi, aus dem latin verdeudscht. Wlt-
temberg 1539.
MERSWIN : das buch von den neun felsen von dem Strasz-
burger börger Rclman Merswis, herausg. von C. Schmidt.
Leipzig 1S59.
MESSERSCHMID, G. Fr., spital unheilsamer narren und när-
rinnen. aus dem ital. des Garzo.ni. Straszburg 161S.
MEYER VON KNO.NAU: L. M. v. K., ein halbes hundert neuer
fabeln. Zürich 1744. 3. aufl. 1757.
MEYER, Heinr.. die Ortsnamen des kantons Zürich, im 6. band
der mittheilungen der antiquarischen gesellschaft in Zürich.
Zürich 1S49.
MORHOF, D. G., Unterricht von der deutschen sprach und
poesie. Kiel 16S2. 2. ausg. Lübeck 1702.
MÖRIKE, E.. Mozart auf der reise nach Prag. Stuttgart 1856 ;
fischer Martin = idylle vom bodensee. s. 2. verseidinis.
MUGLIN, Heinr. v., Übersetzung des Valerius Maximus ge-
schichte d. Römer. Augsburg 1489.
MÜHLPFORTH, Heinr., teutsche gedichte. Breslau 16S6.
MÜLLENHOFF, sagen, märchen und lieder der herzogthümer
Schleswig. Holstein und Lauenburg. Kiel 1845.
MCLLNER. A., die schuld, trauerspiel. Stuttgart 1816.
MURNER, Th.. Vercilii Maronis dryzehen Aeneadischen bücher.
Straszburg 1515; die niülle von Schwindelsheim, das.;
andechtig geistliche badenfarl. das. 1514; von den fier
ketzeren prediger ordens zu Bern verbrennt, das. o. j.;
Schelmenzunft meist nach der ausgäbe Halle 1788 ätiert.
MÜTZELL. geistliche lieder der evangelischen kirche aus dem
16. jahrh. 3 thle. Beriin 1855.
NASÜS (IS'ASZ), Joannes, ain bericht von fratris Joannis
Nasenesel. Ingolstatt 1570. eine heßige derbe slreitfchrift gegen
Gtorg ^igrinus und die Lutheraner; ein schöne tröstliche
kriegs vnd sigspredig. 1572. vgl. das 2. Verzeichnis.
NEANDER. Joach., glaubens- und liebesübung durch bundes-
lieder. Bremen 1680.
NEFFLEN. Job., der vetter aus Schwaben. Ulm 1837.
NEIDHART VON REUEMHAL, herausgegeben von Hacpt.
Leipzig 1858.
NICOLAI, leben und meinungen des herrn Magister Sebaldus
Nothanker. 3 thle. Berlin 1773 f. u. öfter,
Ntlrnberger polizciordnungen aus dem 13. bis 15. Jahrhundert,
herausg. von J. Baader. Stuttgart 1861.
OPEL und COHN, lieder des 30jährigen kriegs. Halle 1862.
OTHO, evaagel. krankentrost, erschien 1664; citiert nadi der
ausg. Nürnberg 1722.
OTMAR. volkssagen. Bremen 1800.
OVERBECK, Christian Adolf. Anakreon und Sappho {übersetzt).
Lübeck u. Leipzig 1800.
PAPE, Ambr., christiani hominis sors et fortuna. vom glück
und zustand eines rechten Christen. Magdeb. 1612 ; bettel-
oder gartteufel. 1586.
PAULSON. Conr., lebensgeschichte. Lübben 1724.
PERTZ. leben des ministers freiherrn vom Stein. 7 theile.
Beriin 1849—1855.
PEL'CER, Casp., Widerlegung des calvinischen testaments.
Wittenberg 1603.
PFEILSCHMIDT, .\ndr.. ein hübsch und christlich spiel des
gantzen buchs Esther. Frankfurt 1555.
postreuter: der post reuter bin ich genandl, dem hinkenden
bothen wol bekandt. 1591. vgl. Gödeke s. 401.
PRAETORIUS, Joh., welt-beschreibung von allerhand wunder-
baren menschen. 2 thle. Magdeburg 1665; gründl. bericht
vom schnackischen Katzen-Veite, o. o. 1665.
(RAMLER. Karl Wilhelm), lyrische blumeniese. 2 bände.
Leipzig 1774 — 1778. auszer den im 1. Verzeichnis angegebenen
irerken sind einzeln noch benutzt: öden. Berlin 1767; geist-
liche kantaten. 1760; Pygmalion. 1768 ; ode auf die Wieder-
kunft des königes Berlin den 3ü. märz 1763 {einzcldruck).
die dichlkunst des Horaz. 2. auD. Basel 1789.
M. RAPP, Übersetzung des Plautus. 17 thle, mit durchlaufender
Seitenzahl. Stuttgart 1838 f.
des abenteuerlichen Jean Rebhu continuation. 1680.
REBHUHN, Paul, ein hochzeitspil auff die hochzeit zu Cana.
Zwickau 1538. 1546; dramen, herausg. von Hermann Palm.
Stuttgart 1859.
REHFUES. Ph. J. v., Scipio Cicala. 4 theile. Leipzig 1832.
Reineke prosa: der listige Reineke fuchs, mdirmals gedr. o. j.
11. 0. im 17. 18. jahrh. verfaszt vor 1648.
REINHOLD, reime dich. s. Riemer im l. Verzeichnis.
REUTER. Fritz, läuschen und riemels. 4. auQ. Wismar 1859.
neue folge. Neubrandenburg 1859; olle kamellen. Wismar
1860.
REYMER, Nicol., vier bücher vom landmessen. Nümb. 1583.
BIETZ, Joh. Ernst, ordbok öfver svenska allmogespräket.
häft 1. 2. Lund 1862.
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vn
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Vlll
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SCHMELZL, W'oifg.. Ein schöne tröstliche hystoria von dem
Jüngling David nnd dem mutwilligen Goliath. Wien 1545;
aussendung der zwelf poten 1542; dasz alle hohe gewal-
tige monarchien von gott eingesetzt und geordenl «. s. w.
durch das exempel des künigs Samuelis nnd Sauli erklär-
lich angezeigt 1551; lobspruch der sladl Wien 154S; der
christlich und gewaltig zug in das Hungarland 1556; co-
nioedia der hochzeit Cana Galilee 1543; conicdi von dein
plintgehiiren son 1543.
SCHMID, Christian Heinrich, antbologie der deutschen. 3 thie.
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THERANDER, Huldr. (Joha:«n Sommkr), aeiiigmatographia
rythmica. ein newes kunstreiches riltzelbuch in tcuiUcbe
reime verfasset, o. o. «. j. ; emplastrum Cornclianum, heil-
pflaster auf die melancholische wunden, iccv vgl. GOt)KKK
«.431.
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Agamemnon und Coriolan, über*, von J. H. Schleckl. Copen-
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THRXNHART, A., der wrinbau bei Naumburg. Naumb. IM'i.
THUMMEL, der heiligr Kiiian nnd das licbeKpaar. Leipzig Isih.
TIRULF, Hans, bejral Icaatt und «ciliar lieben Hflx-kfii.
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TUALLES, Job., mausok'um SchalT-Gotschianum. ehren- und
gedächtnuszkirchlein des uhraiten Scbaff-Gotschen hauses.
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TUCHER, Andr., baumeisterbuch der Stadt Nürnberg. Stutt-
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USCHNEK, Karl, iibersetzung des Homer. Berlin 1861.
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nützliches arzneibücblein für alle krankheilen. Frankfurt
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besclireibung der heutigen weit im glauben, bekendnisz,
religion, wandel und sitlen. 4 thle. Magdeburg 1609 f. vgl.
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VOSS, Johann Heinrich, Übersetzung des Propertius. Braun-
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schwinden listen und practiken etc. gedr. im jar Christi
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WACHSMUTH, geschichle Frankreichs im revolutionszeitalter.
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WACKEHNAGEL, W., Walther von Klingen, Stifter des Klingcn-
thals und minnesänger. Basel 1S45.
WAGNER, Heinrich Leopold, theaterstücke. Frankfurt a. M.
1779. hierin Evcben Humbrecht, eine bearbeüung der kinder-
mürderin {s. 1. verzeichn.) als Schauspiel, und Macbeth ein trauer-
spiel in fünf aulzügen nach Schakespear; die reue nach
der that ein Schauspiel. 1775; die frohe frau. Oflfenbach un4
Frankfurt 1775; conliskahle erzählungen. Wien (Gieszen)
1774; der wohlthiitige unbekannte. Frankfurt 1775.
WALLENSTEINS briete: gemeint ist die sanimlung ron P. v.
CnLüMtCKY, bcilage seiner regesten der Mährischen archive L 1.
Brunn 1850.
WEBER, A. D., über die Verbindlichkeit zur beweisführung
im civilprocesz. 3. ausg. von Heffter. Halle 1845.
WEINHEIMER, Adam, geistliche wacht. Marburg 1642.
WEISZE, Christian Felix, die jubelbochzeit, eine komische
oper in drei aufzügen. Leipzig 1773. das buch erschien ohne
den namen des verf.; Selbstbiographie. Leipzig 1806.
WIELANDS Übersetzung des Lncian. 6 thle. Leipzig 1788.
Wigalüis in prosa, nach dem druck Franhf. 1564 wiederholl in
der romanenbibl. band 2.
WIGAND, Job., bericht ob die newen W^ittenberger stäfs bisz
daher einig mit den alten gelehrt. Königsberg 1576.
WILLAMOV, Job. Gottlieb, das teutsche Athene. Berlin 1765;
dilhyramben. </ax. 1766; zwo öden. 17G5; dialogische fabeln.
Berlin 1765.
WILWOLTS VON SCHAUMBURG geschichten und taten,
herausg. von A. v. Keller. Stuttgart 1859
WINERS biblisches realwörlerbuch. 2 thle. 3. aufl. Leipz. 1847.
WIRSUNt^., Christof, artzneibuch corrigiert und verbessert
durch P. Uffenracii, beneben einem dictionario dero un-
verständlichen Wörter. Frankfurt 1<119.
\VITHOF, J. P. L., akademische gedicbte. 2 thle. Leipz. 1782.
WOHLGEMUTH, Ernst, fünfliundert frische und vergüldete
bauptpillen. 1669.
WOLF, F. A., Übersetzung der ersten horazischen salire.
Berlin 1813.
WOLF, J. W., hessische sagen. Göttingen 1853.
WOLFF, P. A., Preciosa, in seinen dramatischen spielen. Berlin
is2:i.
Wl ITKE, A., der deutsche volksaberglaube der gegenwart.
Hamburg 1860.
WYLE, .Nicliis von. Iranslalionen, heraufq. von A. v. Keller.
Stuttgart 1861; frau glück im 12. cap.
ZARNCKE, Fr., die urkundlichen quellen zur geschichle der
iiniversittll Leipzig. Leipzig |s.'>T.
ZESEN, Philipp v., hochdeutscher Helikon. Wittenberg 1640;
roNeiimohnd d. i. in 31 gespr.tchen erOfnele wunderschacht
zum steine der weisen. Ifaiulturg 1651.
ZESTERFLETH. Chr. v., beschreibung des Im henoglhutn
Rreuuii bflcgfuen alten lande«. Hamburg is47.
/INGERLE, Ign. Vinc. «a^cn, iii:in-hen und ^.,1. .-....•... :iiis
TiruL Innsbruck 1859.
E.
Eij ein unursprfinglicher, darum auch tchKankender, unbe-
slimmler vocal, der in unsrer spräche allxusehr um sich ge-
griffen und ihren trollaut beeinträchtigt hat. venu im gothischen
sedts, zehn, zwölf silben hintereinander das reine, kräßige a
zeigen, z. b. afar tvans dagans; tas manna habands abman;
abak atgaggandan ana ina, drängt bei uns in eben so viele
sich das dünne, blasse e. schon mhd. sind Wörter tcie edele,
betelete, begegenen, gemegcnet, erdenete unselten, phrasen vie
dem lebene ergeben ; der werlde gewerldet wescn ; des engeis
bete entwerte ; regenender nebel ; ej enwelle denne der engel
bejjer wesen; allere dere ende dere erde und in dem mere
verrene häufen den mageren laut, heute aber findet sich ohne
mühe zusammen: recht eben gelegene stelle; er segnete den
genesenen elenden menschen ; eben erst errettete er den edlen,
den rechten erben Eberhart ; dem nebenmenscben ehre geben ;
des engen weges gelegenes ende entnehmen ; des menschen-
gescliiechtes ende erleben ; vergebens, er endete erst den
letzten jenner. solche einlönigkeit ist kaum in andern zungen
möglich, var auch der deutschen ehmals fremd, trahr ist, ge-
mindert und ermäszigl wird sie durch tonfall und durch viel-
fach abweichende färbung der vcrsehiednen elaule, was dem
äuge zu verschwimmen scheint, scheidet sich in der ausspräche,
umgekehrt hat die schriß häufig zu viel unterscheidungsmittel
unfolijerichlig angewandt, wodurch Schreibung und ausspräche
noch verworrener geworden sind, einen undeutschen erkennen
vir vor allem daran, dasz er der nbslufungen unseres e selten
mächtig ist. hinzulrilt, dasz der abstand des mhd. \ von ei
uns verloren gieng und beide in einförmiges ei verschwommen.
IcKELSAMER A 6* lehrt das e, wie das a. mit dem athem und
niedergedrückter zunge aussprechen, er sagt, disen laut geben
die geisz und schaf in irem geschrei ; das kann aber blas:
auf ein breites ä bezogen werden, wie die gr. ß).r//ri weist,
wenn schon wir das geblök mit ö ausdrücken.
Unbetontem e können alle möglichen vocale, kurze wie lange
zu gründe liegen, ohne dasz ihr unterschied irgend nachklingt;
die folgende betrachtung hat es nur vtit dem betonten laut zu
thun.
Er ist wesentlich aus zwei alten lauten, dem a oder i ent-
sprungen und darauf beruht seine hauptverschiedenheit. bei-
den e müssen vermittelnde diphthongische laute vorangegangen
sein, die sich durch ai und ia ausdrücken : nachtrelendes i
lautete den vocal a in e tim, nachtretendes a brach das i in
5, folglich stehen e und 6 einander gerade entgegen, was auf
die ausspräche einwirken muste. in der des e ist ein nach-
hält von dünnem a, in der des g einer von dünnem i, deshalb
habe ich für letzteres den doppelpunct eingefültrt, er zeigt den
gebrochnen Haut an, seinen gegensalz durch etwas anderes als
das blosxe e hervorzuheben wäre unnöthig. *)
Diesen unterschied zwischen e und e erkennen alle mhd.
diditer an, indem sie beide nicht aufeinander reimen, ein paar
ausnahmen abgerechnet; gramni. 1,132 — 140 sieht die ausfüh-
rung des ganzen Verhalts, aus unsrer heutigen, die reinheit
•) man trägt sehen diese nothiteneUge Verschiedenheit des e und e in
den ausgaben lihd. und mhd. detikmäler tu bezeichnen, blieben niclit
eintelne fälle noch ungesichert, ich würde auf unterscheidunfi dringen,
wenigstens der grammalik wird sie unentbehrlich, es scheint bequem,
mag auch bei ersten drucken qeboten .sein, je aller eine h.i. isl, sie
qenau wiederzugeben, die tchärfere Inulbestimmung rerleilit etwas
buntes; dann aber müsle auch dem meisten* mangelnden circumßex
der länge enttagt werden, in gothischem lexl enträth man seiner
leicht, nur dost ein der Sprachvergleichung vünschensverthes eben-
III.
der reime wenig beachtenden dichtkunst kann für den ricJ.tigcn
laut nichts entnommen werden, die ausspräche hat jedoch den
unterschied vielfach bewahrt, man halte Wörter wie heben,
legen, überlegen perpendere, regen morere, bewegen incilare
zu andern wie eben, geben, gelegen posilus, überlegen superior,
regen pluvia, wegen rjis; jene sind umgelautet, diese gebrochen,
kein mund, kein ohr wird sie hochdeutsch vermischen, alle der
reihe heben sind aus a, alle der reihe eben ums i entsprossen,
legen ist das goth. lagjan, gelegen ist galigan. Es fällt schwer
das laulverhällnis anders als durch vergleichung auszudrücken,
beide vocale klingen dünn und kurz, das erste e gedämpß,
das zweite etwas kräßiger, im umlaut erscheint die macht des
vocals geschwächt, die brechung hat sie ihm mehr gelassen;
da laut und färbe einander innig berühren, liesze sich sagen,
dasz in e blau dem weisz, in 6 weisz dem gelb zutrete, den
ganzen unterschied wird die reinere mhd. sicherer als die oß
verdorbne nhd. ausspräche bewähren.
Gefährdet hat diese vor allem verunstaltender schreibgebraueh ;
auszer dem einfachen e sehen wir das dehn zeichen eh, die
Verdoppelung ee und die umlautbezeichnung ä, ja ö anyeuiandt,
wiederum dem 8 zuweilen gedehntes äh verliehen.
1) einfaches e haben
a) für mhd. e: hebe lollo; flegel tribula; fre\el prolervta;
fege mundo; gegen contra; lege pono; rege ineito; bewege
moveo; schlegel tudes; hecbel peüen Uni; edel nobilis; rede
sermo; esel asinus; eile ulna; geselle socius; schnellen pro-
trudere; schwelle Urnen; schwellen inflare; stellen ponere;
schwemme rfjluo ; henne j/a/Zi na ; kenne nosco; nenne nomino;
rcnne cursilo; lenne area; becker panificus; blecke nudo;
decke tego; hecke sepes; ecke angulus; lecke lambo; recke
extendo; schrecke terreo ; schmecke gusto; Schnecke Cochlea;
stecke figo; wecke evigilo; steppe acu pingo; bette lectus;
kette catena; kielte lappa; leite argilla; rette servo; vetter
patruus; wette sponsio; b^tzel calantica; bletze sarcio; er-
getzp rependo; hetze venor; letze laedo; netze rete; netze
rigo; pfetze i'e//ico ; quetsche ^uasso; setze pono; wetze acuo;
besser melior; essich acetum; Hesse Challus; elb genius;
Elbe «. fl.; held heros; e\ievn parentes ; schmelze liqnefacio;
stelze fulcrum; welsch gallicus; gerbe paro corium ; verderbe
perdo; erbe heres; herbst autumnus; werbe exsequor; mergel
argilla; merke noto; werder insuta; merz martius; kerze
lucema; hemie peregrinus ; hemde indusinm; emsig assiduus ;
eoge angustus ; eogel angelus ; hengst r^uus; meage mulliludo ;
menge misceo ; senge aduro; sprenge spargo; Stengel c^ulis;
enkel nfpos; schenke pincema; Schenkel /emur; senke »irrgo ;
schlenkere motilo; bendel ligamen; behende agilis; eilend
exsul, miser; sende mitto ; verschwende perdo; wende verto;
mensch homo; lenz rer; hecht lucius; beste optimus; nester
vitla; fest firmus.
mast der bczeichnungen damit verloren geht, wie ton der rcmacfc-
lässiijung des e und e rfenit^ ich von der des i und j. sprachen wilder
Völker, selbst deutsche rolkxmundarten darzustellen, gestaltet man
die scheckigste iibermäfzig^ie laulbrteichnung, nn allliergrltmchlen
sprachen soll der nfl riM;:./>//i'/r'< 'i nifit'i r^chrifl kein haar gfkiiimmt
werden, der mii'- i''n, dafz man jedem tee-
senllicUen, durch -i unginane Urkunden fein
recht verschalle, ' -inmal hergebracht werde,
hat man es zutor zu lictjuntcn. ici-v .sii/i die elende heulige schrei-
bung gefallen laut und fromm an Vir fvfOiätt, den miisfeu auch
toriifälligc uufslellungen der ahd. mhd. regcl sturen, warum sollten
ihm mängel oiler unarlen der allen Schreiber geringere autorität
sein als der in dm letzten Jahrhunderten ?
I
E
E
ß) ßr mhd. B: schel strabus; her huc; schere tondco;
bebe tremo; eben planus; eber oppr; gebe rfono; lebe vivo;
leber hepar; nebel nebula; rebe nVis; strebe Ju7or; schwebe
vagor; scliwefel sulphur; tref «c/ms; degcn gladius; gelegen
positus; pllege io/eo; regen pluvia; segel velum; Steg t>ia;
weg ria; fleck macKia; zweck fKweus ; becher pocu/Hm; blech
hraclea; breche /ranjo; Lcchn. /I. ,• pechpix; spreche /oquor;
steche pungo; frech protervus; zeche orrfo; heher pica g/an-
daria; geschehen fieri; sehen videre; zehen decem ; leder
conum; ledig tacuui; feder penna; gebet ora/io; bret asser;
meth viulsum; trete ca/co,- weiter tempestas; des, dessen;
es id," wes, wessen cujus; besen scopa; lese /ego; genese
sanor; wesen essentia; belle ia/ro; feil cu/ii; hell clarus;
quelle /bni; quelle scaturio; schnell cc/er; schwelle lurgeo ;
welle «nda; ebbe recessus maris; neflfe nepos; treffe /crto;
Schmer adeps; sper hasla; queck t'U'us; speck lardum; esse
edo; esse fumarium; vergesse obliviscor; messe melior; ^e-
eesseü sede locatus ; sesscl sella; hehn galea; schclm nec/uani ;
selb ipse; gelb flavus; helfe juvo; weif catulus; befehle für
befelche jtibeo; feld campus; geld pecunia; vergelte rependo;
selten rarus; schelte iucrepo; weit mundus; zeit Icntorium ;
pelz pellis ; schmelze liquefio; fels saxum; perle margarilu;
Bern n. urfcis; fern longinquus; gern lubenlcr; stern Stella;
verderbe pereo ; kerbe «ncisura; Scherbe /es/a; werbe operor;
werfe jacio; berg tnons; berge ce/o; zwerg nanus; werkopui/
zwerch obliquus; erde /erra/ herde jrex; herd focus; werde
/lo; Berla n. pr. ; schwert ensis; werth dignus; herz cor;
schmerz dolor; ferse ca/x; gerste hör de um ; senf sinapi;
knecht servus; recht jus, juslus; schlecht pravus; spechl
picus; fechte pujMo; flechte p/ecJo ; sechs sex,- Wechsel vices;
gestern heri; nesl nidus; Schwester soror.
y) ßr mhd. se in schere forfex; schwer jra»ts y selig 6ra<us.
8) ßr tnhd. t in echt = 6haft.
2) dehnendes eh ist von beschränktem umfang und erscheint
(auszer in weh malum, ehe conjugium und sehen videre)
lediglich vor liquiden,
a) für mhd. e: sehe video ; dehne tendo; sehne desidero;
wehre defendo; zehre consumo.
ß) ßrmhd.t: hehle ce/o; kehle gw/a; mehl/arma; stehle
furor; nehme eapio; entbehre cateo.
y) für mhd. ae in fehlen, genehm und mehr libentcr. s. unter
eben adp. 9.
8) ßr mhd. 6 in eh, che, weh, ehre, hehr, kehren, lehren
und sehr, mehr magis.
3) ä tri'rd geschrieben
a) für mhd. e: quäle crucio; schalen cutem exuere; schäl-
chen scutella; gräme maerorem offero; grämlich morosus;
dänisch danicus; Stäbe baculi; schlage ictus; nngel ungues;
migde ancillae ; täglich djurnüs; erträglich /iereurfus; bächertoj;
däcber tecia; lächle subrideo; lä<-herlich ridiciUus; schwäche
debilito; ähre spica ; fädmen ßum immiltere; pfäde se>Hi/ae;
Schädel eranium; bliltler folia; glätte laevilas; statte locus;
gläser Vitra; hämmern malleare; kämmen peclcre; schwämme
fungi; tännen abiegnus; äffe ludibrio habeo; äpfel poma;
näpfc patellae; donncrkläpfe /oni7r«a; sacke sacci; geschmäcke
gustus; sächelchen recula ; ätze cibo, rodo; platze loci;
schätze thesauri; älter senior, fälteln plicare, bälge folles ;
Schalke veteratores; bünke scamna ; schwanke nugae; tränke
polu reficio ; brande litiones; bände manus; wände parieles;
kränze serta; tanze chureae ; kräfle vires; schäfte scipi;
wächsern eereus; wächst crescil; sächsisch saxonictis ; gä'Sle
hospites. schon 1, 4 wurde angemerkt, dasz fühlbarer umlaul
die Schreibung ä erlangte, ungefühller dem alten e treu blieb.
ß) seltner ßr mhd. ö: bär ursus ; gebären parere; schiiuien
pudore nf/ici; rächen ulcisci ; erwägen pnpendere; diiminern
dilurescere; käfer scarabaeus. die Schweizer, zumal Maai.er
vervenden dies ä weit häufiger und schreiben aber aper, laben,
läsen, wäsen m. t. w.
4) ah nur einigemal, wie eh vor liquiden.
a) für mhd. e: wühlen eligere; zählen numerare; führt
proßciscilur { nähren nutrire; lähmen debililare; zähmen do-
mart; zahne ärntrs.
ß) für mhd. P : gShren fermentetcere ; währen praetlare,
durare; gewähren concedere.
i) n nur für mhd. e, nicht ßr I« : schwören ;urarf; zwölf
duodccim; hnlle inferi, orcui; »chiipfer creator ; Schöffe sca-
binut; loÜel eoebtear; kloken balare; blocken nudare; kröte
bufoi gOlllinK — inAd. getelinc, all$. gaduling; löschen exi/in-
guere ; ergötzen obleclarc. im 16. 1" ;7». häufiger, manschrieb
auch bock pistor, höre bacca, mör mar«, mönsch homo, doch
ist erlöschen exslingui = iBschen.
6) doppelt ee, gleichfalls selten : klee, see, schnee ; beere
bacca; beer exercitus; meer mare; beel area. dies ee wurde
dem für mhd. lani/es a; in leer, scheere gebrauchten nachgeahmt.
schweer wich bald der Schreibung schwer, obschon hier das
ee erträglicher wäre als in beer und meer. neben beer dauert
die alle einfache kürze in herherge und iierzog. vgl. EE.
Jedem sprachkenner leuchtet ein, dasz die unter 2 — 6 auf-
gefälirten schreibiveiscn fehler waren und wo möglich tu ver-
werfen sind, nur die erste bleiben darf, woraus wieder ein-
stimmung mit dem mhd. und ursprünglichen laulverhalt ent-
spriniji'n und dann die klarheit vieler worlformen nicht länger
schmählich getrübt erscheinen würde. denn so widrig die
schwankende, unsichere Schreibung selbst ist, verwöhnt sie auch
das äuge und wirkt schädlich auf die ausspräche, vom ö in
hülle werden glaubenseifrige theologcit nimmer lassen wollen,
und doch schrieb I-lther durchgehends helle; gewöhnte man
sich helle und helle (concenlus, claritas), wie mhd. geschah,
zu schreiben und zu sprechen, so wäre hier alles in Ordnung
und der anklang an die heidnische todesgöttin offenbar, wozu
nutzt beer oder hör von her zu sondern, da sich her und
her (huc) auf dieselbe weise scheiden ? ä würde noch eher für
e als für e taugen; statt e geschrieben hat es geradezu die
echte ausspräche verderbt, unzählichcmal sieht man bänden,
wänden: wenden, enden gereimt, Schiller sagt von Teils
Pfeil 54 i'
entrann er jelzo krafilos meinen hrinden,
ich habe keinen zweiten zu versenden,
und manche leser werden sich anstrengen senden anders zu
sprechen als bänden, das doch ganz denselben vocal hören
lassen musz. hier ist der reim mcht falsch, sondern die Schrei-
bung. In schlecht {vgl. schlicht) und geschlecht {ahd. gislalili)
war schon die mhd. ausspräche verdorben, aber einem groszen
häufen von unsern ä kam die gute ausspräche des rechten e
abhanden, z. b. älter sollte nicht anders lauten als ellern,
wächst nicht wie Wechsel, ja zuweilen verkehren sich beide
laute, z. b. wenn sechs ein e, sachsisch 6 erhält.
Wie ahd. einigemal ei für e vorkommt {gramm. 1, loT) i. b.
steiphini passibus, eincho agricola, einti finis, pflegt die schwä-
bische mundart e und i vor ng, nd oß gleich auszusprechen ,
seihst Schiller hat 217' menge : dinge; l' menschen : wünschen
{für winschen) gereimt, ganz aber widerstrebt es dem hoch-
deutschen e = e in a überzugehen, wie plattdeutsch bare
ursus, garste hordeum begegnen.
Von der betonung ist hier keine ausführliche rede, doch zu
sagen
1) das mhd. gefühl der quanlität in vorletzter silbe hat sich
verloren, also auch jeder unterschied zwischen schwinden und
haften des e der letzten silbe. statt des mhd. wein, wCrn,
fmden, warfen hcistt es mit überall bleibendem e: wählen,
währen, finden, werfen, nur die dritte person des sg. und
zweite des pl. pflegt das e aufzugeben, dem mhd.
Stil stilst slilt pl. stein stell stölnl
entgegen steht nhd.
stehle stiehlst stiehlt stehlen stehlt stehlen;
in nehme nimmst nimmt nehmen nehmt nehmen
sicherte die überladne Schreibung mindestens den kurzen voeal
i der zweiten und dritten sg. schlieszt die würzet auf d oder
t, so haßet auch in 3 sg., 2 pl. das c der letzten silbe: mei-
det, findet, waltet, schaltet, doch heiszl es gilt, hält ßr gillet,
haltet, aber in 2 pl. geltet, haltet.
2) die schwachen praeterita stoszen das e vor dem te aus,
erscheinen also zweisilbig: dehnte, zähmte, nannte, heilte,
salbte; nur wurzeln auf d oder t hegen es: ladete, schadete,
hiilete, flutete, röthete.
3) veiba auf el und er »eichen ab ton denen auf eni
und en .
wandle wandelst wandelt pl. wandeln wandelt wandeln :
wandre wanderst wandert wandern wandert wandern ;
widme widmest widmet widmen widmet widmen ;
ebne ebnest ebnet ebnen ebnet ebnen;
d. h. erslere werfen das c vor dem I und r nur in 1 sg. ab.
letztere aber vor m und I durchgehends. jene behalten et in
allen übrigen personen und unterdrücken dann das c der flexion,
während vor m und ii daj c der ablettung nirgends, das der
flexion immer dauert. Hiernach sind flexionen der tubsl. und
E— EBBE
EBBEN— EBEN'
adj. auf el er em en nicht zu beurtheilen, denn wir sagen
sowol hügel hügels dat. pl. bügeln; acker ackers ackern, als
atbem athems, segen segens, auch lieber ebene planities als
ebne, adjectira schwacher form setzen überall der edle, magre,
ebne; des edlen magren ebnen u.s.w.'
4) dennocli ist unsre poesie und selbst prosa se unfrei nicht
geworden, dasz sie nicht den umständen nach das ausgefallne
e oß herstellen, das haftende, wo es ihr besonders zusagt,
aussloszen dürfte, die mhd. Verhältnisse wirken vielfach nach,
kein stichlest, nimmest, gibest wäre statthaß, eher schon föhrest
und unbedenklich dehnest, nennest, heilest, liebest, salbest;
schwerer dehnete, niihrete als tobete, salbete. der conjunc-
tirflexion wohnt noch neigung bei, das e der flexion zu hegen,
dem liebst amas steht entgegen liebest ames. wie dem liebt
amat nothwendig liebe amet. wer wird nicht im reim auf
den andren auch setzen wandren und in gleichem fall wand-
len statt wandern wandeln? trer nicht zwischen magren und
magern, üblen und Übeln können abwechseln? wiederum kann
die rolle form mit beiden e : begegenen, segeoen, wo es noth
thäte, zulässig sein, man hat nur zu beachten was reget sei
und was ausnähme.
EB, 1. an, num, heute ob. diese dem golh. iba. ibai, ahd.
ipu, ags. gif, engl, if, altn. ef entsprechende gestalt der con-
junetion findet sich bereits mhd. hin und wieder. Parz. 527, 2"
liest G ehe, ohne sweifel ößer noch;
eb er den ersterben muoj. Ls. 1, 439.
daj ist eb du müssest sterben und von hinnen faren. Kei-
SERSB. bilger 147*; du weist nit, eb der tod kümpt u. dich
nimpt. 147' u. s. w. vgl. ob.
2) eb priusquam, für eh. Tobler 160* :
hell ich mir dtorheit weren lan,
eb si ins haar mir helle gnisieri. trag. loh. kl.
EBBE, f. recessus maris, gegensatz der flut, kommt goth.
ahd. selbst mhd. nicht vor und, was mehr auffällt, ist auch
den altn. denkmälern unbekannt, die dafür fiara (eigentlich
littus, trockner Strand) gebrauchen, ags. aber gilt das m. se
ebba, gen. J)äs ebban {gramm. 3. 384) ; fries. gleichfalls ebba,
im ganzen sg. unverändert; nnl. eb gen. ebbe f., kein mnl.
beispiel stiesz mir auf; ddn. ebbe, schwed. ebb. das wort
scheint von Sachsen und Friesen ausgegangen sich weiter ver-
breitet zu haben, ahd. dürpe man eppo oder eppä, goth.
ibja, ibjü vermuten, wurzelhaß musz es mit eben planus, wie
aequor, mare placidum, mit aeqnus noA verwandt sein. ags.
ebba steht zwar von efen ab, doch reicht auch häbban, goth.
haban an beafan, goth. hafjan, da die begriffe des habens und
hebens sich berühren, ebba aus ebia, häbban aus häbian
hervorgieng. auszer ebba begegnet ags. nepflod, engl, neap,
aeslus maris languidior. für eine so groszarlige iiaturerschci-
nung ziemt es sich namen fremder sprachen anzugeben : läpp.
fierva, deutlich altn. fiara; (inn. Tuoksi gegenüber luode flut;
est. möön gegenüber tous flut; ir. traigh, tracbant, gal. traghadh ;
uelsch trai, arwior. treach scheint wieder Strand, von dem das
mcer gewichen ist; gr. avä^QOia, äfiTiwrts gegenüber nXr,fi-
uvQii oder Qax,ia, Qr/xit} flut; mlat. malina gegenüber ledo
oder liduna (Dlcange 4,58.59), obgleich einige die bedeutung
umkehren und liduna ßr die kleine, malina für die grosze
brandung nehmen, ledo mahnt ans finn. luode; lett. behgums
ablauf, paisums flut; russ. otliv ebbe, priliv flut = abgusz
und zugusz; poln. odlew und przyplyw; böhm. odtok und
pntok = recessus und accessus. das goth. garunjo nlrj/u,-
fii-Qa Luc. 6, 48 ist zustrümung, flut, aber nicht gerade vom
meer gesagt.
Ebbe und flut werden häufig, wie abströmen und zuströmen
auf andere gegenstände angewandt:
das rräuleio schien ihn drum noch mehr zu lieben,
wenn eben ebb in ihrem blute war. Gökingk 2, 179;
ebb und flut der aimosphäre
denk sichs jeder wie er kann. Göthb 4, 387;
nach kurzen ebben überflutete die menge von zeit zu zeit
das haus. 17, 249 ; abschied »on der ebbe und windstille des
lebens, Ton der kindlichen jugend. J. Paul Tit. 2,100;
was bebl meine seele
plötzlich in die ebbe des gesangs zurück.
F. L. Stolberg 1, 130;
denn ist es ebb iu schau, wie öfters isi,
so zieht ihr eure :>thli'Usen auf: schieszi vor.
I.ES3ING 2, 209;
die hohe flui des reicht)iuni< ist zerflosM^n
und liefe ebbe ist in deinem ichatz. Scuillkh 4:>3';
weil seine finanzen siib damals in der niedrigsten ebb« be-
fanden. VViELAXD 6, ist ; bei ihm ist immer ebbe im beulel.
EBBEN, recedere, ahd. eppan, ebban : firebbita deferbueial
indignatio Graff 1,74; altn. fiara: fiarar, mare recedit; ags.
ebbian :
lago ebbade syearl under svegle,
mare recessU nigrum sub caelo. Cwdm. 85, 12;
däru ebbe : det begynder at ebbe ; nnl. ebben : het ebt sterk ;
de zee begint te ebben ; mhd. eppen : der se undit und eppit
sere als da; mer tuoL Levseb pred. 68, 18. nhd. es wurd
eben mittler zeit, inlerea recesserat mare. Hass Stade ;
das wasser fallt, es ebbt. Brockes 6, 584 •
doch, 0 der wunder!
au dem bei^strom, wo zum grab er
ebbt, war im siebenten zehnt
meines lebens der lenz Jüngling. Elopstock 2, 168;
des geistes Duisu-om ebbet nach und nach. Göths 12, 43 :
im kerker rank und Spaltungen der groszen,
die ebben mit dem mond und fluten:
in a walld prison, packs and secis of greal ones,
that ebb and flow by ihe moon. *;. Lear 5,3;
das menschliche geschlecht ebbte und flutete. Hippel 6, 8 ;
EBBENFLÜT, f. aestus recedens :
die eppenflui im weiten meer
hin an leufl und kömpi wider her.
Lobwasser Joh. enthauptung D7.
EBBESTROM, m. dasselbe: die kraft des ebbestroms.
EBBEZEIT, f engl, ebbing, ebbe and tide.
EBE.N, planus, aequus, aequalis, goth. ibns, ahd. Span,
mhd. eben, alts. ebhan, mnl. nnl. even, ags. efen, engl, even,
altn. iafn, dän. jevn, sehw. jemn ; dem lat. aequus, aequalis,
it. uguale, sp. iguaJ, fr. ^gal verwandt, wie equus dem iTinoe,
oder aqua, golh. ahva, ahd. aha in alten flusznamen aSa
lautet, ja man könnte i'aos heranziehen, für unser deutsches
wort habe ich wb. 1, 6. 22 eine wurzel iban af ebun gesucht,
der viele Wörter, namentlich alte partikeln zufallen, gerade
wie wir eben auch noch partikelhaß erkennen, vgl. eben adv.
und neben; doch die erste sinnliche bedeutung dieser würzet
läszt sich vielleicht entwickeln, eben und planus enthalten
den begrif des flachen, vorhin wurde auch ebbe und aequor
auf das flache, ruhige meer, das nicht mehr brandende {ahd.
ebanöti meres, aequor. Graff 1, 98) bezogen; die ebbe ist
eine nachlassende, sanftere bewegung als die flut und geht
über in fut).axia, windstille, lat. hiesz die ans ufer kom-
mende welle venilia, die weichende salacia und salacia mag
wieder ebbe ausdrücken, in ab ist das weichende, sich lösende
gelegen, in abend der weichende tag, eben scheint das glatte,
ausgeglichne flache, wie also, wenn iban complanare und
ibns aus dem pari, ibans complanatus zu deuten wäre? das
gäbe die klarste auslegung seines ableitenden N.
1) die sinnliche Vorstellung eben, TteSivos dauert noch heute
fort, das ebne land ist das flaciie, platte im gegensatz zum
gebirge ; da funden sie ein eben land. l Mos. U, 2 ; mit allem
ebnen felde. Jos. 13, 16 ; diö sinds die über den Jordan giengeu
im ersten monden, da er vol war an beiden ufern, das alle
gründe eben waren. 1 cAron. 13, 15 ; ein ebner weg, einer der
sich auf flachem boden erstreckt, nicht über berge und durch
tiefen, aber auch ein fahrbar gemachter, eine ehaussee; der
weg ist schnureben, schnurgerade ; ich wil für dir her gehen
und alle höcker eben machen. Es. 45, 2 ; einen boden so eben
machen, dasz man darauf kugeln müste (kegeln könnte). Rei.'«-
habd Werth. ded. 2, 184 ; ein eben spil, rechter tanz« und ge-
mäbete wiese. Schmeller 1, 11 ; haareben sagt so viel als
haarscharf, glatt wie ein haar; die sache ist nicht ganz eben,
liegt nicht im gleichgewicht, ist niclil im reinen ; seine lebens-
bahn war stets eben ; ebner erde, zu ebner erde wohnen,
unten parterre, ohne dasz man Irejipen zu steigen hat; alle
berge eben tragen (abtragen). Schcppius 1684 s. 562 ;
weh unsers groszen herzenlaidl
uns ist auf dem fehl als peiraid
rerbrent henimb im gan/en räum,
die mandel utid die Ölbaum,
und darzu auch die Weinreben:
ist als Terbrennet gleich und eben.
H. Sachs IH. 1, 51«,
alles ist zu grund und boden verbrannt, dasz es nun eine
frucht- und baumlose flächt bildet; die beiden werden Jeru-
salem den boden eben machen. Reiszner Jerus. 2, 162*. Aus
ahd. in epao, mhd. en eben, ags. on efeu d. h. in planum
gieng unsere praepositton neben hervor, uiUer welcher mehr
davon zu tagen icin wird.
l*
EBEN
EBEN
8
2) da der scbnurebne weg ein gerader ist, hat eben auch
den sinn von reclus und par, mathematisch ansyedrückt, eben
ist geradlinig, directus, eben gerade an der zai gleich, par.
voc. Ibeut. 14S2 f5*. 'eben oder uneben zu ratben' steht in
JoH. Pet. Schmidt fastelabendsamlungen s. 15S als kindersptel,
das was sonst grad oder ungrad {so bei Fischart n' 152), paar
oder unpaar, franz. pair et impaire heisit, lal. ludere par
inpar. Borat, sat. 2. 3, 248 ; ntan sagt auch ort oder eben,
engl, odd or even. Schmeller 1, 11. selten ist, sagt Lessinc
10,175, ein hober Springer ein guter ebner tünzer; meint er
einen der sich gerad hält ?
was ist mein armes leben,
beim saoct Apoll!
wenn ich so steif und eben
eindunsen soll ? Oterbsck ged. 79;
soi mein reiter, halt mich eben (aufrecht),
wenn ich sinke, sei mein stab. P. Gsruard 30,10;
das ich mein oren spitzt so eben,
als wöU man mir ein eefrow geben. Murnrr geuc/im. 6.
d. i. so gerade auf in die höhe reckte.
3) unter den abstracten bedeutungen will ich die von satis
magnus, siemlich grosx, ziemlich voranstellen : es niüste mir
aber ein eben stedlin sein, das zwölf oder fünfzehcn deudsche
lueilen in der ringmauer bette. Luther 3, 216 ;
da warn vil hund, die in anzannten,
im zuletst den korb entrissen,
denn ir war sunst ein ebner stosz (ziemlicher häufe)
und waren im auch viel zu grosz. B. Waldis 3, 89 ;
ist nit mehr denn ein ebner stcinworr. 3,92;
bracht ein stück Oeisch, war eben grosz. 4, 49;
er blieb bestehu, die magd ansach
ein ebne weil, darnach er sprach. 4, 67;
ein ebne weil daselben sasz. 4,75.
ziemlich lange, eine gute weile, wie wir heute sagen.
4) hieran reiht sich der noch häufigere sinn von aptus, con»
veniens, par. mhd.
unz er ze rosse wart eben. PUalus 169,
geschickt ein pferd zu besteigen, einem pferde gewachsen war.
nhd. es sei denn zeit und eben (passend). Luther 3, 19 ;
ein kränz sol sie mir^machen
aus rechtem wolgeniut,
den solt du machen eben (zierlich, passend), bergreien dS ;
nein, es ist gar recht und eben. Logau 2, 43,57;
meistens aber mit beigefügtem dativ der person, in der mei-
nung von ist mir recht gelegen, gefallt mir, franz. ine con-
vieot :
es komt mir gar uneben. Hdlilerin 46*;
eh dasz der vater kam ins grab,
dem Sühn ein reiche Trauen gab,
dem ritter wars nii eben. Haupt 6, 60;
Singer, du hast mir ein Trag auTgeben,
die gfellt mir wol und ist mir eben. Üuland U ;
er ist der Metzen eben. 340;
,dein all groschen sein mir eben, fastn. sp. 110, 23;
'darumb gib mir dein tochterlein'.
'sie ist dir eben, das wil ich jehen'. 111, 26;
mach mir das gut und darzu eben. 192, 22;
drumb ist er dir und deinem sun eben. 515, 21 ;
ein fursprecb sei euch hie erlaupt,
der euch auch tüglicb sei und eben. 704, 21;
ein solcher dienst wer mir auch eben. 732, 29;
so wil ich zwen lang luiten her schwingen,
die wil ich noch heur eiin schefer geben,
die werden im zu zwainen sackpreiren eben. 738, S3 ;
se warsz ich ain, der mir ist eben. 750, 19;
f;ond ir ouch selber zu dem pflüg,
ugend welcher uch sig eben. KosngR votkst. 00;
die tiadt sollen« ufgeben,
«s war ine noch nit eben. Soltau 414;
leder redt was im eben ist. Riiant narrentch. ttO, 20;
•io prietier »oll Tuhren ein englisch loben,
so wird er guit und der well eben.
(pretbfier •MKelicsni digneiur ducere vitam,
SIC era accepiu* plebibui aiqne ileu).
Gaiit.issi dict. prov. Ob*;
•■ Ul mir noch nit eben. II. Sachs I, 620*;
•her wirl, woji ir im« h»>rliri({ geben 1'
•ha»'' " ' ' r.-. III. 1,238';
da ; l,irt,
«>•' 1. III. 2, 224';
'den wil ^^,U m «mi ui»it «uch geben'.
'o«io, nsio, usin jungbug ist oiir eben'. III. 9, bi*i
und also lange der den ätheim im buiche bette, so mag er
das sine verkeufen, versetzen, versleifen ader dragen sunder
imands indrag war ime eben ist. weisth. 1, 604 ; dede er
abir den merkern nit recht und ebin {gefiele ihnen nicht was
er thäte), sie mochten einen andern setzen, l, 513 ; nim was dir
eben ist. Fortunatus l* ; gedacht, er möc.bt kein ursach haben,
die ihm als eben wer als diese, buch d. liebe 87'; es ist dir
nu wol gelegen und eben, und uns zeit, das du selbs kö-
rnest, denn gott gibt nicht gnade, es sei denn zeit und im
eben. Luther 1,37'; auch möcht man auserwelet brot ver-
stehen, das es ein sonderlich, eigen, und allein uns gottes
kindern eben und geben. 1,80'; es musz aber ein biscbof
sein ein unstreflicb man, der nur ein weib habe, wacker,
sittig, ziichtig, gern berbergen, gern predigen, nicht ein wein-
seufer, nicht ein scheller, nicht schendlichs geniesz süchtig,
sondern iederman eben, unstreitig, nicht geizig. 2, 122', frei
nach Titus 1," wozu man Luthers genaue Verdeutschung halte;
darumb sagt Paulus, schicket euch in die zeit und macht
euch eben icdermann. 4, 128*, auch dies stimmt nicht ganz zu
Rom. 12, 11 ; ist euch solcher mein rat nicht eben. 8, 95' ;
itzund wolt ir, so mirs nicht eben ist. Luthers br. 5, 257 ;
das ist auch dem nebesten eben. Mich. Neander bed. 36' ;
das war aber jenem nicht eben. Kirchhof weiidunm. 104' ;
ihr möget freien wen ir wolt, wann es mir wird eben und
gelegen sein, so wil ich auch freien. Melander jocos. 2 n* 474 ;
es würde ihnen kaum eben sein, wenn sie ihre guter und
bequemlichkelten verlassen sollen. Scuiver seelensch. 1, 456 ;
ich was meim herren ein eben man,
da ich die scbelmenstück hat tbaii. Musnsrs schelmens. 17' ;
dem mehrer theil war solchs nicht eben. Er. Albbrus 68;
ja wol, es ist piir noch nicht eben. 161';
den günsen gohöri haberstro,
ein wolf ist inn zum nredger eben,
bringt sie zuletzt uinb leib und leben, ganskönig 8';
hier zu saufen sei in nicht eben. Atrer fastn. 103';
es sei uns ganz und gar nicht eben,
dasz wir ihm unser lochier geben. 209";
den beiden biililern war disz spiel gerecht und eben,
sie konten ihre lieb hier zu verstehen geben.
Werders Ar. 7. 21,5;
Fannia meint, hurenleben
sei ihr mehr als ehstand eben. Logau 1,82,34;
Duicicola liebt ihren mann, denkt nicht nach ihm zu leben,
zu sterben endlich unter ihm, nicht vor ihm, war ihr eben.
2, 90, 62;
Jungfern, wann man euch soll kaufen, müst ihr geld zugeben,
die nichts zugibt bleibt wol sitzen, ist niemanden eben.
3, 26, 15 ;
Euclio fand in der bibel, gebet so wird euch gegeben,
wird gegeben, war ihm lieblich, gebet, war ihm gar nicht
eben. 3,141,25;
in dem leben wohnet sterben, in dem sterben wohnet leben,
lasse dir das sterben lieben, du dem leben nur ist eben.
3,236, 104;
salz im toJe, salz im leben
ist dem bering immer eben. 3, 250, 180.
6) par, aequus wird unmittelbar aequalis, i'aoi, schon die
Gothen, während ihnen das starke ibiis naSivös ausdrückte,
setzten das schwache ibna für 'i'aoi, eben entspricht also der
bedeutung von gleich, und was wir heule die gleiche sache,
dieselbe, die neraliche nennen, hiesz ehmals auch die ebne,
$0 wie der ebne boden auch der gleiche ist. ebensoviel sagt
was gleichviel.
das win mir ein ebne sach. Tlieuerd. 34, 11;
80 nimpt ers für ein eben sach. Muh.-4br lath. narr 3399 ;
0 das ist mir ein eben ding. 3979,
entweder gleichviel, einerlei oder auch mit dem nebensinn ties
eignen, seltsamen, wie Chr. Weise sich ausdrückt: alleia es
ist eine ebene sache mit ihm gewesen, kl. leute 48 ; er ist
darin sehr eben =^ genau, eigensinnig (s. Frisch 1,213'). dieser
schrißsteller hat ößer: ein eben thiiii für einerlei: mit hul-
zuDgen ists auch ein eben tliun (nicht anders), erxn. 94; es
ist ein eben tbun um die furcht und um die freude. 371 ;
um den groszsprecher. 398 ; ein clieu tbun mit narreiiS-
possen. freim. redn. 038. Luther sagt: sie haben auch
Sprüche der scbrift mit der Vernunft irem sinn eben geina< bi
(ausgeglichen). 9, 450; bette in gutl nicht so eben (gteicU)
abmalen lassen. 4, 49'; weil er im lande sitzet musz er
•ich inen eben machen. 4, 117*; auf ebene (glriehe) weis.
KiscHART ehi. 37. eben machen, vereboen drückt auch aus
bezahlen, jetzt siod wu* ebeu mm quM, »inandtr nichli mthr
uhuidtg.
1
EBEN
EBEN
lÖ
meinstu. dasz dem cbrisienleben
beides ähnlich sei und eben? Logaü 1, 1S5, 14,
«0 doch eben sotcol gleich als angemessen, schicklich bedeuten
könnte, wenn es späterhin bei Kant heiszl: einen gedanken
klar und eben machen. S, 98 ; sich den Torwurf seiner be-
tracblung klar und eben machen. 8, 14 meint das verebnen,
ausgleichen, klar und plan machen, der ehrliche ebene mann
bei GöTHE 33, S5 soll docli einen einfachen, schlichten bezeichnen ?
viele der nachher folgenden Zusammensetzungen mit eben haben
den sinn von gleich, s. uneben, nicht uneben.
Yon allen erörterten bedeutungen dauert heute nur die erste
und letzte fort, die zweite, dritte und vierte sind erloschen.
EBE.N, adv. ahd. epano, mhd. ebene, nnl. even, die nor-
dischen sprachen bilden es nicht einfach, goth. uäre zu erwar-
ten ibnaba. die bedeutungen sollten eigentlich schritt halten
mit denen des adj., gehen aber oft feiner aus,
1) dem sinnlichen planus entspräche plane, man sagt: er
hat eben gezielt, eben getroffen; das ich den satan so eben
getroffen und nicht gefeilet habe. Lcther 3, 43S ; du must
eben aus, eben fürt gehen, gerade aus; das mfidchen geht
eben, mit langsamem, leisem tritt.
mhd. ir ros in giengen ebene. Nib. 72, 4;
ir schif gienc ouch ebene. 369, 4;
ir ros stuonden ebene. 369,3;
sin ros iruoc in ebene. &S7, 2;
dö sluogen die tu müeden tu manegea swinden slac
den von liechelären, der eben und liefe wac. 2147, 1.
einem eben treten müssen, bedeutet rücksichten auf ihn nehmen.
Meistens aber gewinnt dies plane die bedeutung accurate, pro-
prie:
des bedenket iuch ril ebene. Nib. 404, 4;
vor dem tische mir eben wart (warte mir torgfäUig auf),
so bistu mir liebe und zart. Dioclet. 7t>l3;
vernempt mich eben! ring 1, 4;
meine wort die sült ir gar eben behalten, fattn. 762,3;
will eben wissen bei einem har,
wie es stats get das ganze jar. Schwarzemberg 120, 1;
darumb beschreibt er in diesen worten gar eben die art der
gnaden gegen die art der natur. Lcther 3,25; da sehen wir,
wie fein und eben die propheten reden können. 3, 234 ; auf
dem seihen schlosz mag man gar eben sehen das land Ga-
laad. Frank tcellb. l'l'; zu den er auch sagt, das si gar
eben selten vermerken das land, wie fruchtbar es wer. 174* ;
wie er sein res ersah und gar zu eben kant.
WgRDEBS Artost 1, 51;
0 beld, sagt sie, als sie die sache nun gar eben
verstanden bett. 2, bO;
sie läuft und weisz nicht eben,
woher und wohin aus. Flbhiüg 106;
er hat von kindheii auf gar eben war genommen,
dasz obn die weisheit eicht zum rechten ziel zu kommen.
fioaPLKS HO.
merk eben ! sagte man sonst für nota bene.
2) eben, apte, accurate erscheint seltner als das adj.: wol-
lest du es wol einem apotheker zu gut halten, wenn er einen
oder zween gran einer gefährlichen und gewaltsamen arzuei
zu viel gäbe, mit dem vorwand, man könnte es so eben
(genau) nicht haben? Scriver seienschalz 1,404;
Heinz Mist, sie fugt mir gar eben, fastn. sp. 112, 2;
0 muiier, ihr seid euch ear eben von der erd,
mir aber gar zu früh, acn g.ir 7u fiüh entgangen.
GBTPaics 2, 3i)(j";
doch das schwäbische eaba drückt ganz gewöhnlich rede, eon-
venienter aus. Maäi.er 95* hat eben ja, scilicet.
3) ipte eben par, eben pariter, aeque.
wir warfen eben alle. K*h*jam denkm. 3, 23;
(i vielen eben alle
dri Inge volle,
so diibe so der regen tuot, 42,9;
si muosen eben all«
dulien die helle. 42. 11;
er fiiorie si eben .ille
bin in die hercn zelle. 43,6;
des hie*z er im ein lolTel geben.
die andern sprachen: und um eben! ring3i',Zi;
ach gesell, was s.-igstu nur'
mir ist eben als dir. fasln. $p. 622, 22;
mit zweien wunden eben tief. II. Sachs III, 2,39*:
eine rede, so zur unzeit gesciuclil, reimet sich eben wie ein
seitenspiei, wenn einer trawrig ist, wer einen nurn-n lerei,
der Dicket scherbea zusameu, und thui eben uU wenn m*u
einen aus einem liefen schlafe weckt, Sirach 22, 6. 7 ; die
zeit ist ein groszes werth, eben als ein angenehmer gast.
pers. baumg. 9,5; mein wesen oder nicht wesen ist beinahe
eben eines. 10, 1 ;
bin ich unten oder oben,
es gilt alles eben viel, Opitz 2, 185;
eine reizet eben wie die andern. Götbe 1, 218;
du dich im scbwung iiberschiagsl und nach dem tödtlichen
Sprunge
wieder stehest und läufst, eben ob nichts war geschehn.
1, 361 ;
ihr tauget eben alle nichts,
warum sollt ich was taugen ? 4, 324 ;
unterwegs sah sie sich hier und da um, eben als wenn sie
Werthers begleitung vermiste. 16, 150. in der Schweiz sagt
man dem lüfel eba arbeiten für teufelmäszig arbeiten, in
den meisten dieser stellen könnte eben mit gleich wechseln, und
pariter ac ist uns eben als oder gleich als. Gütbes eben alle
begegnet jenem mhd. eben alle, pariter omnes, meint aber nempe,
scilicet. man schreibt oft zusammensetzend ehentief, ebenviel.
4) wie wir gleich, sogleich von der zeit verwenden diückl
uns aucli eben und so eben das augenblicklich geschehne oder
geschehende, momentane aus. schon mhd.
ouch was Pninhilt eben ze tische gegän. A«6. 565, 4:
nhd. Piso, der, wie ich höre, eben bei dir sein soll. Ew.
T. K1.EIST 1, 169 ; eben fing ich an mein herz zu erheben.
Lessing 2, 135 ; eben kömmt die gräfin an. 2, 162 ;
da komm ich zu ihm, eben dasz er schach
gespielt mit seiner Schwester. 2,257;
so eben ist er in Madrid und wartet
nur auf den öffentlichen tag, sich zu
den füszen seines oberherrn zu werfen. Schiller 276' ;
es knistert eben,
als wärs ein weiberschuh. Göthi 7, 65;
denk ich doch eben, ich rede mit Josua oder mit Moses.
40,287;
eben schien sich ein neues Verhältnis anknüpfen zu wollen.
21, 3S ; allein sie gehl nicht etwa in ihre gemacher, sondern
gerade die treppe hinunter in ihre wägen und ich finde mich
eben allein auf der strasze. 48, ls3 ; Wild ist eben so wun-
derlich, so auszerordentlich freudig, fährt herum, reicht nach
dem bimmel als wollte er ihn herunterziehen. Klingers theat.
2, 309, wir sagen : er schläft eben ; er will eben sterben ;
ich wollte eben sagen; eben ist er fort; eben wollte ich
mich schlafen legen ; eben bin ich damit fertig geworden ;
ich bin eben erst aufgestanden ; bin eben noch darüber, man
halle hierzu das gr. i^x^f^a^ Aeltw»', franz. je vais üire, sp.
Toy k decir; it. 6 a dormire, fe por uscire, sp. estd ä dorinir.
esta por salir, will eben ausgehen, wie diese feineren verbalaus-
drücke unser eben ersetzen hilß, kann es auch zum prael.
gefügt einigennaszen den gr. aorist erreichen, ßrs futurum
brauchen wir es kaum, doch hört man in ?iiederdeulscltland :
geh eben hin ! thu das so eben ! iro uns üblich ist .- geh jetzt,
eben jetzt, jetzt eben, geh "gleich hin, thu das sogleich! be-
merkenswerlh steht das ags. efne, efne »vä, efne nü ößer ßr
ecce , ecce nunc, also auf das gegenwärtige einlenkend.
5) dem adj. eben stand die Vorstellung des geraden, direclen
zu, nicht anders unserm adv., und noch viel häu/iyer, die von
gerade rede, direcle mit gelinderen nebenbedeulunyen. da nun
auch gerade, gerade jetzt, nunc ipsum zeillich gewendet wird,
fällt auf das zuletzt abgehandelte eben = adutum hiermit
volles licht, es versteht sich, dasz in einzelnen fallen fast
nicht gesagt werden kann, ob man plane, pariter, adutum oder
direcle auszulegen habe, hier eine auswahi ton beispielen für
eben = gerade, eben am selben tage gieng Noah in den
kästen, i Mos. 7,13; eben am tage der versünunge. i Mos.
25, 9 ; sie zogen aus . . . und begruben eben die erste ge-
burt, die der herr unter inen geschlagen hatte {vulg. nur
sepelieniibus pritnogenitos). 4 Mos. 33, 4 ; und es begab sich
eben, das das selbe feld war des Boas. Ruth 2,3; und du
ich des morgens aufstund meinen son zu sengen, sihe da
war er tod, aber am morgen sähe ich in eben an und sihe,
es war nicht mein sun. i kön. 3, 2t ; als der künig eben sasz
im tltor. Jer. 3S, 7; eben im fünften jar, nachdem Jojochin
war gefangen weggefüret. Ez. 1,2; es ist eben das Ihier da«
ich s;ibe am \va3>er Chebur. 10, 15; denn eben mit dein
masz, da ir mit messet, wird man euch widj-r messen. Luc.
6, 38 ; da suhe in ein magd sitzen bei dem liecht und saho
eiion auf in. 22, 56, iro der leM amiaaaa aiTtp, vulg. el
eum fuiA:i«:t intuita;
11
EBEN
EBEN
12
dieweil du eben auch Jana heiszt,
hast gleich eben wie ich ein kleid. Atrkr fnsin. 117'
wird ein gelehrter nicht die kunst zu werke legen,
so wird er eben sein wie wölken ohne regen.
arab. sprichw. 52;
eben darum bind ich dich. GöntoksOIS;
von diesen Werkzeugen ist es unstreitig, dasz sie, eben wie
die marmorsäge, eigentlich selbst nicht schneiden, sondern
nur zu schneiden scheinen. Lessi.ng 8, 93 ; Schickard konnte
arabisch genug, um ein türkisches manuscripl von dieser art
so eb-'n {so ziemlich? nachgerade?) zu lesen. 9,66; nach
fünfzig jähren war das, was Vulcanius und Morellus für das
gedieht des Paulus Silentiarius gethan halten, so völlig ver-
gessen, dasz zwei der grOszten französischen gelehrten das
nemliche gedieht noch für ein wahres räthsel ansahen, dessen
auflösung der eine nur eben zu errathen wagte. 9,107; ja
was noch mehr, gleich unter dem explicit haben noch eben
folgende zwei verse räum gefunden. 9,186; was der heilige
geist nun noch dabei thun will oder kann, das steht freilich
bei ihm : aber wahrlich wenn er auch nichts dabei thun will,
80 ist es ebeu das. 9, 292 ; ich habe dich in der kirche ge-
glaubt, 'eben da!' (/d meme, gerade da). 2,135;
half ihm doch kein weh und ach,
niust es eben leiden. (!öthk 1, 17;
und wanira fingst du eben mich* 1, 18;
kinder der klugheil, o habet die narren
eben zum narren auch, wie sichs gehört. 1, 143;
was dem enkel so wie dem ahn frommt,
darüber hat man viel getraumet,
aber worauf eben alles ankommt,
das wird vom lelirer gewöhnlich versäumet. 2,264;
auf Michael sinds *ben drei jähre. 10, 135 ;
das ernste kommt euch eben wild und düster vor. 11,244;
es ist doch eben so warm nicht drausz. 12, 142;
als wärens eben plilTcrling. 12, 146;
und tragt sie eben in Einern lauf
zum schiimel den Olymp hinauf. 13,4;
wir waren beihörl eben ganz und gar. 13, 59;
kehrt eben alles drüber und drunter. 13,60;
es ist eben eine von den neuesten erfiudungen. 14, 12 ; da
geh ich eben des abends hin und frage ihn, obs auch was
taugt. 14, 84 ; es sind eben vier, ein wagen voll. 14, 243 ; da
mir das herz immer ein biszchen aufgeht, wenn ich sie sehe,
blieb ich eben. 16, 104; und so haben sonne und mond,
eben wie der menschengeist, hier ein ganz anderes geschäft
als anderer orten. 27, 272 ; ich bin in einer recht wunder-
lichen läge und will mich eben zusammen nehmen. 29, 106 ;
das alles kennst und singst du heut,
und singst es morgen eben. 5,43;
sage, raulter, bist dus eben? (bist dus auch?) 41,298;
ich habe über diese sacbe niemals nachgedacht, sondern sie
eben so gut sein lassen. Göthe an Schiller 630; da ich die
miserable jahrszeit und Witterung in allen nerven spüre und
mich nun so eben hinhalte. Schiller an Güthe 243. eben!
ja eben ! ja freilich, wenn man eines andern rede 'bestätigt.
6) ein solches eben {wie auch gerade) verbindet sich zu-
mal, wenn rerneint wird, mit nicht oder kein : eben nicht,
nicht eben, das eben nicht, eben doch nicht; freust du dich
darauf? eben nicht sehr; verhalt es sich so? nicht eben ganz;
das war eben nicht klug von ihm; sonst stecken sie {die
fuchse) eben nicht »o viel im baue, es sei dann stürmisch
regenwelter. Döbel 1, SS"; Lisette spricht so albern eben nicht
Lessimc 1,224; das will ich eben nicht behaupten. 1,307;
weisz man doch eben nicht stets, was er sich dachte, der
Schalk. GöTBK 1,306;
da brauch ich nicht eben
lief ins Wasser zu tauchen. 40, 101 ;
der fei« hinab zerschellend
lietz eben auch keine spur. 3, 288;
und wenn der morgen kam. ging eben keiner hin. 7,44;
r« braucht« Dicht eben just, daxz einer tapfer ist, 7,62;
kann euch nicht eben ganz verstehen. 12,96;
er war verreist und kam eben nicht wieder. tO, 136 ; ein
neues, eben nicht erfreuliches Verhältnis. 21, 38 ; traf er euch
zu hause? nicht eben, ich war sonst bei guten oiiueruden.
42, 290 ; man denke doch nicht, dasz man das schon an der
propuedcutik de» berühmten Wolf habe und hier also nicht
eben ein ganz neues Feld einzuMchlagen sei. Kakt 4, 7 ; wer
damit begabt ist, ist darum eben noch nicht ein weiser.
10, 260. die Verneinung wird durch da» beigefiiyle ebeo (vte
durch gerade, völlig, ganz) gemildert und diese adv. häufen sich
auch gern: nicht eben ganz, nicht eben just, nicht eben völlig.
7) vor demonstrativen erreicht ein solches eben die Vorstel-
lung selb oder selbst, lat. idem. eben der, eben dieser =
gerade der, gerade dieser ist uns der selbe, dieser selbst; eben
die, eile meme, sie selbst, die nemliche. Lessinc 1,468. 2, 12»;
<'ben da == daselbst {vergl. allda 1, 215) ; eben dahin = nach
demselben orte; ich beweise es eben dadurch, damit ;= dadurch,
damit selbst, oft aber verstärkt sich der ausdruck durch beide
mittel: eben derselbe, eben daselbst, das vorhin angezogne
eben auf ihn. Luc. 22,56 läszt sich nehmen: auf ihn selbst,
und noch deutlicher heiszt es Luc. 6, 38 : denn eben mit dem
inasze, da ir mit messet, wird man euch wider messen, eadem
meiisura, rcp yao avr^ fier^up. eben die salbe, die er an
di'n thieren zu gebrauchen ptlegte. fers, rosenlh. 7, 14 ; eben
zu der zeit da ich als eine junge frau hierher zog. Güthe
lü, 135. es kann auch vor persönliche pronnmina treten: ich
eben, du eben, er eben = ich selbst, du. er selbst, statt
einer und derselbe findet sich einer und eben der: als wenn
alles gift nur aus einer und eben der kröte spritzte. Schiller
150* ; an einem und eben dem tage werden Mi-rtha und Genua
frei sein. 152*.
8) nicht selten mindert sich die bedeutumj des eben noch
stärker und gewinnt fast den sinn einer enclitischen partikel,
wie mhd. eht, nhd. halt in die rede eingeworfen wird, ein-
zelne der folgenden stellen möijen freilich, je nachdem man
sie ansieht, eben = gerade {unter 5) enthalten, ich leite die
schwächere bedeutung von diesem gerade ab.
es ist eben ein spruch der sieben weisen. Göthk 2, 264;
was eben wahr ist alieb orten,
das sag ich mit ungeschcutcn Worten. 2,265;
eh nun! heiraten wir eben! 2,272;
wer ist der kluge, wer ist der thor?
wir sind eben srlmtlich als wie zuvor. 3,296;
und wie wir eben menschen sind,
wir schlaTen sämtlich auf vulkanen. 3,296;
dafür gibt man wieder niemand recht,
machts eben gut, machts eben schlecht. 4, 321 ;
man musz es eben sein lassen, es geht doch nicht. 7, 136 ;
des engelherzcns, das eben alle weit mit einem liebevollen
blick ansieht. 7, 139 ; man wird eben keine stunde froh.
8, 208 ; nun der würde kommen, und würde eben auch zu
thun finden. 8,219;
will sie sich nicht bequemen,
so müszt ihrs eben nehmen,
will einer nicht vom ort,
so jagt ihn grade fort. 10,217;
genug, ich bin der neue eben überall. 11,239;
und mir gefällt es hier für diesmal, lasz uns eben bleiben.
11, 292 ;
wie fangen wir <las an? wir gehen eben fori. 12, 91;
mein guter herr, ihr seht die s.ichen,
wie man die Sachen eben xiohi. 12,91;
du bist doch nun einmal eine hur,
so scis auch eben recht. 12, 196;
was will denn der auf unserm ball?
ei, der ist eben überall. 12, 216 ;
ISszt sich die krankheil nicht kuriereu,
musz man sie eben mit hoTnuiig schmieren. 13,9;
liebe kinder, das orakel ist eben ein orakel. 14, 6 ; man liesz
eben von beiden seilen alles so fort gewähren. 17.326; ich
glaube eben, dasz ich darum in dich vernarrt bin. IS, 212 ;
ich musz es eben bezahlen, dasz ich eine Deutsche bin.
19,130; es ist eben, als wenn ihr eine freireduutu gübt. es
können alle stünde daran theil nehmen, io, 3u7 ; ein armer
junge, der sich eben brauchen und misbrauchen liesz, wie
es das spiel mit sich brachte. 21,38; er hat eben immer
gemacht, was andre zu machen wünschten. 27, 163 ; du inust
dich eben in geduld fassen. 22,207;
denn sie sind leicht zu verdauen, man schluckt sie nur eben
hinunter. 40, 121,
wo wir auch sagen: nur so hinunter, wie auch anderemal
eben durch so oder nur vertreten, oder damit verknüpft wer-
den ma<j. verschiedentlich braucht (>örHit eben in zwet oder
drei ganz ahwruhenden bedeulungen, z. b. 21. 38. Unter den
Volksmundarten scheint dieser enclitische gebrauch vortliglich
der schwäbischen geliiufig : i bin eaba so frei zu saga, ear
mo.inl eaba ko, mar iiiuu<iz euha vil xahla.
b) rin der conjuitclion su voraus gehendes eben ist fHrennl
tu schreiben, nidit mit ihr tutammtntutelten.
13
EBEN — EBENBILD
EBENBILDEN — EBENGENOSZ
14
a) eben so ist similiter, eben so als, tarn quam: er ist
eben so gelehrt als bescheiden ; du hassest mich eben so als
du ihn liebst, ohne das eben folgt wie: er ist so gelehrt wie
bescheiden ; du hassest mich so wie du ihn liebst ; besser
auch ohne so: wie du ihn liebst, das umgedrehte so eben
gilt von der zeit: so eben öfnet sich die thür, commodo
aperitur foris.
b) man schrieb "eben so mehr' nicht etwa statt des heutigen
nm so mehr, eo magis, sondern in der bedeutung ron eben
so gern, irorin deutlich das alle 'also maere' (mhd. wb. 2, 69")
enthalten ist : und wer daran zweivelt, der mag eben so mehr
auch zweiveln an dem evangelium, obs goftes wort sei. Llther
6,103'; denn wozu durften wir der mühe, das wir uns sollen
unlerwinden zu predigen, wo nichts denn ein Tergeblicher
loser und unnützer thant were? eben so mehr schwiegen
wir still und Heszcn predigstuel mit der tauf, sacrament und
Schrift stehen. 6,226"; denn wo kein ander leben sein solt,
was wolt jemand predigen oder zur predigt gehen? eben
so mehr liesz er guttes wort gar anstehen, wie die andern
thun, die nichts uberal gleuben. 6,245"; wenn es bei diesem
leben solt bleiben, so liesze man eben so mehr taufe und
alles anstehen. 6,246'; er wird ein bettler, musz ein pfarherr
werden? eben so mehr lass ich in ein handwerk lernen.
8, 240 ; eben so mehr wil ich gute rugsame tage haben.
8,295'; eben so mehr behielte ich sie (die tausend gülden)
bei mir. br. 2, 658 ; ich wil e. f. gn. eben so mehr bei zeit
dürre heraus sagen was ich denke. 3, 473 ; derwegen da man
in je wolt teutsch haben, hab ich in eben so mehr in teutsch
wollen verkleiden, als das ich einen ungeschickteren Schneider
müsl drüber leiden. Carj. 16'; eben so mehr in die höU ge-
trabt als gegangen. lOO'; weil es nun musz gestorben sein,
will ich eben so mehr heut als übermorgen sterben, sprach
ein alter frommer bischof. Otho krankentrost lo. dies eben
so mehr, mähr lebt noch heute in der Schweis (Stald. 2, 192)
und begegnet ößer bei Jer. Gotthelf. auch bairiscA (Schm.
2, 607), tgl. das kärntnische leisimar (Fbommans 3, 311).
e) eben so viel, man sagt, 'das ist ja nur eben so viel'
von einer kahlen entschuldigung.
d) eben so wenig.
EBENALT, coaetaneus. ebenalter, gleicli aller, voc. theut.
14S2 f *. ahd. epanalt. Gbaff 1, 196.
EBENB.\CM, m. ebenus.
EBENBILD, n. effigies, ahd. epanpilidi, mhd. gbenbilde,
nnl. evenbeeld, ton dem einfachen bild (2, 8. 9) dadurdi ver-
schieden, dasx das vorgesetzte eben die Vorstellung des abbil-
dens noch heivorhebt, 5banbilid6t hiesz ahd. con/iguratus, bild
ist figura, in con liegt das eben, man kann bild ./ür eben-
bild, nicht immer cbenbild für bild sagen.
1) KoNRAü VON .Megenberg von drei Seelenkräften als drein
kämmerlein redend sagt 5, 2 : diu ander kraft in dem andern
kfimerlein diu aht und schätzt diu dinch der vorenpfangen
ebenpilde reht als ain witzigeu efraw ; wiederum 11, 13 vom
ohr: daj vorgenant häutel ist vol natürlichs lufls und der
luft nimpt die ebenpild aller stimme, ebenbild ist also das
von der seele empfangne, in sie gedrückte bild, das von der
luft genommne nachbild des lauts.
2) denn welche er zuvor versehen hat, die hat er auch
verordnet, das sie gleich sein solteok dem ebenbilde seines
sons. fiöm. 8, 29; welcher {Christus) ist das ebenbilde gotles.
2 Cor. 4,4, HO goth. steht frisahls gu|)s; welcher ist das eben-
bilde des unsichtbaren gottes. Col. 1,15, goth. frisahts gu))s;
nach dem ebenbilde des, der in geschaffen hat. Col. 3, 10,
goth. bi frisahtai. der mensch ist gottes ebenbild: wirst
du doch immer aufs neue hervorgebracht, herlich ebenbild
gottes! rief er aus, und wirst sogleich wieder beschädigt,
verletzt von innen oder von auszen. Göthe 23, 237 ; doch
gott behüte einen jedweden vor einem solchen göttlichen
ebenbilde. Weise */. leute 282 ; die schöne muhme, ihr eben-
bild, sasz auf eben dem schemel. Göthe 20, 84 ;
ich bin des fuchses ebenbild,
der iraubcn, die zu hoch ihm hangen,
um »em vergebliches verlangen
schlau zu bemnateln, sauer schilt.
GOTTEH 1, 460;
jener weise hat gewis auch den risz
unsers ehcnbilJs getroITen. GCithik 914.
das ebenbild eines tragen ist ihm sehr ähnlich sehen.
3) aß steht ebenbild für beispiel, Vorbild, wie jenes goth.
frisahts tixiäv und Tvjioä war:
ich oim mir ein ebenbild
bei manchem lierlein wild,
das springt auf grüner heide,
got bbüt im sein gefild. Uhlaüd 5S2. bergr. 92,4;
die gierten und auch schriftweisen
den leien böse ebenpild vortragen. /'a«<n. sp. 293, 14 ;
vatter und muoter und herschaft ire kind und underthan also
mit straf, lere, worten und ebenbild guter werk ziehen. Gefke.s
bildercat. beil.61; des nimme ein ebenbilde, das. 117; gleich-
wie der pharisaeus im evangelio und der oflenbar Sünder
dieses alles ein ebenbild geben. Lcther l, 23l'; nemen doch
warlich ewere underlhanen ein buszexempel und ebenbild von
euch. WicKRAM rollw. 20 ; darumb du dich mit höchstem fleisz
vor der liebe bewaren und hüten solt, ein ebenbild an mir
nemmen und dich disem gewalt nimmermehr unterwürOg
machen. Galmy 21; es sollen die obersten und riltmeister
sich befleiszen, dasz sie iren underlhanen, knechten und
dienern kein bös ebenbild oder ärgerlichs cvempel geben.
Fronsp. kriegsb. 3, 15". heute veraltet, man sagt bloss bei-
spiel geben oder nehmen, vgl. bild 2, 12 und ebenspiel.
EBE.NBILDEN, conftgurare, ahd. gpanpilidün.
EBEiN'ßlLDLlCH, figurate: da er ebenbildlich den streit
volbrachl und den feiud überwunden hei. schatzbehelter, Sürnb.
1491, 227'.
EBE.NBILDNIS, n. effigies: ziert er seine gemählde mit
den ebenbildnissen vieler mitbürger. Göthe 39, 146.
EBE.NBLRTIG, par genere: ist ein man sinem wibe nit
ebenbürtic, er ist doch ir vormunt. Schwabensp. 400, 1 ; eine
familie, deren glieder alle ebenbürtig sind. Karts, 180; eben-
bürtige richter. Arnim 2, 319 ;
erfahrungswesen! schäum und dust!
und niii dem gelst nicht ebenbürtig. Göthe 41, 100;
uns erwählte königio,
göiieru cbenburiigl 41,339.
uneigentlich auf sacken übertragen:
leihest ebenbürtigen kunstschöpfungen dauer. Platei 133;
unebenbürtige neuigkeilen. J. Fall mumien 3, 22.
EBENCHHIST, m. consors sacrorum christianorum, heule
nebenchrist. zuletzt begegnet ebencbrisle im ring 25', 7. vgl.
Christ.
EBENDA, ibidem, dieses und die folgenden besser getrennt
zu schreiben, s. eben 7. Maaler 95* hat eben da dannen.
EBENDAHER, indidem.
EBENDAHIN, eodem.
EBENDARUM, eandem ob causam.
EBENDASELBST, eodem in Joco.
EBENDER, EBENDIESER, ille, hie ipse.
EBE.NE, f planities, ttsSiov, sl. planina; ahd. epani, im
voc. theut. 1482 f s' ebenin oder slechtigkeit ; fläche, blach-
feld : alle stedte auf der ebene. 5 Mos. 3, 10 ; und alle stedte
auf der ebene. Jos. 13, 21 ; denn er hatte viel viebs, beide
in den awen und auf den ebenen. 2 chron. 26, 10 ; eine grüne
ebene breitete sich vor uns aus; iaszt uns von der ebene
aufs gebirge steigen, ron der fläclit des Stroms, des mcers
gebrauchen wir nicht ebene.
EBENEN, s. ebnen.
EBENER, m. lusor cum quatuor tesseribus. Weimar, jb.
1, 329. Ebner ist ein nom. propr. Fro«jia.ii«s mundarten 4, 201.
EBENERGESTALT, s. ebnergestalt.
EBENER.MASZEN, s. ebnermaszen.
EBENFALLS, itidem, aeque, was gleichfalls.
EBENFALLSIG, eine verwerfliche Fortbildung, gleich allen-
fallsig : meinem erlauchten patron, dem vergeistigten Edmund,
ebenfallsigen propheten von gottes gnaden. Tieck Cev. l, 328.
EBENFERN, parallelus. .Maaier 95* ebenferren, lineae pa-
rallctlae. He.msch 783, 36.
EBENFLÄCHIG heisit malhematikem ein von lauter ebenen
begrenzter körper.
EBENGEBURT, /". eadem generis nobilitas, besser wäre eben-
burt, was dem ebenbürtig zum gründe liegt: folgen, die man
bei turnieren, ducllen und canonicaten aus der ebengeburt
ziehet. Hippel ehe 5,46.
EBENGENOSZ, m., ahd. gpanginft; conservus (Graff 2, 1226) :
dabei uns am ersten zu verstehen geben wirt, das ein ieglich
reich nit wol ein ebengenossen und gemeiner erleiden mag.
Livius von Schöfferlin, iVaiiiz 1546. 4"; für einen guten freund
ist nichts pessers, gegen im ist nichts zu schätzen, und ist
er stät. so ist er wol ein ebengenosz. buch der nat. Weisheit.
Augsb. 1490. 127*.
15
EBENGESANG — EBENMÄSZIG
EBENMXSZIGEN — EBENTEUER
16
EBENGESANG, m. concentus :
und das ganze klang
in lebend wirkendem ebengesang. Göthe 13, 94.
EBENGLÄUBIG, gleiches glaubens, wie ebenbürtig gleicher
geburl. Mosers verm. sehr, l, 281.
EBENGLEICH, constmilis. Henisch 7S3, S9.
EBENGROSZ, aeque maynus.
EBENGCLTIG, ejusdem prelii.
EBENGUT, n. praedium rusticum ? im ebnen feld gelegne
meierei, gegensatx zur alpwirtschafl?: was nu folget im teil
U Mos. 32, 13) von dem gesohenke, wie ers geordnet hat
{liegen, schafe, kamele, kühe, esel), \st nicht viel von zu reden,
on das es anzeigt, das Jacob ein ebengut hübe gehabt, das
er fflnferiei geschenk vorher schickt. Luther 4, 180. vgl.
ebeobaus.
EBENHAüS, n. pars aedißcii quae est pleno pede, hypogea,
erdgeschosz. ich setze es dem vorausgehenden ebengut zu ge-
fallen an, kann es aber nur mhd. nachweisen:
von dem ebvnhüse unz an die rihcn. Nkidh. 43, 10,
ton ebner erde bis zur first, bis zum kränz des daches, vgl.
ahd. girigöt first, culmen sertatum, girige serlum (Graff 2, 42'.».
430) und nhd. dachreihe {wb. 2, 665).
EBE.NHillT. f. aequalilas, Stieier 357: eine sonderbare
ebenheit des geistes und Charakters. Hf-Rder 18, 227.
EBENHOCH, aeque altus, magnus: die häuser sind eben-
hoch;
sind des Hehlers obren zu? mache du die band nur auT,
recht hat jetzt, wie alles ding, einen ebenhohen kauf.
I.OGAU 3, 248. 171.
EBENHÖHE, f. aequa allitudo: die gebäude haben eben-
höhe, mhd. hiesz ebenhoehe ein zur höhe der mauer gezim-
mertes gerüste bei belagerungen. mhd. wb. 1, 697*.
EBENHOLZ,«, ebenum, von schwarzer färbe. Göthe 40, 172.
5. ehenhaum. figürlich heisil so der neyer und ebenholz-
hündler ein sclavenhdndler, ebenholzladnng ein mit schwarzen
geladenes schif
EBENHOLZEN, ebeninus:
rückt sodunn den ebenholznen scheramel. Platkn 327.
EBENIST, fn. franz. ^beniste: ebenisten, drechsler, Schrei-
ner. HoiiBERG 8, 1, 518'; der phantasielose und engherzige sati-
rische kunstarbeiter und ebenisl Boileau. J. Paul oei//i. 1,196.
ERENLAND. n. was flachland, regio plana.
EBENLÄNDIG, flachldndig : rückt wider über die wasser
Ticinum und Paduin bis gen Piacentia, do es nit so eben-
lendig, und mehr vortheiis hett mit fuszvolk dann mit reu-
sigem zeii^k zu streiten. Livius von Schüfferlin 112*.
EBE.N.MACHTIG, aeque polens. Spee Irulzn. 170.
EBENMASZ, n. sywmetria, proporlio, ahd. PpanmAja, mhd.
ebenmäje /. ; das cbenmasz der giieder des leihs; ein unre-
geimüsziger körper ohne ebenmasz und gieicliformigkeit. Kant
8, 10; das herrliche ebenmasz deines geistes. Bettine br.
2, 120 ; glückseligkeit in dem genauen ebenmasze mit der
Sittlichkeit der vernünftigen wesen macht das höchste gut der
weit aus. Kam 2, 607 ; sehr grosze und mit solchen diensten
in gehörigem ebenmasze stehende gegendienste. Wieuind 7,118.
$. masz und gleichmasz.
EBE.NMÄSZIG, par, similit, gleichmäszig, ein worl, das
Lotheb nie gebraucht, besser war ahd. Ppanm.'jji, doch hat
schon einmal .N. ebenmäjig, coaequalis vvd der voc. Iheut.
1482 fs* ebenmesziger acqualis: und daizu Siephanus der
itechsle mit ebenroäsziger practik. Fiscuart //ichch/i. 210' ; eben-
onSszige tyrannei übeten sie auch zu Begensburg. Micrälius
2,203; mit sechs ebenmöszigen ochsrn wenden und keren.
weüth. 2, 32;
wa« wehlich uns erfreui,
verwandelt »ich gar leicht in elienniiiszigii leid.
ROMPLRH (28-
gleichwie Jerobeam und wie Üne<-a fiel,
«0 bab ich auf dein hau» ein ebenrnnuzig ziel
tum Unglück ange.<ei/t. Wcitit fr. rcdn. 223;
die mSbung de« grünnialhs erfordert ehenmitszige umstünde,
wie vor bei dem heu gedacht worden. Homrerc 2, 2C0*; in
ebenm3«zigcn kreiden. Tiecx 4, 3lib.
EBENMXsZIG, parlier, simililer: Umael Sophi hat in »einer
jagend ebenina»zig das vtehe gehütet. Simpl. $. 34; welche
aotwort zu überbringen hiidel ebenmSszig gebraucht wurde.
pol. maulnffe 15;
wann dte«e* heute noch bei tag* toU ebenmflRzig such
g««rh«hn. L06«u 3, 117, 192 i
damit sie denen, die ihnen also lebendig fürgemahiet, eben-
mäszig nachsteigen und gleichkommen mögen. Butschky Patm. 5 ;
die gebühr mit worten verheischen, wo die gebühr nidit eben-
mäszig nachfolget. 358; dein schreiben habe ich zu recht
empfangen und daraus lesende vernommen, das dir mein
jüngstes ebenmäszig wol eingehändiget worden, kanzlet 378 ;
Blondellus hat diese grobe irrlhümer bemerket, ob er schon
ebenmäszig fehlet, wenn er u. s. w. Hahn 2,245; Libentius
hatte seine erhebung der gnade der kaiserin Giselae eben-
müszig zu danken. 2,250; auf welchem iconcilium) dielehre
des Scotus ebenmäszig verdammt worden. Lessing 8, 395;
man hat ebenmäszig gefraget. Herder 19, 57; Lerse eben-
mäszig unser tischgeselie. Göthe 25, 249; die Andria des
Terenz ward ebenmäszig wie die brüdcr mit annäherung ans
antike aufgeführt. 31, 149.
EBENMÄSZIGEN, ausgleichen, eben machen steht im voc.
theut. 1482 fs' für abtilgen, abwaschen, poenitere, emendare.
EBEN.MENSCH, m. alias homo, mttmensch, nebenmensch :
dinen ebenmenscben nimmer betrieg. summa Johaimis, ver-
deutscht durch br. Berchtold. Augsb. 1478, 175'; in verlurab-
dung und falscher Verunglimpfung irs ebenmentschen. Rieorers
Spiegel der rhelorik Freiburg 1493, 2l'.
EBENKECHT, opporlunus.
EBENRECHT, adv. opportune: ebenrerhL, dich such ich mit
flisz. deutscher Terenz von 1499 s. 97. läszt sich auflösen in
eben recht.
EBENBECHT, n. aequilibrium, temperamenlum, via media,
noch in der Schweiz üblich.
EBENREICH, aeque dives, potens. Spee trutzn. 170.
EBENUEIS, n. arlemisia abrotanum, sichtbar aus letzlercm
etitslcUt, s. ebrisch.
EBENS, adv. aus dem superl. ebenst, ahd. fipanöst ver-
kürzt, planissimum, aplissimum und auch adverbial gebraucht,
mhd. als er daj alebens redete, dö kom Judas unde ein
michel her, gerade in dem augenblick, da er so redete. Mo.hb
anz. 8, 523 ;
dö er in niene vorhte
und aiebenst für sich worhte,
daj begund jenem harte versmähen, kindh. Iesu99. 50.
nhd. aber do ein mensch ist, der selber wil meister sein,
und meinet man sol in heiszen, was im ebens füget und wie
es im gefalt. Keisebsb. par. der seien 17*; ein mensche, der
alle zeit sorget umb die kumiicheit seines leihes, das dem
bescbeh, was im füglich und ebens ist. 144*. in Lanz staatsp.
Karl V. 526 scheint die formel 'steif und ehest' fehler für
ebenst. etwas anders ist das hess. und nd. ibest, iwest, iri/nid.
EBENSATT, aeque satur, fecundus, pinguis, von fruchtba-
rem land. weisth. 2, 249 scheint die ebensalle name eines
ackers ; oder wird eine bestimmte feldarbeit damit gemeint?
EBENSELBIG, irfen», ebenderselbe: in ebeuselbiger zeit.
BcTSCiiKY kanzl. 653.
EBENSOHLIG, ac^uoe soleae, was eine ebne sohle hat.
sohle ist bergmännisch der grund oder fusx des stnllen.
EBENSPIEL, n. ea-emplum, ebenbild «=■ beispiel: aus dem
(dasz die schlänge Evam betrogen) folget nun uns allen ein
ebenspiel, da.«z wir des teufcis erbfeind ersterben und bleiben
in evvigkeit. Pahacelsus 2, 319*.
EBE.NSTÄNDIG, constans, beständig: die empfangene wol-
thaten mit gleichgiltiger {gleichviel werttier) dienstleislung eben-
ständig zu machen. Butschky kanzl. 80.
EBENTEUER wurde schon 1. 25 unter abcnteuer behandelt,
hier mögen einige nachgesammelte stellen hinzutreten : du must
nicht so auf ebentewer und in den wind dahin beten. Luther
5, 5ü*; das ich das meine nicht verseunien und allenlhaihen
auf alle ebenicwr mein gewissen entschuldigt und unbe-ichwert
erhalten wil. 5,280"; wer mich nicht hören und folgen wil,
der fare hin uf sein ebentewr. 6, 22o* ; Und es sich das er
dran zweivelt, oder setzt es in Ungewissen wahn und wagt
es auf ebenteur, so ist das gebet nichts. 1,87'; nu reimet
sichs ja nicht fein, das sie gleubcn man müsse es wissen
und müge doch on wissen binden auf ungewis ebentewr,
also niusz iuierdur eine lügen die ander geberen und sich
selb* unternandcr verraien. 5, 22»'; ich köiiie wol leiden,
das sie mit d*'i schrift nho gaukellen und nurrelen, wenn
sie es heimlich bei sich selbs iheten auf ir ebentewr. 5,163';
also das wer sotchem nieiiuni rat folgen wil, das der es
thue auf sein ebentewer. f., 238*; so musz er i>agen er wisse
es nicht, und thue es alles auf ebentewer, gerets so gerate
17
EßENTEUERX — EBER
EBER— EBNEN
18
es. 5, S59* ; wollen sie aber das evangelium dempfen und so
gar unbuszfertig bleiben, des mügen sie ir ebenteuvver stehen,
wir predigen doch was wir wollen. 5, 91* ; wo er aber über
den mittag auszen bleibt, sol er sein ebenteuer darumb aus-
stehen, tceisth. 3, 369. Luther hatte die form ebenteuer für
das Kort, dessen er doch nie in der bibet sich bedient, fest-
gesetzt und lange hielt sie an, bis endlich wieder abenteuer
die Oberhand gewann, ebenteuer galt auch bei den schlesi-
schen dichtem :
ich weisz nicht wie ich doch dis ebenteuer deute.
Opitz 1, 70;
bei diesem ebenteuer
war ganz der tag toU lust, die nacht voll freudenfeuer.
Fllbi.xg 204;
der hebe strenges ebenteuer. Hoi«a?(msw. gelr, seh. 139.
EBENTEUERN, franz. avanturer: was ist es nu wunder,
das leichtfertige schwermer mit den Worten des abendmals
nach irem dunkel gaukeln und ebenteuren? Luther 2,341.
EBEMEURER, »/. avanturier: dasz ich jetzt schon bei der
familie ansuchen kann, mir im Stammbaum den beinamen.
de» ebenteurers zu geben. Licute.\berg 7, 342 ; bald folgen
ihnen ebenteurer und ritten Sturz 1, 212.
EBEMELRISCH, it. avventuroso:
sih, wer mag da fustelabend gan,
das ist ein ebeutürischer han. Stricksrs schlemmet G5'.
EBENTEUERLICH : gott ist ebentewrlich in den hohen,
spricht der 93 psalm. Luther 5,2'; hätte unser ebenteuer-
Hcher Socrates eine Aspasia. Herder 1,127; die ebenteur-
liche doch wahrhaftige historia. Bürger 20*.
EBENTECERLICH, adv.: wie ebentewrlich verkcret dieser
keiser seine wort. Luther 5, 1S2'; denn es scheinet zu un-
billich und ungereimpt, das got das spiel so ebentewrlich
angreifen und sich so törlich zur sachen stellen sol. 6, 232".
EBENTiEF, aeque profundus, wie ebenhoch, s. sp. 10.
EBENTISCHLER, m. was ebenist,
EBENVIEL, tantundem, gleichviel: wenn das wasser gut
und helle ist, ists denn nicht ebenflel, ob man es aus einem
güldenen oder irdenen gefäsze trinke? pers. baumg. 4,5;
so gilt es ihr ebeoTiel,
ob man aur dem throne stirbt,
oder in dem koth verdirbt, pers. rosenth. 1, 2;
möglich, ob ich schon nicht wüste
woher? 'auch ebenviel'. LEssi.fo 2, 344.
EBENWEIHE, f. festum circumcisionis, s. Scheffers Haltaus
68. 69.
nach wihenabten aht tage,
den man da heijet ebenwihe. altd. bl. 1, 106;
an dem ebenweichtag und an dem obristen. MB. 17, 136 ; der
tac heiszt der ebenwih unsers herren, wand er ist als wol
gewiht und gesegent von der zeswen siner megenchrefte sam
sin gehurt. Scum. 1, 12.
EBENWETT, par pari repensum, könnte auch blosz durch
'eben' ausgedrückt sein: wir borgen gern alle morgen, morgen
machen wirs eben wett. Garg. 96'.
EBENWOL, pariter und tarnen, wie gleichwol : die comitien
wurden ebenwol unterbrochen, wenn jemand von der epilepsie
befallen wurde; dem ehestande kan man den rühm eines
züchtigen Standes im geringsten nicht entziehen, die keusch-
heit hat ebenwol daselbst platz. Bctschky Palm. 588; er ist
in der groszen betrübtnus, all ebenwol! ist er nit gritlich.
El. vo;* Orl. 159.
EBER, m. aper, goth. ibrs?, ahd. epar, mhd. eher, ags.
eofor, efor, das buchstäblich entsprechende altn. iöfur ersclieint
merkwürdig nur in der bedeutung von rex oder princeps, alter
heldennamen die menge ist mit epar zusammengesetzt (Föbstem.
363 — 368) X. b. Epamand, kühn wie ein eber = goth. Iornan|)s,
gekürzt aus Ibrnanjis, Ibuman|)s ; so bildeten auch Aper und
Verres lateinische namen, und ahd. pt-ro ursus, ags. beorn,
altn. biöm ßgten sich zu mannsnamen so häufig, dasz wie-
derum ags. beorn t» den einfachen sinn von heros und vir
übergieng. an Spar, aper reiht sich sl. vepr", böhm. vepr,
poln. wieprz. voc. theut. 1482 f5' erklärt: eber, ein herr unter
den Schweinen, aper, verres. wir ziehen eber wesentlich auf
das Wildschwein und haben für verres ein andres wort, b4r,
ags. bdr, engl, boar, dem goth. bais gleichslehn würde, doch
vertreten sich beide ausdrücke und die adj. zahm oder wild
gereichen zu näherer bestimmung. des ebers bisz oder hieb ist
furchtbar :
Jon was ich uiht ein gber wild«
m.
Idszt KüR>BKRG die frau dem blöden rilter vorwerfen, der sich
sie zu wecken nicht getraut hatte, MF. 8, 15 ist ohne alle noth
in her wilde geändert, vgl. gramm. 4, 650 und Haupts zeitschr.
2,192. noch El.'vox Orl. sagt s. 429: sie machen mich so
ungeduldig, dasz ich umb mich beisz wie ein eber. ein rei-
terlied bei Uhla.nd 378 hat den ausruf:
hin hinl weiz, eber, wetz!
wetze deine zahne! an dieses wetzen mahnt der name des ebers
wetz, watz, wetzber. Schm. 4, 204. vgl. goth. hva{)o, a<foöi.
aber wenn zwei eeleut einander lieb haben und uf einan-
der also vergnaft seind, das sie eeliche werk mit einander
handien, nit anders weder als moren und aber (scrofae et
verres), das ist nit christenlich gelebt, sondern kugisch (kühisch),
vihisch, tierisch, si ist nit dorumb dein fraw, das du ein
suw solt sein und das ir miteinander sollend leben als aber
und moren, pforen ifarren) und kug, süwesch und viliisch.
Keisersb. posl. 3, 47";
und wie der pfaf iu seinem stant,
und die küg ein furreo bant,
also erweit ein eber fein,
der euch besteigt euwere schwein. Mlr;«k« luih. narr 1450;
und dieser der vorhin der zahmen eber hütet,
nun auf bochedles blut durchlauchter Trauen wüleu
Gbtpuius 2, öOS;
auf zehn Schweine wird (im meierhof) ein eber gehalten. Hoe-
BEEG 2, 305". m den meisten mit eber gebildeten kräuternamen
scheint eine entstellte fremde form zu walten, man mäste denn
nachweisen, dasz den austrieb der rcbe ein Volksglaube wirk-
lich auf den zahn des ebers zurückleitet.
EBER, ebehr, m. ßr adebär, storch 1, 176.
EBERESCHE, f. sorbus aucuparia, Vogelbeere.
EBERGELD, n. zu Unterhaltung des gemeindeebers.
EBERHELM, m. mythologie s. 195.
EBERKRALT, n. epilobium.
EBERRAUTE, /". artemisia abrotanum, assimilaiion des letzten
Worts, s. aberraute und ebrisch.
EBERSCHAUM, vi. spuma, coitus apri : zeit des eberschaums.
lasset die moren nicht eh ramlen, sie seien dan ein jar, der
eber aber drei oder vier alt. Sebiz feldbau 132.
EBERSCHWEIN, n. aper, schweineber. Diefe.nb. 39'. 613":
er sei küener dann das eberschwein. fastn. sp. 447, 19 ;
die vechten als die eberschwein. 589,23;
herr veiier, ich hör an dem end
etwas prasseln auf uns berein,
ich furcht es sei das eberschwein.
H. Sachs IIL 2, 141«;
warumb halten wir nicht die unvernünftigen thiere selig, als
die hirschen und eberschweine in der brunst ? Lother 8, 22*.
EBERSPIESZ, m. venabulum.
EBERSWEHR, f. dentes prominentes aprorum.
EBERWURZ, /■. carlina aeaulis, eine distelblume, vgl. mythol.
1234. in LoMCERS kräuterbuch chamaeleon.
EBERZ.\HN, m. gemma rilis, sprosse im winket der wnn-
rebeknospe, was man auch austrieb nennt.
EBERZEICHEN, n. forma aprorum, ags. eoforcumbol. mythol.
s. 194. 1Ö5.
EBHEU, s. epheu, hedera.
ERICH, s. eppich, epheu.
EBICH, inversus, retrogradus, verkehrt, siehe 1, 58. goth.
ibuks, von der unter eben berührten würzet iban, nahver-
wandt mit altn. öfugr inversus, sinisler und ahd. apuh per-
versus, sinister. die meistersänger nannten ein cannen retro-
gradum ebich. auch die bair. Volkssprache kennt noch abech
(Scu». 1, 11), die schwäbische äbig (Scuxio 5) in gleichem
sinn, anderwärts tritt, wie oft geschieht, t hinzu: nachbar
Grün, ihr halt das buch verkehrt oder efbicht Er.vst Wol-
gemuths 500 frische und vergüldete hauptpillen. 1669. man
wäre versucht ebich, eppich hinzuzunehmen, da die epheu-
ranken sich auch rückwärts schlingeti. schade, dasz ein so
schöner, nölhiger ausdruck nur aus einzelnen spuren zu er-
kennen ist und in der spräche seine macht verloren hat.
EBIGER, fli. ciconia, in Lo.nicerus kreuterbuch 3tt'. ent-
stellt aus adebar, edeber.
EBITZ, Capsula granorumpomi, kernhaus, grubs in einem apfel
oder pirn. voc. theut. 1482 f 5'. ebütz. Sch«. 1,230. s. griebs.
EBNE, /■. s. ebene.
EB.NEN, aequare, complanare, goth. ibnjan, ahd. epanön,
altn. iafna, schw. jcmna: alles ebnen und schPichten, glatt
19
EBNERGESTALT — ECHO
ECHOEN — ECHT
20
machen; im voc. theut. 1482 fs' ebnen hobeln, sliehten oder
slechl machen, laevigare, dolore: den räum, weg ebnen;
berge abtragen und ebnen ; ebenen und graben ziehen. Kirch-
hof disc. mil. 22; schweix. auch zimmern, das holz behauen,
hobeln. Stald. 1,335.
ebneten räum dem tani, und dehnten den zierlichen Schauplatz.
Od. 8, 260.
mhd. hAr ebenen, das haar kämmen und schlichten:
fbent här und scheret hart! HBiBr,. 3, 78.
Schwierigkeiten, anstünde ebnen, entfernen; zukunft die er
mir ebnen will. Tieck 6, 32. früher galt auch ein intransitives
ebnen = eben sein, competere, im Wormser landfrieden ron
1521 liest man 7,2: unser regiment, welches dem beschädig-
ten ebend.
EBNERGESTALT, adv. ilidem: da begegnete im ein alte
magere gaisz, die rührte er ebener geslalt mit dem rütlein.
Pbiland. lugd. 3,216;
so cehets mit dem lieben
auch ebener gestnlt,
» was will der dapfers flben,
der zaghaft ist und kah?
LKücoLRorts GalamelUe 1671 s. 1C3;
lasset man messer ungenützt liegen, Iriszt sie der rost.
ebener gestalt überzeucht der rost aller laster unsere gc-
danken. Bütsciiky Patm. 395; auch sollen die begrälmus
todter leichnani hinwiederum den catholischen bei dts an-
dern theils pfarrern ebenergestalt zugelassen werden. Lucae
denkw. 366.
EBNERMASZEN, pari modo: ebenermaszen gehts auch bei
disen reformierten. Fischabt bienenk. 198"; ich bin ebner-
masze als du, und vielleicht etwas mehr, weil ich jünger bin,
gegen die Susannam wegen irer schöne mit liebe enzündet.
Heinr. Jül. V. Br. s. 53; ich ebenermaszen den hauptschild
von meinem herrn vater auch ererbet habe. Sciiwkinichen
1,22; und bin ebenermaszen daheim gewesen. 1,65; i. f. gn.
und meinen gesellen gieng es ebenermaszen. l, 134 ; welche
ohn allen dank poeten sein wollen und noch einestheils zum
überflusz ebenermaszen wie Julius Caesar seine kahle glitze,
sie ihre " Unwissenheit unter dem lorbeerkranzc verdecken.
Opitz poeterei s. 7 ; ebenermaszen lasz deine klngheit mehr
in werken als in worten bekannt sein. Weise kl. l. 343;
ebenermaszen will ich niemanden zu diesem principio nüthigen.
curiöse ged. 127; ebenermaszen müssen wir unsere heiwoh-
nung bald liistreichen bald traurigen sachen leihen. Butschky
Patm. 406 ; ehnermaszen ward denn auch Leonard da Vinci
berühmt. Göthe 29, 72 ; ein emigrantcnwagen war ebener-
maszen an einer anderen höhe stecken geblieben. 30, 142.
EBNERWEISE, pari modo: ebenerweis wird sie auch die
weiber verlachen. Fischart ehz. 76.
EBNETTE, f. planities, ahd. epanöti. ebonotl (Graff 1, 9S),
lebt in flurbenennungen fort: in der ebnetten, auf der ebnet-
ten, in der ebenöt. hess. zeitschr. 2,152. Schweiz, ebnet n.
ToBLER 161 ; gegen dem ebnet bis an den graben, weisth.
1, 129.
EBRISCH, begegnet für eberesche und für ebreis, ebenreis,
obro/anum. vocab. theut. 1482 hat eberwurz orfer eberitz abro-
tanum und so sagt man noch heute in der Wetlerau.
EBSCHBAUM, m. was eberesche: wolan, Walther von der
Vogelweide soll euer heiliger sein, dessen ebenbild soll nicht
weit von unserer Viehweide bei den ebschbäumen aufgerichtet
werden! Weise zweifache puetenzunß, 10 scene.
EBTEI, EBTISSLN, für ablei, abtissin begegnet oft.
ECHEN, s. achen, echen. ^
ECHO, n. der wiederhall, lat. echo gen. echus nach rjxci
i)x,ovt, mhd. galni, widergalm, wolklingend gleich dem fremden
namen, und die wir nicht brauchten dafür hinzugeben, auch
den mythischen Vorstellungen der H^d), der waldstimme des
Faunut und Picus glich die von waldesantuort, Waltminni,
Waltminna, ags. Vuduma'r, nympha tilvestrts, altn. dvergmäl,
rede der zwerge, elbetuohnet ruf, gal. mactalla, söhn des fel-
$ens, ir. mucalla, the pig of the rock, vgl. mylhol. 421. 1217.
gelli ihm ein l.-ini;)!s erbo ipoticnd nach. Scbilkh 71*:
und dai erbo. wie die nage
olter Zeiten hallet wieder. Gdrut . . . ;
wU. ecbo doet de naplm baauwen ;
«cbreib mir "'■- ■"'■•■ ohne «rheu,
duit mAin I deinen «ich vermAhle,
dii«t irh <l' Ol ho ici. IIC*«ir9«';
dasz sogar einer, der einem gleichgültigen wesen ähnlich
sieht, uns lieber wird als das echo eines leeren rufcs. J. Paul
Tit. 2,62. man sagt: er ist sein echo, ahmt ihn nach; einer
ist des andern echo.
ECHOEN, sonum repercussu multiplicare :
doch auf einmal ein eelächier echot in den höhlenräumen.
Göthe 41,228;
der frühling blitzte und funkelte und schwätzte und tönte
und echote da drauszen und vom lande aus Wäldern und
feldern hinein. Bügümii. Goi.z jugendleben 2, 21.
ECHS, /■. axis, temo, für achs (1, 1046). Serranos aas'
schreibt echs, deichsei, langholz daran die joch gebunden sind,
nach Da8YI>odiüs 24l', wo achs und diechsel.
ECHSSIL, m. temonis f\inis, ahd. silo:
wa kuraai, geseliirr und aftersil?
wa siriikleücr imd cchssil? Uiiland 720.
ECHT, legitimus, genuinus, germanus, purus, ein der alten
spräche in allen hohen dialetlen rttibekanntes wort, selbst heute
weisz das volk in der Schweiz, in Baiern, Sehwaben nichts
davon und nur durch verkehr mil der Schriftsprache wird es
ihm zugebracht. Keisersberg, Luther brauchen es nie, bei
Dasvpodius, Maaler steht es nicht, es ist aus dem nd. vor-
gedrungen und schon dem Ssp. im dreizehnten jh. vollkommen
geläufig: wo dieser echte not, echt ding, echte wif,^ echt,
unecht boren setzt, hat das schwäbische landrecht ^haft, ehaftiu
nut, ^haft dinc, ^lich wip, ^lich geboren, rechtsdenkmäler und
Urkunden könnten manchen einßusz des nd. Sprachgebrauchs
gewahren lassen, Leysers pred. 47, 16 zu dem ehte, ad con-
jugium zeigen nur das subst., wie es bereits im Heliand 15, 5.
83, 4 vorliegen könnte, ein mnl. adj. ist mir zuerst bei Potter
(i 1428) minnenl. 2,1783. 4,593 im sinne von ehlich getraut
aufgestoszen, dasz im teutonista und andern zu Cüln gedruck-
ten vocabularen, so wie bei Kilian es nicht fehlt versteht sich.
Wie hat man nun dies echt zu fassen? zu ahd. *ht habe
{von eigan habere) gehört es nicht, offenbar aber zu *wa, ehe,
yeselz. es musz zusammengezogen sein aus ^haft, ^hacht, »ort;
also eht; so nimmt auch Richthofe»! das fries. subst. äfte
malrimonium für ehehafte, aus den compositen ('chtelös, 4cht-
lik, echtscipe, fries. äftläs, aftHk, äftscip hätte sich allmälich
das scheinbar einfache adj. entfaltet. Hochdeutsch führt es
Henisch 786, 10 Ott in der phrase echt und recht, ehrlich und
redlich geboren sein, im laufe des n jh. mag es sich ausgebreitet
haben; auf das nd. zurück leitet endlich auch das isl. ekta.
schwcd. äkta, dän. egte legitimus, die altn. spräche kannte es
nicht, die nhd. Schreibung acht ist verwerflich.
Wir verstehen unter echt
1) das ehlich geborne : der echte söhn, gei^enüber rfem bastavt ;
bin ich im echten ehebelt geboren. Schiller 438";
ein braver kerl von echtem fleisch und blut. Göius 12,105;
«in echter deutscher mann mag keinen Franzcn leiden.
mit einem adelsbrief musz nie der echte solin
Minervens und Apolls begnadigt heiszen sollen.
RÖHCER 80* ;
2) das wahre, aufrichtige: ein echter stoiker; ein echter
freund; _ . „
wo soll man echte freundschafl finden! Hacbdorjc 2, 33;
wenn ihr ein könig zwar, allein kein echter richier
von geist und wiiz und spräche seid. Gökinck2, 97;
sein rühm der kan bestehn und sein gcrücht ist echt,
wer dieses sagt was wahr, und dieses ihut was recht.
Lociu 3, 156, 3; ,
die echte thräno bleibt im äuge stille siehn,
sie rinnet nicht herab, kein andrer kann sie sehn.
3) das unverfälschte, lautere: echte Urkunde, waare, färbe,
echter edelstein, echtes gold. nnl. echte waar, echte wijn,
echt zilver. dasz eine echte gute scele von dergleichen fchl-
griffen oft durch sich seihst gleich wieder zurück kouiint.
Gothe 22, 35 ; hört einmal, wollt ihr einen spasz haben, der
echt isl? Lenz 1,279.
ECHT, die mhd. häufige, kaum dem ahd. echert, eher dem
gnth. auft6, ibai und \\> verwandte partikel (mhd. wb. 1, 412),
zeigt sich bis auf heute in schweizerischer, schwäbischer volk-
tprache {Stald. 1, 88. Tohlkh lOl. Scuxin 8), bei Kkisersübrc
und Hhant. hier stellen aus jenem: das entpllndet derinettscU
gar wül und vil in im selber, der sin echt war nein, wie ein
•cbnien und ein hagelen in im uf stol. bilgcr si'; im ist
«Hein umb den »ack mil brot iß tun, den beschirmet er mit
aller knifl, echt im der blib, su« hell er gute ruw. 143'; si
•prfcben, ich frog nil, wie es mir sus f rgang, echt ich Dum-
21
ECHT — ECK
men gesunt bin, frisch und slark, so hab ich eben gnug.
211'. das voranslehende echt hat die bedeutung von ob, M'en»
nur, das zwiselien stehende die von halt, vol schueiz. chunder
echt? kommt er koI? s. hernach echter.
ECHT, f. proscriptio, bann, acht:
ich sprich ein urteil hie mit recht,
(Jasz ein solcher sol sten in königs echt, fastn. sp. 309.
ECHTDEUTSCH, genuine germanicus : echtdeutsche sprüche,
lieder.
ECHTDING, ECHTEDLNG, w. u-as afterding: 1700 ist hie-
seibst das sogenannte echteding gehalten. Grot gesch. von
Sortheim 13S ; jährlichs zu dreien malen, wie von alters her-
kommen an unserm gerichte, so man nennet das echte ding. 43.
ECHTEFRAU, f. conjux, ehefrau, niederdeutsch, zeitschr.
für d. vuindarten 4, 271, 54.
ECHTEN, persequi, was ächten 1, 169 : echten in die acht
thun. voe. theut. 14S2 fs';
echten verhüten und verbannen. Bra.m narrensch. 71, 8;
mich treulos echten. Meiisscs ps. Kl".
ECHTER, verhält sich zu echt, wie halter zu halt: so ist
es ein gröszer werk und gott angenemer und verdienst me,
wenn du echter disen diepstal gedultiglich leidst. Reisersberg
Marie himelfarl 13* ; irt er echter nit in der form und in der
meinung. bilger 6'; noch wiltu echter nit irren. 11'; ist iemand
der din lieb thürer umb dich kouft, woltestu sie echter über
ein verkoufen, worlich, du Ondst nieman weder allein das
höchst gut. 51* ; aber du solt dich selbs nit also tief erfaren
und ersuchen, wiltu echter nit verirren. 77'; mit welchem
gelt si got sin himelrich und vatterland ab müssen koufen,
wollen sie das echter besitzen mit got ewiglichen. 85*; wem
du echter die zwirgen ufschlechst . . . ; on zweifei es erlangt
ein mensch gröszer gnad und glori aus Verfolgung weder aus
gunst, wenn er echter die Verfolgung recht bruchen kund.
parad. der seien S'; wenn es echter der will gottes ist. 2l';
ob es echter müglichen wer. 37' und noch anderwärts.
ECHTER, reus, proscriptus, vgl. ächter 1,170: nach weise
deren, so vorzeiten öffentlich als echter an die ratheuser ge-
schlagen und nachmals verzeichnet worden. Lcther 1, 103* ;
so in öffentlichen lästern liegen, unehliche, echter und der-
gleichen untüchtige personen. ÜREYniNG B4.
ECHTERDING, n. was afterding 1, 181.
ECHTERLEIN, n. pars octava mensurae, Schweiz, achterli
(Stau». 1, 89): mit einem nösel muscateller und einem echter-
lein des ausgepresten safts von dem porzelkraut. Zeches-
DORFER 2, 69.
ECHTESTäND, m. conjugium, ehestand. niederdeutsch.
ECHTHEIT, f. auctoritas, integritas: echtheit einer schrift,
eines gemähldes ; das sittliche gesetz in seiner reinheit und
echtheit. Käst 4, 6.
ECHTIG, legitimus, unechtig illegitimus.
ECHTIGEN, legitimare. Schottel 349.
ECHTMÄSZ, n. was echterleia : ein echtmasz nuszßl. Püttes
404.
ECHTWORT, f. was achtwort 1,172.
ECK, Tl., statt des gewöhnlichen weiblichen ecke, die ein-
silbige neulralform mit dem gen. eckes begehrt ein ahd. ekki,
f)i/irf. ecke, egge, die sich nicht darbieten, in der bedeutung ist
keine Verschiedenheit. Dasvpooics und Maaler setzen überall
nur eck an, nicht ecke, auch Tobler 193 hat egg. Wixsel-
SASS gestattet sich sogar der eck.
1) angulus, cardo: in dem dritten eck. Gersdorf 16; und
hett ich noch weit an das eck, da der weg hinein gieng.
Götz v. Berl. lebensl. 64; die hütten waren aus vier röhren
rtereckigt gemacht, in jedem eck ein röhr, buch der liebe
223, 1 ; eck an den beuwen, da sich das gebeuw kert, versura.
Maaler 96'; in absieht der triglypben über den säulen an
den ecken, welche nicht auf das mittel dieser säulen fallen,
sonde.>-n gegen den eck der frise gerückt sind, um den eck
nicht blosz zu lassen. Wisrei-ji. 1, 295 und vßer m.; ein
kleiner brunnen in einem ecke dieses Vierecks. 2,190;
und wenn ir munt nufgeet,
bei iedem orn ir ein eck steei. fattn. sp. 633, 25 ;
die streitbar m.Tchiig grosi
mit löblichen Trid und krieesihaien
der weiten weh vier eck erTüllt. Wbckusrli:« 352;
darumb diser weh vier eck
sollen dein lob nicht verschweigen. 567 ;
der ort war eine hol,
mit einer quellen hell in einem eck begltK^kei. 7(ki;
ECK— ECKE
Cimasco wartt also am eck iu einer gassen.
WsRDBRs Ar. 9, 73 ;
22
wie eine goldene spinne
spannst du dich flimmernd im eck. Pcckler v. M. geil. 1, 50;
deswegen muste der alte groszvater endlich hinter dem ofen
im eck essen. Stillisgs jugend S ; wenn «in gröszer mensch
ein dunkel eck hat, dann ists recht dunkel. Göthe an fr.
von Stein 2, 184 ; das rundel des eckes und das darauf fol-
gende zimmer. Göthe4, lll; auch die welcfie sonst ec^e schrei-
ben, müssen in den Zusammensetzungen zweieck dreieck viereck
fünfeck sechseck achteck vieleck das neutrum behalten, und
so heiszls zur straszenbezeichnung : im scharfen eck. im löwen-
eck, im neuen eck, auch Ortsnamen wie Felseck, Landeck,
Rheineck folgen heute dieser analogie, vielleicht dasz hinter
dreieck viereck ein adjectivisches ahd. driekki, llorekki liegt?
die redensart über eck gehen wurde schon 2, 529 belegt, Simpl.
K. 242 steht mit dem genitiv : wie alles so schön bund und
Überecks stehen wird. Fiscbart n' 72 nennt ein spiel 'über
eck ins bein'. etwas über eck ansehen (Reindards ded. ßr
Wertheim 249) heiszt darüber wegsehen, es nicht achten.
2) jugum montis, schmaler senkrechter berghang, in der
Schweiz auch fortlaufender hügelrücke, wonach mehrere land-
striche das egg heiszen, Vögelis egg, ein berg auf dem sich
gevögel sammelte, oms egg omma gnoh werda, hart mitge-
nommen werdeti, sterben. Tobler 163. s. ecke 3.
ECKAPFEL, pomi genus, sonst auch eggeling, nach Nemmch
weisze wintercalville. wol von ecken und kanten des apfels.
ECKBAND, n. eisenband zian schütz der ecke.
ECKCHEN, n. parvus angulus, exiguum spaiium, Schweiz.
eggli: er wohnt nur ein eckchen von hier; noch ein eckchen
weiter mit gehen ; en eggli basz noha choh, sagen Viehhändler,
wenn der eine den preis fallen läszt, der andre das gebot er-
höht ^ er ist en eggli höndera choh, um ein eckchen zurück-
gekommen, wenn hier nicht eggli ßir den zahn eines rades zu
nehmen; auf einem isolierten hügel sieht er über viel land
in eine weite ferne, aber nur ein eckchen meer. Göthe
28, 156; wenns möglich ist zu zeichnen, wähl ich mir ein
beschränkt eckchen, denn die natur ist zu weit herlich hier
auf jeden blick hinaus, aber auch was für eckchens hier!
an fr. von Stein 1, 116. man sagt auch, von dem tuch, von
dem brot ein eckchen abschneiden.
ECKE, f ahd. ekka, ags. ecg. engl, edge, altn. egg, woraus
ein golh. agja folgt (wie ahd. lekkan, ags. lecgan, goth. lagjan).
dies wort musz hohes allers sein, zu ihm drängen sich die
urverwandten lat. acies, acumen, gr. axr, axis, axfir,, lit.
aszmu, skr. afri acies ensis, regelmäszig verschoben hätte goth.
ahja zustehn, vgl. ahs spica; da wir aber neben acies auch
angulus, russ. ugol", böhm. ühel, auhel erblicken und die Vor-
stellungen ecke und winkel sich einigen, so scheint der nasal-
laut in angulus, skr. ankura cuspis, in winkel die guUural-
reihen aus der fuge gerückt zu haben, winkel, ags. vincel
schoben die spirans voran. , alle bedeutungen greifen zusammen.
1) acies, mucro, schneide der waffe, mhd. wb. 1, 410" :
er sluoc den videlsre üf den helmehuot,
daj des swertes ecke unz üf die spange wuot. Nib. 2214, 2;
dö iruoc er ob der briJnne ein wäfen also breit,
da; ze beiden ecken vil harte vreislichen sneii. 1472, 4 ;
frum held und recken
nun ziechi eur scharpfe egken ! fastn. sp. 461, 32.
2) acumen, cacumen rupis, felsenspitze, vorsprung, bergab-
hang : also ist ein ieglicher fürst und herr seines landes oder
Volkes eckstein, fels und grundstein, wie solche weise in der
Schrift zu reden fast gemein ist, das man könige und fürsten
nennet felsen oder ecken. Lcther 5, 158*. auch spitze land-
zunge, wie ahd. gero sinus, lingua maris und ger spiculum:
von der ecken an dem salzmeer, das ist von der zungen,
die gegen mittag werts gehet. Jos. 15, 2.
3) angulus, winkel, womit wieder die Vorstellung der schärfe
und des Schneidens sich verbindet, mathematisch heiszt ecke
(angulus solidus) jeder der beiden halbbegrenzten räume, wel-
dien drei oder mehrere in sich selbst zurückkehrende winkel-
ebenen einschlieszen, nach deren anzahl jede dieser zwei ecken
eine drei, vierflächige oder drei, vierkantige genannt wird:
scharfe ecke, scharfer winkel; ecke des hauses; binden an
die zwo ecken der wonung. 2 Mos. 26,23; die ecke gegen
mittag. 4Jtfoi. 34, 3; bis zu der ecken am rosthor. Jer. 81, 40;
da kam ein gröszer wind von der wüsten her und stiesz auf
die vier «cken des hauses. Hiob 1, 19 ; und wenn du betest,
solt du nicht sein, wie die heuchler. die da gerne stehen
23
ECKE — ECKEN
ECKENBESCHLAG — ECKLET
24
und beten in den schulen und an den ecken und auf den
gassen, auf das sie von den leuten gesehen werden. Malth.
6,5; wenn der unbebülfliche tänzer mit bänden und füszen
80 scharfe ecken schneidet, als wenn es hier um eine geo-
melrische genauigkeit zu thun wäre. Schiller 1125 ; die katze
lauert in der ecke; das scheue thier schmiegte, drückte sich
in eine ecke; das bauschen in der stillen ecke; in die ecke
der Stube gegangen. Stillincs jugend 10; so war er auch
allerliebst, wenn er sich mit einem buche in die ecke setzte.
GöTHE 20, 140 ;
siizi bei (lern konig dorl in der ecken, fastn. sp. 548,. 19;
der liebe herr für allen dank
führt mich drauf in eine ecken (: (lecken). Göthe2, 194;
ich bin doch auch bekannt
in allen dunkeln ecken dieses hauses. 5!cuiller 347 ;
er {der trunkenbold) kann keine ecke vorbei kommen. Lich-
tenberg 3, 75; er war kein werk der weit, er paste in keine
ecke derselben. Pestalozzi 7, 260. sich um die ecke drücken,
aus dem staube viachen; er ist um die ecke, zu gründe ge-
richtet, todt, vorüber, s. eck 2.
4) o/ü geht dies ecke in die iceitere, allgemeinere bedeulung
von seile oder ort (ora) über und verbindet sich dann gern
mit ende: mancher wirft den spiellcutcn einen thaler auf,
den er an drei und zwanzig ecken zusammengeborgt hat.
Weise erzn. 320 ; itzt ist sie hauszen, itzt auf der gassen
und lauret auf allen ecken, spr. Salom. 7, 12 ;
ich wil mich ein weil nider secken,
pisz man auf räumt in allen ecken, fastn. sp. 561, 17;
ich sah in alle ecken. Göthe an fr. von Stein t, 246 ; eine
unserer kanzleipersoncn zu pferde verlas an allen ecken der
Stadt ein weitläuftiges edict. Göthe 24, 297; dasz du auf allen
ecken einen zuclitmeister zu sehen glaubst. 8,240; die stadt
an vier ecken anzuzünden. 8,124; es brennt an allen ecken I
8, 138 ; das feuer faszt, schon brennts an sieben enden ;
zwar brannte die weit in allen ecken und enden. 31, 246;
nur feuerflammen erscheinen an allen ecken und enden.
6, 166 ; des tages hört man von allen ecken und enden jauchzen
und schiezsen. 24, 247 ; schon leuchtete die Stadt an allen
ecken und enden. 24, 328 ; der Vorhang fiel und der lebhaf-
teste beifall erscholl aus allen ecken und enden. 19,207; im
hause fehlts in allen ecken, in küch und kell er ; regierte
doch schon schmaliians in allen ecken. Fclsenb. 2, 59. wie
ecke steht auch ort, das gleichfalls aus der bedeutung von
cuspis entsprang, dem ende gegenüber, und eigentlich bietet
jede Sache wie zwei ende auch zwei ecken dar, vgl. ende.
5) bunt über ecke orfer über eck gehen (2, 529) bezeichnet
wildeste, tollste Verwirrung, die alle grenze (ora) überschreitet.
den angezognen stellen mag noch eine aus Gryphius 1, 9i9
beigefügt werden: in Livius haus gehet es ganz bund über
ecke, mit kurzem alle saclien sind in höchster Verwirrung.
Zusammen hangt damit die schöne mhd, redensart vom aus-
schlagenden, gleichsam über den spitzen zweig sprieszenden laub :
järlanc gät da; loup über ecke. MS. 2, 57';
da; loup über ecken kiuset man. 2, 58';
järlanc grüenci loup über ecke. Diut. 1, 110;
denn auch der frühling entfaltet bunteste färbe, von hirten
hiesz es über ecke treiben, vorüber treiben {siehe 3):
ej müejen rlnder vor mir lüen,
die ich über ecke irihe.
da; ich so lange lielibe,
des irret mich ein piirre,
da{ ich nilit ensniirre
mit den andern über ecke. Ilelmhr. 366.
6) ecke drückt endlich auch das cndslück, den rand einer
sacke oder einen kleinen räum aus: eine ecke vom brot schnei-
den; die ecke, der zipfel, säum des kleides, wie ghe, sinus;
die ecke ist breit genug, die ich hier aus der kometenkarte
abgewhnitten. J. Paul Tit. 1, 5 ;
Fiordixpina »i« ein ecke naim begleitet. Wirdiiiis /Ir. 25, 42 ;
endlich fliegen wir ob und führten en {das pferd) eine gute
ecke an der band. ]ucundis$. 153; lauf ihnen eine ecke ent-
gegen. GöTBE 42, 7.
ECKEL, TO. chalybt, ahd. echol, mhd. ekkel, von der schnei'
denden schärfe.
ECKEL, i. ekel.
ECKEN, angulare, eckig machen, vgl. auxccken 1, 84». et
begegnet auch ein inirantitivet ecken für tpitt, eckig sein :
ein eckender ihurm. Mbku br. t^tti; mhd. dir ecket läster-
lich ein xan. Lt. 1, 370.
ECKENBESCHLAG, m. firmamentum marginum: eckenbe-
schläge aus gold und tressen. J. P. jubclsen. 180; die präch-
tigen eckenbeschläge und dreifachen manschetten, womit der
bräutigam auf der orgel jede zeile des Chorals versah.
ECKENHALM, m. eriocaulon, kantenhalm, fr. joncinelle.
ECKENSTEHEK, m. cessator, qui oras plalcarum occupat.
ECKENWURM, m. gonium, sonst auch der unform, ein in-
fusionslhierchcn.
ECKEH, m. glans fagea, ßr eckern, s. ackeran und buch-
eckern. Alrerus hat bucheckern, glans fagina; die jungen
Schweine in die herde oder in den ecker schlagen. Seriz
feldb. 132 ; grosze forste und wälde, darin der ecker wachset.
546. im voc. theut. 1482 f5' steht das wort weiblich: eckere,
als von den puchen, fagmentum, fagimenlum. bringet uns usz
dem ecker die swin. nambuch 121.
ECKERCHEN, n. scturus, eiclihömlein, nd. ekerken. s. eich-
horn.
ECKERGANZ, integer: ich habe mir neulich drei neue
hemden gemacht, dasz ich nun zusammen habe sieben ecker-
ganze hemden, darunter eins von klarer leinwand. pol. slockf. 85.
s. eichelganz.
ECKERGESUND, dasselbe.
ECKERMONAT, m. november, in einem Seligenstädter kloster-
zinsbuch von 1508, weil da die Schweine noch in der mast
liegen.
ECKERN, n. was ecker: so sal he so vil wer in das eckern
han als drei ackermenner. weislh. 3, 455. der gen. zu ersehen
aus eckernshalber 454. eine urk. von 1405 hat da; eckirn;
da steht ein grosze eichen,
davon wir unser speise reichen,
und jetzund voller eckern steht. Waldis £s. 2,66.
ECKERNSÄVER, m. scarabaeus melolontha. Haupt 7, 559.
ECKEROBER, m. im deutschen karlenspiel:
schön gepaart, wie schellendaiis und ekerober.
MüSAKCs kinderklapper 53 ;
sich blähen wie der eckernober unter dem pöbel der kleine-
ren matadore. Siegfr. von Lindenb. 1, 117.
ECKERSAU, /". mastschwein:
derhalhen hüt sich jederman
und fahr nicht immer fort so frei,
wie s'teufels dürre eckcrsäu
im eichelnecker ihren gwin
der kartenbläiter nehmen hin. Bi.'tK doppeltpiler 30.
ECKET, was eckicht: dies kraut habe einen ecketen Stengel.
Tahernaem. 561.
ECKFEILE, f lima angulosa.
ECKFENSTER, n. fenestra angularis.
ECKFIRST, f. culmen tecti.
ECKHAUS, n. domus angularis, Standplatz der eckensteher.
ECKICHT, angulosus, mhd. eckeht: grabe man eine runde
oder ekichte weite tiefe. Kirchhof mil. disc. 167 ;
Runcus ist recht eckicht grob. Logau 1, 173, 32.
ECKIG, angulatus, kantig : eckige zahl im gegensatz einer
runden; eckige körpcr, eckige Stengel, eckiger mensch, der
voll eigenheiten steckt und schwer zu behandeln ist; er war
bis zum lächerlichen eckig. J. P. flegelj. 1, 42.
ECKKAMMER, f camera angularis.
E('KKEGEL, m. der auf der ecke steht.
ECKKÜ.MIG, difßcilis, wird von einem ci(jr>isiiuiiijcn, unbe-
haglichen kranken gesagt und dann weiter erstreckt, ahd. chümig
ist inßrmus, aeger (Grait4, 397) und lebt in der Schweiz fort
(Stald. 2, 142) : so eckkümig und wnndernärrisch krank sind
wir, dasz auch bisweilen, wann sich der arzt unserer Ihor-
heit gemäsz nicht gleichtböricht stellen kan, wir nicht glauben,
dasz er geschickt gniig sein könne uns zu helfen. Piiiland.
1,692; war ich warhaflig so müde, dasz ich weder obren
noch äugen meiir mochte aufthun zu hören oder zu sehen,
und oft so eckkümig als ein laus im kindbett. 2, 24.
ECKLADE, f hafnern ein geräth zum formen der eeksimic.
ECKLADEN, m. valvae angulares, kramlndrn im eck.
ECKLEIN, «. was eckchen :
wo ich dann hab ein crklein plosz,
do wil ider «ein band an wortiicn. fattn. .^p. 3s7, Vi;
■chfldichen mein, !<pringt nur fort
von Clin zum andern rrkplcin und ort.
Hon. grsfllfch. tird. 16»«.
ECKLET, angulosus? das bein ist nicht über ein kreuier
breit, etwas ecktet und spalt sich selb» binden. Paracrlsds
1, «03'.
25
ECKLOCH — EDEL
ECKLOCH, ti. loch an der ecke.
ECKLOCHBAUM, m. arbor terminalis in angulo.
ECKPFEILER, m. pila angularis.
ECKPFOSTE, ffl. poslis angularis: dann hatte er sich gegen
Jen eckpfoslen gesträubt. Stillisgs jugend 10.
ECKPLATZ, m. sedes in angulo.
ECKRASEN, m. ausgeslochner rasen für die ecken der bö-
schungen.
ECKRAT, m. consilium extremum: in gefahrlichen Sachen
ist der eckrat der best, der mittelrat ist nicht allweg gut
Lehmann- 1, 629.
ECKRIG, n. icas eckern, eckerich : als wenn eine gemestete
laus, die ein Vierteljahr auf dem köpf in eckrig gangen, zer-
borstete. Riemers reime dich 30.
ECKSAAL, «J. reslibulum angulare.
ECKSÄULE, f. columna angularis.
ECKSCHAFT, m. scapus angularis.
ECKSCHANZE, f. munimentum angulare.
ECKSCHIELIG, limis spectans oculis, in die oder aus der
ecke schielend: ja die zwen diebische, tuckelmeusige, eck-
schilige, bankraumige kuchenboszlern. Garg. 47'. Fischart
häuft die treffendsten ausdrücke für sudelkoch und sudel-
köchin.
ECKSCHRANK, ni. serinium angulare.
ECKSCHUH, m. vas eckenbeschlag.
ECKSEMMEL, f. semmel mit zwei oder vier ecken.
ECKSPARRE, m. canterius angularis.
ECKSTAMM, m. arbor angularis: solche malelizhacfcstöcke
für weidentodschläger erschrecken uns mitten in der gütigen
natur, indessen die groszen, die wahren eckstämme und hrot-
bäume des Staats deu eigentlichen reichsforst {das rolk) aus-
ästen, abrinden und zu harzscharre und bierzeichen verbrau-
chen. J. P. paling. 1, 49 ; der adel kann uns in allem über-
treffen, nur nicht in der mehrheit, vollends da die nöthigsten
Stammbäume als eckstämme ganzer familien absterben, in-
des das bürgerliche gras sich selber frisch nachsäet, däm-
merungen s. 89.
ECkST.\NDER, m. was eckpfeiler.
ECKSTEIN, ni. lapis angularis, Matlh. 21, 42 y.e<pa/.ri ycovias,
goth. haubij) vaihstins, ahd. houpit winkiles, bei Luther der
eckstein ; wer hat ir einen eckstein gelegt? Hiob 38,6; hie
wil ichs lassen mit den zweien heubtstücken und ecksteinen
der schwermer. Lcther 3, 366*.
Ludewigs eckesieine mohten ür der müre risen.
Gudr. 1394, 3.
fastn. sp. 216, 23 von einem, der öfnung schweres gewichts hatte:
wan mir der ecksiein ist enpfalleo.
ECRSTUBE, f.
ECKTHOR, n. von dem tbor Ephraim an bis an das eckthor.
2kön. 14.13.
ECRTISCH, m. dreieckiger lisch, der eine ecke füllt.
ECKWEIN, n. Garg. 58*.
ECKWIND, m. ventus cardinalis: zu den vier eckwinden
setzen. Garg. 45'.
ECKZAHN, m. dens angularis : eckzähne klaffen (im höllen-
rachen). Göthe 41, 324. vgl. ecken.
ECKZIMMER, n.
EDEL, nobilis, ingenuus, generosus, ahd. edili, mhd. edele,
nnl. edel, alts. edili, ags. adele, engl, durch noble verdrängt,
fries. ethele, golh. und alln. nord. fehlend, doch liegen adal
indoles, edli natale solum, ödal praedium nahverwandt. schwed.
ddn. ädel sind dem hd. entlehnt. Ulfilas verdetitscht svyev^s
durch gödakunds, gutes geschlechls.
Seinem wortsinne nach ist edel mehr als nobilis, denn es
geht zurück auf adal prosapia und berührt sich mit nodal,
altn. udal, ags. edel praedium avitum, palria; nobilis aber
besagt nur ausgezeichnet, erkennbar, bekannt, kund, goth. kun{)s
(ton kunds verschieden).
1) edel ist edelgeboren, ton adel, und entsprieJit der in dem
subst. edeling enthallnen Vorstellung, es stimmt auch zu ade-
lich, adlich, nur dasz dieses auf den stand eingeschränkt bleibt,
nicht die hernach verhandelte allgemeinere bedeutung annimmt;
der adliche ist zwar edel, nicht aber der edle tmmer ein
adlicher. ein edeler, ävd'ocoTiöi ris evyei-TJg. Luc. 19,12;
nicht >iel edle sind berufen, ov 7to)J.oi tvyevsii. 1 Cor. 1, 26,
es fehlt nur eine zeile, um zu sehen, ob hier im goth. wieder
gudukundai stand, ursprfinglich gab es nur freie und unfreie
und der edle, ja der fürst hiesz noch lange auch der freie:
EDEL 26
der scol der edele unde der frige sin. DiiasR 14, 27;
da Sit edele unde fri. 291, 17 ;
so pirt ir sd fri unt edel. pred. ed. Kabl Roth s. 41;
dö er die edelen vrien
der vrouwen rür eigen gap. gute frau 1764 ;
diu edele und diu frie. Diut. 1, 411;
du muost daz biute schouwen, daz ich bin adelfri.
Nib. 771, 1 ;
darzno ist si von adel fri. Altsw. 99, 8 ;
frühe aber setzten sich Zwischenstufen fest und der edle ragte
unter den freien vor, edelmann stand dem freien bürger ent-
gegen, edler zu. von NN sagt weniger als freiherr. ßr die
anrede sind die tmterschiede allmälieh sinnlos und nichtssagend
geworden, da man grafen und fürsten hochgeboren, edeln hoch-
wolgeboren, freien wolgeboren, geringeren freien hochedelge-
boren gibt, als läge in dem letzten worte weniger, eines
Scherzes über den Ursprung der edlen wurde 1,947 gedacht;
neubackenem adel gebrach es auch nicht an spott:
wo ein gemnhiter brief und ausgekaufte bullen,
wer edel noch nicht ist erst edel machen sollen,
so kan wol eine maus des adels sich vermessen,
die einen solchen brief hat unrersehns gefressen.
LoGAii 1, 56, 30.
einen von unzweifelhaftem adel pflegte man gut edel xtt nen-
nen, wie eine ausgezeichnete traubenart gntedel heiszt: ich
konnte auf fleisziges nachforschen nichts anders erfahren, als
dasz er zwar gut edel von geburt. aber hingegen so blutarm
gewesen, dasz er sich elend behelfen müssen. Simpl. 2, 129
(Courage eap. 4); ob der Moranzani gut edl ist? Wallex-
STEiNS briefe 113 (a. 1625), ron gutem adel, von edelstem ge-
schlecht, aus dem adel hob sich einer noch höher in den
stand der grafen und herren:
den lie<:z ich reich und edel werden,
es ward ein halber graf daraus. Lichtwkrs fabeln 1,2;
er sah gewis recht wacker aus
und ist aus einem edlen haus. Göthe 12, 13$.
i'nsem heutigen gegensalz zwischen bürger und bauer drückte
also vormals auch edler und bauer aus, dem bauer bleibt
immer die unterste stelle:
einr ein gpaur, der ander edel, ring 44", 40;
also ist keiner von uns {bauern) edel
und sein all auf den dorfen erzogen, fastn. sp, 343, 6;
auszen edel und innen ein bauer. 743, 9.
drei stände zu scheiden liegt der neueren anschauung nätter:
unsere nachbarn. die Franken, in ihren früheren zeiten
hielten auf höflichkeit viel: sie war dem edlen und bürger
wie den bauern gemein, und jeder empfahl sie den seinen.
Göthe 40,318;
schon im buch der liebe 233, 2 hiesz es : wurden nicht bei den
alten die könig von den edlen zn königlichem stammen er-
wölt? ja nicht allein von den edlen, sondern von den dapfem
und weidlichen bürgern zu königen erwölt worden sind.
2) nocA richtiger aber trennen wir von bloszen Vorzügen des
Standes die des innem menschen und stellen dem vornehmen
sogar das edle in diesem sinn entgegen, ein vornehmer mann
ist darum kein edler; dem vornehmen ist eine äuszere form
eingeprägt, die ein edler mensch nicht kennt. Göthe sagt
19, 256 der edle mensch kann sich in momenten vernachläs-
sigen, der vornehme nie; er hatte die frage oft abgehandelt,
welch ein unterschied sich zwischen einem edlen und vor-
nehmen betragen zeige und inwiefern jenes in diesem, dieses
aber nicht in jenem enthalten zu sein braucite.
edel sei der nien>cb,
hülfreich und gut. Götbe 2,86;
ein edler mensch zieht edle menschen an,
und weisz sie fest zu hallen. 9, 104 ;
sieh, welch ein guter edler kerl auch das .' Lissiric 2, 331 :
wem ein tugentsam weih bescheret ist, die ist viel edler denn
die köstlichsten perlen, spr. Salom. 31, tO. so wird von edlem
geist, gemüt, von edler gesinnung, ron edlen mittein, trieben,
handlungen und thaten geredet:
auf dem anilliz edeles erbarmen. Göthi 47,62.
3) mit geringerem nachdruck dient edel als stehendes gün-
stiges beiworl, doch soll seine lebhaftere bedeutung in einzelnen
fällen ungeleugnel sein, der edle verständige pfarrherr in
GfjTHES Herm. und Dor. ist ein zierendes epilheton, wie wetm
es in Volksliedern heiszt
meinem edlen schätz zu ehren
ist die jagd angestellt, gesellsch. lied 141.
27
EDEL — EDELFEST
EDELFRAU— EDELKIND
28
ähnliches gilt von Ihieren : das edle ros, der edle hirsch,
wo hasiu denn den edlen hirschen gelan? AtRKR 326';
ein edlen hirschen stolz, gesellsch. lied. 13S;
edler vogel, glürk auf! o wende den Oögel. Göthk 40,37.
von pflanzen, fruchten: sein land ligt im segen des herrn,
da sind edle fruchte vom himel, vom taw und von der tiefen,
die hunden [hier unten) ligt, da sind edle fruchte von der
sonnen und edle reife fruchte der monden. b Mos. 33, 13. U;
sie gehen hin und weinen und tragen edlen samen. ps. 126, 6 ;
edle äpfel, yenerosa poma, ein edler weinstock, generosa vitis;
er wird sein füllen an den weinstock binden und seiner eselin
son an den edlen reben. lAfos. 49, 11; mein lieber hat einen
weinlierg an einem fetten ort und er hat in verzeunet und
edle reben drein gesenkt. Es. 5, 2 ; schon vorhin wurde der
traute gutedel erwähnt; edle nectarsäfle. Günther 918; der
edlen traube feuergeist. Seumes werke 1835 s. 581; der edle
most vom Rhingau. Gökingk 3, 157 ; edler wein, ein edles
getrünk, Voss sagt edlen rum brauen, das edle wasscr,
a^KjTOV fiiv vSa>Q, doch auch gebrannte, köstliche wasser
werden edle genannt, der luft ist fast edel und gut. Frank
wellb. 197'; edle metalle. am häufigsten steht edel bei gestein,
wovon die hernach aufgeführten Zusammensetzungen zeugen :
was macht die edlen stein und klare perlen werth»
ihr werth nicht, sondern das, dasz man sie so begehrt.
LoCAU 2,76,90;
ich sage, dasz ihm das am allermeisten schmerzet,
dasz er den edlen ring so mislich hat verscherzet.
Werdkrs Ar. 11, 14 ;
es ist gold und viel perlen, aber ein vernünftiger mund ist
ein edel kleinod. spr. Sal. 20, 15.
Die edlen theile des leibs, les parties nobles: die krank-
heit wirft sich auf die edlen theile, kein edler theil ist ver-
letzt :
gerettet sind die edlen teufelstheilc,
der liebespuk er wirft sich auf die haut. Götbe 41, 331;
ich hatte schon den eilenbogen angesetzt, ihr die übrig ge-
bliebnen wenigen edeln vollends in den mastdarm zu stoszen.
Schiller 118*.
edle speise; rockenkleien ist ein edel futter vor die esel.
Tabern. 587 ; rockenkorn ein edle mastung vor die schwein.
ebend.
endlich bei abstracten Vorstellungen oder zuständen : es ist
ein recht edles stücklein. Luther 3, 161 ; die edle musica ;
die edle kunst der druckerei ; die edle Jägerei, die edle jäger-
schaft. J. P. Hesp. 2, 69. hier nun konnte die edle dichtkunst
abermals ihre heilenden kräfte erweisen. Göthe 22, 90 ; den
künstler zu loben, welcher hierüber forschend und nachden-
kend einen theil seiner edlen zeit anwendet. 44, 164 ;
den edlen müszi^rgang lehr ich hernach dich schätzen.
12,132;
die Staaten sehen sich gedrungen den edlen frieden zu be-
fördern. Kant 5, 443 ; das edle grausen, welches die beschrei-
bung einer gänzlichen einsamkeit einllöszen kann. 7, 381.
EDEL, adv. ingenue, llberaliter : edel geboren, edel er-
zogen, edel entsprossen, wo sich doch auch edel als nom.
adj. cerlheidigen liesze, man pflegt beide Wörter an einander
tu rücken; er bat frei und edel gesprochen; edel gehandelt,
gedacht.
EDELBEWEGT: edelbewegte, plastische darstellung. Göthk.
EDELBLHTIG, generosus,
EDELDENKEND. Ki.inger 11,199.
EDELDISTEL, f. eryngium alpinum.
EDELIlHEIST: su edeldreist und erliiib<>n. HüRntiR lü, it)7.
EDKLESCIIE, f. fraxinus elatior.
EDELEHZ, 71. gold- und tilberhaltiges.
EDELFALKE, m. falco gentitis:
bin ich nicht an handen feit,
edelfalk der koniginf Kückert 362.
FOF' FV'M.E, f putredo uvarum: unsere ricslinglrauben
L j.ilir den börlisten grad der reife und dann eine
«•'1' • icht, woiliiich nie olle andern trauben ilbcrragen,
10 wird aui den Hheinj/au gesehrieben für die Frankfurter
didatkalia \Hi9 n* 323 i. 4.
EDELFEST: der edelfeile redliche, edeifcst rar eine alte
anrede.
LDELKK.\U, f. femina nobilis, besilierin eines gutes:
die edelflrau ist zart und fein,
mein mensch ist wol so schön:
sollt ich nur ihr leibeigner sein,
den dienst wollt ich versehn. Haoioor.'« 3, 76 ;
und mit erstaunen und mit grauen
Sehens die riticr und edelfrauen. Schili.rr 70'.
EDELFR.\ULEIN, n. puella nobilis.
EDELGAM.\NDEK, m. teucrium chamaedris.
EDELGEBOREN, nobili loco natus: was einem edelgebor-
nen menschen dus entsetzlichste ist, schände. Wielano 15,205.
höchst seltsam scheint: edelgeporn oder teufelssun, prillus bei
DiEFENBACH 459' aus dem voc. theut. 1482 f6'; teufelskind
it'or ehmals beiname edler geschlechter, z. b. filii tiufelonis.
MB. 12, 85. 87.
EDELGESINDEL, n. turba nobilis:
weg, edelgcsindel, pfui, stinkest mir an!
du stinkest nach sirukender holTart mir an. Borger 35V
EDELGESINNT, liberalis.
EDELGESITTET, generosus. i. E. Schlegel 3,220.
EDELGESTELN, n. lapis preliosus, gemma, mhd. getrennt
edel gesteine. JMS. 1, l'; die nhd. Zusammensetzung Aa< Dasyp.
318', voll edelgesteins, gcmmosus; das edelgcslein. Serranus
synonym, libell. 54'; vil golds und edelgestcine. l kön. 10,2:
edelgesteine und marmelsteine. 1 chron. 30, 2 ; würze und
edelgestcine. i chron. 9,9;
eins edelgesteins wird er gewar. Alierus 16;
die frucht, so ich vom edelgstein
empfangen mög, ist warlich klein. 16';
ja fand ich tausend edelgestein,
ich acht sie allzumal gar klein, ebenda;
ein tulband voller edelgesteine. pers. baumg. 4, 5; rocke
güldenstück, mit groszen perlen und edelgesteinen breit ge-
sticket, pers. reiset. 1, 9, gleich edelstein männlich gebraucht,
denn es heiszt: ein grober harter stein vermag wol einen
zarten edelgestein entzwei zu schlagen, pers. rosenth. 8, 72 ;
wenn ein edelgestein schon in den koth fallt, bleibt er doch
edel. 8,75; ist die einfassung nicht gut, so ändere man sie
und iiutze den edelgestein seiner lehre. Herder 9, 132 ;
auszen stand ein edelgestein, ein heller karfuukel.
GöTBB 40, 168.
EDELGESTEINEN, gemmeus: der pabst, welcher mit seiner
dreifachen krön auf einem güldenen thron von ihrer 12 ge-
tragen wurde, unter einem edelgesteinen himmel, von 7 car-
dinälen erhaben. Otho krankentrost 417.
EDELGESTEINER, m. gemmarius. Fortunat Lv.
EDELGESTEINKRAUT, n. verbascum blattaria.
EDELGEWÄCHS, n. wo sind denn absenker dieser edel-
gewüchse besser gediehen? Thümmel reise 6,302.
EDELH.\UT, f. cutis nobilis:
edellcuie schinden bauern, Schreiber schinden edelleuie,
Schreibern kuminen, wie den gerbern, buuer und auch edelheuia.
LocAU 3, 17, 72.
EDELHEIT, f. nobilitas:
gebrach dir ein geblüie,
ein stand der edelheit? Opitz 2, 120.
EDELHERZIG, generosus.
EDELHIRSCH, m. cervus elaphus.
EDELHOF, m. villa alicujus nobilit: wir ziehen auf den
edelhof und stellen den edelmann zur rede. GOthb 14, 279 ;
auf edelhöfen und in dörfcrn. 19, 119.
EDELHOTZEL, f pomum duratum: halbgebackene edel-
bulzel. tröddfrau \ÜS1 s. 1.
EPELING, ni. t'ir nubili genere naius, ahd. edilinc, mhJ.
edelinc, ags. ädeling, altn. ödlingr: die edlinge im colmischen
lande und die von Thorn waren zum Colra beieinander.
Waisselius chronica. Königsb. 1590. bl. 143. ein scliönes, durch
edelmann verdrängtes worl. noch Maaler 96' edling, Jüngling
von edlem l)lut hür.
EDELKAMII.LE, f. pffrethrum partkium.
FltELKEIT, f nobihtds. s. edelheit:
die i!<i din vonlrfl.^t und tlif linst
nn cijulchoil mit ganzer vesi. ring 'JJt*, 3S.
EDELKIND, n. puer nobilis, in alten vocab. caroillus
{anliqui ministros camillos dieebant, alit dieunl omnet pueros
camillos appellatos). Difpenrach 93*. J. I'aul sagt: der adel
icbeokt in seiner Jugend der well fast nur bürgerliche und
sparMm ent später in der »Im eins und das ander« fdel-
kiod.
29
EDELKNABE — EDELSTEIN
EDELSTEINER —EDENISGH
30
EDELR>JABE, m. puer nobilis.
EDELKNECHT, m. minister nobilis, nondum eques .-
ein junger edelknecht
wird jetzt zum erstenmal beiracliienswerth geschntzt.
WiKiASD Oberon 6, 57.
Helbling 3, 297. 8, 31 edel knebt
EDELKREBS, m. der im kochen schwärzlich bleibt.
EDELLEHEN, n, feudum nobile: aas dem sechsten theile
des kaufpreises der edellehen. Stolberg 6, 213.
EDELLEUTE, pl. viri nobiles:
ich main, ir seit gewest pei edelleuten,
die wol küniien halsen und treuien,
ir ihut keim paur nimer gut. fastn. sp. 569, 16 ;
an hof kamen nur edelleute, keine bürgerliche.
EDELLOS, 10« einem frei sich anschmiegenden gctcand:
keine steife leinwand, alles so lecker und edellose und doch
anprobiert, wie auf den leib gegossen. Hippel lebensl. 4, 436.
EDELLCGEND :
des Talers tückc
teuschte edellügend die Jungfrau. Stolberc 5, 210.
EDELMANN, m. vir nobilis, gentiluümo, gentilhombre, gen-
tilhomme, gentleman, ehedem noch oft vom ritter unterschieden,
z.b. tveisth. 1,495, der ritter kommt selbdritt, der edelmann
selbander zu gericht. Cain weil er der erstgebome war von
ratter und muter und der erste edelmann, da Adam hacket
und Eva spann. Mathesics S2'; ein bauer kann besser ein
edelmann werden als ein edelmann ein bauer, aber wie Adam
(hackt) und Eva spann, wer war allda ein edelmann? Leh-
mann 157. noch spät schrieb man dem bauer hölzerne, dem
edelmann zinnerne teller zu, eines trabanfen maul sei so ge-
wesen (schneidet einer auf), dasz man ein ganz dufzend zin-
nerne edelmanns teller hinein werfen können, dasz keiner an
den andern gestoszen, viel weniger geklappert, pol. cvlica 245.
wäre ich ein edelmann, so wäre unser streit bald abgetban,
da ich aber nur ein bürger bin, so musz ich einen eignen
weg nehmen. Göthe 19, 151.
EDELMÄNNISCH drückt noch bestimmter als adellich die
besonderheit des edelmannes aus: das faustrecht war ein edel-
männisches ; versprechen ist edelmännisch, halten ist bäurisch.
in gutem sinn : das war noch männlich gesprochen und edel-
männisch, yentlenianly.
EDELMARDER, m. mustela martes, baummarder. Brockes
6, 238 schreibt edelmarter.
EDELMÄSZIG, quod nobilem decet: demnach waren die
panschen an den ärmelin auch edelmeszig dazu. Garg. 136'.
EDELMUT, «1. animus nobilis.
EDELMÜTIG, ingenuus, liberalis :
Judas, du weinest vor gram und edelmiuigem zorne.
Messias 3, 623 ;
vorwärts, edelniülge Troer! Borger 221'.
EDELN, generosius reddere, veredlen, unterschieden von adeln,
nobilitare, doch s. mhd. wb. 1, 9*,
ein anwachs unsres menscbheit
edelnden hains, der Verpflanzung würdig. Voss 3, 95;
wie gölter einst zu menschen niederstiegen,
so edle sich die menschheit göttergleich. Herder 19,10.
EDELPERLE, f. margarita.
EDELRAUTE, f. senecio incanus {d. i. valde canus), duf-
tende alpenblume, Tiroler hirten tcol bekannt, s. edelweisz.
EDELROSE, /. bei Fischart groszm. 130 Verdeutschung von
rosenobel. bei Rabelais noble ä la rose.
EDELSASZE, m. incola nobilis, adlicher landsasze.
EDELS.ÄSZISCH, edelmännisch: jedoch gefiel ihm viel besser
die edelsessischc weis de virtute in virtulem, von eim schlamp
zu dem andern, ein tag fünfmal gezehrt und ausgelert. Garg.
44*. oder meint Fischart sächsische weise?
EDELSINN, m. animus ingenuus:
alle lobten
den edelsinn des grafen Siegefried. Tirck 2, 85.
EDELSINNIG.
EDELSITZ, m. was edelbof: zündete den edelsitz an.
Jucundiss. 138 ; gerade in der mitte des bauptthals auf einer
anhöbe steht mein edelsitz, am fusz eines bergs, von dessen
spitze man eine trefliche aussieht beinahe über das ganze
land genieszt. der arme mann tm T. 215.
EDELSTEIN, m. gemma, der alten spräche fremd, wir kön-
nen nicht ersehen, wie 1 Cor. 3, 12 Xi&ovs xiftiovt gothisch
lautete, vielleicht airknans stoinans oder airkaastainans, da
sich ags. eorcanstan darbietet, airkns aber yvr.aioi, ahd.
erchan germanus, was zu edili stimmen würde; dieser eorcan-
stan, altn. iarknasteinn war unserm heidenthum ein keiliger
stein {mythol. 1167). Ädelstdn, ags. eigenname, mag weniger
edelstein, als edler fels ausdrücken, denn nirgend steht ädel-
stäa für gemma, allen übrigen mundarlen ist ein solcher manns-
name unbekannt, mhd. erscheint, wie edel gesteine, auch
edel stein unterbunden
ja lühte ir von ir waete vil manic edel stein. Sib. 281, 1,
erst in Boners prolog edelstein als compositum, nhd. wird es
häufig, kamele, die würze und golds die menge trugen und
edelsteine. 2 chron. 9, 1 ; wer zu schenken hat dem ists wie
ein edelstein. spr. Salom. 17, 8; edelstein und gold. Ez. 27,22 :
gold, Silber, edelsteine, holz, l Cor. 3, 12 ; doch schwankt Luther
zwischen edelgestein, edelstein und getrenntem edeV stein.
allmdlich herschte die Zusammensetzung vor. der nl. spräche
bleibt edelsten gleichfalls unüblich, sie sagt daßr juweel wie
die engl, jewel. das schwed. dän. ädelsten ist wieder ein
lehnwort.
EDELSTEEVER, «i. gemmarius, wie edelgesteiner : edel-
steiner. nonnentröster. Fischabt groszm. 82.
EDELSTEINERN, gemmeus: edelsleinerner hausrat. Horaxens
episteln von Wieland. Dessau 1782 1, 125 ; was steht nicht noch
für goldnes, edelsteinernes glück ofifen. J. P. Tit. 5, 26.
EDELSTEINHÄNDLER, m.
EDELSTEINSCHLEIFER, m.
EDELSTEINWIRKER, m. gemmarius. DiEFEXBiCH 259*.
EDELSTOLZ: der edelstolze mann. Göri^g« 1,93; der
edelstolze mut der lugend. 3, 8.
EDELTANNE, f pinus picea.
EDELTHAT, f
an seine grösze denkt, an seine milde,
an alle ed'elihaten seines lebens. Schillir 392*;
versöhnest dir durch neue edelthat
die herzen meines volks. 601*;
wann zur erntezeit der saaten,
da das kern geworfelt wird,
ausgestreuter edelthaten
reine frucht im siebe schwirrt. Bcjrger 12".
EDELTOCHTER, f. filia nobilis.
EDELüNGEDULDIG : hinter ihr steht Herkules, edclunge-
duldig, eine kleine schale hinhaltend. Stolberg 7, 207.
EDELVOGTEl, /. praefeclura nobilis. Moser 1, 243.
EDELVOLK, fl. turba nobiiis:
vernimm, Pervome, wir sind feen.
Pervonte guckt und brummt bei sich: ei, ei!
um dieses edelvolkl Wiela.no 18, 107.
EDELWEISZ, fl. was edehraute, füago leontopodium. Schmel-
LEB 1, 28.
EDELWEISZKRANZ, m.
EDELWILD, n. fera nobilis, vgl. edelhirsch.
EDELWITWE, /". vidua no&i/i's.- einsame edelwitwe auf
einem bergschlosz. J. P. Tit. 3, 154
EDEN, m. und n. paradisus:
er war der söhnungsraih, als Evens apfeibisz
uns ümb den eden bracht und in disz elend stiesz.
FLEMINGS;
drum hat der vater schon allhier
ein eden ausgegeben. Stolbirc;
keine beere will er pflücken,
wie so lockend sie auch glüht,
nicht ein bliimchen nur zerknicken,
das in diesem eden blüht. Bürger 45':
in edens schönster laube
besehgt liebe dich. S';
auf den silbergrund, den der mond auf deiaem weg anlegt,
mahle deine seele das verlorne eden der Jugend. J. P. uns.
löge 2, 67.
EDENDUFT, m. odor paradisi : ein solcher edenduft wallet
um folgenden träum. 3, SS.
EDENGARTEN, m. /jor(ui paradisi: wenn ein leser Klop-
slocks, Herders, Schillers auf einmal aus ihren biinmelfreien
edengärten auf den sklaveninarktplatz neuerer Schreiber ein-
tritt. J. P. dämm. 43. GO.>THEi» 1060 sclireibt: edens garten.
EDENISCH, paradisiacus, edenisch betont:
unter edenischer bäum umschattungen lehrt sie anjeiz«,
sonst nur der engel geschufL Voss 3, 64;
lüfte der nacht webn. o geusz mir cdcnische
irauoierquickung, svbluiuoier, herab. Ovstitct verm, ged. 9
31
EDENNACHT — EFER
EFERN — EGDES
32
EDENNACHT, f. nox paradisiaca: und jetzo stand diese
edennacht mit allen um sie Längenden hlülen und Sternen
vor mir. J. P. Uesp. 3, 234.
EDENTHOR, »i. porla paradisi: die einfältigen scliildwa-
chcn und Schweizer von engein vor dem edenthor. i. P.
aesth. 2,107.
EDERDON, was eiderdaun, pluma anatum mollissima, altn.
edrd6n, dän. ederduun, franz. edredon :
so lang ihr zartes feil auf flaum und ederdon ruht.
Wieland 4, 77.
EDERLEIN, n. venula, was äderlein : damit die leut ir kraft
in der Schüssel und schalen suchten und ein gut biszlcin
das ederlein erwecket und erreget, wie noch das Sprichwort
lautet. Matiiesiüs 10".
EDERN, was ädern, enervarc: so wil ich mich edern und
redern lassen. Ldtuer 5, 83' ; io der eins etwan edert, es
kund nit wissen oder gesagen was im wer oder gebrest.
Keisersb. bilger 62' ; io der einen solchen menschen darumb
edert, das er sagen sol was im gebrest, so künd er es nit
gesagen was im wer, oder aber er wil es nit sagen. 87';
also besprützet, wie einer den man edert oder aufs rad
stöszt. Mathesios 74*;
du unflai, das ich dich seit ederu ! H. Sachs III. 3, 13;
man dörfl uns schinden und edern. Ayuer 14*.
EDMEN, siccare, in der luß trocknen, wie transitives alhmen
1, 594 : da hat der silberbrenner seine zugerichte teste von
asch und pein hart gestoszen und geedmet und abgederret.
Mathesics 150". s. abäthmen.
EDRICH, ni. rumcn, ahd. itaruh, ags. edroc drückte aus
wiederkäuen, Alberus verdeutscht damit orexis, appetitus, eszbc-
gierde und das wiederkäuende thier iszt mit neuer lust. orexis
ist bei DiEFENBACH 400 vomilus, was sick gleichfalls zutn
wiederkäuen halten liesze.
EE, sollte vihd. ahd. e, folglich gothisches ai ausdrücken,
hat sich aber dafür nur in den auslauten klee, schnec, see
und in seele behauptet, ist dagegen sonst durch gedehntes eh
vertreten: eh, reh, weh, ehe, zehe, gehn, stehn, ehre, hehr,
kehren, lehren, mehr, sehr, umgedreht wird es misbraucht
für ursprünglich kurzes e in beere, beer, meer (s. oben sp. 4)
und für langes an in leer. Maaler schrieb noch richtig ee^
eere, leeren «. s. w.
Im blöken der Idmmer findet man die laute bee oder bä
(1, 1055), also ein ee oder ä, nicht kurzes e (oben sp. 3). viel-
leicht darf hier angeführt werden, dasz man neugeborne knaben
a, mädchen e schreien liesz, mit anspielung auf die namen
Adam und Eva : der mensch sobald der geboren wird beklagt
die natur und die ersten eitern Adam und Evam, ist es ein
knab, so schreit er a, ein meidlin e. Albr. von Eybe 42';
weil schwarzes ihr nun meint, und weiszes dennoch nennet,
so sei euch, merket drauf, zur strafe zuerkennet,
dasz wenn ihr meint es soll das erst ein söhnlein sein,
so wird es e e e, wie mutter Eva schrein. Logau 1, 1, 23,
EER, prius. s. eher.
EER, EERE, f. honor. s. ehre.
EEREN, arare, s. ähren, ehren.
EEREN, honorare, $. ehren.
EFEL, Vi. nepos, nefjfe:
basen, votier, efel, frciud. Weckherlin 562.
in neCTe itt mir sonst keine aphaeresis des anlauts vorgekom-
men, wie sie anderwärts erscheint, z. b. in ebeger, cber für
nabeg6r, näher bohrer, Assau für Nassau, doch hat auch das
auslautende 1 etwas seltsames, da wol niftel, kein nevel, nefel
für ncve, nefife gilt, das wart verlangt also bestätigung. bei
Stald. 1, 336 ist echi multerbnider, vgl. ehni.
EFER, aeer, acerbus, ahd. eipar, eivar (Gra»f 1, 100), dem-
nach mit langem 6 auszusprechen : wie aber erd oder asche
und das fette und efcre wasser zu einer guhr vermenget und
tcmperirt werde, das weisz gott allein, sagt Pantel. Matiie-
siüs 3o' (2t)*) ; haben die Juden neben underm tauchen in
flieHzendem wasser »ich in salpetcriauge gebadet und zu ihrem
peuchen und picichen efere und »cherfere lauge haben müs-
sen. 119* dos'); denn wo süsz wasser auf efere asch, erde,
kalcli oder melalliHcli«'ii Heften Htchel, da nimpt e^t derselben
malcne schcif und efrigkeit an sich. UO' (lO'i*); er {der ab-
treiber} musz aber gut acht daraut geben, dob der herd fleiszig
abgewemict und nicht« feuchtes im gestüb bleib« uder da«
diu ascbe nil zu cfer «ei. 149*. s. «siTer
EFERN, i7erüre, replicare, gannire, widersprechen, tanken,
nicht zum vorausgehenden efcr gehörig, sondern das ahd. avarön,
wofür bereits äfern 1, 181. 182 angezogen wurde : efferen oder
wider efifereu oder aber widersprechen, replicare. voc. Iheut.
1482 fe*; ich efer, oblatro, gannio. Alberus diel. Tt; wer die
Sache evert, der macht fürsten uneins. spr. Salom. 17, 9 ; diese
nachfolgent antwurt, die dan von kurze wegen ... an allen
orten furgemelt, repetiert und wider geefert sol gehalten wer-
den. Heccolin ou^cHJsp. 4'; protestationen und fürworten, die
ich uf alle rede hernach vollende repetiert gedacht und geefert
wil haben. 32'; das keiner keinen allen hasz oder neid rechen
wolle, nichts effern oder meuterei anrichten. Reutter kriegs-
ordn. 66.
EFEU, m. hedera, s. epheu.
EFFECT, ff», nach dem franz. effet, wird auch von guten
Schriftstellern sehr mit unrecht unscrni erfolg, Wirkung oder
andern ausdrücken vorgezogen: beide stücke hatten den er-
staunlichsten effcct gethan. Wieland 19, 250 ; August betrach-
tete seine tochter als einen effect, den er mit möglichstem
vortheil zu negociieren suchte. 24, 132 ; da musz ich sie noch
ein kunstwort lehren, mit dem weit zu reichen ist. wenn sie
etwas erblicken, es sei was es wolle, sehn sie es steif an
und rufen, ach was das für einen effect auf mich macht!
halten sie sich aber nur ans allgemeine, ach was das für
einen besondern effect auf mich macht «. s. w. Göthe 14, 23.
EFFEN, was äffen 1, 183 : wenn er dein bedarf, kan er
dich fein effen. Sirach 13, 7 ; noch haben sie mit solchen iren
larven die fürsten und den feinen man keiser Sigmund ge-
nerret und geeffet. Luther 6,320*;
wie wenn ir aber mich wolt effen
und thet der schalk den lecker treffen. Atrer fastn. sp. 102'.
EFFISCH, was äffisch 1, 184 : seine brief waren mit gre-
kischer seiden ausgenehet, mit hebräischem harras verbremet
und aus allen vocabularien mit wasserperlin geschminket, im
grund war es eitel leppisch, effisch und kindisch namwerk.
Alberus wider Jörg Witzeln. G 8*.
EFLING, f. morbus quidam, vgl. afel 1, 181 :
wann der baur vil krankhait hot,
vorausz ain, die baist darmvol,
die hat er gegessen an eim aicben kol.
die ander haist die efling,
die hat er gössen an esterling. fastn. sp. 684, 23.
EFRIGKEIT, f. acriludo. s. unter efer die stelle aus Ma-
thesius 119'.
EGAL, aequalis, franz. egal, ein sehr ins volk gedrungnes
wort: die pfcrde sind nicht egal, passen niefit zusammen;
egale kleider; ich wollte jedem zu seinem rocke egales futter
geben, aber ich sehe wol, euer geschmack ist bunt. Les-
siNC häufig, das ist mir egal, einerlei, gleichgültig, ber-
linisch engal.
EGARTE, s. egert, egerte.
EGDE, f. occa, crates dcnlata, ahd. egida, ekida (Grafk
1, 112), mhd. egede, cide (Diefenbach «?i/er erpica und sarpa),
ags. egede, egde, aus welchen allen ein goth. agi{)a folgen
würde, von agjan quatere, pungere? weil das werkxeug die
erde rührt, so dasz a6Ja= ecke verwandt erschiene? zusehends
entspricht auch occa dem acies. es scheint, dasz man scharfe
dörner in die egge flocht: und sol der selb forster dem raeier
und sinen knechten die egdun helfen dürncn. weisth. 1, 308,
kaum wäre hier egde das geeggte land?; und sol der wec
alse wit sin, das ein egide vollen wit han muge us und in
ze varende. 1, 665 ; oder aber man kan solche gemelte erd-
schollen mit einer guten scharfen egde, mit vil langen eise-
rinen zacken pemachl, zerschleifen lassen. Sbbiz 489. lebendig
lautet der mhd. spnich:
allej herren, sprach der vrosch,
gi« diu cidü über in. IUlbl. 1, 539,
als die spitzen oder dörner über das thier gehn, nennt es sie
die gewaltigen herren. s. egc und egge.
EGDEROS, n. equus erpicarius d. i. irpicarius von Wpex,
rastrtim. Diefenbach 208*. ahd. einfacher egidiri ((Jraff 1,112).
EGDES, EGDESSE, f lacerla, flftrf. egidt'hsa (Grafk t, 129),
mhd. egedfthse, c^'döhs Konh. von Mec.enb. 274, nhd. eidechsc.
DiKFENB. 314', nnl. baagdis, hagedis für agedis, ags. ddexc.
da dl'bsan schwingen heisit, köniUt das schlanke, muntere,
raschelnde Ihterchen, die lacerta agilis, von ngi, egi motus
siiHtus (btyan movere) und dChsan genannt sein und hier kiUten
vir den Ubendtytten Ihtcmdmen,
33
EGE — EGELMEIER
EGELN— EGERT
34
EGE, f. occa. s. egde, egge. Serrascs qS*.
was heur von meiden ist uberbliben und yerlegen,
die sein gespant in den pDug und in die egen.
fastn. sp. 247, 7.
EGEBITZ, was ebitz, arulla, griebs, bulze.
EGEL, f. hirudo, ahd. egalä. sanguisuga, ,egele. Diefenb.
27»': die egel hat ainen dreieckoten munt, darumb macht sie
ein dreieckot wunden. K. von Mecenb. 307, 4 ; si sind auch ge-
leich ainem blutsauger, aiin (/. ainr) egel, die das blut nit
von ir gibt man reib si dann mit neszlen in der sunnen.
Keisersb. seh. der penit. 109*; die eigel (so) hat zwo töchter,
bring her, bring her, vulg. sanguisugae duae sunt filiae dicen-
tes affer, affer. spr. Sal. 30,15; fabel von der omeiszen und
egel . . sprach zu der egel. Cyrillus 64' ; bist ein rechter
blStzapfe, ein ägel, der (/. die) der armen blüt und schweisz
aussauget, nit nachlaszt bisz sie vol bluts ist. Pelr. 83';
wann ein rind oder ein ander thier ein ägel verschluckt im
trinken, so zerknitsch ein wandlaus und giebs dem thier zu
riechen, von stundan schüttet es die ägel von im. Herr feld-
bau IIS"; so ein thier eine egel in dem saufen mit hinein
schlinget. Zechexdorfer 2. 36 ; grosze herren haben viel egeln,
die ihn anhangen und ihr blut saugen. Lehmann 21 ; wer sich
nicht weisz anzuhenken wie ein egel an die haut. 89; keine
egel so blutdürstig als die tyrannen. Lohe.nst. Arm. 1, 434.
später nahm das wort, weil man es mit igei erinaceus ver-
wechselte, oß ein i und männliches gesehlecht an. s. blut-
egel, blutigel, auch nnl. echel m. der egel läszt nicht ab,
er sei denn blutes voll. Simrock 1775;
Wetter, du saugst wie ein egel.' zu viel auch des guten ist
schädlich. Voss 2, 262;
der kaiser war nicht arm, wenn nicht so viel
blutigel saugten an dem mark des landes. Schilleb 33-3*.
EGEL, m. ericius erinaceus, ßr igel, ahd. igil, ags. igil,
altn. iguU, welche formen eigentlich kein 5 aus i hervorrufen,
belege ßr egel gibt Diefexb. 207' und auch nnl. gilt egel.
weil der igel etwas possiges, lustiges an sich hat, drücJite man
damit auch grillen und schwanke aus:
ich heb gar ein sellzamen köpf,
vil egel trag ich in dem schöpf. H. Sachs II. 2, 9*;
treibt so seltzam egel und grillen. III. 3, 43*,
kaum ists vom folgenden egel festuca entnommen; man sehe
eglisch und die Zusammensetzungen schlafegel ßr langschläfer
und Schweinegel, verwandt ist lit. eiys, Schweinigel.
EGEL, f. aristo, palea, festuca, mit e, nicht 6, ags. egle
arisla, pl. eglan, vgl. den altn. mannsnamen Egill dat. Agli,
auch ahd. agaleia rhamnus, aglei (1, 190), das wort ist nah
beschlechtet mit agen, ahd. agana, goth. ahana (1, 189). festuca,
ein egel oder stupfel. Serranus he*; wogegen Dasyp. 73' agel,
296* agel oder egel setzt, Maaler 12' agien; die kunklat {das
was zum abspinnen an die kunkel gebunden wird) ist knöpfecht
von eglen {knoticht, verworren von den agen). Keisersb. bilg.
hi'; sie samlen holz, hewblumen und egelen, die omeiszen,
da Zucht eine ein hölzlin, da ein ein stücklin von eim gres-
lin, oder ein hewblümlin oder ein eglen. bald darauf: hew-
blSmen und aglen. omeisz 31';
er geht mit halbem wind zu segeln.
im köpf so stechen in die egeln. H. Sachs IV. 3, 9* ;
wann sie stechen ir zenkisch egeln. 5, 378*,
hier könnten wieder grillen gemeint sein, doch steht 0. 2, 9*.
IIL 3, 43* egel und nicht schwacli formig egeln. noch bei J Padl
Tit. 1, 160 findet sich : die ganze sumpfige gegenwart voll stur
zeln und egeln, wenn er *damit spitze Splitter meint.
EGELBäL'M, m, Crataegus torminalts, elstbeere.
EGELGHAS, n. canetrilum. Diefenb. 95*. *. die folgenden.
EGELIN, n. egelin oder pfenningkraut HoHbERC l, 565*
EGELKRAL'T, n. lysimaehia nummularta^ das kleine und
auch das grosze egelkraut (bis torta) will leuchte ort hüben.
Sebiz 215. bei Stald. 1, 336 ist egelkraut drosera, sonnen-
thau, bei Hohberc 3, 240" heiszl es egienkraut, natterkraut,
wundkraut, alle diese pßanzennamen enthallim deutlich egel
arisla.
EGELMEIER, m. sannio, vgL egel erieiut:
h.'iderlein, uimb hin das hufkleid mein,
du miist mein egelineier sein- H. 8ach« II. 3, \f;
was wiinders wird er f.ihen an,
der wiinderseliz:im egelnieier,
auszuhriiien solch la|i|>eiicier,
die ir im habt untergelegt. IV. 9, 9*.
III.
EGELN, titubare, taumeln:
ich bin ie hinnen, er ist dausz,
und etrelt also umb den brunnen
sam ifiöricht und halb unbesunnen. H. Sachs II. 4, 25*.
nah verwandt scheint egeln dormire, wozu Schm. 1, 38 schlaf-
egel, sehlafigel, langschläfer und anegeln, anigeln hält, das
vom einschlafen, prickeln der ftnger und zehen gilt; Tobler
352* hat eggela, onegla, vor kälte prickeln, Komb. Gesseb
künegeln von blau werdenden nageln, Hemsch 35, 4 ainiglen
von frierenden zahnen, s. eglicht und eilen.
EGEN, occare, lirare, den samen mit eim geschirr bedecken,
als da ist ein ege oder hurt. Serra.nds n2', hurt, wie crates
zur bestdtigung des bei egde von den dömem gesagten.
der mit der katz gen acker fehrt,
der egt mit mausen zu. Garg. 50'.
EGERECHEN, m. rastrum, ein groszer rechen mit eisernen
zinken zum handgebrauch um kohl oder salatsamen unterzu-
eggen, hei .\lberds im diction. egrechen peeten.
EGERLING, m. boletus, pfifferling. Diefenbach 78'. bei
Nebsich egerla, agaricus deliciosus, ein eszbarer leckerer
schwamm, anderwärts egertling. Schm. 2, 71.
EGERSTENACGE, n. clarus pedis, leiehdom: Dastp. 35*;
hüneraug oder egerslenaug. Paracelsüs 61S'. egerste ist eomu
piea, egester, nnl. aaksferoog.
EGERT, EGERDE, f. terra cessans, verraelum, brachland,
ein wol uraltes 'wort von klarer bedeutung, aber schwer zu er-
ratender gestalt. die ahd. erscheint nirgend, denkbar wäre
ägartia, ägertia, ägerta, ungezduntes, ungehegtes, der weide preis
gegebnes ackerland; kürzung des k in e erfolgt auch in
eschwinge stupa ßr äsuinga; oder will man lieber Agierida,
ungepflügtes land? warum nur immer mit gi dazwischen, und
nicht äerida, arerida? das richtigste scheint, wenn ich eefade
(s. ehefade) hinzunehme, die ableitung von gerta tirga zu be-
halten und auch hier durch ^ gesetzlich zu erklären, die ägerta
ist kein ungezduntes, sondern gerade ein gezäuntes land, die
brache wird mit zäunen umgeben und gesondert, folglich ist
ägerta völlig was Sfada. mhd. belege sind noch selten:
körn säet ein bilman,
do enwolte ej niht üf gän.
ime erzornete da;.
ein ander jär er sich verma;
da; er; en ^gerde lieje. Speitogil MF. 30,10;
wan d6 si ze himele für, d6 quam Kristus ir sglber zugegen
mit allen heiligen und engelen und dö bleip der himel wüste
und niman dar inne, also ein gerte. myst. 178, 9, wo gerte
ßr egerte. folgende stellen machen bildliehe anwendung :
des Wille lac in egerdon. Marl. 177, 85, lag brach;
der beider tische stunden vol,
wan man ir also zvleize |>hlac
da; ir niht vil in fgerden lac. Jes. 95. 62,
die tische waren mit speise besetzt, lagen nicht brach;
er ist sd schentlich gestalt,
eben sam ein 5gerd rüch (nach PriiFrits bettenmg).
wä im rücke unde buch
in der cheverpiuni si,
des Sinnes bin ich leider fri. Helbl. 1, 175.
nhd.
so ir man fremdes feit tut pauen
und leszi seins in egerten ligen. /iiutR. ip. 144, 19 ;
die ihre weiber sitzen lassen und auf die ägerten oder ein-
statt schlagen, man neeie sie, ob man wolle, kriegb. des
frides 188 ; die weih und kind verlassen und auf die egarten
schlagen. 200; habe er all sein guter zerstört, etlich in
frembder posscsz, etlich zu egerten baufellig und verdorben.
Frank cAron. 92^; damit die äcker mit denx closterlaufen nit
gar verlassen zu egerten ligen mästen und die knecht all in
clOster liefen, welib. 36'; daran stoszt ein kleine insel, die
wir umb der vil egerten willen daselbst umher die inseln
Ton den stulen nenneten (welche bedeutung von stola ist hier
gemetnt?) 217*; du hast all kunst und studia zu egerten ge-
legt sprichw 1, 162 ; disz gewächs kommet in den geptUlgten
ackeren und auf dörren äderten herfür. Muralt 172 ; es wächst
auf ungebauenen egerten. Taber.'vaem. 435 ; der wermut wechst
gern auf den altcu mawTtn und hofstetten, desgl. auch auf
den dürren egerten unib die dörfer und flecken herumb.
Taber."». kräuterb 1588 s. 2. die weislhümer und urbare liefern
das wort ößer: iiem was <»uch egerden in den eschen gelegen
sind, und «iner verbut im daruf nit ze faren. wetsth. 1, 128 ;
' dirrc hof het oucb das recht, das er sul haben ahte rioder,
3
35
EGERTER — EH
EH
36
die soUcnt gon uf die egerdcn zu weide. 1, 674 ; »-in Bauern-
gut bestand im ersten esch aus 9 jugera agri, im zweiten
aus 11 jugera agri, darunter 4'/2 in tribus Ijeziis (bitzen wb.
2, 5S), im dritten aus ü'/a jug. agri und 2 jug. egcrdan, woiü
jioch 3 morgen wiesen kommen. Mones zeitschr. 5, 164 ; hern
Wernhers kind von Egcrden. habsb. urbarbuch 336,21. 337,1,
wo es als bestimmter Ortsname aupritt. auch im Chiemsee
heiszt eine niederung die schöne egert. Sciih. 2, 70. das wart
«ar alemannisch und bairisch, und, lebt noch heute in Kärnten
fort, s. Fromman!» 4, 40, wo ögartc geschrieben wird, miltel-
und norddeutsche landstriche kennen es nicht, sondern andere
ausdrücke dafür, z. h. lehde, vgl. eingart, einstatt.
EGERTEK, EGARTER, m., eigner oder bewohner einer egert.
EGERTLING, m. fungus campestris. soliche schwammen
hörent uf soliche egerden, sagt Keisersberg irgendwo.
EGESTERN, s. ebgestern.
EGGE, /". occa, die jetzige form, nahe an ecke reichend :
der lanilniann deckt den samen mit der ccrgc,
und nur ein guter sommer reift die frucht. Götub 11, 351.
auch egge männlich kommt vor: hat er die samen ausgestreut,
so ist der ackermann sofort mit dem ehgen darüber her,
sonst werden sie von den vögeln gefressen. Scriver seelcnsch.
1,771, oder ist hier der inf. egen gemeint? s. eide.
EGGE, f limbus, tuchsaum, salbend, seihende, niederdeutsch
und offenbar ecke, ora, margo : die predigt ist die kreuz und
quere mit einer wollenen egge umwunden. Bödes Trislram Sh.
6, 35 \
ihr vaier hockt in den stübclicn und flicht
aus eggen warme pantolTeln. Voss musenalm. v. 179S s. 197.
EGGEBALKE, ni. trabs occae.
EGGELING, m. itn dritten jähr heiszt der barsch eggeling.
s. egii.
EGGEN, occare, was egen:
wir wollen mehr wissen
als alle bapisten
und auch als alle pfalTen,
wollen uns selbst die schrift auslesen,
können doch nichts als ackern und öggen.
Fadingcrlied von 1626.
EGGEZAHN, m. dens occae: so manche fahr eggenzänt,
stecken und hauenschlag, so manchen vierten halben albus.
weislh. 3, 746.
EGLES, f. slellio : ein thier wie ein edex (eidechse), eglesz,
ein gesprenklete erdspinn. Serranus dict. z 6'. Dasvpodiüs
318' schreibt egelesz slellio; wie die rechten bluteglessen.
Mathesids 98', eine andere stelle steht schon 2, 177.
EGLI, n. perca ßuvialilis, im ersten jähr heiszt er heuer-
ling, hürlig, im zweiten stichling, im dritten egli, im vierten
rechling.
EGLICHT, tilubans, taumelichl : wann die schaf egiicht sind,
so gib ihnen kalchuslaug und frisches wasser zu trinken.
Hohbehg 2, 298*.
EGLISCH, difjicilis, launisch, absonderlich, s. egel m.
mein sinn selizani, epiisch und wunderlich,
all mein gedanken diu sind sunderlich. H. Sachs!, 540';
mein K^and das ist ein igels balk,
darmit deck ich mein groben schalk,
hin slachlicht ganz iglischcr art.
halt allcnihalben widerpart. 540*.
EGL'.NG, f. occalio, so man die schrollen zerbricht und den
samen bedeckt. Sebramüs dict. 95'.
EH, eine noch in kein Wörterbuch gelassene, auffordern oder
leichtes staunen ausdrückende iuterjection, die uns aus dem
französischen zugeführt wurde und an die bedeutungen von ei
und he erinnert; doch ist sie weder umgestelltes he, hei, noch
aus ei entsprungen, worauf etwa das nd. i oder ili deuten
könnte, sondern Schwächung des ah in eh, wie sie auch sp.
und it. ah lautet, läge ihr ei oder he zum gründe, so müste
sie schon früher als in des vorigen jh. zweiter halfle erschei-
nen, ScRHiüTs idioticon bemense {etwas eher ausgearbeitet, aber
noch 1158 gemehrt) ed. Tobler *. 23 hat 'e particula admira-
tinnis vel eh particula reprehensionis' , zu Bern musig franz.
•vh geläufig sein, wie es auch oß Gotthei.k verwendet, man
dürfte es bereits bei Lessin« «nd Wiki.and vermuten, nur ent-
gehen heispiele. alle folgenden sind von GfiTHH, welchem zu
Slratzburg da$ eh genug in die ohren drang, und grosientheils
•tu den miUehuUigen, gewöhnlich beginnt damit eine antwort
1) eh allein $Uhend,
«h! lant Aa» immer «ein! 7,93;
eb, »prich dco vaur an ! 7, 40 ;
der Söller kam mir vor — eh und ich nahm ihn an. 7, 52;
eh, herre, was man siebt, das diicht ich, kann man wissen.
7, 107 ;
ei! wo denn? eh was weisz ich? da oder dort! 14,271;
es waren, die den vatcr auch gekannt.
wo sind sie denn 1 eh, man hat sie verbrannt. 56, 22.
2) eh nein! eh non!
und gieng es nicht? oh nein! im köpfe drückt es mich.
7, 103.
3) eh nun ! eh bien !
gefall ich dir, so gefällst du mir,
du sagst es frei, ich ^ag es dir.
eh nun ! heiraten wir eben !
das übrige wird sich geben. 2,273;
es ist verteufelt weil,
eh nun, was liegt daran? der brief läuft seine zeit. 7, 44;
zu was dient der discurs? eh nun, dasz man was spricht.
7,47;
warum ist er wol hier? eh nun sich zu vergnügen. 7,48;
genug, ich bin ein frauenzimmer.
eh nun, so geh doch mit: sag ich dirs denn nicht immnr?
7,50;
eh nun! da lad ich mich einmal bei ihm zu gast. 7,61;
SU gar keine {geheimnisse) ? eh nun ! einen kleinen hinterhalt.
8, 236 ;
wie gieng es dir? eh nun! ich fastete ganz herlich. 11,129;
eh nun! halb nackt ist wol der junge schön. 41, S5;
und ich? ch nun,
du bleibst zu hause wichtigstes zu thun. 41, 111;
kam er in diesem augcnblirke.
ch nun, jetzt war ich da. 5C, 60.
meisteniheils liesze sich ei statt eh setzen, doclt liegt eine leise
Verschiedenheit darin, ei klingt traulicher, eh fremder, ei hat
gröszcrn nachdruck, eh ist dünner, schwacher, nd. i der tau-
send! ist aber ei der tausend! nicht eh der tausend, für, ci
lasz doch, ci komm doch ! würde niemand sagen eh lasz doch,
ch komm doch!
4) Jetter. ah! Fanden, wollt ihr eure rippen für ihn wagen?
Soest, eh I Vansen, sie nachäffend, ih I ob ! uh ! verwundert
euch durchs ganze alphahet. 8, 214. dies vocalspiel ahmt
Ki-inger 9, 123 nach: D. sie war so krank. W. ah! Ü. höchst
gclährlich krank. W. eh! Ü. wir fürchteten einige tage für
ihr leben. W. ih! ähnlich spielen Walthers reime auf ä c
1 o ö 75, 25 und danach Singenbergs MS. 1, 125.
EH, prius, vihd. ^, wie rat magis für er, mer, wir haben
nhd. eh behalten, meh fahren lassen, es ist falsch zu häkeln
eh', da dem worte gar nichts fehlt, und war noch falscher ehe
einzuführen, etwa wie wehe für weh ! , ehe conjugium für mhd.
ß, in welchem stibst. der ausgang e doch noch erträglicher ist,
im comp, eh reichte aber das dehnende h 3« bezeichnung der
länge hin und bedurfte hinter sich keines e. Keisersberg
schrieb richtig ee, Maaler ee, Dasyp., H. Sachs eh, Luther
scheint den fehler che zuerst gemacht oder doch befestigt zu
haben, ich führe inzwischen beide selircibungen besonders auf;
voni Ursprung des worts, dem ahd. mhd. auch noch praepo-
silionskrafl beiwohnte, unter eher, man hüte sich nur eh und
ehe für den positiv von eher anzusehen, sie sind eben so (jut
comparalive als dieses.
1) eh, prius, antea:
mhd. ir soldior, die mancc sper
4 brächen durcb ir niiune gör. Pari. 730, 2.1.
nhd. und was man liehi voraus,
das musz ümm so viel eh aus unsrer weil hinau>.
' FLitaiNii 137;
der sirick, daran ein dieb erbieng, hilft für des liaiiptes weh
gebunden um dun kranken kupl', o um den hals viel eh.-
I.0ÜAU2, 101, 27;
Tonsiis soll bei hofe billirh geben vor,
dennoch küramnt Comiis iiiimor i-h empor. 3. 181,48;
vielloii-ht, dasz mancher eh die wnbrbcii linden sollte,
wenn er mit miiidrer müh die wiilirheit suchen wollt**.
Gkli.kiit 1, 112;
so sinken die nfoiler der liefen
ch, und mit ihnen hinab die p-iradioe des Sternes.
Messias lU, 106;
ich habe dich wol eh voll ernstes geschn, aber dann vvars
docii :iiiders. Klopstock 9, 23t ; die Römer sind wol eh aus
kluKlieii groszmütig gewesen. 9, 310; die tapferii Marsen, weisil
du, waren wol eh etwas reiterscheu. 10,213;
ch haue sich der mann de* himmcN «tun vorsehn.
WiKLANo 4. 194;
37
EH
EHBEVOR — EHE
3S
die freude wollt ich dir
erst machen, und ging drum nicht eh m bette.
GöKi.NGK 2, 223;
eh siehst da die Loire lurücke Uieszen. Schiilkb 459».
2) eh. prius quam, unsere spräche kann nach eh die fol-
gende Partikel auslassen, trte sie es auch nach bis darf, lat.
ist quam nacti ante, prius, franz. que nach avant unerläszlich ;
dasselbe gilt bei ehe und eher, schon mhd. hatte die auslassung
allenthalben statt, i. b.
e ir sitzens beginnet. Parz. 724, 15.
nhd. sant Peter, der den herren dreimal verleugnet, ee der
han zweimal gekreiet. Reisersb. s. d. m. 19* ; wolt vor mit in
beten, ee sie eszen (äszen). 10' ;
eh man etwas tüchtigs schreibet,
läuft iurwar die zeit vorbei. Flkmisg 416;
suche deine guten tage. i
eh die späte nachreu klage:
da ich suche sind sie weg. G6!<ihrr262;
eh uns das kummermeer
zum sichern friedenshafen bringt. 266;
ei so laszt uns. weil es währt,
eh man fahrt {dahin fährt)
unsrer lust befleiszen. 914;
kan uns doch der himmel bald,
eh die morgenglocke schallt,
in unsre grabet tragen. 924;
eh ihr so spät mit schände schweigt. Gkllert I, 40;
eh noch der nachmittag verstrich. 1, 191;
schwur dasz ihn der teufel holen sollte, < oao
eh er für diesen preis dem arzt sich lassen wollte. 1,209;
und eh ich noch von ihr den driuen kus erhielt. 1,215;
vertieft ich mich, eh ichs gewollt,
in schaurigen ruinen. Goiter 1,31;
eh uns des lebens freude flieht. Göthb 12, 91 ;
ei, der graf von Burgund ! das ist ein gescheider geselle,
eh man die band umdreht, hat er regieren gelernt.
ScBLRGKLs ehrenpforte für Kotzebue 16.
3) eh als, prius quam, ante quam, potius quam:
eh als der schöne morgen
der erde schickt des groszen lichtes zier. Opitz . . . ;
Diogenes ist tod. wann dieser lebte heute,
er leuchtete sich tod, eh als er fände leute. Locaü 1, 67, 71 ;
die mucken singen vor, eh als sie einen stechen. 2,127,42;
du warst der mutter schmera, eh als du noch geboren.
2, 144, 16 ;
donner der vom hofehimmel wird herab geschickt,
tritt zuvor, eh als man merkt, dasz er hat gebUckt.
2, 233, 141.
in folgenden stellen ist eh lebendiger comp, und das als noth-
«endig :
das denn, hat es gott versehen.
eh als balde kan geschehen. Flehwg434;
wie mancher fragte sie. der lust zu freien hat,
eh als den besteh freund um einen treuen rat.
LOGAD 1,229,52;
bei einer Venus, ja, da möchte so was gehn !
die gibt oft ungestraft den göttern was zu spassen,
und kann sich eh im netz ertappen lassen
als ich. - Wir LAND 10, 144;
sein unruhvolles su-eben
nach unserm thron erlischt nicht eh als mit dem leben.
GoTiiR 2,30;
läszt sich eine weit eh als ein herz bezwingen! 2, 352;
und sterben will ich eh als unter ihnen leben. 2,364;
weil wir fest entschlossen sind zu sterben, eh als jemanden
die luft zu verdanken auszer gott. Göthe 8, 33. 42, 273.
4) eh dasz:
mhd. e daj ich schiede von ir hüs. Pars. 147, 21.
vlid. dein rüden schick mir an die sew,
ee das ich dir den palg erplew. Schwarzehbkrg 138, 2;
es kan wer wasser trinkt kein gut getichie schreiben,
wer wein trinkt kriegt die gicht und musz erschrecklich
schreien:
es sei nun wie ihm wil. eh mag das lichten bleiben,
eh dasz ich soll so tier in gicbten hin gedeien.
LocAU 2, 121, 7.
5) eh als dasz:
nein, so wählet ihr nicht, vergesset eh die erobrer,
als dasz ihr nicht der freiheit getünchte vergötteret hinstellt,
wie sie waren. Klopstocr 2, 170;
dieses grauens anblick
ertrug ich eh, als dasz er Israel,
dies grosze volk des herrn zum moloch führt,
und unsre kinder diesem götzen opfert. 10, 14.
6) eh denn, prius quam, früher eh wann:
enipfieng ich wol aditzoben srhand,
eh wanii ich asz ein weiches ei. H. Sacis I, 606*.
7) nicht eh bis: was der füller seint, die hörent nlt ee
uf, dan bisz es inen nümer schmeckt Keisebsb. s. d. m. 5';
beginne du
das beiige werk nicht eh bis ers verlangt. Göthr 9, 65.
in den fällen 4. 6. 7 reicht etwa bloszes eh aus, die andere
Partikel kann, tcie in 2 tcegfallen, und in 7 gesagt «erden
nicht eh ers oder nicht bis ers; gehäuft aber auch: nicht
eh bis dasz ers. doch in 3 musz das als oß bleiben, in 5
als dasz.
EHBEVOR, olim, ehzuvor, wie ehe bevor, ehe zuvor, ehmals.
EHE, prius, die unorganisch gedehnte form ßr eh, heute
aber allgemein durchgedrungen.
1) prius, antea: das die alten ehe zuvor silbere und gül-
dene geschirr waren. Mathesics 7o'; wie groszen schmerzen
mir euwer scheiden bringen würd, noch wolt ich ehe reiten,
da mich kein mensch nimmermehr erfahren müst. Galmy 163 ;
ich hette mich ehe des tods versehen. Frey garteng. 53' ; ich
habe subtile, leichte füsze, ich weisz wie ich mich ehe dar-
mit aus dem staube gemacheL Lokmans fab. 21; den habe
ich auch wol ehe gehabt, jetzt habe ich ihn nicht Klopstocr
10, 171 ; verzweifle noch nicht, Mariane, ehe soll der altar im
blute schwimmen. Götter 3, 97.
2) ehe priusquam: denn ehe der herr Sodoma und Go-
morra verderbet, war sie wasserreich, i Mos. 13, 10 ; aber ehe
sie sich legten, kamen die leute. 19,4; und ehe er aus ge-
redt hatte. 24, 15 ; das dich meine sele segene ehe ich sterbe.
27, 4 ; du hattest wenig ehe ich her kam. 30, 30 ; ehe es ab-
gehawen wird, verdorret es. Hiob 8, 12 ; aber ehe der böte
zu im kam. 2 kün. 6, 32 ; und ehe es morgen wird sind sie
nimer da. Es. 17, 14 ; imd ehe zwei jar umb sind. Jer. 28, 3 ;
ehe er sie heim holet Matth. 1, 18 ; ehe die weit war. Joh.
17, 5; zuvor und ehe aus einem läger aufgebrochen vrird.
Kirchhof mil. disc. 99 ; wer will mir das leben nehmen, ehe
ich überwiesen bin? Weise kl. leute 2U; ehe sie ausreden,
fräuleiu. Lessisg 1, 594 ;
ehe wir nun weiter schreiten,
halte still und sieh dich um. Göthr 4, IM.
3) ehe denn, priusquam {ahd. kr thanne. T. 1S8, 6) : ehe
denn er nahe bei sie kam. 1 Mos. 37, 18 ; und das volk trug
den rohen teig, ehe denn er versewret war. 2 Mos. 12, 34 ;
ehe denn sie das fett anzündten. 1 Sam. 2, 15 ; es hat wol
frucht ehe denn die sonne kompt Hiob 8, 16 ; lasz ab von
mir, das ich mich erquicke, ehe denn ich hin fare, und nicht
mehr hie sei. ps. 39, 14 ; ehe denn es aufgehet Es. 42, 9 ;
ich kandte dich ehe denn ich dich im mutterleibe bereitet.
Jer. 1, 5 ; heute in diser nacht, ehe denn der hane zweimal
krehet Marc. 14, 30 ; geschieht aber vielmal mehr und ehe
danns gut ist Kibchhof mil. disc 206 ; ehe denn die bösen
tage kommen.
4) ehe wann: und siehe ehe wann Joseph mit den raten
zu gericht gesessen. Atber proc. 2, 9.
5) ehe und : alsdann henken si das geschlacht bei den hin-
deren füszen auf, ehe und si es gar schinden. Frass veltb. 151'.
6) ehe als: dasz sie ehe ihren ehrenschänder oder sich
selbst ermorden, als an ihrem manne untreu werden wolle.
Felsenb. 1, 192 ; Piso, der ehe sein leben verlöre, als ein
laster begienge. E. von Kleist 1, 169 ; so geneigt ist man. ehe
der ganzen weit den verstand abzusprechen, als zuzugeben,
dasz andere mehr sind, wie wir. 2, 182.
7) ehe als dasz: es mögen ehe tausend äugen verblenden,
als dasz man wolle, dasz die sonne verfinstert sein solle.
pers. rosenth. 1, 7.
8) nicht ehe bis : nicht ehe nachlassen bis. Lokman fab. 26 ;
onsere feinde würden nicht ehe ruhen, bis sie uns vom brote
geholfen. Felsenb. 3, 222 ; ihr anhang wird nicht ehe zu bän-
digen sein, bis wir sie ganz vor den äugen der weit zu nichte
gemacht haben. Göthe 8, 32 (42,314 aber steht: nicht eher —
als bis).
9) desto ehe, eo prius: sie (die knedäe) desto ehe in die
Schlachtordnung zu bringen. Kirchhof mil. disc. 150 ; damit
sie {die eisernen haken) desto ehe greifen und fallen mögen.
182.
10) wann ehe, quando: und wannehe man den doerzins
of obgemelten tag nit vemugt noch entricht weislh. 2, 301 ;
wnnnie 2, 525. siehe eher 7.
11) je ehe, eo priut: stüszt er sie zu boden, und gemei-
niglich, je gröszer kOnigreiche, je ehe. Ldtbbrs frr. 2,ft04; je
ehe. je seliger. 2, 639.
3*
39
EHE
EHEBAND — EHEBÜND
40
12) ehe — ehe: ehe ich die königin verschonen wollte,
ehe wollte ich meinen leiblichen Tater verbrennen. Wieland
4, IT. vgl. ehemal, ehemalen.
EHE, f. malrimonium. das golh. aivs m. bedeutele attöv,
aevum, aeichen gr. und lat. Wörtern es ganz enlspr!cht, das
ahd. fiwa f. sowol aevum als auch lex, gleiüisam ewige Ord-
nung, regel, recht und matrimonium, ein von goU eingesetztes
band zwischen mann und weib. diesen letzten engeren sinn
bietet zuerst Nouer dar gleich der Schreibung 5ha und ßa
statt des älteren 4\va. mhd. dauert twe nur für die Vorstel-
lung von aevum, aetemitas, während lex, testamentum, matri-
monium immer i lauten, dem alle fiexion schwindet, das ags.
s, im sg. unveränderlich und gleichfalls weiblich, sagt aus
testamentum, rihle ae legitimum matrimoniutt^. dem alls. m.
4o, dat. iv/d. steht nur die bedeutung von lex zu, nicht von
matrimonium, für welche das sp. 20 behandelte ^bt gilt; ebenso
scheiden sich mnl. iwe lex, echt matrimonium, fries. 6wa
und äfte. den nordischen sprachen geht der ausdruck für beide
bedeutungen ab und erst später wurde ihnen ekta in den Zusam-
mensetzungen ektastand, äktenskap, iSgleskap wieder zugeführt.
Den Gothen war liuga yä/uos, liugan yafisTv, lateinischem
nuptiae und nubere entsprechend, gajuko avZvyos, conjux,
gatte, heiv familia; ahd. biwön conjuges, ags. bivan fami-
liäres, attn. hion ; ahd. hiwiski, biiske familia, hiwunga con-
nubium, altn. hiuskapr, mhd. hirftt, nhd. beirat. es läszt sich
nicht verkennen, dasz die kirchliche weihe den ausdruck 6wa
begünstigte für einen durch gesetz und teslament geheiligten
stand, heirat blieb der wellliche begrif, ehe ward der geist-
liche, diese Vorstellung verbreitete sich so, dasz sie ailmälich
auch den ursprünglichen sinn von ehe = gesetz untergrabend
auf das Verhältnis eingeschränkt wurde, welches der Römer
durch matrimonium, mullerstand bezeichnete, die ehfrau isl
hausfrau, matrona.
Mrf. sind von dem urbegriffe aevum nur die parlikeln je
und nie, so wie das adj. ewig, von dem zweiten begriffe lex
nur die veraltenden Zusammensetzungen ehefade, ebegaumer,
ehebaft, ehelich und ebehall übrig; alles andere fällt in die
Vorstellung von conjugium. was die Schreibung angeht, so darf
man das heulige ehe nicht auf einen Wechsel der beiden Spi-
ranten w und b zurückleilen, wie er in Notkers eba für dwa
eintrat, denn dieses h müste sonst auch mhd. außauchen ; unser
ehe ist nichts als dehnung für ee, mhd. 4, wie sie in eh, ehre
«. s. w. erscheint, viele schrieben also vollkommen richtig eh.
icjr bilden den gleichfalls unveränderlichen schwachen pl. eben.
1) die bedeutung lex, zumal testamentum, die alte und neue
eh -» der alte und neue band, begegnet noch in vocabularien
und bei schriftslellein des 15. 16 jh. ee oder gesetze. voc.
iheut. 1482 f5'; die alt und die neu ee. fasln, sp. 1.1344;
darümb in alt und nener ehe
baiszi dise weit ain kunimersee. Scuwarzenb. 157, 2';
als unser vatier Abraham
anringlich goiies ehe annahm. 156, 1*;
doch flndt man in der neweii ee
TÜ solcher qufil der lugeni mee. 156,2';
der {ceremonien) waren in der alten eh viel und von gott
telbs geholten. Hctte.n 6, 489.
2) ehe, matrimonium erklärt Kant 5, 83: die Verbindung
zweier personen verschiedenen geschlecbts zum lebenswierigen
besitz ihrer gescblecbtseigenscbaften. erste und andere ehe;
kinder aus erster und der zweiten ehe; in oder auszer der
ebe erzeugt; heimliche ehe; fruchtbare, kinderlose ehe; recht-
mftszige, slandesmiSszige, feste, keusche ehe; eine ebe be-
reden, stiften, eingeben, in die ehe treten, zu der ebe greifen ;
die ebe segnen, weihen ; die ebe auflösen, scheiden, trennen ;
ein madeben zur ebe geben, versprechen, nehmen : und ich
nam sie zur ehe, und sie zeugeten mir sOne und töchtere.
Ex. 2.% 4 ; so sie sich aber scheidet, das sie on ebe bleibe
{golh. anabiuda qcnai visan unliugaidai). 1 Cor. 7, 11 ;
ihr wnret werih gleich in die eh zu ueten. Gothi 12,152;
wer enibehrt der ehe,
lebt weder wol noch wehe. SiaiOCK 17S3;
dieiier ehe «cgenlooer biind,
dieie lichucliuu kruinmeii iicbenprade. ScHiLKa 497';
wo du Ueufrt) die frau d«!m mann und dieier den vertcblosien,
da» *te keiner eb- genossen. (>htpiiivs 1, 60;
•rwachine schicken «ich am besten tu der eh.
GÜKiiHCii IIUI;
leigi doch schon das weh
deiner lollcn eh.
wu T«r*totzoi liebe kan. 294;
dasz sie erstlich mit gcdanken die ehe biegen, bisz sie ihre
weiber gar zun bobeu festen sparen und die ebe vollend
gar zerbrechen. Mdsculds eheleufel E*; sie hat die ebe nicht
gebrochen, aber doch gebogen;
albern ist menschenhasz, zweideutig bleibet die reue:
aber der kinder gequäk Dickt die gebrocheae eb.
ScHLBUKL ehrenpf. 13.
Alle Zusammensetzungen stelle ich nach der form ebe auf,
wenn schon manche eh vorziehen, s. doppelehe, unebe.
EHEBAND, n. vinculum conjugii:
wie wenn der falsche mann
im lernen L'ngerlande
sich seines glaubens abgethan
zum neuen ehebande! Uürgkr 13'.
EHEBEREDUNG, f pactio nuptialis: die eheberedung auf-
gericht. Kirchhof wendunm. 312 .
EHEBETT, n. lectus jugalis: die ebe soll ehrlich gehalten
werden bei allen und das ehebette unbefleckt. Hebr. 13, 4 ;
jiingling, mir kompt glaublich für, dasz du mein ehebett mit
Unzucht befleckest. Kibchh. wendunm. 297*; aus dem ehbett
soll man nicht schwatzen;
ein ebbeib frölich und doch züchtig. Wsckbirlin 828 ;
auch ein raub wars, wie wir alle wissen,
der des allen fursten ehiiches gemnbl
in ein fievelnd ehebett gerissen,
denn sie war des vmers wähl.
und der ahnherr scbüiiete im zorne
grauenvoller (lüche schrecklichen samen
auf das sündige ehebett aus. Scuillkr 49'';
und da der kranke im pfarrhaus ankam, ward ihm ein weites
ehebette, das schon lange zeit als gast und ehrenbette bereit
stand, eingegeben. Güthe 19,55; der alte fürst will sie in ein
verhaszles ehbett zwingen. Arnim schaub. 1, 157. mit dem
eigennamen kann auch einfaches bette den sinn des ehebettes
haben :
ob mir die iiiuiter noch weilt in den Wohnungen, oder ein andrer
schon als wcib sie geführt, und Odysseys bette vielleicht nun
statt der lagurgewand entstellt von spinnengeweb ist. Od. lli, 34.
EHEBETTSCH.iiNDER, m. violator lecti alieni. Stieler 1731.
EHEBEVOB, antea, anlequam: der ehebevor Saul hiesze.
Simpl. 4, 693; gib keinen guten ratb, ehbevor du darumb
gebeten worden, pers. baumg. 4, 24.
EHEBRECHEN, adulterium facere: du soll nicht ehebrechen.
2 Mos. 20, 14 ; morden, stelen und ehebrechen hat über band
genoinen. Hos. 4, 2; der mann tödtete ungestraft die ehe-
brecbende frau. Dahlmann dän. gesch. l, 165. nur der ange-
schobne acc, daher auch nicht ehebracb. zulässiger wäre ebe-
brechte von einem schwachen ehbrecben {wie ratschlagte von
ratschlagen), die Schweiz, bibel setzt auch Ez. 23, 37 mit iren
gölzcn band sie geebrecbet.
EHEBRECHER, m. adulter: wer die ehe bricht mit jemands
weihe, der sol des tods sterben, beide ebebrecber und ehe-
brecberin. 3 Mos. 20,10; was ebebrecber? ich bin darumh
kein ebebrecber, wenn ich schon diese ehe ein wenig gebo-
gen habe. Simpl. K. 141 ; sollten alle ebebrecber graue rocke
tragen, so würde das tuch theuer.
EHEBRECHEREI, /. adulterium : wie sie ehebrecberei ge-
trieben und biut vergossen haben. Ez. 23,37;
man hält es für gewis, dasr jetzt ehbrecherei
bei uns so gar gemein und nur cm possen sei.
LoGAU 2,32, 11.
EHEBRECHERIN, f. adultera.
EHEBRECHERISCH, adulterinus : gehe noch eins hin und
bule umh das bulerisch und ehebrecherisch weib. Hos. 3, l ;
der ehebrecherische mann. Weise kl. leute 162.
EHEBRIEF, m. pactum dotale.
EHEBRUCH, m. adulterium: sie treibt ehebruch mit steinen
und holz. Jer. 3, 9 ; das weih ist hegrilTen auf frischer tbat
im ehebruch. Joh. 8, 4; haben äugen vul ebbruchs. 2/'r<r. 2,14 ;
bei denen tung und herz zum ehhruch einig sind,
dasz jedes wart das wird, isl wie ein hurunkind.
LoliAU 3, 214.
EHEBRÜCHEN, was ehebrechen: weilen er mit meinem
weih gecbehnirhet
EHERRCCHIO, adulterinus : von dem freulin, das eehrüchig
was worden. Keisersr. i. d. m. 37*.
EHERRCCIUSCH, dasselbe: da tödtet er das ebrachitch
weib. Fha.'«» diron. 152*.
EHEBÜND, m. vinculum matrimonii:
wie feste pflegt man jetzt den ehbund lu verwahren *
LucAU t, 82, 99.
41
EHEDEM — EHEGELD
EHEGELÖBNIS — EHEGESTERN
42
EHEDEM, olim, antehae, vordem, in welchen beiden parlikeln
die praeposilionen dr und vor liegen, vgl. eber. ebedera wol
gab es einen vater, der seine tocbter von der scbande zu
retten, ihr den ersten den besten stabl in das herz senkte,
ihr zum zweiten das leben gab. Lessikc 2, 188 ;
denn seht, ich habe selbst
wol einen SiauTeD ehedem gekannt,
der Conrad hiesz. 2, 287 ;
das glück des guten ahen voIks von ehedem.
WiKLA.iDS Horat sat. 1794. 2,213.
EHEDES, antehae, vordes : die von mir ehedes entferntesten
gefühie und zustände. Göthb an fr. v. Slein 1, 122.
EHEDESSE.N, antehae, tgl. vordessen und indessen neben
indem: wie hoch und werth die sackpfeife ehedessen gehallen
worden. Simpl. K. 37;
ein Rübezahl, ein solches thier,
als zu Gehofen ehedessen
die küch im edelhof besessen. Gkllsbt 1, 258.
EHEDING, n. Judicium legilimum, echtding, Haltacs 254.
EHEFADE, f. legilima sepes, golh. fa{)a: zOne, die man
nempt vaden {al. epfaden), die man macht die sät ze ver-
huetend, süllent gemacht sin zu der habersat an sant Walburg
abend, tceisth. 1, 8 ; einung von f vaden, friden und graben. 1, 74 ;
eine gute steile hat Frisiüs 1207*. Maaler 96' : eefaden, serva
praedia, sind die zeun, wülliche die zäigen von einanderen
scheidend, als die kornzälg von der haberzälg und die haber-
zäig von der braach, die sollend summer und winter beschlos-
sen sein, si gangind durch wisen oder äcker, damit der zälg,
die haft und gesäit ist, kein schaden geschähe, es gange dan
ein landstraasz dardurch, so mSsz der desse das gut ist, ein
thürle oder gatter in eeren halten, vgl. oben egert, egerde.
Staloer 1. 335, durch pfad verleitet, setzt efad, epfad n». an.
EHEFALL, m. casus malrimonii: traurigkeit, die sich zu-
getragen habe über einem ehefall. Lcther 8, 191".
EHEFRAU, f. marita, conjux, ehegemahl: wer ein ehefraw
findet, der findet was guts und kan guter ding sein inr herrn.
spr. Sal. 18,22; ein leben ohne ehefraa, eaelebs vila; jetzt
war es ihr genug, sie durch eine Verheiratung den ehefrauen
unschädlicher zu machen. Göthe 17, 287.
EHEFU.\L'CHEN, n. uxorcula. eefröuwle. Maalkb 96*.
EHEFHEI, eaelebs. Stieler 558.
EHEFREUDEN, pl. deliciae eonjugii.
EHEFRIEDE, m. concordia jugalis: ehefrieden stiften.
EHEFRUCHT, prolcs :
wenn der Rhein hielt Jeizt gericht«
über eh und ehrenfrüchie,
lieber, welche feiie fische
würden kummen drausz zu tische* Locao 1, 120, 14.
EHEGATTE, m. conjux, gilt von mann und frau: nach
beider ehgatten todlichem abstand. Gart;. 64*;
ein bauer. der viel geld und nur zween söhne hatte,
o»hm einen inforniaior an.
ich. sprach er, und mein ehegaite,
wir übergeben ihm, als einem wackern mann,
was uns am liebsten ist. Gellert 1, 219,
der das vorl kaum für ein neutrum nahm, teie folgende stelle
mit ins f. überlaufender ßgung : ein ehegatte, das von ihrem
manne nichts als liebes und gutes bat. Scriveb seelenseh. l, 542.
EHEG.\TTIN. f. uxor.
EHEGATTLICH, conjugalis: was sollen wir der ehegatt-
lichen, freundschaftlichen, ärztlichen bemüLuogen gedenken.
GOTiiE 17,413.
EHEGAU.MER, m. censor, Sittenrichter, xuchlmeisler, von
gaumen curare, in schweizerischen örlern ehmals eingesetzter
beaniler. Maaler 96*; ein huldigungsverzeichnis von 1736 zählt
in Biimensdorf einen ammon, 5 Hehler, 1 weibel, 2 dorfmeier,
3 ehgaumer, 1 Schulmeister auf. Mones zeilschr. 5, 107. da*
viorl gehl auf 4 geselz, nicht auf die ehe.
EHEGEBOT, n. praecrplum conjugale. Fischart sagt Plo-
tarchi vernnnflgeraäsze ehegebot.
EHEGEBUHH, /. officium conjugale: einer ehefrau ampt
und ehepeliür. Fischart ehz. 45.
EHEGEüCHULICH, officiosus: ebegebQrlich und eim weib
wol anslämlig. ehz. 03.
EHEGEHLLFIN, f. eonjux. Garg. 68*.
EHEGELD, n. dos, milyiß: die Jungfrau hatte 2000 thaler
ehegeld. Sciiweimche:« 1,114; von meinen sciiwSgern keine
ehegelder erhallen konnte. 2,26«; meines weihes ehegeld.
2, 267 ; dasz sie i. f. g. die bewilligten 12000 tbaler ehegeld
auszahleten. 2, 303.
EHEGELÖB.NIS, n. desponsatio. Schweimcuex 2, 262.
EHEGELOBTE, f. sponsa, vertobte:
dein eheglobte möcht ich wol sehen. Atrer 329*.
EHEGELÜBDE, n. votum conjugale. Garg. 66*.
EHEGEMACH, n. cubiculum conjugale.
EHEGEMÄCHT, n. conjux, ahd. gimachidi, par (Graff 2, 639),
mhd. ^gemechide {mhd. wb. 2,17*). Frankf. reform. HI. 10, 16.
V. 4, 2. 5, 3 u. 0. ; ein fromm ehegemecht ist ein sondere gab
gottes. Frank spr. 2, 106' ; in einer rechtgeordneten haushal-
tung wird alles mit beider ehgemächt bewilligung gleichhällig
verrichtet. Fischart ehz. 13; die römische gesatz verbieten, dasz
die ehegemächt zwischen sich kein geschenk thun sollen. 61.
EHEGEMAHL, n. und m. conjux, mann icie frau:
fraw Künigund ... sein eegemahel. ScewABZBJt«. 149,1;
{Joh. von Leiden setzte fest), der mann wer nicht an ein ehe-
gemahl gebunden. Kirchhof wendunm. 462;
gleichwie ein vogel girrt,
wenn ihm sein ehgemahl vom garn erhaschet wird.
Flemi.ng 23;
auch mir wards vor der wiege nicht gesungen,
dasz ich nur darum meinem ehgemahl
nach Palästina folgen würd, um da
ein judenniädchen''zu erziehn. es war
mein lieber ehgemahl ein edler knecht
in kaiser Friedrichs beer. Lbssixg 2, 224;
und srhafst du den becher mir wieder zur stell,
so sollst du der treflichsie riiier mir sein,
und sollst sie als ehgemahl beut noch umarmen.
SCBILLSS 64*.
EHEGEMAHLIN, f. uxor.
EHEGE.NEIGT, inelinatus ad eonnubium. Garg. 66*.
EHEGENOSZ, m. conjux, mann und frau. auch adjecliviseh :
eh und bettgenosse weiber. Garg. 67*.
EHEGENOSSIN, f. uxor.
EHEGERICHT, n. Judicium de lilibus eonjugalibtis judieans.
EHEGESELL, m. eonjux, mann und frau :
ich schrei und klag grosz wee und not,
mein eegesell der ist mir tod. Scuwarzk:«b. 127, 2.
EHEGESELLIN, f Stieler 2004.
EHEGESETZ, n. lex marilalis.
EHEGESICHT, n. os conjugis: machen mehr die brautfackeln
oder die leichenfackeln das schönste licht auf ein ehegesicht?
J. P. Fibel 61.
EHEGESINNT, »05 ehegeneigt : beider ehgesinten lieb.
Garg. 67*.
EHEGESIPPT, connubio junelus. Garg. 68*. ehz. 20.
EHEGESPONS, n. conjux:
wenn du nicht umbringst dein eheo-e«pons, elender, so bringt
es dich selbst um. I'late.'« 258.
EHEGESTERN, nudius tertius, avanihier. egestem pridie,
egestern oder vorderntag, pridie, perendine. voc. theul. 1482
f6'; ahd. Irgestere, ^geste^e (Graff 4, 273), mhd. ^gö«ter.
Er. 1239; ags. ffirgistrandäg, engl, the day before yesterday,
nnl. eergisteren; schwed. förgär, i fürgar, dän. forgaars; gestern
und ehgestem. Göthe 1, 379. Wie aber, sprach der gast,
wenn ich ein liedlein, darmit ir zefrieden, singen wärde, wärs
nit so vil als gelt? der wirt liesz ims zu. frischer knecht sang
von 'alten egestern' und fragt, ob im disz gefiel? der wirt
schfllelt den köpf; denn da (vor der sitiflut) ist das gedecbtnus
der leut noch scharpf gewesen und man hat lang gelebet
darum so haben die allen den jungen nur für gepredigt und
von 'alten ehegestern' mündlich bericlil geihan. Mathesiüs 104*
(rgl. Uhland 618); diser {Mosesi schreibet warhaflig von "den
alten ehegestern', von erschöpfung {ersdiaffang) der weit. I6t*.
von allen ehegestern meint also von allen gesehichlen, olims
leiten, und ich habe einmal die wesIfiliseJien E.vtersteine,
Egesterensleipe als felsen aus grauem nllerlhum gedeutet (CDS.
657), Joa. Gv,ropiüs hirroglyphica Ante 1580 fol. p. 44: diem
quartum elapsum exlereergisleren vocant. den GriecJien waren
ij^&ee xni 7igcör;v yej'ovörn neuliche beycbenheileit {Plato Gorg.
p. 470), oi/x i/,&ei ovSs Tt^drjv {Alhenaeus p. 397) gieng auf
frühere zeit, was sich ehgestem begab, weicht auch über nuditu
lerlius zurück in unbestimmte ferne, wie schon 'das ist nicht von
beule und nicht von gestern'. Jacob sähe an das angesicht von
Laban, und sihe es war nicht gegen im wie gestern und ehe-
gestern. 1 Mos. 31, 2 ; seit ehegestern. Felsenb. 4, 2S0. ähn-
lich ist der stnn des ags. on a'rdagum, alls. an erdagun,
prisco tempore, dem kein ahd. ana erlagum entspricht, s. vor-
gestern ein alter ehegestern, senex garrulut. Stieler 635.
43
EHEGESTRIG — EHEIIALTE
EHEHALTIN — EHEKOPPEL
44
EHEGESTRIG : der ehegestrige tag, qui nudius terlius fuit.
EHEGETRAüT, tnatrimonio junclus. Garg. "4*.
EHEGLÜCK, n. felicitas conjugii.
EHEGOTT, m. Hymenaeus.
EHEGRAB, n.
und morgen
musz ich iu mein ehegrab. IIsrdeh 8, 87.
EHEGRABE, m. cloaca, schuttgraben, dardurch man allen
wüst und Unflat fergket Maaler 96*. Stalder 1, 334.
EHEGRUBE, f. dasselbe, gesetzlich vorgeschriebene ablei-
tungsgrube des unrats, in der Schweiz.
EHEGÜNST, f. favor conjugalis:
ein Smaragd von keuschen sinnen,
ein rubin Ton ebegunst. Locau 1, 218, 2.
EHEGÜRTEL, m. agarieus campestris, enlslelU aus cgertling.
EHEGUT, n. praedium dotale, oder auch was ehehof.
EHEHAFT, legitimus, gesetzlich, rechtmäszig, mhd. ehaft
(wb. 1, 451): aus allerlei ehrbarn und ehehaflen Ursachen.
Frankf. ref. HL 9, 2 ; weil die ursach, die sie anziehen, nit
also wichtig und eehaft sind. Frank chron. 392'; ohn sonder
not und eehaft Ursachen, kriegb. d. fr. 164 ; wo aber solch
concilium aus ehehafter Verhinderung seinen fürgang nicht er-
reichen möchte. Melancbth. 4, 52S ; ohne einige ehehafte oder
befugte billige ursach. 6, 129 ; notwendige und ehehafte ge-
scheften. Kirchhof wendunm. 123*; es begab sich aber ehe
denn sie zu der mahlzeit giengen, dasz aus ehehaften Ursa-
chen ein gemeiner rat must versamlet werden. 157'; seiner
unvermeidlichen ehehaften gescheften halber, mil. disc. 211 ;
so ehehafte Ursachen vorhanden sein. 231. aus diesem ehe-
haft wurde oben sp. 20 das heutige echt geleitet, und als es
aufkam erlosch jenes.
EHEHAFTDING, EHEHAFTTEIDING, n. was echtding. Hal-
TAüs 25.% die gleichheit von echt und chehaft bestärkend.
EHEHAFTEN, pl. legitima impedimenta, justa causa, das
vorige adj. mit dem ausgelassenen subst. Ursachen : mit Schwach-
heit und ehehaften also beladen, dasz er dieses handeis nicht
abwarten könnte. Melanchthon 3, 1202 ; soll solcher letzte
weg ohne merkliche ehehaften nit an die band genommen
werden. Kirchhof mil. disc. 101 ; meiner eigenen ehehaften
halber. Scuweinichen 2, 14 ; aus ehehaften wol entschuldigt.
2, 108 ; wenn diese Verrichtungen als priesterliche ehehaften
passieren können, pol. maulaffc iOb ; kein sonderlich vergnügen
ist bei der ausnehmung {der recruten), da die krüppels gerne
dienten, und die schönen leute meist ehehaflen haben wollen.
Göthe an fr. v. St. 1, 218 ; den ehehaften ein geneigtes gehör
verstatten. Hippel ehe 5, 156 ;
so lasz er ja sein weibchen wieder mit agieren,
sie hätte denn, wir wollen billig sein,
uns ehehaflen anzuführen,
die lauter als ein redner schrein. Götter 1,83.
das »ort hatte im alten gerichtsgebrauch noch andere bedeu-
lungen. Haltaüs 257 — 259.
EHEHAJTIG, was ehehaft: aus solcher chehaftiger not hat
er wider mich, als einem gottespriester gebürt, zu streiten
fürgenomen. Luther 1, 393' ; item welcher knecht aus eheiiaf-
tiger Ursachen begerte ab oder weg zu ziehen. Fronsperc. 1, 32'.
EHEHÄLFTE, f. eonjux, franz. moiti^: mein liebe che-
hälfte, ma ch^re moitiö; ein Albrecht Dürer, den mir meine
frau chehälfte geschenkt hat, ist von der gröszten Schönheit.
herzog Karl Acclst bei Merk 1,363; dieser willkommen sei-
ner weiland geliebten ehehäifte war dem flinken Kurt ein
dolchstosz ins herz, die galle ergosz sich, wie ein wehr, ins
blut. MüsÄus 5. 97. ähnlich ist mein anderes ich.
EHEHALTE, EHEHALT, m. famulus, minister, diener, dtenst-
bote, dienstmann, hausgenosz, der die ß, das gesetz, gebot des
herm hält, ahd. hicsz der priester ihalto, goltes diener, schalk,
ganz wie Awarto oder auch (walto, aus haltan, waltan, gistal-
tan, warlAn sprossen gleichbedeulige nomina hallo, walto,
gistalto, warlo ; cor» halto ganz verschieden ist holde, der
treue, huldigende, ein andrer ausdruck für das milde dientl-
terhdllnis.
habt ir eehalien. die euern willen volbringen,
die üult ir hinz jar wider dingen, fatln. »p. tGH, 8;
Personen, die diengtebehaitcn sind, reichtabseh. von \bli i. % i ',
knechte und ebehailen. reichtpol. ordn. von 1530.6,2; des
srhtilrlner» gebrOle ehcli.illen, gesinde. Frankf reform. l. 49, S;
li'ililirh narung uml haui-lifAile, die dir dein relialt geMJnnt.
ijiikK.M bildcrkalfch. bctlaijen &7; es kumpt auch die Icut
an, dM IM mttaMO waiCutco, Ae (niw vom mann, der ehe-
halt aus seinem dienst. Frank wellb. 129'; seine kinder und
hausgenossen oder ehalten. 14S'; sollen einander dienstlich
zuspringen in aller not, so si selbs nit diensteehallen haben.
chronica 360' ; und das weih verordnet nach mittag das wider-
spiel, und wolt das gesind, die kinder und ehehalten im haus
zwingen, das sie ir folgten, unangesehen was der man ver-
ordenet bette, da wird gewis man und weib nicht lang eins
pleiben, sondern mit einander haar und brot essen {sieh
unter dem essen raufen). Fischart bienenk. 14*; seiner höfi-
schen ehehalten reistäg. Garg. 64'; sein eigene ehhalten, ja
weehalten, die knecht und mügd betriegen ihne darumh. 6S ;
gott eifert so gewaltig über die, welche den tagelöhnern und
ehehalten ihren liedlohn vorenthalten.' Otho krankentr. 271;
kein ehehalt ist so schlecht, die h. dreifaltigkeit kommt zu
ihm und hauset bei ihm, wenn er Christum liebt. 591; heut
zu tage ist der gemeine brauch, dasz es sich mit den dienst-
botcn oder ehehalten, als knechten und mägden, änderst
nicht wie mit den mückcn bei einem aas verhält. Simpl.
K. 475 ; ist sie (die gelegenheit) zum guten, so werden auch
die ehehalten und das gesinde darzu veranlasset, mdgdelob 16 ;
einen dicnstboten und. ehehalten, dem man seinen ordent-
lichen lohn gibt, darf man auch kecklich zur arbeit alles
ernstes antreiben. Hohberg 3, 1. 59*. das wort lebt noch in
Ostreich und Baiern, ist aber in der Schriftsprache erlosdien.
EHEHALTIN, f uxor : ein mann, der allen fleisz nur auf
die leibspfleg legt, gibt ursach, das sein ehhaltin gleicherge-
stalt dessen was zu ausbutzung des leibs dienet, auch fieiszig
suchet. Fischart ehz. 21.
EHEHALTUNG, f familia, gesinde: angesehen, das gesun-
des wasser der beste trank seines hausgesinds ist, und das
lirot, wclcbs er und sein ehhaltung genieszet, damit gewirket
und geknetet wird. Sebiz 15.
EHEHAND, f manus jugalis : die ehehand geben, sich ver-
heiraten. Stieler 752.
EHEHANDSCHELLE, f. manica jugalis: die stille band,
die mit ehehandscbellen an eine fremde geschlossen wird.
J. P. Hesp. 1,201.
EHEHERR, m. marilus:
und sagt, ihr fehlt sie weisz nicht was,
und kömmt zum ehherrn oft gerannt. Hagedorn 2, 107;
wir legen nur ein gültig zeugnis nieder,
dasz ihres ehherrn ausgereckte glieder
in Padua an heiiger statte ruhn. Göthe 12, 157 ;
spasz machls männer zu schaun in begeisterung. brauet den
ehherrn
bischof oder auch punsch, und sie dünken sich stracks zu
verbessern
alle gebrechen der weit, ja sie,dOnken sich ordner des hauses.
Voss Luise {a. l. h.) 3. 2, 170.
EHEHIN, olim, vorhin, ehmals: hier besahen wir das alle
schlosz, das eigentlich aus drei, ehehin durch thore und Zug-
brücken von einander geschiedenen theilen oder schlösscru
besteht. Schubert wanderbüchlein 42.
EHEHLNDERNIS. n. impedimcntum matrimonii.
EHEHOF, m. villa domini hereditarii.
EHEHOFSTÄTTE, f. area: wa ouch ieman sitzet in dem
gezwinge, ... der nit huses hat uf der ehofstatL, so man
dem fürgebieten wil, findet in der forster uf der hofstatt, so
seit er im das fürgebot, findet aber in nicht uf der hofstatt,
so soll er einen stein mit den henden oder mit den füszen
umbkeren, und sol im damit gcseit sein, weisth. 1, 34.
EHEHOFTHEiL, m. pars areae: dasz auch dieselben huober
denn mit dem forster in den forst gangenl und da howent
gerte, das inen notdürftig ist allein zu den hofreiten, die man
nemmet ehoftcil. weisth. 1, 10.
EHEHOLZ, n. silva lege prohibita. Hai.tads 260.
EMEHURE, f uxor adultera: gleichwie eine ehehure viel
trewer und gehorsamer ist ... umh des ehebrechers willen.
Luther n, :i~,'. Stielkr s34.
EHEJOCH, n. ;i4<;i<m matrimonii: frei vom chejoch. GonKR
3, 48't.
EHEKETZEKEl, f es haben die leut vor der sindflut zu
nahent in die blutfreundschafl geheirat und eheketzerei an-
gerichtet. Mathbsius 9'.
EHEKIND, n. proles legitima,
KHKKirr. m. miiltha jugalis: dasz man etwas anders als
gelil zum ehekilt mache, j. P. nachlast 4, Um.
KHEKOPPEL, f copula jugaiit: kraft zugelassener beilag
und ebekoppel. Garg. 64'.
1
45
EHEKREUZ — EHEMALIG
EHEMALS — EHER
46
EHEKREUZ, n. calamitas coiijugalis : er hatte sein schweres
ehekreuz.
EHEKRONE, f. marita: seine {Luthers) hochschwangere
ehkron stund Tor dem bett mit nassen äugen. Otho kran-
kenlrosl 43.
EHEKRÜPPEL, m. homo conjugio debilis redditus: dasz du
wider deinen willen copulirt worden wärest, wie ein arme
Jungfer an einen alten reichen, ehekrippel. Simpl. K. bOb ; der
armselige ehekriepel hier, der schon selbst erwachsene und
verheiratete kinder hat, der ehster tage groszvater werden
wird, den soll ein frisches mädchen von zwanzig jähren hei-
raten. Lessi.ng 2, 4S3 ; einen armen, alten, schwachen ebe-
krüppel rausz ich schon mehrere jähre nur so hegen und
pQegen. Göthe II, 309 ;
doch vor allen mag er necken
ebekrüppe], hebesgecken. Armm schaub. 2,i8.
EHELEIBLICH, legitime natus: sein eheleiblicher söhn.
EHELEUTE, pl. conjuges: also auch ist es mit den eeleu-
ten. so nit mee dan ein böser regen oder hader under sie
kumpf, das sie einist miteinander hadern, so hond die dar-
nach kein gut^n tag miteinander nimmer mer. Keisersb. $. d.
m. 42'; diese drei nacht wollen wir beten, darnach wollen
wir uns zusamen halten als eheleute. Tob. 8, 4 ; ewige ehe-
!eut und eins leibs genösse. Garg. 64'. der pl. eeleuter f.
eeleute steht in Gefkens beilegen s. 57. 64.
EHELICH, eonjugalis, oft mit sein und werden : stehet die
Sache eines mannes mit seinem weibe also, so ists nicht gut
ehelich werden. Mallh. 19, 10, ahd. thanne nist biderbi zi gibi-
wenne ; den ehelichen gebiete nicht ich, sondern der herr, das
das weib sich nicht scheide von dem manne. 1 Cor. 7, 10 ; ver-
bieten ehelich zu werden, l Tim. 4, 3 ; die essen und treiben
eeliche werk öffentlich auf dem platz on schäm vor allen.
Frask weltb. 4*; aber er hat endlich ehelich zu werden sich
belieben lassen. Micrälics 3,389; wie könte on ehliche saat
das land erbawet . . . und gottes befehl, die weit zu mehren,
vollzogen werden? Garg.eb'; in ehlicher keuscheit. 66*; der-
halben man recht saget, das die kinder pfandschilling, Stär-
kung und confortatif der ehlichen pflicht seien. 67';
ich weisz dergleichen leute,
die lieber wollen heule
als morgen eblicb sein. Opitz 2, 77 ;
den ehsiand lob ich zwar, nicht aber lob ich wein,
der da mit wasser wil zu zeiten eblicb sein. Logau 1,136,88;
Dubiosa ist sehr schön, reich, geschick: und sonst von gaben,
nur der Juden hobepriester künte sie nicht eblicb haben.
2,85,31;
wann leisten und versprechen nur eblicb wolten werden,
es würden ihre kinder vertreiben viel beschwerden.
3, 193, 10:
die ministerin gieng am ehlichen arme {d. i. an dem ihres
gemahls) an den hof. J. P. Tit. 3, 148 ; ehliche pflicht leisten,
ehliche treue halten, ehliche liebe enveisen. s. auszerehlich,
unehlich.
EHELICHEN, EHLICHEN, matrimonium contrahere, heiraten:
wenn jemand ein weib nimpt und ehelicht sie. 5 Mos. 24, 1 ;
mein schwager wil mich nicht ehelichen. 25, 7. früher auch für
leyilimieren : durch vermählunhg elichen. Frankf. re/l V. 1, 4;
und wenn er schon geehlicht ist,
so halt ich ihn doch^zu der Trist
mein leblag nur Tür ein huriikint. Atrer 204'.
EHELICHING, f. copulatio.
EHELIEBSTE, f. manta.
EHELIEBSTER, m. maritus.
EHELOS, caelebs: ehlos bleiben, ein ehioses leben führen :
dasz du doch nie geboren, oder doch
nur ehlos wenigstens gestorben wärst! Börgkr 51*.
EHELOSIGKEIT, f.
EHELrSTIG, conjugii appetens.
EHFMACHER. m. pronubus, freier, eheschmied.
EHEM.ACHEHI.N, f. conaliatricula.
EHEM.\L, priusquam, antequam: eenial si in tempel ein-
geen, weschen si sich all in gedachtem teich. Fran» weltb.
203". s. ehemals.
EHEM.\LEN, dasselbe: man pflanzet gedachten bäum von
den nussen seiner frucbt, und ee malen si ihre zweig her-
für bringen, so musz man alle nacht sie aufdecken. Frank
vellh. 202".
EHEMALIG, pristinus: wegen irgend einer ehemnhiigen Ver-
schuldung. WiELA.ND 2, 57; ohne seiner ehm.ihliu.n ii.iikungsart
ungetreu zu werden. 2, 109 ; die ehemaligen misvei^iigten.
2, 109.
EHEMALS, antea, quondam, sonst, gebildet wie ehedesseo,
vormals, nachmals, mhd. e mäles. Trist. 367, 7. Dionysius
hatte von Aristipp vernommen, dasz Agathon ehmals ein
Schüler Piatons gewesen. Wielasd 3, 27 ;
ebmals winktest du mir, fuhrer des schweigenden abends.
Stolberg 1, 10;
ehmals tappte er, nun man sollte es nicht sagen, aber wahr
ists, auf allen vieren nur so durch die weit hin. Göthe ;
aus trümmern von dasein und Überlieferung sich eine zweite
gegenwart zu verschaffen und Friederiken von ehmals in ihrer
ganzen liebenswürdigkeit zu lieben. 49, 20. wie man sagt,
von beute, von gestern, bemerkensuerth aucit im 16 jh. für
anlequatn^ bevor: ich wil allen flisz ankeren damit ich glich
ins land kuinme, emals ich verschni {verschneie), dann wan
ich verschnite, so were nichts usz gericht Chsiels «ri. A/art-
milians n' 220 s. 280. vgl. ehemal und das einfache ehe.
EHEMANN, m. maritut: wenn jemand erfunden wird, der
bei einem weibe schleft, die einen eheman hat, so sollen sie
beide sterben, der man und das weib. 5 Mos. 22, 42 ; ein
neuer, frischer, frommer, geduldiger, eifersüchtiger ehemann;
auf künftiger ehmann und mache dich fort! GüMaER 927;
er um kein scandal zu geben, vrar gezwungen die rolle des
geduldigen ehemannes zu spielen. Göthe 18. 212.
EHE.MÄ.NNLICH, marilalis: die ehemännliche gewalt Ad.
Müller elem. der staatsk. 2, 59.
EHEMANNSROLLE, f er solle seine ehmannsrolle so lange
und so gut als möglich spielen. Göthe 18, 305.
EHEMENSCH, n. conjux:
das reich ehemensch vor selm endt
verleszt ein solches tesiament. Atrer fastn. 16'.
EHEMÖRTEL, m. was ehekitt : so wie dumme dorfliebhaber
bei ihren brauten ein gesangbuch zum postiUon d'amour und
ehemörtel brauchen. J. P. jubeisen. 104.
EHEN, ducere in matrimonium, heiraten: Jerusalem heiszt
ein statt, die den fried eben wird. Reis.xee 1, 4'.
EHENÄME, m. nomen matrimonii. Garg. 64'.
EHENDER, prius, Schweiz, ehnder. Toblkr 164', bair. ender.
ScHM. 1,3; hin und wieder auch in büchem: kam ehender
als sie. Simpl. K. 315; ehender als ichs mich versähe. Pierot
1, 215 ; Hohberc 3, 73' ; ein superl. ehndest primuni steht zur
seile, dagegen mangelt ein positiv ehend, wie er doch mit com-
paralivbedeutung mhd. aufzuweisen ist, Jsib. 204, 4. 370, 2. 403, 2.
410, 2. 1563, 2 hat Lacbxamn 'end' aus A. beibehalten oder her-
gestellt und sieht darin etwas sächsisches, thüringisches, wozu
das heutige auftreten in Oberdeutschland nicht stimmt, ein
öslr. beispiel Neidh. 234, ein tirolisches ent, vor ent bei Haupt
6, 425. 429. über dieses end und ehnder zu urtheilen hat
nicht geringere Schwierigkeit als über eh und eher, vielleicht
sind beiderlei formen von ^einander zu halten, end könnte
sogar zum lat. ante und antequam fallen, dann aber zum
altn. ädr, idur prius, das schwed. dän. nicht mehr da ist.
end scheint nun, wie i, bereits comparativischer bedeutung,
folglich kein wahrer positiv, ehnder also unorganische forlbil-
dung ganz wie eher. i. eher.
EHENSCH.MIEDE, f. fabrica connubiorum, das schottische
Grelnagreen. ärmms nov. 2, 77. s. eheschmid.
EHEORDNUNG, f. lex de maritandis.
EHEP.A.AR, n. par conjugum: er hatte den pfarrer de.5 orts
beredet, das ehepaar aufzunehmen. Göthe 19, 55 ;
denn es erinnerte sich durchs ganze leben das ehpaar,
dasz die geschickte band den ersten knoten geschlungen.
40, 302.
EHEPACTEN, tabulae nuptiales.
EHEPF.AND, n. pignus amoris eonjugalis. kinder heitzen
ehepfänder. s. pfandschilling in der vorhin sp. 45 angezognen
stelle FisciiARTS; ist ihr ring da an ihrem finger das ganze
ehepfand ? J. P. teufelsp. 1, 12.
EHEPFLÄNZLEIN, n. proles.
EHEPFLICHT, f. debitum conjugale, ehliche pflicht: ob sie
würde gezwungen bei dem andern zu ligen und im die ehe-
pDicht zu leisten. Luther 5, 240'. s. ehespflicht und ehe-
schuld.
EHEPLAGE, f. molestiae eonjugii.
EHER, prius, antea, ahd. h, mhd. ^r, doch selten, meistens
e, nhd. eh und eher, die apocope des r wie in dk für dir,
hie ßr hier, m6 für laer, nur gleicht diese letzte nicht genau,
47
EHER
EUER— EHESCHATZ
48
weil in mer das r eomparaliviscli war, wie gotk. mais, lat.
magis, in er aber hartes, der Wandlung in s unausgesetztes r
liegt, der goth. comp, lautete nicht ais (wie ais »= ahd. ir,
aes), sondern airis (tcie framis, haldis, hauhis), geht also
zurück auf den positiv air, Tiptoi, mane, der comp. adj. ist
airiza, wo dtm air sichtbar das comparativische iza zutritt,
der nicht vorrätige superl. würde airist sein, das r in air
entspricht dem in sair, ahd. s6r dolor. Graff teuscht sich,
venn er 1, 434 an air comparativelemenl findet, das darin so
wenig liegt als in faur, ahd. furi, comp, furiro, superl. furislo;
jeder Gothe fühlte es in mins, mais, airis wie in minniza,
maiza, airiza. ahd. aber, als die adverbia comp, paj, niin,
4r ihrer bezcichnung verlustig giengen, folglich die merkmale
des Unterschieds beider grade für er schwanden, wird begreif-
lich, warum dieser form, und gleichergestalt dem mhd. 6, bald
die bedeutung von antea, bald von prius zustehen konnte,
welche freilich schon ihrem sinn nach einander nahe liegen,
weil das ehere in das erste, prius in pridem übergeht, wie
dem mhd. tr scheinbar die form von mfir gleichstand und beide
sieh in i, mi abstumpften, hatte schon das ahd. eriro =
airiza ein unorganisch erweitertes meriro == maiza nach sich
gezogen, welchen mhd. hre und merre folgte, während nhd.
nur der ehere, nicht der elirere neben mehrere besteht, im
superl. der erste (ahd. aristo, mhd. Srste) dauert, seilen der
eheste vorkommt, vgl. ehestens und die nebenform ehender,
ehnder. nnl. wird gesteigert eer, ecrder, eerst. die stufen
des ags. adverbiums sind in Ordnung mr pridem, mane, aeror
prius, aerost primum; alln. gilt nur der positiv är mane, für
air, wie sdr für sair {gramm. 1, 458).
Den oben bei eh und ehe vorgetragnen fällen treten auch
für eher zur seile
1) eher, antea, prius, vorher, ehmals, sonst : eher nimmt die
frau Kichardin keinen besuch an. Gellert 3, 136 ; wer hat meine
kleine schöne lanze? ich traf wol eher den geier im fluge.
ich wilis nidit fehlen dies Römerherz. Klopstock 8,162; es
hat doch wol eher ein esel einem profeten einen guten rat
gegeben. Wieland II, 181 ; bin ich wol eher um des vierten
theils willen ausgeritten. Göthe 8, 78. man sagte je eher
je bülder, prius cilius; wer eher kommt, der melt eher.
2) eher, potius, lieber, vielmehr:
alle die bei bofe dienen, achten sich als andre höher.
kluge rühmen als die dienste ihre freiheit billich eher.
LoGAU 3,261,251;
ein Jüngling, wolgebaut, schlank, eher ein wenig zu grosz.
Göthe n, 199 ; einem groszen see, eher ein sumpf als ein
see. IS, 63; es sind eher bücher, die ich nicht wegwerfe, als
die ich aufliebe. 20,66; Mignon hat sich diese beiden letzten
tage eher verschlimmert. 20,150; als der körper nach einigen
tagen keine zeichen der fäulnis von sich gab und eher weiszer
und gleichsam durchsichtig ward. 20,280; so kann mein buch
nie der vorv*urf treffen, dasz man darin, wie im Grandison,
zuviel thee consumiere, eher zu viel starkes getränk geht
auf. J. P. Tit. 2,133; er ist eher klein als grosz.
S) eher als, priusquam, antequam:
eher todt als ungetreu. Gönthir 236 ;
auf die thore fünfzig büschel reiser hinschaffen mit der Wei-
sung solche nicht eher noch später als zwischen sechs und
sieben uhr anstecken zu lassen. Schiller 1096*.
4) ehe — eher: und ehe sie sich in ihrer nachmittagsan-
dacht stören läszt, eher ISszt sie berr Simonen und zehn
andre freier wieder fortreisen. Gellert 3, 136 ;
eb an die ferse lockien wir .selbst durch griiszjiche (baten
uns die Erinnyen her, w.-i^ten es eher des Zeus
hartes eericht arä rollenden nid und nin felson zu dulden,
als ofem reizenden dienst unser geniiit zu enizieho.
GÖTHI 1, 263.
5) eher — eh:
auch den tobn, der eher starb, eh er anfleng hier tu leben.
LocAU 2, 47.
6) eher — bis: die meisten Schriftsteller schätzen niemand
eher hoch und halten niemand eher für ein genie, bis er in
hundert bogen bewiesen hat, dasz er ein narr sei. £. von
Kleist 2,100.
7) ag$. triU der conjunction bvttnne sr hinzu, im sinne
ton paulo ante, allt. bunn tr diückt aus donee, bis dasz,
dum modo, wenn nur; nul. und nd. pflegt aber häufig dem
wann ein eer und eher beigefügt zu werden, sowol dem be-
dingenden als fraqenden: wanneer bij de noodige niiddelen
gebruikt bad, leefde bij nog; laat hij kuincn, wanneer bij hü;
wanneer vertrekt de post? in Norddeutschland wird auch
von hochdeutsch redenden wann ehe, wann eher, Üiür. sdchs.
wennc^hr verwendet, man kCinte sich bei der bedeutung von
eher beruliiyen, erschiene nicht altn. hvSnaer, hvinaer, ddn.
hvornaar, mit der partikel naer, dän. naar, schwed. när ge-
bildet, welches naer doch prope nahe, propius näher ausdrückt ;
die Zusätze eher und näher haben gleichen anspruch darauf,
der vorangehenden partikel nachdruck zu verleihen {vgl. her-
nach ehest). Lessing oder Moser möchte leiclit ein solches
wannehr entschlüpft sein.
EHER, n. spica, arista. s, aber, ähre.
EHERECHT, n. jus matrimonii.
EHERER, m. spicarius, halmleser, stupfler (stoppler). Die-
fenb. 546*. goth. ahsareis? ahd. ahiräri, eheräre, mhd. eheraere.
EHERING, m. annulus pronubus, trauring: der lector be-
wies, dasz ßouverot sein ritterkreuz, schon aus babsucht,
nie gegen den ehering vertauschen werde, welche absiebten
er auch auf Lianen habe. J. P. Tit. 2, 171 ;
einst grif ■M>gar nach spanischem ehering
habgierig O.sU'eich. Platbn 117.
EHERMALEN, was ehemalen: so wie wir denn wol eher-
malen blutfremden gethan, die uns gar nichts angegangen.
Felsenb. 4,197.
EHERN, spicas legere, spicare. Diefenb. 48*. 176*. ahd.
ehirön. Mones anz. 4, 367. mhd. eheren. Haopt 2, 228.
EHERN, aereus, aheneus, ahd. mhd. erin, das zum grund
liegende uralte subst. £r, goth. aiz, lat. aes, skr. ajas ist uns
verloren und wird vertreten durch erz; freilich, schrieben wir
dafür noch eher, es würde sich mit eher prius und eher
spica mischen, unser adj. ehern ist nicht gebildet wie höl-
zern, beinern, steinern, sondern sein r gehört schon dem sg.
des subst., es steht also für eheren und hat
1) seine natürliche bedeutung : fünfzig eherne hefte. 2 Mos.
26,11; und soll inen (den fünf seulen) fünf ehrnen füsze
gieszen. 26, 37 ; du soll auch ein ehern gitter machen, wie
ein netz, und vier eherne ringe an seine vier ort; ein ehern
topf. 3 Mos. 6, 28 ; mache dir ein ehrne schlänge. 4 Mos. 21, 8 ;
von krügen und ehrnen gefeszen. Marc. 7, 4 ; die eherne bild-
seule. Lessing 1, 141;
stürmte das ehrne geschosz. Od. 21,423;
also redete jener, und zog das geschliffene schwert au(,
ehern, mii doppelter schneid. 22, SO;
rannte Telemachos schnell den ehernen sper in den rücken.
22,92;
ist denn der himmel ehern über mir?
dringt meine jainmerstimme nicht hindurch? Göthk 9, 372,
wie ein ackersmann um regen (bittet), wenn der himmel ehern
über ihm ist, und um ihn die erde verdürstet. 16, 130. im
letzten beispiel kann man auch ei:te vergleichung sehen.
2) bildlich im vergleich: denn ich weisz, das du hart bist,
und dein nack ist ein eisern adcr und deine stirn ist eherne.
Es. 48,4; das eherne Zeitalter;
doch es schmiedete
der gott um ihre stirn ein ehern band. Göthi 9, 17;
du hast wölken, gnädige retterin,
einzuhiilien unscliulilig verfolsite,
und .'Ulf winden dem ehrnen gcschick sie
aus den armen, über das meer ... zu tragen. 9,25;
durch ein ehernes geschick. 13, 300;
mit den ehrnen, frechen füszen. 0, 51;
du weigerst dich um>onst. die ehrne band
der noih gebietet. 0, 76;
0 faase mich, gewall, mit ehrnen fOszen. 0, S71;
wahrlich dem ist kein herz im ehernen busen. 40, M7;
nach ewigen, ehrnen
groszen gusetzeii. 2, 87.
EHERN, adv. nein, sagte Albano ebem und mit der freund-
lichkeit eines leichnams, welche nachsterben bedeutet. J. P.
Tit. 1, 109.
EHERNHUFIG, ungula ahenea praedilus:
hieb das ebornhufltre gespann
abseits vom •chlachigotummcl an. DBroii 16)*. 168*.
EHESACHE, f. causa conjugalis.
EHESCHANDER, m. conjuyü violator: die pfaffen, so frawen-
reuber, eheschender und burenjeger sind. Luther 8, 517.
EHESCHATZ, m. 1) was braulschatz, dos. i) kotewort unter
ehleuten für beide geschlechler, wie ehiiebste, ebliebster, be-
sonders üblich in der zweiten hälße des 17 und trsttn des
is jh., heute heiszt es bloss mein acbatx!
^
49 EHESCHEIDUNG— EHEST
du helfte meines herzens,
mein ehschatz gute nacht!
vergisz des herben schmencns,
der dich zum witwer macht. Göäthir 1082;
solin wir durch trou das heil selbst auf den ehschatz weuen?
LOHKXST. Soph. 10, 307 ;
sobald der eheschatz {die frau) den fusz ins haus setzte, pol.
maulaffe 2S9; ich aber tröstete sie und meinete, weil es
heller mondenschein, würde ihr eheschaU schon noch zurücke
kommen. Felscnb. l, 200 ; befand sich mein werther eheschaU
zwar wiederum bei völligen kräften und sähe in ihrem 35 jähre
noch so schön und frisch aus als eine Jungfrau. 1, 285 ; dasz
sie mich als ihren herrn und eheschatz ehren solle, ehe eines
mannes 3S5; aber wieder auf meines unwürdig gewesenen
eheschatzes übeles verhalten zu kommen, ehe eines veibes
222; wolle der himmel, ich könte so glücklich sein einen
solchen herrn zum eheschatz zu bekommen. Leipz. avant.
2, 57 ; mit bitte, mich nicht zu verschmähen, sondern zu ihrem
eheschatz anzunehmen. 2, 167 ;
als Doris, die freundliche schöne,
den Vorzug der freiheit verlor,
und man ihr nach langem gehöne
den häszlichsien ehschatz erkor. HAeKDoas 2,88.
EHESCHEIDUNG, /. divorlium, repudium: es half nichts
als ehescheidung; die ehescheidung wurde getroffen, vorge-
nommen.
EHESCHEIDUNGSKLAGE, /.
EHESCHEIDUNGSSACHE, (.
EHESCHEU, pavens connubium:
dennoch erzählt man,
da«z manch geistlicher herr ebscheu in die zelle sich einsehlieszt.
Luise a. l. h. 3, 2, 129.
EHESCHEU, f. formido eonnubii.
EHESCHLIESZUNG, f.
EHESCHMID, m. Arnims not. 2, 89. s. ehenschmiede.
EHESCHULD, f. debilum conjugale, ehepßicht: so sol er
ir an irem futter, decke und eheschuld nicht abbrechen.
2 .Mos. 21, 10.
EHESCHULDIG, quod conjUgibus debetur: in eheschuldiger
reinigkeit. Fischart ehez. 72.
EHESEGEN, m. 1) benedielio matrimonii sacerdoialis.
2) suboles legitimo matrimonio nata, kindersegen : solle aber
frau Cyrilla für ihm {ante marilum) ohne ehesegen dahingehen.
Grypbiüs 1, 836 ;
und als um ehesegen
er nun zehn lange jähr
dem himmel angelegen. Röckert 433.
EHESPFLICHT, f. matrimonii vinculum:
Sylvia ist nicht mehr hier,
des schneeweiszen leibes zier
ist schon lengst zu grabe kommen;
deine bat ein^andrer mann,
wann ich mich erinnern kann,
an den schönen Main genommen:
jene denkt hieher mehr nicht,
diese lebt in ehespflicht. Opitz 2, 60 (62).
das s in ehes teie in liehespflicht, hochzeitstag, achtserklä'
rung, fehdesbrief «. a. m.
EHEST für erst, in der bedeutung von proximus, adjeeti-
visch und adverbial, man vgl. das zu eh und eher bemerkte:
1 Tim. 3, 14 schrieb Lütber 'aufs schirst', spätere ausgaben
setzen 'aufs ehiste'; bat ihn hierüber ein bedenken und rat-
schlag zu machen und aufs allerehest {es steht ehehest) zu
fertigen. Avrer proc. 1, U ; mit ehesten schiffen wieder nach
Grünland schicken, pers. reiseb. 3,4; damit ich ehest dahin
abfahren möge. Opitz Arg. 2, 23; denn kaum war meine trauer
vorbei, so dichtete ich schon tag und nacht, wie ich meiner
letztverstorbenen gemahlin wiederum ehest ersetzen wolle.
ehe eines mannes 323 ; machten derowegen eifrige anstatt mit
ehester gelegenheit nach hause zu kommen. Weise erzn. 464 ;
ehister tages wieder dahin segein. Felsenb. 1, 315 ; ich fühle
dies Unglück am ehesten, primus; alle mittel, welche zu-
gleich am gewissesten und ehesten zu diesem ziele führen,
sind die besten. Wieland 2, 260; denkst du nicht dies brächte
die sach am ehesten zum schlusz? 9,204; der ehster tage
{propediem) groszvater werden wird. Lessing 2, 4S3; das ver-
sprochene buch hoffe ich dir ehester tage zu schicken. Göthe
6'"« Merk 1, 376 ; wir müssen ehsten tages hetzen. Göthe 15,42;
ich will ihn ehster tage besuchen. 16, 13. die neben ehester
tage gültige formel ehester tages ist zu nehmen wie allerdings,
III.
EHESTAND — EHETAG
50
Bchlechterdings, platterdings, freierdings statt dinge, nnl. sagt
man eerstdags. vgl. ehestens und ehestes.
EHESTAND, m. matrimonium : ehestand, ehrenstand; ehe-
stand, wehestand; die neulich in ehestand kommen waren.
8 Mace. 4, 6 ;
der ehstand ist rar «it dem uhrwerk zu vergleichen.
LoGAC 1, 105,40;
Picns nahm die dritte frau, immer eine von den alten,
wolle, mein ich, ein spital, schwerlich einen ehstand halten.
3,38,91;
Graea ist ganz überhäszlich, drum sie dann auch fromm ver-
bleibet,
wo sie nur nicht mit gedanken, wie man sagt, den ehstand
treibet. 3,158,18;
den irdschen u-ieb der lüsternbeit
entsündigte des ehstands Schuldigkeit. Hagedorn 2, 105.
EHESTANDSBIRNE, f. nach Nemsich die graue herbstbime.
EHESTANDSFESSEL, f.
EHESTANDSFREUDEN, LEIDEN.
EHESTANDSKREUZ, n. was ehekreuz: man macht die mäd-
chen vor der zeit alt, und sie kommen in das ehestands-
kreuz, ehe sie recht anfangen zu leben. Rabeneb 3, 272.
EHESTANDSORDEN, m.
EHESTENS, EHSTENS, proxime, riächstens: i. f. gn. aber
wollen solches ehestens thun. Schweinichen 1,363; ich habe
nichts mehr zu schreiben als dasz ich dich bitte, die rest-
gen, so wegen meiner müh aufgelaufen, ehstens abzuführen.
Weise kl. leute 96; schon eine wirkliche mitmacherin sei,
oder sich doch bei diesem unerlaubten handwerk ehestens
werde aufdingen lassen, ehe eines weibes 29; mein söhn wird
ehestens hieher kommen. J. E. Schlegel 2,308; wir hoffen
diese rede ehestens nach einer richtigem handschrift heraas-
geben zu können. Klopstoci 12,73;
gut. schon dank ich euch, götter, ihr habt den glücklichsten
menschen
ehstens fertig : denn ihr gönntet das meiste mir schon.
Göthe 1, 357 ;
ich will nun suchen, auch sie ehstens zu sehen. 16,23; in-
dem Charlotte vernahm, dasz sie ehstens geschieden werden
sollte. 17, 111 ; laszt sie, sagte er, sie wird noch ehstens ganz
nackt auf das theater treten und dann wird erst der beifall
recht vollkommen sein. 19, 258 ; sein programm wird ehestens
gedruckt werden. 43, 122.
EHESTES, ERSTES, dasselbe: ich verheisze hiermit ehe
stes alle dasjenige, was ich von dergleichen Sachen bei han
den habe, in gewisse bücher abzutheilen. Opitz poet. 25;
wie, dasz uns wil die zucht zur Sicherheit gelangen!
dieweil der letzte tag die weh will ehstes fangen.
LoGAD 1,26,90;
' Christus hat durch erstes kummen
uns des leufels reich benummen,
kümmt er ehstes nicht herwieder,
kriegt der teufel meistes wieder. 1, 150, 48
wer diese gift nimt unbesunnen ein,
wird ehstes seeienarm und sinnenlose sein. 2,S1,22.
EHESTEUER, f. dos, bräutsteuer: dieweil da mit einer
andern zehenfach und mehr zu einer ehesteuwer magst be-
kommen. kiRCBBOF «endunm. 300'; ein halb königreicb za
einer ehesteuer geben, wegkürzer 10*.
EHESTIFTER, m. nuptiarum eonciliator.
EHESTIFTERIN, f. nuptiarum coneiliatrix.
EHESTIFTUNG, f. nuptiarum conciliatio und dann tabulae
matrimoniales, was ehepacten : und sie namen einen brief und
schrieben die ehestiflung. Tob. 7, 16; eine ehestiftung auf-
richten. Weise eomöd. pr. 333; dasz die ehestiflung in ein
rechtbuch geschrieben wird. 322; damit suchen sie nur ge-
legenheit, die vorige ehesliftung zu hintertreiben. 313; eine
wol abgefaszte ehestiflung mit dem neuen gemahl aufzurich-
ten, ehe eines weibes 119 ; setzte die ehesliftung vortheilhaftig
für ihn auf. 120.
EHESTREIT, m. rixa inter eonjuges.
EHESTREITIGKEIT, f.
EHESTCNDLEI.N, n. horula conjugalis d. i. tempus amort
opportunum, Schäferstündchen: wenn es auch einen strausz
mit Steffen absetzt und er mich Abel schlägt, was ists mehi
als ein böses ehestündlein? Mosaecs.|
EHET.\G, ff», dies matrimonii intti:
wenn ich. am ersten ehetage,
nicht in dem reizendsten prospect
die ehe dir zu zeigen wage. Gökingk 1, 121.
die ältere spräche scheint auch ein itage (schwacher form wie
lebtage, nackettage, jdmertage u. a. m.) gekannt zu haben mit
51
EHETAGEN — EHE WIRT
EHEWIRTIN— EHR
52
dem sinne von echttage. Haltaus 250. 251. GonnELF selxt
noch ehtage ßr ehverlrag.
EHETAGEN, ETAGEN, spondere nuptias. Stalder 1, 336.
EHETEUFEL, m. tnotor discordiae inter conjuges, dann auch
mala conjux.
EHETBAUTIN, f. ein allerer ausdrudc für eheliebste: die
ehetrutin Juno. Fischart ehz. 34.
EHETRENNLNG, f. was ehescheidung.
EHETREUE, f. fides conjugalis:
eidebrecher, mencbelmörder,
Verführer fremder ehetreu. Herder 8, 137.
EHETROPF, m. niiscUus mariius : er liesz von einer ge-
liebten allezeit noch soviel übrig, dasz noch eine ehcfrau
für einen ehetropfen daraus zu machen war. J. P. uns. löge
1,68.
EHEVATER, m. pater legitimus: mit welchen grillen oft
die eheväter nach neun oder zehn flittermonatcn auftreten.
J. P, 37.44.
EHEVERBINDÜNG, f. matrimonium.
EHEVERBOT, n. interdictum matrimonii.
EHEVERKNÜPFTE, f. malrimonio juncta. Garg. 67*.
EHEVERLÖBMS, n. sponsalia.
EHEVERLOBT, desponsatus :
mit ihrem eheverlobten ritter. Athkr 283'.
EHEVERMÄHLUNG, f. matrimonium : ein ring, welcher mei-
ner mutter vom vater geschenket ist in der ehevermchlung.
buch der liebe in, 2.
EHEVERSIPPT, malrimonio junclus : zwo getreue ehversipte
hende förderen mehr als acht frembde. Garg. 1b*.
EHEVERSPRECHEN, rt. sponsalia.
EHEVERTRAG, m. pactio nuptialis.
EHEVERTRAULICH, familiaris-: ehTcrtrauliches gespräch
zwisriien Danischraend und Perisadeh. Wieland 8, 82. 359.
EHEVERTRAUT, was ehegetraut: von der Maria, Josephs
ehevertrauten. Ayrer proc. 1, 1.
EHEVOGT, m. maritus, in dessen mundium die frau sich
befindet: wann sie {die weiber) sehen, das ihnen ihre ehvögt
die eigensinnigkeit begeren zu weren. Fischart ehz. 15; der
gekrönte ehevopt wurde von ihr {der fürslin) mit so viel war-
mem anstand empfangen. J. P. Hesp. 2, 44 ; er bot ihm einen
beschäler an, einen solchen ehevogt eines roszharems, wie
man wenige gesehen, uns. löge 1, 22.
EHEVOLK, n. conjuges, ehleute: do wir nun in die statt
kamen und herlierg hatten bi eim alten par evolk, und was
der man stokblind. Plater 32;
ein par böses ebevolk «chafl
unrbu der ganzen nachbarschafl. Fiscuart ehz. 28;
altes ebvolk, als die jungen, lieben auch nicht minder,
wo ja nicht wie ehgenossen, dennoch als die kindcr.
LoGAU 2, l(i6, 35;
welches paar ehevolk umb so viel desto mehr bedauret wurde,
weil sie einander nur ein juhr gehabt hatten. Simpl. K. 139;
ein paar ehevolk. Hohberg 1, 94. in allen stellen entspricht
das paar ehevolk dem lal. par conjugum.
EHEVOR, u-as ehebevor, zuvor.
EHEWEIB, n. conjux, ehefrau, mhd. iwip, f'kone. du bist
des tods umb des weibs willen, das du gcnomen hast, denn
sie ist eines manncs eheneib. 1 Mos. 20, 3 ; ein eheweib des
Lapidotb. rieht. 4, 4 ; denn eine hure bringt einen ums brot,
aber ein eheweib fehet das edle leben, spr. Salom. (i, 26 ;
gesellen treue nicht besichi,
ehweibs treu über alles geht. Siiroci n*179l ;
versprichst du, als christliches ohwoib,
freude mit ihm und kummer, wie gott es fügt, zu ertragen)
Luise 3, 329.
EHEWESEN, n. res conjugalet: wie dann auch das ehe-
wesen aus lugend entspringet. Garg. 69*.
EHEWERBER, m. procus, freier.
EHEWERBU.NG, f. procatio, das freien, werben um ein«
frau.
EHEWETTERSCHEIDE, f divortium. J. P. jubelten. 123.
EHEWILLE, m. propentio ad connubium, ehelusl: und ist
die braut liebe oder ehewille ein natürlich ding von gotl cin-
gepflanzet und eingegeben. Luther 5, 252'.
EHEWIHT, mariius, ehegemalil:
mein lieber hnrr und eh^wiri, insi^st du
•in redlich wort von dt-ineui weib Teroebmanl 8cinLu6t9*;
dasz sie ihrem ehewirte keine liebe bewiesen. Micrälids 1, 101;
eine tugendsame hausmutter verwechselt auch zuweilen ihre
kleider, damit sie allezeit für den äugen ihres ehewirts sauber
und rein erscheinen möge. Scriver seelcnseh. 1, 297 ; eine ehege-
nossin handelt ganz vertraulich mit ihrem lieben ehewirt.
1, 710 ; sasz mit ihrem lieben ehewirt am tische, ttriic. doct,
anhang 143. s. wirt.
EHEWIRTIN, f marila : von Maria des priesters und Anna
feiner ehewirtin tochter geboren. Ayrer proc. 2, 2.
EHEWUNSCH, m. volum conjugale:
spanne meinen schwachen mann, spann ihn aus o himmel, dochl
seufzet iMooris, und ihr mann: himmel, ach zerbrich mein joch I
LoGAU 3, 164, 52.
EHEZERTER, m. pactum nuptiale, ehcverlrag, von zerter,
pactum, certificatio. Adelung setzt ehezarter.
EHIST, Kas ehest : die deutsche spräche, von welcher etliche
jähre her hofnung gewesen, dasz sie sonderlich durch ver-
mittelung poetischer Schriften, des eingemengten wesens der
ausUinder ehist möchte befreiet und in ihre alte zier und
reinigkeit wiederumb eingesetzet werden, hat zu ihrem Un-
glücke gleich eine solche zeit angetroffen u. s. u>. Opitz 2, 243
(246).
EHLE, f ulna, dehnung des üblicheren eile : es werden die
tuchleut nicht bald am daumen lahm, dann sie lassen ihne
neben der ehl nicht feiren. Fiscuart groszm. 90.
EHM, EHEM, ärcumcirca, e regione, führt Stibler 360 mit
dem beisatz an 'rarum est!, sollte es nur verderbt sein aus
um, bei Flemipjg um, ahd. umpi?
EHMELN, was das folgende, ammeln, emmcin. Schm. 1, 54.
EHMEN, nulrire, was ammen, ömen 1, 279, ätzen von vögeln
gebraucht: die vogel paren sich und zeugen jungen und ehincn
dieselbigen und pflegen ihrer mit sonderlichem fleisz. Alherus
ehcbüchlein 1565. 177'. in der Volkssprache auch von hindern :
nor bot se sich derbei ä bissi als gescheemt,
un derzwische rechts un liniis die liinner als geehmt.
Lkmnig etwas tum lachen. Mainz 1846 s. 44.
EHNI, m. avus, Schweiz, ähni, mit den aufwärts steigenden
stufen urehni, pfuchehni (pfuipfuchehni), guckehni (stinkehni).
Stald. 1, 92. vgl. Haupts zeitschr. 1, 23.
vater, wo gehst du hin? nach Altdorf, knabe,
zum ehni, willst du luiil ja freilich will ich.
Schiller 532'.
EHR, m. dornt«««, könnte gedehntes er scheinen, Stalder
1, 338 stellt sogar den bekannten gegensatz von er und sie :
ists ein er oder sie? unter der Schreibung eher auf das
hier gemeinte er war umgekehrt schon mhd. kürzung von her,
her, was auch an Luthers häufiges er fttr die parlikel her
gemahnt, vor eigennamen und titeln gieng mhd. hör oß in
er über: er S'ifrit. JVJ6. 291,3. 302,1. er Hagene. 836,1. er
Liudgasl. 169, 3. er Gernot. 690, 2 ; er Erec Er. 4586 ; er
Kit. 4722; got und er Gäwein. Iw. 4865; da; senen hedaht
er Iwein. 2962, wo auszer A. alle andern hss. her lesen, be-
weisend für die deulung ist der oblique casus ern bei Leyser
8, 34 sern lobes = des herm, also auch ern Slfrides, herrn
Siegfrieds, dieselben formen dauern nhd. fort m der Schrei-
bung ehr und ehrn. Frisch 1, 228' hat beispiele von dom-
herrn und ritlern, und oß mit noch vorgesetztem herr, wie auch
herre her gehäuß wurde {s. richtsteig ausg. von Huxever s. .s38,
der nur nicht das zweite her für ein adj. hatte nehmen sollen,
wenn gleich hfirre ursprünglicli superl. von her ivur). so hicsz
es er Albrecht von Lindenau ritter; unser gu. herr er Caspar
bischof; wir er Busse von Oueriurl; ich er Johan Friderici
probst; «rrtj; sieht auch Frisch darin das pronomen er, was
schon die Schreibung ehr widerlegt, 'ha', sagt ehr Janolus, 'esel,
eselskopf, du schlieszest nicht in modo «t ligura'. Garg. 157',
der nemliche, der vorher ineister Jaiiotu» ketszt. so attderwarls
ehr Kramer, ehrn Krauters, ehr mugistcr, ehrn magistcrs; es
ist Unverstand schon dem num. ein obUquet ehrn, ehren bei-
zusetzen, wie Borger 48' thut:
hierauf sprang ehren Loih herbei
mit brausen und mit vrhn.iirhen ;
ehre honor liegt deni ausdruck unverwandt. d/in/iVA. .^..m...;
erfuhr frau in fer oder vcr 6«» der anrede, vgl. auch domine
2, 1235.
EHR, priut, nicht gekürzt aus eher, sondern das alle <r:
so ehr erspar ich mir ihn euch tn rühmen.
ernte gut alles gut 2, 1.
^ tun «0 eher, desto mehr.
53
EHRABSCHNEIDER — EHRBlETiG
EttRBIETlGKElT — EHRE
54
EHRABSCHNEIDER, m. qui praecidil altert honorem, de-
trectaior. Keisersb. s. d. m. 27'. 29'.
EHRABSCHNEIDIG : das im nit etwan entwüsche ein eerab-
schneidig wörtlin. Keisersb. s. d. tn. 28*.
EHRBÄR, honestus, decorus, bei Kkiskhsbebg erber, mhd.
firbaere, rtnl. eerbaar, vgl. ehrsam.
1) auszeichnendes epithel und titel: ein ehrbarer rath, kauf-
mann {d.i. kauf mann schaß); kam Joseph ?on Ärimathia, ein
erbarer ratsherr, welcher auch auf das reich gottes wartet
Aforc. 15, 43, goth. gaguds ragineis; ein ehrbar rath iren statt-
schreiber mit sich nam. Kirchhof tcendunm. 132'; die ganze
ehrbare weit.
2) ehrsam, sittsam, züchtig : der frome erbar man. 2 Mace.
14,37; die andechtigen und erbarn weiber. aposlelg. 13,50;
die diener sollen erbar sein, l Tim. 3, 8; was erbar, was
keusch, was lieblich, was wol lautet. Philipp. 4, 8 ; das sie
nüchtern seien, erbar, züchtig. Tit. 2, 2 ; ein erber man.
Keisebsb. s. d. m. 25"; erber lüte. 30'; wäre angegeben
worden, sam ich ifg. verraten wolte und wäre bei herzog
Fridrichen so lange gewesen und mit ifg. practiken gemacht,
welches denn niemalen beschehen, ich auch zu erbar dazu
gewesen. Schweinichen 1, 34" ; sein gang war so erbar, wie
eines neugebackenen magisters. pol. maulaffe 52; 'ihr auf-
zug gefiel dir doch nicht, will ich hoffen?' so recht ehr-
bar ist er nun wol nicht, liebe Perisadeh. VVieland 8, 284 ;
die schönste und ehrbarste frau von ganz Assisi. Göthe
27. 189.
EHRBAR, honesle, modeste: ehrbar stolz ist neunmal stolz.
SiMROCK 184t ; ehrbar und fromm dringt durch die wölken,
das andre musz zurückbleiben. 1842;
und es nahte der redliche Hans mit dem weinkorb,
ehrbar, zuckle den hut und redete zu der geselJschaft.
Luise 1, 487;
und wenn ihr halbweg ehrbar ihut,
dann habt ihr sie all unterm hut. Göihe 12,100;
ein bette, darin der gedankenstrom ordentlich und ehrbar
hinströmt. Claldics 1, 42.
EHRBARKEIT, f. honestas.
1) epithel, anrede vornehmer leule:
darumb ist euch all erbarkeit
hold under der ganzen landschaft. Theuerdank;
der allergrimmste trotz darf sich nicht unterstehen
nach eurer erbarkeit in den pallast zu gehen.
Grtphics 1, ö86.
2) honestas morum: fleisziget euch der erbarkeit gegen
jedermann. Rom. 12, 17 ; die rechtliche ehrbarkeit. Käst 5, 37.
EHRBARLICH, honesle: lasset uns erbarlich wandeln, als
am tage. Rom. 13, 13 ; auf das ir erbarlich wandelt gegen die,
die drauszen sind. 1 Thess. 4, 12 ; dasz jeder den andern ruhig
und ehrbarlich auf seinem pferd, esel, pudel oder stecken
reiten lasse, so lange gott will. Wieland bei Merk 1, 341 ;
ein altes mütterlein mit blauer nase setzte
sich ehrbarlich auf ein gesiül. Pfeffel5, 73.
EHRBEFLISSEN, honoris Studiosus, s. ehrengeflissen.
EHRBEGIER, f. honoris eupido:
sein antlitz glüht vor ehrbegier
und herscht den sieg herbei. Klopstock.
EHRBEGIERDE, f. dasselbe:
bes.isz er habsnchi oder ehrbegierde,
er wäre längst vor meinem thron erschienen. Scuilur 275*.
EHRBEGIERIG, ambitiosus:
eine ehrbegierge
und schlimme menschenart sind diese priester. Schiller 220*.
EHRBEGRIF, t». idea honoris.
EHRBELOBT, honorifice laudatus.
EHHBEKALBÜNG, f. privatio honoris.
EHRBEVVEISUNG, f. reverentia: mit ehrbeweisung, vene-
ranter. Dasvpodiüs 256*.
EHRBIETEN, honorem offerre, venerari: daher man lieset
in der schrift, das anbeten oder ehrbieten euszerlich on un-
terscheid erzeigt ist beide gott und königen. Luther 2, 227* ;
hie hilft kein demütigen noch ehrbielen. 4, 540*. urspriinglich
getrennt, wie mhd. ere bieten. Parx. 750, 13. Iw. 750.
EHRBIETIG, venerabundus, heute ehrerbietig, nnl. eerbiedig,
ddn. arbudig. durch misverstand scheint aus eerbietig erbietig
und ehrerbietig geworden.
EHRBIETIGKEIT, f. reverentia, ehrerbietigkeit. nnl. eerbie-
digheid : so fern sie sein wort in aller ehrbietigkeit annemeu.
Mathesics ö'.
EHRBIETüNG, f. observantia, ehrerbielung : einer kome
dem andern mit erbietung {so lesen frühere ausg.) zuvor.
Rom. 12,10; weil man nicht lieset, das die apostel haben
dem sacrameut ehrbietung gethan, noch angebetet Lutbei
3, 357'.
EHRBRUCH, m. honoris violatio:
es braucht ein böser mensch da« schweren wie ein tuch,
damit zu tlicken aus xucht- ehr- und tugendbruch.
LOGAD 1, 164, i.
EHRDRANG, m. impelus honoris.
EHRDüRST, m. sitis honorum: dise sind alweg mitten in
dem eerdurst und goldhunger, wie Tantalus, eerlos und arm
bettler. Fhani paradoxa 59*; er konnte sein eerdurst ver-
helen. chronicon 27 ; es war kein eerdurst oder bracht in dem
mann. 28.
EHRDüRSTIG, honoret sitiena.
EHRE, /. honos, deciis, fama, bei Keisersb. eer, ahd. 4ra, mhd.
he, alls. ^ra, nnl. eer, ags. 4r {besser ire, äru), altengl. ore,
fries. ^re, altn. a?ra, schw. ära, ddn. äre. das gebrechende goth.
wort kann nur gelautet haben aisa, aiza, wie mais, maiza ahd.
mer, m^ro, laisjan ahd. l^ran, und das wird bestätigt durch
aistan, ivr^ensad'at. die Äestii, altn. Eistir scheinen goth.
Aisteis, reverendi, honorati {GDS. 719). höher läge nun die
Zurückleitung des abstracten aisa, £ra auf als und hr, das
glänzende, leuchtende metall, aisa wäre splendor, deeus, glänz
und damit gewOnne man unmittelbaren bezug auf lat. aes
und aestimare = aistan. Keisersbebg s. d. m. 27* verbin-
det 'eer und glast', in aestimare kann Tifirj nicht enthalten
sein, wol aber ein Superlativ aestimus, aus welchem das ver-
bum sich entfaltete, wie aus Intimus, proiimus ein intimare,
proximare, man erwäge aestus und aestas. gr. alaa fatum
{vgl. fama), parca wage ich noch nicht an unser aisa, in z«
knüpfen, obsc.hon frau Ehre personificiert wurde und ehren
auch parcere bedeutete, steht die form aisa sicher, so fallen
alle vergleichungen von air prius, wonach ehre priorität atis-
drücken könnte, von airus böte, gleichsam ehrenbote, und vom
skr. arg dignum esse, argha pretium, arghja venerandus, arc
honorare, colere, welchen r und ein kehllaut wesentlich ist,
dessen die deutschen Wörter keine spur haben.
Mehr licht über das wort spreiten müssen seine alten, noch
heute nachwirkenden bedeutuiigen. es sind die von cultus,
donum, reverentia, dignitas, persona.
1) oben an steht gottes ehre : zu gottes ehre, ahd. in gotes
era, gote ze Srön ; denn ich will den namen des herrn prei-
sen, gebt unserm gott allein die ehre. 5 Mos. 32, 3 ; mein
son, gib dem herrn, dem gott Israel die ehre. Jos. 7, 9 ; ir
Völker bringet her dem herrn ehre und macht. 1 chron. 17, 29 ;
die himmel erzelen die ehre gottes. ps. 19, 2 ; machet die
thore weit und die thüre in der weit hoch, das der künig
der ehren einziehe. 24, 7 ; die stim des herrn gehet auf den
wassern, der gott der ehren donnert. 29, 3 ; die ehre des
henn ist ewig. 104, 31; ehre sei gott in der höhe {goth. \[i\\>as
in hauhistjam gu|)a) und friede auf erden und den menschen
ein wolgefallen. Luc. 2, 14 ; friede sei im himel und ehre in
der höhe (vul{)U3 in hauhistjam). 19, 38 ; gib gott die ehre
(gif hauhein guj)a). Joh. 9, 24 ; dem herrn zu ehren (du fraujins
vuljiau). 2 Cor. 8, 19. der Gothe setzt für So^a, gloria vulfus,
kein aisa, der Angelsachse vuldor, nicht äre, auch ahd. war
woldar gloria.
bringt dem herrn der himmelshcere,
menscbenkinder, preis und ehre .'
merk auf, herr, herr, erhöre,
erschein, erscheine bald in deiner groszen ehre :
FLEMIM6 27,
tn deinem glänz; göttliche ehre genieszen, göttlicher ehre
theilhaftig sein heiszt als gott geehrt, gefeiert werden, gott
die ehre geben, erweisen ist gottesdienst, fest, die ehre gottes
thun, ihn feiein, ihm dienen :
ich will zu Solyma noch deinen tempel schauen
und da die ehre thun. Üpiix 3, 59.
ehrentag scheint anfänglich futtag oder feierlag zu bezeichnen,
was auch hochzeit, huhe, hehre zeit hiesx. kirchen slebn in
gütte« ehre, werden in gottes ehre, in dei honorem, gloriam
gebaut ebenso in .Marien, in aller heiligen ehre :
die kircb &teht in saoci Martins ehr. Araia 134'.
i* *
55
EHRE
EHRE
56
2) diese Verwendungen des worts können schon dem hei-
denthum nichl fremd gewesen sein, 'des nieien fire' nennt
WiNLi MS. 2, 22' gleichsam feier, erscheinung des maien, des
frühlinggoUcs. nicht anders redete man von 'des herbestes
^re'. MS. 2, ISO', wie von des meigen, des sumers giiele und
kraft, heule von gotles gute und macht, solcher Vorstellung
von ehre liegen auch die begriffe schmuck, zier, blute, glänz
unmittelbar nah, mit ehre wurde ein gipfel von Schönheit,
werlh oder zierde ausgedrückt, eine schöne frau heiszt des
landes ehre, das ganze land feiert sie, N. Boeth. 78 ist allero
manno 6ra pretiosissimum generis humani dccus; ein hochver-
stendiger weiser mann, ein ehr aller Sachsen. Alberus s. 10;
du ehre deiner zeit! Grtphius 1, 174;
die rose nennt Weckherun 391 der blumen ehre, noch tn an-
dern stellen verbindet er ehre und Schönheit, leuchten:
doch glänzet ihre Schönheit mehr
und \>i sie selbs ihr gröszic ehr. 349;
die äugen gleich wie ein gesiirn
mit ehr das aug und herz durchdringen. 360.
3) was kann aber das ehre geben, thun, bieten, bringen
ursprünglich anders gemeint haben, als dem gott gäbe und
Opfer darreichen? aller goltesdienst beginnt mit opfer;
ira brähiun, medomhord manag. Hei. 115, 13
steht deutlich von dem opfer, der gäbe der reichen und in den
schönen namen ehrenpreis, ehrenkerze möchte man opferblumen
erkennen, warum sollten sie nichl in hohes alter hinauf reichen?
ebrengabe drückt pleonaslisch aus, was schon in ehre und in
gäbe liegt, ehrenwein, ehrentrunk werden zur ehre, d. i. feier
dargebracJit und können von menschen auf götter, von göttern
auf menschen übertragen worden sein, verehren heiszl uns
noch heule schenken, in des Ködiz von Smfelo Ludwig 49,14
steht 'geschenke und §re nenien' verbunden.
4< sehr natürlich wandte sich ^ra aus dem begriffe von honos
in den von rcverenlia, pudor, weil wir scheu, ehrfurcht empfin-
den vor dem verehrten gegenständ, unera verdeutscht impu-
dentia. ja die schamglieder, pudenda, veienda hieszen ^rd,
sieti dero ^röno, unzi za er6m meint usque ad ilia, das wo-
von zu reden man scheu tragt, daher noch die redensarl 'mit
ehren zu melden' für reverenter, 'dein wort in eliren' Ina pace
dixerim, ich scheue mich dir zu sagen, 'in allen ehren' satvo
honore und ähnliches, merkwürdig war auch ehre benennung
eines Schleiers oder tuches, mit dem man gesicht oder andere
theile des leibs verhüllte, die man sehen zu lassen sich scheute:
die fniwen haltend wisze sclileiher uf gesetzt und wiszc eeren
angeleit. Keisersberg post. 3, 46 ; hiermit erklärt sich das schon
1, lOTl angeführte wort badehre, praecinclorium, bei Dasyp.
27*. 319' ehr oder badehr der weiber, caslula, bei Maai.er
badlachen, sudarium; ohne zweifei galt auch mhd. ere, ahd.
era in diesem sinn, als innere empfinduug drückt ehre aus
pudor, reverenlia, scheu und schäm: mit herzlicher rew und
ehre. Luther 3, 527 ; wir haben gottes gebot, das heiszt uns
die jugent zucht und ehre leren, und den alten, sonderlich
den prieslern ehr erbieten. 6, lio'; keiner der sich ihm hätte
gleichen können an geslalt, aufrichtigkeit und ehre. pers.
rosenlh. 5, 17 ; nun wird man auch VVECKHERLiNJscAe stellen
fassen :
mit wahrer busz, Torcht, ehr. 194;
darunder man dan musz der naiur Wunderwerk,
zwar oho verwundrung nicht, doch auch mit ehr anschauen.
669;
Rom «chlosz mit ehr und furcht der Vesta heiligihum
in feste mauren ein. Güntuer 10t»9.
hier besagen ehre und furcht wiederum dasselbe und später
flössen beide in dem heuligen ehrfurcht zusammen, einen kus
in ehren kann niemand verwehren sagt jeder, d. i. einen
silltamen, keuschen, ehrbar, ehrhaft haben gleichfalls noch
den ttnn von schamhaß und anständig, ehrlich o/? den von '
geziemend.
5) wie golt wird dem könig ehre geboten und gebracht,
das mrntchengeschlecht scheint seine göttliche Verehrung der
abgesrhn zu haben, die es den hohen der erde erwies, heil
und ehre dem kOnig! rühm u;id ehre dem siegerl 6ra drückt
in der alten spräche auch cornna, vietoria und palma aus, wie
rif dem sieger zu thetl wurden: er hat die ehre davon ge-
lrag' n, ticlonam reportant, er krhrl mit ehre gekrönt zurück,
rr trügt der ehren kröne, alle nahm sich dem herscher mit
ehrfurcht, erkennen ihm königliche ehren zu, er selbst miszt
sich des reiches ehre bei: als wir zu der ehr und würde
des heiligen römischen reichs erwählt und zu regierung des-
selben kommen sind, sagt Karl der fünfte im eingang des
Wormser reichsabschieds von 1521.
6) jedem stand aber soll seine ehre gegeben und gclasseti
werden :
ehre dem wem ehre gebührt! Göthb 12,207;
ritterliche, bürgerliche ehre; männerehre, frauenehre; ehre
des alters, der krieger, der handwerke; kinder sind der eitern
ehre : du wirst noch ehre an deinem söhn erleben, die mutter
hatte grosze ehre von ihrer tochter; ir alter wird ohne ehre
sein. ps. 3,17; da der ackerman vor tisch ir eer und gelier
{ahd. gifuori) anlastet, horten sis als ein spilman mit lust,
freud und groszem gelechter. Frani weltb. 2l';
und weit keins lassen für im geilen
und redt in allen an die ehr. Albkrus 91 ;
und hiesz sie allsampi böswichter
und redt ihn grewiicn an die ehr. 111»;
todten die letzte ehre erzeigen, ihre leiche geleilen, suprema
solvere.
7) persönliche ehre des einzelnen, existimatio, famn, daher
meistens mit zugefügtem possessiv, ahd. lag in era selbst die
Vorstellung persona, ein mann von ehre, ehrenmann, vir
gravis; der ehre hat, auf seiner ehre hält, seine ehre wahrt,
behauptet, vertheidigt. es heiszl seine ehre einsetzen, ver-
pfänden, lösen ; der jetzt da ist seine ehre zu lösen. Schil-
ler 148*;
folgt mir, grnf Dunois, ihr habt nicht ehre,
hier langer zu verweilen. 480";
ihr habt nicht ehre zu reden, einem seine ehre nehmen,
rauben, abschneiden, verletzen, angreifen, antasten; retten,
erstatten, wiedergeben ; ehre gewähren, anthun, erweisen, er-
zeigen, ehre und liebe erzeigen; vorenthalten, verringern,
seine ehre verlieren, einbüszen, verscherzen ; ehre verloren,
alles verloren; ehre einlegen, einernten, sammeln, davon
tragen, seine ehre worin suchen;
indes die edle jucrcnd rings umher
sich ehre sammelt unter Habsburgs fahnen. Scbillir 525';
sticsz ihm, nachdem er ihn aufgefordert hatte seine ehre ihm
wieder zu geben, den degen durch den leib. 1090'. hierher
die betheuerungeii : bei meiner ehre, auf ehre, auf mein ehren-
wort, auf ehre und gewissen ; auf meine ehre. Lessinc 1, 559 ;
denn das i-ü, bei meiner ehre,
doch ein allerliebster ort. Göthk 1, 166.
das bringt mir ehre, gereicht mir zur ehre, erhöht, mehrt,
mindert sie ; übrige ehre ist halbe schände, ehre und noth
stehn einander als befriedigender und bedürftiger zustand ent-
gegen, man sagte etwas in noth und ehr zu brauchen haben.
Ringwald laut. warh. 27 ; einen in ehr und noth [glück und
Unglück) besuchen. 110. volle, hohe ehre ist rühm: wach auf
meine ehre! exsurge gloria mea! ps. 57,9; seine ehre blüht,
wächst, erbleicht, geht unter.
8) jungfräuliche ehre: sie hat ihre ehre verloren, ihre ehre
ist dahin ; einem inädchen die ehre nehmen, rauben, es ent-
ehren, schänden, wieder zu ehren bringen ;
bist du es, der so mich in schände gebracht,
so bring mich auch wieder zu ehren. UCrckr 61'.
9) auch zuständen, Sachen, handlungen wird ehre beigeldit :
wenn der blick an heitern tagen
sich zur himmrisblaue lenkt,
da gebt der natur die ehre. Götbi 4, 381;
(In gibst dem blick, dem kus diu ehre,
und wenn ich auch nichl Suleika wäre. 5,263;
dasz er die bösen dämonen ablehne, die ihn hindern könn-
ten, dem wahren die ehre zu geben. 22, 259 ; ein junger manu
sagte, es sei ihm lange nicht wie das erstemal und gab der
ncnheit die ehre. 10, 223 ;
aus schwerer kriegsnoih rottest du das reich,
wenn du der Wahrheit chro gibst. Schill» STl';
gönn ich ihm dio ehre do« wori«? 490».
er halle die ehre des siegs; so geschah e^ dast, alt M nun
zum trelfen kam, Heinrich allein mit seiner reiterei die ehre de«
lages gewann. Daiilma^n ddn. geseh, 1, 217 ; die frnu macht
die ehre des hnuses mit feinem anstand; unsere wirlin liegt
in den worhen «ind ihr mann macht mit einer alten mutier
und der mugd ganz artig die ehre des bauses. Götuk 16, 260.
57
EHRE— EHREN
EHRExN— EHRENBAU
58
10) in den redensarlen die ehre haben, zur ehre gereichen,
die ehre anthun, das soll mir eine ehre sein, die ehre ist
auf meiner seile und ähnlichen erblasst uns heute das icorl
zu leerer höflichkeit. fleiszig einsprechen und die ehre geben
(Schiller 118*) meinl die ehre des besuchs, der einkehr; sein
sie so gütig und thun uns einmal wieder die ehre an. Lenz
1,264, besuchen sie uns bald wieder, das komm bald wieder!
der Volkssprache ; die gaste sollen uns von herzen lieb sein,
es ist nur schade, dasz wir die beste ehre werden schuldig
bleiben, 'die ehre wird des herrn vaters und der frau mutter
sein'. Weise comüdienprobe 224.
11) schon mehrere der angezognen belege zeugen von vorher-
sehender pluralform, hier folgen andere dafür: das er in
setze unter die fürsten und den stuel der ehren erben lasse.
1 Sam. 2,8; und wil nidrig sein in meinen äugen und mit
den megden zu ehren werden. 2 Sam. 6, 22 ; mit ehren und
schmuck wirst du in krönen, ps. 8, 6 ; achte sie (die Weisheit)
hoch, sie wird dich zu ehren machen, wo du sie herzest.
spr. Sal. 4, 8 ; grawe bar sind ein krön der ehren. 16, 31 ;
alle land sind seiner ehren vol. Es. 6, 3 ; kam. ich wieder zu
meinen königlichen ehren. Dan. 4,33; und habt solche in
ehren {golh. sverans habaij).) Philipp. 2,29; die ehesten, die
wol furstehen, die halt man zwifacher ehren werd. 1 riwJ-
5, 17 ; was gott wil zu ehren machen, das machet er vorher
zu schänden. Lctber 4, 214'; lasse meine feinde zu ehren und
mich zu schänden werden. 4, 540' ; die fraue sei der eine
sein, die zuvor irem son vergunst, darnach wetterwendisch
worden und die dirnen wollen zu ehren schelten, br. 5, 717 ;
an deinen ehren 'schelten wolt. Hi.>gwald laut, icarh. 128;
ich weisz das er ist der eren frumb. Atrkr97'j
und wiewol deiner lügend ehren
umbschwebend in der menschen mund,
uns zwungen dich von herzen grund
für unsre lürstin zu hegehren. Wecehkrlin 350;
dein purpur ist aller ehren werth. Göths 1, 190;
denn morgen wirst, in allen ehren,
das arme Gretchen nicht bethören. 12, 158;
bei jeder rolle war es mir zu muthe als wenn ich ihn lobte
und zu seinen ehren spräche. 19, 106 ; hier gelangt ein wol
denkender geschäfts und hofmann durch mancherlei trübsale
zu hohen ehren. 24, 223. Aus mancherlei redensarlen seien
noch einige gewählt, mit halben ehren davon kommen, atra-
menlo sutorio absolvi. in ehren halten heiszl ehren, gul auf-
heben, unterhalten : einen bau in ehren halten, vgl. oben sp. 41
unter ebefade;
obgleich wir sehen müssen,
dasz euch das liebe Oorst für unsre Stadt gefüllt,
und dasz euch Kegel mehr als wir in ehren hält.
FL8MiNe68
(Kegel, estn. Keila, und Dorst, darf und hof unwett Reval);
dabei halten sie ja den beutel in ehren! Götbe 19,5. zu
biäutlichen ehren schreiten, hochzeit hallen : Rabinze hat
zwene ganz neue tafifentrocke, einen schwarzen zu ehren (fest-
lagen) und einen blauen, den sie wann sie einst zu ebren
schreitet, den andern hochzeittag soll anziehen, pol. maulaffe
142. von ehren setzen, einen seiner ehre entsetzen; schmach
an seinen ehren, emiedrigung. der ehren, von ehren sein,
einem ehre erweisen : er war nicht der ehren, mir ein glas
wein zu reichen ; über dieses war kein einziger professions-
genosse der ehren, mir einen bissen brot vorzusetzen. Felsenb.
2, 191. et» solches von ehren fügt Spee als zierendes epitheton
zum Substantiv, vielleicht nach nl. weise:
ach üebster mein von ehren I trufin. 57 (61) ;
den bräutigara von ehren. 170(187);
0 geliebter söhn von ehren,
Jesu, vielgeliebtes kind! 244(270).
12) die meisten folgenden Zusammensetzungen sinß uneigent-
liche, der anfangs lose genitiv wurde angerückt, ehrenkrone
ist die kröne der ehren, ehrenräuber räuber der ehren, und
diese nachselzung hat oß stärkere kraft.
EHREGEKHÖ.NT, richtiger ehrgekrönt:
über der gnift Menelaos des ebregekrönten. Bürger 214'.
EHREGESÜCH, n. für ehrgesuch:
entronnen bin ich auf einmal
wie dem beschwerlichen ehregesuch. Hiroer 11, 56.
EHREIFER, m. ambilio.
EHREN, arare: bauernarbeit ist am fröliclisten, ebren,
pflügen, säen. Llthers tischr. 339*. Stieler 23. j. Uhren, eren.
EHREN, aereus, mhd. erin : und der gerechte und glaubige
soll unverlassen sein in der zeit der not, da schon der himel
ehren und sampt allen kornkesten und speichern verschlossen.
Mathesiüs 3'. Keisersberg schreibt noch erin: eerin schiltlin
gegossen, s. d. m. 15'. s. ehern 1.
EHREN, honorare, ahd. erran, erian, Srin, mhd. iren, ags.
drian. dem ahd. Sren stand apszer venerari auch der sinn
vereri, revereri, parcere, ignoscere zu, merkwürdig ist die Schrei-
bung kahereta für kaerela (Graft 1, 448) und hereandi für
ereanti, erenti parcitas, das sich bei Graff nach 4, 1017 ver-
irrt hat.
1) gott ehren, adorare, colere: und der herr spricht, darumb
das dis volk zu mir nahet mit seinem munde und mit seinen
lippen mich ehret. Es. 29, 13 ; wer sich des andern erbarmet,
der ehret gott. spr. Sal. 14, 31 ; dieselben verachten dein ge-
bot und ehren deine gOtter nicht. Dan. 3, 12 ;
wer wird künftig deinen kleinen lehren
Speere werfen und die götter ehren ? Schiller 1".
2) die eitern ehren : du solt deinen vater und deine mutter
ehren. 2 Mos. 20, 12 ; für einem grawen beubt soltu aufstehen
und die alten ehren. 3 Mos. 19, 32 ; ehre deine mutter alle
dein lebenlang. Tob. 4,3; du soit vater und mutter ehren
(ahd. ere thinan fater inti muoter). Matth. 15, 4. 19, 19. Marc.
7,10 (goth. sverai attan ^einana jah ai{>ein )>einal; auf das sie
alle den son ehren wie sie den vater ehren (sveraina sunu
svasve sverand attan). Joh. 5, 23.
3) andere gegenstände ehren, bald honorare, bald omare :
was er aber geantwort, weisz ich nicht eigentlich, er behielt
aber sein rotzipflich banneth (bannet) auf seinem haubt, und
ehret sie nicht widerumb (zog die mutze nicht ab vor ihnen).
LCTHER 2-, 466;
gleichwie einen grünen wald
ein schön und hober ceder ehret. Weceherli;« 359;
da wird die öffentliche stimme das einzig furchtbare sein und ein
olivenkranz höher als ein purpurkleid ehren. Schiller 1179";
lieb und schweigen ist der bund,
wol, ich will ihn ehren (heilig bevahren). Gotter 1, 65.
4) ehren, einem ehre machen: diese gesinnung ehrt den
mann; Göthe und andere unser volk ehrende dichter.
5) man verband früher die praep. für mit ehren, mhd. fiar
got ^ren:
Machomet, den du hast geehret
für deinen gott, derselb bin ich. Atrer309';
und gleichwol auf begehr des edlen abgesandten,
den ihr für obeinib ehrt, so bunden wir euch an.
FLEai.HG 68.
6) sich ehreb, höflichkeit erweisen, becomplimentieren : dem
Meleander hatten sie einen wagen vorgezogen, auf welchen
als er den Radirabanes zu sitzen vermahnete, ehreten sie sich
lang mit einander. Opitz Argenis 1, 292.
7) ehren hiesz früher auch was heule verehren, begaben,
beschenken, man verehrte niit gaben (s. ehre 3) : ehre den
herrn von deinem gut und von den erstlingen alle deines
einkommens. spr. Sal. 3, 9 ;
wer darvon armen lernen
kan ehren eine gab. Ri:iGWAtn geistl. tieder 96 ;
der einen schreckenberger ehrt (gibt, schenkt)
und hat ein thaler wol verzehrt, laulere irarft. 114.
EHRENAMT, n. honos, ehrenstelle:
zwar des Staates ehrenämter
fodern, sagt man, geist. Voss 4, 259.
EHRENANGELEGENHEIT, f. ehrensache.
EHRENANLASZ, m. occasio honorum: in solchen elenden
dörfern, wenn sie, das jähr kommt und das jähr geht, keinen
ehren und keinen freudenanlasz haben. Pestalozzi 3, 312.
EHRENARM, arm an ehren.
EHRENAUSGABE, f sumtus liberalis.
EHRENBAHN, f. via laudis: tritt in die ehrenbahn zurück,
verlasz diese schimpfliche unthätigkeit. Fb. MOller 3, S6.
EHRENBaLL, m. Chorea solemnis, hoehzeitsball :
kurz, wie ein schönes weib auf ihrem ehrenballe,
schien sie die hebscbafl jedermanns. Bürcrr 109*.
EHRENBAND, n. lemniscus ordinis : in Rusziand wird nach
dem gewinn einer Schlacht das ganze beer mit ebreabündern
beschenkt. J. P. nachdämm. 85.
EHRENBAU, m. eumulus honorum:
so steigt der ehrenbau, tu welchem das geblüte
dir wo%eborner herr, den ersten griindstein legi.
GtVITiiKR 1072.
59
EHRENBELOHNUNG — EHRENFEST
EHRENFESTIGKEIT— EHRENHAFT
60
EHRENBELOHNUNG, f.praemium.
EHHENBERG, wj. honoris fastigium: wer den ehrenberg
ersteigt und die leiter nicht nachzieht, dem treten sie leicht
die schuhe aus.
EHRENBESITZ, m. possessio honorißca:
verschmähe nicht, o herrliche frau,
des höchsten gutes elireiibesitx. Göthx41,1S0.
EHRENBESÜCH, »?i. salutatio honoris causa.
EHRENBETT, n. sowol für gaste, siehe ehebett, aus Götbk
19, 55, als todesbelt auf dem Schlachtfeld, man sagt nachdriick-
licher, auf dem bette der ehren sterben.
EHRENBEZEIGUNG, f. honoris testificatio : spärliche, über-
triebene, beispiellose ehrenbezeigungen.
EHRENBILD, n. stalua in alicujus honorem statuta: wor-
mit hätte sonst Cloelia und Valeria ein zu pferde sitzendes
ehrenbild envorben? Lohenstein Arm. 1,201.
EHRENBILLIG, meritus : welche freikürliche, ehrenbilliche
und haussteurliche gemeinschaft [die ehe). Garg. 64*.
EHRENBINDE, f. was ehrenband:
wer mit der ehrenbinde
bewegi sich stolz voraus? Götrs 1, 129.
EHRENBLÜTE, f. virginitas, blume der jungfrauschaft :
der mann hat mü^isen sehn sein chebette schwächen,
der töcbier ehrenblüht in seinen äugen brechen.
Opitz 3, 268 (262).
EHBENBOGE, m. arcus triumphalis, ehrenp forte:
dein rühm baui dir ehrenbogen,
bleib nur unserm wünsch gewogen. Günther 901.
EHRENBOTE, m. legatus honoris causa missus.
EHKENBOTSCHAFT, f.
EHRENBÜRGER, m.
EHRENBÜRGERRECHT, n.
EHRENDANK, m. brabeum.
EHRENDENKMäL, n. monumentum in honorem alicujus
ereclum.
EHRENDIEB, m. calumnialor, sluprator, ehrenrduber :
halt an, halt an! du ehrendieb,
mit deiner losen beute! Bükker 54*.
EHRENDIENST, m. officium: einem den letzten ehrendienst,
die letzte ehre erweisen.
EHRENERGEBEN, honori deditus : die lehren weiser und
ehrnergebener leut. Fischart ehz. 78.
EHRENERKLÄRUNG, f lestatio honestatis, deprecatio.
EHRENERWEISLNG, f. was ehrenbezeigung.
EHRENESSEN, n. ich hätte eher an den tod gedacht, als
dasz ich heute ein so gutes ebrenessen aus dem pfarrhaus
erhalten würde. Pestalozzi 4, 62.
EHRENFAHNE, f.
schwing. 0 lied, als ehrenfahne
deinen littich um ihr haupt. Bürgkr 75'.
EHKENFALL, m. casus honoris, feslum:
du Christ, solst auch in ehrenfelln
dich bei den leuten frülich siclln.
Ringwald laut. warh. 113.
ebrennille waren servilia feudalia.
EHRENFEIND, m.
dein vater, einst mein ehrenfeind,
ders niinmer hold mit mir gemeint,
that vieles mir zum höhne, üörger 55*.
EHRENFELD, n. ias feld der ehre:
die igcsette) sollen jetzt verbieten, dasz ich, dich
ins ebrenreld begleitend, mich entsühne. Göthr 7, 312.
EHRENFELS, m.
wie mit rüben so mit meuschenhJilsen
KIMult «ie. den, dem sie die band kaum gab,
ihn zu heben auf den ebrenreUen,
«turzt »ie ruckling« wieder lief hinab. IÜJhgkr 57'.
EHRFLNFEST, n. solemnia honori alicujus data, ehrentag.
EHRENFEST, hunuralus, conitans honore, fortis, mannhaß,
alte anrede edler mdnncr : gestrenger, eruvester, allerliebster
freund. Luthkr 1, 138*; ehrenfeste nianner. Pestalozzi 2,281;
es ist mir lieb, dasz ich dich so ehrenfest linde. J. El. Schlkckl
3, 360 ;
und dacht nicht ein» an» hiinolreicb,
tondprn verhielt »Ich ehrenve«i. Uincwald tr. Eck. K8';
doch bald gi-wAhni da» aiipi' lirh nn dich,
und findet di-inen lon wu\ ' n^'cn slilcn
gleich deinem roik ahiil.' ' linilteii,
twar ehrenreil, doch eiwu i,. Wiiland 0, 230 ;
Stapft an Rostuani haad gor ehrenreit eiobar. 23, 207 1
das alte, stille, ehrenfeste leben des dorfs. Pestalozzi 2,258;
die stille, eingeschränkte, ehrenfeste ruhe und eingezogenheit,
die unsere allen so glücklich machte. 2, 300.
EHRENFESTIGKEIT, f alle ehrenfestigkeit im leben unter
uns aufgehört hat. Pestalozzi 2, 276.
EHRENFEST.MAL, w. was ehrenfest.
EHHENFLECKE, m. inacula honoris.
EHRE.NFREUDKj : zu erbarem und auch lustigem, ja ehren-
freudigem leben gewänen. Fisciiart ehz. 37;
ehrenfreudig, wachhar und rund,
treu, nianlich mit herz, band und mund.
Fbo.^sp. kricgsb. 3, 101'.
EHRENFROMM, probus et honestus. H. Sachs I, 513.
EHRENFRUCHT, f sieJte ehefrucht.
EHRENFURCHT, f. reverenlia, für ehrfurcht:
das wir es in aller erenfurclit anneraen. MKLissusps. L7'.
EHRENFÜRST, m. honestatis princeps.
EHRENGABE, f. honorarium.
EHRENGANG, m.
ich geh ihn stolz, den schönen ehrengang. Herder.
EHRENGAST, m.
EHRENGASTMAL, n. was ehrengelag.
EHRENGEACHTET, Äonore d«g«us, ehrenwerlh: ehrngeachter
herr schultheisz. Kirchhof mil. disc. 243.
EHRENGEBÜR, f. officium, quod decet:
wider alle zucht und ebrngebür. Atrkr 294'.
EHRENGEDÄCHTNIS, n. monumentum laudis.
EHRENGEDICHT, n. Carmen in honorem alicujus condilum.
EHRENGEFLISSEN, was ehrbeüissen : ernsthafte, ehrenge-
flissene männer; verstündige, ehrengeflissene weiber. Fischart
ehez. 10.
EHRENGEHALT, m. salarium honorarium.
EHRENGEIZ, m. statt ehrgeiz:
geld- lust- und ehrengeii macht dasz die ganze weit
so arm ist an gedieg, und nichts von heil behält.
LoGAU 2, 154, 78.
EHRENGELAG, n. epulae solemnes.
EHRENGELEIT, n. deduclio.
EHRENGEMÄSZ, was ehrenhaft: auflegung gnugsamer
schriftlichen kundschaft seines Verhaltens, da die aufrichtig
und ehrengemüsz lautet.^ Kirchhof mil. disc. 265.
EHRENGEMERK, n. monumentum: durch genad und mille
ein ewiges auf die nacbkommene unvergeszliches und erb-
liches ehrengemerk und gedächtnusmal ihres sigs. Garg. 267*.
EHRENGENOSZ, nt. socius honorum.
EHRENGEPRÄGE, n. forma honoris: was ist alles geld
gegen das höhere ehrengepräge, womit der Staat einen men-
schen zur Selbstmedaille umstempelt? J. P. nachddnun. 79.
EHRENGEPRÄNGE, n. pompa.
EHRENGERICHT, n.
EHRENGESANDTER, m. was ehrenbote. in der Schweiz
gesandter der cantone und zugewandten orte zu ihren tag-
satzungen. VVieland 4, 49.
EHRENGESCHENK, n. munttj honori datum, xenium. Maa-
LER 97* hat eerenschenke.
EHRENGESPAN, m. was ehrengenosz: wenn der enhirt
Jesus Christus sichtigklich widerkommen und inen den ehren-
gespan und dank austheilon wird. Mathesius 47*.
EHRENGEVVAND, «. vestis festa, festgevand, threnkleid:
heule gerällst du mir sehr, bausmülterchen. zierlich und einfach
ist dein ehrengowand. Vo(* 2, 45.
EHRENGIBEL, m. polas, was ehrenhimmel.
EHRENGIFT, f was chrengabe, ehrengeschenk :
nicht zu vitriichinäbn ist wol die ebrengift
der himmliüchen, die blost gegeben wird
und jeder nicht nach Willkür uehineu mag. Uürger 151*.
EHRENGIPFEL, m. apex honorum.
EHRKNGLANZ, m. splendor honorum.
EIIRKNGMAB, n. monumen/iim, ehrenh&gel.
EHRKNGRAD, m. was ehreiistalTel.
KllltKMiRIF, »1. atlaclHs honeslus, wie ehrenkus.
EIIIIKN(;RI'SZ, m. salutatio honorifica.
EIJREMiÜRTEL, m.
EHRENHAFT, hnnorißcus, honestus: in Egypten ist niemand
ehreiihaftiT gewesen als ich. pers. haumg. 1, 25 ; ehrenhaft
mag der handel sein. Götter S, 182 ; ich crsuchle ihn ehren-
haft« fi^eunda zu beschützen. GOmi 27,189. s. ehrbaft
61
EHRENHAFT — EHRENKLEID
EHRENKÜMG — EHRENMANN
62
EHRENHAFT, honorifice:
da die mutier mit prächtigem raantel und leibrocjs
ehrenhaft mich gescbmiickt. Od. 15, 36S.
EHRENHAFTIGKEIT, f. honestas.
EHRENHALBER, honoris gratta: mit jedem schnittchen,
das sie einer unbescheidenen nachbarin ehrenhalber zutbeilte.
GöTHE 16, 33. s. ehienlhalber.
EHRENHAND, f. manus dextera, dann auch sedes honoris,
die vorderhand, ehrenstelle.
EHRENHANDEL, m. honoris causa, ehrensache: ein un-
glücklicher ehrenhandel. Gotteb 3, 182.
EHRENHAl'S, n. palatium honorum.
EHRENHIMMEL, m. polus, himmelsgibel :
da dein verdienst bereits am ebrenhimmel glänzt.
GiJ.MHER 1149.
EHRENHITZIG, ambitiosus:
ir ehrenhitzrg rumbegird
siriti mit der sonnen'hitz ungeiirt. Fischart g/. scftt/" 611.
EHRENHOLD, ni. eaducealor, fecialis, praeco, berold, aus
welchem letzten es offenbar entstellt ist, icie sidt it. araido
neben sp. heraldo, franz. herault und viel früher ariman für
heriman findet, selbst er für her, später ehr, liesze sich an-
schlagen, man suchte icol auch anklang an die Vorstellungen
ehre und hold, mehr unter herold. die älteren fastnacltt-
spiele nennen den praec» einschreier, ausschreier, bei H. Sachs
schtcanken herolt und ernhold, i. b. 1, 112 ist zu lesen : der
herolt tritt ein, neigt sich und spricht; 116' der ernhold be-
schleuszt; in* der herolt spricht ; 121* der herolt besthleuszt ;
30' der ernhold tritt ein, neigt sich und spricht ; der klagend
ehruhold. 349' u. s. tr. ; bei Axüer ist ehrnholt durchgedrungen:
ehmholt geht ein und spricht.
es kann sein, das: auch H. Sachsens Vorgänger mitunter schon
ernhold schreiben, Lctueb verschmäht diese volksmdszige form
nicht: und der ernhold rief über laut. flan. 3, 4. später zog
man natürlich wieder das gelehrtere herold cor, hier folgen
noch andere belege ßr jenes: da im nu die k. maj., die kur
und fürsten einen ehrnhold schickten und ein geleite gaben,
als kam er auf derselben erfoderung. Lutheb 1, 441* ; als nun
der küchenbub zu dem marschalk kommen war, der ehren-
hold marschalk anßenge zu reden. Galmy 221 ; wo ein ge-
sandter als ehrnhold, trommeter, trommelschleger . . . anke-
meh. Fbo.nspebg. 1, 43' ; durch einen herold oder ehrenhold.
Kirchhof mit. disc. 86;
ehre ist der tugende sold,
spricht der alte ehrenhold.
della Tirtu l'honor k soldo,
diss il nostro recehlo araido. GSnzklIU';
möchts je nur einmal fassen
Jesum sein ehrenholu Spek g. t. 303;
eines ochsen, der gras iszt und der ehrenhold seiner eigenen
geheimen geschichte wird. Hamann 4, 257.
EHRENHÜGEL, m. lumulus, grabmal:
vielmehr verbrannt er den erschlagnen held
und thürmt ihm einen ehrenbügel auf. Bcrgsr 174*.
EHRENHURE, f.
keine schand-, ein ebrenhure soll man, Pornia. dich nennen.
Weil dich nicht verachte leuie, sondern die geehrten kennen.
Lo«iu 2, 81, 8.
EHRENHÜTER, m. cuslos honoris.
EHRENHÜTERIN, /. die mutter war ihre wachsame ehren-
hüterin.
EHRENJAHR, n. annus gloriae.
EHRENKAMPF, m. duellum.
EHUENhERZE, f. reronica, ehrenpreis, gamander{vgl. ehre 3) :
wir verpHinden dir die herzen,
dein befehl ist unsre tust,
wir eröfnen dir die brüst
als ein feld voll ehrenkerzen. GcNTaRi 903.
EHRENKETTE, f. catena honoris insigne.
EIIHENRLAGE, f. actio propler violatam existimationem.
EHRENKLECKS, m. macula honoris: aussieht dasz in einer
geschlossenen gcsollschaft von spilzbuben aller art die ehren-
kleckse endlich zu ehrenden interpunctionszeicben und adresse
gedeihen. J. P. nachddmm. 81.
EHRENKLEID, n. reslis solemnis, ehrengeieand : dasz i. f. gn.
mir dies jähr 30 rth. wegen eines ehrenkleides, sowol 15 rthl.
¥or ein gemein bnfkleid geben solle. Schweisiches 1, 119 ;
man mag ein ebrenkleid haben.
RuGWALD laut. »ark. 94;
in mein weiszes ebrenkleid
ward gotl selbst verhüllt. Grtphics 1, 162;
drum hat Sophia diese stunde
ihr ebrenkleid dir angeihan. Gö.tTHER 171;
man schneidet mit dem grosren messer
dem nächsten in sein ebfenkieid. 940,
vgl. ehrabschneiden und R. A. 711 — 713. alles um so beziehungs-
reicher, da ehre an sich auch gewand ausdrückte (ehre 4).
EHRENKÖNIG, m. EHRENKÖNIGLN, f.
triumpb ! des tages ehrenkönigin
erhebt ihr hauptl Bürger 78'.
EHRENKRÄFTIG, honores parans.
EHRENKRÄNKUNG, f violatio honorU.
EHRENKRANZ, m. Corona honoris, zumal nuptialis : ir seid
mein rühm und trotz, meine freude und ehrenkranz, am tage
des herren, da werde ich euch erfür ziehen, das ir meine
zeugen sein müszt und meinen rühm war maclten. Luthei
6, 54'.
EHRENKREIS, m.
klaub mir zusüuim der leut ein schar
im ganzen land und ebrenkreisz. ätbsr fastn. 37'.
EHRENKUS, m. osculum honoris causa, honestum:
so verehrt ihm unsre grüsze
und die frommen ehrenküsse. FLEitxG 43.
auch in unserm allerthum bestand ein jus osculi, die sitte
schrieb vor, wem und von wem küsse gegeben werden sollten.
EHRENLAUF, m. progressus honorum.
EHRE.NLEER, honoris expers.
EHRENLEHEN, n. feudum honorarium.
EHRENLEUTE, pl. homines honesli: das sind alles ehren-
leute; er hette den ehrenleuten übel gelonet. Kibcuhof
wendunm. 302. s. ehrenmann.
EHRENLICHI", n. Aonoris splendor:
er kan die titel mästen,
trägt stets den feisten auf, zeucht stets herfür den besten,
jedoch nur wann man da. der rücken sieht es nicht,
der stirne steckt er für solch helles ehrenlicbt.
LoGAD 3, 215.
EHRENLIED, n. was ehrengedicht :
dies ehrenlied, das erst nach blut und tod vergnüget,
erwartet alle schon, die wider Rom gekrieget.
J. E. SCHLEGBL 1, 374.
EHRENLINIE, f. honoris linea, in der Chiromantie.
EHRENLOHN, m. virtutis praemium. auch salarium.
EHRENLOS, infamis, gewöhnlich ehrlos :
ein etirenloses weih, das jedem wird zu willen,
trägt selten eine frucbt, pflegt nur die brunsi zu stillen.
LooAi;2, 23, 85;
ebrenlose, sträfliche gebilde,
reger wollust brut, umschwärmen sie (die seele).
< Bcrcer99';
sprich: hinterlistig, niedrig, ehrenlos,
nicht wie es eineih söhn dfes Atreus ziemt. Scbillbr 233*.
EHRENLÜGE, /. mendacium honoris causa, nothlüge, vgl.
ehrlug.
EHRENMÄDCHEN, n. virgo honesta.
EHREN.MAL, n. l) monumentum, denkmal, ehrendenkmal,
schöner ist das einfache mal : da doch Hermann nicht nur
eine seule auf erden, sondern sogar ehrenmale im himmei
verdiente. Lohexsteis Arm. t, 1418 ;
wird dir die späte zeit dein ebrenmal zerbrechen*
Gc.^ruER 1042;
rei^ebens hätte mich dies ebrenmal vergmiget,
in dem sein werther rest an diesen ufern lieget.
J. E. Sculegbl 1, 130;
nnd dem zum lohn
ein ebrenmal Uarius setzen will. Stolbbb« 4, M8;
nicht in fragmenten, sondern in prüchtigeB ehrenmälem.
Herdeb 2, 332.
2) convivium solemne, ehrenga'stmal, ehrenfest:
das ritterspiel, das rauschende gepränge,
der ebrenmal und freudenfesie menire.
IJACtDOBX 2, 173^171).
EHRENMA.NN, m. vir bonus, probus, honeslus, biedermann,
könnte, da es der früheren spräche abzugehn scheint, im ahd.
heriman, mhd. bereman gesucht werden, das nicht altein den
krieger, sondern den freien mann überhaupt bezeichnete (R. i.
63
EHRENMNN — EHRENPUNCT
EHRENRÄUBER— EHRENSCHILD
64
292. 293), ja selbst irinan, iriiiin käme in betracht, und hari-
man wärt schon im höchsten alterthum mögliche Verderbnis
aus irmaD, armin, wie bireaodi aus Mnli (vorhin sp. 58).
die Untersuchung gekört aber anderswohin; dasz auch die
spätere spräche solchen lautstömngen geneigt blieb, sahen wir
in ebrenbold. allerdings bedürße ehrenmann dieses deutever-
suehs nicht, denn es folgt von selbst aus der Vorstellung eines
ehrenhaßen, ehrenwerthen mannes, dem alle ehre zusteht, und
kaum würde zweifei daran sein, fände sich ahd. man eruno
(wie comman adales) oder mhd. man der ^ren. die ältesten
belege für ehrenmann stammen aus der Schweiz :
eer sig gott vorusz und in ewigkeit,
der Diirn erst versehen bat
mit eim solchen eerenman. /iiufn. «p. 890, 4 ;
nit lang darnach zugen Züricher und fünf ort wider einan-
der, do es den ouch übel ergieng, dan es kam do mancher
redlich eerenman umb, under andren ouch der Zwingli. Pla-
TER 77 ; helle ich üch gfolgel, so wer ich ein eerenman wor-
den, nit weisz ich schier, wie ich bin. 83 ; auf ein zeit war
ein edelman, ein eerenman. Pauli seh. u. ernst 1522 cap. (i.
1555 cap. 356 ; sicher mangelt das wort nicht bei Keisersberc,
LcTHER scheint es aber nicht zu brauchen. Maaler 91' erklärt
eerenmann, der ein eerenampt hat. Adelung bildete sich ein,
das wort gelte nur scherzweise, wie itn leichencannen bei Ha-
cedorn 3, 114 :
seht, seht auf unsern ehrenmann,
den wir so schon begraben;
■wer sonst kein beispiel haben kann,
wird es an diesem nahen,
als ob nicht auch lateinisch vir bonus ironisch stehen könnte.
neuere schrißsteller verwenden ehrenmann sowol in eigent-
lichem sinn als ironisch:
der ist kein tapfrer, kein ehrenmann,
der den gebieter läszt verachten. Schiller 491*;
alle sind wir ehrenmänner,
alle trinken wir! Voss 4, 251 ;
mein vater war ein dunkler ehrenmann,
der über die naiur und ihre hcilgen kreise
in redlichkeit, jedoch auf seine weise
mit grillenhafler mühe sann. Götuk 12,58;
was hat unser ehrenmann denn nur gethan? 59,266; ehren-
männer und wackre rittersleute. Fb. Müller 3, 38. s. ehren-
leute, ehrenraensch.
EHRENMANTEL, m. velum, Schleier:
das ärgste weisz die weit von mir, und ich
kann sagen, ich bin besser als mein ruf.
weh euch, wenn sie von euren thaien einst
den ehrenmantel zieht. Scuillrr 428'.
EHRENMARSCHALL, m.
EHRENMENSCH, m. was ehrenmann: du begerest, das er
ein erenmensch wer und gut und eer helle. Keisersberg post.
3,91.
EHRENMITGLIED, n. sodalis honorarius.
EHREN.MITTEL, n. requisitum honeslum.
EHRENNÄHBLICH, honeste nutriens, ehrlich nährend: er
schicket sich nach Ordnung der natur zu einer ordenlichen,
ehrennehrlichen, nachbaurlichen, gesindfolgigen, gemeinnutz-
lichen, handlichen und wonbaftlicben hausbaltung und eigcn-
herd. Garg. 63',
EHRENNAME, m. dignitatis nomen: es sein erennamen.
Keisersberc omeis 27*.
EHRENPFAD, m. tiia honorum.
EHRE.NPFENNING, m. moneta in honorem alicujus cusa.
EHRENPFORTE, f. arcus triumphalis:
und heisz aufsitzen donen
den huter meiner ehrenporten. li. Sacb« IV. 1,27*.
EHRENPLATZ, m. locus honoratus, sedet honorata: man
flberliesz ihm einen ehrenplatz. Göthb 23, 118.
EHRENPOSTEN, m. munut honorificum. Dahlnann gesch.
der fr. rev. 322.
EHRENPREIS, m. veronica, was ebrenkerze :
hie malet die oauir viulen, ehrenprcis,
Je lang"' JB lieber, braun und bluw. WccKUERLin 7:>!>;
mein augentrott, mein ehrenpreii. 82t ;
durch ihrer arbeit muh und fchweisz
grünt deioea oameoi ehrenprei*. GBnthir 005.
EHRENPUNCT, m. causa in qua alicujus fama agitur, poitU
ä'honnntr : da liegt der ehrenpunct ; ist es nicht das aeni-
licbe mit alicn chrenpuactco 7 GOths 19, 7.
EHRENRALÜER, Hl. calumniator, ehrendieb. Kant 5,105;
ehrenräuber! wer du auch bist, halt, halt! Fr. Müller 3,68.
EHHENRECHT, n. die nutzbaren rechte und die ehrenrechte
der beiden ersten stünde. Dablmann fr. rev. 211.
EHRENREÜE, f. pancgyricus, lobrcde: des Perikles ehren-
rede auf die im peloponnesischen kriege gefallenen bürgcr.
Wieland 24, 324.
EHRENREICH, abundans honoribus: (das deutsche volk)
jetz groszthelig, mill, gebig, koslfrei, unerschrocken, arbeit-
sam, hart, eerenreich, lobgirig, rumsücblig. Frank weltb. 48";
das volk wölel ein nambaftigen, eerentreichen, gerechten, doch
betagten bidermann. 87";
für spöuisch ding halt Mars quid juris etwa künnen,
quid furis aber ist ein ehrenreich beginnen.
LoGAU 1, 134, 77.
EHRENRETTER, m. famae defemor.
EHRENRETPUNG, f. famae defensio.
EHRENRICHTER, m. arbiter in causis de fama. der Rhein
ein ehrenrichler. Logaü 1, 120, 14.
EHRENROCK, m. was ehrenkleid, Maaler hat eerenrock
toga: unwürdig dieses ehrenrocks und Wappens. Fr. MIJller
3, 265.
EHRENRISZ, m. imminutio honoris, risz in die ehre, vgl.
ehrabschneiden.
EHRENRUF, m. fama: die duelle, ein edler rest der ritter-
schaft aus einem verkehrten begrilÄ des ehrenrufs. Kant
7, 388 ; ehrsucbl ist nicht ebriiebe, sondern bestreben nach
ehrenruf, wo es am schein genug ist. 10, 302.
EHRENRÜHRIG, calumniosus, die ehre angreifend: diese
(räthe) grif i. f. gn. mit ehrenrührigen Worten harte an.
Schweinichen 1, 307 ; demnach Wenzel Kreiselwitz vernom-
men, dasz i. f. gn. ihn mit ehrenrührigen worlen hätte ange-
griffen, hat es ihn auch, wie nicht unbillig, verdrossen. 2, 74 ;
mit ehrenrührigen Schriften unfürstlich angetastet. Kirchhof
mil. disc. 89 ; ob sie wol so ehrenrührige und schändliche
verse auf ihn geschrieben hatten. Opitz 1,2'; auf eine ehren-
rührige und unzulässige art erkennen, ehe eines weibes 22;
dasz uns nicht gefiel ehrenrührige worle gegen ihn zu gebrau-
chen, hielt uns ab sein schneidendes schwertmaul, denn er
würde uns auf ^in Schimpfwort mit lausenden begegnet sein.
Leipz. avant. 1, 77 ; vernichtet sogleich, mit wenigen ehren-
rührigen Schmähzeilen, alles lob, was er seit so vielen jähren
dem schab gespendet. Göthe 6, 143; kuppler nennt man mich,
und gibt euch, mein gnädiger herr, die ehrenrührigsten Schimpf-
namen. TiECK 3, 186 ; bis dabin galt es für ehrenrührig bei
vornehmen und in Städten wenn einer den andern Rirken-
bein hiesz, jetzt ward ein ehrenname daraus. Dahlmann dän.
gesch. 2, 157. Birkibeinar waren im wald hausende ßüchtlinge,
die wegen abgang der kleider ihre Schienbeine sich mit birken-
rinde deckten (forumanna sögur 7, 320).
EHRENRÜHRIGKEIT, f.^ calumnia: es möchte der zank
eine ehrenrührigkeit verursachen. Abele 3, 287.
EHRENRÜHRISCH, wie ehrenrührig: demnach der haupt-
mann und ich mit Adam Landskron von Schönau in ehren-
rübriscbe sachen und unvernehmen kamen. Schweinichen
3, 227.
EHRENSACHE, f. honoris causa: nach und nach wurde
dies zu einer lust und ebrensache. Göthe 6, 165.
EHRENSAL, m. aula honorum:
in disiMu ehrcnsal
sih ich, ich weisz nicht reclii, was ich sih, für ein mal.
Wkckhrrlin 669.
EHRENSCHÄNDER, ni. calumniator, slupralor: dasz sie
ehe ihren chreiiscliäiider oder sich selbst ermorden, als an
ihrem manne untreu werden wolle. Felsenb. 1,192; erklfire
dich selbst hii-r nfrentlich als lügner, ehrcnschänder und fal-
schen Riiklägcr. Fr. Müller 3,265.
EHRENSCHANDERISCH, calumniosus.
KnilKNSCIIANDUNG, f. calunmia.
EiUlENSCHATZ, ffi. copia honorum: vor einem schändenden
Worte versinkt der glänz und ebrcnschatz lan^r Jahre. J. P.
nachJämm. 79.
EHRENSCHEITEL, m. vertex honoratut:
aHxuciicri t-ui'h mit einem poeten,
la<itt d)>n tii'rrn in gednnkcn ichweifen,
und iilli! ecllun i|iialii.ii(>n
auf euren fhren.Nclioilol hdufcU cöTiii 12,90.
EHRENSCIIKI.TER, m. calumniator.
ElIRENSCHlLi), n. asserlor, defensor honoris.
65
EHRENSCHILLING — EHRENTANZ
EHRENTÄNZCHEN — EHRENWEICH
66
EHRENSCHILLING, m. tcas ehrenpfenning.
EHRENSCHLAG, »i. ; die maaumittierende ohrfeige war,
so wie bei uns noch die lossprechende bei den handwerkern,
ein ehrenschlag und that so wenig weh, als die schlage, die
die ritter bekommen. Lichtenberg 5, 28t. s. ritterschiag.
EHRENSCHLÄGER, m. gladius honoris insigne, für studen-
lenschlägereien :
der ist nur dem pferdewiehern hold,
hunden nur und Jägern,
der des bands und Schlüssels ehrensold
und den ehreoschlägern. Voss 5, 3.
EHRENSCHMÄRRE, f. cicatrix honesta. Stieler t863.
EHRENSCHMITZ, m. dedecus. Stieleb 1876.
EHRENSCHMITZIG, calumniosns, ehrbeschmihend : ehren-
schraitzige nacbred. Kirchhof trendunm. 270'.
EHRENSCHMUCK, m. honoris insignia.
EHRENSCHNAPPE, f. imminutio dignilatis. Stieler 1893.
EHRENSCHULD, f. debilttni honoris causa eonlradum.
EHRENSCHUSZ, m. ictus in honorem alieujus eviissus.
EHRENSCHWERTEL , m. ixia, gladiolus, eine pflanze,
s. Schwerte!.
EHRENSECLE, f. statua in alictijus honorem coUocala.
EHRENSITZ, m. sedes honoris.
EHRENSOLD, m. was ehrenlohn. J. P. Tit. 2,175.
EHRENSPIEGEL, m.
Adam, Eva, paradies und schlang,
Sodom und Gomorras unier^ang,
könnt auch die zwo)f durchliiuiliiigen frauen
da in einem ehrenspiegei schauen. Götub 13, 128.
EHRENSPROSSE, m. gradus bonorum: denn an den thoren
ist eine leiter mit den tiefsten und höchsten ehrensprossen
angeleget. J. P. uns. löge 2, 44.
EHRENSPRLNG, m. saltus honeslus, ehrentanz, Stieler
2106:
lockres brot, ein kühler trunk.
zwischendurch ein ehrensprung,
hält mich frohes muies. Voss 5, 108;
der vater, der die köpf- und ohrenhängerei des jetzigen jungen
Volkes gegen die ehrenspriinge seiner kameraden hielt, wurde
an den ilustigen) hauptmann gekettet. J. P. Tit. 2, 229.
EHRENST.AFFEL, /. was ehrenstufe, ehrensprosse.
EHRENSTAMM, «j. stirps nobilis:
mein vaier, ach, ein reichsbaron,
so stolz Ton ehrensiamme. Bürger 53'.
EHRENSTAND, m. dignitas:
das dacht ich also zu verhindern.
sein ehrenstand dardurch zu mindern. Atrer 407";
nimb meinen freund in acht, lasz ihn fortuna treiben
zu gröszerm ehrenstand, pers.reiseb.2,2;
immer folge der vermählten dame
reichihum, pomp und hoher ehrenstand. fiDRGEa96';
ich nahm getrost, so wie sie war,
mein liebchen an die band,
und gab ihr vor dem traualtar
der weiber ehrenstand. 103'.
EHRENSTELLE, f. locus honoratus: er bekleidet die höch-
sten ehrenslellen.
EHRE.NSTRAFE, f. detrimenlum eTislimalionis : in nnsem
Staaten werden nach und nach die ehrenstrafen in geldstrafen
umgesetzt. J. P. biogr. bei. 1, 112.
EHRENSTRAUSZ, m. fasciculus florum honori datus, bouquet
d'hunneur:
und Phöbus läszt bereits den bach der Castalinnen
durch ganz Germania mit reichem ströme rinnen,
der Pindus wird fast voll, viel dichter sind voraus,
und bändigen ihr haar durch manchen ehrenstrausz.
nachlese zu Gcntueb. 1751 (. 141.
EHRENSÜCHT, f. ambitio, t. ehrsucht:
die pest, die ebrensucht sind beide strenges gifl.
LocAü 1, 134, 78.
EHRENTAG, m. dies festus, ntiptiae, honestissimus dies
alicui. Maaler 97* : hielt einer vor jaren seinen ehrentag oder
hochzeit. Kirchhof uendunm. 259*;
ach wie wird Sophonisb empfinden diesen schlag!
wenn sie beherzt ihn fühlt, so ists ihr ehrentag.
LoHKüSTKiN Snphon. vi, 480;
ja dieser ehrentag zeigt vor sich selbst schon an
noch mehr, als was von uns geriihmet werden kan.
GC<*THKR lOöl.
EHRENTANZ, m. saltatio honoris eausa habita: seinen iwi-
schen das parallellineal der etiquette eingesperrten ehrentanz.
J. P. Tit. 2,36.
III.
EHRENTÄNZCHEN, n. saltatiuncula honesta, s. ehrensprung.
EHRENTRIETUNG, f. rererenlia: welchs creuz noch heut
mit groszer ehrentbietung geweiset wird. Fra>k chron. 466*;
und dieselbe göttin mit groszer ehrentbietung beleitet (deam
vectam bubus feminis multa cum veneratione prosequitur).
Micylls Tac. 450*.
EHRENTEMPEL, m. honoris aedes:
und er betritt auf den erhaltnen sieg,
den beiden gleich, des ehrentempels hallen. Hagedobm 1,57.
EHRENTHALBEN, honoris eausa, dieis eausa:
herr, was ich ehrenthalben kan,
das thu ich euch zu lieb und gunst. At8br369*:
und er es ehrenthalben nicht umgehen hat mögen. Schwei-
kichen 1, 29; wo man ehrenthalben dieselbe Stellung be-
hauptete. Göthe 30, 79.
EHRENTHALBER, was das vorige: weil ihr euch verbun-
den gesehen, ihm ehrenthalber ein ansehnliches geschenk da-
von zu gehen. Felsenb. 2, 338. s. ehrenhalber.
EHRENTHAT, f. factum gloriosum:
die stille majesiät wahrhafter ehrentbaten. ■
WiiHOFSjed. 1, 2S9;
ehrentbaten der menge. J. P. friedenspr. 2, 34.
EHRENTHEIL, n. pars rata honori data:
je kleinre zahl, je gröszres ehrentheil.
the fewer men, the greater share of honour.
Henry V. act 4. sc. 3 ;
Menelaus fügte sein ehrentheil, den fetten, gebratnen rOck-
grat hinzu. Beckers wettg. l, 306.
EHRENTITEL, m. honorifica appellatio, einem den rechten
ehrentitel geben, ironisch auch stielte.
EHRENTOD, m, mors gloriosa, ehrenvoller tod.
EHRENTRUNK, m. poeulum honoris, s. ehrtrunk.
EHRENTÜGEND, f. forma virtute excellens:
dasz wir unsern liebsten gemahl,
die ehrentugend, vest wie stahl,
so unschuldig haben vertrieben. Atrer 290'.
EHRENTERLETZDNG, f. laesio honoris, s. ehnrerletzung.
EHRENVERRINGERUNG, f. imminutio honoris.
EHRENVERSORG, m. conditio honesta: i. f. gn. gaben mir
einen ehrenversoi^, dasz es mir an meinen ehren unschäd-
lich sein sollte, welcher noch heute unter meinen briefen zu
finden sein wird. Schweixichen 1, 191 ; darüber mir ein ehren-
versorg erfolget. 2, 148.
EHRENVOLL, honorißcus: ein ehrenvoller tag: ehrenvoller
abschied:
gestorben für das Vaterland
den ehrenvollen tod ;
man zieht den todten ihr ehrenvolles gewand an. Göthk . . . ;
mit ihnen zum podesta zu gehen, ihm meine papiere vorzu-
legen, da er mich denn als einen ehrenvollen firemden aner-
kennen werde. 27, 188. s. ehrvoll.
EHRENWACHE, f. excuSiae honorariae: eine ehrenwache
stand vor der thür; die häuser einzeln, jedes mit seiner
ehrenwache von fruchtstämmen. J. P. flegelj. l, 54.
EHRENWÄCHTER, m. excubitor honorarius, custos honoris :
wärt ihr des reiches ächter,
begann der könig hehr,
hier dulden ehrenwächter
jetzt keine masken mehr. Simrock.
EHRENWÄCHTERIN, f. wir gelangten glücklich zu meiner
geliebten, die mehr an den anstand, als an meine Zufrieden-
heit gedacht und eine sehr häszliche ehrenwächterin bei sich
behalten hatte. Göthe 17,126.
EHRENWAHN, m. opinio falsa honorum: ein übelverstan-
dener ehrenwahn. Katt 3, 66.
EHRENWEG, m. via honorum:
knabe, dein ehrenweg geht zum OIrmpus hinauf.
Hkrder 10, 109;
ein einziger von unsern kriecern war
auf diesen ehrenwegen sein begleiter. Göthr 7, 322.
EHRENWEIB, «. femina honesta, biederweib, eerenweib,
femina primaria, matrona. Maalbb 97*;
du tugendvolles ehrenweib!
EHRENWEICH, mollis honore:
wnlTänweich und ehrenfeste
war im kriege vor das beste.
ehrenweic'li und walfenfeste
ist im krieg jetzund das beste. l.ocAn 1,80,57.
67
EHRENWEIN — EHRERBIETUNG
EHRERJAGUNG — EHRGEITIGKEIT
68
EHRENVVEIN, m. vtnum honorarium:
daselbs geschah in auch vil ehr
mit ehrenwein, und anders mehr. Fuchart g/. sc/ti/' lOöl;
geschwind an seinen plan, der Terzky hat
der inuiier ehrenweine preis gegeben. Schiller 351';
meine Studien jedoch sowol als die heitere Unterhaltung mit
den canzlei und hausgenossen wurden gar sehr belebt durch
den ehrenwein, welcher von treflicher Moselsorte unserem
forsten vom stadtrathe gereicht ward. Göthe 30, 183 ;
die ihr gesamt im palaste des funkelnden ehrenweinos
hier beständig genieszi, und mit anhöret den snnger.
Od. 13, 8.
EHRENWERK, n. opus honorarium.
EHRENWERTH, honore dignui: dise weiber seind ehren
werd, die sich Iren mannern unterwürflich machen. Fiscbabt
ebz. 59;
bei hof ist berllch leben, ist rühm und ehrenwerth,
weil alles man kan haben, nur nicht was mim begehrt.
LOGAU 2, 213,9;
so schimpft das leufelsvolk die anzahl meiner jähre,
das aller bleibt indes doch aller ehren werih. Gümther 1101;
warum jetzt, o Hermes, erscheinst du, herscher des goldstabs,
ehrenwerth und geliebt! denn sonst besuchst du mich wenig.
Od. 5, 87 ;
ein alter, dem oheim ehrenwerther goldschmied trift ein.
GüTHE 23, 232; nun seid willkommen, ehrenwerther herr.
Arnim schaub. 1, 117.
EHRENWILLIG, vcnerabundus.
EHRENWORT, n. in doppeltem verstand,
1) /ides, parole d'honneur: sein ehrenwort geben, halten;
einen beim ehrenworte fassen ; ich habe sein ehrenwort.
2) verborum honores, höfliche redensarlen, coniplimenle :
ein eerenwort voranhin sagen, praefari honorem, das ist Ur-
laub neramen, als wenn man sagt mit urlaub, mit züchten
vor euweren ecren ze reden. Maäi.er9"'; dasz gott sich dei-
nen vater und dich sein kind nennet, das ist keine sache,
die in ehrenworten und einbildung bestehet, sondern ein gött-
licher, rechter ernst. Scriver sec/tnisc/t. 1, 677; doch meinte er,
es möchte bei dem wirt nur ein ehrenwort sein und be-
dankte sich also aufs beste. Weise erzn. 129 ; man bricht bald
ab, fällt auf die gespräche und discurse und endlich auf ein
ehrenwort oder compliment. Letbnitz 383. sprichwörtlich,
ehrenworte binden nicht, ehrenwort ist drum kein wahr wort.
SlMROCK 1836. 1836.
EHRENWÜRDIG, was ehrenwerth, üblicher ist ehrwürdig:
ehrenwürdigster herr, Agamemnon, völkerbeherscher!
BÜRGER 200';
ehrenwürdigste der parzen, weiseste Sibylle du !
GöTHK 41, 200.
EHRENZEICHEN, n. honoris insigne:
und seiner Treibeit ungetreu,
eilt man nach stolzen ehrenzelchen,
und desto tiefrer sclaverei. Gbllkrt 1,48;
der hauptzweck des feldzugs war erreicht und Eduard, mit
ehrenzeichen geschmückt, rühmlich entlassen. Göthk 17,343;
er hatte ihrem söhn, der als soldat sich sehr brav gehallen,
ein ehrenzeichen verschaft. 17, 384.
EHRENZOLL, m. debilum honorarium.
EHRER, m. cullor, Verehrer: er meint er wer allein gotles
erer. Keisersb. ome/x 19'; seiner abgöttin Veneri, deren eerer
und anbetter er heimlich war, z3 dienen. Frank weltb. 122*.
EHRERBIETER, m. observator.
EHRERBIETERIN, f. ohservalrix : des gezeug ist der he-
rürten irrthuin oder aber vieler aus inen durch die univer-
sitet zu Cöln und Löven, als des göttlichen ackers aller-
güligste und gottfürchtigsle ehrerbieterin, nicht weniger kunst-
reiche denn warliaflige und heilige Verlegung. Luther 1, 257*.
EHRERRIETIG, vcnerabundus, observaiis, s. ehrbictig:
d<;r r.'iuhe anblick eurer wnlTen «cbrerki
die /.'irie jungl'rau. weicht zurOck und bleibt
in ehrerbiciigor ferne. Scuillkh 4'J'J'.
EHRERBIETIG, reverenter:
»prerhi ehrerbietig, mit gelattenheit !
EHRERRIETIGKEIT, /. obtervantia: jemandem mit ehrer-
bieligkeit begegnen. Ka"«t8, 12; die eitern behalten die pjljchl
der sorgfall, die kindcr die der kindlichen chicrhictijfkcit.
Fichte Mllrnl. 4ti.'t.
EHRERRIP:TL'.NG, f. dattelht. Dampodiu« 257*;
Kieng er mit freuden unierwagen
xur ebrerbieiung ibiu entgegen. (rotohmeut$l9r \,9. FO*;
man wird selten nachlässig arbeiten, wenn man genug ehr-
erbietung für die weit hat. Geliert 1, 35; die angenehmsten
gesellschaflen sind die, in welchen eine heitere ehrerbietung der
glieder gegen einander obwaltet. Göthe 17, 240. s. ehrbietung.
EHRERJAGL'iNG, f. ambitio: ein heroisches gemüth hat
diese eigenschaft an sich, dasz es zur ehrcrjagang aufgemun-
tert wird. Simpl. K. 109.
EHRERSTATTUNG, f. reparalio honoris:
wenn ein konig unrecht zfirnio,
musz er sich zur ehrersiniiung
zwingen mit erniedrigung. Hrrder .5, 128.
EHRETRUNKEN, honore ebrius:
ruhmgekröni, nicht ehreirunken
kehne Philipp auch zurück. F. L. SroLBünr, 1,25t.
EHRFURCHT, f. reverenlia, veneralio, ein erst spät aufye-
kovinmcs worl, bei Keisersberc und Luther, Dasvpodiüs und
Maaler nicht zu finden, die darin enlhaltne Vorstellung der
scheu wohnte ehmals schon dem einfachen cra bei, als sie
üchwand, wurde sie durch den zutritt von furcht hergestellt,
selbst Henisch und Stieler geben den ausdruck nicht, erst
Frisch 1, 218' stellt ihn auf und heute ist er in allgemeiner
Übung {doch vgl. ehrfürchtigl :
allein die ehrfurcbt beiszt mich schweigen. Gü.ntiirr 251 ;
mit der wahrhaftesten ehrfurcbt, die gänzlich von patholo-
gischer furcht verschieden ist. Kant 7, 372; der natur ist
furcht wol gemäsz, ehrfurcbt aber nicht. Göthe 22, 13 ; sie
hatten ihn alle als den magus von norden mit ehrriiiThl be-
handelt. 2(i, lü7;
einen mann zu sprechen und zu kennen.
den alle mir mit ehrfurcbt nennen. 12,93;
aiifnierksamkeii verdient ein aller freund,
ehrfurcbt gebührt dem boten deines kaisers. Schilirh :i;i5'.
wie man sagt furcht vor dem tod musz es auch heiszen ein-
furcht vor dem künig, vor der bibel, nicht für den könig, für
die bibel, wie einige schreiben.
EHRFÜRCHTEND, veneiabundus :
ehrfiirchiend und wartend
blieben die wellen siehn. Mass. 3, 41 {ausg. 1751. 1760 voll
ehrfurchi).
EHRFÜRCHTIG, timidus, nicht reverens: dieweil ef waise
ist und dazu so ehrfürchtig, züchtig und friedliebend. Me-
i.ANciiTHON 7, 626. s. ehrfurchtsam.
EHRFURCHTREICH, revei-entissimus :
Verwirrung, siumnie tust und ehrfurchtreiche freuden.
Haurdorn 2, 103.
EHRFURCHTSAM, timidus, reverens: ehrfurchtsain und de-
mütig. Birken ostl. lorb. 395.
EHRFURCHTSAMPELN, f. lampades reverenter accensae:
ihr Sterne spart die silbcrkerzen
und zieht die matten strahlen ein,
entflieht ihr himmlischen gesiebter,
es wird um diese zimmor lichter,
vor welchen viel verbundne herzen
mit elirfurchi.sani|)eln dienstbar sein. Gö.ithrr 1126.
EHRFURCHTSVOLL, vcnerabundus, wenn an fürsten ge-
schrieben wird, überall angebracht.
EHRFURCHTVOLL, decenter :
wer schlaft so schon, so ehrfurcblvoll ?
ich musz zu meinen henlen eilen.
siitsainer schäfer, schlafe wol! IIauedorm 2, St.
EHRFURCHTWIHRIG, irreverens: ein ehrfurchlwidriges be-
tragen. Klingbr C, 121.
EHRGEBIG, honores largiens : wir sind ehrgebiger, weil
ehrsüchtiger. Hippel 6, 38.
EHRGERÜHR, f officium: so empfangen wir die vaterlän-
dischen verwandten nach ehrgebühr. J. P. avslh. 2. 190.
EHRGEFÜHL, pudor: reges, lebendiges, feine« ehrgefühl ;
ein mensch ohne ehrgefühl ;
freilich, das kmnini diiher, wenn ehrgefühl nicht im bilden
eines junglinges Icbi, und wenn er nirhi liolicr Irinauf will.
GuriiK 40, 2ö(i.
EHRGEIT, ni. ambitio, mhd. der ^ren glt. Greg. 20S0.
Maalkh 98' eergeit, musz bald der falsdten form ehrgeiz
weichen, s. geiz.
EHRGEITIG, ambitiotut. Dasyp. G2'. SKRRAt«us synon. bb';
zCi gar eergeitig, ambitiosns nimis. Maaler 98*.
EHRGErni;kElT, /. ambiUo. Daivp. «2'; !*ip zanken und
kriegpii ntt iiiil einander aus lurn, neid oder rergeiiigkeit.
Framr icelth. 13*.
69
EHRGEIZ — EHRLICH
EHRLICH
70
EHRGEIZ, m. ambitio. Hemsch 808, 41. Stieler 640.
denen nachzulallen
des Jünglings frommer ehrgeiz war. Gotter 1, 451 ;
ihr habt vor seinem ehrgeiz mich gewarnl?
wars nur sein ehrgeiz, dieser nur, wovor
ich zittern sollte? Schiller 212*.
EHRGEIZIG, ambitiosus. Gal. 5, 26 schreibt Ldther gelrennl :
eiteler ehre geizig, s. geizig.
EHRGEIZIGKEIT, f. ambitio: so treib auch der künstler
ehrgeizigkeit, weish^ Salom. 14, 18 ; nu so inen das spiel mis-
iinget, bin ich für inen der ehrgeizigkeit schuldig. Luther
1.400'; es bat geiz und ehrgeizigkeit bei sich. 4,65";
vergebene ehrsceizigkeit
beschemen auf dem rücken treit. Kirchhof tcendunm. 322'.
EHRGEIZLICH, ambitiöse: handelt alle sachen trewlich
und freuntlich und nichts eergeizlich. Melanchth. hauptar-
tikel 75.
EHRGELAG, n. tcas ehrengelag:
und jeder floh im ehrgelage
setzt an die braut sich an. Gökingk 3, 86.
EHRGEMÄSZ, decens: dadurch wird die ehrgemäsze Selb-
ständigkeit des Staats und der familie, in die er einst treten
soll, dargestellt. Fichte reden on die d. nation 339.
EHRGEZIEMEND, decens: mit einer ehrgeziemenden höf-
lichkeit. Weise kl. leute 11; im ehrgeziemten ruhmverhallen.
Simpl. K. 88.
EHRGIER, f. was ehrbegier,
EHRGIERDE, f. Klinger 1, 307. 2, 73.
EHRGIERIG, ambitiosus:
ehrgirige ritler stehet ab! Wecxherli.i 856;
und nahm ihm darauf für, aus ehrgieriger räch
und eifer diesem held alsbald zu fulgen nach.
Werders Ar. 14,12;
im strengen ebrgierigen alterthum. Dahlman.n dän. gesch. 1, 160.
EHRGITTIG, ambitiosus: das sind die ehrgittige Sonder-
linge. Luthers br. 2, 224 {wo herausgegeben wird ehrgizige).
Luther selbst scheint zwischen geitig, gittig und geizig zu
schwanken.
EHRGITTIGKEIT, f. behend erweckt er mit einer unsin-
nigen ehrgittigkeit sein diener Johan Eccium. Luthers br.
1, 511.
EHRGLUT, f. honoris ardor: zorn, ehrglut, liebeglut sind
brausende dämpfe der Jugend. J. P. herbstblum. 3, 3.
EHRGULDEiS', m. was ehrenpfenniog: Carolus donavit papae
4000 aureos medanos, h. e. aureos sua et fratris imaginibus
insignitos, quos vulgo vocamus schenkgülden oder ehrgülden.
Luthers br. 3, 565.
EHRH.\FT, konestus, pius, ahd. mhd. ^rhaft, woßr nhd.
ehrenhaft eindrang.
EHRHAFTIG, dasselbe: hat tugendsame und ehrhaftige leut
lieb und werth gehalten. Fro.nsperger kr. 3, 297*.
EHRHUNGER, m. ambitio vehemens.
EHRJAHR, n. was ehrenjahr: es ist umb ein kleines schand-
stündlein zu thun, darnach werden eitel ehrjahre folgen.
Luthers br. 2, 640. ■
EHRKAUF, m. emtio honoris causa facta: ehrkauf reukauf.
EHRKLEID, n. was ehrenkleid:
sein schauben sol mein ehrkleid sein. Atrer 451'.
EHRLEISTER, m. honoris palronus:
zu der zeit halten wir erbar frome Schulmeister,
waren der Jugend eerleister. Schade pasq. 1, lüO.
EHRLICH, ahd. erlih, mhd. «rlich.
1) ansehnlich, vornehm, von leuten: ratsherrn und ehrliche
leute. 4 Mos. 16, 2; heubtleute über fünfzig und ehrliche leute.
Es. 3, 3 ; einen kostfreien man loben die leute und sagen
er sei ein ehrlicher man. Sir. 31, 28 ; wenn du von jemand
geladen wirst zur hochzeit, so setze dich nicht oben an, das
nicht etwa ein ehrlicher denn du geladen sei. Luc. 14, 8 ;
lieben brüder, mir kumpt ein ehrlicher gast aus Schottland,
ein fast geistlich und frommer man. Galmy 293; Hydaspes
befahle, man soll die legalen für in kommen lassen, der
unteileufer der ansager fragt, ob er sie mit einander oder
ein legation nach der ander herzu lassen solle ? es ward ihm
befohlen, unterschiedlich und ordentlich solle es geschehen,
darzu die ehrlichsten am ersten, buch der liebe 226, 2 ; weil
nun so viel ehrlicher, weiser und gelehrter leute. AlberusIO;
was einem ehrlichen fürsten wol ansteht. Ziükgbef apophih.
18, 18 ; potentaten, wann sie die gelehrten ehrlich und werd
halten. Fischabt ehz. 59;
und wann schon das aller ehrlich,
ist die ehr ihm doch schwer. Wsciherlir 598;
nun ist sein tochter ein burgers kind,
die ehrlicher als die bauern sind. Atrer 435'.
in diesem sinn heute veraltet.
2) ansehnlich, von Sachen: begrabe deine todten in unser
ehrlichsten grebern (vulg. electis sepulcris). 1 Mos. 23, 6 ; die
ehrliche pracht deines königreichs. ps. 145,12; du bist mir
zu ehren ihr schenk worden, begerest du noch einen gröszern
dienst, der ehrlicher ist, zeige mir es an, lasz mich sorgen.
buch der liebe 212, 3 ; der ehrlichen nachbarlichen besuchung
der glückhaften schififart gesellschaft zu gedächtnus, rum und
ehren. Fischart gl. seh. zu eingang.
3) honeslus, redlich, ohne falsch, von leuten: die alten ehr-
lichen leute. Es. 9, 15 ; das sie so willig sein gewesen und
so ehrlich und ehrnhaftig. Fro.nsperger kriegsb. 1, 17' ; ein
ehrlicher mann, ein ehrenmann, biedermann; ein ehrlicher
kaufmann, der nicht triegt ; ehrliche, rechtschaffene mexischen;
kein dienstbote war ehrlicher als er ; ehrliche band geht durchs
ganze land; ein ehrlicher finder, besitzer.
4) honestus, auf sachen angewandt: ein ehrlicher name geht
über alles; und die haben ehrlichen namen hinder sich ge-
lassen. Str. 44,8; zu allen ehrlichen sachen und händelen
befürdert. REtiTTER kriegsordn. vorrede; einem ein ehrliches
begräbnis versagen;
was nützlich öfters ist, ist allemal nicht ehrlich.
LOGAU 1,194,100;
ein ehrlicher handel, ehrliches auskommen, ehrliche gesin-
nung; wie kommen sie zu diesem ringe, herr wirth? 'ich?
auf die ehrlichste weise von der weit'. Lessisg 1,533; ich
stelle dir die ehrlichsten, ehrlicher besitz, possessio bonae
fidei. KAtrr 5, 101 ; ein ob zwar unrechtmäsziger, dennoch ehr-
licher besitz, possessio putativa. 5, 419.
5) ziemend, anständig, oft mit dativ der person: wer ge-
dültig ist, der ist ein kluger mensch, und ist im ehrlich, das
er untugent überhören kan. spr. Salom. 19, 11 ; ich gab einen
lieblichen geruch von mir wie der weinstock, und meine
blühet {blute) bracht ehrlich und reiche frucht. Sir. 24,23;
nachdem ehrlich, ziemlich und billich, dasz sich ein jeder
nach seinem stand, ehren und vermögen trage, reichspol.
ordn. von 1530 § 9 ; welchs christlichem glauben ein angenem,
nützlich und heilsam werk wird sein, deiner hoheit aber, von
wegen der gottseligkeit, die du hierin beweisest zu dienst
und förderung der heiligen religion fümemlich ehrlich. Luther
1,102*; es ist gott nicht ehrlich von gebrechlichem leibe eins
menschen geborn werden, item es ist Christo nicht ehrlich,
das in der teufel aus der wüsten füre, item es ist nicht ehr-
lich, das er gecreuzigt ist. 3,356; das mag doch ja ein her-
lich fein catorthoma sein und eine lugend solcher berühmh-
ten stad und weit berufen weisen rat ehnlich und ehrlich.
5,17'; das ist euch nutz und noth und gotte, der euch zu
seim licht berufen hat, ehrlich und loblich. Luthers br. 3, 8 ;
je gewaltiger du immer bist.
desto weniger stolz dir ehrlich ist.
VfKiSK kluge reden dSS";
darumb ich dir billich ein ehrlichs bottenbrot schuldig bin.
buch der liebe 233, 4 ; die jungfrauw die ehrliche geschenk mit
groszem dank annam. ebenda; dann über kriegsleut richten
ist ehrlicher als über schelm und diebe auszerhalb des krieges.
Reutter kriegsordn. 68; si wissen kein underscheid zwischen
dem eerlichen und schentUchen. Fban« «cW/t. 14'; einer häsz-
lichen ist es ehrlicher, wann sie von wegen ires wandeis ge-
liebet wird. FisciiART ehz. 33;
und da man ihnen kurzweil macht
mit tanzen, jubilirn und springen,
in schönen garten zu ermcicn,
ehrlichen spiln und Jungfrau reien. Atrer 193' ;
solchem ehrlichen begehren, wie billig, zu terhengen. Oprrz
poet. 1' ; in gemein ist zu wissen, dasz die enthauptung durch
das Schwert ehrlicher gewesen, denn diese die durch das heil
geschehen. Grvphius 1,471;
doch seid ihr im ernst mir zu gnaden erbötig,
so will ich mir bitten zum ehrlichen lohn
für meinen hochwürdigen herren pardon. BSrgir 67'.
6) alle diese bedeutungen laufen in einander, es ist kaum
anzugeben, aus welcher derselben eine sehr eigenthümliche
unterer heutigen spräche entsprang, vonach wir ehrlich für
b*
71
EHRLICH — EHRSAM
EHRSAMKEIT — EHRWÜRDIG
72
tüchtig, ordentlich in bestimmtem sinn setzen, das ist ein
elirlicher kerl, der wirds schon ausriclilen, meint einen biuven,
tüchtitjen,- er ist eine ehrliche haut; es kanns kein ehrlicher
mensch genieszen, da der unflat die schnauze drüber geiiabt
hat, GöTiiE 14, 3ü2 ; wir haben schon was ehrliches zusam-
men durchgeschwatzt. 43. 172 ; das soll was ehrliches kosten.
meistentheils läszt sich dies eJKlich vertreten durch ziemlieh,
anständig, tüchtig, ordentlich, rechtschaffen.
EHFJLICH, hvneste. decenter: und als er nu hundert und
zwei jar alt war, ward er ehrlich begraben. Tob. 14, 2 ; und
verhülle seinen leib gobürlicher wejge und bestate in ehrlich
zum grabe. Sir. 3S. 16; das sie bereit waren beide ehrlich
zu leben oder ehrlich zu sterben. 1 Macc. 4, 25 ; giengen im
die bflt'ger entgegen und empfiengen in ehrlich. 11, 60 ; las-
seis alles ehrlich und ordentlich zugehen. 1 Cor. 14,40; die
ehe sol ehrlieh gehalten werden. Ebr. 13, 4 ; das der bapst
uns lere das brot ehrlich essen. Luther 3, 80'; darzu wil
ich euch zu verordnen acht graven, die mir verwandt seind,
auf das ir desler erlicher reitent. Aimon m4; er ward tref-
lich, hoch und ehrlich gehalten. Alberüs 15; hierumb so allein
der ehenam so ehrlich in die cwigkeit erhaben wird. Garg.
64'; es stehet dem mann gar ehrlich und wol an. Fischart
ehi. 75;
verleiben (bewirteten) die fuhrleut ehrlicli. glüclih. seh. 1056;
sei nicht hoffärtig, halt den deinen stand ehrlich. Zinkghek
121,9;
wer sich ehrlich will ernähren,
musz viel nicken und wenig zehren ;
hesser ehrlich gestorben,
als schandlich verdorben;
bei den folgenden redensarten kann man sich den in/", sein
oder leben hinzu denken: ehrlich macht reich, aber langsam
gehts her; ehrlich wührt am längsten, er hat ehrlich mit-
gegessen und mitgetrunken erklärt sich nach ehrlich adj. 6.
EHHLICHKEIT, f. houentas:
wer zweifelt, Nailian, dasz ihr nicht
dio ehrlichkeit, die grosznmt selber seid? Lessing 2, 193;
in seiner stube, die kein andres französisches schlosz hatte
al§ ein otaheitisches, nemlich fremde ehrlichkeit, war alles
offen. J. P. biogr. bei. 1, 138 ; die Wahrhaftigkeit in erklärungen
wird auch ehrlichkeit, überhaupt aber aufrichtigkeit genannt.
Kant 5, 261.
EHHLIEBE, f. ambitio, famae pudor.
EHULIEBENI), famae consulens.
EUHLIEBHABER, m. ambitiosus :
allen ehrliebhabern schwer. Wbckberlin 555.
EHI'.LIEBHÄBEREI, f. und so stünden wir denn bei der
berufenen ehrliebbaberei (poinl d'honneur) des adels. Fichte
fr. revol. 321.
ElIHLING, m. aereus: darumb nennet die eherne schlänge
Ezechias auch schmelich nehistam, das ist ehrling, als solt
er sagen, ists doch nur ein lauter erz wie ander ei^. Lbtber
3,528.
EHRLÖBLICH, laudabilis: vor dero ehriüblicben rällien
erschein ich Belial. Ayher proc. 2, 4.
EHRLOS, inhoneslus, infamis:
die unjic'hulil inid einrollt
za dämiirea mit eL^I(l^en zuiigea. Wkcsukaliii 122;
l>ildt Kich was auf ihre .Schönheit ein,
war doch so ehrlos sich nicht zu schnracn,
geüchenke von ihm »n/unehmen. GöTHBi2, IST;
einen menschen für ehrlos erklären.
EHRLOSIGKEIT, f. infamia: ehrlosigkeit begleitet den lügner
wie sein schatten. Kant 5, 200.
EHRLUG, f was ehrenlüge:
ein ehrliig thun zu fTölichkeil,
doch Dieuiand zu scbniach, schand norh leid.
H. Sachs V, 32»'.
EHRNAME, m. wat ehrenname: preise gott mit solchen
ehrnanien wie du gelernet hast. per«, baumg, 7, 15.
EllRREICH, icat ebrcnreich:
ileii gaiiu ehrreielio lempcj. WscintRiiit 1B3.
EHRSAM, honorabilis, mhd. tnam: ersamen, weisen, lieben
freunde! Llthkr 7,1*. 2*; vor zehn gelehrten, die da ehrsam
und bieder »ind. KiorsrocK 12,100; einem meisterer ist ein
zu •' '- nainc worden, ange<iebn selbiger von meixler ab-
g> 12, 1.S4; da-z wir uns einem würdigen gesehilft,
L-i' Hill nnleriii'liiiiiri uiiliiien. Güthe 49, !.'>.
EilHSAMKElT, f.
w.is vor geschach mit «rsamkeit
wird nu verspot zu diser zeit. Soltad 361.
EHRSCHAMIG, verecundus: ehrschamig, fromb, warhaflig.
Fbonspercer kriegsb. 1, 175*.
EHRSCHATZ, m. laudemiuni.
EHRSCHATZIG, laudemio obnoxius.
EHRSUCHT, /■. nimia ambitio:
wo bleibt das lufigebäude meiner ehrsuchl? Gott br 2, 209.
EHRSUCHTIG, ambiliosissimus : nun sie legten es mitein-
ander ab, wie sie den ehrsüchtigen kerlen wollen zu schän-
den machen. Weise erzn. 238; o tröffe deine wunde da, du
ehrsüchtiger berscher, tröffe sie von lodesblule! Klopstock
9, 357 ; die ihorheit andrer ehrsüchtiger schwindelköpfe. VVie-
i-ANO 2, 106; liier wurden beschuldigungen auf beschuldigungen
gehäuft, um mich dem volk als einen ehrsüchtigen abzu-
mablen. 2,118; Feriduns ehrsüchtiges gesuch. 8,42».
EHRSCcnTl(;KElT, f
EHRSIICIITSDL.NST, m. Brockes 5,221.
EIII'.SUCIITSKITZKL, m. Göki.ngr 1,210.
EHRTRUNK, VI. ein ehrlrunk thun. Hofm. gesellsch. 146.
EHRUNG, f. adoralio, Verehrung: von der heiligen ehrung.
Lutmeii 6,328'; dann es was darvor heidnisch mit eerung der
abgotterei besudelt. Frank weltb. 55*. tm sinne ron Vereh-
rung, geschenk:
nicht trnr nichts und nicht alles, und auch von allem nicht,
sol gab und ehrung nehmen der, den man an drum spricht.
LoüAU 2, 215, 27.
EHRVERGESSEN, pcrfidus:
du chrvergeszner thor! Weckusrlin 750!
ehrvergessen hüben ihr seit! Atrkr 211*;
dieser ehrvergessene vogel. Weise kl. leute 228;
ein ehrvergeszner mann. Gklleri 3, ISO ;
blickt drauf den ehrvergesznen mann,
den schauer lilierschleicht,
dreimal mit holen äugen an
und wimmert und uatweicbt. Höltt 18.
EIIRVERLETZENÜ, honorem laedens.
EHRVERLETZUNG, f was ebrenverleUung.
EHRVOLL, honorificus, wie ehrenvoll:
ach der schönen Luise, denn nur beim namen genannt sein
wollte sie, schlecht und recht, in edler bescheidenheil ehrvoll.
Luise a. l.li. 3,2,6;
sechs ehrvolle gericht am oberen ende der tafel. Voss 2, 120 ;
wie diener der religion.
des münsters einst ehrvolle thürmer. 6, 246.
EHRWERBEND, honores ambicns : cartel des ehrwerbenden
teutschen adels. Weckherlin 840; ein junger ehrwerbender
kriegsmann. Zinkgref 343, 7.
EHRWIDRIG, honori contrarius.
EHRVVFDRIGKEIT, f.
EHRWIRDIG, s. ehrwürdig.
EURVVORT, n. was ehrenwort:
ehrwort ist kein wabrwort nicht. Looao 3,246, 160.
EHRWÜRDE, /". dignilas, revcrentia : der leichnam s. Thomae
wirt zu Marparia aufgehcbt mit groszer eerwürde. Faank wtltb.
1112'. häußg als litel gebraucht:
doch soll dem prior sein befublen,
das sein ehrwiird vurschaU'en wollen,
das dio hvrrn all geistlich sein. Atkkr 353*.
fehlerhaß ehrwürden, wie gnaden, liebdcn für gnade, liebde :
und aus was für Ursachen, wenn man euer chrwürden bitten
darf? fragte der sullan. Wielanü 6, I2S; den groszen zweck
müchtig befördern helfen, der seiner chrwürden so sehr am
heizen liegt. 6, 135. s. iiuchwürde, hochehiwürde.
EHRWÜRDIG, venerandus, oß anrede undtitel: ehrwUi'dig«
Väter! ehrwürdiger mann!
da heiszts, seht hier mit köpf und ohnn
den herrn, ehrwürdig, wolgcburenl üoth« 2, 281 ;
0 nein, «hrwOrdigi-r. o nein,
verdamme nicht niuin leid! R0rgrr46',
ach nein, ehrwftrdiger, nrh nein,
■prich dinKe« wort nicht mehr! 47*;
drnuf ntitwiiriciosi du, ehrwürdiger pfarrer von Grünau;
wo Ul ein iiaiiie in di'ni w,ililir<'liir(r
ehrwiirdi){er aU eurer und der eurn I .Schii.lkr <Vi4*;
sie enlweilien den ehrwürdigslen der namen. GorrK« .*», 89 ;
diese» ('hl'>\uniii<e iiiaue haar. 3,103; ehrwürdige brauche,
73
EHRWÜRDIG — EI
£1
74
ehrwürdige überbleibsei, ehrwürdiges betragen, ehrwürdiges
geheiranis.
EHRWÜRDIG, dignissime: eine grosze baumgruppe, welche
die fläche zu zieren ehnvürdig dasland. Göthe.
EHRWÜRDIGEN, renerar«; und die heidenschaft wird ehr-
wirdigen deinen namen, und alle könige der erden werden
ehrwirdigen dein glorien. Lctber 1, 35* ; hier hat Paulus den
Corinthiern nit fast in einer groszen sach ein Unterweisung
geben ¥on deswegen, das er wil das der \»?indei, leben und
wesen der gemein durchaus in dergleichen geehrwirdigt werd.
Melancrtb. zu 1 Cor. 11; sagten, das der heiligen bildnüs nit
zu erwürdigen, sunder als abgötterei abzutilken weren. Fra.nk
c/iron. 32o' ; im gebetlob erwirdigt in ! Melissls ps. Jl'. späler
ei loschen, so gebräuchlich würdigen ist.
EHRWÜRDIGKEIT, /■. dignilas: die ehrwürdigkeit derpüicht
hat nichts mit lebensgenusz zu schaffen. Kam 4. 203.
EHRWLRM, flJ.
es lebt mit tnüh-^amen geiümmel
der luH, der geld, der ehrwurm iu der weit. Uhocses 2, 135.
EHSCHWLNGE, f. stupa, das grübst am flachs, werk, ahd.
äsuinga. s. eschwinge.
ERSTENS, s. ehestens.
EHSTES, s. ehestes.
EHVERHAFT, malrimonio junctus: man soll solche redea
unter eliverliaften kein stell finden lassen. Fischart ehz. 25.
EHVERKNÜPFT, s. eheverknüpft.
EHVERTRAÜT, s. ehevertraut.
£1, ein diphlhong, in tcelchem uns ursprünglich geschiedne
l'iule höchst nachllieiiig zusammen rinnen, golh. uiaren ei und ai,
ahd. mhd. i und ei, ays. i und a, alts. \ und e, alln. 1 und ei
genau gesondert, noch heule bleiben es nnl. ij und ee, nd., seine,
dän. i und e. damit wurde unsre vierte ablautsreihe empfindlich
geslOrL nir ertheilen beiderlei ei mehr die ausspräche von ai
als ron ei, welches ai sogar in einigen trütlern oesclirieben wird
(1, 199). oberdeutsche mundarten bis nach Thüringen hin gehen
dem aus mhd. ! entspringenden ei immer nocli andere aus-
spräche als dem ei, dessen grundlage mhd. ei war, erstcres
nähert sich dem i, das andere dem ai, ja die schweizerische
Sprache hält i und ei fortwährend- auseinander, die schwäbi-
sche, bairische ei und ai oder hat statt des ai noch breitere
rocale, nameiillich oa. nie werden hochdeutsches mein und
ein auf oberdeutsch gleichlaulen, so wenig ols mhd. min und
ein. oder niederdeutsches min und een ; hochdeutsch aber klingt
weichen cedere wie weichen möllern, weisz albus wie weisz
novi und alle dichter reimen beide ei aufeinander, nicht nur
Wörter und foiwen werden dadurch termiseftt, sondern auch
das gefühl der Unterscheidung in:ransitirer und transitiver verba
'lieng verloren, mhd. swigen tacere, sweigen sedare, nigen
inctinari, neigen inctinare, blichen fulgere, bleichen cande-
jäcere lauten eins wie das andere schweigen, neigen, bleichen.
das nhd. wörterbucJi ist gezwungen die Wörter beider ei zu
mengen, wie es den unterschied zwischen e und e nicht mehr
zur gellung bringen kann, den doch die ausspräche oß noch
merkbar macht; diese mischung wirkt zumal hinderlich für die
zusammenselzungen mit ein, welchen bald mhd. in, bald ein
zum gründe liegt, für zweifet zwischen ei = i und ei = i
mag die oberdeutsche ausspräche, oder der niederdeutsche uns
hier überlegne dialect den probstein abgeben.
EI, ein vieldeutiger ausruf, der sich un manche andere inter-
jectionen unserer so wie fremder sprachen schlieszl ; es sind
halbe naturlaule, die allenthalben, ohne entlehnt zu sein, wie-
derkehren, doch können auch einzelne zugeßhrt und schnell
in brauch gekommen sein. golh. ahd. ags. altn. begegnet gar
kein solches ei, mhd. erscheint es häufig, wer steht daßir dasz
lebendigere aufzeichnungen ahd. spräche, als wir besitzen, es
dennoch gewähren sollten, wie nah liegen lal. eia und heia
gerade in dieser doppelgestult unserm ei und hei, eia gleicht
dem gr. eia und ia, dann aber kommen in anschlug die gr.
klagertife d, al, atal, und das billigende, lobende ev, evye,
lal. eu, euge, die buchsläblicli mehr an ahd. oi, hoi, nhd.
hui, sl. oi gemahnen, wie nun inlautend aus eia rja, aus
«', «•«, evol euhoe, evoe, evai, dürfen auch anlautend, mit
consonantischem j, v, h, sich entfalten ja, ja, je, ju, ha, he,
hei, vae. vai, wfi und ähnliche, den verhalt von eh zu ei,
hei, he untersuchten wir bereits sp. 35. 36. bei der einwirkung
romanisclier auf die mhd. spräche liesze sich ei, hei ßglich
auf altfranz. ai, hai, ahi, auf provenz. ai, hai zurückführen
und der niangel dieser inleij. im ahd. begreifen, in Lacu-
männs Wolfram ist die Schreibung ey festgehalten, damit auf
romanischen Ursprung gedeutet, Parz. 123, 21 steht sogar ay,
133,21 hey; ay ist ==ai, »3/. ahi, ahei(i, 1911. dieser manig-
faltigkeit der form entsprechen schwankende bedeutungen, Da-
SYPODics 319* hat nur ei, hem, interj. corripientis ; Maaler
122' ei, ein stimm mancherlei anmutung oder anfechtung an-
zeigende, ei, pa, ein stimm, wenn wir einen strafend oder
heiszend schweigen, ei steht, gleich den meisten inlerjectionen,
immer zu beginn des satzes und ist der doppelung in eiei
fdiüg.
1) nhd. konnte auch das lal. eu der bibelstellen seinen ein-
flusz erzeigen. Matth. 25, 21. 23. Luc. 19, 17 ist euge serve
hone et tidelis, euge bone serve bei Lcther verdeutscht ei du
firomer und getrewer knecbt, ei du fromer knechtl, in der
letzten, golhisch zugänglichen stelle heiszt es vaila güda skaik!
wie noch nnl. wel goede ende getrouwe dienstknecht I wel
ghi goede dienstknecht! dem sinne des gr. ev gemäsz ; ahd.
wird umschrieben giUh guot skalk, freue dich guter kneehl,
ags. beo hüde |)U goda jieov, geblissa {»u guda |)eova! wie
wir gutheiszend ei wo), ei recht, ei ja \sol oder wol, wolan,
recht so! setzen, anderemal, «0 steht: ei weldi weise und
verständige leute sind das ! 5 Mos. 4, 6 ; ei es wil abend wer-
den und die schatten werden grosz. Jer. 6,4; ei ein irefiiche
summa! Zacitar. 11,13; hat die vulgata: ea pupulus sapiens
et inielligens! vae nobis, quia declinavit dies et longiores
factae sunt umbrae ; decorum pretium ! die LXX geben tSoi;
ovai, in der letzten stelle wiederum ohne ausruf, wozu die
Variante bei Luther: die trefliche summa! auszer dem auf-
munternden, belobeirden ei erkennen wir also ein zeigendes,
klagendes und spöttisches, offenbar liegt in dem ei nur eine
erhöhung des sinns, es kann, wie hier wolan, sieh da, ach!
eine menge andrer empfindungen anregen oder ausdrücken helfen.
2) wie in jenem ei du fromeir knecht ! finden sich auch mhd.
ei gern vor dem vocativ, den anruf hervor hebend:
ay rliter guot, wa; mahtu sin! Pars. 123,21;
ey kranker knabe. wa? waldes i muo; verswinden
4ij diner baut '. Tit. Iu2, 1 :
ey Ileiinrich von >"ariböu. Wh. 14, 1;
ey tieve!, wie duos des verband 1 3S, 2 ;
ey fürsieu art, reiniu fruhtl 60,21;
ey bruoder tohier, dat ich din
niit schaden ie sus vil engiiit!^ SO, 10;
ei (hei), sprach er, edelen kourman! Trist. 57,30;
ei, sprach er, got der riebe! 64, 10;
ei bernde magt und eren riebe frouwe I MS. 2. 213*.
merkwürdig im reim auf merzi:
i übeler man, sprach Isöl, i! Trist. 257, 9;
wie man in ^iederdeutschland \ für ei m hören bekommt.
nitd. ei du feiner reuter, edler berre mein '. Uhla.no 39S ;
ei du mein liebe Thresel.' wunderhornS, 151;
ei du mei lieber ma ! Ernst Meier schw. t. 40;
ei mutler seht doch her! Fleii.^g 167;
ei Kunz, das ding geht ziemlich schlecht. Geliert 1,72:
ei Daj.n. warum wäre denn das so
unglaublich * Lsssi.tG 2, 201 ;
ei freilich, weise Daja, wärs für dich
kein wunder mehr. 2, 201;
ei mademoisell Liseite! 2,392;
ei Leander, so jung, und er hat sich schon ein mädchen an-
gesehen? 1, 465; ei lieber, sei nicht böse! bona verba, quaeso !
selbst die verwundernden inlerjectionen ei du mein gott ! ei
mein gott! ei der teufel könnten hierher gerechnet werden.
3) die analogie zwischen voe. und imperativ läszt auch cor
lelzterm ein ei erwarten, dem noch so zur seile treten kann :
oi lug wie schön er ist, eia ut elegant est. N^iLca 122*;
ei. sprach Dorile, so harret,
nebmi euch doch bei uns die ruh! Flciuig 37S:
ihr geistlichen, ei messet mir kein bösf>4 <on'<ien bei:
LOGAC C '" ' "" :
ei lasxt ihn nur tanzen,
ei laszt ihn nur .«ein.
zu naiht iiiii<z er beten
und schlalen allein, leunderh. 3, 25 :
ei lasz laufen, lasz nur laufen! Spk-
will dein blitz durch Ungern gehn,
ei so lasz doch nur der bohnert
und des knastcrs schonen. Gö!<TaiR9I9;
ei, la«z er sich den köpf mit wannen ulohirn reiben'
Göiai 7, 104 ;
75
EI
EI
76
ei sage mir, du söhn der hölle! 12, 7S;
ei sagen sie mir doch! 7,86;
ei belehre doch deinen unwissenden nächsten ! Lessing 1,411;
ei sieh! 2,227.437; ei sieh da! 1,469.539; ei sieh doch! 1,563.
es ist uns geläufig lu sagen: ei sich, ei höre, ei bleib noch,
ei komm! ei denkt doch! Lessing 2, 530; ei so lüge, dasz die
balken brechen I ; ei so bleib, ei so geh, ei so schweige, ei
so thus! ei lasz mich in ruhe! der nachdruck dieser ei könnte
sich dem mhd. imperativen angehängten d vergleichen : läjä,
hilfä, liuri, schouwä (gramm. 3, 290. 291), wie die Griechen ein
o) nachfolgen lieszen : iaaov oi. Aristoph. Lys. 350.
4) gleichen nachdrucks fähig und bedürftig sind alle frag-
«örter : ei wer? ei wen? ei wo? ei wann? ei wie? ei warum?
ei wer verlangt denn allzuviel? Lessing 1,466; ei was sagst
du? 2,346; ei warum nicht? ei warum nicht gar! ei warum
bleibt er auch einem zwischen den zahnen stecken? 1,497;
ei was? 2,211.401.403; ei wie so? 2,389.395; ei wiegern!
ei wie wolt ich so gern wissen, hui quam velim scire! Maa-
LEB 122^; ei welch weise leute sind das! b Mos. 4,6;
ei wie geputzt! das schöne junge blut! Göthe 12, 51;
ei wie? ei wo? hat ers vielleicht vergraben? 12, 154;
ei wie so einsam, wie so geschwind? wunderh. 1,388;
auch ohne sie, alle fragen: ei, und sollte es dem major auch
so gegangen sein? Lessinc 1, 552; ei sie sind doch wol nicht
gar der alte Anselmo selber? 1,502; ei das wäre? ei der
hätte doch recht? dem ei vor interrogativen gleicht aber das
franz. eh in eh qui? eh quoi? eh comment? eh pourquoi?
und verwandtschaß zwischen eh und ei bricht wieder durch;
man dürfte selbst das lat. ecquis, ecquae, ecquid, ecquo?
heranziehen, die aus et quis entspringen sollen, in denen
ecce, wie in ecca, eccum stecken könnte, vgl. Luthers ei für
en, iSov 5 Mos. 4, 6. ein mhd., weniger fragendes als aus-
rufendes ei wie erscheint bei Gotfried :
ei wie sicher ich es bin,
der truhssje da; er in
ie getorste bestän ! Trist. 235, 35,
d. i. ei wie gute ruhe hätte ich davor, dasz ihn der Iruchsesz
je bestünde!
5) an fragendes ei reiht sich das entgegnende, berichtigende,
.strafende, ablehnende, leugnende, prohibitive, d. h. ablehnung
und verbot kräftigende: ei ba! interj. corripientis. Maaler122';
ei possen, das ist nur zum lachen. Götuk 12, 129;
ei was! es war ein gutes jähr. Sciiillrr 332*;
ei was! sie werden uns ja nicht fressen. 319';
ei nicht doch! Lbssinc 1,474. 2,386;
ei ja doch! 2,558; ei ja doch ja! 1,17; ei nein! abstine,
parct, ne facias:
will dich mit solcher list eindringen,
ei nein, es wiri dir nii gelingen. VValdis4, 69;
da sprach das thier, ei nein, du irrst! 4,99;
ei nein, die meinung es nit bat. Soltau 374;
ei ja wol nein, mein söhn, sagte er, sei zufrieden, ich frisz
ich dich nicht. Simpl. K. 59 ; ei ich mag nicht, ei das soll
nicht sein ; ei du bist närrisch ! Lessinc 2, 392. gelindere, mil-
dere vnigcgnung liegt z. b. in folgenden stellen : ihr son Ache-
menes ersieht sie, dasz sie weinet, er fraget sie, inutter ist
etwas Unglücks fürgefallen? sie antwort, ei, du fragest ver-
gebens! lief damit für. buch der liebe in, i ; sie fragt in, üb
er Achenienem kennte? er sagte ja. sie fraget in wider, ob er
sein gefangener gewesen wer und ihn gefangen geführt bette?
war aber ja. ei, sprach sie, so bist du doch unser knecht
und solst uns gehorsam sein. 213, 1 ;
gehn bauern drauf,
ei, so gewinnt der kaiser mehr holdaten. Scuilleb 332*;
nehmet hin den schlerhien willen, gehet nur ein klein beliehen,
ei to wird ein jeder glauben, dasz ich kösilich ding geschrieben.
LocAU 3,238,121.
6) noch merkbarer ist die Wirkung des ei in betheurungen,
Verwünschungen, fiüchen, wiederum mit oft nachfolgendem so :
mhd. el wolde got der wäre, wicr ez sülbor mir getan!
mb. »83, 4 ;
ei der tac der di hiuie schein,
da{ iwCrt dag den «lac truoc,
diu mOe^eo gun<r«i »in! iw. 7623:
ei sAgich guot, sd helf dir got! Uoo. 4750,
tro sAgicb guot aus bu «-ige ich kui>1 hervorgehl (gramm. 3,213.
fr. Arent. $. li) ; nhd. ei zum henkcrl ei daHZ dich, hombax!
ei M wollte ich! ego vrro malim! ei bo wollte ich, dasz er
den hals brSche ! ei so geh er zum leufel ! ; ei, du wärst uns
der rechte! Lessing 2, 395 (2,394 o! mein blut, du wärst mir
die rechte!);
ei, war das geld nur da, ich fragte gern nicht mehr!
GöTBi 7, 85.
7) ei, menn Verwunderung, staunen, kosen, freude ausge-
drückt wird: ei, wol mir wart, evax! interj. lactitiae. voc.
theut. 1482 f7' {bet Diefenracii 212' verdruckt molmiiwart) ;
mhd. ei wol mit* wart! MS. 1,185', ei wol iuch wart! Ber-
thold 285, vgl. gramm. 4, 175.
mhd. ei ich snch in dem trdne
ein frouwen, diu was swangcr. MS. 2,213';
nhd. ei, das war für dich ein fund ! Lessimg 2, 257;
ei, das ist ja vortreflichl 1,407; ei das war ein gelehrter
becker! 1,415; ei das wäre herlich! ei das freut mich! ei
mein ! amabo^ agedum. Stieler 881. es kann auch mit nach-
druck bloszes verwunderndes ci stehn: ei! Güthe7, 103. Lessing
1, 536. 2, 224. ei da! Spek trutzn. 44. 117.
8) schwächer sind und desto feinere Verschiedenheit der be-
deutungen einschlieszend die im geleit der partikeln ja, wol,
nun, freilich, fürwahr, wahrlich außretenden ei; von ei nein,
ei nicht doch war schon die rede, ei ja, wenn ich sein ein-
ziger schuldmann wäre. Lessing 2,402; ei ja doch! ei wol,
genug! 2,206; ei wol will ich; ei ja wol kommt er; ei ver-
steht sich ! ei und ob !
indes, indes! ei nun!
das nemliche kann euer weibchen thun. Lessing 1,123;
ei freilich, klüger hättet ihr gethan. 2, 323, vgl. 2,313;
ei wahrlich! schlimm genug, dasz deiner sache
du nicht gewisser wärest. 2, 355.
ei desto besser! 1,421. ei nu, quid j am?
9) doppeltes eiei, der form, nicht der bedeutung nach dem
wehklagenden atal ähnlich, pflegt bedenkliches verwundern aber
auch freude auszudrücken : ei ei, wenn einer über einen hün und
zornig ist, inlerjectio paulatim percipi mali, atat. Maaler 122' ;
ei ei, wie scheint der mond so hell,
ei ei, wo scheint er hin,
mein schätz hat alle morgen
ein andern schätz im sinn, wunderh. 3, U;
ei ei ei, was haun i guckerlet («crs(o/en geblickt)
ei ei ei, was haun i Ihau!
i hau da vetter Michele
zuam ladle eine glau. Ernst Meikr 62;
ei ei! mit solchen edlen gasten
war es ein bischen viel gewagt. Götue 12, 114;
ei ei! er denkts den menschen nachzuahmen. 12,203;
aus Sachsen also, ei ei, aus Sachsen? Lessing 1,530. nein,
mein hcrr. 'ei ei !' 2, 443. l, 306. 562. Lessing und Güthe
hauptsächlich haben den gebrauch der partikel ci, in allen an-
wendungen, verfeinert, es gilt auch ein kosendes eiei ! eiei
machen, i. eia.
EI, n. Ovum, ahd. agi, meistens ci, gen. eies und eigcs,
pl. eigir, mhd. ei gen. eies, eiges, pl. eiger, ags. aeg pl. »"gru,
engl, egg pl. eggs, alln. egg, schw. ägg, dun. äg. östr. hair.
tritt das paragogiscite plurale er schon in den sg. das air.
ScHM. 1, 40. die goth. form entgeht mit Luc. 11, 12, ich habe
addi vermutet, das sich zu ei verhielte wie tvuddje zu zueierö
oder ags. tvegra zu ägia, altn. Iveggja zu eggja. ir. ugh und
gal. ubh schwanken zwischen kehl und lipfienluut, das lat.
uvum, gr. dov scheinen beide inlautend eine mula ausgcstoszen
zu haben, das sl. jaitze, böhm. vejce, puln. jaje, jajku sind
diminuliva. im sanskrit kein zustimmendes woit. /i/iii. niuna,
est. munna, läpp, inoniie, manne, ei steht zuu-citcn für hode,
z. b. widdcrci, widdvraicr (Sciim. 1, 40), ebenso Ut. pautas.
Ein frisches, rohes, ncugelegtes ei; ein altes, taubes, leeres
ei; laulcrc eier, sagt IWaaler 122', das sind unnütze eier ze
schlüufen oder ze hUnIcn, welche die henn allein gemacht
bat on das fügclen des gückels, itrila uva; eier legen, ova
ponere; der henuc eier unterlegen, supponere; die bcnnc sitzt
über den eiern; eier ausbrüten, bebrüten; die hünicin sind
uns den eiern geschloffen, erst aus den eiern gekrochen ; eier
kleckcn, aufklopfen, auf schlagen ; eier in dii: pfaiinc, in schiiialx,
iu butler, gcbacknc eier.
dein gu|>crliMns hünriien h;it schon im stalle gekuki>ll,
eil und »uche das ci, eh dir.« abhole di>r litis. L«iiia2, 283;
man iichliirl^ die oier hinnnier,
l.1szt den armen die irhalcn und glaubt noch redlich zu thelleii
Götue 40. 160.
Redensarten: si« gleichen «ich wie ein ei dem nndrm ; da*
hun will U'>i""- ■•"■1 als die bcDDc; ei ist ei, sagte der
EI — EIBE
EIBEN— EICHE
78
kiister, und nahm das gansei ; bös ei, bös kiichlein ; besser
Laib ei als eitel schale; man gibt nicht viel goldcs um ein
ei; er wartet des eis und läszt die henne fliegen; ungelegte
eier geben ungewisse küchlein ; haben wir nicht eier, so braten
wir das nest; wer eier unter den fflszen hat, musz leise
luftreten; ein faules ei verdirbt den ganzen brei; jedem ein
1. und dem braven Schweppermann zwei ; seine eier haben
llzeit zwei dotter; er gäbe kein ei darum, nicht das geringste,
• hd. da; enwas inl niht ein ei; sich um ungelegte eier
kümmern ; mit jemand ein ei zu schälen, ein hauchen tu
iftücken haben, frisches ei, gutes ei. Göthe 2, 301.
Das altdeutsche recht hat hübsche bestimmungen mit eiern
und über eier. war eine grenze irrig geworden, so soll der
forstmeister ein ei nemea, es da niederlegen, wo sein ge-
richt angeht oder aufhört, so weit das ei abwärts läuft, so
weit slöäzt sein forstgericht an das urbargericht. ueisth. 3, 679.
wann d* gehofner schuldig ist 2V2 eier und will nicht drei
ganzer eier geben, so soll er das dritte ei auf seine schwelle
legen und mit einem messer entzwei hauen : fallt das meiste
stück binnen die schwelle, so ist er dem herrn um eine busze
verfallen, fallt es aber vor die thür, so ist der gehofner los.
tceislh. 2, 525; jeder viertel landes gibt dem grundherrn 'Vi ei,
und das achte ei soll die frau auf die schwelle legen und
der schultheisz es mit einem kolter ifflugeisen) von einander
hauen ; was binnen die schwelle fallt, soll der gehöfer und
was darbauszen fällt, der grundherr haben. 2, 538 ; auch so
geben wir Bärmer unserm gn. 1. herrn eier, so sol des hofs
schultheisz umbgehen von haus zu haus und haben einen
korb und eine krauche (hrug), so etliche hofe in Bannen,
die geben halbe eier. da dieselbige sind, sol die frau das ei
in die band nemen und schlagen auf das bord von der krau-
chen, feilt das dotter in die krauchen, so soll es unser gn. 1.
herr behalten, behelt die frau das dotter in der schalen
(eisc/ia/e), so ist es der frauen, und soll damit bezahlt haben.
3, 16, vgl. 2, 128.
Sie suchen auch nicht der veter ehre damit, sondern ir
eigen tjrannei, das sie uns mügen aus der schrift füren, den
glauben vertunkeln, sich selbs über die eier setzen und unser
abgott werden. Luther 1, 53S'; hie leret das ei das hun, und
kachel den töpfer. 6, 90* ; das ei leret das hun und die saw
meistert gott. 6,139'; das sie nach tüchtigen, verstendigen,
erfamen und geschickten leuten umbsehen und nicht narren
über die eier setzten. Mathesics 150* ;
dacht, ich hab viel hüner im haus,
die brüten aus aiern hünner aus,
ich kuot ie auch kelber brüten aus. H. Sachs II. 4, 68' ;
wenn ich zur kirchen ^ieng,
so bell ich nicht ein ei zutretn. Ringwald tr. £dUi. J3';
bruder, was wüst du die unschuldigen kinder zeihen? wenns
kerl wären, die sich wehren könten, so wärs ein anders,
was, antwortet er, eier in die pfannen, so werden keine junge
draus. Simpl. K. 647;
berein gerufen wird sodann
die iihe. selbst ihr mnrchen zu erzählen.
die gute mutier Tängi beim ei {ab ovo) die sache an.
WiKLAMD 22, 196.
EI, f. schweizerisch für au, aue (1, 598. 601) wie oberd. gei,
gai für gau. Stald. l, 339.
EIA, der ericeilerte ausruf ei, vgl. aubeia.
mhd. eiä herre got der guote! Iw. IBIO.
ithd. eia, wären wir da!; eia im sause! tBunderh.3,i32;
eia. lasset uns spazieren! Speb {lu/zn. 92 (100) ;
eia, stark und frerhe wellen,
eia stark und stolze wind! 96(105);
ei.-i meine wasser srhbifet,
scbliifei meine wnsserlem. 224(245);
eia, las>ei euch beilin^en,
grosz und kleine vögelein ! 256 (2S3);
eia, wie so wach und froh,
früh und wach sind meine sinnen! RöacEa 28^.
vie mit jenem eia im sause! {vgl. susenina) iriri mit eia
popeia eingeschläfert:
eia popei», was rnsche.t im siroh ! wundcrh. 3, 424 ;
eia pop<;ia, »chlief lieber uU du. 3, 425.
EIBE. f. laxiis, ahd. iwa, mhd. Iwe, ags. Iv, engl, yew,
ddii. ibe, ibenhult, schvrd. id, idegran, ir. iuMiar. gal. iubhar
und iughar, fianz. if, yf. der vichscl zwischen iuiibar, iughär
«ie zKtscJien ubh und ugh, orum, auch vird ahd. iga neben
!wa angegeben, sdiwed. id gliche dem addi. unser h in eibe
ist Kie in falb, garbe, gerben u. a. m. der vocab. 14S2 f7'.'
setzt an eib hedera, gundreb, gundram und eibe ebenus, beides
falsch. Hemsch 819, 14 hat eibe, armbrust.
hier, wo die ulme trauert, der eibe schatten schrecket.
Gotter 1, 133.
EIBEN, laxeus, ahd, mhd. iwin:
einen tisch mit eibenen ftiszen. Stolbkrc 11,394;
schliffen kein schwert und schnellten nicht pfeile von eibenen
bogen. KosKGARTKN iii«el/aAr(3,4uu.
EIBENBAü.M, m. taxus. Scb.ndrb s. 167.
EIBENLAUB, n. frons taxea, mhd. iwinloup. Parz. 486,7:
also setzt die beuchelei räubern kränze von lorbern, wie der
Undank, ihren wollhätern von eibenlaub auf. Lobe.nsteis Arm.
1, 1005.
EIBENREIS, n. virga taxea:
tollkraut, eibenreis, so mitten
in Walpurgisnacht geschnitten. BÖReEH303'
EIBENSCHCTZ, in. areubalista. He.<iisch 819, 18.
EIBENWALÜ, m. silva taxea.
EIBE.NZWEIG, m. was eibenreis:
eibenzweige abgerissen
bei des m^ondes finsternissen.
slips of vew
sliverd in the moons eciipse.
ScaiLLEK 572',
Macbeth 4, 1.
EIBISCH, f. hibiscum, ißiaxos, ahd. ibisca, allhaea. Gbaff
1, 101. nnl. heemst. gar nicht mit eibe verwandt.
EIBISCHßALM, m. sorbus aucuparia.
EICH.AMT. n. behürde zum eiclien.
EICHAPFEL, m. galla, gallapfel, gr. xrjxis: nimb an s.
Michelstag der eichöpfel war, haben sie spinnen, so kommet
ein büs jähr, haben sie fliegen, ein milds. Fischabt groszm. 116,
vgl. He.mscii S20, 24.
EICHßAU.M, m. quercut, gebildet wie buchbaum, da wir
doch die einfachen schöneren Wörter eiche, buche besitzen.
Sprichwort: den eichbaum vor die stadl, eichenlaub stinkt.
SixROCK 1893, doch s. unter eichenlaub.
EICHE, f. quereus, ahd. eih, mhd. eich, nnl. eek und eik,
ags. &c, engl, oak, altn. eik, schw. ek, dän. eg, ein goth. aiks
vorauszusetzen. Dasvp. 202'. 322', Maaler 122' schreiben noch
richtig eich, auch Schm. 1, 17 aich, die fehlerhafte form eiche
erscheint bei Luther und Hemsch 819, 51 und mag nieder-
deutsch sein, da schon mnl. eke steht {Reinaert 6bl). urrerwatidl
ist lit. aufolas, ^et Szirwid uziilas, lett. ohsols. die andern
urverwandten sprachen zeigen nichts ähnliches, doch vgl. her-
nach eichel. skr. daru ist lignum, druma arbor, gr. Söov arbor,
lignum, Sovs sowol eiche als bäum, und der letzten bedeu-
tung entspricht sl. drjevo, russ. derevo, goth. Irin, ags. treor,
engl, tree, altn. trfi, ddn. trä, schw. träd, aber ir. gal. daracb,
welsches derw drücken blosz eiche aus. dem sl. dub", poln.
dab gleicht ßnn. tammi, gr. 8iv8oov, goth. timbr, ahd. zimpar
materies, die Lappen entlehnten aik, haik ßr quereus und
muor, muorra ist ihnen arbor, lignum. dem lat. robur, sp.
roble nähert sich ir. gal. craobh arbor. die Vorstellungen
eiche, bäum und holz laufen meistens in einander.
Kennzeichen der eiche sind stärke, höhe und lange dauer,
sie ist königin aller bäume: und er vergrub sie unter eine
eiche. 1 Mos. 35, 4 ; bei der hohen eiche, die zu Sichern stehet.
rieht. 9, 6 ; unter ailen grünen bewmen, unter allen dicken
eichen. £2. 6,13; nu hab ich ja den Amoriter vor inen her
vertilget, der so hoch war als die cedern, und seine macht,
wie die eichen. Amos 2, 9 ; ich breitet meine zweige aus wie
eine eiche. Sir. 24, 52 ;
üt einem bärge stuont ein eich,
der hoehe üf in die luAe streich. Haupt 7, 380;
madchen, stark wie die eiche stehet noch dein dichter.
Schiller 4';
bei^trümmer folgen seinen (des rcgens) gössen
und eichen stürzen unter ihm. 80*;
schon stand im nebolkleid die eiche
ein aufgeihürmter riese da. Göthe 1, 75;
Luna bricht durch busch und eichen. 1, 46;
übe, dem kn.tben gleich,
der distfln koiirt.
an eichen dien und bergesböhn. 2,79; '
die eiihe stnrrei m.ichti^.
und eigensinnig zackt sich ast an ast. 41,225;
keine eiche fallt vom ersten su-eiche;
land der eichen, land der treue,
roäauersiammes reifer kern. Siäceianü.
79
EICHE — EICHEN
EICHE, f. probatio mensurae aut fonderis.
EICHEL, f. glans, ahd. eicliilä, mhd. eichel, gebildet wie
büchel ton buclie. Maai.er 122' ; nnl. cckel und eikel. axvlog f.
gleicht fast zu sehr, ohne laulverschiebung. da bencunungen
des baums und der frnchl leicht zusannnonßllcn, namentlich in
;ßnXnvos und juglans, läge nah ricliild auch zum lit. au^olas
zu hallen ; unseni übrigen dialecten mangelt das Kort. altn.
gilt dafür aldin n., dän. olden, schw. ollon, Sllon. lerwandt-
schaß des allgemeinen namens für xa^nös, frucht, golh. akran,
ags. äcern, engl, acorn, alln. nkarn, dän. ageren wurde 1, 173
abgelehnt, weil diesen formen der diphlh. ai, ci fehlt, dagegen
eine mit akrs, achar, acker gesiicht. vielleicht irrig tind den
weg sperrend, auf dem gelingen könnte, ein so uraltes wort wie
eiche in weiterem kreise aufzuweisen, idenlität von glans {it.
gliianda, sp. lande, pari, landea) und ßälnros, dnr. yakavoi
zugestanden, fallen auch russ. zelud , böbm. zalud, poln. io\adi
sichtbar zu glans glandis, rfen nasallaut hat das polnische
vorl. wie wenn allen ein anlautender vocal entfallen wäre,
inglans ihn nocli betvahrle, also niclit aus joveglans, Jovis
glans entspränge, sondern jenem aufolas, uzillas, also auch
unserm eicliel zur seile träte? dem lautverschobnen ch und k
in eiche, aiks und akran kämen lat. g, sl. z, i, lit. sz, z
gleich (ich ik ego az asz) ; doch die erweiterung des hinlern
theils von juglans und glans, wo auch sl. ein d erscheint,
machte stutzig, nur lit. besteht gille, lelt. sihle {für dsihle).
zu gunsten von Jovis glans, Jios ßnXaros sprechen mythische
gründe vielfach, allein juglans, iiiix juglans reicht an den ein-
fachen sinn von glans, das wie akran und aldin bald auf alle
frucht geht, bald auf einzelne arten, eichein und cckern fallen
in der bedeutung zusammen und zwischen aldin und akran
könnten 1 und r wechseln, die weiblichen eichilä, puochilä
hat man wol als diminutiva zu fassen.
keine fesie sind mehr der groszen götlln gewidmet,
die stall eicheln zur kost goldenen wei/en verlieh.
GöTiiK 1, 275.
Megenberg sagt 343, 19 : die aicheln sint poes, die leiht sint
und da ain lüegel einget, aber die swaeren und die ganzen
die sint guot {vgl. eichelganz), im Sprichwort heiszls braune
eicheln sind die besten, in der deutschen Spielkarte ist die
eichel ein bild, woher die namen eiclieldaus, eiclielober, eichel-
künig, anderwärts eckerndaus, eckernober, eckernkünig: eichel
ist trumpf! vielleicht erklärt sich daraus die belheuerung 'mein
aichel!' Abele 3,6. ScHMELLEn 1,18 {vgl. mein eidl in eidj.
eichel heiszt aber auch nach dem latein glans penis.
EICHELBÄNDCHEiN, n. culicula in glande penis.
EICHELDRÜSE, f ylandula penis.
EICHELESSEH, m. ßa?.avofäyos.
EICHELFARN, m. polypodium dryopleris.
EICHELGANZ, ex asse integer, unversehrt, eckergesund.
Wai.i BAFF führt es aus einer urk. von 1431 an. Stieler 600.
mein bruder und graf Siegfried mit all seinen leuten frisch
und eichelganz. Fr. Müller 3, 81.
EICHELHÄHER, m. avena strigosa.
EICHELHEHER, m. corvus glandarius.
EICHELKELCH, m. calix glandis, eichelnäpfchen.
EICH ELLE, f ulna probatoria.
EICHELMAST, f sagina glandaria: wir haben heuer bei
uns eben so schlechte eichelmast. Habener 3, 109.
EICHELMAUS, f. myoxus nilela.
EICHELMFSCHEL, f. chama caliculala.
EICHELNÄI'FCHEN, »i. was eichelkelch.
EiCHELNDICK: dann laufen mir thrünen eicbelndick über
die nase. Fr. Müller 1, 130.
EICHELRAND, m. margo glandulae penis.
EICHELREICH, abundant glande:
den eichelreichen herbst. Ghtpuius 2, 507.
F.ICHELSAU, f. $u$ glandibus saginata: die eichelsau ist
des sticbs freu Fischart bimenk. 131*, anspielung auf die
karte.
EICHELSCHWEIN, n. danselbe.
EICHELSTKIN, m. balanitet.
EICHELTHII'PER, m. gmnrrhoea balani.
EICHELWEISE, adv. ex asse? HA. 480.
EICHEN, n. ovum partum.
EICHE.N, quernus, ahd. mhd. eichin: und da er olt war,
girng er durch ein waid, da log ein cichbaum, darin bet ein
bawr eirbne keil geschlagen. Padli ich. u. erntt Ibii e. «l.
UO c. 218. 1&&& e. 28»;
EICHEN— EICIIENSCHATTE 80
der ein Zimmermann war, ein tiichiiger meister. im hofe
lag ein eichoner sUiinm, er haue diesen zu trennen
schon zwei tüchtige keile. hinein getrieben. Göthk40, 24.
EICHEN, probare, mensurare, visieren, vgl. ahd. eichon
timdicare. Graff 1, 127. eichen aqua metiri. Henisch S21, Ifl :
wie man ein fasz durch den Iriangel und quadranten messen
und eichen kan. Mathesius 143'; es wird im ganzen lande
auch nur ^ine raanier sein die frucht und woinmasze zu
eichen, zu sinnen, zu fechten. Hebel in des adjuncls stand-
Tede416. im 16. 17j7j. sagte man den bauch eichen für saufen,
schwelgen, das Schweiz, icha, ichta Tobi.er 283', nnl. ijken,
nd. iken weisen aber jenes ahd. eichün ah.
EICHENAST, m. ramus quemus.
EICHENÜAUM, m. was eichbaura : ich blieb als ein eichen-
bauin stehen {vor schrecken, wie sonst als ein gehauen bild).
I'lesse 1, 69.
EICHENBESCHATTET, quercubus obumbratus:
lief in dem üppigen ihal, vom rniischcnrien Tronto bewässert,
elchenbesthattet, und doch reich an ollven und wein
liegst du, 0 Stadt. I'laten 147'.
EICHENBLATT, n. folium quernum.
EICHENBOIILE, f assis quernea.
EICHENROHRER, m. chermes quercuum, eichensauger.
EICHENBRET, n. was eichenl.oble.
EICHENBROSZ, m. gemma arboris quernea: eichenbrosz
zur arznei sammeln. Hohuerg 1, l2o'.
EICHENRIJSCH, m. virgultum quernum.
EICHEN DICKICHT, n. quercelum, eichicht.
EICHENECKSTAMM, m. stipes angularis quemus : volk, das
mit seinen eiclieneckstämmen den niederwerfenden stürm einer
knechtischen barliarei aufliält. J. P. bücherschau 1, 103.
EICHENFAHN. m. was eichelfarn.
EICHENFASZ, n. dolium quernum.
EICHENGABEL, f. furca querna:
und er gleich einem kukuk sclielmisch
von dichter eichengabel uns verlacht. Kr. .Müllkr 2, 368.
EICHENHAIN, m. quercelum. Gökingk 1, 38. IflO.
• EICHENHEISTER, f quercus robur. s. heister.
EICHENHOLZ, n. Ugnum quernum.
EICHENKAMP, m. campus quercubm circumdatus.
EICHENKLOTZ, m. caudex quemus.
EICHENKRAFT, f robur:
sei ehre dir, ehrwürdiges haupt,
von hoher eichenkralt umlanbt. Göthk 41, 148.
EICHENKRANZ, m. corona querna:
als ich um deine lanze jüngst
den eiclienkranz dir wand. Stolbkro 1, 67 ;
EICHENLAUB, n. folium quernum:
es sollen nnsre frauen
vom ersten eichKnIaub am schonsien morgen
geHochien dir sie (die bürgerkvone) um die stirne leccn.
Göthk 9. t'2'X
dem oben unter eichbaum angeführten Sprichwort gibt Luther
3, 248 folgende deutung : wie man spricht, es ist ein eichen
anschlag, da man sagen wil, es ist eigen anschlag, gleichwie
man spricht eichenluub stinkt, da man sagen wil, eigenloh stinkt.
EICHENLAUS, f aphis roboris.
EICHENLUNGE, /". liehen pulmonarius.
EICHEN.MASZ? {die faslnarhllustigen) ziehen eim sininn
man kleider an, zieren in mit eichcnniasz, und tragen in auf
der bar daher, als ob er gestern gestorben wer, mit eim
leinlach zugedeckt. Garg. M". hieng man der sirohßgur masxe
und gewichte an ? s. eicbmasz.
EICHENMISTEL, f viscum quernum.
EICHENMOS, n. muscus quemus.
EICHENPFOSTE, »i. puslis quernus.
EICHENREIS, n. virga querna:
zwecn knaben liefen durch den hain
und lasen eichenreiscr auf. IIoltt 47,
EICHENRIPPE, f. Costa querna:
»chwilli das nicer, die brandiing bricht
»ch'iumond sich am l'iisz der klippiMi,
«ellist das «ctiif inii riilinnrippeii
nullte unzerschmetieri nicht. Schillkn AOV
EICIIENROSE, f auswttchs der eichenbldlter, in ./.i/i ,he
gallwespe wohnt.
EICHENRÜSSELRAFER, »I. eurcHlu) q^rcus.
EICHENSAUGER, m. diermei qucrims.
EICHENSCHATI'E, m. umbra qneicuum.
i
Sl
EICHENSCHWAMM — EICHMAST
EICUMASZ — EID
82
EICHENSCHWAMM, m. arjaricus quercinus.
EICHENSPLN.NER, m. phalaena quercus.
EICHENSTAB, m. baculus quernus.
EICHEN'STAMM, m. slipes quercus.
EICHENSTREICHER, m. was eichenspinner.
EICHENSTRUNK, m. truncus quercus: setzte mich denn
auf einen abgerissenen eichenstrunk. Fb. Müller 1, 12ft
EICHENSTlMPF, m. caudex quercus.
EICHENTISCH, m. mensa quernea.
EICHENLMSCHATTET, wie eichenbeschattet:
eichenumschattet sasz ich oftroal
an deinem ufer, o Rhein. Plaiex 3'.
EICHENWALD, m. quercelum, eichwatd:
durch der eichenwälder bogen
bist du brausend hingezogen. Rcckert.
EiCHENWICKLER, m. phalaena lorlrix.
EICHENWURM, tn. cynips, gaüwespe.
UICHENWURZEL, /■. radix quercus: der gleichsam mit
eichenwurzein sich um den liebiing strickte. J. P. Titan 2, 151.
EICHENZWEIG, »?i. ramus quernus.
EICHER, »n. juslae mensurae examinator: die geschwornen
eicher. weisth. 1, 802.
EICHFARN, m. wie eichelfam, eichenfam.
EICHFASZ, »I. doliuin probatorium, verschieden vom geeichten
fasz, dolium probatum.
EICHGEBÜHR, f. justa quae praebentur examinalori.
EICHGEWICHT, n. pondus probatorium.
EICHGRUND, ni. convallis quercuum: Saul und die men-
ner Israel kamen zusammen und lagerten sich im eichgrunde.
1 Sam. 17, 2 ; das Schwert des philisters Goliath, den du
schlügest im eichgrunde. 21, 9.
EICHHASE, ni. boletus ramosissimus.
EICHHERMEL, EICHHERMLIN, n. säurus:
eichermlin auf der dannen hoch,
als wanns von einer zur andren floch. Wickra« hilg. B ix.
EICHHERR, ffi. was eicher.
EICHHETTEL, f. sciums, eigentlich capra quercus: sage,
dasz du öfters auf den galgen rahcn tanzen gesehen hast,
als die rothe aichhettlen oder die rüthfarbe wisel. . . . s. 13.
EICHHOLZ, n. quercelum, eichicht.
EICHHORN, n. seiurus. der name dieses zierlichen, be-
henden thierchens, dessen sprünge auf den bäumen allen in
die äugen fallen, hat vielfachen Wechsel erfaliren. ahd. eichorn,
mhd. eichorn. wb. 1,414", nd. ekerken, ags. äcvern, mnl. encoren.
Rem. 1S64, fini. eekhorcn, eikhoreo, inkhoren, ahn. ikorni,
schw. ekorre, ickorn. lat. seiurus, allfranz. escurieu, franz.
ecureuil, it. schiriuolo, engl, squirrel. einleuchl*^nd sind alles
entstellungen des schönen, naturgetreuen gr. axiovoog, weil
das thier mit seinem breiten schwänz schatten wirft, die deut-
schen formen sollten den unverständlichen ausdruck neubeleben
und die Vorstellung von eiche schien für das auf eichen nistende,
von eichein lebende geschöpf wol geeignet; von einem groszen
wald pflegte man zu sagen, das eichhorn springe drei meilen
lang über die eichen fort, aber der unpassende gedanke an
hörn gieng blosz aus misverstand der endung orn, ern und
der falschen Schreibung eichhorn hervor, das volk machte sich
den namen durch eichharm, eichhennelin, eichheltel, eichkatze
deutlicher.
das eichhorn masz mü einem Sprunge
den bäum ;
ein eichhorn, das auf seiner fahrt
von bäum zu bäume Düchiig hüpfte. Vrtmt;
ja du geliebie tochter, ich bin auch fröhlich! so ft-öhlich,
als die »ingenden vöpel im wald hier, oder das eichhorn,
well hes die luftigen zweige durchhupft um die jungen im lager I
Luise 1 , 304 ;
0 sie schwebt in der luft, wie das eichhorn. Voss 2,237;
sie ist ja so scheu wie ein eichhorn. Göthe 11,17.
E1CHHÖRNCHE.N, n. Göthe 55, 320. 321.
EICHICHT, H. quercelum, ahd. eibahi, daj smalä eihahi.
trad. fuld. 165. bair. aichach. Schm. 1,18.
EICHKRANZ, m. was eiehenkranz:
e<n eicbkranz ewig juogbelaubt
den «eui die nachwcli ihm aufs haupt. Göths 13, 131.
EICHK.\TZE, f. EICHKATZCHEN, n. seiurus.
EICHMAST, f. pabulum glandarium:
srbfiiieie sieineichfruchi. eichmast und rothe kornellen
ihnen zum frasz, das fuiier der erdaufwuhlenden schweine.
Od. 10, 212,
in.
was weit zurückbleibt hinter
TtaQ Q äxvf.ov ßäXavöv t ißaXev xclqtiÖv ze xoaveirß
i'Susvai, ola aves ;|^a/«)tt«;»'a^£S aiev idovaiv.
EICH.MASZ, n. modus publice probalus. eichmasz oder
pindt, pinca. toc. /Aeu/. 1482 gl', pinta, khmasz. Diefe.nb. 436'.
EICHMEISTER, m. was eicher. Hemsch 821, 18.
EICHNER, m. was eicher, eichherr, eichmeister.
EICHOCHS, ni. lucanus cervus, Schröter, hirschkäfer.
EICHPFäL, m. sudes quernea.
EICHPILZ, m. agaricus quercinus.
EICHSCHÄLCHEN, n. libella exploratoria.
EICHSCHWAMM, m. was eichenschwamm.
EICHSIEDEL, f. auch weiset der Schöffen, die lehenleut
im jähr eine schaerfahrt thuen, wan die eichsiedel dem ochsen
umb das hörn gehet, weisth. 2, 132. sidel ist sonst sedile,
bank, was sich hier kaum fügt; es ist eine Zeitbestimmung
gemeint, die schar, die frohnfahrt soll geschehen im hohen
Sommer, wann der fuhrmann entweder dem ochsen mit eichen-
laub die hömer schmückt, oder mit eichenzweigen den ochs
treibt.
EICHSTAB, m. bacultu quernus, entweder zum gehen oder
zum eichen.
EICHTHAL, n. vallis quercubus insignis:
(ich dachte) im eichthal an mein Taierland. Claddios 1, 1 ;
du, dieses eichthals wiederhall. UkrderS, 227.
EICHTR.VUBE, f boletus igniarius, eichhase.
EICHVOGEL, m. falco columbarius.
EICHWALD, f?i. was eichenwald:
der eichwald brauset, die wölken ziehn. Schiller 349'.
EID, m. jusjurandum, o^xos, goth. aijis, ahd. eid, mhd.
eit eides, alts. ed, nnl. eed, ags. ad, engl, oath, altn. eidr,
schw. ed, dän. eed, durch alle dialecte gehend, genau zu un-
terscheiden von ahd. eit ignis, mhd. eit eites, ags. äd. be-
rfthrung scheint stattzufinden mit eidam gener, vielleicht mit
eidi nutrix, mater, goth. ai{)ei, urverwandte anklänge sollen
unter eidam hervorgehoben werden; in eid muss die Vorstel-
lung eines feierlichen, heiligen, festigenden bandes enthalten sein,
daher ein heiliger {fteyag ogy.os), starker, schwerer, theurer,
unverbrüchlicher eid, eid und pflicht stehen verbunden, es
heiszt den eid thun, ablegen, leisten, ableisten, schwören,
halten oder brechen, falschen; einem den eid abnehmen,
ihn schwören lassen, mhd. den eit nemen und geben (/?A. 902),
altn. eid strengja; einen des eids, heute einem den eid er-
lassen; etwas auf seinen eid nehmen, mit eid bestätigen,
der schwörende ist durch den eid gebunden, gehalten, \er-
pflichtet, sobald die Wirkung aufhört, des eids ledig, los und
quitt.
und mein herr hat einen eid von mir genommen, l Mos.
24,37. 50,5; es sol ein eid zwischen uns und dir sein und
wollen einen bund mit dir machen. 26, 2* ; so aber das weih
dir nicht folgen wil, so bistu dieses eides quit. 24, 8 ; wir
wollen aber des eids los sein, den du von uns genomen
hast. Jos. 2, 17 ; ich halte das wort des königes und den eid
gottes. pred. Sal. 8, 2 ; dem Nicanor aber liesz er den köpf
abhawen und die rechte band, die er zum eid ausgereckt
hatte. 1 A/acc. 7, 47 ; du soll keinen falschen eid thun und
soll gott deinen eid halten (ahcL ni farsueri tbib, wanta thu
giltis gote thinß meineidä, goth. ni ufarsvarais, i\t usgibais
fraujin ai|)ans Jieinans). Matth. 5, 33 ; und gedechte an seinen
heiligen bund und an den eid den er geschworen bat {goth.
jah gamunan trigg%(js veihaizus, ail)is |)anei svür). Luc. 1, 72.
weil aber die well leichtlich schweret und mancher spricht,
es ist besser eide schweren, denn ruben graben. Mathesii;s ISO';
der den einmal gethanen eid
will weder aus lisi, lieb noch leid
verleugnen, biegen oder brechen. WickhulirSI;
da ist kein zank noch neid,
kein argwobn, kein beuiig und kein verdeckler eid.
Ofiiz 1, 139;
die durch den krieg getreten aus gotles eid und pflichu
LoGAO 1, 222, 18;
aber ich sage dir an und mit heiligem eide beschwör ichs.
//. 1,223;
schwur den theuersien eid. Göthi 40, 155;
bei diesem lichi, das uns zuerst begrüszt
von allen Völkern, die lief unter uns
schwer aihmend wohnen in dem <|ualm der stfidte,
la^zt uns den eid des neuen bundcs schworen. Scuillir 531»;
6
83
EIDAM— EIDECHSE
EIDECIISENNATTER — EIDGENOSZ
84
Ainalia, deinen eid zerbrach der allgewaltige lod. 116*. Sprich-
wörter: ein eid hebt den andern auf; andre diener, andre
eide; gezwungner eid ist gotl leid; eid macht mündig; der
eid ist ein ende des haders; eid schwören ist nicht rüben
graben; wer einen eid bricht lästert gott. die übliche be-
Iheueruugsfomiel auf meinen eidr auf mein eid, auf mein eid,
berr! (Keisersb. j. rf. f7i. 3l'. Ga/my 64. 67), elliptisch meiaeii'.
(ScHM. l, 27) wurde etwan durch eupheniismus verdreht in mein
eichell (sp. 79). s. meineid.
EIDAM, m. gener, ahd. eidum, eidam, eidem (Graff 1,156),
ays. ädum, mhd. eidem {wb. 1, 414*), allen übrigen dialecten
mangelnd, auf die goth. form wäre man gespannt, das ganze
A'. r. könnte sie nicht darbieten, in diesem wort hat sich uns,
fast wie in bräutigam, volltönender ausgang bewahrt, noch viel
vierkwürdiger wird es durch seinen Zusammenhang mit urver-
wandten ausdrücken, tat. gener, gr. yaußoös lauten skr.
gämätri /ür jdmätri (Benfey 2, 201) neben gämi für jänii
Schwiegertochter, Schwester, von der würzet jam binden, wel-
cher auch yaueiv und tat. geniinus zufallen, lit. ist zentas
gener, genle, gentere Schwägerin, wie sich die begriffe schweher,
schwieger, Schwager nahe stehn. schwägerinneii hicszcn gr.
eit'dre^eg, lat. janitrices, im sg. eivdrrjQ, janitrix, welchem
das sl. iatr"v' cognata (Miklosich lex. 203'), poln. iatrew,
böhm. jatrev, serb. jetrva entspricht, dem skr. jam ligare ist
ju ligare, jug jüngere zur seile, das ei von eirarj]^ gleicht
dem von eidum = conjunclus, cognalus und lit. fent, gent,
poln. iai, böhm. jet dem eid in eidum, dem aij) eines mut-
maszlichen goth. ai|)ms, und aijiei (woher finn. äiti), eidl maier
wird wiederum juncla, conjuncta ausdrücken, die deutschen,
lit., slav. Wörter schalten den lingualiaui ein. folglich bedeutet
auch ai{)s, eid ligainen und dann jusjurandum, setze man nun
etne würzet eij)an aij) oder jiukan, jüngere, vincere an, vgl.
Haupt 8, 6. 7.
da gieng Lot hinaus und redet mit seinen eidam, die seine
töchter nemen sollen. 1 Mos. 19, J4; da sprach der dirnen
Tater zu seinem eidam. rieht. 19, 5 ; wer bin ich ? und was
ist mein leben und geschlecht meines vaters in Israel, das
ich des königs eidem werden sei? i Sam. 18,18; Gismund
mein eidam und mein söhn, ich wünsche euch glück. Gry-
PHius 1,947; mein eidam, das stutzerchen. Lessing 2, 486;
gotl.' wenn ich doch dns mädchen noch behalten
und einen solchen eidam mir damit
erkaufen könnte. 2, 327.
der unßectierte dat. pl. 1 Mos. 19, 14 ist unüblich, doch eher
zu ertragen als eidämmern bei Hahn 5, 53 : das abgegangene
haus Meran veranlassete unter den eidämmern viele Streitig-
keiten. Heute verschwindet das gute, alte wort beinahe vor
den schleppenden Zusammensetzungen Schwiegersohn und toch-
tennann, aber schon Dasypodids, Maaler und Hemsch führen
es nicht auf. Albercs hat eiden, gener, Frank eidem.
EIDBREST, m. acanthis, pappus. Maaler 122'.
EIDBKL'CH, m. perjurium, violalio jurisjurandi, meineid.
EIDBHCCHIG, perjurus, meineidig.
EIDBUCCHIGKEIT, f.
EIDBRLDER, m. eodem juramenlo obstrictus, unter markslein-
setzern üblich.
EIDBÜRGE, m. praes, Sponsor juralus.
EIDBCRGSCHAFT, f.
EIDE, /. occa, gekürzt aus ahd. egida, mhd. egede.
EIDE, culmen spicae, ecke, spitze?
der halm ist hoch, die ahre erosz.
das körn litt grob und puni rast blosz,
indem die eiden von den winden
fticb meistens abgerieben linden. Drockei 7,221,
mit der anmerkung : der landmann nennet die äuszerste spitze
der hülse, welche das körn einschlieszet, die eiden. Nemmcii
hat eien aristae.
EIDECHSE, f. lacerla, ahd. egidi-hs.l, mhd. egedChse, alts.
pgilhassa (Diut. 2, 193'), nnl. bagediKse, ags. Adexc, ein alter
und verbreiteter name, aber schwerer deutung. spätere formen
wie edcch«, egde«, eges, eckes, ichtc», heplissc, ridochs, hci-
dochs tammell Diefenbach 314*, noch andere stehn bei Stal-
i>Eii 1, 337, bei Nehkich und in der zeitschr. für deutsche mund-
urten 4, 53. 64. 171. beptisse soll gar auf ebtissin gehn, das
miinnliche beidochs sucht wieder anders klar zu machen, dazu
kommt, Jasz hagedixse mit alten benennungen für hexe zu-
tummenlrifl {mythol. 002. 003) und die muntere cidcchsc leicht
die nalur ciiiit zauberhaften Ihicrt an siclt !■■■■■'. e das
verbum dehsan dahs seineni sinne nach sichergestellt, so läge
im ersten wort der composition unbedenklich die Vorstellung des
Schreckens (agis, egi) ; andere namen der lacerta sind Springer,
schiesznatter und vierbein, das unversehens aufhüpfende, dahin
schieszende erschreckende thierchen hiesze schicklich schreckende
Springerin, vorausgesetzt dasz dübsd die schwingende, springende,
raschelnde oder ähnliches aussagt.
die Schnecken die lieidochsen neiden, weil sie im zerfall-
nen gemäuer gern woncn. Fischart ehz. 43;
würm, kroten, eigdechs, Ottern, schlangen. Waldis 4,50 (266*) ;
die grüne beidex tief in dornenbüschen stecket.
Ovbrbkcks Virgil 27 ;
seu virides rubum
dimovere lacertae. üorat. carm. 1, 23.
EIDECHSENNATTER, f. coluber saurtta, schiesznatter.
EIDECHSTÖDTER, m. des duckelmäusers, heidochstödters,
hewschreckjägers (Apollo). Fischart groszm. 77.
EIDEN, jurejurando firmare, ahd. cidön, mhd. eiden.
1) jurare: die falschen lerer auch drauf stehen, schweren
und eiden, bannen und Quchen. Luther 4,267'; solch volk
weise ich von mir zum richter, vom richter zum henker, das
sie sich damit eiden und ander gerichtsweisen lösen oder
binden. 5,251*; das eiden und schweren nicht sünde were.
5, 384* ; da viel verheiszeus, zusagens, vertröstens, schweren
und eiden, das die balken krachen, geschieht. 6, 164*.
2) ad jusjurandum adigcre, vgl. beeiden, beeidigen: also
han wir die obgenanlen mennir geeidt und bestalt. weisth.
3, 357. Maaler 122' hat eiden, beim eid fragen, auclorare,
ad juramentum adigere.
EIDER, m. pluma mollissima: daheim labt er sich mit
süszem köstlichen wein und pQegt seiner morschen glieder
in kissen von eider. Schiller 111*.
EIDERDAUN, m. EIDERDUNE, f. dasselbe, s. ederdon und
daune:
ob wir sanft auf eiderdaun
oder hart auf holz gesessen. Gökingk 2, 55.
schlief so sanft bis an den morgen, als wenn er in eider-
dunen gelegen hätte. Stilungs Jugendjahre.
EIDEHDON, m. dasselbe:
ziemts einem mann wie ich in eiderdon zu ruhn?
WlSLAND 18, 67.
EIDERGANS, f. anas mollissima.
EIDESABLEGÜNG, f. sacr. pracstitum. Fichte naturr. 2, 138.
EIDESABLEHNUNG, f. recusatio jurisjurandi.
EIDESANTRAG, m. delatio sacramenti. Weber beweisfüh-
mng 191.
EIDESENTBÜNDEN, sacramenlo liber.
EIDESERBIETÜNG, f oblatio sacramenti
EIDESFORMEL, f. formula sacramenti.
EIDESHELFER, m. conjuralor, consacramenlalis, ahd. gieido,
vgl. RA. 859.
EIDESKRÄFTIG, sacramento firmatus.
EIDESLEISTUNG, f. praestatio sacramenti.
EIDESMANN, m. juratus, geschworner: eidsman, der im
eid gesessen ist. weisth. 2, 132. 133.
EIDKSMINDIG, malurus aelale ad jusjurandum.
EIDESMl.NDIGKEIT, f
EIDESI'FLICHT, f. obligatio sacramento imposita: wie die
beiden sich verwirkt holten und wider ir eidespilicht theten.
2 Macc. 15,10; mit genügsamen eidespOichten verfassen und
einbinden. Reutter knegsordn. 35. s. eidpflicht.
EIDESVERWEIGERU.NG, f. was cidesablehnung.
EIDESVERWAKNUNG, f. monttio jusjurandum praecedens :
sollte sie mir einen cid antragen, so würde ich in meiner
gedachten kälte um die eidesvcrwarnung anhalten. J. I>. anh.
zu Tit. 2, 64.
EIDESWÜRTE, pl. verba concepta jnrandi: er steigt die
stufen des altars hinan, legt seinen degeu ab, gibt mit einer
fahne das zeichen und spricht die eideswortc 'wir schwören'
u. s. w. Dahlmann ft. rev. 335,
EIDESZISCIHEBUNG, f was eidcsantrog.
EIDFORMKI,, f was eidcsfonnel.
EIDGE.NOSZ, m. foedere junctus :
wisset fidRciioMen,
ob im« der sec, ol» un-« tUc hvraf «rboiden,
um! jt'iU's Volk »ich liir sich »olbst ri'triiTl.
ku niimI wir tiincs ki«min<<.» doch iiinl Itliit«,
und iinn licimat i»i:i aus der <> " Schill« 559*.
S5 EIDGENOSSENSCHAFT — EIERBRETHOLZ
EIERBROCKETA —EIERSALAT
86
EIDGENOSSENSCHAFT, f. Helvelia foedere juncla, con-
foederalion. Johans Stcmpf nennt seine SchtciUer chronica
aus der groszen in ein handbQchle zusamen gezogen, in wel-
cher nach der jarzal begriffen ist gemeiner loblicher eid-
gnoschaft harkummen, alte auch neuwe, besondere und ge-
meine thaten bis auf das jar Christi 1546. Josias Simler
von Zürich schreibt 1576 von dem regiraent löblicher eidgnoschaft
zwei bücher. auch in urk. des 16 jh. erscheint die kürzung
von eidgnoszschaft in das wollautende eidgnoschaft, das man
später für eidgenossenschaft tcieder aufgab, so hat man überall
unserer spräche das recht verkümmert anrührende laute zu ver-
schmelzen.
EIDGENÖSSISCH, foederalus : der eidgnOssisch gmesz, die
crvfnung der tagsatzung.
EIDGENOSZSCHÜTZ, m. sagittarius helveticus, noch ein
unverkürzt übel klingendes wort:
weil daselbs wern losiret ein
all eidgnoszschützen, die da sein. Fischart gl. seh. 904.
EIDHAFT, jurejurando adstrictus.
EIDIGEN, jurare, in der Schweiz brätichlich.
EIDLICH, juratorius: eidliches versprechen.
EIDLICH, jurato: eidlich erhärten, eidlich Tcrsichern, be-
kräftigen.
EIDLOS, 1) sacramento solutus: erraanen in seins ampts
lind eids, sei er nun nit eidlos werden, musz er in allen
dingen dem bapst beisleen. Frank chron. 5lo'.
2) injuratus, unbeeidigt: ermordung der gefangenen eidlosen
priester. Dahlmann fr. rev. 463.
EIDMAN.X, m. verderbt aus eidam, gener:
durchleuchtiger herr eidman mein! H. SacbsS, 240';
ich hab gemeint ihr seit mein eidmao,
wolt andern weibern benken an
meiner tochter ketten und ring. Atrkr 432*.
EIDOTTER, m. vitellus, dotterei, s. dotier: nim semelbrot
und snit da; würfeleht dorin unde menge; mit eiertotem.
von guter speise 65 ; und menge; aber mit eiertotem und tu ein
sniaiz drin und gib; hin. 66 ; wie gedächtnis, phantasie und
Wahnsinn vom cidotter des gehirns zehren. J. P. Kampanerth. 45.
EIDPFLICHT, f. was eidespflicht : denn das ist ganz ge-
wis, das die oberkeit schuldig ist aufrur zu weren, weltlichen
billichen gehorsam und eidpflicht zu erhalten. Mela.ncbthoü
Verlegung etlicher artikel welche die widerteufer ßrgeben. Wit-
tenb. 0. j. f2.
EIDSCHEU, pavens jusjurandum.
EIDSCHWUR, m. sacramentum. Dasyp. 322'. Maaler 122',
ein pleonasmus, da eid und schwur schon dasselbe aussagen:
tödten dürfe die schlänge den mann, der leidige hunger
kenne keine geseize, die noth entbinde vom eidschwur.
GöiHK 40, 157 ;
damals gelobt ich mir in meiiiem innern
mit furcliibarm eidschwur, den nur gott gehört.
Schiller 544*.'.
EIDSPRUCH, m. dictum jurejurando firmalum: und fünvar,
es hangt die ganze biblia in diesem eidspruch gottes, denn es
ist alles umb Christus zu thun in der biblien. Lcther 1, 499'.
EIDTAG, m. dies eonstilutus ad jusjurandum. weisth. 3, 264.
267.
EIDVERGESSEN, saeramenti oblitus.
EIllVERWElGERUNG, f detrectatio saeramenti.
EIDWEIGERND, sacramentum recusans: listen der beeidig-
ten und eidweigernden priester. Dahlmass fr. rev. 406.
EIEI, vox admiranlis, verstärktes ei.
EIEL vox blandientis. Schweiz, ää. Stalder 1, 82.
EIEICHEN, n. blanditiae, osculum: ein eieichen geben, ma-
chen. Schweiz, ääli. Stalder 1, 82.
EIE.N, blandiri: das kind will die mutter eien, matris am-
plexum desiderat. Stieler 31.
EIEN. pl. arislae, s. eide p/. eiden.
EIERAPFEL, m. planla ovigera, pflanze mit eirunder fruclit,
nnl. eijerappel.
EIERRAUM, m. Solanum.
EIERBIER, n. potus cerevisiae, in quam ova excutiuntur.
EIERBIRNE, f pirum ovalum, eirunde edle birne.
EIERBLUME. /. leontodon taraxacum, dotterblume. altn. ist
pggjahlumi vitellus, und das wird auch der eigentliche sinn
des deutschen Wortes sein.
EIERBOHNE, f phaseolus nanus.
EIERBREl. »«. pulmentum ex ovis, rülirei.
EIERBRETHOLZ, n. evonymus europaeus.
EIERBROCKETA, f. brotschnitten mit eiern in butler ge-
backen. TOBLER 165*.
EIERBROT, n. placenta cui ova admixta sunt : kinder drängen
sich herzu und werden mit einem eierbrot, auch einer sem-
mel hoch erfreut Göthe 23, 51.
EIERBRÜHE, f. dann macht man ein niun eierbrö darausz,
und ist doch änderst nichts dann eier. Keisersb. s. d. m. 4*.
EIERBRUNNE, m. schwefelgesundbrunne, s. eienvasser.
EIERDOTTER, m. was eidotter. Dastp. 201'. Maaler 122*
eiertutter.
EIERDRCSE, /. corpus luteum, von luleus trübgelb.
EIERER, venditor ovorum, mhd. eiersere. daher der eigen-
name Eirer, Airer, Ayrer.
EIERFLADE, m. was eierbrot.
EIERFRESSER, m. coluber ovivorus.
EIERFRUCHT, f Solanum.
EIERG.ANG, m. oviductus.
EIERGELB, flavus instar ovi, gilvus.
EIERGELB, n. vitellus.
EIERGERSTE, f hordeum degluplum ovis subaelum.
EIERHACKE, f. widernatürliche erhühung der hacke des
sprungqelenks der pferde. s. piephacke.
EIERK.ÄSE, m. massa ex ovis et lactecoacta, Ostreich, käsair:
auf den charfreitag jederman wil fladen und eierkäs essen.
Fischart groszm. 29.
EIERKIRSCHE, f. cerasum ovalum.
EIERKLAR, n. albumen, eiweisz. Maaler 122' : mit harz und
eierklar vermischt verkleiben. Sebiz 15 ; legten ihm darauf von
eierklar ein groszes pflaster. Kirchhof wendunm. 224'; mehl,
eierklar, him. Simpl. 2, 242 ; Hohbebg 1, 232' und oß. altn,
eggjaklär.
EIERKREBS, m. mit eiern unterm schwänz.
EIERKREPFEL, m. placenlula ex ovis.
EIERKUCHE, KUCHEN, m. was eierflade, nnl. eijerkoek,
altn. eggjakaka, dän. äggekage,
wer allzu schnell steigt über sich,
der feit gewis bald unter sich,
gleichwie ein eierkuchen. Soltac 474.
EIERKÜRBIS, m. Cucurbita ovifera.
EIERKUTTELN, eierkaldaunen, Schweiz, eierchottia mit ge-
hacktem fleisch gefüllte und gekochte flädchen. Tobler 165'.
EIERLEGEN, n. ovatio, positio, partits ovorum, altn. eggvarp,
die zeit des eierlegens :
Väterchen kömmt ja so frühe Tom schlafl hat der häsziiche
kater
wieder gemaut? ein hüneben beim eierlegen gekakelt?
Luise 1, 239.
EIERLEGEND, ovipara, altn. eggjasiuk, dän. äggesyg:
auf trauriger bahre
ohne hals und köpf ward eine henne getragen,
Kratzfusz war es, die beste der eierlegenden hennen.
GÖTHK 40. 12.
EIERLEN, nach eiern riechen oder schmecken. Stalder 1, 339 ;
eierla Tobler 165*.
EIERLESE, /". Schweiz, eierleseta, ein volksspiel. Tobler 165*.
6a«r. eierklauben.
EIERLINIE, f linea ovata.
EIERLING, m. ein Strauch mit büseheln runder beeren.
EIERMARKT, m.
EIERMILCH, f. schistum, wie Maaler erklärt: gescheidnc
milch, da der ziger und die schotten noch in einanderen sind.
altn. eggjamiolk, oogala, dän. äggemälk.
EIERMUS, n. puls ex ovis et lade cocta.
EIERN, oraponere: tierdie da airaL Megesbbrg 30,2. 164,4.
EIERNAPF, ffi. patella ovorum.
EIERNUDELN, pl. eollyrium e lade et ovit eoaetum.
EIERÖHRLE, n. laganum, genus placentae eonditae ex oris,
aurictilaria forma, Maaler sagt ein gattung der kucblinea
iplacentularttm).
EIERÖL. n. oleum ex ovis duris presnm.
EIERPFANNE. /". sarlago ovis coquendis.
EIERPFLAUME, f prunus domestiea.
EIERPLATZ, m. placenta ex ovis confeela, s. eierflade.
EIERRETZEL, m. was eierkrepfcL Sheler 1524.
EIERRING, m. placenta orbicularit tx ovis confecta:
obs und Weintrauben,
welsz lauferweck und airring. Atrrr fasln. 7S'.
EIERSAGK, m. oraniim,
EIERSALAT, m. laduca eui ova dura imposita tunl,
6*
87
EIERSCHALE — EIFER
EIFER
88
EIERSCHALE, f. ovi piUatnen, res vilissima, nnl. eijerdop,
alln. eggjaskurn:
gewis, nicht eierschalen erhielt ich,
liesz ich dich los. Götue 40, 22U;
wenn ich bedenke, dasz in dieser lebensbeschreibung ein kleines
Unglück immer die eierscbale und das eiweisz eines groszen
war. J. P. Hesp. 4, 1G3.
EIERSCHAUM, m. album ovorum, zu schäum geschlagne eier.
EIEKSCHEIT, n. was eierbrot: es sollen auch des kindes
altern nicht schuldig sein den gefatlern eierscbeit noch kuchen
mit zu haus zugeben. Erfurter sladtordn.iA 4*. denken könnte
man auch an gescheidne, yeschiedne mitch, eiermilch.
EIERSCHIER, n. was eierklar.
EIEHSCHWAMM, m. agaricus cantharellus,
EIERSEGE.N, m. copia ovorum, wie kindersegen.
EIERSPEISE, f. coagulatum ex ovis.
EIERSTOCK, m. ovarium.
EIERSTÜCKRAND, n. oearii cuticula.
EIERSTÖCKCHEN, «. scabiosa arvensis, mit b&schel von
rundem samen, vgl. eierling.
EIERSTOLLE, m. oDonum; einer hennen eierstoll. Sebiz82;
so wird, wa etwas werden soll,
gwis aus dos Rabelais magen,
sein {seinen) kuiieln und sein (seitiem) eiorstoll
ein schön reb fürher ragen. Garg. 9,
welche stelle Abele 4, 4 stiehlt, für Rabelais setzend Mayrspöcks.
EIERSTORETA, f. eierspeise, brot und der in butter ge-
backen. TOBLER 165*.
EIERSL'PPE, f. jus ovis mixtum.
EIERTANZ, m., mit verbundnen äugen zwischen eiern: sie
verweigere den eiertanz zu tanzen. Güthe 18, 161.
EIERTÄTSCH, m. placenta ex ovis confecta.
EIERTEIG, ni. farina ovis subacta.
EIERTIEGEL, m. frixorium, eierpfanne.
EIERTOPF, m. eierschale, nnl. eijerdop, mhd. topf, schale,
Schädel. Herb. 8796.
EIERTRETER, m. homo circumspeclus, timidus, der wie
zwischen eiern auftritt.
EIERVVASSER, n. aqua sulphurea, schwefelw asser, schwefel-
gesundbrunne. Tübler 165', weil schwefel wie faule eier riecht.
EIERWEISZ, n. albumen, eiweisz, altn. eggjahvita /. :
geh nur. ich hole flachs und eierweisz,
es auf sein blutend angesicht zu legen,
go thou. I'll feich some flax and whites of eggs,
10 apply 10 his LIeeding face. Lear act 3 am scltlusz.
EIERWICHSE, f. schuh- und Stiefelwichse.
EIERZI.NS, m. siehe ei und zinsei.
EIFER, m. fervor, Studium, ein wort, das weder in der
alten spräche noch in verwandten dialecten begegnet, golh. gilt
dafür aljan, ahd. ellan, mhd. eilen, altn. cljan. von eifer
weicht aber ahd. eipar acerbus, eiver amarus dem anschein
nach ab, denn eifer würde ahd. Ivar, Sbar lauten, mhd. iver,
wie für golh. tveids ahd. zuifal, zuival steht, mhd. zwlvel,
doch mhd. her wäre unerhört, plötzlich taucht im \hjh. und
in Oberdeutschland ifer, eifer aemulalio, zelus auf; sein könnte
dasz es schon im ii jh. Tauler, Eckhart, Megenberc (s. eiferer)
darböten, Diefenbacii hat es 635" unter zelus aus vocabularien,
Dasypodius 319", Maaler 122* säumen nicht es aufzustellen,
Keisersberc, Rbam und Mühner gebrauchen es, entschiedncs
recht erlangt es in nhd. spräche durch Luther, und die bibcl-
übersetzung hat den [Niederdeutschen ifer, den Niederländern
ijver, den Schweden ifvcr, Dänen iver zugebracht.
Solch ein autdruck wird an irgend einer stelle unsers Sprach-
gebiets vielleicht in anderer gestalt längst zu hause endlich
altgemeinere anwendung erlangt haben; das altn. idja labor,
Studium, tchw. ddn. id, altn. idinn diligens, idull conlinuus,
idka exercere, schwed. idka, und den Übergang des tli in ph,
altn. {) in f erwogen, wie z. b. [leugill u/kT fctigill eins sind;
Hetze sich bcrührung zwischen eifer und diesen firmen ver-
muten, vielleicht jenes ahd. eibar, civeri, unter annähme eines
nban aif ibun damit vereinbaren, da die bedeutung des schaifen,
herben der det strengen, angetlrengten, eifrigen nicht weit abliegt.
ein nord. Ida cid und eiban aif müsten sich ausgleichen, aijis
jusjurandum, ßr welcliei wir andere deulung gewannen, bringe
ich nicht dazu, bei der uniicherheil, die über alln. d und d
schwebt, wäre endlich auch für ida cid ein Ida eid und bezug
auf agt. 4d, ahd. cit fcuer denkbar, was sogleich noch mehr
toll hervorgehoben werden.
1) eifer entspricht dem gr. S^Aos und d-vfioe, die sich von
t^'ca siede, walle und d'vco brenne, rauche, räuchere herleiten,
denn d^fioe ist wind, d'vftoe rauch, fumus und auch unser
zorn gehört zu zehren, das vom feuer gilt, wir sagen brenn-
eifrig, brennender, glühender eifer, seinen eifer nicht erkalten
lassen: da wird der herr dem nicht gnedig sein, sondern
denn wird sein zorn und eifer rauchen über solchen man.
5 Mos. 29, 20 ; herr, wie lange wiltu so gar zürnen und deinen
eiver wie fewr brennen lassen? ps. 79,5; ja so spricht der
herr, ich hab in meinem fewrigen eiver geredt. £i. 36, 5; am
tage des zorns des herrn, das ganze land sol durch das fewr
seines eivers verzehret werden. Zcphan. 1, 18 ; denn alle weit
sol durch meines eivers fewr verzehret werden. 3, 8 ; sein
eiver enbrand um das gesetz. 1 Macc. 2, 24 ;
dardurch man ihn vermag in eifer zu entzünden. Opitz 1, 7.
2) heiliger eifer, glaubenseifer : kom mit mir und sihe mei-
nen eiver umb den herrn. 2 Aön. 10,16; solchs wird thun der
eiver des herrn Zebaoth. Es. 9, 7 ; der eiver umb dein haus
hat mich fressen. Joh. 2, 17 ; denn ich eivere über euch mit
göttlichem eiver (golh. aljanönds izvis gu{)s aljana). 2 Cor.
11,2; ewern eiver umb mich. 7, 7; hie spürt man unsern
eifer umb Christum. Frank wellb. 154';
mich treibt der eifer goltes lediglich. Lessing 2, 201.
3) t,7]XoTV7iia, um den nebenbuhler :
des ifcrs zit ist nit die best,
er Yörcht ein andern gouch im nost. Bbant 89, 19;
von eifer war ich trunken,
ich hett kein rast noch ruh. H. Sachs ed. Göz 1,59;
heftig ich ihr nachspürt, .
auf das geirret würd
der schleichend wolflsch fuchs,
mein eifer gröszer wuchs, ebenda;
also blieb auch die fraw bei ehr
und hett der mann kein eifer mehr. 3, 40;
liesz hinfort basz seinen eifer fahren. Wickram rollwagen 91 ;
Arsace sähe die Charicliam nicht ohne sondern groszen eifer
an. da Theagenes die Charicliam bei der band führet, da
erwuchs ein starker eifer in der Arsace herz wider die Cha-
riclia. buch der liebe 109,1; der eifer, so ich auf disz weiblin,
die von dem geliebt wird, den ich liebe, heftig geworfen.
209,4; damit die gegenwärtige nymfen keinen eifer haben.
Weckherlin 853; mein gemabi dörft einen eifer wider euch
fassen. Zinrgref 2,128,6;
wenn nicht gequälet wird der mann von so viel plagen
des argwohns, des Verdachts, der furcht, der angst, der klagen,
der marter und der pein, so endlich gar ausreiszt
in ein unsiuuigkeit, und so man eifer heiszt.
Werders Ariosl 30, 1 ;
doch eifer wird bei dir sich nicht ereignen können,
denn dieses ist ein trieb, der unsre geister krankt,
wenn etwas neben uns sich heimlich will entspinnen,
so dieses was man liebt un^ zu entziehen denkt.
HoFMANNsWALDAU Hctdcnbr. t. 65.
im 18 jh. hört diese bedeutung des einfachen worles auf und
überall tritt eifersucht an dessen stelle.
4) Jra, iracundia : einen tollen erwürget wol der zorn und
den albern tödtet der eiver. lliob 5, 2 ; zeucht sich an zur
räche und kleidet sich mit eiver, wie mit eim rock. Es. 59, 17 ;
wo ist nu dein eiver, deine macht? 63,15;
und weil sie thut der eifer treiben,
dörfi sie sich dermasz an euch reiben
mit bösen werten, sehenden und schmehen. Atrir425';
gefallen ist all eifer und zürn. 433';
verkleinening, falschheit,
forcht, noid, verdrusz und eifer. Wbckuirlin 845;
voll eifer, zorn und schmerzen. 294 ;
der sich getrost auf guti und sich selbst siaifea kan
und «ehcii unverwand den Kruninen eifur au,
den an der losen weit der böse hininiel übet. FLRaiNu60; M
ich bin für seinem eifer und geschwinden zorn nicht sicher. W
prrs. rosenth. 1, 16 ; es soll ein küiiig nicht allzu groszen eifer
und grimm gegen seine feinde spüren lassen. 8, 2S ; der eifer
überlief ihn, dasz er etliche fluche heraus sliesz. Weise
A7. l. 20. wir sagen, der eifer überniinml, übermannt ihn,
er Itiszt sich von wut und blindem eifer hinreiszen. man
übersehe nicht, dass in einigen stellen, namentlich den aus Es.
angefahrten, eifer auch den sinn von macht und stärke empfängt,
gerade wie ihn ahd. ellan, mhd. eilen hatte.
6) aemulatio, studium, in gutem, loblidiem sinn: ein reger,
lebendiger, redlicher eifer, etwas inil rifer treiben, anhal-
tenden eifer beweisen, eines eifer erwecken, anfachen, bc-
89
EIFER— EIFERIN
EIFERMUT — EIFEROPFER
90
leben, der eifer erwacht, hört auf, läszt nach, welche aui-
drücke doch icieder auf die unter 1 entwickelte bedeutung zurück
deuten : eiver ist fest wie die helle (vulg. dura sicut infernus
aemulatio). hohe lied 8, 6 ;
ein autor wird sehr zeitig alt:
au3 eifer fürs gemeine wesen
empfindet ers nur nicht so bald,
als die es fühlen, die ihn lesen.
Hagedorn 1,xxtiii, aus Gellert?;
aus einem übermasz Ton eifer. Wieland 9, 37 ; ich biete ihnen
meinen eifer, meine Termittlung, mein gebet an. Gotter 3, 30 ;
ich kenne eures eifers reinen trieb,
weisz dasz gediegne Weisheit aus euch redet. Schiller 417';
was ist begegnet? lieber Tasse, hat
dein eifer dich, dein argwöhn so getrieben? Göthe9, 195.
s. amtseifer, diensteifer, Wetteifer.
EIFER, acer, acerbus, amarus, ahd. eirer, eipar (GRAFr
1, 100), siehe efer {oben sp. 31), Vereinbarung mit dem voraus-
gehenden eifer = iver wurde vorhin versucht: eifere lauge.
LoGAD 2, 126, 34.
EIFERBLICK, m. oculus indignattts:
0 schaue mit eiferblick
auf deines festes greuell Stolberg 4, 135.
EIFERER, EIFRER, m. tr-Xcmi^g. schon bei Megenberg
2S6, 16 : DU merk, eifrser, wie lieb du dein frawen habst ; ein
iferer ist ein man, der sein frawen also lieb hat, das er nit
leidet, das sein fraw iemans anseh. Keisersberg omeis 45';
DiEFESBACH 635"; ciferer seins weibs, zelotypus. Dasyp. 319*;
eiferer, der gerad das weib liebet, das auch ein anderer lieb
hat, aemulus. eiferer, der kein gemeinder an seinem geliebten
dulden mag, der da förcht es schlüffe ein anderer auch zu
seiner bulschaft. Maaler 122*; alte menner sind gemeiniglich
eiferer gegen iren weibern. Lütbers lischreden 505*; Italiener
sind grosze, heftige eiferer, lassen ire weiber nit ausgehen
unverhüilet. 433' ; ein groszer eiferer. Bocc. 2, 39' ;
so mich der ifrer (ifer?) dann bestat,
so gang ich ir uf socken nach. Murker narrenbeschw. s5;
man wird sands genug zu Nürnberg und Hagenau finden, gäuch
in Niderland, eiferer in Spanien und Ällemanien. Fiscbart
groszm. 133.
In der bibel erscheint aber die zu eifer 1. 2 stimmende be-
deutung : denn der herr heiszt ein eiverer, darumb das er
ein eiveriger gott ist. 2 Mos. 34, 14 ; aber Mose sprach zu im,
bistu der eirerer für mich? 4 Mos. 11, 29 ; du sihest, wie viel
tausent jüden sind, die gleubig worden sind, und sind alle
eiverer über dem gesetz. apestelg. 21, 20 ; und war ein eiverer
umb gott. 22, 3.
an disem frischen ort, so lieblich, grün und rein,
das wol für ein gemach kont taugen,
da wir frei von der eifrer äugen. Weckherlix 768.
Heute gilt uns eiferer nur im sinne, den wir auch mit zelot
verbinden, nicht aber für einen eifersüchtigen:
vor zorn der freiherr heisz und roth
glich einer feueresse.
und Trudehen warf sich auf den grund,
sie rang die schönen bände wund,
und suchte basz mit tbränen
den eifrer (zornigen vater) zu versöhnen. Bchger 54' ;
nicht zweifl ich dran, es sitzen neben euch
noch edle niänner unter meinen ricbtern.
doch sind sie Protestanten, eiferer
für Englands wol. Schiller 413".
EIFEBGEIST, m. ielus: and der eivergeist enzüudet in.
4 Mos. 5, 14. 30.
EIFERGESETZ, n. lex zelotypiae. 4 Mos. 5, 29.
EIFERGIFT, n. ira venenata:
Pbileman hat den eifer gescbüft (/. geschwifl),
ausgereut das bös eifergifl. Atrer 433',
man könnte auch eifer für das adj. nehmen, das bös, eifer
gift.
EIFERHEISZ, ardentissimus :
mein eiferheiszes beten
hat eine bahn gesucht, und ist für dich getreten
in deinen tcmpcl hin. Opitz 3, 59.
EIFERIG, ». eifrig.
EIFERLN, f. xelotypa hat Dastp. 319', et tollte aber ttehen
eifererin oder eifrerin.
EIFERMUT, m. ira, indignatio:
doch nit, wann brinnst in eifermut,
dir stell mein sünd entgegen. Spee trutzn. 78 (85);
die luft er ganz in eifermut
mit schäum und klang erfüllet.
137 (151).
EIFERN, punire, zelari, aemulari, studiose sequi:
1) Wolke.nsteis s. 253 (und das ist die älteste bisher auf-
gefundne stelle für das wort) setzt dazu den acc. im sinne
von innig lieben, zornig strafen:
er (gott) eifert man und freuelein,
auch alle creatur,
er wil der liebst gehalten sein
in seiner höchsten kur.
hierher aus Lctrebs tischr. 306' : damit du niemands, wenn
dich der schimpf gereuet, zu eifern hast.
ja, jedoch mir vor urphed thut,
solch wiltbad nit eifern noch rechen. H. Sachs V,342*;
der könig eifert hoch ihm angetbanen spoit. Grtphius 1,154.
2) mit praeposilionen oder intransitiv: das er umb sein
weib eivert, sie sei unrein oder nicht unrein. 4 Mos. 5, 14 ;
das er für seinen gott geeivert und die kinder Israel versünet
hat. 25, 13 ; ich hab geeivert umb den herrn. 1 kOn. 19, 10 ;
denn der grimm des manns eivert und schonet nicht, spr.
S'il. 6, 34 ; das ist aber das herzeleid, wenn ein weib wider
das ander eivert und schendet sie bei iederman. Sir. 26,8;
denn ich gebe inen das zeugnis, das sie eivern umb gott,
aber mit Unverstand igoth. J)atei aljan gu|)s haband, akei ni
bi kun{)ja). Rom. 10, 2 ; die liebe ist langmütig und freund-
lich, die liebe eivert nicht, die liebe treibt nicht mutwillen,
die liebe hiebet sich nicht (goth. fria})va usbeisneiga ist, sels
ist, fria{)va ni aljanö|), friaj)va ni flauteij), ni ufblesada). 1 Cor.
13, 4 ; denn ich eivere über euch mit göttlichem eiver (aijanönds
izvis guj)s aljana). 2 Cor. 11, 2 ; eivert über die masze umb
das veterliche gesetz. Gal. 1, 14 ;
ists billich, dasz ein mensch selb wüt in seine glieder
und eifer in sein fleisch? Griphics 1, 375;
sie (die liebe) zwinget mich nach allen schätzen
auch selbst mein blut hindan zu setzen,
indem, weil ich in ach verschwinde,
ich leider eifern musz mit meinem kinde.
Grtphius verl. gesp. s. 20;
und der brüder liebe, die freundliche, duldende, sanfte,
die nicht eifert, nicht spottet, von keinem stolze sich aufblähu
Messias 15, 1070 ;
es eiferte wahrlich des anblicks
jeder gesittete mann zu solcherlei greuel sich nahend.
Od. 1,229;
dasz nicht jener hinfort dich mit eifernder räche verfolge.
5,147;
du bist beglückt, und ich vergessen!
es sei.' die freundschaf^ eifert nichL Wularo 9, 178.
3) eifersüchtig sein:
ich weisz ein, eifert umb sein weib
und sucht sein rath bei mir. Atrer 401*;
mein alter man, der nimpt sich an,
wil mir freud und lust vertreiben,
mit eifern und grein macht er mir pein,
liesz ers doch alles bleiben. Ambr. Ib. s. 45;
aber eifert mit mir wegen der groszen gunst, die mein herr
zu mir trug. Simpl. K. 160 ; wie kan jemand mit mir eifern,
da ich doch dem frauenzimmer nichts nachfrage? 480.
4) contendere cum aliquo : eifert (zankt) mit Mysis. Lessikg
2, 554 ; indes zehntausend sklaven seiner Üppigkeit in die wette
eifern, um unerhörte und ungeheure wollüste zu erdenken.
Wieland 1, 138 ; auf einmal eiferten nun die hüflinge in die
wette, dem neuen günstling ihre Unterwürfigkeit zu bezeigen.
3,4t;
wie eifern sie ihm liebzukosen. 10, 129 ;
wenn um den preis der tapferkeit und stärke
der konigsci'be mit Messenes Jugend
ZU eifern wagt. Gotter 2, 211;
o jammervolle nnitier! hin zum tod
drängen sich eifernd alle deine kinder. Schiller 515*;
beide weiber eiferten aufeinander meine begierden zu ent-
zünden. 710'; kein wasser hält einen verliebten auf, mit den
fischen eifern sie in die wette. Göthk 14, 108.
5) sich eifern: denn ich eivere mich schier zo tod amb
dein haus. ps. 6», 10 ;
es eifert sich der neid um sachen, die sich lumpen.
Loeiu 3, 181, 42.
t. eincifem, nacheifern, wetteifern.
EIFEROPFEH, n. 4 Mos. 5, 15.
91
EIFERSTARK — EIGEN
EIGEN
92
EIFERSTARK, forlissimus :
er fasset seinen pTeil mit eiferstnrken armen. Schottsl.
EIFERSTCCKLEIN, n. haben nicht alda etliche cardinftl
von Lotringen und Gwise und ein alte Italienerin sainpl irem
welschen anhang disz catholisch eiferstücklin {die bliithoclizvil)
redlich geühet? hienenkorb 192'.
EIFERSUCHT, /. zelotypia, invidia, rivalitas:
sie sprach, ich darf nicht mit im reden,
wann er hat auch die oifersucht. (i. Sachs cd. Göt 3, 63;
der steck in cifcrsucht so sehr
und trauet nii der frauen gCin. ATRitR404';
aus eifersucht des Icbens sait,
warf Chloris sich betrübt auf ihre lagcrstalt. Gellert 1,49;
mein fehler, wie du weist, ist hitz und eifersucht. 3, 406;
umarmt vom argwöhn hat der eifersucht
das dasein liebe selbst gegeben. Götter 1, 66;
wenn in den aufgehäuften Zunder
des allen hasses auch noch dieser blitz,
der eifersucht feindselge flamme schlug. Schiller 50S';
der philoüoph Hofmann, wenn er weniger eifersucht wider
Wolfen gehabt hätte. Gellerls leben von Cramer s. 16 ; Nie-
buhr hatte rn hohem grade altväterliche eifersucht für die
ehre seiner landschaft. Siebuhrs kl. sehr. 1,6; ehrennamen,
mit denen man philosophische Sätze aus eifersucht gegen die
geometrie ausschmückte. Kant 1, 21.
EIFERSÜCHTELEI, f. invidiola: ob er sie nicht manchmal
mit kleiner eifersüchtelei peinigt. Göthe ifi, 60 ; durch unbe-
gründete und abgeschmackte eifersüchteleien verdarb ich ihr
und mir die schönsten tage. 25, 110 ; glückliche wie verschmähte
liebe, eifersüchtelei und Versöhnung. 60, 230.
EIFERSÜCHTIG, invidus, aemulus :
er ist aufs geben euch so eifersüchtig,
so neidisch! Lessing 2, 240;
und doch liesz ich mich fortreiszen, und von wem? von
einer eifersüchtigen, von einer für eifersucht wahnwitzigen.
2, 178 ; es möchte ihnen auch schwerlich gelingen mich eifer-
süchtig zu machen ;
frohlocke nicht I
denn eifersüchtig sind des Schicksals mächte,
voreilig jauchzen greift in ihre rechte. Schiller 367".
EIFERSÜCHTLER, m.
EIFERSVOLL, incensus :
was willst du, ruft er eifersvoll,
beim brunnenirinken? Hagedorn 2, 108.
EIFERl'NG, f. zelotypia. Maaler 122*. Serranus synon. 56*:
es waren zu Corinthen in der gemein Uneinigkeiten, mishel-
lungen und eiferungen entstanden. Melanchthon zu 1 Cor. 12.
EIFERWASSER, n. beim goUesurtheil für das angeklagte weib :
sie wolle sonder furcht ein angefülltes glas,
die Unschuld darzuihun, des eiferwassers trinken.
GÖNTUER 1034.
EIFORM, f. ovi figura.
EIFÖRMIG, ovalus, wie es heute heiszt, oval, eirund.
EIFRER, m. siehe eiferen
EIFRIG, fervidus, eiferig. wan got ist ein iferigcr got.
Keisersberg omeis 45*; Maaler 122'; ich der hcrr dein gott
bin ein eiveriger gott. 2 Mos. 20, 5. 34, 14; das neidige, eiferige,
falsche und betriegliche herz. Thubneisseb notgedr. ausschr.
vorr. 19; eiferige gcucb, flegmatisch beuch (6et Rabelais jaloux,
resveurs). FiscuAnr groszm. 48 ;
mein geist, ben, band kühn, eiferig, getrew.
WECKUERLtn 280;
es ist ein tolles volk, das in dem Wörterkriege
als Türken um die weit ist eifriger zum siege.
LoGAU 2, 151, 59;
einer der eifrigsten leser, arbeiler, diener, bewerber; der
eifrige betrieb ; auf das eifrigste betrieben. Göthe 15, 35. ver-
stärkt brenneifrig.
EIFRIG, ardenler, mixe, eifrig hold zelotypus. Maaleb 122*;
eifrig lesen, schreiben, lernen, arbeiten; das bitt ich eifrig.
Göthe 9, 39 ; ball, nicht so eifrig! ; eifrig im dienst, zur arbeit ;
donn die mancherlei vögel de« mecrs, und was in Kaystrus
•üüzem gCKumiif rincsuiii die asi<(chen wiesen durchochiiamiclt,
»iehuldu mit reichlicInMii ihaii sich eiferifr sprengen die (tchuhfrn,
Vos«, Virgits lanilbnu t,3H5 (riinannir prnio).
EIGE, m. fOttttsoT, nur übrig in biereigc und weineige
{weiilh. 3,607), denen früher auch hauseige zur Seite stand;
gleicher vurzel mtt dem folgenden eigen.
EIGELR, gilrus, nie eicrgelb.
EIGEN, propnus, i'Sto«, ahd. eikan, eig.m, mhd. eigen,
alU. igao, mnl. egben, ecbco, nnl. eigen, uyt. Agea, engl.
öwn, fries. egin, ein, alln. eiginn, schwed. egen, ddn. egen
und in zusammenaclzungen oft eien, ein. unmittelbar verwandt
rfcni anomalen eigan, i'xeiv, habere, dessen pari, praet. darin
enthalten scheint, was man hat, was gehabt wird, ist eigen.
nur sind einige anstände, die die form gibt, zu beseitigen,
nemlich ganz fehlt ein goth. aigan^ i'Sioe, wofür svSs, ahd.
su&s gilt, wol aber erscheint das golh. subst. aigin, ovaia,
habe und aus ihm würde aigins folgen; doch aber pflegen golh.
participia, wenn sie zum bloszen adj. herabsinken, ihr a
entweder ganz aufzugeben, wie in ibns, lukns, svikns, oder in i zu
schwächen, wie fulgins statt fulhans, folglich aigins statt aihans.
bei dem anomalen aih aihum aihans erklärt sich ai wie in
{)aih ))aihum Jjaihans, {iraih jiraihum jiraihans. ahd. eih eiguin •
eigan nOthigt also ein älteres eih eihum eihan vorauszusetzen,
ohne welches sich nicht begriffe, warum kein eih igum igan
einträte, wie von dlhan deih oder döh, pl. digimi, part. digan.
dasz aigan auszerdem ein schwaches part. aihts, wie magan
mahts zeugt, woher die subst. aihts, mahts entspringen, läszt
sich nicht gegen aihans einwenden, denn diese anomala ver-
mögen doppelte participia praet., stark und schwachgebildete,
hervorzubringen, eben die Verhärtung zum adj. that der par-
ticipialen formklarheit eintrag.
Eigen drückt aus was die possessiva und tritt ihnen, so wie
selbst, verstärkend und nachdrucksam zu, s. selbsteigen, dem
praedicat wird dieser nachdruck mehr zusagen als dem attribut,
doch auch für es, wie die folgenden beispiele lehren, oft ange-
messen erscheinen. Luther läszt neben den possessiven das eigen
gern unflecliert, woraus sich viele Zusammensetzungen erklären.
1) eigen, suus, sui juris, von sich selbst: und ein iglicher
foddert seinen knecht und seine magd wider, die ir hattet
frei gegeben, das sie ir selbs eigen weren, und zwinget sie
nu, das sie ewr knechte und megde sein müssen. Jer. 34, 16 ;
er ist sein selbst eigen, sein eigner herr, du bist dein selbst
eigen, dein eigner herr, wie die frühere spräche 'selbst' durch
'lip', die heutige durch 'seele' {vgl. hernach unter 5) und durch
'person' wiedergibt, kann auch zu person noch eigen treten, er
ist selbst da, in person, in eigner person : unser seind gnug
hie inn uns zu erweren, ob schon keiser Carle in eigner per-
sone und aller seiner macht da wcre. Aimon b l*. den werth
unabhängiger Selbständigkeit erkennt Logau lebhaß:
ist glücke wo und was, so acht ich mir für glücke,
wann ich mein eigen bin, dasz ich kein diensibar ohr
und wcgverkaufle pflichi darf rocken hoch empor
und horchen auf befehl. 1, 168, 19;
ich kunte sein mein eigen
und alle meine müh zu meinem besten neigen. 3,228,56;
, so wünsch ich mir kein gröszer glücke, als allein
bei einer stillen lebensart mein eigner herr zu sein.
Gkllert 3, 41S.
in der abhandlung vom Personenwechsel s, 29 habe ich aus-
einandergesetzt, dasz die possessiva sich an die Wörter dich,
thor w. a. m. zu knüpfen pflegen, in gleichem sinn thut es eigen :
was es {das herz) gewollt, was es verlor,
es bleibt zuletzt sein eigner thor. Götu» 47, 89.
2) eigen von verwandten, den nächsten angehörigen : und
vermaneten, das sie ja weit ires mannes eitern ehren als ir
eigen eitern. Tob. 10,13; ward der könig von seinen eigenen
sönen erschlagen. 1, 24 ; hüt dich auch vor deinen eigen kin-
dein. Sir. 32, 26 ; welcher auch seines eigen sones nicht bat
verschonet, sondern hat in für uns alle dahin gegeben. Rom.
8,32; aber umb der hurerei willen habe ein iglicher sein
eigen weib und igliche habe iren eigen man. 2 Cor. 7, 2 ; sie
sehenden ire eigene schnür mit allem mutwillen, sie notzüch-
tigen ire eigene st'hweslern, irs valers töchtere. Ez. 22, lt.
eigne kinder und eitern strhn entgegen den Stiefkindern, Stief-
eltern : es ist mein eigen kind, meine eigne tochter. er wütet
gegen sein eignes fleisch.
3) eigen tjon knechten und hörigen, mhd, ^
ir man, dersi unser eigen. Nib. 756,8; ■
nu M doch unser eigen Sifrit der ir man. 667,3; fl
da{ ich cigcnmanncs wtne soldfl sin. 765,2;
diu eigene diu din. 771,4;
nhd. der mann ist wacker, doch nicht freien stand«:
kein eigner manu kann richier sein in Schwitz.
Schillrii 520';
ihr werdet sie dnim nicht
verachten weil sie eiRne leutn sind. 628*.
damit er tins neme zu eigen knechten. 1 Mo*. 43, IS ; nti
köinpt der scbuldhcrr und wil meine beide kinder neinen zu
93
EIGEN
EIGEN
94
eigen knechten. 1 kün. 4, 1 ; des menschen feinde sind sein
eigen hausgesinde. Micha 7,6; zum dritten ist der brauch
bisher gewesen, das man uns für ir eigen leut gehalten habe,
weichs zu erbarmen ist. Lcther 3, 112 ; ich bin dein, hilf
mir, denn ich suche deine befelh. ps. 119, 94 lautet bei Weckheb-
Li.N 271 so bin ich eigen dir. aber auch von liebenden:
was zaget dein sinn
vor mir, die ich ewig dein eigen nur bin? Bübger 34*;
ich Tersprach ihm dein
als meines eigensten zu wahren. Göthb 10,24;
lasz micb mit diesem berzenskus, mein eigenster,
dir aller wünsche sieget auf die stirne drücicen. 10, 30.
wie gotes eigen sagte man auch des todes eigen, ein kind des
/ödes: schrei einer, der mit uns zu schif getreten, wir sind
Tcrdorben und des todes eigen, das ist ein raubschif. buch
ier liebe 202, 1 ; derselbige mensch ist des todes eigen. Würz
icundarzn. 152; der von stund an des tods eigen oder ge-
fangen wird. FE0SSPERGE8 kriegsb. 3, 149". oder hat man hier das
subst. eigen anzunehmen, des todes eigenthum ? rgl. leibeigen.
4) von leib und gliedern des leibs : felleten in durchs schwert,
die von seinem eigen leibe komen waren. 2 chron. 32, 21 ; got
aber gibt im einen leib, wie er wil, und einem iglichen von
dem samen seinen eigen leib. 1 Cor. 15, 38 ; der sündiget an
seinem eigen leibe. 6,18; wer gottes gebot helt, der folget
seinem eigen köpf nicht. Sir. 21, 12 ; ich muste im flehen mit
eigenem munde. Hiob 19, 16 ; mancher kompt zu groszem Un-
glück durch sein eigen maul. spr. Sal. 16, 26 ; ir eigen zunge
wird sie feilen, ps. 64, 9 ; den menschen feilet sein eigen zunge.
Sir. 5, 15 ; lasz dich eipen andern loben und nicht deine
eigen lippen. spr. Sal. 27, 2 ; das er mit seinen eigen äugen
gefangen werde, wenn er mich ansihet. Judith 9, 10 ; noch
fehet man in mit seinen eigen äugen. Hiob 40, 19 ; ich will
mit meinen eignen äugen in die weit schauen ; die afterburt
die zwischen ir eigen beinen sind ausgangen. 5 Mos. 28, 57 ;
er steht, geht auf seinen eignen füszen; das ich mich mit
eigner band erlöset habe. 1 Sam. 25, 33 ; mit eigner band ge-
schrieben, manu propria, doch die goth. formet lautet blosz
handau meiaai ufmelida, aber Eph. 4, 28 heiszt es vaiirkjands
svesaim handum, wo Lcther schaffe mit den henden, vulg.
operando manibus, gr. i^ya^öfieros rata x,£oaiy, eine var.
aber iSiats einscfialtet ;
und dies geheimnisTolle buch,
von >'osiradamus eigner band,
ist dir es nicht geleit genug? Göthe 12,31.
vir sagen allgemein auf eigne band leben, etwas auf eigne
band thun; einen mit eigner band erlegen;
ich bin ein narr auf eigne band. Göthe 2, 292;
wenn er mit ruchlos frechem übermuth
den eignen schosz verletzt, der ihn getragen. Schiller 462*;
denn er hatte in lieb wie sein eigen herz. 1 Sam. IS, 1. 3 ;
sprich zu denen, so aus irem eigen herzen weissagen. Ez.
13, 2 ; und ich wil deine schinder speisen mit irem eigen
fleische und sollen mit irem eigen blute, wie mit süszem
wein trunken werden. Es. 49, 26 ; welche er durch sein eigen
blut erworben hat. apostelg. 20, 28 ; ja zu den mennern, die
auf der mauren sitzen, das sie mit euch iren eigen mist
fressen und iren barm saufen. 2 kün. 18, 27. Es. 36, 12.
5) von geist, seele: weh den tollen propheten, die irem
eigen geist folgen und haben doch nicht gesiebte. Ez. 13,3;
würden sie allein ir eigen sele erretten durch ire gerechtig-
keit. 14,14.20;
alle noth, die uns droht,
kommt von eignem wahne. Günther 031;
ich war ihm theuer
wie seine eigne seele.
du must dich in meine eigenste person hinein denken. Wie-
Uk.SD 27, 240.
6) von land, haus und geräthe: das eigne land, das eigne
gut; wer sein eigen haus betrübt, der wird wind zu erbteil
haben, spr. Sal. 11, 29 ; der geizige verstöret sein eigen haus.
15, 27 ;
sollt ich solche beleldigung dulden im eigenen hause?
GöTUK 1,339;
hier liegt mein eigen haus, mein wald, mein teich;
dir gehöret eigen alles
was du auf den feldem siebest. Göthi 2, 114;
immer noch wandelte sie auf eigenem boüen und freute
aich der eigenen saat und dea herlich nickenden kornes.
40,266;
sie zwingen sie öle zu machen auf irer eigen mülen und ire
eigen kelter zu tretten. Hiob 24, U ; es ist besser geringe
narung unter einem bretern eigen dach, denn köstlicher tisch
unter den fiembden. Sir. 29, 29 ; ich kann die beine unter
meinen eignen tisch strecken ; solchen gebieten wir, das sie
mit stillem wesen erbeiten und ir eigen brot essen (goth. ei
mi]) rimisa vaurkjandans seinana hiaib matjaina). 2 Thess.
3, 12 ; ein iglicher bäum wird an seiner eigen frucht erkand
(us svesamma akrana uskun})s ist). Luc. 6, 44 ;
wer mir den becher kann wieder zeigen,
er mag ihn behalten, er ist sein eigen. Schiller 63';
ja ich weisz, wie behaghch ein weibehen im hause sich findet,
das ihr eignes geräth in küch und zimmern erkennet.
Göthe 40, '253;
zogen im seine eigene kleider an (gavasidedun ina vastjuni
svesaim). Marc. 15, 20 ; strafe iren hochmut durch ir eigen
Schwert. Judith 9,10. man sagt: ich fahre mit eignen pfer-
den, in eignem wagen, mit eigner gelegenheit, nieo vehiculo
vehor.
7) Sprichwörter: eigner herd ist goldes werth; eigen nest
hält wie die mauer fest; eigen kohl schmeckt wohl; eigne
hüner, theure eier, eigne glocken, theur gebeier; guck in dein
eigen häfelein ; sieh in dein eigen spiel ; eigner schade thut
wehe ; durch eignen schaden wird man klug.
8) redensarten : er hat nichts oder wenig eigenes zu ver-
lieren, ist arm ; ein krieg, bei welchem Schweden wenig eige-
nes zu verlieren hatte. Schiller 969"; auch die anderen reichs-
fürsten erhielten beweise von der dankbarkeit Schwedens,
welche dieser kröne ebenso wenig von ihrem eigenen kosteten.
971*. es ist, gehört mir eigen, gehört mir eigen zu, weil zu-
gehören die Vorstellung des gehörens noch erhöhl;
dir gehöret eigen alles. Göthe 2, 114;
was ich sonst
vermuthe, denke oder weisz, gehört
mir eigen zu. Schiller 272*.
sich etwas eigen, oder zu eigen machen ßr aneignen:
wann machte sich das lob der lugend eigen?
wann war es nicht des glückes folgemagd ?
d. t. wann diente, folgte das lob der lugend, eignete sich ihr
an; alles was hier sechs zeilen füllet, wird in dem griechi-
schen originale, welches sich Naugerius eigen gemacht, mit
vier Worten gesagt. Lessing 8, 442 ;
den staunt ich an,
und immer wieder an, und konnte mir
das glück nicht eigen machen. Göthe 9,63;
die gesetze, wonach theaterstücke zu schreiben und zu beur-
tbeilen seien, glaubte ich mir ziemlich eigen gemacht zu haben.
60, 293 ; indem er selbst denkt oder indem er andrer gedan-
ken sich zu eigen macht. Garves übers, von Cic, de off. 1, 30.
zu eigen geben oder behalten:
durch kein gclübde war das herz gefesselt,
das sich auf ewig mir zU eigen gab. Schiller 4%';
ich hatte ihn (den sustand der seele) niemals fest halten, nie
ZU eigen behalten können. Göthe 19, 322. vielleicht aber thut
man besser in allen angeführten fällen des 'zu eigen' das
Substantive eigen anzunehmen, obsclion der däliv des adj. ge-
kürzt sein könnte.
9) eigen steht zuweilen dem allgemeinen gegenüber: das ist
meine eigne sache, geht andere nichts an; in eigenen sachen
bin ich etwas schwach, ir aber beherzter, dagegen seid ir in
gemeinen Sachen gleichwie ich in eigenen sachen, und ich bin
in gemeinen sachen gesinnet wie ir in ewern eigen sachen,
schreibt Lutuer 5, 42 an MelandUhon. die eigne sache ist die
Privatangelegenheit.
10) wie das private, privum drückt nun aber eigen zugleich
das innere, geheime, der natur und Sinnesart eines jeden an-
gemessene, angelegene, aus ihr entspringende aus, vgl. unter
5 geist, seele, person. man braucht ßr diese inneren zu-
stände und lagen gern den Superlativ eigenst, um den aus-
druck noch zu vertiefen: jedes wort hat einen eignen, natür-
lichen sinn, dir sowol sein eigentlicher, ursprünglicher, als
sein eigenthümlicher, besonderer ist;
aus beinihnis kummen ihrenen, die doch seind so hell und klar,
ob sie klar, so siht doch keiner, was ihr eigner aniasr war.
Loc*ü2, 1»1. 97;
ich erkannte in dem was er sagte meine eignen gedanken ;
^eine eigneii worte [sui ipsius) verdammen ihn, zeugen wider
ihn ; ich erinnere mich noch deiner eigensten worte. WieLA.ND
95
EIGEN
EIGEN — EIGENBEWEGÜNG
96
27, 218 ; sein eigen worl nicht hören können, in groszem ge-
rdusche sein ; so lauten seine eigensten worle, ipsissima verba ;
der eigne name, nomen proprium; wer dieser sei, ist vielen
unverborgen, ich schone noch des eigenen namens. Gryphids
1, 361 ; es war meine eigne schuld, mein eigner entschlnsz ;
denn recht hm jeder eigene character,
der überciDsiimint mit sich selbst. Scuillbb 366';
liebesglut der besten frauen
und ein eigenster gesaiig. Götue 41,243;
denn der mutier sinn ist wie mein eigenes wesen. 40, 318;
sobn, mehr wünschest du nicht die braut in die kammer zu
führen,
dasz dir werde die nacht zur schönen häirte des Icbens,
und die arbeit des tags dir freier und eigener werde,
als der vater es wünscht und die mutter. 40, 273 ;
ich finde es mir so natürlich, so eigen, dasz ich es wol
schwerlich je wieder aufgebe. 17, 1S8 ; die eigensten, wahren
triebfedern auch nur einer einzelen handlung zu entdecken.
16, 142 ; sie ertrug Aurelicns hefligkeit mit groszer geduld,
und ihr eigenstes geschäft war Wiiiieimen zu schmeicheln.
19,242; nach jenem lande, wo für jeden empfänglichen die
eigenste bildungsepoche beginnt. 37,33; kunstlicbhaber, die
den allgemeinen gewinn als unlerpfand betrachteten, dasz
ihrer eigensten neigung Sicherheit und fordernis gelobt sei.
43, 310 ; so manches was uns innerlich eigenst angehört, sollen
wir nicht nach auszen hervorbilden. 48, 9 ; mehrere freunde
wiederholten die eigensten ausdrücke. 60, 264 ; vorstehendes,
aus den eigensten zuständen und treusten gesinnungen her-
vorgegangen. 60, 311 ;
in angeborner, eigenster gestalt,
in his true, nalive and most proper shane.
second pari of king Henry IV. ad i sc. l;
nichts ist übrig,
als dem gcschlechte, dessen rühm du bist,
auch nocn in seinen eigensten Verdiensten
als muster vorzuleuchteu. Schiller 416\
es hält schwer diese bedeutung überall von der folgenden zu
unlerscheiden, da beide in einander flieszen.
11) eigen ist auch das besondere, absonderliche, eigenlhüm-
lich beschaffene und geartete, seltsame: ah was wirstu hie
zu denken kriegen, wie viel abgütterei du liinwieder geübt
hast mit so viel heiligendi^nst und unzelichen eigen werken.
Lltder 6,314'; welches ist denn das eigene des miles veles,
das ich dem borghesischen fechter angedichtet hätte? Les-
siNc 8,43;
aber aus der schwerbedeckten enge
treibet mich ein eigenes gerichi. Götue 1,248;
jeder edle Venedigs kann doge. werden, das macht ihn
gleich als knaben so fein, eigen, bedächtig und stolz.
1,352;
(kam) ein eigner fall, worüber er sogar
in meiner gegcnwarl mit seiner Schwester,
mit andern sich berieih, mich fragt er nie. 9, 200;
Wilhelm war indessen auf eine eigene weise beschäftigt. 18, 320 ;
es ist eine eigne sache, schon durch die gehurt auf einen
erhabenen platz in der menschlichen gesellschaft gesetzt zu
sein. 19,17; das publicum hat eine eigne art, gegen öffent-
liche menschen von anerkanntem Verdienste zu verfahren.
19,243; er war ein sonderbarer mann und der eigensten ein-
drücke ßhig. 20, l'j6; sonderbare pflichten des Wanderers habe
ich auszuüben und ganz eigene prüfungen zu bestehen. 21, 10 ;
so geben uns auch die eben der erzväter zu eignen betrach-
tungen anlasz. 24, 211 ; dieser vorzügliche, aber eigne mann.
24, 294. die Iredeutung von peculiaris, singularis kann sich
der von difßcilis mtt üblem nebensinn nähern und das beson-
dere ein ipunderliches, seltsames, bedenkliches werden, 'das
int eine eigne saclic, ein eigner Vorfall' bezeichnet auch etwas
unangenehmes, 'er ist sehr eigen", empfindlich, kleinlich.
F.KiKN, proprie, accurate, eigentlich, besonders:
»chaii mich nur gar eigen an. Rimüwald Ir. I'.ckh. N3";
und g»r eigen Winsen wollen, laut. vurh. A5';
»o «(haue, Aa*t du doch diiiz werk für dich nur nicen
und in der tlllle ihutt. ich wil iogleirhen «chwuigen.
Upitz 1, 167;
wenn die jucrnd eigen wünto,
wa* da« aliür li.ilicn inüxlc,
(iparte nie die nici^K-n lunii*. Locai I. 17;
da*z Ich nirlii in meinem buche niam Ikt giiion Ircunile denke 1
weltz ich doch noch »«Ibst ni< ht ei^on, wnx ninn mir vuii
niiiiiii- H( hi-nke. 3, 'IXW, 14U;
wann der hausherr, wann die ditibe wollen klimmen, eigen
WllHlC,
wdrd fr wachen, tagt ein prienifr, oU der bischor ihn hc-
Kruizie. 3,42,13;
Monis kennet kräuier, steine, erz und vogel, fisch und thiere,
kennt den basen doch nicht eigen, den er trankt mit wuiu
und biero. 3, HO, 48;
Pulla hat in schwarzem luche bei drei jähren zugebracht
um den mann; versiehts nur eigen, dieses tuch das war
die nacht. 3, 163, 50 ;i
Bojardo ists gewis, ich kenn ihn gar zu eigen.
Wbrdkhs .4r. 1, 73;
meine hörerinnen, die sich schon bisher ganz eigen theil-
nehmend erwiesen hatten. Götue 26,5; träte damit ans fcn-
ster und besähe es ganz eigen. Tieck 5, 40. in vielen dieser
stellen gehl gar oder ganz dem eigen voraus, in einer nur, in
den folgenden so, wie:
alle das neigen
von herzen zu herzen,
ach wie so eigen
schallet das schmerzen! Göthe 1,03;
ich kann das nicht so eigen wissen, so eigen sagen;
sei kerkermeisier, sei der marterknecht,
wie wol, wie eigen steht dir beides an! 9,239.
EIGEN, n. praedium, bona, facultas, eigenthum, habe, golh.
aigin, ahd. eigan (Graff 1,115), mhd. eigen, alts. fegan, allu.
eign f. im rechtlichen sinne wird eigen als grund und bodeii
der fahrenden habe entgegengestellt, erb und eigen, eigen und
erbe oß verbunden, einen andern gegensalz bilden eigen und
leben :
der uns nichts gibet grosz noch klein
weder zu lehen oder zu eigen. Atrkr 202*.
wie mit dem adj. verbindet sich auch mit dem subst. eigen
das pronomen:
ir wüestet iwer eigen. Parz. 523, 26;
her quam in sin eigen und die slnen enphingen sin nit. mysl.
1,33,35; unser bawren wollen der andern frembden guter
gemein haben und ir eigen für sich behalten. Luther 3, 124' ;
der teufel redet lügen aus seinem eigen. Melanchth. im corp.
doclr. Christ, p. 11;
ohn dich kann ich nicht leben,
dein eigen will ich sein. Hofii. gesellsch. Id. s. 82;
herzlieb, ich bleib dein eigen, s. 109;
ach wenn du wärst mein eigen,
wie lieb solltst du mir sein!;
diese vortrefliche stelle hat sich der Engländer sein eigen ge-
macht. Lessinc 6, 169, wenn der sinn ist, er hat sich daraus
sein eigen gemacht, wahrscheinlich aber soll es heiszen, er hat
sich die stelle zu eigen gemacht, angeeignet, mit dem gen.
sein, wie er in gotles und des todes eigen steht (sp. 93).
umgekehrt liesze sich in zu eigen machen ein subst. annehmen
und verstehen zu seinem eigen.
EIGEN für eigenen, eignen: die kriegslcut aber namen \a
an und woltens mit im versilchen, aber er woll in nit zu-
stehn, eigen und gefallen, derhalben erwürgten sie in. Fram»
Chronik 39'.
EIGEN für engen, äugen ostendere 1, 801 :
damit vernünfilich sei gezeigt,
was rechte, wäre tugcni eigt. Schwarzbkmro 158, 2';
befand, dasz ihm die fraw ihre barschaft und kleinot noch
nit gar offenbart hett, als er sie aber mit fuchslisten hinder-
gieng, dasz sie ihm jetzt alles geeigct und gezeigt. Wickbam
ro//tP. 55*.
sich eigen, sich zeigen: dorfte sich aber schäm halben gar
nicht eigen noch dergleichen thun. 52; welcher wiile und
neigunge in einem iglichcn sich eiget, sonderlich wenn er ge-
reizt wird dazu. Luther 1,77*; die art reget und eiget sich
in einem jeglichen dinge, br. 4, 667. 'es eigt sich' von einem
gespcnst oder spuk. s. eignen 4, ereigen, ereignen.
EIGENAHT, /. proprietas, eigenheiL
EIGENAHTIG, pro;)riui, eigner art, eigenthümlich : ernannte
es nach trcflicher eigenartiger bestimmung dattclförmig kör-
nigen quarz. Göthe 32, 20. nnl. eigenaardig.
EIGENnEllOltlG, was eigenhörig, hörig.
EIGEMlEWEGLini, spunle, ultra: inaszen denn Ariobar-
zanes solche kröne als ein rechlinäsziges erblhei! eigenhe-
weglich abtrat. Loiienstein Arm. 1, 295 ; daher Prometheus,
Einpedocie» und Ilernditus ihre fürstcnhflte eipenhcweplicü
abgenoniinen, um in einer einsamkeit der weltweisheit unver-
iiiiidert aiizuwarten. 1, 981 ; hoflc sie, es würde Thusnelde
nunmehr ihr eigenbeweglich sowol bette als würde einräumen.
1, 1402.
EIGENBEWEGÜNG, f motus propriut, tpontaneus: Jio
cigenbeweguDg eines Sterns.
i? EIGENBRÖTLER — EIGENHEIT
EIGENBKÖTLEK, m. qui rem familiärem ipse curat, vgl.
tigenlübner.
EIGENDS, proprie, nominatim, eigens: es ist eigends mit
der Vernunft bestellL Ciaddids 6, 68.
EIGENDÜNKEL, m. arrogantia, vana de se opinio: du
möcbst lieber in alle Sünde fallen, denn in dein eigendünkel.
Luther 3,432';
drinnen blinder willen herscht und ein tauber eigendünkel.
LOGAU 1, 180,61;
bloszer eigendünkel; Schiller 361';
die unbescbeidenheit in der forderung von andern geachtet zu
werden ist der eigendünkel. Kamt 5, 300. s. dunkel, selbst-
dünkel.
EIGENDLNKELND, variui: über dergleichen eigendünkelnde
M-höpfungen verlieren «ir nur gar zu leicht den Schöpfer aus
ifo äugen. Tieck nov. krans 2,107.
EIGENDC.NKEND, dasselbe: aber in seinen worten und
werken geschieht im von den eigenrechtferligen und eigen-
1 unkenden menschen »tetiges widersprechen. Lctber 1, 3l'.
EIGENDLNKLER, m. sui admiralione caplus: das sind die-
--•Iben eigendünkler, die der gerechten seelen suclien zu
ahen. Lcther 1. 45'. 3, 27.
EIGENDÜNKLIG, arrogans: Eduard ist ein edler junge,
doch etwas rjsch und eigendünklig. Göthe 57,4; einen sol-
chen beschränkten und eigendünkligen menschen, an Zeller
650. nnl. eigendunkelijk.
EIGENEHRE, /. ambilio : so gar hatte ihn die eigenehr ein-
genommen. Philasder 1, 541.
EIGENEN, proprium esse, competere: wollen also dadurch
den menschen die werk und krefte zueignen und zuschreiben,
die der ewigen und allmechtigen macht gottes allein eigenen
und gehören. .Melaschthon im corp. docir. ehr. 954. s. eignen.
EIGENER, m. dominus, eigner:
was du thöricht geraubt, gib du dem eigener wider.
GÖTHK 14, 6S.
EIGENERWÄHLT, spontaneus, selbsterwähll : eigenerwelte
tödtung des fleisches. Lcther 3, 36. aber mit adjectivisch
fiedieriem ersten wort: mit eigener erwelter demut. 3,49'.
EIGENFINDIG, ingeniosus, erfinderisch: der redlicher und
umb unser teutsche sprach hochverdienter Rudolf Weckerlein,
welcher, wie auch herr Isaac Habrecht und andere, lange zeit
vor dem sonst alzeit lobwürdigen lurren Opitzen die teutsche
sprach mit zierlicher, eigenllndiger reiinenkunst herlich ge-
macht haben. Puilander 2, 657.
EIGENFÜSZIG: krüppel, die einen guten fusz schreiben,
nicht eigenhändig, sondern eigenfflszig. J. P. anh. zu Tit. 2, 81.
EIGENGE.M.\CUT, sua ipsius manu (actus, selbstgemacht:
eigengemachtes zeug, gam.
EIGENGERICHT, n. gericht über eigenhörige.
EIGE.NGEW.\LTIG, sua ipsius auctoritate (actus, eigen-
mächtig: es ligt mehr an deiner seelen Seligkeit, denn an
den tjxannischen. eigengeweltigen, frevelichen gesetzen, die
zur Seligkeit nicht not sind. Lcther 1, 304*.
EIGENHÄNDIG, sua ipsius manu (actus, scriptus, earpfus:
edel eitern, seids gestund!?,
nichts ist unser eigenhändig,
alles unser ist geborgt. FLsai.iG 339;
sie pflückt es (das teitdien) eigenhändig.
drum blüht es hier besifiiiüig! Klamer .Scrsidt;
haben sie den brief an den Roberto nicht geschrieben? ist
es nicht ihr eigenhändiger naine? Lessi.nc 7, 20S ; der lector,
unter die niemals eigenhändigeu menschen gehörig, die alles
gern durch die dritte, sechste, fernste band thun. J. P. Tit. 4, 42.
EIGE.NHEIT, (. proprietas, schwed. egenhet, ddn. egenhed;
aber eigenschaft und eigenthümliclikeit sind auch proprietas,
wie hat man diese drei uürler zu unterscheiden? eigenschaft
ist qualitas, bescha(fenheit und liegt den beiden andern ab,
ndlier stehen sich eigenheit und eigenthfimlichkeit, wie eigen
und eigenlhümlich (ast dasselbe aussagen, wir verbinden,
wenigstens heute, mit eigenheit meAr die Vorstellung von be-
sonderheit, die auch Seltsamkeit sein kann, mit eigenlhümlich-
keit die der inneren natur, hurs, eigenthömlichkeit würde der
zehnten bedeutung von eigen, eigenheit oft der elßen entsprechen,
den begri( der eigenheit ent(alten laiilretche stellen bei Göthe :
cigenhriten, die werden schon haften,
culliviere deine eigenschallen. 2,260;
er will den innern kern ihrer eigenheit verderben. 8, 265 ;
ob sie eigenheiten habe, die oft mehr zur trennung anlasz
geben als üble eigenschaflen. 17, 114 ; des fremden weiteres
lil.
EIGENHEIT — EIGENLIEBIG
98
gespräch, das er mit heiterer eigenheit und bedächtlichkeit
fortsetzte. 17, 319 ; wenn sie mit eben der naivetät, eigenheit
und Zierlichkeit etwas schickliches auf dem theater jemals
ausführten. 18, 20S ; der knabe geliel sich in gewissen eigen-
heiten, die man auch unarten zu nennen pflegt. 19, 137 ; ich
verlange das mädchen wieder zu sehen, das sich mit so
vieler eigenheit an mich geschlossen bat. 20, 82 ; nichts ist
unerträglicher als abgeschnittene eigenheit an demjenigen,
Ton dem man eine reine, gehörige thätigkeit fordern kann.
20, 197 ; wurden die brüder nach Terenz von Einsiedel bear-
beitet aufgeführt und so eine neue folge theatralischer eigen-
heiten eingeleitet. 31, U9 ; eigenthümlichkeil des ausdrucks ist
anfang und ende alier kunst. nun hat aber eine jede nation
eine von dem allgemeinen eigenthumlichen der menschbeit
abweichende besondere eigenheit. 45, 123 ; auch fällt er (Sterne)
mir ein. wenn von irrthümern und Wahrheiten die rede ist,
die unter den menschen hin und wieder schwanken, ein
drittes wort kann man im zarteren sinne hinzufügen, nemlich
eigenheiten. denn es gibt gewisse phänomene der mensch-
beit, die man mit dieser benennung am besten aasdrückt,
sie sind irrthümlich nach auszen, wahrhaft nach innen und
recht betrachtet psychologisch höchst wichtig, sie sind das
was das indiriduum constituiert. 45,301; nächst den eigen-
heiten müste man die Influenzen bedenken, jene kann man
sich vorstellen als formen des lebendigen daseins einzelner
abgeschlossener, beschränkter naturen, und in diesem sinn
gibt es eigenheiten der Individuen so wie der nalionen. 46, 302 ;
dasz angeborne kraft und eigenheit, mehr als alles übrige,
des menschen Schicksal bestimme. 49, 8. der innere kern
der eigenheit, die angeborne eigenheit sind wiederum die eigen-
thümlichkeil. nüid. eigenheit schon mysl. 1, 171.
EIGENHÖRIG, was eigenbehörig.
EIGENHCLFE, (. contra vim de(ensio, selbsthül(e:
web, wenn sich in dem schosz der siädie
der feuerzunder still gehäuft,
das Tolk zerreiszeud seine kette
zur eigenhüHe selirecklich greift. Schiller SO".
EIGENKÖPFIG, pertinax, der seinen kop( durchsetzen will:
widerumb bin ich auch nicht so eigenköpFig, das ich mich
nicht wolt weisen lassen. Luther l, 2lö'.
EIGENKÜPFISCH, dasselbe: die sonst eigenköpüsch sind
und nennen alles, was ir anfang nicht ist, ferliche endcrung.
Melanchth. Daniel deutsdi von Jo.nas bl. 167.
EIGENLÄLFIG, proprio motu currens. Mege.nrerg in seiner
Verdeutschung der sphaera mundi nennt die plaiteten eigen-
läufige Sterne.
EIGENLEBEN, n. vita proprio: alles kommt darauf an,
I das eigcnleben des auges und der correspondierenden linger
zu der enUchiedensten verbündeten Wirksamkeit heranzustei-
gern. Göthe 50, 41.
EIGENLEUTE, homines proprii, mhd. eigenliute.
EIGENLIEBE, (. amor sui^ Selbstliebe: vorhin ertappte sie
mich auf eitelkeit, jetzt auf eigenliebe. Lessi^g t, 5«4; die
eigenliebe läszt uns sowol unsre lugenden als unsre fehler
viel bedeutender, als sie sind, erscheinen. Göthe 19, 69 ; die
Selbstliebe eines über alles gehenden wolwollens an sich
selbst heiszt eigenliehe. Kamt 4, 185. allein diese Unterschei-
dung, wonach Selbstliebe natürlich, eigenliebe tadelhaß sein
soll, ist nichtig, beide Wörter drücken dasselbe aus, wie eigen-
dünkel und Selbstdünkel, eigenlob und selbsllob, eigenmord
und Selbstmord, eigenrache und selbslrache, eigeuruhm und
selbstruhm, eigensucht und Selbstsucht, eigengemachl und
selbstgemacht, tcenn also Hagedorn 1,45 singt:
die liebe zu uns selbst, allein die weise nur,
ist freilich unsre pOirbt, die stimme der naior,
setzt er richtig voraus, dasz auch ton natur eingepflanzte
Selbstliebe ausarten könne, diese üble seite kann durch bei-
wörter wie blinde, taube, nicht durch einen unterschied zwi-
schen selbst und eigen bezeichnet werden. Sprichwörter: eigen-
lieb ist ein dich, eigenlieb ist niemand lieb, eigeuliebe macht
die äugen trübe.
EIGENLIEBEND: eigenliebende verwohnte menschen, die
ihr wolwollen werfen, wohin es ihnen beliebt Pestalozzi
12,489.
EIGENLIEBIG : ich muste mich dieses vortheils begeben,
der auch im gründe mehr eigenliebig, als gemeinnützig ist.
Kaxt4, 9; die eigenliebige selbstscbätzung blosze wünsche für
beweise eine« guten herzens zu halten. 5,276; denn dieses
7
99
EIGENLOB — EIÜENRUHM
EIGENRÜUMIG — EIGENSINN
100
vorgeben verrätb eine eigenliebige betracbtung des eigenen
wertbes. Fichte grundz. 261; bier verfiel der wirlh auf eigen-
liebige aber dumme gedanken von seinem biere und essen.
J. P. teufelsp. 1, 142 ;
doch konnte nichts dein eigenliehges herz
mit wehinuih rühren. Tikck 10, 75.
EIGENLOB, n. propria laus: man sagt eitles eigenlob stin-
ket. GüTHE 49, 49. vgl. eicbenlaub.
EIGENLÖHNER, m. der eine zeche auf eigne hani beireiht,
einspdnnrr.
EIGENMACHT, f. sua solius auclorilas:
da führtet ihr nus kiihner eigenmacht
den bogen weiter durch der zultunrt nacht. Scuillkr 24';
die eigenniacbt des gemütbes, den zustand seiner Vorstellungen
in seiner gewalt zu baben. Kant 10, 126.
EIGENMÄCHTIG, sua ipsius auclorilale agens: sieb also
dbr hutuug eigenmacbtig angemaszt. Schwei.nicuen 3, 231 ;
ob seine rasche hofnung eigenmnchtig
sich diesen kiihnen schritt erlaubt. Schiller 2S6'.
kann in beiden stellen für adj. oder adv. gelten.
EIGENMITTEL, n. proprium remedium : und bin icb nicht
vom Podagra, so bin icb docb von dem weit gröszern übel
des uninutbs gebeilt worden, und habe das nalürlicbe eigen-
inittel dagegen gefunden oder vielmebr wieder deutlich er-
kannt, nemlicb den leib zu ermüden. Hegener molkenkur 3, 144.
EIGENMORD, m. mors voluntaria, Selbstmord:
komm eigenmord mit sträng und stahl! Ghtpuius 1, 33S;
so büszt Lucretia die räch im eigenmord. Wernikk 15ö;
Thusnelde verdammt den eigenmord. Lohenst. Arm. 1, 5.
EIGENMÜNDIG, proprio ore: binnen welcher zeit ich der
herschaft meines bruders meine avanturen eigenmündig er-
zehlen und davor ein gescbenke von 12 harten tbalern an«
nehmen muste. Felsenb. 2, 490.
EIGENMLTIG, superbus: welcher ebrngeizig, eigenmütig und
hoffertig ist, der fördert kein andern. Fronsperger kriegsb. 2, 39'.
EIGENNAME, m. proprium nomen, engl, propername.
EIGENNIESZIG, was eigennützig: wie die thun, die ir eigen
gebellin halten, der für dis, dieser für das, und haben nichts
denn eigennützige, eigennieszige gebet, denen gott feind ist.
Luther 1, 240*.
EIGENNUTZ, m. privatum commodum : niedriger, schmutziger
eigennutz ;
sie ist tugendhaft, 'sie ists
aus eigennutz der liebe.' Schiller 269'.
Keisebsberg trennt: suchest dein eigenen nutz darinnen.
s. d. m. 31*. 34".
EIGENNÜTZIG, qui suis commodis inservit : die liebe macht
eigennützig, vgl. uneigennützig.
EIGENNÜTZIGKEIT, f diese schimpfliche eigennülzigkeit
reimet sich zu dem edlen character, den herr Wieland dem
Guilford sonst gegeben bat, im geringsten nicht. Lessinc 6, 168.
auch Kant 3. 66 hat das toort.
EIGENNUTZLOS, integer, uneigennützig : eigennutzlose tha-
ten. Klincer 4, 53 ; eigennutzlose beschäftigung. Wolfs mus.
der allerth. uissensch. 1, 20.
EIGENRACHE, f vindicta propria, selbstrache:
doch ein hochweiser ningistrat
besetzt das ihor und «perrt die Stadt,
der eigenrache vorzukommen. Li;ssi.'<ig 1,118.
EIGENRECHTFERTIG, »e ipsum probans: die selbweisen
and eigenrecbtfertigen können nicht anders denn bös für gut
widergeben. Luthkb 1, 30*. 3, 11*. ». eigendünkend.
EIGENRICHTIG, obslinalus, eigensinnig, eigenrechlferttg f
also werden auch andere werk des glaubens erfunden, die
gleich seind wie die angenommen, und kommen auch aus
den eigenrirhtigen, plastigen {aufgeblasenen) köpten. Para-
CEL8D8 1,94';
aiftenrichiige und unpendige leut,
die gur kvin uiidertbeniKkeil
nit welent leisten. Tulr.missrr arcltidu.ta 54.
EIGENRICHTIGE, f ubstinatio, eigenrechtfertigkeit: so sich
aber min bruder us eigenricblige überall nit will lassen
leeren, »ander ewiglich blöd sin? Zwi^cii 1,1».
tIGENItICIlTK.kKIT, f dastrlbc : und rcihlfertige den
gluiibrn nicht au» deiner eigcnrirbligkeit, und was du ur-
tbeile»t, da» aus erfubrenbeil gescbche. TARACELSiis I, Itu*.
EKjKNKLHM, m. tuimrt jaclalio, teUntruhm: ja, ich setze
voaenn lube vbne eigeunibui bei. Luiihnst. Arm. I, 2u2 ; ich
werfe hinter meinen rücken alle eitele herlichkeit und eigen-
ruhm. pers. baumg. 8,13;
Falsus ist ein guter redncr, jedes wort ist eine blunie
von Verleumdung andrer leute und von siolzeiii eigenruliiiie.
LoGÄU 2, 2;M, 147;
eigenruhm kann selbst eiuem Horaz nur verziehen werden.
Scilll.lER 1234.
EIGENRÜH.MIG: obn eigenrühmige vergleichung. Puilakuer
1, 696.
EIGENS, unice, imprimis, besonders: das inädchen lieb ich
noch immer so rasend wie jemals, mir hat sies ganz eigens
angelban. Güthe 20, 226; in seinem eigens accentuierten fran-
zösisch. 17,317; dasz der mensch sich das am wenigsten zu-
zueignen vermag, was ihm ganz eigens angehört. 17, 223 ;
geübt genug zu solchem Vortrag, der ihm diesmal eigens zart
und ausdruckvoll gelang. 22,132; eine ganz eigens beschränkte
selbstigkeit. 30. 227; verziert sind die Wohnzimmer mit kupfer-
stichen und gemiihlden, eigens bedeutend auf traurige und
frohe vaterländische ereignisse hinweisend. 43, 329 ; er findet
sein grab in der nähe eines andern mehr bedeutenden, aber
mit ihm eigens verwandten pilgermannes. 45, 259.
EIGENSCHAFT, f proprietas.
1) servilus, kneclitschaß, dienstbarkeil: in dieselben höf ge-
hörtend ellich lül affeil (?) in beiden kilchenbörinen mit eigen-
schaft. TscHüDt 1,172; in williger armüt on eigenschaft ztl
leben. Frank chron. 473';
und mich armen so reichlich Ihet ehrn,
mein eigtischaft in freistand ihei kehm. Avrkh 74'.
2) eigenheit, ahd. eiganscaf, eiganscaft:
es ist ja deine eigenschaft,
mit süszor kraft
und gnad auf uns zu regnen. WecKHERLtrr 10;
die tugent ist dein eigenschaft. 372;
durch seiner gnaden eigenschaft,
beherziget mit seiner kraft,
kan mir für keinem iibel grawen. lls.
3) qualitas:
erster Adam kunie nennen jedes ding nach eigenschaft,
dieser nennt für seine söhne die, die gleich von andrer kriifi.
LoOAU 2, 206, 67 ;
eigenheiten, die werden schon haften,
cultiviero deine eigenschaAen. Görus 2,263;
er hat viel gute eigenschaften ; er versäutute seine übrigen
eigenschaften auszubilden; in meiner eigenschaft als erbe,
als Vormund.
4) mhd. bedeutete eigenschaft auch eigenlhum, dominium
(mhd. wb. 1, 416').
EIGENSCHAFTEN, franz. qualifier: es seien eben in diesem
atmosphärischen räume gewisse geheime, cüncenlrische kreise
abgeschlossen, die sich als besonders geeigenschaftet gelegent-
lich manifestieren. Göthe 51, 265.
EIGENSCHAFTLICH, proprius: ich habe nichts dagegen,
wenn man die färbe sogar zu fühlen glaubt, ihr eigenes eigen-
schaftliche würde nur dadurch noch mehr bethätigt. Güthe
56, 149. merkwürdige nebeueinanderslellung der fast gleicfibe-
deutigen eigen und eigenscbaftlich.
EIGENSCHATZ, m. magna sui aestimalio: sich, wie unsere
gerechtigkeit zu hochmut dienet, denn eigenschatz ist die
recht sündig art wider gott. ZwiNcit l, 552.
EIGENSCHÄTZIG : danach verfürt und fälscht uns die un-
gliche der Vernunft, richtagen, schöne, stärke, dasz jeder eigen-
nützig und eigenschätzig wirt. Zwincli 1, 360.
EIGENSCH.\TZUNG, f. was selbstschätzung.
EIGENSCHMACH, f. propria contumelia: eigenlob und eigen-
schmarh. Logau 2, 104, 31.
EIGENSINN, m. M
1) animus dif/icilis, obslinalus, früher schrieb man beide ■
Wörter getrennt:
eigen sinn und «tolzer muu ALSinut 18';
ach «on, wie hast »u ein aigen sin! SciiiELtEL k-m. ><»i 12*:
es ist nicht eigentinn, der kuine slt^-ne iriibt. GAthi 7, &.
2) diffieultas, pettinacia, auf zustande angewandt:
des ^'hlckes li;iiiischcr cii;i>nKiiin
Willi Viele M'h;it/e die-ier erden
unwürdigen lioitzerii hin. IIaciüorn 2, 43;
der cigensinn des »chicksal>. Guttir 1,5.
5) penOulich für difßcilis bnmo : bat Raslnel, als er einem
niUnch, der bader suchte, vorbei giciig, nicht recht wo! ge-
101
EIGENSINNIG — EIGENTHUM
EIGENTHUM — EIGENTLICH
102
saget, wenn dieser eigensinn recht wüste, was ein freund wäre, [
er sollte sich mit feinden nicht bemühen, pers. baumg. 4, 19 ;
dort steht ein eigensinn ron der catheder auf.
GB:«TliKB &42;
lasz mich allein, du kleiner eigensinn! Klwgers /A«a/. 2, 321 ;
«ie sah den ring bei ihrer nachbarin,
den ihr gemabi, der eigensinn,
durchaus nicht kaufen wollte. Gökogk 3, 271 ;
natürlich bekam ich kalmäuser. ich eigensinn, manchen schnö-
den verweis, manchen puf. J. H. Voss briefe 1, IT ; Jungfer
eigensinn. man vgl. abschanm, einfalt, hoffart, unart, unQat,
Unverstand, Ungeduld, Unschuld.
EIGENSINNIG, tnorosus, difficilis: nicht eigensinnig, nicht
zornig, nicht ein weinseufer. Tit. 1, 7 ; thürstig, eigensinnig.
2 Pet. 2, 10 ;
wer gar lu eigensinnig ist,
nach diesem münzcours sich ni achten. Gökingk 1, 15;
der selbst die ahnung jeder lust
mit eigensinnigem ifriitel mindert. Göthk 12,80;
während die eigensinnigen reize ihrer Schwester mir eine an-
genehme Unterhaltung verschaften. 16.5; hübsche äugen, eine
eigensinnige Stirn, die sich manchmal ein wenig hinaufwärts
faltete. 27,14; durch eine wunderliche grille eigensinniger Ver-
legenheit suchte ich der feier meines geburtstags jederzeit
auszuweichen. 32, 154 ;
die eiche starret mächtig
nnd eigensinnig zackt sich ast an ast. 41, 225.
EIGENSINNIGKEIT, f. vas eigensinn : weisz, dasz sie {die
anhdnger der augsburgischen eonfession) zu zeilen von der
canzel scharren und strafen so grob, dasz man ihnen etwan
wegen ihrer eigensinnigkeit das khufenster zeigt. Joannes Nas
grosie gloeke zu Erfurt 24. s. kuhfenster.
EIGENSTÄNDIG, conslans, selbständig: dasz ein unterschied
zu machen sei zwischen einer allgemeinen Ursache und zwi-
schen einer eigenständigen. Philakder 2, 6U ; ein eigenständig
wort, substanlivum. Logao 1, 115, S8.
EIGENSUCHT, f. privatae utilitatis eupiditas, Selbstsucht:
er liebt des guten blüt und frucht.
und hasset trotz und eigensucht. Voss 5,70;
uns theilte vieirach gott die frucht,
damit wir nicht zu eigensucht
das menschenherz erniedern. 5, 19.
EIGENSÜCHTIG, eigennützig, selbstsüchtig.
EIGENTH.\FT, proprjj«, aArf. eiganhaft: niemands gestatten
s. f. gn. und im stift in irem freien eigenthaften guet zu be-
trüeben. Chmel urk. Max. 248 ; seltzamere und eigenthaftige
(/. eigenthaftigere) menschen, und die sich weniger zu bauw-
leuten schicken, solle einer kaum auf erden fanden haben,
denn was einer heut kaum angefangen, hett der ander mor-
gen wieder vergessen. Kirchhof icendunm. 366*.
EIGENTHAT, f. was eigenmacht, eigenmächtige that: die
eigenthalen des grafen Cobbo. Moser 1, 303.
EIGENTHÄTIG, vas eigenmächtig: eigenthätlichs gewalls,
propria aucloritaie. Frankf. reform. IL 17, 19.
ElGENTHfM, n., der älteren spräche mangelnd, nnt. eigen-
dom, schwed. egendom, dän. eiendom scheinen dem nhd. aus-
druck abgesehen, ist. eigindömr icar noch nicht altn., überall
galt früher das einfache eigen, tcnnn icol eigenthum zuerst
rorkommt ? Dieferbach verzeichnet es nicht unter dominium
190', «ol aber unter proprielas 466', Dastpodics hat es 322*,
Maaler nicht, also schon vor Luther war es vorhanden.
1) eigenthum an sacken, sowol liegendem grund als fah-
render habe: nimpstu einen fi-emfaden zu dir ein, so wird er
dir unruge machen und dich aus deinem eigenthum treiben.
Sir. 11, 35; er kam in sein eigenthum und die seinen namen
in nicht auf ^vulg. in propria venit, gr. eis za i'8ia, also
goth. in j)6 sves6na?) Joh. 1,11. man sagt heute das eigen-
thum des grundstücks, des pferdes, proprietas praedii, equi.
auf den wellen ist alles welle,
auf dem meer ist kein eigenthum. Schillir 497*.
5) eigenthum an leulen: werdet ir nu meiner stimme ge-
horchen und meinen bund halten, so solt ir mein eigenthum
seii>. 2 Mos. 19, 5 ; und solt sie {die fremdlinge) besitzen und
ewre kinder nach euch zum eigenthum für und für, die solt
ir leibeigen knechte sein lassen. 3 Mos. 25, 46 ; dich hat gott
dein herr envelet zum volk des eigenthums. 5 Mos. 7, 6 ; und
der herr hat dich erwelet, das du sein eigenthum seiest. 14, 2 ;
das wir sein eigenthum würden {tulg. in redemptionera acqui-
sitionis, eis a7To)jvrQa)aiv rrs TreoiTioiTjatcas, du frabauhtai
gafreideinaisi. Eph. 1, 14. mein eigenthum 2 Mos. 19, 5 tat das
eigenthum gottes, der gen. gehl auf den herrn, das eigenthum
der knechte gienge auf die eignen, man musx also sagen eigen-
thum über die knechte, an den knechten.
3) eigenthum bildlich: zum ruhigen besitz eines unange-
fochtenen eigenthums von rühm und ansebn gelangen. Wie-
land 24,28; nach dem absterben erleiden organische körper
Zersetzung und ein theil derselben wird dadurch eigenthum
der leblosen natur. Hacsman.n einl. in die mineralogie. 192S.
§. 10 ; eine Wissenschaft oder einen satz derselben zu seinem
eigenthum machen, sich aneignen;
der berg der ist mein eigenthum,
ich bin der knab Tom berge, übland ged. 1845 <. 27.
4) eigenthum für eigenthumsrecht :
und wie der eulen nachtgewohnte brut
von der zerstörten brandstait. wo sie lang
mit altverjährtem eigeuihum genistet,
aufniegt in düsterm schwärm, den tag verdunkelnd.
Schiller 500*.
5) eigenthum ßr eigenheit:
sich selbst verachten ist der ihoren eigenthum.
Gktphii's 1, 6«>8;
roisgunst sei sonst wie sie wil, dennoch ist ihr eigenihum,
dasz sie immer mehr verklärt als venunkelt unsern rühm.
LoGAL- 3, 109, 43.
EIGENTHCMER, I7J. dominus, possessor: zu viel erfahren-
heit ist ihrem eigenthümer oft hinderlich. Wiei.a!<d 10, 254.
EIGENTHLMEKIN, /-. possestrix.
EIGENTHÜ-MLICH, proprius: dem ganzen Israel als seinem
eigenthumblichem eigen volke. Mathesios 3*;
ja alle Völker, alle stand
von einem bis zum andern end
des erdreichs ffirhin zu verwalten
solt eigenihümblich du behalten. Wkckhcrlix 5;
er schenkte dich mir, weil wir in einem alter waren, zum
eigenthflmlichen knechte. Lessirc 3,75; ich habe so nichts
eigenthümliches. 3,76; freiwillig begab er sich aller vorzöge,
die er eigenthümlich besasz. Schiller 798. eigen und eigen-
thümlich liegen einander nahe, wie unter eigenheit angegeben
wurde, eigenthümlich eigen bei Mathesics häuß wie eigen
eigenschaftlich bei Göthe.
EIGENTHÜMLICH, proprie, Idsil sich in einzelnen stellm
schwer von dent adj. unterscheiden.
EIGENTHÜMLICHKEIT, f proprielas, s. eigenheit.
EIGE.NTHCMSERWERB, m. acquisitio dominii. in dieser
und den meisten der folgenden, von den Juristen ausgegangnen
zf'^ammensetzungen ist blosz der eigentlich lose gen. angerückt,
u, es lieszen sich, ohne gewinn, leicht noch andere bilden.
EIGENTHC.MSHERR, m. dominus, ein schwerfälliger, un-
nützer ausdruck für eigner oder eigenthümer: da man gott
für den rechten eigenthumsherm aller creaturen halten musz.
Liscov 3, 181. auch pers. baumg. 9, 1.
EIGENTHÜMSKLAGE, f rei vindicatio.
EIGENTHUMSLOS, prtuper, unbemittelt: den ihm bekannten
eigenthumslosen ein eigenthum zu verschaffen. Fichte sittenl.
398.
EIGENTHUMSRECHT, n. jus dominii.
EIGENTHUMSUBERTRAGUNG, f. translatio dominii.
EIGENTHUMS\TRLUST, m. amissio dominii.
EIGENTHUMSVERTRAG, m. vertrag wodurch einer den an-
dern nicht zu verletzen verspricht. Fichte naiurrechl 2, 8.
EIGE.NTLICH, proprius, eigen, mhd. eigenlJch, z. b. sin eieen-
Ikhej (eignes) kint. Ir. kr. 438, doch steht eigentlich schon mysl.
183, 2 : auch ist eigentlich {seltsam, etwas besonderes), das sidt
der keiser seht* rüstet und nicht gegen den Türken. .Melancb-
tho.i an Faber ep. 2. eigentlicher name für eigenname. eigner
name, nomen proprium: was aber die nomina propria oder
eigendlichen namen der gi'itter, raänner und weiber betrift.
Opitz poeterei 30. der eigentliche sinn, verstand, die eigent-
liche meinung; der architect arbeitete tag und nacht, und
zwar tag und nacht im eigentlichen sinne. Götbe 17, 27t ; ich
wüste noch nichts eigentliches von Lamons handeL Wieuno
13, 34 ; der eigentliche verwurf {gegenständ} dieser abbandlung.
Kant 8,237.
EIGE.NTLICH, proprie, aceurate: da verbeugt gott zehen
blagen über das Egipten ?and, als in dem andern buch Molsi
ezodi an dem.l.V. eigent'.ch geschnben stot. Keisersb. s. d. m. i' ;
aber in den schulen, da sol Man eigentlich davon reden. 5*';
7*
103
EIGENTLICH — EIGENWILLIG
EIGENVVILLIGKEIT — EIGNEN
104
werde auch morgen seine heiligkeit ersuchen, und mich des
tags wenn ein consislorium wideruinb sol angestelt werden,
eigentlich erkünden. Luther 1, 224' ; ich habe lassen erkun-
den und eigentlich erfaren. 3,27'; auf das man die wort
Christi deste eigentlicher hette. 3,495; kundt sich Sisimethres
nit mehr enthalten, denn er nun aller sachcn eigentlich he-
richl war. buch der liebe 22S,Z; was die. verricblung gewesen,
weisz ich nicht eigentlich. Schweiniciibn 1, 113; vuii niüniglich
einiglich eigentlich ewiglich zu loben und /.u ehren. Weckheri.i:«
dedtcation xu den geisU. (jed. ; weitläuftigrr und eigentlicher
zu schreiben hat mich nicht allein die enge der zeit, sondern
auch sonsten allerlei ungelegenheit verhindert. Opitz poeterei l';
lieber vatter, bericht mich doch eigentlich wie ich die sach
▼erstehen solle. Sinipl. K. 75;
dartimb .sie ihn auch mehr aU zwei und dreimal fragt,
damit ihr alles Ja werd eigenilich gesagt. Werdkk.s Ar. 2,59;
von seinen kricgesgesetzen will ich anrühren, dasz er seinen
Soldaten gar eigentlich vorgeschrieben, wie sie bei dem nn-
grif der Hunnen sich verhalten sollen. Haiin 2,27; es liegt
nicht eigentlicher darinne, als die prümissen in einer con-
clusion liegen. Lbssinc5, 3; ich weisz es ganz eigentlich, ich
habe es an meine cahinettliüre geschrieben. 2,389; hindurch
wird auch alle veriniilung abgeschnitten, ob sich nicht unter
den zu Heims verdamnilen ketzcreien, deren keine eigentlich
benennet wird, die kctzerei des Berengarius wirklich mit be-
funden. 8, 3b7; der pallast kann dort [wo er irirklicli ist) nicht
eigentlicher verbrennen, als er \i\eT(imgrundiisse) stehet. 10, 124 ;
in dazu eigentlich bestimmten Zusammenkünften. 10, 360 ; desto
besser für den künig, oder eigentlicher zu reden für den Staat.
WiELAND 7, 230 ; vielleicht mochten es ihrer vier gewesen sein,
ich kann es so eigentlich nicht sagen. 11, 303; ein so begabter
geist blickt, nach eigentlichst orientalischer weise, munter
und kühn in seiner weit umher. Göthe 6,113;
ich macht ihm deutlich, dasz das leben,
zum leben elgeniiiih gegeben,
nicht soll' in grillen, |th<iniasien
und spinlisiererei eoifliehn. 4, 54.
EIGENTRACHT, f. was eigensinn: deshalb ich nit us eigen-
tracht, gfecht oder kib ützid ze schriben genOtiget wird. Zwingli
2,20.
EIGENTRIEB, m. was eigensucht:
laszt eigeniriebe schweigen,
die liebe ward geboren. Platem 52.
EIGENVERLAG, m. Selbstverlag: buchhändler haben, wie
Holländer, alle mögliche giundsälze im laden, iheiis als Sor-
timent, Iheils als eigenverlag. i. P. freilieilbüchl. US. dasein-
fache Verlag drückt den gegensalz zu Sortiment hinlänglich ans.
EIOENWEISE, arrogans: und allzeit die eigenweisen ein-
reden und widersprechen den warhaftigen, gerechten, auf das
sie ire reden zu nichle machen. Luther 1, 28'. engl, selfwise.
EIGE.NWEISHEIT, f. dem kitzel der eigenweisheit wider-
stehen. Cl At'DIUS 7, 26.
EiGENWERklSCH, operibus pietalem timulans, gegenüber
dem aus dem glauben rechtfertigen: hie handeln nu die törich-
ten menschen febriich und sonderlich die eigenvverkischen
heiligen. Luther l, 234'.
EIGENWILLE, m. arbilrium, conlumacia, an eigensinn und
eigendünkel grenzend: so es mehr ein faulheit und freier
eigenwille ist. Luther 5,12'; ohne liehe nimmt das mensch-
liche herz leicht einen hang zur traurigkeil und zum cigeu-
willen an. Gellert;
und dir allein beugt sich mein eigenwille. Platkn 94.
EIGENWILLIG, arbitrariut, eontumax: wenn jemand einen
eigenwilligen und ungehorsamen son hat, der seiner vater und
mutier stim nicht gehorcht und wenn sie in 'züchtigen, inen
nicht gehorchen wil. 5 Mos. 21, 18; «ihel man einen ehehrecher,
reuber, Iflgener, «o ist es nicht» sonderlichs, «o er ein köst-
lich paternoster tragen kan, ein eigenwillige fasten halten,
oder etwa ein besondern heiligen ehret. Litiikb 1,16«*; und
wann dise eigenwillige ketzer, ro auf dem evangelio eigen-
willig beharren, disz nllex nit glauben, so ist die sarh allklar,
ne. h»ben iro «peck hinweg und man wünscht in nil ein
schimlig« klo<tterleiblin. Fi.schaht biefirn/^. 62'; darumh ists ein
grotze thorheit an disen eigenwilligen ketzern, das sie mit
irem einigen ichlüsnel vermeinen alle ding klar zu haben. 70*;
zeigt sieb der kaiser in uoemiUdlicher, eigenwilliger tblltigk«it
GOthi «tSOt;
von diesen trotzig herrischen gemüthern
•■sich meistern lassen, von der gnade leben
hochsinnig eigenwilliger vasallen,
das ist das harte Tiir ein edles herz. Scbillsr 456*.
EIGENWILLIGKEIT, f conlumacia.
EIGENWILLISCH, uas eigenwillig: die eigenwillische, junge
und alte leute. Hincwai.d tr. Eckh. A6'.
EIGENWITZ, m. pelulantia, Vorwitz: wir können uns alle
bittere trüb.sal süsze machen, wenn wir uns aller eigenliebe,
eigenwillens, eigenwitzcs begeben und uns an gottes Vorsorge
genügen lassen. Scrivkr selensth. 2, 7.
EIGENWITZIG, petulans:
und sei nicht bald in deinem mut
ein eigenwiizig klügling gut.
PuiLANOKR 2, 750 aus Ringwalds
soldatentchrbrief.
EIGENWOL, n., das eigne wol, im gegensalz zum gemein-
wol.
EIGNEN, mlal. appropriare, it. appropiare, qualificare, franz.
approprier, qualifier.
1) proprium, aplum esse, convenire, in der iUeren spräche
oft mit gebühren verbunden : darumb wil e. eh. f. gn. als
einem christlichen fürsten eignen und gebüren, bei seiner
Seelen heil solchen misbrauch der messen in e. eh. gn. kir-
chen abzubringen. Luther 2, 3', ebenso im schreiben der Uni-
versität Wittenberg bei Melanchthon 1,468; wie einem ehr-
lichen manne eigent und gebürt. Reotter Änej/so»'''»- 30; ^^i''-
wol damit die ehr, so den allen und ehrbaren eignet, auch
das schweigen, so an den weibern und jüngsten wol stehet,
nit gescholten. Kirchhof wendunm. 209';
wer spöiilich fragt, demselben eii;net,
das im cjn gleich antworl begegnet. Wai.bis 4, 38 (255*);
mit Verlust des guten namens einen guten freund erkaufen
eignet nicht den weisen leuten. Looau 1. 185, 77;
schämet euch, dasz ihr euch dessen gerühmel,
was euch nicht eignet und was sich nicht ziemet. 3,212;
den höchsten zu loben, den nechsten zu lieben
sind stücke, draul' Christen sich eignet zu üben. 2, 172. 71 :
was einem getreuen vormunde zusteht, eignet und gebührt,
heiszt es in dem hannoverschen tutorium; gerechtsame, die
ihnen vor allen andern puissancen ganz alleine von rechts-
wegen zustehet, eignet und gebühret. Felsenb. 4, 258 ;
wem eignet gott ? was ist das für ein goti,
der einem menschen eignet? der für sich
musz kämpfen lassen? Lessing 2, 261;
nur der körper eienet jenen mächten,
die das dunkle scliicksal flechten. Schill(r72*;
musz all sein fühlen sich doch selbst verdammen,
weils seiner seele eignet,
when all that is wiihiii him does condemn
itself, for being ihore. Macbeth 5, 2.
geeignete falle sind passende, schickliche, s. ungeeignet.
2) proprium reddcre, dicare: und David war unter den
kindern Israel auserkorn, wie das fette am opfer gott geeigent
war. Sir. 47, 2 ; denn unsere herschafl haben inen die hölzer
alle allein geeigent. Luther 3,112'; das derselbig glaube on
alle werk gcwislich uns Christum also eignet und gibt, wie
er glaubt. Luthers br. 2, 375 ;
8« eign ich dich zu meiner lieben braut. Wiila.-«o 22, 209;
da er. Lida, dich mit sanCler neigung
mir, dem lange sehnenden, geeignet. Götus 2, 110;
GaliricLs geheim vermögen
hat, gcmasz dem willen gottes,
sie dem paradies geeigimt. 5,275;
was im lebensgnnge
dem gulten seine gauin fosAeliid eignet. 9,345;
von wannen er sich eignet sehr
gut exoinpcl und gute lehr. 13, 128;
und cignuio das goitgesandte wonnehild
mit starken armen meiner lieherrulltcn brusl. 40,380;
ein förmlich dociimeni, der kirrhe das zu eignen,
du legst es vor, ich wjIU mit (Voudnn unterieichneil. 41,295;
was könnte mich von dir si;heiden ! von dir, der ich auf ewig
geeignet bin. 21, 10 ; viel könnt ich mir vom besiegten feinde
damals selber eignen. Tieck ges. nov. 10, 330; hier, mein lieber
guter ('hristian Otto, eigne ich dir wieder etwas, vier befllein
auf einmal. J. P. Ilesp. 4, 170. vgl. zueignen, aneignen.
3) sich eignen, coneenirc, decert, wie 1 :
o Weisheit, ja, was küII irlis leugnen 1
noch wird» dem bangi-n herieii schwer,
•Ich delnsin iirangen dienii zu eignen. G«mi 1, 480 1
105
EIGNER — EILAXD
EILÄNDCHEN — EILEN
106
so hast du, feiger, ganz zum sclaven dich geeignet (ergeben) ?
sie erkundigt sich nie nach neuer märe, sie spähet
sorglich den wünschen des manns. dem sie sich eignete,
nach. GöTH« 1,261;
doch hoff ich, wo nicht allen,
aber mancher zu g>,t'alien,
der ich mich wol eignen (hingeben) möchte,
wenn sie mich las huar Yerllöchie. 41,26;
nur weil es dem dank sich eignet,
ist das leben schäuenswerih. 56,70;
wie sich« eignet und gebühret. Hippel lebensl. 1, ISO.
4) ein ^an: andres sich eignen bedeutet apparere und ist zu
nehmen vie sich ereignen ßr mhd. eröugen, ahd. ougan, golh.
augjan, tcofür vir vorhin auch noch nhd. eigen rer:eic/ine/rn ;
Ton aberelauben früh und spat umgarnt,
es eignet" sich, es zeigt sich an und warnt. Göthb41.3I4.
'es eignet sich', es erscheint, kündigt sich etwas geisterhaß an,
i. b. wenn ein sterbender seinen abtoesenden verwandten und
freunden durch einen ruf, einen ton, ein gerdusek den augen-
blick seines verscheidens anzeigt, vgl. allg. anz. der Ikulsdien
1846 n' 355 S. 4609.
EIGNER, m. dominus, eigenthümer:
weisz wol, dasz ich über manches dennoch eigner bleib
und bin. Logau 2, 15S, 98;
des eigners schrein, wenn über bord
ihr nach der beute springt. Göii5gk2, 25:
aber die wagen, umhüllt mit leppichen, standen den eignem
in dem gezelt. //. '2, 777;
denn sonst möchten sie scheu abirren Tom lauf, und dem
schlachifeld
uns unwillig enttraeen, des eigeners stimme vermissend.
5,234;
auch die krippen, gelullt Ton zersiümmelten leichnamen,
sab ich.
und die gesehnen zerschlug ich und tilgte die gaul und
den eigner. Voss Orid 39,94;
der acker traurt, der eigner flieht. Voss 4, 210 ;
er kann nicht aufhören eigner seiner selbst zu sein. Kaxt
5, 387.
ElGNERl.N, f. domina, besitzerin: ich kannte die eigneinn
schon seit der ostermesse. J. P. anh. zu Tit. 1, 64 ; Beaumar-
chais hat aus einem mantel alter, füsze, reize, taille, nei-
gungen der eignerin prophetisch errathen. biogr.belust.i,lli.
EIGNUNG, f. dedicatio, widmung.
EIL, f. feslinalio, setzen oberdeutsche Schriftsteller ßr eile,
wie nnL ijl: in der eil, curriculo, in eil geschriben. Dast-
poDiL's 319' ; in groszer eil, arbeit in eil gemacht, das in
iiner eil geschieht, one zurüstung und vorbedenL Maaler
122*; so si die reis, welche gar an der eil ligt, im sinn
haben. Frank weltb. loo'; also das in die eil und flucht nit
bessere kriegsleut seind. 1S3'; daran die Schneider zwar auf
die eil arbeiteten. Simpl. K. 128. selbst Geliert schreibt 4, 149
in der eil, Kli.ncer 9, 252 es hatte eil, solche eil. ». eile.
EILAND, n. insula, leidet doppelte deutung. entweder steht
es ßr euland, üuland {wie eigen für öugen), auland, und wäre
das altn. eyland, ddn. öland und ejland, ags. iglond, nl. eiland,
die sämtlich auf ey insula, schwed. ddn. ö, ahd. ouwa, nbd.
aue zurückgehn, wie aue selbst wasserumßosseties land be-
zeichnet {vgl. die fries. inseln Wangeroge, Spikcröge ti. s. w.)
oder unser eiland wäre gekürzt aus einlant, was mhd. tnsula
ausdrückt, gleichsam allein und abgeschnitten tn der flut lie-
gendes land. da sich nun kein ahd. ouwalant, mhd. öuwelant
darbietet, bleibt nichts übrig als unser nhd. eiland ßir erborgt
aus der nl. oder nordischen form oder ßr entstellt aus mhd.
einlant, das vielleicht selbst aus eilant verbildet wurde, zu
erklären, das wort ei, ovum kommt nicht in betracht, wenn
schon der dotter wie eine runde msel im eiweisz schwimmt.
eiland hat DiEFe.tBACB unter insula nur aus nl. oder cölni-
schen vocabularien, Dasyp. und Maaler, selbst IIe!<zler geben
es noch nicht, wol aber Hemscii 835, 39, ohne zweifei auch
aus nl. quelle; zu verwundern ist sein abgang bei Luther.
im 17 jh. verbreitete es sich und war den dichtem des 18 mit
seinem wullaut willkommen, unterm volk konnte es den her-
sehenden ausdruck insel nicht verdrängen, bei pLEHUtc sollte
man eiland erwarten, da es Olearids pers reiseb. 2, 3 hat,
ich suchte vergeblich danach.
um reusen in das schili
zu legen, das ringsum den Strand
von tiahen eilandeii um^'ab. Ew. to*i Kliist 1, 80;
wie oder zögerst du von de« Albion
eiland herüber? Klopstock 1, 7;
von Britanniens stolzem eiland. daselbst;
ihn in dem eiland sah ich der wehmut thränen vergieszen.
Od. 4, 556;
{TraunToU donnerte dort an des eilands küste die brandung.
* 5,402;
und umher sind
viel eilande bewohnt und nachbarlich nebeneinander. 9, 23:
so schöne läge hat dies eiland nie
gesehn, seit eigne forsten es regieren. Schuler 417*.
EILÄNDCHEN, n. parva insula: eiländichen. pers. reiseb. 2, 3.
EIL.LNDER, m. incola insulae: aus den geseUen, die er
seinen eiländern gab. Stolbebc 8, 439.
EILBAUM, m. Hex. Mecesberg 325, 10, nach dem lat. wort.
Nemsich hat eilen für betula alnus, eller.
EILBOTE, m. cursor, curier: eilboten giengen hin und her.
Schiller 36S*. 3S6' setzt daßr die eilenden.
EILBOTSCHAFT, f schw. iibud, ddn. iilbud.
EILE, f festinatio, ahd. 51a, mhd. ile: und sie gieng bald
hin mit eile zum könige. Marc. 6, 25 ; zur weltlichen narung
ist jederman itzt jach und eile mit seinen kindern. Lctber
4,440*, wo jedermann der dativ und eile das subsl. ist; dar-
umb nil ichs itzt auf ein eile hie lassen. 2, 161* ; ob sie (die
öden) schon auf der eile weg gemacht sind. Opitz poet. 62 ;
was new ist angenem, wird widrig in der eile,
wann ihm nicht gut und nutz gibt kraft und länger weile.
LOGAO 3, 113, 67 ;
schnell mit unanstündger eile
mich unbereiiet. ohne anwalts hülfe
vor ein noch nie erhört gericht gestellt. Schiilb» 407»;
also sprach er und horchte, man hörte der stam|>renden pferde
fernes getöse sich nahn, man hörte den rollenden wagen,
der mit gewaltiger eile nun donnert unter den ihorweg.
GöTHB 4U, 243 ;
diesen gebeut er dir jetto hinweg zu senden in eile.
Od. 5, 112.
die ältere spräche läszt gern dem eile den artikel oder ein
adj. vorausgehen : in der eile, auf der eile, an der eile, auf die
eile, in einer eile, in aller eile, es hat keine eile damit, in
gröszter eile, man sehe die unter eil gegebnen stellen, s. eilen.
EILEBEUTE, m. ein imperativiscJter name Es. 8, 3 : und gieng
zu einer prophetinne, die ward schwanger und gebar einen
son, und der herr sprach zu mir, nenne in Rauhebald. Eile-
beute, xäJLeaov ro ovoua avtov TaxsoK (nn').evaov, Ostcos
Tcoovöusvoov, vulg. voca nomen ejus Accelera |pulia detrahe,
Festinä praedari. Göthe 41, 273 /f. gesellt dem Uabebald eine
Eilebente und einen Haltefest,
EILEN, festinare, properare, ein vorhersehend hochdeutsches
worl, dem es mühe kostet auf den grund zu schauen, goth.
keine spur davon, Ulfilas setzt sniumjan d. i. schleunigen.
ahd. ist illan = ilian, llan sehr häufig ßir festinare, tendere,
ardere, moliri (Graff 1,226 — 31), mhd. ilcn; alts. Mlan kommt
nur einigemal vor, ags. engl. mnl. alln. mangelt es, nnl. ijlen,
scAir. ila, dän. ile scheinen aus dem hochdeutsch eingeführt,
dagegen findet sich ein uns gebrechendes subst. mit kurzem i,
ags. il m. callus, planta ^pedis, pl. ilas, fries. ili oder il
callus, altn. il f planta pedis, pl. iljar, norir. il, welche, wie
schon Ihre 1, 9S4 sah, unserm verbum nah verwandt sein
mögen, merkwürdig steht neben ihnen alta. ilki m. pes (Sveinb.
Egilssob 436"), nonp. ilk (Aases 193*1 planta pedis und hier
überrascht die einstimmung des lappischen juolke, juolgge,
finnischen jalka, est. jalg pes. sichtbar sind diese formen ii
und ilki fast identisdi, letzteres entweder erweilerung oder er-
steres kürzung, Übergang der Vorstellung des fuszes in die des
eilens ergäbe sich leicht, eilen heiszl seine füsze wenden,
drehen oder anstrengen, brauchen, im fuszstapf ist alsogleich,
e vestigio, Schweiz, fuszwarms, auf der stelle (Stalde« 1,407);
sich füeszen heiszt eilends gehen (Schmelleb 1, 572), einem
füsze machen, einen zur eile treiben, die angst beflügelt den
eilenden fusz. Schiller 62*; eilenden fuszes. GöruE 41,206.
ob nun 1 ßtr i unorganisch entsprang oder beide vocale im
ablaut stehend die formet ilan eil ilum rechtfertigen, bliebe
noch problcm. sonst (über diphth. s. 46) hatte ich andern weg
einschlagend ahd. illan, illan zum golh. iddja iri( gehalten;
wirklich gibt Luc. 8, 4, ro die vulg. properarent, Lcther eileten
setzt, Ulfilas gaiddjedun, doch für itOfEvta&nt. allein dieser
erklärung stände auszerdem manches entgegen, so sehr auch
die auxiliarverwendung. die wir gleich bei eilen gewahren
werden, mit der von gehen zusammenträfe.
1) intransitives eilen,
a) eilen, schnell gehen, fliegen u. s. w., frühe kommen, bei
DiEib.'tBACB 347* manicare oder manitare, ein bei Düca.ice
J07
EILEN
EILEN
108
fehlendes, von niane gebildetes mlat. wort: Abraham eilet in
die hiitten zu Sara. 1 Mos. 18, 6 ; wie ein vogel zum strick
eilet, und weisz nicht das im das leben gilt. spr. Sal. 7, 23 ;
da nun viel volks beieinander war und aus den stedten zu
im eileten. Luc. 4, 8 ;
Taule stunden, eilet doch,
eilet doch ihr faulen stunden! GtJNiiiRR 282;
und eilt so Treudig in die see. Grllkrt 1,58;
der zorn bringt ihn zu schnellen schriucn,
er eilet nach der nahen stadt. 1, 71;
wo willst du klares bächlein hin so munter?
du eilst mit rrohem leichtem sinn hinunter. Göthe 1, 207;
du eilest mit gelasznem mut zur müle,
und weist nicht was ich juuges blut hier fühle, das.;
kleiner elfcn geistergrösze
eilet wo sie helfen kann. 41,3;
0 so eile denn schif mit allen günstigen winden! 1, .101;
und er eilete fort, um mittag gelangt er nach hofe. 40,106;
eileie nun in das land und gebiet der fnakischen männer.
Od. 6, 8.
Sprichwort, eile mit weile, feslina Icnte. s. davon eilen, fort
eilen, bin eilen, nach eilen, enteilen.
b) oft folijt auf eilen 'und' mit dem die eigentliche handlung
enthaltenden verbum, deren schnelle und fürderung nur durch
eilen gehoben wird: eile und menge drei masz semelmel,
knete und backe kuchen. er aber eilet und lief zu den rin-
dern und holet ein zart, gut kalb und gabs dem knaben,
der eilet und bereitets zu. 1 Mos. 18,6.7; eile und errette
dich daselbs. 19, 22 ; und eilet und gosz den krug aus in die
trenke. 24, 20 ; und sie eileten und legt ein iglicher sinen
sack abe. 44,11; eilet nu und ziehet hinauf zu meinem vater.
45, 9 ; eilet und kompt hernider mit meinem vater. 45, 13 ;
und das volk eilete und gieng hinüber. Jos. 4, 10 ; eileten sie
und machten sich früe auf. 8,14; darum eilet und seid nicht
faul zu ziehen, rieht. 18, 9 ; eilet David und lief vom zeug
gegen dem philister. 1 Sam. 17, 48 ; das weib aber hatte da-
heim ein gemestet kalb, da eilet sie und schlachtets. 28,24; eile
und mache dich behend von Jerusalem hinaus, apostelg. 22, 18.
eilet und löschet
und rettet das haus! Götos 11,152.
das 'und' wird selbst entbehrlich und ausdrucksvoll weggelassen :
mit diesem eibat er sich die Schlüssel, eilte, fand die puppen.
Göthe 18, ll;Tn/id. 51e du,^ var, liebe! Kehr. 2796 (wo ich das
aufgenommne vor der lesart var nachsetze), denn gerade so
bleibt nach gehn, stehn, faren «. s. w. gern die copula weg
{gramm. 4, 950) ; eilen ist hier überall beinahe bloszes hilfswort.
c) seine aiuciliare natur bestätigt auch ein folgender inßnitiv
oder conjunctiv : eilet solchs zu thun. 2 chron. 24, 5 ; meine
Sterke eile mir zu helfen, ps. 22,20; eile gott mich zu er-
retten. 70,2; mein gott eile mir zu helfen. 71,12; haben wir
desto mehr geeilet ewer angesicht zu sehen. 1 Thess. 2, 17 ;
ich eile deinen befehl zu vollziehen;
war verwirrt und wollte sich retten und eilte zu (liehen.
GöTiiB 40,99;
was ich so sehr nicht zu erzählen eile,
eilt ihre raajestät, wie mir geschienen,
noch weit, weil weniger tu hören. Schiller 282".
die ahd. mbd. spracht liesz den inf. bald ohne, bald mit zi,
ze folgen :
mit werken fliu rehtdn sd tlet sie gislihten. 0. 1. 23,28;
ili ij io irfullcn mit mihilemo willen. 11.9,66;
lle mir ze hSlfenne! iV. pt. 71,2;
dö hiej »1 ilen gengen,
ein ammen gewmnen. Dicikk32,20;
dö llien si der friunde desie m6 bejagen. Nib. 168, 2;
den Ute man d6 toufen und gnp im einen namcn. 660, 1 ;
durch goi ile mir ze sagen. Dietr. 7289.
ahd. konnte auch die conjunction da; oder ohne sie blotier
conjunctiv gesetzt werden:
lltun lAr bl nötin ihaz ti nan steinötln. 0. III. 22,34;
ioh ilit fr gigihi^ 0. I. 1, 32;
mhd. Ilüen si vuorcn (d. i. vOercn). Kehr. 11900.
*dasz' hat gleichfalls Lcther: eilet da« wir gehen! eamut
quam citissime '. 2 Sam. 15,14; eilet das Haman tbue was
Esther gesagt hat. Rtlh. 5, h.
d) LcrncH verbindet 'auP oder 'zu' mit eilen : ein iglicher
eilet auf »ein haus, llaygai 1, •• ; dnrumh ist c» ein schweres
wesen zu unsern zeiten, das man viel mettsen heit und nur
auf messe stiften eilet. LtTiiea 1, *l*; welch«' auf mensch-
lichen trost eilen. 8,323'; hat mein fusz geeilet zum betrug?
Hiob 31, 5 ; wie ein vogel zum strick eilet, spr. Sal. 7, 23 ;
wie die adeler eilen zum asz. Habacuc 1, 8.
e) unpersönlich, es eilt, eilt mir, hat eile damit: es wird
ihm nicht eilen. Schiller 188'. vgl. Lcthers mir ist eile.
2) transitives eilen für accelerare, antreiben, anstrengen er-
scheint weder ahd. noch mhd., und nur bei schlechten nhd.
Schriftstellern:
nun sind die stett also geteilt,
das kcins das ander irt noch eilt. Tiicrmeisser arc/it<fuxa 8 ;
eür königlich majestat ich bitt
wöll den beklagten nur nit eilen. \vri'.r298';
sie eilt ihn zu dem lauf und eilt ihn in dem zeit.
, Wkrders Ar. 1, 17 ;
denn alsobald als sie den köpf zur erden brachte,
eilt er die federn sehr der tliegciid alt, und nahm
gar weile räder rümb, und auf die erde kam. 4,24;
die rüder eilet er umb so viel mehr geschwind,
dasz näher kommen er und sie erkennen künd. 11, 34.
s. beeilen, ereilen, übereilen.
3) reflexives eilen, mit dem acc. sich, stall des ahd. mhd.
gen. sin (ijromfn. 4, 33. 35) : auch ie mehr ich mich eilete und
beflisse den leuten aus den äugen, mir aber aus dem geläth-
ter, gespött und gcfahr zu entkommen, ie mehr ich, wie man
sagt, in die brühe gerathen. Philander 1, 49 (52) ;
der eilte sich hinweg, durch diese schrift verbunden.
Werders Ar. 2, 15;
ich eilte mich, was ich konnte; du hast dich nicht genug
geeilt;
kupferstich und holzschnitt thun sich eilen
ihn allen weiten mitzutheilen. Göthe 2,220;
doch, wie sie auch sich eilen kann. 12,208;
drum eilt euch wieder zu genesen. 13.80;
hier, bei genauer betrachtung, scheint es als wenn jeder schal-
punct sich eile, die nächsten aufzuzehren. 55, 320 ; wir wollen
uns eilen, dasz wir in die better kommen. Klingers th. 4, 224 ;
so eil dich Franz! ich glaube gar, du weinst.
Körner Zriny 5, 1. vgl. beeilen.
EILEN, dolere, salivam movere, in der Volkssprache einiger
gegenden vom wässern oder abstumpfen der zahne gebräuch-
lich, weil es ein verwandtes gefühl ist, wann sie sich nach
speise sehnen, hungern, oder saure speise gebissen haben, die
Zähne werden eilend, wesleiwäldisch eil, stumpf (ScnsiiDT s. 51),
und diesem eilen sieht wiederum schwed. ila zur seile: det
ilar i landen, dens subito dolore corripitur, det ilar i tündema,
die Zähne wässern, was man bedenklich von il turbo, procella,
ahn. cl, isl. jel ableitet, denn kein verbum ela entspricht,
allein genau wie neben il planla pedis ilki erscheint auch ahd.
ilgi, ilki fames, Stridor dcnlium (Diut. 1, 250) und in schwä-
bischer Volkssprache ilgern obstupescere (Diefenbach 390') vom
wässern der zahne: nun wir sehen taglich," wann ein mensch
das ander sieht sur ding essen, das im sein zen ilgern. Ober-
UN 728;
mn- Ilgern dzän. Mörin 33;
und dem sein zea gen in gnr ser ilgen.
KosKMBLÜTs Spruch iJon Nürnberg 99;
welches ilgen, ilgern anderwärts umgesetzt wird in iglen (Stald.
2,68):
mins bruders tod der iglet mich. Rusrs Adam 2921 ;
das thuot mich iglen und verdricszen. Heini 300,
vgl. igeln, cgeln (oben sp. 34) von der dem zdlinestumpfen
ähnlichen empfindung des prickelns vor kälte, alln. tenn honom
teygjaz. Scem. 136*. an das engl, ail dolere ist wol nicht zu
denken, welches eher auf ags. äidlian, languere, aegrotare, exole-
scere, ahd. aritalan (Grafk 1,1541 zurückgeht; viel mehr für
sich hat die ableitnug von eilen festtnare, da dem ahd. Ulan
ausdrücklich die bedeulung von ordere, fervere zusteht (Graff
1, 226) : die zahne glühen, brennen d. i. schmerzen, entschei-
dend scheint eben, dasz für beide Wortanwendungen die doppel-
form il und ilki, eilen und ilgern sich entfaltete, ja dast
glrichmdszig gesagt wird 'mir ilgert', 'mir ilgern die zühne*
und 'mir eilt es" für ich habe eile, es dürfte von wässernden
Zähnen auch heiszen, dasz sie rinnen und laufen, womit wie-
der der nrsfiiün<iltche sinn des eilcns erreicht würde.
F.ILKN, n. fcftinalio:
sclil.1ni;elt, ihr blitze,
mil wiiUiondcm eilen. Göthe It, 195;
li'JM! Will, schon lieht michs duhin in schwankendem eilen.
1,819.
109
EILEND — EILFERTIG
EILFERTIGKEIT — EILSCHRITT
110
EILEND, properans, eitus, der unfleelierte nom. ist ofl
schwer vom adv. zu unterscheiden: und eilend liesz sie den
krug ernider auf ire band, l Mos. 24, 18 ; gebe eilend zu der
gemeine, i Mos. 16,46; jaget inen eilend nach. Jos. 2,5;
kom zu uns erauf eilend. 10, 6 ; da lief sie eilend und sagts
irem mann an. ridit. 13, 10 ; und sie kamen eilend, vulg. et
venerum festinantes, goth. qemun sniumjandans. Lue. 2,16;
steig eilend ernieder, rulg. festinans descende, goth. snium-
jands dalajj atsteig. 19, 5 ; ein kurze und eilende zuberei-
tunge, das Cbristus kerne. Lctheb2, 226; etlicbe hitzige und
eilende (fertidi) menschen. Llthers br. 4, 560 ; die Ens, ein fast
groszer und eilender flusz. Fra.ne iceltb. 32';
eilend gieng er zum wald, ßrj P Xuev eis vlrjr.
Od. 5, 475,
was wieder gleichviel ist jenem 'eilte und gieng' oder dem
schaeiz. 'gieng gen' {gramm. 4, 97) ;
und ich verkannte sie nicht, ergrif die eljende. Götbe 1,264;
denn Zwiespalt war mir im herzen,
ob ich mit eilenden rossen das dorf erreichte. 40,247;
es ist zu spät, indem du deine werte
verlierst, ist schon ein raeilenzeiger nach dem andern
zurückgelegt von meinen eilenden,
die mein gebot nach frag und Eger uragen. Schiller 36S»;
eilende wölken, segler der lüfte,
wer mit euch wanderte, mit euch schifte! 425';
sein herz, das gern die eilenden töne ohne Störung aufsog.
J. P. Hesp. 2, 94 ; ja, so ruhig und unbekannt und heiter will
ich mein eilendes leben führen. Tit. 2, 59 ; die eilenden lei-
densstationen. jubeisen. 59.
EILEND, festinanler, ahd. Ulanto, mhd. ilende : es geschach
eilend. 2 cAron. 29, 36 ; und gebet eilend bin, vulg. et cito
cuntes. Matth. 2S, 7; und dasz alles eilend schnell vorbei-
gebe I ScHiLLEß 1073*. besse^■ sieht vom adj. ab das folgende
EILENDS, festinanler, Maaleb 123': Ariocb bracht Daniel
eilends hinauf für den könig. Dan. 2. 25 ; da ergrimmet der
könig und gebot, man soll eilends pfannen und kessel über
das fewT setzen. 2 Macc. ', 3 ; bab ich mich bedacht die sach
nit langer zu verachten und eilendes von dannen verruckt
Hl'ttex 5,29; gingent sie eilents aus dem sal. Aimon ei';
aber er stund eilents auf. s2"; dasz du dich so eilends be-
reit hast meinem willen ein genügen zu thun. Galmy 42;
Galmy sich rüstete eilends in Britannien zu reiten. 291 ; er
lief eilends wider zu haus. Wiclba« roUw. 73; eilents abge-
fertiget. Kirchhof icendunm. 105';
das jungfräulein musz ich ban
eilends und geschwinde. Hofi. gesellsch. lied. s. SO;
trägt eilends schilf zu häuf
und altes moos zur lagerstatt. W'iKLi.tD 23, 2S ;
doch der stürm,
der eben jetzt im anzug ist, und der
auch mich gezwungen, eilends hier zu landen. Scuilleb 539*
als ein officier zu pferde eilends herankam. Göthe 18,312.
EILER, m. festinator, properator. voc. theut. 1482 gl';
niemals sei zu rasch
indem du aus dem wagen steigst, denn sonst
siöszt Unglück leicht dem eiler zu. Tiecc 10, 146.
EILF, undecim, goth. ainlif, ahd. einlif, mhd. einlif, einlel^
eilif, eilf, nnl. elf, nd. eleve, ölwe, ölwen, ags. endleofan,
engl, eleven, alln. ellifu, schw. ellofva, eifva. ddn. elleve. rer-
mulungen über diese zahlbildung stehen GDS. 246. tcenn Les-
sing 2, 41)0 sagt eine halbe minute auf eilfe, so erscheint hier
noch der pl. des Zahlworts, eilf! eine büse zahl. Schiller 337*.
das mhd. hat zuveilen die cardinalzahl statt der ordinalen, z. b.
Sit mlnen eiüf jären, seil meinem eiißen jähr. Trist. 430, 23,
wie in ir zwelif jären. Gudr. 199,1; je eilf, undeiii. für eilf
dringt allmdlich auch in der schriß die nd. form elf durch.
EILFEK, m. undenarium vinum generosum anni 1811, gebil-
det wie dreier, fünfer, zehner, zwanziger, also mhd. eiolifserer
als im schmucken hnin und haus
festlich eilfer uberHosz. Götue 4, 169;
nun muste denn wol, im angesiebt so vieler rebhügel, des
eilfers in ehren gedacht werden. — ferner hat denn auch der
eilfer die haupteigenschaft des treflicben, er ist zugleich küst-
lich und reichlich. 43, 256.
EILKFULEI, undeeim generum, wäre mhd. einlifer, eilfer leige.
EILFEUTIG, properans, festinans und adv. festinanler:
wie dasz ich doch, mein herr. so blind dein leiden flieh ?
wie dasz ich nicht mit dir eilfertig dahm zieh ?
wo du durch angst und kreuz wirst in den himmel gehn.
Grtfbius 2, 401 ;
ein eilfertiger aufbruch. pers. rosenlh. 5, 16 ; sie reiseten auf
das eilfertigste in ihr land. Weise kl. l. 378; die eilfertige
Schäferin ist die erste schäfererzählung Joh. Christ. Rosts
überschrieben ; die bewegungen, weiche die allmälich erwachen-
den rauher machten, nölhigten Psychen sich aufs eilfertigste
zu verbergen. Wiela-isd 1, 49 ; sie verlieben sich, wie es scheint,
sehr eilfertig. 12,94; ihr würdet nicht so eilfertig mit euren
urtheilen sein. Güthe 16, 00 ;
vor tages anbruch hätten beide lords
eilfertig und geheimnisvoll die Stadt
verlassen. Schiller 445'.
EILFERTIGREIT, f. properatio: die vorkommenden fehler
wird meine beinahe ganz unglaubliche eilfertigkeit entschul-
digen müssen. Rabener 1, 14S; er bat einen wichtigen gehei-
men aufirag, der die gröszte eilfertigkeit erfordert, Schiller 659*.
EILFFACH, undecuplus, was eilfmal genommen, übereinander
gelegt, eilfmal enthalten ist.
EILFJÄHRIG, vndecim annorum: ein eilfjähriges madchen.
EILFLUG, m. volatus repentinus: der eilOug der zeit.
EILFMAL, undecies.
EILFMALIG, undeäes repetilus.
EILFTE, undecimus:
was zehne oti zu suchen fleiszig sind,
dasz es der eilfte doch nicht fiodt. G(;ntber 956.
ein et^hemismus ßr penis war der eilfle finger, daume:
si enbran als ein zunder
von der angesihte,
da; dem tutnben wihte
der eilfte vinger was ersworn. fragm. 41* ;
item ein dieb, der einem manne sein bersteile ijugumentum
plaustri) afstellet, dat man (man ihn) daer over krieget, sali
bei op dat herstelle mit seinem bueke gaen liggen und steken
seinen eilften dumen vor dat stelle, bisz so lange er bi enen
schmit kompt und stellet enen andern nagel dafür, buten des
fuhrmans schaden, weisth. 3, 70 ;
unklug schob er den kleinsten der zehen finger ins riugchen,
nur der gröszte gehört würdig, der eilfte, hinein.
Göthe in den ungedrucklen epigrammen.
EILFTEHÄLB, decem cum dimidio.
EILFTEL, n. undecima pars.
EILFTENS, mdecimo.
EILFÜHRE, /. zum unterschied von der geteöhnliehen fracbt-
fohre.
EILGEBOT, n. was eilbotschafl :
dasz ich ein eilgebot
des königs treu erfülle, wie der gaitin ziemt. Göths 41.1*0.
EILGEWOHNT, assuelus ut festinet:
die jähre fliehen
mit eilgewohnten flügeln. Siro:« Dach.
EILGUT, n. waaren die mit eilfuhre oder eilzug der eisen-
bahn befördert werden.
EILIG, festinus, properus, ^ relax, ahd. ilic, mhd. ilec: eilige
nachricht, meidung, eilige bitte; die sache ist eilig; hinter
den fünf hauptpuncten der scbalenwerdung entstehen aber-
mals eilige nachscbalen. Götbe 55, 328 ;
eilig warst du und frisch, zu markte die fruchte zu tragen.
1, 297 ;
nicht so eilig, liebes kind! 11, 17;
Reineke, sagte der könig, ihr seid mir so eilig, warum das!
40,96.
EILIG, eito, repente, ahd. iligo:
hier ist ein safi, der eilig ü^nken macht. Göthe 12, 44;
eilig trat ich herbei und schritt zum werke. 40,79;
eilig legt er ihnen darauf das blanke gebisz an. 40,283;
rollte der wagen eilig und liesz das pflasier zuräcke. daselbst;
eilig! dasz in laub und gangen
sich ein garten offenbare. 41,34;
thuts ihm so eilig, herr constabel? Schiller SSO*,
nun, nun, was gibts so eilig? 517".
man sagt auch : er thut immer so eilig, er bat es immer sehr
eilig.
EILIG, aädut, aeerbut. Diefe-nbacu 9', ton stumpfen zahnen,
s. eilen, dolere und eglicUl.
EILIGKEIT, f mhd. ilecheit: am letzten wagen entzündele
sich eine versäumte radachse unter der unnützen eiligkeit.
J. P. niumien 3, 18.
EILMARSCH, m. eursus citalus: im eilmarsch aufbrechen.
EILPOST, f. eursus publici vehieulum cilatius.
EILSCHRITT, m. gradus cilatus: im eilschritt vordringen.
Itl
EILUNG — EIMER
EIMER — EIN
112
EILUNG, f. festtnatio, Studium, ahd. tlunga. Maaler 123*.
Serrands diel. b6'. jelit veraltet.
EILWAGEN, m. was eilpost, schnellpost.
EILZINS, f«. in schneller prugresaion auftaufender zins.
EILZUG, m. auf eisenbahnen, Schnellzug.
EIM für einem, wie mhd. eiiiie für eineme: ps war sein
gröszte freud, so er sich mit eim hadern mocht. buch der
liebe 238,1; denn zorn eim menschen keine fröliche färb in
seinem angesiebt geberen thul. 234,4; was soll eim ein todter
mana? mtles fugiens denuo pugnabit. Fiscbart groszm. Ol;
wann aus eim todien, su wirt faul,
kan eiwas anders werden. Gary. 9;
und so überall häufig im 16 jh. bei Keisersberc, Hans Sachs,
Fischart und andern, doch von Luther, wenigstens in der bibel,
so wie heute durchgängig gemieden, heim steht aber für bei
dein, nicht für bei einem, das die volksprache in beinem kürzen
kann.
EIMER, m. situla, amphora, uma, ahd. einpar gl. cass.
77, 16 und gleich darauf 11, 16 ampri, andere glossen bei Graff
3, 149 geben eiinpar, einpar, eimber, eimer mit dem pl. ein-
par, eimpir, eimpri (gl. nions. 338 hydrias), was alles auf ein
neutrtim führt, dem aber 'schon der sg. eimpri gebühren kann,
wie N. deutlich eimberi urna, gen. eimberines, dal. eimberine,
acc. pl. eimberiu hat. mhd. läszl sich aus dem dat. einher
lu: 3312 und dem nom. ein ember frauend. 225, 18 das ge-
schlecht nicht entnehmen, aus Reinh. 932. 935. 940. 942 erhellt
ein m. eimer. alls. hat die heherolle von Essen tian Smber
honegas, die von Frekenhorst tue embar hanigas, also neutra.
nnl. emmer, früher eeiner, m. ags. dmber ;;/. ämbras leg.
Ines 70, 1, sonst auch ümbor, 6mber m. schwed. ämbar n.,
nurweg. embär, amber. gr. aficpoQevs m. lat. amphora f.
eimpar von peran, /ragen zu leiten empfiehlt der gegensatz
von zuipar und das gr. wort, welchem deutlich cpiQto zum
gründe liegt, wie dem lat. gerula gero, unserm biril, bahre
heran ; lat. amphora wurde entlehnt, sonst hätte es amfera
zu lauten, ob aber die Deutschen ihr einpar aus amphora
hernahmen? afifOQEvs, fmbar, eimpar stehen so vollkommen
lautverschoben wie a/ufi, ymbe, umbi, ccfifia, bai, peide
(1, 1362) oder anlautend fi^co, baira, piru. den ersten theil
des gr. ausdrucks mag man aus avä, besser aus äfitpi deuten;
ein zweiöhriges gefdsz hiesz auch äfifoni?, au^corls und
afifcjrit zweiöhrig; wenn hier der begrif von nfifi auf die
zweizahl ßhrte, warum soll die deutsche Vorstellung sich nicht
an die einzahl ließen ? mit dem eimer schöpfte üne hand,
den zuber trugen zwei hände, unter zuber ist näher zu be-
sprechen, ob auch es lehnwort war, oder sein deutsches zui
enthält; doch gesetzt, nicht eingeräumt, beide ausdrücke wären
erborgt, was hinderte mit ihnen gleichwol nachher noch den
gedanken an ein und zwie zu verknüpfen? in einpar ist die
zahl unverkennbar und darum wird ags. flmber, 6mber, alts.
imbar, nnl. eemer recht geschrieben sein; schon goth. könnte
ainbar bestanden haben.
noch eine bestätigung der zahlen in solchen wOrtem. ahd.
galt für amphora auch einslibt oder einslicbin (Graff G, 783),
hier ist der zweite theil nicht so klar wie in einpar, die zahl
im ersten hingegen unverkennbar ; das gemeinte gefdsz musz
wiederum nur äinen grif, din ohr gehabt haben, diesem ein-
sliht gegenüber stand aber ein noch nicht hinreichend aufge-
helltes pisl^ht, pisliht, lanx, bilanx mit der Vorstellung des
zwiefachen, doppellen, da bis, bi, a/ufl und afifca sich be-
rühren, vgl. Haupts zeitschr. 6, 189.
H'ir verstehen heute unter eimer das enthallende und ent-
haltene,
1) ein rundes gefätx, situla, von holx, blech, porsellan mit
einem beweglichen grif zum anhängen und tragen, s. brunnen-
eimer, feuereimer, llscheimer, melkeimer, scüOpfeimcr, was-
sereimer.
durch der binde lange keito
um die weil«
fließt der eimer, hoch im bogen
spritzen quellen wasserwogen Schillir 78';
denn zwei eimer hiengen daran, ihr hallet in einen,
wein ich wtrumi euch gesetzt und wurt hernieder gefabrcD.
GdrutW, 1V5;
et wird waster ao« aeinem eimer flieszen und sein »nmc
wird ein groaz waaaer werden. A Mos. 24,7; ehe denn der
aiUiern »Iri^k wegkomme und die gülden quelle verlaufe, und
der eimer zulerhe iautrinnei um hörn und da."» rad zuhrethc
am burn. pted. 6al. 12, 0 , aihe die beiden sind geacbl wie
ein tropf, so im eimer bleibt und wie ein scherflin, so in
der wage bleibet. Es. 40, 15.
2) ein masz ßr getränk und flüssigkeiten, amphora: ein
eimer hier, wein, honig; denn zehen acker Weinberges sollen
nur ^inen eimer geben, und ein malder samens sol nur imen
scheffel gehen. Es. 5,10; nun hatten die zu Babylon einen
abgolt, der hiesz Bei, dem muste man teglich opfern zwelf
maller weizen und vierzig schafe und drei eimer wein». Bei 2 ;
als nun die bauern ihre gravamina nicht nur an dutzenten,
sondern an schocken, wispein und eimern abmaszen. Weise
pol. näscher 66.
EIMEB, f. favilla, meist im pl. eimcren, beisze asche. voe.
theut. 1482 f7*. Schambach nd. wb. 54. vgl. ammer 1,279.
EIMEKCHEN, n. parva situla, nnl. emmertje.
EIMEKKASZ, n. dolium continens amphoram.
EIMEHIG, amphuram continens, vgl. fuderig*
der VVelnschling und der l.ärdasglas,
ein jeder sauft ein eimrigs f;isz,
kan dennoch nüchtern bleiben. Uhlano 612;
ein eimerig fasz vol ist eben so reich und vol als das fuderig.
Frank sprichw. 2, 150'; dreieimeriges fasz.
EIMEMKETTE, f. catena umae.
EIMEBKUNST, f. machina hydraulica.
EIMEIiLEIN, n. was eimerchen, amphorula, umula, afupo-
QlSlOV.
EIMEHTRÄGEB, m. Wasserträger, lixa, wäre ahd. einpar-
poro, worin der begrif des trayens, wie in a/ifo^eafo^oe =
afifOQea fi^cov zweimal läge.
Eimerweise, gleichsam amphoratim.
EIN, goth. ains, ahd. mhd. ein, alts. in, nnl. een, ags. An,
engl, one, alln. einn, schw. dän. en, lat. unus, altlat. oenus,
oinus, franz. prov. un, port. um, it. sp. uno, ir. aon, welsch
un, armor. unan, preusz. ains, lit. vienas, lett. veens, gr;
eis für ivs, i'vs (wie h^s^oe, exdreQOs für ^re^og, ixärsQoe)
fem. fiia, episch i'os, i'a. ftin gemahnt an fiövos und ans
alte afios, afios für eis, was ovSafios = ovSeis bestärkt,
die formen der übrigen urveiwandten sprachen sind GDS.
239—41 angegeben und besprochen, zunächst liegt uns das
lat. unus, dessen u sich zum ai in ains verhält wie das in
communis zu gamains und auf oenus zurückgeht, wie punio
und poena, munio und moenio zeigen, buchstäblich triß der
goth. nom. sg. ains zum preuszischen, das in vienas, veens
vorschlagende v gleicht der ausspräche des engl. one. Bopp,
welcher skr. ßka aus Verbindung des fragenden ka mit einem
angenommnen pronominalslamm ß envachsen läszt, ßhrt unus
und ains auf das skr. demonslrativum ena hin ; es früge sich,
was in dem wort ursprünglicher sei, der begrif der einzahl
oder des pronomcns? da die übrigen zahlen kaum aus pro-
nominen hervorgehen, scheint rathsam auch 'ein' nicht daher
zu leiten, eher umgekehrt pronomina aus ihm abßieszen zu
lassen, denn seine berühruny mit dem pronomen ist sichtbar
genug, die würzet schwindet aber im dunkel der vorzeil, be-
achtenswerth sind folgende analogieti. zuerst zwischen den bil-
dungen ains, jains, meins, jjcins, seins, nhd. ein, jen, mein,
dein, sein, unter welchen jains meisten anspruch auf skr. fna
hätte. sodanA berührt sich form und auch gehalt der partikeln
ein, in, an,^ ohne, ahd. äno, goth. inuh, yr. dv eir iri sie is
ivs ävev avä, einheit ist zugleich inheit, abgcschlossenhrit ;
im gang der Untersuchung soll noch mehr licht darauf fallen.
Es scheint zwar empfindlicher übelstand, dasz die ahd. mhd.
Partikel In nhd. zu ein wurde und nun mit dem suhlwort ein
verrinnt, goth. sind inn und ain geschieden, ahd. \n und ein,
und nocli nd. treten in und en, schw. in und en, ddn. ind
und en sauber von einander ab, unser heutiges eingang «nd
einfalt lauteten mhd. tnganc, einvalt, weiteres davon unter der
Partikel ein. teure jedoch die efien geäusserte Vermutung höheren
Zusammenhangs zwischen der partikel und dem zahlwort nicht
leer, so könnte in dem fehler seihst ein nachgeßhl uralter
verwandtschaß wirken.
Wir haben nun von brdeutung und gebrauch der einzahl
selbst auszugchen und dann zu erwägen, welche adjeclirische
und pronominale Vorstellungen aus ihr entspringen.
Gleich andern tahlwörtern und den meisten pronominen h'it
sie adjertivische natur, ist also biegbar, des geschlechts, numetu^
und der Steigerung fähig.
Der eigentliche begrif ron ein ertnUß nur den sg., keinen
dl. noch pl., wie umgedreht die sweizdhl dem dl. anheim fallt,
alle übrigen zahlen den pl. fordern, ulto den sg 'lusichliesxen.
113
EIN
EIN
114
«ol aber bildelen mit dem zahltcorl ausgedrückle pronominal-
vorstellungen ehmals auch plurale, schon im ahd. einero
gihuellh, ags. änra gehifüc, unusquisque tritt der gen. pl. vor-
aus und mhd. tcar der pl. des unbestimmten artikels nicht
seilen im gebrauch, von andern pluralfaUen im verfolg.
Die heutige flexion von ein unterliegt der gramm. 4, 496
gestellten reget, nach icelcher nom. sg. m. und n., gleich den
possessiven, sobald substantiva zugesellt sind, alles kenmeichens
entbehren, während das f. eine, meine, deine, seine sich be-
hauptet, merku-ürdig hat die Schweizersprache in solchem fall
dem neulrum eis, den possessiven mis, dis, sis = eines, meines,
deines, seines erhalten, was zum schw. elt, milt, ditt, sitt,
dän. et mit dit sit, also altn. eitt mitt {)itt sitt stimmt; ßr
unser ein kalb, mein kalb heiszt es noch eis cbalb, mis chalb
u. s. K. das könnte jene zwischen einzahl und possessiv wahr-
genommne ähnlichkeit bestätigen helfen, allein und selbständig,
ohne geleitendes nomen, darf sowol das zählende als pronominale
ein die männliche und neutrale flexion einer und eins anwenden.
Unsere gegenwärtige nhd. spräche scheut sich dagegen die
flexion der obliquen casus zu beeinträchtigen und zu kürzen,
mhd. wurde häufig eime ßr einem, eigentlich Überrest des
volleren eineme, ahd. einemo gesetzt und noch jüngere bei-
spiele sind unter dem wort eime angeführt, nicht anders galt
neben dem acc. m. einen auch mhd. ein und solche ein oder
einn erscheinen bis ins 16 jh. häufig, Lcther in der bibel
festigte das ungekürzte einen, man müste aber dem sprach-
gebrauche Keiseesbergs absehen, wie er zwischeti eines und
eins, einem ttnd eira, einen und ein unterschied.
Bei demselben Keisersbebg fällt die hin und wieder dem
pronominalen dal. sg. f. ertheilte, gleichsam scliwache form
einem auf, z. b. ob man eim mög zu essen geben, dasz
er musz einem nachlaufen (ob man einem könne ein zauber-
mittel zu essen geben, dasz er einer frau nachlaufen müsse?)
omeisz 43' ; man spricht gewonlich, wenn einer an einem {an
einer frau) hangt, wie ist der also blind, wie ist die also
blind? welll. lewe 55'; wenn einer von siben trachten nicht
meer dan drei mundfoli von einem isset. s. d. m. u'. der
stellen inhalt gestaltete eine zusammenziehung von 'einer iedern',
woraus sich rn erklären würde, anzunehmen, man vergleiche
die unter er beigebrachte, von Megenberg o/l angetcandle aber
schwache flexion des substantivisch stehenden pronomens er
und sie.
Von der schwachen form der einzahl wird sonst unter B, 1
gehandelt und auch da ein früher üblicher Wegfall der flexion
besproclien werden.
Das neutrum eins, mhd. eine; erfordert so vielfache bemerkun-
gen, dasz es nöthig geschienen hat ihm seine eigne stelle im aipha-
bet einzuräumen, auch einte ßr eine ist besonders aufgestellt.
Von Steigerung der zahlen wird gramm. 3, 634 — 46 gehan-
delt, alln. einn zeugt den Superlativ einastr, schwed. enaste,
ddn. ene?le, uns gilt nur adverbiales einst, und adjectivisch
bilden wir erst, erste anomal; nicht unmöglich wäre anein-
anderrühren der alten stamme «m ein und erst, vgl. unter
lelzlerm wort.
A) grundzahl ein. sie hat den ton und mag mit dem
acutus bezeichnet werden.
1) wie in eilf=einlif geht uns auch in den reihen zwanzig
bis neunzig die einheil voraus: einundzwanzig, einunddreiszig
— einundneanzig: bis an den ein und zwenzigsten tag des
monden. 2 Mos. 12, 18 ; das sind ein und dreiszig könige.
Jos. 12,24. mhd. konnte noch gebogen werden:
einej unt zueinzic jdre. Diut. 3, 88;
ich hän ein; und drijec tilsent man. £(irI4406;
ich hän zwei und drijec lüsent man. 4606.
den hunderten und lausenden lassen wir eins nachfolgen:
hundert und ^ins (101), tausend und ^ins (1001), tausend und
eine nacht, ebenso dreiszig weniger ^ins (29), hundert we-
niger eins (99).
2) überflüssiges ein steht, im ßrmlichen zälilen, auch vor
hundert und tausend, es klingt pedantisch, dasz wir z. b. das
jähr 1141 aussprechen eintausend einhundert einundvierzig, wo
tausend hundert einundvierzig hinreichte, wie ftanz. mille cent
quarante un, denn nur das ein bei i\en\% ist hier wesentlich ;
früher hätte man gesagt eilfhundert einundtierzig, wie noch
heute achtzchnhundert achtundfunfzig. schon I.utber 4 Mos.
2. 24 bietet ein hundert dar, unmittelbar voraus geht aber blosies
hundert, in andern fällen gilt einfaches hundert, tausend,
III.
die ja an sich schon den zur einheit gefaszten begrif einer
fnenye bezeichnen; für hundert jähre alt, hundertmal, tausend-
mal trird nicht leicht jemand sagen einhundert jähre, einhun-
dertmal, eintausendmai.
3) bleibt der redende unsicher bis wohin die zahl von der
einheit aufsteige, so fügt er dem ein die partikel 'oder* bei
und läszt die höchste wahrscheinliche zahl folgen, z. b. ich
bleibe einen oder zehn tage aus will sagen: niciit über
zehen, bestimmt aber die eintretende zwischenzahl nicht, ich
zahle einen oder drei gülden stellt dahijt, läszt die wähl, ob
einer, zwei oder drei gezahlt werden.
mhd. swer der si sorgen Tri
bite «In tac oder dri! MSR. 3,233*;
ieclicher nam in die hant
ein sper oder zwei. Mauritius 976;
nicht anders: rwö naht oder dri. Er. 1874.
nAd. zwair daumein lang oder dreir. Megeseebg 332,2; ain
meil oder zwuo oder mer oder minner. 103, 2 ; ein man der
ein frawen hat, die im nit lieb ist, er hat sonst ein huren
oder zwo. Keisersbebg brösaml. 84*; ein vogel den man in
ein keffi thut, ist im zum ersten ungewon und schwer, er
blitzt hJnder und für und heiszt darein, wan er aber ein tag
oder Tier darin ist gewesen, so thut er nime so wild, bäum
der Seligkeit m' '^ ein jar oder drü. schimpf u. ernst 1522
6/. 43; e. k. f. gn. wolle dem armen mann järlich ein gül-
den oder funfzehen zu geben gnädiglich Terschaffen. Lctbers
br. 5, 302; bleibt er aber einen oder zween tage. 2 Mos. 21,21;
ein morgen oder drei. Bocc 2, 5" ;
die alt mit im in die kammer scblich
und sperrt die tt)ür hinter im zu,
die ganz nacht bisz an morgen fru
mit (Einern gülden oder acht
fiir und für ein geklengei macht,
als ob ir wer ein grosze sum. II. Sacbs II. 2, 106*;
da nimm für deinen guten willen
der beutel ^inen oder zwei. L8ssi:«g 2, 330;
sahen wir ohngePahr einen bauren oder zehen. Simpl. K. 94.
Aus diesem ein tag oder drei, ein stück oder vier, ein thaler
oder sechs hat nun die Volkssprache mit gekürztem und ein-
verleibtem oder gemacht ein tager drei, ein stücker rier, ein
thalerer sechs, gleich als sei hier eine unerhörte flexion der
Substantive im spiel, womit sich auch Schneller {mundarten
Baiems s. 223) mühe gibt, ebenso ein ellener acht, ein wo-
chener neun, ein stunder zwei, ein maszer sechs, ein pfunder
neun, ein zentnerer fünf, ein löffeler Tier u. s. »., was alles
nicht unbeholfen lautet, fehlerhaft aber ist die ausdehnung
dieser form auf offenbare plurale, wenn gesagt wird ein häu-
serer drei, ein kinderer vier, da sinnlos wäre auf die einzaJil
einen pl. folgen zu lassen und niemand sich ausdrücken könnte :
ein häuser oder drei, es darf also nur heiszen ein hauser drei,
kinder vier, die in der zeitschr. ßr d. mundarten 2, 253 — 57.
3, 128 gelieferten beispiele und erklärungsversuche sind hier-
nach zu beurtheilen. s. auch Schleichers Sonneberg s. 60 und
HlLDEBRA^DS Volksl. S. 216.
4) in ein und ein halbes pfund zählt das zweite ein nicht
und ist leerer arlikel, denn durch halb ist schon alles nöthige
bezeichnet, pondus cum dimidio, une livre et demie. wird
jedoch auf die frage, wie viel kostet das? geantwortet 'einen
thaler', so entspränge zweifei, ob hier zählendes einen oder
der artikel einen gemeint sei,, da im sg. thaler selbst die Vor-
stellung der einheit liegt, die warte Matth. 10, 29 ovxi 8vo
aroovd'ia aaaaolov TXcoi.tlTai; nonne duo passeres asse
Tcneunt? goth. niu tvai sparvans assarjan bugjanda? ahd.
enonu ja coußt man zuenS sparon mit scazzö, überträgt Luther :
kauft man nicht zwen Sperlinge umb einen pfennig? wo sich
einen wieder ßr die zahl, oder einen ßr den artikel nehmen
liesze, betonen entweder einen pfennig oder einen pfennig.
gleiche unsicherheil waltet über Göthes
zwei spätren und ein Schneider
die fielen von dem schusz. 2, 277,
im gegensatz zu den zwei spalzen wäre im Schneider zu recht-
fertigen, aber auch ein Schneider würde passen, den nach-
druck auf die bedeutung dieses appellativs gelegt, für die
stelle Luc. 12, 25, welcher ist unter euch, ob er schon darum
sorget, der da künde eine eile lang seiner grösze ansetzen?
genügte bloszes 'ellenlang', folglich attch eine eile lang, der
text hat Ttrjxin' iva, vulg. cubitum unum, gnth. aleina aina.
5) die zählende eigenschaß des ein trird gehoben durch das
gelett anderer zahlen,
8
115
EIN
EIN
116
a) mhd. ej gelinget dime dicke aa zwein. /ui. 6619;
zwßne sint 6incs her. 6636;
was einer weisz, erfabren tausend ; aus zwein ^ins machen ;
uiach ej aiij zwain stucken flaisch din stuck. Megenberc
387, 27 ; er fände zelien für eine im ort. Güthe 11, 6 ; die
galgen müsten dichter stehen, man findet ja kaum aller zwei
meilen einen. Lessinc 1,305; der so! fünf ochsen für einen
ochsen wider geben und vier schaf für ein schaf. 2 Mos. 22, 1 ;
was ist euch besser, das sicbenzig menner über euch herrn
seien oder das ein man über euch herr sei? rieht. 9, i; wiltu
so wollen wir drei hütten machen, dir eine, Mosi ^ine und
Elias eine. Mallb. 17, 4 ; fünf sind gefallen und einer ist, und
der ander ist noch nicht komen. offenb. 17,10; so jemand
mit der zungeu redet, oder zween, oder aufs meiste drei,
eins umbs ander, so lege es einer aus. 1 Cor. 14, 27 ; mit
einem äuge gibt er und mit sieben äugen sihet er was er
dafür kriege. Sir. 20, 14 ; und sähe abcnual in meinem träum
sieben ehern auf einem halme wachsen, l Mos. 41, 22 ; zwo
hosen eines luchs; beide hal ganz die tcirlning der zweizahl :
es waren zwei weiber, einer mutter töchter. Ez. 23,2;
beide mir leibliche brüder von diner mutier geboren,
schwächer als das schöne, den sinn mit bloszen dualen er-
reichende
avxoxaaiyvTjTw, tio fiot fua yeiraro fi^rrjQ. IL 3, 238.
einer von uns beiden (ugkara aiiis)
musz die zelle meiden. Götiie 12, G6.
b) von ein hängen die genilive anderer zahlen ab: einer
der sieben, ein der zwölfe, golh. ains })ize tvalibfi; ahd. ein
thero sibono. 0. 1. 4, 59 ; der zweifer einer. Megenberg 457, 19 ;
eins der dreie. nicht anders wenn praepositionen den gen.
vertreten : ^iner von, unter den zwölfen, man vgl. C, 1 den
zutritt anderer, namentlich pronominaler genilive.
c) subslantiva, die von adjecliven, zumal comparativcn ab-
hängen, haben die grundzahl bei sich: eines tages alt, 6ines
daumen breit; ir solt aber ein solch lamb nemen, da kein
feil an ist, ein menlin und eins jars alt. i Mos. 12,5; um
einen tag früher, eines scbriltes niiher, einer band, um eine
band breiter; der tag wird lieute um einen, morgen um drei
mückenathem kürzer, wj/irf. eines loches näher, /arj. 161, 15 ;
dicker eines dümen. Wai.th. 17, 6. fällt aber das gewicht auf die
substantivvurstetlung, so mag auch ein zum artikel herabsinken.
6) auch Wörter der menge und Vielheit starken den begrif
der einzahl: viele sind gefangen worden, t^iner entrann; ^iner
blieb aus, alle übrigen kamen um ; einem soll es offenbar
werden, die menge faszt es nicht ; einer ists der allerhöhest.
Sir. 1,8; wir sind alle eins maiins söne. l Mos. 42,11; ich
sach alle werlt in ainem rock. Megenberg 4,9; einer von
allen; ^in für allemal;
einen zu bereichern unter allen
musle diese götierweli vergehn. Schiller 22';
aber ist *ine im ganzen land,
die meiner iraiiien ('iretel gleicht,
die meiner Schwester das Wasser reicht? Götiie 12,191;
du fiengst mit einem heimlich an,
bald kommen ihrer mehre dran. 12,197;
die weit ist jelzo voller narren
und darum bin ich ^iner mit. Güntiirr 921,
einer von den weltnarren,- es wäre ja auf einen nicht ange-
kommen, den wir mehr todt geschlagen hätten. Lessing
1, 304, nicht auf öinen mehr.
1) noch mehr thun es verneinende und ausschlieszende Par-
tikeln: nicht ^iner kann es sagen; ich konnte nicht einen
bissen essen ; und hett nicht einen menschen mögen linden,
der in beim hett mögen laden. Keisersb. s. d. m. 33'; nicht
^iner, nicht ein mann wurde gerettet; ich traue unter ihnen
Dicht Einern; er hatte nicht einen, nur t^inen feind; nicht
mehr als 6ine behauptung; ich kann nicht mehr als an einem
orte zugleich sein. Lessing 1, 3u0 ; Ksau sprach zu seinem
valcr, hastu denn nur einen scgen? 1 Mos. 27, 38 ; aufs höchste
können sie nur von einer (der töchter) vater sein. Lessing
2, 43S ; nur einer nicht ; weder du noch einer war zugegen ;
doch einer wäre zu nennen; au^zer einem, bis auf einen.
mhd. i*-- •• ■■•••'■•■ fiin ich unbereil
iriiiwo. I'art. 114, 8;
l.öt 'i mir
man hörte nibt wan 6in geschrei. 7110.
it^id. ja freundlich musz er thun mit allen Schäferinnen,
doch eine musz sein berz vor andern lieb geiviunen.
Gbllkht 3, 319;
ich wollte dasz dir auch nicht äine gtinstig bliebe! 3,406;
gib mir nur noch 6incn ku.s! Günther 273;
süsze freundin, noch öinen, nur öinen kus noch gewähre
diesen lippen. Gotuk 1,322;
unsichtbar wird einer nur im himmel
und ein heiland wird am kreuz verehrt. 1,244;
und in ihrem schmerz verlassen
war nur eine traurge brüst. Schiller 79*;
da gibts nur öin vergehn und verbrechen. 322';
von diesen drei
religionen kann doch öine nur
die wahre sein, Lkssinu 2, 274;
ich habe deinen vater Nathan, und
noch äinen, einen noch hierher besielh. 2,353;
hier hat noch einer mit zu sprechen. 2, 356.
die Partikel mag aber auch wegbleiben und in gedanken er-
gänzt werden, statt 'nur iin wort' heiszt es blosz 'ein wort':
ach Schäferin, öin wort.' Gbllkht 3, 306;
Nathan, auf öin wort, öin wort! Lbssing 2, 360;
ich musz eure freude durch ^in wort unterbrechen. Götiie
18,6; doch der spruch '^in wort, ein mann'' ist anders zu
fassen und vielleicht besser : ein w6rt, ein mann ;
ein wort? ein mann. Lbssing 2, 308. 309.
schon mhd. bestehn solche zweifei des Verständnisses, wenn
es heiszt:
daj si mir öinen irahen da van
mit ören niemcr mugen versagen. Trist. 123,38;
daj si Troje unz an den grünt
mit ir Hure brande,
noch in des riches lande
liej eine siüize niht bestän. tr.kr. 363,
dürfte man auch den hauptton auf traben und stütze legen
mit vorausgehendem unbestimmtem artikel.
8) ein drückt das eins gewordne, vereinte, verflieszende aus :
ein leib und eiti geist, ein glaube, eine taufe, ein gott und
vater aller. Eph.i,i — 6i; darumb wird ein mann seinen vater
mid seine mutter verlassen und an seinem weihe hangen und
sie werden 6in fleisch sein, l Mos. 27, 38 ; mann und weih
ist ein leib. Gellert 3, 261; wir sind ^in leib und eine seele
beständig gewesen. Lessing 2, 388 ; der ganze wald war eiu
rauher. Schm. 1,64; alles war ein herz und eine liebe; wir
waren din ohr, lauschten alle aufmerksam ; er war eine wunde,
vulnere totus erat; es ist alles ein feuer, continens est ßamma;
in einer Viertelstunde waren alle häuser eine Qamme; alles
war ^in wasser, omnia ponlus erat.
9) hieran reiht sich das zu den praepositionen in, aus, zu
und mit tretende ein : da antwortet alles volk mit einer stim,
una voce. 2 Mos. 24, 3 ; alle sprachen aus einem munde ; mit
einem worte. Gellert 3, 222. 4, 198 ; er kommt in ^inem
Sprung, in einem lauf, in einem athem (1, 592), vgl.
auch nur um eines athems schwere. Schiller 287*;
stärker mit bloszem gen. : eins laufens lauf! eins brennens brinn !
er ist mit einem äuge, einem blauen äuge davon gekommen,
in einem, an »iinein fort, an einem stücke fort, uno lenore,
continuo: Dionysius hatte seinem hofe ein fest gegeben, wel-
ches drei monate in hinein fort dauerte. Wiblanü 2,265; er
spielt, stänkert, pocht und kriecht, das geht in einem fort.
Götiie . . . ; es geht in einem hin, wird auf dieselbe weise an-
gesehn} es regnet in t;inem zu.
10) aus dem neutr. i\a und den praep. in, über entspringen
die adverbia in t5in, in unum, mhd. cn ein, über ein, eodem
modo:
ahd. i{ ist gidiagit ol in öin s<Slp so holphantes bein. 0. I. 1,16;
m/i(i. ir hendc enphicien üf ir knie,
in ein verklummen wirea sie. Diut. 1,413;
mehr belege im mhd. «'6.1,417*; nhd. das sie alle in gemein
und in ein den einigen leib Christi nemen. Luther 3, 73*;
nur di» inode wil en haben, das die loul» gnr in t^iii
«ich sullii kleiden und gcberdvn, oder gar nicht monscheii sein.
Louau 3. 8l,:(«t:
ein gilter fk-eund, ein reiner wein und dann ein klares glas,
die waren iicchiit in öin bei mir. 2, 37, .18;
«ie kleiden »ich über ein {mas:), eodem modo vestUi sunt;
•ic denken, stimmen über ein, idem senliunt. man schreibt
aber heute überein und täszt den ton nieder auf ein. vgl. bet
dem Wort eiuaudcr die ausdrucke mit ein, wider ein, unter ein.
117
EIN
EIN
HS
B) adjectiviscke Vorstellung en.
1) obgleich die xahl ein überall, wo sie nicht pronominal
wird, adjectirische natttr hat, gibt sich diese doch besonders zu
erkennen, wenn der vortretende bestimmte artikel die schwache
form nach sich zieht.
mhd. der eine man. Parz. 425, 19.
im 15. 16 jh. fßegen Reisersberg und andere mehr auch nach
dem artikel dem nom. und acc. unfiectiertes ein zu geben: und
der ein hett ein hanen abgenummen und gebraten, s. d. m. 19*;
da warent zwo junkfrauwen. Macharius fragt sie was ir leben
wer? da sprach die ein: wir zwo seind funfzehen jar bei-
einander gewesen und hat keine die ander nie betrübt mit
einem wort. 42*. seit Luther ist aber die flexion wieder in
ihr recht gesetzt: der eine ist nicht mehr vorhanden. 1 Mos.
42, 13 ; den einen wider soitu nemen. 2 3los. 29, 15 ; auf der
einen seilen der wonung. 36,31; der eine mann rettete das
Vaterland; der einen frau Schönheit verdunkelte alle übrigen;
der eine satz scheint unangreifbar; die eine stelle verstehe
ich nicht; das eine ist noch zu sagen; von der einen ge-
wohnheit konnte sie sich nimmer los machen;
der iine winkel, der nach auszen zu
ist, wie du siehst, ein wenig offen. Göthk 12,73;
das eine wort wollte er nicht zurücknehmen;
dies wort, dies wort, dies eine wort
war bell mir und verderben.
A. Vi. ScBLBGBL im musenolm. 58;
dieses eine ward mir wol vertrauet. Göthe 1,219.
2) leicht aber tritt der sinn ron unus über in den von solus,
ucnos, olos und wird dann auch des pl. fähig; olos, o'ir]
kann dem i'os, i'a für eis, uia nicht fem liegen, steht darum
auch dem unus und ains näher. ÜLnus verdeutscht Marc.
2, 26 ovä ovx ^eartv cpaysiv st /irj ro7s ieoevoiv ))anzei
ni skuld ist matjan niba ainaim gudjam; gleich als stände
tiörois ieoEvai, solis sacerdotibus. hier ist der Übergang aus
ei ur;, jenem mhd. niwan, wan (yl, 7) in das adjectirische
iolus deutlich, ustauh ins ana fairguni bauh sundri) ainans,
ava^EQEt avTOVa eis ooos vipr^/.in' y.ax iSiaif fiovovs.
Marc. 9, 2 ; ni J)anaseibs ainohun gasehvun alja lesu ainana,
ovxeri ovSeva sWov a)J.a tov rrjaovv fiovov. gothisch also
immer in starker form ohne artikel. ahd. wallet schwaches
eino (Graff 1,309), mhd. eine vor, obzwar auch starkes ein
^ dieselbe bedeutung von solus begegnet:
wir zwei beliben eine. Iw. 331 ;
als ab ich in einen sach. 703;
iu habt ej eine. 853;
da; er dar eine wolde komen. 914.
nicht selten tritt verstärkendes al hinzu:
er reit al ein gein Wunders not. Parz. 432, 30.
nhd. haben wir den gebrauch des einfachen worts in diesem
sinn verloren und die Zusammensetzung allein (1, 216), der
sogar alle flexion entzogen wird, dafür eingeführt: ich bin
allein, er blieb allein, ich fand ihn allein ßr mhd. ich bin
eine, er beieip eine, ich vant in einen, desgleichen in den
Partikeln allein, nicht allein.
3) noch weniger hat sieh heute die andere dem mhd. eine
beiwohnende bedeutung solitarius, einsam und verlassen erhal-
ten, sie lag ebenfalls in dem gr. olos, wer allein ist, der
steht hilflos, baar, gleichsam nackt und blosz, was unsere eom-
posita mutterallein und mutternackt {gramm. 2, 556. 572) be-
leuchtet, muotereine ist das aus dem mutterleib gekommne
kind, nackt wie es geboren wurde, allein bei der mutter lag.
muoter scheint der gen., denn dieser casus fügte sich zu eine
wie zu expers :
alles mincs tröstes des bin ich eine besiän. iVifr. 2266,4;
dö wart diu wilde Teine
der vorhte blöj und eine. tr. kr. 802,
kaller furcht baar und ledig;
nu lange stät diu beide val
si hat der sne geraachei bluomen eine. MS. 1,7S'. 99*;
den palas vini ir eine:
weder grü; noch kleine
vint ir niht daj da lebe. Parz. 561, 17,
ihr ßndet ihn öde, ohne ein lebendiges geschöpf. dies eine,
ohne etwas, erinnert unmittelbar an die praep. änc, goth. inuh,
gr. avev. altn. ta Tcra earere liesxe sich durch mhd. eine
wesen wiedergeben.
4) abgeleitet von der zahl sind die adjectiva einig, mhd.
eiaec, ahd. einago, goth. ainaha ; einsam u, a. m.
O Übergänge ins pronomen.
Aus der einzahl entfalten alle sprachen pronominalbegriffe,
denn in der nalur der sache beruht, dasz die lebendige Vor-
stellung der einheil sich zu abstractionen des indioiduums
schwäche, sei es im unveränderten worle selbst, sei es unter
Suffixen und praefixen; sehen wir doch die leibhaßen Wörter
mann und homo gleichfalls pronomina werden und aus diesem
man durße die ältere spräche unmittelbar in andere pronomina
übertreten, wechselsweise, in manigfaller abstufung, entsprieszen
der grundzahl unter einflüssen der negation und anderer, vor-
züglich fragender pronomina die Vorstellungen ullus, aliqws,
quispiam, quisquam, quidam, idem; ihren gipfel aber erreicht
endlich die abschwächung in dem zum unbestimmten artikel
gediehnen 'ein', das sich dadurch im ganzen umfang der spräche
vervielfältigt. Vorbereitungen auf diesen artikel waren längst
schon bereits die goth. pronominalbildungen ainshun, niainshun
Igramm. 3, 32), ainhvarjizuh (3, 38), ahd. einhuedar, einhuelih,
einerogihuelih, hauptsächlich aber die bald verneinenden, bald
wieder positiven dohein, nohhein, dihein, nehein, mhd. dehein,
enhein, woraus unser kein, der gegensatz von ein entsprang.
Partikeln, die anderemal 'ein' hervorheben {A, 7) erscheinen hier
als Ursache seiner Schwächung; das nachdrückliche ne homo,
non homo, nimanna sank zum abstracten nemo und niemand
herab, wie niemand dem jemand wird auch nuilus = ne unulus
dem ullus vorangegangen sein, auf ähnliche weise ist gr. eis
in oväeis und sie Sxaaros, a/xös in ovSauös enthalten, wie
die besondere betracJitung aller solcher pronominalbildungen
ins liclU zu setzen hol; hier reichte es hin auf den stand-
punct zu führen, von welchem aus die abschwächung des ein-
fachen Zahlworts angesehen werden musz.
1) seine kraß beginnt sich zu mindern, sobald andere genitire
als zahlen, namentlich sobald pronominale von ihm abhängen,
auf welche dann das gewicht der Vorstellung samt dem haupl-
ton überziehen kann, alles was sich mit dem pronomen ver-
bindet pflegt pronominale geltung anzunehmen, in solchen fällen
bleibt auch goth. ains, lat. unus, gr. eis stehen und der ur-
sprüngliche zahlbegrif mag sich bald heben bald senken, sinkt
er, so nähert er sich dem von quidam, quisquam.
a) unsere spräche liebt den genitiv vorausgehen zu lassen,
in den meisten folgenden stellen geht er gr. lat. und goth.
nach, ganz geläufig sind unser einer, euer einer, ihrer einer,
betont unser einer, euer einer, jemand von uns, von euch:
siehe Adam ist worden als unser einer, tös sk i$ rifiäiv.
1 Mos. 3, 22 ; ewer einer ist der teufel, goth. izvara ains, «|
vfiöiv sls. Joh. 6, 7, hier haßet auf der sohl stärkerer nach-
drttck euer einer;
glaub unser einem, dieses ganze
ist nur für einen gott gemacht. Göthk 12, 89.
mhd. ir einer:
wie dirre sluoc, wie jener stach,
ir einer wart erslagen. Iw. 1037,
ßr dies ir einer, eorum aliqüis können noch heute dichter ihr
einer statt des in der prosa geltenden ihrer einer setzen, be-
lege folgen unter ihr; nicht anders der einer ßr deren einer,
eorum, quorum aliquis: welcher mensch ist unter euch, der
hundert schafe hat, so er der eines verleuret, fraliusands
ainamma |)ize. Luc. 15, 4 mit unverkennbarem begrif der ein-
heit; der {eorum) zeige mir doch einen. Iw. 1941; vellt dein
muot auf der ainj. Megenberg 463, 28 ; ahd. dero si einiu ist.
N. Cap. 9. von dem neutr. eins bei solchen pronominalgeniliven
näher unter eins, schwächer sind die genitire der possessiva
neben Substantiven: seiner jünger einer, ains fiizö sipunjö is.
Marc. 13, 1. Luc. 1, 1. Joh. 12, 4 ; da liesz gott der herr einen
tiefen schlaf fallen auf den menschen und er entschlief und
nam seiner rieben eine, ftiav Ttöy nt.evocäv avxov. l Mos.
2,21;
doch man sagt
zugleich, dasz Saladin den lempeiherm
begnadigt, weil er seiner brüder einem,
den er besonders lieb gehabt, so ähnlich sehe.
Lsssi.<<c 2, 201,
wo der relativsatz das einem schwerer macht, sehr o/I auch
nach bloszem Substantiv: ahd. thSrö gomon& ein. 0.1.3,17;
gomonö ein. 11.7,5; mhd. der frouwen einiu. Wigal. 5515;
nhd. und siehe da kam der obersten einer von der schule,
arns j)izft sj napögafadf. Marc. 5, 22; der Jünglinge einer.
l Sam. 25,11; und es begab sich auf der. tage einen, var|)
j)an in ainamma |)ize dag*. Luc. 8,22; trat er in der schifff
eins, in ain ))ize skip^, ets Sv ich' Ttloicor, rulg. in unaiii
8*
119
EIN
EIN
120
navem. 5. 3. man darf hier bald ein betonen, bald gelinderes
ein, irgend ein annelwien.
mhd. der vensier eine; ofTen was
gein dein boumgarieu. Parz. 553,6;
nhd. ADilreas der apostcl ein. Ringwai.d evang. M 4' ;
es ist der ersten nonnen eine und ein ehrlicii niatron. Luthers
br. 5,290; der gröszten narren einer; die alte wolle davon
schleichen, aber Theagenes erwüschel Arsace band auch eine
{eine der hände der Arsace, die rechte oder linke), buch der
liebe 213, 3.
b) folgt der gen. nach, so verbleibt dem ein mehr kraß:
ahd. üüer minero jungerün. N. ps. 3, 1.
mhd. dö sprach 6in der recken. Nib. 1732, 1;
nhd. es ist besser, das ^ins deiner gelied verderbe, ains li|)iv6
jjeinaiz^. Matth. 5, 29 ; einen ewer brüder lasset hei mir. 1 Mos.
42, 33. schwächer ist : mache mich als einen deiner tagelöner,
sve ainana asnje jjeinaize. Luc. 15, 19.
c) den gen. vertreten praeposilionen init gleicher Wirkung auf
das Zahlwort: wer nu eines von diesen kleinesten geboten auf-
löset, goth. aina anabusnß |)iz6 minnistdnö. Afa^A. 5, 19; eine
von den reben. Gellert 3,417; einer von meinen freunden.
4, 148 ; eine von den Schwärmerinnen. Lessing 2, 349 ; einer
aus unsrer mitte ; ich führe dich zu meinen töchtern, wähle
dir eine unter ihnen.
2) im gegensatz von ein und ander, unus altcrum, alteri,
unus alterve walten ursprünglich zahlbegriffe, unsere spräche
pflegt ander, zuweilen auch ein mit dem bestimmten artikel in
schwacher form zu setzen: ahd. öjer dinemo in daj ander.
iV. Cap. 25.
mhd. der dinge verköret sich vil,
daj 6in dem ändern schaden wil. Iw. 6664;
Schiänatulander
ist da; äine, da; ander ich. Parz. 440, 19;
nhd. äinen ze der rehten seilen und den andern ze der lenken.
Megenb. 80,10; zwai wajjer, der äinj haij ist und daj ander
kalt. 103, 20 ; man brucht genieinlicb eins für das ander. Kei-
sERSBERG i. d. tn. 36"; nieman kan zweien herren dienen, ent-
weder er wird einen hassen und den andern lieben, jabai
tijaij» ainana jah an|)arana frij6|). Matth. 6, 24 ; und sol drei
boden haben, einen unten, den ändern in der mitte, den
dritten in der höhe. 1 Mos. 6, 16 ; fünfzig schleuflin an iglichem
teppi'ch, das einer den ändern zusamen fasse. 2 Mos. 26, 5 ;
damit man die teppich zusamen hefte, ^inen an den ändern.
26,6; wenn er dazu schweigt von einem tage zum ändern.
4 Mos. 30,15; eine hiesz Ärpa, die ander Buth. Ruth 1,4;
bring 6inr dem ändern ein starken trunk,
weins soll ir haben heint genunk. li. Sachs 1,473^;
und die wellen ne('hien besser
6incn in den ändern stosz. Fleming 363;
ich habe dieses band um Phyllis hals gesehen,
in wahrheil, Galaihee, die» ist ein schlimmer streich,
allein du irrst dich wol, ^ios sieht dem ändern gleich.
Gellkrt 3, 383;
dieses ist die dine mflbe, dieses ist die andere mühe. 3, 209 ;
einen um den ändern. 4, 141 ; der iine hat seine frau ver-
säumet, der ändere hat sie brache liegen lassen. Lessing
2, 433 ;
du must ihm Uns fürs andre rechnen. 2, 355 ;
ja die blonde gleichet ort der braunen,
iine reizet eben wie die andern. Göthb 1,218;
t^iner kommt nach dem ändern; ich sehe dincn tag verstrei-
chen wie den indem, man vergleiche den artikel einander,
unus alium.
Treten aber die conjunctionen 'und', 'oder" unmittelbar zwi-
schen beide Zahlwörter, so mindert sich leicht ihre bedeutung
und wird pronominaler, dem lat. aliquis = alius quis ver-
gleichbar:
mhd. ein; und; ander niuo; ich klagen. Parz. 91, 9;
nhd. ein und der andre, einer oder der andere mag es wissen,
d. t. irgend einer, irgend jemand, irgend wer; für eins und
fürs andre hcvorge ich nichts, für keim von beiden; su fürchte
ich doch, dasz sie eins und das andere (d. i. allerhand) voo
meiner frau geschenkt bekAmint. Gei.teRT 3, 212 ; würde es
ihnen vielleicht lieber gewesen sein, wenn meine frau sie beide
h.ittr würfeln lassen, damit die meisten oder die wenigsten
äugen sie dem einen oder dem andern zur frau gegeben
bAtten. I.kssikc 2, 309 ; die frage scheint verfänglich, doch
m&clile sieb ein und andres darauf erwiedero lassen. Göthk
10, 246 ; bald schlang sie sich zwischen den zacken groszer
krystalle hindurch und brachte ein und den andern edelstein
mit sich ans licht hervor. 15,217, in welchem letzten beispiel
auch die künung des einen <n ein die geschwdclite zahl an-
zeigt ;
von meinem hof erkannt ich ein und andern. 41,62;
wüste doch ein und andrer vielleicht im kreis hier zu sagen.
• 40,178;
ich weite du hast nicht die absieht eins oder das andre zu
vollenden. 18,4. einigemal sieht hier auch die starke form
von ander.
3) griechisch gehl das fragende pronomen rii, ri über in
unbestimmtes rls, ri, ganz wie wir wer, was, irgend wer,
irgend was, etwas verwenden, dies unbestimmte wer bleibt
jedoch pronomen und kann nie adjectivisch einem subst. bei-
gesellt werden, während das unbestimmte e'm'sowol pronominal
als adjectivisch gilt; anders ausgedrückt, wer erscheint nur
neben dem verbum, ein aber neben vcrbum und substanlivum,
es ist pronomen und adjectivum. ävd^Qcjnöi Tis, y^inj rts
läszl sich verdeutschen ein mann, eine frau, irgend ein mann,
irgend eine frau, aber durch wer nur mit ausgelasznem subst.
wer, irgend wer = einer, irgend einer, jemand, gothisch
diente sums pronominal und adjectivisch, mannfi sums oder
manna sums übertrug av&QcoTiös in, qinönö suma oder qinö
suma yvt'Ti rn, dem sums konnte noch ains vorangehen : jah
ains sums juggalau{)S laistida afar imma, xai elsrn veaviaxos
r^xokovd'ei avrt^, vulg. adolescens auteni quidam sequebatur
eum. Jtfarc. 14, 51, wo ains die rolle von eis, sums die von
TIS spielt. Luther hat: und es war ein Jüngling, der folgte
im nach, eine zeit lang galt noch ahd. sum und sumaiih,
mhd. sum und sümelich (Haupt 1, 579), bis es endlich erlosch
und das unbestimmte ein volles übergewicht erlangte, engl,
besteht noch some fort.
Wir werden hernach sehen, dasz der das nomen geleitende
unbestimmte artikel schon früher verbreitet war; seltner zeigt
sich ahd. und auch noch mhd. das unbestimmte pronomen, von
dem hier zu handeln ist. ahd. bidiu chad einer, ideo dixil
aliquis. N. ps. 43,25. wenn es mhd. heiszt:
im endet ie ze vuo; ein tac
da; einer in zwcin geriten mac. Iw. 2134,
so hat dies einer neben zwein noch den nachdruck der zahl,
obschon es auch irgend einer verstanden «erden mag. fast
alle mild, auftauchenden beispiele stellen das pronomen dicht
vor relativsätze:
ich bin einer, der nie halben tac
mit ganzen fröiden hat vertriben. Walth. 42, 7;
fenuoge, dcns ir triwe jach,
urn einen, der zem künege sprach. Parz. 412, 12;
ich diende eim, der hei;et got. 447,25;
eine;, hei;et sorge, volget im unz in sin grap. Niion. 68,35;
er und einer, nennet man den Jungen Willeher. 74,2;
eine;, hei;et Karies tal. kaiserchr. 14967.
in allen solchen fällen, könnte man sich denken, ist ein aus
dem Zusammenhang der rede leicht zu entnehmendes substan-
livum weggeblieben und eben darunt dem Zahlwort stellvertre-
tende d. i. pronominale bedeutung zu theil geworden, im nom.
aber ungekürzte flexion verblieben, einer will sagen so viel
als ein mann, einen ist einen mann, einej ist ein ding oder
ein ort. einen senden kann auch ausdrücken einen boten
senden oder was sich den umstanden nach zu ergänzen eignet,
der mhd. spräche war nur die ellipse noch nictU so geläufig
und sie setzte lieber das nomen zu dem unbestimmten artikel
statt diesen selbständiges pronomen werden zu lassen, nocli
bei meister EckiiART heisxt es: ein man der häte ein igele.
171, 17 ; da; ein man was. 623, 14 ; einen menschen zeigete.
623, 1^; nu mühte ein mensche sprechen. 685, 28. 686, 7 ;
wo aucli hätte können gesagt sein einer oder einen, wa;; mnn-
nes bistu? 624,15 entspricht unserm heutigen was für einer,
was für ein mann bist du? mhd. stand auch der bestimmte
artikel :
wan «wer den man erkennen sol,
da h(Frot langer wilo zuo. Iw. 4192,
um eini'n recht kennen zu lernen, bedarf es langer zeit, da-
gegen bei Mkcknukrc 352, 32 war ain man well oder inüg <^
wohin einer wolle oder möge, wohin man wolle oder möge.
Zahlreiche belege lauen keinen iweifel über die hochdeutsche
Verwendung dieses pronomtns einer «ine eines -^t aUquu aluiua
121
EIN
EIN
122
ahquid seit dem 14. 15. 16 jh. und Adelung {lehrgeh. 1, 692)
schwebt im inllium, wenn er es für gemein oder niederdeutsch
erklärt.
weone si ainem in sein siechen äugen sebeot. Megenberg
9, 29 ; wie im ain; in den orn pauk. 11, 17 ; der donr ist
mangerlai, wann oft gillt er sam der ainem ain plätern voller
luftes auf dem baupt zerslüeg. 92, 31 ; si gelaubent auch
wenik, wie ainr aujwendik der stat auf dem veld verr bin
dan möht ains lurns höhen gemejzen. 106, 17 ; daj ander
pidem ist, da; diu erd schotelt snell, sam da ainr den an-
dern mit den henden schütelt. 108,14; wan si wegt ir zungen
sü snell daj ain; dunkel, si hab drei zungen und hat doch
neur ain. 262,7; gleicher weis tuont etleich laut, die so snell
sint mit irr urtail, da; si zebant ain; verurtailent. 274,6; e;
spricht auch Isidorus von derlai snuor ainer, da; si nie ver-
laidigt mobt werden von dem feur. 278, 15.
mau sagt von einem, der hie; Gauterus. gesta Roman, ed.
Keller cap. 58 ; einer kam von den sinnen, schimpf u. ernst
1550,31 (1555,189); einer kam zu einem pbilosopho. 117 (zu
einem ph. kam einer. 151) ; einer bett gelobet zu s. Jacob zu
gehen. 186 (gelobt u. verheiszen het einer. 254); einer ward
krank, der het zu viel getrunken. 205 (krank war einer, der
hett z. g. 274) ; einer der hielte haus mit einer melzen. 353 ;
einer der het wider seinen berrn gethan. 367. die von Pfeiffer
ausgezognen erzdhlungen im selentrost liefern keine solche ein-
gdnge mit 'einÄr*.
ee das f iner ein band umbkert. Keisersberg veltl. lewe 55* ;
einer kan etwan vers in dem Iraum machen, omeis 36*; so
einer ein auszug {eine ausflucht) sucht, wan man in straft,
so er unrecht hat gethon. Sünden des munds 2' ; so sich einer
selbs lobt. 2'; als man ir vil hie findet, da einer kum dreier
pfening wert guts hat, der iszt me schleck dann mancher,
der jars hundert gülden gelts hat zu verzeren. 4"; das erst
stück wider ordenung der Vernunft ist, da einer fürkümpt die
zit der noturft. 4'; bat einer ein heimliche krankheit, da;
sul er entdecken, und so eins krank ist, so mag man im zu
essen geben, aber so einer stark ist, umb XXIil jar ist, und
kein arbeit thut, wan du das siehst, so ist es certitudo suf-
llciens, es sei dan das er ein heimlichen bresten an seinem
leib hab und dir es sag, ein gesind sol es sagen. 6*; wenn
einer foll bretzeln würt, foller kuchen, foller bering und des
blunders, davon gond die dempf auf in das baubt. 8'; und
betracht den schaden, die einem aus dem frasz ze banden
got. 12"; einer bat einist Jobannes ein einsiedel {Johannem
eremitam), er solt got bitten für in, das im das feber ab-
gieng. n'; das ist ein gewis zeichen ewiger verdamnis, so es
einem in Sünden wol gat. 18*; es ist bös sein wider ein
künig, dann er bat lange arm, reichet weit, anders ist es,
da einer wider ein schlechten menseben ist. 18'; desbalben
{im zerlegen des bratens) seind die Walben fast subteile lüt
und seind über uns in dem, etwann waren wir über sie und
betten uns geschampt, das wir eim ein lügin zugesagt sollen
haben, aber ietzundan streichen wir den kutzen und seind
eins leders. 19'; wenn du hörst das einer gott lestert. 19';
man hört gar bald wenn einer ein Schwab oder ein Beier
ist. 19'; einer sasz einist in eim Wirtshaus spilen und verlor
was er hatte. 20'; aber da einer wo! kan reden und ein
scbalk ist und unfrum. 20"; der da eim ein güldin nimpt
wider seinen willen ist ein dieb. 22'; und eim nummen ein
schwürlin entwust (icew« jemand nur ein kleiner schwur enl-
ivischl). 23*; so du weist, das einer geselsdiaft bat mit eim,
der ein scbalk ist. 26'; hinderred ... zu dem ersten geschieht
es usz guter meinung einem zu lieb, es zu underweisen. 26*;
so einer dich lobet und understot dir schaden zu ze fügen,
oder wenn du ein wilt verfüren, als so du die frawen lobest,
darumb das du sie verfellest. 32*; solich liebleller (ic/imeic/Wer,
die einem zu liebe reden) findet man zu bof, dann die herren
mögen einen nit hassen der sie lobet. 32*. on solchen stellen
und zahllosen andern ersieht man recht, wie natürlich und
ungezwungen die keisersbergische rede flieszt, das 'einer' ist
ihm ganz geläufig, aber er läszt bald 'er', bald das unbestimmte
'es' darauf folgen, oder gebrauclit gleich 'eins', wovon unter
diesem worl dte beispiele zu lesen sind, neben einer verwendet
er auch noch das volle 'ein man' oder 'ein mensche , oder das
blosze 'man', dem dann wieder 'einer* nachtntt: so man einen
menschen lobet, der on das geneiget ist zti hoflart, da gibt
einer im ursacli, das Üppigkeit der boffan in im ufgat. 32';
hier hätte umgekehrt stehen können: so einer einen lobet ...
da gibt man im ursach; doch zuerst wird lieber bestimmt,
hernach unbestimmt geredet, ieman, unser jemand, scheint
Keisersberg nicht zu setzen oder müsle es selten thun.
Hier sind auch stellen aus Lcthers bibel und aus späteren
Schriftstellern: denn wird einer seinen bruder aus seines vaters
haus ergreifen. Es. 3, 6; zh der zeit wird die berlichkeit Jacob
dünne sein . . . denn sie wird sein, als wenn einer getreide
einsamlete in der ernde. 17, 5; und ob einer entllöbe für dem
geschrei des Schreckens. 24, 18 ; es schmidet einer das eisen
in der zangen. 44. 12 ; so du einen nacket sibest, so kleide
in. 58, 7 ; als wenn man einen aus einem tiefen schlafe weckt.
Sir. 22, 7 ; so einer stirbt und hat nicht kinder. Matth. 22, 24 ;
da er noch redet, kam einer vom gesinde. Luc. 8, 49, wo gr.
eqxExai rts, in der vulg. nichts als venit; es sol auch einer
nicht zween rocke haben. Luc. 9, 3, wo gr. und lat. gar kein
pronomen gesetzt ist.
macht auch einem die zeit oTl kurz.
darauf wird auch oß einem heisz. U. .Sachs I, 473' ;
bring einer eins dem andern rumb! Uula.'«o 589;
•
was soll eim ein todter mann? Fiscbart groszm. 61; so machts
man auf die wehr und in die becher, die einen umbbringen.
Garg. 88"; speit ein ban, es möcht einer hau ein schiffeiein
gefürt. 89*; es schluckt sich besser als camelshaar und katzen-
baar, das musz von eim schwieren und gieren. 89"; ja so
säur und theur ist jetzt der wein, dasz man in eim nmsz
spielen und singen ein. 90"; es durst einen wann ers an-
sieht. 91* ; der macht kein kolocompasz, wie dünn knite und
knoll, der eim im bauch roll. 91';
dem will ich einen bringen,
der an der seilen sitzt,
wie kan ichs als erschlingen,
ich hab furwar ein ritz. 93' ;
was soll ein mann, der nicht mit eim raufen und saufen
kan? ich baw eben so mär mit eim (s. oben sp. 13), als ich
mit im sauf. 94' und häufig.
beispiele aus dem 17. 18 jh.: einer fragte einen, xeilver-
treiber s. 511; der junge muste im einen säbel nachtragen,
der so schrecklich aussah, dasz einem von dem ersten an-
blicke hätte mögen der köpf vor die füsze fallen. Weise
eizn. 194 ; so bald sich eines im hause klaget, so verbiete
ich ihm das essen. Gellebt 3, 225 ;
an einem, den man hebt, wird auch ein fehler schön.
3, 318 ;
man kann sich an einem, der nicht zuhört nicht besser rächen,
als wenn man ohne aufhören plaudert. 4, 140 ; die Ursache
ist ja so menschlich als eine sein kann. 4, 168 ; es gibt eine
gewisse art einem zu sagen, dasz man ihn liebt, welche be-
zaubernd ist. 4,194; macht man das, was einem so einfällt?
Lessi.ng 1, 527 ; so was erinnert einen manchmal, woran man
nicht gerne erinnert sein will. 1, 552 ; ein so unsinniges testa-
ment, als nimmermehr einer, der im tollhause an der kette
stirbt, hätte machen können^ 2, 482 ;
bei Zeiten sich nach einem umgeseho,
der mit uns um die wette leben will,
kennst du noch keinen? 2,353;
sie machen einem ja ganz bange, rief die sklavin. Wielasd
3, 222 ; das einzige, was einen dabei in Verwunderung setzt,
ist. 8,166; sie macheu einem ja recht bange. 11,215; darnach
sich einer aufführt, darnach wird einem. Göthe II, i*»;
dieser glieder frohe pracbt
harret einer in der stille. ...;
drinnen gefangen ist einer!
bleibet hauszen, folg ihm keiner! 12,67;
'wie nennst du dich*' die frage sclieini mir klein
für einen der das wort so sehr ver.ichiet. 12, 7U;
gleich hör ich einen auf dem gange.
'mir ists nicht möglich ihn zu sehn.'
der arme knabe w.irtct lange.
der darf nicht ungetrösiel gehn. 12, 92;
da liegt schon einer todt! J2, 196;
redst du von einem, der da lebet) ScHtLLia67*.
wie einen der muhe kriegesbesen
fegt und schüttelt von on zu ort. 321*;
da fragt niemand was einer glaubt. 322';
zum exenipel, da hack mir einer
von den riinf fingern, die ich hab,
hier an der rechten den kleinen ab. 327*.
^ach allen diesen betspieten wird sich nun der heulige ge-
braucli des pronomens und sein unterschied von andern aus-
drücken ergeben, einer verhält sich zu irgend einer wie ein
123
EIN
EIN
124
mann zu jemand, d. h. die bei/ugiing von irgend usqnani und
je unquam verleiht noch eine allgemeinere, die unhesUnnntheil
steigernde ausdehnung auf räum ttnd zeit, statt das thul einem
wol, das maclil einem heisz, das wird einem sauer laszl sich
auch sagen das thut einem manne wol, macht einem manne
heisz, nicht aber jemand oder irgend einem, irgend wem.
märchen und erzählung beginnen : es war ein mann, könig,
lischer, es war einer ; da würde unschicklich sein viit jemand
anzuheben, jemand ist hingegen an seiner stelle, wo das un-
gewisse hervor gelwben werden soll, namentlich nach con-
junelionen: ich glaube nicht, dasz jemand geiiummcn ist; es
fragt sich, ob jemand davon wcisz; doch kann überall für
jemand auch das blosze einer stehen, die partikel je fflegte
sich in den positiven ausdruck, wie in den negativen einzu-
drängen, unserm niemand, mhd. niemen, ahd. nioman stand
das einfachere goth. ni mannn, ni mannahun zur seile, ohne
zulhat von aiv. doch hat bei Luther das jemand für einer
schon groszen umfang geiconnen, in stellen wo Keisersberc
nur das letztere kennt, die rede ist am bestimmtesten, wenn
nichts als man gesetzt ist {vorhin sp. 121), sie wird unbestimmt
durch ein mann und noch unbestimmter durch jemand; nicht
selten steht die wähl zwischen diesen ausdrücken frei, z. b.
man ruft! einer ruft! jemand ruft!; ich höre rufen, einen
rufen, jemand rufen, oft kann auch nach dem nur im nom.
stehenden man in einen orfer in das persönliche pronomen
übergetreten werden : was man nicht weisz, macht einem nicht
heisz; was ein manu {oder einer) nicht weisz, macht ihm
nicht heisz. s. auch mensch und leute.
Unser wer ist unbeholfner als das gr. zls und ich habe
wen gesehn, ich habe es wem gesagt weit ungebräuchlicher
als einen, einem; wir kommen ihm ditrch vorgesetztes irgend
zu hilfe, und irgend wen, irgend wem erreicht den sinn von
jemand, die ahd. spräche konnte ein s6 voraus gehen lassen,
die mhd. swer, swes, swem, swen von dem bloszen interro-
gativ unterscheiden und mit swer die bedeulung von wenn einer
erreichen, das nähere ist unter dem worle wer zu erörtern.
Nicht unerwähnt bleiben darf hier die nähe positiver und
negativer ausdrücke, seitdem die einfache negation gewichen
war und nur als praefix neben nomen oder pronomen fort-
dauerte, mhd. dehein war bald irgend ein, bald kein, d. i.
enbein, nehein, weil unbestimmte wie fragende rede die nega-
tion setzen oder auslassen, noch heute darf uns der gegen-
salz zwischen ein und kein mitunter schwinden und der spruch
'eins ist keins', 'einer ist keiner' sich so bestätigen, ein red
ist kein red. Keisersb. omeisz 20'. die verse
ist keiner hier, der spricht zu mir? Uuland 586;
ist keiner, der sich hinunter wagt? Schiller G3*;
könnten auch bestimmt beginnen ist einer? y a-t-il quelqu'un?
sagt menschen, ists kein glück,
sein Schicksal nicht zu wissen? Gellert 1-, 87,
tst es nicht ein glück? 3,231 schreibt er: keine andere ge-
fäiligkeit habe ich ihm nicht erzeigt und der gute mann hat
mich doch genöthigt diesen ring anzunehmen, eine andere
gefdiligkeit würde dasselbe ausdrücken, oder umgekehrt Güthes
trank nie einen trojiTcn mehr. 12, 143
auch heiszen dürfen nie keinen, wie
man sieht, dasz er an nichts keinen antheil nimmt. 12, 183.
Lcther sagt: ja er war so schön als kein bawm im garten
güttes. Ez. 31, 8, das ist mehr 'sonst keiner' als sonst einer.
bedenk, ich war dir so gewogen,
als keiner ist und werden k.itin. GÜNTUEa 315;
er hnt
ihr einen valcr aurgebundon, wird
er keinen brudcr für sie linden? Lkssing 2, 35<i,
ticlilbar führt hier die frage, das kein herbei, es könnte eben-
wol gefragt werden einen brudcr? aber der fragende, unsicher,
ob ihm bejahende oder verneinende antwort zu theil werde, fragt
gern mit kein wo er ja erwartet, bekannt ist die formet des
ungeduldig seine frage steigernden rauclilustigen : hat einer
Khwanim? hat keiner schwamm? hat einer keinen schwamm?
hat keiner keinen schwamm? hat keiner keinen schwamm
nicht? keiner wird zu fragendem nicht einer, mehr mich
unter kein.
4) vergleichendet so und wie gesellen sieh zu einer im
sinne ton Inlit und qualit, der hauptton ruht dann jedesmal
auf der conjunction, und s6 einer, lalit ist unterschieden von
$o ^ioer, $i quit.
I a) S(i einer war ich, talis fui; so einer will uns hier gc-
I setze vorschreiben ! ; so einen suchen wir gerade ; s6 einem
'gehorcht man gern; du must eine schöne nehmen, die reich
j ist und gut, so eine wird man nimmer satt. Göthe 11, 9 ;
I denn, gute frau, erinnert euch
au eur verruchtes leben,
s6 einer wird im himmelreich
kein plaizchcn eingegeben. Borger 49*.
I Meistentheils folgt aber unmittelbar das nomen und ein wird
I zum bloszen artikel,
I rt) t'or dem substanliv: so ein kerl, so ein narr; so ein
erfolg wurde erzielt; so eine menge kann ich nicht aufzeigen.
Keisersberc setzt hier 'also ein': wa also ein gerumpel ist,
das leg den seien nit zu {schreib den geistern nicht zu), omeisz
43*. später aber gilt 'so ein' und in Norddeutschland son kerl,
sonne sache:
im glück ist dies mein grösztes glücke,
dasz so ein freund es mit genieszt. Günther 172;
so wiszt einmal, ich bin verliebt
und zwar in so ein kind,
das mir erst lust zu lelicn gibt,
so schwer die zeiien sind. 313;
endlich gerielhen sie in s6 eine spielhitze, dasz der fremde
passagier alle sein vorräthiges geld verspielte. Leipz. avan-
turier 2, 35 ; dieser mann predigte auf so eine art wie Petrus
und Paulus in ihren episteln. 2, 137 ;
gebt ihr für ihre ganzen tage
so einen lag als der? Lbssing 1,90:
nun wahrlich so ein kerl kann weiber lüstern machen. 1, 115 ;
gewis, s6 eine jagd war mir nicht lächerlich. 1, 124;
must ich der
gefahr, so einen vaier zu verlieren
das arme raädchen opfern? 2,340;
ich bin so ein thor nicht. 2, 457 ; so einen narren. 1, 373 ;
hältst du mich für s6 schwach, für so ein kind,
dasz solch ein fall mich gleich zerrüiten könne?
Göthe 9, 196;
da find ich so ein kästchen wieder. 12, 148;
ach lieber goit! was s6 ein mann
nicht alles alles denken kann! 12, 169;
wo so ein köpfchen keinen ausgang sieht,
stellt es sich gleich das ende vor. 12, 176 ;
glauben sie, dasz s6 eine creatur einen character hat ? 19,198.
ß) vor dem adj. hat die conjunction den sinn von tarn und
das ein kann ihr sowol vorangehen als auch folgen, mhd.
findet sich hier wieder also für so und nach dem ein :
ein also scbcene böchzit. Ite. 35;
und mugt ein also biderben man
wol gwinnen, obes iu got gan. 1927;
ouch wundert mich ie ra6re,
daj ein also vrumer man
so starke misseiuon kan. 4062;
diu ibt versagen klinde
eim also süejeii munde. 7900.
nhd. erscheint das so vor dem ein: wie lange wiltu solchs
reden? und die rede deines mundes s6 einen stolzen niut
haben? //to6 8, 2; wb ist so ein mechtiger gott, als du gott
bist? ps. 77,14; abter wie kostlich sind für mir gott deine
gedanken? wie ist ir so eingrosze summe? 139,17;
der schönen in den' armen liegen,
wenn drauszen nord und regen pfeift,
macht so ein inniglich vergnügen,
dosgleichcn niemand recht begruifl. Güntbir 199;
.so ein verliebier Ihor veruufl
euch sonne, niond und ane siernc
zum Zeitvertreib dem liebelten in die luft. Götuk 12,147^.
sisi eine der grö^tien bimmelsgaben
so ein lieb ding im arm zu haben. 12, 152;
billig ist es, sagte er zu sich selbst, dasz so ein treflicher
mann auch trofliche weiberseclen an sich ziehe. 20, 44. ge-
wöhnlich stünde nichts im wege, das ein auch nach dem so
zu setzen : einen so stolzen mut, einen so mechtigen gott.
b) schon Keisersiierc ttnd Lcther ziehen dem so ein vor
e i n s o I c h e r. da aus letzlerni belege allenthalben vor äugen
liegen, bringe ich ihrer aus erslerm: darumh wa zehen oder
zwölf an einem tisch sitzen, wa ein solicher darunter i>il, das
hörst du gar bald, weltl. lewe 55'; wenn einer foll brelzelen
wtirt, foller kurhen, foller bering und des lilunders, davon
gond die dempf auf iu das haubt und würt die Vernunft ge-
irret und dunkel, das ein solicher mensch sie nit bruchen
mag. s. (/. m. h' ; «her ein mensch, der da zimlich isnet, wenn
er an dem morgen erwachet uml jibgetoiiwei iiat, so be-
gegnen im die ding so dar und lauter und in einer .solicher
1
125
EIN
EIN
126
feiner ordenung, das er ein ganzen tag sunst nicht finden
möcbte. 9'; aber da einer wol kan reden und ein schaik ist
und unfrum, da ist schedlicher ding nicht auf erdreich, daa
ein solicher. 20'; von einem solichen schreibt sanct Augustin.
22"; ein solichen lügner h;isset iederman, und wen einer
schon ein lügner ist, noch dennacht so hasset er die andern
lügner, die seines leders seind. 25*.
In den meisten fällen kann ein solcher, ein solches irecA-
seln mit bloszem solcher, solches, ohne den unbestimmten ar-
likel,- seil dem iS jb. [oder früher schon?) kommt auch mit
nachgesetztem artikel das dem 'so ein' näher stehende 'solch
ein' in brauch, vielleicht nach dem engl, such a, oder auch
nach welch ein :
solch ein mädchen wünsch ich mir,
solch einen engel. Lkssijtg 1, 17;
wie ist der gedanke Inbeii'l,
solch ein etiler bleibt uns nah. Göthe 1, 163;
0 glücklich, wer von seinen gaben
solch einen vonheil ziehen kann. 12,57;
o könntest du in meinem Innern lesen,
wie wenig vaier und söhn
solch eines ruhmes werih gewesen! 12,58.
metrische rücksichten entscheiden, ob das ein vorausgehe oder
folge :
ein solcher mann, ein groszer hofmann sein,
schlieszi das lob oder tadel ein? Lessijic 1, 102.
vor dem ein bleibt aber solch immer unflectierl. man pflegt
heule solch einer dem so einer, solch ein dem so ein bei
folgendem subst. vorzuziehen und nur bei folgendem adj. so
neben solch zu verwenden, doch sollte es auch in jenem fall
zugelassen bleiben.
c) noch seltner erscheint die analoge Verbindung der Par-
tikel wie mit ein, engl, how a, man hätte zumal in frage
und ausrvf nach ihr zu suchen: wie einer bin ich denn?
qualem me esse putas? ; wie eine grosze mühe du dir doch
gibst! quantam operam; es ist nicht zu sagen, mit wie einer
innigen liebe sie an ihm hieng, quam lenero amore; zu mei-
nem haus wünsche ich mir auch den garten, aber wie einen?;
o wie ein groszer sprung! o wie ein kühler trunk!; ei ei,
wie eine grosze nas ist das! zeitvertreiber s. 5S; ei, wie ein
kleines näsel ist mir das! s. 59; ach wie ein schöner feder-
busch! Simpl. K. 440;
0 wie ein fröhlichs wesen! ühland 601.
bemerkensaerth sind stellen Keisersbergs, wo zwischen wie und
ein andere Wörter treten : da kam er zu einem mislhaufen,
er legt sich darauf und bleib da ligen. da es tag ward, er
leinet sich uf, da kam einer und sach in und sprach zu im
'sich Zunftmeister, ligen ir da?' er antwurt 'o wie bin ich
ein Zunftmeister!' s.d.m.9*; wie wer aber das ein ding, da
einer foll ist und da in erst hungert? 10*.
d) statt wie ein pflegen wir 'welch ein', analog dem solch
ein, oder 'was für ein' zu setzen, in den letztangezognen stellen
würde stehen: was für ein Zunftmeister hin ich! was für eine
Sache wäre das?; was sie für einen linden, oniets 40'. Lcther
schreibt: wenn dieser ein prophet were, so wüste er, wer
und welch ein weib das ist, die in anrüret, t« xai TtOTUTir]
r, yvti^. Luc. 7,39; was für eine tochter? Lessisg 1,373;
was für ein spitziges kinn ! l, 379 ;
0 was ist dein vater für
ein mann! Lessing 2, 346;
was bin ich denn für eine? Bürger 49*.
und wie neben solch ein bloszes solch, darf auch neben welch
ein bloszes welch stattfinden:
welch Schauspiel! aber ach! ein Schauspiel nur!
Göthe 12. 33:
welch ein gefühl must du, o groszer mann,
bei der Verehrung dieser menge haben I 12, 57.
in den Windungen der rede kann so ein den sinn von wie
ein empfangen : in so einem schlechten zustande auch die
gekleksten decorationen waren, so könnt er sich doch
der empfindung nicht erwehren, dasz er die glücklichsten
augenblicke seines lebens in der nähe eines ähnlichen trüdel-
krams gefunden halte. Göthe 18, 170.
5) endlich gewinnt e i n, gleich dem gr. eTg uin fr und tos
la i'ov zuweilen den sinn von idem eadem idem, weil der
eine zugleich derselbe, der nemliche ist. ahd. beispiele hat
GRirr 1, 310. mhd.
die troume sint pSde ^in. Diut. 3,99;
sin rede und ir lachen
was gezilt mit öinen sachen. Part. 152,25.
nhd. ist ein ding. Keisersr. s. d. m. 14", dieselbe sache; warum
soll ich ewr beider beraubt werden einen tag? vulg. cur utro-
que orbabor ülio in uno die? iMos. 27, 5S;
es klopfet ja der lod mit einem bein
an die pallnst und wolkenhohe Schlösser
und armer leut sorglose huttelein. Weckberlin ^7,
wo eodem das aequo pede ausdrückt;
werther freund, du immer einer, hast nur immer dis ermessen.
LoGAU 3, 85, 4S;
eines schickt sich nicht für alle. Göthe 1, 72;
ein herz und eine seele ; wir wohnen beide unter einem dache ;
und ihr herz ward entzückt zum hellen gesang: wir glauben
all an 6inen gott! Voss Luise 1,363.
diese pronominalbedeutung flieszt unmittelbar aus der einheit
und gewöhnlich steht auch 'ein und derselbe', unus idemque
verbunden.
D) unbestimmter artikel.
Da seinem begriffe nach das pronomen überhaupt die stelle
des nomens vertritt, hätte es eigentlich neben dem nomen nicht
zu erscheinen, geschieht dies dennoch, so soll dadurch die
Vorstellung des nomens näher bestimmt und verstärkt werden,
die kraft des nomens ist aber nicht allein in seinem begrif,
sondern auch in seiner gcstalt enthalten und das von auszen
beigesellte pronomen wird auf beides gerichtet sein, die flexion
und zugleich den sinn des nomens hervorzuheben.
Die einführung des artikels musz in mächtigem, unhemm-
barem trieb der neueren spräche gegründet sein, denn wir be-
gegnen ihm in deutscher wie in romanischer zunge fast zu der
nemlichen zeit, so dasz gegenseitig herüber und hinüber auf
seinen festwurzelnden gebrauch eingewirkt worden sein mag.
doch ins slavische und litauische ist er nicht gedrungen.
Alle alten sprachen bedurften noch keines artikels, es war
ihnen nichts daran gelegen das, was er ausdrücken soll zu
bezeichnen und ihre pronomina sparten sie für lebendigere fälle
auf. dasz a^xrow ifcöyrjos, gallus cantavit, hana hrukida
soviel aussagen als 'der hahn krähte' unterliegt keinem zweifei;
ob sie auch bedeuten können 'ein hahn krähte' kam nicht in
belracht, denn wie das männliche geschlecht aus der gestalt
des nominativs folgte ja die einheit aus dem gebrauchten sin-
qulaiis und gesetzte pluralformen würden den begrif der mehr-
heit bezeichnet haben. Nachdem aber das demonstrativum sich
als geleiter und stütze des nomens geltend, altmälich unent-
behrlich machte, mochte es zugleich der bedeulung etwas von
seiner natur mitlheilen. in 'der bahn' lag, genauer zugesehn,
nicht nur gallus, sondern ille gallus, der Vorstellung war noch
leise ein räumlicher, jenen ausdrücken der älteren spräche ab-
gehender bezug hinzugetreten, wie wir die hestimmtheit durch
eine partikel 'der hahn da' 3« steigern pflegen, so überflüssig
ein solches 'da' meisleniheils scheint, muste die vorzeit auch
des demonstralivs vor dem nomen entraten können.
Den gegensatz zu dieser aufgenommnen bestimmung des no-
mens hätte nun freilich das unarticulierte nomen bilden dürfen
und bildet ihn oft. allein die spräche gieng weiter und be-
diente sich der schon für pronominalbegriffe dienendfn einzahl
ausdrücklich, um sie als unbestimmten artikel jenem bestim-
menden an die seile zu stellen, dem 'der hahn' trat jetzt 'ein
hahn' gegenüber, gleichsam der abstraction des demonstrativums
auch die der einzahl.
Beide artikel entsprangen nicht gleichzeitig auf einmal, viel-
mehr dem unbestimmten war der bestimmte lange vorausge-
gangen, jener ist eben erst duvdi diesen bedingt. ' ihr gesetz
Idszt sich im allgemeinen so ausdrücken: der unbestimmte
steht, wenn ein nomen in die rede eingeßhrt und zuerst er-
wähnt wird, der bestimmte, wenn es als bekannt vorauszusetzen
ist oder seiner wiederholentliche meidung geschieht, damit eine
demonstralion eintreten könne, musz der gegenständ, auf wel-
chen sie geht, bereits vorliegen, er wird aber als neu und be-
stimmbar deutlich durch die einzahl hervorgehoben, die Stel-
lung des nomens ohne artikel scheint ßr sinnliche begriffe an-
gemessen, der fiiibestimmte artikel für allgemeine und abstrac'e,
der bestimmte für concrete. Es ist nicht in abrede zu stellen,
dasz durch diese doppelte articulation die neueren sprachen
practisch an klarheit gewonnen und ihre geschwächte oder
verlorene flexion theilweiae ersetzt haben, so dasz sie nim-
mer wieder darauf vertiehten könnten; der alten spräche
wohnte frischeres bewtutsein der formen bei, die ihnen leicht
mittel an hand gaben bündig, wenn auch minder scharf auszu-
127
EIN
EIN
128
dnuken, was wir heute umschreiben, überhaupt jedoch hat der
unbestimmte artikel viel geringem umfang als der bestimmte,
schon deshalb weil er nur auf den sg. geht, am deutlichsten
aber vergegenwärtigt man sich vorlheile und nachtheile beider
artikel bei enigegenhaltung des prosaischen und poetischen Stils,
im gedieht wird der unbestimmte artikel sehr zurück treten und
dem unartieulierten ausdruck weichen, in der prosa musx es
willkommen sein, die artikel bald fahren lassen, bald setzen
zu können, man sehe wie Pindar oder Horaz und wie Caesar
und Livius auf deutsch gegeben werden.
Die gothische spräche zeigt, gleich der griechischen, schon
vielfache anwendungen des bestimmten, sie zeigt noch keinen
einzigen entschiednen fall des unbestimmten artikels, dessen
späterer Ursprung daraus folgt, wenn wir Matlh. 8,19 lesen:
jah duatgaggands ains bokareis, so bleibt hier Ulfilas völlig
im gleise des gr. elg yoa/iftareve und lat. unus scriba, welche
den einzelnen aus dem häufen hervortretenden schriftgelehrten,
ausheben, wie auch alle nachherigen Verdeutschungen an dieser
einzahl festhalten, ahd. im Tatian: ein buochari gieng thö
zuo, ags. {)4 geneala;hte him 4n b6cere, northumbr. and
töcvom in udvutta; während uns Luthers und es trat zu
im ein schriftgeiehrter den eindnick des bloszen artikels ge-
währt, ains, ein und An stehen hier wie sonst sutns, sumer,
sum oder wie ains sums, elg Se rig Marc. 14, 47.
Ebensowenig zeigen die ältesten ahd. ags. und altn. denkmäler
den unbestimmten artikel und erst allmälich taucht er in den
späteren auf. ahd. erscheint er nicht bei Kero, nicht im Isidor
und Tatian, ein bedeutet ihnen nur unus als wirkliche einzahl,
oder solus und quidam, man könnte sagen, weil sie allzu-
genau ihren lat. texten folgen, heiszt es Matlh. 5, 19 einaj
fon thfin minniston giboton; 5, 30 ein thinero lido; 6,27
eina eiina, so wird, wie im gr. und lat. text, die wirkliche
einzahl ausgedrückt, siu gibirit sun, pariet filium Matth. 1, 26,
sie wird einen söhn gebären; thiorna in reve habet, virgo in
utero habebit, 1,22, eine Jungfrau wird schwanger sein; truh-
tines engii, angelus domini. 1,24, des herren enget; stemna
ruofentes, vox ciamanlis, 3, 3, eine stimme eines predigers ;
giwdli von bariron olbentono, vestimentum de pilis camelorum,
3, 4, ein kleid von camelhaaren. bei Otfried und Notker
hingegen sind die fälle des unbestimmten artikels unverkennbar,
obschon noch minder durchgreifend als bei den mhd. dichtem,
hier folgen heispiele aus Otfried : ein man IV. 17, 31. einan
man III. 20, 1. ein ediles man IV, 35, 1. ein wib 1. 16, 1. II. 14,13.
lil. 10,1. eina huarrön 111.17,8. ein kuning 111.2,3. eines
kuninges I. 4, 1. ein sculdheijo III. 5, 5. ein ewarto I. 4, 2.
ubar einan lantsß III. 6. 5. ein bürg 1. 11, 23. zi eineru bürg
II. 14, 5. in einan garton IV. 16, 1. ubar einan klingon IV. 16, 2.
zi einemo gisä^e 11.14,6. einan saban IV. 11,13. eina geislön
11.11,9. ein gifuari II. 14, 43. ein githingi IV. 8, 4. einaj wuntar
III. 23, 3. NoTKER aber verdeutscht adstilisse mihi supra ver-
tirem visa est muiier, war sah ih ein wib stän übe mir.
hoeth. 5; at si quem profanum nobis biandiliae vestrae detra-
lierent, aber infuorlint ir mir einen vreden mit iwerino zarte. 8 ;
l'anlinum consularem virum, Pauiinum einen gorislichen ze
consuie. 20; ne Alhinum consularem virum, nio Albinum
einen %amo lu-ren man. 20 ; majestatis crimen, eines man-
nes houbetsculde. 25 u. s. w. er erklärt: abacus ist ein de-
scriptio, da; chit ein bilde an einemo brete aide an einero
pagina, ganz schon in heutiger weise.
Für die abhandlung des nhd. unbestimmten artikels stehn
beleije auf allen blättern, zuerst soll dargelegt werden, wie er vor
tuhstantiven erscheint, dann wie vor adjecliven und pronominen.
1) der unbestimmte artikel beginnt, der bestimmte folgt: eine
stimme erschallt, die stimme verhallt; ein vogel singt, ich
höre den vogel singen ; ein tag wird anbrechen, an dem ich
Rlerhe, der tag meines todes bricht an ; ein ktinig herschte
im land, der könig hört auf zu berschen.
e«l unuK locui Homburh dicins. lot. ged. 337 ;
<>inan kuning wei^ Ih, heig^et fr llludwlg.
ilirr kirninr^ mit kiiono, i>ang lioth Tröno;
in (iagon eines kuninges wa* ein Awarto. 0.1.4,1.2;
rin mirre wil ich in nluwen,
ila; «eil von grrtjen iriuwen. Part. 4,9;
ein rlifr, der pcliTPi wa«
iinilc et, an ilf ri linochen la». Iw. 21 ;
r\n vnicr «inem kinde rief. IxAi-ngr. 1, 1;
«•in kiinec wa» ze Troie. <r. *r. 32.'»;
ein herre ia l'armenie wn« Trinl. H,h;
ßj saj ze Prankriche
ein -herre hiderbe und guot. guote fr. 21 ;
ein buoch lit ze .4rle. 1.
nhd. es war ein könig in Thule,
§ar treu bis an das grab,
em sterbend seine biile
einen goldnen becher gab;
es war einmal ein könig, der könig hatte sieben söhne ; eine
witwe, die hatte zwei töchter.
dieser artikel kommt dem unter C sp. 118 vorgetragnen pronomen
sehr nahe und ist deutlich aus ihm entsprungen, der leben-
dige zahlbegrif schwächte sich in den von irgend ein, gr. zle,
lat. quidam, ags. sum. Apulejus sagt: erant in quadam civi-
tate rex et regina, ihm genügt die Unbestimmtheit von civitas
und ist erlassen, sie auch vor rex und regina auszudrücken,
wie wir sagen müssen: in einem reich war ein könig und
eine königin. ags. erscheinen sum cyning und in cyning
gleichbedeutig und auch engl, können noch some king und a
king einander vertreten. Ruodlieb 1, 1 hebt an mit quidam
vir. was nun hier den etngängen des märchens oder des liedes
entnommen wurde, Idszl sich leicht auf alle gcdichte und das
anheben jeder rede anwenden, nur dasz es oß schwer fällt zwi-
schen leiserem artikel und etwas stärkerem irgend ein zu un-
terscheiden, z. b. in GüTiiES gedieht auf Scimli.ek :
wenn einen menschen die naiur erhoben,
ist es kein wunder dasz ihm viel gelingt.
2) die Vorstellung von ein und irgend ein liegt an steh
schon in dem sg. des subst. selbst und ihr äuszerer zusalz
kann nur gelinden, unerheblichen nachdruck geben, wie aus
völlig parallelen pluralen offenbar wird, welchen kein artikel
vorzutreten braucht, es heiszt: stimmen erschallen, die stim-
men verhallen; königc berschen in diesem land, der könig
folgt seinem vater; geschichten will ich euch erzählen, die
sollt ihr gerne hören; bücher liegen zu Arles, die liesz der
könig niederschreiben, so wenig solche plurale eines beige-
fügten 'viele' oder 'mehrere' bedürfen, hat auch das latein und
jede andere des unbestimmten artikels entratende spräche nüthig
vor dem sg. die leblose einzahl auszudrücken, auszer wo der
sinn begehrt, dasz die Unbestimmtheit durch vorgeschobnes qui-
dam erhöht werde, wir sagen : ein dieb ist furchtsam, ein löwe
ist stark, aber: diebe sind furchtsam, löwen stark; einen
knecht zu strafen oder knechte zu strafen ist erlaubt, zwei
singulare hintereinander kommen wieder einem pluralis gleich
und bedürfen des artikels nicht, der den einfachen sg. begleitet,
wir sagen er nahm einen schild, hingegen er nahm schild
und sper; er hatte ein haus, aber er hatte haus und garten,
obschon auch gesagt werden dürße ein haus und einen garten ;
ein bauschen und ein gnrtchen vor der siadt. Göthr 12,162;
ein priestcr und ein gott ist hier zugegen. Schillf.r 442'.
3) bei Substantiven, die den sinnlichen begrif einer umje-
schiednen masse enthalten, ist der unbestimmte artikel unzu-
lässig, eben weil in ihnen nichts einzeln außritt und nur von
einem theil ihres ganzen die rede sein kann, weshalb sie die
ältere spräche häußg in den genitiv setzte, der dem heutigen
partitivarlikel des französischen entspricht, es sind nament-
lich die Vorstellungen der elemente und stoffe, die in der regel
kein ein vor sich dulden: wasser trinken, feuer schlagen,
luft schöpfen, erde graben, auftragen, hrunnen in den mund
gieszen, wind machen, zug machen, gerüusch machen ; regen
strömt, Schnee fallt; nebel steigt; gras mühen, körn schnei-
den, heu machen ; silber schmelzen, gold verarbeiten, eisen
schmieden, eisen ist schwer ; wachs bleichen, in wachs drücken,
mit öl salben, tränken, mit honig bestreichen ; blut lassen,
milch trinken, fleisch kochen, brot essen, hier brauen, wein
keltern ; tuch scheren, leder gerben und alle ähnlichen, hier
wird eben so wenig der französische unbestimmte artikel ver-
wendet, sondern der parlitive boire de l'eau, battre du feu
u. t. w., während es auch mhd. hiesi waj^ers trinken, bräles
c^yen, nemlich etwas, einen theil der ungetrennl gedachten
mäste, sobald man ihn aber sieh gesondert denkt, mag der
unbestimmte artikel eintreten: ein glas wasser trinken, einen
bissen brot essen, ein stUck leder gerben, einen rauch auf-
gchn lassen, eine flauune hervorbringen, ein feuer geht auf,
es ist em schnee gefallen; besonders der sniat von zartheil
und gesrhmaik wie eine milch. GöniK 2H, VI'*, in solchem
ttnn sieht denn auch mhd. ein wajjer trinken, mit einem brunnen
twnhen, sich M ein gras legen, «ro^Ar belege gramm. 4, 44t
getammelt und.
129
EIN
EIN
130
ein leider man ist swserer bi
guoien wiben dun ein bli. Fkeid.101, 22;
meint eine bleimasse im einzelnen, es könnle auch gesagt seiti
danne bli, als blei, wie wir uns heute ausdrücken.
und ein frisch gesalzenes fleisch befand sich im tröge.
GöTUE 40, 60,
d. i. ein stück fleisch, etliche zerstachen die hostie, es flosz
alsbald ein blut in groszer menge herfür. Micralius 3,435,
d. i. blutstropfen. wir essen eine milch. Gellekt 3, 407, eine
schale milch, einen kafife kochen, in Ulrichs frauendienst
342, 5 liest man selbst:
an eine sunn min h'p dd sa;,
des vrosies min ich gar vergaß,
nicht sowol an die sonne, nach unsrer arl zu sprechen, als
an einen sonnigen platz, auf oberdeutsch pflegt es zu heiszen :
ich bitt um ein wasser, ich will ein hier tinnken, ein wachs
darauf streichen, mit absehen von der masse und dem yedan-
ken an den theil, dies ein hier trinken hält die mitte zwi-
schen hier trinken und bieres trinken, boire de la biere; so
schwankt der nusdruck um bibere cerevisiam wieder zu geben,
und was wird damit erreicht? nichts das der lat. rede Zusam-
menhang nicht ohne weiteres besagt hätte.
jeiz hält ich eben gleich ein durst. II. Sachs 1,466',
durst und hunger sind sinnliche Vorstellungen, die der ab-
straclion nahe slehn, und wie wir hunger, durst, lust, furcht,
sorge haben ohne artikel setzen, heiszt es auch franz. avoir
faim, soif, envie, peur, soin, und kein partitivartikel findet
hier statt.
4) bei vergleichungen pflegen wir stofarligen Substantiven
gleichfalls den artikel zu versagen: er ist kalt wie eis; sie
glühte wie feuer; schwarz wie kohle, weisz wie schnee, weiszer
als schnee; rolh wie blut, rüther als blut; hart wie eisen,
schwer wie blei, härter als eisen, schwerer als blei; wie blei
liegt der schlaf in uns. Schiller 134"; hart wie holz; sanft
anzufühlen wie sammet; süsz wie honig, gelb wie wachs.
doch läszt sich küren: weisz wie ein schnee, gleichsam wie
ein gefallener, kalt wie ein eis, wie ein stück eis. mhd.
swarz als ein kol;
wij, lüier sara ein is. En. 236, 31 ;
wij alsam ein snß. Trist. 12S15 ;
wijer danne ein sne. 15829;
wart rot sam ein bluot. Ac/ir. 2S20;
süej als ein mete. Pantal. 2G4;
die beiden man hie vallen sach
vor den Christen als ein snie. Turl. Wh. 23'.
wo aber einzelne gegenstände, Ihiere, pflanzen in vergleich
kommen, versteht es sich, dasz der artikel stehn musz : furcht-
sam wie ein hase, scheu wie ein reh; er brüllte wie ein
lüwe, schlich leise wie ein fuchs; röther als eine rose; schlank
wie eine gerte.
mhd. wii er wenken als ein eichorn. Parz. G51, 13 ;
liebler var gar unverkrenket,
als ein ämeije gelenket. 806,26;
swankel als ein ris. 806, 17 ;
vint als einem wolfe. Bb!<. 421.
doch nachdrücklicher stand auch der bestimmte artikel:
die zebricbe ich sam da; huon. Rul. 115, 16;
semfte sam dnj lanip. 142, 10;
schlitc hiwen si sam den swam. 218, 32;
ej ist niht krump also der böge. Parz. 805, 14;
grüene also der kie. iie!>. 399;
da solche gegenstände als allgemein bekannt voraustusetzen
sind, auch heute wäre noch zu sagen gestattet: er schlich
davon wie der fuchs, gleichsam wie der wolbekannte Reinhart,-
er hinkt wie der teufel, worunter wir uns ein bestimmtes wesen
vorstellen; er lief wie der wind; es stinkt hier wie die pest
u. a. m.
Für eine menge von andern vergleichungen wird man immer
den unbestimmten artikel gebraucht finden : sich drehen wie eine
windmüle, knarren wie ein rad;
aufgeblasen wie ein scblaucb. II. Sacus I. 417';
greifen wir nicht, wie ein mülwerk, flink
in einander auf wort luid wink? ScuiLLBn 3l7' ;
ihr sprecht
wie ein friedländischer rciiersknccht. 323":
.steht stumm und starr wie eine bildscule. 142*. es wäre
unnöthiy bcispiclc zu häufen. Auch diese gleichnisse können
die unter 2 milgclhtille uahinchmung heilaligen, da^z do sg.
III.
mit und der pl. ohne ein auf gleichem fusz stehen, denn es
heiszt : sie blüht wie eine rose und sie blühen wie roseit;
wehre dich wie ein mann und wehret euch wie niänner!
5) ich vei zeichne hier noch andere fälle, die weiter zu beob-
achten und zu vermehren für unsere articulation lehrreich sein
wird, wir sagen heute eine zur frau, zum weih, einen zum
mann nehmen, mit bestimmtem artikel,- mhd. mit unbestimm-
tem, zeiner, zeime :
siüend e^ noch an miner wal,
so nsem ich die schoeneq zeiner Trouwen. Bu«. 398;
der deheiner günde ich ba;
miner lieben muoter zeiner snüere. 403;
heule: zur Schwiegertochter, ahd. füre eina chenun neheina
mer gewinnet. N. ps. 44, 9 ; und ohne artikel : zi htun er mo
quenun las. 0. 1. 4, 2.
Herbrand komm, die Jungfrau empfach,
die gib ich dir zu einem weib. Atrkr 238'.
wol aber hat das unpersönliche ehe stets den bestimmten : und
ich nam sie zur ehe. Ez. 23, 4 ; und sollen keine witwe zur
ehe nemen. 44, 22 ; lege dich zu deines bruders weib und
niin sie zur ehe. 1 Mos. 38, 8 ; zu der ee gekauft und geno-
men hat. RA. 421;
das ein iglich man ze rehier e
»olde koiifen sihen wibe
ze sines einen übe. üorotf 1241 ;
der herre hatte zuo der e
ein tugeHthafte frouwen. Biut. 1,346.
es ist eine frage und es ist die frage unterscheiden sich wie
quaestio proponenda und proposita; das ist keine frage, non
est proponendum; das ist nicht die frage, id non agitur ; da
erhub sich eine frage unter den Jüngern, ioh. 3, 25 ; weil es
aber ein frage ist Yon der lere und von den werten, apostelg.
18, 15 ;
to be or nor to be, that is the qnestioa.
sein oder nicht sein, das ist hier die frage.
schwed. att rara eller icke vara, det är fragan.
mhd. ohne allen artikel:
nu ist vräge, wes ich tumber ger. Ben. 316.
vgl. nu het ich gerne vrAge. Iw. 6305. unser ein mittel
finden braucht den artikel, das franz. trouver moyen läszt
ihn aus. wir sagen einen eid leisten, wenn er angeboten,
den eid leisten, wenn er gefordert wird, franz. heiszt es prSter
serment. ebenso steht das franz. prendre exemple, sans dire
mot unserm ein beispiel nehmen, ohne ein wort zu sagen
gegenüber, statt des heutigen es ist vrinter, es wird sommer,
es ist tag, nacht, zog man mhd. das geleit des artikels vor:
ej ist ein winder. Bsjc. 426;
e; was in eime meien. Gudr. 1571,3;
sid er in herebergönten ze einemo mdnode furereison ne
lä5e. N. Cap. 16. in dieser construction pflegt sich häufig der
pl. des artikels einzufinden, s. hernach unter 13. u'ir setzen
aber: einen winter, einen wfnter lang, ein jähr, ein jahir lang
walten ; eine zeit lang, eine zeit her und ähnliches,
mhd. der liebte tac wart ir ein naht. Iw. 1326;
er läje die naht ein tac sin. 2136;
in den adverbien unterscheidet sich winters, sommers, früh-
lings (doch niemand sagt herbstes), von eines winters, som-
mers, frühlings, herbstes; tags, nachts, morgens, abends fo7i
eines tags, nachts, morgens, abends, der unbestimmte artikel
klingt hier bestimmter als das bare subst., sichtbar ist er dann
nocli mehr als artikel und bedeutet quodam die, quadam nocte
u. s. w. eins morgens, l'arz. 446, 6; ftf ein zit, tempore
quodam. myst. 2, 625, 32. Ebenso verhält et sich oft, wenn
ein zu abstracten Wörtern tritt, einem freude,.kuinmer, her-
zcleid machen redet allgemein, das hinzugefügte ein meint den
bestimmten fall, wir sagen einem mut machen, mut einspre-
chen, aber ein herz, zumal bei zutretendem adj. einen neuen
mut, ein frisches herz machen : sprach dem Eurialo einen
mut zu. pol. colica 25 ; jemanden einen neuen mut machen.
Haun 2, 10 Sonst schlieszen die abstracta liebe, gute, tugend,
reue und ähnliche, wenn ihnen kein adj. vorhergehl, das ein
aus oder gestatten es nur ßr den bestimmenden einzelnen fall :
genadc erweisen ist gnädig sein, eine genade erweisen meint
die besondere, man sagt es ist noch eine gerechtigkeit, gleich-
sam die räcitende hand einer persönlich gedachten f es ist noch
eine gercclitigkeit in der weit. Lessi.nc 2, 4SI, noch injend
eine, irgendwo eine, folglich mit stärkerem ausdruck als dem
des ijcwöhnlichen artikels.
131
EIN
EIN
132 '
6) nach der parlikel nie pjlegl mhJ. das ein vor devi
tubtf. zu unterbleiben:
nie keiser wnrt so richc, der wolde haben wip,
im zxuie wol ze ininiie der rieben küne);inne lip.
A'jfe. 50, 3 ;
ich wipn nie Ingesinde groejer milte ie gepflac. 42, 4;
daj was berihiet also wol
als ein bette beste sol,
da; nie kiinec bejjer gwan. Iw. 1215;
daj irh nie «choener kint gesach. 316;
da; nie keiscr ba; gesireit. Waltu. 15, S5;
so weij ich von wärhcit danne,
da; nie manne
an liebe ba; geschach. 110,11;
nie krisienman gesach so jxmerliche schar. 124,23;
da; ich nie wip mit rede verlos. .MS. 1, 66*;
nie riiier wart so tiurc. Otto hart 622;
nie man des wilden waldes vorst
An akes niac guhouwen. (r. kr. HS;
ob nie man lepie iiiör denn ich. 188;
nie man so rehte wise wart. 356;
und nicht anders fehlt auch den romanischen sprachen der
unbcslimmte arlikel in derselben tage nach ja und Jamals, es
hftszl ja rois, ja Chevaliers und noch heute Jamals rol, Jamals
Chevalier ne fiil; Jamals hoinme n'a tant fall; Jamals abellle
ne iii'a plque. engl, no klng, no man, aber not a king, not
a man. eii« spanisches beispiel:
nunca fuera cavnllero de damns tan bien servido,
cuiiiu fuera Lanzarotc, quando de Ijretana vino.
nhd. aber tritt das schleppende ein dazwischen: nie stritt ein
kalser glücklicher, nie ward ein rllter so theuer, nie wurde
ein riller von flauen so wol bedient, nie that ein mann
soviel, nie hat mich eine blene gestochen, nur die gefestigte
zusammenscizuny niemand liesz kein ein tn ihre milte. aus-
nahmsweise unterdrückt wol aucli ein dichter den arlikel nach
nie im verse.
kein und dehein findet sich gewöhnlich schon mhd. nach
dem nie beibehalten :
wer roufei mich da nie kein här
gewuühs inne an iiiincr hant. Parz. 1, 26;
da; er nie keinen valsch geriet, tr. kr, 683;
obgleich man es entfernt denken könnte, im vers
si enlihen nie einen slac. Iw. 7217
liegt auf einen der stärkere nachdruck des Zahlworts, nie kein
begegnet oß bei Lutheu: mit newen stricken, damit nie keine
rrbeil gescheiten ist. ricJtt. 16, 11 ; es ist nie kein scherinesser
auf mein heulit komen. 10,17; ah das ich were timbkomen
tind mich nie kein uiige gesehen helle! lliob 10,18; habt Ir
auch je mangel geliabt ? sie sprachen, nie keinen. Ahc. 22, 35.
dies kein behauptet ganz den sinn von ein.
7) nach sem, werden oder andern Wörtern auf welche der
nomi-atic folgt, kann der arlikel ausfallen : er Ist künig, wird
künlg geboren, herscbt als könlg; sie ist Jungfrau, als Jung-
frau gestorben ; sie ist seit gestern braut, er ist jetzt bräu-
ligam ; er ist noch kind, das kind Ist walse ; braut .stehn,
gevdiier stehn (2,331), wache stehn; zeuge sein; als edelinann
geboren, als betller gestorben ; er soll bürgermelster werden,
pfarrer geworden sein; er war lange zeit mitglled des raths;
sie ist Schauspielerin ; er ist liebhaber von lobak. dagegen
zieht man vor in andern fällen das ein beizusetzen : er ist
ein mann, ein redner, ein gelehrter, ein freund de.s hauses,
ein Schäfer, ein g.'irlner, ein Schuhmacher; du bist ein böte
des friedeoe, ein kind des todes.
musz! dertvisch ! derwisch musz?
kein mcnücii uiu.sz müssen, und ein derwisch müsle?
Lkssinu 2, 207;
du bist edelmann, geistlicher! scheint dringlicher, mahnender
gesprochen, es fällt stärkeres gewicht auf den gehalt des wortes
als treun ihn der beigefügte arttkel verallgemeinert: du bist
ein rdelmann, ein geistlicher, treten zwei subslantiva neben-
einander, to wird der arlikel absorbiert: er Ist hirle und
nachtwücbler im dorf; Ilaos Sacb» war scbuhuiucber und
dicbler.
S) fast wie vor jenem edelmann beurtheile man den stehen-
den oder fehlenden artikrl vor volksnamen. es heiszl sowol
er i«t F.ngl.1nder, .Spinijcr, Franzose, Jndc als er ist ein Eng-
länder u. i. w., franzmitrh laut sieh nur sagen 11 est Anglain,
Fr.jn\-ai», ohne un, trwieyrn stehen musz c'est im Franyal*,
Anglaift, wie nach unterm es i^l nuthucndig ein Fiaiizuse.
Engländer, eben weil durch ce und es die vurstellung etwas
unpersönliches und allgemeines annimmt. die gewöhnliche
nachdrucklose bezeichnung hat immer Ich bin ein Hesse, Sachse,
Schwab, doch im pl. wir sind Hessen, Sachsen, auch Les-
si.NG pflegt überall den artikel vorausgehen tu lassen:
eiil Jude wie ein Jude. 2,270;
dasz Itecha eine Christin ist. 204;
dasz sie eine Christin geboren sei. 295;
wer ist siel eine Christin, die
in meiner kindheit mich gepllegt. 348;
sei keinem Juden, keinem Muselmann
zum trotz ein Christ. 313;
ihr, das weisz ich, seid ein Wallon,
ihr ein Welscher, man horts am ton. Schillkr 327'.
oblique casus fordern den artikel wesentlich:
war einer Deutschen nur vermählt. Lkssing 2,359;
sie nennen sich eine Britin! Schiller 190*. mhd. beispiele
sind unhdufig:
der (gßr) von eime liiunen zuo im dar tif gescho;;en wart.
Nib. 1954, 3;
er was genant Hartman
und was ein üuwTre. Iw. 29;
und ist ein Liuhtenburgonois. Hei.ir. Trist. 74;
Sit ir ein Beheim oder ein Wint. Hetmbr. 776.
9) persönliche eigennamen haben oß den bestimmten arlikel
neben sich, wovon 2, 998 — 1003 gehandelt wurde, seltner den
unbestimmten, ein paar mhd. beispiele liefert NEiOHiBT :
mir schadet Gngclbolt
und dfr ineier .Mangolt
und ouch ein Ourtikart. ßsn. 391.
Durnkart ist Durlnchart, könnte also noch einen bezug ent-
halten auf Thüringen und dem bloszen Durinc nahe kommen,
neben welchem volksnamen das ein begreiflich erschiene, die
andere stelle lautet:
dar umbe wil si aber
ein Engelmär vertriben. 442,
mit verachtendem nebensinn, dieser EngelmAr it-ar vorher schon
im lied und in andern verschiedentlich genannt, erhöhenden
hat es bei meister Uumelant MSH. 3,55':
wa;r ich in künsten wise, also l'lato was,
ein Arisiotiles unde ein meister Ipocras,
üalenus undc ein Socrates, die wiseu.
die darauf folgenden namen stehn unarticuliert.
Vor nhd. eigennamen hat ein die bedeutung von talis, her-
absetzend oder auch erhebend: dasz unser junge nicht etwa
zum duckmiSuser wird, zu so einem Weisungen. Götuk
42, 258, vgl. so ein sp. 124 ;
läuft eine fiirsiin Ebolf gefahr,
umsonst und utierhori zu seufzen! Schiller 261*;
0 wie viel mehr ist mir zu glauben dann
erlaubt, dasz eine Gboli verleumdet! 280';
zu einem Nero und liusiris wirft
er ihren namen. 279';
wo der nebenbuhler Gustavs einen Thurn
und einen Arnheim vor sich fand! 342';
mir könnt es wenig helfen meines glucks
mich über einen Artiheim zu bedienen, ebenda.
erhöhend: so lange ein Lotlchen In der weit ist, werden
Ihre llcbeserklärungen nicht viel zu bedeuten haben. Gellert
3,52;
auch mir hat einst von einem Carl geir.iuint,
dems feurig durch die wangcn lief, wenn man
von frciheit sprach. Scuillkr 279*;
der freundschafi arme flamme
fiilit eines Posa herz niciu aus.
das schlug der gunicn munschlicit 30.')* :
das kann ein Lessing nlchl geschrieben, ein (idihe nicht ge-
dichtet haben, doch ist vorzuziehen ohne artikel Lessing,
Göthe. noch weniger empfieUlt sich der oberdeutsche gebrauch,
ohne allen nachdruck bei jeder nennung zu sagen: ein Les-
sing, ein Gt^lhe, ein Schiller und edler klingt der blosse eigen-
name, wie ihn Luther überall setzt: Saul hat tausend, David
zehnlausend erschlagen, von beiden fdllen des artikels unter-
scheidet sich das stärkere ein im sinne irgend ein, ein ge-
wisser: ich habe einen N.N, des namens NN gekannt;
ich li.ilie seihst
wol einen Si^mfen cliedcm gokaniil,
der Coniad liic^z. Lkssin« 2, til.
10) für den unbestimmten artikel vor dem voeativ des blo-
szen subilantieunis itvhcn nur einige mhd. bciipiclt zu gebot.
i
133
Em
EIN
134
genide, ein frouwe Minne, sprich i MS. 2,54*;
genäde, ein küniginnei Walths« 118,29,
icie der dichter seine geliebte anredet, vielleicht lassen sich
noch andere belege dieser formet hinzufügen.
willeliomen, Guniher, ein helt li; Burgondelant !
liib. 2299, 3.
neben svbst. und adj. werden die fälle häufiger sein, man sehe
hernach unter 15. 16 die fälle des voranslehenden oder folgenden
adj., nhd. stellen bieten sich kaum dar:
Jesu Christ, des vaiers glänz,
ein liecbt der armen heidenl gib. Ringwild erang. C2*.
hier sei angemerkt, dasz in der kanzleisprache ausdrücke icie
Obrigkeit, ralh, amt, gericht, und die fremden magistrat, senat
statt des bestimmten den unbeslimmten arlikel pflegen anzu-
nehmen, vorzüglich trenn ihnen noch adjecliva vorausgehen :
ein rath, ein weiser, hochweiser, hochlöblicher rath, eine
hohe Obrigkeit, eine hohe landesregierung:
gotl gmsz mir ein erbern weisen rat,
ein erbern rat nicht alleine.
darzu ein ganze gemeine. Uhlamd 10.
an ein eidgnoschafl. 442;
lob und dank mag er sagen
einr ganzen eiiignoschari. KoKaKv.shist.rolksl.S6;
das heiszet uns ein rhat dir klagen. H. Sacbs 5, 254';
was bat ein rhat beschlieszen ihnn?
ein rhat der bat geurteili blosz u. s. w. 275*.
davon liesze sich auch der vocaliv bilden : ein rath ! ein amt !
s. unter 15. gleich jenem 'eine hohe obrigkeit' scheint auch
GöTHE ZU setzen 'eine christliche gemeinde'. 56, 224. an Kestneril.
11) überall geht der hochdeutsche arlikel dem subst. voran,
kann nie hinter ihm folgen, beispiele des nachgesetzten artikels
sind nur in der ahn., insgemein zu Suffixen geneigten spräche
anzutreffen, seitdem ihre prosa dem arlikel sich bequemte,
durfte soKol einn madr, ein kona als inadr einn, kona ein
gesagt werden, ganz wie im latein quidam vir und vir quidam
zulässig ist. Samt. 170. 1S3 steht z. b. madr ein, 170 at firdi
einom, 200 einn dag. schwed. und dän. darf man nicht weiter
danach suchen, da sich die nachgesetzte einr.ahl mit dem sufßx
des bestimmten artikels mischen würde, in Otfrieds stelle
IV. 24, 21 : wir eigun kuning einan, anderan niheinan steht die
einzahl, nicht der artikel. desgleichen II. 4, 98. wenn aber
Opitz 1, 156 sagt : bei meiner guten freunde einem, ist dies
wieder kein artikel, sondern irgend einem, quodam.
12) es fragt sich nach ein vor dem subslanliviscli stehenden
infinitiv.
a) die wirkliche einzahl drückt wahre einheil oder handlung
aus: es ist ein thun; es geht in einem laufen hin; alle äpfel
fielen in einem schütteln nieder; ein steigen und der gipfel
war erklommen.
6) der artikel begleitet die Vorstellung von beginn und con-
tinuität des zustands, der handlung:
mhd. darzuo was mir ein trüren leit. Parz. 337, 15;
des begunde ein trüren rüeren
Parzival durch Iriuwe. 821,22;
dö gieng ej an ein reren. Eckenliet 110;
ald ej gät an ein sterben. 137;
daj se ein sterben niht vermeit. Parz. 128,22;
€j muoj DU an ein scheiden gin. 331, 2;
hie huop sich ein slriten. Im. 1020;
ein braten und ein sieden
huop sich in dem gevilde. tr. kr. 16212;
sich huop da michel ringen
unde ein brehten unde ein toben. 16409.
nhd. herr Müller gieng im scherze
ein wetten mit mir ein. Opitz 2, 46;
das war ein toben, war ein wüihen. Götue 1,211;
nun gieng es an ein rufen, laufen ; an ein scheiden und
abschied nehmen ; das war ein schreien, ein toben, ein lär-
men; das war ein fJüstem, zischeln; nun giengs an ein
erzählen, an ein fragen, an ein plaudern, an ein küssen ; es
gieng dahero an ein erzehlen. Pierot 2, 294 ; ich komme, wenn
es an ein tanzen, nn ein spielen geht ; er blieb nicht aus,
wenn ein saufen anhub. mit vorangestelltem adj. : gieng es
an ein gewaltiges nOthigen. Felsenburg l, 124. in oberdeut-
scher Volkssprache auch: das war ein treibens, tobens, sprin-
gens. es Idszt sich dazu auch der bestimmte artikel denken,
doch ist der unbestimmte hier ganz an seiner stelle, ahd.
würden oß gerundia entsprechen.
c) vor andern infiniliven verhält sich der arlikel wie vor den
übrigen Substantiven: ein leben, ein essen, ein trinken, ein
andenken u. s. w.
13) sp. 112 wurde davon ausgegangen, dasz seiner natur nach
dem Zahlwort der pluralis gebreche, wo es aber in die be-
deutung von quidam ausschlägt und fast artikelhaß wird, kann
er ihm allerdings zustehen, wie ahd. und mhd. beispiele lehren.
las ih iu in alawär in einSn buachon, ih wei; war. 0. 1. 1,S7;
uapiun thär ibie liuii einö brüiloufli. II. S, 3;
oub zalta in thiu sin guati bi einö brütloufti. IV. 6, 15;
Was ij ouh giwisso fora einen östorön so. III. 6,13;
i; ward er iu, äna wän, zi einen gibugtin gidän. 15,9;
tha; deta ih bi einen ruachon. IV. 1,33;
so er thö zi eiaia duron quam. 18,5;
ther enget bi einen libon sprah tbö sär zen wibon. V. 4. 36:
Sr was offeno mit tribus pueris in camino ignis (Irin chinden
in demo ovene des fftris) unde tougeno mit Machabeis (einen
wigmannin). N. ps. 36, 28, d. i. gewissen kriegem.
mhd. eine liute, biejen HebrÄi. kaiserchr. 11225;
einiu liute, heijent .\rima$pi. DiKaeR 366, 24;
Littouwen eine sint genant, livl.chr.325;
zu einen ziten daj geschach. En. (Mütl.) 1020;
in einen ziten ej geschach. Flore 147;
ej was in einen ziten, dö ttou Helche erstarp.
A'»6. 1083, 1 ;
ze einen sune wenden. 32,4;
zeinen pQngesten. /<r. 33;
zeinen stunden. 3361;
zeinen pfinzten da; geschach. Parz. 281, 18;
zeinen ziten dö ich bie für sie fuor. 460, 4;
dö muose in misselingen
Ton einen alten schulden, klage 114;
da; wart zeinen ern getan
froun Cunnewärn der künegin. Parz. 336, 2S;
sin rede und ir lachen
was gezilt mit einen sacben. 152,35;
wan da; ich mich einer dinge
sere bi in beiden schäm. uS. 2, 146';
in einen listigen siten. Sib. 670, 4.
nhd. anwendungen kommen nicht mehr vor, denn xh »örlem,
die nur im pl. begegnen, wie eitern, leute, ostern, fügen wir
niemals eine.
13\ bisweilen unterbleibt nach dem artikel das subst., als
bekannt vorausgesetzt oder mit euphemismus. beispiele werden
unter eins vorgetragen, fälle der auslassung nach artikel und
adjectiv folgen gleich unter 14. dem acc. einen bloszen, weiten,
braven, gescheiden entspricht der acc. einen lassen, einen
fahren, gehen, streichen lassen, emittere crepitum:
das ich zurisz hosen und schuch
und den köpf voller beulen siiesr,
auch oftmals einen faren liesz.
froschmevseler mS* (1, 14).
einen senden, entsenden kann heiszen einen boten, oder auch
einen pfeil, wir sandten ihm darauf wieder eine, nemlich kugel.
ich hab ihm einen (schlag) versetzt, eine (ohrfeige) gestochen.
14) unbestimmter artikel vor adjecliven. steht er vor dem
bloszen adj., so ist nach dem Zusammenhang das subst. leicht
hinzuzudenken: ein armer, ein blinder (mann); einan altan,
kümigan. 0. 111.4,5; was wünschest du dir? eine weisze,
eine rothe (rose, blume); ein ganzes, halbes (glas); er bekam
einen braven, einen tüchtigen (schlag); einen weiten (sprung)
geben {sich aus dem staub machen); einen bloszen schlagen
oder legen ; einen gescheiden (streich) machen und ähnliche
ellipsen mehr. Bemerkenswerth ist das, meistens mit voller
flexion, substantivisch gesetzte neutrum : er fordert ein weniges,
ein vieles; ich wollte zwar ein vieles zu ihrer defension an-
führen, allein wer weisz ob mit meiner treuherzigkeit dank
zu verdienen sei. Felsenburg vorrede; es mangelt noch ein
beträchtliches, ansehnliches; fehlt nur ein unbedeutendes; er
hatte ein erkleckliches, unglaubliches zu zahlen ; verliebte ich
mich nicht ein kleines in ihre absonderliche eigenschaften.
Jucundissimus 212; es geschah ein groszes; es macht ein
ganzes aus; es liesze sich noch ein mehreres beibringen;
das ist ein anderes ; so findet man mehrere stellen, welche
auf ein talkartiges hindeuten ... an den ablösungen läszt
sich ein glänzendes, festes beobachten, das man für nephrilisch
ansprechen möchte. Güthb 51, 12 ; ein rhombisch tafehirtigcs.
51, 49. hier dirße für ein oß auch etwas gesetzt werden.
15) schon in der älteren spräche erscheinai hin und wieder
adj. und subst. zusammen nach dem ein. ein annaj wib.
9*
135
EIN
EIN
136
0. II. 14, 94 ; samo so i; ein ruclih toum whre, velut Tumidae
caligationis incredibilis hahcretur aura. i\. Cap. 19 ; dock unter-
bleibt auch der arlikel, x. b. 6fan hühaj ki-rzstal. 0. II. 17, 18.
viel häufiger mhd.
ein wi^er pruiino pi Rom«
springil vili seöno. tncrigarlo 126;
ej wuohs in Burponden ein schceno magedin. Aib. 2, 1;
Kriemhilt was si geheijen und was ein schoene wip. 2,3;
rehie alsam ein schellec haso. Part. 1, 19;
wie strte ist ein dünne; is? 3, S;
di fQere ein Inngej more mite. 3, 27 ;
da; ist ein Treiudiu zeche. 5, 21 ;
ir was sin kraft ein ganze; her. 131, 20;
er mac goies riier gerner wesen
dann ein beirogener klostennün. Gregt 1363.
auftnerksatnkeit verdienen die fälle des vocalivs:
sine, ein guldin huon) ich gibe dir wei;e. Neidiiaht 40,1;
ein clbische ungehiure !
sprach si, du sist verwäjen. GA. 3, 75;
iroesi. ein söe;e minne, mich,
Sit ich helfe suoche an dich! MS. 1, 198*;
ach genäde, ein smiic wip,
ach genäde, ein ktineginiic '.
ach genäde, ein siieje frowe min,
ach genäde, ein süejer li|)! 1, 201";
daj bedenke, ein schaene; wip! 2, 183';
lache, ein rösevarwer miintl 1,10';
ich sach iiich ein älicniiückelin begän,
ein lumber gouchl daj ist noch nngerochen. 1,81*. 3/F. 309
(ICO das ein weggeworfen wird).
nu swiget, eine hübsche magei! Uhland 127.
nicht selten nimmt aber auch der arlikel die milte zwischen
adj. und subst. ein:
ouwc wie süeje ein arebeit! Waitu. 119, 24;
getriwe und ellcnhafl ein man
was Keie. Parz. 2%, 22;
s6 waer er küen ein man. Nib. 1993, SC; -
so rehie süejen einen leich. Trist. 13325;
wo! zebliiiwen ein man. Brit. 12449;
offenbar ein vieni. MS. 2, 228;
noch mehr belege wurden gramm. 4, 417 gesammelt, sivhlbar
gleicht diese construction der englischen good a man, great a
land oder der schwedischen und dänischen, gramni. l, 435.
heutzutage gehn wir ihrer verlustig, doch vgl. manch ein,
solch ein unter 21. nhd. überall: ein aller mann, ein volles
masz, ein schwerer träum, ein gutes herz, ein ganzes heer;
eines zarten kindes, eines schnellen laufes; einem vollen
glase, einem rothen tuche; einen guten abend, eine kleine
geduld, eine schöne frau;
zu nacht trieb mich die fantasei
in ein schwere melancholei. M. Sachs I, 417';
kluge schönheil, nimm die busze
eines armen sonders an. GCMTnER934;
Tür was drein gehl und nicht drein geht
«in prachtig wori zu diensten steht. Göthr 12, 96;
es crl)en sich geseiz und rechte
wie ein« ewge Krankheit (ort. 12, 97 ;
doch zu verjiin^'en gibis auch ein natürlich mittel,
allein es steht in einem andern buch
und ist ein wunderlich capitcl. 12, 120;
mein vater hinterliesz ein hübsch verinögen. 12, 162;
ihr habt ein schön geläute, meistet Mrt. ScHitLM 517*;
ein unTernfinflge» vich. daselbst;
ein gchwere« ungewitter ist
im anzug. UV.
beitpiele des voeativs mnngeh, sie müsten sich detin noch in
den anreden: ein liochlrihliches aint! ein hochweiser ruih!
finden, schweizerisch steht für ein noch eis, es d. i. eins : es
artig» chindli, es liebes cliindli, vgl. oben sp. 113. Zu bemer-
ken ist weiter, dasz unsre heutige prosa wie den bestimmten
$0 auch den unbestimmten arlikel von dem dazu gehörigen
adjecliv und Substantiv durch andere zwischeneintretende Wörter
zu trennen vtrmiig. es heisxt: ein uns allen theurer freund
kehrte gestern zurfick; das ist eine noch von vielen umstün-
den ahhängige Voraussetzung; so war das benehmen eine»
an hcrr und geist armen menschen, zumal bei parliripirn :
ein den i ' • irilchen widerstand leistender gegner;
eine dei ; leiile getinii enl«iprechende wähl;
ein von j der hlndl lieisz ersciinler tag; ein
mit nusgestirhten bliimen gesrliiiilli kies beet ; er lagerte sich
an einer dem nahen berg eiitspnidelnden (juelle; in einer
unaufliörlich bewegten zeit, der schriß eines anatomcn ent-
nehme ich folgende Schilderung : die brustdriise war in eine
rundliche, mehr als kindeskopf grosze, sehr bewegliche, flach-
knotige massc verwandelt, über welche eine nicht mehr in
fallen legbare, bläulich gefärbte haut verlief, fügungen, die
früher unmöglich gewesen wären, wie sie es noch den meisten
übrigen sprachen sind, heule aber uns gär nicht mehr auffallen.
161 das adj. bekommt die hinterslelle:
ahd. ein man fruatör. 0. it. 12, 1 ;
ein man alter. I. 15, 1.
mhd. der häi in sincr zSsewen hant
oio swert par; {bares, btoszes). Diemir 74,29;
6i mohi ein herze trürige j freude lären. Gudr. 1309, 4 ;
üf einen bcrc höhen, /"«ndi/r. 154, 37 ;
an eine wise lanjje. MS. 2, 5.5';
eine tohier guote {bonum). Mar. 158, 26-
eine stimme grimme, trt'yal. 2042;
und wiederum auch im vocativ:
nu wache, ein rittet höchgemuot! MS. 1,90*.
wie schon mhd. das adj. seltner nachlrill als vorangehl, wer-
den sich für jenes nhd. wenig stellen darbieten, ein geisliiches
lied beginnt:
ich weisz mir ein blümloin hübsch und fein ;
und Luther singt
von einer Jungfrau rein und zart;
auch Platen setzt einigemal das adj. nach, u,,/,,,, ■■i.ue ßexion.
wenn wir sagen eine mark fein, ein gülden rheinisch, eine
mark liibiscli, so ist hier das wirkliche Zahlwort, nicht der
arlikel gemeint.
17) mehrere adjective nebeneinander:
mhd. ein edeliu schoene frowe. Wai.th. 46, 10;
ein stark küener in;in. khige 202;
ein gfä wise man. Pari. 127,21;
ein strenge scharpf gerich. 330, 10;
ein reine siclec wip. .MS. 1,S4'.
nachgesetzt :
ein messe schinne unde lanc. Amis 1464.
das subsl. in die mitte genommen :
ein gräwer pricster alt. Pari. 435, 26;
ein sneller helt gnot. Nib. 2210, 2;
ein trüebej wölken unde die. a. Heinr. 155;
ein ragende; här rtiojvar. fi». 433;
alsam ein grisiu li'ihe grä. ir. kr. 10739;
ein schceniu frouwe puot. Buk. 390;
ein ziere wäfen breit. A'ift. 896, 1,
wo die flexion dem ersten adj. bleibt, dem zweiten entgeht.
die,<ien günstigen Wortstellungen lassen sich keine nhd. an die
seile setzen:
auf einem klar, glaslautcrn slram. II. Sachs i,'4tV;
wir pflegen heute zu sagen:' ein grauer, alter priesfer, eine
greise, graue taube, eine schöne gute fiau; nachgesetzt: ein
priestcr grau und alt, eine taube greis und grau.
18) beiderlei artikcl zusammen :
mhd. ein da; schoenstc gras. Iw. 334;
einen den liebesten man. 1315;
einen den küenistcn man. Bit. 7746
ein der schämest man. Wigal. 995;
ein der tiursie man. 3721 ;
ein diu hirliste lugent. MS.2, 175';
ein dn; beste wort. % 142';
Cr hie; werben eine die besicn von den riehen, fiiidr. 8, 3;
ein die nllersrhacnsie frouwu. Ai.TswKnT 22, 26.
nhd. erloschen, wir müssen adj. und subst. in den gea. pl.
oder mil der praeposilion setzen: «ine dof schönsten fraucu,
eine von den schönsten frauco, ^o^ 4|er,;Sckil|qstea münncr,
eins der besten worle n. s. w. .. .. ,
19) unbestimmter artikel und pofsessittum :
mhd. Owislitirg int ni\ iini geheij.tn,
die üiiliu ein ain .siiclaun. /ln/ic4S3;
er tach oinan siiion mAc gevalleii in da; bhiot.
A'ift. 4053, 2;
d,it sando im ein sin nriundin. I\tn. 13, II;
d<5 soll Olli h i\A iiereiio «In
;er ni^»»«! ein >in k.ippelAn. 87, 7 {
ein diu liir>i<' TiirkuniäU. 121,8;
den {denen) ktimt ein min gait le hA*. n:i, 21;
137 EIN
ich Tuor da her durch ein sia lant. 329, 18;
da; ein sin belfaere
in ir lande woere. 665, 27 ;
sus seile jener Tri'Stande,
ein sin laniman w»re d.i. Trist. 100, 14;
ich giebe R doch ze wäre
ein min lii von miner hant. 370,29;'
er und ein sin diene^inian. WigaL 220,31;
er fuorie ein sine lobier. Flore 429 ;
mir half ein iuwer laniman. g. frau 1225;
so sprichei ein sin nähgebür. MF. 29, 23;
da von sprach mei<ier Ovidius
in einem sineni buorhe al>us. Renn. 11449;
uns schribet nieister Vicgilius
in einem sinem buoi-be aisus. 17334;
(in) einer siner houbetsiat. tr. kr. 44121.
nhd. heisfiiele zeigen sich noch hin und wieder: und ist dieses
pracliciert »onien durch einen seinen fürnebrasten ratli. Me-
LAvcHTHoN 9. SSO; in einem ilirem wundöl. WCbtz prael. 52;
da aber berzug Bulejslaf diesen Suentipolk als einen seinen
nntertbanen acblele. Micrälius 2, 22". doch auch diese ge-
füge aiisdrncksweise geben wir jelzl mit dem gen. pl. einer
seiner Stiefsöhne, eine seiner freundinnen, wiewol ungenau, da
der sg. und das poss. nicht nvtliwendig auf mehrere schlieszen
lassen. Fleming s. 415 diehlete 'auf eines seiner besten freunde
geburtstag', aber in etwas rerschiednem sinn gestallet er sieh
auch s. 414 zu sagen 'auf eines seinen namenstag', hier wird
sein auf den besungnen, dort auf den besingenden bezüglich.
20) ein vor zahlen bei nümlioflmacliung oder beslimmung einer
qrüsze und Vielheit: da» kann leicht noch ein drei oder vier
jähre dauern; es musz noch ein vierzehen tage anstehen; es
mag leicht ein zehen thaler mehr kosten, ein fünf thaler we-
niger eintragen; wir wollen immer noch ein acht tage damit
warten ; der kurfürst zu Sachsen hat für sein land und leute
an zivenzig Juristen genug, dargegen musz er wol ein acht-
zehenhundert pfarherrn haben. Lutbers lischreden 1,14; da
hab ich ein vierzig rechte Appenzeller ochsen zusammenge-
kauft. GöTHE 11.11; ein achtelscentner dieses schwerspaths
habe ich aufgepackt. 27, 175; dieser redeyebrouch mahnt an
den sp. 114 erörlerlen und es scheint beinahe gleichviel zu sagen
ein jähr oder drei warten und ein drei jähre warten, dort
aber zählt das ein, hier ist es blosser arlikel, dort folgt hinler
dem ein das subst., hier folgt die zahl, dort ist das oder
unentbehrlich, hier kann es auch fehlen, man pflegt auch dem
mehr und minder den arlikel rorausgehn zu lassen: es ist ein
mehr von zwanzig gegen zwölf, ein minder von fünf gegen sieben,
sagen liesze sich vielleicht, dasz durch das ein ausgedrückt
verde ungefähre annäherung an die gemeinte zahl oder erreichung
derselben: es soll noch ein acht tage damit anstehen; es
kommt auf ein zehen thaler nicht an, d. h. ungefähr acht
tage, auf ungefähr zehen Ihaler, nicltl darüber hinaus; er
musz nan wol ein neunzehen bis zwanzig jähre alt sein, d. i.
gegen neunzehn oder zwanzig; wärest du doch ein zwei stun-
den früher gekommen. Adeh;.'«c schreibt hier 'eine', was als
pl. zu fassen wäre und dem 'einige' nahe stünde (s. einig 7),
doch ist wenigstens der heutige Sprachgebrauch entschieden für
'ein': ein eimer zwanzig wein. Schiller 131*;
gute freunde ziehen fort
wol ein hundert nioilen. Götbe 1, 135;
das reich ist, trotz ein vierzig landfrieden, noch immer eine
mördergrübe, 8, 39 ; doch kann ich heimlich ein zwanzig reiter
zu euch stoszen lassen. 8, 86 ; laszt ein fünfzig ausrücken
bis an die müle. 8, 94;
und klapperte sie {die thür) ein hundert jähr,
ich riegelte sie nicht ;u. 47, M.
21) näher in belrachl kommt die Verknüpfung des *in mit
andern pronominen. es ist sehr fiblich zu setzen 'ein jeder'
stall des bloszen, ganz dasselbe aussagenden jeder, 'eines jeden*
statt jedes, 'einem jeden' stall jedem, 'einen jeden' statt jeden
und wir sehen im gen. und dal. die schwache flexion rfaron
abhängen, denn im nom. jeder steckt das ursprüngliche -er
ron iegeweder, nicht die starke form, auf diesen unorgani-
schen, mhd. pnch unbekannten Sprachgebrauch mag das lat.
unusquisque einfiusz gehabt haben, in welcliem aber unns das
lebhafte pronomcn, kein lebloser arlikel ist; vielleicht trug auch
ein fehlerhaftes franz. 'un chacun' für chacun, in dessen schlusz
bereits ;in enthalten ist, zur verbreittmg unseres ein jeder bfi.
schon I.cTHER sehreibt:, also treiben sie gewalt mit eins jedem
hause und eins jedem erbe. Micha 2, 2, wo er doch jedem
EIN
las
auf hause und erbe zieht, nicht auf eins ; Mallh. 25, 15 da-
gegen : einem jedem nach seinem vermögen, späterhin hat
der ausdruck feste wurzel: ein jedweder von euch. Opitz
geisll. lieder s. 251 ;
so liesz ihn an dem flusz
ein jeder, samt dem kus. FLKii:<e403;
ein leder traue seinem sinne,
wer Amor sei, und wie und was. 515;
lieb haben (steht) eim jederu frei. lusl. geselUch. 1657 s.49;
ein jeder, der dies wunder liest,
zieh sich daraus die gute lehre. Geliert 1,61;
ein jeder, der mich kennt,
spricht: welcher Sonderling! Lissixe 1, 45;
ich freute mich bei einem jeden schritte
der neuen blume die roll tropfen hieng. Götrs 1, 3.
weit öfter begegnet freilich bei diesem dichter das ungefesselle
jeder:
doch ist es jedem eingeboren. 12,60;
das ist der ewige gesang,
der jedem an die ehren klingt,
den, unser ganzes leben lang,
uns heiser jede stunde singt. 12,80;
dem Volke hier wird jeder lag ein fest,
mit wenig witz und viel behagen
■dreht jeder sich im engen zirkelianz
wie junge katzen mit dem schwänz. 107.
wenig Wörter sind in unserer spräche, der form und dem ge-
brauch nach, so mishandelt worden wie das wort jeder.
Gleiche eonsIrucJion widerfuhr, doch schon früher, durch
vorgeschobnen arlikel den pronominen jedermann und jeglicher:
mhd. eim iegelicbea man. /lo. 2491;
nu jach des ein iegelich man. 3371.
nhd. also sol man thun einem jederman, der seins bruders
haus nicht erbawen wil. 5 Mos. 25, 9 ; er gab den weinberg
den hütern, das ein iglicher für seine fruchte brechte tau-
sent silberlinge. hohelied 8, 11 ; und der mensch gab einem
iglichen vieh seinen naraen. l Mos. 2,20; und alles was auf
erden kreucht, das gieng aus dem kästen, ein iglichs zu sei-
nes gleichen. 8, 19 und zahllose mal. ein jedermann. Opitz
geisll. lieder s. 96. auch Keisersberg omeis U': ein grosz-
mütige seel, die mag under einer ieglicher hut verliorgen
sein, gotgeb wie die hut ist, sie sei weisz oder schwarz,
doch unarliculiert 12': da ward Antonio fürbracht ein beses-
sener mensch, der vras gebunden, wann er iedermann fressen
wolt und ball wie ein hund ; und so in viel andern stellen, die
nl. bibel hol ebenfalls : gaf enen iegelicken vee zijnen naem ;
gink ut der arken, een iegelic tot zijns ghelijken u. s. w.
Ebenso schleppend, obgleich seilen, tritt dieser arlikel vor
mancher: ein mancher fauler tagdiebe würde nicht gern ein-
mal ein bein aufgebebt haben. Simpl. K. 720;
doch dasz ein mancher sich noch mehrers unierwind. 733;
beidemal in später zugesetzten stellen, es scheint schwäbisch,
weil auch Möbiee dichtet:
da ward vieles gelacht und gekost, da schlang sich ein mancher
arm um einen geschmeidigen leib und rauscht es von küssen.
idylle vom Bodensee s. 43.
besser klingt mit dem ein dazwischen manch ein arm, manch
ein liebliches kind; engl, many a man. s. unter 15. das
allgemein gangbare ein solcher, solch ein scheint dem franz.
un tel abgesehn : ein solcher mann wurde noch nicht gebo-
ren; solch ein fund ist unbezahlbar; einen solchen freund
hast du noch nicht gehabt ; einem solchen abenteuer bist du
nicht begegnet; ein sollich schwarz omeisziein. Keisersb. omm
14'; wisset ir nicht, das ein solcher man, wie ich bin, er-
raten künde? 1 Mos. 44, 15; ir solt aber ein solch lamb nemen,
da kein feil an ist. 2 Mos. 12,5; wer ein solchs macht oder
einem andern davon gibt, der sol von seinem volk ausge-
rottet werden. 30, 33 ; und ob ein solch as fiel auf samen
den man geseel hat, so ist er doch rein. 3, 11, 37. das solch
ohne arlikel überwiegt aber bei Lcther. in denselben stellen
findet sich nl. een sulk man, een sulk lam, een snike, een
sulk aes. solch ein mann, solch ein glück entspricht wieder
dem engl, such a man, such a fortune. gleichviel mit ein solich
15/ ein semlich omeisziein, ein semlicher mensch. Keisersberg
omeis 15*. welch ein glück, welch ein unglück! qnalis. ein
so groszer mann I umstdlbar in so ein groszer mann I
herr dorior, das ist schön von euch,
da<z ihr uns heute nicht verschmäht,
und linier dieses volk^gedr.'lng,
aU ein >o hoibgel.ilirler. pchi. Göthr 12,55:
so ein bramnrbas und eisenfrcsscr. Schillkr ."525'.
i39
EEV
EIN
140
was für ein, aitirufrnd oiler fragend, kaini die stelle von welch
ein vertreten, «ie seiion ap. 125 ffeatiijl iil,
Wiis wird es fur ein irunklein sein? If. ^^«chs I. 4(>6*;
der .»chöne Lnipe nn-nstli ! wa« fiir ein fem pc^ichi,
und Wüs für au;;«.'!! Ii.il er iikIii! Gkllkkt I, 199;
die grälin? was für eine griilin? Lessi.sg 2,162;
ch ich einniiil wcisz,
was für ein Snniren euer vaier denn
gewesen isi ! 2, 287 :
was für ein lundsmnnn bist du jnger? Schillb« 32T;
w.'is ist da« fiir ein linnen,
als wuiin die biencn scinvnrinen?
heisxt es aber blosi so einer, solcii einer, welch einer, was
für einer, ohne suhstanlivum, so ist einer nicAr als arlikcl,
das vollere fironomen.
fioch andere yronominaUieijriffe, indem sie substantivisch
werden, selbst adverbia und plirasen nehmen den unbestimnilen
artikel an : ein etwas, ein unuussprechiitlies etwas nahm mich
ein; ein etwas. Bkockes 2, '0; ein grün verwirrtes etwas.
2,294 ; ein ich weisz nicht was 1, 101 nach dem franz. un je
ne sais quoi;
ein unaussprechlich süsz ich weisz nicht was. BnocKKs2, 39;
ein fingcnchin ich weisz nicht was. 5,63;
«ind lasz ihm Ton den Charitinnen
ihr reiizend ein ich weisz nicht was
in alle wort und mietien rinnen,
denn schonhcit ohne dies ist glas. GÖ!4Thrr238;
wenn man ein das ist wahr gesagt. Brockes 2, 294.
ich habe es ein paar mal wiederholt; ein drei, viermal sagen
müssen ; ein etlicli mahl beklagt. Rt!«GWALD laut. warh. 65 ;
ein etlich mundvoll. 66.
22) endlich sei hier noch der kürzung des unbestimmten
arlikels gedacht, wie das engl, one als artikel die geslull a
annimmt, war es natürlich dasz auch unser im artikel seines
tons verlustige ein weiteren Verdünnungen unterlag, so macht
die bairische volksprache aus ain, aines, ainer, ainem, aincn
unbetontes en oder e, es, er, ein, en, worüber Schmf.i.ikrs
mundarlen §. 769 nachzusehen sind, den schweizerischen brauch
gibt Stalder landesspr. s. 89. 90. 91 an, zu Bern hört man ne
maa, ne dochter, nes chind für ein mann, eine tochter, ein
kind. die tnhd. dichter gestatten keinerlei kürzumj des ein,
im vorigen jh. hat Klopstoc» sie einzuführen gesucht und selbst
in feierlicher ode nes, ner, nem, nen für eines, einer, einem,
einen gebrauehl:
und so machten sie ihn zunem gott. 2, 156;
ich war die schuldige, folgt ich,
gleich Der sllavin, ihr nach. 7,5;
denkt euch den kupferstich von einem gem.^hlde, der ähnlich
w,ire Der gallischen dolmeischung aus dem dichter Acbäas.
7,320;
macht ihr Im Staat die rernunrt zuner göttin, so hcITe der
arzt euch,
wenn er dies schwere vermag, wieder zu der Vernunft.
7, 324 ;
auch in der gelehrtenrepublik und in den grammalischen ge-
sprochen liest man einigemal ne für eine, in zunem gott,
luner göttin scheint er das geringfügige durch die kürzung
auszudrücken, doch folgten Klopstocüs beispielc kaum andere,
selbst Voss und Bürger nicht.
die stellen klug, wo sie zur weide gehn,
ne Vorhut aus. Scuillrr 517'.
der niederdeutschen volksprache sind diese n, ne, nes, ner, nein
ganz geldußg, t. son, sonne sp. 124 und noch stärker ist die
gänzliche uieglassung des ein in mal für einmal (s. dieses
wort), ähnlich ist das neapol. na vota für una volta, etwas
anderes aber die kürzung des cineiiie in eiiiie {sp. 113) und
die des bestimmten arlikels in am, zum, beim, im für an dem,
zti dem, bei dem, in dem, gerade diese althergebrachte Ver-
engung scheint der des ein hinderlich, obschon sich zun» und
beim von zunem, beinern untersdiieden, unterm, hinterm ton
unternem, hinternem.
EI.N, n. rei unica, eni, natura, wesen: den tr6st gotcs
in die sele drücken, daj gi koincn inüge in ir einige; ein.
EcknART 39C, 37;
Lrin nien>ch mir hplfen mag auf erden.
nur du allein, du hmt mein einiget ein. .4m6ra«er /b. <. 270;
ein recht verdn«*zlich greite« ein. liHorKt» 2, 430;
ein lolchei lu«t und werhAellose* ein. 3,672;
ieder fur teio einzig* ein. 4, Sit;
ich halte dich, mein einiir ein.
G. An.'^oLU gritil lubcüfunktn lOii<>. 209.
EIN, mit der praeposition i n unmittelbar verwandte Par-
tikel, von dem ursiirung beider kann jedoch ausführlich erst
unter in geredet werden, hier nur folgendes, die goth. prae-
position lautet in, das adv. inn, die altn. praep. \ (=x in),
das adv. inn, ahd. wäre ein unterschied zwischen der praep.
in und dem adv. in möglich, ist aber noch unbezeugt. das
mhd. adv. schwankt zwischen in und In, jenachdem es auf bin
hin sin oder auf min din sin reimt, die praep. hat immer
in, Laciimann hat auch iVffc. 235, 4. 250, 4. 3ii3, 4. 821, 4 dafür
in angesetzt, nicht bewiesen, die Schwankung aber gleicht der
zwischen drin «iirf drin tribus, küncgin und künegin. Mecen-
BERG, der für i ei, für ei ai schreibt, gibt der partikel immer
in, nie ein. nhd. behauptet die praep. in, das adv. ein, für
die praep. ein wüste ich nur aus Riemers pol. colica s. 31
anzuführen: was er unterdes befohlen, das war nunmehr ein
der liand ; allein s. 243 liest man : in der band geblieben und
jenes scheint schlecht nach einhändigen gebildet, nd. und nl.
steht für beide, praep. und adv., nur in.
Jenes inn liesze sich mit in vereinbaren nach den zwischen
brinnan und branjan, rinnan und irnan u. 5. w. aufgewiesenen
analogien {GÜS. 8541, noch eigentlicher entspräche der Wechsel
zwischen künegin, künegin «nd küneginne (^romm. 2, 319. 320),
der zugleich den verhalt von in aufklarte, auch mhd. und
uhd. sind von der form inn die Wörter innen, innig und In-
nung übrig geblieben.
Man hält zu in das gr. ir, zu ein aber eis, is, dialectisch
ivs, doch steht beiden gr. ausdrücken praeposittonskrafl zu,
während unser ein blusz adverb ist. auch wohnt dem iv die
Vorstellung der ruhe, dem eis die der bewegiing bei, welche
unserer praep. in beide zustehn. gleichwol bleibt die höhere
beiührung aller dieser partikeln unleugbar.
Shd. ein findet sich stets in nahem bände mit andern Wörtern,
1) mit der partikel aus: ein und aus, vgl. aus und ein.
th. 1, 819 ; weder ein noch aus, aus noch ein wissen, nescire
iiuorsum cat, intro an foras ; gleich dem jüngsten leiden-
schaftlichen menschen, der nicht wo ein noch aus weisz,
rannt icii die gassen hin und wieder. Göthe 23, 131 ;
dann niemand weisz wo ein noch aus. 41, 57.
keinen bescheid wissen, in unruhe sein, sich nicht zu helfen
wissen, aus der haut fahren mögen.
2) mit andern partikeln, denen sich ein anfügt: darein und
gekürzt drein, herein und umgedreht einher, hinein und ge-
kürzt nein, worein, sie stehn sämtlich an ihrer stelle beson-
ders abgehandelt.
3) mit dem acc. sg. verschiedncr Substantive, namentlich
jähr ein : und diese gcbete florieren jähr aus, jähr ein bei
ihr. Geliert 3,145; jähr ein, jähr aus steckt er in tiefen
schulden; ich plage mich jähr ein, jähr aus;
da wurden erst die söline klug
und gruben nun jähr ein. jähr aus
des Schatzes luiiner mehr heraus. BfiRSRR 77*.
biinmcl ein :
I.1SZ mein schreien kr.iflig sein,
dasz es dringe liimmel ein. Opitz ...,
wie er sonst sagt himinel an, vgl. himmelwärts,
feld ein : er kam mit ihm feld ein, quer feld ein ;
vom ii.ihcn l;irni empor gescheucht,
lüld ein und aus, heri; ab und nn
ge.Htiruiigt, verfülgl, doch uiiiTreicht
ereilt da.s wild des aiigers |iluii. UCrcrr 70'.
herg ein : der hasc lief berg ein ; wir steigen berg ein, irie
sonst berg au, berg auf.
wald ein: wir wenden uns wald ein;
den |iilgi'iiM. wvlilien du siehst auszor wegei wollen
und irrig gehn wald ein. Upitz...
noch andere sind denkbar, boden ein, grund ein, land ein,
thal ein, wofür t'i kii.as dala|) und sonst ze tal, wie ze b?rge.
ufl heiszt es volter: ins feld hinein, in grund und boden
hinein, bis in den iiiinmel, bis in die wölken hinein.
4) sehr häufig ist die überall trennbare Zusammensetzung
mit verbis, d. h. denen sich die partikel nur in indirecter rede
praefigiert, in dirtcter aber getrennt nachsetzt, i. b. eingeben,
r"n;. daKZ icii eingehe, pari, eingehend, eingegangen, praes.
ich gehe ein, imp. geh ein ! oft ist dann noch neben dem
ein die praep. in mit dem verbum ausgedruckt, s. 6. in das
haut eingehen, in die saiten eingreifen, der feind hr.irh in
die Ktadl rill, statt welcher pleonasmen dem latein entweder die
praep. neben dem verbum, oder die tusammensettung mit der
141
EINACKERN — EINANDER
EINANDER
14^
parhkel, wodurch die praep. unuölhig wird, genügt: ire in
dnmuai, ingredi domum.
51 gani untrennbar sind iusammenselzungtH mit dem nomen:
einband einbrucb einbusze eindringling einfahrt einlall ein-
flusz eingäbe eingang eingusz einhält einkebr einklang einkünfte
einniäiker einnähme einrede einsatz einsiebt einscblag ein-
scblusz einschnitt einspräche eintrag eintritt einwand einge-
weide einwohner und die adjeclira: eindringlich eingedenk
einheimisch einsichtig einstimmig, verscltiedenllich haßet noch
die organische form auf in: inbegrif (neben einbegreifen) in-
brünstig inland inländisch inheimiscb inmärker ingeweide In-
wohner inzicht u. a. m., wofür belegslellen ivi I erfolgen.
6) nach dem was schon sp. 73 und 112 bemerkt wurde, mengen
diese Wortbildungen sich mit den von der eiuzahl herzulei-
tenden, z. b. einauge einbaum einback einander einäugig ein-
falt einrällig einhändig einbeit einhellig einmütig einseitig ein-
tägig eintönig u. a. m. mehrmals können beide formen diciit
nebeneinander treten, z. l. einhändig unimanus und einjiän-
digen tradere in vianus; einarlig unius generis und einarten
ingignere; einback semel coclus, einhacken incoquere ; ein-
bändig unius copulae und einband involucrum; einzah! nu-
merus singularis und einzahlen numerando indere; ja zwei-
felhaft möchte scheinen, ob einstimmig unisonus nicM von
einstimmen concinere, eonsonare hetstamme. hier zeigt sich
wieder berührung zwischen ein unus und ein, in, in {sp. 112).
ahd. mhd. sondern sich ein tmd in (in), in einzelnen schrißen
Keisebsbergs hol das Zahlwort ein, die partikel yn, z. b. rnbil-
dung, ynnemen. Fbisiis und Maaler bewahren ebenfalls das
richtige gefühl ßr den unterschied beider Wörter, indem sie
die zahl ein, die partikel eju, also einfalt, einhellig, aber eyn-
brocken, eynbrünstig schreiben, nur ist yn und eyn verwerf-
lich und üliel gewählt, um das mhd. in auszudrücken. Dasy-
poDiLS umgekehrt unterscheidet eyner, eynäugig ton eingang,
eintrag ; welche Verwirrung I übrigens werden auch tat. com-
posita mit in, das bald unsrer partikel, bald privativem un
entspricht, mitunter zweideutig.
EINACKERN, inarare, körn, dünger, unkraut unter die erde
ackern, unterackern.
EINAMBERN, ambra odorum facere: die Springbrunnen
spritzten eitel eingeamberl wasser aus. Lohe.nstei.n Arm. 1, 644.
EINANDER, unbiegbare, aber woUauiende und bequeme Ver-
knüpfung des subjects ein mit dem obliquen casus, d. h. dem
ursprünglich vom verbum des subjects abhängigen: der eine
liebt den andern, der eine sagt dem andern = sie lieben
einander, sie sagen einander, gewöhnlich mit Vorstellung der
gegenseiligkeil, so Jasz einander auch inricem, mutuo bedeutet.
I) wir dürfen släil der veiknüpßen immer auch die lose,
volle form gebrauchen : einer oder der eine ist des andern
freund, einer liebt den andern, gibt dem andern, so lat.
alter alterius. alter alleruin. alter alteri oder alius alius,
alius alium, alius alii; it. Tun l'altru, sp. el uno el otro,
prov. l'us l'uutre, franz. Tun lautre, dat. l'uno al altro ; bühm.
jeden drubebo, jeden druhemu, poln. ieden drugiego, ieden
drugiemu u. s. w. altböhm. findet sich auch druh druhu. diese
neueren sprachen wechseln mit dem pronomen, während die lat.
alter oder alius im subject und obliquen casus behielt, so findet
sich auch gr. eh iva, z. b. 1 Tliess. 5, 11 eh rbv ii-a, ganz wie
lit. viens viena oder kitts kitia =< alter alterum, letl. zits
ziltu, neben weens ühtru. welsch y nuill y Hall, unus alte-
rum, vom ir. a cheile, aruile, alailiu gleich nachher, armor.
ann eil bag egile = Tun et l'autre. mehr liegt uns an den
deutschen brauch zu beobachten, der golhische ist erst in den
episleln klar geworden: anjjar anjtaris. Eph. 4,25; anjiar an-
Jiar.'ina. hiiliy>p. 2, 3. 1 Thess. 5, 11, in der letzten stelle also
gegen das tis i'%a des texles, so dasz an|)ar an|)arana dem
Golhen geläufiger war. ahd. im sul>j. ein, nicht mehr andar,
das oblique andar fleetiert: ein andarun, ein andaremu. bei
N. oß im pt. ein andere, ein anderiu, ein anderen, zuweile»
auch mit ßectiertcm ein: einemu andermo, ;)/. einero anderro
und einen anderen, alts. findet sich llel. \ih. IT ni mag that
man udrumu giseggian, nicht kann das ein mann, jemand
dem andern sagen für in udrumu, wie es mlul. hiesz: man
manne galt für einer dem andern, ags. pflegt him betveonan.
goth. du sis missö, mhd. under zwischen gesetzt zu werden,
engl, aller gilt eacb olher d. i. jeder den andem, wie ulln.
hvor annan, dal. bvor üdrum, neutr. hvert annal; schw. hvar-
annan, dän. hinanden. nnl. elkander und nialkander, d. i.
Biallic, manlic, gleich jenem alts. man für ca.
2) es lag nah ein an andar zu schieben und die flexion von
ander fahren zu lassen, mhd. gilt fast allerwärts unveränderliches
einander, woßr es keiner belege bedarf, wer getrennt ein sinn-
loses ein ander schreibt, weisz nicht wie es um diese form
beschaffen ist. schon im sanscrit wurde anja 4- anja x« an-
jonja verschmolzen und im gr. a/J.r)uay, d/J.ij/.oii, ak'f.r^kovs
musz ä).).os doppelt stecken, das zweite oblique wort flectierl;
ein nom. äJJ,r,).oi wäre so unmöglich, als ein ahd. nom, einan-
dere, was nur im acc. gelten kann, auch das ir. cheile, acheile,
alaile enthält eine dunkle Verschmelzung, eile entspricJit dem
lat. alius und bezeichnet gleich dem sl. dnigi zugleich einen
freund oder gesellen, in alaile, welschem ilali seheint wieder
zweimal alius enthalten.
3) die versclimelzung einander hatte zur folge, dasx verbum
und pronomen aus dem sg. in den pl. übergieng. wie neben
jenen gr. gl. a/J.rXcav, aÜJ\).Qii, aiXr.)Mvi kein sg. mehr
erscheint, begegnen schon ahd. die angeführten pl. formen,
während es im gesonderten und vollen ausdruck heiszt : einer
kennt den andern, der eine folgt dem andem, zwingt das
gleichsam den adverbialbegrif mutuo annehmende verbundne
einander zum pl.: sie kennen einander, folgen einander.
mhd. da; si nienc niohien
einander eotwicbeo. Iw. 4945 ;
si wären der schilte
einander hurte milte. 7132;
si tuooi doch sus einander we. Pari. 2t>4, 30;
unser Täir gebruoder faiejen.
die nihts einander lie;ea. 324, 14;
einander liefens an. Sib. 212, 2;
y\\ güetlicbe einander dö fuorten si Ton dan. 1248, 2.
nur ausnahmsweise dauert die flexion fort:
nieien blüeie und ouch ir göete
sint eioandern wol gelich. ~ MS. 1, 31" ;
«nd hier wäre auch ein andem zu schreiben verslallet, ton
diesem einandern tauchen nhd. noch beispiele in Oberdeutsch-
land, zumal in der Schweiz auf, wie Maaler 99' lehren kann ;
Keisersberg und Lltheb haben nur unveränderliches einander
in der bedeulung des dal. und aee., die* sielt leicht unter-
scheiden lassen.
also hangt ie eins an dem andern und bitten einander,
'lieber, hilf mir, das ich einen genedigen berren hab'. s. d. m.
15*; verantwurten und bescliirment einander, ie einer den
andern. 15", wo dem verschmolznen ausdruck nachdrucksam der
volle hinzugefügt ist; das gute und trewe einander begegcn,
gerecbtigkeit und friede sich küssen, ps. 85, 11 ; sie wuchem
und übersetzen einander. Ez. 22. I2; und beider künige hen
wird denken, wie sie einander schaden tbun. Dan.il, '2'; und
küsseten einander. Tob. 9,8; wenn freunde einander feind
werden, so bleibet der gram bis in den tod. Str. 37. 2 ; auf
den tag wurden Pilatus und Herodes freunde mit einander,
denn zuvor waren sie einander feind. Luc. 23, 12 ; auf das
auch ir einander lieb haliet. JoA. 13. 34; und als wir einander
gesegneten, traten wir ins schif. apust. gescJt.il, 6; wider die
wollen wir einander getreulich bebulfen und beratben sein.
ordn. des reicfis von 1512 §.2; wir sind einander unentbehr-
lich geworden; wollt ihr einander haben?; einander um-
fabcn, umannen.
Wenn zwei subjecte nebeneinander sieben, darf das verbum
auf eins derselben bezogen in den sg., oder auf beide bezogen
in den pl. gesetzt werden :
mhd. dö gewan einander künde ril manec riier unde meit.
Mb. 54ü, 4 ;
d<'r wiri und lier G.iwein
w.iren einander liep genuoc. I«. Till:
in der ersten stelle halle es auch gcwunnen, in der zweiten
was heiszen dürfen, nhd. so dasz blüe und frucbt einaniler
allzeit nit entweichen kan und immer zu blüet und frücht
gefunden wird. Fbas» weltb. 16', wo wiederum können für
kann zulässig gewesen wäre, der sg. gibt jedem der beiden
gleichen theil, der pl. faszt sie zusammen.
4) es fragt sich nach der häufig mit dem einander verbund-
nen praeposilion. ahd. kunnte auf zwiefache weise verfahren,
die praep. sowul in die mitte zwischen ein und andar, als
auch vor ein gesetzt werden, den ersten, der biegbaikeit des
anilar entsprechenden fall belegen folgende beispiele: ein widar
andt-remi). /><«<. 2, 2^»'; ein ingagan andreino. §1. Doc; endi
hreofun ein zi autlreniu. Itid. 49. 14 ;
Kitli «ui ZI andrciiiu. U. IV. 12, i:t: V. 10. '>4;
ein .'•Uer andereuio giang. 0. ill. IT, ij,
ein grfgea aaderui«. ü. Aiisi. Il3.
^ill$
EINANDER
EINANDER
144
den zweiien fall bezeugt zumal Nutkilr: zeinanderen. ps. 11, 3;
diu du iD eiuuaderiu geüubten habest. Boeth. 177 ; die gedoh-
tenen ringe in einandere. Cap. täl. doch liefern auch schon
die älteren ylossen: untar einandrcmu, ingagan einandrenio.
Mhd. und nhd. findet der erste fall nur statt, wenn beide
vorle unverknüpß stehen, der zweite dagegen, wenn sie in ein-
ander veiknüpß sind, es heiszt also der eine sah zum an-
dern, sie sahen einer zum andern, aber sie sahen zu einan-
der [stellen angezogen th. 1, 453). Die letzte uns hier allein
angehende construction musz nach den einzelnen praepositionen
genauer behandelt werden, man kann sie verbunden oder ge-
lrennt schreiben, doch scheint jenes ricliliger, da einander au/^
gehört hat nominal zu sein und adverbial geworden ist, folg-
lich auch von der parlikel nicht mehr, regieit werden kann.
a) aneinander, es seind die menschen, sehen irs, die sich
also aneinander henken in Losen Sachen. Keisersb. s. (/. m.
14*; soiiehe fule rotten henken sich aneinander. 15*; ein stolz
herz ist dem hcrrn ein grewel und wird nicht ungestraft blei-
ben, wenn sie sich gleich alle aneinander hcngen. spr. Sal.
16,5; und ich wil die Egjpter aneinander heizen. Es. 19,2;
un*d war ein rauschen von den flügeln der thiere, die sich
aneinander küsseten. Ez. 3,13; aber sie werden doch nicht
aneinander halten. Dan. 2,43; sich aneinander reiben;
der schmerz schlug meine zahne knirschend aneinanJcr.
Schiller . ..
mehr nocit i, 31S.
6) aufeinander, und hallen sich zusammen als weren sie
ufeinander geschmidet. Keisebsu. s. d. m. 15*; felsen liegen auf-
einander ; lange reihen folgen aufeinander ; die krieger drangen
aufeinander, vgl. l, 636.
c) auseinander, alles stob auseinander; das beer geht aus-
einander ; ich weisz nicht, wie ich mit ihm auseinander komme ;
die fugen sprangen auseinander, vgl. 1, 850.
J) beieinander, mhd. der jüger biten wart bleinander niht
lanc. iVj6. 874, 4. nhd. in clöstern oder sunst in gemeinden,
da vil menschen beieinander wonen, da weisz man wol was
murmlen ist. Keisebsb. s. d. m. 16'; wir bleiben beieinander
wohnen; beieinander schlafen; die gesellschaft ist nicht mehr
beieinander; denn ire habe war zu grosz, das sie nicht künden
beieinander wonen. 1 Mos. 36, 7 ; kiihe und beren werden an
der weide gehen, das ire jungen beieinander ligen. £6. 11, 7.
vgl. 1, 1367.
e) durcheinander, alles läuft durcheinander; man rennt
durcheinander; und gut also durcheinander, als die maden
in einem kes. Keiseksb. s. d. m. 9* ; das plappert durcheinan-
der, dasz man kein wort versteht;
nun zu sehen das alles, auf mancherlei wagen und karren
durcheinander geladen, mil Übereilung f;ulliichtet.
GÖTHK 40, 239;
bücher, kleider und hausgeralh lag durcheinander geworfen.
f\ füreinander, leben und sterben füreinander ; ihre herzen
sciilugea füreinander;
nie hat zwei schönre herzen die naiur
gebildet nireinander. Schiller...
g) gegeneinander, die kämpfer slehn gegeneinander; gegen-
einander halten ; vergebe ihnen golt, der sie und mich und
den fürstcn einst gegeneinander stellt. Schiller 190';
lockie die ncugicr nicht den menschen mit heHigen reizen,
»agt! erfuhr er wol je, wie schön sich die weltlichen dinfje
gegeneinander verhallen? Gütiie 40, 237;
stehen wie felsen doch zwei mäuner gegeneinander! 40,27.5.
h) hintereinander, hintereinander sein; hintereinander her;
und so mustc der Braune die vielen spöttischen wurio
ll^oiereinaoder veruehiuen und koanlc vor schmerzen nicht
reden. Götuk 40, 31.
i) ineinander. z«o kelen von feinem golde mit zwei enden,
aber die gelicd ineinander hcngend. 2 Mus. 28, 14 ; und die
thör im tempcl war vicreckct und war alles artig ineinander
gefügt. Et. 41,21;
wenn im unenMlHiii'n fl.KK-Dx!
•Ich wiederhi'l /:,
das t.iiisendj 'I:
•ich krallig iiiL ..; iiliohzt. (juTUB...;
flu Wo sich nemlich kaiholiken
und Protestanten ineinauUer fchicken. 2, 22'i.
füget eure liünde ineinander!
k> miteinander, Schweiz, mittenand. alle miteinander, wie
alle zusammco; der erst mensch Adam int durch den frasz
»erfurel worden, dardurcb wir alle miteinander verfnrt »ein
worden. ktisKftf«. s.d.m.y-, »u er im doch die luiliinandci
wol heilen möcht. 8'; ein mensch sol nicht allein lugen, das
er der schedlichen blättern ahkuinme und sie meide, sunder
er sol darzu fechten, das er ir aller miteinander abkumme.
daselbst; also liengen sie an miteinander zu betten. U"; so
kompt denn und lasset uns miteinander rechten. Es. 1, 18 ;
ein kleiner knabe wird kelbcr und junge lewen und inastvieh
miteinander treiben. 11,6; und alles fleisch miteinander wird
sehen, das des herrn inuiid redet. 40,5; ich wil auf dem ge-
lilde geben tennen, buchen und buchsbawm miteinander.
41,19; aber die gelzenmacher müssen allesampt mit schanaeii
und höhn bestehen und miteinander schamrot hingehen. 45, 16 ;
lasz sich versamlen und komen miteinander erzu die beiden
der beiden. 45, 20 ; alsdenn werden die jungfrawen Irolich
am reigen sein, dazu die junge manschaft und die alten mit-
einander. Jer. 31, 13; mugen auch zween miteinander wandeln,
sie seien denn einsunlernander? Arnos 3, Z; da sie so redeten
und befragten sich miteinander. Lttc. 24, 15; es ist schon ein
feil unter euch, das ir miteinander rechtet. 1 Cor. 6, 7 ;
wo ist denn heut ihr (der anemone) schmuck ? ihr wollust-
volles h.iupt ?
und miteinander sie? sie ist schon abgeleiht. Flrhing 135,
sie miteinander, ihre ganze gestall zusammen; der deutera-
gonisl konnte derselben (personen) gar wol mehr als eine
vorstellen, wenn sie nur nicht miteinander zugleich erschei-
nen durften, aber miteinander zusammen spruchen in dem
ganzen drania deren nicht mehr als zwei. Lessi.ng 6,313;
sie müssen miteinander Tort. Götub 1,200;
Lehalie du dein ganzes gliiok
und deine siege miteiiiauderi Göki.>(;k 1, 15,
d.i. alle zusammen, samt und sonders;
da mag denn schmerz und genusz,
gelingen und verdrusz,
miieinander wechseln wie es kann.
nur rastlos hethaligt sich der mann. Götur 12, 88.
miteinander gehen, es miieinander wagen, miteinander essen.
/) nacheinander, verncment sie kürzlich nacheinander. Kei-
seksb. s. d. wi. 2'; durumb so wil ich dise drei fragen nach-
einander verantwurten. 3'; also sollu sieben tage nachein-
ander teglich einen bock zum sündopfer opfern. Ez. 43, 23 ;
er trank sieben gläser nacheinander ; wir verlieszen alle nach-
einander das haus.
TU) nebeneinander, nebeneinander gehen, stehen, liegen,
schlafen.
n) übereinander, übereinander legen, stoszen, werfen ; wir
weifen es übereinander, als mau schiichicisten wirft in ein
sack. Keisersb. s. d. m. u'; alles fiillt, stürzt übereinander;
übereinander klagen, sich beschweren ;
der sl.'imme ni.Tchti(,'es dröhnen,
der wurzeln knarren und g.iliniMi!
im fürchterlich verworriieu lalle
übereinander krachen sie alle. Göthk 12, 207.
o) umeinander, sich umeinander kümmern; das dieselhigen
alle umb einander reden. Es. 14, 10, d. i. einer nach dem an-
dern; die knoten umeinander schlingen.
p) untereinander, alles untereinander werfen, mischen,
mengen ; der pObel, die schünde des menschlichen geschlechts,
mag untereinander zürnen. Lessing 2, 374 ; sie stritten lebhaft
untereinander.
q) voneinander, wir schieden traurig voneinander; ihr sidit
voneinander getrennt werden ; da der streng richter die giiien
und bösen voneinander scheiden wirt. Keisersb. s. d. m. U';
wer reiszt uns voneinander?
r) voreinander, voreinander gehen, stehen, laufen :
diu ros nach Stichen Iruogen di<i riehen kOnegcs kint
beide füreinander, saiu si wiuiu cio wiiit. Nib. 184, 2.
s) widereinander, die vier winde unter dem hiinmel stür-
meten widernandcr auf dem gioszen mecr. Dan. 7,2; sie
slrillen, redelcn widereinanticr; die obern zä Jerusalem mur-
melten widereinander. Keiskrsii. s. d. m. 17*
<) zueinander, guth. du sis missö.
m/id. sui wa« In luoeinandcr gfir. Iw. 1013;
dA ir ing«>indu ziioein.tnder drnnc. Nib. 207,3;
man bat si zuoeinander an dem ringe stAn. M8, 3;
es kommt auch zeinander und zuozeinander vor. wit stehen
alle zueinander; hielten beslilndig zueinander.
diese beispiele des praepositionalen einander lassen $uh be-
trächtlich vermehren, die alte praepositionskraß blickt suwetlen
niirh viir, erscheint aber auch andieinal gunx in die bedeuhing
des advcibs aufgilutl, namentlicli in miteinander -^^ tusammen.
145
EINA.NDER — EINARBEITEN
EINAR3I — EINBALSAMEN
146
5) diese abslraction bezeugt wol auch der bisweilen eintre-
tende gänzliche wegfall des tcortes ander, so das: nur die
praeposition neben dem ein verbleibt, so liest man bereits in
dem Uiüringischen gedieht von Elisabeth, das im ersten band
der diuliska ausgezogen ist:
die alle wolden siogen
wider ein in kriges wis. 349;
mit ein si aber gingen. 366;
mit ein si sich berieden. 406;
ir bende enpbielen üf ir iioie,
in ein verdummen wären si. 413;
jedesmal zu beginn des terses, ßr widereinander, miteinander,
ineinander, weshalb ich auch widerein, mitein, inein schreiben
würde, noch höher hinauf reicht die gewähr für mhd. under ein :
wan si begunden under ein
ir rouot verstricken und ir lip. tr. kr. 726;
si künde werren under ein
mit bazze werde liute. 1260;
diu was verworren under ein. 1404 und öfter noch,
ßr untereinander; ohne zwei fei wird das gedieht von Karl-
meinet bald weitere belege liefern, da sich schon in einem der
bisher bekannten bruchstücke die zeile findet
dus drungen die zwöne up ein = auf einander;
sogar das ahd. 0. 1. 1, 16 enthaltene
ij ist gifuagit al in ein selp so helpbantes bein
liesze sich auslegen ineinander, wenn es nicht wie das ge-
wöhnliche und oft vorkommende mhd. enein, die parallele von
enzwei, endriu zu nehmen und zu deuten ist in eins, in
ein stück.
Jene mhd. ein ßr einander weisen sich aber auch bei nhJ.
schrißstellern des 15. 16. jh. auf:
wir fürchten das der tod uns schaid
und bald ausz lieb wird macben iaid.
liesz uns gott ^Iso bie bei aio (= bei einander)
und bet sein himel durt allain.
zumcd aber bei Erasmgs älberds:
also was sie (die thiere) iingeo mit ein,
das seit in gelten in gemein. 25;
ein low, ein wolf und ein esel,
die hatten sich verpflichtet mit ein,
und wehen beichten in gemein. 35';
da wurden sie mit ein zu rat. 52';
da sie mit ein den rat genamen. 71.
zwei, Kronenberg und Königstein,
die liegen forn nit ferrn von ein = von einander. 86*;
¥on ein gestoszen == von einander steht bei Kaxzow 2, 167.
b) offenbar liegt in dem einfachen oder praepositionalen
einander oft nichts als eine hebung oder Stärkung des persön-
lichen pronomens: wir geben uns einander das versprechen,
ihr sollt euch einander daran erinnern, sie haben unter-
einander beraten besagt nur nachdrücklich was in uns, euch,
sie ausgedrückt ist.
EINÄNGSTIGEN, compellere aliquem ut bibal, eibum capiat,
gegensalz von abängstigen, zu dem es sich verhält wie ein-
nöthigen zu abnöthigen.
EI.NANKERN, ancoras jacere, gleichviel mit ankern, anker
werfen :
streicht segel, ankert ein, wir haben überwunden. Opitz 2, 121;
wenn vorsiebt sich durch mich (die klugheit) beim Sturmwind
ankert ein.
LoBE.tsTEiN Epich. 45, 492.
EINANTWORTEN, tradere in manus, überantworten: ein
schlosz dem klager einantworten, landfr. von 1521. 11,1; sei-
nen gebührenden antheil einantworten und folgen lassen.
Frank f reform. V. 8,15; und alsbald sollen sie unsern neu-
erweiten zehen Vorstehern einantworten und überreichen den
gemeinen kästen. Llther 2,267'; und hat im die obgemeld-
ten stell, so er inhett, einzuantworten versprochen. Me-
iJkxcHTHOS oration von landgr. Fridrichen, deutsch von Lau-
terbeck bl. 15 ; hab darauf alles so ich zu kaufen vermocht umb
halb gelt einantworten müssen. Thcrneisseb nothg. ausschr. 1, 9 ;
aus heimlicliem groll, das ich mein hab und gut nicht ihme
eingeantwort. 2, 77 ; der künig von Frankrich soll alle stell
dem pabst gehörig im wider inantworten. Stumpf 262*. ge-
gensalz ausantworten, aus der hand geben.
El.NARBEITEN, 1) labore compensare, durch arbeit beschaf-
fen, einbringen: das laszt sich einarbeiten, ein vergessenes
stück in den aufsatz einarbeiten.
2) sich einarbeiten, labori assuescere: ich habe mich schwer
in die sache eingearbeitet.
Ul.
EINARM, ffl. unimanus, gebildet wie eiaauge, einbein u.a.m.
EINARMIG, adj., er kehrte einarmig aus dem kriege heim ;
einarmiger leuchter, einarmiger anker u. s. w.
EINARTEN, ingignere, ingenerare, fast nur im particip in-
genilus, eingepflanzt üblich : diese neigung, welche der mensch-
lichen natur eingeartet zu sein scheint. Käst 5, 417 ; die .Ame-
rikaner scheinen eine noch nicht völlig eingearlele hunnische
race zu sein. 10, 30 ; die Lappen sind in dieses klima ein-
gearleU 10, 34. eingearlele anmut. Pbiu^.nder 1, 3' und s.
unter einbeisz.
EIN.\RTIG, unius indolis, uniformis: einartiger Ursprung,
einartiges kunstwerk.
ELNÄSCHEN, incendere, in asche verwandeln, mlat. incinerare:
er geht noch täglich fort, Gradivus der verheerer,
verderbt was er nicht mag, äscht städt und dörfer ein.
Fleii.ng 71,
in allen ausgaben, auch würde äschert dem vers widerstreben.
EINÄSCHERN, dasselbe:
niarter, quäl,
einäschern, morden, spot. VVkckherli:« 612;
wir äschern ganze statt und ihre kirchen ein. Opitz 2, 109;
einäschern stat und Stadt, dasz wir aus heiszer ascben
aufblasen neue glut und blut mit blut abwaschen.
Griphius 1, 305;
ew. ist nicht unbekannt, dasz ich sehr viele von meinen ge-
dichten eingeäschert habe und dasz ich noch mit keinem
ganz zufrieden bin. Hagedorx 1, .xsi ; bischof Wido, unter
welchem der dom mit den dazu gehörigen gebäuden einge-
äschert wurde. Moser 2, 91. lixivia coquere : garn einäschern,
durch bestreuen mit asche zubereiten, vgl. abäschen, abeschern.
figürlich: du höherer funke wirst in meinem herzen für sie
forlglimmen, wenn es thiünen überschwemmen oder unglück
zusammendrückt oder der tod einäschert. J. Pacl uns. löge 3,
4; das wissenschaftüche licht verkalkte seine edlen melalle
und äscherte sie zu papiei^eld ein. Katzenberger 1, 5.
EINATHEMBAR, spirabiUs.
EINATHMEN, spiritu ducere, durch athemholen einziehen,
nnl. inademen : ich alhme süsze luft ein ; ich stieg nach
eingeathmeler abendstille von meinem bäum herab. Bettlna
tageb. 85. s. ausathmen.'
ELN.\TZE.\, liquore corrodente inserere, incidere:
sondern ewer aug und hand
die poeten musz ergözen,
dasz sie ewer macht und stand
der Unsterblichkeit einözen. Wecshkrlix 356;
der ewigkeit portal (propylaeo) einetzen. 557.
EINAUGE, m. unoculus.
EINÄUGE, adj. ahd. einougi: dasz kein esel den andern
sacktrager heisze oder einer des andern spotte, als gesehe
si (die weit) als die jetzig und die alt sei plind gewesen, so
si doch einäg gegen uns ist gewesen. Frank guldm arch 102'.
EINÄUGELN, inoculare, dem bäum ein äuge einsetzen.
EINÄUGEN, dasselbe: sie' bat ihn mir andere gedanken
einzuäugen, die aber schon bei mir in blute standen. Hippel
lebensl. 1, 132.
EINAÜGENBLICKFLIEGE, f. rollende wecker sind wir, die
sogleich ausgeschnarret haben, nicht eintagfliegen sondern
einaugenblickQiegen. J. P. anh. zu Tit. 1, 5.
EIN.\UGIG, unoculus: der einäugige ist unter den blinden
könig; einäugiges pferd. »m/A. 1, 446. 465. 2, 775. einäugiger
bahn. 3,635; einöigig. Brant 19,90; es ist dir besser, das
du einäugig zum leben eingehest. MatlL 18, 9. golh. haihs.
EINÄUGLEIN, «. kinderm. u'. 130.
EINAUGSTE.N, messem facere, einernten, nnl. inoogsten.
ELNBACK, m. panis semel coctus, gegensatz von Zwieback.
EINB.\CKEN 1) tncoquere, schwed. inbaka, dän. indbage:
dem kuchen war ein ring eingebacken; der könig liesz in
das brol geld einhacken ; eingebackue äpfel, hühner.
2) iuhaerere, festbacken, vgl. backen 2, nnl. iubakken: dat
deeg bakt in ; de hären bakken er in ; mülsteine von der
feinkörnigsten art, in welche grosze geschiebe mit eingebackea
sind. GöTHE 60, 15t.
EI.NBALLE.N, involvere, it. imballare, franz. embalier. Maa-
LER 123*, waaren, kisten einballen ; ich lag in der ecke des
sophas ganz in finsternis eingeballt. BETTi.tA briefe 1, 162.
EINB.\LLIG, ad unam plantam pedis aptus : einbällige schuhe,
Stiefel, die man nicht wechseln kann.
EINBALSA.MEN, balsamo illinere, dann condire, mortuos
pollinijere, nnl. inbalsemen, it. inbalsamare, franz. enbaumcr:
10
147
EINBALSAMIEREN — EINBAUM
EINBECKEN — EINBERGEN
148
liegen der Üppigkeit ob, scbmiuken und balsamcn sich ein.
LuuE.NST. Arm. 1, 522 ;
und duftet lieblicher, als wenn schasmin und ros
und liliendull es eingebalsamt halle. Wiblano.
vgl. mhd. balsemen.
EINBALSAMIEREN, mhd. balsamieren : ihre pbilosophie ist
todt, freilich mit hüben Sentenzen einbalsamiert, aber doch
todt. Leisewitz im Jul. v. Tar. 1, 3.
EINBAND, m. tegumentum, gilt vorzugsweise von büchern:
gleichsam der einband des alten testanienls ins neue (d. i.
die bekehmng der Juden), i. P. Fibel 181; {der gemeine mann)
den man sechs tage lang im abgerissmea einbände {alltags-
xeug) gesebn. 74. nnl. inband.
EINBÄNDIG, unius viiiculi, copulae, von dinem bände, im
gegcmals zu zweibändig, von zweien banden, in der gerichts-
salzung für den cavlon Hern vom jähr 1761 heiszl es: die
vorige Satzung, dasz die gescbwister ihre geschwisler mit aus-
schlusz der mutter erben sollen, musz allein verstanden wer-
den von den geschwistern von beiden banden, oder die von
dem gleichen vater und der gleichen mutter geboren sind.
denn wo nur geschwisler von einem band vorbanden sind
oder die dem abgestorbenen blosz von dem vater her zuge-
Ihan wären, da soll wie billig des abgestorbenen mutter im
erbe vorgehen, einbändige geschwisler sind also hulbgeschwister.
einbändige gcschwister, sagt eine aargauische Verordnung vom
22 Chrislmonat lb03, werden gleichwol zum bebuf der erb-
versteuerung den zweibändigen völlig gleichgehalten, ein und
zweibändige geschwisler. aargauisches geselz vom 28 mat 1857.
EINBANSE.N, frumenta reponere in horreum, das getraidi'
in die bansen bringen.
EINBAR, Concors, einhellig, mhd. einbaere {wb. 1, 423'), ein
schon von Stieler 370 für selten erklärtes worl:
beide wollen einbar scherzen. Dirkem Guelfis 37.
EINBABEN, vereinbaren. Rädlein 1,217'. Stieler 370.
EINBABLICH, concorditer: dessen hoch berümbte edle Iba-
ten über alle die viererlei stammen sich einbarlicb ausstrecken.
Fischart bienenkorb 221'.
EINBARUNG, f. concordia, vgl. Vereinbarung: wie sie dann
in anmutiger einbarung der gemüter zwanzig jähr zusammen
gelebel. Hofmannswaldau heldenbriefe s. 92.
EINBAU, ni. inaedificalio, das bauen und gebaute, ein dem
Hauptgebäude oder einem andern ort eingebautes stück; bau
am ufer in den flusz hinein; der einbau der bienen in den
bäum, der schwalben unterm dach.
EiNBAUCIIEN, lintea lixivia macerare. Stieler 82 schreibt
einbeicben d. i. einhauchen.
EINBAUEN, inaedificare, instruere, considere, anbauen, ver-
bauen : hier haben bienen eingebaut; dort wird noch eingebaut ;
ein jeder scheut sich nun in dich (De^itschland) zu bauen ein,
weil mehr kein mensch in dir, nur lauter teiifel sein.
LoGAU 1,63, 52;
hier scheint die Wissenschaft auT ewig einzubaun,
das berschendc latein, die anmut Griechenlands
kan hier von ihrer zunft nicht wenig meister schaun.
GÜNTHER 513;
wo der rührendste gegenständ von unnützen schönen tiguren
80 eingebaut {verbaut, zugebaut) war, dasz das äuge lernte,
das herz aber nichts dabei empfand. Tieck Sternbald 1, 50 ;
er ist von lebensarl und sitlen so eingebaut, dasz es uns
schwer wird ihn auch nur zu erratben. Tieck 15, 351 ; flieiie
mich nicht, weil mich immer ein schallen umzingelt, der sich
täglich verdunkelt, bis er endlich als eine kleine nacht mich
einbaut. J. P. Hesp. 1,152; Klolilde und Victor giengcn enger
und wärmer aneinander gedrückt unter dem schmalen Sonnen-
schirm, der beide gegen den flüchtigen regen einbaute. 3, 218;
die ruhe der lugend baue wie mit einer brüst sein herz ge-
gen den frost und stürm seines neuen lehens ein. 2,114;
ein verhack, in den sich der aulor gegen die kritischen an-
fiillc einbauet, leufelspap. 1, xxi. vgl. aubauen.
EINBAUERN, in cavea tncludere: die armen {vögel), ein-
gebauert seufzen sie um freihciL Klikcer 1, 199 ; an einem
orte eingebauert »ein. 1, 2U0; bat sich endlich der flalter-
geisl fesseln lassen? ist er eingebauert? 1, 3H0; fühlst du,
kaiser von Indostan, nicht, dasz dich dein bersciisüchliger
vizir ibruin mit ihnen {den vögeln) einbuucrt, dasz die kraft
deine» geintes vcrniodre? 6,69.
EINBAUM, m. rym6a t cava arbore fabricala, aus iinem
tlück gezimmert. Sciim. I, CG. Stald. 1, 339. Mr. einbtiumel.
Höret 1,177.
ELNBECKEN heiszt kupferschmieden den draht im rande
eines beckens unterschlagen.
EINBEDINGEN, conditioni addere, simul pacisci: wir glau-
ben am besten zu tbun, wenn wir annehmen, als ob sie
(Danae) niemals unlcrbrochen worden sei und sie so lange
forlreden lassen als es ihr beliebt, einbedungen, dasz wir
nicht verbunden sind ihr länger zuzuhören, als sie uns inter-
essieren wird. Wieland 3,297; mit einbedungen, dasz er sich
auch der gäbe der sprachen bemächtigen müste. 14,283;
die fürslin
blieb standhaft, weil sie lieble: liebe war
in ihre lügend wörtlich einbedungen. Schiller 269';
ob auch das bild, womit er sie (die hriefe) begleitet,
in diese freiheil einbedungen worden. 2b6' ;
es kann noch in den kauf einbedungen werden, s. aus-
bedingen.
EINBEERE, f. Solanum quadrifolium baccifenim, herba Pa-
ris, nach Lonicerüs ISO' weil es ein einzigs beerlin bringt.
bei Stieler 119 uva versa, doronicum. schwed. ist en f. und
enträd juniperus.
EINBEEREN, haccas tendiculis inserere, beeren in die doh-
nen oder sclilingen zum Vogelfang hängen.
EINBEFEHLEN, mandato injungere, vgl. anbefehlen.
EINBEGREIFEN, simul comprehendere, die alte schuld nicht
mit einbegriffen, vgl. inbegriffen.
EINBEHALTEN, retinere, zurück, innebehalten.
EINBEIN, m. unipes: du elender krüppel, warum sollen
einbeine das nicht thun?
EINBEINIG, einbeinige und einarmige geister. Arnim 2,207;
wie soll der einbeinige Jean Paul das biographisch copieren
in gemeiner scblechler prosa? J. P. uns. löge 3,9.
EINBEISZ, m. condimentum: daraus ich nachsinnend ge-
schlossen, dasz die warheit, insonders von hohen suchen, so
selten als wildbert, und in jedermanns herberg nicht zu fin-
den, oder doch mit falschem vermisch und einbeisz so ver-
billerl, so verwürzt, so verpfeffert scie, dasz ihro der rechte
geschmack und eingeartele anmut schwerlich mag abgewon-
nen werden. Philander in der Zueignung des ersten theils.
EINBEISZEN, mordicus prehendere, nnl. inbijten.
1) einen bisz in etwas thun: isz keck, beisz ein!; das salz,
der pfeffcr bat eingebissen.
2) contrahere, einziehen : die lippen einbeiszcn, verbeiszen ;
sonst sollen sie jar und tag ratschlagen, messer stürzen, zeen
blecken, maul einbciszen und sauer sehen. Luther 5, 51.
3) auf einen einbeiszcn, gegen einen auffahren, um sich
beiszen.
4) sich einbeiszcn, fest beiszen, verbeiszen, von Hunden
und blulegeln: die sich wie blutegel in seelen einbeiszcn.
Schiller, bildl. junge eheleule müssen erst sich einbeiszcn,
einleben.
EINBEISZEN, EINBEIZEN, macerare sale, liquore erodente:
die kleine eingebeizte äl, anguillades d /a saulce. Fischart
groszm. 15 ; fenchel, anis und kümmig müssen vorher in einem
guten starken weinessig eingepaiszt werden. Hohberg 1, 253';
und nembt auch ein halb pftind krebsfeist,
dasselb in scbiicckenblut einbciszt. Atrkr fasln. 41';
das alles hilft Jeizt nur dem argwöhn, der ihn beiszt,
sich in sein wundes herz noch tiefer einzuheizen.
WuLAND 22, 273.
EINBEIZUNG, f. maceratio: aus dem aufgetrockneten kml-
tendill macht man durch die destillatiun und einbeizuug auch
ein beilsams gedistilliert öle. Takernämontanus s. 86.
EINBEKENNEN, confileri, bekennen: der niissethäter bat
alles eiubekannt, wie eingestanden.
EINBEKO.M.MEN, aecipere, nancisci, einnehmen: bis dasz
sie {die stadl) der keiser endlich durch verräterei einbekaai.
Melanchthon oration von landyr. Friderich, deutsch von Lau-
TKnuECK bl. 14; weil er alle festen örter in der insul Rü-
gen einbekommen habe. Micrälics 2, I6U ; ihm {dem feind)
den durchzug, pas und also piuviand und alle andere nut-
lurft einzubekommen wehren und abstricken möge. Kirch-
iidK mtl. disc. 99; maclile auch, dasz sie eine wackere feslung,
ohne Verlust einiges mannes, mit herlicbem accurd einbe-
küiiien. Simpl. K. 433.
EINBEREITEN, apparare: in einem groszcn kessel f inbe-
reitet. Kkiskrsii. haslem dd 1*.
EINBERGEN, monlibut claudere, eingebcrgtes land, regio
montibus nrcumvatUta. Stiklkr 104.
EINBERliEN, was bergen, nn/. iiibrrgeii, door bergen in
149
EINBERICHTEN — EINBILDEN
EINBILDEN
150
eene plaals breiigen, goeJeren inbergen. praet. barg ein, pari.
eingeborgen. '
EI.NBERICHTEN, was berichten: das amt hat einberichtet,
in seinem bericIU gemeldet; sobald ich günstige antwort habe,
werde ich sie e. h. einberichten oder selbst bringen. Merk l,
167 ; warum wird uns überhaupt nicht von den pastoren jedes
eingepfarrte ehepaar, das über drei jähre beisammen geschla-
fen, einberichtet, damit mans scheide zu rechter zeit? J. P.
EINBERUFEN, imperare: die iandstände einberufen, ein-
fordern.
EINBESCHEIDEN, was bescheiden 5, einberufen, einbeor-
dem: er ist hierher einbeschieden worden.
EINBESCHEREN, was bescheren 5: es ist mir einbeschert
worden.
EINBESCHLIESZEN, was beschlieszen tmd einschlieszen.
in eine finsternis, als eine nisiutifr frlait
liesz er sich einbescblieszen. VVeceuerlim 61;
in dem dritten Stockwerk sind die Jungfrauen hart einbeschlos-
sen. Philandeb 1, 128 (132) ; in der festin einbeschlossen blie-
ben. Amiidis 381.
EINBETEN, 1) precibus miliare: als dann gehn sie in die
sinagog, beten den sabbath ein. Frank wellb. 145'.
2) precando Iribuere: Falks grosze erziehungskunst bestand
in nichts weiterem, als das reine, thätige christenthum sei-
nen Zöglingen vorzuleben, einzuleben, einzusingen und ein-
zubeten. hannöv. mag. 1847 s. 5t.
3) precando alicui somnum gignere: die kinder einbeten,
in den schlaf beten.
EINBETTELN, l) mendicando colligere, gvld erbelleln ; hier
kann er einen brocken Weisheit wieder auskramen, den er
sich erst gestern einbettelte. Lessisg.
2) precario viam sibi palefacere: Kessel, der sich zum hofe-
meister einbettelte. Schweinichkn 2, 360 ; er wüste sich in
die stelle einzubettein.
EINBETTEN, parare lectum: er ist alda eingebettet; eine
elende kleine Schachtel voll baumwolle, in der nette fläsch-
chen wolriechenden wassers fast von der länge der zaun-
königinnen eingebettet standen. J. P. Hesp. 2, 169 ; der bäum,
den du mit allen wurzeln in die grübe einbettest. Bettisa
briefw. m. e. k. 243; sich bei den Schweinen einbetten, una
cum poreis cubare. Stieler 137.
EINBEUGEN, in reclam viam fleclere, einlenken : die zügel-
lose Phantasie kann immer noch einbeugen, aber die regel-
lose nähert sich dem Wahnsinn. Kant 10, 1S9 ; kann er so
schön aus dem weg des genialischen glucks in den des häus-
lichen einbeugen, so ist er wenig verschieden von mir selber.
J. P. vgl. abbeugen.
EINBEUGUNG, f. inßexio : jedes geschöpf war ein pol, der
unsere nadel zu abbeugungen und einbeugungen lenkte. J. P.
uns. löge 3, 76 ; weder durch zaghafte einbeugung noch durch
vermessene ausschweifung. Stolberg 7, 38.
EINBEULEN, ictibus luberosum reddere: einen schadhaften,
ein und ausgebeultea, verlöcberten und zerschäbten kessel.
Tiece ges. nov. 3, 165.
EINBEUTELN, in crumenam deniillere, in den beutel slecken.
EINBEZEUGEN, was bezeugen, in der gerichtssprache.
EINBEZIRKEN, was bezirken.
EINBICKEN, s. einpicken.
EINBIEGEN, was einbeugen, und richtiger.
ELNBILDE.N, dies heute so gangbare, unentbehrliche wort
begegnet mhd. und ahd. noch gar nicht, obgleich das einfache
pilidön, mhd. bilden längst bestand, bilden, sahen w-ir 2, 13,
bedeutet effingere, formare und die substantiva effigies, figura,
forma, imago treten unmittelbar daneben. Diefenbacu hat
unter imaginari nur bilden, kein einbilden, Fbisius und Maaler
gewähren aber einbilden oder nach ihrer Schreibweise eynbilden.
es wäre zu vermuten, dasz nl. inbeeiden, schwed. inbilla, dän.
indbilde erst von uns auf diese sprachen übergegangen sind,
früherhin wissen sie nichts davon, auch in der englischen
entspricht nichts, wie ihr selbst das einfache bild mangelt.
1) der seltne unpersönliche gebrauch taucht zuerst bei Kei-
sersberg auf: was mir an einem morgen nicht inbildet, das
find ich da nach nicht, s. d. m. 9' und gewis noch vßer in stel-
len, die künftiger aufmerksamkeit nicht entgehn werden, was
mir morgens nicht wie ein bild vor der seele stehet, finde ich
hernach den ganzen tag über nicht, man sagte demnach:
mir bildet in, mir bildet ein, in mir entsteht ein bild.
2) häufiger ist das transitive einbilden, gleichsam einprägen.
imprimere, vor äugen stellen, ein bild von der sache hei einim
andern entspringen und sich festsetzen lassen, schon frühe bei
Eckbart: aber daj hat got im alleine behalten, swd er sich
in bildet, daj er da sine nature und allej, daj er ist unde
geleisten mac, ze male dar inne erbilde ohe den willen. 6S,
23. die mysliker mögen den ausdruck eingeführt haben, später
wird er oft von Luther, doch nicht in der bibel gebraucht: das
sie die beichtveter mit eim eid verbinden und zwingen, das sie
dieselben (lügen) mit allen treuen aufs fleiszigst und on aufhören
dem volk sollen einbilden, l, 56'; denn uns den waren glauben
stets verkündigen gibt uns ein ursach gott umb seine gnad
zu bitten und denselben waren glauben einbilden und in
uns bestetten. 3,111; denn wenn seine gnade in uns nicht
eingebildet wird, so bleiben wir stets fleisch und blut. da-
selbst; das musz ich mit einem groben gleichnis einbilden.
3, 148 ; so fem {die gebot) einem iglichen von natur sind ein-
gebildet und in sein herz geschrieben. 3, 168; das wil er
{gott) uns einbilden. 4, 214'; was gott zusaget und gelobt,
kan man uns nicht gnug einbilden. 4, 23i';- wenn man nu
solchs künd dem armen volk einbilden. 4,397'; den einfelli-
gen aufs deutlichste einzubilden, was da heisze nicht tudten.
4,400*; lebendige, trefliche und reiche wort, die alles und
alles fassen und einbilden. 5,44'; sonderlich sollen prediger
den leuten und Schulmeister den knaben und eitern den
kindern solche gedanken von jugend auf einbilden, da sie
wol lernen, welche stende und empter gottes Leiszen. 5, 182' ;
die prediger können alle diese stücke wol reichlicher aus-
streichen und den leuten einbilden, was Schadens und nutzs
sie hie schaffen können. 5,185"; das ist ja ein feiner lieb-
licher Spruch, den man den kindern wol sol einbilden. 5, 336" ;
darumb sollen wir solchs wol lernen, auch unsern kindern
und gesind fleiszig einbilden. 5, 338"; diese lere zu bestettigen
und einzubilden, gibt er allhie zwei exempcl. 5, 393' ; solchs
wil s. Paulus in die Christenheit wol einbilden. 5,476'; ich
habe aber herzog Georgen mit solchen feindseligen namen
wollen abmalen und den fromen leuten einbilden. 6,7'; auf
das der from fürst ja allein das höchst exempel der grawen
beschornen heiligkeit der weit einbildete. 6, to"; das man nu
in {Christum) lerne so einbilden, das er uns zu gut, hülf uml
Irost ein herr ist. 6, 7l'. denn sie haben die aufcrslehung viel
fester eingebildet, denn kein bawer seine ernde auf dem felde.
6,81'; denn er wil diesen artikel allein nach seiner Substanz
rein und lauter einbilden, das der einige man Christus sol sein
ein Ursprung und anfenger des lebens oder der auferstehung.
6,234'; darumb haben sie solche Sprüche der jugend wollen
einbilden und damit vermanen, dasz ein iglicher sein selbs
oder der seinen hüte. 6, 251"; darumb sollen wir uns solches
wol lernen einbilden, das wir des glaubens ja gewis werden. 6,
263"; die grammatica den kindern wol einbilden. 7, 20'. aber
auch anderwärts: sollen diese reformation mit fleisz lesen, ihnen
wol einbilden, in guter gedächtnus haben. Frankf reform. l.
5,1; sondern dis sol man hie auch wissen und sonderlich
dem jungen und groben volk wol einbilden das s. Paulus
gesprochen hat. Mela.\chthon im corp. doctr. ehr. p. 745 ; die
mutter gottes Maria ward der wält vil mee ingebildet dan ir
sun. Bcllisger 1, 3; wie Aganice, welche die Verursachung der
finsternus wol verstund, inen {den thessalischen weibem) ein-
bildete, dasz sie den mon weggenommen habe. Fischabt ehz.
77; mein son, wer hat euch solche vermessenheit eingebil-
det? Amadis 124. auch im 1' jh. noch:
der schwer! da für die tochter sein
und glaubt was sie ihm bildet ein. Atrer 435';
so wird mir eingebildt
die eitelkeit der weit. Opitz 1, 130;
ich fand in ihr dich so gebildet ein. . . .;
denn wiss, ich bilde dich mir da so heftig ein,
das du dir auch selbselbst nicht knnst so ähnlich sein. 3,236;
wenn entweder ein unverständiger oder deine eigene gedanken
dich rühmen und dir grosze dinge einbilden, pers. rosenth.
8, 39 ; dem will ich stracks ratben, die wolbedachten regeln
seinem gemüthe wol einzubilden. Weise kl. l. vorrede, im
18;/i. erlischt die anwendung, nur schreibt noch Lessinc 6, 117:
ich will ihnen unterdessen nicht einbilden, dasz alle bei-
behaltene stücke von gleichem werthe sind ; die mythologie der
Griechen, durch die gröszten künstler in sichtliche leicht ein-
zubildende {einzuprägende) gestalten verwandelt. Göthe 26, I44.
3) allmälich überwiegt aber das reflexive sich einbilden, ef-
fingere animo, im späteren latein imaginari aliquid, franz.
s'imaginer, se figurer und zwar in mehrfacher bedeutung,
10*
151
EINBILDEN — EINBILDHAUEN
EINBILDISCH— EINBILDUNGSKRAFT 152
o) gedenken, sich vorstellen, in gedanken vorstellen (gleich-
sam eine gestall vor attgen); im selbs einbilden orfer vorbilden,
fingere animo: das weib begunt im oft einbilden die grosze
scbraach. Tschcdi 1, 121 ;
das all eur beger werd erfüll,
wie ihrs euch selbst hubi eiugebilt. Atrer 139';
dasz die Türsten über menschen und nach rechten herscher
sein,
doch nicht ewig, möchten fürsten ihnen täglich bilden ein.
LoGAC 1,40, 49;
schuh halb länger als der fusz, wozu solln sie nüizo sein?
iungrern solln, ihr wiszl wol was? lacht nicht! ihnen bilden ein.
2,231,131;
was bilden wir uns ein? Grtphids 1,48;
bilde dir slrax darbet ein, er wird dich nicht beständig lie-
ben, peis. rvsenih. 8,12; als ein reisender vor einer clause
vorbei gieng bildete er sich ein, einen hund bellen zu hören.
pers. baumg. 4,16; hier nahe bei ist ein klein häuslein, die
thüren sind fest zugeschlossen und ich bilde mir ein, der
hausvater sei nicht daheim. 4, 17 ; das konnte ich mir ein-
bilden, dasz sie mir widersprechen werden. Gellert 3, . . . ;
so bilde dir erhaben ein,
lust sei nicht lust und pein nicht pein. 1, 182;
gestern, brüder, könnt ihrs glauben i
gestern bei dem sali der truuben,
bildet euch mein schrecken ein,
kam der lod zu mir herein. I.kssingI, 64;
fragt man mich aber, was man sich für eine Vorstellung von
denselben zu machen habe, so musz ich sagen, dasz ich mir
sie vollkommen, wie die angeführte stelle des Horaz von
seinem Ligurin, einbilde. 4,23; wie vertrügt sich dieses ent-
scheidende all mit dem obigen or, or? kann man sich einen
handgreiflichem Widerspruch einbilden? 5,24; denn das bilde
man sich ja nicht ein, dasz diese aus complimcnlen zusam-
mengesetzte nation auch das für complimente halte, was ge-
wissermaszen zur Verkleinerung ihrer nachbarn dienen kann.
6,192;
man bilde sich einmal ein junges mädrhcn ein,
das sich von fetter milch die backen rund gegessen.
Kost scUäfercriählunijcn 57;
das habe ich mir gleich eingebildet. Schiller 192'; dasz er
von allen bekanntschaflen unsers prinzen sogleich besitz ge-
nommen haben werde, kijnnen sie sich leicht einbilden. 736';
ich bin der bogen, bildet ihr euch ein.
den man nur spannen dürfte nach gefallen? Scuiller.
h) da gedanken und innere Vorstellungen sich leicht leuschen
und überheben, empfangt das wort den nebensinn von wahn,
trug und hochmut: er bildet es sich ein, wdhtU es, betrügt
sich; er bildet sich etwas ein, bildet sich viel ein, ist hoch-
mülig i was bildet sich der mann alles ein!;
laszt uns ja uns selbst nicht lieben,
bild ihm niemand zu viel ein,
will er »ich nicht selbst betrüben. Opitz 1,76;
viel kondien wahren rühm der Weisheit wol erlangen,
sie bilden ihnen es nur gar zu leichtlich ein,
dann wo kann irgend doch ein guter meister sein
in künsten, die er erst zu lernen angefangen? 1, 34S;
verwecne, mache nicht, dasz man dich aus musz lachen,
leg deinen hochmut hin und bilde dir nicht ein.
Flehing 645;
sie bilden sich grosze klugheit ein, was sie aber reden, hat
oft weder bände noch füsze. pers. rosentk 7, 20 ; dunst ver-
breiten, wobei man nichts deutlich beurtheilen, aber desto
mehr sich einbilden kann. Kant 7, 172. s. eingeliildet.
e) in guter oder übler mcinung heiszt sich auf etwas einbil-
den oüc/i /'roA, stolz auf etwas sein: und ich will kein ehrlicher
mann sein, wenn ich mir nicht eine rechte freude darauf ein-
gebildet habe. Lessinc 1,393; &\i hat wolerzogne kinder und
kann sich etwas darauf einbilden; sie bildet sich viel auf ihre
Schönheit ein; worauf hast du denn dir etwas einzubilden?
EliMtlLDKK, m. qui nimiam de se habet opinioneni, fanlast,
vgl. bilder firtor: solche einbilder sind wir menschen in allen
uDsern werken, wir schreiben uns immer mehr zu, als wir
niemalen gekonnt oder gewesen. Sitnpl. K. s. 92.
EI.MilLllKKKI, f was ciubildung: fantasj (</. i, fantasei) oder
inbtlderei. Kkiser«!!. bilger s*; vor solchen eitlen, gragen ein-
bildereien und üppigem prachtleben. Simpl. K. s. 30. grng ist
steif, starr; er bat sich aber au» einbilderci und zur naclinfTiing
de« Scaliger Jiilium CaeHarem geschrieben. Lkibnitz 2, 497.
EINE{ILhKhI.SCH, imayinanus, fantastisch: dasz er aber
allzu hitzig und einbilderisch gewesen. LeiBNiTZ 2, 499. üb-
licher eintiildisch.
ELNBILDHAL'EN, ein übUi wort ßr einbauen, einprägen,
einbilden: wenn wir ihre letzten tage ins herz hinein mahl-
ten, einbildhauten. Hippel lebensl. 3, 2.
EINBILDISCH, qui sibi nimium tribuit, eingebildet: ein
einbiidischer geck. pers. baumg. 4,14; es will aber diese car-
tesianische vernünftelung der heutigen delicaten weit nicht
ein, als welche die zeugung obbenennler sternförmiger eis-
stüblein haltet vor allzu einbildisch. Scheüchzeb 1,4; er ist
so stolz und einbildisch. Simpl. K. s. 272 ; den einbildischen
Hansen. Pierot 1, 165 ; ich möchte doch wissen, sagte sie zu
einer freundin, was diese jungen gecken an der einbildischen
Timandra sehen, dasz sie sonst für niemand äugen haben als
für sie? Wieland 1,99; Agathon weisz, dasz ich weit von
der thorheit entfernt bin, auf die Vorzüge, die ich der natur
und dem glücke zu danken haben kann, einbildisch zu sein.
3,337; feigherzig, einbildisch, selbstisch, rachgierig. 15,150;
noch weisz ich mittel, die den stolz eines einbildischen Starr-
kopfs so hübsch niederbeugen können. Schiller 124'; das
kann sich der einbildische herr der weit noch zueignen.
Göthe 16,237; er werde überall sehr distinguiert und das
mache ihn einbildisch. 18, 261 ; die aber auch dafür auf sich
und die ihrigen etwas einbildisch ist. 25,336; die einbildischen
waren gewis ihn zu verwirren. 26,265; einige einbildische
mahler ja Schmierer. 35, 381 ; weil ich auch nicht einmal ein-
bildisch genug war zu glauben, man wolle einige notiz von
mir nehmen. 48, 182.
EINBILDLING, m. sui admiralor. Stieler 149.
ELNBILDSAM, imaginarius, vergl. bildsam:
und laszt uns, nullen dieser groszen summe,
auf eure einbildsamen krnfie wirken,
and let us, ciphers to this great accorapt,
on your imaginary forces work.
King Henry V. zu eingang.
EINBILDUNG, f figuratio, figmpnlum, nnl. inbeelding, schw.
inbillning, ddn. indbiidning. bei Diefenbach unter imaginaliu
nur bildunge, bei Maaler 123' einbildung. inbildung. Keisersb.
bilger 8'.
1) darstellung, Vorstellung : nichts gründliches von ihnen
mag geschrieben werden, aus mangel der zeichen und ein-
bildung ihrer form und gestalt. Forer fischbuch 13'; und
sagen, das die absterbung und busz nicht an solchen aus-
wendigen cercmonien sei gelegen, sondern stände in beken-
nung des gemüts zu gott und .... in einbildung des gött-
lichen zorns über die Sünde. Fiscoart bienenk. 200'; wenn
man uns eine gewisse einbildung der freiheit liesze, so würde
dieses unsre dienstbarkeit angenehmer machen. J. E. Schle-
gel 6,34; nnd würde dieser zug für sich betrachtet die ein-
bildung des Zuhörers beleidigen, so war er durch das vor-
hergehende vorbereitet oder wird durch das folgende gemildert.
Lessing 6,392; vielleicht mochte dasjenige kupfer, welches
mir aus denen, die ich vor mir gehabt hatte, am lebhaftesten
in der einbildung (in gedanken) geblieben war, nach einem
nicht umgezeichneten bilde gemacht sein. 8, 107.
2) leere und falsche Vorstellung, phantasie: allein er ver-
bessert dadurch nicht den Plinius, sondern seine eigene
falsche einbildung. Lessing 6, 44(i; wer nach angenehmen
emplindungen dürstet und der mittel beraubt ist sich wirk-
liche zu verschafTen, ist genölhiget sich mit einbildungen zu
speisen. Wielano 1,96; ja, wenn du mit deinen einbildungen
dazu kömmst. Lessing; überlegen sie, dasz wenn sie mich
dadurch nur von den quälen der einliildung befreien, diese
eingebildeten quälen doch quälen, und für die, die sie em-
pfinden, wirklich quälen sind; auf diese weise war er zeit-
lebens ein schein) in der einbildung. Götiie; er steckt vol-
ler triiume und einbildungen ; seinem natürlichen muth kam
der andüchtige schwung seiner einbildung zu hülfe. Schil-
ler 936*.
EINBILDUNGSKRAFT, f. die einbildungskraft ist zer-
streut. Lessing 1,201; einbildungskraft ist das vermögen,
einen gegenständ auch ohne dessen gegenwart in der an-
schauung vorzustellen. Kant 2, 141 ; es ist die bildungskraft
unter dem namen der einbildungskraft bekannt. Ficiites
nachgel. uerke 1, 44S. Fichte, Schei.i.inc und andcie mehr
gebrauchen das wurl in ueilem sinn und verstehen darunter
alle erjeugung von Vorstellungen, auch den unwillkürlichen
und durch die sinne erregten, man sagt, er hat eine leb-
hafte einbildungskraft, iro das bloste einbildung oder phan-
tasie genügte, die phantasie ist eine kraft, ein vermügen der
»tele und et scheint überflüssig sie jedesmal ausdrücklich so
153 EI>BILDUNGSVTRMÖGEN — EINBINDEN
EINBINDENADEL —EINBLATTIG
154
SU benennen, ebenso könnten die philosophen der schleppenden
ausdrücke denkkraft und denkTermögen groszentheils antraten.
EINBILDUNGS VERMÖGEN, n.: so lange die nrtheilskrafl
noch im suchen ist, schwebt das freie einbildungsvermögen
zwischen entgegcngeselztem. Fichte Sittenlehre 217. hiervon
gilt das eben bei einbildungskraft gesagte.
EINBINDEGELD, n. viunera lustrica, geld da» dem täuf-
ling oder pathen eingebunden tcird, eingebinde.
EINBINDEN, illigare, intolcere, schw. inbinda, ddn. indbinde,
nnl. inbinden :
1) garne einbinden, an stdbe und reif befestigen, in der
Jägersprache ; perlen, ehrenzeichen und bildlich lob:
dann bind ich dir drei schnüren perlen em. Gellrrt 1, 192;
ich binde dir kein lob aus blöder Schwachheit ein.
Gi:.>TueB 390.
2) geld zum gescbenk einbinden : leute die viel einbinden,
werden oft zu kindtaufen gebeten. Hippel br. 13, 26. Schmeller
1, 181.
3) segel einbinden, rollen und an die rahe festigen.
4) buchen einbinden, in leder, linnen, pappe,
b) bäume in stroh einbinden.
6) den kelch einbinden : und hatten teuer im ennel, wenn
sie den kelch wider einbunden, stoien sie die patena und
legten den teller an die stet. Lcther 6, 88'.
7) das weisze tuch, womit sie sich den köpf eingebunden
hatte. ÄBMM 2, 209 ; den kranken arm einbinden, in binde tragen.
SJ sehr häufig einem einbinden, einschärfen, injungere, etiam
alque etiam mandare: der mann band uns das Jiart ein. t Mos.
43,3, tulg. denunciavit nobis sub attestatione jurisjurandi;
soll dem zeugen eingebunden und auferlegt werden. Frankf.
re/^orni. L 34, U. VIII 15,1; als ein mensch, der etwas beschei-
det, daneben mit einbindet, was man im nachthun sol. Lctber
1,331'; sie bunden mir auch ein, unter wegen nicht zu pre-
digen noch zu schreiben. 1, 456*. briefe l, 605 ; wo der pfarr-
herr nicht rechtschaffen, so hilft das einbinden nichts, das
er sol handeln, wie ers gegen gott wisse zu verantworten.
4,317'; weil er eben die wort spricht, so oft als irs thut,
ist dennoch mit eingebunden, das mans oft thun sol. 4,428';
sihe solchs wil inen .Moses eintreiben und einbinden. 4,459';
diese grosze wichtige Sachen sind den bischoffen mit hohem
fleisz befohlen und mit eingebunden. Melanchthon im corp.
doctr. ehr. p. 270 ; dan si wurden änderst mit mir gehandlet
han und fürnämlich ingebunden, ich solle mich der univer-
sitet underwirflich machen. Plater 101 ; und band ihm ein
in sein gelübd und pflicht in welche herberg er ziehen soll.
Göz vos Bebl. lebensb. 100; zu einem schultheiszen machen
und ihm den stab überliefern, in eidspflicbt ermanen und
einbinden. Fronsperger kriegsb. 1,1'; item es sol ein jeder
hauptmann eim jeden rottmeisler bei seinem eid auflegen und
einbinden. 1, 2l'; welchergestalt die wach meniglichen einge-
bunden ist in den bestallungen und artikelbriefen. 3,113";
solchen versamleten knechten wird darneben mit ernst heftig
eingebunden, undersagt und befohlen. Kirchhof disc.mil. 60;
auch wie man den artikelsbrief und eidespflicht verlesen nnd
ernstlich einbinden sol. REoriER kriegsordn. 10 ;
zwingt uns nicht dis zu ihun, was uns die lieb einbindet.
Grtpuids 1, 119;
du bandest ihm ja ein,
Adam, so bald du iszt, mu>tu des lodes sein.
Hamasm zu Ofm poeterei 2h2;
die herrn medici thun die müszigkeil des lebens einbinden.
Abele 4,2; es musz ihnen {den dienstbolen) der gehorsam
►•ingebunden werden. Hohberc 1,191"; er will sagen lassen,
dasz niemand zu hause sei, zum unglück aber hat sich Ciarice
schon von dieser ungestümen gesellschaft am fenster sehen
lassen, er bindet ihr also nur ein den besuch abzukürzen.
Lessing 4,359; nachdem ihr Pantalon das schweigen einge-
bunden. 4,431; einem eine lehre einbinden. Hippel 8,147;
er erklärte Wilhelmen, wie das früulein ihm eingebunden, für
die verlassenen sorge zu tragen. Göthk 19, 56 ;
dös ober bindis in boiibn ei,
er soll doch fei niunoirü sei
und nlli leut schoi groiszn
WKriKHT« geil, in Nümb. mundart 246.
auf welche sinnliche handlang geht nun dies, wie vir sehen,
namentlich bei der etdesablage im gericht (Haltaus 290 hat
noch mehr belege) und im beer vorkommende einbinden? auch
1 Mos. 43, 3 entspricht eine atleslatio jurisjurandi. nicht xu
übersehen ist das 'mit' oder 'daneben' einbinden, als wäre es
dem eigentlichen hergang noch hinzugetreten, mhd. noch kein
solches inbinden, auch fehlt einbinden in diesem sinn bei
Schmeller, Stalder, Höfer. sehr ähnlich scheint auflegen,
und beide könnten dem lal. imponere, injungere nachgebildet
sein, beim schwur wurden finger und arme aufgelegt, doch
von den schwörenden selbst, hier aber wird denen, die ver-
pflichtet sein sollen, aufgelegt und eingebunden, fast dasselbe
musz aber das "binden in den eid', "in die pflicht' sein, wofür
belege 2, 33 gegeben wurden, wol auch das 'auf die seele'.
l Sam. 25,29 steht: und wenn sich ein mensch erheben wird
dich zu verfolgen und nach deiner seelen stehet, so wird die
seele meins herrn eingebunden sein im bündlin der leben-
digen, vulg. erit anima domini mei custodita quasi in fasci-
culo viventium.
EINBINDENADEL, f. bei den sehuhmacliem, zum aufnähen
der absätze.
EINBINDUNG, f. illigatio, in mehrfacher bedeutung, z. b. ein-
bindung des eides ; einbindung des bannes, verhängen des banns :
dasz durch einbindung des geistlichen bannes dergleichen schäd-
liches erdengeschmeisz untergegangen sei. Abele 3, 268.
EINBISAMEN, moscho illinere: in dem eingebisaraten ge-
mache. LoHENST. Arm. 1, 153 ; aufgeputzte locken und einge-
bisamte weiber. 1, 524.
EINBISCHEN, sopire infantem bisch susurrando, vgl. einsusen.
EINBITSCHELN, ELNBITSCHEN, s. bitschen 2, 51 und ein-
büscheln.
EINBITTEN, rogare ut intret: da sie auf Joabs anschiftung
Absolon, den bösen buben, wider einbat. Mathesics 132';
aus dessen pforte kam Alcina raus geritten,
umbringt vom schönen hof und hochgeehrtem Staat.
empfieng Ruggieren sie und freundlich ihn einbau '
Wkroers Ar. 7, 9 ;
ich trat in meine garienthür,
drei freunde kamen, auch wol vier,
ich bat sie höflich zu mir ein
und sagte, sie sollten willkommen sein, Göthk 47, 76.
vgl. ausbitten und hereinbitten.
EI.NBITTEB.N, amari aliquid admiscere, schwächer als ver-
bittern. Stieler 130.
EINBLASEN, nnl. inblazen, schw. inbläsa, dän. indbläse:
1) inspirare: und gott der herr machet den menschen aus
dem erdenklosz und er blies im ein den lebendigen ödem in
seine nasen. l Mos. 2, 7 ; die allerkiügsten unter inen {den
heiden) sprechen, es sei ein gültlich eingeben, und schlieszen,
das noch nie kein groszer man sei worden aus eigenen kref-
ten, sondern aus einem sonderlichen, heimlichen einblasen
oder eingeben der gülter. LtrrHER 6, 157" ; das ist nicht ge-
meiner Vernunft noch schlechter menschlicher nalur werk,
sondern musz sein eins Hercules oder Davids tugent von gott
eingeblasen. 6, I6u' ; solchen kürpern bliesen die heiligen engel
ganze ballen schüner bücher ein. J. F. teufelsp. l, xii. wir
sagen aber nicht, wie einen inspirieren, einen einblasen, son-
dern einem einblasen. sc/ion'kEisERSBERG hdslein ff 2' das sie
die alten zessenmacherin verfüren und in einblasen.
2j insusurrare in aurem, suggerere: wenn auch nur zwei
weiblein, welche wasser trügen, eine der andern einbliese
'das ist Demosthenes!' Opitz poeterei s. 73. Bodmebs ausg.
s. 68 {alle ausgaben lesen einer der andern, wo einer kaum
eine bedeuten kann) ; ihrem mädchen hatte sie eingeblasen.
Pierol 1,385; dies kommt nicht von dem jungen her, dies
hat man ihm eingeblasen. Klinger 1, 460 ; wer blies dir das
Wort ein? Schiller HO*.
3) flando subvcrtere: kartenhäuser einblasen.
EINBLÄSER, m. suffiator, franz. soufBeur: ein Wickelkind
ibt gleichsam der einbläser und balgtreter der kinderwärterio.
J. P. Hesp. 2, 95 ; vorhelfer und einbläser. Fibel 135.
ELNBLÄSEREI, /. suffiatio. Mephistopheles ruß aus dem
souffleurluche :
von hier aus bolT ich allgemeine gunst,
eiiiblasercien sind des leufels redekunst. Göthi 41,83.
EINBLASUNG, f suggestio: durch einblasung böser leute
das schlimmste glauben. Scriver t, 542.
EINBLATT, n. ophioglossum. leilschr. für d. mundarten
4, 166. bei Nehmch parnassia und convallaria bifolia.
EINBLÄTTERIG, uuius pagtnae, folii: warum darf auch uns
eine einzige gute beobachtung und regel verloren geben, blosz
weil sie einem dickschweren werke eingekerkert niedersinket,
oder in einem einblätterigen verflattert? J. Pauu
EINBLATTIG, fioiOfviXos: pflanze mit einblattigem kelche.
155
EINBLÄÜEN — EINBRECHEN
EINBRECHEN — EINBREMSEN
156
EINBLAL'EiS, EINBLÄÜEN, caerulea eolore inlingere, inficere.
vie cinknuen und einküuen.
ELNBl.El'EN, verberibus inculcarc: das {C'orlslad) seinen
rülzen einlilewe. Luther 3, 81 ; als in den büchern Mosis schier
nichts SU viel gedacht und eingehlewet wird, lischredcn lö';
eitel tandiner den kindern einbleuen. Frask spr. 41 ; einbicwen,
crassa docere Minerva, ich 1er Deiszlich, ich kew es eim für,
blew ein, sag für. Aliierus ; die unbegreiflichsten Satzungen
nachbeten zu lehren und sie Schülern einzubläuen. Hamann
4, 129 ; üb sie ihm die nothwendigkeit des gehcimnisses ein-
geschärft und eingebläul? 7, 150.
ELMtLlCK, m. inluitus: da uns mehrere cinblicke in diesen
zustand eröfnet wurden. Güthk3I,40; die kennlnis der orga-
nischen nalurcn, der einblick, wie die allgemeinen gesetze
bei versciiieden beschränkten naturen wirksam sind, die ein-
sieht zuletzt u. s. w. 55, 257.
EINBLICKEN, inlucri, einen blick wohin Ihun.
EINBLINDEN, seulen in einer blinde oder blende aufstellen.
s. blinde.
EINBLITZEN, fulgurare in aliquem, auf einen losblitzen:
wie der hauptmann mit dem wachsenden stürme auf ihn frucht-
los einblitzte. J. P. Tit. 3, 182.
EINBLOCKEN, Irunco immitlere, zur strafe in den block
stecken.
EIN BLÖKEN, balando suggerere, überlaut einfiel fcn.
EINBLLMIG, unum florem emitlcns.
EINBLUMPFEN, illabi, einplumpen: zum ersten fleuch von
im mit deinen gedenken, wenn dir solche ding von im ins
herz inblumpfen, die dir seind ursach böser ding, lug das
du si nit seiest after wegen ziehen, als ein katz ein seicb-
tuch hin und her. Keisersberg sieben scheiden b.
EINBLÜMUNG, f. piclura florum: gallericn und umbgeng,
welche auf beiden seilen mit schönen historien, emblematis,
einblümungen, devisen, medeien, zeichen und geschichten auf
gut Michclangelisch, Holbeinisch, Stimmerisch, Albrechtdurc-
risch, Luxmalerisch, Bockspergerisch, Joszammisch bemalet
waren, wie der königin haus zu London. Garg. 27!»'.
EINBLL'TEN, sanguinem introrsum fundere: nun sprichstu,
soll ich also schweigen und mein leiden und getrcng nie-
mands klagen, das mag ich nit erzeugen, ich sag aber dir,
das nit bessers ist denn also inblueten und in im selber
lernen absterben. Keisersberg parad. der seelen 24 ; so dir
ein Schwester ein hert oder schmachwort zuredf, du wüstest
dich wol zu verantworten oder ir desgleichen widcrdrusz thun,
du schweigest, bluetest in, es musz in dir sterben, du bist
ir dester freundlicher. 47. ein trefliches wart, slill in sich
bluten und schweigen, der gegensalz ausbluten, das aber auch
bedeuten kann fertig, zu ende bluten, verbluten.
EINBOHREN, tcrebrare, schw. inborra, dän. indbore: der
käfer bohrt in das holz ein, der bötticher in das fasz, der
sper in die schlafe, die worte in das herz;
leben um leben tauschend siege jeder
den dolrh einbolirend in des uiidern brüst. ScniiLKR . . .
EINBOHRIG, setnel terebratus: einbohriges loch.
EINBOIEN, infanlem cunis agitatis sopire, eitiwicgcn. Räd-
i.Ein sprachsch. 1, 218'.
EINBRACHT.SWEISE, per modum delationis: so aber unser
gut meinung in den dingen von euch anders ausgelegt und
inbrachtsweise spottlich dargeben wirdet, müssen wir das mit
dem zeitlauf gewerden lassen, urk. von 1400 bei Haltaus lülO.
EINBRATEN, l) intransitiv, im braten einschrumpfen: die
krammetsvögel sind ganz cingebraten.
2) transitiv, in futurum usum ossäre, inassare.
ELNBRAUE.N, in futurum usum coquere: auf den somnier
einbrauen ; diese« cingebrüule gleichnis. Tieck gcs. nov. 5, .19.
ELNBRECHEN, irrumpere, irruere, infnngere, nnl. inbrekcn :
1) intransitiv, von naturerscheinungen : die nacht bricht ein,
nox imminet, wälircnd et vom lag heisil der tag bricht an
(1, 290), vgl. d. viylh. 708. 712, ebenso sullle der spTuchijvbrauch
den anbrechenden morgen vom einbrechenden abend, anbre-
chende morgeudammerung von einbrechender abenddammerung
unlertcheiden, et wttd jedoch nicht genau beobachtet:
K«ize dich hier, denn du tchcinnt, kraftlo» vnn der hiize des
wegei
nicht viel weiter fu können, bevor cinbrcclie der abend.
Vo»« 2. 308 ;
wir »eben mitt^rnachi «len iiiiiiap (ilipr/u-hn.
ei pflegt der Untergang «lein morgen einzulirerhen.
Upiti 1, 12,
d. h. sonnoiuntergang bald auf den morgen zu folgen; der
abend war eingebrochen. Klincer 7, 170 ; die dämmerung war
schon eingebrochen. Tieck 4, 152. Stembald 2, 156. dagegen
die nacht bricht an.
'ja und wir wollen fort'. Göthb 12, 107 ;
mit der frühe des einbrechenden morgens, vian sagt hef-
tige kälte war eingebrochen, doch die wärme bricht wieder
an, zu bezcichnnug des heftigen oder allmdlichen beginnens;
der wintcr bricht mit macht ein;
bricht slurm und donncrwcttcr ein. Gökingk 1, 199;
das jähr bricht an; die künftig einbrechenden stunden. Gry-
ruius 1, 59.
2) krankheit und seuche bricht ein ; die pest ist schon an
zehn orten eingebrochen ;
die gichi bricht grob genug bei wem sie ankümrat ein.
LoGAU 2, 124, 25.
3) der dieb, der räuber bricht ein : wenn ein dieb ergriffen
wird, das er einbricht, und wird drob geschlagen, das er
stirbt, so sol man kein blutgericht über jenen lassen gehen.
2 3fos. 22, 2; das äuge des ehebrechers hat acht auf das tun-
ktl, im (instcrn bricht er zun heusern ein, des Inges verber-
gen sie sich mit einander. Hiob 24, 10.
4) der feind, der falsche lehrerbricht ein: mann bei mann
bart zusammen hallen, dasz der feind nicht so leicht ein-
brechen könne. Kirchhof mil. disc. 156; der feind war mit
Übermacht in das land eingebrochen; unsere reuter brachen
mutig in den feind ein; aber es gehet also, wie ich vorge-
sagt habe, wo die falschen lerer räum kriegen und einbre-
chen, das man der rechten lere erstlich sat wird. Luther 6, 211'.
5) thierc brechen ein : ein wolf brach in den schafstall
ein; wilde Schweine brechen in das kornfeld ein; ein gleich-
nis vom hungrigen löwen, der auch in wuibehülete gebege
einbricht. Göthe ....
0) ereignissc, dinge brechen, treten ein : die gerichte goltes
brechen ein ; ich glaub nimmer anders, weder das in beich-
ten und predigen hat man euch entschlafet (einschlafen lassen,
eingeschläfert) und nit darein geredt, darumb seind die ding
ingebrochen, die sonst nimmer ingebrochen weren, das kumpt
daher und sunst niencn von. Keisersb. s. d. m. 32*. doch
könnte auch gemeint sein zerbrochen, zu grund gegangen.
7) einbrechen, rumpi : das eis bricht ein; wer sich auf
dünnes eis wagt, bricht ein;
wenn sie (die brücke) nicht einbricht unter eurer schuM.
Schiller 552* ;
die nugcn brechen ein. Fleming 12,
wir sagen heute nur brechen ; ich bin bald bei gott, sagte der
greis mit- einem glänz der liebe auf dem vom leben erkäl-
teten und unter den jähren einbrechenden gesiebt. J. P. Ttt.
2, 2U5; Kleist singet seinen frühling mit oft einbrechenden
gedanken. Herdek 16,177, oder was meint hier einbrechen?;
wio unter dir der trügerische firn
ciiibri*;lit und du hiniit)siiikst, ein lebendig
bcgi-iibiicr in die schauerlioho grufl. Scuillkr 5.32*.
8) intus erumpere, hervorbrechen: im granit einbrechende
oder vielmehr enthaltene und sich durch venvitterung daraus
ablösende theilc. Göthe 32, 141.
9) transitiv, inlerrumpcre, franz. interrompre, in die rede
einfallen, unterbrechen : Zeno brach RhcmetaIccn ein, dieses
wäre ein allzu scharfes urlhel. Lohenst. i4rm. 1, S6; die für-
stin Ismene ward von einem geheimen triebe gleichsam ge-
zwungen Thusnelden einzubrechen. 1, 323. undeutlich, ob Rhe-
metalcen und Thusnelden acc. oder dat. sein soll.
lü) infringere, effringcre, erbrechen, niederreiszen : die tbür,
das fenster einbrechen, auftircchen ; ich wil Samaria zum
Steinhaufen im fehle machen, die man umb die Weinberge
legt und wil ire steine ins thal schleifen und zu grund ein-
brechen. Micha 1, 0;
der .'ilift veticr ist ohne xweircl
HO ciiipr mit dem man di« itiüren einbricht? KArnkr 3,248.
II) einbic(jen: der könig zog mil den rüstigsten grafen und
den wegkundigsten gebiigsjägem in den groszen Schwan-
wüld. er selbst gieng voran, weil er an den bedeutendsten
punrten zweige eingebrochen hatte. ARüim kroncnw. 1, S2S.
EINhIlEISKN, nodts constringere. belege wurden schon i,3M
beii]ebriicht. Maai.br führt es las' auf.
EINItlll ITKN, ejpandrre, iler weit/gerber breitet die ent-
banrlen lelle ein, /n/t \te in den dscher.
KINBREMSKN. was bremsen 4.
157
EINBREjN'NEN — EINBRINGEN
EINBRINGEN — EINBROCKEN
158
ELNBREiS'iNEN, nnL inbranden, schw. inbränna, dän. ind-
brände: 1) transitiv inurere: dem misselhäter mit glühendem
eisen ein mal oder zeichen einbrennen;
dasz unser blut ihm wird ein brandmal brennen ein.
LoHissT. iftroA. 34, 203;
rothe dQcher stellen gleichsam eine befestigte, eingebrannte
frohe morgenröthe dar. J.P. jubeisen. 61.
2) meh! einbrennen, farinam butyro lostam cito admiscere;
das futter einbrennen, einbrühen; den Schweinen (ihr futter)
einbrennen.
3) bleche einbrennen, verzinnen.
4) fässer einbrennen, schwefeln.
5) sich einbrennen: wie glühend brannt er sich dadurch
in seines freundes seele ein. J. P. Tit. 2, 164. der kaffe brennt
sich ein heiszt aber, er wird durcli brennen kleiner und leichter,
vgl. einkochen.
6) einbrennen, zusammen brennen, incendio consumi: war,
wie im durchziehen zu sehen, das Städtlein ganz eingebrannt.
ScBWEiMCHEs 1, 101 ; solches haus durch die feuersbrunst ein-
gebrannt war. 2, 277 ; es wurden sechs galeren eingebrannt
{niedergebrannt). Opitz Argenis 2, 3S9. die frühere spräche
würde fordern wären in gebrunnen.
EINBRINGEN, inferre, imporlare, nnl. inbrengen:
1) fruchte zur scheune einbringen: wenn ir das einkomen
vom lande eingebracht habt. 3 Mos. 33, 39 ; so erbeite im nu
seinen acker, du und deine kinder und knechte, und bringe
es ein. 2Sam. 9, 10; und die in [den most) einbringen, sollen
in trinken in den vorhöfen meines heiligthums. Es. 62, 9 ;
ir seet viel und bringet wenig ein. Baggai 1,6;
dein sommer ist dabin, dein herbst ist eingebracht.
Wkckukblin 715.
dann in «eiterer antcendung ertrag, nutzen: das gut bringt
viel oder wenig ein, ertrugt viel oder wenig; die stelle bringt
mir nichts ein; das unternehmen brachte nicht einmal die
kosten ein.
2) gefangene einbringen: die Soldaten brachten drei Spitz-
buben gefangen ein;
ein junger tempelherr den wenig tage
zuvor man hier gefangen eingebracht
und Saladin begnadigt hatte. Lessing 2, 195.
3) heiratsgut ins haus bringen: die frau hat ihm ein groszes
vermögen eingebracht;
ein weib, das stolz aufs eingebrachte
den manu sich gern zum sclaven machte. Lkssing 1, S6;
ich will mein eingebrachtes ! Arnim Halle und Jerusalem s. 113.
115. man sagt 'die frau kann auf ihr eingebrachtes gehen',
d. i. es verlangen, sie geht auf ihr eingebrachtes.
4) ein verrenktes glied wieder einrichten, einbringen. Braln-
scHWEiG chirurgia 102.
5) wie schon Luther 2 Sam. 9, 10 sagt 'es einbringen', ohne
bezug auf ein vorausgehendes nomen, heiszt es auch andere-
vtal unbestimmt, im sinne von nachholen und ersetzen, gut
machen :
die finken, die im lenz nicht singen,
die bringens auf den herbst dann ein. Logau 1, 162,95;
ich habe die gute gelegenheit versüumt, ich will es schon
wieder einbringen, nachholen, oder 'alles einbringen':
fremde kleider schimpfen uns; weil sie aber so gemein,,
niusz alleiiie sein ein narr, wer es nicht wil miete [so) sein,
frommer sinn in fremder irachi bringet alles wieder ein.
LoGAt) 2, 154, 79;
ob aus langmut er sich seumet, bringt mit scharf er alles ein.
3, 27, 24 ;
man klagt, dasz unser leben pflegt gar zu kurz zu .sein,
die ewigkeit, schweig stille! bringt alles wieder ein.
3,99,7;
es ist ein art der räche, zur zeit geJublig sein,
goil, der Verleumdung hasset, bringt alles stailich' ein.
3, 238, 103.
i'der 'etwas einbringen': das wird schon etwas einbringen;
jeder muste vielleicht wie noch jetzt in den klöstern etwas
einbringen. Moser 2, 93. oß aber ttekt auch der gegenständ
au.i<iedrückl : die wirt werden sorghiltig sein, wie sie ihr gelt
und schuld von den Studenten einbringen (einlreibtn). Fischart
yroszm. 64 ;
und sich ver-iurhen auf all weg,
dusz er die »chand einbringeu mot(. Garg. 2S4';
wir versichern sie, dasz unser chach .\bas reichlich einbringen
soll, was dem Leo nicht anstehen können. Grvphics 1,4;
dann sucht man einzubringen
was vor aus noih versäumt. 1, 444 ;
wenn da in mir lehren wirst, werd ich aller noth enigeben,
auch einbringen was bisher meine trägheil hat versäumet.
2,416;
diese waar ist nicht die beste, die im gadeo vomen leii,
dieses pferd ist nicht das beste, das man frei zu markte reit,
eure brüste feil zu bieten, bringt euch keinen kaufmann ein.
^LoeAD2,237, 168;
mein enget, lasz dich nicht verlangen,
die freude bringt das warten ein. Gellsrt ...
61 einbringen ist in der gerichtssprache, die sich dann auch
weiter erstreckte, vorbringen, proferre: in den weisthümern
heiszt es häufig 'eingebracht', 'wurde eingebracht', 'mit einge-
bracht'; es würde dann durch den cammerrichter mehr oder
weniger Schriften einzubringen gemäsziget. cammerger. ordn.
von 1521. 29, 10 ; bisher haben die hüben also gehandelt, das
sie uns irrthum, mit schein der warheit verdeckt, haben ein-
bracht. LcTHER 1, 347 ; wie denn fast alle Schriften, die von
Christi reich reden, von dem mit einbringen, das er gott
und mensch, sterben und auferstehen sol. 3, 1S6*; und bringet
das sonderlich mit ein, das gott nicht freundlich sei. 4,22*;
fast auf solche form werden alle klagen des profosen mit
sehr heftigen scharpfen worten eingebracht. Kirchhof mil. disc.
244; so nicht allhier gedacht oder einbracht sei. Reutter
kriegsordn. 34 ; die klage so herzog Friedrich hätte eingebracht.
SCBW£I!(ICBE5 1,365;
wir sahen Ilispahan vor unsern äugen liegen,
die königliche, die, wie man mir bringet ein,
von hundert pforten soll genennet worden sein.
Flsii.<«c 206;
auch so bringt man ernste Sachen
füglich an und ein, durch lachen. Logac 2, 23, S2;
nach so langer zeit wurde kundschaft eingebracht, dasz die
Spanier abermals mit einer reich beladenen silberflotte zurück
nach Europa segeln wollten. Felsenb. u 69 ; die eingebrachten
Sätze eines rechtsgelehrten. Rabe.ner 2, 207 ;
wir werden unsern alten witz nicht sparen,
den wir in langen jähren eingebrachu Sc-hillkr 58S*.
7) einbringen, hineirtbringen, einschlagen, einzwängen: ich
kann den nagel, den finger nicht einbringen ; es kostet mühe
ihm die arznei einzubringen ; das gleub ich nicht, ihr aber
bringt mirs lang nicht ein. Ri.ngwald erang. Q 3*.
8) bergmännisch, die ertung einbringen, einen getriebenen
ort bis zu einer bestimmten stelle treiben; die teufe einbringen,
mil einem Stollen tiefer eindringen.
ELNBRINGEN, «. illalio, relatio, zumal ton der ersten, drit-
ten und sechsten bedeutung des verbums: sie hatte beinahe
gar vergessen, wie grosz ihr einbringen war. Rabener 2, 263.
4, 207 ; diese {kosten) würden ohne ausnähme jedesmal von
dem einbringen einer jeglichön Vorstellung abgezogen. J. E.
Schlegel 3, 255.
EINBROCKE, /., was eingebrockt ist: du kannst nun deine
einbrocke essen.
EINBRÖCKELN, infriare, einkrfmeln: das {allerlei Zärtlich-
keiten) weisz ich ihm alles so gut einzubrückeln. Höskr pa/r.
ph. 4. 56.
EINBROCKEN, intcrere, nnl. inbrokken: es war aber ein
prophet Habacuc in Judea, der halte einen brei gekocht und
brot eingebrocket in eine tiefe schüssel. von dem Bei zu Babel
32* und sprich also, wer mich solchen mörderischen geistern
zugesellen und einbrocken wil, das er mir solchs one war-
heit und nicht als ein redlich man zusage. Llther 2,463';
sie mögens ausessen, brocken sie zu viel ein. br. 4, 383, das
oß wiederholte Sprichwort gründet sich schon auf das tereu-
zische: tute inlrivisti, tibi omne exedenduin est. Pkorm. U.
2,4; wer das einprucken zahlt, dem schenkt man die milclu
Fischart bienenk. 113';
wenn einer will hofferlig sein
und nicht mehr hat zu brocken ein. KiRCBHor weiidiinm. 42' ;
wann wir aber darunib in der Eutychianer zunft sollen ein-
gciiritcket werden. Casp. Peucer Widerlegung des calvinischen
tfstaments. Wiltenb. 1603 s. 83 ;
wem hat Verleumdung nicht ein raordstück eingebrockei!
Grtphivs 1, 27 ;
warum * dasi Carol rrisxi, was er uns ein liest brockeo.
t.2»3j
159
EINBRÖTÜNG— EINBÜRGERN
EINBÜRGERUNG — EINDÄMMEN
160
vie kuint es, dasz die lasi der noth die weh so drucket!
'sie isset jetzund aus, was sie vor eingebrocket. Lociu 1,26;
dasz er die niahlzeit zuvor etliche stück brot einsteckte, dasz
er das brot zum einbrocken nicht bezahlen dürfte. Weise
erzfi, 115 ; die mährte ausessen müssen, die sie eingebrocket
haben. C. F. Weisze lustsp. 3, 277 ; wie das eingebrockt, isz
auch mit! Fr. Müller 3, 177; der wirds euch nun einbrocken
beim kaiserlichen gesandten. Klinger 3, 6S; könnt er nachher
nicht zum fürsten gehn und da für alle unsere freunde die
giftigsten suppen einbrocken? J.P.Hesp. 2,118; aber dir hab
ich eine hübsche schwarze suppe eingebrockt! Siebenkees 1, 66;
aber eine hübsche suppe wird da für den beiden eingebrockt.
uns. löge 2, 175.
ELNBRÖTL'iNG, f. der Übergang des göttlichen leibs in das
brot: zum andern sei die einbrüdunge des leibs Christi sein
wider die ganze heilige schrift. Luther 3, 4S3. 484.
EINBRL'CH, m. nach den bedeutungen des einbrechens,
1) einbruch der nacht, der dunkelheit. Gotter 3, 538.
2) einbruch der pcst. 3) des diebs.
4) einbruch des feinds und des fremden: Friesland hat
unter allen provinzen am wenigsten von dem einbruche frem-
der Völker gelitten. Schiller 779 ; so oft es auch an den
grenzen dieses Staatskörpers gestürmt hatte, so war doch
sein inneres von jedem fremden einbruch verschont geblieben.
936 ; nur musz er den pfif nicht bis zum einbruch in meine
grundsätze treiben. 185.
5) einbruch des eises; so ist zwischen uch und uns ge-
festet ein grosz mechtig geschult, magnum chaos, ein sumpf
oder inbruch. Keisersb. postill 3, 4l'.
6) einbruch machen : so könig, fürsten, adel, stedte und
gemein selbs anßengen, der sach ein einbruch machten. Luther
l,24S'; doch {das sie) daneben etliche messe fallen lassen
und seuberlich mit der zeit ein einbruch machen, so viel sie
künnen und sich leiden wil. 2,101'; einbruch thun, violare
legem. Haltaüs 291.
EINBRL'DER.N, in »it^merum fratrum referre.
EINBRÜHEN, aqua fctvente pcrfundere: eingebrühter kohl ;
eingebrühtes futter; man brühet den Schweinen ein; wasche
einbrühen; vgl. anbrühen.
EINBRÜNST, /■. ardor, heute Inbrunst, vgl. einbrennen 6.
EINBRÜNSTIG, ardens, fervens, inbrünstig: einbrünstige
begird der eer, avaritia gloriae. Maaler 123', einen einbrün-
stigen hasz elwar zu tragen, ßagrare odio alicujus; minder
einbrünstiger bülen, lenius aestuare. Arsace wird krank von
einbrünstiger lieb, einbrünstige unkeuschheit. buch der liebe
209,2; einbrünstige liebe. 234,3; einbrünslig in gott versenkt.
kluge, alte reden lOb* ; schrien und riefen einbrünstig zu gott
umb hülfe, pcrs. reiscbeschr. 2, 2.
EINBRÜNSTIGLICH, ardenler. Maaler 123'.
EINBUßEN, gegensalz von aushüben, vgl. erhüben.
EINBÜCHSTABIEREN, wie einlesen, buchstabieren, lesen
lernen, man sagt aber auch sich einbuchslabieren, sich her-
beimachen.
EINBÜCHT, f. mßexio: absprung der nase von der rich-
tung der stirn, einbucht an der nasenwurzel. Kant 10, 332.
EINBÜCK, m. einbuck der kluft, recessus. Maaler 123',
einbug ?
ELNBUCKEN, bei den schneidern, einen säum umlegen und
einbrechen, einbiegen.
ELNBUCKEN, iuclinare: die pkanlasie kann sich leicht zum
witz einbücken. J. P. aeslh. 2, 46.
EINBEULEN, blanditiis se in amorem alicujus insinuare,
sich einbuhleo, einschmeicheln. Stieler 259.
EINBL.MME.N, concincre, doch stärker, s. hummen:
mir die festlichen gläser gespült und das gro.sze des vatcrs,
das int helle gekling cinbunimt, wie die glucke vom kirchthurm.
VOK« 1, 166.
EINBCNDELN, in fascieulot eolligere.
EINBCREN, imporlare:
ieizund h.ili ich gebürct ein
die milcli, dnrzu den kromat mein. ÄTait fattn. 68*.
EINBCRGER.N, in civium numerum adsciscere; eingebür-
gerte» »ort, lerbuin cui cititas data est; »ich einbüi>;t'rn, con-
tidrre in civttate: so hüchsl erfreulich sie (die f<ibelungcn)
sind, wenn man sich in ihren kreis recht einbürgert und alles
vertraulich und dankbar aufnimmt, so wunderlich erscheinen
sie, wenn man sie nach einem maszslabe iniszt, den man
oieiuaJs bei ibuco anHchlagcu sollte. Güruii 0, 112 ;
doch wenn du dich einbürgern wolltest hier vielleicht,
so sollst du wissen was gebricht. Ilati.i 123'.
EINBÜRGERUNG, /. einbürgerung oder naturalisierung frem-
der benennungen. Leiii.mtz 471.
EINBÜRSTEN, ingerere pectine setaceo: ein öl, eine salbe
einbürsten; schuhwachs einbürsten.
EINBÜSCHELN, fasciis invohere, s. einbitscheJn, einwindeln.
EINBÜSCHELÜNG, /. einwindlung : meine tochter in der
fürstlichen einbüschlung. Simpl. vogelnesl 2, 19.
EINBUSEMEN, in sinum recipere, adoptare, legilimare, nnl.
inboezeinen, in den busen stecken, uneigentlich in sich auf-
nehmen.
EINBUSZE, f. jaclura: er hat, leidet viel einbusze; zum be-
hufe der gemächlichkeit, aber mit einbusze aller einsieht. Kant
2,523; die einbusze der kraft eines körpers. 8,147; kurz vor
der minute seiner irdischen einbusze. J. P. Kampanerlh. 20 ;
die einbusze eines groszen ruhraes war gemacht. Dahlhann
ddn. gesch. 1,117; die einbusze zweijähriger Stiftseinkünfte.
1, 428. ehliche einbusze heiszl die minderung des Vermögens
eines ehgatten zum besten der errungenschafl. vgl. zubusze.
EINBÜSZEN, amittere: und ist ir narung durch gemein
hindurch so abgcwegen, das sie alle tag aufgeht und kaum
ein böse woch einbüszen können, ich geschweig das sie ein
bös jar dulden sollen. Frank ««•//&. 47*; in diesem kriege muste
VVigmann mit dem leben einbüszen (= büszen). Micbalius
2,183; das leben einbüszen; seinen ehrlichen namen;
was ich hett, thet ich langst einbüeszcu. ktnza. fasln. 81*;
ich hab nicht zu einbücszen und zehren. 81';
ich büesz nur ein kein pfennig gwinn. 90';
dasz er auch wol sein heldenbUit,
den sig zu kaufen, ein darf büszen. Wbckhbrlin 456;
dasz in dem himmel viel ideen sollen schweben
und bilder, glaube nicht; dann Plalo büszet ein,
der reine wille nur des höchsten ist allein
das muster und die art der dinge so hier leben.
Opitz 1, 344;
hast du dir schon alliie sonst können nichts erwerben,
dein eignes und dich selbst fast drüber eingebüszt,
sei dennoch unbetrübt. Fleming 107;
da Job hett alles cingebüszet
was ihm ergötzlich war. Locau 1, 31 ;
spielen soll ergeizung sein,
dieses wil mir noch nicht ein, -
wie dasz der der einbüszt viel
glauben kan, es sei ein spiel. 1,116,94;
muste das jähr 260 ihlr. einbüszen. Schweinichen 2,153; wie
stehets, herr bürgenieister, haben sie ihren Organisten einge-
büszl? ja er ist gestorben. Weise kl. leute 206;
büszt sie das zweilemal ihr junges leben ein. Gillrrt 1, 187;
Mirtill war oft bei Amarillen
und liesz um dieser nimphe willen
fast jeden tag die herd allein,
kaum sah man noch den faulen Milax hirten sein,
drum büszt er manches slück von seinen scharen ein.
Bist schäfercrzälilumjen 55;
weil alle maximen gefahr laufen ihre besliinmthoit und festig- ;J
keit einzubüszen. Kant 6, 181 ; eine kraft hat eingehüszi. 8, 69 ; n|
und so ößcr ohne angäbe des gegenständes, vgl. zubflszen.
EINBUTZELN, involvere, velare, in der Wetterau, sich ver-
mummen, tief einhüllen, vgl. einbüscheln und butze, hutzeln.
EINBÜTZEN, insueie. Maaler 123', vgl. bützeii 2, 504.
EINCARCERIEREN, includcre in carcercm, it. incarcerare,
einsperren . dasz man ihn noch bei den obren nimmt und
eincarceriert. Fr. Müller 2, 45.
EINCASSIEREN, pccuniam exigere, eigentlich in die casse,
kiste bringen, it. incassare: schulden eincassieren.
EINDAtMIEN, tegere, das haus, den stall cindachen.
EINDACHTIG, «lemor, eingedenk, nnl. indachtig: ir seid
wol eindechtig, liehen brüder, unser erbeil und mühe. 1 Thess.
2, 9 ; gehab dich wol und sciiglich im lierrn Christo Jesu,
und sei mein gegen gott eindechtig. Luther 1, 15o*; das er
vielmehr seiner vorigen einsalzunge eindechtig die nienner
erwecke zu predigen, so es doch an uiennern nicht gebricht.
2,"';
der Sünden nicht eindechtig sein. Hincwalo laut. wnrh. 433.
s. andächlig, bcdilchlig, gedächtig, verdächtig, vorbedächlig.
EINÜACHüNG, f locus Iccltn: de» winters hat man an
etlichen orten stalle und eindüchungen, darunter sie [die
ochsen) sich begehen. lloHutRü 2, 26«'.
EINIt.i^MMEN, aygere cinyere, coercere, einen deich eiiuläiu-
, Micn, eiiuüM/u«,- sich ciudäuimen, continere st: Wall konnte
1 6 1 EINÜÄMMER — EIXDENKM ACHUNG
EINDEÜCHEN — EI>T)RECHSELN
162
sich nicht länger eindämmen {zurückhalleti, [ieng an zu reden).
J. P. flegelj. 4, 2. einige schreiben eindämmen.
ELNDÄMMER, m. coercitor: wahrlich mehr als einen ein-
dammer der erJflecken und teiche. Herder.
EINDÄMMERN, placide obdormiscere, einschlummern, eigent-
lich im dämmer, im Zwielicht einschlafen:
heimlich in mein rlmmerchen verschlossen
lag im -mondenschein,
ganz von seinem schauerUcbt umflossen,
und ich dämmert ein.
träumte da von vollen goldnen stunden. Göthk 1,79.48,40;
eingedämmert von erwartungen banger Sehnsucht und ängst-
licher hofnung. Tieck 4, 317. transitiv sopire, einschläfern :
schlaf überfällt sie. die wilde musik hört auf. ganz sanfte
musik läs2t sich hören und dämmert sie ein. Klisgers th.
3, 239.
EINDÄMMUNG, f. coercilio.
EINDAMPFEN, inhalare, wie ausdampfen exhalare.
EINDÄ.MPFEN, 1) in vaporem soki: lasz die wasser alle
auf einem warmen öfelin verriechen und eindenipfen. WilRiz
practica 415.
2) sedare, compescere, dämpfen, stillen: den lockvogel ein-
dämpfen, in verhängtem käßch still machen ; des frühjahrs nun,
wenn sie (die ßnken) anfangen zu singen, musz man sie ein-
dämpfen, entweder in eine finstere kammer, wo sie angenehme
luft empfinden und derer drauszen fliegenden vögel ihre stimme
hören, oder aber ich mache hierzu eine besondere dämpfe,
nemlich von brettern einen kästen. Döbel 2, 235*.
3) suffocare, bedampfen, icas bedeutet eine eingedämpfte
nase? der dritte aber hat eingetempfte oder flache nasen,
wie die Histrier. Thcrxeisser prob, der harnen 76. tampho
ist ahd. catarrhus und eine verschnupße, rerstopße oder flie-
szende nase könnte gemeint sein, trenn nicht das nebenstehende
flach den sinn von eingedrückt fordert.
EI.NDARM, m. homo macilentus, ein hagerer, der gleichsam
nur einen dorm zu haben scheint, wetterauisch.
EINDÄR.MIG, adj. ein hagerer, eindärmiger geselle, er sieht
eindärmig aus.
EINDECKEN, integere, zudecken : das kind warm eindecken ;
den weinstock gegen den frost mit erde eindecken, auch was
eindachen, die scheune eindecken, decken.
EINDEICHEN, iras eindämmen, einteichen : eingedeichtes
land; die Stör (»n Holstein) trat über ihre eingedeichten ufer.
EINDEITIGEN, arcessere, coniocare, einberufen ?
alsdann können wir zwischen uns beden
von diesen dingen weiter reden,
wie ich euch wieder deitig ein. Atrer 450'.
f&r eindegedingen, eintegedingen, eintädingen, vgl. austhedigen
1, 996 und betheidigen 1, 1701, vertheidigen.
EINDENK, memor, eingedenk. RIdlein 1, 218'. Stei-vbacb
1, 245 :
bist du so meiner gunst, so indenk meiner zehren *
Grtpbics 307;
sol seiner ankunfl eindeuk sein. Ringwild taut, warft. 149;
wolst unser beiden eindenk sein, evang. ¥'*.
hennebergisch indenk, 5. Fbojisianss deutsche mundarten 3, 139
und hernach eingedenk.
EINDENKEN, meminisse, eingedenken, nnl. indenken : dar-
umb wenn du deine gäbe auf den altar opferst, und wirst
alda eindenken, das dein bruder etwas wider dich habe.
Matth. 5, 23 ; zu welchem eindenken sie sonst vielleicht nimer
kernen für angst und furcht, die sie dem menschen zu beichten
haben. LtJTBER l, S19'; ich hab inen gesagt und sie eindenken
gemaclit deiner hende werk. 3, 25, wofür aber 1, 43' steht ein-
denkend gemacht; e. k. f. g. wollen eindenken sein des an-
fangs. 6r. 2, 113; und zweifeln wir nicht, euch sei eindenkend
{wie sonst: wissend), das wir die Sachen hiebevor mit den
fürnehmsten unsrer landschaft rath gehandelt. Melanchtuo.n
7, 5. reflexiv, sich eindenken, hinein denken, in eine sache
denken, animum intendere ad uliquid: ich habe mich in deine
läge vollends eingedacht, versetzt, versenkt,- in die italienische
opemform und ihre vortheile hatte ich mich recht einge-
dacht. GöTUE 31, 10.
EINDENKIG, was eindenk: das er der verrüterei, so ich
begangen hab, nit indenkig sei. Aimon ps*.
EINDENKMACHL'NG, f. revocatio in memoriam: einem un-
glücklichen wäre die eindenkmachung des fergangnen Übels
schmerzhaft. Loberst. Arm. 1, 207.
m.
EINDEÜCHEN, s. einleuchen, eintauchen.
EINDEUTIG, unius notionis: eindeutiges wort, im gegensalx
XU zweideutig, vieldeutig: wir haben nur den abstoszenden
pol igestank), nicht einmal den anziehenden, denn duft ist
zu optisch, geruch zu zweideutig und wolgeruch erst ein-
deutig. J. P. aeslh. 2, 23 {ausg. 1S04 S. 292).
EINDEUTIGKEIT, /". jeder weisz, dasz er, sobald er aus
einem zweideutigen salze nicht klug werden kann, eindeutig-
keit darunter zu suchen habe. J. P. aesth. 2, 20 (s. 287).
EINDEUTSCHEN, germanice verlere, verdeutschen : wie nun
Ariost und Tasso, Shakespear und Calderon, als eingedeutschte
freunde, uns doppelt und dreifach vorgeführt werden. Göthe
6, 239. ex könnte auch sagen sollen in Deutschland eingeführte.
EINDICHTEN, infingere, wie andichten afftngere.
EINDICHTEN, conslipare, dicht stoszen oder drücken: das
kraut im fasz eindichten.
EINDICHTUNG, f densatio, coaretatio: dasz ich die vor-
arbeiten eines bedeutenden werks nicht in der ausdehnung,
sondern in der eindichtung wieder Torgenommen habe. Göthb
an Zelter 4, 171.
EINDICKEN, condensare, verdicken: einen saft, eine flüs-
sigkeit verdunsten und dick werden lassen.
EINDIENEN, servitii nomine amplecti: du hast mir dreiszig
jähre redlich gedient, das kann wol einen fehler mit ein-
dienen. TiECK 5, 109.
EINDIGERIEREN, einverdauen : dem blut wird alles das zu-
gerechnet, das zusambt der feuchte auch geferbt und dick
oder eindigeriert ist. Thlrxeisser prob, der harne s. 2s.
EINDIGNEN, inarescere, eintrocknen, vgl. ausdignen aus-
trocknen.
EINDIMPFEN, obscurare, ealigare:
mein gsicht ist eingedumpfen. Melisscs ps. B7'.
vgl. eindämpfen, bedampfen, das eindimpfen, bedimpfen vor-
aussetzt, dimpfen und dumpf, dampf ist dunst und nebel.
EINDINGEN, mehrdeutig,
1) simul pacisci, einbedingen : es wurde eingedungen, dasz
auch die kinder an den vortheilen theil haben sollen.
2) das gericht, die schöppen eindingen, Judicium constituere,
durch frage des richters und antwort der schöppen. Haltacs
291. 292. wie sich ein vorsprecher ins recht eindingen soll,
es sei welcher partei es wolle. Rectter kriegscrdn. 46.
3) sich wohin eindingen :
hier ist ein scbif verbanden
nach Cvdnus kalter flut, in dis dingt er sich ein.
Opitz 3, 48 (46),
alle ausgaben lesen düngt vgl. ausdingen.
EINDÖCKELN, involvere fascii», stragulis, gleich einer docke
einwinden : eine fromme mutter döckelt ihr kind in seinem
schlafbettlein ein. Otho 1033.
EINDÖLPELN, stolide intrare, wie ein tölpel eintreten : da
kam ein solcher kerls eingedölpelt und liesz sich mit hoher
Vergnügung respectieren. Weise A/. /e«/« 322.
EINDORRE.N, tnar«cere: ein ganz eingedorrtes männchen ;
das eingedorrte krankengesicbt J. P. uns. löge 2, 128 ; der käse
ist eingedorrt;
soll auch, wenn alles wird nach seinem tod erkrachen,
dein bisher bliihend stamm, um den die himmel wachen,
eindorren. v Grtphics 1, 645.
EINDÖRREN, tonefacere: obst, blätter eindörren, man
schreibt heule eindürren.
EINDRANG, m. irruptio, impressio, nnl. indrang: der ein-
drang des feindlichen heers fand an dem obem thor statt.
abstract, desto mehr verlor sie an eindrang, tiefe und be-
stimmtheit. Herder 16, 274 ; mit kraft und eindrang.
EINDRÄNGEN, intnidere, scliw. intränga, ddn. indtrange:
ich hätte nicht an die stelle der achlung, die sie verdiente,
eine neigung eindrängen sollen, die sie ijreder erregen noch
erhalten konnte. Göthb 20, SO. sich eindrängen =-= eindringen :
er drängt sich überall ein; die flut drängt sich durch den
weichenden dämm ein ; die magische natur drängt sich mit
strOmea ein ins herz. J. P. Hesp. l, US ;
den zudringlichen,
der zwischen söhn und vaier unberufen
»ich einzudrängen nicht erröihet. .Schiller 2.'4'.
EINDRÄUE.N, minis inculeare, minari : die ir falsche menscfa-
Hche lere euch eindrauen und eintreiben. LtrraERS br. 1, 393.
EINDRECHSEL.N, intornare, tomando aptare, inserere.
11
163
EINDREHEN - EINDROHEN
EINDRUCK — EINDRÜCKEN
164
EINDREHEN, intorquere, nul. indraaijen : den krahn ein-
drehen; das notligeschicke hatte die Oberhand über ihn be-
kommen und die band seiner tapferkeit eingedrehet. pers.
haumg. 5, 2. sich eindrehen, einschleichen : denn es ist Paulo
eben gangen, wie es uns itzt auch gehet durch unsere rotten,
nachdem das evangelium durch uns wider an lag bracht ist,
und sie selbs haben erstlich von uns gelernt, das sie in unser
erbeil trelten und sich eindrehen, da {da, wo) das evangelium
angangen und durch uns räum gemaciit ist verderben also
was wir recht gepflanzt und geleret haben, damit das sie wollen
unser meisler sein. Luther 6, 211*. vgl. ausdrehen.
EINDRILLEN, 1) circumagendo inforare, ein loch eindrillen,
nnl. indrillen. 2) soldalen einüben, s. drillen 6.
EINDRINGEN, inirare, penelrare, nnl. indringen.
1) in einen ort oder räum, wie das lat. intrare mit bloszem
acc.
wann du mit kluger macht das blawe fcld eindringest,
und durch ein schwaches holz den stürm und wollen zwingest.
Opitz Hugo Grulius s. 285.
2) mit in, an, auf: der feind ist in die stadt eingedrungen;
keine luft dringt in die stube ein;
das weiter nach dem stürm hat sich schon aufgeklärei.
ach, wünsch ich, hntt es doch bis in die nacht eewäbret,
so dränget ihr vielleicht, wie nun, bei sonnenscnein
mit eurem mückenschwarm nicht in mein zimmer ein.
Camtz 109;
ihr, die ihr wähnt auf nie Leirclner spur
bis in die grotte der natur,
kühn wie Prometheus einzudringen. Gottir 1, 281 ;
diese zeilen sind in mich eingedrungen wie ein erster friih-
lingsregen. Bettise fcrte/'w. 2,23; er {Waller Scott) weisz den
manigfalligen historischen stof deutlichst aufzufassen, er dringt
in die bedeutung des gehaltes ein. Göthe 46, 226 ;
denn die künde war
auch in des klosters mauern eingedrungen. Schiller 503';
dasr der wind anhauch und die kraft der sonne
ungehemmt eindring an die zarten träublein. Voss.
3) sich eindringen für eindrängen : denn da etliche falsche
bücher sich mit eingedrungen. Ga/. 2, 4; denn die ubertretter
oder falschen heiligen künlen sich meisterlich zu den herrn
oder fürsten eindringen. Lltiieh 6, 149' ; denn ich bin nicht
wie die sich selbs zu predigern machen und eindringen.
6, 22l'; die historisch poetischen taufnamen, die sich an die
stelle der heiligen in die deutsche kirche eingedrungen. Göthe
26, 27 ; wie noch manche gedanken sich einzudringen pflegen.
29, 337 ; die undulation hat viel Widerspruch gefunden, die
Polarisation bat sich eingedrungen und steht für sich. 55, 81 ;
ich werde mich nicht in ihre geheimnisse eindringen. Schiller
739' ; zu groszer beunruhigung der dortigen Staaten hatte sich
diese beschwerliche macht in Italien eingedrungen. 906'; die
lebendigen kräfte aus dem gebiete der mathematik, worin sie
sich eingedrungen haben, hinwegzuräumen. Kant 8, 84. ja
Lother stellt auch, auszer diesem reflexiven fall, den acc. zu
transitivem eindringen: einen pfarrherrn eindringen. 4,31»';
das ein rat, on wissen und willen ires pfarrherrs, keinen
Prediger, kirchen oder schuldiener Urlauben oder verstoszen
sollen, viel weniger einen andern an Jenes stat eindringen.
6, 352*.
4j parlicipia enlralen des sich vollends : den eindringendsten
einOusz auf das gemüt haben. Kant 4, 282 ; der begrif der
pflicht ist kräftiger, eindringender. 5, 378 ; beide sprachen ein-
dringende Worte; macht Flandern zur grafschaft und seinen
eingedrungenen eidam zum ersten grafen. Tieck 4,136;
doch vor eingedrungnen, sein sie am-h begabt mit sinn und
wiiz,
die er nicht erkennt als meister, springt er nicht empor vom
sitz. Platem 272.
EINDRINGLICH, vehement, gravis: eindringlichere reden
hielt kein andrer.
EiNDRiNGLICM, graviter: sprach eindringlich.
EINDRlNCiLING, m. (jui se inlrudU: er sei nur als ein-
dnngling anzusehn und zu behandeln. GDthe 26,56; da wir
obige Worte völlig als fremde eindringlinge in dieses werk
eingeklemmt und zur entschiedensten unihfttigkeit verdammt
sahen. 58,227; die härte der eintreibung sämtlicher gefalle
durch jene eindringlinge. Daiu.makm dan. gesrh. 1, 31S.
EINDRINGUNG, /; tmiptio: die gewaltsamen eindringungen
itr beere. IhyrkL 10,114.
EINDROHEN, heutige form für eiodräuen, t. androhen, be-
droliea.
EINDRUCK, m. impressio, nnl. indruk, schw. intryck, ddn.
indtryk, beide letztere dem nhd. worte nachgebildet.
1) sinnlieh, eindruck des fuszes auf die erde, der band,
des fingers ; des siegeis in das wachs, anders, und passiv
zu nehmen, eindruck des cies durch die band, eindruck des
kopfes durch den fallenden fels.
2) eindruck der kälte auf das wasser, der wärme auf das
eis, der schwere auf den bodeii, der Schönheit auf das äuge,
der liebe auf das herz, des mädchens auf den jüngling, der
lehre auf den schüIer; der natur auf die sinne; der ereig-
nisse auf die handlungen. geistig genommen schon bei Eck-
hart indruk des engeis, hiinels. 75, 31. 34. 83, 11. 553, 26.
3) es heiszl, eindruck inachcn, faire une impresston, das
macht guten, üblen, groszen, geringen, angenehmen, widrigen,
peinlichen eindruck ; alle Vorstellungen blieben ohne eindruck ;
ah, ich musz mich schämen, sultan!
'dich schämen? dasz ein judeiimndchen auf
dich eindruck machte, doch wol nimniennehr*.
Lbssinc 2,310;
die nähe, des schönen kindes muste wol in die seele des
jungen mannes {eines mahlers) einen so lebhaften eindruck
machen, dasz ihm nach und nach auf dem wege vom äuge
zur band nichts verloren gieng. Göthe 17, 219 ; der eindruck
haftet, bleibt, dauert, schwindet, erlischt, venvischt sich; es
war der eiste bleibende eindruck, den ein weibliches wesen
auf mich gemacht hatte. 24, 267 ; mir hinlerliesz seine rede
einen tiefen eindruck; ich nehme davon einen fühlbaren ein-
druck mit ; es geschah unter dem eindruck dieser worte, dasz
sich alle versöhnten, gröszere rücksicht auf den sinn des worts
liegt in folgender stelle: seiner würdig scheint es mir, dasz
er sein leben hingab, um durch das grosze dieses todes einen
unauslöschlichen eindruck seiner selbst in das herz seiner
Spartaner zu graben. Schiller 772*, obwol graben genau ge-
.sprochen kein drücken ist.
4) alle bisher gegebnen beispiele des Wortes eindruck flieszen
aus dem verbum eindrücken, dagegen der eindruck eines bildes
in das buch gehört zu eindrucken, ganz wie abdruck aus-
druck nachdruck umdruck zu abdrucken ausdrucken Umdrucken.
der abdruck des buchs erfolgt durch abdrucken, der abdruck
des siegeis, der pistole durch abdrücken ; der ausdruck des
buchs beruht im ausdrucken, fertig drucken, der ausdruck des
worts im ausdrücken ; der nachdruck des werks geht auf nach-
drucken, der nachdruck der rede auf nachdrücken, wenigstens
hat unsere mundarl diese kleinlichen unterschiede eingeführt und
hält sie aufrecht.
EINDRUCKEN, einen holzslock, eine kupferplcUte in ein unter
der presse befindliches buch drucken.
EINDRÜCKEN, imprimere, nnl. indrukken, schw. intrycka,
ddn. indtrykke.
1) in etwas: der hirsch drückt seine ballen, das pferd sei-
nen huf (dem boden) ein ; der riese drückte seine band, seine
linger dem harten felsen ein; sie drückte ihre fingerspitzen
dem wasser ein ;
du drückst den tod tief ihren Schädeln ein. C. E. von Kleist ;
die biene drückt ihren Stachel ein; butter in das fasz ein-
drücken ; das Siegel (dem wachs) eindrücken ; das drückte
sich meiner seele ein, in mein herz ein ; eine feder drückt
eine kraft in einen körper ein. Kant 8,53; was in Afrika
der haut des negers die sonne eindrückte. 10,48; eine Ur-
sache die den pluneten ihre kreisbewegnng eindrückt. 6,106;
dasz die matene der seele gewisse Vorstellungen und bilder
eindrücke. 8, 22 ; das licht, welches nur eine eingedrückte
bcwegung ist H, 317 ; fabeln, die dem kinde eine wabrheit
recht tief eindrücken sollten. Göthe 45,296; diese {Schau-
spieler) würden an ho iinsdiätzbaren lebendigen darslellungen
weit mehr lernen, sie würden sich das rechte der kuiist weit
reiner eindrücken. 49,170;
sie (/(i</(i) purterio da« lange haar,
he>pr»ni;ie tliis gesichi mit mucken {nnuunrs, fiiinnptlnxiriirhfn},
die lii-b« be.sh<r einintlruckun. Joh. Uku. .Scuaiors
tt 1730) travcslirrte Aenrii, im morgenbt. tS09 nr. 52.
2) elidere, frangere: dem vogei den köpf eindrücken; wer
von seinem gold und silber niemand zu willen ist, dein wird
güld und kilber den köpf eindrücken. per.<t. rusenth. 8, 2 ; das
ei, die eierscbale eindrucken ; eine fensterscheibe eindrucken.
3) eompnmere, die äugen eindrücken, tuJrücktn :
der iJiiiRer dnicki ilii! augeii «in
,,,..1 -.1.1... .1... ...ii,.„ .„„,.. (,,.THr (>•, '.'•C:
i
165
EINDRÜCKLICH— EINER
EINER — EINERLEI
166
kummer hatte ihm die wangen eingedrückt ; er hatte Ton kin-
desbeinen an eine eingedrückte brüst ; meine seele wurde ein-
gedrückt, wenn ich gen himmel sah. J. P. Hesp. 2,248; er
muste zusehen, wie die kokette Weidmännin, der die sanfte
Clara zu still, zu bescheiden, zu gutmütig und offenherzig
war, alle diese offenen blumen verdrehen, eindrücken und
abschneiden wollte, heiml. klagelied 16 ; das masz eindrücken,
volldrücken; alsdenn sollet ir antwort kriegen, ein voll ein-
gedruckt und uberheuft masz. Lcther 6,5"; das kraut im
fasz, das heu auf dem wagen eindrücken, fest drücken, man
darf auch auslegen: die äugen in den köpf, das kraut in das
fasz, das heu in den Kagen drücken, eingedrückt (serres) in
die Ordnung der schlacht stehen wir gewurzelt im boden, ver-
bunden wie brüder. Klinger 2, 159.
EINDRÜCKLICH, franz. impressif: man hat uns die ge-
schichte gelehrt, ich habe nicht so viel daraus behalten, als
ich wol gesollt hätte, nur einzelne begebenheiten sind mir
sehr eindrücklich gewesen. Göthe 17, 70 ; diese art sich deut-
lich und eindrücklich zu machen. 25, 145 ; eine grosze charte
botanique machte mir die familienverhältnisse der pflanzen
augenfälliger und eindrücklicher. 31,255; ein jugendlich seliges
wahnleben spiegelt sich unbewust eindrücklich in dem jüngling
ab. 49, 19 ; dasz symbolische handlungen alles eindrücklich,
ehrwürdig und feierlich machten. Herder 1, 156 ; mir würde
jenes virgilianische mistrauen eindrücklich sein. 2, 191. vgl.
ausdrücklich, nachdrücklich.
EINDRUCKSVOLL, eine eindrucksvolle persönlichkeit.
EINDRÜCKÜNG, f. impressio : wegen ungleicheit des lufts,
gelegenheit des landes und anderer elementischer eintruckunge.
Thcrneisser beschr. aller erdgewächse 14 ; durch die macht einer
ernstlichen eindrückung. Leibn. 2, 316 ; die eindrückung der
theile der sich stoszenden körper. Kast 8, 179.
EINDLTS'STEN. gegensatz von ausdünsten.
EINEBENEN, EBNEN, complanare, aequare: hügel einebnen ;
umb zwei ur lief er ein stürm an bi einer zersprengten und
eingeebenten maur. Fba.\k chron. 246'.
EINEGGEN, inoccare.
EINEIFERN, aemulari, goth. inaljanön, jr a^a^jy^ow, wie
wir eifer dem aljan entsprechen sahen, vgl. 1 Cor. 10, 22. Kei-
sersberg verbindet öfter etkumen, etkumig werden mit iferen
und iniferen : usz dem schmerzen entspringt dan ein etkum,
ein iniferen, ein inmaseren. ehr. bilger 137*. *. aneifem, etkum
und etkumig.
EINEINZIG, verstärktes einzig : Isaak, der eineinzige. Hippel
4, 427 ; endlich must ich Ännchen selber bitten umzukehren :
'es musz, es musz doch sein!' dann noch einen eineinzigen
kus, aber einen, wies in meinem leben der erste und letzte
war. der arme mann im T. 85.
EINEN, unire, einigen, vereinen, früher, sich eines einen :
sie der maid zuhöret, aber sich ires rats nit einet. Bocc. 87 ;
wir sind eng geeint;
wenn freude mit der wehmut sich eint. Klopst. 2, 296 ;
wenn geist mit mut ihr einet. 7, 17.
EINENGEN, coanguslare, eoereere: den bach engt der an-
gehäufte sand immer mehr ein; die leute wohnen eingeengt
in einem bauschen ; furcht und schrecken engten ihm das
herz ein ; angeborne vorurtheile konnten seinen blick ein-
engen; dasz sie selbst noch schulden haben, deren abbe-
zahlung sie einengt. Göthe 20, 20 ;
da die dummen eingeengten
immerfort am stärksten pochten. 5, 98.
EINER, unus, ullus wird hier nochmals aufgeßhrt, um her-
vorzuheben, dasz die männliche ßexion für die pronominale,
unbestimmte bedeutung auch auf frauen erstreckt werden darf,
ganz wie das unpersönliche man oder jemand und niemand
(früher ie man, nie man) zugleich von frauen gellen, eine
frau sagt, gerade wie ein mann: das könnte einer übel neh-
men = ich könnte; das darf einem leid than = mir; das
bekümmert einen = mich, das gefällt einem, schadet einem
u. s. w. drückt also nicht nur aus einem mann, mir einem
mann, sondern auch einer frau, mir einer frau. in diesem
sinn sind mehrere der sp. 122 angezognen stellen zu verstehen:
sie macheu einem ja ganz bange, rief die Sklavin, wie einen
der rauhe kriegsbesen schüttelt, sagt die marketenderin bei
Schiller ; man denke sich 'menschen' hinzu, und alles wird
deutlich, s. eins, wo die noch weiter gehende ausdehnung der
neutralen flejcion auf männer und weiber erörtert wird.
EINER, m. gen. einers, gleichsam unarius, wenn man so
sagen dürfte nach analogie von ternarius, quinarius, denarius.
das deutsche wort aber ist gebildet wie dreier, vierer, fünfer,
Sechser, zehner, eilfer, zwölfer, zwanziger, dreisziger u. s. w.,
mhd. wären einai-re, drisere, zehenjere, zweinzigaere zu erwarten,
woßr es an belegen gebricht, die zahlen von 1 bis 9 sind
lauter einer, die von lo bis 19 zehner u. s. w., in 489 ist die
9 ein einer, die 8 ein zehner, die 4 ein hunderter, am Würfel
ist einer das as:
zwei vierer wünschest du, und du verlanget zwei einer,
der beste wurf im bret bleibt darum dennoch — keiner.
Lessing 1, 25.
vgl. einser.
EINERBEN, hereditate propagare oder propagari: das ist
ihm eingeerbt; das erbt ihm ein; so sehr auch die kleinste
heftigkeit den kindern schadet und einerbt. J. P. 37. 43 ; siebt
nicht jeder eingeerbte könig die liebe seiner unterthanen als
die feste seines thrones an? Kli.nger 1, 301. j. anerben.
EINERBILDEN, was einbilden, einprägen: da muo; zem
Ersten ein angedenken und ein merklich inerbilden zuo ge-
hoeren, als dem schuoler zuo der kunst. Ecehärt 549, 37. vgl.
einerziehen.
EINERLEI, unius generis, nnl. eenerlei, nac.'i dem was unter
allerlei und anderlei gesagt wurde zu beurtheilen; von der
grundbedeutung des subst. soll unter lei gehandelt werden, dasz
es weiblich war, ergibt das vorstehende einer.
1) der organische gebrauch gieng aus von den neben ein-
ander unverknüpft stehenden genitiven einer leige, worin ur-
sprünglich der zahlbegrif, frühe aber auch schon der unbe-
stimmte, artikelhafle enthalten war. der zahl einer leige trat
zweier leige, drier leige zur seile, doch bereits Berthold sag't
s. 137 einer leige tugent (eine gewisse lugend), diu heijet stae-
tekeit, und Megenberg verschiedentlich : e; ist ainr lai unk, die
vliegent. 264, 27 ; und fleugt ainer lai tarant, aber niht aller
lai. 283, 29 ; e; ist noch ainr lai tierl, die haijent würm.
286, 27;,tcie wir, nur nicht mehr im gen. sagen, es gibt eine
art tbiere, franz. une esp^ce, sorte. gerade so hiesz es mit
anderm wort: einera slahta natera (gramm. 3,76), une sorte
de viperes. nhd. ersclieint dies unbestimmte einerlei seilen:
im kauf oder irgend einem handel einerlei (aliquam) untrew
oder tücke zu beweisen. Lcther 4, 402' ; des nehesten weih
oder gut begeren und einerlei weise (aliquo modo) darnach
zu stehen. 4,406*; wer einerlei verlesset, der sol es hundert-
feltig wider haben. 3, 295 ;
ohn einerlei gebrechen. Rixcwald erang. Dd6*;
weil der gemeine entweder nichts entzogen oder durch einerlei
weg abgedrungen. Dreydisg B 2 ; Henricus declarierte öffentlich,
wie er nicht gesonnen sei die einkünfte und freiheiten der
kircbe auf einerlei weise {ullo modo) zu kränken. Hahn 3, 145.
auch besteht das entsprechende keinerlei, nullius modi unein-
geschränkt fort, in unserm heutigen einerlei dagegen sehen
wir die unbestimmte vorstellu.ng wieder entfernt und überall die
nachdrückliche der einzahl hergestellt; beide Wörter hängen wir
stets aneinander, vielleicht lebt noch in der Volkssprache hin
und wieder einerlei = aliquis.
2) einerlei, unus idemque, tritt gewöhnlich einem tubst. zur
seile: wer es doch nummen von einerlei speisen. Keisersbebc
s. d. m. n*; sihe, es ist einerlei volk und einerlei sprach unter
inen allen. 1 Mos. 11, 6; es hatte aber alle weit einerlei zungen
und spräche. 11, 1, vulg. erat autem omnis terra labii unius
et sermonum eorundem ; es ist einerlei träum. 41, 26 ; einerlei
gesetz sei dem einheimischen und dem frembdiingen (so).
2 Mos. 22, 49 ; es sol einerlei recht unter euch sein. 3 Mos.
24, 22; und war einerlei masse und einerlei räum beider
Cherubim. 1 kün. 6, 25 ; auch kam gottes band in Juda. das
er inen gab einerlei herz. 2 chron. 30, 12 ; er macht aber aus
einerlei thon beide gefesze. weish. Sal. 15, 7 ; denn sie waren
alle zugleich mit einerlei ketten der finstemis gefangen. 17, 18;
aber alle gliedcr nicht einerlei gescheft haben (li{)jus allai ni
])ata samö taui haband). üüm. 12, 4; habt einerlei suin unler-
nander (t)ata samü in izvis missü fra])jandans). 12, 16 ; das ir
allzumal einerlei rede füret. 1 Cor. 1, 10 ; und haben all einer-
lei geistliche speise gcssen und haben alle einerlei geistlichen
trank getrunken (Jah allai {lana saman mat ahmeinan mati-
dedun, jah \>a.U samä dragk abmein6 drugkun). i Cor. 10,3.4;
nicht ist alles fleisch einerlei fleisch. 15, 39 ; ein leib und ein
geist, wie ir auch berufen seid auf einerlei hofnung ewers
berufs (ain leik jah ains abma, svasvt^ atla|)üdai siju)) in aina
11*
167
ELNERLEI — EINERNTEN
EINERSEITS —EINFÄDELN
168
vin la{)6nais izvaraizös). Eph. 4, 4 ; wer das sacrament auch
einerlei gestalt isset. Luther 3, 529'; einerlei spis, unver-
raiscbt, darunder nichts ist, cibus simples. Maaler99'; einer-
lei speise und keine arzenei, das macht die kinder unsterb-
lich. Weise kl. l. 34 ; allein sie bleibt bei einerlei spräche
(geht nicht ab von dem vas sie sagte). Felsenb. 4, 168. er hat
nicht einerlei rede, von einem doppelzüngigen, statt dieses
einerlei vor dem subst. ziehen wir jetzt vor das selbe, ein und
dasselbe.
3) einerlei, ohne subst. gleichviel : beide treume sind einer-
lei, lldos. 41,25; bei den Römern ist tugend und tapferkeit
einerlei. Wieland 1, 149 ; mir ist alles einerlei, versetzte Philine,
nur musz ich auch diesmal erfahren, dasz männer immer rm
Widerspruche mit sich selbst sind. Götbe 19, 15 ; dann glauben
sie was sie wollen, es ist ohnedem jetzt ganz einerlei. 20, 94 ;
wie einer denkt, ist einerlei,
was einer thut, ist zweierlei. 3,273;
und was die menschen meinen,
das ist mir einerlei. 3, 258;
und wo die freunde verfaulen,
das ist ganz einerlei. 4,344;
die busze bleibt bei allen Sünden einerlei.
Rost schäfererzähl. 61.
mit ausfallendem verb. subst.
es ist arabisch aber was der herr
hinein geschrieben, 'einerlei! nur her." Lessing 2, 327 ;
liebe verschenkt, egoismus leiht — einerlei vor dem throne
der richtenden Wahrheit, oh auf den genusz des nächstfol-
genden augenblicks oder die aussieht einer märlyrerkrone,
einerlei ob die Zinsen in diesem leben oder in einem andern
fallen. .Schiller 756';
er lege
die erste band an diesen rohen stein,
ob er vollende oder unterliege, ihm einerlei. 294';
'kind, waschen must du dich', es kommt von den blumen,
antwortete Apollonia. ^einerlei', sagte die frau, 'du must dich
waschen'. Arnim kronenw. 1, 101.
4) einerlei substantivisch gefaszt, assiduitas, hier könnte nicht
gleichviel gesetzt werden:
alle bäche rauschen hier ein ewigs einerlei. Zacuariä;
das ewge einerlei, das ich für sie empfand. VVibland 9, 178;
so SUSI auch küsse sind, wenn wir Tibulle hören,
so baszt doch die iiatur ein ewig einerlei. 10, 150;
doch alles einerlei
ermüdet zuletzt. 4, 38;
und in dem buntsten einerlei
von sinnenrauscb den geist herum zu drillen. 18, 198;
und reiz und manigfaltigkeit
in dieses einerlei von müh und kummer streut. Götter 1,22;
du wirst, mein freund, für deine sinnen
in dieser stunde mehr gewinnen
als in das jahres einerlei. Göthk 12, 75.
wie unter 3 'ist', könnte auch hier zu verstehen sein das einer-
lei d. h. das einer art 'seiende', den gen. einerleis zu bilden
wäre hart.
5) der spräche gewalt thut aber Lessixg, wenn er einer lei
für ein adjecliv nimmt und nun gar schwach ftectiert: die
möglichkeit, dasz die unendliche zahl der endlichen wesen
gleich anfangs in den vollkommensten Zusammenhang, deren
sie fähig sind, {habe) gebracht werden können, gibt Leibnitz
nicht allein zu, sondern reitet sie auch gegen den Vorwurf
des immer einerleien. 9, 166.
EINERLEIHEIT, f. summa consensio, id<mtität : als das ge-
gentheil des nichtirh, dessen Charakter manigfaltigkeit ist, mit-
bin als völlige absolute einerleiheit. Fichte best, des gel. 11;
vorlbeii des englischen volkes, das die ungeheure national-
schuld blosz bei sich selber geborgt hat, und das bei dieser
einerleiheit von Schuldner und gläubiger recht blUhen kann.
i. P. ddmm. 1, 23.
ELNEHLEILEBEN, n. das einerleilebcn hat mich wie ein
schleichend fieber um die schone zeit gebracht. Behine br. i, vi.
EINERNTEN, messem faeere, nnl. inoogslen : frtlrhte ein-
ernten; dank, undank einernten; wenn du dein land einem'
lest, soitu . . . nicht alles gnaw aufsamlen. 3 Mos. 19, 9 ; du
soll dich zu meinen knaben halten, bis sie mir alles ein-
geerntet haben. Hulh 2, 21 ; wie ich wol gesehen habe, die
da mühe pflügcten und unglUck secten, und ernten sie auch
ein. Hiob 4, 9 ; denn sie seen wind und werden ungewiiier
eioernten. ihtea 8, 7 ; er s5te wind aus und erntete stürm
ein ; der dafOr lob, beifali und ein gescbenk einerntete. GOrai
18, 29« ;
wir sän auf Wahrheit aus und ernten zweifei ein. Dusch;
zu stolz
dank einzuernten wo ich ihn nicht säte. Lkssing 2, . . .
ELNERSEITS, ex una parte, gegensatz von anderseits : das
gepäck streift bald einerseits an die felsen, und wenn das
thier, um dieses zu vermeiden, sich gegen die andere seile
zieht, so schwebt die last über dem abgrund. GiiTnE 23, 47.
EINERZIEHEN, was anerziehen: im ganzen sollte man
einem menschen nicht die lügenden seines künftigen Standes
oder alters einerziehen. J. P. lit. nachl. 4, 265.
EINES, s. eins.
EINESELN, ut asino imponere:
wenn ihm die kOnste gleich recht eingeeselt sind.
WiEDEMAN not). 39.
s. eseln.
EINESSEN, l) prandendo inserere, einen mit einessen, so
dasz für ihn zu zahlen erspart wird; oder auch die portion
eines andern mit verzehren.
2) glutirc, devorare, in sich essen, fressen: ich musz das
einessen, verschlucken; intr. inessen, wie ein wasser inisset.
Keisersrerg bilger 137"; der schmerz hei in mich ingefölet
und ingossen (eingefressen). 137*; im inessen. 145*.
EINESTHEILS, ex una parte, gegensatz anderstheils, an-
derntheils.
EINEXERCIEREN, 5. einüben,
EINFACH, Simplex, das worl erscheint weder ahd. und mhd.,
noch ist es bei Frisius und Maaleb m finden, Luther 6«-
dient sich seiner nicht, zuerst hat es Dasvpodius 22.5*. Hemsch
843,3, im 16 ;7i. beginnt es umfang zu gewinnen; es musz
von dem subst. fach ausgegangen sein, ursprünglich einfächig
bedeutet haben, das nach analogie von zwivach, viervach schon
lange üblich gewesen sein mochte, den sinn von einlällig über-
nahm einfach um so mehr, als jenes üble nebenbedeutung empfienrj.
1) von leuten: ein schlichler, einfacher mann; es sind red-
liche einfache leute; ein einfaches landinädchen ; ein ein-
facher Soldat, tat simple soldat; ein armer einfacher lands-
knecht leidet groszen hunger. Wickram rollw. 29. man setzte
aber den einfachen knecht dem doppelsüldner entgegen, der
doppelte löhnung erhielt: mit den übrigen doppelsüldnern unJ
einfachen knechten, das seind die kein hämisch oder rüslucg
tragen. Kirchhof mil. disc. 113. vier grafen des deutschen
reichs hieszen ehmals die einfachen oder einfachgrafen. HAH.t
2, 153, PiGHiDS im Herc. prodicius p. 60 nennt sie quatuor im-
perii comiles hereditarios.
2) einfach gegensatz des doppelten : einfacher und doppelter
adler; einfache und doppelte flinle; einfaches und doppeltes
hier; einfache und doppelle blume; einfache und doppelte
reihe; einfaches und doppeltes zeug; einfacher und doppelter
faden, man sagt den faden einfach oder doppelt nehmen,
nimm zweifach was einfach zu lang ist. Hemsch 843,6, weil
die doppelung kürzt, einfache zahl, die durch eine Ziffer aus-
gedrückt wird.
3) einfach, schlicht, ungekünstelt:
indem mir also nichts gemein
mit wankelmütigen, verkehrten,
noch mit weltweiseii, hochgelehrten,
belleisz ich mich einfach zu sein. Wkckberlim 118;
in schlicht
einfacher sitte bin ich aufgewachsen. Scbilles ...;
mein leben war sehr einfach und ich bin selten in die Ver-
suchung gerathen zu versuchen. Göthk 19, 133; einfache, gute
kost ; einfache, saubere kleidung ; das Schauspiel bat die ein-
fachste handlung. die sacüe ist ganz einfach, die sache ist
einfach die u. s. w.; das ist einfach nicht wahr; ich werde
ihn einfach abweisen.
EINFACHEN, loculare, in sein fach bringen: zuletzt sind
noch richtig eingefacht unterzubringen das rüthsel u. s. w.
J. P. Vorschule der aesth. 2, 150. dies einfachen iräre mhd. In-
fachen, also von einfachen, vereinfachen unlersdiieden.
EINFACHERIG, aus dtm pl. von fach gebildet, nlto nur etn
fach habend, wie man von Samenkapseln sagt.
EINFACHHEIT, f simplicitas: des lebens, der «ilte, der
speise u. s. w. liebe, ^üte und einfurhheit. Kli<<cers th. 4, 131.
EINFÄCHIG, EINF\CHIG, simples, wahrscheinlich früher
gebildet als einfach, so vil in einer gemein von den ein-
fai'bigrn glideren, nun von den zQsamen gelegten gltderen.
Gersdorf 3.
EINFÄDELN, ßlum per acum immitlere, gleich anfüdeln,
auffädeln, uusfadeln ^üriu»; von fikdeiulen, weichet aus d*m
i
169
EINFÄDELN - - EINFAHREN
EINFAHRER —EINFALLEN
170
diminutivum fädenile entspringt; edler ist die volle form ein-
fadmen, einfädmen. die älteren vocabulare gehen nur fädmen,
nicht fädeln, figürlich, etwas anstißen: spitz einfädeln; hr.
Orgon. lasz mich nicht so viel reden, mein kind, es möchte
mir schädlich sein. fr. Orgon. aber wenn sie mit der frau
Schwägerin reden und etwas heimlich einfädeln sollen, so
haben sie diese sorge nicht. Gellert 3, 209 ; mein vater trieb
zwar die handlung, hatte aber wenig mittel, weswegen er alles
sehr genau einfädeln muste, denn bei einer solchen starken
familie wurden auch starke ausgaben erfordert. Felsenb. 3, 147 ;
sie weisz ein verliebtes gespräch vortreflich einzufädeln. Les-
sisG . . . ; nachdem diese richter drei tage allzeit bis in die
späte ffacht zu werke gegangen waren, so hatten sie auf den
Vorschlag des schreiers, der auch allein der ausführer dessel-
ben sein konnte, es so eingefädelt. Klopstock 12, 306 ; sie
haben unter sich verabredet, zu einer ausländischen gelehr-
tenrepublik überzugehen und allda, sofort nach beiderseitiger
ankunft, gar manches einzufädeln und anzuzetteln. 12, 307 ;
lern ein andermal die sache besser einfädeln. Fa. Müller 2, 103 ;
einen liebeshaodel
gut einzufädeln, fein zu drehn. Gotter 1,77;
leute wie sie begreifen kein anderes wolwollen als höfliches
oder einfädelndes. J. P. Hesp. 1,72; wenn vrir das alles so
verständig einfädelten. Fibel 153.
EINFADEMEN, EINFÄDMEN, die ältere, bessere form des
vorigen: ja dise alle, sag ich, kan sie fein artig ausz der
schrift holen und einer jeden nadel einen faden einfademen.
.Fischart bienenk. 146";
lademe wisder den lebensdrat ein ! Lohki^st. Agr. 97.
vgl. fadmen, ahd. fadamon. gegensatz auffädmen, die faden
lösen.
EINFÄHEN, icas einfängen, amplecli, recipere: das sein
fürstl. gn. bewilligen wöll, solhen obgemelten hof mit seinem
einfang und hofstat für die beruerten prandler umb ein grönd-
zins einzufahen. Cumel urk. Maximilians s. 359; der euszer
mensch nicht glaubt dann das er mit den euszern sinnen be-
greift und mit einem vernünftigen ausrechnen einfahet Frank
weltb. vorr.
EINFAHREN, invehere, ingredi, ahd. in faran, vihd. in varn,
nnl. invaren, dän. indfare.
1) intrare, eingehen :
fuar er ihö in thia worolt in, Ilaz tbaz wastweldi sin.
0.1. 23,9;
fararoäs aviur thara zi in, hina in iro lant in. III. 23, 2S;
faret in thia bürg in! IV. 9, 9;
dar die liute in unde Ö5 fuoren. N. ps. 68, 13. man hüte sich
ahd. infaren = entfahren damit zu verwechseln, nhd. zum
Schacht, in die grübe einfahren ; zum Schornstein ein und aus
fahren, man sagt das holz ist eingefahren, eingelaufen, hat
sich im trocknen zusammengezogen, vgl. eingehen.
2) invehi, vom einfahrenden wagen : in den hof einfahren,
eben ist er eingefahren; ein wagen fährt ein. Klinger 1,475;
ich höre einfahren. 9, 154. da nun der donner als ein teagen
<-edacht wurde, heiszt es treffend: der donner ist eingefahren,
hat eingeschlagen ; im felsengewinde, in das zuweilen tief ein
donnerkeil einfuhr. J. P. 7"i/. 4,52; weil das Sonnenlicht der
Untersuchung Völker wie den diamant still durchflieszt, indes
das electrische der factionen zerschmetternd einfährt, freiheits-
büchl. 111. auch vom einlaufenden schif: das schif ist glück-
lich in den bafen eingefahren.
3) irrumpcre, irruere, einbrechen, losfahren : ich verfügte
mich gleich in ihre (der diebe) zunft und half bei nacht ein-
fahren, wo ich zukommen möchte. Simpl. K. 634 ;
da fuhren zehn husnren
wie teufel auf mich ein! Göeingk 1, 246;
er fuhr dergestalt mit drohungen auf sie ein, dasz sie bald
aus furcht mehr versprachen als man verlangt hatte. Beckers
«eltg. 8, 139.
4) transitiv: invehere, den wagen, das getraide einfahren;
der knecht soll heu einfahren; heute wollen wir einfahren,
pferde einfahren, zum wagen abrichten: Jagen, pferde kaufen,
tauschen, bereiten und einfahren. Göthe 17, 36 ; denn gear-
beitet musz doch einmal werden {am bau Deutschlands) und
von wem wird es feuriger geschehen, von einer schon einge-
wöhnten, eingefahrenen nachkommenschaft? J. P. nachdämm.
70; gut eingefahrne pferde. Maaier123' hat aber in anderm
intransilitan sinn : einfaren, ab der weid füren, nac/t dem lat.
dispescere, a pastione deducere, sejungere, heimfahren, im
gegensatz von ausfahren mit dem vieh. das thor, die thür
einfahren, einstoszen.
EINFAHRER, m. der bergmann, welcher einfahren musz, der
die gruben beaufsichtigt.
EINFAHRT, /. introitus, ingressus,
1) vom intransitiven einfahren, mhd. Invart (tob. 3, 254*), der
eingang, einzug:
wolan, fürslin fromb und zart,
selig sei nu dein einfart! Weckherliä 353;
Asteris, nicht sehr grosz. da empfängt mit doppeller einfart
schiffe der port. Od. 4,S46. Xttuves aficpiSvuoi.
die einfahrt, das thor des hauses; die einfahrt des Schachtes.
2) vom transitiven einfahren:
morgen ist fröliche einfahrt {der ernte) durch alle thore der bürg.
Klopstock.
EINFAHRTSPFENNIG, m. Moser 2, 218.
EINFALL, m. nach den bedeutungen des einfallens,
1) ruina, einsturz: der einfall des alten hauses, der mauer;
noch ehe aber hätten wir uns des himmels einfall versehen.
Felsenb. 4,211;
und bebte gleich der weiten bau und veste,
so zaget er bei ihrem einfall nicht. Hagbdosn 1, 13;
bergmännisch, dem hintersten gange drohet einfall.
2) irruptio, incursus: mhd. inval, pl. Invelle. Eckbart
476, 26. 556, 27. 31 ; nhd. der einfall des feindes ; Pompejus
bat die stat belagert und gewonnen und im einfall etliche
tausent Juden erschlagen. Reiszner 2, 74" ; dieser plötzliche
einfall eines zahlreichen heers versetzte das ganze land in
furcht, einfall des raubthiers in eine heerde ; einfall, nieder-
lassen der Vögel auf den herd, s. anfall 3. einfall, einbruch,
eintritt der nacht. Maaler 123*; einfall der regenzeit; einfall
des lichts : die richtung des einfalls der lichtstrahlen. Kant 3, 78.
3) einfall der klinke, der schnalle, s. einsaat.
4) subita cogitatio, ein plötzlicher, schneller, kluger, guter,
glücklicher einfall; ein alberner, übler, närrischer, wunder-
licher, seltsamer einfall ; du hast einfalle wie ein alles haus ;
mhd. daj ein mensche nummer tiefen inval gehabe von dikei-
nen gedanken. myst. 250, 17 ;
und die gefaltne slirn, des Schreckens finstrer sitz,
vom einfall aufgeklärt, wird keinen scherz verderben.
Lessing 1, 172;
auf diesen brief folgt eine kleine sinnschrift, wovon dieses
der einfall ist. 3,212; allein der einfall hiezu entsprang aus
dem veränderten umstände, dasz den vater eben dasselbe Un-
glück betroffen habe als die kinder. 6, 420 ; der einfall, sich
an die stelle der tänzerin zu setzen, war ihr erst in dem
augenblicke gekommen, da sie ihn ausführte. Wieland 1, 217 ;
was sagst du zu dem einfall, den ich habe, dich an diesen
platz zu setzen? 1,222; hattest menschenverstand und ein-
falle nicht wie jeder. Göthe an Breitkopf bei Jah5 207 ; es war
ein bloszer einfall von mir ; '
0 der einfall
war kindisch, aber göttlich schön. Scbillib 245*.
EINFÄLLEN, mhd. in vallen, nnl. invallen, schw. infalla,
dän. indfalde, in zahlreichen bedeutungen.
1) collabi, corruere: es war als wollte der himmel ein-
fallen ; das haus, der ofen, das alte gemäuer ist eingefallen ;
figürlich von frauen, wenn sie entbunden werden: das haus
fällt ein, der ofen fällt ein, das baus kracht, knackt;
80 bald wird ein geschrei aus Adelsdorf erschallen,
das kleine Vogelhaus sei plötzlich eingefallen.
GCntusr 663,
vgl, deutsche mythol. s. Uli, es ist einfallen des schwangern
leibs gemeint, ebenso von gesicht und wangen: ihre wangen
eingefallen. Kircbhof wendunm. 363' ; seine äugen fielen ein ;
nnl. met ingevallene oogen, mit eingesunknen äugen, dän. ind-
faldne kinder {altn. kinnfiskasoginn), mager og indfalden i
ansigtet, mager und eingefallen; nnl. zijne kaken (kinnbaeken)
zijn geheel ingevallen. seine jungen rosenwangen wurden so
bleich wie eine stirn und das gesicht fiel wie eine taste unter
der zersprungnen saite ein. J. P. Tit. 3, 156 ; leichonschleier,
die eingefallne reize bedecken, lil. nachl. 4, 67. das brot ist
beim backen eingefallen, vgl. eingehen 6.
2) relabi, recidere, mlat. recidivare, franz. r^cidiver, zurück-
fallen: Conrad laborierte am fiebcr, und ob er gleich damals
gesund wurde, fiel er dvcb bald wieder ein and erkrankte
im lager bei Lavello. Hauk 4,234.
171
EINFALLEN
ELNTALLEN —EINFALT
172
3) incidere, meist von ualurerscheiuungen : die nacht fällt
ein, wie bricht ein, bei Maaler 123' die nacht falt ein, cadunl
ttmbrae; ich komme mit einruliender nacht, la nuit tombant,
sehu). natten iufallcr, die nacht bricht plötzlich ein;
welch eine damniruiig follt nun vor mir ein. Göthk 9, 179;
in seinen späten frühiing fallt statt des nachwinlers sogleich
der ganze reife Vorsommer ein. J. P. flegelj. l, 24 ; wenn in
der letzten epoche regen einfiel. GöTnE24, 192; es war wieder
regenwettcr eingefallen. Tibck 15, 69 ;
bald Talk zur unzeit regen ein. Gottrr 1, 8S;
bei eingefallener sehr, harter kälte, pers. reiseh. 1,15; kälte,
die im herzen oft neben zu groszer fremder wärme einfällt.
J. P. TiV. 1, 6; die lichtstralen fielen nur sparsam ein; durch
ein astloch fiel licht ein; meine äugen sogen das einfallende
licht, desgleichen von pest und krankheil: nit lang hernach
fiel aber ein pestilenz ein. Pi.ater 84; wenn es aus einer
Überfüllung herkommen, so feilt der gebreche geschwinder
und gahlinger ein. Uffenbach rosbuch 2, 248. von andern
ereignrssen : ostern fallen heuer spät ein ; kurz zuvor ehe die
schöne Pythia den besagten versuch machte, war das fest der
Diana eingefallen. Wieland 2, 30 ; in eben dieser zeit fiel eine
allgemeine trauer ein. Göthe 19, 246 ; denn es ist gar schwer
bei der rechten warheit bleiben und festhalten, wenn so viel
ergernis und ketzereien, so vil zwitracht einfallen. Melanch-
THON Unterricht wider die lere der widerteufer, übers, von Jonas
bl. 2 ; Af dem allerminnesten, daj in gefallen {sich ereignen)
mac. EckiiART 644, 1;
das ich kain mangel furcht einfallen. MsLissusps. Ml*.
die klink'e, schnalle fallt nicht gut ein, s. einfall 3. es fällt
ein, gehl, kommt ein, von einkünften und gefallen, s. ein-
gefäll.
4) irrumpere, irruere: der feind, der räuber ist eingefallen,
ins lager eingefallen; sind die Polen eingefallen und haben
das land sehr verwüstet. Micräijus 2, 193; fielen auch zu dem
pfarrherr ein mit gewalt. Luther 3,34; darnach fielen sie
zu dem guten bruder Heinrich ein. daselbst; der band fällt
in einen (fällt einen an). Keisersb. post. 2,95; wollet auch
nicht ansehen die sehender so wider mich einfallen. Para-
cELSüs 1,60"'; die wilden thiere sind eingefallen; die vögel
fallen auf den hcrd ein ; das federwildbret fällt ein, wenn es
zu seinem nachtlager fliegt.
6) subire, in den sinn, in die gedanken kommen: mir fällt
ein; was fällt dir ein? was ist dem manne nicht alles ein-
gefallen ! die ältesten belege hat wieder Keisersberg : und sagt
solche ding, die du im heimlich vertruwet hast, und wie es
infalt, das sagt er. s.d.m.9'; darunib, wenn sie (die bösen
gedanken) kummen und infallcn, so sol es (der mensch) sich
Ott damit bekümmern und sich ander ding annemmen. 19',
da jedoch beidemal der persönliche dativ mangelt, lieszc sich
einfallen auch für incidunt, invadunt nach 3 nehmen, es wirt
mir einfallen, ich wird daran gedenken, memincro. Maaier
123' ; Gabriotto sprach, mir feilt ein, was das freundlich er-
bieten der jungfrawen bedeuten wil, denn mich warlich bc-
dünkt, ein aufsalz darin verborgen lig. buch der liebe 252, 3 ;
Helen mir wider ein meins vatcrn wort. Sciiirlzl Io6«pr. 66;
ein haus zu bauen f;illt ihm ein. Gkllirt 1,88;
und so fiel mir ein
euch kurz und gut da« iiiesser .-m die kehle
zu setzen. Lkssüic 2, 339;
endlich da ihm keine Minerva mehr einfiel, rief er mit lachen
aus, ich wollte wetten, dasz nun keine Minerva mehr in der
ganzen bibliothek sei. Güthe 18, 27C ;
verdurhi; zur rechten zeit fallt einem nie was ein. 7,78;
heute wollte ihm auch gar nichts einfallen; lasz dir das nicht
einfallen = untersteh dich nicht.'; das sollte mir einfallen!
s. beifallen.
6) einem einfallen, tn (Ue rede fallen, ihn unterbrechen:
int was von mir geschehn,
flcl ihm der oidrder ein. so hat mir« chach befohlen.
Grtphius 1, 112;
mein Herr, flel ihm der vater ein,
0 deokco sie doch nicht dasz ich tu hart verfahre.
Grllirt 1,202;
nein, flel der alle hiuig ein. 1,220;
so? Helen hier die andern ein. 1,245;
ja, flel nie ihm lebhaft ein, ich bekenne, dasz ich lictie wie
ich nie geliebt babe. Wiklaxd 1, 2((3; wie kuiufflen sie aals
Puppenspiel? fiel ihm Wilhelm mit einiger bestüivung ein.
GüTUE IS, 193. schwcd. nej, inföll hon, jag kan ej tro det.
vgl. fiel mir ins wort, l'ierot 2, 321.
7) ähnlich ist einfallen, dazwischen fallen, doch ohne dat.,
oder mit der praep. in, gilt hauptsächlich von tönen, musik
und tanz: hier fällt die musik ein, hier fallen posaunen ein,
die uhr fällt ein, dumpf fiel die glücke ein ; nun fiel ein
andrer reigen ein ;
doch, Daja, wenn ich euch nun sage, dasz
ich selber diese sait ihm anzuschlagen
bereits versucht? 'was? und er tiel nicht ein!'
Lrssing 2, 292;
bei einfallender musik. Göthe 24, 148 ; das unsichtbare eher
fiel in die letzten worte mit ein. 20, 257 ; der hinimel ruht
küssend und liebend an der erde, wie ein vater an der mut-
ier, und ihre kinder, die blumen und diu schlagenden herzen
fallen in die Umarmung ein und schmiegen sich an die mut-
ier. J. P. Hesp. 2, 246 ; stimmen die in schönem tagen hannu-
nisch in die unsrigen einfielen, biogr. bei. 1, 75 ; wenn Mon-
tagne die ^ etwas selbstsüchtige freude darüber bezeigt, dasz
seine alterhinfälligkeit zugleich in die seines Vaterlandes ein-
falle (damit zusammenfalle), nachdämmerungen 70. nnl. zoodra
men an deze noot koint, muet de basstem invallen, sobald
man an diese note kommt, fällt die basstimme ein.
S) zu bemerken ist der beigefügte accusativ, also transitive
bcdcutung : er stürzte aus dem fenster und fiel sich den
Schädel ein ; das kind kann sich leicht den köpf einfallen ;
nnl. het kind viel de hcrsens in. böse neigungen, wo man
die stiegen einfällt (die treppe beim herabfallen zerbricht).
FisciiART groszm. 41; nnl. liij viel den vloer in, oder darf
man verstehn: die treppe hinein, hinab fallen? vgl. einlaufen.
EINFÄLLEN, dies wäre die eigentliche transilivbedeulung,
erscheint aber selten:
was er verspricht einfeilt er nicht. Ri.ik-.wald geisll. tieder 7t>,
soll doch hcigzen stürzt er nicht um, läsit er nicht einfallen ?
es liesze sich auch sagen holz einfallen und ähnliches.
EINFALLER, m. den Schieferdeckern eine schmale schiefer-
platte zum dachdecken in den dachkehlen.
EINFALLHAKEN, m., der in die schlagscheibe der uhr ein-
fällt.
EINFÄLLIG, einfallend, einfelliger, d/ipi«/a<iPMS. voe.theut.{''.
EINFALLSCHNALLE, f. an repctieruhren. s. einfall 3.
EINFALLSPUNCT, m. durch welchen der stral einfällt.
Fichte grundl. der wissenschaftslehre 374.
EINFALLSWINKEL, m. des strales. Göthe 59,78.
EINFÄLSCHEN, adulterini fietive aliquid ingerere, i. b. ge-
schnittnen steinen künstlemamen eingraben.
EINFALT, Simplex, nnkoog, goth. ainfal))s, ags. Anfeald,
alln. einfaldr, ahd, einfall, inhd. einvalt, :. b.
der einvahc Marke. Trist. 343, 19-
mit cinvaltem muoie. Iw. 7692.
nhd. heute erloschen und durch einfältig so wie einfach rer-
drängt, doch noch bei Frisiüs 1213* und Maaler 99* erhalten,
wo man liest homo simplex, einfalt und schlächt; munditiis
Simplex mulier, in der kleidung schlächt und einfalt;
die burea einf.ilt etwan waren. Brant narrensch. 82, 1 ;
die hofnung und der gloub sind so thünn und einfall, das
si sich nit lassen teilen halb uf gut und halb uf die heiligen.
Conrad Schmids antwurt uf etlich widerred. (Zürich) 1522 C
DiEFENBACU hat Unter simplex nur einfallig, cinfellig, kein
einfalt mehr, Dasypodius, Henisch nur einfältig, das alte,
edle wurt sollte aber, gegen die schleppende ableitung, wieder
aufgenommen werden, zumal das analoge manigfalt fortdauert,
ihm und dem sinn von einfällig hat das vorgedrungne einfach
geschadet, doch sind auch heute noch einfach und einfältig
nicht ganz gleichbedeuttg , jenem steht duplus, diesem duplex
zur Seite, für ciiifarher faden, einfaches hier läsil sieh nicht
einfältiger, einfältiges sagen.
EINFALT, f simpltcilas. dem goth. Binfalt)ei entspricht ahd.
cinfulll, wie aus manacfalt gebildet wird manacfaltl ; mhd. be-
gegnet nicht cinvelle, sondern cinvalte, i. b.
einvalie zimi der minnc wol. Trist. 425, 10;
von der oinvalte mdi. Bari. 179,40;
woraus einfall sidi kürzte, nnl. eenvuud ist neutral, tckw.
eofald weiblich.
173
EINFALT — EINFÄLTIG
EINFÄLTIG — EINFÄLTIGLICH
174
1) integritas, animi candor, Schlichtheit, Unschuld: aber sie
piengen in irer einfalt und wüsten nichts umb die sache.
2 Sam. 15, 11 ;
Unschuld und einfaU. \Veckhebli5 122 ;
wen in der einfah reinen seien
die lügend sich pflegt zu verbalen. 415;
der Worte göldner glänz hat gift zu seinem gründe
und operment steckt drin, es schadet zum gesunde,
es sterbt die einfalt hin, erweckt ein solcbes klug,
dafür ein keuscher sinn entsalz und grauen trug.
LoGAC 2, 66 ;
die glückliche einfalt seiner jugend. Wieland 7, 134 ;
mit des herzens
ektfah vereint sich die einfalt des gesanees.
Klopsiock 1, 220;
göithcher mann, du würdigst uns, kehrest
ein bei uns, verachtest die niedrige hüite der einfalt
und der dürftigkeit nicht. Messias 14, "23 ;
bei der ersten einfalt der stücke, da die komödien beinahe
nur als reden müssen geschienen haben. J. E. Schlegel 3, 85;
welche Vollkommenheit dem menschen im stände der rohen
und im stände der weisen einfalt angemessen sei. Kant 1, 106 ;
die einfalt der bedürfnisse. 4, 350 ; den geschraack in seiner
einfalt erhalten. 7, 4t8 ; einfalt gegensatz von Verschmitztheit.
10, 9; der weise ist bei seiner einfalt gar nicht einfältig.
10, 225 ; dem systera dadurch, dasz ich zur gattung aufsteige,
einfalt zu verschaffen suchen. 11, 499 ; so viel einfalt bei so
viel verstand, so viel gute bei so viel festigkeit. Göthe 16, 24 ;
die herzliche einfalt und biederkeit, die seiner nation eigen.
46, 328 ; jene hohe einfalt, ohne welche Homer nicht mehr
Homer bleibt. Bürger 138";
und was kein verstand der verständigen sieht,
das übet in einfalt ein kindlich gemüt. Schillkr 8S*;
habt ihr nicht selbst mich aus dem frieden
der rohen einfaU aufgeschreckt? Gottkr 1, 446;
kirchenlieder, woran sich die gute einfalt erquickt. Klinger
12, 172.
2) aus dieser Vorstellung sluße sich leicht die der untcis-
senheit, dummheit und albernheit ab: er hat es aus einfalt
gelhan; der mensch besitzt eine unglaubliche einfalt;
was lieb ist, weisz ich nicht, doch schreib ich hier darvon,
was hilfts ? Unwissenheit ist meiner einfalt lohn.
Flb>i:4G 152;
wo man den wiiz verstand, die einfalt tugend nennt.
Rosi Schäfererzählungen 13;
die liebe heilige einfalt, sancta simplicitas ! Lessing 1,395;
0 der einfalt I Lenz 1, 132 ; er ist die einfalt selbst.
EINFALT, m. homo stultus, wie man sagt der unart, der
Ungeduld u.s.k.: die herren schauen! wann sie also einen
einfalt mit der Spitzfindigkeit des studierens trillen. Abele
2, 308. s. einfaltspinsel.
EINFÄLTELN', diminutiv des folgenden, in kleine falten legen.
EINFALTEN, plicare, interplicare, implicare, in fallen schla-
gen, legen :
doch eiagefaltet sitzt die uobewegliche,
nur endlich rührt sie auf mein dräun den rechten arm.
Göthe 41, 136.
EINFALTIG, EINFÄLTIG, simplex, mhd. einvaltec, nnl. een-
voudig. sehw. enfaldig, dän. enfoldig.
1) einfach, dem vielfachen und doppelten gegenüber: das y,
welches ist dem andern eiofeltigen i am laut gleich, so vil
das teutscb lesen belangt. Ickelsamer (/ramm. As'; das heiszt
gott teilen in viel götter und im viel räum geben, wiewol er
in sich selbs wol einfeltig bleibt. Luther 4, 31l' ; eine einfäl-
tige tonstruclion. Kant 6, 47 ; ein einfältiges gesetz. 6, 50 ;
mein geheimnis ist das einfältigste ding von der weit Wie-
LAXD 13, 110.
2) sehlicht, redlieh, unschuldig, doch bleibt in manchen der
folgenden stellen die bedeutung des einfachen und schlichten
schwer zu unterscheiden: hab ich doch das gelhan mit ein-
felligem herzen und unschuldigen henden. l Mos. 20, 5 ; der
herr behütet die einfeltigen, wenn ich unterlige, so hilft er
mir. ps. 116,6; wenn dein wort offenbar wird, so erfrewet
es und machet klug die einfeltigen. 119, 130 ; wenn dein äuge
einfeltig ist, so wird dein g^anzer leib liecht sein (jabai nu
augö J)ein ainfal|) ist, iay ovr o 6fd-a).fi6s aov anlovi f;,
im gegensatz zu unsel, 3iorr;^öi). Matlh. 6,22; ein züchtiger
der törichten, ein lerer der einfelligen. i?öm. 2, 20; über ewcr
einfeltigen stewre, wo der lexl «tt/ötjjt* rfjs xoivcovias, golh.
in ainfal})ein gamaindu|)ais. 2 Cktr. 9, 13 ; kein einfeltiger rede,
denn das gott geredt bat. Llther 4,2'; auch ist ir reuterei
so einfältig on allen pracht. Frank weltb. 103' ; man wolt kein
sacrament anders dan den tauf und das nachtmal, und darzu
dieselbige sehr schlecht und einfeltig. Fischabt bienenk. 65";
die einfaltige redlichkeit. Logaü 1, 145, 28 ; wenn sie krank
werden, sich durch die einrältigsten hausmittel, mit nicht
mehr mühe als die tbiere helfen. Liscov 707 ; wenn man sich
mehr um subtile und unnütze grillen, als um einfältige und
dabei heilsame Wahrheiten bekümmert. 724; ich will ein ganz
einfältiges exempel geben, welches beide fälle erläutern kann.
Lessing 8, 142; dieses argument ist so einfältig und natür-
lich. Kant 2, 455 ; das erhabene musz einfältig, das schöne
kann auch geputzt und geziert sein. 7, 382 ; das stille, ein-
fältige leben des landmanns. 10, 164 ; einfältig ist der, wel-
cher nicht viel durch seinen verstand auffassen kann, aber
er ist darum nicht dumm, wenn er es nicht verkehrt auf-
faszt, 10,217; die rührende freude der einfältigen natur. Wie-
land 1,78.80; die einfältigen Wahrheiten, welche das allge-
meine gefühl erreichen kann. 3, 192 ; erkenntnis der natur
und ihrer majestätisch einfältigen, weisen und wolthätigen ge-
setze. 3, 214 ; die tarlarische horde hatte von ihren voreitern
eine sehr einfältige religion geerbt sie kannten weder tempel
noch priester. 6, 244 ; die einfaltige und lautere Weisheit des
christenthuras. 6, 263 ; im schosze der freiheit und der ein-
fältigen mäszigung. 7,47; ihre nahrung ist eben so einfällig
(ciftj simplices). ebenda; vielleicht ahndete mir, dasz eine zeit
kommen würde, wo mir dieses einfältige handwerk nützlicher
wäre als alle brotlosen künste. 8, 352 ; einfältig im vortrage,
natürlich in der ausführung. Herder 1, 116 ; die alte, einfäl-
tige treue ward von list und betrug verschlungen. Klinger
10, 214. man wird heute in den meisten fällen einfach dem
einfaltig vorziehen; nur da wo ihm der sinn des redlichen,
guten beiwohnt, musz es bleiben.
3) in üblem, auch vom Zusammenhang (üihängigen sinn dumm,
albern: schon mhd.
man sol die huoie keren
an irriu wip und an diu kiel,
diu so einvaltec slnt,
dar si eins alten wibes rät
gebringen mac ze missetät. Im. 2896.
nhd. ein einfaltiger mensch ; das war eine einfältige rede, der
einfältigste grund den man hören konnte ; höre auf mit dem
einfältigen geschwätze;
den heiland kreuzigt ihr aufs neu
mit solchem kecken spotte,
'ja doch, da geschah ihm recht,
weil sich der einfaltige Knecht
das erstemal kreuzigen lassen".
A. W. SCBLBGKL im musenalmanach
für 1S02 s. 55.
auch von dem was ungelegen kommt: ein einfaltiger husten!
Götter 3, 134, wie man sagt der alberne, dumme, böse husten !
EINFÄLTIG, adv. simpliciter, einfach: Germania ist etwan
gewesen ein rauch, unbeuwig, fruchtlos land, mit grobem
Volk besetzt, welche sich einfeltig von dem vihe also nöreten
Frank teeiit. 42*; also kurz und einfältig. Lessing 2, 162; ein
faltig war Adams sommerhütte gebauet Fr. MCller 1, 57;
die Sitte dieser weit, einfältig fromm, begehrt
des auszenscheines nicht GotiEB 2, 439.
EINFÄLTIGEN, aequare, vereinfachen: das all unschlechle
und manigfaltigkeit geschlichtet und geeinfeltiget werden. Kei
SERSBERG bUger 3.
EINFÄLTIGKEIT, f. simplicitas, einfaehheit: darumb sihe
zu, das dich deine einfeltigkeit nicht betriege und in unglück
bringe. Sirach 13, 10 ; das wir in einfeltigkeit und göttlicher
lauterkeit in der weit gewandelt haben (in ainfal{)ein jah
hlutrein gu|)s). 2 Cor. 1,12; das ir reich seid in allen dingen,
mit aller einfeltigkeit (in allai ainfal{)ein). 9, 11 ; in einfeltig-
keit ewers herzen. Eph. 6, 5 ; dieselbige einfeltigkeit der lere.
Luther 3, 152'; denn er ist nicht ein gott der zweispeltigkeit,
sondern der einfeltigkeit 3, 2S5; wenn sich die kunst nicht
angemaszet hätte, die natur ihrer freiheit und rührenden ein-
fältigkeit zu berauben. Wielano 1, 8t hevie einfalt oder ein-
faehheit
EINFÄLTIGLICH, simpliciter, mhd. «invaltecMche : also ein-
faltiglich und schlecht soit du dein heicht thiin und nüt ver-
schweigen. Keisersbebc s. d. m. 16'; gibt jemand, so gebe er
einfeltigllch. Rom. 12, S ; einfeltiglich hah ichs gelemet, mil-
diglich teil ichs mit weish. Sal. 7, 13 ; obs wol einfeltiglich
beschrieben ist Lltbeb 6, 286* ; ein denkstein, der zier habe
oder einialtiglich gehauen sei. Klopstock 12, 8).
1 75 EINFALTSPINSEL — EINFÄSCIIEN
EINFASSEN- EINFEUCHTEN
176
EINFALTSPINSEL, m. hotno stuUus, dummkopf: darf man
aber nicht wissen was es werden wird, ein abendlied oder
ein morgenlied? 'dummkopf!' ein Lusziied? 'einfaltspinsel!'
Lessinc 1, 291; lasz den einfaltspinsel los! Armm schaub.
2, 336 ; wir kundschaften unter den thicren einer klasse, wor-
unter es so gut als unter uns genies, gute offene köpfe und
wahre einfaltspinsel geben musz, nichts aus als letzte, höch-
stens extreme. J. P. Siebenkecs 3, 85. der petecanus piscator
heisst einfaltspinsel, wassertölpel. s. pinsel.
EINFALZEN, siriare, falzen, einßigen.
EINFANG, m. ambitus, umgebimg, ein friedigung, umfang,
mhd. invanc (üb. 3, 210') : ein zirkel oder einfang zwischen
zweien hagen mag einander mit posaunen ein zeichen geben,
was im land sei. Frank lüW/fr. 80'; dis bad ligt in eim lusti-
gen einfang. Münster 487 ; darum so musz er durch der natur
examen gehen, welche natur die weit ist und all ihr einfang.
PARACELStJS 1, 25' ; s. aucli die unter einfahen ausgezogne stelle,
in dem Wasserbau immissarium, wo das wasser eingefangen
wird. s. befang.
EINFANGEN, includere, recipere, dän. indfange, vgl. einfahen.
1) das wild, rebhüner, feldhüner einfangen ; der eingefangne
wolf heult erbärmlich ; zwei der entflohenen spitzbuben wur-
den wieder eingefangen ; das entlaufene pferd wieder ein-
fangen ; die, spinne fängt mucken ein.
2) die segel fangen den wind ein ; die brüst fängt den athem
ein;
die lippen ziuerten, die volle brust weit mehr,
der aihem ward inii schlucken eingefangen,
für hilze glühten ihre wangen, .
sie rief, Amiul ach geh! Kost schäfererz. 51.
3) mauer oder flusz fangen land und Stadt ein: gegen mit-
ternacht wird dies land mit dem flusz Peuce eingefangen.
Frank wellb. 57"; die statt ist durch Agrippam enveitert und
mit der mauer heraus gefaren weiter eingefangen, welche zu-
gab die neuwslatt hiesz. 179'; das kleiner Asia {Asia minor)
wirt mit dem mör mare mediterraneum genant eingefangen
und umbgürtet. 3';
ja dise altberümbte statt,
so die Limmat eingfangen hat
mit etlich schönen weiten brücken. Fischabt gl. seh. 126;
die hurten werden von felbern ruten geflochten und mit leisten
umb und umb eingefangen. Hohberg 1, 61"; die eisgrube wird
mit einem mäuerlein eingefangen. 1, 62' ; ein herrlich gezelt
mit vil kammern und gemachen, wend, mauern und tbürmcn
eingefangen und unibgeben. Fbonsp. kriegsb. >3, 192" ; äcker oder
änger einfangen, mhd. wb. 3, 210'.
4) den gepochten und gereinigten zinnstein einfangen, ihn
tom her de in den trog aufnehmen.
5) abstractionen : inzwischen ist das verdrieszliche gerücht
schwerlich wieder einzufangen. J. P. komet 1,15; der tropf,
siebt man, sollte blosz aus den zwei eingefangnen nachricli-
ten der zwei amtwerberinnen den ganzen übrigen rechtsgang
erraten. Hesp. 2, 61 ; als ich in Heiligengut abslieg, so war es
von höchster importanz, dasz ich mich sogleich an die dorf-
jungen wandte und namentlich an die schwein scliaf und
günshirlen darunter, um durch personen unter ihnen, welche
zu compilaloren der im dorfe zerstreueten quellen tüchtig
waren, mir die nölhigsten einfangen zu lassen. Fibel 10.
6) sich einfangen, sich einbeiszen, mit den fangen, von
hunden und raubthieren.
EINFANGESCHALFEL, f. zum einfangen des zinnsteins.
ElNFANGliNG, /". inclusio. hohen fraisgerichlen ist nicht
sowol mit der einfangung als beerbung der inquisiten gedient.
EINFAHBIG, EINFÄKBIG, unicolor, ahd. einfaro, mhd. ein-
»ar: was nu bund von dem einferbigen vich keine, das solle
sein [Jacobs) lohn sein, des ward Laban fro und hatte die
natur für sich, das von einferbigen nicht viel bundc natür-
lich komcn. aber Jacob half der natur mit kunst, das die
einferbigen viel bunde trugen. Luthers glosse zu 1 Mos. 30, 32 ;
der einfarbige, der unfarbige stein will nichts sagen. Göthe
30, 250 (mit solchem unterschied des umlauls und nichtumlauls
in beiden Wörtern); ein feiner, elegant und einfürbig geklei-
deter fremder. J. P. Tit. 1, 1«. man sagt einfarbiges zeug.
EINFAKBIGKEIT, f oder buntheit. Göthe 20,201.
EINFASCHEN, involvere fasciis, einhüllen: die neuangebau-
ten betllein {blumenbeete), nachdem sie aufgegangen, musz
man oftmals besichtigen, was etwan nicht recht eingesteckt
oder enlblfuzet int, mit aufürhültung einer gtiten erden wieder
verfaülliMi und gleichsam einf;i»chen. HoiinFRC I, 63«*.
EINFASSEN, includere, cingcre, recipere, vgl. einfuhcn.
1) ein beet mit buchsbaum einfassen ; weiden fassen die flur
ein; wiese von dichtem gebüsch eingefaszt ; den brunncn faszt
ein gelünder ein ; fallthür in der wand eingefasset. irrg. der
liebe 264;
flecken,
nur eingcTaszt
VOM zäun und hecken. Staxford «n GöKi?ir.K 1,230;
ein kleid, einen hut mit band einfassen ; die schuhe sind noch
nicht eingefaszt ; sie fasztc das tuch mit spitzen, mit perlen ein ;
er faszt ihn (den hut) gar mit schnüren ein. Gbllbrt 1,45;
auf der decke, glaub ich,
ein schattenrisz mit perlen eingefaszt. Sciiillbr 289'.
steine, edelsteine in gold einfassen; eingefaszle steine zum
leibrock. 2 Mos. 2.5, 7 ; eingefaszle rubin und bunde steine.
1 thron. 30, 2 ; bilder in rahmen einfassen ; einsi bildnus ein-
fassen in gold. Maaler 123'; kunsteifer, der statt der gemählde
die mahler selber in gold eingefaszt. J. P. komet 3, 197 ; du
verdienst in gold eingefaszt zu werden.
2) einen bienenschwarm in den stock oder korb einfassen
hier in fässer, wein in flaschen einfassen, nnl. den wijn in-
vaten, dann auch flaschen einfassen:
wenn er euch beedn nur schmecken ihut,
so fasz ich euch ein Quschcii ein. Avrk.r fastn. 33*;
getraide in sacke einfassen ; wir haben heute eingefaszt, ge-
traide geholt; das tuch in die lasche einfassen ; helle er kein
brieftaschen, darin er ihn {den brief) einfasset, so wolt er ihm
eine leihen. Avrer proc. 2, 9 ; das kehricht ordentlich einfas-
sen und nicht, der faulen art nach, in die ecken sammleu.
unterr. für hausmdgde s. 9 ; das kehricht zum einfassen zu- l
sammen streifen, s. 29; einen einfassen, den arm in eines
arm legen : fassen sie mich ein, oder blosz fassen sie ein !
geben, reichen sie mir den arm! sie giengen eingefaszt (arm
in arm), verschieden von anfassen, aber gleichviel mit unter-
fassen: fasz mich unter! oder mit einklinken.
3) anwendungen. darumb das man gerüst und geschickt
bleibe gottes wort zu handeln, das der leib eingefasset bleib
und im zäum gehalten werde und dem geist räum lasse.
LtJTUEH 2, 462' ; weil das recht musz und sol einfeltiglich mit
dürren kurzen Worten gestellet werden, kann es gar nicht alle
zufelle und hindernis mit einfassen. 3, 318' ; gott aber gibt
uns kein wort noch gebot für, da er nicht ein leiblich euszei-
lich ding einfasse und uns fürhalle. 3, 378 ; gleich einem
mahler, der eines menseben gestalt zuvor in seine sinnen wol
einfassen musz, ehe er denselbigen auf das tuch entwerfen
will. Gryphius 2, 195; Zeusel faszte mit einem weiten lachein
wie mit einem bucbdruckerstock seine höfische Verachtung
gegen den groben mann ein. J. P. Hesp. 2, 56.
EINFASSUNG, /". margo, limbus: das beet hat eine schöne,
das gewand eine reiche einfassung; die ganze einfassung der
christlichen liturgie. Herder 20, 99.
EINFASZBAND, n. band zum einfassen.
EiNFASZGEW.\CHS, n. pflanze zum einfassen wie buchsbaum.
EINFÄTSCHEN, was einfäschen, einwindeln. Henisch 84S, 61
und Stieler 438 einfelschen.
EINFAULEN, imputrescere : das du denn anfohest in dineiu
gemüt in zu fulen in dich selber und dennoch nit usz brichst.
Keisersb. bilger 137'; mich het geschmirzt und der schmerz
het in mich ingefület und ingesseu. 137*. die äpfel faulen
ein, der bäum fault ein, nach innen zu. Stieler 446.
EINFÄU.STIG, unimanus. Henisch 1024, 14.
El.NFECHSEN, importare, einbringen, einernten. Schh. J,S08.
VüNRUN sagen Vorarlbergs s. 32.
EINFEIIMEN, sues agere in silvam ad saginam, s. fehme.
ElNFtlLEN, lima incidere, nnl. invijlen, der gefangne feilte
die kette, die Stäbe des feuslers ein. Stikler 457.
EINFESSELN, compede includere, constringere :
die wahrheil wird uns wol so bald noch nicht )!(>raubt,
indem wir ihren fusz mit stark und fuslun scIiIuskou,
die kcu ist mehr aiü stahl, wol einzufcsseln wissen.
Gß:«TimR C.V»;
endlich »prang die knospe der zeit und gab die eingefesselte
ewigkeit mit einem gewaltigen klänge frei, Tieci 9, 345.
EINFFSTEN soll nach Stieier 472 investire im lehnn-rlit
ausdrücken, nnl. inveslen ist einsetzen.
EINFETfEN, pingue facert, adipe iltincir.
EINFErCHTFN. humectare. vgl. anfeuchten, befeuchti-n : <mu
regengusz hatte den boden eingefeuchtet ; anspritzen und ein-
feucbteu.
177
EINFEUERN — EINFLEISZEN
EINFLICKEN— EINFLIESZEN
178
tlNFELEEJN, ligna reponcre in fornace, accendere, tgl. an-
:^tecken, eiuschüren: der knecht soll nicht so stark eiufeuern.
figüilicli, HO wut und Verzweiflung oft die herzüaftigkeit ein-
feuert. Hippel lebensl. 1, 254 ;
der süüdeu glui (hat) diese brunsl erreget,
diefreisiadi eingefeun und frei in grausi (asclie) gelegei.
Grtpuiüs 2, 86.
EINFECRIG, uie eiobrünslig, inviurec. myst. 294, 18.
ElNFICKEiN, inftgere, eondere in crumenam. Stieler 4Si.
il. infiwrare.
EINFINDEN, sich, praeslo esse, eonvenire in unum, sieh ein-
stellen, an den bestimmten ort, zur gesetzten stunde, ein ge-
füges, der altern spräche noch abgehendes frort; die leute fan-
den sich bei tagesanbruch zeitig ein ; eine lustige gesellschaft
hatte sich in der herberge eingefunden ; das niädchen ver-
blühte und keine liebliaber wollten sich einfinden; ich werde
mich mit der bezahlung einfinden ; das fieber fand sich am
dritten tage richtig ein ;
die flau fand zur gesetzten stunde
die oacbt durauf >ich mit dem grabscheit ein. Gellkrt 1,210;
kaum baue mit den morgensiundea
sein erster schlaf sich eingefunden. Hageoorm 2, t>7 ;
in einem thil, wo den verjungien bain
der fiübling schmückt, ein klarer bacli benetzet,
fand l'hrllis sieb zur iiiuntem Doris ein
die sieb" bereits ins grüne hiogesetzeu 2,77;
berede dich, wir beide hätten uns
auf einem bali mit masken eingefunden. Scbillrr 253'.
EINFITZEN, acum inforare, ein Ohr in die nadel bohren, feilen.
El.NFLECHTE, f. crates, storea, intextura: da sitzen sie
{die Türken) in ein ring, sind ir vil, doch nit blosz, sonder
mit undergebreilem teppich, brettern oder einflechten von bin-
zen oder gerten. Frank ife//6. 104'; ein knochenknorrig rützel
nach w arsageriscber einflecht. Fiscaiar Garg. 2S3*. s. flechte.
EINFLECHTEN, impleclere, intexere: einflächten, in einan-
deren wicklen. Maaler123'; wusch sich und salbete sich mit
köstlichem wasser und flöchte ir har ein und setzet eine hauben
auf. Judith lO, 3 ; sie bestreich sich mit küstlichem wasser und
flöchte ire bar ein, in zu betriegen. 16, 10 ; blumen in das
haar, ringe in den hart einQechten; gerten in den zäun, oder
auch den zäun einflechten, figürlich, er flocht seiner rede
lieder ein ; es sind dem buch zu viel nebengeschichlen ein-
geflochten; es ist beiläußg eingeflochten;
Caleisius beschwerts, liurius sagis aus,
die sie sich hat bemübi in meineid einzunecliten.
LoHK.tsTsiN Agripp. 7, 199;
weil der Sicambrer wolstand in dieser Völker erh^iltung ein-
geflochten wäre. Armin. 1,1014; wenn sie die Gatten oder
Cherusker mit in krieg einflechten wolten. 2,916; der alimä-
liche verfall der erde ist in die folge der abanderungen, welche
ihre Vollkommenheit anfänglich bewirkten, eingeflochten. Kam
9, 7 ; in eine gesellschaft eingeflochten werden. 7, 421. sich
einflechten: der brombeerstrauch breitet seine stachlichle
zweige also aus, dasz sie zwischen alle umbstehende bluineu
und bäume sich einflochteten {so). Lokmans fab. 22; ohne dasz
der matbematiker sich in dieses geschäft dürfte einflechten
lassen. Kant 8, 490.
EINFLECKEN, macula imbuere: das gewand einflecken.
EINFLEISCHEN, humanam speciem induere, mlat. incarnare,
man musz schon ahd. infleiscan gesagt haben, ags. onflaescan,
da sich die subst. infleiscnissa, ags. onfla^cnesse ßr incar-
natio finden. Diefe.nbacb 291* bringt es nicht bei. heule ist
nur eingefleischt, incamalus gebräuchlich: das wort, so fleisch
worden ist, oder wie wir deutlicher reden möchten das ein-
gefleischte worl. Luther 3, 373 ; würden sie mich einen höllen-
brjnd, einen eingefleischten teufel genannt haben. Lessing 1, 390 ;
er muste es bis zu der apathie bringen, deren ein eingefleischter
genius nur immer fähig ist. Wiela.nd 28, 154 ; bedenkt, dasz
dieses mädeben kein madeben, sondern ein eingefleischter satan
ist. GöTiiE 15,54; Attilia eine recht eingefleischte plebejerin.
33,208(201»; es war mir köstlich einen recht eingefleischten
Versailler in der fremde zu sehen. 27,150; kurze Schilderung
eines eingefleischten dilettantismus. 44, 269 ; man sagt er habe
die Kömer vortreflicb dargestellt, ich finde es nicht, es sind
lauter eingefleischte Englander, aber freilich menschen sind
es. 45,42; ich bin ein schon ziemlich alter, eingefleischter be-
rufsmann. Pestalozzi 3, 42 ; sie ist ein eingefleischter teufet
4, 3. s. abfleischen, befleischeu, entfleischen, zerfleischen.
EiNFLEISCUUNG, f. incamalio. äriELER 504. mhd. In-
vleischunge.
EINFLEISZEN, dili^enUr persequi, einstudiereH : denn ein
Ul.
stathalter, so er seinem herm gehorsam ist, wirkt, treibt und
einfleiszet eben dasselb werk in den unterlhanen, das der
herr selb einfleiszet. Luther 1, 26S'. s. befleiszen.
EINFLICKEN, l) insuere, läppen einflicken, op figürlich, worte
einflicken; das ist eine später eingeflickte stelle; ich hoffe,
meine Clio, die noch allemal ein wort bei dir zu sprechen
gehabt, werde meine nachlässigkeit in etwas entschuldiget und
mich in vorige gunst wieder eingeOicket haben. Camtz 63.
2) sich einflicken, insinuare: in die gastmäler, applicare se
ad conviria. Maaler99*; sich zuthun, sich darbieten und ein-
flicken einem zu dienen, so weit es müglicb ist, die bend
under die fuesz legen. 123*; sich höchstes fleisz(es) in des
königs freundschaft einzuflicken. Tacics bei Fronsp. 3,231";
welche tafeln fast zu klein werden wolten, derowegen musten
einige sich bei den andern einflicken (einrücken). Felsenb. 4, 38.
3) für inserere, einschieben: bekriegen auch den kömg aller
fischen, indem dasz sie allenthalben ire zän einflicken. Fober60'.
EINFLIEGEN, involare, nn/. invliegen : die tauben sind ein-
geflogen; käfer fliegen durch das fenster ein und aus; den
eingeflognen vogel fangen.
El.NFLlEHEN, fugere in locum tulum: eingeflohene guter.
Andrea bussposaune Ms'. s. einflüchten.
EINFLIESZEN, infiuere, sanft etwan einbin rinuen, i7/a&t.
Maaler 123*, fini. inflieten, schw. inflyta, dän. indflyde. Lessixc
6,535 einflüszen.
1) die Lahn flieszt in den Rhein ein ; die Schweizerseen sind
klar und fast durchsichtig, da reine alpenbäche in sie einflieszen ;
dem Amor ist der wein auch ziemUch eingeflossen,
so dasz er gani und gar gemUt und sinn begossen.
Opitz.
2) figürlich, einflieszen, spectare, perlinere: das flieszt hier
ein, huc perlinet; will ich, ungeachtet es hier nicht einflieszt,
hinzusetzen. Fichte nachg. tcerke 3, 124. einflieszen lassen,
immiscere, mentionem facere: er liesz hier und da einflieszen,
erwähnte beiläufig; ein wort davon mit einflieszen lassen;
will manchmal, wos past, Statistik und dergleichen einflieszen
lassen. Tieck 9, 246 ; wenn es gelcgenheit gibt dich um etwas
zu bitten, da mag man seinen dank mit einflieszen lassen.
Betti.ne briefe 1, 145.
3) einflieszen für eingehen, einlaufen: wie sparsam auch
die geldbeiträge einflössen. Schiller 1068*; auch ist manches
alte und neue bei mir eingeflossen. Göthe an Knebel 241.
4) einflieszen, einflusz haben, tim habere, mit den praepo-
sitionen auf oder in, jenadidem der einflusz äuszerlicher oder
innerlicher ist.
a) mit auf: blosz insofern die dichtkunst auf den Charakter
einflieszt, kann sie auch auf seine einzelnen Wirkungen ein-
flusz haben. Schiller 1133; jener vorsatz, meine innere natur
nach ihren eigenheiten gewähren und die äuszere nach ihren
eigenheiten auf mich einflieszen zu lassen. Göthe 26, 150;
alle menschen, die auf einander wechselseitig einflieszen kön-
nen. Kant 4, 421 ; weil ich in dieser sinnenweit nicht wirken
kann, ohne auf andere einzuDieszen. Fichte Sittenlehre 316 ;
die bildner wollen auf dieses {das volk) einflieszen. reden an
d. d.nat.iU; Dosz so schön auf Fibels leben ein. i. P.Fibel
26; ein guter Wouwermann beiszt in der mablersprache ein
gut gemahltes pferd, dessen beschauen auf die Schönheit des
künftigen füllen einflieszet. Tit. 1, 43; die stadtgeistlichen,
welche mit ganz andern mittein auf das versteinerte stadt-
volk einzuflieszen haben, dämmerungen s. 143.
b) mit in: dasz die geistigen naturen in die seelen der
menschen einflieszen können. Ka.nt 3, 65 ; ihre fahigkeit, ihr
temperament, ihre denkart schien in ihr amt gar nicht ein-
zuflieszen. Schiller 1039*; in unser urtheil über die Schön-
heit des menschlichen baues kann die Vorstellung der würde
der menschheit zwar einflieszen, aber alsdann hört es zugleich
auf ein rein ästhetisches urtheil zu sein. 1110*; dasz die Philo-
sophie einfliesze in das leben. Fichte reden a. d. d. nal. 148 ;
ihr verlangt ja, freunde, dasz alles was gedanke und begei-
sterung will, in das wirkliche leben einflieszen soll. Tieci
nov. kr. 4, 27.
5) die ältere spräche nahm auch einflieszen transitiv mit dem
acc. : wie nu Adam oder Antichristus ain ursach ist aller ding,
als der sie einfleuszt und ihn disen willen macht. Fra!<k parad.
163*, vgl. franz. influer quelqu'un und unser steifes beeinflussen.
EINFLIESZEN, n. actus influendi: wir sind durch den teufel
beraubet unsers Ursprungs, das ist gottes, von welches ein-
flieszen wir Sollen grünen und wachsen. Lctheb 3, 17*.
12
179
EINFLÖSZEN— EINFOLGLICH
EiiNFORDERN — EINFÜGEN
180
EINFLÖSZEN, instillare, einßieszen machen. Stiei.er 515.
1) dem kranken einige tropfen wein einQöszen; bis sie die
äugen ein wenig wieder aufschlugen und ich ihnen die arznei
einflöszen konnte. Lessing 2, 75 ; und mir haben sie einen
liebestrank eingeflöszt. Gotter 3, 31)9.
2) begierden, ehrgeiz, liebe, furcht, hasz einflöszen;
doch thut der wein durch eingeflöszien wiiz
im aller erst die grösiien wunderwerlte. üackdorn 2, 93;
der mismuth, den mir deine widersetziiclikeit efnflöszt. Götter
3, 161 ; ich bethörle des alten lochter mit dem wahne, dem
vater junges, kräftiges leben einzuflöszen. Klinger 2, l»t5 ; sie
flöszte mir Verachtung ein.
EINFLÜCHTEiN, 1) fugere in locum: die Vögel flüchteten
ein. nnl. invlugten.
2) transitiv, in tulum deferre: die bauern flüchteten das
vieh ein. schw. infljtta, dän. indflytte.
EINFLUG, m. involatus, das ein/liegen, auch der ot', wo
einge flogen wird: einflug der tauben, bienen, flugloch; merke
im frühling, wo der schwarzspecht in einen holen bäum nistet,
wenn nun die brutzeit vorbei ist und er ausfleucht nahrung
zu suchen, so treib einen harten quast in die öfnung des
einfluges. Mdsaeds 2, 108.
EINFLÜGELIG, fiovömsQOS.
EINFLÜSSIG, influens. mhd. Innüjjic. Eckh. 212,11.
EINFLUSZ, m. nnl. invioed, nach den bedeulungen des ein-
flieszens,
1) osliutn, mündung: einflusz des Rheins in das meer; derocean
wird durch den einflusz aller bäche und ströme voll. Kant 9, 13.
2) das was einftieszl oder einyeflösit wird: die regen lockten
dem luftkreise noch mehr nasse einflüsse ab. 9,53; sie ist
aber mit allerhand einflüssen (einflöszungen) was (etwas) ge-
stärkt worden. Schweinichen 3, 254.
3) vis, auctorilas, impulsus. invluj gotis. myst. 142, 14. des
himelsinfluj. Eckhart 87, 18. influ; der gnaden. 87,22.201,32.
sin göllicher influ;. 614, 24. 634, 10.
a) ohne praeposüion: sein einflusz steigt, hat aufgehört;
guten oder Übeln einflusz haben ; wenig oder keinen ; einflusz
des gestirus, aspiratio, sideratio. Maai.er 124'' ; zukünftige ding
weissagend aus einflusz des hiuimels. Frank mW«/*. 192'; wenige
beispiele sind zureichend um zu zeigen, was worte überhaupt
für einflüsse haben. Klopst. 12, 95 ; nehmet an, keine Sub-
stanz wirkte in die andere und empfienge von dieser wech-
selseitige einflüsse. Kant 2, 213.
b) mit auf: er möchte vielleicht einwenden, dasz alle diese
Vorzüge der Franzosen auf das wesentliche des trauerspiels
eben keinen groszeu einflusz hätten. Lessing 7, 48.
c) mit in: dasz alle Wissenschaften einen einflusz in die
poesie haben. Günther vorr. s.2; es ist noch immer das ein-
zige, welches wir von dieser malerie, deren einflusz in die
ganze gelehrsamkeit ganz unbeschreiblich ist, haben. Lessing
3,259; gesundheit ist ein gut, welches in alles einflusz hat.
Garve 111 Cic. de off. 3, 219 ; hier können wir uusern lesern
einen umstand nicht länger verlielen, der in diese ganze ge-
Bchichte keinen geringen einflusz hat. Wieland 1, 31 ; nur
einen umstand können wir nicht vorbeigehen, weil er einen
merklichen einflusz in die folgenden begebenheilen unsers
beiden halte. 3, 68 ; durch diese menge von Sprechern bekam
das vülk einen gefährlichen einflusz in die öfl'entlichen be-
rathungen. Scuiller 869';
croüz i«t sein eiiidusz in den bor und selbst
m die geschufie des niinisierii grusz. Stolbiro 3, 36.
EINFLUSZLOS, nullius auctoritatis.
EINFLUSZHEICH, majcimimotnenli: warum sollte man leug-
nen, dasz dem einzelnen Staatsbürger ein höherer kunstbesilz
oft unbequem sei. weder zeit noch zustand erlauben ihm
treflichc werke, die einfluszreich werdrii könnten, dem künst-
1er 80 wie dem liebhaber öfter vorzulegen. Göthe 39, 326.
EINFLÜSTEKN, insuturrare : was zögerst du? flüstert er
ihm ein.
EINFLCSTEHUNG, f. clandeslinum consilium.
EINFLUTEN, inaeiiiittre; der damin bricht, das mccr flutet ein.
EINFULGEN, insequi, consequi, weniger gebraucht alt das
tntsprechende nnl. involgcn.
EINFOLGLICH, consequenler , ergo, itaque. Stieler 535:
einfülglicb ist gewis, dasz Lotharius bald ordentlicher, bald
auszerordrntlicberweise praelaten eingesetzt. IIaiin 1, 178 ;
einfolglicb «ie viel Uiigcr wnhrcri. Vrocebi 1,249;
cioroigiich i»i sein werk dir uns vergebeot. 3, litt;
er müsse es einfolglicb so aufnehmen. J. P. teufehp. 2, Gl.
man zieht heule das einfache folglich vor. s. auch fulgbar.
EINFORDERN, exigeie, nnl. invorderen : geld, schuld, zoll
einfordern; ich borgte ihm 40U00 gülden, als ich sie einfor-
derte, hielt er mir das geld ein. Klinger 1, 278.
EINFORIEREN, s. emfurieren.
EINFOR.MEN, informare, in formam redigere.
EINFORMIEREN, tnfurmare, bilden: dann wo misgewecbs
sind, da ist die arznei erschrocken, dasz sie nicht lindet ein
bequemen, nach rechter natur eingefonnierten menschen. I'a-
RACELSus cAtr. sehr. 406.
EINFÖRMIG, uniformis,
1) einhellig : einförmig sein mit gote. Keisersd. volk. mensch
E 6 ; nichts musz sich in den Charakteren widersprechen, sie
müssen immer einförmig, immer sich selbst ähnlich bleiben.
Lessing 7,152; alle diese verschiednen schönheilen sind den-
noch einförmig und genau mit einander verwandt. VVithofs
gedichte (1782) 1,274; die allgemein einförmige ausbreitung
des kirchenglaubens. Kant 6, 278 ; in der einförmigsten gleich-
heit mit sich selbst. Wieland l, 252.
2) eintönig, nitnis simplex, languidus: einförmige landschafl ;
das gelön wurde immer einförmiger. Wieland 1, 247 ; die ein-
förmigen freuden einer einzigen mit romanhafter treue in ge-
rader linie sich fortschleppenden leidenschaft. 2, 175; das allzu
einförmige in den beschäftiguugen seines geistes. 3, 215 ;
nichts als den kuhreiliii und dßr herde^locken
einrörmiges geläut vernehni ich hier. isciiiLLER 525'.
EINFÖRMIG, ttni/brmt/er; einförmig beschleunigte bewegung.
Kant 8, 198.
EINFÖRMIGKEIT, f. uniformitas.
EINFREIEN, innubere, einheiraten: in ein geschlechl, in ein
haus einfreien ; er hat sich in das bäckcrhandwerk eingefreit.
EINFRESSEN, devorare, perrodere, einessen,
1) transitiv, das Ihier friszt sein futter hastig ein ; ich
musz hier den staub einfressen, rnil liem alhem einztrhen.
figürlich, von unangenehmen dingen : nun musz er eine über-
mäszige bosheit einfressen. Weise enn. 17; inust du sthmäli-
worte einfressen, kl. leule 272; ich sparete keine mühe den
Eliam wegen seiner verjüngerung aufs alleremplindlichste zu
schrauben, welches er aber ohne besondere passion zu zeigen
ciufrasz. Felsenb. 2,309; es daurete mich, dasz der kerl von
diesen purschen so viele schnupffliegen einfressen muste.
2, 368 ; ärger, verdrusz einfressen ;
ja friisz ich nur von groben ihoren
nicht so viel scliiinpr und unrecht ein. Günthkh 94;
das 'von' tu den beiden letzten stellen bedeutet gleichsam von
oder aus ihrer hand.
2) sich einfressen, es sich wol schmecken lassen; die madeu
haben sich eingefressen, bildlich, wenn der liebeswiirni sich
in die Zirbeldrüse des gehirns einfriszt. Gotter 3, 385.
3) intransitiv, rodere: das Scheidewasser friszt hier ein, hat
eingefressen, doch setzt Luther: und solts mit fewr verbren-
nen, denn es ist tief eingofressen. 3 Mos. 13, 55, wie es heiszl
der apfel ist vom wurm eingefressen, der schade hat oder
ist schon tief eingefressen.
EINFRIEDEN, cingere, sepirc, vgl. befrieden.
EINFRIEDIGEN, dasselbe, befriedigen:
rechts, v»o die hecke das feld einfiiedigie. lAiise 1, 140;
dasz nicht die edleren spröszIinRe glut und Trost
aussnug und Sturmwind, stehii si« in heiliger
zuchigiirien dJiininning euigefriedii,'!. Vos- 3, 94.
EINFRIEDIGUNG, f. sepimmtum.
EINFRIEDUNG, f dasselbe: in gewissen abständen \on den
dörfern in einer waldstätte einfriedungen bereiten, darin er
sicher ein jähr wohnen möge. Dahlmann dan. gesch. I, 160.
EINFRIEREN, congelascere, fest frieren, vom wasscr und
dem was drinnen ist : der kahn fror auf dem ström ein ; dem
flschenden wolf war der schwänz eingefrttrm ; fuhr auch wol
»ciilittschuh, wozu die eingefrorenen festungsgraben die beste
gelegtuiheit verschafteii. Götuk 26, 331. vgl. befriereii.
EINFROSCHLNG, f mulalto in ranas. Wikland 20, 247.
EINFUCHTELN, cnse feriendo Iradere: den Soldaten wurde
diese Warnung eingefuch'elt.
EINEIIG, m. unilas, cohaeretUia, eiuftig. Frisiis 1103*, MAAi.tn
100'. vol. fug,
EINFC(iEN, aptart, inserere, Hnl. invoegeu: du brcl, die
thür in die wand einfügen; dem hause feiister einfügen; er
fügt« »eiueu wurteu oucit die bemerLuiig ein;
i
181
EINFÜHR — EINFÜHREN
EIKFÜHREIi — EINFÜRST
182
es musz sich zierlich fTigen
furcht, eifer, wunderung bei seinen reden sein. Logad 3,225;
der boden war mit schlangen und fischen Ton stein einge-
füget {eingelegt). Opitz 2, 263. Voss schreibt Od. 21, 236 die
\\o\ einfügenden flügel, doch ztrischen intransilivem fugen uiid
transitivem fügen läszt sich kaum unterscheiden, mhd. galt nur
Tüegen, ahd. fuogan.
ElNFtJflH, f. inveclio, gegenüber der ausfuhr, nnl. invoer n.
Maaler 123*: weine sind bei der einfuhr zu verzollen; die
einfuhr dieses jahrs ist geringer als die des vorigen.
EINFÜHRBAR. imporlabilis.
EINFCHRBARKEIT, f.
EINFLHRE.N. ahd. in fuoran, mhd. In vüeren, nnl. invoeren,
schw. införa, ddn. indföre.
1) inrehere, importare, wnaren. wein, getraide: der bau wer
dörret das hew, wills am drillen tag einführen. Frey garteng.
35; hier das heu einführen zu sehen ist die gröszle lusi.
GöTHE 29, 57 ; und wirst im alter zu grab körnen, wie garben
eingefürt werden zu seiner zeit. Hiob 5,26. gleichviel wäre
transitives einfahren.
2) introducere, von leuien : einen ins haus, geschlecht, amf,
in land und sladt einführen ; der herr der gott wolt einen man
setzen über die gemeine, der für inen her aus und ein gehe
und sie aus und einfüre, das die gemeine des herrn nicht sei
wie die schafe on hirten. i Mos. 27.17; und füret uns von
dannen, auf das er uns einfüret und gebe uns das land, das
er unsem vetern geschworen hatte. 5 Mos. 6, 23 ; ffirestu Israel
aus und ein. 2 Sam. 6,2; als Paulus itzt zum lager einge-
fflret ward, apost. gesch. 2t, 37 ; da er einfüret den erstge-
bornen in die well. Hebr. l, 6 ;
als füFütin will ich sie
einführen in die hofburg meiner Täter. Schiller 496';
wie ehrenvoll ist dieses «rat, wie ganz
dazu geeignet ihren söhn im tenipel
des ruhmes einzufuhren. 256*;
willst du dich nun. um uns hier einzuführen,
als Zauberer oder teulel pruducieren? Gotus 12,212;
indem er mich in verschiedenen Ortschaften und familien ein-
iührte. 25,343; ich ward in manche familie eingeführt 48,187.
ebenso sich einführen, se introducere. der dal. statt des acc.
nach in Idszt sich vertheidigen, nicht empfehlen.
3) abstractioncn. hastu nicht gesehen, wie sich Ahab für
mir bücket? weil er sich nu für mir bücket, wil ich das
Unglück nicht einfüren bei seinem leben. \ kön. 21,29; das
weib aber ward verfüret und hat die ubertrettung eiogefüret.
1 Tim. 2, 14; möcht dadurch auch in meinen und allen landen
ein schaden einfüren, der schwerlich möcht widerbracht wer-
den. LcTHER 1,209'; obgleich es dem philosophen sehr schwer
wird, begriffe, deren objeclive realilät nicht eingesehen wer-
den kann, einzuführen. Kam 2, 377. hier scheint der dal. nach
der praep. eher an seiner stelle. 1, 86* schreibt Ldther : und
nicht einfürc uns in die Versuchung oder anfechtungen, Matth.
6, 13 verdeutscht er: und füre uns nicht in Versuchung, goth.
jah ni briggais uns in fraistubnjai, xni fir] eiaeityxrjs rjl^f^^
«'s Ttei^aauöv, vulg. et ne inducas nos in temptalionem.
das manuale cnratorum {von Jon. Ulr. Surgam, ßi/si/eac 1502
fci. 80') gibt: und nil lasz uns ingefurt werden in Versuchung.
der goth. dat. nach in hat guten grund {gramm. 4, 811). vir
.Ta(>en gesetze, Sitten, gebrauche, trachten, Wörter neu ein-
führen ; ein gwonhrit wider aufbringen oder einfüren. Maaler
123'; etwas neuws einfüren und anrichten, inducere aliquid,
ebenda; gschwind und subtil einfüren und bescblieszen. ebenda;
eine neue Ordnung
der dinge fuhrt sich ein. .Schiller 389".
4) einführen steht dem anführen nah und »er/rai « ehmals
in mehrem bedeutungen,
a) introducere, anführen, beibringen, eilieren : ein person
in einem gspräch einfüren oder anziehen, inducere loquenlem.
Maaler 123*; auch wirt etwas vom heiligen sacraroent des
altars eingefürt. Schwarzenberc 150, 1 ; da der herr Christus
eben diesen halben vers einförl wider die, die am jüngsten
tag werden sagen eia herr! Luther 1,21*; wil er darnach den
ganzen körper mit sacken voll unnützer fragen einführen, br.
2, 222; bald hernach vtird die sache an ir selbs mit sich
bringen mehr Sprüche aus der schrifl einzufüren. Jonas 6«
Ldtiier 6,388; was ist noth viel Sprüche oder Zeugnisse der
Schrift einzufüren? Melaxciitbos im curp. doct. ehr. 119; so
wnllcn die ketzer einfüren {behaupten, einwenden), das es eitel
«liTenwerk sei. Fischart bienenk. 167*; wie ich von denselben
ein und ander exempel neben fernem bericht in meiner per-
sianischen reisebeschreibung mit einführe, pers. rosenlh. 8, 67.
b) anführen, commandieren, wenn man nicht auslegen will
educere in aciem: gibt ein fürsichtiger oberster zuvor befehl,
welcher hauptmann das erst glied, welcher die andern nach-
folgenden glieder machen, welcher die kurzen wehren, vor-
dersten oder blutfähnlein einführen, welcher die überig Ord-
nung, also auch die letzten fähnlein einführen solle. Kirchhof
mil. disc.ihl; nechst den dreien vordersten gliedern wird ein-
geführt ein glied kurzer wehren und schlachtschwert. 153.
c) anführen, betriegen : mit schmeichlen und liebkosen ein-
füren und hindergon. Maaler 123*.
5) verleiten, verführen: einen einfuren, etwar zu treiben
und reizen. Maaler 123*.
6) einem einführen, einflösien, beibringen : merkte er, dasz
sie gnad begerlen, des war er auch geneigt ihnen widerfahren
zu lassen, dann biszweilen die uberv»-undenen dem feind ein
barmherzigkeit einfuhren, buch der liebe 219, 2.
EINFÜHRER, m. invector, introduetor, citator: einführer
böser exempel. Ziskcr. apophth. 26,9; aber die'schrift aus-
zulegen und zu handeln für sich hin, und zu streiten wider
die irrigen einfürer der schrift ist er zu geringe, das lessei
sich on sprachen nicht thun. Luther 2, 475* ; noch ehe ich
mich zu dem dienste seines einführers in die weit entschlosz.
Lessisc 10, 207; der kölermeister in einem starken schlag oder
gehau hat zwei kölerknechte, welche die meiler richten, zwei
einführer und einen jungen. Döbel 8, 62".
EINFÜHRERIN, f. introduclrix : und ist {der wahre glaub)
die rechte wegzeigerin und einführerin, herz und haupt, an-
fang und eingang zu allen lügenden und heiligkeit, ja zu
gott Selbsten in obristen thron. Joa-n."«. Nas wamungsengel 12.
EINFÜHRUNG, f. nach den bedeutungen des einführens:
einfUrung (anführung) des Spruches. Schwarzenberg 150, 2 ;
dasz wir aber unser gesundheit und krankheit nicht verges-
sen, wollen wir euch einführung {anführung, anleitung) geben,
dasz der mensch die selbige nicht ererbet vom ersten samen.
Paracelscs 2, 69*; einführung neuer gesetze, sitten.
EINFUHRVERBOT, n.
EINFUHRWAÄRE, f. res importandae.
EINFUHRZOLL, m,
EINFÜLLEN, implere, nnl. invullen, sehw. infylla, ddn. ind-
fylde, gewöhnlich mit ausgelassenem casus,
i) einfüllen d. i. wein oder wasser giesxen, schütten in das
glas oder fasz: füllet ein! wie füllet an! infundile.'; einfül-
len, suppe auf den teuer schöpfen, wie auffüllen ; einfüllen,
kam, getraide in den sack.
nun will ich werla wider nein,
mir sie {die flasche) noch einmal füllen ein. Atrkr 386*.
2i einfüllen, mit etwas: das glas, den bauch mit wein, den
sack mit körn, das kind mit speise oder trank : die ire beuch
mit dem guten wein wol einfüllten. Bocc. 159 ; die bauren,
taglöner und schlächt volk zu Calicul nören ihre kinder also,
die mutier seugen si bei drein monaten, geben in darnach
kü und geiszmilch und wescben oder baden si nimmer nicht,
auch uit einich mal, sunder legen si geäszt und eingefüllt {es
steht eingefült) in den sand und lassen si also ligen in seiner
(d. t. ihrer) multer {moder, schlämm) und kal, von morgens
bisz abends. Franr weltb. 202*; mauern mit holz und stein:
derwegen ist von nöten, dasz die eingeschossenen mauern
oder ander wehren mit holz, stein . . . eingefüllet und ver-
steckt werden. Fronsp. krtegsh. 1, 124*.
EINFURCHEN, imporcare, einackern, mit furchen umziehen :
von gram eingefurchte wangen.
EINFURIERE.N, collocare, einquartieren, einlogieren, auf gut
deutsch einlegen, franz. enfourrer: und wo ich einen jeden
einforieren werde, vor gut neraen. Reutteb kriegsordn. 31.
castrametari. Stieler 412.
EINFURIERER, »1. collocator, einquartierer, quartierbesleller :
und sehet, es kömpt gleich von Venus ein posiierer,
der gnlilue llesperus. der stcmen einfurierer,
der meldet, ihr soll fort. Opitz 2, 68,
dieselbe Vorstellung wie viel sprachgewandter und reiner aus-
gedrückt von VVoLKRA«:
und da; in.-)n durch die wölken sach
dös man der naht ze boten jach,
manegen stSrn. d^r balile gienc,
wand tr der naht bcrbirgc vienc. Part. 63S, 8.
EINFÖRST, m. monarcha, souverain. Maaler 99*.
12 ♦
183
EINFURT — EINGANGSLIED
EINGANGSORT — EINGERINDE
184
EINFURT, /". introitus, dem reim zu gefallen für einfart,
vgl. anfurt:
sah ich an der rathauseinfUrt
ausgehauen in stein
das geschöpr, von dem du Schweinrurt
sollst benamet sein. Höckert ges. ged. 4,284.
EINFUSZ, m. unipes: da bekam uns ein kerl, der hatte
das andere bein in der schlingen, ich frogle den gesellen,
warumb er so thörichl handelte und das gesunde bein in der
schlingen trüge? ja, sagte der einfusz, mein lieber herr, ihr
sagt gar recht, aber wenn ich das bein aus der schlingen
thue, so laufe ich in einer halben viertel stund die ganze
weit aus. des abenleurl. Jan Rebhu conlinuation 1680 s. 80.
vgl. Km. n* 71.
EINFÜSZIG, unum pedem Habens. Frank wellb. 139*.
EINFÜSZLER, m. nachdem ich einen handlungstractat mit
den streitbaren kranichen, riesen, aweiköpflern, einfüszlern
geschlossen. Fr. Müller 1, 311.
EINFUTTEHN, panno insuere, il. infoderare, franz. enfourrer :
wie seine füsze in flanell, so war sein herz wann eingefut-
tert in kaufmännischen familienstolz und in die erinnerungen,
dasz vater und groszvater grosze häuser gemacht. Kl. Schmidt
kom. dicht. 284.
EINFÜTTERN, pascere, cibare: gut eingefütterte pferde;
denn das ist hundemuih, der eingepeitscht mit ruihen
und eingefüitert mit des hofmahls brocken wird.
BÜRGER 102*.
EINGABE, f. lilerae, schriftliche eingäbe, vorslelltmg.
EING.\BELN, furca excipere, aufgabeln.
EINGÄHNEN, oscitantem facere : die eingähnende langeweile
zu beleben. Schiller 698'.
EINGANG, m. introitus, aditus, ingressus, mhd. inganc, nnl.
ingang, schw. ingang, ddn. indgang.
1) eingang des hauses, des zimmers, zeltes, der laube, des
hafens, der Stadt: der eingang und seine thür inwendig zu
dem allerheiligsten. 2 c/iron. 4, 22; und sihe, der könig stund
an seiner stet im eingnng. 23, 13 ; zeige inen die weise und
muster des hauses und seinen ausgang und eingang. Ez. 43, 11.
2) eingang des waldes, des gebirges, des thales, des lagers.
eingang des mundes, orißcium.
3) dein ausgang und eingang mit mir in das beer gefeit
mir wol. 1 Sam. 29, 6 ; der herr behüte deinen ausgang und
eingang. ps. 121, 8; ir wisset, lieben brüder, von unserm ein-
gange zu euch, rfjv ei'ooSov rjixäv rrjv ngos Vfiäs. 1 Thess.
2, 1 ; erster, zweiter eingang, nemlich der Schauspieler auf die
bühne heiszt bei Gryphiüs was heute auftritt; ich habe den
eingang {zutritt) bei einer gewissen Diana Bonori. Schiller 159".
4) figürlich, in der fasten, im eingang des glenzen, vere
ineunte. Forer ßschb. 38*, denkt man sich aber den lenz per-
sönlich, so gehört die stelle zu 3; nach eingang {antritt} un-
serer regierung. reichsabsch. von 1521 pr.;
drum war ihr sterbenstag ein eingnng zu den frcuden.
Grtphius;
beim eingang in dies leben. Wieland 23, 116.
5) der eingang, die fährte oder spur des wildes.
6) der eingang, die einfuhr der waaren ; beim eingang, ein-
treffen der post; gleich nach eingang der nachricht.
7) eingang der rede, des buchs ; die predigt hat einen
schonen eingang; ein weit hergeholter eingang; nach gemach-
tem kurzem eingang; das hab ich wollen zu einem eingang
in Mose reden. Lütheb 3, 170'.
8) man sagt, die bitte oder Vorstellung findet keinen ein-
gang, kein gehör, es wird nicht darauf eingegangen; die Ver-
leumdung, der argwöhn fand keinen eingang; Hvitfeld ist zu
loben, weil er dem verdachte in ermangelung von beweisen
keinen eingang gibt Dahlm. ddn. gesch. 1, 422.
EINGÄNGIG, accessibilis : um eine geheimnisvolle lehre ein-
gängig zu machen. GOthe 6, 60.
EINGÄNGLICH, adv. hatte ich nun an ihm die gegcnwart
eines ungeheuren wissens zu bewundern, so war ich doch
auch neugierig zu vernehmen, wie er das einzelne an die
Jugend methodisch und einganglich überliefere. Göthk31,203.
EINGÄNGLICHKEIT, f. die eingänglichkeil ihrer rede. Fichtb
tlaattl. 147.
EINGANGS, inilio, anfangs : gleich eingangs. LksIiüc 1, . . . ;
oft auch beihAret der wolhmt
gleich eingangs einet Jünglings brüst. Wecibirlin 444.
EINGANGSGELÜ, n. portorium.
EINGANGSLIED, n. eanticum quod praemittilur.
EINGANGSORT, m. locus introeundi:
und eiwn hundert schritt vom eingangsorie
zeigt sich im l'el.sen eine marnioriil'orie.
ÜRiKs Ilujardo I. 13,24.
EINGANGSTHOR, n.
EINGANGSWEISE, exordii loco.
EINGANGSWORT, n. wo diese eingangsworte nicht stehen,
hat man kein recht ein besonderes gemählde anzunehmen.
Lessi.ng 6, 486.
ElNGAltT, f hat Höfer 1, 177 ßr locus solitaMus. z. b. das
haus liegt in der aingard, welcher wortform es doch an be-
gründung fehlt, s. egerl sp. 34. auch aus eiland wurde ein-
land, doch s. einstatt.
EINGADKELN, fascinare: mut einschwelzen und eingaukeln.
Garg. 12; wurmsamenkat auf zigeinerisch eingaukelen. 192";
abends gauki ihr bild dich ein. Göthe 1, 50.
EINGEBÄREN, ingignerc: also wirket dick und vil guter
ding gewoncn ein ingeberen und ouch ein innerlich geschick-
lichkeit des gemütes. Keisersberg bilger 76";
es sei nun dasz in dir die weit sich eingebar,
es sei dasz du in ihr dich selber siellest dar.
KöcKKRT weish. des brahmanen, buch 4, 19.
EINGEBEN, nnl. ingeven, schw. ingifva, ddn. indgive,
1) ein heilmittel eingeben, zu schlucken geben, medicamen-
tum praebere, nnl. ecn geneesraiddel ingeven ;
der härm {d. i. harn) sei gleich wie er sei,
so wer ich mich der nrznei,
gib ich nicht ein, so siei mein pflüg,
drümb niusz purgiern haben lug. Schwarzenbkrg 137, 1 ;
wer nie gesegelt hat, will nicht beim rüder sein,
wer keinen arzt nicht gibt, der gibt auch keinem ein.
Opitz 2, 29;
ihr ärzte schweigt und gebt ihm gar nichts ein. Gellert 1, 130 ;
sie gaben ihm zweimal ipecacuanha ein, worauf es besser
wurde; die eingegebne arznei brach er alsbald wieder von
sich ; s. einnehmen.
2) inspirarc, suggerere: darumb wenn im die selben ge-
denken misfallen, das ist ein zeichen, das sie im der teufel
in gibt, und der mensch hat kein schuld daran. Keisf.rsrerg
s.d.m. 19'; und Joab gab ir ein, was sie reden soll. 2 Sam.
14, 3 ; denn dein knecht Joab hat mirs geboten und er hat
solches alles deiner magd eingegeben. 14,19; der salan gab
David ein, das er Israel zelen liesz. IcAron. 22,1; alle schrift
von gott eingegeben {goth. all bukA gudiskaizAs ahmaleinais,
Tinaa yQafrj d'sonvsvaroe, vulg. omnis scriptiira divinitus
inspirata). 2 Tim. 3, 16 ; du gabst mir den gedanken ein ;
0, sprichst du, welche Sittenlehre
gibt euch der geist der schwermulh eini Gellert 1, 170;
jedoch der argwöhn gab dem jungen schäfer ein {sugociaü),
es könnte Chloris leiclii zu eigenmitzig sein.
Rost schäfererzdhlungen 37.
3) tradere, eoncedere locum, einräumen: alsdenn soll ir
widerumb keren in ewr land, das euch Mose der knecht de-«
herrn eingegeben hat zu besitzen. Jos. 1, 15 ; und kamen in
Egypten zu Pharao dem könige, der gab im ein haus ein und
narung und gab im ein land ein. 1 tön. II, 18; und gab inen
Weinberge und dorfün ein. Jcr. 39, 10; wie lang zog er Abra-
ham auf und die andern veter, ehe das inen das veiheiszen
land eingegeben ward. Ldther 4, 337*; die scböneste wohnung
eingeben. Opitz iir;;. 2, 296;
du hast luis eingegeben
Wesiindien, o Mars, wo andre leuie leben. Opitz 1,108;
hier geh ich ihm zwei siübchcn ein. Gkllirt 1,130;
dieser gab das schönste zimmer
seines hauses ihnen ein. Langbeins ged. die neue Eea;
da der kranke im pCarrhaus ankam, ward ihm ein weites ebe-
belte eingegeben. Göthr 19, 55.
4) tradere. einreichen: ein gesuch, die exercilien eingeben.
EINGEBER, m. is qui locum IradiL landfr. ton 1521. 13, 1 ;
tonst auch monitor, hortator.
EINGEBERIN, f. quae suggcrit.
EINGEBILDET, i) opinu<u.i; ohne diese eingebildete Ord-
nung. Lessinc 5, 25 ; dasz der Deutsche nichts wundeHirheres
thun konnte, als sich in seinen millellündischcn kreis einzu-
8rhr.1nken, eingebildet {persuasus), dasz er von eignem ver-
railgcn zehre. Göthe 45, 141; seinen ersten eingebildeten söhn.
20,111. 2) rtrro(?an*, inio/enj .• der eingebildete mensch! ; hiiren
sie doch was ihre Minna für ein eingebildetes, alberaes ding
war. Lessinc 1,541. 5. einbilden.
EIN(iEBINDE, n. donum haptismale: besuchten wir die Wöch-
nerin, überreichteu unser eingehinde. ehe eines weibes 16 ;
185
ELN GEBOREN — EINGEDENK
EINGEDENKSAM— EINGEHEN
186
das juDge volk. es bildet sieb ein,
sein taurtag sollte sein schöpruDgstag sein.
möchten sie doch zugleich bedenken,
was wir ihnen als eingebinde schenken. Göthi 2, 247.
EINGEBOREN, unigenitus, ftovoyevije, goth. ainabaur, nur
in der skeiretns, die stellen joh. 1, 14. 18 entgehn uns, ahd.
einporan (Graff 3, 142), mhd. einborn («6. 1, 140*), ddn. een-
baaren, nnl. einiggeboren, ags. aber äncenned, engl, only be-
gotten, alln. eingetinn, schic. enfodd (in der alten bibel eendei:
eine berrligkeit als des eingeboren sons vom vater. Joh. l, 14 ;
der eingeborne son, der in des vaters scbosz ist;
uns. den Sündern, den verlornen,
gab er seinen eingebornen. Fa. Schibgkl.
hätte man das alte einboren als heiliges «ort behauptet, so
würde es sich von dem folgenden unterscheiden.
EINGEBOREN, ingenilus, innatus, nnl. ingeboren, vgl. ein-
gebären.
1) im lande, im ort geboren, indigena: er ist eingeboren,
kein fremder, eingezogner.
2) von natur eingepflanzt : denn der nam vater ist von natur
eingeborn und natürlich süsze. Lcther 1, 6S';
doch ist es jedem eingeboren,
dasz sein geruhl hinauf und vorwärts dringt. Göthk 12, 60;
natur, hier bildetest in leichten träamen
den eingebornen enget ausi 12, 140:
eingeboren auf dem grund seines herzens wächst die schöne
blume der Weisheit hervor. 18, 129 ; auch der eingeborne trieb,
die herkunft und das ende der dinge zu erfahren zeigte sich
frühe bei dem knaben. 20, 13S ; so sind Hakanen die Verhält-
nisse unsres Sonnensystems von anfang an gründlich einge-
boren. 21, 192; die fäbigkeit war eingeboren, fleiszig geübt.
22, 140 ; der eingeborenste begrif, der nolhwendigste von ur-
sach und Wirkung wird in der anwendung die veranlassung
zu unzähligen sich immer wiederholenden irrthümern. 50,123;
weil die umnebelte Vernunft . . . von dem eingebornen sitt-
lichen gefühle weniger in schranken gehalten wird. Schiller
751"; war nicht Peter ihm idetn prinzen) als seinem pole, wie
einem niagnete, als ein gegenpol eingeboren und eingeschmol-
zen. J. P. körnet 1, 97.
ELNGEBORENSCHÄFT, f. indigenalus. Lohe-nstew Armin.
2, 722.
EINGEBUNG, f suggestio, inspiralio : dan der erst mensch
Adam ist durch den frasz verfüret worden, da er \*-ider das
gebot gottes des herren in dem paradeis durch eingebnng des
teufeis den apfel frasz. Keisersb. s.d.m.Z'; die christenlich
kirch. hat hüt gebetten, das wir mit seiner hilf mügen fechten
wider die laster und wider die bösen eingebnng und Versu-
chung des teufeis. daselbst; und wo es {die träume) nicht
kompt durch eingebnng des höhesten, so halt nichts davon.
Sirach 34, 6 ; niemand lernt begreifen denn durch eingebung
vom heiligen geist. BEniNA tageb. 163 ; da sie ihren beruf aus
einer art von höherer eingebung gewählt hat Gotter 3,15;
wir müssen beide eine eingebung haben, denn ich behalte
sonst ebensowenig verse, als sie welche machen. 3, 356.
EI.NGEBURT, f. jus indigenae, indigenoL
EINGED.XCHTIG, memor, kos eindächtig: er wird meiner
Zukunft {ankunft) eingedächtig sein. Aimon 1'.
EINGEDENK, memor, memoria fixus, bald ohne casus ein-
gedenk sein, werden, bleiben, bald mit zugefügtem genitiv, bald
unpersönlich, mir ist eingedenk, memini: lieben freunde und
ganzer umbstand! ich will euch nochmals vermanen ingedenk
zu sein die bescheen fragen, weisth. 3, 445 ; do bin ich wol
ingedenk das etlich zu mir sagten, botz marter, ist der rock
noch nit gemacht? Plater27; sie wurden eingedenk, was sie
fürter wollen anfahen. buch der liebe \99, 2; ist dir nicht ein-
gedenk die handlung unsers gesellen Bruno? 235,4; wo wir
ichls vom frieden redten, so würd er uns nit erhören, wann
er aber der gütthat, so ime Reinhart bewisen, ingedenk sein
würde, das mücht im sein herz erweichen. Aimon xi'; Petrus
war noch eingedenk wie es im mit dem iandsknechte kürz-
lich gangen war. Frey garteng. 40' ; wollest du zu aller zeit
ir in deinem andächtigen gebet ingedenk sein. Galmy 299;
ward er des gefangenen knechts ingedenk. Kircbhof ««»dunm.
53' ; wollen sie gegen einem jeden in gutem eingedenk sein.
mil. dise. 65;
mit recht verhallen sich die herren kleiner Staaten
so wie die groszcn potentaien,
doch sind die kitigsten jeder zeit
mit recht auch eingedenk, in Worten nnd in thaten,
der uovollkommaen ahnhchkeit. Uackdou 2, 124;
doch dasz stets eingedenk ihm sei,
die Treiheit sei ein goldner schätz. BcRGKm20*;
ich, chromatischer prüfungen eingedenk. Götbe 31, 231. nicht
zu übersehn ist der in der ersten stelle deutlich beigefügte acc.
statt des gen., vie man noch heutzutage hört : ich bleibe das
wol eingedenk statt dessen, ähnliche arcusatire gelten bei an-
sichtig, eingeständig, überdrüssig u. a. m. am seltensten er-
scheint eingedenk attributivisch :
winket den eingedenken gemahlinnen, dasz sie die jungfran
siegreich futirea zum loranz raubenden ebegemach.
Voss 3, 116.
s. eindenk.
EINGEDENKSAM, nachdrückliche erweiterung des torigen.
EINGEDRÜCKTHEIT, f. impressio: in wirt aber wol gegeben
ein gelkhe; bilde einer ingedrukelheit. Eckbabt 70, 40.
EINGEF.KLL, n. reditus, meistens im pt. eingefalle, ein-
künfte: wan das ingefei nit zur zeit, wie der schöffen erken-
net, geliebert werde ; wan solche ingefei nit gelieberl werden.
weisth. 2, 232. s. gefall, gefalle und einfallen 3.
EINGEHÄUSIG, unius capsulae, thecae, von obst und uhren :
eingehäusige taschenuhr. s. gehäuse.
EINGEHEN, vielbedeulig, meist intransitiv.
1) intrare, leiblich eingehen, goth. inngaggan, innafgaggan,
inngalei])an (gramm. 4.805); ahd. in gangan, nidit mehr in
gilidan, obgleich noch A; gilidan, zuo gilidan und in gileitan
indueere fortwähren; ngs. in gangan, nicht in gelidan; altn.
innganga. nicht innlida; mhd. in gän; nnl. ingaan; schtr. inga,
dän. indgaa. wie gaggan und lei))an sich unterscheiden s. gehen.
a) das blosze verbum: gehet ein' intrale! entrez!; er gehet
hier aus und ein; du bist lange hier ruhig eingegangen; er
kam uneingeladet eingegangen; ich bin heute himdert und
zwenzig jar alt, ich kan nicht mehr ans und eingehen. 5 Mos.
3J,2;
der ein get ans, der ander get ein. fasln. 400, 6;
so kam der künig ingegangen,
er wart von stund wol empfangen.
ÜA.ts DER Bcurlkr, hönigslochter 10*;
Merten der bawer geht ein und spricht. H. Sachs II. 4, 6*;
Ehrnholt geht ein und spricht. Ayrer 109";
geh ein und tröste sie, du thor! Göthk 12, 176.
hinzu zu denken bleibt: in das haus, in den hof, in die
stu*be «. s. w. vgl. eintreten.
b) gewöhnlich folgen praep. und ein casus : alle, die zu
seiner Stadt thor aus und eingiengen. l Mos. 23,10; da nu
Joseph zum hause eingieng. 43,26; da man zum fiscblhor
eingehet. 2 ehron. 33, 14 ; gehet zu seinen thoren ein mit dan-
ken ! ps. 100, 4 ; denn man gehet zu ir ein, wie man zu einer
huren eingehet. Ez. 23, 44 ; es ist dir besser, das du ein
kröpel zum leben eingehest. Marc. 9,43. ^a//A. 18, 9; wie er
zum hause gottes eingieng. Luc. 6, 4 ; bis an den tag, da
Noe zu der archen eingieng. Matth, 24, 38 ;
zu Jenem hause ^ehei ein, dort wohnt
der Stanfacher, ein vater der bedrängten! ScRiLLt« .S20".
gehet ein durch die enge pforten ! Matth. 7, 13 ; ich bin die
thür, so jemand durch mich eingehet Joh. 10, 9 ; Eulenspiegel
gieng durch das fenster ein ; lasz mein vater und mein mut-
ier bei euch aus und eingehen, l Sam. 22, 3 ; ich gehe bei
ihm aus und ein, gehöre zu seinen genauen bekannten; mhd.
du will gewalteclichen gän
ze minem herzen üj und in. Walth. 55, 10;
der für inen her aus und ein gehe. 5 Mos. 27, 17 ; die ganze
zeit aber, welche der herr Jesus unter uns ist aus und ein-
gegangen, apost. gesell. 1, 21 ; denn darumb sind sie unter die
schatten meines dachs eingegangen. 1 Mos. 19, 8.
2) bildliche anwendung des gehens: das jähr geht ein, be-
ginnt {doch fand hier oß personipeation statt) ; zn eingehendem
mai, mhd. ze In g^nden meien ;
heute gebt ein altes abe, gehet ein ein neues jähr.
LOCAD 2, 174, 83;
am freitag oder vorfest nachmittag essen sie {die Juden) nit
bisz der sabbath eingangen ist. Fräs« veltb. 145*;
gelebt hett wir on alle not,
dann durch die sünd gieng ein der tod. Schwarzirierg 98,2;
was zum munde eingehet, das verunreiniget den menschen
nicht. Matth. 15,11; sihe den wein nicht an, das er so rot ist
und im glase so schon stehet, er gehet glat ein. tpr. Sal. 23, 31 ;
wie wol er gerne darmgichi bringt, noch geht er lieblich ein.
LoGAO 2, 8, 24 ;
i87
EINGEHEN
EINGEHEN — EINGEISTEN
II
es geht bei ihm zu einem ohre ein und zum andern wieder
aus ; das sei euch kund gelhan, und lasset meine wort zu
ewren ohren eingehen, apost. gesrh. 2, 14 ; der faden wil nicht
ins Öhr der nadel eingehen ; er richtete sich nach den schwächen
des pubhcums, es gieng geld ein. Göthb 19, 10t ; grosze bei-
trage sind eingegangen; der finger geht nicht in den hand-
schuii, der fusz nicht in den Stiefel ein; der degen geht
sdiwer aus und ein.
3) ine schon die eben angeiognen stellen ein glatt oder lieb-
lich vor dem eingehen dargaben, wird häufig mit einem sol-
chen beisatz, doch auch ohne ihn, eingehen, wie eingang finden,
abstract für probari, accipi geseilt: darauf stehen sie so
störrig und knorrig, das inen nicht kan eingehen, was man
inen sagt oder singet. Luther 6, 130' ; denn sie {diese lehre)
ist inen zu wunderlich, das sie inen nicht kan eingehen.
ebenda; aber das heiszt nicht gottes wort recht geliandlet,
wenn es so kalt und faul eingehet, das man nicht davon er-
wermet und gebessert wird. 6, 288" ; des endechrists eingang
sol geschehen durch Wirkung des bösen geistes, der nur mit
liegen und falscher auslegung der schrift eingehet. 1,423';
wills uns denn nicht einmal eingehen {einleuchten)^ br. 2,372;
die lateinische spräche geht ihm schwer ein ;
dieses geht mir besser ein,
das du ireflich tnul) rausi sein. Opitz 2, 200;
dasz du, liebe, blind solst sein,
wil mir gar nicht gehen ein. Flsning 179;
die warbeit selbst, die alles kan durchsäszen
was manchen säur eingeht. Grypuius 403;
geht dieses lieben gleich bei andren bitter ein,
soll mir um liebe doch lieb auch das bittre sein.
L0GAü2, 135, 84;
was den Israeliten, so wie uns, am allerschwersten eingehen
muste zu glauben. Sguiller 1019*; was aber dem sinne der
Weslländer niemals eingehen kann, ist die Unterwürfigkeit
unter seinen herren und obern. Göthe 6, S6; die noth, die
die Staaten zu der entschlieszung, so schwer es ihnen auch
eingebt, zwingen musz. Kant 4,302;
dös ding is grod su ungscheit niet,
es geihi mir selber ei. Grübbls gedickte 1, 179.
4) das geht mit ein, drein, wird einbegriffen, soll mit bezahlt
sein, auch in übelm sinn, das dringt, schleicht mit ein: und
was wil folgen aus diesem artikel, denn das menschen lere
uiicr gottes wort sei und der bapst über gott, und alle der
greuel, der da neben mit eingehet. Luther 1,426.
5) auf, in etwas eingehen, sich darauf einlassen, inquirere
in aliquid, inirare in aliquam rem: und Philine, die auf alles
eingieng, pasle ihnen {den arien) gleich bekannte melodien
an. Göthe 18,196; einen plan, in den man mit soviel Über-
legung eingegangen war. 19, 32 ; wenn sie auf seinen Vorschlag
eingehen mögen. Tieck ges. nov. 2, 21 ; ich kann auf diesen
Vorschlag nun und nimmermehr eingehen.
ü) die negative beJcutung erklärt sich wie die des lat. perire,
exire und interire, intermori, in sich gehen wird zu krümmen,
wflken, schwinden, aufhören, vergehen, abgehen, dem aufgehen
der blume steht eingehen und vergehen entgegen, dem angehen
ausgehen :
wenn aller bluroen Tolk wird sein gegangen ein,
ahdann wird unser band noch frisch am leben sein.
Flehing 41 ;
und so! djg hohe fest nicht gclin im himmel ein,
so lange ^Jupiter der höchste gott wird sein. 66;
mit deinem tode sol mein leben gehen ein. 107;
ich habe keine lust zu eingen solchen snchen,
die mehr nicht als ein wnhn und bloszer vorwilz sein
und mit dem künsiler «elbst zu letzte geben ein. 108;
was wol( Egjpien sein
mit aller seiner pracht, der nunmehr gangen einf 13S,
ro entweder allem seinem oder die nunmehr zu lesen ist,'
ll.iboU mauren sind versunken,
S'iliis werke gieiigcn ein. 325;
anjetzt fallt Troja euch erst «in.
mir flel ei damaU schon, a\* l'eleiis grimmer wagen
■•■' "''in andre« (ch, den lleclor niinie iruK*'",
' • re last, von der er fast zerbrach.
^ Troja ein. Opitz 1,223;
ili'iti ^-riLirlilniii bleibt, 0 gott,
und K'-bt cwi^hrb nirht ein. p«. 1S5;
doch gehen aiirli dio r.edern cini
die faulen kieferbretier weichen,
kein eiche wird hier ewig sein. Grtniiuii 2. i i
nun tie idU »eil) auf der gruben gehl, wird <vi .hhIiis vtul
iiiclii Ncin,
als dasi jedarman in ihr, «le auch kOrzlich 5elboi geln ein.
LobAU 2, 4ti ;
wann keine thorheit mehr wird sein,
80 wird dio menschheit gehen ein. 2, 106,36;
«u Sparta war es gut ein alter mann zu sein.
0 Sparta ist fürlängst der weh gegangen ein. 3, 202, 62 ;
die sonne der tugend,
die blume der Jugend
gehl unter und ein. GBntbsr 933.
als die geschwollnen wolkenklumpen im weiten blan eingien-
gen. J. P. Ilesp. 1, 240 ; sie läszt drei bis vier stunden von
ihrer andacht eingehen ; die einzelnen willen müssen in dem
groszcn willen eingehen. Claudius 8, 67; dasz die züufte und
alle einrichtungen, die damit zusammenhängen, eingehn wer-
den. TiECK j. Uschi. 1,118; die griechischen stunden auf der
schule sollen eingehn. auch dies eingehen, gleich dem unter
1, verbindet sich oß mit lassen: man läszt die herrlichen
bäume jetzt eingehen, hat den garten, viele gruben im berg-
bau eingehen lassen ; o laszt eine solche anstalt nicht ein-
gehen ; das eingehenlassen niittelmäsziger anstalten. Heynes
br. an Joh. Müller s. 200 ; die Zeitschrift eingehen lassen.
7) nah hiermit verwandt ist die Vorstellung des sich zusam-
men, einziehenden, einkriechendcn, verengenden und mindernden
Stoffes : das tuch geht im wasser ein, läuß ein, ist um eine halbe
eile eingegangen; die wolle ist beim spinnen, das körn beim
malen eingegangen ; die strumpfe werden noch eingehen, man
achte auf das beigeßgte zu : die Strümpfe gehn zu füszlingen
ein, werden zu füszlingen; die straszen zu pfaden; sollten
auch die kurzem und sichrem landstraszen darüber zu pfaden
eingehen, wie sie durch Wildnisse führen. Lessinc 6, 373.
8) transitives, sinnliches eingehen, wie man lat. inirare
domum, silvam sagt, begegnet im 15. 16. 17 jh. noch hin und
wieder: sobald und ir die stat ingond, simul ac intraveritis
urbem. Keisersb. post. pass. B 5, ganz wie ahd. Matlh. 10, 12
thannc ir ingangct tha; b(ls ; hat er nicht verschmähet des
Simonis haus einzugehen. Bdtschkt kanilei 735;
und als ich stund in den gedrechten,
welche straszen ich wolt eingan. II. Sachs I, 635%
welchen weg ich einschlagen wollte; doch heutzutage versagen
vir uns diese ausdrucksweise und gestatten solches eingehn
nur für die abslracten anwendungen des lat. inire: das ich
diesen frieden also ingangen bin, hab ich mer umb ewerl,
dan umb meinet willen gethan. AimonBi'; einen bund, ver-
trag, eine wette, bedingungen, eine heirat, die ehe eingehen ;
nicht uns sind wir (fruuen) geboren,
auch nicht zur einsamkeit, wir sind danin erkoren
gesellschart einzugchn. Logau 2, 12, 37 ;
wer sein selbst kan fiijflich sein,
geh kein andre pQichten ein. 3, 207;
der reiche gieng des armen bitten ein. GiiLiai 1, 168;
Ilenricus muste denen an der Werre stehenden Sachsen alles,
was sie begehret hatten, eingehn. Hahn 3, 49 ;
das giengen sie in ewigkeit nicht ein! Wikland 1D, 166;
des richters ernst geht keine klausein ein. 10, 167;
sie war, gieni; Amadis nicht ein,
dahin gebracht sich selbst zu amüsieren. . . . ;
er freute sich so sehr auf einen knahen, dasz er alles ein-
gieng, was sie von ihm verlangte. Göthe 20, 98 ; ein wagstück
eingehen. Klinger 5, 256. 6,10; erinnere dich des bundcs, den
unsere herzen an seinem grabe eingegangen. 4, 155. diese
ausdrücke unterscheiden sich von dem eingehen auf etwas, wo-
durch blosz der versuch, nicht der abschlusz bezeichnet wird;
ich gehe darauf ein besagt ich will mich darauf einlassen,
ich gehe es ein aber ich habe mich dazu verpflichtet, der
frühere gebrauch des gen. statt des acc. ist heute veraltet, man
sagte eines dinge» eingehen, groszes krieps eingehn, er wolt
des kampfes iiit eingen, wir konten des nit eingehn, in wel-
chen letzten stellen der gen. auch ron nicht abhängen darf
EINGKHÖB, f apparalus, zubebör: dasz Lucifer die festung
der bellisdien wohnung mit aller seiner zu und eingehöre
besessen. Avreb proc. 1, II.
EINGKHOHKN, pertinerc in locum aliquem, vgl. angehören.
EINGEHUNG, f sponsio, conventio: die cingebung der ehe,
des bundes u. $. w. vgl. eingeben 8.
EINGKIGEN, fidihus sopire, mit geigenspiel einschläfern.
EliNGEISTEN , inspirare: eingeistet wort reden. Kran«
tprirhw. 2,119; der trösler, der heilig geisl, wird euch alle
ding leiefi, ja euch eingeisten und erinnern alles so ich euch
gesagt hab. veltb. ll!t" {vgl. Joh. 14,261; also fomiieret gnll
den ersten menschen luid eingeistet in sein nngosirhl ein
lebendigen geisl und nllieiii dex lebens. chronica 0* ; ungeacht,
189
EINGElSTERxN —EINGEWEIDE
EINGEWEIDE
190
das sie {die sclirip) vun gott eingegeistet ist. Fischart bienenk.
35* ; so was eigenes, ursprüngliches und eingegeistetes. Heedeb
20, 309. ein unbeholfnes, nach deuüiclikeit ringendes und darum
wieder aufgegebnes toort. hätten wir noch das dem goth. gaisjüu
enliprediende geisen, welchem geist eitlslainmt, so dürften uir
auch eingeisen für imfiirare sagen, eingeisten ist ungescJtickt,
wie inspiritare wäre. Gütue hat ein anderes eingeisten ge-
bildet im sinne von sich geistig oder in den geist eines ver-
setzen : mit welcliem glück er {Talma) sich in eine tyrannen-
seele einzugeisten trachtete. 46, 164.
EINGEISTEKN, sagt Wieland irgendwo, der analogie von
begeistern und entgeistern folgend.
EINGEISTUNG, f. ßr inspiratio : so nahet sich die lyrische
gattung der eingebung oder eingeistung am nächsten. Herder
n, 193.
ElNGELAl'BT, foliis leclus, in laub gehüW.
EINGELEIBT, s. einleiben.
ELNGELEITEN, s. einleiten.
EINGEN ATU BT-, natura indilus: etliche geschöpfte sind,
die den samen ihrer mehrung in ihnen haben eingebildet,
eingemischt und eingenaturet. Paracelsus 1, 120".
EINGENOMMEN, occupalus, caplus, für oder gegen etwas,
s. einnehmen.
EINGE.NOMMENHEIT, propensio aul offensio, vorgefaszte
neigung oder abneigung.
EINGERBEN, verberibus inculcare: es ist ihm eingegerbt
worden.
EINGEBICHTE, n. nennen die Schlosser ein stück in den
schlossern, das zum einschnitt der Schlüssel pasl. s. einrichten.
EINGESCHENkE, n. poculum quod infandi solebal sociis
opißcii peregrinantibus, s. ausgeschenk.
EINGESCHNEIDE, n. minulal, Txe^ixojuua, geschneilel : und
weil die werte so gut waren, liesz ich mir wieder das seil
an die hörner werfen und gaben ifgn. mir aufs jähr an barem
gelde und allenthalben das eingeschneide, wie in der vorigen
bestallung begritfen, nur dasz ich keinen tisch bei hofe hatte.
ScnwEiNicHES 3, JOS. es war eiiie zubusze der eigentlichen
besoldung, wahrscheinlich aus fleischabfällen in der küche be-
stehend, und wurde nicht nur dienern, sondern auch witwen
ausgesetzt. Weinhold im schles. wb. s. 87* hat geschneite, einge-
schneite, geschlinke, lange, herz und eingeweide. s. das folgende.
EINGESCHN EITEL, n. insicia, ab eo quod insecta caro,
farcimen, Scbm. 3, 501 hat geschnätzel quisquiliae, 3, 497 ge-
schnait, geschnaitelwerk.
EINGESCHNEIZE, EINtlE.SCHNEIZEL, n. das vorige, auch
weil man daraus ein ragout hackte, ein solches misdigericht:
Siebenkees liesz stellen in die zweite ecke des tisches ein ein-
gescbneizei, eine vollständige musterkarle der fleischbank. J. P.
Siebenk. ],36; wir setzten uns nieder zu zwei oder drei gangen
mit historischem eingeschneizel von reiseanekdoten. Hesp.i, 166.
EINGESCHBÄNKT, circumscriptus, dann imbecillis, was be-
schränkt, franz. borue, s. einschränken.
EINGESCHRÄNKTHEIT, /". circumscriplio, angustiae, bor-
niertheit: es sei mehr eigensinn und übler humor, als einge-
schränktheit des Verstandes. Göthe 16,44.69.
EINGESESSEN, incola.
EINGESITZEN, incolere: wo ein mann bei frembden leuten
eingesitzt. Agbicola spr. 140. s. einsitzen.
EINGESTÄNDIG, confessus, geständig: und wenn es der
lierr kapilän eingeständig ist. Lessing 2, 413 ; er war das nicht
eingeständig, über deti acc. s. eingedenk.
EINGESTÄNDNIS, m. confessio.
EINGESTEHE.N, conßieri, coticedere: das gestehe ich ein;
freiwillig eingestehen; nach den eingestandenen tegeln. Les-
sing 10, 58 ;
mich immer trid der hasz der thai. ich musz
sie eingesiehn und kann den schein nicht reuen. Schiller 42<j*.
s. gestehen, zugestehen.
EINGESTBICHEN, una linea inductus, eingestrichen, ganz
verschieden von eingestrichen, interlilus, detersus. die einge-
strichene octave frt der musik. TCrks kurze anweisung zum
clavierspielen. 1792 §. 4.
EINGETELFELT, diabolietu, in poleslcUe daemonis :
du bist doch sonst so ziemUcfa eiageteufeh. Götur 12, ITC.
vgl. verteufelt.
EINGEWEBE, «. inlextura, vgl. einweben.
EINGEWEIDE, n. exla, viscera, die inwendigen glieder, die
inneren weichtn Iheile dtr brusl und des bauciis, herz, mage.
lunge, leber, niere, milz und gedänn, wofür es in allen sprachen
manififalte namen gibt, das unsrer spräche eigne geweide und
ingeweide hat sich ahd. nocli niclit aufgezeigt, besteht aber
schon mhd. :
under der rippe scerme
hanget da^ sredarnie,
ein weichiuwaniba,
diu douwet daj geweide. Diut. 3, 40,
und hier bezeichnet es deutlich die zu verdauende speise, nicht
den verdauenden Uieil des leibs, doch ßr diesen nehmen es
andere stellen:
eieswä an im erschein
daj ingeweide berdurch. pass. K. 122, 77 ;
unz im begunde lugen
hindurch sin ingeweide. 466, 33;
da von (dfin stich) im da; geweide
sich üi di'in übe schütte. Jeroschin 152*;
er (der stür, sturio) hat ingewaid, aber daj ist gar ciain nach
seiner groej. Megemierg 257,3; die klainen (slangen) habent
ir vergift in dem ingewaid. 260,5; bei Schilderung des mensch-
lichen leibs, so viel ich sehe, braucht er das wort nicht. Die-
FENBACH unter exta, intestinum, viscus hat aus späteren citaten
ingeweid, ingwaid, inwied, Dasvpodics 104'. 319' eingeweid,
Maaleh 99* eingweid, Luther schreibt eingeweide. nnl. zeigt
nur der grüningische dialect geweide und ingeweide stall des
üblichen ingewant.
Für die ableitung bietet sich kaum etwas anderes dar als
weiden pascere und venari, der ausdruck musz vun jdgern und
hirten ausgegangen, ursprünglich also nur auf die inwendigen
glieder der gefällten thiere zu beziehen sein, i« magen und
gedänn fand sich das gedsz oder geweide des thiers und wurde
beim zerlegen herausgenommen, wie die stelle des zuerst an-
geführten gedichls und die verba ausweiden, ausweidnen be-
stätigen, weidnen entspricht dazu der ahd. ncbenform weidin6n
(Graff 1, 775). es war natürlich das wort auf alles heraus-
genommne, also auch auf herz, lunge, leber, die an sich kein
geweide enthielten, und sodann vom thierischcn leib auf den
menschlichen zu erstrecken, ingeweide, eingeweide hies: all-
mälieh überhaupt exta, intestina, vgl. weide.
Die ältere spracJie besasz andere benennungen. goth. hair])ra,
viscera, ahd. herdar, a:t).äyxva, vielleicht auf früherer laul-
stufe mit hairto und cor verwandt, vgl. praecordia, nsotxäoSia,
böhm. osrdj, wie auch in viscus, OTif.äyxvov der gedanke an
das herz vorwaltet, ags. iesendas und innodas viscera, jenes
noch der aufklärung bedürßig, dies das ahd. innödi, innodili,
anderwärts innädiri (ingeäder), innuovili = altn. innilTi, ags.
innilfe, schw. inelfvor, aber gebildet wie driscuovili Urnen und
altn. daudifli morticinium. daneben altn. idr. ahd. innidüm,
nd. ingedömte. merkwürdig wie die meisten dieser ausdrücke,
interanea, intestina, iintoa, Cynara das innere bezeidinen,
esta vom ausnehmen, ausweiden entnommen scheint, manche
Wörter der volksspradie sind hier übergangen.
1) thierisches, eszbares, opferbares eingeweide: ir solts
eicht roh essen noch mit wasser gesotten, sondern am fewr
gebraten, sein heubt mit seinen schenkein und eingeweide.
2 Mos. 12, 9 ; und soll alles fett nemen am eingeweide und
das netze über der lebber. 29, 13 ; aber den wider soltu zu-
legen in stück und sein eingeweide waschen und Schenkel.
29, 17 ; das eingeweide aber und die schenke! sol man mit
wasser waschen. 3 Mos. t, 9 ; und wusch die eingeweide und
Schenkel mit wasser und zündet also den ganzen widder an
auf dem altar. 8, 21.
2) menschliches eingeweide, oft blosz ßr das innerste hers :
und er stach in damit in den wanst, das sein eingeweide
sich auf die erden schüttet. SSani. 20, 10; du aber wirst viel
krankheit haben in deinem eingeweide, bis das dein einge-
weide für krankheit craus gehe von tage zu tage. 2 c//roi».
2t, 15 ; mein eingeweide sieden und hören nicht auf. Hiob
30, 27; hat sich erhenkt und ist mitten entzwei gehorste»
und alle sein eingeweide ausgeschüU apost. gesch. 1,18; ni
))reihanda jus in uns, i|] [ireihanda in hair{)ram izvaraim, non
angustiamini in nobis, angusliainini autem in visceribus vestris.
2 Cor. 6, 12, bei Ldtuer geschwächt, unserthalben dürft ir euch
nicht engsten, das ir euch aber engstet, das thut ir aus herz-
licher ineinung; das er im durch den mantel ein grosze wund
in leib randt, also dasz er den spiesz im wider aus denn leih
zuckt, das das inngeweid Reicharten in sein schosz fiel und
das man im die lung und leber dardurch sähe ... da nu
Reichart wider zu iin selber kom, er stund auf sein füsz,
191
EINGEWEIDE —EINGEWÖHNEN
EINGEZOGEN — EINGRABEN
192
tliet sein inngeweid wider in den leib und fasset sein schwert.
Aimon nä'; dasz jetzunder auch bei dem inngeweid des herren
Clirisli, weil die andern gotteslesterung bei den andern glie-
dern Christi nun etwas gebreuchlich und all sein, gefluchet
und geiestert wird, fluchleufel 1564. B 5* (vgl. bocks oder butz
leber und lung! Ih. 2,202.279.280);
wan heimlich ich in iDeinetn einpewaid
Ton schwerer pein und hiid gequälet. Wsckhbrlin 53;
wo du {teufet) was küfiftig on erklärt
durch einer juogrraun eingeweide. Gripuius 1,60;
da warr ich in ein eckcheu mich,
die eingeweide brannten. Göthk 2, 195;
Schüler: die eingeweide brennen mir! 13,162;
es schwindet mir, es brennt
mein eingeweide.
nur wer die Sehnsucht kennt
weisz was ich leide I 19, 67 :
er ist brav und gut, aber es zerreiszt mir mein inneres ein-
geweide, ich kann nicht gerecht s«in. 16, 149 ; gott sei dank,
dasz mir von diesen Zugvögeln künftig keiner mehr iiiipo-
niert, wenn er mir im norden von Rum spricht, keiner mir
die eingeweide mehr erregt, denn ich habs doch auch ge-
sehn. 27, 239 ; sind eure eingeweide auch eisern, wie eure
kleider? rührt euch mein Jammer nicht? 42,187; der kalte
barbar ohne eingeweide. Ardiri'jhcUo 1, 92 ; der freund, den
sie in ihren eingeweiden tragen. Claudius 8, 49.
3) auch für das innersle anderer gegenstände, namentlich
der erde, gleich dem lat. viscera oder franz. entrailles : un-
tersuchten das eingeweide des dasigen gebürges und fanden
verschiedene arten steine. Felsenburg l, 185 ;
des scbrocklichen gebirgs grundfest und eingewaid.
Wkckhbrlin 61 ;
wie lang zerfleischt mit eigner band
Germanien sein eingeweide! Uz 1,28;
das feuer hat die geschmolzenen eingeweide (der erde) her-
vor geschüttet. Herder 3, 16 ; so sehr uns in den eingeweiden
der erde alles noch als chaos, als trümmer vorkommt. 3,57;
(der Ätna), der Jahrhunderte Verheerung in seinen eingeweiden
sammelt Klingeb l, 30t; die eingeweide der erde. 10,211;
ihm ist vergönnt die eingeweide des inquisitionsgebäudes zu
Valladolid zerstören zu helfen. Götiie 45,263; der bequeme
erbe ist das eingeweide des groszvaterstuhles. J. P. Hl. nachl.
4, 37 ; du wirst gaffen, du wirst äugen machen ! wart und
wie man handschriften nachmacht, würfet verdreht, Schlösser
ausbricht, und den koffern das eingeweide ausschüttet. Schil-
ler 108*; bis die verderblichen folgen des lusus die einge-
weide des Staat« angefressen haben. Wieland 7, 151.
EINGEWEIDEGESTALT, f. wenn man von günstigen göt-
tern, durch vügelflug und eingeweidegestalt, treuen rath zu
erhalten glaubte. Götbe 45, 212.
EINGEWEIDELEHUE, f.
EI.NGEWEIDESCHLAGADEB, f.
EI.NGEWEIDEWÜRM, m. wenn so zuweilen die eingeweide-
würmer des ichs, erbosung, entzückung, liebe und derglei-
chen wieder herumkriechen und nagen und einer den andern
friszt. J. P. TU. 3, 171.
EINGEWIN.NE.N, occupare, eapere, einnehmen: sie überredet
in mit vielen wurteii und gewan in ein mit ircm glatten munde.
spr. Sal. 7, 21 ; auf das nicht das wild thier, so eure Vor-
eltern verspert haben, möcht durch ewer Unachtsamkeit also
ledig werden, das es durch Sachsen schleiche und ganz
deudscb land eingewiune. Luther 2, 211* ; aber ein viel gröszer
exempei wäre e. k. gn., als die gleichsam mitten in deudschen
landen der gröszten heubter eins ist. das wurde viel leut
stillen und eingewinnen. 3, 139. br. 2, 675 ; und dise bestehen
allermeist aus geizigen schindfesseln und greulichen bluthim-
den, welche mit miet und gaben den stui eingewonnen und
darüber vil aufrurs und blutvergieszens erweckt haben. Fischart
6iCTi<-nA;. 213*. verhalt sich tu gewinnen wte einnehmen xu
nehmen, einbekomwen lu bekommen, vgl. abgewinnen, an-
gewinnt'n.
KINGKW'I.NNKH, m. exaclor, eingewünner. Maalkr 124*.
tl.NGEWOHNEN, assuesrere. das pari, eingewohnt assuetus
mischt sich vitt eingewohnt inhabitalus von einwohnen : irji
kann hier nicht eingewöhnen ; ich werde bei meinem pfurrer
imiiM-r lic»Hi^r eingewohnter. Leipt. avaiit. 1, 57.
KINGEW ÜHNEN, attutfacere : die Sciileunerschcn werden ihn
wahrscheinlich auf alle weise zum öftern geHchenk seiner besuche
emiuiilcrt haben, da er zumal dadurch auch den filrslcn ein-
gewöhne. J. P. He$p. 3, 19 ; das thier niusz sich erst ciiigi-wOhiien.
EINGEZOGEN, solitarius, reconditus : ein eingezogner mann ;
er lebt ganz eingezogen, zurückgezogen, s. einziehen.
EINGEZOGENHEIT, f. vita solilaria.
EINGIESZEN, infunderc, iinl. ingielen.
1) dem kranken arznei. eingeben, ipenn er leicht, einOöszen,
wenn er schwer einnimmt, eingieszen, einschütten, einbringen,
wenn er ohnmächtig da liegt; in die nasenlöcher eingieszen;
doch heiszt es auch einem tiiier eingieszen, einschütten;
ihr gösset meinen wundun
der hol'nung bulsam ein. Gottkr2, 355.
2) Wasser, wein, hier, öl eingieszen, einschenken; kannen
aus und ein zu gieszen. i Mos. 4,7; die (söne) brachten ir
die gefesz zu, so gosz sie ein. 2&ön. 4,5; einen becher ein-
gieszen, füllen, giesz ein disen! Garg. 241*.
3) bihHich, weil er deu nicht kennet, der in gemacht und
im die seele, so in im wirkt, eingegossen und den leben-
digen ödem eingeblasen hat. wcish. Sal. 15, 11 ; er lacht von
freuden, seine hend zusammen gelegt reckt er gen himel
sprechende, herr Jesu, Crist, ewigklich seistu gelobt, das du
unserm keiser ein sölich geuiüt diesen unglücklichen krieg
zu enden ingosscn hast. Aimon A6*; ich hub dir mit disein
streich furcht ingegossen, uie sonst eingeflöszt, eingejagt ;
Weisheit . . . kann ihm ein anderer nicht eingieszen, sondern
er musz sie aus sich selbst herausbringen. Kant 10, 212. auch
'es eingieszen': wüste sich biszweilen in aller gedult nach
meinen fragen so artlich zu regulieren und mit mir zu ver-
fahren, dasz er mirs auch nicht besser hätte eingieszen kön-
nen. Simpl. K. 70.
4) implumbare, mit blei eingieszen ; eisenstangen, klam-
mern in den stein eingieszen ; darumb so müssen wir an der
opinion und dem gutbedunkcn der h. röm. kirchen fest ein-
gegossen und vernagelt pleiben wie ein götz an seiner seulen.
Fischart bienenk. 170'.
EINGITTEUiN, clalhris circumdare, vergittern.
EINGLÄUBIG, wuus ßdei.
EINGLÄUBIGKEIT, /". uuitas ßdei: hier sammelten sich die
reste griechischer und römischer Verdienste und so vieler
geistreicher Christen, deren eigenheiten aus der kirche ausge-
stoszen worden, weil auch diese, wie der islam, auf eiugläu-
bigkeit los arbeiten inuste. Göthe 6, 46.
EINGLEICHEN, aequare: nach sitten und thealerconven-
tionen und nach und nach aufgeflickten Statuten natur und
Wahrheit zu verschneiden und einzugleichen. Götue 33, 28L
EINGLEITEN, illabi: in die kehle eingleiten;
weit süszcr denn einglciiender lionig.
EINGLIEDERN, in membra redigere, membralim instruere:
dessen sache so wenig das leere fach der titulatur oder spe-
culation war, dasz er vielmehr im ganzen alles ganz herlich
einzugliedern verstand. Hippel 9, 19 ; es ist ein verzweifelter
versuch, ungeübte Lürger und bauern schleunig zum streit
einzugliedern. Ulk. Hegner 3, 98.
EINGLIEDBIG, unius membri.
EINGLITSCHEN, was eingleiten : husch, ist das luftige ge-
sindel in den köpf des speculanten hin eingeglitscht. Tieck
ges. nov. 4, 179. *
EINGRABEN, infodere, nnl. ingraven, schw. ingrUfva, ddn.
indgrave.
1) ohne casus: so mag er daselbs eingraben, und wa ein
edelgestein gefunden wirt, so nimpt in der künig für sich.
Frank weltb. 204* ; ich will erst tiefer eingraben.
2) mit dem acc. und praepositionen : geld, schätze (in die
erde) eingraben ; leichname eingraben ;
wie oft hat dein bewehries fch^ert
fliii martialisclion buchstaben
(die bluiroih) dciiii'ii naiiicii werth
in des feinds stolze haut eingraben. Wicehkrlin 977 ;
grabet in die junge rinde,
ichufer, eure lliiinincn ein. Hoik in Kiiyaers vermiiichirn
liedrrn mit mcl. aufs klavier. W'iiilrrlhur l"75.
noch vielleicht kein mensch blieb in so linstere, kalte rin-
losigkeit eingegraben, welchen nicht irgend eine seele durch
anwärmendes kleines werthhalten gerettet hatte. J. P. nachd. 78.
3) sich eingraben : der maulwiirf grabt sich in die erde
ein ; du sitzest in deine büchcr eingegraben ;
vergebens lockt man Ihn zur schlachl, er grAbi
«ich lief und liulia nur im lugor ein. Schillkr 342*;
aber man möchte sich doch lieber auf der stelle tödteu, nU
erst nach einem langen leben sich so iiumcn und Ihatcolus
in die lucngc eingraben. J. 1*. Ttt- 4, 97,
193
EINGRABEN — EINGRÜN
EINGRUND — EINHALTEN
194
4) mit aee. und daliv, inseulpere, dem bäum namen ein-
graben; dem marmor die inschrift;
bat meiner gfaitern etwa« eingraben {einen tauber),
da« wir all mit ir zschaffen haben. H. Sachs II. 4,5';
dieser blutigen kröne, die meiner schlafe sich eingrub.
JfeMia« 10, 74;
grabt dem jungen buchenbaine
eure scb.ifennnen ein,
tief dem herzen soll die meine,
scbäfer, eingegraben sein. Boik im musenalm. 17741.211;
allen ist eingegraben, dasz es götter gibt, omnibus quasi in-
seulplum est esse deos. Cie. HD. 2, 4.
bl e/fodere, eruere, auficählen: der maulwurf gräbt den boden
ein; Wasserfalle graben das lockere erdreicli und noch nicht
genug gehärtete felsarten ein und waschen sie aus. Ka.nt 6, 90.
Ei.NGRAStN, 1) gramine obducere: der grabhügel ist ein-
gegrast, begraset, beraset; der nun gilt eingegraste (feslge-
vaciisne), vom volk bestätigte regierungserbe. Ka-nt 5,481.
2) sich eingrasen, wie sich begrasen, rom vieh.
EINGREIFEN, nnl. ingrijpen, schw. ingripa, dän. indgribe.
1) eoire, die schraube, das rad, der kämm greift nicht ein,
fdlU nicht ein ; nnl. de kämmen van het molenrad zijn te
kort, om goed in te grijpen; die stimmen griffen nicht ein.
2) manum, digitos, pedes inserere, rapere, pellere: in das
rad, in die leier eingreifen;
in meine satten greif ich ein. Göth« 1, 200;
die finger greifen ein, wenn beim clacierspiel eine hand die andere
bedeckt; und hart greift in diese singstimme das geläute ein.
J. P. biogr. bei. 1, 23 ; die klauen der thiere greifen in den boden
ein. es heiszl auch, ohne casus: der hirsch greift ein {mil
seiner fährte), der leithund greift ein (mit seiner nase). im
rechtsausdruck, manus inferre in bona allerius. Haltaüs 295.
31 figürlich, tenlare, vim habere, inlerpellare, ein flusz haben:
je mehr sie das haus, die menschen, die Verhältnisse kennen
lernte, desto lebhafter grif sie ein, desto schneller verstand
sie jedea blick. Göthe 17.69; lasz uns freudig und munter
in das eingreifen, was die münner unvollendet zurück ge-
lassen haben. 17,175; in allen haus und handwerksgeschäften
grif ich tüchtig ein. 23,174; rücksichtslos begann er in die
rechte seiner nachbarn einzugreifen, auch mit dem dalic, scha-
den, abbruch ihun: er grif seinen nachbarn in ihre rechte
ein, greif mir nicht in mein eigenthum ein; greif ihm nicht
in seine rede ein, unterbrich ihn nicht ; diese eonstruction war
ehmals üblicher:
jenes soll der Deutschen grenze sein,
darüber griffe man nicht dem Franzosen ein. Opitz 1, 26;
was greift der ehr
der groszen seelen ein? Grtpuics 1, 122.
handelnd, fördernd, hemmend, hindernd eingreifen,
4) participia. ein weit eingreifender plan, eingreifende masz-
regeln, Unternehmungen; eine immer üppige Vegetation, ein-
greifend wo sie nur irgend vermag. Göthk 28,' 21. Pestalozzi
6, 325 sagt : tief eingegriffene gefühllosigkeit, d. i. soldie, die
tief eingegriffen, um sich gegriffen hat.
EINGKEIFIG, d. i. eingreifig, also nicht zum vorigen ein-
greifen gehörend, unter forstleuten, was mit iinem grif lu
umspannen ist, z. b. eingreifiger bäum, der form entspricht
nnl. eengreepig, drückt aber aus einsilbig, monosyllabus, denn
für silbe wird nnl. gesagt lettergreep.
EINGRENZEN, circumsaibere, deßnire, ddn. indgrjndse,
mit not und spot umschränken und eingrenzen.
Weckhkblim lll :
sie können unmöglich zu den männem gehören, die diese
liebenswürdige hälfte des menschlichen geschlecbts nur allein
in die Schönheit eingrenzen. Klopstocr 11, 193.
EINGRIF, ni. ddn. indgreb. 1) immissio, der eingrif in das
rad. in die schraube.
2) vis illata: eingrif in fremde rechte, in fremdes eigen-
thnm. eingrif thun.
3) irruptio, einfall : derTeutschen eingrif. Aventiü 1566 bl. 125.
4) iuterruplio, einfall in die rede: dieser eingrif setzte sie
eine kleine Unordnung, nach einigem stillstände fuhr sie
»rt. Hippel lebetisl. 3, 73.
EINGISIFFIG, violenter: unbedachtsam und eingrifiig ge-
edet. Bltsciiky kanzl. 111.
EINGItÜ.N, semperviridis, sonst ingrün und singrün, die man
ehe. nnl. ingruen.
EINGHC.N, n. rinco minor, pertinea, bei Maai er 99* chante-
daphne, 124* eingrien vinca, pervinca (verdruckt unica, peru-
III.
niea); bei Denzleb eingrün clematis ; üblicher sind Ingriin,
Singrün, immergrün, sempervivum. Dcrbeim hat s. 89 auszer
eingrün igrüli, igrilli, hübsche entstellungen aus ingrünli, in-
grünlein.
EINGRCND, m. devotio, andacht. Deszleb 88*.
EINGRCNDEN, fundare in loco:
du hast dein wahres wort im bimmel eingegründet.
Opitz ps. 89.
EINGRCNDIG, penilus, aus dem gründe: recht and ein-
gründig (andächtig) beten. Pestalozzi 12, 32.
EINGCRTELN, cin^ere.
EINGÜRTEN, dasselbe, nnl. ingorden.
EINGÜSZ, m. infusio, sowol das eingieszm ah das einge-
gossene:
da ihr mit süszen lusts eingusz
durch das gesiebt das herz vermehret. Wscehbrlin 588.
EINGUSZTHIERCHEN, n. animalculum infusorium.
EINHABEN, lenere, possidere, inhaben, inne haben, nnl. in-
hebben: das land haben jetzt wieder die Türken ein; die
gar ein groszes feld einbetten. Pontus 3; die sein königreich
einhatten. 53; wer für ihnen das land eingehabt, ist insge-
mein unbekant. Micbälics l, 2 ; nnl. de vijand had reeds drie
schansen in. auch, ich habe den nagel noch nicht ein ; ich
musz erst den Stiefel ein haben.
EINHABER, m. possessor. Stieleb 725. dän. indhaver, inde-
haver.
EINHABUNG, /. hielt mit ihme wegen einhabnng der fran-
zösischen länder eine unglückliche schlacht. Micbälics l, 73.
EINHÄCKELN, was einhacken 2: die ruhen ausgraben,
schellea, einhacken und einhäckeln, so viel man ins haus
bedarf. Hohberg l, 137'.
EINHACKEN, nnl. inhakken:
1) rostro, dente tundere: der specht hackt ein;
da reiz ich sie den wurm zu packen,
die spitzen zahne einzuhacken. Scuiller 66*.
2) immiscere concidendo : Qeisch einhacken.
EINHÄFTLEN, infibulare, s. einheftein.
EINHAGELN, 1) grandinare in locum: es hat hier stark
eingehagelt.
2) grandine frangere: es hat fensterscheiben eingehagelt.
EINHÄKELN, infibulare, inßgere, inserere se: die Ihür ein-
häkeln ; sich wie katzen einhäkeln.
EINHAKEN, uncum inßgere, nnl. inhaken: hier ist einzu-
haken : den nachen einhaken.
EINHALB, ex uno lalere, mhd. cinhalp (wb. 1, 616"), gegen-
über dem anderhalp: einhalb geschwisterig. Frankf. reform.
V. 3. §. 3. 4. 5.
ELNHALLEN, insonare, consonare:
theilt er die stimmen umher, und mit einmal flössen harmonisch
liebliche saiien(öne zu wollustaihmender Ooten
süszem gesang und dem laute des sanft einhallenden Waldhorns.
< Luise 3, 781,
tn den ersten entwürfen steht einfallenden.
EINHALT, m.
1) argumentum, summa, id quod continelur, heute der Inhalt,
dän. indhold, nnl. inhoudt : wir wollen den einhält hie kürz-
lich wiederholen. Scriveb seelensch. 1, 463 ; der einhält (des
Schreibens) war. Simpl. 1, 359, wo K. 536 inhalt ;
du drehest sie mit gewalt,
dann sie haben nicht den einhall.
Glasir phasm. frisM. 3, 3.
s. einhalten 5.
2) vituperatio, vorhält, Vorwurf, tadel, Widerspruch: dieser
scharfe einhält. Lohenst. Arm. 2, 372. vgl. einhalten 7.
31 inhibitio, cessalio: die göttin des maszes und einballs
ist Nemesis. Hebder 19, 173. einhall thun, eohibere. rcpn-
mere, steuern: wenn man denselben (icümierN) niciil also
balden ernstlichen einhält thun werde. Abele 3,152; dem
übel musz einhall gethan werden, eh es um sich friszt. \Vie-
lasd 8, 287; dem kämpf, aufruhr einhall thun; wird dem men-
schen nicht schnell einhält gethan, so stiftet er groszes unheil ;
einem so geRihrlicben nachfulger in zeilen einhält thun. 6, 1S2.
EINHALTEN, in mehrerlei sinn,
1) intransitiv, cessare currendo, loquendo, eanendo u. s. w.
also h.llt im strengen wettel.iufcn
der renner etwas ein, der bald den schnellen haufeB
als fliegend Uberholi. Grtpuils 1, 144;
er bläst auf der bellen scbalmei, h.llt ein und höret.
Kleist 2,2«;
13
195
EINHALTEN — EINHALTUNG
EINHÄMMERN — EINHAUEN
196
hat PhTlIis mich gerührt, so soll mich itzt — 'halt ein '.
liebst du die Phyllis nicht, so will ich uaireu sein'.
Geliert 3, 394;
wolan, ihr zähren, so hallet ein! Gökingk 1,'243;
hier hielt Agathon eine zeitlang ein. Wieland 1, 56 ; hier hielt
er ein, um den trostvollen einOüssen räum zu lassen. 1,295;
hier hielt der ehrwürdige greis ein. 3, 152; Nurmahal hielt
bei diesem absatz ein wenig ein. 6, 205 ; hier hielt seine
hoheit eine ziemliche weile ein. 7,139; halt ein, o wandrer,
und stehe still ! auch einhalten mit dem blasen, weinen,
reden u. $. w.
2) transitiv, inhibere, eohibere, reprimere:
der zephvr halt den ödem ein und horchet. Pfeffel 6, 174,
und horchet = um zu horchen, wie vorhin und höret =
um zu hören, und stehe still = um still zu stehn;
der fe-isellose geist hält seinen flug noch ein,
um deiner wenigstens im scheiden wenh zu sein.
Götter 2,477;
die feinern federwerke, die das grosze hingezogne rad ein
wenig einhalten, dasz es nicht in Schnelligkeit überspringe.
Fr. Müller 2, 93. man sagt auch sein wasser einhalten, nnl.
zijn water inhouden, im gegensatz zu sein wasser lassen.
sehr nah liegt diesem einhalten das anhalten.
3) seri'are, observare: sein worl, versprechen einhalten =±
halten; die zeit, den tag einhalten, gelreu hallen: eine be-
stimmte tagesstunde ist ihm nun einmal verdriesziich, selten,
dasz er sie einhält. Göthe21, 98; Vicilleville, der befürchtete,
dasz er wegen des langen weges und der betreibung des
geldes in der zeit nicht würde einhalten können, nahm diesen
Vorschlag nicht an. Schiller 1081*; ostern und Michael waren
zinstag und jammertag, nie konnte sie zeit und stunde ein-
halten. UippEi. lebensl. 3, Sil ; der rechtsfreund, der wol wüste
was eine citation war, hatte die tagefahrt eingehalten. 4, 299 ;
wenn sie nur die versprochenen elegien nit;ht so iiothwendig
brauchten ! denn ich weisz nicht, wie ich damit einhalten soll.
GöTHE an Schiller 154.
4) occupare, possidere, einhaben: festungen, so noch vom
feind eingehalten und besetzt (sind). Kirchhof mi/. d/sc. 197;
so er (Saturn) den himmel einhält. Fischart groszm. 59.
5) continere, enthalten, in sich halten, nnl. inhouden:
ir künt selbst denken, lieben hcrrn,
dasz niemand unrecht leidet gern,
80 halient auch die recht nicht ein,
dasz Tiirsten solin tyrannisch sein. Albkrus69;
und was sonst bievon mehr einhelt
die heiige scbriTt hin und her.
Glaser p/iasm. frischlin. 3,3;
das sie (die philosophie) unter vielen herlichen anweisungcn
auch eine von ehelicher unterrichtung einhält. Fischart ehz. 2.
vgl. einhält 1.
6) retinere, zurückhalten, beinahe die zweite bedeutung:
jederman hat zu haus innen zwei gar ungegleichte grisie,
einen doctor. einen narren, die mit seinem brot er mriste.
wil er nun nicht vor sich sehn und den narren hallen ein,
wird er aU der doctor mehr au der thür und Censter sein.
LoGvu 3, 13, 15;
ich borgte ihm 40000 goldgulden, als ich sie einforderte, hielt
er mir das geld ein. Kli.nger 1, 278 ; seine besoldung wurde
eingehalten.
7) einem einhalten, objicere, einwerfen, vorhalten, vorrücken,
vorwerfen: denn sie haben iren fürsten flugs eingehallen.
Spalatin bei Luther 5,36'; das man dem (s. l.) heim land-
grafnn ja wol einhielte, das s. f. gn. gemach thät. Luthers
br. 3,336; darauf ward mir eingehalten, es wäre durch die
meinigen beschehen. Schweimchen 2,18; diese so erkennen
werden, dasz ihr ihnen die warheit einhaltet. Oimtz Arg.
1,206; dasz ich ihm einhielte. 1,312; aber ihr werdet mir
einhalten. 1, 489 ; damit er alles was ihm eingehalten würde
auf einmal zu nichte machte. 1, 699 ; es musz dem gesinde die
widersätzlichkeit bei straf eingehalten und verboten werden.
HoHBBRC 1, 191'. vgl. einhält 2.
8) mit einem einhallen, zuhalten, sieh heimlich verstehen,
mit einer weibsperson einhallen. Hädlein.
9) sich einhalten, dnmi manere, nicht ausgehen: weibcr
mOsxen, wann der mann nicht anwesend, sich daheim einhal-
ten. Fihchart ehz. 12 ; gestern sind wir hier angelangt, der
gesandte ist unpasz, und wird sich also einige tage einhalten.
GöTiie 16, 9t.
FINHALTUNG, f. vie einhält 2: wann sie nicht zufQrderst
■0 wo! eines als des andern theiles ursachfn und einbaltun-
feo erwogen haben. Opitz Arg, 2, 16, auch Luhenst. Arm. I,3ö4.
EINHÄMMERN, malleo intundere, pertundere, mit dem ham-
mer einschlagen, zerschlagen, ddn. indhamre.
EINHANDELN, mercari, emere, nnl. inhandelen :
einhandelnd ablasz gebt die schuld dem Sündenbock,
oder dem büszenden niöncb. Voss 3,270;
der lakai, der das podagra einhandelt und aufgreift. J. P.
holzschnitle 10, 160.
EINHÄNDIG, unimanus, mancus, altn. einhendr: T^r ein-
hendr.
EINHÄNDIG, manui inseitus: wird mir ein stück einhändig
gemacht, mit dem selben hab ich gut acht. Fronsp. kriegsb. 3, 95'.
EINHÄNDIGEN, schw. inhändiga, dare in manum : einen
brief einhändigen ; meines herren brieflein ist mir wol einge-
handiget. BüTscHKY kanzlei 84;
auch dir erz und gold einhändigen. 0(1.22,58;
das Werkzeug, das er zu handhaben hat, ist ihm eingehän-
digt, sogar die art und weise, wie er sich dessen bedienen
soll, findet er vorgeschrieben. Göthe 22, 160. s. aushändigen.
EINHANGEN, inesse, inhaerere, mhd. in hangen.
EINHANGEN, n. die under gote swebent, die hänt ein In-
hangen in got. Eckhart 99, 22.
EI.NHÄNGEN, inserere, suspendere, nnl. inhangen, schw. in-
hänga, ddn. indhünge: Ohrringe einhängen; tliüren, fenster,
glocken einhängen; bergmännisch, mit dem seil in die grübe
einhängen, niederlassen; dazu hab ich die fragen hiebei (am
ende des briefs) eingehänget. Melanchthon 3, 174.
2) intransitiv impendere, mhd. in hangen: dasz seine ver-
edelte seele in einem zerknickten körper lebe, der schon tief
ins grab einhänge. J. P. Hcsp. l, 74.
EINHÄNGIG, ab uno lalere pendens: einhängiges dach.
EINHÄNGIG, impendens, insertus.
EINHARKEN, impectinare: der magister schwur unterweges.
aus ihm (dem Zöglinge) jeden tag so viel auszujäten, als jener
{der mitlehrer) einharke. J. P. Tit. 1, 107.
EINHASCHEN, capere, einfangen: das entlTognc vöglein
wieder einhaschen.
EINHASPEN, EINHASPELN, innectere. Stieler 785.
EINHAÜBEN, calantica vestire, namentlich die braut, vgl.
nubere einhüllen, goth. liugan, woher unter die haube, in die
hauhe bringen, verheiraten:
haubt das entkränzte haupt mit llor unil perlen ein.
LouENSTEiN btiimen 93;
den falken einhauben, falconi oculos legere.
EINHAUCH, m. inspiratio: sie flüsterte ihm (so leise, dasz
er ihren einhauch für die stimme seines guten genius hielt)
den gedanken zu. Wieland 3, 9. vgl. anhauch.
EINHAUCHEN, inspirare, vgl. einkucheo.
1) einem andern etwas einblasen:
und verstummest mitten im preis um dich her? eott hauch««
dir Unsterblichkeit ein! danke dem herlichen T
Klopstock 1, 164;
auf dasz er aassing allen gesang. den du
ihm eingehaucht hast. Voss 3, 77 ;
mut hätte dir sein anblick eingelinuchi. Gottir2, 291;
der liebste hat mir leben eingehaucht. Rückkrt 389.
2) spiritu ducere. einathmen: ich hauche die dufte ein.
EINHAUEN, incidere, schw. inhugga, ddn. indhuggc:
1) ein zeichen in einen bäum, ein bild in einen fels ein-
hauen; buchstahen, ninen einhauen; ein loch ins eis ein-
bauen :
der Steinmetz h.iui zwei herzen in den stein
und diese schriTi vom küsier ein. Gillrut 1, 278.
2) excidere, das thor, die thorflügel einhauen, fores securi
excidere.
3) vieh schlachten und einhauen, zerhauen zum aufbewahren.
4) einhauen in den feind, die reiler rückten vor und hieben
ein; stürmt alle zum einhauen!
5) einhauen in die speise, stark essen: der haut tüchtig
ein. mit der sensc einbauen iu das gras, in die wiese.
6) calumniari, rodere, einen verleumden, verhauen:
ich weisz den keiser der bscheidenhoil
wenn sie mich schon wult einbauen
dasz er mir nichts bös ihut zutrauen. Atrir96';
darum wird sein das be.<te mir,
dasz ich komm selbst der keiserln fUr (turor),
und hau sie bei dem koiser ein,
wie ^ie ihu «in bulerin »ein. 2tl3';
du must deinem nechsten freundlich zusprechen, durh ihn
beinilicb einbauen. Puilandbr 1, &U ; acb, was vor ein »chlim-
197
EINHÄUFEN — EINHEIMISCH
EINHEIMS — EINHEIT
198
mer hiind hat mich bei der generalität eingehauen! da wird
meines verMeibens nicht lang sein. Simplic. K. 787.
EINHÄLFEN, «n acervos congerere, coacercare.
EI.NHAUIG, quod semel singulis annis tondelur: einhauige
wjesen. die nur einmal heu geben.
El.NHÄLTTIG, unius capitis, einköpfig, nnl. eenhoofdig:
der einhäuptige adler; dasz die einheuptige regierung die
beste sei. Slobei scharpfsinnige sprüch verd. durch Geo. Frö-
iicn 1550 s. 277; die auch selbst im herzen die einhäuptige
herschaft {monarchie) verfluchten. Lohenst. Arm. 1, 6.
EINHÄUSIG, s. eingehäusig.
EINHEBEN, inserere: thüren, fenster einheben; den vom
wind herabgeworfnen laden wieder einheben; eine form ein-
heben, bei den buchdruckem, die druckform in die presse legen,
gegensatz von einsenken, auch für erheben: ohngeachtet der
koffer fast zu staub und asche worden, waren die briefschaften
darinnen unversehrt geblieben, mithin hatten wir noch ein
schönes capital einzuheben. Felsenb. 4, 215.
EINHECHSEN, subnervare, vom ahd. hahsinön, mhd. hehsen
für hehsenen {wb. 1, 612'), später hessen, einhessen, die fusz-
nerven, in der Jägersprache die hinterläufe des erlegten wildes
einschneiden, um sie zu verschränken.
EINHECKEN, impungere: (welche fische) starke spitz und
dorn haben, mit welchen sie giftige wunden einhecken. Fober
45*. s. hecken.
EINHEFTELN, infibulare: ich heflelte mich in mein zeit
ein. GöTHE 30, 2S3.
EINHEFTEN, inßgere, insuere, schw. inhäfta, dän. indhefte,
nnl. inhechten: wenn du sieben locke meines heubts flöchtest
mit einem flechtband und heftest (d. t. heftetest) sie mit einem
nagel ein. rieht. 16, 13 ; bogen, blätter einem buche einheften.
EINHEGEN, sepire, einfriedigen, einzäunen: den garten,
acker einhegen; die herde einhegen.
EINHEILEN, 1) consanescere, coire, zuheilen: die wunde
heilt ein, verwächst.
2) mit verwachsen lassen, die kugel mit einheilen.
EINHEILIGEN, consecrare, einweihen, einsegnen, nnl. in-
heiligen.
EINHEIMEN, invehere in horreum, s. einheimschen :
in scheuern eingeheimt die rarbenlosen garben. Kcckbrt 37.
EINHEIMEN, sich, heimisch werden : einige (pflanzen) schwim-
men bis ins meer, erreichen das jenseitige gestade und heimen
sich in einer landsfremden erde ein. Hebels schalzk. 29.
EINHEIMISCH, domesticus, vemaculus, intestinus, bei Steis-
HöwEL, Keisersberg U.a. inheimisch, nnl. inheemsch: es sei
ein frembdling oder einheimischer im lande. 2 Mos. 12, 19 ;
er sei einheimisch oder frembder unter euch. 3 Mos. 16, 29 ;
wer einheimisch ist in Israel (vulg. omnis qui de genere est
Israel), der sol in laubhütten wonen. 23,42; diese Satzung
sol euch gleich sein, dem frembden wie des lands einheimi-
schen. 4 Mos. 9,14; die einheimischen im lande. Ichron. S, 21;
einheimisch übel, intestinum malum. Maai.eb 125*; einhei-
mische thiere oder pflanzen ; einheimische spräche ; inheimi-
sche ausbeute in diesen gründen geseifet. Opitz 2, 267 ; ein-
heimische gefühle, begrifife; ein in einer Wissenschaft einhei-
mischer begrif. Kam 5, 10 ; so scheint mir das menschenge-
schlecht aus ruhigen, bürgerlichen, einheimischen menschen
und aus jenen zu bestehen die den Zugvögeln gleichen. Tieck
3, 37. in diesem einheimisch ' liegt allerdings die Vorstellung
des heimatlichen, ruhigen, traulichen, friedlichen, zahmen im
gegensalz zu dem fremden und wilden, ich fühle mich ein-
heimisch heiszt zugleich froh und glücklich, es lacht den men-
schen alles an, wenn er aus der fremde ins valerland zurückkehrt.
Im 15. 16 jh. war sehr geläufig zu sagen einheimisch sein
oder bleiben für tu hause sein, einheimisch werden für nach
haus kommen ; edler lautet das ahd. heimi wesan, heim quöman
und unser heutiges daheim sein, heim gehen, auch meidet
LoTiiEB jenes in d«- bibel. uf ein zit als Nedius nit inhei-
misch was. Steinhüwel bei Wackern. Ib. 1057,22; und ist
alles bofgesind mit im hinaus gezogen, also das niemand ist
einheimisch blieben, denn allein zwen koch und der Schneider.
seh. u. ernst 1555 cup. 203. 1550 cap. 45; nu ist m. Philipps
itzt nicht einheimisch. Luthers br. 5, 557 ; also dasz er das
ganze jähr nicht viel über zwen monat in allen seinen häu-
sern, deren er drei gehabt, einheimisch sein kunt. Götz vos
Beul. 12 ; es war der abt auch nicht einheimisch. Schweini-
CHEN 1, Wi. seltner wird die redensart im 17. 18 jh. : wo ich
mich nicht selbst betriege, so ist dies sein haus und es mag
leicht sein, dasz er einheimisch sei. ich wil anklopfen. Gry-
PHiDS 1,879; Stieler 820 hat einheimisch praesens »n aedibus ;
ob er sich selbigen morgens in seinem quartier wollte ein-
heimisch finden lassen? irrg. der liebe A16; um eure männer
einheimisch zu halten, müszt ihr die küche und euch zu klei-
den verstehen. Hippel ehe 5, 241 ; man thut wol, bei einem
auszerordentlichen glücksfall sich eine Zeitlang einheimisch zu
halten. 5, 273. ßr im lande sein galt dies einheimisch sein
nicht leicht ohne ausdrücklichen zusatz, wol aber sagt später-
hin Schiller ohne anstand: der geist des aufruhrs schien
hier einheimisch zu wohnen. 840*. man vergleiche überhaupt
heim, heimisch, anheimisch und das folgende.
EINHEIMS, adv. domi: da teilten die brueder das reich
under sich, bald danach haben sie es selhs mit streit ter-
mischet und einheims krieg erweckt. Frank chron. 152'. weit
ößer gebraucht er anheims oder anheimsch (1, 373). da weder
ahd. noch mhd. ein adv. anaheimes, inheimes stattfindet, so
liegt es nahe beide nbd. wortformen ßr verderbt aus anheimsch
(welches vorkommt) und inheimsch zu erklären, welchen wie-
derum das volle anheiinisch, inheimisch vorausgegangen sein
könnte, zu erwägen sind dabei die verba anheimschen %md
einheimschen.
EINHEIMSCHAFT, f., eine nur in Lohensteixs Arm. 1, 1160
begegnende Wortbildung.
EINHEIMSCHEN, invehere domum, hemfUhren, nickt bet
Dastpodics, Maaler, Hesisch, zuerst bei Sheler S20, der ein-
heimsen und heimischen schreibt, Stalder 2, 35 gibt heim-
schen. Schneller 2, 198 heimsen, einheimsen, heimbschen.
die ableitung von dem adj. einheimisch liegt nahe, wozu stimmt,
dasz gleich dem adj. auch das verbum der früheren spräche
abgeht; sobald einheimisch für im hause befindlich gesagt wurde,
war es natürlich einheimischen ßr ins haus einßhren zu bil-
den und gleich dem adv. einheims zeigt sich die form ein-
heimsen, zwar hält Scbmeller mit gutem schein hinzu das
alln. heimta recuperare, attrahere, welchem schw. hemta, hämta,
nor«. hemta, henta, dän. heute entsprechen, schreibt demnach
heimszen; doch die nord. verba auf ta haben hochd. zen,
nicht szen zur seile (gramm. 2, 217 — 19) und den mangel eines
mhd. heimezen begriffe man kaum.
es ergeben sich nur wenig belege: wiewol ich mehr ein-
heimschte und meinem mann zu verschlemmen zubrachte als
sonst meiner zehne. Simpl. 2, 219 ; erblickt er unvermuthet
noch einen einsamen schönen apfel an einem zweiglein und
heimbst ihn auch noch ein. Hebels haus freund s. 327.
EINHEIMSEN, s. das vorhergehende:
es ist die zeis jetzt, wo im ofnen land
allwärts geerniet wird und eingeheimst. Uhlands Ernst s. 119.
EINHEIRATEN, innubere, in ein land, haus oder geschlecht
heiraten: hatte sich in ein bauerwesen der herschaft Putbus
eingeheiratet. Arndts leben 4.
EINHEISCHEN, citare in jus, einfordern, nnl. inhijschen.
Haltacs 296. )
EINHEIT, /". unitas, ein erst seit dem vorigen jh. in schwang
gekommner, frülier noch nicht hergebrachter ausdruck. ahd.
sagte man für unitas einhafti, einsamina, einacheil, einigheit,
mhd. einecheit, Keisersberg und Luther brauchen weder ein-
heit noch dreieinheit für trinilas, sondern einigkeit und drei-
einigkeit oder dreifaltigkeit ; Frisics 1403', Maaler 100' geben
unitas durch einfug und einigkeil, Dasypodiüs 263' durch einig-
keit; selbst bei Henisch, Stieler, Frisch findet sich kein ein-
heit und Adelung stellt es als ein worl 'der ntueren welt-
weisen' auf, es ist nichts dawider einzuwenden und glaublich,
dasz Leibnitz und Wolf angefangen haben sich seiner zu be-
dienen, nach dem hd. bildeten sich mtl. eeoheid, schw. enhet,
dän. eenhed. dreieinigkeit, dreifaltigkeit zieht auch heute der
Sprachgebrauch dem abstracteren dreieinheit vor. doch soll nicht
ausgeschlossen sein, dasz schon früher etnzelne Schriftsteller
einheit und dreieinheit verwandt haben, Diefenbach unter
unitas liefert cinbeit aus dem vocab. remm und in unserm
wb. 2, 137») ist dreieinheit aus einem buche beigebracht, das in
die Schweiz und das jähr 1549 zurückgeht.
1) juovne, die eins, einzahl, auch in der grammalik die
einheit, numerus singtUaris, gegenüber der mehrheit, nurn.
pluralis. die göttliche einheit. die einheilen der natur, die
monaden, einheit der person, x. b. zwischen erblasser und erben.
2) die ideelle einheit; drei einheilen des .Aristoteles. Güthe
24, 169; die. einheit der erfabrung als Systems nach empi-
rischen gesptzen. Ka.tt 7,22; die einheit im draina.
13*
199
EINHEITLICH — EINHELLIG
EINHELLIG— EINHER
200
3) die einstimmung, einiijung, eintrachl: so entfernte sich
Wilüelra, indem er mit sich selbst einig zu werden strebte,
immer mehr von der heilsamen einheit und bei dieser Ver-
wirrung ward es seinen ieidenscbaften um so leichter. Göthe
19, 142; indes wir andern wol auch nicht zu tadeln sind,
wenn wir den sinnlichen menschen in seinem umfange und
thätig in einheit zu bringen suchen. 19, S3S ;
'wer will der menge widerstehnT
ich widerstreb ihr nicht, ich lasz sie gehn.
sie schwebt und webt und schwankt und schwirrt
bis sie endlich wieder einheit wird. Göthe 3, 248.
EINHEITLICH, unifomiis: diesen sectionsversamlungen gibt
der Jacübinorclub einheitliche haltung. Dahlm. fr. rev. 460.
EINHEIZEN, calefacere.
1) ohne casus, du sollst schnell einheizen; es musz früh
eingeheizt werden ; in den windofen einheizen ;
zu Meinz eines ihumherrn magd
woli früh einheizen, eh es lagt. H. Sachs IV. 3,66*,
2) mit aec, den ofen einheizen; ein kalkofen, der einge-
heizt war. Kant 9, 46.
3) figürlich, die eingeheizte flamme ihres nicht natürlichen
gefühls. Stolberc 7,283; das fieber heizte Januaren so sehr
ein. J. P. Hesp. 1, 32 ; wenn wir unser herz für irgend ein
weibliches eingebeizt haben. 2, 210.
4) einem einheizen, einem warm machen, hart zusetzen,
ihm schwere fragen oder aufgaben stellen : da wollt ihr geist-
lichen herren dem examinanden schon so einheizen. J. P.
fiegelj. 1,42;
sie {die mädchen) hatzn scbo an gscbehn eU
nau eierst goar an dumma. Wbikbrts nümb. ged. t. 78.
vgl. einhitzen.
EI.NHEIZER, m. calefaclor, calfacter, vgl. 2, 601.
EI.NHELFEN, auxilium ferre, succurrere,
1) an einen ort helfen, dem ausgestoszenen wieder in die
Stadt, in das land helfen : hat der viscunt von Meiland höch-
sten Qeisz angelegt, wie er seinem fürsten, dem vertribenen
herzog Ludwigen widerumb möchte inhelfen. Stdmpf 2,450';
einem aus dem wagen gefallnen wieder einhelfen.
2) opem suggerere:
jeder flnger an der band
hat sein masz und seinen stand,
I'eder hilfi dem andren ein,
einer wil sein eigen sein. Logad 1, 213, 88;
ein freund der freund sein soll, soll namhaft gleichwol sein,
dauD deines freundes rühm hilft deinem namen ein.
1, 225, 31 ;
was dient ihm dann vernunfl? sie hilft ihm dahin ein,
dasz er kan mit Vernunft recht unvernünftig sein. 2,39,47;
wann die menschen giengen blosz,
war sie (die scliönheil) vielmals nicht 80 grosz.
schmuck und kleider hellen ein,
machen aiimut, geben schein. 2, 87, 42.
3) subminislrare alicui quae oblilus est, sufflieren, dem ge-
ddchtnis durch vorsagen zu hülfe kommen.
EINHELFER, m. unser Souffleur ... ich glaube nicht, dasz
es einen vollkommenem einhelfer gibt. Göthe 19, 172.
EINHELLEN, consonare, überein, in eins zusammenstimmen :
sie riiften ime mit einhellenden stimmen. Ficrabras C2.
EI.NHELLIG, unisonus, eonsonus, ahd. einhölli (Gbaff 4, 859),
mhd. einhellic (wb. 1, 685"), Voss schreibt einhällig, ton einhall.
1) mit einhelliger stimm sprachen sie. Aimon A4'; sie
schrien alle mit einhelligen stimmen, xi; ruften mit einhel-
ligen stimmen. t3*; nach einhelliger gegebener stimm der
cardinalen. Kircbbof wendunm. 372';
eur wähl und einhellige stimm. Atrer 60*;
wahre musik, eiabflilig an wolklang stets und bewegung.
Luise a. l. Ii. seile 195.
2) das ir eines sinnes seid, gleiche liebe habt, einmQt'ig und
einhellig seid (samasaivalai, samafra})jai). Philipp. 1,2; Holun-
der, ein fein einhellig volk von wegen der ungeferbten sitten.
Fraük Q; durch einhellige umbfrag mit recht ledig erkennet.
KiRCHiio'r mil. disc. 212; einhellige antwort geben. 239; die
einhellige ermahnung seiner guten freunde, pers. rosenth. 5, 19;
das einhellige gefühl des ganzen menschlichen geschleclits.
WiELANO I, 287; die einhellige aussage der geschichtschreiber.
2, 276; die ideen knnnen dem verstände zum canon seines
ausgebreiteten und einhelligen gebrnuchs dienen. Kant2, 3ü0;
alle hierin mit der moral einhellige staalsklugheit. 5, 449.
3) einet einhellig werden, eonvenire: die artikel, der man
einhellig und verglichen ist. Jonas bei Mklakchtuon 2,369.
EINHELLIG, uno ore, concorditer : da sie nu solchs ein-
hellig mit einander theten. 2 Macc. 13, 12; die gemeinen richter
einhellig erkannten. Galmy 314;
darunib ruft gotl einhellig an. Soltaü 323;
was fiir freudenreiche posten
kommen aller orten her,
welche gar einhellig sagen,
die Franzosen sind gescbl;igen. 519;
selbst durch sich überzeugt, dasz er mil gutem grund
einhellig stracks verdammt. Grvpmius 1,50;
machten sie in einhellig wieder gut. Kirchhof wendimm. 104*;
einhellig zum keiser erkoren. Zinkcr. 56,5; ist einhellig be-
schlossen worden, pers. rosenth. 1, 5 ; verse, welche ihm die
ungclegenbcil zuzogen von den poeten seiner zeit einhellig
zu ihrem schutzgotl erwiihlt zu werden. Wieland 6, 158 ; man
versicherte ihn also einhellig des gegentheils. 6,221; ward er
einhellig und ohne einen nebenbubler zu haben, an dessen
(des gebliebenen) platz gfeslellt. 7,175;
die snche gieng im göiierrathe
einhellig durch. 5, 214.
EINHELLIGKEIT, f unanimilas: einhellikeit in der gemein.
BRANT99, 136; einbelligkeil bei jung und alten. VVickram pi/(/er
58 ; fasien, welche das conclave zur einhelligkeit der wähl und
des urtheils zwingen. J. P. fastenpr. 55 ; bei den ordentlichen
gericbten wird einhelligkeit der richter gefordert. Dahlm. dän.
gesch. 2, 195.
EINHELLIGLICH, unanimiter: ranten sie einhelliglich auf
Alard. Aimon g2; redeten die fürsten und grafen einbellig-
klich. d; einhelliglich nach dem richter zu schicken nicht
lang verzogen ward. Galmy 268; die heirn zu band einhel-
liglich meineten. 243; alle sämptlich grosz und klein einhel-
liglich einen ernsten eid tbun. Revttek kriegsordn. 62;
weil uns das hofgsind und senat
einhelliglich erwehlei hat. Atrkr 39".
EINHELLIGUNG, f consensus: und zwar diese auslegung
ist nicht durch menscblichs gründelen und fündelen aufkom-
men, sonder durch ein allgemeine einhülligung der ganzen
weit aufgenommen. Garg. 125*; mit des mebrertheils cinhei-
ligung (so) zum burgermeister gewehlet. Kirchhof »eni/unm. 155*.
EINHEMMEN, in/i«7;ere, einhalten: ein Wagenrad einhemmen,
rotam sufflaminare.
EINHENKELIG, unius ansäe.
EINHENKEN, s. einhängen.
EINHER, die bildung dieses adverbs, wie des ihm ähnlichen
einhin, hat einige Schwierigkeit, man weisz, dasz schon mhd.
die freie nebencinanderslellung der parlikeln her abe, hin abe,
bgr ftf, hin öf, her öjj, hin ö; sich in ein festeres abhCr, ab-
bin, üfliSr, öfliin, öjber, öjhin umdrehen liesz, ohne merk-
liclien Wechsel der bedculung. im 15. 16 jh. war der spracli-
gebrauch noch mehr geneigt dem her und hin die hinterstelle
zu geben und dehnte sich zugleich weiter aus, namentlich wurde
statt des mhd. hör 5n und hin in (das mhd. wb. 1, 688". 689*.
748'. 750 setzt sie mit in und mit in an) auch gesaqt einher
und einhin. vihd. ist kein solches in her, in hin vorzuweisen,
späterhin veralteten abber abbin auflier aufliin ausber ausbin und
wichen wieder dem herab hinab herauf hinauf heraus hinaus;
doch drehbar blieben hernach tn nachher, herum in umher,
heran in anher, herein in einher, herbei in beiher, obgleich
letztere mil anders bestimmter* bedeulung ; überall wird das
zweite oder hintere worl stärker betont, hier ist von einher
näher zu handeln.
1) einher = herein tj( 'hier herein', wie einhio ■» hinein
'dort hinein', in beiden also liegt intro und die nebenbeslim-
mungen huc oder illuc geben den unterschied, das lal. intro
wird für beide begriffe, herein und hinein gerecht, vocabulare
des iti jh. verdeutschen es eher durch einhin als durch einher,
doch verba, denen einher beigefügt steht, lassen über das iniro
keinen zweifei. bei Plater heiszt et s. b. t. 91: ob villicbl
die thumbberrcn wider inher kemmen, d. i, hier herein; bei
Keiskrshkrc im schif der penitenz 2o' : so sie (die u-asser der
Sünde) einher tropfend, d. i. herein; nur sind to entsdtiedne
belege für die bedeutung huc intro selten.
2) einher « heran, wie die einfachen partikeln in und an
oft verftieszen, müssen auch heran und herein, onber und ein-
her leicht susammrnfirflnssen sein und einher begann blosies
nahen ohne den begrif des eingehens auszudrücken, schon Kki-
sbrsbkrc: seind drei gesellen, die da neben inber traben.
(. d. m. 21*; ein schlang die beiszel eins heimlich und gat
201 EINHERBERGEN — EINHERPRAKGEN
EINHERfRÜNKEN — EiNHERWATEN 2Ö2
krmn inher und isset erd. 29'. heute : er kommt einher ge-
gangen, schleicht einher will mehr sagen her, heran als her-
ein und wir setzen herein, sobald inirare, irrepere bestimmt
gemeint sind, da nun aber die hier hauptsächlich in betrachl
kommende Vorstellung des nahens und sich bewegens meisten-
theils in dem verbum selbst etuhulicn int, verlinht thr das lu-
gesetite einher oder heran schwuny und nachdruck, toie die
ganze reihe der alphabetisch folgenden, aber unerschüpften
composita verdeutlichen wird, in welchen freilich auch die
bedeulung herein nicht überall ausgeschlossen sein soll, nur
vor deuten, lästern, scLalttu und wüten liegt die beiregung
versteckt, läszt sich aber ictchl hii:tu denken, mit dem vor-
tretenden dahin und daher verhält es sich auf ähnliche weise,
diese veiba mit einher, einhin, daher, dahin sind eine wahr-
nehmbare eigenlhiiviliciikett hochdeutscher spräche.
El>HEHBEHGEiV, ^inhcrberpen. coUocare hospitio, einlo-
gieien, eiiifurrirren : eurer horhverwunderlichen weibiichea
Schönheit [ist) ein münnlicher geist eingeherbergt worden, vos
Birken, Marqenis 23.
ELNHEliBltALSEN, cum fremilu ferri, heran, dalierbrausen:
so Schier wei-z l'hnrso ein mohrenheer zu jagen,
wenn er auf g^uliinein sichelwjgen
eintier brüusi üben feld der :>cblucht. Freilicrath.
EINHEKBSTEN, rxndemiare, vgl. schw. inhösta, ddn. ind-
höste : also hat auch die natur ihre fässer selbst gebunden,
in denen die feuchte {hun}oyes) sein sollen, so im menschen
gewimlet und geherbstet werden, das seind vasa naturae. so
nun also die feuchte in eim fasz ist, wie dann von der natur
also eingewimiet und eingeherbstet u. «. ». Paracelscs 1,295';
b.'ilil geh ich in die reben
und herbste U-aubeo ein. Göiu% an Friederike.
EINHERDELTEN, interpretari, daherdeuten: und deutet uns
also einher sein giftige lügen und lesterungen für güttiicben
verstand. Luther 3, 375'.
EliNHEHDItINGEN, irruere, bei Maalek 125* einher tringen,
dapfer daliär trucken.
Ei.NHEKFAHKEN, irruere, daherfahren : ist es nicht ein
grosze vermessenheit von inen, das sie so tiiurstig einher-
faren und alles mit dem köpf hinaus wollen füren, gleich
als soll inen gott weichen? Lcther 2,407';
wie einst
der gott in hrperborische Waldungen
Ton J'Tihos lörberhaupt mit lonreich
h.Tllen'dem schwanenge^pann einherfuhr. Voss 3, 171.
EINHERFALLEN, invadere, irruere, herfallen, hereinfallen :
welche als unQetige sew on glauben, on Terstand einher fallen.
Lcther 3, 269.
EINHERFLIEGEN, advolare, her, heran fliegen.
ELN'HERGAUKEL.N. praestigias agere: wenn schon die alten
dichter die träume öfters auf schwachen, ungewissen füszen
einhergaukeln lassen. Lessinc 8, 233.
EINHEKGEHE.N, inccdere, wandeln: das du einher gehen
solt in dem hund des herrn deines gotles. b Mos. 29,12;
herr, da du einher giengest vom felde Edom, da erzittert die
erde, der hinimel trof. rJc//£ 5, 4 ; und gieng einher und weis-
saget. 1 San. 19, 23 ; ich gehe schwarz einher, vulg. maerens
incedeham. Hiob 30, 29 ; ich gehe einher in der kraft des
herrn. pj. 71, 16; der einher gehet in demut. Co/. 2, 18; geht
einher, liehen freunt! fastn. 2H'3, b ; solange der himmel ruhig
über uns einhergehl. Ki ühcer 11,161. vgl. hereingehen.
ELNHEHHLNKE.N, claudicwdo incedere:
schau, wie «Ion aufsiarrender pfalTen chortanz
um des aligotis opferaliar einherliinivi. Voss 3, 238.
EINHEHHIPFEN, insilire, exsilire, daherhüpfen.
ELNHERIRREN, vagari:
jetzt irrt er {der schmetlcrlinri) kalt und freudenleer
im schönsten bhimeubeei einher. Gottik 1, 442.
EINHERKOMMEN, incedere. adtenire:
komb einher, Sara, komb herein! IL Sachs III. 1, 8';
als er durch die Schöpfung einherkam, «ah er die eagel
auf den sonnen. Uessias 8, 270.
EINHERLÄSTERN, audacter ealumniari: und lestert so fre-
Telich einher. LtTiiER 3, hi.
EINHERLAUSCHEN, dam irrepere, heran, hereinschleichen:
einzeln sind wir durch verschiedene thore einhergelauscht
Weisze. 5. lauschen.
EINHERLENKEN, fleetere, dirigere: rosse einher lenken.
ElNHERl'RANGEN, superbire, daherprangen.
EINHERPRUNKEN, dasselbe.
EINHERRAUSCHEN, strepere, instrepere. Maaler 125";
wie eihinde des meers aus ihren sitzen gerissen
ruuscheu sie boch unaufhaUsam einher. Klopstock;
hörst du den rächer, der im stürm einherrauscht. Klincer 1, 87.
EINHERRISCH, lyrannicus: die einherrische gewalt eines
über alle erhabenen hauptes der kirche. Beckers weltg. 6, 41.
EINHERROLLEN, volvi, ferri: einherrollender donner.
EINHEItSAUSE.N, cum fremitu incedere.
EINHERSCHAFT, f. monarchia: so ist er der erste, der
die einherschaft wieder anräth. Göthe 32, 254.
EINHERSCHER, m. monarcha.
EINHLRSCHALTE.N, ad arbitrium agere.
EINHEKSCHIEBEN, appropinquare, heranrücken:
wenn der schreckliche grimmende brillende low wird einher-
schiebea. Gktphics 1, 734.
EINHERSCHLAGEN, illidi, ferri:
hast du die welle gesehen, die über das ufer einherschlug?
Göthe 1, 384.
EINHERSCHLEICHEN, irrepere: das alter aber schleicht
einher, eh ers gewahr wird. Henisch 851, 73 ; der greis schleicht
am Stabe einher.
EINHERSCHLENDERN, lente vagari.
EINHERSCHNIRREN, cum strepitu incedere:
das du so feindlich einherschnurrst. Waldis 176*.
EINHERSCHREITEN, incedere, ingredi.
EINHERSCHRITT, m. incessus: mit dem drallen einher-
schritt. Kosegartex.
EINHERSCHWANKEN, nulare.
EINHERSCH\V.\NZEN, caudam mor endo incedere : wie papa-
geien einherschwänzen. Fr. MCller 2, 20.
EINHERSCHWEBEN, /«6rari, ferri:
über den hohen gefilden des stemes
schwebt er einher. ifessias 20, 583.
EINHERSCHWIMMEN, natando accedere.
EINHEBSEGELN, velis^ fern.
EINHERSPREIZE.N, divaricare: einen hären, der auf zwei
beinen nach dem dudelsack einher sich spreizt. Klisgeb II, 32.
EINHERSPRINGEN, insilire.
EINHERSTAPFEN, firmo pede incedere:
der edle bräutgani, rwar ein wenig steif und schwer
stapft an Rosettens band gar ehrenfest einher.
WiBLA.fD 22, 267.
EINHERSTOLPEN, rustiee irruere:
schaw, dort ihut er gleich einherstölpen. H. Sachs II. 4,6'.
EINHERSTOLZIERE.N, magnifiee incedere:
denn es grasten von ihm dreilausend siuien im marschlnnd,
muuerstuten, einherstolzierend mii zierlichen füllen.
DüaGiR 233*.
EINHERSTCRMEN, irruere.
EINHERTANZEN, l) saltando incedere.
2) saltando adducere: tanze, Siona, triumph einher ! Klopst.
1,180.
EINHERTRABEN, tolulim incedere:
dena man trabt damit {mit dem schweif) zu schwer
und zu unbequem einher. iUsKnoR.'« 2, 32.
EINHERTRAGEN, afferre, dahertragen:
nu sih ich wol,
da^z irh auch soll
mein lölTel einher tragen. Garg. 88*;
8L Christoph, der mein gepück kräftig einher trug. Göthe 23, 48.
EINHERTRETE.N, incedere, {vgl. einhintreten) : die töchter
tretten einher im rcgiment. l Mos. 49, 22; deinen feinden
wirds feilen, aber du wirst auf ircr höhe einher tretten.
6 Mos. 33, 29 ; die töchter Zion tretten einher und schwenzen
und haben köstliche schuch an iren fdszen. Es. 3, 16; wer
ist der ... der einher trit in seiner groszen kraft? 63,1;
und der herr wird einher tretten als die weiter vom mittage.
Zachar. 9, 14 ; hütet euch für den schriftgelerten, die da wollen
einher tretten in langen kleidern {goth. j)aim viljandam gaggan
in hveitaim vasijüiu). Luc. 20,46; sieh einmal, wie hochmütig
und trotzig dein hahn einher tritt Lessing 1,164;
freudig trei ich einher, von deinem liedc verkündet.
GöTHi 1, 320.
EINHERWACKELN, vaeillitre.
EINHERWANKE.N, nutare.
EINHERWATEN, vadare:
und waten lief durch «umpf und moor,
durch Schilf und dorn einher. Üörcir 112*;
203 EINHERWATSCHELN — EINHINFÜGEN
EINHINFÜHREN — EINHOF
204
wenn die höbern collegien in beminschuhen und bemmketten
einherwaten. J. P. lit. nachl. 4, 89. vgl. das folgende.
EINHERWATSCHELN, analis in modum incedere.
EINHEHWEHE.N, spirare:
{Jene) luD des ersten mais, die vom Wasserfalle
lieblich einherwehu Klopstock 2, 88.
EINHEHWÜTEN, furere:
denn ihr wütet einher. Klopstock 2, 22.
EINHERZIEHEN, incedere: zeucb einber der warheit zu
gut. ps. 45,5; man sihet gott wie du einberzeucbst. 68,25;
es feret daher der lewe aus seiner becke und der verstörer
der beiden zeucht einber aus seinem ort. Jet: 4, 7 ; dasz der
edle mann so schwer einberziebt . . . und uns gar so sehr
den Professor zeigt. Klinger 11, 18.
EINHERZIG, Concors, würde ahd. ^inberzi, einbirzi, mhd.
^inbgrze sein.
EINHEßZIGEN, beherzigen. BdtscBkt kanzl. 724.
EI.NHERZIGKEIT, f. eoncordia: wie auch die kleinen reiche
durch einherzigkeit berlicben aufwachsen und gewaltiglicb
rechend und sigend. Fbonsp. kriegsb. 1, 175\
EINHESSEN, s. einhechsen.
ELNHETZEN, persequendis feris assuefacere, von hunden,
figürlich aber auch excilare, wie anhetzen.
ElNHEüCHELN, sich, simulando benevolenliam alicujus col-
ligere :
zu dem ist offenbar, wie er sich Rom verpllicbt,
wie er durcb gaben sich bei Cäsarn eingeneuchelt.
ilAi.LMANN Mariamne 31;
solche ketzer (die jesuilen), die sich in unser geliebtes Vater-
land eingeschlichen, einpracticiert, eingebeuchelt, eingezwungen
und eingedrungen, flugschriß des Christ. Crüciger 1620, Bi.
s. einlügen, einschmeicheln.
EI.NHEÜEN, foenum colligere: das murmeltbier heuet ein,
trägt gras und krduter in seine hole für den Winterschlaf.
EINHEUERN, habitationem conducere (Frisch 1, 449'), s. ein-
miethen.
EINHIEB, m. caedes, einhauen: es kam zum einkieb ; alles
das sind flatternde troddeln von dem goldnen Schwerte Apol-
lons, welche den schwang und den scharfern einhieb hem-
men. Bürger 182'.
ElNHl.MMELN, migrare in caelum. Stieler 841.
EI.NHIN, intro, eigentlich illic inlro, umgestelltes hinein,
mhd. hin in, wie bei einher gewiesen wurde. Frisiüs schreibt
einbin 726'. 727", ebenso Maaler 125*.', doch 236' inhin ; auch
Dasypodius 104' inhin neben hinein, intro ich gehe hinein,
gang inhin, das letzte klingt ihm volksmäszig, erstres schrifl-
geniäsz. so ist denn auch inhin, einhin bald wieder dem hin-
ein gewichen und bei Luther in der bibel gar nicht, sonst
aber verschiedentlich zu finden ; in der Schweiz haftete es, wie
die folgenden coniposita lehren, am längsten und mit aufrecht
gebliebner bedeulung von hinein, während einher überwiegend
den sinn von daher empfieng. Stalder 2, 70 deutet das heutige
ine, eine der Volkssprache aus einhin, Tobier 285* scheidet
zwischen ina herein, ini hinein, jenes ist zu bezweifeln, alle
mit einbin zusammengesetzten verba stchn denen der Schrift-
sprache mit hinein zur seile, ihre aufnähme ins wb. rechlfcr-
ligl schon der parallelismus zwischen einber und einhin, zwi-
schen her und bin, dann aber der ältere Sprachgebrauch.
EINHINBRECHEN, irrumpere, einbrechen, hinein brechen:
einhin bnichen ze stälen. Maaler 125*.
EINHINHRINGEN, inferre. Maaler 125*.
EINHINDRINGEN, penelrare: einhin Iringen. Maaler 125':
von dem ausbin und einhin iringen. H. Siciis III. 1, 123*.
EINHINDRÜCKEN, inirudere: gewalligklich einbin trucken
und den feind anfallen, impressionem facere. Maaler 125*.
EINHINEILEN, improperare, schnull hinein gon. Maaler 125*.
EIMII.NESSEN, ingerere, devorare, hineinessen. Tobler 285*.
EINHINFALLEN, ingruere: auf den markiplalz einhin fallen,
u in forum projiccre. Maaler 125*. Stieleh 421.
EINHINFAHHEN, inirare, introtre: inmitten in zeug einhin
faren, i« media arma ruere. Maaler 125*; duruinb wissen
»olche klcITcr viel wa« böse oder guter wille ist und faicn
frei einhin Lltheb 1, 77*; und wir faren cinliin, machen flugs
ein gritet und arlikel daraus. 6, 102'.
EINHINFLICKEN, intuere: sich einhin flicken, z& einer
rott thun. Maalki 125*.
EINHINFLIESZLN, tubinfiuere. Maaler 126*. Hknirch 1154, 3S.
ELNHINFCGEN, adjungere, hineinfügen. Stibikm 679.
EINHINFÜHREN, introducere. Maaler 125*.
EINHINGEHEN, immeare, ingredi. Maaler 125*.
EINHINGRABEN, hinein graben. Evering 1, 173.
ELNHINJUCKEN, corripere se intro: einhin wütschen, sich
schnall hinein machen. Maaler 125'.
EINHINKRIECHEN, inserpere. Maaler 125'.
EINHINLASSEN, immittere: dasz si keinen frömbden nit
einhin lasse oder keinen annemme. Maaler 125'.
EINHINLAUFEN, influere. Maaler 125'.
EINHINLEGEN, indere. Maaler 125'.
EINHINLEITEN, inducere: wasser einhin leiten oder lücblen,
aquam deducere. Maaler 125'.
EINHINLL'GEN, introspicere, hineingucken. Maaler 125*.
EINHINNISTEN, inlernidificare : zwischend einhiu nisten,
dazwischen hinein nisten. Maaler 125*.
EINHINPLAUDERN, garrire, in den tag hinein schwätzen:
das ist alles der prediger schuld, das man das fasten so ein-
hin plaudert und seinen rechten brauch, masz, frucht, ursacb
und end ninier anzeigt. Luther 1, 244*.
EINHINPLUMPEN, jnMere, corruere, hineinplumpen : sibe,
solchs haben die papisten nie bedacht, plumpen einhin und
machen eitel werkbeiligen im bimel. Luther 5,324*; so sind
denn die leute toll und plumpen einhin, o bie wonet gott,
da sihet und greifet man die wunder und zeichen, können
nicht rechen, das der teufel eben darumb thut die leute zu
betriegen. 5, 453*.
EINHINREGNEN, impluere, hineinregnen. Maaler 125*.
EINHINREIBEN, infricare, hineinreiben. Maalkr 125'.
EINHINRINNEN, influere, hincinrinnen. Maaler 125*.
EINHINHUFEN, introvocare, hineinrufen. Maaler 125'.
EINHINSÄEN, inspergere: etwas in einer red einhin säien
und allenthalben mit lassen laufen. Maaler 125*.
EINHINSCHEINEN, introlucere, hineinscheinen. Maaler 125'.
EINHINSCHICKEN, immittere, hineinschicken.
EINHINSCHLAGEN, einschlagen: einandere die bend bieten
und dapfer einhin scblaben, interjungere dextras. .Maaler 125'.
EINHINSCHLEICHEN, inserpere, tllabi: sanft etwar einhin
rinnen, zfihin (hinzu) schleichen. Maaler 125'.
EINHINSCHLIEFEN, inserpere: also zerribet sich auch die
lähme beulen und scbleuft einhin. WtJRZ s. 190.
EINHINSCHLUCKEN, iugurgitare. Maaler 125'.
EINHINSCHWIMMEN, innatare. Maaler 125'.
EINHINSEIN, conditum esse, eingebracht sein: das gut ist
schon einhin, das körn ist schon eingeschnitten, geschnitten,
messis condita. Maaler 125*.
EINHINSETZEN, interponere, intercalare, hineinsetzen.
EINHINSPINNEN, nendo immiscere: das spinnet er immer
einhin, das er zu dem schönen text koinpt, damit er be-
schlieszen wird. Luther 6, 26"'.
EINHINSTEHEN, intersislere, zwischend einbin ston. Maaler
125'.
EINHINSTOSZEN, intruderc, hineinstoszen.
EINHINSUPFEN, resorbire. Maaler 125'.
EINIHNTHUN, immittere, hineinthun.
EINHINTKETEN, introgredi, doch einhin trülten wie ein
kriegsniann, incedere, mit der bedeulung des einhertretens.
Maaler 125';
dazu all vögel bett gebeten,
tbeien zusnmen einhin treuen.
B. Waldis 2.76(12«').
EINHINTRKIREN, cogere, eintreiben, hineintreiben, hintreiben.
EINHINTRINKEN, imbibere. Maaler 125'.
EINHINWAGEN, andere: und wugtens also plumpsweise
einhin. Luther 3, 268.
EINHINWERFEN, injiccre, hineinwerfen. Maaler 125*.
EINHINZIEHEN, immigrare, einziehen, in ein haus ziehen
darin ze bleiben. Maaler 125*.
EINHINZÖCKEN, illicere. Maaler US*.
EINHIRNIG, Simplex, simplicis ceiebri: eiuliiiiuvi , imi.nii^e
leute, ohne holfart und einbildung. pcl. maulaffe 7».
EINIHTZEN, calefaccre: eine kleine von raiuh kobNcbwarze
und eingehitzte Stube, prrs. reiseb. i, 4 ; gieng ich mit ihm
in ItcsiigteH bUuslein, in welchem ein baur eben die stub eiu-
hitzte. Simpl. K. uoh. s. einheizen.
EINHOItE, m. fiovoQX^t der nur eine hode hat.
EINIIODK;, unitestis.
EIN HUF, m. praedium solilarium, allein, einsam liegender
I hof, vgl. einöd.
205
EINHOLEN — EINHCLFE
EINHÜLLEN — EINIG
206
EINHOLEN, nnl inhalen, das eneartele, verlangte, verfolgte
holen.
1) solemni pompa dedueere: den nahenden forsten einholen,
ihm feierlich entgegengehen ; der einziehende sieger wird meilen-
weit eingeholl und in die Stadt geleitet; nnl. de vorst werd
door de gansche burgerij ingehaald; wir halten so viel mit
einholen der vornehmen gaste zu thun. Göthe 24,291. ftf
erhaben unde in geholt. Eckhart '9, 4.
2) assequi. capere, erreichen und fangen, fassen, weidmän-
nisch von wilden sauen: die hunde holen sie ein und packen
sie. Döbel 1, 24' ; der fliehende feind wurde am abhang de«
waldes eingeholt und versprengt;
er läuft und höh herr Glimpfen ein. Gillht 1, 71;
die braut isi dir gesiolen,
fort, fort, sie einzuholen. Bdrgir 54';
isls der im nachen den ihr sucht? reit zu I
wenn ihr frisch beilegt, höh ihr ihn noch ein. Schiilkr 51s ;
wenn die englische allgemeine Weltgeschichte und ihr deut-
scher auszug einmal die zeit so nahe eingeholt haben, dasz
sie das jähr dieser übergäbe vornehmen und erzählen. J. P.
Hesp. l, 195.
3» colligere, eognoseere: holz aus dem wald, fruchte aus
dem feld einholen, nnl. turf en hout inhalen; befehle, stim-
men, gutachten, ein urtheil. nachrichten einholen: ohne be-
sondere verhaltungsbefehle einzuholen. Wiela.>»d 2, 109 ; kund-
schafl einholen.
4) recuperore, das voraus geeille, versäumte, verlorne wieder
einholen : der läufer holt den vordusgeschrittenen wieder ein ;
ein Schüler holt nun den andern wieder ein ; ein andrer weg,
auf welchem die poesie die kunst in Schilderung körperlicher
Schönheit wiederum einholt, ist dieser, dasz sie Schönheit in
reiz verwandelt. Lessisg 6,499; wir wollen alles einholen,
was wir ihnen und manchmal der guten Aurelie schuldig ge-
blieben sind. Göthe 20, 106 ; was du bei voller mannkraft
verfehltest, wirst du an der krücke nicht mehr einholen.
Schiller 314'; freilich stehts nun in meiner macht nicht
mehr, die Vergangenheit einzuholen. 143';
der flüchtge vorsaiz ist nicht ein/uholen,
es gehe denn die rasche ihat gleich mit. 574*;
nnl. ik zal, hetgeen ten achteren is, weder zoeken-in te halen.
5) t'ni forstwesen, einen wald einholen, vermessen.
EINHOLEN, incavare, wie ausholen excavare.
EINHOLUNG, f pompa: des geleites. Göthe 24,303.
EINHÖRIG, uno aure surdiis: besonders thatens einhörige
leute, die, dabei taub auf dem zweiten obre, alles nur mit
halbem hörten. J. P. flegelj. 1, 32. KaUenb. 2, 99.
EINHORN, 1) n. monoceros, unicornuus, ahd. einhurno m.
mhd. einhürne m. ags. änhjTue deor : seine freidigkeit ist wie
eins einhorns. Aldos. 23,22; errette mich von den einhörnern.
ps. 22, 22 ; da werden die einhörner sampt inen erunter müssen.
Es. 34, 7; seltsam aber ist der gen. pl. aufs, den sich Lutbeb
gestattet: seine hörner sind wie einhörners hörner. 5 Mos.
33, 17 ;
ein hörn dem einhorn auf das hirn. Wkcibbbii« 518;
einhörner, löwen, hund. 92.
2) ein aus dem hörn des thiers oder in homgesiait verfer-
tigter becher:
noch indenk jener nacht,
da wir in lauter lust und wonne fast versunken
die blum des besten weins aus gold und einhorn trunken.
Grtphics 2, 59,
man vergleiche die in ellendklaa und greifenklau eingefasxlen
trinkgefdsze.
EINHORNFISCH, m. balistes monoceros.
EINHÖRNIG, unicomis, iin hörn habend,
EINHORNK.XFER, m. scarabaeus Hercules.
EINHORNML'SCHEL, f. turbo terebra.
EINHORNTEUFEL, m. lophius vesperlilio.
EINHOTZELN, EINHUTZELN, corrugari, gleich gedörrte»
hutzeln einschrumpfen:
Maria und Joseph! wie hoizelt ihr ein,
mein sixchenl es musz euch was angethan sein.
BErger 66>.
EINHUFIG, solidungulus, solidipes, von thieren mit unge-
spaltnem huf.
EINHCLFE, f. subministratio, suggestio: die pflegetochter
war von ihr genau abgerichtet zur einhQlfe, wo irgend eine
erinnerung ihr fehlte. Arnim 2, 51,
EINHÜLLEN, inrolvere, telare, dän. indhylle, meist mit der
praep. in und dem acc. der sache.
1) den arm in den mantel einhüllen; das gesicht in den
Schleier ;
indem stiegt ihr
vom pferd, und überreichtet mir das kind
in euern mantel eingehüllt. L8ssi:«g 2, 324 ;
dein grauer zartgewehier Schleier
hülJt sie in leichte schatten ein.
BoiB an den abend, im mus. alm. 1770j
warum hast du nicht
ins priesterrecht dich weislich eingehüllt? GöiH«9,71;
man büUt vergebens sich in seine Unschuld ein.
WuLAHD 10,277;
ohne dich hüllt alles
sich in schwermuth ein. Gottkr 1,235;
und eine dunkle freistait hüllt uns ein! 2,286;
*o Jesu Maria, erbarme dich mein!"
drauf hüllte sein brechendes äuge sich ein. Börgii 35" ;
der khalife hüllte sich in Verstellung ein. Klfsger 5, 314 ; abends
kam Victor in S. Lüne an und hüllte sich in die laube des
Pfarrgartens ein. J. P. Hesp. 4, 150 ; wer alles über sich ergehen
läszt und sich etwa in sein bewustsein einhüllL Fichte phil.
journ. 5, 16.
2) eingehüllt, verborgen, verdeckt, unenifaltet: die Jugend,
die so reich an eingehüllten kräften ist Göthe 18, 120 ; die
wege und mittel anerkennen, wie sie {die Vegetation) den ein-
gehülltesten zustand zur Vollendung nach und nach zu be-
fördern weisz. 50, 50 ; ich beschirme deine eingehüllte seele.
J. P. Heip. 2, 238 ; wenn ihm auch Klotilde den eingehüllten
wünsch, sie in Maienthal zu sehen, versagt. 3, 124 ; worte
leise und eitgehüllt einem ins ohr flüstern. Klikceb 10, 233.
3) einhüllende arzneimittel.
EINHÜLSEN, indere folliculis, gegensatz von aushülsen:
als sie sich in ihre dicksten kleider eingehülset. J. P. Fibel 32.
EINHCREN, pudicitiam prostituendo obtinere : in den dienst
hat sie sich eingehurt. Stieler 835.
EINHUSCHEN, momento intrare, vanescere: sie huschte ein,
entwischte den äugen.
EINIG, gleich dem einfachen 'ein' mehrdeutig, die goth.
spräche kennt nur zwei, den übrigen abgehende formen ainaha
und ainakls, kein ainags, aineigs, irte es dem ahd. einac,
einte, mhd. einec, einic, alts. fnig, nnl. eenig, ags. änig,
aenig, schwach änga, engl, any entspräche, altn. besteht gar
keine solche bildung, sehw. und dän. enig scheinen unserm
einig oder nd. enig nachgeahmt, wie fi.ovay,6s von (lin-oe,
unicus von unus sind ainaha und einac Verstärkung von ains
utld ein. ainaha ist lautverschobnes unicus, während dtirch
die tenuis und media der übrigen die regel gestört erscheint,
vgl. gramm. 2, 310. ,
1) ÜLFiLAS setzt ainaha m., ainohö f. für fiovoyevrjs von
söhn und tochler der menschen Luc. 7, 12. 8, 42. 9, 38, wird
es wahrscheinlich auch JoA. ,3, 16. 18 vom söhne gottes gesagt
haben, die vulgata hat aber im ersten fall unicus, im an-
dern unigenitus, verleiht also diesem technischen sinn, nicht
anders verdeutscht Luther m jenen stellen: ein einiger son
seiner mutter, eine einige tochter, mein einiger son; tn den
Johannesstellen: seinen eingeboren son, des eingeboren son
gottes. durch diese Verengung des ausdrucks wird dem texl
etwas aufgetragen oder vielmehr benommen, auch anderwärts
steht von menschenkindem nur einig, nicht eingeboren: nim
Isaac deinen einigen son. l Mos. 22,2; du hast deines eini-
gen sons nicht verschonet. 22,12; und die war ein einiges
kind und er hatte sonst keinen son noch tochter. richL 11,
34; denn ich war meines vaters son, ein zarter und ein
feiniger für meiner mutter. spr. Sal. 4, 3 ; trag leide, wie
umb einen einigen son. Jer. 6, 26 ; ich wil inen ein trawren
schafl'en, wie man über einem einigen son hat. Arnos 8, 10 ;
wie man klagt ein einiges kind. Zach. 12,10; der hat nur
ein einige -tochter. Tob. 6, 12 ; weil ich ein einiger son bin.
6,16; du hast dich erbarmet über diese zwei einige kinder.
8 18; ein einigen son eines alten maus. Lctheb 3,129*; er
verliel im jähre lis6 und liesz einen einigen söhn nach, ßar-
tholomaeum. Micbälios 3,305;
mir geben so ein bösen lohn
und mir mein einigen söhn umbbringen. Atbkb 184 ;
nie keine mutter war Wr freuden so entzücket,
wann sie ihr einin kind und lieben söhn erblickeu
Wbrdkrs Ar. 1, 53;
207
EINIG
EINIG
208
ich habe nur diesen einigen söhn gezeuget, pers. rosenih. 6, 3 ;
derselbig hett mit seinem weih ein einige tochter. wegküner
22. allmälich trat einzig an die stelle dieses einig, obicol es
in der dichlersprache noch fortdauert.
2) goltes einheit tcird auf griechisch dureh eis {nicht durch
fiövoi), lat. durch unus (nicht unicus) gegeben, auch gulh.
heiszt es aija ains guj). Marc. 10, 18. niba ains gu|). Luc.
18, 19. frauja ains ist. Marc. 12, 29. ags. erscheint 4n ^lallh.
19, 17. Marc. 12, 29. äna Marc. 10, 18. Luc. 18, 19, niemals
aenig. Luther läszl einig ju: der herr unser gotl ist ein
einiger herr. 5 Mos. 6,4; auf das sie dem einigen gott des
himels dienen möchten. Jud. 5, 7 ; niemand ist gut, denn
der einige gutt. Matth. 19, 17. Luc. 18, 19. Marc. 10, 18 ; der
herr unser gott ist ein einiger gott. Marc. 12,29; sintemal
es ist ein einiger gott. Rüm. 3, 30 ; und das kein ander gott
sei on der einige. 1 Cor. 8,4; gott aber ist einig. Gal. 3,
20. diese schleppendere ausdrucksweise wurde nülhig seit das
zum arlikel erniedrigte zaldwort seinen nachdruck einbüsile,
doch vgl. einigkeit und dreieinigkeit ßr einheit und drei-
einheit. hier sind noch spätere beispiele für einig von gott:
hör Israel, dein gott ist einig. Frank weltb. ISO"; der einige
gott. Lessing 10, 26. 27 ; gott ist einig in seinem wesen, ein-
fach in seiner Substanz. Kam 6, 41 ; ohne solchen begrif
könnt ihr nicht auf ein einiges verständiges urwesen schlie-
szen. 7, 370. einzig wäre hier unverstattet.
3) sehr oft aber hat einig die bedeutung von unicus oder
unus, wo wir heute einzig verwenden und ihm meistcntheils
auch der unbestimmte arlikel vorangeht: aber der arme hatte
nichts deno ein einiges scheflin. 2 Sam. 12, 3 ; wem jagstu
nach? einem todten hund, einem einigen floch? (oTiioco xpvX-
Xov ivöt;) iSam. 24,15; ja sie möchten wol on das durch
einen einigen ödem fallen, weish. Salom. 11,21; Abraham
war ein einiger man {sh tJv). Ez. 33, 24 ; denn du vermagst
nicht ein eioigs har weisz und schwarz zu machen igolh. ain
tagl). Matth. 5, 36 ; ein einiges werk hab ich gethan und es
wundert euch alle (goth. ain vaurstv). Joh. 7,21; wiewol sie
mit alle irer kunst nicht vermocht hellen dem bapst ein
einig berlin zu krümmen. Luther i, 4'; umb des einigen
Scheins und namens willen. 3, 5l'; gleichwie etliche jüden
meineten, gott bette Adam also gemacht, das sein einige per-
son zugleich ein maus und weibsbilde were. 3,65; wereerein
einig man gewesen, helle er mügen davon gehen, so ist er
mit weih und kind beladen. 4,109'; aber doch ist mit dem
allen noch nicht so viel gegeben, als mit diesem einigen
wort, die liebe ist gott selbs. 6,46'; die liebe ist der keines,
sondern das einige, unaussprechliche gut und allerboliestcr
schätz, der da heiszt gott selbs. ebenda; denn wie viel sind
ir wul, die im (gott) einmal für ein einige wolthat danken?
6, 56' ; denn das ist der einigste und höheste gottesdiensl,
trawen und glauben. 6, 66' ; das der einig recht brauch der
bUcber ist. Fbank wellb. vorr.; Reinhart gieng hinfür und
nam ein einigen pfennig. Aimon F2';
und redet nu ein cinicbs wort, fasln, sp. 3S7, 24;
kein auf erden mir bas gefallen thut,
du bist mein tierz und einiges blut. Ambr. Ib. i. 82,42;
kein andrer man mir werden sol,
als ir mein eioigs liebelcin. Atrkr 174';
sie Ist allein, nicht zu vergleichen,
ein einige volkommenheit. Weckukrlin 347 ;
einiger trost meiner sehlen. 401;
ich suche nunmehr nichts, kein einig zeichen mehr.
Werders i4r. 5, 35;
ich wil aus dem Waltber von der Vogelweide einen einigen
ort setzen. Opitz poclerei t. 15;
so wird CS ihm bald werden kimd,
dasz sonst kein einigs glied an einer schönen fran
als nur der mund ihn wieder könne küssen. FLKiiNal78;
{llolticin), du einig» aller landen
in Aletnannicn bist unverrückt bestanden.
197;
da» ehr weisz nur vom fried und sonst kein einig sinn.
LOCAU 1, 179. 67 ;
soll dann ein einiger scbSfer so müchtig sein? Birken Mar-
genit 28 ; »o eine sorgfältige mutier würde sie auch dem
einigen hinterlassenen pfände ihrer gesegneten liebe gewesen
sein. CAXrrz 180; mau sieht leicht, dusz man von diesem
wahren und einigen wrge auf eine doppelte art abweichen
kann. Lessinc 4,153; wenn er zu dieser vermeinten einigen
quelle nun selbst kommt. 10, 251 ;
bist du dtr einige, der nicht wüte, dasz unsere herscher
Jesus, den gOtilicben manu, an dem kreute todtcien I
Mewiasll, 1504;
alles übrige ist Oacbes gewüsch, ohne einen einigen allge-
meinen blick. GÖTHE33, 117; hier hast du deinen Götz, deinen
ersten, einigen, ewigen Götz mit innig bewegter seele. Herder
an Gölhe in den br. an fr. von Stein 3, 271.
4) da, wie schon mehrere der angezogenen beispiele lehren
und die verwandlscha/t zwischen ein, unus, sli und olos
ftövos bestätigt, der begrif des einen übertritt in den des
alleinstehenäcn, einsamen, so sehen wir auch mit einig die
Vorstellung von solus verbundeti. sie ist einig und tbut doch
alles, wetsh. Salom. 7, 27 ; ich war einig und verlassen, jeder-
man meinet, es wer mit mir aus. Luther 3,305; er musz
ainig sein [einsam leben). Keisersb. steten Schwerter, am schluszi
solt K'li nun von dir scheiilen,
so wll ich einig bleiben. Ambr. Ib. t. 236, 10;
Weisheit gar oA ganz einig stai,
da lorheii groszen Zulauf hat. Frbidank 1539 27';
si hiesz all weh do von ir gon
und bleib guiiz bei itn einig ston. Mornkr yeuchm. 1519 d 2' ;
dasz er sich ehiich möcht verweiben,
oder ledig und einig bleiben, il. Sachs IV. 1, 113*;
da was allcnihalbcn par und par,
der mensch aber ganz einig war. Wickrav irr. bilg. xii;
und verwundert sich ser, dasz er also einig daher reit. Hugo-
schapler 51; als sie sich nuu aller einig bei dem rilter ver-
nam. Galmy 31; sobald ich zu im kam, er mich ganz einig
auf ein ort führet. 268; als nu die fraw ganz einig blieb,
erst anfing ir leid gott zu klagen. 303; bin ich doch gar einig
auf der wiesen. Wickram roltw. 57'; als sie jetzund an ort
und end kommen waren, da sie sich einig wüsten, buch der
liebe2-il,2; eines tages sich begab, dasz Kosamunde in einem
garten ganz einig spazieren gieng. 238, l ; von ungeschicht
sich begab, das der Jüngling ganz einig was, allein sein lieb-
ster gesell Reinhart bei ihm sasz. 233, 3 ; als sie nun von
Rosamunde sich einig und verlassen sähe. 234, 3 ;
ich will zu nacht einig allein
mich setzen in ein kleines schif. H. Sachs V,230'.
weil ich das luch im geben han
einig allein in ineiin gewaudladen. IL 2, 37*.
ÄJer sehen wir meistens noch die Verstärkungen ganz, gar,
aller, allein und verlassen hinzu getreten, vgl. hernach das
adverbiale einig und die bereits dem einfachen ein beiwohnende
idee der einsamkeit und Verlassenheit [sp. 117). späterhin ist
dieses einig dem klangvolleren einsam gewichen.
6) unmittelbar an einig, verlassen reiht sich das seltnere
einig mit dem sinne von entblöszt, beraubt, expers, wie ihn
wiederum schon das einfache ein (sp. 117) gewährte, ein, allein,
solus ist auch blosz und baar, ein klang an ohne (sp. 112),
einig klingt an änic, ohnig.
es mocht hellen viel oder wenig,
ich ward damit des pfairen einig {ledig). Walois Esop 4. 17,
er hätte genauer reimen dürfen weinig: einig oder wenig :enig,
vorher 1, 26 war ihm onig zum reint auf honig gut. dies
privative einig ist uns völlig ausgestorben.
6) desto häufiger gilt ein ihm entgegenstehendes einig für
Concors, consenliens, gleichfalls oß mit dem genitiv der sache:
weil man des alsdann rütbig und einig würde, reicbsabsch.
von 1512. 4,19; haben aber der rechnung nicht einig werden
mögen. Scuweimchek 3,231;
und weil wir der wähl einig sein. Atrer 128*;
Nurmahal verschafte sich den anblick dieser Sklavin und fand
sie in allen stücken so vollkommen, wie sie es zu ihrer ab-
sieht wünschte, dasz sie des bandeis mit den eigcnthüinern
sogleich einig wurde. Wieland 8, 449; der prinz würde wahr-
scheinlich mannbar gewurden sein, bevor man eines Schlusses
hatte einig werden können. 12,166; sie wurden beide des
Schlusses einig, dasz alles zusammen nur ein blendwerk ge-
wesen sei. 11, 199;
der köiiig will, schon ist man handels einig,
ich bin der creatur verkauft. Schiller 2ü3*;
herr Beding, wir sind feinde vor gcricht,
hier sind wir einig. 52y;
sie solle es bei einer putzinachcrin versuchen, die jetzt eben
eine gehüllin brauche, man sei mit der frau einig geworden,
sie gehe täglich so viele stunden bin. GOtmb 24, 284. man
tagt einige eheleule, einige geschwisler, einige gesellen ; einig
and vergnügt leben, vgl. eins.
7) die einzahl verlor sich in unbettimmleres ein, die wor-
ttellung unus in die von ullus, gerade so vtusle nun auch
einig, unicus geschwächt werden in die bedeutung von quidam
und aliquis, injend ein.
209
EINIG
EINIG — EINIGEN
210
o) am nächsten der einzahl steht, wenn die bestimmte zahl
nicht angegeben werden kann oder soll, der unbestimmt zählende
oder mitzählende pl. einige.
a) ohne andere zahlen : er ist schon einige jähre (quelques ans)
todt, er bat nur um einige thaler, das kind bekam brot und
einige äpfel dazu, ich kann nur einige wenige tage bleiben,
in diesem einige liegt, icas schon der pl. ausdrückt, mehr als
eins, folglich zwei und auch drei, denn drei jähre, thaler,
äpfel gehen immer noch für einige; von blosz zweien wird ein
paar gesagt, eben so sicher scheint, dasz auf fünf und alle
weitem zahlen einige nicht mehr erstreckt werden darf, zweifei
haßet lediglich, ob es auch noch vier begreifen könne? Vcrs
serb. wb. erklärt nekolika d. i. einige durch manje od pet,
weniger als fünf, schlieszt also vier nicht aus. ich weisz nicht,
ob das lat. aliquot weiter gehl, bei Fobcellim heiszt es: aliquot
sunt plures quam unus aliquis, quot sint nihil refert. dann
aber wäre es gleichviel mit plures, was nicht anzunehmen ist.
ß) wird einige andern zahlen beigeßgt, so meint es zwei,
drei, vier darüber: einige und zwanzig jähre sind verstrichen,
d. i. zwanzig und einige mehr, wenn sich nicht bestimmen
Idszt, der kürze halben oder um zu mildem unausgedrückt
bleiben soll, wie viel einzelne den zwanzigen noch hinzu, er
ist einige und sechzig jähre alt, an demselben weinstock wur-
den einige und vierzig trauben gebrochen, oder auch mit aus-
bleibendem 'und' einige zwanzig jähre, einige vierzig trauben.
die gröszere zahl läszt sich ebenwol voraus, die unbestimmte
nachstellen, dann aber wird das und unerläszlich : zwanzig
und einige jähre, vierzig trauben und einige, diese redeweise
gleicht der sp. 114 behandelten, wo der einzahl eine durch oder
verknüpße höhere zahl folgt, über welche nicht hinausgegangen
werden darf, so dasz die wähl zwischen ihr und jeder niederen
frei steht, nur wird dort von der einzahl ausgegangen, wäh-
rend hier in dem pl. einige schon mehrzahl liegt, in beiden
fällen bleibt die mindere zahl unbestimmt, dort aber sind
überhaupt blosz l — 10 im spiel, hier niedere und höhere zahlen.
im lalein sehen wir aliqui gerade so verwandt: helleborum
potabis faio aliquos viginti dies. Plautus Menechm. 5. 5, 47 ;
comesto aiiqua quinque folia. Cato RR. 156 ; esse aliqua folia
quinque. Varbo RR. 1, 2 ; ut quadringentos aliquos milites ad
verrucam illam ire jubeas, in einer stelle bei Nomüs. fran-
zösisches quelque vor den Zahlwörtern bleibt unveränderlich:
quelque vingt juges, einige und zwanzig richter; il y a quelque
cinquante ans depuis, es ist einige fünfzig jähre her. diesem
'quelque' scheint Lessixg ein auffallendes aber doch im pl.
stehendes 'einige' nachzubilden: die zusätze bestehen in einige
sechzig Zeilen zu ende des chores nach dem ersten aufzuge.
4, 319 ; noch vor einige dreiszig jähren fanden wir Deutsche
ebensoviel geschmack daran. 7, 2S0, gleichsam in, es sind
einige sechzig, zeilen ; vor, es sind einige dreiszig, jähren.
deutscher klänge beidemal 'einigen', wie bei WiMiELMAS.v 3, 2'41:
in einigen zwanzig Jiguren. ohne anstosz ist: um die jähre
einige sechzig. Lessixc 4, 25. Kapp verdeutscht jene worte
des Plautus: ein zwanzig tage schluckst du mir helleborus,
was aber nicht ausdrückt zwanzig und einige darüber, sondern
nur zwanzig oder gegen zwanzig, vgl. sp. 127.
b) einige, quidam, erträgt keinen sg., sondern musz da durch
ein oder jemand vertreten werden, der pl. aber steht
a) allein, also pronominal: einige sagen, einigen thut es leid.
ßi neben adjeetiven: einige wenige behaupten; einige an-
dere haben vermutet; einigen kühnen gelang es.
y) neben Substantiven : einige leute ; einigen menschen vnri
es schwer.
8i neben subst. und adj.: einige weise männer; bei einigen
widrigen anlassen; in einigen unerwarteten Killen; es war
das verdienst einiger schöner frauen in der Stadt.
£1 substantivisch, mit vorausgehendem pron. und adj. : und
auch das geschieht bei kindern, die man für sich aufwachsen
läszt, viele bleiben ganz roh, einige bilden sich zum erstaunen
selbst, wie aber diese glücklichem einige nichts gegen den
nutzen und die nothwendigkeit der erziehung beweisen u. $. w.
Lessinc 10,312.
c) einige, altqui, irgend einige kann sowol im pl. als auch
im sg. gesetzt werden.
a) im pl. : aber )ver ist noch der lebend ie gewesen, dem nicht
einlebe tadel oder laster zugemessen werden mOcht? itinion vorr.f
ich habe keine Iu5i zu eingen solcnen sachen,
die einen leichten schein bei gleichen leuicti machen.
FLuai.-ic 108;
III.
ß) im sg. : man sol die Christen leren, das die, so da ver-
neinen einigen gemeinen artikel, für halsstarrig in irem irrthuin
recht genant werden. Luther 1,17'; das unsere heiligkeit von
im und alle seinem leben herkome, nicht von mir noch eini-
gem menschen. 6,74"; und {ich) wil kurz nichts wissen von
meinen noch einiges menschen werken. 6,69'; das kanst du
nicht leugnen noch einiger papist. 6,83*; und war wider mein
herz, einigen frommen priester belästigen oder betrüben. Hctten
5, 420 ; wo sieht man auch einleben zornmütigen, den der
zom nit so fast meistert. Aimon vorr. ; es weisz Reinhart
meher von Streits Übung wan einicher ritter der ganzen weit.
92"; davor sei gott, dasz mich einiges frawenbild dahin bringen
soll. Ca/my 194; dasz zu keinen zelten einiger bischof, prälat
oder thumher ohne der landesfürsten benilligung erwehlet
worden. Miciüiuos 5, 225 ; die andern drei folgten ihm ohn
einigen anstosz nach. Carp. 235*; Taubmann wolle nicht, dasz
einiger mensch durch seine reden angestochen oder genaget
werden solle. Brandts bericht s. 20 ;
die (Jungfrau) sonst nicht hett in ihrem leben
einigen mann dörfen nemen. Atrer 204";
gehl hin. ihr liebes paar, den weg der ewigkelt,
gehl, gehl, es ist gewjs ohn einige gefehre. Opjtx 2, 68;
es würde auch schwerlich einige silbe von mir in das öffent-
liche licht kommen sein. Hoffjia>sswaldad vorr.; ist dir wol
jemand unter den königen von Persien bekam, in deren lande
nicht zu einiger zeit eine Verwüstung sich begeben habe? pers.
baumg. 1, 14; Carolus verbot bei strafe einem .Normannen
einiges leid zuzufügen. Hah.\ 1, 263 ; ohne einigen nachschusz.
Lessing 4, 473 ; wofern ja einige ausnähme zu gunsten der
blosz contemplativen geister zu machen wäre. Wieland 2, 228 ;
zu einiger Vergütung. 2,232; aus furcht des todes oder sonst
einiges dinges seinen platz veriassen. Clacdids 5, 83; dasz sie
weder an leibe noch vermögen einige kränkung erdulden sol-
len. GöTHE 8,240; nun denke dir einen bürger, der an jene
Vorzüge nur einigen anspruch zu machen gedächte, durchaus
musz es ihm gelingen. 19,152; ich begreife nicht, sagte der
arzt nach einiger pause. 20,296; alles übrige ist flaches ge-
wäsch, ohne einen einigen allgemeinen blick, ohne verstand,
ohne kennlnis. 33, 117 ; ein oflicier, der der Schlacht beigewohnt
und einigen plan davon hätte aufzeichnen können. 37, 127.
ich habe einige aussieht, scheu, furcht, einigen theil daran;
es geschieht nicht ohne einiges bedenken, vor persönlichen
Wörtern pflegt man das einfache ein oder irgend ein vorzuziehen.
EINIG, nnice, tanlum: so ist auch Hiarnes bei ihnen einig
und allein dessentwegen zum kOnigreiche kommen. Opitz
poelerei 15;
es ist einig gott bekannt. Sia. Dacb A4';
es ist der einig wahre- got. Wkckherli!« 105;
dis ungeformte band ist einig übrig noch. FLcaiNG 40-,
sie einig ist mein höchstes gut.
dich einig setz ich allen für. 473;
dort seh ich beide, nein, (loch ja .' o werih zu preisen,
die einig sich geireu in unsrer noih beweisen.
Grtphics 1. 102;
meine äugen sind einig auf meine lieb gerichtet, pers. rosenth.
5, 4 ; es ist auch darum einig und allein dem ohnmächtigen
teufel von gott zugelassen also herum zu schleichen. Simpl.
K. 449; sofort das jähr darauf hob es .Morhof in seinem
polybistor aus dem ganzen fellerschen catalogus einig und
aliein aus. Lessing 9, 474 ; mein einig geliebter. HerdebS, 70;
lasz r.iliren. herz, die Ungeduld,
zur ruhe iiiu-t du kommen,
und wirr dii h in die vnierhuld,
das einig bringi <ltr frommen. ScHi^tCRKDOir.
heule herschl vor einzig, einzig und allein.
EINIGEMAL, aliquoties, nnl. eenigzins, schw. nSgonsin,
nagon gäng, dän. nogensinde, nogen gang; ich bin einigemal
gefallen, d. i. zwei, drei, viermal, manchmal aber kann auch
mehrere mal ausdrücken.
EINIGE.N, t4»ire, einen, vereinen, vereinigen. Serranos cc6*.
1) liebende einigen; gläubige einigen; sünd und gnade
einigen ; die parteien einigen.
21 sich einigen: es hall schwer sich in principien zu eini-
gen. Kant 10,68; sich mit seinem gewissen einigen. Klingeb
3, 1S5; mit dem schlusz, der in antiker manier gedichtet ist,
kann ich mich nicht einigen {nicht einverstanden sein). Tieck
nor. kr. 4, 296 ;
schworst ja bei der fürt am Maine
«hch zu eingen dem vereine
alier vaterherrhclikeii. ScHERiKnooRr.
14
2 1 1 EINIGERLEI — EINIGUNGS VERWANDT
EINIMPFEN — EINKAUFEN
212
EINIGERLEI, ullius modi, generis, im 16 jli. tneislens ge-
schrieben einicberlei: spricht der herr Jhesus, ir sollenl nicht
umb einicherlei schweren {Mattli. 5, 34 4as ir allerding nicht
schweren soll, gr. oXo>s, vulg. omnino) ; wo einer den an-
dern schuldigt umh einicherlei unrecht. 2 3/oj. 22, 9; an eini-
gerlei ding das von feilen gemacht ist. 3 3/os. 13, 49; dawider
sollen nicht gellen einicherlei auszug, privilegia und Freiheiten.
Luther 1,103'; mit irer keinem einicherlei gemeinschafl haben.
8. 178 ; wolt er je meinem ritter etwi schmach anlegen und
in mit einicherlei unterstehen zu strafen, müste er warlich
die hend mit erst an mich legen, buch d. liebe 240, 2 ; ir solt
keineswegs gedenken, dasz ich meiner person halb einicherlei
entsetzens hab, denn ich den tod in keinerlei weg (liehen
wolt. ebenda: ohne welchen {grund) kein arz einicherlei weder
rathen noch entralhen sol. Paracelsüs 1,712"; wo du mich
in einigerlei weg sehen würdest zu viel oder zu wenig tbun
oder lassen. Ga/my 47; wolle er keinem menschen einicberlei
rede gestatten. Kirchhof wendunm. 104"; mit einigerlei Steuer
oder sonst anlagen zu thun nicht verpflichtet. Schweimchen
1, 390 ; wo sich befinden wird, ob ihr durch einigerlei mittel
werdet beweisen können, dasz wir diese tbat begangen haben.
Gryphils 1,887. im 18 ;/i. veraltend, man sagt heute: in
einiger art, weise, auf einige art oder weise.
EIMGERMASZEN, qmdammodo: zehn monate hat A. hin-
gebracht, ehe er sich einigermaszen trösten konnte. Habenkr
2, 263 ; wenn kenner in nachstehendem liede Hausens bild
einigermaszen erblicken wollen, so würde den Westländer
dieser versuch ganz besonders erfreuen. Göthe 6, 130.
EIMGERWEISE, dasselbe: einicher weise oder ursach.
Luther 3, 93'.
EINIGKEIT, f. unitas, concordia, mhd. einecheit, s. einbeit.
dann mag er steigen auf den andern bühel, der heiszet einig-
keil oder einiges leben. Keisersb. predigen teutsch. Auysb.
l.i(i8. 8*; und die tochter des königes gegen mittage wird
komen zum könige gegen mitternacht einigkeit zu machen.
Dan. 11, 6 ; und sol zwischen uns guter friede und einigkeit
sein, l Macc. 13,40; und seid lleiszig zu halten die einigkeit
im geist. Eph. 4,3; hie müssen sie selbs aus bechcr und
wein ein newe einigkeit und wesen machen. Luther 3,499';
von gotes ewigkeit, einigkeit, drifaltigkeit. ScnwAnzENB. 154, 2;
wie noch aus der einigkeit der zungen anzeigt wird, dann
noch heut reden dise bede Völker ein zung. Frank we///). 30* ;
Steffens grundzüge gaben genug zu denken, inderti man ge-
wöhnlich mit ihm in uneiniger einigkeit lebte. Göthe 31, 254.
Keisersberc braucht einigkeit auch für allcinsein, abgeschie-
denheil, cinsamkeit: weller mensch in ein wall got oder in
einigkeit wil sin. bilger 57*; er sucht einigkeit der" stat in
weiden, in bergen. 5S'.
EINIGKLEIN, s. enkel.
EINIGLEN, ELMGELN, hebescere: die werden wintertrollen
{herlinge, uvae austerae) genant, von denen den sünen die
zeen einiglen. kriegsb. des frides 210. s. iglen, eilen oben
sp. 108. Es. 18, 2 heiszl es : die veter haben heerlinge gessen,
aber den kindern sind die zene davon stumpf worden.
EIMGLICH, unice:
schaw doch an meine seel, dir einiglich geliebet.
, WeCSUKHLIN 92.
EINIGESSINNS, quodam sensu, modo, ullo modo, einiger-
maszen, en quelque fagon, nnl. eenigzins : und wolt glatt nit
geslehn, dasz im das schwert der oberkeit cinigs sinns solte
zu^tehn. Fischart bienenk. tl* ; so ist kein zeitlich pein noch
marter, die mit der pein des fegfewers einigs sinnes zu ver-
gleichen sei. 115*. s. einssinns.
EINIGUNG, f. unio, ahd. einunga, mhd. einunge, s. einung.
wir machten mit dem künig einigung und bündnis. Frank
vellb. 221*. heute ist Vereinigung üblicher, in folgender stelle
aber bedeutet es secefsio in locum secretum, solitudo, von einig
allein, wie mhd. vereinen allein sein ausdrückt {wb. 1,424'):
nu hette der bapst einen Bitten, da« er »ich oft vereinet und
«ein Rebet sprach, das thet er aber {Herum) und da er an
der einigung wai, da höret er ein stimme jeinerlicben schreien.
Lern kr «, 500*.
EINKiL'NGSIMilEF, m. lilerae t. pactum unionis: Sdllen
unsere r3te mit inen srhiieszen und die einigungbrief darüber
aufrichten, urk. Maximilians i. 86.
ElNIGüNGSFOItMEL, f.
EINIGUNGSVEHSLCH, m. unionis experimenlum.
EIMGLNGSVEKWANUT, unioni addtctus : das kricgsvolk
durch zuthuung der einigungsverwandfen stende in Franken
angenomen worden, staatsp. Karl des 5. s. 528; im groszen
krieg zwischen dem keiser Carolo dem fünften eins und der
evangelischen einigungsverwandten anderestheils. Kirchhof
ivendunm. 256'.
EINIMPFEN, in."fcrere, einem bäume das äuge eines edleren
einimpfen ; kindern die blättern, pocken einimpfen ; mir war
eine art von sittlicher krankheit eingeimpft. Göthe 24,107;
dasz solche verirrungcn als bedeutend fördernde neuigkeiten
gesunden gemüthern eingeimpft werden. 46, 273 ; gefühl und
geschinack einimpfen. Gotter 1,113; einer adelichen familie
bürgerliches blut einimpfen. Ki.inger 1, 469; einem Zweifel
über seine bestimmung einimpfen. 3,33; der die lateinische
dogmatik den kindern eingeimpft hatte. J. P. Fibel 3; die
ministerialiscbe auf habsucht eingeimpfte p/acht. Tit. 2, 36.
s. impfen, ahd. impitön.
EINIMPFUNG, f. einimpfung der pocken. Göthe 24, 51.
EINIST, s. einst.
EINJAGEN, subito inferre, nnl. injagen, schtc. injaga, dän.
indjage :
so jage dis geheiii
dir, der du sterblich bist, ein ernstes schrecken ein.
Ghyphius 2, 486;
du jagst mir schauer ein. Gottkr 2, 123;
was ihr mir da für eine angst einjagtet I Schimer 13t'; jeder
mensch, den ich ansehe, jagt mir ein schrecken ein. Lenz
1,213; kann ihm mein anblick zorn einjagen? Klincers Ih.
2,'365; den Verehrern der recbtgirinhigkeit ist es leicht, ihrer
herde ein frommes schrecken einzujagen. Kant 6, 310.
EINJÄHRIG, anniculus, mhd. einja!rec, nnl. eenjarig: ein-
jähriger stier; einjährige dauer; unter vorbehält einjähriger
kündigung, d. h. die ein jähr vorher erfolgen musz.
EINKACHELN, was einheizen, in die kachcl legen : beute
ist tüchtig eingekachelt.
EINKÄFICHEN, avem in cavea includere:
nachrief es flugs ein papagei
in einer neuen bücherei,
wo auf der grazien nltar
der schwaizer oingekhfigt war. Borger 93'.
EINK.\LKEN, 1) calce macerare, der gerber kalkt die feile ein.
2) calce durare, der dachdecker die ziegeln.
EINKAMM, m. der am balkenende ausgeschnittene zapfe zum
einkämmen.
EINKÄMMEN, 1) peclendo unguere crines, öl in die haare
kämmen, auch die haare aus dem gesteht kämmen.
2) asseres s. trabes jüngere, breter, balken einzapfen.
EINKAMMER, f. curia unius ordinis.
EINKARGEN, pecuniam sordide corradere. Stieler 930 :
wer seinen reichihum hat mit wucher eingekargei.
WiKDRMANN mal 64;
das zusammengescharrte, eingekargte gut musz er zuletzt
wieder im Stiche lassen.
EINKÄSTELN, arculis, cistellis includere, einpacken:
bei manchen musz sie rechts, bei manchen linkweris gchii,
bei andern musz die schrifl gar einpekästelt siehn.
WiKDf.BAt Jan. 15;
ich will meine madonnen und seestücke recht behutsam ein-
kästeln. Thümmel reise 6, 77.
EINKASTEN, cista includere, miat. incastare, franz. en-
chasser: ein gcrippe in der grösze des eingekasteten modells.
Göthe 35, 332.
EINKAllCHEN, was einhauchen. nENzi.ER 88'. s. kauchen.
EINKAUEN, EINKÄUEN, pmemandere, praemansum in oj
ingerere, inculcare: kleinen kindern den Zwieback einkauen;
ich musz imer solch unterscheid diser zweier reich {des himm-
lischen und weltlichen) einblewen und cinkewen, eintreiben
und einkeilen. Luther 6, 154*; dasz er nun wol längst schon
alles wieder ausgeschwitzt haben wird, was du ihm damals so
mühselig einkaucn thatst. Siegfr. v. Lindenb. I, 57. s. vorkauen.
EINKAUF, m. memlio, nnl. inkoop, sehw. inköp, ddn.
indkiöb: er macht gmsze einkaufe, reist fern, des besseren ein-
kaufs wegen, der einkauf bezeichnet auch die eingekaufte sacke.
EINKAI'FEN, emrre, nnl. inkopen, schw. inkOpa, ddn.
indkiöbe, gegenüber dem verkaufen, vendere.
1) walfeil orfer theuer einkaufen; die frau kauft alles
selbst auf dem markt ein ;
eur eingekauftes haar kann auch ein kind erkennen.
CRTruiim 1, 313.
213
ELNKÄL'FER — EINKEILEN
EINKEILUNG — EINKLANG
214
2) sich in ein armeniiaus einkaufen ; daraus man schier
ahnemraen möcht, das er den ketzern schmeicheln will und
mit honigbeschmiertea worteu sich bei inen eiDkaufen. Fischart
ütenenk. 170*.
EINKÄÜFEK, m. emlor.
EINKÄLFEREI, f. einkäuferei in geistliche prübenden. An-
drea buszpos. f3.
EINKÄLFERIN, f. emtrix.
El.NKAUFGELD, «. das ßr erwerbung des bürgerrechts zu
entrichten war. Mose zeilschr. 8, 3. 10.
EINKAUFSPREIS, m.
ELNKEHLE, f. 1) colliciae, der einwärts laufende winket,
gleichsam die kehle, rinne, wenn zwei ddcher zusammenslosien.
2) das loch durch welches vögel oder fische ins nelz dringen
und nicht wieder heraus können. Döbel 2, 179.
EIN KEHLEN, slriare dolabra cymea. Stieler 914. ein dach,
eine seule einkehien, mit rinnen versehen.
EINKEHLSTEI.N, n». dachziegel zur einkehle.
EINKEHR, /■. 6m Deszler m. diversorium oder deversorium
solchen, die deminutio dem diminutio vorziehen, hospitium, nnl.
inkeer.
1) gaslhaus, herberge, einkehren : den einkehr nemmen, ein-
kehren, abtreten; kamen wir abends in einen finsteren und
langen wald, darinnen kein Wirtshaus noch einkehr zu er-
sehen, franz. Simpl. 1, 112 ; und doch hatte ich aussieht unter-
wegs auf die angenehmste einkehr. Göthe 30, 210 ; es ist hier
viel einkehr. bildlich,
wer darf es wagen,
dem glück und was ihm folgt die einkehr abzuschlagen ?
Hagboobn,
weil man sich das glück als leiblieh xu den menschen ein-
kehrend dachte.
2) einkehr in sich selbst, beschauliches nachdenken, nnl.
tot inkeer komen, iemand tot inkeer brengen.
EINKEHREN, divertere, mhd. in kferen, nnl. inkeeren. das
pari, praet. bildete die allere spräche noch gern ohne ge.
1) in ein haus : herr, keret doch ein zum hause ewers
knechls und bleibet über nacht 1 Mos. 19, 2 ; die giengen hin
und kamen in das haus einer huren, die hiesz Rahab, und
kereten zu ir ein. Jos. 2,1; da sie nu bei Jebus kamen, fiel
der tag fast dahin und der knabe sprach zu seinem herrn,
lieber, zeuch und lasz uns in diese stad der Jebusifer ein-
keren und über nacht drinnen bleiben, rieht. 19,11; Zachee,
steig eilend ernider, denn ich musz heute zu deinem hause
eiukeren (goth. in garda {)einamma skal ik visan, iv ic^ oXxqf
oov Sei fi8 ftsivai). Luc. 19, 5 ; da sie das sahen, murretea
sie alle, das er bei einem sünder einkeret (J)atei du fravaurhtis
mans galai|) in gard ussaljan, ort itaQO. dfiaQ^coX^ avSql
siaf,).d^v xaraXiaai). 19,7; heiszt das nicht wol einkehrt?
S. Julian bestell uns die herberg. bienenk. 78'; auf meiner
Wanderschaft bin ich zu einem alten manne eingekehreU pers.
Tosenth. 6, 3 ;
aber kehrten sonst die enget
nicht in solchen hütten ein? Gökmgk 1,62;
in Göttingen bei der kröne eingekehrt Götbb 31, 96; da
kehrst zu viel ein, gehst zu viel in die schenken.
2) in sich, bei sich einkehren, secum esse, bei sich be-
trachten, nnl. inkeeren in zijnen eigenen geest; ie m6 dd
ingek^ret unde vergejjener, ie m6 du disem näher bist Eci-
hart 7, 40 ; das die kraft inwendig in mark und gebein sich
einkehre und versammel. Frank weltb. lOO'; der glänz der
heuser ist alles einkert [inwendig) wie bei uns auskert {aus-
wendig). 141*.
3) einkehren, beim reden einhalten, abbrechen: Carlson blieb
auf einer stelle stehen und fragte hundertmal, was es wäre,
mein mann wollte es ihm sagen und kehrte doch bei jedem
würte wieder ein. Gellert 4, 232.
4) transitiv, einwärts richten: also solde der mensche ent-
wichen allen sinnen und inkiren alle sine krefte. Eckhart
7,24.
EINKEHHHAUS, n. diversorium, hospitium, Wirtshaus,
EINKEHRIG, medttabuudus : stillet dich und machet dich
inkerig zfi dir selber. Keisersr. bilger 72'.
EINKEILEN, cuneare, schw. inkila, ddn. indkile : eintreiben
und einkeilen. Llthkr 6,154 [s. vorhin einkauen); hier war
fülle ineinander gedrungener realitäten vorhanden, die ich
nnmöglirh in die allzuengen pallisadea des Aristoteles und
Batleu.x rinkeilcu konnte. Scauxüa 102' ; nun fieog er an sein
System von grund aus in meine seele einzukeilen. Bettisa
briefe 2, 126 ; er sasz mit den beinen in gepäck eingekeilt
J. P. uns. löge 1, 74 ; pOöcke, pfale, nägel einkeilen.
EINKEILL.NG, f gomphosis, bei den ärzten, des kindskopfes
in das hecken, der zahne in den kiefer.
ELNKEL, singulus, simplus. Sticler 369, aber sonst gar
nicht und wol nur dem nnl. enkel nachgebildet, dies aber,
gleich dem schw. enkel, dän. enkelt, entspricht merkwürdig dem
yoth. ainakls solus, solilarius, vidavö ainakla. 1 Tim. 5, 5.
s. einzel.
EINKELLERN, in cella vinaria reponere, nnl. inkelderen*
die Haschen sind schon eingekellert s. kellern.
EINKERBEN, slriare, nnl. inkerven:
ein irinkgeschirr, das noch nicht abgenützt,
auf dessen decke! sei 'Philemoo' elngekerbet.
HA6ED0RX 2, 101;
besonders dieses einkerben der balken, (fieses einschneiden
von gewissen einfachen figuren. Göthe 21, 24 ; eine schuld
einkerben, auf dem kerbstock einschneiden.
EINKERKERN, in carcerern includere, mlal. incarcerare:
den Verbrecher einkerkern; ein unschuldiger wurde einge-
kerkert; die seele ist in den leib eingekerkert; weil eine
gute beobachtung und regel in einem zu dickschweren werke
eingekerkert niedersinkt; dieses in dem busen lange einge-
kerkerte leiden. Klinger 7, 95; die grazie eingekerkert in dem
schweren putz des hofes. J. P. Tit. 2, 98 ; das eingekerkerte
(mit einer binde verhüllte) äuge. Hesp. 3, 37.
EINKETTELN, was das folgende, doch nur von kettchen.
EINKETTEN, mlat. incatenare, franz. enchainer: die thür
einketten, mit eingehängter kette verschlieszen; die Qeisch-
statuen, worein unsere geister eingekettet sind. J. P. Hesp.
1, 120.
EINKIELEN, in culmum erigi, in den kiel oder halm
schieszen : der weizen musz gesahert werden (s. Sch«. 3, 216},-
ehe dann er einkielet Hohberg 2, 35'. s. kielen.
EINKINDSCHAFT, f nnio prolis. Hexisch 852, 15. Frisch 1, 222'.
Oberlis 292, gleichsam die einigung der kinder in einer familie.
von J. Padl allzuoft bildlich gebraucht, aus vielen stellen nur
wenige: ein solcher stand am gasthoffenster stiftet eine ein-
kindschafl einer jeäen drunten spielenden stadtjugend. paling.
1, 95; es geht eine heterogene einkindschaft von kindera
zweier eben vor, bei welcher beide verlieren. Hesp. 4, 3 ; seine
einkindschaft ins fürstliche haus. 4, 146 ; die herlich vollführte
Verbrüderung und einkindschaft des knaben und Jünglings in
dinem gesiebt Tit. 2, 208 ; Boutenvek findet das romantische
sehr in einer ungriechischen einkindschaft des ernsten, ja
tragischen und komischen, aesth. 1, 113.
EINKITTEN, ferruminare, mit kitt in etwas festigen, dän.
indkitte.
EINKLAGBAR, exigibilis: einklagbare forderung.
EINKLAGEN, per litem ex\gere, dän. indklage.
EINKLAMMERN, uncis, manibus, pedibus etc. includere, dän.
indklamre : die subjectiven privatbedingungen des urtheils, wo-
zwischen so viele andere wie eingeklammert sind. Kant 7, 153 ;
sich in den gegenwärtigen augenblick einklammern, wie wenn
er allein wäre. Pestalozzi 5, 13 ; die eintagüiege. die sich daran
eingeklammert. J. P. Kamp. 37 ; so wie man kapaunen und gänse
in enge behällnisse zum fettwerden einklammert teufelsp.
1, 21 ; das baret unter den arm einklammern. Arnim kronenw.
1, 68. s. anklammern.
EINKLANG, m. concentus, zweifelhaß ob mhd. einklanc oder
inklanc, ob einheit erklingender stimmen oder ihr in einander
klingen, vgl. hernach einklingen, der Übergang aus dent klang
und laut in bildliche einstimmung und harmnnie macht sich
von selbst: ein werk, das sich dem himmlischen einklange
der Vollkommenheit nähert Herder 1, ICS ; die vögel kan ich
mit vil inehrer bequemlichkeit im gehauer singen hören, ohne
ander dorfpieken (blöker) einklang. Butscuky kanzl. 438;
sein ohr vernimmt den einklang der natur. Götuk 9, 107;
ist es der einklang nirht, der aus dem busen dringt,
und in sein herz die weit zurücke schhugl! 12, 13;
gib dasz in den grosien einklang
deiner siimnien jedes
menschenherz h.iruioiiisch schmelze. ROckbrt 8;
sieh, o blöder, auf und nieder,
sieh mit nii-inem sinn den bau
und den einklang ihrer glieder. BÖReiR 74*;
der einklang der Mimme aus meoschlicber bmsu
KöutiA 1, 174 s
14*
215
EINKLÄNGIG — EINKLINGEN
jede trauerglocke Irift leicht ihren einkiang an. Fixlein 229 ;
0 schweige nicht, iasz deine stimme einkiang in meine leiden
sein. KiiNGER 2,207; die kleine glückliche gesellschaft konnte
diesen abend zu keinem freien einkiang gelangen. 4, 140.
EINKLÄNGIG, misonus, congruens.
EINKLANGSVOLL:
un<l jede blnie duflei ewgen frühling
dem .Tbgeschiediien von dem ra.sennügol
in einklangsvollein sir.ihlendufie n.ich.
KOKINKR 1,201.
EINKL.\PPEN, 1) intr. congruere: es klappt nicht ein, fügt
sich nicht, mit der hand einklappen, einschlagen.
2) tr. inserere, aptare, einfügen, ineinander legen : ein mes-
ser einklappen; ein ausgebildetes gesicht mit einem feinen
munde, welches auf einem etwas schiefen torso stand, der
wieder seinerseits auf eingcklappten kniewinkeln beruhte.
J. P. flegelj. 1.66.
EINKLAPPIG, unius valvae, also mit ^in, nicht wie das
vorausgehende verbum mit \a gebildet.
EINKLAUBEN, colliyere, einsammeln, einpflücken:
schau, die biichlein lieblich sausen
klar mii lauter i^ilberschein.
schau die biencn ernsilich hausen,
rauben, klauben honig ein. Spek trvttn. 101 (93).
s. au<;klauhen.
EINKL.M'IG. unius ungulae.
EINKLEBEN, gluline inserere: hlütter einkleben, s. ein-
klcibcn.
EINKLEIBEN, illinere, einstreichen, bauernregel:
den habeni eingekleibi.
das körn (die gersie) eingestäubt.
d. h. haher soll bei nassem weiter in feuchten, körn hei heiterm
in Iriicknen boden gesät werden, so dasz die erde am haber
klelil. am körn stäubt. Bökel haus und feldweisheit s. 1?6.
EINKLEIDEN, iuvestire, nnl. inkleeden, ddn. indkläde, in
neues iiewtind. zum erstenmal, kleiden.
1' die braut wird ins hochzeitliche gewand, die leicl^e ins
lodtenhtMnd, der priesler ins feierliche amikleid, der rccrut
in die uniform, die nonne in den schleier eingekleidet:
il.isz nu'hi irpend im volk der Achairinnen eine mich tadle,
1)|{ uneingekleidei der mann von so groszer besitzung.
Ud. 1!).J47,
rtTe(> anei^ov, denn oTttlQOv, wie sonst yoQos, ist leichen-
kleid;
«ie erblicken mit schauern
den furchierlichen goii der schlachten
dC'. in lonendC'* erz ein^ekleidfl.
sii h um ilen simois zahllos verbreitet. Schiller 224',
wn bei Earipides 764 nur ;i;rtAx«ff7r« jiqrjS. eines gottes ge-
wand iiil immer feierlich.
21 fuiürlicli, .seine gedanken in worte einkleiden ; einen ver-
trag als Schenkung einkleiden; alles seufzen war in ein zögern-
des aihmen eingekleidet. J. P. Hesp. 3.77; bei dem verstor-
benen Biiffon, von welchem mad. Necker berichtet, dasz er
zuerst sich wie zur galla und darauf erst seine bemerkungen
eingeklei.let. fleiielj. 1, 142.
EINKLEIDUNG, f
1) mutaliu vestis solennis, consecratio: die einkleidung eines
priesters. einer nonne, eines Soldaten ; die feierliche belehnung,
investitiira. Hai.taos 296.
2) einkleidung, Verhüllung, auch bemäntelung.
EINKLEINEKN, imminuere, mindern: ohne zu bedenken,
da«z die Völker sich einkleinern. J. P. dämm. 25.
EINKLEISTEHN, was einkleben.
EINKLEM.MEN, coarclare, comprimert, nnl. inklemmen, dän.
indklemme. '
1) die hand, den fingen einklemmen; ein eingeklemmter
briich ; der leichnam war in dem gePdngnisse des grabes ein-
geklemmt, per», baumg. 9,9; er liesz einen kleinen pavillun
zwischen die höchsten felsen einklemmen. KLtNCER 6, 15.
2) er klemmte ihr herz zwischen furcht und angst ein.
Klincer 10, 174 ; man hat die gerechtigkeit in die geietzbücher
eingekleiimiL J. P. lit. nachl. 4, 138.
EINKLENKEN, injungere, inserere:
jedoch kein falichcil ich einklenk. H. Sacrs 11. 2,5*.
ahd. inklenkan 0. l 07, 60 ist enlklenken. lösen.
EINKLETTEBN, irrepere scandrndo : der dieb klettert durch
ein loch oben am dach ein. nnl. inklimiiien.
EINKLINGEN, intonare, contonare, s. einkiang. mhd. klingen
lo, in etwas fiiiLlingen, in dtc satten klingen.
EINKLINKEN — EINKOMMEN 216
nu Tristan der begunde
einen leich da läjen klingen in
von der vil stolzen vriundin
Grälandes des schoenen. Trist. 91, 25.
EINKLINKEN, nnl. inklinken, dän. indklinke. 1) tr. repagulo
claudere fores, die tliür mit der klinke einfügen, gegensatt auf-
klinken, aperire; nnl. ecnen nagel inklinken.
2) tr. einen einklinken, or«i in arm fügen, nd. inklinken.
SCHAMBACH 91*.
3) intr. das schlosz an der tbür klinkt nicht ein, fügt sich
nicht. !'(//. klinke.
EINKLIHKEN, ciepitu sopire:
von kellen lieblich eingeklirrt,
schlaf ich, bis friih die peitsche schwirrt,
der arbnii sijszen Schlummer. Voss 4, 52.
EINKLOPFEN, pulsando intrudere: einen nagel einklopfen,
einschlagen ; die wund ciuklopfen.
EINKLOSTEHN, clauslro includere:
aber selbstisch
eiiigeklüsterl
spinnt die puppe. Platbn 18'.
EINKLUCKEN, fcnHicnrfo j'n^rore; dereine Dasche burgundcr
vor dem köpf hat und sie einklucken läszt. Rahel 3, 368.
EINKNA)^LEN, insonarc, increpare: mit der peitsche ein-
knallen; kanonenslüsz {gegen das betlbret), der in das hür-
rohr der länzer (der mause) einknallte. J. P. Uesp. 2, 11.
EINKNEHELN, constringcre, einen mit schnüren einknebeln.
EINKNEIFEN, comprimere, dän. indknibe:
die mein liebt mir für schuheinkneifen. fastn. sp. 134, 10;
das kinn unterwärts wie eingekniffen. Winüelm. 4, 209 ; der
mann halte schattige schwarze augenbraunen, sein mund schien
ein geheiinnis einzukneifen. Arnim kronenw. 1, 83
EINKNEIPEN, dasselbe, s. kneipen.
EINKNETEN, condepsere, schw. inknäda: teig, butter ein-
kneten.
EINKNICKEN, inflectere, infringere: eine blume, einen halm
einknicken ; eingeknickte eierschalen.
EINKNIEN, genuflectendo infringere, cavare : der stein vor
dem bilde war ganz eingekniet.
EINKNÖPFEN, glaVulos itiserere, nnl. inknopen : den rock
einknüpfen, zuknüpfen.
EINKNÜPFEN, inncctere: ein band dem haar, geld in den
Zipfel des tuchs cinknüpfen; der sie in das wesen seiner
epopöe mit einknüpfte. Herder 14,122; er fieng darauf an
stellen zu lesen, sprach dazwischen und knüpfte anmerkungen
und erzählungen mit ein. Götiie 20, 2ll. es einem einknüpfen,
wie einbinden, angclcgentlirli emj^fcbten: die mirs sehr einge-
knüpft hat, ihnen von ihretwegen alles mögliche freundschaft-
liche zu sagen. Bode bei Merk 1, 201.
EINKOCHEN, incoquere, nnl. inkoken, schw. inkoka, dän.
indkoge : bis zur hiilfte einkochen ; es musz eingekocht und
verdickt aufbewahrt werden, intr. das wasser kocht ein.
EINKÖDEBN, inescare, wie anködern, beim Vogelfang: sie
hatte zwanzig fallen mehr eingeködert. J. P. Fibel 6s (98).
EINKOMMEN, mhd. in komen, nnl. inkotnen, schw. inkomma,
dän. indkonime, aliweicitend vom lat. invenire, dessen Iransitivbc-
dculung mehr an unser bekommen orfer einhekommen reicht.
1) inirare, einziehen: und die sonne war aufgegangen auf
erden, da Lot gen Zoar einkain. lA/os. 19, 23; die stcdte, da
wir ein komen sollen, h Mos. 1,22; da sie zu Bethlehem ein-
kainen, reget sich die ganze stad über inen. Ruth l, 19 ; das
gesetz aber ist neben ein koiuen, Tta^eiafjld-st: Rom. 5, 20 ;
er (der leufel) sähe mein herz wol, da ich zu Woruibs ein-
kam, das, wenn ich bette gewust, das so viel teufel auf mich
gehalten betten, al» ziegel auf den dilchern sind, were ich
dennoch mitten unter sie gesprungen mit freuden. Luther
2,79". br. 2, i:»l>: es ward ileui bawreu verdrieszen, dasz er
mit dem hcw nil ciiikonimen konnte. Frey garteng. 35; iu
diesem soiumer wird von wegen der sonne trucken einkotn-
men {trockenheit ctulrcleii). FisciiAiir prosjni. 30; wenn ihr in
die Stadt Schiras einkiuiiinen wollet, ihr vorher allen staub, den
ihr auf der reise gesamtulet habt, abwischcL pers. baumg. 9, 11 ;
Varillus ist das jähr, sein will ist immer rund,
dasz morgen wiiiier siehei, wo heute sommer stund.
nur wann ciu Schaltjahr ist, kümint warben wo mit ein,
sdiut wll ein jede stund ein eigne Inge sein.
Lkuau 2, 76, 88;
weil der wetterldser drinnen {tu »eihnachtrn) in die weit ist
kummcn ein. 3, 73, OT;
wer ein fremde« Und kUmi ein. 8, 171, M;
217
EINKOMMEN
EliNKOMMENSTELEK— KINKRIECHEN 218
als Conrad der dritte ... in die Stadt eingekommen war.
J. E. Schlegel 4,305; will nu ausreilen. meld er sich, wenn
ich einkomme. Siegfr. v. Lind. 1, 222. heute hereinkommen,
wiederkommen, ankommen, einziehen.
2) einkommen eingehen, einlaufen in die casse, in die
Sammlung: es kommt viel geld ein, zinsen sind eingekom-
men, alte schulden kommen ein, briefe kommen ein, oder
unpersönlich: es kommt noch viel ein, kommt nichts ein.
auch in einigen ähnlichen fällen: es kommt die nachincht ein;
die meidung, botschaft kam ein ; endlich kam doch auch ein-
mal etwas frohes von dort ein. Heynes fcr. an /oA. .Wü//erl05;
der ist wol einkommen feliciler marilatus est. Denzler 8S',
wie vir sagen : die ist wol angekommen ; mit einer bitte,
klage, beschwerde einkommen. bemerkensicerth scheint fol-
gende vDortfüguny : ich rat aber, das man der cardinal we-
niger mache, oder lasz sie den bäpst von seinem gute neren,
ir were übrig gnug an 12 und ein iglicher helle des jars
tausent gülden einzukomen. Lctber 1, 294*, d. i. einzunehmen
oder die bei ihm einkommen würden, s. einkommen n. gtrade
so Rollemiagen :
<1hs pfnüein faszt wider ein mut,
beklugi sich doch seiner armut,
weil er wenig hell eiazukomraen
und sein junkherr das best genommen, froschm. J3'.
3) ganz veraltet ist einkommen mit dem gen. der sache im
sinne von sich erholen: und wollen sich bei den Christen
wi'der heilen und ihres Schadens einkummen. Frank vellb.
ist'; murreten on underlusz wider in, was inen mangelte,
des wollen si an im einkummen. chronica 1531. 43' und Oßer;
des Schadens bin ich einkommen, damnum mihi reparalum est.
4) desto häufiger steht einkommen, trie einfallen, beikom-
men, mit dem dat. der person und ausgelasznem in den sinn,
in die gedanken, in mentem renire, sutcurrere oder bei aus-
gedrücktem subst. für incidere, zustosz-en :
weiiverliebie klagen so, himmelbuhlern kümmet ein
jene zeit, da immer lenz, nimmer nie wird wimer sein.
LoGAC 2,95, 89;
mein herz, was kommt dir ein? Gc>cthkr 1054;
dem fremden, den ihr vorzieht, kams
nie ein, den fremden vorzuziehn. Klopstock 2, 36;
in allen gesellschaften gibt er ungescheut vor, sie wären der
einzige, der sich einkommen liesze, ihn in seinem rechte zu
hindern. Rabener 3, 76 ;
was kömrot
mir denn auch ein. so kurz vor meinem abiritt
auf einmal ganz ein andrer sein zu wollen? Lessi:«g 2,330;
dem beiden in der kunst zu breiten
kams ein, w.is gibt der geiz nicht seinen sciaven ein!
von Frankreichs witzigen den witzigsten zu schnellen. 1,32;
es scbeini, die reue kommt ihm ein. Götbk 7.80;
wie sollte mir einkommen, dasz der mir seine dienste an-
bieten würde. 8, 91. 42, 116. 33S; warum verfolgt ich nicht den
jjedanken,' der mir mehr als einmal einkam. 14, 236; was
kommt dir ein? 42, 191 ; nein, ein so gesuchter gedanke kann
höchstens einem eiskalten commentator, nie aber dem Euri-
pides eingekommen sein. Schiller 235'; sich den gedanken
einkommen lassen. Kant 8, 56.
5) znueilen für niederkommen, in das kindbetl, indiewochen
kommen: die frau ist mit Zwillingen eingekommen. Rädlei.*«
1, 224*.
6) bergmännisch für zusammenkommen, aneinander stoszen :
die örter sind eingekommen, mit ortung eingekommen, d. i.
mit den gegeneinander getriehnen örtern.
EINKOMMEN, n. reditus, quaestus, das icas einkomml oder
eingekommen ist: er hat jährlich ein groszes, ein geringes ein-
kommen; wenn ir das einkomen vom lande eingebraciil habt.
3 Mos. 23, 39 ; wie ein einkomen der Scheunen und wie ein-
komen der keller. A Mos. 18,30; über drei jar soitu ausson-
dern alle zehenden deines einkotncns. 5 Mos. 14,18; neben
dem einkomen des Weinbergs. 22, 9 ; so wird er deinem samen,
den du auf den ackcr geseet hast, regen geben und brot von
des ackers einkomen nnd desselbigen volle genüge. Es. 30,23;
die edelleul mit der geistlichen zehend und pfründen oder
vil mer mit deren einkummen und auflieben {vgl. Ih. 1 jp.66')
zu begaben. Frank irp//6. 36"; But«chbach ist ein feine lästige
Stadt und hat vier herrn, den landpnifen, beide herrn von
Solnis und den von Königslein, und leder hat sechs tausent
gülden daselbst inkuninicns. Albercs t>om 6asi7isAcn E2';
hat er tausend gülden ein j^ir
einkumniens, es kleckt nit lurwar. If. Sacbs III. 3, 71',
in welchen beiden letzten stellen man den nachgesetzten gen. merke.
EINKOMMENSTEUER, f
EINKÖMMLING, m. advena, alienigenn, nnl. inkomeling:
frembden einkömlingen sollen die zehen Vorsteher treuliche
förderung thun. LirrHER 2,265*; inen denselben tribut oder
geschosz die Polen gleich als den einkömmlingen und fremb-
den auflegen. Micylls Tacilus 450'; es seind zwar die reben
oder weiuwachs von den römischen einkömlingen in teutsch
landen zuerst aufbracht. Lycostbenes Psellionorus lustg. s. 508 ;
hart ist es, wann ein weib eines einkömmlings {zuhalters) ge-
wohnet, sich darvon abzugewöhnen. ... s. 97 ; wir einkömm-
linge nimmermehr vermeinet dieses orts menschen anzulrefifen,
die so treflich wol unterrichtet wären. Felsenb. 1.107; halle
ich als ein elender einkömmling noch die gröszte ursach zu
zweifeln, ob ich der schönen Sophie gegengunst erlangen
würde. 1, 438.
EI.NKOMST, f reditus : klostergüter und einkomsten. Andrea
buszpos.i3.m3. scheint nach dem nnl. iniiomst, sc/iiP. inkomst,
ddn. indkomst. £. einkunft und einkommen.
EINKÖMG, m. monarcha: der wille des einkönigs duldete
nur Stalthalter. Dablmaniv dän. gesch. 1, 69.
EINKÖPFIG, was einhäuptig. Lohenst. Arm. 1, 1081.
EINKOPPELN, dän. indkoble, was einfriedigen, besonders
zur riehtreide ; dann vom binden der hunde: die hunde ein-
gekoppelt I blast ab ! Körner 2, 253.
EINKOPPELL'NG, f aufhebung der gemeinheiten und der
einkoppelungen. Dahlmaxn diu. gesch. l, 133.
EI.NKORN, n. Iriticum monococcum, eine arl dinkel. Moxe
zeitschr. 6, 326. Frisch 1, 199*.
EINKÖRNEN, illicere projectis granis. Stieles 122, vgl. an-
körnen und körnen.
EINKÖRNIG, unius grani.
EINKÖRPERN, mlat. incorporare, franz. incorporer, einver-
leiben: mich hat der dämon der liebe auf die entdecfcung
gebracht, dasz ich selbst ein eingekörperter dämon dieser art
sei. Wieland 27, 110; um diese eingekörperten wesen von an-
dern menschen kennbar zu machen. Herder 13, 164.
EINKRACHEN, cum fragure ruere: das eis krachte ein.
EINKR.\FTIG, richtiger inkrüflig. J. P. aesth. 1, 67 hat ein-
kräftigkeil des genies.
EINKR.\HEN, cantando initiare, nnl. inkraaijen :
zoo dra de wakre haen den roidnacht Innekraeil. Vorosl.
vgl. ankrähen.
EINKR.\LLEN, 1) ungulas injicere, die krallen einschlagen:
dieses ganze einkrallen in die heiligen bilder und wünsche
seines herzens empörte seinen geist. J. P. Tit. 2, ISO.
2) subducere, einziehen, zurückziehen.
EINKRAMEN, l) mercari, emere, einhandeln : seht da, mein
herr, da kramet ein ein herliches schöns armband. Ayrer112';
merke was du merken kanst, krame ein was dir am besten
taugt, pol. feuermauerkehrer cap. 27. 2) exposilas merces repo-
nere, einpacken; auch desinere merces vendere.
EINKHAPFEN, inßbulare. Stieler 1027.
EINKRATZE.N, irradere, insealpere.
EI.NKREISEN, cogere, includere in circum, dän. indkredse :
das wild einkreisen, das gebüsch umgehen, in dem es sich
außält. mhd. in kreiden.
blicke waren ein goldenes netz, das von fern mich umstellte,
werte kamen dazu, kreiseten näher mich ein. RCckkrt 266.
etwas anders ist einkreisen, irrepere im voc. theul. 1482 f 8' für
einkresen, vom mhd. kresen repere.
EINKREMPEN, plicare, die echthochdeutsdie form wäre krem-
pfen {tgl. einkrümpfen) : den hut einkrempen; er legte seinen
bogen in die quere hin oder kremple ihn in sedeciino ein.
J. P. uns. löge 3, 129 ; die vier wände kremplcn seiner treibenden
seele, die in die erde und in den hiiniuel hinein wachsen
wollte, Wurzel und gipfel ein. Tit. 2. 224 ; ein hufmeister kann
das weiteste löwenherz zu einem schläfrigen daclisherzen ein-
krempen. uns. löge 1, 68. das nnl. inkrimpen ist stark und
drückt eindichten aus.
EINKRIECHEN, irrepere, nnl. inkruipen, voc Iheut. 1482 f 8*.
1) hinein schlüpfen : der dachs kriecht in seinen bau ein ;
wir sind auf die hohen gipfel gestiegen und in die tiefen der
erde eingekrochen. GüTHmn fr. v. Stein I, 334.
2) sich verengen, eingehen, einschrumpfen : die wolle kriecht
ein ; die sonne kroch jetzt ein zu einem einzigen rolhen
strahl. J. P.uns. logeZ, 153; die vergangenheil, die zum puncte
der gegenwarl einkroch, holzschn. 196; sonst übrigens wird
219
EINKRIEGEN — EINLADEN
EINLADEND —EINLASSEN
220
die deutsche spräche sogar durch die gröszle gastfreiheit gegen
fremdlinge niemals verarmen oder einkriechen. Hesp. vorr. vii.
tlNKHlEGEN, capere, in se recipere, nnl. inkrijgen.
1) einnehmen:
dasz er sie hat bestritten,
die hauptstait eingekriegt. Opitz 1, 2.
2) induere, ich kann die Stiefel nicht einkriegen, vgl. an-
kriegen.
3) einholen, beim laufen einkriegen, vgl. kriegen.
EINKRITZELN, leviler inscalpere.
EINKRÜME, f. micae intrilae, schw. inkrom, einbrocke.
EINKRL'MELN, tnicas interere, brot in wein, bier, milch
krümeln; isz dein eingekrümeltes aus! Stieleb 1ü44.
EINKRUMEN, dasselbe, vgl. einbrocken:
was einer hat selbs gekroiiimei ein,
das er das auch aus esz allein. Waldis Esop2, 23;
brot haben sie nicht essen wollen, wenn man aber in fleisch-
brühe etwas klein einkrümet, essen sie es. pers. reiseb. 3, 4.
EINKRÜMMEN, incurvare, inßeclere, dan. indkrumme:
dann seh ich ihren bhck, eiu lächeln grüszt
den eingekrümmten geist, und alles ist
vergessen. Tikck 10, 114;
ein entwischter tollhüusler, der alles, in einer versteckten
ecke eingekrümmt, vernommen. J. P. Nepomukkirche 122.
ELNKRCMPFEN, corrugare:
ein entseelte leich
gelehnt an diese maur, von Tnule blau und bleich,
verstelltes todtenbild, mit eingekrürapften lippen.
GRyl>Hius 1. 235.
EINKUCHEN, inspirare, schweizerisch für einhauchen. Maa-
LER 125*. s. einkauclien und das einfache hauchen und kauchen.
ELNKUFFERN, includere ut in cista, franz. encoffrer: seit-
dem sie dich zwischen vier mauern eingekufifert haben. Wie-
LANO 8, 8.
EINKCHLEN, frigida conspergere. Stieler 920.
EINKUNFT, /. redilus, einkommen, ertrag:
eurer einkunrt bestes war
irew bei untergebner schar. Logau 2,243;
ihr zum geschenk bringt
jeglicher was er vermag: wer land hat, garten und feldfrucht,
und wer vieh, von der herd einkunfl. Luise 3, 2, 437.
meist im pl. : er hat beträchtliche, ansehnliche einkünfte ; die
einkünfte des landes, reichs steigen.
EI.NKGRZEN, contrahere, kürzer machen, nnl. inkorten: an
manchen stellen vermehrt, an andern eingekürzt oder geän-
dert. Lessisc 10,207.
EINKCTSCHEN, carpenlo includere, vehere: Christian be-
sänftigte ihn und beschwichtigte jeden zweifei der einge-
kutschten. TiECK nov. kr. 2, 32.
EINKL'TTEN, cucullo investire.
ELNLADEN, onera imponere in navem, cistam u. s. w., praet.
lud ein, nnl. inladen, ddn. indlade:
wann ßibo trinket bier, das heiszt er schlämm geladen,
wann Itibo innket wein, das heiszt er abeladen.
er ludet immer ein, er ladet immer abe,
und wird es immer thun, es sei dann nicht im grabe.
LouAU 3, 94, 92;
dnim wer stets vergnügt will sein,
lad ihm gut gewissen ein.
well hat keine beszre last
als den reinen wolbewust. 3,312;
waaren ein und ausladen, während dem aufladen abladen
gegenüber steht, man sagt den bienenschwarm einladen, in
den korb fassen.
EINLADEN, invitare, praet. ladete ein, wofür aber fehlerhaß
lud gesagt wird, nnl. mangelt dies wurt, man sagt nooden,
freundlich nüthigen, auch schw. ddn. entspricht diesem nhd.
einluden nichts, das richtige schwache praet. sieht noch zu-
wetlen: nach Pirna ladete mich ein guter freund ein. Rare-
NEB 6,166; Lucullus, bei welchem sich Pumpejus und Cicero
zum essen einladelen. Winkelman.n 2, 4i»3 ; das unrichtige starke
bei den meisten :
und lud uuT sein erbaut gerüste
den kunfigen i»g die burger ein. Güllkrt 1,223;
die »tillc der nacht und de* wandelnden mondet
«anfte »rhimmer luden ihn ein, «ich weiter und weiter
in« labrrinih zu verlieren.
Uei>iat 13, 275. vgl. 2,640. 4.616. 5, 422 ;
Hippias, den die anmulh einer schütien üDniiiicrnacht zum
»paziergang einlud. Wieiakd 1,82; er endigte damit, da«z er
den Agalbon einlud. 2, 212 ; wenn dieser fürst durch seine
leulteligkeit jedermann zu gleichem vertrauen einlüde. 7, 138
und sehr oft { man lud uns frnmdlirh zum ehscii ein;
lädt (für ladet) er zum sitzen mich ein, steht ich für heute
mich weg. Gotuk 1, 401 ;
eingeladene gaste für eingeladete. die Verwechselung war aber
schon mhd., s. die beiden einfachen laden.
EINLADEND, ad se invilans, was anmutet, lockt, reizt:
einladende schatten, einladende aussieht.
EINLADUNG, f. oneris impositio: bei der einladung ein,
bei der ausladung aus. Branuts Taubmann s. 46.
EINLADUNG, f. invitatio.
EINLADUNGSSCHRIFT, f. programma, prolusio. Göthk
45, 307.
EINLADUNGSZETTEL, m. worauf die namen der einzula-
denden gaste geschrieben sind. Tiiümmei, 2, 235.
EINLAIjE, f quod inclusum, collectum est: einlage in einen
brief, in die casse, lotterie; vierzehen tag zu einer einlag zu
lassen, reichscammerger. ordn. von 1521. 33, 9.
EINLAGER, EINLAGER, n. obslagium, s. HA. 020: da ich
daim ins einlager ziehen müssen. Sciiweiniciien 2, 191 ; ein
mann, der sich zum einlager verschrieben hat. .Müser I, 60.
anderemal aber auch blusz cinquarlierung. das sich einlegen :
sagt aus einer furie, 'ich wollt dasz die einlager eins aufhörten I'
'der teufet solle die einlager wegführen !' Schwei.mcue.n 2, 84.
EINLAGERN, früher EINLAGERN, collocare apud aliquem.
einlegen, einquartieren : daher ew. liebden ursach genommen
haben etliche dero kriegsvulk in groszer anzal zu ros und
fusz in unser erzstift einzulagern, schreiben des kurf GEBUARr
von Cöln 30 Jan. 1583 ; den fremden lange genug in Deutsch-
land eingelagert gewesenen Völkern. J. P. Hesp. vorr. vi und
oft figürlich: Eschenburg, welcher gleichfalls nur alles in
drama und in epos eintheilt und in das letztere, die ganze
lyrische herde einlagert, aesth. 2, 145.
EINLÄNDER, m. indigena, sonst Inländer. Tieck tischler 1, 62.
EINLÄNDIG, wie das folgende: einländiger krieg, innerer.
Schweimchen 2, 122.
EINLANDISCH, was inländisch : einlendisch schreibt Ser-
BAFCüs dict. K2*. Rädlein 1, 224". Stei.nbach 1,967; von den
einländischen Überzügen. Garg. 261'.
EINLANGEN, l) transitiv tradere, gelangen lassen, einreichen :
unter dein vorwande, dasz er und seine freunde mit verschie-
denen urtheilen, die bisher von werken des genies gefallt
worden, nicht zufrieden wären, langte er nicht blosz seine
läuterungcn desfalls bei dem publico ein, sondern errichtete
selbst ein tribunal. Lessing 8, 204.
2) intransitiv, venire, eintreffen, eingehen Stibler 1068 :
sobald der befehl einlangt, geben sie mir unter der band
nachricht. Rabener 3,95; doch bleiben die briefe, wie sie
damals einlangten und noch vorhanden sind, immer bedeu-
tend und belehrend. Göthe 31, 46. s. anlangen.
EINLAPPEN, 1) calumniari, denigrare, gleicitsam einen in
läppen schneiden, zerfetzen: er ist bei dem fürslcn sehr ein-
gelappt, verleumdet, angeschwärzt. Stieler 1070.
2) an der grenze haben sich wölfe sehen lassen, einem
Oberförster gelang es sechs einzuJappen und vier davon zu
erlegen, dorfzeitung 1850 s. 266'.
3) die uhr ist eingelappt, sagt der uinmacher von einer in
den radzähnen hängen gebliebnen spindel. s. läppen.
EINLASSE.N, intromitlere, nnl. iulaten, schw. iiilata, ddn.
indlade:
1) einen in das zimmer, haus, in die Stadt lassen,
mhd. Iierre, herre, Id mrch in,
wan ich din gesindu bin. Haupt 1,513;
süe^iu Gyburc, U mich In. IKh. 90, 2;
in läjens dicke bAien. 02, '23;
ich slt^n vor der tür klopfende undc heilende, wer mich tn
IM, mit dem wil ich haben eine dbentwirtschaft. Eckuart
27, 40 ; dA slfit er unde heilet unde wartet, wen er bereit
vindet, der im M tuo und in in lA. 28, 3. nhd. daruinh das
sie in nicht wollen einlassen. 2Aü». 15, 16; und be^'erte, mau
solle in einlassen, so wolt er keinen schaden lliiin. 1 Macc.
1,31; aber die in der stad Joppe lieszen in nichl ein. 10,75;
darnach zog er für Gnza, aber die von Gaza wollen in nicht
einlassen. 11, 61 ; wolle ehe mein lebeuhing nicht mehr pre-
digen, ehe ich Mos<:ii wider einlassen wult und (Christum las-
sen uns aus dem herzen rciszen. Luther .1, too'; nicht an-
der« meint, er soll eingelassen werden. Ihcc. 'i. Oft*; mag es
gesein, so luszt mich ein, denn in kurz ein groszer srhnee
gef.illen ist und noch stäl« sdineiet. 'J'j'; 'l's mM.i.||.-ii lUszt
221
EliXLASSO — EINLAÜF
EINLAUFEN — EINXAÜTIG
222
»
den liebhaber nicht ein; niemand soll am thor eingelassen
werden; den feind nicht einlassen;
als eine solche
laszt mich ein in eure folge. Göthb 41, 144.
2) flüssiges, luft, hitze, kälte einlassen: mundschenke, lasz
wein ein, und sauft lustig! pers. baumg. 4,6; den ström in
den canal einlassen; das lecke schif läszt wasser ein durch
alle fugen; tn salzverken leird die soA/e eingelassen, aus der
siedepfanne in die wdrmepfanne ; die kälte, hitze nicht ein-
lassen; das verschlossene fenster läszt keine frische luft ein.
3) der gerber läszt die hlöszen, d. i. die enthaarten feile
in den äscher ein.
4) tuch einlassen, eingehen, sich verengen lassen; es ist
noch nicht eingelassen.
5) schrauben, klammern einlassen und nji7 6/ei rer^iwzen/ in
die beide Ständer war eine nuth [ahd. nuot) eingelassen. Pierot
2,306; den riegel einlassen, vorschieben; granitpfosten, worin
die latten des geheges eingelassen werden sollen. Götbe 51,161.
6) sehr oß sich einlassen, ingerere se,
a^ ohne praep.: dasz herr von Mairen sich einlassen würde,
die Wahrheit auf diese art auszumachen. Kant 8, 75 ; haben sie
gesehen, dasz ich mich nicht einlassen will. Lessing l, 388.
b) in. sich einlassen in ein gehüder, rixae se committere.
Maaler 125*; nit lang zuvor hat sich Peregrinus in ein feur
willig eingelassen. Frank iceltb. 23"'; sollte mich in keines
andern herren dienste einlassen. Schweimchen l, 296 ; doch
man sich in dergleichen lustige possen nicht einlasse. Pierot
1, 53 ; hier also blieb nichts übrig, als sich zu jener über-
irdischen und gewissermaszen platonischen Sehnsucht hinzu-
wenden, nicht weniger ins allegorische sich einzulassen. Göthe
29, 219 ; bei vorzeigen seiijer gemählde, seiner neuesten lieb-
haberei, in die er sich ohne die mindeste kenntnis einge-
lassen hatte. 31,214; sich in eine Untersuchung einlassen.
Kant 8, 113 ; eigentlich brauchte ich mich nun gar nicht thätig
in diesen handel einzulassen. Kli.«(ger 10, 235 ; sobald er sich
in beweisen und vernünfteln einläszt, ist er weg. 1,9"; ich
mag mich in den streit gar nicht einlassen.
c) auf. ich lasse mich auf die sache, auf die frage, auf
die klage nicht ein; sich voreilig darauf einlassen.
d) über, so hat es der herr d. Kraft vor einiger zeit für
werth gehalten, sich umständlicher darüber einzulassen. Les-
BiNG 4, 88 ; so wenig ich mich darüber einlassen will. Herder
2, 130 ; werde ich mich etwas über die sitten der alten Römer
einlassen. Stolberg 8, 395. vgl. sich auslassen.
e) wider, du must selber bekennen, dasz du thörlich ge-
than, dich gegen so viel lausenden {in krieg) einzulassen.
buch der liebe 221, 1 ; rechtschafifene lerer, die sich wider des
teufeis unwarheit und triegerei mit predigen und beten ein-
lieszen. Mathesics 66*.
/) mit. weil ich mit ihrer tochter mich einliesz mit liebe.
ScHWEi.NicHEN 1, 344 ; wenn ich mich mit ihr ehelich einzu-
lassen belieben trüge. Pierot l, 370 ; er hat sich mit dem
mädchen (zu weit, zu lief) eingelassen ; die frau liesz sich
mit einem fremden bursch ein ; eh ich mich mit dem ganzen
ding einlasse. Tieck 1,406; versicherte, der gute oheim hätte
besser gethan, sich mit dem könige nicht einzulassen. Göthe
24,116; lassen sie sich mit Altenburg nicht ein. Göthe bei
Scholl 170 ; es hat sich noch niemand mit ihm auf diese
wafifen eingelassen. Kant 8, 112.
die beleije zeigen, wie verschiedentlich zweierlei präpositionen
auf person und sache nebeneinander gehen.
ELN'LASSER, m. qui introeundi copiam dedit: der einlasser
und enthalter. erkl. des landfr. von 1522. §. 11.
ELNLASZ, m. 1) intromissio : in das thor, in die bürg,
mir gibt mein amt und rang zu jeder stunde
einlasz beim herzog. Schiller 398'.
2) posticum, das nebenthor, die kleine pforle zum einlassen
keiszl an einigen orten der einlasz.
3) bei goldschldgern ein dünner stab, durch dessen öfnung
der ausgeschmiedete gold oder silberzahn gesteckt wird.
EINLASZKARTE, f.
EINLASZOFEN, m. in den sehmelzwerken.
EINLAUBEN, foliis legere, in laub und bldtter hüllen.
EIN'LAUF, m. incursus, incursio, schtc. inlopp, ddn. indlöb:
der einlauf des Schiffes, des wildes in den wald, einer mei-
dung; des feindes: die einleuf der Tenmarkischen, einfalle
der Ddnen. Frank cAron. 1531. 127*. in stutereien, der freie
einlauf des beschälers unter die Stuten.
EINL.\DFEN, inairrere, nnl. inloopen, schw. inlöpa, ddn.
indlöbe.
1) der Ousz läuft in das meer ein, das schif in den hafen,
das pferd in den stall; der hengst lauft ein, wenn er frei
unter die stuten gehen und sie nach gefallen bespringen kann ;
in guter Ordnung, wie die säw zum thore laufen ein.
kLigt Deutschland, dasz die krieg in ihr gefiJhret sein.
LOGAD 2, 136, 89.
2) einlaufen braucht Atrer oft vom auftreten, auslaufen vom
abtreten der Schauspieler.
3) botschaften, nachrichten, meidungen, klagen laufen ein:
sein jüngstes {schreiben) ist mir wol eingelaufen. Bütschkt i-anz/.
810; es sind gestern abend sehr spät wichtige nachrichten
von der christlichen armee hier eingelaufen. Fr. Möller 3, 29 ;
zum gröszten glück war schon vor einigen tagen das diplom
eingelaufen. J. P. 7(11,82. geld und gut lauf etin:
und mangelt ihm sonst nichts, als dasz es alles gut
zu zehlen nicht vermag, das iheils durch bloszes winken
sich findet über nacht, theils durch des degens blinken
mit summen laufet ein. Logad 2, 15, 38.
4) intervenire, mit einlaufen, mit unterlaufen:
wann unter redlich thun schon argwon mit lauft ein.
80 scheint es nicht mehr gut, bei hofe lange sein. 2,109,50;
in gewissen materien, absonderlich da der wille und willkör-
liches thun der menschen einläuft. LEieNrrz 471.
5) sich verengen, eingehen, zusammenlaufen: die wolle läuft
im wasser ein; wenn die van der Kabeische kunst und
naturaliensammlung sieben tausend und zwei hundert drei
stücke und nummern stark ist, so werden wir wol, da der
selige für jedes stück ein ganzes kapitel haben will, die ka-
pitel etwas einlaufen lassen müssen. J. P. flegelj. 1, 19 ;
hier ist deine Schwester, sagte Gaspard und reichte ihm das
zweite (medaillon), dessen züge zu einer unkenntlichen ver-
alteten gestalt einliefen. Tit. l, 35. bei den buchdruckem läuft
eine schrift ein, irenn sie weniger räum einnimmt als in der
handschrift oder in einem frühern druck.
6) transitiv, wie intrare,
mein schif, das wind und meer an manchen fels getrieben,
lauft den vergnügungspori mit vollen segeln ein.
Günther 5<52;
oder auch wie infringere: die thür einlaufen; die mahner laufen
ihm bald das haus ein ; er hat sich das herz eingelaufen, ein-
gerennt, se currendo rupit. Denzler 89". Rädlein 1, 224*.
EINLÄUFIG, EINL.\UFTIG, soliragus, singuläris, ags. &Q-
hleäpig, später änlepig, altengl. noch weiter gekürzt in alpi:
Leir ferde to there sae
mid ane alple swein, mit einem einzelnen diener.
Tuorpes analecta ags. 161, 30;
a, quod ihe voi, ich wille the teile.
on alpi Word ich lie nelle (kein einzig wart tcitl idi lägen).
Wrights dict. 1, 59.
nhd. auch wisen wir, dasz der einleftige kein recht ensal han
in der marke, dan wasz ei; gnaden von den merkem hat.
weisth. 1, 515 ; die einleiftigen oder ungeerbten imme dorf
unde marke. 1, 517. vgl. RA. 313 und hernach einlützig.
EINLAUGEN, macerare lixivia. Stieler 1103. nnl. inloogen.
EINLAUSEN, fastn. sp. 239,6.
ElNLAüT, unisonus, gebildet wie kleinlaut: der hof lebt
sehr still und einlaut.
EINLÄUTEN, campanae sonilu initiare, nnl. inluiden: es
wird eben eingeläutet, man hat schon eingeläutet; das fest,
die messe einläuten ; so es schier tunkel werden will, leuten
si den sabbath mit angezündten liechtem ein. Frank weltb.
145*; dieweil man sie {die fasten) doch auf den aschermit-
woch mit äschen anfangt, darein sich ver Zeiten die busz-
würkende menschen gar legten, heut aber nur für ein pfen-
ning eschen auf den köpf gestreut empfangen, j% alsdan gar
ordenlich cingelitten wird. Fisgbart bienenk. 151*; ein mesz,
ein metten, ein vesper wol an und eingelitten, sind schon
halb gesungen und uberstritten. Carg. 246'; in zeite, die ihre
angeführten bymnen eingeläutet haben. Herder 16, 32; sobald
die nacht eingeläutet wird. Göthe 29, 232 ;
eh auf
der bleichen Hekaie der käfer
im holen bäum erzeugt, die müde nacht
mit seinem schläfrigen gesums einläutet. Schillir S68^;
die lerche fuhr als Ouvertüre des tages hoch ins himmelgrau
hinauf und läutete das trommetenfest des morgens ein. J. P.
Hesp. 3, 202. ü6er das pari, eingelitten mehr unter läuten.
EI.NLAUTIG, unisonus, eintönig, monoton: der nonsens, eine
223
EINLEBEN — EINLEGEN
EINLEGEN
224
frostige, malte, einlaulige, einförmige art vom ausdrucke.
Keiske rorr. zu Thucydides.
EI^'LEBEN, assuescere vitae generi: ich musi erst hier, am
neuen orte einleben.
EINLEBEN, sich, tempus cl otium ponere in aliqtia re, sich
hinein leben, eintcobnen, wol erst im iSjk. gebildet und nach
uns das dän. iudleve sig: hätten beide Sutsos tiefer in die
geschichle und in die dichtkunst der hellenischen vorzcit sich
eingelebt, wie ungleich bedeutendere dichter würden sie sein.
Brandis milth. über Griechenland 3, 193 ; Göthe lebte sich ein
in Winkelmann, war in ihm lebendig zu hause.
EINLECKEN, lambendo deglutire. Stiei.er1106: geschäumtes
hönigs etlichemal ein wenig eingeleckt reinigt die brüst. Ta-
BERNAEMONTAXüs 309. sich eiuleckcn, der bar leckt sich bei
Münchhausen in die honigbeschmierte deichsei ein.
EINLEGEGABEL, f. furca pHcatilis, gabel zum einbiegen,
umlegen.
EINLEGEGELD, n. was einlage.
EINLEGEH.\KEN, wi. nasus : mein säugamm gar weiche
dütten hat, und wann sie mich seuget, truckt sich mein ein-
leghaken hinein, wie in ein bulter. Garg. 247'.
ELNLEGEhELLE, f. zum einlegen des gemenges in den
glashdfen.
EFNLEGELÖFFEL, m.
EINLEGEMESSER, n. culler pHcatilis : du reine seele, an
jedem bekannten hause, an jedem theuern garten und thale wird
ja der schmerz (des abschitdes) sein einlegemesser schleifen.
J. P. Tit. 1, 166.
EINLEGEN, nul. inieggen, schw. inlägga, dän. indlägge, in
vielen bedeutungen, bei welchen man sich häufig den ausge-
lassenen acc. hinzuzudenken hat.
1) leute einlegen, in das haus oder quartier, in die Stadt,
in haß und gefdngnis: es sind Soldaten eingelegt; den wider-
spenstigen wurde besatzung eingelegt ; dasz die bürger dem
eingelegten kriegsvolk kein Ursache zu zank geben. Kirchhof
diso. mil. 33 ; der wolt in einlegen und erhungern, wendunm. 409*;
wo i>i Gisippus der los man?
ich wüh in gleich einlegen lan. H. Sachs III. 2,7';
aber er wurde treulos und meineidig an mir und an sei-
nem söhn und verriete mir den bubn, dasz in der bischof
von Bamberg eingelegt . . . der bub ward darob, wie gemeldt,
verraten, gefangen und eingelegt. Götz von Berl. 101 ; bei
seinem kranken söhn, den man sogleich, nachdem die ruhe
hergestellt und der brund gelöscht war, in das schlosz ein-
gelegt hatte. TiECK ges. nov. 4, 243. das kind einlegen, zu
bette bringen, schlafen legen; sich einlegen, krank zu bette,
sich legen, vgl. einliegen; der lodte wird eingelegt, in den
sarg, in das grab.
2) einem etwas zum geschenk einlegen, wie einbinden.
schwäbisch, das Chrisikindle hat eingelegt, das Christkindle
einlegen lassen ; der hase hat (die geschenkten eier) eingelegt,
wie es heiszt eier legen; frau Ursula liesz ihr heimlich ihr
patenkettlein, so derselben eine fürstliche person eingeleget,
holen. ScBivER seelensch. 1, 482 ;
so senden wir dir zu dies eingelegte band. Flexinc 67.88.
3) feuer oder holz einlegen, in den ofen zum heizen: es
ist heute kühl, ich habe ein bischen einlegen lassen ; in den
häusern zur brandstillung : allenthalben fewr einlegen, Vulca-
num fpargere lotis tectis. Maaler 125*; der guardian wollte
in mehr als hundert liauscrn durch eine eigene eriindung
feuer einlegen lassen. Schiller 1ü95. vgl. anlegen.
4) der Schneider legt ein, schlägt ein, er musz das zeug,
tuch so nähen, dasz inwendig noch davon bleibt, um das kleid
einmal weiter machen zu können; der buchbinder legt ein,
fügt bldller ein ; briefe einlegen, in andere falten ; geld in den
brief einlegen; der ziminerniann legt balkeu ein in die mauer;
der tischler legt ein, fügt feines hvlz in grobes, buntes in
einfarbiges oder andere zierral ein: eingelegte arbeit; wenn
iDUD den fuszboden mit perlen einlegt. Wielanu 12, 264 ;
figürlich, die arl>eit (dte gedichte) de« herrn Unzer ist einge-
legte arbeil mit ihrem chinesischen Schnickschnack auf thec-
krelen und tuiletlenkilstchen wul zu gebrauchen. Götue 33, 62 ;
eingelegte arbeit und handzeichnungen, die sie (die kinder)
mit den fingern auf ihr butlerbrut gravierten. J. P. Tit. 2, 70.
das me«gcr, die klinge einlegen, in die scheide biegen, ein-
klappen. krüulcr, bhiiiien in bücher zum trocknen einlegen ;
der graf wünschte von der buchi- eingelegte zweige und was
»on^t noch zu genauerer kcnnliiiH li»'iir;ii'<'n knrine, besonders
aber wo möglich einige lebendige pflanzen. Göthe 33, 230.
samen, wurzeln einlegen, in die erde; reiser, reben einlegen,
einsenken, vgl. ablegen.
5) speise und trank einlegen, zur Wässerung, beize, gährung,
aufbewahrung ttnd verkauf: Stockfische, in wasser, beringe,
fleisch in salz, gurken in essich; hier, wein in fdsser, in
keller; hundert krüge wein einlegen; so will ich euch bitten
mir das bauschen drunten im dorfe zu räumen, das schon
eine gute weil leer steht und da wolt ich mir ein eimer
zwanzig wein einlegen und wirtschaften in meinen allen tagen.
Schüler 131*. auch fruchte einlegen, in die scheune führen;
ich ruf manchem fniincn den wein,
der nie kein legt in keller ein. Murnkr sclielm. 7';
daher sie alle juhr an körn, obs, öl und wein,
als ihrer arbeit lohn, ein solches gut einlegen.
Wrckuerlim 254.
6) bergmännisch, einlegen, das gemenge in den schmelzhafen
schütten; wie man silber, erz, eisen, blei und zihn zusamen
thul im ofen, das man ein fewr drunder auflilase und zer-
schmelz es, also wil ich euch auch in meinem zorn und
grim zusamen thun, einlegen und schmelzen. Es. 22, 20.
7) den sper, die lanze, gleve, glene einlegen, in die hand
fassen, unter den arm schlagen und gegen den feind reiten :
haupiman Nienenaii, der legt die giän ein. Garg. 25**;
und mit- dem wone rennt er gegen mich
mil eingelegier lanze. Wikla.nd 22, 23;
mil eingelegier lanze sprengt
der alte gegen ihn. Chr. Stolbkru 1,72;
etliche, so zu den schranken verordnet waren, ordneten, dasz
je vier und vier zusammen rennen sollen, als sie nun zu
beiden seilen eingeleget hallen, die acht ritter mil manlichem
gemül zusammen rannten, btich der liebe 242, 4. hiernach
scheint figürlich das einlegen für sich kämpflich einlassen in
folgenden stellen zu nehmen: das sie sich mit dem Luther
in disputalion begeben und einlegen sollen. Luther 2,218';
bis das der rechte feldheubtman kerne und sich mit der Sün-
den, tüd und'teufel für uns einlegte und gewönne. 3,176';
sich dapfer einlegen, incumbere in causam. Maaler 125*; sich
wider den rat einlegen, tendere adversus auctoritatem senatus.
126* ; sich wid£r eines fräfenheit einlegen, inlerponere se audaciae
alterius. 126'; welchs zu verantworten er die schüler, dasz er
sich mil ihnen einlegen sollte, zu jung angesehen. Albrecbt
an Melanchlhon s. 196 ; warumb wolt sich der mensch wider
golt einlegen und ihm sein ordinatz verachten? Paracelsus
2, 415*, welches letzte einlegen doch blosz opponere, wider-
setzen ausdrücken könnte;
mit nachbarn . . euch aus verbittrung einzulegen.
RiNuwALD Eckh. G4*;
leg dich ohn not mit niemand ein. laut. warh. 373.
8) geld und opfer einlegen, in den kästen, in die büchse:
und Jesus setzet sich gegen den gotteskaslen und schawet,
wie das volk geld einlegte und viel reichen legten viel ein
und es kam ein arme widwe und legte zwei scherflin ein,
die machen einen heller. Marc. 12,41.42. Luc. 21,1.3; und
da sie das geld eraus namen, das zum hause des herrn ein-
gelegt war. 2 chron. 34, 14 ; das es frei ist, milch bulter eier
kese fleisch zu essen auf alle tage, es sei sonntag oder frci-
tag, fasten oder advönt, und darf niemand butlergelt einlegen
oder brief dazu lösen. Luther 2,109*; in eine lollerie ein-
legen., GöKiNGK 3, 279 gleichviel mit einsetzen.
9) einlegen, im gegensalz von auslegen, ist zurücktragen,
heimtragen, einpackeri der uaaren:
heb auf dein Jinim, leg wider ein. fasln, tp. 29t, 18;
legt ein, der markt ist aus, schlieszt krnm und Inden zu.
Grtpmius 2, 3t>8;
forsten werden IXirsion sein,
praler müssen legen ein (einpacken). LocAU 2, 245;
die groston miigen giltig sein
und hoheit doch nirhi logen ein (turücktetten, aufgeben),,
3, 109, 41 ;
weil ich gerne gebe zu und hin n-ci mit srhonken,
wird man, dasz die war gur suhlorhi, lolchilich wollen denken.
giiicn wird doch alles gut, bösen böse sein,
guien log ich alles nu>', hosiMi nllos ein. 3, 102, 2.
er hat sich verlauten lassen, es würe nichts hinter mir, wenn
ein rechter kerl mir auf die haube griffe, inüsle ich einlegen.
causenmaeher 72 ; ach, sie können mit ihrem krame da nur
einlegen (einpacken), ich werde mich nicht nach ihnen richten.
J. E. Schlegel 2, 57. heute ungebräuchlich.
10) ans diesem letzten einlegen versieht sich etwa die sehr
verbreitete abstraction ehre oder schände, rühm oder «pull cin-
icgea d.i. davontragen, heimtragen, mrrri--" ■ ..,/.•./,..<,,..,«
225
ELNLEGEN — EINLEIBEN
EINLEIBEN — EINLENKEN
226
sich von dem einlegen der lanze erklären ? was doch nur vor-
bereitung zum kämpf ist, nicht dessen erfolg bezeichnet, seid
slilie, und erkennet das ich gott bin, ich wl ehre einlegen
unter den Leiden, ich wil ehre einlegen auf erden, ps. 46, U ;
wenn die menschen wider dich wüten, so legest du ehre ein.
76, 11 ; sihe, ich wil an dich Zidon, und wil an dir ehre ein-
legen. Ez. 2S, 22; wir wollen auch ehre einlegen und die
Leiden umb uns her angreifen. 1 Macc. 5, 57 ; aber du soll
sehen, das unser verachter gott sol auch einmal ehre ein-
legen an dir und au deinem gott. Luther 3,251; o wiich
einen spott haben sie da eingelegt, br. 2, 61 ; denn es will
sich nicht so lassen anfahen, das wir unehr einlegen möchten.
5, 15 ; der son gotfes will selber ritter an inen werden und
ehr an inen einlegen, wie an Pharao im roten meer. Mathesiüs
93'; Schande einlegen, fe/r. 44*. 102" ; spott. ungr. S/nip/. 132;
der hauptmann mit sein) beer,
der uns heut hilfi einlegen ehr. ATBBa 33';
beuiel und scheuue war gefegt
und hatten keine ehre eingelegt. Göthe 2, 284;
dasjenige (stück), womit er die gröszte ehre einzulegen glaubte.
IS, 265; führt mich als bartscherer bei dem Lerrn nur ein
und ihr werdet ehre mit mir einlegen. 23, HO.
11) wort, bitte einlegen, meint es vorlegen, deprecari, com-
mendare, oder mit einlegen, nebenbei bitten ? oder dazwischen
legen, interponere, intercedere? s. nachher 12. wir wollen
Götzen ansprechen für uns ein gut wort einzulegen. Göthe
8, 124. ein wort 42, 161. ein gutes wort. 42, 399 ; für sie ein
gutes wort bei meinem oheim einzulegen. 21, 200. man sagt
aber auch ein rechtsmittel einlegen, interponere, etwas im weg
rechtens einlegen, er hat appellation eingelegt.
12) sich einlegen, sich zu bette legen, ins kindbett. Schwei-
MciiEN 3. 212 ; sich zwischen zwei andre einlegen, sich in die
segel legen:
auf nordwiad, lege dich in unser segel ein! FLKai.tcSS;
abwarten, wo es mit dem regen hinwill, der sich heute nacht
eingelegt {eingestellt) hat. Gütre an fr. v. St. 1, 269. bergmän-
nisch, anfangen zu schürfen : die leute haben sich an einem
gebirge' eingelegt, weidmännisch, der hund legt sich ein, zieht,
bei schnellem vorwärts eilen, die hängeleine straf an. Maaleb
126' hat aber auch sich zwüschend ein gespan einlegen, inter-
cedere, und gespan ist ihm 175' streit, Fbisios 718* sich dar-
zwüscLend einlegen.
EINLEGER, wi. nach den bedeutungen des einlegens, zumal
nach der vierten, im allgemeinen schwer zu bestimmen, von
Fischart groszm. 78 werden guffenspitzer {nadelmacher), ein-
leger, bronnenfeger nebeneinander genannt, einleger ist aber
auch bei gärtnern die eingelegte wurzel oder pflanze, die senk-
rebe. vgl. ableger.
EINLEGERECHNUNG, f., die der Schichtmeister über den
bergbau aufstellt.
EINLEGESCHÄLFEL, f was einlegekelle.
EINLEGESTL'L, m. sella plicalilis.
El.NLEHREN, docere, eine unnüthige Verstärkung des ein-
fachen lehrens und mit dem dat. der person: fasse die kraft
auf, die ich dir eingeboren und eingelehrt Labe. Klincer 2, 51;
ein System, das ihnen erst war eingelehrt worden. Tieck ges.
nov. 1,5; ob sie {die tugend) eingelehrt oder ob sie ange-
boren werde? Klixger 6,122. j. einlernen.
EINLEIBEN, incorporare, concorporare, nnl. inlijven, Maaler
126* züsamen leiben, aus zweien oder vilen eins machen, con-
fundcre in unum corpus: das die beiden miterben seien und
mit eingeleibel und mitgenossen seiner verheiszung. £p/». 3,6,
bündiger bei Ulhuis visan J)iud6s gaarbjans jah galeikans
jah gadailans gahaitis is, wo galeikans avaamua übersetzt.
galeika ist der avaoco/nog, der eingeleibte, von leik otöfia,
leib; und der pfaf crinanet zu der tauf und leibet dem ketzer
ein das leiden Christi, es war mir wunderlich. Luther 3, 419 ;
durch das wort werden wir Christo eingeleibt, das alles was
er hat unser ist. 6,192*; das wir durch die laufe im einge-
leibt sind. 6,231'; also sol man die taufe auch ansehen in
goites namen einpeleibt und ganz und gar mit demselben
durchpangen. 6, 2S3'; und ist aus diesem bcfehl Christi die
ganze weit nnd zuletzt auch wir herzugeholet und seiner
braut, der Christenheit, eingeleibel. 6,354*; wenn sie nichf
der kirchen eingeleiht und mit ihr einig sind. br. 4, 572;
darnnib müssen die kindlein der kirchen eingeleibel werden,
MELANCHTH05 im corp. doctr. ehr. 322; zu Niciasburg seien
bei achthundert brüder in den widertauf eingel<-iht und zu-
111.
sammen geschworen. Frank wellb. 49'; so gar hat uns die
natur in den bund des frids eingeleibt und verpflicht. kriegsb.
des fr. 43; Saul ist auch eine solche gottlose schlacke, da
er jung war und durch die beschneidung dem volk gottes
eingeleibel ward. Mathesiüs 112*;
einleibt ihn ins bürgergeschlecht. H. Sachs IT. 2,95';
sih an die klainen kinJlein,
die lauft und noch unschuldig sein
Christo dem faerrn eingeleibt. Schuslzl lobsjyr. 112;
solle nicht diese edle sladt würdig sein, dasz nicht nur ich
und meines gleichen, sondern auch die besten und höhesten
geraüter sicL mit allem dem, was iLnen gott verlieLen, bei
derselbten einzuleiben und ibr gunst zu erwerben möglichen
fleisz und sorge trügen? Opitz torr. zu Hugo Grot. s. 281;
was von Welschen in unsere statt durch heurat und freund-
schaft eingeleibt. Zinkgref 397,12;
wenn (wem?) Föbus macht ein herz aus tüchtigem geblüte,
dem leibt er gleichfalls ein ein lebendes gemüte.
Flbhi.'hg 95.
oft auch figürlich: welcher brieve oder Privilegien inhalt nnd
meinung, als weren sie von wort zu wort in gegenwertige
brieve eingeleibt und verfaszt, wir für ausgedrückt hallen.
Luther l, 104* ; hierin findeslu gleich ein begrif der auser-
lesenen hislorien eingeleibt. Frank c/*ron. 1531 auf dem titel;
dise haben grosze freiheit von bäpsten in geistlichen rechten
eingeleibt, weltb. 44'; in eins all sein gebot eingeleibt. 124';
wie dann auch den artikelsbriefen eingeleibt. Redtter kriegs-
ordn. vorr. ; nach laut des eides, so den decreten eingeübt.
Fisch ABT bieuenk. 211*. noch Stieler 1132, später einverleiben.
EINLEIBUNG, f. incorporatio, einverleibung : also ist dieses
sacrament in brot und wein empfahen nicht anders, denn ein
gewis zeichen empfahen dieser gemeinschaft und einleibung
mit Christo und allen heiligen. Luther 1,202*; Hebron ist
teutsch so viel als gemeinschaft, Vereinigung, einleibung.
Reiszner Jerus. 1, 98*.
EINLEIDEN, innerlich, in sich leiden : der hat recht inge-
blut und ingelitlen. Keisersb. bilger 88'.
EINLEIERN, l) sopire lyra canendo. 2) assuescere lyrae:
das rausten wir jungem aber büszen, die wir von Jugend auf
uns in jene rhythmik eingeleiert hatten. Göthe 31, 22.
EINLEIMEN, glutine inserere, nnl. inlijmen, schw. inliroma,
dän. indlime: blätter, breier einleimen.
EINLEITEN, inducere, introducere, einßhren, ahd. inleitan
(Graff 2, 185), schw. inleda, dän. indlede, nnl. inleiden : und
ward von Jason und der ganzen Stadt herlich empfangen und
eingeleitet mit fackeln und groszem triumph. 2 Macc. 4, 22; dis
ist aber sein meinung als wir beten im valerunser, und nicht
uns einleit in versuchen. Luther 2,33*; in alle warheit ein-
leiten, adducere ad veritatem. Maaler 126'; als herzog Her-
man die groszen in den haiu der gütter Tanfana einleiten
liesz. Louenstein Arm. 1, 7; es^lüszt sich bemerken, dasz ein
jeder den weg, auf welchem er zu irgend einer kennlnis und
einsieht gelangt, allen übrigen vorziehen und seine nachfolger
gern auf denselben einleiten und einweisen möchte. Göthe
6, 213 ; ehe sie mich lossprechen, soll mich nichts von dem
wege entfernen, auf den sie mich einleiten. 15,168; und (ich)
verehre das Schicksal, das mein bestes und eines jeden bestes
einzuleiten weisz. 18, 107; indem du erst in deinen älteren
tagen dasjenige zu treiben anfängst, wozu man von jugend
auf sollte eingeleitet sein. 21, 52 ; Zachariä speiste, durch
seinen bruder eingeleitet, mit uns an Einern tische. 25,179;
das gespnich wollte sich anfangs nicht einleiten. 17, 186 ;
so ist denn dieser stürinevolle reichslag
zum guten ende glücklich eingeleiteu Scbilkb 661*.
den truckenen brunn ausreumen und demselben einen frischen
kwall einleiten {frische quelle zußhren). Butschily kanzl. 51».
EINLEITER, m. introductor: der heilige geist ein inleiter
ist in die ^wikcit. Eckhart 78, 21; die gelehrten einleiter ins
N.T. Wolfs anal. 1,48.
EINLEITUNG,/", introductio, n»/. inleiding: schon seit vielen
Jahren schrieb man in Deutschland nach Klopstocks einleitung
sehr läszliche hexameter. Göthe 30,272; die anslellung der
Jagemann und ihre einleitung aufs tbeater macht meine gegen-
wart höchst nöthig. an Schiller 269.
EINLENKE.N, i) was einrenken, lusatum membrum reponere.
figürlich : die . folgen sind zu bedeutend, die dieser Vorfall,
wenn er nicht eingelenkt würde, der ganzen gegend zuziehen
dürfte. Hippel lebensl. 2, 307.
15
227
EINLENKUNG — EINLEUCHTEND
EINLICH — EINLOGIEREN
228
2) curru flectendo rectam viam inire: mit dem wagen ein-
lenken ; als dieser mann gegen den acker einlenkte. Gotthelk
erz. 3, 402; rechts einlenken; die pferde einlenken, figürlich,
Curd, Curd, das geht so nicht, lenk ein! LE.ssi.t&2, 334;
mit einem blick lenk ich ein
bei dem kühnen eingebildien thoren. Götiik 13, 100;
selbst bei der Übertretung dient mir dies blatt statt eines
gebietenden genissens und ich lenke wieder ein. 21, 11 ; in
der rede einlenken, von einem abschweif zurückkehren; lenk
aufs vorige noch ein wenig ein. Klingers Ih. 4, 203. vgl. ein-
liuken.
EINLENKüNG, /. inflexio: brauchen sie keine einlenkungen.
Lkssinc 1,406; die frommen wünsche und einlenkungen der
unterirdischen machten das haus glücklich. Hippel S, 12.
EINLERNEN, 1) discere, percipere, schw. inlära:
0 zwingen sie die nie beneizien äugen
noch zeitig tbranen einzulernen. Schiller 255*;
das monodram Proserpina wurde mit madame Wolf einge-
lernt. GöTHB 32,89; wir beide, lieber freund, haben uns in
diesen genusz eingelernt. Tieck 7, 88 ; ein eingelernter lügner
{der lügen eingelernt hal). Klinger 1, 461 ; ein eingelernter
Jäger.
2) docere, einlehren und wiederum mit peisvnlichem dativ:
und wie heiszt denn die formel, die er dir eingelernt hat?
Schiller 723'; dasz sie immer willig wnren, mir nach und
nach das walzen und drehen einzulernen. Göthe 25,280;
die newlonische phraseologie, alle alternden physiker sind
darin von Jugend auf eingelernt. 60, 26. hiernach lassen sich
auch die unter 1 gestellten participia deuten.
EINLESEBRET, n. bei den webern ein schmales bret mit
löchern, durch welche die ketten fäden auf den scherrahmen
geleilet, d. i. eingelesen werden.
EINLESEGESTELL, n. das gestell, in welches die züge zum
musterweben eingelesen werden.
EINLESEN, eolligere, nnl. inlezen,
1) fruchte, krduter einsammeln : ahd. so daj obaj in gelßsen
wirL N. ps. 78, 1. nhd. allerhand kräuter, welche sie bei vollem
mondenschein und für aufgang der sonnen mit der linken
band eingelesen hatte. Opitz 2,283;
sie lesen überall die besten blumen ein,
dasz mein gewünischtes grab kan desto schöner sein.
2, 162.
2) bei den webern. die fäden und züge einziehen, einsam-
meln, s. einlesebret.
3) sich einlesen, in ein buch zurecht finden durch fortge-
setztes lesen.
EINLEUCHTEN, illucere, nnl. inlichten, dän. indlyse. ahd.
inliuhtan (Graff 2, 149) steht aber für antliuhtan und mhd.
In liuhten ist ohne beispiel. nhd. zeigt sich die eigentliche
bedeulung zumal in dem pari, einleuchtend, sonst steht das
wort gewöhnlicli abstracl im sinne von palescere, perspicuum
esse, apparere:
und da verlauten wolle, meint der patriarch,
dasz euch nur darum .Saladin begnadet.
weil ihm in eurer mien. In eurem wcsen
so was von seinem bruder eingeleuebtct. Lissing 2,221;
wie viel weniger wird er den kUnstlern entwischt sein, in
deren verständiges äuge alles, was ihnen vortheilhaft werden
kann, so schnell und deutlich einleuchtet? 6,410, hier be-
kunden die Worte 'in das äuge' noch den ursprfmglichen ge-
halt; da mir die deulung davon sogleich einleuchtete. 9,305;
auch hatte der ritter das glück den nvmfen einzuleuchten.
Wieland 5, 76,
in die äugen zu fallen, zu gefallen; noch weniger wollten
ihnen anfangs die fremden Schauspieler cinlcut^ten. 29, 327 ;
ihr werdet euch au« meinen ersten römischen briefen eimr
Meduse erinnern, die mir damals schon so sehr einleuchtete
{gefiel), jetzt nun aber mir die gröszte freude gibt. Götiik
39,40; es leuchtet ihm wenig ein, will ihm durdiaus nicht
einleuchten.
Stiei.er 1155 hal ein transitives einleuchten : er ist übel
eingeleuchtet worden, cum objurgatione inlromissus est, rich-
tiger schiene ihm ist eingeleuchtet (wie heimgeleuchtet) wor-
den, im gegentatz zu ausleuchten, was man sehe.
EINLELCHTENI), perspicuut, in die äugen fallend, leuch-
tend, diln. indlysende: gott sucht uns innerlich mit sriin ein-
leuchtenden liccht und wort. Kram» chrun. 2*; ein einleuch-
tender, im äuge springender »atz.
EINLICH, früher sowol simplex als solus. ahd. cinith. Graff
1, 318. also musz sich das weib des mannes geberden einlich
(einstimmig) stellen, das sie nit säur sehe, wann er frölich,
und nit lach, wann er traurig ist. Alberus ehbüchlin B 4*.
EINLICHEIT, f soliludo, vaslitudo, einode. voc. theut. 1482
f8'. jetzt anszer gebrauch.
EINLIEBELN, insinuare in gratiam alicujus, einschmeicheln,
beliebt machen: die kupplerin hat ihn bei der Jungfrau ein-
gelieblet. Stieler tl58; sein gutes aussehen liebelt ihn überall
ein; er weisz sich allenthalben einzuliebeln. ebenda.
EINLIEßEN, dasselbe: sollte nicht diese edle Stadt würdig
sein, dasz die besten gemüther sich bei derselben einzulieben
und ihre gunst zu erwerben möglichen fleisz und Sorgfalt
trügen? Opitz; unib hierdurch sich beim Augustus einzulieben
und der Römer freundscliaft zu erlangen. Lohenstein Arm.
1,7; bei welchem letztern sich herzog Hermann dergestalt
einlieble, dasz «. s. w. 1, 1249; ich will mich durch demütigen
fuszfall bei ihm einlieben. Hallxann Heraclius 2t. s. sich lieben.
EINLIEFERN, afferre, miltere, nnl. inleveren, ddn. indleverc,
schw. inleverera, in diu hände, zur stelle liefern: die verlang-
ten Waffen wurden richtig eingeliefert;
wer zeisignesier sucht, der nehme sich den stein,
und llefre stets an mich die leeren nester ein.
Rost schäfererz. 42,
in solchen nestern soll sich ein unsichtbar machender oder
kislen üfnender stein finden, vgl. US. n' 85. Monk anz. 8, 539.
Haupt 3, 361.
EINLIEGEN, jacere in loco, nnl. inliggen, wozu man ein-
legen vergleiche.
1) kriegsvolk liegt ein, liegt an dem ort; es liegen noch
zwei regimenler ein, das übrige beer ist abgezogen, gefangne
liegen ein ; schleuszt sie zwischen zwo mauren und läszt sie
alda so lang leben als sie können, gleichwie man zu AntorC,
Gent und andern orten hat sehen mögen, das ettich acht
oder zehen, etlich zwenzig und dreiszig jar lang eingelegen
waren, bienenk. 204*.
2) der kranke musz einliegen ; die frau liegt ein, im Wochen-
bett, mhd. kindes inne ligen. Hemscr 853, 17 erklärt einligen
durch 'nicht ausgehen', wie wir auch einsitzen verwenden.
einliegen, zur miethe wohnen.
3) das fleisch liegt ein, im salze; das hier liegt ein, im
keller.
4) die lanze liegt ein, ist schon eingelegt.
5) der brief liegt ein, ist eingeschlossen, s. einlege.
EINLIEGER, m. der miethsmann. StI've landg. 128. 134.
EINLIF, s. eilf. Seb. Helber 34 stellt noch auf: 'einlif oder
eiir.
EINLING, m. singulus, gebildet wie zwilling, drilling: ein
paar Zwillinge müssen als ihr eigenes widerspiel zusammen
einen einling, iHn buch zeugen, einen treflichen doppelroman.
J. P. ßegelj. 1, 114.
EINLINKEN, collabi, corrugari, aus dem pari, zu folgern:
der bauch voll fallen und eingelunken,
sein unterthan wer gar versunken, froschmeuseler U, 4,4.
vgl. einlenken.
EINLIPPIG, unius tanlum labii, gilt von der blumenkrone,
on welcher der obere oder untere einschnitt fehlt.
EINI.ISPELN. insibilare, eiiiftüstern.
EINLOREN, laudare, commendare : aber es sei ferne, dasz
Thusnelde dein, welchem sie das leben zu verdanken hat,
den Selbstmord einloben solte. Loiiknst. i4rm. l, 76; jede
seiner beischlaferinnen aber war sofgf.iltig, ihren söhn, derer
dreiszig er mit ihnen gezeugt halle, ihm zum nachfolger einzu-
loben. 1, 222; diese singende fmiien hiitlen allem ansehen
nach diesen aller Zuschauer nugen und herz raubenden Jung-
frauen noch beweglicher die liebe eingelobt. 1, tl2s ;
warum linl dich Oispin so vielmnl schon erhoben T
er wird dtiin lob, um sich der weit selb.si einzuloben.
r.ELLERT 2, 16.
er wird dein lob, dein lobredner, spricht drin lob aus; weil
er es den leutcn sehr cinlobic. Ficutk Berl. nwnalsschr. 21,475.
EINLOCKKN, illicere, alltcere, Henisch Sb3,70, nnl. inlokkcn,
schw. inlocka: einlockcn, bctriegen, verstricken, voe. IheuL
1482 f»'. t. anlocken.
KINLÖFFKLN, cochlentim haurire, edere: die speise ein-
löffeln ; s. die unter ausscheffeln angezogne stelle Luthem«.
EINLOGIEREN, coltocare hospilio, cinguaiiicren. s. ein-
losiercn.
229
ELN'LÜSCHEN — ELNMACHExN
EINMACHER — EIMIAL
230
EINLÖSCHEN, calce macerare.
EINLÖSEN, reditnere, nnl. inlossen, schv. inlösa, ddn. ind-
löse, das haßende wieder frei machen: gefangne einlösen,
pfänder einlösen, geschenke einlösen, zunickkaufen: als man
tennulet, dasz so grosze wegrerehrte guter Ursache solcher
melancholei sein möchten, hat man den schönsten säbel und
die schale umb eine summe geldes wieder eingelöset. pers.
reiseb. 4, 44 ; er soll sogleich den ring wieder einlösen, den
er heute früh versetzt hat. Lessing l, 583 ; das urtheil ein-
lösen (die gerichtskoslen tragen?): der referent quälte sich
und das geriebt mit einem schweren verwickelten handel, und
zuletzt fand sich niemand der das urtheil einlösen wollte.
GöTHE 26, 132.
EINLOSIEREN, einlogieren. Hemsch 853, 21: war bei einem
griechischen bischof einlosieret. Zinegbef 16, 17.
EINLÖTHEN, ferruminando firmare, viit blei rergieszen.
ELNLOTSEN, natem per brevia expedire, nnl. inioodsen,
schw. inlotsa, ddn. indlodse:
dagegen ich ein reisemüder mann,
der nach den stürmen ruhe sucht und frieden,
der sehnlich wünscht, nach manigfachen fährden,
zum port des ehstands eingelotst zu werden.
Uhlands ged. auß. 5 s. 474 ;
figürlich, in zeit von drei tagen war der schätz aus dem holen
bäume wolbehalten ins enge gäszchen eingelotset. Mcsaels 4, SO.
EINLUDELN, laufpulver auf die pfanne schütten, s. ludein.
EIN LÜGEN, 1) menliendo persuadere, einem etwas einlügen.
2) sich einlflgen, mendaciis aditum sibi parare:
das ist ein schalk, ders wo! versteht,
er lügt sich ein, so lang es gebt. Götbi ...
EINLULKEN, insugere, einsuckeln. Stieler 1185. s. lulken.
EINLULLEN, canendo sopire, nnl. inlullen, schw. inlulla:
allranlich eingelullt von süszen Sängerinnen. Wiklamd 10,317;
dann ist die seele voll und eingelullt der schmerz.
PLATE.t 88';
du lullst ihn ein in lauter wiegeniräume. 167';
bypothesen sind Wiegenlieder, womit der lehrer seine schüler
einlullt. GöTHE 22, 252 ; es waren wolthätige, beruhigende, ein-
lullende niomente. 48, 121; sie möchten mich in eine verächt-
liche Weichlichkeit einlullen. Tiecr 11, 35.
EINLUMPEN, pannis obseri, verlumpen: aber wie ich ein-
gelumpt bin. das ist unbeschreiblich. Weise erzn. 342.
EINLÜTZE, singulus, ahd. einluzzi (Graff 1, 318), keij ein-
luzziu, capra agrestis; mhd. einlütze, einlitze:
, trilisch gefaszt in ainlitz lung. Wolxe.^stki:* j. 229;
die dönr (donnerschläge) machent die ainlützen schäf enver-
fend (verwerfend) ir fruht. d4 wider gehoert, daj man si zuo
ainander samene under ain dach. Megenberg 154, 28.
EINLÜTZIG, EINLITZIG, dasselbe: ausz etlichen stucken
Weingarten und besundern gütern und aiK etwe vil ain-
lützigen ackern. 3/ß. 13, 462 (a. 1447). tceisth. 1,49L492; ein-
litzig leben. Fiscuaht ehz. 505. später veraltet.
EI.NMACHEN, condire, nnl. inmaken.
1) todte einbalsamieren: si machen ihre verstorbnen mit
wachs ein und begrabens in die erden. Frans weltb. 189'.
2) obst, fruchte, raispeln, kraut, höhnen einmachen. Dasy-
PODics und Fhisiüs verdeutschen condire durch geschmackt ma-
chen, Hekisch 853 aber: etwas mit gewürz geschmach machen,
oder in ein geschirr ordentlich ainmachen, mit salz, kümmich,
essich einmachen, einmachen sülzen ; wesentlich ist also das
einlegen, einthun, einmachen ins gcfdsz zur aufbewahrung oder
schmackhaßmachung und einmachen berülirt sich mit einlegen 5,
wie auch die Schweden, neben krjdda, iulägga für condire
setzen, eingemachtes bedeutet uns eingeniacitte fruchte, vgl.
confect von conficere, wo gleichfalls facere im spiel ist.
sind dieses eure rrüchi, o nymfen, die ihr tragt?
'ja schaut, die gnad ist unser gottheil zugesagt,
sie wachsen eingemacht', an schmack nicht desto schlimmer.
Grtphius 1, 709;
hier noch manches eingemachtes
unter gläsern, wol beacht es. REckert 227.
3) teig oder kalk einmachen, einrühren.
4) ferner so hat mir meine Schwester und Jocheim von
Salzau eine cession gethan, weil er im Bilkischen schuldwesen
gcld zu empfahen hatte, solches geld einmachen und ihre
rata zu meinen banden zu nehmen. Scbwbi.iichem 3, 162. kaum
bloszet einnehmen, einziehen, sondern einschlagen, einpacken,
einwickeln, wie Stielbr 1199 eimnacben involvere, servare.
eustodire hat. hier sind die rahmen, bewahren sie sie bis
ich komme, die bilder einzumachen. Güthe an fr. v. St. 1, 37.
5) feuer einmachen, wie anmachen : ich habe wieder fensler,
kann wieder feuer einmachen. Göthe an fr. v. St. l, 95.
6) eingemacht bei Scheltwörtern soll wol eingebeizt, ein-
gesalzen ausdrücke!) : du eingemachter eselskopf! Weise erzn.
12; du bist so ein eingemachter narre, so ein Stockfisch,
nimm mirs nicht übel, mein söhn, so ein überstudierter pickel-
hering.'LESSisG 1, 278; ein eingemachter theorist ist der ganze
kerl. TiECK nov. kr. 4, 65. doch vgl. ausgemacht 1, 915 und
ausmachen 2 ßr coquere, conficere.
EINMACHER, m. conditor. He.nisch 853, 39. Stieler 1199.
ELNMACHGLAS, n. er macht seinen incommensurabeln
magen zum zweiten einmacbglas eines jeden eingemachten.
J. P. lit. nachl. 4, 95.
EINMACHGUHKE, f. eine gurke, die sich besonders zum
einmachen in salz oder essich eignet.
EINMACHKIRSCHE, f kirsche zum einmachen, wie back-
kirsche zum backen dienlich.
EiNMÄHDIG, ira; einhauig, gegensatz zu dreimähdig 2, 1387.
EINMÄHEN, insecare, einhauen, in das gras, in die feinde
einmähen, ■ o/so mit anderm ein ah das vorausgehende.
EINMÄHIG, was einmähdig: die einmähige niese voll gelbes
gras und abzugsgräben. J. P. uns. löge 2, 10.
EI.N.MAHNE.N, nomina exigere, nnl. inmanen, schw. inmana,
ddn. indmane : geld, schulden einmahnen. Hemsch 853, 40 ;
wenn einer seinem nehestcn etwas borget, der sols im er-
lassen und sols nicht einmanen von seinem nehesten oder
von seinem bruder, denn es heiszt das erlaszjar dem herm,
von einem frembden magstu es einmanen. 5 Mos. 15, 2. 3 ;
der bann ist nirgend zu gebrauchet, denn das man zinse
und schuld hat dadurch eingemahneL Luther 5,85*; die so
ir ausgelihen gut widerumb einmanen. Melanchthok, ob die
Christen vor gericht handeln mügen; damit ich das versessene
deputat von herzog Friedrich einmahnen konnte. Schweimches
2,9; zins und anderes eingemahnet. 3,148. rjL ausmahnen.
EINMÄHNER, m. exactor: betrachte den steten einmahner
seines zolles leib (den tod), wie ungestüm pQegt er täglich
von uns zu lodern? Opitz 2,297 (Amsterd. 2,135).
ELNMAHNUNG, f exactio: wegen einmahnung ihfer schulden
halber. Schweixichen 3, 11.
EINM.ÄHREN, miscere massam farinaceam, einteigen, back-
mehl mit Sauerteig und wasser zur gährung mischen, auf
dem lande pflegt man zu einem geback abends vorher einzu-
inähren, damit der teig nachts gehe, d. h, gdhrend sieh hebe,
kuchenteig mit hefe einmischen nennt man anmachen, einma-
chen, einmengen oder anstellen, s. mähren.
EINMAL, nnl. eenmal, schw. en gang, dän. engang, franz.
une fois, »7. una volta. schon gramm. 3, 232 ipurde bemerkt,
dasz weder ahd. noch mhd. ein zu dem acc. mal gesetzt er-
scheine, goth. hiesz es mit dem dat. ainamma sin|)a, altn. einu
sinni ; ahd. mit dat. pl. einaz^ra, einzSm mälum, einzen malen,
ößer mit der praepositiun zi einemo male, zeinemo male;
mW. ze einem male, zeinem male oder genilivisch eines mäles.
aiicA im 14. 15 jh. zeigt sich noch kein einmal, bei Eckhart
steht ze einem male 58, 27. 61, 25. 71, 10. 186, 10 oder eines
HO, 28. 29. 138, 11. einest 206, i. bei Botxer eis mdls 2, 1.
91, 75. bei Megenberg ains mals 55, 19. lOl, 29. auch Kei-
sersberg scheint einest vorzuziehen, bilg. 20*. 6l'. 176'. 209*.
j. d. m. 43*, oder noch ößer eins mals bilg. 157*. 16l'. omeis 44*.
s. d. m. S*. 11*. 29'. 34*. 38'; doch taucht hin und wieder ein mal
auf, z. b. omeis 17'. s. d. m. 5'. 42*, unverkennbar mit unter
schieden der bedeutung. Luther hat in der bibel beinahe durch-
gehends acaisativisches ein mal und nur 1 Pelr. 3, 20 haßete
eins mals; seitdem beginnt einmal vorzuhersehen, einsmals
seltner zu werden, einst in engerm sinn zu gellen, man sehe
eines, einest, einsmals an ort und stelle nach, dies einmal
gegenüber einsmals darf als ein vortheil der heutigen spräche
angesehen werden, die vollständige flexion sollte lauten gen.
eines mals, dat. einem male. acc. einmal, doch den dat. sehen
wir hernach gekürzt gleichfalls zu einmal.
Wie das blosze ein aus seiner bestimmten bedeutung über-
trat in unbestimmte, wird auch das zählende einmal, mit ver-
tust des tons, zu irgend einmal, je einmal.
A) einmal, semel, rirta^.
1) der blosze acaisaltv: einmal (gethan oder gesagt) ist
keinmal («t noch nicht zu rechnen, sondern erst mehr als Ein-
mal); wer Einmal gelogen hat, lügt öfter; ei Einmal gehet
15*
231
EINMAL
EINMAL
232
hin! saußeufel G3'; ich sage es einmal und nicht mehr; er
behauptete es mehr als einmal ; nur einmal ; nicht Einmal,
nicht ein einziges mal; im jar nummen ein mol. Keisersb.
omeis n'; ^in mal essen ist pöttlich, wer zwiret iszt, der
ist em mensch, wer drü mal iszt, der ist ein vich. »er vier
mal iszt, der ist ein teufel, und wer fünf mal iszt, der ist
des tüfels muter genant, s. d. m. b" ; du soll auch mit keinem
zornigen hadern, noch der man mit siner frauwen, noch die
frawe mit irem gemahel, dan so ir ein mal anfahel, der hader
hört darnach nummer uf und ist weder rüg noch rast darbei.
42*; ein mal im jar, oTia^ rov iviavrov, semel per anntim.
i Mos. 30,10; lasf alle kriegsmenner rings um die stad her-
gehen ein mal, semel per diem. Jos. 6,3; ich bin drei mal
gesteupet, ein mal gesteiniget, ter virgis caesus sum, semel
lapiJatus. 2 Cor. 11,25;
öinmai nur in nnserm leben
ist das höclislc gluck gegeben. Götuk 3, 75;
doch liüsierlo bort ich im loben nicbt Einmal
nennen, eben so wenig als Krekelborn. 40, S5;
wenn man sie einmal nur eesebn,
ach, immer musz man nach ibr gebn. 1,20S;
einmal in die nacbt gerissen
bleibt sie ewig mir geraubt. Schillkr .^4^
2) noch einmal: kompt noch ein mal er auf, vulg. ascen-
dite adhuc semel. rieht. 16,18; ah, ziirne nicht herr, das ich
nur noch ^in mal rede, dar XaXrjoco k'xi, ana^, vulg. si
loquar adhuc semel. 1 Mos. 18, 32 ; wenn ich der hcnne ihre
nahrung vermehre und gebe ihr noch einmal so viel zu fres-
sen als ich pflege. Lokmans fab. 12 ; wann er dich und uns
alle schon noch einmal {heute bdonl n6ch einmal) und aber
Einmal so heszlich und scheuszlich machet. Ayuek jiroc. 3, l ;
denn l'hyllis kömmt noch iHnmul wieder. Gellert 1, 81 ;
versuchst dus noch Einmal. Schiller 64*;
noch Einmal, Robert, eb wir scheiden,
komm an Elisens klopfend herz.
K'ir sagen allgemein : noch Einmal willkommen ; noch einmal
lesen, denuo legere; noch Einmal überlegen, ilerutn cogilare,
schtceiz. noch einist; erst im vorigen jh. hat sich rfa/'ür noch-
mals eingeführt, wovon an seiner stelle weiter zu handeln ist.
mit mehrmals verhält es sich anders.
3) (Einmal für allemal, ein für allemal, einmal für alle, une
fois pour toules, dän. een gang for alle, nachdrucksam und ent-
schieden v)ie das lal. ut semel dicam : denn einmal für ullemul,
die so genaue erkundigung musz entweder davon, dasz man
ihren bitten willfahren will, oder dasz man ihnen von freien
stücken etwas gutes zu erzeigen geneigt ist, herrühren. Leipz.
avant. 1, 209 ; kömmst du schon wieder mit deinem albernen
zeuge? einmal für allemal, du sollst nicht sagen, dasz sie
mit dem grafen durchgegangen ist. Weisze kom. opern 3, 20 ;
ich sag euch, mit dem schönen kind
gebts ein für allemal nicbi geschwind. Götue 12, 130;
nur über ein kleines müdcben wurde geklagt, dasz sie ohne
gescbick sei und im hause nun ein für allemal nichts thun
wolle. 17, 179 ; Wilhelm behauptete nunmehr ein für allemal,
dasz sie sich gleichfalls an die übrige gesellschaft anschlieszen
sollte. 19, 61 ; ich will es nur rasch, ein für allemal heraus-
reden. 22, 54 ; bis er ein für allemal den entscblusz faszt zu
erklären, das rechte sei was ihtn gemäsz ist. 2U, 27 ; einmal
für alle. Niebuhr 2, 40(). nicht zu loben ist die Umstellung
bei Klinger 1,118: über diesen punct habe ich mich für ein
und allemal erklart.
4) Einmal und das andere mal, öin und das andere mal,
einmal und das andere begegnen so in dreifachem ausdruck.
nicht anders einmal über das anderemal, ein über das andere
mal, Einmal über das andere, hier belege für die letzte for-
met: da aber der graf in solcher Stellung liegen blieb und
mir Einmal über das andere die band kussele. irrg. der liebe
247; sehr fleiszig sind gedichte aus Müllers vei suchen einge-
rflckL, der einmal über das andere ein gruszer mann geschul-
Un wird. GuTHE 33, 66.
5) Einmal oder zweimal, ^in oder zweimal, einmal oder
zwei, die letzte tteise tteht z. b. Nehem. 13, 20, Sirach 32, 10
und im buch der Itebe 212, 1 : liesz Arsace t'hariciiam einmal
oder zwei zu ihr fordern, sie unterliegt nach sp. II l der Ver-
dichtung in ein mäler zwei; einmal oder zehen tst «» ein
mäler zehen, wobei der ton von ein weg und auf mal zieht,
daher auch weitere kfuzung en maier zwei, nmaler zwei mog-
lt(h wnd, einmal oder nliLhe. Schui'Imus »51.
6) Einmal steht für erstens, primum. Locaü schreibt in
seiner vorrede: ich gedenke nur etwas weniges vom reiinen-
musze, einmal, dasz die endungen der reime zusammen stim-
men ... nachmals u.s.w.; und wagte mich daran mit dop-
peltem eifer, einmal weil ich nach meiner Überzeugung spre-
chen konnte, und sodann weil ich mich in jüngeren jähren
in eben demselben traurigen fall befunden hatte. Götue 17, 60 ;
denn Einmal liegt sie {die kirche) in ewigem streit mit dem
Staat, über den sie sich erbeben, und sodann mit den ein-
zelnen, die sie alle zu sich versammeln will. 26, 41. folgt aber
kein nachmals, hernach, dann, sodann, so wird einmal den
sinn von kurz oder ein für allemal (s. 31 erhalten: einmal,
ibr ganzes thun und lassen war dermaszen possierlich, när-
risch u. j. w. Simplic. K. 174 ; einmal, es galt mir endlich
gleich, mit was für vorlheilen, mit was für griffen ... ich
prosperierte. Courage cap. 18.
7) auf einmal, ifäna^, elsüna^ auf einen schlag, tuul
d'un coup, besonders nach zahlen, drei auf einmal, sieben auf
einmal; und schlug dreihundert auf einmal. Ichron. 12,11;
und gewann alle diese könige mit irem lande auf einmal.
Jos. 10,42; also fielen diese sieben auf einmal. 2 Sam. 21,9;
wer verkercts weges ist, wird auf eirnnal zufallen, spr. Sal.
2S, 18 ; darnach ist er gesehen worden von mehr denn fünf-
huudert brüdcrn auf einmal, vulg. simul, goth. suns, weil in
auf einmal auch die vorslvllung des plölzlichen liegt, l Cor. 15, G.
auf 6inmal lieb und hasz besitzen mciiit.-n mm.
Wkckiikri IN 273;
baut zu! so komm icb doch der quäl auf i'-ininal los.
Ukllkkt 1, 200:
denn wer nicht doppelt ist, kann nur an öinem ort
uul' einmal sein. Wiklahd 17, 25S;
ibr habt vielleicbt auf diumal alle recht. 10,249;
auf einmal sieht er hoch im saal,
sieht sitzen himderi gaste. Göthe 1,182;
auf dinmal so anders. 45,82;
der Strohhut hieng ihr am arm, und so hatte ich das ver-
gnügen sie beim ersten blick auf einmal in ihrer ganzen an-
mut und lieblichkeit zu sehn und zu erkennen. 25, 344 ; als
nun aber gar der behaglich ausgestreckte auf eiumal in ein
lautes lachen ausbrach. 25, 350 ; wenn wir auf eiumal aus
einem ruhigen dache eine flamme gewaltsant ausbrechen
sähen. 25,359; als sie aber auf einmal das fremde gesiebt
erblickte, that auch sie einen lauten schrei und lief davon.
25, 361. der wolf ist mächtig ein kalb auf einmal auf eine
mahlzeil zu verzehren.
8) mit einmal für mit eimmal d. i. mit einem mal, goth.
ainannna sinj)a, diese fehlerhafte kürzung begegnet kaum vor
dem t8 jh., sie bedeutet was das vorige auf Einmal : und so
wie sie {die gezwungnen deutungen) sich selbst unter einander
aufreiben, so fallen sie alle zugleich mit einmal weg, sobald
man auf den grund jener Voraussetzung gehet. Lessinc 8,234 ;
die groszen erhndungen thaten sich mit einmal hervor. Win-
KELMANN 3, 218 ;
ciii/oln geht nach cinan<UT hinein, nicht alle mit einmal,
«/A« Tt^ofivTjaTiroi iatk&sxe, /urjS' atta nnt^eg.
Od. 21, 230 ;
da steht Ulan denn mit einmal dumm und siiimui.
GOKIHUK 1, l.'>4:
man warf tausenderlei fragen mit einmal auf. Wieian» ll,2o.s;
als sich in ihr das durch frühern Unterricht empfangene mit
eiumal zu entwickeln schien. Götue 17,217; wie sollte sie
aber jede bofnung mit einmal aufgeben! 17,364; so tiel das
werk mit einmal über den häufen. 37, 269 ;
(loch grado diese leiiten tage
liel er mit einmal mir aufs herz. 2, 223;
ei sieh doch, .schön ! für doino wunden
ist die arznei mit einmal güTunden. 45,89;
da srhosz er hervor und schnappte mit einmal
auch iincli mir, da lühr ich zusammeu und filif ai (liehen.
40,11«.
9) zu einem mal, tnhd. zeinem male, begegnet selten: denn
das er gestorben ist, das ist er der sünde gestorben zu einem
mal, iipana^. Hörn. 6, 10.
B) einmal, o<ini, aliquando,
1) quodam tempore, der gangbare nusdmrk für unbe.Klimmle
zeit, die erziihlttng beginnt: es war einmal ciii könig ; eiirmnl
lebte ein mann, was aber auch ivegUleitnn kmin und im latei-
nischen märchen gewöhnlich fehlt: eraiit rex et regina, im
franmsisihin ebenfalls ifvsettt wird: il elait une fuis un roi
et une reine, einmal da hicsx im ilencdict zc Irinken bringen.
Kti^iiisii. vmeh U';
233
EINMAL
EINMAL — EINMASERN
234
mein vater einmal ein kälblin hett. Atrrh 53*;
es hatte einmal ein könig sich auf die jagd begeben, pers.
rosenth. 3,1; es war einmal ein kind. Göthe 8,18;
märchen sagt 'es war einmal'. 41, 271;
ich schosz einmal eine katz am zäun. 1, 172.
Gellebts erzdhlungen ziehen einst dem einmal vor, doch er-
scheinl es hin und wieder:
ein äffe sah ein paar geschickte knaben
im brei einmal oie dame ziehn. 1, 156;
der eine, der gern siegen wollte,
sann einmal lange nach, ebenda;
Till Eulen^piegel zog einmal
mit anilern über berg und thal. 1, IM;
als ich einmal, so fängt mein autor an
nach seiner weise zu erzählen,
in einer kirche sasz. 1, 214.
wir unterscheiden freilich zwischen eins! wirf einmal, jenes hat
uns nur die bedeulung von olim, in einmal aber schimmert
noch seviel durch, ehmats lag doch dieser sinn auch in einst.
s. einst.
2) einmal geht zwar hauptsächlich auf die Vergangenheit, kann
aber, wie einst und olim, auch die zukunß ausdrücken: ich
komme spät, doch ich komme einmal; bald einmal; ihr sollt
euch wundern, wenn das einmal geschieht; ob sichs einmal
zutragen wolt, das ich zu euch kerne, et neos, si quo modo
tandem. Rom. 1, 10 ; ich werde einmal plötzlich über dich
komen und dich vertilgen, semel ascendara in medio tui.
2 Mos. 33, 5, wo dem semel plötzlich entspricht, einmal zum
futurum gehört i es wird im der wanst einmal vol werden.
Hiob 20, 23 ; denn es sol sich auch einmal alle weit für mir
fürchten. Ez. 32,32;
ich denk ich halte sie einmal
und biisze meine lust. Göthe 1, 20.
3) nach dem itnp. hat einmal den bittenden, zurufenden,
aufmunternden sinn des lat. heus und quaeso {vgl. bald 1, 1081) :
hör einmal! komm einmal her! setze dich einmal! denke dir
einmal! wie wir auch doch verwenden: höre doch! komm
doch her! setze dich doch! oder beide Wörter häufen: höre
doch einmal u. s. w.
süsz liebchea! 'laszt einmal I' Götue 12, 165;
bedenk doch nur einmal! 1,168;
sehen sie einmal, ob es sich der mühe verlohnt den frisch-
ling zu schieszen. Rabener 2, 74; reichen sie einmal den
teuer her!; geben sie einmal acht! im hinlergrund liegt immer
die blassere, eigentliche bedeutung von semel.
i) ähnliches einmal neben dem praesens, wo man es wieder
mit doch vertauschen könnte, voraussetzend und einräumend:
es ist einmal wahr, certe, profecto ; es ist einmal so ; Anton,
was hat er einmal zu lärmen ? Götter 3, 165 ; das ist mir
einmal unbegreiflich. Göthe 57, 226 ; wo ein bedürfnis das
urtheilen nothwendig macht, da ist eine maxime nöthig, nach
welcher wir unser urlheil fällen, denn die Vernunft will ein-
mal befriedigt sein. Ka.m 1, 125 ; es ist einmal ungewis, ob.
3, 350; es ist einmal (damit) nicht so gut bestellt. 4,99.
darum verbinden sich auch beide partikeln: eine beschränkt-
beit der Vernunft, die doch einmal nicht von ihr zu trennen
ist. Ka.nt 6,228;
nein, ich spiele länger
die miimmerei nicht mit. er musz es doch
einmal errahren. Lkssing 2, 234;
hat der alte hexeomeister
sich doch einmal weg begeben. Götub 1, 237;
ich besasz es doch einmal,
was so köstlich ist. 1, 111;
du bist doch nun einmal eine hur,
so seis auch eben recht. 12, 196.
5) nun einmal lag eben vor. hier sind noch andere bei-
spiele, ohne doch : ich übersende euch nu einmal den armen
Sorgenvol. Rehiichn A/ag des annen niunrics s. 3; beide stimm-
ten darin überein, dasz da das stück nun einmal auf das
deutsche theatcr solle, dieser hintergrund für unsere vorstel-
lungsart am besten werde. Göthe 19, 106; da die groszen nun
auch einmal menschen sind. 24, 308 ; ansern gasten würde es
bei uns nicht woler sein, sie sind nun einmal das alte gc-
liäude gewohnt. 26,17; ich bin nun einmal so. dies nun
einmal bezeichnet das geschehene, eingetretene, beschlossene,
abgethane und weist auf semel zurück.
6) endlich einmal: hörst du endlich einmal?; sei nur end-
lich einmal still!
7) nicht einmal, ne quidem: das er wüste, wie seine kinder
sich schendlich hielten und hette nicht ein mal säur dazu
gesehen. 1 Sam. 3, 13 ; dasz er mich nicht einmal bemerkte.
Gotter 3, 23 ; er verleumdete mich und du sagtest nicht ein-
mal ein wort da wider; das alles sagst du mir und wirst
nicht einmal rotb?
8) einmal — einmal = modo — modo, bald — bald:
einmal ist sie munter, meist betrübt,
einmal recht ausgeweint. Göthk 12, 174;
er ist einmal so, einmal anders, wetterwendisch.
9) auf einmal, gleichviel mit einmal unter 1 und verschieden
von dem unter A, 7 behandelten auf einmal : es war ein für-
nem man, ein Zunftmeister, ward auf einmal {quodam tem-
pore) bestäubt mit wein und mocht nit heim kummen. Kei-
üERSB. s. d. ff». 9* ; auf einmal da wäre ein ritter, der het ein
frauwe. scA. t<. enisn550 cap. 344; auf einmal war ein maier,
der malet die allerhüpschsten Jesusknehlen. cap. 359; ganz wie
man auch sagte auf eine zeit, öf ein ztt. Eckhart 625, 32.
10) die wegnähme des tons von ein hatte zur folge, dasz es
völlig ausfallen konnte und nichts als mal zurückblieb, in der
Volkssprache erscheint in allen von 1 — 8 aufgezählten fällen
häufig bloszes mal; eine noch stärkere aphaeresis, als die
sp. 139 behandelte, welche von dem ein mindestens das a be-
hielt, dies mal für einmal begegnet auch bei schriflslellem, die
jenes n für ein meiden:
wenn ich mal ungeduldig werde,
denk ich an die geduld der erde. Götub 2, 306;
ich will euch erzählen ein märchen, gar schnurrig.
es war mal ein kaiser, der kaiser war kurrig. Bübgeh 66*.
wenn nun das märchen vom fischer anhebt: dat wör mal ens
en fischer un sine fru, so wird hier das vor dem mal untei-
drückte en nochmals pleonastisch durch ens = einmal aus-
gedrückt, die fries. mundart verwendet ris ßr ien ris, einmal,
im neapol. na vota mangelt nichts als der anlaut. übrigens
mag dies mal zum probstein ßr den unterschied zwischen
dinmal und einmal gereichen, ein fällt nicht weg, folgliih
weist mal auf geschwächtes einmal, aus diesem gründe erscheint
nochmals (sp. 231) für noch einmal, noch eines males fehlerhaft.
EINMALEINS, adv. aliquando, dermaleins, dermaleinst,
pleonastisch, da, wie eben bemerkt umrde, in einmal und eins
= einst ganz dasselbe enthalten ist: wie, wenns mit der zeit
ein mal eins inen auch mit irer kirchengewalt und weihe als
gehen würde. Luther 6, 82', hier steht zur Verstärkung auch
noch das gleichbedeutige mit der zeit.
E1N.MALEI.NS, n. tabula pythagorica : einmal eins ist eins ;
nnl. eenmaaleen ; auch in Hans Bock rechenbuch. Sümb. 1544
das einmalein, doch seil Adam Riese (f 1559) gilt das einmaleins :
ein jeder lobe was er will,
vom einmaleins da halt ich viel. Weise com. probe 124;
man gefällt sich selten in dingen, die man so inne hat und
übersieht, wie etwa das einmaleins. Lichtenberg 1, 295.
EINMALEINSGESCH.\FT, n. negotium, argentaria, geldge-
schäß : übrigens war ilun Libuni in seinen einmaleinsgeschäflen
und noch mehr in den vielfältigen bändeln mit der fuszgicht
fast unentbehrlich geworden. Kt. Scu%ibt kom. dichtungen 285.
EINMALEN, copiam farinae congerere, körn, getraide in
Vorrat malen, dän. indmaale.
EINMALHEBER, m. vicissitudinarius, i. e. vicem praebens
vel vicem alterius gerens. t-oc. //ieuM482 f 8*. Diefesbach 618*.
EINMALIG, quod semel factum est : sein einmaliges erschei-
nen gieng spurlos vorüber; diese einmalige erinnerung fruch-
tete wenig, richtiger wäre einmallich, einmalich.
EINMÄNNIG, unum capiens virum: ici» miethele ein ein-
männiges boot (mit einem schiffer). Göthe 30, 175; erforderte
schnell eine einmännige stube und dergleichen abendmahlzeit
(zimmer mit iinem bell und essen für einen mann), i. P. ßegel}.
1, 97 ; der reisehofmeister begleitete darauf seine kleine ein-
männige fürstenschule. paling. 2, 76.
E1N.MANNISCH, dasselbe: ein eiiunännisches bette ; cinmän-
nisclier kübel, der nur einen knappen aus der grübe schaffen kaiut.
EIN.M^VRLNIEREN, franz. mariner, gebratene ßscke in essich
und öl einmachen.
EIN.MARKEN, was eingrenzen. HeniscH 853, 44.
L1NM.\RSCH, m. inyressus militum, das einrücken.
EIN.MARSCHIEREN, ingredi, einrücken, von heerscharen.
tlNMASERN, maser ist tuber, geschwulsl, knote, Verhär-
tung, einmasern demnach intuberare, wie die analogie von
extubcrare, prulubcrare zu bilden gestallel. das seltne »Ott
235
EINMASZ — EINMUNDEN
EINMÜNDEN — EINNÄHEN
236
bietet nur Keisebsbbrg dar: usz dorn schmerzen entspringt
dann ein etkuni, ein iniferen, ein inmaseren, das du denn
anfubest in deinem gemut in zu fulen in dich selber und
noch dannocbt nit nszbrichst. bilger 137', man vergleiche ein-
eifern, einfaulen und elkum. Graff 2, 875 hat ahd. maserün,
exluberare, einmasern musz bedeuten sich verhärten, verknoten,
hier von innerlicher geschuulsl.
EINMASZ, n. decrementum in metiendo, abgang beim ein-
messen.
EINMASTER, m. navis uno malo artnata, vgl. dreimaster.
EINMASTIG, uno malo inslruclus.
EINMAüEBN, muro claudere, schw. inmura, dän. indmure :
ein kind, ein lebendes wesen einmauern {mylhol. 1096) ; eine
nonne lebendig einmauern ; einen balken mit einmauern ;
docb donnertöne schütt auf den verhaszien
der vieler dörfer leben eingeinaurt,
und nimmer satt bei goldgefullten kästen
auf höhern wucher laurl! Voss 4, 10;
und immer mich bei büchern einzumauern,
da würd ich doch mit recht wol ausgelacht?
GöKiNGK 2, 1S5;
ein weitmann, der im civilisationsverderben versunken ist oder
vielmehr eingemauert dasteht, Pestalozzi 6, 195; er hörte
nur worltrost und das todesurtheil, dasz die geduldige seele
noch immer eingemauert sei in die tiefste hole des lebens
(d. t. blind sei). J. P. TU. 3, 136 ; er wur zwischen zwei kleine
dämchen eingemauert, uns. löge 2, 119.
EINMEISCHEN, fervente aqua perfundere loslum hordeum.
EINMEISZELN, caelo incidere: der name ist noch nicht
auf den marmor eingemeiszelt.
EINMENGEN, immiscere, nnl. inmengen, schw. inmänga:
lustig eingemengt. Garg. 115' ; teig einmengen ;
und er gebot, dasz eiligst der kunstberübmte Hefästos
erde mit flut einmengt und menschliche stimm ihr enheilte.
Hesiod von Voss haust. 61 ;
mengje deinen fusz in frembdes werk nicht ein. Opitz 1,349;
er mengt sich in alles ein; warum mengtest du dich in das
gespräch ein?; beide mengten sich wieder in die gegenwart
ein. J. P. flegelj. 1, 117.
EINMENGSEL, n, admistio: ein unnöthiges einmengsei.
EINMESSEN, nnl. inmeten, schw. inmäla.
1) ad mensuram infundere: wein, hier einmessen, zumes-
sen ; körn einmessen, d. h. in die kanne, in den sack :
alhie ein trünklein wein ich hab,
der keiner thet mirn einmessen. Atrek 385';
2) minuere metiendo, vgl. einmasz.
EINMETZGEN, was einschlachten: sich nicht einmetzgen
lassen. Gotthelfs Uli 218.
EINMIETIIE, f. conduclie habitalionis.
ELNMIETHEN, conducere habilationem : es konnte mir nichts
glücklicher begegnen, als dasz Griesbachs ebendaselbst ein-
gpiniethet hatten und bald nach mir ankamen. Göthe 31, 100.
reß. sich einmiethen: der teufel des neides miethet sich im
herzen ein. J. P. holzschn. 155.
EINMISCHEN, jmmwcere, einmengen: ein statt von xxv tausent
feurstett oder beusern besetzt mit eingemischten lustgärten.
Frame weltb. 22S'; den körper C mische ich hiebei nicht ein.
Kam 8,58; sich in ein kriegshandel einmischen und einOicken.
Maales 126*: die eingemischte Wahrheit. Lessing 8,133;
80ll ein ergetzlich kus
sein besser angewehrt als auf des pabstes fusz,
»0 musz ein lililich wori, so musz ein freundlich kürmeln
bei suszen schmntzerleiu dem lachein und dem murmeln
sich anig mischen ein. Locai; 2,14;
freund, da jeder sich jetzt freut, dasz mit dieses wiuters frosten
auch des langen krieges eis werde schmelzen, und den lüsten
nechtten fruhlings sich die zier auch dos fricdens mischen ein.
2,45,70;
welch ein conceri! die kleine grille
mischt leise zir|>end auch sich ein,
und von dem fröhlichen gehrUile
des Viehes bebt der nahe hain. Dom im musenalm. 1770.
EINMONATLICH, uniut mensis: cininonatliche frist, gefan-
genschaft.
EINMÖNDIG, dasselbe. Ölingers grammalica 82.
EINMUMMELN, ceiare, einhüllen.
EINMUMMEN, dasselbe: sich einmummen gegen die kälte;
in sklarenkleiiler du, und ich nun l.itine
in einen |iur|iurmaiiiel eingeniuuiinl. .Scbillir ... ;
die rothe wang halb «iiigemuniint im rauchwerk. Vou ...
EIN.MLNDEN, mandufare, zu munde ßhren : er kann statt-
lich einmundeo, ovidisstme comesse novit. Stikler 130B.
EINMÜNDEN, inßuere, confluere: da wo die Mosel in den
Rhein einmündet, vgl. ausmünden efflucre.
EINMÜNDIG, uno ore: sie all schreiben aimündig so.
Reüchlin verst. 11'; der meinung waren die bürger alle und
einmündig sprachen sie. Hugoschapler 17 ; die herzogin die
frauwen zu ring uinb fragen thet, alle einmündig urtbeilten.
Galmy 149; die dri länder gabend einmündig ir antwort.
TsciiuDi 1,271; alle antworteten einmündig 'geld, geld, geld*.
der mit den Seltenheiten dieser well beschäftigte parnassus,
durch Molandern. Hamb. 1698 s. 63.
EINMÜNDLNGS WINKEL, m. winkel, unter dem ein flusz in
den andern einmündet.
EINMÜ.NZEN, cudere in numos, gold, silber, kupfer ein-
münzen, in münze verwandeln, alte thaler cinmünzcn, in
neues geld vermünzen:
ein kluger fürst der münzt sie ein
und thut ein tijchiigs kupfer drein. Götub 13, 111.
EINMUT, f. in doppeltem sinn,
1) concordia, einlracht, ahd. mhd. einmuot :
dir nur ist es bekannt, mit was vor cinmut wir damals.
du, mein vaier, und ich, und der geist die erlösung besctilossen.
Messias 1,90, wo die ersten aufgaben was für lesen;
kein unedler mehr war, zu eniweihn der heiligen einmui.
4,1237, wo 1751: der heiligen bun J zu entweihen;
siehe, wir waren mit herzlicher einmut in unserer hütte
an dem tempel versammelt. 19, 917.
2) obstinalio, pervicacia: welche affect und einmut der got-
losen in psalmen oft werden anzaigt. Frank trunkenheil 1531 E'.
später veraltet, wie einmütig 2.
EINMUTEN, nomen suum deferre, petere magisterium, bei
den handwerkern. Stieler 1300.
EINMÜTIG, ahd. einmuoti, ags. 5nm6d, mhd. einmüete, ein-
müetic
1) unanimis, Concors, einträchtig: die rede Ruperts von
allen seinen gesellen gelobet ward, ihm einmütig gewonnen
gaben. Galmy 169;
0 dasz ihr möget allezeit
einmütig, in sunst keinem streit
dan in dem liebes streit nur leben. Weckhkrlin 457;
beschlossen sie einmütig. Lokman fab. 34; dasz das meiste
Volk einmütig ihm zugefallen, pers. rosenth. 1, 8 ; bei der
theilung ward ich einmütig dem hauptmann der räuber zuer-
kannt. Wieland 1, 46 ; er schien ihnen allen so unstreitig
der wackerste und beste aus ihrem mittel zu sein, dasz sie
ihn einmütig zu ihrem anführer erwählten. 7, 158 ; als Ver-
fasser einmütiger, gegen verketzerung und Schwärmerei eifern-
der Schriften. Gökingks leben Nicolais 55. in einigen dieser
stellen kann oder musz einmütig ein adv. sein.
2) obslinatus, pervicax, morosus, animi aeger, ganz wie dem
ags. dnmAd ähnliche bedeutung beiwohnt, der einmütige ist
auch eigensinnig, hartnäckig, gerade so wurde ahd. einherti
constans zu austerus, rig^dus:
glück zu, mein lieber Parmeno,
was Ibust du so einmütig do7 H. Sachs V, 2t5',
so unmutig, verdrossen;
aber mein herr und auch mein Schwester
kamen mit mir zu streiten gester,
das ich also einmütig wer,
das ist mir heut fürkomtnen schwer. Atrbr56';
in solchen einmütigen (schwermütigen) gedanken. gespenst 18.
EINMÜTIGKEIT, f. concordia, eintracht.
EINMÜTIGLICH, unanimiter, mhd. eininüeteclkhe: beschlos-
sen sie doch einmütiglich. KiRcuHor wendunm. 254*.
EIN.MYHRHE.N, wie einbalsamieren: der ist balsamieret und
eingemyrrliet. Otho 147, vgl. die gemyrrhten leiber 329.
EINNÄCIITIG, unam noctem natus, altn. einnxttr.
EINNAGELN, clavo infigere: die Icicbc einnageln, mit in
den sarg gesdilagnen nageln;
ich bin in dunkeln mauern eIngeoRgelt. Tiece 2, 141.
das ahd. innagilan tf( a6er entnageln, aufnageln, pandere.
EINNAGEN, inrodere. voc. theut. U%i iV : mause nogen die
schwelle ein. sich einnagen : der liamster hat üit h in die
kiirngarlie cingenagt. figürlich, der einnugende gram.
EINNÄHEN, insuere, nnl. innaaijen.
1) läppen ins kleid, bl.'ltter ins buch einnähen, einheften;
geld zwischen das futter einuttben: er [dtr pilger\ sol auch
ein teil gells vernegt haben, ob er das gelt im secAel ver-
lür, da* er sich denn mit dem verncglen eroere und tiiubriag.
237
EINNAHME — EINNEHMEN
EINNEHMEN
238
er sol vil gelts im seckel Laben, nit nnmmen ein wenig . . .
uf das er sich daruf verlassen möge, ob im das ingenegt ge-
stolen würd. Keisebsb. bilger 81*; du soll das gelt innegen
in den hut der gedult, in den mantei der lieb und in den
sack des gloubens. S9', vgl. einTernähen. Vatermörder wur-
den in einen ledernen schlauch eingenäht {insuU cuUeo) den
wellen fibergeben. RA. 697.
2) enger, küner nähen: das kleid rnnsz unten eingenäht
werden.
EIN.\.\HME, f. alleren, wie rervandlen sprachen fremd, bei
Dasvp., Frisics, Maaleb noch nicht da, bei Hemsch 853. SM
nur für die iiceile, nicht für die erste bedeulung, in icelcher
es auch Lcther nidil kennt.
1) occupatio, expugnatio : einnähme einer Stadt, bürg, festung,
eines landes ; die einnähme geschah stürmender band, kostete
viel blut.
2) aceeptum, reditus : alle ausgäbe und einname anschreiben.
Sir. 42, 8 ; nach rechnung der ausgab und einoam. Philipp.
4, 15 : seine ausgäbe übersteigt weit die einnähme ; er hat
noch geringe einnähme.
EIN.NAHMEBL'CH, n. codex acceptorum, rediluum. einnam-
Luch. Heniscb S54, 54.
El.NNAMlG, unum gerens nomen.
EIN.NASCHEN, /i<;unre.-
ei, ei. der ungesunden fruchi!
was hast du feuischland eingenaschet! Koiplir 169.
EINNÄSSEN, madefacere. Stieler 1333 : vom heutigen platz-
regen wurden wir ganz eingenäszt ; dieser landregen wird das
feld einnässen. vgl. einnetzen.
EIN.NATUREN, ingenerare: belonet ihm die demselben ein-
genaturte tugendbeharrlichkeit. to5 Birie"« OL o. ; so hat gott
ihm dennoch solche merksamkeit und empfindüchkeit einge-
naturet. Praetorics Storchs und schu;albentcinterquarlier A 2.
EINNEHMBAR, was einzunehmen ist: äk festung ist nicht
einnehmbar. imprenable.
EINNEHMEN, capere, occupare, accipere, reeipere, sumere,
nnl. innemen, schw. dän. mit anderm wort intaga, indtage.
1) speise und trank einnehmen, zu sich nehmen; sein abend-
brot, frühstück einnehmen;
doch vom weiienbroi,
das er freundlich bot.
nahm sie nicht den kleinsten bissen ein. äörai 1,246;
nach eingenommnen) mahl zu bette gebn ; der unmäszig ein-
genomme wein machte ihn bald trunken.
2) arzn"ei, gift einnehmen, schlucken, trinken: man mut-
maszete, dasz er gift eingenommen hätte. E. von Kleist 2, 149.
mit ausfallendem acc, das kind nimmt nicht gern ein ; dieser
doctor läszt viel einnehmen ; der kranke brach, was er ein-
nahm, gleich wieder aus ; nieswurz, die enthaltet einen men-
schen vor groszem schaden, so ein arzet einem die vorbe-
reitet hat. und sol die sunst nicht einnemen. Keisebsb. s. d. m.
23*. figürlich, er musz viel einnehmen, verschlucken, sieh ge-
fallen lassen, spott, höhn, ärger gelassen tragen: sie würden
nicht die geringste Spötterei über mich dulden, und doch
würden sie täglich die bittersten einzunehmen haben. Lessing
1, 593 ; ich rüste mich, von meinem herm . . . den verweis
geduldig einzunehmen. Klincer 1,52; schaden, kummer ein-
nehmen, damnum, dolorem capere.
3) geld einnehmen, accipere, reeipere, /ür sich und andere:
da sie nu gen Capernaum kamen, giengen zu Petro die den
zinsgroschen einnamen und sprachen, pflegt ewer meister
nicht den zinsgroschen zu geben ? Matth. 17, 24 ; er hat jähr-
lich tausend thaler einzunehmen ; er zählt alle summen nach,
die er einnimmt häufig wieder ohne den acc, viel einzu-
nehmen haben, lieber einnehmen als ausgeben, einnehmen
und nicht wiedergeben, auch weiter angewandt, fruchte ein-
nehmen; kom einnehmen;
gibt Clara einen kus, soll« viel gegeben sein?
so oft sie einen gibt, so nimmt sie einen ein.
LoGAi; 3, 94, 93.
hierher gehört auch der bekannte ausdruck die buldigung ein-
nehmen, feierlich in empfang nehmen, z. b. bei Habn 1, 273.
274. 290 ; nahm unser nunmehriger ältester und regent die
sogenannte buldigung ein. Felsenb. 3, 250.
4) herein, herunternehmen: die {aufgehängte) wasche ein-
nehmen, lintea eolligere, componere; die segel etnnebmeD,
einziehen.
5) leute einnebmrn, bei sieh, ins haus, schif u. s. w. auf-
nehmen, reeipere: einen zur mietlie einnehmen ; fremde, gaste
einnehmen; mit einem wagen halten und die flüchtigen ein-
nehmen, ehcn eines weibes 157;
die hölle nahm mehr {seelen) in die ewige nacht ein.
Messias 5. 75 ;
als der Schiffer stille hielt, um noch jemand einzunehmen.
GöTHE 18, 189 ; reiter und pferde ins schif einnehmen ; der
fahnnann weigerte sich noch einen mehr in den nachen ein-
zunehmen ;
anmutig thal! du immer grüner hain!
nehmt freundlich mich in eure schatten ein.
GöTHE 2, 141;
das hans konnte nicht alle sich zudrängenden menschen ein-
nehmen; wenn ich dich nun in meine horden einnähme, sage
mir doch, wer sollte alsdenn meine armen schafe gegen dich
beschützen? Lessing 1,161;
miuen zwischen noih und sünde stehen wir. weil wir hier sein,
bis UDS Jesus unser mittler nimt zu eneeln mitten ein.
LOGAU 2, 199, 22.
6) ort und raom einnehmen, occupare, possidere, tn hesili
nehmen, besetzen : laszt uns hinauf ziehen und das land ein-
nemen, denn wir mügen es überweldigen. 4 Mos. 13, 31 ; und
sie schlugen in und seine söne und alle sein volk bis das
keiner über bleib und namen das land ein. 21, 35 ; sihe da,
ich habe euch das land, das da für euch ligt, gegeben, gehet
hin und nempts ein. 5 Mos. 1, 8 ; solch land namen wir ein
zu derselben zeit. 3, 12 ; der wird komen und wird im ge-
lingen und das königreich mit süszen werten einnemen. Dan.
11, 21 ; und der herr war mit Juda, das er das gebirge ein-
nam. rieht. 1, 19; stehe auf und nim ein den weinberg Naboth
des Israeliten, l kön. 21, 5 ; und es ward dem Holoferni an-
gesagt, das die kinder Israel sich rüsteten, und wie sie die
klippen am gebirge eingenommen betten, iudilh 5, 1 ; aber
der künig flöhe in seine bürg, da nam das volk die gassen
ein und wollen die bürg stürmen, l Macc. 11, 46 ; die festung
wurde eine woche lang belagert, endlich erstürmt und einge-
nommen. Lcther sagt auch ein volk einnemen für dessen
land und gebiet: höre Israel, du wirst beule über den Jordan
gehen, das du einkomest einzunemen die Völker, die gröszei
und sterker sind als du, vulg. ut possideas nationes fortiores.
b Mos. 9,1; das ir gröszer und slerker Völker einnemet, denn
ir seid. 11, 23 ; denn diese Völker, die du einnemen wirst, ge-
horchen den tagewelem und Weissagern. 18, 14.
Christus hat seinen sitz im himmel eingenommen, Jesus
Christ musz den himel einnemen {im h. wohnen) bis auf die
zeit da er widerbracht werde, apostelg. 3, 2t ; ja steckt nu
panir auf die mauren zu Babel, nemet die wache ein. Jerem.
51, 12 ; nach des königs tode nimmt sein nacbfolger den thron
ein; die mauer nimmt im garten, der schrank im zimmer
einen zu groszen räum ein ; dichtes gewölk, dunkel nahm
den räum des himmels ein; der mann nimmt seine rechte
stelle ein ;
treues herze, du zeuchst abe
aus der weit und gehst lu grabe,
ein zu nemen Treud und' ruh.
die der himmel richtet zu. Locau 1,182,09;
du bist von binnen,
einzunemen ehr und gut, das durch allsein nicht rer^lit.
3,41,10;
und das Verzeichnis seiner bücher
nahm an dem lebenslauf allein
drei bogen und drei seilen ein. Gbllbbt 1, 116;
meine handlungsgeschäfte nahmen fast den ganzen lag ein.
GöEiNGKS /e6pn Nicolais ;. 17; die krankheit nahm endlich den
ganzen leib ein; benuischende getränke steigen zu köpfe,
nehmen den köpf ein, die sinne gefangen, das starke hier
hatte die schwachen köpfe schon etwas eingenommen, pol.
maulaffe 187 ; der köpf ist mir ganz eingenommen, die ganze
strasze einnehmen sagt man von einem bclrunknen, der von
einer seile der strasze zur andern taumelt.
7) einnehmen bedeutete sonst auch zu sinne n^men, eapieren,
verstehen, bedenken, überlegen, percipere: e. keis. maj. kur
und fürstliche gnaden wollen wol einnemen und bedenken,
das meine bücher nicht alle einerlei art sind. Lltker 1,443*;
wollet darnmb Heiszig und mit ernst auf einen jeden articul
besondem hoch achtung geben und dieselbigen wol einnem-
men. KiRCUHor mü. disc 235; dann wie ich die darüber ver-
faszte und verlesene zeugensage einnemme und gegeneinander
auf die wage lege. 263; das solche hohe sachen von unser
armen und engen vemunft nicht machten eingenommen wer-
den. Hingwald tr. Eckh. Kl*; diese wort die jünger nicht
rocht nahmen ein. erang. E 2* : nahmen den augenscbein ein ;
239
EITJNEHMEN — EINNEHMUNG
EINNESTELN — EINÖDE
240
dieses nehmet neiszig ein,
laszt es eure wiirnung sein. Opitz 3, 135;
wir umbständ, als wir wol die sachcn nahmen ein
und funden, wie er sagt, es alles war zu sein.
Wkrders Ariost 21, 64.
ungewöhnlich isl sieb eines einnehmen für etwas vorgeben :
also muste er ininitlen seiner naininen sich dennoch einer
kälte einnehmen. Opitz Arg. 2, 442, wo annehmen verständ-
licher wäre.
S) einen einnehmen, anziehen, entzücken, locken, reizen,
capere: DavU sprichel, got ist bi allen den, die in lockent
und in in nenient. Eckhart 102, 30 ; eine rede, ob sie schon
lieblich und das herz einnehmen kan. pers. rosenthal 4, 6.
es ist das hohe haar der schönen Gasilenen,
durch welcher treriichkeii ich einj^cnominen bin.
FLsaiNC 017;
auch Inklen nimmt dies kind bei wilder anmut ein.
Gbllrrt 1, 57;
doch nichts nahm unsre Phyllis ein,
mit flnstrer stirne sprach sie nein! 1, 80;
ihr laszt euch hei der schönen melden,
ihr kommt und seht und nehmt sie ein. 1, 100;
Jesmin sah Sylvien, das beiszt sie nahm ihn ein. 1,101;
ein ding mag noch so närrisch sein,
es sei nur neu, so nimmts den pöbel ein. 1, 117;
sobald du dieses glaubst, so nimmt kein glück dich ein.
1,181;
doch keine redensart nahm unsern knaben ein. 1,203;
denn laszt ein weib schön, wie Cytheren, sein,
wenn sie die blättern hat, so nimmt sie nicht mehr ein.
1,123;
mag man gleich stumm und hirnlos sein,
man sei nur schön, so nimmt man ein. 3, 107:
was ich hier sah, nahm mich ein. Gottkr 3,31;
du getielst mir, deine Unschuld nahm mich ein.
WiKLAND 12, 114.
9) einen einnehmen, occupare, nach 6, liebe und liasz,
freude und trauer, sorge, zweifei, angst, furcht und schrecke
nehmen eiff, bemächtigen sich des menschen oder seines ge-
mfUs :
welch freudig schrecken nimmt mich ein.' Grllkrt 1,228;
nimmt dich die Zärtlichkeit nur erst Tollkommen ein. 3,314;
statt der schrecke nimmt mich ein, terror occupat arlus, sagte
man auch ich nehme schrecken ein, nehme ihn in mich auf:
nun kondt die Oriana nicht allein der arbeit und mühe, so
sie gehabet, sondern auch des eingenommen Schreckens hal-
ber nicht von dem ort, da sie Arealaus fallen lassen, auf-
stehen. Amadis 359 ; unvermutlich eingenommen schrecken.
Simpl. 2,278; ist sein gehirn mit liebessorgen eingenommen.
pers. rosenth. ."i, 4 ; drei von ganz unterschiednen gemülsre-
gungen eingenommene personen. Felscnb. i, 20' ; die mit vor-
urtheilen eingenommene weit ist unbillig. Haiieneb 3,321;
von schrecken, furcht und schmerzen eingenommen
sieht kaum der wanderer, dasz er der noih entkommen.
Lrssinc 1, 125;
dieser gedanke war für ein völlig eingenommenes herz zu
schrecklich, als dasz sie ihn sogleich hätte verbannen können.
WiELA!«D 1,311; dasz Dionysius in wenig stunden ganz von
ihm eingenommen war. 3, 23.
10) für oder wider jemand einnehmen, praeoecupare : es ist
sonst meine gewohnbeit nicht, mich beim ersten anblick für
jemand einzunehmen. WiELAPto 2,74; die Athener sind mehr
als irgend ein andres volk in der weit geneigt, sieb plötzlich
mit der äuszersten lebhafligkeit für oder wider etwas ein-
nehmen zu lassen. 2, 90 ; sie gicngen mit so vieler Schlauheit
zu werke, dasz es ihnen nach und nach glückte ihn {den
Dionysius) gegen Piaton und Dion ciiizunehinen. 2, 2S3.
f^l.NNKHME.ND, permulcens, blandus: nicht so reizend zu
seio, wollt ick dich bitten, nicht so sehr einnehmend, so sehr
rührend zu sein, wie du bist WiEiAnn 10,75; weil die Über-
zeugung überaus sinnlich und daher lebhaft und einnehmend
isU Ka^t 6, 74. suwe\len auch fortit, occupans : vric viel <lie par-
teilichkeil gewaltiger und einnehmender sein könne, als die
n.icklp stärke der Wahrheit. Kant 8, 99.
KIN.NKII.MKH, m. exactor. Skm. HeLiiKR37; einnehmer des
Zolls, der »teuer u. t. w.
^ EIN.NEHMlIN(j, f. cj-pugnalto, bei Fnisius einnemuiiing, bei
Hbnisch einnemung; ein bild, auf welchem die einnehniuiig
der gruszcn cliinesischfii niaiier abgebildet war. Wki«b mn
19; die einnehtnung einer «ladL Hahn 3,183.
El^fNES'^^l,lN, inßbulare: wol mir das ich heute mich hart
hab eingenestelt Ldtrer 8,222'; das im ganzen land kein
sauberer büblin zu finden als ich, wie ich eingenestelt hie
stehe. Carj. 136"; bis er sich gar ausgerüst, eingenestell, ge-
fegt 173' ; uneingenestelt 233'. vgl. aufnesteln.
EiNNETZEN, madefacere, einwässern, besprengen:
da fund er gar los badgesind,
einfeitig er sich niiler setzet,
die unicrmeid im nicht cinnetzci,
kein wasser bracht der bodenkncclit.
H. Sachs IV. 3, 88';
wir müssen durch den Strudel setzen,
mein schiramel, must die fusz eiiinetzen.'
tBundcrhorn 2. 88.
EINNICKEN, dormitare: was auf unserer hereinfahrt vom
balle geschehen ist, habe ich noch nicht erzählt, es war der
herlichste Sonnenaufgang, der Iröpfelinle wald und das er-
frischte feld umher! unsere gesellscliafterinnen nickten ein.
GöTUE 16,37; auch wenn sie am abend lesen und zwischen-
durch einnicken und wieder aufwachen. 52, 65 ;
schon sinkt der abend, und die kr.^he fliegt
dem dohlenwimmelnden gehölze zu,
einnicken alle freudigen gcscliöpfe
des tags, indes die schwarzen hausgcnosscn
der traurgen nacht auf ihren raub ausgehen. Scbilufr 569" ;
wie alle wünsche dieses lebens vor euren tönen so einnicken.
TiECK ges. nov. 4, 268.
EINNIETEN, clavulo vincire: solches iobjeclicglas) aus de.r
hülse, worein es der künstler eingenietet hat, herauszubre-
chen. GöTHE 52, 154.
EINNIPFEN, obdormi.icere, einnicken, s. nippen und nicken.
EINNISTELN, nidum aliquo loco ponere, considcre, inhaererc :
wo du einnisteist in ein haus. H. Sachs F, 463*.
gewöhnlich sich einnistein : diese (mönchsorden) nistelten sich
häufig ein. Wiedeman dec. 21; bewundern, dasz die gerech-
tigkeit auch sogar bei den barbarn sich eingenislelt hatte, wcstf
Robinson 95; jene rotte fängt an sieh einzunistein. Liscov
s. 55; ferner nistelt sich auch der aberglaube bei einem volke
ein. Hanann 4, 405; über eine Vorstellung brüten, die sich
immer tiefer einnistelt. Kant 10, 278 ; damit sich dergleichen
gesindel. nicht einnistele. oeuvres de Frddäric le grand ^0, -216 ;
aber bald umsiarrt, wie distcin,
uns ein hart, und sorgen nistein
sich in unsre herzen ein.
lUioRNRRicn trinkt, für Jünglinge.
EINNISTEN, da.iselbe:
das dieser erbfeind aller Christen
in (las heilig l.ind sol einnisten. Ayrrr355*;
es ist fein, dasz ein frembdling sich
kan in ein gutes haus einnisten,
und mit dein fuchssrhwanz listiglich
ausbutzci füniglich die kiisten. WKCxaRRLiN 416;
wo die liebe wil einnisten, da trägt die musik zu neste.
WiEDEHAN Juni 5; wann das lumpending die liebe einmal
reclil einnistet mägdelob 59 ;
die knris nisten sich ein mit schmeicheln und Ifigen
wie tilzlnus, sind nicht heraus zu kriegen. Göthx 13, 71 ;
erst hält ich sie sollen verthiut machen, mich einnisten, essen
und trinken, d;inn meine worte anbringen. 11,17; (Philine)
freute sich über alle ma.szen, dasz sie so klug gewe.sen sei
vorauszugehen, das terrain zu recognoscieren und sich ein-
zunisten. 19, 80.
EINNISTER, m. damit ihr land von solchen ausländischen
einnistern möchte gesäubert sein. Wiedeman jan. 4.
EINNüTHEN, was das folgende, mit gewall aufdringen:
und welchen Ich nicht lieken kan,
dciiselhcn wil man mir eiiinöton. Atrk* fattn. 76*.
EINNÜTHIGEN, o/;/r«rfere uJ capiatur, edahir, bihatur: wel-
chen sie vergebens einige gcschenke einnölhigten. Lohrnst.
Arm. 1, 1260 ; einem speise, wein einnöthigen. vgl. aufnö-
thigen.
KINNUTSCHELN, sugere, insugere. Stibik« 1196.
EI.NditSTEN, poma decerpere. .Stieler 1877.
ElMlUE, f deserlum, sotitmlo. da in öde selbst tclwn die
Vorstellung der verlassenheil Itegl, scheint hn pleonasliteh vor-
tutreli-n, auch ipU gnih. nur au|iiiln, Ann ninnu|)ida. abd.
begegnet ni-brn dem weiblichen üdi |l>RAr» 1, 150), eiiiAdt auch
«in neutialvs eiuüli (Gnaik I, 334), uiit mhd. ntben cintüde f.
241
EINÖDE — EINPAARIG
EINTACKEN— HINPFEFFERN
242
das neulrum eincpte, einute, den belegen des mhd. vb. 1, 424.
425 ist beizufügen Renn. 20964—69. myst. 112,19. Ecrhart
464, 39, ICO einöle und 549, 18, wo einoede. auch alls. schwan-
kend an theru enödi Hei. 31, 2. enodies ard. 33, 22. ags. on
J»am änäde. cod. exon. 122, 12. 123, 24. on äniede. 471, 24.
mag auch ahd. und mhd., da vo 6t geschrieben sieht, ein ab-
leitungssuffix zu ein getreten sein, die übrigen formen gestat-
ten nur susammensetzung, sei es mit öde rastilas oder mit od
gut; ags wird äneäde zu bessern sein, nhd, hat sich das f.
festgesetzt. Schmeller 1, 66 verzeichnet die ainet neben die
ainüd, mit der bedeulung eines allein stehenden bauerhofes,
vgl. od und öde. vegen rencandtschaß ton ödi und ösan
Hetze das folgende einösen d. i. inoesea auch an inoede den-
ken, dem jedoch die ahd. Schreibung einddi uiderstreilet.
da das selb brüderlin immermeder also gezanket must baben,
gedacht es binden narh, du will ausz dem doppel {dem ge-
fährlichen spiel, nicht wie 2, 1260 erklärt wird, aus der zän-
kischen menge) und in ein einöd goo, das du es abkuroesL
5. rf. ni. 43'; die sich geben haben in die ruhe einod der dür-
ren wüste, bilqerl''; er fand in in der wüsten, in d^r dürren
einöde, da es heulet. 5 Mos. 32, 10 ; die für hunger und kunier
einsam Dohen in die einöde. Hiob 30,3; das er füllet die
einöden und wildnis. 38, 27 ; gibst sie zur speise dem volk
in der einöde. ps. 74, 14; sie erzürneten in gar oft in der
wüsten und entrüsteten in in der einöde. 'S, 40; und sie
würden lüstern in der wüsten und versuchten gott in der
einöde. 106, 14 ; aber die wüsten und einöde wird lustig sein.
Es. 35, 1 ; das ich weg in der wüste mache und wasserström
in der einöde. 43, 19 ; denn man wird ewer altar wüste und
zur einöde machen. Ez. 6, 6; das land ist für im wie ein
lustgarte, aber nach im wie ein wüste einöde. Joe/ 2, 3; und
geleitet sie durch eine wilde wüsten, das sie gezelt aufschlu-
gen in der einöde. weish. Sal. 11,2; so ligend gemeinlich die
armen hirtlin, die bi den puren an den einödinen dienent.
Plater 13; an diser einödi. Wirra» pi/^er 39 ; in die einöde
weichen, die weit fliehen; dies haus ist eine wahre einöde;
was macht ir hie in der einöd? Atrer 9*;
gesonderte [ifade gehen zum hohen ziel,
einige krümmen sich durch einöden. Klopstock 2, 104;
aber ihr bauet unter uns keine hütten mehr, gebt uns eure
einöde, dasz wir wissen für welches Vaterland wir sterben
müssen. 12, 2S9.
EINÖDE, deserlus, inntllus: o wie ein penelopisch sehnen
im einöden bett, o wie schwere träum hat sie von ihm ! Garg.
73*; zun wilden und einöden orten. Thlrneisser arcAirforer» 4S ;
dasz also ihr feld ganz einöd verlassen. Wkckhkrli:« 367 ;
zudem war der alian hoch und weit unterschieden
von dem einöden ort und wüsienei danieden.
Werders .Ar. 5, 50;
mein knecbt führte ihn an das einüdisie ort des walds.
Simpl. K. 135; wenn aber Rom gleich nach dieser eroberung
ziemlich einöde ausgesehen. Mascou 1,366; in einöden Wild-
nissen wie ein gespensl umher irren. Wieland l, 235 ; die
nächtliche stille einöder schatten. 16,293; hier in dieser ein-
öden stille lasz uns mit unsrer seele einen bund machen. 33, 155 ;
der in den winkeln einöder wüsten die raben nährt, arm. m.
im Tockenb. 35;
der (lüchiigen mewe vergleichbar,
. die um furchtbare busen der weit einöden gewässer
tische sich Tängt. Od. 5, 52;
wie aus wus( einöder Verwilderung aufstieg
Ordnung und zier. Voss 2, S3.
EINÖDER, m. homo solitarius, einsiedel. Hemsch 846, 37.
ELNÖDIG, deserltts: zwar wehlen sich manclie aus einem
stillen geist stille und einödige örter. Simpl. K. 82,
EINOHR, m. oder n. unam habens aurem. Stieler 138«.
EINÖHRIG, unam aurem habens.
EINÖLEN, oleo inungere, eine thür, ein scblosz, leder einölen.
EINORDNEN, disponere, Sachen in die für sie bestimmten
fächer einordnen.
EINORDNL'.NG, f. rorr. xu Käittels sinnenfrüchten.
EINÖSEN, inanire, vacuare, folgt aus dem nachstehenden
Substantiv, die einfachen ösan, cesen Sinti ahd. mhd. bekannt
genug. _ s. erösen.
EINÖSUNG, f. exinanitio, devastatio: welches dann nnsers
reich» endlicher undergang und eiaOsuog sein mflste. PHiL&nn.
1, 29 (33).
EINPA.\RIG, unius paris, jugi: alle keusche, einpaarige thier-
geschlechler leben länger, als die ohne ehe leben. Herder 3, 21C.
III.
EI.NPACKEN, nnl. inpakken, schw. inpacka, dän. indpakke,
1) includere in cista: die glaswaare ist sorgfaltig einzu-
packen.
2) colligere sarcinam, vasa: einpacken und abreisen, den
plunder zusammen binden, einschlagen, aufbrechen. Hemscb
854, 19 ; es ist grosze mühe für reisende täglich aus und einzu-
packen, oft bildlich und spöttisch für lacile abire, disceder^ sich
fortmachen, abziehen, sich packen : du kannst einpacken ! apage! ^
pack ein mit deinen Siebensachen.' GC.'itheb 944;
pack ein. park ein, du tumme weit,
ich schreibe wie es mir gefnllt
und achte nicht dein iböricht hassen.
1107
der mache sich geschickt bei zeiien einzupacken,
soll ihm die schwane nicht von mancher Dusche knacken.
418:
denn alle andere regungen der tapferkeit, gelehrsamkeit, ehr
und geldbegierde müssen einpacken, wo die liebe ihre schönen
waaren den äugen ausgelegt. Menavtes rer/ieWetce/» 2. 8; wo
du mit deiner überleihen kunst nicht beizeiten einpackest, so
soll dein sonst krummer rücken unter meinem spanischen
röhre zu einer geraden linie werden, dasz alles just auf ein-
ander passen soll, als wenn der Schlichthobel dazu wäre ge-
brauchet worden, causenmacher 56; ich will meinen verdrusz
einpacken und davon ziehn. Klincer l, 127.
3) einpacken im gesang, umwerfen, herauskommen, it. im-
pacciare, auch im reden, disputieren nicht fortkommen, stocken.
4) einfassen, einlegen : so sah er sehr freudig ihre band
in seinen arm einpacken. J. P. flegelj. 3, 124. s. anpacken.
5) sich einpacken : das weiter wird kalt und scheint gün-
stig zu werden, wir wollen uns recht einpacken. Gütbe an
fr. t. St. 3. 21.
EINPACKER, m. Leasing 10,127.
EINP.\ PIEREN, inrolrere charta, in papier einschlagen, den
luchbereHerti heiszl so das einlegen der späne zwischen die
tücher. die in die presse kommen.
EINPAPPEN, was einkleistem.
EINPASCHEN, retitas merces dam importare, einschwärzen,
einscJimuckeln : wir haben schon dort auf das einpascben
dieses contrebanden punctes alle aufraerksamkeit erregt. Göthe
59, 128; ich wurde für einen Hebräer angesehen, der wol
Juwelen oder Rrabanter spitzen einpascben könnte. Sediie.
EINPASSEN, nnl. inpassen, schw. inpassa, ddn. indpasse.
1) apie inserere, einen Schlüssel, riegel einpassen.
2) aptum esse: der riegel past nicht ein.
EINPASSIEREN, introire, dän. indpassere: es sind heute viel
fremde einpassiert, es müssen noch drei wagen einpassieren.
EINPATSCHEN, pulsare:'
und beide hören sich aus einer vollen
parterrecloak bejubeln und beklatschen,
schämt euch ihr bessern, auch mit einzupat<>chen.
GöTUK 56, 82.
EINPAUKEN, verberibus inculcare, einprügeln.
EINPEITSCHEN, sculica ificulcare, schw. inpiska: peitscht
diesen welschen hunden respect für einen graukopf ein.
Schii.ier 174';
denn das ist bundemuih, der eingepeitscht mit ruihen
und eingefüttert mit des hofmahls brocken wird.
UÖRGER 102".
EINPELZEN, inserere, einpfropfen: einen fiirslen, dem er
auf einmal einen Stammhalter einpelze, i. P. komet \;n.
EINPF.XLEN, palis sepire, schw. inpäla, ddn. indpäle : die
wir von einer zur andern gelangten und nicht eingepfählt
waren. Fichte nachg. werke 2, 180.
EINPF.VNDEN, impignorare, verpfänden in eines hand:
ich pfnnde dir mich ein tu sagen werthen dank,
tu n'ihmen deine kraft durch einen lobgesang.
FLRaiK6 17.
EINPFARREN, sacris alicujus loci assignare: damit gieng
die reise fort nach dem eingepfarreten dorfe zu. pol. maulaffe
126 ; ähnlichkeiten, die sie zu einer in zwei körper eingepfarr-
len seele machten. J. P. SieftenA. 1, 31; weil er den deutschen
reichskörper so hoch anschlug, als war er die darin einge-
pfarrte reichsseele. Tit. 1, 165 ; herzen halb eingepfarrt in got-
tes kirche und halb in des teufeis kapelle. Ttt. 4, 39 ; der
Schulmeister halte vieJ von seinem ausgeräumten ameublement
in meine slube einpfarren dürfen, weil die seinige geweiszet
wurde, uns. logt! 2, 66.
EINPFEFFER.N, pipere eondire, nnl. inpepereo, mit pfeffer
einmachen. , figürlich, eingepfefferte, heiszende spotigedichle.
nnl. ik zai hem dat wel dubbel inpeperen.
16
243
EINPFEIFEN — EINPFROPFEN
EINPFROPFÜNG —EINPRÄGEN
244
EINPFEIFEN, imibilare, nnl. inpijpen, vgl. einblasen, ein-
hauchen, den gärtnern ist einpfeifen die rinde junger zweige
ablösen zur foripflanzung von Sträuchen und gewachsen. Stielkr
143" hat einpfeifen introitum alicujus cantu libiaruni Honorare.
EINPFEHCHEN, seplo includere. s. pferch, schafe einpfer-
chen, eingepferchte hcrde; als die nationen bei sich so zu
sagen eingepfercht waren. Göthe 46, 129 ; die Englander haben
die freiheit der ganzen erde auf eine enge insel einpferchen
wollen. J. P. friedenspr. 30; du kannst tausend dumniheiten
in einen kleinen räum einpferchen, wie der schdifer die hcrde.
Bettmk tageb. 168
EINPFEHDIG, unius equi: kaum war ich aus meinem zwei-
rädrigen, einpferdigen fuhrwerk gestiegen. Gütiie 28, 65.
EI.NPFLANZEN, innerere, iiigigncre. Hemsch 854, 21, nnl.
inpianten, schw. inplanta, dän. indplantc: bäume, Sträuche
einpflanzen, einsetzen, sehr oft bildlich, es ist dem menschen
von natur eingepflanzt, insitum; was einem die nalur einge-
pQanzet. Lokmans fab. 17 ; dabei ihr eine gollgeiassene demut
im herzen einpflanzen könnet. Weise kl. leute 162; das von
ihrer seligen rautler und mir derselben eingepflanzte christen-
thum. Pierot 1, 226 ; ihrem {der kindcr) herzen des vaters
werte einpflanzen. Klinger 2,146; die partikeln des Satur-
nusringes erhalten sich durch die eingepflanzte umdrehungs-
bewogung in freischwebendem zirkeilaufe. Kant 8, 314.
EINPFLANZUNG, f. fiel dem ehemann zu füszen und bat
mit aufgewundenen bänden, sich doch dieser wider die natür-
liche einpflanzung abscheulich laufender unthat zu enthalten.
Abele 4, 262 ; zur einpflanzung der Vaterlandsliebe. Göthe
33, 108.
EINPFLASTERN, slralis saxis sepirc und inscrere slralo.
EINPFLÖCKEN, paxitlo infigere, schw. inplugga. Stieler
199; die bäume, die man zu röhren oder pumpen durch-
bohren soll, liegen auf einer nuetrahm eingepflockt und be-
festiget. HonnEBG 1,72'; bisweilen werden noch zwei andere
schnür neben diesen eingepflöckt. 1, 5S6'; maschine, in die
ich 32 Zähne eingepflöckt. J. P. Icufelsp. 2, 257.
EINPFLL'CKEN, decerpere, vellere, nnl. inplukken, schw.
inplocka.
EINPFLÜGEN, inarare, nnl. inploegen, schw. inplöja, ddn.
indplöie.
EINPFRENGEN, coarctare, imprimere, einengen, einzwängen,
nnl. inprangen: wollen gott, der himmel und erden erfüllt,
einpfrengen in ein notstal. Frank wellb. 79"; da ist das raör
eingepfrengt ongefer vier meil breit zwischen bergen. 186';
die zwischen mauern eingepfrengte bronnenquelle. Hohberg
2, 454*. wäre goth. innpraggjan oder innpraggan.
EINPFRIEMEN, perforare stilo. Stieler 1450.
EINPFROPFEN, 1) tfiserere surculum, nnl. inproppen, dän.
indproppe: denn so du aus dem ölbawm, der von natur wilde
war, bist ausgehawen und wider die natur in den guten öl-
bawm gepfropfet, wie viel mehr werden die nalürlichen ein-
gcpfropfet in iren eigen ölbawm? IlOm. 11,24, wo der golh.
ausdruck intrusgjan, inscrere, iyxEtTQit,eiv und inlrisgan xev-
r^ii^etv lautet;
der proszen ahneYi fälle {lode.<:fällc),
erseizei sie durch euch, d.isz ihr an jener stelle
sollt andre |iro|>fen ein. FLRir.NG 154;
kinder, wie mnn redet, saugen
lugend aus der rnuiter brüst,
euch, so viel mir ist licwust,
siebt die lugend nus den .-lugen
von der mutier eingeiiropri
und genehrt durch lenre,
weil ihr das gebore
vor derselben nie verslopfl. Tscherminc 305,
der sich tvie Fleming des strenghd. anlauts enthält; man nen-
nete den bischof incardinatum, weil ein solcher fremder prie-
»ter bei der neuen kirche gleichsam incardiniert und eiiige-
pfropfet wurde. Hamm 1, 272 ; meine gnädigen eitern haben
mich nicht gezeugt, um bürgerliche bastarte in ihre familie
einzupfropfen. IIabener 4, 254 ;
mich selber mein Ich, mich,
dem aller lasier mnnigrarhc keime
80 eingepfropft »Ind. Scuillrk 575";
einem eingeschränkten verstände regel vollauf darbieten und
gleichsam einpfropfen. Kant 2,155; die durch lange erfahrung
eingepfropften begrifTe. 8, 369.
2) man \aql auch den weiser einpfropfen, eine Scheibe aus
viiHtm litrnrnitoek mit «eiserzelle und brul in einen weistr-
loten stock ttlttn.
3) einen krug oder eine flasche einpfropfen, fest zustopfen,
von der Wurzel unter pfropfen.
EINPFROPFÜNG, f. dasz sonne und licht solche ein-
pfropfunaen {der hautfarbc) venichten können. Kant 10, 87.
EINPFL'NDIG, libralis. Stieler 1452.
EINPFITZEN, nnl. inpulten, bergmännisch, wasser mit dem
pfützeimcr einschöpfen, vgl. auspfützen.
EINPICIIEN, picare, mit pech bestreichen oder befestigen,
vgl. auspichen.
EINPICKE.N, rostro tundere, der specht pickt in das holz,
der spatz in die traubcn ein ; eingestickt, eingeflickt, einge-
pickt. Garg. 115*.
EINPILGERN, peregrinando inirare.
EINPINSELN, penicillo indere, pingere.
EINPISPERN, was einflüstern.
EINPISSEN, immingere, ins bett pissen, bei Stiblkb ein-
pischen.
EINPLATSCHEN, EINPL.XTSCIIEN, schwankend mit pl und
bl, bald ohne, bald mit umlaul geschrieben, s. bletschen und
platschen, die bedeulung ist 1) irruere, proruere, prorumpere,
procumbere, mit dem nebensinn des plumpen oder unvorsich-
tigen: er bletschet ein unbedacht in alle sachen wie ein
feiföllcrlin. Keisersb. sieben scheiden fl'4'; der ablosz behüt
dich ouch nit vor dem wider inpletschen und fallen in die
vorigen sünd, nein, nit überal. bilger 107'. tfir sagen heule
lieber herein, darein piaischen.
2) transitiv einplätschen, festschlagen, zusammenschlagen,
wenn dies platschen nicht vielmehr zu platt gehört und platl-
schlagen ausdiilckl: es gibt eine menschenclasse, welche blosz
überall zu existieren brauchte, um das ganze leben in eine
kahle, platte beide von Lüneburg zu verkehren und einzu-
plätschen. J. P. dämm. 2, 32.
EINPLATZEN, prorumpere, proruere, einbrechen, vorbreehen,
dem vorausgehenden verwandt, im voc. theut. 1482 fs' steht:
einfallen, einplalzen, verstorn, prorumpere ; wo der feind ein-
geplatzt were. Diclys verd. von Tatius Alpinus. Augsb. 1540. 36' ;
der herr wird bald einplalzen
mit seinem richiersiab. Ringwald tr. Eckh. 0 4*;
mein tag wird über alle menschen rein (rf. t. herein) platzen.
evang. R 4' ; wie aber i. f. gn. ferner sahen, dasz über 300
personen waren und mit 50 schützen zuvor ins losameot ein-
plalzen und stracks vor i. f. gn. zimmer traten, niemanden
rauf noch runler lassen wollen, da entfiel i. f. gn. das herz.
ScinvEiNicnEN 1, 82. s. platzen, bersten.
EINPLAUDERN, garriendo persuadere, einschwätzen :
den konf, den Saladin mir schenkte, war
mein alter? ist ein neuer, der von allem
nichts weisz, was jenem elngeplaudcrt ward.
Lessing 2. 285.
EINPLUMPEN, 1) irruere, irrumpere, was einplatschen, die
strengere form ist plumpfen, s. oben einblumpfen : wenn dir
solche ding von im ins herz einblumpfen. Keisersb. sieben
scheiden fr4';
in das grcwlich mecr cin|)Iumpren. II. Sachs IV. 1,124^;
sein glück wollte, dasz gerade jetzt die bewegungon dcsfeindes
mit balletlen und galloppaden in sein gehör einplumplen.
J. P. llesp. 1, 10 ; wenn andere redeten, plumpte er ein.
2) wie man plumpen ßir pumpen sagt, heiszt es auch eiu-
plumpen für einpumpen, nnl. inpompen.
EINPÖKELN, muria condire, einsalzen, engl, pickle, noffc
nicht bei Hemsch und Stieler: ich Wollte dasz die leute, die
pbilosopben wie man sie lieiszl, zum allgemeinen besten ein-
gepökeil würden. Moser ;)(j/r. ph. 1,309;
begcistning ist keine heriiig.swanrc,
die man einpökelt auf cliitgi> j.iliic. Göthe 1, 30t;
mich haben sie lebendig geschunden und mit pfefTer einge-
pökelt, ihc hunde! Klingers Ih. 2,270; alle in schminksal-
peler cingepökelle damcngesichler. J. P. uns. löge 2, li».
EINPÖKLERISCH: der schwulstcinpökleriscbe musensohn.
Platen 279.
EINPOLTEHN, cum strepilu iutrare:
wi« nun coro inusik ciiipoltertu, gleich unvorschona
iiulicriu ir.iuuiig d.ilior und br.iiitiiialil.
/.ui.u-(i. /. /i. 8. 2,380.
EINPOSAL'NEN, tnil der posaune anblasen.
EINPRACTIZIEREN, schw. inpniktiscra, einschmuckrln.
EINPRÄGEN, imprimere, insculpere, bei Stihlkr 1470 ein-
pregen, dän. indpräge, schw. inprägla: dort in der despolie
wttren nur statt der köpfe {den tnünttn) rümpfe einiuprflgen.
J. P. dämm. 46 meitlem figürlich :
245
EINPRALLEN — EINRAMMEN
EINRATH— EINRÄUMEN
246
so präge dir es iizund ein. Gellebi 1, ö5;
und präg er ihnen ja das christentbum wol ein. 1, 219;
öer terapel, der pailast, das grabmal, jener hain,
freund, alles prägt dem geist geheimes staunen ein.
Gotter 2, 41.
EINPRALLEN, einschreien, s. brallen:
wie mans in das holz einpralll,
dergleichen es herwider schallt. Etbrirg 3,570;
wie sies nun in das holz einprallen,
also ihut es herwider schallen. 3, 612.
ELN'PRASSELN, cum fragore ntere.
EINPREDIGEN, inculcare sermocinando. Stieler 1470, nnl^
iopreken, ddn. indpräke :
um nicht lächerlich zu sein
predigt er (der schwaitzverltislige) den ffichsen ein,
auch den ihren abzulegen. {Jacedorn 2, 32;
wie man späterhin die furnanslalten und ihre Übungen uns
als uneriäsziiche und als die höchsten lügenden einpredigeu
wollte. TiECK ges. nov. 1, 23.
ELNPREISEN, einschnüren, s. breisen und einbreisen:
ein duizet roier nestel dir,
darmit soliu dein leib einpreisen, H, Sachs II, 4,00";
und macht den hals sich einpreisend oder zusammenziehend
und schlieszend. Thlrneisseb erdgew. 136; ihre zuckcrballen
(brüste) hatte sie hinlässig eingepriesen. Simpl. vogclnest 2, 12.
EINPRESSEN, eonslringere, comprimere, nnl. inpersen,
schw. inpressa, ddn. indpresse: in die presse legen und drücken.
bricht der alte groll
gleichwie des feuers eiiigeprestc glut
zur ofnen Qamme sich entzündend aus. Schiller 4S9';
ist das jähr ein bild des lebens
in dem eingepresien kreis
seines auTund nieder schwebens. Rcckert 241,
euer strenger blick tödtet die worte auf meiner zunge und
prest mein leiden in meiner brüst ein. Klinger 1, 346.
EINPRORIEREN, einpassen.
EINPRL'GELN, p/0315 inculcare: der hasz gegen die ihm
eingeprügelte religion. Rabe.ner 4, 136.
EINPUDERN, pulvere farinaceo conspergere, schw. inpudra,
Jan. indpudre.
EINPLFFEN, was einschlagen.
EINPUMPEN, aquam anllia infundere, nnl. inpompen. s. ein-
plumpen.
EINPUPPEN, in nympham vertere: die ausgewachsne raupe
puppt sich ein, verpuppt sich;
um dich in platonscher liebe
hirngespinsten einzupuppen. Platem 19S.
EINPURZELN, corruere: weil die ehrenpforte einpurzelfe
J. P. uns. löge 1, 26.
EINQU.\RTIEREN, collocare, wodurch das deutsche einlegen,
einlagern fast verdrängt ist, schw. inqvarlera, ddn. indqvartere :
allein es ist noch mehr, das diesen Proteus zieret
und auT die hohe bauk der weisen einquartieret.
I.OCAU 3, 217 ;
sich im gebüsche einquartieren. Pierot 1, 23.
EINQUARTIERUNG, f. das dorf hat starke einquartierung.
EINQUARTIERUNGSKOSTE.N.
EINQUELLEN, viacerare, einwässern, einweichen. Stieler
1492 : der same geht eher auf, wenn er eingequellt wird.
EINQUETSCHE.N, elidere: die band, den linger einquet-
schen, figürlich, er quetschte den orgeltasten den choral XC
ein oder ab. J. P. uns. löge 3, 126; alle lebendige speckkam-
mcrn, wo fetllagen den geist wie scbneekluinpen die hütle
einquetschen. Ihsp. 1, 172.
EINQUIRLEN, tudicula miscere: auch fühlte er, wie sehr
es unter seiner würde sei, sich länger in dieses bürgerliche
quodlibet, ohne es zum narren zu haben, mit einquirlen zu
lassen. J. P. Hesp. 4, 162.
EINRADIG, unius rotae.
EINRAFFEN, corripere, diripere, bei Stieler 1497 auch ein-
rappen: laub, bidtter einraffen;
und wer viel glaubt, viel irrthumb mit einr^id.
arab. sprichic. 2.
EINRAHMEN, pieturam eingcre: ein eingerahmtes bild.
EINRAM.MEL.N', fistuca adigere: pßile einraiumeln. Heilhans
Thuc. 572;
ihr sprecht von gold, wir hatten viel gesammelt,
in reis und holen helmlich eingerammelt. Göthi 41, 117.
EIMlAMMEN, dasselbe, dän. indramme: ich bin mit zwan-
zig hunderten auf dem daiume gewesen, den sie nicht ver-
meiden können, habe dort junge zugespitzte tannen einge-
rammt und so den tod im sande verscharrt. Klopstoc» 9, 215 ;
(das bürgerliche leben), in dem sich der eipeditionsratli von
mensch . . . herum treibt, bis ihn der fallbock des pflasterers
(lod) auf den morastigen drehplatz einrammt. J. P. Hesp.
3,64.
E1NR.\TH, m. consilium, adjumenlum, beiralh: die weit-
leuftigkeit dieses werks hat zu seiner aufbauung yieler bei-
hülfe bedürft, und also die nothdurft erfodert, die füllsteine
und quaderstücke, hülfliches zuthun und einrath, so gut es
verbanden, zu suchen und mit zu gebrauchen. Scbottelics
haubtsprache 169.
EINRATHEN, consilium dare: sonsten helfen zuzusehen und
einzuralhen anbefohlen. Schweimches 2,207; habe ihm in
seinen sachen einratlien helfen. 2,314; dem von Salaau in
seinem schuldwesen helfen einratlien. 2, 319 ; und also zum
besten allenthalben einrathen helfen. 3, 220 ; nachdem ich
innen worden, dasz sehr viel leule in der art wol zu leben
heftig irreten, als habe ich für nothwendig erachtet ihrem
wahnc zu helfen und einzurathen, damit sie bevoraus rühm-
lich leben. Opitz 1,293; helfet einrathen. Argenis 1, iiO ; dasz
er die Stadt Cäsarea fürstlicher zu erbauen eingerathen.
LoHE.'^ST. Artn. l, 43 ; um das leben zu retten was schimpf-
liches zu beginnen einräthet. 1, 1324 ;
Planus ist ein tapfrer kijnde gegen abend in dem schalen,
dann daselbst wird seiner grösze um ein groszes eiugeratben.
LoGAU 3, 52, 72;
er wird sich unterstehen einem jedem theologo sein Interesse,
seinen stand, sein geruhig leben, sein weih und kind, sein
ansehen und je so etwas, das ihm seine opinion zu behaup-
ten einrathen möchte, vorzumahlen. Simpl. K. 400;
raih eip, was meine wähl jetzt sucht. Göntbkr 178;
ists nicht ein guter geist, der ihnen einräth auf mittel zu
denken? Göthe S, 30. 42,272.
EINRATHEN, n. consilium 'auf einrathen", ron 1650 — 1750
eine sehr übliche formel ßr anrathen oder anstißen: auf des
Rutilius einrathen. Lohe.nst. Arm. 1,935; auf seiner gemahlin
einrathen. Haus 1, 42. auf Adalardi einrathen. 1, 114. auf sein
einrathen. 1, 150. auf einrathen seiner unterthanen. 2, 9. auf
seiner gemahlin einrathen. 2, 203. auf einrathen des eiemiten
Petri. 3, 40. auf einrathen der bischöfe. 4, 207 ; auf einrathen
vieler erfahrner mannen Felsenb. 1,2; auf einrathen eines
erzverruchten bösewichts. 1, 82 ; auf einrathen der Olympia.
irrg. der liebe 255; auf einrathen vertrauter freunde, pol. stockf.
311; bei dem auf sein einrathen gefaszten vorsatz. RC.nao 1,86.
später heiszt es auf anrathen, auf den rath.
EI.NRÄTHIG, was beiräthig: wie dir dann meine rathe hierzu
werden, ihrer verwandtnus nach, einrälhig sein können. Heinr.
JüLiLS 347; ror gericht fragt man den beweiszeugen, ob er
einem oder dem andern theite in dieser sacke vorher ein oder
beiräthig gewesen?
EINR.ATHUNG, f. was einrath «nd einrathen ; auf einrathung
meines wirtes. westf. Robinson 199; aushelfliche einrathung
begehren. Ri;tschky kanzl. 3S2.
EINRÄUCHER.N, fumo inficere: fleisch einrüuchern, ein zim-
mer einrauchern.
EINRÄUMEN, EINRÄUMEN, nnl. inruimen, «cfc». inrymma,
ddn. indrömme.
1) inferre, in einen räum stellen, die stubc, das zimroer
einräumen, nach dem auskehren alles darin ordentlich stellen
und setzen: so soHen die bettstätten mit einem kehrwisch
ausgekehret, auch unter solchen mit sägspänen, rotbgerberloh
oder Schnee aufgerieben und die fenster mit der kammer-
Ihür, dasz die hift durchstreichen kann, offen gelassen wer-
den, letztlich aber ist alles wieder ordentlich einzuräumen
und an sein gehöriges ort zu legen oder zu stellen, vne der
hausgebrauch zeiget. Unterricht an hausmdgde t. 12. diesem
einräumen geht ein ausräumen vorher.
2) lucum eedere: wenn dein bruder Terarmet und verkeufl
dir seine habe ... so sol man rechen (rechnen) von dem jar,
da ers hat verkauft und dem verkeufer die übrigen jar (d. f.
reliquis annis) wider einreuraen, das er wider zu seiner habe
kome. 3 Mos. 25,25 — 17; die statt dem könig einräumen.
buch der liebe 219,4; dem gottlosen Cham reumel er die
mittagslender ein. Mathesius 12'; ich räume dem gast mein
haus ein ; sie räumte ihm einen platz in ihrem bett ein,
einen platz in ihrem herzen;
16*
247 EINRÄUMEN — EINREDEN
mein herz, dein teinpel, herr, ward von nur so versaumei,
dasz aucti dem Lösten gulsl ich solches ein^eraumei.
Wkckukhlin 31S.
3) spatium iniplere, occupare, einnehmen: sie hat einen
slcisz so breit, dasz sie eine ganze seile am tische mit ein-
reumete. Schock sluJ. leben H3.
4) figürlich concedere, fatcri: einen satz einräumen. Stieler
1S35;
er räumt das laster ein. Gellert 1,242;
ihr schönen, hat eurh nie von einer lust geirnumt,
die euer niund oll dem mit ungestüm versagt«,
der es sie wachend zu erbiiten wagte,
und die ihr ihm oft träumend eingeriiimt?
Host schäfererz. 48.
EINRAUMIG, occupatus: eines andern herschaft uns ein-
rauinig zu machen. Garg. 210*.
EINHAUNEN, insusurrare, inspirare, zuraunen: weil ihr
schliefen und nicht glaubten, als er euch sein wort eiuraunet.
kriegsb. des fr. 48 ; so dem heiligen geiste und seineiu aniple
und einraunen beharrlich widersprochen haben. Matuesius 108* ;
merke sich wol mein tränier Tiiuotheus was dem versländni»
jetzo die kumm einraunet. Luise a. l. h. 16().
j. einrünen.
EINRAÜSCHEN, inaesluare, einfluten. Stieler 1537 : auch
rauschet nicht eben die ganze Volksmenge auf den menschen
ein. J. P. 36, 28.
EINRECHE.N, converrcre agrum.
EINRECHE.N, inferre rutionibus, einrechnen: und soll sein
tagloba von jar zu jar mit ciurechen. 3 Mos. 25, 52 ;
drum wer aiih.-ingt allen zechen
ist auch kiihnlich einzurechen ^
in die tolle wilde zunTt. Louau 1,32;
freien ist nur einzurechen in den zedel derer dinge,
die zu kenneu, die zu bandeln man auf irew und glauben
ginge. 2, lt)7, 42.
EINRECHNEN, dasselbe, nach der jetzt herschendcn form,
vgl. rechnen, »in/, inrekenen: drei tage sind mit einzurech-
nen; das brol ist eingerechnet; zehrungskosten mit einge-
rechnet.
EINREDE, f. inlerpellalio, zwischenrede, einspräche, einsage.
1) interfalio: ich hab geschwiegen und in nicht einrede
than. Luther 1, 2s'.
2) oblocutio, einwand, Widerspruch, daher ohne einrede,
sine mora: er kann keine einrede ertragen; inred ufnemen,'
Widerspruch annehmen. Brant nancHSc/i. 111, 27 ; ohne alle ein-
rede;
die priester pllcgt man stracks ohn einred einzulassen.
Gnrpuius 1, 67 ;
und neiim keine einrede von denen an, die sich verständig
stellen möchten. Tieck 4, 280 ; tribunicische einreden. Nie-
BUUR 2, 501.
3) vor gericht exceptio, recusatio : auf klage erfolgt einrede.
EINREDEN,
1) einem etwas einreden, persuadere : wen im der bös geist
sie (dise gedanken) iu redet, so musz er {der mensch) eben
thun, als ob ein ander mensch unfletige ding redet. Keisersb.
i. rf. m. 19*; hab ich mirs einreden und gefallen lassen diesen
cataloguiH oder rcgister durch den druck auszugeben. Luther
1,3*; der mönch aber redet ihnen ein mut ein, animuvi facit.
Garg. 251"; redet ir taglich die guten lehren holdselig ein,
miMvs avifl TiOKÖP TüJv Xöycov tovi agiorovi. Fischaiit
ehi. 75 ; ich habe hierwidcr nichts, nur für ein muster eines
vollkommnen epigramms möchte ich mir das ding nicht ein-
reden lassen. Lessinc 8, 438 ; andern die noch unbestimmt
waren, suchte er eine liebhaberci einzureden. Götue lu, 248.
steht kein ace. daneben, to hat einreden den sinn von zureden,
begütigen :
ja wenn er ihr einredet, dräuwet sie ihm. Albkrus 0';
mault er aus grimm, redt sie ein im. Fiscuart ehi. 65;
80 sehr ihm auch der überinüthige Southampton durch winke
einredete. Tieck not», kr. l, MO.
2) einreden, interpeilare, dazwischen reden, einwenden: er
hörte ibn ruhig an und redete nicht ein. gewöhnlich mit dem
nnn von ubloqui, cnntradicere: eint andvni prociirator ein-
reden, cumniergcr. ordn. 1527 §. 7 ; wo nicht der abgotl wird
abgclhan, musz ich göttlicher lehre und christlicher Seligkeit
za gut mir da* lausen eine nothige, dringende und unver-
meidliche Ursache sein e. k. f. gn. wie den bupst otTentlich
anzuta»len, solchem furneinen frolich einzureden. Luthers
br. 3,111; ein burgcrniei!>lrr tyrannischer arl, drrhalbcn im
niemand nichts fiiireden dürft. Wickrah roltw. Vi:
EINREDER — EINREISZEN
248
ich red als ein geschöpf nicht meinem schöpfer ein.
Canitz 16;
ich musz meinen söhn wieder hüben, aber rede mir nicht
ein, wenn ich ihn zu Iheuer erkaufe I Lessi.ng 2, 113; in dieser
art von wolthüligkeit war sie ganz grausam und liesz sich
gar nicht einreden, weil sie fest überzeugt war, dasz sie vor-
Irefiich handle. Göthe 17, 263.
ELNREDER, m. oblocutor : wider die einreder und schelter.
Luther 3, 24l\
EINREUERLICH, suasorius. Stieler 1546.
ELNREDU.NG, /. suasio, zurede: diese gesch&ifte einre-
dungen brachten sie endlich so weil, dasz sie sich zwar nicht
der traurigkeit, jedoch der verzweifelung entbrach. Lohenst.
i4rm. 1, 288.
EINREGNEN, impluere: es regnet ein, impluil; es regnet
in die stube ein.
ELNREIBEN, infricare, infriare, schw. inrifva, dan. indrive.
1) salbe einreiben, öl einreiben, salz einreiben.
2) Zucker, brot in milch, wein einreiben.
3) figürlich, einschärfen, eindrücken : damit er seines sones
ewig und göttlich bilde wider in unser sterbliche leibe ein-
reibe. Matuesius 114";
Philetas rieb dis selbst dem groszen Griechen ein.
Gkyphius 1, 333;
ci ich wils ihm ein noch reiben, dieses ding musz sein
gerochen. Louau 2, 15,41;
man lacht mich llebiich an, man nimt mich willig ein,
geh unien ich gleich zu, liald wjl ich oben sein,
wann ich nun also Iraw und wil recht ein mich reiben,
so pllegt man mich heraus für s.iw und hunde (reiben.
3, 167, 71 (der tecin von sich selbst).
3) einem etwas vorwerfen, unter die nase reiben: womit er
mir meine weichherzigkeit einriebe. Stmpl. K. 648 (in den an-
merkunyen var. aus ÜGK) ; das soll ihm eingerieben werden,
das soll er schmecken, fühlen.
ELNREICHE.N, 1) bei der bchörde eingeben, überreichen: eine
bittschrift, ein gesuch, eine klage einreichen; wir wirte sind
angewiesen, keinen fremden, wes Standes und geschlechts
er auch sei, vier und zwanzig stunden zu behausen, ohne
seinen namen, heimat, characler, hiesige geschafto, vermut-
liche daucr des aufenthalts gehörigen orts einzureichen. Les-
siNC 1, 529 ; diese heilsordnung, dasz sich inädcheu bei uns
allemal wie gesuche bei fürsten in duplicalen einreiclien
müssen (indem sie nie allein zu einem freunde gehen dürfen).
J. r. [Icsp. 3, 192 ; ich schenkte eine summe der kirche Lam-
bertus und stiftete hiermit, dasz jeder Frimann sein leben
einreicht, wenn er alt ist. Tieck gcs. nov. 3, 254.
2) das pferd reicht ein, wenn es im gehen die vorder füsie
mit den hinlerfüszen erreicht und verletzet.
EINREIFEN, cingere circulo : eingereifle faszdaube. J. P.
Siebenk. 1, 76.
EINREIFEN, pruina legi: das feld ist ganz eingereift.
EINREIHEN, 1) inserere, implicare, an einem faden zusam-
men ziehen, fälteln: neben den ewigen Jungfrauen, die wciszer
sind als eingereihte perlen. Sturz 1, 77.
2) tft die reihe stellen, einordnen.
EINREIHIG, unius lanlum ordinis.
EINREISEN, incidere, insurgere: bekennen wir got in diseui
lichte, • daj muo; eigen sin und ingezogen dne allej iniUen
dekeiner geschaffener dinge. Eckhart 83, 29. ein spater ver-
schwindendes wort, Stalder 2, 269 hat hinein reisen für einleiten,
hineinlciten, wobei man erwäge was zu dem einfacJien reisen
gesagt wird, bei Stieler 1589 ist einreisen nidits als introire.
EINREISZEN, «in/, inrijtcn,
1) transitiv scindere, demoltri: ein tuch, ein gewand ein-
rciszen, ein haus, eine wand, mauer einreiszeii : und wil
ewre stedte wüste machen und ewrs hciligthums kircheii ein-
reiszen. 3^»:«. 26, 31; und das haus wird eingerissen werden.
1 kön. 0, 8 ; und reisz ein die mauren zu Jerusalem. 2 chrun.
26,23; und funden einen guten rat, das man in dien altar)
ganz einrciszen sol. 1 A/ucc. 4, 45; zog in der beiden land und
reisz die gölzenaltar ein. 5, 68 ; gebot die mauren umb her
wider einzurciszcn. 6,02; die kugel risz das fleisch ein; die
Hut bat den dämm eingerissen ;
ein trojunlüch pfurd •choinei unser ft'iede .«ein,
tieckei voller groll, reikzei viel verfaRtung ein.
Lobtu 2,63, 55;
dm hniK bleibt iin<>r«rhülteri mrhf'n,
d«i kiiid hört auf Hich tu errioiiii,
•s wuiucht es wieder neu lu »«ihuii
uud reisil e« bald mit wiUen ein. Gkllkrt 1, 19;
249 EINREISZEN — EINHEITEN
acb, rangt sie heftig an zu scbrein,
hört auf (tu bauen), und reiszi den plunder ein! 1, 185.
2) Irans, incidere , insculpere , einhauen, einritzen: eine
wunde in das fleisch einreiszen ; ein loch in das gewand;
der mit dem griffel eingedrückte umrisz, wie ihn die alten
mahler [in fresken) einzureiszen pflegten. Niebühb 2, 134.
3) intransiliv, irrumpere, einbrechen, das gewässer, das
wilde thier, die seuche reiszt ein, gleichsam über den dämm
und zäun, und dann oft figürlich: sihe, so wird der herr
über sie komen lassen starke und viel wasser des Stromes,
das sie über alle ire beche faren und über alle ire ufer
geben und werden einreiszen in Juda und schwemmen und
über her gehen, bis sie an den hals reichen. Es. 8, 7. 8 ;
sihe ein starker und mechtiger vom herrn, wie ein hagel-
slurnt, wie ein schediich weiter, wie ein wassersturm, die
mechtiglich einreiszen, wird ins land gelassen mit gewalt.
28, 2 ; da musz man tag und nacht aufsehen und wehren,
das nicht die wölfe einreiszen, dazu musz man leib und
leben iiuch dran setzen. Llther 2,375'; gleichwie die Sa-
duceer und ire jünger zu Christus zelten solch gift unter
gottes wort geseet und bereit weit eingerissen hatten. 6,226';
das nicht widerleufer in unser kirchen eingerissen. MELANcniH.
im corp. d. ehr. 105; wie auch die abgötterei bei den beiden
mit Unverstand einrisz. Mathesics 44'; ein solcher aberglaub
auch unter die beiden und endlich in die römische kirche
sehr eingerissen ist. 120' ; wegen einreiszen der pest habe
von Liegnilz weichen müssen. Schweiniches 3,214; das übel,
die noth reiszt unauflialtsam ein. vergl. ausreiszen.
4) inlr. rumpi, scindi: grund und boden risz an dieser
stelle ein; die mauer wird bald einreiszen, einbrechen; das
zeug reiszt leicht ein ; das eis reiszt oben ein ; die thür reiszt
ein, hat einen risz; das loch, der spalt reiszt noch weiter
ein ; in absieht, sie (die trennung) nicht gröszer einreiszen zu
lassen, als die nothwendigkeit erfodert. Lessixg 10, 271.
5) reflexiv, sich einreiszen : von wegen der vielfeiligen hoch-
beschwerlichen Spaltung, irrung und misvertrawen, welches sich
allenthalben im heiligen reiche eingerissen, slaatsp. Karl V. s. 467 ;
von diesem soll ir also verneinen, das die conjurationes erst-
lich entstanden sind in Babylonia und im selbigen reich je
länger je weiter sich eingerissen. Pabacelsls 2, 286'; das
auch die sorg etwas gröszern zufalls oder des tods seihest sich
oftermals einreiszen wolt. Thlrxeisser piob. der harnen 19;
das gesprech hat sich schier eingrissen. Atrer 72*.
6) unpersönlich, es reiszt ein, meistens mit beigefügtem weit
oder weiter, lale, latius serpit, propagalur : auf das es nicht
weiter einreisze unter das volk. apostelg. i,!'; darnach wirds
weiter einreiszen, das sie müssen alle gottlosen todschlahcn.
Luther 3, 45; da reiszet es denn ein und werden gewaltige
herren. 4, 45' ; bis aller adel mer dann gnfigsam gestraft war,
do risz es sich ein, und liesz der toll böfel bei disem nit
bleiben. Frank chron, 216'. dies einreiszen läszt sich den
umständen nach aus 3 oder 4 erklären, je nachdem das schreck-
liche naht oder der risz zunimmt.
7) heutzutage verwendet man einreiszen doch nicht blosz von
gefahr, misbrauch und risz, sondern auch von umgreifender
neuemng : die sitte reiszt ein, invalescit, nimmt überhand;
der baumwollene verdienst ist gewöhnlich, wo er neu ein-
reiszt, sehr gut. Pestalozzi 3, 28 ; um diese zeit rissen die
schottischen tanze ein.
EINHEISZL'NG, f.
1) scissio, demolilio: die einreiszung der mauer.
2) propagatio : wider fernere einreiszung (böser getcohnheit)
einen ricgel vorschieben. Leibmtz 154.
EINHEITEN, mhd. in rlten. /ir. 6087. Wh. 21, 29. nnl.
inrijden, schw. inrida, dnn. indride.
1) equo invehi, introire: da er zu Jerusalem einreit am
palmentage. Lltiier 5,68'; als nun der herzog zu Vennes
einreit. Ca/my 258; konipt der fürst eingeritten. Petr. lOi';
der fürst, der den unlerthanen zuvor gesagt, er wolle ein-
reiten. Neander menschensp. 65'; und fragt ine, welchen
weg sie eingeritten weren. Amadis 352; das jauchzen mehrte
sich, als er in die Stadt selbst eingeritten war. Schiller 828';
denn Jesus zur propheien>lnilt
auf ihm ist eiiigeritien. (>ötme 5,267;
er rill im stolzen kaiserschlosz
am zwölften ahend ein. I'PRrFKL 4, 100;
dasz irli mit meinem zuge
mii schönen pferden, dienorn. r.ilkenjägem
einreiu Tiick 3, 27.
EINREITEN — EINRIEGELN
250
bemerkensweith der beigefügte acc. ohne praep.: als wir den
vorigen wald eingeritten waren, pol. feuermäuerkehrer 30,
in der stelle aus Amadis ist aber welchen weg so viel als auf
welchem weg. einreiten und leisten, tjurg. 191'. R.i. 620.
2) einem einreiten, entgegenreilen : da doch hergegen, wenn
sie solchs ein weil getrieben, ihnen der Cornelius Melancho-
licus so stark einreiicl und über den hals kommt, dasz er
weder mit phantasia noch theologia mehr zu vertreiben.
ganskönig vorr. 7'; wenn die noth zu thür und fenstern ein-
reitet. Simpl. K. 475.
3) einreiten, über den kaufen reiten : die thür, das eis ein-
reiten.
EINREITEN, n. inlroilus solennit: kaiserlicher maj. einreiten
in Augsburg.
EINREITUNG, f. Christi einreilung zu Jerusalem. Kirchhof
wendunm. 375'. Neander menschensp. 73'.
EINRENKE.N, luxatum membrum in sedem suam reponere,
einlenken : den fusz, die hüfte einrenken ; er untersuchte die
Schulter und da in dem orte kein wundarzt vorhanden, renkte
er sie selbst mit groszer geschicklichkeit ein. Armm 2, 187.
EI.NRENN, f. instillatio ? nimb newes wachs, terpentin &c.,
renns in die gebrannte löcher und hornkluft, reits in kein
wasser, ob auch die einrenn dem pferd aus dem brand und
hornkluft heraus komme. Secter 379.
EINRENNE.N, 1) instillare, rinnen, fiieszen machen, ein-
träufen. s. das vorhergehende Kort.
2) tncurrere, schw. inränna, dän. indrende: einem einren-
nen, was einreiten 2, wider einen rennen: ihr wollet .Martino
Luthero schreiben, dasz er doch dem Philippo mit gewalt
einrennen und die frommen fürsten vor ihme warnen wolle.
Bausgärtser bei Melanchthon 2, 372. heute, auf einen ein-
rennen : mit diesem deiche kommen sie auf mich eingerannt
und ich soll mich nicht anders als den hut in der band
gegen sie vertheidigen können? Lessinc 10,231.
3) cum impetu effringere :• eiae thür, ein fenster einrennen.
EINRICHTEN, nnl. inrigten, schw. inrätta, dän. indrelle.
1) ei» verrenktes, krankes glied einrenken, wieder recht
machen: der knoche, das bein ist wieder eingerichtet.
auch rieht der wermut oft den magen wider ein. Roüpler 153.
2) inslituere, ordnen : sein haus, sein leben ; ich kann dich
nicht bei mir behalten, denn ich bin noch nicht darauf einge-
richtet; sein geschäft oder gewerb einrichten; ein gut einge-
richteter Staat, eine gehörig eingerichtete Wirtschaft; in der
Stadt ist ein arbeits und ein krankenhaus eingerichtet ; ach,
es ist für den armen nirgends nichts eingerichtet, bis man
ihn ins spital nimmt. Pestalozzi 2, 137. den Vortrag nach
den Zuhörern einrichten; ein auf gewisse weise eingerich-
teter beweis. Kant 8, 109 ; ich will es schon so einrichten ;
die weit hat ihre witz in fabeln einirerichtei.
I.OGAu 3, 249, 175.
3) den sehn, die tochter einrichten, ausstatten, ausrichten.
4) sich einiichten: man sehte sich, man richtete sich ein.
Göthe 21, 51; ich sollte mich auf längere zeit einrichten.
26, 19 ; es ist nichts schändlicheres in der »elt, als sich auf
lügen und märchen einzurichten. 20, 108 ; sich hübsch, häus-
lich einrichten.
5) weidmännisch, das wild einrichten, einstellen, umstellen,
mit dem hohen zeuge einschlicszen.
6) in der mathematik, brücbe einrichten, ihnen gleiche nen-
ner geben.
EiNRICHTIG, austerus, rigidus, gestreng, eigensinnig, ahd.
einrihti rigidus (Graff 2,418), mit ein, nicht wie das vorher-
gehende mit in zusammengesetzt : als ein einrichtige frouwe
irem man gehorsam ist, wenn es ir in irrr lun und kupfist.
Keisersr. bilger 8*. später veraltend.
EINRICHTSAM, dispositus. Stieler 1502.
EINRICHTUNG, /.
1) die einrichtung des ausgefallenen anns, fingers.
2) institulio, ordo: die einrichtung des hauses, des ge-
schäfts; es ist gar keine einrichtung hier, keine Ordnung;
ich mache, treffe meine einrichtung; und ist es meine ein-
richtung, dasz alle Übertreibungen des lächerlichen so fähig
sind? I.ESSINC 1,576; da man nicht gleich ^infangs auf den
empfang so vieler gaste die einrichtung gemacht hatte. Göthe
20, 2S9; die ganze einrichtung (mit dem gerät) wird verkauft.
EINRIEGEI.IG, vnius pessuli.
EINRIEGELN, pestulum obdere: sie hat sich eingeriegelt,
in ihre stube verschlossen ; es ist eingeriegelt und verschlossen
251
EINRIESELN — EINRÜHREN
EINRÜMPFEN— EINS
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EINRIESELN, lene ivipluere, iiiflucre, bei den bcrieselungen
läsit man das wasser auf die wiesen einrieseln.
EINKINGELN, intorquere: einen weidenstab einringeln, das
haar einringeln.
EINUINGEN, claudcre annulo. Stieleb 1650.
EIMUN.NE, f. canal, wodurch etwas einrinnt, vgl. cinrcnn.
EINHI.NNEN, influere, schw. inrinna, ddn. indrinde: das
einrinnendc, eingeronnene wasser. in eignem sinn steht es
ßr festrinnen, stehn bleiben, xurückkommen, verarmen:
derbalb bin eingeninnen ich,
das die kaiz ist mein bestes vich,
und steck in nrmut, groszer schuld. H.Sachs III. 1,237';
damit auch in geldscliuld einriiineu. I, 524*.
ScHMELLER 3, 104 hat zuiückrinnen für lurückkommen.
EINRISZ, m. fissura, irrufilio : das sie (eure prcdiger) auf-
sehen auf den listigen einrisz des tcufcis durch eitel ehre.
Luther 3, 153. 6r. 3, 5 ; das niücht ein anfang und höser ein-
risz werden, die andern gcsetz alle aufzuheben. 5, 22l'; Un-
kosten, weicher auf ergänzung der schaden, einrisz und ver-
schwemtnung solcher güs und anläuf gehet. Sebiz 10 ; denn
eine gans were beriimpt, weil die gänse das capitoliuin zu
Rom wider der feinde gewaltsamen und heimlichen einrisz
geschützet hatten. Huldr. Trerander heilp/laster auf die melan-
cholische wunden. 1005. aS'.
EINRITT, m. equeslris pompa, das einreilen. nnl. inrid :
ein und vorritt. Ganj. n'; gröszer als der rund napf vor
dem dorn zu Speir, weiciicn mnn zu jedes bischofs einritt
mit wein füllt und gute ariTie schiucker sich redlich darum
raufen läszt. 237' ; wie sich der junkher vom meer so dapfer
gebraucht, deswegen in seinem einritt ein jeder sagt, ja wie
ein löblicher guter rilterl Amadis 99.
2) der ort des einreitens: da begegnet ihm zu einritt des
thals ein jung. 201.
EINRITZEN, leviter incidcre, schw. inrita, dän. inridse: die
haut einritzen, latlowieren; seinen namen in die rinde, in ein
glas einritzen.
EINKÖHRIG, mius tubi.
EINROLLEN, involvere, nnl. inroilen, dd». indrolle: ein
bild einrollen, geld einrollen ; haarlocken einrollen ; die ein-
gerollte,_au/3ero///e fahne.
EINRÖSSEN, macerare linum. andere schreiben für rossen
rösten und rötzen. Schm. 3, 138.
El.NRüSSER, m. was einspänner: der keiser kann nicht
so frei sein als ein prediger, welcher ist wie ein einrösscr,
er kann sich bald wenden, das kann ein regent mit seinem
folgenden zuge nit thun. Luthers tischr. 344*. Schmeller
3, 137 hat ainrösser, ainrüsser, ainrüsler.
EINRÖSSUNG, f. maceratio Uni.
EI.NROSTEN, rubiginem trahere, nnl. inroesten : das schlosz,
die scheide, der degen in der scheide ist eingerostet; der
alte hasz war endlich eingerostet;
dieser brauch ist eingerostet. RficiEnr 228.
EINRÖTZL'.N'G, f. maceratio Uni: die einrötzung soll im
julio oder augusto geschehen, weil die wasser noch von der
sonnen stral erwärmet seind. Hohberg 2, 4h*.
EINRLCKEGEBCHR, /. kosten des inscrats.
EINRLXKEN, nnl. inrukken, schw. inrycka, ddn. indrykke.
1) inlr. ingredi: zu zweien eingerückt!; das beer ist lang-
sam eingerückt; die feinde rücken immer tiefer ein »» das
land; in die steile des einen rückt ein andrer ein; die nacht
mit gewalt einrückte, med. maulaffe 560.
2) Irans, interere: in die öffentlichen blätter einrücken
lassen; eine stelle in ein buch einrücken lassen; rücke das
noch mit ein.
3) Zeilen, worte im schreiben oder selien einrücken, spalio
a margine interjecto intcrius recipere, einxiehen.
EINRUDERIG, iimplici remorum ordine inttruüut, einru-
deriges schif.
EINRLDERN, inremigare, nnl. inroeijen, in den hafen, in
die bucht einrudern.
EINRLFEN, vocare in locum, einberufen, nnl. inroepen.
EINRLHHEN, immitcere, admiscere, nnl. inroeren: eier,
roehl, kalk, pulver einrühren ; tingcrilhrte eier heiszvn auch
bloti 'eingerührtes', die ekeln cbinapulvcr, die er mir diilzcnd-
weisc eingcrtibrt hat. Tiiümmels reise 5, 9». fiiürlich, einem
etwas einrühren, schaden, vtrdrutt, unheil $U/len, gleichsam
durch beigemndUu gtfl.
EINRCMPFEN, corrugari: die blätter sind lang, schmal
und eingerümpft. Tabernaemont. 319.
EINRUNDEN, rolundare, abrunden: das land ist nun besser
eingerundet.
EINRÜNEN, bei Luther für einraunen: bis so lange du
mit gnaden mich sprengest und weschest und also mir ein
gut gewissen machst, das ich höre dein heimlich einrünen.
I, 32'. 3, 14.
EINRUNZELN, rugari: das alte, eingerunzelte müttereben ;
die entfärbten eingerunzcltcn arme. J. P. biogr. bei. 1, 87.
EINRUPFEN, carpendo colligere: blumen, federn einrupfen;
die lämnier rupften gierig das gras ein.
EINRUSSELN, iufodere, abscondere , einwülchen : Heide-
linus thut hinzu, dasz wenn sie (die schwalben) sich in die
holen stamme am meer verbergen, sie sich unter dürres
laub und moos einrusseln. PRAETontus storch und schwalben
wintcrq. 300. es gehört aber kaum zu rüssel rostrum, be-
deutet eher einhuschen, huscheln und sollte lauten ein-
ruschrln?
EINRUSSEN, fuligine legere, die wand, der Schornstein
ist ganz eingeruszt.
EINRÜSSIG, kurz angebunden, gleichsam einspännig? vgl.
einrösser:
er feirct nicht mit sein gedankcn,
ist einrüssig, ihut gern zanken, .\vrer 360'.
EINRÜSTEN, inslruere, ausrüsten: das iezumal der könig
in Rüsche Clermault lig, allda sich auf allen fall einzurüsten.
Ganj. 20S'.
EINRÜTTELN, agitando constipare, einschütieln : die arznei
musz eingerüttelt werden.
EINS, f die einzahl, verschieden von dem sp. 139 aufge-
führten n. ein, res unica, näher stehend dem m. einer sp.
166; eigcntUch das folgende n. eins, woraus sich wieder ein
f. bildete, wie man heule namen der zahlen gern weiblich
anzusetzen pflegt: man sollte es der ersten eins nicht an-
sehen, dasz sie so viel gilt, als zehn millionen der letztern.
Lichtenberg 3,47; er hat die eins bekommen, in der censur.
deutscher wäre zu sagen das eins als die eins.
EINS, flcctierte neulralform der einzahl, golh. ainata, ahd.
eina;, mhd. eine;, Schweiz, eis (obenfsp.XiZ), altn. eitt für
eint, schw. elt, ddn. eet. den übrigen dialecten entgeht die
flexion. zwischen eines und eins findet kein unterschied der
bedeutungen statt, nachtheilig mischt sich nhd. eines mit dem
gen. sg. eines, der reines S hat, wahrend der nom. aus einesz
verdünnt wurde.
1) wir zählen eins, zwei, drei, mhd. eine;, zwei, driu, also
mit lauter neulr al formen , denn driu ist deutliche flexion des
nom. pl. n., und zwei entspricht dem ahd. zuei, welches mil
dei für diu parallel lauft, wie denn auch vieriu, funfiu forl-
gezdhll wird, heule fühlen wir in zwei kein n. mehr, da
wir es auch das männliche zwen und weibliche zwo vertreten
lassen, umgekehrt ist unser ursprünglich männliches drei aufs
f und n. erstreckt worden, die schwäbische Volkssprache zählt
bis auf heute noch richtig oins (oin), zwoi, drui. der Gothe
kann nicht anders gezählt haben als ainata (oder gekürzt ain),
Iva, jirija. das in cilf enlhallne ein blieb stets unflectiert,
goth. ainlif, ahd. einlif, während in tvalif volles Iva eingieng,
ahd. zuelif demnach zueilif lauten sollte. allen zehnem von
zwanzig bis neunzig entziehen wir nhd. das neutrale s und
sagen ein und zwanzig, ein und dreiszig bis ein und neun-
zig, während es von hundert an wieder zutritt: hutidert und
eins — tausend und t-ins. es heiszl eins vom hundert ab-
geben, wie zwei, drei vom hundert, doch aucli eins von
zehen, zwanzig, früher gab man auch zafilend den zchitern
volles eins, ein gewisses karlenspiel hiesz eins und dreiszig,
trente et un, z. b. bei H. Sachs I, 51S'.
desgleichen das Kpil eins un<l liunderl
hat mir den beute! oft geblundurt. V, 357',
für hundert und eins, wie wir sagen eins von hundert, eins
Vom hundert, eins über hundert, eins mehr oder weniger,
daj der phärt sich muusten legen
4ins und »cchzig vun den siegen. Hing $. 242;
mhd. (ijncj und zweinzic jAre. Diut. 3, RS;
ich hin ^inj und dri{ec Idsont man. Karl 4406. 4606.
nicht anders: cinfital eins macht eins, eins ist keins, 6ins
macht keins. Lrhma?(?( 199; es ist eins = es hat i^ins ge-
schlagen, mit dem schlag eins, auf den schlag eins koininen.
eins auf dem wüifel, canis : du hast iiua geworfen.
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EINS
EINS
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es war die an zu allen Zeiten,
durch drei und eins, und eins und drei
irrthum stall wahrheil zu verbreiten. Göthk12, 130.
Bemerkenstrerlh ist die formet eins zwei drei! ßr lauber-
haße schnelle, mie man die hand umdreht, itie man die drei
zahlen hintereinander ausspricht ist es schon geschehen:
fi^uensleute wissen ^ins zwei drei! rat, Kissen sic^ augen-
blicJilich zu helfen;
wofern ich nicht in öins zwei drei, wie aus der tasche,
euch ohne Zauberei ein liebchen hasche. Wiblajid 18, 267 ;
dann lehret man euch manchen tag,
dasz, was ihr sonst auf ^inen schlag
getrieben, wie essen und trinken frei,
eins zwei drei! dazu nöthig sei. Götbs 12,95;
tatafa, ^ins zwei drei ! und damit fertig. Lenz 1, 103. diese
formet findet sich nd. ausgedrückt en twe dre, oder auch ins
twins drins ! d. i. einmal zweimal dreimal.
2) statt des substantivischen ein {sp. 139) begegnet gleicher-
weise eins :
kein lebendiges ist ein ^ins,
immer ists ein vieles. Götbs 3,%;
du bist ihr ^ins und ihr alles; Jesus ist unser ^ios und
alles;
denn Jammer! ihr eins und ihr alles war hin,
die kub, die bisher sie ernähret. Ri:i<GKR 65*;
bedenket, lieber herr, hier grast
so mancher armen witwe kuh,
ihr 6ins und alles spart der armen ! 'O'.
3) adjectiviscbes eins bezeichnet das zugleich geschehende,
im momenl zusammenfallende: kriegen und rasen ist eins;
reden und fluchen war bei ihm eins {wenn er redete, fluchte
er auch). Kli>ger 3, 155 ; knallen und fallen war öins ; ihn
sehen und ihn lieben war eins ; ihn erblicken und ohnmäch-
tig zu boden sinken war eins, solchen inßnitiven pflegt aber
die oberdeutsche , erzählende Volkssprache höchst lebendig den
nom. der person zu gesellen: der schullheisz den feldraesser
sehen und seine amsel loben ist eins gewesen. Neffles vetler
aus Schtcaben 91 ; ich das sagen und mein weih schneeweisz
werden ist eins gewesen. 169; sie das sagen und zwölfe
auf der uhr schlagen ist ^ins gewesen. 229 ; er mich tanzen
sehn und mir ein ohrfeign steckn war eins. Ast. Bccher
porciunculabüchl. 69; denn die miedl den neuen schnürriem
sehen und meine predig vergessen wird ein» sein. Ain-
derlehre s. 38 ; schön welter sein uads tanzen wieder an-
gehn ist eins, charfreilagsproc. 114. bei Keisersberg, ko
ich darauf wartete , ist mir noch kein beleg begegnet, den
nominaliven gleidit der bei Fischart : da Kampfkeib disen
Tortheil ersähe , er vom pferd , zeucht von ledei , hernach
laufst nicht so hast nicht, stach und hieb in den dick-
sten häufen. Garg. 231*, doch nicht neben dem inf. und
ohne folgendes das war eins, statt des inf. erscheint erzäh-
lende rede vor dem eins: als er ja gesagt, sei sein ja und
der schusz eins gewesen. Reinhard werlheim. deduclion
2, 205, icas sich leicht umsetzen liesze in: sein ja sagen und
der schusz fallen sei eins gewesen, aber den romanischen
sprachen ist auch solche anxcendung der infinitire geläufig,
nur mangelt wieder der nom. des subjects: y el dezir eslo,
y el darle con la punta del cuchillo todo fue uno. Don
Quixote 4, 50 ; e il dir questo e il tomarsi dentro e chiuder
la finesfra fu una cosa. Bocc. decam. 2,5; e il dir le parole
e l'aprirse e'l dar del ciottolo nel calcagno a Calandrino fu
tutt uno. 8,3; avoir quelque soupcon, se mettre en colere,
se lever de furie, ce ne fut qu'une mesme chose. Scarron
romant comique 1651 p. 30. doch mögen sich auch franz.
beispiele eines dem inf. vorangehenden moi, lui, eile anführen
lassen, wie aber dem fue uno, fu tutt uno ein fu una cosa,
fut une chose zur seile steht, findet sich auch für war ein«
gesetzt war ein ding , wozu beispiele th. 2, 1160 gegeben sind.
4) nicht anders drückt eins das einerlei aus, wo mhd. al
ein ohne flexion zu stehen pflegt {wb. 1, 417') : mir ist alles
^ins, sie mögen machen was sie wollen; mhd. man und
wip mir ist al ein. I'arz. 116,26;
vhd. es ist mir alles eins,
ob ich geld hab, oder keins;
^ins ist mir ihr liuld und hassen,
Zriiiltia sei wer sie sei,
ich bin froh, dasz ich bin frei. Pliuüc 496;
bei mir i«a beides tlm, zu lieben und zu schweigen.
blLLERT 3, 313;
was sonst auch ein ding, ein thun heiszt , vergl. einerlei.
dem gen. einerlei entspricht eines dings : wie es mir allbereit
eines dings war, ob es mit ehren oder Unehren geschehe.
Simpl. Courage cap. 18.
5) neben personen, gleichviel welches geschlecJits , und dem
terbum subst. bedeutet das praedicierende neutrum eins so
viel als identisch, einig, einstimmig, ersclteinl aber natürlich
nur im nom. oder acc.
a) identisch: ich und der vater sind eines, iycj xai 6
Tiaxr^q iv iauev, ego et pater unum sumus, goth. ik jah atla
meins ain siju, nii/ dem verbum im dl., dessen die gr. erste
person unfähig ist, ahd. ih inti ther fater ein birumes. Joh.
10, 30; das sie eines seien gleichwie wir, Tra aaiv iv xad'dfs
xai T]u£ls, ut sint unum sicut et nos, ei sijaina ain svasv^
vit, ahd. tha; sie sin ein sosö wir birumes. 17, II ; auf das
sie alle eines seien, ahd. tha; sie alle ein sin. 17,21; mhd.
so wil dft uns ein spise sin, diu uns mit dir einej mache
und uns dlne natüre in gie5e. myst. 376, 8 ; der mache uns,
lieber herre, eine; unde teil uns disse Schatzes ein vil w6nic
mite. 379, 33;
nhd. eins bist du mit der allgemeinen wonne! Schilleb 475*;
der wundersam aus vielen eins gewordnen bürg.
GöiBK 41,209;
nur mit meinem fleisch und blut ist sie eins geworden.
Kunger 2, 117' ; der mann, der seinem fleische so lange wol
gethan hatte, dasz zu Zeiten sein geist mit demselben eins
geworden zu sein schien. 6, 5. icir sehen also hier goth.
ain, ahd. ein, mhd. einej, nhd. eins verwendet.
b) einig: eins sein, conrenire. Dasvpodics 319*; üneins
sein, discordare; mügen auch zween mit einander wandeln,
sie seien denn eins untereinander? AmosZ,Z; und ich ward
mit ir dins umb funfzehen silberlinge und anderhalben homer
gerslen. Hosea 3, 2 ; du wirst ja nimer eins mit dem sched-
lichen stuel. ps. 94, 20 ; darnach wurden sie mit einander
eins. Susanna 14; wenn brüder eins sind und die nachbarn
sich lieb haben. Sir. 25, 2 ; wo zween unter euch eines
werden (consenserint). Matlh. 18,19; und da er mit den er-
heitern eins ward umb einen groschen. 20, 2 ; bistu nicht
mit mir eins worden? 20,13; die Juden sind eins worden
dich zu bitten, apostelg. 23, 20 ; und wurden mit uns iias.
Gal. 2, 9 ; da zwei menschen wol eins seind mit einander, und
du machest har uf har, sagst von eim iedem böses, uf das
das die, die da vor eins warent, lineins werden. Keisebsb.
5. d. m. 46' ; das du mit allen menschen eins seiest, omeis
87';
und wie er mit dem wirt würt ainsz,
das scbol uns dünken gar ain clains. fastn. sp. 787,34;
iez sind si eins und verriebt. S93, 13;
zwen giengen hin und wurden eins. H. Sachs 1,525';
darin bin ich mit dir eins, constat hoc mihi tecum. Maaleb
lOO'; die burgermeister selbs warend nit fast wol eins, ne
inter eonsules quidem ipsos salis conveniebat. lOO'; weil die
ausleger gar nicht eins sein. Mathesiüs 56* ; letzlich wurden
sie so schön mit ihnen eins, dasz sie aller ihrer notteln
und fladen mächtig wurden. Garg. 19S'; als die churfürsten
nicht eins werden konten. Zinkcr. apophth. Z, ' ; sie werden
eins mit einander eine probe zu thun. Lokman fab. 2t; ich
bin in diesem fall mit euch eines, dasz die fürsten gelehrte
leute vonnöthen haben. Schcppius 939;
wir zankten uns einmal und wurden wieder ^ins.
Gkllert 3,389;
so glühet fröhlich heute,
seid recht von herzen eins. Götme 1, 130,
der erste druck im teulsehen Merkur 1776 febr. 123 hat abet :
ihr seid nun eins ihr beide
und wir mit euch sind 6ins;
man ist darinnen 6ins. Kant 8,85; und man ist stolz und
mit sich eins. Claodius 2, 61 ; nur über die zeit, wann dies
geschehen .sollte, war ich nicht eins. Leisewitz im Jul.
v. Tar. 1, 1.
c) o/T ßgt sich zu diesem eins der gen. der sache:
so werden sie des koufes öisz (:geisz). Biant 61, 29;
da kam die dochter mit den gewaschenen tOcbem und wur-
den des kaufs eins. sdi. und ernst 1555 cap. 255. 1522 eap.
217. 1550 cap. tS7 ; also beide der sache eins wurden. Boec.
1,12'; denn sie wurdens eins, das sie kernen in zu klagen.
Hiob 2,11; des artikels ist alle weit eins. I.lther 5,25t';
sofern wir sonst der saclicn ^ns werden und bleiben, bis
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(las gott weiter schicke nach seinem willen. 6, 113* ; habe
auch gar keine hufnung, das wir der lere sollen eins wer-
den. 5, 73' ; der herzog mit seinen rätben der sach eins
wurde. Galmy 277 ; also wurden sie der sach t^ins. Wickrah
roUw. 49;
wir wölln vielleicht des kaufs ^ins werden. Atrkr fastn. W;
man wurde des handeis ^ins. Wihland 7, 334 ; so dasz
Slrobylus und die beiden Vorsteher endlich des Schlusses
^ins wurden ... zu rathe zu gehen. 20, 99 ; endlich wurden
sie der rede eins, jeder sollte einen wünsch thun. Hebkl
schatzk. 170.
d) der gleichlautende acc. kann eintreten neben dem inf.
oder abhängen von machen : lasz uns wieder eins sein und
bleiben; dasz er könige uneins und wieder eins mache,
machet sie wieder eins , die er zuvor uneins gcuiachet.
LuTHtR tisehr. 271'; eins machen, reconriliare. Dasvpodius
319'; es war ein ritler, der het zwen jaghund, die warn im
lieb und bet viel freud von ihnen, aber si hotten die arl,
wenn sie zusamen gebunden waren und gefesziet, so warn
sie fast wol eins mit einander, aber sobald sie aufgelüset
und ledig waren, so wollen sie einander selber zerzerren
und betten das gewild nicht angesehen, da riet man ihm,
das er sie also soll eins machen «. s. w. seh. und ernst
1550 cap. 348; ich woll sie beide {die drzte) mit eim sol-
chen feucbttrockenen Schwallen und quallfen wol eins machen.
Garg. 53'; der teufel bat schon die frommsten ehleute un-
eins gemacht.
e) die unter b — d vorgetragne bedeutung von eins == einig
zeigt sich mhd. noch gar nicht, musz aber aus der nahelie-
genden von eins = unum unter a entsprossen sein, und oft,
z. b. in der stelle bei Güthe 1,130, läszt sich kaum, welche
gemeint sei, entscheiden, wenn aber das nculrum für den
begrif der einheil passend erscheint, schickt es sich weniger
XU dem des einig werdens ; die eines sinnes sind, die sich
über etwas einigen oder vereinbaren , sind darum nicht eins
geu^orden.
G) nach praepositionen findet dies eins nur seilen statt,
namentlich nach auf und in : das geht auf eins hinaus ; oder,
welches auf eins hinaus läuft. Kant 6, 150 ; das rinnt alles
in eins, lat. in unum ;
ecee quam bonum,
bonum et jucundum,
habitare Cralres,
Iratres in uiiuin ;
ein edles paar in 6ins verschmolzener seelen.
Wirlands Uheron 12, 57;
die tausendfältigen gcdankcn vieler
verschicdner menschen, die im lehen sich
und in der meinung widersprachen, iusti
der dichter klug in öins. Götqk 9, 228.
von äuszerm drang unangefochten
bleibt, freunde, so>in äins verflochten.
an fr. v. Stein 3, 4.S9.
eine ausführliche acte ward aufgesetzt, die ganze zerstreute
partei in ^ins zu verbinden. Schiller 1057'; in (-ins weg,
iort, üblicher in einem.
die ältere spräche »öge vor in din, en din unßecliert
(gramm. 4, 273 und oben sp. 116). man unterscheide aber dies
auf eins von auf eins t= auf einmal.
1) persönliches eins, im sinne von quis , aliquis,
drückt wiederum in seiner Unbestimmtheit alle geschlechter aus.
gramm. 4, 273 ff. wurde als durchgreifender zug unserer spräche
hervorgehoben, dasz die neutra es, das, dies, jedes, manches,
alles zugleich von dem männlichen und weiblichen geschlecht
gelten können; dasselbe musz ßr eins behauptet werden, ohne
dasz man nöthig hätte, mit Zarnckk (zu Hhant s. 300') cinflusz
des ohnehin fast erloschenen neutralen ijenus des Wortes mensch
dabei anzunehmen, alles schlüft noch im hause, eins wacht
noch, keins wacht mehr Idszt sich gleich passend für
alle leute , jemand , niemand sagen , und kein einzelnes ge-
tehlecht ist dadurch bezeichnet, von der beschränkteren aus-
dehnung des männlichen einer auf frauen war sp. 105 die
rede und sie gleicht der des männlichen wer quis; die des
neutralen eins gehl noch weiter und kann sich auf mdnner
»ie frauen erstrecken.
a) allein stehend: schweren ... warbeit gehßrt darztl ...
und zu dem dritten, das eins ein zinilirbe sacbe schwer und
nil ein unzimlich ding. Kkisf.rsiikrc s. d. m. 21' ; nun fragstu,
i»t M aber allwig lucNiiml, ho eins also den kutzen streicht?
•l'; so eins unretht gethnn ball, rbrnda ; ila siln-t sie von
fcrren den Theagenem, dann was eins liebt, das kennet es
bald am gang, buch d. liebe 20S, 4 ;
ei was sol eins von Unglück sagen» Avrkh 23';
es ist besser zwei dann eins, fallt eins, so hilft ihm sein
gesell wieder auf. Lehmann 99;
.sie lieble, was er lieb gewann,
was eines wollte, wollten beide. Gbllbrt 1, 90;
wenn mir etwas fehlet so hungere ich. und so bald sich
eines im hause klaget, so verbiete ich ihm das essen, bis
es mich versichert, dasz es sich vollkommen besser belin-
det. 3,225; das ist das ganze, sehen sie, und ich denke,
da ist nichts worüber sich eins so erzürnen sollte. VVielanu
11,69;
wie reizend unser sultan Ist!
wie schön er liegt! bald würd eins lüstern. 48,258;
um nur zu sehen, was eins für ein gesicht dazu schneid!
GöTHE 11,48;
nun sag mir eins, man soll kein wunder glauben. 12, 118;
gell eines bin, und nehme ihr die maske ab. 14,55;
doch merk eins nur des bösen lisl,
wo noch zum ungeluck
am bock ein weiszes hrirchen ist,
alsdann ade geuick. ISühukr 24*;
wenn eins kommen sollte, si quis veniat; es ist eins an der
thür. Schleicher Meiningen 61; nu seh eins an! die heu-
tige spräche zieht diesem eins oß das bestimmte einer, eine
oder jemand vor.
b) hier auch belege für den acc. io der eins etwan edert.
Keisersberg bilger a2' (oben sp. 31) ; ein schlang die beiszet
eins heimlich und gat krum inher und isset erd. s. d. m.
29'; es seind die, die da eins anlccblen und nit desto min-
der dichtend und gedenken tag und nacht, wie sie scbadsn
wellent zufügen. 48'; so du eins lobest und es niminet es
nit also uf, so du durch dein loben eines bringst zu hoffart,
oder das sie dir geiieiget würt in unküscheit, wie wol du
das nit meinst, das du ursach geben will, so würt es tod-
sünd. 32' (hier folgt, nach freiem Wechsel, bald es, bald sie,
wo die anwendung auf eine frau zweifellos ist); eben als
wan man ein hündlin immermeder bi den oren zupft, was
thut man änderst weder das man in (den hund) bewegt zu
zorn, das er eins beiszen spl? 42"; schelten, leslern ...
zum ersten geschieht es in strafs weis, da du eins strafest,
und das ist nit sünd. 36';
die weit ist solcher zwiiracht voll,
das man eins uf der zungen trag
witer dann uf eim hangenden wag. Drant 7, 17.
das haus ein frciheit ist,
macht eins keck, wie den han sein raist. Kischart ehz. 4S;
habt ihr elwan eins (jemand, ein unehliches kind) in der
irre herum laufen? Weisze lustsp. 3,191; hast du eins
(jemand) über den weg laufen sehen?; wenn man nicht
sagen kann wie lieb man eins lial, so scheinls man wolle
sich mit bösem helfen, wenns im guten nicht fort will.
GöTHE an fr. v. Stein 1, 162.
c) nach dem gen. pl. persönlicher pronomina (vgl. sp. 118) :
mhd. der künec oder Kriemhili, ir einej dnj ist tot. Nih. 2174,2
läszt unbestimmt, wer von beiden dem tode verfalle und wie-
der folgt daj. lihd. davon weisz unser eins nicht; unser
eins bat so wenig zeit zu weinen , als leider zu beten.
GöTHE 10,132;
wenn unser eins am spinnen war. 12, 187,
jenes sagt die postmeisterin , dieses sagt Lieschen; unser
einem ist das gar nicht anzumuten;
der schnuppen mied, wie unser eins die peal. Gott» 1, 315 ;
eben so euer eins, ihrer eins, und wiederum unser keios:
ich mein es soll unser keins so schnöd an im selber sein,
es vertruwete des einem ganzen rat. Keisersb. s. d. m. 22*.
ai<c/( der andern eins : nimm ein gicichnis bei einer niötler,
die so vil kind bat und under denen ist ein rschengrtidelin,
das ist ir ein dorn in den äugen, es thüg was es woll, so
schilt sie es stets, so es aber der andern eins thüt, das dia
hat gelbun, so Iccblel sie und küsset es und schilt das nit
darumh. 30*.
d) neben ander und all haftet der tahlbegrif noch stärker
(s/). 119); eins wie das andere, eins um das andere, ein«
nach dem andern, wo heule lieber bestimmt gesagt wird emer
wie der andere ; eins unibs ander, eins über» ander. MaaliiR
lOü';
257
EINS
Ems
258
eh Jungfer mochl und Junggeselle sich weiland hei den Sacis
paaren,
iiiust eines vor des andern stärke durch einen sondren kämpf
erfahren.
wer überwand, war berr im banse. Locau 3, 123, *23;
sie werden eins, den bund mitzunehmen, und tragen ihn eins
umbs ander auf den schultern, pers. rosenth. 1, 6 ; die spec-
tatores lachten noch abscheulicher denn vorhin , weil eins
das andere über das theater abgeschmissen. Juncundiss. 201 ;
wir ziuerien eins für des andern Sicherheit. Wikla.'^d;
wie könnte eins ohne das andere diesen geist herumtragen?
Klingee Ih. 2,259; es ist ein lächerliches eins für das an-
dere (quid pro quo). Ficutk über die fr. rerol. 22; mich
bedeucht gut gethan sein, das wir eins für all einer sönen
{sühne) an in gesinnen. Aimon \'h'. in diesen stellen allen
steht ein ohne, ander mit artikel, sie dürfen ihn aber auch
beide haben: das eine um das andere, wie mhd.
daj eine was frö Junö. ir. kr. 1194;
daj ander was frö Pallas. 119S
aufgezählt wird, gramm. 4, 277.
S) eins für ein ding, eine sache, etwas.
a] im nom. steht mhd. einej, bei meist ausfallendem rela-
tiv, unmittelbar vor heijet, mit der bedeutung von ein ort,
ein ding {gramm. 3, 4 iind oben sp. 120) :
einej, Leijet rotundä. Kaiserchr. 172;
einej, heijet sorge. Neide. 6S, 35;
eiuej, hei;et swarzer zobel. Belmbr. 1349;
einej, daj heijet werre. Renn. 21673 ;
oder auch in andern fällen: eine; als ein ahsendrum. Helmbr.
597, ein ding wie das ende von einer achse; welche aus-
drucksweise heute veraltet ist. wenn wir allerdings noch
sagen: eins ist wahr, sicher, ausgemacht, eins macht mich
bedenklich, so enthält eins nur den unbestimmten neutralbegrif.
b) desto geläufiger ist uns der gerade mhd. selten vor-
kommende acc, merkwürdig Nib. 342 Holzm. •
daj si ze schirme tragen
einej, heijet tarnkappen,'
ICO der letzte acc, durch einej angezogen, gleich diesem von
tragen abhängt, das heute oft gebrauchte 'noch eins' kann
sich nun auf ein voraus gehendes oder leicht hinzu zu den-
kendes n. beziehen: ach will ich sprechen, noch eins, Chri-
slianchen, nur noch eins, nicht für mich, für ihren lieben
freund (d. h. noch ein mäulchen). Gellert 4, 163; geschwind
noch eins (ein gldschen). Lessisg 1, 511 ; wiewol anderemal
unbestimmtes etwas, noch ein ding, encore une chose gemeint
wird : noch eins ! Lessisg 1, 522. 527. »ir verbinden aber
solches 'eins' mit sinnlichen verbis, und besonders gern im
imp. oder inf. derselben, der Zusammenhang läszt auf der
stelle erraten, was eigentlich unter dem unbestimmten prono-
men zu verstehen ist.
eins t h n n , id agere. ist, das dir wirt geholten ein rut
üblicher krankheit , die dir bülzin und dornen ist , so tbun
(== thu) eins, und mach aus der bülzin rute ein güldine.
Keisersb. 6i7^er 74' ; zu dem ersten tbun eins , krach die
selben krebs. 209'; wenn der bapst einem sein sigel geben
hat, damit zu versigeln die urteilbrief oder andere brief,
und er thet eins, und versiglele damit falsche brief, wer
derselb nit ein feischer? ja er, warlich. s. d. m. 22'; thun
(= i]tu) nummen eins , und lug was zu der sach dienen
wöl und was nutz bringen mag und keinen schaden. 26';
du weist, das ein person unrecht thut oder gethon hat,
soltest du im das sagen und strafen, er nem es von dir nit
für gut auf, snnder für übel, oder er bessert sich nicht
darab. und du thust eins, und sagst es zu einem fründ
der selben persony zu irem vettern, öhem oder mümlin, wie
es denn ist, und sagst im das. 26' ; er {der einsidel Moises)
was gewesen ein groszcr mörder ... da thet er eins , und
trug den brüdern nasser zu iren zellen. 30'; zu dem ersten
soll du eins thun und warnemen, das du also ein schmalen
hausrat hast. 34'; wenn nun der gouverneur positiv siebet,
wo ihn der feind attaquiren will, so kann er noch eins thun.
Oeuvres de Fr^dirie le grand 30,382. «ir sagen noch heute:
thu eins, geh hin und bitte ihn um Verzeihung; ich will
eins thun, und nächstes jähr nach England reisen.
eins geben, bekommen, einen streich, schlag: so sich
zimpt, das du deine kind magst mit ruten hüuvvcn, die tochler
111.
mit der knnklen schlahen und dem bösen knaben eins an den
backen geben, das er umb trümlet [turmelt), so zimpt sich
auch das, das einer mag mit wortea strafen, schelten und
lestern. s. d. m. 35' ;
ich torst dir wol eins auf das maul geben, fastn. sp. 172, 22;
eins hinter die obren, auf den rücken geben; wenn ich ihm
doch eins auf den katzenbuckel geben dürfte ! Lessi.sg 1, 513.
künt sie da aber freuntlich mit mir leben,
ich kunt ir eins ins eserlein geben, fast«. 371, 11 i-erg/. 1,5S6.
eins versetzen, langen, verabreichen, rei-
chen, messen, auswischen:
hie ist er hie!
ich will ihm eins versetzen. Lkccoleoä Galamelite 137 ;
er versetzte ihm eins ins gesiebt; hatte Florindo das glück,
dasz er dem unbekannten eisenfresser eines in den arm
verset2;|e. Weise erzn. 28; der verstehts unrecht und langt
mir eines mit seinem sähe! über den rechten arm. 73 ;
einem eins mit dem säbel auswischen;
im wart einej durch sin tuoc gemejjen,
des widerslages het er gar vergejjen. MSH. 3, 214*;
sie wollen den fröschen eins reichen, froschmeuseler 3. 2, 2.
hastig zog er sein schwer!, ihm eins zu versetzen.
GÖTBE 40, 9.
eins anhängen, deutet sich nach 1,368: sie mochten
mir auf der straszen aufpassen und mir eins anhängen.
ErrxEBs «nip. doct. 653; als ich ohngefehr die schönste ge-
legenheit fand, meinem närrischen lehrmeister eins anzu-
hängen. Pierot 1, 10 ; sein unerträglicher bochmuth machte
denselben sogleich bei allen anwesenden verhaszt, dasz wir
beschlossen ihm eines anzuhängen, es möchte gehen wie es
wolle. 1, 160.
eins bringen, zubringen, ausbringen wurde
schon 2, 386 belegt und meint den becher, den krug, das glas
zubringen, wobei die anrede erfolgt: es gilt dir eins! t. b.
Alberus 34;
es gilt, gut bruder, eins!
madama, ich bring euch eins! Philahd. lugd. 5, 289.
eins trinken, saufen, zutrinken, zusaufen:
der allhier liegt, ist wol tod, halte sonsten längst gerufen:
ist dann niemand nimmer da, der mir eines zugesuffen ?
LoGAü 3,238, 115;
und solle da mit seinen blutsfreunden eines herum trinken.
Weise erzn. 266 ; trinken einander eins zu. Ettsebs heb-
amme 20 ; wir wollen auf des onkels gesundheit eins trin-
ken. Stcrz 2,330; wir trinken eins. Götbe 13,19; bis das
essen fertig wird, wollen wir eins trinken. 8, 23. 42, 35. 269 ;
sie stehn auf und trinken noch eins. 8, 40. 42, 50 ; stopft
noch eins ein! Garg. 94'.
eins tanzen, springen: tanzen eins mit, dasz ihnen
die kappe wackelt. Weise ertn. 323 ; wir wollen eins tanzen
und eins trinken. Kli.ngers th. 3, 229 ; da wollen wir eins
springen !
eins pfeifen, blasen, fiedeln, geigen, auf-
spielen:
mhd. pfif mir einej, daj ich kan. Diut. 2,86. Ls. 3, 411,
pfeif mir ein stück, dasz -ich tanzen kann; spiele eins auf!
fiedle eins! mache eins auf! blas eins daher! nd. piep
eins. Hedewig! 'piep!' Voss 2,237. in andern sinn:
ich woll ihr eins auf der geigen machen.
fasln, sp. 322, 24. 326, 20. 7b9, 27. 771, 27.
solle einmal eines geigen. Scbdppics 912.
eins singen, ein lied: wer singt uns eins? Garg.6&';
bisweilen singen wir eins, bisweilen tanzen wir eins. Schlam-
pampe 1, 64 ;- singt doch eins I Göthk 8, 189 ; sing eins, dasz
die zeit vergeht! ll, 102.
eins schwatzen, plaudern: ich schwatze eins mit.
Lessing 1,393; und dann setzten sie sich mit einander auf
einen Strauch und schwatzten eins so lang der tag wäre.
WiELASD 11,223; beim wein saszcn und eins discurierten.
ZiNGERUi hausm. 2,44; lasz uns eins plaudern! GOtbb
7,122;
und wie sein bruiler wnischi und sprach,
dürft er auch w.ijschcn eins hernach. 56, 21.
eins lügen, vorlUgen: er hat wieder eins gelogen;
lügen sie mir eines auf eigne rechnung vor. Lbssi.ng 2,168.
17
259
EINS
EINS
260
eins mit rauchen, mit spielen, mitmachen: ich
rauche eins mit; zündete ihr die pfeife an und reichte sie
ihr, die sie auch nahm und der conipagnle zu ehren eins
mitmachte. Ettnehs unw. d. 345; eins mitmachen lieiszt auch
miltamen.
eins schlafen: gut, gut, berr wirt, es wird sich mor-
gen schon alles wol schicken, wir wollen jetzt eines darauf
schlafen, franz. Simpl. 2, 313.
eins lachen: ich wollte , du lachtest eins mit. Klin-
gers th. 3, 310.
eins schimpfen, scherzen:
kum ich xu ir und wil eins schimpfen,
so krümpt sie sich und wjrt sich rinipfen,
und sagt sich krank und macht sich schwach.
fastn. sp, 771, 13.
eins lieben, eins küssen:
denn in den ersten tagen,
wenn dir das mädchen keimt, da liebt sie eins zum spasz.
GÖTUB7, 46;
und dann an meine brüst gedrückt
und weidlich eins geküst. 1, 20.
eins toben, wüten: wolan, beut wollen wir eins toben !
du gehst mit »uf die jagd, du bist ein guter Jäger. Klingers
Ih. 3, 150.
das grosze deckelglas !
he! mädchen, llink! mit diesen flngerhüten
macht man ja kaum die llppen nasz.
der tag ist schön, wir wollen heut eins wüten.
Wie LAND Juno und Ganymed v. 256.
gottlob, dasz ich ein junge bin,
mit hosen angethnn,
der seinen frohen, freien sinn
eins wüten lassen kann! Ovbrbece245.
wir müssen beute eins lustig sein, franz. Simpl. 1, 57.
eins knirschen: doch ich bin zu stolz mich unglück-
lich zu denken, knirsche eins mit den zahnen, und lasse
den kahn gehen , wie wind und wellen wollen. Lessing
12, 508.
eins wagen, versuchen:
ihr sagt dann was ihr wiszt von ihr,
oder ich werd eins mit euch wagen. Atrrr 418";
und mein berr kriegsrath würde gar nicht übel thun, wenn
sie sich ermannten und eins nach Hamburg und Wandsbeck
versuchten. Claudius bei Merk 2, 91.
eins fragen: ach mein keiner ich musz eins fragen.
H. Sachs I, 473*.
eins hören, hören lassen: nun nun, ihr mist-
scbröter, hört eins, das euch der blickars reut! Garg. 134';
die laute kam und wurde mir praesentiert mit befelch, ich
sollte eins hören lassen. Simpl. K. 277.
Ohne Zweifel gibt und gab es solcher lebendigen ausdrücke
noch manche andere, wenn sie auch als gemein und volks-
mdszig gemieden und nicht verzeichnet werden, die beige-
brachten mhd. belege zettgen für hohes alter, analogie zwi-
schen diesem eins und dem gleichfalls vor verba tretenden
g;, es (gramm. 4, 333 if.) leuchtet ein und wie gesagt wird es
wagen und eins wagen, müssen alle es auf eins, alle eins
auf es in gleicher Stellung weisen, in eins das folgende
eins, temel zu mutmaszen wäre teuschung und wird durch
die mhd. Schreibung eine; allein widerlegt ; höchstens Idszl
sich zugehen, dasz einzelne Schriftsteller die nahe liegenden
bedeulungen verwechselt haben können, eins schimpfen , noch
eins stopfen liesze sich leicht nehmen für einmal, noch ein-
mal, ähnlich dem neutralen acc. eins ist freilich der männ-
liche einen , weibliche eine mit ellipse des subst. (oben sp.
134,13'); doch klingt eins geben, eins bringen frischer als
einen oder eine geben, bringen.
EINS, semel. ahd. eines suuor ih, semel juravi. Isid.
81,1»;
bigan druhilo einea redindn giauiso mit th^n th^ganon.
0. lii. 12, I.
mhd. wir wurden eines gebom, wir muo;cn andirslunt
Tenareo. Karajan denkm. 15, 15 ;
dat ich sin tchoenei houbei noch eines mäe^c »<>h<>n.
Nib. lUO», 2 UU);
mit hAher tilmme buobeoi an
und »ungen eioei uude zwir. Tri$t. 290, 10.
ags. 4nei, altengl. ones, engl. once. mnl. ^ns , nrf. eens,
in*, nnl. eens. über den unterschied vom vorausgehenden
üu» «■ ahd. ein«i kvin aUo kei» xwtifel obtetUUn.
nhd. eins erscheint
1) für aliquando, olim hauptsächlich noch im 15. 16. jh.,
selten später:
ich kam dir eins auf meins vater dillen,
do lagen epfel, ruben und pirn. fastn, 72, 14;
ich eilt eins zuo meitn puolen. 331, 16;
ich puolt eins wol ein jar umb ein,
pis sie mir eins zilt in ein fasz. 332, 32;
mir öfnei eins mein puol ir gaden. 338, 19,
ich puolt umb eine eins wol zwir. 340, 24;
er pat mich eins mit im heim gan. 543, 31 ;
ich sach in eins die kirch durcbgutzen. 544,8;
neur eins da gieng ich von dem wein. 731, 17;
eins bekomme ich kundschaft. Schweinichen 3,170; wenns
glück eins von mir weichet, pers. rosenth. 1, 18 ; man bat
eins den weisen man gefraget. 8, 112 ;
thu meine brunst eins stillen. Hoff>. gesellschaflsl. s. 119;
hier weiche das gericht eins der barmherzigkeit.
Wkrdkrs Ar. 3,62.
allmälich galt dafür einst oder einmal, bei Canitz las die
erste ausg. s. 153
was aber war sein lohn? er brach eins seine knochen,
wo die spätere s. 295 einst gibt. Luther 3, 438' behält noch
dermaleins neben dermaleinst Sir. 6, 3, Petr. 202* steht schon
dereins für dermaleinst, dereinst, mehr belege sind 2,1019
verzeichnet. Keisersberc bilger 38" gewährt der tag eins ßr
einst, an einem der tage, wie dermaleins, dermaleinst her-
vorgieng aus der male eins, der male einst, in dereinst, der-
einst male zu ergänzen ist.
2) eins für semel ist alleinstehend ungewöhnlich, neben
aber, und nicht, zumal neben noch hat es sich länger be-
hauptet.
so viel zeit hat er nicht,
dasz er seh eins darnach, ob sie noch brenne licht,
ob sie entschlummert sei. Flkiing 162;
80 kere die kunkel aber eins {noch einmal) umb und zeuch
ein anderen locken von der gotheit. Keisersb. bilger 52*;
mit disem andern stürm ist aber eins die bepstische messe
mit aller irer pracht und gottesdienst zu boden gestoszcn.
Luther 2, 15' ; deiunach ich aber eins unversehens dazu kam.
Schweinichen 2, 70.
ich sasz im ganzen jar nicht eins gericht.
RiNGWALo Ir. Eckli. G7',
und dacht nicht eins ans himmelreich. K8";
sie denkt nicht eines an dasz ihre schwelgerei
der bloszen schwelgerei und krankhclt mutier sei.
Opitz 1,58;
ich habe dich nicht eins gemerket. Lokman fab. 13 ; er kann
nicht eins gehen, geschweige tanzen.
und kouft ein kleinot noch eins als gfit. Diocletian 7824;
gehe noch eins hin. Hosea 3,1; du wirst noch eins so viel
bosheit durch in empfahcn , als du im guts gethan hast.
Sir. 12, 6 ; wol dem der ein tugentsam weib hat , des lebet
er noch eins (var. einest) so lange. 26, 1 ; der den giund
noch eins so buch auffürct. 50, 2 ; koui wider, lieber Luther,
und suche noch eins Johannem den teufer in der könige
höfen. Luther 3, 333 ; denselhigen Licchtcnberger noch eins
auszulassen. 2, 4U5'; sage ich noch eins. 3,619'; so musz
ich zuletzt noch eins anhalten. 6r. 5, 185;
dasz man sie noch eins kempfen liesz. ALBiRija 75;
wolan zurück auf unsern plan,
es gilt noch tinn, du inust basz dran! 76*;
in zwei tagen hat der könig i. f. gn. noch eins gefordert.
Schweinichen 1, 37 ; die ganze schuld vergehen musz , und
wer sie noch eins so grusz. Fischart bienenk. loo'; noch
eins so gut. Friedrich sauft. D2'; noch eins so frisch.
Simpl. K. 336 ; Joseph miiste dein alten seinen träum noch
eins erzehlen. Simpl. Joseph cap. 3 ;
ungebeten was mjn gihet.
wird noch eins so selir gcliebel. Butschkt kantl. 170;
der bl.itter srhmtick, der allgemach verfleugt,
entcheiiiet nun noch eins hu pr.-ichtig. Ukullincim 0«d. 48;
und aolte gleich der naid noch eins so hönisch xchreiben.
Lange Thinis u. Dämon 25;
der denkende künstler ist noch eins so viel werlh. LBsaiNO
2,117; in ihm erkannte sogleich der reclitsrhafne mann, waa
ihm da« Ihealer aocü eins >o tbeuer ni;uh<-n müsse. ft,370;
261
EINS — EINSACKEN
EINSÄEN — EINSAM
262
so schön, dasz vater Zeus für Ganvmed ihn hält,'
dasz Junons groszes aug noch eins so feurig spielet.
WlELA.ND 5, 192;
sie schien dadurch sogar noch eins so schön geworden.
Oberon 6, 28 ;
denn war er gleich auch an verstand
noch eins so reich. Gökimgk 1, 265;
wol ! der krieg hat euch unzugänglicher für kleine eindrücke
gemacht, aber das grosze greift noch eins so tief. Dyana-
sore 5, 293 ;
mir willkommen noch eins ! viel glucks, herr pfarrer von Seidorf.
Luise ausg. l. h. 95 ;
wol dem der ein tugendsam weib hat! des lebet er noch
eins so lange. Göthe 42, 17 (aus Sirach 26, 1). nd. gebraucht
man ens, ins wie das hd. gekürzte mal: kumm ens her!
komm mal her! komm eins her! Stieler 368. vgl. einst.
3) gleich dem einmal (sp. 232J verbindet sich auch eins mit
praeposilionen
a) auf eins, auf einmal :
herr, herr, wer wird vor dir in seinem thun bestehen ?
wir müssen allesamt auf eins zu scheitern gehen.
Flbmimg 25;
das zeichen ist nicht gut, in dem ich bin geboren,
weil Volk und reich und ich auf eins zu trümmern gehn. 115;
ein harter stürm, der guter und menschen auf eins in den
abgrund versenket. Butschky Patm. 713; wenn wir auf eins
seine personen nicht blosz sprechen sehen, sondern auch
hören, was sie sprechen. Lessing 6, 449 ;
so bleibt nichts übrig,
als fort auf eins mit lieb und eifersucht,
away ai once wiih love or jealousy. Othello 3, 3.
b) mit eins, mit einmal: du entgehest heute mit eins
allen nachstellungen. Lessiug 2, 137 ; lieber alles mit eins.
2, 149 ;
schon hielten wir
ihn für verloren, als aus rauch und flamme
mit eins er vor uns stand, im starken arm
empor sie tragend. 2, 195;
so hängt
sich freilich alles besser an. so lernt
mit eins die ganze seele. 2, 346;
unsere einbildungskraft musz alle gleich schnell überlaufen
können, um sich aus ihnen mit eins zusammenzusetzen,
was in der natur mit eins geschehen wird. 6,473; nun eben
wollte ich noch eine frage ihun ... als mit eins ein ritter,
das visier weder auf noch nieder geschoben , in den kampf-
platz gesprengt kömmt. 10, 233 ; mit eins erblickte ich ein
wunderschönes mädel, sauber wie milch und blut , das mit
zwei andern davon schlenderte, der arme mann im T. 278 ;
{die Originalurkunden zu einem freudenfeuer) alle mit eins
durch den Schornstein jagen. Lichtenberg 4,98;
und nie hat hvdraköpfger eigensinn
so bald den sitz verloren und mit eins,
so soon did loose his seat, and all at once. .
hing Henry v. 1,1.
c) nnter eins, zusammen, auf einmal: unter eins verkau-
fen, mit einander; wer sich staffelweise {aus seinen schulden)
herausschraubet, der nimt die angewohnheit der Sparsamkeit
an sich, und wird unter eins seinem gemüte und seinem
gute recht geschaffet. Butschky Patm. 344.
es ist klar, dasz die praepositionen besser zu einmal, worin
das subst. mal enthalten ist, passen, als zu eins, auf einst,
mit einst könnte niemand sagen, weil einst die bedeutung von
semel verloren hat.
EINSAAT, f. sementis, nnl. inzaat, der bedeutung nach
gleichviel mit aussaat, da das aus der hand, aus dem sack
gesäte zugleich in die erde gesät wird. vgl. einfall.
für ernte sowol wie für einsaat. Voss Aratos 266.
EINSÄCKELN, in den sdckel nehmen, zumal geld, oder auch
in den beutel. Frisch 2, 141' ; er säckelt gern ein, steckt gern
ein, ist geldgierig, diebisch; der klingelbeutel gebt in der
kircbe um und säckelt ein;
was unsern nfarr beirift, weil er von unserm paar
kein Iraugela eingesnckelt hatte,
auch über dies noch eine grosze laue
der strengen orthodoxen war,
so las er Nickel den planeten {das capitel).
Kl. Schiidt kom. dicht. 59.
EINSACKEN, nnl. inzakken, vgl. aufsacken.
1) tn den sack stecken , schütten, z. b. getraide einsacken,
sacken; sapperment, ich sackte ein, dasz es eine lust war.
WlELAKD 11, 213 ;
und hat nicht obren gnug, die lobsprüch einzusacken.
GÖNTHHR 409;
du hast so viel schon aufgepackt,
und doch nichts rechtes eingesackt. Göths 41,285;
in seiner kurzen amtsfübrung sackte er ohne schäm ein alle
rückständigen ehepfänder vom geringsten werth. J. P. Hesp.
2, 67.
2) im 15. 16. jh. oß für rauben, plündern, fr. saccager:
was sie an gelt, Silbergeschirr, hausrat, frucht und anderm
zu ros und wägen fortbringen können , alles eingesackt und
geraubt. Reinhard werth. ded. 1, 266. vgl. aussacken 1, 942.
3) sich einsacken, sich ins gewand, wie in einen sack
hüllen :
Diana sackt sich ein und Venus geht zu blosz. Opitz 2, 428,
nach dem ausonischen nee bis cincta Diana placet, nee nuda
Cythere; büszer sacken sich ein, stecken sich in grobe sacke;
vgl. Sackleinwand.
EINSÄEN, inserere, sementem feuere, was aussäen, nnl.
inzaaijen.
EI.SSAGE, /■. interpellatü), inlercessio, oblocutio, einrede, ein-
spruch, nd. insage, nnl. inzage: ob nun wol herzog Friedrich
viel einsagen eingewendet. Schweinichen 2, 45; wie nahe aber
auch die hoheit der consuln der königlichen stand, so war
doch wenigstens der patricische stand gegen misbrauch der
nemlichen macht viel besser gesichert, zuerst durch des
collegen einsage, dann durch die jährige dauer. Niebchr
1, 582 ; so war die einsage {der Iribunen) oft nötbig um einen
einzelnen der aushebung zu entziehen. 1,683.
EINSAGEN, obloqui, nnl. inzeggen: und das alles widef
das einsagen der jüden, die nicht wollen, das Maria ein
Jungfrau mutter sei. Luther 1,94*; und wa er mutwillig
die geschrieben recht bricht, so ist er ein tyran und man
solle im einsagen und in strafen. Agricola sprichw. 1548
s. 77. Fleming in den poet. wäldem irgendwo : jemanden
werthen dank einsagen für sagen, s. einreden.
EINSÄGEN, serra incidere, nnl. inzagen, dän. indsave :
eingesägte blocke; er schob das hölzerne gitterfenster zurück
und fand in dessen gleise seinen namenszug eingesägt. J. P.
Hesp. 1,95; er konnte heule mit dem finger ein groszes
kreuz in die luft einsägen. Fixlein 167.
EINSALBEN, inungere, dän. indsalve, einölen: dasz sie
vor ihrem ende noch oder vielleicht zu anzeigung desselben
eingesalbet worden, pol. colica 86 ; das haupt des königs
wird eingesalbt, gesalbt.
EINSALZEN, salire , nnl. inzouten, schw. insalta, dän.
indsalte : eingesalznes fleisch, eingesalzne fische, bei Fischart
Garg. 53' eingesalzte Ochsenzungen; man mueste ein rechter
eingesalzener kalbskopf sein, wenn mab sich den köstlichen
vorschlagen widersetzen wolle. Weise Jephtha l, 5 ; salzt das
getüch ein. Garg. 74' ; einander den speck dapfer einsalzen. 77'.
oft in den fastnachlsspielen :
das eingesetzt wer vund geknoten,
als der im ein bech darüber het gössen. 789, 7 ;
der Gerdraut einsalzen. 640;
darümb so musz ich sie einsalzen
hin pis nach der ösierlichen zeit. 640, 10;
darümb musz ich sie salzen ein
bis ir der oker wirt gehenket ein. 640,24;
' darümb ich sie einsalzen musz,
bis der dirn wirt des nachihungers pusz. 641,25;
so woll wir die jungen maid einsalzen,
die lieuer sein über pliben,
die man oft gen niarht hat iriben.
die musz wir sjizen in ein lunnen,
seit das in der man ist zurunnen. 722, 11—15.
vgl. einsulzen.
EINSAM, iolus, solilarius, dies schöne wort gebriekt der
alten spräche, goth. gilt daßr ainakls (5. einkel, einzel),
ahd. begegnet nur das subst. einsamina für unitas N. ps.
91,11; nnl. eenzam, schw. ensam, dän. ensom scheinen erst
von uns entliehen. Luther hat den ausdruck zwar verbreitet,
nicht aufgebracht, denn Diefenbach sammelt 54l' schon einige
frühere fälle, Frisics hat 1223 einsam, nach ihm Maaler lOO',
Dastpodius nicht.
1) wie in jin die Vorstellung der einheil und eintraehl liegt,
kommt auch einsam in diesem sinne, und verbunden mit einig
i'or: alle aufgericht zu lestern die einige, einsame christliche
warbeit Luther 3,285'; daher kein eergeiz oder sunderer
anmul bei in ist, sunder leben einsam und einig, on alle
entpörung oder zank. Frank wtllb. 235*;
17*
263
EINSAM
EINSAMEN — EINSASZE
264
einigkeii der eltero und kiiiil,
ein fried- und einsam hiiu.'^gcsind,
ein Triedsara freund- und nachburscbaR,
da wooet goti. Etbring 1, 713;
wer ehieut, die da zanken viel,
mit lügen einsam niacbun wil,
domit er sie mehr thui verhetzen. 2,402;
wenn sich nachbarn vertragen fein
und mit einander einsam sein. 3,210.
2) unus aber geht über in soliis, allein^ und einsam ist
alleinlebend, solilarius, von leiden und thieren: da ich solclis
höret, zureisz ich meine kleiden und meinen rock und reuft
mein heublhur und hart aus und sasz einsam. Esr. 9, 3. 4 ;
die für hunger und kumer einsam flohen in die einöde. Hiob
30.3; denn ich bin einsam und elend, jis. 25,16; ein got,
der den einsamen das haus vol kinder gibt. 68, 7 ; ich wache
und bin wie ein einsamer vogei auf dem dache. 102, 8 ; und
ist kein einsamer in seinen gezeiten. Es. 14,31; denn die
paiast werden verlassen sein und die menge in der stad ein-
sam sein. 32, 14 ; sihe ich war einsam gelassen, wo waren
denn diese? 49, 21 ; ich aber bin verlassen einsam. Baruch 4, 19 ;
und die edlen nicht kennen,
die so einsam hier unten sind. Klopstock 1,S1;
wäret ihr auch bei uns, die ihr mich ferne liebt,
in des Vaterlands schosz einsam von mir verstreut. 1,72;
ich allein musz einsam trauern. Schiller 61*;
einsam nähr ich meine wunde. Göthe 1,63;
doch musz ich hier gefangen sein
und musz mich einsam quälen. 1, 190;
wer einsam sitzt in seiner kammer
und schwere bittre ihränen weint. Novalis 2, 25;
und weilte in dem garten lieber,
als drauszen einsam und alleine
im hochbelaubien lindenhuine. Musabus kinderkl. 62;
einsam bin ich, nicht alleine,
denn es schwebt ja süsz und mild
um mich her im mondenscheine
dein geliebtes, theures bild.
P. A. Wolfs Preciosa 1823 s.91;
und inmitten dieser Sommernacht ein einsames kind, einsam
bis ins innerste mark. Bettine lageb. 49 ; und einsamer, wenn
du auf dem kalten erdboden fühlest, dasz dein herz an keine
brust anschlägt als nur an deine. J. P. TU. 2, 86.
3) hervorzuheben ist die bedeulung caelebs, viduus: die ein-
same, die nicht gebirt. Hiob 24, 21 ; du unfruchtbare, die du
nicht gebirest . . . jauchze die du nicht schwanger bist, denn
die einsame hat mehr kinder weder die den man hat, spricht
der herr. Es. 54, 1 ; das ist aber eine rechte widwe, die ein-
sam ist. 1 Tim. 5, 5 ;
gleichwie ein vogel cirrl,
wenn ihm sein ehgemahl vom gern ernaschet wird,
der stets sein einsam sein ruft aus auf allen bauen.
Fleüing 23.
vgl. ledig und einzeln.
4) einsam auf zustände und ürler angewandt bedeutet still,
geheim, öde: sihe die nacht niQsze einsam sein und kein
jauchzen drinne sein. Hiob 3, 7 ; denn der heuchler versam-
lung wird einsam bleiben. 15, 34 ; denn die feste stad musz
einsam werden {vereinsamen). Es. 27, 10 ; ein einsamer ort,
ein recht einsames (heimliches) plätzchen ;
wo seine fürsien wohnten,
nun einsam elend ist, ,
und räuberische flamme friszt
was geiz und pltinderung verschonten. Hz 1, 145;
bis er gerächt der Helena angst und einsaine seufzer,
riaaa&ai 'EXitnqi ogfirj/iaiä re arovaxäe re. //. 2, 690 ;
lasi mich, Johannes, ach lasz mich im einsaniea sterben!
Mesnias 6. 544 ;
kann er lachen, wenn seine Leonorc im einsamen weint?
Schiller 145*; alle verstolnen einsamen stunden. GOtiie
18,23; thaten dem einsamen stillen vergnügen eintrag. 18,32;
das Volk kennt nur die offene lafel der fürsten, aber nicht
ihre einsame unvcrdaulichkeit. J. F. herbslblumine 3, 183.
6) einsam, einzig, einzeln, vereinzelt: errette meine socie
vom §chwert, meine einsame von den hunden, LXX rrjv fiovo-
yev^ fiov, vulg. unicam mcam. pt. 22, 21. 35, 17 ; -
von einsamen lampen
halb durchdämmert. Jf ei«ias 6, 238 ;
10 schleicht umher das einsame gerQcht. STOLiKna 14.46;
jeder eigcnthümliche stii ist gut, so bald er ein einsamer
bleibt und kein allgemeiner wird. J. l'. grönl. pruc. ix ; die
sittliche, unsterbliche gestalt musz der mensch, wie gott den
Adam, aus seinem erdenkloMz mit einsamen kräften ausbilden.
aetth. 1, 104,
EINSAMEN, inserere, einsäen, einpflanzen : was die natur
für mark und kern der dinge bat unsern ädern eingesünit,
das tragen wir herbei. Louenst. Arm. 2, 867.
EINS.\MIG, unius grani.
EINSAMKEIT, f. nnl. eenzamheid, schw. ensamhet, dän.
censomhed.
1) früher unitas, cuncordia, comntunio : eheieute, so sich
in stäler einsamkeit des lebens zu betragen verglichen.
FisciiART ehz. 2.
2) solitudo:
wir füllen uns mit leerer einsamkeit. FLSiiKä 103;
niemand will ichs offenbaren
als der stummen einsamkeil. G6NTacji249;
wie manchmal mag der thninenwein
in einsamkeit dein labsal sein! 160;
wo mich die einsamkeit mit sorgen radebrecht. 1U99,
wenn ich aus diesen einsamkeiten
zu goltes schar hinüber geh. Klopstock 7, 294;
in die weh weit
aus der einsamkeit,
wo sinnen und safte stocken,
wollen sie dich locken. Göthr 12,83;
wandle zwischen freud und schmerz
in der einsamkeit. 1, 111 ;
wer sich der einsamkeit ergibt,
ach der ist bald allein. 18,219;
einsamkeit steckt in gcfahrlichkeit. Lehmann 188.
EINSAMLICH, solilarius: der ort ist sehr einsamlich, sel-
ten dasz ein hofbedienle quer durchläuft. Betti.ne br. 2, 19.
EINSAMMELN, colligere, nnl. inzamelen, sc/im», insamla,
dän. indsamle, holen, eintragen, einfiütren. die biencn sam-
meln honig von den blumen ein, die ameisen körner; sechs
jar soltu dein land beseen und seine fruchte einsamlen.
2 Mos. 23, 10 ; so wil ich ewrm lande regen geben zu seiner
zeit, frücregen und spatregen, das du einsamlest dein ge-
treide, deinen most und dein öle. 5Mos. 11, 14; du wirst viel
Samens ausfüren auf das feld und wenig einsammelen. 28, 38 ;
darumb so samlet ein den wein und feigen und ole. Jer.
40, 10 ; die zu seiner zeit den beinstein einsambieten. Micräliüs
1,27. geld, beitrage, stimmen, kenntnisse einsammeln;
zwar der kühne sänger (heldensänger)
sammelt lorbern ein. Lkssiiiig 1,40.
EINSAMMLER, m. collector: die einsamler der erdfrüchte.
ßuTSCHKY Palmos 737.
EINSAM.MLUNG, f.: das fest der einsamlung im ausgang
des jars. 2 Mos. 23, 26.
EINSAPPEN, subito captivum ducere, einwischen:
die Schergen oft ein buler erschnappen,
bei nacht mit ihm gen loch einsappen.
H. Sachs IV. 2, 120.
mhd. ist sappen erwischen, haschen, packen und gilt vom
baren :
da; in ein bSr sappcl Hklbli.ng 8,868;
so iuch die b€rn sappen! 13, 162.
vgl. Schmeller 3, 275.
EINSARGEN, loculo condere, sepelire. Stieler 1682 : deren
abgeleibten körper morgen in ihr zubereitetes truhkämmcriein
eingesarcht werden sol. Butschkv canzl. 905;
und er sieht die schönen glieder
eingesargt in einem schreine,
will hinzu, doch immer wieder
schwanken unter ihm die steine. Platkn 12';
langst eingesargte geschicchtcr wcrki it nu(. ixi';
sich so lebendig einzusargen
das Ist wahrhalitg auch kein spnv/.
KOTZBBUK litam. .v/>ii'ii' .), .>:t.
sehr oft figürlich bei J. Padl für eimchlieszen, einsperren :
ein lebendiger eingesargter staar. Tit. 2, 104 ; die Schnecke
surgle sich in ihr haus und bett mit geifer ein. uns. löge
2, 167 ; Victor sargte sich an jedem tage in sein zimincr ein.
Hesp. 2, 113 ; der namc wird in den thurinknopf eingesargt.
Fixl. 200; im frieden bewegen krüftc sich an krallen nur
höher, keine wird eingesargt, dämm. 63; sollte er aber mit
seinen fünf sinnen beträchtliche kenntnisse aus allen grenz
und hauplstäilten einfassen und einsargen, lil. nachl. 4, 167.
EINSASZE, ni. l) incola: dasz sich die Golhcn drinnen
mit der einsaszen volk gestärket haben. Micrälius 1, S6; soll-
ten sie uns auch durch einen hiihern sohl unser ausl.tn-
disches schifsvolk zu entziehen suchen, so würde es «■! iilnnn
sein, wenn wir und utisre einsaszen nicht hiiireiclitrn.
•chifTe zu besetzen und ihnen tu widerstehen. Jacoui-
265
EINSATZ — EINSAUGEN
EINSAUGEN — EINSCHANZEN
266
des Thucydides band 1 s. 131 ; dasz die alten bürger Ton den
einsaszen überwältigt und ennordet wurden. Niebuhr 1, 104.
2) der ziiiwierviann nenni so den balkeneinschnitt, in den
ein anderer gefügt tcird, tgl. gersasze.
EINSATZ, m. quod pouitur, iviponitur, nach den verschied-
nen bedeutungen des einsetzens,
1) der fische in den teich.
3) der pflanzen in das land.
3) der gewicbte, schachteln, topfe, schusseln, becher.
4) einsatz für die pferde: 'einsatz oder anstreich'. nim
guten Weinessig etc. knete es wol durcheinander und streich
solches dem gaul auf die nieren. Pister 415; so das pferd
laufen soll, so setz irae zu nachts darvor ein auf allen vieren
mit nachfolgendem einsatz, nimb foenum graecum etc. lasz
es wol sieden, das es dick werde, mach ime einen stand
darvon, das es mit allen vier füeszen die ganze nacht dar-
innen stehe. Secter 0 ; wenn du das ros von oberzelleu
beiden kelsuchten schon geärzneiet hast, so magst du ime
noch wol nachfolgender gestalt ein einsatz machen, nimb
scbifbech etc. darnach uberstreich im den köpf darmit. 36;
essich, meel, gepulverten Schwefel, daraus mach ein einsatz,
den schlag im umb den köpf. 3S ; mach einen einsatz nach
dem gemeinen gebrauch, darin lasz es (das pferd) drei tage
stehen. 336. vgl. einschlag 6.
5) einsatz in das spiel, in die wette, zum pfände, daher oß
hypolheca, uas man versetzt, verpfändet, z. h. frankf. reform.
111.12,8. geringer, hoher einsatz: der einsatz (die einlage)
beträgt durch alle kiassen zwanzig thaler.
6) einsatz, tcas einsetzung. institutio : sein ampt nach gött-
lichem einsatz verrichten. Hömgers narrensch. 269.
EINS.^TZBECHEH. wj.
EINSATZGEWICHT, n.
EINSATZHERR, m. exsecutor. Frisch 2,154'.
EINSATZSCHACHTEL, f.
EINSATZSCHCSSEL, f.
EINSATZTHÜR, f.
EINSATZL'NG, f. missio in possessionem, einsetzung: zu
des ächters gütern mit würklicher einsatzung und auch gänz-
licher Vollstreckung erlangter recht verholfen werden, erkl.
des landfr. von 1522. 21; einsatzung des abendmahls, im
16. 17 jh. oft für einsetzung.
EINSAUEN, maculare, besauen.
EINSÄUERN, fermentare, den teig, das brot einsäuern.
EINSALTEN, polare, in sich saufen, nnl. inzuipen, schw.
insupa: wir haben solchen giftigen hasz von jugent auf ein-
gesoffen. Ldther 8,76"; dasz du dich toll und voll einge-
soffen, ist sündlich. Albrecht fluchabc. s. 2S ;
sechs glas mit wein
sauf niichier ein,
das mag kopfweh Terireiben. Garg. 87*;
ein küDstler war nechst hier, der suf nur wasser ein,
gab wieder doch heraus gebrant und rothen wein.
LoGAü 2,104,32;
Porus suf für gute freunde mancherlei gesundheit ein.
3, 198, 39.
EINSAUGADER, f. was saugader.
EI.NSALGEN, insugere, nnl. inzuigen, schw. insuga, dän.
indsuge.
1) die erde saugt den regen, der schwamm das wasser, die
haut das öl ein.
2) mit mund, nase, ohr, äuge: den saft der traube; die
milch der mutier;
das frische nasz wird treulich eingesogen, üagedorm 2, 101;
die ersten Daschen wurden still von der gesellschaft einge-
sogen. J. P. «nj. /opel, 116; die kühle luft einsaugen, trinken;
die luft, die ich hier einsauge, ist für mich der Lethe. Klinger
2, 384 ; sog dieser blödsinnige fürst den weihrauch ein, den
ihm Österreich und Spanien streuten. Schiller 907;
ach, wie sie jedes wort aus meinem miind mit lusi
einsogen! Gott«» 2, 113;
Liane hatte jeden laut schmachtend eingesogen. J. P. Tit.
2, 235 ; die äugen saugen das licht ein.
3) figürlich,
wie gut das tadelkind die lehren eingesogen.
GÖRTaER 498;
argwöhn und stark eingesognen verdacht. Bctschkt Palm. 691 ;
seine aus der hatur eingesogenen grundsätze. Wiela.nd 7, 141 ;
doch sog ich an der besten mutler busen
bewuaderuDg des Schöpfers ein. Gottkr 1,1;
verirauen sog er nicht im kerker ein. Uhlakos Ermt s. 27.
4) sich einsaugen : der käfer saugt sich in die rose ein ;
erlaubt sogar dem furchtsam kühnen blick
sich, bienen gleich, in hals und busen einzusaugen.
WiKLA.ND.
EINSAUGEN, bibendum dare, praebere, saugen lassen: sie
ist seine mutter, sie hat ihn unter ihrem herzen getragen,
mit ihrer milch alle die adelichen lugenden ihm eingeseuget.
Bccu.NEBS /ros<sc/ir. lliHenft. 1644 s. 3 ; die arme mutter säugte
dem kind, das sie stillte, ihre krankbeit mit ein.
EINSÄUMEN, oram consuere, praetexere, ein kleid, ein tuch
einsäumen.
EINSÄUSELN, 1) Irans, sopire. 2) intrans. leniier slrepere.
EINSALSEN, 1) sopire, Stikler 1698:
nahm ein röbrlein wolgescbnitten,
spielei seiuen wässerlein,
sie zum schlafen th.it erbiueo,
wollt sie süszlich sausen ein. Spbe 226.
2) instrepere, sonare:
jeui, wo der wind in die glut einsauseie, siellt er den dreifusz
sami dem verschlossenen kessel. Luise 1, 266.
EINSCHABEN, carptim indere: käse einschaben.
EINSCHACHEHN, mercari, emere : alle kleider einschacbem.
EINSCHACHTELN, Capsula claudere: er, der ihnen sonst
nicht viel gegönnt hat, der sie geplagt, eingeschachteil gehal-
len jähre lang ! Kl. Schmidt kom. dicht. 321 ; jene crzählungen,
bei welchen eine begebenheit in die andere eingeschachtelt,
ein interesse durch das andere verdrängt wird. Göthe 15, 144 ;
3er freund, mit meinem söhne zugleich {in einer portchaise)
eingeschachtelt. 31, 110 ; und so geht ein närrisch mühsames
leben immerfort, wie das märchen der tausend und einen
nacht, wo sich eine fabel in die andere einschachtelt, av
Sc/ii//er 534.
EINSCHACHTELUNG, f. das System der einschachtelung
kommt uns begreiflich vor. Göthe 23, 269.
EINSCHACHTELUNGSLEHRE, f. wird freilich einem höher
gebildeten gar bald widerlich. Göthe 50, 64.
EINSCHACHTE.N, infodere. Stieler 1702.
EINSCHAFFEN, ingiynere, anerschaffen, praeL einschuf, nnl.
inscheppen: golt hab im anfang auch gold und silber in
kluft und geng und in llieszende wasser gesprochen und ein-
geschaffen. Mathesiüs 5*; vorm falle erkandt er {Adam) aus
eingeschafner weisheil aller thier,^ kreuter und creatur natur
und eigenschafl. 8'; obgleich dem gemüte sowol furcht als
hofnung und freude eingeschaffen ist. Bctschkv Palm. 862 ;
gott bat mir diesen trieb eingeschaffen. Stillisgs leben 105.
EINSCHAFFEN, afferre, herbeischaffen, hereinschaffen, praet.
einschafte: also auch den heiligen Chrysostomum, der bös-
lich zu Constantinopel vertrieben ward, hal der bapst wider
eingeschaft. Lcther 1, 157* ;
wil in sein sonst leeres sChifchen
den bailast vor schaffen ein. Logad 3, 171, 22.
EINSCHÄLEN, integere, mit einer schale oder decke ver-
sehen, verschalen, in Dinglers polytechn. joum. 6 jahrg. 1825
hep 5 ein aufsatz über schief stehende brücken und kanalge-
Kölbe, dann über das einschalen und wölben selbst.
EINSCHALIG, una testa Hiunilus: eiuschalige mnschel,
Schnecke.
EINSCHALTEN, inlerealare, einrücken: einen tag in der
Zeitrechnung einschalten; eine zeile einschalten;
der (knabe), eingeschaliet fröhlichen mädchenreihn.
Voss lloraz od. U. 5. 21
(quem si puellarum insereres choro);
zu dem ende licsz er pfble einrammeln und solche mit den
ranken aus dem weinberge durchflechten, auch zwischendurch
steine und ziegel mit einschalten. Heilmans Thueyd. 573 ; ein
seufzer mit bedacht eingeschaltet. Lichtenberg 3, 123.
EINSCHALTUNG, f. iutercalalio : wöchentlich kämmten zwar
bekehrte damen diese gefährlichen «inschaltungen (pferdehaare)
völlig heraus. J. P. teufelsp. 1, 93.
EINSCHALTUNGSWEISE, intercalatim : inquam pflegt nur
einschaltungsweise zu stehen. Grotefenos gr. tat. gramm.
1, 178 ; es kann hier nur cinschallungsweise berührt werden
J. P. Tit. 1, 186.
EINSCHANZEN, circumvallare :
jelzi schanzen wir uns ein.
ziehn wall und mawren für. Orirz 1, 50;
267 EINSCHARBEN— EINSCHENKEN
und als er endlich dies elvsitini gefunden,
dns rings umher mit wald und leisen eingeschanzt.
WlELAND.
EIMSCHARBEN, olus mimitim inscindere, vgl. Scharben,
Scharben und Sciim. 3, 397.
EINSCHÄRFEN, inculcare, scharf anempfehlen : da sie nicht
Tersüuinlen, den schauspielern oft den hauptpunct einzuschär-
fen, dasz es ihre pflichl sei, laut und vernehmlich zu spre-
chen. GöTUK 19, 188 ; Verminderung der bedürfnisse sollte wol
das sein, was man der Jugend durchaus einzuschärfen und
woiu man sie zu starken suchen sollte. Lichtenberg 1, 222 ;
dasz ich hier mich auf will werfen
dir die lehren einzuschärfen,
nimm auch das nicht allzu scharf. RCckrrt 230.
EINSCHÄRFER, m. er ist geselzerklärer und einschärfer.
Fichte frani. rev. 384.
EINSCHARREN, infodere: ein todtes thier einscharren ; es
gibt thiere, die das fleisch einscharren, das sie noch nicht
gefressen haben ; geld einscharren, sich einscharren in das
Stroh, in das bette, in die erde: der maulwurf scharrt sich
in die erde ein ; die frucht kann man in einen häufen waizen
einscharren. Tabernaemontanüs 860 ; mir fieng schon an, ehe
ich mich noch zu bette legte, etwas Übels zu träumen, doch,
da ich mich hineingelegt hatte, kam die princessin, schar-
rete sich bei mir ein und klagte mit weinenden äugen. Fel-
senb. 4,463; kurz, er lag fast die meiste zeit in seiner stroh-
bucht, bis ihn der hunger und durst plagte, da er denn
zuweilen aufstund, ein stück verschimmeltes brot abbrach,
ein wenig auf und abspazierte und sich endlich wieder ins
Stroh einscharrete. irrg. der liebe 194; der aber bedenken
trug sich in das bette einzuscharren. 212. s. verscharren,
zuscharren und hernach einscherren.
ELNSCHATTEN, inumbrare, beschatten: ich schaute furcht-
sam nur auf die eingeschlummerte, eingeschatlete erde nieder.
J. P. jubeisen. 199; die bände ausstreckend gegen den (von der
Sonnenfinsternis) eingeschatteten himmel. Fixl. 63.
E1.NSCHAU, f intuitus, inluitio, einblick: wlsMche inschowe.
pass. üf. 669, 27 ; freie, nebellose einschau in die natur; ein-
scbau in die Verhältnisse eines landes.
EINSCHAL'EN, intueri, inspicere, Steinbach 2, 392: die
tugend, deren mängel die Selbsterkenntnis uns nie hinreichend
einschauen läszt. Kant 5, 283 ;
wag in das heiligihum nicht tiefer einzuschauen.
Gotter 1, 145.
vgl. anschauen, durchschauen.
EINSCHAUFELN, pala indere, getraide einschaufeln; erde
einschaufeln ; einen todten einschaufeln, mit erde zudecken.
EINSCHAUKELN, oscillando sopire:
diese gondel verglich ich der sanft einschaukelnden wiege.
GöTiig 1, 350.
den luchbereilern heisxt aber ein tuch einschaukeln es schwingen
und falten.
EINSCHAUUNG, f was einschau: so wären sie es werlh,
wenn man ihnen nun nachsagte, nicht dasz sie sich blosz
von ihm verführen lassen, sondern dasz sie, bei eigener ein-
scbauung der handschrift, sich freierdings der nemlichen
oscitanz schuldig gemacht, die ich an Gultscheden bewun-
dere. Lessinc 10, 332.
EINSCHEIDEN, vagina eondere: in pappe eingescheidet zu
stecken. Wielano 21,256; blumen in ihren knospen einge-
scheidet, noch in der scheide haftend; in gichttaffent einge-
scheidet, eingehüllt; in ein Schlammbad eingescheidet. J. P.
Kampanerth. 50.
EINSCHEIN, m. splendor qui intrat : von der barmonie des
ganzen, von diesem cinklang, darf ich sagen einschein? Stol-
BERC 10, 284.
FIINSCHEI.NEN, illueere, nnl. inschijnen : der allmechtig
got wolle seine glorien in unsern herzen lassen einscheinen
und ausleuchten in die ganze weit, sendbrief Andr. von Carol-
iladl. Wttlenb. 1521, am ende; die sonne scheint ein, dringt
ins gemach ; wo die sonne einscbeinet, die fenster zumachen.
unterr. an hausmdgde t. 11.
EINSCHENK, m. pincertia, ein cinscbenk oder tischdiener
•ein, ad eyathof stare. Maai.er 126*.
^l\x< iii.\KKLICHT, monopodtus. .Stieleb 1786.
I K KN, infundcre, nnl. inschenken, ichv. inskäoka,
isk ' skanka i.
It wa*ser, weio, bier, milch einschenken, cingiesten. an
einigen orten heistt et auch ton der tiugmdcn mmUer, datt
EINSCHENKEN — EINSCHERZEN
268
sie dem kind schenke oder einschenke, becher, kannen, scha-
len aus feinem golde, da man mit einschenke. 2 Mos. 25, 29.
37, 16 ; du schenkest mir vol ein. ps. 23, 5 ; denn der herr
hat einen becher in der band und mit starken wein vol ein-
geschenkt. 75, 9; wo sind rote äugen? neralich wo man beim
wein ligt und konipt auszusaufen was eingeschenkt ist. spr.
Sal. 23,30; denn der herr hat euch einen geist des harten
Schlafs eingeschenkt. Es. 29, lO; wehe dir, der du deinem
nechsten einschenkest und mischest deinen grim darunter.
Habac. 3, 15 ; der wird von dem wein des zorns gottes trin-
ken, der eingeschenket und lauter ist. offenb. U, 10; und mit
welchem kelch sie euch eingeschenkt hat, schenket ir zwi-
veltig ein. 18,6; das hiesz 'einem gleich einschenken' es mit
gleichem vergelten. Wertheimer deduction 1, 262, vgl. einträn-
ken ; einschenken bis oben dasz die mucken darüber schwim-
men kunten. Phii.andeb 2, 212, vooiu man die anmerkung
weisth.2 vorr. iv halte;
dort ward das u-aubenblut aus kriigen eingeschenkt.
GÖNTaKR 6l3;
du schenkst den furchen ein,
damit die acker. wie sie sollen,
durchaus gewächsig sein. Opitz;
wir wollen nur auf freude denken,
nicht unterlassen einzuschenken,
bis dasz ihr trunken worden seid. 3, 17;
ein groszer becher wird Amorn und Cviheren
und Dindoneiien und ihren rauniinculis zu ehren
so oft geleert und wieder eingeschenkt,
bis endlich rausch und schlaf ihn zwingen aufzuhören.
Wikla.nd4, 157;
er schenkt, vermutlich sich besser zu fassen,
von perlendem vin de Brie ein mächtiges pasglas sich ein.
4, 176.
'er musz einschenken' will sagen schenke sein, dienen.
2) lauter einschenken, reinen wein einschenken heisU die
Wahrheit sagen, nicht verhelen: damit ich dir rein bier ein-
schenke, herz. H. Julius s. 53;
heiligsier vaier, es bleibt dabei,
dasz man ihn einschenk lautern wein. Atrkr 151*;
ich weisz auch eins das mir in meiner Jugend begegnet ist,
und das euch, ob ich gleich nur die reine Wahrheit dabei ein-
schenkte, wunderbarer vorkommen würde, als alle die eurigen
(abenteuer). Musaeus 5, 101; du kennst den mann, schenk mir
nur rein ein ! Klingers th. 3, 119.
3) einschenken ist aber auch, wie brauen, einrühren und
einmischen, böses und verderbliches bereiten, übel mitspielen,
in einem kirchenlied:
verderbte well, wie bittre gaben
schenkst du nicht unserin becher ein?;
ihn (ihnen) den Willkomm so einschenkt.
froschmeuseter III. 1, 16;
ich wüste aber wol, von wem mir solches eingeschenkt wäre
worden. Schweinichen 2,336; demnach der herr bauptmann
sich an dem vorgehenden, so mir eingeschenkt war, nicht
genügen liesz. 3,17t; weil ich mich im angesicht entfärbte,
gedachten sie, ich hätte einen vcrdrusz oder schämte mich,
weil mir der baur so artlich eingeschenkt. Simpl. K. 715;
vielleicht könnt ihr ihm, weil er ietzo nicht da ist, ein braves
einschenken, dasz er sich eine weile damit behelfen kan.
causenmacher 96; wir schenkten den streitenden tapfer ein
und schoneten ihr nicht. Pierol 2, 110. sich etwas einschen-
ken, sich etwas schlimmes holen, z. b. eine krankheit.
4) noch andere anwendungen : liesz auch nicht ab mit Wor-
ten und Schriften, schenkte mir so viel guter worl ein, ich
solle nur demüliglich schreiben. Luther 3,332';
edler Call! so glücklich dich
viele tausend llrennun preisen,
wenn du deinem Friederich
einschenkst aus dein nuell der weisen.
liOKi.NbK 1, 49;
das vergnügen wird dem menschen nur in tausend lillipuli-
schcn augenblicken eingeschenkt. J. I\ //«/). 1, 116.
5) beim ballsptel ist einem einschenken : den ball zum fort-
tchlagen in die höhe werfen.
EINSCHEREN, eine art holz zu verbinden, verscheren. Kar-
MARscH technol. wb. Wien 1837. 2, 203.
EINSCHFHREN, infodere, ist aus dem parlicip tu folgern:
die eingexrhorrcnen oder begrabenen ieiclien. Prabtorius well-
beschr. 1, 342.
EINSCHEUERN, in horreo reponere: getraide einscbcuem.
EINSCHERZEN, was einschmeicheln, wo ein beleg aus Gtrg.
iOi*.
269
EINSCHICHTEN — EINSCHIESZEN
EINS CHIESZEN — EINSCHLAFEN
270
EINSCHICHTEN, ordine digerere, einlegen, einschalten: wie
zitterten meine bände, als ich sie nun unbeschädigt in meine
Sammlung einschichten konnte. TbCnmels reise 6, 211 ; hier will
ich zum besten anderer geistlichen einige eitraseiten über die
falsche bauart der kirchen einschichten. J. P. uns. löge 3, 78.
EINSCHICHTIG, tcas eintragend, ledig, verwitwet, vgl. ein-
bändig, einschichtig, simples: ainschichtiger glaub. Berthold
VON Chiemsee 3, 8. jedem einschichtig in die obren gellen =s
eimetn. Leopbecbtisg Lechrain s. 90.
EINSCHICKEN, transmittere, einsenden, überschicken, nnl.
inschikken. Maaler 126' hat einschicken insinuare, was wol
sein soll sich in etwas schicken : ich lege hier zwei gedichte
bei, die gestern für den almanach eingeschickt worden sind.
Schiller an GOthe 325.
EINSCHICKLICH, congrttens, eonveniens. Stieler 1776.
EINSCHIEBEN, inlruderc, immittere, nnl. inschuiven, schw.
inskulTa.
1) in den mund schieben : dA si da; krftt bete in geschoben.
pass. K. 2S7, 34 ; ein art ist zu Straszburg von kleinen fisch-
lin, die heiszt man ungemengt fischlin, seind also klein, das
ein bawT etwan zweihundert auf einmal einseheubt {es steht
einscheibt) mit einem schniltlin brots. schimpf und ernst Ibbb
cap. 2S6, ohne iweifel lesen auch ältere ausg. so, die über-
haupt den Urtext verwischende von 1550 cap. 217 hat 'unge-
mengte oder ungminte vischlin' und ßr einseheubt 'isset';
er kann gut einschieben, tüchtig essen.
2) brot in den backofen einschieben ; das gezahlte geld (in
den beutet) einschieben, einstecken ; nit ein halbe taffete bändl
einschieben. Megerle Judas 1,283.284.
3) balken einschieben, tignum immittere: dasz fast nicht ein
balken vergessen war, wo er solte eingeschoben, wie er solle
bekleidet oder gemahlet, Vie er solte behobelt und beschnitzet
werden. Weise erzn. 3.
4) den riegel einschieben, vorschieben, eine leiste ein-
schieben, eingeschobne stellen.
5) leute in die reihe einschieben, unberechtigte zwischen
berechtigte: sind unfleiszige leute und untrewe diener oder
schieben die irigen ein. Mathesius 15l'; eingeschobne kinder,
liberi insitivi, verschieden von untergeschobnen;
was Ärgerst du dich über fnlscblich erhobne i
wo gab es denn nicht eingeschobne? Götue 2, 2G0.
6) sich einschieben: weil ein düstrer Zwischenraum sich
unsem hofnungen eingeschoben hatte. GötheIO, 89; sich als
mittelsperson zwischen widersprechende Charaktere einzuschie-
ben. TiECR 7,75; sich in eines freundschaft einschieben.
EINSCHIEBESSEN, n. Zwischengericht, entremet. J.P. Fixlein
154 und oß; Flachsenßngen, das alle deutschen kreise wie
ein einschiebessen durcbschieszet. jubeisen. 154.
EINSCHIEBEB, m. quod immitlitur: in der blendlaterne
steht das licht in einem drehbaren einschieber.
EINSCHIEBSEL, n. quod inserilur: man wird betrachtungen
dieser art meist wie einschiebsei ansehen. Kant 4, 102 ; die
geschichtserzählung, wie wir sie sorgfältig von allen einschieb-
sein getrennt haben. Göthe 6, 178 ; die Jferen kleider eines
menschen flöszen mir trauer ein, weil sie an das leiden er-
innern, die das arme einschiebsei darin musz ausgestanden
haben. J. P. uns. löge 2, 65 ; es sei ein glück für ihn, dasz die
fürstin das tolle einschiebsei der uhr gar nicht aufgestöbert
habe. Hesp. 3, 109.
EINSCHIEBUNG, f. willkürliche einschiebung (von begriffen
in eine schluszreihe). Kant 7, 372.
EINSCHIESZEN, nnl. inscbieten, schw. inskjuta, dän. in-
skyde.
1) Ir. brot einschieszen, einschieben, massam inferre fumo.
2) tr., lormentis disjicere, thor, mauer, sladt einschieszen :
drauf schickien wir ein irompeier nein,
ob sie Prag wollen geben ein
oder ob wirs sollen einschieszen*
GöoHi d. dicht. 1, 718'.
3) tr., bei den vebem, Irajicere, injicere, durchsdiieszen,
einweben, bei den buclibindem, papier einschieszen, mit papier
durchschieszen.
4) tr., geld einschieszen, tuppeditare: er half den dringend-
sten bedürfnissen durch ein paar millionen ab, die er aus
eigenem vermögen einschosz. Dahlmann franz. rev. 147.
5) tr., eine Ointe einschieszen, zum schieszen geschickt
machen, sich einschieszen, se exercere jaculando und dann
oft figürlich, sich einüben: in die correcturzeichen halt er
sich langst eingeschossen. J. P. ßcgelj. 4, 125 ; die letzten haben
sich auf gar nichts anders eingeschossen, teufelsp. 1, 58 ; ein
fremdes fach, in das er sich durch das vorige nicht im min-
desten eingeschossen, komet 3, 140.
6) intr. illabi, irrumpere, vergere, einsinken: und das ge-
schieht so lange, als durch menschen predigen die wort ge-
sagt werden, on mitwirken und innerlich einschieszen gottes.
LcTHER 1,26*. 3,8'; der eisenstein liegt meistens söhlig oder
flotzweis. an einigen orten findet man dennoch aber dasz er
einscllieszet und auf dem köpf stehet Cancri.hüs 6er(/ic«-ite46;
im ionern hier ein paradiesisch land,
da rase drauszen Qut bis auf zum rand.
und wie sie nascht gewaltsam einzuschieszen.
gemeindrang eilt die lücke zu verscblieszen. Göthk 41,321;
aus einer gesteinart, deren wände fast ganz perpendicular in
die erde einschieszen. 16, 247 ; die schiefe, gegen das land zu
einschieszende richtung {der felsen). 51, 156 ; ich nenne mit
fleisz weder die tage meiner reise noch das thor, wodurch
ich zu Hof einschosz. J. P. Hesp. 4, 167.
7) intr. labi, eingehen, mager werden: er schieszt ja über
sein lamentieren ein wie soldatentuch. J. P. Tit. 1, 176.
8) furcht, abscheu, ekel schieszt mir ein, ich werde davon
ergriffen: mir ist solche forcht von iretwegen ingeschossen,
das alles mein geblüt sich gegen inen entsetzt, ylimon Dl';
auch sie werden den tod nicht unter einem bilde vorgestellt
haben, bei welchem einem jeden unvenneidlich alle die ekeln
begriffe von moder und Verwesung einschieszen. Lessing 8,250.
EINSCHIFFEN, nnl. inschepen, schw. inskeppa, dän. ind-
skibe.
1) tr. imponere in naves : waaren, leute, Soldaten einschiffen.
2) sich einschiffen, conscendere navem: sich auf ein meer
einschiffen. Klinger 9,54. mhd. sagte man anschiffen:
ze Misenburc der riehen da scbiflen sie sich an.
Nib. 1317, 1.
3) tn(r. einschiffen, liart^ intrare: in den hafen ein-
schiffen.
EINSCHIFSMOBGEN, m.:
reisefreuden während, wie des einschifsmorgens,
wie der ersten hoben sterneDnächte. Götuk 2, 75.
wenn keine kürzung aus einschiffens würde einschifs auf ein
nomen einschif, ingressus in navem führen, das sonst nicht
vorkommt.
EINSCHIFFUNG, f. impositio, eonscensio in navem.
EINSCHIFFUNGSORT, m. EINSCHIFFUNGSZEIT, f.
EINSCHILDIG, gregarius, gemeiner, schlechter soldat, mhd.
^inschilt riter. Helbl. 2, 282. 347. 579. 585. Karlmeinet 57, 62.
noch in den vocabularien bei Diefenbach 269. s. einspännig.
EINSCHI.NDELN, scandula contegere: und ihr werdet zwi-
schen euren eigenen breitem eingeschachtelt und eingeschin-
delt. Hebels hausfr. 183.
EINSCHIRREN, trie anschirren, jumen/aparare; eingschirren
und die ros in karren stellen, rhedam equis jüngere. Maaler
124'. figürlich, wie alle . . . ein postzug um den andern nach
dem hof- und adreskalender an die Spieltische eingeschirret
wurden. J. P. Hesp. 2, 172.
EINSCHLACHTEN, mactare ad domesticum usum : einen
ochsen, gänse einschlachten ; ich habe viel eingeschlachtet
zum heuligen tage. Arnim schaub. 2, 66. einen verwandten ins
haus nehmen, um ihn zu beerben, einzuschlachten, Schweiz.
einzumetzgen. den feind einschlachten, zusammenhauen. Stik-
LER 180L
EINSCHLAF, m. somnus: er wachte nach meinem einschlaf
noch zwei stunden. Hippel lebensl. 2, 138.
EINSCHLÄF, m, tvdlenkleid: den kranken ihre bette, den
todten ihren cinschläf rauben, franz. Simpl. 1, 539.
EINSCHLAFEN, obdormiscere, nnl. inslapen, vgl. entschlafen.
1) somnum capere: und er schlief wieder ein und im treu-
met abermal. 1 Mos. 41, 5 ; wie er aber über disen gedankea
einschlefL Mathesius 80';
denn betend steht sie auf und singend schläft sie ein.
GiLLciiT 1,65;
in den gedanken schlief ich ein. 1,214;
0 wegen der gefabr schlaf immer ruhig ein. S, S3i ;
es lächelt der see, er ladet zum bade,
der knabe schlier ein am grünen gesiade. Schrli* 516*.
über dem lesen einschlafen.
%) mori: und im herrn drüber einschlafen. Mathcsiiis 6';
ist er daselbst im 92 jähr seines allers selig eingeschlafen.
MicRALius 2, 284 ; von gott erbitten ein sanftes einschlafen
mit Slephanu. BuTSCHki I'atmos 43;
27 1 EINSCHLÄFEN — EINSCHLÄFERUNG
EINSCHLÄFERUNÜSMITTEL — EINSCHLAG 272
hier ruht l.al.-i);e, die schöne.
Triih cniiüilet von dem kiimmcr
dieser waiirahrt schlier sie ein. Gottkr 1, 105.
3) lorpere: die fQsze schliefen ihm ein; der arm ist mir
eingeschlafen.
1) figürlich,
und in der weite
schlnn nach und nach
der felsenhach
und das gelnute
der herden ein. Gökingk 1, 175;
die eingcschiafne räche. GorrER 2,3; nun ist die natur in
ihrem herzen eingeschlafen. 3, 83 ; auch wahrheilen schlafen
ein und wollen zu Zeiten wieder aufgeweckt sein. Klinger
11, 336 ;
weh! vom arm des Talschen nfanns umwunden
schlief Luisens lugend ein. Schiller 5*';
wie eine biene, in eine eingeschlafene tulpe eingeschlossen.
J. P. Hesp. 1, 121 ; dasz aufgewachte Völker in einem jähre
mehr historischen stof und folglich mehr historiker erzeugen,
als ein eingeschlafcnes Afrika in einem Jahrhundert. 2,222;
ja, du gute, so musten ja im köpfe mit wünschen und mit
sorgen, im kranken lechzen nach der geliebten seele alle
deine freuden einschlafen. 3, 100 ; die nach langem einschlä-
fern eingeschlafene Nikolais bibliothek. Levana vorr.ym; die
Sache ist eingeschlafen, ruht, wird nicht weiter verhandelt.
EINSCHLÄFEN, sopire:
so wird dein edler muth
doch nie nicht eingeschinft. Opitz 2, 20;
wie ein süszer wein,
der uns erquickt und schlaTt die sinnen ein. 3, 23;
so wann ein guter arzt bis an das fleisch will schneiden,
schlärt er den kranken ein. 3,215;
die schöne nachtigal
fleugt über seinen köpf, verfährt (l. verliiliri) so manchen schal
und schläft den milden ein. I-'i-kiiing 73;
hunger haben, miide sein
würzt die speise, schläft wol ein. Logaü 3, 93, 89;
kraft welcher ringe Timolaus jederman einschlafen und alle
Schlösser öfnen wolle. Lohenst. Arm. 1, 99 ; dasz sie sich
von den herschcnssüchtigen Römern nicht einzuschlafen, son-
dern des Drusus sieghaften waffen zu widersetzen ursach hin-
ten. 1,328; der scepler und die einschläfende rute (sovmifera
virga) zeigeten auf den Mercurius. Argenis 1, 425 ; in das ein-
geschlüfle gewissen Sauls donnert der heir mit dieser gewal-
tigen himmelslimme Saul, Saul, was verfolgest du mich?
Otho 1170;
stärkt der schönen dulderin
matt schlagend herz, und schläft den äuszern sinn
unmerklich ein. Wikland.
heilte veraltet und dem einschläfern gewichen.
ELNSCHL.\FEKER, m. sopilor, der einen in schlaf bringt.
WlELASD 8, 348.
EINSCHLÄFERIG, wie einmännisch, von einem bett, das
nur einen faszt.
EINSCHLÄFERN, sopire: das kind einschläfern; einschlä-
fernde musik; wenn der tod heran kommt und uns einschlä-
fert, pers. baumg. 9, 5 ; die heuligen einwohner dieses landes
sind in der faulheit eingeschläfert. Winkelhann 3, 51 ;
er lag
schon tief in seiner wollust blumenihal,
und schlaTerie nur sich mehr durch diese gründe
zum tod ein. Klopstock 9, 132;
darft ich sie denn nicht mit einschläfern helfen? 8,124;
und jetzt, nachdem ein wundcr^verk des himmcls
bis heule mein geheimnis hat beschiiizt,
des argwohns hello blicke eingeschläfert. Schillrr 359';
zeit und einsamkeit, die unsere cmpfindungen einschläfern.
Gotter 3, 10; deine eingeschläferte lugend soll erwachen.
Klincer 6, 60 ; die heidnische inusik wurde in den gotles-
dienst aufgenommen, um die phanlasie und die sinne zu he-
•chäftigen, während man den verstand absichtlich einschlä-
ferte. Scni.osiHii ireltg. 4, 560.
EINSCHLAKKIIN, was einschläferig: einichlüfemcg bett.
EINSCHLÄFEHLNG, f.
wvichcr umsonst elnschlfifhingen ihm und Seligkeit luningi.
ilciftitu 12, 32;
tu gesunder einsrhläfrrung seiner niajesläl wird jemand im
kOnigreirh nufgesiirlit, ihm die getrhirlile seines landes vor-
zutragen, und dieser findet sich in der person des Danisch-
mende. Göthe 33, 55.
EINSCHLÄFERUNGSMITTEL, n. Wiei.and 15, 66.
EINSCHLAG, m. nnl. inslag, schw. inslag, ddn. indslag,
nach den bedeulungen des einsqhlagens.
1) des blitzes:
behüte stadt und dorf vor einschlag und vor brand !
Erfurt und die ZÄUNKMAMNIN von P. Cassel s. CI.
2) des regens und schnees durch das dach.
3) den Webern heiszt einschlag der in den anfzug einge-
schossene, eingeworfene faden, nd. inslag, inschlagg (Stürejc-
BDRG 95*), nnl. inslag (3 Afos. 13,48 inslach):
fest am bäum ist die web, und der rohrkamm scheidet den
aufzug,
mitten hindurch wird geschossen mit spitzigem 'schiflein der
einschlag
aus der entwickelnden band. Voss Ovid nr. 26, 52;
der ewigen wcberin meistcrstück.
sie hals von ewigkeil angezettelt,
damit der ewige meisiermann
getrost den einschlag werfen kann. Götur 3,100. 50,58;
wenn Adlcrkant (?ad/er Kant) in sein gcspräch, was gut
und edel ist, mit feinem einschlag webte. Gökingk 2, 177 ;
jener Sinnenreiz, von welchem man behauptet, dasz er ge-
wissermaszcn den einschlag unsers lebens ausmacht. Tiece
not'. 6, 80.
den grnnd des gewcbes, der tela, bildet der aufzug, aufschlag
oder Zettel, lal. stamen, wofür man auch werft, wurf, kette
sagt, in den aufzug wird nun der einschlag, lat. subtegmen,
siibtemen quer eingeworfen, mit andern ausdrücken der ein«-
trag, einwurf, einschusz. Conrad von Würzburc setzt da; warf
stamen, und wevel subtegmen {tr. kr. 25639. 31539. 33862).
dieser einschlag bewährt die eigentliche kunst und das ge-
schick des webenden, tuch tind zeugmacher stritten sich ehmals
um den rechts oder links einschlag.
4) einschlag des kleides, sinuata, replicata pars vestis, ein-
schlag, umbiegen beim nähen.
b) einschlag des weins, medicamen vini, was in den wein
gehängt wird, um ihm färbe und geschmack zu geben, gewöhn-
lich linnene oder papierene, mit schwefel überzogne streifen :
mir schmeckt der klare safl, mir schmeckt das reine nasz,
das ohne kcller frisch, das gut bleibt ohne fasz,
drum nicht die nymphen crsi mit Ceres dürfen kämpfen
wer meister drüber sei, das nichts bedarf zum dämpfen,
weils keinen schwefcirauch noch sonsten einschlag hat.
LOGAU 1, 51;
das gerslenbrot ist sehr gut, wann ein wein uberschwefelt
ist und nach dem einschlag stinket. Tabernaemontanüs ä. 783;
weineinschlag, condimentum vini sulphuratum. Stieler 1821.
nah damit berührt sich
6) einschlag für salbe: nimb hauswurz und abermals des
obgenanten schmeers und mach ein einschlag daraus. Sedtkr
336; mache ihme (dem ros) ein einsciilag mit salz und eiern
und schlag ihm denselben warm ein. Tabernaem. 5S7; allerlei
einschlage und anstrich {salben, die man den pferden in die
hufe streicht, um frühe ermüdung zu verhüten oder um den
huf zu härten). Hohberg 2, 193'.'; einschlag der pferde, cnta-
plasma ßmarium equorum. Stieler 1821; darzu gosz er was-
ser, rührte es weidlich untereinander, gab ihm darnacii mit
einem nossel brantewein den einschlag. Weise erzn. iKi. rql.
einsalz 4, einschlagen 5 «nd Umschlag.
7) einschlag des nageis in das holz, oder leder.
8) einschlag eines briefes in den andern, eines hefls : wahr-
scheinlich hat Unger sie nach seiner löblichen gewohnheit
durch einschlag geschickt und sie liegen ich weisz nicht wo.
Göthe an Schiller 222; fahren sie fort mir von zeit zu zeit
unter Collas einschlag zu schreiben. 357.
9) einschlag der band in die andere, handschlag. da man
vertrage und gelübde durch handschlag festigte {RA. 605), so
könnte einschlag frühe schon den sinn von einigung oder ge-
löhnis erhallen haben. Eckhaht 73, 3« von der bereilsrhafl des
sündigen menschen 'ze der einunge und ze der gltrheil' redend
fuhrt 74,3 fort: als vil er sich gelidigel ht''l mit guoten wer-
ken die wile er in tolsünden was, als verre tuol er einen
gellfhen Inslac mit gole sich ze vereinende, oder kal man
insinr hier bind für neigung, streben, annitherung. einschlagen
nach etner seile hin sn nehmen ? Sl^ vergi/,<et lier sines Vor-
wurfes nM\ deine lilA7,en tnslage gotitcher inwirkunge. mysl.
1, 225, 27. dies ist das lütestt vorkommen unseres «orls.
10) im 17. 18 jh. erscheint einschlag oß in der bedeulung
273
EINSCHLAG — EINSCHLAGEN
EINSCHLAGEN
274
von anschlag, consilium, machinae: er gab den hauptleuten
hin und her guten einschlag, kriegsrälh und lehr. Jac. Vogel
ungr. schlackt. Jena 1627 p. 31 ; unmüglicLe und also thürichte
einschlage. Philander 2, SSO; sie gab ihnen auch zu dessen
glücklicher behandiung einschlag. Lohenst. Arm. 2, 1334 ; gab
des Conons weib ihrem mann den einschlag. zeilvertreiber
s. 9; Honorius verrichtete die sentenz und gab zugleich denen
Mailändern einschlage, dasz sie den kaiserlichen befehlen wider-
stunden. Hahs 4, 13S ; es wird der frau Olympia an gnlen
einschlagen nicht ermangeln, irrg. der liebe 2ö9; worauf sie
ihm den einschlag gab bei ihrem vetter zu hören «. s. w. 406 ;
die grösze unserer liebe bewog uns nun, dem erhaltenen ein-
schlage feierlichst nachzukommen. Leipz. arantnrier 2, 122;
so redete Amalia damals und machte mir allerhand einschlage,
dasz ich sie entführen und mich mit ihr in geheim trauen
lassen solle. 2,160; er gab mir verschiedene einschlage, die
aber alle auf wind hinausliefen, der reisende avant. Bremen
1745 i. 125.
11) einschlag, grübe, furche: ein neuwer einschlag, ein
furhen oder lange grub, weinrüben oder böum zu pflanzen
gemacht, sulcus. Maaier 126'. in seifenwerken, gruben, die
zinnslein unter dammerde liegen haben.
12) Keidmdnnisch, was dem hirsch vom erdboden in den
scJialen hängen bleibt.
13) forstmännisch, ein in Schonung und ruhestand gesetztes
Waldrevier.
141 die gebiUir 'woßr die aufläder die frachtslücien in die
niederlage der empfänger schaffen viüssen.' Leipziger außäder-
ordnung s. 7.
EINSCHL.\GEGäR.N, n. •• der sträng des einschlagegaros.
GöTHE 23, 64.
EINSCHLAGEMESSER, n. culter plicatilis, taschenmesser,
dessen klinge sich einschlägt ; oder etwa nach einschlagen an-
ders zu erklären ?
EINSCHLAGEN, nnl. inslaan, schw. inslä, dän. indslaa,
überall mit dem organischen slaan, slä, slaa, wie es golh. ahd.
slbhan, mhd. slahen, sldn entspricht, nur bei Keisersberg,
Dasypodics, Fbisiüs, Maaler ist noch einschlahen, inschlahen,
später allmälich einschlagen geschrieben, alle bedeutungen des
schlagens, folglich des einschlagens gehn von einer bewegung der
hände oder füsze aus und werden dann weiter erstreckt, dem
einschlagen steht das ausschlagen oft gegenüber oder zur seile.
1) der blitz schlägt ein in einen bäum, in ein haus, man
dachte sich den blitzstrahl in gotles band, die ihn schleudert
und sl. Perun steht nebrn prati, ferire. das unpersönliche es
schlägt ein, hat eingeschlagen weist zurück auf persönliches
gott schlägt mit seinem strahle ein. o/I in flächen: da
schlage das weiter ein ! da soll ja das donnerwetter einschla-
gen! oder elliptisch nur: welter! blitz! figürlich,
will auf wiir!
bijiz auf bliiz.'
schlag auf schlag!
, obs auch einschlagen mag? Giürv im rassischen
musenalm. ton 179S s. SO;
ihrer mgend blitz und schein
schinget uosern .sinnen ein,
reizt uns hände, reizt uns selten. Simon Dach T';
wenn Ich roll giieien gsellen ee zum weine,
mit schwerem herzen ge Ich haini.
das weuer schlecht oft eine (d. i. die frau zürnt).
meistertieder hl. 23 n.89;
der zweite beisze schmerz schlug vom himmel in sein leben
ein. J. P. Tit. 3, 178. nah lag es seit erfindung der geschülze
XU sagen: die bomben, kugeln schlagen ein.
2) auch regen und schnee rühren vom golt her, hinter dem
unpersönlichen pluit, ningit liegt Jupiter, der regen und schnee
schlägt durch das dach, durch die fenstemtzen ein. die flamme
schlug in das haus ein; wenn die flammen nicht gerichts
empor steigen, sondern sich gebreitet dem lande einschlagen.
Opitz 1, 34. erst schlägt die flamme ein und hernach wieder aus.
3) der raubvogel schlägt mit den klauen ein m das wild,
schlägt seine klauen ein ; um seine herschsüchtigen klauen
nachher desto sichrer einschlagen zu können. Gütbe an
Sehiller 222.
4) der bergmann schlägt mit der haue ein in den grund,
schlägt seine haue ein: ein bergwerk anfahen und inslain.
«eisth. 2, 796 ; und wo die Aserischen (rom stamm Äser) gehen
oder schürfen und einschlagen, werden sie eisenstein und
kupfererz treffen. Matuesids 2'; bei bergleuten, denen ein-
schlagen zntreglichcr ist denn umbschlagen. 23"; ja öfters,
III.
obgleich der erforsch^r eine dreifach zusammengewundne ruthe
hält, (die) im abgehen sich zerdrahet, so schlieszen sie, da
müsse metall verdeckt liegen, schlagen sofort ein. schürfen
und fahren fort, es gehe nun die Witterung oder nicht. Ettners
unw. doct. 3 ; der bergmann ficng an den landmann zu be-
lehren, dasz er recht habe hier einzuschlagen. Güthe 18,14S;
liesz sich ruhig in den Schacht seines eignen blumenslrauszes
einschlagen. J. P. Hesp. 1, 166. hierher läszl sich wol eine stelle
nehmen, wo der vater seinem unlhdtigen, verschwenderischen
söhn vorhält:
ich aber bab bei meineo tagen
die sach an örtern eingeschlagen,
ich wer sonst zu der hab nii liurameD.
H. Sachs 1,226'.
doch s. 'zu den orten einschlagen' unter 26.
5) einschlagen mit der band in des andern hand, seine
hand einschlagen, zeichen des Willkommens und begegnens, vor
allem des abgeschlossenen handeis : einschlahen, verheiszen,
die hend bieten, dare dexteras.^ Maaler 126'; du hasls ihm
verheiszen an gottes statt, mit eingeschlagener hand, du
wollests hinfüro nimmer thun. Albrecbt ßuchabc. 18 ; schlag
ein, wenn du willst ! ;
will du das thun, so schlag mirs ein! H. Sachs III. 3,12;
gesagt, gethan, Luciane schlug ein. Götbe17, 257; topp, herr
bruder! sagte er, indem er mir die hand hinreichte, in die
ich wacker einschlug, komme er meinem mädel nicht zu nah.
25, 352 ;
irgend ein jüngling besitzt dies herz, und die wackere band hat
eingeschlagen und schon dem glücklichen treue versprochen.
40, 301.
tgl. handscblag.
6) fallsüchtige schlagen den daumen ein in die hand, so
dasz er ihnen mnsz ausgebrochen werden (2,948): zwei jung-
fern, die zu gewisser zeit niedergefallen ... die daumen ein-
geschlagen haben. Ett.ners hebamme 212 ; die ärmlein liegen
ausgestreckt oder gekrümmt, die händlein sind mit eingeschlag-
nen daumen feste zu. S5l.
7) was sagt aber einschlagen aus in folgender stelle, wo
vom anrichten, auftragen der speisen die rede ist?
(speisemeUter.) 'laszi scblahen ein, werft teller auf!
borst nicht? geh fort, und darnach sauf.
[minifier 1.) 'ihr herrn, nu wollet scblahen ein,
nu huit herumb, werfls all herein!'
(weil man einscblechi und wider essen bringt, mag man
pfeifen lassen).
Rebhum hochzeit zu Cana 1546 act 4 sc. 5.
meint es das hereinreichen der speisen aus der küche in den
Speisesaal? oder das aufdecken, aufschlagen der tisctitücher?
vgl. unter S und 19.20. huit herum! ist ein ausruf, gleich-
sam pl. von hui, hoi ! man sagte auch das essen aufschlagen
für anrichten (I, 952).
8) dem pferde einschlagen, es schmieren oder salben, wie
auch salben in der allen spräche einen dat. bei sich hat (gramm.
(4, 693), an sich bezeichnet hier einschlagen das winden der
salbe in ein tuch, das umschlagen: und alle abend schlag
ibrae {dem pferd) ein mit kühkot und wasch ihm die bein
mit Spülwasser. Secter 9 ; darmit schmier dem pferd das
geuder wol, so nnrds lind, schlag ihm ein mit roszürch (Schm.
4, 285) und Schmer an einander gemacht, das zeucht ihm das
verböllen aus. 9; man darf den türkischen rossen, waferr sie
auf recht türkisch beschlagen, nimmer einschlagen, und wer
sie lang gut behalten wil, der habe fleisz, das sie alle zeit
auf gfit recht türkisch beschlagen werden. 13; schlugen ihnen
mit kulimist ein und salbten die huf mit gi°iten homsalben.
93; nimm wullkraut, zerknitschs zwischen zween steinen und
Schlags dem pferd ein. Tabersaemom. 958; künig Dejotarus
schlägt den pferden ein oder bind den geiszen den hinkenden
elenbogen. Fischart Garg. 185*. s. einschlag 6.
9) mit dem fuder einschlagen ins «asser, das nider ein-
schlagen, rudern, auch das rüder schlägt ein, plätschert : der
Jüngling sang in die einschlagenden rüder. Klincer 10, 127 ;
der boden, von dem fusze der schlanken tänzerinnen nach
fröhlichem, einschlagendem tacte berührt. 10, 27.
10) der hahn schlägt ein, beim losdrücken der büehse, des
gewehrt :
jenem schlug der hau nii ein. Hacpt 3, 350,
es gieng nicht los.
11) es schlägt ein, gleichsam in seine art oder schlägt wur-
xel ein, wächst, gedeiht, geräth, nahverwandt mit anschlagen 3,
ausschlagen 4, irie sich anschlag mit einschlag 10 berührt,
IS
275
EINSCHLAGEN
ralh mit geralhcn : liaber and gerste schlugen heuer nicht ein,
gcriethen nicht; das kind schlägt gut ein, gedeiht; welche
kunst noch heutzutag die hauren, wann sie einschlüge, sich
ireflich zu nutz machen und viel heu und fultcr darhei er-
sparen würden. Sitnpl. K. 37 ; ein kaufmann, dem seine han-
delsspeculalionen gut einschlagen. Kant 6, 208 ; die sorgrai-
ligc aussonderung der ausartenden geburlen von den ein-
schlagenden. 10, 27 ; die Witterungen wollen nicht mehr ein-
schlagen. 9, 4 ; ich kann ihm eine (Schauspielerin) empfehlen,
die gewis einschlagen wird. Lessing 12, 183 ; wer darf sagen,
dasz er an der freude verzweifle, solange noch arbeiten lohnen
und hofnungen einschlagen? Sciiii.i.er 310* ; besonders da
Tischbein nicht so einschlug, wie ich holte. Güthe 29, 106 ;
noch in meinem leben ist mirs nicht gelungen einem guten
freunde was zu gut zu thun, allemal wenn mir etwas ein-
schlug und ich glaubte ihn glücklich zu machen, so ward
mir der ausgang vergiftet. Lenz 1, 122 ; dem viehe schlagen
daher so viele menschliche handlungen augenscheinlich besser
ein. J. P. teufelsp. 1, 65.
12) einschlagen, vieh in die weide und mast einschlagen.
SciiMELLER 3,439; Schweine einschlugen, in die mast treiben,
einlhun, vgl. das ausschlagen, aufthun der stut 1, 952. weid-
männisch, hunde einschlagen, sie zu einem ins futler geben,
der sie unterhalten musi, vgl. RA. 352. bienen einschlagen,
ihren schwärm in den korb bringen.
13) einschlagen, einfriedigen , einen zäun oder hag darum
machen, praelendere sepem segeli, den samen einschlahen.
Maaler126'; es muste allerhand milch und werkgeschirr ge-
kauft werden, und da man viel weide zu wiesen einschlug,
auch heu und stroh, um mehr mist zu machen, der arme
vtann im T. 15.
M) getreidc einschlagen, in sacke einmessen, fleisch in
fässer, tonnen einschlagen, zur aufbewahrung ; vor Zeiten hat
man gepflegt die «bgestorbene beiden in fasser einzuschlagen.
Garg. 32* ; in kindermärchen werden misselhäter in fässer ein-
geschlagen bergab gerollt, vgl. 20.
151 häuser, wände einschlagen, niederbrechen; thüren und
fenster einschlagen ; dem fasz den boden einschlagen, gleich-
viel mit ausschlagen, der hagel schlug die Scheiben ein ; er
schlug sich den köpf an der wand ein; einem arm, bein,
Zähne einschlagen, der eingeschlagne zahn fällt in den mund
hinein, der ausgeschlagne aus ihm heraus, einem die nase
einschlagen hiesz einen platt setzen. Licutenbehc 5, 268.
16) cier einschlagen, in den teig, in die briihc schlagen.
17) impingere, einen nagel, haken in den bäum, an den
pfostcn «1(7 dem hammcr einschlagen, einen pfal in die erde.
18) trajicere, einschlagen, den einschlag in den zellel wer-
fen, s. einschlag 3: jener höchsten Weisheit, die alle gestal-
ten annimmt, und auch das, was uns thüricht scheint, auf
ihren webestul einschlagen kann. Tieck ges. nov. 7, 341.
19) implicare, beim nähen einschlagen, um%chlagen; ein
kleid einschlagen, fälteln, ein blatt des buchs beim lesen
einschlagen, zum zeichen, kuchen in papier, in ein tuch
einschlagen, guter einschlagen, mit stricken umwickeln, wenn
sie ins vtagnzin aufgewunden werden, vtygl. einschlag 14.
20) involvere, wurzeln ausgehobner bäume, ausgesetzter pflan-
zen einschlagen, mit frischer erde bedecken; den wein, die
rehen einschlagen, viles legere; ruhen einschlagen, in den sand
zum aupiewahren. hierher könnte auch das einschlagen kran-
ker glieder unter 8 gezogen, werden.
21) einen brief, ein buch einschlagen, epislolam inclusam
mtltere. s. einschlag S.
22) einen weg, den rechten oder falschen, einschlagen, in-
greäi: den weg der gute einschlagen, den gütlichen weg nicllt
einschlagen. Haltaus 300; indessen glaube ich doch eben da-
durch, dasz ich nicht sofort den gcwöhnli«listen weg einge-
schlagen bin, manches auf eine neue art gewandt zu haben.
MiisER 6, VII ; man muste also allerhand scharen von knechten
errichten und den weg einschlagen, worauf man nachgrhends
zu den stehenden beeren gekoiiiiuen ist. 6, xiv; indem sie
einen der güngu einschlugen, die zu dem tempel führten.
WiFi.A?(ü 3, 367 ; diesen weg bin ich eingeschlagen. Kant 2, 6;
alle wcgc die man bisher eingeschlagen ist. 3, 302 ; man denke
nicht, dasz . . . hier nicht ein ganz neues feld einzuschlagen
•ei. 4, 7 ; weil jeder ein gäszcheu, an das er gelangen kann,
einschlägt, (jöriie 29, 274 ; niiiiin du jenen weg, ich will diesen
einsdilagen. Tieck 10, 108.
23) verytre, lendere, divetUre, die vorige bedeutnng infran-
EINSCIILAGEN — EINSCHLEICHEN 270
sitiv gefaszt, einkehren: in den rechten weg einschlagen ==
den rechten weg einschlagen; es schlugen auch Sisimethri
hunderterlei gcdanken ein, das sähe man an seinem ange-
sicht wol. buch der liebe 224, 3 ;
.«schlag nur mit freuden zu ihm ein. Albrhus U;i»;
wo nur der geist geschlossen hat zu wohnen,
ila werden aurli die anilor beid persohiieii
der goiilieit sclilagen ein. Kingwald evang. T. 8";
weil zum einschlagen in einen guten Icbenswandel nicht
mehr zeit ist. Kant 6,233; der dessen gefühl ins melan-
cholische einschlägt. 7,395; sobald das frauenzimmer in
diesen gcschmack einschlägt. 7, 408 ; von dahin einschlagen-
den dingen. 8,190; diese oder jene menschliche ins prac-
tische einschlagende eigenschaft. 10,117; ich bin jetzt mit
einem groszen werke, das in die griechische literatur ein-
schlägt, beschäftigt. Lessinc 12,140; Lessing kommt auf
zwo Situationen, die hierin einschlagen. IlERüEn 13,80; ich
habe alle einschlagenden , hierher passenden stellen genau
gelesen; da so viel umstände mit einschlagen, tot circum-
stanliis convenientibus. Frisch 2, 190*.
24) die dinte schlägt ein, schlägt durch das papier: die
färbe schlägt ein , ist eingeschlagen , schlägt in den grund
und wird dadurch matt; es war als wenn man ein einge-
schlagenes bild mit In-nis überzieht. Göthe an Schiller 424.
die kälte schlägt ein in die wand, ins haus, wie sie bei
thauweltcr ausschlägt.
25) die blättern, das friesel schlagen ein, werfen sich nach
innen, treten zurück; sie hatte ein geschwer, man hat sie
so oft zu ader gelassen , dasz das geschwer eingeschlagen,
i'st in wenig tagen gestorben. Elisareth von Orl. 127.
• 26) einstellen, unterlassen, einschränken: ich hah ainest
nenn predigen darvon gethon zu den reuweren (ad poenilen-
liarios) zu Straszburg, aber ich musz es ielz zu den orten
einschlahen. KEiSERSUEac hdslein fl"!'. vgl. 4.
Es ist nicht leicht so manigfallige , sich oft widi strebende
bedeutungcn zu einigen, intransitive gelten neben transitiven,
sobald diesen ihr casus entzogen wird: mit dem haminer
(ahd. hamaru) einschlagen = den hammer einschlagen. 24.
25. 20 schlugen vm ins negative, man begreiß, warum im
umschriebenen praet. bald bin, bald habe verwandt wird: ich
bin und habe den weg eingeschlagen.
EINSCHL.\GEH, »?i. fossas agens, ein schürfender bergmann.
EINSCHLÄGERIN, /. schweigen ist ein schäm einschlaherin
und forcht der verlasznen menschen. Keisersii. predigen 13ü'.
EINSCHLAGFADEN, m. sublemen, bei den webern. s. ein-
schuszfaden.
EI.NSCHL.\GIG, speclans , perlinens ad aliquid, bezüglich:
einschlägige sachen, umstände, behörden ; erschöpft man auch
alle von den einschlägigen sprachen gebotenen mittel. Diez
vorr. zum roman. wb. iv.
EINSCHLAGSCHIENE, f zum einlegen der bleche beim
verzinnen.
EINSCHLAGSEIDE, f stärkere nähseidc für den einschlag.
EINSCHLANGELN, inserpere, irreperc.
EINSCHLAl'PEN, lambere: die hunde schlappen den brei
ein, wie es heiszt ausschlappen.
EINSCHLÄUFEN, induere, das transitivum zu einschliefen
»Hrfi(i, aus schlöufen Maaler 356' 2» folgern, mhd. In slou-
fen: da; d& den nackenden in scioufest. Gricshaber 170*;
ein rlcher man wart in gescloufet in purper. 32*
EINSCHLEFEN, s. einschleifen. »
EINSCHLEICHEN, irreperc, praet. schlich ein, ahd. in-
sl'ichan (doch das bei Grafk 6, 784 beigefügte insleih themo
bruader ist inisleih, entgieng), Maaler und andere Schweizer
schreiben srhleicken : denn da elliihe falsciie brüder sich mit
eingedrungen und neben eingeschlichen waren , golh. altjian
in [lize ufsliupandani^ galiugabrA])r6, |)aiei innufsliipun. Gal.
2, 4 ; denn es sind etliche menschen neben eingeschlichen.
Judd 4; nun ist unser relligion nit wie die heidnischen die
blind ingeschlichen , das man nit weisz wcdier sie kuraen.
Mei.anchtiiün anrichlung der lat. schul. Bonn 1.')13. 4. A.t*;
so wen! ihr also fein mit maszen die bundgrcwlichc thaten
des Pantagruels einschleichen lassen. Garg.ii';
ach wein, du liist mir vii'l tu liub,
du Kchlclchsl mir ein gh-ichwic ein diob,
(irumb lasz ich vügluin sorgen. W;
welche widerteufernun auch stillschweigend» bei ihnen ein
geschlichen. KiRcniior wmdunm. 46S';
277 EINSCHLEICHEN — EINSCHLEPPEN
man liebt dich, Paula, nicht nach riechen,
der bock ist Lei dir ciogeschlichen. Logau 3, 225, 42;
doch diese brat schleicht sich zu allen Zeiten ein.
Gbllekt 1, 105;
drum schleicht in meinen schlichten sinn
kein blöder wahn sich ein. Götter 1, 239;
damit kein ungesundes essen mit einschleiche, ehe eines
mannes 453; das lasier, die krankheit schleicht sieb ein;
eingeschlichne druckfeliler.
EINSCHLEICHEN, dam inlroducere , insinuare , praet.
schieichte ein, ahd. insleichan, ingasleichan (Grajt 6,785):
Curolus II. starb, nit on argwon eingcnuminens gifts von
Sedechia einem judon im zubereit und eingeschlcicht. Fra.nk
chron. ni' ; denn als Eck und Curactiolus von Rom ein bull
bracht batten, darinnen Luther verdammet war, und meinten
dieselbige einzuschleichen. Mela>chtbo.\ leben Lnlkers übers,
von BiTTEB bl.iO; giftige und vergebene lere, die der teufe!
in die reine lere des evangelii einschleicht. Matuesids 66";
bis die gelehrten den deutschen potentaten die lehre aufs
newe eingeschleicht, die unter kaiser Valente auf die bahn
kommen. Lehman.n l, 6S4;
ich glaub das Venus und ihr kind
selbst hie bei disen reien sind,
und sclileichen disen liebschmerz ein. Atrkr410*.
heute, bei verwischlem unterschied zwischen I und e\, zu grund
gegangen.
ELNSCHLEICHUNG, f. clandestinus inlroilus, schweizerisch
einschleitkung, z. b. bei Stettler 2, 154.
EINSCHLEIERN, velare, dän. indslöre: eine süsze düm-
merung hatte schon die ganze schlummernde natur einge-
scbleiert. Wieland 1, 243 ;
weil du die kunst gelernt hast, deine laster
in schöne worie einzuschleiern. VViela.^d übers, ton Horatens
sat. 1794. 2,215;
einsmals erstieg der kleine held
das heiligihum der klösterlichen mauern,
ach! wie so manches hübsche kind
wird eingeschleirt sein leben zu vertrauern.
Kl. ScuaiDT kom. dicht. 54;
einer von den eingeschleierten stand auf. Tieck 9,235; im
schönsten gebrochnen eingeschleierten äuge der verlornen
liebe. J. P. uns. löge 3, 60.
EI.NSCHLEIFEN, tornando indere, pari, eingeschliffen,
nnl. inslijpen, da«, indslibe: buchstaben , namen, bilder ins
glas einschleifen.
EINSCHLEIFEN sich, irrepere, furtim intrare, pari, einge-
scbleift : soll sich auch kein kriegsmann auszerhalb des lägers
zwerch durch das feld oder aber über die schanzen und zur
wacht sonders verordnete plälz nicht einschleifen, sondern
sollen sich der rechten straszen gebrauchen. FRO.NSPERcXrjejs/).
3, 2l'; oder da sie {die betlier) sich mit beschwerung der
underthanen einschleifen woiten, zum land ausjagen. Kirch-
hof ic^ndunm. 34l'; dasz nit allen fürvvitzigen und unruhigen
menschen bei ihnen sich einzuschleifen gestattet werde, mil.
disc. 97; die neue heuchlersect und brandschürer, die ge-
nanten Jesuiter, so sich für hofprediger, für beichtväter ...
hin und wider dargeben und einschleifen. Fischart bienenk
192'; intravit ut vulpes, er hat sich wie ein fuchs einge-
schleift, hat geregiert wie ein low und ist gestorben wie ein
hund. 20(i'; als ein simoniacns, das ist der sich mit geld
eingeschleift hette. 21&'; ein fremder beide theil in ungenad
bä der herschaft pringt und sich dafür einschleift, ehz. 538 ;
dinero sich allerlei los gesindlein in die dörfer einzuschlei-
fen pfleget. Haltacs 300. dies sich einschleifen scheint unser
heutiges sich einschleppen, nnl. inslepen, dän. indsläbe. wir
sagen noch waaren einschleifen, einschleppen, eigentlich auf
der schleife, traha, einbringen. Maaler schreibt schleipfe
und schleipfen. zwischen sieifen und slepen schwankte schon
das passional K. 264, 60. 190, 50. 467, 68.
EINSCHLEIFEN, innectere , in eine schleife knüpfen, ein-
binden: ein buntes band, das wird von vorne eingeschleifet
uud banget hernach über den beiden schultern bis auf die
füsze herunter, aber folgende stelle gibt halbniederdeutsches
:a8chlefen:
von köpf bis zu den sohlen
will ich die junpfermracht der kleider wiederholen,
das kopfgen ist so schon verwunden und verheft (aufgestützt),
in golu und silberwerk sehr arliR eingeschleri.
junijfernanatomie bei IUcukl sat. Schriften.
EINSCHLEPPEN, invehere, imporlarc, nnl. inslepen, praet.
insleepte, frühe schon vurkummende nebenform für einschlei-
EINSCHLELDERN— EINSCHLINGEN 278
fen, wie eben unter diesem wort gesagt wurde und bei den
einfachen schleifen, schleppen näher entwickelt werden soll,
man sagt verbotne waaren, ansteckende krankheiten ein-
schleppen, heimlich einbringen; ein schif einschleppen, viil
dem tau in den hafen ziehen.
ELNSCHLEüDERN, jaculando, vibrando immiltere: steine
einschleudern.
EINSCHLICHTEN, ordine disponere: in der Schachtel lie-
gen eine mandel braminische nasen eingeschlichtet. J. P.
teufelsp. 2, ISO. sich einschlichten. StieLer 1849 von Schmeichlern.
EINSCHLIEFEN, irrepere, nnl. insluipen : das es ein flie-
szendes sälblin und nit dick werde, damit es desto besser
einschliefen könde. Seuter 201. vgl. einschlüpfen.
EINSCHLIESZEN, includere, nnl. insluiten, scliw. innesluta,
dän. indslutte.
1) wohin einschlieszen : einen in das zimmer, in das haus,
in die kammer; geld in den kästen, in die lade; kleider in
den Schrein; wein in keller; thiere in den stall; den leich-
nam in den sarg; den geliebten in die arme.
2) ms gebet, in den frieden einschlieszen: ich will ihn
alle tage in mein gebet einschlieszen; wo wird unser vater
jetzt liegen, Helfchen? und schliesz ihn mit in dein abend-
gebet ein. J. P. Fibel 24 (34) ; Preuszen wurde in den frie-
den mit eingeschlossen, auch mit dem dativ: herr, ich
bitt euch fleiszig, mich in ewerm gebet einzuschlieszen.
Amadis 124 ;
die königin Isabeau soll in dem frieden
mit eingeschlossen sein, wenn sie ihn annimmt.
Schiller 467'.
3) ohne wohin, weil es sich von selbst versteht: darum
sols der priester besehen und wenn er das mal sihet, sol
ers einschlieszen siben tage. 3 Mos. 13, 50. 54; den Ver-
brecher einschlieszen [in eisen und band} ; das geld ein-
schlieszen ; den feind einschlieszen (in die sladl).
4) womit einschlieszen: den garten mit einem zäune; die
bürg mit wall und graben; mit den armen einschlieszen,
umschlieszcn :
und schlosz mit ihrem arm mich ein. GöEi.tei 2, 69.
5) wovon eingeschlossen sein:
dicht von felsen eingesc-hlossen,
wo die stillen bächleln gehn,
wo die dunkeln weiden sprossen,
wünsch ich bald mein grab zu sehn.
Tieck nach mahler .Mijller.
6) das worin, womit, wovon eingeschlossen wird, kann
als einschlieszendes in den nominativ gesetzt werden: die
mauern, felsen, berge scblieszen ein;
und marmor schlosz ihn ein. Geliert 1,260;
ihre arme schlössen ihn ein.
7) sich einschlieszen: schliesz dich in dein kümmerlein
ein und bete ; sie hui sich eingeschlossen und will niemand
sprechen ;
hier schlosz sie sich mit ihm in ihre kammer ein.
Gbllert 1. '265;
{der könig) ist in der fürchterlichsten laune,
er hat sich eingeschlossen. Schiller 304";
die leserinnen, die sich in alle bücher und nianner einzu-
schlieszen wissen, und denen einerlei ist, wa? sie lesen oder
heiraten. J. P. Hesp. 3, 4 ; ich werde mich auf den bcsun-
dern fall hier einschlieszen {einschränken) müssen, auf wel-
chen es eben hier ankömmt. Lessi.ng 5, 4 ; als diese {als
schöne kunst) scblieszt sie {die mahlerei) sich nur auf die-
jenigen siebtbaren gegenstände ein, welche angenehme em-
plindungen erwecken. 6, 5t2.
8) intransitiv, das schlosz scblieszt ein, fällt gehörig ein,
auch blosz: scblieszt.
EI.NSCHLIESZLICH, adv. includendo, einbegriffen.
EI.NSCHLINGEN, innectere, circumplicare, verschlingen, vgl.
sehw. inslunga, dän. indslynge: perlen, koralien einschlingea,
auf eine schnür ziehen; der einschnitt auf dem runden tische,
die eingeschlungnen namen. Tieck 13, 22t ; die herligkeit die-
ses triebs, der, wie die liebe, die einsamen ich alle zu einem
geisterbunde einschlingt. J. P. naehdämm. 77.
EINSCHLLNGEN, glulire, vorare , für einschlinden, mhd.
\a slinden, also durchaus verschiedn vom vorausgehenden
einscblingen:
schlang sie ein wie ein weiches ei. froschmeuseler III. 1,13;
die wahnsinnige Porcia, welche den tod mit glüenden kohlen
einschlingt. Louenst. Arm. 2, 459 ; hatte ich mit dem vielen
18*
279 EIiNSGHLlTZEN — EINSCHLÜPFERN
wein doppelte courage eingeschlungen. Felsenb. 1,31; vielen
gifl einschlingen. 3,443; abschiurpfet und einschlinget. Ett-
NERS med. tnaulaffe 915; es bleibt allezeit ein laster, durch
die ausschweifungen eines liederlichen lebens den tod in
seinen eignen kürper einzuschlingen. J. £. Schlegel ö, 385 ;
den spötier treffe feuer,
die erde schling ihn ein. Gotter 3, 509;
jetzt eile, söhn, hinweg dich zu begeben,
sonst spürt der Ogtr dich und schUngt dich ein.
Griks Ar. Hol. 17,43;
die gruft, der letzte einschlingcnde Strudel. J. P. Kampanerlh.
68; er trat ans fenster, drehte es hart auf, schlang den
nordwind ein. J. P. Ilesp. 2, 1S6.
EINSCHLiTZEN, inscindere, findere.
EI.NSCHLL'CKEN, deglutire, nnl. inslokken, dän. indsluge:
der gierige wolf schluckte das lamm ein; die unersättliche
flamme droht das halbe dorf einzuschlurken ; der fisch
schluckt die angcl ein; ein ganzes ei einschlucken; pillen,
staub einschlucken;
bei hofe lernt man merken, dasz die die besten sein,
die sonst nichts thun noch künnen, als schlucken aus und ein.
LOGAU 1, 178,56;
der Sperling liesz sichs aur den stocken
des Weinbergs recht vortredich schmecken,
und schluckte schnell die besten beeren ein. Gbllert 1,253;
aber noch schöner ist der dame kaiserin
gurtcl. die schnalle, die ihn einschluckt, kostete,
kostet sie wenig, eine halbe Lombardei.
i. N. Götz im musenalm. 1773 s. 47,
tiie es lat. heiszl:
laterum junciuras fibula mordet. Aen. 12, 274.
fibula mordaei refugas a pectore Testes
dente capit. Sidonius carm. 2, 397.
ostricolor pepli textus, quem Ubula torto
mordax dente rorat. 5, 18.
audacem retegit mammam, laxumaue coercens
mordet gemma sinum. Claudian. i in Prob, et Ol. 88.
post terga reducias
uberibus proprior mordebat fibula vestes. in Eutrop. 2, 184 ;
wo ist der Wrangell 'fort ist er.' so eilig?
'es war, als ob die erd ihn eingescbluckt.' Schiller 368^;
aber so, mein lieber, gucken
in die weh wir kaum hinein
und sind fröhlich, ach, so schlucken
uns die gräber hunig ein. Gökingk 2, 56
man sagt, er hat viel einzuschlucken , wie einzufresscn, ein-
zustecken, einzunehmen, zu ertragen, musz sich die vorwürfe
gefallen lassen.
EINSCHLUMMERN, lene obdormiscere , nnl. insluimeren,
schw. inslumra, dän. indslumre, in Schlummer fallen; wie
wir aus schlafen schläfern bilden, hatte dte ältere spräche
neben schlummern auch das einfache slöraon oder sliuraon.
vor müdigkeit einschlummern; er ist sanft eingeschlummert,
verschieden ;
unsre sorgen grosz und klein
schlummern alle mit uns ein.
einige verwenden einschlummern auch transitiv für sopire,
einschläfern ; wunders genug, dasz ein jüngling mit der kraft
für alles was grosz ist begabt, diese kräfte mit einem liebes-
liedcben einschlummert. Leisewitz Jul. v. Tor. 2, 5; ist dies
der belli, den ich mit kahlem geschwatze einschlummre?
Klinger 1,239; ein einschlummerndes lied. 7,223; die her-
licben psalmen, unter denen mich ihre sonorische stimme
jeden abend einschlummerte. Tuühmels reise 4,158. vgl.
eindämmern.
EINSCHLÜPFEN, subrepere, einschliefen, bei Stieler ein-
•cblupfen :
als aber groll und neid der Gotben eingeschlOprei
in den ▼erlockien geint, da war« um uns geschehn.
Hallia.in« Tlieodorich s. 10;
die maus schlüpfte in ihr loch ein; die einschlilpfende ge-
legenheit baschen; er hat sich in deine gunst eingeschlüpft,
$e iniinuavil. der gegensalx ist entschlüpfen.
ELNSCHLtPFKN, tnneclere, einwinden, einbinden, in eine
ichleife oder schlupfe winden: warumb iiiukz dir das haar
aifto lang über die schultern herabhangen als einem weibe?
warum la»t du et« nicht, su du es langer tragen wollest,
auf teutacfae weise überm köpf einschlüpfen, als bei uns der
brauch ist? Piiii.A<tiieR 2, 74, mit riuksichl auf das sucvische
obliquare crinem nodoque subslringere.
FI.NSCHLCPFEHN, trrepere, frrquentalivum des ersten rin-
ftcLIüpfcn: ein gewonheit, die bei etlichen eingeschlüpferl ist.
Hi'nen h, 474. Schade pasq. 3, IS.
EINSCHLÜRFEN — EINSCHMELZE N 280
EINSCHLÜRFEN, sorbere, nnl. inslorpen, gegensalz von
ausschlürfen, doch schlürfen, sorbere (vgl. einsüifeln) ist nicht
recht hd. , weder in den allem Wörterbüchern, noch bei Hk-
Niscii; zuerst gibt es Stieleh 1851 und Friscd 2,203', früher
erscheint es nur in niederrhein. vocabularen wie beim teuto-
nista inslorpen of suipen, iiisorberc, bei Apherdian 182
schlorpfen und bei andern von Diefenbach 543" verzeichneten.
ScHOTTEL 1403 schreibt schlurfen sorbere longo Iractu. schlür-
fen berührt sich mit schlerfen, s. abschlerfen, anschlerfcn.
kaum war der unmäszig eingeschlurfte wein durch einen
vier oder fünfstündigen schlaf ein wenig ausgetrieben wurden,
SO hürte ich ihn auf seinem nahe an dem meinigen stehen-
den lager nicht änderst als einen grimmigen baren brummen.
ehe eines weibes 229',
was schlurfst aus dumpfem moos und triefendem g*estein
wie eine kröie nabrung ein? Götuk 12, 172;
mit jedem alhemzuge schlürfe ich die erinnerung jener Selig-
keiten ein. 16, 78 ; hier will ich auf und ab die süsze luft
einschlürfen, die ihre schöne wange gekühlt Fb. Müller
3, 130 ;
der arme thor '. die lehren kitzeln
sein stolzes herz, erhitzen ihm das blut,
er schlürft sie ein. Gotter 1,379;
magnetisch braust im glase
der wein, und perlt.
schlürft ein, und süszer wirbel
durchdröhn uns bis zur zirbcll Voss 4, 119;
unter ihm droht Charybdis, und schlurft das dunkle gewässer,
dreimal strudelt sie täglich hervor und schlurfet auch dreimal
fürchterlich! o dasz nimmer du dort ankommst, wenn si« eln-
schlurfi! Od. 12, 106.
EINSCHLUSZ, m. inclusio, conclusio.
1) einschlusz der festung, obsid
2) einschlusz eines gefangenen.
3) einschlusz des briefes, des geldes : ich lege ihnen hier
einen brief von Voss bei, der eben an mich in einschlusz
gekommen ist. Schiller an Gölhe 304. vgl. einschlag.
4) mit einschlusz, was einschlieszlich : mit einschlusz der
frauen und kinder verlieszen gegen hundert die Stadt.
EINSCHLUSZZEICHEN, n. parenthesis. Gueinz deutsche
Sprachlehre. Cölhen 1641 s. 125.
EINSCHMALZEN, adipe excoquere : die wolle einschmalzen.
EI.NSCHMAROTZEN, sich, parasilando irrepere.
EINSCHMAüCHEN, suffumigare, nd. insmöken :
er selbst gefällt sich doch! schmaucht ihn mit weihraucli ein,
und seid gewis, er wird erkenntlich sein. Wirlamd 9, 50.
EINSCHMECKIG, mere saporus: einen eitner weiszen, gu-
ten , einschmeckigen weins. weislh. 2, 429. 447 ; mit ein-
schmeckiger würzen. 2, 430. wie ein bedeutet auch inerus
solus und dann purus, ungemischt.
EINSCHMEICHELN, blanditiis commendare, vgl. dän. ind-
smigre, früher selten begegnend und den Wörterbüchern uli-
gehend: ich trink nicht dann durch procuration, man musz
mir in {d. h. den wein) einreden und einschmeicheln, ist
besser als giesz man mirs ein. Garg. 84*. 85'; ich sauf
nicht, man schmeichel mirs dann ein und scherz mir ihn
ein. 101". heute fast nur reflexiv , sich einschmeicheln : die
katze schmeichelt sich ein ; Philine wüste sich nun täglich
besser bei den damen einzuschmeicheln. Göthe 18, 302. im
pari, einschmeichelnd, blandus: unterwürfig und einschmei-
chelnd gegen sie, so lange sie des beistandes der kOnigin
beduiften, vernachlässigten sie dieselbe, sobald u. s. w.
SCIIILI ER 10.i2'. "*
EINSCIIMEICHELL'NG, f. es ist eine vergebliche ein-
schmeichelung, dea ieser um Verzeihung zu bitten. Kant
6,14.
EINSCHMEICHLICH, blandiens, blandus
EINSCHMEISZEN, effringere, perfringere, sowol einsMagen
als einwerfen, nnl. insmijten :
wird topfbret, tisch und bank mit Quchen eingetchmitten
Günther 467;
ich will von keinem grusze wi»ien,
aU ihr die fonsicr eingeschmissen! GOth( 12, 105;
er wollte anklopfen an der thüre und sie nicht einschmeiszen.
56, 220. das Wort hat , gleich dem einfachen scbnieiszen, «1-
was gemeines und unedles gegenüber schIngiMi oder werfen,
einschlagen und einwerfen, nnl. lasit sich insmocl auch vom
donner sagen, wo wir nur einschlug verwenden.
EINSCHMELZEN, praet. schmolz ein, liquttcert , liquandn
sohl, nnl. insniciten, schw. insiualta, d'ln. intinclte: der
blitz fuhr in die kirchc und die glocke schmoll ein ; dai
28 1 EIX5CH3IELZEN— EINSCHMÜCKEX
clairobscur ist an der vordem seile eingeschmolzen. Götbe
43.100; die bevöikerung soll damals von etlicben siebzigtau-
send auf zwanzigtausend eingeschmolzen sein. Stolbebc S, 336;
eine ganze alte bibliothek schmilzt zu einem buche ein. J. P.
herbslblumiiie 3,125; wir schmolzen ein zu einem glühenden
punct. Hesp. 4, 1S3 ; und ich junges kind fühlte, dasz ich
einschmelzen müsse in diesen geist. Betti-na lageb. ."sS
EINSCHMELZE.N, praet. schmelzte ein, liquefacere, liquando
solvere, Uquando immiscere: weil aber Hie betrüglichen Serer
den Tattern in das silber viel l.lei eingeschmelzt hatten.
LoiiENST. Arm. 1,602; um sie (Liane) nach der proselylen-
macherei und reformiersucht für seine eigne guszform ein-
zuschmelzen. J. P. TU. 3,54; ihre über den ganzen adres-
kalender ausgebreiteten titel — entschuldigen sie es, wenn
ich sie alle in den einzigen einschmelze, verehrtester ! frei-
lieitsbüchlein 67. da wir aber das gefühl für den mhd. unter-
schied zwischen smelzen smalz und smelzen sraalzte verloren
haben, ist kein wunder, dasz heute auch schmolz transitiv,
schmelzte intransitiv verwendet wird, z. b. ob sie nun diesen
grund zuerst einschmolzen und die färben auf die andre
seile brachten und nochmals einschmolzen. Göthe 43, 101
statt einschmelzten.
EINSCHMETTERN, fractum sonare: die nachtigall schmettert
ein in den gesang der vögel;
lauijauchzender glückwunsch
tönte, da geig und trompet und hörn und der polternde
brummbas
wild mit betäubendem hall elnschmeiierten. Luise 3, 907.
EINSCHMIEDEN, incudere, mhd. in smiden.
t) zusammen schmieden, eisenstücke einscbniieden.
2) iri fesseln schmieden :
mein daumen, arm. dazu den bals
het si mir ein geschmit. Wolke.'<stei.s s. 267;
an kettinen legen, in stock einschmiden. Maaler 126*;
schmiedet, schmiedet sie ein,
die wenigen verzagten, die wir liengenl
schleppt die sciaven in hain,
den eiren dus oprer zu bringen i
Krrtschianrs Rhinguiph s. 15;
warum musz ich eingeschmiedet werden? Lessixg 2,54; die
kette der dinge, in die du, wie alles, eingeschmiedet bist,
Klingeb 5,362.
EINSCHMIEGEN, incurvare, insinuare, schw. insmyga, dän.
indsmyge, mhd. in smiegen, von einem pferde:
ej enwas niender in gesmogen. Trist. 16S, 28;
din ougen sint dir in gesmogen {eingefallen).
Fbibebcs Trist. 5105.
nhd. du sitzest ganz eingescbmogen, angebogen, eingekrümmt.
sich einschmiegen, leise eindringen;
oder am fenstergesims, wo wenige sonne sich einschmiegt.
Voss 3, 12S ;
{Gallia), die von Roms aflersprach und religion umklirrt
* blutig aus der Willkür fessel sich erhub, und
nach den saturnalien noch fröhnender sich einscbmiegt.
3, 274.
statt einschmog, eingescbmogen wird auch schwach flectierl
einschmiegte, eingeschmiegt :
hat sie doch bei mir sich eingeschmieget,
dasz mir ist als hall ich sie pewiegei. Rcckert 391.
vgl. schmiegen und anschmiegen, schmucken und einschmücken.
EINSCHMIEREN, illinerej inungere, nnl. insmeren, schw.
insmörja, ddn. indsmöre.
U mit vi und feit einreiben, schmeidigen : ein schlosz al>-
brechen, einschmieren oder anschlagen müssen, pol. stockf iiö.
2) einem etwas einschmieren, z. b. dem kinde brei in den
mund. teräclitlich, einem etwas verdeutlichen: da es gut ist,
der Jugend nicht alles gar zu sehr einzuschmieren. Lichtex-
BEBG 8, 160.
3) in die erde schmieren, mit erde beschmieren: die kar-
toITeln dürfen nicht eingeschmierL, nicht bei nassem weiter
geleiit werden, hannöc. anz. 1846 s. 590.
EINSCHMÜCKEN, incurvare, verwandt mit einschmiegen.
mhd. in smücken:
sin {des tewen) grimmekeit wart also swach,
da; er den zage] in smucte (einzog),
sin houbet er oider bucie. pass. K. 304, bi.
nhd. das pet {gebet) ist eng und eiDgeschmückt gemacht wor-
den. MELAXciirHü.N 1 Cor. u.
EINSCHMUGGELN — EINSCHNEIDEN 282
EINSCHMUGGELN, was einschwärzen, s. das einfache wort.
EINSCHMURREN, corrugari, einschrumpfen: mit krankheit
geplagt und eingeschmorren. Frank 31; kalt eingeschmorren
leut. kluge reden 1565.53'; solche wunden sind tölsch, braun
und schmunen gemeinlich ein. Würz practica 288 ; die me-
dicina galenica unterhaltet die sonst einschmurrende gestalt
der adem in einer erforderlichen ausdehnung. Schecchzeb
2,190; domit die malen sich häufet und von der naturlichen
werme also gebrent und getört wirt, das sie danron inschmor-
ret. Seitz lustseuche s. 17 ; wann der mutterhals verstopft, be-
schlossen und eingeschmoren (/. geschmorten) ist. Wibscxc arz-
neibuch. Neustadt a. d. Hardt 1597. 514. das einfache schmurren
gewährt Stalder 2, 337. doch das pari, geschmorren begehrt
einen inf. schmirren, nach analogie von wirren geworren, kirren
gekorren. schirren geschorren.
EINSCHMUTZEN, snrdibus foedare, kleider, wasche.
EINSCH.NALLEN, ßula firmare: der scbüler schnallt seine
bücher mit dem riemen ein.
EINSCH.NAPPEN, nnl. insnappen. 1) micare: das schlosz
schnappt ein; die thüre, die so leise einschnappte. Götbe 24, S3.
2) caplare : der fisch schnappt luft ein.
EINSCHNATTEN, insäTidere: wie man zwei ganz wider-
werlige propfreiser in einen ast pQeget einzuschnatten, also
dasz sie bittere und süsze fruchte zugleich herfür bringen.
Bltscbky Palm. 406.
EINSCHNAUBEN, naribus ducere.
EINSCHNECKEN, sich, se abscondere, wie eine Schnecke
verkriechen:
schneckte sich ein holer stein
etwa dort im winkel ein ?
CzEPKO Coridon und Phylli* msp.
EINSCHNEIDE, f. ein Werkzeug der drechsler mil nur einer
schneide, gegensalz zweischneide.
EINSCHNEIDEN, incidere, nnl. insnijden.
1) einen schnitt in etwas machen: der diamant schneidet
in glas ein; seinen namen in den bäum, in die wand ein-
schneiden; mit dem messer in das Qeisch, in den leichnam
einschneiden.
2) demetere, wenn ir aber ewr land erntet, soll irs nicht
gar auf dem felde einschneiten, auch nicht alles gnaw auf-
lesen, sondern solts den armen und frembdlingen lassen.
3 Mos. 23, 22 ; im herbst, da man einschneit und einfüret
allerlei fruchte und geniesz des landes. Lcther 3, 175' ; und
backeten und schnitten ihr getreide ein. Mathesids 8';
das körn mir auf dem feld verdürb,
wann ich hab noch nicht eingeschnitten. H. Sacbs II. 4,73*;
dieweil do betten wir mit Sitten
umb den galgen gar eingeschnitten
und wern die ecker leer und glat. JV. 3,25';
korn einschneiden. Pierot 2, 299. man zieht heute vor körn
schneiden.
31 sohlen einschneiden, sch\eszscharten einschneiden ; breter
einschneiden, in tabulas desecare: in Schubladen und fächern
auf eingeschnittenen mit tuch überzogenen brettern. Götbe
7, 210.
4) einschneiden in die suppe, stücke brots einmengen, dann
auch die suppe einschneiden :
jez bei er e biirübti sach,
kei frau, kei brot, kei dach und fach,
und niemes schnidt em dsufipen i.
wart bürstli, dir musz ghulfe si. Hkbkl s. 234.
einem einschneiden, wie einem einrühren, unheil stißen: er
würde mir eine solche suppe einschneiden, daran ich mehr
als einen tag würde zu essen linden, ehe eines weibcs 20;
ich merkte gar bald, was er dem unglücklichen mann für
eine suppe einzuschneiden gemeinet wäre. 229. kraut ein-
schneiden, zum Vorrat.
5) figürlich, um sich duit:h die wunden der rene und de-
muth den schwur der rückkehr tiur lugend) tiefer einzuschnei-
den. J. P. Ti/. 2, 125; die sterbenden haben trockne äugen, sie
wissen es nicht, wie ihre lallende zunge einschneide in die
weit aufgerissenen herzen. 4,30; tiefer noch schnitt der un-
bürgerliche grundsatz in die verletzten gemüther ein. Oahln.
fr. rev. 90.
6) inlr., das glas, messer schneidet ein ; der weg schneidet
hierein oder wird eingeschnitten, durcA5cAni«en ; hinter langen
nebeln auf der einschneidenden landslrasze. J. P. die stricke,
bänder schneiden ein, ist hinzugcßgl in den arm, in das
ileiscb, so wird das verbum transitiv.
283
EINSCHNEIDER— EINSCHOPPEN
7) sich einscliiieiden, ton schnittwaaren, die durch den ein-
zelnen verkauf am masz verlieren : das band schneidet sich ein.
ELNSCHNEIDEU, tn. seclor, incisor,
EINSCH.NEIDEK, tn. einschneidiger bohrer.
El.NSCH.NEIDESÄGE, f.
EINSCHNEIDIG, unam aciem Habens, nur auf einer seile
schneidend.
EINSCHNEIEN, nivibus obruere, schtv. insnöa, ddn. indsnoe :
pfad und weg sind eingeschneit ;
sie denken wol mit solchen blüineleien
die lieiszcn teuTel einzuschneien. Götiik 41,327.
unpersönlich, es schneit ein. inlr. da hielten wir nun und
konnten einschneien (nivibus obnti). Wasunger krieg.
EINSCHNITT, m. incisiv, dän. indsnit, kerbe.
1) einschnitt des fleisches, der leber. einschnitt des leihs,
taille.
2) einschnitt eines blatte, des holzes, einer schachte!.
3) eines bergs, lücke.
4) einschnitt, geschuittnes gclraide : den einschnitt des jahrs
in der nächsten Stadt zum veriiauf ausbieten. Hippel 8, 117 ;
einen guten einschnitt haben.
5) einschnitt des verses, caesur: wie muste diese leben-
dige interpunctation der spräche einschnitt, modulation und
nachdruck geben. Herder 1, 157.
6) figürlich, zwei neue einschnitte des Schicksals. J. P. Hesp.
4, 107.
EINSCHNITTIG, was nur einmal ini jähr geschnillen wird,
einschürig, einschnittige wolle.
EINSCIINITZ, m. quod insculpilur.
EINSCHNITZELN, leviter insculperc.
EINSCHNITZEN, insculpere, incidere:
es ist ja kaum
im wald ein bäum,
auf dessen weicher rinde
man nicht von mir
bald dort bald hier
was eingcschnitzet linde.
Leucoleons Galamelite 1671 «. 140;
und schnitzt zu Hermensdorr an den heriihniicn seen,
was du geworden bist, in allen eichen ein. Camtz 203.
EINSCHNORREN, was einschnurren, nnl. insnorren : die
speisen und arzneien, die man mir taglich gab, meinen zu-
sammen geschrumpelten raagen und cingeschnorrtes gedärm
wieder zu recht zu bringen. Simpl. K. 159 ;
als wie ein hutzel eingeschnorrt. AriiER 25*.
EINSCH.NUPFEN, naribus dticcre, vgl. einschnauben : viel
taback einschnupfen ; den süuerling einschnupfen. Ettners
med. maula/fe 829; einer erbsen grosz davon einschnupfen.
Belli Frankfurt 2, i; kopfweh, welciies er dadurch zu lindern
suchte, dasz er den dunst von kaEfee einschnupfte. Lichten-
berg 5, 65.
EINSCHNÜREN, aslringere, constringere, schw. insnöra, dän.
indsnüre : ein mädchen einschnüren ; die brüst einscimüren ;
und sie {Klara) ficng an sich einzuschnüren. Thümmels reise
3,372; die stiefeln einschnüren, oft figürlich,
da wird der geist euch wol dressiert,
in spanische stiefeln eingeschnürt. Göths 12,95;
es schnürt einem das herz ein, wenn man so einen häufen
die gassen hinab marschieren sieht. 8, 240 ; einschnüiende
Umgebungen. Pestalozzi 6, 51 ;
denn eingcschniine schulcultur
baszt glicderfrcie weltnaliir. Üürger 93*.
EINSCHNURFEN, corrugari, einschrumpfen: will gleich der
magen einscbnurfen. Schneller 3,490; trauben, die in der
bitz einscbnurfen. Hohrerg 1, 351*.
EINSCHNURREN, 1) dasselbe, s. cinschnorren : da waren
wickelkinder, die ihre laken vergolden, eingescbnurrte mülter-
chen, die ihnen die mUcken wehrten. Schiller 120'.
2) slrependo inrolare: käfer schnurren ein und aus.
31 cin.srbnurren, einbelleln, zusummenbelleln. s. schnurren.
EINSCHÖPFEN , haurire in vasculum etc.: wasscr ein-
RchOpfen; mit dem lOfTel punsch cinschOpfen ; luft cinschiipfen,
gewühnlteh schöpfen.
EINSCHOPPEN, ingerere, infuleire, nnl. insrhoppen : ein-
sluszen und darmit füllen, farcire. Maaler 12i>'; inil köst-
lichen und Übermächten speisen füllen und einsrhoppeii Pelr.
1(1'; wolle ins ohr cinsclioppen; etliche auch an eineui ochsrn
in die eine «eitcn eingeschoppct, aliqui et jumenlum 'n aver-
sam partein infulserunt. f'rontin ron Tachjs 3, i:«, 4 bei Fronsp.
3, 260*. $. anschuppen, ausschoppen.
EINSCIIRAMMEN— EINSCHRÄNKUNG 284
EINSCHRAMMEN, leviter vulnerare, einritzen, den namen
in die wand einscbrammen. s. schramme.
EINSCHRAMMUNG, f. deformatio. Stieler 1866.
EINSCHRÄNKRAR, quod circuviscribi polest: das ich ist
gesetzt zuvörderst als absolute und dann als einscliränkbure,
eintr quantität fähige realitftt. Fichte grundl. 60.
EINSCHRÄNKEN, nicht nnl., aber von uns entlehnt schw.
inskränka, dän. indskränke. .?. beschränken.
1) eigentlich cancellis circumserihere, in schranken schlieszen,
einschlieszcn: das gcricht ist eingeschränkt, m schranken ge-
hegt: die ritter kämpfen eingeschränkt, in den schranken des
Zweikampfs, des turniers.
2) dann sinnlich von anderm einschliesien, umfassen, zurück-
halten:
ach, schrenke mich mit deinen armen ein.
LOHKNSTKIN /6r«Ä. 108, 26;
das eiiitreschrcnkie blut ist zu der (locht bereit,
und dringt durch wang und haut. (Jü.mmkr 812;
denn ringsum schriiHken ihn die felsen ein,
die himmelhoch den enjren pas vermauern. Schiller 540';
da der Nil . . , sich die ufer eingeschränkter flutbetten auf-
warf. Kant 9, 9 ; ufer, welche den ström fassen und ein-
schränken konnten. 9, 10 ; unter dem groszen abeiulbiininel,
den keine wölke einschränkt. J. P. Ilesp. 3, 227 ; hast du golt
in einer gestalt gesehen, so hast du ihn in dieser gestalt ein-
geschlossen und erngesclirünkt gesehen. Klinger 6,300; die
belagerten sind nun auf brot und wasser eingeschränkt, zurück-
gebracht.
3) abstract, einengen, coercere, cohibere. Stieler 1733. 1914,
auch in das rechte masz und Verhältnis setzen: das recht,
die macht, gewalt, kühnheit eines andern einschränken, in die
schranke weisen ; seine habe, sein vermögen ist jetzt sehr ein-
geschränkt {ermäszigt) ;
mag man andrer renten mehren,
schr.'inke selbst die meinen ein.
meinen schlaf soll das nicht stören. GöKincs 1,65;
diesen ganzen Zeitraum von sieben monaten hat hcrr Wieland
in die dauer seines trauerspiels einzuschränken gewust. Les-
sing 6,166; ein gesctz durch welches die lagen der liisterne
gegeneinander eingeschränkt (d. h. ermessen, in ihre schranke
gesetzt} werden. Kant 8, 250 ; ihn zu ermahnen, seine über-
triebene thäligkeit einzuschränken. Tieck 4,233; seine ver-
theidiguhg sieht sich auf das letzte mittel eingeschränkt.
4) vorzüglich gilt einschränken t'om einengen der begriffe:
alle manigfaltigkeit der dinge ist nur eine eben so viclföltige
art, den begrif der höchsten realität einzuschränken. Kamt
2, 447 ; es sei nun Ungeduld oder verdriesziiche laune oder
ein wirklich eingeschränkter begrif daran schuld. 3, 304 ; die
Schonung, welche Richelieu den eingescbränkicn begriffen sei-
ner Zeitgenossen schuldig war. Schiller 921'. daher einge-
schränkt, borniert, das gcgentheil von erweitert, weiter schauend :
wir sind gewohnt denjenigen eingeschränkt zu nennen, dessen
talen'e zu keinem groszen gebrauche zulangen. Ka.nt 7,153;
ein stumpfer und eingeschränkter köpf. 2,155; dasz ein ein-
geschränkter köpf mit diesen allgemeindeutschbibliotheka-
rischen Qachzügicrn schon zufrieden sein kann. J. P. Levana
vorr. VIII ; die eingeschränkte cmpfänglichkeit meines Verstan-
des. Götter 3, 27; ein bonmof, das für die eingeschränkte
person zu fein war. 3, 302 ; der gemeinspruch verdient einge-
schränkt zu werden. Lichtenrerg 1,280; die nalur zeigt ihrem
eingeschränkten beobachter nichts als einen Urheber, der ihn
weil ülierlrift. 4, 38.
5) sich einschränken, schranke setzen,
a) knapp leben: ^wir müssen uns einschränken; er lebt
ganz eingeschränkt, ohne aufwand; eingeschränkte läge, res
coniractae:
nicht dasz sie just so sehr .sich einzuschrAnken hat,
wir kannten uns weit ehr als andre re^en,
mein vaicr hinterliesz ein hübsch vermögen. Göthr 12, 162.
b) darauf allein schränkte sich dieser gesetzgeber nicht ein.
Schiller 102T'; ich habe mich bis jetzt darauf eingeschränkt,
den begrif der aniniit aus der griechischen fabel zu ent-
wickeln. 1109'; du kamst und ich sagte dir kurz, und ich
schränkte mich recht ein dabei, wie du mir wcrth seist. Bkt-
TiNK br. 1, 100.
EINSCHRÄNKUNG, f. nach allen bedeutungen des einschrän-
ken«: olle Verneinungen sind blosr eiiisrhränkungen (tcJiranken)
einer grOszeren und endlich der hörhsirn reaiii.'it. Ka*it2, 447;
wenn ich die cinschiäiikung ansehe, in welcher di'' Knlfl'- des
285
EINSCHRAUBEN — EINSCHREIEN
EINSCHREIER— EINSCHÜPPEN
286
menschen eingesperrt sind. Güthe 16, 14 ; über den innern i
trieb sich der einschrcinkung willig zu ergeben. 16, 38 ; in
dieser hütte, dieser einsamkeit, dieser einschrankung. 16, 9S;
einen mit einschrankung loben ; die sache leidet gewisse ein-
schränkungen; es ist nur unter einschrankung wahr.
EI.NSCHKäLBEN, cochlcam verlendo infigere, einzwängen,
schw. inskrufva, dän. indskrue: aber beati credentes, wers
nicht glaubt, dem wirds nicht eingeschraubt (auf der foUer?)
Gary. 32';
die köpfe schr^ubien sie uns ein
und schmissen dann mit prügeln drein.
Wkllkr lieder des iOjährigen kriegs s. 39 ;
einem die daumen einschrauben; und nun vollends in diese
Peinlichkeit die heitern Verhältnisse eingeschraubt, die uns
sonst über die peinlichen empor halten sollen. J. P. Tit.
3, 174 ; mit eingeschraubten anwendungen. kl. bücherschau
1,156; sich wie ein korkzieher einschrauben. Siebenk. 3,222.
EINSCHRECKEN, terrere,
1) weidmännisch, das wild, die vögel einschrecken, durch
schreck ins garn, in den herd treiben, buchstäblich, einspringen
viachen, einsprengen. Döbel 2, 240. 5. schrecken und er-
schrecken.
2) einen in schrecken versetzen, einschüchtern, einem schrecken
einjagen :
und dieses böhmsche land, um das wir fechten,
das hat kein herz für seinen berrn, den ihm
der Waffen glück, nicht eigne wähl gegeben,
mit murren trägts des elaubens tvrannei,
die macht hats eingescbreckt, bei-uhigt nicht.
SCHILLKR 363';
drauf Rodomoni, den stolz und hochmut blenden:
der himmel nicht, noch du, schreckt so mich ein,
dasz ich, was mit gewalt steht zu erlangen,
von andern, als mir selber sollt empfangen.
Gries Ar. Rot. 27, 83;
ihre Verwunderung über meine kühnheit, wie sie es nannten,
zeigte mir, wie eingeengt und eingeschreckt der stolze, feurige
Spanier ist. Klmcer 4, 86. vgl. einschüchtern.
EINSCHREIBEGEBCHR, f.
EINSCHREIBEGELD, n. das einschreibegeld zu verwahren.
Weise poelenzunß 6.
EINSCHREIBEN, inscribere, nnl. inschrijven, scä»." inskrifva,
dän. indskrive.
1) den namen einschreiben : ich habe meinen Hamen ein-
geschrieben, eingetragen ; ihn einschreiben lassen ; er ist,
steht eingeschrieben ;
man lasse mir die last {zu dichten),
die, wo sie wenig bringt, noch weniger doch kost,
sie wird mir nutzer sein, als inägden zu gefallen,
als eingeschrieben sein in frevlen raubebund.
LoGAU 1, 3, 97;
durch diese bleibt ihr lob den herzen eingeschrieben.
Canitz s. 196.
2) das bild, die sache, den hergang dem gedächtnis ein-
schreiben, sich einschreiben:
aber ich hofte mein bild noch fest in des freundes erinnrung
eingeschrieben, und noch schön durch die liebe verklärt.
GöTHK 1, 315;
ein name wird vergessen, dem gedächtnis
schreibt solch ein bild sich unauslöschlich ein. 9,361;
alles hab ich mir
gesagt und ins ged.ichiuis eingeschrieben
wie ich sie rühren wollte und bewegen. Schillsr 426*.
3) krieger, schüler, lehrlinge, Studenten einschreiben, in
ein gesellschaft, bruderschaft oder rott einschreiben. Maai.er
126'. es sind schon hundert freiwillige eingeschrieben.
4) einnahmen, ausgaben einschreiben, xu buche tragen.
5) vor gericht einschreiben :
ir zwen ecprecher mit euren weihen,
man wiri euch alle fiere einschreiben
bisz von heut über acht tag. fastn. 328,22:
und vil schand von euch eingeschrieben. 18,30;
darumb in dise brief, ich sag,
sind eingeschrieben euer plag. 25, 17.
EINSCHREIBIG? eine waarenrechnung von 1585^ in Rosmels
hessischer geschichte 5, m verzeichnet: ein dutzend zweischrei-
liig pergamcnt 12 häute 3 gülden, ein dutzend einschrei-
liig pergament 12 häute l'/j gülden, die einschreibige haut
itebl um die hälfte niedriger als die ztceischreibige, kann sie nur
uuf einer seile, die andere auf beiden seilen beschrieben werden?
EINSCHREIEN, l) clamare in aures: das wort, welches
man nit von auszcn kan einschrieen, sonder es musz in uns
selbst gefunden, gelert imd entpfunden werden. Fräs« parad.
43'; tauben obren eiaschreien.
2) clamando ruere: so viel ich weisz, hat man keins der
geschmackvollen zierlichen komödienhäuser, ja keine einzige
doch nur leicht gestützte löge in trümmer blasen und ein-
schreien können. Tieck nov. kr. 4, 94.
EINSCHREIER, m. praeco, insusurrans. Stieler 1933. fastn.
sp. 283. 330.
EINSCHREITEN, ingredi, gemessen eintreten, nnl. inschrijden,
schw. inskrida, dän. indskride,
1) sinnlich, der fusz schreitet ein ; der priester schreitet
feierlich ein ; die scböfifen kamen eingeschritten ; bewafnete
musten einschreiten.
2) bildlich, intercedere, das gericht, der Staat, die Obrig-
keit, die öffentliche macht, die Waffengewalt schreitet ein.
EINSCHRITT, m. ingressus, introitus, eingang. eintritt: der
einschritt des heers, der gewafncten. die eiposition prägnant,
der einschritt gefällig. Göthe 33, 233.
EINSCHROTEN, 1) rinum demiltere in cellam, ein fasz wein
einschroten, in den keller rollen.
2) frumentum frendere, getraidc tn vorrat schroten lassen.
EINSCHRL'MMEN, corrugari: dasz ein gras dorret ausz
und wird klein, schrummet ein. Paracelsüs l, 628". s. ein-
schrumpfen.
EINSCHRUMPFELN, dasselbe, unhochdeutsch einschrumpeln,
nnl. inschrompelen:
die Winterrosen schmn>peln ein,
kein kraut ist frisch, kein kraut ist grüne,
die sonne, die vor ihnen schiene,
hat aufgehöret hier zu sein. Fleming 444.
EINSCHRUMPFEN, dasselbe, wieder mit der nebenform ein-
schrumpen, nnl. inschrompen : wird die haut alt, so schrumpft
sie ein. Lebxaxn 167;
die Stirnen sonder fleisch, die eingeschrumpften wangen.
Grtphiüs 1, 170;
krümme und winde ich mich zusammen, wie eine einge-
schrumpene schlänge, pers. rosenth. 5, 17, wo die spätere ausg.
wie eine eingeschrumpfte;
schrumpfte so sehr die Schönheit ein, von der eiterung todbleich,
schwindend, ein schleichend gespenst? Klopst. 2, 163;
anstaunung, maulaufsperre, fröhnung und räucherei, als welche
den geist nur kleinlaut machen und ihn dergestalt austrock-
nen und ausdürren, dasz er zuletzt gänzlich einschrumpfet.
12,85; ihr vom mangel eingeschrumpfter magen. Wieland
7, 48 ; sein eingeschrumpfter geldbeutel ; die eingeschrumpfte
Vergangenheit. J. P. biogr. bei. 1, 119 ;
und sie sagen, zur cicade
sei er gar nun eingeschrumpft. Rüceert 1.
EINSCHRUNDEN, dehiscere, spaltig werden: von der hitze
einschrunden. Stieler 1916, für einschrindeo, vom ahd. scrin-
tan, hiscere, fatiscere.
EINSCHUB, ffl. quod immittilur, inseritur, interjtcilur :
1) der einschub des brots in den ofen.
2) eines beamten in die r^ihe, mit unlerbrochner Ordnung.
3) was einschiebsei: das schwindelnde gastmal, um das du
ihn durch einschub des gehenkten gebracht hast. ThCssiels
reise 5, 304 ; in leichten, faszlichen opern, die als einschub
immer willkommen sind. Göthe 32,26; bis zuletzt eine rohe
ausgäbe hinter dem rücken des autors veranstaltet worden,
hierüber beklagt er sich, besonders über fremden einschub,
wahrscheinlich um sich gegen die verränglichsten stellen zu
verwahren. 38, 239.
EINSCHÜCHTERN, pavefacere, ineuiere parorem, einen scheu,
ängstlich machen, schwächer als einschrecken : da» kind war
ganz eingeschüchtert, verschüchtert; ich lasse mich nicht ein-
schüchtern.
EINSCHÜCIITERUNGSVERSUCHE.
EINSCHUHEN, calceare, nnl. inschooijen, was anschuhen.
EINSCHULEN, condocere, condoeefacere, abrichten, sehul-
gerecht machen : ein pferd einschulen, dressieren ; angewandt
auf menschen, oft mit ühelm nebensinn: er hatte seinen hnf-
staat so eingeschult, dasz alles wie ein uhrwerk gieng. Klincer
6. 77 ; nach diesem einfachen grundsatze {des blinden gehor-
sams) habe ich die unterthancn meines erhabenen herrn ein-
geäfhnll. 7.89; wenn der schuster Sindbad vor dem böse-
wicht Hindbad sich selber zu einem hofnarrcn abzurichten
und einzuschulen sucht, i. P. bücherschau 1, 167.
EINSCHUPPE.N, mit der scJiüppe einlhun. einsammeln, z.b.
sand, gctraide einschüppen, wie schuppe selbst, unhockdeulsch .
s. einschaufeln.
287
EINSCHÜR — EINSCHÜTZEN
EINSCHL'R, f. locus unde iynis accetuiilur reficilurque, auch
blosz die schür. Schneller 3, 397.
EINSCHIIREN, ignem excitare, reficere, eigentlich den brand,
das brennholz einschieben, einstoszen:
will seha. obsn denn nit Tröiert,
ob nit die inad soll schürn ei? Grübkl 1, 207;
und Wenns mer wörd in winter zkoli,
so schür i wider ei. 2, 4.
bildlich, einem einschüren, ein brändlein schüren, unheil be-
reiten. Schneller 3, 397, une einem einheizen, einfeuern.
s. schüren und anschüren.
El.NSCHÜRIG, quod semel singulis annis tondetur: einschü-
rige niesen, einschürige schafe; ^inscbürige und zweischürige
wolle, s. einschnittig.
El.NSCHL'RZEN, innectere, bei sattlern und riemern vom draht.
EINSCHÜSSELN, indere patinis, in die Schüssel legen.
Stieler 1946.
EINSCHUSTERN, detrimentum faccre. Stieler 1938, ein-
büszen, weil büszen anflicken ist (2, 572), also zusetzen, wie
schustern für schuhflicken, verschustern für schlecht machen,
verflicken sieht. Schneller 3, 34t. nd. he mot alle jur in-
schostern, zubüszen, stücke ansetzen, kommt nicht aus. brem.
wb. 4, 667 ; en dag inschostern, einen tag einbüszen, verlieren.
Stürenbürg 95*. von einer hausfrau und wirtscltapcrin heiszt es :
ihr äuge, das das volk in seiner arbeit stärkt,
verachtet staub und dampf im felde wie in küchen,
und sucht bei früher zeit die winkel durchzukriechen,
dis musz auch jede thun und nicht zu hcriich sein,
sonst schustert sie gewis mit ihrem junkßr ein.
GÖNTilKR 447.
in etwas anderm sinn drückt einschustern auch aus einar-
beiten, einflicken und sich einschustern, sich einfügen, einge-
wöhnen:
dös Word ka hexawerk nit sei,
mer schoustern si (wir schustern sich d. i. uns) scho endli ei,
past af, dös ding geiht prächti. Weikbrts nürnb. ged. 251.
EINSCHÜSZ, m. was einschieszt, eingeschossen wird, dän.
indskud.
1) bei wassermülen, das aufs rad einströmende wasser.
2) bei Webern, der einschlag.
3) was in eine gemeinschaßliche cassc eingeschossen, beige-
tragen werden musz.
EINSCHUSZFADEN, m. bei webcrn.
EINSCHLTTEKASTE, m. infundibulum. am cinschültekasten
oder trichter der müle hängen schellen, die sobald das einge-
schüttete kom ausgebeutelt ist, erklingen und die mülknappen
ermahnen frisch einzusehülten, vgl. pol. maulaffe s. 194.
EINSCHÜTTELN, excutiendo injicere: das mädchen sasz
unterm bäum, der wind schüttelte ihr die bluten ein in den
schosz ; Zucker auf den kuchcn einschütteln ; mehl einschüt-
leln, einheuteln. -
EINSCHÜTTEN, mitlere, infundere, nnl. inschudden.
1) dem vieh einschütten, vorschütten, fulter in die krippc
werfen ; getraide einschütten, in den trichter. aber auch in
Speicher eingesciiütt, frumentum conditum. Frisiüs 285; ein-
schütten, behalten, condere. Maaler 126*.
2) flüssiges eingieszen : schütt ein, ein külen ! der war bad-
warm, es war mir als tränk ich meiner mutier milch. Garg.
242*; ein grosz torcularpocal her, da iren zwen zu beiden
Seiten die iefzen wie kornseck einzuschütten spannen. 100';
genug, sie wird sehr krank, der mann wendt alles an,
was man von männern fordern kann,
eilt, ihr zu rechter seit die pulver einzuschütten.
ÜELLERT 1, 91;
das kind schien sehr krank, es bat den vater, dasz man ihm
aur nichts mehr einschütten möchte. Güthe 20, 295. auch
einem pferde den trank einschütten.
3) figürlich, die meisten vor Pestalozzi schlugen vor, nur
recht viele kenntnisse einzuschütten. J. 1*. Levana 74.
4) für verschütten : auch die geführ nicht achten einge-
scbültel und unter ruinen begraben zu werden. Sturz 2, 70.
EINSCHÜTTIG? solche kurze röhr sein sehr nütz und gut
under die einschüttigen oder nahenden knecbt und sonder-
lich, wo sie nit mit hämisch verwart sein. Fronspkrc kritgtb.
1, 123*. vgl. einspannig.
EINSCHÜTZEN, pignus cogere stabulo, includere, gewöhn-
lich blosz schützen, nnl. nd. schütten, fries. skctla. ein-
zelne Mchrifltleller brauchen die niederdeutsclie form auch im
hochdeutschen, z. b. Vimkk Jarif. der Verwaltung Gioszbrilanieni
125. 120. mehr unter dem einfaclien worl.
EINSCHWÄGERN — EINSCHWÄTZEN 288
EINSCHWÄGERN, afftnitale jüngere, durch schwdgerschaß
einschieben: denn oh wol die gesalbten bischoffe ire brüder
und Vetter mit einschwegern und einmengen wollen. Matue-
siüs 88*. vgl. einveltern.
EINSCHVVÄRMELN, diminulivum des folgenden: wenn er
{Lavaler) sich und den freund in solche empündungcn süsz
einschwürmclf. Stolberg im deutschen mus. 1776 s. 46.
EINSCHWÄRMEN, von bleuen examinare, schwärmend in
den neuen korb einflicgen. dann figürlich von schwärmenden,
begeisterten, tobenden menschen. s. schwärmen.
EINSCHWÄRZEN, colore atro inficere, denigrare,
1) eigentlich, leinen geräth einschwürzcn, einschmutzen, lin-
teamina usu deformare, sordidare, wie man sagt schwarze
Wäsche; kupferstecher schwärzen ihre platten ein.
2) mcrces vetitas imporlare, einpaschen, einschmuggeln, in
welchem sinn es zwar kein älteres wb. hat, selbst Stieler und
Frisch nicht; doch gewähren es oberdeutsche Schriften bereits
im 17 jh. (Schneller 3, 549 schwerzen, durchschwerzen, ver-
schwerzcn) und unterm volk ist in Baiern, Schwaben, in der
Schweiz schwerzeu allgemein bekannt für schmuggeln (schwerza.
Torler 403'k über den Ursprung der benennung s. beim ein-
fachen wort, unter den neueren Schriftstellern hat es sich im
eigentlichen und figürlichen verstand sehr verbreitet : er (Jones)
kannte, schätzte, liebte seinen orient und wünschte dessen
productionen in Allengland einzuführen, einzuschwärzen. wel-
ches nicht anders als unter dem Stempel des alterthums zu
bewirken war. Göthe 6, 111 ; er selbst hatte sich wol gehütet
dieses werk (den Messias) anzuschaffen, aber unser hausfreund
schwärzte es ein und steckte es der mutier und den kindern
zu. 24,123; zum Ibore fuhren wir glücklich heraus, indem
wir uns in den wagenzug eines unbekannten regimenls ein-
schwärzten. 30, 46 ; das ist das kunslstück solcher gesellen,
dasz sie jedes wahre reine Verhältnis misachlend ihre Schlech-
tigkeiten in die lästige nachsieht einer gewaltigen convenienz
einzuschwärzen wissen. 31, 123 ; zugleich war die absieht ge-
wisse geologische Überzeugungen in die Wissenschaft einzu-
schwärzen. 32, 13 ;
hier hab ich einst den Orpheus eingeschwärzt,
benutz es besser, frisch! beherzt! 41, 135;
um anch dieses roth zu intercaliercn, einzuschwärzen, wie er
es früher mit deili grünen und weiszen gelban. 59, 269 ; weil
der teufel in die besten gefülile eitelkeit einschwärzt. J. P.
Ww/). 2, 94; alle rubricatoren, die überhaupt in alles schwarze
ihr roth einschwärzten. Fibel Si; wie Rahrd in Halle kirchen-
gescbichte las, um seine dogmatik einzuschwärzen. biogr. bei.
1, 152 ;
dasz sich uns keine zeiiung hier
einschwärz als zuckerdüte. Köckkrt 366.
EINSCHWATZEN, EINSCHWÄTZEN, persuadere, einschwe-
fzen. Maaler 120'': du wirst mir das nicht einscbwelzen, nun-
quam tam commode dices, ut istud mihi persundeas ; einem un-
liebliche speisen einschwetzen. Denzler 90'; der eim schwachen
elwan, wans not thut, ein mut einschwetzen und eingaukelen
kan. Giirg. 12; die nanien (Ehrentrut, Engellrut) sollen eim
die woiber schier einschwetzen. 107*; den sechsten versprach
sie bei der herschaft einzuschwatzen. Philandeb 1,533; dasz
ihr euch ein solich vermeint gewissen lassen einschwUtzeu.
gesprdch von pdpstischen ehehalten. Ingoist. 1609 s. 13 ;
so pflegt man, was man wil, den kindern einzuschweizen.
Grtpiiius 1, 294;
wer srhwStzi dir grame lügen
und süsze warlioit ein? I.oiisnstrin Ibrah. 05,450;
sein crwehltcs oder von andern zugeführtes und eingeschwatz-
tes Unglück (der ehegatte). ehe eines weibes 389 ; leider sucht
er uns nur auch öfters gef^lrbles glas für edelsteine und
witzige antithesen für gesunden verstand einzuschwatzen. Les-
siNC 7,12; der, welcher uns jede zärtliche emplindung für
sein einträgliches pastorat oder dergleichen lieber für heiligeji
eifer um die sache potles eiiisrhwatzen möchte. 10,130; wer
wollte einem raschen knaben, weil er dann und wann noch
füllt, den gäugeUyagen wieder einschwätzen? 10, 2S9. vgl.
aufschwatzen, ausschwatzen.
EINSCHWATZEN, sich ins geschwdtt, in die rede einmengen,
daran betheiligen: kameraden, ihr habt viel von euren aben-
teuern gekosel, die zum llieil wundersellsam genug klingen,
doch will mich bedüiiken, der wein h;ilie zuweilen mit ein-
geschwal/.!. Mlsaeus 5, 101.
EINSCHWÄTZEH, m. persua$or.
289 EINSCHWÄTZERIN — EINSEGNEN
EINSEGNUNG — EINSEHEN
290
EINSCHWÄTZERIN, f. persuastüx.
EINSCHWÄTZIG, qui persuadet, blandus: auch warumb soll
anders das holdselig weiblich geschlecht also . . . liebäugiig,
einschwetzig, milt, nett, glatt, schön und zart erschaffen sein?
Garg. 66'.
EINSCHWEBEN, impendere, imminere, herein, einher schwe-
ben, nnl. inzweven. mhd. in sweben : da der vater sinen sun
gebirt in dem inresten gründe, da bat ein insweben disiu
natftre. Ecrdart 65, 5, vgl. ahd. suepen, pisuepen, etnicare
(Graff 6, 856). bei Campe und denen, die ihn ausschreiben,
steht ein falsches einschweben, sopire, das nirgend vorhanden
ist und aus misverstandnem ahd. insueban = intsueban, mhd.
entsweben hcrvorgieng, vgl. entschweben, ausschweben, ver-
schweben.
EINSCHWEFELN, sulphure infieere, dän. indsTOvle, schwefeln.
EINSCHWEIFEN, involrere, einwinden, alln. sreipa, jcAip.
insvepa, dän. indsvöbe, doch mehr gefolgert nach dem Iransiliten
ausschweifen 1, 965, als im lebenden Sprachgebrauch aufzu-
weisen, s. das folgende und Umschweifen, umherschweifen.
EINSCHWEIFUNG, f einlenkung : nach diesen aus und ein-
schwcifungen ward per decretum festgesetzt. Hippel 8, 229.
EINSCHWEINEN, tabescere, wie ausschweinen.
EINSCHWEINLNG, f. tabes, phtbisis: so macht das keck-
silber ein geschwer an der lungen, davon dan inschwinung
kompt. Seitz histseuche s. 21.
EINSCHWELGEN, glutire, heluari, nnl. inzwelgen.
EINSCHWEM.MEN, flumine invehere: holz einschwemmen.
EINSCHWENKEN, inlorquere: das beer schwenkt ein;
schwenkt ein ! ; Seidlitz liesz seine schwadronen einschwenken.
(VON Camtz) thaten der reulerei in den feldzügen Friedrich IL
theil 1 s. 66 ; links einschwenken, oeuvres de Frederic le yr.
30, 302. gegensatz abschwenken.
EINSCHWEREN, inulcerare, mhd. swem, nnl. inzweren, es
ist tief eingeschworen, het is tot op het been ingezworen.
EINSCHWEREN, onerare, ingravare, beschweren, mhd. swa&-
ren : wildbret einschweren, steine, gewichte darauf legen.
ScHMELLEB 3,546; kraut im fasse einschweren; weintröstern
durch ein eisern gatter gereitert, in bedungen eingeschwert
und wasser daran gegossen, gibt gute glauren (lauer, lal.
lora.) HoHBERG 1, 133'.
EINSCHWIMMEN, innare, innatare. Stieler 1979, nnl. in-
zwemmen : ich bin eingeschwommen ; die enten schwimmen ein.
E1.NSCHWI.NDEN, tabescere, altenuari, dän. indsvinde:
wie eingeschwuriden. schleclit gewebter ehrgeizl
illweavd ambiiiou, how mach art ibou sliruuk!
Henry W. 1.5,4;
tritt Yon der erde in den leeren aether, hier schwebe und
siehe sie zu einem fliegenden gebirge einschwinden. J. P.
Hesp. 2, 249 ; ach, herr hofmedicus, ich schwinde lästerlich
ein. 4, 151 ; die (sortes) von Cäre werden erwähnt, wenn sich
mit ihnen das wunderzeichen zutrug, dasz sie einschwan-
den. NiEBCHR 1,566; ein Jahrhundert schwand ein vor den
gigantischen jahrmillionen. wunderb, gesellsch. 6*1 ; gaben (der
neuen heiviat) ihren namen Engelland, während dagegen der
Angelname auf der halbinsel einschwand. Dahlh. dän. gesch.
1, 16. vgl. schwinden, verschwinden.
EINSCHWINGEN, involare, insilire, dän. indsvinge : die
Vögel schwingen ein, lassen sich rasch nieder; der reiter schwang
sich ein [in den saltel, auf das pferd).
EINSCHWÖREN, sich ins amt, ins armenrecht einschwören.
EINSECHTIG, s. einzechtig.
EINSECRELN, s. einsäckeln.
EINSEELE.N, animam indere, wie beseelen. Stieleb 1992;
diese drei dinge sind dem samenkom von der natur eingeseelt,
eingegeisterl und eingekörpert Czepko ein/, zum heil, dreieck. ms.
EINSEGELN, appellere, nnl. inzeilen, dän. seile ind: in
die Elbe einsegeln.
EINSEGNEN, consecrare, benedictionem impertiri, einweihen,
nnl. inzegenen.
1) kinder, sterbende einsegnen; verlobte, eheleute einseg-
nen: sie sind schon eingesegnet;
solch einen enget
otin alle mangel
zum mädctien haben,
(1.18 hiesz ein mädcben haben? —
beiszt eingesegnet sein, und weih und hausstand haben.
Lkssing 1, 17;
soll Ich der mönche fromme brüderschafl hieher
berufen, dasz sie nach der kircbe altera brauch
das seelenamt verwalte und mit beilgem lied
riir ewgen ruh einsegne den begrabeoen! Schiller 513*.
Ui.
2) sich einsegnen, precari, sich segnen, den segen über sich
sprechen: nach allen Verrichtungen können die dienstmägde in
gottes namen in ihre kammer gehn, sich abziehen, das licht,
wo sie eines mit bekommen, fleiszig auslöschen und sich her-
nach bedächtltth einsegnen, nicht mit den kleidern in das bette
fallen, wie die faulen lendlosen mägde zu thun pflegen, unierr.
an hausmägde 35.
3) die kirche, das neue haus, das fest u. s. w. einsegnen:
der hausvater nimpt ein kelch mit wein in die band und segnet
den sabbath ein. Frank weltb. 145.
EINSEGNUNG, f benedictio: die einsegnung des priesters
kann bedeuten sowol die von ihm ausgetheilte als empfangne.
EINSEHEN, nnl. inzien, schw. inse, dän. indsee, lat. pro-
videre (s. einsehend),
1) insptcere, ich will das buch erst einsehen, meAr als an-
sehen; ich habe die stelle wiederholt eingesehen und sie
lautet ganz anders ; nach eingesehenem briefe. Götbe 18, 68.
2) introspicere, einblicken:
tief zu andren sehen ein.
ihme selbsien fremde sein,
taug mit nicbien. Logao 3,210;
dies waren die gedanken,
wenn du in satans lisi und tiefen eingesehen.
Christ. Crtphics poet. icälder 2, 191. •
3) perspicere, intelligere: darumb hie einzusehen ist, dasz
wir leute aufziehen, weil wir kunten, und doch das unser
thun für unser nachkomen. LüThers br. 2,491;
schilt nicht den unbestand der guter,
du siehst dein eigen herz nicht ein,
veränderlich sind die gemüier,
so musten auch die dinge sein. Gellert 1,89;
woher ist dies gebäud entstanden*
ist auszer ihm wol jemand noch vorhanden,
'der es gemacht? ich sehs nicht ein. 1, 150;
dn bist vergnügt, dich liebet dein Mäcen,
wer weisz wie er die menschen einzusehn? Hageoobx 1,79;
E. hatte auf seinen reisen die gemüter der menschen voll-
kommen einsehen gelernt. Rabeneb "2,44; einsehen, als höherer
grad zu dem vorstellen, wahrnehmen, kennen, erkennen, ver-
stehen, etwas durch die Vernunft erkennen und einsehen.
Kant 1, 393 ; da ich zur moral nichts weiter brauche, als dasz
sich freiheit doch wenigstens denken lasse, ohne nöthig zu
haben sie weiter einzusehen. 2, 25 ; ich kann diese erschei-
nung als eine einfache erfahrung niemals durch Zergliederung
auf eine andere bringen und sie daher wol erkennen, aber
nicht einsehen. 3, 108 ; die Wahrheit der aufgestellten behaup-
tungen vermag ich gar nicht einzusehen ;
sie haben recht, sie müssen, dasz sie können,
was sie zu müssen eingesehn, hat mich
mit schauernder bewuqderung durchdrungen. Schiller 279*.
4) attendere, animadvertere, providere, wer einen fehler wahr-
nimmt, bemerkt, ist auch in der läge ihn anzumerken, xu rügen
und zu ahnden : der himmel wird schon einsehen, es an-
sehen, einschreiten und rächen, s. das folgende.
EINSEHEN, n.
1) inspeclio, das einsehen des briefs, buchs, der betreffen-
den stelle, auch der einblick in eine sacke:
ihr (icei6er) steigt ja sonst nicht gern, wenn rnSnoer folgen
wollen,
damit nur diese nicht ein einsehn kriegen sollen.
Gö.MUEB 828.
feie es im frechen scherze heiszt, wenn sich eine zu hoch auf-
hebt, oder wenn einer den hintern «eist: 'ihr herren, habt
ein einsehen !'
2) intelligentia : er hat nicht genug einsehen, gewöhnlicher
sagt man aber heute einsieht, einsichten.
3) animadversio, nota, rüge: es wird auch noch ein anders
einsehen über sie kernen, das sie die frembden so unfreund-
lich hielten, weish. Sal. 19, 14 d. i. sie sollen darauf ange-
sehen, gestraß werden ; damit i. k. maj. mit klagen verschonet
seien und bleiben möchten und zu ernstem einseben nicht
ursach bekämen, quellenschr. zur gesch. Schlesiens 2, 78.
4) in dieser letzten bedeutung erscheint gern die genitiv form:
das die notdurft erfoddern wolt mit wolzeitigem bedenken ein-
sehens zu thun, damit solchem schreiben und lere, so zu aufrur
dienen soll, furkommen werde. Luthers br. 2,335; gebür im
insehens zu haben, wie und wer zu hirtcn gewelet werde. Schadk
pasq. 2,20; dasz gott im liiinmcl dercnwegen ein einsehens
haben sollen. Heinbaro Werth. deduct. 1, 247 ; bat er selbs ein
einsehens darüber haben wollen. Zi!(kcr. apophtk. 5, 22 ; ein ein-
sehens haben. Ifland dram. werke 3, 98. gerade so heiszt es ein
19
291
EINSEHEND — EINSEN
EINSENDEN — EINSETZEN
292
Sehens (1,458), ein aufsehens (1,734), ein aufbcl)ens (1,687), an-
ein gefailens und in vielen ähnlichen fällen ein lachens, prah-
lens, Stechens, Schreibens, wie schon oben sp. 133 angemerkt
u-urde. es isl noch unermiltell tcovon solche -ns abhängen, die
ettcan auf ahd. -nnes zurücJigehen ; der unbestimmte arlikel kann
sie nicht veranlassen, vielleicht scheint die ellipse eines subst.
anzunehmen, aber welches? vgl. auch ein leids thun fcei GSthe
1, 184, wo das nicht leides, acc. n.
EINSEHEND, intelligens, prudens = proridens, einsichtig:
das volk ist nicht allemal einsehend genug einen unterschied
zwischen dem lehrer und seinen lehren zu machen. RAnEXER
1, 102 ; ein einsehender lichter. 3, 60 ; ein weniger vernünftiger
und einsehender mann. 3, 208. 248 ; ein einsehender und schätz-
barer mann. Kant 2, 573; weiches zu thun Hume viel zu ein-
sehend war. 3, 185 ; der aufmerksame und einsehende reisende.
10, 39. heule ungebräuchlich, s. nachsehend, scharfsehend.
EINSEHER, m. inspeclor: einsäher, der ein ding fleiszig
besieht. MäalerIOO'; ein einseher, Superintendent, episcopos,
landshauptman und Oberhaupt. Garg. 269'. s. aufsehen
EINSEHUNG, f. inspectio, animadversio : du wollest i. maj.
solchs mit unterthenigkeit anzeigen und i. maj. darauf unter-
theniglich bitten, den dingen nochmals einsehung zu thun.
Luther 1, 134' ; derhalben wol hochnötig diese fleiszige ein-
sehung zu thun. Augsb. conf. bei Luther 6, 369' und im corp.
docir. ehr. 21.
EINSEICHEN, Iptio eonspergere. Stieler 1998.
EINSEIFEN, sapone inungere, nd. insfipen, nnl. inzeepen,
schw. insäpa, ddn. indsäbe: der hart war nur halb eingeseift.
EINSEILEN, illaqueare: der wird sie wol einem andern
teufel einseilen. Zinkgr. 380, 2.
ELNSEIN für inne sein, wie einhaben ßr inne haben: ich
bin es ein, bin es inne, habe es mir leiblich oder geistig ganz
angeeignet; ich war es ein, totus in Ulis eram; er sah so
lang zu, bis er es ein war. auf diesen in Oberhessen gang-
baren ausdruck macht schon Christian Heinrich Schmid auf-
merksam im Journal von und für Deutschland 1792 s. 53*.
EINSEITIG, fiov67t?.Evoos, nnl. eenzijdig, sehw. ensidig,
1) una tantum parle declivis: einseitiges dach, einhängig.
einseitige kopfschmerzen, die nur eine seile angreifen.
2) in der rechtssprache unilaleralis : einseitiger vertrag,
durch den sich blosz ein Iheil verbindet etwas zu leisten.
3) non ab omni parte ponderans: Vielseitigkeit bereitet
eigentlich nur das element vor, worin der einseitige wirken
kann, dem eben jetzt räum genug gegeben ist. Göthe 21,50;
einseitiges urtheil, einseiliger bericlit ; jeder einseitige Vortrag,
er sei noch so vollständig, noch so methodisch gefaszt, kommt
uns traurig und steif vor. 86, 211 ; alle einseitigen abrichtungs-
künste des menschengeschlechts. Pestalozzi 3,95; alles ein-
seitige übergewicht einer einzelnen kraft führt zur aufgedun-
senheit ihrer ansprüche. 13, 5. s. allseitig, vielseitig.
EINSEITIGKEIT, f Judicium non salis accuratum. Stieler
2003: ja es ist jelzo die zeit der einseitigkeiten. wol dem,
der es begreift. Göthe 21, 50.
EINSEITS, ex una parte, gebildet wie anderseits, fehlerhaft
schreibt Rompler s. 169 einsseits, andersscits.
EINSEN, unius, d. i. alicujus, für eines, taucht hin und wieder
in alemannischer gegend, ainsen in bairischer auf und fordert
beachtung. die älteste bisher wahrgenommne stelle begegnet in
Murners Verdeutschung der inslituten, Basel 1519 4. bl. 23' : wer
ungewillig einsen vogtij getragen hat, den sol man nit zwin-
gen des selbigen sorger zu werden, dann in der Übersetzung
von I'etrarcht Iroslbüchern 1559 6/. 215': andere haben gesagt,
dasz das einsen vatterland allein sei, da im wol sei und
gern sei. in Fischarts Dominicus und Franciscus 15714. C3':
einsen bindcrnus ist des andern fürdernus; ebenda Hl':
ich meint, man soll aus einxcn ler
beweiten, das e« unfrrcchi wnr,
so leten sie solch »cbnacken zsnmen
und wollen draus ein ler verdammen.
zu einsen sondern gebrauch, strasxb.pol. ordn. a. 1C28 app. p. 42 ;
m Jon. L. Talitz ton Lichtensee kurzweiligem reitqespan. Wien
und Lucem 1617. 12 {auch ü/m 1655) «. 131 : als einsen haus-
fraw abends zu Sommerzeit, da der mann über fcld war, ein
wasserbad machte ; in Romplcrs ton Löwknhai.t gebüseh 1047
$. 6: zudem so gibt es einsen namen ein srbeinbares an-
sehen, wan er sich zeitlich von einer hohen faculiat schreibt;
endlich in Simplicitsimi ratslübel I'lulnnis 1683 cap. 15 t. 2U :
deine antwort erinnert mich an die antworl einsen meiner
beampten. in allen diesen schrißen und in andern kann es
noch öfter aufstoszen. bair. ainsen führt Schmeller 1,64
aus einem vocabular von 1618 und aus andern nicht näher
belegten stellen des 16. 17jfc. an. ihm entspricht auch kain-
8 e n nullius.
Diese einsen, ainsen gemahnen an unser dessen für
des, wessen für wes, deren für der, um so stärker, da
ihnen im schweizerischen dialcct einsi und dessi zur seile
stehen, wofür belege unter einsi folgen. Idszt sich dessi dem
uralten gothischen relativen j)izei oder dem {)izuh, einsi viel-
leicht dem ainishun vergleichen? man darf auch jenens für
jenes (Schm. 1,65) und dens für dessen {mundarten §.746.
748) anschlagen, der werlh dieser anomalien für die geschickte
unsrer spräche steigt, wenn wir auch die lat. unius, illius,
ejus, hujus, cujus, alius erwägen, deutungen des suffixes kämen
noch zu früh.
EINSENDEN, mittere, einschicken, nnl. inzenden, sdiw. in-
sända, dän. indsende : bericht, briefe, waaren einsenden, über-
senden, in den Zeitungen erscheinen täglich meidungen über-
schrieben 'eingesandt', zu bezeichnen, dasz sie nicht von der
redaction ausgehen; davon hat man einen undeutschen pl. auf
s gebildet: diese albernen eingesandts. Gutzkow ritter vom
geist 2, 353 ; darum so viele eingesandts in der zeitung. 3, 171.
EINSENDER, m. transmissor : der einsender hat sich nicht
genannt, gern ohne artikel: einsender versichert.
EINSENGEN, inustulare: die kohle hat ein loch in das
kleid eingesengt.
EINSENKEN, demitlere, schw. insänka : 1) einen zweig,
pfal, eine ranke einsenken ;
den anker hat der Noah eingesenkt. Opitz 3, 188;
und komm ich jemals wo dazu
die wurzeln einzusenken. Hückbrt 236;
also siehn hochwipfliche eichen der berge
eingesenkt mit groszen und weithin reicheniden wurzeln
Voss;
L. fuhr den weg über den noch blühenden gottesacker ein-
gesenkter tage. J. P. Tit. 3, 84.
2) todte, leichen, sarge einsenken, in die grüß senken :
willst du mich einsenken sehen ? Gottrr 3, 118,
3) das haupt, das äuge einsenken,
ein guoten köpf in schlaf einsenken. Friscrlin 116;
ihr ruhiges nur in fromme rührung eingesenktes äuge. J. P.
Hesp. 3, 187.
4) schrauben einsenken, einlassen,
5) figürlich,
wird ihre lugend nicht den kindern eingesenkt,
so ist es wie ein träum, an den man sehnlich denkt.
Flehimg 48;
und hat zu dieser glut den zunder eingcsenkct.
Günther 602;
so willen auch die zügellosen triebe,
die uns nniur mitleidig eingesenkt. \5i.
6) sich einsenken, versenken: wenn sein innerer, wie ein
cherub geflügelter mensch gerade die erlaubnis hatte, sich in
weiche phantasien einzusenken. J. P. llesp. 1, 250. s. senken,
absenken, verdenken.
EINSENKER, m. was absenker, ablegen
EI.NSER, m. für einer, wie man auch das f. eins bildete,
mit aufnähme der neutralßexion in das wort, einige schreiben
einzer: die vier tarokkOnige, unter denen noch dazu der lei-
dige einzer, nur mit drei tarokcn besetzt ihm entgegen drohcte.
Kl. Schmidt kam. dicht. 353; aber der regierungsadvocat, der
eben den einzer abtrumpfte, erinnerte u. s. w. 356.
EINSETZEISEN, n. eisenplalte zum einsetzen.
EINSETZEN, impoHcre, colhcare, ahd. insezan, nnl. inzetlen,
schw. insütla, ddn. indsütte, an einen ort, an eine stelle setzen.
1) den könig auf den thron, in das Innd, den priester,
richlcr in die würde, in das amt : aber ich habe meinen
könig eingesetzt auf meinen heiligen berg. ps. 2, 6 ; ich bin
eingesetzt von ewigkeit von anfang vor der erden, spr. Sal.
8,23; er setzt könige ab und wieder ein. Dan. 2,21; befahl
im seinen son in das königreich einzusetzen. 1 Macc. 6, 15 ;
denn ein iglicher hoherpriester wird eingesetzt zu opfern und
gaben. Ilebr. 8,2; eine Zeitlang wurden päbste und bischöfe
vom deutschen könig eingesetzt ; den boten einzusetzen soll
ein Stab gestellt werden, weisth. 2, 525.
2) den erwerber von grund und boden in das land einsetzen,
wie ursprünglich der besitz durch leibliches sitzen auf dem
grvndstück ergriffen wurde, ein volk wird in ein Linil, der
293
EINSETZEN
ELNSETZEN — EINSICHT
294
eigner in ein haus, in eine wohnung eingesetzt: und ich wil
euch wider einsetzen, da ihr vorhin wonetet. Ez. 36,11; und
»il sie wider einsetzen. Zach. 10, 6. vertriebne, verbannte
werden aufs neue eingesetzt, der vater setzt seinen söhn ins
erbe ein. man sa^l aber zu erben icie zu könig, zu richter
einsetzen :
also hast du dein volk einsetzend in ihr land
gesegnet und Termehret. Wkckhbrlix 160;
sie aber, fuhr sie fort, setzt ich hiermit zum erben
von allen meinen güiern ein. Gkilert 1, 155;
und setzte diesen freund, ders würdig war, zum erben
von zwanzig tausend ihalern ein. 1, 196.
aus deiner Schwester wird was schönes werden! der Junker
wird sie prellen, wies die leute immer machen: es ist eine
schände, dasz ihn dein vater so einsetzt (t» das vermügen).
Müllers Siegwarl 2, 267. auch der gläubiger wird in die guter
des Schuldners eingesetzt, einer in sein theil an der sache
eingesetzt.
3) einsetzen, gefangen setzen, einsperren, einstetken : darzu
hab ich auch allhie nichts gethan, das sie mich eingesetzt
haben. 1 Mos. 40, 15 ; diesen setzet ein in den kerker und
speiset in mit brot und wasser des trübsals. Ikön. 22,27;
legeten hende an sie und setzten sie ein bis auf morgen,
denn es war ilzt abend, apostelg. 4, 3 ;
ich werde
gefangen eingesetzt und frei erklärt
und ohne mir bewust zu sein, warum
ich beides werde. Schiller 299".
einsetzen kann auch bedeuten einlegen, zu sich ins bett legen,
sich beilegen, zulegen. Ha.ns Sachs singt in der icittenber-
gischen nachligall II. 1, S6*:
zu heiraten er {der pabst) verboten hat
mönich und pfalfen bei dem ban,
doch mögen sie wol huren hao,
frommen leuten ir kinder letzen
und frembde eheweiber einsetzen.
4) thiere einsetzen, einlegen, einschlieszen, in den käfich,
stall, koben, teich: ich verwunder mich hie mehr, dasz du
die Vögel also einsetzest, die doch weit und breit under dem
himmel, ihrem vatterlande flogen. Pelr. 5S*; die fiscbteiche
und Vögel einsetzen erfunden haben, was hat sie änderst
darzu beweget dann wollust, dann Schleckerei? 59";
und eben hab ich in den weiher
zwei lacbsforellen eingesetzt. Göci.ngk 1, 201 ;
ein schweinlein einsetzen, zur masl; gänse einsetzen, ein
pferd einsetzen bedeutet aber ansciiirren, einspannen:
so ich das ros einsetzen wil
do het es verlorn den aftersil. fastn. sp, 5C5, 35.
5) das thier setzt seine klauen ein, in die erde, das raub-
thier seine krallen in das fleisch; figürlich, so hat Nigritius,
der greif, bei uns seine krallen auch mit eingesetzt? causen-
macher 151. die zahne einsetzen wird sovool von gierig fres-
senden thieren als menschen gesagt:
halt einer wol gekämpft, der frasz auch nachmals frei
und salzte wacker ein, dasz zäbn und schwarte knackte.
Opitz 1, 101;
und trie der zahn eingesetzt wird, kann es auch heiszen dasz
er einsetzt : die zahne setzten ein, der zahn der zeit hat ein-
gesetzt nicht unähnlich ist die stimme einsetzen, oder blosz
'einsetzen', einfallen mit der stimme: es ist falsch eingesetzt
worden, vgl. ansetzen.
6) Sachen einsetzen, bäume, pflanzen einsetzen, .wie aus-
setzen, steine, edelsteine einsetzen in gold, in den ring, in
die kröne: künstlich stein su schneiten und einzusetzen, i Mos.
31,5; eddelslein schneiten und einsetzen. 33,33. thüren,
fensler, glas, Scheiben einsetzen: sie bawelen das schafthor
und setzten seine Ihür ein. läppen, stücklein ins tuch ein-
setzen, brot in den ofen einsetzen, metall zum schmelzen
in den tiegel einsetzen, häute einsetzen, zum gerben in die
grübe, die (verrenkte) Schulter wieder einsetzen, einrücken,
einrenken.
7) waaren einsetzen, merces servandas Iradere; geld ein-
setzen int glückspiel; ins lotto einsetzen; ein pfand einsetzen,
versetzen ; seine fahrende hab einem andern einsetzen. Frankf.
reform. II. 17, 14 ;
dein pfand das du mir set7C$t ein,
verscoeim die frist, so bleibt es mein.
ScaWAIZB.iaiKB 122, 2 ;
die zehrung bezahl vor mir,
oder setz mir den maniel ein. Wickram roUw. 8"*;
seine ehre einsetzen, verpfänden, einen demantring, welchen
die mutter unter der menge ihres gcschmeides nicht vermis-
sen konnte, zog sie von der band und setzte selbigen bei
ihm zum andenken ein. pol. slockf. 259. einsetzen heiszl
daher aufs spiel setzen, wagen: gut und blut fürs Vaterland
einsetzen; alle kraft einsetzen;
und setzet ihr nicht das leben ein,
nie wird euch das leben gewonnen s«in. Scbillir 330^
eini gegen das andere setzen: wenn ältere personen recht
pädagogisch verfahren wollten, so sollten sie einem jungen
manne etwas, was ihm freude macht, weder verbieten noch
verleiden, wenn sie nicht zu gleicher zeit ihm etwas anderes
dafür einzusetzen hätten. GOtue 25, 65. es frisch einsetzen
heiszl es tapfer wagen:
rüst euch, es kann nit änderst sein,
o ich wil es frisch setzen nein,
mich wehrn wie ein redlicher mann. Atrer 397'.
8) einsetzen, instituere, anordnen: ein acker einsetzen,
mancipare agrum. Dasypodics 319*; Christus hat das abend-
mal eingesetzt; die kirche hat die gelübde eingesetzt Gotteb
3, 66 ; nu sol und kan der gottlosen misbrauch gottes Ord-
nung und einsetzen (institutum) freilich nicht brechen noch
enderrk Li;tuer 3, 361* ; es sind allzuviel feiertage und be-
hörden eingesetzt ; so steig ich von meinem fürstensitz herab
und setze die tugend darauf ein. Klingeb 11, 297
9) sich einsetzen, in den tca^n, in das schif: dasz ich
gleich den besten reisebeschreibern einen hintern habe und
damit mich zu einer recht vernünftigen reise einsetzen kann.
J. P. teufelsp. 1, 1. sich fest setzen : je mee denn die verbil-
dung (einbildung) mit gedenken geübt und hin und har be-
wegt und gegerbt wirt, je fester und sterker sie sich insetzt
und tiefer gründet. Kebersberg eschengrüdel dö"; es ist von
menschen gesetzen und Ordnung also gemacht und hat sich
mit der zeit so tief eingesetzt, das man meinet, solch geist-
licher stand sei in der schrift gegründet. LtrrHER 1, 37o'; ein
könig wird auf tod und leben angeklagt, da kommen gedan-
ken in umlauf, Verhältnisse zur spräche, welche für ewig zu
beschwichtigen sich das königthum vor Jahrhunderten kräftig
eingesetzt hatte. Göthe 30, 272.
EINSETZER, m. l) institutor: vrie die wort laaten des ein-
setzers, das ist Christi. Lcthes 3, 413*.
2) ein dünnes, eingesetztes brel.
EINSETZLING, m. tiviradix.
EINSETZLÖFFEL, m.
EINSETZNAPF, m. Leipz. avant. 1,148.
EINSETZUNGSWORTE, verba institutionis.
EINS], unius, alicujus, die schweizerische form des alemanni-
schen einsen, zwar weder bei Stalder noch Tobler verzeichnet,
durch stellen bei Frisids und Maaleb hinlänglich gesichert:
mer dann einsi plus quam ttnius. Fbisiüs 1402*; sich nach und
nacli einschlöufen, sich durch geschwinde mittel zuschicken
und einsi gunst zu erlangen undierston, insinuare se. Frisics
70S', Maaler 126*; sich an einen ergeben oder in einsi ge-
walt kommen, tn jus ditionemque alicujus concedere. in einsi
meinung venvilligen, concedere in sententiam alterius. Frisios
275*. Maaler 219' ; einsi meinung sein, einsi meinung wissen,
aditipulari, scire sententiam alicujus. Maaleb 287*; volgen,
nach einsi willen thun. Fbisils 896*. Maaleb 472*; von uns
selbs, on einsi hilf thun, nosiro Marie. Fbisids 804', und ttoch
anderwärts, was hier anzugeben überflüssig wäre, wie nuH
dem einsen dessen, entspricht dem einsi dessi, z. 6. constat
de hac re, man ist dessi eins, constat inter omnes, wir sind
dessi all eins. Fbisils 315*. .Maaleb 100* ; neben dessi erscheint
aucA desse: atque id omitto, desse wil ich gesdivngen. Fbisils
133*. Maaleb 89'. es versteht sieh, dasz bei beiden auch die
gewöhnliche form eines und des vorkommt, man sollte nach-
spüren, in icelchem landstrich diese ausdrücke heute noch fortleben.
EINSICHT, f. intelligentia, Judicium, nnl. inzigt, schw. in-
sigt, dän. indsigt
1) der einblick: nach einsieht des briefs, der Verhandlun-
gen; die einsieht in ein thal, in eine gegend; der Genfer
see wird hier von den Walliser und Savoyer gebirgen eng
eingeschlossen, die steil herabgeben, die einsieht ins Wallis
ist ahndungsvoll und die Schweizerseite mit Weinbergen sorg-
fältig und fröhlich genützt. Götbe an fr. v. St. 1, 264 ; darauf
suchte sie die manuscnpte vor und vergönnte dem begierigen
19*
295
EINSICHTIG — ELNSIEDELSCH
EINSIEDEN— EINSINGEN
296
nicht nur einsieht davon, sondern auch abschrifl zu nehmen.
GöTUE 21, 1S9.
2) ein mann von bildung und einsieht, von reifer einsieht ;
mit tiefer einsieht begabt; er urtheilt nach bester einsieht;
aus mangel an einsieht urlheilte er falsch; nichts kann den
einsieliten nachtheiliger sein, als sogar blosze gedanken ver-
fälscht mitzulheilen. Kant 2, 563; deine gründlichen einsich-
ten in die bewirtschaftung und besonders in der Verbesserung
der feldgüter. Güthe 19, t47, mit wechselndetn casus.
3) man sagt einsieht nehmen und einsieht haben : habt also
einsiehten ! J. P. flegelj. f, 14.
ELNSICHTIG, ititelligens, prudetis: denn fremdes beurtheill
niemand, ehe er zu hause einsichtig ist. Göthe üO, 24 ; ein-
sichtige kunstliebe. 43, 318 ; durch Wissenschaft oder auch nur
durch erfahrung in die sache einsichtige münner zu rathe
ziehen. Garves übers, von Cic. de off. 1,113; ein recht ein-
sichtiger mensch.
EI.NSICHTLICH, intelligibilis, deutlich: und zwar sollte
dieser hohe gewinn einem jeden geistreichen menschen fühl-
bar und einsichtlieh sein. Göthe 44, 222.
EINSICHTVOLL, EINSICHTSVOLL, jenes schreibt Hagedorn
in der voirede zum ersten band s. xx, letzteres aber ist die
herschende form.
EINSICkERN, sensim cessare stillando, substillare: in den
sand einsickern, die nässe sickert ein ; nun bog sieh der
regenbogen eines heilern lebens über die einsickernde sünd-
flut herüber, welche bisher dem ehepaar schon bis an die
herzgrube gestiegen war. J.^ Siebenkäs 1, 150 (211). vyl. sintern,
sickern, Siegern, siefern.
ELNSIEBEN, cribrando indere: zucker einsieben.
EINSIEDEL, m. eremila, waldbruder, klausner, ahd. ein-
sidilo, mhd. einsidele, einsidel, gebildet wie lantsidilo, lant-
sidele : einsidel oder cleusner, heremila, anachoreta. voc. Iheul.
14S2 f7'; es begab sich einist, das ein einsidel besucht den
andern. Keisersberg s. d. m. lO'; wann die einsidel {für ein-
sideln) kunten die propheten all auswendig, ll'; und da er
lange weil im wald umbgangen was, zuletst sieht er über
sieh und ersieht ein einsidels (für einsideln) heusgin fast
eraltet. Aimon v4'; vermeint er wer ein heiliger einsidel.
z3'; gern, sprach der einsidel, ich wil mit euch teilen. l!ug-
schapler 1 ; so wil ich ein einsidel oder manch werden, buch
der liebe 273, 4 ; denn sie (die Türken) haben auch einsidel
und mönchen. Jonas bei Luther 6,46'/; man lieset in vitis
patrum von S. Antonio und etlichen andern groszen heiligen
einsideln. 6, 470'; des einsidels lied. Weckuerlin 843; Diü-
nysius der einsideL Opitz 1, 26 ;
also musz ich auch jetzt ab vom Rinaldo springen
und auT Angeiicam nun meine stimme bringen,
die ich gelassen hab, als sie Rinaldo llesz,
indessen aber gleich auf den elnsiedel stiesz.
WüRDERS Ariost 8, 29;
und der einsiedel sprach ihm also seinen segen. '15, 28.
noch im Simpl. cap. 6 — 12 der einsidel, allmälich aber wich
diese form der fortbildung einsiedler, und nur ausnahmsweise
bedient man sich noch der einfacheren, z. b. dann wies der
einsiedel Leonoren ein lager an. Tiecks Sternb. 1, 305.
EI.NSIEDELEI, f. tedes eremitae, klause, solitudo: einsie-
deleien. Gothe 44, 236. figürlich, eine gewisse einsiedelei seines
innern beschinnt er wacker durch eine gewisse unbelesenheit.
J. P. bücherschau 1, 109.
EiNSIEIlELICH, solilarius, für einsiedellich: die groszen
namen von irem heiligen ein^iddelichen leben haben. Lotiier
6, 153*.
ELNSiEDELICH, solilarie: aU laug wir bei einander seind,
to will ich nit einsidlich leben. Aimon B4'.
EINSIEDELISCH, dasselbe.
EINSIEDELLEßKN, n. vila solitaria: man list wol von etli-
chen, die in irer blüenden jugent ein einsidelleben an sich
genommen hnben. Keisersbergs predigen Augsb. 1508. 8*.
ELNSIEDKLN, tolilariam vitam agere:
einitiedetnd auf de» Ätna höhen haust
ein froinriier kj.iuvner, von uraltem her
der grei» gcn.-mat des bergt. Schillkr 608*;
•ie (ind unschuldig, der loll elntiedelnde vSter.
Luite ausg. l. h. $, 167 {
ja, tief dauerte mich, hültlof emsiedelnde, euer! «. IA8;
ein irAg elnuiedelnder nhu. Vo«« anderituio.
EINSIEnELSCIl, »ai elnuiedeliüch : also fürt er ein cin-
ai(lel»«li leben. KBisKtttBao Marie himtlfart 17'.
EINSIEDEN, 1) incoquere, einkochen: obst, kirschen ein-
sieden; brühe, suppe einsieden, dicker kochen; süsze Sachen
einsieden. Megerles Jurfas 1, 179; ledcr einsieden : eingesotten
leder. Garg. 117'.
2) inlr. incoqui, arescere:
su|>pc kocht und siedet ein,
braten will verbrennen. Götbk 1, 153.
EINSIEDLER, f7i. 1) eremila, wäre mhd. einsidelare, was nicht
vorkommt, schon Dasypodiüs 319', Henisch 846, 56 setzen dem
einsidel einsidler zur seile, und im Simpl. K. 59,6 erscheint,
im 18j'A. verdrängt es den alleren ausdruck;
viel einsiedler der gruft deckt die vergessung auch.
Klopstock 7, 18;
aber legte nicht der graue einsiedler Spener dem tiefern ein-
siedler (dem in einsamer grüß ruhenden fürsten) eine doppelle
Jugend (porlraite aus der Jugendzeit) auf die gesunkne brüst?
J. P. Tit. 2, 85.
2) in Baiern ein einsam liegender landbauer, s. einGder.
3) einsam hausende vögcl, käfer, krebse heiszen auch ein-
siedler, corvus eremila, turdus eremila, scarabaeus eremila,
Cancer parasUicus.
EINSIEDLERIN, f. klausnerin:
wen ihr erhobt, bcgeisiertci, oft sann der auf ein bündnis,
aber unl^son$t, ihr bliebt einsiedlerinnen. Klopstock 2, 20.
EINSIEDLERISCH, solUarius: der einsiedlerische vogel,
die eule;
unten am throne sasz einsiedlerisch, finster und traurig
seraph Abdiel Abadoniia. J/esvi(w 2, 627 ;
diese begriffe sind keine grillen einsiedlerischer weltbeschauer.
\ViEt.AND 7, 114 ; ob der mensch von natur ein geselliges oder
einsiedlerisches thier sei. Kant 10, 365 ; er hatte die fehler der
einsiedlerischen jugend. J. F. Tit. 1, 154.
EINSIEDLERLEBEN, n.
EINSIEFERN, exarescere, humorem amittere. Stieler 1653,
vgl. einsickern, nnl. inzijpen ist inslillare.
EI.NSIEGEL, m. Schweiz, isigel, zugäbe an fleisch, überhaupt
lästige Sache. Stalder 2, 321. 374. Tobler 423'. vermutlich
nichts als eine der vielen entstellungen des toortes ßr einge-
weide, eingeschlinge.
EINSIEGELN, sigillo indudere: geld einsiegeln, den brief,
die .^ehachlel.
EINSILBE, f. unica syllaba: die herzliche beredsamkeit,
wo eine einsilbe oft mehr gilt als ein prahlendes allerseits
nach stand und würden. Hippel Icbensl. 1, 324.
EINSILHICHT, monosyllabus : wenn du findest ein einsil-
biehles geijietswort (impcraliv), als zum cxempel trag dein
leiden, so denke nicht, dasz ich die apostrofe vergessen.
Nedmarks luslwäldchen vorrede;
miiu machet sich die lust aus diesem einirachtsglücke
einsilbicht, auch nur selten, kund. Hagedorn 2,38;
eben weil die prosodie keine einsilbichte füsze erkennet.
Lessing 9, 306.
EINSILBIG, dasselbe, adj. und ade. : ich erwarte ihren be-
fehl durch unser einsilbiges Lottchen. Rabener 6, 108 ; ihr
wollt, dasz ich mit dem stolz eurer triuniphatoren nur leise
und einsilbig von meinem siege reden soll. Klopstock 8, 196 ;
ein kalter einsilbigermann. 12,137; diese kalte einsilbige ver-
schbssenheit. Gotter 3, 9.
EINSILRIGKEIT, f.
EINSINGEN, dän. indsynge, 1) crebra cxereilatione cnnlare
discere: ein lied einsingen; wann sie (die sapphtschen gesänge)
nicht mit lebendigen stiintnen und in musicalisehe instrumeule
eingesungen (d. i. zu m. inslrumenlen gesungen) werden Opitz
poeterei 61; sich einsingen, sich in den gendinj einüben.
2) canendo tradere, inferre:
selbst dem düstcrghitigien tnrtarus
•ang seine (des Orjdieun) leler ergötzen ein.
VViLLAHow poel. sehr. 43;
wem könnt os da gelingen,
Terenzcns hoino sum dun siulzen beizubringen?
die musen verlören die müh es ihnen einzusingen.
WiKLANo4, 77;
•ie sangen dir in todespein,
sangen labungston dir ein. IUrdkr 3, 8S.
3) cantibus sopire:
er scbirtfi ' »o recht, ihr lufigon zarten jungen,
ihr hobt ihn treulich eingesungen! Görus 12,77;
Tom netkon imd vom ro^ensiock '
•Ost angehnuchet, eingesungen
von tautcnd hcimcheii. Gokinck 1,83;
meines weibcben«, diis den junfirn
eben iixt bat eiugesuugon. 2, 59 ;
297
EINSINKEN— EINSITZEN
EINSITZEN — EINSMALS
298
so werden weinende kinder toti der liebenden mutter zum
schlaf eingesungen. Tieck ges. nov. 4,268; fürsten, schon in
der wiege von huldigungen eingesungen. J. P. Fibel 115; als
endlich Chariton den Säugling mit einem wiegeniiede einsang.
Tit. 2, 54 ; Älbano bildete sich ein, mit diesen dithyramben
sei seine weinende seele ganz eingesungen. 3, 156. vgl. ein-
lullen, einwiegen.
EINSINKEN, labi, nnl. inzinken, schic. insjunka, ddn. in-
synke.
1) die sonne sinkt ein, berge sinken ein; o wenn abends die
sonne einsank, wie ein berg. J. P. Tit. 2, S6 ; bis die nacht ein-
sank (lierein sank) und ihre kühle verbreitete. Ardinghello 1, 11.
2) ins meer, in die flut einsinken, versinken ,• schifife sanken
ein ; dächer, häuser in die glut.
3) in den boden, in die erde niederstnien, niederfallen:
wenn einst ich lodi bin, wenn mein gebein zu staub
Ist eingesunken. Elopstock 1, 40;
ich sinke zu verwesen ein
und werde wieder erde. 7.261;
er zitterte, erblaszte und einsank (für sank ein). Pestalozzi
2, 361 ; vor ermuttung und schwäche er fast einsank. 2, 15 ;
ich sterbe vor hunger, sagte jetzt das kind, und wollte fast
einsinken. 3, 414 ; dieses bild seines lebens stand vor ihm,
als er am schrecklichen ort vor euch einsank. 2,363; der
vogt war fast athemlos und zum einsinken erschöpft. 2, 18 ;
bis zum einsinken ergriffen, sah ich nicht was um mich her
und mit mir vorgieng. 2, 240 ; meine zu weiche seele, die
schon unter drei frohen minuten einsinkt. J. P. Hesp. 2, 111.
41 seine äugen sanken ein; die eingesunkne wange. Götter
1, 169 ; seine kniee sanken ein ; er sank ein in die arme des
Schlafs.
5) der boden, die mauer, die wand, die Scheidewand sinkt
ein:
Jetzt oder nie. wir sind allein,
der eiikette bange Scheidewand
ist zwischen söhn und vater eingesunken. Schiller 255'.
EINSINKUNG, /". die einsinkungen der obersten erdrinde.
Kant 9. 30.
EINSINNIG, tinanimtis, Concors, einmütig: denn wir seind
sunst allenthalben gern einmütig und einsinnig. Melanciithon
sendbrief an einen karlheuser. Willenb. 1524. bl. 2 ; so wurden
sie mit einander einsinnig {eines sinnes). Salinde 122.
EINSINNIG, obslinalus, eigensinnig, auf einem sinn behar-
rend : da aber je diese einsinnige leut sich nicht hieran ver-
nügen wollen. Amadis, achtes buch. Frankf. 1573. vorr. an
den leser Al'.
EINSINNIGKEIT, f. obslinatio : wenn er von derselben sei-
ner einsinnigkeit abweiche und sich wiederum bekerele, werde
er beflnden und erkennen, ' das solchs aus einem löblichen
exempel viel heiliger veter beschche. Lctuer 2, 429*.
EINSINTERN, wie einsickern : in den schiffen sind brun-
nen, in welchen das einsinternde wasser sich sammelt. Forster.
EINSITTEN, usu venire, invalescere und Irans, novum morem
inducere: damit auch der catechismus dem gemeinen volke
sonderlich eingesiltet und bekannt werde, visilationsabsdiied
von 1541, bei Haltaus 301.
EINSITZEN, insidere, sedere loco.
1) der kranke musz einsitzen, kann nicht atisgehnf die
kindbetlerin sitzt ein, liegt im Wochenbett, vgl. einliegen; er
sitzt bestandig ein, ist ein Stubenhocker.
2) einsitzen, tcohnen : ich hör wol, wir sollen und müssen
einer ieglichen ein slüblin bawen, da sie einsäsz. Keisersb.
(pinnenn e5'; in der Stadt, im land einsitzen: das Thomas
nicht da (in Nümterg) einsasz. Lltiier 3,127'; umb gunsl
bitten dort einzusitzen. 3, 48 ; das gott den endchrist nicht
Widder einsitten lasse, br. 2, 169 ; jetzt bist du mein mann
und dessentwegen hab ich dich in die guter einsitzen lassen,
dasz du mir pariren solst. Weise erzn. 9. daher häufig ein-
gesessen, im land, gau, gerichl, im gut sesihaß, ansässig:
die eingesessenen des ambts und gogericbts. weislh. 3, 76 ;
Ton geburt und eitern ein ingesessener Teutscher. Pbilaxder
1,133; ihre colonie theilte also die Wohnungen wol nicht mit
volskischen eingesessenen. Niebürr 3, 275.
3) einsitzen, sich einsetzen, in den vagen, in das schif:
der wagen fährt vor, lasz uns einsitzen;
sie siizen ein, der wagen fleugt. Wieiand 17, lOS;
sitzet nur ein, und getrost vertraut mir den leib wie die seele.
GöTHK 40,303;
einen blinden passagier in den wageu einsitzen bssen; dasz
er wie unsinnig weglief, aufpackte, anschirrte, einsasz, fort-
jagte. J. P. Hesp. 4, 167. zu schif eingesessen, franz. Simpl.
1, 203. man sagt auch transitiv, den stuhl, den sessel ein-
sitzen, das kissen darauf platt drücken, vgl. durchsitzen.
4) einem einsitzen gilt von dem Vogelfänger, dem sich der
gelockte vogel auf die falle setzt:
ein Togler, dem die vogel einsitzen söllent.
^BADi pasq. 2, 138 ;
die kupplerin sagt von dem jüngling:
er ist sein tag von seinem haus
so weil nie als jetzt gllogen aus,
ist ein Jungs, unbesunnens kalb
und hat fürwar sein witz nit halb.
ach wenn mir der einsitzen soll,
}imb sein gelt ich ihm kaufen wolt
Fiordila, die schöne fraueu. AinKufastn.i*;
der geck mir gleich jetzt recht einsasz,
und eben wie dem hund das gras
sol ihm disz sein bulen bekommen. 85'.
ähnlich, wo das Wespennest einmal unserm reiche einsitzet
Weise freim. redner 73.
5) figürlich, nach 2, etniroAnen, insidere, festsitzen, sich fest-
setzen : got ist ein insitzen in sich selber. Eckbart 96, 33. 97, 1.
vgl. einstehen; und sol von nu anheben, wenn er (Christus)
einsitzt. Lcther 3., 1S8' ; so were der geist nicht eingesessen.
3, 49 ; wie man leider im bapstum gethan, und alles lassen
einreiszen, was der tcufel gewolt hat, und nu er eingesessen
ist, sich nicht wil lassen austreiben noch einiges stücklin
einreumen. 6, 150'; es ist das gesetz des bapstes zu tief ein-
gesessen, das wir die alten »schleuch und fasz nicht künnen
alle beseit thun. 2,99*; dieser artikel ist der heubtartikel,
und das er ja wol einsäsze, ist er gar durch viel capitel und
nahend durchs ganz geistlich recht imer an und angezogen.
1, 355' ; ein eingesessener magenschmerz. J. P. Fibel 44 ; ein-
gesessenes übel, malum inteteratum; eingesessene meinung,
opinio insita.
6) was meint einsitzen in folgender stelle?
redlichkeit, du must nicht messen
alle waar mit deiner ehie,
wirst sonst haben eingesessen,
dasz dir viel am facit fehle. Logac 2, 185,42.
EINSITZIG, unius sedis: einsitziger wagen; einsitzige Ver-
sion. J. P. 10, 154.
EINSMAL, aliquando, eine tadelhaße form, die sich bei
Götüe 40, 50 findet :
einsmal folgt er mir auch im Jülicher lande,
und leicht zu bessern in einsmals oder einmal, vielleicht nur
ein druckfehler ist, denn nachher heiszt es richtig
einmal lag ich versteckt. 40, 7S:
einmal trau ich, zum letztenmal noch. 40, 83.
der Verstoss scheint doch schoti all, denn auch im pers. rosen-
thal 1, 5. 8. 9. 2, 6. 32. Lokmans fab. 21. 22. 30 sieht einsmahl,
neben einmahls rosenth. 1, 1. 35 und öfterem einsmahls. s. einst-
mal.
EINSMALEN, z. b. in Stillisgs jugend 2, 45. Klixcebs Ih.
3, 288, gleich verwerflich, für einen malen, s. einstmalen.
EINSMALS, gen. von ein mal, mhd. eines mäles, bezeichnete
1) ursprünglich so viel als auf Einmal, mit einem mal, plötz-
lich, nach Maaler 100' einsmals, mit einanderen, als in eim
streich, in einer arbeit, de repente, tenore uno: das wirst du
hören nach und nach, ich kan es nit als einsmals sagen,
nicht alles auf einmal. Keisersb. omets 44"; wenn ich nit be-
scheidenheit hielt in dem predigen und wölt all tag zwo oder
dri predigen thun und min houpt einsmols überladen, so ver-
derbt ich mich, bilger 157*; das er ouch nit si ein fantast,
ein nerrescher bilger deren einer, die de on Vernunft und on
bescheidenheit einsmols in den dienst gottes bletschen. 16«' ;
das gemüt mag nicht zwei ding gedenken eins mals, als we-
nig ein ding mag sein dreieckecht und viereckecht. s. d. m.
U*; so er im doch die miteinander wol heilen möcht und ir
aller abkem eins mals. 8*; das wer ein lange weite materi,
icb kan es nicht alles eins mals ausrichten. 29*; da so vil
heuwschrecken waren in Egypten, do käme ein wind von
nidergang der sonnen und warf sie all eins mals in das
meer. 34' ; das seind fier blatem oder sfind, die du eins mals
thuest, du schneidest im sein eer ab, du Ouchest im, du
heiszest in böses thon und dreust im. 39' ; und üengen mit-
299
EINSMALS — EIN SO
ELNSOHLIG — EINSPÄNNER
300
einander einsmals ein jämmerlichs weinen an, da bort man
nichts anders denn o vatter, o tochter! buch der liebe 2iiO, 2;
er sagte, wie er viel einsmals (auf einmal) ausgericht, erst-
lich U.S.W. 213,4; die Persen ruckten desto heftiger auf die
ßiemmier dar, als ob sie sie wollen einsmals gefangen nera-
men. 220, 4 ; sibe da machte er sich einsmals (repente) auf
und lauft wie ein unsinniger dem aitar zu. 228,2; Laurette
sprach, nicht wollet einsmals also erschlagen sein, sondern
entdecket mir euwer anliegen. 240, 4 ; da sah er, dasz aus
einem wald aufwischten alle vögel, so darinnen waren, er
sprach, da iigt ein zeug verbürgen, das erkenn ich an den
vögeln, das sie einsmals aufwischen, schimpf und emsl 1555
cap. 52; dann ob schon er in der eil antwort fordert und
stell sich, als woll er einsmals auf der post zu der Hugo-
nolen predigten laufen, ist ihme doch nicht ernst. Fischart
bienenkorb 133' ; da ward ir plau vor den äugen, das hinderst
theil des hals warm, der rückgrat kalt, einsmals rotprecht.
Garg. 82' ; warlich, das kan jetzund so einsmals (so auf ein-
mal, so schnell) nicht sein. 236*;
ein man soll nicht ein Sturmwind sein,
der im baus einsmals als werf ein. ehz. 15;
soll nicht einsmals als wölln lemmcn,
sonder allgmach das bös hinncmmen. 16.
1« allen diesen beispielen enthält einsmals die wirkliche ein-
zahl, es kommt aber allmälich auszer gebrauch und wird durch
auf einmal, mit einem mal vertreten.
2) wie einmal in einmal gierig auch einsmals in einsmals
über und empfieng wiedemm den sinn von aliquando, quondam,
olim :
mhd. nü kam er eines mäles hin. Engelh. 5840.
nhd. die etwa nicht gleubten, da gott eins mals harret und
gedult hatte zu den zeiten Noe. 1 Petr. 3, 20 ;
einsmals darnach Unfalo sasz
in seinen gedanken. Teuerdank 29, 1;
einsmals da kam im das gescbrei. 90,4;
einsmals wolt er Je werden innen. H. Sachs IV. 3,59*;
einsmals gedacht er. zu probieren. Waldis 143';
ich hett einsmals ein nachbauren. ßocc. 1,15'; herr, ich wüst
nicht wohin einsmals. 1,16"; vcrhoffet auch einsmals reich zu
werden. Wickham rollw. 37 ; wie er einsmals die weinkanden
zu oft gelaret hett. Kirchhof wendunm. 114'; zog einsmals
ein junger Student nach Paris. 136'; dieselbig frau regt eins-
mals iren mann an geste zu laden. 211';
wann er gehet durcb ein ibor, duckt sich N;inus immer,
denn er sah sich einsmals grosz abends in den! Schimmer.
LocAU 2, 184, 39;
sie wetteten einsmals um eitlen thaler. Jucundiss. 133; eins-
mals bekam ich lust meine eitern zu besuchen. 135; eins-
mals sah meine mutier in den spiegel und fragte mich, ob
ich nicht eine schöne mutler hätte? Rabener 2,16; endlich
führte er mich einsmals lief im baine des Apollo in eine
grolle. WiEiAND 2, 15; hier geschah es einsmals, dasz sie von
einem ungewitier überrascht wurden. 3, 218 ; wie Daemonion,
den die göttin Dina einsmals bezauberte. 11,67; einsmals als
Eberhard den bcrg herunter kam und die untergehende sonne
betrachtete. Stii.lincs Jugend 5 ; einsmals war sie besonders
wül bei laune. Musaeus kindcrklapper 4;
da nnn begab sichs, dasz einsmals
ein lumpenliexchen auf den hals
in kell und banden sasz. ÜCrceb 24^;
einsniiils der k.iiser Konrad war
dem guten siadilein bosc. 25';
ein^maU ertiiieir der kleine held
das beiligthum der klösterlichen mauern.
Kl. Schmidt kom. dichlufigcn 54;
eiusmaU kam ein todler aus Mainz an dio iil'orte des bimmels.
Luise l,MH;
ich will den gedanken nur auf sich selbst beruhend hinstel-
len, duHz, wie einsmals, in viel spüterer zeit, der gesannnle
plebejische stand M. Manlius als seinen patron anerkannte,
>o in seiner ersten enUlehung die könige patrone der ge-
meinde waren. Nieduiib 1, 454. allein auch dieses einxmaU
weicht heule dem einmal oder dem einst, und iW oß in einst-
mals verderbt wurden, vgl. desmals, ehmals.
tl.N .SO, talii ? tuliler? sp. 123. 124 wurde so ein, so einer, nd.
»ün in dieser bedcutung aufgeführt, die Oslreichisclie volkspraehe
hat ein so, ein »o ein und, weil a, an für ein steht, nso,
die bairitche aiso und näselnd acsu, aeosu (Scum. 3,162.
183), die schweizerische eso, aso (Tobler 172'), auch die thü-
ringische, fränkische es 6, gleichsam verstärktes so, taliter
Schmeller ftndet den ausdruck schwer zu deuten und führt ihn auf
also zurück, wogegen doch jenes aenso und die folgenden formen
streiten: ein so ein geistlicher herr, wie ich bin, wird noch
um ein zwairing glaubn vermeritirn. Schwabe nmeH/uAz s. 54;
aber itze weis ich ihm dfeign, weil er ein so ist. s. 75. frei-
lich erscheint es daneben auch für taliter: ich hab die frau
bebamm um rath gfragt, weil mir nur seit dem erchtag, wie
ich bin vom kindtautsstritzl haim kumen, als woselbst die
gchrtist junfer auch präsent gwesn, ein so ist. «.56; dies nit
mit der zunipft (zunß) halten wölln und nur ein so in der
stille hairalich ins bandwerk pfuschen, wie die pönhasn. s. 67;
die sich ein so vermaschkerirt bahn, dasz mer gmaint, sei
einer mit guelen starken wadeln versechn. s. 103. es lästt
sich nicht bezweifeln, dasz man es hier für also nahm, wie
auch das persönliche ein so ausgelegt werden könnte ein sol-
cher, ein also beschaffener. Schmei.ler 183 bringt 'ain solch
ainer' bei, was jenem "ein so ein' ganz nahe tritt, das engl.
such ist nicht nur talis, sondern auch taliter, tali modo.
EINSOHLIG, EINSÖHLIG, unius soleae: cinsohlige schuhe.
ElNSÖHNEiN, reconciliare Rädlein 231*, bei Stieler 2057
einsönen insinuare, nd. insonen, insunen Störenbdrc 96":
bis dasz ich eingesehnct hab
mein frau mutier bei ihrem gemahl,
und wenn er herler wer als stahl,
wil ich doch nicht von im ubian,
bis er sie wieder niramet an. Atrer 288'.
steh mit aufwartung einsönen, benevolentiam alicujus bencßciis
allicere. Stieler. s. einsühnen und aussöhnen.
EINSOMMERN, aestati assuescere: wir sahen die Jahrszeiten
sich wälzen, wir sommerten und winterten uns gleichsam in
die well ein. Herder.
EINSÖMMEHN, niessem facere. Stieler 2060.
EINSPALEN, mcmbrum fractum reponere, einrenken, eigent-,
lieh nur armum, denn spale ist das it. spalla, franz. epaule,
lat. spatula, OTiad'Tj: die beinbrüch sollen gebunden werden
alle tag zweimal und nicht eingespalet, sonder mit den eisenen
ringen, die auf die schrauf gestellt werden, die zu beschrei-
ben hie nicht endeckt mag werden. Paracelsus chir. sehr.
49' ; denn so das glid recht eingespalet wirt und in der tem-
peralur behalten, so heilets der mumia des glides ehe. zu,
dann allen kreutern möglich ist. 347'.
EINSPÄNEN, beim pressen der tuche die späne einlegen.
EINSPANNEN, nnl. inspanuen, schw. inspänna.
1) equos, boves jüngere, anspannen: die kleine liesz ein-
spannen und fuhr über land. Güthe 21, 143; zugvieh ein-
spaimen;
der soldat zäumt ab, der bauer spannt ein,
cb mans denkt wirds wieder das alte sein.
SciiiLLKR 329*;
an ihrem Iriumphwagen, vor welchem sonst mehrere truple
eingespannt waren. J. P. uns. löge 1, 170. figürlich,
und kunt si in recht einspannen,
als ander trauen tuon iren mannen, fastn. sp. 327, lö;
loser, das du nicht gedenkst, dasz ich in der reimenschmiede
immer älwa tag für tag, sonst in nichts nicht mich erii).ude,
wisse, dasz mich mein bei-uf eingespannt in andre schranken.
LouAU 3, 147,59;
icb habe der naiur zwar niemals trotz geboten
und spanne meine vers in keine ressehi ein.
CuKisT. .GRTPUiuspoct. Wälder 1, 375;
weil ihre herschenssucbt in gar zu enge schranken eingespun-
net wäre. Lohenstein Arm. 2, 1294 ; weil der bischof in der
Stadt Neisse den lutherischen gottesdiensl druckte, auch sehr
enge cinspannele. LucÄ denkw. 357 ; sich in eine enge freund-
schaft mit den lästern einspannen. Butscbky kamt. 883 ;
ihr, ihr, dort auszen in der wolt,
die naseo eingespannt! Schiller 12'.',
eingezogen, nicht so hochgelragen, nicht so aufgeworfen !
2) extendere, aufspannen: tuch, leinwaod in rahmen ein-
spannen.
3) einen bach, llusz, tcich durch schliesxung der schleusten
einspannen, einschränken.
EINSPÄNNER, m. einspänner, junctor, der fuhrknethl. hen-
nebergisch auch benennung einer hure, die die männer gleieh-
sam einspannt? s. die vorhin aus fastn. sp. ii', lü angefüJirl«
stelle, iider soll es nur ausdrücken geringe, gemeint dtrntt
Fhumman.-^s deutsche mundarten 3, 139.
301
EINSPÄNNER — EINSPERREN
EINSPICKEN — EINSPITZEN
302
EINSPÄNNER, m. einspänner, currus unijugtis, dann der
mit einem solchen icagen fahrende fuhrniann, geringer fuhr-
mann. halbbauer.
EINSPÄNNIG, unius spiihamae, palmi, einer spanne gross ?
80 soltu es nit so grosz achten an einem schiitzbruch, als
Aber an einem einspännigen brach. Würtz practica 243.
ECSSPÄ.NNIG, gregarius, ein einspenniger knecht, das ist
ein gemeiner kriegsmann, nit groszes ansehens oder nammens.
Frisiüs 614*. Maaler 100*; das ir unserm getrewen Hansen
Milegk den seid wie andern cinspennigen knechten . . . aus-
richtet und bezalet. Chmel urk. Maximilians s. 8 (a. 1493);
in der weil ist mein gn. herr enwegk gezogen und (sind) mir
die ainspanigen allain fünfzehn guldin reinisch aufgeschlagen
und die fueszknecht neun guldin reinisch. s. 32S (o. 1509J;,
die einspennigen und die so unter yier gerust pferd haben.
reichsabsch. von 1507 §. 4; einspännige knecht. landfr. von
1521. 15; Cicero, aus den einspennigen, geringes reuterstands
geboren, ist durch treffenliche kiin?te und ehr bis zum bur-
germeislerampt kommen. Petr. 115*;
bin da ein einspenniger knecht. H. Sachs IV. 2, 33';
am hof ist ein einiäpenniger knecht,
hat mir abkauft vor dem ein pferd. äyrer 1S5*;
marschalk, kämerling- und einspennig,
auch kanjerboten nit gar wenig. Thurxeisser archidoxa 33;
mein herr vor den drommetern auch drei einspänniger reiten
hatt. ScBWEixicHEN 1, 357 ; den dritten tag schickten i. f. gn.
mir von Heidelberg einen einspänniger. 1,166; und lieszen
(i. kf. gn.) einen einspänniger mit mir reiten. 1,167; jedoch
ritten fünf einspenniger mit mir. 1,181; als bitten wir, sie
wollen bei unserm hofe die einkehr belieben und bei Über-
bringern dessen, unserem einspänniger, den tag dero ankunft
sicherlich hinterbringen lassen. Bctschsy kanzl. 513; unter-
dessen hielt ein einspänniger und wartete auf schleunige ab-
fertigung. Weise kl. leute 15. im IS jh. stirbt das irort aus.
die stellen lehren, dass ein einzelner reiler oder marställer zu
verstehen sei, der sum geleit mit gegeben wurde und bestel-
lungen ausrichtete, einspännig {allmälich auch substantivisch
einspänniger) hiesz er, Keil ihm nur ein pferd zustand, an
sich sollte einspännig nur auf einen fuhrmann gehen, scheint
aber von dem einzelnen reiter insgemein zu gelten, vgl. ein-
schildig, das gleichfalls gregarius übersetzte, heute gilt ein-
spännig von vagen, die nur mit einem zugthier bespannt sind,
einspännig fahren, bildlich auch von einschläferigen betten;
einspännige liebe sagt i. P. Hesp. 1,212.
EiNSPÄNNN.\DEL, f. zum festigen der eingespannten zeuge.
EINSPEICHERN, was aufspeichern, nnl. inspijkeren.
EI.NSPEIEN, inspuere, nnl. inspuwen, inspugen: ich will
ihrer freilich auch nicht sparn und fewer zu ihn einspeien
wie ein drach. Albercs wider Jörg Witzeln K3';
o herzliebe tochier. ausschlag
solo>^ danken aus dem herzen dein,
welche dir speit der teufe! ein. H. Sachs IV. 3, 14*;
in den sand einspeien, s. einspitzen.
EINSPEIUNG. /■. die böse einspeiung des teafels ziehet eine
böse gemüthsneigung nach sich. Hohberc 3, 120'.
El.NSPEEZIG heiszen ähren, an denen die kömer nur ein-
zeln in einer hülse sitzen, einspelziger balg, gluma univalris.
ELNSPERREN, includere, das ahd. insperran == intsperran
ist umgekehrt recludere, aperire.
1) menschen einsperren, kriegsgefangne, wahnsinnige, unar-
tige kinder einsperren ; der mensch war vom nehelgewölke
auf die erde eingesperrt und geschieden vom bimmel. J. P.
Hesp. 2,248.
2) thiere in kefiche, stalle einsperren.
3) Städte einsperren, einschlietzen : worauf sie eine landung
thaten, sich meister vom felde machten und die Stadt mit
einer dreifachen mauer einsperreten. Heiljianxs Thucydides
132; auf diese art wart Platäa eingespcrret. 273.
4) figürlich, weil die gelegenheit zu dieser arbeit nicht mehr
in 80 engen schranken eingespcrret gewesen. Olearics vorr.
xur pers. reisebeschr. ; die einschränkung, in welcher die thä-
tigen und forschenden kräfte des menschen eingesperrt sind.
Göthe 16, 14 ; sie sagte ihm, wie weh ihr bisher diese tief in
ihre seele eingesperrten fragen gethan. J. P. Hesp. 2, 209.
5) sich einsperren, sie sperrt sich den ganzen tag in ihre
Stabe ein ;
mein sehwester und all ihr geferten,
die sich zu dir ind statt nein sperien. Atiir386';
zwischen dieser erhabenen arbeit (der stadt), in die sich die
menschen mit ihrem kleinen leben nisten, sperren sich auch
deine kleinen tage ein. J. P. Hesp. 2, 24.
EINSPICKEN', infigere, inserere: dasz er zwischen drei
reiter allezeit einen Charaaver oder Friesen zu fusze ein-
spickte, welche von unten zu den römischen pferden oder
reitern gleichsam unvermerkt den kurzen degen in leib stieszen.
Lobensteix Arm. 2, 252 ; zwischen alle diese häufen waren
noch cretische schützen und balearische schleuderer einge-
spickt, welche die ersten und besten in der weit sind. 2, 1184.
EINSPICKNARDISIEREN, mit spica nardi wolriechend ma-
cJien: (die ehefrau). henkt järlichs ir kleider in die merzen-
sonn, salzt das getüch ein, lavandelierts und einspicknardisierts.
Garg. 74'.
EINSPIELEN, dan. indspille. 1) gleichsam alludere: das tolle
tibi dictum in Horaz ist nimm es auf oder zu herzen, was in
einen ganz andern ideenkreis einspielt. Wolfs analecten 1, 192.
2) ludendo introdueere : wil Rom durch ihn {Varus) in unser
Vaterland der \\'armen länder alischeuliche laster einspielen?
Lohenst. Armin. 1, IS ; kurz darauf fühlte er sich (sibi) eine
gewisse, aber ihm ganz fremde bewegung in sein herze ein-
spielen. 2, 44.
3) sich einspielen, ludendo irrepere, insinuari:
nein, nein! soll dieses gelten,
die allerbeste kunst zu tilgen und zn schelten,
wodurch sich damcn sonst fein spielen ein, mit list
bezaubern einen sinn, der sonst noch hatte Trist?
LoGAü 2, 37, 11;
fumemlich aber hatte die sich in die heftigste liebe am ersten ein-
zuspielen gewohnte eifersucht ihm fürgebildet t^. s. w. Lohexst.
2,131; sintemal die Ursache eines aufruhrs zuerst eine klei-
nigkeit wäre, hernach aber spielten sich wichtige sachen mit
ein. 2, 989 ; weil N.N. sich, bei des hcrren vatern unabhelf-
lich ersehenen unpäszlichkeit, in diese amtstelle eingespielt.
Bi;tschkv kanzl. 638;
er dachte, wie er sich bei ihr,
der Witwen, möchte mit manier
einspielen ohn verweilen. CA?iiTz224;
in ihren äugen brennt ein lieblich lodernd feuer
und spielt electrisch sich in seinen busen ein.
WiKLA^D 23, 237.
4) sich einüben: die uhr soll sich erst einspielen, hat sich
noch nicht eingespielt; tüchtige mitglieder, die sich in kurzer
zeit in einander einspielten und einsprachen. Göthe 31,18;
die oper ist noch nicht recht eingespielt.
EINSPILLEN, in der bienenzueht. die körbe einspillen, mit
honig speisen, füttern, geil und fruchtbar machen, scheint dem
gegensalz des abspillens, ermattens verwandt. $. spille.
EINSPINNEN, sehw. inspinna, dän. indspinde,
1) nendo implieare: dem flachs, in den flachs haare ein-
spinnen.
2) filis involvere: die spinne hat die fliege völlig einge-
sponnen, bildlich, ich musz erst ein paar monate geschrie-
ben haben, bis ich den leser so eingesponnen habe, dasz ich
ihn werfen kann, wie ich nur will. J. P. uns. löge 8 ;
als ich es mit ihr begonnen
und ihr netz mich eiugesponnen,
wenn sie manchen kus mir lieh,
ob sie liebte, wüst ich nie. R(:ccrrt 107.
3) sich einspinnen, filis invohi: die raupe, der seidenwurm
spinnt sich ein, um in edlerer gestalt aufzufliegen; der
abend halte sich schon in schatten und nebel eingespon-
nen. J. P. Hesp. 1, 21 ; diese blumenlose, gleichsam in die seide
des fliegenden sommers sich einspinnende erde. 4, 127 ; Alban
spann sich tief in seine sonntagsträume ein. Tit. 2,75; weil
jeder, wenn es nur halb practicahel ist, sich gern mit der
Schwester seines freundes einspinnt in eine chrysalide. 1,132.
EINSPITZEN, 1) gleichsam acuminare, heule blosz spitzen:
die ahle, nadel, den Stachel einspitzen.
2) sich einspitzen : {Maria ist des christlichen heers spitze,
euimen aciei) also inspftzen und inrichten sich alle Iieiligen
nnd alle ongel in den spitz Mariam. Keisersberc bilger 34*;
also das der mensch mit siner betrachtung durch sin ver-
stentnus und Vernunft ie höher uf gat und sich inspiizet ie
me und ie höher in sin vemunft uf Iribet zu got. 8t*; wenn
das het die art der verstentnus an ir, ie me man sich in-
spitzt durch Vernunft, ie luterer, ie heiterer, ie scherpfer, ie
höher si würd. ebenda.
EINSPITZEN, EINSPCTZEN, inspuere, obruere sputis. She-
LER 2083. wetterauisch einspeizen.
303
EINSPITZIJNG — EINSPRECHEN
EINSPRECHEN — EINSPRUCH
304
EINSPITZUNG, f. acutninalio, acumen: die sint schedlich ir
eignen sele, dasz sie den anmut irer sele stumpfen und abbre-
cben die inspitzung der Vernunft in gott. Keisersb. bilger 155*.
EINSPORNEN, calcaribus indere : der sich bemühte seinem
pferde neuen muth einzuspornen. Tieck nov. kr. 1, 4.
EINSPHACH, EINSPUACHE, unam lanltim linguam loquens,
was mhd. einspi-aeche zu lauten hätte: er wurde gefragt, was
er kö.nte? seine antwort war, 'ich rede meine sprachen, latein,
französisch, italienisch, spanisch und böhmisch', . . . sähe aus,
wie einer dems ins dach regnet, der obrisl antwortet ihm,
'die atzein können auch schwätzen, aber die losen vügel auch
sonst nichts anders als das geld vertragen', und damit hatte
der gute keri seine abferligung. hätte er alier darneben auch
puiver schmecken können und auf den uothrali die band mit
an den degen zu legen getraut, welches viel (Einsprach er
geschwind lernen, so wäre er bei diesem heim willkommer
gewesen, wann er gleich ein par sprachen weniger gekönt.
Simpl. Iculscher Michel cap. 2 s. 682.
EINSPRACHE, f. 1) inspiratio, eingebung : hat uns gott
versprochen, uns ihre (der religion) lehren durch eine unmit-
telbare einspräche einzuflöszen? Gellert 5,80; eine nicht
ganz unvernehraliche einspräche, dasz ich getrost sein, dasz
ich aus diesem vorfalle muth schöpfen und nicht immer in
kummer versinken sollte. 8, lOS. vgl. Gellerts leben von Cramer
*. 99. nnl. ik neig bei" cor, daark op gods inspraak wacht;
oaar de inspraak van bei geweten.
2) interpellalto, einspruch, widersprach : Gracchus bat den
Octavius seine einspräche zurückzunehmen. Beckers wellg. 3, SS ;
ich erhielt die einspräche früher als ihr alle. Tieck Cev. 1, 192.
EINSPRECHE.N, nnl. inspreken,
1) mhd. invilare in se, in domum: got ist bi allen den, die
in lockent und in in nement und in in sprechent. EcKH.^RT
102, 30 ; dd sol si wider in gen in des valers vernunftikeit,
da si in also himelischer art ist ingesprochen. 212, 3.
2) nhd. intr. diverlere, einkehren, gleichsam einen in seinem
hause begrüszen, da anreden, grüszen auch ein besuchen ist.
diese hübsche, der hd. mundarl eigenlhütnliche redensart ist
$chon bei Opitz zu finden, der irgendwo sagt: als ich bei
meiner freunde einem im durchreisen einsprach ;
verschmähl
mein hütilein nicht zu angenehmer ruh,
sprecht auf ein feur und warmes fuszlind eini
GiiTPHilis 1, 635;
ich musz auch bei dem grafen noch einsprechen. Lessing
2,132; die herren befanden sich auf dem rückwege und weil
68 zum abendessen noch zu früh war, so schlug der braune
vor, ein viertelstündchen im rathskeller einzusprechen. Siegfr.
von Lindenberg 2, 19 ; die vielen menschen, die theils zum be-
suche, theils geschäftswegen einspiachen. Götiie 18, 282 ; ge-
bildete reisende sprechen ein. 29, 90 ; wo eine cavaliersgnade
einspricht, kommt mein bürgerliches vergnügen in gar keine
rechoung. Schiller 182';
nun fiigie sichs, dasz drei bojarcnkindcr
die der verfulgung ihres czars entnohn,
bei meinem herro zu Sambor eiiigcsjirochen. 003';
sprechen sie doch einmal bei mir ein! sprechen sie bald wieder
ein ! ähnlich sind vorsprechen und zusprechen, doch streng
genommen unterschieden: der einsprechende tritt in das haus,
der vorsprechende bleibt vor dem haus an der Ihür, der zu-
sprechende nimmt etwas zu sich, sjieise oder waare.
3) einem einsprechen, eingeben, wie einspräche 1: da; von
ftjen In wirt gesprociien, da; ist ein grob ding, sprich ü;
herfi;! da; ist, bevint da; diz in dir ist. Eckhart 2ü7, 20;
du soll war nenien was got dir einspricht. Keisersbehc; gol
zeucht etwan einen menschen durch bich selber, on all mit-
tel, mit einem innerlichen einsprechen, predigen**; nil wider-
stand seioem einsprechen innerlich, nit stiausz dich wider
seine emianungea. seelenpar. 94'. häufiger, einem zusprechen,
IrOstend einßöizen: ich sjtrach ihm trost ein; sie wollen mir
Siels einen muth einsprechen. GKLLEiir ...; ein krieKsmann
bat 80 sich Selbsten nicht viel kräfte, wo man ihm nicht ein
herz in den leib einspricht, fers, baumg. 1,33; einem geduld
einsprechen. Gotte* 1,252; doch sprach er ihnen muth ein.
GOtre 19, 219.
4) dazwischen reden .-
wahrend <l<!r vatcr vcr^iitigi »nm nilii'.'r .ilnii.liifnfrhon
raucht, und eio won eio»|inch von ^ l in -itukiit und der
zoituii> . Luis, I, 57.'! ;
aber dasz du so unnütz einsprachst, so uubesunoeo, werde
ich dir nicht vergessen. Tieck ges. nov. 4,208.
5) inlei-pellare, contradicere, einspräche thun:
einsprachen da die sieben brüder.
gar traurig sprachen sie drein. IIkkobh 8, IS;
herr, antwortete der edle
feldherr, mir isis unerträglich,
dasz ein mann, der in den kleidern
wo! oinecken, aber keines
tropfen bluis blutllecken hat,
dasz der mann vom feldziehn sprechen,
und dem könig und dein fehllierrn
unverschämt einsprechen darf. Cid xli ;
allein hiegegen sprach der gemeinderath ein. Dablmanm fr.
rev. 450.
0) intercedere, zu eines gunslen einsprechen: als durch
einen gewissen halbgeschmack die lustige person vertrieben
ward, und obgleich geistreiche köpfe für sie einsprachen, den-
noch weichen muste. Götiie 20, 195.
7) einem einsprechen, versprechen ist unüblich:
drum sprachen sie ihm auch mit wareti ^vürten ein,
als goties irewein knechi ihm künftig irew zu sein.
Opitz 4, 300,
8) sich einsprechen, s. einspielen 4.
EINSPRECHER, m. inlerj.cllator, coniradictor.
EINSPRECIiUNG, f. inspiratio, was einspräche: die christ-
liche kirch aus einsprechung des heil, geistes. reichsabsch.
von 1530 §. 38; das die christliche kirche aus einsprechung
des heiligen geists und guten Ursachen geordent habe. Luther
5, 290*; evangelia und einsprechung des heiligen geists machen
sie [die papislen) zweierlei, ebenda.
EIISSPRENGEN, einspringen machen, dän. indspränge,
1) aqua aspergere, linnen, wasche einsprengen.
2) sale aspergere, fleisch einsprengen.
3) minulim inserere: eingesprengtes erz; eingesprengtes
eisen. Kosmos 1, 135.
4) frangere, disrumpere: felsen mit puiver einsprengen.
5) was heiszt eingesprengtes tuch? Schweisiche.n 3, 78.
meliertes, gesprenkeltes (wie dan. graat indsprängt kladc) ? oder
gewässertes, decaliertes (decali)?
6) das wild einsprengen, was einschrecken.
7) intransitiv, mit dem pferde einsprengen, irruere in hostem.
ELNSPRIESZEN, inolescere: gras zwischen dein gestein,
moos am dach eingesprossen.
EINSPRINGE.N, insilire, nnl. inspringen,
1) der hengst springt ein, bespringt die stute. nd. inspringen,
anfangen zu galoppieren. Stürenucrg 96*.
2) das thier ist eingesprungen, ,in die gestellte falle.
3) in haus, slube, wagen oder schif einspringen : er sprang
schnell ein ins haus; darauf grif man das schif mit solchem
ernst an, dasz wir uns unterstunden ein jeder zuerst ein-
zuspringen, denn es die kiiegsordnung bei denen mallesein
also vermag, dasz der erste so einspringt, zehen krönen be-
käme. JoH. .Mich. Heberer orfer pfälzischer Robinson. 1, 148.
4) die feder in der uhr springt ein, springt nicht ein.
5) eine frage springt quer ein, s. querfrage.
6) ein glas, eine scheibe springt ein, rumpitur, frangilur;
das glas ist eingesprungen, hat einen sprang; die wand, luauer
ist daumenweil eingesprungen.
EINSPRITZEN, KINSPRCTZEN, injicerc, schw. inspruta, ddu.
indspröite,
1) Wasser, öl, salbe einspritzen,
2) einen einspritzen damit, das ohr, die kehle einspritzen.
3| leinwand, wüsche einspritzen, einsprengen.
EINSPRITZIJ.NG, f. ctysler. figürlich, die metallische ein-
spritzung mit geld preste die ädern auseinander. J. P. Fibel 4S ;
nach der metallischen einspritzung seines beuteis. jubets. 21.
Ei.NSPIiOSSEN, was einsprieszen, einwachsen : da faren sie
(Christi glieder) wie die unüberwindlichen beiden, in ihrem
gott verhaft und eingesproszt, ein geist mit gott, ihimcnu
fort. Frank paradoxa 8*.
EINSPRUCH, m.
1) nach einsprechen 2 einkehr, besuch: der wirt hat viel
einspruch, zusprach, es kehren viele bei ihm ein; lief zu mei-
nem bcichtvater, dem ich schon lange einen einspruch ver-
sprochen. IIamamh an Jarobi 4, 3, 22t.
2) tnterpellalio, obloeutio, einspräche:
wie, du verlobcut dich schon luin zwciienmall dasi nicht der
ernte
brAuilgam bei dem altar sich teig« mit hindermlnra einnpruch !
(ioTHK Kl, 33.'*:
warum unmöglich? sie wollen doch nicht einspruch thun?
TiecK 14, 295 ; hUlle Fingerling nicht einspruch gethan, der
305
EINSPRÜDELN — EINST
EINST
306
gute Berthold wäre mit zu dem bilde gezogen. Ab-mm kro-
nenrc. 1, 1S9.
EINSPRÜDELN, 1) imbullire: eine reine quelle sprudelte
in den trog ein ; der wein sprudelt ein.
2) transitiv, Champagner, den er nicht eingosz, sondern
einsprudeite. Hippel lebensl. 1, 352.
EINSPRUNG, m. actus insiliendi: wie der blitz nur beim
einsprung und beim absprung zerschmettert J. P. freiheilsb.
116; ein fortlaufendes poem mit einsprüngen und episoden.
Herder 13, 30 ; die ihiergürten haben einspränge im zäun für
das wild. Döbel 1, 121.
EINSPRÜSSIG, tom hirsch, der nur Anen sprossen am ge-
veih hat. Adelcsc gibt einsprüsselig von sprüssel.
EINSPÜNDE-N, obturare: das späniein wieder in den spalt,
wie es ausgeschnitten worden, eindrucken und einspünden.
BcTSCHKY Palm. 576; woher diese kälte, worin die menschen,
wie die erdschnecken im froste, in ihrem gehäuse sich ein-
spünden? J. P. friedenspr. 29.
EINSSINNS, itllo modo, aliquo modo, wie keins sinns, nullo
modo, nuUalenus. s. einigessinns.
EINST, semel, aliquando. da für beide begriffe das geni-
tivisehe eines und die Zusammensetzung einmal bestand, so
war es überflusz noch dazu ein scheinbar superlativisches einest,
einst zu bilden, das alln. adv. einasta drückt solum, unice,
nicht semel aus. inzwischen weist schon ahd. N. einest semel,
neheinfst nunquam au/" (jromni. 3, 227. GraffI, 327| «nd niÄd.
schwanken beide formen (mhd. wb. 1, 420'), Nib. lOOS, 2 liest
Lachm. noch einst, Holzm. 1077, 2 noch eines, im reim steht
einest : kleinest i. b. Ls. 1, 3S4 ; zu diesem einest könn'.e die
analogie von crest und änderest verleitet haben, in der Schwei-
zersprache begegnet einist, anderist, zweinist, keinist, müngist,
einist über anderist, einist wie anderist; in der bairischen
ainest, aest (Schm. l, 05), unsere spräche überhaupt pflegt auch
in andern fällen bald t dem s hinzuzufügen, bald abzustreifen,
auch engl, mundartlich und altengl. onste ßr once, ones.
Wie dem sei, bei Keisersberc herscht noch volles einist,
einest und fast nur im bilger taucht eines auf, in Luthers
bibel, die einmal begünstigt, zeigen sich einest, einst und eines :
werdet irs noch einest thun. Seh. 13, 21 ; ich habe einst ge-
schworen, ps. 89, 36 ; gehe noch eins hin. Hos. 3, 1. auch in
seinen übrigen schrißen wechseln einest und einst, atlmdlich
erlangte überall die letzte, gekürzte wortgestalt die Oberhand.
I) semel. also auch ist es mit den eeleuten, so nit mee
dan ein böser regen oder hader under sie kumpt, das sie
einist mit einander hadern, so hond die darnach kein guten
tag miteinander nimmer mer, sie seien loch wie jung, wie
hübsch sie wollen. Keisersb. 5. d. m. 42'; die zum jar nur
einist beichten, brösaml. 6t*; Erasrao wil ich nicht ursach
geben ichts wider mich fürzunemen, und ob er einst oder
zwier an mich setzte, wil ichs im zu gut halten. Lcther
2, 269'; wenn er einst oder zwei {wie sp. 231 einmal oder zwei)
Tennanet ist. 8, 174' ; o du edler ritler, du bist heiliger den
die mutter gottes selber, dan si hat Christum nur einest ge-
tragen, du wirst in nun vürhin alle tag tragen din laben lang.
Plater 41 ; ich wolt eins lugen, was ir theten. Schade pasq.
2,73; ich sitz hie und zel mein gelt einst, das.; ir zürnt
aber einst. 77;
man wuosch es ainest in dem jar. ring 34% 30;
ein kau den mäsen gern nocli gat,
wann sie einst angebissen bat. BRi.tT 33, 4S;
gar kura ein wund wider genist,
die me dan einst uf gbrocnen ist. 84, 13;
ein freund, der einst deo glauben bricht,
dem stellt man furder keinen glauben. Waldis Esop 22*.
dies alles kann allmälich später nur durch einmal ausgedrückt
werden, die jüngsten beispiele des allein stehenden einst =■
semel treffen sich wol bei Bbocies:
so überlegt einst die bescbaffenheit. 1,147;
mein, sage mir doch einst. 1, 415.
hinter noch und nicht hielt sich einst etwas länger: so
kann auch ein cardinal, wenn er noch einst so gelert were,
irren. Luther 1,132'; da sprach er, ist es gottes wille, und
sind deine wort war, so sprich es noch einest. 6, 502' ; sage
ich noch einst. 8, 157';
mir gnüget, wenn ich nur noch einst die lelche schau.
G«TPHiDs Verl. gesp. 46;
der einsiedel wolle nicht einst (ne quidem) nach ihm fragen.
pers. rosenth. 1, 31 ; ja es auch nicht einst an sich merken
will. Lokmans fabeln 3C; die äugen stehen ihnen manchmal
lU.
so voll Wasser, dasz sie ihren Jesum nicht einst erkennen
können. Scriver 1,537; wir sorgen für das zeitliche, auf das
ewige aber wird nicht einst gedacht. Bltscbky Palm. 345; in
Sachen unsere Seligkeit betretfende lassen sie es dahin schlen-
tem und denken nicht einst an gottes wort. 461. heute noch
einmal, nicht einmal, blosz in der geschdftsspraehe lassen sich
zuweilen solche noch einst, nicht einst vernehmen.
2) aliquando, olim, Vergangenheit : ich hab darnach gelesen
Ton Piatone, der was einist bei den leuten {in der weit auf
reisen), und iedennan sagt Ton seltsamen dingen, die er in
den anderen landen hett gesehen. Keisersberc s. d. m. 5';
also sasz einer einist bei dem wein, der sprach, es ist kein
hell, kein tüfel, noch kein seel, was die pfaffen sagen, das
ist alles erlogen, die seel stirbt mit dem leib. 9*; ich lag
einist ein nacht in einem closter, da gieng ich im garten.
10'; es begab sich einist, das ein einsidel besucht den an-
dern. lO' ; einer sasz einisl in eim wirtshaus spilen und ver-
lor vTas er bette. 20* ; dasselb kind was dem vatter lieb und
einist da gieng es im nicht nach seinem sinn. 21'; ein erber
man thet seinen sun zu einem Schulmeister und kam einist
und fragt in wie er sich anliesz. 25* ; dise zwen vers schreib
Augustinus über seinen tisch und einist aszen vil bischöf bei
im, die bei er geladen. 27'; es ward emer einist gefraget,
wie es kern, das er alt wer ze hof worden? da antwurt er,
ich hab mich geduckt und hab gelacht, das hat gemacht, das
ich zu hof alt bin worden. 31'; das selb brüderlin ... gieng
einest zu einem brunnen, wolt wasser schöpfen. 43"; und
begab sich einist, das der künig hinweg was. brüsamlin 52*;
wiltu disen {hut der gedult) koufen, so wise ich dich uf den
jormerkt, von dem ich einest geprediget hab. bilger 61*; wir
lesen doch einest was ein armer man. 176'; einist sprach
man einem herr, und seinen sünen den jungen junkheren,
wa ist der junkher? ietz, so sie alt und graw seind, so musz
man inen junkherr sprechen, wa ist der junkher? du magst
wol ein alter herr, ein alter narr sein, brüsamlin 51* ;
mir ofnet einest eine ir gaden. fastn. 259, 26;
sie eilt, bis sie gar spat einst ein berberge nimbt
in einem baus, allda Urunell eleich auch hinkümpu
WtRDiRs Ar. 3, 75 ;
wie mit der katzen es sich oflermals begiebet,
als ihr mit ihrer maus zu scherzen einst beliebet.
4,22;
die nachtigall sang einst mit vieler kunst. GKLLitTl.SQ;
ein zeisig wars und eine nachtigall,
die einst zu gleicher zeit vor Dämons fenster biengen. 1,41
einst machte durch sein ganzes land
ein könig den befehl bekannt. 1,75;
einst sasz sie mit dem mann zu tische. 1, 83;
ein kluger mahler in Athen
liesz einen kenner einst den Mars im bilde sehn. 1,135;
so sag ichs euch und jedem ins gesiebt,
dasz ich einst einen hund hei Haag gesehen habe. 1, 157;
die nachtigall sang einst ihr göttliches gedieht,
zu sehn, ob es die menschen fühlten. 1,217;
ich genosz einst, o ihr todten, es mit euch. Klopstoci;
einst war ein schönes weib, genannt
Lucreiia die keusche. Gotter 1,32;
jener lorbeer wand sich einst um hülfe. Schill«« 21';
einst hatt ich einen schönen träum. Götbk 12, 215.
Gellert sieht noch einst dem einmal, Göthe schon einmal
dem einst i-ory zwischen ein und zweisilbigem wort zu wählen
ist den dichtem willkommen, sie könnten, was sie nicht mehr
thun, neben einst auch einest gebrauchen.
3) olim, zukunß:
wenn einst ich todt bin, frennd, so besinge mich!
Klopstock;
da sollst du einst den namen, wenig
fubreten ihn, des gerechten fuhren I derselbe;
nur der himmelsfunke lodert
einst, geläutert, zur verberlichiuig. Börgck 15';
schwankend zwischen jetzt und einst. RCcksrt 21S.
dereinst und dermaleinst verwenden wir heule mehr von künf-
tiger als von vergangner zeit, dereinst hätte keinen sinn,
wenn es nicht aus dermaleinst entsprungen wäre, wie schon
sp. 266 unter eins angegeben ist, es steht ßr das volle der
male einst {temporum aliquando) == der tage einst [dierum
aliquando), was auch in dertagcinst hätte zusammengezogen
werden können; in dem voranstehenden 'der' liegt nichts unorga-
nisches, es ist der richtige gen. pl. des pronomens. die formen
dermaleinst, dermaleins sind aber wollautender und noUiwendig
älter als dereinst, dereins, die das mal unterdrücken, wie um-
20
307 EINSTÄBEN — EINSTANDSRECIIT
EINSTANDSZEIT — EINSTECKEN
308
gedreht in mal ßr einmal das ein unterdrückt wird, der
häufige gebrauch solcher adi: führte verschmelzende kürzungen
herbei, auf eine oder die andere weise, vgl. einander.
EliSSTABEN, bei den Inhgerbern, das leder warm gar ma-
chen, von dunkler wunel, vielleicht für einstauen.
EINSTALLEN, stabulo recipere, collocart, ddn. indstolde,
vgl. mlat. installare, frani. installer:
dasz alsdann der Trühling einstall,
wann der scliuee von den bergen fall.
Fischart grottm. 2S,
nach le printemps est, lors que lea nciges tomheut des monts,
aber viel lebendiger, der einziehende, eiureilcnde frühling stallt
seine rosse ein;
ibr, ihr ein|;estallien ihiere,
h.iiicht ihhi [dem neitgebornen kind) warmen aihem zu,
dasz es keine kälte rühre. Fleming 296:
als Christus eingestallt die mutter angelacht.
ScuLTgTU.s 6« LK.s!<i.-4e 8, 2C6;
danimb liesz er in aller stille sein pferd einstallen und sich
sein schiaflager zeigen, pol. colica 324; so gieng er selbsten,
nachdem er sein pferd in einen gasthof eingeslallet, heraus
auf die gasse. trrj;. der liebe 419;
wie du gern die krieger schmähest,
beiige lempel selbst entweihest,
res und krieger ein dort stallest.
TiicK get. nov. 10, 288.
vgl. einstellen 1.
EINSTAMMELN, s. ausstammeln.
EINSTÄMMIG, unistirpis, aus iinem stamm: einstämmiges
holz, einstämmige bulken.
EINSTAMPFEN, inculcarc, solidare, nnl. instampen, schw.
instampa, dän. indstampe.
1) Irans, einen pfal einstampfen, kraut einstampfen, pfeffer
einstampfen {sloszen); bücher einstampfen, zerstampfen;
ja seinen Racine einstampfen in schmutz, den keiner im stand
zu erreichen. Platkn 316".
2) intr. das pferd stampft in den boden ein ; Zesara, in
den sand emstampfend und fluchend. J. P. Tit. 2, 115.
EINSTAND, m. l) inlroitus, inilium, eintritt, antritt und
dann was beim feierlichen eintritt in den dienst, in das amt,
zur aufnähme in einen verein gegeben und entrichtet wird, ein
Irunk, ein schmaus oder eine geldabgabe^ seinen einstand geben
oder setzen; der einstand kam ihn hoch zu stehen; wann
gibst du deinen einstand?; 'du Hans, geh, lauf und bring
ihm (dem in dienst genommncn jungen) den libcreirock und
leg ihm den bernhäuter an und lauf du mir nit damit davon'
darauf liesz er einen streichen und sagte 'diesen schenk ich'
dir zum einstand, schieb ihn ein, dasz er nicht schimmle,
so gilt er übers jähr sieben groschen.' franz. Simpl. 1, 4G ;
nachdem wir nun beide den einstand gnug angesofTen. 1,47;
die bildhauerkunst hatte mir gleich mit der peitsche einen
freundlichen einstand gegeben. WiELAnns Lucian 1, 13; ich
hielt für Schuldigkeit, selbst mit aufupferung meines gefühls
diesem treflichen kreise von menschen meinen einstand ab-
zutragen. GüTHE 20, 40 ; ungeachtet alles wolwollens gelangte
ich doch nicht ohne einstand zur sachc. 24, 200 ; der gedanke an
einem fremden orte zu Winterszeit einstand [lehrgeld) geben
zu müssen machte mich nicht trübe. 2S, 43; so hatte ich auch
vom leben manche kleine Unannehmlichkeiten, wie man denn,
wenn man den ort verändert und in neue Verhältnisse tritt,
immer einstand geben musz. 25, 54 ; hier schick ich einige
gedrängte blätter als nacbricht von dem einstände, den ich
hier gegeben. 28, 25; wir freuten uns beide daran, als an
dem einstand unserer Verbindung. 28, 72. vgi. abstand.
2) sponsio, praeslalio fidei, der einstand für etwas; auch
einstand für einen Soldaten, s. einsteher.
3) im deutsehen recht relraclus, der einstand. HoiniERc
3,1,31*; ob der Verkäufer ohne irrung, Zuspruch und ein-
stand seiner freunde und verwandten zu alieniercn macht
habe, daselbst i. 13.
41 stand im gleichgetoickl, von der wage. ScBM. 8, 644. f. ein-
stehen S.
EINSTANDMÄDCHEN, n. schweix. einslandmeitli, das mäh-
rend krankheil oder sonstiger enlbehrung der eigentlichen magd
in den dienst einsieht.
EINSTANDMAHL. n. coena aditialis. Denzier 00*.
EINSTANDSHECHT, n. }us retrar4us, näherrecht, vorkauf,
das recht der blulsfreunde in die bedingungcn des yeschlus-
senen Verkaufs eines grundslücks einzustehen und et dafür an
$i€k SM nrAmen. Hohhkro 1, 17. man nennt auch lo das geld,
welches der Stellvertreter im kriegsdienst, der einsteher zu be-
ziehen hat.
EINSTANDSZEIT, f., binnen, welclier eingestanden werden
musz.
EINSTÄNKEHN, foelore inficere, mit gestank erfüllen: die
Stube mit tabaksdatnpf.
EINSTAPFEN, infigere pedes, nnl. instappen.
EINSTATT, f. siehe egerte oben sp. 34, einhof, einüd.
EINSTÄUBEN, pulvere conspergere, einpudern: anstatt des
zeither gebrauchten haarstaubs, stäubete die fürstin Ada ihr
haar mit gemalenem golde ein. Lohe.hst. Arm. 2,83; weil
man es (das kleine haus des sarges) täglich durch verklei-
nerndes einstäuben geräumiger einrichtet für einen neuen gast
von wurm. J. P. Fibel hi; ihr seht aus wie ein junger schöner
kerl, der rolhe backen halte, wenn er nicht von mehl ein-
gestäubt wäre. Arni.1i schalt. 2, 99; das kurn einstäuben.
s. einkleiben, einstieben.
EINSTECHBOGE, m. der buchdruckern zur richtschnur dient.
EINSTECHEN, infigere, praet. stach ein, schw. insticka, dän.
indstikke,
1) löcher einstechen, in leder, papier, holz; zeichen, buch-
staben einstechen in die haut, tatouer.
2) die erde einstechen, einschaufeln.
3) die nadel, den draht einstechen, tief ins fleisch ein-
stechen ;
der Walfisch vom h.iken eingestochen
läszt sich mJt einem naciieii zichn. Opitz 4, 365.
4) intr. incidere, pungerc: einstächends neuw, wenn der
mon nit scheint, silens luna. Maaler 127*. vgl. stächend
pungcns 383*, weil die mondsichel sich zu zeigen, mit den hör-
nern zu stechen beginnt, daher luna cornuta = nova.
5) in die see stechen, vcla in allum dare.
EINSTECHOBT, m. nennen Schuhmacher einen stächet, eine
ahle (cuspis) zum einstechen und nähen der lederstücke, s. ort.
EINSTECKEN, praet. steckte ein, immiltere, nnl. insteken.
1) condere, den degen, das schwert einstecken, auch mit
ausgelassenem acc. blosz einstecken: du kannst ruhig wieder
einstecken; und sol alles fleisch erfaren, das ich der herr
mein schwert hab aus seiner scheiden gezogen und sol nicht
wieder eingesteckt werden. Es. 21,5;
und ch die zwen einsieckien gar,
da palget dort ein ander par. H. Sachs I, 506';
er reiszt den degen aus der scheide,
und o, was kann verwegner sein,
kurz, er besieht die spitz und schneide,
und steckt ihn langsam wieder ein. Grli.irt 1, 62.
das luch einstecken, in die lasche; steine auflesen und ein-
stecken; das buch zumachen und einstecken; brot einstecken
und sich auf die reise machen ; geld und geschenke ein-
slecken; wer wäre so eigennützig, um das geschenk eines
ganzen himinels einzustecken? J. P. Hesp. 1,114; habe sonst
kein kind mehr, wünsch mir auch keins mehr, das mädel
ist just so recht, mein ganzes vaterherz einzustecken. Schil-
ler 209'; die diebe stecken ein.
2) früher auch für insererc, einsetzen, reponere, von edel-
sleinen :
vil cdele gesieine
liej er stecken al dar in,
die alsani .siernen soldun sin
und mit gelilchte brunnen. pass. K. 2S0, 7.
3) conjicere in carcerem : er liesz ihn alsbald einstecken,
gefangen setzen; gleich bin ich ein ketzer und werde einge-
steckt. GöTHB 8, 176 ; wer den bruder einstecken läszt, gibt
pantomimisch zu verstehen, dasz er die Schwester nicht mag.
10, 107; es halte ihn zwar nichts ab den betretenen einzu-
stecken und in Verwahrung zappeln zu lassen. 28,213; unser
einziger trost ist die wache oder polizei, die uns einstecken
soll. TiEC« ges. nov. 2,17h; diebe werden eingesteckt.
4) aliaU injicere metum, spcm, animum, gteifi'^-im m 'Ue
lasche schieben, einflössen:
ich wil dem dötschen ein sorg einstecken.
11. Sachs III. 3,42':
man kann gleich als bilde einem gleubigen ein hofnung, als
einem forchlsamcn ein forcht einstecken. I'elr. »!»': mein
nii'inung int nit, das ich euch mit woricn ein her» einstecken
wiill, ich weisz wol das wort einen vcrzaglen nit keck machen.
Livius, Schiifferlin 112*. vgl. einjagen, einsloszen.
6) tolrrarr, ertragen müssen, sich gefallen lassen: weil Ich
meinen fehler fühlte, schwieg ich, gab nach, und steckte die
verweise ein. Rkisrins lebensb. 30; gleichwol war ich auf
309
ELNSTECKKAMM — EINSTEIGEN
EINSTEIGEN — EINSTELLEN
310
meinen bruder ganz ungehalten, dasz er es dahin gebracht
solche verweise seinetwegen einzustecken. Plesse 3, 88 ; ebenso
steckte Melina mit vergnügen, als kammerjunker oder kam-
merherr, die grobheiten ein, welche ihm von biedern, deut-
schen männern, hergebrachtermaszen, in mehreren beliebten
stücken aufgedrungen wurden. Göthe 18, 249 ;
sie wird mich zwar, wenn sies erfährt,
wol eincu Schwätzer schelten,
allein das steck ich ein. Musaeus kinderkl. 121.
tgl. einnehmen, einfressen u. $. w.
6) einstecken heiszt auch schmutzige wasche in die bülte
stecken, nd. insteken.
EINSTECKKAMM, m., ein kämm zum einstecken, feslsteeken
der haare.
ELNSTECKSCHYNTRT, n. nennen die buchbinder ein dünnes
breites holz, womit die bogen vor dem heften in einander ge-
steckt werden.
EINSTEFTEN, EINSTIFTEN, infibulare: sondern, weil viel
daran gelegen, ward er (der latz) nicht eingesteftet, sondern
wol angeheftet. Garg. lU'. steft für Stift begegnet schon ahd.
(Graff 6,613).
EINSTEHEN, instare, nnl. inslaan, mhd. Instan.
1) gut ist über elliu dinc ein instan in sich selber unde
sin instan da; enthaltet alle creatüren. Eckhart 96, 24 ; got
ist ein einvaltic instan, ein insitzen in sich selber, ein ieclichiu
Creatore nach der edelkeit ir näture so si me insitzet in sich
selber, so si sich me Ö5 blutet, ein einveltic stein als ein
tupstein, der bewiset niut me denne daj er ein stein ist.
aber ein edelstein, der groje kraft hat in dem daj er hat
ein instan, ein insitzen in sich selber, in dem selben reket
er iezet daj houpt üf unde luoget üj. 96, 33 — 97, 5.
2) ir«e tat. instare, bevorstehen: einstehendes jähr, im ein-
stehenden lenz, apri!, mal; einstehende messe. Simp/.Ä. 893;
die einstehende gehurt Homers zu feiern. Gotbe 39, 47.
3) die wage, die zunge der wage steht ein, neigt sich zu
keiner seile:
auf des glückes groszer wage
siebt die /unge selten ein. Götub 1, 144.
4) einstehen, in die reihe oder in der reihe eintieten:
wenn er will, so mag er einstahn. H. Sachs V. 342';
dasz im (golt) die heiligen von irer dulia etwas mittheilen
solln, und in mit einstehen lassen. Fischart bienenk. 1S6';
legt eure beschwerden gegenüber, laszt sehen, ob sie mit
diesem herzen hier einstehen, ob ich gemeine sache mit euch
machen soll. Klincer 2, 42. vgl. abstehn für abtreten.
5) einstehen, stillstehen, zurückbleiben: ein muthwillig der
meisten blätter beraubter bäum wird im wachstbiun einstehen
und absterben.
6) einstehen, sein amt, seinen dienst antreten. Frisch 2, 327^,
s. einstand 1.
7) für einen einstehen, im amt oder dienst, im kauf, in
seine stelle treten, s. einstand 2. 3.
8) gewähr leisten: ich kann nicht dafür einstehen; stehet
für die folgen ein!; wie man aber Verletzungen und krank-
heiten in der Jugend noch überwindet, weil ein gesundes
System des organischen lebens für ein krankes einstehen und
ihm zeit lassen kann auch wieder zu gesunden. Güthe 26, 120;
wo ich der verehrliche gutsherr bin und für allen schaden,
der geschehen kann, einstehen musz. Tieck j. Uschi. 2, 158.
Die beiden letzten bedeutungen kommen dem eingestehen,
confiteri [sp. 189) zunächst, denn der eingestehende, bekennende
steht für seine aussage ein, bekennt sich dazu; die formen
beider verba gehen überall auseinander, nur im pari, praet.
eingestanden fallen sie zusammen, man vergleidie gestehen
und stehen, deren beider pari, gleichfalls gestanden lautet.
EINSTEHER, m. vicarius, der für einen soldat auf die ganze
dauer von dessen dienstpßichtigkeit eintritt.
EI.NSTEHLEN sich, irrepere, insinuare se, sich einschleichen :
mit einer beredsamkeit, die auf eine unwiderstehliche art sich
in die seelen einstahl. Wiela>d 6, 100; der sich in diese pla-
tonische republik einstiehlt. Herder 2, 275 ; alle Zugänge zu
seinem vertrauen hatte er ausgespäbl und sich unvermerkt in
seine gunst eingestohlen. Scuiller 713; sich heimlich in den
tanz einstehlen;
wie ein dieb hast du dich eingestohlen,
dich in meine liebe kühn gcdruagt. Kö*meb 4, 13.
EINSTEIGEN, inscendere, nnl. instijgea, sctiw. instiga, ddn.
indstige.
1) 0/7 blosz einsteigen, wo leicht zu eigänzen ist ins baus,
in die kammer, ins bad, in den wagen :
will di einsteige laun,
aber muost mer nix daun. tchelmeliedle 109;
der einmal einsteigt, der musz das bad ausbaden. Gorp. 209*;
ich will erst zahlen, eh ich einsteige; auf der leiter ein-
steigen.
2) »711/ beigefügtem ort: die diebe stiegen durchs dach, durch
den Schornstein, zum fenster ein;
vor euch steig ich nimmer zum bad ein, denn es beschämt
mich,
dazusiebn so entblöszt, schönlockigen mädcheo im antlitz.
Od. 6, 221 ;
auf was ander end hin wolt sonst ein solche unerschöpfliche
lieh und lust kinder zu tragen ... in ihr herz eingestiegen
sein? Garg. 66'.
EINSTEINEN, lapidibus cingere, mit steinen einfriedigen.
EINSTELLEN, nnl. insteilen, eollocare,
1) thiere einstellen, vgl. einstallen, wie sich stall mit stellen
berührt, vorzugsweise pferde:
fuhr die geseilscbaft auf Bennfelden.
da sie dieselLig nacht eiasiellieu. Kiscbakt gl. seh. 1013;
er stellte spät bei nacht ein und ritt morgens wieder früh
weg. Millers Siegwart 3, 642 ; jeder fremde wird ausgefragt,
wo er einstelle? Schiller 159"; Wilhelm stellte sein pferd
in einem gasthofe ein. Göthe 20, 6 ; es war schon spät, als
ich in Sesenheim mein pferd einstellte. 26, 10. vieh einstellen
zu mast und fütterung : ich stell mir ein saugschweinchen
ein. J. P. uns. löge 3, 149 ; fische einstellen, einsetzen, in den
teich, ins wasser. weimar. jb. 4, 430.
2) weidmännisch, das wild einstellen, es mit gam und netz
umstellen.
3) leute einstellen, anstellen: derhalben sind der rath zu
Äldenburg, auch e. k. gn. schuldig zu webren falschen pre-
digern, oder je dazu helfen oder leiden, das ein rechter pre-
diger daselbst eingestellt werde. Llther 2, 107*. 6r. 2, 192 ;
wie s. Paulus für seine kirchen sorget und spricht 2 Cor. II,
ich habe euch zur rechten braut eingestellet und Christo über-
antwortet. 6,357"; bei i. kais. maj. anzuhalten, dasz Jm fräu-
lein wieder gen Liegnitz vum markgraf eingestellt würden.
Schweisicbes 1, 289 ; dafern die commissarien f. gn. geisler
[geisein) aufs schlosz einstelleten . . . und wurden darauf die
vorgenannten drei personen aufs schlosz eingestellet. 2, 120.
4) Sachen einstellen, an gehörigen ort stelleti: wie jene
mönch zu Frankfurt kein lutherisch bücher in ihr kloster
wollen einstellen vor ängsten, sie würden ketzerisch. Garg. 6 ;
bücher einstellen, in die reihen und fächer ; für Lebauts wis-
senhungrige seele wars gleichviel, ob sie in ein siegel, oder
in ein gemmen- oder ein pistolencabinet eingestellt wurde.
J. P. Hesp. t, 140. geld einstellen, zustellen, einhändigen:
ward den angenommenen <rittmeistem und hauptleuten durch
mich einem jeden sein wartgeld auf einen monat eingestellet.
SCBWEIKICHEN 1, 184 ;
wann das gesiirne fällt,
und jetzt der müde tag der nacht ihr recht einstellt (inrüdigibt).
Opitz 1,247 (260);
wer schlimm ist darf sich borgens unterwinden,
stellt aber nichts aus armui wieder ein. p*. 72,
stellt nichts zurück.
5) da jedes stellen ein hinstellen, zur ruhe stellen, stehn
oder liegen lassen ist, entfaltet sich leicht der begrif des auf-
gebens, außcbens, abschaffens, sein lassens, unterwegen lassens,
vgl. abstellen : so bäte ich noch eins, i. f. gn. wollten es ein-
stellen [damit aufhören). Schwei.mchem 1, 309 ;
0 Corinib,
scbaue wol zu was du ihust,
meide des gelüstens lust,
stelle deine götter ein,
die zu wenig göitiicb sein. Opitz 3, 134;
ihr geizigen stellt hofuung ein. 1, 223 (233) ;
sie stell ihr herbes weinen
und langes klagen ein. Gktphiiis 1, 117;
el, ei! hat dan der tod den Rappoltstein gefäUet,
so werden billicb nun die sachen ein^estället,
die sonst erfreulich sein. Roiplrr loi ;
du folgest mir hernach, drum stall das weinen ein! 12t;
nicht das ich mein schreiben an dich, da es dir angenehm,
einstellen solte. Bltschry Arani/. 67 ; seine fehler vermeiden
und einstellen. 657; da sie gegeneinander das entstandene
mistrauen verwaaderten, sich deswegen betrübten und der-
20 ♦
311
EINSTELLEN — EINSTEN
EINSTEiNS — EINSTIMMEN
312
gleichen hinfüro einzustellen baten, pol. slockf. 282; welcher
Ifrierliche) zug aber nach verlierung ihrer freiheit gänzlich
ist cingestellet und abgeschaffet norden. Ettsers unw. docl.
621 ; befahl auch diese Verwegenheit einzustellen, oder er
wolle uns etwas anders weisen. Fclseiib. 1, 148 ;
wio ihöricht ist ilein hochmuih in geberden I
0 jiingling, Jüngling, stell ihn ein. H\Gl'.DOR^c 2, 64;
ach enge!, spricht die frau, stell deine klagen ein.
Grli.ert 1, *J2;
so ist bei nacht und tage
ihr er<t und Icizie« wort die jämmerlichste kinge.
o Phillis, stelle doch die leeren scnfzer ein,
der schnien musz nicht bcweini, dir musz geholfen sein.
Host schäfererz. 17 ;
wollt ihr also eure reise einstellen und bei mir bleiben?
TiECK Stemb. l, 60 ; der domhau in Berlin ist eingestellt, die
arbeiten an der Rheinbrücke in Kehl sind nicht eingestellt
worden, man sagt niishräuche, Zahlung, Untersuchung, for-
schung einstellen, auch intransitiv : der wind stellt ein, legt
tich, hört auf.
G) sich einstellen entspricht dem sich einfinden: Toucque-
dillon, sobald er zu Clermaburg wider ankommen, stellt er
sich bei dem könig Picrochol ein. Carq. 263';
gott wöll behüten nlle junge gesellen!
kommen wir einmal zusammen im fall,
will mich dankbarlicb gegen ihnen einstellen.
llom. getellsch. tieder s. 204;
dasz sich i. f. ga. aufmachen wollten und bei tag und nacht
gen Liegnitz aufs haus einstellen, auch von dannen nicht
verrücken. ScnwEisicHEN 1, 83 ; so sollten wir i. f. gn. ent-
schuldigen, dasz sich i. f. gn. nicht einstellten. 1, 289 ; herzog
Heinrich sollte sich in j. k. maj. gehorsam geben, und wohin
i. f. gn. gewiesen sich einstellen. 2, 130 ; der ochse saget zu,
dasz er sich einstellen wolle. Lokmans fab. 5 ;
darf ich mir noch ein glück zum letzten ziel erlesen,
so stell im scheiden sich kein schrecken ein.
Hacedorm 1, 29.
-man sagt, der winter, die külte hat sich früh eingestellt, d. h.
ist zur stelle, praesto est; krankheiten, sorgen, grillen stellen
sich ein, regen sich; das gliedcrreiszen stellte sich wieder ein.
EINSTELLIG, unius loci, einstellige zahlen nennt man die
einfachen von 1 bis 9, weil sie geschrieben immer nur 6ine
stelle einnehmen, während 10 u. x. w. zwei stellen fordert.
EINSTEMMEN, infulcire, statuminare, ddn. indsterame.
1) die arme einstemmen, in die seile setzen : das weih
stand da mit eingestemmten armen, fultis brachiis, und zankte.
2) den erzgang in die teufe einstemmen, eindringend festigen.
3) mit einem eisen einstemmen, festigen, stützen, vernieten.
EINSTEN, adverbiale forlbildung von einst, olim. wie sich
der gen. eins mundartlich in einsen und einsi erweiterte, noch
leichter konnte das superlativisch gefaszlc einst, schon nach
analogie der ahd. adv. scönistin pulcherrime, liopostin caris-
sime oder des mhd. siebenten, septimo myst. 1, 395, 14, die
schwache fiexion ansetzen, sonst pflegt solchen formen noch
das demonstrativum voranzugehen: des ersten primo, des
schiersten citissime, des langen und des breiten, lange latequr,
des gleichen pariter; doch für einsten hat sich bisher kein des
einsten dirgebolen. einsten drückt, wie einst, beide zeiten aus,
1) Vergangenheit: einsten kam Baslinna, wie ein rehe, ge-
sprungen, pol. Stockfisch 277 ;
als einsten Phöbus von dem himmel
czwungen seinen abschied nahm. Hagedorn 2, 75;
wenn nicht mein ewige« gedirbt der nachwclt
durch manches einsten unbekannten nnmen,
den jetzt der pöbel ehret, dunkel würde.
Lakge Thirsif und Dämon 5.
merkwiirdig steht im Harnisch von Fkckenland s. 42 und 132
noch einsten für noch einmal, wie sonst noch ein», noch
einst und bei Abele 3, 296 unter einsten, irte unter eins
(»/). 261) fiir auf einmal: haben sich nicht diese wunderzei-
chen im nechstverflosscnen jähr mit zittern und webklagen
unter einsten begeben?
2) zukunß: einen geschriebenen christianismus weit ich
auch gern einsten (einmah übersehen. Luther 3,415*; auch
lasz ich in bitten, das er mir einsten freundlichen schrieb.
ebenda; das die tochter sich noch einsten dcmUtigc. 3,435*;
und nieh den lii;bnn lag ko manche* gutes mal,
bis ila»i man einsten fangt im Teuer «inen al.
FtaaiNG .M;
ScHiutR tn einem leiner fhihtlen gedichte braucht einst und
ciottca Mbtneinander :
ha, wenn er einsten zum manne gereift,
wenn einst die schlafenden keime gereift I 2';
einst, so hör ich das orakel sprechen,
einsten hascht Saturn die braut. 2'.
EINSTENS, wenn es schon so früh erschiene, hatte die ana-
logie der mhd. gAhcns, verrens für sich, mit besserem fug
schlägt man die der nhd. adv. erstens, zweitens, anderns,
drittens «. s. w., meistens, mindestens, wenigstens, bestens,
schönstens und der heutigen schwachen genitive willens, bogens,
funkcns statt der mhd. willen, bogen, funken an; wie hätte
sich einsten des einstens entschlagcn sollen? es bezeichnet
wiederum
1) das olim der vergangenheil:
als den tyrannen Dionvs
ein Schmeichler einstens glücklich pries. Gkli.krt 1,100;
floh einstens nach verlorner schlacbt. 1,246;
einstens hinter Pyrrhas rücken
sprang die weit aus felsenstücken. Schiller 10*;
und die blumen, die ich in die quelle
meines trüben baches einstens warf,
samml ich hier aus seiner silherwelle,
nun da ich dich ewig liehen darf.
Werther an Lotten, tcutsch. merk, augiisl 1775 s. 97 ;
einstens, als sie kaffee trinket,
spricht die jüngste. Gotter 1, 49;
nachdem ich mich lange dergestalt bemüht, trat er einstens
hinter mich und sagte 'mehr papier!', worauf er sich sogleich
entfernte. Göthe 25, 156.
2) olim der zukunß:
dasz für den wucber, den du treibst,
du einstens ungestrafet bleibst. Grllert 1,65;
sterb ich einstens vor der zeit. 3,423;
einstens ihres alters schütz. Stolbrru 14. 19S;
denn er, nicht ich, musz einstens dort
dafür zur rede stehn. Gösikgk 3, 78.
EINSTHEILS, ex una parte, partim, gegensatz von andern-
theils : so haben es einstheils (sc. leute) gar für kein kraut
gehalten. THun.NEissER wirk, aller erdgewdchse s. 9. vgl. theils
und eintheils.
EINSTICKEN, acu pingere: gewand in welches gold ein-
gestickt ist; eingestickte blumen.
EINSTIEBEN, inspergi: es stiebt unaufhörlich schnee ein ;
es ist viel staub eingestoben, nnl. instuiven.
EINSTIFTEN, inslituere, ursprünglich eins mit einsteften,
einheften, denn stiften fundare war anfangs ein sinnliches
heßen, festigen : wo unser einer den andern in die hofmarch
wolt einstiften, ehe nun er den stiftet, soll er das an die
herschaft und nachbarschaft bringen, so ver ihnen das ge-
meint oder gefällig ist, soll alsdann die stift ihren fürgang
gewinnen; wer es ihnen, der hofmarchsherschaft nit gemeint
oder gefällig, soll keiner darüber eingestiftel werden bei ho(-
marchsstraf. weisth. 3, 641. 642.
EINSTIG, futurus, was dereinstig, dermaleinslig : bei deiner
einstigen heimkehr; nach des leibes einstiger auferstebung.
EINSTIMMEN, nnl. instemmen,
1) accinere, concinere, seine stimme su einer andern hören
lassen : einer hub an zu singen, die andern stimmten ein ;
ich mochte nicht in das freudcngeschrei einstimmen ; wenn
ein Sperling zwitschert, stimmen mchrcio bald ein; uUe
stimmten in das fromme lied ein ;
dan stellt er undcrwoil ein frölichs siiminwcrk an,
und licsz auf sciienspil ein suszes lied erklingen,
auch lebhaft mit dem mund die lieder iergcnd sini:cn,
so urihoilt er zugleich und stimmte seihs mit ein.
KOMPI.KR 115;
et sangen drei (frauen) und eine spielt allein
ein instriimeni, ganz fremd in iinsern guuen,
doch zum getange siimiut es lieblich ein.
Grirs Uitjardo 1, 8. 7.
figürlich,
stimmen dichter ein {singen einttimmig). Schillrr 10*;
sanfter t6ni die klage,
stimmt ein herz mit ein. Gottrr 3,530;
hsrmonie zu sondern, die so einstimmt,
meidet, wer weisz, welcher zweck »le vorband.
KLorsroct 2, bO;
freilich brauchst du in diesem augenblick die liebe nichl zu
spielen, da sie so gelegen in mein eignes spiel einstimmt.
K1.IMCKR 2, 359.
2) früher aueh für anstimmen :
man »limmci mir kein horhrcitbed nicht «in.
der Achi'ron wird selbst mein brftuigam «em. Oriri l,tt*7;
I
3 1 3 ELNSTIMMEX — EINSTIMMUNG
auch ander insirumeni allda gar wenig feiren,
sie machen da die lufl erklingen öherall
mit süiier barmonie und eingesiimmiem schall.
Wkbders Ariosl 7, 18,
obgleich die letzte stelle auch concinere meinen kann.
3) eoncordare, assentiri, beislimmen, sustimmen, beifallen,
einem oder mit einem : umb des neuen menschen willen, der
dem alten auch feind ist utid also mit gottes gericht ein-
stimmt. LcTHER 1, 40'; ingleichen stimmet auch Strabo mit
dem Laetantius und andern in diesem ein. Opitz poeterei 4;
du seist dem vaier gleich, da sagt der vater, nein,
die Dioiier saget, ja. der mutier stimm ich ein.
LocAü 2, 107, 40 ;
so geht es glücklich an, so folgt des höchsten segen,
so stimmt dem anfang auch das end und mittel ein.
Cbrist. GarPHics poet, wälder 1, 379;
Aesopus sagts, Fontaine stimmt mit ein. Gsllert 1, 149;
so stimmen wir in seinen tod mit ein. GöKi.tCK 3, 247,
in seinen wünsch bald zu sterben; aber darin können wir
nicht mit ihm einstimmen, dasz Diön dieser geschickte arzt
für sie gewesen sei. Wieland 2, 259 ; ich kann mit dir nicht
einstimmen. Kmnger 5, 206.
4) eingestimmt, consonus, harmonisch:
wie frei von vorunheilen
sein geist, sein herz wie olTen jeder lügend,
wie eingestimmt mit jeder Schönheit sei. Lxssiitg 2, 241.
5) Irans, einstimmen, consonum facere: nur ruhiges lehren
und ruhiges sterben waren das tönen, womit dieser höhere
Orpheus (Jesus) menschlhiere bändigte und felsen zu Städten
einstimmte. J. P. dämm. 16.
EINSTIMMIG, unisonus, simplex, nnl. eenstemmig, im ge-
gensal: zu zweistimmig, vielstimmig.
E1NSTI.MMIG, consonus, vas nnl. instemmig wäre, wenn
das tcorl gilt: einstimmige begriffe, Torstellungen, gegenüber
den widerstreitenden; die bewegungen der himmelskörper
einstimmig machen. Kakt 8, 265; die taum zu athem ge-
kommenen bürger fügten sich wieder einem zustande, dem
ihre physischen kräfte nicht gewachsen und ihre sittlichen
nicht einstimmig waren. Göthe 32, 103 ; wenn du diese brief-
blätter einstimmig findest mit den ernstesten fichtengehirgen
auf hohem standpunct, so gedenke dabei meiner Umgebung,
wo eben gewitter weit ausgedehnt von den bergen bis hinab
ins land blitzen, donnern und abregnen, an Zelter 411; sie
sehen, dasz ich mit ihren bemerkungen völlig einstimmig bin.
an Schiller 184 : dasz sie mit meinen ideen einstimmig und
mit der ausführung derselben zufrieden sind, erfreut mich
nicht wenig. Scbiller an Göthe 21 ; wohin nur dein äuge
bückt, der einstimmige fleisz aller wesen, das geheimnis der
kräfte zur Verkündigung zu bringen. Schiller 314*; über des-
sen nichtswürdigkeit die geschichtschreiber beider parteien
miteinander einstimmig sind. 859' ; bis hieher glaube ich mit den
rigoristen der moral vollkommen einstimmig zu sein. 1118*.
EINSTIMMIG, communi sententia: das hohe blutgericht
bricht einstimmig den stab über des delinquenten leben. Fr.
Müller 3, 364;
im imhum
Find alle ricbterböfe dieses landes,
die mir dies recht einstimmig zuerkannt. Schiller 417'.
EINSTIMMIGKEIT, f. consensus: indem es die sache der
entschiednen majorität, ja beinahe der allgemeinen einstim-
migkeit ist. Fichtes anw. zum sei. leben 322.
EINSTIMMUNG, f. concentus, consensus, assensus, nnl. in-
stemraing: ich schnitzte noch über dem letzten worte, als
mir ein liebliches getöne unterschiedener querpfeifen und
wolklingender musik zu obren kam. mich zwang die begier
diejenigen zu erkennen, welche der einstimmung wegen ent-
weder der musen söhne oder auch die musen selbst zu sein
schienen. Opitz 2, 248 ; er behauptet vielmehr, dasz die ganze
lehre Christi nichts enthalte, was mit der moral und mit der
natürlichen weltweisheit streite, oder mit ihr in keine ein-
stimmung könne gebracht werden. Lessi^g 4, 55 ; da er nichts
ohne die einstimmung des prinzen unternehmen konnte. Wie-
LASD 3,67; wenn ich meine triebe und meine vemunft nicht
völlig habe in einstimmung bringen können. Göthe 20,197;
Wallfahrer, indem sie uns zur einstimmung in ihre frommen
zwecke beriefen. 48,115; wie sollte ich zu fremden gedanken
einstimmung hoffen können? an Zelter 6,115; es ist kein ge-
ringer vortheil für mich, dasz ich wenigstens auf der letzten
strecke meiner poetischen laufbahn mit der kritik in ein-
EliNSTIPPEN— EINSTOSZEN
314
Stimmung gerathe. an Scliiller i6~ ; wie sehr wir einstimmung
mit der Vernunft über die einstimmung mit dem verstand er-
heben. Schiller 1137"; die einbildungskrafl erscheint hier in
ihrer ganzen fessellosigkeit und dabei in der schönsten ein-
stimmung mit der idee. 1245*; der satz der einstimmung
(principium ideiKitatis). Käst 1, 89.
EINSTIPPEN, intingere, eintauchen, eintunken, ist unhoch-
deutsch, StCresbcrg 96", und sollte einstupfen, einstüpfen d. i.
einstoszen lauten: nun muste ich ruhig sitzen bleiben, kaffee
trinken und wo möglich meinen Zwieback einstippen. BoGcm.
GoLZ jugendleben 1, 209 ; ins dintenfasz einstippen, man hört
auch einstippen ßr knixen, die knie einbiegen.
EINSTIPPELSE, EIiSSTlPSEL, n. emfcamma, tunke: bei dem
braten werden einstippeise in salzirlein (scutellis) aufgesetzt.
Docemii übers, von Comenii janua aurea oder eröfnele güldene
sprachenthür. Hamburg 1648 §. 566.
ELNSTMAL, olim: dasz der uranfängliche sich in die tiefen,
in denen wir stecken, die er durchschaut und umfaszt, einst-
mal begeben habe. Göthe 19, 320 und auch in andern aus-
gaben, z. b. der von 1806 3, 184, doch ist diese form so un-
gewöhnlich als einsmal {sp. 298).
EINSTMALEN, olim? unbelegL
EINSTMALS, olim: Timoleon wurde einstmals vor gericht
gefordert. Kaitt 8, 8. weil hier die oß verhandelte partikel
zuletzt auftritt, folge eine Übersicht aller ihrer gestalten : 1) eins.
2) einst. 3) einsten. 4) einstens. 5) einmal. 6) mal. 7) ein-
mals. 8) einsmals. 9) einstmals. 10) ehemal. 11) ehemals.
12) vormaL 13) vormals. 14) ehedes. 15) ehedessen. 16) ehe-
dem. 17) vordes. 18) vordessen. 19) vordem. 20) dermaleins.
21) dermaleinst. 22) dermaleinsten. 23) tiermaleinstens. 24) der-
eins. 25) dereinst. 26) dereinsten. 27) dereinstens. von diesen
gehn 1 — 9 auf Vergangenheit und zukunft, 10 — 19 nur auf Ver-
gangenheit, 20 — 27 nur auf zukunft. einsmal, einstmal, der-
einstmal scheinen Verwilderung und bleiben ausgeschlossen.
EINSTÖßERN, frequentatives einstieben, vgl. stöbern, wie
man unpersönlich sagt es stöbert, pulveres, nives volitant,
gilt auch es stöbert ein, es hat ins zimmer eingestöbert.
EINSTÖCKEN, in carcerem conjicere, in stock und block legen.
EINSTOCKIG, unius tabulali: einstockiges haus, das nur
iinen stock hat.
EINSTOPFEN, inferctre, schw. instoppa, dän. indstoppe:
federn einstopfen, taback in die pfeife einstopfen ; er stopft
unmäszigspeisen in sich ein, vgl. einschoppen.
EINSTÖREN, irrumpere, vgl. aufstören, ausstören.
EINSTÖRLEN, inftgere. Stieler 2174. vgl. aufstörten, aus-
störlen, seltne, noch nicht gehörig aufgeklärte Wörter.
EINSTOSZEN, incutere, discutere, intrudere, ingerere, nnl.
instooten, schw. instöta, dän. indstöde.
1) die wand, die mauer, die thür einstoszen, brechen; von
thüreinstositn reden. Pi«ro< 1,399; dem fasz den boden ein-
stoszen ;
verwirfst du diesen auch den deine hand gebaut 1
und stöszt der meister selbst sein meisterstück jetzt ein ?
MCHLPFOKT s. 41.
2) sich den köpf, das äuge, die nase einstoszen ; sich einen
Splitter in die haut, hand, den degen in den leib einstoszen ;
sich ein loch einstossen.
3) das Schwert einstoszen (in die scheide), einstecken : mhd.
Abraham, dii soll da; kint nit slahen, stö; din «wert in!
Mose anz. 8, 515 ;
nhd. nun stoszet, held, eur schwert ein ! fastn. sp. 457, 32 ;
ir herren, stoszt nun die schwert ein! 462, 3.
4) einem mut oder fureht einstoszen, ganz wie einstecken,
incutere: eim ein ding oft sagen und einstoszen, einpleuwen,
einem hofnung und forcht, ernst und fleisz einstoszen. Maa-
LER 127*;
und sollst auch disen allen stoszen ein herz ein.
fastn. sp. 637, 5;
dasz man ihnen ein schrecken einstosz und jage. Froüspebcer
kriegsb. 3, 20l\
6) dem pferde die sporn einstoszen, in den leib; es war
dieselbe stärke, womit er Psyches flügelpferde den zügel straf
hielt und das spornrad einstiesz. J. P. TK. 2. 21.
6) die gerber stoszen das leder ein, in die kufe; die färbe
einstoszen, in fässer packen (in hlaufarbwerkcn).
7) kraut und rüben einstoszen, minutim concidere; die
bntter einstoszen, fest ins fasz stoszen.
8) einen pQock, pfal einstoszen, einschlagen in die erde
315
EINSTOSZERIN— EINSTREUEN
EINSTREUEN — EINSTUDIEREN
316
EINSTOSZERIN, f. lena, kupplerin, die dirnen uud huhler
in die kammer (fornix) einslüszt, da zusammen briiifil: du
alte kupplerin und einstoszerin, du feindin aller erberkeit.
WiBSUNG Calislui h2.
EINSTKAHLEN, irradiare, strahlen einwerfen: die sonne
strahlt ein, das einslraLlende Sonnenlicht, bildlich, je mehr
uns auf einmal diese menge von nützlichen ideen eiustrahll.
Hippel 5. 205.
EINSTK.\HLUNG, f. nicht so paradox als wenn Jacob
Böhme bei erblickung einer zinnernen Schüssel durch ein-
strahlung Jovis über das Universum erleuchtet wurde. Götiie
27, 137.
EINSTREICHEN, illinere, nnl. inslrijken, schw. instryka,
ddn. indstryge.
1) dem kinde brei mit dem löfifel einstreichen, in den mund:
tnhd. so macht im diu swCster ein müeselln und strichet im
eht in, so ist sin hevelln klein stn megelln, und 6; ist vil
schiere vol worden, sA pttpelt e; im her wider öj, s<i strichet
eht sie dar. s6 kümt danne diu nuiome, diu tuot im da;
s^lbe. so kümt danne diu amme und sprichet 'o we mins
kindes, da; enbei; hiute nihts!' diu strichet im danne als ie
von erste in. Bertiiolt 416; du bist an inen (an vater und
mutter) gehanget als ein apfel an einem bäum, was du bist,
das bistu von inen, si haben dir bappen in gestrichen. Kei-
SERSBERG omeis 81*; wenn du ein jung kind best, das du will
spisen und die bapp in der pfannen gewermst, vvoltestu denn
dem kiud die bapp usz der pfannen instrichen, so verbran-
test du das kind. aber wenn du die bapp zu dem ersten in
dinem mund versuchst, ob si zu heisz oder zu kalt si . .
denn magstu die bapp dem kindlin instrichen. bilger 142';
wenn du sihest das einer dich lobet, so haltet er dich für
einen narren und für ein kind, das man mit bappen geschweigt,
er will dir bappen inslreichen, oder er will dir eselsoren ma-
chen und aufsetzen, s. d. m. 35"; wie man kind geschweigt
mit beppen und mit dem linger inen die bapp instreicht.
brüsamltn 52"; also auch hie musz ich euch fein binder-
schleichen und wie eim kind das mus einstreichen, ich geh
es sonst dem hund. Garg. 21*; sind dann stillfridsame und
sittsame leut, so kan ich inen das mus auch süsz einstrei-
chen. 107'; kühn Günther 380:
da$z dir der ersiu brei den bunger eiogesu-jcben,
der sich auch Weisheit sehnt,
für da$3 dir mit dem ersten brei der hunger tingeslrichen
uurde.
2) mit Ol, salbe, baisam einstreichen: das haar mit öl;
strich schlaf {schlafe) und puls mit balsam ein. Güntuuii 431.
das dach, die ziegeln mit kalk einstreichen ; mit kitt die
fugen einstreichen, aber auch öl, baisam, kalk, kitt, lehm
einstreichen, in das haar, in die fugen.
3) geld mit der hand in die andere oder in den beulet ein-
streichen, pecuniam delergere:
ich Zähe im die prenninge dar,
er streich si gar iu siue bant. feldbauer 125;
der hunger wurde bei den Griechen
hinaus, das reichihurn eingestrichen.
der huoger wird bei unsern tagen
hiaein, das relchthum ausgeschlagen. Logau 1, 119,6;
der nur einstrich, nie gab aus,
bat ailfaier sein enges haus. 2, 237, ItiO ;
das bauptgeld bleibet stebn,
ihr streicht die Zinsen ein. Tscherninc 69;
streicht euer geld, das ihr mir bietet, ein
und lernt von mir die pQicbt gewissenhaft zu sein.
GiLLiRT 1, 170;
wie geld io sack, so striche man in köpf
auch Wahrheit ejn? Lessinc 2, 275.
4) wen» die schlotter mil der feile eintchnilte machen, nennen
ite dat einstreichen.
5J weidmännisch, lercben einstreichen, mil dem netze fangen.
6) die haare einstreichen, wie einkiimmen, zurückstreichen.
7) inlr. die rebhüner stretcben ein, latten ticlv haufenweise
auf die felder nieder.
EINSTREITEN, disputando pertuadere alicui, tireitend ein-
reden, einditpulieren : ich laste mir das nicht einstreiten;
und Epicur bat falsch, uns dieses elnzusireiion.
(iCxTiiEK 720;
mir slreiui ka nentch nit ei,
da«z I* nit röcht hob gntacht. GaDaiL 1, 6.
t. auAstreiten.
EINSTREUEN, intpergere, inlertpergere, nnl. instrooijen,
tckw. ioatrO, da». iodiUrO«.
1) samen einstreuen, sand einstreuen; dem vieh stroh ein-
streuen, was ein pleonusmus ist; laub einstreuen; salz ein-
streuen.
2) bildlich, verse, Sprüche, bibelstellen einstreuen ; anmer-
kungeu einstreuen. Lichtenüerg 1,264;
doch, freund, in diese saat von kuinmer
ist auch vergnügen eingestieut. Gotier 1, 226;
er begnügt sich, einen kleinen verdacht einziistreueji. Ramler
dichtk. des Horaz 114 ; die Überbringerinnen werden erzählen
können, dasz uns bisher manches gute mit eingestreuten Übeln
widerfahren. Gütue an fr. v. Stein 3,432; winke, die ich so-
gleich hie und da einstreuen will. J. P. Fibel 103.
3) e/Titücndcn, opponcre: du wirst mir Tilleicht einstreuen,
dasz in der ganzen weit nicht mehr ein solcher, als dieser
gcdultige Job anzutreffen. Butschky kanzl. 654; sie wird mir
hingegen einstreuen, er habe nicht lange genug gelebet. 866;
du dürflest mir zwar einstreuen. SS8; wofern ihr euch unter-
fahet mir anderweit einzustreuen u. s. w. 899.
4) blustes einstreuen hcisil schon einem verdacht erregen,
etwas in den köpf setzen, verleumden, das hat dir der leufel
eingestreut, eingegeben.
EINSTREUUNG, f 1) inlerspersio, einstreuung von lob und
tadel, von gedichten.
2) calumnia: die cinstreuungen seines günstlings thateu
also ihre ganze Wirkung. VVielands Agalhon .% 223.
EIN.STR1CH, m. nach den bedeutungen des einstreichens,
1) einstrich des breis, öls : dieweil mancherlei köpf seind
under den arzten, einem schmeckt der einstrich, einem an-
dern salben, dem dritten ein wundtrank. Faracelsus cAir.
sehr. 343*.
2) einstrich des geldes.
3) einstrich, einschnitt in den hart des schlüsseis. s. vor-
strich, miUelbruch.
4) im bergbau, ein im freien schachtraume eingefügter, festigen-
der, abspreizender Stempel, s. das folgende.
EINSTRICKROHLE, f querholz über dem Schacht.
EINSTRICKEN, 1) illaqueare, räuber und diebe einstricken,
mit stricken fesseln, bildlich, einen verstricken, fesseln:
mit euch in dieses garn das herz auch einzustricken.
LoHKUsTEhij blumen 15(1.
2) acubus intexere, einen rothen faden einstricken ; eine
neue ferse einstricken; buchstabcn einstricken.
EINSTRÖMEN, inßuere rapidius, nnl. instrooinen, sdiw.
instrümma, ddn. indstrümme.
1) die Qut strömt unauflialtsam ein ; das licht strömt ein ;
Victor schob auf dem dachboden sein bettchen vor eine inüü-
dung des einströmenden mondes. J. P. Hesp. 1, 187.
2) die menge strömt ein ; die einströmenden menschen.
EINSTRÖMU.NG, f 1) inundalio, einströmung des wassers.
2) bildlich, wie sollten deine sinne allein bei den entzücken-
den einströmungcn ihrer gegenwart unempfindlich bleiben.
Wieland 27, t58.
EINSTRÜMPFEN, curtari, truncari, conlrahi, marcetcere,
strumpf ist gleichviel mit stumpf. Schmeller 3, 640. 686: oder
auch das geädcr zu kurz wird und einstrumpft. Seuter 325 ;
einstruinpfen der nerven erzeugt krampf. Wirsong 150. s. das
folgende.
EINSTRUPFEN, dattelbe, marcere. Maaler 127' ; disc kalte
liebe macht, dasz ein mensch instrupft, evangelia mil Kei-
sersbebgs auslegttng. Straszb. 1517. bl. 67'; sind dann die brüst
ganz rot und eingestrupft. Sebiz 89, am rande : rot einge-
schrupfle brüst; durumb dasz der ausgang der berinutter eiu-
geslrupft, eng imd von 'schmerzen wegen geschwollen \M.
Röszi.iNS hebammenbüchlin 35'; verschmachten imd strupfen ein
vor staub und gestank. Frame niurtae encomion 45*.
EINSTRUPFUNG, f contractto: es bringt sonst schwere
schweinung und einstrupfuug des güders, wann es zu laug
über sich gebunden bleibt. Würtz 146.
EINSTÜCKELN, minulim assuere, in kleinen tlitken ein-
fügen: das heiszt eingestürkelt, eingeflickt!
EINSTÜCKEN, assuere, stücke einfügen: ein alück leug ein-
Btücken, pleonasUsch.
EINSTUDIEREN, 1) cditcere, sehtp. insludera, ddn. iodstu-
dere, einlernen:
habt euch vorher wol praoparicrt,
pnrngr.-iphos wol einftudieri.
daniii Ihr nachher be^tner seht,
dasz or nichts sagt, aK was im buche steht. GAthi 12, 97 ;
der Schauspieler si'<'i<">t •'»ine rollen fleistig ein.
317
EINSTÜNDIG — EINSTWEILEN
EINSTWEILIG — EINTÄFELN
318
2) sich einstudieren, diligcnler se exercere: sich in einem
fache einstudieren. Heyne an Joh. Müller s. 198.
3) einstudiert, eingelernt, absolutus: der einstudierteste
heuchler. Kli.nger 9, 134, vgl. ausstudiert
EINSTCNDIG, unius horae. Ölinger grammatica 82; ein-
stündige predigt; einstündiges coUeg, das vöelienllich einmal
gelesene.
EINSTUNKEN, offercire, ausfidlen. Maaler 127*, schon ahd.
instunkün infercire. Graff 6, 694.
EINSTUPFEN, inlundere, vgl. ahd. stupfan Graff 6, 659 und
Stupfen 6« Scbmeller 3, 651, eigentlich mit dem finger ein-
stupfen, wofür sich heute das nd. einstippen vordrängte, wie
für tupfen tippen, nd. dippen: wolan, hin ist hin, leget euch
ifl die sach, mit dem elenbogen ins kat, stupfet ein, sprecht
nach, das ir wolt zufriden sein, was der richter spricht, euch
wegern nicht, stupfen und einstupfen war symbol der einwil-
ligung, vgl. RA. 604 und topp d. i. tupf, stupf vgl. eintüpfen.
EINSTÜRMEN, irruere, nnl. instormen, schw. instorma, dän.
indstorme: auf ihn stürmt alles ein; sie schrien aber laut
und hielten ire obren zu und stürmeten einmütiglich zu im
ein. apost. gesch. 7,56; mit eim buch von guten werken will
ich zu ihn einstürmen und ubem häufen rumpeln, älrerds
wider Jörg Witzel M '' ; stürmeten scharenweise mit einem
lauten feldgeschrei auf sie ein. Heilman.vs Thueyd. 503; mit
groszem geschrei unter die Thracierinnen einstürmend. Wie-
I.AND 1,35; in den bacchantischen walzer mit einzustürmen
hielten sie weit unter der würd ihrer goltheiten. Kl. Schmidt
kom. dicht. 3t4; du stürmst auf deine gesundheit ein; nur
immer mit einzeln beispielen auf mich einstürmen. Lessing 8, 19 ;
da so viele morde der freier
nicht ihn zu warnen vermocht und wild auf sein leben er
einstürmt. Voss Od.
EINSTURZ, m. ruina: das haus, die mauer droht einsturz;
wo nicht schleunig geholfen wird, steht der einsturz der brücke
bevor; in den gruben entstehen nicht selten einstürze.
EINSTÜRZEN, nnl. instorten, schw. instörta, dän. indstyrte.
1) intr. corruere, collabi: es that einen krach und das haus
stürzte ein; der ofen ist eingestürzt; wenn die berge brechen,
die alten klüfte einstürzen.
2) intr. irruere, alles stürzte mit gewalt auf ihn ein; neues
auf mich einstürzendes entzücken. Friedr. Müller 1, 19.
3) Irans, praecipitare : die grundfesten wankend machen
und einstürzen. Kant 9, 8 ; eine mauer einstürzen. Heiljianns
Thuc. 892;
er nimmt den dolch und stürzt ihn gierig ein. Pfeffel 3,58.
4) Irans, glulire, in sich stürzen : es stürzen ihn {den wein)
säuische schlemmer ohne masz und geschmack zum rächen
ein. BcTSCHKT Palm. 328 ; sie stürzten ein glas nach dem
andern ein, bis der krug leer war.
5) Irans, infundere, schnell eingieszcn :
er liesz sich ein gefäsz von lauterm golde reichen,
der eingestürzte wein wirft perlen um den rand.
i. E. SCBLEGEL 4, 24.
6) sich einstürzen :
sprang und stürzte sich ins wasser ein. Locad 2, TS, 97.
7) eingestürzt, verfallen, eingefallen: ein blasses, einge-
stürztes gesiebt. J. P. Tit. 2, 83.
EINSTUTZEN, illidere, von stutzen, frequentalivem stoszen :
in Weiszenheim am berg werden noch immer die bürger ein-
gestutzt, am aufgang des hauses 'vor dem stein' versammeln
sich die im abgelaufenen jähr neu eingetretenen bürgen, welche
nun in ihre bürgerrechte feierlich eingesetzt werden sollen,
je vier männer fassen einen jungen bürger an bänden und
füszen, der bürgermeister packt ihn am nacken und stöszt
ihn auf den stein, der dumpfere oder hellere ton beim auf-
stoszen wird prophetisch gedeutet auf die gediegenheit des
jungen bürgers. Riehl die Pfdlier s. 325. ähnliches stutzen galt
auch sonst beim hänseln.
EINSTUTZEN, curtare: bäume, zäune und hecken ein-
stutzen, dann auch kleider einstutzen wie aufstutzen, ihnen
neuen zuschnitt geben: wie ich dort ankam, hätte ich mich
nicht um alle weit in einem deutschen kleide zeigen mögen,
ühnerachlet ich die meinigen in Stille (?), wo man doch die
modc täglich aus der quelle erhält, so ziemlich einstützen
lassen. Moser 2,222 {frühere ausg. der palr. ph. 2,352).
EI.NSTÜTZEN, was einstemmen, die arme einstötzen, vgl.
aufstützen.
EINSTWEILEN, inlerea, ad tempus, unterdessen, inzwischen,
eine vor dem J8 jh. unerhörte, auch noch nicht, bei Stieler,
Deszler» Stei.nbach, Frisch verzeichnete, zuerst bei Adelcng
erscheinende Wortbildung, der sie gemein und oberdeutsch nennt.
weilen, beiweilen, bisweilen, derweilen, dieweilen, unterweilen,
zuweilen liefern analogie, doch hat die Verknüpfung mit einst
etwas steifes und seltsames, da weilen ungefähr dasselbe aus-
sagt was einst, dem man hier die bedeulung von aliquando
einräumen musz: bleib einstweilen hier, bis ich zurückkomme,
en attendant man retour; thu einstweilen diese leichte arbeit,
die schwere soll nachfolgen; einstweilen bin ich zufrieden,
auf besseres wartend; einstweilen ist das werk aufgeschoben.
s. einsweilen, einsweils.
EINSTWEILIG, ad tempus durans, interimistisch: einst-
weiliger besitz. Kast 5, 60 ; das gesetz soll nur einstweilige
geltung haben.
EINSUCKELN, sugere, einsaugen, vgl. einsutzen.
EINSUDELN, foedare, einschmutzen, versudeln, bei Stieleb
2053 aucfi einsülen, weiszzeug einsülen, eingesülte herade.
EINSÜHNEN, was einsühnen : nun weite er ihme gerne
gönnen, das er wider bei mir eingesüenet würde. Tbcrneisser
nothg. ausschr. 2, 51. vgl. einlheidigen.
EINSÜLEN. s. einsudeln.
EINSULZEN, EINSÜLZEN, sale condire, einsalzen: drei
Schüssel eingesulzler hundsfüsz. Fjschart groszm. 108 ; einge-
sulzten compost kochen. Kirchhof «fenJunm. ist'; diemyroba-
lanen mit zucker und honig einsülzen. Taber.naemo.stanüs 1328.
EINSÜMPFEN, stagnum ßeri, versumpfen : die wiese sumpft
ein.
EINSÜMPFEN, madefacere, macernre, einwässern: die zie-
gelerde, thon, lehm einsümpfen, einfeuchten, erweichen.
EINSUPFEN, EINSUPPEN, sorbere, eigentlich insorbere,
supfen wie supfe ist die strenghochdeulsche form, wie sie bei
Dasyp. und Frisics waltet, die weichere mundart zieht suppe,
Suppen vor: Cleopatra greif an die rechte seilen ires haupts
und nam von dem kränz ein grosz berlen und leget es in
den essig, da zergieng es und ward ein teigiin oder müslin
daraus, dasselbig suppet sie ein. seh. und ernst 1555 cap. CO,
wo 1550 cap. 220 dasselbe supfet sie ein ; kuchenschellen-
wasser in die nasen eingesupt reinigt das haupt. Tabehnae-
«ONTASCs p. 99, wo andere ausgaben: rautensaft in die nasen
eingesuppet ist ein gute arznei wider das hauptwehethum.
394; etliche den saft der rauten in die nasen einsupfen. 397;
amelmeel mit einem weichgesottenen ei eingesupt dient wider
das blutausspeien. 614.
EINSURFELN, EINSÜRFELN, dasselbe: daraus machen sie
euch ein compost, oder wie maus zu Löwen nennt, ein bro-
dium, das wird so stark, das es den ketzern das herz ab-
stoszen möchte, wann sie nur ein löffel voll darvon einsur-
feln. Fischart bienenk. 59"; laszt uns wider eingieszen, ein-
tonnen, eintrüchtern, einsurfeln. Garg. 84*; dann wie er kein
tropfen on ursach einsurfelet, also spei er keinen on ursach.
lll'; underdesz mein saftiger herr von Bruchmatt eingosz und
einsurfelet. 152"; die erst brüh von lattich on salz einsür-
felen oder trinken. Sebiz 81. s. surfein.
EINSÜSZEN, dulcedine imbuere, indulcare. Stieler 2242.
EINSUTZEN, EINSUTZELN, was einsuckeln, einlutschen:
solche wasser dienen zur nahrung des kindes, dasz es die-
selbe einsutze mit dem mund und abschlinge. von zufallen
der kindbetterinnen. i^ürnb. 1687. s. 263. vgl. Sch». 3, 302.
EINSWEILEN, interea, so schreibt W'ieland in briefen bei
Merk: und dliran soll mir einsweilen genügen. 1,129; für die
ausgelegten 22 fl. bitte mich einsweilen zu debitieren. 2, 69 ;
nehmt einsweilen mit dem guten willen vorlieb. 2,130; so
thue du einsweilen das beste. 2, 156; an deinen verheiszungen
will ich einsweilen so festhalten als menschenmöglich. 2,177;
meine mutter Ist im himmel, mag diese einsweilen in diesem
Jammerthal ihre stelle vertreten. Stilling 2, 47. dieselbe
Schreibweise findet sich gleichzeitig noch bei andern, ist aber
allmälich dem einstweilen gewichen.
EINSWEILS, dem man nur bei Stieler 2475 begegnet, ist
noch tadelnswerther und nach analogie von dieweils für die-
weil, dieweilen versucht, das f. weil kann weder den gen. weils
haben, noch den männlichen gen. von ein mit sich verbiiidi'n.
EINTACHTIG, unius ellychnii, eindocJilig: eintächtige kerz,
so nur ein lachten bat, lucerna simplex, bei .Maaier luo' ver-
druckt eintächige kcrz. tacht scheint hochdeutscher als dacht,
docht (Graff 5, 379).
EINTAFELN, tubuläre: saal und zimmer eintäfela; bei sol-
chem eintäfelu der kenntnisse. Leibnitz 378.
319
EINTÄGIG — EINTEUCHELN
EINTEÜCIILUNG — EINTIIRONEN
320
EINTÄGIG, unius diei. Ölinger grammatica s. 82; eintä-
giges kind; eintägige feier.
EINTAGSI'LIEGE, f. ephemera: wir eintagsfliegen. J. P.
dämm. 11; der mensch, die eintagsQiege über einer welle zeit
braucht überall uhren und datumzeiger zu abmarkungen am
ufer des zeitenstroms. Siebeuk. 3, 577 ; eintagsfliege am Johan-
nistage. RücKERT 244. s. haft und uferaas.
EINTAGSGESCHÖPF, n.
EINTAGSTHIEHCHEN, n. EINTAGSWESEN, n.
EINTANZEN, 1) sattalionem exercere, einen tanz einüben;
sich eintanzen, sich in den tanz einüben.
2) saltando everlere, im tanz einsloszen, umwerfen.
EINTAPPEN, gravi pede incedere, labi; sie hat eingetappt,
virginilateni delibavil. Stieler 2257, ist gefallen.
EINTASCHEN, bei den färbern, rohe seide zum kochen in
leinene laschen stecken.
EI.NTAUCHEN, intingere, immergere, nnl. induiken,
1) semmel in wein, brot in hier eintauchen ; der ists, dem
ich den bissen eintauche und gebe. Joh. 13, 26 ; die fedcr
eintauchen; die fackel in blut eintauchen; die hSnde in was-
ser eintauchen ;
itzo wallet nicht mehr das gewand der schlafenden erde
in viel bunten abwecliseluden Tarben, den kindern der juiinu ;
sondern nun hat es die nacht in siebenfäliige schalten
bis an den säum eingetaucht, und hat den schleier der Iraner
über die wiesen und garten geworfen.
Zacuariä die tageszeiten (Rostock 1757) s. 103.
2) intr. eintauchen, immergere, versinken: er tauchte ein,
versank; die sonne taucht ein, geht unter.
3) sich eintauchen, einsenken in die flut. vgl. einteuchen.
EINTAUCHER, m. bei papiermachem der bültgeselle, Schöpfer.
EINTAUMELN, intrare vacillando, nnl. intuimelen: der
trunkenbold kommt eingetaumelt.
EINTAUSCHEN, commutare: von den wilden gold gegen
Spiegel und bänder eintauschen; bücher gegen bilder ein-
tauschen ;
auch Rezia, »citdem sie von Amanden
den namen eingetauscht. Wisland 22,261;
kenntnisse tauscht ich für gefühle,
schwermfiihgen ernst für frohe spiele,
für neidenswerthe träumerein
Wahrheiten, die mich kranken ein. Gottrr 1, 442 ;
und doch möcht ich die äugen mit seinen blinden eintauschen
(vertauschen), das nicht mehr zu sehn. Klingers th. 2, 207.
EINTE für eine erscheint als anomalie
1) schweizerisch in der Verbindung mit ander: das einte und
andere. Lavater auss. in die ewigkeit 1773 1, 134; es wäre
mir in eint und anderm freilich nicht kommlich gewesen.
Pestalozzi 2, 322; der einte dem vogt 5 und der andere
7 gülden schuldig war. 3,297; du bist in dieser sache am
einten aug blind und mit dem andern siehst mehr als da
ist. 3, 305 ; hingegen macht das eint und andere im beneh-
men gegen die gute sache einen sehr widrigen eindruck. 4, 275.
doch die meisten neueren schrißstcller enthalten sich dieser
form, da wo Plater 49 steht der ein sun — der ander, hat
Baldinqers ausgäbe nach neuerer handschriß s. 107 der einte.
2) Wernike, also ein Niederdeutscher aus der zweiten hdlße
des njh. sagt s. 61
die eint ihm ein stück gold zusteckte,
die eine von drei weibern. man hört aber noch heute hin
und wieder der hundert und einte, zum hundert einten mal
statt der hundert und erste, zum hundert und ersten mal;
es ist in der einten stunde statt ersten.
hier scheint einte falsch gebildet nach zweite, dritte, vierte
u. s. w., da doch unsere ordinal form der einzahl erste ; ähn-
liche abirrung war änderte für andere (1,313), bei eint und
ander könnte man vielleicht eintweder anschlagen.
EINTEICHEN, s. eindeichen sp. 161.
EINTEIGEN, 1} miscere massam farinaccam, mehl einteigen,
einmdhren ;
ich esz ein selig brot mit scbweisz zwar cingeteiget.
Loükv 1, 51, 4.
2) sich einteigen, altius se demittere in massam, sich lief
in etwas einlassen und im teig stecken.
EINTEUCHELN, inducere aquam aliunde, das eintcurhien,
eintüchlen de» wassers, induclio aguarum. Fnisius «S5*. Maai er
12«*; här teuchlen, durch die teuchel leiten. FHisitis 97(1*.
Maaler 400*. Stali>kr 1, 235 hat tüchcln leiten, tUcliei canal.
alles wol nach dem lat. ducere und ductile, wie aus a(]uae-
dactus mnl. hageducht gebildet wurde, s. teuchel, dcuchel
2, 1030. unverwandt dem folgtnden eiateucben.
EINTEUCHLUNG, f. inductio, eintüchlung. Maaler 127*.
EINTEUCHEN, immergere, inlingerc, da die Vorstellungen des
lauchens und färbens einander begegnen, das zu färbende wird
eingetaucht, aus ahd. intuchun innatabant = immersi fuerunl
(Graff 6, 367) folgert sich intiochan oder inlöchan, intouh,
intuchun, intochan, welchem noch das nnl. induiken indook
pari, indüken entspricht, ebenso musz das einfache liochan,
mhd. tiechen oder lochen bestanden haben, betochen mit bluote
ist gefärbt von blut, getaucht in blut. aus dem starken verbum
wurde das gleichbedeutende schwache tauchen geleitet, ags. ist
deih, dedg färbe == tauche, deigan tingere, engl, die, und
auch hier Idszl sich auf ein starkes verbum scblieszen, vgl.
tug»t variatur bei Graff 5, 369. nah verwandt ist tunken
(s. eintunken), aber ganz verschieden ahd. diuhan premere.
die folgenden seltnen nhd. belege halten noch das eu der
starken form fest, fleclieren aber schwach: wie gar ist nichts
allenthalben nicht mit vilcn gallen cindeucht und geferbt
Frank 25 ; das gemüt sei eingedeucht und verwicklet mit leib-
lichen banden. 68, doch beidemal sollte eingeteucht geschrie-
ben slehn;
des Stirn durch uner eingeteucht
mit schamrot sie belaist(!). McLissDsp«. N8'.
EINTEUFELN, diabolo imbuere:
du bist doch sonst so ziemlich eingeteufelt. Göthi 12,176.
EINTHALB, EINTHALBEN, ex una parte, mit eingeschobnem
t wie in meinthalben u. s. w. cinthalben an des tisches ort.
tr. kr. 21679.
EINTHALERIG, unius thaleri: iinthaleriger kassenschein,
wie fünrthalcrig, zehnthalerig.
EINTHEEREN, ptce liquida illinere.
EINTHEIDIGEN, reconciliare, für eintagedingen, einthädin-
gen: so eine darin (im eebruch) ergriffen ward, schneid ir
der mann das haar ab und entblöszet sie vor allen iren nach-
pauren und freunden, schliig sie die ganz gasz für und für,
niemand weder gestalt, reichthuinb, freund, alter, gnad, mocht
sie meer einthedingen (d. h. in die gemeinschaß aufnehmen,
einen mann finden lassen, Tac. sagt non forma, non aetate,
non opibus maritum invenerit). Frank weltb. 43' {die spätere
ausg. von 1567, 43* einthädingen) ; der bischof von Menz kompt,
wil den {vertriebnen) bischof (llerman zu Bamberg) wider ein-
thädingen und der geistlicheit angnem machen, deutsche
c/iroHiA 1530, 141* ; ob sie ihn widerumb bei mir versünen oder
einteidigen möchten. Tiiürneissers nothgedr. ausschr. 2, 13;
eine stelle aus Ayrer 450* schon sp. 161 angezogen, später
veraltend, s. austheidigen, betheidigen, vertheidigen.
EINTHEILBAR, quod distribui polest: setzen wir die absolute
totalität der realität als eintheilbar. Fichte grundl. der w. l. 59.
EINTHEILEN, distribuere, disponere, nnl. indeelen, schw.
indela, ddn. inddele.
1) mit bloszem acc, die felder eintheilen ; die thiere, die
kräuter eintheilen ; die tage, seine zeit gut eintheilen ; eine
rede, predigt eintheilen; sein geld eintheilen, eigentlich gut,
genau eintheilen, sparsam ausgeben, auch von andern dingen:
es ist nicht viel mehr da, wir müssens eintheilen.
2) mit der praep. in : den garten in beete, felder einthei-
len ; alles in drei theile eintheilen ; den zirkel in grade, die
pflanzen in arten eintheilen; das volk in fünf klassen;
kumm, klimm, hcrr Jesu, kumm, mach Ordnung und theil ein
die schal in deine lusi, die bock ins tcufel.s pein.
LoGAU 1,209, 68;
der Sperling iheill sein kurzes leben
in zwitschern und in lieben ein. Hagidorn 3, 35.
EINTHEILIG, unius partis, ein öinUieiliges buch, nnl. een
deelig.
EINTHEILS, ex una parte, partim, ßr cinstheils oder blosses
Iheils: so sind denn alle euszere werke opfer der gerech-
tigkeit, einteils ganz verbrandte, einteils aus einsetzung, ein-
teils aus zufclliger andacht. Luther 1, 34'.
EINTHEILUNG, f. divisio: die bestimmung eines bcgrifs
in anschung alles möglichen, was unter ihm enthalten ist,
sofern es einander entgegengesetzt ist, hciszt die lugische
eintheiUmg. Kant 1, 4H2.
EINTHEILUNGSGRUND, m. die tribus des Romulu« von
denen der späteren zeit sowol der zahl als dem cintheilungs-
griinde nach verschieden. Schlosser wellg. 3, 15».
EINTHEILUN(;SSUCHT, f die einlheilungssucht eines grund-
abstrarien phihisophen, Kant 1,24.
EINTHIIONEN, mlal. inlbronizare, mgr. itf&^ovilttv, auf
den thron setzen, erheben:
321
EINTHUN
EINTHUN— EINTONNEN
322
wie ? die ich .so geliebt, die ich in meinem herzen
als meine Königin und göltin eingeihront,
sie bat die grausanikeit mit meiner quäl zu ^^rberzen ?
\Vl2LA.\D 17, 2b7.
E1NTHCN= ein thun, einerlei, gleichviel, schaäb. ei thue:
es ist ein thun, ob du kommst oder nicht, ob du gehst oder
reitest, nd. een den. Stüre.nbcbg 45*. tcie sonst ein ding:
nur diesem ists ein ding
wie ihn die weit auch nennt. Lessing 1, 45.
EINTHÜN, indere, »in/, indoen, ein natürliches, edles wort,
das, wie andeie Zusammensetzungen mit thun, heute für ge-
mein gilt. Adelüsg nimmt dabei überall 'niedrige sprech-
arten' an.
1) capere et includere, einfangen, einsperren, eng einbe-
schlieszen, drcumcludere. Maaler 127'.
mhd. der winder bat die bluomen in getan. MS. 1, 2';
\t ist ein ros freislich,
din vater hat ij in getan,
i; ne dorfie be^^er nie gegän
under neheiner stuote. Alex. 348;
Jane vihtet in hie niemen mite,
der leu enwerde in getan. Iw. 6697.
so noch heute das vieh einthun, in den stall bringen; die
giinslin einthun. Ziskcr. 2,79; einen dieb einthun, ge/an^en
nehmen ;
den schenkein schlug man fessel an,
er ward in eisen eingethan. Opitz . . .;
die dirne, denkt er, steht mir an,
zwar scheint sie wild, doch hab ich schon wildere eingethan.
WiELASD 5, 75.
einen einthun, in ein bockshorn zwingen, in angustias com-
pellere. Maaier 127'; den feind einthun, einschlieszen. das.;
ich lasz mich einthun und verbergen, weisz selb noch nicht
wo Luther 1,454'. br. 1,588;
ach meine jungfraun sind gefänglich eingethan. Opitz ...;
ich merk wo], das bald herr Tristranl
den adel wird einthon im land. H. Sachs III. 2, 43",
einschränken, zurücksetzen; bruder Jan Onkapaunt, der wer
ein rechter jagdenteufcl, der könn die teufel einthun. Garg.
239', einsperren, einslecken; die gute witfrau, die den narren
eingethan (zu sieh ins haus genommen halle). Wickram rollw.
94';
mein wiindsch ist einig der, mit ruh da wohnen können.
wo meine freunde sind, die gleichsam alle sinnen
durch starke Zauberei mir haben eingethan,
so dasz ich ihrer nicht vergessen will noch kan.
Opitz 1, 140,
eingethan, eingenommen, gefangen genommen; wie man sihet
den schatten dem menschen nachfolgen, also auch wird man
die liebkosenden hoffreunde stets den höfen der könige nach-
folgen sehn, als welchen sie durch den resonanz ihres siiszen
lohes, mit dem sie ihnen die obren kitzeln, die herzen fangen
und einthun. Bctschky Palm. 6; die von natur stark genug,
aber mit forcht, schrecken und angstlicher schäm eingethan,
ersterkt oder geschwecht ist. Thurseisser pro6. rfw/iarnen 97.
2) imporlare, condere, einbringen, heimbringen, etnten: das
körn ist eingethan, die rüben stehn noch im felde; wein,
hier einthun, einlegen, in den keller.;
schürz dich, Gretlin, schürz dich,
du must mit mir darvon,
das kern ist abgeschnitten,
der wein ist eingethon. Garg. 92'.
3) das Schwert einthun, einstecken, in die scheide thun:
so sal der vurspreche heischen urlaup, das sie ire sweirde
in duen. weislh. 2, 212.
4) irie thun oß geben heiszl, ist auch einthun eingeben,
einräumen: das des königs haubtieute mit einem groszen
beer in Galilea komen waren die land einzunemen, die im
der könig eingethan hatte. 1 Macc. II, 63 ; gleichwie ein mensch
der über land zog, rufete seinen knechten und thet inen
seine guter ein. Malth. 25, 14 ; die land und pflege am meer, die
lins sonderlich eingethan haben die .^^nuIfi. LirnER 2, 5t'; es
haben e. eh. gn. newlich dem rat zu Wittenberg das barfüszer
kloster daselbs eingethan für die kranken. 3,391. br. 3,176;
darumb in (den ehstand) auch gott für allen stenden aufs
reichlichste gesegnet hat, dazu alles was in der weit ist dar-
auf gewand und im eingethan. 4,401*; und über das er uns
alles geben und eingethan hatte. 4,413'; mit allem das uns
gott eingethan und geben hat. 5,422*; gott, der uns alle j
creaturen geben und eingethan hat, und alle jar so viel I
Hl.
wachsen leszt. daselbst; welchen die fürsten wüste feldinar-
ken eingethan, das sie solche mit sächsischen bawTen bega-
leten. Micrälics 3,308; ich aber i. f. gn. unterthänig ansprach,
das sie mir den Bernhardiner garten miethungsweise einthun
wollen. ScBWEiMCHEN 3,139;
also wird ein groszer man,
dem Christus hei vil eingethan,
gestraft. Rincwald tr. £cWi. G7*;
der hat sein guter einem man
auf trewen glauben eingethan. evangel. Ccl';
wiszt, dasz kein mensch sein leid und heulen lassen kan
beim tode, wo ihm zeit und fug wird eingethan.
Opitz 1, 189;
dem du dein wohnhaus eingethan. ps. 84, 2.
heute wenig im gebrauch, doch sagt noch Stüve, wesen und
verf. s. 43: länderei, welche dann dem Inhaber einer rath-
stelle im dorfe eingethan wird.
5) da man einthun für eingeben verwandte, lag es nah ihm
auch den sinn von eingeben = suggerere beizulegen:
durch ein berühmtes lob, das kein mensch geben kann,
als dem es Crnthius zu vor hat ein gethan. Flexi.ng 108.
6) sich einthun, sich schlieszen, bergen:
dioneiscbe taube, entflobn dem gespann .4frodites,
sieh, ihr gellügelter söhn zielt mit dem pfeile nach dir.
meinst du, dasz er nicht irifi? o komm, eh gelähmt dir die stolze
schwing ist, thue dich ein, flauernde, mir in den sch«sz.
RCCEEBT 265.
man sagt, die vögel, hüner thun sich ein, unter, wenn sie
den falken erblicken, s. abthun, anthun, aufthun, austhun,
bethun, beithun, umthun, unterthun, vorthun, wiederthun,
zutluin, zuvorthun. ,
EINTHCREiN oder die flügel einthüren heiszt den wind-
müllern schindellhüren in die flügel setzen, damit der mnd
desto stärker einfasse.
EI>'THCR.MEN, turri includere, in den thurm gefangen setzen :
nach deiner gefangennehmung hat man mich auch ein wenig
einthürmt. Kcrz sonnenwirth s. 313.
EINTHüRMUNG, f. jetzt muste das kind die geschichte ton
dieser einthürmung umständlich erzählen. Pestalozzi 3, 419.
EIMIPPEN, fehlerhaft für eintüpfen.
EIMIEFE.N, 1) deprimere, cavare, vertiefen, verließ arbeilen.
2) intr. allius deseendere: der Splitter hat sehr ins fleisch
eingetieft, ist tief eingedrungen. Stieler 2279.
EINTOCRELN, inrolvere, einwinden, einkleiden, wie eini
locke: solche reine windelein, darein Christus eingetöckelt
ist. Mathesics 122'.
EINTÖLPELN, stolide incedere. Stieler 2282.
EINTON, m. unitas soni: ein leiser wind schauerte durch
den einton des baches. Dyanasore 1, 239 ; die natur wollte
Übereinstimmung, nicht einton. 3,267; der dinton des silben-
maszes. J. P. aesth. 2, 108.
EliNTONEN, 1) mit der -stimme einfallen : sogar der waflen-
lose bürger tönt in die mis- und schreitöne {det kriegs) ein.
J. P. 37, 147.
2) einstimmen, eoneordare: zauberruthen, womit man an
das herz des menschen schlagen müsse, wenn es einti^nen
soll. KUSGERS th. 1, 4.
EINTÖNIG, unius voeis, varietnte voeis earens, uniformis,
monoton: in der eintönigen einsamkeit. J. P. Fibel 223; «in-
töniger gesang, mondesglanz, tiefe schatten. Bettixa tagebuch
$. 26;
der Zwerghaushalt raisfiel mir, der eintönige. Röceibt IM;
und hör im wind und in der woge wallen
ein lied eintöniger melancholien. 301;
doch dem lischer ziehn die tage
mit dem dumpfen wellenscbhige
arm vorüber und eintönig. Lbmad neuere ged. 23.
EINTÖNIG, consonus: jede saite ihrer enipfindungen, die
mit ihrem zwecke eintönig war. Herder 2, 317.
EINTÖNIGKEIT, f. una eaque ingrala vox, einförmigkeit :
einlönigkeit des liedes, des lebens.
EINTÖNIGKEIT, concentus, harmonia: eintOnigkeit schien
den Griechen nirgends zu gefallen. Herder 17, 192.
EINTü.NNEN, in dolio, orca reponere : fische eintonnen ;
eingetonnet fleischniauen. Garg. 53'; wein eintonnen-,
gebt uns wein von Medoks hügel,
wein mit singen eingetonnet. Voss 4, 11.
figürlich, in die kehle gieszen: laszt uns wieder «ingieszen,
eintonnen, einträcbtern, einsurfeln. Garg. 84*.
21
323
EINTRABEN — EINTRÄCHTLICII
EINTRACIITSBATJD — EINTRAG
324
EINTRABEN, 1) lolulim incedere, ingredi, einher schreiten,
einlrcten :
kein erdenpnnz ja nicht so schön als ihr eintrabeu
liOHBKRC 3,478* in einem gedieht an die blumen;
da ir^bt ich gen ticr liniien hand
ein holzweg ein mir unbekant. H. Sachs I, 535';
wie ich zu einem dorf einirab. IV. 3, 62*.
2) trans. einen einreiten, zu boden reiten: und wie wol
wenig guls trostes in dieser Sachen auf ihn zu setzen, so
vernehmen wir doch, dasz er sich nicht unschicdlich erzeigt
und sonderlich doct. Ecken in etlichen dingen flugs einge-
traht hab. Melanciitiion 2, 291
EINTRACHT, m. subtegmen: wenn an einem kieid eines
aussatzes mal sein wird, es sei wüllen oder leinen, am werft
oder am eintracht (in staminc aiit subtegmine, iv (nr^uovi ij
iv xo6)CT]). 3 Jlfo5. 13, 48 ; und sol das kleid verbrennen, den
werft oder den eintracht. 13, 52 ; so sol ers abreiszen vom
kleid, vom werft oder vom eintracht. 13, 56. vgl. cintrag,
einschlag, alle mit ein = in.
EINTRACHT, f. concordia, unitas, mit ein = din, nnl. ecn-
dragt, schw. endrägt: brüderliche eintracht; eintracht stiften,
herstellen ; nach friede und eintracht streben ; eintracht bringt
macht; eintracht tragt ein;
der schönen liebe sei das neue leben,
der eintracht, der Versöhnung seis geweiht. Schiller ...;
und mit dem frieden zieht geselliges
verlraun und holde eintracht lächelnd ein. 500';
bringe meine verworrnen gedankcn zur eintracht. Kmnger
4, 131. ein grundgeseti der stadl Bremen von 1534 hiesz 'die
neue eintracht'. Kobbk Bremen und Verden l, 229. traclit in
diesem voorte ist gleich dem einfachen tracht von tragen, und
drückt ans, dasz zwei überein, cnein tragen, einer wie der andere.
EINTR.ÄCHTERN ßr eintrichtern infundere. Garg. 84*.
EINTR.ACHTIG, Concors, mhd. eintrehtec (mhd. tvb. 3, 79'),
nnl. eendragtig, schw. endräglig, ddn. ecndrftgtig {mit dem hd.
umlaul aufgenommen) : sihe, wie fein und lieblich ists, das
brüder eintrechtig bei einander wonen. ps. 133, 1 ; und wil
euch ein eintrechtig herz geben. Ez. 11, 19 ; der doch sich,
sein weih und sein meid, drei in eim hause nit eintrechtig
gemachen kan. Albr. t. Evbk 2";
allweg sollen eheleut bei ein
sich lieb han und eintrechtig sein. Kirchbof wendunm. 325';
nach eintrachtigem rath und guten willen. Dahlmank ddn.
gesch. 2, 76. man sagte auch eines einträchtig für eines ge-
wahr: wie er dann auch bei der finstcrn nacht gethan, dasz
dieser sachc niemand von der nachbarschaft einträchtig wer-
den können. Harsuörfers mordgesch. 550 ; welches endlich
Lur.ian durch fremde äugen ist einträchtig worden. 554.
EINTRÄCHTIG, concorditer: sihe der propheten reden sind
eintrechtig gut für den könig. 2 chron. 18, 12, vgl. 1 kön. 22,13;
es ward auch eintrechtig von allen beschlossen. 2 Afacc. 15, 36;
ward iu einer Versammlung einträchtig festgesetzt. Daiilm.
ddn. gesch. 1, 450.
EINTR.\CHTIGKEIT, f. concordia: die christliche einfeltig-
keit und eintrechtigkeit. Li:tuer 3, 152'; mit viel urteilen und
afterreden macht man nichts besser, sondern mit demütigem
gebet und demütiger eintrechtigkeit. 4, 373'; ein buch von
der eintrechtigkeit. Albr. vo?« Eybe 2'; der auserwehlte ritler
der mächtigen göttin eintcächtigkeit. Weckherli.n 858; die
einträchligkeit in der richtung und Stellung der planetischen
kreise. Kam 8, 2C4. mhd. eintrchtekeit {wb. 3, 7'/).
EINTRÄCHTIGLICH, concorditer: samleten sie sich ein-
trechtiglich zu häuf. Jos. 9, 2; sich in die Ordnung zu schicken
eintrechtigiich. 1 cAron. 13,32; das sie alle sollen des herrn
namen anrufen und im dienen cintrechtiglich. Zephania 3, 0 ;
da die evangelislen vom ersten teil des sacramenls eintrech-
tigiich schreiben, auch fast mit einerlei Worten, Luther 8, T.t';
ich wil lieber auf dem text stehen, den Zwingel und Oeco-
lampad zwitrechtiglicb sprechen, denn auf dem den Christus
»elb» eintrechtiglich spricht. 3, 48» ; jedoch weil alle historicn-
Bcbreiber disz einträchtiglich bezeugen. FiscnART6i(nenA. 215*;
einirichliglich mit muad und herzen froh und f^ei.
W(CKHB«LIN 94.
EINTRÄCIITLICH, eoncordilrr: sihe der propheten rede
kind einlrecbtlich gut für den kOnig. 1 kün. 22, t3; wenn
brüder cintrachtlich bei einander wohnen. HirrEL Itbcnsl. 1,100.
EINTRACHTSBAND, n.
mit brüst und geist vermählt in eintrachtsbanden liegen.
GÖNTUEH 695.
EINTRACHTSGLÜCK, n.
man machet sich die lust aus diesem einlrachtsglflcke
einsilbigi, auch nur selten, kund. Uagkdoh?) 2,38.
EINTRACHTSVOLL,
ein täubchen, dem ein schusz den treuen galten stürzt,
fleucht schüchtern hin und her, girrt unter nacht und holen
und ist ein ebenbild der eintrachisvollen seelcn.
GÜNTUEi« 763.
EINTRAG, m. 1) subtegmen, sublemen, trama, was ein-
tracht ni. : das garn so in den wäfel getrcit und eingewäben
wirt. Maaler 127'; der zettel ist gut, aber der inlrng sol
nicht (laugt nicht). Keisersb. brüs. 69; das alte wib was ein
intrag spinnen. Terentius 1499 45*; der eintrag eines wups.
Calepini diclionarium undecim linguarum. Bisileae 1616 p. 1487 ;
ich und mein weib sind die ganze zeit, so wir bei einander
gewesen, nicht einig, sondern wie ihr wisset, allezeit zwei-
spaltig gewesen und mag eines den wurf, das ander den ein-
trag gethan haben (was vorhin bei Luther werft und eintracht
heiszt). heut aber wie ein fewer in unsenn hause aufgieng,
waren wir unserer Sachen fein eins, begerten zugleich der
thüren und liefen mit einander heraus, riefen einmüliglicheo
fewrio, fewrio, leschel, Icscbel! Meia.\deb jocoseria 2, 508
n' 405 ; euch ist wol wissende, das der eintrag unseres Icbens
gewebet wird nach belieben des höchsten anfängers und Ur-
hebers. Bdtschey kanzl. 881 ;
der cintrag war von garn, der boden war von zwirne.
Gkllkrt 3, 383;
wie dicht an der brüst des schöngngürteten weibas
fleugt das hin und her geworfene eilende webschif,
wenn sie den eintrag mit faden bewebt. Stolbkrc 12,386;
er webt wahres und falsches so verhenkert durcheinander,
dasz man zettel und cintrag unmöglich mehr von einander
trennen kann. VVieland bei Merk 2, 104 ; die Schönheit des
gewebes hängt vom gleichen auftreten dos webegeschirres ab,
vom gleichen schlag der lade, wie auch davon, ob der eintrag
nasz oder trocken geschieht. Göthe 23, 65. vgl. eintragen.
2) eintrag, damnum, injuria, impedimentum, vielleicht eine
ßgur des vorigen, insofern der eintrag dem zettel entgegen
tritt, in die quere kommt, man sagt eintrag thun, schaden,
abbruch thun wie den eintrag thun, subtemen injicere. in einer
Urkunde des dorfes Gambach in der Wciterau vom ;". 1468 :
der pastor oder pherner sulle sich des nit underziegen und cme
dhein intrag thune; in einer riedelschen urk. von 1489 «'«e-
derum intrag, beeinträchtigen, schaden scheint aus eintracht
= eintrag gebildet, nicht aus eintracht concordia, und mit
trachten gar nicht verwandt, ohn eintrag oder Verhinderung.
cammerger. ordn. von 1521 §. 30 ; die Juden sollent ire Syna-
gogen rüwigklich on irrung und eintrag mögen halten. Reucu-
LiN angcnsp. 1, 6; -meinelhalben soll dir kein eintrag geschehen.
Frey garteng. 59 ; niemand wolle eintrag darein thun. Witzen-
bürger 3, 21 ;
on all cintrcg und widcr.span. H. Sachs IIL 1, 102^;
der wcrd uns einen eintrag than. III. 1, 154*;
die wahre tugend leidet auch bei den gefährlichsten gelegen«
heilen nicht den geringsten eintrag. ehr eines mannes 384 ;
ich wundere mich nun nicht mehr, dasz dieser junge mensch
mir so viel eintrag thut. J. E. Sciii.ecel 2,335; das wird dir
keinen eintrag thun ; diese Vorgänge sollen meiner liebe we-
nig eintrag thun; lehre mich deine kunst, Kassim. ich gebe
dir mein wort, dasz ich dir keinen eintrag thun will. SVie-
LAKD 8, 271 ; vielleicht wüiden die staatshausliältcr finden,
dasz manche ihrer besorgnisse wegen des eintrags, den frem-
der fleisz dem einheimischen bringen soll, ungegrüiidet sind.
Garve anm. zu Cic. off. 3,199; die Zerstreuungen der Jugend
thulcn dem einsamen stillen vergnügen eintrag. Gothe1'>,32;
so erkannte ich freilich, dasz ich bei dctn versuch auf die
cinheit der zeit und des orts verzieht zu thun, auch der hohern
einheit ... einirag gelhan halle. 26,201; war es srhwer tu
sagen, ob der historischen Wahrheit oder den pruclischen
zwecken des lehens mehr eintrag geschehe. Savicnt kl. sehr.
4, 108.
8) cintrag, quaetlus, herum, ertrag, einnahmt, gant das
entgegengesetzte ton der vorigen bedeutung : die kaufleut haben
ein Sprichwort, es verdirbt keiner, er kiinnc dann nit rechnen,
das ist die in mehr darlegen, daii ir rinlng ist und nit
325
EINTRAGEGABEL — ELMRAGEN
EINTRAGEN — EINTRAMvEN
326
I
rechnen, das es also nit in die leng thoa wQrt noch kan.
Fbank sprichw. 1,32*; sparen ist ein groszer zol und eintrag.
1, 46 ; und ist ja kunst ein solcher eintrag, das kein rent
und zins auszeren kan. Weise kluge reden 14* ; der gottseligen
ausgeben ist ein eintrag. 147'; als ein esel eines bauers ver-
reckt war, so setzte er des todten esels köpf in seinen Wein-
garten allen schaden zu verhüten und dasz ein ander den
eintrag der fruchte nicht beneiden solle, pers. baumg. 5, 5.
Frischlix nomencl. 432 gibt eintrag foenus.
4) eintrag in das buch, register, in die rechnung, liste.
5) eintrag der erze, gläser in den ofen.
EINTRAGEGABEL, f. zum einlegen der gläser in den kühl-
ofen.
EiNTRAGELÖFFEL, m. zum eintragen des erzes in den
Schmelzofen.
EINTRAGEN, inferre, imporlare, nnl. indragen, schw. in-
draga, dän. inddrage.
Ij die bienen, ameisen tragen ein :
Ton buchweizen umblüht im gesums eiairagender bienen.
Voss Luise 1, 134;
du trügest sie (die fivchte vieler iceisen) nach art der bienen ein.
Gi^:<TUBR 721 ;
die ameisz . . . trägt im sommer ein,
dasz sie zur Winterszeit kan ubne mühe sein.
pers. rosenth. 7, 20:
wer im sommer nicht mit den bienen eintragen mag, der
kan im winter nicht auftragen, wer nichts erwirbt, der ver-
dirbt. Otho krankentrost 3S6.
2) sihe ich v^il euch brot vom himel regenen lassen . . .
des sechsten tages aber sollen sie sich schicken, das sie
zwifeltig eintragen, weder sie sonst teglich samlen. 2 Mos.
16,5; holz eintragen, ins haus tragen;
hier pflegt das schniitervolk die garben einzuiragen.
Chr. Grtpbics j)oe(. välder 1,298;
das ir keine last traget durch die thor zu Jerusalem ein am
sabbathtage. Jer. 17, 27 ; und etliche aus inen waren über das
gerete des ampts, denn sie trugens gezelet aus und ein.
1 chron. 10, 28 ;
während die magd des mahlet gerät und die festlichen gläser
eintrug, samt dem gedeck von schöngewebetem driUich.
Luise 1, 92.
3) erz, glas in den ofen eintragen, den ofen beschicken.
4) eintragen, einwerfen, weben, voc. theut. 1482 fs', vgl.
eintrag, eintracht; mhd. intragen:
valsch wefel in triuwen warf. Benner 44S0;
wird, die euch soll unterrichten,
können recht die werfte schlichten,
wiril die schütz (der einschusz?) euch läufig sein,
tragt ihr saubre faden ein. Grtphius 2, 73.
5) dem viehe eintragen, ihm zur gewöhnlichen zeit sein
futler in krippe oder trog bringet*, ein kind eintragen, durch
tragen und schaukeln in schlaf bringen.
6) in das buch, Verzeichnis eintragen ; v^örter sammeln und
eintragen ; wenn man viel selbst denkt, so findet man viele
Weisheit in die spräche eingetragen. Lichtenberg 1, 326 ; bil-
der vNurden so viel möglich als bildet eingetragen. Herber
1,158;
schau das buch wird aufgeschlagen,
in das alles eingetragen,
warum weit und fleisch zu fragen. Grtphius 2, 259.
7) andere anwendungen : ej mac sinlich Ingetragen sin.
Eckhart 553,26; solche wütende weise hat der böse geist
eingetragen und leszt es eine brüderschaft heiszen. Lcther
1, 207' ; geben sie für, was sie also durch bepstliche gewalt,
der irren mag, eintragen, hab die christliche kirche, die nicht
irren mag, eintragen. 1, 345' ; liebes kind, wenn du nicht ge-
winnen kanst, so trage hadder ein. 3, 451, vgl. die folgende
beJeulung,
8) eintragen, was antragen 4 und anbringen, anklagen, ver-
leumden, übel anschreiben:
ihr seid beim keiser also eintragen,
dasz alls nicht gilt was wir ihm sagen, .\trkr 97';
der mich mit lügen s.tgen
beim keiser also hat eintragen. 265';
hab ichs beim keiser eingetragen,
als ob sie ihr ehe brocben betu 271*;
ich will den lecker selbst verklagen
und beim keiser dermaszen eintragen. 371*;
nicht gut eingetragen {angeschrieben) sein. Zingeble kin-
derm. 2, 5.
9) einem eintragen, schaden, eintrag thun, s. eintrag 2:
aber wir teufel wollen dem orden so viel eintragen und in
hindern, als wir künnen. Albercs barf. alcoran §.404; wann
mein man unterweiln mit mir nit wol zu friden oder zornig
ist, so bitte ich in freundlich für den zorn, oder weich dem
selben mit stillschweigen, bisz ich die zeit ersehe mich zu
entschuldigen odder im einzutragen. Albercs ehbüchlein B4';
da Cybele {das kammerweib) hörete, dasz sie geschwister weren,
freuwete sie sich, gedacht, jetzund mag meine fraw seiner
liebe wol pUegen und wird Chariclea ihr nichts eintragen.
buch der liebe 210,3; sol in ihrer band und in ihrem ge-
walt sein, ohn männigliches eintragen. 269, 3.
10) eintragen, ertragen, gewinn tringen : sie sind zu keiner
Sachen nütz, denn das sie nur har eintragen. Luther 8, 305';
zuinalen dieses nicht sonders grosze ehre eintragen kan.
Brandts bericht von Taubmann s. 50 ; eintracht trägt ein. Leh-
MANx 1S7; das amt, der dienst ti-ägt wenig ein; geh. rath
Wolf, mit welchem einen tag zuzubringen ein jähr gründ-
liche belehrung einträgt. Gütbe 31, 137 ; denen schon die kir-
chenordnung aufgegeben hatte, fromme und fleiszige arme
etwa zu einem eintragenden baugütlein zu befördern. StCve
leesen und Verfassung der landgemeinden 135; meine gefallig-
keit hat mir nur verdrusz eingetragen.
EINTRAGEND, nullius consors, der keinen theilgenossen oder
mitträger im besitz des gutes hat, ledig, verwitwet, eintragen-
der mensch. Mo>e zeilschr. 6, 369. ganz verschieden roB dem
unter eintragen 10 angeführten eintragend.
EINTRAGER, m. hüttenarbeiler, der erz einträgt.
EINTRAGESCHAIFEL, f. was eintragelöffel.
EINTRÄGLICH, fructuosus, utilis : eine Veränderung, welche
der Sittenlehre sowol als den Wissenschaften gleich einträg-
lich ist. Kant 9, 23 ; ein einträgliches amt.
EINTRÄGLICHKEIT, /. ulilitas.
EINTRAGSFADEN, m. filum subtegminis.
EINTRAMEN, tignum immittere. Stieler 2300.
EINTRÄNKEN, dare bibere, ein von alters her bis auf heute
bei uns beliebtes wort, um bildlich Vergeltung und räche aus-
zudrücken, wie man auch sagte einschenken und trank schen-
ken {vgl. Reinhart icv), eirje frische, lebendige, von Adelcsc
'gemein' gescholtne redensarl:
mhJ. sin tumplicher muot
Wirt im da in getrenket. Neidhaht 50, 32 ;
ich getrenke in in den spot. Ulrichs Wh. 183*;
4; wurde im getrenket in
von dem örsten amplicke. Renn. 17007.
nhd. und meint er wöU im eintrenken,
was im ein ander verne hat getan, fastn. sp. 349, 17 ;
und meint er wöll im dann eintrenken
was er im vor eim jar hat getan. 754, 18;
wan mich mein man het oft geschlagen,
das will ich im des nachts einu-euken. 369,23;
das war im alles eingetrenkt. Ring 42', 16 ;
ich bit got, das ich mög ewern tod vor meinem ende den
Verrätern indrenken. Aimon ne'; aber es sol euch einge-
drenkt werden, os'; ich glob dir, es sol dir wol eingedrenkt
werden. Fierabras B i ; das er {galt] schlechts dieselbige (gi/l
des todes und der hülle) durch Christum aus unserm leib
und seele nemen und dem teufel und tod alle zumal ein-
trenken wird, das im der bauch davon zureiszen musz. Luther
6,269'; und ward ihm übel eingetrenkt, dasz er sich unter
den adel hatte gemenget. Albercs 7 ; wie lang denken sie
nun daran, wann in unrecht geschehen ist, wie trenken sies
nun so redlich einander ein? Petr. 107'; ich meine, es ward
ihm eingetrenkt Wilzenbürger 176;
und dir die hundesQiegen dein
wol wissen einzutrenken. Kincwäld laut. »arh. 31;
koinb her, lasz dir wider eintrenken! Atibr394*;
was gilts, ich wil dirs eintrenken. 416*;
wie ich nun fröhlich und guter dinge gewesen, wird mir mein
freude eingetränket. Schweinicuen 2,41; nein man musz die
leichtfertigen vögel zuvor rechtschafifen quälen und ihnen ein-
tränken, was sie an diesem reuter verdient haben. Simpl. K.
95 ; und wann unserer mehr zu pferd gewesen wäre, so würde
den Franzosen ihre frecbheit übel eingetränkt sein worden.
Springinsfeld eap. 18 ;
mit müh erworbne braut! nun spare keine küsse,
und tränk ihm den verdrusz des langen wartens ein!
Gi;!iTBBR 600;
er hat auch dem könige von Burgund in seinem eigenen lande
einzutränken gesucht, dasz er Clodowigs freundscUaft der sei-
21*
327
EINTRÄNKEN— EINTREFFEN
EINTREFFEN — EINTREIBEN
328
nigen vorgezogen. Mascou2, 31; gleichwol verdrosz mich seine
schleichende feindseiigkeil und ich tranlite sie ihm in der vor-
rede ein. Reiskens Icbensb. 117 ; aber ich will es ihm schon
indes auf eine andere weise eintränken. Lessinc 12, 530; und
seid ein besserer edehnann und sollt ihm das eintränken
und sollt es nicht dulden! Schilleb 156'; dem wirds in jener
weit sauer eingetränkt werden. Stillincs wanderschaß 10;
die sonne wag uns tausend sejren schenken,
das wissen wir und dankens herzlich ihr,
doch weisz sie auch es wieder einzutränken
und sengt und brennt oft desto basz dafür. DErcer 55';
liimmcl und hölle, was erblick ich! gott, wie wird mir mein
politisches geschwätz eingetränkt werden! Thümmels reise
3,545 vgl. 556; er hat mirs eingetränkt! Lenz 1, 2ül; was
sie mir gewis wieder eintränken werden. Tieck 9, 2S7 ; das
gelehrte reich sollte sich einen recensiergrammatiker halten,
der jedem jaurnale mit rechter sprachpolizei boshaft ein-
tränkte. J. P. aesth. 3, 38 ; wart amimann, ich will dirs ein-
tränken {dasz du meinen geliebten hast hängeti lassen). Hebel
schalzk. 150.
ScHAMBACH 91* Verzeichnet nd. indrcnken: toif, ek wil et
dek indrenken! bezieht es doch zu eng auf schldyc, da es
für jedwede Vergeltung, ursprünglich wol von gewaltsam ein-
gegosznem (vgl. Simpl.) oder besser von dargereichtem bitterem
trank gilt. nl. scltw. dän. entsprechende ausdrücke finde ich
nicht angemerkt.
Übrigens hat eintränken auch noch die bedeutung von über-
schwemmen: alle wasserenger von der Schwalmsteinmül bis
auf Dallkürchen seint eingetränkt gewesen, als wanns ün
See gewesen wer. Scumeller 1, 493. den Schmelzern hciszt
eintränken derbe crze in flüssiges biet werfen, damit sie desto
eher in flusz kommen.
EINTRÄUFELN, instillare: baisam einträufeln auf die wunde ;
schulden einträufeln, nur allmälich bezahlen. RXdleis 232*.
vgl. eintriefeln und eintropfein.
EINTRÄUFEN, dasselbe, nnl. indritipen.
EINTRÄL'MEN, obdormiscere, fr. s'cndormir: er muste das
innere steppenfeuer auf das kopfkissen betten und in sein
einiräumcn mischte sich der hohe donner. J. P. Tit. 1, 150.
EINTRECHEN, excitare, incendere, ein altes, seltnes worl,
mhd. trechen schieben, Irudere, hetrechen zuscharren, bedecken,
legere. Stai.d. 1,293. Scan. 1,471: das in ganzem Rom (zu
gewisser zeit) kein feur hab mögen eingtrochen, aufgeschlagen
oder anzündet werden. Frank chronica 113". gleichviel mit
eintrechen ist das Schweiz, auftrechen, aufschüren, anschüren,
hier scheint ein stufenweises eintrechen, aufschlagen und ent-
zünden gemeint.
ELNTREFFEN. treffen bedeutet fertre, eintreffen also da
treffen wohin gezielt wurde.
1) eintreffen, convenire, advenire, zutreffen: die Weissagung
trift ein, der träum, wie er erschien, traf ein; es ist gerade
80 eingetroffen, wie du voraus sagtest; es ist anders einge-
troffen ; die rechnung musz auf heller und pfenning eintreffen ;
was dcui ein wenig wasscr In einem starken wein?
wer redlich, mag zu zelten gleichwol auch listig sein,
wenn nur sein ziel zum besten, zum argen niclit, irifl ein.
LoGAÜ 3, 43, 19 ;
kleider machen Icute. trift es richtig ein,
werdet ihr, ihr Schneider, goues pfuscher sein. 3,81,35;
bei dir, mein bräuturam, trifi recht das Sprichwort ein,
wer um das glücke buhlt, der musz der tupend fixiu.
GünruKR 459;
o, dacht ich überlaut, wie glücklich trift es ein. 735;
so Irin die fabel völlig ein. Gellkrt 1,05;
mir klang eben das ohr von etwas, bei dem du, wenn es
einirift, nicht lachen wirst. Klopstock 10,275; so hat (statt
i»t) also doch unsere Prophezeiung eingetroffen, dasz dieses
band nicht lange dauern werde. Schilleh an Göthe 398.
2) eintreffen mit etwas, übereintreffen, zusammentreffen,
eongruere: wo sie (die gleichnis) nicht anzeigen und wol da-
mit eintreffen, so stehen sie wie der beiz auf seinen crmcin.
LvTaeR 3,476 {vgl. emporhalten) ;
wie treffen mit dem Widerschein
der KchOtiernden rubinen ein
die in dem schoitz Kf'hiiuncn fruchte! Grtphiui 1,223;
aber so trift das vermögen nicht mit meinem willen um.
Chr. Grtphius pvet. wdlJer 1,372,
das glück ist iin?<Tf' ht nnl hlind,
wenn nichi .' , sind.
wi»« oft hsl ' '.fi,
wie oft mit h , it,i| Lrmino 1, S3.
3) an einem ort eintreffen, anlangen, ankommen: der er-
wartete böte, die post ist nicht eingetroffen; der fürst traf
abends zur bestimmten stunde ein. vgl. sich einfinden.
EINTREFFEN, n. exitus: das wunderbare eintreffen des
traums.
EINTREFFL'NG, f. convenientia, znsammenstimmunq : ge-
naue einlreffung der wichtigsten salze mit andern. Kam 4, 224.
EINTREIBEN, nnl. indrijven, schw. indrifva, dän. iuddrive.
1) cogere pecus, heimtreiben, in den stall treiben, gegensalz
von austreiben : es ist noch hoch lag und ist noch nicht zeit
das vieh einzutreiben, l Mos. 29,7;
so kumm, und lasz uns widcrumb
eintreiben. Avrkr 1*;
treibt fein bei Zeiten ein! Gelikrt 3, 407;
und ich, ach Sylvia, und ich treib noch nicht ein. Rost.
Iheil 1, 1138 wurde ein andrer gleichbedeutiger ausdruck des
hirtenlebens erläutert, zu baren treiben hiesz das vieh heim
in den stall zur krippe treiben.
2) wie dies aber im heutigen unverstandnen zu paaren treiben
die abstracte bedeutung überkam einnöthigen, in die enge treiben,
geht auch eintreiben in denselben sinn von cogere und es
wurde dabei nicht mehr an vieh, noch an stall gedacht: und
am siebenden tage sagt ers ir (Simson seinem weibe das rdtselj,
denn sie treib in ein. rieht. 14, 17 ; Paulus aber ward ie mehr
kreftiger und treib die jüden ein. apostelg. 9, 22 ; also lesen
wir von Paulo und von Apollo, wie sie die jüden eintrieben.
Luther 2, 327"; gott hat es aber alles darunib getlian, das
er die jüden damit zwingen, fassen und eintreiben wolle.
3, 166; man kan den teufel nicht besser eintreiben, denn
durch sein eigen wort und bekcnlnis. 3, 516 ; wir sind geist-
lich, der ander häuf ist die weit, sind so aufgeblasene leule
worden, das man ehe einen keiser helle eingetrieben, denn
einen schebichlen münch. 4,9«'; daher hatten auch die pfaffcn
und münche könige und fürslen so eingetrieben und über-
redet. 4, 43l' ; sie (die Schwärmer und roltengcister) wollen ein
wenig disputieren treiben und die leule mit plaudern und
dijnen eintreiben, das man dieweil nicht sehen sol noch hören,
wie ungegründet ding sie fürgeben. 5, 4S9'; wiewol nicht müg-
lich ist, das man dem teufel und seinen rotlengeistern das
maul also stopfen könne, das sie aufhören und stillschwei-
gen, doch ists gnug, das man sie so eintreibet und ir ding
verlegt, das sie es mit keinem schein können erhalten. 5,513*;
namen auch daraus solche macht und recht, alle andern
Christen einzutreiben und zu zwingen. 6,91'; das die magisl-
rollen zu Löven weder diese noch irgend ein ander sect ein-
treiben oder umstoszen können. 8, 3S1'; der (pabst) sie [die
fürsten) alle nur mit winken und einem (inger erschreckte
und eintreib, tischr. 243'; so oft er dem künige schach bot,
vorsetzte ich ihn mit der königin, trieb ihn ein und gewann
ihm all sein baar geld ab. pers. rosenth. 7, 20 ;
ich trieb ihr blödes herz mit höchslum unrecht ein.
LouKMST. Ann. 2, 14S5;
wie "tapfer Basilius einen Gollien, der ein eifriger Verfechter
des arianischen inlhutnbs gewesen, eingetrieben. Mascou
1, 492; dasz die kaiser immer ein fremdes volk brauchen
musten, das andere einzutreiben. 2,131; ein erlaubtes und
kräftiges mittel, die tboren einzutreiben. Liscov 277; ich
weisz, dasz sie durch dergleichen reden das volk eintreiben
wollen. Heiimanns Thuc. Sil ; beweisen sie ihm ja lieber
jenes, als dasz sie dieses leugnen sollten, denn sie mrichien
sonst, vielleicht noch heute, durch den augenschein einge-
trieben werden. Lessinc 1, 354 ; ich halle mich nicht sollen
eintreiben lassen. Schiller 194*. diese ausdrucksweise ist aber
heute unhäufig.
3) t»« eignem sinn steht eintreiben auch für ins bette nöthigrn.
zu bette bringen, was doch dem abendlichen eintreiben des
Viehes gleicht: die kinder eintreiben, schlafen legen;
ich hotte mich zwar eingetrieben,
doch war mein linrzo waclu-nd hJiobco,
obgleich der iniido cörpcr »clilii-f.
üriTZ 3, 18 (nach hohrtinl 5, 2).
4) einen pfal, nagel, keil eintreiben, intrudere, adigere, in
den lioden, ins holz treiben, zwingen, schlagen: es h.llt schwer
den keil in den harten fels ein/ulietbi-n ; pllock .luf plloi k
wurde eingetrieben; einen nagrl in den bnuin cinlrrtbeu; da
ich vorher gar den kämm, als wenn ich ein pfrrd anputzte,
in «eine haare eingetrieben bulle. J, P. tenftUp. 1,42; gciber
329
EINTREIBEN — EINTRETEN
EINTRETEN — EINTREUGEN
330
treiben die feile ein, walken, bereiten sie. oß figürlich, ich
luusz immer solch unterscheid dieser zweier reich einblewen
lind einkewen, eintreiben und einkeilen. Lctdeb 6, 154'. :u-
iiial mit deni dat. der person: einem den Übermut, stolz ein-
treiben, wie austreiben:
ob du ein gringeo- Itanst erlegen,
soliu dich drum nit bald erwegen
an einen gröszem dich zu reiben,
sunst wird er dir den geil eintreiben. Wilois 177";
warumb ist der mann rauch geschaffen, dann das er inen iden
weibern) mehr wärm, lust und kitzel einreibe und eintreibe?
Gurg. 66'. am häufigsten unbestimmt: es einem eintreiben,
fast wie eintränken oder auch Tcrtreiben, austreiben : aber dem
pfaffen trieb ers wieder ein, vergalt es ihm. Wickbasj rollw. 16 ;
gedacht, ich wil dirs wol eintreiben,
sott dich bald nit mehr an mich reiben. WotGKXDT£!sop 117-
die beiden gelehrten glupten einander an, des festen ent-
schlusses, sichs bei nächster gelegenheit einzutreiben. Siegfr.
V. Lindenb. 1, 220 ; wart, wart, will dirs nun eintreiben !
gezüchtigt musz sie sein nach aller Ordnung. Fb. Müller
1,146. es ist nicht sicher, aus welchem sinnlichen eintreiben
diese redensarl hervorgieng, Goithelf braucht sie im sinn von
inculcare: so einer sollte man, wenn man sie nicht fort-
jagen wolle, doch wenigstens eihtreiben, dasz sie nach golt
schreien lerne, erzdhlungen 4, 69 ; wol, denen treibt man es
ein, die müssen es büszen. 4, t2, ein sächliches eintreiben,
kein persönliches ist darunter zu versteifen, ein solches incul-
care gälte auch für folgende stellen : wider etliche jünger der
andern aposteln, die da wollen neben dem evangelio auch
das gesetz Mosi eintreiben. Ldther 1, 505' ; wer solchs übel
nicht austreibet, so er kan, der wird geacht für gott, als hab
ers zugericht und eingetrieben. 2,186'; der imer da hinaus
wil, das er ein newe lere eintreibe, die im nicht befohlen
ist. 3, 57; solche weise haben die lieben apostel und veter
gehalten, diesen artikel beide mit worten und warzeichen ein-
zutreiben. 6,246'; damit gar unzeliche abgölterei, so durchs
bapsthum in die kiichen eingetrieben, teglich mehr und mehr
ausgetrieben werde. 6, 4S5'.
5) an dies inculcare reiht sich die bedeutung von exigere,
einfordern, worin auch wieder ein cogere liegt, lat. cogere
pecuniam wie exigere. geld eintreiben, schulden eintreiben,
gleichsam wie die herde eingetrieben wird, die dem land
auferlegten abgaben werden mit gewalt, aufs härteste einge-
trieben; ein minister, der auf der sonne laternensteuer ein-
getrieben hätte. J. P. Tit. 2,40; der schulz muste die hul-
digung des benachbarten Umkreises eintreiben. 2, 97 ;
wer gelder eingetrieben
durcbbebt die nacht Yor dieben. Plaie.'< Sl ;
ich erkenn euch, ernste mächte,
strenge treibt ihr eure rechte,
furchtbar, unerbittlich ein. Schiller 61*.
6) intr. der kahn treibt in die bucht, das scbif in den
hafcn ein, eintreiben wie einfahren, auch der transitive aus-
druck, stürme, winde trieben das schif in den bafen ein,
liesze sich nach 1 verstehn, da sich das alterthum schiffe als
rosse dachte.
EINTREIBER, m. in mehrßichem sinne des eintreibens, x. b.
geldeintreiber, exactor.
EINTREIBLICH, exigibilis: eintreibliche schulden.
EI.NTRETEN, ingredi, den fusz in etwas setzen, mhd. in
treten, nnl. intreden, schw. inträda, dän. indträde.
1) «n/ro»re, tn/rare .•"tritt nur ein ! tretet ein, intrate, entrez ! ;
kam Jesus und trat mitten ein. JoA. 20, 19; kompt Jesus und
Irit mitten ein. 20, 26; der könig tritt ein, ist eben einge-
treten ; als sie eintrat, waren aller äugen auf sie gerichtet ;
sie kommt eingetreten; eine schöne, junge frau kam auf das
lied eines sAngers, wie tanzend, eingetreten, pers. baumg. 3,4;
die Personen auf der bühne treten ein {engl, enter), häufig
mtl näherer beslimmung durch praep. und casus : in den saal,
in das zeit, in die kirche, in das schif eintreten; wenn dein
fusz zur stad eintrit, wird das kind sterben. 1 könl 14,12;
tritt ein zu dieser schwelle. Uhla.nds jcrf. 125;
ein fremdling tritt er in sein elgenihum,
das längstverlaszoe ein. ScmLi«R336'.
er trat ein heisit auch er trat einher, daher, von Ihieren wird
eintreten nur gesagt, wo auch treten gilt, oder in der Ihierfabei,
wo sie in menschlicher rolle gedacht sind, weidmännisch, das
wild hat tief eingetreten {tiefe spur gemacht).''
■1) gern sieht eintreten da, wo alle personifiealion waltet.
namentlich bei tag, nacht, monat, jähr, sommer, winter, ostern,
zeit, neues licht, Sonnenfinsternis, tod : im hohen sommer tritt
der lüg schon um zwei uhr morgens ein ; bei eintretendem tag
reisten wir ab; meinen eintretenden geburtstag wollte man
feiern. GörnE 31,115;
die nacht tritt ein. nach welcher Heva ruft
schon jenen tag, als sie den garten liesz. Crtphics 2, 294 ;
wenn die nacht eingetreten, irrg. der liebe 295; neumond
tritt erst nächste woche ein, der monat ist mit wind und
regen eingetreten ; ostern treten heuer spät ein ; der sommer ist
immer noch nicht eingetreten; die zeit wird schon emtrelen;
bald darauf trat theure zeit und hungerjahre ein; die uner-
messene reihe eingetretuer jähre ; unenvartet trat der tod ein.
3) nah liegt die anwendung auf andere erscheinungen der
zeit und des lebens: es ist grosze hitze, strenge kälte ein-
getreten; bei eintretendem frost oder warmem weiter; wich-
tige ereignisse traten ein; was mir hier bei dem nun ein-
tretenden laub gefallt. Lichtenberg 7, 317 ; ich merkte zuerst
mein eintretendes alter an der abnähme des gedächtnisses.
1, 17. da auch krankheiten, seuchen, fieber und plagen als
persönliche wesen gedacht wurden, versteht es sich dasz sie
eintreten, in das land, m die Stadt treten, ereignisse, fälle,
umstände, hindernisse Aünnen eintreten; wenn der fall ein-
treten sollte, si casus inciderit.
4) krieg oder friede treten im lande ein; heil und glück
ist in unser haus eingetreten ;
heiige Ordnung, segensreiche
himmelstochier,
die herein von den geßlden
rief den ungesellgen^wilJen,
eintrat in der menschen hatten. Schillbr 79'.
5) wie vor dem äuge reisender die landschaß sicli zu be-
wegen scheint und ein bild dem andern folgt, tritt es gleicli-
sam an dessen stelle ein: wir stiegen höher, schöne seean-
sicht, feld und obslbau fahrt fort, mehr wiesen treten ein.
GöTHE 43, ISO.
6) in einen räum eintreten, den noch kein ßtsz betreten
hatte, schön sagt Walther 114, 19
so hän ich euch im Til nähen
in mime herzen eine stat gegeben,
da nocii niemau in getrat.
an eines stelle treten, ein amt, ein«n dienst antreten, heisit
überhaupt eintreten, in einen mönchsorden, in eine gesell-
schaft eintreten.
7) der bas tritt ein, fällt ein, in die andern instrumente.
das neugeborne kind tritt ins leben ein, in die mrklichkeit ;
schalenpuncte, welche, sobald sie in die Wirklichkeit einge^
treten, sich zu vergröszern nicht ablassen. Götoe 55, 327 ; i»
der geschäßsspraeJie misbräuchlich vertrage, die ins leben ein-
treten ; in das recht eines andern, eines verstorbnen eintreten ;
der pfarrer selbst irat in den anschlag ein. Pfbffel 4, 42;
ich aber soll aus schuld ,in busze treten ein,
' damit für höll und tod sei heil und himmel mein.
LoüAü 3, 26, 19 ;
in eine klage eintreten. Pestalozzi i, 221 ; ich kann nicht ins
umständliche eintreten {in die einzelnen umstände eingehen).
4, 263. der älteren spräche war noch ein bloszcr acc. statt
der praep. gestattet: nachdem sie geseheo, dasz er solche ge-
falir eintretten soll. Amadis 387.
8) für einen, für etwas eintreten, wie einstehen, sieh ver-
bürgen, gewähr leisteti, eines stelle vertreten.
9) transitiv eintreten, calcare, conculcare: kraut eintreten,
festtreten ; die wurzeln um die bäume herum eintreten ; maul-
wurfshaufen auf den wiesen eintreten; plumpe füsze traten
ein blumenbeet ein; die treppe, den fuszboden eintreten;
sie sehen wol das« jetzt von vielen schönen siädten
noch kaum der name lebt, sie selbst sind eingetreten,
verheert und ausgebrannt. Opiti 2, 105.
sich einen dorn eintreten, in hohem grase gebend trat er
sich einen nagel in den fusz ein ; die schuhe, pantoffeln ein-
treten, einwärts treten.
EI.MRETL'iNG, f. ingressio : von bekehrung und eintretung
des rechten weges dazu. pers. baumg. buch 9. überschriß.
ElMREL"GEiN, inarescere, nd. indrögen, indrügen, nnl. in-
droogen, auf treuge aridus, ags. dryge, nd. drügc, nnl. droog
zurückgehend, von dem verhalt zu trocken unter den einfachen
Wörtern :
das n)ark des ganzen rctchs ist jetzt ganz eingetreugt.
WiKDtiAM fcbr, 31.
$. abtreugen, auflreugen, austreugen.
331
EINTRICHTERN — EINTÜNCHEN
EINTUNKE — EINTVVEDER
332
EINTRICHTERN, infundere, mit dem trichter eingiesxen:
die wissenscliaften lassen sich nicht eintrichtern ; was er weisz,
wurde ihm alles eingetrichtert. $. einlrächlern.
EIMRIEFEN, inslillari, verschieden von einträufen inslillare.
s. auftriefen, austriefen,
EINTRIFT, f. pascuum, jus pascendi: die eintrift von einer
sichern anzahl Schweine. Müser 2, 189.
EINTRINKEN, imbibere, nnl. indrinken, schw. indricka, ddn.
inddrikke: wider das klopfen des herzens soll man sauer-
anipfersaft eintrinken. Tabernaemont. S28 ;
und trinket durch den wein
viel tausend thränen ein. Opitz 1,7;
vergaszen sie doch nicht sie aufzuhehcn, worniit ihr das cin-
getrunkene wasser zum halse heraus schicszen konte. Lohenst.
Arm. 1, 1291 ; ihre zwiebeln wären fast so geschickt alle fär-
ben, als das wachs jede gestalt anzunehmen, und die schwämme
die feuchtigkeiten einzutrinken. 1,1395;
das erdreich prüft die last des eise.« und der garbe,
und irinkl bald reif, bald scbnee, bald thau und regen ein.
GÜNTUEA;
schmilz! es harren bifimchen dein,
die für mndcheabusen blühen,
trinken deine labung ein. Uverbkck 15;
wüsten trinken,
wenn die bächlein winken.
gern die bächlein ein. Ih;
der sprachlose wonneseufzer, von der hrust in schnellen ziigen
eingetrunken. J. 1'. Hisp. 3, 89 ; dürft ich in diesem zimmer,
in dem kreis deiner äugen leben, mit dir die ^ine luft ein-
trinken. Klingers th. 3,167; keine klagen soll dein ohr ei'n-
trinken. 3, 411.
EINTRITT, m. ingressus, aditus.
1) mit bezug auf den ort, der eintritt in das haus, den
sal, die kirche, das klostcr, das schif:
das bedeutet verdrusz, so sagen bedenkliche leutc,
wenn beim eintritt ins haus, nicht fern von der schwelle, der
fusz knackt. Gothk 40,320;
der eintritt ins land : der gefürchtele eintritt der Englander
in die Normandie zog die königliche armee nach dieser pro-
vinz. ScHiii.ER 1059. der eintritt in das besitzlhum; der ge-
freiten kinder eintritt in die guter. Frischm.n nvmcncl. 433.
2) mit beiug auf den eintretenden:
deines lieblichen eintritls
werden sich freuen
die penalen des bauses. ScHitLER 499';
. beim eintritt der nacht, des Jahres, des sommers, der stren-
gen kälte, des friedens.
3) eintritt heiszt auch, wie einstand, das bei der aufnähme
in eine schule, in einen verein, für den platz im Schauspiel
zu erlegende geld : der eintritt beträgt zehn gülden ; den ein-
tritt in die comOdie bezahlen. Kant 4, 121 ; er bat freien
eintritt (enlrde.)
4) der erste theil eines festlichen tanzes, franz. entree, pre-
miere partie d'un ballet: unter den balleten und masque-
radea ist ein geringer unterscheid, jene sind weitläuftiger
und haben gar viel abthcilungen und eintritte. Moriiof »n<cr-
riclit 6'\. oder meint dies eintritte aiiftrilte, scencn (1,705)?
5) man saqt den eintritt nehmen, thun.
EINTRirrSFÄHIG, dignus qui recipialur.
EINTRITT.SI.ELD, n. was eintritt 3.
EINTRITTSZI.M.MER, n. antichambre.
ELNTROCKNEN, arescere: der sumpf trocknet allmülich
ein; die färbe trocknet ein; nur sein dintcnfasz war einge-
trocknet. J. P. Siebenk. 4, 44.
ELNTRÖPFELN, instillare: baisam in die wunde, arznei in
den lüITel ; wiewol ich doch in die neueste (gescliichle) ein
wenig pikante Zukunft eingetropfeil wUnschu. J. I*. 37, 35.
EINTROPFEN, instillare und instillari, unpersönlich: es
tropft ein.
EINTUMPFEN, dtsidere, eorruere, einsinken, sich senken,
neigen, vertiefen, ein alles, unhiufiges wort, wozu ahd. tuin-
philo gurges, nhd. lüinpfel, das schwell, tumpf tinbuij, tüinpli
nngung, vemeigung, tünipfen neigen, fc»fj;cn (STAi,r>Kn 1, 32(i):
wann der eitcr wenig geht, die wunden aber rintuinpfct und
blaw wird und gar zu schnell zufellt. WPnz 302.
EI.NTCNCHEN, indueere, incrustare, mit tünche überziehen,
fettigen : es scheint, als habe man die mittelbilder erst her-
beigebracht, an die wand befestigt, und sie daselbst cinge-
tüncht und die Obrigc flnrhe umher gemahlt. GOtiir 38, 190.
ladelhaß für da$ folgende eintunken : wenn es gleich mit wasser
begossen oder devnselben eingelünchet wird. Rcinike fuchs.
Rostock 1()50. s. 84.
EINTUNKE, f embamma, brühe, sauee, in die man brot
oder fleisch taucht. Dasypodius 61*; es werden auf mancher-
lei weis salsen und eintunken daraus gemacht. Tabernaemon-
TANÜS839; den 14 merzens hat der kaiser mir über der init-
tagstafel zwo eindunken zu kosten gegeben. Ferdinands I. tafel-
reden übers, von David Schirmeb. Dresden 1674 s. 195. 221.
s. tunke, einstipsel.
EINTUNKEN, intingere, eintauchen, vgl. oben einteuchen,
ahd. tunchön, dunchön (Graff 5, 195). die Verwandtschaft des
lat. tingere forderte den goth. anlaut |), ahd. d, aber schon
das ags. deägan zeigt d, welchem ahd. t enlKpricht. gleich-
wol halten ältere schriftsteiler noch d fest, oder schwanken
zwischen media und tenuis. Frisids schreibt 725' eintunken,
692' eingetunkt, 469* dünken; Maaler 123* eindunken, 124*.
eingetunkt. Keisersrerg bilger 15* ingedunkt in den hellischen
swcbel ; der mit mir eintunkt die band in die schusseln, bibel
von 1483 .Wa»/i. 26, 23 ; des federspiels aasz in rautensaft ein-
dunken. falknerei bi^ ; dürre holzwellen in bech zuvor einge-
tunkt. Kirchhof disc. mil. 44; die königin liesz ^yri todlen
leichnam under den erschlagenen suchen, seinen köpf ab-
hauwen, in ein fasz voll bluts oftmals eintunken, wendunm.1';
die feder eintunken. Rabeser 2, 46; ich dachte der schlag
würde mich rühren, als ich ihr die feder eintunken muste.
ThCmmels ms€ 3, 472 ; ich kann trotz allen oslermessen und
fatalien in nichts eintunken. i.P.uns. loge3,4S; das bedenke
aber jeder der eintunkt I {jeder aiHor). freiheitsb. 100; wenn
ich gern eintunken und vollends den verdrieszlichen umstand
hinzu erzählen wollte. Hesp. 1, 14 ; damit sie etwas warmes
trinken und einmal eintunken könnte, ehe die beistünde und
die trauung angiengen. Siebenk. 1,23; jetzt setzt er sich hin,
um zu seinem dritten capitel einzutunken. Tit. 3, 164 ; war
ich ein ziehender vogel gewesen, ich hätte mich niedergelas-
sen und meinen schnabel eingetunkt. Arnim 1,4; trank, tunkte
ein und fütterte Annen, kronenw. 1,428.
EINTÜPFEN, intingere, degustare. Stieler 2258. in die dinte
cintüpfen, steht nahe zu cinstüpfen. weidmännisch, der suche-
hund tupft ein, trenn er die nase auf den boden drückt, ein-
tüpfen, mil der hand einschlagen, topp sagen.
EINTUSCHEN, sopire, einschläfern, stillen? Maaler 411'
hat tusch dich! comprime te (Frisius 274' tütsch dich); ein
aufriir tuschen scdilioncm comprimere, wozu unser vertuschen,
insgeheim stillen gehört, tuschen, tuschen aber gleicht dem
mhd. ti'ijen (:Ci;en) tacere, quiescerc MSII. 1,92', vcrborgen-
Ikhe tftjen. tr. kr. 16599; ahd. döjan stillen, säugen 0. I.
11, 41, noch mehr dem nd. induusken einschlafen, einschlum-
mern bei StLrenburg, indusscln bei ScuANBAcn, wie man auch
hd. eindusseln hört. Stalder l, 320 verzeichnet lus, düus still,
1, 330 dusem dämmerig, finster, still, 1, 331 tuszen, duuszen
lauern, schleichen; Scumeller I, 401 duszeu rfamnirr«, schlum-
mern; 1, 460 tuschen verheimlichen ; IIüfer 1, 170. 171 dus,
dusinig, leise, still, trüb; die nd. media fordert strenghd.
tenuis. theil 1, 1235. 1241 wurden bedösen, bedüsseln, bedühen
aufgestellt und zweifelhaß gedeutet, auch für sie müste t gellen,
alle diese Wörter bedürfen näherer aufklärung und vielleicht
sonderung.
ElNTtTSCHEN, was eintunken, gegensalx von austütschen.
Stieleh 12G3. der gute mensch hat freilich in das hasenfetl
tief geniitig eingetülscbt (ist ein hasenfusz). Weise erzn. 41.
EINTWEDER, alteruier, einer von zweien, und zumal irit
neutrum als blosze conjunclion, allerutrum; später verengt in
entweder, wie eilf in elf. diesem atisdruek entspricht nichts
golh. noch ahd., doch wo ahd. dewedar ullus auftaucht, «dre
auch eindcwädar denkbar. • das t in eintweder, entweder ist
also kein bloszes einschiebsei wie in meinthalb, anderthalb,
sondern aus deweder ullus zu erklären, die contraction wan-
delte cindewüder i« eiutwüder. wie aber jeder die beJeutung
von omnis annahm, wird auch eintweder für quicungue und
cunctus gebraucht, von enwl'der va ncwl'der nullus ist et genau
tu sondern.
So geläufig uns heute entweder ist, das mhd. eintweder er-
ieheinl seltner, hier folgen beispiele des pronomens :
der eintwfldcr; niüejt ir nemcn. Warnung 1601.3169;
der einiwfider; iiiöbie sin. Kr. 1194;
un.icr eintweder den andern leii. Airi. 79, 19,
«0 Lachm. mil D cnlwcdr, schon verengt;
unser ciniwcders «dl. Ut«. Tritt. 18«.
333
EINTWEDERS — EINÜNG
belege der conjunclion :
eintweder in nirat der tot. Warnung 3262;
eimweder nein oder j4. Parz. "25, 16. G einweder;
einiweder rerre od nähen bi. Trist. 65, 8;
einiweder abe oder an. 384, 25. 385,23;
üf dem der wunnecliche kneht
da $piite mit der künigin
einiweder umbe vingerlin
od umbe senfte biuje. tr. kr. 15898;
einiwfider wirt Ton mir getan u. «. u. 22348;
ich wil es einlwSder
schaden vähen oder Tromen. Lanz. 1290;
einiweder gevanrgen oder tot. gute frau 795 ;
eintweder — oder. Ecehart 550, 35. fastn. sp. nachlese s.'iSS.
nhd. ieigl sich das pronomen bei Frisids TS' und Maaler 100*,
sotcol ßr alleruter als neuier, da der jjosilive sinn in den
negativen umschlägt, wie bei dem zu gründe liegenden deweder
und bei dehein: eintwederer alleruier; an eintwederein ort,
neulrobi; auf eintwedere seilen, in neulram partem ; wenn es
eintwederer wil, si uter volet. stellen aus Urkunden und der
heutigen bairischen volksprache bringt Scbmeller 1, 67, vgl.
Stalder 1, 341. 342. ein beispiel der conjunclion begegnet in
den klugen weisen reden 146*: eintweder sie sterben oder
u. s. w. seit LcTHER aber reiszt entweder ein, wie unter dieser
form gezeigt werden soll.
ElS'TWEDERS, unsicher, ob die neutralßexion im nom. oder
gen. {ein mhd. eintweder; oder eintweders viüsle entscheiden)
verbindet sich als conjunclion mit oder stall des heutigen un-
fleclierlen entweder: in der arznei, da musz einer die arznei
Lei dem gewicht nemen, als pillule, eintweders drü oder fünf
oder siben oder neun, also sol einer im selber auch setzen
ein masz in essen, in trinken, und sol das bei dem gewicht
thun und nicht mer. Keisersb. s. d. m. ll' ; wie vil gon armer
menschen auf disem erdreich? da solt ich sagen von den
regtnten (? regem, d. i. sacculariis), als ich vil davon gesagt
hab, das man sie eintweders dauszen solt lassen vor der
statt, oder aber wann sie hinnen seind, das man sie dann
nem in den spital. 12'; da sprach Augustinus, eintweders
hören uf den lüten ir eer abschneiden, oder ich wil dise
zwen vers abwüschen, die ob meinem tisch stond. 27"; der
herr sprach, eintweders du bist ein narr oder du bist mir
nicht getrüw. 34'; da v\irt manich falsch urleil gefeilet, eint-
weders usz freuntschaft oder hasz. 41' ; eintweders — oder.
Dictys Crelensis verdeutscht von Marcds Tacids. Augsb. 1540.
32'; wann eintweders der Luther sich überreden liesz oder
ich dahin kommen müst. Hltten 5, 10 ; do der meister dessen
innen ward, sprach er, Platere, pluribus internus minor est
ad singula sensus, studier einlwäders oder trib das hand-
werch. Plater 51; zuletzt noch bei Weckherlis 861:
eintweders zu verändern oder zu verlieren.
EINÜBEN, diligenter exercere: ein spiel, musik einüben;
die mannschaft einüben ;
ein bekümmert trostlos betrübter,
in aller hartseel eingeübter. H. Sachs I, 391",
wo ein auch der unbestimmte artikel sein könnte, sich auf
etwas einüben, er ist darauf nicht eingeübt.
EINLNDDBEISZIG:
kan auch ein spil, heiszt einunddreiszig,
das hab ich oft geschriben fleiszig.
dergleichen das spil eins und luiDdert
hat mir den beuiel oft geblundert. H. Sachs V, 357»;
unter den spielen Garg. 164*.' aufgezählt: der einunddreiszig
{gen. pl., nemlich spielen), noch in Schmidts fastelabends-
samlungen s. 159 sind die karlen spiele : marlsch, rümpfen,
trumpfen, einunddreiszig, hundertundeins, die schanz, krumme
neun u. s. w. genannt, über ein spiel zweiunddreiszig s. Eres
liederhorl s. 380. 381.
EINUNDZWEINZIG, einundzwanzig: wenn einer von siben
trachten nicht mer dan drei mundfol von einem issct, das
thut einundzweinzig mundfol, und fciszel {pinguescil) dabei.
Keisersb. s. d. m. u'. einundzvvanziger, obrigkeit zu Slraszburg.
EFNUNG, f. unio, foederalio, ahd. einunga, mhd. einunge.
1) einigung, Vereinigung, zunß, eintracht: der stain hat die
kraft, da; er frid und ainung machet zwischen den läuten.
Megenbebg 258, 6;
ab niemaM
werdet ihr. durch der einung geheimnis,
jede liefe des herzens erschauern. Klopstock7, 20;
nur lieb ist aller kirchen cinung,
der tempel und moskeen auch. Voss 4,222;
EINÜNG — EINVERLASSEN 334
misfällig und zu groszem ärgernis
ersah aus euren briefeu pabst Johann,
dasz ihr mit kirchenfeinden einung pQegt.
Uhlafjds Ludwig 134;
stelle dir nur das wasser, das öl vor, so wirst du eine einig-
keit, einen Zusammenhang ihrer theile finden, diese einung
verlassen sie nicht, auszer durch gewalt oder sonstige be-
slimmung. GötheIT, 49; auch die einzelnen patricier, glieder
einer weit minder zahlreichen einung, gegen die plebejer im
vorlheil. Niebdhr 1, 476.
2) Satzung, vertrag, worüber man sich vereint hat : dominus
nosler debet facere einungam in oppido et villis de agris,
praediis, pascuis, silvis et via communi. «r^. von 1239 weislh.
3, 344; die allen einungen mit Ostreich wurden erneuert.
Kaske reform. 1, 372.
3) namentlich die angesetzte busze, mulcla: i; si an einunge,
i; si an des feldis schützen zuo setzene. Griesheim von Franz
Roth und Euler. Frank f iShS. 9,18; wanne ein arm man eine
einunge verliusil, als sie die gemeinde hat gesazt und die-
selben einunge verscenet unde verrihtit, als ein reht ist. 9, 39. 40.
in den weislhümem begegnet oß der einung, wie schon ahd.
die weibliche bildung -unga mit der männlichen -unc wechselt:
so bessert er den einung, als recht ist, es sige nachles oder
Uigcs. weislh. 1, 334 ; das bessert man mit dem einunge.
1,335; der einung, der halbe einung. Mo.ne zeilschr. 3,158.
vgl. Obermx 296. Haltacs 305 — 307.
EINUNGSBRIEF, m. pactum confoederalionis.
EINUNGSKÜNSTLER, m. E. es war ein ehrentitel der
Chemiker, dasz man sie Scheidekünstler nannte. Ch. das <hut
mau also nicht mehr und thut sehr wol daran, das ver-
einigen ist eine gröszere kunst, ein gröszeres verdienst, ein
einungskünstler wäre in jedem fache der ganzen weit will-
kommen. GöTHE 17, 52.
EINL'NGSVERWANDTE, EINUNGSSTÄNDE hieszen die durch
den Schmalkalder bund vereinten Protestanten, z. b. wo chur
und fürsten sampt den andern einungsverwandten auch also
gi'sinnt wären, wollt sich kön. würde zu England mit ihnen
vergleichen. Melaschthox 2, 1008 ; wiewol der keiser mit den
einungsverwanten stenden so vil gehandelt. Lacze leben Philippi
magnanimi i,i; die religionseinungsverwanten. 2,11; gelübde
thun, in dreien monaten wider inen und die anderen einungs-
slcnde nicht zu dienen. 2, 41.
EINüRBEN, coalescere? rachgier ist in der thierischen na-
tur eingeurbet. Gotthelf im schuldbauer 352; den leichlsinn
konnte sie nicht lassen, der war eingeurbet. ges. schriflea
8, 312. die bedeutung von einverwachsen, eingefleischt Idszt sich
rathcn, das wort aber sonst nirgends aufweisen, mit Alb. von
RCtte es aus urbar zu erklären, scheint unralhsam. Staldkr
2, 424 hat ürbsi griebs, arulla, was vielleicht weiter führt.
EINURNEN, urna condere:
warum dein fromm gebein, verwahrt im tode
die leinen hat gesprengt ? warum die gruA,
worin wir ruhig eingeurnt dich sahn,
geöfnet ihre schweren marraorkiefern ?
why thy canonizd bones, hearsed in death,
have burst their ■cereraents ? why ihe sepulchre,
wherein we saw thee quietly inurnd,
hath opd bis ponderous and' marble jaws ? Hamlet 1,4;
seitdem wir nicht mehr so glücklich sind die reste eines ge-
liebten gegenständes eingeurnt an unsere brüst zu drücken.
GöTHE 17, 204.
EINVERDACEN, digercre, verstärktes verdauen, in sich ver-
dauen : ich kann das nicht einverdaucn.
EINVERGRABEN, infodere:
und ich sollte nicht mucken ?
nirircnd es einvergraben! ileRDRR II, 140.
EINVERHÖLEN, dasselbe:
küch und keller sind die gräber, drein man tief hat elnverhölei,
groszer herren volle beutet, die daselbst sind abgeseeiet.
LoCAi; 3, 181, 45.
EINVERLASSEN, intro admillere, verstärktes einlassen, ahd.
in farlajan, mhd. in verlä;en:
den ich mit sorgen In verliej. Wolframs lieder 4, 15;
8us wart er fn verlajen. Parz. 183, 3 ;
aldä der tn verläjen wart. 653, 1 ;
swenne si in dar in verlie. Greg. 2133;
der arme der wart in vertan. G.\. 2, 427, 558;
ein in verläsen wart im kunt. MS. 1,90';
entsprechend dem ftj vprlä;cn, öf verlä;en, an verM;en:
al weindc wart er üj verlän. Wh. 105, 17.
335
EINVERLEIBEN
EINVERLEIBTSEIN — EINVERSTÄNDNIS 330
von allen diesen in der spräche wol begründeten wörlem sloszen
keine nhd. beispiele mehr auf, tvahrscheinlich weil sich allmd-
lich für verlassen die bedeitlung relinquere festgesetzt halte,
mit Kelcher sich ein und aus nicht vertrug, desto häufiger
ist das mhd. unerhüile nhd.
EINVERLEIBEN, nach incorporare, concorporare und über-
nommen ins schw. infurlifva. Keisehsberg und Luther brau-
chen es noch nicht, J)iEFENBAcn unter incorporare gibC inliben,
cinleiben (oben sp. 225), kein einverleihen, zuerst stellt Hkxiscii
852, 70 einleibcn und einverleiben nebeneinander, die ältesten
belege sclieinen folgende: dasz sie nicht wider ihre vorge-
schriebene puncten, dem articulsbrief einverleibt, straucheln.
KiRcuHOF wendunm. 104*;
wann ir (weiber) im haus ganz gdissen bleibet
und euch es gleiclisaiii einverleibet. Fiscuari ehz. 49 (548) ;
drumb die kl;ig und peiiiion
oder je einverleibis begeni. Atrer fastn. 46'.
tm 17 jh. häufen sich die stellen :
mensch ficne er an nu sein, doch thut er got sieis bleiben,
mit seiner alimacht, kraft dein fleisch einzuverleiben.
Wrckueklin 312;
in welche sich mein herz, und deren herz in mir,
durch brunst der wahren lieb entzündet, einverleibet. 646;
mit der warheil schmuck dein wort einzuverleiben. 692;
und sich einander selbst wie gleichsam einverleiben,
ist also lobenswerth, dasz sich ein freund verspricht
dem andern hold zu sein hier durch der feder iillicht.
Opitz 2,49;
ich will dich einverleiben
durch diese meine fausi der unvergänglichkeil. 2, 154;
in die bibliotheken einverleibet, poeterei 73;
vergebens ist uns nicht die leber einverleibet,
sie sie ist unser gott, der uns zum liehen treibet.
Fleming 155 {weiter s. bolisl) ;
du wirst zu jeder zeit berühmt sein auoii durch mich,
denn wer an mich gedenkt, der denkt zugleich an dich,
ich weisz, der rausen schar wird künftig von mir schreiben
und wird dich hin und her recht löblirh einverleiben.
ROMPLRR 121 ;
dasz ncmlich gute leut hochrflhmlich von ihm schreiben
und der gedäcbtnus ihn steiwnhrend einverleiben. 122;
Wörter, die nicht ferner als icrgend nur in einem platz des
Teutschlands gäng und gäbe sein, hab ich vermieden, um so
vii desto leichter, weil ich nie keinem platz gar lang eigend-
lich einverleibt gewäsen. s. 19 der vorr. zum gebüsch;
dannenher ich einverleibe
diesen hebt, nach himmelsrecble,
in der götter alt geschlechte. Logau 1,15;
o that, die weit in erzi und cedern billich schreibt,
und wie sie immer kan, dem alter einverleibt. 1,84,47;
er hat sieh gesäumt dasz gepaaricn in orden
80 langsam Chloriudis ist einverleibt worden. 2,38,43;
wenn Poirglottus zwar im neuen bücbersaal,
in actis, und wo sonst es nöthig scheint, die zahl
versprochner srhriften längst bat lassen einverleiben,
und doch bis dato nicht will einen bogen schreiben.
GiJ.XTiiER 404;
dannenhcro solle von kaiser Heinrich dem zweiten das rud
dem thiirmeinzischen wapen sein einverleibt worden. Zinkcr.
2, 27 ; dasz derer andenken nicht in die gcdäcbtnuskirchen
unserer herzen einverleibet sein und bleiben solle. Bütschkv
kanzl. 871 ; die ehre, in des herrn freundschaft einverleibet
zu sein. 38 ; durch ihre feder ist ihr name . . . der ewigkeil
einverleibet. J'atmos 920 ; weil ich Christo in der taufe ein-
verleibet worden. 82; zudem hat mir der himmel ein solch
geblütc einverleibt, welches hitze genug Lei sich fiihrcl. pol.
ttockf. 47 ; würdig, der familie eines Aichytas einverleibt zu
werden. Wieund 3, 349; die unglücklichen Scheschianer,
thcils unter hundert fremde Volker vertheilt, thcils stückweise
den angrenzenden Staaten einverleibt. 7, 373 ; die rede ist vom
Thucydides dem zweiten buche seiner geschichte einverleibt
worden. 24, 321 ; er sehnte sich, dieses verlassene wesen an
kindesstatl seinem herzen einzuverleiben. Gothe 18,183;
int dir denn »o da» nebelten g/inilich einverleibt,
da»z ohne tadeln du keine lippe regen kannii? 41,20^;
warum Bellte man leugnen, dasz dem einzelnen slaaUhürger
ein bfiberer kunstbcsilz oft unbequem sei? sind aber der-
gleichen (chaize einer Öffentlichen anslall einverleibt, so
ti. s. V. 39,834 ; um unsenn gcd.'ichtnisse etwan einzuverleiben.
Liciir^üBERC 1, CS ; dieser grundsatz isl dem wesen der Ver-
nunft pinvcrJpibt. Käst 4,223; das gewissen isl nirlit etwas,
was er sich selbst macht, sondern es i«t seinem wesen ein-
verleibt. 6, 272 ; den trieb der allgemeinen menüchenliebe hat
golt unser aller seelen einverleibt. Campe kinderschr. 8,113;
verleibe ... kleine bände grüszcrn ein. J. P. Tit. 1,26; die
einem fremden leichnam leben und seele einverleibten, leufelsp.
1, 128. die beispiele weisen, dasz sowol der persönliche dat.,
als die praep. in, selten mil hinzugefügt werden ; am besten
wirkt das wort, wenn es sinnliche beziehung auf den leib hat,
wie bei Fleming 155, Götiie 18, 183, unüberlegt und ein Wider-
spruch ist Campes der seele einverleiben.
EINVEKLEIBTSEIN, n. sein schöner rüstiger körper isl
ganz wie für das einvcrieibtsein mit dem mcere eingerichtet.
TiECK ges. not». 1, 47.
EINVERLEIBUNG, f e. gnifl. gn. geruhen der einverlei-
bung meines söhnleins in das reich der gnaden Christi bei-
zuwohnen. BuTScuKY kanzl. 613; einvcrleibung schneller be-
wegter theile {in den kämet). Kant 8, 284.
EINVERI.EIRUNGSANTRAG, m. antrag auf einvetleibung.
EINVERLEHUJNGSVORSCHLAG, m.
EINVERMAUERN, muro claudere, immurare: so sol ich
denselben niinen sun invermuren also vaste und also sicher-
lich, dasz er allermüngklichen unschädlich si. urk. von 1336
bei TscHüDi 1, 344. vgl. Haltaus 304. 305.
EINVERNÄHEN, insuere: wenn dir einer ein schmoch er-
büt, ein wort oder was das ist, und du müchlst in eben also
wol wider mit dem schmoch bezalen, so sollu es nil thun,
sunJer schwigen und das liden, so best du din sele geben
für dinen frünt, das heiszt 'invernegl gelt haben'. KEisERsitERC
bilgcr 87'. 88*.
EINVERNAHME, f. interrogatio : sc. maj. sehe, nach vor-
gängiger einvernähme der universilätssenale, dem giltachten
des ministeriums entgegen. Hamburger corresp. 1847 n* 300
aus München, s. einvernehmen n.
EINVERNEHMEN, percipere, audire.
EINVERNEHMEN, n. perceplio, conjunclio, gratia, einver-
sländnis: mit einem in einvernehmen, gutem einvernehmen
stehen, sich verstehen, wol stehen; sich ins einvernehmen
setzen, verständigen;
ist wo wer, der widerspricht,
dasz die l'ierinnen nicnt
mit der fraw von Gnidus sinnen
einvernemen haben können? Logau 1,14.
EINVERS, «1. ich bemerke, dasz es dem dichter keinen
vortheil schaft, dasz man seine streck- und (^inverse nicht als
^ine Zeile drucken lassen kann. J. P. flegelj. 1, 131.
EINVERSCHAFFEN, imporlare, invehere, herein schaffen :
ich gah auszhiii auf mein dürfclein,
dasz ich vcrschaf die crndc ein. Gengrnbacb 329.
EINVERSCHANZEN, circumvallare, verschanzen:
das erdreich in das meer gepflanzet
und es mit manchem wasserfliisz . . . einvorschantei.
Weckiirri.in 1Ü2.
EINVERSEELEN: sich dem chrislenthume einverleiben und
cinverseelen. Hippel lebensl. 3, 140.
EINVERSPERREN, includere:
hier ist nichts denn finstre nacht
blinde schatten, schwarze holen,
da die einversperrten seelen
kaum nicht werden umgebracht. Fleming 297.
EINNTR-S FANDEN, consenliens, consonus: einverstanden
sein, conscntirc; welch ein kraftvoller, bedeutender gang!
welches rollen der äugen! welch ein wurf der gliederl wie
einverstanden und harmonisch! Kiingkr 3, 165; wenn die
menschen gerechter und mit ihrem eignen besten einverstand-
ner wären. 5,60; die Schweizer hielten sich für freie, bie-
dere, kräftige, cinverstandnc männer. 12, 260 ;
ihr wart mit ßnbinglon, dem bochverrSther
und seinen mordgcselinn einverstanden. .Schillkr 413';
ihr solltet
mit dieser beispiellosen harinonie
jetzt in dorsclhen mcinung cticli begegnen
und doch nidii einvorsiaiulcn »ein I 274*.
sich einverstanden erklären mit einer mastregel; einverstan-
den, damit einverstanden, gewöhnliche formet de$ beiinils hei
abstimmunqrn. s. cinverslchcn.
EINVERSTÄNDIG, dasselbe.
EINVERSTÄNDIGEN, rem componerc; >i.i. . ,i.... -...,. u.Ken.
concordare: sollte man nicht etwa .sp.tlerbiii über den grund-
satz sich cinverständigen? Fichte ded. plan 121.
EINVERSTÄNDNIS, n. consrnsu^. tinslmmung: mit einem
in geheimem einvcrstäiidnis ntehen; was er bisher ron den
337
EIN VERSTEHEN — EINWÄHLIG
EINWÄHREN — EINWEBEN
338
I
menschen gedacht hatte, konnte er mit der erzählung seines
Vaters nicht in einverständnis bringen. Klinger 4, 44 ; die
menge der gedanken und empfmdungen erdrücken mich, weil
ich sie nicht zum einverständnis bringen kann. 4, 62.
EINVERSTEHEN, i) una comprehendere : dich einverstanden,
te incluso, comprehenso; ein unmittelbarer schlusz, der zwar
nicht ausdrücklich bezeichnet wird, aber doch stillschweigend
mit einverstanden werden musz. Kant 1, 463.
2) sich einverstehen, concordare, einverstanden sein :
darüber hast du selbst mit ihm so oft
dich einverstanden. Lessikg 2, 262;
aber dann, mein werlhester herr Sturz, raüsten wir uns noch
über den mahler der grazien einverstehn. Lavater bei Sturz
2, 307 ; wird es nicht überflüssig sein, mich über diesen zweck
ihrer Studien selbst vorher mit ihnen einzuverstehen. Schiller
1002'; da die geringe zahl der Senatoren es ihnen leicht machte,
sich miteinander einzuverstehen. 1020". s. einverständnis.
EINVERWACHSEN, finniler inolescere, increscere:
sie wähnt sichs von gott geheiszen,
troiz Verblutung oder schmerz,
von dem meinigen zu reiszen
ihr ihm einverwachsnes herz. Bijrger 43».
EINVER\V.\HREN, includere: wie iiir denn einverwahrt aus
solcher ihrer schrift weiter vernehmen werdet. Mela.vcutuos
1, 270.
EINVERWICKELN, itnplicare : diejenigen glückselig, welche
in keine unruhe mit einverwickelt werden. BcrscnKV Palm. S36.
EINVERZl.MMERN, trabibus includere: also dasz ich den
vorgenanten minen sun inverzimbern sol. s. die unter ein-
vermauem angezogne Urkunde.
EINVETTERN, insinuare. se in alicujus cognalionem seu
amicitiam, sich ßr einen vcUer ausgeben, viit retler um sich
werfen, sich vertraut und beliebt machen: er weisz sich überall
meisterlich einzuvettem. Stieler 532; verstärkt, sich ein velter-
micheln ;
dein lob, gedruckt mit baskerwillischen lettern,
soll lesen heid und Christ und Jud und muselmann.
so denk ich mich bei dir, prinzessin. einzuvetiern.
Kl. ScmiDT kom. dicht. 212.
vgl. anvettern, ausvettern, bevettern und einschwägern.
EINYIERE.N, inquadrare, von der quadralura circuli:
wie dasz ein zirkel wol sei eckicht einzuviercn
hat groszen zank und streit. Opitz Hugo Grul.p. 328.
vgl. abvieren.
EINWACHSEN, inolescere, increscere, nnl. inwassen, schw.
inväxa, dän. indvoxe : der nagel ist ins fleisch eingewachsen ;
du bist mir ins herz eingewachsen ; gras wuchs in die stein-
ritzen ein. o/l bildlich, als uns manigfeltiglichen fürkomen
ist, wie biszher an den halsgerichten unser und unsers Stifts . . .
durch übersehen und Unwissenheit vil und mancherlei ubung,
misbrauch und gewonheit eingewachsen, die dem rechten nit
gemesz. t'orr. der bambergischen halsgerichlsordn. von 1507 ;
dieweil sie noch jung sind und meinen lügenden werden im
alter selber einwachsen. Keisersberg seelenparadis 195'; es
ist die disputation so weit eingewachsen, das doctor Martinus
hat gesagt, er halt derselben extravaganten keine für gnug-
same beweisung so groszer Sachen. Luther 1,110'; wie sich
dieselh irrung und zweiung an etlichen orten im reich deud-
scher nation erhaben und eingewachsen. 5,99';
der allen ehrfurcht eingewachsnen trieb
und des gehorsams heilige gewohnheit
soll ich versagen lernendeinem namenl Schuler 367'.
EINWAGE, f. minutio ponderis: zwei, drei pfund einwage
auf den zentner.
EINWÄGEN, 1) pendendo inserere: mandeln, rosinen in den
sack einwSgen ; erzproben werden eingewogen, in den Hegel ;
du wegest dein gold und silber ein, warumb wegestu nicht
auch deine wort auf der goldwage? Sir. 28, 29. ».einwiegen.
2) pendendo minui: es wägt sich alkmal etwas ein.
EINWÄHLEN, exoptato accidere, erwünscht sein: und war
allenthalben {über der kOnigin schwangerschaß) grosze freudc
verspüret, es wäre denn, dasz es des königs bruder, dem
Jean B. Gasion nicht cingewehlet hätte, der die kröne zu
gewinnen dachte. Wieoeman febr. 59. s. einwünschen.
EINWÄHLIG, 1) unanimiter electus: ein einwelliger bischof.
TscHL'Di 1, 594 ; bis an einen einwelligen und gewaltigen römi-
schen künig. Vimer urk. von 132S.
2) Concors, unanimis: mit einwehligem radc. urk. von 1414
bei Haltaus 308.
III.
EINWÄHREN, auctoritale publica inducere in fundum, in
weren, ins gut ein währen. Haltacs 308.
EINWALKEN, subigere fullonica, dän. indvalke, 1) thran
in das leder einwalken.
2) das tuch einwalken, dichter und kürzer machen.
EINWALLEN, incoquere, einkochen, einsieden, nnl. inwellen :
thue sie in einen kessel und lasz wol ein wallen oder sieden.
Thurneisser magna alch. 44. vgl. aufwallen.
EINWÄLTIGEN, tmmi7/ere in possessionem, einen eines guls
gewallig machen.
EINWALZEN, cylindro aequare, comprimere: die saat ein-
walzen ; die strasze, das straszenpflaster einwalzen.
EINWÄLZEN, involvere. voc. theut. 1482 gl', ddn. indvälte :
steine vom berg einwälzen, niederwälzen.
EINWAND, ni. objeclio, opposilio, einwurf: keinen einwand !
nihil audio; erst schien man gleicher meinung, dann aber
folgte einwand auf einwand; was halfen alle vorgebrachten
einwände? s. einwendung.
EINWANDELN, incedere, intrare, Stieler 2501 : wenn der
morgen einwandelt. J. P. Hesp. 1, 4.
EI.NWANDERER, m. immigrator, advena.
EINWANDERN, immigrare, advenire, schw. invandra, dän.
indvandre : bei jemand einwandern, einkehren.
EINWANDERUNG, f. immigralio, gegensatz von auswan-
derung.
EINWÄRMEN, calefacere, einheizen : wer mit grünem holz
einwärmt, der macht mehr rauch als hitz. Lehmaxs 1H4.
EINWÄRTIG sollte dem auswärtig, extraneus gegenüber stehen,
ist aber, wie intraneus, ungebräuchlich, doch hol Haltads 1033
inwärtig, in loco praesens.
EINWÄRTS, introrsum, nnl. inwaarts, schw. invertes, dän.
indvortes. einwärts gehen, introrsum ßectere pedum digilos,
es gilt ßr bäurisch die füsze einwärts, ßir hübsch sie aus-
wärts zu setzen, das jähr geht einwärts = gegen den winter,
das jähr geht auswärts == gegen den sommer, weshalb ein-
wärts den herbst, wie auswärts den frühling bedeutet. Schmeller
1,117. 4,161. auswärts kehren, ire peregre, . einwärts kehren,
tre domum:
nun wil ich wider einwärts kehren. Atrer /axtn. 90*;
jetzt floh ich waldeinwärts (m den wald hinein). Schiller
709'; landeinwärts, feldeinwärts (in das feld), woßr einfacher
waldein, landein, feldein steht, wer-an einer kirche wohnt, darf
nur die leute beobachten, die am tage die einwärts gehenden
Winkel derselben stehend einnehmen. Lichtesberg 1, 323 ;
feldeinwärts flog ein vögelein. Tikck;
wandt ich mein licht und liesz es einwärts funkeln.
RÖCKERT 165.
Haltaus 310 verzeichnet einwürtsbrauch ßr landesbrauch und
1033 inwertseigen, ein zumal in Baiern und Osterreich gang-
barer rechtsausdruck, vgl. R,A. 562 und Schmeller 4, 161. 162.
EINWÄSSERIG, s. die zu einweidig angeßhrte stelle.
EINWÄSSERN, madefacere, macerare, nnl. inwateren : fische,
flachs einwässern;
das gute mensch thut recht, wer kann gewohnheit bessern ?
sie hat es im gebrauch den Stockfisch einzuwässern.
GÖNTBER 452;
hört meine beichte, aber nachts leidet es der finstere nicht,
dasz ich die Wahrheit sage, er kommt gewis, er holt mich,
vater, räuchert mich, wässert mich ein gegen den teufel. J. P.
Tit. 5, 156 ; ein niederfallende sündflut wässerte den pastor
Sturm aus versehen ein. lil. nachl. 4, 185.
EINWEBEN, intexere, nnl. inweven, schw. inväfva, ddn. ind-
väve: buchstaben, blumen, bilder einweben:
nimm dieses tuchl ich habs mit eigner band
für dich gestickt in meines kummers stunden
und meine beiszen thränen eingewoben. Schiller 442*.
oft bildlich: die fehler in dem grundrisz dieses gedichtes sind
noch tiefer als des Johns fransen in das werk selber einge-
woben. Haller 46 ; o du, in deren seele die meinige ganz
eingewebet war. E. von Kleist l, 166; so wie alle Substanzen,
feuer, wasser, erde, wovon kleine portionen unsrer körper-
lichen natur eingewebt sind, auszer derselben in ungeheuren
massen existieren. Garve anm. zu Cic. off. 2, 30 ; in die weit-
läuftige und wenig fesselnde erzählung werden kleinere an-
ziehende eingewoben ; der prosa lieder einweben ;
sie (die freundschaß) ward von gott mir lugeschickt,
um meinem mühevollen leben
die wonnesiunden einzuweben,
die mich auf meinem weg erquickt. PFEFriL.
22
339
EINWECHSELN — EINWEIHEN
EINWEIHUNG — EINWERFEN
340
EINWECHSELN, commulare, schw. invexla, dän. indvexle:
geld, ducaten einwechseln ; gefangne einwechseln, auswechseln.
das pfand einwechseln, einlösen, pignus reinere. Stieler 2526.
neue balken einwechseln, slall der allen einfügen.
EINWEDER, xuu-eilen für eintweder geschrieben.
EINWEG, m. ingressus, gebildet wie ausweg, beiwcg, be-
gegnet bei Jeroschin {Pf. 179), doch später nicht mehr. Calepin
402 hat aber das adv. einwegs, von stund an, flugs, gählingen,
de repente.
EIiNWEG, einen weg, wie it. tuttavia, franz. toutefois, doch,
dennoch. Stald. 2, 439. Sch». 4, 45. s. allweg.
EINWEBEN, inflare, nnl. inwaaijen,
1) intr. frische luft, kühiung weht ein.
2) Irans, flando evertere: der wind hat zwei fenster eingeweht.
EINWEIBEREI, f. monogamia : die Vielweiberei, welche Mo-
hammed erlaubte, ist schwerlich geeignet eine gröszere Sittlich-
keit als die einweiberei zu begründen, hannov. mag. 1846 5.419.
EINWEICHEN, madefacere, macerare, nnl. inweeken, ein-
wässern : brot in wein einweichen ; fische, fleisch einweichen,
in die weiche legen; die ruthe einweichen, in essich einwei-
chen, damit sie besser streicht:
ich will gehn die niten einweichen,
dem win sein haut gar wol durchstreichen.
H. Sachs 111. 3, 7T;
doch kompt die zeit, die es vergleicht,
und ist ir rut scharf eingeweicht. Kirchhof wendunm. 384',
räche wartet schon auf sie, man sagt 'dem soll eine ruthe ein-
geweicht werden'; die groszen künstlichen Waschmaschinen
{kaffeegeseUschaßen), in welchen ganze familien auf einmal
sehr gut eingeweicht, gehandhabt und gewalkt werden. J. P.
heiml. klagelied 9 ; wir musten heimkehren, vom regen tüch-
tig eingeweicht, durch und durch nasz, madidi tanquam mures,
vgl. baden 12.
EINWEIÜIG, pascui particeps: auch hat man geweist von
alters, dasz alle die im eid gesessen (Iheilhaber der eidlich
beschwornen grundgemeinschaß sind), einwesserig und einwei-
dig seien {eines wassers und einer weide genieszen sollen),
veislh. 2, 134.
EINWEIHEN, inaugurare, consecrare, schw. inviga, dän.
indvige ; das nnl. inwijden ist weiter abgeleitet, und gegrfmdet
auf ein subst. wijde, fries. witha, ahd. wlhida, goth. veihi{)a,
würde also ahd, lauten wihidön, inwthidön.
1) ein haus, eine kirche, statte einweihen : welcher ein new
haus gebawet hat und hats noch nicht eingeweihet. 5 Hos.
20,5; also weiheten sie das haus des herrn ein. ikün. 8,63;
dieweil der fürst dieselbe stall
den musis eingeweihet hat. Alberus156;
einen altar einweihen, aram consecrare. von dingen, die man
zum erstenmal braucht, heiszt es dasz man sie einweihe : ich
habe heute das buch eingeweiht, zuerst hineingeschrieben, den
neuen rock eingeweiht, ihn zuerst getragen.
2) den priester, die nonne einweihen, zum priester, zur
nenne einweihen :
was weiht den priester ein zum mund des herrn I
das reine herz, der unbeneckte wandet. Schillsr 442';
den kOnig einweihen sagt man nicht, nur weihen, brautleutc
einweihen :
eingeweiht . . . vor dem traualtar. Gökingk 3, 61.
3) figürlich, sie durften im nicht helfen, dann sie auch
Tilleicht mit schlegen weren eingeweihet worden. liocc. 1,41'.
4) einen in etwas einweihen, initiare.
a) früher gewöhnlich mit in und dem dat. : mich in den
geheimnissen der orphiscben philosopbie einzuweihen. Wie-
LASD 2,9;
wer hStto sich auf meiner sch.ircrtrift
zu mir gesellt, das kindsche hirtenni.idchcn
in königlichen dingen einzuweihn? Schillkr 466';
der geist, wenn er einmal in den geheimnissen einer höheren
Wollust eingeweiht worden ist 689*; zwei statthalterinnen,
unter deren äugen sie erwachsen war, hatten sie in den
maximen nach und nach eingeweiht, nach welchen dieses
eigentbOmliche volk am besten regiert wird. 795'; wer konnte
et besser, als die in den irrgflngen dea lebens schon einge-
weihten! GßTnB 17, 377.
b) heule lieber mit in und dem ace. : einen in die gcheim-
nisse der kunst, de« handwerks einweihen ; du hast tni< h in
deine kalte, in deine h.lrle unbarmherzig eingeweiht. Gning
18,133; weihte er sich zuerst in die öffentlichen gcscbafle
ein. DAiiLii*<ni fr. rev. lOtk.
c) andere praeposilionen : die Jugend des hofes, durch sie
von dem zwange der alten sittc befreit und zur ungeliunden-
heit eingeweiht. Schiller 1052'; es läszl sich bemerken, dasz
ein jeder den weg, auf welchem er zu irgend einer konntnis
gelangt, allen übrigen vorziehen und seine nachfolger gern
auf denselben einleiten und einweihen möchte. Göthe 6, 2t3.
EINWEIHLING, m. initiandus: recht so, junger einweih-
ling. TiECK ges. nov. 2, 187.
EINWEIHUNG, /. consecratio : und die fürsten opferten zur
einweihung des altars. 4 Mos. 7, 10 ; die einweihung des altars
hielten sie sieben tage. 2 chron. 7, 9 ; hielten einweihung des
hauses gottes mit freuden. Esr. 6, 16 ; einweihung der mauren.
Ne/icm. 12, 27 ; ein psalm zu singen von der einweihung des
hauses Davids, ps. 30, 1.
EINWEISEN, introducere, inducere, nnl. inwijzen, schw. in-
visa, ddn. indvise; in das gut, in grund und boden, in den
besitz, in das amt einweisen, einführen : die werden am jüng-
sten tag in die ewige herlichkcit eingeweiset werden. Mathe-
SIUS115'; diese person ist in meine guter eingewiesen. T»or-
NEissEB nothg. ausschr. 3, 159 ;
Pinea darf gar nöthig heller,
will verpfänden ihren keller,
den zu weisen endlich ein,
dem sie möchte saumig sein. Logaü 2,130,57.
EINWELKEN, flacccscere, zerwelken, hinwelken: die blume
welkt ein ; Klolilde setzte jetzt ihr einwelkendes herz seltner
dem druck der hofserviettenpresse aus. J. P. Hesp. 2, 218.
EINWENDEN, schw. invända, ddn. indvende.
1) die im wort liegende sinnliche bedeulung introrsum ver-
tere begegnet nicht, nnl. steht dafür inwentelen, eenen steen
inwentelen, einen stein umwenden, seine anszenseile nach in-
nen wenden, mhd. in wenden, das pferd ein, heran lenken,
umwenden:
nu wendet gegen in ! iV»6. 2230, 3,
in welchem in man einen dat. pl. für in gesehn hat.
2) gewöhnlich drückt uns einwenden aus-^onlra dicere, oppo-
nere : dawider wiire manches einzuwenden ; was willst du ihm
einwenden?; kein wörtchen einwenden;
der mahler wandte vieles ein. Gellert 1, 135;
wende mir nichts ein.
was du sagen willst, crraih ich. Schiller . . .;
WO doch hoffentlich deine ehre nichts einwenden wird. 187*.
3) in der gerichtssprachc heiszt einwenden excipere, exceptionem
opponere, auch ein rechtsmiltel gegen das urlheil einlegen.
4) auch sonst für einlegen, in günstiger meinung : wir ver-
sehen uns zu gott, er werde gnade eingewendet und ihnen
barmherzigkeit erzeiget haben. Otho krankentr. 835 ; was man
der frauen in die küchen verehret, das ist per se und mag
noch so hingehen, die kan schon so ein gutes wörtlein bei
ihrem herrn einwenden. Simpl. vögeln, cap. 17 s. 321.
EINWENDIG, internus, innerlich, nnl. inwendig, wie auch
nhd. durchgedrungen ist.
EINWENDIG, adv. intus, gewöhnlich inwendig: auswendig
ein lamb, einwendig ein abfaim, auswendig ein engel, ein-
wendig ein pengel. .Megerle Judas 1, 300 ; auswendig verguit,
einwendig aber bitter. 1, 302.
EINWENDIGKEIT, f. interius, mhd. inwendecheit: Iraip sie
in inwendrkeit der wüesti. Grieshaber 5*.
EINWENDUNG, f. conlradiclio, objectio, schw. invändning,
ddn. indvending, nd. inwennige (Schamrach 92'), was einwand,
einrede, Widerspruch: keine cinwendung! ich will es haben;
es erfolgten lange einwcndungen gegen alle vorschlage.
EINWERBEN, 1) divertere, einkehren, in der alten bedeu-
lung von huj^rban (Graff 4,1229):
wer in die grosze sindi, die weit, wil werben ein,
musz üherall zu haus und allen alles st<in.
LoiiAi' 2, 116,88.
2) sich einwerben lassen ss anwerben, nomen dare mililiae:
kam aiirh niif^'eznpon ins Md
der all)! Tiirüi i'riccllioh mit nnmen
vom Miigdehiirger Sachsen siammen,
und UesT. sich lii'im konig oiiiworben,
er wolt mit siegen oder sierhen.
froüchmeufeler III. 2, S.
EINWERBER, m. der um aufnähme in einen verein naeh-
tuehl. Statuten des Vereins der leipziger buchhdndler §. 7.
EINWERFEN, injicere, nnl. inwerpen.
1) in etwas werfen: der weher wirft die spule ein, vgl.
eintragen ; feiier einwerfen : wer warf dn< fcuer ein T ; wo
ctwan durch verwarlosiing des fouwers oder durch das weiter
341
EINWERFEN— EIMVICKELN
EINWICKELN — EINWIEGEN
342
und die einwerfenden fewer an einem ort angezündt wird.
Fbo.nspebg Ariegifr. 1, 130'; kugeln, bomben (in die sladl) ein-
werfen ; der fischer wirft die angel ein ; den aniier einwerfen,
am land oder gestad ankeren. Maaler 12';'; er steckte an
sein kerder und warf ein sein schnür. Steisböwels £sop 86' ;
gift einwerfen : denn das ist nicht ein köstliche keuscheit,
die stille rüge hat, sondern die mit der unkeuscheit zu feld
ligt und streitet, on unterlasz austreibet allen vergift, den
das Qeisch und böser lust einwirft. Lctuer 1, 263' ; den plun-
der geschwind mit löffeln einwerfen (in den mund). Garg.
4b'; kübel und seil einwerfen, wenn der schürf so tief wor-
den, dasz man zur ausforderung der berge einen baspel setzen
musz. RöSLEB speculum metallurgiae D";
laszt uns die gast einwerfen ins vielgeruderte meerschif.
Od. 20, 3ö2 ;
ein weiszes schnupftuch einwerfen (in den kreis), zeichen der
hülfe und retlung.
2) etwas einwerfen, frangere, evertere: die fenster aiit stei-
nen einwerfen ; die wände, dächer einwerfen ; einem das äuge
einwerfen ; der wind warf die hütte ein ;
kllppen stürzt zusammen
und werft den grund der hart belleckien erden ein.
Grtphicjs 1, 396;
drewete ihm jnit Stegen einwerfen oder gefängnus. Philand.
lugd. 3, 163 ; dem rechtlosen wird der ofen eingeworfen, ein-
geschlagen. RA. 529. 729.
3) objicere, daztcischen werfen, widersprechen, einwenden:
du kanst, wer wirft was ein?
so gut als feldherr siehn und auch ein boftuana sein.
Gß.NTUiuR 730;
Dorindens junger ehegaite,
den sie so lieb, wie sich, und wol noch lieber halle —
'noch lieber»' wirft der snöuer ein
und lachet höhnisch, doch er lache. Gbllert 1,263;
ein solcher phiiosoph, wie ich meine, wirft mir vielleicht ein,
dasz ich dies zwar sage, aber nicht erweise. Klopstock 11,211;
meine schon eingeworfene frage. Lessing 10, 94 ; so wäre gegen
den kantischen satz einzuwerfen. J. P. aesth. 1, 142.
4) worte einwerfen, inlerjicere: welche spräche hat solche
weise oder art zu reden, das sie zwischen zweien worten,
die an einander gehören, einen solchen häufen worle und
solche eine predigt einwerfe? Lother 3,71.
5) hofnung, furcht, Unwillen einwerfen, injicere, einflöszen:
ja welches uns nit ein geringe hofnung einwirft, Frank chronica
vorr. a 6' ; sie (die nachl) laszt keinen unwilleo zwischen ihnen
(den ehleuien) einwerfen. Garg. 70*.
6) die karten einwerfen, sich an etwas beiheiligen: und
wann ich den morgenstern jemals gehört oder dessen melodei
auf meiner sackpfeifen aufzumachen vermocht, so wäre ich
aus der hütten gewischt, meine karten mit einzuwerfen. Simpl.
K. 6L
7) m der rechtssprache conferre : die tochter musz die von
ihrem vater erhaltene dos in dessen erbschaft einwerfen, sich
anrechnen lassen. Hcgo heutiges rüm. recht 1826 5. 150. daher
einwerfung = collalion.
EINWESLICH, unus, mhd. einwesende.
EINWESLICHKEIT, f. unilas. Gefkex zehn geböte, beil. t. 187.
EINWETTEN, subjugare, einspannen, mhd. inweten: wel-
ches kalb ein bauer metzgen wil, das laszt er blitzen und
gumpen uf den matten, aber die er behalten wil, die müszen
ingewetlet werden in pflüg und müszen arbeiten, aber die
ingewettet seind under das joch Christi, das seind die men-
schen, die er beladet mit krankheiten. Keisersb. s. d. m. 18';
ochsen oder rinder einwätten. Maaler 127' ; submittere tauros,
scilicet in jugum aut admittere ad sobolem propagandam,
einwetlen oder lassen laufen, gl. zu Virg. ecl. l, 46 t» Virgil.
opp. ed. Egenolph 1597;
als ob ich da mein Jugend soll
verzeren mit fasten und betten
und mich gleich in ein joch einweiten. RKBaA;«.t 461.
nocA 6ei Benzler einwetlen, einsetzen, mittere sub jugum, später
nur in der volksprache iibrig, Stald. 2, 437. 438. Scan. 4, 195.
EINWICREL.N, inrolvere, nnl. inwikkelen, schw. inveckla,
ddn. indvikle.
1) sinnlich, das kind einwickeln, wickeln; haare, locken
einwickeln, in papier; in flachs oder werk einwickeln; den
finger in ein tucb, die band in den inantel einwickeln; die
bäume mit stroh einwickeln; also tund die, die sich also
hört einwickeln in disen kuder, das si darin verderben ewig-
klich, eben aU ain hun tut, das sich in kuder venTickelt
und nit meer daraus kan komen. Keisersb. ;ptnneriR e5';
aber wan er (der iget) gefangen wirt, so sieht man nit, weder
hend noch füsz noch haubt, sol ich also reden, es ist alles
ingewicklet, ingezogen und verborgen, und wenn du in in die
hend nimmesl und vor dir hast, so ist es ein kugel. s. d. m.
13'; und der himel wird eingewickelt werden wie ein brief.
Es. 34, 4 ; und der himel entweich, wie ein eingewickelt buch.
offenb. Joh. 6, 14 ; da ich das meer mit wölken kleidet, und
in tunkel einwickelt wie in windeln. Uiob 38, 9 ; und das
schweisztuch nicht bei die leinen geleget, sondern beseits ein-
gewickelt an einen sondern ort. Joh. 20, 7 ; du tust dir un-
recht, dann ich sich dich ingewickeit in dasselb leben zu dem
andern mal. Terentius 1499. 162';
doch wickeis in ein brieflein ein. Atrer 139*;
meine ganze seele wickelte ein weicher leichenschleier ein.
J. P. Besp. 4, 183.
2) abstract, legere, velare: also der schalkhaftig mensch,
wenn der gebosset hat, da sihest du das werk und erwüschest
in daran und wenn du in gefangen hast, vo verbirgt er es,
machet so vil entschuldigung und wicklet es also in, das du
nichts mer kanst reden. Keisersb. s. d. m. 13' ; wer das erst gsatz
hat, der hat die andern allzumal eingewickelt (implicite) in der
warheit. Fra5k weltb. 134*; daher rührt der feierliche ernst,
die finstre eingewickelte miene, die man keinem minister ver-
zeiht. Stcrz 2,134; ein keim, in dem alle theile noch sehr
eingewickelt verborgen liegen. Ka.nt 2, 621.
3) einwickeln, verwickeln, implicare: das er nit eingewickelt
ist in todsünd. Keisersb. seelenparad. 80'; das Carlstad den
Luther mit dem bapst einwickele. Lcther 3, 81 ; nu aber sorge
ich, sie (die empOrung) möcht an der herschaft anfahen und
die priesterschaft mit einwickeln, br. 2, 144 ; also hat er Ur-
laub von seinem herren begeret, damit derselbe nicht auch
in diesem krieg eingewickelt würde. Fhonsperg 3, 154' ;
wo der zustand knechtisch ist, wil die zunge herrisch sein,
wird sie nicht aus knechtschaft aus, wird sie mehr sich wickeln
em. LoGAü 2, 209,90.
EINWIDMEN, indere: so ist doch das aus der natur ein-
gewidmet, also dasz es in der natur ist. Paracelsds 1, 918*.
EINWIEGEN, was einwägen.
EINWIEGEN, cunis agitatis sopire, einschläfern, einluUen,
noch nicht bei Stieler, zuerst bei Frisch 2, 447*.
1) im eigentlichsten sinn, das kind in schlaf wiegen, man
sollte denken, ein solches wort sei immer in der spräche ge-
wesen, die Slaven haben es überalt, z. b. böhm. ukoljbati,
illyr, uljuljati, im allrussischen Igorliede heiszen die helden
pod U'ubami poviii,
pod scbelomu vzleliejani,
unter trompeten eingewindelt,
onier helmen eingewiegt.
unser, erst im 13 jh. entsprungnes Volkslied 'so viel Stern am
himmel stehen' enthält die stelle:
aur dem kirchhof will ich liegen,
wie ein kindlein in der wiegen,
das die lieb thut wiegen ein,
nach andrer lesart: das ein lied thut wiegen ein.
so würd es mich anjeizt bei aller qual vergnügen,
dein kostbar Uebespfand mit liedern einzuwiegen.
Gc.iTHKR 742;
denn, da ich mich umsähe, hatte der kinderdieb (der äffe)
das fromme kind so geschickt aus als angezogen, selbiges in
seine wiege gelegt, sasz auch darbei und wiegte es so emst-
haftig ein, als hätte er kein wasser betrübt. Felsenb. 1, 252.
2) einwiegen überhaupt in schlaf, zur ruhe bringen:
weck auf, berr, wenn mich sorg und Sicherheit einwiegt.
GRiruius 2, 392;
was halfs den von Wallenstein, herzogen in Friedland, dasz
ihm prophezeit worden, er werde gleichsam mit saitenspiel
zum könig gekrönet werden? weisz man nicht, wie er zu
Eger eingewieget worden? Simplic. K. 314;
geld
sprengt Schlösser auf, kann wall und bürg ersteigen,
'Wiegt Wächter ein, macht knecbt und mägde schweigen
Uagedorm 2, 171;
faszt dann den stab, der einwiegt und erwecket,
der die verstorbnen führt zu Leibes stillem Strand.
Schiller 40';
dasi dort sie einwieg unser sanft geläuie. Kdckert 94;
in liebeszauber ist sein midcben eingewiegt. Körnir 3,207;
und selbst das glücke wiegt er (der schlaf) ein.
zu neuen üreuden es zu wecken. Götui 13, 197 f
22*
343
EINWILDEUN — EINWINDEN
EINWINTERN — EINWOHNEN
344
dort wippten sie durch wein
und stolzen siegsgesang und sanften scherz ihn ein.
Gotter 2, U;
auch schon die rechtlichsten von seiner (des dorfpfancrs)
herdo lagwn
Ton arbeit eingewiegt, die leichtern Schlummer macht,
als alles opiura, vom Indus hergebracht.
Kl. Schmidt kom. dicht. 2G2;
sanft in ruh eingewiegt lächelt der ocean. Voss 3, 273.
S) bildlich für beruhigen, beschwichtigen: der auf alle Hand-
lungen derselhen ein scharfes augc habe und sich durch vor-
gefaszte gute inoinungcn nicht zu vil versichern noch einwie-
gen lassen. Butschkv I'alm. 400; hunger und niangel traten
an die stelle des überllusses, womit man ihn eingewiegt hatte.
Schiller "ü";
grausamer freund, du hast die stille wohnung
doch endlich ausgespäht, und kommst mit lisl,
mit glatten worien, mit verstelhing. mich
erst einzuwiegen. Götuk 10,322;
in schauerliches schweigen eingewiegt sein. Klixcer 1, 326;
Albano versetzte, aber erbittern ist doch besser als einwiegen.
J. P. Tit. 2, 43.
EINWILDEUN, sj7i!eiccre, horrcscere, verwildern: dort hat
die natur grosze weite strecken ausgebreitet, wo sie unbe-
rührt und eingewildert liegt, dasz man sich kaum getraut
auf sie loszugehn und ihr einen kämpf anzubieten. Güthe
23, 155.
EINWILLIG, Concors, unanimis. vocab. ine. teulon. Diefen-
BACII 626'.
Ei.NWILLIGEN, conscntirc, nnl. inwilligen, ddn. invilge.
1) intr. der so lange jähre sich
deiner krähen hat erwehret,
lernet iizt beständig sein,
willigt deinem willen ein,
der ihm seinen umbgekehret. Opitz 2, 74;
der vater willigt in die heirat des sohnes ein.
2) transitiv, bncilligen, verwilUgen, zugeben: welches ich
torjetzt einwillige. Kant 2, 459 ; ich würde entweder dieses
wenige wissen, oder wenn man es nicht einwilligte, zufrieden
sein gar nichts zu wissen. 3, 56 ; nachdem alles bisherige
eingewilligt worden. 4, 217 ; weil man nicht präsumieren kann,
er habe mehr umsonst eingewilligt, als den bloszen gebrauch
der Sache. 5, 108.
ElNVViLLFGEM, m. adslipulalor, in der urhundensprache.
EINWILLIGEIUN, f. fcmina assenücns.
EINWILLIGKEIT, f. concordia: denn im gefall über alle
masz wol die einwilligkcit der geschwister. Keisersberg scelen-
par. 22".
EINWILLIGUNG, f. consensus: seine einwilligung geben,
erlheilen, verweigern, vorenthalten.
EINWIMLEN, vindcmiare. s. das folgende und die unter
einherbsten angezogne stelle des Paracei.sls.
EINWLMMEN, dasselbe, wimmen ist gekünl aus windemcn,
ahd. windemon (Graff 1, 899). Dasvpodius schreibt wimmen,
Frisius und Maaler aber wümmen, DiEKExnAcn 690* wymcn,
bei Stalder 2, 445 auch wcmmen. in der Schweiz noch allge-
mein bräuchlich.
EINWI.NUELN, involvere fasciis: ir ziecht ewer kinder auf
auf das allenveichcst und mit zarter auch linder speis und
windlet sie ein in weiche tüchlin. die gcschwenk Bebclii
1558 g2';
eingewindelt weit und breit. Herder 4, 103;
aus unserm mutterlcibc heraus, der uns eingewindelt hillt
und halten musz, bis wir zur reife kommen. Hamann (in
Jakobi 4,3,225; der erstgeborne eingewindelte siiugling. J. P.
jubeis. 19t ; der mond windelt uns in ein nasses badgewand
TOD wölken ein. herbstbl. 3,227; das langweilige einwindeln
{des zopfs) an Jedem morgen ; mit dem eingewindelten hohen
marschailstactstab. lit. nachl. 4, 87. s. cinHiscben, einwickeln.
EINWINDEN, involvere, intmquere, nnl. inwinden, schw.
invinda, ddn. indvinde, ahd. inwintan (Graff 1, 751), mhd. der
ingewunden van, die eingerollte fahne;
den lichamen er in want
in dai wiillin tuoch ze hant. Darl. 302, 21.
nkd. al« er sie merket »chlafen,
■lehl er rar leit und tachi auf von ihr aua dem bcii
und winJl die klcidcr ein, und eh rr »ic anthci
geht er zum zeit hinaui. Wkiders Ar. 10, 10;
wenn ich endlich diese* wegen noch in eine mOnchnkutte ein-
gewunden. J. P. /pu/ir/ip. 2, 53 ; den anker einwinden, aufuin-
den; ihre {der raupe) stunde kommt und roaltigkcit des lodcs
befällt sie, sie stemmet sich an, sie windet sich ein, sie hat
das gespinst zu ihrem todlengewande schon in sich. Herder
3, 276.
EINWINTEKN, 1) es wintert ein, hiems ingruit; vorarl-
bergisch bim iwintera, Haupt 11, 172, im Spätherbst, wann der
Winter anbricht, einbricht, vgl. einwärts.
2) einwintern, einfrieren: wenn alte, eingewinterte herzen
schnell in der wärme der freudenthrünen, wie gcfrornes obst,
auflhauen. J. P. jubeis. 178.
3) tr. Schafe einwintern, bis zum winter halten, vgl. über-
wintern, sich einwintern, s. die stelle Herders unter ein-
sommern.
EIN WIRBELN, epistomio aptare, in den wirbel fügen: das
fcnster gut einwirbeln, dasz es sich nicht schief ziehe.
EINWIRKEN, EINWIRKEN, schw. invirka, ddn. indvirke.
1) inicxere, einwehen: goldfaden, bilder einwirken; einge-
wirkte decken; nach einem von Ragnar Lodbroks töchlcrn
eingewürkten raben. Stolberc 10,175; an kleinen, lebhaften
und rührenden Wendungen, die in die prosa eingewürkt waren.
Herder 1, 77.
2) indepsere: man pflegt auch fenchelsamen in den brol-
teig einzuwirken. Tabernaemontanus 148.
3) cfßcere, vim habere ad aliquid, abstraction von 1: got
wirket äne mitel und dne bilde, ie me du dne bilde bist,
ie me du sines inwirkcnnes cnpfenclicher bist. Eckhart 7,39;
lipiichiu dinc sint öjwürkende, geisllichiu dinc siiU Inwür-
kende. 101,15; er wirkt auf ihn mächtig ein, hat grosze ge-
wall auf sein inneres; persoiien, deren Urbilder nicht selten
sind, sobald kunst und Wissenschaft in das leben einwirkt.
Güthe 36, 181.
EINWIRKEND, efficiens, wirksam: die religion ward ihm
auch vernünftiger und einwirkender beigebracht. Millers Sieg-
wart 1,134.
EINWIRKSAM, dasselbe: einwirksame Verhältnisse. J. P.
aeslh. 1, 161.
EINWIRKU.NG, f efficienlia, vis: die einwirkung der sonne
auf die erde, des lichts auf die färbe; nur durch die einwir-
kung in gewisse Werkzeuge kann die seele ihre kiäfte äuszern.
Garve zu Cic. de off. 3, 219 ; durch jede einwirkung wird das
einwirkende ding modiliciert. Lichtenberg 1, 97.
EIN WIRREN, implicarc: die männer können alles, aber
das leichte selten, sie wirren leichter zehn processe als zehn
haare ein. J. P. uns. löge 2, 85.
EINWISCHEN, 1) intr. furtim intrare, einschlüpfen: in das
haus einwischte, unw. doct. 305.
2) tr. tergendo indere: öl einwischen, einreiben.
EINWITTERN, lempcstate gigni: in einem portal, das in
den felsen eingewillert ist. Göthe IG, 211. bergmännisch, durch
das weiter hinein gebracht werden, eingcwitlertes erz, das
unterirdische dünste ins gestein bringen.
EINWÜCHENTLICH, EINWÖCHIG, unius hebdomadis.
EINWOHNEN, habitare, inhabitare, incolere, nnl. inwonen.
1) intr. inesse, immanere : ich won ein oder besitze. Dasv-
podius 37' ; grad über, wo wir einwohnen. Hippel lebensl. 4, 200 ;
voll stiller chrrurcht ahnd er die göttlichkeil,
die menschen einwohnt. Voss 3, 13
s. einwohnend.
2) tr. bewohnen: anfenklich ward disz teil der well allein
von vier Völkern cingcwont. Frank wellb. i*; das Ungerland
cinwonen ictz die Sciaven, Huni, Cuni cet. 26' ; disz land,
welchs etwa ist von den Rrucleris eingewonel. 61'; da ers
(disz teil) eingenummen und under sich hat bracht, dorzu
mit seinem volk besetzt und eingcwonL 8t'; die zehen in-
seln Canarie, sibeu seind eiiigwonet, die drei ligen wüst.
212'; ein neuwe weit ztl sehen und einzüwonen. 22l'. heulr
nicht mehr in gebrauch.
3) sich einwohnen, assuesrere habitaculo, sieh uisissuj
machen, wohnung aufschlagen: wir haben uns hier schon
eingewohnt ;
vcrgaszeit du, wo du dich eingewöhnet,
d.isz ohne zäum hier der Nuraider jagt? ScitiLMii 38*;
je mehr er {der Icser) sich mit den linmleliiden personen
familiarisiert und in dem Schauplätze, auf wtlrhem »ie wir-
ken, eingewohnt hat. 774*; ich halte mich in dem »rhlosse
«o eingewohnt. Tikck 5,71; man wohnte sich in die repu-
blik ein. Daiiiiann fr. rev. 374.
4) da wohnen habitare nahe verwandt ist mi: gewöhnen
attuacere, berühren sich auch einwohnen und ciogcwuhnen,
345
EINWOHNEND — EINWOLLEN
ELNWOLLEN— EINWURF
346
wie schon sp. 191 vermerkt wurde, im part. prael. fallen beide
Wörter auch dem sinne nach zusammen :
ist dieser schmerz so eingewohnt zu haus,
dasz er auf lieine stunde sich entfernei? Götue 10,294;
dasz wir uns dort als lang eingewohnt befinden. Tieck ges.
nov. 1, 175.
EINWOHNEND, inhabitans, immanens: die einwohnende
gnade gottes ; es wäre noch viel zu sagen, wie man sich im
hause mit dem wirte und mit andern einwohnenden purschcn
vertragen solle. Weise pol. academ. 19 ; und bringst seinen
einwohnenden glück. Herder 4, 46 ; wo wir die färben als
dauernd, als den kürpern wirklich einwohnend ansprechen
konnten. Göthe 52, 277 ; wodurch in ihnen die melodien ein-
wohnend wurden. Tieck 9, 350.
EINWOHNER, m. incola, tin/. inwoner, scAtc. invänare, dän.
indvaaner, beide von uns entlehnt, zuerst, meines Wissens, bei
Jeroschin (iy. 179), doch wäre ein älteres inwonaere möglich;
desto häufiger begegnet es bei Luther und seit ihm allent-
halben : und alle einwoner der stedte. 1 Mos. 19, 25 ; ich bin
ein frembder und einwoner bei euch. 23,4; ir habt mir Un-
glück zugericht, das ich stinke für den einwonern dises lands.
34, 30 ; alle einwoner Canaan wurden feig. 2 Mos. 15, 15 u. s. w.
Keisersberg wird schreiben inwoner, bei Dastpodics 37', auch
noch Rädleix erscheint inwoner und einwoner hintereinander ;
mit den innwohnern freundlich sei. H. Sachs IV. 1,15'.
Der Sprachgebrauch, scheidend zwischen einwohner und be-
wohner, verwendet jenes von dem festangesessenen, dieses von
dem wechselnden wohner. es heiszt einwohner des reichs oder
landes, der Stadt, des fleckens, dorfes, dagegen bcwohner des
Schlosses, kloslers, hauses, zimmers, der stube. die haus-
bewohner wechseln, der durchreisende fremde oder gast ist
auch nur bewohner des zimmers, Aei« einwohner; der gefangne
ist bewohner des kerkers, ein auf lebenszeit eingeschloszner
Sträfling könnte einwohner genannt werden, das wild, die
Vögel, die fische sind bewohner des waldes, der luft, des
Wassers, weil sie bald da, bald dort hausen, man sagt alle
bewohner der erde, womit der allgemeine aufenthall ausge-
drückt wird; der unterweit oder hülle würden einwohner zu-
kommen, es versieht sich, dasz die poesie durch diese bestim-
mungen ungebunden und beide Wörter zu vertauschen berech-
tigt ist. auch leuchtet ein, dasz die verba wohnen in dem
ort und bewohnen den ort freier als die beiden subslanliva
gesetzt werden können.
EINWOHNERIN, f incola, nnl. inwoonster.
E1NW0HNERSCH.\FT, f
E1NW0HNERZ.\HL, f
ELNWOH.NüNG, f inhabitatio: von der külen düftigen in-
wonung des ertrichs. fasln, sp. 1302; inseln, an brunnen be-
feuchtigt, feiszts erdbüdens, waldig, derhalb zu einwonung
der menschen fügsam. Frank «•?//&. 71*; dasz in unserer weit
noch drei viertel sind, deren wir keine einwohnung haben
{wohin wir noch nicht gekommen sind?). Pabac'elsis 1,120";
das Pelasgicum durfte nicht bewonet werden, gleichwol machte
der notfal, dasz man dasselbe zu einer wonung räumete. ich
glaube nicht, als ob die nachmahgen Unglücksfalle die Stadt
einer groszen Versündigung wegen, die man mit dieser ein-
wonung begangen hätte, betroffen. Heilmanns Thucyd. 193
{ov yag Sia rrjv na^dvo/nov irotxriati' al ^'/nyooal yevi-
a&at rfi Ttokei. 2,17); das gemüth der menschen hat sich
die gottheit vorbehalten zu ihrer einwohnung. Herder IS, 2 jO ;
die einzelnen kenntnisse, die ich ihnen beibrachte, schienen
mir nicht den innern Zusammenhang und die feste dauernde
einwohnung zu erhalten, die sie wesentlich bedurften. Pesta-
lozzi 5, 70; die miethe des hauses vor ablauf der bedungenen
zeit der einwobnung dem miether aufkündigen. Kants rcchls-
lehre 1798 s. 168.
EINWÖLBE.N, ineamerare: eingewölbte sonnen und monde.
Herder.
EINWOLREN, EINWÖLKEN, nubibus inducere: einen ein-
gewilketen got. Luther 8,176';
doch wird dein antliiz auch sieb traurig wölken ein.
LoHs:«STKlM Ai-m. 1, 1129;
warum wölkte die verstorbnen menschen ein so süszer und
so spielender todtentraum ein ? J. P. t4fis. löge 3, 89.
ELNWOLLEN, nnl. in willen, ein kiäßigcr, fast nur ttn-
periOnlich stehender ausdruck, dem sp. 1S7 unter 7 behandelten
eingeben wollen entsprechend, wobei also immer geben,
nnl. gaan in gedanken zu ergänzen ist; meistentheils wird
der salz durch nicht, nie, nichts verneinend oder durch das
geleit von schwer, kaum, mühsam halbverneinend, der ur-
sprüngliche sinn dieses eingehens scheint von einem trank ent-
nommen, 'es will mir nicht ein' meint es gehl mir nicht durch
die kehle hinunter, ich mag es nicht, wem diese deutung zu
lebendig ist, der könnte auch auslegen '« geht mir nicht in
den köpf, sinn, zu sinne', den folgenden belegen werden sich
viele hinzufügen lassen, und wU mir gar nicht ein, das ich
mich so gar solt ergeben auf die blosze gnade. Luther 6,43";
dasz du so gar nicht sollest drumb wissen was er thu, wil
mir nicht ein. buch der liebe 215, 2 ;
man sagt woi, in dem meien
da sind die brünlejn gsund,
ich glaubs nicht, bei mein treuen,
es schwenkt elm nur der round,
und thut im magen schweben,
drumb wii mirs auch nicht ein:
ich lob die edlen reben,
die bringeji uns gut wein. Garg. 84';
oder wann mirs schlafen nicht ein wolt, legt ich mich an
ruken und zalt die fürfliegende vögel. 247";
doch sei ihm, wie ihm sei. er mag ein goit verbleiben,
ich wil das grute kind nicht aus dem himrael treiben.
lieb ist ein groszes ding, disz wil mir nur nicht ein,
dasz er ein kleiner knab und blind dar2u sol sein.
Fleii.ng 151 ;
das will mir auch nicht ein,
es solle besser sein
ein weibesbild begraben,
als faocbzeit mit ihr haben. TsCHttRiNC 342;
spielen sol ergetzung sein,
dieses wil mir noch nicht ein,
wie dasz der der einbüszt viel, .
glauben kan, es sei ein spiel. Logau 1, 116, 94;
künste, die zu hof im brauch,
wolt ich, dünkt mich, können auch.
wann nur eine mir wolt ein,
nemhch unverschemt zu sein. 1, 161, 91 ;
wie wil doch dieser (der Vernunft) ein,
dasz gott ohn ort und end, und well aus nichts sol sein ?
2, 77, 95 ;
wer sagt, dasz Schlesier nicht allzu höflich sein ?
0 schmeich- und heuchelei wil ihnen nur nicht ein. 3,14,56;
dieses wollte mir schwer ein. Lessi.ng 5, 4 ; ich musz ge-
stehen, dieser tadel bat mir nie so recht eingewolit. Lich-
tenberg 3, 236 ;
geschieht wol, dasz man einen tag
weder sich noch andre leiden mag,
will dir nichts nach dem herzen ein. Göthk 2, 196;
wollte, wo nicht gar ein rabbi,
das will mir so recht nicht ein,
doch Ferdu/i, Motanabbi,
allenfalls der kaiser sein. 5, 102;
dasz er ein narr sei, das wollte mir nicht ein. Pestalozzi
5, 84 ; das will mir doch bei alledem nicht ein. Tieck 13, 329 ;
aber dieses wollt ihm eb^n nicht ein. J. P. Hesp. 1, 156.
EI.NWUCHERN, fenore lucrari, fenerari, nnl. inwoekeren,
nd. in waukern. Schambacb 92': aber die wollhäter mit klei-
nen eigennützigen absiebten, die sind es wertb, mein söhn,
dasz sie undank statt erkenntlichkeit einwuchern. Lessins
r, 143; als ich ein goldstück eingewuchert hatte, küst ich es
und weinte vor freuden. Tieck 3, 34. Schambach nimmt es
intransitiv: wo de kaumule {kühmaul, unkraul) is, da waukert
se ak vele in, wie auch wuchern intr. steht.
EINWCCHSIG, unius incrementi: einwüchsige pflanze, die
nur einen trieb oder wuchsring hat; einwüchsiges volk ; eine
einwüchsige nation, wie Engländer und Franzosen sind. Ger-
viNüS mission der Deutschkatholiken s. 82.
EINWÜHLEN, infodere, nnl. inwoelen: der maulwurf wühlt
in die erde ein ; er war der reisegeßhrle des gepuderten
Schmetterlings und sab seinem einwühlen in seine' blumen
zu. J. P. Hesp. 1,106; die frflhiingslüfte, die sich flatternd in
meinen wagen einwühlten, biogr. bei. 1, 20.
EINWUNSCHE.N , adoplare , wie in steifer rechtssprache
wol auch anwünschen , ahd. zuogiwunscan , ags. gevyscan,
mhd. si wunsketc ir ze kindcn. kaiserehr. 1482. bei der
adoption überreicht der einwünschende dem andern etwas vom
gewehr. Mascod 2, 336.
EINAVÜNSCHUNG, f adoptio : daselbst erneuerte er die
einwünschung, so er bereits vor acht jähren zu Pontpierre
gemacht hatte. Mascod 2, 199.
EINWURF, m. 1) objectio, conlradiclio, einwand, einwendung,
einrede : einwürfe machen, vorbringen, widerlegen ; einwurf.
347
EINVVÜRFIG — EINWURZELN
EINWURZELUNG — EINZECIIT
348
d. i. ein objecliver grund, ein für wahr gehaltenes erkenntnis
für falsch zu halten. Kam 1, 414 ; ein siegreicher, ein vergeb-
licher, nichtiger einwurf; er ward durch unsere einwürfe
(Iroslyründe) von der traurigkeit abgewendet. Opitz Arg. 1, 522 ;
darum keinen einwurf mehr, liebe! Schiller 198*.
2| einschlug des gewebes, subtegmen. s. einschlag.
EINWÜRFIG, inlerjective, beiläufig:
Turpious wil allhier die ding all übergehen,
dieweil sie sein bereits für eiwas zeit geschehen,
cinwürfig hat er nur den kam()r der beiden beiden
und ritterlichs gcspräch nachrichtiich wollen melden.
Wkrdkrs Ar. 23, 173.
EINWÜRGEN, aegre deglulire, devorare: der junge würgte
ein stück hartes brots ein. s. würgen.
EINWURZELN, radices agere, nnl. inwortelen.
1) der bäum wurzelt ein, ist tief eingewurzelt, aber auch
bat eingewurzelt, wurzel geschlagen.
2) da der bäum feststeht (skr. aga, naga) und mylhcn von
plötzlicher Verwandlung der menschen in bäume reden, so liegt
nah eingewurzelt, »je versteinert, auf solche anzuwenden, die
gähes entsetzen lähmt und an den boden fesselt:
nun stand das volk vor entsetzen
eingewurzelt. Messias 8, 424 ;
Johannes
und die mutter des groszen geopferten, beide vor jammer
eingewurzelt, beide verstummt und thränenlos beide. 9, lüG ;
aber wurden sie nicht entfliehn? nicht, wenn vor entsetzen
sie einwurzelten, schnell sich verhüllen? Klopstock 2, ISl;
ihre füsze wurzeln mitten in einer schreckhaften bewegung
ein. Wieland 1, 203 ;
da bin ich nun allein,
und stehe nocn, mit ofnem aug und munde,
als wurzelt ich in zauberischem gründe,
wie ein gebannter ritier, ein. 9, 170;
Sizt blieb wie eingewurzelt stehen. 9, 193;
'lebt wol! ruft sie, mein gnädger herr,
so räch ich meine schmachl'
ganz eingewurzelt stehet er
und gaft ihr staunend nach. Wbiszb kom. opern 1, 123;
kurz, wer vorüber geht,
steht eingewurzelt, steht
und miszt. Kl. Schmidt kom. dicht. 62;
Wilhelmen, der nichts zu sagen und nichts zu thun wuszte,
sondern wie eingewurzelt in den boden da stand. Göthe
18, 323. vergl. anwurzeln.
3) weiter drückt bildliches einwurzeln aus festwachsen, sich
festigen, ausbreiten in weise der pflanzen: ich sähe einen
tollen eingewurzelt {vulg. vidi stultum fitma radice) und ich
fluchet plötzlich seinem hause. Hiob 5, 3 ; du hast für im
die ban gemacht und hast in lassen einwurzeln, das er dns
land erfüllet hat. ps. 80, 10 ; ich hab eingewurzelt bei einem
geehrelen volk. Sirach 24, 16 ; durch die liebe eingewurzelt
und gegründet werden (goth. in fria|)vai gavaurtidai jah ga-
sulidai). Eph. 3,17; die tugend seinem herzen ingeleibt und
ingewurzelt gewesen. Aimon vorr. /
wo bei ungschickten wurzelt ein
verachtuiig gous, nütn darnach klein.
Kirchhof wendunm. 258';
uazehlbare irrthumb sein auch noch bei vilen eingewurzelt.
324*;
dann essen, trinken, schlafen und baden
bringen den leuten diesen schaden,
und wo er also wurzelt ein,
Win je langer je groszer die pein. Atrkr fastn. 44';
wodurch sie (die Holländer) jemehr und mehr einwurzeln
und ihren fusz in diesem lande festhalten können. Olearius
Orient, intuln $. 152 ; wo die böse lüste einwurzeln, so kön-
nen sie anders nicht ausgetrieben werden als mit gcwalt.
pers. haumg. 7,1; unterdessen wurzelte gicichwol wider den
Marbod ein bitterer basz ein. Louenst. Arm. 2, 12sl; er
erlebte die zeit, da alle seine kinder in disem boden, den
er zu ihrem Vaterland erwählt hatte, gleichsam eingewurzelt
waren. WigLANb 8, 463 ; menschen , die nicht ein eingewur-
zeltes gefühl von chrfurcht vor jenem frühen alter der weit
mitbringen. Liciitekberc 4, 260 ; tief eingewurzelter altscheu.
Götter 3, 4 ; damit wurzelte er nur noch tiefer in ihr ver-
trauen ein. J. F. Tit. 3, 88 ; blieb aber Liane zurück , so
war CS Kcin schwur, vor keiner gewalt aus dem Vaterland
der ewigen braut zu weichen, sondern einzuwurzeln vor
ihrem krankenklostcr. 3, 20L
4) selten steht es transitiv: gott bat die erde dahin ge-
worfen, gebirge fe<»t darauf ringewunelt. Klincer 7,47; es
•cbeiot dasz Rom durch geiscin, besatzuogen und schrecken
eine unaustilgbare gewohnheit der furcht einwurzelte, welche
allen lockungen widerstand. Niebuur 3, 724.
EINWURZELUNG, f. die tiefe einwurzelung des banges
zum bösen in die willkür. Kant 6, 195.
EINWURZEN, was einwurzeln: all wunden so oben zuge-
neilt werden ohn eingewurzten grund. Paracelsüs 1, 1120*.
EINWURZEN, condire. Stieleb 2587.
EINZ, unicus, entweder grundlage von einzig oder daraus
gekürzt :
was, Oskulane, was? hat dir ein einzer kus,
den ich doch von dir stahl mit deinem halben willen,
als du dich hattest um verwand nach Telesillen,
hat dir derselbe kus erwecket den verdrusz? l-'LKaiNC 659;
ja Treilich, freilich gar und ganz
all äugen ihut beschlieszen I
verlöschet allen schein und glänz,
kein einzen strahl laszt schieszen! Spbk 80,
wo die ausq. von 1841 einzeln hat, der sinn aber uniciini,
nicht singulum verlangt, doch das wort selbst erscheint durch
beide belegslellen nicht ausreichend gesichert, weder die ältere
spräche noch Wörterbücher bestätigen es. vgl. einzel und einzig.
EINZACKEN, incidere, dentare, s. auszacken.
EINZAHL, f. numerus singularis.
EINZAHLRAR, solvendus.
EINZAHLEN, solvere: das geld, die geldsumme, den satz
beim spiel einzahlen.
EINZÄHLEN, numerare, mimero comprehendere. Stirler 2249 :
seine dürre hohle band, in die ich die verschleuderten gold-
stücke ein zählte. Thümmel 4,535. 2) commendare:
komm reiche mir die treue vaterhand,
dann dein beTehl Ist ganz mir eingczehlet,
mein herz hat ihn erkoren unverwand. Opitz ps. s. 239.
EINZAHLUNG, f
EINZAHNEN, dentare, zahne einschneiden, auch für in-
serere: nach meinem tod so wird ich gesetzt werden zu
einem houbt in dem tempel, ich wird werden der eckstein
bei der muren, wenn in mich werdenl ingezant und ver-
einiget in einem gloub die zwo wand, Juden und beiden.
Keisersb. post. 2, 48. vgl. verzahnen.
ELNZAHNIG, fiovöSovs:
aus so gräsziichen, einzahnigcn
lippen! was enihaucht wol
solchem furchtbaren greuelschlund. Götbk 41,195.
EINZÄNGELN, vulsella prehendere.
EINZANKEN, insectari, loszanken: der minister las den
auf Tasso einzankenden kraftprosaiker Alpbonso (/. Antonio)
so gut weg. J. P. Tit. 3, 188.
EINZAPFEN, nnl. intappen,
1) cerevisiam, vinum expromere e dolio.
2) trabem injungere: wenn im haus die hauptbalken nicht
eingezapft sind, so hat der bau kein bestand. Lehmann 186 ;
der gang war mit dicken, oben sowol als unten eingezapften
seulen verwahret. Leipz. avant. l, 27.
EINZAURERN, arte magica indere, nnl. intooveren; denen
giften , SU in speis oder trank genossen oder sunst einge-
zaubert wurden. TnuRNEissER infl.wirk.iü^; nicht eigentliche
lelehrsamkeit, aber talente musz ein scliuüehrer haben, um
leicht und doch gründlich seinen licblingen die Wissenschaft
eiozüzuubern. Herder ; Napoleons bemühen ist nicht das
kaiserthum den nationen einzuzaubern, wie es das fünfzig-
jährige bestreben des August war. Stein bei Perti 3, 45.
ELNZAUCHEN, contrahere, obnubere , einziehen, einzucken,
nur bei Stiei.er 2603 angeführtes wort. s. zauchen.
EINZÄUMEN, infrenare, nnl. intoomen: das pferd staiupfl
cingezitumt vor dem thor.
EINZÄUNEN, obsepire, includere: wie soll denn hie die
menschcit ausgedehnet oder die gotthcit eingezeuuet werden.
Luther 3, 459 ; gots wort musz sich selbs versiegeln mit dem
das es herzen und nieren fasset und einzäunt. Frank de
vanitate 125*; ohne sich übrigens in die schranken eines
theatcrstücks einzuzäunen. Schiller 102*;
und snhe, wie sie driihnn nn dem sirnnde
einzäunten garitMi, bauten biusertbure. Kückirt 87;
ins vorträumen hinein, was so verschieden vom cngrrn naih-
triitimen ist, da die Wirklichkeit dieses cinzSunt. J. P. flegnj.
1, 13S; das schöne Heck, da» gemeindegut war, und das der
gerichtshaltcr zum garten einiiuncn und umarbeiten lasten.
GÜTHK 15, 2s.
EINZECHT, singularis, unicut, mhd. cinxeht (wb. 1,425*).
AutiiuAcu dorfg. 4,3. Schmkllk« 1, (iU. wullle dem guld-
349
EINZECHTIG— EINZEL
EINZELARBEITER — EINZELING
350
schmid allerlei krummgebognes Silbergeschirr und einzechte
schnallen verkaufen. Hebel ichatzk. s. 339. Schmeller 1, 66.
EINZECHTIG, dasselbe: einzechtige schqalle, zu der die
andere fehlt.
EINZECHTL[CH, dasselbe: einzechtlicher forste, monarcha.
toc. theut. 1482 f7*; einzechtlich lied, sang eines menschen.
DiEFENGACH 51S\
ELNZECHTLICH, adv. sigillatim. Diefksbach 586*. besser
einzehten. gramm. 3, 95.
EINZEHIG, unius digili pedis.
EINZEHREN, absumi: der wein in den fässern zehrt ein,
mindert sich durch Verflüchtigung.
EINZEICHNEN, inscribere : diejenigen so mit ernst Christen
wollen sein und das evangelium mit band und mund be-
kennen, mflsten mit namen sich einzeichen {für einzeichnen,
ieie offen für ofnen). Luther 3, 278 ; früh oder spät kömmt
ihr {der guten handlung) lohn, der dort oben zeichnet sie ge-
wis in sein buch ein. Götter 3, 48 ; sich einzeichnen, seinen
namen einschreiben.
EINZEILICHT, unius versus: die einzeilichten Sinngedichte.
Lessing 8, 443, der aber einzeiligt schreibt.
EINZEILIG, dasselbe, nach der heutigen form, gegensatz
zweizeilig, vielzeilig.
EINZEL, singulus , ein wort, dessen geschickte noch nicht
genug aufgehellt ist und das sich mehrfach veränderte, ahd.
begegnet es gar nicht, eben so uenig alts. und ags., den begrif
drückt die ahd. Zusammensetzung einluzi (sp. 229) aus, golh.
erscheint das unzusamntengesetzte ainakls, nnl. enkel {sp. 214
einkel), neben welchem nd. entel auftritt {gramm. 3,770).
k und t tauschen sonst in deutschen dialecten nicht, und jenem
ainakl ein alts. ental , ahd. einazal an die seile zu setzen
bleibt gewagt; vielleicht gewährte dem einazal das adv. einazem
{gramm. 3, 11) stütze und ßr das nhd. einz wäre ahd. einazi
möglich, der sinn von unicus rührt an den von singulus.
auch mhd. hersdit einlütze vor, einzel taucht selten, aber
sicher in zwei stellen auf:
der riebet einzele schaden. Trist. 9,5;
mit einzelen brenden. 488,12;
9, 5 gibt eine hs. enzele, wie gleichfalls tm passional und bei
Jeroschis verdünnt wird, belege folgen unter enzeL man
erwäge auch das adv. einzelingen.
nhd. einzel mangelt in den ältesten Wörterbüchern, Dastpo-
Dics hat ßr singulus ietlichs besunder, Frisics ieder besun-
der, einer allein, auch bei Hemsch kein einzel, das bei Stie-
ler zuerst verzeichnet ist, es war durch Ldthers bibel längst
befestigt, dessen frühere Schriften noch oß verengtes enzel
setzten : also dienete Jacob umb Rahel sieben jar und dauch-
ten in als werens einzele tage, so lieb hatte er sie. 1 Mos.
29, 20 ; es sol kein einzeler zeuge wider jemand auftreten.
5 Mos. 19, 15 ; ich wil mit dir sein , das du die Midianiter
schlagen soll, wie einen einzelen man. rieht. 6, 16 ; es ist ein
einzeler und nicht selbander. prediger Sal. 4,8; auch wenn
zwei bei einander ligen, wermen sie sich, wie kann ein ein-
zeler warm werden? 4, 11; die zwo seulen, das einzele meer.
Jer. 52, 20.
aus Opitz, bei dem sich wol einzel findet, ist keine stelle
zur hand, Flemikc sagt irgendwo in den poetischen wäldem
ein eiozier an der zahl;
genug beispiele bieten Logaü und GCxther: von einem ein-
zelen freunde meiner reimen. Logaü 1, 19, 59 ;
duppler, nicht ein einzler mund
gibt der warheit ihren grund. 1,31, 6;
von jedem liesz ein einzles fahren. 1,237,97;
für ein einzles das man thut,
so es ist zu nennen gut,
kann man zeben böser stücke
rechnen ab und ziehn zurücke. 3,90,70.
GCsTUER braucht es in der bedeutung von unieus:
hier ward ein lieb und einzler söhn
der mutier ausgetragen. 53;
mein kind, verschone mich, denn auch ein einzler kus
bat, wo ich was getban, das man vergehen musz,
den unvollkommneo real schon völlig abgetragen. 985.
zwölf jähre vergiengen mir wie ein einzeler tag. Weise
freim. redner 708 erinnert an die aus 1 Mos. 29, 20 ange-
zogne stelle; Stieler 369 hat ein einzeler mensch, einzele buch-
staben. Späterhin und bis auf heute halten vorzüglich Les-
sing und RCceert die untadelhafte form fest, jener minde-
stens in seinen früheren Schriften: mit einzeln beispieien.
8, 19 ; ein einzler fingen 8, 47 ; reisen einzler personen.
8,71; alle die einzeln beispiele. 8,76; von dem einzlen
falle. 10,91; den einzeln Sätzen eine etwas andere Ordnung
geben. 10, 133 ; dem einzeln menschen. 10, 309 ; jeden ein-
zeln menschen. 10,310; einen jeden einzeln Juden. 10,314;
eines einzeln. 10, 316 ;
das einzle welkt geschwind. Rccibrt 27;
Vernichtung weht dich an, solang du einzles bist,
0 fübi im ganzen dich, das unvernichibar ist. 32;
der einzle strahl. 81;
ich sehe jeden einzlen faden schlagen,
ich höre geben jede einzle spule. 135;
ob auch ein einzles funkeln
durch unsre hatten geht? 176;
wenn ihr denn als einzle gUeder
in die heimat fahret. 182;
und wie im aug die einzlen färben starben. 301;
doch alles einzle immer kleiner. 316;
nur bricht hin und wieder 'einzeln' durch, ßr 'einzeF zeu-
gen die nachfolgenden ableilungen und Zusammensetzungen,
s. einzeln.
EINZELÄRBEITER, m. , der auf eigne hand und unzünflig
fertigt.
EINZELÄUSG.\BE, f. die aus einem ganzen werk ßr sich
gedruckt erscheint: dieser {Melzi) versichert auch, eine ein-
zelausgabe des ersten buches des Ägostini {es ist von dessen
fortsetzung des Orlando innamoraio die rede} von 1407, ohne
zweifei 1507, gesehen zu haben. Gries vorr. zu seiner übers.
von Bojardos verliebtem Roland s. 33.
EI.NZELBETRIEB, m. cura, Iractatio singulorum.
EI.NZELDRUCK. m. was einzelausgabe.
EINZELEIGE.NTHUM, n. gegensatz von gesamteigenthum oder
gemeingut. besser sagt man sondereigen, sondereigenthum.
EINZELER, m. auriga unum equum jungens. zu Frank-
furt ein fuhrmann , der die zu wasser angekommnen, nicht
unter drei centner schweren frachtgüter abfährt und zußhrt,
aber nur mit einem geschirre und pferde. ausnahmsweise,
wenn das fahren durch die willerung erschwert ist, wie bei
Schnee und glalteis, darf der einzeler auch mit zwei pferden
fahren, aber eins vor das andere gespannt, in den Frank-
furter nachrichlen vom j. 1729 liest man unter den gestorbnen :
Noe Ackermann, einzeler, alt 80 jähr; 1732 Johannes Zim-
mermann, einzeler, alt 85 jähr, vgl. Maria Belli leben in
Frankfurt 1, 101. 2, 13. diese einzeler gelten ßr tüchtige,
handfeste leule, wie das von ihnen erreichte hohe alter be-
stätigt, das gemeine volk macht aus einzeler heinzeler, hau
zeler, tm bürgercapilän 1, 2 steht geschrieben hahnzeler.
EINZELERSGAÜL, m. das grosze, starke pferd eines einzelers.
EINZELF.^LL, m. singularis casus, einzelner, besonderer fall.
EINZELFLUG, m. die geschichte ist keine ausgleichung
zwischen glück und werth , obwol eine langsame zwischen
gesamtgang und einzelGug. ' J. P. dämm. 20.
EINZELFREIHEIT, f. freiheit der einzelnen person, persön-
liche freiheit.
EINZELGEMEINDE, /. die ßr sich besteht, auszerhalb der
gesamlgemeinde : verhältnismäszig kleine einzelgemeinden.
Stüve iresen der landg. 291.
EINZELGESCHICHTE, /. hisloria particularis, im gegensalz
zur gesamtgeschichte.
EINZELGEW ALT, f. monarchie, alleinherschaß.
EINZELGLIED, n.
EINZELHAFT, /. gesondertes gefdngnis'ßr jeden einzelnen,
absperrung.
EINZELHANDEL, m. mercatura singularum rerum, detail-
handel. bei Stieler 754 aber monopolium.
EINZELHAUS, n. domus solüaria, abgelegnes, allein ste-
hendes haus.
EINZELHEIT, f. res singula, bei Stielbr 369, Rädlei5
234' einzelkeit, was ein vorausgehendes einzelicheit fordert: die
unersättlichen menschen beweinen die einzelheit der weit,
weil ihre he^schenssuch^ in gar zu enge schranken einge-
spannet wäre. Lohenst. Arm. 2, 1294.
EINZELING, singularis, singulus.
mhd. des Bfnes vlieje und sin vldj
der enist an keiner stat sd grdj,
man'enmüge dervon gegiezen
mit einzelingen vliejen. 2Vü(. 488,4;
da von doch gesunden
was ein einzelinc jär. erlösung 2288.
heute nur in volksmundarten , namentlich der Wetterau: das
351
EINZELINGEN — EINZELN
EINZELN — EINZEUGEN
352
haus steht einzeling = abgesondert und einsam; der einze-
linge mann, der einzelne.
EINZELINGEN, singulalim.
mhd. wil cz sich einzelingen undcr sine füeze .«mucken.
HS. 2, 205'.
nhd. in disz werk setzt gott einen knöpf züsamen alles
des das er in den andern geschöpften einzlingen zerteilt und
gewirkt hat. Keisersb. bilg. 2S'; darumb ich eines und des
andern tugcnd und laster einzelingen anzurühren vorbeigehe.
Philand. lugd. 5, 54. heule verallet.
EINZELKAMPF, m. monomactna, pugna singularis.
EINZELHEIT, /. siehe einzelheit.
EINZELLEBEN, n. vila individua, solilaria.
EI.NZELLICII, singularis, oft geschrieben cinzelich, einzlich,
einzehlich, einzelig wie /"«r adellich adelich, adelig: da kum-
men gemeinklich so vil tausent unib, als auf der andern
Seiten einzülige personen. Frank weltb. 1S4'; erstlich hat
man mit cinzeligen thieren allein kriegt, kriegsb. des fr. 74 ;
deuten etliche auf sonder einzelige personen. 141. Diefen-
BACH 536' hat aus dem voc. ine. teut. ainzelliger singularis.
heute veraltet, s. einzlich.
EINZELLICH, singulalim, sigillatim: die leot in häusern
ein jeden einzelich zu berichten. Luthers br, 5,^26; man
soll zugleich gott fürchten und vertrawen, nicht einzelich
nacheinander, tischr. llo'; wir wollen die sach alle einzelig
nacheinander aufthun. Frank parad. 8 ; erschlug alle römi-
schen, so er im land einzelig hin und wider ankam, chro-
nica 33*. 282'; nicht einzelich oder stückweis. Frankf. re-
form, l. AT, 1; ein wespe, die einzelig fleugt. Alberüs; stiegen
die Römer erstlich in groszer still und cinzelig über die
mauren. Kirchhof mil. disc. 15; muste auch je eine rotte
nach der andern einzelig hinüber ziehen. 105; bis sich der
ein oder ander einzelig bekehret. Simpl. vögeln. 2, 15. heute
durch einzeln verdrängt.
EINZELN, singulus für einzel licsze sich auffassen wie
albern für alber. es gibt aber noch einen andern weg der
erklärung , schon Luther bietet es neben einzel dar, doch in
der volleren gestalt von einzelen : einzelen nach einander wil
ich sie für dir ausstoszen. 2 Mos. 23, 30 ; ausrotten einzelen
nach einander. 5 Mos. 7, 22 ; ich bin unfruchtbar, einzelen,
vertrieben , vcrstoszen. Es. 49, 21 ; denn ich rief im , da er
noch einzelen war. 51, 2. in allen diesen stellen scheint das
Wort adj. und nur einige litten auch adverbialbedeutung. wie
wenn dahinter ein mhd. einzelin läge, dessen auslautendes in
sich nhd. zu en verdünnt, gleich dem mhd. gttldin , cicliin,
nhd. gülden , eichen ? spätei- wurde auch das e ausgestoszen
und einzeln gesagt, ein wirklich aufgefundnes mhd. einzelin
würde jeden zweifei heben, auch im 17. jh. wird sich ein-
zelen oder einzeln aufweisen lassen, seil dem 18. begann es
häufiger zu werden und das einfachere einzel zu verdrängen:
die seltensten römischen münzen sind den seltenen büchern
zu vergleichen, die sich einzeln gemacht haben. Winkelmann
3, XXIII ; jeder evangelist einzeln. Lessinc 10, 102 ; ein ein-
zelnes volk. 10,310; einzelne plieder. 10,312; sein einzel-
nes, jeder einzelne mensch. 10,328; einzelne singuli. 10,316;
mit den ersten einzelnen drucken. 12,496; einzeln wird es
keiner auf sich kommen lassen wollen. 12,507. bei Klop-
STOCK, Wieland, Göthe , Schiller, Voss herscht entschieden
einzeln und einzel wird nicht weiter verwendet.
Beide formen bezeichnen
1) von menschen oder thieren das allein und für sich auf-
tretende: ein einzelner mann, der einzelne mensch, das ein-
zelne thier im gegensatz zu der menge:
im erenzenloDen sich zu flndcn
wird gern der einzelne verschwinden. Götbi 3, 89;
der einzelne mann enidiehet am leichtfilcn. 40,248;
als er sich aber versichert, der bar sei einzeln gekommen.
40,22;
einzelne leute, die sich von dem groszen häufen getrennt
haben ; eine macht, die auch dem mächtigsten forsten, wenn
er einzeln slaad , überlegen war. Schiller 881'. einzelne
leute sind auch unverheiratete , die sich noch nicht gesellt
haben, einzelne ehieutc sind kinderlose. in solchem iinne
galt auch ahd. einluzi, mhd. cinlUtzc, engl, singic.
2) ton leblosen gegenständen die abgelegnen und zerstreuten :
einzelne häuser, äomut sparsae; einzelne Liiuinc, sparsam
üehende;
hmei. Im Oden von Flandern ini eine wQsie, darinnen
liegt ein eiiiroInT husch, linriit 40, st.
3) einzeln ist das unter der mehrheit hervorgehobne : ein
einzelnes glied am leib, ein einzelner finger an der band;
eine einzelne aus der menge erschallende stimme, einzeln
das unmittelbar auf einander folgende : jedes einzelne wort,
das er sprach, wurde vernommen, ins einzelne gehen, bis
ins einzelne verfolgen.
4) einzelnes geld, numuli , kleine münze, im gegensalz zu
groszen und ganzen stücken: ich habe kein einzelnes geld,
nichts einzelnes bei mir und niusz erst wechseln lassen.
5) man könne nicht genug eilen, mir eine einzelne und
unumsdiriinkte gewalt zu übertragen. Wielands Agalhon
5, 76 ; ein einzelnes urlheil, Judicium singulare. Kant 2, 104 ;
der einzelne kämpf, was einzelkampf.
6) im einzelnen, was das folgende adv.: ich werde es im
einzelnen beweisen; die ausbreitung der cuitur im einzelnen.
Göthe 26, 320 ; die ähnlichkeit der Ihicrc untereinander und
mit dem menschen ist in die augcn füllend und im allge-
meinen anerkannt, im besondern schwerer zu bemerken, im
einzelnen nicht immer sogleich darzuthun^ 55, 199. hier
stehen die bedeulungen uiiiversim, separatim und singulalim
nebeneinander.
setzet immer voraus, dasz der mensch im ganzen das rechte,
will, im einzelnen nur rechnet mir niemals darauf. Schiller 92».
EINZELN, adv. singulalim. mhd. finzeln, ßnzelin bei Je-
roschin s. 147 und alenziln s. 118 ; alenzeln livl. chron. 4854.
5833 lassen sich als dat. pl. von einzel, enzel nehmen; doch
das nhd. adv. einzeln darf gleich den^ adj. aus einzelin ent-
sprungen sein: einzeln nennen, einzeln aufzahlen;
leider sahen wir noch genug der armen vorbeiziehn,
koniucn einzeln erfuhren, wie biiier die schmerzliche flucht
sei. GöTiiB 40,238.
EINZELN, parliculatim solvere, erogare. Stieler 369. s. ver-
einzeln.
EINZELNHEIT, f. res sola per se, icas einzelheit, einzelnes,
singula: gewisse örtliche einzelnheiten. Göthe 17,317; alles
kunstreich dargestellt, so dasz die einzelnheilen deutlich in
die äugen fielen. 21,70; wie vortheilhaft es sei ein gutes
muster vor sich zu haben, welches, wenn man nicht dessen
einzelnheiten, sondern die methode betrachtet, nach welcher
es angelegt ist, auf die verschiedensten fälle angewendet wer-
den kann. 26,321; einzelnhciten. 46,178; einzelnheiten, die
ich niederlegte in hofnung, dasz sie sich einmal irgendwo
lebendig anschlieszen würjlen. 55, 326. in dieser Zusammen-
setzung allein konnte einzeln durchdringen, während alle übri-
gen das einfache einzel bewahren.
EINZELSCHRIFT, f.
EINZELSTAND, m. caelibalus: nu sein auch ellich men-
schensatzung, welche on sünd nit künden gehalten werden,
wie der undctig einzelstand, welchen der hapst wider gel
gepeut. Melanciithon kurzer begrif der erneuten christenlichen
leer. 1524. bl. 8. vgl. einzeln 1.
EINZELSTIMME, f. solo im gesang.
EINZELT, singulus, Idszt sich nur fassen als kürzung von
einzeucht = cinzelich : wann eim sein narung an ein kerb-
holz geschnitten ist und mit eim cirkel ausgeinessen, das er
blosz zu leben hat und sich des galgens orwert, wan er nit
über dieselbe schnür und cirkel hat, so spricht man, es sei
im einzelt, bei ciin quinllein dar gcwegen. Frank sprich«.
1, 37*. bei demselben schrißsteller fand sich anderwärts jenes
einzelich.
EINZELTIIAT, f. factum singulare.
EINZEI.VOHTIIKIL, «i. einzelinteresse.
EI.NZELWEIJER, ni., der die Weberei auf seine hand, nicht
im verein mit andern betreibt. Mones zeilschriß 9, 13t
EINZELWEIS, singulalim. Rädi.ein 234*.
EINZELWESEN, fi. schreibt J. P. in der Levana sehr oft
für individuum;
wenn irh die «voll mich denken lerne,
so hlnihl sie rioind doch int'iiiiMii kerne,
in oiiizelwescii k.-ilt zerirOinineri,
wo kelne.H sich des andern kümmert. Lknad FauM 180.
EINZER, s. einser.
EINZEHREN, raptitare. Stielrr 2310, hinein xerren.
EINZEUGEN, l) parare, herbeischaffen: solcher ordinal und
habiliis und andres nirhres, so zu der coniödia gehörig, iiiust
auf der roiisorlen Unkosten eingrzeuget werden. Adam Pusch-
«ANN in lloffmanns spenden 2, 15.
2) lestari, bezeugen : viele werden es ilinen einzfiigen, das»
ihre licder sie erbauet haben. IIii'pel 7, 2I0; so haben die
353
ELNZEÜGUNG — EmZlEHEN
EINZIEHEN
354
Ditinarscher geschlechter den ausheimischea, welcher bestän-
diges Zeugnis von seiner ehrlichen geburt, herkommen, han-
del und wandel einzeugen liesz, zu einem vetter angenom-
men. NiEBÜHR 1, 341.
EINZEUGUNG, f. die lübische witwe, wenn sie des man-
nes handlung fortsetzen will, musz gerichtlich über ihre fahig-
keit und der kinder Zustimmung zeugen beibringen, das
heiszt einzeugung. Heise und CnJpp jur. abh. bd. 1.
EINZICHT, f. inzicht, criminatio, beschuldigung, mhd. la-
ziht: 8ol bereden zen heiligen mit sinen zwein vingern, daj
er der inziht unschuldic sl. Augsb. stadtr. s. 49. nhd. ob
er Petrus dieser einzieht gestündig seie oder nicht. Spee
g. tugendb. 92.
ELNZIEHEN, den verwandten sprachen abgehend, entfallet
reiche bedeulungen, deren beide ersten intransitiv, alle übrigen
transitiv sind, buchsläblidi entspricht ziehen, golh. tiuhan,
ahd. ziohan dem lat. ducere, empfängt aber in den meisten
Zusammensetzungen den stärkeren sinn von trahere.
1) ingredi, inirare, in ein land, eine Stadt, ein haus ein-
ziehen: der könig zieht ein ins reich; der frühling kommt
ins land eingezogen ;
der frühling zieht mit dir in thor und gassen ein.
GcNTUSR 736;
nach desselben mund sollen aus und ein ziehen beide er
und alle kinder Israel mit im und die ganze gemeinde. 4 Mos.
27, 21 ; und werdet verstüret werden von dem land, da du
einzeuchst. 5 Mos. 28, 63 ; und dich der herr dein gott segene
im lande, da du einzeuchst. 30, 16 ; und es begab sich, da
sie einzoch. Jos. 15. 18. rieht. 1, 14 ; und er zoch aus und
ein für dem volk. 1 Sam. 18, 13. 16 ; das er mir holz gebe
zum hause, da ich einziehen sol. Neh. 2, 8 ; machet die thore
weit, das der könig der ehren einziehe, ps. 24, 9 ; laszt ein-
ziehen durch die thore der fürsten. Es. 13, 2 ; so sollen durch
das thor dieses hauses einziehen könige. Jer. 22, 4 ; wenn er
zu deinen thoren einziehen wird, wie man pfleget in ein
zurissen stad einzuziehen. Ez. 26, 10 ; und als er zu Jerusa-
lem einzoch, erreget sich die ganze stad. Mallh. 21, 10 ; in
die ruw gottes einziehen mit absagung sein selbs in aller
still. Fra.ik wellb. 124'; mit hellen häufen einziehen. Hau.n
2, 140 ;
die freiheit wohnet nicht in allen seelen,
zieht sie lei einem ein,
so kao er sich mit recht zu diesen zehlen,
die etwas mehr als menschen sein. CA.'fiTZ 211 ;
alle laster der erleuchteten weit zogen in Circassien ein.
Klincer 10, 214 ; morgen ziehen wir in das neue haus ein ;
wir leben von den kranken fremden, die bei uns einziehen.
ThOmmel 6, 179. in folgender stelle ist es mehr einherziehen
als einziehen :
o Rudoir, Rudolf, königlicher ahn!
so zieht dein enkel ein auf deines reiches boden.
Schiller 552*.
2) penetrare, eindringen: das wasser, der regen zieht in
den erdboden, das fett in die haut; das öl ist ins papier
eingezogen, die feuchte luft ins zimmer; bestreich das leder
mit thran und lasz ihn über dem'feuer einziehen.
3) sugere, trahere, einsaugen, wasser einziehen, gierig
schlürfen :
der reiter schaut sein ros mit innigem vergnügen,
wie es die flut einzieht in lustgedehnten zügeo.
Le.<(au neuere ged. 262;
der dürre boden zieht den regen, der schwamm zieht das
wasser, die nässe ein, das löschpapier die dinte ; lasz uns
frische luft einziehen, schöpfen ; du darfst gottes luft nicht
mit mir einziehen. Kli.ncebs th. 2, 318 ; wie gern zog sie den
duft der biumen ein;
kommt und versuchet meine Irauben,
zieht meiner veilchen baisam ein ! Göeirgk 3, 39.
4) relrahere, xurücksiehen : den athem einziehen, einhalten!
die pngcr einziehen, nicht schwüren wollen; die ohnmächtige
zieht den daumen ein; den hals, die Schulter einziehen,
zucken; Thusnelde zohe die acbsein ein und sagte. Lohe>-st.
Arm. 1, 299 ; Mecenas zohe die achseln ein und vermeldete.
1, 700 ; die Schnecke zieht ihre bömer ein, der igel seine
stacheln, t. die unter einwickeln angeführte stelle Keisebs-
BERCS;
sonit zieh ich meinen köpf, als wie die Schnecken, ein.
CiNiTz 271 ;
111.
die zunge ausstrecken und wieder einziehen; der hund, mit
eingezognem schwänz, entlief; die ausgesteckte fahne wird
eingezogen ;
zogen sie ein die segel, taria fiev OTtü.ayro. 11. 1, 433 ;
der Wirt, der kaufmann hat das ausgehängte schild eingezo-
gen, will sein geschäß nicht weiter treiben; den bogen ein-
ziehen, losspannen, zum auflegen des pfeils? mhd.
swie sie heten in gezogen
mit künste manegen stärken bogen. Wh. 18, 19 vgl. 375,9
das gewehr einziehen; die pfeife einziehen, zeichen von be-
schämung und Verlegenheit: die schriftklugen kundten nicht
. . . widerlegen und zogen ein mit ihrer pfeif. Ringwald evang.
Ff 2', gelindere saiten aufspannen; sie haben die pfeife hesz-
lich eingezogen. Melander jocoseria 1 n* 347.
5) includere, in das gefängnis, in den stall ziehen: den
schuldigen, verdächtigen, flüchtigen gefänglich einziehen, ge-
fangen nehmen und einsperren; darauf der richter angemel-
det hatte, es wäre gut dasz ich weg wäre, denn diese stunde
hätten sie den befehl bekommen, mich wegen der 1600 floren
und der Schuldner halber alda einzuziehen, wären derhalben
selber froh, dasz ich mich aus dem staube gemacht. Scbwei-
NicHEX 1, 277;
euer majestät kan sich basz rechen
und sie erstlich lassen einziehen,
darmit sie der su-af nit entQiehen. Atrer 405*;
gerichtlich zieht er bald des weibes ebmann ein.
Gkllert 1, 239;
Stiegen im Wirtshaus ab, zogen unsere pferde ein. Plesse 1, 64.
6) inserere, immitlere, einßgen, einsetzen: den faden ein-
ziehen, in ein nadelohr ziehen oder auch mit Stichen durch
ein sCück zeuges ziehen, s. einzug; eine schwelle einziehen,
festigen; den balken einziehen, in eine mauer oder wand
fügen, setzen; Scheiben einziehen, in den rahmen; da dem
glaser alle und jede alte Scheiben ohne ausnähme, sobald
er nur neue an deren stelle einzieht, eigenthümlich zufallen.
THtJJiMEL 5, 187 ; zum vierden möctiten sie das mit einziehen
{einschalten, ein flechten). Ldtbeb 4,305*; dasz er, in seinen
predigten, viel underschiedene gleichnussen von natürlichen
dingen eingezogen. Spangenberg lustg. vorr.
7) in breve cogere, verengen: das hemd ein wenig einziehen,
durch eine naht enger, kürzer machen; die manschetten ein-
ziehen ; goldschmiede ziehen das metall ein ; es ist mir aber
dis buch unter den henden gröszer gewachsen, denn ich ge-
dacht hab, und musz es ein wenig einziehen, bis ich oder
die unsern ein andermal davon schreiben. Luther 6,103';
die hebreische spräche ist an ir selber sehr kurz und ein-
gezogen, drumb nennet sie vil unterschiedliche ding oftmals
mit einem wort. Mathesics 97' ; solcher erinnerungen etliche
der fürnemesten in gewisse vergleichungen zusammen tragen
und kurz einziehen. Fischart ehz. 2 ; auf welches meine ein-
gezogene (kurze) rede mehrentheils gerichtet sein wird. Hof-
mannswaldao begräbnisged. s. 74; denn Johannis anrede war
immer einfältig und kurz und wurde immer von tag zu tag
einfältiger und kürzer, bis er sie endlich gar auf die worte
einzog 'kinderchen liebt euch!' Lessing 10, 42. gehört hierher
auch folgende stelle: so will ich sampt den meinen unser
gebet, nach gottes befehl, auch einziehen. Luther 5, 273', oder
meint es zurückziehen? nicht weiter beten, für die schlechte
Sache. Zeilen beim schreiben einziehen heiszt was einrücken.
8) colligere, einsammeln, einholen: ich komme mein aus-
stendig geld voUend einzuziehen. Wickram ro/iw. 54; er konnte
nicht alle schulden einziehen, die meisten giengen verloren;
künde, kundschaft, nachricht einziehen ; geschichten, märchen
einziehen ;
die arbeit war umsQnst, wan ich mich wolle mühen,
den wexel diser wäli geschwätzig einzuziehen
und all ihr änderung. du weist es vor genug. Roipler 123,
was sich auch ßr einflechten (unter 6) nehmen liesze;
zog schwank und märchen ein, die jung und mägde brachten.
GifflTiiBR 499;
aus beglaubigten Zeugnissen sichere kenntnisse einziehen.
Kant 9, 95 ; kenntnisse über etwas einziehen. Klinger 10, 160 ;
erkundigung einzichn und sich wechselsweise berichten. Gütbb
25, 343.
9) tollere, relrahere, publicare, zurücknehmen, in vergan-
tungen oder auctionen werden einzelne stücke eingezogen, gar
nicht ausgebolen : von heute vorgekommenen 1237 kisten wurden
23
355
EINZIEHEN
EINZIEHER — EINZIG
356
319 eingezogen, 375 zurückgekauft und 543 wirklich verkauft.
Weserzeitung 1854 n*3304; guter zum besten des Staats ein-
ziehen, conßscieren; Stifter, klöster, lehcn, anstaiten, schulen
einziehen; freistellen, Stipendien einziehen; man hat ihm
seine besoldung eingezogen.
10) omitlere, supprimere, einstellen, abschaffen: allen auf-
wand einziehen ; "
der Wirt sein bulerei einziehen,
das sunst niemand wirt innen mehr. H. Sachs III. 2, 171';
hülfe und beistand einziehen, nicht weiter leisten:
so zeuch mir nun den beistand auch nicht ein.
Opitz ps. p. 44;
den kOnigen gebüret gehorsam, welcher ihnen solchen einzcut
[so für einzeucht), der verdamt sich, weil er sich dem willen
gottes entgegen sezt. Butschky 828. den viehstand einziehen
{eingchn lassen oder heiszt es veikleinern ?) J. F. Fibel 189;
ämter, stellen einziehen, nicht beibehalten; er zieht alle be-
dienten bis auf zwei ein.
11) sich einziehen, in mehrfachem sinn: das tuch ziehet
sich ein, wenn es zu nasz ivird, geht ein,'
nach baden sol man keltc fliehen,
so ihut sich kraft wider einziehen.
Kelter alte schwanke s. 30;
Ton dem daj die gaist sich in ziehent von der glider müeden.
Mecenberg 8, 23 vgl. einzug 3.
du brennst für lieb und bist doch blasz, Pyrinna mich bedankt,
der brand zeucht sich von ausze« ein auf seinen miitclpuuct.
LoGAU 3, 185,69;
er hätte wol gern das ganze land geadelt, muste sich aber
darauf einziehen (beschränken), dasz er die restierenden unade-
lichen zu ralhen machte. J. P. doppelheerschau 166.
12) das pari, eingezogen, dessen schon sp. 192 gedacht wurde,
ist hier noch genauer zu erwägen; hat man es aus der ersten
oder der vierten bedeulung zu erklären ? der eingezogne ist
gleichsam in die ruhe und stille des hauses eingezogen, oder
hält, gleich der Schnecke, seine fühlhörner eingezogen; man
darf aber auch ohne bild auslegen: sich einziehen ist = in
tich kehren, sich einschränken, die auszenwell meiden, hdus-
Itch und geistig, das wort gilt
a) von Personen: ein frommer, stiller, eingezogner mensch;
eine häusliche, eingezogne frau; ein sittsames, eingezognes
raädchen; schon mhd. was s6 sere in gezogen, injich ge-
kehrt. ECKDART 13, 29.
tihd. fleisch und auch hlut,
das sieb darnach (nach dem kämpfe) ein ziehen thut,
wird durch das creuz still und geschmogen
und durch die busz fein eingezogen. 11. Sachs IV. I, 36';
wenn die heupter bisweilen eingezogener weren, so nemen
die unterthanen ein exempel der meszigkcit darvon. Mathe-
sius 49*; den tag lig er still, in groszer stille und geheim,
etwan in einem wald oder thal, einig, eingezogen. Fronsp.
kriegsb. 1. 123' ; etlicher seiner diener fromm, eingezogen und
züchtig. Kirchhof wendunm. 57'; was erliarer, züchtiger, ge-
schickter und eingezogener macht. Fischart ehz. 34 ; er ist
in seinen reden jetzt weit eingezogener, als man mir ihn
sonst beschrieben hat. Lessing 1,419; ein tugendhaftes und
eingezognes frauenzimmer. Habener 3, 113 ; wir heiraten
lieber ein eingezognes mädchen. Hippel 5,210; sie ist von
dieser stunde an so brav und eingezogen worden, dasz hof-
fartshaiber ihr kein mensch mehr etwas vorzuwerfen hatte.
Pestalozzi 3, 294.
b) von zuständen, still, mdszig, sittsam, einsam, zurück'
gezogen: mit stillem eingezogen pemüte. Luther 3, 403 ; unser
natur ist dcrmaszen erbar, discret und eingezogen, dasz sie
sich nicht allein läszt beschlagen mit der nottnrft, sondern
auch dasz sie der überflüssigkeit nichts nachfraget. Alrer-
Tisus de conviviit 8 ; die andern viigel aber waren ab irer
(der eule) sitligkeit, stütem eingezogenem leben verdrüssig
worden. Kitcnuor weudunm. 62; dieweil des ölbnuins fruchte
Tun den alten gemeiniglich zu der zeit aufgesetzt wurden,
wann sie gar schlechte, eingezogene mahlzeiten hallen wollen.
SrAitCENReiic lustg. vorr.; je eingezogener und politischer die
Sitten werden. IIenokr 1, i:)7; ich freute mich über die ein-
gezogenen stunden, die mir weder von freunden noch frem-
den, noch sonst einer geselligen Zerstreuung verkümmert wur-
den. GüTHB 49, I8.V
c) eingezogen, gekürzt, nach 7.
EINZIEHER, m. könnte mancherlei bedeuten, in folgender
stelle drückt es den cinnchmer aus, der die gefalle einzieht: die
Pachter und einzicher der königlichen einkünfte. VVieland
6, 144. vgl. einzüger.
EINZIEHUNG, /. einer nachricht, pfründe «. s. w.
EINZIFFEHIG, unius notae, also unter den arabischen zahlen
die von 1 bis 9, unter den lateinischen aber i, v, x, l, c, d, m.
EINZIG, unicus, eine unorganische und insofern unnölhige
bildung, als bereits das sie ausdrückende wart einig vorhanden
war; auch zeigt keine der verwandten mundarlen etwas ähn-
liches, d. h. es gibt weder ein alts. entig, nnl. eentig, noch
ein ags. äntig, engl, onty, so wenig als ein ahd. einzlc. auch
behauptete sich noch lange zeit einig in der bedeutung von
unicus, wie sp. 207 dargelegt wurde, seitdem es aber zugleich
den sinn von Concors (sp. 208) und den geschwächten von aiiquis
{sp. 209. 210) annahm, begann für unic^^s die Verstärkung einzig
um sich SU greifen, vielleicht gieng ihr, wie oben gemulmaszl
ist, einfaches einz voraus; wahrscheinlicher wurde sie, wie
einzel (sp. 349), adverbialem einzcn, einzigen, ahd. einazem,
mhd. einzigen, zeinzigcn, beinzigen (mhd. wb. 1, 42ö') abge-
sehen, adjcctivisches einzic taucht ou/' tet Eckhart: were der
wurf einzic, 165, 22 und möglich schon früher anderswo, auch
setzt das etwas ältere einziclich bereits einzic voraus, dessen
Ursprung also, gleich der Schwächung von einic, über die nhd.
zeit hinauf reicht, sahen wir doch vorhin auch einzel siugulus
den sinn von unicus empfangen und wiederum schwankt die be-
deulung von einzig nach mehrern seilen. Luthers bibel ver-
wendet nur einig, niemals einzig, beide Wörter drücken be-
scbränkung auf die einheit aus.
1) einzig begleitet gern die possessiva, zumal bei persön-
lichen Vorstellungen: mein einziger söhn, deine einzige tochter,
sein einziges kind, unser einziger freund;
dasz könig l'hiiipp seinen cinzgcn solin
an seiner knechte schicchiesien verkaufte. Schiller 244';
lieb kind! mein artig herz! mein einzig wcsen! Göins 2, 12.
um allen nachdruck auf einzig zu sammeln, unterbleibt auch
das subsl. : mein einziger ' du bist doch mein einziges ! sie
blieb seine einzige ;
ich war sein einziger, an dem er alles wandle.
Flemimg 229,
WO man lesen möchte 'den', doch geben alle atisgaben 'dem'.
sodann auszerhalh des personenverhältnisses : sein einziges ver-
langen ist zu sterben ; mein einziges vergnügen ist geige zu
spielen; das wiegen gefiel dem kleinen niägdclein dermaszen
wol, dasz wir selbst unsere einzige frcude daran sahen. Fel-
senb. 1, 235 ; dieser streich war also mein eintritt in eine
solche lebensart, worüber der tcufel in der hölle seine ein-
zige freude haben mag. 2, 307.
2) ohne possessivum bezeichnet es
a) das eine, alleinige: 'auch nicht viere? (schafe) fragte
der wolf weiter und der schäfer schüttelte den köpf, 'drei,
zwei?' nicht ein einziges, fiel endlich der bescheid. Lessing
1, 100 ; alle einwohner, bis auf einen einzigen, kamen an der
pcst um ; die orangen, die ich bei seile gebracht hatte, die
nun die einzigen noch übrigen waren. Gütue 16, 33 ;
ein einzig wib, zu der ich hofl,
setzt mir ein bad zu dick und oft.
Muriner geuchm. Hasel 1519 b3* (Scheible t.OOt);
es sol ein ieder gouch festeklich gluuben, sobald in ein
frouw nur ansehe, lach, oder ein einzig gilt woit gibt, das
si im von herzen holt si. et" {Scheible s. 918);
der mahler nimmt sein bild, und sagt kein einzig wort.
Gkllkrt 1, Itü;
ein einzig mittel ist auf erden. 1, 108;
ein einzig wort enthält mein ganzes glück. GOthk 9,343;
das einzige ob, worauf ich sehe. Lessing 1, 217 ; er grif die
gemeinde an wie einen einzigen mann. Pestalozzi 2, 2S9 ;
das ganze grosie Gricchonlnml bat jetzt
die uugon auf mich einzige gerichtet. Schillu 33t';
ihr or.<ttor blick crspari ihm schon din wähl.
das bort cntschcidt, ein vinzigs Ificheln ziehet,
noch eh er sich besinnen kann,
und retseil ihn an ihren bilden an.
Wiilahd urth. dt* Ptiri* 539.
/)) das vorragende, übermdehtige, allein vermögend«, unver-
gleichliche:
du vnrehrlest noch mehr die wcrlhon rcxie de« bilden«
einziger kUnslIcr, die stet« Ich in d.T wi«rk«inH hotaohl.
GOTB« 1.277; ,
357
EINZIG
ELNZIGERLEI — EINZUG
358
nichts vorenthalten, was ihm von den sonderbaren gesängen
und bekenntnissen des einzigen wesens bekannt geworden
seL 20, 170 ; von diesem einzigen gemüth. 20, 169 ;
ergrif das herz mit einziger gewalt. 9,69;
ich grüsze dich, du einzige pbiole. 12,42;
sie wollten frei und einzig (allein gebietend) sein.
Schiller 307';
ist denn die ^one ein so einzig gut? 456'.
c) das besondere, eigenthümliche, unbeschreibliche: er hat
eine einzige art; sie sprach das mit einer einzigen miene;
ach der liebe, der einzige klang, wenn die absätzchen auf
den boden aufschlagen! Göthe 19,170. eine muschel, helix
perversa, heiszt auch 'die einzige', nein, das ist doch einzig
(sonderbar) !
3) veraltete bedeulungen sind
a) die von allein, einsam, abgesondert:
kah und einzig ligeo. Mcr:<er geuchmatl n4';
da sagt der herr, es ist nicht gut,^
das der mensch einzig wohnen thut. Wickra« irr. bilg. 12;
ein kloster, welches einzig im feld läge. Vollwagen 50.
b) die von einig, aliquis, ellich: dis sind die fürnembsten
stück von einzigen dingen für gemeine leut zu brauchen.
Albertus magn. tceibergeheimnüs. Frankf. 1569 p. 151; weil er
die geschlichte tafel meiner seelen ganz lär und ohn einzige
zuvor hinein gedruckte bildnussen gefunden. Simpl. K. 61
nach ADGK; als einzige seines regiments auf fütterung ge-
west. 94, wiederum ADGK; gleichwie neben dem Spielplatz
auch einzige Schacherer und Juden zu stehen pflegen. 287,
nach ADG;
ich darf mich gar nicht kehren
an einzig utigemach. P. Gebuard 27, 8.
4) einzig wird durch den Superlativ noch erhöht: dasz das
menschengebild am vorzüglichsten und einzigsten das gleich-
nis der gottheit an sich trägt. Göthe 17, 293; die ersten und
einzigsten nachrichten der Urgeschichte. 24, 204 ; gute nacht,
engel. einzigstes, einzigstes mädchen, und ich kenne ihrer
viele, an Auguste Stolberg 8. eine andere erhOhung des worts
s, eineinzig.
5) wie vorhin gesagt, verwandle die frühere spräche den
dat. pl. einzigen neben den praep. ze und bl zu adverbial-
begriffen und zeinzigen, beinzigen drückte aus singulatim.
davon ist noch ein Überrest bei Mcrseb, wenn es in der geuch-
matl f2' (bei Scheible s. 927) heiszt: so oft ich uf ein gülden
kum, lasz ich ein ring machen an ein ketten, denn wo ich
das nit thette, so ging mir das golt zu einzigem usz den
henden.
EINZIG, adv. unice.
1) häufig zur Verstärkung von adjectiven:
ja wir kommen, wir begleiten
mit dem wolklang der gesänge
fröhlich im verlauf der zeiten
diesen einzig schönen tag. Göthb 2,35;
und von deinen einzig treuen lippen
langbewahrter liebe baisam koste. 2, 110;
um einen groszen, einzig klugen mann. 9, 135;
die musik ist einzig herlich. Bettine br. 2, 124.
2) neben dem verbum: ich denke ich weisz es, was meiner
tochter in ihren itzigen umständen einzig ziemet. Lessimg
2, 181;
nimm dich in acht vor ihren schönen haaren,
vor diesem schmuck, mit dem sie einzig prangt.
Göthr 12,215;
wie du lebest und bist, so trag ich
einzig im herzen,
theuerstes mädchen, dein bild.
WiLB. ÜLZKN im götting. musenalm. 1786. «. 127.
2) häufung von einzig und allein:
sie redete den blöden schäfer an,
sie sagt ihm, dasz er unter allen
ihr einzig und allein gefallen. hosT schäfererz. 22;
mond, du freund der reinsten triebe,
schleich dich in ihr k.-iinmerlein,
sage ihr, dasz ich sie liebe,
dasz sie einzig und allein
mein vergüügen, meine freude,
meine lust, mein alles ist.
(au« dem tied guter mond du gehtt so stille).
damit er nicht einzig und allein aus eben dem umstände ab-
gesondert scheine, zu dessen beglaubigung sie ihn anwenden.
Lessinc 10, 69.
4) zuweilen drückt einzig abstractes nur aus : er behauptete
das einzig um recht zu haben; es geschah einzig deswegen.
einzig dafür; seine wurzel ist einzig mit wenig faselo amb-
geben. Tabern'aemont. 749.
5) auch fürs adv. gilt Steigerung: einzigst geliebt, einen
beleg des comp, liefert Göthe 44, 11: noch immer so kräftig
gerührt von dem groszen, und o wonne, noch einziger, aus-
schlieszender gerührt von dem wahren, als ehemals.
EINZIGERLEI, ulliusmodi, für ernigerlei, wie einzig 3' :
dasz sie weder durch verheiszung, sie mit dem leben darvcn
zu lassen, noch durch einzigerlei marter hierzu gezwungen
werden kunten. Simpl. K. 96. ADGK.
EINZIGKEIT, f gleichwie Homers einzige griechische Ilias
nicht zweimal da sein kann, also dächte ich, könnte auch
nur ein einzigesmal die eine . . . Verdeutschung . . . vorhan-
den sein, diese einzigkeit nird mir nun zwar vielleicht in
sich wol zugegeben. Bürger 183'.'; dies einzige beispiel
müste schon wegen seiner einzigkeit wegfallen. Wolfs übers.
der ersten horazischen satire. Berlin lsl3 s. 11. "
EINZIGLICH, unice, mhd. einzecüche : einziglich deswegen,
unice ob eam causam.
EINZIGMäL, semel tantum:
das schwarze schelmenaug dadiein,
die schwarze braue drauf,
seh ich ein einzigmal hinein,
die seele geht mir auf. Gotub 1, 19.
man darf aber auch die Wörter trennen: ein einzig mal.
EINZING, solum, unice: so wellen wir dir dieselben drei-
tausent drewhundert guidein, und darzu ander suma gelt, so
du bisher auf unser gescheft ainzing ausgeben hast, . . . v\ider
zu bezalen verordnen, urk. Maxim, s. 102 a. 1496 ;
da wil ich in nit einzing zupfen,
sunder die schwingfedern ausrupfen. H. Sachs III. 3, 22*.
EINZLNGELN, cingere, includere: die Stadt, den feind ein-
zingeln.
EINZLNSEN, pensionibus frui. Stieler 2652.
EINZIRKEN, inserere, altribuere, einverleiben: welchem
königreiche auch diese grafschaft eingezirkt gewesen. Birkex
OL. 110.
EINZISCHELN, insusurrare, einflüstern.
EINZLECHT, singulatim, einzeln: weil sie {die peitschen)
nicht einzlecht hiengen. ungr. Simpl. 10.
EITS'ZLICH, singularis, einzeln, auch unieus:
meinen sun ihet beschweren hart
die einzlich wonung. Wicsrax irr. bilg. 85;
ja wer hat ghört und glesen darvon,
dasz jemals eim einzlicben mann
das glück so oft gwend hat den rück. Atrkr 30*;
dann weil das ganze reich thut stan
auf mir als einzlicben person. 190';
in dieser einzlicben halben stund. 335';
wenn nur das einzlich Letn nit wer,
dasselbig get mir übel ein. 402';
SO möchte ich unangesehener singularis und einzlich {lestis
singularis). Atrer proc. 1,9; wan ich ein einzlicben solchen
bürgen von dir hett, als ich dir zween setze. 1, 12 ; darneben
ihnen ein einzlichs gebot gegeben hat. 1,16. s. einzellich,
einziglich.
EINZLICH, singulatim: da doch ihrer einzlich so viel man
kaum waren als der unser tausent. Tob. Kobeb idea mit.
Christ. 1607. E3.
EINZÖLLIG, unius pollicis.
EI.NZüCK, m. secessus mentis a corpore, enlzückung: als
ich me gesprochen han, were der mensche alsA in eime in-
zucke als Sanctus Paulus was unde weste einen siechen men-
schen, der- eins suppelins von ime bedorfte, ich ahte verre
be;;er, da; du liegest von minne von deme zucke unde dien-
dest dem dürftigen in merre minne. Eckhabt 553, 39.
EINZUCKERN, inducere saccharo:
die röihsten lippen musz mein bonigseim besüszen
und den zinohermund mit lächeln zuckern ein.
LoHB.NSTEiM bluin. 83;
welche ihre liebe für unvollkommen oder nicht für genung
eingezuckert hielten. Armin. 1, 731. s. überzuckern, verzuckern.
EI.NZUG, m. nach bedeutungen des einziehens,
1) ingressus, inlroitus: ich kenne aber deine wonunge, dei-
nen auszug und einzug (vulg. egressum et introitum tuum)
und dein toben wider mich. Es. 37, 28 ; der könig h< seinen
feierlichen einzug.
2) Irama, wie einschlag und aufzug. vielleicht gehört hier-
her folgendes: die heiligen veter haben an dem spruch [l Mos.
2J, 18) alle bücher gehabt, was die schrift fassen wil, das
23*
359
EINZÜGER — EIS
EIS
360
fasset sie alles auf einen baufon, das man nicht darf viel
auszüge, sondern mehr einzüge niinthen. Luther 4, 122*.
3) das eimiehen, sich zurückziehen: der einzug der fühl-
hörner; der einzug der seeie: der slAf ist niht anders wan
ain einzng der sele auf sich selber, also spricht Plinius.
da; versten ich also, da; der sljf sei ain einzug der werk
der aujwendigen kreft der s^l. diu werk sint beeren, sehen,
smecken und der andern sinne werk, und der einzug kümpt
?on dem, da; die gaist betrüebt sint oder sich inziehent von
der glider mücden. Megenberc 8, 18 — 23. diesem schönen
Worte einzug gen. einzuges kann das vorhergehende einzuck,
gen. einzuckes, innere entzückung unmittelbar nahe liegen,
wie sich von ziehen zucken herleitet.
4) schweizerisch, einzug haben, unterschlauf, heimliche auf-
nähme finden, einen verdächtigen ort besuchen, auch den platz
dazu hergeben. Gotthelf 10, 339.
EINZÜGER, m. schweizerisch l) rentbeamter, der die ab-
gaben und gefalle einzieht. 2) neu einziehender hausbewohner.
vgl. einzieher.
EINZÜGLING, m. advena. dann si vi! inzügling und bur-
ger angenommen haltend, die one alles stöuben und strafen
die Stadt Zürich schantlich übel zuredtend. Bullincer 2, 397.
EINZWÄNGEN, vi adigere: die engen Stiefel einzwängen;
wie ich mich zuletzt in den geborgten, abgetragenen grauen
rock einzwängte und die kurzen ürmel mir das abgeschmack-
teste ansehen gaben. Göthe 25, 349 ;
dieser cefällt, weil straf er den gaul einzwänget im zügel.
Voss Tibull 1, 5, 11.
EINZWTIGEN, inserere, einpfropfen. Stieler 2657.
EINZWEIGUNG, f. es ist gnug, wenn ein jeder beizzweig
drei oder vier äugen auszerhalb der einzweigung mag haben.
Sediz 328.
EINZWINGEN, adigere, wie einzwangen : einem das essen
und trinken einzwingen, einnvthigen; wiewol etliche sich
selber hierzu antragen und den leuten ihre träume fast ein-
zwingen. Opitz poeterei 8; haare in papier einzwingen:
der eine, dessen amt der locken aufputz war,
entreiszet dem papier sein eingezwungnes haar.
Zachariä 1, 108;
SO sind mir allerlei kenntnisse spielend beigebracht worden,
die sonst dem knaben eingezwungen werden. Käst.ners werke
1841. 4,193; ohne dasz dichter dieselben einzwingen durften.
Herder 1, 80.
EINZWITSCHERN, minuriendo accedere, einschmellem : die
nachtigail sang und der sperling zwitscherte mit ein.
EIREN für eiern, eine so gut wie bauren, mauren, feiren
für bauern, mauern, feiern berechtigte form, H. Sacus x. b.
schreibt eirenschmalz II. 4,15*; Megenberc airn für eiern
{oben sp. 86).
EIRER, m. mhd. eieraere, eierhändler.
EIRUND, ovatus, wofür wir das schönere romanische oval
brauchen.
EIRUND, n. oi?o/o forma.
macht . . . fast ei^ eirund. Brockrs 3, 582;
frei und heiter zeigt sieb des kopfes zierliches eirund.
GöTUK 40, 285 und 290 ;
jedem eindnick unem|i(anglich aber
blieb verschleiert sein (des spiegeis) geschllfncs eirund.
^ l'LATEN 332».
EIS, n. glacies, ein mit fester einstimmung durch alle dia-
lecte laufendes wort, ahd. ags. altn. fries. mhd. mnl. Is,
tchw. 18, dän. iis, nnl. ijs, engl, ice, der goth. form würden
wir erst in lliob 38, 29 gewahren, sie kann nur gelautet haben
eis. unmittelbar verwandt scheint das mit eis die Vorstellung
des glanzes wie der härte Iheilende eisen, und hinzugenommen
das vorläufig schon unter ehre ip. 54 besprochne ais, erz, er-
reichen wir die formet cisan ais isum = leuchten, ^glänzen,
aus welcher vielleicht auch der ahd. eigenname Iso flosz.
während goth. ais in ahd. ür übergehl, haben As und -is auch
in andern Wörtern » behauptet; das ir. eirr schnee, frott, eU,
gal. eirc, welsche eira, arm. erc'h zeigen dennoch r.
Autzer dieser merklichen berührung ^halten sich alle übrigen
urverwandten sprachen fern und bilden eigne kreise, lil. ledas,
tett. leddus, altsl. ruis. led", bohm. serb. lad, poln. lud
stoizen an russ. cbülodnyi, bühm. chladny, poln. chlodny
kühl, folglieh an lit. szaltas, unier kalt, goth. kalds •= tat.
gelidus, weUhrm gelu und glaries für gelacies unmittelbar
tufallen. glacies ist das it. ghiaccio, diaccio, ftanz. glace;
sp. hielo, yelo geradezu lat. gelu, und dies das skr. gala
frigus, aqua, kühles wasser, das gefrorne. einem dritten kreise
gehören an finn. jää, est. jäa, jiä, wotjak. ijä, läpp. Jen,
jägna, wozu altn. jökuU mons glacialis , ags. gicel sliria
stimmen, das im engl, icicle fortlebt, den vierten bilden gr.
XQvos, xov/ioe (altn. hriin pruina, nnl. rijm), woher xavarahca
glacio und xovaraXlos, dessen begrif wieder härte und glänz
ausdrückt, da Wörter der wäi-me und kälte oft sich einigen
{vgl. was unter backen und brunne gesagt ist), so kann die
vermutete würzet eisan ais von weitem umfang und tiefem sinn
sein, mit eise schauer, schrecke, dem es einige vergleichen,
das aber aus egise entspringt, hat eis gar nichts zu schaffen.
Bedeutungen tmd redensarten.
1) das wasser gefriert zu eis; sein blut gerann zu eis;
der tlusz geht mit eis; ist mit eis belegt; das eis glänzt,
blinkt, ist hell und lauter; mhd.
lüter als ein is. Wigal. 114, 19 ;
das eis brückt, baut eine brücke (2, 416) ; das eis steht, stellt
sich, thürmt sich ; das eis trägt den mann, den wagen ; starrt,
klebt, hängt am ufer;
und ein verewigt eis umringt das kühle thal.
Hai.ler ged. s. 31;
es friert eis und stein, wie man gewöhnlicher sagt stein und
bein:
fror es nur nicht lauter eis und stein. Bürger 55».
2) das eis thaut, schmilzt, kirrt, knirrt, knistert, knackt,
kracht, bricht, geht auf; das eis kommt, geht davon ; das
alte eis kommt zum thauen; der ström wird frei von eis:
es lacht der mai!
der wald ist frei
von eis und reifgehänge. Göthr 1, 232.
3) das eis glänzt, leuchtet in der sonne, schimmert von
ferne; ist hart aufzuhauen; glatt und schlüpfrig, ahd. häli,
mhd. hajle:
ist ein man auf hälem eis,
der go vil gmach, so ist er weis. Hing 40*, 37;
wan so ein paur wil lern statweis,
so gel er gar auf eim halen eis, fastn. 349, 13;
wenn einer ümblaufl in narrenweis,
so get er gar auf eim häien eis. 754, 14;
wer tanzen wil auf hrilem eis,
dem selben zusluprt gar gern ein fusz. 1012, 10.
4) unter das eis geben heiszt untergehen, verschwinden :
warum seit ir ausgangen und kommet allein wieder, jotzund
musz ich gedenken, mein Theagenes sei unter ein eis gangen.
buch der liebe 204, 3 ; so gieng endlich auch diese gute alte
landessitte unter das eis. Pestalozzi 2, 250.
5) das eis brechen heiszt lange gehemmtes, stockendes frei
machen und lösen: Christus musz den Verdiensten das eis
brechen (loshelfen). Fisciiart bienenk. 106'; man musz den
ersten stein legen, das eis brechen. Lehmann 21 ; Georg
Rodolf Weckherlin hat ein groszes stuck am eis gebrochen,
als er im 1618 jar die zwei bücher seiner öden und gesünge
zu Stutgarteo ausgehen lassen. Rompler worr. s. 10 ; wenn im
winter ein fuhrmann das eis bricht, das weder tragen ninh
brechen will, so ist ihm gut nachfahren. OTHu.*raHÄ.t'n/r. 551 ;
das eis ist endlich gebrochen, wenn nach kälte und schweigen
freundlicher verkehr und Unterhaltung in gang kommen.
6) einen aufs eis leiten, führen bedeutet ihn verrälerisch in
gefahr bringen ttnd kann aus der fabel von Rcinhart und Isen-
grim erklärt oder auch blosx von dem schlüpfrigen eis ver-
standen werden, auf dem der arglose unversehens strauchelt
und XU boden fällt:
ey. durch waj
w'iliu viirbaj
mich Ol ein is hie leiten t pass. K. 682, 80;
da{ in die niu;t!n alle wis
hreten geleitet df ein is. tili. ehr. C501 ;
mit schmeirhclri heiichlischer vte.'i*
in gern tu Türen auf ein eis. II. Sacus V, 29*;
sich selbut horcden man sei weis,
führt andre mit sich auf ein eis. RiRcnnor wendunm, 135*;
dasz satanas mich hier aufs eis tu führen wähnet,
ist klar genug. Wiklamp 18, 87.
7) vom schmelzen des ciscs entnommen:
crl«'iichien npincn »inn, enirOnden ihm ein hcisi,
dadurch in ihm zerschmollt der ».ighcii knjio-i on.
LüGtu 2, II ;
n-eund, da Jeder sich Jetzt n-eut. da^z mit dmiins winter* n-Atien
■ucb des laogeo kriege« eis werde scbmolioa. 3, 45, *o.
361
EIS — EISBÄR
EISBART — EISCH
362
I
8) vom erbleidtenden haar des alters, man sagt eisgrau wie
schneeweisz ;
weil du schwach wirst, aller greis,
weil dein kaltes haupt beschneiet,
weil der maiten glieder eis
schon das ende prophezeiet:
weil du wägst das letzte lot,
denk an gott! Tschbrning /ruh/. 238;
spät in dem sommer des lehens
sind wir, sie fliehen zu schnell
die stunden, brauche sie frölich,
uns macht das alter zu eis.
Kabscuin ged. 1792 s. 75;
wie hat des alters eis sein schwarzes haar bereift.
C. F. Wkisze;
das eis des alters. J. P. uns. löge 3, 168 ; er ehrte am Jüng-
linge das sanet Elm oder Helenenfeuer, wie am greise das
eis. Tit. 1, 157 ; ehrgeiz und zorn des greises, welche beide
unter dem eis seiner haare fortarbeiteten. 3, 122.
9) überhaupt von kälte, fieberkälte, todeskälte:
welch kalter schauer
befällt mich; Daja, meine stirne, sonst
so warm, fühl, ist auf einmal eis. Lessi.^g 2, 204;
das eis seiner Ironie. J. P. Tit. 3, 77 ; nie starrte ein solches
eis der stirne und äugen über krampfhaften lippen. Hesp.
1, 221 ; er brach das eis des todes wieder mit kalten bänden
entzwei. Tit. 5, 119 ;
lieben wollt ich wie vordessen,
könnt ich eines nur vergessen,
das, wie es in mir sich rührt,
mir das herz mit eis umschnürt. Rcckert 104;
wol, wenn ins eis des klügelnden Verstandes
das warme blut ein bischen muntrer springt. Schillkr 12*;
an deinem eis kann ichs nicht aushalten; ja, sagte Philine,
e« müste eine recht angenehme empfindung sein sich am
eise zu wärmen (vom beifalt des publicums). Göthe 18, 208.
10) Sprichwörter: auf dem eise ist nicht gut gehen; wenn
dem esel zu wol wird, geht er aufs ' eis tanzen ;
mhd. der herrea hulde ist sam ein is,
darumbe ist er niht vollen wis,
swer üf die beide biiwet hö. ilSII. 3, 66* ;
ich hän üf ein is gebüwen. spiegelt. 161,5:
wer aufs eis will bauen, der darf kein küchen ins haus
machen. Lehmann 71; Ueisz bricht eis (falsch reimend, zu
der zeit entsprungen, wo man auch eisz schrieb) ;
die baut auf schwaches eis
und ist nicht scepters werth, die weil sie scepter traget,
was werther hält als sich. Grtphius 1, 4oS;
^an musz die leiite im zäum und zwang halten, sonst wenn
man er omnes (herm Omnes) umbsonst nerete, würde er zu
mutwillig und gieng aufs eis tanzen. Lcther 4, 220* ; die
pfaffen aber freuen sich hoch über des Witzeis lere und er
ist ir vermeinter messias, der sie erlösen wirt zu pOngsten
uf dem eis. Albercs wider Witzel B 3'.
11) eis, opus dulciarium glaciatum.
s. glatteis, unserfraueneis.
EISABKCHLUNG, f. dasz der Rheinwein tei seinen krüften
kein die edlen eingeweide angreifendes feuer yeibirgt, also
keine wasservermischung, wie die meisten andern weine,
nicht bedarf, wie wol es ihm sowol diese vermengung als die
eisabkühlung zu vertragen an kräften nicht mangelt. Loejes-
STEiN Arm. 2, 300.
EISÄCHTIG, glacialis: das überfrorep oder eisächtig hoch-
meer, glacialis oceanus. Frisics 605*. Mjuler 128*.
EISAMMEK, f. emberiza mustelina.
EISANDRANG, m. Impetus glaciei. gebildet wie blutandrang.
EISAPFEL, m. franz. pomme de glace, eis in apfelgestalt
zubereitet.
EISBAD, n.
EISBAH.N, f. planities glaäata, nnl. ijsbaan, schw. isbana :
indem ich mich zum Schlittschuhlaufen entschlosz und es in
kurzer zeit so weit brachte, als nölhig ist, um eine frohe
und belebte eisbahn mit zu genieszen. Gütbe 26, 121 ; übri-
gens führte er seinen Victor mit keinem pedantischen inarsch-
reglemenl auf die eisbahn und stechbahn des hofes. J. P.
Hesp. 1, 230. schon Stiei.er 82.
EISBALKE, m. der schräge balke des eisboeks.
EISBANK, f. scamnum glaciei, schwimmendes groszes eisstück.
EISBÄR, m. ursus marilimus, nnl. ijsbeer, tchw. isbiürn;
dann ein brummiger, mürrischer mann:
als mir ihr äuge nicht mehr schien,
wollt ich in die gehölze fliehn,
wollt ich wild, wie der eisb.nr sein,
da sollten gras und erlenrinde
* für immer meine nabrung sein.
KRKTSCHMA.N.f im musenolm. 1773 $.8;
die schöne beguine wachte ganze und halbe nachte an dem
krankenlager des alten eisbären. Kl. Scbmidt kam. dicht. 275.
EISBART, fTJ. barba glacialis:
der beschneite hornune stehet
und su-eicht seinen eisbart auf. Fleiirg 45.
EISBAU.M, m. was eisbalke.
EISBEDECKT, glacie obsitus: eisbedeckte wiese, die vor
dem froste überschwemmt stand ;
bis an der gleischer eisbedeckten fusz
erwartet ich und fand bewohnte hüuen. Schillkr 527';
drum machten wir die eisbedeckte erde,
den harten stein zu unserm pfühl. 3S2*.
EISBEHANGEN, wie eisbedeckt:
Moscoviens bär mit eisbehangnen haaren
dürstete Friedrichs blut. ScHt;BARi 2, 407.
EISBEHARNISCHT, desgleichen:
eisbeharnischte stirne. Brocees 1, 270.
EISBEIFUSZ, m. artemisia glacialis.
EISBEIN, fl. OS ischium, hüflbein, nnl. ijsbeen, schv. isben,
entstellt aus ischbein, wieman jetzt auch nnl. ischheen schreibt :
ein eisbein wird ein halb theil von dem schlösse genannt, wann
aber beide noch beisammen, so heiszt es das schlosz. Tänzer
s. 11, vgl. Weimar, jb. 3, 346. auch eisknochen hat Frisch 1, 224".
EISBEPäNZERT :
Wonne! dort hebt sich die ke«e der eisbepanzerten alpen.
meine locken umweht reinere, himmlische luft. Salis 105.
EISBERG, m., mons glacialis, das vorhin angeführte altn.
jökull. bildlich, rund auf die wälder hatten sich stille eis-
berge aus wölken gelagert. J. P. Hesp. 3, 216 ; Flamin wurde
ein eisber.g. 4, 95 ; vom morgenroth der Jugend glühet uns
der eisberg der menschenfreundschaft lügend an.
EISBERGSTCCK, n. frustum glaciei :
hier aber war was besseres noch, musik,
recht ausgesucht, um seihst ein eisbergsiück
aus dem gebiet der frostigen stoa
zum lockersten Stutzer aufzuthaun.
Kl. Scruidt kom. dicht. 175.
EISBLICK, m. ein blick kalt wie eis: eisblick wird der
weisze Widerschein der langen eisfelder am gesichtskreise ge-
nannt. Forster; damit ihr um euer Sterbebette statt des
gierigen eis- und erbblickes ängstliche venveinte äugen an-
treffet, die das erkaltende leben erwärmen. J. P. 38, 53.
EISBLINK, m. repereussio glaciei, sehw. isblinfc. Karl Lappes
werke 1840 1, 14 ; der witz gibt gleich dem eise zufällig wärme
und zufällig licht oder eisblink, wenn man ihn zur ebene ab-
plattet. J. P. aeslh. 2, 48.
EISBLOCK, m. frustum, irvncus glaciei: die stri5mung war
nicht hoch und stark genug, um alle in den wiesen liegen
gebliebne eisblöcke fort zu nehmen, figürlich, wie du mit
einem solchen eisblock und eisbock (oon ehmann) leben willst
J. P. Fibel 184.
EISBLÜME, f. gefromer dunst an den fensterscheiben.
EISBLUT, n. kaltes blut:
wie manches seltsam abenteuer
dem eisblut neues lebensfeuer (verschaft).
Zachariä hintert. sehr. 1781 s. 79.
EISBOCK, m. aries glaciem cohibens. bildlich wie eisblock.
EISBRECHER, m. was eisbalke, eisbock.
EISBRUCH, m. 1) fractura, ruptura glaciei, der losbrach
des eises. bei H. Sachs I, 421* wirft der sommer dem winter vor:
• durch dein eisbrüch vil leut ersaufen.
2) foramen, ein bruch im eise, in einer eisßäche. auch
das ins eis gehauene loch, um welches sich die fische sam-
meln. MoNES Zeitschrift 4, 81.
3) der bruch, das brechen der äste und bäume unter der
last des daran hangenden beim fallen gefromen regens oder
Schnees, vgl. duftbruch, schneebruch.
FISCH> deformis, turpis, foedus, ein seltnes, nicht leicht zu
beurtheilendes wort, das allein HENiscn 861, 60 aufstellt und
als sächsisch bezeichnet, in Laurexbergs seherzged. 13 steht:
dat em gniwde vor den eisken schlimmen schmack,
der arznei nemlich. doch die folgenden belege stammen von
einem hd. freilich aus Holstein und einem aus der Lausitz
gebürtigen Schriftsteller: ein kind, als es von seinem vater
363
EISCH — EISCHEN
BISCHER— EISEN
364
wegen einiges Versehens war mit der rulhe heimgesucht, wurde
nach dem abtritt desselben von seiner mutter im scherz ge-
fragt, üb niclil der va\er ein eischer mann wäre, ob es ihn
auch noch lieb hätte? worauf es das erste verneinte, das
andere bejahte. Scriver seelenschatz 1,627;
poti! in der woclie zweimal llciscb
und fesiiags braten gar,
gelt, gutes herz, das war nicht ci<:ch,
das niöchtst du wol, nicht wahr?
GoiTL. Wu. BuBUNJis ged. 149.
im brem. ivb. 1, 8 steht aisk, häszlich, garstig, ohne erläu-
ternde beispiele ; im holst, idiot. 1,27 bemerkt ScutirzE, es
werde nur zu unartigen hindern gesagt, doch höre man auch
ungezogene kinder sich des ausdrucks gegen zu nachsichtige
und verziehende eitern bedienen 'aische vader, moderl' bis
diese jener eigenwillen thun, was ganz zu Scri\eks stelle stimmt,
auch Stüresbcrg 3' gibt aisk, eisk, häszlich, unsauber, man
denkt dabei stets an alaxos schände, ataxQos schändlich,
schmachvoll und schreibt wol darum ai, wofür der nd. mundart
mehr ei oder e zusagen würde. Schambach verzeichnet 6' aisrh
häszlich, schlecht, unartig : aisch water scÄ/ec/i/es wasser, en aisch
weg, ein schlechter weg, du aische kind, du böses Icind, hingegen
55' eisig grauen erregend, letzteres ist offenbar das alls. egeslic,
um/, eislijk, ijsselijk, mhd. eislich, ahd, ekislih, von welchem
also jenes aisch oder eisch fern zu halten wäre, so nahe die
Vorstellungen schändlich, häszlich, scheuszlich, greulich einander
treten könnten, nd. ist 'dat eisk' ein euphemismus für wolf,
das böse oder schreckliche thier. ganz unverwandt ist ein bei
Stieler 32 aufgestelltes eischlich purulentus, entstellt aus eisz-
lich, was man sehe.
EISCH, m. postulatio, appellatio, forderung, nnl. eisch : naar
den eisch, nach verlangen; een eisch doen, etwas verlangen.
bairisch, aisch begern, frist fordern; aisch geben fiist geben;
aisch suchen, sich rechts erholen bei einem oberhof Schmeller
1, 123. da dem rechtlichen gesuch die bewilligung zu folgen
pflegte, so erklärt sich wie der ausdruck zugleich das verlangte
und gewährte bezeichnet, s. das folgende.
EISCHEN, poscere, petere, rogare, exigere, ahd. eiscun
(Graff 1, 493), mhd. eischen iesch und eischen cischele {mhd.
üb. 1, 425), alts. escon, nnl. eischen eischte, ags. äscian, ge-
wöhnlich aber mit Umstellung äcsian, Axian, engl, ask, fries.
äskia, altn. askja, schw. äska, dän. äske, ein goth. aiskjan
liesze sich erwarten, oder gar ein redupUcierend-es aiskan aiaisk
nach jenem mhd. eischen iesch. urverwandte anklänge lägen
in poscere poposci und postulare für poscularc, t» deren an-
laut eine partikel verborgen scheint, zumal wenn man die mhd.
zusammenziehung vreischcn vricsch = vereischen veriesch er-
wägt; doch käme selbst altn. oska optare, schw. önska, dän.
önske, ahd. wunscan, ags. vyscan als erweiterte form in betracht.
Dies alte, unsere spräche durchdringende wort verderben
wir nhd. durch ein vorgeschobnes h in heischen, wofür einige,
z. b. Frisids 1026*. 1030* sogar höuschen schreiben {vgl. hein-
zeler, hanzier für einzier u. a. m.), vielleicht wirkte die nähe
von heiszen, jubere, mandare, imperare dazu mit. der vocab.
theul. 14S2 a6' hat noch aischen oder vordem, aischen oder
rufen, laden, scfwn Luther setzte heischen ßr cischcn. um
so mehr verdienen beispiele der haßenden echten gestalt vor-
gelegt zu werden :
so aischt sie erst auf ain neues futer. fastn. 732, 7,
to begehrt sie von neuem futter; die bibel von 1483 hat iMos.
23, 15 das land, das du eischest, ist vierhundert gewicht Sil-
bers werd, rulq. terra, quam postuias, qiiadringenlis siclis
argenti valct; Marc. 6,22: eisch von mir was du wilt und
ich gib CS dir, petc a me, quod vis, et dabo tibi, »o Luther:
bitte von mir was du wilt, ich wil dirs geben ; und hab nit
gesehen den gerechten verlassen und seinen samen aischen
das brot. Henb. Ammam«i psalterion 37, 25. andere belege bei
ScHMELLeR 1, 123.
EISCHEN, n. ein kleine» fiten: ich »ah bald, dasz die
eisen de» mcistcr Jacob zu stark waren, er richtete wenig
auB und mucbtc dem kindc groszc schmerzen, ich bat er
möchte nur eine aciitelstundc warten und inne hallen, ich
lief darauf in die Werkstatt und machte vom feinsten stahl ein
eitclicn (feci un ferrolino d'acciaio llnissimo). GOthk 31, 137.
dtete form i$l fehlerhaft und drückt an sich kleines eis, nicht
kleines ciücn aus; to hört man auch hufeiscbco ßr hufeisen-
chen und eiolein für ciscnicin. ähnlich, aber drutliclier ist
fadchen ßr fitdemcben, brriscben, liröslein für brOsenchen,
brOtcDlein, Clele (t'tisius 57u') für Ofenle. vgl. eisen ferreut.
EISCHER, m. petitor, bitter, begerer, enordrer. voc. theut.
1482 ae'.
EISCHHEIT, f. gebildet von eisch häszlich : o meine keusch-
heit, keuschheit! schrie die Äbtissin, 'cischheil, eischheit!'
sagte die novitiatnönne. Bodes Tristr. Shandy 7, 73.
EISCHLICH, defurmis: eischliche vettel, spinfurnjcium. Stie-
ler 32. s. eisch am ende.
EISCHUNG, /■. postulatio.
EISDECKE, f. tegmen glaciale, das bedeckende eis, die eis-
decke eines flusses, baches, sees, teiches. bei einem eisfall
bildet sich auf dem boden eine das gehn erschwerende eisdecke.
EISDOHN, m. asterias glacialis.
EISDHUCK, m. druck von aufliegendem, deckendem eis. der
eisdruck, d. h. des beim fallen an ästen und bäumen gefrie-
renden regens, kann in wäldcrn wie an Obstbäumen viel schaden
thun.
EISDRUSE, f. gcfrorner quarz, vgl. eisendruse.
EISEBENE, /. planities glacialis: höher hinauf eine cis-
ebene ansteigen. Arnim kroncnw. 1, 112.
EISEICHE, f. quercus robur.
EISELWUBM, m. oniscus asellus. Heniscu 866, 66. LoNi-
CERUS kreuterbuch 332'. s. assel 1, 587.
EISEN, horrere, expavescere. Diefenbach 243*. voc. theiä.
1482 gl', ahd. egisun, mhd. eisen; nd. it aisede mi, es graule
mir. brem. wb. 1, 8.
EISEN, mhd. Isen, in mehrfachem sinn,
1) coagulare, gefrieren machen, in eis verwandeln: und so
derselbige Spiritus kompt in das wasser, so eiset ers, coagu-
lierts. Paracelsus 2,87";
entsetzen eist dein blut. Koskcartens ged, (Grays barde) ;
zu eisen mir das warme blut,
die dunkle locke mir zu blassen. Ann. von Drostb ged. s. 199.
2) eisen = aufeisen, anscisen, glaciem caedere, removere:
wasser offen zu behalten und zu eisen. Kirchhof mi/. disc. 38.
3) intr. gelari, sich mit eis belegen, gefrieren, ahd. Isen
(Graff 1,485): es hat diese nacht geeist;
und der Bober eiset nicht,
Zephyrus beseelt das land. Tscherning (1642) s. 29,
es eist mein safl. Kosegartbn (schwanengesang).
EISEN, n. ferrum, goth. eisarn, ahd. Isarn, später isan, bei
N. isen, mhd. isen, alts. isarn, nnl. ijzen, ags. Isern, iren,
engl, iron, altn. jarn für iarn, schw. dän. jern, in welchen
nordischen formen rn haßet, das s der ersten silbe unterdrückt
scheint {wie in lat. coena, pomum für coesna, posnuitn). sie
sclilieszen sich aber ans ir. iaran, iarran, iarun, welsche haiarn,
arm. houarn, was desto mehr bedeutet, da wir auch zwischen
eis und keltischem eirr, eira einstimmung wahrnahmen, für
eisarn bleibt also auch die für eis angenommne würzet glaub-'
lieh ; wie der kristallstein wörtlich aus gefrornem wasser ent-
sprang, konnte auch der glänz des metalls auf eis zurückge-
führt werden, abgelegen sind die übrigen ausdrücke urver-
wandter sprachen, lat. ferrum, it. ferro, sp. hierro (vgl. doch
ir. iarran), franz. fer; gr. oiSrjQoe, sl. ieljezo, poln. ielazo,
böhm. zelezo, lit. gelezis, lett. dselse und finn. rauta, läpp.
ruoute, ruovde, vgl. lat. rudus.
Bedeutungen.
1) eisen, das metall: a) gold, silber, erz, eisen, zin und
blei. 4 Mos. 31, 22 ; silber, gold, ei-z, eisen. Jos. 22, 8 ; hun-
dert tausent centner golds und tausent mal tausent cenlner
Silbers, dazu erz und eisen on zai. 1 f/iror». 23, 14 ; die füsze
und zee eins teils thon und eins teil eisen. Dan. 2,41; ein
land des steine eisen sind, da du erz aus den bergen bawcst.
5 Mos. 8, 0 ; eisen bringet man aus der erden und aus den
steinen schmelzt man erz. Iliob 28,2; er achtet eisen wie
stro und erz wie faul holz. 41, 18. zeilaller von gold, silber
und eisen; unsere zeit von eisen, mit der zeit wurde das
eisen dieser heile (in den fasces) aus silber gemacht. Win-
KELiiANN 5,88. die regeln sind das eisen, womit man das
gold hervorhebt. J. P. grönl. proc. 2, 6. in diesem strich schicszl
eisen (t-j/. eisenschüssig), in diesem sumpf schlügt eisen nieder,
setzt eisai an.
b) harte, festigkeit, dauer, tchwere des cisens : der mann
iit von ei-Hcn; sein herz war von eisen; Epiktct und andere
Stoiker, aus eisen gebildete mannen J. P. Tit. 3, 13S ; er ist
nicht von eisen, läszt sich durch bitten erveichen; da er die
Zuneigung gewahrte, liesz er «ich auch merken, dasz er nicht
»on eisen wäre. pol. storkf 200. eisen schwimmt nirhl, tinkt
unter; da schwom da» eisen. 2kön. 6,0. eisen ruslvU
365
EISEN
EISEN
366
c) der strausz, gaukler und prahler fressen, rerschlingen
eisen :
6r dunket sich so rsje,
er get an froun Gepun bant.
seht, waj er isens iraeje. MS. 2, 75';
hei wa; ir isens äjet,
do ir üf dem hengste säjet. Helmbr. 1749;
ob sich der ungefüege man
ouch isen e^jen liünde. Sigenot 14.
*, eisenfresser, eisenbeiszer.
d) eisen graben, schürfen, schmelzen, schmieden, häm-
mern : eisen zeugen, erzeugen, es aus den eisenerzen oder
eisensteinen gewinnen; man soll das eisen schmieden wann
es glüht; der hartnäckige mann wüste nur zu wol, dasz es
einen gewissen moment gibt, wo allein das eisen zu schmie-
den ist. GöTHE 17, 399;
wir schaffen s eisen,
sie schmieden ketten. 41, 141,
2) verarbeitetes eisen au jper, schwert, haue, pflugschar,
hußeschlag, fessel, geräth.
a) und das eisen seines spieszes hatte sechs hundert sekel.
1 Sam. 17, 7. vgl. spereisen ; scharfes, schneidendes, stumpfes
eisen ;
wo vom geschrei und TOm geklirr der eisen
die lufl erbebt. Scuillkb 32';
wo des Aeaciden mordend eisen
dem Pairoklus schrecklich opfer bringt. 114';
blanke spiesze führen jene,
diese flechten schnelle faden,
dasz man glaubt, in ihren schlingen
werde sich das eisen fangen. Göthb 2, 108.
das schwert heiszt das kalte eisen :
des groszen balgens dich enthah,
das man dir wider nicht das dach
mit emem kaUen eisen flick,
und runder fliehen eilich stück.
Ri.^GWALD l. tearh. 119;
der inen nach ampts gewall
mit strick, rad oder eisen kalt
musz ihre büberei vertreibn. 1S2;
da erschrack ich vor dem kalten eisen {dem gezognen bloszen
degen). Weise erzn. 81; dasz er hiermit ein kaltes eisen von
sich gab, welches ihm in wenig wocben den lebensfaden ab-
kürzen würde. Felsenb. 1, 164.
b) das heisze eisen ist die geglühte pßugscbar, vomeres
igniti {RA. 913. 914), wie schon den Skythen ein heiliger pßug
glühte (Herod. 4, 5) ; tnhd. daj heije isen tragen, s. pflugeisen.
c) bergmännisch, schlegel, eisen und ein tüchtiger bammer.
GöTHE 21,40.
d) fuchsen, Wolfen legt man eisen. Göthe 14, 189 ;
wie im eisen der fuchs
lagt ein alter höllenluchs. 12, 67.
e) Pferde werden mit hufeisen beschlagen, • eine herberge,
vermutlich schmiede, wo man einkehrte, um neuen beschlag zu
erhalten, hiesz 'zu den abgeritten eisen', fastn. sp. 793, 14.
sehr häußg aber ist die euphemistische anwendung auf gefal-
lene dimen, von denen es heiszt, dasz sie ein eisen ver-
loren, abgeworfen, abgetreten, abgeren nt, ver-
rennt haben:
do sprach einer, der mir s^s gunt,
ich nett ein eisen abgerant. fastn. 248, 30 ;
do kom einer, der mir vil guts gant,
und sprach 'sie hat ein eisen abgerant'. 702,31;
die auch ein eisen hat verrennt. H. Sachs I, 514*;
ob ich schon hab ein eisen abgrcndt. Atrer 437';
ein jungfraw, die uf der reise nach dem Venusberg ihren
mutwilligen röslein ein eisen abgerennt. facet. facetiar. 420;
darfst nit gedenken, dasz dein weih, dein tochter wider züch-
tiger zu haus komm, sie wirt gewislicb ein nagel, wo nit ein
ganz eisen an disem reien verrent haben. Petr. 28'; da von
einem jungfrawenmägdlin, das ein eisen abgeworfen hat und
einem andern vertrawet ward, der sie für eine jungfrauw
nam, die rede war. Lctoers tischr. 313'; item, weil man
damals niemand inn (= in den) orden stiesz, schmisz und
risz, als etwann gestampfte frawen und jungfrawen, die etlich
eisen abgeworfen hatten. Garg. 272'; 'eisen abwerfen'. 166*
unter den spielen n* 22t angeführt; dieses aber war ein ge-
wisses zeichen, dasz sie ein eisen oder etliche verloren halte.
Philand. 1,392; in ihrem dorf halte man diejenige für ein
hur, welche noch in ihrem ledigen stand ein eisen abgetre-
ten. AnEiE 3, 123.
NocA öfter begegnen andere von den hufeisen und der spur,
die sie eindrücken, entnommene redeweisen. einem in die
eisen sehen heiszt bei Stieler 372 proximis vestigiis ur-
gere, d. i. alle seine Iritte und schrille belauschen, die fusz-
spur des reiters verfolgen: man lugt dir zu fast auf die eisen.
Keisersberg Spinnerin e3'; man sieht im auf die eisen, has
im Pfeffer Ee 6' ; lugten einander uf die eisen, seh. und ernst
1550 cap. 16 : wann ein vater ein frommes kind wil ziehen,
sol er im alzeit auf die eisen sehen und die freie luft kei-
neswegs verstatten. Bctschkt kanzl. 353. Keisersberg sagt
auch omeisz 23*: das ist der eng weg, da ein mensch im
selber uf die isen luget was er thü {auf sich selber acht hat);
und nochmals 23*: was seind die füsz der seien dan die be-
gird? die soltu strafen und dir selber uf die isin lugen,
nic/i/ anders einem i n den eisen liegen, sein, sitzen:
Nero käme dahin, das er sein mutter beschlief und zu letst
tödten liesz, als die im in eisen lag und seinen willen auf-
hielt {hemmte). Frank deutsche chronik 21*; drumb setzete ihm
der könig durch Nürnberg und Schwaben nach, lag ihm im-
mer in den eisen {folgte ihm auf dem fusz nach). Micrälics
5,295; alleine der feind lag uns tag und nacht in eisen.
LoHENST. Arm. 1, 475; ich versteckte aber zweierlei starke
hinterhalte, davon einer bei erfolgendem ausfall alsbald in
die Stadt drang, der ander den fluchtigen in eisen lag (nach-
setzte). 1,485;
vor allen aber musz der Teuische sich recht weisen,
die feinde sind ihm jetzt fast t.-iglich in den eisen.
Cbrist. GRTPHiuspoef. wäld. 2. 364;
sind aber den Croaten immer in den eisen. Bommel 8, 453 ;
wenn die Athenienser sich zurückzogen, so saszen sie ihnen
in den eisen {verfolgten sie) und schoszen mit wurfspieszen
unter sie. Hermanns Thucyd. 274 ; weil sie dem feinde, so-
bald er wich, in den eisen saszen. 502; die feinde, welche
ihnen in den eisen saszen, machten ihnen den Übergang
vollends schwer. 1022. gleicKviel ist gehen, stehen, tra-
ben in die eisen: er ist mir stets als der ärgste feind
in die eisen gangen, pers. baumg, 1, 6 ;
er wird mit seinem beer mir in die eisen gehn.
Chr. GRTPHiLspöef. icaW. 1,128;
du aber wollest ihm mit seinem eignen säbel
recht in die eisen gehn. 2, 198;
so gehts, wer allzu viel wil haben
thut ihm selber in die eisen traben (stellt sich selbst nach*)
Wai-dis Esop 3, 72 6/. 171* ;
da nun die papislen , , , leicht zu erachten betten, das dieser
kriegsmann (Vogelsberg) ihnen sehr in die eisen traben (hinter
ihnen her sein) wurde. Sastrowes herkommen 2, 169 ; dem
feind auf die eisen nachsetzen. Wallersteiss briefe s. 68
(a. 1627).
f) fessel, kette: sie zwungen seine füsze im stock, sein
leib muste in eisen ligen. ps. 105, 18 ; die da sitzen musten
im finsternis, gefangen im z,wang und eisen. 107, 10 ; in block
und eisen; in eisen legen und schlagen; wollen wir ihn in
die eisen slahen lassen. Wickram rollw. 29';
und leszt etwan den herrn fahen,
im thurn in die eisen schlahen,
bis das er im sein schuld bezal, H. Sachs III. 3, 71';
bis die schirganten den alten narrn
mit sich gführt haben in die eisen. iVTRKR446';
was man für schreiet leut und gsind
hie^umben auf der gassen lind,
das soll wir führen in die eisen. 447*;
Brune sprac 'ic bebbe liever in de risere (in den freien wald),
dan hier te ligghene int isere. fleinaert 3-170 ;
alsdan sollen die nachpauren den stock zuschlagen und davon
gehen, und so ihme gott verhelfen würde, das er aus dem
eisen kommen würde in die reiser, alsdan sollen die nach-
pauren weiter kein schuld haben, weisth. 2, 307 ; besser in
den reisern, dann in den eisern, kluge weise reden 1565, 299",
hier hat sich noch die alte form eisern ßr eisen bewahrt.
in die eisen stehen will sagen sich fesseln lassen: dasz er
entweder den sclaven zahlen oder in seine eisen stehen muste.
Heberers leben 2, 22*4, vgl. einstehen, eintreten ßr einen.
g) eisen bedeutet noch mancherlei aus eisen geschmiedetes
geräth, z. b. das eisen vor der thür, zum eintritt in den wagen,
das eisen an kleidern, stadtordnungen des 16 ;A. verboten den
frauen grosze eisen und Wülste unter dem rock zu tragen,
altes eisen heiszt unnützes, nicht weiter brauchbares geräth :
y^avi aiqifoi, alte Jungfer, die nun unter das alle eisen
gerechnet wird. fac. facet. 393; sich ins alte eisen geben.
PaiLA.>(D. lugd. 5, 323 ; und doch wollte ich lieber nicht allein
367
EISEN — EISENBAHNNETZ
diesen einen versikel, nicht allein den ganzen Marcus, niclrt
allein alle vier evangelisten, sondern gerade zu das ganze
neue lestament mit sammt der Offenbarung unter das alte
eisen werfen, als mir erlauben, einem einzigen orte darin so
mitzuspielen, als sie dem versikel des Marcus mitzuspielen
sich erdreistet. Lessing 10, 93.
j. aderlaszeisen, armeisen, brandeisen, brecheisen, brenn-
eisen, brummeisen, bügeleisen, erdeisen, feuereisen, fuszeisen,
grabeisen, guszeisen, halseisen, handeisen, hebeisen, hufcisen,
kemeisen, kräuseleisen, münzeisen, pflugeiscn, reibeisen, roh-
eisen, rohstabeisen, rftseisen, rosteisen, Schmiedeeisen, schrot-
ejsen, speereisen, stabeisen, thüreisen, webereisen.
EISEN, ferreus, sollte den buehstaben nach bedeuten von
eis, nicht von eisen, welches eisenen, mhd. tsenin, tsnin oder
eisern, goth. eisarneins, ahd. isarnin, mhd. Iserin forderte.
eisen ferreus gleicht also dem eislein, eischen für eisenlein,
eisenchen, der fehler ist aber uralt, denn schon Otfried
schreibt 1. 1, 70 :
zi nuzze grebit man ouh thär 6t inti kuphar,
joh, bi thia meina, isind steint,
unter welchen eisensteinen er sich sicher kein eis vorstellte,
sein metrum hätte ihm leicht gestattet SsninÄ zu setzen, was
in keiner hs. ist. die häußgen composila mit eisen scheinen
das unorganische adj. herbeizuführen, das sich bei Dasydo-
DiüS 72', Serranüs h5', Frisius 556*, Maaler 129' findet, welche
letztem doch eisin setzen. Luther schwankt zwischen eisen
und eisern, führt doch in der bibel dieses durch, nur ps.
107,16 findet sich eisene rigel, mit der Variante eiserne; so
ist nu ir ander bestes stücke der Spruch, welchen Ecolam-
pad rümet, er sei seine eisene maure. 3,358'; so ists ge-
wislich auch falsch, das dis seine eisene maure sei, denn
ich glaubs fast schwerlich, mich dünkt sie sei papiren, möchte
aber vieleicht eisene färb haben, daselbst,- drumb ist fürwar
dieser spruch der allersterkste grund und ein rechte eisene
maure. 482; diese steinherzen und eisene seelen. 8,63'; deren
etlich eisine ring durch das underlepfs haben hangen. Frane
weltb. 17'; grosze und köstliche gebew het ein zimmerman
gemachet und gar manchen eisnen und hülzern nagel ver-
schlagen, seh. u. ernst 1555 cap. 439 (1550 cap. 237 eisinen
und hülzenen) ; die eisene thür. buch der /tefte 273, 3 ; eisene
Stangen. 274, 1 ; ein eisen anbosz. kluge weise reden 29' ; und
nim ein eisenen pfannenstiel. Sedter 124; und Christus
zuschmeiszet sie mit seinem eisenen scepter. Mathesids 98*;
so er gefangen, mag er allein mit eisenen kolben getödtet
werden. Forer 201'; das viert thier hat grosz eisene zän.
Reiszser Jerus. 2, 73' ; eisne zän. 2, 83' ; man dient lieber in
güldenen als eisenen ketten. Lehmann 143;
in schweren eisnen banden. Rompler 14;
der abgerrättet hals musz cisne joch ertragen. 31 ;
ein eisens joch dir auf den hals zu legen. 89;
und schlieszt sie wie die hund
an eisne kälen an. 152;
die eisne zeit ist unter leuten, die göldnc zeit ist bei gerichten.
LocAU 3, 136, 100 ;
eisene kugel, eisenes herz. Spee <;. (u^endö. 297. 437 ; in einer
eisenen ruthen. Hl. später weicht dies eisen überall dem
eisern, s. auch eisenen.
EKSENABLAGEBUNG, f. eisenerzlager, abgelagertes eisen.
EISENACHSE, f.
dhauf rollte Hebe schnell die räder her,
schob sie des wagens eiscnachsen an. 06io» 166V
EISENADER, f vena ferri.
EiSE.NABBEIT, f. sowol das arbeilen als da* gearbeitete,
gefertigte.
EISENARTIG, ferrugincus.
EISENARZNEI, f potio ferro medicata.
EISENALTLÖSÜNG, f. solutio ferri.
EISENBAD, n. *so die fraw gebadet hat in alaunbad, eisen-
bad oder salzbad. Röszlins hebammenbüehlin bl. 20.
EISENBAHN, /. orbita ferrea, it. strada ferrala, franz. chemin
de fer, engl, railroad =» schienenbahn, schw. jcrnbana, jernväg,
ruii. feljeznaja dorüga, poln. kolöj fclazna, shv. icljezaica
u. f. v.
EISENRAHNABBEITER, m. unterm volk cUenbabner.
EISENBAHNKAHRT, f
EISKNMAIINGKSELLSCHAFT, f.
EISENBAHNHOF, m.
EISENBAHNNETZ, n. die wie fdden tint$ nelxes sich aui-
breilende Verbindung von eitenbahnen.
EISENBAHNWAGEN — EISENDOCKE 368
EISENBAHNWAGEN, m.
EISENBAHNZUG, m.
EISENBAND, n. vinculum ferreum:
und wie mit ciscnbanden bleibt die seele
ins innerste des busens dir geschmiedet. Götbk 9, 6.
EISENBÄNDIGER, m. domitor ferri, faber:
selbst Vulcan, der eisenbändger,
reicht uns seine gulierhand. Körmer 1, 114.
EISENBART, m. alcedo piscator, eisvogel. beruht wieder
auf Verwechselung von eis mit eisen.
EISENBAUER, n. cavea ferrea:
das cisenbaur, worin er lag,
wird aufbewahrt bis diesen tag. BGrgir 2&*.
EISENBAUM, m. 1) sideroxylon, ein hartholziger bäum.
2) hebeisen, vectis^ ferrea.
EISENBEEBE, f Crataegus torminalis.
EISENBEISZER, m. circulator, jactator, gaukler, prahler:
mhd. zu ßerne wire du ein isenbi;,
zu fliehen siH dir hie der fiij,
din schando wil sich meren.
Hagf.ms /tcldcnbuch 2, 352;
nhd. ich bin der eisenbeiszerkncchi.
MuRJiKR Schelmenzunft 9* {Schcible 832) ;
eiszenbeiszer thun, als wollen sie allen menschen in einem
streich die obren abschlagen. Wickram rollw. 51 ; man hat
sein hochmut gelegt, es hat ein leutfresser einen eisenbeiszer
gefressen. Frank sprichw. 1, 160'; die im eisenbeiszer Mars
verirret sind. Fischart groszm. 69; dieser spitzknecht, eisen-
beiszer oder lotterbuben gebrauch, art und sitten ist nichts
werth. Fronsperg 1, 111*; also haben auch die pflüge auf dem
feld und der arme baursman, gegen welchen, wie auch den
alten mütterlein, die im hanf und flachs gesessen, die eisen-
beiszer insonderheit ihre groszmütigkeit stattlich scheinen las-
sen, in seiner feldarbeit nicht sicher sein können. Reinhard
werth. ded. 1,243"; da lag der frefle eisenbeiszer, dtr so we-
nig darnach gefragt, wann es musquetenkugel hagelte, als
wann es linde Schneeflocken gerisselt hätte. Simpl. vogelnesl
2, 23 s. 471. s. eisen 1, c und eisenfresser.
EISENBERG, m. mons ferri, ferraria, eisengrube.
EISENBERGWERK, n. ferraria.
EISENBESCHLAG, m. firmamentum, legumentum ferreum.
EISENBLECH, n. lamina ferrea:
was sie an eiscnblech und waffen Iragen,
stürzt krachend auf den boden bald und bald.
Griks Bojardo 2,21.
EISENBLUME, f. flos ferri, weiszer tropfstein, der zuweilen
auf eisensteinen erscheint, auch cisenblüte, eisenbcschlag ge-
nannt.
EISENBLÜTE, f. das vorige.
EISENBOHBER, m.
EISENBAND, m. magnes : wie ihn (den magnct) auch etliche
von seiner eigenschaft siderium, und etliche Teutschen die
(so) cisenbrand nennen, das er das eisen an sich zeucht.
Matdesius 142*.
EISENBRAUN, die braune mahlcrfarbe.
EISENBRAUT, f. sponsa ferrea, ensis:
nun lasz das licbchen singen,
dasz hello funken springen!
der hochzcitinorgen graut.
hurrah, du oiseiibraut! Körnkr 1, HO.
EISENBBECHE, f osmunda lunaria, mondraute, ein stark
zusammenziehendes wundkraut.
EISENBRECHEND, gebildet wie halsbrechend: nach rechter
kriegsart soll man den feind nimmer in die euszerst, eisen-
brechend nolh setzen und in verzwcifclung bringen. Garg.
254', denn noth bricht eisen.
EISENBRUCH, m. ferri fodina, eisengrube.
EISENBRUCH, f braccae ferreae, mfid. Isenbruoch:
des was der held sA gar bnhiiot
mit seiner eisenpruoco vil guol,
dag man ira nicui enmocht getuon. ring 63', 37.
EISENDECKE, f.
ihn img Rajard auf seiner oisendork««,
60 ichrecklich war noch nie oiii riitcritmann.
Gm» B<^ariio 1,11,27.
EISENDOCKE, f verbena? nb darunter docke pupa zu ver-
ttehrn ist, ahd. hcisit die verbena einfacher Isama, lüanlna
(Grafk 1, 49t), DiBFENBAcn 615' kol vertipedium iscadeckc und
eiterdock.
369
EISENDRAIIT— EISENFRESSER
I
EISENDRAHT, m. filum ferreum, bei Diefenbacb 544* eisen-
drat spacus. spatusf scKusterdraht.
EISENDKAHTZIEHER, m.
EISENDKECHSLER, m. in Eupen bei Achen ganz geläufig.
EISENDRÜDEL? auch so weisen wir zu recht, das niemand
kein eisendrudel oder aichen reifstangen in der allment hawen
soi. iceisth. 1, 453.
EISENDRUSE, f. was eisdruse, kristalliscli anschieszendes
eiseneri, finn. hölmä, ferrum rudum noiidum casum, malrüc ferri.
EISENEN, ferreus, die organische, dem ahd. isanin, mhd.
iseuin entsprechende form: welches menschen prust mag so
eisenen gesein, welches herz so steinen? Albr. von £tbs 43'.
vgl. eisenin. k •
EISENERDE, f. terra ferri parliculis viixla. Kant 9, 32.
EISENERZ, n. ferri slricturae, rudtis.
EISENERZEUGUNG, f. geuinnung des eisens aus den eisen-
erzen oder eisensteinen durch schmelzen.
EISENFARBE, f. ferrugo, color ferrugineus. bergmännisch
heiszt auch so eine feite, lockerige, schwarz glimmernde masse.
EISENFÄRBIG, ferrugineus, hellgrau.
EISENFAUST, f pugnus ferreus: er sah darin (in der leiche
vor ihm) eine eisenfaust dunkel glühen, die nach unserm
herzen greift. J. P. Tit. 1, 1S8.
EISENFEIL, n. EISENFEILE, f. scobs ferri dclimala.
EISENFEILIG, n. dasselbe. Kant 2, 222. besser eisenfei-
licht, früher auch eisenfigelüt : ob es aber wer von eisen-
ligelot, so sperr das aug etwas auf und heb darfur ain mag-
netenstain, der zeuhet das an sich. Bbau.nscuweig cAtrur^ia4S.
EISENFEILSPÄNE, pl. dasselbe.
EISENFEILÜNG, /■. dasselbe. Thübneisser »najn. a/cA. 2,188.
EISENFEST, perdurus: eine eisenfeste tugend. Rabeneb
1, ls9; eisenfeste natur. Fb. Müller 3,372;
hescbleicbt micb die entsetzliche Versuchung,
die mir das haar aufsu-äubt, mir in der brüst
das eisenfeste männerberz erschüttert? Schiller 559*.
auch fest durch Zauberei, unverwundbar, und verstärkt stahl-
eisenfest : eidlich ausgesaget, dasz Lisemo stahleisenfest wäre.
Salinde 106.
EISENFESTIGKEIT, f.
du {flehte) sollst den bochbetagteD eichen
an eisenfestigkeit auf keine weise weichen.
Railers umarb. von Logau 2, 631.
EISENFLANDACH, n. squama ferri. Diefenbach 549*, fun-
kelnde eisenschuppe, vgl. Plinius 34, 15, 46. Hemsch 1126, 12
hat fianden, geneist die von glüenden eisen springen, 1126, 65
aber Dawdach, fischschup, squama.
EISENFLECKE, m. macula ferri : er kundschaftete auch in
ihrem herzen einen fatalen eisenfleckeu oder eine pocken-
schramme und warze aus. J. P. Siebenk. 3, 15 ; dasz sie mit
allen eisen- und rostflecken ihrer prasis nachher ihre maske
der irreligiösen theorie beklexen konnten, jubeis. 125. nacii
Stieler 497 auch duritia ligni und nubes maculosa.
EISENFLECKIG.
EISENFLETZ, w. pavimenlum ferreum, eisenlagerstdtle : der
stamm Äser habe eisenfletz und kupferstöck gehabt. Matbesics 3*.
EISENFLUSZ, m. was eisenblume ; auch der flusz des schmel-
zenden eisens.
EISENFRESSER, m. was eisenbeiszer : da stehet der Spruch,
wer nu ein eisenfresser ist, der beisze im eine scharten.
LcTHEE 3, 74; das den zornigen, trotzigen, stolzen eisen-
fressern die zeen so stumpf sollen werden. 324'; als seien
sie damit die rechten eisenfresser. 329'; solche mechtige
eisenfresser und hellenbrecher. 490 ; wolt es doch dem bösen
eisenfresser bapst Julius nicht gelingen. 4,433'; die unver-
zageicn beiden und mannhaftigen eisenfresser, die jetzt don-
nern und wettern, so dazumal nichts denn ah und awe sin-
gen kundten. 5,47*; die groszen eisenfresser und scharrhan-
sen zu hofe. 411*; das es kriegen die eisenfresser, den es
nie gedacht ist. 413'; »il er aber gar ein eisenfresser sein,
als die giganten berg auf einander tragen und gott den him-
mel stünnen wollten. Kirchhof tcendu«m. 32*; Silvie erschrack
und meinte es wäre ein eisenfresser, der ihren liebsten auf
ein paar kugeln ins freie feld hinaus fodern wolte. Weise
*/. leute 14; hatte Florindo das glück, dasz er im dritten
gange dem unbekanten eisenfresser eines in den arm ver-
setzte, erzn. 28 ; solch sein cortell trug Solande an die zehen
eisenfresser mündlich vor. pol. tlockf. 246 ; eingebildeter eisen-
fresser. Felsenb. 1, 31 ;
111.
EISENFRESSERISCII — EISENHAMMER 370
mir verrückt der eisenfresser
Mars den vorsatr. TscB«H.M!tG /rüAWnj 199;
du Türkenwürger, komme mir,
machst du mein feines tuch zu niebte?
noch flieszt der wein, noch werd ich nasz,
gevatier hilf und wirf das glas
dem eisenfresser ins gesiebte. HiCKDORs 3, 124;
so ein bramarbas und eisenfresser,
will einnebmea alle feste schlösser. Schiller 325';
das ist ein grobian, ein wahrer eisenfresser! Körner 3,173;
da scheitert meine kunst. ein rechter eisenfresser.' 3,337.
. EISENFRESSERISCH, prahlerisch.
EISENFREUDE, f. ensis, vgl. eisenbraut:
was klin'st du in der scheide,
du helle eiseofreude,
so wild, so schlachienfroh!
mein schweri, was klirrst du so? Körper 1,109.
EISENFRISCHEN, n. bergmännisch, das frischen des eisens.
EISENFRISCHSCHLACKE, f., sclilacke die beim frischen
des eisens entsteht.
EISENFUNKE, ni. scintilla ferri, beim schmieden des eisens
sprühender funke.
EISENGANG, »«. vena ferri.
EISENGANS, f roheisetiblock, der gefrischt werden soll.
EISENGART, m. alcedo, eisenbart. s. Frisch 1, 223*.
EISENGEHALT, »7i. bonitas fem.
EISENGELÄNDER, n. lorica ferrea: treppe mit eisenge-
iänder.
EISETfGERATH, n. vasa ferrea.
EISENGERÄTHSCHAFT, f dasselbe.
EISENGERIPPE, n. compages ferrea: lauben, um deren
eisengerippe sich weiche zweige fein sanftes haar um haar-
nadeln wickelten. J. P. Uesp. 1, 65.
EISE?^GESCHIRR, n. eisengeräth. Stieler 1769.
EISENGESCHMACK, m. sapor ferrugineus.
EISENGIESZER, m. fusor ferri. EJSENGIESZEREI, f.
EISENGILBE, /. ochra ferri flava.
EISENGITTER, n. elalhri ferrei, im voc. theut. 1482 f7'
gerra (gerrae sind crates vimineae):
kein eisengitter schützt vor ihrer list. Schiller 406';
gefangner mann ein armer mann,
durchs schwarze eisengitter
starr ich den fernen himmel an. Scbcbart 2, 55.
EISENGLANZ, m. mica ferrea:
bein fackeln und laiernen
ein roit, gewafnet ganz,
* von Waffen gab von fernen
gar breiten eisenglanz. Spbe 44 (42).
EISENGLAS, n. ferri strictura vitrea, glasartig sprödes
eisenerz.
EISENGLEICH, ferro similis:
des winters harte faust mit eisengleicbem eis
gewafnet. Wkckherli.n 788.
EISENGLIMMER, m, was eisenglanz, eisenmann.
EISENGRÄBER, m. fossoV ferri.
EISENGRAÜ, ferrugineus, eisenfarbig, mhd. Isengrd. vgl.
eisgrau.
EISENGRAUPE, f. metallum calciforme, «olfram, kömiger
thoneisenstein, eisenkem kemeisen.
EISENGREIN, mhd. Isengrin, name des wolfs in der thier-
fabel, ahd. Isangrim ein häufiger mannsname (Förstemans
1, 807), mhd. ein bauemamc. Diut. 2, 89. fastn. sp. 39S, 18.
also magstu die red varieren, wann du will sagen, eini stehe
ein ding übel an, 'wol hüpft der alt narr', 'Eisengrein, veraet
(versette, verlier) kein zani' Frank sprichw. 2,47*.
EISENGRUBE, f ferrifodina.
EISENGLLTE, /". ewige abgäbe. Sch«. 1, 120.
EISENGUSZ, m. fusio ferri und vasa fusa.
EISENGUSZWAARE, f. vasa ferri fusa.
EISENHAKE, »7i. uncus, uncinus ferreus, nach dem voc.
theut. 1482 gl' ferrum in modum falcis curvatum.
EISENHALTE, f. vinculum ferreum, ahd. isanbalta (Gbaff
4, 906). im voc. Üteut. 14S2 gl* eisenhalt oder poi (boie
2, 229), pedona oder halseisen.
EISENUALTER, m. brandes, et dicitur faber qui tenet ferrum.
vuc. theut. 1482 g2*. Diefenbach 80*, wo für brandes vermutet
wird brontes, eyclop.
EISENHALTIG, f ferri particulas continens.
EISENHAMMER, m. l)malleus ferreus. 2) offiana ferraria :
schon Ml der ihür sollst du den busen hören,
der wie ein eisenhammer pocht (rj//. poclihammer).
Goii.-<(.K liedcr zvieier liebenden ». 6 ;
24
371 EISENHAMMERSCHLAG — EISENKLETTE
EISENKLOBE — EISENPINNCIIEN
372
der herr, der spricht zu Fridolin:
'must gleich zum eisenhamiuer hin." Schillbr 6S';
'unglücklicher, wo kommst du her!'
'Tom eisenhammer'. 'nimmermehr!' 69".
s. hammer.
EISENHAMMERSCHLAG, m. ramenta fcrri.
EISENHAND, f. manus ferrea, ferro armala.
EISENHANDEL, tn. mercatura ferraria.
EISENHÄNDLER, m. ferrarius.
EISENHART, ferreae duritiae: ein eisenhartes herz, eisen-
harter mann.
EISENHART, m. eisenschüssiger goldsand.
EISENHART, f. verbena, eisenkraut. Lonicerüs kreulerbuch
167*. verbena mas communis. Schwenkfeld stirp. Sil. 216.
EISENHÄRTE, f. ferrea durilies.
EISENHÄRTER, m. temperator armorum. Maaler 128'.
EISENHELM, m. 1) galea ferrea. 2) ein holzstiel in den
eisernen merkzeugen der bergleule. s. axthelm.
EISENHELMGELD, n., von den bergknappen dem sleiger
XU entrichten.
EISENHERZ, n. 1) cor ferreum. Stieler 830. 2) verbena.
EISENHOLZ, n. sideroxylon.
EISENHORT, entstellt aus eisenhart, verbena.
EISENHOSE, f. was eisenbruch f.
EISENHLT, m. 1) pileus ferreus, galea, mhd. Jsenhuot:
vünde ich veile ein isenhuot,
der Tür liegen wxre guot,
und einen schilt vür schelten,
die wolt ich tiure gelten.
Frbidank 170, 14, vgl. Haupt 5, 405.
nhd. setzt auf euren stehlein eisenhut. fastn. 196, 15.
die eisenhüte haben sie an den füszen, das schwort auf dem
köpf, Schild und krebs hangen auf dem rücken. Luther 1, 262';
gleiszen wie ein eisenhut. Frey garteng. 36; reim dich eisen-
hut! Garg. 6. 2) aconitum, sonst auch Sturmhut, narren-
kappe, von gestalt der blume. s. das folgende.
EISENHÜTLEIN, n. aconitum napellus: blaw eisenhütlin
mannlin bat den namen von der gestalt, dieweil die bhimen,
wann sie offen seind, ganz und gar sehen wie ein eisenhut
oder Sturmhaube. Lonicerüs 181*. vom aconitum napellus unter-
scheidet sich aconitum cammarum, blaw eisenhütlin weiblin.
EISENHÜTTE, f. officina ferraria:
und eilt in des gewissens ruh
den eisenhütten heiter zu. Schiller 68'.
EISENHCTTENVVESEN, n.
EISENEIN, ferreus, mhd. isenln: wann der herr hat euch
genommen und hat euch ausgefürt von dem eisnin ofen Egipt
{vulg. vos autem tulit dominus et eduxit de fornace ferrea
Aegypli). hiios. 4,20 bibel von 1483. 86';
des eisenin feinds thürn. Weckubrlin 629.
EISENJOCH, n. jugum ferreum:
auch ich habe dir gehuldigt
und dein eiseojoch geküst. RiUFSBisin geä.
EISENKALK, tn.
EISENKAMMER, f. promptuarium ferrarium.
EISENKASTE, m. arca ferrea.
EISENKERN, m. nucleus seu ßos ferri: dazu hat er mtts-
sen eisenkem oder kernstahel haben. Mathesius 80*. 5. kern-
eisen.
EISENKETTE, f. catena ferrea:
die eisenkett entklirrte mir
an meiner ruderbank. Holtt.
EISENREULE, f. clava ferrea:
ein mächtig schrein erhebt der feind nunmehr
und eilt aur den Kinaltio loszuhrechen
mit seiner cisenkeul, und irili ihn quer.
indem er ihm den scbild am .-irrii zerschmettert.
Grks üojardo 2, 2, 23.
EISENKIES, m. glaria ferruginea, eisenhaltiger kies.
EISENKIESEL, m.
EISENKISTE, f. arca ferrea:
der eisenkisten hab ich mehr. Göthk 41, 216.
EISENKITT, tn. gluten ferri.
EISENKLAMMER, f. ansa ferrea:
gleichwie der leim und einenklammer
zwei holier hart zwingt an cinaniier. Kiacnnor »efuttinm. 46*.
EISENKLETTE, f. verbena, ahd. I^anchleta.
EISENKLORE, m. relinaculum ferreum, decipula ferrea:
allein indes er diesen ah{;clban,
trift ihm Argest mit seinem eisenklohen
das hiuierhaupt. Ghies Bujardo t, 1, 78;
bald manr ich mich am eisenkloben. Kimds gedickte.
EISENKLOSZ, m. rasenslein, ortstein, leseslein.
EISENKLOTZ, m. clava ferrea. Gries Bojardo 2,7,57.
EISENKNECHT, wi. schmales eisenstück auf dem ambosz zum
ausschmieden der kupfeibleche. auch der eiserne knecht ge-
nannt, bei Frisch l, 223' ist eisenknecht der immer in der
badslube bleibende knecht.
KISENKOPF, m. caput durum, ferreum.
EISENKÖPFIG, hebes:
ich will mit eisenköpTgcn nnrrn rcrliandcln,
I will converse with ironwiited fouls.
hing lUchard IIF. act IV. sc. 2.
EISENKRAFT, f.
Frankreichs stolze adler sahst du ziliern,
sahst des wüihrichs elsenkrari zersplittern,
die sich frech die halbe weit bezwang.
KöHMER teier u. schwert 7.
EISENKRAM, m. tetiuis mercatura ferraria: Paulus bei der
purpurkremerin in ihrem seiden und eisenkram einkeret.
Mathesiüs 5*. aller eisenkram. Stielbr 1027.
EISENKRÄMER, m.
EISENKRANK, nnl. ijzerziek, von schiffen. Bobrik 260.
EISENKRAUT, verbena, Mecenberg 424, 3. vgl. eisendocke,
eisenhart, eisenhut, eisenklette. ahd. isarna, isaiiina, gr.
aiSr^nlris und leQoßoTnvij, lat. hcrba pura, auch ferraria.
EISENKUCHEN, m. placentula inier ferra calida cocta.
EISENKUR, f curatio ope fcrri: der heutige beifull war
eine eisen- und stahlkur für seinen muth gewesen. J. P. uns.
löge 3, 16 ; der krieg ist die stärkende eisenkur der mensch-
hcit. friedenspr. 44.
EISENLAST, f. onus ferreum, catena:
du aber schnellst mit wulbcnaminien bänden
die dicht geringic eisenlast entzwei. Scut;BART.
EISENLETTE, m. argilla ferrea, eisenhaltiger leite.
EISENMAL, n. macula ferri: eisenmal oder eisenschüssig
art ist gilblicht und rötlicht. Mathesiüs 99'. rostßeck im
linnen. Frisch 1, 223'.
EISENMALIG, EISENMALICIIT, maculosus ferro: denn es
sollte ein reinlich käste sein für leinen geräthe drein zu
legen, da nicht eisen durchgeschlagen das geräthe eisenmalicht
machte. Luthers br. 5, 162.
EISENMANGEL, m. ferri egestas.
EISENMANN, m. 1) venditor ferri. voc. theut. 1482 g2'.
2) lapis minerae ferri similis, schwarzer und rother eisen-
glimmer: wann aber der goltschlich eisenman hell oder kiesig
wer, so müst der ersllich in allweg geröstet werden. Lazarus
Erker beschr. aller mineralischen erzt. Frankf. 1580. 49*. vgl.
unter mann dei- rolhe mann.
EISENMARMOR, m. basaltes.
EISENMASSE, f massa ferri.
EISENMÄSZIG, ferreus:
ein eisenmäszigs jocli
an dem wir uns beniiihen,
das kreuzholz rorizuziuheii,
den ungehauiea bloch. HaaPLBn 141.
EISENMAUER, f murus ferreus, ahaieus.
EISENMEISTER, m. kerkermeister der im eisen sittenden.
SCHM. 1,120.
EISENMENGER, m. eisenmischer. ein bekannter eigenname.
EISEN.MOLKE, f. serum ferreum? übrigens härtet der krieg
nicht viel stärker aus als der friede, denn dieser gibt dem
landmann, secmann, handwerksniann eisenmolken länger tu
trinken, als die kurzen mit schwelgereien unterbrochnen stra-
patzen einiger kriegsjahre dem Soldaten. J. P. dämm. 60. vgl.
eisensäufer.
EISENMOCKE, /■. Culex ferreus, fliegende, verwundende ikwirl :
er sah dise eisenmucken für rosbrämcn an. Garg, 233*.
EISENNUSZ, f. blutstein.
EISENOCHER, m. ferrum ochraceum.
EISENOFEN, m. fornax ferraria. kinderm. n* «7.
EISENPFORTE, f. eisenthor, eisenthür:
und dieser labyriiiih soll ein gebeimnis mir
vernchlie.izen t' Kuine uinoiiprorie loll
sich nur dem köuig öflicn I WiiLAHt) W. M.
EISENPINNCIIEN, n. diminutiv des fulgtniten: ein hirt mit
»einen schuhen, die mit ciscnpinnirben luni /.wecklein auf
türkischer weise beschlagen waren. Matukmus iii". hJ. plinn-
cben, pliniilcin.
373
EISENPINxXE — EISENSINTER
EISENSPALTEREI — EISENZUNGE
374
EISENPINNE, f. clavus ferreus, eisenpfiock, hd. pfinne.
Stieler 1426.
EISEN PLATTE, f. lamina ferrea.
EISENPHOBE, f. Judicium fern candentis. RA. 913.
EISENRAHM. m. ferrum ochraceum inquinans. s. eiserrahm.
EISENRAHMIG, wie eisenmalig, vgl. mhd. harnaschrdmic.
EISENREICH, ferax ferri.
EISENREICHTHUM, m.
EISENRIEGEL, m. pessulus ferreus.
EISENRING, m. annulus ferreus :
helmstücke, schiide, panzer, eisenringe
nahm jedes schwert mit jedem schlag der hand.
Gbies Bojardo 2, 25, 5.
EISENROST, m. ferrugo. mhd. rost.
EISENRGST, m. crates ferrea. mhd. röst.
EISENSALZ, n. eisenvitriol.
EISENSAND, m. arena ferrea.
EISENSAÜ, /. kupferhaltiges eisenstück, das man beim
schmelzen nicht verschlacken läszt, sondern scheidet : wie man
auch die kupferigen eisenseu, die im schmelzen werden und
oftmals Silber halten, scheiden kann. Liz. Erker 29'. man
gebraucht auch die Verkleinerung eisensäule, eisensäulein n.
EISENSÄUFER, m., ein kranker, der eisen- oder stahltinciur
trinkt : über mangel an eisenfressern und überflusz an eisen-
säufern. J. P. anhang zu Tit. 2, 6.
EISENSCHÄDEL, m. was eisenkopf.
EISENSCHAUFEL, f. bacillum, pala ferrea. Diefbnbach 65".
EISENSCHEIßE, /. ein Werkzeug der markscheider.
EISENSCHICHT, f. slrictura ferri.
EISENSCHIMMEL, m. equus colore ferreo, wenn das pferd
mehr schwarz als weisz ist.
EISENSCHLACKE, f. scoria ferri.
EISENSCHLAG, m. ramenta ferri, sonst hammerschlag.
auch heiszt so ein eisenschüssiger Jaspis.
EISENSCHLICH, m. vena ferri occulta, tgl. goldschlicb.
EISENSCHMELZE, f. was eisenhütte.
EISENSCHMELZHÜTTE, f.
EISENSCHMID, m. faber ferrarius, in den alten vocab.
mulciber.
EISENSCHMIEDE, f. ofßcina ferraria.
EISENSCHMIEDEKUNST, /.
EISENSCHMILG, m. ferrugo, eisenrosl. Thürheisser magn.
akh. 2, 129.
EISENSCHNABEL, m. J. P. Levana 1, 167,
EISENSCHNEIDER, m. in der münze. Frisch 1, 223'.
EISENSCHRANKE, f. cancelli ferrei: die hohen eisenschran-
ken der nothwendigkeit. J. P. Tit. 4, 192.
EISENSCHRÖTER, m. malleus ferrum secans. in den vocab.
lametator von lamina, lameila und dann lamentator, plorator,
nach seltsamer Verwechselung. Diefesbach 316'. voe. theul. USi
gl*- q5'.
EISENSCHÜSSIG, mit eisenoxyd durchdrungen: eisenschüs-
sig wasser. Mathesics 78*; alle gilbichte, braune und eisen-
schüssige, durchwitterte bergarten, oder die in den gebirgen
von dem kalten witterungsfeuer durchbrant sind, die halten
zum tbeil silber, zum theil keins. Laz. Erker 4*; und sind
fast alle brünlein durch das ganz Frickthal bis gen Seckingen
eisenschüssig. Thcrseisser von wassern s. 194; eisenschüssig
kupfererz. Schwenkfeld stirp. Silesiae 378.
EISENSCHUSZ, m. dis wasser fürt in sich eisenschusz
und etwas cobalts. Thcbneisser von wassern 195.
EISE.NSCHWANGER, eisenreich, eisenerzeugend:
7U wandern in dies eisenschwangre land. SiOLBKaG 15, 19.
EISENSCHWÄRZE, f. was eisenmal, eisenrahm, atramentum
ferrarium.
EISENSCHWEIF, m. was eisenglimmer. ebenso bleischweif.
mhd. grüener sweif. feldbauer 39. 381. eisenschweiflg. Frisch
1, 223'.
EISE.NSCHWEIN, n. hystrix, Stachelschwein, nnl. ijzerverken.
EISENSCHWENDEL, m. meister !sen'swendel. MSB. 3, 312".
EISENSCHWER, gravis ut ferrum.
EISENSCHWERE, f. grave pondus:
und unter eines joches eisenschwere
bog er vereinend ihren siarren sinn. Schiller 489'.
EISENSCHWUNG, m. vibratio ensis:
wer sich zuerst erkühnt zum eisenschwunge,
ob Karl der greis, oh Agramant der junge.
Grus Ar. Rot. 39, 8.
EISENSLNTER, m. tophut ferreus.
EISENSPALTEREI, /. bei Neustadt-Eberswalde.
EISENSPÄJVE, was eisenfeilspäne.
EISENSPAT, m. ferrum spathosum.
EISENSPIEGEL, m. eine art eisenstein.
EISENSPITZE, f. aculeus ferreus.
EISENSPITZIG: eisenspitzige hörjier.
EISENSTAB, m. bacillum ferreum, vgl. stabeisen :
dann rast er um sich mit des raubthiers angst.
das an des gitters eisenstäbe schlägt. Schiller 539';
er war mit einem eisenstab versehn,
sein ganzer leib mit feinem stahl umschlossen.
GaiEs Bojardo 1, 13,3;
den kirchenhügel glitten,
gelenkt vom eisenstab,
in zephyrleichten schütten
wir pfeilgeschwind hinab. Mattbissos 23.
EISENSTEIN, m. minera ferri lapidea, eisenhaltiges geslein.
ahd. Isin^r stein, pl. isinfe steinä in der oben angeführten
stelle Otfrieds.
EISENSTEINGANG, m.
EISENSTEINGRUBE, f. melallum ferrarium.
EISENSTEINIG.
EISENSTEINMESSER, m.
EISENSTEINZECHE, f., zeche wo eisenstein gebrochen wird.
EISENSTÜCK, n. frustum ferri.
EISENSTUFE, f. frustum lapidis ferrei. Frisch 1, 223' :
da ritt in seines zornes wut
der graf ins nahe holz,
wo ihm in hoher öTen glut
die eisenstufe schmolz. Schiller 68'.
EISENSÜMPF, m. palus ferruginea, gebirgssumpf mit eisen-
schüssigem wasser.
EISENTE, f. anas glacialis, eine taucherart.
EISENTHEILCHEN, n. particula ferri.
EISENTHON, m. argilla ferruginea.
EISENTHOR, n. porla ferrea:
die schwarze Zwietracht hatte kaum
des krieges eisenthore aufgesprengt.
WiELA."<D sat. des Horaz 1, 129.
EISENTHÜR, f. fores ferreae:
ihn däucht er hör im schlosz die schweren Schlüssel drehn,
die eisenthür geht auf.
EISENTHURM, m. turris ferrea:
allein der eisenthurm, worin er sie verschlossen,
wehrt mir den Zugang, ihr die flucht. Oberen 5, 41.
EISENTINCTÜR, f. tinctura Martis.
EISENTON, m. sonus gravis ferri.
EISENTRUHE, f. arca ferrea:
das ich in altverfallenen ruinen
verborgen hielt in einer eisentruhe. Platen 172*.
EISENVERKÄUFER, m. ferrarius. voc. theut. 1482 f7'.
EISENTITRIOL, m. vitriolum Martis.
EISENWAARE, f. ferramenta.
EISENWASSER, n. aqWa ferrala.
EISENWEIN, m. firüher war der streit mit den eitern,
gleichsam diese poetische härte für Lianen« nerven noch
eisenwein gewesen, die nachher im weichen wasser der ent-
sagung, herbstruhe und andacht schmolzen. J. P. Tit. 4, 20.
EISENWERK, n. l) ferramenta: Zilla gebar den Thubal-
kain, den meister in allerlei erz und eisenwerk. 1 Mos. 4, 22 ;
Dan und Jauan und Mebusal haben auch auf deine merkte
bracht eisenwerk. Ez- 27, 19 ; die esse prüfet das gelötet eisen-
werk, also prüfet der wein der freveln herzen, wenn sie trun-
ken sind. Sir. 31, 31 ;
quereisen, riegel, schrank, verspcrrung, eisenwerk.
Weckherlin 245;
meine groszmutter hatte ein märchen vom magnetenberg, die
schifife, die zu nahe kamen, wurden auf einmal alles eisen-
werk» beraubt, die nägel flogen dem berge zu. Göthb 16, 59.
2) ofßcina ferraria, was eisenhammer: er hatte diesen ort
gekauft, um in der gegend bedeutende eisenwerke einzurich-
ten. GGtrb 25, 331.
EISENWÜRZ, f. eentaurea scabiosa. in der Ostmark und in
Kärnten kommen landstriche unter dem namen Eisenwurz vor.
archiv ßr öslerr. geschichtsquellen. 1848 hefl 4. s. 87. 91.
EISENWURZEL, f dasselbe kraut.
EISENZACKE, f. dens furcae ferreus.
EISENZEUG, fl. ferramenta.
EISENZüNGE, f.
nur eisenzung und nur bombardenstimme
vermöchte kund zu ihua, was hier gejcbehn.
Gmis Bojardo 2, 24, 10.
24*
375
EISENZWINGE ~ EISERN
EISERN — EISERRAHM
376
EISENZWIiNGE, f. relinactdum ferreum, eisenring um einen
Stab.
EISER, n. ferntm. mhd. gall neben tsen, gen. Isens, auch
die form her, gen. 5sers {tiihd. u'b. 1, 757), entsprungen aus
ahd. tsarn, Isern, gen. Isarnes, tsernes, durch Unterdrückung
des n. gerade so gilt nnl. ijzer. nhd. hat sich xwar dieses
eiser verloren, liegt jedoch sum gründe dem adj. eisern, so
wie einzelnen Zusammensetzungen.
EISERAPFEL, m. pomum duracinum. Stieler 1878.
EISERICH, f7i. verbena: des eisenkrauts oder eiserichs
haben wir zwei unterschiedliche geschlecbt. Tabernaeiont. 380.
EISERN, ferreus, nicht zu fassen wie beinern, steinern,
bolzern, vielmehr wie silbern, ledern von silber, leder, folg-
lich herzuleiten von dem eben besprochnen eiser. mhd. lautet
es Iserin oder schon Isern, nnl. ijzeren. allmälich verdrängte
dies von älteren Schriftstellern fast nur unfleclierl gebrauchte
eisern die folgerecht aus dem subst. eisen flieszende form
eisenein, eisnen, eisenen, wie das gekürzte eisin, eisen, anders
ausgedrückt, wir bilden unser heutiges adj. nicht aus dem gel-
lenden subst. eisen, sondern aus dem veralteten eiser. goth.
entsprang aus dem vollen eisarn, ahd. aus Isarn das adj.
eisarneins, tsarnln. Keisersberc und andere ältere schrift-
'steller halten iserin, eiserin, iseren, eiseren fest, bald aber
schwand der letzte vocal.
Bedeutungen.
1) im eigentlichen sinn: denn allein der könig Og zu Basan
war noch übrig von den risen, sein eisern bette ist alhie zu
Rabbath der kinder Ammon, neun eilen lang und vier eilen
breit 5 Mos. 3, 11 ; euch aber hat der herr angenomen und
aus dem eisern ofen, nemlich aus Egypten gefüret. 4, 20 ;
und wird ein eisern joch auf deinen hals legen. 28,48; du
hast das hülzene joch zubrechen, so mache nu ein eisern
joch an jenes stat. Jer. 28, 13; sompt dem ehrnen und eisern
gerete. Jos. 6, 19. 24 ; wenn du die Cananiter vertreibst, die
eisern wagen haben und mechtig sind. 17, 18 ; aber das volk
drinnen füret er eraus und leget sie unter eisern segen und
zacken und eisern keile. 2 Sam. 12,31; und Wte im eisern
horner gemacht. 1 kön. 22, 11 ; kamen zu der eisern thür.
aposlelg. 12, 10 ; und er wird sie regieren mit der eisern
ruten. offenb. 19,15; in eine feste bürg mit eitel eisern mauren
befestigeL Luthers schrißen 3, 360 ; ich hab noch ein iserin
färb. Keisersb. //i/i/. 36' ; ein brinnender, glüender iseren strol
(slral). 145' ; drugent leitern, hemer, eiserin geiszfüsz und
spitz eisen, darmit sie die mauren zerbrechen möchten. Aimon
x3*; ein eiserne thür. buch der liebe 273,2; eiserner hafen
und irdener topf sind ungleiche gesellen ;
da bäckelt den zipfel ein eiserner zacken. Göthk 1, 231.
im deutschen recht heiszt es 'eisernes vieh stirbt nicht'. R.\.
593 oder auch 'eiserne kuh', böhm. zelesna krava; diese rosse
müssen als eisern gedacht werden, der Inhaber muste immer
für ein wolbestehendes sorgen. Niebuhr 3, 407 ; diese thiere
{die ketzer) sind eisernes vieh, das sich aus dem christlichen
schafstall nie verlieren soll. J. P. teufclsp. 2, 7. 'der eiserne
tod* sind kugeln : so wil ich auch meiner mutter söhne einen
(= mich selbst) bei euch aufsetzen, einen graben ausfüllen
und an der eisern pestilenz sterben ! {soldateneidschwur),
das Schlachtfeld, wo Schwerter gezuckt werden und kugeln fliegen,
nennt Klopstock 1, 3 das eiserne feld ;
doch floh uns das glück,
wir wichen zurück
aus dem schweriergedrftng, aus des strehes glut,
wir verloren im eisernen spiele. Körner 1, lUO.
was meint die 'eiserne thür' in folgender stelle:
wellicher mann nn allem ort
wol uberhorn und .«eben knn,
der henket eisern ihfire an
und bat ein frei, rrolich gemiit. FI. Sachs IV. 3, US',
hängt die ihn hemmende thür an die wand und geht frei ein-
her? uralt ist der gegensatz eines goldnen und eisernen Zeit-
alters: wenn man die itzige eiserne Zeiten ansihct. BirrscBtv
377; bei itzo eiserner zeit 878;
wie ei»ern sind dorh ohne dich die leiten,
0 Jugend, holde fuhrerin! IIicidorn 8, lüO;
«ei »nvh «ergntigt, und lasz dnt wilde glück
die teilen inehr al« eisern machen. Vi 1,55;
gold. ach wftrest du nicht, wir genössen de* goldenen allen,
du nur, leidige* gold, brachtest di« eiserne xcit.
Ilamh. mutenatm. 1708;
aber die zeit ist eisern und macht jede klage zu schänden.
Bkttira br. 1, 167. hierin liegt schon eine figur.
2) noch häufiger sind andere bildliche anwendungen, wo
eisern für hart, fest, unerbittlich steht:
nimmer ja war auch
mir da» herz im busen ein eisernes. Od. 5, 191;
sie hat wahrlich ein eisernes herz in dem busen. 23, 172,
{Ov/ibs ivi azrjd'eaat aiSrjQsos, aiSrigeos iv fQSai d'v/ioe);
je mehr mein herze kloiiri, je eiserner wirst du.
LouENSTKiN blum. 41;
nicht ein plärrender Säugling, ein ächzender siechling, son-
dern ein eiserner mann zu sein. J. P. Tit. 3, 115 ;
mit eisernem arme
fasset der tod, und eisern wird des sterbenden secic.
Messias 16, 161 ;
wie greifts auf einmal durch diese freuden
mit eisernen banden der hölle durch. Götiik 14,48;
müste ich nicht eine eiserne stirne haben, wenn ich es der
unglücklichen selbst vorschlagen sollte? Lessinc 2, 20; was
hat der Verfasser mehr gebraucht, sie zu schreiben, als eine
stirne, welche zur schäm zu eisern ist? 3,204; somnus ferreus.
Virgil.
schlaf dort,
dort den eisernen schlaf. Messias 6, ISS ;
aber liegt fern im engen hause, schläft schon den eisernen
schlaf. Schiller 141*; die eiserne noth = das eiserne band,
weil noth ein band; ich beuge mich unter die eiserne nolh-
wendigkeit Gotter 3,99; Genua ist die spindel, um welche
sich alle seine gedanken mit einer eisernen treue drehen.
Schiller 146';
so wende dich
zu goit. 'ach, eisern war für mein gebet
sein himmel'. Klopstock 9, 76;
mich deucht, schon wird
der himmel eisern und voll dürr umher das land I 10, 67
{bei Homer ;j«Axcos ovQavos) ;
entsetzen
war die eiserne stimme des rufenden. 16, 531;
eisernes dumpfes geprassel. //. 17, 424,
bei Stolberg 12, 183 eisern getöse {atSrjQeios oQx<ftayS6s).
hobst du da nicht deine band zum eisernen eid auf? Schiller
142'; du betrübst deinen freund durch dein eisernes still-
schweigen. Klopst. 10, 166; KnoU allein zeigte ein grimmiges,
eisernes lächeln. J. P. ßegelj. 1, 78 ; eiserner fleisz, eiserne
gesundheit, eiserne geduld; eisernes capital (nac/t 1) ; eiserner
bestand an mundvorralh bei Soldaten;
'wol, sprach ein edler rath, es sei!"
und gab ibr oben drein
ein eisern (immerwnhrendes) Privilegium,
zu bexea frei und frank herum. Ücrgkr 25*.
8) eisern machen heiszt so viel als fest machen gegen schwert
und kugel, gegen hieb und schusz, oder auch gegen giß, sonst
gefroren machen, woraus sich wieder Zusammenhang zwischen
eisen und eis ergibt: es musz aber einer von denen rechten
sein, weil er sich und die ganze compagnic eisern gemacht.
Ettners unw. doct. 653; und wann die Widersacher nicht wären
gefroren gewesen, sie hätten das ihrige schon bekommen.
683. alln. hardgiörr, hart gemacht, einen eheniann eisern
machen meint auch ihn treu und beständig gegen die frau
erhallen. Hipi^el 5, 126, wobei vielleicht an die Vorstellung des
eisernen, immerwährenden viehes zu denken ist.
EISERN, frequentativum von eisen, horrere:
ich eisre mich so lang ich will,
musz ich doch zum ziel.
Aug. IIocbncr im weimar.Jb. 2, 21.
EISERNALTERHAFT, nach dem eisernen alter aussehend:
für unsre schönen geister merke ich noch dieses an, dasz
Theokrits hirten in ihrer breiten spräche oft solche unarka-
discbc und eisernalterhafte dinge sagen, die selbst unter dem
tone dieser Vierlander Idylle (de winterawend) sein würden.
Voss im inhalte seines musenalm. 1777.
EISERRAHM, n. ferri macula begegnet in der 1472 aus dem
alten gedieht verfasiten prosa des Wigalois: fübrcten in da
er das eiserrahm von im zöge. s. 19; der ritter wart ver-
wapnct und wasser dargebracht, mit dem er das oiserrnhin
von im zöge. i. 41 ; da er entwapnet ward und das cisrrralim
von im gezogen, s. 55; graf Adam zohe da» eiserrahm von
im. *. 100 ; als er nua ward entwapnet und das eiserrahm
von im gezogen. 105. in Wirnts gedieht entspricht kein aus-
druck, wol aber scheint der prnsator einigemal den darin vor-
kommenden vers 'dfl schulte er sin Isengewant', was doch das
blosze ablegen der rüstung meint, ins aug* gefastt und mis-
verslanden tu haben.
EISESBLICK— E1SGEBI>'DE
EISGEBIRGE — EISICHT
378
EISESBLICK, m. blick kalt wie eis:
wenn ihr mich anschaut mit dem eisesblick,
schlieszt sich das herz mir schaudernd zu. Schiller 42'^
EISESFELD, n. grosze eis fläche, gletscher:
durch der Surennen furchtbares gebirg,
auf weit verbreitet öden eisesfeldern,
wo nur der heisre lämmergeier krächzt,
gelangt ich zu der alpentrift, wo sich
ans Uri und vom Engelberg die hirten
anrufend grüszen und gemeinsam weiden. Schiller 527*.
vgl. er schreitet verwegen
auf feldern von eis,
da pranget kein früUing,
da grünet kein reis. 516'.
EISESKLAMMER, f.
es glänzt der eicbenwald in eisesUammern.
Le!<au neuere ged. 79.
EISESTHCRM, m. thurmartiger gletscher:
0 mich Solls nicht wundern,
wenn sich die feisen bücken in den see,
wenn jene zacken, jene eisesihürme.
die nie auAbauten seit dem schöpfungstag,
von ihren hohen kulmen niederschmeizen. Schillkb 539^
EISESWÄLL, m.
da zogen sie hinüber
zum schwarzen Berg, ja bis ans Weiszland hin,
wo, hinler ewgem eiseswall verborgen,
ein andres volk in andren zungen spricht. Schiller 529*.
EISEWIG, m. hyssopus vulgaris. Schwe.nkfeld stirp. Siles.
284. zeilschr. f. d. mundarlen 4, 166, Nemsich hat aber auch
eisenweich mit der- bedeulutig verbena, eisenkraut, so dasz die
herleitung aus ysop, isop noch bedenken hat:
hier steht riechender lavend^l,
da gesunde saturei,
eiswig. polei, narde, quendel,
tausendschön und allerlei. Fleii!«; 371 ;
kein klee, kein eiswig, keine nelken. 461.
EISFAHRT, f. 1) die fahrt auf dem eise: ziemlich müd
und ausgelüftet von der eisfahrt. Göthe an Lavater 15.
2) u-as eisgang, losbruch des eises.
EISFALL, m. der beim fallen gefrierende regen, so dasz
alles im freien, icie der boden, mit einer rinde von glatteis
überzogen wird, so ein eisfall fand letzten november in meh-
reren gegenden Deutschlands statt und richtete in tcäldem, wie
an Obstbäumen und reben groszen schaden an.
EISFELD, n. eisbedecktes feld: wie hieng der himmel toII
berge aus duft, voll eisfelder aus licht. J. P. Hesp. 3, 216 ; der
Sturmwind schlug die gieszbäche des himmels und die zer-
staubten eisfelder an die fenster. 4, 118. figürlich, blosz ein
paar glühende augenblicte zischen und erli3schen auf dem
eisfeld des lebens. 2,22; er hofte sogar, er vermöge vielleicht
dieses so quälend ans eisfeld des lebens angefrorne vater-
herz durch seine liebe abzulösen. Tit. 1,6; warum ackern
und säen denn immer die prediger auf dem eisfelde der bio-
szen Sittenlehre? dämm. Üb, und oft noch.
EISFISCHEREI, f, das fischen unter dem eise zugefromer
teiche.
EISFLÄCHE, f., wie sie sich winters bei gefromen seen
bildet: die grosze eisfläche zwischen Wittenbergen und Bil-
1 erbeck war schon diesen morgen zertrümmert. Hamburger
correspondent.
EISFREI, vaeuus glacie, frei von eis: der teich ist noch
eisfrei ; der flusz ist wieder eisfrei geworden «= hat weder
eine eisdecke noch führt er treibeis mehr.
EISFREUDEN: heut ist conseil, also bin ich von allen
dichterischen und eisfreuden getrennt. Göthe an fr. von Stein
2, 15. s. frohe eisbahn und eislust.
EISFUCHS, m. canis lagopus.
EISGA.NG, m. ruptae glacJei in flumine incursus. eisgänge
sind am gefährlichsten bei strömen, welche in einem weilen
laufe aus wärmeren gegenden kälteren zuflieszen, da sich das
eis des oberen laufes früher in bewegung setzt als das des
unteren: eisgang des Rheins. Göthe 2,57. bildlich, insofern
wird von einem krieg oft der eisgang eines volks durch kanonen
nicht sowol angesagt als hervorgebracht. J. P. dämm. 84.
EISGEBÄRE.ND:
vom glühenden ost
bis zum eisgebärenden nord. Scbcbart ged. 1, 444.
EISGEBINDE, n. vinculum glaciei: der winter belegte die
wellen mit eisgebinde.
EISGEBIRGE, n. mons glacialis:
ich sehe dich im wilden eisgebirg
verwirrt von einer klippe zu der andern
den fehlsprung tbun. Schiller 532* ;
ach, schon verrückt sichs ! formlos breit und aufgethOrmt
ruht es in osten, fernen eisgebirgen gleich. Göthe 41,252;
eisgebirge der ewigkeit. J. P. Fixl. 19.
EISGEFILDE, n. campi glaciales : die eisgefilde RuszIands ;
empor durch eisgefilde drang
ich sonder pfad und spur. Matthjssoh 78.
EISGEKÜHLT, glacie frigefactus: dieweiln sich ir f. gn.
oftmals so vil und hoch bemühet, sonderlich aber in der
Schlacht dennaszer erhitzt, darnach allemal den eisgekülten
wein darein getrunken, welches eistrank i. f. gn. sehr gelie-
bet. Mansfeldische histori, Schlacht u. herliche victoria in Ungern. ,
Nürnberg 1595. 4. E4.
EISGLOCKE, /". ein stück des prunklafelgeräths.
EISGRAU, canus, mhd. isgrä, die höhere stufe des alters
bezeichnend: wie es seinem groszen alter und eisgrawen köpf
gemesz war. 2 Macc. 6, 23 ;
rürsiu mich mit dem eisgrawen hart,
so stirbe aber ich. Uhlano 254;
darnach schickt sie auch trutziglich
nach einem eisgrawen allen. H. Sachs II. 2,31*;
hat der tod die alte eisgrawe männer angegriffen. Albertixüs
narrenhatz 313; eisgrawer hart. Harnisch 283; eisgraue bare.
Bltschky kanzl. 866; der eisgraue alte hauswirt nebst seiner
ebenfalls eisgrauen alten hausebre. irrg. der liebe 51; mein
eisgrauer aufwarten ehe eines weibes ...;
sie leben gebückt, gekrümmt, eisgrau,
starräugig noch kaum ihr sieches leben. Klopstock 1, 263;
denn auch auf Schriften, welche das nebenwerk besser thun,
aber keinen neuen Inhalt haben und immer nur altes bis
zum eisgrauen hinauf wiederkäuen, auch auf solche Schriften,
sag ich, kann und wird die nation niemals stolz sein. 12, 253;
sie [die felseninschriß) wäre von eisgrauen Zeiten her. 12,401;
der eisgraue mann hatte blatt und eichel in der band. 12, 405 ;
meine guten engel fliehen von mir, weichen alle die heiligen
vom eisgrauen mörder. Schiller 116"; eisgrauer lügner du!
129"; dasz mich der böse feind in meinen eisgrauen tagen
noch wie sein wildpret herum hetze. 1S3'; als es finster ge-
worden war, vermehrte ein eisgrauer nachbar die gesellschaft.
TiECK Slernb. 1,42; vier priesler stehn im weiten dorn der
natur, der eisgraue winter u.s.w. i. P. uns. löge 1,41; der
ich von einem so eisgrauen adel bin. flegelj. 2, 4. vgl. eisengrau.
EISGRAUBÄRTIG, barba canus. Callenbach puer 3.
EISGRIF, m. eine scharfe zacke des hufeisens, zum ein-
greifen in das eis.
EISGRUBE, f. fovea ad conservanda glaciei frusta. bild-
lich: das alter oder grab ist selber eine eisgrube. J.P.Fibel
1,143; genieszest du aber« doch deine warme jugend unge.-
scheuet vor der im hintergrunde wartenden eisgrube des
alters, in welcher du durch immer wachsende kälte noch
einige zeit aufbewahrt wirst. Siebenk. 3, 8 ; eisgrube der künf-
tigen erinnerung. Tit. 2, 124.
EISHAND, /■. eisige hand: vollends im lieber strecken die
eishände der geisterfurcht sich nach dem irren menschen aus,
J. P. Levana 1, 167.
EISHAUCH, m. halilus glacialis:
80 umgab sie nun der winter
mit gewaltgem grimme, streuend
seinen eisbauch zwischen alle. Göthb 5, 135.
EISHAUE, /". ligo glacialis.
EISHAUPT, fi. cacumen montis glacie. teetum.
EISHIMMEL, m. siehst du nicht, dasz diese wohnung von
krystali ist und dasz alle wände so durchsichtig sind, wie der
eishimmel? Musaels volksm. s.bl; war ich einer, z. b. ein
haifisch, so könnt ich unter dem eishimmel des nordpols her-
vorbrechen. J. P. anh. zu Tit. 2, 20.
EISHOLZ, n. das holz soldier bäume, an denen man den
jahrwuchs nicht erkennt.
EISHOLZEICHE, f. quercus robur.
EISHÜLLE, f umhüllendes, bergendes eis. bei dem eisfalle
im notember 1858 wurden die trauben, welche im Rheingau noch
an den stocken hiengen, von einer eishülle überzogen, durch die
sie geschützt, waren, bis sie später gelesen werden konnten.
EISICHT, glacialis,
schau, wie der liebe blitz des Siegers eisicht herze
wie Schwefel zündet an. Lobknstein Suphon. 31,903.
379
EISIG — EISNACH
EISNACUT — EISSCIIÜH
380
EISIG, dasselbe, nnl. ijzig:
er stiesz sie hinaus in der Gnstersten nacht
bei eisigem regen und winden. Börobh 61*;
heitres Lugano! du lachtest uns pilgern des eisigen Gotlhards,
wie nach orkanen der port schillern im abendroih lacht.
Matthisson 241 1
zapfen sieht man eisig
an den dachern stocken. PLAiEr« 22;
wo die eisige luft mir den alhein an den haaren zu reif an-
setzte. Betti.ne tageb. 120.
EISKALT, gelidus. Maaler 12S*, nnl. ijskoud: eine eiskalte
wange ; der verstorbene ist bereits eiskalt ; hu, wie das eis-
kalt durch meine ädern schauert. Schiller 212'; eine gestalt
wie diese ziehe den Vorhang von deinem bette, wenn du
schläfst, und gebe dir die eiskalte hand. 213*; ein so ge-
suchter gedanke kann höclistens einem eiskalten commen-
tator eingekommen sein. 235"; wie an einem eiskalten metall
muste deine warme hand ankleben. J. P. Tit. 1, 34. wie man
sagt: kalt trinken, baden heiszt es auch: fiel ihm ein, dasz
er eiskalt trinken wolle. Piero/ 1, 410; darum badete er Som-
mer und Winter eiskalt. J. P. Tit. 2, 92.
EISK.\LTE, f. gelu.
EISKEGEL, tn. glacies cono simiiis, wenn die form kegcl
die richtige, ursprüngliche ist, denn früher kommt auch vor
iskachel, iskekel, iskikel, ishichel (Diefenbach 553*. 685*), was
mit jokel, ichel, alln. jökuU, ags. gicel zusammen hängt : die
gesiebter des fürsten und der ohnmächtigen setzten wie Sal-
petersäure und salz sein herz fast zu einem eiskegel um.
J. P. uns. löge 3, 6.
EISKELLER, m. was eisgrube: ich hab es ihm schon ver-
sprochen, sagte Albano, den mitten in seinem frühling zwei
eiskeller anwehten. Tit. 5, 60.
EISKIRREN, n. sonilus glaciei. Stieler 960.
EISKLIPPE, f. scopulus glacialis.
EISKLUFT, /. rima glaäalis, risz in baumstämmen bei hef-
tigem frosl.
EISKLÜFTIG, hiatum ortum habens a gelu. Frisch 1, 224*.
EISKNOCIIE, m. was eisbein.
EISKRAUT, n. mesembryanthemum crystallinum, nnl. ijskruid.
EISKRUSTE, f crusta glacialis: eiskruste des ausländes.
J. P. Hesp. 1, 194 ; der, der sich aus laune Melchior nannte,
verbarg unter einer phlegmatischen eiskruste eine gleiche glut
und war ein Hekla. 3, 45 (65).
EISLAND, n. regio glacialis: sie wollen im winter erfrie-
ren, mögen im summer nit mer on solen gon und machen
ain bollwerk umb das haupt, als wollen si in das eisland
faren. Keisersberg siben scheiden ee6*. hiernach hat Island,
mhd. Islant, engl. Iceland den namen, wir schreiben und sprechen
heule falsch Island.
EISLÄNDISCH, borealis: in den kalten und eisländischen
thcilen von America. Becber narr, weish. 3.
EISLAST, /. beim eisfall brechen äste und bäume unter
der eislast.
EISLAUF, m. per glaciem decurrendi exercitatio.
EISLÄUFER, m. die Holländer schätzt er (Klopstock) gleich
nach den Deutschen, weil sie ihre tyrannen verjagten und
die besten eisläufcr sind. Stcrz 1, 186.
EISLEBEN, n.
EISLEBENSLIED ist das schöne gedieht GOthes 1, 74
sorglos über die fluche weg
beim ersten druck im teutschen Merkur 1776 febr. $. 128 über-
schrieben.
EISLEIN, n. ßr eisenlein, s. eischen.
EISLICH, ahd. egislih, f7i/id. eisl'ich horribilis, deformis,
distortus, erscheint noch in den vocabularicn bei Dieie^bacii
170'. 187*. 280*, lebt aber im nnl. ijselijk bis auf heule, s. oben
eiscb und eisen horrere.
EISLUFT, f aura glacialis.
EISLUST, f was eisfreude: das bat die eislust Tor allen
andern körperlichen bewegungeo Toraus. GOtub 22, 102.
EISMASSK, f massa glaciei. Götiik 16, 246.
EISMEER, n. mare glactale.
EISMONAT, n. januanus: lud ihn Albertus im eismonat
auf ein friibslück im klostcrgarten ein. Musaeus vo/Asm. 1, 55;
fruchte, die auch erst im eismonat meines Icbens, . wie die
Venusbrust (eine btrne) im physischen reifen und gelben.
J. P. jubelten. 131.
EISNACH, n. leii'num paluttre, tonst auch alinach, Olsnicb,
wilder tppich.
EISNACHT, f. Ottomars seele war ein polarland, das
sengende, lange tage, lange eisnächte durchstrichen. J. P. uns.
löge 2, 105.
EISNADEL, /". stiria: vermutlich sind es kleine in der
dortigen region schwimmende eisnadeln. Lichtenberg 7,9; in
jedem jähr schieszen neue eisnadeln am liierarischen eis- und
musenberg oben an. J. P. anh. zu Tit. 1, 24.
EISNEBEL, m. nebula glacialis. s. frostrauch.
EISNETZ, n. groszes netz bei der eisßscherei.
EISOP, m. hyssopus, isop, mhd. ispe (wb. 1, 757*), vgl. eisewig.
EISPALAST, m. wie in einem durchsichtigen eispalast wohn-
haft. J. P. Fibel 17 ; daher ist die messiade dieser groszen
seele ein schimmernder, durchsichtiger eispalast. aesth. 2, 158 ;
die weiszen Schlösser in der grünen ebene waren zu schil-
lernden eispalästen »nd sonnentempeln verklärt. jubelsen.H;
und wohnt er droben auf dem eispalast
des Schreckhorns oder höher, wo die Jungfrau
seit ewigkcit verschleiert sitzt. Scuillbr 523*.
EISPANZER, f». lorica glacialis: auf was weise sollen
denn die Vögel, so von natur nur mit einem dünnen feile
verwahret seind, mit dem vollständigen winter, der mit so
groszen schneewällen verschanzet ist und mit so festen cis-
panzern angelhan, sich wagen dürfen in einen kämpf zu lassen.
Praetorids Storchs und schwalbenwinterquartier s. 377. die
Vorstellung des winters als eines eisriesen und seines kampfs mit
dem sommer und den geschöpfen des sommers isl eine uralte.
EISPFAL, m. obex cohibens vim glaciei.
EISPFEILER, m.
EISPOL, m. polus glacialis: so so! tönt, dasz der eispol
bebt und der löwe unterm Süden vor furcht heult. Hah»
aufruhr zu Pisa 165;
ja vom äuszersten Westfriesland,
die nach dem cispol schaun. Scuillkr 450*.
EISPUNCT, m. punctum gelalionis, gefrierpunct.
EISRAHME, m. ein kalter see, den ein dichter eisrahmen ein-
faszt, kracht und flutet zu meiner rechten. Hirzel Eug. br. 2, 254.
EISRINDE, f was eiskruste.
EISSCHAUDER, EISSCHAUER, m. horror glacialis: er
stürzte anfangs in das plongierbad des eisschauders. J. P. Tit.
1,93; in einem schneidenden eisschauer wurden alle warmen
gedanken und nerven des lebens hart und starr. Hesp. 3, 259.
EISSCHEMEL, m. scabellum i. e. frustum glaciei, cisscholle:
die selben zeit fiel ein eisschemel aus den wölken umb sant
Johans tag im summer, der was 15 schuch lang und 6 schuch
dick. Steinhöwels chronik Frankf. 1531 20'; wir sehen ctlich
zwischen den flammen der begirden gleich ein eisschemel der
biisz und leid umb die sünd tragen und empfinden. Pdr. 24*;
es sind mehr wägen (mit getraide) da gefahren, dann gefahren
sind zu jeden jaren der eisschemel im Rheine grosz, wann im
früling der westwind blost, alle kästen, Speicher, schütten
und gebien (bühnen) lagen voll. Garg. 60'. s. eisschöbbel.
EISSCHMARRE, m. stiria, eiszapfe: so ist er {Christus)
geboren worden im winter, da die isschmarren an den dechern
hiengen. Keisersberg xv staffeln 25*. den alten 'modus Liebinc'
oder das mhd. beispiel von 'des sn^wes sun' (Hadpt 7, 378)
erzählt Pauli in schimpf und einst lb22 cap. 209. 1550 cap. 283.
1555 cap. 251: in dem winter bin ich in dem garten gangen
und buh an dich gedacht also mit groszcr begird, das ich
bin bei dir gewesen und hab ein eisschmarren von dem lach
da herab genommen und hab in gcssen, und ist das kind
daraus wurden, des zu einem zeicbcn so heiszt es Glacies,
Eisschmarrc ; und hernach : ach, wo hast du den eisschmar-
ren hingelhan, un.scr kind? ältere ausgaben 5c<zen isschmarren.
s. hernach eiszapfe und über schmarre vorläufig Schmeller 3, 472.
EISSCHOR BEL, m. was eisschemel und entweder aus sca-
liellutn oder aus eisschölbel ton eisscholbc entstellt, in Büdinger
hexenaclen von 1633 wird ausgesagt, der teufet sei 'kalt ge-
wesen wie ein eisschöbbel'. VVolfs mythol. zeilschr. 2, 63.
EISSCHOLBE, f gleba glacialis, vgl. ahd. sculpä jGRArr
6,480). noch heule in der Wetlerau eisscholbe, dim. cisschölbel.
EISSCHOLLE, f frustum glaciei, früher auch m.. wie ahd.
RCüllo und scollA vorkommen : siehe hier klebt inem und dein
geist angefroren an die eisschulle und dort deckt die nacht
alle hinler einander ruhende hiininel auf. J. P. Hesp. 1, 274.
EISSCHROLLE, m. dasselbe: gleidiwic wann einer mil einem
ausgchähllen eisschrolleii wasser achöpfle. Simpl. Sprttnjintf
cap. & f. 26. SciiN. 3, 609.
EISSCHUH, m. solea ferrata, ichlUlsckuh : auf den cia-
•chuhen geloffen. ZiNiCRBr S,S7(.
381
EISSPALTE— EISZAPFE
EISZAPFEN WORTE — EISZE
382
EISSPALTE, f. hialus in glacie, eiskluß: klaffende eisspal-
ten des lebens. J. P. Hesp. 2, 168 ; flügel über die eisspalten
des lebens. Tit. 1, 8 ; wie die krjstalisucher auf den alpen
sich gegen den stürz in eisspalten durch aneinanderhinden
decken. Siebenk. 1, 120 ; schritt über eisspalten und kletterte
über felsenstücke. Arsiji kronenw. 1, 113.
EISSPATZIERIG, per glaciem currens: das gesind ist ...
geschwetzig, ausfrägisch aus dem haus und im haus trag,
baurenstolz, eisspatzirig, schlauderig. Garg. 69'.
EISSPIEGEL, 1) speculum glaciale: das licht des mondes
glimmte die östlichen berge hinauf, die die sonne in eis-
spiegel gegossen hatte. J. P. Hesp. 3, 84, 2) zuckerguii, zueker-
eis, ein backwerk.
EISSPIESZ, m. stiria: die heiszesten wellen seines enthu-
siasmus setzten sogleich vor des bibliothekars gesiebte eis-
spiesze an {begannen zu gefrieren). J. P. Tit. 2, 133.
EISSPITZE, f. 1) stiria: meine satyrischen eisspitzen.
J. P. Hesp. 2, 54. 2) was eisgrif, im Hufeisen.
EISSPORN, m. aculeus ferreus a lapsii tenens m glacie
eunlem : die auf dem eise ohne eissporen tanzen. Leiermatz
lustiger correspondenzgeist. 1668 s. 218.
EISSPRIESZEL, m. weidmännisch, die enden am hirsch-
getceih über den augensprossen. Döbel 1, 17" schreibt eissprüs-
sel, andere eisprüsel. welchen sinn halle hier eis? jröre die
ähnlichkeil mit einer stiria gemeint? man musz lieber entstel-
lung aus augsprieszel voraussetzen (s. dieses wort), so dasz
augsprosse dem franz. andouiller, augsprieszel dem suran-
douiller entspräche, engl, antler und surantler.
EISSTAND, m glacies firma: bis Wittenbergen ist festes
eis. über den eisstand hier oben ist noch keine ,ändening
zu berichten. Hamburger correspondent.
EISSTECHER, m. was eisspom.
EISSTEIN, m. spathum lamellosum, eisähnlicher kalkspat.
EISSTROM, m. eismasse, einem ströme ähnlich. Göthe
16, 246. 248.
EISSTÜCK, fi. frustum glaciei: die eisstücke des todes über-
decken und heben die brustkrankheit. J. P. Kamp. 63.
EISTAFEL, f. was eisschemel : als bei dem allmälichen
untersinken der eistafel stücke davon, die schärfer wie glas
waren, ihm das gesiebt und die bände zerschnitten. Fales
Johannes ton der Ostsee 1, 160.
EISTAUCHER, m. colymbus glacialis.
EISTHAL, n. vallis glacialis. man unterscheidet gletscher,
eisthäler, schneeberge.
EISTHAU, m. rox gelidus: er fühlte nicht den eisthau der
dämmerung. J. P. Hesp. 1, 153.
EISTRANK, m. oder n. siehe eisgekühlt.
EISUMFANGEN, glacialus: deine liebe fühle ich noch warm
in diesem eisumfangnen herzen. Wielaxd 26, 118.
EISUMSTARRT, glacie rigens:
nach dem eisumstarrten pol. Platkn 36.
EISVOGEL, m. alcedo, nnl. ijsvogel, schw. isfagel. gilt
auch ron einem schlauen, listigen menschen: er als ein ver-
schmitzter weit und eisvogel, flick (/. flück) auf stück und
tück, der etwan auf dem eis, wann der Rhein übergefrom,
gemacht war worden. Garg. 2ll'; welches alles Kampfkeib
genaw war nam, als ein durchtribener eisvogel. 230*.
EISWASSER, n. Stieler 2444.
EISWELT, f.
der hohen eisweit reine porpurglut. Matihisso!« 12.
EISWERMCT, m. artemisia glacialis, alpenbeifusz.
EISWIND, m. boreas, nordwind. Stieler 2464.
EISWINKEL, m. angulus glacialis: die kalten nord- und
nordwestwinde in Nordamerika kommen aus dem groszen eis-
revier her, das sich bisher aller durchfahrt widersetzt hat
und das der eigentliche noch unbekannte eiswinkel der weit
zu nennen wäre. Herder 3, 50.
EISWOGE, f. unda glacialis: gerade hinten (im Chamouni-
thal) endigt ein spitziger berg, von dessen beiden seilen eis-
wogen in den hauptstrom hineinstarren. Götbe 16, 247.
EISZACKE, m. stiria: er schüttet den reifen auf die erden
wie salz, und wenn es gefreuret, so werden eiszacken, wie
die spitzen an den stecken. Str. 43, 21.
EISZAPFE, m. dasselbe: bleiben henken, wie eiszapfen an
eim dach. Garg. 247*; es habe einmal eines Schiffers früu an
ihren mann so herzinniglich gedacht, und in solchen geden-
ken habe sie einen eiszapfen vom röbrkasten abgebrochen
und verschluckt, also dasz sie blosr von dieser oinbildung
durch hülfe des eiszapfens schwanger worden und ein artiges
schönes weiszhäriges knäbchen an die weit gebracht. Weise
erzn. 23 (s. oben eisschmarre) ; liesz sie mir abennal eine so
grosze kaltsinnigkeit blicken, dasz ich beinahe selbst drüber
in einen eiszapfen verwandelt worden wäre, ehe eines mannet
120; du eiszapfen, willst nicht einmal ein paar meilen zu
fusz gehen! Kotzebce dram. sp. 3, 206. schlechter ist die
starke form, die sich aber schon bei Seb. Helber 37 findet:
dasz er wie ein eiszapf dabei stehe. J. P. Fibel 18, anderemal
aber: mein finger ist ein eiszapfen und kein finger.
EISZAPFENWORTE : wenn ein mann harte eiszapfenworte
ausstöszt (frigide dicil). J. P. Katzenb. 1, 28.
EISZE oder EISZ, m. (zuweilen n.) ulcus, £)j(Oi, geschwür, ein
früher gangbares, seil dem vorigen jh. fast erloschnes, nur in
oberdeutscher volksprache fortlebendes wort, welchem gr. olSos,
oiSrjfta geschwulst, gährung urverwandt liegen; die goth. form
wäre aita. ahd. e\i, gen. eijes (Graff 1, 541), mhd. eij, eijes
(wb. 1, 42S"), nhd. aber zwischen starker und schwacher form
schwankend, eisz eiszes oder eisze eiszen, welcher oblique
casus dann auch in den nom. vordringt; hierzu tritt die un-
stäte Schreibung eis und eissen für eisz und eiszen, ais aissen
für aisz aiszen, wodurch mischung mit eis glacies, das wie-
derum fälschlich eisz geschrieben wurde, entsprang, diesem
Wirrwarr auszuweichen ist überall in den folgenden stellen das
richtige sz hergestellt, gewähr leisten, auszer den vocabula-
rien bei Diefenbacb 276'. 625*, Dasvpodics 262*. 292'. 393*.
Frisiüs 1396'. Maaler 128". Hesisch 861, 62. 867, 1. Denzler
873*. Stieler 31. Friscu 1, 16" und die idiotica von Schneller
1,116. Höfer 1, 14. StalderI, 93. Tobler 29' (tro äsza). Scbmid
161 ; meliceris erklärt Dasvpodics 133* : ein triefender eisze oder
blätterlin an den eilenbogen, knüen und gleichen des leibs,
und Serrands o3' schreibt das aus. vgl. bluteisz.
schlier, eiszen, huosten, flusz, toubsucht. fasln. 864,35;
und thaten dise bösewicht under disen worten mich mit tre-
meln also schlahen, das mine arsbacken ganz voll wurden
eiszen und geschweres. Wyle tülschungen im gülden escl; es
ist mit uns gewesen gleich als umb einen, " der ein eiszen
oder ein geschwer hat, der da gleffet. Keisersberg brösamlin
64*; sobald der aiterbutz aus dem aiszen gezogen wird, so-
bald hallet er zu. siben scheiden . . . ; vor disen vieren be-
hütet dich gedult, wenn si dennen zucket die wurzel und
den eiterbutzen usz dem eiszen des raügens (mühens), das
ist die trurikeit. bilger 60*; denn so lidel ein mensch ge-
dültiglichen den flieten (phlebolomum) in dem gescbwer oder
eiszen. 68*; wenn man dir ein phlaster über ein eiszen leit,
so wirkt got under dem phlaster. 85* ; er (lob) was voll blot-
tern und eiszen. 213'; und die esel triben im (dem lob) die
feind hinweg und liesz im gott nummen ein bös weib und
blagt in darzu mit blatern und eiszen. s.d.m.lZ*; aber wenn
einer ein eiszen hat, so lang der butz dar in ist, so lang
eitert er immermeder, züchst du aber den butzen herausz,
so höret er uf eitern. 29'; ein hund leckt eim die zehen
und wunden, als Lazaro, der foll eiszen und geschwer was,
dem leckten sie den wüst ausz und das allerschnödest. 34*;
wan die butzen herausz kummen, so eitert der eisz nümme
und Schwirl nit herausz. 43'; da han ich den eiszen aller
menschenlereren berürt. Zwisgli 1,77; do hat ich ein eisz
an eim bein, ich denk, es weri ouch pestelenz. Plater 66;
wahrscheinlich hat die Zürcher bibel von 1525 — 29 Luc. 16,20
gleichfalls 'voller eiszen' statt Luthers 'voller schweren'; eben
solche gestalt \wie mit schlier) hat es mit andern eiszen,
den furunculis, allein das sie milter seind. Wirsünc arznei-
buch 608 ; disen eiszen hat niemand dörfen rögen (rügen).
Frank chron. 513'; deren keiner den eisz oder geschwer der
kranken kirchen anrüret. 518'; wirt gut sein diesen aisz und
treck nit zu rüren. paradoxa 46 ; wann man ain aisz zuheilt,
bricht es an ainem andern auf. lob der torh. 128 ; ist es nit
schand rauden (scabiem), eisz und dreck mit purpur, seiden
und Scharlach zu decken? Petr. 17*; welche eiszen, ie me
man sie kratzet und jucket, ie heftiger sie hitzen, wüten und
toben. 183'; solches warm gemacht, über einen aisz oder
geschwulst gelegt. Seuter 409 ; wassereppichsaft leg über
bäulen, schlier, eiszen oder dergleichen geschwer, es zeitigt
sie bald und reinigt sie. Tabermaemott. 375; mit honig ver-
treibt es die heiszen giftigen eiszen oder schwarzen blatern.
Forer fischh. 20 ;
auch kamen vil aisz, trüs und peuln. H. Sachs I, 456';
383
EISZE— EITEL
EITEL
384
und die so Übels thun, sorgen stetes, man verweisz ihnen
die siind, als einer der einen eisz oder geschwer oder stharpfes
zipperlein hat, sorgt man rür ihn an. Joannes Nas warnungs-
engel 102; was geits, man wird euch den eiszen auftbuu.
Corp. 216'; turteilaubenbiut heilet das geronnen blut und den
eiszen inn äugen. Sebiz 118 ; das heiszet den eiszen recht
gerüret. Philanoer 1,228(233); wann man sich eines aiszes
oder geschwers besorgt. Hohherg 1,258*; für die apostem,
aiszen und geschwer, auch andere geschwulsten. 1, 303". wie
den eiszen rüren, berüren, anrüren, heiszl es auch einem den
eiszen aufstechen, aufhauen, auslassen, sinnlich und figürlich.
ahd. eijprßsta ist senecto, wuudkraul, heilkraut, heilallerwelt.
LuTBER enthält sich des sicher althergebrachten ausdrucks
eisz und setxt dafür Hiob 2, 7. Luc. 16, 20 schwere (d. i. schwäre),
Adelung und Campe nehtnen ihn gar nicht auf und die heu-
tige sehrißsprache duldet ihn höchstens in den zusamnien-
setxungen bluteisz und spitzeisz; allerdings Iduß unsere an
reinhallung der Zischlaute nicht mehr gewöhnte ausspräche gc-
fahr eisz und eiszen mit eis und eisen zu mischen, da doch
ahd. und mhd. eij, eijen, von Is, iscn genau abstanden,
übrigens hat sich eij und eisz bisher nur in hochdeutscher
mundart gezeigt, ahd. erscheinen sogar die vielleicht verwandten
eigennamen Ei;o und Ei;4 (Förstek. 372) ; aus eijo ein golh.
aita zu folgern bleibt doch überkühn, zumal Ulfilas Luc. 16, 20
banjö fuUs gewährt, von banja, altn. ben, versehrung.
In der wurzel hängen ei; und eijo unverkennbar zusammen
mit eit ignis und eiter venenum, weil wunde und gift bren-
nen; von der gestörten lautverschiebung soll unter eiter die
rede sein, der eisz eitert hiesz es in einer der ausgehobnen
stellen, möglicherweise verwandt wäre auch das ags. Ste, lolium
und avena, buchstäblich = ahd. ei;ä, nemlich avcna fatua,
wilder, lauber haber, wie Georg. 1, 154 steht
inrelix lolium et steriles dominantur avenae,
unnützer, gleichsam verbrannter, verderbter haber, Unkraut,
das engl, oat drückt wieder avena sativa aus. näher an die
Vorstellung ulcus rückt altn. eitill, m. glandula in ligno, lapi-
dibus, also Stockung, Verhärtung, drüse. für unverwandt halte
ich das oben behandelte aus egislih entspringende eislicb, turpis,
deformis.
EISZEN, ulcerare, aisz werden, voc. thcut. 1482 a6*.
EISZLE, n. ulcusculum: eiszle oder geschwärle. Maaler128'.
EISZLEIN, n. dasselbe: da ist aber lob uf der ban, den
der teufel füllen der bösen eiszlin oder blötterlin gefiilt het
und mocht nieonen bleiben. Keisersb. omeis 44'; und ward
er foUer kleiner eiszlin von der scheiticn an bis zu der solen
usi. 59*.
EISZIG, ulcerosus: aisziger oder geschweriger, papulosus
i.e. plenus ulceribus. voc. Iheut. 1482 a6'; eiszig sein, ulcc-
rari. Altensteic vocab. 91.
EITEL, vacuus, inanis, cassus, ahd. ital, alts. tdal, nnl.
ijdel, gekürzt ijl, ags. Idel, engL idle. das schw. dän. idel
scheinen von uns entnommen, unverwandt aber ist das altn.
idull conlinuus, frcquens, idka solere, frequentare, die oben
sp. 87 zu unserm eifer gehalten wurden, es müste denn ge-
lingen auch eifer, welches allerdings auch brand bedeutet, mit
eit und def Jen wurzel in Verbindung zu setzen, ich will erst
die bedeulungen unseres eitel angeben und dann eine ausle-
gung der wurzel versuchen.
1) leer, xtvöe. ahd. Atagfi forlie; Itaid. T. 3, 53. divites
dimisit inanes. Lue. 1, 53, die reichen liesz et leer ausgehen,
goth. gabignandans insandida lausans;
tbie ödegun all« flrlia; 6t ilM. 0. I. 7, 18;
lö quSment Romini ouh ubar thaj, nfiment thaz lant allaj,
, Job ouh ttiäs giflijent, i; iiala; M^ent' Hl. 25, 16,
lie räumen aus, veröden das land.
mhd. gesacb im ttel die bant
und da{ swCrt zebrochen. Erec 9270;
wir enlft^eni itelhende (mit leeren hdnden)
Diemer wider gekären. Trist. 180, 12;
mit Iteler bant. pau. JL 210,93;
mit gen. der tache:
gewcfeni itcl undo bldt. (r. kr. 20380 ;
diu beide (or») gap «r von im ult
und wart ir Itel unde bar. 39863;
•wie ai ttel gin des komes. Kahajan denkm. 95, II ; da; grab
llel war Roth pred. 06; der Ital Übir daj vCll g4t, dör gAt
•iogiode. MoNE ans. 4, 368 ;
dat »w«rl nio llel wider kam (Irrt autijirnq),
•w* i| alueo twanc bia oam. Jkboicbin 17';
min wort kuniet nummer Itel heim, ij enbrenge frucht in
den die i; enphAn. myst. 106,4; eitel oder unfruchtper, in-
fecundus. voc. theul. 1482 gl', mnd. die idele wagen sal
rftmen dem geladenen. Ssp. 2, 59. Gusl. stat. 101, 25. m
pass. K. 2S6, 89 wird mit Itel va; gescholten, etwa wie wir
sagen ein Windbeutel; Keisersberc im schif der penilenz 11'.*
DO/1 dem lären lägel redend, das die Schiffer der sirene hin-
werfen, dasz sie damit spiele und das schif vorüber lasse,
fügt hinzu, so betriege der böse feind einen jüngling : so wir-
fet er im für ain Iure iägel, elwan ain hübsche creatur, aiu
weibspild, die da l5r ist, eitel und wan und vol üppigkait.
gleich nachher folgt: lär, wan und vol Üppigkeit; die erde
was eitel und lere, bibel von 1483 1 Mos. 1, 2 {bei Luther
wüst und 1er). das sind die ziemlich seltnen nhd. belege für
eitel «=» leer, in unserer Schriftsprache hat sich diese bedeu-
lung ganz verloren, unter dem volk hört man noch: 'es ist
mir so eitel in dem magen' für so leer; besser einen dotier
als die eitle schale. Simrock 1G79.
2) blusz orfer bar, rf«e schon in einigßn der eben angeführ-
ten beispiele dem Itel zugesellt waren, da sich das leere, ledige
dem bloszen, nackten nähert, man sagte: 'das brot eitel
essen', wenn kein fleisch, 'das fleisch eitel essen', wenn kein
brot dabei war, heute, das blosze brot, das blosze fleisch,
lat. merum pancm, meram carnem cJere; 'das brot eitel
essen' = ohne buller; und wenn ihr kein brot habet, so
freszt ihr das fleisch eitel. Filidors (Schwiegers) Ernelinde
s. 14; eitel, schlecht brot {trocken brot). Luther 3, 74; in
Leipzig hört man sprechen eikel brot;
nicht bett das eitel brot. froschmeus. Ni';
appetit zu einem stücke eiteln brote. pol. stockf 92. ebenso
'eitel wasser, eitel wein' = wasser ohne wein, wein ohne
Wasser: wa;;er mit wein oder mit ej;eich gemischt lescht
den durst mir wan eitel wajjer. Mecenberg 353, 9 ; e; sprc-
chent auch etleich, da; gemischter wein mh trunken mach
wan ungemischter . . . aber diu trunkcnhait wSrt niht so lang
sam von eitelm wein. 353, 23. ähnlich franz. prendre le th6
tout nu = ohne milch, der bekannte nhd. eigenname Eilel-
wein empfängt dadurch seine deutung. ein statt in Galilea,
bei nahe ein eileler fels =■ nackter. KiRCHHOr dise. mit. 14;
wan ich bin ein eitel lai. Vindlkr bei Haupt 9, 114,
ein bloszer laie; unter eitel heiligen auf erden leben. LtrrBER
3,46'; ich gleube, das da sei ein heiliges heufiin und ge-
meine auf erden eileler heiligen, unter einem heubl Christo.
4,412'; der eitle buchstab, der blosze buchstab: mhd. lilera
occidit, Spiritus aulem vivificat, der itel buchstap, der ne fur-
dert niemen, aber der geist unseres herren, der erkuket
den mennischen. Mone on:. 8, 513; der eitle, bare, pure hasz:
nachdem er die Florentiner aus eitelm hasz verbannet und
verflucht. Fischart bienenk. 208*. diesem eitel == blosz werden
wir nachher unter dem adv. viel häufiger begegnen.
3) unmittelbar verwandt ist eilel = lauter, rein, merus, wie
es sich eben schon bei wasser und wein {merum vinum) fassen
liesz, eilel, lauter gold, «lerum, solidum aurum. Denzleb 9l' ;
eine braupfanne mit eitlen harten thalern. Mosaecs. es war
ein reicher herr, der het ein grosze sach vor dem babst zu
schafl'en, und nicht ganz eitel recht {nicht ganz klar recht),
seh. und ernst 1555 cap. 301. noch in einer späteren stelle ist
die bcdcutung rein und lauter zu erkennen:
das süsze gift der liebe schleicht,
wie ciiel nektar, glatt und leicht,
ins herz hinab. Wikla.no 9, l'.)3.
es heiszt eitle lügen, mera mendacia. In Urkunden des U. ih jh.
findet sich den eigennamen gräflicher und adlicher geschlechter
verschiedentlich ein 'itel' oder 'eitel' vorgesetzt, z. b. unter den
grafen von Zollern herschl der name Fridrich oder Fritze, da
erscheint denn auch Ital Fritz von Zolre («lon. zoller. I, 356.
407. o. 1402. 1407. KlOpfbl Schwab, bund 1, 20. 105). dem haus
Ravensburg waren die namen Weif und Hund hergebracht.
Weif von Stein genant Italwelf (Püpuoker urk. n* 32 s. 0«),
Itelwülf von Stein (Anshblm 3, 307), Eitel llundbisz von Ita-
vcnsburg war um 1334 landvogt von Schwaben {ein gedieht des
Ls. 3, 121 macht daraus Jlumpisz) ; auch etncn wetlerautsrhen
Eilel Hund von Holzhausen /n/ir< Senkkndkiiü je/. 3, 371. llnM-
MKL 5, 409 an. Eitel Schutiiic von Hcrgcn (KlCitel schwib.
bund I, 91 und in wetterautschen urk.). Han« llel Hosheiin
(Chkel reg. Hup. 610); riller Itel Wei.HC {daselbst 2351); ilcl
Att»it (henntb. urk. II. 51, 4) ; Eitel LOwvnslciu (Hummkl b, 413) ;
385
EITEL
EITEL
386
Eitel Leo (Cbmels Maximilian s. 3S3) ; Italhans filius Johannis
dapiferi (Plpikofer urk. p. 69) und sicher noch anderwdrls.
dies praefix soll doch tcol den reinen, ungemischten stamm be-
zeichnen und scheint unter mehrern söhnen oft nur einem und
dem ältesten zu gebühren, bei Senkenberg /. c. heiszl es in der
alten chronik: sonderlich einen söhn, den nannte er dem
geschlechle zu ehren Eitelhund, zu vergesz des namens von
Holzhausen, solch ein brauch musz aber alt hinauf reichen,
obwol er unangemcrkt blieb, Föbsteka.n.n s. 772 hat die eigen-
namen Idalcar, Idalberga, Itlefrid aus früherer zeit; man wird
dies Ital, gleich den praejixen ala, halp u. a. m. als wichtig für
die Unterscheidungen der geschlechter ansehen dürfen, nähere
ausführung gehört nicht hierher, wenn es fastn. sp. 516, 14
ironisch heiszt:
so ist der preutigam ein eitel kern,
fleiszig alheg in sein Sachen,
mag verslanden werden, ein tüchtiger stamm.
4) auffallender scheint eitel als häufiges epithel der nacht:
ich gieng bei eitler nacht.
die nacht die war so linster,
dasz ich kein stich mer sach. Uhland 6S3. Ambr. Ib. s. 377;
aber wir müssen allein dar
reiten bei eitler vinsier nacht. Teuerdank 29,23;
schwere träum bei eitler nacht. $prs!«gs Aeneis 367' ;
darnach bei eiteler nacht man in in ein marmelsteinis grab
legte. Bocc. 1535 fol. 1, 8', wo die gewöhnlich gebrauchte octav-
ausg. ton 1588 1, 18" blosz liest : in der nacht man in u. s. w.,
das original aber: poi la vegnente notte; nam die kuh in
dem stall und füret sie bei eitler nacht einen guten theil
weges auf Collen zu. seh. und ernst 1555 cap. 137. (1550 cap. 320
bei eitlicher nacht) ; meineten nicht anders man wolle sie
bei eitler nacht für gericht und zum tod füren, buch der
liebe 217, 3; und grif die nechste wagenburg an bei eitler
nacht. Tacics bei Fronsp. 3,257'; derhalben ist kein wunder
das Luther gut unverholen in disem jar schreibet und be-
kennet, wie er bei eiteler nacht vom teufel sei uberdisputiert
worden die mes und priesterei gar abzuthun. Jon. Nas das
fünft hundert der evang. warheit. Ingoist. 1570 bl. 416*
wolt eh bei eitler nacht davon. Atrer 394';
nachdem sie zu ihren zechen die eitele und finstere nacht
Terordnet. Kornmanj» mons Veneris s. 329 ; als ein überaus
schönes weib zu Alexandro bei eitler nacht kam bei ihm zu
schlafen. Lehman 2, 308 ; auch ist der pfarrer von Lengfurt
bei eitler nacht mit weib und kind auf einen stutz aus dem
dorf gejagt worden. Reinhard werlh. ded. 1, 251 ; haben bei
eiteler nacht mit brennenden lunten. bloszen wehren, hellen-
parten und groszem geschrei in die häuser eingestürmbt.
1, 254 ; und wurde ich noch bei eiteler nacht in groszer eil
zu dem kranken abgeholet. Simpl. K. 1025 ; und mich bei
eiteler nacht aus dem wald gemacht, über hecken und stan-
den geloffen, franz. Simpl. 1,37; die thäter alsobaiden und
zwar bei eiteler nacht aufhenken lassen. Abele gerichtsh.
1, 391. mit dem 18 jh. hört diese anwendung auf. was will
aber die eitle nacht sagen? man könnte an serena nox {Virg.
Geo. 1, 426) denken, widerspräche nicht schon der ersten stelle
inhalt, der sinn fordert entweder intempesta nox, ungestüme
nacht, oder finstere, lichtes leere. Stieler 22 und nach ihm
Frisch 1, 224* erklären bei eitler nacht, mulla nacte, wozu
sich nehmen liesze aus Brant 85, 143 :
TOD eim bad in das ander füren
TOD itel kelt in itei hiu,
wir würden heute sagen, aus groszer, entschiedner, barer
kälte in grosze, entschiedne, bare hitze.
5) heute verwenden wir eitel, im sinne des mhd. gemeit,
von einem der sieh seiner Vorzüge freut und ihrer bewust wird,
und vielleicht dürfte schon in jenem 'eitel' ror eigennamen der
nebensinn des stolzen, frohen gesucht werden, die frau ist
eitel auf ihre schönen bände, stolz darauf; er ist eitel auf
»eine pferde, froh sie zu haben; eine eitle, üppige frau; ein
gutes, eitles mädchen ; wo die Vorstellung des leichten, leeren,
unnützen kaum nachklingt. Göthe sagt 26, 337 : konnte man
ihm nachsehen, dasz er sich. seine persönlichkeit, seine Ver-
dienste sehr lebhaft vorempfand, so war kein umgang wün-
schenswerther zu finden, da mich nun überhaupt das was
man eilelkeit nennt, niemals verletzte, und ich mir dagegen
auch wieder eitel zu sein erlaubte, d. h. dasjenige unbedenk-
lich henorkehrte, was mir an mir selbst freude machte, so
kam ich mit ihm gar wol überein, wir lieezen uns wechsels-
III.
weise gelten und schalten, an dieses unschuldige, gleichsam
berechtigte eitle grenzt aber umschlagend
6) die abstraclion der ersten bedeulung, eitel im nachlhei-
ligen sinn von inanis, vanus, unnütz, falsch und vergeblich:
mhd. Itel und schalchaftic myst. lOi, 30 ; Uelej lachen. 319, 2.
nhd. ein eitler mann, thor, narr, Schwätzer, tropf; ich sitze
nicht bei den eiteln leuten und habe nicht gemeinschaft mit
den falschen, ps. 26, 4 ; aber der herr weisz die gedanken der
menschen, das sie eitel sind. 94, 11 ; es ist alles ganz eitel.
pred. Sal. 1, 2 ; so lange dein eitel leben weret. 9, 9 ; und
weichet nicht dem eiteln nach, denn es nützet nicht, weil es
ein eitel ding ist. 1 Sam. 12,21; sind in irem lichten eitel
worden. Rom. 1, 21 ; lasset uns nicht eiteler ehre geizig sein
ni vairjiaima flautandans). Gal. 5, 26 ; wiltu aber wissen, du
eiteler mensch, das der glaube on werk tod sei? Jac. 2,20;
so sie doch nichts sind, eitel sind, thoren sind, Sünder sind.
Luther 3, 24 ; wer sich einen menschen erkennet, der weisz,
das er nichts ist und eitel ist für gott. 3, 30 ; ist Christus
aber nicht auferstanden, so ist ewer glaube eitel. 1 Cor. li, 17 ;
aus hochfart und eiteler eer. Teuerdank . . .;
des eiteln hofs stolz, wiiz und rat- WKCKHBRLi.f 115;
und wan ja der musen kunst
nicht gar eitel und umbsunst. 380;
darf derowegen niemand für ganz eitel halten, was gedachte
Zonaras und Cedrenus und wir aus ihnen von etwa derglei-
chen buch erwähnen. Gryphics 1,3; sie belohnen uns mit
eitelem undank. Bltschkt Palm. 865; es misgönne ja keiner
dem andern seinen höheren stand, dann oft dasjenige so wir
hoch halten, anders nichts als ein eiteler abgrund ist. 86 ; es
leben die meineidigen, Stadt- und landverräther in eiteler
schand und spotte. 359 ; sein herz war mit eitelen gedanken
erfüllet und sein leib von hitze verbrannt, pers. baumg. 1, 32 ;
diese meine sorge war gar nicht eitel, ehe eines matTnes 324 ;
die eiilen sorgen, leeren schrecken,
die sich der kleinmuth unterm monde schaft. Gott» 1,107;
der fürstentafeln eitlen überflusz
froh zu entbehren. 1,3;
zu einer zeit, wo das Studium der natur als eitel und profan
gänzlich vernachlässiget wurde. Wieland 6, 265 ; das leben
ist eine höUe und der tod auch, doch vielleicht ist der tod
Vernichtung — eitler trosll dieses klopfende herz, diese angst,
dieser schauer, alles widerspricht dir. BhkWE der freigeist s. iSl ;
eitle versuche, die ohne zu wissen was man eigentlich zu
thun hat blindlings unternommen werden. Ka.nt 2,45; eitele
grundlose philosophie. 3, 190 ; die Voraussetzung ist eitel und
vergeblich. 8, 110 ;
hier athmet er ruhe,
von dem leeren geräusch der eitlen besuche gesondert.
Zachariä poet. sehr. (1772) 2,48;
es war ein eitler segen! Göthk 10, 18;
euer markten ist nur eitel^
nehmt zurück den ganzen beutel
oder macht die fünfzig voll. 11, 169;
nicht wahrlich solches eitle konnte mir
zu sinne kommen in dem Laus des todes. Schillik 602*;
dich hat der eitle rühm bewegt. 67';
nein, Mortimer, euch blendet eitle furcht. 411*;
so ist des geistes ruf an mich ergangen,
mich treibt nicht eiües, irdisches verlangen. 452*;
edler greis, noch immer gefallen dir eitele reden. IL 2,796;
und eiteles schwauen ist unrecht. Od. 4, 837 ;
ein gerücht, als wollten die Dänen mit aller macht in Sachsen
einbrechen war eitel. Dahlmann ddn. geseh. l, 40; was ist
eitler als ein junges frauenzimmer? seufzte die muhme. 'ein
altes' erwiederte die nichte. Hegner 5, 309.
Fragt es sich nun nach der würzet, so scheinen eitel und
eit ignis, pyra, ahd. ital und eit aus einer und derselben su
flieszen, welclier idi auch ahd. itis, ags. ides nympha, femina
überweise, in ahd. form könnte auf idan cid itum, in go-
thischer auf eidan aid idum, splendere, ordere geraten und
das skr. idh, indh urere, gr. ai'&o hinzu gezogen werden
{vgl. was unter eiter angemerkt ist), hierzu würden sich die
drille und fünfte bedeulung von eitel leicht ßgen, schwerer
die privativen 1. 2 und 6; doch bietet das buchstäblich an-
klingende goth. gamaid, ahd. giraeit von meidan maid midum,
ahd. mltan meil milum auch für die begrifsübergänge auf-
fallende analogie. goth. gamaids ist tit^^os, ahd. gimeil easstts,
hebes, mhd. gemeit aber laetus, superbus {wie eitel 5), ahd,
in giroeildn =x incassum, eis xevöv, ags. on tdel, ahd. Ita-
25
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EITEL
EITEL
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lingun, it. invano, franz. envain. deutlich steht lat. vanus
privativ, tcie eitel 1. 2. 6, gimeit aber beides, sowol privativ
als positiv, gerade wie eitel, nur gewinnt auch vanu3 seine
Position, sobald wir das altn. tsedd pulcher, splendens erwi-
gen, unser wän spes, golh. vfns, nhd. wahn pßegt sich eben
mit leer su verknüpfen, an sich selbst aber ist wahn schon
leerer, eitler wahn, falsa spes. der vierten bedeutung von eitel
kann das ags. 'on vanre niht' {in finstrer nacht) Beov. 1398
(1409) und 'niht van under volcnum'. 1295 (1306) vollen auf-
schlusz gewähren, welchen sinn meiden ursprünglich halte,
wird unter diesem worte gelehrt, die phasen unseres eitel er-
geben sich erst daraus, dasz das helle umdreht ins dunkle,
leere, das frohe ins vergebliche. Göthk lenkt also aus dem
rechten weg {26, 338) wieder in den unrechten, wenn er schlieszt :
wir Deutschen misbrauchen das wort eitel nur allzuoft, denn
eigentlich führt es den begrif von leerheit mit sich und man
bezeichnet damit billigerweise nur einen der die freude an
seinem nichts, die Zufriedenheit mit einer hohlen existenz
nicht verbergen kann, nicht leere, sondern schein, glänz,
lauterheit war die Urbedeutung, das mhd. gemeit, seinem sinne
nach, ursprünglicher als das goth. gamaids, ahd. gimeit. vgl.
auch üppig.
EITEL, n. vanitas: denn gott wird das eitel nicht erhören
und der allmechtige wird es nicht ansehen {vulg. non ergo
frustra audiet deus). Hiob 35,13; wie habt ir das eitel so
lieb und die lügen so gerne? {vulg. quid diligitis vanitatem).
|>j. 4, 3; das zeitliche leben ist nichts denn ein eitel. Luther
3, 17 ; eine flgur, ja ein eitel und triegerei. 3, 24 ; es ist alles
eitel und ein lauter eitel. 299*; aber die weit fragt nichts
darnach, fort imer fort mit irem eitel und frevel. 301 ; das
jenen so ein eitel oder nichts ist. 368'; oder hat er darumb
das brot zum eitel oder zum gespenst des leibs gemacht?
daselbst ;
lieben herren, wie so sehr habet ihr das eiiel lieb!
LoGAU 2, 239, ns (nach ps. 4, 3) ;
Deutsche müssen ja gar from und ohn alles eitel sein,
weil sie nach der eitelkeit ziehn in Fninkrcich erst hinein.
3, 104, 16.
dieser substantivische gebrauch hat hernach wieder aufgehört.
EITEL, adv. solum, blosz, lauter, nur, der zweiten bedeu-
tung des adj. entsprechend, ganz wie wir blosz, die Schweden
blott und bara setzen; in sehr häufiger anwendung, die doch
zahlreiche belege fordert, weil dadurch noch das adj. beleuchtet
werden kann, ich unterscheide
1) eitel vor Substantiven ;
iwär iwer tugenilicher munt
soll iiel (nichts als) zuciier €jjen. llxvTr 10,271;
daj er wart iiel sweij. Diocl. 1314,
dasz er iin blut wurde; 6g sint eitel wefp {nur weiber). Me-
CENBERG 254, 19 ; und schicket do vil pferd wider heim, doch
niemand erberg, dann eitel knecht (als nur knechte). Rozmital
153; darnach kamen wir in ein stat, heiszt Saris, sitzen eitel
jaden darin {nichts als Juden). 166 ;
das die frauen wänen, es wöll eitel honig regen (regnen).
fasln, sp. 344, 14 ;
das er uns gibt eitel eselsfeigen ze Tressen. 350, 17;
und soll zwal jar eitel bolzöpfel essen. 308,20;
ich wjl euch eitel (lauter. niclU* als) warheit sagen. 734,4;
und wollen euch eitel warheit sagen. 769, 19;
ich bab biszhar itcl kudcr gespunncn. Kbisersb. bilg. 49';
»i^ schwüren lausent aid sie spünnen eitel flachs und wann
sie es an dem liecht besehen, so ist es hanf, ain arm ding,
es wirt zwilcb darausz. spinnerin eC'; so hast du wol ain
ganzen häufen kuder gespunncn, dennocht schwürest du ainen
aid, er wer eitel flachs. f3'; das in darnach kain habermi°is
meer will schmacken, noch aier oder was man in gibt, allaia
es roSsz eitel schleck sein, ja denn betten si auch gern was
neuwes auszgieng {was frisch gewachsen ist), als birlin, kirs-
lin, denn zurkererbsen, und denn sprechen sie, 'mein miitter
hat mir es kauft', es ist als eitel gickerlis geckerlis. has im
Pfeffer cc7'; dasz er mag greifen zu Emmel in die herdc
und mag holen idel kuhe und hornlos ochsen und sunst kein
ander vihe. weisth. 2, 363.
die machten beide Isaac und Rebeca eitel herzeleid. t Mos.
tS,U; and war eitel segrn des herrn in allem, was er hatte
so baaM und zu felde. 39, 6 ; eitel menlin eins monden alt
und drOber. 4 Hat. 8, 89 ; da eitel dürre und kein wasser
war. b Mo%. 8, 16 ; iowendii war das ganze baut eitel cedern.
ikön. 6,18; der narren mund speiet eitel narrheit. spr. Sal.
15,2; es sind eitel risen. Jer. 5,16; du wärest gezieret mit
eitel {nichts als) gold und silber. Ez. 16,3; sein stuel war
eitel fewrflammen. Dan. 7,9; der teich sähe wie eitel blut.
2 Macc. 12, 16 ; also ist nu hie kein knecht mcr, sondern eitel
{lauter) kinder (svaei ni t)anasei))s is skalks ak sunus). Gal.
4, 7 ; obgleich die, den es befolhen und daran gelegen ist,
wider sie eitel banne regeneten oder hagelten. Luther 1,18*;
eitel Sünde. 3, 5' ; lasz es wol für der weit etwas sein, aber
für gott ist es eitel greuel, wo Christus nicht da ist. tischr.
1,33. verstärkt mit lauter: darum sind wir auszer und ohne
Christo eitel lauter narren, l, 82, wo sich beide Wörter auch
adjectivisch fassen lieszen.
ist nur eitel haut und knochen an im {nichts als). He5-
keberger beschr. Preuszens. Königsb. 1584. 239 ; ward von Por-
senna gefragt, warum sie eitel jungfraun und kein Jüngling
erweit hett? Livius, Sc/iö/ffWtn 27" ; und das schif da zu trüm-
mem gieng, als were es eitel gläser {nichts als glas) gewe-
sen. Bocc. 1,57'; zu nacht träumet uns von eitel widerwer-
tigkeit {nichts als böses), seh. und ertist 1555 cap. 154. 1522
cap.U^. 1550 cap. 130; die allerschönsten badsluben von eitel
marmelstein seind zu Alkeir. Frank wellb. 16'; und ihn gott
das himmelbrot und ein ganzen monat lang eitel wachtel zu
nieszen gab {vgl. 4 Mos. 11,32). 162'; sagten, si {die insel)
hiesz Marinina, und wer mit eitel weibern besetzt. 221* ; als
weren ire berg eitel metall oder edelgestein. 222';
es Ist da nichts dann eitel busz,
derhalben feilt er euch zu fusz.
Alberus wider Witzel M3*;
es verdrosz in wol, dasz seine gast nichts zu essen hatten
denn eitel zungen. Alberus Esop 9'; bat eine wurzel von
eitel zaseln. Tabernaemont. 107; ein häuf mehrertheil von
eitel Holländern gesamlet. Kirchhof wendunm. HO'; ein fähn-
lein eitel hackenschützen, mil. disc. 99 ;
über das wasser ist ein brück
gebawt von eitel qiiaiierstein. Fskbsk armbrusttch. F4';
kein man, sunder nur eitel frawen. iL Sachs 1,517*;
das wol eitel angel darinnen sein sollen. Neander sei. abst.
13; da regnets dann eitel glück. Garg. 75*; eitel schlangen,
eitel fewr. 224'; umb disz geschütz geben wir nicht ein kreuz,
dann es sein eitel piivilegia. bienenk. 10"'; da kam sie zum
schätz, da das gold innen war, und fand eitel frösch drinnen.
Helvicus 1,1J4; füllete den krug wider mit eitel honig. 116';
sein geheinlein soll hienieden
ümm sich haben eitel frieden. Fleming 340;
und aller dürrer Strauch müst eitel trauben geben.
LoGAU 1, HO, 61;
die stille, fi-ome zucht, die eingezogenheit,
die rede, wann sie schweigt, bring eitel lieblichkeit.
2, 12,38;
welchs eitel grillen waren, mückenkrieg 110,319;
die grafin gebar zwölf kindlein, eitel knaben. deutsche tagen
2,233; eitel männer und weiber. Fuchsmundi ^20 ; Völker und
königreiche sein eitel wasserwogen, die leichter brausen als
stillschweigen. Bdtschky Palm. 795;
nicht dasz ich hier das wort der wollust rede
im grobem sinn, die ist unleugbar eitel land. Wiiland9,54;
in eitel lust und praubt. 22,20, statt lauter, vgl. 23,322;
und was wir thun ist, wie es ihnen war,
voll muh und eitel Stückwerk. Götue 9, 32;
ja wol, eitel possen! 14,304;
behüte gott! wie sonst das zeugen mode war
crklilren wir für eitel possen. 41, 104;
Wahrheit redet er nie und eitel lügen ersinnt er. 40, 187.
2) eitel vor adjectiven, ohne nachfolgendes subsL, nur m
der älteren, nicht mehr in der späteren spräche:
sucht, tugent, eitl rain. Wolkinstbin i. IM;
ain T.irb von oiil grün. *. 160;
hör, liebste fraii, mich deinen knecht.
'*io^ hejciit dos naohi.s das lang goprechll'
nicht anders, rr.iii, denn eitel gut.
'sag an, waj dir sei zu miit'. fUndgr. 1,334,20;
smni hrn, und äugen eiio! fein. 1,336,24;
nUo dnn die minneclicheu z.irt
dtirzu ^icng, die itcl rein. Kkllims erzähl. 647,8;
ein blüinlin zart und itel fin. Ficuaho* arck. 3,219.230;
da Salt dir erwelen vierzig ritlere, von deoselbigen mIIu
zwanzig kleiden itcl wisz. altd. bl. 1, 141.
8) eitel vor adjectiven, welchen ein subst. nachfolgt: eitel
UDgeaeurt bruL 2 Mos. 13, 30 ; sind es doch eitel nackctc leut«
389
EITEL — EITELKEIT
EITELKEIT — EITELSUGHT
390
und keine krieger. Judith 5, 25 ; eitel falsche triegerei. Luther
3, 26'; eitel falsche wort. 3, 46; aus den schönen engein
eitel schwarze teufel werden, tischr. 1, 33 ; er hat geschworn,
keinen man, dann eidel jung ritter mit im zu bringen. Aimon
ke'; eitel streitbar fuszknecht. Frank tceltb. 163'; also ist
die an ir selben gut natur . . . eitel gute gäbe und creatur
gottes. de vanilate 118'; eitel fremde und ausländische leute.
KiBCHHOF disc. mil. 9 ; gar alle schwämme sind eitel über-
flüssige feuchtigkeit der erden, der bäume, der faulen hölzer
und anderer faulen dingen. Tabernaemokt. 1520;
wer dann hat die beule?
eitel fremde leute. Logau 2, 1S9, 69;
eitel gut ding, eitel gut ding
tragen die mägdlein in busen.
sieben lächerliche geschndlz. fliegendes
blau um 1620;
nur eitel kleine rencontres vorfielen, nord. Robinson 1, 149 ;
da war eitel wirksame thätigkeit. Stilli.ng 3, 93 ;
weiter, sagte der dacbs, nun kommt das märcben Tom hasen!
eitel leeres gewäsche! Göthe 40, 11.
Diese belege lassen alle fälle des adverbialen eitel Über-
sehauen, man bemerkt
a) dasx es dem adverbialen lauter analog ist. da nun lauter
UTsprünglieh und bis auf heule limpidus, lucidus, purus be-
deutet, vird auch eitel etwas ähnliches ausgesagt haben und
die vorhin gewonnene herleitung erlangt desto mehr stärke,
beide tcörter können einander vertreten und wir finden sie sogar
einigemal gehäuft, allmälich hat jedoch unsere spräche lauter
vorgezogen und bedient sich des eitel seltner.
b) beide gleichen auch dem adv. blosz darin, dasz diese
drei Wörter die lebloseren conjunctionen nur und nichts als
(mhd. niwan, wan) zu ersetzen vermögen, zuweilen auch ihnen
hinzutreten, nur eitel, nur lauter = nur = eitel, doch eitel
und lauter lassen sich nicht wie blosz, allein und nur, lat.
tantum, solum zu 'nicht' gesellen, dem ein 'sondern' folgt,
wir sagen nicht allein, nicht blosz, nicht nur, keineswegs aber
nicht eitel, nicht lauter in solchem sinn, insofern sind eitel
und lauter frischer als blosz. doch sehe man eitels.
c) eitel, das adv. und adj., bindet sich gern mit Wörtern
des glanzes: eitel gold und silber, eitel flamme, eitel edel-
stein, eitel pracht und verräth auch dadurch seine abkunft.
d) im zweiten fall, vor dem adj., hal eitel aber nicht die
bedeutung nur, sondern eine den sinn des folgenden adj. er-
höhende kraft, eitel weisz ist ganz weisz, schneeweisz, eitel
fein ausgesucht fein, ganz fein, wie man nd. hört idel god,
idel braf für ganz gut, ganz brav, dies ganz nähert sich der
bedeutung, die eitel auch vor Substantiven hat, er ward eitel
schweisz, eitel blut = ganz blut; eitel haut und knoche =
ganz knöchern,
e) im dritten fall vor adj. und subst. läszt sich eitel bald
durch nur oder blosz, bald durch ganz erklären, eitel leeres
gewäsche = blosz oder ganz leeres.
EITELDARM, m. ventriculus inanis, nnl. ijdeldarm, leer-
darm, einer, der immer hungrig ist.
EITELEHRE, f. vanus honor: zu falscher eitelehre. Luther
3, 25 ; in der eitelehre. 3, 50 ; es ist manch streit verloren,
der sonst gewonnen were, wenn die eitelehre gethan hette.
3, 329 ; da begund in auch die eitelehre anzufechten. 5, 452'.
EITELHAFT, ranus: wofern diese (/rosO gründe euch nicht
gefallen, so verwerfet sie deswegen nicht, sondern habt sie
für ein andermal zum hinterhalt und zwar so lange, bis die
zeit euch solchen von nnmuth eitelhaften sinn auszer sinne
bracht. Rctschst kanzl. 898.
EITELHEIT, f vanitas: also setzt uns auch der teufel für
die nichtigkeit und eitelheit des evangelii. Melanchthos 2 Cor. 11.
auch Melisscs bietet diese form dar. s. eitelkeit.
EITELING, EITLING, m. homo ambitiosus: Schwächlinge,
eitlinge. Dyanasore 3, 43.
EITELISCH, inanis: lügen und eitelische gedanken spin-
nen. Reinike fuchs. Rostock 1650 s. f83.
EITELKEIT, f. 1) vanitas, ftaratörr^i, nach der sechsten
oder etwa fünften bedeutung des adj. eitel, mhd. itelkeit. myst.
319, 10. Keisersbebg sagt statt eitelkeit wanheiu wandelten
irer eitelkeit nach und wurden eitel den beiden nach. 2 kön.
17,15; habe ich gewandelt in eitelkeit, oder hat mein fusz
geeilet zum betrug? Hiob 31,5; ich wandte mich und sähe
die eitelkeit unter der sonnen, pred. Sal. 4, 7 ; denn in eitel-
keit kompt er und im finsternis feret er dahin. 6, 4; denn
nach anderm gedenken, das ist auch eitelkeit und jamer.
6, 9 ; denn wer weisz was dem menschen nütz ist im leben,
so lange er lebet in seiner eitelkeit, welches dahin feret wie
eine {so) schatten. 7, 1 ; so sage ich nu, das ir nicht mer
wandelt, wie die andern beiden wandeln, in der eitelkeit ires
Sinnes {goth. gaggand in usvissja hugis seinis). Eph. 4, 17 ;
dienst, ämpter, glück und herrlicbkeit
trit ich zu grund als eitelkeit. Wecehehli!« 412;
(ein gemüte) das aller eitelkeit, die der gemeine mann
für grosze sacben hält, geu-ost entsagen kan. Opitz 1,143;
dein bimmel bat noch gröszre schätze
und Wollust sonder eitelkeit. Gcmuer 16;
ihr, die ihr götter heiszt und seid,
ihr grosz und starken dieser erden,
auch ihr gehört zur eitelkeit
und müszt, wie wir, zur asche werden. 148;
die eitelkeit wird selbst zur eitelkeit gemacht. 520;
hebt mit mir auf, denn gern sich selber lesen
und gern im Spiegel sehn, ist beides eitelkeit.
Geliert 1,211;
ein solcher kennt die eitelkeit der würden,
iu die das glück zu selten kluge steckt. Hagedorn 1, 12;
weil die eitelkeit, die an den endlichen naturen haftet, be-
stündig an der Zerstörung {des weltbaues) arbeitet. Kaxt 8, 327 ;
um mich von der eitelkeit der theurgie, in die er mich so
verliebt gesehen hätte, desto besser überzeugen zu können.
Wielasd 2, 22 ;
ah, wegen einer that! nur ihr, ihr sollt
sie wissen, nehmt sie aber mit ins grab.
uocb hat mich nie die eitelkeit versucht,
sie jemand andern zu erzählen. Lsssi.ng 2, 323;
wer ist von eitelkeit so frei,
um nicht für seinen glauben gern zu werben? Scbillkr 281';
um da durch predigt uml gesang
so lieb als wem, die eitelkeiten!
obn roth zu werden, zu bestreiten ! Göu.fGK 1, 71.
2) splendor, pracht:
die meerwunder ihr gesiebt
ab solcher eitelkeit ergötzen. WECKBEHLüf 56S.
3) vacuitas, leere:
vor eitelkeit die dünnen {tonnen) klungen,
all hauptreif waren abgesprungen. Waldis 3,94. p. 192'.
EITELKEITSLIERE, /. rerum inanium amor.
EITELLÖTIG, levis ponderis : es seind die blawen enten mit
ewern fabeln und eitellötige fallaciae. Paracelsds 1, 78l'.
EITELMACHERI.N, f. mhd. itelmecherinne, eine frau, die
mit blick, rede, gewand männer an sich ziehL Bebthold 389.
454 und in Göbels ausgäbe 1, 35 vgl. vorr. vi.
EITELMüT, m. levitas animi : ich ehrte die grenzen meines
geistes und kein eitelmut stolzen erforschens risz mich hin
zu ihrer Überschreitung. Dyanasore 2, 164 ; die froheit, die der
mensch nur ferne vom geräusche des throns, der ruhmsuchl
und des eitelmuts findet. 4, 54.
EITELN, als einfaches verbum erloschen, dauert nur in ver-
eiteln, allh. galt ttalan, aritalan, Ajaritalan, ags. idiian und
äidlian. nnl. sagt man noch ilen = ijdelen, eitel sein, Kilia:t
hat es auch im sinn von evacuare, den pot ijdelen, leeren.
EITELREDIG, vaniloquus, ruhmredig.
EITELRUHM, m. vana gloria. Stieler 1638.
EITELS, adv. solum, tantum:
doch ist die schulde nicht eiiels dein. altd. bl. 1,405,
also ein beispiel der unter eitel adv. b) geleugneten abstraction.
EITELSCHÖN, pulchritudinis ftuidae. Stieler 1754, eine un-
gewöhnliche, aber gute Zusammensetzung, in welcher der ur-
sprüngliche sinn von eitel durchscheint.
EITELSINN, m. wenn jedes gelingen übermütigen eitelsinn
zeugt. Dyanasore 3, 78.
EITELSIN.MG, vanus, ambitiosus: der eitelsinnige Mnrat,
Beckers weltg. 14, SSO.
EITELSTOLZ :
und war so stolz ob ihrer Schönheit lichte,
wie man noch nie gesehen einen pfau,
der eitelstolz, wenn man ihm lob bereitet
den bunten schweif der sonn entgegen breitet.
Gbiss Bojarao 1, 29, 5.
EITELSLXHT, f.
weltsinn und die well,
die wenn man sie selbst begreift
und mit Zangen hält und kneift,
wie ein bläslcin doch verzischt,
wie ein räucblein hin verswindt,
und die eiielsucht sich lindt
im verderben hölientief. Schottblics in einem gedieht
vor Glasenapps evang. weinberg. Wolfenb. 1651. 8.
25*
391
EITELTÖNEND —EITERBEIN
EITERBEULE — EITERN
392
EITELTÖNEND, vanisonus:
ein toilier klumpen ist dein herr,
du bist ein elteitönend erz. Börckk 42'.
EITELWORT, n. vaniloquium. reichsabsehied von 1515. 3,1.
die lusammenselzung ist aber oß nicht von dem einfachen wart
lu unterscheiden : du wirst mir eitel worl verheiszen, steht im
buch der liebe 212, 4.
EITEN, ardere und transitiv eoquere, im (euer brennen,
lebten, wie eit ignis, ahd. und mhd. (GRArr 1, 152, mhd. wb.
1, 427*), scheiden sich aber von eitel wie vom laut der abtaut,
eit ignis, citan ardere, tlal splendens. noch in einem weis-
thum von 1485. 3,485: der ulner {eulner) halben weisten sie,
das die ulner, die in der mark gesessen sein, irer sei vil
oder wenig, die mögen alle jare und eins iglicben jars drei-
zehen male aiden ire dopfen oder aulen und nit rae, und
soln die aiden mit liegendem urbolz, und wnn sie ire uln
oder dopfen geaidt bau, und können sie dan nit verkaufen
in der mark, so mögen sie die ufladen. auch im weisthum
über die mark Rodheim vom j. 1454 heisxt es: item sollen die
eulner eiden mit keinem grünen holz, sonder mit dorrera und
wintschlegem bolz, eiten würde ags. ädian, golh. aidjan ge-
lautet haben und entspricht dem gr. ai&etv, skr. indh für
idh.
EITER, n. und m. pus, venenum, ahd. eitar, mhd. eiler,
alls. 6lar oder ettar, nnl. etter, ags. Stör und aller, allengl.
alter (VVricht 1, 125*), alln. eitr, norweg. eitr, schw. eller, dän.
edder. da eiter und gift brennen, liegt die Verwandtschaft
mit eit ignis vor äugen (selbst pus puris scheint an purus,
vielleicht an 7cv^, zu rühren), obgleich ags. dlor, aller von
Ad pyra, rogus abslehn und die verdoppelte consonanz, wie
man annehmen musz, mit gekürztem vocal auffällt, das zend.
älar ignis und lat. fiter, schwarz gebrannt von feuer enthalten
sogar beide silbcn. schob sich nun die media des ags. &i
fort in die tenuis ätor, so darf nicht befremden, dasz auch
die tenuis des ahd. eit weiter rückte 'in die asp. eij ulcus,
welches oben derselben würzet zugesprochen wurde, folglich
gleichen einander die geschobnen linguallaute des ags. ätor,
alin. eitr, ahd. eij vollkommen, wie sich auch die begriffe
pus, santes, tabum, ulcus unmittelbar berühren, merkwürdig
finden wir bereits im ahd. mtdan meit mitum, mhd. miden
meit milen ähnliche laulstörung, nochmals in heiler und heisz.
hiernach wäre also auch a'Cd'co verwandt mit olSoe.
Unter eiter versteht man sowol das entzündele, in fdulnis
übergehende blut, als das thierische gift, zumal der drachen
und schlangen (vgl. Parz. 481, 11. 13), nicht aber den in kräulern
und mineralien enthaltnen gißslof (doch s. eitergift). es heiszt
flieszender, voller, dicker, weiszer, schwarzer, reifer, stinken-
der eiter, gerade wie auch vormals eisz gesagt wurde; es
setzt eiler, beginnt zu schwären; den eiler zur reife bringen,
pus maturare, den eiter ausdrücken, der drache speit eiler,
die schlänge gift ; alln. eitri fnaesta, mit eiter um sich blasen ;
der eiter greift, friszt um sich.
ein Qeiszig weih ist ein kröne ires^annes, aber ein un-
fleiszige ist ein eiler in seinem gebeine. spr. Sal. 12,4; ein
gOligs herz ist des leibs leben, aber neid ist eiter in beinen.
14,30; eiler gehet in meine gebeine. Habac. 3,16; das sich
das eiter herauszer setzet. Bracnschweig 26; sie bett aber
vielmal die harten tchwärn mit gebraten zwibeln aufgeweicht
und den eiter herausgezogen. Kirchhof tcendunm. 120'; druckt
im aus der wunden den eiter. 203* ; flehtet und wütet wie
das eiter in den feinen. MGt.MATtN geisel 7; ein bOses Wund-
mal, darunter ein gefährliches und vergiftiges eiler steckt.
Lebmam 2, 145 ; wollte das aiter aus dem geschwSr und zei-
tigen aiszen heraus saugen. Megerlb 2,18;
meines leibs und gaisis beul, aiter und gestaok.
WlCEHKÜLIN 151 ;
ich bin an solchen wunden krank,
die »ich nicht siillen lassen,
di« faules eiter und gestank
mit grosxer abicheu fassen. OriTX S, 168;
ihm reicht man kein gebisamt gift,
das dracbeneiier (ibertriri. GkTPUios 1,380;
in ihren ädern (lieitzt ein unverfRlscht geblüte,
dann kein erblich Kifi von siechen TAinrn »chlnirhl,
da» kummer nicht »erjrnlli, kein fremder wem bf-feuret,
kein geile* euer fault, kein weJKcher koch vrrsnuret.
ÜALKa ged. 37.
EITERAUGE, n. oculus pui movens, eiterndes äuge.
EITERREIN, n. ot put eoUtgent, eiternder knoche: das eiter-
beio mit einem zftnglein ausgezogen. Sbutbi 306.
EITERBEULE, f. tumor purulentus: von den fuszsolen bis
aufs heubl ist nichts gesundes an im, sondern wunden und
Striemen und eiterbeulen. Es. l, 6 ; regnete eiterbeulen über
geinen leib. Fr. Müller 2, 12 ; eiterbeulen schneiden, vfnen.
EITERBILDUNG, f puris fomialio.
EITERBISSIG, mordax, virulentus: Hiob hatte einen höl-
lenrigel daheim, eine eilerbissige haderkatz, die ihn verhöhnet
in seiner Jammeraschen. Oino krankentrost 933; also dasz der
abgesandte nicht so eiterbissig empfangen wurde, als ich mir
wol eingebildet, obzwar ich auch nicht glauben kan, dasz er
eben auch so gar ein angenehmes und köstlich botenbrot
gekriegt haben wird. Simpl. stolzer Melcher s. 852.
EITERBLÄSCHEN, n. pustula.
EITERBLASE, f. vomica, eiterbeule, pfotz.
EITERBLATTER, /. dasselbe.
EITERBUTZE, m. matrix puris. hierfür sind schon 1, 590
unter butze stellen und erldulerungen gegeben worden: wenn
sie {die geduld) dennen zucket die wurzel und den eiterbutzpn
usz dem isen (i. eiszen) des mugens, das ist die Irurikeil.
Keisersberg fciZjer 60*; sobald der eilerbulz au» dem eiszen
gezogen wirt. sieben schwert. cc5'; wo der eilerbulz eigner
liebi (der Selbstliebe) stecket, da ist der grund aller falsch,
disi falschi liebi, der kime musz mit groszer arbeil und stetem
flisz abgepfetzet und uszgerület werden, parad. der seien 2* ;
es gat bar ausz dem eilerbutzen eigner liebi. 31*; wiltu das
der eilerbulz der betrübung und des unfriden nit mer in dir
eiter und ufbrech, so must du alle wurzelen der betrübung
ausz deinem herzen zerzerren. 71*. bei Nemnich ist eiler-
bulz, oaterbalze, eilerbolze benennung der ribes grossularia,
wol nach dem aussehen der beere, vgl. auch 1, 1044 auterbutz.
EITERECHT, purulentus : dieser saft soll auch gut sein zu
den verwundlen und eilerechlen orten. Tabernaem. 1451 ; sol-
ches Wasser machet die eiterichten schaden sauber und trucken.
822.
EITEREISEN, n. ferrum quo pura secantur: nimb ain aiter-
eisen, schneid ihm (dem rosse) am schusz hinein, bis blut
von ädern heraus gehet. Sedter 130.
EITEREBZEÜGUNG, f was eiterbildung.
EITERFARBIG, mhd. eitervar.
EITERFINNE, /. was eiterblalter.
EITERFLUSZ, m. ulcus manans : alle die eiterflüsse haben
und die an den todten unrein worden sind. 4 Mos. 5, 2 ; der
ein eiterniisz und aussalz habe. 2 Sam. 3, 29.
EITERFHASZ, m. fressender eiter.
EITERGALLE, f oxyreuma, o^vQeyfiia. Diefenbach 404*.
EITERGIFT, n. aconitum, gißkraut. Oberlin 299. im voc.
rerum ed. Wackernagel steht eitergift für virus.
EITERGESCHWÜLST, f abscessus, apostema.
EITERHAFT, venenatus.
EITERHARN, m. mictio purulenta.
EITERIG, wie eilericht, eilerecht: ein pfotz, eiterig blater.
Dasypodius 293*; it aber der tritt alt und eiterich, auch böse
flaisch darinnen. Seuter 344.
EITERISCH, dasselbe: eiteriscber schleim. THORNEissBRno%.
ausschr. 16.
EITERKRAUT, n. origanum, da; auf dem veld wehset, da;
haijet örkraut, und haigent e; etleich aiterkraut, aber e;
hai;t pilleich ürkraut, wan e; ist den siechen örn guot. Mbgb*(-
BERG 301, 20. Nemnich hat unter origanum keinen dieser na-
men, wol aber das aus dem lat. wort entspringende organ und
orant. .
EITERMASSE, f. matsa puris.
EITERMÄSZlG, puri similis : wenn die stude ein weisze
und eitrrmllszige zunge hat. Uffbnbach 2, 211.
EITERMILCH, /. lac corruptum, gißige milch:
und verbuhlie modeammen sSugen
sie mit eitermilch aus giflgem ului. Münchhaosin.
EITERN, put colligerf, eiler absetzen:
mhd. des kOneges wunde geiiert was. Part. 481, 5.
nkd. aber wenn einer ein eiszen bat., solang der butz darin
ist, solang eitert er immcrmeder, zftrhslu aber den butzen
herausz, so höret er uf eitern. Keisersberg t.d.m.i^*; wan
die butzen hernusz kuminen, so eitert der eisz nümme und
schwirt nit herausz. 43*; von wrlrhrni streich im die band
ahnam und eiteret Brant bei Steinhdwel Esop \39 ; die wunde
eitert, bat geeitert; die wunde, du geschwilr tum eitern
bringen.
393
EITERMISSEL — EM EISZ
EmTISZARTIG — EKEL
394
EITERNESSEL, f. urtica urens, brennessel. man hat nicht
nölhig, ein ursprüngliches eitnessel amunehmen, da auch in
eiler die brennende kraft enlhallen ist. Mecesberg 423, U
sagt: Urtica haijet nejjel. dag kraut ist dreiriai. ainz haijet
die tot negei, diu prent niht und ist doch gestalt sam ain
nejjel. diu ander haijt die kriechisch ne^el, diu ist klainer
und prent vester wan diu gemein nejjel. diu dritt ist diu
gemain. früh aber schon vurde daraus heiternessel gemacht
{mhd. icb. 2, 332'), wie aus eischen heischen, obwol heiter sich
XU heij verhalten könnte wie eiter zu eij.
ElTERPOCKEiN, variolae purulentae.
EITERRECHSüNG, /: empyema. Diefesbach 201*, ^^jrv??.**«,
d. i. eiter und gesehwür. der glossator sah aber darin etwas
von mvct) und setzte aiterrechsung, was eiterauswurf bedeutet,
von ausrechsen, auswerfen, ausspeien, ahd. öjgirahsinan.
EITERRUFE, f Scabies purulenla. Pi.nter 423, vgl. ahd.
hriub scaber, leprosus, hriubi und hruf Scabies, lepra.
EITERRUHR, f. dysenteria purulenta, rühr, bei der blut mit
Hier abgeht.
EITERSACK, m. vomica.
EITERSÄLBLEIN, n. terpentinsalbe. Stieler 1«7S.
EITERSTAR, m. Cataracta purulenta, milchstar.
EITERSTOCK, m. was eiterbutze, feste eitermaste, ventri-
culus furunculi.
EITERTRIEFEN, n. lippitudo, triefauge.
EITERUNG, f purulentatio : es zur eiterung bringen.
EITERUNGSMITTEL, n.
EITERVOLL, maliliosus :
eiTersucht kocht gifl
im eitervollen herzen. Lissing 2, 504.
EITER\\TISZ, subßavus, weisz wie eiter: wenn aber etwas
eiterweisz ist an der haut seines fleischs. 3 Mos. 13, 4 ; dar-
nach an demselben ort etwas weisz aufferet, oder rötlich
eiterweisz wird. 13, 19.
EITERWEISZ, n. Scabies: bleibt aber das eiterweisz also
stehen und frisset nicht weiter. 3 Mos. 13, 23.
EITERWURZ, f. was eiterkraut.
EITERZIEHEND, suppurans.
EITLICH für eitellich, wie adlich für adellich, gleichviel mit
eitel, s. das unter eitel 4 angezogne 'bei eitlicher nacht' i/o»
'bei eitler nacht'. Stei:«bach 1, 335 schreibt eitelig.
EITOFEN, m. fomax, caminus, feuerofen, brennofen, ahd.
eitofan (Graft 1, 176), mhd. eitoven (mhd. wb. 2, 455'), führen
auch noch spätere vocabulare fort. Diefenbach 243'; nicht
mehr Dastpodics, Frisics, Hesisch, so dasz es als erloschen
betrachtet werden musz.
EITSCHE, f. rana bufo, was auke 1, 816, ajjs. yce; ver-
schiedentlich auch eutsche, ütsche, itsche, ütze. Wolfs zeitschr.
für mythol. 1, 36.
EITSTEIN, m. könnte buchstäblich feuerstein, pyrites aus-
sagen, wobei dahin gestellt bliebe, welcher stein zu verstehen
sei. Diefekbacb 86' hat cacabre aitstein, bernstein, was doch
zunächst agstein, agtstein, achates (1, 190) »nein/, es gibt aber
einen Ortsnamen Eitstein oder Heitstein, im bairischen walde,
so daj ir siie und ir sin
was gelich der marcgrävin,
diu dicke vonoie Heitstein
über al die marke schein. Parz, 404, 1,
«0 wol noch auf das leuchten des steins in die ferne ange-
spielt ist, eine lesarl aber Aitstein gibt, heute lautet der name
Haidstein (Hacpt 11, 49), heit für eit kann Eisprüngen sein
wie heischen ßr eischen. Förstema."«» 2, 129S. 1299 hat nichts
entsprechendes.
EIVOLK, n. aves, das aus eiern entspringende volk, wie
man a^is und ovum, oicovoi und (oöv zusammenstellt ; ich
versuchte auch adebar, odeboro (1, 176) mit dem gemutmaszten
goth. addi ovum zu vergleichen, oben sp. 76 entschlüpfte der
fehler, dasz dem ovum, addi keine skr. form zur seile stehe,
sie lautet bekanntlich anda n. und bedeutet sowol ovum als
testiculus. andaga, ovo natus, eigeboren ist also der vogel,
ein ausgezeichnet treffendes, dichterisches worl.
lauf^ aus ihr kleinen götter,
ihr eiToIk, Papbos rühm, bringt Trische mTrtenblätter.
FtBMIMG 159 (161).
EIWEISZ, n. album ovi, vjl. eierweisz: wenn ich bedenke,
dasz in dieser lebensbeschreibung ein kleines Unglück immer
die eierscbale und das eiweisz eines groszen war. J. P. Hesp.
4, 163.
EFWEISZARTIG, im ehymus sind alle mehligen nahrungs-
beslandlheile schon in zucker und die übrigen in eiweiszähn-
Itche Stoffe verwandelt.
EIWEISZGEBILDE, n.
EIWEISZHÄUTCHEN, n. der vater sagte, einen Stiefel
woll er mit einem eiweiszhäutchen, statt pfundleder, eben-
sogut besohlen als den jungen zum bauersmann einrichten.
J. P. fleqelj. t, 60 (42).
EIWEISZSTOF, m. dem eiweisz ähnlicher, in pflanzen eni-
haltner slof.
EKEL, m. fastidium, taedium, nausea, eins der auffallend-
sten Wörter unserer spräche, heute feststehend und besonders
im adj. zu feinen Unterscheidungen ausgeprägt, war es ehmais
unerhört, tritt auch in den übrigen deutschen sprachen fast
nirgends auf man spricht das anlautende e durchweg lang,
und die frühere Schreibung eckel ist darum zu verwerfen, wie
sich auch zuweilen eikel findet: ein eickel und abschew. Rol-
LENHAGE.t wundevb. reisen 86. Hemsch 787, 17 eickel neben
eckel. schon aus diesem grund Idszt sich weder goth. agius
difßcitis, agiö molestia, noch auch agis horror heranziehen,
so nahe die Vorstellung des grausens oder greuels anschlösse,
überdies wird agis im ahd. egiso zu mhd. eise, was von ekel
absteht.
ersten anhält zu gewähren scheint nun eine vereinzelte stelle
des mhd. Reinhart 80, wo frau Pinte zu Schanteclir sagt:
der riche got beschirme dich,
mir gät über erklicb {al. berklich),
mir grüwet so,
was etwa heiszen musz mich überfährt ein Schauder, mir grauet;
wozu kommt, dasz Frisics 859* und Maaler lOS* erken nauseare
verzeichnen, die Zürcher bibel von 1530 ps. 107, 18 omnem
escam abominata est anima eorum verdeutscht 'es erkelt irer
seel vor aller speis', 6« FROMXA.t.N 5, 222 aus dem Unlerinn-
thal 'erken, scheu, schüchtern sein etwas zu nehmen' ange-
geben ist und SiALDER noch aus der lebenden volksprache 1, 441
'gergeln' d. i. geergeln ßr ekeln, 2, 512 'erggelen, verdrieszen'
anführt, vergleicht sich das engl.' it irks me, es ärgert mich ?
Wrigbt ». 597 kennt ein altengl. irkle to trouble, und ein
adj. irk slow, tedious, Jamieson gibt irk to tire, lo become
weary, irk indolent, vfobei auch das ags. earg iners, unser
ahd. arac, arc erwogen werden darf, ist aber zu glauben,
dasz aus erklich un^er eklich, aus ergeln ekeln entspringe?
zumal in erken nauseare, in erkung nausea das 1 fehlt und
kein eken, ekung auftaucht.
scheine ich also die vormals angenommne gleichslellung von
erklich und eklich selbst wieder in zweifei zu ziehen, so kommt
auch noch eine weiter einleuchtende analogie in betraeht. ekel
ist in andern oberdeutschen mundarten deutlich heikel oder
haikel (ScHMELLBR 2, 165. HörER2, 19. Scbiiid 269), oucA Stieler
730 gewährt ausdrücklich: hekeler homo difficilis, morosus,
es ist gar ein hekeler mensch, nausealor est, ganz wie wir
hernach unser adj. ekel gebraucht sehen werden, ja Adeld:«c
hat, ohne an ekel zu denken, häkelig eingetragen und bei ekel
zwar häkel als synonynt angeßhrt, buchstäbliche Verwandt-
schaft beider Wörter nicht angenommen, wie sich freilich hakel
auch ßr häkeiicb difficilis, morosus halten liesze. eikel, ekel
und heikel, hekel verhalten sich aber wie eischen unid hei-
schen, eit und heit, die herleitung von ekel aus erkel könnte
daneben bestehen, zumal bei erklich die lesart herklich vor-
bricht, syncope des r ereignet sich sonst genug, z. b. aus morser
wird moser, aus marder mader, aus kerder köder, es wäre
landschaftliche abweichung, dasz die Schweizer erkel, andere
Stämme ekel, Schwaben und Baiem heikel sagen, doch setzt
Stalder 1, 93 auch ein äken, zum ekel wiederholen an. viel-
leiclit, dasz uns noch aufschlüsse über die würzet bevorstehen,
man denkt zunächst an ahd. Srchan, herchan genuinus, dessen
bedeutung sehr umschlagen müste um den sinn von morosus
zu erreichen. Das veraltete nl. ekel aeuleus, ekelen stimulare
{Diut. 2, 229'. Hoffüaxns gloss. belg. 25) liesze sich nur hinzu-
halten insofern Stimulus allenfalls incitamentum vomilus wäre,
vernehmbar klingen aber das poln. eklid sif nauseare, ckliwo^6
nausea, fastidium, böhm. oskliviti nauseare, osklivost nausea,
osklivy fastidiosus an den laut kl tn ekel, und könnten, da
diese Wörter gerade den übrigen sprachen abgehen, von uns
erborgt sein; es käme darauf an, seit wann sie im gebrauch
sind. Kühnste ableitung wäre die von eiche, nd. eke (brem.
wb. 1, 299), nnl. eiker schif, wie nausea von navis.
Eher als im 15 jh. ist nun nhd. ekel noch nickt geßnden
395
EKEL
EKEL
396
(«. ecbelen 6« Diefenbach 376'), im 18, seil Luther, greift i
es um sich und wird von Henisch 7S7, 17 aufgenommen, wäh-
rend es Dasvpüdius noch nicht kennt} seltsam dasz Keisers-
BERG keine gestalt darbietet, weder erkel, noch ekel, eikel.
ni. ekel und bekel, doch seilen, Kilian schreibt ackel, eckel ;
ins nd. sind einzelne ableitungen und Zusammensetzungen wol
aus dem hd. entnommen, gleich dem schw. eckel, dän. ekkei, ekel.
Das substantivische ekel drückt aus
1) nausea, vavria, sinnlichen Widerwillen und abscheu, lumal,
wie das griechische worl ausdrückt, im schiffe seefahrender, bis
zum erbrechen: einen ekel vor etwas haben, nnl. eenen ekel
aan iets hebben ; darumb wird euch der berr fleiscb geben, das
ir esset, nicbt einen tag, nicht zween, nicht fünfe, nicht zeben,
nicht zwanzig tage lang, sondern einen inonden lang, bis das
euch zur nasen ausgehe und euch ein ekel sei, vulg. donec
exeat per nares vestras et vertatur in nauseam. 4 Mos.
11, 18 — 20. das ist jenes 'mir gdt über erklicb', mir stüszt
auf, wie es abergl. L, 51 heiszt : so man (in den undernach-
ten) gen metten get, so der mensch ein runzt (ruclal) und
get über sich, so stirbt er des jars nicht ;
der hat ein ekel (ur dem allen
was ihm geschähe zu wolgefallen. froschmeuseler F S^ ;
ihr eckel ist so grosz, dasz weder speis noch trank
kan ihnen nützlich sein. Wbckusrlin 245 {ps. 107,18);
doch kommt mir ein, dasz auch die süszien sacben
durch oAen brauch bisweilen eckel machen.
ScuöNBORN bei Gryphius 2, 501 ;
auch zucker bringt eckel durch steten genusz. Günther 259;
die erste schiffart zeugt den eckel vor der see. ders.;
dasz als er folgenden tages eine {der besehmieTlen birnen)
abgeschlagen und essen v^ollen, ihm ein heftiger eckel zuge-
standen. Weise erzn. 409. man sagt: das erregt mir ekel,
ich esse mit ekel, Widerwillen; ekel machen, bringen, ver-
ursachen, vertreiben.
2) geistigen Widerwillen: und meine seele wird an euch
ekel haben, et aborainabilur vos anima mea. 3 Mos. 26, 80;
darumb das ire seele an meinen Satzungen ekel gehabt hat.
26, 43 ; du solt einen ekel und grewel daran haben, abomi-
nationi Labebis. 5 Mos. 7, 26 ; darumb hatte er einen ekel
wider Israel. 1 kön. 11, 25 ; oder hat deine seele ein ekel an
Zion ? Jer. 14, 17 ; es mag leicht etwas an frembdem gebrauch
im ein eckel machen. Kirchhof wendunm. 204* ; dasz ich von
ihrer gegenwart einen eckel bekam, pers. rosenlh. 2, 27 ; alles
was ich zuvor an ihr verwunderte und liebele, war in einen
eckel verwandelt. 5, 10 ; bekommt einen eckel zum Studium.
ScBOCH slud. leben B. ;
auch die deutschen Kastalinnen
sind ein eckel meiner sinnen. Fliiino441;
es ist ein Wechsel aller sachen,
auf schein kommt plitz, auf tag folgt nacht,
ein nasses leid auftrucknes lachen,
auf woUust das was eckel macht. 500;
sobald nun die pfeile des mächtigen knaben
den kindischen eckel gebändiget haben. GUnther 929;
dasz die liebe niemals sättige und also keinen eckel erwecke.
Menastes gal. well 2, 9 ; ohne zweifei hatten meine zwei letz-
tern Verfolger bei dem traurigen Verhängnisse ihrer Vorläufer
einen eckel geschüpfet mir weiter nachzueilen. Felsenb. 1, 49 ;
weil ich dennoch einen starken eckel bei mir verspüre, mit
einem frauenzimmer solches Schlages ins ehebettc zu steigen.
3,437; die einwohner aber haben von alters her einen groszcn
eckel vor dem namen eines dorfs gehabt. STiLLiNGs;u(/efld 1, 1;
wir unser herz von ekel leer,
so wQrde bald ein wollusimeer
aus jedem hugel in uns Uieszen. Hallir 114;
der Patriarch braucht mich zu allerlei,
wovor ich groszen eckel habe. Lcssi.ig 2, 320 ;
ein starker schall war mir zuwider, krankhafte gegenstände
erregten mir ekel und abscheu. GOtbe 25, 251 ; gott sei mein
zeuge, ich verabscheue euch, ich habe einen rkel an euch,
und das herz gällt mir im leibe, wenn ich euch anschaue.
Schiller 960*; er ist mir zum ekel, abscheu, ganz zuwider,
wtdersltht mir. Kant sagt 10, 158 : der ekel, ein anreiz sieb
de« genossenen durch den kürzesten weg des speisekaoals
n entledigen (sich zu erbrechen) . . . weil es aber auch einen
gaUtesgenuiz gibt, der in der mittheilung der gcdankm be-
steht, das gemüth aber diesen, wenn er uns aufgedrungen
wird und doch für uns nicht gedeihlich ist, widerlich findet . . . ,
10 wird der inslinct seiner los zu werden, der aoalogie we-
len, gleichfalls ekel geiuaal.
3) den gegenständ des ekels und Widerwillens selbst, die
sacht oder auch die person:
aber die vielküni^tliche (spinne)
überzieht mit grauem ekel
die sitberblatter. Göthk 56, 4.
von einem widrigen menschen heiszt es 'der ekel!' ähnlich dem
persünltch gebrauchten der unflut, abschaum, eigensinn u.s.w.
4) synonyme: ahd. unwilio, unwillido, wullido, wullunga;
Unlust, urlust; majleidi (verleidete speise), nhd. maszieidigkeit,
altn. leidstafr, engl, loathing; alln. vidbiodr, ic/ito. motbjudande,
ddn. modbydelighed ; alln. veigja, nd. walginge ; schw. vämmjelse,
dän. väminelse u. a. m.
EKEL, adj. 1) faslidium afferens, ekelerregend, abscheu-
lich, widerstehend, nicht vor dem 17 jh. im gang.
a) sinnlich:
ich bin verduttet ganz, dasz ich auch kan vergessen
das grauerlicbe brot und eckle kost zu essen. Fleming 22;
denn der frau mutter pietz war mir zu eckel. Schelmufsky 5 ;
dasz das süsze wasser gar stinkend und mit eckein wünnern
angefüllt wurde. Felsenb. 1, 89 ; bis diese eckele gruft voll-
kommen zugefüllet ist. 1, 174 ; anfangen musten leder und
andere noch eckelere sachen zu ihrer speise zu suchen. 1, 334 ;
der speisen ekle menge.
die fesseln scherz und freude nicht. Uz 1,21;
ich trinke nicht stets äincn wein.
das möchte mir zu eckel sein. Lissing 1,82;
ein frauenzimmer, das denket, ist eben so eckel als ein mann,
der sich schminket. 2, 166 ; das ekle gewürm, von der fäul-
nis gezeugt. Klinger 2,327; des todes ekle kälte. 2,440;
bergab gleitet der weg,
ekles scliwindeln zögert
mir vor die stirne dein zaudern. Göthk 2,68;
um dir des grabes Vorgeschmack im ekeln moder zu bereiten.
8,276;
und setzt die ekle schaudervolle speise
dem vater bei dem ersten mahle vor. 9, 18;
eine so starke würze, dasz selbst schale und ekle brühen
davon schmackhaft werden. 18, 86 ;
wie sich die doppelzwerggestalt
so schnell zum eklen klumpen ballt. 41,41;
begierig du auf Icichen, ekle leiche selbst. 41,192;
nun zaudert sie und will den düstern ort,
des schlechten leichnams ekles haus nicht lassen. 41,323;
der ein bildnis seines erhabenen monarchen an einem eklen
verächtlichen ort aufhängen wollte. 42, 151 ;
den hart hinunter flosz in eklem scbwalle
der geifer, der aus mund und nase rann,
wie maus am tollen bund erblicken kann.
GaiES Bqjaräo 2, 18, 47 ;
du ekler sprösziing aus des vaters lenden,
du lump der ehre, du mein abscheu!
ihou loathed issue of thy faihers loins.
thou rag of honour, thoii detested! UichardlU. actl sc. 3.
b) abstracl: in einigen tagen lief folgender, verzweifelt
eckele brief bei mir ein. Felsenb. 2, 129 ; ein eckler aufent-
halt für einen Soldaten. Lessing 2, 91 ; hier endlich thut der
träumer seine erste frage an den gcnius, denn noch hat der
genius beständig allein gesprochen, und der träumer hat, wie
es sich in einem eckein collegio für beide schickt, vermut-
lich unterdessen — geschlafen. 6, lü6; o mein hcrr hof-
kavelier' sie sind mir so ekel, dasz ich sie kaum ausstehen
kann. C. F. Weisze kum. opern 1, 53 ; da macht ihr den ehr-
lichen leuten die mädcl ekel. Lenz 1, 157 ; der mensch war
mir ekel. Dyanasore 2, 143 ; blick auf zu den Sternen, wenn
die weit dir öd und ekel wird. Siegwart 2,375;
vom leibe mir, ekles weibsgescblocht! Götub4I,48;
unsre fabrikliteralur und unser ekles bücherwesen. Meru
briefsaml. 1, 4S3 ; der zweite theil enthält nichts als eine
stumpfe Psychologie, lang, ekel und einförmig. Herder bei
Merk 2, 8 ; ekel und widrig ist das alter, in das die liebe der
kinder nicht lächelt . . . zerschneide den faden des eklrn
lebens! Klinger 2, 184;
im taumel haben wir v(<riaiischi
mii eklem rothwelsrh der Gnronne
die spräche Teuis, ilcr lioMnn wunne.
ScuENKENooRr gcd. (beichtt 28 ocf. IHU).
3) fattidiotui, tkel empfindend.
a) sinnlich: er ist sehr ekel, iszt nicht alles, tsl tn kahl
seiner speise eigensinnig und Ucker, was sonst auch wählerisch,
397
EKEL — EKELGESCHMACK
EKELGERUCH— EKELN
398
kürisch, bekörisch heiszt; wer da eckel ist, der musz man-
ches guten bissens entrathen. Melasder jocoseriai n*377;
kein elepbante kan so scheu und furchlsam tbun,
-wenn er die maus erbbckt, als mancher sich erschüliert,
sobald sein eckler mund den stank der körper wittert,
die um ein gotiesbaus io ihren kamraern rubn.
GE.'^TUKR 677;
zu eckel wird nicht satt. Haller 113.
6) abstracl für pertaesus, difficilis, morosus, verdrossen,
eigen: und sonderlich wir Deutschen sind des heben heiligen
Worts gottes so eckel und überdrüssig. Fr. Dedeeind viiles
Christ, vorr. ; und wiewol sie damit {mit dem buche) gar eckel
gewesen, habe ich es doch endlich aus herrn d. Dorschaeus
bibiiothec geschrieben bekommen. Hakxank anm. zur poeterei
s. 94;
verdammt der eckle richter
mein unschuldvolles blatt. Drollingkr 105;
und wann sein eckel herz nicht göldne fessel halten,
wird mitten im genusz sein feuer bald erkalten.
Hallkr 124;
wie kannst du demnach verlangen, o ekeler und eigensin-
niger Longin, dasz herr prof. Philippi sich nach deinen kri-
tischen grillen richten solle? Liscov 181; lasz demnach,
0 theurer Philippi, die ekele weit die nase rümpfen, eben-
daselbst; Klopstock 12, 137 erzählt eine geschichte überschrieben
'die ekle nase', von einem kalten, einsilbigen mann, der in
einem kleinen stübehen die originalwerke, in einem groszen
saale die arbeiten der nachahmer bewahrte, jene nannte er
'seine blumen' und diese 'seine verfaulten topfe', kam einer
zu ihm und tcollte seine bücher sehen, so hatte ers bald weg,
wohin er ihn führen müste, es begab sich selten dasz er
jemanden ins stübehen führte, gewöhnlich gieng er mit den
leuten in den saal, machte links und rechts die deckel auf
und liesz hinein riechen; der Äügel und der Sachse, die Bri-
tannien eroberten, haben viel schätze hinterlassen, ekler, aber
auch dummer kaltsinn hat sie vergraben. 12, 156; weil der
ekle geschmack der launenhaften Alabanda nichts einheimi-
sches schön genug fand. Wieulnd 6, 203 ; die adlichen sind
sehr ekel in dergleichen Sachen. Lessing 2, 409 ;
vergieb dem ekeln stolz, der gern nichts wagen möchte,
als was ihm rühm, und Bern die alte hoheit brächte. 3, 336.
c) zumal ist es delicatus, zart, woßr sich schon frühe be-
lege finden : du zarte eckele frucht ! Lütber 3, 363' ; ich glaube,
das Schwaden himmelbrot sei, so eckel ists, wenn man mit
einem finger davon nascht, so ists verdorben, lischr. 2, 16 ;
lasz den eckein frauen
vor dem dampfe grauen. Gö^hkr 919;
so sprich dann, ekler geist, weist du in Deutschland keinen,
der sich vom pöbel trennt und edel schreibt?
J. E. SCBLKGBL 4, 87;
weil verschiedne mitglieder dieser Zünfte, bei bereichening
der spräche, eben nicht ekler wähl sein. Klopstoce 12, 199 ;
ein mann unverheiratet, äuszerst heikel in der wähl des Um-
ganges. SriLLisG 4, 47 ;
sie sind vielleicht in der wätil
nicht allzu'ekel. Wiblakd 4, 30;
wie liesze sich träumen, in einem mädchen wie dies
die ekelste spröde zu finden. 4, 117;
dahingegen eine kältere nachkommenschaft mit eklem zahn
an den werken ihrer meister und lehrer herumkostet. Göthe
37, 62 ; welch unternehmen, dem ekeln geschmack des kenners
genüge zu leisten, ohne dadurch dem groszen häufen unge-
nieszbar zu sein. Schiller 1232*. eine ekle färbe nennt man,
die leicht ßeckt oder leicht verschieszl, nicht lange hält.
EKEL, adv. fastidiose:
ich soll und musz doch eben nicht
des Standes wegen eckel freien. Felsenb.i,lQO;
es würde ein wenig eckel klingen, wenn ich diese apostrophe
weiter treiben wollte. Lessixg 4, 9.
EKELBEGUIF, m. fastidiosa informatio: so war er {Diderot)
es denn auch, der, wie Rousseau, von dem geselligen leben
einen ekelbegrif verbreitete. Göthb 26, 65.
EKELESSEN, n. cibus nauseam movens. Stieler 894.
EKELGEISTER, spiritus abominandi. HetiiscH, der diesen
ausdruck 787, 40 beibringt, musz ihn an irgend einer stelle
gelesen haben, er fällt also wol schon ins 16 jh, und gemahnt
an das alts. l^tbawihti, leide, böse geister,
EKELGESCUMACK, m. sapor nauseosut. Stiilu 187L
ERELGERUCH, m. odor foedus: wenn sie ekelgeruch auf
das rauchfasz streute, hätte sie die zibim und ohira damit
aus der wüste forträuchem können. Mcsäcs volksm. 1, 268.
EKELHAFT, fastidiosus : das ist mir ekelhaft; ekelhaftes
wasser, ekelhafte speisen, ekelhafter geruch; garstige, ekel-
hafte dinge ; ekelhafte kranke. Göthe 25, 237 ; ein ekelhafter
mensch; ekelhafter prahler! Klinger 3,289.
EKELHAFT, fastidiose: Lamettries ekelhaft lachendes ge-
siebt J. P. Hesp. 1, 76.
EKELICH, EKLICH, fastidiosus, wozu man das vorhin an-
geführte mhd. erklich halte, die Schreibung ekelig ist zu verwer-
fen, wie adelig, tadelig, mälig für adelich, tadelich, mälich, «n
welchen allen das eine der aneinander stoszenden 1 weicht.
eine ekliche sache, ekliche Verrichtung, ein eklicher mensch.
in einem 1554 gedichteten meistergesang von H. Sachs (cod.
berol. germ. fol.24 p. 483) heiszt es:
zu Bamberg war ein schmide,
der gerne bei dem weine sasz,
und wann er dan heim käme
er egiich und rumorisch was.
er hat davon viel ehre gehabt, aber wenn er davon spricht,
ist ihm noch immer eklich zu mut, Arnim kronenw. 1, 70.
EKELKUR, f. ihre {der zeit) kurmethode ist gewöhnlich
die ekelkur. J. P. dämm. 100.
EKELMACHER, m. nauseosus. Stieles 1193.
EKELN, nauseare, taedere, fastidire,
1) meistens unpersönlich, mit dem dat. der person, wie auch
bei mir grauet, grauset, stöszt auf u. o. m. steht: und den
Egj-ptern wird ekeln zu trinken des wassers aus dem ström.
2 Mos. 7, 18 ; denn es ist kein brot noch wasser hie, und
unser seele ekelt über dieser losen speise. 4Afos. 21, 5; und
rieht im sein leben so zu, das im für der speise ekelt. Hiob
33, 20 ; und sandte inen genug, bis inen dafür ekelt, ps.
106, 15 ; das inen ekelt für aller speise und wurden todkrank.
107, 18 ; und wil mit inen umbgehen, wie mit den bösen
feigen, da einem für ekelt zu essen. Jer. 29,17;
es eckelt mir für mir. Flbmirg 113;
uns armen ist die thorbeit süsze,
doch ihnen ekelt nur dafür. Gsllbrt 1, 203;
er iszt, ihm ekelt schon, er trinkt, ihm schmeckt kein wein.
2, 12 ;
doch mir eckelt mich bei diesen elementen länger aufzuhal-
ten. Lessing 7, 208 ; wer wird durch mittheilung und freund-
schaft die sphäre seines lebens zu erweitern suchen, wenn
ihm beinahe des ganzen lebens ekelt. 12, 377; du begreifst
nicht, wie sehr mir vor diesen schönen herren ekelt. Wieland
1, 184 ; wo uns vor den ergetzungen der sinne ekelt 2, 276 ;
ihm ekelt vor dem aufenthalt,
der einen gott im fluge halten würde. 4,200;
mir ekelt vor dem widerlichen anblicke. 25, 95 ; soll ich ihm
ein anderes Dortchen aufsuchen? das müste just ein Dort-
chen sein und doch würd es ihm vor ihr eckein. Stillings
Jugend 1,61; wie musz einem Jüngling, der sie gesehen hat,
der hofweiber ekeln. Leisewiti Jul. v. T. 4, 4 ; fletsche deine
gefräszigen zahne mir nicht so entgegen! mir ekelts. Götbb
12, 233 ;
mir ekelt lange vor allem wissen. 12, 88;
mir ekelt vor der speisen dunst. Götter 1,465;
mir ekelt vor diesem tintenklecksenden seculum. Schiller 106*.
die belege zeigen, dasz die sache sowol im gen. als auch
nach den praep. ab, von; für, vor; ob steht: mir ekelt dieser
speise, ab dieser speise, von ihr, für ihr, vor ihr, ob ihr.
2) zuweilen statt des dat. ein acc. der person: und ekelt
mich ir {ihrer). 3 Mos. 26, 44 ; so eckelte Eibensteinen den-
noch um so viel weniger vor ihr. irrg. d. liebe 78 ; aber die
fürsten ekelt vor unsrer waldschlacht, vor Siegmars Schlacht
Klopstoce 9, 236 ; schmeichelt jemand einem mäcenaten der-
gestalt, dasz diesen sogar davor ekelt, so wird er auf drei
tage unter die nachtwächter gebracht 12, 54 ;
du verkennest den kOnstler,
den vor den spassen nur ekelt und glückliche scherze nur
freaea. 12,186;
wenn vor des Junkers bette
mich nicht geekelt hätte. B6rger 54'.
3) ausser solchen unpersönlichen fügungen kann auch
a) das subject im nom. slehn:
wurde das volk murren wider gott,
ecklet ob seinem himmelbrot. H. Sachs IV. 1, 41*;
tbue nicht ecklen noch geizig schlinken.
meitlerl. Bert. ht. fol. 23 M* 213;
399
EKELNAME— EL
EL— ELB
400
der magen ekelt, empfindet ekel; anreizung des ekelnden
magens. Scbuppics 16S4. s. 607.
b) der gegenständ des ekels im nom.:
der Zepter ekelt ihm, wie dem sein hirtenstab. IIallkr 30;
er grabt aus uns selbst guter aus,
die iiimmer ekeln, nimmer felilen. 116;
uns eckelt der genusz, sobald die notdurfl fehlt. 149;
auch flosz ihm zuweilen {heim essen) wieder aus dem mund,
das eckelle da nu seinem söhn und seiner schnür. Stillincs
iug. 2, 8 ; auf traurige tage folgten jammervolle nachte, die
weit eckelte mir. Sturz 1,190; mich ekelt die weitere nach-
abmung dieser ironischen nachäffung. J. P. aesth. l, 201 ; mich
ekeln diejenigen unserer politiker, die ihre Staatsheilungen
mit schminke und frisur treiben. Niebdhr leben 2,316.
c) mit ekeln verbindet sich ein abhängiger salz:
nun der bescbeidenheit genug,
denn sie nur immerdar xu hören, wo
man trockene vernunA erwartet, eckelt. Lissing 2, 273.
4) sich ekeln vor etwas ; ich ekle mich wenn ich den
menschen sehe.
s. anekeln, beekeln.
EKELNAME, m. cognomcn infame, scheltname, spilzname,
beiname, oname, mhd. äname:
sin rfihter name was Riwaiin,
sin änarae was Kanölengres. Trist. 10, 3.
nd. auch torneitsname. für ekelname schreibt Schütze 3,160
ökelname, das bremer wb. 1, 300 ekername, was umgesetztes
erke sein könnte, doch schw. öknamn, dän. ögenavn, altn.
auknefni leiten deutlich auf auka, addere, fornmannasügur
3, 133 heiszt es: mun ek nft auka nafn J)itt ok kalla |)ik
Thorstein uxafut, ähnliches steht 3, 203. unser ekelname schiene
also aus diesen nordischen formen entstellt, oder beide benen-
nungen hätten nur zufällige ähnlichkeit. Adelung dachte auch
an ausecken und hohnecken, ekelname liefert zuerst Stieler
1326; witzlinge pflegten aus Übermut oder um ihre herzhaf-
tigkeit zu beweisen, den geist oft zu eitleren, aus schäkerei
bei seinem ekelnamen (Rübezahl) zu rufen und auf ihn zu
schimpfen. Müsaeus 2, 32 ; ich will den geist bei seinem ekel-
namen rufen, mag er mich bläuen und zausen, wie er lust
hat 2, 63 ; für eine jede kunst, für ein jedes handwerk hat
die weit einen sprtznamen, ja für das edelste und beste einen
ekelnamen gefunden. Göthe 11, 291.
EKELPILLE, f. pillula faslidiosa:
ihre (der spliuerriclucr) ekelpillen schlucken. Gotter 3,238.
EKELREDE, f. sermo nauseosus. Stieler 1540.
EKELWEICH : die ekelweiche preisaufgabe der französischen
academie. J. P. freiheitsb. 136.
EKLUNG, f. faslidium, nausea, bei Maaleb 108* erkung:
disz Sprichwort man den naschern spricht,
und ist den scbleckmeulern gedieht,
den man nichts rechtes kochen kann,
in aller speis stets eklung han. Eterüic 1, 490.
EKRALT, n. hedera: und der hetr fürbereit ein ckraut und
es stieg über das haupt Jone {vulg. et praeparavit dominus
dcus hederam) und Jonas ward erfrewet über das ekraut.
bibel von 1483 Jonas 4, 6. Luther setzt kurbis, nach Hiero-
nymus bedeutet das hebr. wurt ricinus, wunderbaum.
EKSTER.N, vexare, einen absichtlich, mit fieisz , extra
(ScHM. 1, 132) ärgern, quälen, wol erst im vorigen jh. aufge-
bracht. SciiLEicuEB Meiningen 66.
EL, häufige auf ursprüngliches al, il, ul zurückgehende und
im zweiten dieser fälle umlaut, insofern er möglich ist, wir-
kende ableitung; doch kann auch ein i der dritten silbe sich
das a der zweiten assimilieren, emigemal wird das e aus-
gestoszen: karl, kerl für ahd. charal, buhl für puhil, seele
für ahd. siula, golh. saivala, gewöhnltch vor dem -lein der
Verkleinerungen, die nähere erörlerung dieser el fällt der gram-
matik anheim, hier nur ein umrisz.
A) al liegt dem el zum gründe
1) in den m. und n. adel, fasel, geisel, hagcl, nabcl, nagel,
nebel, •atl«l, schwefel, segel, sessel, sladel, vogel, wiinpel,
Wipfel, zagrl, zweifei.
2) tn den f. achsel, angel, deichsei, fackel, gäbe), gurgel,
basel, kugel, senmiel, wachte], würzet.
S) in den adj. dunkel, eitel.
4) in de» vtrbii
a) n.tgelo (ahd. Dsgalan für osgalian), segeln (altd. digalaD
fir •«laiiaii).
h) adeln, betteln, vereiteln, gaukeln, bandeln, sammeln,
stammeln, Togeln, wandeln, wurzeln, zweifeln.
B) ul liegt unter
\) in den m. angel, apfel, Schnabel, Stiefel, teufeL •
2) in den f. gugel (cucullus), schindel, tafel.
doch trat schon frühe ul tn al über, oder wurde tu ol ge-
schwächt.
C) il waltet
1) in den m. bendel, beutel, bleuet, büschel, deckel, engel,
ermel, esel, flegel, Hügel, gürtel, hebel, himmcl, kegel, kessel,
kiesel, knebel. knüttel, kübel, lOfiTel, meiszel, mündel, riegel,
sclieffel, Schlegel, Schlüssel, Schwengel, sprengel, Stempel,
Zügel.
2) tn den f. distel, eichel, fessel, geisel, nessel, Schüssel,
sichel, Spindel, windet.
3) in dem adj. edel (ahd. edili), frevel (fraviti), übel.
4) in den neutralen diminutiven äuglein, bändlein, büch-
lein, f91tlein, fräulein, herzlein, häuslein, kindlein, mägdlein,
männlein, mäntlein, nönnlein, röcklein, stäblein, stänglein, tüch-
lein, vöglein, Zünglein u. s. w., vgl. 2, 615. mehr unter -lein.
5) in den verbts
a) deren el schon im nomen stedct: kitzeln, meiszeln,
meucheln, riegeln, würfeln, zügeln u. s. w.
b) deren el verkleinert: älteln, Pdlteln, frösteln, grübeln,
hätscheln, hüsteln, lächeln, kränkeln, kräuseln, röcheln, schmei-
cheln, schnitzeln, sptnteln, streicheln, träufeln, tröpfeln, witzeln
u. s. w.
D) man merke,
1) alle diese el sind nur Überreste aus dem groszen vorrat
unserer allen spräche, wie ihn gramm. 2, 98 — 121 unerschöpfend
aufstellt, vgl. Graff 1, 5 — 29.
2) da der laut i überhaupt minderung einer in a ruhenden
kraß und fülle ausdrückt, verwandte ihn der sprachgeist natur-
gcmäsz zur diminution, die schon allein durch i bezeichnet
werden kann (gramm. 3, 683), am liebsten aber im geleit von
1 und k (ch) sich geltend macht, ebenso ßglich erscheinen
auch kleine, der menschenhand bequeme Werkzeuge in der form
eines el, das früher il war: flegel, löfl'el, meiszel, riegel, schlegel,
Schlüssel u. s, w.
3) die oberdeutsche mundart bildet viele diminutiva auf bloszes
el, das, scheint es, ehmals ili war (kindel, häusel, fässel =
ahd. chindili, hftsili, fejjili), wo es nicht umlaulzeugend ist
(anel, mannet) jenen Organismus verletzt, es heiszt aber platt-
deutschem misbrauch und einflusz allzu viel nachgegeben, wenn
auch ausgezeichnete schrißsleller hochdeutsche neutra, denen
niemals ein pl. auf s gebührt, damit versehen : verschiedene
junge herrn und fräuleins. Gkllkrt 4,197; wenn alle mäd-
chens so sind, wie ich mich fühle. Lbssinc 1, 538 ;
alles da lustiger, loser gieng,
sof und spiel und mädels die menge.
Schiller 322',
freilich in eines holkschen Jägers munde, (schwäb. pl. mädle,
Schweiz, meitli, 6atr. diendln, östr. dearndln, dearndaln; nd.
mäkcns, deeren», n/. mcisjes).
ELB, m. genius (mythol. 411) habe ich statt des unhoch-
deulschen elf hergestellt, welches man, des eignen Wortes unein-
gedenk, ohne Überlegung, dem engl. eU nachgebildet hatte ; elf
klingt in unsrer spräche so, als wollten wir kalf, half anstatt
kalb, halb sagen, zu geschweigen, dasz die form elf den Zu-
sammenhang mit Elbe und elbisz stört, clfenbein (ebur) aber
den schein eines elbiscben beins annähme! ableilungen wie
Zusammensetzungen clbisch, Elbegast, Eibenstein, Eiberich,
Elblin sind gewähr genug, nur vermag ich den sg. elb nicAl
ausdrücklich zu belegen, da der nihd. pl. elbe auch von dem
sg. alb (1, 200) rühren könnte und die golh. form doch wol
albs pl. nlbcis, ahd. alp pl. alpt, clpt lauten würde; vielleicht
dasz sich ein tg. elbi, später clbe erzeugte und zuletzt in elb,
wie hirte in hirl gekürzt wurde, solch ein sg. elbe kann denn
leicht für schwach genommen und dazu der pl. elbcn gebildet
worden sein, heutige Schriftsteller setzen ohne weiteres im sg.
clfe, pl. elfen an; Adklumc, der neuen wie alten poesie abge-
neigt, trägt das wort überhaupt gar nicht ein. Wiksam in
seinem Albr. von llalberstat 6, 9 schreibt (iblh, 62")
die elben und auch die elbinnAn,
desgleichen all waitorgutttnuau,
der Urtext würde wol elbe und elbinne darbitten, man tn'
stand später darunter die guten oder bösen holden (mythol. \Qil),
die zehrenden elben. Stiblb« 318 ; dr. Marlinu« sagte viel von
401
ELB — ELBE
ELBEN — ELBISZ
402
Zauberei, Ton berzgespann und elben. Luthers /JscAr. 218" ; die
elbeo zu und abbringen. E. G. Fübsteman.n kl. sehr. 1,103 — 106 ;
in einer wocbenstube soll man nicht lügen, man soll aucb
nicbt die leute durcbzieben, es ist nicht gut, die elben spielen
bald mit den kindern. Weise frcim. rediier 747. in dem über-
setzten midsummeniighls dreavi heiszt es 2, 1 ein elfe kommt
für enter a fairy, elfenkönigin für fairy queen,
so zanken sie zu nller elfen schrecken,
die sich geduckt in eicheln.ipfe stecken,
,but ihey do Square, that all their elves, for fear,
creep into acorn cups, and hide them there.
oft «eisz man nicht, ob männliche oder weibliche elben ije-
meint sind:
da tanzeien die elfen ihre reihen
darnach im hain. Eölii auf den tod einer nachtigall ;
schleppt die sciaven in hain,
den eiren das opfer zu bringen !
Kretschia.^'s nhimjnlph 1769 j. 15 ;
vollbringt der elfen schönste pllicht,
gebt ihn zurück dem heiigen licht. Göthe 12,252;
kleiner elfen geistergrösze
eilet wo sie helfen kann. 12,251;
es ist der elfen leichie schar,
hilft hier kein widerstand. Uhlands ged. s. 357.
ELB, helvus, hochgelb, anders als das vorausgehende elh
(dessen e aus a erwuchs), mit e auszusprechen, ein uralte!,
heute nur noch unter schweizerischen und bairischen hirten auf-
tauchendes wort, ahd. elo, flectiert elawer, n. elana;, mhd. el
\wb. 1,42S*), nahverwandt mit gelo, nhd. gelb, in beiden ent-
sprang das b aus w oder o, die bcrührung mit lat. helvus
und gilvus ist augenscheinlich, elbes schaf, elbe wolle, von
luhbrauner färbe. Schneller 1, 48, bei Stalder I, 94 älb ge-
schrieben. GoTTHELF erzähl. 4, 24 ron den groben, ländliclien
regenmdnteln : geschmackvoll mögen die v»eiten elben rocke
mit den groszen knöpfen und die niedern breiten hüte nicht
atisgesebn haben. Frisiüs und Maaler überliefern den aus-
druck nicht, auch nicht Tobler. vgl. elbling, elbkatze.
ELBCHEN, n. ein kleiner elb:
weine nur, so wirst du schmelzen,
bald ein leichtes elfchen sein. Ublands ged. 360;
ein elfchen im walde schlief. Mörikbs ged. 75.
ELBE, /. nympha, mhd. elbe:
von der elbe wirt entsehen ril maniger man. ilS. 1, .50',
wo doch die Heidelberger hs. liest: von den elben; entsehen
meint bezaubert, zauberhaft angeblickt, der Volksglaube liesz
diese elben nachts bei mondschein im grase tanzen:
der elfen schöne königin
halt ihren ringeltanz beschlossen,
und sanft auf blumen hingegossen
schlief jede kleine tänzerin. Wislands Aurora. 17ft4 s. 9;
der elfen beere schweifen
durch feilt und wiesenplan,
es deuten silberstreifen
dem Schäfer ihre bahn. Matthissojj (1S02) 127;
die elfe hat gefallen
am jugendlicTien spiel, üblaüds ged. 242;
äaselbsl s. 359 lautet eine Überschrift 'die elfen' und dasz weib-
liche geister zu verstchn sind, folgt aus 'erste', 'zweite' und
kommt herbei, ihr luflgen Schwestern!
ELBE, f jein deutscher hauptstrom, Römern Albis, Griechen
UXßts oder^lßios genannt, und männlich gesetzt, erst spä-
tere brauchen Albia, Alba (Försteman^j 2, 45), lautete so der
ahd. name? mhd. galt Elbe, ein goth. Albi {wie [)ivi, mavi)
oder Albja (icie balja) liesze sich mutmaszen. alln. elf und
elfa, aUgemei]^ für fluvius, immer weiblich, der umlaut zu
fassen wie in xlt genus, kynd natura, mynd effigies; schw.
elf pl. elfver, dän. elv pl. elve. mit umgestellter liquida er-
scheint poln. Laba f, bühm. Labe aber n. Verwandtschaft mit
alb = elb wurde 1, 200 angenommen. Mahn in seinen Unter-
suchungen geogr. namen (Berlin 1859) s. 19 — 27 legt Elbe kel-
tiscli aus.
der glänz des lobs imd ehren schein,
welcn nicht abwescht noch Elb noch Rhein.
Waidis 3,09 6/. 201";
hier wo der Eiben ström das Kuckusufer netzet.
GcnTiiER 547,
welche schwache flexion fehlerhaft ist; dieser grosze ström,
der gericbls für euch mit solchem strudeln und prausen her-
auf steiget, ist die Elbe, so von ihrer geburtsstadt den hohen
alben, die wir über uns haben, den namen bekommen hat.
Opitz 2,264;
oftmals foiliTt die Elb, In des herbstnachlsturmes begleilung,
mit bochbrandender Hut zornig ihr altes gebiet. Vqss 3, 121.
III.
ELBEN, pasccre, auf der albe weiden : ich sol auch jer-
leichen 32 bawptrindcr und vier ros in dieselben alben auf-
nemen und darin ungeverleich mit meinem vich an zins elpen
lassen. Sahbitrger urk. von 1453 in Chsels notizenhlalt 4, 27.
s. albe und bei Stalder 1, 97 alpen, älpeln, bei Scbsieller
1, 47 abiilbelu.
ELBE.NBORN, m.
gieng zum gepriesenen quelle, der nachbarlich unten am
waKiberg
rieselte, lauter und frisch, wie am lilicnblaite der frühibau,
elfenborn in der sag umwohnender hirlen benainei.
denn rings fabelte man, mit ellinnen tanze der hergclf
dort nach leiser musik im sprossenden grase der mainacht.
Luise a. L h. 27.
ELBENKÖNIG, m. rex geniorum:
mit diesem wort reicht ihm der elfenkönig
ein irinkgeschirr von feinem gold gedreht. Oberon 2, 46.
ELBENKÖNIGIN, f.
da zeigt sich ihr im traumgesichte
die ellenkönigin in ihrem rosenlichte. Ofceron 10,10;
da säuselte des rascns gnin,
wie wenn, behend und leicht,
im tanz die elfcnkönigin
die zanen halme beugt. MiTTflisso.i s. 146;
ihr elfen auf den höhn,
ihr elfen an den seen,
zum ihaubeperlten grün
folgt eurer königin.' 151.
ELBENREIHEN, m. chorea geniorttm, nympharum:
und mit schatten der jimgfraun
tanzt er mondlichen elfenreihn. Voss 3, 45
ELBENSCIL\n, f. eohors geniorum:
die lufige elfenschar sinkt tönend ein. An. Gn'än ged. 332.
ELBENTANZ, m., schw. elfdans:
m^idchen, komm zum elfentanze,
komm im mond und stcrnenglanze. Uh(.a?(d ged. 359.
ELBENTRÖTSCH, m. mythol. 412.
ELBEB, m. eine traubenart, wird aus Albaner gedeutet.
MoNE Zeitschrift 3,250. s. elbling.
ELBFABB, semmelfarb. Frisch 1, 224*.
ELBHALS, m. ziege mit blaszgclbem hals. Schmeller 1, 48,
von elb, gelb. s. elm.
ELBIN, f. nympha, mhd. elbinne, in der kölnischen mund-
art, die half für halb sagt, elfinne (Frommann 2,312'): 'und
das heilige lager, auf dem Theude geboren ward? 'das
schmücke, als ob du eine elfin erwartetest'. Klopstoce 10, 210;
an die elfin des gartenhügcls. Voss 3, 231 ;
wo nixen und feen
und elfinnen gehn. 4, 201.
ELBISCH, mente alienatus, captus, der von den elben ent-
sehen, eingenommen, wahnsinnig, sinnverwirrl geworden ist.
DiEFENBAcn 225* hat fantasta clbischcr, aus voc. theut. 1482 g l',
vgl. elvesce wühle, gl. Jun. 340. Schweiz, älbscb. Stald. 1, 94.
mhd. dich hat geriten der mar,
ein elbischc; äs,
du solt daj ubele getwäs
mit dem kriuze vertribcn. t;.4. 3, 60 ;
ich sihe wol, daj du ethisch bist. 3, 75;
'ein elbische ungehiure'
sprach si 'du sis verwäjen !
du mohtest mich wol lä^en
binte mit gemache leben', daselbst;
die vrowen raseien vor in da
in ethischer anschowe. pass. H. 97, 15.
darnach nam er ein weisze ameiszen wider den elbischen
mülesel. BCschings wöch. nachr. 1, 59. das engl, elltsh be-
deutet noch heute geisterhaft.
ELBISCH, albinus, überelbisch transalhinus. Steixbach 1, 335.
ELBISCH, ELBSCH, gleichviel mit elb, gelb. Staldkb 1, 94
älbsch, bei ScnjiiDT id. bem. 8' älpsch.
ELBISZ, m. olor, n/gnus, ahd. alpij, elpij, mhd. elbe;, 0175.
ylfet, altn. alpt, wozu merkwürdig altsl. lebed', poln. lab^dz,
böhm. labut, serb. labud stimmen, gerade wie zu Elbe sl. Labe.
da nun der schwan ein geisterhafter vogel ist, enget als sdiwdne
erseheinen, feen und meerfrauen ein schwanhemd tragen, so
gewinnt das uralte band zwischen elb, Elbe und elbi; desto
mehr haltbarkcit. cignus hai?t ain elbi; oder ain swan. Mece!«-
BERG 174, 8. das schöne wort ist uns heule erloschen, findet
sich aber noch bei Frisics, der 360' elbsch, 915' ölbsch ßr
elbsz schreibt. Maaler 100* gibt elbsch und elbschen gsang,
cygni canor. Diefehbacb 118* verieichnel elbi; noch aus ein-
zelnen glossaren.
26
403 ELBKAHN — ELEFANTENKNOCIIEN
ELEPANTENLAUS — ELEMENT
404
ELBKAH.N, m.
ELBKATZE, f. tnuslcla putorius, Ulis, vielleicht nach der
färbe des felis, t. elbtbier, elienkatze.
ELBLEIN, n. vas elhchen.
ELBLING, ELBLIN'GEB, m. vas eiber. *. Frisch 1, 224*. in
Bronners u'eiHfcau 55 — 64 heiszt der clhWng eine gemeine traube,
die sich oß an hausyiebeln in den dörfem findet. vieUeichl
nthrl der name doch von der fahlen, gelblichen färbe.
ELBOGE, m. cubitus, ags. elboga, engt, elbow, alln. albogi,
olbogi, ddn. albue {schw. aber armbäge). Adelung, »n dieser
gekürzten, undeutlichen form die ursprüngliche erblickend, stellt
das Wort danach auf und erklärt ellonbogcn für gemein, ober-
deutscli. dies ist umgekehrt die echte, auf hochdeutsch vor-
hersehende form, deren abkunfl unter olle entfaltet icerden
soll. nd. gilt freilich cllebagc, nnl. elleboog und einzelne
nhd. schripsteller schwanken in die Verkürzung, bei Dasypo-
Ditjs 319* elcnbügen, bei Serhanus o 3' meliceris, ein triefender
eisze oder bieterlein an den elbogen ; Bahener 4, 196 schreibt
ellbogen und Güthe 24, 90 : meine kleine nachbarin, mit der
ich ellbogen an ellbogen sasz; 25, 249: es begegnete ibm
nicht, dasz er sich irgendwo angelehnt oder seinen ellbogen
Buf den lisch gestemmt hätte ; der prosaist hingegen hat die
ellebogen gänzlich frei. 6, 115. f?ie/ir unter ellenboge.
ELBHICHT, m. wird zuweilen statt elbling gehört.
ELBSCH, s. elbisch und elbisz.
ELBSCHIF, n.
ELBSCHIFFEB, nj.
ELBSCHIFFAHHT, f.
ELBSTBAND, m. er holte vom elbstrande eine nit ge-
ringe erbschaft. Mestwert fluchteufel 61.
ELBSTBOM, m. Stieler 2213.
ELBTHIEB, n. was elbkatze, Ulis.
ELBLFEB, n. ripa Albis.
ELBWEIDE, f. Salix viminalis, wie sie am ufer der Elbe
wächst oder dahin gepflanzt wird.
ELBZOLL, m.
ELCH, s. elk.
ELDEBZE, f cyprinus phoxinus, sonst auch elderse, elterse,
eldrize, gewöhnlicher elrilze, irlitze, bambele. IlEMScn 869, 43.
Frisch 1,225'; soll nach Nemnicii auf schw. ärlitsfisk, auf
norw. ekeritse heiszen, wonach in der ersten silbe elv flusz
läge und elderze aus elherze, clbritze entstellt sein könnte:
von fischen, fobren, hechten, eldertzen. Bartisch augendienst
254. HonnERG 3, 30"' schreibt der eidritz, ist ein gemeiner
und kleiner fleischlisch, der nicht grosz wird, soll alle vier
Wochen laichen.
ELEFANT, m. elephas, ahd. clefant und helfant, ags. ylpend
«nd verkürzt ylp, pl. jlpas (wie auch Holzmann für elefanten
passend ilfen setzt), altn. aber fill ; mhd. helfant (wb. 1, 66o'),
so auch bei Mecenrerg 134,13 und späteren: vil helfant hond
mit aincm wald genug, dar inne si waiden. Keisersberc sieben
scheiden Bl';
mit dem geschenkten helefanden. Atrrr 216*.
später klärte sich wieder der vocalanlaut, Luther schrieb ele-
phant 1 Mace. 1, IS. 3, 34 u. s. w. man deutet iki<fni aus dem
skr. ibhas, il>ha mit vortretendem semitischem artikel el, so
dasz den Griechen ein orientalisches alibhas vo^elegen habe,
umgekehrt sei aus koptischem ebu mit suffigiertem artikel r
das lat. ebur entsprungen, mich dem thier auch das elfenbein
benannt, gleichwol scheint hierdurch noch nicht alle bcrüh-
Tung mit lO.afos abgeschnitten, verschieden ist golh. ulbandiis,
ahd. olpenti, ags. olfend, alln. ulfaldi camelus, welches aus
aleph rind, bos lucnnus, indischer ochse hervorgieng und dem
lit. verhiudas, poln. wielbiiid, böhm. velblaud entspricht, namen
der grotzen thiere laufen oß ineinander.
Ei.EFANTENAUGE, n. nennt man ein 6« starker gescltwulst
hervortretendes äuge.
ELEFANTEN FELL, n.
de« ncKer» xrhild int einfl npanne dick
und ganz gemacht nu« eleranicnTRlIe. Grii* Jln/nrrfo 1, 16, 4ß.
ELEFANTENGEHIPPE, n. in der thal kleidet er die elefan-
tengerippe der gfitterlehre aus norden in lebendige.« fleisch.
J. V. büdiertchau i, 149.
ELEFANTENKALB, n. natus ex elephanto:
irRiri nirlii %o mn^iig nnf,
wi«> clRrantcnkiillier. GOriii 12,231.
ELEFANTENKNOCHEN, m.
ELEFANTENLAUS, f. anacardium, ein indischer bäum mit
nierenartiger nusx.
ELEFANTENMARK, n. hätte sie nicht als Fürstin verlangen
können z. b., dasz man ihr eine Zaunkönigs und clefanten-
marksuppe auftrage? J. P. Fibel 2t (29).
ELEFANTENMEISTER, m. 3 Jtfacc. 5, 4. pcrs. rosenlh. 8, 119.
ELEFANTENTREIBER, m.
ELEFANTENZAHN, m.
den andern ritlern cih er weit voran
und läszt sein groszes hörn mit stürm erschallen,
es war ein ganzer elefantenznhn.
er bläst, dasz rings die bcri;e vriderliallen.,
ÜRtEs Bujaräo 1, 14, 62.
im allen Rolandslied 233, 4 :
nölnnt blies aber olivanten,
die beiden er an rante,
er sluoc si ze tat,
er durreit daj wal.
ELEGISCH, miserabilis : die scndung der elegien hat mich
in elegischen umständen nach dem gewöhnlichen sinne, das
heiszt in erbärmlichen angetroffen. Göthe an Schiller 64.
ELEMENT, n. der Golhe setzte Stabs für cnoi^eTov und
ahd. drückte wenigstens rönstap, puohstap elementum, puob-
stapA elementa, lilerae aus, altn. stafr für sich schon buch-
stab und mit stafr werden vielfache abstracte bedeutungen ge-
bildet igramm. 3, 525). leie Stabs mit stamm und slojan, staua
verwandt scheint, könnte es auch an stöma ifTtöaraais reichen,
wozu noch ahd. ungistuomi, nhd. ungestüm gehören, so dasi
Stoma, stuomo den ruhenden stof ausdrückten, den unruhigen,
regen würden goth. stuhjus, ahd. stuppi, stoup, unser staub,
die sich von stiuban, stieben cierc leiten, treffend bezeichnen,
und auf eins dieser deutschen Wörter musz das franz. etoffe,
estoffe zurückgeführt werden, woher wir unser stof wieder ent-
nahmen. Schwerfällig ist die mhd. versuchte Zusammensetzung
zuhtsal für element (Kelle sp. eccl. s. 180). wie viel alte,
einfache Wörter, die sich ungebraucht verloren und verdun-
kelten, hätte die geistige bildung unsrer spräche aus sich selbst
greifen, entfalten und reichlich verarbeiten können, wäre sie
mit besonnenheit verfahren, um sinnliche Wörter für abgezognt
anwendungcn auszuprägen; in den meistfn fällen genügte ihr
der fremden bcnennung träge aufnähme, so stoszen wir bereits
tnhd. auf
diu vier elementa. Er. 7593,
und Mecesrerg 68, 27 sagt von den vier elementen ; Keisers-
rerg im narrenschif Straszb. 1520 bl. 95*: sie saul mit den
vier Schlangenköpfen seint die vier element, von denen der
leib zusamen ist gesetzt. Stieler 374. 375 schlägt vor urge-
inenge oder urwesen, wiei/i< sogar auf jenes selbst das lat.
elementum zurüdczuleiten.
element bedeutet uns also
1) diese vier grundsloffe: das ich weisz wie die weit ge-
macht ist und die kraft der element. weish. Sal. 7, 17 ; die
element giengen durch einander, wie die seilen auf dem
psalter durch einander klingen. 19, 17 ; die element aber wer-
den für hitze schmelzen. 2 l*etr. 3, 10 ;
doch disos nidrig dement
thut er auch wo! vcrsortten. \V«ciiiiiriin 257,
nacft ps. 113, 6 'der auf das nidrige sihet in himel und erden';
wer torocbt finden wolt,
was doch an dement tin*l jähren
nicht grOndlich auch Imk.mt simu soll,
der mdst ein newe weit crlahren. 5is ;
horch, liobo din^rc lehr ich dich,
vier clt^nienic galten sich. lii;RCRR41';
hochgcfcicrt seid nllhinr,
dement ihr alle vier! CörnR 41, 178;
zwecklose kraft unliändKcr demente! 41,259;
immer wilder dränKln heran.
die elemento fassen .sich, die tobenden. 11,258;
■el ruhig, freundlich dement! 12,116;
denn die demente hassen
das gebild der menschenhand. Scuili.kr 78';
0 Unvernunft des blinden demnnts! 540*.
2) das, wodurch leben bedingt wird, quo vita continelur, deli-
tiae : wasser ist das dement derlische; das ist sein element
[sein leben, sein vergnügen); jetzt ist er in seinem eleniente
{i.t.esse); der hof ist sein wahres dement; er war jetzt in
seinem element. Stilling S, Hl ; zum erstenmal seit langer
zeit fand sich Wilhelm wieder in seinem eicincnte. Göthe
405
ELEMENT — ELEMENTGLAS
ELEMENTISCH — ELEND
406
19, 72 ; SO waren von der ersten Jugend an die küche, die
TorraUkanuner, die scheunen und büden mein eleoient. 20, 4* ,
nahrung edler geister,
aller sorgen meister,
du mein element !
was man jeizo knaster nennt,
komm und lasz die müden sinnen
wieder ruh gewinuen! Gckther 917;
doch nichts erschreckt den muth der ente,
sie schwimmt beherzt in ihrem elemente. Gkllert 1,133;
zieh sie aus ihrem sumpf, sie stürzen doch behend,
den fröscben gleich, aufs neu sich in ihr eleiuent.
Jou. Ad. ScHLecKL fabeln 242.
3) auf einzelheiten bezogen: dieser mann ist ein wirksames
element in unserm kreise; sie war das lustige element im
hause ;
da sach ich mir behende,
zu einem fenster naus,
ein schönes elemente
in einem groszen haus.
lied des 16 jh. ueimar. jb. 4, 237, der landsknechl ersieht in
einem gegenüberstehenden hause ein schönes mädchen.
\) die anfangsgründe, aber auch die hauplslücke einer icis-
senschaft: er wüste nichts von den elementen der mathcma-
lik; er steht noch bei den elementen; nicht ein element,
nicht das geringste, nicht ein sldubchen:
ich halle sie (urwahr auf erden
nicht eines elemeutes werth. Gcnthkr 163;
wozu menschen« menschen sind
für sie nur zahlen, weiter nichts, musz ich
die elemente der monarchenkunst
mit meinem grauen schüler überhören ? Schillsb 307'.
5) element wird :u fluch und hetheuerung : das ist, beim
element, eine schwere sache. Gryphics 1,722; beim element,
wir hätten schier das nöthigste vergessen, l, 725 ; beim element,
herr dun Sylvio, erwiderte Pedrillo, ich glaube sie träumen.
WiELASD 11, 67 ; beim element, da wird nichts draus, Jungfer
Schmergelina ! 11, 131 ; beim element, das ist sehr gnädig. 11, 131 ;
wen lockst du hier? beim element.'
vermaledeiter rattenfängerJ
zum leufel erst das insirument,
zum teufel hinterdrein den sängerl Götbe 12, 194;
wird ja doch, beim element, etwas profilieren. Fr. Mllleb
2,60; Clement! über den Juden I E^GEL diamanl 111;
element!
was wollen diese amazonen uns? Hki.nr. v. Kleist 1,123;
zum element! Lenz 1, SS; weiter element! 1,277; potz tau-
send element, was machst du da! Stieler 375; dasz dich
gottes element schände! kotz element! vgl. 2,279.
ELEMEMARBUCH, n. über elementarius.
ELEMENTAHCLASSE, f., abcscitule.
ELEiME.NTAKFEL'EB, n. ignis sublilissimus : Rabette kam
mit dem theezeug und einer flasche, worin für den haupt-
mann tlicemark und elementarfeuer war, arrac. J. P. 2'j/.
3, 17 ; die mutter gicng und brachte in der einen band das
extrapostblut und elementarfeuer, aber in der andern ein
dickes manuseript. ßeqelj. 1, 70 (103).
ELE.ME.NTARGEISTER, von der vierten classe. \Viela.M)
23, 330.
ELEMENTARISCH, quod sensihus percipi nequit.
ELEMEMARKE.NNTMSSE, rudimeiUa literarum.
ELE.MENTARLEHREH, wi. praeceptor elementarius.
ELEMENTARSCHULE, f.
ELEMENTARUNTERRICHT, m. instilutio elemenlaria.
ELEMENTE.N, fluchen lehren, beelemcnlen: ich will dich
elementen, man soll dich sacramenten! ÄcBtcoiA spr. 493
und daraus Stieler 375.
ELEMENTENGEIST, m.
er sah
sich schon gekrönt und unumschränkten meister
der ganzen weit der elementengeistcr. Wiela!<d.
ELEMENTENKRIEG, m. elementenkrieg in der dichtkunst.
J. P. nachdämm. 72.
ELEMENTER, m. ein Scheltwort: sagen wir doch auch but-
terseele, mondscheinmensch, aprilsnarr, Hans in allen gassen,
elementer, brausckopf, basenfusz, fuchsbalg u. dgi. m. Tieck
nov. kr. 4, 49.
ELEMENTGLAS, n. der platonische Italiener guckt nicht
«0 lüstern nach des busens lilgen, und wenn er tod und
ewigkeit mit den ausdrücken seiner Zärtlichkeit verwebt, so
verwebt er sie damit, anstatt dasz in den deutschen ge-
dichten das verliebte und das fromme, das weltliche und das
geistliche, wie in dem ruhigen elementglase, in ihrer ganzea
klaren abstechenden Verschiedenheit neben einander stchn. Les-
sing 6, 2S1.
ELEMENTISCH, hiesx es früher und deutscher 1) anstatt
elementarisch: das wasser ist in gott nicht auf elementische
art, wie in dieser weit, Jac. Böhme Aurora s. 111.
2) fon element, dem fluch, abgeleitet drückt es aus ver-
wünscht, verflucht: du elementsche hur! m ac/en rom ;. 1578;
die elementische lieb. Fuchsmundi 338 ; eine elementische
böse Sache, causa pcssima. Stieler 375; und war nicht un-
holdselig zu sehen, ohn wann er mit dem wa^en besteckt,
da schrie er kelzerjammer und wol so sehr, als die nörd-
lingischen fuhrleut elementisch fluchen. Garg. 111*;
seht, wie ist unsre Wunderfein so elementisch schön!
LofiAU 1. 177, 49.
ELEMENTLICH, elemenlaris : elementlich ding, das zu den
elementen gebort, oder das von elementen zusamengesetzt ist.
voc. theul. 14S2 gl'.
ELEME.NTSBETHEURER, m. dirarum jactalor : namen war,
mit was betrug und beschisz dise elementsbelheurer, safra-
nierer, latwergenvergülder, wurzelbeizer und trankferber umb-
gehen. Garg. 189*.
ELEMENTSGANG, m. bergmännisch, ein zwar kein erz,
aber doch flösse, spath, blende enthaltender gang, in welchem
man mineralische elemente oder grundstoffe sieht. Frisch 1, 224*.
ELEMENTSGLT, verteufelt gut: und noch vil andere car-
dinalmäszige lugen mit schwänzen, die den pfaffen und mön-
cben in iren predigten desto besser elementsguts geschirr za
machen zu pas kommen, bienenkorb 195*.
ELEMENTSLOS, improbissimus : aber ein Unglück hat darzu
geschlagen, dann wie wir ihn {den ausgenommnen und gefeg-
ten magen) zu trucknen an den zäun gehenkt, ein elements-
loser rab ihn hat herab gezuckt und verschluckt. Garg. 42*.
ELEMOST, euphemisjnus für element, wie sappermost, sap-
perment für sacrament:
es ist warlich beim elemost
mir gar zuwider der unkost. Frischlins Rebecca p. 135.
ELEN, ELEND, n., besser m. cervus alces, es ist übel,
dasz dieser, allem anschein nach, Slaven abgesehne name,
unsem heimischen, welcher ahd. elah oder elaho, mhd. eich,
alln. elgr, schw. elg lautete und zum lat. alces stimmte, ver-
drängt hat. sl. ölen, jelen, lit. einis bedeutet hirsch, doch
das elend heiszt sl. los, poln. \oi, nur bühm. begegnet ein
wieder von uns zurückgeholles elent für alces, neben los. auch
nnl. gilt eland, franz. elan, sp. elan. ganz weichen ab lajtp.
sarv, ßnn. hini, lit. bredis, lelt. breedis gen. breescha, wozu
ich den namen des hirsches Brichemer in der altfranz. thier-
fabel verglichen habe. 5 Mos. 14, 5 verdeutscht Ldther hirs,
rehe, püffel, Steinbock, tendlen, urochs und elend (vulg. cer-
vum, capream, bubalum, tragelaphum, pyargum, orygem,
camelopardalum), xaur^)MnnnSa).ii hält man für g'iraffe.
bei Frisils 71", Maaler 100* liest man eilend, ellendthier.
Döbel handelt 1, 18 vom elendhirsch und thier. da der na-
türlichen ähnlichkeit des elens mit dem hirsch die der namen
entspricht, darf auch e/.afos zu elaho gehalten werden; aus
der Verderbnis des Wortes erklärt sich von selbst die abergläu-
bische Vorstellung, das thier leide an der epilepsie oder sei
sie zu heilen vermögend, man sehe elendsbaut, elendsklaue,
elendskoller und vielleicht elendeis.
ELEND, n. exilium, caplivitas, miseria. ahd. elilenti ßr
alilanti, alls. elilendi, zu einem goth. aljalandi gaben die uns
verbliebnen stellen keinen anlasz,- schon Notser zieht elelende
zusammen in eilende, mhd. gewähren ältere denkmäler zwar
noch elelende oder daßr enelende, doch herscht eilende vor
(mhd. wb. 1, 937*j. «Ad. elend ßr eilend, nnl. hat sich eilende
behauptet, ags. elelende, bald auch eilende, engl, ausgestorben,
altn. mangelnd, doch schw. elände, dän. elende erst von uns
angenommen.
1) Urbedeutung dieses schönen, vom heimweh eingegebnen
Wortes ist das wohnen im ausländ, in der fremde, und das
lat. exsul, exsilium, gleichsam extra solum stehen ihm nahe.
a) das elend bauen, mhd. da; eilende büwen heiszt in der
fremde, im fremden land wohnen, zu den 1, 1172 gelieferten
belegen hier noch andere:
so ziehen wir durch die welschen lani,
das ellent müssen wir bawen. Uula.no 799;
so laszt ein zeit in ziehen hin,
die land hin und wider beschswen,
das eilend versuchen und bawen. H. Sachs IH. 2,333';
26 ♦
407
ELEND
ELEND
408
damit er nicht so in der irre ewiglich das elend hawen müsse.
Luther 5,267'; ich aber rausle das elend bauen. Schweini-
CHEN 1, 271 ; haus und hof verlassen und das elend bauen.
Otbo lirankenlr. 704 ;
welcher das elend Itawon wil,
der arbeit weiii^r und fcier viel
und geh ortnials sjiazicrcn,
parodie des allen liedcs bei Uuland 798;
so will ich dir mit treuem herzen
die ganze lebcnszeit voriraun,
und als ein Christ mit klugem scherzen
das elend dieses lebens buun. Göntukr74;
indessen weil ich noch mein nasses elend bauen
und durch viel crcuz und noih mein leben schleppen musz.
57'J;
dasz ich mit dir, mein kind, disz elend bauen könne. 625;
jedoch wer fragt nach dem, wenn nur die ircuc braut
das eleud in der zeit mit uns vcnräglicb buui. 7;^4 ;
sie mag das elend baun und unsern boT verlassen. 1013;
mit meinem ebgemabi musz icb das elend bauen.
Mknamtrs 1, lh4;
auf welcher insel ich nun mein elend ins fünfte jähr gebauet.
fol. stockf. 326 ; folglich mustc Wala an zwei orten, als erst-
lich bei dem Genfcrsee und dann auf dem dosier Hermon-
stiers nach einander bauen. Haii.n 1, 122. allmälich erlischt
der redensart anwendung ; im fromtnen sinn, da man unser
dasein als verbannuni) aus dem paradies ansah, hiesz das
elend bauen nichts als hienieden leben, wie schon 0. 11.6,26
die folge des apfelbisses verkündet:
DU büen anderaj lant.
in gleicher meinung hiesz auch das elend räumen so viel als
aus der weit scheiden, sterben:
die meiner zeit hier raumbien das eilend.
PÜTERicu bei Haupt 6, 40.
nhd. gott hat ihn aus diesem elende abberufen, zu sich ge-
nommen = ihm die wohnung im himmel angewiesen.
b) ins elend gehen, fahren, wandern, fliehen, in die fremde,
in die Verbannung:
e icb mein bulen wolt faren lan,
e woli ich mit ir ins elend gan. Uhlakd 122;
so gsegn dich gott, mein feines lieb,
ietz far icb ins eilende. 77 ;
uf den nachgenden frieling zoch ich mit zweien bricdi'en wider
usz dem land, als wir der multer wollen gnaden, do weinet
si und sprach, das gott miesze erbarmen, 'das ich do dri
sün musz Sachen (sehen) in das eilend gan !' Plater 33 ;
alsdenn so will ich gern von euren äugen gehen
wohin mich meine scbmach ins elend geben lieiszt.
pul. stockf. 359 ;
ist ins ewige eilend (ewige Verbannung) gen Leon in Frank-
reich verschickt. Heiszneb Jerusalem 2, 95' ;
der Eudocia fusz musz ins elend gebn. Güntbbb 1020;
ja selbst die kaiserin wird gleich ins elend gebn. 1034;
dessen überwies ihn (den Verres) Cicero dergestalt, dasz er
endlich ins elend gehen muste. Hagedorn 1, 33; sein licb-
lingssohn war nicht bei ihnen, er war vor dem gcriclit ins
elend gewichen. Nieblhr 2, 298 ; der angeklagte muste ins
elend gehen. 2, 337 ; in das elend wandern, exilio condemnari.
IIah.i 1,111;
erinnert sie sich noch, wie gestern bei dem tanze
ihr ungerecbier spnicli mich aus der reibe siiesz,
ja aus der cammer selbst, als wenn ich ihrem glänze
ein aostosz wurde sein, ins clcuil wandern hiesz?
Canitz 212(356);
sie hatten sicli entschlossen ihr vaterliches crbgut dem inullah
preis zu geben und arm in urm mit einander ins elend zu
wandern. Wiki.a^id 8, 332 ; er ist gellohen vom vater ins elende
und in ein frcnibde land konien. Lutmkr 4, 3s'; verlieszen
die meisten bürger diesen gleichsam kerker und nothstall und
flohen ins weite elend, um andern leuten das brut aus den
bänden zu suchen. Ijsch meklenb. yihrh. 17, 214 ;
du fliehst auf abenibcur ins elend zu den cternen.
Lkssimc 1, 17U.
e) im elend sein, bleiben, lassen, zubringen, streifen,
•rbwAnnen : und sind die Juden damit unser lierrn in un-
UTin eigen lande und in irem elende. Lltiikm 8, 7b'; bin das
jähr Über nicht drei tage ciiihciiiiiHch gewesen, also meinen
allen herm vater im elende müssen silzen lassen, suwul alle
mein gcschwislcr. Schwf.imcmem i, i'i ;
ich far in fremde land d.ibin,
wo ich im eilend bin. L'ulamd 131;
wer deinem ralb gefolgt, war in dem elend blieben.
Grtpuius 1, 19;
weil icb in fernem elend bin. 2, 33S (ly/. Parz. 771, 14 unz
veii-e inj eilende) ;
aus dem läger zu hause schied,
Tcirquinium licsz im elend. Avhkr 68' ;
in Magdeburg als ein thumbhcrr im elende zubringen muste.
MiciiÄLiGS 2,196; sie wcisz mich in wüsten irren und im
elend herumschwärmen. Schiller 132';
streifen nicht bcrliche männer von bober gcburi nun im elend ?
GöTUK 40, 281.
d) ins elend schicken, versenden, jagen, dringen, treiben,
sloszen, verweisen : auf ein zeit in einer Stadt hellen die
jungen rälh die alten rathsherren vertrieben in das elend,
das sie das regiment allein hellen, seh. und ernst 1555 cap. 50 ;
da er auch ins elend ward versloszen. Luther 6, l'; ich bring
wieder lierfur die cliristenlichen warhcil, die man ins elend
verschickt und weiter dann die Indianer von hinnen wohnen,
ausgetrieben halle. Hütten 5, 21S ; Johannes in das eilend
dahin (»lucA l'atmos) verschickt. Frank weltb. ly'; dasz die
edel gerechligkeit ins elend gedrungen, bei niemand mehr
behauset wird. Fronsp. kriegsb. 1, 180* ;
sag an mein lieber weiitmnnn,
wo hast du deine Jagdhund hingeihan?
'ich habe sie versendi
nach einem jagbaren birsch in das elend {in die weile)'.
wvidspr. 17 ;
doch wünsche ich, dasz er nicht vil schöne, sonderlich die
vilsyllabige und zusammengesetzte und vereinigle wort von
einander abschneide oder jämmeilich zusammenquelsche oder
gar verbanne und in das eilend uml die ewige Vergessenheit
ver§losze. VVeckiierlin vorr. zu den weltL ged. ; in das elend
verweisen. Opitz 1 vorr. 5";
ist wer, den .\bas nicht ins elend bat vertrieben *
Grtpiiius 1, 105;
den bat der feinde grimm ins elend bin verjagt. 2, 307 ;
sie wurde ins elend gejagt. Wielasd 30, 245 ; ins ausländ,
in der altdeutschen spräche elend genannt, zu schicken. Kam
5, 175 ;
0 lieber söhn, wie öde licszcst du
das vaierlicbe haus zurück, als dich
des bruders trotz ins elend ausgestoszen! Sciiillbii 23S';
c) aus dem elend heimkehren, führen, holen : ich wil euch
aus dem elende Egypti füren. 2 Mos. 3, 17 ; gott helle uns
allen gleicherweise aus diesem sundlichen uiadenisack zu faren,
als aus dem elend in unser recht heimel und Vaterland.
Luther 6, 35u' ; seit die kunst wider aus dem elend cinkom-
men. Fischart groszm. 3 ;
der gcisl ist döm befohlen,
der uns ins Vaterland will aus dem elend holen.
Gnirniius 1, 157;
durch wen und von wannen er aus dem elende wieder in
sein Vaterland zurückgekommen sei. Lessinc 8,461.
f) Otfrieu von unsrcr himmlischen heimat und dem mühe-
vollen irdischen leben redend, vielleicht mit anspielung auf steh
selbst, bricht in die worte aus 1. 18, 25 :
wolagä clilenti, barlo histu herti,
ih haben i; lüntan mir, ni fand ih liebes wilit in iliir!
ein heutiger dichter singt:
wo dem einen roson lachen,
sieht der andre dürren sand;
jedem ist das elend linsier.
jedem glaiui sein vaierlaiid. UHL«*ins ijed. 350.
g) man sagte ehtnals, das elend [die fremde) schKigl ihm
unter die äugen, ungefähr wie noch heule, manch scharfer
wind ist ihm ins gesiebt gefahren, unter der nase her gc-
slrichen. Keiskrsiikrc, einen vulkscheri von dem Scliwiih auf
reisen vortragend: denn wirt er ztl schänden und schleciit
im das eilend linder uugen und die schinucheit, er schnmpt
sich, das er nit weisz wie er die krebs essen xol, und beeilend
(/ic;urfi»icr<| sich selber und gedenkt denn iicuii in sin land,
'vveresl du doheim in dinem Schwobenland, so srlzl man dir
nit krebs für zii essen oder des blunderstl' rhmll. hilijrrUtl' ;
M. Sachs eoH einer Imscn frau, dte ihrem mann mltan/rn und
iu ihren vci wandten gegangen war, die nc aber ubcl anfuhren:
409
ELEND
ELEND
410
das eilend schlug ir under dougen,
hegen zu irem frommen man. 1, 525';
Ayrer von einem in der well umfahrenden landsknecht :
di'is elend schlegt mir under daugen,
nlso unihzietien wird nicht taugen,
o wer ich hei der frauen mein,
wolt ich krieg krieg lassen sein '. fasln. 122'.
2) da nun fremde und veibannung weh Ihun und unglück-
lich machen, nahm elend nach und nach den begrif von miseria
an und der ursprüngliche trat vor diesem endlich ganz zurück :
also so vil mer du gott dem herren dein eilend an den tag
legest, so vil mer erbarmet sich gott über dich. Keisersberg
s. d. m. 14"; sehen da, diser erkant sein eilend und eigne
sünd. 30' ; darumb das der berr dein elend erhöret hat. 1 Mos.
16, 11; siben tage soltu ungeseurt brot des elends essen (vulg.
afflictionis panem). 5 Mos. 16, 3 ; und der herr erhöret unser
schreien und sähe unser elend, angst und not. 26, 7 ; wirstu
deiner magd elend und wirst deiner magd einen son geben.
1 Sam. 1, 11 ; und umb das abendopfer stund ich auf von
meinem elend, und zureisz meine kleiden Esra 9, 5 ; als der
ich Tol Schmach bin und sehe mein elend. Hiub 10, 15 ; herr
sei mir gncdig, sihe an mein elend, fs. 9, 14 ; sihe an mei-
nen jamer und elend. 25, 18 ; ich wil dich auserwelet machen
im ofen des elends. Es. 4S, 10; brich dem hungerigen dein
brut, und die so im elend sind, füre ins haus. 58, 7 ; sie
müssen ir brot essen in sorgen und ir nasser trinken im
elend. Ez. 12, 19 ; wolan nu, ir reichen, weinet und heulet
über ewer elend, das über euch komen wird. Jac. 5, 1 ; er
höret ir seufzen und elende. Lctuer 3, 19'; gott meinen
Jammer und elend befehlen müssen. Schwei.mcue.'» 1,280;
das was meins elents ein anfang. Plateb 4;
tröst sie in irem elende. Ubla.^o 121 ;
ich eine tocbier bin des königs Ton Galitzen,
der so viel Unglücks hat und elend müssen schwitzen.
WthDBRS Ar. 13, 4;
wie ein groszer trost ist es cheleuten, wann sie gottcs Ord-
nung gefolget haben, wofern kreuz und elend einschleichet.
ErrMißs hebamme 292;
doch drückt kein elend ihn? Gellert 2, 29;
gott liesz so manchen seiner frommen
in dies gefübl des elends kommen
und stund ihm mächtig hei. 2, 170;
des pfeiles starker gift drang ihm durch nerr und blut.
der Schäfer halte nun ein elend an dem leibe,
wovon ich selbst nicht ungerührei bleibe.
Rosi gchäfererz. 41 ;
0 könnte ich sie für ihr elend ganz zu gefühl machen ! Brawe
der freigeist 189; in meinem elend gleichsam ausreifend ver-
lor ich mich endlich selbst und war der Verzweiflung nahe
gebracht. Pestalozzi 9, 257; die leute stecken im tiefsten
elend; es ist ein rechtes elend (ein rechter jammer), dasz du
nicht boren willst ; du must daraus nicht so ein elend machen,
es so schlimm auffassen;
da er kein elend hat, will er sich elend machen.
GÖTHB 7, 9;
als der könig den baren in seinem elend erblickte,
rief er, gnädiger gott ! erkenn ich Braunen * 40, 31 ;
sprich, dasz auf diesem groszen rund der erde
kein elend an das meme grenze. Schiller 246*.
3) der pl. ist von diesem worte, wie von vielen abgezognen,
unüblich, doch setzt Luther 1, 40* wir sind alle in tiefen
groszen elenden; auch in Klingers /A. 4. 207 begegnet: hülfe
in den vielen elenden, die uns bedrücken. Schiller 324'
legi dem kapuziner in den mund:
und alle die gesegneten deutschen länder
sind verkehrt worden in elender,
was die schon in der älteren spräche vorkommenden pl. klein-
öter und gcfilder rechtfertigen.
4) die fallende sucht, das böse wesen, franz. le haut mal,
heiszl auch 'das elend', der zustand belrunkner frauen, wenn
sie zu weinen anfangen, 'das trunken elend': etliche weinen
das trunken elend, als die kellerin, so sie foll weins werden.
Keiseüsb. s. d. m. y*; wenn sie voll seind, so scind sie am
geistlichsten und beweinen ir sünd, ja das trunken elend.
seh. und ernst 1522 cap. 245. 1550 cap. 212. 1555 cap. 282 ; weil
mann und weib, gesellen und töchter dem tanzplutz zueiicten,
bis auf etliche alte weinbeiszer und betagte mütterlein, die
sitzen blieben, davon jene von ihrem bauerswesen und alten
gescbicbten discurierten, diese aber das trunken elend bcwei-
neten. Simpl. Vogelnest 1, 4 s. 274. vgl. Stalder 1, 342 und
'das nasse elend bauen' unter ], a.
5) elend, vulva, praecipue caprae. Tobleb 166*.
ELEND, exsul, miser, ahd. elilenti, eilende, mhd. eilende.
1) dem mhd. eilende wohnt noch ganz gewöhnlich die be-
deutung des lat. estorris bei, das sich von terra {d. i. trocknes
land) wie elilanti von lant, exsul von solum herleitet:
die eilenden geste vorhten Prünhilde nit. Xib. 427, 4 ;
die stolzen eilenden die seitens Volkere dank. 1772,4;
was ™3C gehelfen Eizeln unser eilender tot? 2130,4;
daj er eilende
wäre in dem lande. Greg. 1200;
als ein eilender kneht. 1236.
denselben sinn weisen auch noch frühere nhd. denkmäler: dar-
umb habt lieb die eilenden, vNann auch ir selb wart frembd
in dem land Egipt (vulg. et vos ergo araate percgrinos, quia
et ipsi fuistis advenae in terra Aegjpli). bibel von 14S3, 5 Mos.
10, 19, wo Lcther zweimal setzt frembdlinge ;
ach ich eilend betrübter man,
nun bin ich ferr in fremdem land. ühla.id 777;
ich armer eilender bilger. 778;
es sei hie niden vor der bürg
ein eilender bilgercin. 779;
ellendenherbergc hiesz an manchen orten ein gasthaus, der
ort, wo fremde einkehren, bei Dexzler ists schon nosocomium :
als ich eben den fusz zur thür aussetzte, kamen vier dur-
stige {kecke) kerls auf mich, 'ach, mein herr, wir sind eilende
Sänger und musicanten, bitten umb einen viaticum, weil wir
heut noch nichts gessen haben'. Philasder "2, 233. das will
sagen fremde, ausländische, liesze sich freilich auch scAon
nehmen für arme. B.\dlein 236' setzt .nocA elender, lauds
vertrieben, nicht mehr Steisbacb. im ISj/j. ist der ursprüng-
liche wortverstand geschwunden, wenn Göthe im Reineke 40, 102
schreibt
elend sind wir und fremd in jedem anderen lande,
so folgt er seinem original:
schole wi nu ton in en ander lant,
dar wi elende unde vromde weren ?
und man mag bezweifeln, dasz er hier mit elend eine andere
als die gewöhnliche bedeutung verband.
2) weil der fremde, gefangne, landesverwiesene verlassen und
bedürftig ist und wie der arme (1,554) mitleid erregt, captivus
den sinn des it. cattivo, frans, chetif annimmt, wird begreiflich,
dasz auch elend vollends in die meinung von gering und schlecht
auswich, zumal durch die, gegen den brauch unsrer spräche,
hier vereinfachte Schreibung der hauptton ganz auf die erste
Silbe geworfen, im verdunkelten lend geschwächt war (ahd.
elilenti, mhd. eilende, nhd. elend), schon das mhd. eilende
begann nicht allein fremd, sondern auch in weiterer ausdeh-
nung entfremdet, beraubt und blosz, dann arm, armselig, gering
und schlecht auszudrücken {mhd. wb. 1, 937), woran sich der
spätere Sprachgebrauch schlosz:
und sprach guilicbs, mir ist elend,
das ich ein solchs sol vahen an. EtBin ed. Keller 191 1
het wir nit weib, die "uns trost geben,
so het wir gar ein elends leben, fastn. 67S, 1 ;
und sehen ein eilend anblick,
vil krankheit springen ouch dar usz. Brant 102, 20;
also wenn du betrachtest durch den tod, das dir die sonn
wirt undergon, und dir die äugen werden brechen, bleich
und eilend wirst. Keisersb. s.d.m. 34'; was lani, krum und
eilend ist, ei, sprichst du, es gibt ein guten luünch in ein
closter oder ein nunn. 36'; denn du hilfest dem elenden
volk. 2 Sam. 22, 28 ; elender nacht sind mir viel worden,
vulg. noctes laboriosas enumeravi mihi. Uiob 7, 3 ; und die
hofnung der elenden wird nicht verloren sein ewiglich, ps.
9, 19; die elenden sollen essen, das sie sat werden, vulg.
edent pauperes et saturabuntur. 22, 27 ; denn ich bin arm
und elend. 40, IS; gott du labest die elenden mit deinen
gütern. 68, U ; reche den elenden und armen, spr. Sal. 31, 9 ;
die elenden und armen suchen wasser. £s. 41,17; du elende,
über die alle weiter gehen. 54, 9 ; ich bin ein elender man,
ego vir videns paupertatcm meam. klagt, ier. 3, l ; und ich
hütet der schlachtschafc, umb der elenden schafe willen,
propter oves pauperes gregis. Zacli. 11, 7 ; noch die hellen
flammen der Sterne kundten die elende nacht liecht machen.
weish. Sal. 17, 5 ; denn er hat seine elende magd angesehen,
respcxit humilitatem ancillae. Luc. 1, 48 ; ich elender mensch,
wer wird mich erlosen von dem leibe dieses todes? infelix
ego bomu ! golh. vainags ik manna ! Rom. 7, 24 ; da wandten
sich die elenden leute zu der flucht. LLriitR 3, 130'; darauf
der elende Münzer nichts wüste zu reden. 3, 131; und so
411
ELEND— ELENDEN
ELENDFREI — ELENDSINSEL
412
kindisch {wird mit dem ablasi) umbgangen, das ^i für ein
anzal gplt ein anzal seel gebeu haben, und etwan ein eilende
arme zii. Fha>k tceltb. 129" ; das eilend bläggen, balalus aegri.
Maaler IOO'; ach ich eilends weib, me miscram! 101'; o ich
elendes mensch! (ruß Susanna aus). Heinr. Jul. vü.\ Br. 66;
jene sänger, bei Phii.ander, als sie nun 'eines her singen'
solllen, entscituldiylen sicli, dasz sie nicht könnten, 'wir haben
ja gesagt, dasz wir eilende sänger seien, das sehet ihr nun
im werk, dann wir können nichts'. Phil. 2, 234, mit Übergang
aus der ersten Wortbedeutung in die zweite ^
endlich der eilenden $char
durch seine gleiszncrci licirogen. Wickubrlik 37;
mit weinen, mit geseufr und mit verrückter spracho
sagt dieses junglrawlein her ihr elende sache.
Werders Ar. 13, 31 ;
possen, Ton einem elenden pritschmeister erdacht. Weise kl-
ieu/e 287; es ist wol ein elendes Ihun, wenn man nicht überall
zugegen ist. Ett.ners unw. doct. 751 ; es ist wol ein elend
Ihun, wann man ein weih hat und scherzet ein wenig mit
einer andern, so wird man immer angefochten. 220 ; sie lehnen
ein leiter an, steigen ins haus, da sehen sie die elendeste
in ihrem blute liegen. 947 ; vor mich war es desto elender
(schlimmer). Felsenb. 2,84; elender kerl, slümper; elende
Zeiten ;
erringt er sieb in müh ein elend glück durch ranke!
Gellert 2, 28;
aber ist es denn wahr, dasz euch löwen ein elender krähender
bahn so leicht verjagen kann? Lessing 1,131; ich elender!
Wohin kann ich flüchten? überall ist abgrund. Bhawe frci-
geisl 181 ; meine gebeine sind hol. ein elendes fieber hat das
mark ausgefressen. Güthe S, 155. 42, 214. 441 ;
die muttcr gaben wir verloren,
80 elend wie sie damals lag. 12, 163;
kaum zu tragen war der druck, als mein vatcr auch elend
{sehr krank) zu werden anfieng. 19, 310 ; dem ich fast nichts
dafür geben konnte als zwei elende worte. i.P.fleyclj. 1,12;
wenn sie wissen, dasz schon in einem jähr der ganze alte
körper wegthaut, blosz elende 16 pfund fleischgewicht ausge-
nommen, uns. löge 1, 57; es war mir wie bei einer guten
tragödie zu muthe, wo ein unbekannter elender unsre ganze
theilnahme an sich rciszt. Tieck 7, 97.
Eine menge solcher stellen wäre noch anzuführen, iti allen
reichen die bedeutungen des armen, unseligen, bösen, schlim-
men, schlechten, kranken, geringen, tinbedetitcnden, erbärm-
lichen aneinander, zusammenfassen licszen sie sich in dem
fremden, aber bei uns eingeführten worte miserabel.
ELEND, adv.
die der türkische hund
eilend erwürgt in diesem krieg. Soltau 317;
die Sache ist elend ausgefallen; er hat sich dabei elend be-
nommen ; zuweilen gieng er aber den hellen waidstreifen
nach und zog fuszhohe bäumchen aus, um sie einige schritte
davon wieder elend einzupflanzen zu einem gärtchen. J. P.
Fibel 19; saugt sich elend voll kenntnisse, ohne im stand zu
sein, nur einen tropfen wieder aus sich zu drücken. 37.
ELENDEIS, n. ? das unglaublich grosz urthicr, welches
den Gargantua trug und im groszen forst mit seinem schwänz
alle bäume, stock und standen vom nidcrsten liebstückel an
bis zum cederbaum hinauf niderschlug. Garg. 145'. cap. 19.
hernach: welches als der Grandbuchier sähe, sprach er 'sehe,
wie fein schickt sichs, dasz auf disein fclledeis mein söhn
gen Paris reis'. 146'. bei Kabelais blosz une jument la plus
enorme et la plus grande que fut onques veue. dies könnte
nun mit elend, dem namen der alces zusammenhängen, die
it. la grand bestia, sp. granbeslia, portug. grambesta heiszt.
unverkennbar ist aber clendcis gleichviel mit ahd. illitlso, was
bei Gbaff 1, 238 und DiErENBACU 277* hiena vel puto glossiert,
puto ca muslela putorius, Ulis, Schweiz, täs, läsen (Stalder
1, 2B9), worin das deis von clendeis und fclledeis deutlich vor-
tritt, htnzukommt, dasx Fischart dasselbe ungeheuer 147' auch
noch ulkthier nennt, der iltis wiederum ulk, ulke heiszt, da-
neben teiifelskind. et laufen hier mythische Vorstellungen unter
verwechselte worte; Idszt sich aber das lüs und deis tu deisen
3, (IM halten? s. clk, elbkatze, ellenkatze.
ELENDEN, exulare, peregrinari, ins elend gchn, ahd. elilcn-
lün, ellendon, mhd. eilenden : disc ding spricht Jacob dein
bnidrr, ich hub geellendel bei Laban und bin da gewesen
bi» an disen heutigen lag, bibel von 1483 I Mos. 32, 4. vulg.
•pud Laban percgnoatus suin et fui usquc in pracscnlcm
diem, Luther ich bin bis daher bei Laban lange auszen ge-
west; wir sein kuinmen zu eilenden in deinem land. 47,4.
vulg. ad pcregrinandum in terra tua venimus, Luther wir
sind komen bei euch zu woncu im lande; aber sie (i/ic/rHc/i/eJ
werden euch zu einem essen, dir und deinen knechten, dei-
ner dicrn und deinen lönern und dem fremden, der da eilen-
det bei dir. 3 Mos. 25, 6. vulg. advenae qui fieregrinanlur
apud te, Luther dein freiiibdiingcr bei dir; ewcr sün werden
eilenden in der wüst vierzig jar. 4 Mos. 14, 33, vulg. erunl
Vagi in deserto, Luther sollen hirten sein in der wüsten ;
da giengen mein muelter und Schwester eilenden uiiib, das
sie bald niemand behalten dorft, bis zuletzt behielts herr
Sendlinger. Jörg Katzmairs gedenkbuch ed. Schmkller §. 105
s. 34 ; Lycurgus gicng stracks in die insel Creta und cllendet
da sein Icbenlang willigklich. Frank chron. 16'. man sagte
auch sich elenden : da ist aber sin heiiigej gebeine, dar sich
manich man und wip bin clendet durch der sele willen.
Leyskrs predigten 85, 23. dies gute worl erlosch, seit die be-
deulung von fremd für eilend außörte; aus dem zweiten eilend
= m(scr entsprang sich elenden, steh bekümmern. Denzler 92'
und beelenden (1, 1242).
ELENDFKEF, revocatus ab cxilio. Stieler 558.
ELENDIG, viiser, eine nachdrückliche fortbildung von elend :
der weg in dieser weit war elendig. 4 Esr. 7, 12; was hilft
es, dasz in einer gesellschaft, wo deine majestät auch ist,
dir ein groszes lob zugeeignet werde, da inzwischen die elen-
dige unlerthanen über dich seufzen, pers. baumg. l, 29 ; wenn
sie sich unglückselig erkennen, sie hingegen mich elendig nen-
nen wird. Bütschky kanzl. 863.
ELENDIG, adv. misere:
sonder hat geliebet ehr und zucht,
drob ins eilend gnommon die nucht,
und drob so ellendig verdorben. AtRKR 258';
der esel ist elendig und schmerzlich verrecket, pers. baumg.
5, 5 ; zog mit einer frauen und ältestem söhn elendig aus der
weit, beschr. oricnt. ins. 152.
ELENDIGEN, vexare: es wäre sein groszes glück, dasz
er mit criticis nicht sehr geelendiget würde, ped. schulfuchs 252.
ELENDIGKEIT, f. miseries: ich kenns, als ob er die cllen-
dikeit usspüen {ausspeien) wolt usz dem geinüt. '^erentius
deutsch 1499. 48' (Eunuch) ; in der elendigkeit eines zweck-
losen, willenlosen lebens. Pestalozzi 2, 244.
ELENDIGLICH, mtserc, ellendigklich. Frisius 683'. 825* (bei
Maaler 101' verdruckt ellendcnklich) : und wo gefangene ligen
in Stöcken und gebunden mit stricken elendiglich. Uiob 36, 8 ;
elendiglich und kummerhaft ergangen. Schweinichen 2,156;
solstu so gar elendiglich
dein könig und herrn mit peitschen schlngun?
Avhkr 347*;
er liesz ihn elendiglich verhungern. Habener 4, 156 ; prächtige
feste und immer abwechselnde luslbarkeiten, über deren er-
lindung sich alle witzige köpfe von Scheschian elendiglich
erschöpften, verschlangen uncrmeszliche summen. Wieland
6, 196 ; wie manche katze warf er in die ofenglut, liesz sie
darin elendiglich verbrennen, und tadelte ihn Jemand drum,
sprach er mit lachen 'ei was schadts? wer weisz, obs keine
hexe war'. Musaeus kinderkl. 105;
nein, soll ich nicht elendiglich vurgehn,
so musz ivh Tort, ich innsz mich iliätig zeigen. Göthe 7,313;
wird deswegen nach seiner bekehrung elendiglich aufgehangen.
J. P. tcufelsp. 1, 64.
ELENDS6AND, n. vinculum miseriae : das hiinmlisclic para-
dies ist unser erbtheil, wir haben die elends- und heküin-
merungsbande auf der erden an unsern füszen. pers. baumg.
4, 13.
ELENDSBLUT, n. daphne mezereum.
ELENDSFETT, n. man sagt von einem kümmerlich lebenditi :
er scbinelzi arme ritter in elendsfett.
ELENDSFINDEB, m. canis famiUans.
EI.ENDSGOLLEH, *. elendskoller.
ELENDSHACT, f. alulae alcinae. bei Mklakpek jocoseria I
n* 342 ein teorlfpiel mit elcndshaul und elende haut. t. elends-
koller.
EI, ENDSINSEL, /. insula deserla: o wie gar zu unvornich-
liglirh handeln die väler, welche ihre söhne in Italien, in
Frankreich schicken, als ob sie diesi'lben auf eine elend«-
insel, so von aufrichtigen inenschcnsiilen verlasncn und von
wilden thicrcu bcwubnel winl, >crwci>^(ii. llursciuY i'uim. 27
413
ELENDSKLAÜE — ELFERN
ELFJÄHRIG — ELLENBOGE
414
ELENDSKLAUE, f. alcis mgula : ein ring mit einer elends-
klau. ScHWEiMCHEN 3, 2S9 ; stewret und grübelt in zänen . . .
mit eim rechscbenkei, der aus einer kalten pasteten sich wie
der papst seinen ellendskloen zu küssen darf bieten. Garg.
163'; eingefaszte ellendkiawen und greifklawen. 271*. über
greifklauen s. die anm. zu Ruodlieb s. 232.
ELENDSKOLLER, tn. und n. koller aus elendshaul gemacht:
einer des scbultheiszen mantel, but mit federn, ellendsgoller
und anders seinen dienern zugeworfen, mit wegzuführen be-
fohlen. Beinhard werlh. ded. 2, 189 (a. 1C07) ; ein grauer hut,
ein koller von elend. Simpl. K. 615 ; kauft ich mir ein statt-
liches elendgoller, ein gut hirseben par hosen, einen rotbge-
fütterten reitmantel. franz. Simpl. 1, 206 ;
was wollt ihr da für wunder bringen !
er trägt ein koller von elenshaut,
das keine kugel kann durchdringen. Schilier 323".
ELENDSKRAGE, m. soll, nach Campe, ein verband heiszen,
den die Kundärzte beim stcinschniU anlegen, warum ? bleibt
unbekannt.
ELENDSOFEN, m. nach Es. 48,10:
in unsers lebens elendsofen. Hagedorn nachtr. zu th. 4 s. 118.
ELENDSTIHER, ELE.NDTHIER, n. alces: wimmere nicht
wie ein elendsthier. Claudius 4, 69.
ELENDSWURZEL, f. eryngium campestre, sonst mannstreu
genannt.
ELF, ELFE, s. elb, elbe.
ELF, undecim für eilf, das dem elf weicht, wie dem eilf
einlif wich, von den elf äugen steht schon 1, SOG, vom elften
finger oben sp. 110 :
ab sin elf ougen knmbt er nit. Brant 54, 33.
der zehend weisz nit wie sich der elft nert. Fkask parad. 99.
EUFENBEIN, w. ebur, gekürzt aus elefantbein, doch schon
mhd. gilt helfenbein Parz. 233, 3. tr. kr. 19988, wvil auch
helfant für elfant. man darf auch der ags. kürzung ylp für
jflpcnd und ylpenbän, ebur, eingedenk sein; nnl. ebenwol
elpenbeen. helfenbein herschl noch das 16. i' jh. durch : helfen-
bein, ebttr. Maaler21S'; instar eboris, wie helfenbein. Alberus;
noch bei Deszler, Rädleiv, Steixbach nur helfenbein;
und ir die stirn her gleiszet fein
sam ein durchgrabens helfenbein. fa&tn. 265, 7;
Ton helfenbein ein glatte stirn. Wbcehkrlin 443 ;
in einem schif
von cederbolz und helfenbein. 568;
die arme helfenbein. Flesing 1.54;
er kann in helfenbein,
in purpur und scharlat niemals so ruhig sein. Grtpbics 1,18;
herr, dieser lilien pracht,
des halses elfenbein sind nur geborgte saclien. 1,249;
ihr bocberfreute stirn war reinstes helfenbein.
Werders .4r. 7, 11 ;
die Schulter von blendendem helfenbein leuchtend. Lessing 6, 65.
doch Luther zieht vor elfenbein und so fast alle späteren:
bracht gold, silber, elfenbein. 1 kün. 10, 18 ; sein leib ist wie
rein elphenbein mit saphiren geschmückt, hohelied 5, 14 ; deine
rüder von eichen und deine benke von elfenbein. Ez. 27, 6.
ELFENBELNBEBUCKELT :
und seiner band hinab zu staub en(flel
das elfenbeinbebuckelte gezäuro. Bj^rger 165*.
ELFENBEINEN, ebumeus, mhd. helfenheimn. Trist. 427, 26.
Tund. 00, 15. helfenbeinin Maauer 21S". nnl. elpenbeenen :
mit elfenbeinenem zepier. Voss.
ELFENREINEBN, dasselbe: helfenbeinerne schnlter. Les-
8INC C, 65; aus einem helfenbeinernen schranke. Tieck13, 91;
dein elfenbeinerner hals. Kungers th. 4, 191 ;
der stuhl ist elfenbeinern,
darauf der kaiser sitzt. HEckert 172.
ELFENBEINKAM.M, m.
ELFENBEINSCHIMMERND :
seinen bänden entfielen die elfenbeinschimmernden zügcl.
Stolberg 11, 177.
ELFENREINSCHWARZ, n. *. beinschwarz.
ELFER, m. undenarius. s. oben sp. 109.
• ELFERPROBE, f. ein verfahren nut hülfe der elfzahl, welche
um eins gröszer als unsere grundzahl ist, rechnungen, die mit
decimalzahlen ausgeführt worden sind, zu prüfen.
ELFERN, EILFERN, ein kartenspiel, wie es scheint: frau
Schnips, nein, mariage! frau Zange, o geh sie doch!- eilfern
ist hübsch. Weisze kam. opern 2, 128.
ELFJÄHRIG, undecim annorum.
ELFMAL, undecies.
ELFRÜBEL, m. für elefant. Stieler 375, wie zu verstehn ?
ELFTEL, n. undecima pars.
ELFTE.NS, undecimo.
ELGER, hebes, von zahnen:
die alten
sieb hüten solin vor pfirsingkern,
dasz ihn die zeo nicht elger wem. ErRi.fG 1, 53.
vgl. ilgern und eilen {oben sp. 108).
ELGER, m. fuscinula ad capiendas anguillas, also el-ger,
äl-ger, nnl. elger, aalgeer: stellt den setzbären, sc'hosz die
fischergere, die tridenten, die dreizänig elger. Gor«/. 179"; zum
Aschen prauchet man die fischergeren oder trisacheJ, die elger.
Sebiz 563.
ELK, m. alces, ahd. elah, elaho, mhd. ölch:
dar nach sluoc er schiere einen wisent und einen filcb,
starker üre viere und einen grimmen schelcb. A'»6. 880, 1.
da noch der ur
durch deutsche wälder
gieng und der elk. RCchrt 69.
vgl. ulkthier Garg. 147* für elendeis, und elen, elend. Stieler
375 schreibt eich, und Megenrerc 141, 10 älch.
ELLE, f. ulna, co/.if7], lit. alkune, elkune, lett. elkons,
golh. aleina, ahd. elina? eüna, elna, mhd. eline, eine, eile,
nnl. el, eile, ags. ein, ace. eine, engl, eil, altn. alin. gen.
älnar {nicht Oln, was alnus, der bäum), ddn. alen. Frisics 1397\
Maaler 101" schreiben ein, Lctiier eile, Denzler eilen, schlechter
ist das in Sachsen, Schwaben, in der Wetlerau u. s. w. ver-
breitete ehl, ehie {s. d.), das n war dem worte wesentlich und eile
aus eine entsprungen, da die masze ausgehen von arm, hand,
fingern oder fusz, so musz aleina, ein, eile zuerst, gleich den
tat. und gr. Wörtern, auch den leiblichen Unterarm, XsvxcöXevoi
also weiszelnig bedeutet haben und von da auf das masz er-
streckt worden sein, frühe verwöhnte man sich aber ellenboge,
was eigentlich nur die biegung des Unterarms ausdrückt, für
diesen selbst anzuwenden und dem einfaclien eile lediglich die
bezeichnung des maszes zu lassen, in dunkel ruht, welcher
Wurzel aleina, ulna, co)Jvt] zufallen; ist skr. aratni dasselbe
wort, so könnte sich auch unser arm damit berühren, die
westlichen sprachen haben aber einmütig das r mit 1 vertauscht.
eile dient häufig für angaben der länge, breite, dicke, weite,
höhe und tiefe: im teutonista ulnatim van eilen tot eilen;
funfzehen eilen hoch gieng das gewesser über die berge,
l Mos. 7, 20 ; du soll auch einen tisch machen von fornholz,
zwo eilen sol seine lenge sein, und ein eile seine breite und
anderthalb eilen seine höhe. 2 Mos. 25, 23 ; da trat erfür ein
rise mit namen Goliath, sechs eilen und einer handbreit hoch.
1 Sam. 17, 4 ; ein iglicli rad war anderthalb eilen hoch. 1 kön.
7, 32 ; wer ist unter euch, der seiner länge eine eile zusetzen
müge? Matth. 6,27, golh. mag anaaukan ana vahstu seinana
aleina aina? ahd. mag zuogiouchün zi stnero giwahsti eina
elina? drei eilen tuchs, tria hrachia vel ulnas panni. auf
einer platte, die kaum eine eile ins gevierte haben wird.
GöTHE 25, 252.
die eile dauert länger als der kram, mit gleicher eile wird
dir gemessen, mit kurzer eile kann man viel messen, nach der
langen eile messen ; einen mit der eile messen, einem den
rücken bläuen. Kindlebes slud. lex. 70 ; an den längsten eilen
ausmessen. Schweimchex 1, 249 ; unsere sache stände übel,
wollte gott die strafen mit der eile unserer sönden messen ;
einige machen ihre eignen ansichten zur eile. Claudius 3, 8 ;
dem teufel etliche eilen mühe sparen. Ettmers chymicus 1098 ;
botz hundert tausent elen an enden I Garg. 94*. wetterauisch,
wie viel ubr ists?
'drei auf der ehl,
wanns schlagt, so zähl!'
ELLENBOGE, m. cubitus, ahd. elinpogo m. aber auch elin-
poga f, denn in glossen bei Haupt 3, 465* steht in elinpogün
slnö, in ulnas suas, wie auch Dasvpodiüs 45' die elboge,
zierd der elboge gewährt, Fbisius 348' die ellenbogen, cubi-
tale ein zierd der eilenbogen, bicubilalis in die lenge zwo
ellenbogen 156", Maaler 100* klammert bei ellenbogen 'der'
ein, Idszt aber die andern stellen. Keisersberc setzt- das wort
männlich: da liesz in {den Juden) gott der berr zu fliegen
einen groszen häufen vögel, die flugen nummen zwen ellen-
bogen hoch von der erden, das sie die wol möchten fahen.
s. d. m. 16'; welcher kan sich selber eins ellenbogen lenger
machen? narrensch. 139'. diese männliche form herschl bei
415 ELLENBOGE — ELLENBOGENSPERRIG
ELLENBOGENSTEURERIN — ELS
416
weitem vor und gilt ohne zweifei auch hei Lltiieb, iciewol sie
aus 5 Mos. 3, 11 nicht erhellt, im teutonisla cllcnboeghe.
Schon unter eile ist gesagt, dasz ellenboge ursprünglich nur
das gelenk, die biegung der ulna ausdrückt, worauf man sich
stützt, wie cubitus ro» cuhare gebildet wurde, genauer le-
stimmt ist es das hakenförmig umgebogne ende der eile des
Vorderarms, gleich eile und ulna kann auch ellenboge und
cubitus ein masz bezeichnen; in der vorrede zu Aimon a3'
heiszt es von einem riesen: das er zwei hundert elenbogen
liocii gewest sein solt, vorausgeht a 3' von einem mann fünf
eleu liocIi; Fhank weltb. 18S' spricht von lauter arabischem
gold, sechs elenbogen lang, vier breit; bisz das wasser fünf-
zehen elenbogen hoch über alles crdreich gicng. buch der
liebe 289, 2 ; Og der könig zu Basan pranget in seinem eiser-
nen bette, welches neun gemeiner leut elenbogen lang und
vier den breil war. Matiiesids 78'; fuhren einer wol hundert
ellenbogen hohen pforte zu. Lohensteim Arm. 2, 860.
ob ellenboge auch von dem menschlichen fuszgelenk ge-
braucht wurde, kann ich noch nicht sagen, das thierische wird
dadurch bezeichnet und kaum nur an den vorderfüszen : es
tragen sich oft krankhciten oder mängel zu an einem ros,
als da seiud spatten, elenbogen, leist, uberbein, allerlei gallen,
darzu man das fewr miisz brauchen. Seuter 67; schir das
liar sauber von den ellenbogen und hebe ein gluet daran,
dasz die ellenbogen wol warm werden und reib den senf
darüber des tags zweimal, so werden die ellenbogen weich
und fallen löcher darein, daraus gehet gelbes wasser. 301;
liindt den geiszen den hinkenden elenbogen. Garq. 185' und
bekannt ist der name Katzenclenboge, schon MB. 2'J', 270
(a. 1110) Cazenellinbogo ; mhd.
so ist daj üjer lop nach eren,
sam des von Kaizencllcnbogcn. VValther 81,6,
die grafen hieszen nach einem berg, dessen name wie Hundcs-
nicke u. a. m. von einer ähnlichkeit mit der thierischen geslalt
entnommen war. vgl. Förstemann 2, 466, wo wiederum die form
Elinpi)gA. solche Wörter begegnen in mehr als einer gegend:
ein bad bei Eger zuom einbogen, fastn. 1262,
auf böhmisch loket. in der tischzuclit oder hofzucht wird vor-
geschrieben :
leg dich nit auf dein elenpogen. meistert, f. 23 n' 212;
wer neben dir zu tisch ist gsessen,
den irre nit mit den clbogen. li. Sachs 1,430^;
aber höhn ist: küsz mir den elcnbogen! Garg. 94*.
es spricht, wen ich, der prophct Ezecbiel (13, 18), wee
denen die kiisselin ncgen und legen under die ellenbogen.
Keisersb. s. d, m. 3l'; we die ir verschlieszent die kiisselin
under einem ieglichen ellenbogen. Schade pasq. 3, 18 ; die da
kiisselin zusamen negent under alle ellenbogen der hend.
Gefren beilagen 34; du scholl auch wijjen, da; diu zwai
inauslein an den armen pci den clnpogen niht wunden geleiden
mügen. Mecexberc 20, 17 ; viel haben fuchs- oder katzenaugen,
die bei nacht so wol sehen als bei tag und seind am clen-
bogen blind. Lehmann 65 ; thu halt das beste, begehret er
dasz du schweren solt, so schwere 'bisz über die einbogen'.
Avrer proc. 1, 7 $. 150, ähnlich der gangbaren redensart, die
fingcr lecken 'bis an, bis über die ellenbogen'; du bist auch
einer von denen, wenn man sie das ganze jähr lang auf
bänden trägt und am neujahrsubend einmal unsanft nieder-
setzt, da 'klagen und jammern sie ihren blutigen ellenbogen'
{klagen sie bitterlich), morgenblalt 1S53 n' 2 s. 38 ; ich hatte
schon den ellenbogen angesetzt. .Schiller 118'; aus der karte
wissen wir, dasz wir in dem winkel eines ellenbogen» sitzen.
Tun wo aus der kleinere theil des Wallis die lUione hinunter
sich an den Genfer see anschlieszt. Güthe 16, 251 ;
da silcsz er an ein mifdchen nn
mit seinem ellenbogen. 12, 51 ;
(C-ib-it den andorn «tillen wink
mildem cllciibugcn. 41, '28;
einen mit dem ellenbogen ansloszen, forlscbicbcn, am ellen-
bogen erwist ben u. s. w.
F.I.LKNItOC.KNiJKLKNK. n.
tl.LKMMXiKNLKlST, m. am hintern Schenkel ungewöhn-
liche dirke, davon das pfcrd endlieh lahm wird. Pikter 421.
KM.KNnOGF.MtÖllHF, f.
ELI.KMUlGK.NSrKHitW;, sich hoffärtiq spreizend: gesrbweig
auf reicbslagen und iioniigern unsere Hnmmethiitige, seiden-
kappige, goldrappirige, gi-lbringige, befederte, hochlrappende,
eicnbugcnsperrige, saucrblickcndc, bckuccUtctc, niaulesciige,
fützenbehelmle hoffrätzicin und hagjünkerlein. Garg. 47'. 1500
liest elonbesperrige.
KLLENBOGEISSTEURERIN, f. quae cubitum marili fulcit,
schönes wort für ehefrau: führe ein hausschwalm {schwalbe)
heim, die ihm ein gcsellin sei in der nolh, seins berzens ein
Sessel, seim leib ein küssen und clenbogcnsteurerin, seins
unniut ein geig u. s. w. Garg. 69'.
ELLENBIIKIT: ellenbreiles biet.
ELF.EMKX^H: von elnlioiien kranchslielden. Garg. 40*.
ELLENKATZE, f. wiederum mustcla putorius, iltis, s. clb-
katze, elendeis.
ELLENLANG, alln. älnarlangr:
als irauermann folgt sein herr söhn
mit ellenlangem Höre. IIackdokn 3, 115;
ja nach meiner uhr. sie denken etwa ich habe keine, weil
ich kein ellenlanges zeichen für die beutelschncider heraus-
hängen lasse. Lessing 2, 40t.
ELLEN.MASZ, n. mensura cubitalis: Ileinricus dictus elema;.
Arnsb. urk. n' 3S8; ein sehr gut ellenmesz. Wickram rollw.
30; ich will dir das ellenmesz über die uhren schlagen, weg-
kürzer 12'. 13.
ELLENSCHMÄLERER, m. der die eile kleiner macht: elen-
schmeler, diebische becken. Fischart groszm. 88.
ELLENSCHAFT, m. ansa s. baculus ulnae, ellstecke: als
ein elnschaft fornen sieht sinewel. von guter speise 23 s. 0.
ELLENTIEF. Cleopatra mag knie- und ellentief das pflaster
ihrer üppigen gastziiumer bestreuen. Butschky l'alm. 870.
ELLENWAAilE, f. ausschnillwaare.
ELLENWAARENHÄNDLEH, m.
ELLENWEISE, ad ulnam, nach der eile.
ELLER, f avia, proavia für ellermutter, zuweilen Hebamme:
dann ich behalte vor mein cign
den beiz von l'iilers cller wegen,
wil sagn ich hab ihn ihr gebracht. Giliiusius 99;
nun, nun, ich wils der eller sagn. 100.
ELLER, f almis, erle, schon ahd. dreht elira sich um in erila
(Graff 1, 241. 262) ; elira, eller steht näher zu alnus, ags. alor,
aler, engl, alder, altn. öln und zu eise; man musz ermitteln,
welche landstriche die eine oder die andere form hegen, berühmt
ist das 'äleri stat in frutectuiu' bei Thietmar 2, 23, woraus ein
n. elcri gen. eleris folgt, erle scheint jetzt im hd. geläufiger,
doch eller nicht unbezeugt: seine ellern (cllergrund) widerumb
zu Weingarten machen. Frankf. reform, o, 7, 2.
ELLERBACH, f. euer vetter hat ihm den tod geschworen
und zweimal an der ellerbach aufgelauerL Fr. Mijller 3, 316.
ELLERBAUM, m. alnus, im teutonisla elderenboeni, neben
erlen und cisenboem : blättcr von einem ällerbaum. Hohberc
3, 209'.
ELLERRÜSCH, m. erlenbusch, elscnbusch.
ELLERGRUNI), m. alnetum.
ELLERN, alninus:
cllern holz und roihos haar
sind auf gutem gninde r.ir.
ELLERNSCHWAMM, m. agaricus alnrus.
ELLERMUTTER, f. avia, proavia, altemutlcr, groszmutler.
s. äitermutter.
ELLERVATER, m. assimiliert aus cltervater, altvater, z. b
in Melanpers jocoseriis 1 n* 178.
ELLNIG, ELLENIG, cubitalis, z. b. drciellnig trium ulnarum :
die trcttm lier nach irer nn
in schöniui kleidern wcisz und zart,
fein langsam mit eim sannen tritt,
rjreiclnig ist ein joder schritt. l''Hisrni.iN ed. Strausz s.72.
ELLSTECKE, m. baculus ulnae, schweizerisch.
ELM, f. für elb, wie ahn für alb, schwalme fttr schwalbe,
»t'ciszc taube mit braungelbem hals, auch eine art gelblicher
thon. ToBi.ER 106'.
ELRITZE, f. was clderze. Hoiiberc 3, 296', auch in Schlesien.
ELS, alibi, aliter? oder alles omnino, prorsus?
auch «ichst du iimli den biihel eis
zu ring uinb den stnizigen fols. II. Sacbs I, 236*;
als ich lang Ktiind und snch niirn-crl,
ersach ich ein spitzigen TuU
im gipfi'l des gcbirge.s eis. I, 25t';
alle Kclirien unih lillf nuT ni goil,
sich irn» leben» verwngi'ti fU,
' das schir zersiicKZ sich an cim f<'ls. 111.2,246'.
wahrscheinlich noch öper und deulltcher. in der zweiten an-
geßhrten stelle steht gedruckt Eis, als wäre es des gebirges
name, das doch vorher schon als der Zirelberg bei SckwatM
bcictchnet ist.
417
ELSASZ — ELSTER
ELSASZ, nicht m., sondern n., wie es auch von Seb. Münster
bis auf GöTHE 25, 318. 26, 79 stets gebraucht wird, ganz Elsasz,
tractus argenloratensis Dasvp. 469', Elsasz voc. 14S2 g2'. schon
frühe begegnet Elisaj, Helisaj, Alisalium, neben Alisalia, Elesacia
(FöRSTEMANN 2,52 — 54); die lat. spräche war geneigt länder-
namen, nach terra und regio, weiblich, die unsere, nach land
oder gau, neutral zu setzen, Alsatia drehte sich in Alsalium.
undeutsch scheint dennoch diese lateinisch vermittelte form,
denn aus sizan entspringt keiti saj, sitz, wol aber saje incola.
Elsäje, ahd. Elisajo, incola peregrinus hiesz, aus irgend wel-
cher Ursache, der bewohner, Elisäjonö lant das land, wie sich
mhd. Elsäjenlant MS. 2, 51*. Helbl. 3, 210 findet, gekürzt
Elsäjen (wie Hessen, Schwaben) Helbl. 4, 738, mit wegfallen-
dem lant, oder als dat. pl., auch dies Elisäjon steht bei Förste-
MA.ss s. 53. stall Elsäje sagte man nachher Elsajsere, Elsässer,
von jenem Elsaj, Elsasz ableitend.
ELSE, f betula alnus, eller, erle, böhm. olse, volse, poln.
olsza, lit. elksnis:
rings von eisen und haseln und breiien eichen uinsäuscit.
Schmidt von Wkrneuchb.n s. 146;
hinter den Berliner höhn
fangl der morgen schon so schön
durch die eisen an zu dämmern. $. 53.
dieser aus dem statischen zu uns übergegangne name sollle
schon deshalb dem heimischen erle und eller nachstehen, weil
er sich mit den folgenden eise mengt.
ELSE, ELSEN, f. clupea alosa, was alse. eisen maifiscb.
Mo.NE zeitschr. 4, 77. 92 ; zuweilen eis n. :
goldtisch an zal, desgleich eschling,
der elzen manche drinnen ging. Wieram irr bilg. E3;
es liesz sich fangen da der blawling mit dem eis,
der prasse, wirger, siör, die neunnug und der weis,
lampreien. hiiceln, hechi, migling und adelfelgen,
putz, kuiieln, norrenlisch, nbuhäupter sunipt den schwölgen,
Karauschen, sprüizemahl, die (juapp und menreslaus,
die kamen all im meer in groszcn hauten raus.
Werokrs .4r. 6, 36;
am Ufer klappen schon das baupt der nackten eisen.
GöKi.NCE 2, 135,
wenn darunter die fische und nicht vielmehr bäume zu verslehn
sind.
ELSE, ELS, f. artemisia absintbium, was alse, alsem : sonst
wird der werniut mit andern nanien in teutscber sprach eis
oder elz, wiegenkraut und feldweimut genannt. Tabernaemox-
TANUS 15SS s. 2 ; eisen und elz. Lomcerds 1S4" ; welcher boden
bittere kräuter viel bringt als beiden oder klein pfrimmen,
elz oder eisen, der ist dörr. Sebiz25; wärmut oder elz. 59.
Hemsch 877, 56. s. bück, bücke.
ELSE, ein frauenname, vielleicht Ilisa (Förstem. 1, 774) oder
aus Elisabeth gekürzt, in der gemarkung des dorfes Oppenrod
bei Gieszen ein flurname 'in der faul Elsenwiese', welcher an
die kluge Else -ennner«, die sich faul ins körn sclilafen legte,
statt es zu schneiden, leicht aber könnte eise, der bäum ge-
meint sein, zu L'nterftorstadt heiszt die gegend an der höhe
hinter Friedberg 'der Eis ihr loch', s. Eislein.
ELSEBAüM, m. rhamnus frangula, schwarze erle.
ELSEBEERE, f. Crataegus torminalis oder prunus padus.
in einem briefe Lutders 3, 12S mespila minuscula, teutonice
clsbeer. bei Seiüz auch elschplen für eisbeeren.
ELSEBEERBAUM, m. sorbus torminalis, was elsebaum.
ELSENBITTER, bitter wie wermut.
ELSENGRUND, m. erlengrund:
schöpften kühle luft im elsengrund.
SCHIIOT vo?! Wbrnkcchk!« 187.
ELSEN.MOOR, n, erlensumpf:
der kibiiz heckt im elsenmoor. Sciiiidi von Wkän. 72.
ELSE.NSEGEN, f. sagena capiendis clupeis. More zeitschr.
4,90.
ELSENTEICH, m. Schmidt von Werneuchen 253.
ELSLEIN, n. summ summarum das kreuz ist ein rechts
Elslein umb und umb, und der korlink in allen ceremonien.
FiscHAHT bienenk. 177*.
ELST, f alnus, erle, ehe: weiden, lindbast, ilmen, ifen-
holz oder rüstbäwm, erlen oder eist. Sebiz 3,
ELSTER, /". pica, s. agalaster 1,189. egersfe 3,34, alster:
man hat der alster ein ei enttragen. GAhTNERf dict. prover-
bialia 49"; es ist kein alster, sie hat etwas bunds. 79*. 113";
bei jedermnn an allen orten
konien sie von der weisheil schweizen,
gleichwie die elsiern und die hetzen (hclier). U. Sachs II. 2, 91* •
Ul.
ELSTERAUGE — ELTERNGEBÜHR 418
die alster tanzt in fremden federn, moriae encomion s. l. et a.;
ein elster dunkt sich stolz und klug,
sie etzet sehr und trieb viel mancherlei geschwetz,
hub an und tanzet mit ihrem elsierschwaiiz,
den schlug sie ofle nieder.
und hub ihn auf bald wieder. Hofsann gesellsch. l. s. 255;
in curta lunica saltat Saxo quasi pica. Garg. 118';
ein landsknecht spinngt daher im kiu^en rock wie ein alster.
Gärtner 6S';
der elster renkt den steisz und läszi das hüpfen nicht.
GEntukr 972.
ELSTERÄÜGE, n. was egerstenauge 3,34: unglückliche Ver-
hältnisse und elsteraugen haben mich geplagt. Arnim 2, 324.
ELSTERBUNT, mhd. alstervech. Helbli.ng 8, 3S6.
ELSTERLACHEN, n. der entscheidende ton, der ihm eigen
ist, seine verunglückte discantslimme, sein musiver witz, sein
elsterlachen, vertrieben nur zu bald jedes merkinal voriger
Zufriedenheit aus unser aller gesiebtem. Thümmels reiie2,211.
ELSTERSPECHT, m. buntspecht. Stieler 2065:
für sich in stiller Ireude
bat lieb das frohe vögelein,
die lereh auf öder heide,
der elsterspecbt im hnin.
ScuMiDT VON Wkrnbocub» s. 56.
ELTE, f. was alte 1, 267 : so gat hinweg die elte der Sün-
den. Reisersberg bilger 69*; die geiszen werden von wegen
der elte unfruchtbar und untrühaft. Forer 5S'; diese regel
ist von wegen irer elte und des waren grunds mit nichten
zu verachten. Thur.neisser infl. Wirkungen 144.
ELTECHS, m. miislela putorius. Mecenberg nach dem druck
von 1482, die ausgäbe Pfeiffers 157 liest eltes, illis. auch
Stieler 8S9 hat eltes neben iltis. s. eiendeis.
ELTER, m. oder n. altare (1,265):
din elter dreget allet dat heilichdum. Marienlieder 12,36;
schlug den kelch unde das consecriert gedrank von dem elter
herabe, das es gar verschot ward. urk. von 1491 in Stöbers
Alsatia 1852 s. 93.
ELTERLEIN, n. alrophia infantum, auszekrung. s. älterle.
ELTERLEüTE, pl. von altermann, aldermann, ralhsherr,
ältester im rath.
ELTERLICH, elterliche liebe, parentum amor; mit elfer-
lichen äugen (parentum oculis) blickt der elephant auf ein
inenschenkind. J. P. herbstbl. 3, 179.
ELTERLOS, orbus: als es gemeiniglich allen elterlosen
waisen zu gehen pfleget. Felsenb. 2, 177 ; der elterlose waise.
Gotter 3, 56.
ELTERMUTTER, f. avia. Klisger 1, 398. s. ältermutter,
ellermutter. auch flurname. so heiszt in der gemarkung von
Stammheim in der Wetterau am walde zwischen diesem dorfe
und Unterflorsladl eine einsame gegend die eltermutter.
ELTERN, parentes, ahd. eltiron, altiron, alts. eldiron, nd.
oldern, nnl. ouderen, /leu/e'ouders, fries. aldera, ags. yldran,
engl, aber parents, altn. foreldrar, schw. föräldrar, dän. foräldre.
goth. berusjüs von bairan, wie parentes == parientes von
parere, wie alan, altn. ala auszer alere auch parere ausdrückt,
zu alan, alere gehört alt und eitern, eitern sind also die
geboren und erzeugt haben und auferziehen, sehr oft steht ßr
eitern 'vater und mutier, im skr. der dual gurö, d. i. vene-
randi, graves (wörtlich goth. kaurjai). Ulfilas setzt auch
fadrein, fadreina für eitern, welchem ahd. fatarln entspräche.
gesegnet sei dein weih und deine eitern. Tob. 9, 10 ; es ist
niemand, der ein haus verlesset oder eitern oder brüder
u. s. w. Luc. 18, 29 ; die erbsünd, die wir bar haben von un-
sern eitern Adam und Eva, die von dem öpfel geschleckt
haben. Keisersberg s. d. m. 16';
weisz ich durch dich nur versorgt das haus und dieJIcbenden
eitern. Götui 40, 337.
man gebraucht eitern ebenwol von thieren:
das nest
der vögeln, die mit lieb der eher lieb belohnen.
Weckiiehlin 225,
deutscher hätte er geschrieben vögel und eitern.
ELTERNEDEL, genere nobilis:
hast deinen sinn ergetzet
mit dem worüber olt ein elteruedler lacht,
doch das den edlen ziert und einen edel macht,
der sonst nicht edel ist. Opitz 2, 18.
ELTERNFREUDE, f. an den kindem, wie mutterfreude.
ELTEHNGEBÜHR, f. was elternpflicbt.
27
419
ELTERNGLÜCK — EMESZ
EMMER — EMPFAIIEN
420
ELTERNGLCCK, n.
ELTERNLIEBE, f. parentum inliberos, liberorum in patenies
amor.
ELTERNLOS, orbus, es ist kein gnoid da, dieses für besser
XU halten als eiterlos, man sagt ehrlos und ehrenlos u. s. w.
ELTERNMÖRDER, m. parricida.
ELTERNPFLICHT, f. officium parentum.
ELTERNPLACKER, m. vexator parentum. Stieier 1459.
ELTERNSEGEN, m. benediclio parentum.
ELTERNSORGE, f.
ELTERVATER, m. avus, proavus, abavus, ellervater: Sig-
hard Wittekinds ellervater. Micrälius 1,155;
bis (iasz sich denn zur zeit die ȟsie zeit erweist,
die eltervaier euch, euch eliermnttcr heiszt.
LouAU 1, 8, 17.
ELTBITZE, f. siehe elderze, eirilze.
ELZ, s. eise.
EM, eine sparsam erscheinende, meist dunkle und versteckte
ableitung ; in den Substantiven atham, eidam, brosame noch
von a geleitetes m, sonst aber gescliwdcbt in atliem, erdbidem,
odom, bald ersetzt durch e n in boden, brosen, busen, faden,
gaden. schwerer zu fassen in beim ,baum, träum, sauni, galm,
halm, heim, qualm und vielen andern, verha früher noch
bidmen, fadmen, heute fast nur athmen, widmen.
EM erzeugt sicli vor lippenlaulen aus en (gleich lat. im aus
in, gr. ift. aus eV), empf aber aus cntf, doch nicht überall
und nothwendig, es scheint blosz zufall und gewohnhcit, dasz
sich in einzelnen vörtern entweder empf oder enlf einführte
und festsetzte, inlautendes b oder p ist häufig nach ra ge-
schwunden : um, imme, amt u. s. w.
EMREHREN, s. entbehren.
EMREISZEN, j. enbeiszen.
EMBERITZE, EMBRITZE, f. emberiza, ammer, ämmerling.
Maaler tot', emmeritz m. passer spermologus.
EMBD, n. siehe emde.
EMRIETEN, s. entbieten.
EM BS, s. emse.
EMHSIG, *. emsig.
EMßOR, s. empor.
EMDE, n. cbordum, grummet, aus ämSt (Graff2, G53) uomÄt,
wie grummet aus gruonmAt, mhd. ömet, uomet {mhd. wb.
2,21'), Uasvpodius 42' Aat embde, Maai.er lOl', Henisch 877, II,
Denzler 1G8 schreiben embd, Stai.der 1, 99 ämd, emd, es ist
die schweizerische, schwäbische form, die bairische lautet amat.
ScnMELLER 1,53: ein fuoder höwes oder emdes. Schreiber
freih. urk. 1, 550 (a. 1309); unser wisen sond ingeschlagen
werden bis das embd darus kompt. weisth. 1, 130 ; der sol
jerlich aim vogt ain fuoder höw und ain fuoder embt usz
der wis füeren. 1, 211 ; unter der farenden hab wird verstan-
den wein, körn, hafer, roggen, heuw, iimbd. 1, 291 ; item eim
jeglichen kirman sol sin empt bcfrid sin unz sant Gallentag.
1, 418 ; die spate matten übermäien, auf das man emde oder
aumel mache. Sebiz 59; kom schneiden, meycn gras und
embd. Tuur.neisser archidoxa 10.
EMDEN, secare chordum, grummet malten, machen, unper-
sönlich, es ämdet sich wol, übel, wenn das nachheu wol oder
übel ausgibt. Stalder 1, 100. auch die wiese emden : welicher
aber sine wisen nit embden wil, mag sie wol usweiden.
uieisth. 1, 130.
EMEIS, formica, so auf dem titel des Keisersbergisciten
buehs oben, im buch selbst allenthalben omeisz, ommcisz.
t. emse und ameise.
E.MEN, was ammen, füttern, dtzen (1, 279), ehmen {oben
tp. 52), noch heule in der V/'etterau üblich, wo man es auch
intr. von wunden gebraucht, die wunde emt, ätzt, eitert:
und Vien sich aU die jungen Tögcl emen,
die weit aufginen und vil bcge'rn. fasln. C40, 22.
EMESZ, m. n. /or«<m, vineulum, hat sich in der Wetterau,
*uf dem Vogehberg, am fieckar in der gestalt von cinsz,
ioux, emei erhallen und ist zuerst von WErcAfii) 1, 547 unter
jocbteeix verzeichnet worden, welche Zusammensetzung, gleich
dem einfachen worl, den ledernen, jetzt gewöhnlich eisernen
ring unten am doppeljoche ausdrückt, durch welchen die deichsei
geht und festgehalten wird, vermutltch ist das anlaulende e
nur betont, nicht eigentlich lang, dieser merkwürdige ausdruck
scheint ganz das ahd. bei Graff 1,251 nur als dunkles adj.
aufgeführte rma^ Cma^ und leitet zu folgender betrachtung. wie
steh aus lat. jOgum fin jügi« con/inuui, perjieluus, oujstr. jnga
die bedeutung aetas, mundi aetas entfaltete, scheint auch tnna^,
ursprünglich jugum, lorum, dann vielleicht acvum, aus ihm ßosz
emaji assiduilas, ßmajic perpetuus, sedulus, Cmijis scmper
(vgl. amez Stalder 1, 100) und urverwandt liegen lit. amzis
aevum, aeternitas, ir. aimsir, welsches amser tempus, endlich
auch skr. amasa (Bopps glossar le', vgl. gramm. 1, 491, doch
bei BöHTLiNGK 1, 371 unverzeichnet) und aniati tempus. emajic
pluostar glossiert geradezu juge sacrilicium, nach Servius in
Virgil. Aen. 3, 537 augurium quod ex junctis jumenlis liat.
ein welterauisches bauemwort musz uns den sinn von ema^
erschlieszen und den Zusammenhang zwischen joch, band und
zeit belhätigen. correption oder proJuction des u m jugum,
jugis macht kein hindcrnis, aber mit tempus könnte temo ver-
wandt sein (mylh. 751). in jocliemesz bedeutet jedes einzelne
wort was beide zusammen, man erwäge die ahd. namen Amajo,
Emijo, Amaja, Emija, Emejrät bei Förstemann 1, 79. 80. 5. nach-
her emsig.
EMMER, m. averra (?) Diefenracti 60*. Maaler lOl' ist =
ammer (1, 278), ahd. araar.
EMMERLING, m. was ämmerling, ammer, embritze :
ich wllls des königs kemmcriing
sagen, sprach der weisz enimerh'ng. II. Sachs 1.426';
der Stieglitz, cmmerling, der hanlling. ürockks 4,57;
ringsum amsel und fink und cmmerling. Voss;
nur der cmmerling zirpt oben im erlenstraueh. Salis 56.
EMPAN, invideo : nun aber empan ich nit dem obersten
gott Jovi die geisz zur seugammen, weil mich zwo höflich
göltin mit iren brüsten haben geseuget. Frank paradoxa 6.
mhd. enban und in gleichem sinn erban (wb. l,3l'. 32').
EMPEREN, s. entbehren.
EMPFAHEN, accipcre, excipere, concipere verhält sich zu
empfangen wie fahen zu fangen, und klingt uns als seltnere,
ältere form heute feierlich und dichterisch, nur besteht sie
lediglich fürs praesens, denn das prael. empfie ist längst er-
loschen, mhd. enpfAhen und enphdhen, zuweilen auch em-
pfähen. nnl. nur onfvangen.
1) persönlich aufnehmen, den herrn, den gast, den boten ins
land, die braut ins haus: und die priester und die eltislen
giengen eraus in friedlich zu einpfahen. 1 Macc. 7,33; und
Onias empfieng ewern boten ehrlich. 12, 8 ; ihn mit gebogenen
knien empfahen thet. Galniy 254; und feilet mein reicii auf
keine denn auf mein tocliter, nun bitte ich euch aber und
begere, dasz ihr mein tochter empfahen und ihr euwer leben
bekennen und ihr huldct und schweret als euwer frauwen.
buch der liebe 268, 1 ; einen freundlich mit kus empfahen,
excipere osculo;
die jauchzend dich cmpfahn. E. vom Klkist 1,18;
aber auch eine person als gewährung und gäbe in empfang
nehmen : ich empfahe dich als bürgen, als abgetretnen knecht ;
und zur sühne sollt ihr Beilin mit seinem gcschlechic,
ja mit allen verwandten auf ewige zelten empfahen.
GÖTHB 40. 109.
2) häufiger gäbe, geschenk, lohn, segen, namen, Irost em-
pfahen: da ich auf den berg gegangen war, die steinern
tafeln zu empfahen. 5 Mos. 9, 9 ; der wird den segen vom
herrn empfahen. ps. 24, 5; das ich nicht mehr mag das speis-
opfer ansehen noch etwas angcnemc von ewern henden em-
pfahen. Malcachi 2, 13; daruinb werden sie empfahen ein
herlichs reich und eine schone kröne von der band des herrn.
weish. Sal. 5,17; du wirst noch eins so viel busheit durch
in empfahen. Sir. 12, 6; denn wer da bittet der empfehet.
Hatth.l,H; der wird eines propheten hdin einpfahen. 10,41;
und alles was ir billel im gebet, so ir pleiibet, so werdet
irs empfahen. 21, 22; wer das reich goltes nicht empfehel
als ein kindlin, der wird nicht hinein komen. Marc. 10, 15 ;
es ist niemand der ein haus verlesset . . . der es nicht viel-
fellig wider empfahe. Luc. is, 30 ; und wer da schneit [schneidet]
der empfehet lohn. Joh. 4, 36; das saget er aber vim dem
heiligen geist, welchen empfahen sollen die an in gleubten.
Job. 7, 39 ; den geisl der warheit, welchen die weit nicht kan
empfahen. 14, 17 ; gebt mir auch die macht, das, so ich
jemand die liende auflege, derselbige den heiligen «feiüt em-
pfahe. apost. gcsch. 8, 19; »o werdet ir einpfahen die gab«
des heiligen geistc». 2, 88; Vergebung der sündc empfahen.
10,43; und hell sich nicht an dem heubl, aus welchem der
ganze leib durch gelciik und fugen liandreichung empfelid.
C'üi. 2, 19; einen newen namen gesthriebcn, welchen niemand
kenni't, tlenn der in empfehet. offenb. 1, 17 ; beitpieU in menge
421
EMPFAIIER — EMPFANGEN
EMPFA>GEN — EMPFÄNGEN
422
liefert Maaler lOl'.'; die jungfraw von der tröstlichen red
Philomene etwas liera eiiipfalien tliet. buch der liehe 240,2;
der alte ritler nicht wenig unmuls über des jungen ritfers
rede empfaben thet. 246, 2 ; Sem, der das priesterlhum em-
pfahen solte. Micrälils 1, 37 ;
die eid und pdichi haben geihan
werden emplahen ihren lohn. Soltau 462;
Teutschland empfacht dardurch weder ge$pöt noch schmach.
Weceheili<i S49;
frischen luft za empfahen. Simpl. 3,363;
er empläht den heiligen geisl. Messias 15, 1052;
komm den lohn zu emnrahn, den diese güie des herzens,
diese geduld dir envarb. 16, 114;
wenn wir sterben, empfahen wir so I 17, 'S4;
wenn ich meine pflicht thue und dafür einen wol abgemes-
senen unterhalt empfahe. Göthb 16,204;
sage mutler. bist dus eben,
meinen dank noch zu empTahn,
was du für des jungliiigs leben
mit dem galten einst geihan? 41,29S;
wenn Heinrich in dem arm der schönen Gabriele
nach einer edlen thai der liehe lohn emprähi.
wer zweifelt da>z da nicht die l'nrbe seiner seele.
auf einen basiart übergeht. Tuümibl 2, 51.
3) empfahen concipere, ein kind empfahen, sdwanger werden.
Maaier 101*.
EMPFAHER, m. acceplor, exceplor: empfaher eiries zolls.
Maaler loi' ; empfaher einer Schenkung, buch der liebe 200, 3.
heule empfanger.
EMPFAHIG, capax, aptus, idoneus ad accipiendum : drumb
soll er warlich auch am meisten fragen und sehen, ob der
mensch der botscbaft auch empfehig were. Luther 1, 66' ; das
keine person da ist, die der taufe empfehig ist. 6,84*; das
sie aber nicht jedermann zu nutz komen, ist nicht der sacra-
ment, sondern des schuld, der ir nicht recht brauchet, das
er irer kraft möcht empfehig werden. 6, 283'; so ist auch
die liebe nicht das mittel, dadurch wir solches empfahig wer-
den. Melanchthon T, 22. wir lassen uns heute an fähig ge-
nügen und unterscheiden davon kein empfahig. s. empfanglich.
EMPFÄHLICH, dasselbe, ßr empfahelich, empfänglich: je
mehr sie (die rebe) saft in sich sauft und des Stocks em-
pfalich isu Fbank laster a2; je mer du seines einwirkens
empfiilicher bist, paradoxa HO.
EMPFAHUNG, f. acceptio, empfang, empfangnahme : in
empfahung derselben gaben. Ga/fwyl98; Japhet aber und Sem
hat er (gotl) in empfahung königlicher würde gleich gemachet.
MicRÄLiGS 1, 37. Stieler 1540 hat noch empfahungsredc.
EMPFALLEN, excidere, mhd. enphallen, schreibt Luther
verschiedentlich, doch in der bibel zuletzt nur entfallen : wenn
ich sie angriffen habe zu bessern, sind sie zurück gelaufen
und mitten im werk mir empfallen. 1, 8S'; das ist nicht ein
fester man, der sich so stark dünket, das ers nicht fülen
wolle, so im ein guter freund empfellet. 5, 497'; wer den
trost nicht hat, der kan sich sonst nicht trösten, noch frö-
lich sein, sondern so viel im des worts empfellet, so viel
empfellet im auch des trestes. 5, 500' ; es empfalt mir, mens
effluit, es empfalt im das herz, cadit Uli animus. Maaler
lOl'; dise ding sind mir empfallen, mihi isla exciderant.
ebenda,- gleich als sei es Christo empfallen, oder hab im
träumet. Frank laster bi; diser stell sich vor so greulich,
als het er schon die lutherischen all ufgefressen, itzt ist ihm
schon das herz empfallen. Alberus wider Wilzel M 7', aber L 7'
steht entfallen; so einer den fischern wider empfelt, sollen
sie sich vergraben. Eurer 39'. mhd. enpfallen, nnl. ontvallen.
sie warf den lip üf die banc,
als er ir enpfallen waer. Helbl. 1, 1207.
EMPFANG, m. acceptio, nnl. ontvang.
1) der feicHiche empfang des königs; es ist schon alle
anstalt zu einem glänzenden empfang gemacht norden ; sollte
man der tochter nicht verstalten ihren segen in der elter-
lichen Wohnung in empfang zu nehmen? Götter 3,71;
erfreut ein wirtlicher empfang die gäsie,
behend verlischt der übel tief gefühl. Göthe 11, 366.
2) der empfang des geldes, die einnähme: wie nun der
empfang grosz ist, also wird auch die rechnung der ausgaben
nicht schlecht sein. Aldertikus hirnschleifer s. 22; er leugnet
den empfang; die Zahlung, die bittschrift in empfang nehmen.
vgl. entfang.
EMPFA.NGEN, was empfahen. während mhd. enpfilhcn für
das praesens vorgezogen wurde, im praet. enplie und eoplienc
schwankten, Luther dem praes. noch empfahen liesz, dem
praet. empßeng gab, ist später die form empfangen auch im
praes. herschend geworden, empfahen, wie gezeigt wurde, nur
ausnahmsweise in gebrauch geblieben, s. entfangen, entpfangen.
1) persönlich: und sie füret in in ires vaters haus, da in aber
der dirnen vater sähe, ward er fro und empfieng in. rieht.
19, 3 ; und sie kereten zum Raguel ein und Raguel empfieng
sie mit freuden. Tob. 7, 1 ; da kamen zu ihnen die Nabatheer
und empliengen sie freundlich. 1 Macc. 5, 25; und als die
jungfraw Marcebille von dem pferd empfangen {ihr von dem
Pferd herunter geholfen) ward, buch der liebe 17*; ir sollt
empfangen sein vor gottl äyrer 23S', gruszformel, der man
das bekannte 'gote uude mir willkommen' vergleiche;
und meiner (rnei« raler) starb an gliederpein,
ihn hatten bauern grob empfangen,
verseizi der hunerdieb. IJackoor.<« 2, 138;
aber mit zärtlichem liebesblick
empfangt ihn fräulein Kunigunde. SchillriTO';
ja ich gehe mit euch, sobald ich die kriige den freunden
wiedergebracht und noch mir den segen der guten erbeten,
kommt! ihr müsset sie sehen und mich von ihnen empfangen.
Göthe 40, 3ü9.
mit ausfallendem acc: er empfängt heule, jeden montag,
nimmt leute, besuch, gesellschaß an.
2) sächlich: verflucht seist du auf der erden, die ir maul
hat aufgethan und deines bruders blut von deinen henden
empfangen. 1 Mos. 4, 10 ; denn die Rubeniter haben ir erbteil
empfangen. Jos. 13, 8 ; und da Hiskia die brieve von den boten
empfangen hatte. 2 kön. 19, 14 ; und zu mir ist komen ein
heimlich wort und mein obre hat ein wörtlin aus dem selben
empfangen. Hiob 4, 12; du hast gaben empfangen für die
menschen. ps. 6S, 19 ; gab im die handschrift und emplieng
das geid von im. Tob. 9, 6; da nu erbei kam die zeit der
fruchte, sandte er seine knechte zu den weingartnem, das
sie seine fruchte empfiengen. Malth. 21, 33.
3) oß abstract: und im träum empfieng er befelh von gotl.
iVa//A. 2, 22; doch ich wol einen wahn hab empfangen. Luthers
br. 1, 518 ; als sich eines tags begab, däsz er mil seinen ge-
sellen in das frauwenzimmer gieng, da sie nicht wenig freud
empfiengen. buch der liebe 245,. 3 ; davon der könig etwas Un-
willens empfieng. 243, 1; der könig von des narren worten
nicht grosz gefallen empfieng. 256, 3 ; der ritter ein groszen
schrecken empfieng. 244, 1; was ubels sie umb ire bosheit
empfangen haben. 292, 3 ; umb deswillen er sich ein wenig
entsalzte, aber gar bald wiederumb ein herz empfieng. 16, l ;
er empfieng eine solche liebe zum kinde. 4,4; bald empfieng
er des ein rew. Frank wellb. 91'; jämmerlichen schmerzen,
schrecken und zagen empfangen. Avrer proc. 1, l ; darüber
sie grosze schmerzen empfieng. Schweixichex 3, 249; groszen
nutzen empfangen, pers. rosenth. 3, 27 ; empfieng ich einen
solchen appetit, dasz mir das maul ganz voll wasser wurde.
Simpl. K. 162 nach CK, der aufgenommnc texl hat 'empfand';
fröhlich kommt ihr und heiter, man sieht, ihr habet die gaben
unter-die armen verthcih und ihren seeen empfangen.
GoTHK 40, 244.
einigemal kann auch bloszes empfangen gesetzt und der gegen-
ständ ausgelassen sein : nachdem ir von uns empfangen habt,
wie ir sollet wandeln und gotte gefallen. 1 Thcss. 4,1; ich
merke sehr wol, dasz mich gesellschaft aufheitert, ich ver-
gesse mich da, oder vielmehr mein köpf empfangt anstatt zu
schaffen und ruht daher. Lichtenberg 1,23; ich gieng durch
zauberörter kalt und ohne empfangendes gefühl. Klingei
2, 310. s. dai folgende empfangen.
4) empfangen, prolenx concipere : und legt die siebe, die er
geschelet hatte, in die trenkrinnen für die herde, die da komen
musten zu trinken, das sie empfangen sollen, wenn sie zu
trinken kcmen. l Mos. 30, 38 ; also empfiengen die herde über
den sieben und brachten sprenkjiche, Deckete und bunde.
30, 39 vgl. 41 ; der tag müsse verloren sein, darinnen ich
geborn bin, und die nacht da man sprach, es ist ein menlin
empfangen. Hiob 3,3; bistu der erste menseb geborn? bistu
vor allen bügeln empfangen? 15,7; sihe, meine mutier hat
mich in Sünden empfangen, ps. 51,7; ehe denn er in mut-
terleibe empfangen ward. Luc. 2, 21 ; darnach wenn die lust
empfangen hat, gebiert sie die sünde. Jac. 1,15;
ich hab ... in Sünden grob empfangen,
durch denken, reden ihun sund über sünd begangen.
Wrckhrrlin 321.
EMPF.iiNGEN, EMPFENGEN, accendere, sich empfengen,
accendi, sich entzünden: bei seinem grabe stunden kerzen,
27*
423
EMPFANGEN — EMPFANGSCHEIN
EMI»FANGSEHRE — EMPFEHLEN
424
wenn man die auslescht, so cnipfcngten sie sich selbst wider.
ÄLBERDS der barfuszer Eitlensp. n' 2s9 ;
und wie sich ofi ein fewr eiiipfeiigt
von einem Tunken, ilnsz wie stroh
ein ganze statt brennt liechter loh. Albbrcs Esop 110';
dun» auch capere, radices capere: wurzeln, wann sie die
pflanzen, schneiden sie die in kleine stücklein, stecken die
stück in die erden, das einpfengt sich dann und breitet sich
über die erden her. Hans Stauen v3. vgl. angehen, tcelcbes
eben so von dem [euer u/irf der tcurzel gill.
EMPFANGEN, n. ich wäre sehr begierig gewesen, den ein-
druck, den ihr Hermann auf meine Stulgarler freunde getnacht
hat, zu beobachten, an einer gewissen Innigkeit des enipfan-
gens hat es sicher nicht gefehlt, aber so wenige menschen
können das nackende der menschlichen natur ohne Störung
genieszen. Schiller an Gölhe 362.
EMPFANGER, m. qui accipU, was empfaher, ahd. inphan-
gare N. nnl. ontvanger:
daher wiri sein herz ein empfanger,
und von bosheit und unheil schwanger. Wsckherlin 24.
EMPFÄNGER, »i. dasselbe: der crapfänger des geldes, des
bhefs ;
es ist der fromme sängcr,
der sang des heilands sieg,
zu dem er, ein enipfanger
der palm, Im tod entstieg. RCckbrt 194.
EMPFÄNGERIN, f.
EMPFÄNGIG, capax, idoneus rei sentiendae, ahd. antfengi :
wenn wir auf dem haar der kometcn, der gröszesten wärme
und killte gleich einpfängig, durch die weilen regionen des
himmels schiffen könnten. Herder 3,12; so musz ja dieser
ginn auch empfängig sein der begriffe des schönen. 19, 72.
EMPFÄNGLICH, dasselbe, nnl. ontvankelijk:
1) empfenglich gut hiesz das dem todfall oder besthaupl
vnler liegen de : ein iglicher dingman, der besthaubtig und em-
pfcngliche guter in des klosters gericht liegen hat. weistli.
2, ni; sie sollen weisen auf diesen dingtag alle jars, wie
manch empfenglich gut mehr ermelt dosier da habe. 2, 172.
2) empfänglich ist auch der eines gutes fähige: item wann
jemand beklagt würde von Sachen wegen, so er der über-
wunden sein leib und gut verwürkt hell, und ausz forcht
solcher verschuldler straf sich selbs ertödt, des erben sollen
in disem fall seins gufs nit vehig oder empfenglich (Gobler,
bonorum neuliquam capaces), sondern solch erb und guter der
oberkeil heitngefallen sein. Carolina art. 135. Haltaus 312 hat
stellen über empfänglich, ad accipiendum habilis, paratus. man
sagte ein leben, ein schlosz empfenglich tragen und herbringen.
3) empfänglich, acceptus, acceplabilis : du verkündest uns
gute und enipfangkliche tnär (die wir gern empfangen), Stein-
HÖWEL Esop 11S7, in'.
4) im heutigen sinn: die Vernunft des moralischen beweises
{d. i. ßr ihn) empfänglicher machen. Kant 7, 368 ; das herz
ist das ihrer millheilungen empfängliche organ. Wjeland
27,155; dazu sind Vorbereitungen nöthig, um des lichls em-
pfänglich zu w erden. 3ü, 245 ;
ist dies nur der kleinsten kraft empfänglich,
die das herz hinein zu segnen strebt,
o so weisz ich, dasz os nnvurgänglich,
unvergänglich dir am busun lebt. Uühukr SO*;
konnte sich ihm ein schönerer (stof) anbieten, als ein zart
und lebendig fühlender, seiner ergiesznngen empfänglicher,
ihm freiwillig entgegen eilender fürsteiisohn? Schiller 702*;
du bist doch für gar nichts emiifänglichl
EMPFÄM;L1CHKEIT, f. die eingeschränkte empfängliclikeit
meines Verstandes. Götter 3, 27 ; die cmpfänglichkeit der be-
griffe. GOkinchs leben Nicolais s. 142.
EMPFANGNAHME, f. aceeplio, für Inempfangnahme.
EMPFÄNGNIS, f. conceptio, nnl. oulvangeni» : die cmpfängnis
eines kindes. pers. rosenth. 7, 20 ; es war einer von den seufzcrn,
die sich nicht verleugnen lassen, ich sah ihm von seiner cm-
pfdngnis an zu, wie er sich aus ihrem schiinen buscn allge-
mach empor arbeitete. Wiei.anü II, 2h*j ; ein geiniit, in wel-
chem die saat eines groszen Schicksals aii«gi*s.1el worden, das
die enlwickelung dieser cinpfängnis abwarten musz. Götiie
17,217; meine gebeine ZRrfliefizen in einem bewustsein, wofür
dein»" «eelo kt-in*- pinpfftnpnis hat. Klincers th. 4, 150.
I "* I m;, f, salutatio advenae: nach den
ge" iHznngen. Göthe 22, 04.
LMi r A K.^iiK^t iiri Mtil'NG, f. lubellae acceptum Utlanles.
EMPFANGSCHEIN, m. dasselbe.
EMPFANGSKHRF, f. sogleich ward ein beschlusz gefaszt,
welcher die empfangsehre des köiiigs beschränkte. Dahlman.i
fr. rev. 103.
KMPFANGSFEIERLICHKEIT, f.
EMPFANGSRKDE, f.
EMPFANGSTAG, m.
EMPFA.NGUNG, f. aceeplio: zu besserer glaubnis der em-
pfangung (des geldes). Saltnde 140.
EMPFANGZIMMER, n.
EMPFAREN = entfahren: das eheleute, die erst zusamen
kommen, bald untereinander uneins werden, ehe eins das
ander recht kennet, da empfeit eim unteiweilen ein worl,
welchs im doch bald leid werden möcht. Alberüs ehebüclt-
lein ß3'.
EMPFEHL, m. commendatio, fr. recommandation, höflich-
keilsbezeugung: ich bitle meinen gehorsamen und schuldigsten
emp/ehl zu vermelden. Ettners hcbamme i. 33;
du wirst seilen glücklich sein, bleibt dir nur wenn ich sterbe,
mein naine zum cmjiruhl und meine zucht zum erbe.
i. E. SCHLKGKL 1, 332;
macht ihr meinen empfehl ! Lessing 1, 521 ; meinen empfehi
an alle freunde. 12, 177 ; meinen empfehl an die ihrigen.
12, 504. 530 ; tausend empfehle an unsern lieben commissions-
rath. Rabeners fcr. 272; meinen empfehl an ihre frau liebsle.
Nicolai Scbaldus Nothanker 1, 54; die bolschafter hällens
ihnen abgeschlagen sich bei ihrer republik dortiger aufnähme
halben zu bemühen, weil sie sich jetzo, da sie an die Deut-
schen gesandt würden, ganz und gar nicht auf solche em-
pfehle einlassen konnten. Klopstock 12, 396 ; sagts euern
damcn, bringt meinen empfehl ! Fr. MIjller 3, 59 ; überbringe
der Versammlung daselbst, nebst meinem empfehl, folgende
Vergleichsvorschläge. ThCm.mel 4, 29 ;
beTördrung geht euch nach empCohl und gnnst.
prufernient goes by letter and alTüction. Othello 1, 1;
kein fürstlicher empfehl an meinen herrn ?
no princejy commendations to mv king?
Henry' VI. first pari 5, 3.
EMPFEHLE, f. dasselbe: es soll mir nicht darauf ankom-
men, ihnen eines nach der art der abcbücher binden zu
lassen und mit einer schriftlichen empfehle zuzuschicken.
Lessing 3, 445.
EMPFEHLEN, commendare, dcmandare, prael. empfahl, wofür
einige, z. b. Moser orfer Nicolai {Sebaldus 2, 114) fchlcrhaß
empfohl schreiben, imp. empfiehl, nicht empfehle, wie den-
noch einreiszt, z. b. oß in Lichtenbergs briefen, selbst bei
Götiie 35, 101. das worl ist mhd. selten {steht Nib. 2102), weder
ahd. noch goth. vorhanden, da aber goth. anafilhan auch com-
mendare ausdrückt, könnte aus anfehlen, das jedoch ahd. und
mhd. ebensowenig erscheint, enifehlen und empfehlen verderbt
sein. nnl. kein onlvelcn, neben bevelen und aanbevelen. be-
fehlen und empfehlen mögen oß einander vertreten, nur drückt
empfehlen niemals mandarc aus, ist also schwächer als be-
fehlen, die fastnachtspicle, KEisEiisnKKC, Nici.As vu.n Wyle
und die bibel von 14S3 gewahren empfcihen verschiedentlich,
Dasypodius hat 128" demandare cnipfelhen, Frisics 2:.6. 3S5
unter commendare, demandare nur befelhen, doch Maaler 101*
einpfelhen, die späteren setzen beide, bei Luther kommt em-
pfelhen nicht vor, immer befelhen.
1) den leib der erde empfehlen, terrae commendare, wie
befehlen «janrfarc (1,1251), begraben;
ein teil
da; ward man so zc band begraben,
da; was dem pharrnr im schaden,
dcj' .iiiili'r teil der muosic zichuii
dun üscl, der nit niocbt gulla-ben
und in emplclhcn do den r.iluMi,
da; was den wolfoii ano schaden, ring 9\ 13.
2) in die bände, die gunst, die gnade empfehlen : valer,
ich euiphlh meinen geist in dein heiide, in muniis tuus cmn-
mendo spiritum meum. 11H3 Luc. 23,46, ico Luther ich bcfeih
meinen geist; man -fängt sein Icstament gewöhnlidi damit
an, dasz man seine seclc gott empfiehlt. LicuTENBKac 1, 152 ,
SU einpLilil er gott die sccio,
nahm abschied von seinen freuiidon
und emplleiig das sncranieni. llrnnKiis rVrf 65;
schlechter kerl, empfehle dich gott! denn du bist de» Inde.^.
(iOthe 35, 101 ; sie slrecklen ihre waffen und empfahlen sich
in unsere gnade; aber ich cmplilch mich dir tinil deiner trew.
WtLR «n rfer /.KCre/ia ; (der allerhöchst gethrönlr), in welche«
ewige valertreue wir uns empfehlen. UurscHnT kaml. 72; die
425 EMPFEHLEN— EMPFEHLUNGSSCHREIBEN
wir uns in dero freundbrüderliche gunsten empfehlen. 90;
die gölter wlirden ihre ehre nur in thörichte haude empfohlen
haben. J. E. Schlegel 2, 561 ;
und beid empfahlen sich durch märchen sehr zu gnaden.
BORGER 101*.
3) in dem slück 'von der bäume blättern' (altd. wäld.
1, 144 — 148) bedeutet 'wem es empfohlen wird' immer wem es
zu tragen geboten wird, wer das bestimmte blatl oder laub als
heimliches, verschwiegnes zeichen an sich stecken soll, ge-
schrieben steht bald enlfolen, bald empholen und das kleine
denkmal fällt ins 15 jh.
4) in ähnlichem sinne brauchen wir empfehlen /'iir anem-
pfehlen, ans herz legen, anralhen, einbinden: ich enpfilch es
dir selb zu betrachten. Keisersberg volk. mensch f; seine
Wundärzte empfohlen ihm nichts eifriger als ruhe und geduld.
Lessinc 6, 1 ; ich habe den auftrag, ihnen die äuszerste be-
hutsamkeit zu empfehlen. Götter 3,26; ich empfehle dir
stillschweigen.
5) einen freund oder angehörigen dringend empfehlen, wobei
gern gesagt wird 'sich en^pfohlen sein lassen', wie lat. com-
mendatum sibi habere :
meisler, heber meisler mein,
lal euch meinen berrn empfolhen sein, fasln. 504,21, und
das will ich mir empfolhen lassen sein. 484, 18;
lasz dir meinen söhn bestens empfohlen sein! er ist wol
empfohlen, steht in voller gunst, commeiidatissimus est, ist
übel empfohlen, schlecht angeschrieben:
die ganze riesenschar
war, noch vom Blaubart her, nicht wol bei ihr empfohlen.
WlRLAND 4, 15.
6) sich empfehlen ist höflich grüszen, ich lasse mich ihm
empfehlen, lasse ihn grüszen; diese höflichkeit geht, wie der
grusz, einer weiteren bestellung voraus: lauf hin zu NN, sage,
ich liesze mich empfehlen und mich erkundigen, wie er sich
befinde, er solle doch das versprochne schicken.
') da man vorzugsweise beim abschied die gunst eines an-
dern erbittet, so drückt sich empfehlen geradezu abgehen, weg-
gelin aus: ich will mich ihnen empfehlen := verabschieden ;
empfiehl dich! entferne dich;
nein, denn sie fängt schon an sich bestens zu empfehlen.
Gkllkrt ;
nun denn, so empfehle ich mich ihnen. Göthe 14,185; Philine
sang ein liedchen, welches dem ankömmling nicht zu beha-
gen schien, er empfahl sich. 18, 167 ; wenn aber zuletzt das
sein mit dem scheinen sich zu empfehlen anfängt und der
schein noch flüchtiger als das sein ist. 22, 40 ;
natiirlich, dasz ich mich nach jenen schönen thaten,
so gut wie ihr, durchs fensterloch empfahl. Bühqkr HO',
ja man pflegt sogar den letzten abschied aus dem leben ge-
meinhin mit den Worten zu bezeichnen 'er hat sich empfohlen',
ist gestorben, mundo valedixit.
8) sich empfehlen von speisen oder waaren, fr. se recoin-
mander: Weintrauben empfehlen sich durch ihr aussehen,
dieser sammet empfiehlt sich durch hohe und reine färbe.
aber auch von handlangen: sein benehmen in dieser sache
empfiehlt sich von selbst, bedarf keines lobes.
EMPFEHLEND, se commendans, gratus: sein äuszeres hat
etwas empfehlendes, viel empfehlendes; den werth dieser
eigenschaften erhöht eine empfehlende gestalt.
EMI'FKHLENSWERTH, commendubilis, rühmenswerth.
EMPFEHLENSWÜRDIG, preiswürdig.
EMPFEHLUNG, f commendatio : er bedarf keiner empfeh-
lung; dieser sache mangelte es nicht an empfehlung von
allen seilen, allgemein aber ein ausdruck leerer höflichkeit, und
zwar eines höheren grades, als der durch complinient bezeugten,
man läszt dem geringen mann ein complinient, dem vorneh-
meren eine empfehlung sagen, das detttsche grusz klingt trau-
licher und ist daher nicht auf den niederen einzuschränken,
sondern gilt auch dem gleichstehenden, ich machte meine
empfehlung heiszt aber auch ich verabschiedete mich, yieng fort.
EMPFEHLUNGSBRIEF, m. literae commendaticiae, empfeh-
lungshriefe sclireihen, abgeben.
EMPFEHLUNGSSCHREIBEN, n. ich habe ihm ein empfeh-
lungsschreiben versprochen. Rabeneb 6, 190 ; mein übel war
ihm mehr als ein empfehlungsschreiben. GOtbk ...;
geben sie
mir eine bitischrift, ein empfehlungsschreiben
an meinen vaier. geben sie! man spricht,
sie gehen viel. Schiller 262'.
EMPFEHLUNGSWÜRDIG — EMPFINDEN 426
empfehlungswCrdig.
empfehlungsvvürdigkeit, f.
E.MPFINÜRAR, sensibilis, fühlbar, tpohmehmbar, dann auch
fühlend, empfindend:
doch welche lust, o freund, erfüllt mein bebend herz,
eriiplindbar dem allein, der mit gerechtem schmerz
für Bern in thranun Uosx. Lesslxg 3, 337;
wie empfindbar, wie warm, wie thiitig sich dieser junge grübler
{Jerusalem, vgl. Göthe 26, 155) auch wirklich erhielt, wie ganz
ein mensch er unter den menschen war, das wissen seine
übrigen freunde noch besser als ich. 10, 2 ; die gröszte tapfer-
keit wird sich alsdann immer als die empfindbarste mensch-
heit zeigen. Herber 13, 48.
E.MPFlNDB.\RhElT, f eben diese empfindbarkeit, wenn sie
ein Vorzug der Griechen wäre. Herder 13, 43.
EMPFISDELEI, /". nimia sensuum moUities : empfindelnde
erzieher, ob sie gleich noch so sehr gegen empfindelei eifern.
Kam 4, 200 ; aus theilnehmender empfindelei einer affectierten
humanität. 5, 170 ; man hat muthige, man hat zärtliche rüh-
rungen. der hang zu den letzleren heiszt empfindelei. 7,126;
freiheit der empfindung ohne empfindelei. Stillisg 4, 168 ;
ich weisz nichts von romanenschwung
und hass emplindelei. Gottkr 1,238;
sie liesz sich im vorigen sommer mit einem gewissen herrn
in empfindelei ein. Kllnger 1, 170 ; Minchen, bauen sie auf
meine unerschütterliche treue. Stachel, empfindelei ! Kotzebue
dram. sp. 3, 243.
EMPFINDELN, animi sensibus nimis indulgere: roman-
schreiber und empfindelnde erzieher. Ka.nt 4,200; empfin-
delnde liedleinchen. Siegfr. von Lindenberg 2, 300 ; was wir bei
den alten dichtem empfinden, glauben wir in Rom mehr noch
als zu empfinden, selbst anzuschauen . . . aber es ist nicht
blosz der empfindelnde gedanke zu stehen, wo dieser oder
jener grosze mann stand, es ist ein gewaltsames hinreiszen
in eine von uns nun einmal als edler und erhabener ange-
sehene Vergangenheit. Göthe 37, 35 ; durch sollst du mir jetzt
gerade, ohne drüber zu empfindein. Fr. Müller 3,177; aber
nicht lange erapfindelt! Klinger 1,158; das liebe herz, das
sich fort empfindelt und zutappt, dem köpf zu opfern. Niebdub
leben Niebuhrs 1, 61.
EMPFINDEN, senlire, percipere, aArf. infindan,fflA(f. enphinden
(wb. 3,319'), alls. antfindan, ags. onfindan; kein goth. andfin{)an,
kein nnl. ontvinden. neben dem nhd. empfinden früher auch zu-
weilen entfinden, Dasypodiüs und Maaler schreiben empfinden.
fehlerhaftes praet. empfund statt empfand hin und wieder im
vorigen jh. das wort ist heute entschieden hochdeutsch und
tief verbreitet, mit fühlen erscheint es oft gleichbedeutend,
nur ist tms jetzt fühlen sinnlicher, empfinden geistiger und
abstracter. es heiszt, du sollst die schlüge schon fühlen, die
Wirkung dieser worte empfinden, das gefühl der schmerzen
ist mehr leiblich, die empfindung der schmerzen innerlich;
ich fühle deine band und empfinde behagen, sie zu streicheln;
doch beachtet der Sprachgebrauch solchen unterschied auch nicht,
in folgenden stellen setzt Klopstock beide verba völlig gleich:
denn sie fühlet noch nicht für ihn, was für sie er empfindet.
1,33;
wer an dem frühlingsmorgen der neugeborenen freiheit
meine freuden empfand,
der allein und kein anderer fühlt den innigen schmerz auch,
welcher jetzo die seele mir trübt. 2, 188;
Philo empfand des unsterblichen schrecken, wie menschen
emplioden,
was unsterbliche thun. er fühlt es im mächtigen angrif
schauervoller und schneller als je ein mensch es gefühlt hat.
Messius 6, 321.
l) die alte spräche verband mit empfinden wie mit fühlen
den genitiv : martyres inphunden döro wajjero. N. ps. 80, 8 ;
ne infindent tero richon lide des frosles nicht na? num frigus
hibernum pecuniosorum membra non senliunt? Bth. 120.
mhd. und als er der tötwunden
rehte het enpfunden. Iw. 1051;
dö der hgrre Hagne der wunden enphant. Nib. 1989, 1 ;
dd der dßgen trinc der wunden enphant. 2000, 1 ;
also der küene Wolfhari der wunden dö enphant. 2234, 1;
sit ich diner minne enphant. Parz. 76, 25.
nhd. dise anfechtung ist natürlich, das geschlecht des geflügels
empfindt dis feures. Nie. v. Wvle tränst. Lucretia; aber die
muler erkennt die sach und not ires sones gar vil anders
weder ich, wenn es berurt ir das herz, sie empfindet sein
inwendig, das tut es mir nit. Kkisebsb. selenp. 12ä' ; ie geist*
427
EMPFINDEN
EMPFINDEN — EMPFINDER
428
lieber imand ist, ie mer und volkominenlicher er der sunde
empfindet. Melanciith. br. an die Römer 9, 30 ; che das grün
holz recht der hilz empfindet, weise kluge reden 102* ; hastu
dein in dieser nacht empfunden? (hai tu sentita stanotle
cosa niuna?) oder was gebricht dir? Bocc. 2,141; des hungers
empfinden, famem senlire. Maaler 101*; ich meine nit, dasz
der konig in seinem herzen je rechter lieb empfunden habe.
buch der liebe 91, 2 ;
ich bin wund mit Tergirtem sner,
desselben warhaR ich enlplind. H. Sachs III. 2,4S';
hat empfunden keiner armut. IV. 1,1G*;
lasz uns deiner gunst und gulikeit entfinden. Melissüs ps. B 3*;
im f.ill die kalte luft in etwas wird versperret,
emplindt der warm hernach, so schwolt sie sich und zerret
bis sie den ort zerbricht, der sie gefangen hält.
HuMPL^KH 5S.
allmälich tritt aber der acc. überall ein.
2) sinnliches empfinden: ich empfinde den rauch, fercipio
svfßlum. Alberds; der grosz, hoch berg Olimpus ist darin,
darauf weder luft noch regen empfunden wirt. Frank wcllb. 82';
alsbald ein neues kind
die ersie luft enilindt.
so hebt es an 7.u weinen. Logau 2,05,90;
Thraso preiste seine wunden,
die er im gesiebt cinplunden. 1,S7,G0;
empfanJeu den klang der liedcl in ihren obren. Harnisch ans
Fl. 128 :
doch hub es {dax pferd) auf der stunde
sich wieder auf, als es die sporen nur empfunde.
Wbrükks .4r. 1,63;
als der fi-anzösisch held des wassers meng empfunde,
da kam mit schwimmen er berauszcr auf die stunde. 11,40;
webe dem, der dich erblickte
und der liebe widerstand,
den dein Mclieln nicht entzückte.
der dein äuge nicht empfand. Gottkr 1, 103.
3) geistiges und abstractes empfinden : reines glück, grosze
freude empfinden; lust, verlangen, Sehnsucht, lielie empfinden ;
so bald er es empfunde {innerlich gewahr würde). Keisersb.
omeis 75*; ich empfand damals die höchsic wonne; ich em-
pfand den segcn gottes ; in dem reinen und gottgefälligen
ehestand hat er gar züchtig gelebet und ein gesegnetes haus
empfunden, sowol an nahrung und brot als an kindern.
Brandts berichl von Taubmann 34 ; ruchlose menschen sagen,,
dasz sie bishcro die kraft des h. geistes nicht empfunden, es
würde auch bei ihnen nicht stehen, dasz sie selbige künftig
empfunden. Scriver spc/en/r. 1, 195; dasz er weder gute worle
noch ein gnädig gesiebt emiifand (erfuhr), pcrs. roscnth. 1,15;
die Witwen, die alte unvermögende leutc ... empfinden
{erfahren) ihre {der reichen) güligkeit. 7,20; indem der herr
»OD dem jagen kam, eine kleine müde empfand (sich ein
wenig müde fühlte). Bocc. 2, 51 ; er empfand ein zittern in
allen gliedern;
ich cmpllnde fast ein grauen,
dasz ich, IMalo, für und für
bin gesessen über dir. Opitz 2, 211 ;
eines andern pcin entfindcn; Logau 2, 81, 7;
furcht, schrecken, hasz, reue, unruhe empfinden; empfunden
sie die ernste gottes strafe, wcish. Sal. 12, 2C ; er empfand
reue und gewissensbisse ;
eh ich die noth erkannt, cmpfund ich diesen stich.
Grtpiiius 1, 73;
er hatte die bitterste nolh zu empfinden ;
wahrlich, dem ist kein herz im ehernen busen, der jetzo
nicht die noth der menschen, der (imgciriebnon cmplindet.
GuTHK 40, 207;
halle schon das liebe kind empfunden
lief in meiner brüst. 1, 79;
Lotte schwieg und Albert schien ihr schweigen empfunden
tu haben. 16,150; Ottilie hatte schnell die ganze Ordnung
eingesehen, ja was noch mehr ist, empfunden. 17, G6: sie
empfand eine ewige trennung und ergab sich drein. 17, 104 ;
wie in einem stück zu viel geschehen kann, so kann auch
darin zu viel empfundene« ausgesprociinn werden. 45, 25;
'kannst du den lioiner lesen?' ich kann lesen und ich meine,
dasz ich den Homer empfinden kOnne. Wiki.and 1, C2 ; das
kann nur ein mann, nur ein weih emptindi-n. drohend: du
sollst es schon noch empfinden, was dti gethaa.hasl, senliei,
qutd feeerit!; ich will es ihn empfinden lassen, er toll mich
nttht umtontt betrogen haben.
41 einigemal sieht cmpliDdcn ohne gegenständ, inlran$Uiv,
ßr liebe fühlen:
vergessen wirst du dich, sobald du wirst empfinden.
Gkllert 3, 325.
Sylvia. du glaubst ich gräme mich, o glaub es nur. du inst!
Giildilice. nun kommt der augenblick. da du empfinden wirst.
Sylcia. ich sollt emplinden ? nein ! doch wird er wieder kommen ?
Galadice. nun ist es ausgemacht, dein herz ist eingenommen.
3, 326 ;
dein herz ist kalt, du fühlst nicht unsre freuden,
du hast der himmel herlichkeft gesehn,
die reine brüst bewegt kein irdisch glück,
0 könntest du ein weib sein und emplinden! Sciiillkr 475";
ich empfinde nichts für ihn, ich liebe ihn.nicht. ich empfinde
für die schöne natur, habe gefühl für sie.
5) etwas wol oder übel, hoch empfinden =^ aufnehmen (1,606):
diese worte cmpfund der könig ganz übel. pers. rosenth.i,l;
so empfund auch Til)erius des Asinii Gaiii unbesonnene frage
sehr übel. BiiTscnKV Patni. 792; AIcibiades empfand es sehr
hoch, dasz ihm sein anschlag auf die junge Danae mislungen
war. WiEi-AND 3, 21^7 ; er argwohnte dasz — , war aber viel
zu sehr mit sich und seinen absiebten beschäftigt, als dasz
er es hätte übel empfinden sollen. Götue 17, 162 ;
bluten, blumen wol empfunden
bleiben ewig immortellcu. 4, 127.
6) sich omptiuden heiszl was sicli fühlen, in der alten spräche
wieder gern mit dem gen.: was soll aber ain solich mensch It'in,
der sich also cmpfund? Keisersr. schifderpeniten: 8'; fieng
das volk an sein selbs zu empfinden und zu stolzieren. Frank
weltb. 163"; Nero regiert wol, weil (solange) er Senecam vor
äugen und die mfilcr an der band hell, er empfand aber
immerzu ie mehr und mehr sein selbs. chronik 21' ; und sie
(die fürslen) sich in der silberkammer etwas empfinden
(merken, dasz ihr schätz wieder bei gelde ist). KiRCHHOf
wendunm. 34';
ich frag des nit, thu mir das kund,
ob dein baucr mag haben wind
und wie er sich im leib emplind? II. Sachs V, 355*;
SO aber das röhr den dritten Iheil oder nicht so viel geladen
ist und sich des pulvers empfindet, so hat es dannoch den
stein oder kugel weit zu treiben. Fhonsperg kriegsb. 2,173';
0 sie war euch zu mächtig, des Jünglings betende seele,
sie empfand sich zu sehr, sich von der Unsterblichkeit hassern
ihre kröne rauben zu lassen. Messias 18,200;
ihre nachslcllungen treiben mich endlich aus dem geheiligten
schulzorte, wo ich, seitdem ich mich selbst empfand, von
bildern der götter und beiden umgeben mich ein/ig beschäf-
tigt halte ihnen ähnlich zu werden. Wielanü 1,53;
wol sei ihm doch, wenn er sich selbst cmplindet!
GöTHK 4, 103;
mir ist aufgefallen, dasz in einer groszcn Stadt, in einem
weilen kreis, auch der ärmste, der gciingste sich empfindet,
und an einem kleinen orte der beste, der reichste sich nicht
fühlen, nicht athem schöpfen kann. 29,87; dasz wenn wir
uns früher an den gegenständen empfanden, freud und leid
auf sie übertrugen, wir nunmehr bei gebändigler selbstigkeit
ihnen das gebührende recht widerfahren lassen. 31,210; das
gcwahrwerdcti der moralischen kraft, die im glauben ankert
und so in stolzer Sicherheit mitten auf den wogen sich em-
pfinden wird. 48, 29. steht ein adj. oder parlicip daneben, so
bestimmt dieses den sinn : stelle diese gründe deiner Vernunft
vor, so wirst du dich grösziich getröstet empfinden. Butschky
anzl. 890; der major empfand sich zwiespältig. Göthe 22, 115;
empfand er sich am eigentlichen behagen verkürzt. 22, 107 ;
wie durch ein schöpferisches werde!
schnell umgcstiinint empfand mein wescn sich. UOrgrr III*.
£. anempfinden, aufempfinden, ausempfinden, durcheinpfinden,
iniienipfinden, nachempfinden, voremplinden, cnlfinden.
EMI'FINDtN, n. sensus, gefühl:
dnn niemand, herr, vermag «o wol als du
mein leiden und empliiideu,
nui'h meines geists und herzens angst, unruh,
noch meines feinds list und lursaiz ergrunden.
^ Wkckiikkliii im :
mein cr»t empfinden war des himmeff glück. .ScHiLLit 39.V;
0 mein cmpliiidon nennen keine worle. 498*.
EMPFINDEND, fühlend: ist es nicht so, meine emplindende
Bella? Schiller 145* ; den hoch und fein empfindenden priuzrn.
GöTHK 14, AI.
KMI'FINDKR, m. immer der innige rmpfinder, nie der
tiefe auidcnkcr. Lavatb« bei COthc 4S, 152; der Itcfsle, in-
429
EMPFL\DLER — EMPFINDLICH
EMPINDLICH— EMPFns'DLICHKEIT 430
nigste, schnellste empfinder, ergreifer Homers. 48, 153 ; ich
glaube, dasz der inslinct im menschen dem geschlossenen ur-
theil vorgreift und dasz daher manches von minder gelehrten
aber dabei genauen empfindem offenbart sein mag, was das
geschlossene raisonnement noch bis jetzt nicht erreichen und
»erfolgen kann. Lichtenberg 1, 64.
EMPFl.NDLER, m. siehe emplindeln: Tähnleinweise zogen
sie hinab nach den Wohnungen des orcus, schäfer und barden
und empfindler und kritler. Sturz l, 212 ; ob das ihrem ver-
schlossenen gemüle nicht schünsprache des emptindlers dünke.
Dyanasore 1, 304 ; der falsche spötter wird uns mit seinen
ansprächen auf überhebung viel widerlicher als der falsche
emphndler mit seinen bescheidenen auf erweichung. J. P.
aestli. 1. 169.
EMPFLNDLERIN, f. sie werden eine buhlerin suchen und
eine empfindlerin finden. Scbiller 147'.
EMPFINDLICH, sensibilis, dehnt, gleich dem lateinischen
vort, sich in passive und aciive bedeulung, galt ehmals mehr
von Sachen, später mehr von personen.
1) pereipibilis, franz. perceptible, was in die äugen, in
die sinne fällt: emphintlich experimenlalis. Diefe.sbach 218';
wie wol ich und jederman sich billich soll verwundern,
dasz man diesen artikel nicht für die allergewisseste, em-
pündlichste warheit hell. Luther 1, 405'; pferd und meuler
sind nicht geschaffen, dasz sie selten begreifen die ding, die
nicht empfindlich sind. 3, 7; wiederumb diese leibliche ge-
meinschaft kan nicht sichtbarlich noch empfindlich sein. 3, 74;
Christus habe nie kein zeichen gethan es sei denn sichtbar-
lich oder empfindlich da gestanden. 3, 5ö0*; mein fleisch wird
wesentlich, leiblich, empfindlich, mündlich, fleischlich unter
der gestalt des brots genommen und gegessen. Fischart
bienenk. 80*; man könnte einwenden, dasz an diesem Her-
kules die theile vielleicht nicht empfindlicher und schwül-
stiger als an dem farnesischen vorgestellt worden. Wiskel-
iiANs 3, 197 ; dasz sich die Verbesserung der kunst mit einem
starken ausdrucke und mit einer empfindlichen andeutung
der theile an ihren figuren angefangen habe. 3, 21S ; eine
empfindliche andeutung der gelenke und muskeln. 3, 219 ;
um den gesuchten ausdruck und die empfindliche andeutung
zu erhalten. 3,221; des Anaxagoras sonne, welche die schüler
wie ihre meister für einen stein hielten, wider alle empfind-
liche augenscheinlichkeit. 3, 418 ; da nun die weisze färbe
diejenige ist, welche die mehresten lichtstralen zurückschicket,
folglich sich empfindlicher machet. 4, 49 ; die besten ausgaben
des Boileau, des Pope beweisen, dasz die schönsten stellen
durch historische erläuterungen allererst empfindlich werden
und ein vollkommenes licht gewinnen. Hagedor.x 1, viii; alle
einfalle bekommen, wenn mit der natürlichen artigkeit der-
selben noch die harmonie des sylbenmaszes verknüpft ist,
einen besseren nachdruck und eine viel empfindlichere an-
nehralichkeil. J. E. Schlecei. 3, 80 ; die erderschütterung, die
im Innern des landes nicht empfindlich war. Käst 9, 41 ; die
kenntlichkeit der einzelnen slerne ist sogar dem sehrohre
nicht mehr empfindlich. 8, 257 (a. 1755). empfindliche kälte,
heftige, fühlbare.
2) fühlend, zärtlich, empfänglicli : da nun das wenige, mehr
oder geringer, den unterschied unter künstlern machet und
das wenige unmerkliche ein Vorwurf denkender, empfindlicher
geschöpfe ist. WintEi.MAxx 1,243; jeder wer eine empfind-
liche Seele besitzt. Lessing 3, 138; und wenn mich alle Orakel
für den weisesten erklärt hätten, wäre es möglich ich würde
den rühm des empfindlichsten mit verlust aller meiner Weis-
heit dafür eintauschen. 3,303; er war ein dichter, kein wun-
der dasz er gegen die Schönheit ein wenig zu empfindlich
war. 6, 285; durch beide {geselze und silien) sind die ge-
müther milder, sanfter und gegen pflicht und anstand em-
pfindlich geworden. Gabve Cic. de off. 1,135;
Cednr von sanfiera herzen und gleirh nrnpHndlich der frcude
und der traungkeit. Uessins 15,419;
das weib ist empfindlich, der mann empfindsam. Kant 10, 345;
er überliesz sich der begeislerung, in welche dieses raaje-
siatisclie Schauspiel empfindliche Seelen zu setzen pflegt.
Wieland 1,27; niemals hatte ihn ein weibliches äuge erblickt
ohne die schuld ihres geschlechu zu bezahlen, welches für
die Schönheit so empfindlich gemacht zu sein scheint. 1, 31 ;
ergieszungen eines für ihn allein empfindlichen berzens. 2. 1S5 ;
Sebaldus kam dadurch in einen stand der ruhe, der ihn
wieder zum genusse des lebens empfindlich machte. Nicolais
liothanker 3, 83 ;
der liebe tändeleien,
die ein empfindlich herz, so klein sie sind erfreuen.
GöTBC 7, 7;
es ist ein närrisch ding um ein empfindlieh herz. 7,64;
bei deinem lebhaften, empfindlichen character. 10, 93 ; dabei
ist sie für alles schöne, wahre, zarte empfindlich und un-
glaublich bescheiden. 29, 39 ; nie waren sie für ihre Verfas-
sung empfindlicher gewesen. Schiller 784"; wenig empfind-
lich für den wahren rühm, lieszen sie ihren ehrgciz entschei-
den. 809'; der herzlose, für den rühm allein empfindliche
Conde. 997';
wer gegen geld und Schmeichelei
und adelsbrier und Ordensbänder
und pferd und wagen und gewander
empfindHch ist, ist niemals TreS. Gökingk1,35;
von jeher bin ich für schöne natur empfindlich gewesen {habe
dafür empfunden). Tieg» 9, 275. Klopstock setzt dazu noch
den alten gen., die andern gegen und für.
3) dies empfindlich steigert sich aber zu reizbar, irrilabilis,
stomachosus und in einzelnen der eben angezognen belege mag
schon ein solcher Übergang stattfinden: er ist ein empfind-
licher, zu Unlust und zom geneigter mann ; du bist aber auch
empfindlich, tcas man thue reizt, verletzt dich, bringt dich auf.
ich freue mich die beispiele vermehren zu können, welche
die furcht vor Verleumdungen einem empfindlichen geiste
^minder schrecklich machen, dessen stärkste triebfeder die
ehre ist. Lessing 8, 380. empfindlich, zornhaft. Rädlein 236'.
4) empfindlich, von Sachen gebraucht, ist auch blosz das,
vas empfunden tcird, «ol oder übel,
a) ich verursache ihm damit eine empfindliche freude (une
joie sensible); dasz ihnen der zweite theil von Sebaldus Noth-
anker nicht minder gefallen hat, als der erste, macht mir
empfindliches vergnügen. Nicolai bei Merk 1, 73.
b) eine empfindliche, schmerzhafte botschaft; wie sehr dies
Julien empfindlich gefallen. Bodes Tristr. Sh. 4, 69 ; deiner
Schwester fällt der tod ihres mannes sehr empfindlich, sie
wird auch einsehen lernen, dasz er zu ihrem glück gestorben
sei. Güthe an fr. von Stein 3, 308. ein empfindlicher verlust.
EMPFINDLICH, adv. sejisibililer.
1) ßhlbar, merkbar: daraus werden rechte Christen, die
Christum erkennen und empfindlich schmecken. LcthebI, 8i';
ein kus, es is4 wol wahr, von schön und kleinen munden
ihut oft erapliudlich wol. Gdktbkk 445;
des Cleons spanisch röhr, der rächer seiner ehre.
gab einem läslerer emplindlieh unierricht. Hxcedorn 1,94;
an den colossalischen köpfen ist dieser schwung noch deut-
licher gezogen und empfindlicher angegeben. Winkelmans
4, 203; meine freunde können mir niemals empfindlicher
schmeicheln, als wenn sie meinem alten vater in seiner schlech-
ten kleidung eben die achtung bezeigen, die man einem an-
gesehenen greise von stände schuldig ist. Rabener 3, 283 ;
von meiner kindheit an konnte man mir nicht empfindlicher
schmeicheln, als wenn man mich im scherze kleines fräulein
hiesz. 3, 332 ;
sie scherzt empfindlich und doch fein. Lissing 1, 75.
2) gereizt, bitter, acerbe: er antwortete empfindlich.
EMPFLNDLICHKEIT, f. sensus. Maaler 1«2". mhd. icb. 3,319*.
1) wahrnehmbarkeit: durch das angesicht wird die gegen-
wertigkeit in der schrift bedeutet oder die empfindlichkeit
eines dings. Luther 1, 2o'; auch wirt die erkcntnus der ver-
dampten eigentlich nit ein glaub genennet, sonder es ist ein
erfarenheit und empfintlichkeit der pein. .Meunchth. l Cor. 12 ;
dises leids emplindlicbkeii zu singen. Wecehkilin 603.
2) gefuhl, empfdnglichkeit, zärtliche empfindung : du empfin-
dest das, dasz du mer liebe hast in deinem herzen und dein
herz me berürt etwan ein hündlin, oder ein üpfel oder ein
ander ciain ding, wann aber ein seniliche empfintlichkeit
gegen got wer, so werest du dester besser. Keisersbebg omeis
75' ; als wir lesen, was ein jiinkfraw, die auf ein zeit in
irem gebet was. und on iren anschlag und fürnemen kam
ein semliche Inbrunst und liebe in der empfintlichkeit zu got,
das ir das herz zersprang. 75'; was bistu für eine art von
menschen, dasz du keine empfindlichkeit der liebe durch so
fröhlichen gesang bekommest, pers. roscnth. 2, 24 ; es stehet
nun bei ew. maj., was die gesamten anvenvandten vor eine
empfindlichkeit aus diesem todesfalle tragen (welche gefühle
sie an den tag legen) sollen. Weise freim. redner 595; eine
431
EMPFINDUNG — EMPFINDSAM
EMPFINDSAMKEIT — EMPFINDUNG 432
glückliche emprindlichkeit entwickelte frübzcitig alle krüfle
seiner seele. Wieland 7, 151; seine zuneignng, seine empfinil-
liclikeit breitet sich über die ganze nalur aus. 13, 129; da
ich meinen adel in der empfindlicbkeit meines hcrzens suche.
J. E. Schlegel 5, 229 ; der einfail vergnügte unsern witz, aber
die ausführung des einfalls empört unsere ganze empfind-
lichkeil (unser gefühl). Lessing 7, 161. 'ohne empfindlicbkeit
liegen' heiszl bei Ettner unw. doct. 224 ohne lebenszeichen,
übne empfindung, wie wir heute sagen.
3) wieder übergehend in reizbarkeil: auch derjenige, dem
allbereit die hitze vergangen und die empfindlicbkeit abge-
leget, hätte durch ihre gesellscbaft müssen zur liebe wieder
angezündet werden, pers. rosenthal 2, 28 ; hier kamen mir
jene Übungen gut zu stalten, durch die ich meine empfind-
licbkeit abzustumpfen versucht hatte, ich konnte der (chirur-
gischen) Operation beiwohnen. Göthe 25, 299.
EMPFINDUNG, m. was empfindler: der nicht, wie viele
unserer heutigen empfindlinge, mit verzerrtem weinerlich aus-
sehn sollenden gesiebte, achselzuckend und ein fruchtloses
lamentabile intonierend da stand, sondern stracks bereit war
kräftige hülfe zu leisten. Siegfr. von Lmdenb. 4, 2ü0.
EMPFINDI.OS, ohne empßndting. Rädlein 236'.
EMPFINDNIS, f. sensus, empßndung: so es in der seilen
stech, so musz es in der lungen sein, so die empfindnus
lege in den regionibus der lebern, so musz (cital abhanden);
darumb auch die lerer sagen, die theologei sei mer ein er-
farung und empfindnus, dann ein kunst. Frank parad. 142';
götzen oder bihler die kein empfindnus habend, sensu cassa
simulacra. Maaler 102"; sie erstaunte darüber, dasz ihr {in
dem jetzt wieder gelesenen buche) so viel bilder belebt, so
viel klagen herzrührend, so viel empfindnisse aus der seele
herausgezogen zu sein schienen, über die sie vorher wegge-
lesen hatte. Nicolai Seb. Noth. i, 196 ; welche gattung von
empfindnissen ich werde wählen müssen ... zorn? sorge?
gram? furcht? Schiller 113*; es ist aber dergestalt geordnet,
dasz der mangel an sprachen, Verbindungen und bekannt-
schaften u. s. w. so vielerlei bindernisse sind, unsre empfind-
nisse auszer unsrer sphäre mitzutheilen, dasz sie oft eine
völlige Unmöglichkeit ausmachen. Yorilis empfinds. reise 1, 20.
E.MPFINÜSAM, mollis, facile moUiores sensus concipiens,
zum erstenmal gebraucht von Bode, der in der vorrede zu
Yoricks empfindsamer reise (1768) erzählt, dasz Lessing es
ihm als Übersetzung von sentimental empfohlen habe. Lessings
etijne worte ebendaselbst lauten: 'es kömmt darauf an, wort
durch wort zu übersetzen, nicht eines durch mehrere zu um-
schreiben, bemerken sie sodann dasz sentimental ein neues
\»ort ist. war es Sterne erlaubt sich ein neues wort zu bil-
den, so musz es eben darum auch seinem Übersetzer erlaubt
sein, die Englander hatten gar kein adjectivum von sentiment,
wir haben von empfindung mehr als eines, empfindlich, em-
pfindbar, empfindungsreich, aber diese sagen alle etwas an-
ders, wagen sie empfindsam! wenn eine mühsamereise
eine reise heiszt, bei der viel mühe ist, so kann ja auch
eine empfindsame reise eine reise heiszen,- bei der viel em-
pfindung war, ich will nicht sagen, dasz sie die analogic ganz
auf ihrer seile haben dürften, aber was die lescr vors erste
bei dem v\ürte noch nicht denken, mögen sie sich nach und
nach dabei zu denken gewöhnen', die Franzosen haben sen-
timental aus dem engl, übernommen, nnl. sagt man senliinen-
tcel, scliw. kilnslosam, isl. tilfinningasamr, beides nach unserm
empfindsam, das sich schnell einführte und von Adelung (1774)
aufgenommen wurde: edle handlungen, mit welchen unsere
empfindsamen Schriften so viel um sich werfen. Kant 4, 279 ;
das weih ist empfindlich, der mann empfindsam. 10, 345 ;
die mühe, die sie {die ellcrn) anwenden, die ihrigen gegen
das glück eines guten namens empfindsam zu machen, damit
•ie alles was demselben schädlich ist, sorgfältig vermeiden
rnßgen. Gellertt leben vnn J. A. (-rakkr (1774) s. H; sein gegen
»eine freunde so empfindsames herz. i. 93; die süszen träume
Ton bessern weiten, in welche sich einpfindsatiie secU-n so
gerne zu wiegen pflegen. VVieland I, 274 {A'jathon nach auig. 2
toninz); die spiele der empfindsamen Jugend. Götz yed. 2, 118;
auf das empHndtame volk bal> ich nie wn» gcli.-ibon.
tiöTlIK 1,4U2;
der cmpflndsaiD^te mann von allen männem. 14, IS; mein
print ixt »on so zärtlichen, ituizerst einpfindsnmeii nerven.
14, 18 ; die vorzUglicbslcn glückscligkeiteii eniplindsamer seelen.
II, 31 ; alle manierea einer sieb empfindsam ziereinlm fräii-
lein. 16, 255 ; suchte wenigstens seine tafel von der empfind-
samen würze frei zu halten. 26,184; der erste zum bedürf-
nis empfindsame mensch. 39,342; er halte sich mit einem
zärtlichen, frommen, empfindsamen, aber dabei kränklichen
mädchen verlobt. Stillincs Wanderschaft s. 111; so war er
doch kein empfindsamer böte. s. 14 ; unsere lieben unmün-
digen und mancher mündige haben sich so herzlich in das
wort empfindsam verliebt, dasz sies mit empfindend, welches
sich zu jenem wie suhject zum object verhält, venvecbseln,
dasz sie von empfindsamen seelen schwatzen wie sprachkun-
dige leute von empfindsamen begebenheiten. Siegfr. von Lm-
denb. 4, 231 ; die fürstin hatte das empfindsame gesiebt mit
der reisekleidung weggelegt. J. P. Hcsp. 2, 44 ; das kann ich
nicht von dir leiden, dasz du die nachte verschreibst und
nicht verschläfst, das macht dich melancholisch und empfind-
sam. Bettine br. 1,53; ich bab grad keinen empfindsamen
respect vor der natur. 1, 58.
E.MPFINDSAMKEIT, f so wie die rechte seile vor der
linken den vortbcil der bewegkraft bat, so hat die linke ihn
vor der rechten in ansebung der empfindsamkeit. Kant 3, 119;
empfindsamkeit ist ein vermögen oder eine stärke, den zu-
stand sowol der lust als der unlust zuzulassen, oder auch vom
gemüthe abzuhalten, dagegen ist empfindelei eine schwäche.
10, 255 ; die empfindungsfäbigkeit aus stärke (sensibilitas
stbenica) kann man zarte empfindsamkeit, die aus schwäche
des subjects dem eindringen der sinneneinflüsse nicht hin-
reichend widerstehen zu können, zärtliche empfindsamkeit
nennen. 10,159; in dingen, die eine geübte empfindsamkeit
erfordern. Wieland 13, 245; triumph der empfindsamkeit.
Göthe 14, wo das wort öfter, s. 57 empfindsamkeiten vor-
kommt; und seine kräfle in lugend, wolthätigkeit, empfind-
samkeit zerfiieszcn. 33, 29 ; da mag sie {die kunst) aus rauher
Wildheit oder gebildeter empfindsamkeit geboren werden, sie
ist ganz und lebendig. 39, 349 ; du scheinst jetzo zufriedner
mit dir zu sein, wolklang, wie du warst, als du dich deines
Verlustes, nur nicht mit empfindsamkeit, erinnertest. Klopstock
gramm. gespr. 101; meine hypochondrische empfindsamkeit
geht sehr weit. Lichtenberg 7, 310.
EMPFINDSAMKEITSKRANKHEIT, f. als der dichter den
Werther geschrieben, um sich wenigstens persönlich von der
damals berschenden empfindsamkeitskrankheil zu befreien.
Göthe 45, 318.
EMPFINDSELIG: der persiflierende kältling trägt nur den
umgekehrten mangel des empfindseligen zur schau. J. P. aetth.
1, 171.
EMPFINDUNG, f sensus, steht zwar schon bei Stieler 484,
nicht bei Henisch, ist aber doch erst in der zweiten hdlße des
vorigen jh. recht in gang gekommen und von gefühl wie em-
pfinden von fühlen zu unterscheiden, in empfindung liegt etwas
geistiges, was dem sinnlichen gefühl abgeht, die empfindung
ist subjectiver, das gefühl ohjectiver; oft aber sind beide wörler
gleichviel, er liegt da ohne empfindung, hat keine empfin-
dung mehr; die empfindung des licbts, des Schmerzes; eine
stärkere empfindung verdunkelt die geringere; er ist voll
lebhafter emplindungen, kann seine empfindungcn nicht ver-
bergen; es ist eine angenehme, unangenehme empfindung;
er spricht, liest mit empfindung;
mir ^.ib die nalur cinpllnchmg zur lugend,
aber miichiltfor war, die sie zur liebe mir gab.
Klupntock I, 20;
das homerische xaja yQt'ra xal xaTa d'vfwv hat Voss ver-
deutscht
in des bcrzens geist und empfindung.
n. 1,193. 4, 163. 5,677 u.«.».. •
alle tboriieiten dieser abgescbinarklen gerken auszustehen,
welche die sprnrbc der empfimliing reden wollen und nirhts
fühlen. Wieland 1,183; unsre iieiligen emplindungen. (lörnt
14,18; die zärtlicbsfe emplimliing in einer laube. 14,19; der
mann, dessen liebe ganz in geistigen einpfindungen srbwebl.
14, 03; von der feinsten empfindung, dem schärfsten wilze.
10, 13; ich sasz ganz in mahleriscbc empfindung vertieft.
10,19; noch nie war meine empfindung on der nalur rollrr
und inniger. 1«, 57 ; die einpfinilungrn die mein herz lieslümien.
Ifi, 81 ; welch eine bimmlisrbe em|ifindung isl es seinem her/en
zu folgen. 20,00; sie sprach gut tmd wusir dem was M'
durch empfindung immer lieileiiiung t\\ geben. Jfi, is;.
empfindung läs/.t »ich nicht besrhieilnn. Stillincs «.i»/if-
tchnß 71; er versank ganz von empfindung. t. 126; vnler,
433 EMPFINDÜNGSBEZEUGUNG — EMPOR
ihre gnade entflammt meine ganze empfindung. Schiller 187';
welche spraclie wirst du jetzt führen, empfindung? auch
coquetten sinken in ohnmacht. 201*; das fräulein war schön
und zur empfindung geschafifen. "Ol'; die härte, womit man
jetzt und immer gegen die Protestanten verfahren, habe schon
längst seine empfindung empört. 848"; die- Wirkung eines ge-
genständes auf die vorsteüungsfahigfceit, sofern wir von dem-
selben afficiert werden, ist empfindung. Kant 2, 59 ; wenn
eine bestimmung des gefühls der lust oder unlust empfin-
dung genannt wird, so bedeutet dieser ausdruck etwas ganz
anderes als wenn ich die Vorstellung einer sache (durch die
sinne) nenne, denn im letzteren falle wird die Vorstellung
auf das object, im ersteren aber lediglich auf das subject
bezogen und dient zu gar keinem erkenntnisse. 7, 47 ; die
empfindung der eigenen unwürdigkeit. 8, 222 ; die abgeleitete
beziehung heiszt empfindung, gleichsam insichündung. nur
das fremdartige wird gefunden, das ursprünglich im ich ge-
setzte ist immer da. Fichte grundlinien 349 ; keine leute sind
eingebildeter als die beschreiber ihrer empfindungen^ Lich-
TENBEBG 1, 164; uuserc höchsten empfindungen sind gleich
den Paradiesvögeln, die sich selten mehr vom boden erhe-
ben, so bald sie auf ihn gesunken sind. J. P. jubeis. 28.
EMPFINDUNGSBEZEUGUNG, /. unsre dramatischen dichter
und romanschreiber erzählen uns nichts als empfindungsbe-
zeugungen. Lichtenberg.
EMPFiNDUNGSDRANG, m.
E.MPFINDUNGSFÄHIGREIT, f. Garve xu Cic de off. 1 *. 307.
314 327. 2, 122.
EMPFINDUNGSFÜLLE, f.
zieht sich auch meiner brüst emptindungsfülle
einsam zurück vom laui umrauschien läge.
WiLH. vo:i HuiBOLDT Werke C, 617.
EMPFINDÜNGSGERECHT : die ganze nachricht macht uns
Ton ferne argwöhnisch gegen den mann, der Lessingen so
gern etwas unterschob, was ihm selbst empfindungsgerecht
war. Gervinds neuere nat. literalur (1849) 1, 329.
E.MPFINDUNGSGRILLE, f.
was sonst die brüst mit lust und schmen dnrcbdriDget,
sind süsz und eigen nur empfindungsgrillea.
WllH. VOfI HCIBOLDT 7, 455.
EMPFINDUNGSKRÄFT, /. Garve zu Cic. off. 2, 28.
EMPFINDUNGSLALT, m. brauchen einige für interjeelion.
EMPFINDUNGSLOS, sensu vacans: unsere empfindungslose
lebensart erstickt das genie, wenn, die sänger freier Zeiten
es nicht erwärmen. Göthe 33, 36 ;
eropfindungslose herzen. Gotter 1, 3S4.
EMPFINDUNGSVERMÖGEN, n. was empfindungskraft.
EMPFINDUNGSVOLL: ich habe dieser danie so viel von
ihren geistreichen und empfindungsvollen stücken erzählt.
GöTUE IS. 264.
EMPFINDUNGSWEISE, f.
EMPFINDUNGSWERKZEUG, n. die Zerrüttung der empfin-
dung^werkzeuge. Wieland 6, 126.
EMPFINDUNGSWTRTH: echt ästhetisch didactisch könnte
man sein, wenn man mit seinen schüIern an allein empfin-
dungswerthen vorüber gienge oder es ihnen zubrächte im
moment, wo es culminiert und sie höchst empfanglich sind.
Göthe 49, 86.
EMPFINDUNGSZWECK, m. mathematische bestimmungen
des Organs werden kennen gelernt und zu empfindungs- und
schilnhpjtszwecken gebraucht. Gütbe 44, 2S5.
EMPFLIEHEN, s. entfliehen.
EMPFREMDEN, s. entfremden.
EMPINDEN, s. entbinden.
EMPLÖSZEN, s. entblöszen.
EMPOR, in allum, in allo, sursum, entspringt aus ahd. in por,
in pora, mhd. en bor d. h. dem acc. oder auch dat. des subst. bor
fastigium, summilas (2, 238), und das alle p blieb durch den
engen anschlusi an die praep., wobei sich auch n in m wan-
deile, geschützt, dies empor kann nun zwar als ausruf, ohne
verbum, begegnen, t. b. wenn es heiszt em]toTl empor die äugen I
die hiindel, wozu jedoch immer ein pari, geschaut, gerichtet,
gehoben ergänzt werden mag, mit empor bilden sich, wie
mit daher, dahin, einher, einhin, heran, berauf «. s. w. eine
menge ttneig entlicher, um des lonvotlen o willen von den dich-
tem gesuchter Verbalzusammensetzungen, die nicht erschöpfend
verzeichnet werden können, es kommt darauf an die gangbarsten
und eingewohnteslen zu übersehen, früher galt die partikel noch
III.
EMPOR— EMPORDRÄNGEN
434
ßr los, wie sie sich auch heule, gleich den meisten übrigen
Partikeln, in directer rede {gramm. 2, 879) abtrennt, da, «pö
noch andere Wörter mehr hinzu treten, die sich doch der com-
position nicht einverleiben lassen, wird die partikel fühlbarer
vom verbum abstehen, z. b. unsere fahne weht hoch empor,
das banner hoch empor halten, wie mhd.
wahter du hüet höh enbor! MS. 1,90»;
ein garbe stuont üfreht enbor. Rudolfs weltchr.;
oder bei Logaü 2, 108, 47 :
mancher meinet, ehr und würde scheine nicht an ihm hervor,
wann sie nicht steh ausgestellet auf der hoffart berg empor;
oder bei Opitz ps. 104, 2 :
das Wasser ist an des geiäfels statt,
das er empor umb seine kammern hat.
die ironische Verwendung des mhd. enbor ror adjecliven (mhd.
wb. 1, 150. 151) ist ganz ausgestorben, im 16. 17 jh. steht oft
fehlerhaß entpor geschrieben.
EMPOR, n. und f., der höhere sitz, das vorhergehende adv.
substantivisch genommen: oben auf dem empor in der kirche.
Auerbach dorfgesch. 1, 345 (326) ; beim tiers etat ists leicht dahin
zu bringen, dasz sie auf jedem stuhl, auf jeder empor ent-
schlafen. J. P. uns. löge 3, SO ; in meiner empor in der kirche.
teufelsp. t, 140; von jeder empor schauten weiberköpfchen
herab. Nepom. kirche 121; ich gestand, ich hätte mich leicht
in meiner betteempor erhalten, biogr. bei. 1, 146.
EMPORARBEITEN, sich, in die höhe, zu einer höheren stufe
hinaufarbeiten: noch nicht zur völligen meistersebaft empor-
gearbeitet. Göthe.
EMPORBAUEN, in altum aedificare.
EMPORBÄUMEN, sursum erigere, aufbäumen: die rosse
bäumten sich empor.
EMPORBEBEN, wie emporzittem:
dasz die wehmul mir emporbebt in dem anklang der empfindung.
VOSS.
EMPORBLÄHEN,
dann auch die decke,
die von elastischen dunen des polannistenden eiders
luftig empor aus der enge sich blähete.
Luise a. l. h. 199 (3,2,605).
EMPORBLASEN, tn die höhe blasen: der wind bläst das
dürre laub empor; federn emporblasen, in die luft blasen.
EMPORBLEIBEN, sublimem ferri, oben bleiben: viele ertran-
ken, einer blieb noch lange empor, figürlich, tn ehre und
anseheti bleiben.
EMPORBLICKEN, oeulos tollere. Götter 3,535.
EMPORBLÜHEN, surgere, efflorescere:
ein höfling, der die pbaniasien
von ihrer laun erforscht, und listig sie gewitfnt,
wird schnell durch sie empor zum günstling blühen.
GÖKIMGK l,l62.
EMPORBRAUSEN, effervescfire: das emporbrausende christas-
leere christenthum. Lavater bei Göthe 33, 98.
EMPORBRECHEN : dasz die efeuranken mit ihrer umbwin-
dung sich emporbrechen. Lohenst. Arm. 2, 75L
EMPORBRINGEN, inducere, aufbringen: einen empor, in
die höhe bringen ;
wein, den die bosheit ausgedacht,
des Wassers rühm emporzubringen. Hagedorn 3, 46.
EMPORBRÜLLEN, magna voce rlamare, außrüllen.
der ebrne kriegsgott aber brüllt empor. Bcscrr 168'.
EMPORBCRGEN, was emporbauen:
uralt müsie man gestehen
sei das hier emporgebürgte,
hätten wir nicht selbst gesehen
wie sichs aus dem boden würgte. Göthe 41, 13S.
richtiger schiene ohne umlaut emporburgen, wie burigen 2, 537.
EMPORDAMPFEN, exhalari.
EMPORDANKEN, diis graliam referre, dem Himmel danken :
entzückt dankt er empor. Wieland.
EMPORDONNERN:
es donnert aus dem schlummer mich empor. Schiller ...
EMPORDRANG, m. impetus : er wäre mit brausendem empor-
drang hingekommen. Stilli<(C 358.
EMPORDRÄNGE.N, sursum pellere, sich empor drängen:
indem hochschlagend von entzücken
ihr herz empor sich^druugi, an seines sich zu drücken.
Wie LAND.
28
435
EMPORDRINGEN —EMPÖREN
EMPÖREN— EMPORFLAMMEN
436
EMPOBDRINGEN, urgere, prorumpere:
wer noch zum gipfel der Dole roni ufer des Lemans empor-
drang,
eh Tor paneiwuih und krieg einlrncht und Sicherheit nohn.
Mattuisson (1802) 265.
EMPOREILAND, n. außauchende insel: dieses blumige
empureilaod umkreisete er den ganzen tag. J. P. uns. löge
1,59.
EMPOREILEN, sursum properare:
eilet empor, ersilinge, schwebt den triumpfflug!
Klopstock.
EMPÖREN, excilare, außringen, aufregen, mhd. enboeren,
mit langem vocal, Wilh. 316, 15. Neidh. 23, IS, wie schon bor
auf kör, trör reimt [gramm. 1, 206), keine aus dem vorher-
gehenden empor = enbor zu leitende bildung, sondern, wie
andere verba, mit en >— ent zusammengesetzt, obwol dem sinne
nach auch ein emporheben, erheben, im voc. Iheut. 1482 g-1*
steht enporen, aufheben, levare, erigere.
1) am seltensten erscheint intransitives empören für excitari,
effervescere : die herzogin die rede sobald nicht vernommen
halt, alles ir geblüt von groszen freuden empören thet, ir
herz von freuden sich aufbäumet. Galmy 83, wofern nicht zu
lesen ist sich empören. X. W. Schlegel bildete den hexa-
meter :
wieder zur ebene rollte der frech empörende steinblock,
{der sich immer aufrichtende, hebende).
2) transitiv excitare, tollere, aufrühren, erheben:
die boi-ichart liebt kein mensch, die traurigkeit empöret
{erregt, erweclu). Opitz 1, 172 (179);
wenn Nauwach das pandor
läszt hören und mit iiim den künstlichen lenor,
da wacht mein Opitz auf, dasz er des künstlers stimmen
so hoch, wo über uns der leier Sternen klimmen
durch seinen ersten preis die deutschen vers empört.
Fleming 59;
der wilde Main schosz hin. was war er als nicht zahm
der ungelehrte Rhein, als nur mein Opitz kam
und liesz den schönen ton erst linim den Bober schallen,
so sagt man, hab es ihm so überwol gefallen,
dasz er sein schillichi liaupt hat dreimal hoch empört,
und dreimal laut gejauchzt. 75;
bis die silberne Diane
zu dem leichten wagen kehrt,
und am blanken himmelsplane
ihr gestirntes häupt empört. 373;
doch jach, wie windeswirbel fährt
und ruhrig laub und staub empört. Oörgbr 52*;
so rier sie und empörte mut und kraTt
in jeglichem. 167';
beute dürstend und blui empört er die segcl. Koskgartkk;
diese schwerter, die wir hier empören. Rickkrt 133;
wie sie jetzt die Taust empören
im gebrauch aus alten tagen. Lbnau neuere ged. 31 ;
diesen von Sehnsucht empörten busen. J. P. Hesp. 3, 68.
3) zumal excilare ad rebellandum, in aufruhr bringen : die
kritische pbilosophie empörte ihn. Kant 3, 405 ; die langsame
Vernunft kann den empörten wilz nicht mehr begleiten. 10,18;
so nehmet diesen trank, 'o nein, der schmeckt
abscheulich, er empört mir die natur'. Göthr 9,223;
er sprach, mein tisch empört dir nicht das blut. 11,129;
wie oft lull ich mein empörtes blut zur ruhe. 16, 10 ;
weder das ganze volk ist mir, dem verhaszten, empörst.
Od. 16, 114;
weil keine lust
das matte blut in euch empöret. Gottkr 1,222;
•chw.'irmerein, die deinen geist empören. 2, 8;
ihr beitler aus Arabiens wüsiencin,
die weder acker, pllug noch brui gekannt,
bis euch empört ein uochverntichtes haupt.
TiKCKs (ienoveva i. 30.
4) häufig, «ich empören, sich auflehnen, erheben, turgere,
rebellare: das will ich auch Ihun aller dieser bösen gemeine,
die sich wider mich empöret hat. 4 Jtfoj. M, 25; die empö-
relen »ich wider Mose. 16, 2 ; ein man vom gebirge Epiiraim
mit namen Seba hat sich empöret wider den könig David.
2 Sam. 20, 21 ; und seine kucditc empörcten sich und machten
einen bund. 2 *ön, 12,20; und die kinder »erden «ich em-
pören wider ire eitern und inen zum todc helfen. Matth.
10, 21. Marc. 13, 12 {uhd. inti anaslantant kind in iro eldiron) ;
deno es wird »ich empören ein volk über da« ander (arslenlit
Ibiol widar thiotu). Matth. 21,7; daher kompt, da« «ich kein
aufrßr empören (erheben) Ion. Kuajj« wtltb. 103*; wie mögen
sich dann krieg erheben und entbören? kriegsb. des fr. 56;
sich aus klugheit erheben und entbören. 156; wurden sie
alle, die sich desselben tags gegen den ritter empöret, nider-
gelegt. Galmy 138 ; das meer emhöret sich. Petr. 107* ; weil
Archelaus zu Rom war, hat sich alles land eniböret. Reiszner
Jerus. 2,94*; die Juden haben sich gegen das römisch reich
enibört. 2, 106'; denn wenn sich die mechtigen wider den
son gottes entpörn. Matiiesius 86*;
ein bäum so oft und viel des andern äste reibt,
dasz durch erbiizung sich der liechte loh empöret.
Opitz 1, 41;
die sonne, wann die nacht sich aus der see empört,
ßhrt schamroth unterhin und konipt doch morgen wieder.
2,460;
wie sich durch die ganze Stadt
ein geschrei von jauchzen hat
schnell erhoben und empöret. 3,84;
zwar weisz ich nicht woher dein kummer sich empöre.
TSCUBRNINQ 227;
kein grnsleih kann sich so klein enipörn,
das sie nicht meisterlich wachsen horri. (a. 1665);
die hitze ist in gott ein liebliches wärmen, ein ausgang des
iichts, der sich aus dem licht empöret. Jag. Böhms Aurora;
ein matter blick, der aus den blauen äugen brach,
ein busen, welcher sich aus Ungeduld empörte,
die sagton dem genug, der hier im busche lag.
Rost schdfererz. 47 ;
vom bloszen gndanken empört sich jedes haar
aur ihrem kopte. Wirland 4, 15;
fürwahr, empörte Jonas sich,
das weih speit wie ein drache. Bürger 49";
so wie der tön aufruhr sich empörete, klirrten die fenster
ringsum, dröhnte die stub und summt im klaviere der nach-
klang. Luise a. l. h. 3, 2, 307 ;
die schoitschen Völker
empören sich und drohen abzuziehn. Scbillcr 454*;
die metapbysik bat keinen giund sich wider die anziehung
in die ferne zu empören. Kant 1,80; dieses ist der punct,
dawider die gegner am meisten sich empören werden. 8,87;
die verriunft empört sich gegen den irrthum.
EMPÖREND, eigentlich sich hebend, exsurgens, gewöhnlich
aber für das gemüt, die gedanken aufbringend, nefandus, hor-
rendus: wenn der jugendliche quell brausend, empörend,
über gefels sich den weg suchte. Bettine br. 2,305; ein die
menschheit empörendes lasier. Kant 5, 298 ; dasz einmal ein
zeitpunct eintreten wird, da die zeit selbst aufhört, ist eine
die einbildungskraft empörende Vorstellung. 6,401; das ist
empörend, vgl. empört.
EMPORENTZÜCKEN, sursum rapere:
bis dasz euch empor entzücke
Sterblichkeit zur owigkcit. Locao 1, 35.
EMPÖRER, m. rebellator, aufrührer.
EMPORERGIESZEN, in altum eff andere:
es (daa blut) hub sich und wurde
feuriger und von dem hoch aufschwellenden herzen ergosz sichs
in die mienen empor. Klopstock . . .
EMPORERHEBEN, exallare, schon ahd. inpor arhafit. Rraff
3,158; nhd.
der uf erhebt was hoch enibor
glich als der ceder Lybani. Brakt 111,54;
erhöbet ewer haupt empor! Wrcihrrun 104;
erhöbet er nur seinen wünsch empor. 82.
EMPÖRERISCH, rebellans, seditiosus, aufrührerisch: empö-
rerische Schriften verbreiten.
EMPORFAHREN, in altum fern, tolli: es wehret noch eine
kleine zeit, das sie {die diener des tcufels) empor faren und
so fest sitzen, als künd sie niemand aus dem stuel beben.
Luther 6, 186*;
und fuhr zu goitcs woIkODsitze
als freier gcist empor. GökingcS, 91;
l.enore fuhr um< morponsroth
«nipor aus schweren träumen. BSroir IS*;
ersrhierken und emporfahren.
EMPdRKLAMMEN, sursum flagrare, auffiammen, in die
höhe flammen :
denn es ist nahe daran, da wieder emnor ihr gerecht flammt.
UOrcrr 230-:
flammen raketen omnor im gehöli und pra««elnd« Rchw.trmer.
Xw»«o /. fc. 3,2,211;
diese majestiilische slndt! mein! und darüber empor lu Däm-
men, gleich dem königlichen tag. Sciiillkr lOi'.
437 EMPORFLATTERN— EMPORHEBEN
EMPORHELFEN— EMPORPOSAUNEN 438
EMPORFLATTERN, sursum volilare: das feuer flattert am
dach empor;
sieb, plötzlich flattert ein täubchen
aus einem asilocb empor. £. to.i Klbist.
EMPORFLEHEN, supplicare:
beim Apoll,
zu welchem du empor, o Kalchas, flehst. Bcrseb 143*.
EMPORFLIEGEN, evolare:
der spiesz flog über in empor. Sprbjigs 4en. 361';
da horch! ein süszer liebeston
kam leis empor geflogen. Borger 63*;
sein kleines lied wird nicht empor
verwegen fliegen an des donnrers wagen,
es säuselt um der freundscbaft ohr. Gottes 1,4;
und kämpfend fliegt sein herz empor,
als ob es endlich bräche. 1, 356.
EMPORFLIESZEN, in alium effluere.
EMPORFULLEN, hoch auffällen:
füllen die facher empor und flechten sich blumige Speicher.
Voss Virg. Georg. 4, 250.
EMPORGEHEN, in allum ferri, emporschweben: recht, recht,
recht, recht, das galt und gieng empor. Lcther 3,143'; was
arges in der ganzen weit empor gehe, seiestu ursacher, auf-
bringer und Stifter. Petr, 94*.
EMPORGIESZEN, uas emporergieszen :
denn sie fühlet sich ganz und gieszt entzückung
in dem herzen empor, die volle" seele,
wenn sie, dasz sie geliebt wird,
irudken von liebe, sicbs denkt. Klopstock 1, 106.
EMPORGREIFEN, sursum lendere manus:
wie das kind nach dem regenbogen emporgrif. Voss.
EMPORGRCNEN, sursum vtrere:
dort ist ein feigenbaum, der grosz und laubig emporgrünt.
Voss.
EMPORHäLTEN, sursum teuere: der da himel und erd
und alle ding, die darin begriffen werden, treit und enbor
haltet. Keisersberg seelenpar. 4'; unser gemiit ist geleiche
als ein weicher pelz, es sei dann das derselb stets mit den
ermelen embor gehalten werde, sunst falt er allwegen ernider
Hgl. eintreffen 2). predigten Augsb. 1510 lO' ; und die weil
Mose seine hende empor hielt, siegte IsraeL 2 Mos. 17, 11;
eine art, die ire äugen hoch tregt und ir augenlied empor
hell. spr. Sal. 30, 13 ;
einer gab von der leiier die abgeschnittene traube
seiner winzerin hin, die schmeichelnd ihr körbchen empor-
hiell. Voss;
eine meinung emporhalten (sie aufrecht hallen, ihr geltung
verschaffen). Kant 8,16; und nun vollends in diese Peinlich-
keit die heiteren Verhältnisse eingeschraubt, die uns sonst
über die peinlichen emporhalten sollen. J. P. Tit. 3, 174.
EMPORHALTUNG, f. aufreehthaltung : die emporhaltung
eines mathematischen beweises. Käst 8, 113.
EMPORHAUCHEN, sursum exhalari:
ein matt urodüsiernder nebel
haucht vom boden empor. Voss.
EMPORHEBEN, attollere, exlollcre, erigere: also wurden
die Midianiter gedemüliget und hüben iren köpf nicht mer
empor, rieht. 8, 2S ; und hebest deine äugen empor wider
den heiligen in Israel. Es. 37,23; und wenn die.thier sich
von der erden empor hüben, so hüben sich die reder auch
empor. Ez. l, 19 ; Jesus aber hub seine äugen empor (goth.
uzuhhöf augöna iup). Joh. 11,4t;
ee das ich in {den krug) wolt heben enpor,
ee beleih ich da ungeirunken gar. fastn. 565,4;
und hebt empor sein dicken kränz. Sprksgs Aen. 371";
so höbet ewer haupt empor. Wbckhkrlik 104;
eh als der freitag kürat. kürat dinstag immer vor,
weh spannt zuvor ins Joch, eh himmel hebt empor.
LosAU 2, 205, 63 ;
da wandle sich Petrus,
hub sich empor, und schaute gen himmel. Jfe«n<u 6, 574 ;
wie mit geisisgewalt
hebet die gestalt
lang und langsam sich im bett empor. Göthe 1,248;
pinienkerne giengen gar merkwürdig auf, sie hüben sich wie
in einem ei eingeschlossen empor, warfen aber diese haube
bald ab. 29, 48 ; ich bin ein zusammengedrückter wurm, der
sich nicht mehr emporheben kann. Kunger 1, 9 ; der neuge-
wählte künig ward auf den schullern des volks empor gehoben.
E.MPORHELFEN, allerare, aupielfen: der die nidrigen er-
höhet und den betrübten emporhilft. Hioh 5, 11 ;
auch deine herkunn half dür nicht empor? Schillik 239*.
EMPORHORCHEN, auscultare, aufhorchen:
ich hielt den aihem an und horchte scharf empor. Wieland.
EMPORHCPFEN, exsullare, aufhüpfen:
es hüpfen die säneer des waldes
fröhlich empor. Z^achariä;
funken von wölken hüpften am horizont empor. J. P. Besp. 165.
EMPÖRISCH, seditiosus, empörerisch, irie neben aufrühre-
risch aufrührisch : in summa, es sollen die aufruhr etliche
Studenten von Erfurt, die an ihnen selbst empörisch sein,
erweckt haben. Beyer bei Melanchthon 1, 490. auch Stieler
1467 schreibt empörisch.
EMPORMUCHZEN, plausu clamoribusque vulgi efferre: und
ihr emporgejauchzte ephemeren eines tages, ihr belustiger
müsziger knaben, ihr gaukler um biumen und mädchea und
Auren! Stürz 1, 211.
EMPORKEICHEN, anhelando ascendere:
zuletzt, so schwach sie ist, keicht sie mit müh empor
auf eines felsens stirn. Wikla.nd 23, 35.
EMPORKEIMEN, sursum germinare, außeimen.
EMPORKIRCHE, f. podium, «cas empor: altar, kanzel, tauf-
stein, emporkirchen. Felsenb. 2,73; von einer einfüllenden,
baufälligen emporkirche erschlagen. Leipz. avant. 1, HO. *. bor-
kirche 2, 283.
EMPORKLIMMEN, enili:
sie klimmt am dornigen felsen empor. Borger 61*.
EMPORKO>LMEN, escendere, emergere, auf, in die höhe
kommen : wer ser pranget, der verdirbt drüber, wer sich aber
drücket, der kompt empor. Sir. 20,11;
da kommen dan entbor meerhund und schwein.
Wbckuehli.'«! 24");
^ann einer meint er lerne noch, so kümt .sein witz empor.
LoGAU 3, 140, 16 :
Consus soll bei hofe billich gehen vor,
dennoch künimet Comus immer eh empor. 3, 181,48;
wir mögen unter dem schütz von eitern und verwandten em-
porkommen. Göthe 26, 312.
EMPORKÖM.MLING, tn. homo notus, parvenu, der schnell
zu reiththuin ujid ehren gelangt ist.
EMPORKRÄUSELN, in altum crispare: der wind kräuselt
wölken von staub empor.
EMPORKRäUSEN, turbine in allum ascendere:
flammenrauchstaub kraust empor. Göthk U, 257.
EMPORKRIECHEN, sursum repere: epheu kriecht in dem
gemäuer empor: Schnecken krochen am zäun empor.
EMPORKUNSTELN, ninüa arte educare: die scliafe gleich-
sam zu wolläckern emporkünsteln, hannöv. mag. 1S44 s. 334.
EMPORLÄCHELN, subridendo oculos levare, lächelnd auf-
blicken.
EMPORLAUFEN, saltando currere: es seind auch etlich
darzu bestell, die die ganzen nacht wie die unsinnigen entbor
laufen. Frask vellb. 12l'.
EMPORLINGE.N. sursum, kopfüber: si bletschen darein und
überstürzen, als da man ainen emborlingen die siegen über
abwirfet, der selb fallt nit hinab von ainer Staffel zu der an-
deren, sonder ainsmals überstürzt er oben hinab. Keisebsbebg
siben Schwerter bb 3*.
EMPORLODER.N, inßammari, auflodern: der blödeste mensch
ist, wenn viel phantasie unter seinen thaten glimmt, der herz-
hafteste, wenn sie emporlodert. J. P. uns. löge 3, 14.
EMPORLUPFE.N, sursum levare:
wie schaudert ihr die haut,
da sie emporgelupft und durch die luft getragen
sich fühlt. W1RLA.1D 22, 231.
EMPORMÜSSEN, cogi ut surgal: ich musz empor, AöA«r
auf!
EMPORPOCHEN, pulsando excilare:
mein ruf
zum königsthron pocht wie ein gläubiger
aus meinem Schlummer mich empor. Schiller 2-56*.
EMPORPOSAUNEN, tubis exallare: thörige anschlüge wur-
den durch eigennützige häufen zur patriotenklugheit empor-
posaunt. Stürz 1, 242.
28*
430 EMPOllPUELLEN — EMPOllSClIIMMERN
FMPORPKELLEN, suisum resullare : einem balle gleich, so
vun der höhe hernieder geworfen wird, welcher, wofern er
nicht gar lu übel fällt, prellet er wieder empor. Bütschky
I'iilm. 609.
EMPORPÜTZEN, exornare, aufpulien:
seis erlaubt uns anzupaaren
eurem reichen jugendnor,
unil wir putzen reifer waaren
lulle nachbarlich empor. Goth« 41, 27.
EMPORQUALMEiN, in allum vaporare, aufqualmen.
EM PüH(jU ELLEN, scalurire, aufquellen:
vom erdenbrot erhält
ein niedres Teuer sich, des körpers leben,
ein edleres quillt aus der iraub empor. U«RD«r.
EMPORHAFFEN, sursum rapere: sich emporraffen, resur-
gere, aufraffen.
EMPORRAGEN, eminere:
der an gewalt doch
weil vor menschen und götiern emporragt.
EMPORRANKEN: die rebe rankt am ulmbaum empor.
EMPÜRRAÜSCHEN, sursum slrepere, aufrauschen:
da rauscht das dürre laub empor,
und sieh, ein alter kriegeskiiecht „...,.„
wanki durch den eicheuwald daher. Holii 4S.
EMPORRECKEN, erij;ere, in die höhe recken:
reckt irgend dan der Mars den stuukopf auch embor,
und schüttelte den spiesz. wie damals oft geschehen,
sc liesz insonderheit auch der sich tapfer sehen,
der herr von Kappollstein. Rohpi.kr 10b;
wann ich mein eigen bin, dasz ich kein dienstbar ohr
um wegverkaufte pllicht darf recken hoch empor
und horchen auf befehl. Logau 1, 16S, 19.
EMPORREICHEN, exlendere, porrigere.
EMPORREIFEN, malurescere : die römischen antiquilaten
liefern characteristische darstellungen einer groszen republik,
die schnell zu männlicher kraft emporreifte. Wolfs mus. der
alterlh. «'. 56. ,. j
EMPORREISZEN, sursum rapere: vom verwünschen wurde
man zu schnell ins beweinen emporgerissen. J. P. ßegelj. 1, 7.
EMPORRICHTEN, erigere, aufrichten:
und nun stand er emporgerichtet und schaute verderben.
Messia« b, 432 ;
und der alte stamm gekantet fügt sich
ruhend bald und bald emporgerichtet
einer in den andern. Göthb U, 260.
EMPORRINGEN, enili:
nein, bald ringet der geist aus der dumpfen betaubung
wieder empör des verpesteten anhauchs. Voss.
EMPORROLLEN, evolvere und inlr. ferri, volvi: die empor-
rollende flamme röthete sein blasses gesiebt. Thümmel 3,3Sy.
EMPORHÜCkEN, erigere, hinaufrücken.
EMPORULFLN, clamorem tollere:
lerraend ruft das hausgelieder
ihr vom weiher dank empor. Borcsr 3 .
EMPORSÄLSELN, alle susurrare :
und ein mapischer hain säuselt um mich empor. IIölit 82.
EMPORSCHAFFEN, creare, aufschaffen:
unser Schöpfer, der uns aus staube zu menschen eroporschuf.
UessMS 10, 836.
EMPORSCHALLEN, tublime sonare:
und wie schallet empor, hoch im himmel empor
und im staub ihres zurufs wonnemelodie. Klopstoci;
aus allen Völkern schall empor
gesang zum uugenaniuenl Voss.
EMPORSCHAUEN, sursum aspicere, aufschauen.
EMPORSCHAUERN, emporiittern.
EMPORSCHÄFMEN, sursum spumare, aufschäumen.
EMPOHSCIIEL'CHEN, txcitare, aufscheuchen.
EMI'ORSCHKr.NE, /. pars horrei superiur, auch porschoune.
EMPORSCHIEREN, erigere, extollere und extolii: heule
•cbeubct er empor, morgen liegt er darnieder, alter sprudt,
ei ist aber vielleicht schwebet tu »eisen, nach 1 Macc. 2, 63.
EMPORSCHIESZEN, lurgere, »ucereieere, aufschienen, in
die höhe sehietsen:
dat blut tcbiesit wie eia (trom den hals empor.
WiCLAND 22, 11&.
EMPORSCHIMMERN, emicare:
und di« frei« «eul« »rhimracrt
zu der hfthern ««"»'<"' chor
imner berlicber empor.
EMPORSCIILAGEN— EMPOBSPRINGEN 440
EMPORSCHLAGEN, extolii, erumpere, in die höhe schlagen :
und sein herz schlug sichtbar empor. Messias 7, 672;
ihr herz schlägt feuriiie seufzer,
hohe gedanken zu gott empor. Zacuariä 2, 129;
sein blutend herz, als sucht es mich,
schlug dreimal hoch empor. Hölti s. 190;
schlug sie ihre geistvollen äugen empor. Stillinc 4, 164 ;
lauft doch jeder die flamme zu sehn, die verderblich empor-
schlägt. ÜöiuB 40, 237.
EMPORSCHLEICHEN, repere:
er schlich empor zu Nettchens busen. Gön.-«ci 2, 222.
EMPORSCHMEICHELN, adulationibus eniti: er hatte sich
aus dem pöbelstaub zu einem ersten günstling emporge-
scbmeichelt. Schiller 122'.
EMPORSCHWEREN, sublime ferri: der mensch wird zu
Unglück geborn, wie die vögel schweben empor zu fliegen
(vulg. bomo nascitur ad laborem et avis ad volatum). tliob
5, 7, wo sich empor auch näher mit fliegen verbinden Idszt;
ihre Widersacher schweben empor, klagl. Jer. l, 5 ; und die
Cherubim schwebten empor. Ez. 10,15; heute schwebet er
empor, morgen ligt er darnidder. 1 Macc. 2, 63 ;
geht hin in alle weit und lehret alle Völker,
geht hin in alle weit und leeret alle Völker:
der teufel schaffet disz, gott schafie jenes vor,
noch lieget goties wort, des teufeis schwebt empor.
Logau 1, 102,23;
unsere feinde schweben empor und snouen der armen,
die den göttlichen mann verehrten. ,Messias 12,319;
jach erhebst du dich von meiner seite, _
schwebest bis zur wolkendeck empor. Bürger 99 ;
schwebe bei dem klänge süszer lieder
deine seel ins paradies empor! 101";
mein geist fängt an empor zu schweben,
mir wird, in schmelzendem gefühl,
zum feenmärchen dieses leben,
die weit zum marionettenspiel. Gökingk 3, 153.
EMPORSCHWELLEN, intumescere, aufschwellen :
Philo schwoll empor (redete hochmütiq) : 'er sterb, er sterbe!'^
'^^essias 6, 477 ;
wie, mit giften geweidet, ein drache der wildnis im lager
harret des hirten und hoch von verderblichem grimm empor-
schwillt. Bürger 23o';
als nun weich und sauber das hochzeitbeite geschmückt war,
und zwei trauliche kissen sich lilienweisz aneinander
debneten, lihenweisz auch die luftige deck emporschwoll.
Luise 3, 2, bil;
noch nicht hatte die lichte getrotzt blaudunkeler brandung,
oder den winden emporschwellende segel gespannt.
Voss Tibult 1, 4, 38.
EMPORSCHWELLEN, inflare:
ja kein tief aihem schwellt
die lassen bälg empor. Louknstki.i 51, 114;
denn die ehrsucht schwellte das herz ihm empor.
Messias 7, 630.
EMPORSCHWIMMEN, enatare, supematare, surnager, nager
ä la ßeur d'eau. Rädlein 237': iederman will embor schwim-
men und niemans undergon. Keisersb. see/c«paro</. 2o ; man
sieht die lägelin clürlichen enbore schwimmen, f icrufcr. It i ;
welche zu end grosze körb haben, welche embor schwimmen.
Forer 98'; auf s. Andrestag nimm ein glas voll wasser, komt
ein feucht nasz jähr, so laufts über, wird ein dürres, so
schwimmts oben enlbor. Fiscbart grosim. 120
EMPORSCHWINGEN, sursum agitare:
ihr setzte Iris sich zur zeit, und nahm
das lenkgezäum und schwuug die peitsch empor.
Borger 162'.
sich emporschwingen: zum herscher, zum thron;
und heiter schwang ihr geist zum himmel sich empor.
Gottkr 3, 5r5;
da schwingt »ichs übern Rhein empor
und bricht den dUstern wolkenflor. Uulano« geü. W.
EMPORSEHEN, wie emporschauen.
EMPORSEHNEN, sich, aufwdrls sehnen:
die tugend ist ein wahn bei dem der niedrig gieog
und nicht entpor sich sehnt. Logau 3, 218.
EMPORSITZEN, sublime tedere:
die «lirn iit »onM der thron, drauf ehre sitzt empor,
was hat für ehre der, der haare henkt rtn»or t
Lor.AU t, 43, Ol
EMPORSPRIESZEN, progerminare, in die höhe wachsen.
EMPORSPRINGEN, prostUre, aufspringen:
■0 komen wir auch utid M"-itm"'n ••"i.or. fastn. »;.. 419.7 ;
441 EMPORSPRITZEN— EMPORTRAGEN
EMPORTREIBEN — EMPTER
442
der aufschöszling des glucks, der aus der tiefe empoi^e-
sprungen ist. Klisgeb 11,239;
springt oft plötzlich ein schwärm von gründlingen hinter der
wölke
fliehendem schatten empor. Voss.
EMPORSPRITZEN, emicare, aufspritzen; blut aus der wunde;
anders nicht, als wenn mit beschädigtem bleie die röhre
platzt, und gewallig empor aus zischender öfnung das wasser
spritzt. Voss.
EMPORSPROSSEN, wie emporsprieszen :
stirb, propheiisclier greis, stirb I denn dein palmenzweig
sproszte liing schon empor. Klopsiock 1,99;
denn er gedeiht und sproszt empor,
wie auf der wies ein schlankes röhr. Borger hl*.
EMPORSPRUDELN, was emporquellen.
EMPORSTARREN, oculis (ixis sursum tueri:
hält ich dich nicht und starrte mein hülfe verlangendes äuge,
einziger fels, nach dir nicht empor. Messias 14, 881.
EMPORSTÄüNEN, stupere, aufstaunen:
der hob und niedre pöbel
vernimmt und staunt empor. Voss 5, 212.
EMPORSTEHExN, eminere, surgere: die haare standen ihm
empor, mhd. dag ej binden stuont enbor. Helbl. 1, 336.
EMPORSTEIGEN, ascenderc, aufsteigen:
steigt die sonn empor. Goitkr 1, 14;
steigt unser bühnchen auch aus seinem schutt empor. 1,83;
frischblutend steigt die längst vergebne schuld
aus ihrem leichtbedeckten grab empor. Schiller 408'.
EMPORSTELLEN, erigere, aufstellen, hoch stellen:
denn wer jetzt kleinen schein
erwählet, soll hernach empor gestellet sein. Opitz.
EMPORSTOSZEN, sursum ferri : die quellen eins arms dicke
einporstoszen. Ettneb med. maulaffe 830.
EMPORSTRÄÜREN, allollere:
entsetzen sträubt sein graues haar empor. Gotter 2, 174 ;
ein rasender mit wild emporgesträubtem haar. 2, 455;
oder der hund, dem der rücken mit schlangengewühl sich
eraporsträubt,
der drei zungen und drei bellende häupier erhebt.
Voss Lygdamus 4, S7.
EMPORSTREBEN, enili, aufstreben: er blickte mit empor-
strebendem haupt umher und ruderte einer flachen, buschigten
stelle zu. GüTHE 17, 332.
EMPORSTRECKEN, sursum tendere: die bände, arme.
EMPORSTRUDELN, sursum bullire.
EMPORSTUBE, f. ich sitze hier in der emporstube. J. P.
uns. löge 2, 63.
EMPORSTÜRMEN, sursum irruere und auch transitiv agitare:
gleich dem psalme der andacht
stürmst du Seelen zu gott empor. Voss;
mit leiser Qöten sanftem klageton
zur raserei sie (die seele) iizt emporzuslürmen.
KosEGARTEs in Schillers musenalm. 1800 s. 197.
EMPORSTÜTZEN, erigere, fulcire.
EMPÖRT, a) emporgehoben:
aber so schön sie ist,
so empört auch ihr herz deinem gesange schlägt.
Klopstock 1, 109;
auf leichten flöszen gieng der kühne feldherr
bei nachtzeit über den empörten ström. Körner 2, 109.
b) iratus, irritalus, entrüstet, aufgebracht : empört über diese
bandluDg ;
gebietet eurem wild empörten blut. ScaiLLsa 426»..
EMPORTHEILEN, supeme findere:
und wie er sitzt und wie er lauscht,
theilt sich die Out empor. Götuk 1, 185.
EMPORTHÜRMEN, alte erigere:
mitten in einem verruchten, emporgethürmien gedanken.
Messias 5, 442 ;
und die zinne des glänzenden tempels, sie thürmt sich empor.
7, 575 ;
Hesperus meer, meere des monds und der erd, ihr
sanner. allein wie erhebt sichs im Bootes,
0 wie ihürmt es empor.' hochwogig
donnerts am felsengestad .' Klopstoce 1, 177.
EMPORTRAGEN, sursum efferre: da kam die sindOut vierzig
tage auf erden und die wasser wuchsen und liuhen den kästen
auf und trugen in empor über der erden, l Mos. 7, 17 ; noch
wil in dennoch unser gn. h. ganz empor tragen (in seiner
gunst). Galmy 67;
der häufen nahte sich wütend,
trug die flammen empor und irrte mit suchendem äuge
durchs labyrinth der bäum und der nacht. Messias 6,35;
als aus rauch und flamme
mit eins er vor uns stand, im starken arm
empor (Iwch) sie tragend. Lessi.^k 2, 195.
mhd. da innes loblich truoc enbor
zwei hiufel tratz eben gedraet. Helbl. 1, 1110;
dirre arm höchreriic michel pin
treit gar vil schüeler nu enbor. Renn. 16566.
EMPORTREIBEN, sursum agere.
E.MPORTRETEN, surgere, prodire, auf eine höhe treten:
und Abiathar trat empor, bis das alles volk zur stad aus-
kam. 1 Sam. 15, 24.
E.MPÖRUNG, /. rebellio, seditio, aufruhr, aufregung : wenn ir
aber hören werdet von kriegen und empörungen, so entsetzet
euch nicht. Luc. 21, 9 ; denn wir stehen in der fahr, das wir umb
dise beutigen emporung verklaget möchten werden, apostelg.
19,40; da nu die empürunge aufgeböret. 20,1; da sie auch
ire berschaft allenthalben befestiget und kein feind sich gegen
sie grimmens oder embörung dürft merken lassen. Kirchhof
tven (/unm. 386*; und entstund eine entbCrung under den Juden.
Reiszner 2, 106* ;
durch entpörung Schwachheit,
durch Schwachheit der tod. WgccnERLiN 690;
Leibnitz brachte di^ menschliche Vernunft durch die Verkün-
digung eines neuen gesetzes in emporung. Kam 8, 36 ; wie
ich mich gestern von dir risz, in der fürchletliehen emporung
meiner sinne, wie sich alles das nach meinem herzen drängte.
GöTUE 16,160; ihr blut war in einer fleberbaften emporung.
16, 182 ;
dieser keusche schnee der au
nährt nicht schlangen der bethörung,
dieses stille bimmelblau
nicht gewittrische emporung. REckbrt 94 (408) ;
mit der stimme der emporung
könnt ich furchtbar 'sie ist mein!*
gegen alle menschen schrein. Bürger 75* ;
weilet ja schon unmutig am vielgeruderten schilTe,
welches der winternde stürm aufhalt und des meeres emporung.
//. 2, 294;
hier selbst, im friedenssitze meines reichs,
blies er mir der emporung flammen an. Schiller . . .
EMPÖRÜNGSGEIST, m. der lebenadel muste in einem
mörderischen faustrecht seinen empörungsgeist ausbluten.
ScniLLER.
EMPORWACHSEN, excrescere, surgere: und die dornen
wuchsen empor und ersticktens. Marc. 4, 7 ; wo sie als das
schönste hofnungsvollste kind glücklich emporwuchs. Göthe
32, 183 ; segen über dich, dasz du hoch emporwachsest im
lande. Klinger 1, 39.
EMPORVVERFEN, jacere in sublime, aufwerfen: das sie
sich empor werfen. Lcther 4, 35* ; gott wirft Ismael empor
im lande, das er regiert. 4^137'.
EMPORWINDEN, in altum trahere, aufwinden:
als von dem ersten entsetzen sich Abbadona emporwand.
Messias 9, 590.
EMPORWTRBELN, sursum volutari:
hoch auch wirbelt empor ein gedüft wirbelndes Weihrauchs.
Voss.
EMPORWOGEN, sublime fluctuare:
sie (die brüst) wogt empor, wie flut der see. Borger 91'.
EMPORWÜHLEN, fodiendo excilare, aufwi^len:
wie die meerflut
brüllt um den hohen strund, wann der kommende süd sie
emporwühlu Voss.
EMPORZIEHEN, sursum trahere, in die höhe zielten:
ich wolt den schnöden schalk empor
pei seim har gezogen han. fasln. 414, 27;
die wärmde zeucht empor, was vor der frost verdeckte.
Logaü 1,197, 10;
den ertrinkenden aus dem wasser emporziehen.
EMPORZITTERN, wie emporbeben:
vollherziges lautes
nennet sie mich, und schwer zittert der busen empor. Voss.
EMPTEN, inserere, ahd. impitön, heule impfen. Hbnisch
881, 4!1.
EMPTER, ni. insitor, impfer. ebenda.
443
EMPTUNG — EMSIG
EMSIG — EMSIGLICH
444
EMPTUiNG, f. insitio, mit einem aug des baums, inoculatio.
ebenda 881, 55. Frischlin nomencl. 272.
EMSE, f. formica, ameise, wenig andere tcürter schwanken
gleich diesem in gestalt und Schreibung, man vgl. das unler
ameise 1, 277 gesagte, ämse wurde schon an seiner stelle ver-
xeichnet. Kkisersbergs schriß führt den titel 'die emeis',
inwendig aber und in den blattüberschriflen heiszl es omeisze,
ommeisze, onmeisze, welches lelzlcre sich an Boners anbeije,
ambeij sMiesit. Luther schreibt spr. Sal. 6, 6 emmeisse
d.i. emmeisze, 30,25 aber eirameise; Eyering 1,121 emesin,
2,616 oineisin; andere kürzen in emese, emse, embse, imse,
imme (was an biene mahnt), nd. mundarten geben ernte,
emmet, empt, ags. emette, engl, ant, woraus folgt, dasz emse
aus emsze, mhd. ameije hervorgieng, s. auch gramm. 2, 221,
Froiiiia.n>s mundarten 5, 454 — 45S und emsig. Hollenhagen
setzt embsz, embs:
gleichwie die embsz in ihrem stände,
auf den beumen und nuT dem lande,
bei gringem gu» in frieden gehet, froschm. G6';
welcher doctor hat seinen gart
für der kleinsten embseii bewart? ES';
denn als ich las, es wer ein land
für alters India genant,
darin sehr grosze embsen weren,
die sich mit eitel gold beschweren. M2'.
LocAO emse (j. emsenhaufe). Stieler 44, und Göthe 41, 139
ameisen im chor einführend, noch imse:
ihr imsen alle,
rührig im Schwalle
schafl uns metalle! 140;
prgroäen, imsen, dSumerlinge
und andre tbätig kleine dinge. 15t.
EMSENHAUFE, m. formicetum:
wol indessen dem, der dort lacht und schaut die emsenhaufen
drinnen um das eitle nichts kriechen, steigen, dringen, laufen.
LoGAü l,8,ölp. 180.
EMSENHAüPT, n., wörtlich ameisenhaupt, so scheint aber
eine schnelle, hastige naht mit groben Stichen, oder befesligung
mit Stecknadeln, die man ameisenköpfen verglich, genannt wor-
den zu sein: und werdent geheftet und geneiet nach ir not-
durft und nicht mit emeiszenhaupter(n), das seind dis gemai-
nen heften, als etlich sprechent. Braonschweic chirurgia 72.
diese deutung musz sich noch bestätigen.
EMSIG, jugis, assiduus, sedulus, ahd. ßmajlc, gmijtc (Grafk
t, 155), mhd. emejic (mhd. wb. 1, 429'), den stamm fanden wir
oben sp. 419 in emesz jugum, zweifei walten kann über C
oder e, das a in emajtc scheint e zu fordern, wicwul den
Umlaut auch das letzte 5c zeugen darf, vgl. altn. amr labor,
die Schreibung ärasig enschcidet nichts, glaublich ist der name
der fleiszigen, wimmelnden ameise unmittelbar verwandt, nicht
aber emsig aus dem thier, sondern emsig und ameise, emse
beide aus jenem subst. fimaj herzuleiten. Frisiüs 742, nach
ihm Maaler 102" utid Hemscb 877,37 sagen treffend: emsig und
iemenverend, als wenn es släts unter dem joch were, jugis.
weib und kint zu erneren
und deine reichtum mcren
durch emsige arbeite.
meisterg. cod. berol. 23 »'88;
emsiger und guter haushalter, assiduus dominus. Maai.er 102' ;
ist an euch mein embsigs bitten und begeren. Galmy 129;
liesz sie doch mit embsigen bitten nicht ab. Kirchhof wendunm.
309'; durch stettigs und embsigs anhalten ward ihm letzlich
zugelassen eine reis dahin zu Ihun. Amadis 113; die Greken
sollen sie (die ameiszen) vom fleiszigen suchen nennen, als
die on muszen oder unmüszig sein und stets ir arbeit ob-
ligen, wie wir ein fleiszigen menschen ein emsigen, der emsig
und fleiszig sein bcfolbne arbeit verrihtcl. Mathesius 21';
er ist je lontt erobsig und gschwind. Atrik 75' ;
auf datt sich emb«ig alle leut
zu «einem dienit erweisen. Weckherlin 211;
tie kan die warheit nackt nicht leiden,
drurob ist lie emiig lie cu kleiden. Locau 1, 53, 13;
herr Esau war so embsig auf das wiidpret Wbise eomüd.
pr. 141 ; indem gleich darauf der sciavenwUrter kam und zusah,
was wir machten, da er uns aber ganz emszig antraf, so
gieng er bald wieder seiner wcge. I'lesse 3,383; der Hol-
under ist TOD einer ordentlichen und emsigen gcmilthsart.
Kart 7,430;
mein«! ihenre wird lo em*ig tchAn
Bit dem korbe dort am arme «lehn.
ScuaioT VU.1 Werniuchen 108;
allemsig müszt ihr sein,
ihr Wimmelscharen (von ameisen).' Göthe 41, 139;
so still wars, dasz er das wühlende arbeiten emsiger thiere
unter der erde verneiunen konnte, denen tag und nacht gleich
sind. 17, 142 ; er ist mehr ein emsiger als ein fleisziger beob-
achter zu nennen, er blickt überall um sich her und seine
unruhige thütigkeit verbreitet sich über die ganze natuilehre.
53, 248 ; so eines mannes tiefer sinn und emsige weise ist
eigentlich das was uns auferbaut. an Zelter 6, 115.
EMSIG, ÄMSIG, jugiter, sedulo, assidue, alul. 6ma;igo :
emsig ergreifen, arreptare, emsig dem spil obligen, operam
assiduam dare ludis, er krieget emsig, assiduus bella geril.
Maaler 102'; embsig kommen, frequentare. Hemscu 877,61;
wir sin in wiiocher, eignem nutz gar blind,
darniit thuond wir uns empsig neren. trag. Juh. B8;
darauf werden i. f. gn. emsig ermahnet davon abzulassen.
Schweimchkn 1, 89; war mein liebes weib emsig darüber be-
trübt. 2, 167 ; machte uns böse Sachen, dakz alle schulden
aufwachten und wir emsig gedrungen wurden. 1, 323; lief
empsik uf die büne. Eulensp. cap. 53 p. 78;
wir treuen kummeraden
stehn als für einen mann, die srbieszen, jene laden,
wir wechseln emsig ümra. Fleming 111,
wo 1642 emsing, doch 1685,114 emsig;
sein blut ruft emsig räche,
ob [obschon) seine lippen stumm. Grtpuius 1,83;
wie hurtig hätte mich ihr äuge nicht verführt !
wie emsig hätt ich nicht darinnen buchstabiert.'
Rost schäfcrcrzälilungen 68 ;
lieblichen nektar dem mischkrug ämsig enLschöpfend.
/{. 1, 597 ;
eine kleine biene (log
emsig hin und her und sog
süszigkeit aus allen blumcn. Gleims fabeln 13;
er suchte ämsiger und ämsiger. Göthe 19, 200 ; er wünscht
meinen söhn recht emsig zu unterrichten. 19, 247 ;
im hafen regt sich emsig schon die fahrt. 9, 333;
mit schwächeren thieren der eine
wünschte langsam zu fahren, ein andrer emsig zu eilen.
40, 239 ;
niemals tadi ich den mann, der immer, thätig und rastlos
umgeirieben, das ineer und alle siraszen der erde
kühn und emsig befahrt und sich des gewinnes erfreuet.
40, 278 ;
Wäsche trockneten emsig auf allen hecken die weiber.
40,285.
EMSIGE, /". assiduitas. Maaler 102*, ahd. emajtgl.
EMSIGEN, sich, befleiszigen, bemühen:
der auf viel an ein weib
sich emsiget zu sein. Lohkmstbin Ibrah. 72, 31.
EMSIGKEIT, f assiduitas: ich mirs auch in sinn genum-
men hab in solcher emsigkeU und schärpf zu bleiben, so
ich hie Christus exempel hab, der auch seine Widersacher
aus scharfer emsigkeit nennet. Luthers br. 1, 507 ; tragen si
ketten am hals oder arm, bedeut den gewalt und empsigkeit,
die si haben in Verzückungen. Frank weltb. 108*;
sein Volk mit seinem lob und mit lieb seine brüst
kan seine cinbsigkeii erfüllen,
dan keiner zeit noch stund verlusi
hat jemals müsziglich beihöret seinen willen.
Weckherlin 424;
die anhaltende thStigkeit die man emsigkeit nennt. KA^T
10, 85.
EMSIGLICH, assiduus:
einpscbleichs lernen dag ist guol. Ring 24', 5.
EMSIGLICH, assidue, jugiter: ir brüst sollen dich trenken
in eim jegklichen zeit und du wollüstige dich emsigklich in
irer liebe, et amore ejus delectare jugiter. spr. Sal. 5, 19 in
der bibel 1483,297*, wo Luther: und ergetze dich allwege in
irer liebe; die kamen mit iren weihen und kinden emsiglich
dazu. Livius von ScnOrrERLiN i;
freundlich und mild,
zart reines bild,
mich freut sunst nichts, allein dein t&cbiig geberd und weit,
darumb ich mich
hnb cmiilglirh
an dir ergeben zu loben, gattenhauer und rrutertiedlin n' H!t ;
der höchst hm emsiglich hernb von seinem herligthiimb
sein angosichi genoigot. Weckuirlin 210;
ein drittes kommt wol emsiglich,
am ende fehlet kcint. üuihk I, 150;
nicht so ornst wie dus verstanden,
aber sich zum schönsten feste
emsiglich betbliigeod. 11,204;
445
EMSIGLICUEN — EN
EN— ENDCHRIST
446
I
alle, vorgebeugt den jugendlichen
rüstigen leib, beschleunigen flugs die reise,
rudernd emsiglich. sie sind zur stelle. Platk» 326'.
EMSIGLiCHEN, assidue: und gedacht emsziklichen, wie er
seinem meister möcht widergelten. Steinhöwels Esop 14S7
bl. 104; der jung sich fertig machet, zu dem marschaik in den
garten kam. den er seiner embsiglichen warten fand. Galmy 225.
EMSLEIN, n. formicula. Hexisch 64, 8. emeszlein 64, 29.
amesziin bei Matbesics hist. Luth. 95'.
EN, nach verßachung einer menge ursprünglich geschiedner
bildungen und ßexionen heutzutage der allerhäufiijste «ort-
ausgang in unsrer spräche, im nomefi liegt ihm altes am,
im, um, im, 6m, ^m, an, in, un, on, ün, 5n zum gründe,
im verbum am, im, um, em, im, 6m, ant, önt, ent, an,
6n, en. ton alten bildungen her leitet sich degen, eisen,
hafen, hagen, morgen, ofen, regen, segen, waffen, wagen,
zeichen; doch rabe, ferse, heide {paganus\, wölke legen das
ihnen gebührende n ab, wogegen schwache masculina ein unor-
ganisches en in den nom. sg. ziehen: bogen, magen, kno-
chen u. s. w. unter den adjeclivbildungen fallen hierher eben,
eigen, offen, trocken, trunken, welche meist participial er-
scheinen, sodann alle participia praet. starker verba und zahl-
reiche ableilungen der Stoffe dornen, golden, leinen u. s. w.
von den Zahlwörtern sieben und zehen.
EN, die negalion vor dem verbum. wie sie entsprang und
mhd. an die stelle des ahd. ni getreten ist, wurde gramm.
3, 711. ■;12 erörtert, im 14 jh. erscheint sie ziemlich oft, auch
im 15 hauptsächlich vor sein, können, wollen, wissen, tbun und
einigen andern geläufigen Wörtern (Schm. 1, 68), i'Are spur reicht
noch in den beginn des 16 hinein, namentlich zu Keisebsbebg.
so aber solich nit enist. Schadb pasq. 2, 173 ;
das ich nit enkan
das Tolk vertreiben und den man. Mdb.^krs Aeneis A3';
Esziingen do nit enliesz,
mit vil richsteten zusiiesz.
Job. Lknz Scliicabenkrieg ron 1499. 43';
wan mange; spricht 'ach, wie ain guot predig der herr heut
tet!' so fi^g ich 'wa; hat er gesait?" e; antwürt 'warlich
ich enwaij I ' Megesberc 118, 26 ; fraw, das enwelle got, das
ich das tuo ! gesta Rom. ed. Keller 73; der umb iegliche mis-
tat, er well oder enwell (relit nolit) einen pfenning muosz
geben, das. 138 ; ich enweisz nit den menschen den ii: sagt.
bibel 1483 Marc. 14, 71, vulg. qaia nescio hominem istum quem
dicitis, bei Luther, ich kenne den menschen nicht ; und als
er schneiden solt und die schär nicht enfand, ward er über
sich sehen und auf die büni klopfen mit den henden, ob er
die schär nicht horte. Steishöwels Esop 106;
wiewol si binden nit ensahe
zwen schlangen, die ir ilten nahe. Mdbkers Aeneis Yl';
ein mensch, der von andern dingen siech wirt, also das er
unreine und pöse kost geessen hat oder ze vil Schleims in
dem magen bat, das soltu also erkennen, so enlust in nicht
7U essen und im wült und verleuft etwen die kost, die er
geessen hat. versehung eines menschen, A'ümt. 1489 55'; ich
enweisz, ich gloub dann, das er Pamphilam lieb gehebt hat.
Terenz 1499. 74' ; aber ich enweisz den namen des menschen,
lll'; damit er allenthalben vertriben wirt und enneiszwen
getrungen, zuduchl suchen bei gott. Keisebsbebg parad. der
Seelen 4* ; so man uns als vil zu verston gibt, das wir glau-
ben, man halt enneiszwen groszes und erliches von uns. 12*;
damit gewinnt er so vil zu schaffen, dasz er steinen leib
enneiszwen verachtet und unwerd haltet. 153'; merk, wenn
du dich hie im leben diner sünd schämest zu bichten vor
dinem bichlvalter, solt ich das müszen sagen und bichten
dem pfaffen? enlniwen ich enthun. 6«7ger21*; nit ist gedult
ein Wurzel aller tugent oder ouch ein behüterin aller tugent
gerad von ir selber, als do ist gütliche lieb, aber eneiszwie
tiberzwerchs her. 61'; das im solche Übung enneiszwenn licht
werden. 76' und gewis noch öfter, diese enneisz für enweisz
sloszen das w aus (gramm. 3, 72. 713), oder assimilieren es dem
n und man begreiß die auch den anlaut en wegwerfenden, in ober-
deutscher volkspraehe bis auf heute haßenden naiszwer, naiszwie,
naeszwie (Scbm. 2, 693. 4, 184. 185), schwäb. näumer, näumis,
naha, nabis (gramm. 3, 72. 73), oß mit dem wieder positive färbe
gewinnenden sinn des franz. je ne sais quoi, ich weisz es nicht
zu sagen, auszerordentlich, egregie, eximie. im alln. nakqvar,
nockr, schw. nagon, ddn. nogen erkannte ich bereits 3, 72 die
negationspartikel, Uppströ« hat neulich nacqvat, nägot, noget
auf ein supponiertes golh. ni vait hva zurückgeßhrt ; dies an-
lautende n also wäre die letzte nordische spur des alten ne.
ALBEBt:s unter dem worte ent, wohin sie nicht gehört, ßhrt die
redensarl an 'ich enthu', non faeiam. in solchen ausdrücken ver-
glimmt unsere edle einfache verbalnegation, statt welcher wir
uns mit dem nachscldeppenden 'nicht' behelfen müssen.
E.N für ein. da schon ahd. 6 in gewissen fällen an die
stelle des ei trat {gramm. 1, 93. 94), nd. überall en ßr ein
gilt, kann es nicht befremden, dasz die Verdünnung hin und
wieder auch nhd. vordrang, eintweder ist dem entweder ganz
gewichen, während sich einzel gegenüber enzel behauptete,
nachlässige oder trauliche ausspräche leidet im unbestimmten
artikel en statt ein.
E.NBEiSZEN, manducare, bibere, cibum potumve capere,
ahd. inpijan (Graft 3, 229), mhd. enbijen {wb. 1, t94), ags.
onbitan. tn einem alten Hede bei ühlaüd 821 von der Joluinnes
minne, d.h. dem sogenannten abschiedstrunk :
wer ir immer enbi^e,
den mach got sälig mit allem flise.
vgl. imbisz.
ENBIXNEN, j. entbinnen.
E.ND, s. ende.
END, ausgang der participia praes. (gramm. 1, 1007).
ENDABSCHEID, m. senlentia ultima:
das war im rath der endabscheid. froschmeuseler Gg5.
END.\BSICHT, f. consilium, propositum, ziel, zweck: die
endabsicht der natürlichen dialectik der menschlichen Ver-
nunft, Käst 2. 508 ; sie fragte ihn in aller Unschuld und ge-
wis ohne endabsicht. Hippel 8, 274.
END .AUSSPRUCH, m. sententia ultima, endurlheil: die nun
alle voll zweifelhafter erwartung ihres loses auf den schönen
genius blickten, dem der endaussprach anvertraut ward.
Klinger 11, 25.
ENDBAUM, m. grenzbaum? so jemand einen endbaum
(rar. indbaum) hawen würde, sol der dem hofsherren ver-
fallen sein 5 mark, in der Hart weisen sie einen underbaum
vor 5 Schilling, doch wenn er seinen willen brauchen wolle
und einen bessern hawen, weisen sie denselben gleich einem
endbaum. weisth. 2, 620.
ENDBESCHEID, m. was endurtheil. Stieler 1749.
ENDBESCHLUSZ, m.
ENDBESCHREIBUNG, f. definüio. Jon. ScHEmERS kehr-
wisch. 1664 S. 20.21.
ENDBEUGUNG, f. ßr flexion steht in der lat. märkischen
grammatik ron 1774 s. 2.
ENDBRET, n. äuszerstes bret an den enden eines sägeblockt,
einer Schubkarre, s. endelbret
ENDBUCHST.\BE, m. vocis litera exirema, <aislaut: wenn
unser gedächtnis und unser namenzug auf der erde ausgewischt
ist bis auf den letzten endbuchstaben. J. P. biogr. bei. 1, 135.
ENDCHEN, n. particula ultima, nnl. eindje, wird zumal
von dem letzten stück oder stumpf eines lichts, seils, fadens
gebraucht: der tod deutete a«f ein kleines endchen, das eben
auszugehen drohte, kinderm. n' u ; alles war finster, nur ein
endchen licht an die mauer geklebt; man sagt, 'der hans-
wurst koset wie ein endchen licht', sein scherz fällt leicht
um; wir waren so schläfrig, dasz wir kaum die lichter aus-
geputzt hatten, ausgenommen das endchen, mit welchem mein
bruder uns vorleuchtete, so trabten wir auch schon über den
langen gang unserer schlafkammer zu. Thühmel 4, 45; er war
ein Junggeselle und ein gutes endchen über die Jugendjahre
hinaus. Siegfr. von Lindenb. 1, 163 (155) ; acht und sechzig,
gnädiger herr, aber ich gedenke noch mein endchen zu leben,
wenn es gottes wille ist. Stürz 1,245; ich hatte zwar noch
ein endchen taback. Wieland 15, 129 ; es war noch ein end-
chen [Stückchen] weges zurück; um durch die ritzen und
klüfte der wolkenballen einen kleinen zipfel besonnter erde,
einen schmalen uferzug und ein endchen see zu gewinnen.
Götre 43,121; und mit grobheit grollend das endchen tau
nach dem hauen, der ihrer Jämmerlichkeit zu nahe tritt.
Seche; ich hielt den zuhörern den schwänz so in meiner
band hin, wie ein endchen köpf. J. P. liL naekL 4, 87. vgl.
eckchen sp. 22.
ENDCHRIST, ENDECHRIST, fTi. antichristus, ahd. anti-
Christo :
der aniichrisio nil pi demo altflante. Mutp. 48;
mhd. kum endekrist, du rehter gouch.' MS. 2, 137';
wa; sümest du dich endekrist,
da| du oibt kamst! dun darft nibl mdre btien dekeine (Hat
147»
447
ENDCHRISTISCH —ENDE
ENDE
448
tüid. ich will mii Clirisio halten,
den ondchrist von mir schalten,
und gsäch er noch so sur. Uiilakd 897;
in der geschrift limlt man gar Tein, .
■wie der endchnsi sol zeichnei sein
mit dem kreuz, hör ich sagen. 928;
diese ist die allerschediichst anfechtung und wird der zeit
des endechrists zugeeigend. Luther 1, 8ti'; papisten und des
endechrists vettern. 3, 46 ; der uns aus dem grewiichcn ünster-
nis des endechrists erlöset. 3, 103 ; der bapst als ein tyran
und endechrist 3, 435' ; hie sihestu recht den cndechrisl sitzen
im tempel gottes. 6,91*; und sind die bcpst, die sie {die
salzungen) gmacht haben, des teufeis boten und sind wäre enti-
chrisU Schade pasq. 3,184; entclirists boten und junger. 91;
so ist der erst des endchrists kncchl. Mdrner «chelmenz. 5*;
solcbs hat der grosze Talsch prophet
der bapst, der endchrist uns gelehrt. Albkrus E«op 79';
damit rümpt er {Wüzel) sich groszer kunst,
das er erlang des endchrists gunst. contrafactur \y;
dann den bapst ein endchrist und die geistliche des end-
christs trabanten zu schelten ist ein sünde widder den hei-
ligen geist. wider Wiliel L4'. man zog die falsche forvi vor
im glauben, der antichrisl solle am wellende erscheinen, noch
Stieler 266 hat endechrist.
E.NDCHRISTISCH:
sie namen das gcld mit häufen ein,
es mag gar wol endechristisch sein. UuLAriD928;
es ist ein unchristlich, ja endchristisch exeinpel, das ein armer,
sündiger mensch im lesset seine fiisze küssen. Ldther 1,301*;
denn das bapsthum gewislich das rechte endchristisch regi-
ment oder die rechte widerchristische tyrannei ist. 3, 512 ; aber
der endechrist musz endechristisch sich halten. 6, 91*; da sind
die widerteufer aufs ncwe und wütcfl noch imer mit zu die
endchristische allen erzwiderteufcr, die durch ir eigen werk
sich getauft haben und noch teufen. 6,276'; anrufung der
heiligen ist auch der endechristischen misbreuche einer. 6,513*.
ENDE, n. finis, ora, golh. andeis m., ahd. enti m. n., mhd.
ende m. n., alts. endi m., nnl. einde n., ags. ende, engl.
end, alln. endir, endi, m., schw. ände m., ända f., dän. ende.
auch unser nhd. ende, nnl. einde apocopieren oft den vocal-
auslaut. dem pl. geben wir heute unorganisch enden {wie
betten, hemden für bette, henide), Luther behielt wenigstens
in der bibel das richtige ende, nahe liegt das einstimmende
skr. anta, wonach man gulh. an|)eis erwarten, ahd. endi dem
enti vorziehen sollte; wahrscheinlich verwandt sind die Par-
tikeln ante, avri, welche die richlung vor und gegen aus-
drücken, und wozu auch unser ent gehört, die Urbedeutung
des Worts scheint spitze, ecke, äuszerstcs, wie sich aus dem
ahd. andi und andin frons ergibt, das bei Graff 1, 363 fehler-
haft von endi finis gesondert steht und altn. enni lautet, dies
enni weist wiederum auf golh. anjii oder anjieis, ganz wie
kunnr, munnr neben golh. kunj)s, mun|)s treten, es müssen
$ich also die begriffe an|)i frons und andeis finis, ahd. endi
frons und enti finis, alln. enni frons, endir finis allmälich
geschieden haben, anfangs aber gehören sie zusammen. Sciiam-
BACH hat sowol enne als wenne für ende, wende, licht auf
ende werfen zwei andere Wörter, ort = golh. nzds, ags. ord,
altn. oddr so wie ahd. prort == golh. bruzds, ags. brord,
alln. broddr, die gleichfalls cuspis, spitze ausdrüclien; in
endipruril, enliprurtan (Graff 3, 3K}) erscheinen sogar enti
und prort verbunden, von andrer seile musz enden auch mit
wenden verglichen werden, höher aufwärts können selbst lat.
finis, welsches pen, irisches ceann, 5/. konitz verwandt liegen,
allen diesen Voraussetzungen wird näheres eingehen auf die
bedeutung zu stalten kommen, über die wurzel soll einiges
bei dem verbum getagt werden, beachten swerlh ist, dasz in
der grammatischen Wortfügung unsre spräche diesem ende die
davon abhängigen genilive vorausgehen zu lassen pflegt, ihm
telbtl die letzte stelle anweist, beispiele gab ich bei Haupt
t, 275.
L ende bb duszersle spitze, axie, aciet. diese Vor-
stellung ruht deutlich in jenem ahd. andi oder andio, alln.
eooi frons,
er wa$ Ao roiches at ente
im midebrandtlied ist 2U übersetzen er war immer an der
spitze des rolks oder des kämpft, in fronte pugnae. noch
heute heitten uns die tacken det hirsehgeweihes enden, die
unlertten augiprofscn, die obersten eisyprftsscl ; gablcr ist ein
Hirsch, der nur ein ende an jeder stange, zehenender, der
fiinfc auf jeder seile hat. des hirsches schwänz nennen wir
blume, mhd. hiesz er auch ende:
den hrnien, dA der rucke stiej
über lanken geln dem ende. Trist. 74, 23,
denn am unlcrn ende des thierischen leibs ragt der schwans,
am obei'en ende das hörn, dem insect stehen fühlhörner und
Stachel an des kopfes spitze, das ende der band bilden die
finger, das der finger die ndgel. insgemein sehen wir ende
das duszersle {exlremum, i'axa-cov), bald oberste, bald un-
terste, köpf oder schweif bezeichnen, jeder sinnliche gegenständ
hat zwei enden, z. b. die brücke einen köpf und schweif
zehen eilen waren von dem ende seines liinen flügels zum
ende seines andern (vulg. a summitate alae). l kön. 6,21;
denn der weit ende sind des heim {vulg. domini enini sunt
cardines terrae). 1 Sam. 2, 8; und bedeckt alle ende des meers
(cardines maris operietl. tliob 36, 30. das worin eine sache
oben oder unten ausgeht, heiszl ihr ende, ebenso das was zu-
letzt von ihr übrig bleibt, der trum {vgl. endchen) : das ende
eines lichts, fudens, seils, sciiiftaues, stabs, balkens. Schweiz.
das endi, der duszersle rand an der breiten seile eines gewo-
benen zeugs {Stald. 1, 3431. die enden an den faden sind
filorum capila, an des fadens ende knüpft die nähterin den
knoten, am ende des gewandes iiängt der säum, der gfre,
den fliehenden greift man am ende, am zipfel seines klcids;
viel kommt darauf an, dasz man ein ding beim rechten ende
nimmt. Wieland 19,236; teuer wurmgcwebe im schnecken-
blut gefärbt (rf. ». purpur), um damit sich zu verhüllen, roth
und weisze ende (wangen?) desto schwerer zu behängen.
BüTSCHKY Palm. 42 ; zween cherubim zu beiden enden des
gnadenstuels. 2 Mos. 25,18; und solt an einem iglichen tep-
pich fünfzig schleiifiin machen an iren orten, das sie anein-
ander bei den enden gefüget werden {vulg. quinquagenas
ansulas corlina habebit in utraqiic parte ita inscrtas, ut ansa
contra ansam veniat et altera alteri possit aptari). 2 Mos.
26, 10. diese Vorstellung beider enden erscheint aber auch ab-
stracl angewendet: beide enden, Sinnlichkeit und verstand
müssen vermittelst der einbildungskraft zusammenhängen.
Kant 2,656; wenn meine leidenschaft sünde ist, so mögen
die enden von lugend und laster in einander Qieszen. Schiller
153' ;
wie mochte sie {natur) die beiden letzten enden
des menschlichen geschlechtes, mich und ihn
durch ein so heilig band zusammen zwingen? 246*.
Sprichwort, es wird kein ende und kein stiel daraus, es gerdlh
nicht, mislingl. vgl. endel.
II. ende = locus, aus dem begrif der spitze, gleichsam
des puncls entspringt der des orls, des festen puncls. ahd.
ort war cuspis, acies, ora, margo (Graff 1, 469), mhd. ort ist
spitze, ende, aber auch schon stelle, platz, im nhd. ort er-
lischt die erste, bleibt nur die letzte bedeutung. das ahd. enti
cuspis, ora empfieng bereits örtlichen sinn und Mallh. 25, 21
egressus inde sccessit in partes Tyri et Sidonis sehen wir
verdeutscht: thanan arstantanti fuor in thiu enti Tyri tl
Sidonis, die partes, die fUQTj, sind platze, örler. nhd. er-
scheinen 'ort und ende' häufig neben einander als gleichbe-
dcutige, sich verstärkende alliteration, 'von allen orten und
enden' meint undique, ex omni parte, von allen seilen her.
zuweilen aber klingt auch noch die Vorstellung eines abgele-
genen, zur seile, in der ecke, am rande liegenden ortet durch,
was dem ursprünglichen sinn von spitze, winkel entspricht:
als baldc man gcsscn hat,
der keisor gicng an der siat
zuo dem uszseizcl eilende
und Tuurt in an ein ende [zur seile). Diocl. 8674;
ir siili Ulis geben ausx der hend,
so wullun wir treten an ein end
{ihr sollt uns enllatsen, so wollen wir beiseile, irgendwohin
gehen), fasln, sp. 854, 19 ;
er nam «io bei der hcnde,
bei ihr schneeweiszcn hand,
Tuori sie des walds ein ende,
da er ein beillin Tond.
alles lied t. b. in Hon. pet. 190;
da nam er% boi der hnnd,
Itihrct sie an ein end.
da er ein wirtahau^i fand. Garg. 92*.
gleichsam tu ende des «aldes, abseitt. dieser nebenlon tchliliil
auch in einseinen der folgenden belege an, deren meitle doch
mit ende nichtt als ort und sltUe ausdrücken:
449
ENDE
ENDE
450
ich bin gewest an manchem end
und bab versucht gar vilerlei. Schwakzknbkkc 150, 2;
du solt auch in disem gebott wissen zu eren das heiligtumb
der wirdigen heiligen, heilig ende und statt {loca et sedes)
gots und der heiligen, spiegel des Sünders {um 1470) bei Gefren
beil. 52; sein kloster, das gar an einem lustigen ende was.
Bocc. 1535. lo' ; so sie beldest mochte, sich an das ende füget,
da er elJende jung Lorenz begraben lag. 94'; was du an
einem ort hOrest, so schwetzest es an anderm end. Keisebsb.
s. d. m. 3' ; das hond die Römer etwan gespürt, man must
öffentlich essen und zu den zeiten, do man essen solt, mit
offenen thüren, und an etlichen enden was terbotten, das
man nit me trachten solt haben dan ufgesetzt was bei einer
pen. 5*; andere herren, die nit an demselben end herrn
weren. Recchlü» augensp. 34'; desselben flecken, ends oder
orts aigen oberkait. ebenda; und die kinder Dan sandten
aus iren geschlechtern von iren enden fünf streitbare men-
ner. rieht. 18, 2 ; so wollet ir vom churfürsten, dem es gebürt,
als der ende oberherren, leiden was zu leiden sei. Lcther
4, 314'. 6r. 3, 266 ; was die spital zu Erfurt und andere ende
ausstehend haben, br. 5, 798 ; sage mir nur die warheit, wer
hat dich an das ende (dahin, an den ort) gebracht? Bocc.
1,308'; in solchem seinem leid er in der statt an ein wild
end kam, da er ein hole ersähe, darin er desselbigen nachts
zu herbergen meint. 2, 206' ; es würd in kurzer frist ein
schön lustlich hus ufgericht an ort und end, da vormaln ein
ungeschaffen hus ist gestanden. Schade pasq. 3,68; zwölf
meil darvon ligt s. Thomas leibhaftig an eim öden end. Frank
tceltb. 204'; sie wolle sich an ein ende (dahin, eo locorum)
wenden, da sie dem allmächtigen gott andächtiglich möchte
dienen, buch der liebe 40,3; wolte er mir folgen, so ritte er
beizeit an andere ende und stett, da man es ihm besser
erbiete denn hie. 89, 2 ; und als er fand die statt und ende,
da er vermeinet sicher zu sein. 92, 1 ; darzu haben wir ein
grosze und lange reise zu thun, sollen wir an ort und end
kommen, wie wir hoffen. 199,2; als sie jetzund an ort und
end kommen waren. 237,2; keiner künde nicht gesagen oder
wissen, an welchem ende der grafe zuletzt gewesen oder
blieben war. 264, 3; und was auch nicht ein wunder, ob
diese hochzeit etwan frembde daucht, denn an solchem ende
also köstliche hochzeit gar ungewöhnlich seind zu haben.
265, 4 ; es begab sich, dasz ir hauswirt einen groszen al in
einem trog an eim heimlichen end behalten hatte, auf dasz,
ob ihm etwan ein guter freund zu haus käme, dasz er ihm
darmit ehre anthet und ein gut essen haben möchte. 286,1;
(das kraut) vertreibet die geschwulst an den heimlichen enden
(locis, partibus secretis) der weiber. Tabernaemont. 385; hitz
im Orient, kühl im occident und gäuch an allem end (allent-
halben). FiscHART grossm. 139; er hett dich an keim end
(nirgendwo) besser antreffen können, ehi. 69;
in einer stund hat er gemacht
Unglück an lausend enden.
Hof«, gesellsch. l. s. 278;
gedachte er solches an ort und end (dahin) zu notihcieren.
Simpl. 2, 70 ; er wäre an ort und ende hingangen, da viel
gelds und gut gelegen. 2, 93 ; in was ort und ende er auch
sei. BcTscHKY Aanz/. 10; an was ort und ende mich auch das
gelücke zu führen gewohnet. 29. ums end, da herum, in der
nahe. Schm. 1, 75 ; am ende bleiben, im orte. 1, 76.
Meisteniheils ist in diesen beispielen die Vorstellung des ortet,
wie angedeutet wurde, zu einem bloszen pronominalen und
adverbialen begrif geworden, der sich an zwei fällen ganz be-
sonders erzeigt.
1) mhd. begegnet oft der gen. sg. 'des endes' (gramm. 3, 129),
nhd. noch in des endes, wes endes (IV, 1. 2) und in den Zu-
sammensetzungen endesbezeichnet, endesgefertigt; sonst aber
steht lieber der gen. pl. 'der ende, der enden, vieler enden,
aller enden': der enden und in aller still. Luther 3,415;
weil unsicher und sorglich sein will, der enden (ibi, da, dort)
mit diesen büchem umbzugehen. ebenda; sofern im der enden
zu bleiben vergünnet. 3,421; wolle sich ewer einer der enden
behausen, ebenda; so wil er solch einkommen wieder gang-
haftig machen oder ander ende (anderweit, nlibi) versichern.
br. 5, 797; der ende da (da, wo) der andern unterhalt ver-
ordnet. 5,798;
der end viel schöner tauben schweben. Spuria II, 37* ;
erwürgt haimlicher enden (locis occultis). Nilissus ps. D 4';
uf dich zu lenden
args und bös mancher enden (muUifariam). H5'x
111.
halt an und sich dich ümm, ob irgends aller enden
noch was zu finden sei, das deine oual kan wenden.
pLKir.'HC 661;
aller end her kamen sie zusammen. Göthe 56, 86;
wenig habt ihr meiner gedacht, indes ich im lande
vieler orten und enden die sorglichste wache gehallen.
40, 147 ;
er führte den satz aus, dasz wer seine leidenschaften, nei-
gungen . . . nicht zu verbergen wisse, in der weit zu nichts
komme, sondern aller orten und enden gestört und zum
besten gehabt werde. 25, 34 ;
klein ist anfang aller enden,
doch mit groszem musz es enden. Rqcekrt 226.
s. allerends 1, 222 und vgl. goth. allandjö, ahd. enteö joh
wenteA (gen. pl.).
2) weit häußger der dat. pl.: die blätteren, die lang zeit
an allen enden (ubivis locorum) geweret hond. Keisersberg
I. d. m. 3'; und ist angest und not an allen enden, hdslein
ddl'; das das haus Baal vol ward an allen enden. 2 kön.
10,21; und sie kamen zu im von allen enden (nävrod'sv,
undique, alla^rü). Marc. 1, 45; machstu gesund an allen enden
(Ttntnaxov, ubique, and all). Luc. 9, 6 ; gleichwie ich an allen
enden, in allen gemeinen lere, l Cor. 4, 17 ; zum andern hat
er sich erboten in eigener person zu Augsburg oder an an-
dern enden ursach seiner lere und schrift anzuzeigen. Lctber
1,111'; nit das ich den thalmud wolle gut machen an den
enden da er zu verwerfen ist. Reüchlis augensp. 10"; herr
Tristrant ist ein küner held, als er an manchen enden in
harten streiten oft erzeiget hat. buch der liebe 84, 1 ; er hat
an manchen enden erzeiget, dasz er grosze und manliche
thaten thun darf. 85,1; wolt ihr die sach selbst befinden,
so reitet mit dem hofgesinde in den wald jagen, so es denn
nacht wird, so lasset das hofgesind an den enden (ibi) und
gehet ir mit mir. 88,2; also waren sie an den enden gar
nahend zwei jar. 92, l ; wein von teutschen landen und sonst
von manchen enden. 266, 1 ; und gedachte, dasz sein weih
grosze schand triebe und ietzund vielleicht an solchen enden
wer, des sie unehr hett. 273, 2 ; zu Hibernia, zu Britannien
und an andern enden. 289, 2 ;
Mattheus schreibt am fünfzehenden,
wie Jesus ausgieng von den enden (ittinc)
und entwiche also darvon
entgegen Tiro und Sidon. H, Sachs II, 1,72",
ti'Oiu man die oben angezogne ahd. Übertragung von ilatth.
15, 21 halte, in welcher umgedreht ende vor Tyrus und Sidon
gesetzt steht; die Griechen, die sich (zu Olympia) von allen
enden versammelet hatten. Fischart ehz. 70; und wird (der
honig) an denselben enden sehr grosz geacht. bienenk. 243;
Victoria fleugt nach mit palmen in den bänden,
geflügelt weis» wie schnee, ganz blosz an allen enden.
Opitz 1,103;
ich bin ein junger laffe,
der immer nur an beiden enden (extremen) schwärmt,
bald viel zu viel, bald viel zu wenig thuU Lbssijig 2, 339;
an allen orten und enden der Christenheit. 10, 217; es ist
vielmehr der fehler aller barbarischen Jahrhunderte, dasz ihre
schriftsteiler an beiden enden (extremen) ausschweifen und
eben so oft Schwätzer als wortsparer sind, 10,370;
0 könnten meine saiten die kinder Teuts
von allen enden wecken! Dk^is im Göttinger mutenalm. mo ;
noch ein mittel, das den krieg unvermeidlich an allen enden
anblasen wird. Göthk 8, 183; feuerflammen erscheinen an
allen ecken und enden. 6, 166 ;
berufe nicht die wolbekannte schar,
die strömend sich im dunsikreis überbreitet,
dem menschen tausendf.iltige gefahr
von allen enden her bereitet, 12,61;
dann freute ich mich, wenn das willkommene zeichen, nun
sei es gelungen, von allen enden widertOnte, 19, 129; an
einem vulcanischen hügel, er dampfte aus allen enden, 28,22;
aber du übest verrath an allen orten und enden. 40, 147;
feuerwerke de« abends von allen orten und enden
leuchten und knallen. 40,265;
denn sie rufen zusammen aus allen enden die jagend
wie das alter. 40, 263 ;
und so bab ich, bezüglich auf den theil der erde, den ich
beobachtet, immer regelmäszigkeit und folge und zwar über-
einstimmend an raehrcm orten und enden gefunden, 51, 189 j
29
451
ENDE
ENDE
452
weil es an allen enden fehlt, an Schiller 216; an allen orten
und enden strömte der übcrflusz herbei. Schiller 869; es
brennt an allen enden.
3) ende und ort gleichen sich auch in einer adverbialen
redemarl. man sagte "auf ein ende', genau, gründlich, end-
lich, apprinu:
mhd. daj muoste er gar von gründe
bij üf ein ende kiinaen. tr. kr. 61t)7;
dajs alle müesten leisten
ir willen üf ein ende. 7433;
gerade so anderwärts 'ftf ein ort' und beide wOrler verknüpß :
gar üf ein ende und ort. Karajans TKiCBftga «. 10 anm. 3.
nhd. und erforschet auf ein end
was die Schöpferin für suchen
in das weligewölb gelegt,
wie die feste sich bewegt. Rohplkr 86;
bös auf ein end, insigniter improbus. Schmeller 1,77; der
dauphin versteht die landkarte auf ein end. Elis. von Or-
leans 194.
die ausdrücke von 1 — 3 lassen recht erkennen, wie analog
sich die begriffe des ortes und des endes sind.
III. ende = finis. sieht man weniger auf die spitze
und bestimmte stelle eines gegenständes, als auf den verhalt
seines anfangs und beginns zu seinem ausgang und aufhören,
so entspringt die all er üblichste Vorstellung des endes. an und
für sich betrachtet sind räum und zeit endlos, beginnen weder
noch hören auf; alles aber im räum befindliche musz einen
anfang und ein ende haben, alles in der zeit erscheinende
anheben und endigen, der zeit kommen keine sinnlichen örter
und stellen wie dem rauiue zu, nur puncte ihrer abstracten
erscheinungen, auf welche es doch natürlich ist die räumlichen
begriffe des anfangs und endes anzuwenden.
A) räumliches ende, Tieoas, grenze, terminus.
1) das ende der weit, der erde, wo well und erde auf-
hören, der Volksglaube nahm an, dasz die weit zuletzt mft
bretern verschlagen sei. heische von mir, so wil ich dir die
beiden zum erbe geben und der weit ende zum eigenthum
{vulg. et possessionem tuam terminos terrae, bei Notkek ende
dero erdo). ps. 2,8; vom wasser an bis an der weit ende.
Sirach n, 23; denn er sihet die ende der erden (fines mundi
intuetur). Hiob 28, 24 ; sein blitz scheinet auf die ende der
erden (lumen illius super terminos terrae). 37,3; von einem
ende des hitnels bis zum andern. 5 Mos. 4,32; von einein
ende der erden bis an das ander. 13, 7 ; denn sie kam vom
ende der erde {ahd. fon ente grdu). ilatlh. 12,42; von dem
ende der erden bis zum ende der himel (golh. fram andjam
air|)«is and andi himinis). Marc. 13,27; bis an das ende der
erden, apostehj. l, 8.
2) das ende des landes, seine grenze: das land hat ein
ende, wo das meer beginnt; der Hhein ist nicht das ende
Deutschlands; hie Sueviae linis. Tac. Germ. 45; vgl. alln.
endimörk, extremi limiles.
3) das ende der Stadt, des dorfes, der häuser: und da sie
kamen hin an der slad ende. 1 Sam. 9,27; er wohnt ganz
am ende des dorfs;
und am ende der Stadt begann das feuer. Göthe 40,240;
am ende der häuser:
als er nun hinaus gegangen,
wo die letzten h.iu^er sind. Götqk 1, 251 ;
am ende des sales war ein erker angebracht um die aussieht
zu genieszen.
4) und ist sein ende an der zunge des salzmeers. Jos.
18,19; und gehet erab an des berges ende. 18,16; hütet
euch, das ir nicht auf den berg steiget, noch sein ende an-
rürel. 2 Mos. 19,12; eine hole die er hat am ende seines
ackers. 1 Mos. 23,9; das fruchtbare feld bat ein ende, wo
der Band beginnt; in diesem lande starren felsen ohne ende
{hören sie nicht auf); wir fßren fort grgeii den nidergang
VII tag und künden der insel Cuba niendcrt kein end faren.
Frank welth. 222'; am ende des steilen pfads, bevor es ab-
wärts gieng, stand eine bank zum ausruhen ; gegen das ende
bin begann die bahn rauh und schwierig zu werden;
der gebi den gang tu eode, und ofnet einn iruh.
Ciuaik»o ged. 313.
(. bauptende, sladtende, nordende, ostende, südende, west-
ende, unende.
B) teilliehe I ende, rtloe, xiel.
1) Untergang der weit, weitend««, verschieden von jetumräum-
lichtn: an deuio ende dtro wctUc. N. ;,j. 13, 7; Ihaj ist eoti
thSro w5roUi. T. 76; es ist aber geschriben uns zur Warnung,
auf welche das ende der weit komen ist (vulg. in quos fines
seculorum devenerunt, eis ove tä reXr] rcüv aUövoiv xarriv-
jrjxev). 1 Cor. 10, 11.
2) tod des menschen, finis vitae, wie schon skr. anta, ahd.
enti mors ausdrücken : comperto fine Augusti, auf die nach-
rictU von Augustus tod. mhd. unz an da; ende min. Nih.
155,4, bis zu meinem tod; unz an den ende. 2168,4; unz an
ir endes zit. 6, 3 ; unz an ir endes zil. 6, 3, pleonastiscii, da
schon in ende das ziel liegt (vgl. endziel);
bewar uns an dem ende,
«ö uns der geist verlät. Waltu. 78, 6;
im bete der recke Hagne den grimmen ende getan.
Mb. 2001, 4,
wie sonst steht den grimmen tot. 460,2. 1360,4;
da von der starke Volkör dd den ende da gewan. 2224,4;
dö er an sinem ende lac. gule frau 263.
nhd. er liegt am ende, am tode, im sterben, Schweiz, er liegt
im end, in den letzten züfien (Stai.d. 1,343); es geht, nahet
sich mit ihm zum ende; ich gehe zu ende, ich sterbe;
auch starben vil des jehen ends. H. Sachs I, 75';
so geht
der mensch zu ende. Schiller 472";
die ringen nach der bahre
und nehmen unverhoft ein schnell und schrecklich end.
Grypuiüs 1, 17;
man versieht sich stündlich seines endes, wartet ihm das
ende ; er halle ein sanftes, schweres, hartes ende ; meine
seele müsse sterben des lods der gerechten, und mein ende
werde wie dieser ende. 4 Mos. 23, 10 ; du menscliciikind, nu
kompt das ende über dich. £j. 7, 3; er betete, beithlete vor
seinem ende ; goU straft solche eerabschneider harliglich und
zum dickerninal, das sie ire zungen nit mögen bruchen, das
sie ire sünd beichten und rüwent, so sie des aller notfurf-
ligslen weren an iiein end. Keisersb. s. i. m. 29*; Schweiz.
zum end laufen, einen sterbenden ausringen sehen; das end-
zeiclien läuten, für sterbende die glocke anziehen; eine arme
frau Kollep wurde dieser tage in der Saane todt gefunden,
weil man sie- für eine Selbstmörderin hielt, wollte die geist-
lichkcit ihr nicht ins end läuten lassen, neue Zürcher zeitung
1856 n* 105. formelhaft war die Verstärkung durch 'letztes':
nun weisz manniglich, dasz ich den hüben an seinem letzten
ende, als er schon den strick am halse gehabt hat. gemahnet
und gebeten zu widerrufen. Gu/mj/249; also vor aller iiicuge
des Volks auf sein letzt ende genommen hat, dasz der sach
nit änderst sei. 250; dieweil ich von manniglich vernimm,
dasz der schandlich bub darauf gestorben und solches auf
sein letztes ende behalten hab. 265 ; die weil er die ding auf
sein letztes end behalten hat. 281 ;
es nahet ewer letztes end. H. Sachs III. 1, 178*;
tinsrer strafen ende wollen wir erleben,
wolln den süiiden ende dennoch niininer geben,
lassen letztes ende drüber eiiilier schweben. Locau 3,60, IS.
3) thierischen tod drückt nicht leicht ende aus, obgleich
weidmännisch vom hirsch verenden gesagt wird, die fabel
darf aber den thiercn ende zuschreiben.
4) alles was sich in der zeit eieignet, hat wie einen anfang
so auch ein ende: das ende des jahrs, des frühlings, som-
mers, des monats, der wochc; ich komme erst ende Septem-
bers oder anfang octobers ; die langen tage haben nun ein
ende; es geschieht erst am ende der zeit.
5) von allen dingen heiszt es ein gutes oder höse» ende,
ein guter oder böser ausgang: end gut, alles gut. Lehmann
195 ; end bös, alles bös. Orno krankentrost 7 ; das ende be-
denken, respicere finem ; dasz wir unserer arbeit kein ende
sahen. Felsenb. 4, 237.
C) 'am ende' hat den sinn des tat. ad ultimum, denique,
tandem, unseres zuletzt und gleicht, wie endlich, manchmnl
einer bloszen in die rede geworfenen lebloseren parltkrl, oft
mit zutretendem vielleicht oder doch :
fl ist ein lob oh allem lohi-,
der nn dem ende rtthte luot. Hin.s/>. «i«i. lU;
dein beiz würde mich am ende siebenmal mehr kosten. Lii-
SING 1, 162. GöTHB gebraucht es häufig:
denn 'ihr nindchon Mcibt am «mlo doch die bi'trognrn'
tagte der vaiiir, wenn iiuch Irirhicr ilii* muiirr «« nnhm.
uml «o bin ich denn nuch am ende l.ntrognn '. du ii)rn««t
nur zum tcheinc mit nur, weil du zu ni«hon gcdoaktU
1, Ä> i
453 ENDE
ia. das eebt nicht so leicht, 'am ende gibt sichs doch'
7, 104 ;
ich soll ihn noch wol gar am ende fragen
wie tugendhaft sie ist? 7, 105;
und lasz mich der gelegenheit, dfm glück
auch ihren theil an deiner bildung geben,
du hast sie doch, und bists am ende doch. 9, 105;
(der) etwas zu suchen scheint, das wir nicht kennen,
und er vielleicht am ende selbst nicht kennt. 9, 107;
nicht so geschwind! dort hinten kommen zwei,
sie sind gar niedlich angezogen . . .
sie gehen ihren stillen siliiiit
und nehmen uns doch auch am ende mit. 12,50;
ihr durchstudiert die grosz und kleine weit,
> um es am ende gebn zu lassen,
wies gott gefällt. 12,99;
und am ende werden wir sterben oder uns ergeben. 8,105;
er fieng an mehr über kunst zu sprechen, denn er war am
ende doch ein üeutscher, und diese nation gibt sich gern
rechenschaft von dem, was sie tbut. 19, 177; sollte der haus-
herr das alles nicht sorgfaltig zusammen bringen und zusam-
men Lallen, weil am ende der genusz nur rorübergehend ist.
19,195; es ihäte noth, ich verrichtete alles selbst, und am
ende, wenn man sich darauf einrichtete, müste es auch geben.
20, 39 ; am ende, sagte sie, ist es das beste, die gesellschaft
bleibt beisammen. 24, 312 ;
der klage
gibt man wenig gehör und sie ermüdet am ende. 40, 132;
am ende ist es wahr, was du mir aufbindest; am ende ists
einerlei, ob es so oder so gemacht wird; wir erwarten un-
sern freund schon so lange, am ende kommt er gar nicht.
BltschiiY setzte dafür im ende : wolthütigkeit ist der magnet,
welcher die dankbarkeit an sich ziehet und im ende ist sie
die frucht der christlichen liebe. Patm. 119. nnt. sagi man
'in het einde', franz. enfin.
C) eine menge von redensarten wird mit ende gebildet,
wobei sich räumliches oder zeitliches nicht von etnander son-
dern lassen, die eilf ersten enthalten intransitive, die übrigen
transitive Vorstellungen.
1) mhcL daj ist ein ende. Reinh. 1769 ;
min lip ist hie, so wont bi ir min sin,
der wil von ir niht, dSst ein ende. Waltb. 44,18;
döst ein ende: swa; si mir getuot,
so mac si wol verwaenen sich. 73,13;
da; ist ein ende, ej ist also. 74, 11;
niender vinde ich triuwe, d&H ein ende,
da ich sie doch gedienet hän. MS. 1,68*;
wan ich wil sterben und genesen
mit ir, da; ist ein ende. Ir. kr. 28S31;
das steht fest, das ist sicher, ausgemacht, wahrscheinlich nach
der ztoetten bedeulung von ende = fester punct, und nicht
etwa iu erklären das ist unbestritten, darüber ist aller streit
was einen gen. der sache fordern würde, diese ausdrucksweise
scheint späterhin erloschen, doch gleicht ihr die folgende.
2) das ist das ende, dabei bleibt es stehen, bewendet es
damit ist es aus, hört es auf: und ist dieses das ende vom
liede, wenn sie es theten oder erleubten, so were es recht.
Luther 4,383"; da sol mirs bei bleiben, das sei das ende
vom liede sein. 5,70'; das ende vom liede. Harnisch 278;
das ist das ende vom liede I Lessisg 2, 539. bei einigen um-
gedreht: und dies war dazumal das lied vom ende. Weisi
erzn. 203; und das ist das lied vom ende. 467; hiermit ist
das lied vom ende. Weisze lustsp. 3,192; lied vom ende.
3, 250 ; das ist also, ihr dienstmägde, das lied vom ende und
eurer untreu. Unterricht für hausmägde s. 61. man sagt auch:
das ende vom weg, nd. dat enne von weg. Schambach 56*.
3) das ist ohne ende, hört nicht auf: der narren zal ist
on end, vil seind deren, die den weg des heils verlassen und
gond den grasigen, lustigen weg. Keisersb. s. d. m. 28*. 'kein
ende' nach persönlichen Wörtern : narren und kein ende ! kerl
und kein endel bei Schambach 56' kerel un kein enne- riten-
split [reiszenspleisz) un kein enne. 174". potz-geck und kein
endel Lessi.ng 1, 550; Shakspeare und kein ende! Göthe
45,38; doch krilik und kein ende! LEssi!«c 7. 43. gleichsam,
es will damit nicht aupiören, kehrt immer wieder.
4) ahd. mhd. i% ist ein ende, hört auf, läszt nach, dö
chäm sunchevir, dös ende ne was {vulg. venit locusta et
brucus, cujus non erat numerus). N. p*. 104, 34, bei Llther:
da kamen hewschrecken und kefer on zal, wie sich zal und
zil nahe liegen, das zahllose ist auch unendlich, es wimmelte
von diesen käfern. irer scbetze ist kein ende, ir land ist vol
ENDE
454
rosse und irer wagen ist kein ende. Es. 2,7; seines könig-
reicbs wird kein ende sein. Luc. 1, 33. irir sagen noch nhd.
des Ungeziefers war kein ende; des volks ist kein ende; des
geschwätzes ist kein ende ; war des hin und wieder ziehen»
kein ende. Göthe 24, 310. am liebsten im verneinenden satz,
doch auch: und da alle der kriegsleute ein ende war. b Mos.
2, 16 ; des geschwätzes, zankes ist nun ein ende, wie mhd.
lieje eht sis ein ende sin. MS. 1, 74'.
den gen. vertreten praepositionen : und gond ausz einer lügin ■
zehen lügin, ie eine über die andern, und ist kein end daran.
Keisersberc s. d. m. 13*; wenn wils denn ein ende sein mit
solchen wundern? Dan. 12,6; es ist nun mit dem krieg ein
ende.
5) zu ende, am ende sein: der feldzug ist zu ende; das
buch ist zu ende, schlieszt damit oder auch ist ausgelesen;
das regenwetter ist zu ende ;
die schönen tage in Aranjuez
sind nun zu ende. Schiller 243*;
ich bin zu ende (bin fertig damit). Lessing 2, 278;
je früher mein portrait zu ende (fertig) ist. Kunger 1,456;
das geht zu weit, meine geduld ist am ende. Schiller 644*;
ich bin mit dem geld am ende, habe alles ausgegeben, auch
das geld, das brot ist zu ende.
6) mhd. es wirt ein ende, ganz wie es ist unter 4 :
so ist nieman der mir sage,
wenne ein ende werde niiner klage. MS. 1, 68*.
nhd. bis das ein ende ward alle des geschlechts. 4 Mos. 32, 13;
bis das ir ein ende würde. 5 Mos. 2, 15 ; so laszt doch sehen
und versuchen, wie es mit im ein ende werden wil. weish.
Salom. 2, 17 ; sihe drein und schilt, das des brennens und
reiszens ein ende werde, ps. 80, 17 ; des lärmens wird jetzt
ein ende, will gar kein ende werden.
7) zu ende, ans ende kommen, fertig Verden:
wer möhtes alles zende komen,
wa; Wunders Lanzelet begienc. Lanz. 9428;
und dise rede sagende,
der ich bin zem ende komen. Engelh. 5419;
ich wolle sonst bald mit dir zu ende kommen sein. Galmy
321 ; dasz uns got durch ander weg helfen mag, dardurch
wir {mit) unserm begeren ohn sorg zu ende kommen, buch
der liebe 247, 1 ;
so ist nunmehr der feinde beer
mit seinem namen in den staub
und zu dem end gekommen. WECKUERLi.f 29;
war ich bedacht mir ein hübsches logis zu miethen und ich
kam auch damit bald zu ende. Plesse 1, 74 ;
komm mit deinem märchen
nur bald zu ende! wirds? Lessixc 2,278;
nun bist du ans ende gekommen. Götbe 40, 146,
mit deinen losen worlen / der weg war lang, wir sind nun
ans ende gekommen ; ich kann mit dieser arbeit nicht zu
ende kommen.
8) zu ende laufen: der faden läuft zu ende; die zeit, die
stuqde lief schnell zu ende, lief ab, verlief;
ob denn und wie das werk zu ende könne laufen.
Grtphiüs 1, 315;
der weg läuft hier zu ende.
9) zu ende gehen : das licht geht zu ende, ist fast ausge-
brannt; der Vorrat, der wein geht nns zu ende, geht uns
aus; als es mit meiner barschaft zu ende gieng, liesz ich sie
es merken. Güthe 23, 8t ; es geht mit ihm zum ende, er stirbt.
10) zu ende neigen : der tag, die sonne neigt zu ende ;
das hier im fasz neigt zu ende; unser geld neigt zu ende;
mein, leben neigt zu ende, eben so sich neigen.
11) ein ende haben :
mhd. hie hat da; msr ein ende. Nib. 2316,4;
dö diu naht het ende und der tac erschein. 749, 1 ;
e; hat nu alle; ende ao uns, sorge unde leit. 934, 2;
da; anegenge ist selten guot, da; bopse; ende hat.
W'ALTH, oo» o" ;
diu not »Ol schiere ein ende hän. Pars. 468,7;
wan ^; muo; doch min s«nediu not
mit dem töde ein ende hän. Iw. 4237;
nhd. wenn hat die piibrei (b&berei) ein end* fasln, sp. 188,7;
im Algcw, da das brot ein end het. Keisersb. omeis 16*.';
und dise plagen der blättern hont nun acht oder neun jar
29*
455
ENDE
ENDE
456
mit uns gewert und wirt noch lang kein end nit haben.
». d. m. 2* : wollen die lose wort kein ende haben ? Hiob
16, 3 ; die wort Hiob Laben ein end. 31, 40 ; die Schwerte des
feindes haben ein ende. ps. 9, 7 ;
unJ wenn die reiche das gut venert,
so bat die lieb ein ende. L'uland 261;
sieh eim mädeli nur uf daugen,
darfst sicbäli glauben,
so lang es daugen nit wend,
hat die lieb noch kein eud;
hier hat die gebahnte strasze ein end, und fängt der sand
an. 'eines dinges ein ende hdn' hiesz tnhd. es sicher wissen,
auskunfl darüber haben:
des mag ich niht ein ende hin. Pari. 397, 11,
vgl. da; ist ein ende unter 1.
12) ein ende nehmen:
mhd. nu bat gar ein ende genoraen der gemach. Nib. 2195,2;
daj guot ende nie genam. Waltu. ö3, 12;
und Jämerliche ir ende nam. En. 36, 11;
dö da; weter ende nam. Iw. 999;
gar schiere ein ende nam der tanz. Part. 641, 1;
nhd. er wird ein ende nemen und sein zweig wird nicht grünen.
Hiob 15, 32; und sollen ein jemerlich ende nemen. Arnos
8, 10 ; denn die ungerechten nemen ein bös ende, weish. Sal.
3,19; denn der ungerechten bosheit nimpt ein ende. 14,31;
schon hat der tag sein ende genommen; unser brot nimmt
bald ein ende;
da nam ein end
ir regiment und priesierthum. II. Sachs I, 75*;
man trinkt in die runde schon dreimal und vier,
und noch nimmt der krug nicht ein ende (versiegt nicht).
GöiHK 1,227;
dasz solche spiele mit bändeln und verdrusz ein schreck-
liches ende nahmen. 24, 76 ; mit schimpf und schände wird
der streit ein ende nehmen.
13) ein ende geben, einem ding ein ende geben:
mhd. mir ist lieber da; min lip
bescheidenliche ein ende ggbe,
dan da; ich lästerlichen lebe. Greg. 1893;
da; dtn froeiicbe; sanc
ein vil riwic eude git. Er. 8163 ;
wand er bcese; ende git. Walth. 123, 2;
diu gir nach grö;em guote vil bcese; ende git. Nib. 1494,2;
die beten deme langen tage
mit manegem riterlichen slage
nach ärea eude gegeben. Iw. 7345;
nhd. der tod warlichen bald meinem trawren ein ende geben
wird, buch der liebe 257, 4 ; ich bin also hart venvundet, dasz
ich mit dem leben nicht darvon komme und ich werde bald
end geben und nicht lang für basz leben. 268,1; mit dem
Wernhart seiner red ein ende gab. Galmy 129; mit solchen
Worten seiner red ein ende gab. 18 ; seiner red ein ende gab.
alte weisen 124*. sehr oft drückt dies 'ende geben' aus nicht
lange schwätzen, eilen, fortmachen:
du narr, gib end! H. Sachs II. 2, 37';
du blas zu und gib end! Haupt 8, 537;
gib flucks end und mach nit vil wort! Atrer 389';
leg duz den siein fürs loch, gib end,
o beweriein, sei nun behend! Albkrus £sop 100*;
wie wol der dieb gab weidlich end [schnell davon lief),
war er ihm doch viel zu behend. 146'.
heute in allen bedeulungen erloschen.
14) ein ende, einem ding, mit einem ding und eines dings
ein ende machen, ein ende daraus machen:
mhJ. der anegenge machen kan
der kan wol ende inachen und an ende. Walthbr 78, 20.
nhd. verscbrib im der kunig und versprach im ain ganz end
zu machen, so weit er zu im reiten gen Nürnberg. Katzmairs
denkschrifl 147 ; wenn wolt ir der rede ein ende machen.
Ilwb 1%, 2; der herr wird* ein ende machen umb meinen
willen, pt. 138, 8 ; ich bah des gesangs ein ende gemacht.
Ks. 16,10; denn ich wiU mit allen beiden ein ende machen.
Jer. 30, 11 ; denn er wirds plötzlich ein ende machon mit allen
die im lande wonen. Zeph. l, 18 ; und {der herr) wird sein
(des boshaßigen) ein ende machen durch die erschvinung sei-
ner zukunfL 2 Thess. 2, 8 ; ich selbs wil die birten strnfen
und wils mit ihnen ein ende machen. Melamciitii. im cvip.
doelr. 601; viel blöde machen ende. Fehenb. 4,274;
0 gou, 0 gou, mach ende ! m einem Hede GiiiiAiot •
Friedrich sprang auf, schlug in die bände und wollte des
bravorufens kein ende machen. GruHE 23, 38 ; und damit wir
des Wesens ein ende machen. 57,130; ich will eurem roman
ein tragisches ende machen. Götter 3, 95 ; mache der sache
ein ende!;
jetzt macht ein ende, Schwester! Scrillkr 428*.
15) an ein ende, zu ende bringen:
mhd. ich bring d; an ein ende, sprach da; edel wip. Nib. 2306,1;
du hast 6; nach dinem willen zo einem ende brähl. 2307,3;
des soll ir mir getrüwen, ich bring; iu an ein endo.
Gurfr. 210, 3;
ich wil; an ein ende görne bringen. 759,4;
der himiliske vaier guoler,
der wolle dö sine lauuier
chumTiiger dinge
an ein ende bringen. Maria 193, 27 ;
da; ich dis iventiure
mac üf ein ende bringen, tr. kr. 311 ;
nhd. sei stille meine tochtcr, bis du erferest wo es hinaus
wil, denn der man wird nicht rügen, er brings denn heute
zu ende. Ruth 3, 18 ; so ihr meines rats pflfgen wollet, so
wollen wir morgen zu tag die sach nach unserm willen zu
end bringen, buch der liebe 239,2; derhalben ist mein bitt,
du wollest zuiu ende bringen, damit mir der heillose ritter
ausz meinen äugen komm. 254, 4 ;
dies, und was sonst
noch noih thut, wollen wir mit gottes gnade,
nach mnsz und ort und zeit zu ende bringen. Sciiilikr SST;
sie geben der tante unbedingte vollmacht, diese sache zu
ende zu bringen. 648*; ich kann das buch nicht zu ende
bringen, ähnlich, zu ende lesen, das licd zu ende singen
u. a. m.
16) ein ende gewinnen:
mhd. gewinne ich iemer dfls ein ende. MS. 1,74*;
der ouch sin ende aldä gewan. Part. 28,2;
nu gewan da; krachen ende. 568, 15;
nhd. machet, das die Versuchung so ein ende gewinne, das
irs kiind ertragen. 1 Cor. lO, 13.
17) ein ende hören:
das meidlin stund neben der wende,
es höret der red ein ende. Uuland 247;
der knab stund unter einer linden,
er hört der red ein ende. 261,
d. i. hörte xu von an fang bis xu ende.
18) ein ende finden: der last kein ende finden; sie konnten
des tanzes lange kein ende finden, hörten nicht auf xu tarnen}
er fand das ende seiner erzählung nicht.-
19) ein ende kiesen :- mhd.
der riterlichen ende kös
von einer tjosic, diu in sluoc. Part. 91, 26;
der werlichen ende kds
mit rehter manlicher g6r. 111, 18;
der werlichen ende kös. Geo. 1259;
wie et auch hiesx den tut kiesen.
20) ein ende warten, sehen : und als Clemens diesen dingen
allen ein ende gewartet hatte, da ersihet er, dasz er noch
keine sporen anlKitt buch der liebe 19,2; ich sehe meinem
prucesse unter keinen vier monaten ein ende. Lessi.ng 12,94.
üblicher ist abseben : ich sehe das ende, ein ende gar nicht
ab; er sah die zeit ah, wo er kommen konnte.
IV. ende = teopus, consilium, xiel, tweek, absieht, so
häufig dem lal. flnis diese bedeutung einwohnt, so wenig zeigt
sie sich ahd. und mhd., erst nhd. kommt sie namentlich bei
LurnER t;or und scheint dann eben Verdeutschung des lal. aus-
drucks : zum dritten, das es frucht bringt, denn das ist das
ende und' füriiemlich ampt der che. 1, 171 ; danimb fasse es
aufs allereinfeltigst also, das dis der taufe krafi, werk, nutz,
frucht und ende ist, das sie selig mache. 4,42-/; ob gleich
das ende solcher werke ganz göttlich und zugelassen werr.
5,117'; wo der Stifter nicht ist, da kan das ende nicht sein.
ebend'i ; weil ir den Stifter verwerfet und dringet doch auf
das ende, ebenda; das ende menschlicher siilziingen tarn runde;
darumb sie eingesetzt sind). 5, lls*; d.is ist das ende, dazu
er unser herr ist, das er uns aus des Irufel.H gpwalt, tod
und aller not helfe. 6, 7l'; denn ge«flligiirh li'licn ist nicht
de« menschen ende, dazu er gcschiilfen ist, sondern nur f\n
mittel, aber das fürnrmbslc ende, darumb er gesilKitTm, iu
457
ENDE — EXDEL
ENDEL — ENDELOS
458
das einer den andern von gott lehre, tisehr. 170'; denn das
ist ir (der salzungen) ende, dazu sie sollen eingesetzet wer-
den. 273'; zeiget mir einen Juristen, des ende sei, das er die
rechte warheit lerne. 396'. doch alle diese stellen entstammen
nicht LcTHEBS bibel, sondern nur seinen übrigen schriflen, die
bedeulung scheint auch in die übrige spräche bis auf heute
nicht gedrungen, wir gebrauchen dafür ziel, zweck oder die
Zusammensetzung endziel, endzweck, nicht das einfache ende.
Blosz in den folgenden adverbialen ausdrücken ist allerdings
ein ende im sinn des lat. finis ßr absieht und siel enthalten,
sichtbar aber liegt ihnen der sp. 451 erörterte raumbegrif unter.
1) des endes, ursprünglich da, dahin, eo trat über in die
bedeutung von ideo, eo fine, eo consilio, darum, desicegen,
deshalb: eine stunde hernach stieg auch Eberhard herab,
gieng und hatte einen haken, um rasen damit abzuschälen.
er gieng des endes oben an den wald. Stilli.ng 1, 116 ; ihm
hatte, ich weisz nicht was an dem braunen manne gefallen,
das ihm zu einer nähern bekanntschaft iust machte, er hatte
sich des endes schon über der mittagstafel bei einigen leuten
erkundigt, wes geistes kind der braune mann sei. Siegfr. von
Lindenb. 2, 4.
2) wes endes, veshalb, weswegen : wes endes er dann seine
band in den beutel steckte. Bodes Tristr. Sh. 3, 70.
3) zu dem ende, ad etim finem, deshalb: zu dem ende
(in der absieht) erzählte ich ihm, was sich ereignet hatte;
ich that es zu dem ende, um ihm allen argwöhn zu beneh-
men ; die maier werden zu unterschiedlichem ende bestellt.
HoHBERC 2, 250* ; ich suchte mich zu bereden, dasz er diese
komödie nur zu dem ende gespielt habe, um mich von der
eitelkeit der theurgie, in die er mich so verliebt gesehen
hatte, desto besser überzeugen zu können. Wieland 2, 22 ;
anstatt zu verlangen, dasz sich die umstände nach uns rich-
ten, oder ihnen zu diesem ende gewalt anthun zu wollen.
3, 20 ; es werden auch für jede Stadt und jeden der kleinen
bezirke, in welche die provinzen zu diesem ende abgetheilt
worden, besondere aufseher angeordnet. 7,221; er war itzt
im begrif ihn in einen kleinen käficht zu stecken, den er zu
diesem ende bei sich trug. 11, 47 ; zu dem ende. Kant 5, 295 ;
man wolle die arbeiten beschleunigen, zu dem ende gelder
aufnehmen. Göthe 17,143. wenn Fiscbart im bienenk. sagt:
dasz gott uns strafet zur warnung und besserung und zu
andern dergleichen enden mehr, welche allzulang weren zu
erzelen, so ist hier die bedeutung von zwecken und absichten
unverkennbar.
4) zu welchem ende, quem in ßnem, warum?
zu welchem end enehl ich seine proben hier,
da sie euch wol so voll bekand doch sein al< mir?
Wkbders Ar. 11. 5;
ein fremder arzt hatte sich den ruf auszerordentlicher hei-
lungen erworben, zu welchem ende ihn viele kranke aufsuch-
ten ; warum und zu welchem ende . . . diese form ihnen
gegeben. Kant 7, 249.
5) es heiszl auch zu was ende? Rädleix 237'. Frisch 1,226*.
nnl. tot wat einde zegt gij dat? zu was ende sagt ihr das?;
von wem und zu was ende erbaut. Wielasd 19, 5 ;
euch kann ichs wol entdecken, 'zu was ende?
erlassen sie mirs, lieber prinz'. Scuillkr 268*.
auch hierzu läszt sich eine ähnliche ältere stelle aus Fiscbart
anführen: auf was ander end hin (quem in ftnem alium) wolt
sonst ein solche unerschöpfliche lieb und Iust kinder zu
tragen ... in ihr herz eingesligen sein? Garg. 66'.
ENDEID, m. juramentum litis decisorium, ausschlagseid.
Stieler 364. Rädlein 237'.
END EL, m. ein frühe schon untergegangnes wort, das im
altn. endill regulus maritimus, gigas, in den uralten namen
ahd. Orentil, ags. Earendel, altn. Örvandill erseheint und in
mehrern Zusammensetzungen den ersten theil bildet, dabei ist
besonders zu merken, dasz gerade, wie sich enden und wenden,
enleö und wenteö berühren, ahd. endilmeri und wendilmeri
oceanus abwechseln , der mhd. eigenname Endelhart neben
Wendelburc, Wendelgart vortritt, jenem enlil, ende! in Orentil,
Earendel ein vandill in Örvandill und Geirvandill zur seite
steht, ahd. die namen Wentil, K^rwentil begegnen (Förstemann
1, 487. 1254). endel gehört sichtbar zu ende, enthält aber keine
diminution, sondern ist gebildet wie hendel, hebel, distel
u. s. w., musz also einen am ende stehenden gegenständ aus-
drücken, wie jener nordische endill den zu ende des landes
hausenden seekönig. diese betrachtungen scheinen mehr einem
Wörterbuche der alten, als der heutigen spräche angemessen;
doch leben die nachfolgenden composita in der nd., zum theil
nnl. mundart fort, und dasz sie auch hochdeutsch sein dürßen,
bezeugt ahd. endilmeri, Orendil, und mhd. Endelhart. MS.
1, 177*. tn einzelnen könnte freilich endel nur aus ende erwei-
tert sein, wie in kindelbett, Fichtelberg u. s. w. (gramm. 2, 540).
ENDEL, ein solches adj., mit der bedeulung ullerior, war
schon ahd. und mhd., denn i; entilüstä, ultimum, drückte ahd.
das lat. antes, extremi antes, OTi^oi afiTtdßMv, die vor-
dersten oder hintersten reihen im Weinberg aus (Gbaff 1, 358) :
mhd. minne ist getriben unde gejaget
in den endelösien ort. Trist. 309, 7,
an den äuszerslen ort, was noch im mhd. wb. 1, 431' fehler-
haft unter endelos steht, aber gebildet ist wie vorderust, hin-
terost. die goslarschen berggeselze cap. 14 {nach Schaüman.ns
ausg. s. 283) enthalten die beslimmung : beneden dem waghen-
wege, de under der warpen neghest hengeit, von der endei-
sten groven an in dem osten, went an de endeisten groven
in dat westen. der positiv erscheint im nd. adv. endeis :
enen nagel endeis in den balken slaan, tn das äuszersle ende,
zu ende des balken (brem. wb. 1, 307). ganz ähnlich ist der
ahd. Superlativ entaröst, entröst von entaro. statt jenes entilüstd
für antes orfer auch antiae (die vordem Stirnhaare) begegnet
auch das subst. andilöd, entilod, im dat. aj oder ij andilöde,
d. t. fomen, und auch das i; t-or entilosta könnte die praep.
a; sein, obgleich sich ij /ür daj besser fügt, alle diese aus-
drücke fehlen freilich nhd. und sind hier nur erlduterungs-
weise aufgeführt.
E.NDEL, ffl, ßr enel, ehni, avus:
herzliebstec endl, nun grüsz euch gott.'
G. Macritics comödie vom graten
WaUer. 1606. G4'.
ENDELBRET, n., was endbret, nd. endelbred. br. wb. 1, 307.
ENDELDARM, m. intestinum rectum, culus, mastdarm, arsch-
darm. nnl. endeldarm, schw. ändtarm, dän. endetarm. Stlren-
BCRG 47'.
ENDELHOCK, n. eine an des ackers ende gebundne garbe,
nnl. hoek ist eigentlich ecke, spitze, bündel. wenn solcher
endelhocke weniger als zehen waren, konnte der zehnte nicht
aus ihnen gezogen werden, weshalb sie auch freihocke hieszen.
br. wb. 2, 645.
ENDELHOLZ, n., das auf dem iinen ende liegt, endelholt
dragt swar, endelholz trägt schwer. Stürenbcrc 47*.
ENDELICH, Studiosus, fervidus, expeditus, ahd. entilih, mhd.
endelich, der aufs siel losgeht, rüstig, mhd.
des muoj ich din endelicher dienest sin. ilS. 1, 178';
nhd. die anschlege eins endelichen {vulg. cogitationes robusti)
bringen überflusz, wer aber allzu jach ist, wird mangeln.
spr. Sal. 21^5; sihestu einen man endelich (virum velocem)
in seinem geschäft, der wirjl für den königen stehen. 22,29;
dem faulen ist die zeit lang, dem endelichen ist sie zumal
kurz, kluge weise reden 218'; sind nicht fehrlicher zeit gnug
itzt, die wol bedürfen einer redlichen, endelichen rüstungen
in allen orten? Lctheh 5,304'; endeliche band macht reich.
Henisch 890, 29; endelich sein, summo studio contendere.
Steinbach 1, 341. mehr unter endlich.
ENDELICH, adv. fervide, cito, Henisch 890, 19 : Maria aber
stund auf in den tagen und gieng auf das gebirge endelich
zu der stad Jude, vulg. cum festinalione, /lera anovSiji,
golh. sniumundö. Luc. 1, 39. setzen es neuere dichter noch
nach dieser stelle?
die Taulheit hielt es nicht mit dem geschwinden volke,
und zog so endelich als eine trübe wölke. Gc.nthkr 493;
und mit den letzten sonnenblicken
trabt euch mein ritter, endelich.
wohin ihn pflicbt und neugier führten. Wibla.nd 21, 58.
*. endlich, befremdend ist die nnl. Schreibung entelic, intelic
in Potters minnenloep s. 209.
ENDELN, alid. entilön?
1) zttet blätter oder flecken zeug, luch an ihren enden, den
faden auszen um die enden herumschlingend zusammennähen.
Schheller 1, 77, der damit Überwindung (sonst überwindlich,
überwendlich) nähen vergleicht, berührungen mischen enden
und wenden brechen allerwärts durch.
2) cunctari, tardare, zaudern, tändeln. Stibler 377.
ENDELOS, infinitus, ags. endeleas, engl, endless, mhd.
endelos: indem der bauer sein endeloses gesuch an mann
bringt. Kla»eb Schmidt kom. dicht. 120. gewöhnlicher endlos.
459
ENDELOSZ — ENDEN
ENDEN— ENDERT
400
EN'DELOSZ, n. ßitis, inleritus, Schicksal:
ist keine erdenraacht so grast,
tuhh alles doch sein endelosz. Götiib 13, 5.
ENDELSTEIN, m. lapis angularis, eckslein. br. wb. 1, 307,
vgl. Wendelstein.
ENDELSTIEGE, f. Cochlea, wendelsUege, Wendeltreppe.
ENDEN, ^fiire, ein entsprechendes i}oth. verbum erscheint
nicht, man dürße sowol transitives andjan, als intransitives
andjün erwarten, da nun tandjan und vandjan zurückgehen
auf (indan, vindan, musz auch für andjan ein starkes indan
oder inj)an vorausgesetzt werden, welcher aller doch keine spur
da ist; gleichwol besteht in hd. mundart bis auf heute netten
wenden das starke winden, tieften schwenden das starke schwin-
den, rerfer zinden noch inden. in dem subsl. ende erkannten
wir die bedeutung von spitze und ecke als die ursprüngliche,
wonach auch einem solchen indan, freilich ganz unsicher, der
sinn von eminere, ragen beizumessen wäre, man vgl. winden,
dessen vervandtschaß auch über inden aufklären könnte.
ahd. zeigt sich fast nur ention, später enton, sowol transitiv
als intransitiv, denn das auf eine einzige stelle bei (iraff
1, 359 gestützte entan hätte bessere gewähr nölhig gehabt, doch
leistet sie das rückumlautende mhd. enden ante, welches von
enden endete absteht, nhd. kann diese Unterscheidung nicht
mehr fortdauern, alts. endiön, endün, nnl. einden ; ags.
geendian, geendigan. altn. enda, schw. ända, dän. ende.
s, beenden, verenden, vollenden.
l. transitive bedeutungen.
1) enden, aufhören lassen:
mhd. nu ende, wende disen pln. MS. 1, 189',
was von der gemeinschaft beider Wörter zeugt.
nhd. gib mir ruhe und ende meine qual; ich will deinen
rweifel enden;
nein ich will dich nie vergessen,
enden nie die liebe mein,
wenn ich sollte unterdessen
auT dem todbeit schlaTen ein. im lied so viel stern am h. sl. ;
doch ende bald, Thalia, den gesang,
kein mnrchen schickt sich gar zu lang. Hagsdor!« 2, 107;
wo beginn ich, und ach wo end ich
des ewigen preis ? Klopstoc« 1, 155.
2) enden, vollenden, vollbringen, ausßhren: er wolle im
entgegen ziehen und die Sache mit gottes hülfe enden. 2 Macc.
13,13; und wenn sie ir Zeugnis geendet haben, offenb. 11,7;
wolt ir die rede enden (erßllen). fasln. 614,29;
das enden wir und machen kein frist. 415, 27;
und wird dem teufel wehren wol,
dasz er sein list nicht enden sol. Ldthrr 8,345';
welchs tods wird ich enden mein leben? 11. Sachs III. 2,281;
ilzt folget ihr. ihr endet itzt,
worauf sich Amor längst gespitzt. FLE«tT«G369;
kaum daxz der zofe band den langen anputz endet.
Zachariä 1, 134;
mein tagewerk ist noch nicht ganz geendet. Gökingk3,212;
vorbei, geendet ist der krieg. Schili.p.r 57*;
niemand als du. der ihn mit rühm geführt,
»oll diesen krieg, den fiirchterlichen, enden. 382*;
der nriesier 7ur gemein sich wendet,
die heiige handlung segnend endet. CS';
welcher weise soll ich es enden? o habt mich entschuldigt.
GÖTHR40, 33;
das war ihr «chicksal ! sie hats geendet (vollbraclil). 10, 117 ;
dich soll schauen mein blick, wann die endende stunde genaht ist,
dich soll halten luit absterbendem drucke die band.
Vosü Tihutt \. 1,.^9,
die endende stuode, tuprema hora, die das leben endende,
abschneidende, einigemal waltet zweifei zwischen 2 und 1,
z. b. die stellen Hagedornr und Ki.üpstocks können auch' den
sinn des Vollendern haben, sonst aber »lehn einander beide
bedeutungen gerade entgegen, die pein enden heiszt sie nicht
fortsetzen, die arbeit enden sie fortsetzen.
3) enden, aushalten, ertragen: idi kanos nicht langer enden.
Weinhui.!* tchlti. «b. 1''.
4) enden, verbringen, zubringen: die zeit mit viel kurz-
weiliger red enden tbeten. buch der liebe 252, H ;
wollen wir denn ohne freud
enden uniirc Junge zeit? Urm 2, 205.
») e» mit einem enden, zu ende bringen, fertig machen:
und schleunig will das ichick«nl mit uni ^-nden.
Scilll.LtR 3M';
munterte sie auf, mit einem feinde zu enden, der sich selbst
aufgegeben habe. 878*.
6) enden heiszt den böttichern die faszdauben oben und
unten {zu beiden enden) stemmen: das fasz ist über den gahren
geendet, wenn es an einer seile hoch, an der andern tief steht.
II. reflexives enden.
1) von der grenze: aber von mitternacht ist die grenze
Manasse am bach und endet sich am niccr. Jos. 17,9; dar-
nach neiget sie sich . . . und endet sich am Kiiiathhaal. 18,14;
und endet sich am .lordan und wendet sich zum abend. 19, 33. 34 ;
und an denselben endet sich die grenze der kinder Dan. 10, 47 ;
klein Aphrica endet sich im niedergang an Numidia, gegen
aufgang an Cyrenaica. Fha.nk weltb. 4'; facht an da sich die
vierte ondt. Thuhneisser archidoxa 83.
2) von Wörtern, ausgehen: die wort, die sich in osus enden,
in dem latin, die gond auf ein sam zetütsch, lobsam, min-
sain, scheltsam. Keisersb. s. d. m. 36'. heule, sich enden auf.
3) t» der zeit:
verschinen zeit nii widerget,
auf erden nichts in wescn stet,
auch was sich endt und uns entweicht
Wirt wol behalten irriuiu ver^cleicht. SciiWARZKNRFno IM, 2 :
ach leben bislu lodt? ie kan ilenn goit sich enden,
der anfang anfangslos, das end ohn end und wenden?
Fleming 12;
ach wie viel beiden werden
durch dich noch untergehn, eh dieser krieg sich end?
Werders ^Ir. 11, 27;
da hat sich die sterbsucht geendt und gewendt. Megerlr
Judas 1, 325.
III. intransitives enden.
1) sterben: ich werde bald enden und fühle es schon voraus ;
sie hat geendet
seht einen enget scheiden. Schiller 486*.
2) zu ende sein, aus sein, außören : hier endet das buch ;
die Vorlesung endete schnell; die predigt soll in dreiviertel
stunden anden;
das blühen will nicht enden. Uolands ged. 49;
und eh der könig noch geendet {zu sprechen). Schiller 57* ;
ist es dahin gekommen,
endet die furcht so sclincll und der gehorsam? 547*;
der enkcl
des groszen Karls fängt frisch zu ringen an,
wo andrer menschen kin<ler inuthlos enden. 251';
so endete Abdallah an dem hofe des sultans (hörte sein Ver-
hältnis auf). Klincer 7, 199.
3) örtlich, hier endet Deutschland und beginnt Frankreich.
4) aushallen, dauern, wie I, 3: Ictzlich war es den knechten
in der kälte zu enden nicht möglich. Schweinichen 1, iio.
5) unpersönlich, wie I, 5 : es wird bald mit ihm enden ;
verlorner mann, so musz es mit dir enden! Schiller 546'.
ENDEH, m. corniger cervus: sechlonder, achtender;
diese schenket, die behender
Hoben durch den schnee,
als der hirsch, der zwnnzigender,
als des berges reh ? bciiiLLRR 52*.
ENDER, ffl. finitor, effector. Stibler 376, heute endiger.
vgl. gesichtsender, sorgcnender.
ENDEH für ehnder, ehender sp. 46. Frommanjc 5, 214. 217.
255. 505.
ENDERGEBNIS, n. summa.
ENDKRIN, f. eonciliatrix, versöhnerin. Stibi.er 376.
ENDERISCII, alienus, mirus, fremd, befremdlich, seltsam,
ungeheuer, aus ander abgeleitet, ahd. endirsk für andarisc,
barbarus. Graff 1, 385, goth. aljakuns. heute dauert ober-
deutsch nur der sinn von seltsam, unheimlich, unrichtig:
die ain ist •nderisch,
die ander ist >o pouerisch. weim.jh, 2, 101;
mir ist so cnterisch, ich bin nicht gsotten und nicht braten ;
da ist es enterisch, da ists nicht geheuer, da spukl es ■->
da ist es anders als es sein sollte. Schmkllrr 1; 77.
ENDERLINt», m. für engerling, vermis. Wbinhou> schles.
wb. 17' t<er:eic/inc{ das neulrum enderle. Frumiianh 9, 419. 5hs.
ENDERN, was Andern 1,311.
ENDERT, uspiam, alicubi, für mhd. iener, icnder {wb. 1, 746) :
zS lotst do schriendii rii« ml« »ror,
ob ciiilcri kein giiier Int: ' •• •• ••
d«r bebeniüib kund 711 '\g.
Hans Sem ' M'hl nit mit ron
l,r.irn-in„,i ,1«)«).
461
ENDES— ENDIGEN
ENDIGER — ENDLICH
46^
ENDES, adv. in fine. $. ende II, 1. IV, 1. 2, und ends.
ENDESBEZEICHNET, in der rechlsspraciie : ich endes be-
zeicbneter urdne. Rabener 2, 277.
ENDESGEFERTIGT: wir endesgefertigte bestätigen.
ENDESGENANNT.
ENDESLNTERZEICHNET : ich endesunterzeichneter. Rabe-
KEB 2, 300.
ENDETRILLER, m. sonus vibrans finalis: herr wirt, fieng
ich noch einmal an, und wollte noch einen rechten mordanten
und endetriiler schlagen. J. P. paltng. 1, 95 ; gleichsam die
glänzenden endtriller der Vergangenheit, bücherschau 1, 52;
meinem gefühle sind sogar die schriftsteiler verhaszt, die mit
dem endtriller 'bescheidenheit verbiete ihnen mehr zu sagen'
unverschämt erst dann nachkommen. Hesp. 1, 23.
ENDEVVORT, n. s. endwort.
ENDEZIEL, n. finis, endziel:
das endezjel von allem ist, o soho, beim Zeus.
BSBDER lü, 224.
ENDFADEN, m. capul ßi: ohne zu wissen, wo der ein-
schlag des gewebes hängt, wo der endfaden fest geknüpft
werden soll. Kungeh 12, 116.
ENDF.ALL, m. casus: da in allen sprachen die solchen
allgemeinbegnffen eigenen endfälle mehr als andere und schlag
auf schlag in der rede wiederkehren. Kolbe; ein groszer
mächtiger gang des Vortrags wird eingeleitet und jede epigram-
matische schärfe der endfälle vermieden. Göthe 38, 271.
ENDGÜLTIG, ratus alque fimius, definitivus: endgültiges
urtheil. dte geschäßssprache liebt gehäufle ausdrücke wie end-
gültige erledigung.
ENDHAFT, /iru/us, finalis, vihd. endehaft {wb. 1, 43l'). vgl.
das ist ein ende sp. 453. ein nhd. beleg hernach unter end-
lich 3; einen enthaften rechttag setzen. Cbhels iiaximil. 1
S. 400.
ENDICH, n. indicum, indigo: nira endich, ist ein blowe
färb, bruchen die maler. Gebsdorf feldbuch "S ; indicum, ist
eine blaue färb, etliche nennens indich oder endich. Pinter
406. DiEFENBACH 294' hat indich, Denzler 93' endich, Stieler
indich. es kam gleich ein mahler mit seinem Werkzeug
daher, . . . mit lack, endig und lasur. Simpl. K. 127.
ENDIG, ueiterbildung des pari, praes. auf ende, mil forl-
dauer des tons : lebende, lebendig; reuende, reuendig; tobende,
tüb^ndig ; u-ofür jedoch bald auch lebendig, reuendig, töbendig
iu gellen begann, die nd. mundart hat solcher adj. noch an-
dere : hüppendig, swippendig u. s. w.
ENDIG, von ende abgeleitet, fast nur in Zusammensetzungen :
1) comutus, vom hirsch: zweiendig, dreiendig, achtendig,
zehnendig.
2) ausendig, conlinuus: den ganzen ausendigen tag, die
ausendige nacht, wie sonst den ganzen geschlagnen tag. Staldeb
1, 343. wurde 1, 850 vergessen anzuführen, wohin es gehört.
3) unendig, was unendlich, ungeschickt, unrüstig, trdye :
es beu ein reicher mann ein knecbt,
der war einfeliig und ganz schlecht,
in allen Sachen gar uiieudig. Waldis 2,61 s. 119.
ENDIGEN, ^njre, kommt (wie beendigen) kaum vor der zweiten
hälfte des \' jh. auf, wo auch nnl. eindigen erscheint. Hemsch
hal es noch nicht, auch der spätere Denzler nicht, erst Stieler
und Frisch geben es an. man musz dazu viele andere verba
[gramm. 2, 306) halten, deren form durch, diese unorganische
einschaltung einen gewissen schwuny erhielt, das alte i tn
enlion, weichein ags. endigan entspricht, wirkte dabei nicht
nach, eher der eindruck jenes adj. endig, die bedeulungen
sind ganz wie bei enden.
1) transttiv, alle ägyptischen figuren sind mit unendlichem
fleisze geendigt, geglättet und geschliffen, und es ist keine
einzige mit dem bloszen eisen völlig geendigt (vollendet), an
diesem ist sonderlich das ohr eines sphinx mil so viel Ver-
ständnis und feinheit ausgearbeitet, dasz sich an griechischen
arbeiten in marmor kein vollkonuuener geendigtes ohr findet.
Wi.NkELMAN.N 3, IIS; bald .geuug zeigte sichs, dasz er einen
kämpf unternonmien hatte, den er nicht endigen konnte.
Schiller 890* ; weh dir, dasz du eine bahn betreten hast,
die du nicht endigen wirst. Götue 10, 102.
2) reflexiv, Wörter die sich auf ing endigen, zeigen abkunft
an ; silben, die sich in a endigen ; meistens endigen sich die
Schauspiele mit einer beirat.
3) tntransiltv, wir wollen von der creation des roenscbens
((OJ anfahen, bei der propagation mittelu und mit der gene-
ration endigen. Ett:<ers hebamme 41 ; sie vergab ihm nicht nur,
sie endigte gar damit ihn liebenswürdig zu linden. Wieland
14, 119 ; es war natürlich, dasz die fronde wieder in Unter-
werfung und die niederländischen Unruhen wieder in repu-
blicanische freiheit oder empörung endigten. Schiller 80«';
ein krieg, der leicht in eine allgemeine auflösung des reichs-
friedens endigen konnte. 890*; ihr kleid endigte (gieng aus)
in einen langen schlepp; ein altes märchen endigt so. Göthe
12, 239 ; doch das war vor fünf und zwanzig jähren, als ich
anlieng, ebenso, und wird so sein, wenn ich lange geendigt
habe. Göthe an Schiller 240.
ENDIGER, m. kein Schreckgespenst also ist unser letzte .
freund, sondern ein endiger des lebens. Herder 19, 195;
Christus ein endiger der ceremonien. Claudius 7, 114.
ENDIGUNG, f. nach endigung des zugs über die gebirge
kamen sie bei der Stadt Doberus an. Heilxan.ns Thucyd. 302 ;
nach endigung der mahlzeit. Wielasd l, 202.
ENDIST, ad exlremum, ahd. zi entröjt (Graft 1, 358), in
die äuszerste ecke hintenhin : nicht änderst als jener, der sich
unter der predigt endist geduckt, da der prediger dergleichen
thät, als wolt er den gröszten ehebrecher mit dem buch von
der canzel herab treffen. Philaxder 2, 915.
ENDIVIE, f. Cichorium endivia, gebildet aus dem lat. intu-
bus, wozu Frisius 727* setzt: endivien mit den blawen blumen,
etliche sagend genszung; Maaleb 102*: die endivien sind
zweierlei, die ein in den gärten, die ander wildwäglug genen-
net, seris. Diefenbacb 306*. 529* gibt für die laL namen noch
andere deutsche.
ENDIVIENSALAT, m. intubi sativae.
ENDRREIS, m. finitor, Horizont. Stielkr 946.
ENDLER, m. cunclator, laudier, zauderer. Stieler 377.
ENDLICH, ein schon vorhin unter endelich aufgesteUles,
ehnials sehr geläufiges, heute beschränktes adj.
t) strebend, rüstig, rasch, fleiszig, behend, tüchtig, im voc.
Iheut. 1482 gs': endlicher, zaulicher, sneller oder snellicher,
celer, expediticus, vorher g 3* aber auch endlicher, tugenthaftiger
oder starker, lacerluosus. stark und schnell begegnen sich in
mehrern ausdrücken, kune und endlich. Mone archiv 2, 304.
das husgesind ist gar still, wenn die frouw do heim ist, züchtig,
endlich, ernsthaftig und düt ieglichs sin ampt, das im be-
folhen ist. Keisersb. bilger 9'; nimpstu ein endlich wib, das
du ernsthaftig ist zu dinem gut, wie sie dir das zu sammen
helt. 213* f L'lenspiegel wolt nach dem braten dasten, da was
der metzger endlich und nam den braten zu im. Eulensp.
cap. 61 s. 87; aber Ulenspiegel was endlich und kam in ein
schif und für von land. cap. 74 s. 110 ; und da noch heut ein
endlicher bergknap leichtlich VI lot gold eins tags graben
möcht. Fbaxk u-e/zi». 223'; die mammaluken seind kriegs föriig,
beheizt und zu aller wer und waffen endlich leut. 184' ; doch
konipt so vil lobs der endhchen, die redlich in der gottsforcht
arbeiten, nit faulenzen, parddoxa 94' (100); der ist endelich
und häuslich, der gern von im selbs hat 134; behüte uns
für Unglauben und verzweiveln und endlichem (eifrigem'{\ neid.
Luther 1, 326' ; Schweiz ist ein dürr und bergig land, darumb
seind sie endlich und hurtig, müssen ire narung anderswo
suchen. Luther tischr. 432' ; ein fromme fraw sol sein gehor-
sam, endlich und heuslich. kluge, weise reden 279*; lob die
faulen, so werden sie endlich. 371';
endticher magd liod ir noch viel. H. Sachs 1,509*;
bat dich der teufel nun so endelich gemacht? Melander
jocos. l n*184; bisz man des feinds ansichtig und ein ernst
endlichs treffen mit ihm verbracht. Fro.nsperg kriegsb. 3, 134' ;
ein endlicher und frischer herzhafter soldat wird nicht leicht
verlausen, weilen er nichts einwurzeln lasset und alle tag
mit seinen fingern und äugen fleiszig zuvor in den kleidern
runde herum gehet, ehe er auf die scbildwacht stehet. Sinipl.
K. 338; die faule laus bleiben eben so wenig bei dem end-
lichen und gern reinlichen Soldaten, als das niedliche und
plagsame zipperlein bei dem arbeitsamen bauren. ebenda;
dasz ich von dieser niixtur nichts gewiist, denn mein weib
und ihr söhn waren ohne mich vor disiual so endelich ge-
west (1713 so endlich gevvest), so half es doch nichts. Simpl.
2, 87 ; ihr teutschverderber, die ihr nicht einmal so endlich
seid, das maul recht aufzumachen und frisch auszusprechen.
1, 690. andere belege bieten Frisch 1, 216* und Schmeller 1, 76.
später erlischt diese bedeulung, vgl. unendlich.
2) endlich trar auch aptus, diensam, taugend, wichtig : wenne
er (der falke) den raup siht, den er viheu wil, so swingt er
463
ENDLICH
ENDLICH
464
sich aug und schawet, ob er im eben sei und gevellig, und
ist er im sd endleicb, &(> vxbt er in. Megenbebg 186, 8 ;
wir losen hie nit endlichs gelt, fastn. 371, 15
scheint: kein xiemliches, tüdiliges geld, oder ist diemeinung:
am ende kein geld?
wisx, es ist ein endlich sach! Ringi'i',%.
3) in der rechtssprache ist endlich ßnalis, definilivus:
die fastnacht wil uns sein ie nit veriragen,
und wil, das wir unser sinn zu sammen spitzen,
und ir ain entlich recht besitzen, fastn. G23, 7;
wir schalen pflegen guter witzen
und ir ain entlicns recht besitzen. 629, 16;
item, so der kläger . . . umb einen entlichen rechttag {Gobier
'judicialem et peremptorium terminum') bilt, der soll im für-
derlich ernent werden, wo aber der ankläger umb den ent-
lichen rechttag {judicialem diem) nit bitten weit, so soll der-
selb entlich rechttag {peremploria dies) auf des beklagten bitt
auch ernent werden. Carolina arl. 78 (a. 1533), die Rambet-
gensis (1507) hat endhaften rechttag; soll der richter die ent-
lichen urtheil {Gobier 'sentenliam difßnitivam'), so also in
Schriften verfasset ist, durch den geschwornen gerichtschrei-
ber . . . öffentlich verlesen lassen, art. 24 ; unzweifeliche ent-
liche Überwindung {Goblcr 'persona exlra dubitalionem con-
vicla'). art. 196; weil die sach dazumal noch unerkaiid und
kein endlich urteil der kirchen drüber ergangen war. Luther
1, 14l'; iedoch ward nichts enllichs beschlossen und die sach
in das concilium zu Nicen geschoben. Frank c/jron. 333' ; end-
liche Vorladung, cilatio ßnalis i endlicher befehl, ediclum perem-
torium.
4) darum auch ßnalis, schlieszlich überhaupt:
solch rSw und zaufen nach der schlacht,
die llannibal ad Cnnnas macht,
Tun {für die) entlich ursach wirt erkant,
das Rom Carihago überwant. Schwarzenberc 153, 2;
die Ursache oder endlich meinung der gebot ist uns unleid-
lich. Luther 3,525; da hastu die ursach, warumb und wozu
es eine taufe heiszf, und was sein endliche meinung sei.
6,284'; gott hat uns die taufe gegeben, dieser endlicher mei-
nung, das u. s. w. 8, 67* ; ja das ist des evangelisten fürnem-
liche endliche meinung. 8,129"; darumb ist noch mein end-
lich will und meinung. Galmy 97 ; wir endlichs willens sind,
einmal in Frankreich unser alte gesellschaft zu besichtigen.
buch der liebe 248, 4 ;
jetzt aber gibt die zeit den dingen
zu machen ein endlichen ausschlag. Atrer 383';
und mit disem endlichen {festen, enlschiednen) fürsatz nähert
er sich gegen inen hinzu. Amadis 368 ;
da mein schmerzenvolles wallen
dieses lebens ganz verschwjndt,
und sein endlichs ende lindt.
Neumarks luslwäldchen s. 22 ;
auch das ist noch nicht vielmehr als geschichte, und wodurch
es ein völliges Sinngedicht wird, sind lediglich die endlichen
letzten zeilen. Lessing 8, 436 ; so wurde Montigny bis auf die
ankunft seines gehülfen vertröstet, ohne welchen der könig
keinen endlichen schlusz fassen wollte. Schiller 830*.
5) endlich, interilurus, morlalis, gegenüber der unendlichen
gotlheit; eine bedeulung, die sich er.U im iü jh. gesetzt und
verbreitet hat: der mensch ist ein endliches wesen ; unsere
natur ist endlich ; unser endliches, vergängliches leben ; unser
gluck, alle unsere freude ist endlich;
kein endlicher sab euch, gedanken der goitheit!
Uetiia$ ö, 773 ;
kein endlicher sang da.jubel! 8, 40;
Ternimm des endlichen stimme. 8,55;
was nie ein endlicher litt. 9,447;
wir sind viel zu endlich, ^kr ihn zu dem richter zu flehen.
10, 75«;
ma» ist in mir, dasz ich so endlich hin I
und dennoch weniger endlich zu sein
durste mit diesem heiszen durste? Klopstock 1, 146;
einii bin ich weniger endlich, ebenda;
aber nach dieser unendlichen manigfaltigkeit ist sie {die natur)
nur ein »cbauspiel für einen unendlichen geist. um endliche
geisler an dem genusse derselben antbeil nehmen zu lassen,
inusten diese das vermögen erhalten, ihr schranken zu geben,
die sie nicht hat. Lusinc 7, 31fl ;
willst du in« unendliche schreiten,
fall io «odlicbeo oacb allen ••iieo. C0TUsM,48.
m/irf. sagte n\an von gott, dasz er 'Ane ende' sei, stellte ihm
aber nicht den menschen als endelkh gegenüber.
6) mathefiialisch heiszt eine grösze oder zahl endlich, wenn
man sie lieslimmen, d. h. durch fortgesetzte Vervielfältigung
oder Iheilung einer andern bestimmten ihr gleichartigen grösze
zu einer dritten gelangen kann, welche die obige übersteigt
oder noch kleiner ist.
ENDLICH, adv., nach dem voc. Iheut. 1482 g 3' efßcaciler vel
forliler, auch ßnaliter, nach g3' celeriter, cxpedilive.
1) schnell, rasch, fleiszig, ernst: mhd. wirp it, endeltcben.
Neidh. 12, 12;
nhd. was ir tuon weit, das tuot endleicb. fasln. 416,34;
die sechst ursach, die do unlustig macht unser Spinnerin,
ist das ir die müs das garn fressen, ee das sie die ander
spini gespint, so ist die erst zerbissen, wie kompt das, was
ist ursach? das ist ursach, du spinst zu unendlich, ee das
du noch ein spinI übeikumpst, so sint acht tag hcrumb,
und also überkunipstu kein garn zum mantel der lieb, du
mlist endlich spinnen. Keisersb. bilger 57'; giengen entlich
zu haus. Enlensp. cap. 35 s. 50 ; nit entlieh loufen. cap. 55
i. 81; lief endlich der herberg zu. cap. 6 *. 8.
2) endgültig, doßnitiv: es ist auch zu merken, dasz nicmant
auf einicheriei anzeigung, argkwons warzeicben oder verdacht
entlich zu peinlicher straf soll verurtheilt werden, sonder
allein peinlich mag man darauf fragen, so die anzeigung ge-
nugsam ist. dann soll jemant entlich zu peinlicher straf ver-
urtheilt werden, das musz ausz eigen bekennen oder bewei-
sung beschehen. Carolina art. 22. '
3) schlieszlich, ein für allemal: es ist endlich beschlossen,
das er haben wil, das man sich für im fürchten sol. Luther
4, 109'; derohalben ich auch hierinnen der mönche halben
nicht endlich ralhen noch scblieszen kaniL 6r. 2, 258 ; das
ists leider das der satan endlich gemein* bat, da er dies
sacrament am ersten angrif. 3, 454 ; dieweil auch von nöthen
ist entlich zu scblieszen, ob das buch anzunehmen oder nicht.
Melancbthon 4, 425 ;
got laszt nit wer im entlich trawt.
Scbwarzenberc 106,2. 1.58,2.
4) zuletzt, am ende, postremo, tandem: du leitest mich
nach deinem rat, und nimpst mich endlich mit ehren an.
ps. 73, 24; es gefeilet manchem ein weg wol, aber endlich
bringt er in zum tode. spr. Sal. 14, 12 ; die Weissagung wird
ja noch erfüllet werden zu seiner zeit und wird endlich frei
an tag komen. Wafcac. 2, 3; einem vermessen menschen gehts
endlich übel aus. Sir. 3, 27 ; denn der zorn ist schon end-
lich (eis reXos, usque in lineni) über sie koinen. 1 Thcss.
2, 16 ; es ist noch nie keine ketzerei endlich bestanden.
Luther 4, 329'. GtJNTHER in zwei Irostarien 102 bis 104 maclU
aus endlich ein persönliches 'liebstes endlich'.
5) endlich und endlich, tandem aliquando: endlich und
endlich kömmt er, aber wiederum mit einem solchen ich,
zur Sache. Lessing 8, 48.
6) leisere bedeulungen, denen von am ende (sp. 452) ähnlich:
endlich, welcher verheiratet der thut wol, welcher aber nicht
verheiratet, der thut besser {vulg. igilur et qui inalrimonio
juiigil, (öare xnl 6 iyyafiit,(t)p). l Cor. 7,38; wie ich end-
lich warte und lioffe {vulg. secundum exspectalionem et spein
meain). Pliil. 1, 2ü ; bis so lang er sich entlieh zum Witiel
gen Nimeck fuuden. Alberus wider W'itzel H2'; dasz gott
unser leben ganz in seine gnade, liebe und treue gefasset hat,
disz sagen wir endlich wol und bekennen es mit dem munde,
aber wir glaubcns nicht von herzen. Scriveh seelensch. 2, 154 ;
eitelkciien dieser weit sind der falschen mftnze gleich,
gelten endlich auch nicht hier, weniger im himmelreich.
LocAU 3, 60, 14 ;
nichts kennen, wissen und verstehen, ist endlich so eine
grösze schände nicht. Simpl. K. 76 ; sie darf es endlich wis-
sen. Lessing 1, 371 ; an blut und leben, an färbe und feuer
fehlt CS ihr endlich nicht. 2, . . . ; das ist endlich wahr genm:.
nun endlich! das wollt ich meinen!
7) nicht endlich : also brauch auch du die speis, weder
mee noch minder, weder dir not ist zu re<litcr zeit, nit ent-
lieh umb lusles willen. Kkiskrsiierc irriv jc'kjM 8' : '''' *""'
gesle, bleiben nicht endlich bei uns. Litiikr 4,'.tO*; da er
(Abrain) nn also gciiorrliet seinem golt und ausgezogen ist,
lesset er in nicht endlich on trosl. 4, 77. am ende nicht,
tulelit nicht, ncher niehl.
465
ENDLICHEN — ENDRICHTIG
ENDS — ENDSTICH
466
ENDLICHEN, die alte gestalt des vorigen adverbs, in allen
bedeulungen.
mild, du solt mich für in selben hän,
wan ich bin endeiichen er. tr. kr. 16827,
ich bin er in wahrheil; wie unendechlichen {übel, schändlich)
luge ste. melscher gast s. 405.
nhd. in dem so bisz in ein Doch, nach dem grappelt er
endlichen (ra^cÄ). Eulensp. cap. Zö s. 49; sagt zu der frawen,
das sie endlichen solt kumen. cap. 66 s. 96; gon nit mar dan
endlichen (auf das schnellste), s. 97; Clenspiegel was end-
lichen bi dem pfenning {nahm schnell den pfennig). cap. 80
s. 119 ;
dein dienst gen gou endlichen {eifrig) stell.
SCBWARZKNBEHG 155, 2;
ein gut gewissen darf solchs sorgens nicht, sondern kan ge-
trost aller meuler rede verachten und endlichen mit ehren
on alle gewalt stopfen. Lctheb 6,327*;
es stürbe sich, der hier jetzt liegt, noch endlichen zu lode.
L06AO 3, i39, 120 ;
und mach es endlichen also,
dasz ich auch wieder «verde froh.
Neckarks lustwäldchen s. 27.
im IS jh. erloschen.
ENDLICHKEIT, /. Stieler .357. in iwei einander fernen
bedeulungen. 1) diligentia, assiduitas, Steinbach 1, 341 :
leg mich vor mittag wider nider.
der eodlichkeit ist"mir keine wider, fastn. 562,20;
keiner endlichkeit ward ich nie zigen (geziehen),
und lasz auch nimmer auf mich kumen. 565, 27;
ich hör er sei zu endlichkeit bereit. 1423;
wenn ein endlichkeit in dir wer,
du giengst so scblüchtisch nit daher. H. Sachs I, 512*.
2) natura finita:
der endlichkellen erhalier
stärket ihn, dasz er nicht selbst hinsank. Messias 10,999;
der sich, das siaunen der endlichkeilen,
freigehorsam dem miulertod hingab. 10, 1043;
heilige schauer, fahrt fort aus meiner endlichkeit grenzen
mich hinüber zu tragen ans dunkle der herrlichkeit gottes.
5, 782 ;
hier schon hebst du meine seele
über ihrer jetzigen endlichkeit schranken. Klopstoce 1,146;
im gebiet des realen herscht die endlichkeit, im gebiet des
idealen die Unendlichkeit. Scbelli^g über tneth. des ak. sind. 17.
ENDLING, m. syllaba ttllima. Kolbes wortreichth. der deut-
schen u. franz. spräche 1, 192 und oft.
ENDLOS, infinilus, unendlich, ags. endeleis, engl, endless:
so beschirme uns mit siner mabt
der endelose starke got. ühlajkd S17;
ein chrisamenlloser magenpflästerer. Garg. I7l', wo chrisam
nur Verstärkung von endlos ;
gleichwie ein circul rund
• endlos sich in sich selbs endet. Wkcehirlin 370;
ja seine gnad endlos
uns zu erhalten vöst bestehet. 132;
von dem ohr des argwohns aufgetrieben
kriecht es wie schlingkraut endlos treibend fort
SCUILLIR . . •;
ein kämpf zur see! 0 edle männerschlacht!
nur eine planke halt und rings umher
endloser tod! öin schlucken und hinab!
Frkttags Fabier «. 21 ;
endlose quäl und pein; gottes endlose barmherzigkeit ; end-
lose Wasserfläche, himmelsbläue. 06er auch endlose schraube,
die ohne ende und tciderhall ist.
ENDMAHL, n. termintu, ziel, schtc. andamäl, ddn. ende-
maal:
bist du denn auch gangen hin,
dannenher kein rUckweg gehet,
da das endmahl allen stehet. Flcbixg 302;
dis soll das endmahl sein von allen meinen mühen. 626;
zeichen um das ende der bahn bemerklich za machen. Knittels
kurzfjed. 2 buch 1674 S. 15.
ENDPÜNCT, m. cxlrema pars.
ENDREI.M, m. versus simititer desinens, nnl. eindrijm.
ENDHEDE, f. epitogus, so am schlusz des spiegeis der
relhorik von Biederer.
ENDßlCHTIG, conveniens, aptus: wie vöMig, mächtig, föi^
derlich und endrictUig die emsige arbeitsamkeit seie. Fiscbart
ehz. 573.
IIL
ENDS, diese kürzung von endes ist üblich
1) in der redensarl 'ohne ends*, absque fine: on ends.
Moses archiv 2, 224; das gefiel mir nun nit so gar übel,
aber im summa, wir schieden ohne ends (ohne etwas ausge-
richtet zu haben). Götz von Berl. lebensbeschr. 160 und sicher
noch andencärts. ein merkwürdiger Überrest des alten von der
pfaep. ohne regierten genitivs, welchem wir auch in dem vor-
ausgesetzten zweifeis ohne, absque dubio, begegnen, mhd. bei
Neidhart :
tohter. deist ze späte
der schuobe und der kleider
springest äne beider. 22, 28;
üf der linden liget meil,
da von ist der walt des loubes äne. 42, 35,
wo freilich auch das verbum ist mit angeschlagen «erden musx.
ahd. bei Notser: andere ne mugen da; herza gesehen Äne
sin, praeter eum. ps. 141,2; föne dien siben glaten stemftn,
die gbenmichel sint äne des mittelösten, praeter medium.
2) in endshalben. versus ftnem, endwärls: endshalben nach
gegangen dem von Valois. Weckherlix 440.
ENDSATZ, m. proposilum, vorsatz. unw. doct. 326.
ENDSCHAFT, f finis, nachdrücklicher als ende: denn er
sol ein endscbaft mit Mose und dem gesetz machen. Luther
8,261*; bis zur Sachen endschafl. br. a,505; von endschaft
der bescbneidung. tisehr. lob'; dem krieg sein endschaft geben.
Aimon y; wie ein krankheit geboren wirt in der mechanei,
das ist in dem verborgenen Zimmermann, den wir nit sehend,
jedoch aber wie die Vernunft der menschen arbeitet in ihrer
mechanei, so mancherlei endschaft. Paracelsos 1, 583' ; der
krieg sein endscbaft gewonnen. Kirchhof disc. mil. 32; die
rechte beschlieszliche endschaft und ausspruch zu finden.
225 ; bis zu eröfnung irer aussag und endschaft dieser sachen.
256 ; wenn man des goldes also brauchet, so erreicht es sein
endschaft (seinen zweck), darzu es geschafi"en ist. Mathesics
46' ; der gerichtstag nam sein endschaft. Avrer proc. 1, 4 ; bis
zu endscbaft der sachen. Schweinichen 1,215; als nun das
königlich banket sein endschaft gehabt. Fro.>sperg kriegsb.
3, 295' ; die natur mach nichts unabsterblich, sondern allem
dem sie ein anfang gibt, dem geh sie auch ein endschaft
Garg. 158'; es hat aber das löwensteinische praedominieren
noch keine endschaft erreichet. Erpach gegen Löwenslein 1634
s. 20 ; in hofnung, das löwensteinische einseitige commando
nunmehr seine endschaft erreichen werde. 28 ; die geschichte
hat ihre endschaft. Harnisch 240 ; hatten auch meine anschlug
ein endschaft. Simpl. 2, 245 ; eueren klagen endschaft erteilen.
Bütschet Aans/. 680; er gebe endschaft seinen klagen. 860 ; weil
alles dasjenige, was uns in der weit erhält, auf seine endschaft
zilet. 865; dasz sie dem discurs seine endschaft nicht gaben.
Weise erzn. 340 ; wer hätte sich einbilden sollen, dasz meine
Sache eine solche gute endschaft erreichen würde ? Plesse 3, 345 ;
licht und sonn ist jetzt vergangen, ,
aber deine wolthat ni^cht,
die von ewig angefangen
und ohn endscbaft aufgericht. Mchlpfort s. 6S;
er will, sie endlich auch, dies macht
die endschaft alles widerstrebens. Hagedorn 2, 91;
er nimmt jede seiner handlungen, wenn er will, bei ihrem Ur-
sprünge auf und führet sie durch alle mögliche abänderimgen
bis zu ihrer endschaft, Lessixc 6. 392 ; ihre vollmacht hat
ihre endschaft erreicht. Wieland 28, 276 ; etliche Altfranken
. . . waren ziemlich verdrieszlich darüber geworden, dasz es
mit der beraldik auf einmal so zur endschaft gekommen war.
Klopsto« 12, 330 ;
das gesetz hat seine endschaft, nnd das essen
steht auf dem tisch. Scuillsr 592'.
ENDSCHLÜSZ, n. sententia definitiva, endurlheil. Stiblbb
1842, verschieden von entschlusz, proposilum.
ENDSILBE, f. syllaba ultima.
ENDSPIEL, n. exitus ludi, letztes spiel, «0 alles aufgesetzt
wird, mhd. endespil:
ir was ze stark und si ze krank,
dar 6ri Sne der guoien dank
braht Of ein endespil. Greg. 226.
ENDSPITZE, f ich verfiel in den metaphysischen unsinn,
meinem eigenen selbst bis auf die feine endspitze nachza-
Bchleichen, wo es sich für seine zwo weiten theilen würde.
TbImiel 2, 13.
ENDSTICH, m. pointe: einige dutzend unserer bände epi-
grainmenanthologien mit ihren tausend endstichen. J. P.
bücherschau 1, 72.
30
467
ENDSTÜCK— ENDZEILE
ENDZIEL— ENG
468
ENDSTÜCK, n. pars suprema: das mittelstück einer öüte
findet sich zwischen beiden endstücken ; endslück einer tabacks-
pfeife, mundstück.
ENDTRILLER, *. endetriiler.
ENDUNG, f. 1) was ende, endigung, beendigung :
ich dacht das sind die göttin drei,
diirvon Uvidius der grost
schreibt, wie sie dem menschlichen leben
aofang, mittel und endung geben, il. Sacos 1,367';
ich würde durchaus nicht, auch wol in langer zeit,
ein endung oder schlusz in solchem können finden,
wolt ich der biumen meng hieher zusammen tragen
aus den verrichiungen und thaten diser Icui.
ROHPLKR 103;
bis in die späte nacht,
bis Prognes Schwester auch dem gall (gesang) ein endung
macht. 133;
'zu eodung unsers zwists mag uns die elster richten'
sagt die mit der dohle um den preis der Schönheit streitende
taube in J. Ä. Schlegels fabeln 195.
21 terminalio vocis, die endung eines worls.
ENDURSACHE, f. causa finalis, Stieler 1656, im gegen-
xatz der causa efficiens, die am anfang steht : das produclive
vermögen der nalur nach endursachen. Kant 7,265; wenn wir
die naturpruducte nach der causaiität der zwecke und end-
ursachen ... als möglich vorsteilen. 7,286; jede Veränderung
in der natur und also auch in dem menschlichen korper hat
ihre wirkende Ursache und ihre endursache. Mendelssohn in
Göckingks leben Nicolais s. 198; sollte wol die Vernunft oder
Tieileicht besser der verstand, wenn er auf endursachen ge-
rätb, besser daran sein, als wenn er auf ein diclat des her-
zens gerülh? Lichtenberg 1, 108; ich finde es recht lustig
eine endursache der handlungen und begebenheiten zu wer-
den. Göthe 29, 214 ; meine abneigung gegen die endursachen
war nun geregelt und gerechtfertigt. 50, 53 ; die endursachen
sind dem gemüthe zu denken so nöthig, dasz du aus den
nichtendursachen erst eine rechte endursache machst, an fr.
von Stein 3, 190.
ENDURTHEIL, n. und f. senlenlia ultima, endliches nrlheil :
Verfassung bei- und endurtheil, wie sie dann zu schleuniger
föiderung der hündel zum trewlichsten und nützlichsten zu
sein jederzeit ermessen werden, cammerger. ordn. von lö"21
arl. 3; so der richter nach der endurtheil sein stab gebro-
chen hat. Carolina arl. 99 ; sondern zu dem endeurteil ist
geeilet worden. Luther 418; diese Sachen mit einem billigen
endurtheil beschlieszen. Kirchhof mil. disc. 249;
nod.'igrain seit lassen citiern,
klag eingeben und zeugen fuhrn,
bei- und endurtheil zu besclilieszen. Atrsr /bs/n. 42';
dises sirits recht und endurtheil föllen. Wkckhkri.in 722;
{dasz du) eines groszen strits das rechte endurtheil Tollest.
/ '28;
den armen Sünder im gefängnis zu besuchen und zu sehen,
wie er sich zum endurtheil anstelle. Jucundiss. 136;
es haben ihr endurtheil
nalionen gernllt. Klopstock 7, 5;
ruhig blicket die kiilt herab,
wenn sie ihr endurtheil nun spricht. 7, 13,
t. urtheil und beiurtheil.
ENDURTHEILER, ra.
durch seines hohen snruchcs entscheidiingen
geweckt, entzaubert, leugn(>n die dichter nicht
des maalcs ewigkeil, das i;r sich
zu dem verdienieslen nihm gesetzt hat,
als enduriheiler. Klopstqck 2, 50.
ENDVERHÖR, n. inlerrogalio finalis:
w<;nn ich zuweilen iraumie, dasz die seelen
fortwandertcn bis zu dem endverhor. Gokinge 3, 191.
ENDWORT, n. ultimum rerbum: endwort einer zeile, eines
absatzes; enivinrle, schlusjworte einer stelle. Ickrlsaher i/ram-
malieaDH': ein fragzeichen, das setzt und braucht man, wa
fragrede 8eind, und ist auch nach der stimme art und gleichnns
gefurmiert also?, dasz ein lini oder virgula über suh srhnipt,
wie sich die stimm in einer frag am ende erhebt und iiher
sich schwingt, wie tolliches in dem endewort des obgt'setzten
exernpels vermerkt würd und wie auch in dieser rede, so der
gerecht kaum erbalten wird, wa will der gottlos und sünder
erscheinen?
ENDZEICHEN, n. das man mil der glocke Idulet, wtnn eitur
in letzten tügen liegt. Staliiri 1, 343.
ENDZEILE, f. ullma Hnea.
ENDZIEL, n. ßnis, zweck, in beiden Wörtern der eompo-
sition liegt dasselbe, mhd. endezil. Trist. 274, 24.
ENDZWECK, m. consilium, consiliorum finis, die Schreibung
entzweck ist falsch: der zweck, welcher die unumgängliche
und zureichende bedingung aller übrigen enthält, ist der cnd-
zweck. Kant 6, 165; der zweck der existenz eines solchen
naturwesens ist in ihm selbst, d. i. es ist nicht blosz zweck,
sondern auch endzweck. 7, 306 ; man kann beweisen, dasz,
was etwa noch für die natur ein letzter zweck sein könnte,
. . . doch als naturding niemals ein endzweck sein könnte.
7, 306 ; endzweck ist derjenige zweck, der keines andern als
bedingung seiner möglichkeit bedarf. 7,316; was ist der oberste
zweck, d.i. der endzweck? 7,333; allein ich gehe einem weit
höheren endzweck entgegen. Göthe 11, 57; sie sollen, zu her-
lichen endzwecken bereitet, aus meinen bänden wollhätiger
und wirkender wieder ausgehen. 11, 60 ; erhebt ihr herz, dasz
sie nicht trübsinnig den groszen endzweck versäume, ebenda;
was denkst du von den endzwecken dieses grades? 14,177;
man musz so viel leidenschaft haben, wie sie, versetzte Serlo,
lim alles zu seinem endzweck zu benutzen. Shakespear führt
die ankommenden Schauspieler zu einem doppelten endzweck
herein. 19,174; freilich hat Kant von moralität und verhält-
nismäsziger glückseligkeit als dem höchsten gut und dem
letzten endzwecke gesprochen, aber er wusle es selbst am
besten, dasz moralität ohne böbern endzweck selbst keine
realität habe. Schellings schrißen 1809. 1, 48. vgl. den end-
lichen zweck. Bürger 248*.
ENE, m. avus, s. ehni und eni : von seinen vier enen. Petr. 41' ;
hab kennt dein ene, dein vater auch.
Frischm.i Wendelgart 2, 3;
dein ene ligt zu Schloitsiatt noch
auT einem rad, was leugslu doch? ebenda.
ENENKEL, m. n. scheinbare reduplication von enkel, in
dessen beiden bedcutungen latus und nepos, wovon erst unter
diesem wort näher gehandelt werden kann, die form ist blosz
östicichisclibairisch. schon die Windsbcrger psalmen liefern
104 (105), 10 5. 486 gesazte ij demc eninchline in ein gebot,
et statuit illud .Jacob (rf. h. Abrahams nachkommen) in prae-
ceptum, und Stricker bei Hahn s. 37 sagt:
daj ein rirhej künicrfche
der eninkel ieglicliej besä;.
zwar liest man auch in Wacrernagels Schwabenspiegel cap. 6
s. 11: geschwisleride kinde kint, daj sint geschwisteride enin-
kel, die hefent die dritten sippc, it'o doch die übrigen hss.
nur kinde kint oder enkel geben, eninkel also von einem bairi-
schcn abschrciber herrühren mag. die heutige fortdauer des
ausdrucks bezeugt Schmeli.er 1, 83, er findet sich auch hin und
wieder in Schriften gebraucht, z. b. Sigmund von Birken tn
seinem oslländ. lorbeerhain sagt s. 158 von Maximilian I : als
er seinen enenkel erzherzog Carln {nachher Carl V) einem be-
lehrer untergab; s. 166: als ihm in seinem alter könig Lasla
von Hungarn tochter, so hernach erzherzogen Ferdinando.
seinem enenkel, vermählt worden, angetragen wurde, schFuge
er den heurat ah mit dieser entschuldigung, einen alten könne
man nit glimpflicher vom brot thun, als wenn man ihm ein
junge« weih gebe.
ENEB, nie, ENS, illud, statt des jotierten jener, jenes 6e-
gegnet, wie schon ahd. (Graff 1, 599) und mhd. (wb. 1, 77l'),
so auch in der bairischen und scliweizerischen mundart (Schm.
1, 68. Stald. 1, 103).
hiet man ens uod dicz besehen, ring 23', 0.
t. enhalb.
ENES, m. anisum: wachalterper, encs und fenchel. kuchen-
meislerei cap. 3. siehe anis 1, 377 und hernach enis.
ENET, EN.NET, ultra, jenseits, Staldeh 1, 103
ists der man cnct dem Jordan,
zuo dem all dise wult ist glofTenl trag. Jok. J4.
wie ahd. fnont Jordane, t'nont Tuonowo. Graff 1,600; ennet
der Iser ist ein bühel, da satzt ich mich, gsach die .statt an
und weinet inncnglich. Plater 29; und kamcnd aneinandrrn
ennet dem b.lchli. Tschudi 1, 20s (ri;/. jenseil barhes l,l():i»l;
si zu warnen, dasz si iiiiih kein sarli ilher die l'irs ziigind und
dasz si wol tutind und ennet der l'irs belihiiid, so niöclil inen
nützit bescheihen. 2.423; ennunt scwes. Mohr r.v/cj/u 2 «' I7n.
ENKTIIALR, ENNETHALR, dasselbe: dann der delphin hctic
enneihalb sin macht. Tschuoi 2, 423. ennerlhalb. Maalkr in:i'.
ENG, ENGE, angustus, g^lh. aggvus, altn. Angr, ahd. enki,
engt, mhd. enge, alls. cngi, nnl. eng, ags. enge; scJiw, din.
469
ENG
ENG
470
engl, ist dies ad], ausgestorben, die Schweden brauchen dafür
tning (ahn. Jiröngr), die Dänen snever {alln. snaefr), die Eng-
länder nairow {ags. nearo). wie in aggvus ableitendes u
wallet, musi es in öngr aus dem umlaul des a geschlossen
werden, nicht anders gilt es Im lat. anguslus und gr. dyy'Vi,
ist aber ahd. xu i geschwächt, lit. bestehen anksztas und
anksztus nebeneinander, die sich zum lat. angustus, wie auksztas
zu augustus verhallen, altn. [jröngr verräth uns ein nicht vor-
kommendes goth. {)raggvus, ahd. drengi, dessen begrif unmit-
telbar anslOszt. geradezu vei wandt ist bang, bange (1, 1104).
über die würzet mehr unter engen.
Alle bedeulungen gehen vom räum aus und empfangen dann
noch abstracte anwendung.
1) sihe der räum, da wir für dir wonen, ist uns zu enge.
2 kön. 6, 1 ; der räum ist mir zu enge, rucke hin, das ich bei
dir wonen niüge. Es. 49, 20 ; da gieng der engel des herrn
weiter und trat an engen ort, da kein weg war zu weicheo,
weder zur rechten noch zur linken. 4 Mos. 22, 26 ;
'luoi üf!' wem, w?r sit ir?
'ich wil inj herze hin zuo dir'.
so gert ir zengeni nime. Parz. 433,3.
das enge haus, die enge kammer; und über disen kamern
waren andere engere kamern. £*. 42, 5 ; wir wend dir ein
wäsen machen, das dir das hus zu eng musz werden. Pla-
TEB 18;
zu Braunschweig die grosze faule metzen
aus lauter erz ist sie gegossen,
das du gar wol drein si;zen kündest
und gar kein engs ort drin empründest.
Frischli.ns Julius rediviws p, 70;
kein platz war unserm lager enge,
kein zirkel unsrer last zu klein. Gcnther 1S3;
langweiliger besuch macht zeit und zimmer enger,
0 himmel, schütze mich Tor jedem mösziggnngerl
Uagkdorn 1, t>7 ;
ach wenn in unsrer engen zelle
die Inmpe freundlich wieder brennt. Göthe 12, 64;
denn das bette ist so enge, das nichts ubrigs ist, und die
decke so kurz, dasz man sich drein schmiegen musz. Es. 28, 20.
2) das grab heiszt das enge dunkle haus oder das enge bette,
bei OssiAS talla caol, die enge lialle, gun leus, ohne licht;
so man dich gar beruhet enger klüse. Fraüejclob 41, 6;
du Wirt in engem hüse. 41,12;
so dich die viere geschoben hänt in engej hol. 41, 11;
düster isis im grab und enge. Scbmidt vom Wbrmiücbe!» 240;
bis zum engen, kalten hause. Gotthelfs kn. Vit s. 291;
ich kann sie nicht mehr suchen auf den bergen,
und so in engem stets und engerm kreis
beweg ich mich dem enges'en und letzten,
wo alles leben still steht, langsam zu. Schillbr 525*.
3) weil dir das gebirge Ephraim zu enge ist. Jos. 17,15; in
einen flecken Carnian, welclis im engen gebirge lag. 2 Macc.
12, 21 ; ein enges thal zwi'schen den bergen ; eine enge Schlucht ;
der weg ist steil und eng; ein enger, rauher pfad;
swer der raäje brechen wil ir siräje.
dem gevellet iihte ein enger pfat. Walth. 80, 7;
er eilet dem {wild gewordenen) ochsen nach, war hart binden
an im, wo er sich hinwandte, war er im auf der hauhen,
weg und sieg eng zu machen, buch der liebe 227, 1 ; und es
waren enge fensterlin an den gemachen und erkern einwerts.
Ez. 40, 16 ; und waren enge fenster und viel palmenlaubwerks
herumb. 41,26; und die pforte ist enge und der weg ist
schmal der zum leben füret (hvan aggvu t)ata daur jah t)raihans
vigs sa brigganda in lihainai). Matlh. 7, 14 ;
dort wo die Alster sich in engen ufern krümmt.
Hagioor?! 2, 81;
die enge röhre hatte sich verstopft; die ädern werden im
hohen aller enger; nu er fresse mich, es soll ihm der bauch
enge gnug darvon werden, das weisz ich. Luthers reforma-
lionshislorische deutsche schrißen ed. Irmischer. Erl. 1830. 1, 275.
4) enge, knapp anschlieszende hosen ; den engen rock,
lunicam et lineam strictam. 2 3/o5. 2S. 4. 29, 5. 30, 27; das kleid
eiiger machen ; enge, drückende schuhe ; dasz sie nicht wissen,
wie sie sich kleiden sollen, jetzt in lang, jetzt in kurz, jetzt
in eng. Fbonspekg kriegsb. 3,183";
mein allster junge wächst heran,
sein wamms wird täglich enger.
SCBIIDT TOS.WBBNEUCBBf« 287;
den vorgen engen stand darf ich jetzt von mir legen, so wie
ein kleid. Tiece l, 293.
5) das thun die engen, einfelligen kinderaugen. Lctheb
3,316'; die äugen seind euch noch gar enge und vol Schlafs.
herz. Heisr. Jul. 427 ; enger, beklommener athem ; ein trank
zu allen flüssigen schaden, so ein enger, kurzer alhem darbei
ist. Tabebxaemo.nt. 448 ;
der sich in enger brüste garten warf. Fbaükxlob 19, 1 ;
in diesem aufzug gieng ich (in frauengewand) über die gasz
und macht so enge schriltlein, als elwan Achilles gethan,
da ihn seine mutler dem Licomedi recommendierle. Simpl.
K. 315 ; er hat ein enges maul, angusti oris est. Stieler 379 ;
sieh freund, sieh da, was geht dpch immer
dort für ein reizend fr.iuenzimmer?
der neuen iracht Vollkommenheit,
der engen schritte neiiigkeit,
die bei der kleinsten hindruiig stocken,
der weisze hiils voll schwarzer locken,
der wolgewaehsne schlanke leib
verräth ein junges artges weih. Lessing 1,46;
ein enger köpf, der wejiig faszt, ein enges herz, das wenig
aufnimmt: dieses schreibe ich nicht gelehrten und verstän-
digen leulen, sondern engen zugeschlossenen köpfen, colica,
vorrede; es wird mir von tage zu tage immer ärgerlicher,
dasz ich einen menschen 'von so weitläuftigera köpfe und so
engem herzen zum söhne haben musz. Engel Lorenz Stark s. 16.
6) die Vorstellungen des engen tmd nahen fallen oß zusam-
men, das nahe bedrängt und engl ein:
und ein enges nun das schmücket
die ihr haszt mit eurer krön. Gktphics 1, 43;
in so enger {naher) zeit. Lohesst. Arm. 1, 29 ; er war sein
engster (genauster) freund. Hippel 12, 1S7 ; den bäusern und
einwohnern sieht man, ich will nicht sagen mangel, aber
doch bald ein sehr enges bedürfnis an. Göthe 16, 233; ein
enger kämm, dessen zahne nah beisammen stehen.
7) abstractionen. ein enges gewissen, im gegensalz zum
weiten, wodurch, wie es heiszt, ein hochgeladener wagen fahren
kann :
engers gwissens hört ich noch nie. Ktkkr fasln. 131';
mein gewissen ist zu enge, dergleichen gut an sich zu bringen.
Felsenb. 2, 336 ; die Vorstellung, der begrif, ausdruck ist zu
enge, befaszl zu wenig; wie wol das wort zu enge ist, aber
ich habe kein anders. Luther 3,239;
lasz einen engen [kurzen) brief mich lehren deinen willen.
HoFMAS.NswALDAü Iteldenbr. 76;
das enge Ibescltrdnkle) leben steht mir gar nicht an.
GöTUB 12, 120;
ein edles herz, vom wege der natur '
durch enges Schicksal abgeleitet. 2, 150;
0 glaube mir, ein selbstisches gemüth
kann nicht der quäl des engen neids entfliehen. 9, 198;
der mensch bedarf in seinem engen wesen
der doppelten empündung, lieb und basz. 9, 199;
der enge erdensohn. J. P. lit. nachl. 4, 265 ; fürst Maria . . «
liesz den engen, bangen mann gar nicht ohne böflichkeit an.
doppelheerschau s. 197 ; ihr gallischer, enger, weiblicher ge-
schmack. kl. bücherschau 1, 68 ; die enge, eigenliebige und
unverlragsame denkungsart der menschen. Kant 6, 387 ;
der engen pfafTenweise widerstand
der muihge geist. Schiller 662';
ein enger Wirkungskreis. Gotteb 1,166; im engem freundes-
kreise; schickte der regente auch an uns übrigen vom soge-
nannten engem ausschusse. Felsenb. 4, 235.
8) eng zu andern adj. tretend: seine stolze schupen sind,
wie feste Schilde, fest und enge in einander. Hiob 41, 6 ;
der ihm stund entgegen
mit seiner macht gar dick und eng. Springs Aeneis $. 357*,
irte trir dicht und eng, gedrängt und eng verbinden, tpeil das
dichte einengt.
9) enge werden: denn dein wüstes, verstörets und zubro-
chens land wird dir alsdenn zu enge werden, drinne zu wonen.
Es. 49,19;
mir wird so engl
die mauerpfeiler
befangen mich. Göthr 12, 201 ;
den liebenden drin, nach gepflogener tust,
ward enger und bänger von ahndung die bmst. Bürger 34';
mein gott, wie wird ihnen? 'heisz und enge'. Schiller 211';
da wurde die Umarmung enger. J, P. Hesp. l, 248.
30»
471
ENG — ENGE
ENGE — ENGEL
472
10) ins enge bringen, treiben, ziehen : der richter ward auf
anhörung dieses gesprätiis ins enge gebraciit. pers. baumg.
4, 5 ; ich will die Vermutung ungeäuszert lassen, dasz es viel-
leicht gar nicht einmal die rechte art sei, eine madame Free-
mann ins enge zu treiben. Lessing 7,91;
verkanut von der menge
wie zieh ich ins enge
mich siille zurück. Göthk 1,42;
sie zog ihren haushält ohne bänglichkeit ins enge. 17,177;
ungeachtet seiner manigfachen Studien wüste er docb die
hauptfrage nicht ins enge zu bringen (im concenlrieren). 25, 12 ;
dasz darum zu thun sei unzählige erfahrungen ins enge zu
bringen, sie zu ordnen. 30,332; wir berielhen uns tiber den
gedanken, die deutschen stücke, die sich erhalten lieszen,
theils unverändert im druck zu sammeln, theils aber verän-
dert und ins enge gezogen der neueren zeit und ihrem ge-
schmack näher zu bringen. 31, 83.
ENG, ENGE, adv., ohne aupiebung des umlauts, wie sie
im mild. adv. ange statißndct, wdhreitd umgedreht das a des
adv. bange in das nhd. adj. bang zugelassen worden ist. etwas
enge betrachten, genau erwägen; enge sitzen; enge in ein-
ander wohnen, angusle habilare; enge spannen, fest und
straf anziehen: der heilige geist will nicht zürnen, ob eine
metze (ei;» mädchen) einen knaben lieb hat und widerumb,
also das sie lust haben ehelich zu leben, und hats lassen
schreiben {Jacob, Rahel) umb der tollen prediger willen, die
es so enge gespannet haben. Lcther 4, 162'; es ist eben
darumb geschrieben, das nicht jemand denke, es sei sünde,
ob er mit der braut herlicher feret, denn sonst im gemeinen
leben, das mans nicht so enge spanne, es ist nicht sünde.
4,132'; Abraham {bei der färbille für Sodom) meinet er wolt
es enge spannen und nur fünfzig zelen. 4, 105. enge halten,
knapp, kurz halten: darumb ward Floramene von ihren eitern
etwas enger gehalten, pol. stock f 271;
still und eng und ruhig auferzogen
wirft man uns auf einmal in die weit. Göthe 1, 84;
da aber Aurelie in ihrer neuen wohnung sehr eng (eingerichtet)
war, muste er den Felix bei sich behalten. 19,225;
wiszt ihr, wies steht an diesem hof, wie eng
dies Irauenreich die geister bat gebunden ? Schiller 423'.
ENGBÄUCHIG, angusli ventris, gilt zumal von pferden.
ENGBEFMG, angusti cruris.
ENGBHCSTIG, anhelus, angusli pecloris : wann ein ros eng-
brüstig und sehr keichet, soll man weizenmel mit lauem
Wasser einrühren und dem ros solches zu trinken geben.
Tabebxae«. 60t; ein engbrüstiger mensch, figürlich, eure eng-
brüstige, lahme und schielende hatmonie der evangelisten.
Lessi.ng . . . ; ich weisz nicht, wie diesen engbrüstigen leulen
(die zwar nicht untugendhaft sind, aber auch über ihre lasier
nicht gespottet wissen wollen) zu helfen ist. Habener 1, 90 ;
engbrüstig für engherzig findet sich z. b. in Kreittmayrs an-
merkungcn zum cod. maximil. bavaricus III. 3, 2.
ENGBRÜSTIGKEIT, f mit der engbrüstigkeit des glück-
lichen sehnens. J. P. //e.<p. l, 143.
ENGE, f angusliae, nach den bedeutungen des adj.
U des orts: der engel stund in der enge zwischen mauren,
darmit die reben warent gehefi. Keisersh. s. d. m. 17'; die
engen des Apennin. Lohenst. Arm. 1,742-,
entferne dich
aus meiner enge reingezogaem kreis. Götbe 9, 331 ;
ich sah sie {meine freundinneu) nun zum erstenmal in städti-
schen zwar weiten zimmern, aber doch in der enge, in bezug
auf tapeten, Spiegel, Standuhren und porzellanpuppen. 26,35;
in welcher häuslichen enge ein allgemein beliebter deutscher
•chriftsteller sich behelfeu müsse. 26,114;
des w«ges enpc wchrpt den Verfolgern. Scbillik 644';
erkerintnit (!•
soll den mcii >.
»U mnrhli: r; r weil,
dasz ich sehe i>iMiiu engen um. Kückcrt 319.
2) leiblieh, enge der brüst, der halsrOfare u. s. w. ; schwerer
atbem, keicbcn, enge, busleo. FustB fitcitbuch 11«'. engi eng-
brüitiykeil. STAi.bek 1, 343.
3) autJehnungen : neitläuftiger und eigenilicivcr zu schreiben
bat mich nicht altein die enge der zeit, sondern auch Son-
aten alirrlci ungelegenhcit verhindert. Opitz poeterei vnrr. l* ;
unsere »prarhe auch »bncdisz in solche enge der Wörter, wie
die französische, nicht kan gfbracht werden, i. 60 ;
und kehrt in dörfer ein, wo des gewissens enge
den handschlag sichrer macht als alles rechisgepränge.
Hackdorn 1, 23;
eine verdriesziiche enge in der wähl der Wörter. Kant 8,13;
und meist aus albernheit, unbegrif und enge. Güthe 16, loi;
ich werde nicht den lobredner idyllischer rusticität und klein-
bürgerlicher enge machen. Immermanns Münchhausen 1,212;
man stand auf, die enge (die Albano bei tafel fühlte) ver-
schwand, sein eifer auch. J. P. Tit. 2, 41.
4) in die enge treiben, in angustum engere (vgl. das stär-
kere ins bockshorn treiben 2, 207 und das gleichbedeutige ins
enge treiben) :
der mensrh das edle ihier
wohnt fast gesund und frisch in seinem leibe hier,
so lange luft und bhit behalten ihre g.inge.
wo aber diese schon durch krankheit in die enge
getrieben worden sind, geht angst und keichen an.
Opitz 1,39;
wodurch die Ternunft in ihrem theoretischen gebrauche sehr
in die enge gebracht wird. Kant 4,85; seinen gegner in die
enge treiben. 8,126; durch hin und wiederreden in die enge
getrieben gestand er. Göthe 23, 141. man sagt auch in die
enge gerathen.
ENGECHTIG, arctus, scrupulosus. Stieler 379.
ENGEDE, /". angusliae, golh. aggvi|)a, ahd. enkida, nnl. engte.
ENGEL, m. ein durch das chrislcnlhum' in alle neueren
sprachen überführles wort, weil für den himmlischen boten und
geist kein heimischer ausdruck geeignet schien, golh. aggiius,
ahd. angil, engil, ags. engel, engl, angel, altn. engill, lit.
angelas, russ. angel", poln. aniöl, böhm. angel, andtM, »r. ain-
geal, it. angelo, sp. angel, franz. ange. auch viele ahd. eigen-
namen sind mit angil, später engil gebildet, Engilbald, Engil-
berht, Engilger, Engilher, Engilhart u. s. w. und engel steht
hier fast wie das heidnische alb und elb, genius, zumal beide,
engel und elbe, in gestalt kleiner kinder gedacht wurden.
1) unschuldige kinder heiszcn vorzugsweise engel : ein paar
engel von kindern. Lorenz Stark s. 158; kleiner engel I Gotter
1, 326 ; ein früher tod entrisz uns diesen engel. von allen
leulen wird niemals engel gesagt.
2) schöne und geliebte frauen: mein engel! mea anima;
rehte als die engel sini diu wip getan. Waltu. 57,8,
doch reicht engel über das weib:
6l ist ein engel und niht ein wip. Iw. 1690,
und nie redet ein mhd. dichter seine geliebte 'engel' an, das
ist erst später aufgekommen und gemein geworden, 'einen
engeir pfui, das sagt ein jeder von der seinigen. Götub
16,24; mein engel (schätz) will heute dahin kommen;
wo du, engel, bist, ist lieb und gute,
wo du bisi, nalur. Götuk 1, 79;
ach konnte jn . . . .
der ritter gar davon mit seinem engel gehn. Wieland 22,121.
auszerhalb der anrede: aus achtung für die ruhe des engeis
hab ich ihm mein herz nie entdeckt. Gotter 3, 88; Wilhelm,
ob er gleich nach der erscheinung jenes hülfreichen engeis
(der dame zu pferd) mild und sanft geworden war. Göthe
19, 50, in welcher letzten stelle die frau als ein höheres wcsen
dargestellt wird.
3) nach einer tiefgreifenden Vorstellung des alterthums ist
jedem menschen ein engel beigegeben, der über ihn wacht und
ihn geleitet, woher die ausdrucksweisen : das sprach sein engel.
Lessinc 2,183. Schiller 485'; das spricht dein guter engel
aus dir, das hiesz dich dein engel sprechen; das gab dir
dein engel ein; du und dein engel! (vgl. Personenwechsel
$. 32). gleichergestalt folgen aber auch böse engel dem men-
schen und lauern ihm auf es ist zuweilen von lichten und
weiszen oder von schwarzen engein die rede:
wer bist du, den sein böser en^ji'l mir
enlgegcn schickt? Sciiii,lkr 465";
dann dSuchle es mir, der schwarze engel hauche mich an
und düstre mir zu, stürze dich hinein, thur, du h.lltst es
doch nicht länger aus. sieh nur, wie saiifl das was^er rollt !
ein augenblick und dein ganzes sein wird ebenso dahin wt-llen.
der a. mann im Tockenb. 309.
4) gute oder böse engel lachen und weinen über da* was
die menschen thun oder ihnen widerfährt :
eh ich dich auch nb^chmier,
daxi alle enget li'chcn. Atrrr fasln. \W.
6) jung ein eogel, alt ein teufel, spricht man. Otbo kran-
kentr. 88.
473 ENGELABSE.\KER — ENGELGESICHT
ENGELABSENKER, m. propago angelorum : weiber, ihr
holden, weichen frühHngsblumen und engelabsenker. J. P.
Hesp. 3, 97. s. engelkeimchen, engelsschöszlein.
ENGELÄHNLICH, engelgleich: leute» die noch sehr weit
entfernt sind ertragliche menschen zu sein, in eine engel-
ähnliche Vollkommenheit hineinzudeclamieren. Wielasd.
ENGELAMT. n. frühmesae in der adventzeit. Schxeller 1,80.
ENGELANDACHT, f.
ENGELANMLT, f.
an engelanmut reich. Schcbart 313.
ENGELART, f. eine arl von engein.
ENGELBETT, n. ein beltgeslell ohne seulen, dessen vorhänge
an der decke befestigt sind.
ENGELBILD, n.
freiheit, die ich meine,
die mein herz erfüllt,
komm mit deinem scheine,
süszes engelbild. ScHgNEexDORr 156.
ENGELBLICK, m., blick, wie ihn engel thun:
heihger tag, als mir 'ich liebe dich' Benzler sagte,
durch wone nicht, durch einen engeiblick,
und ich den blick Tersiand, und mit entzücken klagte,
verdient ich doch dies glück! Klaibr Schiidt verm. ged.1,%3.
ENGELBLCMCHEN, BLÜMLELN, n. myosotis, ynaphalium.
ENGELBLCME, f. trollius, ßlago, vgl. angelica.
ENGELBKOT, h. angelorum panis, manna, mhd. himel-
brot : die rechten ejjent in dem himel da; engelproL Levser
pted. 3, 13 ; sie aszen engelhrot. ps. "S, 25 ;
dein tbau sei engelbrot. GCktrer 632.
ENGELCHEN, n. kleiner engel: engelchen von fronaltar.
Garg. lU' ;
im bimroel, im bimmel sind Treuden so viel,
da tanzen die engekben und haben ihr spiel.
Grtpuils 1, S15;
mein engelchen! meae deliciae, mon petit ange ! mein engligen!
nun wirds bald? Weise Sittenlehre 215; ach du engelchen!
formula blandiendi infantulis. Stieleb 3S1. auch verschie-
dene blumen heiszen engelchen , ferner an einigen orten der
seisiq und eine art Wasserjungfern, libellula puella.
ENGELCHOR, m. angelorum chorus:
des himraels engelchor. Weckherlis 646;
und Tirza, die oft in Eden mitten unter engelchüren wandelt.
Friedr. Müller 1, 8.
ENGELE, f. weiblicher taufname, ahd. Angilä, Engila, vgl.
engelin.
ENGELE, f. wenn sich aus folgender stelle ein f. sehlieszen
läszt und es nicht vielmehr der gen. pl. ist, zu welchem man
sich ein ausgefallnes subst. dachte: engele, miliaceli (= millia
caeli) oder zaichen am himel oder vilikeit der Sterne oder
unaussprechliche wirdigkeit der himilischen erbe oder guldin
schem der slerne. voc. 1482 g3' und daraus Diefexbach 361".
ENGELEIN, n. was engelchen:
so lasz uns nun, mein engelein.
erneuern unsern .streit mit seherzen, herzen, schmatzen.
WecKHERLin 775;
er konnte ihn mit den lieben engelein vergleichen. Gothe 21,8.
ENGELERSCHEINLNG, f. angelorum species, verschieden von
engelscrscheinung.
ENGELFISCH, m. squalus squatina.
ENGELFITTICH, m. angelorum ala:
dem träumenden gleich, der mit engelfittichen aufOiegt.
Voss.
ENGELFLUGEL, m. dasselbe.
ENGELFROMM:
wer hlies so engelfromm und rein
der holden seel und leben ein? Bürcbr 38".
ENGELGABE, f. ich fände hierzu bei mir keinen inner-
lichen beruf, wenn ich auch mit engelgaben zn diesem werke
ausgerüstet wäre. Bürger I4l'.
ENGELGEFÜHL, n.
wann fast engelgefDhI aug ihr und wange verklärt. Voss ;
er sei mein freund nicht, welcher die göttliche
natur nicht liebet.' engelgefühle sind
ihm nicht bekannt. Stolbrrg 1,20.
E.NGELGESANG, f»,
schmachtender dann im lispel der zärtlichkell flosz melodie her,
gleich sanftwehendem engelgesang. Luise 3, 2, 516.
ENGELGESICHT, f. visio angelica: zum andern dringt er
mit gewalt auf die Colosser, das sie darinne bleiben und sich
ENGELGESTALT -~ ENGELLAND
474
durch kein engelgesicht, noch büpsche rede, noch philosophei
verfüren lassen. Joh. Agricola predigt über die ep. an die
Colosser. Wittenb. 1527. a 3' {cgi. Col. 2, 18J.
ENGELGESTALT, f. angelorum species.
ENGELGLANZ, m. angelorum splendor:
ehrfurcht neigt sich ihr im engelgianze. BCbgsr 5*.
ENGELGLEICH, angelicus:
betrachtet
das engelgleicbe bild, den Immer neuen reiz. Wiklakd ;
das engelgleicbe weib. 23,52;
da sah ich in den engelgleichen zügen. ScaiLLSR46'.
ENGELGROSCHE, m. siehe engergrosche.
ENGELGUT: ein engelgules mädchen.
ENGELGCTE, f. mistraue, schöne seele, dieser engelgüte.
Schiller . . .
ENGELHAFT, angelicus : (fehlen ist menschlich), nicht fehlen
ist engelhaft, beim fehl verbleiben aber leufclhaft. Stieler 381.
ENGELHALLELLJA, n.
dasz auch sie, bei ihrer {der Wahrheit) fackel strahle
durch des todes dü-iire schreckenibale
bin, wo engpihalleluja schallen,
unerschrocken wallen. Voss im musenatm. 1777 s. 42
(werke 4, 62 ist die Strophe ausgelcuten).
ENGELHARFE, f.
Laura beiet.' engelharfen hallen
frieden goiies in ihr krnnkes herz,
und wie Abels opferdiifte wallen
ihre seufzer himmelwärts. Matthisso.'» 190.
ENGELHEILIG :
ein blümlein, welches brach
ein engelheilge band. Herrn. Uugonis goltsälige teriangung in
reimen von Wexcssl. Scuerker. Brieg 1662. s.203.
E.NGELHEILIGKEIT, f. wider solche heuchelei und engel-
heiligkeit streitet Paulus heftig zu den Colossern. Jo.nas bei
Luther 6, 455*.
ENGELHERZ, n.
ein engelherz
gehört dazu, dies ohne schmerz
so tag für tag mit anzusehn. Gökingk 1,13;
und mit wünschen für den wackern mann,
der in ihr ein engelherz gewann. 3, 61.
ENGELHOLD :
die engelbolde scbläferin. Bcrcsr 26'.
ENGELIN, f. weiblicher engel, s. engele. gleich dem gr.
ayyti.oi dürfte auch das golh, aggilus auf beide geschlechter
gehen, engelin ist wie teufelin. it. bildet man neben angelo m.
angela f. und auszerdem angiola : man sagt immer nur engel,
aber da sehet ihr, dasz es auch engelinnen gibt (che vi h
ancora delle angiole). Göthe 34, 80 ;
jene mit rosen gekränzt, unsterblicher lieb und anmut
engelin, trug in der band die klingende laute des himmels,
diese, mit heiliger palrae gekränzt, vollendeter lugend
engelin, trug in der band die rauschende harfe des himmels.
Voss 2, 17.
ENGELISCH, angelicus, englisch : wenn ich sie nu fragete, mit
waserlei maul sie selb das sacrament auf die ostern empfan-
gen? werden sie vieleicht sagen, ir maul sei denn zumal ein
engelisch oder bischoflichs maul. Luther 2, 96'; darumb singet
man recht von den heiligen jungfrawen, das sie nicht ein
menschlich, sondern ein engelisch leben gefürt haben. 3, 99 ;
mit folgendem engelischen lobgesang. 3,270;
0 engelische schar, ihr himmelslegionen. Weckherii:« 303.
ENGEULBEL, m.
ihm igott) ehr! euch fried und wolgefallen !
denn in der krippe^ liegt sein söhn,
da engeljubel ihm erschauen,
bringt ihr auch lob vor seinen thron.
Jou. Ao. Schlegel rerm. ged. 1,104.
ENGELKEIMCHEN, n. was engelabsenker:
ein engelkeimchen ward uns kurze zeit geliehen,
um hier zu knospen, dort zu blühen.
ENGELKNABE, m.
als ich aufwärts sah,
da war der bimmel voll von encelknaben,
die trugen weisze Ulien in der band. Schiller 459*.
ENGELKÖPFCHEN, n. acer campestre.
ENGKLKRAUT, n. arnica.
ENGELLAND, n. Anglorum terra, Angleterre, Inghitterra,
Frank weüft. 67'; gegeben zu Londen in Engeiland. Weckhee-
Li.NS corr. zu den weltl. ged.;
des Engellands anmutigkeit. 351 ;
475
ENGELLÄNDER — ENGELREIN
ENGELREINHEIT — ENGELSELIGKEIT 476
alle frühem ichreihen Engelland, Dasypodiüs, Maäler, selbst
Stieleb 1062, LoGAü 3, 249 Engeland, erst im 18 jh. risz die
üble kürzung England, tcas uns wie enges land klingt, ein;
hatte man Anglia im sinn, so ipor Angeln, Anglien, Englien,
Engeln zu setzen, freilich war von den Briten selbst England
aufgebracht und gab den ton an.
ENGELLÄNDEK, m. Anglus, so noch Kant 8, 341 (o. 1755).
Schiller, in der Jungfrau überall England schreibend (4Gü'.'.
461'.' 465*. 473'. 484*), fand Engelländer für seinen vers bequem :
wir Engell.-inder, waren wir allein,
bei goii, wir hätten Orleans nicht verloren. 461*;
ich darr es mir nicht danken, dasz der Franke
des Engellanders rücken heut gesehn. 460';
und dann macht, was ihr wollt! ich frage nichts
nach den Uurgundern noch den Engellandern. 462';
sie ist gefangen bei den Engell.indern. 483*;
und in der Engellander band geliefert. 4S3'.
die heutige prosa duldet nur Engländer.
ENGELLÄNÜERLN, f.
drei edle Engelländerin. Weckuerlin 850.
ENGELLÄNDISCH, anglicus, englisch: holl und engelän-
discher krieg. Logai; 3, 249, 179 ;
in jeder gasse stiegen ehrenbogen,
durch die der engelländsche konig zog. Schiller 455*;
in asche liegt das engellandsche lager. 466";
dies ist der weg ins engellandsche lüger. 483';
man tanzte engelländi.sch. Hermes Soph. reise 1, 311.
ENGELLEBE.N, n. i'i7a angelica. Stieler 1098.
ENGELLEliN, n. was engelchen, heute gekürzt englein.
ENGFXLOT, m. monela aurea Anglorum, franz. angelot :
doch ich verdenke den könig warlich nicht, weil er so viel
engellotlen solchen gesellen jerlich gilit. Luther 3, 331; engel-
lotlen mügen wol kluge und sprachreiche leute machen, ebenda;
den armen werden die engellolen auf zu wechslen verholten
sein. Fischart groszm. 55. Stieler 381 schreibt engelott.
ENGELMACHERIN, f. nutrix infantem male salurans : engel-
macherinnen nennt das volk solche frauen, unter deren händen
die ihnen in pßrge gegebnen kinder, aus mangel an nahrung,
bald sterben, d. h. frülizeilig enget werden müssen.
ENGELMÄDCHEN, n. engelgleiches mädchen:
und als sie damit feriig war,
sprachs engelmädchen drauf,
und alles still, das bächlein gar
hielt still in seinem lauf.
im vosfischen mtuenalm. 1776 «.81.
ENGELMÄSZIG, angclicus: die engelmäszige Sanftheit des
mädchens. Wieland 15, 260.
ENGELMELODIE, f.
als vernahm ich engelmelodieen,
wahnt ich dir, o erde, zu entülehen,
sab schon unter mir der sterne tanz! Matthisson 189.
ENGELMESSE, f. was engelamL Schmeller 2, 630. Fbom-
■ARNS zeittchr. 5, 221.
ENGELMILD :
bis die liebliche sich zeigte,
bis das iheure bild
sich ins thal herunter neigte
ruhig, engelmild. Schiller 65*.
ENGELMILDE, f. lenitas angelica.
ENGELPAHADIES, n.
aufschwebe, wo des kämpfe« Toltendung frieden
und engelparadiese schaft. Voss 4, 5.
ENGELREDEl, f. sermo divinus. Stieler 1540.
ENGELREIN, omnis labit expers:
der engel, der zuvor mit beiden spielet, slAszet
sie aus dem garten weg der engRireincn schar.
LOBBNSTKIII geistt. ijcdankm hO, 045;
steilete sie sich so engelrein, wie sie ihr lebcnlang nie kein
wasser betrübt hätte. Jucundist. 40; Racon saget, man molle
nicht gar zu engelrein leben. Rutschiy l'atm. 605; wer wiid
so gar engelreine sein? Ettners tmw. doct. 105;
doch bin icb gar nicht engelrein.
dritter vrrt drf tirdr» 'irh durüui dir
tiehreichcr goll' ;
niOgen sie mich schwarz machen wie den teufel, wenn ich
Seraphinen beirate bin icb engelrein. Lenz 1,235; und schweig
da auch nur, du wirst auch nicht cugcirein sein. 1, 200 ;
die engelreine kAniRin, die dsmal«
mit to viel wurde »ich vpriheidigi. Jetzt
kUM icb sie besitr. Scmillkr 2M';
und in den engeircinen Zügen
erkannt ich meiner träume bild. Körner 1, 301 ;
wo liebe treu ist und engelrein. 1, 320.
ENGELRELNHEIT, f. Klinger 3, 175. to, 142.
ENGELSAAT, f. ehmals benennung eines geuebes , wie e$
vom stuhl der zeugwirker kommt. nach BtiEits handwerks-
lexicon s. HO wiegt es neun pfund , der gesell erhalt davon
für seine arbeit einen gülden zehn groschen , neben der kost,
und kann des monals drei stück fertigen, die dem meislcr 24
gülden werth sind, soll das bild ausdrücken, dasz die engel
gleichsam ein solches gewcbe säen und ausstreuen? ähnliche
naruen für gewebe sind hüchsenschein, himmelblicke , sckür-
brant {Parz. 588, 19), schinat. vergl. engelszeug.
ENGELSANGESICHT, n.
ein Schleier wehrt dem engelsangesicht
den vollen ghuiz allbienilcnd zu enthüllen. Wieland;
als sie das engelsangesicht erhebt,
bleibt Itudger ganz betäubt uml überwunden.
er fühlt, dasz ihm das herz im bu.sen bebt,
als hatt ein blitzstrabl seine brüst gefunden. Griks Bojardo
ENGELSANTLITZ, n. ' ' "
als er dies engclantlitz wahrgenommen,
llel fast das gute scliwert ihm aus der band. 1,26,0;
0 schönes engelsaniliiz meiner mutter! Scuillkh . . .
ENGELSBILD, n. forma divina, deliciae: dasz sie eine ge-
schleierte geisz für ein engelsbild ansiehet. Machiavellischer
hocuspocus. 1675. s. 170 ;
hier musz sich Selimor in wind und schnee gedulden,
bis dasz sein engelsbild, um die er gerne friert,
ihn durch das hinterhaus ins vörderstübchen fuhrt.
Günther 465;
und wie ein engelsbild ob einer todiengrufi
laszt Oberon sich jetzt auf einem Wölkchen sehen.
Übcron 5, 68.
ENGELSBLICK, m. oblutus oculorum divinus :
ihr {der freundschaft) engelsblick versüsz uns einst das sterben,
wenn nun freund Hein sich iiuht. Uchmann ged. 78.
deine wonne sendet sie
mit dem engcisblicke
. schwesierliclier Sympathie
wuchernd dir zurücke. Schiller.
ENGELSCHAFT, f. angelorum cohors:
wajjer, fiur, luft und elliu engelschafl. MS, 2, 131'.
ENGELSCHAR, f. dasselbe:
sie wohnt den engelscharen
und deiner mutler bei. Opitz.
ENGELSCHÖN, speciei divinae, schön wie ein engel: den-
noch weisz, glaub und hoflF ich, das dise glasbröcklein mei-
nes gebrechlichen leibes sollen ganz und glaslauter und
demanlfesl und engelscbön werden. Matuesids 292';
engelschön ist dein anstrahlen,
blut und milch dich übermablen. Schottilids luttg. 1647.
s. 105;
mich dünket engelschön sein holdes ange.«icht.
lUnsnöHFER sonntagsandachlen Nürnb. 1652. 2,258.
ENGELSCHÖNE, f. species divina:
gleich dem widerglanze milder
engcischöno. 1'latkn 9.
ENGELSCHWÄRMERIN, f quae angelum sihi ßngU,
macht dann
der sOsze wahn der söszern Wahrheit platz,
so wirst du doch auf mich, auf mich nicht zürnen,
die engelschw.trmerin geheilt zu haben. I^essino 2, 198.
ENGELSCHWINGE, f. was engelfltlich.
da schwebt hervor musik mit engelschwingen. GOrat 3,30.
ENGELSEELE, f.
Laura ! Laura ! horchend diesen tönen
müssen engeUeelcn sich verschönen,
heilige den biinmel olTon sehn. Matthisson ISS;
wie lieb ich dich, du liebes, schlankes robr,
das mit der Emma silbernut ver!<ohwistert,
bold^ielig lci^e, wie ein «chönes chor
von «ich verwandten eiigeNoelen llisteri.
Kl. Sciiaiur im tatchenb. ßr dichter A, 120.
ENGELSELIG, selig wie ein engel.
gehoben über weiten
fühlet «ich, wer engi'Uelip
goit de« andern ward. Ovcniicc vorm. ged. S.
ENGELSELIGKEIT, f.
werde, warhgeichinimert vom mal.
in oiigcl.Hcligliuit »chw.irmoii. Holtt.
477 ENGELSERSCHELXUNG— ENGELSSCHÖSZLEIN
ENGELSSTIMME — ENGEN
478
ENGELSERSCHEI.NUNG, f. angeli visa speeies : sie ent-
fernte sich so schleunig, dasz es nicht schwer gewesen wäre
mich zu bereden, sie sei nicht auf ihren füszen fortgegangen,
sondern, wie es einer solchen engelserscheinung zukam,
plötzlich aus meinen äugen weggeschwunden. Wieland 8, 3S5.
ENGELSFRÄULEIN, n. kos engelmädchen : wenn ich, mein
engelsfräulein , mich heimlich in dero zimmer einschleichen
könnte, wie schmerzlich wollte ich dem darin stehenden
bildnisse klagen, dasz das original so hart mit mir umgehet
und verßhrt. irrg. der liebe 403.
ENGELSFREUNDIN, f. meine ganze aufrichtige engels-
freundin I Herder an Caroline Flachsland briefv. s. 121.
ENGELSGEDULD, /. geduld eines engeis: sie bat eine
wahre engelsgeduld.
ENGELSGESICHT, n. speeies divina, verschieden von engel-
gesicht.
ENGELSGESTÄLT, f. angeli speeies : ein wundarxt,
so ofts JD schaden wütet und ficht,
kömpt er in eo^elsgstalien.
Job. \ogkls ungr. schlackt s. 41;
es kann sich ja der teufel in engelsgestalt verstellen, spa-
nisch m'ücJienpulver 1620 s. 66.
ENGELSGLAUBE, m.
basiu eioen engelsglauben. treibsiu aber leurelswerke,
glaub ich gar iiicht dasz dein glauben, die du vorgibst, hat
die stärke. Logau 2, 233, 142.
ENGELSHAND, f. die hand eines engeis.
ENGELSINN. n.
ENGELSKIND, n. kosend wie liebstes kind, engelchen:
mein engelskind ! Weise, Sittenlehre 71. 72. 189 ;
bist du mein schätz, ich bin dein schätz,
feJDs heb, scböns engelskind,
komm zu der berd, auf (irünea plaiz
ion wald, wo freuden sind.
Nicolai feiner alm. 1778 ;
es erschien ein engelskind,
rührte meine seele: schwind .'
und die trauer schwand dabin,
selig, selig nun ich bin. Klincbr 1,31;
lasz dir die lieben engelskinder empfohlen sein. NiEBnHHS
leben 2, 420.
EiNGELSKOPF, m. ENGELSKÖPFCHEN, n.
legt, sanft beglänzt vom schwachen mondenscbein
ihr engeUköpIchen auf ihr kissen. Wikla.-<o ;
die heilige Kaibrine
in einem kränz ton engelsköpfen. Wiklahos Klelia 1, 17.
ENGELSKRAFT, f.
sie (die liebe) stärkt mit engelskraft die sinltende natur.
WiKLAMD.
ENGELSLACHELN, n.
ENGELSLIPPE, /.
ihr Chöre singt ihr schon den tröstlichen gesanp,
der eioßt um grabesnacht von engelslippen klarig.
GöTUE 12, 44.
ENGELSMIENE, f.
wie du mir mit diesen engelsmienen
wie aus ferner bimmelswelt erschienen. Kör«r 1,326.
ENGELSPHANTASIE, f.
welch ideal aus engelsphaniasie
hat der naiur als niusier vorgeschwebet,
als sie die hüll um einen gei>i gewebet,
den sie herab vom dritten bimmel lieh ? Bcrgkr 69".
ENGELSPEISE, f. angelorum cibus: dagegen neretestu
dein Tolk mit engelspeise, weish. Sal. 16, 20.
ENGELSPRACHE, f. Stieler 2102.
ENGELSREIMGKEIT, f.
{der} bald engeisreinigkeit den narben
gefallner Unschuld unterschiebt. ThC*m«l 6, 4ö6.
ENGELSSCHATZ, m. deliciae, amica:
Schaf mir etwas vom engeUschati .'
fuhr mich an ihren ruheplaiz! Götbc 12,136.
ENGELSSCH.MUCK, m. aber in demselben augenblick erlebte
ich die freude , dasz die erwartete in ihrem ganzen engels-
schmucke heraustrat. TaCMXEL 3,74.
ENGELSSCHÖSZLEIN, n. was engelsabsenker.
und die zuletzt goit gar rersetzt
ins paradeis, sie da ergeizt,
sie macht zu ewigen himmelsspröszlein,
»u gnadenfeucbten engels>choszlcin.
FiscuAHT anmanung v. 45. geittl, lleder t.9\.
ENGELSSTIMME, f. da erhebt sich geist und sinn , da
werden gleichsam engelsstimmen wach, dem ewigen preis-
und loblieder darzubringen Göthe . . . ; wahrlich sie war
selber eine moralische kirchenmusik, die engelsslimme in
der orgei. J. P. TU. 2, 66. Stieler 2167 engelstimme.
ENGELSTA.ND. m. status inlegrilalis , stand der Unschuld.
ENGELSTARK: schone y reiz und ehrfurcht sind dahin,
die bei euch nur die gefallige, biegsame, stille und im nach-
geben engelstarke tugend begleiten. Herder.
ENGELSTILL, vgl. engelsgeduld : Vulcan sollte erwägen,
wie Venus so engelstill mit rosen spiele. J. P. herbslblum.
3,74.
ENGELSTON, m. die stimme eines engeis:
im engelston gebot sie dir,
steh nicht so duster, so beklommen .'
Bcrger 64'.
ENGELSTRANRWURZ, f. amica montana , gleich als ob
die engel sich einen trank daraus bereiteten.
ENGELSUSZ, n. polypodium vulgare, nnl. engelzoet, dän.
engelsöd, schw. stensöta, böhm. slädec, ton dem süsien ge-
schmack der icurzel: engelsüsz oder dropfwurz, polypodium.
Lo.MCERCS 251'. Bock kräulerb. 430. Diefenbach 445*;
mauerraut, engelsüsz und farenkraut. Brocces 9, 133.
auch diese heilwurzel (Iropfwurz, ein mittel gegen sehlag-
anfälle) reichten wol, nach dem Volksglauben, engel dar.
ENGELSZEUG, n. ein in der ersten hälße des 18 jh. ge-
tragnes zeug zu kleidem, vielleicht englisches, aus England
gebrachtes ?
wenn sich Lachinde putzt nach neuester facon
und nach Zieropler art, womit sie andern höhn
und trotz gebieten kann, wenn mans von weitem wittert,
sobald sie den contusch mit engelszeuge füttert.
GÜ'ntuer 405.
ENGELSZUNGE, f. zunge, stimme eines engeis : der, wenn
er gleich mit engelszungen redete, nicht eine einzige seele
fände, die ihm zuhörte. Wieland 15, 165. *. engelzunge.
ENGELTHR.\NE, f. Sei;!ie 1835 s. 649.
ENGELTOCKE, f. angeltet ruUus tirguncula, engelmädchen.
Stieler 322, der engeldocke schreibt.
ENGELTRANK, m. amica montana, was engeltrankwun,
sonst auch wolverleih {die wol verleiht), mutlerwurz.
ENGELWEIB, n. Lenz 1,205.
ENGELWURZ, f. angelica.
ENGELWURZEL, f. dasselbe.
ENGELZUNGE, f. zunge, stimme der engel: wenn ich mit
menschen und mit engelzungen redet und bette der liebe
nicht, so were ich ein donend erz oder eine klingende schelle.
1 Cor. 13, 1, tfo uns gothisch nur die schluszworte ai|){)au
klismö klismjandei übrig sind, in einer Verdeutschung von
1524 (Schade pa^^. 3, 200) heiszt es: wenn ich mit menschen
und mit engein zungen redet und het die lieb nicht, so
were ich ein dönende erz oder ein klingende schel. die
schlechte form engein läszt doch den gen. pl. nicIU verkennen;
sprach ich auch mit engelzungen
< und in bimmelsmelodie. Bcrgkr.
ENGEN, in angustias eompellere, golh. gaagg\jan, ahd. en-
gan , mhd. engen {wb. 1, 43'). um die verschollene wurzel
aufzuspüren, wird es nützen, einige inlautend und dem sinne
nach anklingende Wörter herbeizuziehen, wie sich aggvus
einem aus altn. {irüngr zu folgernden })raggvus anschlösse,
wurde schon sp. 469 bemerkt, [iraggvus aber entspränge aut
t»riggvan {iraggv, unserm dringen drang, von welchem sich
drengen, J)raggvjan ableitete, wie von winden wenden, goth.
Tandjan, ron springen sprengen, von zwingen zwengen u.s.w.
die transilira drengen, wenden, sprengen icetsen auf die star-
ken intransitiven stamme dringen , winden , springen hin; galt
ein schlusz von enden auf inden, s" musz er auch von engea
auf ingen zulässig sein, solch ein goth. iggran , was auch
sein sinn war, stechen oder stecken, fest, dicht, eng hapen,
könnte willkommnes licht werfen auf unsre ableitungssilbe igg,
ahd. ine. zu stören sciteint aber, dasz ein gnth. stamm {irei-
han jjraih, &)Jßetv besteht, nicht |)riggvan j)raggv, und der
verhalt beider furmen untereinander , su wie unsers offenbar
hinzu gehörigen drücken, erst aufgeklärt werden musz. nun
fällt zücken zu ziehen, goth. tiuhan, bücken zu biegen, warum
nicht drücken zu t>reihan? vierte und ßnße ablautsreihe
tauschen öfter, die nasale form dringen drang, mit dem ablaui
479
ENGEN
ENGENISSE —ENGFCHRUNG
4Ö0
eTsler reihe enlfalteie sich nebenher, nach analogie des goth,
bligg\an blaggv neben ahd. pliuwan pluu, vielleicht briggvan
braggv neben ahd. priuwan prou (2, 322). unter so gährenden
Kortelenienten , uer getraute sich für aggvjan und engen die
wuriel bestimmt anzusetzen? lautete sie iggvan aggv, so darf
ihr ausser unserm engen auch ango cardo , angel aculeits
zuerkannt und die bedeutung stechen beigelegt werden, da
drücken eindrücken des stacheis war und unserm engen noch
geradezu der sinn von stechen beiwohnt {vgl. englein aculeus) ;
in andern fällen dachte man nicht mehr an den stich, nur
an den drang, um^erkennbar stimmen lat. angere, gr. äyxsiv,
premere, stringere , der nasallaut hat den gewöhnlichen gang
der lautverschiebung gehemmt, in aculeus ist er geschwunden,
goth. stikan und stakjan erscheinen neben stiggan und golh.
praggan premere, mhd. pfrengen, »in/, prangen liegt nicht
weit ab von nnl. prik stächet, prikken stechen; engen, dren-
gen, pfrengen, zwengen reichen, wie in den buchslaben so
dem sinne nach, aneinander.
Die bedeutung von engen ist
1) vorhersehend transitiv, premere, coarctare , engen und
drengen, engen und irren stehen gern gehäuß, in der folgenden
ersten stelle auch engen und stechen, einigemal hat es genau den
sinn des fram. gener, unseres genieren: der s'inen nächsten
mit sinen worlen enget und stiebet. Grieshaber 1, 16 ; siehst
du denn an die mitte, so sichstu dich unrainen, daj dich
die werk druckt und engt und da pei irret, gcsla Rom. ed.
Keller s. 139; das ir auf unser und des reichs strasze nicht
angreifent noch die engent oder drengent in dhein weise.
urk. von U34 in Aschbach gesch. der gr. von Wertheim 2,2ib;
so er aber urlop nimpt , so wainen das hausgesind. aber
er lat sieb das nit engen, er get hinweg für und für. Kei-
SERSBERG pilgrim. Augsb. 1498 W. 5; ein jeder der in bestan-
den zins wonet, der sol zu seinem bestanden zil, darauf im
ausziehen gepürt, fürderlich und rechter zeit nach dem ge-
dingten zil sein haus oder gemach rawmen und ausziehen,
dannit ein ander, der nach im kompt, seintiialben ungeengt
und ungeirrt bleib, reformalion der sladl Nürnberg 1484 fol.
{ohne Signatur, in der ausg. von 1522 findet sich die stelle
t/. I53'j; ich underlasz hie zu sagen, wie sie so gar nicht
an diser reis irrt noch engt weder ungewitter, kelt, hitz,
lufU Framk weltb. 101'; damit ir vil auf disen heiligen stul
müchten kummen und einer nicht lang die enget oder irret.
dironik 29l';
da enget das ihal der fels herüber ratend.
Klopstoce 1,260;
durch zieren nicht geenget
schlagt Treier unsre brüst. Götuk 1,131;
denn alle krafi dringt vorwärts in die weite
dagegen engt und hemini von jeder seile
der Strom der weit. 13, 185;
Eduard horte mit entzücken, dasz Ottilie noch schreibe,
durch die llnsternis ganz in sich selbst geengt sah er sie
sitzen, schreiben, er glaubte zu ihr zu treten, sie zu sehen.
17, 128 ; Fritz soll kommen wann er gerne mag, der herzog
bat ihn lieb, wünscht ihn je eher je lieber, will ihn aber
nicht engen, an Aug. ütulberg 14 ;
o warum bin ich hier geengt, gebunden,
beschrankt mit ducn uuemlliuhen gulühl! Schiller 072* ;
denn un« enget den räum das gewuhl der Wechsler undkrainor.
bÜHCER 92';
jenen engt an der keble der bunigezeichneic riemen.
' //. 3, 371;
Jupiter engte nunmehr der urwcU ewigen frfthling,
suodene wiiiier und gUiten und herbstliche ungewitter
Vom kurzbiuliendeii leuz und sohuf vier räume des Jahres.
Voss Ovid nr. 2, 28 ;
es engt die angst den alhcm mir. Arkih ichaub. 1,87;
wa» unter ihm im staube liegt,
engt nicht das freie blut. KOdnkrs Irier und »chw. 60;
die neue würde engl ihnr Macbeth acl l. sc. 3.
2) reflexiv, lieh engen.
dasz mit beginnendem lenze die bahn um so viel dir sich
enget. IIückkiit 209.
3) inirantiliv, eng sein oder werden i die tckuhe engen
{drücken);
wenn er ein volk aonill, «o durcbsirdmt er die Tunkeinden
auKen
■ ' " ■ ■ . ., • ■■ ;[,. (jflritcnden lof/cn
i;'t er es, engt siei«
KLursTucK 7,35.
wie engls einem hier! wenn ich dieses land ein jähr unter
meiner herschaft hätte, es sollte anders sein. Kli.ngers th.
4, 243.
s. beengen, einengen, verengen.
ENGENISSE, f enge: ej sol ouch ir (der frauen und
Jungfrauen) deheine keinen barchenrock , underrock oder
oberrock zu den siten brisen oder durch engenisse mit
snüren inziehen odir ir lip oder ir brüste mit engenisse
intwingcn oder binden, kleiderordn. von Speier, in Mokes
zeitschr. ', 59 (a. 1356). steht auch im anz. des german. mus.
1856 sp. 175.
ENGENMÄSZ, n. solange der schlauch sein anHingliches
natürliches engenmasz behält. Götue 55, 328.
ENGER, m. vermis pecuduni cuti arcte inhaerens. Stieler
380, auch larve des maikäfers , ahd. angari, angar curculio,
kornmadc. Graff 1, 350. das wort könnte wol zu angi, engl
gehören, insofern der wurm stiehl und drückt, fest sitzt,
s. engering, engerling.
ENGEH, m. enger oder sprinkel oder rosine, lentigo, ma-
cula in facie. voc. 1482 g3', anwendung des vorigen, da man
in gleichem sinn engering sagt.
ENGEH, f. angaria , was anger t, 348. weisth. 1,711.712.
enger thun, zwangdienst Ihun. 1,714. nach FRiscn 1,227
auch der beladene bauerwagen, die würzet könnte wiederum
in enge liegen.
ENGEKGELD, n. exaclio pecuniaria pro ruslicorum operis
praestandis , was für die enger entrichtet wird. Haltads 317.
ENGEHGUOSCHE, m. für engelgrosche, schreckenberger.
Frisch 1,227"; secht da hundert sibentausent und trei enger-
groschen, die ich im uberlifer. Garg. 217*.
ENGEUICH, m. was enger, engering: in welche reuszen
die würra engerich genant gebunden werden. Forer fischb.
171*.
ENGEBING, m., ahd. engirinc curculio. Graff 1, 350 scheint
auf flecken und auswüchse im gesicht angewandt zu werden,
die man von maden oder Würmern verursacht glaubte: masen,
mail , Sprenkel , engering und geschwulsten des antlitzes.
Uoiiberg 2, 97*. Ä. enger, das folgende und engerling.
ENGERLIN, »i. dasselbe : und seine corpora sind morbilli,
formicae, pustuiae, seurlin, eugcrlin, bläderhn. Paracelsus
chir. Schriften 241*.
ENGERLING, «j. vermis intercus: engerling oder äderling
sind madcn , die Winterszeit dem wildprel unter der baut
wachsen und sich tief in dasselbe einfressen , dasz es wie
gespickt aussiebet. W. von Heppe wolredender jäger 106;
so ein mensch engerling oder rosmucken im angesicht hat,
mit welchem wasser das zu wenden ist. Barth. Vagter, wie
man alle gebresten und krankheilen arzneien soll mit ausge-
brannten wassern. 1532 p. 13; eine nase
voll engerbng, rippet und knögert. II. Sachs III. 3, 15V
Stielbr 380 führt die redensart an: ich möchte nur enger-
linge kriegen! nausea mihi movetur, wenn einer albernes und
Ihörichtes vorbringt, cngerlinge, grillen im köpfe haben.
ScHAMBAcn 56'. es gibt mancherlei maden oder larven von
fliegen und kdfern, für die sich der namc engerling eignet.
ENGERN, arctare, verengern: verflucht sei wer seines
nehesten grenze engert, und alles volk sol sagen amen.
5 Mos. 27, 17 ; sol er jede Ordnung nit zu dünn ausdehnen
noch zu dick engeren {verdichten) und zusamcn schmücken.
Fronsp. kriegsb. 1,183'; alle vertrüge und zusagen können
geängert werden, geweitert, glossiert und verzehrt werden.
LEHHAr« 1,948; das recht lungern, engern, erklären, schat-
tieren. Butschkv Palm. 449.
ENGERN, vehiculo onusto , quo rustici uluntur , aliquid
vehere, angariare. frohndienst thun : die land und baurricute,
welche zu markt auf die wöchentliche inarkllage herein en-
gern und fahren. Straszburger pol. ordn. anhang s. 29 ; tlie
von Uuiigesheim wcllent keinen banwein drinken, sie en-
wellent oucb nit cngera, noch nit fronetagc tun. IUltaus
317.
ENGERT, entstellt aus 6gert {oben sp. 34 und vgL eingurl
»p. 184): von den Weingarten, die in ftngcrien verlegen seiiid
{quae longo situ esulecerunt) , ist aller alten mcinung, d;ih
»IC die aller unartigsten seind, so man sie wider beseUen
will. IIerrs Columella F4'.
E.NGFiHRLNG, f om ausdruck in der musik: cngföhrung
in einer fuge, musikal. leitumj 1841 sp. 739*
481
ENGFCSZIGKEIT —ENGPAS
ENGRAUM— ENHINDERN
482
ENGFCSZIGKEIT, f. Pestalozzi S, 267.
E.NGGEBUNDEN, anguslus:
laszt euch das eDggebundene vermögen
nicht leid thun. Schiller 3SS'.
ENGGEGITTERT, arcle cancellatus : durch den enggegitter-
ten Schleier Gionens durchsehen. J. P. Kampan. 8.
ENGGEHÄUSIG, angustus: im enggehäusigen blumenbühl.
J. P. Tit. 1, 77.
ENGGEBIRGE, n. angustiae monlanae: wie das römisch
beer durch Unvorsichtigkeit beider burgermeister und haupt-
man in ein enggebirg verfürt und alido von den Samniten
beschlossen und gefangen. Livius von Schöfferlis 81'.
ENGGEIST, m. homo sensus angusli: dem eigensüchtigen
dünivel eines vielwnssenden und vielgeschäftigen enggeistes
untergeordnet. Dyanasore 5, 361.
ENGGEKEILT, anyusti cunei:
aus eines haufens enggekeilter mitte
risz ich den rosschweif mit verwegner band.
Köa^p-R 1, 137.
ENGGCRTEL, m. cingulum arcle stringens: kindverschnü-
rung, leibpfrengung, aufgeschürzt enggürtel. Garg. 63'.
ENGHäLSIG, angusli colli.
ENGHEIT, f. angusliae: engheit der kleider. Gefkes bei/. 41,
auch in P. Apiands instrtimenlbuch 1633 fol. J 3*.
ENGHERZIG, angusli animi: engherziger egoist; nach der
engberzigen art mancher reichen.
ENGHERZIGKEIT, f.
ENGKEIT, f. angustia pecloris: so mit dem kalten feuch-
ten husten, engkeit und keichen beladen. Bocb kräulerb. 362.
ENGKÖPFIGKEIT, f. Pestalozzi 8, 267.
ENGLAND, n. Anglia, s. Engelland:
nicht aus den bänden leg ich dieses schwert,
als bis das stolze England niederliegt. Schiller 473*.
ENGLÄNDER, m. Anglus, aber auch ein gestuztes pferd,
equus curtus.
ENGLEIN, n. aculeus, angel (1, 344) : denn so jemand inen
dise kräutlin wolt inn bienfcorb legen, si würden über in
wischen und ine mit iren englein zu tod stechen. Fischart
bienenk. 24l'.
ENGLICH, adv. stricle: englich, dringlich, zwinglich, hef-
tiglich, slricle. voc. theul. 1482 g 3', wo man auch drenglich,
zwenglich erwarten könnte. .
ENGLISCH, 1) was engelisch, angelicus: hönd ir je dern
glich frawen gesehen, ich zwifeln, ob es sien menschlich
oder englisch angesichl, fürwar sie sint himmelsch. Wyle
translatien . . . ;
und wan ihr englische gestalt
die götter und die leut versehret. Weckbibli.x 347;
gloria sei dir gesungen
mit menschen und englischen zungen,
mit harpfen und mit cvmbala schon.
MÖTZKLL geistl. lieder 920 ;
die englische frömmigkeit eines Schulmeisters, pers. rosenlh.
7,5; engelische sitten kan der überkommen, der mäszig
lebet. 7,19; ein englischer verstand. Liscov s. 514; englische
oder teuflische wunder. Kant 6, 253 ;
sie stellen wie vom himmel sich gesandt,
und lispeln englisch, wenn sie lügen.
GöTHK 12,62;
der englische grusz. Götbe 21, 15 ; englisches unwidersteh-
liches wesen I rief ich aus. 23, 73 ; mein englisches fräulein I
Lenz 1, 98. englische fräulein sind nonnen.
2) anglicus, wie irisch, schottisch, finnisch, von Irland,
Schottland, Finnland {doch nicht hollisch, seeisch von Holland,
Seeland) ; doch hat diese bildung den übelstand, dasz die be-
deutungen angelicus und anglicus sich viischen. man sagt
englisches pflaster (Tabersae». 234), englische feile (Göthe
31,234), englische dinte, englisches salz {oder verbunden
englischsalz), englische krankheit u.s.w.
ENGLISCHSCHÖN:
0 englischschöner leib! Wkckhkriij« 767.
ENGLISIEREN, decurlare, stutzen: gereichts dem teafel
zum Tortheil, wenn man ihm hömer und krallen abfeilt, ja
zum überflusz ihn etwa englisiert? Götiie 49,177.
ENGPAS, m. angusliae, fauces: die engpässe von Thermo-
pylä; auf {des pabstes) flehentliches anrufen richtet Carl der
grosze seinen heereszug nach Italien, wird aber in dem eng-
passe der Etsch durch mauern und thürme unerwartet zu-
rückgehalten. Göthe 39, 307 ; durch die dichte Waldung füh-
ren nur fünf engpässe. Dahlman:« fr. rev. 455.
III.
ENGRAüM, m, angusliae loci:
0 nie genug verehrter engraum, kleiner herdi Göthe 11,256.
ENGSETZEND, minuens?
engsetzend deinen weiten namen. 'Weckherli» 364.
ENGSICHTIG, parum prudens, kurzsichtig : endlich müssen
dem kinde spielstunden zu spieijahren auswachsen und dar-
um ihm, dem engsichligen wesen, der wünsch und Wechsel
neuer spiele nachzusehen sein. J. P. 36,101.
ENGSTEN = ängsten l, 360, wozu hier noch ein paar
stellen: damit sich etliche martern und engsten, so hart,
das sie möchten unsinnig werden. Luther 6,184'; künden
wir unser lebtag kein rüge haben, milsten uns on unterlasz
selbs zuplagen und engsten mit werken. 6,231'; ein geeng-
stes und zurschiagen herz. Mathesics 44*;
die Hessen engst {vexiert) man mit den hundenl
H. Sachs IV. 3, 92-,
vgl. GDS. 566. 780.
ENGSTER, m. vexator: mein eiver hat mich verzeret,
das meine engster vergessen deine wort. Luther 1, 525'.
ENGSTER = angster 1,360: der trinker löst den engster
ab, trinkt und spricht:
kumb her, du edle herzensalb,
du erfrewest mir allenthalb
mein herz und alle mein gelider!
H. Sachs IIF. 2,73*.
ENGSTOLZ : in engstolzer einseitigkelL Dyanasore 2, 122.
ENGLMKRÄNZT:
bald engumkränzt ein ländlich bild,
in tausendfaches grün gehüllt.
Blcsaoer ged. 4.
ENGÜNG, f. angusliae maris:
diesseit der abydischen engung und jenseit.
Voss" Orfeus Argon. 485.
ENGVERBUNDEN: der dichter erinnert sich seiner eng-
verbundenen freunde. Göthe 45, 322.
ENGZAHNIG, arcle dentatus, gegensalz von weitzabnig.
ENHALB, ENNHALB, was enet, enethalb, jenseits: anno
domini 1274 gebar ein frau zu Eslingen ein kind enhalb
der brücken, das pliensen (vgl. Schm. 1, 237 unter blien-
äugeln, blenkeln und Hpt 7, 459) genennet ist, das het zwei
haupt, die einander ansahent. Steixhöwel chronik. Frankf.
1531. 3l'; des newen wegs halben, so ennhalb Thunaw ...
ausget. Chmels Maximilian s. 373.
ENHINDER, retrorsum, bei Lutbeb für hinhinter, wie häu-
fig er ßr her: Mose aber hütet der schafe Jethro seins
schwehers, des priesters in Midian, und treib die schafe
enhinder in die wüsten {vulg. ad interiora deserti). 2 Mos.
3, 1, wo die nd. bibel hen achter, die nnl. henen achter setzt
und achter dem hinter, folglich hen dem en entspricht, nicht
anders in Luthers Schriften 6,338*: Moses, welcher seinen
Schafen hart und unfreundlich ist, treibet sie enhinder in
die wüsten; der halben es auch enhinder {hintenhin) und
jenes erfür gesetzt vdrd, und beide gegenander gar ungleich
leuchten und scheinen. 1, 19l' ; die stücke wollen wir enhin-
der sparen. 4, lll' ; wie er der herr sei, der enhinder wirft
und empor hebt. 4,209; sein wort enhinder setzen. 4,454';
wie etliche ewre brüderlin dahin fein listiglich alles gerich-
tet, das man Lutheri Schriften solle imer besser enhinder
bringen. Joh. Wigasd ob die newen Wittenberger u. s. w. KO-
nigsb. 1575. 6*; bis es gar enhinter in die wilde und littei
kommen ist. Mathesios 77*. neue ausg. des A. T. tilgen
entweder das en oder geben hinein in die wüste, wodurch
die Vorstellung von hinter verloren gehl, bei Ldtheb ist bis
hinein in des hohen priesters pallast Marc. 14, 54 etwas an-
ders, das usque inlro der vulgata. die gegebne deutung von
enhinder wird vollends sicher durch das mhd. hinhinder bei
Wolkensteis s. 33 und 175. Alberüs hat recessim enhidder,
d. i. iTil ■TiöSa, rückwärts, unterm volk hört man genug
enauf, enunter für hinauf, hinunter, in rnüringen ninter =
hinhinter, rinter = herhinter.
ENHINDERN, dasselbe, noch häufiger bei LmnEK: was sollt
uns glück widerfaren, wenn wir so verkert handeln und die
biblien, das heilig goltes wort, so enhindern {zurück, hintan)
setzen, l, 3lt*; wo des glaubens lere enhindern gesetzt und
die werk herfür gezogen werden. 3, 36*; das Carlstad mein
bildabthun enhindern setzt. 3,38'; wie aber das war sei,
wollen wir basz enhindern {bis auf weiter hinten) sparen.
3, 8l'; TOD den andern wissen wir nichts, ist aber zu den-
ken , das sie enhindern in Sems laad sind kommen. 4, 66 ;
31
4S3
ENI— ENKE
ENKE
484
da damit der nehesle enhindern bracht wird. 4,407"; der
Türke setzt sie weit enhindern in ein ander land. 4,443';
wollen sie Juda folgen, so müssen sie enhindern ins alte
testament. 5, 163' ; was nu das danken sei und ganzes herz,
wollen wir enhindern sparen auf unsern verstand. 5,204';
und ich thürste seinen schrecklichen bann heiszen nemen
und enhindern füren, und die nasen dran wischen, da Adams
kinder aufsitzen. 5, 231'.
ENI, m. avus, oben sp. 52 ehni, belegslellcn hat DiEFENBAcn
63'. der vocab. llieul. 14S2 g 3' scheidet eni oder anherrc
avus von anc oder anfraue ava (stall avia); ahd. ist ano
avus, anä avia, goth. av6 /uä/nfta. bei Dasypodiüs 16* ist
aber äne proavus , ebenso bei Frisius 1060', Maaler 12",
tcelche sämtlich avus mit groszvatcr verdeulschen. dazu
stimmt auch Stalder 1, 92, der jedoch bemerkt, dasz in Bün-
den ehni für groszvater gelte, nach den landstrichen tritt
also Verschiebung der stufen ein, wodurch sich auch diehühcr-
steigenden bemessen, seltsam gebraucht -Keisersbebg eni ton
einer tceiblidien vorfahrin: dise Raab {Rahab, Mallh. 1,5) ist
unsers herrn Jesu ureni gewesen, s. d. m. 23'. wie ge-
langte überhaupt die endung i und damit umlaut in dieses
wort? schon mhd. erscheint neben anc avus enc. sumerl.
41, 22 ; ene : sene tr. kr. 5326. 5748 ; dem enen. Kol. 146 ff.
ene ist = ahd. enio, anio, wie recke, schenke => hrecchio,
scenchio, hracchio, scanchio, das männliche anio, weibliche
ani ständen dem tat. avus ttnd avia (fem. des adj. avius)
in der form gerade entgegen, von ene bildet sich mhd. das
diminutivum enel. Kol. 148. 149.
EMKEL, »71. nepos , zuweilen einikel: einem jeden kind
oder enigklen. Frankf. rcf. III. 4, 52. VII. 1, 9. ausgenum-
men seinen enickeln. Frank weltb. 117'; Chams enigkle. Ma-
THESics 82'. steht auch für neptis: des (cujus) enichel mein
hausfraw isL Chmels Maximilian s. 447; so ist ers seinen
kinden und enichl ie nit schuldig gewcst. ebenda, s. cnkel.
ENIKLEIN, n. nepos, enklein : enicklein. voc. theut. 1482 g 4" ;
gib meinen rat auch darzu.
das der Uu das enikiein sein
schol tragen zum arzl hinein, fastn. 682,13;
und nim dein eniiilein auf dein kragen. 683,26;
ir enikiein kummt mit mir rein. Avrbr 10';
Cain und sein enigklein sind nicht die herren und besitzer
der weit. Mathesics 9*.
EMS, anisum, s. anis und enes, o/I falsch geschrieben
enisz, z. b. bei Dasypodiüs 320*.
ENK, der alte dat. acc. dl. zweiter person, goth. igqis,
alts. ink, ags. ine, altn. yckr für ickr, nur im bairischüst-
reichischen volksdialect haßend und dessen auffallendes kenn-
xeichen, aber auch den pl. vertretend, d. h. zugleich für euch,
mhd. iu und iuch geltend, nicht selten werden enk und
euch hintereinander wechselnd gebraucht, man findet oft ge-
schrieben eng oder engg, enck.
das stet enk wol und ghört euch an. ring 8', 29;
0 mein herzenlieber aiden,
niemat mag enk mer gescbaiden.
got geb enk gluk, .sun und tochter mein,
und pesterk euch got mit seiner kraft!
fastn. nachlese s. 264.
danimb wil ich enk endlich sagen. Frey garteng. 39. auch
Schwabe im volleingeschankten tintenfäszl schreibt nach tiro-
lischer mundart enck und klagt s. 78 , dasz auf den ersten
bogen der setzer den fehler euck gemacht habe. vgl. hernach
enker und CDS. 972 /f.
ENKE, tn. famulus rusticus , ahd. cncho, eincho (Gkaff
1, 346) Bootes, der den kleinen himmelwagen treibende knccht,
sonst auch obsiniri (vgl. Diefekbacu 79'); mhd. enke, wie
scencho auf scanchio zurückgehend auf anchio, dessen Zu-
sammenhang mit tat. ancus, anrulus und ancilla einleuchtet.
diese tat. «ürler hat man sehr unsicher von anus abgeleitet,
gleich bedenklich ist die verwandtschaß von enke mit enkel
(«. dort) oder mit altn. eckill viduus, eckja vidua, din. enke.
mhd. ir bOliuie unde Ir enken,
die hi«{ si vsfte gAhen
vögele würgen und vihcn. Parz. 119,2.
Fmscr 1, üb' erklärt servut junior et inferior, qui agil equoi
arantes, der mänjung; in dem zu ausgang des 15 ;/(. rum
küchenmeister Kixceiham'« ahgefaszlen , durch Miciiei.se«! >s53
heraus gegebenen Erfurter buch werden s. 18 dte ländlichen
diener in folgender Ordnung aufgeführt: der ftirer, der in-
koecbt {jftdr. steht der fOrer der inknecbl, wonach letzteres
gen. pl. wäre), oberackermann , underackermann , oberenk,
undeienk, heimknecht, kuehirt, schweinhirt, kesemutter und
viehemcid, woraus erhellt, dasz der enke uiüer den acker^
mann, doch über den heimknecht und hirten gestellt wurde,
nach ScnAMBACH 56' ist enke der dem groszknecht untergeord-
nete jüngere kleinknecht ; einer der ein markstein wissentlich
ausgrebt, den selben sol man in die erden graben bis an
den hals und sol dan vier pfcrde, die des ackerns nit ge-
wont sint, an einen pDug spannen, der do neu sei, und
sollen die pferde nit mer gezogen und der enk nit mer geern,
noch der pflughabe nit mer den pflüg gehalten haben und
im als lang nach dem hals ern, bis er im den hals abgeem
hat. weislh. 3, 590 ;
ein junger bawrenknecht sich wolt
vermieten umb ein gwissen sold,
zu einem reichen meier kam,
derselb in bald von stund annam,
denn er bedOrli eins starken enken,
der sich licsz keine arbeit krenken.
Waldis Esop 4,74 s. 297»;
denn ich will ihm noch schenken
drei meisen, lerch und specht,
ich babs von einem enken,
von einem ackerknecht.
Spbb trulzn. 219 (201),
was merkwürdig zur stelle aus Parz. stimmt und zeigt, dasz
von altersher junge müszige ackerknechte den vögeln nachstell-
ten, die Vögel haben immer mit pflügem zu schaffen, der fink
füttert seine jungen auf dem pßugrad (weislh. 2, 180), die
lerche liegt in der furche und teuscht das 'dem pfluoc' (d. i.
dem pflüger) zu essen tragende kind (cod. kol. 118. 119), hier-
her gehört auch, dasz die bachslelze ackermännchen heiszt
(1, 174), denn sie gehl pflügenden nach und sucht in den fur-
chen ihre nahrung; ein quark, den der enke von der mist-
fuhre fallen lassen. Weise lustr. 453; wie unsere bauer-
mägde zuweilen, wenn sie vor der hochzeit mutter werden,
zu sagen pflegen, der teufel habe sie geritten, da es doch
Hans, der klein oder groszenke oder ein anderer guter kerl
leibhaftig gewesen ist. ehe eines wcibes s. 211; auszerdem
hatte der hcrr noch einen enken. Moser patr. ph. 2,96; er
sollte die fruchtbarkeit eines jeden thales ebensogut wissen
als der enke, der es bepflügt. Bodes Tr. Sh. 8,63. das
wort scheint sehr verbreUet, doch zumal in Mittel- und A'ie-
derdeutschland (brem. wb. 1, 308), wo auch Enke ein gewöhn-
licher eigenname ist. in Schwaben und in der Schweiz be-
gegnet man ihm nicht, dasz es aus Thüringen und Franken
nach Baiern vordrang, liesze jene stelle Wolframs folgern,
Sciimeller 1, 84 hat aus der Oberpfalz enkenbraud, abendbrol,
was doch nicht zum Schweiz, ankenbraut (1, 379) gehören kann,
auch den Deutschböhmen mag der ausdruck geläufig sein,
denn Jungmann 3, 229 erklärt pohfinek durch pflugtreiber,
mShner (mener), mahnjunge, kleinknecht, unterenke, klein-
enke, beitreiber, ochsenjunge, rosbub, was, gleich jenem Er-
furter buch, die abstufungen des ländlichen lebens erblicken
läszt.
ENKE, perspicue, certe, profecto, accurate, eine über ganz
Allhessen, namentlich die Fulda und Edergegend ins Wal-
deckische hin, dann auch in oberhessische landstriche von
Marburg, Gladenbach, Biedenkopf, Rabenau, Homburg an der
Ohm, Alsfeld sich erstreckende betheuerung. bei Grünberg,
Gieszen, Battenberg hört sie auf, wird auch auf dem Vogels-
berg und in der Wellerau nicht weiter vernommen, man sagt:
er weisz es enke, ich weisz es ganz enke, gar enke, bin dabei
gewesen, es ist enke wahr, sj'cAer wahr, die genaue Wahr-
heit; er sieht nicht enke, hört nicht enke; ich habe es enke
gesehen, es wäre beleidigung zu zweifeln, wenn jemand sein
'ich sags enke' ausgesprochen hat. in Niederhessen gegen
Niedersachsen hin beginnt die vollere form cnkede. bei die-
seni enke darf an Ickelsamers teutsche grammalica bl. C 2'
der ältesten ausgäbe erinnert werden: 'item. die Franken und
Schw.ihen haben ein unteutsrh wort, damit sie etwa» leug-
nen und nein wollen, sagen, das heiszt niinke, da »ein das
n und k nicht die rechte bruhslalien und knn auch diesen
Wort mit den büchstaben unsers abrres nicht erreichet noch
geschrihen werden , sondern ein fremhder und newcr liikh-
slali wird da an stal des k gehöret, aus der gurgcl getrucki,
wie die kranken tichzen oder kreisten und wirl das n auch
nil recht, sonder mangelhaft gehört.' auch in seinem buch-
letn 'die rechte weis aufs kitrzist lesen zu lernen' Marburg
1534 kommt er A 3' auf dieses nunke und nennt es wiederum
485
ENKE — EKKEL
ENKEL — ENKELTOCHTER
486
vndeutseh. das verneinende nenke sieht dem belheuemden
enke deutlich gegenüber, doch hört man in Hessen nur dieses,
nicht jenes, wie umgedreht Ickelsamer tieften nänke kein änke
gekannt zu haben scheint, der ihm des «ortes deutschheil
verdächtigende nasallaut nk weist allerdings auf Schwaben,
wo heutzutage keine dieser parlikelt} verzeichnet wird, doch
vgl. man nenz, nünz, nunz bei Scbxid s. 404. in Thüringen
(icRELSAMER, gb. bei Rotenburg an der Tauber in Franken,
studierte zu Wittenberg) hat sich keine spur entdecken wollen,
von enke gleich mehr unter enkede, enken, enket.
ENKEDE, perspicue , certe , profecto, in .Siederdeulschland,
doch deuten die hernach anzuführenden formen des verbums
enken und adj. enket auf hochdeutsche betheiligung, und die
laute beider mundarten gehen hier zusammen, in Spangen-
BEHGS altem bruchstück von Susanna heiszt es 'gar enkete',
ganz genau; enkede vornemen, genau vernehmen. Reineke
521; enkede sein, genau sehen. Ab.nold von Immese?« 2054;
love enkede , glaube sicher. 3892 ; nome wene du will , en-
kede bl sinen namen. richtsteig, Hom. 94, wo man die var. sehe;
mit watere he se drenkede
an allentbalven unde enkede.
Sassenchr. ed. Scheuer 114,
er tränkte, überschwemmte sie mit wasser allenthalben und
tüchtig; schedelike schichte der wi uns enkede vordechten.
Lappenberg brem. geschichlsq. 55 ; dar stat die jare godes
enkede inne. s. 63 ; dat it die biscop uppe deme siote to
male enkede (deutlich) seen mochte, j. 70; dat mach men
enkede hewisen. s. 117 ; also dat in deme veften boke unses
stadesbokes enkede bescreven sleit. s. 154. der teutonista
hat enkede, ad punctum, stricte, cinctim, im westfälischen
Slennerhinke liest man häufig enkede, wel enkede, profecto
und in i^iederhessen hört man wissen enkede, fürwar und
enkede, enkede un wissen, daneben enken und enke. andere
nd. mundarten ziehen enken vor (brem. wb. 1, 308. Schambach
56*), etwa wie naken für naked, nakend vorkontmt, oder ist
enken gekürzt aus enkende?, wie in Böhmers Kantzow j. 52
steht, au/fallend die abwesenheil des worls im nl.
ENKEL, m. talus, fuszknüchel, ahd. ancbal m., anchala f..
später enchil, enchiia, mhd. enkel ni., nnl. anklaauw, enklaauw,
enkel m., ags. ancleov, engl, ancle, altn. ökuU und ökli,
beide m. , schw. dän. ankel. nhd. gar nicht bei Dasypodics,
Frisics, Maaler, welche dafür knode oder fersine setzen,
Hekiscb SS2, 51 hat es. jenes anklaauw sieht wie zusammen-
gesetzt aus mit kiaauw klaue, doch scheiden sich ags. clav,
engl, claw von cleov engl, clew glomus, sonst liegt auch lat.
ungula, unguis dem anchal nahe, aus Gkuil liesze sich ein
goth. agklus, gen. pl. agklive folgern, man halte altn. vödri
zu ahd. wado, goth. spana zu ahd. spare, veiicandt dem
anchal, enchil sein könnte selbst ancha occiput, doch ahd.
engi, goth. aggvus müssen aus dem spiel bleiben.
zwu ädern inwendig unter den knorren oder enkelen an
beiden füszen sein gut zu lassen den frauen nach der ge-
purt. versehung eines menschen, fiürnb. 14S9. 39'; lasz ir
zu adem auf dem rechten arm, zu der lebern oder an dem
enkel innen an dem fusz. 84';
nach mir zeuch ich ein dorensirauch,
cas mich bluirüsiig machet auch
mit scharfen doren meine schenket,
fusz, soln, fersen und den enkel.' H. Sachs I. 540';
auch ewr schenke!
werden aufbrechen umb den enkel. III. 1, 178*;
der löwe sprach, heb auf den schenke!,
wie grosz ist dir geschwohi der enkel? Waidis 1,32 i. 25";
eilends hinab in keller lief,
da stund ein pfüiz zum enkel tief. 3,94«. 192',
was ihm Wolgemct 2,368 entwendet;
er sumd in seinen geschnürten schuhen
bisz an den enkel im blute. Hild&bra.-^o volksl. s. 9.
s. auch das folgende.
ENKEL, m. nepos, gleicht ticklbar dem lit. anukas bei
Nesselmans -' und dem sl. ynouk, vnuk, altpoln. wn^k
(sprich wnenk). Miilosich löst vnuk in unuk auf und hält
dazu skr. öna minor, debilis. nah liegt der gedanke ans
vorhergehende enkel talus, da verwandtschcjlsgrade überhaupt
nach gliedern des leibs bemessen zu werden pflegen und ge-
rade ein andrer name des enkels dichter auf diech, ahd,
dioh hüße zu weisen scheint. RA. 170. der söhn ist dem
ahnen gleichsam aus der brusl entsprossen, der enkel aus
Schenkel oder knöchel. nun fordert auch die oben aufgestellte
form enenkel betracht, die nicht allein nepos, sondern wie-
derum latus ausdrückt, wenn letztere bedeulung nicht ein
leicht erklärlicher misverstand ist. man hat dem enenkel ano
und ene zum grund gelegt und dann in -enkel die ahd. di"
minutivbildung inchili (gramm. 3,681) gesehen, wie aus lewo
lewinchili (leuneulus) entspränge aus ano eninchiii; doch der
enkel ist kein kleiner verfahre, sondern ein naclikomme, erst
der Urenkel ein kleiner enkel, aber enenkel hat völlig den
sinn von enkel, nicht den von urenkel. die nordische spräche
hat für nepos kein unserm enkel entsprechendes wort und ver-
wendet ökull nicht so, wol aber braucht sie eckill ßr viduus,
eckja für vidua, schw. enka, dän. enke, und dieser allein
stehende witwer gemahnt an unsem enke famulus. Uro, woraus
sich ein bezug von enkel nepos auf enke famulus ergäbe,
hiermit schwände wieder der schein jener diminutivbildung
inchili, welcher ohnehin auch die verwandtschaß mit anukas und
Tnuk widerstreitet, die spräche der seile communi 106' gewährt
freilich anecho nepos, unterscheidet es jedoch von enkel talus.
Wie das lat. nepos, it. nipote zuweilen den brudersohn
bezeichnet, ist dies bei dem buchstäblich entsprechenden franz.
neveu und unserm neffe stets der fall: sie drücken niemals
enkel aus. enkel und neffe, enkelin und nichte stehn beide
in der absteigenden reihe, an versfhiedner stelle, enkel aber
kann uns nicht den brudersohn, nur den sohnessohn bezeich-
nen: doch wollen etlicb, das die selben zwen junge knaben
nit Tarquinius kind, sondern seins süns kind, sein enkel
gewesen sein. Livius von Schöffebum 17. dagegen steht
enkel sowol für nepos als für neplis, man sehe die oben sp. 483
unter enikel aus Chmels Max angezogne stelle;
ich bin es selbst, bin Iphigenie,
des Aireus enkel, Agamemnons tochter. Göthe 9,20;
überhaupt für nachkomme:
das musz die chronik einst den enkeln noch erzählen.
Gbllebt 1,117;
Ternunfl wird unsinn, wolihat plage,
web dir, dasz du ein enke! bist! Göthe 12,97;
nur selten finden auf des enkels brauen
der ahnen grosze züge sich geschrieben. Schiller . . .
die enkel werden ihnen helfer und vielleicht
der enkel enkel einst ihr starker herr.
Frkttag Fabier 24.
bildlich: der gute Albano zeichnete auch dieses entweichen
in sein Sündenregister ein, gleichsam als enkel seiner teu-
felskinder (als die folge seiner eignen schuld), i. P. Tit.
3, 136.
ENKEL BÖGE, m. für ellenboge. Schm. 1, 83.
E.NKELCHEN, n. nepotulus:
ohne beschwer wird pflegen der ahn sein enkelchen wachsam,
und liebkosungen laUt gern mit dem kinde der greis.
Voss Tibull 2,6,93.
ENKELDÄNK, m.
sie sind des enkeldankes werlb. Stolberg 1,99.
ENKELEIN, n. nepotulus.
ENKELGESCHLECHT, n. genus nepotum:
auch busze bezahlt uns, welche geziemet
und dir hinfort auch daure bei kommenden enkelgeschlechtern.
//. 3,460.
ENKELLN, f neplis:
an der wiege der enkelin oder des enkels. Voss.
ENKELKIND, j>. nepos, progenies:
für Banquos enkelkinder. Schiller 567*.
ENKELSOHN, m. l) pronepos, urenkel. '
2) posterus, nachkomme:
wird dieses freundesbündnis, das wir jetzt
erneut, auch noch die späten enkelsöbne
vereinigen* Schiller 469';
0 spät, bis dir ein enkelsobn, •
gut und weise wie du, trauernd den aschenkrug
mit cjpressen umwindet,
Füszli, neige deiu abend sich !
Hatthissor 61.
ENKELSTOLZ, m. wenn wir capitolium und olympia ei-
nigermaszen ersetzen sollen , so müssen wir enkelstolz eio-
fflhren. J. P. nachdämm. 88.
ENKELTIEF, usque ad talum pertingens.
ENKELTOCHTER, f. 1) proneptis, Urenkelin.
2) weibliche nachkommen schaß:
nicht mehr die feindin seines glaubens, nur
die cnkeliochter seiner könige
wird er in der bejammerten erblicken. Scbillii 437*.
31*
487
ENRELWELT — ENKLI
ENKLICH — ENT
488
ENKELWELT, f. progenies:
noch von der enkelwelt gescbäizt. Gellest . .;
sieh, und die enkelwelt
nicht mehr von neid und nhhe blinzend
staunt unrerwellilicher licbtbekränzung. Voss 3,76.
ENKELZEIT, f. posteritas.
ENhEN, conspici, apparere? in der alten Verdeutschung
des gothländischcn gesetzes werden die worte des Urtextes :
foru ! aina oy vijjr Aistland, sutn haitir Dagaijii, oc bygjjus
J)ar firir oc gierJ)U borg aina, sum enn synis (Schlyters
ausy. s. 95) so übertragen : do vüren si an eine ö bi Est-
land, di is genüniet Dagedber, unde buweten aldar unde
machten dar eine borg, di noch geenket ist (daselbst s. 163).
dies geenket erklärt Schlvter s. 332 für ein part. von engen,
eoarctare , includere und gewinnt den sinn arx adhuc vallis
cineta. allein geenket weist auf enken, nicht auf engen, und
das original lehrt, dasz die meinung sei: eine bürg die man
noch sieht, die noch sichtbar ist. das bestätigt unser adj.
enket, apparens, conspicuus und die vorhin beigebrachte stelle
der Sassenchronik 114 litte statt des adv. enkede ein verbum
enkede anzusetzen und neben drenkede zu stellen: er über-
schwemmte und enlblöszte die belagerte stadt, stellte sie
blosz, machte sie angreifbar, offen, wiewol solche auffassung
noch bedenken hat. dieses seltne verbum, drücke es nun in-
transitives apparere oder transitives detegere, aperire aus,
würde nicht allein das adj. enket, adv. enkede, enke aufklären,
sondern liesze sich auch mit anke occiput , enkel talus, vor-
ragenden, ins äuge fallenden theilen des leibs zusammen hal-
len, alle diese Wörter ständen sonst ohne würzet, das sind
lauter einfalle, die groszentheils erst durch weitere bestdtigung
werth erhalten können.
E.NKER, ofcotreoos, goth. iggqar, ags. incer, nur im bal-
tischen volksdialect fortlebend, aber zugleich für vtuxeQos,
vesler, goth. izvar, nhd. euer geltend:
kum/n her Kumpolt und Mareih,
und leicht mir enker bend ied ! fasln, sp. nachl. 260;
herr Hans, wo habt esz enker schäfle? wo sind enker arme
leul? Frey garleng. 39. so auch in Ostreich, Kärnten, Tirol.
ENKEK, m. anchora, anker: man wirft den enker in.
Keisebsbebg bilg. 72' ; warfen bei nacht ihre enker ein. Li-
vius gedr. bei Rihel 550.
ENKET, ENKEDE, conspicuus, certus. die bedeulung ap-
parens ist gewährt durch Diefenbach 42", der sie dem voc.
ex quo latinosaxonicus entnahm,' dann durch eine glosse zu
Ssp. 3, 29, 1, wo es heiszt : als in de gravescap tu Mulinge
und tume Billingishoge wol enkede is = sich zeigt, in
folgenden stellen drückt es aus certus, accuratus: unde wet
des nön enket besehet. Reineke 1533; eine enkede tit. Ar-
KOLD VON Immese.n 3237; up eine enkede tit, binnen einer
enkeden tit. Lübecker beichlbuch von 1485 in Gefkens bei-
lagen 125 ; enkade teken. Detmäb 2, 237 ; enkede warteken.
2,240. dies enket steht nun, gleich unserm sicher und ge-
wis, sehr häufig adverbial:
Heinke wüste enket up dat pas. Reineke 1101 ;
dat ik enket vorstunt bi mi. 2198;
gi wetten enket der werlde siät. 4087 ;
also dat he nicht enket vornam. 4526;
ik love wol, gi wetient nicht enket: denkei» 5299;
dit w£i ik Torware unde enket: denket. 5383;
dat wi dat aller enkedeste (aufs allergenauste) mit körten
worden bebbet ghescreven. Lappenbebg brem. quellen s. 55.
Die bisherige ableitung von enket, enkede aus enkel , einzel
igramm. 3, 770) musz fallen, wie würde dazu der sinn von
enken apparere, von enket apparens passen, wie sich die
abwetenheit desi, dat t, d an dessen stelle beißcifcn? und
gesetzt, man wollte auf einz (sp. 348) zurückgehn , dem enlel
txxi unterlegen, warum entspränge dafür enk? die nl. mund-
art kennt enkel, einzel, doch kein enket, die nd. hat entel,
einxel und daneben enket. freilich könnte die bedeulung si-
gillatim, singulatim der von accurate begegnen, nicht aber der
von eonspieue; wenn enkede daler, enkede gülden im sinne
ton fotele torkommt, so kann das spätere mischung sein oder
tmisehen beiden ausdrüdten Verschiedenheit eintreten, cukcdc
daler sind speciesthaler, keine einzelne.
ENKLI, m. taltu, was enkel : und dringen aluo ein newen
morbum inn ander capiiel, gleich als wenn ich den cnkli
ia den wein «tiesze, schaw, wie reimbt e» sich zusammen.
Pabacelsüs chir. sehr. 630', was besagt diese redensart oder
was meint enkli sonst?
ENKLICH, profecto, was enke, enkede. im oberhessischen
Busecker thal gebräuchlich. auch die var. zu riehst. 94 gibt
enklich neben entlich, und wären nicht enke, enkede, so liesze
sich endlich (sp. 464) schon vergleichen.
ENLICH, avilus, vom ahnen ererbt: das ist als (alles) ir
enlich gut. Chmel Maximilian s. 447.
ENLICH, similis, ähnlich (1,196) z. b. in Mich. Neandebs
menschensp. 8.
ENNE, m. stultus ? ich spreche hie schier, das könig Heinz
von Engelland ein enne were, hat in doch der feufel so gar
besessen, das er sich keines anders fleiszigt, denn aus lau-
term mutwill der göttlichen majestet wort öffentlich zu lestern
und sehenden. Luther 2,15"'. was bedeutet enne? man
könnte denken an ende, zipfel, wofür das volk verschiedentlich
enne spricht, doch gebraucht Luther selbst nur ende. Stieler
27 hat enne, eune, aune für ahne, agen, palea (1,194),
ennen und scheben acera , was einen leeren, kernlosen men-
schen bezeichnen könnte, henneb. önn ni. agen. Rei.nwalo 2, 113.
ENNEN, was enet, ennet, enten jenseits.
ENNERGETHEILT, quadripartitus, voc. theut. 1482 g 5', druck-
fehler für enver, invier geteilt, s. Diefenbach 476'.
ENNLICH für endlich, ßeiszig, arbeitsam:
ich will arbeiien geren,
ennlich und frummer weren. ArRE« fastn, 152*.
ENS, pl. von ans, trabs, balke (1, 432) : die (blinden rosse)
seind nirgends zu gebrauchen, als in die ens, da können
sie nirgends anderstwo hinkommen, als wie die andere ros
vor ihnen gehen und sie nacher schleppen. Seüter s. 145.
ENSBAUM, m. was ansbauni (1,434): wer einen gemark-
ten ensbaum in den wäldern fallet , ist der herschaft ver-
fallen auf gnade, leib und gut. weisth. 3, 739.
ENSPIN, m. verticillus, s. anspinni, 465.406. Henisch 897, 11.
ENT, untrennbare partikel, von welcher schon 1,495 die
rede war und gramm. 2, 713 — 716. 808 — 818. 3, 255. 4, 792.
793 ausführlicher gehandelt ist. sie hängt nicht nur mit meh-
rern fremden, uralten partikeln , sundern auch noch lebendig
mit unserm ende, dem vorstehenden, entgegenstehenden , zu-
sammen, üor dem nomen behauptete sich die volle form ant,
z. b. anllitz, antwort und in dem aus andbaht verstümmelten
amt; vor dein verbum trat schon ahd. die Verdünnung int
ein, und was mehr schadete, dies int wurde vor anstoszenden
consonanten zu bloszem in und mischte sich mit der ganz
verschiednen partikel in. ebenso verhalten sich ent und en
in der mhd. verbalcomposition. nhd. hat solches en wieder auf-
gehört und ist dem ursprünglichen ent gewichen, mit aus-
nähme jedoch der aus entf hervorgegangnen empf. wo im
verbum ant vortritt, z. b. in antworten, liegt immer schon ein
zusammengesetztes nomen (antwort) unter, fehlerhaftes ent
für en, in hat sich in entzwei und entgegen eingedrängt,
liegt auch dem empor = entpor /Br enbor zum gründe.
Ent bleibt entweder positiv oder wird negativ.
1) es drückt gelindes gegen und wider aus, ohne den im
verbuni liegenden begrif aufzuheben, so heiszt entgelten bei-
nahe was gelten: du sollst es mir entgelten, bezahlen, wie
gelten. bUsten oder besten ist glubere, entbästen dasselbe;
blecken, blöszen was entblecken, entblöszen; neben mhd.
gellen taucht die lesart engellen auf. richten ist recht, rich-
tig machen, entrichten dasselbe, entlassen, loslassen Itegl
schon in lassen, entnackten denudare schon in nackten nu-
dare und eine me)ige solcher falle zählt der verfolg auf. ent-
nehmen kann gleichviel sein mit nehmen, obschon es das
davon, entgegen schon hervorhebt, enthalten continere begegnet
dem halten tenerc: das fasz enlhillt oder hüll zehn cinier.
die einfachen verba sind fühlbar sinnlicher und mit dem ent
tritt irgend eine abslraction hinzu.
2) ent wird inchoativ und drückt beginnen aus, was sonst
auch durch an, er oder auf bezeichnet werden kann: die
pflanze cnlbluht, blüht auf, erblüht, das feuer entbrennt,
das laub entspringt, entsprieszt, der dieb ist entsprungen,
entlaufen, die frau cinpfüngt, coneipit, das kind entschläft,
schhtß ein, die flamme entzünden, anzünden, der geist cin-
plindel , fühlt. häufig haben verba dieser irdeuluni] einen
dat. bei sich: das Inub entsprieszt dem asl, der dieb ent-
springt dem kerker, der stein entrollt dem berge, die flamnie
enisprillit den kohlen, der vogel eniflug dem külich, der
kranke ist dem tnd entgangen, entronnen, der stein enlfiihr
489
ENT — ENTÄH.XLICHEN
ENTALINEN — ENTÄUSZERN
490
seiner band, ihm entfuhr ein seufzen einigemal kommen
diese und die folgende bedeutung in demselben worte vor,
z. b. in entblühen.
3) ent drückt aus ab, davon, los, «eg und wird ganz pri-
vativ, das gegentheil von be: entdecken, enthüllen ist auf-
decken, entkleiden auskleiden, entgürten losgürten, entschuhen
ausschuhen , entbinden losbinden, entwafnen, der tcaffen be-
rauben, entkräften die kraß benehmen, entladen, abladen,
ausladen, gegensatz von beladen, entsagen absagen, wider-
sagen, lossagen, entschlieszen, aufschlieszen , entweiben, ent-
heiligen, die weihe außeben.
4) solche ent können verba aus subst. zeugen, ohne dasz
ihnen das einfache verbum entspricht, man sagt entblättern,
entgeistern, entvölkern wie beblättem, begeistern, bevölkern ;
blättern kommt vor, nicht aber geistern, Tölkern, dem ent-
leiben, entwölken sieht zur seile beleiben, bewölken, kein ««'
faches leiben, doch wölken, ähnlich dem be in beratern, be-
thalern, beliebreichen (1,1203) gilt ein entalineo, entjungfern,
entbären.
ö) Voss hat eine gute zahl solcher verba mit ent gebraucht
oder versucht, was ihm von Schlegel (Charakteristiken
2,159 — 161), doch meistens ungründlich und unberecMigt, vor-
gehalten wird, nur wenige iassen sich aus früheren schriß'
steilem nicht bestätigen.
6) composita mit ent haben den vortheil, dasz sie im part.
praet. kein ge anhängen, wie die nnl trennbarem an, aus Ihun
müssen ,• den dichtem ist daher entflogen oß willkommen statt
fortgeflogen, ausgeflogen oder entfragt bequemer als abgefragt.
7) unserm ent zur seite steht golk, und, un{)3, ags. od, un
(ucbindan, untigean), engl, un lunbind, untie), nnl. ont,
schw. dän. und. die nnl. spräche ist weit reicher als unsere
an solchen Zusammensetzungen mit ont.
ENTÄCHZEN, ab imo duci:
des orcus dampfgestaden
eotäcbzie wehgeheul. Kosegarte.'«.
ENTäDELN, nobilitatis honore privare, dehonestare, herab-
setzen, nnl. ontadelen: entadelte, knechtische Seelen. WiE-
LA.ND 16, 133 ;
arbeiten darf er nicht, er würde sich entadela.
Hallbb 111 (123);
wenn wir andern ehre geben,
müssen wir uns selbst eniadeln. Götbb 5,95;
schon hatte Eva vom Versucher jene vergifteten gährungs-
stoffe empfangen, durch welche die herlichen anlagen und
gefühle , die der Urheber des lebens zu so viel besserem
zwecke bestimmt hatte, für immer entadelt wurden. 46, 223 ;
das eniweihte gefühl ist nicht mehr stimme der eöiter,
und das orakel verstummt in der eniailelten brusi.
Schiller 87';
liebe ist das wuchernde arcan, den entadelten könig des
goldes aus dem unscheinbaren kalke wiederherzustellen. 756' ;
damals liesz in das joch kein tapferer stier sich entadehi,
nicht mit gebändigtem maul knirscht in die zügel das ros.
Voss Tiftu« 1,4,41.
s. entedeln.
ENTADELUNG, f. fem sei und bleibe doch von würdigen
deutschen gelehrten diese entadelung ihrer erlauchten namen.
Fichte über die franz. rev. 262.
ENTADERN, venas, nervös excidere, entnerven: wie trun-
kenhait ainen menschen ganz entäderet, das er onmechtig
swach wirt. Keisersberg siben scheiden S 4' ; die Juden ent-
ädem das geschächtete vieh ; kein hinderteil essen sie on ent-
ädert, daruinb das der engel dem Jacob sein Schenkel ver-
renkt hat. welch ader man nemen soi, davon haben sie
ein grosz buch; wie si ihr vihe metzigen und entädern.
Frask weltb. 151'; also mag man das ganz leiden Petri und
Pauli entederen, so man ihnen gnauw will nachsehen, chron.
262'; himmeln, er hat sich entäderet (umgebracht)'. Niobe
Singspiel. München 1688 s. 87 ; man musz Thebe überfallen
und den Ampbion entäderen. (. 19 ;
wen Sirengen richters sprach zur langen qual verteilt,
sein leben kümmerlich mit ach und weh zu rädern,
dem darf kein Zuchthaus nicht der kräfle mark eniädern,
nicht schürfen, steiuscbniu nicht, und wenn er eisen feilt.
Stiilkrs Sprachschatz, vorrede.
t. ausäderii 1, 825, beädem 1, 1206, durchädern 2, 1582.
ENTAHNLICHEN, dissimile esse, aufhören zu gleichen:
schwelget von dem, was die kunst gebar, die vergleichnng
. ..... . entahnhchi
ourcli ibr heiteres. Klopstock 2, 164.
E^TTÄLIXEN, Alinam exuere, die Aline ablegen, bei seite legen :
sie liesz sich ihren bofornat
durch eine traute zofe bringen,
sie entalmte sich. Bürger lü^'.
EXTANSELMISIEREN : aber mein guter vater, so geschwind
sie sich anselmisieri haben, werden sie sich aach wieder
entanselmisieren müssen. Lessi.ng 1, 500.
ENTAR.MEN, amputare brachium, rapere ex amplexibus.
Stieleb 54.
E.NTARMEN, ab egestate traducere. Stieleb 57.
ENTARTEN, degenerare, aiisarten, aus der art schlagen,
Stieleb 59, nnl. ontaarden, vgl. unarten :
1) der stamm entartet, verdirbt,- eine entartete mutter,
nnl. ontaarde moeder;
entartet, Roraulus enkel, und gleicht
bei dem wollustmahle dem tbier! Klopstock 8, 98;
sie entarten nicht, sie gehen aus. Stolberg 9,285;
wenn die liebe die nemliche ist, wie könnten ihre kinder
entarten? Schiller 112".
2) in etwas: die natürliche grazie der Stellung entartet in
eine beugung, als ob er sich ein kleid wollte anmessen
lassen. Schiller 699'.
3) zu etwas ; dieses streben entartete zu geheimniskrämerei.
Beckers wellg. 12, 16.
4) sich entarten: wie die gute speise in einem verdorbe-
nen magen von ihrer guten eigenschaft sich entartet und in
ungesunden, schädlichen saft verändert. Bctschet Palm. 733.
Entästen, ramls privare : eine herliche buche , entblät-
tert, entästet, mit geborstener rinde. Göthe 39, 266. s. ab-
ästen, ausästen.
ENTATHMEN, nnl. ontademen,
1) transitiv auszer athem bringen, exanimare:
wer bist du, dasz durch saat und forst
das burrab deiner jagd mich treibt,
eniaihmet wie das wild? Bcrgrr 20*;
der zephyr erquickt entathmete busen . . .;
allein ermattet sind
von streiten deine glieder, oder furcht
beklemmet und entathmet dich. 16S*.
2) intransitiv, auszer athem kommen:
zum entaihmen, zum ersticken. Göthe 41,200.
3) emanare, entströmen:
und mir entathmet die wonne wie blitz, die gewölke durch-
scblänglend. Voss 2, 266.
ENTÄCGEN, eaecare, oculis privare, nnl. ontoogen:
0 weih so gar verblendet,
so gar von lieb eniäugt. Spbb tnüzn. 57 (54).
einen entäugen, ihm die äugen ausstechen.
ENTÄUSZERN, alienare, entfremden,
1) verduszem, von sich geben, wegbringen, entfernen: also
ist es mir mit ewrem herren widerfahren, welchen das glück
immerdar von mir absentiert und enteuszert. Amadis 157 ;
dasz ich etwas sag, welchs so gar von der warheit ent-
euszert (ist). 202; weil durch sein hülf ich die freud, von
deren ich jetzt genzlich enteuszert (bin), wider zu überkom-
men verhof. 262; so waren sie doch von allen andern ge-
danken so gar enteuszert, dasz sie der zeit nicht achtung
geben. 363; mundre uns auf und uns nicht thu enteuszern
immerdar so lange. Melissüs ps. 13"; er (Moses) musz es
(das volk) wieder in die menschenrechte einsetzen, die es
entäuszert hat. Schiller 1017' ; ein theil der absoluten tota-
lität wird entäuszert, wird gesetzt als nicht {sc. vom ich)
gesetzt. Fichte grundl. der w. l. 105; habe ich nun das ich
vollkommen entäuszert durch denken aus der unmittelbaren
Innern anschauung heraus und in die region der äuszem
Wahrnehmung gestellt, thals. des bewusts. 91; in so fem ist
das ich nicht entäuszert (nicht herausgetreten aus dem innem
in das äuszere). ebenda; factisch bbeb das sein sich selber
entäuszert. naehgel. werke 2, 274.
2) sich entäuszern, si'cA begeben: dieweil die zeit, in der
wir uns von hinnen entäuszern sollen, genzlich nicht bestimpt
noch limitiert. Amadis 384 ; des trunkes habe ich mich gänz-
lich entäuszert (a potu abstinui). Schw£i.<<icben 2,230; wie
man sich dieses und jenes enteuszern musz. pers. baum^ 2, 1 ;
die einigkeit, o herr, der grund zu hohen häusern,
musz auszen nimmer euch noch innen sich enteuszern.
LoGAU 3, 144,45;
was hat doch meinen schäfer bewogen von mir sich zu ent-
äuszern? Sic«, t. BiREES Margaris 207; es sei gut, sich von
491
ENTÄÜSZERUNG — ENTBAREN
EKTBÄREN — ENTBEHREN
492
den erhöheten freunden zu enleuszern. Butscbky Palm. 419;
ihrer vil lassen ibnen aus dem vergüldenen becher der ver-
gänglichen lüsten diser weit schenken, davon sich aber enl-
euszert dein br. kanzlei G37 ; sein entschlusz sich der weit
zu entäuszern. Hagedorn 2, 4 ; er war doch noch lange nicht
alt genug, um sich der weit ganz zu entäuszern. Wieland
3,213; ich entäuszere mich dieser feder, ich setze das dinten-
fasz bei seile. Güthe 14,99; eines gemiiths, das sich doch
zuletzt derselben {seiner wünsche und hofnungeti) auf ewig
entäuszern musz. 14,179; ihdem er sich entschlieszt, die für
ihn allzusehr verflochtene landwirtschaftliche besorgung auf-
zugeben und sich des einige jähre frohgenossenen grundbe-
besitzes zu entäuszern. 32,259; genug, sie {die sicli den wei-
berrollen uidmenden jungen männer) suchen sich ihres eignen
geschlechts so viel als müglich ist zu entäuszern. 38, 176 ;
die ma.\ime des geizes, wobei man sich blosz den besitz
zum zwecke macht und sich des genusses entüuszert. Kant
5,265; weil dies eben ein sichentäuszern ist. Ficbte Ikats.
des b. 112 ; nun also, wenn ihr dieses sohnes euch entäuszertet.
Schiller 104';
der um der freunde willen
sich seines rechtes selbst entäuszern mag. Tieck 3,405.
EMÄÜSZERÜNG, f. alienatio: des geldes enteuszerung.
gespenst 59; sie haben sich oft begnügt, Thucydidis einzelne
Versicherungen zu übersetzen und die Verantwortung für die
richtigkeit der ganzen begebenheit ihm selbst überlassen, eine
entäuszerung, die so gar unbillig nicht sein würde, wenn nicht
w. s. w. Heilmanns von. zu Tliuc. s. 9; und dann die ent-
äuszerung (entsagung) ! wenn ich trockne handlungsarbeiten
thun sollte, fielen mir gelehrte gedanken, charactere und plane
zu romanen und Schauspielen ein. aber ich widerstand.
GöCKiNGKS leben Friedr. Nicolais s. 15;
dasz dir die mutterpflicht entäuszerung
der hoheit auferlegt. Gotter 2,218;
entäuszerung der menscbheit durch mönchische zucht. Schlos-
ser welly. 4,439; der bcgrif consumli fructus ist nicht auf
das eigentliche verzehren beschränkt, sondern umfaszt auch
jede anderweitige entäuszerung. Göschen Vorlesungen 1, 240.
ENTß.^N, invideo, invidet, Überbleibsel der uralten anomalie,
Kie sie auch hin und wieder in erban, gan und vergan, na-
menllich bei Frane, Waldis und Rollenhagen auflrill; doch
scheint entban ein fehler oder irrthum für enban oder erban : nit
das uns gott deren {der schriß) verstand entban. Frank verbül-
schiert buch 1559 vorr. 2' und ößer. später aufhörend, wie wir
heute gönne gönnt, misgönne misgünnt, vergönne vergönnt
sagen, würde auch entbönne entbönnt, erbönne erbönnt ent-
sprungen sein, doch begegnen sie ebenso wenig, tadelhaß bildet
derselbe Frank die dritte pcrson auf entbant (wie in einer gleich
folgenden stelle weiszt) und den inf. auf entbannen : es ist
kein teufelskind oder ungläubiger, der sich den zoren über-
winden läszt ausz neidischem herzen, das er sein brüder gern
in einem löffel ertrenkt und entbant [misgönnt), das ihm die
sonn scheint, paradoxa 83*; und haltens für ein grosze thor-
heit, das man küwe und ros etwa umb gelt zubringt, und
disz gut, so er nit zu brauchen weiszt, ausz eigner lieb an-
dern will aufhalten, verlegen und entbannen {misgönnen).
«eltb. 84'. s. empan sp. 420 und entgunden, engunden bei
DlEFENBACH 306*.
ENTBANGEN, ENTBÄNGEN, vacuum reddere a timore.
Stieles 92.
ENTBAR, sursum, empor: da nu Reinhart durch die fröner
in Bein geworfen was worden, sein leichnam ging nicht zu
grund, sonder bleib entbar schwimmen. Aimon F3'; disz ist
ein heiliger leichnam, gott will in nit verloren haben, sehcnt
ir nit, wie die lisch durch die kraft gotles in entbar hallen?
daselbs'. s. enfpor, enlpfor.
ENTBARBABL'NG, f. absolutio a barbarie: dadurch bringt
p« diese spraciie doch wo! nicht weit in der enlbarbarung.-
Klomtock gramm. gespr. s. 231.
ENTBAREN, denudare, detegere, enlblösten, entdecken, mhd.
enbarn {wb. l, 14l'. 142*) :
ein man von sechzig jaren
»Ol ainorschaft vermeiden,
mein peichi rnuexz ich entparnn.
da> ich darumb trag ein inichs Injden.
POtkricu bei Itaupi 6, 3C;
Noe der begunde nach der sintflule »inen wingortcn ze buwen.
do er des winen gedrank, do wart er rntwTlmet da von, da;
er ne wesw wa; er tct uode enberte sich. Moke ans. 8, M4.
in der ersten stelle scheint entp&ren, in der zweiten enbaeren
für enbaren eingetreten.
ENTBÄREN, s. entbehren.
ENTBÄREN, ex urso hominem facere: ein häszlicher, un-
freundlicher bär bin ich diesen winler über gewesen, seit-
dem der frühling wieder angefangen hat, mich etwas zu ent-
bären, kann ich doch etwas mehr in articulierten menschen-
tönen reden. Bürger 482*.
ENTBÄSTEN, deglubere, decortieare. Dasypodics 303': man
müsz in {den hasen) straifen oder entbästen, als die Jäger
thünd. Keisersberg has im pf. Cc3*; wenn man einen hasen
ströuft oder enlbestet, so gat es wol von statt, aber so man
an den köpf kompt, so will er nit fürt, postille 2, 113.
ENTBALCHEN, dissecare, aufschlitzen:
allein, wann auf dem llnrz, nun lang genuer gequält,
ein aufgebrachtes schwein zuletzt den tnd erwählt,
die dicken borsten sirnubl, die starken wjilTen wetzet
und wütend übern schwärm entbauchier huiide setzet.
Haller 76 (84).
auch Wieland 19, 342 hat entbaucht.
ENTBEBEN, tremule elabi, excidere, enlzittern, erst nach
1750 gebildet:
mit seiner purpurfarbe wehn
kam sieg auf unser beer,
dem feind, kaum hat er ihn gesehn,
entbebie schwert und sper. Höltt 227,8;
mancher leise wünsch enibebte
seufzend meiner brüst. Stolbbrc 1, 233;
allen entbebet dir,
Here, ein schmachiender blick. 4,62;
dasz thränen mir entheben. Scbubart 1, . . .;
herzen, die gen hiinniel sich erheben,
thränen, die dem äuge still entheben. Matthisson ged. 5;
Hektor erscheint,
und wo er stürzt, da enlbebst nicht du allein ihm. Voss.
ENTBEHREN [entberen], carere, mangeln, ermangeln, enl-
raten, ahd. inpöran (Graff 3, 145), mhd. enbärn {wb. 1,155'), nnl.
onlberen, sclnu. umbära, vgl. undvara, dän. undväre. kein ags.
odberan. Luther und mehrere schreiben empern, nitr weish.
Sal. 17, 9 steht entbern ; alle älteren aber halten noch das
mhd. starke verbum fest, praes. cnbir, praet. enbar, pari, en-
born, erst im 17 jh. mag entbehre, entbehrte, entbehrt auf-
kommen, wie nl. ontbeerde, ontbeerd. auffällt, dasz Dasy-
poDius, Frisiüs, Maaler, Henisch das wort überall nicht haben.
Stieler schreibt entbären, stellt aber nur den inf. auf, Denzleb
entbahren. im voc. theut. 1482 g 2" ist embern, g4*enperen.
Keisersrerg, ScnwARZENBERG uud andere gebrauchen es o/l.
dem Volk in der Schweiz, in Schwaben, Baiem scheint es un-
gewöhnlich.
so die form, schwieriger die bedeutung. beren ist ferre,
tragen, entberen wäre wörtlich aufcrre, enttragen, doch der
entbehrende enlträgt nicht, nimmt sich nicht, es wird, ist ihm
enttragen, genommen, ihm entgeht, entbehren musi also aus
einem intransitiven sinn der würzet entspringen, fasse man
hehren als bei sich tragen, an sich tragen, haben, so wird ent-
behren nicht mehr an sich tragen, nicht mehr haben, nicht
haben, mangeln, ungefähr wie lathen bedeutet walten, entra-
then nicht mehr walten, mangeln. Beneckes ansieht, das
mhd. enbern sei völlig verschieden vom nhd. entbehren seheint
unbegründet, beide gewähren denselben sinn und die erlöschende
starke ßexion ändert darin, wie sonst in vielen fällen, nichts,
intransitiv sieht das verbum entweder ohne casus odif mit dem
gen. der sache, allmalich fand sich auch ein transitiv mit den^
acc. ein. das verbum pflegt von adverbien wie leicht, gern,
viel, ganz und gar, oder schwer, ungern, kaum, wenig begleitet
zu sein, entbehren hat immer bezug auf den entbehrenden,
mangeln und fehlen stehn allgemeiner, die ausdrücke es man-
gelt, fehlt geld werden mit ich entbehre geldes erst durch ein
zugeßgtes mir gleichbedeutend, missen, vermissen ist auch
carere, geht aber auf ein verlornes, bestintmt gesuchtes, darben
und bedürfen sind egere, indigere, d. h. bezeichnen noih, die
im blossen entbehren und nicht haben unenthallen ist, Sehnsucht
und leid kann darin liegen. Alberus hat folgenden artikel:
carco, egeo, indigeo, vaco, ich cmper, mangel, leid armut,
ich darb, bedarf, mir feclt, mangelt, bab nit, ich kans em-
pern, possum carere.
1) entbehren tuweilen ohne casus, der sich doch leicht hinzu
denkt :
ein krAI Ut iixtgcflogen
dem kipinhock in xin Und.
ktai, du hfiueiifwol ombom {et unterloMun),
worost bliben in dinom noiU KOaniu hitl. •oUul. SS;
493
ENTBEHREN
ENTBEHREN — ENTBIETEN
494
freade! da steht», eia geniuswerk, und mir ist doch
etwüs nicht da. ich en bebre. Klop^toce 2,49;
entbehren sollst du, sollst enibehrenl
das i<t der ewige ges.ing.
der jedem an die ehren Itlingt. Göthe 12, SO.
2) mit persönlichem gen. schon könig Heinrich:
swer nu disiu liet singe vor ir,
der ich so gar unsenl'teclich enbir,
ei si wib oder man, der habe si gegrüejet von mir.
MS. 1,1',
Jon weij ich niht ein ende,
wie lange ich din enbir. Waith. 89 2S;
Ich din unsanrt enbir. G.4. 2, 279;
waj sol ich, swenn ich din enbir? Iw. 1466.
tüid. seind goit wlllkomen, Danhauser.
ich hab eur lang emhoren. L'bland 76ö;
man kan ir in der stad nicht emperen. Sirach 38, 36 ; ist
doch kein dorf so klein, das eins Schreibers emperen künde.
Luthers vorr. zu Menü oecon. christ. 1529 a3';
der weiber und des weins aur ewig zu entbehren.
\Viela:id 5, ls3;
sie {die sitle) heischt, dasz deine andern löchter in
BlTcen der multer länger nicht entbehren. Schillbr 223'.
3) mit sächlichem gen.
der andern bet ich wol enbaer. Helbl. 4, 851;
doch so ain arzt lang praciicirt,
der kunst und frümkait nit entpirt. Schwarzknbkrg 137, 1 ;
geiz und hoffart ist mein begir,
drüm raubs und brands ich nit empir. 146, 1 ;
al gründ erzälen nach der leng
geprauchet wori ain grosze meng.
aus haiiger schrift der ich empir,
bat mich darin vergangen schier. 154,2;
wer groszer laster nit enibirt,
des schand und straf untödlich wirt. 158, 1;
es dunkt mich nit gute noch bewerte münz sin, widerwer-
tigkeit und iiden zu haben, ich enbir sin wol. Keisersberc
61/3.82*; da die thier unter sie füren und die schlangen mit
häufen so zischten, das sie auch in die luft, welcher sie
doch nicht entberen konden, nicht gern sahen, iceish. Sal.
17,9; man solle fasten und alle Übung dahin richten, das
sie den alten Adam, die sundliche natur drückten und ge-
weneten zu empern alles des, das diesem leben lustig ist.
LcTBER 1,186'; wenn wir krank sind oder der eines {unius)
emperen müssen. 5,44'; wenn wir sollen der luft eines Vater-
unser lang emperen. ebenda; dasz man dem so wider einge-
setzt bedenkzeit geben und in zufriden lassen sol, so lang er
des seinens {segnens) entborn hat. Nicrinls papist. inquisition
s. 118; sie sollen es (ejus) lieber empören haben, denn es was
in keinem guten geschehen. Agricola spr. Wörter n'488;
wann jemand will zu viel begern,
der rausz darnach auch des empern,
das ihm zuvor gott hat beschert. Albskcs Esop 19';
als sies nun wollen nicht empern,
da gab ihn Jupiter ein berrn. 21*;
mit nichten soltu dich beschwern,
dein obrigkeit herzlich zu ehrn,
man kan ir warlich nit empern. 33';
ja sag ich dir, es möcht vielleicht,
du werst gestorben ungebeicht,
damit der absolutz eniborn,
so werst mit leib und seel verlorn. Waldis4, 1 6/. 207';
dasz ich jeiz musz entpären
der lieben gegenwart, des buldgespräclis, der lären {be-
lehrungen). Rosplsr 81 ;
wir können vieler ding entbehren
und dies und jenes nicht begehren,
doch werden wenig männer sein,
die weiber hassen und den wein. IIackdor?» 3,102;
ein geschenk, dessen sie besser hätten entbehren mögen.
WlELASD 15, 13.
4) allmdttch schlich statt des gen. der persönliche wie säch-
liche acc. ein, tcodurch das verbum transitiv wurde und den
sinn von missen, vermissen, verlieren, sich nehmen lassen
empßeng: denn alles was ir verlieret oder emperen müszt
umb des evangelii willen, das ist stracks gctt selber in seiner
person geopfert und gegeben. Lcther 6, 16'; das er lieber
hundert gülden {was doch auch ein gen. pl. sein könnte) em-
pören hritte. Mich. Neander metjscAenjp. 47'; ardelio, ein für-
witziger, unruwiger mensch, der vil auszrichten wil, das {zu thun)
er doch kein befehl hat und man wol entpcrn künd. Albercs;
andre vollen {füllen), sich entleeren,
lohnen, doch den dienst entberen,
immer geben, nimmer nemen,
nimmer lachen, immer grämen. Logad 1, 65, 81 ;
ja, eh ich diesen rein entbehre,
so meid ich lieber gut und land. Gellert 1, 70;
geniesze was dir gott beschieden,
entbehre gern was du nicht hast,
ein jeder stand hat seinen frieden,
ein jeder stand auch seine last. 2, 135;
wir alle sprechen gern,
und frauenzimmer, meine herrn,
sind ganz und gar nicht da, die spräche fu entbehren.
Job. Be.nj. Michaelis im alm. der d. musen 1771 1. 3;
doch, Doris, weil ich dich niemals entbehren lerne,
so straf ich manchesmal des trägen Schicksals schlusz.
Rost scliäferged. s. 65 ;
der fürstentochter eitlen überflusz
froh zu enthebrcn. G0TTEal,3;
die arme schlingen um den liebsten hals
des armen flüchtlings, ach, des lang entbehrten!
Schiller 237';
schon lange zeit entbehr ich im gefängnis
der kirche trost, der sacramente woithat. 407';
fürwahr ein groszes glück, das mai» entbehren könnte.
GöTUE 7, 5;
begegn ihm, dasz er glaubt, du könntest ihn entbehren. 7,9^.
5) selten erseheint ein reflexives sich entbehren im sinne
von sich verstecken, sich wegthun, entfernen, also deutlich enl-
Iragen: auf solches haben sie ein process angefangen mit
beten, fasten und die leut beschworen, da hat sich der teufel
gleich entboren, als sei er hinweg, und aber es ist nicht.
Paracelscs 2, 264*. dieser merkwürdigen bedeutung gedenkt
auch Adelung als einer oberdeutschen, ohne beleg.
ENTBEHRLICH, superfluus, quo carere possumus: ein ent-
behrlicher mensch; ausländische gewürze sind entbehrlich;
eine entbehrliche, unentbehrliche ausgäbe; geld ist dazu un-
entbehrlich; er hat sich selbst entbehrlich gemacht, man be-
darf seiner nicht.
ENTBEHRLICHKEIT, f.
ENTBEHRUNG, /. inopia: entbehrungen aller art traten
ihm in der fremde entgegen ; mit kummer und entbehrung.
Göthe 20, 96.
ENTBEHRUNGSKUNST, f. die kunst entbehren zu können.
ENTBEHRL'NGSVOLL: die see ist seine stürmende ent-
behrungsvolle heimat, Dyanasore 5, 330.
ENTBEISZEN, edere, eigentlich mordere, beiszen, das goth.
andbeitan kommt nur abstraci vor alsjschelten, increpare, wie
auch lat. mordere mit Worten anfallen bedeutet, doch das
ahd. inpijan, mhd. enbijen, nnl. ontbijten ist sinnliches edere,
gustare, das ags. onbltan scheint anbeiszen und beide Wörter
lägen sich ganz verwandt, nhd. begegnet entbeiszen nur selten
und erlischt endlich ganz : kompt der ammiral morgen, so
soll er on streit nit hinnen scheiden, wann ich wil nit essens
entbeiszen, er sei dann ubenvunden. Aimon C4'; weil sie
den tag und die nacht nie essins entpissen hatten. Roth
(Aür. ehr. bei Frisch 1,79*;
hab kein menschliche speis eotbissen. H. Sachs IIL 2, 51'.
ENTBESTEN, s. entbästen.
ENTBIETEN, imperare, mandare, ahd. inpiolan, mhd. eo-
bieten, nnl. ontbieden.
1) einem etwas melden, sagen lassen, zu wissen thun, zu-
mal in der gruszformel:
mhd. hie enbiutet liep ein ander liep. Parz. 55, 21 ;
dir enbiutet minne unde gruo;
min lip. 76, 23;
iu inbiutet den dienest sin,
richer kunic, meister Bendin. Reinli. 1873;
es sind bei inen zweene, durch dieselbigen kanst du mir ent-
bieten, was du hören wirst 2 Sam. 15, 36; der könig Alexander
entbeut seinem bruder Jonathe seinen grusz. l Macc. 10, 18 ;
der könig Demetrius entbeut seinem bruder Jonathe und dem
jüdischen volk seinen grusz. II, 30 ; 'hör hieher, wa kumstu
von Koldingen? was entbüt uns dann der winter?' Ulen-
spiegel sprach 'der wil euch nit entbieten, er wil euch selber
ansprechen'. Eulensp. hisl. 16 s. 22 ; 'wilt dem von Bach nichts
entbieten? diser geht hin den Schwelkendarra zu waschen'.
Garg. lOO'; und hat mir solchs Euphratcs selbst entbotten.
buch der liebe 217, 4 ; Hydaspes entbeut seiner lieben Persina
alle hreude, 'du soll wissen, dasz wir die Persen überwunden
haben', 222, 3 ; dem allergütigsten könig entbeut Oroondates,
des groszen königs oberster feldlierr, sein untcrthenigen dienst.
228, t; damit Reinhart im entbieten möcbt, wie es um Philo-
mena stünde. 255, 2 ; ich wil, sobald ich immer in Portugal
komme, euch entbieten, wie es umb mich stehe. 256, 1 ; doch
495
ENTBIETEN — ENTBINDEN
ENTBINDEN
496
sag ich nicht, dasz man unterwegen sol lassen, den leuten
zucht und ehre zu entbieten. 291,3;
wir lassen dem nbt von St. Gallen entbieten,
Hans Beudix soll ihm nicht die schafe mehr hdten.
BÜRGER 67';
der könig wollte mir
wahrscheinlich nicht durch sie entbieten lassen,
was sie mir sagen werden. Schiller 281';
was bringt er uns vom grafen Thurn ? 'der graf entbietet dir,
er hob den schwedschen cauzler aufgesucht'. 339';
mit feinheit und verstellter lieb erschleichen,
was er in rührung mir schon halb entbot. Tikck 3,47;
dasz ich den jungen Ferdinand hier vermisse, der uns auch
in der Stadt seine dienste nicht entboten hat. ges. nov. 4, 350.
wenn ein höherer und vorgesetzter entbietet heiizl das natür-
lich befehlen und gebieten: alles was du deinem knecht ent-
boten hast, wil ich thun. 1 kön. 20, 9 ; und die ehesten theten
wie inen Isabel entboten hatte. 21,11; und entbot den kle-
gern auch, das sie für dir sagten, was sie wider in hellen.
apostelg. 23, 30. das blosze entbieten wurde verschiedentlich
auch in zuentbieten verstärkt: da entbotten wir in zu (riefen
wir ihnen fragend zu), von wannen sie schiften und wer sie
weren? da antwort ir hauptmann, er wer ein mor. Frank
weltb. 218'; dasz es gefariich viel über land zu schreiben,
maszen ihme neulich einer zuenlbieten lassen, sobald er den
herren ansichtig würde, solle er ihme seinen eigenen brief
fressen müssen. Butschkt kanzl. 63.
2) einen entbieten, herbeirufen, zu sich befehlen: woselbst
der markgraf eine ansehnliche schule gestiftet und dahin die
fähigste ingenia entboten und aufgesuchet. Bbandts ber. von
Taubmann s. 18; churfürst Christianus und herzog Friedrich
Wilhelm haben gar gerne Taubmann um sich gesehen und
ihn oft nach Dresden entbieten lassen, s. 45 ;
dank,
dasz du, mein könig, mich zu dir entbotest. Klopstock 9, 144;
er. der himmel und erde in ewigen kreisen herum rollt,
selber entbeut er mich her, dir den heiligen willen zu melden.
Borger 248";
wenn zum verhör dich der tyrann entbietet. Götter 2, 80;
bis sie {die todlen) zu neuem leben einst erwarmen,
wann sie der morgenruf vor gott entboten.
Lenau neuere gcd. 157 ;
so sammeln sieb die schwalben auf den dächern,
enteilend ihren gastlichen gemäcbcrn,
wenn übers meer der süden sie entboten. 247.
3) sich entbieten, sich anbieten, o/ferre se: hab ich ganz
bescheiden nicht anders gesagt, denn ich wülle das weisen
und war machen aus seinen worlen und aus dem, das die
notarien aufgeschrieben haben, entbot mich deshalb auf die
herrn {berief mich auf ihr prolocoll). Luther 1,160*; darumb
ich allen arztcn rath, hüten euch vor den kranken, die sich
berberg und der speis bei ihnen entbieten {die den ärzten
herberge und kost anbieten). Paracelsus chir. sehr. 627";
als Aster, den man dort den besten schützen hiesz,
sieb diesem könige zum dienst entbieten liesz.
Hagedorn 2, 59;
sich ihm zur fübrerin zu entbieten. Herder 15, 14.
4) zuweilen steht auch entbieten, ohne beigefügten casus,
ßr anbieten oder erbieten: *
kh nahte mich ihm mit entzücken, dankte,
erhob, entbot, beschwor, nur einmal noch
die fromme kreatur zu sehen, die
nicht ruhen könne, bis sie ihren dank
zu seinen fuszen ausgeweinet. Lkssinc 2, 196.
ENTBIETUNG, f. mandatum: sie thäte sich gegen herzog
Heinrich der entbielung bedanken. Scuweimchen l, 355.
ENTBILDEN, deformare, wie das laL vort doppelsinnig,
1) formare, geslallen:
wo sich de« vaiero geist im söhn enibilden kann.
Dan. t. Czepko aufücv. luchs.
2) die gestall auflöten:
dQfte ... wie sie sich bilden und eotbilden. BkocusS, 381.
ENTBILDEBN, imaginibus nudare:
den bäum der pliootasie entbildert
DUO des vertiandes kalte band. nücKiRi 138.
ENTBINDEN, tohere, goth. andbindan, ahd. intbintnn, in-
pintan, mhd. enbindcn, nnl. untbindcn.
1) thiere vom strick: goth. andbindan fulän gabundsnnna.
Marc. 11,2. 4. Lue. 19,80. 33 (wo ahd. T, 116 lösan); gond
entbinden den esel und fürcnd in zu mir. Keisemb. preä. 8S'
(bet LvTUER ablösen), nnl, onlbindt hei veulen.
2) gefangne von der kette und fessel : reitent hin und ent-
bindet unsern bruder. i4imonn5'; Reinhart und Alait giengen
bin und entbunden Gisharten. nö'; Beinhart entband ihm
seine bend und äugen, q ;
der uns in diese band uns zu bewahren stellt,
da alier prinzen prinz (gott) uns willens zu enibindeo.
Grtphius 1, 109;
als sie (die nation) sich zum erstenmal frei und von den
ketten entbunden fühlte, die sie so lange getrugen hatte.
Göthe 15, 37 ;
preiset die heiligen,
heimfiihrenden göiier!
schwebt der entbundene
doch wie auf litiichen
über das rauhste, wenn umsonst
der gefangene, sehnsuchtsvoll,
über die zinne des kerkers hin,
armausbreitend sich abhärmt. 41, 184.
3) die schuhe, die schuhriemen entbinden:
theih scuahriomon sind zinbintanne birind. 0. F. 27,58;
des ich nit bin wirdig, das ich entbind den riemen seines
geschühes. bibel von 1483. Joh. 1, 27 (bei Luther auflösen),
den gürtel entbinden.
4) das haar entbinden :
thiu iu intbant tbaj ira fahs. 0. III. 23, 11 ;
noch eh die morgenstunden klar
entbinden ihr (der sonne) die gelben haar. Spee 191 (174)
5) das kind entbinden, aufwickeln: der äffe entband es
aus den tüchlein, dasz es nackend vor ihm lag. buch der
liebe 4,1;
dort setzt sich der atfe nieder,
wollte sehn das kindlein nackt,
und entband es von den tüchern,
legt es auf die erde sacht. Tieck 1,115.
6) die frau entbinden, partu liberare, solvere, vom kinde,
das die schwangere trägt, entbinden; der arzt entband sie
glücklich;
wenn mein schosz
von einer tochter sich entbinden würde. Schiller 511*;
hier auf dem strebe
liegt die erst entbundene frau des reichen besiizers.
Göthe 40,245;
sie ist von einem gesunden knäblein entbunden worden ;
.Mariane ward mit einer tochter entbunden. Gellert 4, 227 ;
gott wolle sie ihrer weiblichen bürde gnädig entbinden ! lautet
die geistliche vorbilte für schwangere, der enlbindung nahe,
es heiszt auch umgedreht das kind von der mutier entbinden,
durch ablösung der nabelschnur, nnl. tocn ge eerst van uw
moeder waart ontbonden, bij de geboorle uit haar uwe nawel-
streng afgebonden en afgesneden zijnde. figürlich, wiederum
sind die kreuzzügc von gröszern menschen gezeugt worden
und von kleinern als wehmüttern entbunden (ausgeführt), i. P.
dämmerungen 14. vgl. entbürden.
7) den brief entbinden, der mit eingebundnem stein durch
das fenster eingeflogen war:
mein briefel daz ward fliegen,
zum fenster in hin stieben ...
hie mit und sei den brief enipand,
den stain den warf sei wider dwand. ring 13', 35.
8) oft nun bildlich, die seele entbinden, lösen von den
banden des leibs, ihren filtich losbinden, dasx sie entßiegen
kann :
daraufhast du geschwind den wünsch und schlusz genommen,
du werdest ctwan bald des leibs entbunden sein.
UoaPLiR 97;
will mir keiner das haupt halten? will keiner die ringende
scele entbinden? Schiller 116*;
Wonne! wo kein nebcischleier
ihres ((/er l'i»jclic) urstofs reine tröbt,
wo sie geistiger und freier
den entbundnon littich übt. Mitthkson 44.
man tagt auch den schlaf entbinden, so dasx er mi/hcnt und
der mensch erwacht:
bald wann die morgenstunilen
den sOstcn schlaf entbunden. Spii 132 (120).
9) aus der noth, angst, dem leid, schmerz entbinden, und
nüt, goth. nau))$ ist zwang oder band, naudibandi: enlbind all
ircr not. Melissus ps. 0 2*. M3'; aller noth rntbundcn sein;
werden vieler angst entbunden. Kirchhof wendunm. 91*;
Ibaz it wa« ihfir heilant, iher inan tb«s siVes inbant.
* O. III. 4,48;
497
ENTBI>'DEN — ENTBINDUNG
nun sind wir der angst enibunden,
unser leben und gesialt
bat sich wieder eingefunden. Dach T. ;
werden vieler angst entbanden. Kirchhof icendunm. 91';
so von langer quäl entbunden. Gottkh 1,210;
doch könnt ihr mich des grams entbinden?
ich lasse meinen freund zurück.
A. W. ScaL«GEL im musenalm. 1798 s. 2S2.
10) Ton den Sünden entbinden, absolvere: ich entbind dich
von deinen Sünden. Keisersb. dreieckigt spiegel Fl i* ; darumb
ist haiisam und gut zu beten für die todten, das sie von
iren sünden entbunden werden, seh. und ernst 1516 s. 85 ; so
musz ich mich an sie wenden als den heiligen, der das ver-
brechen veranlaszt und mich auch wol wieder entbinden kann.
GöTBE 23, 20.
11) des eides, wortes, Versprechens, gelübdes, amtes ent-
binden :
nichts kann ihn seines schwurs entbinden. Wixla?(d;
entbinden nicht unsre gesetze von solchen schwüren? Götue
8, 65. 42, 82 ; sie wird einen eid schwören und sich davon
entbinden lassen. 15, 56 ; du sollst deines wortes enibunden
sein, «n anderm sinne hiesz ehmals das wort entbinden, es
aus der brüst loslassen, folglich reden, ags. vordhord onlücan,
thesaurum verborum aperire:
Orias de wort entbant {sprach, rief). Karlmeinet 186,53.
was meint aber:
min eid und ehr wil ich entbinden,
wils lan der oberkeit verkünden, trag. J<A, E4,
verbürgen, daran setzen? mhd. ist den eid entbinden ihn
lösen, erfüllen, hallen. Helbl. 2, 1206.
11) er entband den ehbruch, wenn er im gasthofe vorge-
fallen, von aller strafe. Hippel 5, 216 ; ihre aufforderong ent-
bindet mich dieser Schonung. GorrER 3, 88 ;
glaubten sie
im ernst mich aller Weiblichkeit enibunden? ScHiLLtB 295*.
13) ob es nicht von der sinnlichen anscbauung ganz ent-
bundene gegenstände gebe? Kant 2,272;
ewig natürlich bewegende krafl
göttlich gesetzlich entbindet und schaff. Göthe 4, 141 ;
in dem wahn, in einen frühern beschränktem zustand könne
man zurückkehren, ein gewaltsam entbundnes lasse sich wieder
ins enge bringen. 17, 144 ;
an der finsternis zusammengescbrunden,
wird dein äuge vom licht entbunden. 2,231;
durch das weisze werde das gesiebt enibunden, durch das
schwarze gesammelt. 53, 21 ; das sammeln und entbinden des
auges durch licht und finsternis. 53, 22 ; musik habe ich mir
kommen lassen, die seele ztf lindern und die geister zu ent-
binden, an fr. v. Stein 1, 213 ; wenns so war, dasz leiden-
schaft den geist des geliebten entbindet, wie das feuer den
duft. Bettine br. 1, 271. die Chemiker entbinden die Stoffe,
lösen sie auf.
14) sich entbinden, in mehrfachem sinn des lösens:
so Wirt sich grosz unglück enbinden. fastn. 833, 13,
gleichsam los machen und frei werden, in der annähme, dasx
das böse gefesselt sei; eine gebundne kraft entbindet sich;
wir irren allesamt, kein mensch kann sich entbinden (aiwneÄmen),
als sei er tadelfrei. Opitz J
wieder entbindet sich in meiner seele ein neuer verstand,
eine erklärung der letzten worte des Orakels. Göthe 14,73;
morgen wieder neu sich zu entbinden
wühlt sie heute sich ihr eignes grab,
und an ewig gleicher spindel windeu
«ich von selbst die monde auf und ab. Scbillir 22'.
E.NTB1NDLNG, f. solutio.
1) vom leben, tod:
bis dasz er gar mit leib und sinn
nach der entbindung kom dahin. Rimgwald I. irarft. 21.
2) von der sünde, absolutio : die form der entbindung, die
gnugsam und not ist von den Sünden. Keisersb. trr. sc/ia/'64\
3) die entbindung des einen oder des andern urstofs (aus
dem Wasser). Ka:«t 10, 111.
4) partus, Puerperium: eine leichte, schwere, glückliche
entbindung; die junge gräfin, so eben ihrer entbindung nahe.
GöTUB 31,229. figürlich, und bimmel, worüber und wofür
III.
ENTBINDUNGSANSTALT — ENTBLENDEN 49S
wurden nicht oft kriege erklärt, d. h. ländern der jahrlange
geburtsschmerz zur entbindung eines marterfnedens verord-
net. J. P. dämm. 57.
ENTBIND LNGSANSTALT, f. lechodoehium.
ENTBINDÜNGSH-\L'S, n.
ENTBINDUNGSKUNST, f.
ENTBINNEN, intus, mhd. enbinnen (wb. 1, 751') : gehet der
wein da entbinnen aus. weisth. 3, 757.
ENTBITTEN, precitus arer/ere, abbitten: entbitten ein übel.
LcTHER ausl. des vaterunser f. 36.
ENTBITTERN, edulcare, die bitterkeit wegschaffen, s&szen,
Stieleb 130. Steisbach 1, 117, nnl. ontbitteren : die hefe ent-
bittern; nnl. aloS zal ons ontbittren;
ja goites flügel um euch bergeschlagen
musz, ob ihr fallet, selbst den tod enibittern,
dasz ihr sein antliiz sehn könnt ohne zagen. Rdccert 131;
sehet, so hat Hafis sicbs (das leben) enibittert. 349.
ENTBL.\SSEN, tn fronte detegere? die schamhaftigen wer-
den entplässet, Schwarzenberg ron» zutrinken 91', trenn dies
von blässe frons (2, 71) geleitel werden kann, oder steht es ßr
entblöszet?
ENTBLÄTTERN, nudare foliis, nnl. ontbladeren :
sie hatte selbst den schmuck von rosmarin entblättert.
Griphius;
eine rose gebrochen, ehe der starm sie entblättert. Lessisg
2, 188 ;
so entblättert der Sturmwind
in der durstenden wüste, wohin kein lebender quell rinnt,
einen einsamen bäum. Klopstock . . . ;
ists möglich, dasz ein geist
nun diesen fitiich senkt und kindisch sich verweilt
um eine rose zu entblättern. Thcxiel 3, 6;
sclavenketten sind der erde leiden,
öfters, ach, zerreiszt sie nur der tod,
blumenkränzen gleichen ihre freuden,
die ein westhauch zu entblättern droht.
Matthisso."« 187;
jede freude schien ihm ein diebstahl an einem fremden ent-
blätterten herzen. J. P. Siebenk. 4, 204 ; als ihr lied verwelkte
entblätterte tage betrauerte, jubeisen. 116; nichts gibt dem
entblätterten menschen das entfallene laub wieder, uns. löge
3,38.
vom zerreiszen der bldtter eines buchet:
und was entblättern nicht der haare kräuselei,
toback und käsekram, coofect und specereil
Nageoorsi 3, tos.
noch ungewöhnlicher vom aufschlagen, blättern in einem buch :
er entblätterte die schrift, worin M. ihm verhiesz da sterben
zu wollen, wo das Schicksal über sein leben gebieten würde.
sie rührte ihn bis zu thränen. Hippel 9, SO.
ENTBLECKEN, denudare, monstrare, sichtbar machen, sehen
lassen, was das einfache blecken, nudare, mhd. enblecken
(wb. 1, 207') : als sie sq^en Esopum so ser lachen und in
dem lachen die zene also emplecken, ipsum risisse et osten-
disse dentes. Steishöwel Esop b*;
die zünden er harfürher streckt,
sein weiszen zeen grausam enibleckt. Wickrii bUgerSO;
der Wasser kluft und gang wurd aufgedecket,
der liefe grund der erden ganz entbieckel. Opitz ps. 34.
ENTBLECKUNG, f. denudalio : die bekleid, zen enbleckung
seins lachens, auch sein gang zeugen was er für ein mensch
ist. Keisersberg narrenseh. 1520. 37'.
ENTBLEICHEN, pallere, was bleichen, erbleichen: das an-
gesicht voll zäher und ganz enblichen. Keisersberg schif der
penit. 96*.
E.NTB LEICHEN, 1) pallidum reddere: es geht dir oft ein
stich durch dein herz, du must oft bei dir selbs schamrot
werden, wann dir deine böse stück einkommen, sie erschrecken,
betrüben und schlahen dich etwan gar darnider, machen dich
gar verzagt und entbleichen dich, gehest etwan daher wie der
schalt an der wand. Pelr. 6*.
2) sich enlbleichen, pallescere: so soltu im winter einen
schönen groszen bäum, wann er anfabet zu gälben und sich
zu entpleichen, enzwei schneiden. Sbbiz 319.
ENTBLENDEN, oculos reddere, die blendung außeben,
gegensatz von blenden oder verblenden: dasz sie mich über
den umstand, über den ich so verlegen war, völlig entblen-
det. Herder an Car. Flachsland 1, 237. ganz verscliieden ist
das häufige mhd. enblanden. nnl. aber gilt, im sinne jenes
entblenden, ri>/meAr ontblinden, ontblindhokkeo.
32
499
ENTBLICKEN — ENTBLÖSZEN
ENTBLÖSZEN — ENTBLüSZUNG
500
ENTBLICKEN, evanescere, verschwinden, aus dem blick,
aus den äugen fallen : sie fallen nur immer tiefer in den
sündenkoth hinein, bis sie endlich gur darüber in angst und
weh enlblicken und ersticken. Reineke 1650 s. 48.
ENTBLITZEN, micando erumpcre: zum entbiitzt seinen
äugen; die (lamme der Jugend enlblilzte dem äuge.
ENTBLÖDEN, verecundiam tollere, demere, Stieler 200.
1) einen beherzt, dreist machen:
welch miuel weist du denn den schäfer zu entblfden? Glrim.
2) sich entblöden, audere, conari, sich erkühnen, wagen:
Jona verliebt sich so sehr in den kürbisz, dasz er, als er
verdurrete, mit dem herrn selbst zu zürnen und zu keifen
sich entblödet. Scriver seelcnsch. 2,326; welches alles mich
meiner schambaftigkeit entnimmet, indem ich die fcder er-
greife und e. gn. meine dienstgellisscnheit anzulrngen mich
entblöde. Butschky Aans/. 35; mein hochgeehrter iierr erweise
mir die groszc gunst zu glauben, das ich ihn keincsweges
zu beleidigen gesinnet gewesen, ob ihm gleich meine feinde
ein widriges beizubringen sich entblöden möchten. 110;
was könnte der mann sich entblöden! Wieland 4, 15;
wer sollte dieser spröden
was menschliches anzusinaen sich nur im iraum entblöden?
5,59;
doch darf wol ein profaner sich entblöden,
Olympia, von dem, was du gesehn, zu reden? 9,160;
verwegner, darfst du dich cniblöden
mit mir, des donnerers gcmahlin, so zu reden? 10, 175;
die göliin wird bei diesen freien reden
bis an die ohrenläppchen roih,
und Iris wird sehr hart bedroht,
nichts solches mehr sich zu entblöden.
Jnno und Ganymed 539.
unrichtig hört man heute auch in gleichem sinn sagen 'sich
nicht entblöden', als wäre sich entblöden sich schämen: die
entsetzlichen Franzosen hatten sich nicht entblödet, der hei-
ligen Jungfrau offenbar gewalt anzutbun. Seüme 1, 273. vgl.
entkübnen.
ENTBLÖD UNO, f. confidentia, ''animus.
ENTBLÖSZEN, denudare, »in/, ontblooten, mhd. enblccjen
{wb. 1,214'). die Schreibung schwankt früher, voc. 1482 g2'
emploszen, g4' entploszen und enploszter. bald steht acc.
der person oder sache, bald acc. der person mit gen. der Sache.
1) den leib und theile des leibs,
mild, enbloejet iwer houbet. Parz. 746,27;
6r enblöjt im; houbet schier
von helme und von her,senier. 212, 27 ;
nhd. in der unlulern stund sie entbloszen ir schäm, iren
hintern und das die natur teckt. Keisersb. narrensch. 142';
nicht weit entblüszen ewer haupt und nicht weit reiszen ewer
gewand, das ir villeicht nicht sterbet, bibelvon 1183, 56*. Z Mos.
10, 6, wo Li;tiier : ir solt ewre heubter nicht blöszcn noch
ewre kleider zureiszen; und ir heubt entbloszen. 4A/os. 5, 18;
über dem entblöszeten heubt des feindes. 5 3/oä. 32, 42; ent-
blösze den fusz, entdecke den Schenkel, wate durchs wasser.
Es. 47, 2; weil du denn so milde geld zugibst und deine
scbam entblöszest. Ez. 16, 36 ; er bat sein haupt embiöszt
und gebetet. Beiszner Jen«. 2, 140'; St. Peter entbloszen und
Paulum darmit bedecken. Otiio krankentr. 998 ;
o felseriharies herz I erweicht dich nicht das liehen
der kiuder, die vor dir embiöszt und hunirrig stehen ?
LicuTWBB das recht der Vernunft 125;
that eure garderoben auf, wir sind enlblöszt. Götiie14, 280;
sie enlblCszte ihren busen ; sie entblöszte ihren arm und
liesz sich zur ader schlagen ; seine seile war enlblöszt ; der
lange verweilende kus auf ihren enlblöszten arm. Schiller 145*.
2) die rinde des baums, den bäum seiner rinde entbloszen ;
dem hirlen erlaubst du (schaß, dasz er dich deiner wolle
über und über entbloszen darf und mir verweigerst du eine
kleine flocke. Lessüic 1, 156; den pfau seines stolzen kleides
enlbiCszen.
3) den bodcn von gras, die erde von pflanzen, die wunel
von erde entbloszen ; das Jand von schnee ; ein vom thieri-
Rchen dflnger entblöszter boden. StI}ve landgem. 211; der
pflüg enibidszt den boden ; bergmännisch, das erz, die günge
rntblOszen: aber doch wird ein schwebender gang selten
durch arbeil der menschen entblöszcl. Rechius Agricola. Hasel
l.'>57. 31 ; ich nem des gosinriscben jungherrn gaul Bamel
darfür, der kont am berg angebunden also rammeln und
•lampfen, dasz rr mit den wolgcscherften hufcisennegcln eio
goldader enlblOizet Garg. 133*.
4) das Schwert, den degen entbloszen, aus der scheide ziehen
(s. bares, bloszes, nacktes schwert) ;
und läszt sein beer das schwert entbloszen. Gellkrt 1,86;
die opfernden cntblösxten ihre messer. Klinger 6, 104.
5) die festung wird dergestalt an kraut und loth entblö-
szet. Kirchhof disc. mil. 28 ; sie möchten die städle die mit
mauren umgeben wären, davon, entbloszen. Heilmanns Thuc.
105 ; ergaben sich auf die bcdingung, dasz sie ihre sladt von
mauren entbloszen sollen. 118 ; grosze strecken werden von
dem meer cntblöszt. Kant 9, 17 ; die republicanische armee
war vollzählig, ohne dasz man nöthig gehabt hätte den pflüg
zu entbloszen {die ackerleulc vom pflüg zu holen). Schiller
776'; das land war von leulen entblöszt.
(i) eine entblöszte stelle ist die bare, leere, ledige, unbe-
setzte: der platz ist enlblöszt (von schnee und eis); nachdem
jüngsthin N. N. amtsverwalter verstorben und dessen ent-
biüszte stelle binwider mit einer andern person ersetzet
werden möchte. Butschky kanzl. 547. der entblöszte ist der
nackte, dürßige, arme:
die zahl der frohen mehrt, die zahl entblöszter mindert.
GgLtKRT;
allergnedigster herr, ewer majestüt wil ich ncwe kleider geben,
'ich wolt lieber, saget der könig, dasz ihr meinem herzen
dergleichen brächten, welchs jetzunder ganz enlblöszt und
aller freuden beraubt ist'. Amadis 17.
7) in vielen andern anwendungen heiszl entbloszen soviel
als entledigen, berauben, blosz legen:
die weiber ihrer deck entbloszen. Fischart (lohhalt 8;
dasz der allerhöchsigethrönte meine herzliebe hausfrau ihrer
bisher getragenen leibcsbürde allergnädigst entblöszet. Butschky
kanzl. 609 ; die unvernünftigen thiere, welche dennoch nicht
alles mitleidens entblöszet sein. Patm. 910; alles glucks und
Segens entblöszet. pers. baumg. 7, 29 ; also dasz der ries
genzlich seiner kreften entblöszt, denn er so ermüdel, dasz
er auf den platz fiele. Amadis 127 ; ihre Unparteilichkeit würde
ja eine eitelkeit entbloszen und beschämen, die mehr aus
der Sache machte, als dran wäre. Reiske Thucyd. vorrede ^
den schein entbloszen. Kant 2,012; dieser von allem Inhalt
enlblöszle und blosz formale grundsatz. 2, 167 ; will sich
Lclio von allem entbloszen, meintwegen. Lessi.ng 1, 4S9 ; ich
bin augenblicklich von geld entblöszt;
so wie ein Schiffer sorgt, eh er, von hülf enlblöszt,
sich und sein schwimmend hnus ins weite wehmcer siöszi.
LiciiTWER recht der Vernunft 34 ;
die Seelen, frau, die seelen sinds, die sich
in einem solchen kus ergicszcn
und ganz dabei vom leib cntblöszt,
ganz in entzückung aufgelöst,
sich mischen und zusammcnllieszen.
VV1KL4.NOS Juno und Ganymed 489;
umsonst hat mancher schon
enlblöszt des spoiles traurige flgur. Götter 1, 407.
8) andcremal zeigen, enthüllen, offen darlegen :
des herzens krümmen werdest du entbloszen. Scbili.sr 20';
mein inneres sieht nur der geliebte, dem ichs jetzt cntblösze.
J. V. Ilesp. 2, 109. merkwürdig geradezu für crüfnen, einen be-
fehl eröfnen: so hat mich ein ehrbar ralh um der worle
willen gestrufet und mir entblöszet, so ich die meine, die
mich also berüchtigt hat, soll ich sie nennen ein büse haut.
Henneiierger preusz. landtafcl 484.
9) sich entbloszen: wie berlich ist heute der könig von
Israel gewesen, der sich für den megden seiner knechte ent-
blöszet hat, wie sich die losen leute entbloszen [vulg. et
nudatus est quasi si nudelur unus de scurris). 2S(im. 0, 20;
und er ging usz in den hof und wolle sich seins wassers
entploszen (entledigen). Eulensp. cap. 39 ; weil ich meinen
aid desto steifer zu hallen, mich selbst meiner herlichen
pferd, gewi'hr und des getreuen knechts entblöszte. Simpl.
K. 474 ; diejenigen Schauspiele, worauf die personen sich der
zucht und erbarkeit entbloszen, sein billich zu meiden. Bctscukv
Patm. 114 ; so wie es in der nalur der dinge unmöglich kann
gegründet sein, dasz sich drei auszerordenlliche menschen
auch dem durchdringendsten geisterkcnner innerhalb vicrund-
zwanzig stunden entbloszen. Schiller 102*.
ENTBLüSZlJNi;, f. nudalto.
1) des leibs, des ariiis, der zJIhne : das c, wrnns vonn e
oder i steht und t werden also gemacht, das die zung oben
an den malzeneii ansteht mit cnIblOszung dererlbrn. Imkl-
SAMR« gramm. Ab'.
501
ENTBLÖTZEN— ENTBRECHEN
ENTBRECHEN
502
2) der berggänge : die entblöszung der gänge ist zweierlei,
eine so ohngefehr geschiehet, die andere gescluehet durch er-
suchung. RössLER spec. metallurgiae 11.
3) entdedttng : ich öfne dir das herz, es blute und poche
unter der entblöszung wie es will. J. P. Hesp. 2, 107.
ENTBLÖTZEN, icas entblöszen : du sprichst, du entblötzesl
die krankheiten, die heimiichkeiten der regenten offenbarest
du. Keisersb. omeis 19"; das erst knöpfelin ist schäm, sich
selber zu entblötzen (entdecken), frrösum/jn 56* ; solle ich das
in der beicht entblötzen und entdecken, ich würde mich zu
tod schammen, das ich den beichtvater nit mer dorst an-
sehen. 56*. das tz ßr sz zu nehmen mie in ätzen, setzen
falls nicht blüzen wie heizen, reizen 2« schreiben ist. mit
blotzen 2, 153 scheint doch keine berührung obzuwalten.
EMBLÜHEN, l) efflorescere :
aus dem kämpf gieng endlich der sieg bervor,
und der kraTt enibiühte die milde. Schhikr 51";
doch lurchie drum nicht deines bauses falll
in einer Jungfrau lebt es glrinzend fort,
und scepteriragende monarchen, hirten
der Tölker werden ihrem schosz eotbiiihn. 469';
dort nur glühet,
was würdig sein gebibt beseelen kann,
der quell, dem alle lebensfüU eoiblübet.
A. W. Schlegel im mxisenalm. tT98 s.58.
2) deftorescere, doch ungewöhnlich:
als sie dem jungen leben entblübend. heiter und freudig
in die gelilde des friedens hinüber schlummerte.
Messias 4, b"6, wo die ausg. 1756 wegblühend,
entblühen, verblüJien. Rädlein 239*.
EISTBLUMEN, EMBLCMEN, privare floribus:
die bluten, die sie rühmt
als unTerwelklicb laub. solin augenblicks entblübmt,
welk, dürr und fleckicbt sein. Lobenstein Ibrah. 67,508;
denn wann der herbst das feld entblümt. Uhlands ged. 203;
diese gärten nun entblättert, nun entblümt. Plate.-* 72.
galt schon mhd. ßr deflorare virginem (vgl. 2, 159) :
als ob sie leidic waere,
daj ir enblüemet was der lip. tr. kr. 17059;
nhd. entblumen ein Jungfrau, im deutschen Terenz von 1499
bl. 9*; der mit Sünden enpiuemet hat seinen magtum. gesta
Rom. K. s. 45 ;
wann vor sein geiler leib durch unzucbt bat entblübmt
was jetzt sein schnöder mund liebkosend an mir rühmt.
Hacgwitz Soliman 1, 568;
was weisz dein trotz für blumen nun zu rühmen,
wenn mächtige dich mit gewalt entblumen ?
LouENST. Ibrah. 50,672,
vielleicht fällt auch 67,508 hierher.
ENTBLCNDERN, furari. Henisch 898,45.
ENTBOR, sursum, fehlerhaft für empor, enbor d. i. in bor.
belege slehn häufig, z. b. gedenk, das du sterben must, darmit
magstu dich erweren, das dich der lober nit entbor mag
tragen. Keisersberc s. d. m. 34'; der vatter half im und hielt
in entbor, das er nicht undergieng. auch ßr die Zusammen-
setzungen genüge ein einziges beispiel.
ENTBORBRIiNGUNG,/". entborbringungdermonarchie. Wiener
arcfiiv 16, 102 (a. 1709).
ENTBÖREN, s. empören.
ENTBORGEN, mutuari, entleihen, abborgen : aus dem Jesuiten
ist folgendes entborget. Praetorius tcin/erg. 401; die dem Athe-
näos entborgte, aber verkürzte beschreibung. Stolberg 9, 151 ;
ein ganzer blumenkranz
von Sternen blüht zu meines lichtes preise,
die meinem blick entborgen ihren glänz. Rückbrt 402.
ENTBRALCHE.N, usu deterere, vgl. verbrauchen.
ENTBRAÜSEN, strependo efßuere:
und strömt ein bach, dem klippenspalt entbraust.
.BoiB im morgenbl. 1809 n* 165 ;
an eines Stromes ufer.
der dem hochgebirg enibrauste. Plate» 323.
ENTBBECHEN, steht nicht in den älteren Wörterbüchern,
selbst bei Hesisch und Stieler nicht, erst Frisch hat das
reflexivum, doch voc. theui. 14S2 g4' enprechen deficere. auch
mhd. kein anbrechen, wol aber das nahverwandte enbresten.
mnl. nnl. aber kommt ontbreken ofl vor.
1) intr. entbrechen, erumpere,
a) hervorbrechen, ausbrechen :
was auf keinen grund gericht
und aus zufall nur entbrichi,
ist plump ding, man acht es nicht. Locao 1,172,27;
ein jedes ding schreit ruh. und wo die ruh entbricht
ist alle Seligkeit, ist go«, ist lag und licht. '
»OH CzBPKO inwencügei liimmelreich n'l {msp.);
ein thränenstroin enibricht den äugen. Herder;
endlich entbrach ihr der drang des gefühls zuerst in die rede.
Bi^RGER 249*.
b) losbrechen, etitgehen, effugere:
wir entbrechen aus den schranken. Flehi.^g 306;
Alle sahn ihm sehnlich nach,
bis er ihnen ganz entbrach. 399;
wer sich einmal in den orden
treuer freundschaft hat gesetzt,
und ist ihm das herz entworden,
das er über alles sehätzt,
der gibt sich zufrieden nicht,
bis auch er aus sich enibricht. 421;
dem tod entbrechen ist ihm enlgehn, dem klager entbrechen,
losgesprochen werden. Schneller 1, 246.
c) entbrochen sein gilt von dem gerichtlich beklagten, der
klage entgangen, davon freigesprochen, insgemein aber eines
dings entledigt sein:
das si im wol enbrochen wer. Kellers erzählungen s. 332;
gar ein bös gestank ist seumist,
des wil man da entbrochen sein.
Co.Nz Has gedieht ron Nürnberg. 1492. 8* 6f. 9*;
welher nun nit folgt meinem rat,
gen dem wil ich enibrochen sein. Teuerdank 111, 38;
dem allem ich entbrochen (entgangen) bin. H. Sachs 1,371';
so ist er dem gesetz entbrochen
und ein gut löblich werk hat than,
mit recht man in nit tödten kan. III. 2, 90'.
2) transitives entbrechen, abbrechen, demere: lasset uns,
was die undankbare weit dem lobe goltes entbricht, willig
und frölich erstatten. Scriver seelenschatz 1,652;
die sonne gibt den tag, sie giebet auch die nacht, '
die nacht, wenn sie ihr licht
dem erdenkreis entbricht. Kxitibl kurzged. 1674 s. 28.
entbrechen = erbrechen : entbrach seinen brief. Ettmers unw.
doet. 257.
3) reflexives sich entbrechen,
fl) sJcA lösen, befreien, abthun, häufig im 17 jh. gebraucht,
und wie die beispiele weisen bald mit dem gen., zuweilen auch
dem dat., bald mit praeposilionen :
die alte schlang so sich von gott entbrochen.
Ri.^gwald evang. N 1' ;
tücher blosz,
daraus der rechte Simson grosz
sich gwallig bat entbrochen. 08';
derowegen wäre ich ins land kommen und mich von i. f. gn.
meinem herm, als ein diener, auf kurze zeit entbrochen.
ScuwEi.NicHEN 1, 2S6 ; vermeinte auch nicht anders, ich würde
mich von ifgn. bald entbrechen. 3,35; die bei den ungOtl-
lichen weltkindern im vollen schwang gehen, die sich geden-
ken durch sündlich und ungebührlich fürnehmen der melan-
cholei zu entbrechen. Mcdian christl. geisel s. 35;
menschen musz stets viel gefabr,
creuz und leid für banden gehen.
keine statte weisz man" nicht,
da sich einer nur enibricht (davon losmacht). Opitz 1, 182;
was weise hat sie dann des lebens sich entbrochen? 1,200;
hier wünscht Olvmpe sieh entbrochen ihrer pein.
Griphiüs 1, 199;
mit vier fünf schlagen kann ich seiner mich entbrechen.
1,675;
wann sich der hyacinih mit seiner zier enibricht (außricht),
da sind die tulpen dar. Fleming 124 (126);
die theure königin der hochgefürsten frauen,
der frommen schütz und irost, der bösen furcht und grauen,
entbricht sich nun der weit. 66$;
er aber denkt, wie er sich ihrer bald entbreche.
Werders Ar. 2,69;
weil von trübsal und von creuze jeder sich so gern entbricht.
Logau 2, 24, 88;
manna fiel am sabbath nicht, sonst bei allen morgen immer,
wer sich gottes dienst enibricht, dem gedeiht sein anschlag
nimmer. 2, 221, 67 ;
ob er viel hat ausgerichtet,
hat er doch nur disz verriebt,
dasz, jemehr man ihm verpflichtet,
sich je mehr von ihm enibricht. 3, 209;
nehmt an VValpurgens geist, der aus des ieibes holen
sich mit gewalt entbrach. Lohe.xsiei.i Arm. 1, 12;
dasz dieser für scbam und schände sich augenblicks ans dem
Zimmer entbrach (entfernte). 1,260; hiermit entbrach er sich
mit höchster ungedult aus dem zimmer. 1, 1289 ; um sich der
eignen schände zu entbrechen. 1, 1058 ;
durch die (freiheil) hab ich der Zentnerlast
mich der Tarquinier entbrochen. 2, 440;
32*
503
ENTBRECHEN
ENTBRETSEN — ENTBRENNEN
504
und dieses rcb entbricht
sich aus des Jägers garn. Ibrahim 14;
bat er die art an sich, werd ich mich sein entbrechen.
Epicharis I, 343;
war disz so grosze schuld, das ich mich dir entbrach?
HoFMANNswALDAU Qetr. sch. 16 ;
wer ist der ohne herz dem tode sich enibricht? 80;
wer ihm sich selbst enibricfat fährt in den port der ruh.
heldenbr. 159;
diesz was du jetzt beweinst, hat sich der eitelkeit
und Babels Tantasio zu rechter zeit entbrochen.
Cur. Grtphius poct. wdld. 2, 237 ;
ich werde mich nunmehr dem irdschen hof entbrechen,
und opfre meinen dienst, weil mich nach ruh verlangt.
HAiaHANü Theodarich 71;
sich des anfalls entbrechen. Harnisch 258 ; aus der hand der
gefahr sich entbrechen. pers. rosenthal 8, 30 ; nachdem sie
ihres gefangnisses des ieibes sich entbrechen, fliehen sie durch
die lüfte. Praetoriüs wellbesclir. l, 354 ; aber gehe hin, du
hast dich der vätteriichen zucht einmal entbrociien, darumb
will ich mich deiner auch kein haar mehr annehmen, hastu
dir wol gebettet, so magslu auch wol liegen. Simpl. stolzer
Melcher $. 855 ; ist er ein könig und priester für gott, so ent-
breche er nun sich seiner angst und noth. Scriver seelensch.
2, 71 ; er sah kein mittel, sich samt weih und kind der üuszer-
sten armut zu entbrechen. 2, 237 ; wann eine gottlose mutter,
um der zeitlichen schinach und schände sich zu entbrechen,
ihr eigen kind, das sie in Unehren erzeuget, ermordet. 2, 288 ;
hingegen aber ihr euch ewer geliebten Jeichtsinnig und un-
treulich nunmehr zu entbrechen suchet, pol. stockf. 140 ;
euer söhn hat sich von dem elende befreit und sich dessen
entbrochen. Bütschky kanzl. 894 ; das die menschliche seele
sich des gerängnisses ihrer atfecten entbrechen könne. Palm.
393; in Staatsschriften ist es nun dahin gediehen, dasz man
nicht nur des lateinischen, sondern auch des französischen
und welschen sich schwerlich allerdings entbrechen kan.
Leibsitz gedanken betr. die deutsche spräche §. 90 ; wo er sich
dieses werkes entbrechen will, sollen tausend personen be-
reit sein, dasz ihm zur strafe der hals gebrochen wird. Weise
neue proben s. 54 ;
denn sich meiner zu entbrechen,
ist sie schon gestraft genug. Gö.nther 320;
du must dich oder wüst dich meiner selbst entbrechen,
und gönnest mir sogar nicht einen friedensstrahl. 626.
b) aUmälich erlosch dieses sich entbrechen und erhielt sich
bis auf heute nur noch im verneinenden ausdruck mit der bc-
deulung von abstinere, sich enthalten: wenn sie anders nur
ihr wort geben, sich des ortes nicht zu entbrechen (d. i. da
XU bleiben). Lohenst. Arm. 1,87; sie können sich des Zure-
dens ihres gewissen« und der stimme gottes, der sie seines
worts erinnert und sie zur busze locket, oft nicht entbrechen.
ScBiTER fee/en5c/ia(z 1, 141 ; er ist ein allgewaltiger gott, dessen
aufsieht wir uns nirgends entbrechen können. 1,215; hastu
unsers herrn gottes nöthig, so suche ihn und halte dich an
ihn an, die könige selbsten entbrechen sich nicht, solches zu
thun. pers, baumg. 9, 16 ; weil sich mein herz meiner Sünden
nicht entbrechen kann, so wil ich es nun für sie brechen.
Bdtscbky Palm. 505; ich würde mich der Undankbarkeit kei-
nesweges entbrechen können, wenn ich desselben grosze höf-
licbkeit mit unhöflichem stillschweigen erwiderte, kanzl. 19;
er hat sich der lustigen gelegcnheit nicht entbrechen wollen.
Weise unvergn. $eele'iO; wie mich nun dessen nicht entbre-
chen konte. Felsenb. 3, 178 ; dahero wir uns nicht entbrechen
können, dcnenselben die schuldige danksagung hiermit abzu-
statten. Pierot 4, 386 ; ich zweifele sehr, dasz sie auf diese
weise ihren zweck erreichen werden und kann mich nicht
entbrechen ihnen ungescheut zu sagen. Liscov 288 ; die ehr-
lichsten und tugendhaftesten manner können sich derselben
(pflichten) nidit entbrechen. 456; ich habe mich nicht ent-
brechen können, durch diese ehrerbietige und glimpfliche Vor-
stellung zu zeigen. 126; unterdessen kann ich mich nicht
entbrechen, einen einwurf zu heben. J. E. Sculkgei. 8, 73; da
sie als mannsperson hier erscheinen, durften sie sich nicht
entbrechen, ihr einige Schmeicheleien zu sagen. Lkssmc I, 35U ;
wie? wenn ich dielten volk nun zwar nicht haszie,
doc wegen o-iaiüi bIuIzck zu vcrächiün
mich Dicht enibrcchen konnte? 2,240;
•0 kam nun dii'tpr rinif von «ohn ni «ohn
auf einTi ■ • - f-" • - - •-, ''-.n,
die all»! ' II,
die »\U: .:. u
sich Diclii uiiiiiiuiiii.'ii koiiiii'r. i, ^ii;
er thut alles was er kann seinen herrn zu bereden, dasz er
sich nicht entbrechen könne, Angeliquen zu heiraten. 4,389;
freilich wundert mich, dasz, wenn Fabricius jemals das ge-
dieht selbst gelesen, er sich entbrechen können, diesem vor-
geben nicht geradezu zu widersprechen. 9, 136 ; wir kjinnen
uns doch nicht entbrechen, von dem wie und warum dieser
schnellen Veränderung genauere rechenschaft zu geben. Wie-
land 1, 231 ; sie halte sich nicht entbrechen können, die ver-
traute erzählung, welche er ihr von seinem lebenslauf ge-
macht, mit erzählung des ihrigen zu erwiedern. 2, 165 ; aber
wir können uns doch, mit ihrer erlaubnis, nicht' entbrechen
zu sagen u. s. w. 2, 187; es gibt fälle, wo man sich nicht ent-
brechen kann, speculative meinungen als eine Staatssache zu
behandeln. 6, 248 ; eine menge fragen, die man sich nicht
entbrechen konnte aufzuwerfen. 27,334; ich entbreche mich
nicht ein fragment der art hierher zu setzen. Herder 7, 40 ;
er hatte aber noch einen nothwendigen gang zu thun, den
er in person zu verrichten sich nicht entbrechen wollte.
MüSAEUs volksm. 4, 87 ; endlich konnte er sich nicht entbre-
chen einen vorübergehenden anzureden. Hebels schatzkästlein
155.
ENTBREISEN, schere, entschnüren, außnüpfen : fieng dem-
nach an zu lachen, den barchat zu reiszen, seinen latz zu
entbreisen und sie so krotten und katzenseichisch zu be-
seichen (s. 1, 1612). Garg. 148*.
ENTBREMSEN, klemmen oder enlklemmen? vgl. 2, 864:
kündten (meine feinde) auch eisen fressen, so wil ich sie doch
aufs allergeringste unaussprechlich entbremsen. Ta. Mü.nzeh
bei Luther 3, UO'.
ENTBRENNEN, praet. entbrannte, sollte
1) transitiv accendere, entzünden ausdrücken, wie es mhd.
hiesz
zünde enbrenne mtne sinne
in der wären minne gluot. MS. 1,30';
darnach man liebt enbranie. Wiener merfart 119.
allein man bekommt nhd. selten zu hören ein licht entbren-
nen, eher anbrennen, gewöhnlich entzünden, anstecken, doch
sagt Ramler 2, 54
der held hat zum unglQck
die fackel entbrannt;
doch blosz gehörter witz hat nie ein herz entbrannt.
J. A. ScHLiGKL verm. geä. 2, 192 ;
dir blosz miszt sie es bei, dasz Medor sie entbrannt. 2,337.
2) meistcntheils steht entbrennen, gleich dem einfachen bren-
nen, intraHsilio für accendi: sein herz enlbrand im gegen
seinem brnder. 1 Mos. 43, 30 ; denn ir mütterlich herz ent-
brand über Iren son. 1 kün. 3, 26 ; denn es ist ein groszer
grim des herrn, der über uns entbrand ist. 2 kön. 22,13;
mein herz ist entbrant in meinem leibe, ps. 39,4; und da
das gott höret, entbrand er. 78, 59 ; und ir heil entbrenne
wie eine fackel. Es. 62, 1 ; enlbrand sie noch viel erger. Ei.
23, 11 ; auf das er {der topf) heisz werde und sein erz ent-
brenne. £z. 24, 11; da mein herz mit solchen feinen gedanken
entbrande. Luther 1,55'; da da ist der Rhein entbrant. Luther
ed. Irmischer 24, 317 ; darüber entbranlen {sich erzürnten), pol.
colica 218;
vor alter« giengen mann und weib
zusammen in ein bad,
wenn gleich ein nackter männcrleib
zum frembdeu wcibe trat,
kein Teutscber wurd darumb entbrand.
LitJCOLBOMs Galamelitt 117;
jenem schwärm, der wider mich entbrennt. G6NTaEn4S3;
ein prinz aus Pontus ists, der grosze Mithridat,
der mit entbrannter brüst sich zu Moniiiien naht.
Gkllkrt 1, 114 ;
denn darnach f^ng ich nicht, ob deine bru^t entbrennt,
und ob dein schöner round mich einen barbar oeaDl.
J. E. SciiLRUBL 1,34;
wie sollt er (gott) derer schonen können,
die er vergculirh sich versöhnt?
nicht Wider euch sein xorn entbrennen,
wenn ihr noch stets der sUnde fruhnt?
J. A. ScuLicRL 1,108;
ich man, Ich musz entbrennen, Ltssisc lO, !70 ; die Gepiden
entbrannten, und machten bewegungcn mit dem «rhweric zu
ontworlcn. Klopstoc« 12,285; beide entbrannten über seine
niederträchtige crdichtung. Nicolai Seb. Nolhanker 3,112;
die Strohwitwe, die Aurora
ist in lleiperut entbrennet. Görni 5, Tl^ ;
505
ENTBRENNEN — ENTBCRDEN
ENTBÜRDEN — ENTDECKEN
506
TOn edlem grimm entbrannt. Gkllkht 1, 188;
ach, irgend ein unsterblicher ist gegen
das haus des Oedipus entbrannt. Schiller 239";
munter entbrennt, des eigenihums froh, das freie gewerbe. 76*;
meine seele entbrennt über den undankbaren. 312';
du sähest mich entbrannt auf dein verderben. 615*;
ach, in Hesperien selbst erklang dir die laute der wehmut,
dir auf Parthenopes flur, dir am entbrannten Vesuv.
Matthissom 262;
ihre von schmerzen entbrannten äugen. J. P. Hesp. 3, 37; thau,
dessen juwelenmeer von der sonne entbrennen sollte. Tit.
2, 137 ; dasz ein geist in dem andern entbrenne, sich in ihm
fühle und verstehen lerne, das ist mir gottesdienst. Bettwe
br. 1, 235. im pari, praet. ist freilich der transitive oder in-
transitive sinn schwer zu unterscheiden.
ENTBRENNEN, n. inflammatio:
da fühlt ich schnell der lieb entbrennen
und was zwei schöne äugen können.
OssENFELDER oden und lieder.
Dresden 1753 s. 64.
ENTBRESTEN, gleichviel mit entbrechen, erscheint blosz in
der redensart entbrosten sein, dem entbrochen sein vollkom-
men ähnlich: ich weisz, das man in allen staten bös und
guts findet, haltet mein stat etwas böses oder widerwertigs
in im, das man anderswa nit findet, so findet man anderswa
böses und widerwertiges, das ist gewis, deren mein stat ent-
brosten ist und ledig. Keisersberc irrig schafT* ; wan aber
einer allein widerkert (erstattet), so seint die andern entbro-
sten. narrenschif 161*;
ja mancher gienge gern lur lehr,
wenn er der straf entbrosten wer
Georg Gotthard Zerstörung Trojas.
Sololhurn 1598. im anfang.
mit höchstem schmerzen des armen patienten, dessen er
sonst wol bette können und mögen enbrostcn und überhaben
sein. Wtbtz practica 37 ; nach solcher predig, deren der ver-
wundte wol bette mögen entbrosten sein, nam er einen
lumpen u. s. tv. 54.
E.NTB RINGEN, afferre, beibringen, aufbringen
ENTBRINGUNG, f. einbringung: dasz ich zu entbringung
dieses compromiss unsern syndicum Belial deputiert und ver-
ordnet. AvRER proc. 3, 2.
ENTBRINNEN, accendi, gleich dem einfachen brinnen (2, 391)
noch hin und wieder vorkommend: dann ob man die metallen
ganz hinnäme, so werden fürwar die menschen mit gröszerm
zorn gegen einander entbrinnen, und so sie demselbigen den
räum lassend und also gahends werden sie mit feusten, fer-
sen, neglen und zänen nicht anders dann die wilden thier
mit einander kempfen. Becbius A^rtco/a u'; cntbrunnen und
verfaulet. Praetobii weltbeschr. 1, 370 ;
dieses buch soll monde sein,
leser aber seine sonnen,
so dasz durch der sonnen schein
auch der monde sei entbrunnen. Logau 1,22;
sie weisz gleich gut zu künnen
Tvrtäus muntre kunst, als wol ein griechisch mann,
der durch ein hitzig lied auf seinen feind eutbrao. 2,14;
als Alecto zunder spönne,
draus der lange krieg enibran. 2, 243;
wann der tag, das kind der sonnen,
aus dem güldnen zimmer gehl,
wann die fackel ist entbronnen
und das feld entdecket steht. Zeskns Aeiicon 2,72;
wo, "rief der heiland, ist das licht,
das hell von meinem wort entbronnen! Göthe 56, 25.
ENTBRUCHIEREN, balteum solvere, die bruch, den gürlel
lösen, entgürten: ha, ha, ich bitt euch, ir mein andere kut-
tenhämmel, wa ir secht, dasz sich einer wolt entbruchieren,
sitzt daraijf und reutet mirs zu. Garg. 79'.
ENTBRÜCKE.N, pontem rumpere, die brtuke abwerfen, einen
flusz entbrücken, die darüber geschlagne brücHe abbrechen.
ENTBRCDERN, dissociare, entzweien, aus brüdem feinde
machen :
menschen, welche hasz und neid enibrüdert.
Gleim bei Göckingk 3, 196.
ENTBÜCKEN, demisso corpore subducere, declinare: wann
wir nach inen schössen, fielen sie alle nider, vermeinten sich
dem schusz zu cntbucken. H. Stade:« a.
ENTULNDENHEIT, f. e/frenatio: gegen den flüchtigen über-
muth üppiger entbundenbcit. Dyanasore 4, 341.
ENTBCHDEN, ezonerare, entlasten, engl, unburden. Stie-
ler 135.
1) befreien, erlösen:
hier hat meine seele rast,
hier ist sie der siill ergeben
und entbürdet aller last. Leccoleo:«» Galamelite 148;
um die Allobroger des römischen Joches zu entbürden. Lohesst.
Arm. 1,903; also vertriebe des weines genusz auch das gifl
der traurigkeit, entbürdete das herze der sorgen. 2, 293 ; diese
antwort kan dich gnugsam entschuldigen, auch deinen patron
selber entbürden. Riemebs reimdich. s. 131 ;
laszt mich an diesem schreckentag indes
mein herz entbürden! Stolberg 4, 158;
während wir
zum grab enibürdet wanken,
while we
unburdend crawl toward deatb. hing Lear 1, 1.
2) sich entbürden:
schlaf ein, schlaf ein! entbürde dich der last,
der grausen furcht und zweifelsvollen sorgen.
Hallban^s Mariamne p. 53;
dieser streit schlug zu einer rechtfertigung au? und indem
sich solche verzögerte, hatte Orlandina zeit sich zu entbür-
den. sie brachte nun eine schöne junge tochter auf die weit,
welche mehr einem engelein als einem menschen gleichte.
Harsdörfer mordgesch. 540 ; meiner obliegenden gebümis mich
entbürden. Bctschky tani/. 82; welche begierlichkeit sich der
beschuldigung des fürwitzes leichtlich entbürden kan. Palm.
1S4; entbürde er sich solcher überlast, kanzl. 364;
wenn redend ich entbürde mich der last. Platk!« 45.
ENTBCBDUNG, f. ob nun wol ihr und mein spott nechst
an der thür stund, wiese ich sie doch immer mit liebkosen-
den und freundlichen worten solang ab, bis sich endlich die
entbürdung ihres lasts herbei nahete. ich zöge mit ihr in ein
unbekantes dorf und bliebe über nacht bei ihr und als ich
von ihr abscheiden wolt, fiel sie in die geburtschmerzen.
franz. Simpl. 1, 230 ; sowol zur rettung der vermeint verletz-
ten ehre solcher gelehrten als auch zu seiner entbürdung.
Leibmtz 375.
ENTCHEN, n. anaticula, nnl. eendje, vi^tov, vTjrra^tov.
ENTDACHEN, tectum solvere: der storm hat das haus ent-
dacht.
ENTDÄMMERN, lucescere, aufdämmern:
meine kiiidheit
enidämmert golden aus dem dichten schatten. TiickIO, 80.
ENTDÄMPFEN, evaporari: feuchter nebel entdampft der
erde ; qualm entdampfte der hole.
ENTD ARMEN, exenlerare, eviscerare: entdermen. Jeroschin
ISO';
wütend scheu
entdarmt den hund das zackigte geweih.
WiiHOFs gedickte 2, 86.
ENTDECKBAR, detegibilis: aus uns cnldeckbaren naturge-
setzen hervorgegangen sein. Fichte Art/, der Offenbarung 132;
er (der mensch) siebt den boden, so weit er sich ausdehnt,
den himmel, so weit, ihm entdeckbar, er von gestimen um-
Dammt wird. Humboldt kosmos 1, 386.
ENTDECKELN, operculum tollere.
ENTDECKEN, detegere, ahd. intdecchan, mhd. entecken,
nnl. ontdekken.
1) den leib oder leibeslheile etitblöszen, aufdecken, vgl. auf-
entdecken : was die natur verdeckt an allen orten, das sei
der mensch auch also sich halten mit Vernunft und sollicbe
ding nit zu endecken. Keisersberg Marie himelfart 11'; so
vil ein mensch armutseliger ist leibshalb, so vil er mer die
selbige armutseligkeit entdeckt und zeigt und die lüt dar-
durch bewegt, s.d.m. 14'; entblösze den fusz, entdecke den
Schenkel, wate durchs wasser. Es. 47, 2 ;
das houbt das dut man bald entdecken. Bra:<t 110^,97;
in iren rathsröcken angethon, mit entdeckten heuptern. Felix
Plater 190; item, dasz er {der fisch) ein sonder grosze be-
gird tregt nach den bloszen entdeckten weiszen theilen des
menschen. Forer 80'; es solle auch ein jede ehrliche Wär-
terin oder die müttern selbs ein fleiszige acbtung gehen auf
die kinder, dasz man sie nicht entdecke oder entblösze. WObtz
469 ; der oberster mit entdecktem häupt wündschet den lands-
knechten einen guten tag oder morgen. Kirchhof mil. dise.
63 ; sprechen sie mit entdecktem haupt ein vatterunser. 203 ;
mit entdecktem bloszen heupt. Redtter 49 ; vor dem namen
seines beilands sich neigen und entdecken. Fischart ehz. 408 ;
507 ENTDECKEN
röhr, säge, flamm, zuschlitzte waogen,
entdeckte luDg, entblöszte herzen,
das war was Abas aug erquickte. Grtphids 1, 133;
die waiheit wird entdeckt und stehet nackt und blosz
viel heller als ein glas. Tschskning 99;
Bojocal führe den beweis wider sich unter seinem heim,
nemiich seine Terstümmelten ohren, die möchte er nur ent-
decken. LoHENST. Arm. 2,1547; bald entdeckete sie das anl-
litz nur halb. Philander 1,90;
hierunter {die vcischwundnen lugenden) zehU sich auch die
olTenherzigkeii,
die nirgends sicher ist als wo man sie verslecket,
euch mägdgen nehm ich aus, indem ihr noch zur zeit,
versieht mich aber recht, ihr brustbild ort entdecket.
GÜNTHER 52S.
2) am morgen ehe dann die sonn aufgeht, so entdeck das
geschirr und ker es wider um. Herk feläbau U' ; an etlichen
orten wurden die strouwtächer entdeckt, und dasselbig ver-
lägen strauw dem vich zur narung fürgelegt. Stumpf 2,418";
folgends ward der tisch entdeckt {abgedecki) und ein tapet
aufgelegt. Garg. 163'; hierauf wurde der tisch entdecket und
ein abendgebet gehalten. Ettners unw. docl. 483; über dem
entdeckten tischblat. Lohenst. Arm. 5S5;
das Schwert das ich anjetzt mit dieser band entdecke.
Grtpuius 1, 88;
den Schild entdecket er und glaubet gar gcwis,
dasz sie durch diesen schein zu hoden Tallen müsz.
Wbroers Ar. 4, 21;
so lange Lucifer entdeckt das klare licht. Opitz 2,287;
das meer
bedecket allen luft, entdecket den abgrund. Weckberlin 63;
entdeckend klufl auf khiH. 248;
die erd ist sauber und beleckt
durch den gewünschien schein der sonnen,
ist ihres winterrells entdeckt
und wird vom himmel liebgewonnen. S. Dach bei Albert 2, 11 ;
die Schildkröte anluorlel dem frosch, der sie von ihrer schale
last befreien will:
du thor,
ehe mich entdeckst, so deck dich vor. Fischart ehz. 46.
S) da deine bosheit noch nicht entdeckt war. Ez. 16, 57 ;
es ist aber alles blosz und entdeckt für seinen äugen. Hebr.
4,13;
zu endecken
sein meinung, gemuet und sinn. Teuerd. 114,27;
bis der fall den schein entdeckt. Günther 7;
gotl, dessen name schon die fülle
Tollkommner berlichkeit entdeckt. 9;
traust dem kiele,
womit die redlichkeit des herzens grund entdeckt. 575;
und stets ein gegentheil des andern krafl entdeckt. 740;
so werft den glauhensblick auf die entdeckte gruft,
seht, welch ein schöner strahl aus asch und modcr schimmert.
Chr. Grtphius pocl. wäld. 2, 187 ;
ach wüsten sie, wo ich gewesen hin,
ich will es ihnen wol entdecken. Gkllbrt 1, 160;
mein glück ist erst ein glück, wenn dein mund mirs entdeckt.
Rost schdfergcd. 5;
für uns hat die natur oft eine kunst verslecket,
und schlechten ihieren nur enid'ecket.
der zeisig baut sein nest und flicht stets einen stein,
den er nur flnden kann, in reis und moos mit ein,
dies hat ihn die natur gelchret,
damit man seine brut nicht flndet und nicht störet.
IlosT nchäferert. 35;
woll oder wolle nicht! er ist entdeckt,
der tolerante schwätzcr ist entdeckt. Lkssing 2,312;
ich bin entdeckt, ich bin durchschaut, wie kam
der unglückselige auf meine spuren! Schiller 432' i
die icbindlichste Verschwörung ist entdeckt. 433';
bis die Oeude sie entdecket,
bi« sich brüst mit brüst vereint. 64*.
4) wer entdecken will, siehct sich gar genau um in dem
gtwimmel der dinge, so um ihn her sind, und siehct er
darin etwas, das sontt noch niemand halte gesehen, so hat
er entdeckt, wer erfindet, setzt vorhandnes auf neue art und
weise zusainmen. Klopstock 12,116; etwas erlinden ist ganz
was andres als etwas entdecken, denn die sache, die man
entdeckt, wird als vorher schon ezistierend angenommen, nur
dasi sie nicht bekannt war, z. b. Amerika vor dem Colum-
bus. was man aber erfindet, z. b. das schicszpiilver war vor
dem künsller, der es machte, noch gar nicht bekannt. Kant
10,34t; dat geständois aeiner gedanken entdecJteo (abltgm).
t,M3.
ENTDECKER — ENTDUFTEN
508
5) entdecken, excoriare, die haut abdecken, s. entdecken
6) sich entdecken :
alsbald die haube deckt das haupt, entdecken sich die sinnen,
die nicht, wie wann sie Jungfern sind , die weiber bergen
künnen. Logau 3, 158, 10;
betrübtes wochenbclt,
eh sich das kind entdeckt, ist schon der vater todt.
Cur. Grtpuius 2, 240;
er meldete ihr also, auf was weise er von Delfi entflohen,
wie er mit einem angesehenen Athener bekannt geworden,
und wie sich entdeckt habe, dasz dieser Athener sein vater
sei. Wieland 1,48; bis er selbst für gut linden würde sich
deutlicher zu entdecken. 2,15;
zuletzt entdeckt des junglings bangen augon
sich eine felsenklufi. 23,28;
ein knie, das sich im wirbelianz,
wie marmor weisz, der lüsternheit entdeckte. Götter 1,258;
entdecket sich einst das physische bildungsgesetz der urge-
birge unserer erde. Herder 3, 46 ; die begriffe, die man nur
so bei gelegcnheit findet, entdecken sich in keiner Ordnung
und systematischen einheit. Kant 2, 101.
ENTDECKER, m. inventor, delector. es kommt aber aucn
vor für abdecker, schinder: es soll keiner des handwerks mit
einem nachrichter, streifer, entdecker und allen andern der-
gleichen leuten kein gemeinschaft halten, jenaische ßeischer-
innung von 1603 art. 34 in Beiers handwcrkslex. s. llt*.
ENTDECKUNG, f. derhalbcn ich, genent D. Martinus Luther,
von herzen erfreuet, mir fürgcnomen, zu weiter Unterricht
und entdeckung der falschen, geferbten kirchen die artikel
allesampt mit gründlicher Schrift zu beweisen. Lgther 1,400';
Nathan, warum ichs aber ihr noch nicht entdeckt?
darüber brauch ich nur bei ihr mich zu
entschuldigen. Tempelherr, das sollt ihr auch bei ihr
nicht brauchen, gönnt« ihi doch, dasz sie euch nie
mit andoin äugen darf betrachten! spart
ihr die entdeckung iloch ! Lessing 2, 341 ;
zuletzt darf man auch wol der entdeckung und dem mis-
brauch der kupferstiche einen theil des kunstverderbens zu-
schreiben. Güthe 39,113; er geht auf entdeckungen aus;
die ruft der fürst, macht ihr des plans entdeckung
und will, dasz sie ihm helfe zur Vollstreckung.
Gries Tassos Jer. 4, 23;
sie versprechen mir
entdeckungen in meinem eignen herzen,
um die ich seiher nie gewust. Schiller 262*.
ENTDECKUNGSREISE, f.
ENTDECKUNGSTRIEB, m.
ENTDENKEN, 1) sich bedenken: sie sollen sich dan ent-
denken, ob der müller also gcthan habe, als es sich gcbüret
und der scheffen das weiset wcisth. 2, 583.
2) sich wegdenken, entfernen:
entdenke dich einmal den allzu groben sinnen.
WiiHOFs gedichle t, 274.
ENTDEUTSCHEN, abalienare a genere germanica:
wird unser sicgszug denn zur flucht?
ganz Frankreich hnhnt uns nach,
und Elsasz, du entdeutschte zuchi,
höhnst auch, o letzte schmaoh ! Rückirt 157.
ENTDICHTERN, poetam e poeta exucre: da {in der aesthetik)
steht gar vieles nicht, was eigentlich den dichter macht, und
da steht gar vieles, was ihn entdichtern könnte. Klinüer 9,286.
ENTDONNERN, cum fragore devolvi :
den stein zu wälzen, der entdonnernd weichet,
verdammt ist Sisjrphus vom qualgescbicke.
Wim. VON HuasoLDTs merke 7,481.
ENTDRÄNGEN, acriler removere: der noth entdrängen;
immer noch
cntdritngcn bilder aus den vorgen lagen
die freude, die aus deinen äugen strahlt. Tikck 10,365;
sich dem gewühl der menschen entdrängen.
ENTDREHEN, tmquere e manu:
oft auch lockt der llelvetior
uns in spate der nacht, bis die vermilblie nickt,
dann das zaubernde sch.iferlird
dir entdr«t)t, und mit hauch plötzlich dl« Inmpe loscht.
Vo«ii 3, H.
ENTDRINGEN, erm, erumpert: tbräncn cntdringen mir;
schweisz entdrang ihm.
ENTÜUFTEN, efflari, exhalari:
ihrem ambrosischen haar enlHufteien gfiiillrhA rOrhe.
Stolbiro in, 3f)0;
wolgcrucb ctotduflet dem heu.
509
ENTDUNKELN — ENTEHREN
ENTEHRUNG — ENTENBCRZEL
510
ENTDUNKELN, illuminare, caligini eripere:
gleich dem leoz entdunkelt
lacht das aiig und funkelt! Voss 5, 217.
ENTDL'NSTEN, evaporari, exhalari:
und schlimme Schwefelgerüche ihm enidünslen.
Stolberg 12. bS».
ENTDÜSTERN, was entdunkeln, nnl. ontduisteren. ,
ENTE, f. ahd. anut, später anit, enit, mhd. ant, ent, nnl.
eend, ags. ened, aUn. önd = anud, schw. ddn. and, lit. antis,
lal. anas anatis, it. anatra, sp. anade, gr. vr^aoa, vtjttu,
rvss. utka, serb. utva (in den liedern häufig oitva zlatokrila,
goldgeflüyelte ente). man leilel alles hin auf vtco und die
enle ist ein behender Schwimmvogel, nur könnten gans und
schrvan ebenso heiszen. da in allen übrigen urverwandten
formen der vocalanlaut haftet, lieszen sich auch die griechi-
schen in arr,aaa, aviJTTa ausfüllen und es entspränge nahe
berührung zwischen anas und anser, folglich x^v gans und
hansa, ton vsTv und nare abführend, dem engl, duck und
drake liegt ebenso aphaerese des an unter, die meisten fol-
genden redensarten gehen auf ente wie gans.
1) die ente schnattert und plaudert, es heiszl darum schwatz-
haft wie eine ente.
2) Leiten bis in die gebraten enten in das maul fliegen.
Frank lob der thorheit 143 ;
bis dir ein ent ins maul einfliegt
gebroien wie im schlauraffenland. Schmklzl hochzeil 10*.
3) er sieht aus wie eine ente wenns wetterleuchtet (von
betrunkenen), Lichtenberg 3, 77.
4) ich wolt ehe, dasz mich ein ent zertrette, das were
doch ein schendlichcr tod. Frank sprichw. 2, 37*.
5) was willmer auch an den zeitungszwickeln {zeitungs-
sehreibem) vil loben, waisz nit, habns ein taufnamen oder
nit, waisz nit wer ihre enten oder gäns gwest sein, ob ihr
valter aufm nuszbaum ertrunken ist oder nit {vgl. mythol.
53S). Schwabe tintenfasz s. 76, zur deutung des ausdrucks Zei-
tungsente.
6) man nennt eine in Zeitungen verbreitete gleichsam fort-
schwimmende, wieder auftauchende fabel oder lüge heute ge-
wöhnlich ente. früher hiesz es blaue ente : so kömpts doch
endlich dahin, das an stat des evangelii und seiner auslegung
widerumb von blaw enten gepredigt wird. Ldtber 3, 282 ;
es sein alsamen nur blaw enten,
das die pfaffen hon erdacht. Mubner lulh. narr 3156;
wer jedem narren glauben will,
der sagt von blawen enten vil. Zabnckis Brant s. 129";
aber man kan uns nit von den bölstern bringen, predigen
immer in häufen den gensen oder blawen enten, on alle
frucht. Fbani trunkenheil B4*;
es seint fürwar nit blaue enten,
es ist der ernst und warheil gar. Schade pasq. 1, 11 ;
zahmenten, Wildenten,
wasserenien, tauchenten, blauenten. Hofmann gesetlsch. 257.
blau ist nebelhaft, nichtig, einen^ etwas blaues vormachen,
blauen dunst machen bedeutet vorlügen, vgl. 2, 82, eitellötig
und hernach ententüding.
7) in Göltingen und in Cassel wird ein gewisses aus meh-
rerlei feinen weinen gemischtes getrdnk ente genannt.
ENTECKEN, angulos secare. ein polyeder entecken heiszt
in der mathematik durch ebenen einige oder sämtliche ecken
desselben abschneiden, so dasz statt einer z. b. dreiflächigen
ecke eine dreieckige fläche erscheint, die in Norddeutschland
häufig gefundenen blocke als im wasser hin und hergescho-
ben und durch stoszen und wälzen entecket und entkantet
zu denken. Göthe 50, 124.
ENTEDELN, dehonestare, schänden, verderben, nnl. ont-
edelen. ahd. intedelen degenerare. N. Blh. 135.
mhd. und hat sich selb entedilt gar. Martina 26, 07;
aber der unnutz und diu manigvaltikeit der worte entedelt
die kraft. Eckhart 125, 26. nhd. so kann die wortrnengerei,
die unsere rede der herschafl einer fremden grammatik un-
terflrirft, für sie nicht anders als entedeind und verderblich
«ein. KoLBE noch ein «ort über Sprachreinheit s. in.
ENTEDLUNG, f.
die verkennung, die entedlung
dessen, was sie erhöht, die menschen,
was sie zu menschen macht,
zeigten sich mir. Klopstock 2, 186.
ENTEHREN, 1) dedecorare, polluere. ahd. intfirön 0. HL 1», 14.
IV. 30, 2. mhd. enteren, nnL onteeren :
wan werstu von natura
rein, lauter, dar und pure,
so wurt niemant vermeiligt,
enteret und entheiligt
von dir. meisterges. /". 23 n*84;
wan umb ewertwillen werent wir beinacb all entert worden.
Aimon s4*;
so wird man sehen deine feind,
und denen wir verhasset seind,
durch goties grim entehret. Wkckherl» 84;
der hagel sein feld nicht entehret. 414;
wir achten einen freien muihgen tod
anständiger als ein entehrtes leben. ScaiLtER 404':
entehrende strafe, die den verlast der bürgerlichen ehre nach
sich zieht; entehrende zumuthung.
2) frauen entehren, scAdnden, violare. vocab. theut. Wii gi* :
den boten, der sie also sehenden, enteren und verfüren will,
Ton ir austreibt. Keisersb. christl. künigin ee6';
da Meurabs frau vom chach in Meurabs angesicht
so freventlich entehrt. Gstphius 1, 110.
3) sich entehren, mhd. will enteren dich an mir. MS:l,Si\
er entehrte sich durch seine wortbrüchigkeit.
i. Unehren, verunehren.
ENTEHRUNG, f.
und ich schweige davon, doch meines weibes enlehrung
friszt mir das herz, ich räche sie auch, es werde was wolle.
Göthe 40, 6.
ENTEIGNEN, abalienare, gegentheil von zueignen, nnl. ont-
eigenen: enteignet habt ihr mich aller Monnen, entfremdet
hoher ehren, ackermann aus Böheim cap. 9. heute oft ßr
expropriieren.
ENTEIGNUNG, f zvvangsenteignung, exproprialion.
ENTEILEN, aufugere, nnl. ontijlen:
schaut dasz sie euch nit enteile,
ziehis bei irm schlair herfür. L'hla.'«o 321 ;
als sie solches geredet, enteilte sie. II. 1,428;
und mit geflügelten schritten enteilten sie;
und muste solch ein schöner tag enteilen? Platen 95*;
und wo du mir enteilest,
lebt schmerz um dich in mir. Rcccert 389.
ENTEINEN, disjungere, die einheit aufheben, veruneinen,.
anders xu nehmen als das gleichbedeutige entzweien = in zwei
theile spalten.
ENTEINIGEN, dasselbe, veruneinigen.
ENTEISEN, glacie liberare:
wenn thau und Sonnenschein der berge hanpt enteisen.
J. E. Schlegel 4, 172:
die enteiste wellen. Brocees 1,29;
aus der goldnen wölke
tbaun der mai und die liebe
segen auf die enteiste flur. Hötri 124 (101);
wollig hieng der weide pälmchen
am enteisten bord. Voss 5, 220.
ENTEKELN, obigere naüseam. Stieler 358.
ENTE.NADLER, m. was entenstöszer.
ENTENARBEIT, f labor inanis: und am letzten, so sie
lang beratschlagen, so ist es alles blaw enten arbeit und
reden, arzneien in dem das nicht da ist. Paracelscs 1,299'.
s. ententäding.
ENTENART, f gentis anatinum: die bisamente ist «ine aus-
ländische entenart;
kompt schon ein unglücksflut, mir selbe nichts abnimpt,
mein gut hat entenart, das allzeit oben schwimmt.
pers. rosenth. 7, 20.
ENTENBAUM, m. anatifera arbor : nach erzählung der allen
ein am meeresufer auf den Orkaden wachsender bäum, aus
dessen muschelartig gestalteten, weiszglänzenden fruchten, wenn
sie ab und ins wasser fallen, kleine enten schlüpfen, die im
Winter auf dem eise gefangen und gegessen werden. Lo.mcerls
kreuterbuch 8S'. s. entenbrat, entenmuschel.
ENTENBEIZE, f. venatio anatum.
ENTENBEIZEN, n. dasselbe, buch der liebe 244, 1.
ENTE.NBRATE. m. assum anatinum : nach der gesindestube
hinzuhören, wo man den krautsalat für seinen entenbraten
zerschneidet. J. P.
ENTENBRUT, f. felus anatinuni, auch was entcnmascheL
ENTENBÜRZEL, m. uropygium anatis, steisz der ente, den
sie mit groszer geschwindigkeit rechts und links bewegt, daher
sagt man von einem der viel und zugleich geläufig spricht,
sein maul geht wie ein entenbürzel, sein müulchen ist ihm
mit einem entenbürzel geschmiert.
51 1 ENTENDIEB - ENTENWEIDE
ENTENDIEB, f?i.
Z^^^S^i^^'rSt MUBK.K ,„./,. narr 3340.
ENTENDÜNST, m. schrot zum schieszen der wilden enlen.
s. entenhagel.
VNTKNFI n Ovum anattnum. . . , ■ .
inner» an der Stadtmauer noch der entenfang.
ENTENFEDER, f. penna anatma.
ENTENFLEISCH, n. caro anatina.
ENTENFLOTT, n. was entengras.
FNTENFLUG, m. eine kette fliegender wilder enten.
ENTENFLtGEL, m. ala anatina, mit goldglämenden stellen,
„o/.er das serbische epilheton der ulva ^lal"k"la.
FNTENFUSZ, m. ves analis, wie günsefusz m der sageoj
rny^^sfh:lwesln, ein, ^--^^^ ^1 riTlTlr^Se^
ENTENGANG, vi. der träge, watschelnde gang du enien.
rrusaallir Willst auf stillen Wassergräben und ist der wilden
Tnten'und ;;sLrvögel speis über den winter. Lomcebüs 209 .
Boc« kräuterbuch 540. s. die folgenden.
ENTENGIUEN, m. Uttus arenosum, quo enalanl anates, igi.
mhd. grien, und entengriesz.
FNTFNf.RIESZ m. dasselbe, vgl. mhd. grie;.
ENTeSüN,'« /ctnna, iens\alustns, mengt sich dem
auTuT^edlm begriffe .ach mit den -".--;'-«•
ENTENGRÜTZE, f. lemna polyrhtza. s. «" J"f '^ f " .^j^j^^
ENTENHABICHT, m. was entenstöszer, auch gansliaincm.
ahd. anothapuh. , . c „o -oq
ENTENHAGEL, m. was entendunst. Sstieler -ia-
'^"^ENTENJAGD, f. venatio analaria, enlenbeize.
ENTENJÄGER, m.
I^TENMAGE: i'TlSur».., er „at e.nen e.,.n-
wilde enten in» felde angelegt:
ENTER— ENTFACHEN
512
ich sah mit vergnügen, wie lustig der kauz in seinem enlen-
pfuhl und milchbad von leben schnatze und p ätsdiere. J. 1 •
ENTENOUARK, m. lemna minor, palus analaria.
ENTENRUF, m. pfeifchen der entenjäger, womit sie das ge-
schrei der wilden enlen nachahmen.
''SNssrNOTEHr;';-"-"""^ «'-'' ''-''•
meine enlcnschnaderet, meine stelzet. Garg. 101 •
ENTENSCHWEIF, m. cauda anatis. Entunswcif n. F- »"
Schreibers Freiburger urk. 2, 151.
s^s^?;i^zEs::'^.:tLrs;Ä^^ee.d..
-'^NSSlSSt^/'^^ /^^ulae: sagest« das ich ..b
dich ledig und frei gelassen, es sein en cnlüd.ng, «-Y';'' ';'"
nie Bedacht l'lauti Menechm. hinter seh. u. ernst 550 i. 10. .
IruÄ e/entenledmg, desgleichen ander ^ndswerk nt
nil zu discm ratschlag. Beccbun augensp. 5 . v'ß- ^"1* "
arbeil. , , ,
ENTKNTEICH, m. was cntenpfuhl.
ENTtNTREIBER. m. analariui. "•"""". °''' ';",l„ j„
ENTENVÄTEHCÜEN, n. onoi ma$, enUrteh, mdnnciien atr
** ENTENWEIDE, f., ort da man entcn zieht. Dunoom 320*.
ENTER n. puUus equinus anniculus, wie bimus twenter,
sche.nl aber nur nd. STt:u.NHURG 4S'. 294'. Frommann 4, 493 495.
ENTERBEIL, n. beil, das beim entern der schiffe dim.
ENTERBEN, exhcredare, mhd. enterben [wb. 1,441), nnt.
onterven, schw. göra arflös. mU gen. der sache :
künce, gräven, herzogen,
da; die da huobe enlcrbet sini. Parz. 5.19;
selber fröide enieibe leb mich. AIS. 1,203';
will ers alles nehmen, grund und boden, und ihn der grafe-
schaft enterben. Luthers br. 5,453;
r.,f,%'.V' u.r ,.a a.. i.s„rrrÄ°». ..4;
2S.Ä'„d"Ef.,f^SrcreVS.. reich. Sc,,,,,,,.. 4«-;
„a, hat meine lieb, entkrät.el? »a. "/»«'"'=''''""'„";
.leicliliclien Mtriedenlieil deiner lugend enlerbel? n™««'
W 211- meine gegonwarl ist .on der rergangenhe l ent-
ert J I'. T,t. 5,S8 ber^änmch, einen .tollen enterben.
Gätzschmann s. 24.
ENTERBEB, m. qui exheredat.
ENTEBBBlJCKE, r, brücke zum entern: er brach c an allen
römischen schiffen enterbrücken an. ^^hlosser «- /^J^ 3 351
ENTERBUNG, f. exheredalio. wer kann im namen semer
kinder auf den iünftigen gebrauch ihrer Vernunft verz.cj
Ui"n? unter welchem verwände könnte eine so unnatürliche
enterbung jemals statt linden? W.eland 29 107
ENTERDEN, terrae subduccrc, der erde entrücken:
und des unsterblichen harfe, die himmehrufenn ,ö^^^^
ENTERHAKEN, m. harpngo:
■wer zuerst frefaszi den cntcrhalicn, t'„„,,p,, o r,9
wer zuerst in Mebons schiC gesprungen ? Kop.»cu 3, o1
ENTERKH, m. anas mas, ahd. antrecho, u^oi-ou 6ere</s
1 toiaehandell wurde, man hört m Baiern noch a.idnch, and-
icht (hIerc 2, 340.341), i« ''-/^■f'-'-Snas "
entedrach, was dem engl, drake gleicht, lit. antinas.
sie fiinRt fast an die enten zu beneiden
^s^i^n,:r"t'£.r:'l;,errr:r;l■r^;;«:
Zt: -irdrslX t» Sd-a^e» m.« «r».mm,.,.t«
, ™i, i,t «0 enlerisi'b, ich bin nicht gsutlen und nicht
tJ!z 'S tm j-^'»i';»„^Ta-r;,«:,<s..;;;:
TS^ ,7.'.l. » Vr;«*c?l. .r».r.i.»e enterscb.
2, 339 , "^';""'- , . j „„s <ii,iitren und Dcutschbohmen.
':]:^^'^:SenM!'d:::hd. antri,c, enttisc a«.,....-
fr i ; ^S7) mit dem bcgrif des alten verband sich der ./. ^
ein licllr charchirro
der siuoni alle wile l.rre,
des habeton enlriscbe loulo rörgö«en,
den halten die ehmaligen, alten bewohner vergessen, offen
stehen lassen, vgl. mythol. 491. ii,-,crH
ENTERN,, gingrhc, garrire, sclinaltern wie enten. Hbnisch
^rS a.'. der schitfers,.ache -^-r'-- ;- ...^"X
/.a» et «üc/i nicht, zuerst Niscit 1, 22S , ""'•.^"'"'"' ,f ..,
;i;, dd«. entre: d.c ff ^^J^-^^^'t^^/Ioo -^ ^
entern Vrlr leitern anwerfen, anklettern, i.bor hord kl.ll.-.n.
ENTFACHEN setzen «euere dichter für anfachen:^
zu kühlen was <lon bu.en mir cnlfacb; V- <-- ' ■
in d.-r Mndt cnif-.rhie 'liesn«
tnund» rubin verwirrten hanJol. 15«.
^in hm vPrW«' hio kernen .. -j,
wil llireni lacl.el« ci.H.abl. HufCMT 3».
513
EXTFÄDELN — ENTFALLEN
ENTFALLEN
514
das verstauet zweisilbige participia für die drei Silben ange-
facht.
EMFÄDELN, ßlum solcere, ausfädeln, gegensatz von ein-
fädeln :
enifadelt der empörung rauhe« Öhr,
unlhread the rüde eye of rebellion. hing John 5, 4.
ENTFAHREN, exire, excidere, cffugere, entgleiten, entwischen,
ahd. infaran, mhd. envarn, nnl. ontvaren, franz. echapper.
1) der wagen entfahrt; der pfeil ist entfahren;
komm ich zu meinen jähren.
so hasi du mich nichi lang bei dir,
ich werde bald enifahren,
die frembde wil in kurzem mein. Sii. Dach V2;
alle klarheit i«t enifahren,
aller schein und herlichkeit. Spee 252 (230).
2) häufig aber mit dat. der person, unbedacht, unversehens,
plötzlich entfallen, vie wort, seufzer, fluch «. s. w.: oder
wenn eine seele schweret, das im aus dem mund entferef,
schaden oder guts zu thun, wie denn einem menschen ein
schwur entfaren mag. 3 Mos. 5, 4 ; entferet ir aus iren iip-
pen ein verbiindnis über ire seele. 4 Mos. 30, 7. 9 ; denn
sie betrübten im "sein herz, das im etliche wnrt entfuren.
ps. 106,33; denn wer ist dem nicht zuweilen ein wort ent-
feret? Sir. 19, 16; wenn ich nu des teufeis und der weit zorn
ungewonet were, seit mir wol etwas entfaren sein für solchen
groszen ernst. Luther 6,19*; wie sie nun sahen, das sie ir
{der wölke) nit entfahren tonten. Stades f 2 ; ein hauptmans-
fluch etzt durch neun hämisch, mir aber entfährts zu zeiten,
wie den nonnen der Zinzius herr Andres nonnentrösler, wann
ihnen ein nadel entfällt: wie bald entfährts eim wanns eim
entfällt? Garg. 244'; es entfuhr ihm einer, pepedil; der fisch
entfuhr mir unter den bänden. Steineach 1, 401 ; herr gevatler,
laszt ctiih das wort entfahren sein! Weise comvdienprobe2hh;
auch das lateinische ist mir entfahren. Sittenlehre \19 ; dieses
oder jenes entfarnen wörtchens halber, ehe eines mannes 2S8;
entfuhr mir folgende tage nach einander s. v. alles was in
meinem magen und gedärmen vorhanden war. Felsenb. 1, 2S ;
viele der schönsten züge entfahren ihnen oft. Stolberg 10, 220;
die erste thräne, die ihnen aus verdrusz entfahren ist. Lessinc
1, 238 ; wenn dir in gegenwart meiner frau so ein worl entführe !
GöTHE 14, 141 ; es ist doch wunderbar, entfuhr mir hierbei,
dasz die Griechen, das aufgeheiterte volk, sich mit den fabeln
über die gottheit so ernsthaft und zuweilen so abergläubisch
grausam beschäftigen konnten. Ardinghello 2, 103 ; im winter-
jahr, wenn alles grün wieder den wäldern entfährt (ausbricht).
Fb. MtLLEB 1,22;
doch dem war kaum das worl entfahren,
raöcht ers im busen gern bewaliren. Schiller 59'.
ENTF.\HREN, liberare damno, periculo :
danimb er got und mensch zugleich
uns koni, uns wolt und soll enifahren. Weckderli> 315.
ENTFALBEN, decolorare, entfärben, doch nicht, wie dies,
viit privativem, sondern mit dem gelinden ent gebildet, fahl
werden lassen, fahl machen:
wie moreenduft die flur enifalbe,
das tusch ich hin mit sauberm fleisz,
läszl Schlegel den Matthisson im wetlgesang sagen; der be-
geisterte selbst wird vor ihnen {den kalten menschen) ver-
nichtet und entfalbt sich mager, so wie sich im frost die
fettesten gesiebter zu hageren einziehen. J. P. dämm. 33.
ENTFALLEN, elabi, delabi, excidere, schwächer als ent-
fahren, ahd. intfalian, infallan, inphallan, mhd. enpfallsn,
nhd. bis ins 16 jh. noch oß empfallen, doch stellt Luthers
bibel entfallen her. alts. anlfallan, nnl. ontvallen. gewöhn-
lich mit dem daliv.
1) mir entfällt etwas: und hub auf den mantel Elia, der
im entfallen war. 2 kön. 2, 13 ; das im das schwert aus seiner
band entfallen musz. Ez. 30,22; denn es wird ewer keinem
ein bar von dem heubt entfallen, apostelg. 27, 34 ; das in die
stang empfiel. Steinhöwel Esop 1487. 70;
an keim schuch thu ich ein kein schnallen,
wie oft sie mir von fuszcn enpfallen. fastn, $p. 564, 7;
und ob einem ein gülden enpfall,
der heb in phentlich [behende] wider auf,
dasz wir nit alle platzen drauf. 790, 22;
es ist ein pranger hoch anfeestelli,
manchem davor das haupt empfelt. Scbmklzl {o(i»pr. 93 ;
darroo sof sie ihrem kind zeitlich das leben ab und entzün-
det ir Selbsten das gehenk dergestalt, dasz es ihr aach bald
hernach entfiele. Simpl. K. 725;
III.
eine thräne, die mir still den wangen entfiel. Klopst. 1,22,
mit zwei dativen, der person und sache;
in deinen wonnebecher, allgütiger,
entfielen niemals thränen des dankes ihm. Stolberg 1,20;
bis mir die stimm entfällt. Gökixgc 1,48;
und er schwitzte vor angst und häufige losung entfiel ihm.
GöTHB 40, 176.
2) sehr oß bildlich : da entfiel inen ir herz und erschrocken
untemander. 1 Mos. 42, 28 ; es entfalle keinem menschen das
herz umb deswillen, l Sam. 17, 32 ; zu der zeit wird dem
könige und den fürsten das herz entfallen. ]er. 4, 9 ; was
thu ich arme betrübte, wann mein herz entfeit mir gar!
Aimon x5'; bei got, sprach Reinhart, ir seit nit einer hagen-
putten wert, wann euch ist das herz entfallerf. zl'; es ist
eine grosze schände, das dir das herz so entfellt Ldther
3, 64* ;
da entpfiel mir so bald mein herz. H. Sachs III. 1,203';'
den bauwern entfiel von stund an das herz. Rivasder 2, 223 ;
im von stund an seine freud entfallen war. Galmy 179;
furchten sich alle beiden, die umo uns her waren, und der
mut entfiel inen. Neh. 6, 16 ; das hett ich nimmermehr ge-
glaubt, dasz euwer muth aller solle empfallen sein. KiRCHHor
wendunm. 325"; es sieht so schlimm aus, dasz einem der
muth völlig entfallen könnte. Pestalozzi 4, 105 ; da empfiel
im alle seine kunst und wüste nichts zu sagen. Luther C, 15";
{Witzel) will mit der büchsen der guten werk also zu in
{den lutherischen) ein schieszen, das in der glaub wol ent-
falln sol. Aleerus wider Witzel L 7* ; gab im ein, das er mich
unvorsehens ergriffe bei einem wortlin von dem pabsthum
gesagt, das mir angefähr empfallen war (captans me in uno
verbulo mihi obiter elapso). Luthers br. 1, 511 vgl. 501 ;
das er kom umb das leben sein,
so empliel mir die sorge mein. Atrer 118*;
und eh ihm noch das wort entfallen,
da sieht mans von den schiffen wallen,
und tausend stimmen rufen sieg.' Schiller 57'.
3) es entfällt mir, exeidit, excidit memoria; es ist mir
entfallen {vulg. sermo recessit a me). Dan. 2, 5 ; warlich ich
merks, das ir frist suchet, weil ir sehet das mirs entfallen
ist. 2, 8 ; ist dir denn entfallen, was du mir feierlich ange-
lobtest?; das soll mir nie entfallen, das werde ich nie ver-
gessen; euch wird noch unentfallen, unvergessen sein, in
ganz andern» sinn sagt man aber auch: das ist mir irgend
einmal entfallen, das habe ich bei irgend einer gelegenheit
geäuszerl, hingeworfen, fallen lassen; ich bitte dich, lasz dir
so etwas nicht in gegenwart meiner frau entfallen (sage es
nicht). Götter 3, 365 ; sie gieng so weif sieb entfallen zu las-
sen (zu äuszern), dasz man wo! noch mittel finden könnte.
Schiller 852*; vgl. das entfallen des worts unter 2.
4) einer entfällt mir, geht mir ab, stirbt mir: wie vrir
sehen, wenn vater und mutter den kindern empfallen, wie
sie so elend und weislos hergehen. Luther 4, 523* ; weil der
könig (Cyrus) auszerhalb des landes schwere kriege füret und
den Juden zu früe entfiel (starb). Mathesics »4* ;
als du die segel sich auf hinwerts lieszest wenden,
entfiel Achilles dir. Opitz 1,217;
ich hab endlich versprochen, ihnen, wie in andern begnü-
gungen, also auch mit dieser, nicht zu entfallen. Gryphics
1,183; ja den witwen wird umb der kinder wegen fürnem-
lich solches beneficium geordnet, dieweil ihnen der vater und
nehrer entfallen. Carpzov jurispr. eccl. Ups. 1695 p. 225 ;
im himmel lebt ein freund
der wird mir nicht entfallen. Günther 102.
5) einem gegenständ entfallen : der apfel entfällt dem baom ;
das Schwert entfiel seiner band;
er glaubt den wölken zu entfallen. Wielaxd 17,290;
sie gebar unter todesangst, ohne hülfe, das kind entfiel dem
schosze der unvermögenden. Klikceb 3, 282 ; die last entfiel
seinen armen.
6) entfallen ohne dativ,
a) mit der praep. aus: entfallet aus eurer eigen festung.
2Pe/r. 3, 17; es stehet wol mit euch und es wil gut werden,
entfallet nur nicht aus der band gottes, der euch itzt ge-
fasset hat, euch rechtschaffen Christen zu machen. Luther
2, 280* ; da ich sie aber zum text zwang, entfielen sie ans
dem text. 8,67*; davon auch bei keinem einfältigen schlech-
ten Christen einiger zweifei sein musz, wann er sonst oicbt
33
515
ENTFALTEN — ENTFANGEN
ENTFÄRBEN — ENTFEHLERN
516
aus der zahl der Christen entfallen will. Scriver seelensch.
2, 130; sobald sie aber aus dem glücksstynde entfallen.
Bdtscuky Palm. 311; der gute mann endlich empfindend dasz
er gänzlich aus seinem eleraente entfallen sei. Göthe 31, 59 ;
aus tleinem wolgefallen,
goit, waren wir enilallen
und nun vom waliren frieden
so wie von dir geschieden. J. A. Schlegel verm. ged. 1,198.
6) mit der praep. von:
lasz uns nicht entralien
von des rechten glaubcns trosl. Luther 8, 36T.
f) ohne praepositionen : aber der mann gottes sprach, wo
ists entfallen? 2A(}n. 6, 6; eilet, dasz schuh und holz enpfielen.
Kirchhof irendunm. 260*; da nun sein herr vater zeitlich ent-
fallen igeslorben sei). Corn. Paclsoss lebensg. Lübben 1724
s. 295 {vgl. 4) ; aber auf der andern selten des Bheins fleuszt
der flusz Lona mit viel entfallenden {darein fallenden) flüssen
bei Lonslein in Rhein. Frank u'cW. 32'; denn den klüger die
Sache in entfallenem {mangelndem) satsamen beweise an der
bezahlung schwer und teuer genug ankörnt. Butschkv kanzt.
429 ; entfallene dinge, res obsolelae. beule verwendet man
entfallen auch im sinne von fallen, contingere, obvenire: die
hiesige recrutierung ist gänzlich vollendet und das auf Wien
entfallende co'ntingent mit leichtigkeit aufgebracht worden.
kölnische zeilung 1854 n*lSO; der auf mich entfallende an-
theil {am gewinn, an der erbschafl); der entfallende {sich
ergebende) betrag.
ENTFALTEN, explicare, auseinander fallen, entwickeln, ahd.
intfaldan, mhd. envalten, nnl. ontvouwen.
1) sinnlich, die bände, die Hügel: ich entfaltete zuerst meine
bände. Hippel 9, 2Cö; ihr habt gesehen, wie sie sich auf-
richtete und mit entfalteten bänden mich segnete. Göthe
n, 408 ; der Schmetterling entfaltet sein flügelpaar. die falten
des gesichts entfallen: er entfaltete wieder seine stirne; so-
bald dieser name ausgesprochen wurde, hörte man ein trau-
liches flüstern im Wahlkreis, die ernsten gesiebter wurden
entfaltet und klärten sich auf. Musaeus volksm. 278 ; als ich
unter den reichen schlenderte und ihre trotzige, üppige micne
entfaltete. Klingers Ih. 3, 189. den brief, den schleier, das
gewand entfalten :
entfallet der donnrer die wölken, die vollen,
entgegnet Neptuuus dem gräulichen rollen. Göthe 41, 170;
entfaltet mir die schwerbebangnen äste. 2, 146.
2) bildlidt,
dieser gedanke durchströmt mich, je mehr ich
ihn entfalte, je mehr werd ich von Seligkeit trunken.
Messias 8. 3ti2 ;
Agathon entfaltete mit jedem tage neue Verdienste. Wieland
1, 230 ; oder kommst du auf meine fragen die räthsel der
ewigkeit zu entfalten? Schiller 135*;
denkt euch ein mädchen, das jetzt hold,
jetzt llnsier sich gestaltet,
und ob es lacht nnd ob es schmollt,
steu neuen reiz entfaltet. Gotter 1, 89;
hier {im tanze) entfaltete Fenno alle Weichheit, geschmeidig-
keit und reinheit der bewegungen, allen ausdruck seines un-
schuldigen herzens. Kli:«ger 10, 27 ; der dichter musz zuerst
dies neue leben entfalten. Bettine br. 2, 145.
3) 8ich entfalten:
indessen ihr des Ätnas felscnwege
veriheidigtet, entfaltete dio achlacht
mit ungestüm sich an dem ufer hin. Götbk 7,316;
die hofnung darf, geliebte tochter, nun
in unserm nerzen wieder sich cntfulieu. 7,319;
frage nicht, wie sich dies r^ithsel wird entfallen,
schön entfahen wird sichs ohne deine fragen. Köckbrt 329;
weil mein Ich sich ganz entfallet. Platen 74.
ENTFALTER, m.
und jeder ein wetteifernder entfaller
wird aller keime, die an ihm noch taugen. niJcKERT 2.S0.
ENTFALTUNG, f. enlwickelung : die epiker und drama-
tiker »ind beide den allgemeinen poetischen gesctzen unter-
worfen, besonders dem gesetze der cinheit und dem gpsetze
der entfaltung. GOthb 49,146.
ENTFANG, m. tcat empfang. Micrälius 8, 494.
ENTFANGEN, teas empfangen, bei Dasyp. entpfohen, bei
Maalek entpfahen und cntpfangen :
zu kiing mjrh luracl cntpdeng. ScHWARtimiio 107,2:
verdriesz empfangen. Reucnt.i,i verst. 4'; man hat zu beiden
Kilen viel Schadens tod einander enifangen. Mictlls Tac. 440* ;
Danae entflng vom golde. Looau 3, 242, 134;
ich musz sie entfangen, wann sie kommen, ped. schulf. 123.
ENTFÄRBEN, mulare colorem, nnl. ontverwen, erbleichen
sowol als errölhen: ein tugenthafter mensch wirt nit entferbet
im angesicht. Keisersberc seelenparad. 97*; nu waren die
vier gebrueder so gänzlich eniferbt und verwandelt, das, wer
sie vor gesehen het, dem werent sie itzt unerkenl gewest.
i4imong4*; ich siehe wol, wir seint verraten, dann ich sehen
euch ewer angesicht entferben. nl'; der rittcr von groszen
freuden aller in seim angesicht entferben (inirausiti«? oder
druckf. für sich entf. ?) tbet. buch der liebe 243,2; do fragt
er in, ob er auch mit ir geschimpfet hett und hell ir aiu
streich auf den rucken gebeu ? do ward er eniferbt (erröthet»
er). Keisersberg has im pf. Aa 5* ;
wie habt ihr euch so thun entferben? Ayiier 336';'
die tage sind nicht weit,
da dein entfärbtes haar die freiheit prophezeit.
i. E. SCULECKL 1, 152;
und die priester hörten des schrecken» worte den boten
sagen und standen entfärbt. Messias 6, 131 ;
so hausen die octoberweste !
fiirwühr es ist bejaminernswerth,
wie sie in ineincni huiligihume
geschaltet, alles umgekeliri,
entfärbt, zerknickt, versengt, zerstört. Wielahd 9, 154;
wie bednur ich dich, o silfe,
dasz du kam>t in unsern herbst,
wo am nassen, welken schüfe
du den zarten schmelz entfärbst. RiJCKERT417;
seine entfärbten wünsche. J. P. Hesp. 2,242; Klotilde kehrte
sich um und erblickte ein entfärbtes angesicht. 3, 87.
2) sich entfäiben : da entferbet sich der könig und seine
gedanken erschreckten ihn, das im die lenden schulterten
und die beine zitterten. Dan. 5,6; entferbe dich nicht also.
5,10; denn man sähe es im an, weil er sich so im ange-
sicht entferbet hatte, das er in groszen engsten war. 2 Afacc.
3, 16 ; ist zu verwundern das sich PfelTeikorn nicht empferwet
noch Schemel. Reuchlin augensp. 35*; so bald die herzogin
seiner ansichtig ward, ir angesicht vor fieuden sich eniferbt.
Ga/my 83; dasz sie sich im angesicht enifärbte wie ein glüende
kol. Simpl. Vogelnest 1,3; o du verfluchtes teufelsgifl, dasz
du dich nicht entferbet hast den allerböchslen ehrenkönig zu
lästern.' Albrecuts ßuchabc. s. 141; beschützt durch feuste,
die sich nicht entfärben {die nicht errölhen). Bütschky Palm. 730 ;
da wendet
Israels enget sein angesicht weg, erzittert, entfärbt sich.
Messias 7, 789 ;
du schwebst gekreuzigt, dich entfärbend,
voll wunden, sterbend.' Klöpstock 7, 192;
fragte ihn zum excmpel der sultan etwas, das ihm unbekannt
war, so stutzte er, entfärbte sich, öfnete den inund und
staunte, als ob er sich darauf besänne. Wieland 6,41; der
kalendcr merkte nun auf einmal, dusz er sich vergessen halle
und enirärbte sich ein wenig. 8, 233 ; du entfärbst dich, Bella,
du lügst. Schiller 145';
ich entfärbe jetzt mich nicht,
seh ich dir ins angesicht. Gotter 1,206;
und immer sind weiter die jähre gerüt^kt,
der maniel entfärbt sich, der maniel zersiftckt,
er könnte sie länger nicht fassen. Göthe 3,4;
die drei lieben menschen haben geeilt und ihn {den ersten
pßngsitag) genossen, eh er sich entfärbte. J. P. Hesp. 3,194;
ach vor der scele, vor welcher der morgcnlhau der ideale
sich zum grauen kalten landregen enlRirbet hat . . . bleibst
du, erquickende nalur, treu und tröstend stehen. Ttl. 1, 14.
ENTFÄRBT, decolor. beispiele unter entfärben.
ENTFASERN, privare ßbris, von fasern eulblösien:
und was ihm noch zum Timon fehlt, ergänzte
ein niaiiiel so enifasert, abgefärbt
und ousgenützt, dasz es verdacht erwerkte,
er häiie »Ich, der einst den Krater deckte,
vom alderinann der cyniker geerbt. WiittAHo 9. 3 {au alti
ausg. von Miuarion Itat f««richl).
ENTFECHSEN, nudare vineas palmitilms, im veinberg die
jungen frchser (zweige) wegnehmen.
ENTFECHSERN, dasselbe. Stieler 524.
ENTFEDERN, deplumare. Hknisch 897, 31. Stielm 460.
s. enldedern.
ENTFFIH.KN, was empfehlen.
ENTFEHLERN, emendnre. eorrtgtre: der freundgesinnte
leser wolle selber ihm ciitfehlern, was er unrichtig llndel.
Birken mautoleum o.
5 1 7 ENTFEINEN — ENTFERNTJNGSKRAFT
ENTFERTIGEN — ENTFLAMMEN
518
ENTFEINEN, venuslalem delere, deformem reddere. Stieleb
459. s. verunfeinen.
ENTFELSEN, scindere ex rupe? aus dem fels lösen:
sie sah den Selinor, wie konnte sie ihn hassen?
doch wollt ihr sieinern herz sich nichi entreUen lassen.
Uz 2, 102 (20»).
ENTFENGEN, accendi, vgl. mhd. sich enpliengen tr. k. 7779 :
kein eier underlegen zu brüten des tags darfür das das new-
liecht entfengen soll. Spinnrockens eoang. g2'. s. empfangen
sp. 422.
E.NTFERNBAR, amovibilis: eine entfernbare Veranlassung.
ENTFERNEN, amovere, removere, mhd. enpförren: einen
weil entfernen, von seiner stelle entfernen, der könig befahl
ihn zu entfernen, fortzuschaffen, sich entfernen heiszt sowol
einen ort verlassen, an dem man sich befindet, als auch ihn
vermeiden, ihm ausweichen, sich davon fem halten: ich ent-
fernte mich niemals über zehn schritte vom garten ; entfernen
wir uns schnell ! ;
Phvllis softe pfeifen lernen,
wollte sich davon entfernen.
ward beredet doch zum greifen,
so der grund ist zu dem pfeifen. Logad 3, 88, 64 ;
wenn man sie son«l in assembleen sah,
wie könnten sie sich ilzt daraus entfernen ? Göki.'cge 2, 1S7.
in der alten rechtssprache bedeutele entfernen alienare, was
Haltal-s 321 belegt.
ENTFERNT, remotus, fern, gegensalz von nahe.
1) entlegen, abgelegen, dem räum wie der zeit nach : ein
entferntes land, volk ; ich lebe in einem entfernten winkel
des reiches; entfernt von den meinigen; erinnerung an die
entfernteste zeit;
wo selbst die lerche sich aus neide
in die entfernten lüfte schwingt. Rost schäferg. 143;
Joseph. Joseph, auf entfernte meilen
folge dir Luisens todtenchor. Schillers*;
wer auch äiuen mond nur entfernt ist seiner gemablin.
//. 2.292:
ein entfernter verwandter; der entfernteste verwandte ist ihnen
lieber als ihr söhn. Gotter 3, 8 ; ich halte mich von ihm ent-
fernt, gehe nicht zu ihm, meide ihn;
welch ein
willkommner vorwand mich entfernt zu halten ! Schiller 253* ;
noch bin ich gleirh von euch entfernt,
hass euch cyklopen und silbenfresser. Göthb3, 3-15:
nun erst fühl ich, wie weit ein armes mädchen entfernt ist
von dem reicheren jungling, und wenn sie die tüchtigste wäre.
40,330.
2) eine entfernte Shnlichkeit mit jemand haben ; die etwas
entfernten verrichtangen des menschlichen lebens. Lichter-
BERG 1,277; er hat auch nicht die entfernteste Ursache sich
zu beklagen ; nicht auf die entfernteste weise ;
ich seh es an
entfernt vom neide. Bürger 10';
sonst warst du so weit vom prahlen entfernt,
wo hast du das prahlen so grausam gelernt?
Göthk 3, 257.
3) ich bin entfernt davon zu glauben, longe abest ul eredam ;
Ernst fand das betragen seines oheims sehr sonderbar, aber
er war weit entfernt die rechte Ursache davon zu ahnden.
Klinger 8, 186; weit entfernt dich zu loben, will ich dir
meine bittere Unzufriedenheit nicht verhehlen ; weit entfernt
daran die erwünschte theilnahme zu äuszern, achteten die
einen diese köstliche arbeit gar nicht. Göthe 26, 20.
ENTFERNTERWEISE, ex longinquo :
doch meinen könig anzureden bin
ich, nicht enifernterweise, vorbereitet. Göthb 9, 263.
ENTFERNTSTEHEND: Beireis hatte geschworen, die ge-
horsame uhr nicht wieder aufzuziehen, die auf seine, des
entfemtstehenden, befehle bald still hielt, bald fortgieog.
Göthe 31. 215.
ENTFERNUNG, /". distanlia, ferne: die zurückhaltende
würde, womit sie den Achilles, selbst da, wo er alles für
sie gethan hat, oder zu thun bereit ist, in entfernung hält.
Schiller 234'; die geschichte der Johanna von Orleans in
ihrem ganzen detail thut eine gleiche Wirkung, nur dasz sie
in der entfernung mehrerer Jahrhunderte noch ein gewisses
abenteuerliches heildunkel gewinnt. Göthe 32, 176. entfernung,
»egscha/fung: alle forderten die entfernung dieses menschen ;
die gewaltsame entfernung aller hindernisse, vegräumung.
ENTFERNUNGSKRAFT, /. denn dadurch, dasz sich die
materie, die zum erdboden gehöret, mit der luft, die ihn
umgiebet, und allem, was darinnen ist, um die axe der erde
beweget, bekommt sie eine bemühung sich von dem mittel-
puncte ihres circuls, darinnen sie sich beweget, zu entfernen,
welche bemühung die mathematici vim centrifugam oder die
entfernungskraft zu nennen pflegen. Cbrist. Wolf würkungen
der nalur 264.
ENTFERTIGEN, auferre. Haltacs 322.
ENTFESSELN, solvere e vinculis, nnl. ontveteren :
oder sind sie
nicht umschafbar, die du entfesseltest? Klopstock 2, 141 ;
wie lieblich um meinen entfesselten husen
der holde Wahnsinn spielt! Wikläno 22,3;
das ist das fluchgescbick der könige,
dasz sie entzweit die weit in hasz zerreiszen
und jeder Zwietracht furien entfesseln. Schiller 427*;
alle leidenschaften werden entfesselt; hätte der donner auch
nicht so schnell von den banden des schlafs entfesselt. Klinger
6, 354 ; accorde, welche die seele von dem körper entfesseln.
10,129; dasz der prinz sich mit vollkommner Sicherheit dem
vergnügen überliesz, seinen geist, wie er wähnte, von vorur-
theilen zu entfesseln. Wielasd7, 33; dasz der gang der bes-
sern entfesselten menschen, so tvie im träum, immer ein flug
ist. J. P. Hesp. 1, 153.
ENTFE.STEN , despondere, alln. festa : enpfesten. Mose
anz. 8, 420.
ENTFETTEN, obesitalem demere: schulstuben voll licht
sollen zum entfetten und abmagern der inwohner helfen.
,J. P. herbstblum. 3, 14t.
ENTFEüER.N, accendere, entflammen, befeuern: noch melir
entfeuerte ihn seine eigne lust. Mascoü 1, 21.
ENTFIEDERN, pn'rare pennis, der federn berauben:
der knospe gleich am kalten merzentage
schrumpft, wenn des gluckes Sonnenschein
sich ihr entzieht, die seel in sich hinein,
enilieilert. nackt, von allem ausgeleeret
was sie für wesentlich zu ihrem wolsein hielt.
WieiA.No 9, 95;
oder darf Inhm werden der himmlischen weihe
flügelschlag, mutlos in entfiederter kraft? Plate.n 131*.
ENTFINDEN, was empfinden : das ist ungewonlich speis
essen, so man etwan speis macht alein dasz sie seitsaiu seind,
als oliven, da nichts guts an ist. wan sie maniger versucht
und entfint, dasz sie so bitter seint, so hat er darnach vier
Wochen genug. Keisersbebg s. d. m. s', ein mensch der weisz
nicht, das er die blatter hat und entfindet sie nicht, und
weisz nicht das er ein frasz ist, er neme dann sein seihest
war. 10' ;
ich bin wund mit vergiftera sper,
desselben wahrhaft ich entfind. H. Sachs III. 2,48';
lasz uns deiner gunst und gütikait eniflnden.
ÜELISSUS ps. B3*;
gott sei dank für tnejn eniflnden !
der verleih dasz meinen {l. meiner) Sünden
ich entfinde stets in mir,
und Vergebung, gott, von dir. Logao 2, 164, 26.
ENTFINSTERN, caligine solvere, entdunkeln:
drei stunden hat der herr der erden liefe nacbt
enifinstert und darauf geschrien es ist vollbracht.
CzEPKO heiliges dreieck. ms.
ENTFLÄCKERN, micare, flackern :
die glut, vom hinenkreis umwacht,
verschwärzt entflackernd rings die nacht. Salis 51;
der feucrtrunk, geschöpft aus iraubenblat
ist öl, das in die rasche flamme spritzet,
dasz doppelt rasch entflackert ihre glut. Rcckcrt 40.
ENTFLAMMEN, nnl. ontvlammen. 1) in/r. aceendi, auf-
flammen, in flamme gerathen: aber den fall gesetzt, es würe
möglich, dasz Woldemar nun auf einmal in liebe gegen mich
entflammte. Woldemar 1, 74 ;
an der glut des gesangs entflammten des börers gefühle,
ao des börers gefubl nährte der sanger die glut.
SCHILLCK 84*;
die rosen ihrer wangen
entflammen zu karmin. PrEFrcL 2, 204;
kaum berührt mein finger sie,
hell entflammt die kerze. Görai 1, 15.
2) Irans, accendere, in flamme setzen:
wie vieles kommt zusammen,
das leichte blut der schönen zu entflammen. Wielaxo 9, 86 ;
gegenllebe nähret liebe
und entflammt zur feuersbrunst,
was sonst ascbenfünkchen bliebe. DDiir.ER27';
33*
5 1 9 ENTFLAMMT — ENTFLIEGEN
wollt ihr des höflings kaltes herz
mit tragischem gefUhl eniüamtnenl Gottkb 1, tl3;
besteige mein arabisch ros
von adeliger zuchi enisiammet,
und als ich seinen zorn eniflammet,
rasch auf den drachen spreng ichs los. Scuillkr 66*;
jelio rath ich sogleich den galbanonduft zu entflammen.
Voss yirg. georg. 4, 264 ;
Toraüglich war es aber Regiomontans groszer und ausgebrei-
teter rühm, der ihn entllaminte. LicniENBERG 5, 166.
3) refl. sich entflammen: da enlflammte sich in dein her-
zen des alten die Vaterlandsliebe. Klincer 8, 254 ; kaum hatte
er die botschaft gehört, so entflammte sich sein herz. 5,291;
seine wuth entflammte sich. 5,349;
was sonst, als euer unglückseiger streit,
der unauslöschlich wüinend auf dem grab
des kaum entseelten vaicrs sich entDammte? Scuillkr 501*.
ENTFLAMMT, accensus, ardens:
ach ja, er schwitzet schon in der eniQammten hölle.
liALLHA.i.N ilnriamne s. 103;
bald kalt aus eifersucht und bald entflammt von liebe,
fühlt er den harten kämpf der in ihm zwistgen triebe.
i. A. ScuLEGKL verm. ged. 2, 195;
Kaipbas schritt entflammter hervor, trug tod auf der siiriie.
Messias 6, 472 ;
sie sehen ihn kommen,
und entdecken an der entflamniten geberde, warum er
wiederkomme. 7,854;
dort erblickt ihr Damaskon. er eilt in diesen gelllden
dein entflammter Verfolger. 15, 1030;
sie enirlsz Anchisens laren
dem entflammten Ilion. BCrger 115*;
Flamin kämpfte entflammt mit seinem aufsteigenden, dampfen-
den hengst. J. P. llesp. 4, 94.
ENTFLAMMER, m.
ENTFLAMMUNG, f.
hier und dort in die triften
eniflammungen sendet der waldhirt. Voss.
ENTFLATTERN, evolare:
die raben entflattern
der wüsten abtei
und fliehn an den gallern
des kirchhofs vorbei. Matthisson 168;
zu schwarz und bang, als dasz ich wesenhaft,
bin ich ein träum, entflatternd deiner hafi.' Lbnau Fau$M95 ;
0 wenn die weibliche thräne leicht flieszt, so entflattert ja
noch leichter das weibliche lächeln. J. P. Tit. 2, 63.
ENTFLECHTEN, capillos solvere:
stolze "Chaldäerin,
entflechte deine locken. Stoi.berg 4, 142.
ENTFLECKEN, purgare maculas. Stieler 498.
ENTFLEISCHEN, nudare carne, abfleischen, nnl. onlvlte-
schen: das sinnenbild eines wütenden löwen, welcher einen
bär entfleischte. Loitenst. i4rni. 2,252;
entfleischet alle glider. Sim. Dach;
wo bei entfleischtem gebein der geiödieten schädel
liegen. Messias 6, 264 ;
sie schwingen in entfleischten bänden
der fackel düstcrroifae glui. Scuillkr 58';
ein entfleischter weit- und hofmann. J. P. hcrbslbl. 3, 160.
ENTFLIEGEN, erolare, nnl. onlvliegen, allgemeiner als aus-
fliegen, das bestiniml auf die entfernung von innen geht; der
vogel entfliegt dem nest, dem bäum, der band ; die nach-
tigall entflog ihren Verfolgern ; der pfeil entfliegt dem bogen ;
und irem bubenneiz entflogen. Waldis287';
guoiwillig sind wir und bereit,
kein einigs wort lol uns entfliegen,
, old unser dacbtnut niuest uns iriegeo. trag. Joh. E 1 ;
aber die seel aus den gliedern entflog in die tiefe des Ais.
lt. 22,362;
ihr entflog im hastigen lauf der pantolfel. Voss;
tugleicb entfloffea die lanzen
beider bänden. UÜROia229';
pfeiUcboell Lit das jetzt entflogen. Schiller 88';
da ich ibr (der weit) so früh entflog, Göiinck 2, 150;
zurück du kühner wünsch! du darfst noch nicht entfliegen.
3. l&l :
der bletcbe marmorkOrper schien nur das bild zu sein, das
am grabraal der entflognen seele steht. J. P. Ileip. 3, t07 ;
siebe, da trieb ein kleines weben die eniniegcnilen laute
hcisur und naber an ibr bcrz. 3,239; wie brh*-nd enlflug
sie aus der mnrterkammer. Tif. 3, 153; das alle doppelseitige
verkennen der entflogenen gr«szea seele. aesth. 3, 153.
ENTFLIEHEN — ENTFLIESZEN
520
ENTFLIEHEN, effugere, goth. unj>a|)liuhan, ahd. inlfliohan,
rt\hd. emphliehen, im 15. i6;/t. verschiedentlich auch einpfliehen,
nnl. ontvlieden, überall intransiliv, entweder ohne casus, oder
mit dem dativ: wollen wir disen dingen allen empfliehen, so
ist not, das wir unser äugen uf lügen und sehen dise ver-
farlicheit, in die wir gesetzt seind. Keisersberc Marie himel-
fart 12*; gibst du ein schlag, mag er dir nit entphlieben.
seelenparad. 98'; da sie nun sähe, das er sein kieid in irer
band liesz und hinaus entflöhe. 1 Mos. 39, 13 ; es wird im
alles aus seinen henden enlpflicben. lliob 27,22; wer der
furcht entfleucht, der wird in die gruben fallen. Jer. 48, 44 ;
und der unter den starken, der manhaftig ist, sol nacket
enlfliehen. Arnos 2, 16; so seid nu wacker allezeit und betet,
das ir wirdig werden inüget zu entfliehen diesem allen. Luc.
21, 36 ; warf sie unter sich, also das sie nacket und verwun-
det aus dem selbigen hause entflohen, apostely. 19, 16 ; und
werden nicht entpfliehen {goth. jab ni ga|iliuhand). l Thess.
5, 3 ; und das weib entflöhe in die wüsten, offenb. 12, 6 ; dem
feind aus den henden entfliehen, per mauus infestas effugere.
Maaler 103' ; dein knächt ist entflohen oder hat den schwank
genommen, aufugit servus tuus,-
am grabe des früh entfliehenden freundes. Mess. 8, 411 ;
welch ein wort, o Atreld, ist dir aus den lippen entflohen?
lt. 4,350;
welch ein wort, o tochter, ist dir aus den lippen entflohen ?
Od. 1,64;
wohin dem Sonnenstrahl entfliehen,
der deine lilieuhaui, Amanda, dörrt und sticht?
WiELA>D 22,28;
herold auf! nach deiner weise,
ehe wir von euch entfliehen. Götiir 41, 43;
hier wohnte der Zöllner mit weib und kind.
'o Zöllner, o Zöllner, entfleuch geschwind I" Bürger 36';
entflieh, an deines Dämons band,
nach freundlichem, beglücktem zonen. Götter 1,123;
als unser glück entfloh. 1,277;
der kleine stolz, den sechzehn ahnen geben, entfloh.
GöKiNG» 2, 177 ;
der erdhall ändert sich, das meer entfliehet,
und deckt uns wunder auf. Ravler.
entflohene stunden, tage, jähre, träume, freuden. transitiv,
mit dem acc, wie das lat. elTugere, dürfen wir unser ent-
fliehen heule nicht verwenden, es heiszt nur dem strick ent-
fliehen, nicht den strick, effugere laqueum. wenn Klopstock
9, 48 setzt: kann ich entfliehen von ihm beherscht zu werden?
so klingt dies fast wie 'vermeiden', Idszt sich aber auch nehmen
'dem entgehen', doch bietet Keisersberg ein beispiel, und
wahrscheinlich noch mehrere, des transitiven gebrauchs dar,
im Seelenparadies 94* steht: als so sich der selig freuwt, das
er selig ist, das er die hell cnipflohen hat = der hell ent-
pflohen ist.
ENTFLIEHUNG, f. aufugium. Stieler 508:
wie doch iroiscbe rosse geübt sind, durch die gefllde
dort zu sprengen und dort, in Verfolgungen, und in cntOiehung.
//. 5, 223.
ENTFLIESZEN, effluere, defluere, mhd. enphliejen, MS.
2, 224', nnl. onlvlieten, mangelt aber bei Dasypüdius, FrisiijS,
Maaler, Heniscu, Denzlbr, Stieler, Frisch, was auf seltnen
gebrauch deutet, die dichter des i%jh. haben es hergestellt:
nenne du sie, vergossene» blutl er sitzt auf dem throne,
deine stimme zu hören und jede wunde zu rächen,
welcher du eutflossest, mit dir der un'icliiildigen leben.
Messias \H, 146 ;
kennst du mich nicht? sprach sie mit einem munde,
dem aller lieb und treue ton entflosz. Gotuc 1, 4;
ihr blut enlflieszi! 'laszt es mit meinem leben
hinsiromen!' Schiller 474*;
wenn muttertbränen je dir über mich entflossen.
Götter 2, 146;
wie bonig entflossen seinem beredten munde die worte;
ihm vom erhabenen narken entflosz ungeschorenes haupihaar,
und mit syrischem ihaii duftete braunes gelock.
Voss Lyi/damiM 4, 27;
also der goii. da entflosz dem betSubton sinne der Schlummer.
(et iqnanu deßuxit pectnr« somntu)
0 dasi ich nieroaU doch dürAe so traurige* sebn!
• ebenda 4, Sl.
Kkisersberc für entfahren, etilschleichen : wer da einer gemein
dienet, der dienet nicman sunder, er erlanget niirin scliond
und laster, das wirt dir zu Ion. dienert du cim iillein, der
dankt dir doch daruuih, ober wer der gemein dienet, wann
im etivan ongcvcni ^^<'<A.■\ ui.iu., .ntflüMt, man spollct
521
ENTFLIMJIERN — ENTFREIEN
ENTFREIEN — ENTFREMDEN
522
sein daran, brüsamlin öl', bildlich, das gespräch mit Ähined
und die daraus entflossene Verbindung. Kllngeb 5,97;
tausendfach und schön entQiesze
form aus formen deiner band. Götbb 12, 169.
ENTFLIMMERN, micare, enlflackem:
den bluten entflimmert,
Ton fruchten umschimmert,
der kohhri schmelz. Mattüisso^ 160 (153).
ENTFLÖHEN, ENTFLÖHNEN, rapere. Maaler 103'. mhd.
entüoehen, enpQoehen. wb. 3, 346'.
ENTFLOREN, deflorare, entblumen :
und wie dort des goites liebe
meine juxend einst entflort,
so noch jeden mittag starb ich
Tom geliebten strahl durchbohrt. Rcceert 21 ;
der garten traure rerblüht, der hain entlaubt. entQort!
KosEGABTE.x (früMingsmorgen) .
ENTFLOREN, velamen detrahere, den flor, scbleier wegthun :
komm Aurora,
und entflore ,
mir dein purpurangesicht. Herder 7, 205.
ENTFEUCHTEN für enlfliehen, entrinnen, nnl. ontvlugten:
indem ich keine gelegenlieit von dar zu entflüchten sähe. pers.
baumg. 8, 13;
kann Anastasius dem donner nicht entflüchten?
WiKDEMAXJ« aug. 76;
und wir bebend vor angst entflüchteten. Voss;
aber gleich eniflüchten lust und schmerzen,
dringt heran mir ein gesiebt wie deines,
kalt genug, mir trotz des maienscheines
aus der weit die poesie zu merzen. Le.'^ao n. ged. 313.
ENTFLÜCHTIGEN, sich, fugere, sich flüchtig, auf die flucht
machen: wann die ihn bei allen solchen unvermeidlichen zu-
fallen gewöhnlich begleitete (d. i. begleitet habende) bestän-
digkeit sich von ihrae nicht entflüchtiget. Rütschkv kanzl. 690.
ENTFLÜCKEN, deplumare ßr entpflücken, nnl. ontplokken,
ontplukken: aber ich bleib unerschrocken, dann die vögel,
die sie hinein tragen, sind entflückt worden, darumb mögen
sie ihre federn auch nicht behalten. Paracelscs chir. sehr.
161*. s. entpflocken.
ENTFLÜGELN, privare alis.
ENTFLCTEN, effluere:
kein siundenschlae ertönt, kein tropfen zeit entfluiei,
dasz nicht ein edles herz um edle nerzen blutet.
Matthisson 35.
ENTFORMEN, ENTFÖRMEN, gleich eatbilden und dm tat.
deformare doppelsinnig,
1) mit gelindem ent, bilden, formen, abformen : der kflnstler
entformt dem weichen thon seine gestalten; ein schön ent-
formter leib.
2) getcöhnlicli mit privativem, deformem reddere, delurpare.
Maaler 103' : dasz die imagination das kind gekrümmet oder
entformet hat. Paracelsls 1, 100'; und alle glieder derhalben
aufgeplasen und entformet werden. Thcrseisser infl. tcirk.
49 ; den verbrauchten hut, vom regen der letzten tage genug
entformt.
3) sich entformen, wiederum
a) sich gestalten: welche stein sich nicht vil sondern oder
entformen gegen den slralsteinen. Paracelsüs 1, 66' ; die ganze
Schlachtordnung entformte sich vor seinen äugen.
b) sich entstellen: und bleibt im mittlen himmel, im sel-
bigen entforrabt es sich und wird vom wind getrieben. Para-
celscs 2, 98* ; etlich entförmen sich mit der kleidung, der
nackend, der bartet. chir. sehr. 332'.
ENTFORMüNG, f. deformatio: die grosze entformung und
ungestalt. Paracelsls chir. sehr. 89'.
ENTFRACHTEN, vectura liberare, vecluram solvere: ent-
frachtetes gut.
ENTFRAGEN, interrogando elieere, abfrageti:
und hast du mir noch was zu sagen,
was soll ich» deinem lied entfragen? Rcckkrt 215.
ENTFRAUEN, exuere feminam, gebildet me entmannen,
evirare, doch hat e/feminare den sinn tceibisch rnachen und
gilt von männem: der civilisationsschlendrian, der auch das
weibliche geschlecht erniedrigte, ich möchte sagen, entfrauete.
Pestalozzi 6, 359. auch nnl. begegnet ontvrouwen.
ENTFREIEN, liberare, befreien, entledigen, ein ehdem übliches,
jetzt abgekommnes wort. Stieleb 560.
1) transitiv, einen seines gelübdes enlfreicn : soll Johann
Soye etlicher nothsache halben seiner geiöbnis enlfreil {ledig)
sein. urk. von 1544 im archiv für die gesch. Liv- Esth- und
Curlands. band ß. fiera/ 1851 s. 182; noch andere beispiele aus
dem rechtsgebrauch sammelt Haltacs 322;
dein heulen, weinen und schreien
kan dich von uns nicht enifreien,
gott der ist die feind und auch gram.
Strickers schlemmer 15S4. kS*;
rett mich von liebeszwang,
enifireiet mich der sorgen.
Val. Hacsia>i:< camonette Hör. Vecchü. Nimb.l^lO;
mich zu enifreien und ein weib,
ja Til mehr ihren leib zu freien. Wecehrrli!* 490;
je freier ilire haar, je mehr sie mich entfreien. 214;
ein frischer, guter suf entfreiet mich der sorgen.
Elias Major;
was soll man anders thun an einem lieben tage,
als dasz man ganz entfreit von aller noth und klage
von herzen frölich sei. f häing 37 ;
der dienst der falschen ledigkeit
hat meiner freiheit mich enifreit. 523;
ich werd entfreit durch Anemonens herze
von aller noih. 539;
ein milder augenblick enifreit euch aller noth. 613;
seid mir gnädig nur gewogen,
dasz ich euch mach jetzt so reich
und emfreiet der todesseuch. Reineke 1650 s. 1S2;
das land von krieg und streiten zu entfreien.
Cbr. E.fiTTRL s. 150;
worzu dieneis vor dem die flucht zu nehmen, welchen wir
doch nicht umgehen oder uns dessen entfreien können?
RcTScHKY kanzl. 894; das gott euch von aller dieser sorge
entfreiet und entlediget. 8S3.
2) refl. sich frei machen: hierdurch hat sich Suentipolk
von aller anspräche der Polen entfreiet. Micrälics 2, 277 ;
als der, der sich entfreit von angst und ketten hält.
Grtphics 1, 51.
3) das mnl. ontTrien bedeutele privare, berauben:
aldus souden sien ontvrien,
al slants en der voghedien. Stom 2, 1395.
das nnl. ontvrijen drückt aber aus einem die braut abfreien.
ENTFREIDNG, f. er sol sich vielmehr, als dasz er sich
über derer (der dörner auf dem acker) entfreiung belustiget,
bekümmern und beklagen. Bctschrt kanzl. 688.
ENTFRE.MDEN, abalienare, mhd. enfremeden, nnl. ont-
vreemden.
1) trans. fremd machen, berauben, nehmen, entledigen : und
viel hin die unselig muter zu der erden, ward irer sinne em-
pfrendet (so) und läge sam wer sie tod. älbr. vos Evbe 49';
do er aber den adler nun ansähe, bat er in das er im seinen
knecht nicht enpfremdete. Stein-döwel Esop (1487) 65'; be-
denken ward, wie er dem herzogen die schöne fraw auch
nemmen und entfrembden niöcht Bocc. 1, 92' ; und sind ent-
frembdet von dem leben, das aus gott ist {goth. frama{)jai
libainais gu|)s). Eph. 4, 18 ; das wir gottes namen heiligen,
ihm seine ehre, guter und alle ding von uns entfrembdet
widergeben. Luther 1, 72' ; guter so nicht entfrembdet sollen
werden, res non alienandae. Friscolix nomencl. 433 ; und solle
einmal eine seilen specks entfrembdet und unter seinem man-
tel heimgetragen haben. Kircbhof wendunm. 23l'; dasz der
gefangene kurz dafür seinem fähnrich bette heimlicher, die-
bischer weis das fahnlein entfremden, entragen und vielleicht
den feinden zubringen wollen, mil. dise. 261;
da soll wir dem nechsten sein gut
nicht entpfrembden oder abliegen. H. Sachs 1, 15*;
der welcher seinen gaist, herz, band
von bosheit, von betrug, von schand
entfrembdet, reiniget, gefreiet. WECcaRRLi!« 103;
neben dem befand sich auch ein vornehmer reicher Schweizer
im bad, dem wurde nicht nur sein geld, sondern auch seines
weibes geschmuck, der in gold, silber, perlen und edelge-
steinen bestünde, entfremdet. Simpl. K. 704; die betäubung,
worin unsre seele von sich selbst entfremdet liegen bleibt.
WiELASD 2,140; seiner gattin beraubt, der lieblichen gegen-
wart des knaben entfremdet. Göthe 21, 129 ;
entfremdet war dir mein gemüt, o treflicher. 40, 401 ;
so ists, die diener tragen alle schuld,
die unser herz in bitterm hasz entfremdet. Schiller 493' ;
vor Zeiten da die hunde noch
entfremdet von des menschen joch
nomadisch in den Wäldern hausten. Pfeffel.
er ist seiner familie entfremdet, fremd geworden; das ent-
fremdet mich, kommt mir fremd vor, befremdet mich, gegen-
satz von anheimeln. Stalder l, 397.
523
ENTFREMDUNG -- ENTFÜHREN
ENTFÜHREN — ENTGALLEN
524
S) sich entfremden, Haltaus S22;
meia son empfrembt sieb aus dem haus.
ScHNELZL veii. söhn 6';
auch Oltilie enlfremdete sieb einigermaszen von Cbarlotten
und dem bauptniann. Göthe 17, 145 ; dasz es eucb beiden
passender ist, wenn ihr euch mehr entfremdet. Tieck 3, 31.
E.MFUEMDU.NG, f. 1) ihr Verhältnis ist kalt geworden bis
zur enifremdung. 2) enlwendung, raub. '
ENTFKEL'E.N, contrislure, mltd. entvreuwen, entvrouwen,
pass. K. 482, 42. 489, 76. vgl. entfröhlichen.
ENTFREÜNDEN, privare aniicis, nnl. onlvrienden:
seiner Verweisung tag wird immer das kind ouch enifreunden.
UÜRGKR 241*.
ENTFRIEDEN, privare pace: alles das dich entfridet, das
dir din herze unrüwigen und enlfriden möcht. KEisEnsiiERC
bilg. 61'; wo ein mensch in einer gemein ist, der mit seiner
ungeriiwigkeit die andern guten menschen entfridet seelen-
parad. 61*; denn nimm war, was du habest in dich gezogen
mit deinem gehör, damit du dich oft entfridet hast in vieler
hund weg. pred. 45'.
ENTFHIEREN, regelari, gegensalz von gefrieren, nnl. ont-
vriezen : aus solchem gefrieren folget hernach, so es wider
auf entfreurt, die krankheit. Paracelsus 1,67'; ein wasser
das gefreurt und wider entfreurL 2, 144*.
ENTFRÖHLICHEN, conlrislare, nnl. ontvrolijken. Stieleb
654. vgl. entfreucn.
ENTFROHNEN, inlerdictum tollere. Haltaüs 323.
ENTFRÖREN, liquefacere, regelare, ahd. inphröran (Graff
3,829), enlfrören außliauen. Maaler 105*: ein ding, das da
gefroren ist, das entfrört das holz durch sein brennen. Parac.
chir. sehr. 330*. Denzler 93.
ENTFRUCHTEN, privare fructibus : viele von ihnen staaden
schon entfruchtet da. Herder 9,20.
ENTFCGEN, solvere, aus der fuge setzen, nnl. ontvoegen :
dasz gott ein zeramen gesetzt ding wäre und dasz er widerum
möcht entfügt werden. Zwingli 1,56; die golt zemen gefügt
hab, solle nieman entfügen. Zwi.ngu von göllicker gerechliykeil.
Zürich 1524 R2*.
ENTFÜHREN, abducere, abigere, ahd. intfuoran, infuoran,
mhd. cnpfüeren, nnl. ontvoeren.
1) frauen: was hastu gethan, das du mein herz gestolen
hast und hast meine töchter entfüret, als die durchs schwert
gefangen weren? 1 Mos. 31,26; als hat im ein keiserlicher
trabant sein weib mit gcwalt empführen wollen. Spalatin bei
Luther 5, 39* ; navis phereclea dicitur, dann Phereclus macht
die schif Paridis, als er Helenam entfüren wolt. Alberus ;
was wird er thun, so er vernemmen wird, dasz du ihm zu
rück seine Schwester unterstehst zu empführen? buch der
liebe 246, 2. . vgl. verführen, das ursprünglich auch ein ab-
ducere, perducere, seducere.
2) andere:
wo ineoscbeD, so wie ihr, mit thrnneii nach dem land,
aus dem ihr sie entlTihnet, schauen. Gotter 1,423;
der scbelm der mir den mann enirührt. Göthb . . .
5) das kind der brusl entführen, entwöhnen, enlspencn:
sie zöch daj s£ibe kindel, sit ej wart bnist enprüeret.
Albr. tu. 772. 1,
wie man auch sagte dem kinde da; brüstelin benömen.
4) land und leule entführen, mit gewalt rauben: er wollt
sich gern für ainen künig ufwcrfen und dem römschen reich
land und leut empfüren.. Heucmlim augensp. 3, 6.
6) Sachen entwenden, wegnehmen : du hast mir hingenom-
men und eropfürt den gebrauch des Schlafens und der spise.
Wtle Iransl. {Lucrelia);
drum wirl« ^ol machen hart mit in,
wjrt auch die ahen lliidea wo),
so im emprureo seinen io\. Wic%mubilger M8. b/. 44
deren zwar die buhlerliedlein, die ich sehr jung verfertiget,
langst verloren, andere stück aber, sonderlich etliche ovidi-
scbe fabeln mir in Frankreich und Engelland entführet.
Weciberlims vorr. zu den weltl. ged.; eine Schlafdecke heim-
lich entführen, pert. rotenlh. 2, 9 ; was ich andern entführet
und gestohlen. Lokmant fabeln 33;
was in meiner ju^^end maien
von der Venu» kindeleicn
ich gezeii'linpi nur papier,
dieaei auch emfuhri er mir {der krieg).'
LocAU 3, 40, &0i
krach ich dem bände und schmisz ihm das allererst aus dem
backofeo gekommene unieidentlich brennende brot vor, wel-
ches dermaszen würkte, dasz er augenblicklichst tliöricht
wurde, sich von der kette risz und mir das brot entführen
wolte. Leipz. avanl. 1, 28.
6) figürlich,
Mars hat ihr (der wett) auch viel übrig hhit entführt.
l.ocAU 2, 40,69;
was kann ihr denn die zeit eniTühren ?
dem körper etwas von der prachi. Uost scfidferged. «.34;
sie werden edle gemüther dem geraden wege der pflicht ent-
führen. Wieland 29, 317 ;
mag immerhin der sirora enig'leiten,
der meines lebens kahn entluhrt. Salis 31;
des ruhmes dunstgeslalt heriihrte
die weivlieit, da verschwand der trug,
der liehe sülzen träum entführte
ach, allzuschnell der Köre fliii;.
ScuiLLKRS ideale, nach dem ersten druck im
musenatm. 1796.
7) in der rechtssprache entführen, mit eide entführen, actori
eripere i. e. libtrare se juramentn. RA. 893. 907. Haltaus 323.
8) sich entführen, sich befreien:
gezwungen seh ich mich, doch wolt ich mich eniführea
aus seiner band. WiRnKHS Ar. i, 35.
in folgender steile aber ist sich der dativ:
der Gallier entfiihrte sich
selbst da noch nicht die herzen alle,
wo er mit seinem fiiszern schalle
die heszre spräche längst verdräng. Gökingk 1, 258.
ENTFÜHRER, m. raptor: am 10 mai 1777 ward Mirabeau
als verführex und entführer einer ehefrau zur enthauptung
im bilde und 40000 livres entschädigung verurthciit. Uaiil-
MANN franz. rcv. 177; gesetzt, sie macht den entführer ihrer
seele glücklich (den ihr aufgedrungnen gattcn). J. P. Ti/. 2, 178.
ENTFÜHRUNG, f. raplus : verfellung (violatio) der Jung-
frauen und etwen gewaltige entfürung, aus welchen dingen
unzalig schaden aufgund, erwachsen oder entspringen. Kei-
sersrerg dreieckechl spiegel ccS'.
ENTFÜHRUNGSGESCHICHTE, f. Clelia, die ihm ihre ent-
führungsgpschichle erzühlet. Clelia, von Stdbenberg. 1664. 1, 676.
ENTFÜHRUNGSWERK, n.
und zum entführungswerk das nöibge vorzusehn.
Wieland 22, 202.
ENTFUNKELN, scintillare:
und den äugen enifunkelte stralcndes feuer,
oaae Sä oi nvQi XafiTtexöiovzt iixrrjv. II. 1, 104. Od. 4, 662.
ENTFURCHEN, delere sulcos, die furchen tcegschaffen: die
Stirn entfurchen, entrunzeln.
ENTFÜRSTEN, principis dignitate privare:
• liier schau her. wenn dich nach rühme dürstet,
zahle diese schädcl, völkerhirt,
vor dem ernste, der dein haupt, entfürstet,
in die stille niederlegen wird.
TiKDGE etegie auf dem schtachtfelde bei Kunnersdorf,
gott schütze könig Heinrich! also spricht
entfürstet Hichard, geh ihm heil und licht,
god save kiiig Henry, unkingd Kichard sajrs,
and send bim many years of sunshine days!
king lUcliard II. ac{. 4 te. 1.
warum nicht enlkönigt? da könig vorausgehl.
ENTGALLEN, ENTGELLEN, ein der form vnd bedeutung
nach schwieriges tcort.
1) amarum reddere, vergällen, vergällen, verbittern, in galle
setzen: jedermann solle gedenken, dasz eine solche verzwei-
felte rede, die aus meinem cntgalltcn herzen Qosz, den bar-
baren heftig entrüstet hätte. Pierot 2, 3.
2) /(•/ exlrahere, die galle benehmen, ausnehmen, nnl. ont-
gallen, ein fischerausdrtick, woßr aber auch einfaches' galten
vorkommt, Heniscii 1338, 50 exenterare piscem und nai'i ihnt
Stieleh 596. nri{. galleu, de gal uithalen, ik beb de visch
gegald, aufgenommen, woneben gleichbedeutig ontgallen, den
baars ontgallen heiszt bei Vo.ndkl eine gefährliche saehe retten,
eene netelige zaak redden. auch Diefenracb 216* hat für
exenterare pisces geilen, gillen und entgellen, wie man beides
tagt weiden und cutweiden.
mhd. dA biien si In dA
den Wirt »«Ibcn gellen.
nu begunde Cr in lovollen. Gregor 3119,
wo A. engcllen liest {Hpt. 6, 63). ohne Zweifel, wie der reim
lehrt, verstand Hartmann schon dies gellen oder enteilen von
der galle, nach Frisch 1, 314' und brem. wb. 2. 478 irird beim
ausnehmen der fische die gälte absichtlieh zerrmen, um ihiem
fleisch «inen billerliehen geschmack zu verleihen, an dieser wort-
525
EJJTGANG — ENTGASTEN
ENTGEGEN
526
auslegung ist jedoch zu zweifeln, denn schw. bedeutet gäla
tisken, ddn. gjälle en fisk soviel als aftaga gäiarna, aftage
gjüllerne, avelleie branchias, dem gefangnen ßscli die kiemen
abreiszen, was beim einsalzen geschieht, gälar, gjüller sind
die fischohren, kiemen, engl, tbe §ii|s, sp. agalias und ihr
abreiszen hat mit der gatle nichts zu thun. hiernach wäre
das mhd. gellen fehlerhaße ausspräche für gellen, und das nd.
nl. galten für gillen falsch.
ENTGANG, m. evitatio: ihr, entgangen aller diensttrübsal
habt auch mit diesem entgang die rückerinneruag aller dienst-
leiden vergessen. Hippel br. t4, 364.
ENTGÄNZEN, scindere, frangere, vacuare, zerslücken, aus
der fülle und ganzheit setzen, ein heute veraltetes wort, da
doch das entgegenstehende ergänzen im gebrauch bleibt.
mhd. da sie sieb verslouT In mio bene also,
dA möhte ej vor not sin zerspannen,
daj ej waeie engenzet von dannen. MS. 2, ISO*;
öwS, daj iemer wip ir ör eogenzet. 1, 190*}
zerstcerei unde engenzet
wart sin erweltiu herschafi. tr. kr. 17782;
da wart der hal^perc und diu plate
Ton im engenzet und der schilt. 34906;
sin gewant vil harte rieh
begunü er ab im schrenzen
und sine wdt engenzen. Silv. 4916 ;
daj die schefle wurden gar
mer danne balp zerschrenzet
und also Taste eneenzet,
da; diu kleinen stücl>elin
üf in der liebien suanen schin
begunden stieben als ein melm. fn^eZh. 2602;
si da; ir eier e;zen weit
lös eokeozei uoae gescheit.
Haupt 7, 177. tgl. Zar.xkes Ccto s. 139;
tjftd. das im als sein flaisch wurd en'genzt. fasln. lbS7;
das die kulten am hindersten und an beinen und fornen ent-
genzet und zuiissen ist, bedeut das in solchem geistlichen
wesen und gottesdienst kein einigkeit ist. Luther 2,295' aus
seiner deutung des munchkalbs zu Freiberg. Wiltenb. 1523
bl. 5 ; das klingt auch so ring und rösch daher, das nichtzit
dawider sein, noch es mindern oder entgenzen mag. Velr
vergiszmeinnicht S3'; der umb der herschaft und oberkeit
wiilen alle ding, auch den gesdiworen aid meint zu verbre-
chen und entgenzen. Geo. Spalatincs das Sprichwort u. s. w.
1520 B2; man liset, das die weiber, als ifz der häuf ent-
geczt und die spitz der iren von feinden zerbrochen, sie in
die Ordnung seien gestanden. Frank chron. Germ. 1538. vii;
Silvester II. hiesz sein leib nach seinem tod zu stucken zer-
reiszen und von glid zu glid entgenzen. chronica 1531. 294';
die zung ist inen entgenzt und zerkrüppelt. von heillosigkeit
77; den zirkel zertrennen, entgänzen und schänden, kluge,
weise reden m* ; dan die castanien, so noch ganz und unver-
schnilien sind, platzen und krachen, so sie in eine back-
kachel oder pfanne, das man sie brate, gelegt werden, da
doch hiegegen die kesten, so entgenzt sein und einen schnitt
haben, still sein und sich im allergeringsten nicht hören noch
vernemen lassen. Melasder jocoieria 1 n* 298 s. 339 ; entgenzt
nicht glenzt ehr jetzt sehr viel. Kirchhof wendunm. 58*;
nihrat von des Orpheus baubt,
ihr kühnen Lesbier, das als der leib geraubt,
euigänzi und gar zusiQckt, doch auf dem sirom gesungen.
Grtphils 2, 92;
ein fasz entgänzen, anstechen, anzapfen. Gemeiner Regensb.
chron. 1, 508 ; ein Siegel entgänzen, außrechen. seltsam, dasz
du Wörterbücher dies wort übergehen, der einzige Rädleis 240*
hat entgSnzen, zerschneiden, zerbrechen.
ENTGäNZLNG, f nach den unrechtmäszigkeiten der huf
folgt, dasz wir auch von derselbigen enlgäozung etwas an-
zeigen, als welche anders nichts ist als eine zertrennung
ihrer selbsti-igenen Substanz. Uffesbach rosbuch 2,284.
E.NTGÄRNEN, tolvere ex filis:
enigarnt von sinnesbanden. Stoiberc 5, 2C7.
ENTG.\RSTEN, purgare, eluere, Stieleh 610. *. garst und
garstig.
ENTG.\STEN, deformare, dehoneslare, entgslallen, entstellen.
Fbisios 378*, Maaler 104' und Denzler 93* schreiben entgesten,
das wort lebt noch heute in der Schweiz: dieser fleck entgastet
die ganze schrift, schändet, verunstaltet, verunreinigt sie. Stalder
L426; damit nil die ungstalt miner orden«kutten den künig-
lichen hof und fürstlichen stand entgeste und unzierlich
mache, Tschodi l, 123. man darf es nicht mit Frisch l, 346*
aus dem lat. geslus, nur aus unserm gast herleiten, das mhd.
engesten bedeutete nun discingere, dem gast sein reisegewand
abnehmen und bequemes hauskleid darbieten {vgl. z. b. Iw.
326. Parz. 23, 1. GA. 2, 439) ; die sitle herschte so allgemein,
dasz engesten überhaupt entkleiden ausdrückte {mhd.wb.i,i%l)
und endlich den Übeln sinn von berauben, entehren und ver-
unstalten annahm, bei Stalder ist es auch betrüben, un-
freundlich machen, grob behandeln, ganz das gegenlheil von
dem, was ursprünglich darin lag. in folgender stelle eines
fränkischen weisthums von 13S0 (3, 521) blickt die alte bedeu-
tung durch : so mag ein herr zu Rineck ein Steuer und bette
an in heischen und die sal er glimpflichen von in nemen,
das kein friman sein bette, sein pQug dorfe entgesten, d. i.
seinem bette, seinem pflüg etwas abziehen, entziehen.
ENTGEGEN, obviam, adversus, contra, ahd. incagan, ingagan.
mhd. engegen, engein, alts. angegin, ags. ongean, engl, again,
heute against, alln. i gegn, schw. igen, ddn. igjen. unsere nhd.
Partikel zeigt falsches ent für en, in, wie empor, enlbor für
enbor; von gegen Aann erst unter diesem einfachen wort näher
gehandelt werden, auffallend mangelt es der goth. spräche, und
wird durch in andvairj)ja vertreten, dem umlaut von gegen
neben gagan musz ein ahd. gagani, gegini unterliegen, dem
engegen also ingegini = in gegini, welches den acx. eines
nomens, gleich dem lat. obviam enthält, über entegen, tegen
hernach unter 5.
Lat. contra geht zurück auf cum, con, wie intra, eitra auf
in, ex, wie ahd. cagan auf can, ca; doch dem contra tritt
noch kein in torün, erst mlat. erseheint incontra und nicht
anders it. incontra, sp. encontra, franz. encontre ; hatten unser
ingagan, ingegini einflusz auf diese romanischen formen, oder
umgekehrt sie auf die deutschen ? das gr. ipavxiov neben
ayrlov, das goth. in andvair{)ja lehren, wie nahe es lag, dem
in contra «nd cagan, in amiov und andvair))i ruhenden nomen
die praep. in voraus zu senden.
Hierauf gestützt lassen sich nun die begriffe und bedeutungen
des nhd. entgegen entfalten.
1) als praeposition drückt es aus ex adverso, e regione,
gegen, gegenüber und erfordert
a) gleich dem einfachen gegen ursprünglich den dat. (Gbaff
praep. s. 200) : ahd. inkagan liure iro. Diut. l, 511, wo der
Übersetzer, in argem misverstand, ex adverso piroram 2 Sam.
5, 23 d. i. gegenüber den birnbäumen, ßr pjTae eorum naJim
und danach verdeutschte; die beweiskraß der stelle ßr die
rection unserer praep. verliert darunter nichts, vihd. belege
stehn wb. 1, 493. nAd. meistens dem abhängigen casus nach,
zuweilen auch vorgesetzt: und da er sie sähe, stund er auf
inen entgegen, i Mos. 19, 1 ; und wenn sie uns entgegen eraus
fahren. Jos. 8, 5 ; dem volk entgegen. riciU. 20, 31 ; steig er
vom wagen im entgegen. 2A-ün. 5, 2t; da der mann umbkeret
von seinem wagen mir entgegen. 5, 26 ; werden hingerückt
werden in den wölken dem herrn entgegen (fravilvanda in
milhmam du gamötjan fraujin in luftau). iThess. 4,17;
se|bst dann sasz er eniee?en dem pöttergleictien Odysseus,
avTos S avxiov K,ev OSvaarjos d'eioio. Od. 16, 54 ;
ihr steigt hinauf, dem ström der Reusz entgegen
SCUILLKR 552*;
uns entgegen gössen nektarqnellen
ewig strömend ihre woliustwellen. 3';
dem schnee, dem regen,
dem wind entgegen. Göthk 1, 93;
nur das blinde vertrauen zu dem kriegsglück und dem über-
legenen genie des herzogs von Friedland hatte dem kaiser
die festigkeit eingeflöszt, allen Vorstellungen Baierns und
Spaniens entgegen, diesem gebieterischen manne ein so un-
eingeschränktes commando zu übergeben. 975'; hinter Naum-
burg gieng mir die sonne entgegen (gegenüber) auf. Göthk
an fr. v. Stein 1,19; auf, dem feinde entgegen I formelhaft
stehen wider «nd entgegen gehäuft: fielen doch die allermei-
sten stimmen wider und entgegen dem rath der ältesten aus.
Felsenb. 4,280. die gerichtssprache setzt: in Sachen des A.
wider und entgegen B (oder auch entgegen und wider).
b) da einfaches gegen sich dem ucc. bequemte, finden wir
diesen casus auch bei entgegen :
gott du bist niem erretter
und meiner zullucht schütz entgegen alle spötler.
FtitMI.ic27;
Damöt schwimmt wie ein lisch, er legt sich auf den bauch
und darf nur eiuen fusz ein wenig seiiweits kriimmen,
so kan 'er allemal den ström entgejren schwimmen.
Host gelernte li^be A 8*.
527
ENTGEGEN
c) merkwürdig ist der ahd. gen. incagan des tales, ex adverso
vallis. Diut. 1, 510\
2) weil üßer ßndel sich entgegen ah adverb, mit ihm bilden
sich und können gebildet werden eine menge von Zusammen-
setzungen, deren üblichste im verfolg aufgezählt sind, sie
drücken annäherung oder widerstand, begegnen oder entgegnen
aus. es sind lauter uneigeniliche composila, in welchen die
Partikel sich verhält wie einher, dalier, dahin, empor, zusam-
men und andere mehr unter gleichen umständcti; meistenlheits.
stehn ihnen lat. composita mit ob zur seile, das dreisilbige
entgegen mit seinem ungehörigen t und den dünnen vocalen
wirkt hier nachtheilig, besser hätte allen diesen Wörtern ein-
faches gegen zugesagt und einigemal erreicht schon einfaches
ent, was sie ausdrücken {s. entnehmen, entgegennehmen),
verschiedentlich mag zweifei wallen, ob entgegen als adverb
dem verbum ansuschlieszen oder als unabhängige praeposition
mit ihrem casus davon zu sondern sei, z. b. in der stelle:
Mose füret das volk aus dem lager gott entgegen, im letzten
fall wird der dat. gott von entgegen, im ersten von entgegen-
führen regiert, der sinn unterscheidet sich kaum.
3) auszer solchem anschlusz an verba erscheint entgegen
aber auch als unabhängige conjunclion im sinne von contra,
e contrario,
a) allein, ohne andere partikeln: entgegen ist schwebel
hitziger, schneller natur. Fronsp. kriegsb. 1, 137" ; dasz oft
mancher durch ein tugendlich büchlein tugendlich, durch ein
züchtiges züchtig . . . entgegen auch durch ein unschampares
iinschampar, durch ein unkeusches unkeusch . . . worden und
an seel und leib verdorben. Philander 1,373(375); entgegen
mustu aber auch bekennen, .\vrer proc. 1, 4 ; entgegen aber
sei unleugbar und wahr, ebenda, wir sagen heute dagegen
(2, 676) oder hingegen,
b) verstärkt durch da: inwendig war er {Judas Ischariolh)
ein reiszender wolf. also sein etlich ausz den predicautzen
auch gesint, daentgegen die unserigen faul und wie Petrus
schieferig seind. Jon. Nas Warnungsengel 165. heule dahin-
gegen (2, 693), nnl. daarentegen,
c) verstärkt durch her: und mache siben latern oder lucern
und setz sie auf das kerzstal, das sie leuchten her entgegen,
vulg. ut luceant ex adverso. bibcl 1483 2 Mos. 25, 37, wo
Luther: leuchten gegen einander, doch läszl sich her ent-
gegen auf leuchten ziehen und fällt dann unter 2.
4) entgegen als adjeclivum, analog demgr. avzios, ivavrlos,
lat. contrarius, oppositus, obvius, wobei ein obliquer casus
entscheidet: welche uns von entgegeneri orten zusammenge-
führt, Birken OL. 28;
der schaudernde Boreas nahm sich
Sevthia samt dem wagen des poU, im enigegenen lande
triefi aus steicm gewöik der regenstürmende Auster.
Voss Ol', met. 1, tf5 (contraria tejlus).
dies ungewöhnliche adj. mahnt an die aus dativen gezeugten
heule allgemein gülligen vorhanden und zufrieden, gab es ein
subst. gegene, ahd. cagani, warum wäre das adj. unstatthaft?
doch hat man noch kein mhd. adj. begegene, zegegene, enge-
gene angetroffen, so wenig als wir nhd. zugegen gegenwärtig,
goth. andvairjjs bedeuten lassen und adjcciivisch ßeclieren.
hiervon abgesehn ist es schwer zu sagen, ob die neben sein,
stehn und ähnlichen Wörtern vorkommenden entgegen für adjecli-
vische nominalive oder für adverbia gelten müssen? ob er ist
mir entgegen contrarius oder contra aussagt ? dem latein wäre
obvius est und ohviam est beides zulässig.
b) da was entgegen, vor äugen, vor der hand, auch zu-
gegen ist, so kann es gegenwärtig und daheim ausdrücken: es
seind auch allzeit entgegen bei einer ieden leich, der man
gen himmel zündet, xv oder xx mann in teuflischer klcidung,
die machen grosze fest und allzeit Stent entgegen der ver-
storbnen mann weiber, vollbringen überaus ein grosz heulen
und klagen. Fra;<k wcltb. 205*; Josephut hat die Zerstörung
Ilierusalem meisterlich beschriben in vii büchor und seibs
entgegen alles crfaren und gsehcn. chronica 1531. 130* ; Christus
Ut nicht wurhaflig noch persönlich entgegen zur iiellrn ge-
stigen. 414*: wer mit cim vollen hadert, der zanket sidi mit
einem der nicht entgegen oder anheim ist. laster der trun-
kenh.i; ein kanten mit öl erwis«ht, die ohngefahr heihandig
und entgegen war. 69; es stehet allhier entgegen der profos,
wolt ihr nun seine wort hören? Heutter kriegsordn. 70;
hfil und genad von goit ollein
wuniich wir euch alloo in gemein.
•0 hie Tersamlet siod eotgegen. H. Sachs III, 1, 17';
ENTGEGENARBEITEN — ENTGEGENDAMPFEN 528
ir auserwcllen cliristcnleut,
die ir hie seid entgegen heut, III. 1,240'.
'zu entgegen' stehn verstärkend nebeneinander : ich bin zwar
nicht zu entgegen, sie der weiblichen freiheit zu erinnern.
Abele 2, 145 ; denn iak selbsten persönlich zu entgegen ge-
west. Ayrer proc. 1, 16. s, zugegen, mhd. zegegen, nnl. legen
= tejegen, nrf. entcgen == entejegcn,
EMGEGEIS'AHBEITEN', occurrere, se opponere: dem fal-
schen geschmacke entgegenarbeiten; selten hab ich einen
menschen gefunden, in dem jeder zug mir so entgegenarbeitete.
Hippel 2, 184 ; man kann den vorurtheilen von keiner ait ein-
zeln mit erfolg entgegenarbeiten. Pestalozzi 7, 400.
ENTGEGENBAUEN, molcm opponere ßuctihus.
ENTGEGENBEBEN, trepide obviam ire: die armen verbann-
ten bebten ihrem traurigen Schicksal entgegen. Klincer 4, 166.
ENTGEGENBELLEN, oblatrare. Stieler 132; die einge-
sperrten, hunde bollen laut entgegen.
ENTGEGENBEUSTEN, adversum erumpere: hohngelüchter
borst mir von allen selten entgegen. Tieck 8, 68.
ENTGEGENBIETEN, offerre, objicere: der mensch musz
gottes gebols warnemen und im dasselbe aufrücken, dem
teufel entgegenbieten und also sagen. Luther 1,239"; wei-
bische Ohnmacht, die nicht das herz hat, dem unglück die
slirn entgegenzubieten. Siegfr. von Lindenb. 1, 296.
ENTGEGENBLÄHEN, adversum inftare:
blumen, die am wcge
sich duftend mir entgegen blähen. Gottkr 1,6.
ENTGEGENBLASEN, 1) tn/r. der wind bläst entgegen, ren/«s
reßat; ein poslillon blies uns entgegen,
2) tr. er blies mir seinen tahacksdampf entgegen.
E'STGEGEmUCKE'S, inUteri, cxspectare : der Zukunft ruhig
entgegenblicken; sein stiller aufenthalt blickte ihm aufs freund-
lichste entgegen. Güthe 17,343;
getrost der liöclisten lilarheit
hellsten tags enigegeubliölvt, Götuk 3, 122.
ENTGEGENBLÖREN, balatu excipere: die läramer blöken
ihrer mutter froh entgegen,
ENTGEGENBLINKEN, obviam fulgere:
läszt göttin thorlieii ihm in anderer gestalf
den zaubt'ikfiich entgegenblinlien. Wiblakd 9, 236;
die blumen blinkten dir entgegen im thau des himmels.
Klingers th. 4, 141,
ENTGEGENBLÜHEN, o6t;iam ßorere: sie blüht dem tod
entgegen.
ENTGEGENBRAUSEN, obstrepere:
die öde schwieg, wenn auf vcrwachsncm pfad,
wo nur der bnr in felsenkliirien hauste,
niclit etwa noch dos secs gewohntem bad
ein ur mit wilder lust enigegenbrauste. .Mattuisso!« 8 (79);
andere dichter brausen uns mit hoher bilderllut entgegen.
J. P. bücherschau 1, 135.
ENTGEGENBRECHEN, offringere. Stieler 234.
ENTGEGENBREITEN, oppandere: die arme enlgegenbreiten ;
wie innn noch nie gesehen einen iifau,
der eitfjstol?, wenn man ihm lob tereiict,
den bunteil schweif der sonn enigogenbreitet.
Ghiks liqjardo 1, 29, 5,
ENTGEGENR RENNEN, contra ordere.
ENTGEGENBRINGEN, obviam fern: bringet den durstigen
wasser entgegen. Es. 21,14;
verllnrht sei doch der tag, der mich zum wesen machte,
der meinem elend mich zuerst entgegenbrarhln,
das da mit eisern arm mich fest umschlossen hielt.
Jon, Ad. .Sciii.eubl verm. ijeil. 2, 215;
sie wird eine schlechte figur machen, wenn sie ihm wunde
äugen entgegenbringt. CqR, F, Weiszb ; guten willen, vertrauen
entgegenbringen.
ENTGEGENBRCLLEN, mugitu excipere: ein häufe Irunkner
leute brüllte dem eintretenden entgegen ; das wilde ger.tusch hat
mir schon so viel wolsein entgegcngebrüllt. Klincers th. 2, 205.
ENT(;E(;r.NRRl]MMEN, ohmurmurare.
ENTGEGENBRCsTEN, sich, obiiam lumere:
liior, wo
lörhicr auch des lands in jungtrAiilichem lichl
zur zeit der flnnelung sich ihm enigcgenbrOtten,
TiiüisKL 0,381.
ENTGEGENDAMPFEN, contra fumare:
das rinn«ndA blui, der Icichmiroo nu<flu«z,
der, mit «eelen rormitcht, mir wallend cnigefrendampne.
Klomtoci;
am nbeiide soll der renich willkommenen floisches
euch enigegcndaropreo. (iOrai 40, 968,
529 ENTGEGEXDONNERX — ENTGEGENGEHEN
ENTGEGE.NDONNER.X, conlra lonare: in eurem blut soll
das Schwert rosten, donnerte icli ihm entgegen. Kli>ger1,7.
EMGEGENDRÄNGEN, sich, occurrere, objicere se: denn
so viel drängte sich mir aus dem literarischen Wirrwarr immer
wieder entgegen. Göthe 25, 39.
E.NTGEGE.NDRINGE.X, dasselbe: es trat der architect in
die kapelie, deren fromm verzierte wände, bei so mildem
Schimmer, alterlhümlicher und ahnungsvoller, als er je hätte
ahnen können, ihm entgegendrangen. Güthe IT, 409 ; eine
grosze manigfaitigkeit, die uns als menge entgegendringt. 52,3.
EMGEGENDHOHEN, contra miiiari: sieh wie der himmel
deinen äugen enigegendroht. Thijjijiel 4, 529.
EiNTGEGENDliCCKEiN, rcprimere:
er gl.-iubt den wölken zu entrallen,
da unier seinem kus, was knum
nocti niarraor schien, so weich wie schwanenflaum
dem druck iizt nachgibt, ilzl mit vollem iJbeiwallen
entgegen dtuckl. Wikland Idris 5, 103.
ENTGEGENDUFTEN, obviam spirare: ich fühls, wahrhaftig
ich fühls, der verstand duftet mir recht daraus entgegen.
Lessing l, 248 ; aus diesem büchlein, zu rechter stunde auf-
geschlagen, wird ihnen gewis manche rose, narcisse und was
sonst sich hinzugesellt, ent^egenduften. Göthe 45, 314.
ENTGEGEND ÜNSTEN, obviam halare.
E.NTGEGENEILEN, obviam properare:
ihrem Zeus
will Semele nicht mehr entgegeneilen. Schijllir 16'.
ENTGEGENEN s. entgegnen.
E.NTGEGENFAHREN, obviam ire: heute kommt unser freund,
wir wollen ihm entgegenfahren ; ahd. ingegin fuarun folkon.
0.111.9,2; fuoren ingegin Jesuse. Mallh. 8,24.
ENTGEGENFLATTER.N, obviam agitari, obvolitare.
ENTGEGENFLIEGEN, obviam volare: kugein flogen ans
entgegen ;
flieget der sonne,
flieget den hellen
inseln entgegen I Götbk 12,76;
wenn sie wieder, kindisch lächelnd,
dir eoigegenfliegen. Gottkr 2, 50S;
es fanden sich die gleicbgesianien seelen
und unsre herzen flogen sich entgegen. Kör-Ner 1, 175.
ENTGEGENFLIEHEN, fugiendo occurrere: und die Egypter
flohen im (dem meeresstrom) entgegen. 2 Mos. 14, 27 ;
die mit heiszem liebesgeize
deinem kus enigegenUuhn,
zischen dem erloschnen reize,
lachen deinem winier höhn. Schiller 10".
ENTGEGENFLIESZEN, ex adverso fluere.
ENTGEGENFLIM.MERN, ex adverso micare.
ENTGEGENFLÖTEN, obviam tibia cantare:
dir flötet der orkan ein siegeslied entgegen. Schiller 17'.
ENTGEGENFLÜCHTEN, obviam confugere.
ENTGEGENFLLTEN.
E.NTGEGENFUHREN, obviam ducere, i^äysiv shawavTT}-
aiv: und Mose füret das volk aus dem lager gott entgegen.
2 Mos. 19, 17 ; da rufet er einem knecht, der in bei der band
füret seinem son entgegen. Tob. 11, 10 ; ein werk der Voll-
endung entgpgenführen. ^
ENTGEGENFLNKELN.
ENTGEGE.NG.VNG, m. obviam itio, begegnung:
dort ward fteCibt, bei der iromraeten klänge,
ein angenehmer tanz, bei uns nicht kund:
man kust einander beim emaegenpange,
und nicht verschlossen bleiben darf der mund.
Griss Dojardo 3, 7, 29.
ENTGEGENGAUKELN.
E.NTGEGENGEHEN, obviam ire, obviare, ahd. ingagan
gangan :
so wit s6 Galilea bifiang, ihcr liut ingegin allär giaug.
, . 0.11.15,4;
g« ingegin imo.^T. 149, 6; nhd. gieng im das volch nach und
enkegen mit plumen und mit newen esten. gesta Rom. ed.
Keller s. 23 ; als er nu widerkam von der scblacht des Kedor-
laomor, giengen im entgegen der könig von Sodom in das
feid das königstal heiszt. 1 Mos. 14,17; da nu Jacob des
abends vom felde kam, gieng im Lea hinaus entgegen. 30,16;
und sihe er wird ausgehen dir entgegen. 2 Mos. 4,14; da
gieng im Mose entgegen hinaus und neigt sich für im. 18, l";
Jael aber gieng eraus Sissera entgegen, riehl. 4, 18 ; und sihe,'
da gieng die ganze stad eraus Jesu entgegen (golh. jah sai,
alla so baurgs usiddja vi^ra lesu). Mailh. 8,34; dann wird
HI.
ENTGEGENGESETZT — ENTGEGENHEBEN 530
das himelreich gleich sein zehen jungfrawen, die ire lampen
namen und giengen aus dem breutgam entgegen. Matlh. 25, l ;
als Martha nu höret, das Jesus kompt, gehet sie im entgegen
igoth. vi{)raiddja ina). Joh. 11, 20; etwann gieng man den
frummen armen entgegen und nam sie in die hüser und gab
inen zu essen. Keisersberg s. d. m. 32'; wünschende der hoch-
geehrten frau und den lieben ihrigen mit angenehmen diensten
entgegenzugeben. Ettner unw. docl. 177 ; ihnen mit schlechten
tractamenten entgegen zu geben. Iiebanime 751;
gott schwört, es werd ein amm ihrs kindleins eh vergessen,
als er des Erraims, w.irdurch er dann versieht
ein jede traute sei, die ihm entgegengeht. Uoipler 32;
erschwers ihm nicht
durch ein vi>r>eizlich misveistehen, geh
gelaliig ihm den halben weg entgegen.' Görns 9, 10;
also giengen die zwei entgegen der sinkenden sonne. 40,316;
wir dürfen es daher wol wagen, männern, denen unmittel-
bare kennlnis dieser regionen gegönnt ist, mit einer warnung
entgegen zu gehen. 6, 110 ; ich werde gewis, insofern es mir
möglich ist, ihren gerechten wünschen entgegen gehen, an
Scliiiler 184; du gehst deinem gewissen tode entgegen.
ENTGEGENGESETZT, oppositus : entgegengesetzte richtun-
gen ; die entgegengesetzte meinung ; entgegengesetzt ist, wovon
eines dasjenige aufhebt, was durch das andere gesetzt ist.
Ka.nt 1, 25.
ENTGEGENGESETZTHEIT, f. wir haben eine durchaus
entgegengesetzte ansieht, und wenn diese entgegengesetztheit
nicht schon früher ausgebrochen u. s. ir. Ficute sonnenkl.
bericht 211.
ENTGEGENGESETZTSEIN, n. das wesentliche entgegen-
gesetztsein bestimmt das gegenseitige aufheben. Fichte grund-
lin. der ges. wissensch. lehre 127.
ENTGEGENGIESZEN, ofjfundere. Stieler 649 : ein Iheil des
Volks gosz sich ihm unter siegsgeschrei entgegen. Klinger 5, 94.
ENTGEGENGLÄ.NZEN, refulgere:
die mit den heiigen lorbeerkränzen
der dichtkunst und wolredenheit,
umleuchtet von der ewigkeit,
den junglingen entgegenglänzen. Grllert 1, 201.
ENTGEGENGLE1TE.\.
ENTGEGENGLÜHEN, obviam ardere: die höUe wird ihnea
entgegenglühen.
ENTGEGENGRUNZEN, obviam grunnire.
ENTGEGENHABEN, habere ut opponat, dagegen haben:
was auch die philosophische zunft
entgegenhaben mag . . .
ich nenne dies Vernunft. Wielins 4, 192.
doch in der phrase wir haben den wind entgegen uns, uns
entgegen ist die praeposition unverkennbar.
ENTGEGENHADERN, contra rixari, objurgare:
jetzt zürnet und hadert entgegen ihr schmerz
dem vater der witwen und waisen. Bürger 65*.
ENTGEGENHALTEN, obtendere, objicere, vorhalten, hin-
halten: die gefangne hielt ihm ihre bände entgegen und
flehte; er hielt ihr das kind entgegen;
die linke hält den schild der pfeile stürm entgegen.
Schiller 33*;
alles was du mir entgegenhältst ist falsch und ohne grund.
auch gegeneinander halten, vergleichen.
ENTGEGENHANDELN, adversari: er bandelte dem gemes-
senen befehl entgegen.
ENTGEGENHÄNGEN: die ganze Versammlung hieng ihm
athemlos in starren gruppen entgegen. Schiller 158*.
ENTGEGENHARREN, exspectare: wie das volk zu Neapel
knieend der ankündigung des prälaten entgegenharrt. Thj^mmel
3, 449 ;
noch harrte im heimlichen dämmerlicbt
die weit dem morgen entgegen. Kor.ikr 1, 1S6.
ENTGEGENHAUCHEN, reflare. Stieler 793: der wind baucht
entgegen ; schweigen und ruhe, der duft von blumen hauchten
ihnen entgegen. Klinger 10, 127 ;
sie wiehern empor . . . und hauchen dem stürme entgegen.
Voüs.
ENTGEGENHEBEN, allevare:
kannst du der abendsonne schein
auT weichem moos am bache nicht ,
die bnist entgegenheben! Göthe 2,78;
hinter ans hob sich der Gotibard nun schrolTer den Sternen
entgegen. Matthisso.<( 240;
fühlt sie ihr herz sich ihm enigegenbeben ? Wieland 23, 114.
34
53 1 ENTGEGENHEULEN — ENTGEGENKOMMEN
ENTGEGENKOMMEN— ENTGEGENMACHEN 532
ENTGEGENHEÜLEN, opplorare.
EMGEGK.NHINKEN, obviam claudicare.
ENTGEGENHOHCHEN, lauschen :
horcht jedem lortchen, das sich regt, entgegen. Wiilakd ;
sieh, |rie meine seele deinen worten entgegenhorcbt. Klingeb
2,110.
EMGEGEN'HÖREN, auscuUare:
schweigt ihr vor gott, und hört der stimme des kommenden
richters
siill entgegen. Messias 4, 199;
aber lihurlel geht vor ihm her nnd hört ron dem wipfel
einer paime dem kommenden fusz des messins entgegen.
4, 987 ;
schon hört dir mein ohr, mein bruder, entgegen. 15,1148.
ENTGEGENHCPFEN, obviam salire: buchflnken sind kirre
und hüpfen einem fütternden entgegen;
als bei Mosers druck der hand
ihm mein herz enigegenhüpTie. Gökingk 3, 1S4.
ENTGEGENHÜSTEN, retussire: endlich, hustete er mir
entgegen, ist es ruhig in meinem hause. ThIjmmel 5,253;
was die gute alte (atlg. deulscbe bihliothek) als philosophische
opponentin der zeit entgegenhustet und entgegenräuspert.
J. P. aesth. 3, 65.
ENTGEGENJAGEN, equo admisso obviam alicni volare.
EISTGEGENJAüCHZEN, laelabunde acclamare alicui:
von ihr peliebet, vcill ich dir feuriger
enigegenjauchzen. Klopstock 1, 61.
ENTGEGENJUBELN, dasselbe.
ENTGEGENKÄMPFEN, oppugnare, reluclari:
denn kein mann ja vermöchte
ungestärkt von speise dem feind entgegenzukämpfen.
ENTGEGENKEHREN, obvertere:
frau. welchen stürm gefährlicher gedanken
weclist du mir in der stillen brüst.' mein innerstes
kehrst du ans licht des tages mir entgegen. Schiller 5I9^
ENTGEGEN KEIFEN, objurgare.
ENTGEGENKECCHEN, anitelando obviam ire:
jagt das vergnügen, das euch deucht,
dem hinsehe gleich, den ihr erreicht,
yiaan er dem tod enigegenkeuchi. Götter 1,449.
ENTGEGENKLAFFEN, oggannire:
kfinflig dürfte wol nimmer des herzens frechheit ihn reizen,
mit so schmähenden reden den fursten enigegi^nzuklalTen.
13ÜRGBR 198*.
ENTGEGENKLAGEN, lamenlari: der geist, der uns einst
Ton da so sanft entgegenklagte. Klinger 4, 191.
ENTGEGENKLIRREN, obviam crepilare:
ihnen klirrten aus sichtbarer nacht diamantene keilen
fürchterlich, dumpf, fernher, sie mußten nahen, entgegen.
Messias 16, 3ü7.
ENTGEGENKLOPFEN, obviam pulsare:
dir, Amine, klopft es {mein herz) segen,
frei von grolle, noch entgegen,
dir im letzten todesstosz. Gotter 1,261;
ein herz, ein weihliches herz {schien),
statt sich zu sperren, der hand suplcich enlgegenzuklopfen. >
TUÜMMKL ö, 468.
ENTGEGENKOMMEN, obviam venire, occurrere, alid. in-
gegini qucman (Graff4, 671): wer ist der man, der uns ent-
gegenkompt auf dem felde? i Mos. 24,65; und als er unter-
wegen in der herberge war, kam im der herr entgegen und
wolt in tödten. 2 Mos. 4, 24 ; sihe, da kam ein Junger lewe
brüllend im entgegen, riebt. 14, 5; da sie von dem berge kamen,
kam inen entgegen vil volks (i/olk. gamötida imma manageins
filu|. Lue. 0,37; Jesus war noch an dem ort, da im Martha
war entgegen kommen (parei gamötida imma Mar|ia). Juh.
11,30; sihestu nicht, dasz der pl.itzregen, je überflüssiger er
auf die erde füllt, je mehr ihm der bimmel Ton oben herab
eolgegenkommet. pers. baumg. 6,13;
soll olles
dir denn entgegenkommen, alles dich
erraihen ? Ltssinc 2, 355 ;
hier sieht man, daxz die spräche schon an und für sich pro-
dncti» ist, und zwar, insofern sie dem gedanken entgegen-
kommt, rednerisch, insofern sie der cinbildungskraft zusagt,
poptiich. GöTHK fl, 104 ; eine arme crcatur, deren geringstem
beiliirfnit nichts entgegenkommt. 20, 109; sonst kamen mir
freundscbaft, liebe, neigung, zutrauen mit ofnei) armen ent-
gegen. 20,189; du kommst mir mit deinem Vorschlag auf
halbem wege entgegen; er zeigte sich sehr entgegenkommend.
ENTGEGENKO.MMEN, n. occursus.
ENTGEGEXKHÄCIIZEN.
ENTGEGENKRÄHEN.
ENTGEGENKREISCHEN:
dem herscher
kreischte er hell entgegen mit Schmähungen. Voss,
ENTGEGENKRIECHEN, obviam repere: kroch ihm mit nie-
dergeschlagenem gesiebte als ein hund entgegen. Felsenb. 1, 46.
ENTGEGENKLNFT, f. occursatio. Stieler 1005. PRiETORii
Storchs und schwalben winlerq. s. 360.
ENTGEGENLÄCHELN : das kind lächelte dem mörder ent-
gegen ;
lächelst, goldene Shre, dem strahl des Schnitters entgegen.
KOSKCARTBN.
s. entgegenweinen.
ENTGEGENLACHEN, arridere:
kaum lachet uns die weit entgegen. Grllrrt ...;
alles lacht dem frischen blick entgegen, Körner 1,179.
ENTGEGENLALLEN: ach, Gustav sollte meine wünsche
dir heul entgegenlallen. Gotter 1, 218,
ENTGEGENLÄNGEN, contra aliquid agere, bergmännisch,
einen Stollen einem Schacht entgegentreiben: da man Stollen
entgegenlenget und über sich unter die tagschecht bricht,
Mathesiüs 130',
ENTGEGENLAUFEN, occurrere, ahd. ingegin loufan, gagan-
hloufan (Graff 4,1118),
1) persönlich: er lief im entgegen und fiel im umb den
hals, Keisersberg s, d. ni. 37'; da stunden drei menner gegen
im, und da er sie sähe, lief er inen entgegen von der thür
seiner hütten, l Mos. 18,2; da lief ir der knecht entgegen
und sprach, lasz mich ein wenig wassers trinken. 24, 17 ; da
aber Laban boret von Jacob seiner Schwester son, lief er
im entgegen und herzet und küsset in. 29, 13 ; Esau aber
lief im entgegen und herzet in. 33, 4 ; so lauf ir nu entgegen
und frage sie. 2 Icün. 4, 26 ; da liefen im entgegen zween be-
sessene (gamötid(5dun imma). Matlh. 8, 28 ; und als er aus
dem schif trat, lief im alsbald entgegen aus den grebern ein
besessen mensch (gamötida imma). Marc. 5, 2 ; das ir sampt
uns mit fieuden im entgegenlaufen und ewiglich bei ihm
bleiben möget. Luther 3, 154',
2) sächlich, repugnare: das läuft meinem befehl schnur-
stracks entgegen; entgegenlaufende charactere, Rabener2, 52,
ENTGEGENLAUSCHEN, horchen: euch, die ihr stunden-
lang in euern Schauspielhäusern auf bretern sitzt und dem
zeichen entgegenlauscht, das den vorbang heben spll, THilMMEL
5, 131 ; die stille, die vor der goldnen morgenröthe über der
ihrer neuen Schöpfung entgegenlauschenden erde schwebt.
Klinger 10, 125;
wann ich der Symphonien
begeisterndem signal sonst froh enigegenlauschte.
Götter 1, 268.
ENTGEGENLEBEN, l) obviam ire: wir leben einer frohen
Zukunft entgegen.
2) adversari, zuwiderleben: er lebte dem willen seiner eitern
ganz entgegen.
ENTGEGENLEGEN, objicere, adver.^ari, in den weg legen:
wen (es steht wem) die noth um etwas bittet, ist ein narr wcrs
abcschlAgt,
diesem bleibt sie immer gütig, der ihr nichts enigegenlegt.
LoGAU 2, 205,60;
uns gebühret nicht, dasz wir uns über gott beschweren
oder seinem gutbeßnden uns cntgegenlegcn wollen. Scriver
seelensch. 2, 262.
ENTGEGENLEITEN, was entgogenführen: entwerfen und
nach und nach der reife enlgegenleiten. Klincbr 9, 168.
ENTGEGENLENKEN, dasselbe:
ja ihm entgegen lenke flugs ttierst
dein ehcriihuligcs gospann, Uüncer 162.
ENTGEGENLEUCHTEN, ex adverso lucere.
ENTGEGENLIEGEN, ex adverto tUum ette, objaeert. Dmt-
LER 93.
ENTGEGENLODERN, ex adverso fiagrare.
ENTGEGENMACHEN, pirh. orrurrtre, coiüra turgtrt:
wann der rri i ».iliii
kiiiK" Nchnl
dörfen me m i.k hcii.
sonst mit nichu cnii;cgcuuiachcn. LosiU 3,153,90.
533 ENTGEGENMARSCHIEREN-ENTGEGENRIEGHEN ENTGEGENRINGEN-ENTGEGENSCHWELLEN 534
ENTGEGENMARSCHIEREN, hello occuirere. Stieler 1248.
ENTGEGENNAHME, f. acceptio, empfang: als kaiser Fried-
rich den Knut auf seinen reiclistag zur entgegennähme der
belehnung lud. Dahlmann dän. gesch. 1, 326.
ENTGEGENNÄSELN, obmurmurare. Stieler 1334.
ENTGEGENNEHMEN, accipere, golh. einfach andniman
(s. entnehmen), entgegennehmen ist uns feierlicher als an-
nehmen oder empfangen, der vornehme nimmt entgegen, was
der geringe darbietet: als Karl die huldigung der sächsischen
edlen und gemeinen zu Paderborn entgegennahm. Dahlä.
dän. gesch. 1, 19. dem entgegennehmen kann ein geben vor-
ausgegangen sein oder auch nicht; es bezieht sich ebenwol auf
persönlichen empfang:
geht, sagt ihm hohen dank für diese seine gaben,
mit welchen er uns schon allbler entgegen nimmt
zum zeugnüs seiner gunst. Fleking 589.
ENTGEGENNEIGEN, inclinare:
sah die goldene frucht den garben entgegen sich neigen.
GöTHK 40, 267.
ENTGEGENPAPAEN, TtanTta^eiv:
kinder werden ihm nie auf den knien entgegenpapaen.
BÜRGER 225',
ov8e T* /iiv TtaiSes TCOil yovvaai naTiTtä^ovatv.
IL 5, 4Ö8,
dasz nicht kinder ihm einst an den knien 'mein Väterchen'
stammeln. Voss.
ENTGEGENPATSCHEN, obstrepere. Stieler 440, wobatschen.
ENTGEGENPOCHEN, palpitare, vom schlagenden herz:
so pochie nie mein herz
der tochter Agenors entgegen. Schiller 17*.
ENTGEGENPRASSELN, contra crepitare.
ENTGEGENPRELLEN, contra agitari. Stieler 1472.
ENTGEGENOÜALMEN, obviam vaporare:
wann dir der recensent
ein körnehen Tveihrauch streuet oder
anderen duft dir entgegenqualmet. Höltt.
ENTGEGENRACKELN, contra slridere, entgegen knarren,
schnarren :
mistönende leiern, die ihm entgegenrackeln.
VVieland Amadis ges. 12;
beim spiel von hundert schnarrenden geigen,
die ihm entgegenrackeln. derselbe anderswo.
ENTGEGENRAFFEN , obripere, sich entgegenraffen, auf-
raffen :
die freundschaft wecket ihn vergebens,
schwach hört er sie und träumt erschlafl,
dasz er voll ängstlichen bestrebens
sich ihrem ruf enigegenraft. Götter 1,466.
ENTGEGENRASEN.
ENTGEGENRASSELN.
ENTGEGENRAUSCHEN, obstrepere: regen rauscht entgegen,
obstrepit pluvia; in jeder welle, die an unser schif schlüge,
würde mir der tod entgegenrauschen. Lessing 2, 12; transitiv,
die (ächer rauschen ihm beifall entgegen. Geliert . . . ;
es rauschet die quelle
mir labung entgegen. Götter 3, 431.
ENTGEGENRECKEN, obtendere, strecken: wohin ich sehe,
reckt sich mir aus der dunkelheit etwas entgegen. Tieck 6, 190.
ENTGEGENREDEN, obloqui, contradicere, dagegen reden.
ENTGEGENREICHEN, obtendere.
ENTGEGENREIFEN, in futuram messem maturitalem trahere:
die saat reift der sichel entgegen ; entgegenreifende trauben ;
wolgezogene spalierpfirsichbäume, von denen uns die verbo-
tenen fruchte den sommer über gar appetitlich entgegenreiften.
Göthe . . .
ENTGEGENREISEN, obviam proficisci. Stieler 1589.
ENTGEGENREISZEN, obripere: *
sab ich nicht jüngst, als er vom fernen süden
den riesen aus der mitternacht
sein beer entgegenrisz * Ramlib.
ENTGEGENREITEN, obviam vehi equo : und der reutet reit
hin im entgegen. 2 kön. 9, Ib ; da er nun za land stiesz, da
reit man ihm entgegen, buch der liebe US, Z; reit ihm doch
entgegen ! Lessing.
ENTGEGENRENNEN.
ENTGEGENHICHTEN.
ENTGEGENRIECHEN, obolere.
ENTGEGENRINGEN, reluctari:
seine dem tode noch kaum entgegenringende seele.
Messias 2, 142 (ausg. von 1751, später:
sein erschütterter geist, er rang noch kaum mit dem tode);
Alinchen setzte sich zur wehre,
und als sie mir entgegenrang,
fiel ach! ihr topf. Borger 105'.
ENTGEGENRINNEN, obviam fluere.
ENTGEGENROLLEN, 1) intr. ex adverso volvi: die kugel
rollt uns entgegen.
2) tr. ex adverso volvere: ein fasz entgegenrollen.
ENTGEGENROTTEN, sich, obviam conglobari:
kaum war er in der dämmening
zweihundert schritte forigetrottet,
als links und rechts in vollem sprung
ein beer von hirschen und rehen sich ihm entgegenrottet.
Oberon 2, 14.
ENTGEGENRÜCKEN, obviam procedere.
ENTGEGENRUDERN, obviam remigare.
ENTGEGENRUFEN, procul vocare: dem könig heil! ent-
gegenrufen; ahd.
ingegin riaf thö lüto
heriscaf thero liutö. 0. IV. 24, 13.
ENTGEGENRÜSTEN, obmoliri. Stieler 1645.
ENTGEGENSCHALLEN, resonare.
ENTGEGENSCHANZEN, vallum opponere.
ENTGEGENSCHAUEN, intueri adventantem:
schaute der prediger ihm mit scharfen blicken entgegen.
GöTHK 40, 244.
sich entgegen schauen, gegenüber stehen:
seht ihr dort die altergrauen
Schlösser sich entgegenschauen,
leuchtend in der sonne gold? Schiller 59*.
ENTGEGENSCHEINEN, resplendere, entgegen leuchten.
ENTGEGENSCHELTEN, objurgare.
ENTGEGENSCHICKEN, obviam mitlere, entgegensenden:
mit dem schwert zu tödten alles lebende, das mir
der schlachten gott verhäugnisvoll entgegenschickt.
Schiller 464'.
ENTGEGENSCHIEBEN, ex adverso trudere.
ENTGEGENSCHIFFEN, obviam navigare.
ENTGEGENSCHIMMERN, refulgere: eine schwache hofnung
schimmerte uns entgegen, durch den flornen Vorhang schim-
merten zwei schwarz beschlagne bänke meinen feuchten äugen
entgegen. Thümmel 5, 416.
ENTGEGENSCHLAGEN, 1) intr., heftiger regen schlug ihm
entgegen ; die entgegenschlagende nachtluft. J. P. Hesp. 3, 85 ;
mein herz schlägt dir entgegen.
2) transitiv den ball entgegenschlagen; ein morgengewitter
schlug ihr seine blitze entgegen. J. P. Kamp. 17.
ENTGEGENSCHLEUDERN, contra jaculari: drohworte,
steine.
ENTGEGENSCHLÜMMERN: der ewigkeit entgegenschlum-
mern;
liebevoll werd ich im mondentichte
dir entgegenschlummern. Nicolais leben von Gdkingit 161.
ENTGEGENSCHMACHTEN: wenn du nun heimkehrst und
die sechs armen würmer dir entgegenschmachten, fame con-
fecti te exspectant. Mdsäds.
ENTGEGENSCHN.ATTERN, oggannire. Stieler 1886.
ENTGEGENSCHNAUBEN, contra fremere:
schnöbe, so glühte sein muth, statt dieses feigen gewildes,
schnöbe doch heber ein keiler mit krummen beschäumten
gewehren,
oder ein tapfrer leu aus nächtlicher kluft ihm entgegen.
BÜRGER 246'.
ENTGEGENSCHNEIDEN: er schnitt ihm ein böses gesiebt
entgegen, frontem contraxit.
ENTGEGENSCHNELLEN, recellere: einen ring, eine brot-
kugel entgegenschneiien.
ENTGEGENSCHREIEN, ex adverso clamare.
ENTGEGENSCHREITEN, obviam progredi.
ENTGEGENSCHÜTTELN, contra quatere:
{Zeus Kronion) wird seines Schildes entsetzen
allen entgegen schütteln, das wird er wahrlich erfüllen.
BÜRGER 214'.
ENTGEGENSCHW.ANKEN.
ENTGEGENSCHWEBEN.
ENTGEGENSCHWELLEN :
lippen, die dem kus enigegenschwellen. Wieland;
dessen herz, der ehrbegietde voll,
heisz dem nahen kämpf entgegenschwoll. Matthisson 40.
34*
535 ENTGEGENSCHWIMMEN— ENTGEGENSPIELEN ENTGEGENSPORNEN— ENTGEGENSTRECKEN 536
ENTGEGENSCHWIMMEN, obviam natare: dem ström ent-
gegen, adverso ftumine.
ENTGEGENSCHWINGEN, contra agilare, vibrare: den sper,
die fabne, den but.
ENTGEGENSCHWIRREN.
ENTGEGENSEGELN, obviam navigare.
ENTGEGENSEGNEN, benedicendo excipere :
so wollen wir dir in feierndem aiiTzug
jauchzend mit ballelujagesängen entgegensegnen.
Messias 2, 12;
tage des gerichts, der räche und des Jammers, ich segne euch
entgegen : ihr rechtfertigt den himmel, ihr straft einen ver-
rucbten, den die natur mit entsetzen erblickt. Brawe der
freiqeisl 181.
ENTGEGENSEHEN, exspectare, worin ebenso spectare, spe-
cere wie in emarten warten d. i, sehen liegl : wir sehen einem
krieg entgegen;
liebe Daja, das ist kein
gesprSch, womit wir unserm Treund am besten
entgegensehn ! Lbssi.nc 2, 2(>2 ;
Dirht so, nicht so ! er sieht mir selbst entgegen,
nicht euch. 2, 2b6.
ENTGEGENSEIN, obesse, obsistere, resislere, wo sich doch
entgegen adjectivisch fassen liesze (oben sp. 527).
1) das ist mir entgegen, zuwider, mihi repuynat.
1) ich bin dem entgegen, der sache entgegen, alienus sunt
a re; mag denn also auch Leibnitz, sagt man, den Soci-
nianern so aufrichtig entgegen gewesen sein als er will. Les-
sing 9, 291 ; ich will ihm nicht länger entgegen sein.
3) ich lasse mir das nicht entgegen sein, lasse es mir ge-
fallen: in solcher hofnung lebte er dahin und liesz sich
keine compagnie entgegen sein {gieng mit jedermann um),
pol. sloekf. 212.
4) wasser ist dem feuer, die lugend dem laster entgegen ;
der wind war inen entgegen (erat ventus contrarius eis). Marc.
6, 48 ; welche uns entgegen war (quod erat conlrarium nobis,
goth. |)atei vas andaneij)u uns). Col. 2, 14.
ENTGEGENSEIN, n. das gegenseitige aufheben bestimmt
den umkreis des wesentlichen entgegenseins. heben sie sich
nicht auf, so sind sie sich nicht wesentlich entgegen (essen-
iialiter opposila). Fichte grundlinien 126.
ENTGEGENSENDEN, obviam miltere: gelobt sei der herr,
der dich heuls tages hat mir entgegen gesand. 1 Sam. 25, 32 ;
da das David ward angesagt, sandte er inen entgegen. 2 Sam.
10,5; nim einen reuter und sende inen entgegen. 2Aön. 9, 17.
ENTGEGENSETZEN, opponere, vgl. entgegengesetzt.
1) die brüst entgegensetzen, enlgeyenslemmen,
blickt auT mich nieder, stärket meine brüst,
die Ich dem unrecht stets entgegensetzte. Götbb ...
mutb, gewalt, list, hindernisse, Schwierigkeiten, bitten, dro-
hungen, widerstand entgegensetzen; ich weisz nicht, was man
ihm entgegensetzen kann.
2) sich entgegensetzen : das ansehn des Newtons, wenn
CS sich der entdeckung der Wahrheit entgegensetzen sollte.
Kaut 8, 7 ; alle setzten sich deswegen dem kaiserlichen man-
date auf dem landtag entgegen. Schiller 887'.
ENTGEGENSETZUNG, f. opposilio, gegensalz : mich wundert,
dasz sie an einer andern steile eine ähnliche charakteristische
entgegensetzung nicht bemerket haben. Lessing 6, 379 ; diese
nacbtigall preiset er in entgegensetzung eines leidigen guckuks.
9,101 v^i. 125 ; in einer gleichen entgegensetzung sind die
politischen vortheile der Staaten. Garve zu Cic. de off. 3,64;
ebenso musz der elementenstreit in dem ethischen menschen,
der conOict blinder triebe fürs erste beruhigt sein und die
grobe entgegensetzung musz in ihm aufgehört haben. Schiller
1157'; durch entgegensetzung des leidcns gegen die thfltigkeil..
Fichte grundlin. 69.
ENTGEGENSEL'FZEN, cum gemitu exspectare:
wie ein verblutend lamm, slill duldend liegl sie da
und «eufzt dem letzten augenblick entgegen. WitL*f«D.
ENTGEGENSINGEN, cantndo obviam ire.
ENTGEGENSITZEN, ex adverso sedete:
•elb*t dann taiz »ie enigegea dem götiergleicbeo Odyiieus.
ENTGEGENSPEIEN, contra spuere:
mir tpeit kein Ätna. brOllend, schrecken
au« »einem Schlund enigegon. Göiirce 1, 770.
ENTGEGENSPIELEN, ex adverso agitare: »o spielten uns
nun die funkenwerfenden esien ihr luitigef feuerwerk ent-
fCfea. GfiTBB 2&, 828.
ENTGEGENSPORNEN, contra stimulare:
doch musz es sein, so spornest du dein res
dem donneinden geschosz
mit aurgehabnem arm entgegen. Gökingk 1, 226.
ENTGEGENSPÖTTELN, contra cavillari: wie leicht es sei,
mit quacksalberstolz allen ständen entgegenzuspötteln. Sturz
1, 207.
ENTGEGENSPRECHEN, obloqui: wenn aas einer mensch-
lichen Wohnung uns der geist einer höhern, obgleich auch
nur sinnlichen cultur entgegenspricht. Göthe 19, 336.
ENTGEGENSPRE.NGE.N, obviam spargere, excutere, springen
lassen: wasser entgegensprengen; das pferd, das wild ent-
gegensprengen.
ENTGEGENSPRINGEN, obviam salire.
wo sind aus jenen Temen tagen
der vogel, der im walde sang,
das schnelle ros, das mich getragen,
der hund, der mir entgepensprang?
ScaaiDT VON LCbkck am achtzigsten geburtslage;
allein wie verwundert war ich, als mir anstatt einer sauer-
tüpliscben gesellschaft ein drittes akademisches leben ent-
gegensprang. Göthe 26, 135.
ENTGEGENSPRUDELN, emicare: eine kühle quelle spru-
delte den wandernden aus dem moos entgegen.
ENTGEGENSPRÜHEN, scinlillas obviam evomere.
ENTGEGENSPRÜTZEN, contra ejaculari.
ENTGEGENSTARREN, obviam rigere:
handlos und schroT ansteigend starren ihm
die felsen, die unwirthlichen entgegen. Schiller 539'.
ENTGEGENSTECHEN, pungere, ferire aures: seine trom-
pete stach mir dermaszen entgegen, dasz die luftwellen mir
vier acker weit entgegengiengen. J. P. uns. löge 1, 26.
ENTGEGENSTEHEN, oppositum esse, resislere: ich habs
nicht gewust, das du mir entgegen stundest im wege. 4 Mos.
22, 34 ; begunden dem wirt mit ubeln worten entgegenzustehen.
Kirchhof wendunm. 398';
wen das glück in rücken schlaget, dieser ist kein mann,
wer ihm nur enigegen stehet, geht es minder an.
LoCAü 3, 154,98;
wenn er {der bildende künstler) etwas trefliches geleistet hat,
es steht, nach wie vor, seinem aug entgegen, dem äuge der
ganzen weit. Göthe 22, 163 ; als der könig diesen brief ge-
lesen, wurde er aufgebracht, dasz man ihm so entgegenstände.
Schiller 1092'; deinem verlangen steht nichts mehr ent-
gegen.
ENTGEGENSTEIGEN, obviam ascendere, emporsteigen:
wie ward mir, königin,
als mir der seulen pracht und siege^hogen
enigegenstieg. Schiller 409'.
ENTGEGENSTELLEN, opponere, objicere:
weisz ich durch dich nur versorgt das haus und die liebenden
eitern,
0 so stellt sich die brüst dem feinde sicher enigegen.
Göthe 41, 337;
ich stelle mich seiner ungnade entgegen. Schiller 814*.
ENTGEGENSTELLUNG, f. für die baldige nachricht über
doctor Luthers theatererscheinung danke ich zum allerschön-
sten. ich sehe, es sind in diesem stück gerade die wider-
lichen entgegenStellungen, die einem in den söhnen des thals
verdrieszlich fallen. Göthe an Zelter 91.
ENTGEGENSTEMMEN, contra niti, obniti. Stieler 2120.
ENTGEGENSTEUERN, wie entgegenrudern, scbififen.
ENTGEGEN.STINKEN.
ENTGEGENSTOCHERN: denn man musz es nun einmal
der weit bekannt machen, dasz der bissige kinvierist dem
frisierenden altisten mit einem spitzwinkligen triangel von
ellenbugen wülbig entgegenstocbert. J. P. Hesp. 3, 80.
ENTGEGENSTOLPERN, offendere, pede labi.
ENTGEGENSTOSZEN, obtundere, occurrer«: in der wiege
schon waren sie zu Spartanern gestempelt, und jemehr sie
andern naiionen entgegenstieszen, desto fester musten sie an
ihrem mittelpunct halten. Schiller 1022; der verpestete luft-
slrom, der mir entgegensticsz. TuOhiiel 5, 202.
ENTGEGENSTRAHI.EN, affulgere alicui.
ENTGEGENSTRKRKN, obsistere, resislere: der mSchtige,
welcher mir enlgegenslrebl. Klincer 10, 108.
ENTGEGENSTRECKEN, oppandere, oblendere, OiRZLEaBS:
die bände entgegenstrecken ;
537 ENTGEGENSTRÖMEN — ENTGEGENWALLEN
(wo) das fuszvolk, schnell geordnet, einen rechen
Ton piken ihnen starr enigegensireckte. Scuillkr 394';
doch ists ein kleiner anfang nur, o herr.
des groszen Russenreichs, denn unabsehbar
streckt es der morgensonne sich entgegen. 672*;
(vergebens) streckt sich, zur süszgewohnten lust,
mein arm dem eurigen entgegen. Götter 1,10;
dann wird das ohr der harfe klang,
so wie Amaliens gesang
rergebens sich entgegenstrecken. GöitnGK 1,205;
so, wann ein stier im weiten kampfgefilde
den hunJen rasch sein hörn entgegenstreckt,
hält sie die furcht zurück. Griks Tassos Jerus. 3, 32.
ENTGEGENSTRÖ.MEN, adverso cursu ferri: eine menge
menschen strömte dem einziehenden könig entgegen.
ENTGEGENSTÜR.MEN, adversus furere:
verwlldre dich, naiur, und stürme mir entgegen. Göthb 57, 133.
ENTGEGENSTÜRZEN, se obviam e/fundere.
ENTGEGENSU.MMEN, entgegenschwirren: alles war still, nur
eine fliege summte mir entgegen.
ENTGEGENTANZEN:
tanzt dem schönen mai entgegen! Höltt;
wenn extraposten ihm über den straszendamm entgegentanzen.
J. P. lU. nachl. 4, 174.
ENTGEGENTAUMELN, vacillante gressu obviam se fem:
die Unbefangenheit, in der du der gefahr entgegentaumelst.
Götter 3, 436.
ENTGEGENTHÜRMEN, turris in modum opponere:
und wenn er alsdann die neuen gebirge
auf die höh der bölle gewölben enigegengeihürmt hat.
Messias 2,S6i.
ENTGEGENTOBEN, «ie entgegenstürmen.
ENTGEGENTÖNEN, e longinquo sonare:
tönet der nahenden auferstehung des sobnes entgegen.
Messias 12, 209.
ENTGEGENTOSEN, obslrepere, entgegenbrausen.
ENTGEGENTRABEN, obviam vehi equo :
den inseln, die sein herr ihm vor der band geschenkt,
(Sancho) getrost entgegenirabt. Wibland 9, 236.
ENTGEGENTRAGEN, obviam ferre, offene.
ENTGEGENTRAUERN.
ENTGEGENTRÄUMEN: einer bessern zukunft entgegen-
träumen. Tbümmel 6, 12; sie (die kochkunsl) ists, [der auch
die schläfrigsten geister entgegenträumen. 5, 463.
ENTGEGENTREIBEN, obviam agere : ein heftiger wind trieb
uns den staub entgegen; der schäfer trieb uns seine herde
entgegen ;
nichts blieb dir als die rührende gestalt,
die treibt dem beil des henkers mich entgegen. Schiller 430'.
inlransiliv: der schnee, der regen trieb uns entgegen.
ENTGEGENTRETEN, obviam ire, prodire:
wo mirs gefällt, da tret ich dir entgegen. Schiilbr 504';
da ich dem männlichen alter entgegentrat. Kusger 12, 168 ;
dasz mir beim lesen der inhalt des buches um so lebhafter
entgegentrat. Göthe24, 202; dem feinde kühn entgegentreten;
tritt mir entgegen nicht, soll ich zu stein nicht starren,
auf markten oder sonst wo menschen aihmeod eebn.
Hbinr. von Kleist an Palafox.
ENTGEGENTRINKEN, poculis excipere:
fürst Hermann trank, wie deutsche beiden pflegen,
wann land und hof und auch Thusnelde schlief,
dem morgenslern aus seinem heim entgegen,
cb ihn der tag in feld und lager rief. Hagk0ori« 3, 44.
ENTGEGENTRIPPELN, trepidante gressu obviam ire.
ENTGEGENTUMMELN, contra agitare : ein pferd entgegen-
tummeln.
ENTGEGEN^ACHEN:
ach der erquickung, dem himmlischen labsal
goiies wird, sie denket dem lod, entgegen sie wachen :
Uesfias 12, 846.
ENTGEGENWACHSEN: knochenkerne, die einander ent-
gegenwacbsen, bis sie sich Tereinigen; da die kircbe taglich
an färbe und sonstiger auszierung gleichsam der Vergangen-
heit entgegenwucbs. Göthe 17, 210 ;
dem bimmel wachs entgegen
der bäum, der erde stolz. Götbr56, 61.
ENTGEGENWACKELN, obviam vaciUare.
ENTGEGENWALLEN, nach den rerschiednen bedeutungen
des wallens: mir wallt mein herz dem nahen siege mit un-
gestüm entgegen. Klopstoc» 8,135;
ENTGEGEN WÄLZEN — ENTGEGENZIEHEN 538
rwar wallen bald auf seinen wegen
das elend und der unbestand
in tausend bildern ihm entgegen. Gotter 1,433;
0, werd ich hier ein herz entdecken,
das mir enigegenwailil 3,454;
das herz es wallt vertrauend dir entgegen. Scbillib ...,
sahst du (niond) eine thräne dir entfallen,
einen busen dir enigegenwallen
mit erhobener gedanken flug,
wie Serenes busen für dich schlug*
Merk (morgenbl. 1843 n* 122).
ENTGEGENWÄLZEN, obviam volvere : geknirsch getroffener,
niedergehauener, dem tode entgegenwälzender. Fb. Müller
1, 359 ; steine, felsen entgegenwälzen.
ENTGEGENWANDELN, obviam ire: werdet aber ir dadurch
mir noch nicht gehorchen und mir entgegen wandeln, so wil
ich auch euch im grim entgegen wandeln und wil euch sieben-
mal mer strafen umb eure sünde. 3 Mos. 26, 27. 28.
ENTGEGENWANDERN.
ENTGEGENWANKEN, obviam titubare.
ENTGEGENWÄRTIG, oppositus, contrarius? mhd. engegen-
würtic :
Menesteus der herzöge,
von .Athene bürtic,
wart im engegenwüriic. tr. kr. 31396.
ENTGEGENWÄRTS, contra? mhd. engegenwgrt:
üj siner rotte kam er dar
in beiden schöne engegenwert. fr. kr. 31699.
ENTGEGENWATSCHELN, anatis in modum obviam ire.
ENTGEGEN WEHEN, reflare. Stieler 2460: kühlung wehte
uns entgegen; dieser wind weht denen, die aus dem hafen
fahren, entgegen.
ENTGEGENWEINEN, opplorare. Stieler 2479:
0 bofnung, der mein aug entzückt entfegenweint.
GoTTEB 2, 3ö7 ;
ich weine trostlos einer finstem zukunft entgegen. Göthe
16, 77 ; den ich unter diesem herzen trug, dem ich freudig
bebend entgegenweinte, entgegenlächelte, eh ich ihn sah.
Klinger 1, 25 ; ein entgegenweinendes äuge. J. P. Hesp. 3, 146.
ENTGEGENWELKEN, ofßaccescere.
ENTGEGENWERFEN, objicere :
darum warfen wir
die nackte brüst der pariisan entgegen. ScaiLtSK 382* ;
sich dem rade
des Wellverhängnisses, das unaufhaltsam
in vollem laufe rollt, entgegenwerfen? 279";
sich einer gefahr entgegenwerfen. Klinceb 1,421.
ENTGEGENWIEGE.N.
ENTGEGENWIEHERN:
ein kriegerisches pferd, die lust der ritterschaft,
zog aus und wieherte geharniscbien entgegen.
UAGEDoa.t 2, 142,
vgl. Hiob 39,21 tr» enfgegenziehen.
ENTGEGENWIMMERN: 'mein freund', wimmerte er mir
thränend entgegen. THtJMMEL 5, 505.
ENTGEGENWINSELN.
ENTGEGENWIRBELN.
ENTGEGENWIRKEN, occurrere: dem gift, dem fieber ent-
gegenwirken.
ENTGEGENWURF, m. objectio, einwurf: du kanst deinen satz
aus keinem augenscbein beweisen, ich aber kan aus etlichen
ezempeln lustig und vil sichrer wider dich iosphilosophieren
und alle deine Vernunft stürzen, mit sattsamen, glaubwür-
digen entgegenwürfen zu boden stürzen. Pbabtorios storcht
und schwalben trinterq. s. 315.
ENTGEGENWÜTEN, contra furere, enigegentoben.
ENTGEGENZANKEN, oblatrare. Stieler 2598.
ENTGEGENZAPPELN, pedes obagitare: wie zappelten die
kleinen der fruhlichen mutter entgegen. Mosaeds.
ENTGEGENZIEHE.N, obviam procedere: wir kamen zu dei-
nem bruder Esau und er zeucht dir auch entgegen mit vier-
hundert man. 1 Mos. 32, 6 ; da spannet Joseph seinen wagen
an und zoch hinauf seinem Tater Israel entgegen. 46, 29 ; du
sott nicht durch mich ziehen, oder ich wil dir mit dem schwert
entgegen ziehen. 4 Mos, 20, 18 ; samlet all sein volk und zoch
aus Israel entgegen in die wüsten. 21, 28 ; und zogen die
Amoniter aus euch entgegen. 5 Mos. 1, 44 ; Israel aber zoch
aus den Philistern entgegen, l Sam. 4,1; hinab zu ziehen
dem könige entgegen. 2 Sam. 19, 15; es strampfet auf den
539 ENTGEGENZISCHEN — ENTGEHEN
boden und ist freidig mit kraft und zeucht aus den gehar-
nischten entgegen. Biob 39, 21 ;
ich zog auf meinen lebenswegen
dem scbimmerlicht des glucks entgegen. RScksrt.
ENTGEGENZISCHEN, sibilis excipere.
ENTGEGENZWEIFELN, dubilanler accedcre:
der einsame wandrcr im fremden gebirg,
der ohne heimat und reisenfennig
eotgegenzweifelt der nachlherberge. Lenad neuere ged. 48.
ENTGEGENZVVITSCHERN, frilinniendu excipere: einzelne
Tögei zwitscherten ihnen entgegen. Thümmel 5, 142.
ENTGEGNEN, ahd. ingaganan (Graff 4, 141), mhd. enge-
genen {wb. 1, 494') , eigentlich entgegensein, entgegentreten,
freundlich oder feindlich.
1) occurrere, begegnen:
ja dieses graue haupl wirst du an deiner seile
dem Sturm entgegnen (widerslehn) sehn. Gothk 10,43;
und wie Tor gewalt sich furcht genüchtet,
so entgegnet nun der macht veriraun. 11,259;
und mir entgegnet, was mich sonst entzückte,
der leier klang, der töne siiszes licht. 13,266;
am schönsten tage, blühend regte sich die weit,
entgegnete sie im garten mir, verschleiert noch. 40, 408;
halt! er besinnt sich, zaudert, steht,
entgegnet ihm, dasz er euch nicht entgeht. 41, 144;
den unschuldig entgegnenden zu zerschmettern, das ist so
tyrannen art sich in der Verlegenheit luft zu machen. 12, 234 ;
hier entgegnet uns nun das höchste dieser Symbole aus alter
frommer Überlieferung. 25, 121 ; der fafade, die als ein auf-
recht gestelltes längliches viereck unsern äugen mächtig ent-
gegnet {gegenüber steht). 25,265; die meinigen entgegneten
mir munter und gesund. 30, 254 ; in Halle erneuerte ich gar
manche werlhe Verbindung, professor Wolf, Schmalz u. s. w.
entgegneten mir mit gewohnter freundlichkeit. 31, 149 ; damit
wir aber sogleich erführen, dasz wir uns in ein frommes
land bewegten, entgegnete uns vor Mosbach ein italienischer
gipsgieszer. 43, 249 ; er wollte auf die masse wirken und so
entgegnete ihm das fratzenhafte der masse fürchterlich. 60,283.
2) respondere, encidern, antworten, entsprechen: und mags
die sichtbarliche Vernunft nicht begreifen, so ersuchen wir
die unsichtbaren, welche, so sie angriffen wird bei seinem
(d. i. ihrem) Hecht, nicht minder, dann wie die sichtbar ist,
entgegnet. Paracelsüs 1, 87';
'was wolltest du mit dem dolche? sprich!'
entgegnet ihm finster der wütherich. Schiller 62*;
doch schnell besonnen ich entgegn ihm so. 519';
er war so von seinen gründen eingenommen, dasz er auf
nichts, was man ihm entgegnete, achtete.
ENTGEGNUNG, f occursus, contradictio, responsio, gegenrede.
ENTGEHE.N, exire, evadere, elabi, effugere, ahd. intkän,
ingangan (Graff 4, 85), mhd. engän {wb. 1, 471'), nnl. ontgaan.
erst die unpersönlichen, dann die persönlichen bedeutungen.
1) unwillkürlich entgeht mir
a) das blat:
dö ich den wolf alsA traf
und im eogienc sin beste; saf,
d6 moht ör lutzel vliehen. Hahnt Strickkb <. 18;
pnlver, wodurch blut und geist entgebt. Bbockes 9,85; die
färbe en(gieng ihm, trat zurück, er erblich.
b) die milch:
und mir entgieng (tergieng) aus mangel alle milch.
TIBCK2, 247.
e) der same : wenn einem mann im schlaf der samen ent-
gehet. 3 Mos. 16, 16.
d) der fusz: und der magd in ihrem über die leiten» ab-
steigen zu ihrem unglück ein fusz entgieng, dasz sie ab zu
der erden fiel und ihr ein bein brach. Äocc. 2, HO"; sind ihm
die beide füsz entgangen und ist also ins wasser geplumpt.
WiCKKAM roll». 30';
et tollten bald die fQtie mir
durch falschen tritt entgangeD sein. Omti.
mhd. dö begunden ime die fuo^e ingAo. Reinit. 808.
e) geist, athem, kraft, mut, lust: do nam sie und ver-
•chland prinnende kulen bisz ir der geist engieng. Albr. von
EtskSO*; mein blöd herz mir entget. MelissusK&*; der athem
entgieng ihm; das ander, das ein sterbender mensch an im
bat, ist, im enigeet all sein natürlich hilz. Keisbrsr. pred.
Mf*; also weoa ein mensch in ein kloster kumroet, ao soll
ENTGEHEN
540
im entgeen aller natürlicher anmut (s. 1, 409), den er hat zu
vatter, zu muter, zu freunden und gespilen. 50';
da wolle mir für angst der beine mark verseieen,
durch die gewissensqual entgieng mir meine kraft.
Fleming 17;
glückselges allcrtbum, das, weil die krnfl cnigehn,
stets an das ende denkt. Chr. Grypiiius 1, 354;
aller muth entgeht mir, so in der kunst als im leben fort-
zufahren. TiECR Sternb. 2, 279.
f) mir entgieng {vergienge) vil eh der hust, als inen der
wüst. Garg. 68'.
g) ein seufzer, ein fluch : dem Elsaszer Flitte entgieng im
Sessionszimmer ein leicht geschnalzter fluch. J. P. flegelj. 1, 6.
2) mir entgeht etwas tor» auszen,
a) die speise, kost, der leckerbisse: salmen oder selmling,
waj erst ausz gat das sellzam ist, das ist ir jubilieren, da
keren sie allen fleisz an, daj der schleck inen nit entgang.
Keisersb. s. d. VI. 5*; also thunt unser pfuffen auch, und
lugen wa die allerbesten fisch feil seien, das nemen sie fleisz-
lichen war und lugen duruf als ein dCil {dohle) uf ein maus,
das inen der schleck nuinmen nicht engang. 7*.
b) einem ritler entgieng sein pferd {gieng ihm durch^, das
er zu ferr in die feind kam. schimpf und ernst cap. 47 (243) ;
die beute, der vortheil entgieng uns ; er läszt sich den vor-
theil nicht entgehen;
da er uns aber an den enden
den knechten entgieng ausz den hcndcn.
El. Sachs III. 1, 203*.
c) also ist mir die zeit entgangen {dahin gegangen, ver-
gangen), das ich lenger ausgewest pin, dann ich hett gemeint.
Albr. von Eybe 14'.
d) diese Wahrnehmung, bemerkung ist ihm entgangen (an
ihm vorüber gegangen, nicht eingefallen) ; es entgeht mir nicht,
non me praeterit; kein wörtchen ist mir davon entgangen;
in seinem herzen
war diese falte wirklich mir entgangen! Schiller 285';
die gelegenheit soll mir nicht entgehen; er hat es sich ent-
gehen lassen, es aus den händen gelassen.
3) persönliches entgehen mit dem dativ, entrinnen, entwischen :
der böse wird gefangen in seinen eigen falschen worten, aber"
der gerechte entgehet der angst, spr. Sal. 12, 13 ; wer gott
fürchtet, der entgehet dem allen, pred. Sal. 7, 19 ; ich wil ein
Unglück über sie gehen lassen, dem sie nicht sollen entgehen
mügen. Jer. 11, 11 ; und du seihest wirst iren henden nicht
entgehen. 38, 28 ; ich aber wil etliche von euch überbleiben
lassen, die dem schwert entgehen unter den beiden. Ez. 6, 8 ;
und wil mein angesicht wider sie setzen, das sie dem fewr
nicht entgehen sollen. 15, 7 ; der wird der strafe nicht entgehen.
Sir. 29, 26 ; sie suchten abermal in zu greifen, aber er entgieng
inen aus iren henden. Joh. lO, 39, goth. usiddja us handum
iz6; dieser mensch musz ein mörder sein, welchen die räche
nitht leben leszet, ob er gleich dem meer entgangen ist.
apostelg. 28, 4 ; dem regen entgehn und ins wasser fallen,
ausz einer kleinen fahr in ein gröszer. Alberüs ; einem pfeil,
einem schusz entgehen; wenn ich mich wol hielte und ein
wenig besser meiner Jugend entgienge (zum manne heran-
wüchse). Simpl. K. 333;
wenn ihr ein kind entgieng (starb), so dankte sie dem Herrn.
Cur. Grtpuius poel. wMäer 2, 166;
ich bin der Stadt entgangen,
da war ich wie gefangen. Ui 1, 27 ;
sie spielen falsch, gestehen sie, sie wollen
in dieser Schlangenwendung mir eutgebn. Schiller 262* ;
ihr seid unlustig, weil euch Orleans
entgieng. 461*;
entgegnet ihm, dasz er euch nicht entgeht. GöThk 41,144.
4) entgehen ohne dativ, bei Maai.er 104' entgon, sich heim-
lich binwag schleickcn : und hiesz die da schwimmen kündlen,
sich zuerst in das meer lassen und entgehen an das land.
apostelg. 27, 43 ;
Petuica war jüngst hin von ihrem mann entgangen.
LOOAÜ 1, t^S. 113;
du) böll ist schwarz und kalt und brennet doch darinnen ?
0 nicht auf das, wie man entgeh, ist drauf tu sinneii.
1, 229, &7 :
oder, weil die deuUche weit weiland einen hund band auf
dem. der aut der tchlachl entgieng nirhi durch gettenwehr,
' durch lauf. 2, M, 7» ;
unter diesen dingen entgieng der Jüngling und lief was er
konte. per», baumg. 2,22; er entgieng aus den banden aller.
ÜPin Argtnii 2,831;
541
ENTGEISTEN — ENTGELT
ENTGELT — ENTGELTEN
542
nur ein einigs war entgangen,
war vom baufeo kommen ab. Spek trutxn. 237;
als nun jeder in dem streite
seinen feind aufs schärfste trieb,
nahte sich ein klügrer dieb
und enigieng mit Tbrer beute. Hagedorn 2, 50;
aber du sollst nicht entgebn, ergib dich oder ich beisze.
GöTBE 40, 217.
ENTGEISTEN, spirilu prirare, gegentheil von geisten (mhd.
icb. 1,437*) spirilu implere: dar umbe hat got sin natürlich
bilde, slnen sun, den Hüten geoffenbaret, daj si ime nach
kriegende geleitet werden in eines entgeisteten geistes üebunge
in da; erste unbegriniche wesen. predigt bei Hacpt 8, 231,
doch nhd. findet sich nur die folgende form.
ENTGEISTERN :
ehr wird die glut in schnee,
die flamm in ^Insern eis. das meer in gras sich wandeln,
eh ich entgeistert siehn den anschlag abzuhandeln.
Gktphius 1, 69;
der den entgeisterten beim leben noch erhält.
Loue.iSTSi.'« Epichar. 44, 462;
sachte, wollt ihr mich entgeistern? vo.t 6irek?i Guelfis 63;
ach mein, bedenket doch wie dieses ihn noch kränkt,
wenn er sein liebstes herz da sieht entgeistert liegen.
NeoARES lustw. 1S9;
wenn nun ihr schlafend leib wird als entgeistert ruhn.
Halliank Adonis d2;
dies reizt mich eben an, sie listig zu entgeistern [tödten).
Uariamne 5;
wofern bartneckigkeit nicht ihren sinn bemeistert,
die, wo sie sich nicht gibt, werd augenbiicUs entgeistert. 63
icb eotgeistre sinn und herzen
durch die überhäuften schmerzen. Haügwitz Soliman 2, 228
der ewige Schlummer entgeistert die brüst. GC.ither 934;
der woUust süszer träum entgeistert mein geblüte. Cawitz 4
vor den hütern des grabs dürfet ihr euch nicht fürchten, denn
sie selber sind entgeistert und liegen für todt da. Otho kran-
kenlr. 434 ; da wird dann der elende mensch ergeistert (/. ent-
geistert) und zu boden gedrückt 1175; der liebe mann ver-
meinet, er sehe die teufel vor seinem bett, wovon er ganz
entgeistert worden. 1186; so blieb ich hergegen ganz ent-
geistert mit halb hinweggewendetem gesiebte vor der thüre
stehen. Felsenb. 2, 356 ; ich war vor freuden fast entgeistert.
trestph. Hob. 182;
man sucht sie gleichsam zu entgeistern. Biockks 6, 263;
bei un$em kalten
entgeisterten verliebten. Wielasd 5, 199;
von wie viel mehr krankheiten als man gemeiniglich glaubt,
liegt die wahre Ursache in einem verwundeten oder gepresten
oder entgeisterten herzen, 8, 32 ;
vom ungewohnten streit entgeistert. 21,275;
entgeistert von entzücken. 22, 127 ;
die schöne Rezia, von lieb und angst entgeistert. Oberon 5, 43;
ja, Doris, ja icb seh uns beide
für Zärtlichkeit entgeistert sein. Rost tchdferg. 35;
sie stürzt entgeistert auf ihr angesicht. Pfeffel 2,169;
wenn wird ein greiflich gespenst von schönen bänden ent-
geistert. GoTHK 14,8;
wenn dein linger durch die saiten meistert,
Laura, jeizt zur statue entgeistert,
jeut enikörpert steh ich da. Scbiller 2*;
der allmächtige enfgeistemde tod. J. P. dämm. 47.
ENTGEISTERUNG, f. Agathon verfiel unvermerkt in eine
gewisse mattigkeit der seele, welche wir nicht kürzer zu be-
schreiben wissen, als wenn wir sagen, dasz sie vollkommen
das widerspiel von der begeisterung war, worin wir ihn bis-
her gesehen haben, man würde sich irren, wenn man diese
entgeisterung einer unedlen Ursache beimessen wollte. Wieulsd
2, lä3;
die keusche infantin erwacht
auf einem bette von schilf und Wasserlinsen
au» einer langen entgeistrung. 4, 80.
ENTGELT, m. und n. pretium, oß falsch geschrieben ent-
geld, fast nur in der formet 'ohn entgell', gratis:
des mancher solicher hat entgeh. ScHWARZEirBEKc 152^ ;
er euch bald sol wider geben
eur gut und ohn allen entgelt. AT>Kt445';
alle gefangenen allerdings ohne entgelt ledig lassen. Walleji-
CTEI5S briefe n* 49 (a. 1625) ;
viel lieber bleiben hell ich obn entgelt gewolt,
da so gar ungleich mir der Wechsel werden soll,
WsRDiiiSilr. 30, 128;
die darzn bestellten thürbüter waren auch befehlicht einen
jeden ohne entgelt einzulassen. Lohexst. Arm. 2,971;
ists christlich, cbristenvolk, dem gott den bimmel schenkt,
dasz dich nicht ohn entgelt man in die erde senkt?
LOGAC 1, 162,96;
was bat der deutsche krieg, der sich so lang erstrecket,
von fruchten und von nutz doch immer au^gehecket?
er wuchs und wuchs für sich, bat aber den entgelt,
dasz, er dem deutschen preis den leichendiensi bestellt.
3, 90, 69 ;
bedrengte und die ohne ihren entgelt um das ihrige kommen
sein. BcTSCHKT kansl. 444;
durch einen blick voll zorn des nachbars ruh verbrennen,
und frei und obn entgelt und fürstlich morden können,
ist etwas, das viel beiszt. Gc.vtbek743;
bereit und willig, sie nach nnsenn besten vermögen, ohne
einiges entgelt, gern mit allen bedürfnissen zu erquicken.
Felsenb. 4. 250 ; alle gefangenen, ohne entgelt, auf freien fusz
gestellt Pierot 4, 100 ; eine schule für die armen kinder auf-
bauen, worinnen selbige ohne entgelt unterrichtet werden
könten. nord. Robinson l, 106 ; fiberiiesz daher meinem Stief-
sohn mein ganzes witthnm ohn einzigen enljelt ehe eines
weibes 298; ihm einen theil seiner erkenntnis ohn entgelt
mittheilen. 334; unterhalt an essen, ohne entgelt Ptesst
1, 408 ;
was hätt ich für entgelt? J. E. Schlegel 1, 420;
auf ein jähr, ohne entgelt. Götbe 8, 91. 42, 116. 339 ;
bis fnan dem liebenden vater das freundlichblickende mägdlein
hingibt, frei, obn entgeh. /{. 1,99;
jenes gescblecbis ja sind sie, die Zeus Kronion dem Tros einst
gab zum entgelte des sobns Ganymedes. 5,266;
da ein fremdes gut, ohn allen entgeh, sie verprassen.
Od. 1, 161 ;
so des einzelnen manns erbgat ohn entgelt zu verprassen.
1,378. 2,143;
dasz auch ihr ohn entgelt in onserm hause dahinsinkt.
1,3S1. 2,146,
WO im original die adjectite art^iaros, vrj-Ttoivos slehn, unterm
adverb entspräche car^iärr^v, vT;7ioiva, unentgeltlich,
ENTGELTEN, luere, darepoenas, ahd. ingeltan (Graft 4, 187),
mhd. engelten («b. 1, 520), 6« älbb. vox H. untgelten (Hacpt
11, 363), nnl. ontgelden, mit dem gen. der tache.
1) o/I im gegensati zu genieszen :
so entgelt ich des ich nie genosz. fastn. 415,6;
wer hat ein rechten frummen kant,
der tugent nit entgolten hab? Scbwarzexberg 157';
und darumb habent die bauren irer Unzucht entgolten. Aimon
A4'; aber sein (Christi) genieszen wir, wo wir unser ent-
gelten. LcTHER 6, 74" ; gleichwie man im weltlichen regiment
einen ubeltheter henket oder köpfet umb seiner missethat
willen, und ein iglicher seiner bosbeit oder frömkeit entgilt
oder geneuszt 6, 233' ; denn wie oft eine Stadt eines bösen
menschen entgilt oder eines frommen geneuszet, so gehets
auch in zechen. Matbesics 37'; was einer nicht genossen hat,
bat er auch nicht zu entgelten. Lehmann 202.
2) gewöhnlich neben sollen, müssen, können, wollen:
wer unrecht hat sol sein entgelten, fastn. 241, 11;
du solt sein sicher nit entgelten. 40'2, 10;
wes sol ich dan entgelten? 402, 19;
darumb musz ich si lassen schelten
und der warheit oA entgelten. Mcr.«(cr sdielmenz. 116,8;
unser veter haben gesündigt und sind nicht mehr furhanden
und wir müssen irer missethat entgelten, klagt. Jer. 5, 7 ;
diese wird man aus der gemeine werfen und ire kinder müs-
sen ir entgelten. Sir. 23, 34 ; ist denn das auch recht, das
einer musz bei gott des andern entgelten? Lcther 3,204;
hie müssen die bösen des frommen entgelten. 3, 20S' ; wir
wollen derselbigen {frommen leute) freilich nicht entgelten,
sondern wol genieszen und dürfen ir auch warlich wol. 3,381';
so er unrecht befunden, wolle er des entgelten. 3,410'; aber
itzt müssen wir der andern entgelten, die da nicht beten
und mit inen ein stück leiden, weil vrir bei inen wonen.
6,126*; und wie wir in Adam alle allein des entgelten müs-
sen, das wir sein gliedmasz oder blut und fleisch sind. 6,231';
müst man denn so viel von dem einigen apfel halten, das
die ganze weit desselben entgelten und sampt so viel feinen,
treflichen weisen leuten, ja gottes son selbs, sampt allen
Propheten, vetem und heiligen sterben müssen? 6, 232'; weil
nu wir müssen sein entgelten, so musz er sich wideruinb
543
ENTGELTEN -- ENTGELTNIS
ENTGENZEN — ENTGLIEDEN
544
unser als seiner glider annemen. 6,241*; da sie sahen, das
sie ir treu gegen der gemeind entgelten sollen, da gebrauch-
ten sie sich irs gewalts, erkanten und lieszen zu, das sie
triumphieren solten. Livius Schüfferlin 49'; ob sie allein
entgelten müsten, das sie des frommen königs Hiero dochler
wer, betten ir Schwester und brüder düchtermishandelt, warum
sie des entgelten soll? 12»'; die frommen haben der bösen
müssen entgelten, kluge, weise reden 130'; mein ganzer leib
musz des hesziichen angesichts oft entgelten. Alberus l';
denn der guilhat soll man genieszen,
dargegen der misseihai entgellen. Atrer 238';
ganze reich, sonst wol bestell, musten ihr beider {Paris und
Helena) auch entgelten und drob zu grund gehn. Fischart
ehz. 2S ; es musz einer des andern fehler entgelten, was einer
mishandelt, musz der. ander büszen. Lehmann 127 ;
oft eines menschen misseihat
cnigelteo musz ein ganze stat. 188;
der wirt gencuszt oft des gasts und der gast musz oft des
Wirts entgellen. 201; der musz oft eines dings entgelten, der
es nicht hat genossen. 201 ; doch wie ehrliche, aufrichtige,
keusche gemüter derer, die ihre geschicklichkeit mit üblen
Sitten verdunkeln, nicht entgelten können. Opitz poeterei 11.
3) hdußg auch neben lassen :
des seit ir nit uns eotgelien lan. fastn. 422, 26;
und sihe, sie lassen uns des entgelten. 2 c/iron. 20,11; er
liesz das volk der Sünden Manassc entgelten, äi.berus ; laszt
mich meines wegscheidens nicht entgelten, dieweil ihr doch
sehet mich nicht schuld daran tragen, buch der liebe 255, 4 ;
aber ich wil euch bitten, dasz ir michs nicht wollt lassen
entgellen. 288, 1 ; du kannst deinen feinden helfen und sie
ihrer bosbeit nicht entgellen lassen, wenn du deinen Jesum
zu hülfe nimmst Scriver seelensch. 2, 360.
4) die neuere spräche hat, wie in viel andern fällen, auch
hier den gen. durch den acc. verdrängt, in
nun läszt man michs entgelten. Grtphius 1, 380.
fühlte man nicht mehr, ob 'es' das mhd. es oder Cg sei und
weibliche genilive unterschieden sich, ohne beigefügten artikel,
nicht mehr vom acc. andere mal wählte man den deutlichen
acc. : du hast uns veracbt, das must du auch entgelten, buch
der liebe 201, 4 ; was der köpf thut, das müssen die füsz ent-
gellen und was die füsz thun musz der köpf nicht enlgelten.
Leumann 201;
lasz auch nicht den mund entgelten,
was die band verbrochen hat. Göntber261;
wie, darfst du schellen?
das bankbein her! zerblnul ihn! schlagt!
sein maul soll jedes wort entgelten. Hagkdorn 3, 124;
versioszt sie meinetwegen, Nathan, Nathan!
warum es sie entgelten lassen? Lessing 2,360;
läszts liebe vich allesammt entgelten,
dasz der mann ihm seinen hüben ihät schellen.
menschen, Ihiere und Göthe 16 ;
so hat er wahrhaftig
grosze ilrafe verdient und soll mir alles entgelten. 40,99.
und alle die ihn umgeben, müssen seine laune entgelten.
TiECi 11, 67 ; quidquid deiirant reges, plectuntur Ächivi hat
man verdeutscht:
was heerfiihrer im wahn aussianen, entgelten die Völker.
5) tadelhaß kommt ein dal. der person statt des acc. vor:
dasz er ir solchen widerdriesz nicht entgelten liesze. weg-
kürzer 6'; wenn sie nur nicht den enkeln zu hart die Un-
geschicklichkeit ihrer voreltem entgelten lassen. TuDmmel
4, 331.
6) etwas anderes ist der dat. commodi: du sollst es mir
entgelten I ; das soll er uns entgelten.
ENTGELTLICH, cujus pretium solvendum est, wofür bezahlt,
etwas entrichtet werden musz: die entgeltliche annähme von
Pflegekindern, unentgeltlich, gratuilus.
ENTGELTNIS, f was entgelt: der entbot im, er soll sie
ledig lassen, on alle entgeltnus, freundlich, friedlich, seh.
vnd emsl 1555 eap. 25; ob jemand hie wäre, der etwas mis-
fallens an meister Ulrichs predigen hlltte, der mag hie vor
minen berren in der unwarheil bewinen, fri, sicher und on
alle entgeltnis. Zwincli 1,117; er soll seine feind on alle
entgeltnis ledig zelen. Frani chron. 1531. 24'; entgellnu».
Frankf. reform. lU. 10,12; wolle ich ihn ledig ohn alle ent-
geltnus Jatsen laufen. Galmy 249; die Homer pdcglcn ihre
galtbaten umbsonsl und ohne entgeltnis auszuleihen. Livius
6«i Rikel Mi; ioe ohne gepttrlidie straf, entgeltnis uod Ver-
sicherung nit auskommen zu lassen, urk. von 1571; ohne an-
dere entgeltnus. Puilander 1,310; ohn all ewre und ewrer
waJiren entgeltnus. Zinkgr. 397, 10.
ENTGENZEN, s. entgänzen.
ENTGESTALTEN, deformare, ungeschaffen, ungestalt machen,
entgstalten. Maaler 10t'.
ENTGESTEN, s. entgasten.
ENTGIESZEN, effandere.
ENTGIFTEN, i'eneno privare, venenum adimere , nnl. ont-
giftigen: der blitz, welcher die giftigen ihiere entgifteU
LoHENST. Arm. 1,620; die entgiftende heilmethode von dr.
Eisenmann, ergänzungsbl. zur jen. lil. ztg. 1840. n* 59 ;
helft den tod mir tödten und das gift entgiften. KSckirt 11.
ENTGIPFELN, cacumine privare. sich entgipfeln, wie ent-
blättern :
dein zweig enigiplle sich bis an die wölken hfn ! Kbspk.
ENTGLÄNZEN, resplendere, hervorstrahlen, nnl. ontglanzen :
wenn du dem bade des meeres eniglänzest. Stolbeho 4,272;
Chelonens riesenschilde
entglanzl ein streng gebilde. Göthk 41, 164.
ENTGLASEN, die glasmasse zur krystallisation bringen.
ENTGLAUBEN, fideni infirmare hat Stieler 666.
ENTGLEISEN, ex orbila reccdere , aus dem gleise weichen
und ex orbila removere, aus dem gleise bringen: der herab-
hängende Iheil der kuppelstange risz eine schiene auf und
fiel unter die räder, die folge war das entgleisen des ten-
ders und der folgenden waggons. der lender und gepäcks-
wagen blieben entgleist auf der bahn. Österreich, zeilung 1856
«0. 247 ; kam die beobaclitung zur spräche, wonach auf einer
eisenbahn, die von norden nach süden führt, die wagen das
bestreben haben gegen weslen, und wenn sie sich von Süden
nach aorden bewegen, gegen osten hin zu entgleisen. Ham-
burger corresp. 1857 n(f. 120 s. 2.
ENTGLEISUNG, f. das verlasseh des geleises, das gerathen
aus demselben bei eisenbahnzügen: bei entgleisung einiger
wagen des bahnzuges nahm kein passagier erheblichen
schaden.
ENTGLEITEN, elabi, mhd. engliten {wb. 1, 549'), nnl. ont-
glijden.
1) vom fusz {vgl. entgehen l, d) :
wie entgleitet schnell der fusz
schiefem glatten boden? Göthe 41,340;
und kommt auch ihr mir zu hülfe, wollhätige grazien, . .
haltet ihm in euren spiegeln die freuden des himinels vor,
wenn euer fliehender fusz seinen geizigen armen entgleitet.
Schiller 113';
voll schrecken sahs die schildkröt und entglitt in ihr bollwerk.
Pfeffel 5, 77.
2) von Waffen und gerälhe: der dolch entglitt seiner band,
sica ei elapsa est,- ,
und bei entglittener brill und silberfarbenem haupibaar
lag auf dem buche die miitzo von violcitenem saiumei.
Voss 2, 268.
3) von gewisser und schiffen: der bacb entgleitet durch
die wiese;
und nun schwellte der wind des sepels miit, und umher scholl
laut die purpurne wog um den kiel des entgleitenden schilTes.
//. 1,487 {früher: des gleitenden);
mag immerhin der ström entgleiten,
der meinet Icbens kahn eniftihrt,
indes der bord der Jugendzeiten
sich mir in fernungsduft verliert. Salis 31;
Wandrer, der am xtrom der zelten
mit gesenktem blicke ruht,
sieh, auf seiner fliil entgleiten
wolkenscbatten, roseoglut. 119.
4) von tönen:
Jubel entglitt den stählen der vierundtwnnzig gerechten.
Messias ,..;
bis liebliche iubel den taiien,
zum giuitze aus lenzes, enigleiien. Gorria i,tM.
5) von schmerzen :
Anna «inkt zu bodcn nieder,
ihr eniglciien schmerz uod noih,
und »ie kl.igl und w<:int nicht wiviler.
der einsiede! war der tod. LsnaO neu. gtd. SOS.
ENTGLIEDEN, arliculatim discerpere, dearluare, terstüekeln,
DiBFKNBACii 106', cntliedcn, dimembrare. voe. IheuL U82 g5',
mhd. enllideo, zeliden, nnl. ontledcn, nd. entledrn (i. b. bei
545
ENTGLIEDERN — ENTGLÜHEN
ENTGLCHEN — ENTGRENZEX
546
Gefken 154): nim hüenre, die brdt niht volle gar, entlide
die zu morseln und la; sie sieden, von guter sp. 30 ;
ich bin elendiglich Terstümmeli und entgliedet. Scbottbl.
ENTGLIEDERN, dasselbe. Stieleh 670, entglideren, Maa-
LER 104":
dein stamm musz uniergehn
eoigliedert und Terböbnt, was wilUiu langer stehn ?
Grtphics 1, 47 ;
die so viel verworrenes ersonnen,
als kein HacbiaveU genung entgliedern kan.
CuB. Gaipuiüs poet. u>äld. 1, i2S.
ENTGLIEDERUNG, f. concisio , dissectio, laceralio : gold
sei eine entgliderung und brechung der lugenden. Reinike.
Rost. 1650 s. 169 ; die partiale Zerstörung seiner animalischen
natuT heiszt entgliederung oder Verstümmelung. Ka>t 5, 250.
ENTGLIEDLNG, f. dasselbe. Maaleb 104*:
man hat und ist gejagt, was mag erhalten sein?
entgliedung, misverstand und boitenpein. Scuottkl.
ENTGLIMMEN, gliscere, incendi, nnl. octglimmen:
mein eis entglimmt von deinen keuschen flammen.
LoHKHST. Ibrah. 4;
jetzt aber ist durch gottes glut
ein neues himmelslicbt entglommen.
Chr. Grtphils poe*. usälder 1, 190;
St. st! ich höre stimmen,
er stimmt, er spielet schon,
o hört doch nur den schmeichlerischen ton,
von welchem herz und leib enigümmen! GC!«ib8rS46;
bei diesen opferberd wird nun dein bild gebracht,
es mit vergiszmeinnicht und ehrenpreis zu schmücken,
die liebe musz darauf entglomne kohlen su-eun. 647;
kaum vom tage besu-ablt, lallts kind von ihm schon,
und entglimmender sonnen
scher, erlöschender, nennt ihn vor gott. Klopstock 1, 119;
sonst entglomm uns auch wol etwas wie licht, doch wars
kaum noch sichtbare dammerung. 7,41;
noch wars mitternacht, und schon
riefen sie am uieer mit tausend stimmen
ihrer feuer gotibeit zu eniglimmen. Stcrz 2, 2S7;
da wo in sanften westen
des baumes blute schwimmt,
wo kaum belaubten ästen
ein sonnensu'al entglimmt. Tuomsin in Voss musenalm.
1777 s. 95;
blumicht mögen die auen blühen,
entglommner junge rosen glühen. Fr. Mcllsr 1, 209;
des hohen Pbarus trübe leucht entglimmt
am schrolTen vorgebirg im abendduft. Matthisso:« 166 ;
nun ist entglommen
des frühlings segen. Ri:c&ERT 211;
ich bebe dann, entglimme
von allzu rascher glut. Platen 13;
ist endlich entglommen
der heisze streit,
mein schwen, und gekommen
ist deine zeit. Lemau neuere ged. 269;
so sprechend wendet er sich um und kehrt
die äugen rings, von zorn und wut entglommen.
Gatts Bojardo 2, 24,56;
nicht anders {als durch springen in die flul) könnt er rettung
mehr bekommen,
denn alles, bis aufs bemd, war schon entglommen. 3, 1, 20;
als er dies wort und diese Schmach vernimmt,
da kann der Jüngling sich nicht mehr bezwingen,
sein ganzes herz, sein angesiebt enigllinrat,
und funken siebt man aus den äugen springen. 3,5,53;
er sah nach der morgenrölhe des Vollmonds, die über St.
Lüne entglimmte. J. P. Hesp. 2, 80 ; auf diesem wege begegnen
wir der vermulhung, dasz der brand von Persepolis nicht
blosz aus einer rohen , absurden Völlerei entglommen sei.
GöTHE 6, 9S.
ENTGLITSCHEN, verstärktes entgleiten: wenn dir dein
leben in bosheit enlglitschet. pers. baumg. 9, 17 ;
doch Hüons gutes glück entglitscht dem todesstreicb.
Über an 1,59;
der schlalTen band enigliuchen scbwert und sper. 5, 67.
s. glitschen.
ENTGLCCKEN, affligere, perdere, gegensatz von beglücken:
wie dein gerechter zorn eniglücket
des aufgeblasnen feinds geiiiül. WicKaKRLi.t 368;
in ewres unghicks flnsiren nacht
belind ich duppeli mich eniglücket 543.
ENTGLÜHEN, incandescere, incalescere, anfangen zu glühen,
nnl. ontgloeijen :
der geusxt ins feuer öl, flut auf entglübte steine.
LoHKNi TUM Ibrah. 4b, &19 ;
in.
und wie die wehenden locken ihm flogen, die wang ihm
enigluhte,
sank er vor Jesus Christus, dem weltbeherscher, zur erde.
Messias 16,96;
mein herz eniglühei. herschend und ungestüm
bebt mir die freude durch mein gebein djbin.
Klopstock 1,16;
als ihm die rötbe für sie
schon entglühte. 2, 5S;
sie (die moosrosen) entglühen lieblicher, als der Schwestern
blühendster husch, dullen süszern geruch. 2, 61 ;
es eniglüht schon in euren landen die asche,
wird von erwachenden funken schon roth. 2, 127;
lasz mich nicht davon reden, ich möchte zu sehr von gram
und von zorn entglühn. lo, 21S;
da sah den Jüngling eine muse blühen,
gewann Ihn lieb, gusz in sein welches herz
gefuhl, bei ihren cboren zu enigluben. Götter 1,3;
was ist dir? du entglütast und schrecklich rollt dein blick!
2,445;
die nonne voll von welscher wut
eniglüht in ihrem mute,
und snon auf nichts als dolch und blut
und träumte nur von blute. Höltt 43;
der alpen scbaee eniglüht in hoher luft,
Geneva mahlt sich in der fluten Spiegel. Mattbisso.'< 110 ;
selbst die Sehnsucht, die erkaltet,
die erstorben war, entgiühi. UCrgir 1*;
sein herz eniglüht für eine neue tugend. Scbilikr 263';
wie sie staunen, von nie empfundenen gefublen entglQben
werden. 317'; das madchen entglühete hochroth. J. P.
Katzenb. 1, 9.
ENTGÖNNEN, j. entgünnen.
ENTGÖTTERN, spoliare divina dignitate:
durch diese wirst du nun, elender tropf, entgöuert.
und wie ein schnöder stumpf zerspalten und zerschmettert.
Chr. Grtpuil-s 1, 90;
wir wünschten aus wahrer wolmeinenheit gegen das beste
der menschbeit nichts weniger, als dasz es jemals einem
Sokrates gelingen möchte, den Amor völlig zu entgöttem,
ihn seiner schwingen zu berauben und aus der liebe eine
blosze regelmäszige Stillung eines physischen bedürfnisses zu
machen. Wieui.nd 2, 205 ;
enigötiert schleicht im hain, am rosenbacb,
der musengott den Schäferinnen nach. 5, 1S7 ;
ich bin dein söhn., du wolltest ja
dich mir zu lieb entgouern. Bluxacers Aeneis 1, 155;
fühllos selbst für ihres künstlers ehre
dient sie knechtisch dem gesetz der schwere,
die enigötterte naiur. Scuiller 22';
doch so lang es {das herz) pocht, soU ringen
nach dem höchsten jeder schlag.
meinen heiigen kränz entbläuern,
meine göltin mir entgöttern,
welche macht die das vermag? A.W. Scblkgil im musenalm.
1796 s. 117;
der himmel ist öde,
ein blauer kirchhof, enlgöttert und stumm.
Hei.^e romanzero s. 125.
ENTGÖTTERUNG, f.
auf dem Ö:a in den flammen
bü>zt er die entgöttening. Tieoce.
ENTGOTTESDIENSTEN, cultu divino spoliare: wir traten
in die kirche. der castellan , wie man ihn wol in diesem
entgottesdiensteten zauberpalaste nennen durfte, schickte sich
an die ihm scharf empfohlene pQicht zu erfüllen. Götue
28, 220.
ENTGÖTTLICHEN. GöUinger gel. anz. 1841 s. 279.
ENTGRABEN, (ödere: und wie des corrosifs art ist, friszt
es umb sich in die weite und entgräbt zwischen haut und
fleisch hole hinein. Paracelscs chir. sehr. 36l'; sie müssen
sie (die kinder) doch alle mit besängnus begraben lassen,
oder man entgräbt sie aus dem geweichten (aus der ge-
weihten erde). Fischart bienenk. 168*;
klangst du auf marmor, o münze, die tief den niinen der
landmann
schwarz und gepräglos enigräbt, nicht in den hallen des
markts? Mattbissoh 261.
pass. K. 431, 76 Steht entgraben /ür entwenden.
ENTGRÄTEN, exosjore piscem, dem fisch die gräten aus-
nehmen, nnl. ontgraten; eiosso, ich entgrüt. Albercs;
leicht und entgrätet durchflosz die weiszen kuppen der zahne
der goldbarsch, argus und thun mit der antiken murnne
auf süszeo mundwein des persischen chans. TuüaaEL 5. 465.
ENTGRENZEN, sich, fines egredi, über die grenie sekreiten :
mit der siege zahl entgrsnzet
sich die wuih noch mehr zu siegen. WiiLA.'tD 32, 141
35
547
ENTGRIMMEN — ENTHAAREN
ENTHABEN — ENTHALT
548
ENTGRIMMEN, incendi ira, vgl. ergrimmen:
doch unser geist enigrimmi. Grtphius 1, 13.
ENTGRÖBEN, exasciare, aus dem groben hauen, arbeilen,
verfeinem. Stieler 706, klärer machen. Rädlein 240* : ist zu
besorgen, sie seien noch nicht so fem enigröbet. Luther
3,39'; er musz uns also entgröben, er rausz gar grobe est
und spene von uns weg hawen. Ldthers liscbr. 46'.
ENTGHOBERN, dasselbe, gebildet wie vergröbern.
ENTGRÖUL'NG, f. exasciatio: das ist die hübsche ent-
gröbung. Luther 3,49'; und erlichten allhie entgröbung,
studierung, Verwunderung, langweil. 3,61'; diese propheten
gaukeln daher mit irer lebendigen stimme vom liimmel, mit
der entgröbung, besprengung, tödtung und dergleichen schwül-
stigen wort, die sie selbst nie verstanden haben, br. 2, 579 ;
es ist nu zu ernst worden , was wir zuvor von der ent-
gröbung, langweil und Verwunderung gescherzt haben. Lu-
ther 2, 527'. br. 2, 667 ; enthusiastische entzuckung und ent-
gröbung. eselkönig 164.
ENTGRÜNDEN, fundamento privare, als grundlos darstellen:
durch dise wort war bald entgrflndet
des Rheins aagsl, so allein erdicht. Wsckhirlin 348.
ENTGRCNEN, 1) transitiv viridilate spoliare, vgl. nnl.
ontgroenen :
wäld, gärten, berg und tbal entgrünet und entlaubet.
Weckherlin 788.
2) intransitiv virescere, virere, grünen, vgl. nnl. ontgroeijen :
wie die braunen keime
halb entgrünt sich blahn. Voss 5, 22S;
hier wandelte nimmer der ödem des mais,
hier wiegt sich kein vogel auT duftendem reit,
nur moos und flechten entgriinen
den wilden ruinen. MAiinissoN 103(172);
man erstaunt ihrem schwarzen rücken den freudigsten wuchs
des öles, des weines, des obstes entgrünen zu sehen. Stol-
BEBC 9, 242.
ENTGCNNEN, invidere, viisgönnen, nnl. ontgunnen, gleich-
viel mit entbünnen oder empünnen, dessen praesens empan
oben sp. 420 angezogen wurde; nicht anders sollte das prae-
sens von entgünnen entgan, wie von günnen, gönnen gan
lauten, die regel dieser anomalie hat sich aber nhd. zersetzt
und wie man von gönnen ein praes. gönnt bildet, ist auch
für entgan entgönnt eingedrungen, in Keisersbergs seh. der
penilenz 118' begegnet sogar entgünden für entgünnen : da
wirt aber nit sein weder neid noch hasz, kainer wirt dem
andern entgünden seiner eer, ob er schon über in ist, als
man dann tut im irdischen tanz, da der underst entgünt
dem obersten seiner eern. dies engunden , entgünden t>er-
zeichnel auch Diefenbach 306*.
ENTGURGELN, jugulare, die kehle würgen oder abschneiden :
dasz er sich weder erhenkt noch entgurgelt hatte. Musaeus
4, 156 ; das schaf ist einer menge krankheiten und einem
frühen tode unterworfen, auch wenn das messer des Schläch-
ters es nicht entgurgelte, hannov. mag. 1844 s. 336.
ENTGÜRTEN, discingere, recingere , losgürten, ahd. ingur-
tan (Graff 4, 254) , vihd. engürten {wb. 1, 593*), nnl. ontgor-
den, den gürtel oder gurt aufthun. Maaler 104', den gürtcl
lösen: wo ein golshuswib einen frien man nimpt, alsbald
sich der entgurtet und zu der frowen leit, so bat er sin
friheit verlorn, weislh. 3, 740 ;
die schlingen binde los,
entgOrte deinen leib, der linke Tusz sei blosz! Grtpbius 1,58;
kommt, lieber herr, nach dieser langen Tahrt
schmeckt ruhe süsz, laszt hurtig euch eotgürten. Ofteron 3, 55;
ha I im ollen siuhl cnigOrtet
dehnt man sich, mit trank bewirtet. Voss 5,249;
enigünei, ahndungslos stieg er ins bad. Götter 2,9;
dann entgör en dl'' ' ' '1= »chwert. Stolbiho 4, 147;
lie selbst und ihr> lurrten,
weibisch ciiigiiriii' vkoue. Platin 117*;
und so enigiinci, Casca, wie ihr seht,
höh ich dl)! hruüt dem donnerkcil cniblöszt,
and thus uobraccd, Casca, a» vou sec,
baTc bared mjr botom 10 the ifiundcrsione. /. Caesar 1,3.
ENTGÜTER.N, tpoliare bonis, exheredare , nnl. ontgocden :
soll ich, um dasz der mond ihn ncuomal mehr beschienen,
enigfitert von ihm geho und als leibeigen dienen ? Grtpiiius 1,297.
ENTHAAREN, nudare pilii, nnl. ontharcn : drr cnthürte
Samson. Locau 3, 66, 52 ;
«entbaart«, nackte haut. IIrockes 7, 650;
der woir aBih.-iUet ihn und als er hurtig tr.iht,
liebt er dts bundes halt enthaart und uhKi^i^ihüLi.
il«ctooR:< 2, 2ti.
ENTHABEN, wie enthalten,
1) suslentare, erhallen, unterhalten: aber in demselben tag
gib im den Ion seiner arbeit vor dem undergang der sunnen,
wann er ist arm und von dem Ion enthabt er sein sei.
5 M»s. 24, 15 nach der bibel von 1483, 95' {vulg. quia pauper
est, et ex eo sustentat animam suam, bei Luther denn er
ist dürftig und erhtlit seine seele damit).
2) sich enthaben, abstinere: lä dich genuegen, Margareta,
da; du mir getan hAst, enthabe dich von mir! Diemers 6et/r.
1,126; 0 muter, ej ist mir ein gröjew pfin, daj ich mich
s6 lange zeit sol enthaben von dem priester. gesta Rom. K.
116. beide stellen sind noch aus dem 14 jh., später xog man
vor sich enthalten, vgl. Schmeller 2, 135.
ENTHAFTEN, e custodia dimitlere, aus der Haft entlassen.
ENTHAFTLiNG, f loslassung.
ENTHÄKELN, diffibulare. Stieler 731.
ENTHALFTERN, capislro liberare, engl, unhalter, nnl. ont-
halsteren: weil die vereinigte Niederlande sich aus dem ge-
horsam der hispanischen könige eben damal enthalftert.
Simpl. Vogelnest 2, 11.
ENTHALLEN, resonare:
den satten rindern
selten nur enihallt das geglock am halse.
Lknau (abcndbiUlcr).
ENTHALSEN, dccollare , ahd. inthalson, mhd. enthalsen,
nnl. onthalzen. in Muglei.ns Verdeutschung des Valerius Max.,
abgefaszt 1369 und gedr. Augsb. 1489 : da liesz die gemein
den ganzen rat enthalsen. 50'; er liesz in dennocbt ver-
urteilen und enthalsen. 79';
verurtheilt und enthalst vor seinem erbpallast.
GRTPeiüs 1, 261;
ob Mariamnen wir enihalsen oder nicht,
was geht ihn dieses an * IIallmann Mariamne 87 ;
wie die palanken er am ersten überstiegen
und wie viel Türken schon von ihm enihalset liegen.
Gümther 405;
so schied sich Heinrich viii von Catharincn von Aragonien
seiner Schwägerin blosz auf antrieb seines zarten gewissens,
ob er gleich mit dessen völliger Zustimmung zwo nachfol-
gerinnen derselben einer angeblichen liebelei halben enthal-
sen liesz. MusÄüs volksm. 1, 87.
ENTHÄLSKRAUSEN, collari nudare:
von meinem ehrenmann blieb, wenn er blank und bar,
entsiaatsperrückt, enihalskrausl, ausgewindclt
aus seinem ^roszen amtstalar,
vom haupt bis auf den fusz cntschindelt,
vor mir erschien, blieb, sag ich, blank und bar
so wenig, dasz es kaum der rede würdig war. üürrsr 106'.
ENTHALSUNG, f. decollalio, enihauplung : bei enthalsung
des ßoetii. Hallmanns Theodorich vorr.
ENTHALT, m. in schwankender bedculung,
1) aufenlhall, verbleiben, wohnung : sit dem mAIe da; got
ein war lieht ist unde der sfile ein enthalt und ir nSher ist,
denne diu sele ir selber s!. Eckhart S4, 8 ; si wil in ime
enthalten werden, ir leben stdt an ime. got hat einen ent-
halt, ein bllbca in slnem wesenne unde dA von ist kein
lAt . . . e; muo; alle; hin. 8C, 36 ; nachdem sich viifeltig be-
gibt, dasz mutwillige person die leut wider recht und bil-
licheit betröhen, entweichen und ausztretlen, und sich an
end und zu solchen leuten thun, da mutwillige beschediger
enthalt, hilf, fürschub und beistand linden. Carolina art. 128 ;
dasz die person keinen gewissen aiisesz noch enthalt hett.
Frankf. reform. l. 12, 14, vgl. Haltaus 326;
ein ameisz in dem >\inier kalt
under eiui bäum het irn enthalt. Waldis 1,84,
auch herberg und enihalt vcrschaf). Hinuwald laut. warh. SM ,
denn die so in eim wilden wald
in dem gebirg Iren enthalt
stets hau gehabt. Lobwassbr JoA. enth, EK{
die weit ist dein enthalt, das klo^tnr ist vor mich.
IIOKaAN.NSWALOAU lieltienhr. 86;
zahllos sind die enihnllo der gcisier. Wislano 32, 302.
2) anhält, sliitze, schütz, sustentaculum : er rdtct mir, daj
ich mich lA;e an die gewaltige hant gotes und da; ich I5;e
allen enthalt der crfatftren. Eckhart 457, 5; Maria li.^le einen
gr();cn enthalt an siner gegenwürtikeit , de» enhjsiu niht.
458, 20 ;
die vruchtbnum niht inihnit
batiin von dem tioiuv. Jkroschi:« 175';
uml hriohi vom selben bäum ein a«i,
der llel hinab in brunncn bald,
daraul die ameist sucht cnihuli. Waiph 1, 70;
549
ENTHALT — E.NTHALTEN
ENTHALTEN
550
frei auf gottes berat and enthalt. Lcther 3, 209 ; da (Jona)
allein auf gottes enthalt dahin feret. ebenda; brennen die
vorstätte, dem feind allen vortheil und enthalt zu entwenden.
Kirchhof mil. disc. 22; zimmerten sie von holz ein sparr-
werk, stelleten solches auf die Stadtmauer und füUeten es
mit Ziegeln aus. diesem diente das holzwerk zum enthalt,
dasz das gebäu nicht wankte. Heilmanns Thucydides 269.
3) unterhalt, Unterhaltung : teglichen enthalt und besserung
der gebeue sollen die zehen Vorsteher beratschlagen, bestel-
len und vollfüren lassen. Lcther 2, 266".
4) lust, Unterhaltung, aus der Vorstellung des wohnens ent-
faltet sich die des behagens und der lust: so sol der mensch
war nemen, wä er sich selben minne und meine, in tuon und
in Mü , in lust, in enthalt, in ere, in Zartheit, in essen , in
trinken, in ruowe, in gemach des libes. tnystiker bei Hacpt
8,463; es bezeugen die römischen geschichtschreiber, dasz
auch die fürsten in deutschen landen iren enthelt (so) mit
dem ackerbaw gehabt haben. Agbicola spr. 154.
5) anhält, aufenthalt, verweilen, mora, was wieder an 1 reicht:
o stolze quellen maoigfalt,
0 feuchte brüst der erden!
bei stäiem flieszen, ohn enthalt,
soll gou gelobet werden. Spcb 166 (151).
6) inhalt, quod continetur , enthalten ist: die den enthalt
der Sachen eigentlich bedeutende wörler. Hofmaxnswaldad
uorr. ; und soviel sei auch anmerkungsweis von dem enthalt
dieses sechsten capitels gedacht. Simpl. K. 58.
Es ist ohne einsieht in den vollen Zusammenhang einer
stelle und den Sprachgebrauch ihres Verfassers schwer, jedes-
mal den sinn des ausdrucks zu treffen, z. b. was heiszt bei
Lcther 3,22' der ganze enthalt des newen menschen? es
folgt: der nicht lebt von dem brot, sondern von demselben
wort gottes, also nach 3. man vergleiche die bedeulungen
des verbums.
ENTHALTEN, tenere, continere, relinere, sustenlare, abstinere,
ahd. mangelnd, mhd. enbalten {wb. 1,621'), nnl. onthouden.
A. intransitiv halten, still halten, stehen bleiben:
iHhd. zu dem kunige er sprach
und zu dem volke 'nu halt hie!
ich wil riten und besehen, wie
uns die meinen, die wir dort sehen'.
'da^ sol gar snelle geschehen'
sprach da; voik, und ej enthielt. Ludwig 3464:
hie mite enthielt euch dirre degen. pow.Ä. 151,2;
si enihieit aldä vur (cor der thür). 403, 76;
'der rihter enthaltet iu hie bi'. Mai 210, 39.
diese Verwendung ist heute ungebräuchlich und wir setzen da-
für das einfache halten, vgl. B, 8.
B) transitiv ,
1) aufnehmen, beherbergen:
der Wirt der hinaht mich enthielt, tr. kr. 5135;
jemanden gehausen, geherbergen oder enthalten, landfr. von
1521. 7; soll keiner des andern feind gefahrlicher weis ent-
halten, reichsabsch. zu Speier 1526. 5; dasz keiner des an-
dern unterthanen , so von ihrer obrigkeit gewichen , enthal-
ten soll, reichsabsch. von 1529. " ; und saget im von meinet-
wegen, das er mir die vier sün Aimons, meine feind, die
er bei im, mir zuwider, enthelt und beherbergt, überant-
worte. Aimon i 5* ; Otgier, sprach der könig, es ist nit on,
ich hab die vier süne Aimons enthalten, is'; gnedigster
berr, entbietend dem könig Yon, das er ewere feind in sei-
nem land nit enthalt, l 5' ; er danket der Arsace , dasz sie
diese tag, die weil sie mit dem opferwerk umbgangen weren,
sie (die fremdlinge) so freundlich unterschleift und enthalten.
buch der liebe 215, 1; derselbe war so unordentlich mit
fleischlichen werken, dasz er alle tag eine oder zwo frauwen
in seinem haus enthielt. 288,1; dem so thewer gelobten
burgfrieden, niemands frembds aufzunehmen und zu ent-
halten, abermals sehr schlecht nachkommen. Erpach gegen
Löwenstein Wertheim s. 9.
2) gefangen, fest halten: das einer den andern in seinem
gpfängnus enthüll, reichsabsch. 1512, 6 ; wenn er dann schon
in zehen gefengnusscn enthalten würd. Aimon q; iaß der-
^elbig mishandier vom profosen angenommen, enthulldi und
seinem verschulden nach gestrafet werde. Fboxsperg 1,95';
und in hafl und gefengnus etliche wochen enthalten tnä^en.
Urfehde des Henne Moller von Bruderdiepach a. 1555; ;?As
er in kainer ewigen fenknus solle enthalten werden, l^z
Harl 5 s. 432. 4S6 ; ich hätte nichts darnach gefragt, wann^h
schon wieder aus dem pfarrhof gewesen wäre . . . allein der
gute wein enthielte mich daselbsten. Simplic. Vogelnest 1,7 s. 264.
3) Sachen aufbewahren : das ir wollet dieselben büchlia
oder dieselben predigt allenthalben mit fleisz zusamen brin-
gen und bei euch bis auf unsern weitern befehl enthalten.
Lcther 1,214'; die Venediger haben allda zwei gewerbheuser,
die Genueser eins, darin sie ir guter enthalten. Frank ireZ/ft. 16*.
4) bewahren, schützen, erhalten : want wi nicht eine stunde
lank wesen mögen noch leven mochten , enlholde be uns
nicht. Spiegel des glaubens von 1472 bei Gefken 91 ; und sol
sie bruchen als nieswurz, die enthaltet einen menschen von
groszem schaden. Keisebsberg s. d. m. 23'; denn der gott-
losen arm wird zubrechen, aber der herr enthelt die ge-
rechten, ps. 37, 17 ; tröste mich wider mit deiner hülfe und
der freidige geist enthalte mich. 51,14; niemand enthielt
mich. £$.63,5; darumb die demut allein enthelt auch die
in gnaden leben. Lcther 1, 85' ; das dich bisher goU ent-
halten hat und nicht mit Dathan und Abvron bat versinken
lassen. 3, 192' ; gott enthelt dich , du wirst nicht versinken.
3,292. br. 2,71; aber das, nicht allein hilft er inen, son-
dern enthelt sie auch, das sie eraus komen. 3,296"; aber
es enthelt und schützet in nichts, denn gottes wort. 4, 17l' ;
der du bist dem vater gleich,
für hinaus den sieg im neisch,
das dein ewig gotts gewalt
in uns das krank fleisch enthalt. 8,357*;
die jagend wol dürf strenges enthaltens. br. 5, 280 ; je so
ligt die spis näher an das leben zu enthalten, dan das gelt.
ZwiNGLi 1, 8 ; welchen tod ich mir oft gewünscht bette , wo
nit die hofnung, das wir beide mit der zeit glücklich und
vemüget mit einander leben werden mögen, mich enthielte.
Amadis 264; das uns und alles das, das da lebet, enthält
bei dem leben. Paracelscs 1,7*; was zum tod ist, under-
slande dich nicht zu enthalten beim leben, chir. sehr. s. 1;
herr tröste, tröste mich.
enthalte du mich herr, so bin enthalten ich. Flehinc 21 ;
enthalte mich in diesen trüben Zeiten. 284.
5) unterhalten, nähren : legt disen man in den kerker und
enthalt in mit dem brot des trübsals und mit dem wasser
der angst, unz das ich wider kere in frid (et sustentate eum
cum pane tribulationis , bei Lcther und speiset in). 1 kün.
22, 27 in der bihel von 1483, 169* ; das die waislin enthalten
würden bis die mutier wider möcht zu einer ehrlichen hei-
rat komen. Lcther 8,173'; sintemal kein sold vorhanden ist,
damit man prediger enthalte, br. 2, 3S1 ; ihr wisset, das un-
sere leib müssen ein enthalten haben, das ist ein fürung,
durch welche sie enthalten werden und genehrt. Paracelsüs
1,9*; sie (die Friesen) enthalten das feurmit leimigen, bichigen
wasen und dörren kükat, dabei sie kochen und sich in der
kelle aufenthalten. Frank weltb. 60*; von des königes Un-
kosten enthallen werden. Argenis 1, 469. auch mit dem sinn
von unterhalten, entretenir, belustigen (vgl. enthalt 4): er
enthielt ihn mit gespräcb. Argenis 1, 659 ; mit hochansehn-
lichen reden. 2,239.
6) abhalten, zurückhalten, was sich mit bewahren unter 4
berühren kann: die trühem, die er enthalten hat vor den
menschen. Keisersberg trostsp. m. ; gelobt sei der herr, der
seinen knecht (d. i. mich) enthalten hat für dem übel.
1 Sam. 25, 39 ; enthielt sie für allen umbher. 2 rhron. 32, 22 ;
so hütet euch nu für dem schediichen lestem und enthaltet
die Zungen 'für dem fluchen, weish. Sal. 1, U ; aus dem auch
abzunemen, das man der kirchen und klöslern die einkomen
enthalten und abziehen würde. Lcther 2, 5* ; das ire frucht
gesegnet ist, nemlich für dem fluch enthalten, der über alle
kinder Heve gehet. 2,188*; also sol man die weiber vom
schmuck enthalten und reiszen, dieweil sie sonst dazu ge-
neigt sind. 2, 356' ; deshalb enthielt er sein volk in der
Wagenburg und wolt sie nit streiten lassen. Livius von Schöf-
ferlin 69* und sonst oß; in stellen frid zu machen und sie
für aufrur und allem anlauf zu enthalten. Frank weltb. 66";
sein band enthalten und nit schlahen. Maaleb 104'; si mag
iren zom nit enthallen, iram suam non capil, was an die
folgende siebente bedeutung mahnt;
mein sino ist nicht dahin geriebt,
das ich solt strafen also bald.
denn ich die straf an viln enthalt. Schaoic sat. 1, 156:
und sein schwert von dem blut enthalt. Scbiklzl David 8';
Ton denen, deren berz geöhlet.
enthaltet ewre band. Wsckbcrli!« 232;
0 enthalte vom blut meine bände. Götbk 9, 25;
35*
551
ENTHALTEN
ENTHALTEN
552
nun sein der geheimen schreiberei arten so vielerlei, dasz
unmöglicb alle zu beschreiben, teils auch ingemein zu ent-
decken nicht rälhlicb, sondern werden dem valerlande, aufn
notbfall, in der feder nicht unbillich enthalten. Bl'tscdky
Palm. 20.
7) in sich hallen, fassen, eapere, eine heutzutage übliche
bedeutung: der thaler enthält dreiszig groschen; das fasz
enthält drei eimer, der sack zwei scheffel ; das buch enthält
hundert blatler; die fabel enthält drei lehren, enthalten
sein, conlineri: meine ganze baarschafl war in der kiste ent-
halten; man weisz nicht, was in der Zuschrift enthalten ist.
8) selten ist einem enthalten = vorhalten, exprobrare:
es were eweres amptes dasz ir dieses dem künige enthieltet.
Argenis 1,151. nthd. aber hiesz auch 'dem orse enthalten'
es anhalten, z. b. Wh. 58, 1, woraus sich das intr. enthalten
unter A entwickeln konnte.
C) reflexiv.
1) sich enthalten, das heutige sich außalten, vgl. enthalt 1 :
do gedacht ich, ich will in das [holz)
ein weil spazieren um! schauen suctien
unter masalier, eichen und hagenpuchen,
dieselben geben schauen vll,
darunter ich mich enihalten wil
vor der sunne und dem siern (heiszen gestirn),
ob ich mich ir beider mocht erwern. fastn. 1417,
wo in enthalten zugleich auch die Vorstellung des Schützens, ber-
gens, Versteckens liegt; es kam aber eine thewrungin das land.
da zog Abram hinab in Egypten, das er sich daselbs als ein
frembdiing entbielle. l Mos. 12, 10 ; und wil des tages ein sonders
thun mit dem lande Gosen, da sich mein volk enthelt. 2 Mos.
8,22; die beubtieute, so auf dem felde sich enthielten. Jer.
40,7; sampt alle den beubtieuten, so auf dem felde sich
enthalten hatten. 40,13; da zuvor kein mensch war, noch
sich enthalten konte. Judith 5,12; denn zu seiner zeit gab
gott glück durch seine hende, das die beiden aus unserm
lande und von Jerusalem und aus der bürg vertrieben wur-
den, darauf sie sich enthielten. 1 Macc. 14,36; aber Judas
Maccabeus machte sich davon mit neun brüdern in die Wild-
nis und enthielt sich da. 2 Macc. 5, 27 ; da aber Nicanor
bftret, das Judas mit den seinen in Samarien sich enthielt.
15,1; und als sie hinein kamen, stiegen sie auf den «üller,
da denn sich enthielten {vulg. vibi manebant) Petrus und
Jacobus. apostelg. 1,13; alle beiden vermügen nicht gen Je-
rusalem zu kommen oder unter dem kleinen häufen der
Juden sich enthalten. Luther 5,126"; und redet von den
falschen lerern und abgöttischen priestern , so hin und wie-
der im lande sich enthielten. 6,150"; als ich zu Wartburg
mich enthielt, tischreden 205'; das er ein Zeitlang zu Tübin-
gen sich enthalten sol, da scr gesunde luft und rein getrank
ist. Melaxchthon an Albrechl ed. Faber ep. 7 ; es ist aber
dise schedliche seuche weit eingerissen und hat sich eine
lange zeit in der christlichen kirchen enthalten. Melancii-
TBOS im corp. doctr. ehr. 1013; sich an eim ort enthalten,
daselbst beleiben und nit dannen ziehen. Maai.er 104'; und
soll ich ein heid werden, auch all mein tag in Africa mich
enthalten. Aimon yl'; so wil ich erstlich wissen, wo her ir
koment und wo ir euch enthaltent. z4'; und wolt mich
gern ein zeillang bei euch enthalten und euch etlicher Sachen
rats fragen. Galmy 292; daselbst enthielten wir uns die
nacht. H. SiiDES C3; wo wermul wechst, kan sich keine
schlang enthalten. Tabernaejioxtanüs s. 12; Winterszeit ent-
halten sie sich in den tielinen. Forer fischb. 25" ; also hat
der keiser den herzog Ernsten und graf Weifen vertriben,
die enthielten sich in festen iluchtliüscren im Schwarzwald.
TscHUDi 1, It : er hat sich ein Zeitlang bei seiner mutter zu
Ascalon enthalten. ItEisz^en lerus. 2,75'; alsdann so fliehen
lie zu dieser weiherbnlcken und enthalten sich darauf.
Fro^sperc. kriegsb. 3,146'; Hildesheim, da sich viel adels
immerdar enthaltet. Kirchhof «eridunm. 6«'; dusz dem armen
herzogen schwerlich ein einige statt, in dero er sich ent-
ballen mochte, uberig gelassen ward, hietienk. 132*;
denn da der teurer, wie ein wild,
•ich ia der wotienel enthielt. LoiWAitti M. enlh. D4;
lehauei. wo er »ich enthält
unter *ller Treund,
ob er «chlftret n<ler wachet,
ob er weinet oder lachet. Fliiino 48;
immer Oa^tcn wir nach neuem , weil «ich krieg bei un« «ni-
hiilien,
nun der krieg von una eotwichen, Trafcen wir atet« nach dem
allen. LooAi; 3, 48, 63 ;
der Eliser feld,
da sich die reine schaar der seelen itzt enthalt.
IloF«ANMswALOAU ijctr. sch. 53;
dahin, da must du nun vor den verliebten kommen
und da verborgen dich enthalten. 88;
. . . den woir, der sich allhier enthält. 109;
nebenst andern bedienten enthielt sich auch in seinem bofe
Eginhard. heldenbr. 1; so dasz dergleichen schnapphanen die
grosze Schönheit der rittmeislerin , die sich bei ihnen ent-
hielte, untereinander zu rühmen wüsten. Simpl. 2,130; in
welcher Jungfer und dero Schwestern gesellschaft ich mich
gute zeit bei einem bofe enthalten. Bltschky kanzl. 858 ;
seit a. 834 enthielt sich Lotharius mehrentbeils in Italien,
erschien auch nicht auf dem reichstage wegen krankheit.
Hahn 1, 168 ; Adalgisus musle nach Corsica fliehen und sich
eine Zeitlang daselbst enthalten (ibique ad tempus latuit).
1,200; in den letzten jähren seines lebens enthielte sich
Otto mehrentbeils in Italien und gab die teutschen provinzen
beinahe preis. 2,145;
während Geron sich
zu Maloank enthielt. Wielamd 18,38;
(loo) ein guter aller ritler sich enthielt. 18, 47.
vgl. aufenthalten und auflialten.
2) sich unterhalten, nähren: der mensdi isset, das ersieh
mag enthalten und arbeiten. Keisersb. sieben schwert ; machte
sich davon in die wildnis und das gebirge und enthielt sich
da von den kräutern. 2 Macc. 5, 27 ; die apostel sollen essen,
auf das sie sich enthalten und stark werden. Luther 4,291";
diesen zoll theilen sie ausz zu irem eignen nutz sich zu ent-
halten und zu den opfern des tempels. Frank weltb. 10";
nur von der luft enthielten sich. Ringwald tr. Eckli. E4".
3) sich erhallen, grenzt nah an die vorige bedeutung und
fällt fast mit ihr zusammen: damit dieselbe räth sich uns
und dem heil, reich desto ehrlicher enthalten mögen, reichs-
oftscÄ. von 1512. 5, 10 ; indes enthalt uns dein wort. Jer. 15,16;
und hell sich nicht am heubt, aus welchem der ganze leib
durch die gelenk und fugen handreichung empfebet, und sich
aneinander enthelt und also wechst in eine grösze die gott
gibt. Luther 2, lll'; ewiger got, was thu ich nu, ich sehen
das wir die leng nit erharren und uns enthalten mögent.
Aimon yl; darum mogent sie {die belagerten) sich nit lang
enthalten. x2' (heute sagt man 'halten'); sich auf ihre weise
enthalten und behelfen müssen. H. Staden, torr. von Drvas-
DER B2'.
4) sich an etwas halten, stützen, aufrecht erhalten, vgl. ent-
halt 2 : Gabriotto den Orwin mit solcher macht träfe, dasz er
in des ersten rilts zu boden gerannt helle, wo er nit von
ungeschicht wegen sich an einem, so neben im rannt, ent-
halten hell, also er sieh in groszem zorn auf seinem hengsl
enthielt, buch der liebe 243,1;
die magd enthielt sich kaum daselb,
es fehlt nicht viel, dasz sie so schier
auch in den bach gefallen wer. Wolciiot 2, 399;
er dennoch den Galaor mit solcher Sterke erreichet, dasz er
mit aller gewalt die band auf die erden setzet und sich ent-
halten must. Amadisllü; doch befand er sich dermaszen voll
bluts und mit füszen gewalkt, dasz er sich kütnmcilich auf
den boinen enlhallcn kont. 134; und den ersten streich ver-
sclzl er im also auf den heim, dasz er sich mit den henden
auf dem boden enthalten must. 150.
5) sich enthalten, abslinere, se continere, wofUr heute oft
bloszes sich halten,
a) ohne casus, parccre, temj^erare, sich massigen, maszgcn.
Maaler 104': da kund sich Joseph nicht lenger enihalten.
l Mos. 45,1; da aber die königin sähe alle weisheil Salomo,
.... kund sie sich nicht mehr enthalten, l kön. 10,5; word
er voll Zorns über Mardachai, aber er enlhiell sich. Esther
6,10; ich schweige wol eine zeillang und bin still und ent-
halte mich. Es. 42, 14; musz ich auch noch weinen im fuuflen
monden und mich enthalten, wie ich solchs gcthan habe
nu etliche jar? Zachar. 7,3; cnlhallct euch hie und w.nchel
i/ieipare aide xai yQ*;yoQeTxe, vulg. sustinete hie et vigilale).
Marc. 14,34; 80 iie aber sich nicht enlhallcn, so lasi sie
freien, goth. i|) jabai ni guhabaina «ik, liugandau, vulg. quodsi
non se contineant, nubant. «Cor. 7, 9; da das fnemon borte,
konte er «ich kaum enthalten, buch der hebe 109, 1 ; der rilter,
sobald er die wort vcrslandi-n lictl, ntociil er sich nimmer
I enthalten, von stund an »ein »chwert zucket. 2r.G, \ ; können
553
ENTHALTEN
ENTHALTER — ENTHALTUNG
554
sie sich nicht enthalten und steif darauf bestehn. Fbossp.
3, 143'; ich kann mich kaum enthalten, rix me contineo.
Maaleb 104^
sprach zu dem gsellen, hör was du thust,
ein wenig dich entbalien niust.
ich hab zu tbuQ jeizund mit leuten.
Waldis4, 63. 6/. 281";
jedoch warnet er sein gemahl, das sie sich etwas enthielte
(schonte), weil sie nahe auf dem zil gienge. Garg. 82*.
b) mit einem folgenden abhängigen salz: aber wann ich
bedenk ir gebet, mag ich armer mich nit enthalten, das ich
nit wein. Tercnz 1499.154' {Hccyra); wil ich mich dir zu gut
enthalten, das du nicht ausgerottet werdest. Es. 4S, 9 ; darumb
enthielt er sich, das er nichts redet. ylimonk4'; ihn so zuch-
tiglichen auf sein brüst traf, dasz sich Wernhart kaum ent-
halten mocbt, dasz er nit von seinem gaul fallen thet. Galmy
125;
so enthah dich, ob du fliehest,
dasz du nicht zurücke sibes'. Logau 1, 87, 60;
und ich eoibahe mich noch kaum,
dasz ich dein lob Ton neuem zeige. Hagedoiu« 3, 132;
ich kann mich nicht enthalten zu bemerken ; er enthielt sich
nicht ihr ins gesiebt zu lachen.
c) mit dem genitiv: der sol sich weins und starks getrenks
enthalten. iUos. 6,3; aber wer kan sichs enthalten? Hiob
4, 2 ; du aber, wenn du mit deiner braut in die kamer kernest,
soitu drei tag dich ir enthalten und mit ir beten. Tob. 6, 19 ;
ich enthalte mich aber des (goth. ij) freidja). 2 Cor. 12, 6 ;
dann sie waren als gar mud und ausgearbeit, das sie sich
kümmerlich, auf iren schilten geleinet, fallens enthalten moch-
tent. Aimon v 2' ; sich weinens enthalten, lacrimas lenere,
sich des kriegs enthalten, amiis abstinere. Maaler104'; hätte
dieser schwarze sich nur eine nacht ihrer (der sclavin) ent-
halten, perx. rosenlh. 1,42; enthalte dich einer so unzeitigen
hüffart. Weise kl. leute 31S ; gab zu bedenken, dasz für einen
mann in gewissen jähren das sicherste kosmetische mittel sei,
sich des schönen geschlechts zu enthalten. Götbe 22, 109 ;
auch enthielt ich mich von dieser zeit an alles neueren, ge-
nusz und beurtheilung jüngeren gemüthern und geistern über-
lassend, denen solche beeren, die mir nicht mehr munden
wollten, noch schmackhaft sein konnten. 32,176; Pulci, dem
man den köpf abschlug, weil er sich seiner eignen tochter
nicht enthielt. 34, 8S. ungewöhnlich steht der acc. statt des
gen.: aber die harflechten und behengung des übrigen golds
und perlen kann sich ein ehrlich fromb bider weih wol ent-
halten. AcRicoLA spr. 676. tilgt man hier das 'sich', so fällt
die redensart zu B, 6.
d) mit praepositionen : von der Jungfrau sich enthalten,
wie Tcrmag ers? Terenz 1499. 147' (Hecyra); sage Äaron und
seinen sDnen, das sie sich enthalten von dem heiligen der
kinder Israel. 3 Mos. 22, 2 ; wenn sich nur die knaben von
weibern enthalten betten. iSam. 21, 4; das sie sich enthalten
von unsauberkeit der abgötter und von hurerei und vom er-
stickten und vom blut. apostelg. 15,20.29; enthaltet euch
von fleischlichen lüsten, welche wider die seelen streiten.
1 Petr. 2, U ;
all frücbt zu essen bab gewalt,
vom holz des wissen dich enthalt. Schwahzk5berg 99, 2;
dieselbigen haben sich von ihren weibern enthalten müssen.
Melaschthos im corp. doctr. ehr. 195; enthalte dich von eige-
nem lob. pers. baumg. 1, 13; die sich wegen des dienstes
gottes von verbotenen dingen enthielten. 3,6; siehe zu und
bemühe dich von leckerhaften speisen zu enthalten (wo 'dich'
zu beiden rerben gehOrl). 6, 8 ; wie sollen wir wol uns von
dem verbotenen enthalten können? 10,2; nach Sahualeks
meinung war der gröszte und beste aller sultanen derjenige
der sich alle tage seines lebens vom wein enthielt. Wieland
6, 188 ; welche beide, als hauptpersonen, die klugheit gehabt
hatten sich von dem zuge zu enthalten. Göthe 18,144; so
sehr er sich von ihr zu enthalten strebte, so würde er doch,
hätte er sich mit ihr in einer einsamen laube befunden, ihre
liebkosungen nicht unenviedert gelassen haben. 18, 213 ;
trägt ein härenes kleid auf bloszem leibe und bat schon
lange vou wildpret und zahmem fleische sich gänzlich ent-
halten. 40, 12.
wer (d. i. enwaere) aber ir mäniiche sterk und kraft gwesen, sie
betten sich vor dem tod nit meher enthalten (schützen) künnen.
Aimon gi'; mit dem feil und leder des vihes si winters zeit
bedeckt vor frost und kelt als in einer Stuben sich mögen
enthalten. FiiA^iK weltb. 92*; er enthalt sich trüffenlicb vor
fränibdem gut, homo est alieni abstinentissimus. Maaleb 104' ;
sich vor fluchen und übelreden enthalten, malediclis abstinere.
das. ; und sich fürs Cains und Lamechs und ander heidnischen
gottlosen und wüsten wesen enthelt. Mathesics 6';
an welcher sich auch wol die allerkeuscbten allen,
so wenig als Ruggier, nicht betten koni enihalien.
Werders Ar. 11, 3.
ENTHALTER, m. receptor, receptaior, sustentator, der eine
Sache oder person aufnimmt, bei sich behält, nnl. onlhouder,
s. Haltacs 327: die enthalter der guter, erld. des landfr.
1522. 8 ; aber gegen seine mitverwandten, anhenger, enthalter,
fürschieber, gönner und nachfolger sollet ir dieser weise han-
deln. LüTBER 1,461*; wie das amt aus war, so nahmen mich
die enthälter, der das haus war, uf ein ort und sagten mir
U.S.W. Götz vos Berl. lebensbeschr. 174; nun fragten mich
meine zween gesellen, die enthälter, was ich darzu sagt oder
rathen wolle? 175.
ENTHALTMS, f. nnl. onthoudenis.
1) receptaculum, behalt: das schif ist ain gemain vasz, ain
gemain enthaltnis kostlicher und nachgültiger guter. Keisers-
BERG scJiif der penitenz 9*.
2) suslentalio, Unterhaltung: und wo er sich (der gefangne)
von seinen selbs gutem in solcher gefengnus zu enthalten
nit vermocht, so soll alsdann durch den ankläger zu seiner
enthaltnus dem büttel sein gebürlich wartgelt nach erraes-
suog des richters gegeben werden. Carolina art. 176, in dem-
selben art. zum schlusz steht underhaltung.
3) captivitas, custodia: wo ire churf. gn. des alles aigent-
lich bericht weren, si wurden seiner (des landgrafen) be-
schehener enthaltnus gar kain befrembden tragen, staalsp
Karl\ «.433.
4) prelium, geholt: mancher bildet ihm ein, er sei aus
einem diamant, der bauer aber aus einem kieselstein ent-
sprungen, nicht betrachtende, dasz öfters aus einem kiesel
der schünde diamant geschnitten worden und der diamant
bei seiner enthaltnis viel unreinen kies habe, da der kiesel
ohne schlacken sich jederman vorzeiget. Ettners Aeframme 15.
ENTHALTSA.M, abstinens, continens, temperans :
prüft das geschick dich, weisz es wol warum :
es wünschte dich enthaltsam! folge stumm. Göthe 5, 117.
ENTHALTSAMKEIT, f. abstinentia: der durch Übung und
enthaltsamkeit gestählte körper nie abstirbt. Scblosseb veltg.
4, 158.
ENTHALTUNG, /". 1) sustenlatio, alimentum: denn animale
corpus, ein natürlichen leib, heiszt sie (die sdirift) einen sol-
chen leib, wie er auf erden geborn wird, der da brauchet
seiner natürlichen enthaltung oder narung, das ist essen und
trinken. Lütber 6,262*; was zu enthaltung der armen ver-
lassen vtidn en und waisen von den alten gegeben ist. 8, 175* ;
das wir sollen der speise und des tranks brauchen, die er
uns zu leibs enthaltung geschafl"en hat. Mela.-(chtbo.<( im corp.
doctr. ehr. 193. vgl. Haltacs 327.
2) custodia: langwiriger gefenglicher enthaltunge gewertig.
Urfehde des Henn Moller ron Bruderdiefiach.
3) receptaculum: also das christenlich leben ist ain gemein
vasz und enthaltung aller Sünder, und es schlecht niemand
aus, er sei wie schnöd und wie grosz er wöU. Keisersberg
schif der pen. 9*.
4) continentia, abstinentia, Maaleb 104': widerkeren aber
ist inwendiger trost und enthaltung in frölicher hofnung.
LcTBERl, 20*; und dis ist die einige enthaltung dieses kaufs,
das er nicht ein wucher sei und mehr thut, denn alle Interesse,
das der zinsjunker sein zins habe in aller fahr. 1,196'; und
da wäre es denn ohnstreitig mehr lässigkeit als enthaltung
gewesen, wenn ich es nicht mit eines von meinen ersten
sein lassen, mich auch hierüber durch meine eigene äugen
des gewissem zu belehren. Lessing 9, 7 ;
ich glaub es, weil ichs weisz. um dieser
enthaltung willen, solche meinungen
mit solchem feuer doch umTaszi, verschwiegen
zu haben bis auf diesen tag. Schillbr 2S0* ;
der character des fürsten berechtigt uns zu dem zweifei, ob
wir in dieser enthaltung mehr den schönen sieg der beschei-
denheit ehren oder die kleinliche gesinnung des schwachen
geistes bemitleiden soUen. 949'.
555
ENTHANGEN — ENTHAUPTEN
ENTHANGEN, 1) dependere, herabhängen:
seinen schultern enihieng ein pardelvliesz. Bürger 206' ;
muskelig strotzt ihm der hals und dem hug enthangen die
Wampen. Voss Ovid 13, 20.
2) fehlerhaft brauchten einige enthangen ßr enthSngt {ge-
slatlet) :
so hat der beiige ralh aus sondrer gunst enthangen,
dasz ihr beschuldet haupt erblasse durch das beil.
Hallmann Mariamne 85;
und eben darum hat gott dem teufel enthangen etliche falsche
zeugen zu thun. Bctsciiky kanzl. 755.
ENTHÄNGEN, 1) concedere, nachgeben, nachlassen, scheint
vom sinnlichen hängen lassen des zügels hergenommen, wie man
in gleichem sinn ahd. hengan, gihengan (Graff 4, 766. 769),
mhd. hengen, gehengen, veiliengen {tvb. 1, 610. 611) sagte: bitte
des uwer gnade, das ir mir enthengen wult bis uf ein zit,
das ich vor fehde zu uwer keinwertikeil riden muge. urk.
von 1395 bei Schannat dient, fuld. 292; und sol man in nicht
so gar nothwendigen dingen etwas nachgeben und enthengen.
Melanchtho.n urtel und meinutig vom exorcismo. 2;
bekennt er, böses thun sei nicht für nutz zu rechen,
gesteht er, grober fall sei nur ein klein verbrechen,
kO hat sein ansehn er nicht schlechtlichen gekränkt
und mehr von seinem recht, als ihm gebührt enihenkt.
LoG.ui 3, 21S;
dasz sein kaiser nichts in Siebenbürgen kan
enthengen unserm heisch. Loiiknstein Ibrahim 19;
dasz der schlüpferigen Jugend unvorsichtigen fehlem etwas
von der schärfe der gesetze zu cnthängen sei. Arm. 1, 70 ;
dem vieh gemütsregungen enthengen. l, 93; allein, wie ich
unschwer enthenge, dasz die würkung der gestirne eine grosze
gewalt ausübe. 1, 433 ; wie können aber der Sternen körper-
liche einflüsse leiber der seelen sein, welche als geister wür-
diger als die Sternen selbst sind? ist diesen aber ja einiger
reiz zu enthengen, so seind sie gewis nur Wegweiser, nicht
kerkermeister. 2, 452. man sagte 'gesetzt nun, nicht enthangen',
posito, non concesso, heute 'gesetzt, nicht eingeräumt' oder
'zugestanden', diese bedeutung starb aus und mangelt in den
Wörterbüchern {schon bei Henisch, Stieler u. s. id.), obgleich
die ähnliche von verhängen dauert, dagegen fehlt der allen
spräche die folgende sinnliche bedeutung.
2) enthangen, dependere, herabhängen:
dort tief im schatten, der dem forst der felsenbucht,
wie dein verwildert haar, enthänget. Voss 6, 189.
enthangen «nd enthangen mengen sich wie hangen und hängen.
ENTHARNISCHEN, bei Stieler 774 entharnschen, loricam
exuere.
ENTHÄRTEN, mo//tre, erweichen:
zwar man enthärtet stahl, man kann den tiger zähmen.
LoHENsTKiit Agripp. 8, 255;
solt auch durch diesen schlag des sultans steinern sinn
enthärtet worden sein ? Ibrahim 39, 359 ;
Tielleicht hat jetzt ein mädchen dein herz enthärtet? nein
kein mädchen hat mein herz enthärtet. Sal. Geszner.
ENTHARZEN, resina privare.
ENTHAUBTEN, ». enthaupten.
ENTHAUCHEN, l) fumantem surgere, entqualmen:
was enthaucht wol
solchem furchtbaren greueiscblund ! Göthe 41, 195.
2) Irans, exhalare:
noch die Chimära, die grasz lohe dem rächen enthaiicht.
Voss Lygdatnus 4, 86.
ENTHAÜEN, abtcindere, avellere, lothauen, weghauen, mhd,
entbouwen {wb. 1, 721') :
embieb er das haupl. Voss.
ENTHAUPTEN, ENTHAUPTEN, decollare, mlat. decapitare,
mhd. sowol enthouhetfn als houbeten, wie wir nhd. kOpfen
ßr entkOpfen sagen, nnl. onthoofden. in Dieners beilr. 1, 127
erscheint ein falsches enthaupen, woxu das part. entboubet
f. entboubetel leicht verleitete.
mhd. den phister hiej «r fdhen,
houbeten unde hAhen. fundgr. 2, 59 ;
dag «r sie alle «nihoubeten hiej. pats. K. 304,97;
bi«t <r enihoubeten. 686,63;
•in heiiger leib,
bieg sant Joban« bsptisla, ward entbaubet.
WoLIKNIT. $. 2bfl, H.
nhd, der wart zn MeDM cntboubetet von eim uberioufe.
CUMKNCII t. 14;
ENTHAÜPTSTATT — ENTHEBUNG 556
Hippomenes sach manchen gouch
vor im enthoubten. Brant narrensch. 40, 10;
ain sig behielt er unerlaubt,
darumb der vatter in enihaupt. Schwarzenb. 119, 1;
Herodes in cnthaupt on schuld. 156,2;
wann Judit gott on zil gelaubt,
und Holofernera hat enthaubt. 158,2;
und schicket hin und enthcuptet Johannes im gefengnis. Malth.
14, 10 ; der gieng hin und entheubte in im gefengnis. Marc
6, 27 ; und Herodes sprach, Johannem, den habe ich ent-
heubtet. Luc. 9, 9. ahd. steht forboubitün und golh. haubij)
afmaitan.
ENTHAUPTSTATT, f. locus decollationis : item so man dann
einen galgen oder ein enthauptstatt mawren will, soll es
darzu nottürftiger mawrcr halb allermaszen wie oben von den
Zimmerleuten gesalzt ist, auch gehalten und gehandelt wer-
den. Carolina art. 217. vgl. hauptgrube.
ENTHAUPTUNG, f. decollatio: die enthauptung Johannis.
Gottsched suchte das wort in die grammatik einzuftihren :
die erste art der Verkürzung geschieht auch im anfange des
Wortes und heiszt aphaeresis, die enthauptung. man beiszt
nemlich manchen Wörtern in gewissen mundarten, so zu reden,
den köpf ab. deutsche sprachkunst 1757 s. 530.
ENTHAUPTUNGSBLOCK, m. Albanos herz ruhte auf der
zeit wie ein köpf auf dem enthauptungsblock. J. P. Tit. 4,26.
ENTHÄUTEN, spoliare corio, die haut abziehen, gleichviel
mit häuten : aller ir leib geschunden und cnlheul war. Buce.
2, 107';
bog man des viehes hals empor
zum schlachten, drauf enthäutete man es. Bürgkr 147V
ENTHEBEN, tollere, golh. andhafjan, ahd. intheffan, n;i/.
ontheffen.
1) die goth. bedeutung von antworten, das wort nehmen oder
erheben begegnet in den übrigen dialecien nicht.
2) entheben mit dem acc. der sache ist wegnehmen, auf-
heben :
mein leben beinah ganz vergraben
hast aus des dots gruben enthaben. Melissus ps. L8*;
wenn wir unsre herden scheren
und entheben ihre woll. Spee truttn. 310(282).
3) entheben mit acc. der person, gen. der sache drückt aus
entledigen, erledigen, überheben : damit die armen übriger
last und beschwerung enthoben bleiben. Haltaus 327, wo
noch mehr stellen; euch nit lang aufzuhalten und gegenwer-
tiger unruh und aller ausred zu entheben. Garg. 217*; sol-
cher unerträglichen last ihn zu entheben flehenlich gebeten.
Erpach gegen Löwenslein 21;
also wer in dem büchlcin hie
nicht weisz was er thu, was er flieh,
derselb des büchleins sich entheb. Amadis s. 450;
die dichter würden dadurch des nachtheiligen und nicht immer
vermeidlichen zwanges enthoben, sich einer menge von schick-
lichen Wörtern und redensarten nur darum nicht bedienen
zu können, weil sie nicht in die gewöhnlichen jamben pas-
sen. Wieland 4, xiii; nun ist dein vater aller sorge ent-
hoben. TieckU, 297; die uns auf immer aller noth enihobe.
ges. nov. 10, 149;
er will mich gern enthoben joder schuld. Platen 189;
er wurde seines amtes enthoben, entsetzt.
4) statt des gen. dienen auch praeposilionen: und wenn es
schon dahin käme, dasz man ihn zu dem galgen führe und
er schon den strick am halse habe, wolle er ihn dennocht
wol vor allem leid entheben. Galmy 239.
5) ace. der sache und dat. der person, oder aee. der person,
dat. der sache:
als er solches geredet, enihuh er die ehrene lani ihm.
Od. 16,40;
drinnen entbüb uns ft-öhiich gepäck und stAbe der gastfreuod.
Voss 3, 13»;
und huscht gesrhioszner augenlieder
hin, hiT des daches steiUien bug,
als hielte geistiges getledor
enthoben ihn dem erdeazug.
Linau n. g«d. 236 (der nachtwnndter).
ENTHEBLICn, gravis, ßr erheblich: «o solche articul dI*
cnlheblich zugelassen sind, cammerger. ordn. ron l.^23. 3, 6.
ENTHEBUNG, f so will er gleirhwol zu enlhehung rerhl-
lichcn bescbeids denselben gewalt hieniit zugelassen linhen.
Atur proe. 3,4.
557
EXTHEFTEX — EXTHELLEN
ENTHELMEN — ENTHÜLSEN
558
ENTHEFTEN, solvere, losknüpfen, alls. antlieflian, nnl. ODt-
hechttn :
f\m dö er enthafl
TOD dirre gevengnisse wart. Jerosch» 49*.
ENTHEGEN, rumpere seplum:
indessen ihr geschwelgt auf meinen göiern,
mir die geheg enihegt, gefällt die forste,
whilst Tou have fed upon mr signories,
dispark'd mv parks, and fellff m? foresiwoods.
Richard 11. 3, 1.
ENTHEILIGEN, profanare, poUuere, entKeihen, vnl. ont-
beiligen :
wan wersiu von nature
rain lauter dar und pure,
»0 Wirt niemant Termeiligt
enteret und entheiligt, meisterl. 23 n* 84 ;
wer den sabbat enlheitiget, der sol des todes sterben. 2 Mos.
31, 1-1 ; das du nicht entheiligst den namen deines gottes.
3 Mos. 18, 21 ; denn sie legen ire hende an seine fiiedsamen
und entheiligen seinen bund. ps. 55, 21 ; sihe, ich wil mein
Leiligthum, ewrn höchsten trost, die lust ewr äugen und
ewrs herzen wündsch entheiligen. Ei. 24, 21 ;
des göttlichen lebens beginn entheiligen. Mess. 3,312;
du verlorner! dies wäre dir besser, als dasz du den mittler
und der jünger erhabnen beruf unedel entheiligst. 3,411;
auf der entheiligten erde. 11,227;
der richter zürnt,
dasz unsre missethat
uns so entheiligt hat,
dasz wir verwesen müssen. Klofstock 7, 97 ;
räche, räche, räche dir, grimmig beleidigter, entheiligter greis I
Schiller 136*; ich hab einen engel entheiligt, mich mir selbst
zum Scheusal gemacht. Wag.ner die kindcrmörderin 44.
ENTHEILIGEH, m. profanator:
des bettes entheiliger. Aen. 6, 623.
ENTHEISZ, m. volum, gelübde, ahd. antheij (Graff 4, 10S7),
mhd. antheiä (fc<>. 1, 659"), nhd. selten: leistung seiner gelübd
und entheisz. Keisersberg seelenp. I4l'. Diefenbacb 629' hat
das gleichbedeutende geheisz. das verbum ahd. antheijan spon-
dere kommt nhd. nicht vor.
ENTHEITERN, affligere, gegensatz von erheitern:
angenehm ist es, wenn zween
eben die meinuug vereint, da schallt der entheiternde strausz
nicht. Klopstoce 2, 174;
aber kein streit ist über tiefes schweigen,
kriegeselend, von dir. ach wenn erinnrung
deiner mich entheiterte, dann war ich der
schuldige, sie nicht. 7, 40.
ENTHELFEN, dejuvare, nit helfen, hilf abschlahen, schaden.
Maaler 104'; es hiesz formelhaß 'weder helfen noch enthel-
fen' Haltacs 327 ; 'helfen ist oft enthelfen'. Leümann 1, 406 ;
dies 'helfen und enthelfen' begegnet oft in den iceisthümern,
X. b. 3, SSO. 5S6. 5S7. 594 ; von auswendig scheinets, als sei
das reich verdampt, als sei es verlassen und entholfen, aber
inwendig ist eitel friede und helfen. Lcther 3, 430'; das recht
ist umb des gewissens willen und nicht das gewissen umbs
rechts willen, wo man nu beiden nicht zugleich helfen kan,
da helfe man dem gewissen und enthelfe dem rechten. 5, 257" ;
so sollen unsere rätlie den beiden theologis zu gemüth führen,
dasz durch diesen rathschlag den landen geholfen und ent-
holfen {geschadet) werden kann, churßrst Moriz bei Melanch-
thon 7,112; jene heiligen hülfen den lüten, dise enthelfen
in. Wicel evang. Luthers g2; inen würde villeicht entholfen
durch ir eigen freunde, da inen durch frembde leut sonst zu
gut und eren geholfen wird. Agricola spr. 140; als wenn
ich hundert männem zehen guldin von eim armen man seit
einbringen, so were eim nit mer dann zwen blappart, damit
were in nit geholfen und diser verderbt und entholfen. Frank
paradoxa 97"; wen ich glücklich machen wollte, über den
brachte ich leiden, wem ich helfen wollte, dem enthalf ich.
Pestalozzi II, 255. in dem hübschen brief an seine gevatlerin
Jost vom }. 1530 setzt aber Lcther enthelfen im sinne von helfen,
davon helfen : so hoffe ich, gott werde auch von des leibes
last gnediglich cnthelfen, und wollt gott dasz ein paar würde,
ich gedenk aber es werde ein töchterlin sein, die machen
sich so seltsam, sperren sich und musz inen ein grosz haus
zu enge sein, gleichwie die mütter auch thun, die einem
armen mann auch die weit zu enge machen, br. 4, 7.
ENTHELLE.N, dissonare, dissentire: sie enthüllen und zer-
fielen in irem urteil. Tscuidi 2, 494. gegensatx :u gebellen.
ENTHELMEN, nudare galea, den heim abziehen.
ENTHEltZEN, animum frangere, entmutigen:
durch disen harten stürm
eniberzet und mutlos. WECKaERLi<i 62;
die wahren schriften melden,
dasz Alexandern nie entherzet eine scblacbl. FLBai.>Gl54;
meine brüst ist ganz entherzt. Leccoleo.x 172;
wie soll dein herze nun, o Juno meines lebens,
so gar eniberzet sein, von liebe auseebrani?
pot. slockf. 149;
lieng an entberzt zu werden.
gan vail his stomach. second pari of Henry IV. 1,1.
ENTHEBZOGEN: haben wir sie doch entherzogt (noi gli
abbiamo isducati)! wir wollen keine herzöge mehr. Götuk
34, 260.
ENTHIRNTN, cerebro privare.
ENTHITZEN, calorem propulsare: die luft wird enthitzt,
kühlt sich ab. Stieler 823.
ENTHOLZEN, ligno nudare, den wald entholzen, das holt
forstmäszig abschlagen.
E.NTHÖRE.N, abnuere, denegare. Stieler 859 : ich bitte, er
wolle mich, nicht enthören, peto ne deseras implorantem. nicht
bei Frisics, Maaler, Hemsch, Frisch, Haltacs. das buch-
stäblich entsprechende goth. andhausjan bedeutet umgekehrt er-
hören, exaudire.
ENTHÖRNEN, comu privare: sehen, wie der aries aus
seinem gestreif aufsteigend sich streuszet und von seinem
hörn enthörnet wird. Fischabt groszm. 131, m. I. aber 'nicht
enthörnet', bei Rabelais: et n'est de sa come escorne;
dann zeigen wir uns all, enthörnen ihn,
we'U all present ourselves, dishorn ihe spirii.
vires of Windsor 4, 4.
ENTHÜFEN, exungulare, des hufes berauben.
ENTHULDEN, gratia privare:
und wie dann habs verschuldet,
womit bab ihn entrust,
dasz aller gnad enthuldet
ich ihn verlieren must ? Spke trulzn. 65 (60).
ENTHÜLLEN, nudare, revelare, aufdecken, goth. andhuljan,
nnl. onthullen:
1) enthüllt aus dem deckelkorbe die lassen.
Luise ausg. i. h. 29 :
und stellte den duftenden korb auf den leppiob,
stolz, indem er vom laub ihn eiithüliete. 47.
{frülier: von dem bedeckenden laub ihn entledigend).
2) aber enthüll, Sionilin, der qualbelasteteo hölle
tiefen nicht weiter. Kiopstock;
und schön, wie dieser tag, erheilt von Hvmens kerzen,
steht dein gescbick vor meinem blick enlhüllt.
Götter 1, 255;
ein andrer mag den schleier einst enthüileo.
GÖKINGK 1, 147;
enthülle du dies wunderbare räihsel
der vorsieht mir. ScaiiLsa 246*.
3) sich enthüllen :
wann mit spiel und tanze
mir dein maigeflid
sich im rosenglanze
zauberisch enlhüllt. Mattbisso.n 143;
enthüllt sich jährlich weit und breit
die maienzeit
mit lustgem vogelschalle. Platbr 11 ;
sah wie der jüngling auf einmal zum mann ward, sah wie der
greis sich
wieder verjüngte, das kind sich selbst als jüngling enthüllte.
Götue 40, 294.
ENTHÜLLERIN, f revelatrix:
wo vor der heiligen enthüllerin
des Schicksals einst das herz der menschen schauen.
A. W. SCULKCEL.
ENTHÜLLUNG, f. revelatio.
ENTHÜLSEN, eximere valvulis, aushülsen, oß bei J. P. :
sollten wir einmal enthülset werden. Kamp. 50; um diesen
Vischnu in seinen zehn menschwerdungen immer zu verfolgen
und zu enthülsen, jubeis. 81; er enthülsete immer mehr an
seiner kleinen gesellschaftsdame. Hesp» 1, 184 ;
wer um lodte trauret,
glaub es, ewig daurei
nicht der aussaat zeil.
aus enthülster schale
keimt im todesthale
frucbt der ewigkeil. Saus 98;
der auf ein feld von ühren
jedweden Strohhalm zoll für zoll
vergleichen, mes.«en und gewahren,
niu* nicht emhühen soll. TuüaiKL 6,309,
559
ENTHÜLSUNG — ENTKEIMEN
ENTHÜLSUNG, f. dasz du nicht herausbekommen kannst,
was die jetzige enthüllung und enthülsung der weiblichen
arme, busen und rücken bedeuten soll. Iksp. von. xvi.
E.NTHLMPELN, tilubantem discedere:
triefend enttiumpelt der Junker und murrt durch tlial und ge-
hölz fori. Voss 2, 142.
ENTHÜPFEN, salire, davon hüpfen, nnl. onthuppelen: der
laubfrosch enthüpfte durch das gras ;
jung, rüstig und heiler
eniuüpf ich ins fcld. Oveabeck verm. ged. 50.
ENTIRREN, aberrare, verirren:
0 so misgönnt doch nicht die tbeur erkaufte lust
den ihrer pQicht entirrien seelen. Wiela.-hd 10, 309.
ENTISCH, analarius. Dasypodids 320". bei Stieler 382
enticht anatinus.
ENTISCH, mm«, ungeheuer, gleichviel mit enderisch sp. 460,
enterisch sp. 512 und eoz:
ist er mit seim essen so entisch. H. Sachs I, 451';
du bist entisch, grenlisch und wunderlich. 1,463*;
mit Worten scharpf, enlisch und grenlisch. IH. 2,33V
ENTJAGEN, equo avolare, davonjagen, nnl. ontjagen.
ENTJAUCHZEN, clamore eripere:
und dem schlaf enijauchzt uns der matrose. Göthe 2,75.
ENTJEHEN, abjudicare, absprechen, entziehen ? underwind
dich keiner solcher bind der cur, sonderlich erwer oder sper
dich genzlich danvider, auch was dir müglich (quälend) und
sorglichen ist, soll du nit lieb haben (meiden), noch lange
gebind, wann alle disz schmerzen und enljehent dir dein lob.
Bracnschweig chirurgia 1539 bl. 75. man möchte den älteren
druck von 1497 nachsehen, wo vielleicht stände enjehent, mit
der alten negalion (sp. 445) und dem sinn, die langen binden
und quälenden gedanken schmerzen dich verwundeten und ver-
künden nicht dein lob, dasz du die kur muthig ertragest, dann
wären wir des verbums entjehen überhoben, dem auch kein
ahd. inljehan, mhd. enjühen zur seile tritt, obschon es im Zu-
sammenhang ungefähr dasselbe ausdrücken würde, die abnei-
gung gegen lange binden bleibt in der suche dunkel, [durch
eine andere stelle in demselben buch wird die vermutete bes-
serung bestätigt, bl. 34 steht: das sie nit entmügen an ihre
wunden wider kummen, deutlich enmügen, nequeunt. auch
in Keisersberg bilger 122' steht verdrudcl entaeiszwen ßr en-
neiszwen, wovon oben sp. 445.]
E.NTJOCHEN, jugo exuere, abspannen, mhd. enw6ten, los-
binden, nhd. enlwetten :
sie fliehn, wie jung entjochte stiere,
like youthful steers unvokd. second pari of Henry IV. 4,2;
die rosse von Venedig
eutjocbten sich sogar. Platem 41 ;
dasz der entjochte mensch jetzt seiner pflichten denkt,
die fessel liebet, die ihn lenkt. Schiller 25*.
ENTJÜNGEN, auferre uberibus, entwöhnen:
die kindlin lassens nit enijungen. Waldis päiistisch reich Ff 4'.
ENTJUNGFERN, devirginare, enlmägden, fr. depuceler:
Dlumona ward entjungfert, da solches war geschehen,
verschwur sie baut und haare, sie hett es nicht gesehen.
LocAU 3, 110, 86.
man findet auch geschrieben entjunpfern.
ENTJUNGFERUNG, f. Locau 2,153,72; es gibt eine ge-
wisse jungferschaft der seele bei den mädcben und eine mora-
liscbe entjungferung. Lichte.nberc 1, 143.
ENTKANTEN, margine, angulo privare: der granit verwit-
tert sehr gern in kugel- und eiform. man hat daher keines-
wegs noihig, die in Norddcutschlund häufig gefundenen blocke,
solcher gestalten wegen, als im wasser hin und liergeschuben
und durch stoszen und walzen enteckt und entkantet zu den-
ken. GöTiie 50, 124. m der mathematik heiszl ein polyeder
entkamen alle kanten desselben abschneiden.
ENTKAPPEN, cucullo privare:
die lafel ihrer zier, de« tuches, i*t enikapi.
ScBBkrcRS Grobian 159.
ENTKEGEN, in büchern des 16 jh. noeli zuweilen für ent-
gegen geschrieben, z. b. bei Micräliui 1, 49.
ENTKEIMEN, progerminare, nnl. ontkicmcn:
«nikeimie kofl. Rrociei 1, 470;
•• eoikeim« dereioti dem (rt*unkaen vebein«
•ofmMiituif. U«Miia$ 17. 416;
ENTKERKERN— ENTKNÄULEN 560
dein gedenk Amanda noch und weine
wenn der gruli schon dunkles moos entkeimt.
Matthissok 14S;
dem dunkeln schosz der heilgen erde
vertrauen wir der bände ihai,
vertraut der snmnnn seine saat
und hofl, dasz sie entkeimen werde
zum segen nach des himmels raih. Schiller 78*;
deiner leiden entkeimt jedem ein blühender
zweig zum kränze des lohns. Cur. Stolberc 1,24.
ENTKERKERN, liberare careere, nnl. onlkerkeren:
cnikerkerle gefangner weiber
ein ganzes Türkenparadies. Maithisson 288 ;
nun entkerkert aus der erde schranken
fleugt er auf zu seines ahnhcrrn thron.
Gries in Schillers musenatm. 1798 «.172.
ENTKERKERUNG, f. auch liesz er sich Lianens entker-
kerung mit darum gefallen. J. P. Tit. 3, 89.
ENTKERNEN, enucleare, nnl. entkernen : erbsen entkemea
(orfer auch blosz kernen);
der sich am creuz liesz nackt entkernen (?)
laut. warh. von Urodtkorb 403;
das grab,
in das man unsres leibs entkernte schalen legt.
Wbrnike 57.
ENTKERZEN, candela privare. Stieler 954.
ENTKETTEN, catena solvere, losketten, nnl. ontketenen:
gleich darauf trat er stark und frei heraus wie ein entket-
teter riese. J. P. Tit. 4, 35.
ENTKLAüEN, exungulare, bei Maaler 104' cntkläuwen,
die klauwen dannen thCin, ein thier seiner kläuwlinen be-
rauben, nnl. ontklaauwen.
ENTKUEIDEN, e^ruere veste, nudare, nnl. ontkleeden.
1) sinnlich, sintemal wir wollen lieber nicht entkleidet,
sondern uberkleidet werden (ni vileima afliamon, ak ana-
hamön). 2 Cor. 5,4; die rSuber entkleideten alle gefangnen;
schnell entkleidet er sich und springt ins bad; reizend war
sie, indem sie sich entkleidete, schön, heilich schön, als das
letzte gewand fiel. Göthe ig, 218;
und wenn sie abends sich entkleidet,
dann ist sie erst recht schön.
EscuBNBURG Lukas und Hatmchen 34 ;
wie Marsyas das nackte fleisch entkleidet. Gü.ntuer 49t.
2) abslracl, da man die unmüglichkeit des gethanen Schusses
gar entkleiden (blosz legen, darlhun) wolle, pol. colica 232 ;
oft hilft mir Tacitus der groszen stolz entkleiden,
das raihselbafte herz der menschen zu verstehn.
Hagedorn 1, 28;
entkleiden musz sie sich, entkleiden
bis auf die seele. Amadis gcs. 7 ;
er entkleidete sich von allem schein. Wieund 3, 359 ;
bis der gott. des irdischen entkleidet,
flammend sich vom menschen scheidet
und des äihcrs reine lüfte trinkt. Schiller 73';
Wieland und Göthe waren ganz andere menschen, ehe der
eine sich in farccn und der andere in Mcrcurabhandlungen
entkleidete. Lichte.nberc 1, 304 ; die band des todes hatte
gleichsam auf die hülle den wiederschein des frischen stillen
niorgenlichts gemablt, das jetzt den entkleideten geist umgab.
J. P. Tit. 1,188; dort im blauen glimmenden abgrunde wohnt
alles grosze, was sich auf der erde entkleidet hat. Uesp. . . .
ENTKLEMM K.N, exlricare, losklemmen. Stieler 965.
ENTKLEITERN, descendere, demiui, herabkletlem, nnl. ont-
klauteren :
gleich .schwarzen phaniomen
cntkleitern die gnomen,
in wolkiger nflcnl,
dem dunstigen schnchl. Matthissom 150.
ENTKLIMMEN, descendere, nnl. ontklimmen :
welchen krummen wegen dos dornichien grubcins entklonim er,
ch er zum lichte, du» ihn von goit umleuchtet, emporflog.
Messias 10, 277.
ENTKLINGEN, resonare:
und Kic sn.ii und lehnte sich sann nuf eine harfe,
der ein weinender laut eniklang. Messias 15,346;
dcK hcrzonit hingen hei<t und innig,
die lied geworden ihm eniklangen,
hat deine «ecla. iiet und sinnig.
yelreuer alt mein lied empfangen. Lt.«iAU neutrt grd. 109.
ENTKNAULEN, deglomerare, exlricare, auseinanderwickeln:
•flmtliclie jungen entknüulten sirh Hoitei Lammfell 2,100.
561
ENTKNEBELN — ENTKÖRPERN
ENTKÖRPERUNG — ENTKUPPELN
562
ENTK>EBELN, fustern eonstrinyenlem solvere, losknebeln,
s. die stelle uuler entknöpfen.
ENTKNECHTEN, liberare, tindicare in liberlalem. Stie-
lEB 995.
ENTKNÖPFEN, laxare fibulam, orbiculum, aufknüpfen, los-
knOpfen, fr. deboutonner, nnl. ontknoopen : den wams, rock,
die hose entknöpfen; derhalben mein liebe wamstknüpf, auch
ihr wamsLknebel, entknöpfet und entknebelet mir disen mei-
sterlichen weberknopf, schneidet dapfer in disen zusammen-
gelegten faden, ich kan ihn wider ganz machen oho schaden.
Garg. 287"; schön von der rose:
alsbald entkoöpfend sie aufstehet
aus ihrem läger grün und new. WicxHUtni S83.
e; ist gan: das folgende entknospen, da die knospe, gemma
auch ein knöpf.
ENTKNOSPEN, progemmare, aus der knospe treten, vgl.
knospen, von einem todten kinde:
wol dir, obgleich entknospet kaum,
Ton erdenlilst und sinneniraum,
TOD schmerz uad wahn geschieden! HiTTBisto.t 195;
hoch in der zukunH hain
entknospet ros auf rose,
den weg dir zu bestreun. 37.
ENTKNOTEN, ENTKNOTEN, nodo solvere, enodare:
meister Dionrsi, nu sage
nach einer vfäge. als ich jage,
die bite ich daj du mir eniknotes. patt. K. bAl, $9;
doch mein fesselndes band entknoteten selber die göuer.
Od. 14, 348 ;
bald zupfest du an Piatons groszem knoten,
der durchgehauen oft, doch nie entknotet ward,
ob uosrer seele noch ein «ternenleben harrt.
Kl. Schmidt poel. br. 53.
ENTKNOTIGÜNG, f. enodalio, fr. denouement:
(«0 das:) wir gleichwol die eniknotigung
des frommen mönchromans erfahren. Wibla5d 21, 297.
tgl. verknotigung.
ENTKNÜPFE.N, solvere, enodare, ahd. inchnuphan (Gbaff
4, 583), losknüpfen. Maaler 104*. Stieler 999. Rädlein 241".
ENTKOHLE.N, carbone solvere: entkohlen des Stahls durch
glühen zwischen eisenfeile, vgl. Karmarsch 1, is.
ENTKOMMEN, elabi, evadere, enlrinnen, davonkommen,
Jeroscbis 78'. 135", zuerst aufgeführt bei Stieler 1004, nnl.
ontkomen :
mein einig kind ist mir entkommen {weggekommen).
WiLDis 3, 96;
disi thun, durch welches ihr euch gänzlich vorgenommen,
inkünfiig aller lieb und heirat zu entkommen. Opitz 2, SO;
der windenschlupf ihm {dem bogenschülzen) entkam. Garg.
181* ; inzwischen entkam der mensch, pers. baumg. 2, 22 ; als
ich kaum von meiner zarten kindheit entkommen {aus der
kindheil getreten war). Bctscbkt kanzlei 646; wir wären zu
rechter zeit der französischen grenze miteinander entkommen.
Arm« 2, 158 ; mein hund ist mir entkommen (entlaufen) ; alle
gefangnen entkamen unterwegs;
wenn ich der frömmler gaukelein entkommen,
so sei der dank dafür an dich gewendet. Platm 100.
unpersönlich, mir entkommt, entrinn/, entgeht:
es ist ohne disz ein schatten
unser leben, lust und wir.
uns entkommet für und für,
was wir sonst in volhnacht hauen. Fleiing 375.
ENTKOMMENG, f. evitalio, fuga. Stieler 1005: zu ent-
kommung dieser äuszeristen noth. Erpaeh gegen Löioenstein 2t ;
seine erste reise dahin that er sogleich nach seiner glücklichen
enikommung aus dem reiche. Lessisc 6, 102.
ENTKONIGEN, privare regis dignitate, nnl. ontkoningcn.
ENTKÖPFE.N, ira* enthaupten, heute köpfen: do hiej in
der kaiser mit der barl enchüpfen. gesta Rom. K. s. 36.
ENTKORKEN, obluraculo liberare, entpfropfen, enlslöpfeln:
eine Oasche entkorken, nnl. onlkurken.
ENTKÖRPERN, corporis vinculo solvere. Stieler 1016:
eoikörpere die seel aus diesem sündenkoih! Czepko hs.;
sich zu entkörpern scheinen. Brockks 1,417;
mit einem menschen, der sich in den mondschein setzt und
betrachtungen ober das glück der entkörperten geister an-
stellt. WiELAXD 1, 94 ; die menschen zu entkörpern, um sie
in die classe der mathematischen puncte, linien und drciecke
III.
zu erhöhen. 1, 157; der zustand der entkörperten seelen.
1,237; in der reinen wonne entkörperter geisler. 2, 1S6;
um diese zu berücken
entkörpert sich der schalk und spielt den reinen geist. 5,170;
jetzt entkörpert steh ich da. Scbillkr 2';
heutiges tages musz jede seele von stand entkörpert werden.
J. P. uns. löge 2, 190 ; das lied kehrte {durch das echo) ent-
körpert zurück, biogr. bei. 1,95; daher beseelet lieber die
poesie das todte, wenn der witz lieber das leben entkörpert.
aeslh. 2, 29.
ENTKÖRPERUNG, f. nur durch diese entkörperung wird
die seele der beschauung der wesentlichen und göttlichen
dinge ßhig, worin die geister ihre einzige nahrung finden.
WlELA>D 1. 127.
ENTKOSEN, blande elicere:
rosen mit schmeicheln entkosen ein lächeln. Rccsert 97.
ENTKRÄFTEN, enervare, inßrmare, nnl. ontkrachten : ein
mann, welcher die heiligen lehren seines amtes durch ein
unheiliges leben entkräftet. Raeener 1,84;
so standen wir betäubt und angeheftet
und sannen dir mit starren sinnen nach,
bis sich der schmerz durch schmerz entkräftet,
und strömend durch die äugen brach. Lkssi:<g 1,94;
diese einzige erfahrungsweisheit, welche kein Zweifler zu ent-
kräften fähig ist VViELAND 3, 423 ; in diesem fall würden sie
leicht einen andern vorwand gefunden haben, ihr heuchle-
risches lob zu entkräften. 6, 63 ; die freude entkräftet mich.
J. P. Tit. 2,59; wie erwachend zog sie ihr haupt von seinem
herzen und nahm mit einem entkräfteten lächeln seine band.
Hesp. 4, 84; die ihre werke durch den zu ängstlichen ge-
brauch der feile entkräfteten, lit. nacht. 4, 1.
ENTKRÄFTIGEN, was entkräften, vgl. kräftigen: die Ale-
mannier etliche bevestigungen der Römer, als Winterthur,
Zürich und andere entkräftigtend und ire mauren zerrissend.
Stumpf 2, 56' ;
begegnet so. im würdigsten beschäftigt,
der dämmerung, der nacht, die uns entkräfiigt.
GÖTHE 13. 170.
ENTKRÄFTDNG, f. 1) debilitatio, inftrmatio: das ist keine
entkräflung meines beweises.
2) inßrmitas: er starb an entkräftung.
ENTKRÄNKEN, firmare:
dieses meine sehl entkränket. Wsceherli.'« 15S.
ENTKRÄNZEN, serto spoliare, nnl. ontkransen :
das entkränzte haupt. Lohei^st. blum. 93.
ENTKRIECHEN, erepere, nnl. ontkruipen : das küchlein ent-
kriecht dem ei ;
seitdem die menschen den eichen entkrochen.
WiELA.NDS Amadis ges. 4 ;
nie war ein gelehrterer mann den waldigen Ardennen
entkrochen als er. Wieland 4,53;
ein wurm, da er dem tod enikroch. Bcrma!<.-«s fabeln 143;
deiner goldbelegten puppe
warum bist du jetzt enlkrochen? RCceebt 93;
den leidensbrüdern ward nun so
des irrthums staar gestochen,
ihr hauswirtb ward nicht minder froh,
als sie dem stall entkrochen.
Lancbeim das abenteuer des pfarrers Schmolke.
ENTKRÖNEN, prtrare corona, nnl. ontkronen, engl, uncrown :
demnach der schnöde tod mich leider kont entkrönen.
W'ECKUERLI.t 645;
sei er hierdurch des reichs rerlustig und entkrönet.
Lohsnst. Ibrahim 104, 516:
sollst ehstens dich schachmaü, enikrönt und sciave sehn.
WiEDEMiTi aug. 70.
ENTKRÜSTEN, entrinden, icroiUer. R.ädleix 241*.
ENTKÜHNEN, sich, audere, wie entblöden, sich erkühnen.
Stieler 1047.
ENTKÜMMERN, eripere a miseria, ex angustia, entlasten,
mhd. enkumbern, gegensalz von bekumbern : weiter sei vor
ihm zu recht gesprochen worden, dasz der alte landgrafden
theil seiner kinder erster ehe entkümmern solle. Bühmebs
reg. imp. zum j. 1296 4 juli;
ihr ihre kümmerliche lag entkümmernd. Röceert 157.
ENTKUPPELN, solvere canes, boves, des bandes entledigen,
nnl. onlkoppelen, engl, uncouple:
die jagd ist auf!
- entkuppelt hier!
the hiint is up!
micouple here! Titus Andr. 2. 2.
36
563
ENTKÜSSEN —ENTLADEN
ENTLADEN — ENTLANG
564
ENTKÜSSEN, osculando tollere, abküssen, tPegküssen:
knaben Taszien das knie sich niederbeugender välcr
und entküsten dem äuge der väier die männliche thräne.
Mess. 5, 245 ;
oft entküst ich dem veilchen die tropren. Scbubart ged. 1,66;
er fühlie der liebe kus auf der siirne, blickte
dank und starb, sie eniküste den äugen öen scheidenden
lichtsiral. Stolberc 3, 281.
ENTKUTTELN, eviseerare: da hauptmann Wurststumpen
von Kutteinbacli die Stumpen dabifiden liesz und entkuttelt
ward. Garg. 253'.
ENTLÄCHEN, ridendo tollere: auf spötler aller art habe
icb mich gefaszt gemacht sie werden mich kein baarbreit
der Wahrheit entlachen. Latater physiogn. band 4 t»orr.
ENTLADEN, exonerare, gegensalz von beladen, ahd. iathla-
dan, inlladan (Graff 4, 1114), mhd. entladen (wb. i, 92G*), nnl.
ontladen.
1) ohne ausdruck der sacke : entladete (/Sr entluot) den
helfant Wi^o/. 291, 37; der dichter {aulor) dis buchs entladet
und entledigt sich vor dir, du allerheiligeste Christenheit.
Verdeutschung von Gersons praecepta decalogi. Straszb. (1510) 7'
(Gefren tej/ojen 36) ; also entluden sie die seumer. Aimonfb*;
also lieszen sie ire seumer entladen, ebenda; da gebot Rein-
bart das schif zu entladen. C 4' ; denn nur itzt erklärte mir
der kriegszahlmeister, dasz der könig alles niedergeschlagen
habe, was wider mich urgieret worden, und dasz ich mein
»chriftlich- gegebnes ehrenworf, nicht eher von hier zu gehen,
als bis man mich völlig entladen habe, wieder zurückneh-
men könne. Lessing 1, 579 ; entladet eure gewehre ! ;
föttin des dichiergesangs und der edleren rede der menschen,
ie du mit wollhat begannst, als menschenleben erwachten —
endlich mit milde den greis, wie der strahl der herbstlichen
sonne
die entladene rebe, noch hegst und pflegst und erwärmest.
Borger 92';
wer dir vorangieng auf den pfaden,
nicht seine schuld wird dich entladen. Röckirt 397;
erst als er weg war, faszte die mutter, die ihre liebe [wie eine
eleklrisiermaschine'] zu entladen suchte, Victors band zärtlich
an. J. P. Hesp. 1, HO.
2) mit dem gen. der sacke oder perton: seines gebrestens
entladen werden. Keisehsberg post. 3, 107; der sorg entladen,
euram adimere. Maaler 104' ; bet auch all sein vermögen gern
dargestreckt, das er des entladen wer gewest. Aimon 0 2' ;
dise seind aller ding frei, aller arbeit entladen, dienen nie-
mand als underworfen. Frank weltb. 193'; einer nit geringen
bOrden entladen. Kirchhof mit. disc. 265; da er bort seinen
gesellen seiner krankheit entladen. Galmy 41; aller furcht
entladen. Melissos N2'. T1*; bis getrost, denn du in kürze
aller sorgen entladen wirst, buch der liebe 236, 2 ; die ritter
funden die Philomena ganz frölich und aller ihrer angenom-
menen krankheit entladen. 241, 4 ; ach dasz ich nicht in Frank-
reich blieben bin, so wer ich doch solcher groszen und schweren
sorg entladen. 246,4; gedachte, wie er in seiner kinder eins
theils wolle entladen. 293,4; so were sie der ding entladen
gewesen. 291,4;
bsrmberzigklich der straf entladen. H. Sachs III. 1,90';
dardurch er wird vil ungemachs
entladen, so spricht Hans Sacht. IV. 3, 93';
die richier haben sich gesetzt:
'wer den andern hat verletzt,
lang dem andern das deizlio
und bring ihm drei gesetzlia,
uns auch auf den schaden
zwölf roasz wein und zwölf fladeo,
so seit ir aller aosprücb entladen'. Garg. W;
ich liebe goit, was kan mir schaden I
mein herr regiert die ganze weit,
der kan mich aller last entladen,
die meinen geitt gefangen bAlt. Wim rtift gid. IN ;
berr doctor kommt, beseht den schaden.
könnt ihr der schmerzen mich entladen? llAOtootN i,tX;
eil, wie gottverlobie pflegen,
Slaubensvoll dem herrn entgegen!
a*z er dich der sOnd entlade,
gibt er heute gnad um gnade. lUorsToci 7,218;
dich der tOode zu entladen,
fab er seines mables gnaden. 7,296;
dai dai (ollta mein herz des herUgiiea kummen entladen.
DOrcrii 234*;
aobn, dir geziemt der sorge da« trauernde herz zu entladen,
naie. licet triiiia animo deponere curat. Virg. Cfory. 4,631;
die bSume stehn der frucht entladen
und gelbes lanb verwebt ins ttaal. Vota 6, 7 s
des kammerjunkerjochs komm ich sie zu entladen.
GOTTKR 1, 192;
man sprach endlich laut von der nothwendigkeit, den alten
könig einer bürde, welche jüngere schultern erfordre, zu ent-
laden. WlELAND 7, 35.
3) den gen. verlriU die praep. von :
mhd. in swälher wlse so si was
von iroe entladen und beladen. Tritt. 35, 23;
daj riebe wol entladen
beide von unrähte und von schaden. MS. 2, 131'.
nhd. du solt wissen, dasz ich mit einem schweren gedanken
beladen bin, davon mich niemandts denn du oder der toti
entladen magst, buch der liebe 240, 4 ;
der uns entledest von unsern abgesagten feinden.
Mklissus T1*;
reines gewand gab ihm der herr, und entlud ihn,
Sünde, von dir. M essia* iO, IB ;
wend ihrer krnnkheit bangen schmerz,
von ihm entladen ruh ihr herz! Klopstock 7, 115;
liebe, scherze von verdrusz entladen. Gottzr 1, 84
lies Oberon, der bald von tiefem spieen entladen,
bald in die tiefste schwermuth wiegen kann. 1,246;
von einem frevler doch will ich die weit entladen. .3, 12S;
ach könnt ich doch auf berges höhn
in deinem lieben lichte gehn,
von allem wissensquaim entladen
in deinem thau gesund mich baden! Göthi 12,30;
die tugend von allem reichthum ihrer aus der beobachtung
der pflicht zu machenden beute entladen. Kakt 5, 360.
4) reflexivisch
a) ohne casus : ein gewitter hat sich gerade über der Stadt
entladen; sein (angesammelter) zorn entlud sich über den un-
schuldigen ; mit einem kopfscbütteln höherer art, das sich in
gute betrachtungen würde entladen haben. LicsTEriBERC 3, 41;
wie bei der geburt eines erstgebornen reicbserben haben hun-
dert Schlünde sich dreihundertmal zu deinem preise entladen,
die champagnerpröpfe Qogen wie schlagröUren gegen die decke.
GöTBE an Zeller 404; die pistole entlud sich von selbst.
b) mit geniliv: don Eugenio war darüber so erfreut, dasz
er den augenblick kaum erwarten konnte, sich seines geheim-
nisses in ihren schwesterlichen busen zu entladen. Wieland
12, 55 ; uns dieser überlästigen mitbürger ungesäumt zu ent-
laden. 20, 255 ;
{dasz sich) der bund des adels, der ihm furchtbar war,
in diesem fremden kriegcrzug entladet. Sciillkr 667';
wo der delphin sich sein entladen,
der ihn gerettet uferwärts,
da wird dereinst an felsgestaden
das wunder aufgestellt in erz. A. W. ScHLieiLt itnon;
und sich der elenden englischen reimkunst entladen. Herdbr
18,166; sich der furcht entladen. Gotter 3,483; ich musz
einen anlauf nehmen um mich der schuld gegen sie zu ent-
laden. GoTflE an Zelter 32; sich eines auftrags entladen.
Klincer 10, 48 ; dasz man das gesetz der continuität anneh-
men müsse, wenn man sich nicht des gemeinen begrifs von
der bewegung entladen will. Kant 8, 435.
ENTLADUNG, f. die entladung des geschützes; ein genie
bekommt nach entladung seiner geistigen vollsaftigkeit immer
geschm^ck. J. P. uns. löge 1, 133 ; es ist zwar mancherlei ge-
sammelt worden, aber es wartet noch auf eine glückliche
entladung. Schiller an GOthe 839; eine ungeheuere entla-
dung von menschen, incredibilis effusio hominum.
ENTLANG, in longiludinem, praeter, secundum, längs, ein
uraltes, ehrwürdiges vort, an dem sich, wovon sp. 447 aus-
gegangen wurde, der lusammenhang zwischen ende und ent
deutlich bewahrt, diesem entlang vergleicht steh das golh.
and {)ata, da vorbei, es gibt aber ein alts. adj. antlang, ags.
andlong in longiludinem pörreclus, das sich mit teitbegriffen
verbindet, anllangan dag. Hei. 129, ags. andlangne düg. Beov.
4226 drückt aus den ganzen, geschlagnen, sommerlangen tag,
andlonge niht. Beov. 6872, die ganze, lange nacht hindurch,
dies andlang lautet aber altn. endilÄngr, welches offenbar mU
ende, d. i. spitze, siel der länge gebildet ist, hier zu suchen
scheint auch der Schlüssel ßr das aus unserm rechtsallerthum
bekannte symbol per andilangum, andilaginem, vnndilaginem,
wo sich wieder das enden und wenden gar mcht verkennen Idszt,
vgl. antlang 1, 500.
Aus dem acc. neulr. des adj. andlang entspringt unsrt par-
tikel entlang, gleich dem ags. andlang, andlong, woraus sich
engl, along kürzte; sie hat sich weder ahd. noch mhd. dar-
geboten, mangelt auch allen älteren nhi. wörttrbüehtrn, selbst
565
ENTLANG— ENTLASSEN
ENTLASSEN — ENTLASTEN
566
Henisch und Stieler lassen sie unterzeichnet, erst Frisch
1, 227' bringt endlang und endlangest als niedersächsisch bei und
im brem. wb. steht entlangs 1, 310. 2, 12. seitdem gilt sie unter
allen unsem Schriftstellern und hat nichts gemeines, wie Adelcxg
«ahnt, sondern klingt edler als das gleichbedeutige längs, altn.
at endilöngu, entlang, med endilengri anni, praeter fluvium.
Hier fragt es sich nach dem casus, den entlang bei sich hat.
1) natürlich scheint der pen., vie es auch ags. heiszt andlang
})Ss veofudes. 3 Mos. 1, 15, bei Lctheb an der wand des altars ;
andlong ss. Jos. 3, 16 und franz. le long du mar, le long
du RUin, le long de la rivi^re.
wir ballen schon den ganzen tag gejagt
entlang des Waldgebirges. Scbillbr 495'.
so auch bei blosxem lang: giengen des klosters lang. Heb-
amme 738.
1) öfter begegnet der acc, meist der partikel torausgehend :
indem neun bufea entlang er den leib ausdehnte. Od. 11,577;
80 sprachen sie die nacht entlang,
bis morgenlicht ins hö'fcben drang. Ocrges;
wir beben die reusen
den schilfbach entlang. Salis 91 ;
und Wälder umgrünen
die büge! entlang. Götbi 3, 78;
von dem berge zu den bügeln,
niederab das tbal entlang,
da erklingt es wie Ton Hügeln,
da bewegt sicbs wie gesang. 3,65;
er schwebt heran auf luftigem gefleder
um Stirn und brüst den früblingstag entlang. S, 102;
er wandle so den erdentag entlang. 41,316;
dasz ich dem ersten buch Mosis viel zeit und aufmerksam-
keit gewidmet und manchen jugendlichen tag entlang in den
Paradiesen des Orients mich ergangen. Güthe 6, 156 ;
was die schwalbe sang, was die schwalbe sang
die den herbst und frühling hriogt,
ob das dorf entlang, ob das dorf entlang
das jetzt noch klingt. RCcksrt 291;
wird mein schatten glänzend wandeln dieses deutsche Tolk
entlang. Plate!« 89 ;
doch auch nachfolgend:
hoch rollten die wogen entlang ihr gleit. DEseia 36';
so zieh ich im triumphgesang^
entlang die lange strasze. Rcccist.
diese adjeelive gleichen jenen fügungen adlangan dag, den
sommerlangen lag.
8) tadelhaß steht der daüv: dem afer, dem meere entlang
reisen;
preisend wallten sie dann entlang dem krummen gestade.
STOLBfBG 1, 396;
tele man ihn auch mit längs verbindet : längs dem flusse hin,
längs der strasze, nnl. längs de straat.
4) praepositionen sind aber verstauet:
afhmei, sie {die freude) duftet im rosengestSude,
fühlet! sie säuselt am bäcblein entlang. Salis 11;
drei jähre sitzt er auf dem Gibichensteia
und horchet auf der Saale weilenschlag,
die unter seinem gitier rauscht entlang. Cbla!<ds Ernst s.S.
sehto. längs med gutan. mehr unter längs, längst.
ENTL.\NGS erscheint in den vorhin angeführten nd. stellen,
Idsit sich aber schon aus dem 17 jh. bei einem hd. schriß-
tteller aufweisen:
da sähe kommen sie entlangs an einem flusse
ein altes und gaoz schwarz bekleidtes weib.
\V»BO«a Ar. 20, 102 (106),
quiTJ lungo un torrente in negra gonna
vide Tenir una femmina antica; bei Gbibs:
hier sah sie nun längs einem gieszbach kommen
ein altes weib in einem schwarzen kleid..
ENTLlREN, s. entleeren.
ENTLARVEN, personam alicui detrahere, die larve abziehen:
gleichgültiger: dein herz enilam sich mir. Hagedob.'« 2, 162;
ich bin entschlossen den betrieger zu entlarven, sobald ich
ihn entdecke. Götbe 14, 154; der einen gewissen mir entlarren
sollte. Schiller . . . ; das laster, den trug entlanren ; der
beuchler ist entlant.
ENTLASSEN, dimittere, remitiere, ahd. intWjan (GBArr
S, S05), mhd. entlän, nnl. ontlaten.
1) die gemeine, versamluog, das beer entlassen, aufein-
ander gehen lassen.
1) der fürst entliesz den minister fQr heute; die dame
entliesz ihre zofe ; er entliesz uns zu bette. Göthe 31, 240 ;
er wurde diesmal mit einem ernsten verweis entlassen;
wenn ich den spott verdiente
mit dem mich Saladin entliesz. Lbssi5g 2, 334 ;
mich euren boten wies man aa die räthe
und die enilieszen uns mit leerem trost. Schulbk630';
doch jeizo biit ich hoch und höchst,
für diesesmal mich zu entlassen. Göthe 12, 74.
3) aus dem dienst entlassen : der kOnig hat seine minister
entlassen; er entliesz seinen kammerdiener.
4) mit dem gen. der sache:
entlaszt mich immer meiner ahnenprobe,
ich will euch eurer w/uderum entlassen. Lessüic 2, 288;
doch ich entlasse mich der mühe, meine zerstreuten anmer-
kungen zu sammeln. 6, 489 ; ich entlasse dich deines dien-
stes; so können wir die Lykurge und Solonen ihres amtes
entlassen. WiELAxn 3, 349 ; ich entlasse sie aller pflicht für
mein glück zu sorgen, ll, 126; wenn sie nicht selbst dieses
Versprechens mich entlassen. Schiller 316';
und meldet meiner treuen Stadt,
des eides gegen mich entlass ich sie. 456';
Figlius wurde der präsidentenstelle im geheimen rathe zwar
entlassen. 813'; er erklärte sich zugleich aller seiner Verspre-
chungen quitt und aller vertrüge entlassen. S5S"; ich ent-
lasse euch alles danks. Klisgeb 3, 98 ; einen des danks und
lohns entlassen. 7, 255.
5) mit dat. der sache statt der praep. aus hat elvas be-
fremdliches: die gefangnen dem kerker entlassen; so ent-
liesz ihn gott dem paradiese, seinem glücklichen thiergarten.
HERnEB;
aber er selber entliesz nun wieder Aineien dem reichen
tempel. BEbgeb 227', nach II. 5,512, wo Voss besser:
auch den Äneias entsandt aus dem heiliglhume des tempels,
6) etwas entlassen: mhd. den gürtel entlin, veiter auf-
lassen :
weh ir niht sitzen als ein gouch
so enlijet den gürtel umb den buch.
Uaüpi 7,174. tgl. Ö,4Ö2;
nhd. die senne entlassen, losdrücken;
wer hat also frech und stolz
die beschlossen senn enilossen
und eniricbt so scharfen bolz? Spee 290(271),
tpo dem reim xu gefallen entlossen ßr entlassen ;
aus dem samen entwickelt sie sich, sobald ihn der erde
stille befruchtender scbosz hold in das leben entlaszt.
Göthe 1,326;
um die achse gedrängt entscheidet der bergende kelcb sich,
der zur höchsten gestall farbige krönen entlä»zt. 1,327;
die brüst saugt die luft ein und entlaszt sie wieder. Bettwb
tageb. 66; und bestrich damit, wie mit einer kanone, die
nase seines gegners, worauf diese ein blut, wie der heilige
Januar, entliesz. J. P. Hesp. 2, 56.
7) eine merkwürdige intransilivbedeutung gilt in der Schweiz:
entlassen, u6era demiltere, so dem kQvüch {kuhvith) das uter
grosz wirt, dabei man abnimpt, das es bald kalberen wiL
Maaler 104*, d. i. herablassen, wo sich leicht 'das euter" hinzu-
denken Idszt. Staluer 2, 158 : wenn das euler einer kuh, wel-
ches bis auf einige zeit vor dem kalben immer kleiner geworden
oder sich in den leib zurückgezogen hat, wieder zu wachsen
oder sich hervorznlassen anfängt.
ENTLASSUNG, f. dimissio: aus dem amt, dienst, in der
Zusammensetzung, mit schwankendem ersten Iheil, amtsentlas-
sung, dienstentlassung.
ENTLASSUNGSBCCKLING, m. darauf machte Zablocki den
Tornebmen entlassungsbückling. J. P.
ENTLASTEN, exonerare, entladen, entbürden, nnl. entlasten,
bei Klopstoc« allzu oß:
ich seh ein sanftes lächeln,
das schnell das herz mir entlastet. 1, 252;
zuletzt enilastea
diese gedanken ihr lierz. 2,76;
du entlastest die erde vom fluche. Mtts. 8, 109;
diesen verlaszt und entlastet von euch die beilig« «tlu«!
8,135;
von ihm entlastet Obaddon
tcbnell der heiligen kreis. 9,685;
wenn du entlastest die erde vom fluch und zum eden si«
umschafsi. 10,960;
von dem leibe der erd entlastet. 11,440;
sich zu entlasten
von den trüben gedanken, die ihn wie wölken umgaboo.
15,225;
doch die teele der sterblichen wurde
wieder enilaiteu 17,304;
36*
567 ENTLASTEN— ENTLAUFEN :
von allen
ihren bürden entlastei. 17, 503.
andere geben auch dem kräßigeren gen. den vorxug:
so niusz man rlelchwol sich des Unglücks zu entlasten
kein mittel uiclit verschmehn. Loiieisst. Cleop. 9,307;
söhn, entlaste mich des harros
ob der schwäche meines arms. Stolberg 1,45;
entlastet mich dieser tödlichen vrollust, dasz ich nicht unter
der bürde vergehe. Schiller 141';
ist keine stelle, keine, keine, wo
ich meiner thränen mich entlasten darf? 24|*;
doA wechseln schon bei Jeroscbin beide ßgungen:
si wurdin alllr leide inilest. 133';
da^ er wolde inticstin
Cristmemil von den gestin. 167*.
kaufmännisch heiszl einen entlasten £. v. a. die ihm zur last
geschriebne summe wieder abschreiben.
ENTLÄSTIGE.N, gleicher bedeulung, gegensalz zu belästigen :
gott v»ill uns von allen sorgen und bekümmernissen befreien
und entlästigen. Scriver scelensch. 1, 324 ; der christ darf ver-
gönnte und zulängliche mittel wol gebrauchen, ob er sich
seines anliegens entlästigen könne. 2, 162 ; ich war kaum von
diser dienstbarkeit entlästiget. Bütschkt kanzl. 649 ; das herz
des menschen ist immer geneigt sich seiner pflichten zu ent-
lästigen. Rabener 1, 106 (1757. t, IS) ; morgen also werde ich
von meinem traurigen revisorate entlästigt. briefe s. 214.
ENTLASTUNG, f.
EMLASTUNGSZEUGE, m. im gerichlsverfahren.
ENTLASZ, m. dimissio, vgl. antlasz remissio:
und freundlich gibt ihm beim entlasz
die seneschallin zu verstehen. Wieland.
ENTLAUBEN, fronde nudare, gegenüber belauben, engl.
unleave, nnl. ontlooveren : der bäum hat sich entlaubet, posuil
arbor comas. Maaler 104';
entlaubet ist der walde
gen djsem winter kalt,
beraubet wird ich balde
meins liebs, das macht mich alt. Uhland 130;
der herbst entlaubte schon den bunten hain. von Kleist;
verstecken gilt ilzt nicht bei den entlaubten Sträuchen.
Weisze briefw. der fam. des kinderfr, 1, 216 ;
rings trauern die entlaubten,
vom kalten wind durchweht,
die tannen nur behaupten
ihr dunkles grün so spät. Lknau neuere ged, 199;
die ersten Unterhaltungen wandten sich auf Hamann, dessen
grab in der ecke des entlaubten garlens mir bald in die
äugen schien. Göthe 30,236; den weinstock getreuer freund-
schafl seiner blute entlauben. Butscuky kanzl. 55 ; dieses
herbstliche entlauben seiner hofnungen. J.P. jubeis. ii; nicht
blosz dem falben herbste unsers entlaubten seins werden die
schönsten freuden aufgespart. 185; aus der entlaubten, ver-
dorrten seele wird ein neuer leib ausschlagen. Kamp. 47 ;
eine entlaubte Jugend. Hcsp. vorr. xxiv.
ENTLAUBEH, m. Voss nennt den stürm dichterisch 'des
waldes entlaubcr*. das ist auch eddisch, ohne dasz ers wusle:
in qvistskoeda, die zweigschädigende. Hamdismäl 5.
ENTLAUCHPLN, reserare, aperire, ostendere, nnl. onlluikcn.
sehen mhd. halle sich lücheu für liechen (wb. 1, 1023), ent-
liehen für entliccben festgesetzt und man weisz, dasz eine
menge au <!-■ A aus iu hervorgegangen sind, z. b. auch unser
saugen ein siegen voraussetzt, wie das part. prael. von saugen
gesogen, musz auch das von lauchen gelochen lauien, das mhd.
pari, entlochen ist unselten, nhd. sind aber laueben und enl-
lauchen fast ausgestorbne Wörter, seiner gtinner und anhänger
dorft sich keiner regen noch merken lassen, wer sich nur
entlaucbet (offenbarte, kund gab), der mCist die stat räumen.
Funk ehron. 301*.
E.NTLAUF, m. discursus, fuga. voc. theut. 1482 g4*; er
vergab mir den schulenentlauf. Hippel 12, 198, das weglaufen
aus der schule, em nach hippelscher weise übel gebildetes wort.
ENTI^AUFE.N, aufugere, nnl. ontloopen: mit dem schöbe
konte er {auf einsacken verstand er sich) meisterlich und war
seinem meister nicht entlaufen {halte es «ol erlernt). Senhen-
•■ac sei. 3, 460 ;
er meint im mug kein Oau enilaufea. fasln. 232, 5;
e» begab sich aber über drei jar, das zween knechte dem
Simei enlliefün. 1 kun. 2,38; und der schnell laufen kan,
•ol nicht entlaufen. Arnos 2, 15 ; du aber, der du den Juden
ENTLAUFLICH — ENTLEDIGEN
568
alles leid anlegest, soll unserm herrn gott nicht entlaufen.
2 Macc. 7, 31 ; denn du bist dem gericht des lebendigen goltes,
der alle ding sihet, noch nicht entlaufen. 7, 35 ; da sie nu
mit häufen zu im einfielen, entlief er auf die mauren und
stürzt sich manlich hinab unter die Icute. 14,43;
bin heute ausz der schul endlolFen. Gilhusiüs 11;
wo wird er noch hin komnion
mit seiner entlofnen nonnen? Soltau 448;
wer um warheit gunst wil kaufen,
musz von hofe bald entlaufen. Logau 1, 176, 43 ;
ein Soldat, der von seinen herren entlaufen, pers. baumg. 1, 33 ;
den flammen . . . entloffen. Wixland 21, 32;
80 hastig? warte doch Alhafl.
entläuft dir denn die wüste! warte doch! Lessins 2,212;
aber, einem ringe gleich, entlaufen
glück und freud in einem augenblick. Göeingk 3, 101.
ENTLAUFLICH, discursim, discursanter. voc. theut. 1482 g 4*.
ENTLAUSCHEN, aure admota captare, ablauschen:
der geist (Beethovens), dem seliges verderben
das erdenleben sich enttäuscht,
in dessen lled viel süszes sterben
und harmonie des todes rauscht. Lknaü neuere ged. 187 ;
du wirst dem wald kein wirksam lied enilauschen. 307.
ENTLE, n. analicula. Maaler 104', enllein, entchen.
ENTLEBEN, vita privare, tüdten, das nnl. ontleven ist aber
intransitiv sterben, wie auch bei uns vorkommt, z. b. in Weises
luslredner 329 : dafern die liebste nicht über verhoffen ent-
lebet wäre, das transilivum bezeugen folgende stellen:
wie auch mein flaisch in wahrer Zuversicht,
dasz gottes gnad es nicht
gedenkt zu entleben. Weckhrrlin 53;
mich gar zu entleben. .'57;
mit lust entleben. 221;
jetzt trugt ihr steine zu und wollet ihn entleben,
jetzt stürzen von dem fels, jetzt in die bände gebsn.
Fliiiing 6.
vielleicht musz das transitivum zurückgeführt werden auf ent-
leiben, denn in Gryphius verl. gesp. 55 heiszt es zwar
der längst entlebte geist besucht die kalten glider
und fangt zu leben an,
und die stelle wiederholt sich 56. allein in beiden liest die
ältere ausg. entleibte, doch heule gilt blosz das part. entlebt,
todt (nicht entleibt), das sich gleich dem nnl. ontleefd auch
auf ein intransitivum zurückleiten läszl : jene enticbten ge-
scböpfe zu beleben, hatte der auszerordentliche mann sein
ganzes talent erschöpft. Göthe 26, 293. vgl. abieben, bele-
ben, verleben und entleiben.
ENTLEDERN, excoriare, enthäuten. Stieler 1107.
ENTLEDIGEN, laxare, liberare, solverc, frei, los, ledig
machen, ledig und los sprechen, was schon das blosse ledigen
aussagt, nnl. ontledigen, mit gen. dei- sache oder mit der praep.
von und aus: er hat seinen geist nit entlidiget von dein gebet.
Keisersberg post. 4, 28 ; denn gott der allmechtig hat binge-
nomen sinen diener usz disem joinertal, er hat entledigt die
gefangne sele von dem last des libs. Otbers birichl über
Keisersbergs tod vor dem ehr. bilger;
ich bin entledigt von meinen smcrzcn. fasln. 65,6;
da ich ire schulder von der last entlediget halte, ps. 81, 7 ;
und nach denselbigen tagen entledigten wir uns und zogen
auf gen Jerusalem, apostelg. 21,15; wie kann ich auch das
gleuben, das du schreibst, der eheliche priester sei entledigt.
Lother 1,559'; o wollt gott, das du entledigt von der ehre,
etwan von einer pfrund, dich halten mochtist. br, 1, 509 ;
einer sorg entledigen, ein sorg ab dem hals nemiuen. Maaler
104*; von der leibeigenschaft entledigen, servUio eximere; wann
er dann schon in zchcn gefenknussen enthalten würd, so
wolt ich in deren entledigen. Aimon qo'; so bitt ich, das du
mich heut von den sorgen entledigen wollest. r6'; harte und
schwere krankheit, darvon mich dann kein mensch dann ihr
hett mögen entledigen. Galmy 37; was glückhafligcn nrztes
dich davon entledigt hat, mir verborgen ist. 41; miicht sie
sich selbst mit meinem tod (der gefangenschaß) entledigen,
sie warlicb mich nit ansehen würd. 275; die herzogin »ich
jetzt dem todo ganz ergeben, sich aber .<o schnrll davdn
entledigt gesehen hat. 325; auf da« er nich nun der gefalir
entlediget. Kircuhu»' tocnifunm. 217*; und ist solcher klag des
profusen ganz bicniiil entledigt, dise. mit. 2:>l ;
dai er entIeJiRi i«i von last,
von irObial und gefcrda. Soltau 2W{
569
ENTLEDIGEN — ENTLEGEN
ENTLEGEN— ENTLEHREN
570
so soll sie demnach solchermaszen
mit ehren hie auf dieser erden
ihres lebens entledigt werden, ganskönig e4;
das hart bedrängte land, das seine {so) schweren bürde
entledigt, sehöplet luft. Grvpuius 1,77;
also schrie sie und hielt mich bei dem rocke fest, doch wurde
ich ralhs mich selbst aus ihrer band zu entledigen, pers.
baumg. 7, 8 ; ihr wollet mich zu ehrlichen weibern führen,
die mich durch göttliche hülf von meiner leibesbürde entle-
digen helfen. Simpl. K. 718; die seinige aber entledigten ihn
aus seinem Stegreif. 426 ; nachdem er den becher von hier
entlediget hatte. Ettser med. maulaffe 128 ; mein vater war
hierauf alsobald besorgt, damit die entledigte stelle seines
hausinfonnatoris ersetzt werden möchte. Leipz. avanl. l, 36 ;
denn es war schon so viel als richtig, dasz der graf demjenigen
die entledigte schloszverwalterei ertheilen wolle, welchen sein
agent schicken würde. 1, 190 ; um sich selbst von beschwer-
lichen gegenständen zu entledigen. Wielano 3, 339 ; er nahm
wenig vorurtheile mit, da er auszog, und fand sich auch von
diesen wenigen entledigt, als er wieder zurückkam. 3, 418 ;
der last entledigt,
hält er so gern
dem selgen herrn
die leichenpredigt. Kl. Schiidt poef. 6r. 29;
0 würde mancher mensch, wie du,
von seinem fliiterpomp entledigt,
wo fände seine seele ruh? Gotter 1, 118;
des liebsten hat noch keine sich entledigt. Platin 296;
gelöst war alles, meiner strengen pflicht
war ich entledigt. Göihe 9,331;
seiner groszen pflichten so glänzend entledigt, trat der Ur-
heber dieser vortheile mit lorbeern geschmückt in die stille
des privatstandes zurück. Schilieb 998'; indem er zuweilen
anhielt, um die grosze geflochtene flasche ihrer letzten tropfen in
seinen mund zu entledigen, ärsim kronente. 1,281. in Schlesien
versteht man unter 'er hat sich entledigt' umgebracht, getödtet.
Von der wunel unter ledig, es fragt sich nach dem unter-
schied zwischen entledigen und erledigen, erledigen steht nicht
reflexiv mit dem gen., niemand sagt sich des auftrags, des ge-
dankens erledigen, nur entledigen, dagegen sollte die transitive
Verwendung mit dem acc. auf erledigen eingeschränkt sein,
doch schwankt hier der gebrauch, und wenn sich schon Gry-
PHius gestaltete die bürde entledigen, erlangt auch die entle-
digte verwalterei entschuldigung. es wäre aber leicht, hier
erledigt, dort den gen. herzustellen, entledigte guter sind bei
Steinbach 1, 962 possessiones vacuefactae, heule erledigte.
ENTLEDIGUNG, f. liberatio : ist gnug einem gemeinen
mann zu wissen, das ablasz sei entledigung der gnugthuung
für die sünde. Lijtheb 1, 165' ; Regulus der Römer hauptmann
erwarb willige entledigung seiner band von seinen feinden.
Frank weltb. 237'; und erzählten wir einander unsre lebens-
art zu hause, wie wol suns war, wie frei wir gewesen und
was es hier für ein verwünschtes leben sei. dann machten wir
plane zu unsrer entledigung. der arme mann im Tockenb. 127 ;
euch glück zu wünschen über euren sieg
sei meiner ersten pllicht entledigung. Platbn 232.
ENTLEEREN, vacuare. mhd. und n/. ohne beispiel. die
richtige Schreibung entlären begegnet noch im 16 jh., Frisics
und Maaler haben dafür auslären, entleeren ist ihnen ganz
etwas anderes, dedocere. er entleret (enläuszert) sich seiner
golheit, seiner fromkeit und Weisheit, und wolt sein bei Sün-
dern, menschen und narren. Lcther 1,92'; Habel war ein
iigur des andern menschens Christi, der sich seiner gött-
lichen macht entläret. Reiszser Jerui. 2,7'; unterdes stallet
sein lybiscb maulthier die blas zu entlären. Garg. 233';
andre vollen (füllen), sich entleeren. Logau 1, 65, 61.
ENTLEERUNG, f leibesentleerung, blutentleerung.
ENTLEGEN, remolus, abgelegen, part. praet. von entliegen,
anders auszusprechen als der folgende infinitiv, ä. h. beide
Wörter zu unterscheiden wie belegen situs und belegen operire,
wie verlegen obsolelus und verlegen alio conferre. gegensatz
ist gelegen, angrenzend, mhd. wb. 1, 988'.
beides, höheren mut und freudigkeit fühlt und erqnickung,
wer mit speise gc>tärkt ausgeht in entlegene Linder.
Od. 15,78;
kühl war ihr lebensihal und dem geräuscb entlegen.
GOTTKK 1, 140;
zwischen solchen entlegnen tonarten in Victor, wie bumor
und empfindsamkeit sind, den leitton auszufinden. J. P. Hesp.
1, 165 ; der Verleumdung, dieser höhern mcszkunst, die aus
wenigen schlimmen zügen und linien die ganze grösze eines
entlegnen menschen findet, teufelsp. 2, 54.
ENTLEGEN, nnl. ontleggen.
1) dissecare, zerlegen, auseinander legen, älbercs hat dear-
tuare, quasi per artus dividere, entlegen, teiln. Oiefeübach
166' bber entgliden und erlegen ;
ich spazieren gieng nach thieren
dort in jenen grünen wald,
trug den bogen aufgezogen,
scbosz ein rehlein wolgestall.
grif zum degen, wollts entlegen,
biengs an einen eicbenbaum,
gleich zur stunden von den wunden
rann herab der purpurschaum. Spke trutzn. 298(270).
2) sich entlegen, sich enthalten, weigern, enlbrechen, nnl.
gij kunt het niet weigeren noch ontleggen, vgl. entleggcn
brem. wb. 3, 42:
und lebt auf erden noch kein mann,
der sich hievon entleggen kan. Dedekind papisla conversus 1,4;
dasz ich mich zu denken ... nicht kunnt entlegen.
Brockes 4, 403;
unmöglich kann ich mich entlegen ... zu erwegen. 5,264;
doch wirst du dich nicht enüegen. 6,168 und noch öfter;
•sich nicht entlegen können einem gesuche statt zu geben'
steht in einem schreiben der hannöv. regierung vom j. 1734;
ich würde mich nicht entlegen {für entlegt) haben ihn unter
dessen vorzüglichste producte zu rechnen. Rodes Trisir. Sh.
1, 151. scheint ursprünglich blosz nl. und nd., nicht oberdeutsch,
wie Adelung angibt, man musz hier dem ent die bedeutung
von wider und entgegen beimessen.
ENTLEGENHEIT, f longinquitas, intercapedo. Stieler 1118 :
die entlegenheit des ortes bat uns geschieden. Rctschkt
kanzl. 78.
ENTLEHNTEN, mutuari, borgen, ahd. intlehanon (Gbaff
2, 124), mhd. entlehenen und gekürzt entlehen (wb. 1, 997*),
nnl. ontleenen. mhd. swer borget oder entl^hent, der sol
daz, gelten. Schwabensp. Wackern. 11. auch nhd. zeigen ältere
Schriftsteller noch oft die gekürzte wortgeslalt:
leich nicht gern, du sechst dan wem,
entlebea ungever vil von dem,
wan wer sich leihens trösten wil,
der jo verdirbt mit schänden vil. ring 32', 23;
kein piszedler [s. 2,50) tet nie kein gut,
ich main, die iren adel schmehen
mit epruch, spil und gelt entlehen,
und zalen ein auf der grüen wiesen, fastn. 381, 9;
entlehest vil auf borg und bitt. H. Sachs I, 228';
doch dringt' bald das volle entlehenen, "(entlehnen wieder durch,
nur sollte das hier wesentliche h nicht ausfallen, Maaler
104* schreibt aber: galt auf wucher entlenen, ich find nienen
kein galt zu entlenen, argentum nusquam invenio mutuum;
geschirr entlenen allein zu besähen, rogare inspicienda vasa,'
ein entleneter gewalt, imperium precarium; am nachgenden
tag entlenten (es steht en^lonten) wir ein ros. Plater 72.
Luther und die übrigen behalten das h: wenn jemand von
seinem nehesten entlehnet und wird beschedigt oder stirbt,
das sein herr nicht dabei ist, so sol ers bezalen. 2 Mos.
22, 14; und da einer holz feilet, fiel das eisen ins wasser
und er schrei und sprach 'awe mein herr, dazu ists ent-
lehnet'. 2 kön. 6, 4 ; laszt uns geld entlehnen auf zinse. A'eA.
5, 4; dein vatter hat vor Zeiten die sum gelts entlehnet. Bbant
bei Sleinhöwel 145'; er wirt, saget Amadis, auf sein pferd
entlehnen. Amadis 361 ; derhalben wolt er sie diebisch ent-
lehnen. Garg. 150" ; in derselben zeit die drei brüder ihrer
alten gewonheit nicht abgiengen, on unterlasz entlehneten
wo sie mochten, in demselben sie den glauben verloren und
die inen geliehen hetlen, an inen zweifelten. Bocc. 1, 49' ;
wer sein gesind nill gehorsam haben, der entlehn kein geld
von ihnen. Lehmann 122 ; dasz ich meine Satteldecke so lange
zum pfände für entlehneten unterhalt habe müssen stehen
lassen, pers. rosenlh. 1,17; alles unser vermögen kömmt von
gott, unsere kräfte sein nur entlehnt. Bdtschky Palm. 58;
von jemand eine summe geldes entlehnen. 405;
ich will von der vernunfl geduld und trost entlehnen.
Cronegc;
fehabt euch wol, sirl laszt es euch nicht leid thun.
asz meine dankbarkeit den Oor der nnchi
entlehnen musz. Schiller 420*.
ENTLEHNER, m. der geld aufnimmt. Stieler 1124.
ENTLEHNU.NG, /. frenibder sprachen entlehnung. Zinkgrbf
291, 7.
ENTLEHREN, dedocere, das widerspiel Ichreti dann einer
vor gelemet hat. Frisios 372'. Maaler 104*.
571
ENTLEIBEN — ENTLEIDEN
ENTLEIHEN — ENTMACHEN
572
ENTLEIBEN, exanimare, vila privare, leiblos thun, um-
bringen, gebildet wie entseelen. begegnet ahd. und auch mhd.
noch nicht, denn das starke ahd. intlibun parcere (Graff
4, lUO), mhd. entliben (wb. 1, 96S) ist ganz unverwandt und
geht hervor aus bliban. wol aber erscheint bereits mnl. und
nnl. ontlijven exanimare und intltbea bei Jeroschin 41\ also
während jenes enlliben parcere nhd. gesehwunden ist {zuletzt
begegneis bei Wittenweiler 10', 12. 36*, 26), kommt entleiben
tödten in gebrauch, Fbisiüs 492*, Maaleb 104' verzeichnen und
die denkmdler liefern es:
sin schwäher, schwiger und eewib
bat er od alle schuld enilibt. trag. Joh. Kti;
als unser vaiter Abraham
anfängklich goites ehe annam,
förcht er der frummcn Sare fal
an des küngs Abimelechs sal.
sorgt fast er würd darümb entleibt,
das bald ain ander mit ir weibi. Scbwarzbnbirg 156, 1 ;
item welcher ein rechte notwer zu rettung seines leib8 und
lebens thut und den jenen, so in also benötigt, in solcher
notwer entleibt, der ist darum niemants nit schuldig. Carolina
art. 139 ; ich wolt lieber entleibt sein, ee das im nit zu hülf
kerne. Fierabras ES;
koch, nem von den capon die besten,
die reisten, das wir sie entleiben
und lasz die magern drinnen bleiben. Waldis 2, 41;
wie mans auch darfür halten will, Cain habe seinen bruder
im felde bei Damasco entleibeL Mathesius 7^; der entleibte
Abel. Ayrer proc. 1, 4 ;
ganz entsehlet und entleibet. Weckhbrlin 150;
hier bangst du ausgespannt, geädert, abgefleischt,
zerstochen, striemenvoll, entleibet, ausgekrcischl.
Fleming 12;
schau her auf deine räch, du seist auch wo du seist,
dein erster todfeind liegt, du hast, enileibier geist,
mehr mittel itzt die feind, als lebend, aufzureiben.
Grvphius 1, 406;
der tod, der iederman entleibt. Rohplkr 78;
der tod ihn kont entleiben. Spei Irulzn. 54;
dasz die entleibte seel in andre leiber weicht. Ksap 156;
wie bald kann mich ein stahl entleiben? GcnraER 301;
einen entleiben, zumal im Zweikampf erlegen: Solande hatte
achte blessieret, zwene gar entleibeL pol. stockf 252; hat
er das unglQck gehabt, seinen gegner zu entleiben. Plesse
3, 395 ;
ba, was geht der Schemen mich an ? was, ob dolch ihn ent-
leibten? Klopstock octen . . .;
bald nimmt Avernus eine myriade
zu früh entleibter seelen eiii. Railbr 1,74;
man hatte den erschlagenen gefunden, der entleibte war
koecht einer witwe. GOthb 16, 146 ;
bis aufgebracht ein gegner ihn entleibt. . . .
kein beleg aus Ldtrer. vgl. entleben.
ENTLEIBER, m. interfector. Stieler 1133.
ENTLEIB UNO, f item es geschehen ie zu Zeiten entlei-
bung und werden doch die jenen, so solch entleibung thun,
ausz guten Ursachen als etlich altein von peinlicher und hur-
gerliciier straf entschuldigt. Carolina 138. t. selbstentleibung.
ENTLEICHTEN, a//et>are, erleichtern:
die verliebte berzensseufzer die enileichten unsre schmerzen.
Hora^K.iswALOAi; getr. tch. 9.
ENTLEICHTERN, dasselbe: sich der last entleichtern. Bar-
nisch 242.
E.NTLEICHTERUNG, f levamen, erleiehterung : du wirst
iooemen über alle andere gnod und tugenden entlicbterung,
freud und Sicherheit in dem weg diner bilgerfart. Kbisers-
BCRC bilq. 115'.
ENTLEIDEN, 1) transitiv dolore, maerore liberare:
ach schaiz, kom mich zu enileidenl Weckuiklin 469.
i) molestum, intisum reddere alicui, verleiden : so lange
D8D mir Virgilium mit Lucano nicht entleiden wird. Brccrir
in Di^izcLS Gottsched U^■, ohne dasz mir dieser unigang ent-
leidet wSre, wie es Öfter zu geschehen pfleget. Pierot i, 393 ;
dieser trockene und mürrische mann entleidete unsenn Sieg-
wart den aufeotbalt. Miii.ers Siegw. 2,359; zuweilen phan-
tasierte er auf seiner violine. gleich wurs ihm wieder ent-
leidet und er bieog sie wieder auf. 2,412; ihm den bang
auf dem lande zu leben zu eolleideo. 3,534; eine staatsver-
iDderuDg soll mir luft machen, boCf ich. wenn sie mir auch
nicht zam bezahlen hilft, loU ti« doch meioen glSubigera
das fordern entleiden. Schiller 146'; dem rechtsgelehrten
entleidet seine rechtswissenschaft, sobald der Schimmer bes-
serer cultur ihre blöszen ihm beleuchtet. 1003*. dies letzte
entleidet liesze sich auch unpersönlich nehmen für leid werden.
ENTLEIHEN, ahd. intllhan (Graff 2, 123), sowol ßrmutuum
dare, commodare als mutuum sumere, entlehnen: ein pferd,
einen wagen entleihen;
zu seinem wesen wird vom zufnll nichts entliehn.
Hagedorn 1, 24.
ENTLEIMEN, gluline liberare, losleimen, deglutinare. Maai.eb
104', nnl. ontlijmen.
ENTLEIN, n. analicula, entchen.
ENTLENKEN, deflectere, deducere:
bis Luna den höhn
die drachen entlenkt. Mattbisson 156.
ENTLERNEN, dediscere, verlernen, voc. theut. 1482 g5'.
Maaler104': das die, welche am meisten und besten lernen
und züchtig leben, erger verderben, denn die nichts lernen und
in der hurerei leben, denn diese lernen nichts, das wieder zu
entlernen sei. Luther 2, 47'; bis wir wider alles entlernen, zS
narren werden und all dise kunst wider speien. Frame para-
doxa 35*. 97'; die gottgläubigen haben all ir vorigen künst
lassen fallen, entlernet und vergessen, von heillosigkeit 81;
Paulus must wider entlernen, das er all sein tag hat geler-
net. 86. 89.
ENTLEUCHTEN, resplendere, entstrahlen:
so von Achilleus schild entleuchtete glänz in den äther.
Voss.
ENTLEüMDEN, infamare, verleumden.
ENTLEUMDÜNG, f infamia: doch heimlich er sich gehüt
bat, da nit etwan der entlümdung die sach im wäre. Teren-
tius deutsch 1499.21' (Andria); und hast mich in den Obeln
verlassen, von welchen ich in der höchsten entlQmbdung bin.
74' (Heautonl.).
ENTLEUNEN, t. aufentleunen.
ENTLIEDEN, *. enlglieden.
ENTLISPELN, susurrando elabi:
des klosters dunkeln eschen
entlispelt klaeeion.
Mattuisson 109 (oder 123 oder 109).
ENTLOCKEN, elicere, nnl. ontlokken: einam thrflnen,
lächeln entlocken; den saiten tOne;
und manch wort ihm entlockt, das mehr wol frommt« var-
schwiegen. Od. 14,466;
welche khigheit bitte denn wol das schöne bekennlaii
dieser guten entlockt und uns enthüllt ihr gemüte?
GoTHi 40,332;
der sanfte sinn, der jedem meiner winke
gelehrig einst sich fügend, woiinethränen
mir on entlockte. Götter 2, 299.
ENTLODERN, excandescere, flammigare:
bis dem dickern qualm aufleuchtendes fauer antlodart.
Vom;
spende mvrten zum kränz, dem herd entlodre
knatternd die flamme! Hatthisson 120;
komm, 0 komm, und lasz uns sterben!
mir enilodert schon der geisi. BöaciR 38';
wie weiterschein
entloderi sein sarras der scheide. 81';
so entlodert meine wut. Gotter 3, 471.
ENTLÖSCHEN, navem exonerare, was ISscben.
ENTLOSEN, solvere, gleichviel mit lOsen, nnl. ontlossen :
entlOst werden von den banden. Keisersb. seh. derpenit.H;
also entlOst oder abthet er den beim. Fierabras a5;
Trojnü söhn aurh drüben, vom ungestüme der feldschlacht
wiedergekehrt, entlosten die hurtigen rosse den wagen.
it. 18,244;
die brüst entlöse der gesang! Götrk 3,74.
ENTLÖSUNG, f. solulio: freiung und entlösung irer gemüt
Ton den sorgen suchende. Frank chron. 20'.
ENTLÖTHEN, replumbare, enllötten. Maalbr 104*.
ENTLÜFTEN, eventilare, auslüßen: sein herz entlüften,
animi maerorem solari. Stieler 1183.
ENTLÜSTEN, jucundilalem adimere. Stiblbr 1188.
ENTMACHEN, abolere, irrilum facere, ahd. intmachön
disjungere (Graff 2, 647), mhd. entmachen {wb. %, lö'), nn/.
ontmakrn, engl, unmake. in den veisthümtm die formel:
aie mochten ij machen und entmachen, wie sie wolden.
2, 218 ; zu machen und su enunachen, zu leuea uod zu eol*
■eUeo. 3,161.800.
573
ENTMÄGDEN — ENTMISCHEN
ENTMISCHUNG — ENTNÄGELN
574
ENTMÄGDEN, dnirginare, enljungfem, vnl. ontmaagden.
mhd. entmageden fehlt: ein docbter entmägten, er hat niich
enttnägtet, verfellt oder geschwächt Maaler 104*.
ENTMÄHEN, demetere, desecare:
schon entmähst du dir gern den rerzottelten hart mit der
bippe. Voss.
ENTMANNEN, 1) nirare, exsecare, vinlitalem adimere, nnl.
ontmannen, «19/. unman, «oßr die alte spräche verschiedne
andere ausdrücke halle:
die du gestümmelt hast, und der entmannte mann
Theophilact, und wer noch über dich lyrann,
auch sonder zunge ruft. Grtphids 1,47;
entmannte harfen {eunuchengesang)
fröhnten dem wabn und dem goldnen laster. Voss 3,31.
2) häufig für enenare, debililare, seliwächen:
eine memrae bin ich,
deine schönbeit entmannt mich,
entmannt mich deine stimme. Fb. Höllkr 1, 213;
Sirenengesang, der das herz entmannt. 3, 133;
tebnßltig wucbert stets der erste sieg,
zebnrach entmannt die erste niederlage. PlatehSOT;
die nerven werden so wenig in einer wocbe gestärkt als in
einer woche entmannt. J. P. uns. löge 3, 57 ; durch ihre ent-
mannenden auszüge und Übersetzungen, bücherschau l, 55.
3) man sagte auch ein schif entmannen, seiner mannschaß
berauben, im gegensatz ton bemannen. Lohesst. Arm. 1, 94.
ENTMANNUNG, f.
nicht der glieder ekle Spannung
bei der schrecklichsten entmannung,
die dadurch nicht kommt zu kraft. REckert 1S4.
ENTMANTELN, ENTMÄNTELN, expalliare, gegensatx von
bemänteln. Stieler 1227. mhd. min verstentnisse wart ent-
bildet unde min geist wart entmittelet unde min andächt
wart entmanlelt unde diu persöne mines gemüetes wart ver-
enderet. Haupt 8, 256. nnl. ontmantelen, des mantels berau-
ben, entkleiden, gilt uns heute fast nur von festun gswerken,
im sinne des franz. demanteler, eine bastion, ein bollwerk
entmanteln.
ENTMAßKEN, medulla privare, nnl. ontmergen:
die gar entroarkte mark. Flimi:«g 115;
des iiebers kochend biei schäumt in entmarkte glieder.
HippKi. 7, 303.
ENTMASTEN, navetn malo spoliare, nnl. ontmasten, engl.
unmast:
hoch auf der fluten gebirg wiegt sich entmastet der kabn.
Schiller 76*;
das ISndergattende schif liegt entmastet am strande. 1031*;
weil der arme mann sich in der arbeitstube, wie andere im
tafelzimmer, entmastete und abtakelte. J. P. Tit. 1, 83.
ENTMALERN, dimolir. Rädlein 241*.
E.NTME.NSCHEN, spoliare hominibus, Humana forma:
»0 war durch deine straf
entmenschet (entcötkerl) der erdkreisz. Wkckberiin 330;
entmenschtes mutterherz! Lohenst. Agripp. 6, 169;
tntmensche dich vorher, vergeistere die glieder. b/um. 64;
du weist, dasz menschen sich nicht recht entmenschen können.
HOPMl^KSWALDAi; 1, 3;
wen faszt des miiletds schauer nicht, wenn er siebt,
wie unser pöbe) Kanaans volk entmenscht. Klopstock 2. 46;
wurde die menscbheit
jemals also entmenscht? 2, 163;
menschen zu sehn wie entmenscht durch so unmenschliche
herschaft. Voss 2, 53;
des freut sieb das entmenschte paar
mit roher benkerslusi,
denn fiihllos wie das eisen war
das herz in ihrer brüst. Schiller 68";
moskowiiiscbe geisel schwang
■iegreich die entmenschte Messalina. Plater 129*;
feniigt euch nicht, dasz eure tTrannei
ein menschlich angesicht mich sehen läsit?
denn euer eignes hat die wut entmenscht. 222*;
om sich nicht zu entmenschen {durch beiwohnung ohne ehe).
Käst 5,124.
ENTMENSCHLICHEN, dasselbe: wenn du ihm die h^Jcbste
kraft, die höchste Vollendung des tbiers gibst, so entmensch-
lichst du ihn. Pestalozzi 6, 16.
ENTMENSCHUNG, f. wenn auch pbilosophen und despoten
sich miteinander vereinigten, diese schändliche entmenscbung
vorzunehmen. Wieland 28, 319. ^
ENTMIESEN, emujcare. Maaler 104*.
ENTMILCHEN, ablactare, deficert laete. SniUB 1266.
ENTMISCHEN, demiscere.
ENTMISCHUNG, f. die Zersetzung, entmischung, Verwesung
thierischer Substanzen.
ENT.MITTEL.N, s. die unter entmanteln gegebne stelle und
vgl. ermitteln, vermitteln.
ENT.MÖNCHE.N, monachum exuere: frater Aleiias gab mir
die kleidung eines geistlichen ... ich entmönchte mich so-
gleich und ward wieder mann {subito mi sfratai e ritomato
uomo). Gütbe 34, 50.
ENTMÖNCHüNG, f. dasz die möncbe selbst zu dem heil-
samen werke ihrer entmOncbung willige und dankbare bände
bieten würden. Wieland 15, 291.
E.NTMOSEN, was entmiesen, von übertcachsendem mos be-
freien: andere haben nie die quelle der spräche unserer
ahnen entmost. Reiskes Thucydides vorr.;
sieht um Platons kelch die rosen
heitrer Weisheit wieder glübn,
Roms ruinen sich entmosen
und Athens geUlde blühn. Mattbisson TT.
ENTMOSTEN, muslo spoliare:
als der wesi war durchgekostet,
hat er (Göllie) nun den ost entmostet. RCcceit S41.
ENT.MCDEN, lassitudinem solvere, reficere, nnl. ontmoedigen:
entmüdet, munder, frisch. Weckherlin 226.
ENTMCDUNG, f. hier, dünkt mich, kommt auch die ein-
bildungskrdft der entmüdung zu hülfe, denn je näher wir
dem Staffel kamen, und noch mehr als wir vom Staffel aus
schon einen theil der groszen aussieht vor uns habend dem
Kulm zueilten, nahm auch die ermattung der füsze mehr ab
als zu. Hegner 4, 192.
ENTMUMMEN, develare, enthüllen, nnl. ontmommeo.
E.NTMUMMDNG, f hat nicht der könig seinem eigenen ant-
litze die larve abgezogen und durch entmummung sich ver-
raten? LoHENST. Arm. 2,156.
E.NT.MÜNDIGEN, sui impotentem declarare, auszer mündig-
keit setzen, unter curatel stellen, z. b. wegen geistesschwache,
Verschwendung :
wir aber hatten uns entmündigt.
ScBENKKNooRP {beichte am TSoct. 1813).
ENTMÜSZIGEN, otium solvere, in aliquo opere esse: dabei
{beim spiel) sich vil müszige entmüszigen. Bctscbey Palm. 923.
steht aber auch ßr inertem esse, müszig gehen: ist ihm {dem
gestorbenen) gar wol geschehen, dannenhero wir auch billich
uns der zu vilen bekümmernüsse enlmüszigen. Bctscbkt kanzl.
848, was ebenwol heiszen dürße müszigen.
ENTMÜSZIGUNG, f habe ich bei entmüszigung von meinen
amtsgescbüften etliche historische und poetische werke ver-
fertiget. Brandts bericht von Taubmann, vorr. s. 5.
ENTMUTEN, exanimare, animum frangere:
0 flammt, ihr bliizesgluien,
0 rase, donnerklang:
ibr könnt mich nicht entmnten,
mir wird vor euch nicht bang. Le.nad n. ged. 139.
ENTMUTIGEN, dasselbe, nnl. ontmoedigen : die entmuti-
gende nachricht, der entmutigende eindruck hiervon.
ENTMUTIGUNG, f. entmutigung batle uns ergriffen.
ENT.N.\CHTEN, noctem abigere. Stieler 1323. nach Albr.
VON Rltte im wb. lu Gotthelf s. 21: 1) ton der nacht über-
eilt werden. 2) auswärts die nacJil zubringen.
ENTNACKTEN, denudare, ahd. antnachutön, innachutön
(Graff 2, 1016), mhd. ennacten {wh. 2, 296), entnachten. Oiemers
6et/r. 1, 127. das wort Idszt sich aus den nhd. denkmdlern
des 15. 16 jh. sicher noch aufweisen, ist nur bisher nicht ge-
funden, später wich es dem entblöszen.
ENTNAFZE.N, in soporem ineidere, entschlummern: duo
sprichstu, ich entschlaf nit also, aber ich entnafz. das baiszt
entnafzen, wenn ains anfacht zu schlafen und zucket doch
wider . . . hüt dich vor dem entnafzen, wann warlich will du
des vil treiben, du entschläfst binden nach, das dir der köpf
zu der erden feit. Keisersberc geistl. Spinnerin b5*; nun
sprichst du, lieber got, wie sol ich im thun, das ich also
entnafz? b5'; ich wird nit steigen auf mein bett, noch auch
keinen schlaf gehen meinen äugen und meinen augenbronen
kein entnafzen und kein ruw meinen schlafen bis das ich
find ein statt dem herrn. predigten 91' ; also das sie nahent
die ganze nacht über schrien, do entnafzet sie ein wenig
und es gedaucht sie, wie das sie wäre in der kirchen. Ober-
LiN 316. ton der würzet unter nafzen.
ENT.NÄGELN, clavum adimere, reterare, ahd. innagHan
(Graff 2,1018).
0/0
ENTNÄHEN — ENTNEIGEN
ENTNEINEN — ENTNÜCKEN
)76
LNTNÄHEN, dissuere, mhd. entnaejen {wb. 2, 304), nnl. onl-
naaijen.
EMiNAH.ME, f. amolio, wegnähme: jetzt kann es nicht an-
ders sein, als dasz noch einige resle im thrünensack bleiben,
das aber nach entnähme desselben wegfallen müste. Herder
bei Merk 1,18.
ENTNASE.N, denasare, die nase abhauen. Maaler 104*.
Rädlein 241'.
EMNÄSSEN, siccare, trocken legen. Stieler 1335.
EiNTNEBELN, illustrare, aufhellen:
hohe durchsichtige Wähler entnebein ihr antlitz und giünzen.
Messias 1, 606;
an den cutnebeUen Strand des ruhig schweigenden Weltmeers.
Zacharia 1, 8.
ENTDECKEN, petulanler auferre:
da umschwirrt dich kein insecl,
keins das deiner brüst und wange
ruh und bciierkeit enlneckt. Bürger '4'.
ENTNEHMEN, golh. anJniman, a/jrf. intucman (Graff 2,1063),
mhd. entncmen {wb. 2, 374), nnl. ontnemen.
1) goth. andnimao bedeutete rccipere, z. b. gastins, was wir
gaste aufnehmen, nicht entnehmen nennen.
2) andniman war auch accipere, empfangen, z. b. skilliggans,
die gezahlten Schillinge in empfang nehmen, hierher gehört
der noch gültige ausdruck geld entnehmen, aufnehmen, leihen
(RA. 611): ich bin gezwungen geld zu entnehmen, zu borgen;
ich muo; alle tag haben acht pfenning . . . zwen gib ich,
zwen entnim ich, zwen verleus ich, zwen verzer ich {lat.
duos denarios tencor dare. duos accommodo, duos peido,
duos expendo). gesta Rom. K. s. 47, wo aber cntnemen muluos
dare, nicht accipere bedeutet, gerade wie leihen bald geben
bald nehmen bezeichnet, kaufleute pflegen ihren vorscliusz auf
ihren freund zu entnehmen {trassieren), man kann geld durch
postvorschusz entnehmen, mit dativ: das ist einer älteren
Schrift entnommen ; ich entnehme die beweise meiner quelle.
3) entnehmen ist annehmen, vernehmen, ersehen, inieiligere,
percipere : ich habe aus deinem schreiben entnommen ; wie
uns daraus zu entnehmen gewesen ; hieraus ist des weitern
zu entnehmen.
4) entnehmen, wegnehmen, fortnehmen: er was von seinen
henden entnommen. Fierabras F3;
ein zartes mutterkind, das nie vom haus oninommen,
ist einem ochsen gleich, der nie vom stalle kommen.
LoGAü 1, 8, 19,
mit der aufschriß 'mistjunker'.
5) oft mit dem dat. der person :
den schwerbeladnen wagen
auT dem viel raub und zeug dem Teind entnommen Ingen.
Fleming 141;
soll allzeit ich entnommen sein so manchem schönen Iiihlc?
541;
ach fürst ich bin verschenkt und hin mir selbst entnommen.
IlOFMATtNSWALDAU ;
mir ist nunmehr mein glänz und auch mein werth entnommen.
pol. sloclif. 356 :
froh dasz mir solche (die jungfrauschaß) als eine schwere
unerträgliche last entnommen war. Simpl. 2, 127.
6) eripere, mit acc. der person, dat. der sache: einen der
strafe, der gefahr, gefangenschaft, dem schweren dienst ent-
nehmen ; er ist viel zu treu dazu, das er dich deins gemahls
also mit krankheit berauben soll, und nicht auch dagegen
entnemen des fleisches mutwillen. Luther 2, 169*, wo dies
nidtl vielmehr nach 2 heiszt dafür empfangen; der himmel
ist dir diesmal noch günstig gewesen, dasz er dich einem
gröszem unglück entnommen, pers. rosenth. 3,27 ; welches alles
mich meiner schambaftigkeit entnimmet. Botscukt kanil, 35;
gottes ta^, du bist gekommen,
an dem ich, dieser weit entnommen,
zu dir der wesen weteo geh. Klopstocx 7, 162.
man setzte aber auch den gen. der sache: er cntnimbt unsere
rrsc4ir()ckene gewissen irer schand und irs sturnis. Melanch-
thons anweiiung, deutsch von Spaiatik. Augsb. 1523 bl. 80 und
in einzelnen vorausgehenden tlellen bleibt der casus unsicher:
zu ende diese« lied« ist er nach hnn«u kommen,
und weil e» tiemlich »pAl, hat <:r Aiih bald entnoniini'ii
der lieben brüderschali, der edlen ücharerni.
NKcaANKs lustwiHdcItrn s. IM).
ENTNEIGEN, atersum, alienum redderc :
L'^niiio wol, enincigter dem erhormen
M»'l.-ird ihr mehr entziehn als siel Bfiscc« 06';
li " li nimmrr soll dir« Trommen. sondern mehr
III' in Ii't; dir noch entneiKen. 14!»'.
ENTNEINEN, negare, verneinen Idszl sich nicht aufweisen,
auch mhd. nicht belegen, aber nach dem ahd. intneinan (Graff
1, 327) vermuten und bilden. Schmeli.er 2, 696 hat auszer
verneinen auch abneinen und widerneinen.
ENTNERVEN, enervare:
dasz ihm die obren klingen
und die entnervte band den degengrif verliert. Wikland . . . ;
sich einer entnervenden kleinmut überlassen. 2, 70 ; mit einem
durch lange gewolinlieit der fesseln entnervten volke. 2,259;
die macht der bcredsamkeit übertrift alle andere macht, sie
ist fähig funfziglauscnd arme nach dem gefallen eines ein-
zigen wehrlosen manncs in bewegung zu setzen oder zu ent-
nerven. 2, 293 ;
entnervt von bangem entsetzen. 16, 127;
deren arm durch den hunger entnervt ist. Klinger 2, 97.
ENTNERVUNG, f. in enlnervung schmachten. Lichte-nrerc
4,28.
ENTNETZEN, arefacere, was entnässen. Stieler 1335.
ENTNETZEN, laxare retia, das netz wegziehen. Stieler
1350.
ENTNICHTEN, ad nihilum redigere, vernichten, mhd. ent-
nihtcn : er dienet dem meister allein als wol, das wir gar
bei inen entnicht seind {nichts mehr gellen). Aimon ¥', vgl.
entwicht.
ENTNIEREN, exsecare, entmannen: wer ein frei weibsbild
schwecht, ward enlniert und seines mannlichen glids beraubt.
Frank «Je//6. 11"; Origenes war ein solcher liebhaber der rei-
nikeit, dasz er sich aus eifer des glaubens selbs entnieret.
chron. 274' ; ein eunuch, einer dem ausgeworfen, der ent-
nicrt und der seiner testikel beraubt ist. Tiiuhneisser alchym.
2,121; er entnieret und stutzt sie wie die hund. Gorg. 205';
ich entnier dich schier vor lieb, ich zerlruck dich, ich fresz
dich. 240*.
ENTNOTHDÜRFTEN, alvum exonerare: ihr könnt auch
lernen, dasz auf der nase des beiden die fliege sich entnoth-
dürflen darf. Lavaters physiogn. IV, 2 viertes fragment.
ENTNÜCHTERN, nnl. ontnuchteren, in zwei entgegenge-
setzten bedeutungen,
1) crapulam solvere: der schrecken entnüchterte den trun-
kenbold auf der stelle; er ward entnüchtert; nnl. iemand
door gevoelige siagen ontnuchteren.
2) jejunitalem solvere, sich entnüchtern, frühmorgens etwas
zu sich nehmen: sich entnüchtern, jenlare, jentaxulum jumere.
Maaler lös". Stalder 2, 245 ; cnlnüchtern, jejunum stomachuni
saturare. Stieler 1323; nnl. zieh ontnuchteren, des morgens
iets nulligen; ein fraw, die gern kleine kinder bette, die soll
sich des morgens, dieweil sie trügt, entnüchleren mit einem
geröslem broscm weckes in wein gedünkt, und das kind, so
sie trägt, soll klein bleiben. Spinnrockens evangelia 1568 G 3' ;
er trank ein glas wasser um sich zu entnüchtern, in einem
noch ungedruckten gedieht aus dem schlusz des 13 jh. :
hc is vor iindait reiner dan ein kint.
nu niget alle su;e wir,
ich wil nennen sinen werden üT,
eins iclichon reinen wifls munt
sal alle morgin dri siunt
intnuchicrin sich mit sime namen.
ENTNUCKE.N, dormilare, anheben zu schlafen. Maaler 104* ;
wider entnucken, redormire; entnuckt, semisopitus, halbent-
schlafen. Schmeller 2, 076 naucken sitzend oder stehend
schlummern; Stalder 2, 245 nuck miltagschläfchen. mhd.
entnucken {wb. 2, 422) :
der .«lär in hezuctc,
eine wile er eniniicie,
dö truumte im vil guwis. Hol. 108,33;
jehei, ir sIt entnucket,
und 6r wurde iu gczuckei. ursttnde 114,41;
(Li Wirt ein iimbevanc
Hill armen hianc,
d»^ liep hi liehe eninuckei,
iiiuiit an nullit gcilrucket. MS. % 155';
mir ist als ich nilit hibeiide si,
swenne ich entnucke Hi>rc. 2, )06';
Johannes hAt lU Kristos brüst eoinuckei. MSII. '^,\'j'';
den ddhi, dA fr in slATo was ontnuckel,
wi« lüsent sw«rt ze inälo über in aleine wurden dl genicket.
Alsr. tu. &V47.
11^ kurzlich wart ich im schlaf entnuckt. meiiterl. f. 23 ii*214 ;
in den gedanken lief
irh in ein .«chl.ir ciiinurket,
IUI ir.-iiim ward Irh niiTtuckni
\\>n eiiioiii »arii'ii wrili II. '^»rii» 1,457';
577 ENTOHNEN — EMPFANGEN
mit süszem schlaf entnucket
w^rd ich im träum gezuckei
von dem goit genio. U. 1, 1';
ich legt mich 7U dem brüoleia nider
in den gcdankeo tief eoiziicket,
gleichsam in einem träum entnucket. II. 3,51',
wie nun der fürst eninucket kaum,
tiel er in einen schweren träum. Sprr.^g //. 522';
vor irauren kond er nicht entnucken. 554'.
der späteren schrißspraebe schädlich abhanden. Pestalozzi
3,22 sagt noch: sie war eben einen augenblick entnückt (etn-
geschlitmmert). s. nicken, einnicken.
ENTOHNEN, libeiare, privare, enläuszern, mhd. entdnen
{wb. 1, 4l'), man sagt aber unschöner entobnigen und stellt
dazu meistens den gen. der sache, oder auch die praep. von :
sich des trunks, der gesellscbaft entobnigen. Stieler 1385;
ein tagelöbner wolle seiner arbeit lieber entobniget sein,
wenn er sich sonst erhalten könnte. Scbiveb seelensch. l, 419 ;
sie leben im lande der trübsal und können der sorgen nicht
ganz entobniget sein. 2, 137 ; es ist eine grosze sache, wenn
ich meinen freund eines lasters entobnigen kan. Bütschky
Palm. 7S2, sol denn numehr die beiderseits so lang beliebt
und gehegte vertreulicbkeit aller vorigen treue entobniget
sein? kanil. 56; mein anrufliches bitten, das ich der bisher
verspürten geraütsneigung möge entobniget sein. 73; {geblül)
so zu der zeit zum theil gestockt und all seiner natürlichen
wärme entobniget ist. Mauriceau von zufallen und krankh.
der schwangeren, verdeutscht fiümb. 1687 s. 512 ; was der ge-
strenge und werthe herr an dieselbe aus liebe traget, em-
pfanget und entobniget, das ist in lauter freude gehoft und
verlanget. Weise luslredner 499 ; obwol nun mein patron
seinen söhn auf die Universität zu schicken nicht entobnigen
kan. 503 ;
nicht aller furcht entobniget. Brockrs 4, 187;
entohnigt aller noib und über alle sünden
die gröszie süszigkeit nur immerfort empUnden.
WiTHOF ged. 1,8;
deiner ganz entobniget im innern. 1, 2S3;
wir können uns nicht des öftem feilens und der genauesten
vorsieht entobnigen. Withofs t'orr. bd. 1; und sie {die spräche]
der grammatik gar nicht entohnigt sein kann. Niebchr kl.
sehr. 1,56; die arme sinnliche natur musz die schuld haben,
sonst könnte man des ganzen cultus wol entobniget sein.
Cl. Habms dasz es mit der verntinßreligion nichts ist. Kiel
1819 s. 92. dieses im mhd. entänen gegründete, wollautige
wort klingt heute pedantisch und wird gemieden, schon Weises
angezogne stellen legen es einem ungeschickten redner in den
mund.
ENTORDNEN, ordinem turbare, aus seiner fuge und Ord-
nung bringen: so lang das gemüt des menschen in im selbs
entordnet und verrückt ist, so lang mag es nit still noch
gerüwig werden, als da einem ein fusz aus der stett oder
aus seinem rechten gleich {glied) verruckt ist. Keisersberg
parad. der seien 61*. s. ordnen, abordnen, anordnen, ein-
ordnen.
ENTORTEN, desorientieren: durch das was mir Doula über
Hamor vertraut noch mehr entortet. Dyanasore 4, 193.
ENTPä.\REN, sejungere, ein paar trennen, nnl. ontparen.
ENTPANZERN, exarmare, thorace exuere, enlwafnen :
hilf Hectorn sich entpanzern,
10 help unarme our Hecior. Troilus 3, 1.
ENTPECHEN, pice liberare, lospechen.
E.NTPFAHEN, was empfangen, empfahen, empfangen, in
manigfacher bedeutung. will du, das der zundel gut und dürr
werd, das er bald ein füer entpfoch {fcuer fange), so mustu
in suber usztrotten. Keisebsberg bilger u'. den heiligen geist
entpfahen, afflari divino spiritu; unbescheidenlich etwas ent-
pfahen, intemperanter aliquid accipere. .Maaler 105*.
E.NTPFANGEN, dasselbe. Maaler 105" ßr concipere, wel-
ches FRrsics 280* durch anfaben oder empfahen gibt, die
formen mit oder ohne a schaanken allenthalben und trennen
sich nur hin und wieder in bedeutungen. die praeterita nehmen
schon mhd. gern im sg., immer im pl. das a an, i. b.
iö in da; stad eoiphienc {littus excepit). Oolridt 62';
sdn io der tdt enphienc. 66';
und untlieng sie Achillen. Haupt If, 366;
die von ir henden manigen urhrani
enpliengen und begriffen, tr. kr. 4080;
III.
ENTPFEHL — ENTPRETTEN
578
nhd. ain schreiben empfangen. Schwabzesberg 149, 1 ; so weit
ich in empfangen haben. Alberds ehbüchlin Ca'; sie lüde
die junge metz zu gast, und entpfieng sie ufs allerfreund-
lichst. ebenda; das er von dir freundlich empfangen werde.
C4'; als nu der tag auch geleistet war und man den hei-
ligen geist in den pascalibus wol empfangen, wider Jörg
Witzeln G5'.
ENTPFEHL, was empfehl: seinen schuldigen entpfehl mel-
den. Ett.ners med. maulaffe 865; mit zurückgegebnem em-
pfebl. 950.
ENTPFEHLEN, was empfehlen, z. b. bei Dastpodics 128*.
ENTPFEIFEN, sibilantem evolare.
E.NTPFEITEN, exuere, enthemden, des hemdes entkleiden,
verdünnt entpfetten. Scbmeller 1, 326. mhd.
wol üf. hSrre ßernasre,
sie ligent alle entpfetiet,
sie sint uns reht gebettet,
da; wir sie slahen dne wer. Dietr. 3263;
sie begunden sich entpfetten,
dise sä^en lif den beuen,
jene huoben gröjen schal. 6175.
ENTPFINDEN, was empfinden. Dasvpodics 320*. Maaler
105*; da empfand er heimlich in im einen stral durch den
leib gon, er fiel nider. Keisersberg s. d, m. 20*.
ENTPFINDLICHKEIT, f. die erst natur ist ein gemeinlich
oder ein thierische natur, das ist der leib mit der entpfind-
lichkeit. Keisersberg narrensch. 137*.
ENTPFLANZEN, explantare, verpflanzen, nnl. ontplanten :
ich musz, nun ich enipüanzt, noihsächlich ja vergebn.
Gryphils 1, 713.
ENTPFLÖHEN, eripere:
sich als ein wildes federspil entpQöben.
PÖTKRiCH bei Haupt 6, 35.
mhd. wie künde mir din witze
den apfel wol enphloehenl tr. kr. 2013.
ENTPFLCCKEN, decerpere, nnl. ontplukken. im voc. 1482
g4' entpQocken, wie auch nnl. ontplokken vorkommt:
viel pQjnzen hat er schon entpflückt dem grund,
und kaum besehn, geworfen in den Schlund.
Lkxad Faust 8.
ENTPFOR, für inbevor, voraus, vgl. Scbmeller 1. 634:
darumb sol in (den dienstboten) die Vernunft nit zu vil entpfor
geben {im voraus geben), sunder sie hert halten und ir fast
«ol acht nemen. Keisersb. bilger tt'. vgl. entvor und bevor
geben 1, 1758.
ENTPFREMDEN, was entlremden : die blotterecbten {blatter-
kranken) leut seint schuldig sich zu entpfrembden {ferne zu
halten) so wit, das sie mit irem gebresten nit schaden bringen
andern menschen. Keisersb. posl. 3, 78.
ENTPFROPFEN, was entkorken, entstöpfeln.
ENTPILGERN, peregrinari, in die ferne ziehen.
ENTPLCNDERN, ^despo/io;-«, nnl. ontplonderen : ein baue
enipiflndem, diripere domum. Maaler 105*. Frisios 1236*.
ENTPOLSTERN, pulvino privare.
ENTPOLTERN, elabi cum fragore, dahinpollern.
ENTPOR für empor, enbor: das haupt entpor heben;
hier hebet sich entpor, hier breitet seine wellen
der tagend hauptpanier. Logad 2,64.
ENTPÖREN ßr empören :
mit ierman war das volk entpört. H. Sacbs I, 421';
sich wider uns entpörende. Mklissus ps. AS'.
ENTPRACHTE.N, splendore suo spoliare:
so wandte sich die glut die häuser zu entprachten,
die stolz auf stein und kalk ihr nur entgegen lachten.
Karscbi.i ged. 368.
ENTPRESSEN, exprimere, nnl. ontpersen: mandein öl,
trauben saft entpressen; seine vorwürfe entpresten ihren
äugen rechliche thninen ;
er dacht ihm zu entpressen groszen schätz,
drum hielt er ihn in haft an solchem platz.
Grks Bojardo 3, 1,30.
ENTPRETTEN. animum a corpore abstrahere, rapere. ent-
zücken, ahd. inpiettan (Graft 3, 287), mhd. begegnet nur das
einfache brftten, doch wären enbr?llen oder erhrSIten zu er-
warten, nhd. selten: vor diser zeit, da die walfarten, feld-
teufel und boltergeister die leut an des teufeis statt jenier-
lich betrogen, fand man leut die da entpretten waren, das
ist entzuckt im geist. Agricola spr. 381. das ahd. pari, lautete
aber inprottan.
37
579
ENTPUPPEN — ENTRASEN
ENTUASSELN — ENTRATEN
580
ENTPUPPEN, nympham exuere: der nacLtschmetterling,
der sich unter der erde entpuppt. J. P. aeslh. 3,161; wenn
doch in der Studierstube eines gelehrten der glaube desselben
sich 80 oft verwandeln, häuten, einspinnen, verlarven, ver-
puppen musz, bis solcher wieder entpuppt ausfliegt, foi.
fasUnpr. 52 ; da sich aber irrthum und unkunst erst vor der
nachweit entpuppen, freihettsb. 147.
ENTPUPPÜNG, f. der teufel nach dieser entpuppung. teu-
felsp. 1, 85.
ENTPLRPERN, ENTPÜRPÜRN, purpura exuere, entfärben,
nnl. ontpurpuren:
die rose, die der weit ihr äuge stets anlacht,
schleuszt ihre blätter zu, entpurperi ihre wangen.
LouKMsT. Arm. 1, 1429;
deinen entpurpurien mund. Wieland 16, 137.
ENTQÜALMEN, fumantem eseendere, dampfend aufsteigen:
aber wehe, wenn stet«, wie dem Vesuv, stvgischer qualm em-
qualmt." Voss.
ENTQUELLEN, profluere, enlfliesien, entsprudeln : der bach,
der brunn entquillt;
Ta der band des allmächtigen
die gröszeren erden entquollen. Klopstock 1, 136;
ach, dies neue leben, das du aus staube mir schufest,
golt, Versöhner! es ist auch deinen wunden entquollen.
Messias 11,304;
hoher mut und kraft entquellen
fest bestandener gefahr. Sjllis 121 ;
ich freue mich der freude,
die reich aus lebensquelle dir entquillt. Götbk 9,289;
du bists, dem das frischeste leben entquellt ( : erhält).
41, 177;
die vielen kleinen verse, die uns bei jeder gelegenheit ent-
quollen, sind verloren gegangen. 26, 78 ; aus der fruchtbar-
keit seines geistes entquoll die fruchtbarkeit seiner feder.
32, 240 ;
hüllen Schleier dich ein? oder entquellen dir thränen?
Stolbbrg 1, 10;
und scherz mit buld in anmuthsvollera bunde
entquollen dem beseelten munde. Schillkh 24';
der blauen flut entquillt
die bimmelstochter sanfl und mild. 10*;
hervor aus deinem dickicbt nun (hirsch!),
hervor aufs freie feld.
nicht mann, noch ros, noch hund wird ruhn
bis dir dein schweisz entquellt. Gökingk 3, 14.
das falsche entquellt führten die reime herbei, umgekehrt er-
lauben sidi andere entqtliilen für entquellen, z. b.
wie Wasser rieseln aus der erde Schlünden,
80 die gedanken tief der brüst entquillen.
Wh. Humboldts werke 7, 458.
SnELER 1493 hat gar nicht dieses entquellen profluere, son-
dern ein negatives entquellen für intermillere, claudere fluxum :
der brunn ist entquollen, fonlis venae sunt inlercisae, aversae.
in solchem sinn schreibt auch noch Kli-nger 8, 351 : diese hei-
lige stelle, auf welcher das leben seines lieblings entquoll
{erlosch, davon flosz). vgl. entrinnen.
ENTRAFFEN, eripere, surripere, entreiszen, nnl. ontrapen:
Dicht der feind bat dich entrafi,
Ajax flel durch Ajax kraft. Schiller 53'.
meistens reflexiv:
doch furchtbar wird die himraelskraft,
wenn sie der fessel sich entrafi. 7S';
sieh, wie er jedem erdenbande
der alten bulle sich entrufi. Götbi41, 343;
eb das secicben sich entrafi. 57,282;
dem mordgewübl entrafi «ich kaum
das wild mit immer scbwäcberm lauf. ßfiaeiK 71*;
aller liebe, allem schaffen
musi ich heute mich entrafTen. ARMia2, 186;
so will ich mich der geistesoacbt entralfen. Le^iau Fautt 10.
ENTRAGEN, eminere, prominere, hervorragen:
die ihürme der verödeten abtei
eniragen ichauervoll im bleichen licht
dem wildernden gesiräucb der felienbai. Matthlisom 166.
ENTRAGEN steht im 16;/». geschrieben für enltragen, und
tearum sollte nicht das eine der tusammenstoszenden t weichen ?,
zumal ahd- und mhd. noch viel dfler der auslaut von enl
wtgßel. unser entlragen und ahnliches ist nur ßr das ouge,
lUeht für das ohr.
ENTRA.SEN, eespite nudare, gegensatz von beraMO.
ENTRASSELN, crepitando elabi:
donner grollen über die see,
bagel entrasselt der wölke. KosROAnrEN.
ENTRATEN, ENTRATHEN, carere. es scheint befremdend,
wie dieses der ahd. mhd. spräche völlig abgehende verbtim
(denn inträtan, entraten timere ist etwas anderes, nemlich
in-trAtan) im 16 jh. auf einmal vortritt und seitdem ofl ge-
braucht wird, die älteren vocabularien kennen es noch nicht,
Dasypodiüs, Frisius, Maaler, Henisch, Denzler ebensowenig,
auch Luther enthält sich seiner, zuerst bringt es Alberüs:
'ich antrat, possum carere, ich kans cntraten i. empören'.
dann verzeichnen es Stieler 1516 und Frisch 2, 88*. man
sieht leicht, dasz es der bedeutung nach dem mhd. 'eines dingts
rAt hän' entspricht, Mb. 66, 4. 348, 20. 364, 2. 486, 1. 756, 8.
875, 1. 1484, 1 {mhd. wb. 2, 571. 572). mehr unter dem subst.
1) gewöhnlich regiert entraten den gen. der sache: der jung
seines vatters zu dem gelt mit allen schänden entraten mustu.
Kirchhof wendunm. 179'; aus denen festungen, die stark be-
setzt und des volks entraten können, disc. mil. 4" ; so dünkt
uns doch, dasz wir keines ubeler entraten mögen, dann
dessen wir in mangel stehen. 165; denn sie meiner nicht
länger entraten könnten noch wollten. Schweimiches 2,16;
den 20 mai ist es kalt gewesen, dasz man die stuben ein-
gebeizet und eines pelzes nicht entraten können. 3,293;
ich kan, o gott
nu weder deiner hilf, noch deiner straf entraten.
WCCIHRRLIN 316;
wenn dasz der sonne licht des lichtes soll entraten.
Opitz . . .;
wann er nun soll entraten
des lebens im sterben,
was hat er zu erben! Logau 1, 171 ;
ein mancher, der fast nie des weins entraten kan,
nimt wol der dichtkunst sich am allermainsten an
in dem er trunken ist. Rohpler 79;
wie schwerlich, meint ihr wo., fnllt jeizund den Soldaten,
dasz sie des obristen nun sollen ganz entraten,
der sie so lang geführt. 134;
die frau mutter war unpasz und konte ihrer (der modelten)
so lange nicht entrathen. Weise kl. leute 229; denn gesetzt,
dasz du einer freude entrathen must. 328; dasz er selbst
gezwungen würde hier zu bleiben und der annehmlichen ge-
sellschaft zu entrathen. erzn. 13; der luft können wir am
allerwenigsten entrathen. BuTscHiiT Patm. 412; denn er bc-
Iheurete, dasz der pfarr des branteweins keine stunde ent-
rathen könne, wo er nicht mit band, köpf und fusz zittern
wolle, pol. maulaffe 114 ; soviel wir uns dessen zu entrathen
getrauten. Felsenb. 4, 306 ;
gemeiner tugendcu kann nur ein held entraten,
der glänz von seinem rubm strahlt aus erhabnen thalen.
Hagrdor.'« 1, 92;
lieb und wein wollt ich enisagen,
deren doch ein froher mann
nicht gar leicht entrathen kann. Bürger 5';
ob er auch unserer hülfe bedürfe oder entrathe. 197';
ihrer dieiiste kann ich
entrathen. Schiller...;
die lande können nicht des meers entrathen. RCceert 148;
die Chronologie aber scheint unter allen andern eine Wissen-
schaft, deren ein soldat am ersten entrathen könnte. BonEs
Trislr. Sh. 8, 65 ; ehre die spindel, die dich nährt, was küm-
mern dich glück und reiclithum, wenn du ihrer entrathen
kannst? Musaeus volksm. s. 500 ; dasz auch das glücklichste
talent des einwirkens einer gründlichen schule nicht entra-
then kann. Göthb 45, 396.
2) wie bei andern Wörtern des enlbehrens, missens, mangels
sclileicltl sich auch hier der are. ein: das amelinel kann man
in der küclien nicht wol rntmtrn. Tarerkaemont. 613; selig
ist der mann, der herrendicnst entraten kan. Lehmann U.s ;
Quadralus ist der weit vil nütz, er gibt vil Hch.iiAn,
wilr übel, wenn er stürh. im sommer zu entramn.
LooAU 1, ISJ, 72;
ich habe nie meine eigene gesiindheit gewflnsrhet, au« furcht,
ich möchte die gegrnwart diese« arztes entraten müssen.
pers. baumg. 8,12; oh man füglirhrr am leihe oder am ge-
müthe einen sparren entrathen kann. Weise A/. /riWr 47; und
was er von seiner kicidiing etiirhermaszen entrathen knnlo.
173; nichts begehret er so heftig, da» er nicht ehensoleicht
entrathen könnte. 345; denn kein* konnte d.i« andere so
lange cnlralhm. po/. tfocAr/'. 201 ; liest er im '-!i<lii-. was man-
581
Eintraten — enträoien
ENTRAÜSCHEN— ENTREINIGEN
582
eher nicht gerne vor geld entrathen hätte. 321; lieber die
6000 th. als die frohe gesellschaft zu entrathen. pol. tnaulaffe
109 ; dasz ich mein Vaterland sehr wol entrathen kann. Fel-
senb. 2, 506 ; da wir nun diesen verwand zwar vor einen scherz
halten, gleichwol aber unsere tochter nicht wol entrathen
können. Leip:. avant. 2, 105 ;
so kann es ohne furcht den Leibnitz nicht entrathen.
J. E. SCHLKGEL 4, 121;
mein farbenbret ward mein freund, den menschen zu ent-
rathen. Dyanasore 2, 144 ; Spanien selbst konnte wenig volk
mehr entrathen. Schiller 776; das wunderbare hat man in
diesen neueren behandlungen aller fabeln, als unserm glau-
ben fremd, möglichst zu entrathen gesucht. Schlegel über
dram. kunst 2, 134 ; du kannst höfische herzen entrathen. J. P.
Hesp. 3, 125 ; ihr hang zu bürgerlichen festlichkeiten macht,
dasz sie lieber festlieder und evangelien entrathen, als zu
Weihnachten die Stollen. Siebenk. 2, 102 ; sie schlug lieber
einige unschuldige Schneidermeister für den galgen vor, die
eher zu entrathen waren. 3, 80 ; die gelbheit und die runzeln
ihrer wangen müste sie, die Wahrheit zu sagen, entrathen.
war ich nicht da gewesen, teufelsp. 1, 41 ; als der wilde Jäger
könnt er sie {die pulverhörner) keine nacht entrathen. l, 82 ;
wie? können sie entrathen das süsze waldgericht?
RECKERT 213;
zimmet, nelken und muskaten
kann man meisientbeils entraten
und kommt nicht dabei zu kurz. 229;
das lebensglück ist nicht geglückt,
die menschen mirs zertratea,
nnn will ich, in mich selbst gedrückt,
auch einen hund eniraten. Lknao neuere ged. 224.
3) der abhängige casus kann auch unterbleiben : seine kräf-
tige, brave natur wird wol zu entrathen wissen. J. P. Tit.
3, 119.
4) endlich erscheint entrathen auch in der bedeutung von
dissuadere, abrathen, wie sie im nnl. ontraden, und schon
bei Jeroschi:« 137' enthalten ist: dem grund alle zeit nach
za gründen, ohne welchen kein arz einigerlei weder raten
noch entraten soll. Paracelscs 1, 712".
ENTRÄTSELN, ea^licare, interpretari :
er geht, ich bleibe, wie
nun das zusammenhängt, enträihsle sich
der patriarche selbst. Lesslig 2, 216;
schreib du enträtselnden nur, nicht lesenden! meine gedichte
sein dem grammatiker lieb, ohne grammatiker auch.'
Voss 6,319;
doch wer enträtselt erst der seele tücken ? Plaik!» 95'.
ENTRäUBEN, spoliare, eripere, nnl. ontrooven.
1) mit acc. der person, gen. der sacke: seines vätterlichen
erbs entraubeL Maaler 105"; so dasz er weder essen noch
trinken mochte, auch seines natürlichen scblafs ganz ent-
raubet ward, buch der liebe 44, 3 (= Galmy 11); als sie
jetzund der hofnung waren, sich mit einander zu ergeizen,
wurden sie mit vorzeitigem tode irer hofnung entraubt. 235, 3 ;
drum sei jener hochgepriesen,
könig er mit recht genannt,
der des glOckes mnchtgem riesen
mulig leistet widerstand,
an der ehre krafl noch glaubend
und die zeit der schmach eniraubend.
Friior. ScHLKctL gesang der ehre.
2) dat. der person, acc. der sache: also entraubt inen gott
den mut, wo er inen gleich gibt das guL Frank lasl4r 4;
die liebe, die ein Christ zum Christen billich trägt,
die ist durchaus enu-aubt, die ist seilab gelegt.
LocAD 1.58,32;
also ist auch mein herz der liebe zu dir völlig ergeben, so
dasz deiner natur bildnis das bildnis meines Verstandes ent-
raubet, pers. rosenth. 5, 16, welche worte Göthe 6, 150 über-
nimmt.
ENTRAUFEN, eveüere:
Tiel alsdann von dem haupt entrauft er des haars mit den
wurzeln. Voss.
ENTR.\L'.MEN. nnl. ontmimen,
1) amovere, aus dem weg räumen, vgl. ausräumen, ein-
räumen :
und des mahles gerät enträumten die mägde. Voss.
2) cedere, concedere, raun geben, einräumen: diesemnach
denn die weit sie {die stadl Rom) für ihr grösztes wunder,
das menschliche geschlecbte sie für ihre gebielerin zu ver-
ehren gezwungen ward, nachdem glück und zeit ihr die Ober-
hand und die ewigkeil enträunile. Lobekst. Arm. 1, 7 ; gleicb-
wol aber wolle der himmel der bosheit des Vams nicht ent-
räumen, dasz sie einer so reinen keuschheit ein haarbreit
abbruch zu thun vermocht hätte. 1, 16 ; solle man doch ihre
gemüther nicht derogeslalt übereilen, sondern zu deren be-
ruhigung einige zeit enlräumen. 1, 160 ; als wenn nicht nur
Ismene ihrer liebe unrechtmäszigen einlrag Ihäle, sondern
auch Zeno mehr enträumte, als ihre beider liebe erlaubte.
2,127;
und eine spanne land von Candien enlräumen.
i6raAtm 21, 559;
gesetzt auch, nicht enträumt,
ich hätte gegen ihn mit werten mich verbrochen.
Epichar. 42. 38« :
gesetzt, doch nicht entränmt. es sei der schlusz gefaszt.
Hallxa?i!1 Mariamne 41;
gesetzt, doch nicht eniräumt, sie hätten ihre pflicht,
erhitzt im ersten grimm, was gegen uns vergessen.
Theodorich 55.
eine jetzt veraltete bedeutung.
ENTRAUSCHEN, effluere cum strepitu:
wenn nun die Jäger den forst mit wankenden netzen umkreisen,
soll entrauschen den wölken mit hagelgerassel ein regen.
BÜRGER 246";
und dem gehöleten Schlund entranscht aufhüpfendes wasser.
Voss;
ein Strom entranscht umwölktem felsensale,
dem ocean sich eilig zu verbinden. Göthi 2, 3;
und ihr gedanke
flog zur sehgen insel, wo der nachen,
wenn die sonne meerunter gieng, dem ufer
auf geröibeter spiegelOut entrauschte. Matthissom 104.
ENTRECHEN, ablaqueare humum, aufschüren, außoekem,
ßr enltrechen, ron Irecüen, schüren (Stalder 1, 29ä), vgl.
auflrechen, eintrechen: den 5 dises ist gut gerslen, kornsat,
bäum entrechen. Fischart groszm. 120 (in Gödekes Gengen-
bacJi s. 427); daneben must auch die wurzel nach allerhei-
ligentag entrechen oder beschneiden. Sebiz feldbau 373 ; man
schreibt, das der myrrhenbaum gerne habe, dasz er wol
entrochen, umbgraben und geritzt werde, aller weish. lustg. 597.
ENTRECHTLICHEN, jure suo privare, reditlos madien:
durch tribunalien entrechllichet. Pestalozzi 6, 320.
ENTREDEN, excusare, entschuldigen, ahd. intredinftn (Graft
2, 455), mhd. entreden : do Maria unserm herren sin houbet
beg6; und sine vüeje mit der edeln salben, dag verk§rte man
ir unde grisgramete üf si und murmelten g6n ir, swie doch
er selbe si entredete, daj si ein guut werc an im worhte.
myst. 1, 334. nhd. mein herr und valier, nu sihe ichs wol,
das ichs nit lenger leiden noch vertragen mag und als ich
euch den fordern tag versprach, on ewer Urlaub nichts zu
thun, darim[ib ich jetzund kummen bin mich gegen euch ent-
schuldigen und entreden (son venuta ad iscusarmi). Bocc.
(1535) 62'; und wil mich gegen dir entreden und entschul-
digen, was die ursach gewesen sei. Bocc. (1580) 2,131*; als
er hap {habe) angefangen sich zu entreden, als der ding un-
wissend oder unschuldig. I^rask weltb. Hl'; kansta dich aber
gegen deinen Widersacher deiner ehren entreden und rechen,
mann an mann, so wil ich dir helfen. Schütz beschr. von
Preuszeii. Eisl. 1599 s. 41. fehlt bei Dasypodics, Frisids,
Maaler, Hesisch, Denzler, doch Stieler 1546 hat es, nur im
sinn ron denegare, aberrare: er entredet es alles was er ge-
redet, leugnet alles; ich habe mich entredt, aberravi, mich
verredet, heule in allen bedeulungen auszer gebrauch.
ENTREIBEN, extergere, abwischen, nnl. ontrijven:
auch Alkmen entreibt mit dem daum vordringende thräoeo
ihrem aug. Voss.
ENTREICHEN, altingere? mangelt dm wörterbäehem :
auch die andre zwo. unwillig ihr zu weichen,
flengen an ihren leib enu^ichend zu bereichen.
Weckhirlin 742.
ENTREINEN, polluere, besudeln :
s^b^nt ir nit da; köstlich gewant,
daj da lit üf dem beiie*
dö spranc der bunt ÜT an der stette
und bat ej enireinet gar. Diocletian 3M9;
*wan du pleibst nach der sache
ein stinkete koilacbe,
die nichts von natur bat,
dan wnest gestank und undai.
enirainst das rain und sauber*.
darmit scheid ab der tauber {columbut). meitterl. 33 n* 84.
ENTREINIGEN, dasselbe, nnl. ontreinigen, verunreinigen:
herwiderum ist wol müglich, das eines von auszen entrei-
niget werd und aber dabei nit verliere die tugent der waren
37*
583
ENTREISEN — ENTREITEN
ENTREIZEN — ENTRICHTEN
5S4
und volkumnen jtinkfreulichen keuscheit. Keisersb. $elenpar.
37*; die keuscbheil des herzens wirt entreinigt von unkeu-
scbeo Worten, haum der seligk. 2' ; do die kalte zeit vergangen
was, do ward der schlang niülich {difficilis) und alle ding
mit seiner gifl entreinigen. Steinhöwel Esop 30' (1555); und
erschrack so ser, das er sieb zum drittenmal entreiniget mit
seinem eigen kot. 6l' (1487) ; icb bin an meinem ganzen leibe
beweget, dasz ich ihn (den bösewichl) nur sehe und habe mir
vorgenommen mich deshaiben zu entreinigen, pers. baumg. 4, 4.
ENTKEISEN, etabi, excidere, ahd. intrisan (Graff 2,537),
nnl. ontrijzen, praet. ontrees:
wie im sin wort wfire enirisen
Diil luge üj aller wärheit. pass. K. 19,71; '
ich wem auch ich wer einer der weisen,
so wil mir al mein wiiz entreiseo. fasln. 30, 18,
»0 der reim die falschheil der Schreibung eutreiszen erkennen
läszl. schwer aber zu entscheiden ist, ob noch andere der
folgenden intransitiven entreiszen aus entreisen entsprungen
sind? die bedeutungen liegen einander nahe.
ENTREISZEN, scheint der früheren spräche abzugehn.
1) intr. effugere, avelli:
herr, Ibrahm ist enirissen {ausgerissen),
die Isabelle weg. Haugwitz So/iman 3, 261 ;
dem zeitlichen Scharfrichter wollt er entreiszen und fuhr in-
dessen dem höllischen henker zu. Otho krankenlr. 779 ; in
der Stadt mit bloszem gewehr als entrissene bestien herumb-
laufen. Wiedemann febr. 17;
ein tanzbär war der kett entrissen,
kam wieder in den wald zurück. LKssine 1, 102.
2) Irans, avellere, gewaltsam wegnehmen: zeuch nur deine
band zurücke, mich aus diesem ungewitter zu entreiszen
wollen, pers. rosenth. 5, 9 ; lasse ich demselben unverhalten
sein, das gott meine hausebre durch den tod von meiner
Seite entrissen. Butscoky kanzl. 911 ;
nur musz der erste beste mir sie nicht
enireiszen wollen. Lessing 2, 325;
entreiszt ihm seinen dolch! Scuillir 433';
wie, hat des Schicksals tyrannei
sogar die thranen dir entrissen? Gotter 1,223;
dein wort, du gabst es mir, du miist es heut errüllen.
'entrissen hast du mirs. wann halt icb einen willen?' 2,241:
daf&r ist mir auch alle freud entrissen. Göthk 12,29;
vergebens preist sein bcttelhaft geklimper,
wie tief das äuge mit der schattenwjmper
in süsze einsamkeit das herz enireiszt,
und alle weit umher vergessen heiszt. Lknau Faust 103.
3) reflexiv, mit dal. der sache : er entrisz sich ihren armen ;
80 lasz sich dir nicht entreiszen
dieser jähre kurze frist. Fleiimg491;
entreisz dich diesem unglückseigen anblick! Schiller 512*;
dem engen Wirkungskreis, der es bis jetzt umfieng,
und der beneiüenswerihen stille
entrisz sich das verdienst. Gottbh 1, 166;
angereuert entrissen
sicn der mitte des beeres die beiden. Stolbero 12,264;
ein tiefes ächzen entrisz sich der brüst Abdallahs. Klinger
7,250. tadelhaß mit gen.
dasz einer dort und hier des (leisches sich entrissen
das weisz ich. Uofiiannswaldau heldenbr. 32.
ENTREITEN, mhd. entrilen, nnl. onlrijden,
1) tntr. aufugere cquo, abire equo:
dal (kini) intrit dem h^ren min
lud im gelich ein kueppelin. Cran« 683;
her entreil kume {kam kaum tu pferde davon). Roths dünn./.
cAron. cap. 709 ; wart (der keiser) wider betrübt, das die vier gr-
brüder ime entntten waren. Atmonfh'; ach gebe mir gott d:i<
glück, dasz ich ihn auf sein pferd brachte, so weren wir ubnc
ehren entritten. buch der liebe 91, 1 ; wir mögen ihnen nicht
enlreiten noch entlaufen. 93, 1 ; lassest du dich anfechten, das/.
mir der könig also aufsAtzig ist, wie woltestu erst thun,
wenn du als ich gegen ihm stündest? fürwar ich glaubt-,
dasz du vor dem ersten anrennen entreilen würdest. 247, t ;
er entritt mir in dem wald dem gejügd nach, dnsz ich ihn
nicht mochl erreiten. 264,3; als Galaor vermerkt, dasz tr
ihm also nachjagt, und auch so nahend auf ihm, dasz er
ihm nicht entreiten mocbt, wendet er dnx gesiebt gegen ihm.
AmaditZfib; damit hat er sie aufgehalten und (■ntrcilel durch
solches mittel, dasz niemand gewust, wo er hinkumiiien war.
Scawei:<iCHfcM 1, 370 ; if^ enlreitea wollten und wir drei sulllcu
ifg. bei ikmai. schriftlich, dasz sie weggeritten wären, ent-
schuldigen. 2,127; darunib so wollen ifg. bald entreilen.
herzog Hei.nrich s. 133; fg. herzog Hennerich entreiten von
Breslaw aus der custodia, s. 150; dasz er ihm nit zu ent-
reiten vermöchte. Zinkcr. 48, 8 ;
entreiten kann ich iiicn nit. Wickrai pilger 58 ;
man schlug die frösch je mehr je basi,
dieweil ihr könig war eniriiten
und sie verzagt ohn Ordnung striiten. froschm. aaa 8" (3, 10) ;
hiermit behüt euch gott, drauT ohne gegenwehr.
entritten sie auch all und klagt und seufzien setr.
Wkhders Ar. 14, 31 ;
du wirst deinem Unglücke nicht entreiten. Stieleb 1603; bin
der juri.sprudenz entritten. Fr. Müller 2, 51.
2) transitiv, abigere equum, einem ein pferd fortreiten,
davonreiten :
mhd. als mich der riier hat genant,
der mir enireit Gringuljeten. Part. 620, 5.
nhd. und mancherlei ursach erdachten,
das im das ros entreiten mochten. Waldis 4,39 bt. 255*.
ENTREIZEN, elicere, entlocken:
doch was sind die Treuden all,
was ist leben, erden.sohne,
wenn nicht schwe.«ter nachiigall
eine zauberische ibnine
die nach mildern trieben geizt,
eurem heiszen aug entreizi? Overbbck ged. 13.
ENTRENKEN, eluxare:
entrenkte Schulterblätter! was sie trugen
Tragt niemand mehr. Göthr 23, 285.
ENTRENNEN, citalo cursu se proripere.
ENTRETTEN, eripere, erreiten, nnl. ontredden : lassent un-;
inen zu hülf kommen und sie entreiten. Aimonkb^; Jesus set
heut ewer hut, der entret euch vor dem tod und gefenknus.
0 4' ; ich hör ein grosz gebrecht von pferden. 'hrSder", sprach
Reinbart, 'wir werden entret, denn Magis kompl mit aller
unser macht von Monlabon geritten', ebenda; so wolt ich nit
desler minder Reicbarlen, es wer joch dem keiser und aller
seiner macht lieb oder leid, von dem tod entretten. r3'.
heute ungebraucht.
ENTRETTUNG, f. da er aber sähe, das kein entrettung
da was, er sagt zu seinem beichtiger, gebent mir ablasz mei-
ner sünd .... und da Reichart auf der leiter stund und
dennocht kein entrettung kommen sähe. r6'; zu entrettung
vor deinem (?) und deiner cortisanen Schätzung, schabung
und scbindung. Schade sat. 3, 40.
ENTRICH, m. anas mas, s. anlrach 1, 502.
ENTRICHTEN, in mehrein, meist erloschenen bedeutungen,
ahd. intrihlan, mhd. enlriblen, nnl. ontreglen.
1) aus der richte, fuge, Ordnung bringen. Wolpiart Nib.
2206, 2 zu Volker :
'ich entrihte iu so die selten', verstimme sie euch,
worauf der spielmann:
'swenne ir die seilen min
verirret guoter dtsne'. 2207, 1.
wirstu entricht in deim leib und gon bös bewegungen in dir uf
und böse glUst und gedenken. Keisersb. omeis 74'. in Stein-
HöwELS Esop, ausg. von 1487. 53' heiszt es : und besorg, das
dein gewaide von dem stänke entricht werde, wo ich nahe
zu dir gang, et vereor ne ob foelorem pessiinum vexentur
viscera tua, si propius uccessero, hier ist enlriblen für vexare
gesetzt, ebenda 54*: ich will von dir {dem schmerleib) nicht
essen, wann du hast mir vor meinen leib entrichtet, die
ausg. von 1569,64* ändert jene stelle unpassend in: icb be-
sorge, dasz deine gewand von dem gcstank entricht werden.
ahd. dunnan habet l'r gerihtel orbem terrae, der furder int-
rihlet ne wirdet, etenim correxil orbein terrae, qui nun coin-
muvebitur. N. ps. 95, U. die sinnicbeit wirt entriebt, sagt
Keisersrerg irgendwo im trosispiegel von 1503, die sinnlidi-
keil wird erregt, in unruhe, Unordnung gebracht.
2) häufiger geht dies entrichten auf personen und bedeul,l
wiederum aufregen, aufbringen, erzürnen, entrüsten : entrichtet,
exagtlalus. Maalkr105'; wie lange wil man uns noch zun^tn
geben, Esupe? Xanlus was entrihl {iratus) in seinem gemiit
und sprach zu Esopo, wie ist dem, haben wir nichts anderes?
SrtiNiiöwBL 1560,12*; do Xanlus in das bad kam und so viel
lül darin sähe, ward er entricht. ebenda 1555, 14 ; dem gefall
keilt gute predig, sie weideu entrichtet (aufgebracht) wider
585
ENTRICHTEN
ENTRICHTEN — ENTRINGELN
586
jeglichen waren predigen Keisebsberg dreieckechl Spiegel Aa b'
{steht auch bei GtruE^i beil. 33. 34); so hat er sich gegen den
lüten also gehalten, das sie eintweders gegen im entrichtet
(bewegt) sind worden in lieb oder in hasz. brvsaml. 55'; so
würd er erst ein neid und hasz gegen dir gewinnen und
entricht werden, omeis 88' ; wie der hauptraann entricht ward
über den Hugen schapler. Hugosch. 22 ; (ein Jungfrau) zörnet
mit einem über dem bretspil, da die reden sich unter ihn
so weit verliefen, dasz sie sprach, er wer ein narr und damit
TOD dem spiel liefe, also fügt ich mich zu ihr und sagt,
lasset euch nicht bewegen und gehet von ihm. aber sie wolt
mir nicht folgen, und ward noch weiter entrichtet, (iam noch
mehr attszer sich) und braucht viel unnützer wort buch der
liebe 2S7, 3;
da schlug er sie in das angesiebt,
sprach "wolstu das nicht sprechen',
die fraw war Ton dem streich eatricht,
sprach "du böswicht,
es müssen diese schraachgeschicht
meine brüder an dir rechen'. Ambraser Ib. t. 348;
langweilig und verdrossen win [ein seplembergebomer)
endlich (/. entisch), seltsam und bald entricht.
H. Sachs I, 376';
die nachpewrin sprach gar entricht. I, 451'.
es gibt aber noch feinere oder genauere bedeutungeri, z. b. du
hast mich ganz entricht {eingenommen) und mir zu vil lustes
und begirde gegen dir erwecket. Wvle iransl. (guldin esell;
Euriole, thustu hie den mannen ire weiber entrichten {ab-
vendig machen)^ die fraw hat dich lieb, daselbst (Lucrelia);
entrichten mir den man nit! {bringt ihn nicht vom rechten
weg ab), er ist uf gutem wege. Schade sat. 3, 45. was meint
m Wolfdieterich 442 (Hagens heldenb. 1, 129) eigentlich :
nu solt dich nicht entrichten,
du sollst dichs nicht irren lassen ? schön sagt Gotfried :
der selbe trahen der eine,
der ist ouch nie so kleine,
ern müe?e mir verrihien,
verrihiende beslihien
beide zünden unde sin,
an den ich sus enirihtet bin. Trist. 124,8,
wo sich entrihten und verrihten einander aufklären^
3) die beiden vorigen bedeutungen Karen privativ, folgende
sind es nicht, selten erscheint entrichten im sinne von richten,
zulen, abschieszen:
0 was beute! wer bat heute,
wer bat also frech und stolz
die beschlossen senn enilossen (ßr entlassen)
und entricht so scharfen bolz? Spbk trutzn. 299(271).
4) häußg für dirimere, schlichten, bescheiden, entscheiden,
berichten oder einfaches richten, mit acc. der sache, zuweilen
dat. der person : disceptator, der den zank entricht. Albercs ;
sedaneus (/. pedaneus) judex, der geringe Sachen entricht oder
schlicht, derselbe ;
ir weisen meister wol gelart,
ich dank euch ser auf diser vai%,
das ir mir habt wol entriebt, fastn. sp. 744, 18;
sihe, so bette sie die einfeltige art der sprachen leichtlich
können entrichten. Lltber 3,79*; wir wollen uns auch ent-
richten. 3,494"; böse Sachen schlichten, irrige gewissen ent-
richten, friede helfen halten. 5,176'; was mehr feile komen
mügen, die befehl ich fromen, gottfürchtigen mennern zu ent-
richten, das beste sie mügen. 5, 25l'; solche ehesachen, die
unmöglich gewest sind zu- entrichten. 257*; denn ich hoff,
das aus vorigen und itzigen meinen büchlin gnugsamlich aufs
mehrer theil diser artikel sich selb entrichten kann. br. 2, 249 ;
ew. churf. gn. füge ich klagende zu wissen, das die sache
der messen halben noch nicht entricht, sondern ärger wor-
den. CoNR. Helt bei Melanchthon s. 484; es kann sich ein
idiot nicht daraus entrichten. Freder lob und Unschuld der
frauen; das wir alle diejenigen, so auf diesen heutigen tag
das göttlich und keiseriich recht an uns begeren, sollen ent-
scheiden und entrichten. Fronsperg l, 6* ;
80 hört nu zu, kind, fraw und man,
wie ihr euch hie versamlet ban,
enU'ichien wil ich euch dis spil.
den Inhalt sagen, schweiget siill.
H«jiB. CitosTijtus trag, von Verordnung der stände 153»;
wann von den dreien «ins geschieht,
so bin ich los, die sach entricht. Watdis Esop 4,97. bl. 346';
und du bausfraw yom biiiern trank
wollest einnehmen, dasz der zank
mOcbi öffentlich entrichtet werden
vor ganzem geriebt obn all beschwerdeo.
Fkischlins Susanna ». 3(t6;
onparieiiscb zu cntricbieo. Mklissus ps. C2';
weisz nit. noch mags entrichten,
wo, wann, womit und wie? Spgg trutzn. &1 (&9);
der glaub es musz entrichten. 170(155);
also strichen und entwichen
beide geiger in die weti,
ich mit oicbien könnt entrichten,
wer es recht gewunnen bätt. 304(276);
der dichiern nöthge geist, der möglicbkeiten dichtet,
und sie durch seinen schwung der Wahrheit gleich entrichtet.
Lessi.ig 1, 177,
oder fällt diese stelle zur folgenden bedeutung? ist et em-
richlet, herrichtet?
h) pendere, solvere, seine schuld entrichten, ausrichten,
richtig machen: geld entrichten, abgaben, zoll entrichten, die
heute üblichste bedeutung des worts:
solch sünd die wirt vergeben nicht,
dann unrecht gut sei vor euiricbt {erstattet).
SCHWARZEMBERG 137, 2:
das ich ihme nicht schuldig, sondern das er ehrlich und red-
lich einmal darumb entricht und bezahlet sei. THUBüEisSEi
nothgedr. ausschr. 2, 144 ;
ein jeder stand bat seine pflichten,
und ein verliebter bat die schwersten zu entrichten.
Rost schäfererz. 66. schäferged. 99;
ein Opfer, das ich ihm entrichten musz. Gottkr 2,47;
deine jugend ist ihr {der weit) schuldig, was mein frühzei-
tiges alter ihr nicht mehr entrichten kann. Schiller 316*.
statt unsers dat. der person und acc. der sache findet sich
vormals ein acc. der person mit gen. der sache: e. k. mt.
welle mich meins verdienten solds entrichten. Chmels Maxim.
s. 160 (o. 1496) ; nit entsetzen, er sei dann zuvor solcher tau-
sent guldin widerumb entricht und bezalt. s. 199 (a. 1498) ;
nit entsetzt werden, er sei dan zuvor der gemelten zweier
tausent gülden mit sambt verfallnem zins widerumb entricht
und bezalL s. 200 ; der beklafgte aber wendet sein grosz armut
für, doch wolt er thun, wie er könt, und den kläger des halben
theils der schuld entrichten. Alberds 12*. vgl. Schm. 3, 34.
6) unhochdeulsch ist entrichten für errichten, slißen, ein-
richten, aufrichten, bei Moser : der landeigenthümer behaup-
tete, vielleicht gar nicht mit unrecht, er sei der mann, um
dessentwillen ein regent und Staat zuerst entrichtet worden.
patr. ph. 1, 102 ; die deutschen städte dachten wol gar daran,
eine neue conföderation zu entrichten. 1, 316.
ENTKICHTIGEN, ßr entrichten l, verderben, in Unordnung
bringen.
E.NTRICHTIGUNG, f. von der discrasia {Svex^aaia), das
ist ain entrichtigung der wunden, ist si haisz, das wirt er-
kant durch röte, dürrung und blotterung, die da werden umb
die wunden, so mach die stat kalt. Braoschweig chir. 35.
ENTRICHTUNG, l) von entrichten l, Verderbnis, Verschlech-
terung : desgleichen ist es vom hunger, turst, schlefrigkeit
und andern entrichtungen der Sinnlichkeit. Keisersberg irrig
schafh6*; vor die gallsOcbtigen menschen, die ein hitzige
entrichtunge der leber haben. Tabernaemonta.ncs 1fr; bekommt
wol der hitzigen entrichtung der nieren. 349; teschelkraut
leschet und mildert die hitzige entrichtung des entzündeten
magens. 514.
2) von entrichten 5: die entrichtung der abgaben, zOlle.
ENTRIEGELN, reserare, aufriegeln:
die das gestirn aufschleuszt, den grund der weit entriegelt.
LoBEMST. Cleop. 124,707;
mit entriegelten pforten geöfnet
su-ablen in gold die gemacher. Voss.
ENTRIESELN, lene effluere:
dem geheimen quell entrieselt der tod. Klopstock 1, 189.
ENTRINDEN, decorticare, decrustare, schälen, die rinde vom
bäum, vom brot schneiden, vocab. theut. 1482 g5*; wir sehen
ihn (den scepter) auf den bergen grünen, das eisen trennet
ihn von dem stamme und entrindet ihn und macht ihn be-
quem den richtern des volkes zum zeichen ihrer göttlichen
würde zu dienen. Lessisg 6, 468 ; die wurzeln der alten weiden
sind entblöszt, die stamme vom eis entrindet Götbb 43, 301 ;
und wie, getroffen von des hageis wut,
das bäumchen sich entrindet und eotbläitert.
Griks Bojardo 1, 16, 13.
ENTRINDERN, e bove in formam humanam convertere:
die entrinderte lo. Voss.
ENTRINGELN, e dncinnis solvere, aufringeln:
entringelt auf die schütter sinkt
die hälfte goldner locken nieder. BCm».
587
ENTRINGEN — ENTRINNEN
ENTRINNEN — ENTRÖTIIEN
588
ENTRINGEN, exlorquere, entwinden, nnl. ontwringen : einem
die Waffen, das geheimnis entringen; sich entringen, los-
winden :
in dieser blende flimmte schwermmhsvoU
die heiige lampe, wann der chorgessng
der jungfrauo durch die mitternacht erscholl,
und sich ihr herz dem weligeTühl entrang.
MxTTUissor« 89.
ENTRINKEN, efßbulare, aufschnallen, voc. theul. 1482 g4'.
DiEFENBACIl 196*.
ENTRINNEN, efßuere, effugere, evadere, elabi, ahd. intrin-
nan (Graff 1, 515), mhd. entrinnen, das golh. andrinnan ist
aber gegeneinander laufen, undrinnan zufallen, xuflieszen.
1) vom Wasser:
ihm {dem gehölz) enirinnt ein quell. Voss;
ein zäher dem andern nit entran. Uuland 148;
schau die wässer seind enlrunnen. SpKg trutzn. 230;
dasz kaum eine tbräne der andern entrinnen könnt. Sinifl.
2, 397 ;
da entrannest du, tropfen, der band des allmächtigen.
Klopstock 1, 137.
2) die zeit entrinnt, fliesit dahin; die jähre, die tage ent-
rinnen ;
wie schnell die stunden uns entrinnen. Götter 1,400;
der laut entrann. Schillkr . . .;
dann erwach ich bebend, und ersticke
noch den seufzcr, der mir schon entrann.
Lotte bei Wertkers grabe 1775.
3) vom pfeil:
nur jeut noch halte fest, du treuer sirnng,
der mir so oft den herben pfell beflügelt,
entrann er jetzo krafilos meinen bänden,
ich habe keinen zweiten zu versenden. Schillkr 544'.
4) alleihäufigsl vom entgehen durch die flucht, sinnlich und
abstracl : aus den henden entrinnen, fugere e manibus. Maaler
105*; er wirt den streichen nit entrinnen, non feret quin
vapulet; dem bette! entrinnen, emergere ex mendicitate; im
selbs entrinnen, abkommen {von sich kommen), nit bei sin-
nen sein. 105'; sie {die katze) laszt die maus wol vor ir ein
weglin anbin laufen, und wenn sie sorg bat, sie wöll ir ent-
rinnen, alsbald tut sie einen grif nach ir. Keisersberc pred. 4';
wem gott gibt, das er denen und dergleichen verfarlicheiten
entrinnet, das ist ein grosze gab, sie ist aber selten, selen-
parad. 144*;
enirinst du mir, so liastu glück. Schwarze?(berc 123, 1;
da kam einer der entrunnen war, und sagets Abram an.
t Afos. 14,13; so Esau koinpt auf das eine her, und schlegt
es, 80 wird das übrige entrinnen. 32, 8 ; und schlugen sie
bis das niemand unter inen uberbleib, noch entrinnen künde.
Jos. 8,22; David aber floh und entran dieselbige nacht. 1 Sam.
19, 10 ; greift die propheten Baal, das ir keiner entrinne.
1 liön. 18, 40 ; so ziehet nu hin, die ir dem schwell entrun-
nen seid. Jer. 51,50; ir ottergezüchte, wer hat denn euch
geweiset, das ir dem künftigen zorn entrinnen werdet? Matth.
3, 7 ; ir schlangen, ir Otterngezüchte, wie wolt ir der helii-
schen verdamnis entrinnen? ahd. beri nalrbnt», wio fliohet ir
fon duome helliwl7,es? Matth. 23, 3i; denkestu aber, o mensch,
das du dem urteil goltes entrinnen werdest? Rom. 2, 3; und
ich ward in einem korbe zum fenstcr aus durch die maure
nider gelassen und entran aus seinen henden {goth. jab un|)a-
J)lauh banduns is). 2 Cor. 11, 33 ; des Schwerts schcrfe ent-
runnen. Ebr. 11, 34 ; diejenigen, die recht entrunnen {durch
die taufe). Lctuer 6,86'; nu ist er dem fleisch entrunnen,
der well und dem teufel zu hoch gefaren, das in nimcr fahen
und würgen, noch sonst schaden können. 6,241'; als sie nun
aus groszer gefabr entrunnen. Forbr fischbuch lOO';
ich hoff ich sei der bellen entrunnen. Albkrus 36';
*o müsten wir des lands entrinnen. (1. Sachs III. 2.67',
»0 des lands nicht steht für dem lande, sondern ausdrückt
durch das land, aus dem lande; und entranne [für entrann)
der leibeigene der todesgefohr. pers. baumg. 4,15;
die noch biiher entrunnen seiner wut. Wickhirlin 41;
ein mAdcbeo l&Rzt sich nicht so leicht gewinnen,
und wenn e* halb gcwonn<>n im,
»o sucht et doch mit angeborner list
zu fliebn und dem bekenninit zu entrinnen.
RotT schdferert. 11 ;
die pr---^ --'■ ' -fhto nur die tinoea
und i >Ti mir leer.
&\r ; ■ ' »in mclir,
•to 11. /" 'rilrinncn' GOKINOBS.S;
aus deren arm muthwillig du entronnst ( : sonst).
dessen lieder zweier liebenden 152;
0 dasz nur jene {dnjaden) dem todesverhängnis entrönnen,
die segnend
einst an der Limmat und SihI Geszner dem enkel erzog.
Matthisson 271;
getrost, ich werde der kühnheit
und der list auch jetzt nicht vergesscu. durch die ich aus
innnchen
gröszren gefahren entronnen, worein ich öfters gerathen.
GöTUB 40,214;
aber soll es nicht sein, dasz je wir aus diesen gefahren
glücklich entronnen uns einst mit frcuden wieder umfangen,
0 so erhalte mein schwebendes bild vor deinen gedanken.
40, 336 ;
was willst du, Faust, auf diesen bergeszinnen ?
den nebeln und den zweifeln dort entrinnen?
des abgrunds nebel werden nach dir schleichen,
auch dort dir zweifcl an die stirne streichen. Lknad Faust 7.
man gebrauchte das pari, entronnen von dem was weggekom-
men war und wieder gefunden ist, in welchem sinne wir auch
verloren (der verlorne söhn) sagen: die entrunnene zwei erste
bücblein meiner öden und gesungen liab ich wider übersehen
und albie mit ihren andern älteren und jüngeren geschwistrig-
ten gesellet. Weckherli!« vorr. zu den welll. ged. Maaler
105' hat entrunnen elapsus, salvus.
ENTROLLEN, nnl. ontrollen,
1) intr. volvendo elabi, aufugere, hinabrollen, sich aufrollen :
hurtig hinab mit gepolter entrollte der tückische marmor.
Od. 11,598;
Jahrhundert der freiheit, "
donner entrollen deinem fusztritt! Stolberg 1,95;
zeichnet mit thaten die schwindenden gleise
unserer flüchtig entrollenden zeit. Salis 13;
und die der schneeichten stirne noch jüngst entrollenden
locken. Voss ;
schone, du mägdlein,
deines entrollenden haars (sed parce solutis crinibus), schone
der wängelein doch.' Voss Tibull 1,1,68;
was der balsamstaud entrollt,
heilet nicht wie minncsold. Bürger 17';
wenn eitler hitze voll mir thränen oft entrollten. Cronkgk;
und aus äugen, welchen thränen
nie entrollten, weint der schmerz. Matthisson ...;
dasz ihrem aug im trauerspiel
jüngst heimlich eine tbrän entrollte. Gökingk 3, 271;
oft sah ich dir thränen entrollen,
wann ich thränen vergosz. Voss.
2) Irans, evolvere, pandere, explicare, dirouler:
stein auch, schmetternder last, entrollten sie. Voss;
und ach, entrollst du gar ein würdig pergamen,
so steigt der ganze himmel zu dir nieder. Gotue 12,60;
den entrollten lügenfahnen folgen alle. ...;
nie hat der gott der zelten,
der Unschuld ewig hold,
das buch der möglichkeiten
vor ihrem blick entrollt. Matthissoji 26;
hätt ihnen wissenscMfl ihr groszes buch entrollt.
Götter 1, 137;
kein sterblicher entrollte je die decke der zukunft. 2,52;
ein geist, ein gott erhebt es sich {das ftügelpferd),
entrollt mit einemmal in sturmeswehn
der schwingen pracht, schieszt brausend himmelan.
Schiller 99*.
3) sich entrollen, mit der bedeutung des intransitivs : das
tuch entrollte sich in der luft und bedeckte, wie es nieder-
fiel, eine grOszere oder geringere aozahl menschen. Göthk
24, 321.
ENTROSTEN, rubigine liberare, des rosts entledigen.
ENTROSTIGEN, dasselbe, /igürlich : der kälen [kehle) zu
lieb, die zu üben und zu enirostigen, ein gut gesetilin berg-
reien, Bremberger, villanollen und winnenbergischc reuter-
liedlein zu singen, zu gurgelen und im hals nachligallisch zu
dichten und zu überwerfen. Garg.l''o\ man sagt noch heute :
des »angers stimme ist rostig geworden, eingerostet.
ENTRÖTHEN, sich, erubescere, errüthen, sich scltdmen:
der »onne gold, für der sich slcrn entröthen.
Lohrhst. Ibrah. 69, 557 ;
vor den granaten rousz linnober sich enirflihen. Hfae. 38;
Anlonia war hierüber entrülhet, versetzte «b«r alsofort.
LoHBNST. Arm. 1, 39t ;
ich musx mich 1 1
wenn mir, Siratonicn, dem ■ ''''
kommt in gedanken vor. II > • .'im< ^■.
du heiiger vater pabti dorf«i <li. Ii auili nicht «"ntrAihen,
bat deines tohnM rock gleich •■mm hlutgen neck.
WicDnusf Jitn. 1»;
589
ENTROTZEN— ENTRüFEN
Eckaith entrüthete sich darüber, sagende, wie komm ich zu
der hohen unverdienten kaiserlichen gnade? Ettners med.
maulaffe 514; überreichte denen beiden jungen herren ihre
briefe, welche, als sie jeder einen von seiner geliebten er-
sahen, entrütheten sie sich gänzlich im gesicTit. unw. dod.
256; die Jungfer entrölhete sich, sagende, dem himmel sei
gedankt. 324. in derselben bedculung galt anröthen (1, 429) :
'0 du mördische hur,
du hast mir in dem wein vergeben,
trink ,iuch, aber (oder) es kost dein leben I'
die fraw wolt nicht und sich anröiet,
mit bloszem schwert er sie doch nöiet,
dasz sie den giltiug wein austrank. H. Sachs I, 175*.
hier würde erbleichen fast mehr passen, was sich mit der form
anröten nicht vereinbart, doch in den beiden ersten stellen
LoHENSTEi.NS darf man den sinn von erbleichen vorziehen.
EMROTZEN, muco liberare.
ENTRÜCKEN, subducere, ccleriter amovere, ^ fern rücken,
aus den äugen rücken, nnl. ontrukken, meist mit der Vorstel-
lung des plötzlichen, gewaltsamen.
1) transitiv:
got unser harre an im tet,
daj er entrucket wart so hin. pass. K. 126,17;
und sie gebar einen son, ein kneblin, der alle beiden soll
weiden mit der eisern ruten und ir kind ward entrückt {vulg.
raptus) zu gott und seinem stuel. offenb. Joh. 12, 5, wo spätere
bibeln unbefugt das gleichbedeulige entzückt setzen;
weil ich aber doch nicht weisz, welche stunde mich entrücke,
brauch ich die geJegenheit und das s<iuraende geschicke.
GC-MHER 838;
denn wer nicht willig folgt, wird mit gewalt entrückt. 993;
kann dich kein schneller tod der weit noch heut entrücken?
Gellkbt t, 139;
zum blutstuhl bin ich schon entrückt. Göthb 12,246;
welches gottes macht entrückte,
verbarg dich diese lange zeit? Schiller 499";
dort wollen wir im kühlen,
des neides aug entrückt,
die macht des gottes fühlen,
der alles neu beglückt. Gotieb 1,28;
der lampe zarte flamme,
dem winde klug entrückt. 1, 324;
des himmels ahnung den umweht,
der deinen liebeston versteht,
doch an dein mutierherz gedrückt
wird er zum himmel selbst entrückt. Matthisson 16;
und ewig wird es ihm {dem mond) misglücken
zu stehlen sich ein spielgesiud,
in seine wüste zu entrücken
ein lebenwarmes erdenkind. Le?iau neuere ged. 237 ;
wenn du, schauend nach den Sternen, in der klaren nacht,
dich der erde tand entrückest, seh ich gerne zu.
Platen 76*;
es rührte Victor bis zu thrünen, da Emanuel ihm seine aus
diesem eden entrückte Schülerin so warm anlobte. J. P. Hesp.
1, 261 ; die näheren sonnen wurden von entrückten milch-
straszen mit einem hof umschwommen. 3, 138 ; Albano that
noch eine bruderfrage über seine liebe, so lang entrückte
Schwester. Tit. 1, 35 ; ihre Iraner über den entrückten vater.
biogr. bei. 1, 41 ; das himmlische war damals noch nicht so
weit von der erde entrückt. Armm kronenw. 1, 142 ;
da ich mein herzogthum entrückt
aus des betrügers band,
since I have my dukedom got,
and pardond ibe deceiver. lempest, epilogue.
2) die ältere spräche brauchte entrücken auch intransitiv:
under des hatte der bauwer den profosen, der ihn hinweg
schleifen wolte, ins angesicht geschlagen, ihm entrückt, und
war auch darvon gestrichen. Kirchhof mil. -disc. 220;
in den gedanken ich entrücket,
und ward in einem träum entzücket
für ein wildnus zu einem see. H. Sachs I, 321':
wenn dir der felnd ist auf dem rücken
und dein verhengnis tritt mit ein,
so wirstu ihm wol nicht entrücken, pers. rosenlh. 3,24.
ENTRCCKLNG, f. subductio, vgl. bergentrückung. mythol. 904.
ENTRüDER.N, remigando discedere, evadere, nnl. ontroeijen :
als wir nunmehr der insel entruderten. Od. 12, 201;
doch ertrinkt im wasser wer dem wind entnideri.
SiiROCK lesebuck 61.
ENTRUFEN, avocare, von einer stelle weg, auch mit dem
sinne von herbei, heranrufen:
du enu°iefst der nacht
der gestirn beer! Messias 20, 117;
ENTRÜ5IPELN— ENTRÜSTEN 590
du entriefst der nacht
der Verwerfung, die der tod traf.' 20, 122;
der {Pluto) seinen bezirk mit wogen umschlossen,
die jeder beschiffen musz, welcher die luft
getrunken und fruchte der erde genossen,
von der ihn das eiserne Schicksal entruft.
Karschi."« ged. s. 32;
plötzlich entrief ihn
fern in die Stadt ein geschäft. Voss.
ENTRUMPELN, strependo elabi, herabrumpeln.
ENTRUNDEN, deglomerare. Stieler 1647.
ENTRUNZELN, erugare, franz. derider:
ein blick entrunzelt sein gesicht. Uz;
wem sängen wir sonst? gewis nicht dem grämlichen mann,
dem gelben Schmelfungus , dem mann von abgestumpften
sinnen,
dem onkel Toby selbst kein lächeln abgewinnen,
Schach Baham nicht die stirn entruuzeln kann.
WiELA.ND 4, 6;
die grazien sind lauter gefälligkeit. sollten sie nicht, um die
stirne der guten alten Vesta zu entrunzeln, sich auch zu
kinderspielen herunter lassen ? 10, 94.
ENTRUPFEN, evellere, ausrupfen:
lege die zierlichen finger der hand an die spitzige feder,
die den tlttichen ist krächzender raben entrui<n.
RÜCKERT 270.
ENTRÜSTEN, exasperare, irritare, nnl. ontrusten, nahver-
wandt dem entrichten 2, Albebüs hat entrüstet, abiens in
furorem, raptus furore vel indignatione, furibundus; Maaler
105* enlrüst molus mente, concilatus, turbulentus, einen ent-
rüsten und angsthaft machen, commovere. wie entrichten aus
der richte, aus der fuge bringen, ist entrüsten aus der fassung,
ruhe bringen, turbare, ursprünglich aber bedeutele es einem die
lüstung, die waffen ausziehen, exspoliare, ahd. hrusti giwin-
nan, wie es in der klage, Holzm. 1709 heiszt :
daj beide meide und scbceniu wip
entrüsten hie die töten,
wo andere lesen entwafen. rüsten, ahd. hrustan, ags. hyrstan
ist Omare, comere, instniere, entrüsten also destruere, fr.
detruire, deranger, turbare, commovere:
und lasz mich das auch gar entrüsten nicht.
meistert, cod. berol. 23 n* 199 ;
allergnedigister fürst, laszt euch nit entrüsten, fastn. 292,9;
das volk Wirt treCFenlich enu-üst. trag. Joh. R4;
da aber Saneballat höret, das wir die mauren baweten, ward
er zornig und ser entrüstet und spottet der Juden. iVeA. 4, 1;
sie erzürneten in gar oft in der wüsten und entrüsteten in
in der einöde (vuly. temptaverunt et exacerbaverunt). ps. 78, 40 ;
aber sie erbitterten und entrüsteten seinen heiligen geist. Es.
63, 10 ; da aber die hohenpriester sahen die wunder, die er
thet, . . . wurden sie entrüstet {ahd. unwirditun). Matth. 21, 15;
lasset uns nicht eiteler ehre geizig sein, umeinander zu ent-
rüsten und zu hassen (goth\ ni vair{)aima flautandans, missu
ushaitandans, missu in nei|)a visandans). Gal. 5, 26 ; wann aber
die erste zamenfügunge (des rückgrats) wirt entrüst {aus der
fuge, Ordnung gebracht, fr. derangee], so wirt dis genant ain
enthaubtung. Braunschweig chir. 104 ; und ob die zufügung
zwischen der achten und sibenden spöndel wer entrüstet oder
verrenket, daselbst; sich etwan zutragen thut, dasz einem
nicht all sein anschlage nach seinem willen ausgehen, das-
selbige einen dermaszen also entrüsten thut. 6. d. liebe 256, 3 ;
küne leut lassen sich bald entrüsten, kl. weise reden 75';
weil auch der zitterfisch durch den bluszen angrif den magen
entrüst (aufregt) und zu Unwillen (ekel) verursacht. Tuurneisser
infl. wirk. 156;
sein Vernunft wird entrüst und wild. H. Sachs II. 2, 91*;
ich meins theils bin gar hart enlrüst. Atber fasln. 89*;
wie er den Moysen so weidlich tribuliert, entrüst und umb
das narrenseil umbgeführet habe. Ayrer proe. 1, 13 ;
sie aber mehr bereit als vor mir zu begegnen,
fuhr recht enu-üsiet aus, klagt über meme treu.
Grtpuiüs 1, 243;
über diese rede entrüstete sich der künig so sehr, dasz er
den wisir liesz beim köpf nehmen, pers. rosenth. 1, 8 ; der
bettler, der wegen desselben unbarmherzigkeit entrüstete.
pers. baumg. 2, 9 ; wann nun jemand nicht fluchete, nehme
(d. i. nähme) ihm aber für einen andern zu entrüsten, damit
es ein gelüchler gebe, der sündiget zweifältig. Harthann
fiuchsp. 223 ; der Schneider war hierüber gleichfalls entrüstet.
591
ENTRÜSTUNG — ENTSAGEN
ENTSAGEN
592
gespenstig; ein regent sol sich im ersten eines dinges nicht
entrüsten, es ist sehr wenig, welches in einer regierung im I
ersten anblick anmutig scheine. Bdtschky Palm. 342;
der chan lieng an sich zu entrüsten. Grllkrt 1, 188;
ach sie babea vielleicht zu sehr den richier entrüstet.
Uesiias 5, 254 ;
die enirüsteie seele des todten entüoh. 13,993;
Ton binnen denn) entrüste mich nicht mehr. Borger 142*;
wie werd ich gegen euch enirfistet. Gottrr 1, 423;
entnistet
blickt Zeus auf unser armes volk herab. Schillir ...;
aber der söhn stand auT und nable sich schweigend der thüre,
langsam und ohne gemusch. nilein der vater entrüstet,
rier ihm nach 't>o gehe nur hin! ich kenne den trotzkopP.
t'.ÖTHE 40, 256;
dasz er nur mit mübe zu seinen kameraden hinauf kroch,
die so sehr sie sich entrüstet stellten, über diesen Unfall
ihre heimliche freude fühlten. 18, 297; Wilhelm war über
diesen neuen Vorschlag im herzen so entrüstet, dasz er es
kaum verbergen konnte. 20,240; die entrüstete Verzweiflung
(im geijensatz zur zagen). Kant 7, 126 ; die richter entrüsteten
sich über die vermessenheit. 8, 8 ; unschuldig leiden entrüstet.
10, 259.
ENTRÜSTUNG, f. ira, zorn: seine entrüstung war grosz;
er redete in augenscheinlicher entrüstung.
E.NTHCTTELN, exculere, aufrüUelnd entheben:
dies unmeidbitre misgescliick
entrütielie mich meinen wonneiräumen. Bürgrr 107';
es entrütielt ihn, sobald zum frühgebei
der Iman ruft, ein knmmerling dem Schlummer.
WiKLANII 10, 318.
ENTRÜTTEN, dasselbe, nur stärker, erschüttern:
da man nicht höret vor geifimmel,
ob es auch donner in dem himmel,
da man entrütt. enischuit das hirii,
spen äugen auf und runzelt siirn.
FiscHARTs lob der laute, in den geistl.
liedern s. 99.
gleich rütteln und schütteln laufen auch entrütteln und ent-
schütteln, entrütten und entschütten nebeneinander.
ENTRÜTTÜNG, f. concnssio, erschälterung : an der ersten
entrittung, so ich in diser lieb spüren würde, will ich mich
selbst aus der balfter ziehen. Wirsung Cal. g4.
ENTSÄBELN, acinacem de manibus extorquere, entsebeln.
Stieler 1782.
ENTSACHEN, dem mhd. entsachen {Dietr. 3491) orfer nnl.
ontzaken entsprechend, könnte wenigstens noch im 16j/i. vor-
kommen, zeigt sich aber bisher noch nicht auf. alls. ist ant-
sacan, ags. andsacian negare, inficiari.
ENTSACKEN, sarcinam tollere, absacken. Stieler 1659.
ENTSAFTEN, succo private. Stieleb 1664, mhd. entsaffen :
ji kan 6{ fröudensalTes mich enlsalTen.
Haoamah von Laber 375.
nhd. ich «trecke nacht und tag zu dir die lassen arme,
nach dir, herr, durstet mich in diesem dürren barme,
wie ein entsaftet land, das sich zum bimmel neigt.
Flkbing 27.
ENTSAGBRIEF, m. was absagebrief: als dem hohmeister der
entsagbrief überantwortet wurde. Schütz beschr. von Preuszen.
Eitl. 1599 t. 196.
ENTSAGEN, renuntiare, ahd. intsag^n (Graff 6, 101), mhd.
entsagen, nnl. ontzcggen.
1) einem etwas entsagen, aburteilen, ihn davon löstn, los-
sprechen, mhd.
vrowe, DU mftjet iwer klagen,
Jane kan nieman eniKagen
wol dem aadero den toi. kl. 1873;
■eil da« reich
Olli recht und ordenleicb
hie an dioer frtst
eoitait und widennili i«l
TOD Najjaw graf Adolfen . . .
»0 eni«ag ich bewi und immerroer
chunig« recht und de« reiche er
von Na^iraw demselben gaucb. Ottocai tW.
i) einem etwas verweigern, absagen, vihd.
d4 der koniog Laomeddn
io ani«agete iren lAn
uode beguDde( in untsware. lUi pr 11.362.
nkd. weil alle hülfe un« entnaget ward. Kttner unw. doct. 499.
81 einem ablagen, die freundsehafl, dm bund aufsaqrn,
also feindfchaß und krieg ansagen, was förmlich und fnrr-
lieh gesfhehrn mutte. ein entMgter feiad ttt ein abgesagter
(1, 47). her entsagete on (ihnen). Rothe düring. ehr. cap. 652 ;
wen her eines vient wurde, so sulden die andern zwene om
(ihm) entsagen, cap. 666 ; Fridel Thmk trat an das holz und
entsagt uns und allen den unsern . . . und zu hant darnach
über vierzeben tag verprand er uns dreu bäuser, auch leut
und gut, besunder einen knab'en, der in dem feuer verdarb.
weisth. 3,672; herzog Stetfan und Ludwig, die waren vor
zue liechtmessen der jungen herrn entsagt feind gewesen,
also entsaget mein herr und all sein diener und helfer hinein,
da entsaget ich auch von meines herrn wegen hinein («h die
Stadt). Jörg Katzmair ed. Sehmeller §. 90; und da entsagt
herzog Ludwig da seinen vettern von der von München wepon.
§. 93; dasz er daran beschwert sei, als die churfürsten und
andere fürsten, die leicht seine entsagte feinde sein, sollen
an dem rechten sitzen und urtheiicn. urk. kaiser Sigmunds
von 1421, bei Hipp, a Lapide de rat. stal. s. 166; in der an-
dern tagfart verschrieb er sich mit den bundgenossen, ent-
saget dem hoemeister. Hennebercer preusz. landtafel s. 147;
darauf der könig den fröschen entsagt, die gleichergeslalt
kriegsrath halten, froschm. Min 5';
man sagt, die hund hcitens gewagt,
und ehmals den wolTen entsagt. Tl3*.
dem teufel absagen, aufsagen hiesz in der allen spräche forsachan
praet. forsuoh (Gbaff 6, 75), ags. andsacian, alts. antsacan
von der würzet sakan, suk (s. vorhin entsachen), also ver-
schieden von forsegian, forsegita (Graff 6, 103), obgleich auch
dieses negare, abdicare ausdrückt, s. versagen.
4) nahe liegt absagen für aufsagen in andern fällen : wie
ein herr seinen knecht, der ihm entsaget {den dienst aufge-
sagt), wunderlich gemartert und getödtet hat. Henmeberger
preusz. landtafel s. 36 ; das da geschieht, wenn gott entsaget,
das ist die warheit, gerechtigkeit, Weisheit entzeucht. Luther
1,20*; da von gott verlassen und entsagen (?) gefület wird.
3,2'; ich halt, wo der meuchel wider schreiben wird, so
wird er daran nicht genug haben, das wir stille sitzen und
leiden, und sie uns verdamnen, entsagen, krieg und mord
drewen und anfahen. 5, 307'.
5) wir fügen heute zu entsagen, in der gewöhnlichen be-
detitung «on renuntiare, aufgeben den dativ, gehe er auf eine
person oder sache: seiner geliebten, seinem freund, seinem
volk, seinem glauben entsagen, dem teufel entsagen [vorhin
unter 3), dem stolz, allem dank entsagen ; die einem herzen
zu enge ist, das eher dem leben, als ihrer liebe entsagen
will. Lessing 2, 31 ; ich will vielmehr gänzlich den gänzlich
gelehrten männern entsagen, die so reich an inutmaszutigcu
und so arm an urtheilskraft sind. 10, 369; dem srhuMrnic
des hofes entsagen. Gotter 1,44;
entsage deinem volk, werd eine Spanierini 2.^10:
siÄ wollte lieher
gefangen bleiben, sich mishnndult sehn,
als dieses litels leerem prunk entsagen. Schim.i'r 40R*;
der ungebundnen freiheil wollen sie
entsagen. . . .;
dazu kam noch ein körperliches übel, dasz mir nemlich nach
tische die kehle wie zugeschnürt war, welches ich erst später
sehr leicht los wurde, als ich einem rothen wein, den wir
in der pension gewöhnlich und sehr gern tranken, entsagte.
GOthb 26, 8.
6) Lessing irar mit sich über den castts nicht einig und
neigt sich, neben dem dat. in beiden angezognen stellen, sonst
zum genitiv : Franciska. 'so wollen sie seiner entsagen?' das
fräulein. 'ei sieh doch! jammert er dich nicht schon wieder?
nein liebe nürrin, ^ines fehlers wegen entsagt man keinem
manne' (in der hs. stand erst 'keines mnnnes'l. 1,5«:»; 'ist i's
nun zeit ihrer zu entsagen und ihrer für eine andre als für
mich zu entsagen?' 2,80; h.ltte sich P.upe ein eignes systein
abstrahiert gehabt, so würde er ganz gewis aller Vorrechte
eines dichters dabei entsagt haben. 5. 2s; wenn es auch
schon ganz unstreitig wSre, dasz es eigentlich gnr keine eckel-
liafte gegenstünde für dos gesiebt g.lbe, von welcln*n es sich
von tclbst verstünde, dasz die mahlerci, als scIiOne kun-n
ihrer entsagen würde. 6, 523 ; des titeis und der an<priirl^
auf dieses kOnigreich zu entsagen. 0, 384.
7) SU diesem fehlerhaften scheint der richli^ie gen. bei di
reflexivum verleitet tu haben, denn bereits mhd. hiesi et 'si
eines entsagen':
ich WM- «In gouob, woll ich mich der enisagwn. Ms. i.u*
ist,
\
593
ENTSAGEN — ENTSATZ
ENTSATZKRONE — ENTSCHÄDIGEN 594
nhd. entsagen sie sich im guten aller anspräche auf die Ter-
lassenscliafl meines bruders. Lessing 2, 4S4 ;
wem das liebea will betiagen,
musz des lebeos sieb euisdgeo. &, 1$*2,
nach LoGAC l, ',73, der aber hat: musz dem leben abesagen;
erlaubt ihm nicht den wolsland seines volks einem tyrannen
preis zu geben oder sich, gleich einem unmenschlichen vater,
derjenigen zu entsagen, die durch die engsten Lande an seine
seele gebunden sind. Wielaxd 16, 207.
8) elicas anderes ist, uenn in der älteren spräche der gen.
neben dem unreflexiven entsagen erscheint, icelches entsagen
dann die bedeutung von lossprechen unter 1 hat:
so erkenn er nu, das er auch sei
des reichs entsagt aus göttlicher gewalt.
JiTSTL's Memus vom bapstum N2.
9) suweilen bleibt der casus ganz weg, besonders bei den
participien oder venn ein abhängiger satz folgt: wie ßeren-
garius es wagen dürfen, immer wieder zu seiner entsagten
meinung zurück zu kehren. Lessixg S, 412 ; leugnete ich
darum diese Wahrheit, entsagte ich darum, mich dieser wahr-
heil zu bedienen? 10,38; Wilhelm Meislers wanderjahre oder
die entsagenden. Göthe 21.22,23 vgl. 21,52; alles ruft uns
zu, dasz wir entsagen sollen. 48, 9.
ENTSAGEN, n. renunlialio: das völlige entsagen auf alle
dem Staate zu leistenden dienste, wenn er (Calo) sie nicht
durch ^ein ansehen im Senate und auf die gewohnte art ihm
leisten konnte. Garve zu Cic. de off. 1,216; ich müste mich
sehr irren, wenn du nicht besser Ihätest, dir selbst einiger-
maszen nachzugeben, als dich durch die widerspräche emes
so harten entsagens aufzureiben. Göthe 18, 131 ;
finstrer ernst und trauriges entsagen
war aus eurem heitern dien>t verbannt,
glürklirh sollten alle herzen schlagen,
denn euch war der glfnkliche verwandt. Schiller 21'.
ENTSAGUNG, f. dasselbe.
1) ohne casus: Lothario und seine freunde können jede
art von entsagung von mir fordern. Göthe 20, 232 ; er rechnet
sich die entsagung hoch an. 57,300; der mensch in stiller
bescheidenbeii, groszmäthiger entsagung. Kli.>-gek 3, 275 ;
I
die Inrve
erhabner, übernienscblicher entsagung
reisz ich ihr ab. Scuillkr 267".
2) mit dem gen. : dasz er mich mit entsagung seiner eignen
glöckseligkeit glücklich gemacht habe. Lessing 2, 40; die ent-
sagung aller anspräche. Kant 2, 324; eine entsagung alles
dessen, was man bisher geliei)t und für gut befunden hat.
Göthe 25, 67 ; entsagung aller poiilik. BCrgeb 112".
3) mit auf: die enisugungen auf anspräche, auf erbschaften.
Gabve 2u Cic. de off. 3, I7t; eine entsagung auf die hülfe und
barmherzigkeil gotles ist eine Ungereimtheit. 3,252; die ent-
sagung auf uns und unsre selbstöndigkeit. Ki.inger II, 304.
4) mifin: entsagung (erf/ebunp) in den willen gottes. Klincer
6, 357.
ENTSAGLNGSURKUNDE, f.
ENTSALZEN, salem eluere, nnl. ontzouten: die fische ent-
salzen; enisalzene beringe, haleces maeeratae.
ENTSAMENT. conjunctim, zusammen.
ENTS.\TTELN, deponrre ephippium, und ex ephippio dejieere,
nnl. onlzadelen: er wurde von seinem gegner entsattelt, aus
dem sallel gehoben.
ENTSATZ, m. 1) liberatio ab obsidione, suppeliae, nnl. ontzet:
unterdes kam der hohineister und der pfalzgrafe beim Rhein
den belagerten zum entsalz. ScbCtz beschr. von Preuszen 1599
5. 69; er solle sich in der feslung noch halfen, denn ihme
gewisser entsalz ehestes tages zukommen werde. Bltschry
kamt. 633 ; in der belagerung und dem entsalz von Arles.
Mascoü 2, 30 ; einen entsalz zu wagen. 2, 114 ; wie würs,
wenn sie uns freien abzug eingestünden, da ihr doch von
Sickingen keinen entsalz erwartet. Göthe 8, H)9 ; ohne eine
scbbicht mit der flotte zu wagen, kann kein entsalz auf die
insel gebracht werden. Schiller 6S0'; so fehlte es der stailt
dennoch nicht an mitleln, sich bis zur ankunfl eines enl-
saizes zu behaupten. 949*; er fand jetzt gegen die emptin-
dungen, die ihn belagerten, wenn nicht einen entsalz, doch
eine auf die ewigkeit verproviantierte bergfeslung. J. P. Tit.
3, 57. es heiszl zum entsalz kommen, sieb zum entsalz
rüsten, entsalz schicken, auf entsalz hoffen, s. entsetzen,
besitzen.
III.
2) Horror, entsetzen, «as man nachsehe:
die nach dem tode sucht, entsetzt ~sich wenn er ruf),
'nicht diese, die enisatz sucht in der lodteogruii'.
Grtpiiiüs 1 l->0:
es sterbt die einfalt hin, erweckt ein solches klug,
dafür ein keuscher sinn enisatz und grauen trug.
LoGAO 2, 66.
ENTSÄTZKRONE, f. corona obsidionalis : die entsatzkrone
aus gras {verbena). J. P. rfdmm. 64.
ENTS.\UBERN, expurgare, nnl. ontzuiveren, 1) säubern, viit
dem gen. der sacke, von etwas. Harnisch 144. 2) maculare,
beflecken.
ENTSÄUERN, aeorem tollere: sieb, wie dorfbier, durch
kreide zu entsäuern. J. P. Fibel 21.
ENTSÄUERUNG, *. entsäurung.
ENTSAUGEN, exsugere, nnl. ontzuigen:
und scheint nicht jeden kus
sein kleiner mund dem ihren zu entsaugen? Wiklasd 23,115;
der biene gleich
entsaugest du der blume den bimraelslhau. Stolbskg 4, 278;
wem Wollust nie den nacken bog
und der gesundbeit mark enisog,
dem steht ein stolzes wort wol "an,
das heldenwort, ich bin ein mann! BcrgehöI';
0 dann saugt mit ihrem purpurmunde
himnielswollust unsre wunde,
sie entsaugt das gift,
das vom l)0gen dunkler Schwermut triff. Tieck 4, 116;
ach, er möchte wie ein quell versiechen,
jedem hauch der lufl ein gifi enisaugen
und den tod aus jeder blume riechen. Platen 29';
noch als dein tapfrer vater wie ein kind
klnglich erz.-ihlte meines vaiers tod,
und zehnmal inne hielt zu schluchzen, weinen,
dasz, wer dabei stand, nasz die wangen halte
wie jaub im regen, in der traurgen zeit
verwarf mein innnnlicb äuge niedre thränen,
und was dies leid ihm nicht entsaugen konnte, _
das tbat dein reiz, und macht es blind vom weinen.
that all tbe Standers bv had wet iheir cheeks,
like trees bedasbd witJi rain. in that sad tirae
mv manly eyes did scorn an huinble lear,
and what' these sorrows could not ihence exhale.
tby beauty baih, and made ihero blind niih weeping.
Richard III. act 1 scene 2.
Stieler 1691 setzt entsäugen für ablactare, entwöhnen.
ENTSÄURUNG, /. die metallischen farbenerscheinungen,
wie sie durch säurung, aufsäurung, absäurung und entsäurung
entstehen. Götue 52, 217.
ENTSÄUSELN, lene personare:
wann ich vertieft durch blumen in duftender blüte beschaitung
wandele plötzlich, viell>-ichi suin«t mir ein bienchen ums haupi,
oder die taub entsau-^elt dem dach. Voss 3. 126;
was isis das jedem lindenblatl entsnuselt
wie einer drvas leises ach ? Platk» 8*.
ENTSAUSEN, fremendo personare .
das geworfne speer;
durch die iG^e entsaast
bliizzerschmeiterten wipfelo entsauset festliches rauschen.
Stolberc.
ENTSCEPTERN, spoliare regno, enUhronen, nnl. ont-
schepteren :
und führe diesen arm, damit er dem tyrannen
sein lohn eriheilen mag. der deinen dienst verbannen
und dich entscefitern wii. Opitz 3,82 (80);
man .«oll entsceptert schauen,
die uns entscepiern will. HAuewiiz Mar. Stuarda 29.
s. entzeplern.
EiSTSCHAAREN, nnl. ontscharen, scharweise auflösen,
i) dispergere, auseinander gehen lassen.
2) sich enlscbaaren, discedere, auseinander gehen:
doch schnell, als hätten got'es schrecken ihn
ersTilTen. wendet er sich um
zur nurht, und wehr und wsITen von sich werfend
entschaart das ganze beer sicli im gefilde. Schiller 458*.
ENTSCHACHEN, abducere, abripere, rapere, entführen,
könnte rollkommen nhd. sein, da ahd. seih rapina, praeda,
vihd. schächen rapere gilt, doch fehlt ein beleg, nd. ent-
schaken bei Gefken 154, nnl. ontschaken.
ENTSCHADEN für entschädigen, schadlos kalten:
was fiind ich denn auf aller weit,
das mich um dich entschadet halt? Hehdbk 8, 102.
vgl. beschaden.
ENTSCHÄDIGEN, damnum alieui sarcire, einem den schaden
vergüten, ersetzen, ihn schadlos hallen, nnl. ontschadigen, fr.
dedommager. nocA nicht bei Stieles i4nd Frisch, zuerst bei
3S
595 ENTSCHÄDIGUNG — ENTSCHÄUMEN
Adeldjjc, soviel früher auch das erttgegengeselzle beschödigcn
galt, jetzt aber im häufigsten gebrauch, besonders in der ge-
schäßssprache : ich bin für meinen veriust vollständig ent-
schädigt worden; er hat viel eingeböszt, man v,\l\ ihn nicht
entschädigen, s. auch das einfache schädigen.
ENTSCHÄDIGUNG, f pensatio, restitutio.
- E.NTSCHÄDIGLNGSBETKAG, m.
EMSCHÄDIGUNGSFORDEUCNG, f.
ENTSCH.\DIGIJNGSGELDER.
E.NTSCHÄDIGÜNGSGESCHÄFT, n.
ENTSCHÄDIGUNGSPFLICHT, f.
ENTSCHÄDIGCNGSSACHE, f
ENTSCHALEN, cortice nudare, delegere, schälen, enthüllen:
wenn ir us grund üwer hohen kunst (lugend, dasz si nit fall,
oder aber si wurd entscbalet) die götzen vertsdigen wellend.
ZWISCLI 2, 5t.
ENTSCHALLEN, resonare, personare:
den saiten entscholl bald bimmlische wehmuth,
bald der lon des triumphs. Messias 20, Slb •.
mit dem schilfmeer braust er! entscholl Gnri/im. (in der ersten
ausg. von 1"71 : erscholl vom Grisim).
Klopstock 1, 170;
CS erhebt steigender sich Sions lied.
wie des quells, welcher des hufs stampfen eniscboll. 1,170;
golt der goldnen leler, gib, dasz heut
meiner brüst ein schönes lied enischalle. Bürger 88*-,
lind wie der klang im ohr vergehet,
der mächtig tönend ihr (der ylocke) entsrhallt,
so lehre sie, dasz nichts bestehet,
dasz alles irdische verhallt. Schiller 80*;
welch mittel fruchten soll und welche sühne,
nur einer götterlippe kanns entschallen. Platen 295'.
ENTSCHALLERN, frequetUativ des vorausgehenden:
plötzlich rauscht ihm (dem donner) nach mit hagelgeprassel
der regen,
ström enlscballern den bergen, es flutet das saaiengefilde.
BCRGKS 24(i'.
ENTSCHÄMEN, pudore exsolvere, schamlos machen:
do Wirt dann mancher zu eim Loten,
der dann die eigen lochter sein
bescblief, als sie warn durch den wein
entschemt. fastn. sp. 3S0, 21.
E.NTSCHAPPEN, elahi, entwischen, nach dem it. scapparo,
sp. escapar, fr. echapper, wo nicht entschnappen zu lesen:
hall, halt, ichs musz ertappen,
will sehn, mirs nit entspring,
nun soll mirs nicht entschappen, /
will wetten, mirs geling. Si>ek Iruttn. 222 (205),
tcol ohne weiteres beispiel.
ENTSCHÄRFEN, hebetare, stumpf machen, nnl. ontscherpen :
einscbniden und scherpfe widerlitzen, oblundere, entscherpft
obtusus. Maaler 105' (bei welchem widerlitzen 496* gleichfalls
obtundere ist);
in die äugen solches werfen
pflegt das sehen zu entscherfen. Beineke 1650 s. 305.
ENTSCHARREN, eradere, hcraussdiarren :
und sobald sie dem ofen die funkelnden kohlen entscharret,
legte sie feurung hinein, und weckte die gliit mit dem blasbulg.
Voss 2. 281.
ENTSCHATTEN, obumbrare, beschatten, adumbrare. Stieler
1740:
heil! dies ist die letzte zähre,
die der müden aue entfallt,
schon enischattei sich die sphäre
ihrer heimatlichen well. Matthisson 18,
es könnte umgekehrt auch heiszen sich erhellen. Hippel setzt
tt, wie abschatten, für adumhrare: kein mcnsrh kann selige
und heilige machen oder entschatten. 8, 158 ; wenn er diese
ideen in anwendung gebracht, würde er eine vernünftigere
disputation entsrhatlel (entworfen) haben. 12, 180.
ENTSCHAIJDERN, horrore liberart? fervertt
macht nicht der edle rebensaft
den kalten leib enischaudern ? Wkckhkrlin 777.
ENT.SCHAUFELN, pala egerere, hervor schaufeln,
mhd. wand ich in niht enachuvele ( : luvele)
n{ der tiefen belle gal. pau. K. 591, tiS.
ENTSCHÄUMEN. 1) spvmando elabi:
den flatterharien iriiumcn,
die dumpfem weinrau>ch od und wild enikcbiumen.
Vom . . . t
e« enmehinint det monte« labnal
dem Ke«ehlagnco urgranitblock. . . . t
ENTSCHEID — ENTSCHEIDEN
596
die quell entschäumt der klippe,
von funken hiasz bestreut,
vom allen hniimgerippc
romantisch überdraut. Matthisson 121 ;
der woge, die krystallrein hoch sich bäumet,
das funlieln des gedaokenlichts entschäumet.
Wh, von Humboldt 7, 58.
2) despumare, abschäumen.
ENTSCHEID, m. decisio, «'»e bescheid, unterscheid: darauf
entsciieid erfolgt, es were seiner eh. gn. bcgeren u. s. w.
Thurneisser nothg. ausschr. 2, 22; zu solchem entscheid wollten
i. k. mt. ein commissariat ansetzen lassen. ScHWEtNicHEN
1, 290. X. entschied.
ENTSCHEIDELEUTE, arbitri. Oberlin 318, heule Schieds-
leute, Schiedmänner.
ENTSCHEIDEN, entschied, entschieden, nimmt nhd., gleich
dem einfachen scheiden und andern Zusammensetzungen mit
demselben, das unorganische part. praet. entschieden statt ent-
scheiden an. der diphthong ie gebührte von rechtswegen nur
dem praet. ind. und conj., nicht dem part. praet. und ältere
Schriftsteller hallen da noch das ei fest.
1) sinnliches entscheiden, scparare, sejungerc, absondern,
ausscheiden: derlialhen soll mnn die gSns mit schranken ent-
scheiden und gleich w ie die hiimmel und schaf von einander
absondern. Sebiz Hl;
auch schwebeis {trulznachtigall) auf den weiden
und will beiu hirten sein,
da (^edron kommt entscheiden
die grüne wiesen rein. Spee (ru<;n. 4(3);
dein und ihr beider haus entscheidet eine maur.
(iiivPHius vert. genpensl 7 ;
die gaslstube, welche mit einer langen spanischen wand ent-
schieden war. pol. feuermäuiirkchrer 6 ; derselbe blitz ist das
licht, der führet in der hilze in die bittere qnalilät, da wird
der blitz entschieden nach aller kraft. Jag. BöninE Aurora
s. 133; allda stehet nun die göttliche kraft und bildet sich
der göttliche glänz immer in das reine, davon wird entschie-
den das strenge aus der natur und machet der gottliche glänz
das reine süsze. derselbe von den drei principien des gött-
lichen Wesens 127 ; sonst würde nicht sein aufgehöret worden
steine und erde zu gebären, so die fewrige art nicht wäre
entschieden worden, ebenda 7, 30 s. 67 ; da gott das liechf
von der finstcrnüs entschieden. 8, 8 s. 71. auch von Irenming
der ehlcule: wie sie mein eheweib sein könte. weil sie von
irem manne noch nicht entscheiden? Thurneisser nothg.
ausschr. 1, 68.
2) entscheiden, unterscheiden, distinguere: das gute vom
bösen entscheiden, pers. baumg. 1, 20 ; diese tugend (rfie be-
scheidenheit) wird von dem unterscheide genennet, weil sie
das gute von dem bösen fürsichtig und bedachtsam zu ent-
scheiden weisz. Bltschky l'atm. 124;
die linlle sonn, die alle zeit entscheidet,
miszt stunde, t;ig und j.nr. Ho«ri.iiR 34;
weiszgerber und lederer {hallen an ihren häusern gemdhtde),
damit man diese handwerker erkennen und von einander ent-
scheiden könne. Abele 3, 22.
3) einen rechtshandel, insgemein das ungewisse, zweifelhafte
entscheiden, bescheiden, dirimere: ein span oder zweitrachl
entscheiden oder zerlegen, dijudicarc controversiam. Maaler
105*; die andern artzt können wenig der künsten, behelfen
sich mit freundlichen, lieblichen, holdseligen worten, entschei-
den (bescheiden) die leut mit zUchten und schönen warten.
Paracelsus 1, 2«l';
ir leut ich will euch schon entscheiden. Atrbr fastn. 132';
er wird die Völker iimli und »n,
wie recht und hillich ist, entscheiden. Opitz p^. 182;
er wird den welikreisz weit und breit
entschpiden mit pcrechiiKkeii.
er wird der Volker hiiiidcl schlichten
und iiucli iieliiiJuiig liillii h richten. «. 24;
ob jungerraw zwar inchi und jungfraw hoch entschieden
(Über diese formen niclil aufijeinarltt rnlscliirden itt).
int dem doch wol, der nam die, die das K vermieden.
LocAU 1, 24;
ihr (dtr wtiihgü) prei«, ihr werth wird nicht vom gluck eni
schieden. llACKDORf I, 13;
lasz es die well einmal entscheiden,
was nui/lii'hrr und hcsxT sei:
«in pfaunid oder liuhnerei? Uu««a!«)» fnheln ». SO;
gnadifter herr, da w«ri ihr bekftmiiKi : . euch die «ach«'
K-ar hiulenklich zu »ein und rm In i «nuchnden.
(hr sollt nicht rntwoiclini.
hi< die aache «Ich endlich «iit»cheid«'i. dann wollen wir neben.
40, 205.
597 ENTSCHEIDEN— ENTSCHEIDSTUNDE
ENTSCHEIDTAG— MtSCHlCkEN 598
4) entscheiden, decernere, endlich bestimmen, beschlieszen :
es ist alles, es ist noch nichts entschieden; dieser tag sull
entscheiden ; ein kleiner umstand entschied, gab den aus-
sclilay; das kann ich nicht entscheiden; um den sieg gänz-
lich auf die seite der musen zu entscheiden; es ist ent-
schieden, du bleibst;
dieser heerzug
entscheidet deines lebens gluck und frieden. Schill» . . . ;
mir ist feierlich,
so bang, als sollte dieser augenblick
ein groszes losz entscheiden. . . .;
lang zauderte der könig,
den ehgemabi der tocbter zu entscheiden. 215*;
nun ist kommen der tag, nun hat die braut ibm der himmel
hergeführt und gezeigt, es bat sein berz nun entschieden.
GÖTHE 40,279;
nun ist die stunde gekoniiuen,
ja er hat gefühlt und gewählt, und ist, männlich entschieden.
ebenda.
5) man stellte zum acc. der person einen gen. der sacke:
niemands aber da war, so die herzogin ihrer frag entscheiden
künde. Galmy 123, ganz wie bei bescheiden (1, 1554). beden-
ken hat der sächliche gen. ohne persönlichen acc. :
des mögen der Argeier Jünglinge entscheiden.
Stolberg 11, 2SS.
heute, einen über etwas entscheiden, früher auch einen daraus
entscheiden. GEFKEif beil. 56.
6) sich entscheiden, einen beschluss fassen, sich erklären,
entschieden werden: es musz sich bald entscbeideu;
erlaubet, dasz ich mich ein andermal entscheide.
\ViELA?(D 9, 64;
die sonne
gleng zweimal auf und zweimal unter, seit
das Schicksal meines Karlos sieb entschieden. Schiller 26S';
sein mismuth nahm zu, sein widerstand entschied sich (war
erklärt, entschieden). Götbe 24, 174. heute über etwas.
ENTSCHEIDEN, entscheidete, entscheidet, evaginare, vom
vorigen ganz abweichend, würde ahd. lauten intsceidun, int-
sceidÄta: das schwert entscheiden, aus der scheide ziehen;
als Wilhelmi aufstund und einen degen suchte, welchen er
auch endlich fand, entscheidete und Brandano hinaus for-
derte. Salinde 331;
um die achse gedrängt entscheidet der bergende kelch sich,
der zur höchsten gestalt farbige krönen entläszt.
GöTHE 1, 327,
wie es lat. hiesz frumenta vaginis e.xeunt. Plin. IS, 3. eine
menge von ähnliclien, gleichschönen ausdrücken gilt für den
wachslhum und die entfaltung der pflanze.
ENTSCHEIDEND, quod habet momentum : der entscheidende
augenblick; das treffen war entscheidend; es hat sich etwas
entscheidendes ereignet; die Wahrheit und unwiderlegbarkeit
seiner gründe, welche von der entscheidendsten mehrheit im
Senate unterstützt wurden. Schiller 822"; um ihn auf eine
recht entscheidende art auszuzeichnen, gaben sie ihm gar
keinen namen. 1016"; seine stimme war die entscheidende,
gab bei der wähl den ausschlag.
ENTSCHEIDEND, ade. entschieden, bestimmt:
ich sah den mann,
der so entscheidend sprach, mit groszen äugen an
GÖKINGK 1, 110.
ENTSCHEIDER, m. arfri/er, Schiedsrichter: entscheider oder
mittler, der sein urteil dazwischend legt. Maaler 105*;
lieg und ruh, so dacbie bei seinem leichnam Johannes,
bis an jenen gefürchteien tag, den groszen entscheider.
Messias . . . ;
glauben sie, dasz es so leicht ist, sich gegen einen stolzen
und kahlen enUcheider des höhnischen tones zu enthalten?
Less(!<g 8, lt.
ENTSCHEIDERIN, f. disceptatrix. Maaler 105'; also darf
ich meine laune nicht zur entscheiderin meiner bedürfnisse
machen. Schiller briefw. mit Körner l, 246.
ENTSCHEIDESRICHTER, m. arbtter, eine ältere form als
Schiedsrichter: das der könig von Böhmen Wenceslaus zwi-
schen beiden parteien entscheides richtcr sein solte. Schütz
betchr. von Prenszen 102. s. entscheideleute.
ENTSCHEIDJAHR, n. annus decretorius: im westHiliscben
frieden ward bei der religionsübung das enlscheidjahr (l624)
durchgesetzt. Hdgo encyclop. 1835. s. 410.
ENTSCHEIDGRUND, m. ratio decidendi: ohne alle ent-
scheidgründe. J. P. Hesp. 2, 161. üblicher ist entscheidungsgrund.
ENTSCHEIDSTUNDE, f. hora decretoria, die entscheidende
stunde.
ENTSCHEIDTAG, m. dies decretorius: im westfälischen
frieden ward ... bei den kirchengütem der entscheidtag (1 jao.
1624) durchgesetzt. Hcgo a. a. o.
ENTSCHEIDUNG, f. nach allen bedeutungen des entschei-
dens, am häufigsten dijudicatio, decisio, momentum: entschei-
dung oder gwisse auszilung, determinatio, fleiszige entschei-
dung, ausrächnung und nachbetrachtung. dispicientia. Maaler
105'; die entscheidung ist erfolgt; die entscheidung der
Schlacht; in den meisten zweifelhaften berathschlagungsfällen
ist die enticheidung nach dem was recht ist, viel leichter,
als die nach dem was nützlich ist. Garve zu Cic. off. 3, 36 ;
richte, so schwör ich euch zu. mich ganz nach ihrer ent-
scheidung. GöTHB 40, 283.
ein älteres beispiel für Scheidung: sonderlich da mag wol
werden separatio, das ist ain öfnung oder entschaidung, die
nit eigentlich genant wirt verruckung. Braünschweig chir. 102.
ENTSCHEIDUNGSGRUND, m. ratio decidendi.
ENTSCHEIDUNGSKAMPF, m.
ENTSCHEIDUNGSQUELLE, f die Verordnung, dasz Net-
telbladts naturrecht in ermanglung anderer entscheidungs-
quellen eine sein soll. Hcgo naiurrechl 1S19. s. 36.
ENTSCHEIDUNGSRECHT, n. die ausführung des päbst-
lichen entscheidungsrechts ia zwiespaltigen wählen geistlicher
reichsfürsten. Göthe 33, 114.
ENTSCHEIDUNGSTAG, m.
ENTSCHEIDUNGSVOLL:
zeugt das verfälschie blatl, die weggelaszne,
so ganz entscbeidungsvolle clausel nicht,
man wolle zu nichts gutem uns verbinden? Schiller Sä?*.
ENTSCHEINEN, entleuchten, entgldnzen:
sie stammen auch von eines engeis schimmer.
ich aber bin dem blicke selbst eniscbienen (sagt der edelstein),
sie sind niu* seiner fittiche geQimmer. Rückeki 165.
ENTSCHEREN, tondere, decidere, abschneiden:
rubelen jeizo
auf hocbscbwellende sprossen gestreckt von duftigem masiix,
und, wie vergnügt, auf frisches derreb entschorenes weinlaub.
Voss TtieokrU 7, 134.
ENTSCHEDCHEN, fugare, verscheuchen, fortscheuchen :
bei der entscheucbenden kerze Schimmer. Klopstoce 2, 32
vom Pferde, das vor dem licht scheu wird;
mit jenem sönncben, welchem der biene kunst
den docht beseelet, welches dem bi'ichersaal
sonst nur die nacht entscheucht. wenn grübler
endlich die durstige feder tränken. 3, 131;
welchem den schlaf kriegsruf schmetternder hörner ent-
scheucht; Voss Tjftu/i 1,1,4;
sie entscheucht ihn vom leibe, wie etwa die mutter dem
Säugling
eine flieg enucheucht. BCrgir 214*.
ENTSCHICHTEN, dijudieare, dirimere, entscheiden. Haltaus
338. sich entschichten, partiri Patrimonium, derselbe 359.
ENTSCHICHTIGEN, dasselbe.
ENTSCHICHTIGER, m. disceptator. Haltads 359.
ENTSCHICKEN, 1) ineptum, inhabilem reddere, ungeschickt,
ungestalt machen, aus der fassung, ruhe bringen, Schmeller
3, 319. mhd. entschicken, nnl. nntschikken :
sieb hat din menschen bilde
so wunderlich entschicket. Gi. 2, 270;
Noe der ward von wein entschickt. Schwarze^berg 101, 1;
da ward sein antlüt davon entschicket und fieng an ze wainea.
buch der Weisheit 1485 6/. 73; er wirt entschickt, das er an-
facht inwendig ein blaen und geschwoUenheit empfinden.
Keisersberg siben scliwerter fö'; so ein mensch kein ougen
hat, als denn etwenn eim die ougen uszgestochcn werden,
so wir^r ganz entschickt (entstellt), das man in nit wol mer
kenne, post. 2, 86 ; an sinem heupt dermasz so swerlich ver-
letzt, da; er siner Vernunft merklich geschedigt und entscbickt
ist. Haltacs 339 (a. 1497) ; aber als der mag von der werme
des Wassers entschicket ward, da schüttet er die feigen mit
dem wasser aus im. Steinhöwel 1555 bl. 1 ; so ist alle matrix
verderbet, unfruchtbar, ungesund, entschickt und mit allen
andern zufallenden kranklieiten beladen. Pahacelsüs 1,79*;
durch disen streit wurden die von Hetruria in irem gemüt
gar erschlagen und entschicket. Livius, Schöfferlin 86*.
2) reflexiv, sich verunstalten:
und sprach, mich wundert seitem mal,
das in der well auf und gen tal
sich alle die so gar enischicken,
die in die suniien sollen plicken. fasln, sp. iSff),
599 ENTSCmCKrNG — ENTSCHIFFEN
ENTSCHIMMERN— ENTSCHLAFEN 600
wenn ein frauw ist nit schuldig, sol es auch nit thun, sich
zu entschicken und ungestull machen oder sich mit zwilch
kleiden. Keisebsbekg irriii scliaf 49'; aher wenn ein mensch
abiäl die gebut guttes mit ernst ze halten, ze hund fahet er
an abnemen in der liebi, das ist sich entschicken, zu vertust
der liebi. farad. der seien 11*.
das früher geläufige worl hört später ganz auf und mangelt
in alten würlerbücliern. s. schicken.
ENTSCHICkUNG, f. deformalio: die contractur, die da
kumpt ausz dem zorn, ist ein enizündung des ganzen leibs
und ein entschickung der auszwendigen und innwendigeu
gliedern. Faracei.sus 1, 509*.
ENTSCHItD, fli. decisio, für entscheid: so wil d. Ludder
sich nicht keren an bepstliche entschied, so sei das con-
cilium wankeibar und irrig. Luther 1, Iöh'; ist diser gutlicher
entschied gezwifacht {doppelt ausgefertigt) gloichs lauts. üai.taus
359; das end gibt der Sachen entschied und geslalt. Lehman.'«!
196; hierzu sollen denen, welche gerichte hegen, auch wider
ihren willen personen beigeordnet werden, so viel ihrer zu
besserung des entschieds von nöthen sind. Opitz i4rjj. 1,421.
ENTSCHIEDEN, statutus, certus , ausgemacht, fest, das
adjeclivisch gewordne particip für entscheiden : es ist mein
entschiedner wilie; er gab seine entschiedne meinung ab;
es bcrschte entschiedenes regenwetter; eine bcgebenbeit, die
in seinem leben eine entschiedene epoche macht. Güthe
15,177; auf so viel lächelnden gesichtern zeigte sich das ent-
schiedene behagen. 15, 30S ; sie wechselten zum erstenmal
entschiedene, freie küsse. 17,359; ihre Unterhaltung war so
angenehm, dasz er nicht einmal einen entschiedenen zug des
kummers gewahr wurde, der ihrem geistreichen gesiebt noch
ein besonderes Interesse gab. 19,72; da er schon ein ge-
machter mann, im besitz von entschiedenem namen und in
einer sehr guten läge war. 19, 122; durch Verbindung mit
einem bedeutenden gutsbesitzcr und entschiedenen landwirth.
22, 84; er verglich es dem schnarren einer groszen Orgel-
pfeife, die vor lauter umfang keinen entschiedenen ton von
sich gibt. 23, 9; hier {im geschäßsleben) gab sein ererbtes
talent ihm eine entschiedene ausbeute. 24,122; ein Stamm-
vater, der so glücklich ist seinen nachkommen einen ent-
schiedenen character aufzuprägen. 24, 206; die wüste setzt
seinem zuge kein entschiedenes hindernis entgegen, ebenda;
von ihm als einem werdenden manne erwartet man schon
eine gewisse Übersicht seines zustandes und ein entschiede-
ner leichlsinn will ihn nicht kleiden. 26, Sl;
all mein hlul in den ailern erstarrt
vor der grnsziich cntscIiiedeneD gegenwart. Schiller 507' ;
enischiedi-n war mein sinn zuvor,
als dich mein wort heraufbeschwor. Lbnau Faust 29.
ENTSCHIEDEN, cerlo, indubitale, assidue: sie {die bäume)
sind sachte, aber entschieden aufgewachsen. Göthe 15,304;
steile felsen, welche senkrecht den letzten Wasserspiegel ent-
schieden bekränzten. 17, 31 ; aber wie ich mich zuletzt in
den abgetragenen grauen rock einzwängte und die kurzen ärmel
mir das abgeschmackteste ansehen gaben, fiel ich desto ent-
schiedner in Verzweiflung, als ich mich in einem kleinen
Spiegel nur theiUveise betrachten konnte. 25,349; ich musz
aufs entschiedenste widersprechen.
ENTSCHIEDENHEIT, /. explorala ratio: er sprach mit ent-
scbiedmlieit.
ENTSCHIEDUNG, f. was enlscheidung: freundliche erieu-
tcning und enlschiedung. I'hii.akder 1, 109.
ENTSCHIESZEN, nnl. ontschielen, 1( protilire, tgerminare,
von pflanzen, entsprieszen : dichtes gras entschieszt dem boden ;
nur if\u%i ein gipfelchcn Rieh nicht vermessen, ^
daai es allein der erde nicht entschooson. Lrssi!^...;
2) elabi, entfahren: dasz ihm alles blosz so natürlich ent-
fahre und enischicsze, wie den blallläusen hinten der von
bienen tu gesuchte honigthau. J. P. Siebenk. 1, ix; enteilen:
so sagte der wirt, ick bin vielleicht im stände, einem lieb-
baber mit einer der veritabcisten ausgestopften misgeburten
aufzutvarlen, die je auf acht beinen herumgelaufen, 'wie, wo,
wenn, wa»?' rief der doctor auf den gaslwirt rennend, 'gleich'
ferselzte dieser, und entschosz. Katzenberger 1, 80 (55).
ENTSCHIFFEN, nati effugere, nnl. ontsckeppen:
wol diesem der durch dich lo (ruber noih enischift.
LoiKNiTKiN Cleop. 83, 244;
»ir Dnomtbr •otiebiAen zugleich dem geiiad« von Troja.
Od. 8. 27«.
ENTSCUIMMEHN, l) ewucore:
wann sie (die liyder) die hüll auszog, und erneut im glänze
der Jugend
nun vom gcwimmel im ncs!e sich herwnlzi, oder von eiern,
bäumend zur sonn, und dem mund dreispaliifc zuiigen ent-
schiraniern (et unguis micai ore trisulcis).
Voss Virg. landbau 3,439;
hemmt den brnnsendcn stromfnll, heiszi pulAsio
von rubinen und gold der erd entschiniiuera. Matthisso.i 105.
2) pallidum reddere, obscurare:
siehe sie sentit ihr cntschimmertes haupt zu der erde, dem
grabe
ihrer kinder. Messias 8, 571 ;
sie sahen
unter hangenden närhien die stolze Jerusalem liegen,
sahn den 'entschimmerten tempel, den überschtiiieieu Sion.
10,575;
sein entschimmeries antiilz. 10,737;
Gallien krönet sich
mit einem bürgerkranze, wie liuiner war!
der glänzet heller, uml verdient es,
schöner als lorher, die biut entschiramerl. Kiopstock 2, 102
3) pallere:
wol seh ich gestalten wanken
durch des wildes grüne nacht,
die bewocien zweige schwanken,
sie entschimtriern wie gcdnnken,
die der schlal' hinweggefachi. Tiecks Slernbatd 2, 78.
ENTSCHINDELN, scindulis nudare, delegere:
kurz, wann er ganz von dem, was er nicht selber war,
vom haupt bis auf den Tusz enischindelt,
vor mir erschien. IIühgkr 106*.
ENTSCHIRREN, abjungere equos, losschirren, bildlich für
lösen :
lieb ists, die jedes band enischirret. Röckkrt 328.
ENTSCHLAFE.N, obdormiscere, ahd. inisläfan, mhd. ent-
slAfen, nnl. onlslapen.
1) im eigenllichen sinn einschlafen, mhd.
sie entsliefen beidiu schiere. Iu>. 85;
dd sie enisläfen wären. Nib. 1774, 1;
alsus enisliefens under in zwein. TVwf. 437,22;
lif ir herzen er enislief. Wh. 100, 25;
nhd. und er leget sich und entschlief under der wachalder-
slauden (obdormivit in umbra juniperil. bibel von 1483, IG7'
1 hün. 19, 5 (Luther : legt sich und schlief unter der Wacholdern) ;
darumb er asz und trank und entschlief anderweit. 19, 6
(Luther: legt er sich wider schlafen); und het sich gelegt zu
der wand und was entschlafen. 1483,232' Toft. 2, 10 (Luther:
sich neben eine wand leget und entschlief);
die singen uns süsz caniilenen
und machen uns als vasl entschlolTcn (: hoffen).
Brant 103, 43;
als aber der jflngling gen Speir kam, ward er von einem
thumbherrn beherberget, und als er ent><chlafi'n was, nnm er
heimlich seine brief und las die. STEnnilwEi. chrnnik 2,s* ;
er mag kein predig hören, er entschlaft darbei. Keisersberc
narrensch. 172"; da liesz gott der hcrr einen tiefen sriilnf
fallen auf den menschen und er entschlief. Luther 1 Mos.
2,21; und sie liesz in entschlafen auf irein schosz und rief
einem, der im die sieben locke seines hcnhls abschörc. rieht.
16,19; da nu der breutgam verzog, wurden sie alle schieferig
und entschliefen {ahd. naflTezitun alll^ inti sliefun). Naiih.
25,5; und da sie scIiifTeten, entschlief er {goth. l)arnh|iaii
s\& faridftdun, anasaislipl. Lue. 8,23; die hert entschlaafen
sind, die tief schlaafend, sepnlti somno. Maai.br 106'; wider-
uinb entschlaafen, repelere somnuni. derselbe; cini mit trinken
redlich zu feuren oder schürgen dasz er cntschlaafL derselbe;
die gut tochter setzt sich also an ein in:iiir und entschlief
also. seh. und ernst 1516. 92; so si nun entschlafen, legt
ihn valler und multer under oder in die schuch. Fratik wclll'.
133"; wollen wir ein kurz schl.tflin iliun. gleich wie ich ent-
schlafen war, kompt mir für im schlaf ein niler mann, buch
der liebe 201,4; vor und ehe man zu nacht entschläft, sol
man Marien, der mutter Christi, nicht vergessen. 285,2; der
gut mann Grandgusinger het sein herzliche freud damit, wann
er also gutherzig sah die biallen räumen und die becher
schäumen, die xpuniaiites palera.«, und thal nicht« anders aU
dasz er sie aufmunteret, nicht in der predig zu entschlafen.
Garg. 82'; 'derhalbcii laszt uns die siben biiszpARlmen für
UQi nenimen, zu sehen, nl» ir iiidil enisdilafen werdet' . . .
601
ENTSCHLAFEN— ENTSCHLÄFEN
ENTSCHLÄFEN — ENTSCHLÄGEN
602
fiengen damit gleich den ersten psalmen an, und als sie bis
auf das beati qiiorum kamen, entschliefen sie beide unge-
wagen {ungewiegl). 24S'; ich war vorige nacht aus müdigkeit
beides von sorgen und dem wege so hart entschlafen, dasz
ich nicht erwachte. Opitz 2,246; sie waren unter dem ein-
förmigen gesang entschlafen. Ki.inger 4, 243 ; bei einer alten
leier man entschläft und bei einem neuen lied wieder er-
wacht. Pestalozzi 12, 227.
2) entschlafen, sanß sterben: höret das David was entschla-
fen mit seinen velern (obdormiisse cum patribus suis), bibel
14S3, 163*. 1 kön. 2, 21 ; erleuchte meine äugen, das ich nicht
entschlaf im tod (ne unquam obdormiam in morte). 1483,265.
ps. 12, 4 iLctiier: das ich nicht im tode entschlafe) ; Ldther:
und Salomo entschlief mit seinen vetern. Ikün. 11,43; dar-
nach ist er gesehen worden von mehr denn fünfhundert brü-
dern auf einmal, der noch viel leben, etliche aber sind ent-
schlafen tgulli. fiizeei {)ai nianagistans sind und hita, sumaij)-
lian gasaizicpun). l Cor. 15, 6; so sind auch die, so in Christo
ent.«chlafen sind, verloren {golh. {)anuh jat)|)ai gasl^pandans
in Christau fraqistnödedun). 15, 18 ; wir werden nicht alle ent-
schlafen, wir werden aber alle verwandelt werden (allai auk
ni gasvijfam, i{j allai inmaidjanda). 15, 51, «n welcher letzten
stelle ÜLFiL.*s xot/^rjd'Tjaöfisd'a gassiUam übersetzt; das er so
seuberlich und sanft entschlafen ist mehr dann verschieden.
Llthers br. 4, 362 ; er ist im herrn entschlafen ;
seid, wenn dereinst ihr «elbsi enischl.ifei, o dann vor allen
unaussprechlich gesegnet I A/essios 13. «41 ;
geusE du deine freuden auf die, die in Christus entscblafen,
gnaderuli aus! 13, (i60;
da rann vom schmeiternden steine dein blur, da eatschliefst
du. 13,784;
enischinfnes j.-ihrhundert.
hebe dein niedergesunkenes haupt noch einmal empor!
KLnpsTOCK 1, 160;
und ouD, nun kam der tod. er rief
'es ist rollendet' und eniscblier. 7, 100;
doch segue mich,
eh du entschläfst. 9, 42;
selig alle die im herrn enischliefen!
selig, vaier, seiig bist auch du. Höitt 2.35.
3) in Sünden entschlafen, obrui, opprimi peccatis: nnd
dise tüfels ammen machen das einer in den Sünden ent-
schlaft, da ein mensch kein ru hat und macht im etwan
conscienz umb deine ding, die conscienz beiszet in, so spre-
chen die selben tüfels ammen, ei es ist nit so schwere tod-
sünd. Keisebsberg s. d. m. 32'; o da gedenken wir, die da in
Sünden eivogen und entschlafen sind, gar wenig an uns zu
bekeren und zu bessern, buch der liebe 292, 2 ;
■w.inn er un« sein volk gnug ihu sirafen,
die wir in sOnden seind entschlafen. H. Sachs Ilf. 1,19*.
4) entschlafen, sopiri, cessare, aufhören: in der faulheit
entschlaafen, vast trag und faul werden, indonnire desidiae.
MaaTer 105'; die statt ist gar entschlaafen, d. i. liederlich,
hilllässig und sorglos Korden, derselbe;
der lärm enischlafi, wenn du (nachl) zum himmel steigest.
Uz;
erwacht der frohe gesang nnd jed entschlafene ciiher
i>i auf erhabnere tone hedacbi. derselbe;
doch dasr mein zorn entschlafe,
das vaier fodre nicht. Gotteb 2, 429;
da genas die band und die befugen schmerzen entschliefen.
ÜL'kGKII 226".
6) entschlafen, lorpere, von hdnden, armen, beinen. Stalder
2, 321, icie einschlafen 3, ags. us släpad |)A lima, die glieder
entschlafen uns. homil. 1, 490.
ENTSCHLÄFEN, topire, consopire, schlafen (bei Maaler
ze schlaafeni machen, einschläfern: was thut die am, deren
ein kind verdingt ist? sie senget das kind, sie entschlafet
es, und wenn es ein bül feit oder das im das maul blaw
Wirt, so überredet sie es, es hah gesprungen, wirft ein arm
uf und spricht "ju heia heia!' Keisersrebg s. d. m. 32*; was
thSl die amm? sie entschläft das kind, das da schreiet und
weinet, ebenda; ich glaub nimmer anders, weder das in
beichten und in predigen hat man euch entschlafet und nüt
darein geredt, darunib seind die ding ingebrochen, die sunst
nimmer ingebrochen weren. eheudu; so lonl sich die selben
dann entschlafen und sitzen also in dem treck der vile der
sQnd (in lulo multiludinis peccatorum», stecken fol Sünden.
ebenda; einen herl entschlafen, soporem firmare alicui; ent-
schläfte äugen, so eim der spengler auf die äugen kumpt
oder sitzt, lumina adoperta somno. Maaler 1U5'. 379', nach
Frisics 4o'; ein entschläfter, gestillter, vergangner schmärz,
dolor soporalus. Maaler a. a. o. ; welche fisch inen nahend,
die werden allesamen entschläft [betäubt). Forer fischb. 76';
Schlösser aufthun und diebstal bringen.
im schlaf erfahren von bescbechncn dingen.
die leui entschlafen. Thuknkisskr archiduxa 49;
wann jeman schirling, weiszplei, alraun, schwarzen magsamen
oder andere kräuter gessen hat, welche die personen mit
irer kälte entschlafen und unempfindlich machen. Sebiz248;
und das requiem aeternam in der mesz dreimal gesungen
ist so ein kräftig schlaftrünkiin zum entschlafen, das es den
seelenmänlin alle ire pein und schmerzen in eim augenplick
; versüszet, lindert und vertreibt, das sie darvon schlafen wie
! maulwörf und ralten. bienenkorb 113'; aber beschliesziich, so
I sag ich und wils bei dem nechsten kreistag, da man der
j münz und des calenders halben eins wird, erhalten, das des-
I gleichen wisch nicht sei, als ein riedisch ganslin wol be-
I pflaumet, doch das man im den köpf zwischen die bein steck,
j es dreimal umbdreh und entschief (betäube, lüdte). Garg.
I 13S' ; entschliefen ohn ein mercurischen rorpfeifer, der den
hundertäugigen Argus entschläft, als oh sie bei dem lustig-
sten poetischen rauschenden brönlin oder bächlin lägen und
die windlin hörten wähen. 248'; von dem gesang aber kan
einer, gleichwie von den syrenen, entschläft und also in liebes-
banden unversehens gebracht werden. Lehha^.n 2,197;
0 du sa).
in dessen blauer zier die liechler überal
sein durch des Schöpfers band so künstlich aufsrestecket,
das uns ihr edler schein ergötzt, entschlaft, erwecket.
RüHPLEB s. 24.
heute ungebraucht, vgl. Stalder 2,322 und einschlafen.-
ENTSCHOFERN, des vorigen frequenlativum, wie einschlä-
fern : nun hatte der schlaf ihr von seltzamer einbildung ver-
unruhigtes gemüth entschläfert {einsciilafen gemacht). Amöna
und Amandus 9.
ENTSCHLAFL'iNG, f. redormilio. Maaler 105'.
E.NTSCHL.\FL'NG, f. soporalio : etwann thut ihn («Tinen)
anodina (anodyna, sclimerzstillende mittel) wol aus Ursachen
der entschläfung. Paracelsijs 1,482"; ohnmacht, Schwindel,
entschläfung ibetäubung^, krampf. 1,545*.
EMSCHLAG. m. absolutio, literae absolutoriae. Haltacs 341.
ENTSCtiLAGBRIEF, m. literae absolutoriae, relaxationis.
ScHM. 3,442.
ENTSCHLAGEN, entschlug, im 15. 16 jh. noch öfter ent-
schlahen entschlug, tnhd. entslahen, entsiän, prael. entsluoc,
nnl. ontslaan, ontsloeg.
1) mit dem acc. der sache, im sinne des einfachen schla-
gens unter hervorhebung des beginns. wie wir sagen feuer
schlagen, licht schlagen, die laute schlagen, Ines: es auch
entschlagen : zum andern hat der bilger in sinem sack ein
füergezüg, wol bereit und, gedörret, davon er ein liccht ent-
schlahe und von dem liecht auch ein füer mach. Keisers-
berg hilg. 13'; do hat Antonius inwennig ein schruben inge-
schrubet für das schlosz, das bett an thür geruckt und ein
liecht entschlagen, dan er halt allen weg waxkerzcn bi im
und ein fürzüg, halt die andern gsellen schnell ufgeweckt.
Plater 18; wan der meister wond ich schliefe, stund ich
heimlich uf, entschlug ein liecht und halt ein Homerum. 51;
ein feür entschlahen, excudere iguem. Frisics 498"; in blelter
ein feür entschlahen, suscipere ignem foliis. Maaler 135';
am himmel auch schwingen sie wölken,
und in gewaltigem stosz entschiagen sie röibliche feuer.
Voss.
Neidiiart, nach der lesart MS. 2,74" singt:
bej^er wtere mir daj ich nienjer niuwej liet entslüege,
tro Haupt 61,39 mit Benecee die andere vorzieht:
bejjer wsere doj ich niuwes nimmer niht enslüege,
so gut wie slahen darf auch entslahen ein liet gesagt werden.
2) privatives entslahen, solvere, absolcere, los sprechen: ent-
srhlug er öffentlich über lut den Blumer, dasz er in ange-
logen hetl. Haltacs 340: ein gut entschlagen, interdicio ab-
solvere fundum. ebenda; einem das gut entschlagen.
3) sehr häufig entschiagen, los, frei geben, mit gen. der
Sache; sich eines entschlagen, entduszern, überheben, es meiden :
wie kan ich mich des pald entschlagen? fastn. 32,7;
der ungeistlichen aber und altvettelschcn fabeln entsrhiahe
dich (vulg. ineptas aulem et aniles fahulas devita, gotit. i\>
603
ENTSCHLAGEN
ENTSCHLAGEN— ENTSCHLEIERN 604
))6 usveihöna s\i u$al|)anaizu spilla bivandei). l Tim. 4,7;
der jungen widwen aber eDtschlahe dich (vu/y. adolesceiitiores
autein viduas devita, goth. i\) juggös viduvuns bivaudei). 5, 11 ;
des ungeistlicben losen gescimetzes entsctilabe dich {vulg.
profana autein inaniluquia devita, golh. i\> \)o dvalöna usveihuna
lausavaurdja bivandei). 2 Tim. *2, IB; aber der törichten und
unnützen fragen entscblahe dich {vulg. stultas autcni et sine
discipiina quuestiones devita, goth. i|) ))6s dvaiuns jah unta-
16ns s&knins bivandei). 2, 23 ; das ist im ein verdrieszen, er
sieht sauer darob, mag er sich derselben sach entschlageu,
er tut es. KEisERSBERCJee/etipar. 47'; darum wer der (unmus:)
mag entschlageu sein, der nem sich ir nit an und dank gult
von herzen, das er in davor behütet. 144' ; er hat sich niinen
{mein, meiner) entschlagen, von mir abgewandt. Maai.er 107*;
aliein er soll vil mer gewarnet haben, das der sich der Weis-
heit solt entsciilühen und abthun, der under die leut wöll
gezelt werden. Frank lob der thorh. 1h"; ich möcht mich der
wundersamen historien, so ich aus zarter kindheit herüber
genommen, oder auch wie sie mir vorkommen sind in mei-
nem leben, nit entschiahen um kein geld. Luther ; und so
ich vi! guts hett mögen erlangen, mich auch des entschla-
gen und kein vortheil nie begert. Livius , Schvfferlin 35' ;
sich eines (in beschlag genommnen) guts eutschlagen, es dem
eigenthümer tcieder frei geben. Schjjeller 3, 442 ; dasz ich
mich meiner liebe entschlagen solt. buch der liebe 246, 2 ;
ich weisz er ehe sein leben verlassen wird, denn sich des
hofs entschlagen. 248, 1 ; du solt dich deines eignen willens
ganz und gar entschlagen. ScuOrz Preuszcn. 14 ; wiewol sich
derselb gerne dieses entschlagen hette. Kircuuof wendunm.
78'; were ein regiment nicht so stark, mag der schullheisz
sonst einen ansehnlichen alten kriegsmann under ein fahn-
lein fordern, mit im rechten zu sitzen, würde sich aber dieser
mit allerlei ausreden understehen dessen zu entschlagen, so
ISszt der schultheisz, wanns recht niedergesessen, darüber
erkennen, disc. mil. 234; beweisung, dasz die geistlichkeit
der macht {oder dativ?) der oberkeit entschlagen seie. bie-
nenkorb 135*;
gedacht, nun bin ich wol reriragen,
<>er seck und auch der mül entschlagen. H. Sachs I, 487*;
waferr du, herr, tu zornig oder trag
dich sollest meiner bitt, mich deiner hilf entschlagen.
Weckherlin 123;
ernster pott, ach herr. eotschlage
mich der bürden die ich trage
ehe mich dein grimm betage. Grtphius 2, 259;
und will im herzen dich der laster nicht entschlagen, pers.
rosenth. 2,12; enlschlage dich solcher einbildung von dem
tode. 6, 1 ; es ist zu beobachten, dasz die gläubigen noch in
der weit, wo der teufel abt ist, leben, da sie, wenn sie
gleich wollten, der sorgen sich nicht gänzlich entschlagen.
ScRivER seelensch. 2,137; so ist er doppelt strafbar und hat
Ursache sich seiner auch zu entschlagen. Bdtschky Aanz/. 237;
man hat ursach sich derer zu entschlagen, die nicht zu ver-
bessern sein. 491 ; hiermit entschlug er sich aller grillen.
Weise kl. leute 26;
gesetzt er wollte noch so früh
sich aller noih entschlagen. 363;
•ich de« Umgangs mit Euphrosina entschlagen. Plesse 3, 88 ;
einen gefangen setzen und des arrests wiederum entschlagen.
Hahj« 3, 18 ; Heinold wurde auf hohe vorbitte seines arrests
entschlagen. 3, 137; er entdeckte ihnen mit allen anschei-
Dungen des vollkommensten Zutrauens, dasz er gesonnen sei
sich der regierung zu entschlagen. Wieland 2,301; ich ent-
schlage mich hierbei jeder Untersuchung, die aus mangel
eines festen grundes, worauf die Vernunft fuszen könnte, sich
in blosze bypotbesen verliert. 3, 397 ;
und beide können noch itich deii gednnkens Dicht
enikcblagen, daxz der greit, der sie «o freundlich pfleget,
kein wahrer grei«, dasz er ein «chulzgeist ist. Oberon 8,33;
hierauf entschlug sich Wichmann der sacbe. Moser 2,110;
eine den menschlichen gcist seiner fesseln entschlagende
regierung. Kant 1, 203 ; wenn wir aller Verantwortung ent-
schlagen werden. 6, 241 ; entschlug sich der öffentlichen sorgen
im umgange «einer I'orcia. Stolrerc 9, 375 ;
wo wir der sorgen uns eoiscblageii. Goths ...|
(ich des «chUri entschlagen. Gökinsk 1,220;
•in zahlreich beer, der hcimailirhcn sorgen
•oisrhlngen, iraifi sich gar lu tfnrn. das kenn Ich.
■11 bamtcbeo, ebreoruhrigcu gerucblen. .SciiiLi.BR 227*;
der wünsche hab ich all mich nun entschlagen. Tisci 3,237;
der schnöden hanpimiinnschafl, die dich entehrt,
die deinen itamm befleckt, eutschlage dich!
üuLiNDs t:rnst 116;
du kannst der pflicht dich nicht entschlagen. KCckert 136;
weh mir! ich kann des bilds tnich nicht einschlagen.
Lknao neuere ged. 19;
ich möchte endlich auch einmal ausruhen, auf die jagd geben
und mich der mühe und arbeit entschlageu. EicuE.NDOHrs
Lucanor 69. ungewöhnlich statt des gen. der dativ:
sie bietet mir zum schönen manches gute,
das lastet nur, ich musz mich ihm entschlagen.
GoTUK 3, 28,
was sich nehmen liesie wie unter 2 einem das gut entschlagen.
Fleming 228 sagt:
so grosz und gröszer grauen
bef.iUt mich itzund nun, da ich soll näher schauen
mein durch fünf ganze jahr entschlagnes Meiszner land,
d. h. dessen ich mich fünf jähre her entschlagen habe.
4) merkwürdig sind einigt nun veraltete tntransitivbedeu-
tungen,
a) entschiahen, regelare, egelidari, wider entfrören, auf-
Ihauen, Maaler 105', ttiie wir noch heule sagen umschlagen :
es schlägt um, es entschlagt, thaut auf Staloeh 2, 323.
6) discordare, sich veruneinigen : dirre was dem rieh nütze
und ein cristenman, doch entslug er mit dem bobeste sant
Gregorien. Königshofen i. 93; donoch entslug er mit sineu
sünen und mit den landesherren. an der urteil entslahen,
über den ausspruch nicht eins werden: were aber, dasz sie
entslugent an der urteil, so ist unser herre, der erweite vou
Basel obman und swa der heiszel bessern, da sol mau
bessern, urk. von 1263 bei Haltaüs 341 ; die weil nun der
frid entschlagen. Plutarch 70.
ENTSCHLAHEN, s. das vorhergehende entschlagen.
ENTSCHLAMMEN, sordes eluere : einen teich entschlammen,
reinigen. Stieler 1826.
ENTSCHL.\NGELN, rependo elabi: der verstand und das
herz verstehen den schweren stellen auszuweichen und sich
ihnen zu eutschlängein. Hippel 12, 124.
ENTSCHLEICHEN, dam elabi, heimlich entweichen:
ein schlauer vogel kan des stellers leim enischleichea.
Opitz 2,236;
ich enischleiche vielen forschem, vielen neidern, vielem streit.
Hackdorn 2, 29;
sie freit und wagt beim schmaus vom mann sich wegzustehlen,
sucht jüngre buhler auf, mit denen sie entschleichi. 3,26;
also entschlich aus furcht vor Menelaus Atrideii
unter die troischen schaaren der göttlich gebildete Paris.
ßoDMSRS Homer 1,39;
und der furchtsame Römer entschlich zu seinem palaste.
Messias 7, 861 ;
mir entOog bald schnelleren tluges,
bald entschlich mir säumend die zeit. 18,486;
entschleichsn thränen den wangcn. Wiiland 16, 152;
doch enischleicht
mancher sehnende seufzer deinem busen.
Cur. Stolberg 1, 32;
ich musz zurück, denn kaum
entschlich ich meinen wachieru. Tisck 11,163;
es war mir wie einem, der dem tullhause cntschleicht. Tuüm-
mel 6, 378 ; wer nicht in der ehe als ein ordentlicher, ge-
wissenhafter mann gelebt, der ist der schwersten probe enl-
scblichcn. Klinger U, 190.
ENTSCHLEIERN, revelare, velamen delrahere, nnl. ont-
sluijeren : eine frau entschleiern, ihr das gesiebt entschleiern ;
das rosonlager, halb entschleiert. Voss;
bis Aurora diese nacht entschleiert. GöiinukS, 60;
hoch sei der hehre tag geleiert,
als hier, von Hum his Üsija,
mein blick, vom zeiigewolk »ntsrhleiert,
der ihatenbuhnen grosztc sah. Mattuiison 34.
oft rtßexiviscii :
der dichter, dem es noch nicht ds sich entscblaierte,
diiKZ die freude der edeln dfier schweigt,
»U selbst ihr niftrhilgster srhnicri.
der wanket schon an der schwcllp des heiligihura«.
Klopstocc 2, 18;
fleh um das gute sum schönen! hier, wn Kirh entsrhlsicrt
niria anililz
Ihm, unter spbDreagesang, neigte tu irauirni gesprlch.
MiTTIlistON 227 ;
seht, wie dsr blmmel sich entschleiiTi. Kusikr 4, 34);
605 ENTSCHLEIFEN — ENTSCHLIESZEN
ENTSCHLIESZEX
606
da entschleierte sich plötzlich Klotildens fenster. J. P. Hesp.
3.143; wie in der geschichte sich auch die Torsehung nicht
an jähren, sondern an Jahrhunderten entschleiert. Lex'anaxi.
E.NTSCHLEIFEiN, elabi. ahd. intsl'ifan (Gbaff 6, 808), mhd.
entslifen, entgehen, entweichen :
wand in ir vreude gar entsleif. pass. K. 16, 1 ,
dö begonde im entslifen
alle enthabunge aldort. 23, 53;
und wie im was eDlslilTen
die lüne der gerechtekeit. 5ö, 68;
Ton den selben griffen
wand er im gar entsliffen
die ädern üj ir rehlen slage. 136,28;
dag er wol mohte entslifen,
ob in wolle ergrifen
Juliana. 191,53;
gegen sumelichen schiffen,
den ir segele entsliffen. 285,48;
sw«r vil dinges wil begrifen,
dem niuoj eiswenn ir eing entslifen. Renner 17750;
swer siech und arm ist, der muoj klagen,
da; im sin tage sin entsliffen
und er mit sorgen ist begriffen. 23097;
nhd. darnoch do ward die fQrsten belangen,
das man den handel recht angriffe,
das uns nit etwas mer entscbliffe.
Haks ScB.tiDER, schlackt von Regensburg (1504);
do dem jungen herrn von Neifen
dis abenteur ward bekam,
'all ewer sorg lont euch enischleifen
und ziehen! in sant Thomas land'. UaLA.to 776;
all sein freud ward im entsclileifen,
er gieng da er sein herren fand. 783.
s. auch entschleufen.
EMSCHLEIMEN, piluita purgare, gegensalz von schleinaen,
verschleimen.
E.NTSCHLEPPEN, abripere, nnl. ontslepen : Bonn, Neus
und Werl dem reich enlschlept. postreuler 1591 El".
ENTSCHLEUDEKN, projiccre, jaculari, fortschleudern : wie
es nur eines geringen zündkrauts bedarf, um eine gewaltige
mine zu entschleudern. Göthe 26, 230.
E.NTSCHLEUFEN, exuere, ausschliefen machen, ahd. int-
sloufan, gebildel tcie die ungebräuchlichen abschleufen, an-
schieufen, ausschleufen : ein nusz, die sich entschieuft {aus
der schale gibt) e zeit, die ist inwendig wurmeszig. Keisers-
BERG narrensch. 184*. es sieht gedruckt entschleift, iric sich
ei und eu oß mischen, die mhd. geslall wäre entsloufen, ent-
slöufen. vgl. entschliefen.
ENTSCHLICHTEN, doppelsinnig.
1) soviel wie schlichten, dirimere, componere:
entschlichte mich I Mtussvs ps. 0 6';
und ward dieser krieg dardurch entschlicbtet. Kirchhof
wendunm. 124*; da er denn bisweilen händel entschlichten
und weislich reden höret. 135'.
2) von der weberschlichte reinigen, s. schlichte.
ENTSCHLICHTER, m. compositor:
herr, mein enischlichierl Mrlissus ps. C2".
ENTSCHLIEFEN, elabi, entschlüpfen, nnl. ontsluipen: und
der apostel wil das ganz gesetz Mose und solch tradition
zugleich begriffen haben, damit die Widersacher hie nicht
entschliefen, wie pflegen, als rede Paulus allein vom gesetz
Mosi. JosAS bei Luther 6, 440*. auch im eorp. doclr. ehr.
p. 157. transitivum dazu ist entschleufen.
ENTSCHLIESZEN, ahd. intsliogan, mhd. entsliejen, nnl.
ontsluiten.
1) aperire, aufsehlieszen, üfnen:
mhd. dag er entslög ir herze gar. Parz. 23, 26;
nhd. nach den worten gieng sie in die kamer, entsrWosz ire
kisten, darnach nam sie all ire rock und verbräme die in
einem fevn-. Aimon BT; entschlosz mit einein Schlüssel die
kammer. buch d. liebein, i; entschleusz mir das gcfengknus!
Fierabras E 5 ;
entschleusz uns des birges pforien. H. .Sachs IIL 2,239';
laszt uns den brief enischlieszen. Grtphius 1, 66;
mein fürst, der stets bedacht, die ihore zu enischlieszen,
laszt durch die freiheit euch, nicht mehr gefangne gnisz'en
1,135;
es unterwand sich mein geauälter geist,
was näher hinzugehn auf den entscnlosznen kerker.
HALLai^.i Theodorich 43;
kein fasifall wird die gnadenihür ent^chliesxen. 80;
entschleusz die wollusischwangre schosz. GcivthbrSOO;
die sonne mag die fehler grüszen
und muntrer schaler aug enischlieszen,
denkt eine dame wol daran?
sie schlufi so lang sie will und kann.
WgiszK komische opern 2, 140;
leis entschlosz sie die thür, und wie abgewendet sie standen,
sprang sie, die bestürzt umschauenden freudig begrüszend.
Luise 2, 453.
i) laxare, eiere alvum, den leib öfnen: sä hilft er (der
stein) den, die nicht zuo stuol mügent gen und entsleujt
den leip. Megewberg 451, 12 ; der stain hat die kraft, daj er
zuo im zeucht und entsleujt. 453,9; daj eisen hat die art
da; e; küelt und entsleujt und ist dem magen guot, wenn
man e; neujt in feilpulver. 479, 21. auch, entsleujt die
apostem. 479, 27.
S) ungewöhnlich ist ace. der person mit gen. der saehe
(vgl. 6, Ol:
entschlieszl den jungen menschen seiner fesseln.
TiecK 3, 125.
4) noch ungewöhnlicher privatives entschlieszen, excludere:
wer vom herzen goit entschleuszt,
wer hingegen gold drein geuszt. Logad 1,141,10.
doch setzt schon Alberüs excludo, ich entschliesz, was bei
Dasvpodiüs 34* heiszt ich schleusz ausz, desgl. bei Fbisiüs 497*.
5) entschlieszen, slatuere, decernere, im sinne von beschlieszen
wird von Alberüs als ncuerung getadelt, 'quidam Barbaro-
germani hoc verbum ich entschliesz in diversum sensum usur-
parunt pro concludo, elegantes videri volentes. concludo
dicitur ich beschliesz'. es fehlt aber nicht an unverwerflichen
beispielen : auf das derselbe [handel) von der kirchen erkand
und entschlossen, entweder mit gutem gewissen zu wider
rufen oder zu gleuben mit ernst befohlen werde. Luther
1,122*; weil dann die gemeldten puncten noch nicht ent-
schlossen waren und die frommen prediger aber in densel-
bigen mit der lehre fortführen. Bücer 6ei .Wp/anc///Aon 3, 776;
sie haben durch gemeine verwilligung dahin entschlossen,
dasz «. s. w. Witzenbürger 3,2; darausz denn entscblossen
{geschlossen) kan und mag werden, wie viel man landsknechl
in ein glied kan ordnen und stellen. Fronsperg 1,53"; der
römisch rath entschlosz {beschlosz, eensuit). Tacids bei Fronsp.
3,253*; und dasz ich entschliesz {beschliesze, schliesze, auf-
höre davon). Garg. 196'; und gleich kehret sie wider umb
gegen der fürstin und erzehlet deren alles, was sie mit dem
könig Perion entschlossen. i4madis20; wegen der kälte kunte
ich nicht nach der weide gehen und derlialben auch zu einem
andern jiicht entschlieszen, als das pferd zu schlachten, pers.
baumg. 2, 13 ; und weil ich meine viehische begierden nicht
anders zu sättigen getraute, entschlosz ich sie zu heurathen.
Simpl. K. 710; der verstand weisz das gute und der wille
entschleuszt solches zu vollbringen. Bütschky Palm. 343;
des nuizens menge,
die ein liebreichweises wesen in so kleinen platz zu schränken,
in ein so verächtlich kraut die beschaffenheit zu senken,
voller huld, entschlossen hat. Bbockes 7,623;
und als die zeitung dazu kam, dasz die Aeduer den ßello-
vacis ins land gefallen, entschlossen sie auseinander zu gehen.
Mascod 1,26; Claudius entschlosz Britannien zu bekriegen.
1, 107 ; Constantius entschlosz also Julianum dahin zu schicken.
1, 244 ; Valens hatte selbst mit zu felde zu gehen entschlos-
sen. 1, 296 ; Placidia entschlosz also eine faction durch die
andere zu demüthigen. l, 407 ; Gensericus entschlosz also den
vortheilen weiter nachzusetzen. 1,415; also entschlosz ihr
könig Vortigern, die Sachsen zu hülfe zu nehmen, l, 442.
nie mehr im zweiten theile von 1737. Mascoo musx also dieser
bis 1726 befilyten construction später entsagt haben, s. unter 6, d.
6) sich entschlieszen, apud animum statuere, sich entschei-
den, endlich hat er sich entschlossen,
a) mit gen. der sache: das sich die papistischen fnrsten
keiner antwort können entschlieszen. Spalatin bei Luther
5,36*; man konnte sich kaum der sach recht entschlieszen.
buch der liebe 208,2; dieselbigen entschlieszen sich einer
urtheil. FRO.tspERC kriegsb. 1, 69* ; dasz er nicht weisz wessen
er sich entschlieszen solle. 1, 72; fahe ich an mich so zu
beunruhigen, das mir nicht wissende, wessen ich mich ent- •
schlüszen sol. Bdtschky kanzl. 92; geschwind entschleuszt
sie sich einer sache, verändert aber augenblicklich ihre mei-
nung. 561; wessen sollen wir sich entschluszen? 861; ich
habe mich eines bessern entscblossen.
607 ENTSCHLIESZEN — ENTSCHLOSSEN
ENTSCHLOSSENHEIT — ENTSCHLÜPFEN 608
b) mit praepositionen: ich kann mich nicht zu dieser hnnd-
liiDg, zu diesem schritt entschlieszen ; es wird nieinund in
zweirel stehen, sich über die frage zu entschlieszen. Kant
2,158;
lieber möcht ich als je mich beute zur heirat entschlieszen.
GoTtiK 4ü, 24».
c) auffallend mit acc. : was, Lisette, das hütte sich deine
frau entschlossen? Lessi.sg 2, 368. man denkt sich leiclil
'zu thun' ausgelassen, vie es in der folgenden ßigung stellt.
d) mit abhängigem vertium: indessen hatte Justinianus sich
entschlieszen müssen , Beiisarium wieder nach Italien zu
schicken. M&scou 2, tl4 ; entschlosz sich der pabst selbst
arbeiter in diese ernte zu senden. 2, 221 ; entschlosz sich der
pabst ihn selbst zu besuchen. 2, 307 ; bald darauf entschlosz
er sich die rcgierung seinem söhn zu überlassen. 2, 312.
diese ausdrucksweise herscht heule *allijcmein :
und nun eniscblieszi er sich der hehlen zahl zu mehren.
WlKLAND ;
geschwind eotschliesz dich, was nunmehr zu ihun.
Lkssi.nc 2, 334 ;
wer
sich knall und Tnll ihm selbst zu leben nicht
enischlieszen kann, der lebet andrer sklav
auf immer. 2, 2ö!);
als ich endlich
mich kühn entschlosz dich grenzenlos zu lieben.
Schiller 24.V.
7| es versteht sich, dasz auch für die bedeutung 1 ein
reflexivum stalt/inden kann: die blume entscblicszt (erschlieszl)
sich ;
bis sich der Ibaten rrucht enischleuszt. Voss 5, 159;
schau die wunden sich enischlieszen. Spke trulzn, 228;
Ton der kellen, diu dd ist, entsleujt sich der dunst wider
in wajzer, als wir sehen an dem dunst, der von dem wal-
lenden hafen gcH ob dem feur, wenn der dunst die kalten
eisneinne hafendecken rüert, so entsleujt er sich in wag^ers
tropfen. Megenberg 81,8 — 12; so nu diu kellen vast arbail
in da; wölken, so enlsleujl es sich in wajjer. 81, 27 ; der
schaur haijl in anderr döutsch der hagel und kümt da von,
da; der wäzgrig dunst sich entsleujt in regentropfen. 86, 7 ;
in velchen sielten entschlieszen den sinn unsers heutigen auf-
lösen, lertheilen hat. s. entschlossen.
ENTSCHLIESZICHT, expedilus, entschlossen. Stieler 1846.
EMSCHLIESZLICH, conslans, entschlossen: unser ent-
scblieszlicher wille. Simpl. K. 91.
ENTSCHLIESZUNG, f. was entschlusz. fehlerhaft enl-
schlüszung.
1) nach entschlieszen 1, die üfnung: nach entschlieszung
der kammer.
2) nach entschlieszen 5, beschlusz, decretum, statutum: die
clerisei war mit Henrici entschlieszung nicht eben am besten
zufrieden. Hahn 2,34; nun, mein herr, werden die entscblü-
szungen ihrer frau tochter bald mit unsern absiebten har-
monieren? Lessinc 2,441; wenn dies die weiseste entschlie-
szung war, die er in seinen umständen nehmen konnte.
Wieland 6, 81 ; er faszle keine entschlieszung, die ich ihm
nicht eingegeben halte. 25, 60; was dringt dich zu dieser
entschlieszung? Göthe ...; ob es gleich für einen Philoso-
phen eine betrübte entschlieszung ist. Kant 8, 351; entschlie-
szungen gottes. Kichte krit. der offenb. 178 ; wie denn eben
auf diese entschlieszung unsere ganze philosopliie aufgebaut
ist. Sittenlehre 19; nichts wurde gespart, diesen könig zur
entschlieszung zu bringen. Schiller 921'. etwas anders ist
endschlieszung, schlusz eines brieft, $. die 2, 1124 unter dienst-
erhietung angezogne stelle.
ENTSCiiLiNGEN, tolvere, aus der schlinge lösen:
den knoleo zu enmchlingen,
liszt ba* deo goU aus einer wölke springen. Wikland 31, 116;
Verworrenheit entacblingen. Gottrr 1, 388.
EMSCHLIPFEN, ». entschlüpfen.
ENTSCHLOSSEN, conslans, firmut, zum adj. gewordnet
pttTlicipium von entschlieszen 5. 7: ich hin entschlossen, fest;
sie war eine entschlossene (resolute) frau; mit einem ent-
tcblossenen menschen ist etwas auszurichten ; wenn Homer
iit Trojaner mit wildem geschrei, die (iriechen hingegen in
enlschioszner stille zur srhlachl fUhrcl, so merken die aus-
ieger »ehr «ol an, dasz der dichter hicrdiirrh jene als hör-
baren, dieae als gesittete viilker sclnliirrn wollen. Lkh^inc.
•, >78; diese arbeit ist schwer und fordert einen enlsrhl"--
srneo leter. Kant ^•, lb7 ; der eotschloisensle »treitgenoste de*
hr. Eberhard werde über der arbeit ermüden. 3, 352 ; er ist
schnell entschlossen, entschlieszt sich schnell, ist schnell im
entschlusz;
möge mein llerman doch auch an die«era tage, herr pfarrer,
mit der braut, entschlossen, vor euch, um alture, sich stellen.
GöTiiR 40,243;
entschlossen siehst du ihn, festen muihs
hiiiiib zu cehen mit freiem schrille
zu des ludes traurigen ihoren. Schiller 514*;
entschliesz dich, willst du mit cnisohloszner that
zuvor ihm kommen? willst du ferner zögernd
das au.szerste erwaricn? 341".
ENTSCHLOSSENHEIT, /". animi praesenlia, geislesgegen-
wart: er kam zu keinem entschlusz, geschweige zur ent-
schlossenheit; ein mann von entschlosscnheit;
da galt geschwindsein und ontschlossenheii. Schillkb 548';
entschlosseiiheit ist nöihig und die behendeste. Göthe 41,200.
ENTSCHLUMMEN, obdormire, sopiri, wie dem schlummern
ein schiummen, ahd. slumun vorausgieng :
tocba slnf, slumö !
ein Breslauer vocab. bietet dar entslummit, consopitus; er aber
entschluininet, ward aiumecbtig und starb, richter 4, 21, was
spätere ausgaben in entschlummerte wandeln; wie ich so sitz
{beim vogelgesaiig), entschUim ich bald, spruch des 16 jh. in
Adrians mitlh. aus hss. s. 403.
ENTSCHLUMMERN, obdormiscere, einschlummern, nnl. ont-
sluimeren, frequenlative form.
1) entschlafen: das kind entschlummert;
unter gesnng an ihrer brüst entschlummert
werd ich träumen. Höltt;
dann hört auch wol sein h.ilh entschlummert ulir,
wie engelstimmea sanft zu ihm liiniiberhallen. Wiblano.
2) sterben, zum tod entschlummern:
und kein greis entsohliimmre,
der nicht noch einmal dank, wenn er entschlummert,
gott aus des herzens innerstem stammle. Ki.opstock 1,154.
seltsam ist folgende stelle: einige deiner nachkommen werden
entschlummern, einige sterben, aber du sollst des todes
sterben. 8, 22, leichten und schweren tod bezeichnend.
3) entscblummern auf den wind, auf die pflanzenweit an-
gewandt :
der muntre wind entschlummert hier. Uz;
des mondes sirahl webt wie ein goidner träum
auf der entschlummerten nutur. Kokneh 2, 291 ;
er watet durch nasse, entschlummerte Ouren. J. P. Hesp. 2, 103;
entschlummerte blumen. uns. löge 3, 109.
4) transitiv sopire, schlafen machen:
wen hält ich sonst, wenn iiberlunge nachte
entschlummern mich? Bühckr.
5) privatives entschlummern für erwachen findet sich nur
bei dem Dänen Baggesen, der nicht recht deutseh konnte:
ach entschlunimro! wach auf.'
wir sagen ebensowenig entschlafen in solchem sinn, freilieh
hat auch Stieler 1806 entschlummern für indormieitlem excitare.
ENTSCHLÜPFEN, elabi, excidere, ahd. intslupfan (Grakf
6, 806), mhd. entslüpfen, sieh berührend mit entsliefen und
enlschleifen, entgleiten, wie die einfachen sliofän uifrf slifan
einander begegnen, weshalb es schwer hält im einzelnen der
einen oder andern lesart den vorzitg zu geben, wo nicht reimt
entscheiden. Stieler 1857 schreibt entschlipfen, 1810 ent-
schlüpfen.
mhd. wand im der vu» entsllpHe,
da; «r n.Mien vol nipfie
in die hurnden vlut (brennende flut). past. K. 239,41.
nhd. so mag im leicht ein fuosz enischhipfcii.
^ifittri. 34H, 14; T.'.t. Ih :
konik, der Markolf ist uns eiitslupfl,
aus unser p.-inden ganz gehupll. 539, '> .
luog, das dir nit cnischlipf dm fuosz. liuj. Joh. IIS;
und geb euch allein den befehl die gelegene zeit nicht lassen
zu entschlupfen und für über zu geben Amadis 21; aber
Galaor war im aufsilzen dermaszen gedrengl, dasz ihm der
zäum aus der band entschlüpft. 131;
die kurzen sommurnArlite enitchltipfen leicht. Wirland;
tonend cnt^chlupflo
mir die laute, d.i ii h drotieml die prle«ii<rin
und mit lliegendein baure sah. Klopktuci 1, 110;
und sie entscblitpfie dem arm, und brach ein un«rhpinb.ires
hliimi hen
seitwlrls, stand in sedankcn und srhjui e* .in wio bewundernd.
Um« 1,163;
609 ENTSCHLÜPFERN — ENTSCHNELLEN
der siTx hat iliQ gebannt,
eotschlüpfea (larf er nimmermehr. Scuiller 15';
ich sah so frei und wonnereich
die tage mir entschlüpfen. Bürger G';
wie mir, seit ich dich gefunden,
Lina, meine zeit entschlüpft. Gotter 1, 164;
nein der geliebte nam entschlüpfe nie der lippe. 1,391;
lasz sie sieb wenden wie äle in der reuse, sie sollen uns
nicht entschlüpfen. Göthe 8, 126.
EiNTSCHLÜPFERN, frequentativ von entschlüpfen : das wirst
du wol innen werden an deinem leisten end, so du wirst
ston vor dem strengen richter got dem herren, dem du nit
entschlüpferen magst. Keisersberg has im ff. cd'. Stieler
1857 hat Schlüpfern, schiipfern.
ENTSCHLUSZ, m. consilium, decrelum: freiwilliger, schnel-
ler, plötzlicher, fester entschlusz ; einen entschlusz fassen ;
bei seinem entschlusz bleiben, beharren ; von seinem ent-
schlusz ablassen; sobald Agathon seinen entschlusz genommen
hatte. Wielaxd 3, 121 ; er kann zu keinem entschlusz kommen ;
ein herz des entsehlusses. Klopstock l/e^stus 4, 24U;
sie sehn,
die ich zu sehn so wenig lüstern war.
sie sehn, und der entschlusz, sie wieder aus
den äugen nie zu lassen — was entschlusz ?
entschlusz ist vorsalz, that. Lessi.ng 2, 284;
aber herr Klotz hatte bereits seinen entschlusz genommen. S, 39 ;
ich stand, und sab das junge, stolze blut
in seine wangen steigen, seinen busen
von fürstlichen entschlüssen wallen. Schiller 213';
wie? da noch alles lag in weiter ferne . . .
da haltest du entschlusz und mu(h. 36ö';
zerreisze sie mit männlichem entschlusz I 534'.
etwas anders ist endschlusz sp. 466.
ENTSCHLÜSZGEWOHM, entschlossen :
mit scharfen und enischluszgewohnten zügen,
wie sie der raubschütz hat, dem tode irutzend.
Lenau neuere ged. 12.
ENTSCHLUSZLOS, unentschlossen: kalte, enlschluszlose
rechtschaffenheit. Dynnasore 1, 160.
EMSCHMECKEN, desipere, stalte facere. voc. theul. 1482
g5*. vql. abgeschmackt.
ENTSCH.MEICHEL.N, blanditiis elicere, durch sclmeicheln
entlocken, abschmeicheln, nnl. ontsmeeken:
auf, niaienlüftchen, aus den blumenbeeten !
wo deine küsse Florens tochter röihen,
wo du so liebeiraulirh allen heuchelst,
und dufi enischmeichelst. fiüiiGER4';
Schleicher listig entschmeicheln sie ihm,
rauber kühnlich enireiszen sie ihm. Göthe 41, 223.
sich entschmeicheln, blanditiis se subducere:
enischmeichelt euch dem nahen rächen {des löiven),
macht ihn zum nachbarlichen freund. Hagedorn 2, 129;
arme
junge frau, ob nicht den gemahl dein falsches
lulichen enischraeichje. Voss Horaz od. 2,8,24,
tua ne retardet
aura maritos.
ENTSCHMELZEN, eliquescere :
diimpfiosend umschriumen gewässer mich nur,
die hoch an schwarzen geholzen
dem gletscher enischmelzen. Mattuisso!« 172.
ENTSCHMERZEN, dolore liberare:
w.in aber seine wei~e worl,
der freundlitlikeii uinl gnaden port,
die herzen eatschmerzen. Whceiierlin 511 ;
der andacbi.svolle ton entschmerzet meine schmerzen,
WiEDKBAM mai 39.
ENTSCHMIEDEN, compedibus liberare:
mein arm war iii( hl erminJei
von fes^eln, der man mich nur kurz zuvor enischiniedet.
Haugwitz Suliman 4, 37.
ENTSCn MÜCKEN, ornatu privare, verunzieren.
ENTSCH.N.\LLEN, di/fibulare, losschnallen, abschnallen:
den heim enischnallen. Wkiamd 22, 16;
es (cbiän das schwen enuchnallt des kriegers hüften.
Ri}cteHT 'Mi;
den »aiii-l und den nassen zäum
enisrhnalji er seinem pferde. Lrnau neuere ged. 60.
ENTSCHNAI'PEN, entwischen, entfahren, nnl. ontsnappen.
s. ent<chiiitpen.
ENTSCH.NELLEN, losschnellen, l) inlransiliv, repente revelli :
der pfeil enischnellt dem bogen.
2) <rurisi/iti, repente remitiere, den pfeil entschneüen.
Hl.
ENTSCHNICKEN— ENTSCHULDIGE 610
ENTSCHNICKEN, ungefähr was das vorige entschnellen,
in die höhe werfen, findet sich nur in folgendem Wiegenlied:
steinchen, die bunten, ein lustiges spiel!
was man auch würfe und wie- es auch fiel,
kindischen händchen enischnickt sich so fein
knöchlein und bobnen und edelgestein. Göthe 4, 140.
vgl. schnicken.
ENTSCHNÜREN, solvere nodos, exlricare, rclaxare, auf-
schnüren, losschnüren. Stieler 1908. das mieder entschnü-
ren ; eine ohnmächtige entschnüren, bildlich, aus der fassung
bringen ? wie entrüsten, entrichten :
0, wie neulich gar abscheulich
Üaphnis (das reh) ist gebenket auf!
' sehr michs rühret und enischnüret,
schier in zäbren ich ersauf. Spee 300 (272).
ENTSCHÖNEN, pulckritudinem corrumpere, verderben, ent-
stellen.
ENTSCHÖPFEN, 1) in der älteren spräche deformare, ver-
unstalten, wie schöpfen formare, bilden, gestalten. Dasypodids
78'; entschöpft deformalus, ungeschaffen. Diefenbach 170* ;
entSchöpfen, formam alicui auferre. Frisiüs 140', Maaler 105*
gleichbedeutend mit entgesten; ir Stirn was zimlicher breiti
mit keiner runzei enlschopft. W\le transl. (Lucretia) ; caninam
convulsionem, welcher affect nicht allein den mund aus seiner
form zeucht, krümbt und ungeschickt macht, sunder auch
die nasen, äugen und fast das ganze halbe theil des ange-
sichts entschöpft. Tburneisser infl. wirk. 147.
2) in der jüngeren, heutigen spräche exhaurire, exantlare,
wie sich schaffen und schöpfen in beiden bedeulungen creare,
formare und haurire begegnen:
wollen wir diesem grenzlosen meece
einige tropfen entschopfen. Messias 9, tli;
sie sahn, er entscböprte
Wasser zum trinken der mundung des quells. 14,740;
du enischöpfest dem quell liebliches rosenlicht. Höltt;
als sie nunmehr dem sprudel entschöpfeie thaue gesprengei
auf die gewand und das haupt. Voss Ovid n*4, 112;
wir haben es selbst dem brunnen entschöpft, das klare un-
gefälschte wasser. Tieck ges. nov. 2, 189 ; mit flacher schale
der Oberfläche etwas für dich zu entschopfen. Stolberg 6,358.
ENTSCKüPLEN, exinanire, exspoliare, ein gutes schwei-
zerisches wort bei Frisics 509', Maaler 105*, zu leiten von
schöple, exomis, leibrock ohne ermel. Frisids 510', Maaler
360*, bei Stalder 1, 320 geschrieben Ischöpli, diminutiv von
tschope, Jacke, it. giubba, giubbone, fr. jupe, jupon. ent-
schöplen gleicht also dem lat. spoliare von spolium, exuviae,
oder dem franz. derober, oter la robe, vgl. entgasten.
ENTSCHOSZEN, surculare, enlsprieszen. Stieler 1769.
ENTSCHKÄNKEN, extra cancellos egredi. Stieler 1913.
ENTSCHHEIEN, cum clamore emilti:
tunken will ich meinen kiel in galle,
meinem ohr enischreie dissonanz. Kosbgartrx.
ENTSCHREITEN, progredi.
ENTSCHRÖPFEN, sanguinem detrahere, durch schröpfen blut
entziehen.
ENTSCHRCMPELN, erugare, entrunzeln. Stieler 1936.
ENTSCHÜCHTERN, timiditate absolvere: die junge, gute
nach und nach entschüchteite frau. Göthe 3ü, 7.
EiNTSCHL'HEN, excalceare, discalceare, nihd. entschuohen,
nnl. ontschoeijen : item wenn ein gotshusman ein fri wib
genimpt und zu im an das bett getrittet und sich entschtlchet,
so hat si ir friheit verlorn, weislh. 3, 740; die gefangenen
führte man entschuhet auf das ralhhaus. Lücä denkwindigk.
1Ü66. die ältere spräche forderte den dal. der person:
Eraclius hei im enischuoht. Eract. 1535.
ENTSCHULDBAR, excusabilis.
ENTSCHILDEN, II excusare, von schuld freisprechen, vgl.
schulden, ahd. scuidün :
der sich mit worien wil entschulden. Walois 4,98 6/. 348';
und du solst nach «n< nicht fragen,
wird es zu enischulden sein. .Sho.n Dach S 4'.
2) aere alieno liberare : sich entschulden, schuldenfrei ma-
chen ; seine guter entschulden.
ENTSCHULDIG, excusans : sie oder andere an ihre statt
zu entsciuildiger antwort zu kommen. REurrEB kriegsordn. 73.
ENTSCHULDIGE, f excusatio : dasz er an diesem ort, platz
oder thal eilends on alle entschuldige erscheine. Fromsperc
kriegsb. 3, 141*.
39
611
ENTSCHULDIGEN
ENTSCHULDIGEN, excusare, von schuld freisprechen, oß
geschrieben entschuldigen, wie schuldig für schuldig. Fbisius
49S' hat entscliuidigen, nnl. ontschuldigen.
1) einen orfer etwas entschuldigen : und wirst nicht ent-
schuldiget sein. Keisebsderc s. d. m. 20'; so wer diser ent-
schuldiget. 32'; doch sind sie damit nicht entschuldiget, wcish.
Sal. 13, 8 ; da trat Lysias öffentlich auf und entschuldigt den
könig. i Macc. J3, 26; ich bitte dich, entschuldige mich. Luc.
14, 18 ; nu aber können sie nichts furwenden ire sünde zu
entschuldigen. Joh. 15, 22 ; item wie er sein bosheit mit an-
dern flickt und entschuldiget Frank «c//<;. 38'; die natur der
anklag zu entschuldigen. Uffenbacii rosbuch S ; das gefiel mir
zu der selben zeit übel, dasz du {Luther) das gottlos und
toll wittenbergisch leben also entschuldigest und sagest, 'wir
künnen ja nit engel sein'. Icrelsamer dag ellichcr brüder
a4'; entschuldigen und weisz brennen. Kalziporus \1*; zum
andern mücht ich gegen dem keiser, wo ich dermaszcn von
euch ritt, nit entschuldigt werden. Aimon pl'; im widrigen
fall wollen sie an so viel blutvergieszen, welches gewisse er-
folgen würde, entschuldigt sein. Olearics bcschr. or. inseln
1696 i. 151; viele gründe entschuldigen ihn;
doch diesen zwang entschuldif!:t
nur eines driiieD gegenwari. Schiller ...;
es kann dich nichts entschuldigen ; es ist nicht zu entschul-
digen, heule wird 'entschuldigen sie!' excusez, wie verzeihen
sie! pardonnez, erlauben sie! peimellez, als blosze, nichts-
sagende höflichkeil in die rede eingeschaltet.
2) nach dem biblischen habe me excusatum! golh. hahai
mik faurqi{)anana! sagen wir habe, halt mich (für) entschul-
digt! lieber, halt mich als entschuldiget, excusatum habeas
me. Maaler105'; ich bitt euch fleiszig, mich entschuldigt zu
haben, denn ich gedrungen von euch zu scheiden. Amadis
120; ich halte ihn für entschuldigt. Weise kl. leute 209;
welcher weise soll ich es enden? o habt mich entschuldigt!
GöTHE 40, 33.
3) sich entschuldigen : wer sich selbs mit werten entschul-
diget trunken zu sein, der schuldiget sich seiner trunkenheit.
VVyle transl. (haush.); sie entschuldigten sich als ir hören
werden. Keisersberg s. d. m. 12"; das sie denn anfahen sich
entschuldigen mit lügin. 16'; darumb, o mensch, kanstu dich
nicht entschuldigen, wer du bist, der da richtet. Rom. 2, l ;
dazu auch die gedanken, die sich unternander verklagen oder
entschuldigen. 2, 15; als sie {Eva) gott fraget, warumb sie
sein gebot übersehen, entschuldigt sie sich und sprach, die
schlang hett es geursachet. buch der liebe 292,3; dann zur
selbigen zeit war ein unübertrettenlich gesatz, dasz jede fraw
oder jungfraw, so dergleichen übel tliet und begieng, sich vor
dem tod nicht entschuldigen noch freien möcht. Amadis 26.
'sich entschuldigen lassen' meint heute gewöhnlich: wegen aus-
bleibens, nicht erscheinens.
4) ace. der person und gen. der sache: damit wir uns sol-
cher aufruhr entschuldigen möchten, aposlelg. 19, 40 ; ihren
berrn der beschehenen aufläge zu entschuldigen. Melanciithon
3,1049; Carlstads büchlin, darin er sich des aufruhrs ent-
schuldiget. LurnER 3, lOs'; der siebent vers antwortet und
entschuldiget sich der falschen anklage, br. 2,482; wie sich
eine fraw in ihrem todhelle der bulschaft entschuldiget, buch
d. t. 200,4; diese ding entschuldigen sie der that. 233,3;
dasz ich mich meines Versprechens entschuldigen und darvon
abziehen wolle. Amadis 288 ; haben nichts weiter gehabt, sich
der that zu entschuldigen. Forer fischh. 95'; einer entschul-
diget sich des ungleichen Verdachts. Bltscmky ia«:/. «3 ; wie-
wol die nothwendigkeit sonderbarer ainlsgeschiifle mich deren
aus meines heirn schreiben ablesend gefaszlen anklage ge-
nugsam entschuldiget. 58 ; und ist doch keine sache vorhan-
den, damit wir uns solcher aufruhr entschuldigen möchten.
Clacdius 6, 4. die letzte stelle folgt aber dem biblischen aus-
druck, denn heule gebrauciten wir stall des gen. die praep.
»OD, über, wegen, von begegnet schon früher: hiervon zu
entschuldigen sein. Rctsciiky kanzl. iß; im übrigen hat es
nur an der zeit ermangelt, so mich von dem ungleiclien ver-
dacht hoffentlich entschuldigen wird. 6S; hiervon sol mich
meine arbeit entschuldigen. 137.
6) durch, mit etwas entschuldigen : sie wurden zu rat, dasz
•ie wollen sich den morcn ergeben, auch mit dem eid sich
eolscbüMigen, dasz sie umb die flucht der person kein Wis-
sens trügen, buch der liebe 220, 2 ; er entschuldigt sich durch
ENTSGIIULÜIGER — ENTSCIIÜTTEN 612
die umstände, mit den umstünden ; den begangnen fehler
mit seiner Jugend.
ENTSCnULDIGER, m. deprecator. Maaler 105*.^
ENTSCHULDIGUNG, f. ercusalio : also der schulkhaflig
mensch, wenn der gebosset hat, da sihest du das werk und
erwischest in daran, und wenn du in gefangen hast, so ver-
birgt er es, macht so vil enlschuldigung und wicklet es also
in, das du nichts mer kanst reden. Keisersiierc s.d.m. 13';
es ist so du dich entschuldigest, du habest das und das nit
gethon, so du es wissiglichen gethon hast und sich also er-
funden, hat, und du dann anfahest die enlschuldigung ent-
schuldigen und wölbest ein sünd über die ander und ein
lügin über die ander. 14'; David nennet disc enlschuldigung
bosheit. herr, spricht er, ich bitt dich, du wollest nit mein
herz neigen in die wort der bosheit zu entschuldigen die ent-
schuldigungen in den Sünden, daselbst; dise beschirmung und
enlschuldigung ist gewesen in unserni altvater Adam und
Eva, und in allen Sünden finden wir enlschuldigung und lonl
nit einen tropfen wasscrs uf uns. 12*; also das sie keine
enlschuldigung haben {vulg. ita ut sint inexcusabiles). Rom.
1, 20 ; also bleibet die sünde auf einem jegelichen menschen
stehen, der sie geihan hat und hillt keine enlschuldigung
gegen goll. buch d. l. 292,3; in der Carolina ist enlschul-
digung immer scliuldlossprechung, art. 216 auch excusatio : so
aber ein solcher überfarer beslimpter geldpeen nit vermocht,
der soll im kerker als lang gestraft werden, bisz er dem
verletzten nollürftig enlschuldigung thuct, dasz er ine an
seinen ehren damit nit woll geschmecht haben; anstatt die
zeit mit enlschuldigung zu verzehren. Amadis 362; muste,
nach jedermanns enlschuldigung, allein der gut Schneider be-
kennen. Kirchhof wcndunm. 231'; weswegen ich dich bitte,
du wollest dich daran nicht stoszen oder mich zur enlschul-
digung anziehen. Nelmarks lustwdldchen vorrede; es dient
vielleicht zu seiner enlschuldigung; er ist unerschöpflich an
kahlen entschuldigiingen ; macht leere entschuldigungen ; gieng
mit ihm zum abendessen nach hause, wo er selbst seine
entschuldigung machte. Schiller 1084";
ergriff er das wort, so flosz die zierliche rede
seiner enlschuldigung her, als w;ir es Inuiere wahrlieii.
GöTHB 40, 62;
'enlschuldigung!' ist wiederum ein bloszes wort der höflichkeil
bei geringen versehen, bitt um enlschuldigung. mit enlschul-
digung, excusale. Maai.er 106'.
ENTSCHULDIGUNGSBRIEF, m. lilerae excusaloriae.
ENTSCHULDIGUNGSGRUND, m.
ENTSCHULDIGUNGSSCHWAMM, m. einen verdrusz mit
einem enlschuldigungsschwamm abwischen. Brandts berichl
von Taubmann s. 39.
ENTSCHULDIGUNGSURSACHE, f. Werer Verbindlichkeit
zur heweisfülirung. 1805 s. 182.
ENTSCHULDIGUNGSVVEISE, excusatorie: so aber ein
Weibsbild ein lebendig glidmeszig kindlein, das nachmals todt
erfunden, heimlich gehorn und verborgen hett, und so die-
selbig erkundigte mutter deshalb bespracht würd. entschul-
digungsweis fflrgeben {sollte), wie das kindlein on ir schuld
todt von ir geborn sein soll. Carolina art. 131.
ENTSCHUPFEN, desquamare piscem, ijewöbnlich blosz
schuppen.
ENTSCHÜRFEN, effoderc venas metallicas.
ENTSCHÜRZEN, enodare, nodum solverc, aufschürzen:
und niii dem wort entsohurne
der bruder sein gewand. Wiki.and 18,87;
und sie enischOrzt mit der band die schlieszenden knoten.
Voss.
ENTSCHÜTTELN, exeutere, decutere, abschütteln, losschht-
teln: den staub enlschütteln; birnen dem bäum enischütteln;
du tMitsrhuiicle
den schweren staub. Hrrdkn4, 75;
enlschiiitehi
die rrihrcr den taiunelndeii wngon. Wiblamd 16,130;
wir mo);en uns der sorg rntschüticln,
woltTii lins sorge wnpi zu nahn!
geflickten und RONtickien kiiicln
ist sorg als Vorrecht ziigeihan. Vos* 5, 197.
ENTSCHÜTTEN, exeutere, ein vormals sehr gangbares, heute
seltnes wort.
1) wasscr der flasche entschütlen, ausschütten, autgiessen,
cffundcre; thiünen entschütlen:
Inszi da« oille thrAnenflie«ien,
entschült sie mehr vor goii, d(<r riilili der »Ander ihr^nnn,
IIalowitz Maria Stuarda 5, .157
613
ENTSCHÜTTEN
ENTSCHÜTTEN
614
2) den staub von den füszen entschütten, losschütteln, ab-
scIiüUeln. im geyensats zu verschütten: ich finde hier das
entgegengesetzte ende des verschütteten ganges, dessen ent-
gegengesetzten ich im alterthum entdeckt habe und im drit-
ten band zu entschütten (erlauben sie das wort?) anfangen
werde. Niebdhr leben 2, 100.
3) einen verfolgten, gefangnen, belagerten entschütten, verthei-
diqen, ihm aus der nolh helfen, ihn lösen, etilselzen, entledigen :
und «er auch, das in jemand wolte nemmen oder entschüt-
ten obwendig dem markstein zu INufar. weisth. 1, 655 ; wann
auch ausmärker in der mark betretten oder dasz der oberst
waldbot oder die seinen darum angerufen werden, so sollen
sie die niürker entschütten und helfen schonen. 3,491; darauf
ruefen wir e. kais. nit. mit aller undertenigkeit an, e. mt.
well ir die sachen zu herzen gen lassen und sich eilends
iren landen nähern, die aucii mit gelt und volk entschütten.
Chmel urk. Maximilians s. 301 (a. 1508) ;
damit sie wisten ein herren,
der si schirmet und entschüttet. Teuerdank 1, 63;
mit der rott begegneten sie Camilio, als sie auf dem weg
was, sie zu entschütten. Livius, Schöfferlin 59*; der schalt
euers namens mag uns und euch vor alier gewalt und un-
recht wol beschirmen und entschütten. 69'; liesz er (Han-
vibal) sich begnügen, das er Capua gerctt und entschütt hett.
139'; etlith einspännige reisigen gegen uns flohen, ich auch
selbs samt Hansen Hunden den marggräiischen reiterhaubt-
mann hab helfen entschütten, welche sonst ohne zweifei nie-
dergelegen waren. Götz von Bebl. lebensbeschr. 55; als noch
etlich thund, die sich wie ein pferd von dem sporn des
evangelii nit mögend noch döiiend entschütten. ZwisgliI, 2;
graf Mangold zoch wider herzog Ernsten, die vesti Falken-
slein zu entschütten. Tschldi 1, 12 ; und du weist wol was
ich gethan hab, und das ich sölchs mein leben zu retten
und zu entschütten tliet. Aimon eo'; wir haben mit disen
Sachen nichts zu schaffen, sonder werden auf das baldest
uns müglich, unser leib und leben zu entschütten, darvon
rennen, n 2' ; und wer der constabel auch umbkommen, wa
ihn Hugo nit entschütt. Hugschapler 23 ; wer wolt uns doch
von dem gewalt euwers bruders entschütten? buch d. l. 256, 1;
steuwer und hülfe thun, dasz das türkische volk aus dem
lande geschlagen würde und dasz also sein bruder darmit
entschüttet würde. 270, 2 ; und als er in fahen wolt, warf er
in under sich, und trückt im den köpf in ain maur sich zu
entschütten. Bbaünschweig chirurgia 22 ; das sie witwen und
weisen vor gew;ilt entschütlen. Fbank i4'e//6. 45'; welche dann
auch darumb auf oberklerten häufen zu entschütten oder er-
halten bestellt und verordnet worden. fRONSPEBC kriegsb.
1, 4S' ; darmit in allweg vor dem feind dest füglicher gestrit-
ten und entschütt müg werden. 1,166'; betrüben das wasser
binden in, damit sie sich vor dem hecht entschütten mögen.
FoBER 166'; so bin ich demnach ganz gutwillig und vorbe-
reit, e. 1. mit allem meinem gut, land und leuten, geld und
schätz hülflich zu erscheinen und dieselb meines besten ver-
niügens zu entschütten. Amadis 53; also bald sähe der mit
dem löwen andere ritter zu dem schlosz herausspringen Vor-
habens iren herrn zu entschütten. 116; ich bitt gott den
allmechtigen, dasz er euch entschütte und helfe. 355; ich
bitt euch, laszt uns in entschütten und nicht also unredlich
erschlagen werden. 368 ; das zu besorgen was, das schlosz
und die claus nicht erhalten noch entschütt werden möchte.
ScHEBTLiNS briefe 184; oder zum wenigsten die knecht, so
noch an der clausen gelegen, zu entschütten, damit sie onge-
schedigt an uns komen mechten. 187;
da sie sich nicht entschütlen kan
mii irem notschrein oder gelfea. H. Sachs IV. 2, 60';
derhalben vorgeliebter söhn, mein ernstlich vätterlich begeren
undermanen an dich ist, auf das ehest, so dir immer möglich,
.... dich hiehcr zu fördern, nicht allein uns sondern auch
die deinige zu entschütten. Garg.no'; sobald solches Gur-
gellantua wargenommen, entschüttet er sie mit aller seiner
macht. 265'; zuletil bei Booner:
jetzt rief er den herold,
Tboos, 80 sprach er, lauf und beisz die beiden Ajazcn
uns zu entsctiutten kommen, o möchteo sie kommeo.sie beide!
Homers werke I, 195.
4) sächliches entlasten, frei machen: solch verkauft gut in-
nerhalb vierzehen tagen zu entschütlen. Frankf. reform. 1,46,4;
zu entschütten und zu lösen. 1,46,5; entschütten und wider-
umb an sich bringen. 1, 46, 11.
5) sich entschütten, los, frei machen,
a) mit gen. der sache: es ist ein eer einem menschen,
das er sich abscheidet und entschüttet von hadern. Keisers-
BERG s. d. m. 42' ; es ist ein weibisch ding hadern, zanken,
hederlisman seind gemeinlich unvolkumne menschen, neiriscli
menschen die hadern gern, und wie es ein fein dapferlich
ding ist, so sich ein mensch des haders entschüttet, also ist
ein ring, schmelich, hündisch, üppig ding immermeder hadern.
daselbst; Zacheus entschüttet sich des überflusz, keret wider
[restiluit) vierfaltiglich und gab den armen, pred. 145*; das
sie sich möchten der haiden und getauften Juden deslerbas
erwern und entschütten. Recchlix augensp. 3'; ir müsset der
sach schuldig sein, oder euch mit einem ritterlichen kämpf
darvon entschütten. Galmy 273 ; aus welchem die teutsche
nation nicht einer geringen sorg ist entschüttet worden.
LiUTEBBECiiS Verdeutschung der oration Melanchlhons von herzog
Friderich 6/. 21; der keiser soll euch des nit entschütt oder
gehülfen haben. Aimon fi*; das er sich des feinds mit groszer
niderlag seins volks entschüttet. Frank chron. 2Il'; das der
Wandrer, der wärm sich zu entschütten, das mäntelin hinweg
warf. Fischart ehz. 14; meine postiU wird mit allerhand
censuren belegt werden, ich begehre mich deren nicht zu
entschütten. Otbo krankentr. vorr. l; ich habe mich der eitel-
keit der weit entschüttet, um der ruhe meines gemüthes zu
genieszen. Lohenst. Arm. 1,306; dasz fürst Adgandester nur
deshalben sich dieser ehre entschütten wolte. 1,970; sie selbst
entschüttete sich nicht allein aller würde. 1, 1138 ; zeit und
abwesenheit sind alleine das mittel sich dieses annehmlichen
irrlhums zu entschütten. 2, 1030 ; wann der teufel seines Un-
flats sich entschütten wil. Bütschky Palm. 443; sich der fal-
schen anklage entschütten, kanzl. 216; sich der sünde ent-
schütten. 217; Melanchthon, umb sich sein zu entschütten,
sagte, zeitvertreiber 557 ; als er nicht wüste, wie er sich seiner
mit glimpf entschütten soll. Zinkgr. apophth. 35, 5 ;
sich des undanklasters vor aller weit entschütten.
£iRKB.'< OL. 0. ;
dasz sie ihn hülfreich wolt der todsgefahr entschütten. 76 ;
und zwar es kann auch der, so vielen zu gebieten,
sich dieser schweren last am wenigsten entschütten.
Haugwitz Maria Stuarda 5, 201 ;
sich eines werkes entschütten, continere se a negotio. Stieler
1943 ; sich der leute entschütten, lurbam a se amoliri. der-
selbe; des verdachtes entschüttet werden. Weise überfl. ged.
2, 511 ; macht doch dieselben gotleslästerei namhaftig, damit
wir uns derselben entschütten können, freim. redner 137 ; mit
solchem aberglauben behaftet gewesen, nunmehr aber sich
dessen entschüttet habe. Leibnitz von der d. spr. §. 18 ; er
könnte sich zwar dieser verdrüszlichkeitea gänzlich entschüt-
ten. Leipz. avant. 2, 5 ;
in deinem nicht wie glas durchsichtgen herzen
entschütt ich mich auch der geheimsten sorgen.
Lance Thyrsis v. Dämon 37 ;
das ist nichts groszes, wenn ich nichts thue, als dasz ich
mich des Vermögens wol zu thun entschütte, das mir alle
augenblicke zuflieszt. Gellert 4, 20 ; niemand leugnet, dasz
diejenige gutthätigkeit, da ich mir selbst von erlaubten Ver-
gnügungen etwas entziehe, um einen elenden zu erquicken,
gröszer sei als die mildthätigkeit, da ich mich gleichsam nur
meines Überflusses entschütte. 5, 155 ; viele hundert thaler
würden kaum zureichend sein mich des anspruchs zu entschüt-
ten, welcher mir durch den Verlust meiner rechnungeu sehr
gefährlich wird. Rabener 3, 72 ; der söhn enlschüttete sich
mit vollen bänden desjenigen, was der vater unter sorgen
und kummer einzeln zusammengescharrt hatte. 2, 120 ; ich
nmsz mich meiner bclesenheit entschütten oder ich erlebe
den preis nicht, den ich von der akademie erwarte. 5, 32 ;
mein künftiges glück ist gewis, da ich mich ihrer {der ehren-
slellen) entschüttet habe. E. vo.n Kleist 1, 158 ; sich seines
ganzen krams, so gut er kann, zu entschütten. Hamann 5, 112;
entschUtte dich deiner trägheit ! Lavater /ra^m. 1, 12 ; gekocht
nennen wir eine krankheitsmaterie, wenn sie sich von den
gesunden saften, denen sie beigemischt war, schon so abge-
sondert bat, dasz der körper sich ihrer entschütten, oder wo
nicht völlig entschütten, sie doch nach auszenhin absetzen
kann. Engel Lorenz Stark s. 98; er entschüttete sich folgen-
der rede. Siegfr. von Lindenberg 2, 142.
b) einigemal auch mit den praep. aus und \oa: das er
aber enlbriint wirt, das er sich gar koume daraus {aus dett
39*
615 ENTSCIllTTER — ENTSCIIWÄRZEN
ENTSCHWEBEN— ENTSCIIWIMMEN 6 1 6
fleischlichen werken) cnlschütlen mag und sie abwerfen. Kei-
SERSDERG /tc//i$c/i(.'r /ütct' d 5* ; ir müsset der sach schuldig sein
oder euch mit einem ritterlichen kämpf darvon entschuttcn.
Galmy 273 ; stöszet dich eine widerwertigkeit an und kanst
dich davon mit Vernunft durch gute mittel nicht entschütten.
BuTSCHKY Palm. 24S.
c) mit dativ der sache:
dasz man in zarter juxend
sich seiner eliern joch'enischüilcn kann. Wikdkmas fobr. 30;
wenn eine dem gedränge sich cnischüitcn wil. 39;
enischüiie dich der pein und unniuili deines lierzens. 47,
was, ohne die andern stellen, auch gen. sein könnte; in der
folgenden aber ist ein dat. commodi:
lasz joizl mein freudig überscliwellend heri
sich dir entschüiien, bilf nieiii gluck mir tragen.
Uli LANDS i/cä. '226.
Es schien geboten, von einem jetzt fast verschollenen wort
reichliche, seinen ehemaligen haß bezeugende beispiele zu geben;
offenbar gieng die bedeulnng aus von einem sinnlichen schütten,
»IC sie auch in den letzten spuren des gebrauchs anhält, am
merkwürdigsten ist die dritte, wo sich aus dem sinn des be-
freiens und entsetzens der des helfens und beschirmcns ergibt,
welcher gerade auch in beschütten liegt, man musz entschüt-
ten und beschütten (1, 1598. 1599) zu einander halten.
ENTSCHCTTER, m. defensor:
mins Vaterland* ein cnischüiier. Ell. Heini Vorspiel 417.
ENTSCHÜTTÜNG, f. defensio, rettung, lösung : nun be-
gert die herzogin kein Sicherung ihres lehens, allein ent-
schüllung ihrer ehren. Galmy 2',0; und er von niemand keine
entschüttung noch hilf wiste zu iiaben, denn von ihm. buch
d. l. 270,2; und ich darzu von niemand trost und entschüt-
tung «arten bin. 271,1; die entsciiüttung der gerichtlich zu-
erkannten pfände, die widerlösung und entschüttung. Frankf.
refurm. 1,47,9. 46,12; auch hilf, reitung und enlscliüllung
dieser land und leut Garg. 210"; und solches zu catschüt-
tung und schütz meiner armen untetlhanen. 209".
ENTSCHÜTZEN. verderbt aus enlschülten, wie beschützen
1, 16ü0 aus besciiülten : dasz alle Teulschen sich mein an-
nehmen und mich gegen gewalt entschülzen. Ultten 5,218;
so bekenne ich, dasz mich Galmy in semer jiigcnd, che denn
er zwanzig jar auf im halt, von meinen feinden in einem
mächtigen streit mit seiner mannlichen band entschützet und
erlöset haL Galmy 154 = buch der liebe 54,4; und rennt
gegen im zu die frauw zu enischützen. Amadis 35.
ENTSCHWÄßEN, e Suevo alium facere, einen aus Schwollen
in ein anderes land versetzen, da man mhd. sagte weste-
välen (GA. 3, 75), zum Weslfal machen, musz auch ein ent-
wSstevalen gellen.
EMSCHWABUNG, f., wofür in folgender stelle entschwü-
bung: wünschte ich sehr, dasz sie meinen aufenlliait beim
nationalthealer in Mannheim auf einen gewissen termin fest-
setzten, nach dessen verflusz ich wieder meinem herzog ge-
hörte, so sieht es mehr einer reise, als einer völligen ent-
schwäbung (wenn ich das wort brauchen darfl gleich und fallt
auch so hart niciil auf. wenn icii nur einmal weg bin, wird
man froh sein, wenn ich selbst nicht mehr anmahne. SciititE«
an D'ilberg 4 jnni 1782 in Schillers br. an D. Carlsruhe 1830 s. C.
EMSCHVVÄNGEItN, gravidilate liberare, ingravidam reddere,
nnl. onlzwangcren : dasz sicij die jungfratiw ohn ir wissen
grosz und schwanger fände, de» sie beide ohne masz brlriibt
waren, mancherlei tlieten, ob sie wider die natur entschwän-
gern möchten, aber in keinen weg gesein mocht (perch' ella
molte arti osö per dovcre contro al corso della natura disgra-
vidare . nh mal le pot^ venir fallo). hocc. 1, 290* ; Calandrin
wunder von der köstlichen und bewehrlen arznei sagt, die
im meisler Simon in drei tagen geihan und ihn ohn alle
schmerzen eines kindes entschwüngert und unberhafi geinarht
lieiip (daverlo falto in Ire di senza pena aicuna spregnarc).
2. U.V. nnl. auch abstract für entledigen: onlzwanger u gemoed
van ziilk gedacht.
ENTSCIIWANZEN, il. »codare, fr. iVouer, die vorzüglich
vom stutzen, abstutzen der pferde gelten: du {pfau) bist ent-
ftchwenzt. Ci/rilliiM 60 ; den scliinden sie, den cntschwenzen
»if. F«»\K tyrirhw. 1, 136*.
ENTSCIIW AHMEN, vagando elabi :
denn e« rniirhw.irmi mir der gei«l In die nehjfkoii.
ENTSCIlWXHZEiN, eandefacere: möchte »ie bleichen und
cnlsrliwarzen. Tiici 19, 28S.
ENTSCHWEBEN, evagari, cvolare, avolare, nnl. onlzwevcn:
welcher engel enischwebl dem hangenden fcisen, oseraph!
Mesiias 11, 1533;
da enischwebl er den heiligen weinenden cbören. 12, 172;
sie entschwebten dem thale. 13, 1U03;
entschwebtest du dem seelengcliMe? Höltt 109, 1;
ihrer wei^hcil gölierwerke loben
die entschwebten {geKtuibneii) bis in ewigkeit. Bürgkr 92';
ginnzend von der n.nhern gotilieit strale
wandelte durch paradiesestlmle
wonne^chaucrnd mein entschwebter geist. Matthissom 189;
entschwebe, wie ein goldnir diift,
»i.'inii goiies {Lullicr) deiner stillen gruri! Voss 4,58;
unil eh der blick ihm roljjcn kann,
entschwebt es zu den blauen hohen. Schiller 99*;
stolz war n.itur. als ihrer schöpferhand
sie sähe dich, ihr mcisierwerk, entschweben. RBckirt304;
das kann ich nicht wiedergeben, es entschwebt wie der ton
der musik entschwebt. Bettine br. 2, 264.
ENTSCinVEFELN, liberare sulphure.
ENTSCHWEIFEN, evagari, effugere:
dem, der rosen prangen hiesz
und den iiio-t der Iraubc reifet,
dasz durch ihn der kiiiniiiernis
die bedrängte seel enischweifet,
immer, seele, oj)fr ihm dank.
stille freud und lu>igusang!
der Wandsbecker böte im Leipt. almanach
1779 s. 270;
des iraurcndcn gcdanken
eni.scliwcifen bang dem scbosz
der alpenweit und wanken
um lerner gnher moos. Matthiss05 109.
ENTSCnWELLEN, doppelsinnig,
1) desinere tumere, aupiören zu schwellen, delurgere, ahd.
intsucllan, detumescere, mhd. entswcllen : bis das die denn
warm werden und entschwellen und wider hinein geen. Bhacn-
sciiwEiG cliir. 73; wirt aber eim rind ein geschwulst oder
flusz an eim glid, das es diirvon hinkt, so soll man das glid
warmen mit öl, das mit süszem weine gesotten sei, darnach
soll man warm gerstenmeel darauf legen, und so das glid
wider nidcr gesilzt und enischwilt, soll mans wider hinweg
thun. Herrs feldbau 146'. auch Maaler 106' erklärt ent-
schwellen, wenn sich ein aufgeblaasen ding widerumb nider-
setzt.
2) tumere, anschwellen, aufschwellen, beginnen zu schwellen :
mhd. vind ich an Ijupolt liövesebcn Irö<t, so ist mir min muoi
eniswollen. Waltiier 32, 16;
nhd. ringsum an bnumen und gebiKch
entschwellen junge triebe. Voss 1,50;
suche nicht den siroin zu hemmen,
der so lang sein bell nur liillt,
bis er zornig vor den dämmen
zum veriilguiigsmeer entschwillt. Rürgrr45';
dem mutigen Ulysses, der die that
von fern gcselin', enischwoll das heldcnherz. 166';
m eiiein mauern siarb der Jugend reiz.
eh seine lulle noch der knosp eniscliwoll,
und auf der dulderinnen io<ltcnlvreuz
gosz liebe nie der zalire letzten toll. Matthisso?» 91 ;
jenes ilem scbosz Arapliiiiitens entschwellende ihTrsusgefildc
ladet vom staubenden pl'ad uns zur erquickenden taut,
2.S8;
viele Striemen mit stockendem blui enisrhwallen den selten
und den schultern. .Stolbkhcs lt. 23, 705 (716) /ür cntschwollen,
besser Voss:
aber häullge Striemen entlang an seilen und schultern,
roth von schwellendem blut, erhüben sich.
ENTSCHWEMMEN, fort, wegschwemmen:
der Rlrom cnischwcmnite die Icichcn.
ENTSCHWEBEN, pustulescere, anfangen tu schweren : so
der nagel aber entschwüre und eiler gehe (■■ gäbe). Wüm
practica 166. bei Kilian steht untzweren vom fallen und aicli
setzen, schwinden des geschwürs.
ENTSCHWIMMEN, natanteni se amovere, undis ovehi, fort,
weg schwimmen, nnl. onlzwriunien {praet. onlzwoin, pjrt.
ontzwoiniuen) : er ist gar kaum entschwuminen. I'lut. 43;
wenn unsere zehren einen llusz zu machen veriuöchlen, auf
dem wir aus der gefalir eiilschwiininen kütiten, so w()lle ich
zum aller ersten weinen unil euch mit mcincin ritempel für-
gehen. Opitz Arg. 2, f.l ; nahm die gclct;cnhcit in acht tittt
enisrhwamm seinen hillern Über den wul eine halbe meile
breiten flusz. LoiiEKütbi.N Aim. t, 801; der nachen war rni-
schwummcn. 2,1128;
617
ENTSCHWINDEN — ENTSCL A\'EN
ENTSEBEN — ENTSEELEN
618
dasz er ein bret ergreift und tod und ach entsrhwimml.
Sophon. il, 41;
die mnlter, die man wolln ersäufen, ist enischwommen.
Aqripp. 60, 142;
ich habe dir erquicket seel und brüst,
als kuum dein kahn der grimmen see enischwommen.
HallmaiMN Adonis s. 71 ;
die enten sind enischwommen, hinüber geschwommen ; der
kahn entschwamm dem ufer.
ENTSCHWINDEN, evanescere, weg, aus den äugen kommen,
verschwinden :
und schnell, wie peister in die lufl verwehen,
euiscbwand sie mir und ward nicht mehr gesehen.
SCUILLKR 4^5';
der aar ihat gute (lüge,
zuletzt entschwand er dem blick. 'Af«. Grün ged. ...;
dem sinn, dem gedächtnis, dem äuge entschwinden:
und feinmaschige netze, die fast dem äuge entschwanden.
Voss;
ihm aber entschwand die betäubung. Voss, Or/ews 557 ;
entschwundne tage, jähre; die sinne entschwinden mir.
ENTSCHVVJNGEN, entschwang, vibrare, vibrari,
1) Iransitiv:
Bacchos entschwinget
dem fenchel die flamme
der lodernden fackel. Stolberg 8, 471 ;
den prinzen, den zu vieler heile
Hygea der gefahr entschwang. Gotter 1.250;
du wägst den schweren leib, entscbwingsi den staub der hole.
Hehokr 3,46;
entschwungen auf dem hauch der liebe. 3, 218;
doch den Aeneias, hoch von der erd auftiebend, entschwang er.
11. 20, 324.
2) reflexiv:
mein geist soll sich dem tand der erde kühn entschwingen.
VON Kleist ;
(Hiob) enisehwingt sich
diesen tiefen und stärkt sein herz, das dürstet nach ruhe.
Messias 10,728;
und doch erkühnten wir uns, der geschafnen
schranken uns ent?chwingen zu wollen. 10,848;
so schnell, wie der glut sich die flammen enischwingen.
11,1278;
wenn wir aus ganzer seele ringen,
uns ganz dem eiielen enischwi'ngen. Klopstock 7, 86 ;
er enisehwingt sich mit bebenden knieen dem ros.
' Stolberg 1,306;
wie sich nach und nach dieser grosze geist der monier seines
meislers Perugino entschwang. 7,61;
hierauf entschwungen sie den wagen sich. Bürger 172';
dasz sie sich der weit enischwinge. Schprart 1,58;
hasi du dich dieser weit entschwungen. Gökiigk /. z. l. 96;
so nur enlschwingsi du dich dem staub. Gotter 2, 294;
sie sterben, doch im letzten athemzuge
enisehwingt die liebe sit-h zu hoherm lluge.
A. \V. Schlegel im musenn/m. 1798 s. 178;
hast du noch keinen geier
gesehn, der sich entschwingt
vor einem häufen schreier,
der folgend ihn umringt? Rückert 161;
heflügelt durch ihn enisehwingt sich auch die kriechenile lohn-
kunsl dem staube. Schiller 1182".
ENTSCHWI.NGEN, entschwingte, spoUare alis, entflügeln:
ein entschwingler vogel.
ENTSCHVVIRREN, stridenlcm evolare:
die leph entschwim in ätherduft. Ri;cKRHT,33;
entschwirrt von der tönenden sehne
llyrtakos sehne der pfeil.
ENTSCHWITZEN, exsudare: der wunde des Zweiges enl-
schwitzte dieser pnmmi. Stolberg 8, 256.
ENTSCHWÖREN, ejurare, abjurare, abschwüren:
nthd. dö der'koning Laomedön
in Uis) untsagete iren Mn
unde begiinde; in unL<iwere.
dö «prarh der koning von dem mere. Halft 1I,3G2;
kannst du, theiirer, kannst du ihn vergessen
jenen feierlichen traueriag,
jene ihranen. da so hoch und theucr
warme Jugend sich der well entschwur? RCrger 07* ;
wo ist ein glück, dem ich mich nicht entschwur?
Platk.ii 156.
ENTSCLAVEN, liberare, in Ubertatem reslilnere. Stieler
1S29 nxmml es intr. für die (reiheil wieder erlangen.
ENTSEBEN, inlelligere, senlire, ahd. inseffan (Graff 0, 168),
alls. ansebbian, mhd. entseben, ein uralles starkes verbum,
dessen praet. ahd. insuop, mhd. entsuop lautete, dem seffan
würde goth. safjan (ti'ie dem ahd. heflfan golh. hafjan) ent-
sprechen, es ist das lal. sapere (wie hafjan capere). nhd. ist
es bald gans erloschen,
mhd. als her des smerzen ensebet. En. 103, 19;
ir kunnet hoeren unde sehen,
entseben unde draehen (schmecken u. riechen). Parz. 171,23;
als er (der vogel) des limes danne entsebet. Trüt. 23,7;
aber darnä wart entsaben
din gewaldes rechlekeit. pass. K. 2,44;
dö die villi heie ouch entsahen,
daj Cristus wart in sie geleit. 3,78;
des Sit vrölich ist entsaben. 85,19;
als ich bän hie vor geseii
und die meister bän entsaben. 197,17;
als wir noch hüte vollec haben
an sinen schriflen entsaben. 402,34;
dö sus Swantopolk intsüb.
daj der marscbalk sich irhüb. Jeroscbi.\ 46',
aus welchem Pfeiffer s. 146 noch mehr stellen hat, bald mit
dem praet. intsüb, bald intsebite; do her des ruchis intsöb
der rösen und der ephele. myst. 1, 89, 21. das pari, entsaben
stimmt zu gehaben von heben, Diut. 3, 11 liest man auch ent-
soben : oben, wie wir heute gehoben für gehaben bilden.
nhd. erscheint das wort höchst sparsam, Diefenb-^ch 527'
gibt unter sentire besehen und entzebin, gerade wie in fol-
genden stellen geschrieben steht (und enlzilzen hernach unter
entsilzen 5):
sölchs alle menschen hie enlzebt,
und ewer herz in goil erhebt. Schwarze^bebg 121,1;
aug. ohr und herz noch nie entzebt, ,
wie gott die sein in fräud erhebt. 154*;
unde do her enzub das her nicht genesen mochte. Rothk
Ihür. chron. cap. 68. vgl. über besehen 1, 1609.
ENTSEELEN, exanimare, tüdten, nnl. onlzieien : exanirao,
ich entseeie. Dasypodics 9', bei Fbisius aber 492' exanimare
entleiben, leiblos thun ; der entseelte leichnam, corpus exanime;
gans entsehlei und entleibet. VVeckuerli.'« 150;
ich lobe meinen freien muih,
den mir kein dieb kan stehlen,
kein feuer nicht entseelen. colica 311;
sonst werdet ihr mit nächsten erfahren, dasz ich von der
heftigen liebe gegen euch entseelet worden. Plesse 3, 94 ;
mit fast stündlichem entseelen. Brockes 4, 294. 7,691;
du bliebest vor entzückung liegen
und sagtest, deucht mich, ohngefahr,
kind. dasz mich nicht der schöne tag
an deiner brusi entseelen mag.' Gdktber 316;
er blieb vor Widersachern sicher
und schrieb bis an den tag, da ihn der tod entseelt.
Gellert 1, 115;
ein herz, das wuth und hölle quälet,
und das der furien verdammte schar entseelet.
JoM. El. Sculbgkl 1,13;
den gröszten band, so stark er ist,
kann dein geweih mit einem siosz entseelen. Lkssi.ng 1,103;
von schrecken enlseelet. Wieland 16,52;
halb entseelte. 16, 1'23;
der reim? wie, dieser zwang, der das gedieht entseelet?
Rabe.ner 2,88;
mitleidslose mauern, zwischen denen
sich die busze langsam selbst entseelt! Börgkr 95';
ja. sie kehrten heim, und alles schöne,
alles hohe nahmen sie mit fort,
alle färben, alle lebenstöne,
und uns blieb nur das entseelte wort. Schiller 22';
gleich einem rinde, das der wilde berg gebar,
das unberührt vom joch. aus felsenholen,
unfern dem meer, gestiegen war,
wird dich der opfersiahl entseelen. 228":
wo ist sie? mich entseelt die angst. 502';
da liegt er entseelt,
hingestreckt in der blüie der tage! 507';
0 war ich vor des hohen geisics krafl
entzückt, entseelt dahin gesunken! Gömc 12,81;
und der freude soll ich leben,
und das herz entseelt der gram? Piatrj» 2';
entseelicj entseelte! entseelet hat mich
ein äuge, das pfeile wie blicke verschnclli. RCckert 339;
einem tjrzt, der doch öffentlich zu entseelen wagt. J. P. /<•»->
(e/jp. 1,104; deine lungennerven sind entseelt, uns. löge i, bG ;
619
ENTSEGELN — ENTSEHEN
ENTSEILEN — ENTSETZEN
620
als Koiu entseelt ohne freibeit und Sittlichkeit da lag. sphinxe
154.
ENTSEGELN, l) navigare, solvere, absegeln, forlsegeln:
wer zeillich hier die well gesegnen niiisi,
enlsegeli viulem siurm, entbehrt viel unguwiiter.
LoiiKNsTKi.'« Hyac. 'M.
2) entscgeln, velis spoliare:
der du in dem siiirni des Unglücks
niasilos und entsegeli (nhrst. lUimüR.
ENTSEGNEN, devovere, verfluchen.
ENTSEGNL'NG, f. hierauf hcfahl er lUin piiol.r Livius,
weil er sich das feindliche beer zu verfluchen «ilschlossen
hatte, sollte er ihm die grausame entsegnung vorsprechen.
LoHENST. Arm. 1, 767.
ENTSEHEN, golh. andsaihvan, mhd. entsehen, nnl. ontzien.
1) das golh. vcrbum bedeutet nur betrachten, ansehen.
2) ahd. inlsöhan sieht noch nicht aufzuweisen, mhd. ent-
sehen gilt für mit dem blick bezaubern, tori'e inlueri, fascinarc:
von der elbe wiri eniselien vil maniger man,
also wart ich von gröjer liebe entsehen
von der besten, die ie ein man lieb gcwan. MS. 1,50';
ich hän in gesegent, er was entsehen,
im sol arges niht geschähen,
ich wiin gestint machen. Eracl. 3239.
wind, wo (wie) is nii geschön?
eft ik si entsen
edder driichi (iriugei) mi de släp? Valentin 2iS'.
über diesen elbischen zauber vgl. mylhol. 430.
3) nnl. ontzien scheint ursprünglich auszudrücken scheu
oder verslolen ansehen [was dem vorigen quer oder schief an-
sehen begegnet) und dann scheuen, fürcJiten, sparen: ik ontzic
goed noch blocd voor niijn vaderland, ich scheue, spare,
schone kein gehl noch blut für das Vaterland; de vlam ont-
ziet geen regenvlaagen, die flamme fürchtet keinen regcngusz.
auch reflexivisch: ik zal mij niet ontzien, mich nicht scheuen.
4) ebenso uhd., es scheint nicht in oberdeutschen strichen
(SciiM. 3, 217 hat kein entsehen), nur im milleln und nörd-
lichen land. Stieler 2025 deutet entsehen averlere, dejiccre
oculos, ertibescere, vereri: sich entsehen zu antworten, cuwc/art
responsione ; cntsehestu dich, vogel, nicht, vor ehrliche leute
zu gehen? nihil te pudet, sceleste, populi in conspeclum in-
gredi"} ; die beste leute entsehen sich bisweilen, rubor gra-
vissimis quoque viris offunditur; indem die bucbhändler schäd-
liche und ärgerliche Schriften zu verlegen, einzuführen und
zu vertreiben sich nicht entsehen. Leid.mtz 2,281;
kein kind ist leicht so böser art,
das in des vaiers gegenwart
ihn zu beleidigen sich nicht entsiehi. Dkockes 1,470;
warum du dir . . . so viele klugheit beizulegen
dich nicht entsiehst. ü,b44;
dasz ew. sich nicht entsehen zu sagen, die guten werke
wären nölhig. Liscov 6; denn sonst würde er sich ja ent-
sehen, diesen armseligen scribenten das wort zu reden. 53 ;
es ist diese einbildung so lacherlich, dasz ich mich fast ent-
sebe dieselbe weitläuftig zu vN'iderlegen. 113 (265); dasz sie
der well weisz machen wollen, der herr professor Philipp!
würde sich eben nicht entsehen, seine wunderliche anrede
zu entschuldigen. 311 ; so albern, dasz ich mich entsehe zu
glauben u. t, v. 316; er cntsiehet sich nicht vorzugeben, dasz
die Caracci sich verdorben durch die nachahmung des Hafael.
WiMiELHANK 2,381; ich entsehc mich nicht die mangel der
geschiebte der kunst zu bekennen. 3, xix ; andere hingegen
haben sich nicht entsehen zu bereuen, dasz sie hier gar
nichts verstehen. 5, 263 ; die zwole Ursache lieget in einer
unzeitigen ehrfurcht gegen die werke griechischer künstier.
denn da sich viele mittelmäszige werke linden, entsieht man
sich, dieselben Jenen beizulegen und erscheinet billiger, den
Hörnern aU den Griechen einen tadel anzuhängen. 5, 203;
ich weisz gar wo!, dasz du selbst mich bei manchen perso-
nen in den nachllieiligen verdacht eines untbätigen manne»
zu bringen dich nicht entsiehest. DCrcer 417*; dasz, wenn
andre vOlker des altcrlhums, nach Ungeheuern unglUcksralleo^
■ich nicht entHaben gaben bei befreundeten zu sammeln, die
ItOmer wcnigHtcns kein bedenken trugen dargebutne anzu-
oehmen. Niebchb 3, 621 ;
meik«! du nicht, wie jed<<r bereit mit den aucen mir zuwinkt
uoii dich tu krhlep|jcn gebeut! leb aber eiitsen« mich dennoch.
{iyw 8^ aloxvrofiat ffinr^e). Od. J8, 11.
ENTSEILEN, solvere, laxare, des seils entbinden. Stikleu
2000.
ENTSEIN, deesse, entstehen, ermangeln: so wolle sein f. g.
aus undertbeniger gegen die k. mt. tragender Zuneigung irer
k. mt. des nit entsein. Lanz staatsp. KarlV s. 529 (o. 1554);
damit niemand gedenke, das ich im rechtens entsein wolt.
TuunNEissER notgedr. ausschr. 3, 132 ; weil meinem groszg.
lierren beliebet, solche unreife fruchte zu kosten, habe dem-
selben ich nicht entsein können. Bdtschky s. 165. man könnte
in diesem ent die alte negation en (s. 445) erblicken wollen,
wogegen doch der beigefügte gen. oder dativ, und die analogie
von entstehen streitet, die Vorstellungen esse und slare gleichen
einander, was Stieler 174 entsein, sterben nennt, ist deut-
liches altes ensin, nicht sein, zu sein aufhören. Scuh. 1, 68.
vgl. entwesen.
ENTSELBEN, sibi non constare, sui non compolem reddere,
nnl. onfzelven, auszer sich selbst bringen. Stieler 2003.
ENTSELBSTEN, das nemliche: wiewol ungewis, welches
mehr uns also entscibstet, der schönheitsbimmel oder unsere
blödsinnigkeit. Birken OL. 93; durch tausend bedürfnisse
eures körpers enlselbstet. Ficutk franz. rev. 48. ,
ENT.SELBSTIGEN, desgleichen: die absiebten der gottheit
dadurch zu erfüllen, da«z wir, indem wir von einer seile uns
zu versclbsten genöthigt sind, von der andern in regelmä-
szigen pulsen uns zu entselbstigen nicht versäumen. Götiie
25,217.
ENTSENDEN, emitterc, dimillere, nnl. ontzenden.
1) einen boten, berold entsenden :
hcrold, warum entsandten sie dich? Voss.
2) einen pfeil, speer, ein wurfgeschosz entsenden, ver-
senden.
3) geschenke, gaben entsen.den.
4) die stimme entsenden, vocem emillere, vernehmen lassen :
aber sobald er der brüst die gewaltigen stimmen entsandle.
ENTSENKEN, demitlere, niedersenken, herablassen:
höher in wölken, o palinenhain,
erblickst du das ihal, wie der lorberwaldl
und entsciikst schauen, beruh auf den wald,
dem gewolk, welches dich deckt, palme, mit glänz.
Klopstock 1, ISU;
so enlscnket die erscheinung des Thuiskon, wie silber stäubt
von fallundem gewasser, sich dem himmel. 1, 185.
ENTSESSEN, remotus, pari, praet. von entsitzen (was man
nachsehe), wie entlegen von enlliegeu.
ENTSETZEN, golh. andsatjan, ahd. intsezan, mhd. entsetzen,
nnl. ontzetten.
1) loco movere, deponere, absetzen, das gegentheil von setzen :
berg entsetze dich von dem ort und setze dich in dasmeerl
Paracelsus 2,444*; gewöhnlich aber vonpersonen: dem berru
und gebieter steht es zu, diener zu setzen und entsetzen ;
der künig setzet und entsetzet etliche bischöfe ; ein schult-
heisz ward entsetzt. Kirciiuof wendunm. 64;
ihr glaubt, der herzog sei entsetzt. Schillkr 380".
die stelle kann im gen. oder mit praep. hinzugefügt sein: einen
seines throns, amtes, diensles entsetzen; ward er des ralhs
sein lebenlang entsetzet. Frey garteng. 92; solang si nit ent-
setzt werden von irem gewalt. Keisersb. pox/. 2, 36. in andenn
sinn: das aber die grosze furcht möchte wol ein fegfeuer
sein, [iab ich dünkelsweise gehalten, weisz dasselb weder zu
setzen noch zu entselzen {zu behaupten, aufzustellen noch
zu widerlegen). LuTiiER 1, 409'.
2) die Stadt entsetzen, urbem obsidione liberare, des fein-
des entsetzen: die bürg wurde hart belagert und erst nach
sechs Wochen entsetzt; zumal niemand vorhanden, der die
Stadt entsetzet oder den feind abireihet. Butsciuy Au««/. 739;
fasse mut, ich will dich in der rechten stunde enlselzen ;
dasz die ganze geheime Weisheit unseres gescblechls nur eine
armselige Vorkehrung ist, unsere lödlichc seile zu enlselzen,
die ddch zuletzt allein von euren schwüren belagert wird,
die so gern ertdiert sein möchte. Scuiller 171*. vgl. entsalz
und das ähnliche enlschüllen.
3) gleich diesem enlschüllen nimm« entsetzen die hedeu-
tung von beschirmen und helfen an, was auch in losen, ab-
lösen, ersetzen übergeht: de« römischen kiiegsvolk» war die
münnig {menge), dasz sie einander konnten entselzen. Livius
bei Rthel 537; an dem born sind stets acht haspler, die
einander entsetzen oder lösen. Matiiksic» 125'; wann man
den gclübdcn, die sie (die pfaffrn) bei leben möchlen gethan
621
ENTSETZEN
ENTSETZEN
622
haben, nachfolgt oder sie entsetzt (/öseO- bienenkorb 113*; da
dieser {fähnricli die (ahne) ein feldwegs getragen, entsetzt
diesen ein ander aus seinen spieszgesellen, solchen wider ein
ander. Kirchhof mü. disc.WZ; wie die hofieut nacheinander
oder nebeneinander treffen und eine fahne die ander entsetzen
solle. 150;
thelen sieh an der eichen weizen (reiften)
und vor den mucken fein eniseizen (wehren, schirmen).
Waldis 4, 57 ». 274" ;
das er ir leben entsetze,
entsetzt von gefar. Mstrssus ps. S6*;
bab ich nit entsetzt too gefar,
der mir gefar war? Cl';
do ist ir leger, seit manheh.
entsetzt an'einander fleisziglich. Schielzl Sa«/ 31*;
wir menschen sind geborn einander zu enrseizen,
und keinen durch gewalt gestatten zu verletzen,
Opitz 3,310;
ich habe dennoch in gefahr
entsetzet, der mein todfeind war. ps. 7;
damit sie von dem lager (aus dem läget her) entsetzet wur-
den. Arg. 1, 459.
4) entsetzen, deslituere, privare, possessione delurbare, mit
gen. oder praeposilionen : das ich unabgelöst meins pfand-
schillings entsetzt sölt werden. Chmel Maxim, s. 63 (a. 1495) ;
ob wir hierin recht und fug gehabt haben, sie irer freien
wähl zu entsetzen. Luther 8, l' ; und sah keinen tröster noch
das man niug widersteen irem gewalt, entsetzet aller hilf
vulg. cunctorum auxilio destitutus). bibel 1483. 307. prediget
Sal. 4, 1 ; also aller hilf entsetzt, verhoffet sie kein ander
mittel mehr des lebens. Amadis 26; da gedenkt die glaublos
seel, aller hofnung einiger erlösung entsetzet, es sei mit ihr
aus. Fra!«k iceUb. 102'; des landes, des gutes entsetzen, aus
dessen besitz setzen. Haltaus 348 ; Hiob wirt aller seiner
freund und abgölter entsetzt, kluge, tceise reden 155'; derselh
soll wasser und weid und aller gerechtigkeit dieser vier ge-
meinden Waiden verweist und entsetzet sein, weislh. 2,187;
betrachtend einen menschen, der da gesund ist, wie er an
ihm selbst sihet und ist. darnach wann er krank ist, wie
weit er von der gesundheit entsetzt wird. Paracelscs 1,714*;
das sie aus verzweifelung . . . sich selber dieses liechts ent-
setzt und zur ewigen todenfinsternus eigner band haben ge-
fördert. Garg. 214'; so habt ihr euch Selbsten solcher gegönter
Würdigkeit entsetzet. Ayrer proc. 2,11; der gegenlauf des
firmainents entsetzte ihn aller hofnung. pers. batimg. 1, 18 ;
da seind sie beide der reinigkeit, der Unschuld, des eben-
bilds goltes entsetzt worden. Avrer proc. prooem.; dasz es
dem alieinweisen gott, unsere mutter durch ein christseliges
ende zu sich in die ewige freude und herlichkeit zu nemen,
uns aber der mütterlichen treu und Vorsorge zu entsetzen
gefallen. Butschky Aoni/. 844; wenn er des Schwärmers spot-
tete und den afterweisen, den betrüger oder den selbstbe-
trogenen ihrer ansprüche an Weisheit und tugend entsetzte.
WiELA.%D 7, 26;
wie wird euch wo! dies edle paar gefallen,
das von der diensibarkeit des vaters haus entsetzt?
i. E. Schlegel 1,454;
es gibt einen seelenadel, dessen der glückliche, dem er an-
geboren ist, sich nie entsetzen kann. J. P. komel l, 121.
5) den allen drzlen hatte entsetzen auch die bedeutung von
iaxare,'den leib lösen: alaun vier loth dienet zu entsetzen
und zu reinigen und zu küelen. Seuter 303. vgl. entschlie-
szen 2.
6) da fürchten und erschrecken, in vielen trörlern, ein auf-
fahren, aufspringen, entsitzen ist, drückt auch das transitive
entsetzen aus in furcht und schrecken jagen, aus der ruhe in
Unruhe setzen: und wen solch slücklin nicht entsetzt noch
warnt, den lasz faren, er wil verloren sein. Luther 3,341*;
Maaler 106' entsetzen, erzürnen, exaccrbare; den kuttelfisch
entsetzet dieser meerkrebsz häszlich. Forer 125';
ich bin nicht frolich worden sider.
so gar thet mich die forcht entsetzen. H. Sachs IV. 3,5«;
ich fasse nicht, was diese reden meinen,
doch sie entsetzen mich. Schillkh 294';
da ist nicbLs, was den menschen entsetze. 510';
entsetzen solh es mich,
wenn das gerücht nicht unrecht haue. . . .;
dies schauer, von der seele stürm erregt,
entsetzt mein aiipe,
thig shower, blown up bv lempest of the soul,
stariles mine eres, hing' John 5, 2.
Albebüs Ao^; oculi attonili, blöd als ob einer sich entsetz.
7) häußger begegnet reflexives sich entsetzen, stupere, expa-
rescere, timere, oft vom gen. der sache oder praepositionen
geleitet: der lantgrave, vor deme sie sich etzwas entsazten.
RornE rfür. chron. cap. 735;
er merket, das ich mich des entsetzt. Schwarzemberc 153*;
und du stast im under sin antlit und schmehest in öffent-
lich ... er entsetzt sich nit, so doch ein dieb der heimlich
stilt sich entsetzt. Keisersherg «. d. m. 37'; sie erschrecken
und entsetzen sich irer hinfart. der hase im pf. . . . ; da ent-
salzt sich Isaac über die masz seer. l Mos. 27,33; also wil
ich das land wüste machen, das ewre feinde, so drinnen
wonen, sich dafür entsetzen werden. 3 Mos. 2ß. 32 ; ich aber
sprach zu euch, entsetzet euch nicht und fürchtet euch nit
für inen {vulg. nolite metuere nee timeatis eos). 5 3/oj. 1, 29;
lasz dir nicht grawen und entsetze dich nicht (noli metuere
et noli timere). Jos. 1, 9 ; da Saul und ganz Israel diese rede
des Philisters höreten, entsalzten sie sich und furchten sich
seer. 1 Sam. 17, ll ; alle fürsten am meer . . . werden in
trawerkleider gehen und auf der erden sitzen und werden
erschrecken und sich entsetzen deines plötzlichen fals. Ez.
26,16; da Jesus diese rede volendet halte, entsalzte sich das
volk über seiner lere (ahd. wunlarülun ubar sina lera, goth.
biabridedun ana laiseinai is). Motlh. 7,28; und alles volk
entsalzte sich {ahd. wuntarölun aliö thiü menigi). 12,23; und
sie entsalzten sich alle {goth. afsiaupnudedun allai). Marc.
1, 27 ; also das sie sich alle entsalzten (svasve usgeisnod^dun
allai). 2,12; und sie entsalzten sich über die masz (jah
usgeisnudedun faurhtein mikilai). 5, 42 ; und sie entsalzten
und verwunderten sich über die masz. 6,51; und alsbald da
alles volk in sähe, entsalzten sie sich (usgeisnödedunt, liefen
zu und grüszeten in. 9,15; und da sie in sahen, entsalzten
sie sich (jah gasaihvandans ina sildaleikidedunl. Luc. 2,48;
und ire eitern entsalzten sich ijah usgeisnudedun fadrein
izüs). 8,56; da sihe, wie überschwenglich grosz ding es ist
umb das sacrament, wenn man sein recht braucht, das sich
ein mensch drüber zu lod entsetzet, wenn ers recht empün-
det. Luther 3, 160'; darumb sol sich ires hassens und schen-
dens niemand entsetzen. 3, 29l'; darumb soll sich ires läster-
nis niemand entsetzen, br. 2,70; von dieser prophecei Da-
niels sollen sie sich billich entsetzen. Mela:«chth. im corp.
doctr. ehr. 262 ; sich entsetzen, ein grausen empfahen, exhor-
rescere, sich entsetzen oder entrüsten, die gestall des ange-
sichts verenderen, vultum mutare. Maaler 106'; über welchem
wunder sie sich heftig enlselzle. SciiCtz beschr. von Preuszen
46; die fromme gute frau entsetzet sich höchlich ob solchen
reden, das. 64 ; dieweil gar vil menschen sind, die sich also
bart ab dem tod entsetzen. Wickrajis bilger vorr. A2;
sie aber gaben umb die straf,
wie sich ein wolf entsetzt am schaf. >'3 6/. 48;
dasz der siech schwach ist oder forchlsam und er sich der
cur entsetzt. Gersdorf feldb. 74; sie meineten, man wolle
sie bei eiller nacht für gericht und zum tode füren, ent-
salzten sich zu dem ersten ein wenig, gleich richteten sie
sich auf mit frölichem angesicht, als wann sie gar nichts
danach fragten, buch der liebe 217,3;
der riiter sich entsetzt der ding. H. Sachs I, 175*;
der herzog von Baiern hatte sich vor uns entsetzt und wir
vor ihm, drum entsalzten sich beide theile vor einander.
Schweimchen . . . ; die jungen werden sich wie die alten zu
sterben entsetzen. Fischart groszm. 140 ; sie sollen ihn aus
dem hofe gejaget und sich nicht entsetzet, haben, ihn tapfer
abdreschen zu lassen, pers. baumg. 4, 29 ;
mein ganzes dasein entsetzt sich. Messias 10, 762;
seht! selbst die hund entsetzen sich darob. Göii.tGK 2,200;
ich staune, ich entsetze mich, wohin
reiszt euch der schwinde!? Schiller 423';
überhaupt zog unsern jüngling ein übermüsziger hang zu
übermüszigen menschen bin, wovor sich andere entsetzen.
J. P. Tit. 1,6.
8) sich entsetzen, resistere, $e opponere, sich widersetzen,
Kiderstehen, u-ozu man das goth. andsaljan, entgegensetzen
halte: wo aber die tyrannei so grosz und nicht geduldet,
wolle sich ewer einer entsetzen und der enden behausen,
da im da»^ wort goltes klar und lauter gepredigt wird. Luthkr
3,421'; also das, wer nicht irren wil, sich wol damit wider
die verfürer entsetzen kan. 3, 43S';
623
ENTSETZEN — EiNTSETZUNG
ENTSETZUNG — ENTSINKEN
624
verwundert sieb die eiche grosz,
und sprach, du bisi an kielten blosz,
ein armes röhr, schwach, dünn und hol,
und kanst dich nicht eniseizen wol. Waldis 1, 100 6/. 67'.
9) was aber heiszl sich entsetzen in folgender stelle, auch
von einer pflanze? wann man sie {die eben erst angegangenen
zweiglinge) dann fortsetzet, so entsetzen sie sicL und ver-
irren Ton irer nalirung. Sebiz 342. sie verliommen, werden
kraßlos ? entrüsten sich, tele vorhin bei Maaler mutant vultum ?
ENTSETZEN, n. Stupor, Horror: denn es war sie zillern
und entsetzen anküinen {goth. dizub})ansat ijus reiru jaii
usfiimei). Marc. 16, 8 ; und sie wurden vol wunderns und
entsctzens. apostelg. 3, 10 ; wie der mit einer ganzen legion
erschlagen wer, darab die Römer ein grosz erschrecken und
entsetzen halten. Livius, Schöfferlin S9";
in der hülle des entseizens. Klopstock;
kalt wehten entsetzen und grausen sie an. Bürger G2';
kalt ergrir mich das entsetzen. Scuillbr 49S';
jetzt versteh ich das entsetzen,
das geheimnisvolle grauen,
das mich schaudernd stets gefaszt. 499';
da stehn wir angefessell von entsetzen. ...;
nur mit entsetzen wach ich morgens auf. Göthe ...
früher sagte man besser enlsilzen.
ENTSETZEND, horrendus: das pferd sah, sciiauderte und
zitierte vor entsetzendem abscheu. Lessinc 1, 132. in fol-
gender stelle fehlerhaft entsitzend: dieweil des künigs ent-
sitzende grosze macht und schwere ungnad inen vil Schreckens
bracht. Tschüdi 1,235.
ENTSETZENSTHAT, /.
weist du die
enisetzensthalT Jerome ist erschlagen. IIeinr. KiEtst 1,SS.
ENTSETZENSVOLL :
und blutige, entsetzensvollo thati Schiller...;
weh, weh mir! o cntseizensvolles licht!
ENTSETZEH, ni. der einen entsetzt, absetzt: entsetzer des
adels, der aus einem cdclmann einen unedlen macht, traduclor
ad plebem. Maaler 106'. bei Stieler 2041 invasor, praedo,
defensor.
ENTSETZLICH, horrendus, nefandus, schrecklich, ßrchter-
lieh, vgl. goth. andasels (= ahd. anlsdji) :
Judas, Judas! entsetzlicher jünger, du hast ihn verraihen!
Messias 6, 546 ;
0 der fluch, den du fluchst, der wird dich selber ergreifen,
du entsetzlicher munn! ...;
ein entsetzlicher mensch! ein scheusal;
ein entsetzliches
gebeimnis brennt auf meiner brüst. Schiller 246';
nimmermehr, in dieser
entsetzlichen erschüttrung sie verlassen. ...;
entsetzt vernehm ich das entsetzliche. ...;
denn sein blick war entsetzlich , und tod in des redenden
stimme. Voss;
einen entsetzlichem aufentbalt hülle die hülle selbst nicht
für sie ausflnden können. Gerstenberg Minona s. 82 ; wir
reisten in dem entsciziithsten schneegeslöltcr ab.
oß aber empfangt der ausdruck milderen sinn und dient,
wie fürchterlich, schrecklich, abscheulich, grausam zu einer
geläufigen, fast nichts sagenden Steigerung di's begrifs : ent-
setzliche schaize an gold und silber. Felsenburg 4, 238, wie
et auch heiszl schreckliche, slupende, horrende reichlhümer,
nicht snwol die man verabscheut, als die staunen machen.
Krüger ist ein entsetzlicher (= erstaunlicher) Windbeutel, sein
ballet soll nicht übel sein. Göthe an Schiller 464. vgl. das
folgende.
ENTSETZLICH, adv. horrendutn und dann magnopere,
vehementer: er Ducht, tobt, schreit entsetzlich, fürchterlich;
entsetzlich grusz. nnocuES 4, 476 ; entsetzlich klein. 5,374;
entsetzlich schön. 7, 580 ; das hah ich doch gesehen, dasz
sie ganz grün im gesiebt und am leibe war, und dasz sie
einen buckel und entsetzlich lange uhren hat. Wieland; sie
balle mir das unwichtigste von der weit zu sagen, dasz es
ihr entsetzlich weh sei. Göthe 20,36; lebe wol, ich sudle
rnt<ptzlirh, damit du nur ein wort habest, an Knebel 4A ;
in seiner klcidung w;ir er ntin (•nl'i'i/lKh »'iicl. Kkttimf br.
2, 25».
ENTSETZUNG, f.
1) obrogatio, dejeclio de gradu, ademlio muneris: entscizung
eioei edlen zä einem unedlen. Maalk* loe'.'; excommuoicatio,
das heiszet entsetzung derselben gemeinschaft, und so nennen
die gelerten den bann. Luther l, 2S2"; entsetzung von amt
und stelle.
2) liberatio urbis, excrcitus : damit der kriegsherr, wenn er
von ihnen, wie die besatzung so wol versehen, auch wie das
Volk darinnen so beherzt sei, erfehrl, ein entsetzung daroh
cmpfahe. Frossperc 1,96"; und ihr, wo es not thäte, wird
kein gefabr so heftig sein, ihr sollt gewislich entsetzung auch
durch mich selbst bekommen. Kirchhof mil. disc. 169.
3) timor, vcrenindia, horror, scheu:
wie darfst du fiirder schniehen
was dein ^jeborner fürst mil tust pllfgt anzusehen
und mit entsetzung ehrt. Gryphiüs 1, 124;
wie er denn die decreta und geistliche gesetz öffentlich zu
verbrennen kein entsetzung oder scheue gehabt hat. Luther
1,458'; das volk kam in eine grosze furcht und entsetzung.
8,207';
Stanadius heut ward begraben,
wolt daran kein enisetziinsr haben
und aus dem grab ihn ziehen raus. H. Sachs V,226';
über welchen bericht ich mich . . . hoch entsetzt . . . belan-
gend die entsetzung, kam dieselbe daher. Ri.ngwald tr. Eckh.
A 3'; und fiengen ihre herzen durch entsetzung {vor entsetzen)
gleichsam an zu sieden, pers. baumg, 2,23; entsetzung über
die entdeckung. Göthe 57, 301.
ENTSEUFZEN, ingemere, erseufzen : Eurioliis erschrack des
und ward krank und enlsufzet aller siner kreften (vehementer).
WvLE Iransl. {Lucretia).
ENTSEULEN, columnis spoliare, columnas evertere, Stieleb
1694 : so stürzte der enlsäulte palast über dich, Simson, ein
schreckliches monument von ruinen und zerschmetterten
feinden zusammen. Lessing 1, 206.
ENTSICHEHN, gleichviel mil sichern, securum reddere: sie
hätten mit dem allen fürsten meinethalben geredt und ge-
betten, mich der straf des Polacken halben zu entsichern.
Götz VON' Berl. lebensb. s. 28.
ENTSIEDEN, fervendo erumperc:
dunstendes schwefelgesumpf, das geborstenem bodeu ent-
siedet. Voss.
ENTSIEGELN, sigillum solvere, dann überhaupt aperire:
der bach, den eis verschlosz und sonn und wesi entsiegeln,
in dem sich luft und buum und liirt und herile spiegeln.
IIagedon.n 3, 87 ;
weh, was seh ich, welch ein bild I
'ja es soll den trug entsiegeln'. Göthe 2, 42;
denn ich musz am be-iten wissen,
wie die räthscl sich entsiegelt. 4,32,
und die thüre, fest verrie!,'elt,
ist durch Wunderkraft entsiegelt. 40,95;
weitere fortschritte verdank ich besonders Niethämmern, der
mir die haupträlhsel zu entsiegeln trachtete. 50,54;
die lippen des verstockten zu entsiegeln,
harrt schon die fulier sein. Götter 2, 267;
madchen eotsiegelien,
brüder, die Haschen!
auf! die gellogeltcn
freuden zu haschen. Matthissom 176;
ich höre dich, o herr, vom Innfren schweigen
zum ersteiimiil den miind entsiegeln. Schiller ...;
nur liebe kann den erdensiaiib belliigeln,
nur sie allein der himmel thor entsiegeln. A. W. Sculecel;
alle höhn hast du erfliigell,
alle tiefen du entsiegelt. KEckrrt.
ENTSIEGEN, victoriam reportare:
dasz sie möchten den preis beholten
von ihren feinden und obliegen.
so lang Mars ward für ihn entsiegen {et tlehl ensie^en).
Glaser ptxansm. Fritchl. 3,3.
ENTSILBEN, tyllabas frangere:
erfuhr, dasi echo die<es wort
entsilhet und zerbrochen. Urockrs bei Wricitmann 1,71;
die wone schienen mir ontsilbt zu sein durch ihrAnen.
Wrn.iiki 266.
ENTSINKEN, excidere, elohi, nnl. onlzinken : wenn wir von
inen hören werden, so werden uns die feii«te entsinken. Jer.
6,24; wenn der könig zu Babel ir grriiilil hören wird, so
werden im die feuste entsinken, im wird so angst und bange
werden, wie einer frawen in kindsnölen. 50, 43 ; und narh-
deine mir sein name enisunken und vergessen ist. so wird
man freilich sein wafTen noch in der berberg zu Heidelberg
zum hirsch flnden. GOtx von Bcrl. lebentb. Ol; und ist mir
625
ENTSINKEN — ENTSITZEN
ENTSITZEN
626
gleichwol sein name entsunken, das weisz ich aber woi, dasz
es ein groszer, starker, dicker knecht war. 186;
ich glaub du hast zu viel hier getrunken,
oder der wiiz ist dir entsunken. Soltau volksl. 473;
entsinkt ihme mut und sinn. Butschkt Palm. 284;
satan entsank dem felsen und rnnscbie
durch die Schöpfung hinab zu der hölie. Messias 13,896;
entsunken dem schwellenden wünsche
nach iriumphen, wie jene, die blutvergieszer belohnten,
Schwung sie sich auf in erhabnere höhn. 15, "SO;
dem müden äuge,
das zu brechen begann, entsanken verlöschende blicke. . . . ;
und er entsank in den staub mit geschrei. Voss;
und gedrängt vom himmel entsank nacht;
schnell entsanken die lu'nen der band. efHuxere umae manibus.
Ov. met. 3, 39 ;
traun, dem Thucvdides wäre der zitternde griffel entsunken,
hält über Altika Zeus ähnlichen jammer verhängt.
Maitbisso:« 273;
die hänslichkeit birgt sie in grünen hallen
vom Sonnenstrahl umblinkt,
bis ihr beim hochzeiilied der nacbtigallen
der mrrtenkranz entsinkt. Salis 140;
und mit gebrocbnem seufzer, halb entseelt,
entsinkt sie bleich zu des geliebten füszen. Schillik 624';
seit du, der leeren nacht entsunken,
dein stolzes licht von ihm geholt,
sah es in dem gewühl der funken
schon manchen stern verkohlt. Thömmil 5, 149;
bei jedem schlage sprühn die schwerierfunken,
Schild, rüsiung sind zerfetzt durch hieb und stosz,
die schienen sind schon nach und nach entsunken
und beider arme ganz entwehrt und blosz.
Griks Bojardo 1, 4, 3;
ein dem himmel entsunknes Pallasbild. J. P. Besp. 1, 61 ; mein
entsinkendes leben. 2,114.
ENTSINNEN, nnt. ontzinnen,
1) extra se rapere, der sinne berauben: er ist ganz als
wenn er entsinnet wäre, expulsus quasi sensibus est. Stieler
2033; ontzint van minne, ror liebe sinnlos;
kond sie so gar entsinnen dies stumme schöne bildl
Birke.-« OL. 76;
in einer art von entsinntem {desorganisiertem) zustande. Hippel
8, 113.
2) sich entsinnen, recordari, sieh auf etwas besinnen, Haltaüs
348 : daruf künden sie itzunt nit geantworten, sie woltcn das
hinder in behalten und sich daruf entsinnen, iceisih. 3, 508 ;
anwalt ist entsunnen {gesonnen) auf dieselben solche fragstück
zu machen. Ayber proc. 2, 7 ;
der bruder denke nach, der fürst entsinne sich,
hab ich es nicht gesagt? Gcj(ther 1010;
recht, recht, ich entsinne mich, die arme geigerstochter, wovon
neulich die rede war. Schiller 203"; wenn jemand glaubt,
etwas im gedächtnis zu haben, aber es nicht zum bewust-
sein bringen kann, er könne 'es nicht entsinnen', nicht 'sich
entsinnen', denn das bedeutet so viel als sich sinnlos machen.
Kam 10, 190. hier übersieht Kant die zulässigkeit entgegen-
gesetzter bedeutungen für dasselbe worl. 'es' ist der alte gen.
ENTSINNLICHEN, eupiditalum vi liberare : ein entsinnlichter
mensch; in dem grade, als wir uns entsinnlichen, kommen
geistige dinge durch Sinnlichkeit uns entgegen. Hippel 9, 58.
ENTSINNLICHLNG, f. Hii>pel 9, 287.
ENTSINNUNG, f. 1) alienalio menlis: selbstentfremdung
und entsinnung, abfallen aus der region des einzigen wahren
Sinnens. Ficbte hinterl. werke 1, 33.
2) recordatio, besinnung.
ENTSITTLICHEN, honestate privare, dimoraUser: ein ent-
sittliciiter mensch; einen verein entsittlichen.
ENTSITTLICHUNG, f. corruptio, d^moralisation.
ENTSITZEN, mhd. entsitzen^ nnl. ontzitten.
1) im eigentlichen sinn absitzen, namentlich vom pferde,
absteigen, niederfallen :
daj Tur dem borggrdben intsat
der junge dd von Angorant,
dd von wart ime zorn bekam. Crane 4345;
dem stul entsitzen, aufstehen, ihn verlassen.
2) entsitzen, procul abesse, ferne sitzen, «ohnen, entsessen,
in der ferne wohnhaß, abgelegen, kaum anders üblich als im
partieip: wir sind weit von einander entsessen. SnELER2036;
da die parteien weit entsessen. Frankf reform. 1,5,11; über
zehen meil wegs entsessen. 1,12,1; dem gcrichtsstul ent-
sessen. 1, 6, 1 ; von seinen nächsten nachbam, geschweige f oo
Ul.
weiters entsessenen gefoppt. Simpt. 2, 710; mein von der
liebe so weit entsessenes herz. Amüne und Amandus 30;
in fremden landen weit entsessen. SpastiG Aen. 452';
Margaris ist weit entsessen,
ihrer Schönheit ist vergessen. Birkki'« Gmelßs 21.
3) einem entsitzen, trotzen, stand halten : denn der in hat
gesetzt zu seiner rechten, hals im sinn, er wolle in dabei
behalten, darauf trotzen und trösten wir uns and wollen
irem zorn wol entsitzen. Luther 2,95*; da waren Schlösser
und heuser, die zuvor wollen dem Türken entsitzen, aber da
die bawren nur anklopften, giengen sie dahin. 3,248'; er ist
in zu slerk und mechlig, er kan in wol ein zorn entsitzen,
wenn ir auch noch tausentmal so viel weren. 3, 43o'; lasz
auch sehen, ob du dej man seiest, der im (gotte) entsitzen
künde? 4,398; gefidderte reder, damit sie auch den büchsen
empfliehen und eim zorn entsitzen können. 5, 21* (6r. 4, 8) ;
doch ist er (Christus) dem teufel mans gnug, das, wer an im
hanget, aller seiner macht und gewalt kan entsitzen und trotz
bieten. 5, 51l' ; das wir unser schlosz wol vervvaret haben und
dem teufel entsitzen können. 5,513'; wer aber dem tod ent-
gangen ist, der ist auch dem andern allen entgangen und ein
herr über weit, teufel, strick, schwert, fewer, galgen und alle
plagen, das er im wol kan entsitzen und trotz bieten. 6,79*;
was fragt er denn auch nach denen, die nach im nicht fragen?
er kan in {eis) wol ensitzen, wenn sie es gleuben wollen,
gleuben sie es nicht, so erfaren sie es, volenti non fit injuria.
6,352*; wenn unser fleisch und blut thet, so wollten wir
dem teufel wol einen zorn entsitzen. tischreden 217*. 223' ;
wenn der keiser jetzt Teutschland und Frankreich inue hette,
so hette er geld und leute, könnte dem Türken wo! einen
zorn entsitzen. 433"; der landvogt merkt wol, dasz im der
Teil entsasz. Tschudi 1, 238. bei Luther scheint 'einem zorn'
und 'einem einen zorn' entsitzen beides richtig, br. 6, 628
findet sich darüber eine ungenügende anmerkung.
4) entsitzen ist, wie schon unter entsetzen 6 gesagt wurde,
aufspringen, auffahren, ßrchten, scheuen, wird aber transitiv
und hat den acc. bei sich:
mhJ. gewalt entsitz ich kleine. Trist. 278,9;
deheinen man er nie entsaj. Lam. 1751;
wan er in angesliehe entsaj. tr. kr. 369;
nhd. so sollen wir solche bewegung unser sinlicheit entsitzen
und verachten. Keisersberg bilger 7'; do fieng man an dise
busz zu entsitzen und schuhen von ir schwere wegen. 102';
ain ieder mensch entsitzt natürlich die zertailung leibs und
der seien, schif der penitenz 122'; wie stond die zwai bei
ainander, das der gerecht den tod entsitzt ond daizu das
hegen? 123';
hier umb kein angst noch tod entsitzen. trag. Joh. C2;
sie haltend gott im herzen,
diirumb entsasz si alle weit,
es was bös mit inen ze scherzen. Kör:«kr volksl. 11;
die natur entsitzt {scheut) ab dem notzwang, die Hebe wil
frei sein und bede der will und das herz ungezwungen. Fbase
weltb.ib*; als aber beide beer einander sichtig wurden, ord-
neten sie ire vorhuten und wachten gegen einander, entsaszen
doch beiderseits einander. Stumpf 1, 184'; dasz Alexander
eben dieses bei sich selbst hat fürchten und entsitzen müs-
sen. Thurneisser notgedr. ausschr. vorr. 2; sie hassen den
frost und entsitzen die kälte von irer dünne wegen. Forer
55'; in mitte des sommers wird die ankunft der schwarzen
flöh zu entsitzen sein (sera h redouterj. Fischart groszm. 130.
heute erloschen.
5) sich entsitzen, sich ßrchten, scheuen: darfst du dem
menschen nicht übel reden und must dich entsitzen {es steht
entzitzen, wie oben sp. 618 entzeben). ist das war, da solt
du auch gott dem herren nicht übel reden, sunder clein-
mütig sein und dich schmucken. Keisersb. s. d. m. 21*; ein
wechter auf dem thurn, der sieht umb sich und ist nütz
allen menschen, er schreiet immermeder in der nacht 'ich
sich dich wol' und sieht in doch nicht, er lugt allwegen uf
das, da einer umb den stattgraben gieng und schaden wolt
thfin, das er sich entsitze und hinweg gang. 33*; so ein ver-
wüstet armer mensch sich an allen enden vor iederman ent-
sitzen musz. seelenparad. 38*;
danu ich mich gar hart entsasz. Wickram bilger 80,
so wil ich mom mit üch gen Visp, und so man mich laszt
olTentlich reden, wil mich dessen nit schämen noch entsitzen.
Plater 42; der ritter, welcher seinen feinden mit dapferem
40
627
ENTSrrZEN— ENTSPEUREN
ENTSPINNEN — ENTSPRECHEN
628
pemiit bat dürfen begegnen und in keinem streit sich der
Waffen entsessen hat. Galmy 19 = buch (LI. 45,2; ir möget,
edier ritter, wol abnenimcu mich nicht umb sonst herkom-
men, dann fürwar, wo ich mich eines manns entsessen hett,
wolt ich solchen ritt unterwegeu gelassen haben. 67 = 60, 1.
ENTSITZEN, n. timor, furcht, scheu, später in entsetzen
verderbt, da doch deni subst. die neulralbedeuinng des verbums
verbleibt: alle weit hat ein entsitzen ab im. Keisebsrerg
selenparad. in' ; dann der natur begeren ist, dasz sie geheilel
wird ohn schmerzen und wehtagen und sie hat ein entsitzen,
wann solche foltcrhansen mit ihrer kunst einher treten. Paiia-
CELSOS chir. sehr. 14*.
E.NTSITZL'NG, f. timor: rauben ist grüszere sünd dann
heimlich steten, wann rauben geschieht usz gröszercr Verach-
tung Seins nechsten und aus frevel on entzitzung {unge-
schevteni frevel), aber Stelen geschieht heimlich und mit ent-
sitzung gegen dem, dem man stilt und mit minder Verach-
tung, davon ist es minder sünd weder rauben. Keisersherg
s. d. m. 26*.
ENTSOHLEN, •detrahere soleas :
senken die füsz entsohU in des lieblichen bndcs erfrlschung.
Voss 2, 317,
ENTSÖHNEN, s. entsühnen.
ENTSONDERN, separare, absondern. Stiei.er 303.
ENTSONDEHUNG, f. absonderung, z. b. einer kirche.
ENTSONNEN, sole privare:
und irntner riunkelgrauer
hängt das gehirg entsonot. Tiedge.
ENTSPALTEN, diffindere, aufspalten: einen knorren ent-
spalten, ein holz feiner entspalten ; der fels entspaltet sich.
ENTSPANEN, ENTSPÄNEN, assulam praecidere, bei gericht-
licher veräuszerung, vergantung eines hauses oder grundslücks
wurde vom gerichtsboten ein span aus der thür geschnitten,
das hiesz enlspünen : hat gemelter fronbot einen span aus
der erbschaft vorberürler behausung geschnitten genommen
und als entspent gut ofTcntlich aufgeboten, spanbrief von
152t. herausg. von Lochner. A'ünifc. 1850 5.13; hat gedachter
landpot aus bestimpten zweien gütlein insonderheit einen
span geschnitten und genumen und die als entspente guter
olTenlich im gericht aufgeboten, ur/i. von 150S ms. ; wann aincr
ain urtl in recht erlangt hat, der wegen ligender guter mit
gerichtlicher Ordnung entspent und ime der spcnbrief zuge-
stellt worden ist. Nürnberger reform. 1504. 65*.
ENTSPÄNEN, s. entspenen,
ENTSPANNEN, laxare, nnl. entspannen : rinder vom joch
entspannen;
\jnd sie eotspanntc den bogen und bub von der achsel den
köchcr. Voss;
lasset die stampfenden rosse noch nicht dem v^-agcn ent-
spannen. ItERGEK 211';
die maskeln sind entspannt und schwinden,
der sinnen srhwnrhiiches empfinden
verküniligt schon der Aiulnls graus. Drollinckr 17;
gelöset war, es war entspannt. Stolberg 5, 2G6.
ENTSPEISEN, decibare d. i. cibo privare. voc. theul. 1482
g 5*. Diefenrach 137, einem das brot vor dem mund abschneiden.
ENTSPENEN, ablaclare, a lade separare, ein kind von der
hrust, ab uberc, eutuübnen, vgl. abspenen, abspannen und
ahd. spunni über (Gräfe 6, 343), bair. spünn, üstr. spinn,
vcvon mehr im SP zu sagen ist. das wart gilt dann über-
hovpt für entwöhnen, abspenstig machen:
wer sein guten gesellen »chnnt,
und im .sein Lulen aUo abentspent. fnstn. 157,34;
nach schaden folgt spotten, das empfinden wol die betrübten,
also geschiehel von euch mir beschädigten manne, liebes
rnlspent, leides gewent (gewohnt) habt ir mich, der ackcr-
niitiKi aus hiihrim cap. 13.
KNTSPENEK, m. tnonopulus, der eim das sein entspcnet,
tiic. theul. 1482 g&'. DiEFKMiACii 36**, das soll wol hcisten,
der ein monopol erttirbt, ftovontii).rjs, allcinhändler, der andre
nielitt renlii'nen Idszl.
ENTSPENSTtN, delicere, ablocken, abtpenslig machen, voe.
tbrul H<.2 f(h'.
' "^ I --l'KHHEiN, aperire, aufsperren, mhd. entspcrrcn, nnl.
ii-n:
^ in diu porte w/frdn riit^iuiri,
m.m milOf iurh ;ici«(r urviri
uM'ltT« lieiciien. Iw. uiil ■
tür und tor wart im entspart. GA. 2, 439 ;
diu {kistc) vrölichen von in wart
mit fünf slüjjcbi ent«part. 2,448;
uhd. da sah am grund er einen drnchen
aufg.ihnen mit eiitspcrrtein rächen. ROckert 68.
ENTSPINNEN, nere, nnl. ontspinnen,
1) eigentlich faden ausspinnen: der seidenwurm entspinnt
aus seinem leibe lange faden.
2) moliri, conßare, ein gespräch, einen streit, krieg ent-
spinnen ;
und ib dor eiotracht schosz Unfrieden zu entspinnen.
i. E. Schlegel 1, 237;
und wer diesen gedanken entsponnen, sagt, musz das nicht
ein erleuchteter politischer köpf sein? Sciiii.i.er 110"; die an-
zahl der heloten vermehrte sich, dasz sie anliengen der repu-
blik gerahrlich zu werden und auch wirklich . . . empörungcn
entspannen. 1020*.
3) sich entspinnen : bisher hat man alle Sachen, die sich
entspinnen über dem glauben . . . auf ein concilium gescho-
ben. Luther 4, 177';
Vulcanus habe sie zu seiner Werkstatt innen,
aus welcher solcher plitz und Mammen sich entspinnen.
Opitz 1, 35-,
erhalt die eh im segen,
die sich "von dir entspinnt,
lasz sie sich, vjiier, regen
durch kindcs kindcskiud. S. Dacb N3';
wie wirds nach dieser zeit
um das gebiete stuhn ? was wird sich nicht entspinnen?
Grvphius 1, 291;
der mensch, der ist die kleine weit, sein haupt das ist der
himmel,
gar recht, denn da entspinnt sich her manch weiter und ge-
lüniiucl. LouAU 3, 71,Sä;
so wenig ist die luft, die sich von innen im leibe entspin-
net, zu verhalten, co/ica 105; erzehlte bei tische, woher sich
der ganze streit entspönnen. Weise erzn. 97;
indes sich so um zwanzig jähre jünger
die alle schwatzt, enispinnt der hohe lockenbau
der schönen braut sich unter Fatmens linger. Oftcron 5, 16;
ein iraum dem andern sich entspinnt. Lenau Fatist 195;
aber jetzt eben entspinnen sich kriegshandel zwischen Por-
tugiesen, Spaniern und Engländern. Götue 6, 208 ; es währte
nicht lange, so entspann sich aber für mich ein eignes und
besondres Interesse. 24, 145.
ENTSPITZEN, obtunderc, retundcre, stumpf machen, dir
spitze berauben. Stiei.er 2064.
ENTSPHECHEN, re.'^pondere, convenirc. 1) mhd. entsprechen
für antworten, entgegnen:
vil lüt diu krä schrigen began,
si schrei, daj ir der walt entsprach. Bon. 49, 71.
tüid. der wähl pflegt, wie man ruft, pemcinlich zu entsprechen.
turückwmsunfi eines fricdcnxheroldes von
11. J. Haugen. Züricli 1722.
2) nhd. entsprechen, gemdsz sein : die getät und der nain
sollen einander entsprechen. Keisersberg post. 171*; du bist
nit edel, es sige denn, das deine werk und geschichtcn cut-
spreclien den geschichtcn und werken deiner fordren. 1, 17 ;
die jünger hfiben uf siben kiirb voll nach der zai der jünger,
also das ieglichem jünger ein korb entsprach. 3, 79 ; ein leeres
wort, ein bloszer schall, dem nicbts, gar nichts, entspricht. Les-
sing 2,165; nie hat eine geslalt den Innern vollkoinmenheiten
mehr entsprechen ; möchte die Übersetzung der meinung ent-
sprechen, welche sie nach dem ersten versuche von dem
was ich leisten könnte, faszten. Wibland in der Zueignung
seiner übers, der episteln Ilorazens;
verzeih, wenn der erfolg dein eifer nicht entsproch.
Gotter 3, lxx;
und Word ich deiner horiiung auch entsprochen f
slfli mich noch einmal an. gefall ich dir
mit jenem wasserkrtiif. mit jenem rechen?
niil dieiem raiedor oliiie putz und zier? Götre 45, St.
Lessinc 6, 31 hält dies jetzt allgemein gangbare wart ßr
besonders schveizeriseh, es seheint aber in Süddeulschland über-
haupt dem front, rtfpondrc, correspondre nachgeahmt. Siikler,
Häüleim, StFiMRAcn geben es gar nicht, ebensowenig HASvro-
Dit}s, Frisil's, Maai.kr.
3) sich entsprechen, sich verantworten, vertheidigcn? nur
in einer undeutlichen stelle bei Melissos / '*"'
des maul, wenn man in ncckei,
i^l beitipcket.
»ich zu enuprcchen railo«,
falU die $elliame $chreibung $o richtig aufgelM wird.
G29
ENTSPRECHEND —ENTSPRINGEN
ENTSPRINGEN— ENTSPROSSEN
630
ENTSPRECHEND, aplus: das ist nicht entsprechend, ist
genau entsprechend.
ENTSPRENGEN, entspringen machen, aufsprengen.
ENTSPRENZEN, eßndere, entspallen:
der mai mit seiner kraft
den wall hat durchglenzet,
ein prun so schon eotsprenzet
usz herten velsen tosz. fastn. 1384,
tosz ist rauschte, hesser dosz, tnhd. döj von diesen; ent-
sprenzet, gespalten, ausgehauen, vgl. spranz fissura und auf-
sprenzen, turgidum facere, aufspalten, aufspreizen, doch nach
hesprenzen 1, 1643 liesze sich auch an entspritzen, hertorsprilzcn
denken; es wird darauf ankommen die wurzeln sprinzen und
springen zu vermitteln, wie sich springen und sprieszen begegnen.
ENTSPRIESZEN, progerminare, nnl. ontspruiten.
1) von blumen:
lind schneller schienen nun die blumen zu entsprieszen.
Zacharü Schriften 1781, xxii ;
wo riolen ihrem (der erdu) schosz enisprieszen.
GÖKINGK 3, lüS;
zart und edel entsprossen wuchs die königliche blume her-
vor. GöTIlE 19, 26.
2) von menschen:
von hohem haus entsprosz die bittende. Göthk 9,361;
so schön und so edel erscheint sie zugleich
entsprossen aus tüchtigem lierne. Görus3, 4;
verworfnes wesen,
kannst du ihn lesen?
den nie entsprosznen,
unauspesprochnen,
durch alle hiinmel gegosznen,
freventlich durchstochnen? 12,69;
ich bin ja entsprossen aus adlichetn blut. Bürger ...;
kräftig entsprossene söhne sind heldensedichte zu nennen.
RBcKKRT 276.
3) vom Wasser:
im mittel eines ihals von himmelhohem eise
entspriesit ein reicher brunn mit siedendem gehräuse.
Haller 41 (49).
auch ScttM. 3, 593 hat sprieszen, enisprieszen für entspringen,
von flusz und wasser.
4) bildlich: denn solclis ist on zweivel entsprossen, das
ein jeder seinen eigen nutz mehr gesucht, denn rechtfer-
tigung der Christenheit. Lctber 3, 137'; werden durch ire
Weisheit, die aus einem kecken herzen entspreuszl, vieler
angst entbunden. Kirchhof wendunm. ...; darumb ist es
jetzt an dem, dasz ihr euwer und der ewrigen selbst schonen
und was nachmals daraus enisprieszen möchte ermessen.
mil. diso. 87;
waher die weit entspreuszl.
wie lang sie haben werd bestand. Garg. 278";
in kümmert vast gfosz überlast
thet im davon entsprieszen. Soltad volksl. 182;
das böse so entsprieszt,
wie frisches gras beginnt. Opitz ps. 92;
ein unverfälschtes herz, ein immer heitres haupt,
wo aus zu groszem gluck nicht stolz und w.ihn entsprieszen.
liAGKDOn.l 1, 29.
5) dies entsprieszen /ia//e vormals wie ersprieszen, mil dem
dal. der person zugleich die bedeutung von prodesse, gedeihen:
sag mir dein anligen, und wa ich dir zu gutem entsprieszen
kan, so will ich es von herzen gerne thun. Wibsong Calistus
K, 2 ; ich wil dir sagen, was ich von anderen gesehen hab
und mir am basten entsprossen ist. p, 3;
dir wird dein gut entsprieszen basz. H. Sachs I, 447^
vielleicht Idszt sich eine güthische stelle hierhernehmen:
was ich dort gelebt, genossen,
was mir all dorther entsprossen (zu gewinn gediehen),
welche freude, welche kenntnis,
war ein allzulang geständnis. 51,5.
ENTSPRINGEN, surgere, ahd. intspringan, mhd. entspringen,
nnl. onlspringen.
1) von blumen und hräulem, enisprieszen, hervorwachsen:
mhd. sin {dns winters) hetwingen
lät niht blunmvn entspringen. MS. 1, 12';
ich sach bluomen schöne entspringen. 1,31';
ich sach die bluomen wünneclich cnitpringen. i,44»'
nhd. blumen entsprangen unter iliren füszen ; gras entspringt
zwischen den steinen.
2) vom bart:
daj kein swCrt bernerie die,
den noch an dem harte nie
was eni'prungen häres grane. Sdv. 1087;
dö mir bcgund enisprin^en
von alrörst min bart. MS. 2, 22S".
ein erwachsner jüngling hiesz gransprunge {RA. 413) und vom
barl gilt wachsen, mähen, raufen wie vom gras.
3) vom gewässer, springen, queilen: scaturio, idi entspring.
ÄLBERCS;
lobebrunnen vil begunde
üf quellen und entspringen. Trist. 2S2, 5;
SB enphie der küele brunne.
der gein ir ougen schöne entspranc. 435,21;
bäche entspringend aus dem grund. Weckhkrlin 223;
wo das pferd mit dem huf schlug, entsprang ein quell ; der
Rhein entspringt im grauen bund.
4) von menschen oder thieren:
a) aufspringen, vom platz, aus dem schlaf:
also Adam intspranc,
got nam da? wjb in die h.int,
er leite sie zS Adärae. DiiU. 3, 49;
des troumes ich intspranc. 3, 98.
b) wegspringen, fliehen: der gefangne entspringt; das reh
entspringt; er ist zu fern weg, er ist entsprungen, wie eiu
rehe aus dem netze. Sirach 27, 24 ;
das arme kind erschrack und (loh,
die grazien entsprungen, üz 1. 24.
c) entrinnen: wie soll er der gefahr entspringen? Kürser
4,47; das thier entsprang dem käüch;
das kind entspringt der welle,
den alten reiszt sie fort, üuland ged. 471.
4) stammen, abslammen:
indem aus deinem edlen leib
entspringen sollen grosze prinzen. WgciHgBiiN 332;
und dasz der weit aus euch entspringen
gleichlose (unvergleichliche) beiden. 372.
von Alpheios entsprang Orsilochos. Bürger 227';
goit, als ein ursach aller ding,
das der von anders nichts entspring. Schwarzenberg 151, 2;
kümpt gott von imand anders her,
so sag von wem derselb entspring. 154, 2.
5) von blättern, die aus der haut springen: die geistlichen
blattren, der fünfundzwanzig seiq, die in dem rächen inwen-
dig entspringen. Keisersb. s. d. m. 3'; die ander blatter, die
in dem mund entspringt, ist beschirraung der sündcn. die
erst bialter des fraszes ist entsprungen in dem mund und
umb das mul Ade und Eve in dem puradeis. 12'.
6) abstract entspringen, oriri:
und Seite im, daj ein m;pre
da ze hove entsprungen waere. Trist. 343, 6,'
waltet aber personification, so gehört es unter 4, a ; der ist
verdüstert und weisz nichts, sondern ist seuchtig in fragen
und worlkriegen, aus welchen entspringet neid, hadder, leste-
rung, böse argwahn. l Tim. 6, 4 {goth. us ^aimei Tair|)and
nei|)a, maurjira, haifsteis, anaqisseis, anamindeis ubilos) ;
usz richtum Übermut entspringt. Bramt 67, 75;
und was für unheil ist, das nicht vom trunk entsprang?
mord, Schändung, feuersbrunst. basz, armut, krankheit. zank.
Lichtwkr das recht der Vernunft 54 ;
so entsprang dadurch für unsere neigung ein neues leben.
GöTHE 26, 32 ; aus diesem qRirlen und schalTen, aus diesem
leben und lebenlassen, aus diesem nehmen und geben . . .
entsprang jene berühmte, berufene und verrufene literar-
epoche. 26, 117 ; das bedürfnis der Unabhängigkeit, welrhos
immer im frieden entspringt. 26, 140; wir finden ein aus
allgemeinen begriffen entspringendes märchen. 63, 130 ; man
sieht er beobachtete die färben und die bedingungen unter
welchen sie entspringen. 53, 141 ; fast alle beweise sind auf
folgende art entsprungen. Kam s, 55.
7) sich entspringen , herumspringen, gleichsam sich aus-
springen i
ich hab mich wol entsprungen
mit einem Schreiber jungen. Ficrards archi» 3, 207.
ENTSPRITZEN, pn^silire, emieare: wasser entspritzt dem
schlauch; blut der wunde.
ENTSPROSSEN, wai entsprieszen, aus sprosse germen,
surculus gebildet:
blühende lorbeern entsprossen des «ticger!« siiruc.
Messias 4, 6Iü;
seihst du wurdest gesJt, doch entsprössest du der verwcsuiig
nicht. 12,201;
es ent«pro«ilen auf einmal dem kreuze
palmcn. 12, S70j
40*
63 1 ENTSPROSSUNG — ENTSTEHEN
mit rosen kränz ich, farbige Zauberin, dich,
und dich mit laube, parische, wie es hell
der eich entsproszt. Klopstoce 7, 42.
ENTSPROSSUNG, f. progerminalio : der kleine Strom, der
den grünenden wiesengrund zu entsprossung neuer bluraen
befeuchtete. Nicolai Seb. JVo/Zi. 3, 96.
EMSPRUDELN, scaturire :
üasz lebendigen quellen entspnidcle süszps gewässcr.
Voss nbiiUs gliickwunsch an Mvsstüa SU ;
der stilleren Donau
ebner flur enisprudelter sirom. Plateü 128';
es schwellt wollaiit die klangreiche briist,
üppig enisprudeli ihr der gedanke. 133".
ENTSPRÜHEN, scintillare :
kein fünkchen. das dem kelch der anemon ent>prühi,
vcrniegt ihr ungenutzt. Tuümhkl 2, 35,
nur in den späteren ausg.;
wollustflammen entsprfihten den küssen,
jagten die mindchen in liebende glui. Schiller t*;
sieh aus demantnen schnauzen enisprüht erzhuflgcn stieren
hellaufwehende glut. Vo.ss.
ENTSPÜLEN, abluere, abspülen:
aber nachdem die woge den vielen schwcisz der arbeit
ganz den gliedern enispiili. Voss.
ENTSTAATSPERRÜCKEN :
entslaalsperrückt, enthalskraust, ausgewindcli. Bürger 106'.
ENTSTALTEN, deformare, verunstalten, entstellen : diese
art giftes entstallen den leib, zucken das angesicht und alle
musculen aus irer form. Thurneisser prob, der harnen 75;
du bist wie entstaltet, man erkennt dich nicht;
die legen vor mir in den staub sich
nieder, krümmen vor mir sich entsialtet, winden sich, sterben.
Messias 2, 847.
ENTSTALTüNG, f. deformatio: der zangg (zank, streit)
liesz ein entstallung der bübschlich grünenden kilchen hinter
im. Zwi.NGLi 2, 238 ; wer wollte leugnen, dasz es nicbt noch
andere Ursachen der Verschönerung und enlstaltung des
menschlichen angesichts gebe. Lavater fragm. 1. ix s. 64.
ENTSTAMMEN, originem trahere, abslammen:
wer nicht französisch kann
ist kein gerühmter mann,
drum müssen wir verdammen
von denen wir enlstammea,
bei denen herz und mund
alleine deutsch gekunt. Logau 2, 137,94;
von adelicher zucht entstammt. Schiller ...;
Seher er selbst, entstammt er Mclampus edlem geschlechie.
Od. 15,224;
die von Ursprung aus
einer mutier entstammen,
ab ein groszes haus
sollen sie wohnen beisammen. Röckert 147.
ENTSTAMMUNG, f. origo, abkunfl:
da dacht ich meine himmlische enistammung. RGckert 152.
ENTSTAND, m. origo, gebildet wie abstand, anstand, auf-
stand, umstand, verstand: auch hast ghört des teufcls an-
kunft und entstand. Thurneisser archidoxaAO; seinen ersten
entstand oder Ursprung, prob, der harnen 95.
ENTSTAUDEN, arbusla succidere, der Stauden berauben,
die gebüsehe tilgen. Stieler 2126.
E.NTSTECKEN, incendere, anstecken, nnl. ontsteken:
wo liebe, die natur in eurem blut erweckt,
wo wahre vatertreu ie fürst dein herz entsteckt.
Grtphius 1, 36;
wie heftig seine seel durch räch und lieb entsterkt. 1, 143;
wird er durch neue llammi entsteckt mehr denn vorhin. 1,212;
dasz die so laue lieb hab endlich deine brüst
■Sil wahrer llamm entsteckl. 1, 217;
die vorhin mehr denn angenehme zeit
der siillen nacht entsteckt der bellen lichter reihen. 1, 22S)
die brüst klopft! o die w/)rm entateckt das seeleahauf
und tbeilei sich gemach durch alle glieder aus.
Verl. gesp. 35 ;
0 sO«ze liebc»nammen
•oblagt Ober mich zusanmSD,
enitierkt mit liPilger bruDit
mein in dem frott begrabnei ben. Cn. GarrBios 1, 21.
ENTSTEHEN, goth. andslandan, ahd. inslantan (GRArr
6, ftOt), mhä. enstdo, cntstdn, nnl. ontstaan, mit sehr abwei-
chenden bedeutungen.
1) die uralle gotkiiciu von widerstehen, entgegenstehen icheinl
noch tpM einmal bei Fluikc 100 (lOS) au^utauchen:
ENTSTEHEN
632
wer wil wol dcrmaleins uns alte jungen küssen?
uns kluge ihoren chrn ? freund (alle ausg. freud) auf, und
lasz uns gehn,
auf, es ist hohe zeit dem übel zu entsiehn,
tpo freilich das obstare, resistere an ein deesse grenzt, denn
wer dem übel widersteht, entgegentritt, steht auch von ihm ab,
ermangelt ihm, steht ihm nicht zur seile.
2) so wäre dann ein Übergang gebahnt in den sinn von
mangeln und entgehen, welches letztere ebenso aus gehen, wie
entstehen aus stehen erwächst, nur pflegt sich das suhject
meistens umzudrehen, statt dessen, der einem entsteht oder
entgeht, heiszt es dasz einem etwas entstehe, absiehe, fern stehe,
mangle. diese privativbedeutnng von entstehen = fehlen,
mangeln, gebrechen war, soviel wir wissen, weder ahd. noch
sireugmhd., erscheint aber bei Herbort und dem dichter des
passionals :
dö entsinnt in der tac (die$ eis defecit). Herb. 12363;
dö ensiunt in dirre tac,
als in der ander was enstanden. 12886;
so im des blutes cntstunt,
so mochte er genesen niet. 11753;
der im in siner äwekeit
nicht entstunt noch gebrach, pass. K. 80, 53;
nu hin ich leides ungencsen,
wand mir die hoOTciiuuge entslät. 102, 51
zeimal brötes im entslunt. 386, 18.
nhd. begegnet kein solches entstehen bei Keisersberg «iid Luther,
noch bei Dasvpodius und Maaleb, doch sonst hin und wieder
im IQjh., wird aber im 17. 18 häufiger: so will itzt zu be-
denken sein, wie man genugsam und versichert geleit suchen
will, und im fall dasz es entstünde, ob man ohne genüg-
same vergleitung und Versicherung schicken oder auch die
praedicanten will ziehen lassen, churf. Jon. Friedrich bei
Melanchthon 3, 264 ; und obwol ihrer maj. die gütlichkeit ent-
standen (amicis tractationibus nihil esse profectum). churf.
Moriz ebendaselbst 7, 6 ; darumb er gedachte, die Stadt kundle
ihm nu nicht entstehen. Schütz beschr. von Preuszen 22;
das im von allem nichts entstund,
welchs er nicht hett ausrichten kund (gekonnt).
Waldis leben Esopi 4' ;
das er bei dem als bei eim fründ
erhalten würd, obs reich entstund,
das er denn würd den tag erleben,
als ein erb möcht das reich erheben. Esop 4,20 bl. 235';
Rcinick fragt, was braucht ihr für kunst,
wenn euch entsteht der freunde gunstt
froschm. 1,2 6. J7';
eh den Aussen
ihr gestähltes band entsteht (das eis bricht)
und der späte sohnee vergeht. Flehi.ng 387;
wie thut ein wilder low und beer,
entsiehn ihm seine jungen,
ein tieger laufet hin und her
durch liebe blosz bezwungen,
wenn ihr die kleinen sind entführt. S. Dach V;
der trotzt den himmel mehr, als dasz er solt vertrauen,
der, wenn er die gefahr verhüten kann, entsteht
und, da er stehen kann, mit ihr zu gründe gehi.
IIaugwitz Maria Stuarda 23 ;
damit ja keinem einzigen widerkehrenden seine gnade ent-
stünde. Spee tugendb. 192; und gleichwol entstunden ihm
auch die mittel (den) eigenen herrn zu spielen, pol. stockf
18; die bisthttmer musten dem reich mit ihrem verm i^yn
beispringen, oder im entstehenden fall sich andern fürsten
unterwerfen lassen. Hahn 2,218; er kontc dabei hoffen, dasz
ihm die nation selbst nicht entstehen würde. Mascoo 2,823;
und da mir alles sollt entstehen,
müst ihr selbst mit nach Frankreich gehen. Canitz 216;
den fHeden mit sich selbst, der nimmer dem entsteht,
der durch das innre glOok das iluszre gluck erhöht,
das kleinod kennt ihr nicht. IUgkdor!« I, 24;
bei dem in unserm gebiet gelieferten landtrefTen sind wir
euch und dein Pausanias nicht entstanden. Hbilmanns Thuey'
dides 371 (Jacobi: standen wir euch und dem P. zur seile);
wir glauben, dasz die gnade der gollheil uns nicht entstehen
werde. 747; tiamil der arme die gebührende genuglhuung
erbalte, wiewol nicht .zu zweifeln sei, dasz ihm solche bei
dieser hohen gerirhlsslelle nicht entstehen knnne. Wikland
20, 81 ; wenn sie ernst sieht, kann mir ihre Vergebung nicht ent-
stehen. Lkssinc 1, 582 ; wer logik in einer konindie zeigt, dem
würde sie gcwis auch zu einer predigt nicht riilslcücn. 10, 175;
selber auch word ich
euch nicht lanir eoutchco, mich dringt die bcgierde des
* kampfes. Od. 1», 171 ;
633
ENTSTEHEN
ENTSTEHEN — ENTSTEHUNG
634
halb erhobenen thürmen entsteht nun die letzte Vollendung.
BÜRGER 21'/;
sprachs. nicht länger entstand ihr der vaier der gölter und
menschen. 213";
und wenn, nach Paris hinfall, Priamus
nebst seinen söhnen dieser busz entsieht {ermangelt),
so bleib ich hier und streite Ion um sie. 154";
die edlen drängt nicht gleiche noih mit uns,
doch ihre hülle wird uns nicht enisiehn,
wenn sie das land in waffen erst erblicken. Schiller 524*;
mir darf dein rath noch immer nicht enistehn. Tikck3,218;
gefangen sind wir, aber nicht gebeugt,
das kriegsglück wechselt,''doch der neld ist der,
dem nie das adliche gemüih entsteht. Uulamds Ludwig 7;
wem ruhiger forschgeist nicht entstünde. DyanasoreX,b; aber
wenn ihr euch selbst entsteht, wenn in euren herzen der
geist ehrenvoller nacheiferung nicht liegt, wer kann eure
seele erheben? 1,68; der name entsteht seinen thaten. 1,131;
niemand als der bösewicht oder der gauner kann beiden ent-
stehn. Herder 17, 274; zog mich aber in eine unerlaubte
ausschwatzung ihres hauses hinein, für die mir ihre Verzeihung
so wenig entstehe, als ihnen die meine. J. P. flegelj. 1,8-2;
verwickelten dadurch den künig, der seinem lehnsmanne
nicht entstehen konnte, in den sogenannten markgrafenkrieg.
Dahlman.n dän. gesch. 1, 435. das zusammengesetzte praet. wird,
wie die stelle aus Heilmann 371 beweist, auch liier mit sein,
nicht mit haben gebildet, doch ist der ausdruck überhaupt
heule mehr gemieden als gesucht und die folgende bedetilung
überwiegt.
3) positives entstehen, oriri, werden, eigentlich aufstehen,
surgere, ganz wie entspringen, aufspringen ; die beispiele lehren
es, zumal gern von soramer, jähr, fest, tag, abend, nacht,
sonne, mond, welter, stürm:
mhd. ich hörte ein merlikin wol singen,
daj mich dühte, der sumer wolle enistän. HS. 1, 4S*.
minncs. frühling 77, 37;
wen dar der äbunt entslunt (wäre es nicht a. geworden).
HfiRB. 12512;
bin gein meridid,
da der mitte tac ensl&t. 14235;
als der sumer enstät. 14332;
da; man den lach jerlich begöt,
als sin kunft mit vreude ensiet. pass. U. 166, 62;
als der selbe lach ensiet. 1G6, 67 ;
swanne in enstunt ein hungerjär. 212,22;
die ösierzit uns nu entstät. 264,2;
want ein verlustlicber dach
intstönt uns an deser wochen. Crane 275;
de högtii sal uns hüte enistän. 1969;
als ir der vrouden riche naht
intstunt van werden frunde. 2163;
unde waj darnach mochte entsiän
entweder schaden oder vrumen. pass. IT. 66, 32.
man musz sich hüten diese hedeutung mit der vorigen zu ver-
tcechseln. Herbort sagt: der tac, der sumer enstat = es
wird tag, sommer; hingegen: der tac enstät mir = geht mir
aus, gebricht mir; dem privativen sinn fügt er immer persön-
lichen dativ hinzu, der jedoch anderemal auch die positive
bedeutung geleitet: der tag ist mir entstanden, entsprungen,
oder der privativen bedeutung abgehl, wie in den stellen von
Waldis und Haugwitz. MS. 1,48' verstand Adelung gerade
falsch.
nhd. belege ßr entstehn = orrn sind unsellen: wan er
aber also unmäszig sich in seinem schreien erzeiget, also
das die leut darab geergert würden, so möchten todsünde
daraus entstan. Keisersberg s. d.m. 41';
mancher verzerl in peticrle me,
dann im usz sinem tag eotstcc. Drant 71, 30,
braucht für pelersilie in seiner suppe mehr, als ihm vortheil
aus seinem gerichtstag erwächst, d. h. beinahe gar keiner;
SU sehet nu zu, das ir nicht hinlessig hierinnen seid, damit
lücht schade entstehe dem könige. Esra 4, 22 ; denn ir unfal
wird plötzlich entstehen, spr. Salom. 24,22; das vier ktinig-
reiche aus dem volk entstehen werden. Dan. 8,22; der hat
einen hellen sciicin in unser herzen gegeben, das durch nrs
entstünde die erleuchtting von der crkenntnis der klarhcit
gottes. 2 Cor. 4, 6 ; ausgetilget die handschrift, welche durch
Satzung entstund und uns entgegen war. Col. 2, 14 ; der wind
entStaat, erhebt sich, facht an wäien, ventus nascitur. Maaler
106': es entsteht {steigt auf) ein stürm, ein gewilter, heftige
fcuersbrunst ; es entslaat ein wunderbar wunder, monstrum
mirabile oritur. Mjialer a. a. o. ; es ist ein krieg entstanden ;
hier entstand auf einmal ein gelächter;
sein lob sei, wo die sonn entsteht {aufgeht). Opitz ps. 113;
wilst du denn vor uniergehn
und so wider früh entstehn,
giildnes äuge dieser well,
eh sich dieses paar gesellt? FlexingSSO;
wann Phoebus auf die wache geht {aufzieht),
weicht Luna weg, will sie entstehn {aufsteigen),
musz Phoebus dann zu belle gehn. Upitz 2, 169;
aus dem 'verwahrt' und dem 'bewahrt'
war spoil, Verachtung, hasz und räch und wulh entstanden.
Gbllert 1, 147 ;
lern es von mir, wie dieser bau entstanden. 1, 150;
ebenso entsteht ein doppelter reiz daher, dasz diese perso-
nen keine frauenzimmer sind, sondern frauenzimmer dar-
stellen. Göthe 38,177; die dichtkunst entsteht erst mit Her-
cules. 39, 6 ; dadurch entstand ihr in der ganzen gegend ein
narae von vortreflicbkeit. 17,242; der begrif von entstehn ist
uns ganz und gar versagt, daher wir, wenn wir etwas werden
sehen, denken, dasz es schon da gewesen sei. 50, 143 ;
schlägst du erst diese well zu trümmern,
die andre mag darnach entstehn. 12,84;
mein gehirn
treibt öfters wunderbare blasen auf,
die schnell, wie sie entstanden sind, zerspringen.
Scbiller 262';
so entsteht mir {steigt mir auf) der verdacht, dasz man niclit
recht wisse, wovon man rede. 488';
aus geist entstand die weit und gehet auf in geist.
Hcceert;
aus einem irrthum entstehen drei andere; hier entsteht die
frage; was kann noch alles daraus entstehen?
4) ahd. intstantan bedeutet inlelligere (Graff 6, 601), in
naher berührung mit farstantan, verstehen und ays. under-
standan, engl, understand. mhd. entsten und sich entsten :
so geirüwet si dem eide und entslet mins harzen riuwe.
Walth. 74, 9;
als ich michs entsiän. mtnnesangs frvhting 24, 2;
als ich entsiän ze rehte wol. Bem. beitr. 1, 79;
ouch kan ich mich vil wol entstän. Rcinh. s. 361 ;
als schiere dö er sich enstuont. Lanz. 250. 1234. 1261;
zehant als er ir (der bösen gedanken) entste, so jage sie ftj.
myst. 1, 312 ;
an der wart elliu magtlich fire ensianden. Tit. 19
= verstanden, begriffen, inbegriffen, zeigte sich, hiesze es
'was' für 'wart', so ergäbe sich leicht der sinn: war entsprungen,
diese vierte bedetttung nhd. erloschen.
ENTSTEHEN, n. 1) abgang, mangel, ermangelung : dem
recht nach fiel die erbschaft an ebenbürtige geschwister und
in deren entstehen an sippen und magen. so auch die fehl-
ten, an das geschlecht. Niebuhr 2, 3S1.
2) beginn, Ursprung: der aufruhr wurde alsbald im ent-
stehen gedämpft; das übel ist noch im entstehen begriffen;
gleich einer weibersage,
die im entstehn schon halb vergessen ist. Scuillbr ...
ENTSTEHEND, l)er»jan5e/nd; entstehenden falls. Rabeneb
1, 184.
2) entspringend: ein entstehender streit, krieg.
ENTSTEHLEN, suffurari, entwenden, nnl. ontstelen: an-
dern ieuten das ihre entstehlen. Gefken beilage 97*;
wer ihn da hält erastolen,
wer ihn getragen weg. Spbk trutzn. 66(60);
0 weib! und wolltest holen
und wolltest heben du
den köi-pcr, dir entstolen
aus seiner todienruh? 69(63);
hast du ihn nit entstolen *
dich zwar hab in verdacht,
sags an, ich ihn musz holen,
hab schon es oft gesagt. 70(64);
un<l meiner jungen brüst
enlslahlen zwei nochwolgeborne diebe {al. triebe),
die löil'elei und ehrsucht, bald die liebe. Börgkr 106';
mit schlammiger, triiber,
undurchschaulicher Out, die du den wölken enistahlst.
liüRDSH 10, 37;
wenn es doch wenigstens nur einen schleier hätte, das garstige
lasier, sich dem äuge der well zu entstehlen ! Schiller Hl'.
ENTSTEHUNG, f wie entstehen, l) der abgang: man setzte
Henrico eine gewisse zeit, binnen welcher er entweder zu
Kara erscheinen und den jungen künig mit dahin bringen,
oder in entstehung dessen aller schärfe gewärtig sein solle.
635 ENTSTEHÜNGSART — ENTSTELL EN
Haiin 2, 137 ; ich denke, dasz Lier gerade der rechte winkcl
ist, in weichen ich so etwas, auf nothfail des gcbrauciis,
hinwerfen, oder in entstehung alles gebrauchs, weg\Verfrn
kann. Lessing 8, 508. in der gerichlsspradie häufig : terniin
zum versuch der gute, in deren entstehung aber zur weitern
Verhandlung der sache.
2) beginn: die entstehung der fcindschaft; man ahnet im
dunkeln die entstehung und das leben dieser seltsamen ge-
stalten. GöTHK.
ENTSTEHÜNGSART, f. ortus,
ENTSTEHUNGSFALL, ni. was entstehender fall: und doch
haben wir gemessene ordre, euch in der gute zu überreden,
oder im entstehungsfall euch in den thurn zu werfon. Göthe
8, 12t. 42, 157. 196.
ENTSTEHUNGSGESCHICHTE, f. hislorie: die natürliche
entstehungsgeschichte jedes positiven rechts. Hugos nalur-
recht 1819 s. 196.
ENTSTEHUNGSGRÜND, m. eines rechts. Savignt syskm
i, 11. 3, 321.
ENTSTEIGEN, ascendere, emmpere, tinl. ontstijgenr
Hans auch entstieg, und knüpfte das hemmende seil um den
baumsiumpf. Luise a. l. h. 25;
dann aus salziger flut entsteigt der unirügliche raeeigreis,
Voss;
dem bade entsteigen. Wieland 4, 14 ;
schwarze dämpTe, entsteiget, entsteiget
qualmend dem abgrund. Schiller 511';
kein tag entstieg dem mcer und sank hinunter. 495*;
bin ich dem finsiern peTfingnis entstiegen,
hält sie mich nicht mehr die traurige gruft? 425";
als Gottfried nahet, bricht der schmerz der menge
gewaltger aus und lautre klag enisieigt.
Gries Tassos befr, Jer. 3, 67 ;
0 Zauberkraft in eines weibes ihränen,
in einer süszcn znnge schnieichcibiut!
anmuiger lipp entsteigen goldne ketten,
und keiner ist aus ihrer haft zu reiten, ebenda 4, 83.
ENTSTEINEN, vie entfelsen, e lapide verlcre, lapide pri-
vare, emollire: entsteine selber deinen sinn. Louenst. Arm.
2, 1429 ;
da sie felsen selbst entsteinet. Brockes 2,258;
entsteinet sich die festigkeit. 4,395. 7,583;
wird er entsteint, der senati Klopstock 2, 136.
ENTSTEINERN, dasselbe, gegensalz von versteinern: die
geistlichkcit, weiche durch ihren gewissenszwang die härtesten
gemüther zu entsteinern wüste. Lohenst. Arm. 2, 521 ;
auch bilde dir nicht ein,
dasz du durch zagheii wirst des Nero sinn entsteinern.
Epichar. 56, 215 ;
sie wird nach so viel quäl sich doch entsieinern müssen.
84, 239 ;
so war der marmorsinn auch gar nicht zu entsteinern.
IIallmanjt Theodorich 79.
ENTSTELLEN, deformare, entstalten, verunstalten, aus der
rechten stelle, fuge oder gestall bringen, denn stellen = stehn
machen ist mit gcstalt und gestalten unmittelbar verwandt,
wie unter diesen Wörtern näher zu lesen sein wird, entstellen
heisxt also auch verändern, anders gestalten und da die echte,
erste gcstalt für die bessere gilt, verschlechtern, verderben,
nnl. ontstellen. vgl. verstellen.
1) transititet entstellen: aber ze band entpfand ich in aller
angesiebt sie entstellen {immutari). Terenz 1499. 153' {Hecyra) ;
die liebe hat sie am leibe und gemüthe entstellt. Gelleiit;
<o Jammervoll, durch glaubenszwang entstellt,
gehülll in öde tinsternisse,
lag Deutschland einst. Gotter 1,426;
angst entstellt blick und gebärde. ...;
pfui, in seinem alter schon geizig zu sein ! das entstellt seine
Jugend und erstickt den antbeil, welchen seine glückliche
gesicbtsbildung im ersten augenblitk cinnöszt. Heinr. Leop.
Wac!«er der wolthätige unbekannte. 1775 t. 38 ; zwei fuszpfadc,
die noch hinaufTührten, haben wir dergestalt entstellt, dasz
niemand als durch jenen ersten engen anweg zu dem zatiber-
scblosse gelangen könne. Göthe 15,323; die blatlcrn bnbcn
das liebliche gesiebt des kindes entstellt; entstellt bis zur
Unkenntlichkeit von notb und elend ; der sacbc hergang er-
scheint völlig entstellt; den sinn entstellende druckrehler.
2) steh entstellen, verändern, verunstalten:
her der wirl, nti hflrt un' r ' nn,
«•«•n wollen wir nnrh nll I- «n,
warumb wir uns aUo hal rrrmumml, hdttUeh
iji-mi lüii). fuiln, 719, ü;
ENTSTEBBEN — ENTSTREIFEN
636
Polemo stolpert von abentbewr wegen hinein (i« Xenokrates
schule), die zübürer wurden unwirs, Xenocrates entstellet sich
nicht (gerieth nicht aus der fassung), liesz von der inateri.
Frank chronica 97'; entstelle dich nicht so sehr, dasz die
ädern an deinem halse vor unmul aufschwellen, pers. baumg.
4,5; sie entstellt sich durch das schminken.
ENTSTEHBEN, enjort, dahinsterben, nnl. ontsterven: ein
ermatten, wie das zum himniel entsterben der heiligen rieselt,
flutet, flüstert durch mein ganzes wesen. Tieck 3, 304.
ENTSTERNEN, stellis privarc:
immer bat auf dunkler lobenswclle,
durch des niisgescbicks cntsicrntc nacht,
gleich der Tyndariden silborhclle,
leitend nil'r dies holde bild gelacht. Matthisson 5S.
Stieler 2151 hat entstimt, nach analogie von gestirnt, rat
freilich slellatus und frontatus ausdrückt.
ENTSTIEÜEN, pulvere elabi:
über dem helnie zersplittert, entstob es {das schwert) der band
in die lüfte. Ujjrgkr 211*.
ENTSTIEFELN, caligas detrahere, die Stiefel ausziehen.
ENTSTIELEN, manubrio privare, Stieler 2163: ein ent-
stielter liammer.
ENTSTIMMEN, dissonum reddere, verstimmen:
die ganz entstimmle barf. Gryphius 271.
ENTSTIRNEN, frontem, pudorem solvere:
schamlose kämpfen, immer entstirnter bei
der neuen unscham, gegen die edlen fort. Klopstock 2,154;
pedr.inptc scharen sprechen mit mir mein wort
von euch, entsiirntc l'reilieitsvertilgcr, aus. 7, 18.
ENTSTÖßERN, frequentativ von entstieben : dichter schnee
entstöberle den wölken ;
solch ein schwall von geschossen entstöberle dort der Achaier
handen.
ENTSTOLLEN, deserere fodinam, den stallen auflassen.
Stieler 2176.
ENTSTOLPERN, litubando elabi, stolpernd entrinnen.
ENTSTOLZEN, frangere animum stiperbi. Stieler 2178.
ENTSTÖPFELN, wie das folgende.
ENTSTOPFEN, relinere, aperire, üfnen. Maaler 106*; die
flascben entslopfen, entkorken.
ENTSTOSZEN, detrudere, herabslosien:
weil seinen freund
er diesem thron cntstiesz. Hkrdkr.
ENTSTRABEN, eniti? nur einmal gelesenes wort, das zu
streben, nili (Graff 6, 737) gehören mag, von einem ohnmäch-
tigen :
sie greif mit ir band
da sie ein prünicin fand,
und wolt mich han gelabet,
mein scibs ich do entstrabet,
und neiget mich wider cntpor. fasln. 1388,
ich strebte auf, kam zu mir selbst? s. cntstreben.
ENTSTRAHLEN, l) refulgere:
der abendstcrn enistrahlie dem himmcl. Messias 15, 1241 ;
des riticrs angesicbi entstrahlten stolz und freudc.
Borger 108';
der heitre mond am himmel lacht,
und ihm cntstrabll ein sQszcr friede. I.cnau neuere gnl. 235.
2) radiis spoliare: war beordert, dasz er das türkische
mondenlicht entstralen solle. Wiedemann aug. 60.
ENTSTREBEN, eniti, was entstrabcn:
denn sechs arme zugleich enisircbcien ihren schultern.
Voss, Orfi'us 517 ;
warum entsu-ebst du meinem liebenden arme? Kosecarte^;
ob der karren TorwSris, ob rilrkwÄri«
geh? und ob er dein modcr cutstrub, ob liofer hinein sank?
so angeführt bei Campe unter modcr, vielleicht entslrebl oder
sink zu lesen.
ENTSTREICHEN, elabi, nnl. ontsirijken, bei Alberüs und
Stieler: er ist dieser gcfabr cnlstrichcn, schnell entgangen,
entronnen, ahd. iiun instrkht^. 0. I. 5, 43.
ENTSTREIFEN, destringcre, abstreifen.
1) transttiv: laub, bliltter cntslreifcn ; einem den kränz
vom haupl entstreifen; den bandscbuh cntslrrifcn.
2) reflexiv:
die ernto frnw zwar wnrf das Joch
der Ründ nn un-<i'rn liaU,
doch »ind jcui UH'.re fraiion ni-" '»
wn« klilRor du'«r« fall«.
■la tetifn manchem huriior nn.
datz er »ich nicht onistrcilcn k i .... 1 >. 37.
637
ENTSTRICKEN — ENTSÜHNEN
ENTSÜHNUNG — ENTTEUSGHEN
638
EMSTRICKEN, solvere, vom strick befreien, nnl. ontstrikken,
1) transitiv:
tnlid. si entstricle der liniälen bant. Parz. 44,4;
den beim entsiriciens irae ze bant. Trist. 237, 8.
tifcrf. da lei^t der augenscheiii die last, die itzt uns drücket,
das luitiel, das die notb, in der wir Test, entsirickei.
Grtphius 1, 10;
nicht, Torn kämpf die glieder zu entslrickeD,
die erscböpfien zu erquicken,
webet bier des siege» diiflger kränz. Schiller 72';
wolkennacht entsiricken
kannst Ju mit den blicken. RCceert 22ti.
2) reflexiv:
indem des mädchens scbwarze locke
sieb im ungelernten tanz entsirickt. Wiklasd 9,307;
auch unser helJ fohlt doch bei diesem ton
an arm und knie die sehnen sieb entsiricken. 22,12;
weibersehnen entsiricken sich eher. Hippel lebensl. 4,269;
da im tanz sich ihre schwarze locke enlstrickt. Herder an
Car. Flachsland 1, 146.
ENTSTRIEMEN, mederi verberibus et vulneribiis. Stieler
2212.
ENTSTRÖMEN, efßuere, nnl. ontstroomen:
und es entströmte mir heiszeres blut. Klopstock ...;
dies ist der bittere quell, welchem ihr elend entströmt.
2, 151.
ENTSTRUMPFEN, tibialia delrahere: so kehrte sich der
unerbittliche arzt doch an kein protestieren, entstrumpfte den
fusz des niedlichen mädchens ohne barmherzigkeit. MusÄcs
5, 237 (2, 93).
ENTSTUMMEN, linguae usum reddere, redend machen : der
entstummte taubstumme.
ENTSTÜRMEN, cilato eursu elabi, nnl. ontstorraen:
und sie enistürmte dem hause. Voss;
wie hochanschwellende wogen,
wenn sie plötzlich entsiürmen den wölken des göttlichen Täters.
itÜKGEH 1%';
schauernd flüstern die wipfel und melodisch
hallis wie silbergeiön 'die jabr cntstiirmen,
morgen schatten und asche." Mattuisso:<i 63.
ENTSTÜRZEN, erumpere, proruere, delabi, fehlt noch bei
Stieles, Frisch, Adelung:
eher steigt der gelösete fels empor zu dem gipfel,
dem er entslürzte, eb sie sieb zum gehorsam erhebt.
Klopstock 2, 152;
dem hügel
war das fcisengewölbe, worunter die leichname ruhten
im erdbeben ehtstürzt. Messias 11, 12S6;
mit den werten entstürzien dem äuge Didvmus ihräuen.
14, SSO;
reden entStürzen den lippen. WiiLA^to 16, 157 ;
und in der hellesien höh, der oft der stüinoer enislürzet.
eiiönt reinklingend der silberne ton. lÄcukKii die geige ;
als nun die Jagd das gebirg und den sperrigen dickicht erobert,
siehe da taumelten hier, entstürzt dem felsengescheitel,
über die rücken der berge die flüchtigen gemsen herunter.
BÜRGER 246';
rauschend entstürzten dem wipfel die purpurwangigen äpfel.
Salis 112;
oftmals hab ich gesorgt, es möchte der krug dir entStürzen.
GöTHE l';297;
aber ach! das wasser entstürzt der steile des felsens.
1,3-25;
wider willen die tbräne dem äuge sich dringt zu entstürzen.
4o; 271 ;
rasch
entstürzet das gefühl sich der Verwahrung,
und flieszt, am boden rieselnd und verbreitet
zu deinen füszen nun versiegend hin. 10,307;
aber jene thSligkeiten, von der gemeinsten bis zur höchsten,
vom Ziegelstein, der dem dache entstürzt, bis zum leuch-
tenden geistesblick, der dir aufgeht und den du miltheilest,
reihen sie sich aneinander. 60, 106.
ENTSTCTZEN, fulcro suo privare, untergraben:
was nüizts, wann gegenibeil» ein siärkrer mich bespringt,
und jener mauergrund enuiützet niedersinkt?
IIaucwitz Soliman 3, 124;
drum zog ich fröhlich hin, enistüizte seine kröne. 4, 128.
ENTSUDELN, expiare, reinigen, nnl. ontzoedelen.
ENTSÜHNEN, piare, expiare, versöhnen, reinigen:
entsühnst den fluch und scbmörkcst neu die deinen
mit friscbeo lebensblüten herlich aus. Göthe 9, 73;
dereinst mit reiner band und reinem herzen
die schwer befleckte wohnung ru entsülmen. 9, 77;
lasz mich mit reinem herzen, reiner band
binubergehn und unser haus entsühnen. 9, 8S.
ENTSÜHNUNG, /.
und schon bege<;n ich reiner friedenstaube,
die holde zweige der entsübnung bringt. Göthe 4, 56.
ENTSUMMEN, bombum facienda evolare:
lasset keine nacbtigall
unbehorcht versiuramen,
keine bien im früblingstbal
unbelauscbt entsummeo. Höltt;
bienen entsummen der ritze des felsens. Stolrbrg 3,363
der schwärm des bienengescblechtes,
welche sich immer erneuend der hölung des felsens ent-
summen. 11,45.
ENTSUMPFEN, paludes exsiccare, eiii land trocken legen,
von den sümpfen befreien.
ENTSUMSEN, was entsummen:
aber o sieh, urplötzlich ein staunenswürdiges wunder
schauen sie dort, wie rings im geschmolzenen fleische der
'rinder
bienen durcbschwirren den bauch und geborstenen seilen
entsumsen. Voss Virg. Georg. 4, 554 ;
also ziehen einher dicbtwimmelnde schwärme der bienen,
immer und hintereinander dem holen reisen entsumsend.
BÜRGER 195*.
ENTSÜNDIGEN, expiare, nnl. ontzondigen, reinigen: und
seit den altar entsündigen. 2 Mos. 29,36; und sol also das
haus entsün'^igen mit dem blut des vogels. 3 Mos. 14, 52 ;
und alle kleider und alle gerate von feilen und alles Pelz-
werk und alles hülzen gefasz soll ir entsündigen. 4 Mos.
3t, 20 ; und von desselben blut soltu nemen und seine vier
hörner damit besprengen . . . damit soltu in entsündigen und
versünen. Ez. 43, 20 ;
nimm einen isoppusch, entsündige mein leben! FLERI.NC21;
den inlsehen trieb der lüsternheit
entsündigte des ehstands Schuldigkeit. Hagkdorm 2, 105;
eines sünders, allein den Jesus opfer entsündigt.
Messias lö, 549 ;
entsündigt, rein von misseibat,
dur<:b den. der uns geliebet hat,
sahn wir den tod. Klopstock 7, 71;
Jesu Christi mililcrtod,
der vorm richier uns entsündigt. 7, 159;
ach beiszres feuers liebt ich ein sterblich weih
als meinen mittler, der mich entsündigte.
Joa. Friede. Hahn im Gölt. musenalm. 1775;
dasz er (David) aber entsflndigt sein wollte und dasz er auf
das dringendste um ein reines herz üehte. Göthe 19, 320 ;
mag ein so groszes werk den frommen sinn verkündgen,
zu preisen gott den herrn, so wie mich zu entsündgeu.
41,295.
2) sich entsündigen: und die leviten entsündigtcn sich und
wuschen ihre kleider. 4 Mos. 8, 21 ; welcher aber unrein sein
wird, und sich nicht entsündigen wil, des seele sol aasge-
rottet werden. 19. 20.
E.NTSÜNDIGÜNG, f
das blut der entsündigung rann. Messias 20, 67;
auch der entsündigung weihe, die sehr den sterblichen
frommet. Voss, Orfetis 38 ;
manche nach den gotteslästerlichen regeln der entsündigung
ermordete Unschuld. ThChmel 5, 39.
ENTTÄUBEN, surdum faeere, betäuben : der riese schlug
Goffrui so gar stark auf seinen heim, dasz Goffroi schier von
dem ton und schall des scblagens entlaubt war. buch der
liebe 274, 2.
ENTTAUCHEN, emergere, emergendo elabi, auftauchen, nnl.
ontduiken:
sinnend stand sie am fenster im dämmerstrahle des morgens,
sähe die sonne doi. fluten enttauchen. Voss.
ENTTAUMELN, tilubanlem labi:
sondern gerade vom dach enttaumelt er, dasz ihm der iiacken
aus dem geleuk abbrach und der geist zum .Ais binübfubr.
Od. 10,559;
so enttaumelt ihr taoz, der entsetzliche tanz dem gehirce.
BÜRGER 24b'.
ENTTEüSCHEN, ex errore rapere, aus der teuschung ziehen :
er machte, indem er entteuscht ward, die wunderlichsten ge-
berden. Göthe 25,361; Anna war sehr entteuscht von den
hiihen erwartungen gräriicber berlicbkeit. Armh kronenwächter
1, 4U2; wünsche, hofnungen entteuschen = teuschen.
639
ENTTHAUEN — ENTTRAGEN
ENTTRÄUFELN — ENTÜBRIGEN
640
ENTTHAUEN, regelari, solvi, Ihauend eniflieszen:
die thränen, die den wimpcrn mir enithauen.
Wh. Humboldt 7, 441,
nachlässig oder gezierl mit zwei dativen.
ENTTHÖHEN, amenlia liberare, gegensatz von bethören,
mild, kein entccren:
wie war dein fall so lief.'
aber als cntthöret
dein herz zum himmel rief,
hat er dich gehöret. Röckbrt 145.
ENTTHRONEN, regno spoliare, deponere, früher auch ent-
tbrönen :
laszt uns ein gedichte singen,
das bis durch die wollten tönt,
und dem herrn ein opfer bringen,
der der fürsien pracht entihrönt. Opitz 3, 87;
ein cnllhronter, enlsclzler könig. mit gleichem umlaut hiesz
es auch vihd. trcenen (wb, 3, lU').
ENTTONEN, accenlu privare, gegensatz von betonen : die
ableitsilbe betonen und die Wurzelsilbe enttonen. J. P. aesth.
2, 204.
ENTTONEN, sono privare:
nicht die nation, nur einzelne herscher und ihre
schwärme strebten die siimine der weit zu enttöncn.
Klopstock 7, 6.
ENTTRAGEN, auferre, asportare, wegtragen, entziehen, ent-
wenden, ahd. intragan (Graff 5, 497, der inferre und auferre
tnisciit), mhd. entragen und auch nhd. früher noch oß entragen
geschrieben, nnl. ontdragen :
mhd. s6 der verwäjene huni
hat mir eitcwaj bräht,
da er mir die gflien aiidäht
stiere mit hat entragen. D(khkr 315, 16;
dich des tiuvels rate entragen. Bart. 79, 22;
diu (well) in mit unmuoje entreit
den guoten willen und den muol. 89,20;
diu (lere) mich dem tiuvel hat entragen. 185, 25;
der schöne hindere gewan
die mir die wilselde entrüc. pass. K. 054, 5.
nhd. sie wolden entzweder sterben adir sein entragen {über-
hoben) sein. RoTHB dür. chron. cap. 367 ; ich arme argkwone
euch, das er usbin gond etwas entragen habe. Terenz 1499, 67
{Eunuchus); aber er bat seiner irew vergessen und das noch
ärger, dem keiser sein cron und schwert, auch uns die un-
sern entdragen. Aimon 14"; das sie mir aber auflegt, das ich
einigerlei enttragen oder abhendig gemaciit, wird sie mir
nicht beibringen mit warheit. Luther 2,384'; dieweil solche
handlung in dem ganzen reich erschollen und noch nicht
entragen (entfernt, beseitigt). 3, 418"; welchs so ein ander
heimlich genoraen oder enttragen bette, müst er am strick
erwürgen. 4,402'; einer der iren hett uns ein wenig golds
entragen. Frank wellb. 230' ; weren sie niemant nütz, so were
man doch grüszers Schadens von in entragen {entledigt, über-
hoben), chron. 116"; das wir uns angenommen und gott als
dieb entragen haben, bäum des wissens Hb; durch die menge
nachtfeuer betrogen gehen etliche vom trosz in der feind
ISger, entragen also unwissend, was irer herschaft und sie
bei sich haben. Kircbhof mil. disc. 132; wie sie aus dem feld
entlaufen und sein geld diebischer weis entragen haben. 246 ;
da hat man ein in eisen gschlagen,
bat dem pauren ein hun entragen. Tudrneisskr arcliid. 22;
da werden mir viel schuld entragen. H. Sachs III. 3,29*,
geld, das ich xu fordern habe, genommen;
entregt mir mantel, kandel und blau. III. 3,30';
das mir der sialbub vor acht tagen
ein altes wammes hat entragen. III. 3,38';
het doch erlitten kein gef.ihr
von raubern, dieben noch schuld enttragen. V, 40S*;
er hat uns den barchei endiragn (so). Atrir fattn. 19*;
als hett er mir das gelt endtragn. 100*;
die für ihrs hemi wolthat und heil
ihnen das ihr leizlich eintragen
und ihm auf gut diebi>ch dank sagen. KriRiNC 1,67;
der dteb bab ibm sein geld enitragea. 1,364;
DUO hArt von groszem wunder sagen,
man bat der aUter ein ei entirsgcn.
G4RTÜKMI dicierin proverbialia 49*.
später ungewöhnlich und darum den vitilrrbüchem fehlend,
erst zuletzt wieder aufgebracht, doch weniger im sinn des
raubens und enlwendens, alt des erlaubten dahinlragent, fiU-
fement:
und den gduergleichen Ssrpedon enitrugen die edelo
tireii|;cao»sca der scfalachi. Lurcir 229*;
knecht und weiber enttragen die schätze des herbstes dem
garten ;
kaum gesagt, so enttragen die schenket ihn. Voss;
gelbmähnlge löwen und liper
führet die Hut, nichts frommt die gewalt des bliizes dem eher,
nichts dem enttragenen hirsche der leicht gehobene schenke!.
Voss Ovid niet. 1, SOti,
ablato ceno, dem von der Überschwemmung entführten.
ENTTRAÜFELN, destillare, emanare: versammelt euch, ihr
kinder, um diesen priester, und hört die goldnen lehren, die
seinem munde, wie thau dem morgengewülk, enttrüufelo.
ScHunARTS deutsche chronik auf 1775 s. 638 ;
dasz nicht der morgenihau
ihr {der htumc) euttraufle. Stolbkrg 1, 127;
doch gewachsenes geüeder
in der n.ichie duft,
mir einträufeln seh ichs wieder
an des morgens luft. Rückert 268.
ENTTRAUMEN, ENTTRÄUMEN, somniare, wie entschlafen,
entschlummern «. a. m. gebildet, den beginn des Schlafes und
traumcs anzudeuten, ahd. mhd. unterzeichnet, wahrscheinlich
aber auch vorhanden, kein nnl. ontdroomen. erscheint nur un-
persönlich: die verschienen nacht ist mir entreumet, wie der
donder meinen sün Loher darnider schlug, das er gestreckt
lag. Aimon hi'; mich bedunkt ich hali hie Magis hören nen-
nen, oder ist es mir entdraumbt? o4'.
ENTTREIREN, obigere, wegtreiben, entwenden: vieh ent-
Ireiben.
ENTTREIRER, m. abigeus, für peeoris.
ENTTRIER, m. abigeatus, abtrieb, wegtrieb.
ENTTRIEFEN, destillare, herablriefen : schweisz enllrieft
der stirne.
ENTTRINNEN, effugere? wenn sich Irinnen {nach 1, 145 «nd
nach trennen) behaupten Idszt. N. gibt intdran, indran (Graff
1, 515) und Haupt 7, 144. 145. 146 wird en-trinnen angenommen,
gewis aber gehen nicht alle entrinnen (oben sp. 587) darauf
zurück, wie auch ags. odyrnan, run away, nnl. outrennen
deutliches ent-rinnen ist.
ENTTRIPPELN, trepidantem clam aufugere:
ob vor der ihat, ob vor dem bauschen,
das weisz ich nicht, kurz sehr vorschämt,
an zung und lippe halb gcläiiint,
enitrippelt das ertappte mäuschen. Dürger 90*.
ENTTROCKNEN, delergere, abtrocknen, trocknen:
als ihn Odvsseus sah, enttrocknet er heimlich die thränen.
Od ;
thränen des grams sich entu-ocknen, mit schwer aufzitternden
Seufzern, i/. 18, 124;
also der greis, und die muttcr enttrocknete schnell sich die
thränen. Lui^t; a. i. h. 2, 87 s. 68.
ENTTRÖDELN, extricare, filatim solvere, wozu man auf-
trifeln, auftrieseln, austrieseln, auftrösen halte, auch ahd.
trddo ßmbria erwäge, mehr unter dem einfachen trödeln : halt
fest, bis sich die zeit erbarmen wird alles zu enttrödeln.
Herder in Merks bricfsammlung 1, 24.
ENTTRÖPFELN, gultatim deßucre: dem bäum enttröpfelt
harz, dem dach enttröpfelt wasser.
ENTTROPFFN, dasselbe, in tropfen niederfallen
ENTTRÖSTFN, denegare consolationem, auströsten. Stieler
2343, verschieden von untrösten, ungetröstct lassen.
ENTTRÜBEN, collustrare, erhellen, der Irübheit entreisien,
also gegensatz von betrüben :
dan wie der höchst die, so er liebet
durch seineu gnadeiischein enttrübot. Wscihsrlin 23;
wan uns dan die göiter lieben,
sollen wir uns nicht enttriibcn
wegen einer solchen kunlU 348.
ENTTUGENDEN, virtutem deserere, extinguere, auslugenden.
Stibi.er 273.
ENTTUMMELN, exculcre:
da mil einmal
dröhnte der IIQgel gekrach und dem pfiilil sie entiiimmelio
beule. Voss llnnit snt. 2,(i, 112.
ENTÜBERN, im sinne des folgenden entührigcn, musz statt-
haß gewesen sein, weil beübern und crübem gtUn. auch
bestdtigt es Stiei.BR 1374. Räolein 243'.
ENTÜBRKJEN, gleichviel mit übrigen, neben gen. der sache,
i) überheben, entledigen, liberare: die foiiricrsrhülzrn hallen
mitleiden mit mir . . . cnlübriglcn mich derohnlben der slösz.
Simpl. K. 180; es weisz mein brrr ulirist zum besten, wie
ungern ich meine gesellen seines kriegesunterriclis cnlUbrigr.
BuTscitKY kanzl. 103; irb kann dessen wo! cntübrigt sein,
je m'en puis bien passer. RAtiLti."* 243*.
641
EXTCBRIGEN— ENTUXEHREN
EXTÜNEHRCNG— EXTVVACHEN
64^
2) häufiger begegnet das pari, praet. mit sein oder werden
in der bedeutung von überhoben sein, supersedere: Enoch,
Moises, Elias sein lebendig vom erdboden entzuckt und der
hellen entubrigt worden. Ayrer proc. 1, 13 ; gottseligen seelen
begegnet manches im gemeinen leben, in der haushaltung
und sonst widriges, dessen sie gern entübriget waren. Scr:ver
seelensch. 2, 134 ; dahero pflegten von den untersten mehr
hungers zu sterben, als ihrer vom feind umbkamen, welcher
gefahr miteinander die höchste entubrigt zu sein schienen.
Simpl. K. 106; welches mich eine grosze uugelegenheit zu
sein bedunkte, deren ich gern entubrigt gewest wäre. Simpl.
;, 391 (Vogelnest 9) ; man solle vilmehr gedenken, das kreuz
und Unglück allen menschen gemein und keiner dessen be-
freit und entubrigt sein könte. Bütschky kansl. 693; unge-
mach, dessen ich ihn gern entübriget wissen weite. 2S6;
solcher ungelegenheit möchte ich gern entübriget sein. 413 ;
aber dem Momo zu lieb oder auch verdriesz, da wir beides
doch können entübriget sein, wollen wir noch eines oder
etliche von den spielwerken und schei-zreden Taubmanni her-
vorziehen. Brandts bericht s. 45; ich kann dessen nicht ent-
übriget sein. SriEf.ER 1374; mein gemüthe wäre der überflüs-
sigen lobeserhebungen gern entübriget gewesen. Felsenb. 1,39;
da wir uns der wintersnoth entübriget sahen. 1,244; fernerer
Schreiberei und aufwands entübriget. 2,433; um des Ver-
dachts entübriget zu sein, als ob wir etwa spions oder landes-
verräther wären. 4, 320 ; vielleicht wäre ich entübriget gewe-
sen so viele pein und marter auszustehen. Plesse 3,ll; wenn
ich nur ihrer gesellschaft hätte entubrigt sein können. Pierot
1.304; und wenn ich ihrer nur entubrigt sein könnte, dieser
schimpflichen erbschaft. Lessing 2, 12 ; die Schauspieler kön-
nen in den nebenrollen des witzes, des feurs und der em-
pflndung eben so wenig entubrigt sein, als in den haupt-
rollen. 4, 1S3; man kann ihrer eben so wenig entubrigt sein.
WiELA5D 7, 2S8 ; diese dependenz, der ich so gern entubrigt
sein möchte. Forsters briefw. 1, 493 ; ein beweis, dessen ich
gern entübriget wäre. Hippel 6, 52 ; wem ist wol sein körper
so lieb, dasz er ihn in ewigkeit mit sich schleppen möchte,
wenn er seiner entubrigt sein kann. Ka.nt 1, 237 ; der theil,
dessen sie nicht entubrigt sein können. 8,454; es ist mir
für meine schreiberei lieb, dasz ich noch eine weile der
albernen gespräche, die ich mit der zurückkunft des dom-
herrn erwarte, entubrigt und unter der stillen aufsieht Klär-
chens so gut wie allein bin. Thümmel 4, 219 ; dasz ich der
armseligen Vorstellung wol entubrigt sein könnte. TiecrS, 447.
hier auch ein beispiel des glcichbedeuligen einfachen übrigen
aus ZiKKGREFS bekanntem schönen gedieht:
so musz, wer tyrannei gefibriget will leben,
er seJDes lebens sich freiwillig vor begeben.
3) obschon zusammengesetzte verba mit ent und er sich
ößer begegnen, so scheint es doch mehr nachlässige Verwech-
selung, dasz man sich auch entübrigen ßr erübrigen, reli-
quum habere gestattete: und so will ich von zeit zu zeit fort-
fahren, alles was ich entübrigen kann, zu abtragung einer
schuld anzuwenden, die freilich die gröszte ist, die ich auf
der weit haben kann. Lessi.ng 12, 278 ; er wolle so viel zeit
bei mir zubringen als ihm nur zu entübrigen stände. Lich-
tenberg 8,302; alles, was ich von meinem hiesigen erwerbe
entübrigen kann, möchte sich kaum auf sechzig höchstens
achtzig thaler belaufen. Voss briefe 1, 62. hier wären zwar
die bedeutungen entbehren und außringen gleich passend, doch
hat entübrigen in jener den gen. neben sich, erübrigen den
acc. ; freilich wissen wir, dasz auch entbehren den gen. allmä-
lich mit dem acc. tauscht {sp. 493).
E.NTUNEHREN, polluere, infamare, verunehren. Maaler-106'.
im allgemeinen bedeutet entunehren was entehren, in diesem
aber ha die partikel ent privativen, in jenem positiven sinn,
allerdings liesze sich der ausdrücke entunehren und verun-
ehren entrathen, wie sie auch heute fast auszer gebrauch sind,
und mit entehren ausgereicht wird; doch zeugen sie von der
spräche bildungstrieb. sobald einmal Unehren entsprungen
war, lag auch entunehren nahe, Unehren drückt aber bloszes
flieht ehren aus, entehren der ehre berauben und insofern ist
auch entunehren schwächer als entehren, hier sind stellen
ßr seinen gebrauch: sehet die, so e. f. g. palast entunehrt.
Ämadis l:i5; und (die Jungfrauen) zu im sagten, fürwar hcrr,
wir weren ohne ewcr hülf entunehrt {es steht enunehrt) wor-
den. 142; es möchte der nahm ihres guttes Mahomets darauf
geschrieben sein und mit füszen betreiten und entunehret
III.
werden. Albrecht ßuchabc. 12 ; das predigampt wird dadurch
entunehrt. 18 ; wie musz es dann gott so hoch betrüben,
wann er höret, dasz sein allerheiligster nahm so grawsam
entunehret und verlästert wird? 76; weil ich ein mägdlein
mit gewalt entunehrt hatte. Simpl. K. 639.
ENTL'.NEHRLNG, f. der alten {leule) enlunehrung. Birk
ehespiegel 2.
ENTLXG.NOSZEN, communionis expertem facere, gebildet
wie entunehren. genoszen heiszt communionem inire, unge-
noäzen communione privare, sich ungenoszen, die gemeinschaß
verlassen: das auch des genanten huses eigen lüte sich nit
entungnoszen noch ungnoszam machen sollen, weisth. 2,68. 70.
ENTUNGNOSZäMES', dasselbe: die sich also entungnosza-
ment. s. 68. 70.
ENTURLAUBEN, dimittere, abeundi veniam dare, entlassen,
beurlauben: wie wir denn allhie zu Wittenberg, nach laut
der Visitation, auch den pfarrherr nicht lassen, ohne wissen
und rath des weltlichen regiments, annehmen und entur-
lauben. Llthers br. 5,9; man sagt, das derselbig bischof
einen Schulmeister und cantor enturlaubt hett, welche man
aus Wittenberg in seiner Stadt einberufen hatte, nun bette er
inen zehen gülden geschenkt und sie springen lassen, lischr.
267'; wie N.\ von im (dem ralh) enturlaubt were darurab,
das er in predigten zänkisch were. 286';
ein freund der einst den glauben bricht
und ihut die ireuw enturlauben,
dem sieih man fürder Leinen glauben. Waidis Esop 1,26;
warum Gesncrus seines dienstes enturlaubet worden. Micrälics
3,617; endlich ist er enturlaubet worden. Rivaxder 2,69, auch
im Harnisch von Fleckenland 269. später hört das worl auf
und sieht schon nicht mehr bei Stieler und Fbisch.
E.NTLRLAUBUNG, f. dimissio, entlassung, beurlaubung:
hierauf sie nach enturlaubung sich selbiger orten weiter umb-
sehen. Opitz 2, 245. auch Amöna und Amandus 40.
ENTIOGEL, m. anas, enle, wie antvogel 1, 507 : gänse und
entVögel. Schweimchen 1, 61 ; fürchtet sich auch wol ein ent-
vogel vor ungewitter? pers. baumg. 1, 15; schnatterten wie
die entVögel. Siegfr. von Lindenb. 2, 312.
E.NTVOLKEN, depopulari, nnl. ontvolken, gebildet wie be-
volken, heute aber dem folgenden gewichen.
ENTVÖLKERN, dasselbe: provinzen, die durch den krieg
entvölkert und verwüstet worden waren. Wielasd 6, 196 ; die
Provinzen entvölkerten sich zwar dadurch. 8, 146 ; erst diese
nacht hatte ein kleiner teufel von einem marder seinen ganzen
hünerstall entvölkert, 11, 333 ; sie haben die geisterweit völlig
entvölkert, gnädige frau. Mcs.\c3 2,95;
selber die luft ist einsamer und entvölkert geworden
und scheint weit umher blosz eine iraurige wüste.
ZicBARiÄ tageszeilen 72.
ENTVÖLKERUNG, f. depopulatio: die entvölkerung der
Städte und der verödete zustand ganzer provinzen. Wieland
7, 223 ;
wer an den gallischea küsten des millelmeers ruhig noch
weihe,
eh der entvölkerung fluch traf das gesegnete land.
Matthisso.n 2(iö.
ENBOLKUNG, f. dasselbe.
E.NT\'OR, praecipue, voraus, aus en bevor, in bevor, wie
entgegen aus engegen :
sie suchen dem endkrist sein schätz,
das er hab etwas vil envor. Bramt 103,43.
s. entpfor und Schji. 1, 634. envor mhd. wb. 3, 374*.
ENTWACHEN, expergisci, erwachen, aufwachen, gebildet
wie entschlafen, des wacliens beginn ausdrückend, beide sind
gleich gut und richtig, envachen tr«e entwachen, doch sdieint
jenes mehr hochdeutsch, dieses niederdeutsch, denn ahd. ist
nur irwachen, kein intwachen überliefert und aucli mhd. er-
wachen dem entwachen vorwallend (mhd. wb. 3, 450'), selbst
auf ^oth. usvakan darf aus usvakjan, erwecken geschlossen
werden, deren us dem ahd. ar, ir, mhd. er entspricht, ags.
gilt onvacan, praet. onvöc, engl, awake, nl. ontwaken, denn
in diesem dialecl ist die partikel er beschränkt, schw. upvakna,
d'in. opvaagne stimmen zu unserm aufwachen, welches um
sich gegriffen hat und heute dem erwachen fast überwiegt,
vgl. das 1, 766 beigebrachte und auferwarhen 1, 640, in wel-
chem sich die parlikeln häufen, jedenfalls war uns envachen
die älteste form, woneben entwachen vordrang, doch ohne
umfang zu gewinnen, zuletzt wurde aufwachen in uneigeut-
licher compotition herschend. mhd. noch kein öf wachen.
41
643
ENTWACHEN — ENTVVACKERN
ENTWAFNEN— ENTVVÄIIREN
644
mhd. beispiele ßr cntwachcn: als er dö entwachte, dö
wlssagete er. alle predigten in Mones anz, 8, 514 ; dö er dö
entwachte, dö Tcrflubte er sinen sun. ebenda 515;
dö gebunden wart der dcgen
und eine wile was gelegen
durch ruowe und einen slär gelfit,
do entwachte Cr und sprach sin gcbSt. Wigal. 215,9,
«ro aber aus einer hs, erwachen angemerkt ist;
dö sie Peleus vant
sie untwachete te hant. Haupt 11,364 aus Albr. ▼. IL;
- Salomon da intwachct was. 3füro//"S03;
wand 6r da von entwachte. pass. K. 44,9. 45,13;
darnach dö er enlwachie. 359,17;
hiemite er euch entwachte. 448,81 u.s.w.
hier liegen enttceder quellen vor, die nicht reinbochdeulsch
sind, oder die lesart kann verändert sein, umgekehrt wird
in der Verdeutschung des decamerone das entwachen der älteren
drucke mehrmals in den späteren zu erwachen.
mnd. und ik bin nicht entwakcl. G.4. 2, 329.
nhd. entwache, Moringer, es ist zeit! Uuland 776;
damit er wider wart eniwachcn,
den Iraum er fleiszig überlegt.
Waldis Esopus 4, 80 bl. 308';
wenn mich ein träum cnizückt, verdient der meinen dank,
durch den ich meinem iraum cniwache? Wikland 5, Ifri;
im gleichen nu eniwacht Amanda ihrem träume. 23,114;
entwach, entwache dem zauberschlummcr, dem bangen
träum. 26, 91 ;
durch fremder licder halle
eniwacht in Deutschland kaum
ein häuflcin dumpfem träum. Voss 5, 211.
SU erwachen liesze sich kein daliv fügen, das ist aber erst
neue gewohnheit. die älteren stellen brauchen ihn nicht.
ENTWACHSEN , excedere crescendo, über etwas hinaus-
vachsen, ihm entgehen, ihm zu grosz oder auch zu klein Ver-
den, decrescere. Diefekbach 168*. mhd. entwahsen, nnl. ont-
wassen.
mhii. entwahsen wol den mangen {steinwürfen). Er. 7S43;
swacheit und aller itewij
dem wagen was entwahsen. tr. kr. 30025;
alte und junge
sint mir nie entwahsen. IIelbl. 2, 1455;
dö ich sincm rise
entwahsen was. 4, 571 ;
gesiget der zapfe an im,
so eniwahset im der schilt in vremde hant. MS. 2, 137'.
nhd. aber wiewol er seine mutter sähe, doch weder er sie,
noch sie ihn erkannt, aber das war kein wunder, ursach die
zeit und jar, die sich verlolTen betten und er ihr entwachsen
war. ßocc. 1,75*; als aber der glaub verfiel und fein gemach
entwuchs {der kirche entgieng), fieng man an kleine belhäuslin
zu bauwen. Frank paradoxa 15*; sol und musz der mensch
bisz an sein zil nach dem geist immer zu wachsen, wo nit,
80 enlwechset er gewis und nimpt ab. sprichw. 1,94';
Vater, ich bin entwachsen dir. Schxci.zl vcrt. »o/m 4';
der knabe ist nun der rate, dem kittcl entwachsen, empfängt
keine schlage mehr, kriegt hosen an; die kleider entwachsend
den kinden, werdend inen ze kurz oder ze klein. Maaier
106'; sobald die mädchen der rute entwachsen sind, sind
ihnen die mfitler im wege ; den kinderschuhen entwachsen ;
die cule springt ins thal, denn sin entwächst dem ncste.
J. A. .ScMLEGKL fabeln 259;
mfiszig kehrten zu dem dichiertnnde
heim die göiirr, unnütz einer weit,
die umwachsen ihrem g/uipelbniide
»ich durch eignes «chwebcii h.ilt. Sciiillrr 22';
da er als mensch der schule der Weisheit nie enlwüchst.
Kajit 5, 381 ; dort entwuchs er bald jenen verhiJllnissen. Göthr
32, 238. in der gerichtssprache heiszt 'den rechten entwachsen
«ein' detrectare Judicium. IIaltaus 349.
Zufceilen ist entwaciisen nichts ah herrorirachsen : der keim
entwuchst dem gelegten samcn, die blume ist der pflanze,
dem knöpf entwachsen ;
ob dem keime,
de« gnrtner du gi-wesen bi«l,
ein Kolrhrr bäum entwa('h>en i«t,
• I* du wul bofiet.!. (i(iKi)<i(iK 2,34;
deMen fruchte dem vieljälirigen schweisze seines angcsithts
cntwachHrn und treflirh gediehen sind. Stolrkro g, 122. doch
üUfM warh%rndc enlwärhut ja einer vorangebrndrn enge.
ENT^VACKEHiN, mnne rffugere, früh aufwachen und teeg-
laufen : ich musz bie warten, bis das meine geste, so gestern
zu mir kommen, hinweg wollen, damit sie mir nicht cnt-
wackcrn, ehe dann sie mich bezahlen, herzog Heinr. Julius
308 ; ich musz zu ihnen gehen und flugs eilen, damit sie
mir nicht entwackern mögen. 387. gebildet wie ahd. waccharön
vigilare und irwacchaiön expergisci (Graff 1, 679. 680) und
dem entwaclien neben erwachen parallel, eine andere ausgäbe
des ungerathnen sohns soll aber in der stelle 387 lesen enl-
waukern, was gleichviel mit enlwanken wäre.
EMWAFiNEN, dearmare, exarmare, der waffen entblüszen,
berauben, die Waffen abnehmen, abziehen, gutwillig oder ge-
waltsam, mhd. entwafen für entwäfenen {in der flexion tritt
das n wieder vor), nnl. ontwapenen. von der nebenform ent-
wäpcn näher zu reden unter waffen und wappen. Frssius
verdeutscht dearmare, exarmare durch entweeren und hat kein
entwafnen.
1) im eigentlichen sinn:
mhd. diu entwäfente mich. Iw. 317;
nu entwäfeni er sin houbei. 4261;
nßve Gäwein, entwÄfcn dich. 7723;
als er dar nach entwäfent was. Lam. 1586;
do eniwäpent sich der wigant. Parz. 459, 10;
entwäpont mit swarzer hant. 44,18;
er begunde sich do eniwäpen baj
von dem hersniere. UV». 127,27;
do cniwäfende daj houbet manic rittcr guot. iVi6. 2019, 1.
nhd. da entwapnet er sich {legte die waffen ab). Fierabras
A2; das sich ein ider entwapnet. Ainion e; wollt ihr euch
nicht entwafnen? Güthe 42,30; seid gutes rauts, entwafnet
euch. 8,24; die gefangnen wurden entwafnet; man mistraute
den bürgern und gebot sie alle zu entwafnen ; was vermag
ein entwafneter {wehrloser)'!; die entwafneten steckenbündel
{fasces, aus denen die beile genommen). Niebühr 1,589; ein
Staat entwafnet.
2) bildlich : deine blicke entwafnen mich ; durch wollhaten
kann man seine feinde entwafnen;
• fleh sie dir zu verzeihn, und wenn sie nicht verziehe,
so sink von öincr tbräu entwafnet auf die knie.
Dusch 3, 44;
wenn ein stein sich wölbet i'iber l)Pider staube,
dann wird der lluch entwafnet sein. Sciiillhr 514';
entwafnet ist mein schmerz. Gottfr 2, 17;
'ach das arme thier!' sagte Walt mitleidig und entwafnet«
Viiltcn {Vults spott über den gnul). J. P. ßegelj. 1,136(92).
ENTWAFNUIS'G, f die entwafnung schreitet unaufhaltsam vor.
ENTWÄHUEN, irritum facere, nicht leisten, gegensatz von
währen, ratum habere, praestare; mhd. lauten beide verba
wi'in und cntwürn, ahd. wön'n und intwi-ren. genug schon
ist gesagt, dasz man wörn und wem, folglich attch entwörn
und entwcrn von einander halten müsse, wie auch die nhd., nur
durch das h entstellle, Schreibung währen und wehren sondert,
von wem hernach unter entwehren, die wurzeln können erst
bei abhandlung der einfachen Wörter genau erwogen werden,
vielleicht dasz beide wem und wem auf visan, wC'san, manere
zurückgehen.
mhd. war der gegensatz von wcrn und entwcrn noch viel
flüssiger, wi-rn hiesz intransitiv mauere, durare, transitiv
aber ratum, firmum habere, spondere, efficere, praestare, folg-
lich entwern irritum facere. non praestare, recusare:
dnj er dekeines euotes
flar umbe wolle bi^n gegöri,
daj er der ercn wirre cniwert,
daj er gevohien h.Ttc niht. fr. kr. 3081,
er hätte kein gut dafür genommen, dass man ihm die ehre zu
kämpfen versagt haben sollte;
entwer mich einer btMe niht. Trut. 241,13;
des giioies vindo wir ilA niht,
des nn*er iepelicher geri
und des wir alle sin eniwen. 308,34,
das uns allen versagt wird;
eniwerent ir mich dirre bPto. iMm. 1626;
daj er si niht entwerte
swe« sl nn in gene
von klcidern und von gmache. Greg. 113.
was sie für kleid und pflege verlangte, das gewährte, leistete
er, hesz er nicht ungeleistet;
ledorh wurdcns alle eniwen. rhrndit 69S,
allen freiem wurde die Werbung abgeschlagen ;
SV « nöl pesrhiht,
II •^ gen.
il, I ' ' r iMiiwert. Im. (UM,
645 ENTWÄHRSCHAFT — ENTWÄLTIGEN
ENTWÄLTIGUNG — ENTWECKEN
646
der bleibt meines dienstes nicht ungetcdhTl. diese beispiele
aus vielen ergeben, dasz hier nicht gerade reehlsrerhältnisse
vorliegen, nur der bruder als vormund seiner schwester liesze
sich reehllich verbunden erachten ßr sie iu sorgen; überall
im leben konnte die sille pflichten auferlegen und ein wem
oder entnern herbeißhren. sehr natürlich aber begründete
sich oß eine juristische Obligation, gläubiger u-ie Schuldner
waren gehallen zu wern, d. h. zu erßllen, was sie gelobt
hatten, und falls sie es nicht thaten, so entwertea sie.
nhd. hat sich währen nur für die intransilivbedeulung be-
hauptet, transitives währen, ralum habere, praeslare, lieiszt
uns überall 'gewahren', 'entwähren' ist ganz beschränkt und
wird in der regel durch 'nicht gewähren' oder versagen aus-
gedrückt, den Wörterbüchern ist es schon entgangen ; der ein-
zige Stieler 2416 stellt noch entwären, fallere, renuere als
dichterisches wart auf, aus den dichtem sind jedoch keine
belege zur hand. der juristische Sprachgebrauch vermengt ent-
wehren (aus dem besitz setzen) und entwäbren (nicht leisten)
allenthalben, Haltads bringt beispiele für ersteres sp. 350 unter
entwären, und beispiele für entwähren sp. 353 unter entweren.
mit bewähren wahr machen, mhd. bewaeren, haben beide aus-
drücke nichts zu schaffen.
E.NTWäHRSCHäFT, /". mag hin und wieder für entwährung
begegnen, es findet sich z. b. in Jon. Christoph Nehrings Uxicon,
Gotha 1725 s. 446 durch evictio erklärt, was doch ungenau
scheint, da evictio vielmehr Währung, währschaft ausdrückt,
wie auch StieLer 2416 richtig annimmt, bei Frisiüs, der kein
wären oder entwären kennt, ist 487 evictio angewQnnung, 6«;-
havptunij.
ENTWÄHRUNG, f. unterlassen der leistung.
ENTWALDEN, silram exstirpare, den wald ausrotten, ver-
tilgen: die berge stehn entwaldet; die ganze landschafl ent-
waldet sich Ton jähr zu jähr.
ENTWALGERN, nausea liberare, von dem ekel befreien.
Stieler 2420. *. waigern. nnl. ontwalgen.
ENTWALLEN, 1) die ahd. bedeutung intwallan defertere,
desinere fervere, außören zu wallen, intwial deferbuit (Graff
1, 799) findet nicht mehr statt, wie auch die starke flexion
wallen wiel erloschen ist.
2) unser entwallen geht zurück auf ahd. intwallön, int-
wallüta und drückt aus dahin wallen, was entflieszeo, ent-
schweben :
da er dem altar der erde sich nahte,
höret er seufzer, die fern den hohen genrölben enlwalhen.
Messias ;
ohne paozer eotwallt noch der gekrümmte ström.
OvKRBgCK ged. 121;
die sjlphen entwallen
des morgenroihes hallen. Matthissoü 147;
ich bin das Sonnenstäubchen, ich bin der sonncnball.
lum siäubchen sag ich bleibe! und zu der sonn entwall!
RÜCK8BT 327,
anstatt bleib und entwalle! so uneingedenk ist die heutige
spräche der alten formen;
ich bin ein wassertropren
▼erschlossen im krvstallc,
will keiner ihn zerklopfen,
dasz ich ihm frei entwalle! Platin 11.
ENTWÄLTIGEN, nnl. ontweldigen, hiesz in der älteren
spräche rapere, depellere, liberare, einen aus der gewall über
eine sache, aus deren besitz setzen und zwar mit doppeller
cunstruction,
1) ace. der person, gen. der sache: Petzen Hens Jacob hat
herl Webern unverschulter dinge uf einer frien straszen ober-
laufen und en dar nider gcslan und en understanden libes
und gudcs zu entweldigen. büdinger buszrcgister von 1475;
dasz sie en sines teiles an dem slosz Ortenbetg entweldigen
und entweren. urk. von 141S in Semie>berg sei. 2,335; als
die phaffen klagen, dag die burger sie euch eines wcges ent-
weltigen, dag sie nit zu iren wingarten kommen können.
urL von 1407 in Schas.-^at hist. wormat. 2, 221 ; das die ge-
meinde des ungeben menschen entweldigt wurde, weisth. 2, 207 ;
gab ira ein solchen streich mit seinem schwert auf den heim'
danron der ammiral der Vernunft ein weil entweldigt wa».'
jlimon B 4*.
i) später mit dat. der person, aee. der tacke: so entwäl-
dige ich hiemit Titio sein erbe und bestätige darin Cajum
von erben zu erben. Haltads 349; so wäre sein begehren,
da« er den Heduis, der Römer freunden, die entwelligie
bürgen und geisel wider liefern solle. Lehjians «/?«>. cAron. 4*;
die land, so er dem reich entwältiget. Zi.negr. apopAt/t. 75,29.
heute erloschen.
ENTWäLTIGUNG, f. entwehrung, Setzung aus dem besitz,
gewaltlhal : und sollen die gerichtsherren solch entweldigunge
rechen, weisth. 2, 207 ;
. . . der straf allein,
die auf entwältigung gesetzet sein. ßaocKKs 4, 98.
ENTWÄLZEN, devolvere, abwälzen:
und sie entwälzten den deckenden stein der öfnung des grab
mals. Messias Vi, ISS.
ENTWANDELN, abire, ambulare:
wer entwandelt durch den garten
bei der Sterne bleiobeoi schein? Uhla>d ged. 229;
xürncnd vernahm es der greis und enlwandelie. aberApollon
hörte des flehenden ruf. It. 1,379;
also ich selbst, und sogleich entwandeile Kirke der wobnung
(frülier: doch Kirke enteileie aus dem gemache), üd. 10, 3&S.
ENTWANDERN, abire peregre. Harnisch aus Fleckenland
300;
nicht so weit möcht ich eurer lieb entwandern,
1 would not from your love make such a strav. Lear 1,1.
ENTWANKEN, nutanlem abire, effugere, mhd. enlwenken:
nu länt in niht entwenkin,
ir sulo in heilen henkin. Reinlt. ISöl;
erne mac des oiht eniwenken.
erne mueje her vür. Iw. 1288;
dicke hesazie er sinen muot,
als der gevaa-;ene tuot,
wie er in mohte eniwenken. Trist. 296, 25.
nhd. nun kehre wieder, nun entwanke
dem wonnebett, du hast genug,
sonst wirst du trunken, mein gedanke. Bösgek 26';
die freundlichen himmelslichter entwanken und entfliehen,
indem wir sprechen. Tieck Sternb. 2, 172.
ENTWANKERN? s. entwackern. •
ENTWAFNEN, *. enlwafnen.
ENTWARMEN, refrigescere, entwarmet sein. Stieler 2437.
umgekehrt bedeutete es ehmals was erwarmen, calescere:
dar vur solt ir intwarmen
an werdes frundes armen. Cranc 13S9,
nach dem öfteren Wechsel zwischen ent und er.
ENTWÄRMEN, in gleichem doppelsinne, würde refrigerare
und calefacere ausdrücken können.
ENTWARNEN, monere, praemonere, monendo eripere:
wie manchen irren fusz hat sie (die fachet)
dem Strom entwarnt. Pfbffbl.
ENTWASCHEN, eluere, abluere:
drauf entwuschen sich beide den vielen schweisz, in die
meerflut
eingetaucht, von den beinen, dem hals umher und den
Schenkeln. II. 10, 572.
ENTWÄSSERN, assiccare, das land trocken legen, vom wasscr
frei machen.
E.NTWÄSSERüNG, f. anstalten zur entwässerung und zur
abwehr von Überschwemmungen. Scblossers weltg. 3, 139.
ENTWÄSSERLNGSARBEIT, /.
ENTWÄSSERLNGSGESETZ, n.
ENTWÄSSERUNGSGRABE, tn.
E.NTWÄSSERUNGSKUNST, f.
E.NTWATSCHELN, anatis in modum abire:
das entchen entwatschelt
der Jammernden brut.
und taucht sich und paischelt
in lockender flut. Kl. Schmidt kom. dickt. 146.
ENTWEREN, detexere, nnl. ontweven.
1) ein gewebe entfalten.
2) wieder auflösen, los weben:
mhd. mit liebe also geflöhten
ist zeinander unser leben,
da; ich niemer sol entweben
min herze von der minne diu. Ir. kr. 29376.
nhd. ietzo voll von den heiszen entschlüssen , ein luftig gewebe
leicht zu entwebeu, hätte gott nur wjoke gesendet
Messias 7, 4S.
ENTWECKEN, excitare, neben erwecken, wie entwachen
neben envachen, nnl. ontwekken :
so hoff ich doch, ich junger knab
wöll dir dein herz entwccken. Ambr. Ib. s. 217;
dem Schlummer entweckt. Wisland 4, 15.
41*
647
ENTWEDER
ENTWEDER — ENTWEHREN
648
ENTWEDER, hervorgegangen aus dem sp. 332. 333 bespro-
chenen einlueiier, das in denkniälern, die ai für ei schreiben,
auch aintweder und rerengl antweder lautet. Luther hat sich
in der bibel für entweder entschieden, anderwärts, i. b. in den
briefen 2, 417. 605 setzt er auch eintwcder. man vgl. noch
mhd. icb. 3, 545. 546. 547. bcmerkenswerlh ist die thüringische
form enlzweder bei Huthe und zuweilen noch gekürzt in enl-
zwer, entwir cap. 672. 736, icas ans engl, or gemahnt.
1) als adjectivisches pronomcn alteruter wird das wort selten:
ist ein man auf heilem eis,
der ge vi! gmacb, so ist er weis,
und nah sich auf eiitwedern teil,
so vert er seine sirasz niii beil. ring 46', 39;
und ob darüber aintwedre parfei (alterulra pars) oder die im
durch der andern parteien slosz, stet, lender oder gebiete
bekriegt oder bcschedigt wurden. Chmels Maximilian s. 451;
ieinand »on aintweder partei. s. 453. Maaler 106' hat ent-
wederer, weder der noch icner, neuter ; enlwcderer liebet
den anderen, neuter alterum diligit; ich bin minder stark,
dann euwer entwederer, minus habeo virium, quam vestrum
ttlervis, wobei er aber mhd. euwßder neuter und einwcder
alteruter vertnengl.
2) desto häufiger ist die conjunclion, dem eigentlich dis-
junctiven oder voran gehend, wie auch dem lat. aut ein an-
deres aut, zu grüszerem nachdruck, vorausgeschickt werden
kann: aut me cape aut illum statt des einfachen ine cape
aut illum. unsere, zu überfiieszender deutlichkeil geneigte
spräche sagt- lieber: entweder nimm mich oder ihn als: nimm
mich oder ihn. in entweder liegt der sinn ^eins von beiden' ;
falls zwei und mehr oder hintereinander folgen, eulhält also
streng genommen entweder einen widersprtich und sollte ge-
setzt sein eins von dreien, vieren, z. b. wenn es hivszc ent-
weder A oder B oder C. wie aber 'beide', mng auch 'ent-
weder* auf drcie und weiter erstreckt werden; der Sprachge-
brauch geht über die ungcnauigkeit hinaus, angeschlagen wer-
den bei entweder — oder musz vor allen dingen noch das
fragende weder — oder (mhd. wb. 3, 544'), worüber beide Wörter
nachzusehen sind.
belege dieses verstärkenden, vicist entbehrlichen entweder
bieten alle Matter, alle denkmäler dar: sie wolden entzweder
sterben adir sein cniragen sein. Hothe dür. ehr. cap. 367 ;
entzwir tot geslagen ader gefangen, cap. 672 ; heb dich ent-
weder zur rechten oder zur linken {vuUj. vadc ad dexterain
Site ad sinistram). 2 Sam. 2, 21 ; erwele dir entweder drei
jar thewrung oder drei monden flucht vor deinen Wider-
sachern (vulg. elige quod volueris, aut Iribus annis etc.).
1 chron. 22, 12; sondern halten entweder das fewr, oder wind,
oder schnelle luft, oder die Sterne, oder mechtigs wasser,
oder die liechtcr am himel, die die weit regieren, für götter.
weish. Sal. 13, 2 ; denn entweder sie würgen ire kinder zum
opfer oder ptlegen gottesdienst, der nicht zu sagen ist, oder
halten wütige fresserei. 14, 23 ; und entweder bin ich ir, oder
sie sind meiner nicht werd gewesen. Tob. 3, 20 ; niemand kan
zweien herrn dienen, entweder er wird einen hassen und den
andern lieben oder wird einem anhangen und den andern
verachten. Matth. 6,24. Luc. 16,13; setzet entweder einen
guten bawm, so wird die frucht gut, oder setzet einen faulen
bawm, so wird die frucht fnul. 12,33; so ich nicht mit euch
redet entweder durch Offenbarung, oder durch crkentnis, oder
durch Weissagung oder durch lere? I Cor. 14,6; denn der
zweier eins musz gewislich folgen, wo wir wachen aus un-
serra vertrauen, einlweder vermessenheit oder sorge. Luthrrs
br. 2, 605 (wo das eintweder um so unnüthiger war, als schon
der zweier eins torausgieng) ; su weren dise künst eintweder
vergeben» oder nimmer aufkommen. Frank ton heillosigkeil 88.
dem oder pflegen sich oft ein 'alier* und 'auch' zu gesellen :
so, oder aber anders; so oder auch anders.
hält man zu solchen und zahllosen ähnlichen stellen gleich-
laufende anderer sprachen oder mundarten, so findet sich unser
characterittiich hochdeutsches 'entweder' bald gar nicht, bald
auf andere weise autgedrückt, 2 Sam. 2, 21 hrisst es in der
nnl. bibel: maekt u wech uwer een, ter recht öfter »linker
band ; in der nd. : make di wech der ein, lor rechtern edder
tor luchlrrn hnnt ; hier ist 'uwer ccn', 'der ein' nacliwiikung
des entweder im lutherischen Vorbild. 1 chron. 22, 12 nnl.
kiest u ut dier ren, dri jaren dieren tijd of thi niaendcn
lank vlucht; nd. kenc di ut der ein, dre jare düre tid edder
dre maetite lank llucht, wo dat 'dier ccn', 'der ein' wieder
durch das nhd. entweder oder auch das in der vulg. voraus-
gehende 'aut' gegründet ist. es würde zu weit füliren diese
vcrgleichung fortzusetzen.
wir sagen sprichwörtlich : hier kommt es auf ein 'entweder
oder' au, hier musz zwischen zweien gewählt werden; in der
weit ist es sehr sehen mit dem 'entweder oder' gethan, die
empfindungen und handlungsweiscn schalliercu sich so inanig-
faltig, als abfalle zwischen einer habichts und slumpfnase
sind, du wirst mir also nicht übel nehmen, wenn ich dir
dein ganzes argument einräume und mich doch zwischen dem
'entweder oder' durchzustehlen suche. Göthe 10, 61. ähnlich
dem 'entweder oder nicht' steht l, 1044 ein kräftigeres 'aut
oder naut' (eigentlich etwas oder nichts) angeführt.
3) im gegensatz zum pleonaslischen entweder unterbleibt zu-
weilen nach entweder das oder: es waren vier wege und
mittel zur einigkeit unter den papisten und den lutherischen,
einer, entweder das wir wichen, der ander, das sie wichen,
zum dritten w. *. tt'. Luthers tischreden 1, 05. viehr von diesen
auslassungen unter oder und weder.
4) schlecht ist, wenn einige entweder für oder gebrauchen:
entblöszt den schärfsten deich, gebt khiren gift zu saufen,
ich lieg eniwcder ob, entweder kan entliiufcn,
nur ein verborgen schwen, nur ein verinisihler gifl
ist, so man nirgend kennt, so unvermeidlich trifl.
IlAUkwiTZ Mar. Sluarda p. 18;
kurz, sie musz undankbar, entweder unrecht sein. 3, 172;
der höchsie scibsten sieht,
ob uns entweder recht, entweder nicht geschieht. 4, 70.
vgl, weder.
ENTVVEDEHS, wie eintweders (sp. 333), die volle neutral-
flexion, ganz wie das flexionslose entweder als conjunclion
verwendet: antwedcrs er wirt die anfcchtung hinweg neinen,
oder will dir helfen, das du sie überwindest, es si was an-
feclitung es wöll. KEisEttsBERC bilger 63'; da sie nun also
durch ein wald giengen, da sahen sie ein Jäger, der hett das
armbrost gespannt und wolt entweders ein fuchs oder ein
beeren schieszen. schimpf und ernst 1555 cap. 123. 1522 cap. 108 ;
entweders sie würd . . . oder aber . . . buch der liebe 253, 3 ;
dasz der tod entweders e. g. und dero kind beiden zumaln
. . . oder aber nur einen allein ... zu leiden und zu i;rwar-
tcn ist. Amadis «.27; fürchtet, entweders dasz vielleicht um
seiner hüpsche und schöne wegen der köuig in mit sich hin-
weg führen würde, oder diese kinder jemands irrung bringen
würden. 38 ; warlich, ir mögt entweders nicht viel mores und
höflichkeit wissen oder nicht viel gelernet und erfaren haben.
136 ; dasz du entweders mit wein oder glori oder aber zu
viel vertrauen auf dein festes schlosz beladen. 147; der seiner
antwort und durch dieselbige entweders sein tod oder leben
erwartet. 159. erlischt im 17 jh.
ENTWEGEN, amovere, removere, commovere:
ich werde nimmermcr enlwegt werden.
Mrlisscs }is. Üb'. EV. Fl'. M 1';
verzeiht, sagte die wirthin unentwegt, das wird sollen gehauen
oder gestochen sein, aber es trift nicht. Gorrntu schuid-
bauer 384.
ENTWEHEN, nnl. ontwaaijen,
1) intransitio flando subduci, entfliegen:
tönten sie (die enget) oA mit dem purpurnilgel , dasz ihnen
der erde
lüflc, wie staub, den vom fusz der böte schiiiieh, entwohteii.
Ucsnias 13, 7 ;
ilcr deutschen dichter hainen enlwcht
der gusang Alcaus und des Homer. Klopstock 1,182;
du winkst, allmächtiger, wenn hier dem bäum
ein bluienhlatt entweht.' Mattuisson 30;
Albanos berg, auf dessen bübn,
im inundlichi, oft hernrii.simimen
des donnrers lempelhain entwohn? 34.
2) transitiv, flando amovere:
nicht einen seufzer soll der wind mir dann entwehon.
(iÖKlNUK 3, 44.
ENTWEHHEN, ein schwieriges, mehrdeutiges wart, mit dem
sp. 644 behandelten enlwiijiren oß vermischt.
1) das goth. vasjan bedeutet vestire, vasti veslis, ahd. wrrian
«nd wcri, einen in besitz setzen hiesx ihn bekleiden, vestne,
aus dem besitz setzen disvestire, folglich entwehren, entkleiden,
obschon uns die quellen kein goth. aiidvasjnn, kein ahd. iut-
werian, niciit einmal ein entschiednes mhd. rntwrru in »»/-
ehern Sinne daneichen, nach dem ahd. giweri, giwerida testitio,
vcilitura, mhd. gewer lds:t es sich l.itum /cju ti/'c/n. deut-
649
ENTWEHREN
EMWEHRÜNG — ENTWEICHEiN
650
licher wird die nhd. spräche, in einer bis U'9 berabreichen-
den Ihürinyiicheti chronik bei Sexhenuebg ad. 3,334 sleltt:
dasz man die rechten erben 'des landes entwehret', was doch
eher 'des landes entsetzl', als 'ihnen das land versagt', ent-
wert bedeuten wird. Braxt sagt 57, 8
meinend, hab got eiia guis beschert,
so werd im das nienier enlwert,
d. i. genommen, er aus dessen besitz gesetzt, was ZiRXKE s. 393
unrichtig für das vihd. entwert erklärt, das schon bescherte
kann einevi nicht versagt, aber entzogen werden, in der erkl.
des Landfriedens von 1522 ist die rede von der entwehrten
habe, von den entwehrten gütern, offenbar, aus deren besitz
einer gesetzt wurde, in der Frankfurter reforviation 2, 17, 9
heiszl das pfand entwehren es dem verpfändcr wegnehmen.
so gebrauchen auch folgende stellen entweliren ßr nehmen,
berauben: das ich des meines also unverschuldt und unver-
hört entivert solt werden. Cbmels Maximilian s. 63 (o. 1495);
er erobert auch ?il guts, den Römern vormals von den fein-
den entweret. Lirius Schüfferlin 42';
die churfürsilich PHilz hat ihn {den sd/iger) eniert,
so lang dem frummen fürsien
sein land isi worden entwert (vorenthalten).
NlLDKBRAND VOlksl. 159;
denn die mir mein krön hat enlwert,
dardurch mir all mein freud zerstert.
WicEBAM irr. bilger ß 1";
sampt der entwerten habe. Li^tueh 3,106'; sollen sie den
entwerten alsbald widerumb eingeben und zustellen, daselbst;
ein böte von etlichen nidergeworfen, doch nach entwehrtem
{beraubtem} briefsack ledig gelassen. Kirchhof M'e/i(/((nm. 256';
dasz inen ir rechtliche gebür wider alle billigkeit entzogen
und dessen sie entwehrt stehen müssen, mil.disc.2hb; Jesus
hat alles, so Lucifer in der hellen gehabt, raublich entwehret
{gewaltsam genommen) und mit sich ausgefüret. Avber proc.
1, It; ja, wenn er auch kein gesandter wäre, könte mit fug
kein mensch ihm seine eigene tochter entwehren. Lohesstein
Arm. 1, 12S0. später geräth dies entwehren auszer gebrauch.
2) entwehren, entwafnen, dcarmare, exarmare, bei Maaler
106' entweeren scheint ganz dasselbe wort, denn waffen und
Tüilung sind kleid utid entwafnen ist entkleiden, exspoliare,
berauben, von raub, klcid (Graff 2, 357). ein goth. vasjan,
bivasjan für wafnen, bewafnen. andvasjan für entwafnen wäre
denkbar, wenngleich Ulfilas orr/.a sana, vepna, nicht vastjös
wiedergibt, ahd. aber ist weri framea und wehr und wafiFen
verbinden wir noch heute, gewehr ist waffe. mhd. entwern
sclieint ebensowenig für exarmare als für distestire zu be-
gegnen, doch sind die stellen vielleicht nur der aufmerksamkeit
entgangen; wenn Conrad bei Schilderung eines kampfes sagt:
iedoch wart da; gesmide
niht verschroten noch entwert.
swie vil getengelt und geben
ijf die siahelringe wart,
so wären si doch von der art,
daj kein wäfen si versneii. tr. kr. 40S7,
bedeutet dies enlwem zwar verderben, zu grund richten, aber
das verhauen des geschmeides ist zugleich ein zerstören der
rüslung, also ein entwafnen, ungefähr wie wir entgesten aus-
kleiden in entstellen, verderben übergehen sahen, nhd. finden
wir entwehren, nnl. ontwcren, in beiderlei sinn, des enlicäl-
tigens und enlwafnens: entweerter zeug, dem die geweer oder
Waffen genommen sind, dearmatus exercitus. Maaler 106';
fing er an, die alten diener zu entwehren und gab selbige
waffen seinen andern geschöpfen. Bltschky Patm. 919;
mein st.^hlern schild zerknicket deinen zweig,
du must, eniwehrie raagd, vor meinem blitze weichen.
Halham.n Theodorich 24;
Schild, rijsiung sind zerfetzt durch hieb und siosz,
die schienen sind schon nach und nach entsunken
und beider (hetden) arme ganz entwehrt und blosz.
Grirs Bojardo 1,4,3,
entwehrt ist wehrlos, inermis, ahd. unväfani.
3) anstand macht das mit r qeschriebne, also von vasjan
zurückweichende goth. varjan, xcoXveu; ahd. wiederum werian,
mhd. wern, nhd. wehren, in der form mit werian restire,
armare zusammenfallend; auch die bedeutung von schützen,
lueri, defcndeie schiene sich der von kleiden anzuschlieszen,
der schützende, wehrende wehrt ab, hält ab. immerhin bleibt
der ungothische, sonst nur durch assimilation herbeigeführte
übertritt des s in r bedenklich und könnte erst in einer ver-
miltelung zwischen wehren und währen erledigt werden, das
nhd. (weder ahd. noch mhd.) compositum entwehren ist nicht
privativ wie entwehren, disvestire, exarmare, sondern positiv
wie erwehren, wenig unterschieden vom bloszen wehren, ent-
wehren und erwehren tauschen wie entAachen und erwachen,
eutübrigen und erübrigen, ältere schrißsleller verwenden dies
entwehren, prohibere, transitiv: die da gewuchert haben oder
entweret, das armen luten nicht v^orden ist, das inen ge-
macht ist in dem testament. Keisehsberg brösamlin 59*; das
was nun den grafen von Toggenburg widrig und hättinds gern
entwert {verwehrt, verhindert\, doch was der von Iberg so
mächtig mit hilf abt Berchtolds, dasz sie es nit erweren
müchtind. Tscbddi 1, 156 {wo beide verba entweren und er-
weren gleichviel) ; die brunnen, so zur statt oder festung ge-
leitet, wo muglich, inen abgestricket, abgraben oder sonst
entwehret werden. Kirchhof mil. disc. 16C {wo entwehren auch
wegnehmen ausdrücken könnte), neuere bieten reflexives ent-
wehren mit dem gen. oder auch ace. der sache: der marquis
stehet auf, sich seiner unbequemen Umarmungen zu ent-
wehren. Lessing 4, 439 ; sie hatten sich den feindlichen dolch
nur von dem herze entwehrt (abgehalten). 6, 321 ; der schwächere
leser kann sich nicht entwehren, eine geringschätzige idee
mit dem namen solcher männer zu verbinden, denen solche
Stümper solche armseligkeiten unausgepfiffen vordocieren dürfen.
8, 206 ; unvermögend sich ihrer aller zu entwehren, kommt
ihm in den wölken ein strahl Jupiters zu hülfe. 12, 156.
ENTWEHRUNG, /. entweder raub oder entwafnung : möchte
er die vom Segestes eigenmächtig geschehene entwehrung
Thusneldens durch dieser ihrer so werthen base befreiung
wieder ergänzen. Lohenst. Arm. 1, 1280.
E.NTWEIBE.N, nnl. ontwijven, 1) uxore privare:
hat der tod schon leider mich entweihet. W'EciaeRLi.N 646.
2) feminae sexum mulare:
kommt jetzt ihr geisler alle,
kommt und entweiht mich hier! Schillek 560*,
unsex me here i Macbeth 1, 5.
ENTWEICH, abscessHS, recessus, zu folgern aus mhd. entwich :
ein reiger tet durch Duht entwich
in einen muorigen lieh. Parz. 400, 19 ;
aller sin let im entwich (er verlor alle besinnung). 573,13;
gebiut im Ü5 dem lant entwich I USH. 3,352'.
wahrscheinlich auch noch später im gebrauch. Frisch 2, 43l'
hat ein m. abwich.
E.NTWEICHEN, abscedere, decedere, discedere, ahd. int-
wichan, mhd. entwichen, nnl. ontwijken, weichen, platz machen,
räumen.
1) von leuten : intwtch I cede '. Graft 1, 710 (6« Frisids 9*
weich hinder sich, heb dich!); wara ist din wine intwichan?
Williram 51, 10 ;
nu gie si her unde bat
die geste entwichen für die tür. kindh. Jesu 995 ;
dö entweich der kindische man. Lanz. 590;
entweich mir aus den angcnl; Jothain floch und entweich.
rieht. 9, 21 ; und er stund auf und nam das kindlin und
seine mutler zu sich bei der nacht und entweich in Egvpten-
land {ahd. fuor in Egyptum, ags. ferde on Egvptum). Matth.
2, 14 ; aber Jesus entweich mit seinen Jüngern an das meer
(goth. aflail) du marein). Marc. 3, 7 ; er aber entweich in
die wüsten (goth. vas anei{>ands ana aujiidos). Luc. 5, 16; und
entweich in eine wüsten {goth. afiddja sundrö ana sta{) au{)jana).
9, 10 ; entweich er abermal auf den berg (afiddja aftra in
fairguni). Joh. 6, 15 ; entwichen beseits. apost. gesoh. 26, 31 ;
da nu D. Martinus entweich, besprachen sich und beratschlu-
gen die fursten. Luther 1,447'; auf dise red entwichen alle
umbstender. Amadis 32; lieszen mich aber entweichen (ab-
treten). ScHWEiNicHEN 1,370; gebeten, dasz wir was (etwas)
entweichen (bei seile gehen) sollten. 1, 206 ;
ein weng ihr uns eniweichen solt,
das wir uns drauf können erklern. Atrer 393*;
item wo reisige und fuszknecht bei einander im läger ligen,
so sollend ihr den reisigen zimlichermaszen entweichen, da-
mit die reisigen ihre pferd uuderbringen mögen. Fbo.nspebc
kriegsb. 1, 23';
schützende götter des hauses eniweichet,
lasset die rächenden göttinnen ein! Scbillkr 511';
mit ausgestrecktem arm entweichet
die schöne lungesinll. Gont* i,Hi;
lasz uns aus dem geJrfing entweichen! Going 12,210;
oß auch mil dem dat. der sache: dem streich entweichen,
plagam effügere; der gelegten schlinge entweichen, aus dem
wege gehn. entweichen, bankerott machen. Räduein 243', vgl.
einem eines entweichen. Sch«. 4, 11.
651
ENTWEICHEN
ENTWEIGHUNG — ENTWENDEN
652
2) von lliieren, ausweichen:
der (rsel) kund nii weichen aus dem weg,
und n:ihm dnhcr ein proszen schrecken,
weil er beschwert mit rweien secken
dem hengst uit woi entweichen kund, älberus 91 ;
der esei dorn nii sagen vil,
entweich bei seit und schweig ganz still. 91\
3) von sonne, mond, lag, nacht und see:
wenn die sonn entwich (unlergieng). Gkllkrt 1, 191 ;
hinter die bäuser entwich, nicht hinter den berp uns die sonne,
ein halb Stündchen noch wahrts bis zum gelaute der nacbi.
GöTUS 1, 2b0;
die hell entweichende sonne. J. P. Tit. 2, 46 ;
aber alle schwiegen meinen klagen,
von dem himrael könnt ich nicht erfragen,
wo du mochtest hin entwichen sein,
welches meer dich barg und wehher hain »
Merk, beim wiederscheinen des mondes.
niorgenbl. 1843 n* 122 j
mhd. diu naht entweich dem liebten tage. Wigal. 150, 1;
ahd. tber scibo wäg ther was sin,
ther selbo se, thaj ist war,
bi Ihiu nintweih 6rmo ibär. 0. III. 9, 18,
das meer uich nicht unter den füszen des darauf wandelnden
heilandcs.
4) lebendig steht 'nicht entweichen' von dicht hinter ein-
ander folgenden dingen: die eine weile entwich nicht der
andern; der eine fusztritt nicht dem andern; ein schlag
konnte dem andern kaum entweichen ; so sprich ich zum
fünften von begirigkcit zö essen, da ein mensch zu beiden
orten {vinkelu des niunds) inwirfl und ein mundfol dem an-
dern nit entweichen mag. Keiseksberg s. d. m. 7^; redet so
schnell lateinisch psalm, das ein worl dem andern kaum ent-
weichen möcht. Luther 3, 41&'; so dasz blü und frucht ein-
ander allzeit nit entweichen kann und immer zu frücht und
bliiel gefunden wird. Frank wellb. IG*.
5) i'on vergehenden, schwindenden dingen, meist mit persön-
lichem dativ: die färbe, das blut, leben entweicht, in den
liedern oft:
die färbe war ihr entwichen,
sie erbleicht; die sinne entweichen ihm, er ist auszer sich,
besinnungslos ; der leib, die wangen entweichen, fallen ein :
daj ir der lip vor leide
entwichen was begarwe
an kreflen und an varwe. Greg. 3678;
«aa im sin zeswer arm was entwichen (aus dem gclenk).
Lohengr. 6916 ;
ä6s wären im entwichen
die braten vor den golfen. alld. bl. 2,228;
entweichet im die varb und erpleichet. Albr. ton Eybe 10';
do entweich im sin gemüete
und ouch sin langiu klage. Haupt 2,218;
do begund« im müede entwichen. Wh. 59, 16,
vergieng ihm die müdigkeit; da war ihm alles leid entwichen;
ihm entwich die Jugend. Gütiie 6, US ; die stunde, die zeit
entweicht; wenn man sich der spräche entwichener {vgl. ver-
wichener) zeitea bedient. Bürger 136';
die beiterkeii, die meinem geist entwich. Gotter 2, 270;
entweichende töne, musik die sich entfernt, das fieber, der
schmerz entweicht, schwindet; der dampf entweicht aus dem
kessei bei geüfnetem ventil ; heil und glück sind mir entwichen ;
der nider stigct, dem wii^ entwichen,
jener sitzet üf, wer kondim geliehen! Renner 17241;
zehant diu ndt ir entweich, kindheit Jesu 902;
doch als ihr frost und noih entwich,
erholte, regt und hub sie sich. Uagroorn 2, 29.
mhd. al d^r w^rlie lob, diu dö enhor
iiöhc strichen und noch sirichenl,
diu entwichen und entwichcnt
im und liejen; vur, 6; vert in iemer vor. MS. 1,86\
6) zurückweichen, reeedere:
der nnit (ait) ist mir entwichen,
darnuf ich ruhen lol. üulano 46.
7) man tagt von etwas entweichen :
wer durch den lod in gnaden achlafl.
entweicht von altem kummer weit. ScnwARziNBKRO 151;
immer frai^ien wir nach neuem, weil sich krieg bei uns ent-
halten,
nun der krieg von uns entwichen , fragen wir stet« nach
dem altnn. I.ocau 3, 48, 52;
ich bin vom weg entwichen
um dieten biio lu »«hu und lind« dich allhier.
h K. SCHLBGKL 1, 324.
ENTWEICHL.NG, f. fuga, seccssio, flacht, enlfernung, reise:
wegen einreiszen der pest habe von Liegnitz weichen müssen,
... da ich denn vor der entweichung in groszer gefahr ge-
standen. Scuweinichen 3,215; eine ruhe der hirten, eine ge-
lehrte entweichung der poeten, ein Spaziergang der hebha-
benden gemüther. Opitz 2, 286. vgl. entweich.
ENTWEIUEN, exenlerare, eximcre intestina, das eingcweide
ausnehmen, was ausweiden 1, vgl. Diefe.nbacii 210*, Maaler
lüü' :
wie ein Jäger die sew entweldct,
und das gcweid für die Jaghiind leit.
W'iKRA« bilger F3 6/. 18;
entweid in (den ßsch) und bhalt die ding all.
das herz, die leber und die gall. Wikham Tobias G8';
einen von den vöglen, guggauch genant, entweidet und mit
frischem kraut gefüllt, gespickt, gebraten. Tuurneisser inft.
wirk. 110 ; inzwischen hatte ich mich über die geschossenen
Schweine gemacht, und das eine, welches noch lebete, vollends
umgebracht, ich entweidete dieselben. I'ierot 2, 200.
ENTWEIDUNG, f. so man das gweid aus dem getödten
gwild den jaghunden fürwirft, nachdem sie gejagt band.
Maaler 106*, was Gotkried im Tristan curie nennt.
ENTWEIHEN, profanare, nnl. ontwijden: fräfenlich heilige
ding geschenden und verwüsten. Maaler 106'; und so du
mir einen steinern altar wilt machen, soltu in nicht von ge-
hawen steinen bawen, denn wo du mit deinem niesser drüber
ferest, so wirstu in entweihen. 2 Mos. 20, 25 ; so werdet ir
nicht sunde auf euch laden, wenn ir das beste davon hebt
und nicht entweihen das geheiligele der kinder Israel und
nicht sterben. 4 Mos. 18, 32; sie entweihen die wonunge deines
namens zu boden. ps. 74, 7 ; und ir werdet entweihen ewre
ubersilberte götzen. Es. 30, 22 ; denn da ich über mein volk
zornig war und entweihet mein erbe. 47, 6 ; und es werden
seine arme daselbst stehen, die werden das heiligthum in
der feste entweihen. Dan. 11,31; wir haben disen man fan-
den ... der auch versucht hat den tempel zu entweihen.
apost. gesch, 24,6; am morgen an der schrannen, so man
her Leonhart entweihet. Luther 3, 417*; als euch wol wissend
ist, wie die bösen weiber allen dingen ihre tilgend entweihen
(come voi sapete, le femmine funno perdere le virti"! ad ogni
cosa). Bocc. 2,84*; so klaget ich dir selbst über dich, als
der unser lieb gebrochen und die entweiht hat (il quäle hai
la nostra amicizia violata). 2,19b*; einen priester entweihen.
Rädlein 243';
wo ich was heilig stets eniweiet,
und was gesegnet ist verraaledeiet. Grtpuius 1,61;
geschäfte, zwang und grillen,
entweiht nicht diese trilll IIagkdorn 3, 69;
in jener goldnen zeit,
da die natur, von keinem joch entweiht,
gesetzo gab, wodurch sie glücklich machte.
WiELANo Endymion 15;
wenn wir die ehrfurcht so entweihn,
schweigt nie ein wcibchun stille. Gotter 1,34;
der thron von England ist durch einen basiari
entweiht. Schiller 429*;
ich bin nicht würdig den entweihten blick
zu ihrer glorio empor zu richten. 293*.
ENTWEIHllNG, f. exauguratio, profanalio. Maaler 106* :
was haben
enlwüihungen des königlichen bettes
mit deiner, deiner liebe denn zu schaffen! Scbillkr 270';
da sucht es die bcfreiung
nun wol auf deutscher flur,
doch auch von der entwuihiing
die unvertilgte «pur. HSckert.
ENTWEILEN ßr entlangwcilen, temporis moram tollere:
doch meine Wenigkeit entweilt kein nindchcnspiel,
so ihu es denn ein gdasekiel. Uörckr lol*.
ENTWEISELN, apet rege privare: der biencnkorb ist eut-
wciscit.
ENTWEISELUNG, f. weisellosigkeit.
ENTWEISZEN, sQrdidare, beflecken. Stikler 1488.
ENTWELKEN, flaccescere, dahinwelken:
ha, erwachte nicht im lenze
meine brüst lu lieb und sang,
«0 eniwelkicn mir die krAnie,
die in» haar mir riiocbiis schlang. liüanRR 3'.
ENTWENDEN, avertere, devertere, nnl. ontweudrn.
1) bloszes wenden, abwenden, wegwenden:
itztiud bat Delta die beiden üilhorprcrd«
gleich aecbzigmal entwandt. HiRitts reimdick $• eingitg.
653
ENTWENDEN
2) entwenden, entfernen, entlragen, wegnehmen, nehmen:
also hat gott die guter ewers vaters im entwand und mir
gegeben. 1 Mos. 3t, 9 ; darumb hat gott unserm vater entwand
seinen reicbtlium zu uns und unsern kindern. 31,16; aber
meine barmherzigkeit sol nicht von im entwand werden.
2 Sam. 7, 15 ; wie er {golles söhn) viel gewaltige in kirchen
und weltlichen reichen von iren stülen gestürzet und ihnen
scepter und hirtenstab entwendet hat. Matuesics 81';
da du leblest, werther held,
ward (lein rulim bergauf gestellt.
nun du von uns bist entwand,
wird dein rühm kaum noch erkannt. Logad 1, 2S;
das herz entwenden, sowol das eigne von einem abwenden:
daher scheut ihn jung und alt
mit entwandten herzen. Paul Gerbard 14,5;
als das eines andern entfremden:
wer ist der wurm, der mir dein herz entwendet?
Schiller . . . ;
hat mir der tochter schuldlos herz entwendet?
KöH.^RR 4, 14;
Lncinde überhäufte ihre Schwester mit tausend vorwürfen,
es ist nicht das erste herz, rief sie aus, das sich zu mir
neigt und das du mir entwendest. Göthe 25, 294.
er hat dem altar ein Opferlamm entwendet. Götter 3,25,
ein mddcken geheiratet, das nonne werden wollte;
genug, kaum fleng es an zu tagen,
so wurde schon von mancher schönen band
der blumenflur ihr schönster schmuck entwandt,
so putzt sieh schon, dem schäfer zu gefallen,
im hain, am bach, der nvmphen ganze schar.
WiELA^D Endymion 41 ;
der einfalt schenkt sie {die liehe) den verstand,
den sie der klugbeit oft entwendet. Hagedorn 3,40;
auch dank der vorsieht, dank, die es nicht zugegeben !
zum mindsten ist der sieg der bosheil halb entwandt.
VVeisze Irauersp. 1, 96;
mit diesen worien gab ihm Bradamante
beidhändig einen hieb, so rauh und schwer,
dasz er die sinne gänzlich ihm eniwandie.
Gribs Bojardo 3, 6, 3;
er weisz die trüben erinnerungen,
die bangen zweifei, verlorne Sehnsucht
allmalicb der Sehnsucht zu entwenden. Lekau neuere ged. 49.
3) diese rorslellungen treten von selbst über in ein gewalt-
sames oder heimliches wegnehmen, wie es z. b. für ein herz
entwenden heiszen kann rauben oder stehlen. da//er drückt
entwenden häußg ein absichtliches, böswilliges entfremden aus:
sondern ein iglich weib sol von ircr nachbaria und hausge-
nnssin fordern silbern und gülden gefesz, die soll ir auf ewr
söne und töchter legen und den Egyptern entwenden {vulg.
et spoliabitis Egvptum). 2 Mos. 3,22; dazu hatte der herr
dem Volk gnad gegeben für den Egjptern, das sie inen lei-
teten und entwandtens den Egyptern. 12, 36 ; darumb wil ich
mein körn und most wider nemen zu seiner zeit und meine
wolle und flachs entwenden {vulg. liberabo). Uos. 2, 9 ; scheme
dich, das erbteil und morgengab zu entwenden. Sir. 41, 26 ;
ein man aber mit namen Ananias verkaufte seine guter und
entwandte etwas vom gelde {vulg. fraudavit). apostelg. 5,2;
seinem nebesten sein vorteil zu entwenden. Luther 4,402';
bewise aber ein kleger der ansprüchigen hab halben die eigen-
schaft gnugsam, und kündt doch dabei nit beweisen, dasz
im die durch raub oder diebstal entwent worden wer, . . .
so soll dem kluger auf sein betewrung mit dem eide geglaubt
werden. Carolina arl. 208; brennen die vorstätte, dem feind
allen vortbeil und enthalt zu entwenden. Kirchhof disc. mil.
22; hettc ihm einen treflichen schätz heimlich entwendet.
wendünm. 130'; geld aus der casse entwenden; entwendete
Rachen verkaufen ; das gemein geld entwenden und an seinen
eignen nutz venvenden. Maaler 106';
Hinze glaubt ihm und folgte, sie kamen zur scheune des
pfaffen,
zu der lehmernen wand, die hatte Reineke gestern
klug durchgraben und hatte durchs loch dem schlafenden
pfalTen
seiner bahne den besten entwendet. Götrb 40, 39.
4) sich entwenden, sich abwenden, entfernen: du soll den
knecht nicht seinem herrn überantworten, der von im zu dir
sich entwand hat. 5 Mos. 23, 15 ; der pfleger schlug in bis
auf den tod, des entwendet er sich nit, weinet auch nit, so
bat er in nit abzulon. Frank chron. 35*;
ENTWENDER — ENTWERDEN
gleich drauf sie sich entwendet
zum felsen mit verdrusz. Spek trulzn. 66(63);
654
man übersieht den see, nur am ende finks entwendet er sich
unsern äugen. Güthe 27, 40.
EMVVENDER, m. für, dieb:
nun gesteh mir im vertrauen, ob du der entwender bist?
Plate.n 250.
ENTWENDERISCH, furax, diebüch.
ENTWENEN, s. entwöhnen.
ENTVVER, ENTWERCH, in iransversum, in obliquum, ahd.
in duerah, dwerh (Graff 5, 279), die praep. in mit dem acc.
neutr. duerah, goth. Jjvairh, ags. })veorh, gleich andern an-
lauten dw, verderbt in twerh, endlich in zwerch, so wie über-
tretend in quer, querch. hier sind einige stellen ßr die for-
men tw und zw:
minne und tust die giengen eniwer. Frib. Trist. 760;
gienc spilende under in entw#r. 2642;
die phl die schnürten vast entzwer.
Hans der Bcheler 150S bl. ZV;
sag an mir doch, von wan die reich
von allererst entsprungen her
und ob es auch also enzwer
lang darnach her gestanden sei? fastn. sp. 1307;
solche strimen oder linien sind von dem rücken entzwerch
gegen dem bauch gezogen. Forer fischb. 22'.
ENTWERS, ENTWERCHS, eine gleichbedeuliqe genilivische
form: entwäris sehen, über die achsel sehen. .Maaler 106';
nit recht thet sich der neund bedenken,
iiesz dkugel zvast entweris lenken. Haupt 3.2.55;
stecke die morchen entwerhes an den spi;. ron guter speise 9,
vgl. 10 snit sie den twerhes über. Maaler 106' hat auch
entwärentz (für entwärens) oder beseitz {beseils, beiseite)
richten, obliquare. mehr unter quer und zwerch.
ENTWERDEN , effugere, elabi, entkommen, entgehen, wie
sich die begriffe des Werdens und kommens berühren {x. b.
franz. devenir und venir) und das verwerden auch ein ver-
kommen ist oder aTtoyiyvead'ai abhanden kommen bedeutet.
vgl. mir wird, contingit.
mhd. also daj in der hir; entwart,
und sine fluht hin wider genam. Trist. 434, 30,
der hirj den hunden, als ich las,
gar unerloufen entwart. Frib. Tri%t. 2413;
daj er im also entwart. Ernst 1146;
in den folgenden stellen Eckbarts ist die bedeutung dunkel,
zwischen aufhören, abgehen, untergehen, entgehen schwebend:
got wirt und entwirt. 180, 18 ; da? fliujet ime (gott) von sin
selbis natöre zuo, diu da als unwerdenlich ist, daj si allen
dingen entwirt und aller dinge werden endet an dem ent-
würdenne. der sun ist gUchnis des vaters äne da;, da; er
enpfjet von dem vater allej waj er hat und alles wt»rden-
nes ist ein bilde, doch "ist er ein an dem entwerdenne.
497, 23 — 28 ; da; zitliche werden endet an dem ewigen ent-
werdenne. 497, 30.
nhd. der ungebe mensch entgicnge, entliefe oder sust ent-
wurde, weisth. 2, 207 ; entritt und entward ihnen. Haltaos
352 ; wollen fahen iren herrn Adam, er entwart auf den tonn.
ebenda; und als man einen solle richten und beichte, ent-
wart er mit listigen anschlegen. ebenda ; ist denn darnach,
als der eine bereit gerichtet was, der andere . . . von der
leiter entworden und entlaufen, ebenda; ein kind, das ge-
tauft ist und entflohen {nicht durch die flucht entgangen,
sondern abgetcaschen, enlwaschen, vgl. mhd. vlüuwen, waschen)
allen Sünden, dem tcufel entworden und gesetzt aus Adam
in Christum, wenn es zur Vernunft kompt, so wird es so-
bald verstrickt. Luther 2,413'; und können im (goU) die
gottlosen nicht entwerden. 3, 300' ;
unser geist seufzet für und für,
sehnet sich sehr nach dir,
wollt gern entwerden aller pein
und ewig bei dir sein. Mich. Wcisze 1531 bei Mülzcll 1, 139;
das sie mir nicht entwerden sol. Rebhdn s. 37;
wie den leib das gewürm auffriszt,
wenn seel oder heupt entworden {weggekommen) ist.
frosctimeuseler 2,3,7. Gg4';
wer sich einmal in den Orden
treuer freiindschafl bat gesetzt,
und ist ihm das herz en:worden,
das er über alles sch.itzi,
der gibt sich zufrieden nicht.
bis auch er aus sieb enibricht. Fleximg 421 ;
655
EXTWERDEN — ENTWERFEN
ENTWERFEN — ENTWESEN
65G
dann sie greift bald zum gowehre, wer entwerdeii kan ist froh,
doch wer eiwas mehr isi wiizig, stehet silll, es ist nur siroh.
LOGAU 2, 55,9;
doch musi; er werden mir zur beute,
er sol mir rreilich nicht eniwerden. Dedskikd miles 3, 1 ;
hast unglückhaftem lod iedoch nicht könnt eniwerden.
Wknc. Sciirrfkr ged. 307;
wenn er, doch spät enlwird. Birkkn Guclfis 209 ;
da ist werden und entwerden,
freud und leid. 363;
doch auf dasz sie leb in mir, laszt mich unentworden sein.
OL. 279;
ihr solt uns nicht so bald entwerden. 343;
man hatte sie seither vor wieder ven'cist und eniwerden ge-
halten. 409;
das hat ein leeres nichts, dem nichts entwerden kan,
ich meine, was? den todt nein wer? die zeit fretliun.
GÖMTHER 673;
weil sie des sonntags einmal in die kirche und etwa alle
jähr zweimal zum h. ahendmahl gehen, meinen sie, Aufz
ihnen die Seligkeit nicht entwerden kann. Scriver seclcnscli.
1, 658 ; ein so mutiger jiiger, das er in den flusz Iberum
einem entwordenen her nacbgesetzet und ihn alda genillct.
BuTSCHKY Palm. 833;
ich fände sie, mein lamm, hier bei den hcrdcn,
da ich mir selbst musi ersten blicks eniwerden. Aramena,
mir entwerden, mir entgehen, von sinnen kommen, auszer sich
gerathen. seitdem IS jh. auszer gebrauch, steht bei SnEiER ra,
nicht mehr bei Frisch, ist aber bei Adelung noch aufgeführt.
ENTWEHFEN, delincarc, adumbrare, mhd. entworfen, nnl.
ontwerpen, gilt 1) von künstlern, die ein bild zeichnen und
ttmreiszen, bevor sie zu mahlen anfangen, dann aber steht es
für mahlen selbst :
mhd. swcr malen wil, der entwirfet e
und merket wie sin bilde stö. Fhf.ioank 133, 25 ;
d6 siuont so minnccliche da^ Siglinde kint,
sam 6j entworfen wnr-re an ein |ierininl
von guotes meisters listen. ISib. 285, 2;
als uns diu äveniiiire gibt,
von Kölne noch von Mäsiriht
kein schiltasre entwürfe in baz,
denn als er üfem orse saj. Parz. 158, 15;
entwerfen ist ein spncher list. minnes. friiltt. 212, 13 ;
got hat wol gclichet sich
einem wisen meiere,
der nicht wil untere (undscre)
ein schöne bilde machen,
in den selben Sachen
entwirfet unde strichet, pass. II. 112,41.
nhd. da reisz alles volk seine gülden ohrenringe von iren
obren und brachten sie zu Aaron, und er nam sie von iren
benden, und entwarfs mit eim griflel und machte ein ge-
gossen kalb. 2 Mos. 32, 4 ; und du menschenkind, nim einen
ziegel, den lege für dich und entwirf drauf die stad Jeru-
salem. £z. 4, 1; entwerfen, die ersten hauptstreich (striche)
mit einem reiszkolen thün. Maai.eh 106*; ein angesiebt ent-
werfen oder die hauptstrich machen , lineamenta deducere.
ebenda; und wollen wir die weit mit einer kolen nur ent-
werfen und bossieren , aber nit erschöpfen und abmalen.
Frank uieltb. vorr.; es brauchen auch die inahler diese kohlen,
um damit zu entwerfen. Tarfrnakm. 313; die frugalitüt und
gespärigkeit haben sie entworfen (dargestellt) mit einem oliven
uder Ölbaum. Spakcenrerc lustg. vorr.;
»0 scheinet es allein entworfen mit der kreiden.
Wbckhsrlim 604;
bin ich schon dixes orts kein ausgertisler tichtcr
mit hüpscher rednersfarb und bunter Wörter zier,
ei, so entwirf ich doch und zeichen ietzund hier,
was künftig elwan mehr kan übcrmalilei wenlen.
KOIPLKR 82.
2) überhaupt animo concipere, in gedanken entwerfen, den
plan zu ctwat fassen, angeben:
mfcif. Sit entwarf din selbes hani,
da{ der vriunt vrtundinne vant
an dem arme sin durch minne. Wh. 456, 0;
dö Wetzet disen rAt entwarf. Ernst 3400 ;
«nt wip in eine« jungen manne» muoie
lu entwirfet dem sinne vil tugendllche bilde. MS. 1,RS',
nhtl. sie sollen entwerfen, was sie der Vollkommenheit zweier
so groszer fürsten fiir inAngel auszuKlellen litttten. Lohenkt.
Arm. 1,160; der nith entwirft nur die geschürte, der secretarius
aber musz solche nach dem winkelmasz richten. IlrrsciisT
l'alm. 245 ; Omeis bat kurz und unvergleichlich alles entwor-
fen, wie man zu einem dichter werden könne. Günther vorr.
s. 2; nunmehr musz ich auch entwerfen, was ich unter glück-
wünschungsschrciben vorsiehe. Uabener 1, 153; ich habe
meine gedanken darüber kürzlich entwerfen wollen. Kant
8,209 ; einen brief, eine rede, ein gedieht, Schauspiel entwerfen.
3) einen hasz entwerfen, wie vian sagt einen hasz auf
jemand werfen :
die beten einen allen baj entworfen. MS. 2, 81*.
ahd. wiht ni forahtet ir iu, drof nintwcrfet iucr muaf. 0. V. 4,38,
laszt den mulh nicht fahren, wo intwörfan so viel ah von
sich werfen, das netz, die schlingen entwerfen, auswerfen:
gewahrend nun, dasz den entwor.fnen schlingen
schon im beginn des glückes beifall lacht,
schickt sie sich an, den frevel zu vollbringen,
eh man vereitle was sie schlau erdacht.
Griks Tassos befr. Jer. 4,80,
wo in entwerfen zugleich noch die Vorstellung des ersinnens
liegt.
4) entwerfen, entgegen, zurück werfen:
der abgrund an der see entwirft den widerschall.
postreuler ll>31.
B) entwerfen, verwerfen, abortiri : entwerfen spricht man
auch vom väch (vieh), so es ein todne frucht bin. Maaier
100'.
6) auch das reßexivum zeigt mehrere bedeulungen,
a) sich entwerfen, auseinanderwerfen, trennen, ahd. so
intwurfe sib, dissociaret. Graff 1, 1030.
b) sich aufwerfen, cmpordrdngen, oder auch sich bilden:
sö diu maget beginnet schären,
und eniwerfcnt sich diu brüstel.
Ulrichs von TErhrim nennrtenrt
cd. Kart llolh s. 123.
ZU schären halle man schirren Parz. 424, 3.
sich aufwerfen, sich erheben, einen plan fassen :
sich entwarf des nicman. Lanz. 7808;
nie stunt min Wille wider ir kiuscho sich entwarf. MS. 1,2*
vgl. mit GA. 2,91,137
eniwciTich wider ir kiusche iht nu,
wollte ich einen plan machen.
c) sich bilden, abbilden, entgegen scheinen: wenn ich
Christum höre, so entwirft sich in meinem herzen ein mans-
liiide, das am creuze henget, gleich als sich mein andlllz
natürlich entwirft ins wasser, wenn ich {es steht er) dreiu
sehe. Luther 3, 43' ;
wie sich die sonn entwirft, wann sie die see be«tralet,
so scheinst du auch, mein kind, nun du dich selbst gcinalet.
Opitz 2,434;
anbeten eine geistliche, unsichtbare, unbeschriebene, unend-
liche majesliit, in welcher sich unsere tiefe gedanken viel-
mehr verlieren als entwerfen. Butschky Palm. 35.
ENTWERFEN, n. adumbralio, informatio, entwurf:
der gcdanke, das entwerfen,
die gesialicn, ihr bezu;.',
eines wird das andre schürfen. Göthk 3, 121.
ENTWERFER, m. delineator, piclor, auclor: aller dinge aus-
ricbter, visierer, entwerfer und abiiehmerl (von gotl). arker-
mann aus Böhmen cap. 34; als er uns selbst aufmerksam
machte, dasz die entwerfer (skizzisten) eine ebenso pefübr-
licbc einseiligkeil in der kunst befördern könnten, (iötiie
38 136.
ENTWERFKUNST, f. diagraphice. Stieler 1010.
ENTWKRITAFEL, f scärus, schachhret. DiKFi-:NBAcn 51 5\
sonst auch werfiafel, wurflafcl, wurfzabel, wurfzagel. hier hat
entwerfen den bloszen sinn des Werfens.
ENTWKRFCNG, f. Udelineatio, entwerfung mit kolen, adum-
bralio. Maaler 106'; austeilung und entwerfung des ganzen
erdbodens. Frank wellb. l'.
2) entwerfung der büume, ablaqueatio: das auswerfen von
rüben oder uwbgrabcD und ruumung der biumea. Maalks
106*.
ENTWERTIIEN, dignitate, pretio suo privare, ahd. iiilwer-
don : eine Verfassung, einrichtung enlwcrtben, auszer weilh
tetzeu ; das geld entwerlhen, herabsetzen.
ENTWEHTIIUNG, f, heralhielsung, emiedrigung.
EMWE.SEN, carere, was entsciu, ohne etwas sein :
mhd, oiirh Rolxni ir von dirn- vrisi
DiiniT vrouwoM eiitwiHeu. Iw. 3191 ;
Sit dat es min unsKldo nihi langer woli eniwfiien.
* Nib. rws. 1 i
657
ENTVVETTEN — ENTWICHT
ENTWICHT — ENTWICKELN
658
wolle ich sin sus eniwgsen. kindh. Jesu Alb;
DU wil ich doch der volge eniwesen. Lanz. 104S;
gröjer sorgen entwesen {befreit). Ernst 3tH0;
des wart der keiser vreiiiien vol
und hofte entwesen aller not. pass. K. 50, 21.
sich entwesen, sich entduszern:
ob er sich ire wolle eniwesen. Diul. 3, 53.
scheint abtr nhd. ausgestorben.
ENTVVETTEN, disjungere, vom joch spannen, entledigen,
entwätten, das jocL abneminen. Maaleb lOe'; und sol mit
dem vilie, damit er die biibe büwet, dar varn und das vibe
entwetten. u-eislh. 1,73; den ploeg docb niet zu entwedene.
2,357 {vgl. abspannen 2,359). dann überhaupt frei machen:
um man daran sie entwete
von dem luvele, ob man muge. pass. K. 53, 48;
noch sie üj der not enlweten. 5S2, 11.
j. auswetten, der heuligen Schriftsprache erloschen.
ENTWICHT, inulilis, inhabilis, corruplus. nequam, unnütz,
nichtsnutzig, ein dem ib. 16 jh. geläufiges, aus /'rri/ierem enwiciit
entstelltes wort, von dessen Ursprung hernach unter dieser letzten
form die rede sein soll, das falsche ent für ea hebt gewis-
sermaszen den sinn auf, da ein entwichteter wiederum ein
guter schiene und wicht zu sein aufhörte, man hielt sich aber
an die bedeutung malus, perversus, ohne an die abkunß des
ausdrucks zu denken.
1) es steht geradezu für ein adj., wird flectiert und gesteigert :
weil, wie ein jeder der allerübelthetigät, verzweiveltest und
entwichtest rauber oder mörder ist, unter seinen fahnlen und
paniern sich versamlen. Luther 2, 2S8' {in der bibel gebraucht
er das wort nie); wenn einer ein böses oder entwicbt herz
mit guten worten strafen will, der machet es nur erger und
stolzer, spricht Salomon. Mathesids 119*(108'l; do er (rfiafto/Hs)
nun sihet, das er als ein gottloser und entwicbter geist von
gott verworfen und aus dem bimel verstoszen ist. 112";
du schöne fraw, von art entwicht. H. Sachs I, 512';
der alt schlepsack entwicht. I, 514';
dem falschen weih entwicht und ark. III. 2, 57*;
gott sitzet noch an dem gericht,
dasz man das unirew weib entwicht
auch richten sol mit heiszem fewr. V, 237';
wo uns nicht die bös entwichten
beiden daran tlieten hindern. Atrkr 117*;
.Mars und die Gorgones eniwicht
schienen aus seinem angesichi. Spreng //. 162";
entwicht stuef unter das guet erzt mengen. Lori bergr. 262;
haillose, entwichte buhen! du entwichte mutier! Schmeller
4, 19. hierzu halte man das adj. zenicht, znirht, znichtig bei
ScHMELi-ER 2, 674. 675. Stieler 2459 führt entwif-ht sulelzl auf.
2) alterlhümlicher erscheint entwicht als praedical neben
dem verbum subst., op noch mit dem sinn von vergeblich, zu
keinem nutzen, verdorben :
düslu des nicht,
du bist entwicht. Muscatbl. 14,64;
er ist eniwicht
wer lugen dicht. 80, 64;
es ist dir alles gar entwicht. 85, 29 ;
dein Zuversicht
ist dir eniwicht. 98, 35;
dein waide die ist gar eniwicht. Wolkenstein s. 194;
seil werllich freud pald ist entwicht. «. 276;
all unser ihuon war eniwicht,
heiten wir Englraalrs nicht, fastn. sp. 421, 24;
mein beichten das ist als entwicht. 622,24;
so wer unser Ireude eniwicht,
und hei wir reiner frauen nicht. 677,32;
ich merk, der paur ist ganz entwicht. 63, 19;
und ist eur arbeit ganz entwicht. 365,28;
«o setnd meine freude ganz eniwicht. Ambr. Ib. t. 45;
die armen soll der adel
beschützen au» ir pllichl,
so hat er selbs ein tadel
und ist zum teil eniwicht. Uhland 375;
wer hei vertraut,
das solches kraut
in dorft-rn auch soll wachsen?
wenn mans recht bsicht,
BO ists entwicht,
beurisch und ungelachsen.
P'oKSTKRs friiche liedlein. 1552. 3 n*46;
alle menschen auf ein häufen .seind entwicht und wer in
Irawel ist auch entwicht. Frank wW/ft. 39*; der haursman ist
auch entwicht an haut und har, stolz, voller vorteil, chron.
ü\.
\ 250* ; zu dem andern ist das fleisch an im selber hawfellig,
entwicbt und ungliickhafiig. lasier a4; also das wir alle in
Ad;im entwicbt sind, kluge, weise reden 135"; der natürlich
seelisch mensch {Adam und alle Adamskinder\ ist von nalur
entwicht, bös, betrogen, lügenhaflig. 358*; die naturen, so
nicht gar entwicht und verderbet sein. Mathesiüs 13:**; und ir
seit sein nachvolger, an haut und hör entwicht, vier dialuge
von H. Sachs 19, 18;
wei-it nicht, wer also übel traut,
der ist entwicht in seiner haut. 1,372*;
der ist an haut und har eniwicht. I. 513*;
du wärest all dein tag entwicht. 1,514';
bei diesem allen man wol sieht,
das ewer herz auch i*t eniwichi. I. 515»;
bist so leichiTerilg und emwicht. 111. 2, 7*;
sie sei an haut und har eniwichi. 111.3,53*;
dagegen wie eniwiuhi und scliendlich
isi ein zuug, die nur sucht endlich
hader und zank. IV. 3, 71*;
ist mit sund und schand entwicht. IV. 3, 84';*
den teufel sie wol bannen kan,
uiit der hell unser könig haus,
sie ist eniwichi an haut und har. Atrer 249";
der ris ist goitlos und entwicht. 329';
ist die belagerung eniwicht,
den Welschen zu dem fall gericht . . .
so ligt mir an der sach nit grosz. Sprrug Aeneis 345';
der bös geist spricht: du bist entwicht. Mklch. Likbig 1588;
gnediger herr, sorget gar nicht,
dann der knab ist ja nii entwicht,
wie man sonst böse buhen lind.
Hier. Link spiet von Julianus A4;
das mein frau wer so gar eniwicht. Fl';
welche wie Esau so gar entwicht sind, dasz man gedenken
möchte, sie weren zu unart und Untugend geboren. Hati^eccius
schulteufel vorr.
3) seltner neben werden:
mit prassen und mit panketieren
iheten sie ihn schädlich verfuhren,
dasz er der ehren w.ird eiitwichi.
W. Sp«.>i..e.'«BERG fangbriefe 02*.
4) entwicht thun oder machen, zu niehte machen, vereiteln :
er reit die sein, er leszi sie nicht,
der feind anschleg m.icht er eniwicht.
Cmhtsecs huftpufel H5.
EiS'TWICHTEN, ad irritum, ad nihilum redigere, vereiteln,
vernichten, verderben, ganz dem zuletzt angeführten entwicht
machen entsprechend: nun wolle ich gerne wissen, wenn
jelzund einer einen Teutscben mahlen wolle, wie er doch
die sach angreifen solle, also gar ist die weit entwichtet,
man sehe doch nur den groszen mutwillen und Unkosten
der schändlichen ploderhosen. Wickram roll«. 105; dann der
mann im das mit seinem zu haus kommen eniwicht bette.
Bocc. 2,31'; 0 weh mir gevatter, was hastu getban? die ros-
niutler (la cavalla) wer jetzund ganz bereit gewesen, bettest
du still geschwiegen, die du redend eniwicht hast (ma tu
favellando hai guasta ogni cosa). 2,165'; ei du tbörichter
mensch, wie hast du uns unser eigen geschäft so böslichen
eniwicht? (perch^ hai tu guasli i tuoi falti e i miei?| 16.5'.
ähnlich ist entnichten {sp. 576), vgl. entwicht, enwicht. Stieler
2459 hat ein inir. entwichten deperdilum, flagitiosum esse als
dichterisch.
ENTWICKELN, explicare, nnl. ontwikkelen, entfalten, zu-
erst bei Stieler 2530, von Göthb oft gebraucht:
sie eniwickelie dem iniben {aus dem tr. heraus)
ein erklingend farhenspiel. 3,84;
unvorsichtig entwickelst du die falten deines herzens. 8,266;
gar manche prfifung musz die neue schwesier (acc.)
und ihren ganzen werth uns erst entwickeln. 9, 3ü7;
dasz ich gern charaden und rätbsel entwickele (löse, wie einen
knäuel). 15,262; das kind entwickelte bei dieser gelegenheit ein
talent, was man an ihm bisher noch nicht kannte. 18, 235 ; einen
allen verworrenen zustand zu entwickeln und die faden auf
einen knaul zu winden. 22,105; mabler und Zeichner entwickel-
ten die gruppe {der bildhauer) zur fläche. 22, 166; da auch die
hol'nung ausgesprochen war, in einem ausgedebnlen gebiete
eine grosze anzahl bewohner entwickelt zu sehen. 23, 145 ;
der reichste, gewandteste, berühmteste erzähler seines Jahr-
hunderts unternimmt die geschichle seiner zeit zu schreiben,
dabei entwickelt er nothwendig alle die lugenden, die er be-
reits in seinen früheren werken zu bethätigen wusle. 46,233;
42
659 ENTWICKELN — ENT\MNDEN
bluten, die die knosp entwickeln,
bullt der lenz in zartes laub. Salis 65;
ein völlig entwickelter, völlig entschiedener character. Gotter
3, 9 ; eine grosze pracht entwickeln, mathemaliker nennen
entwickeln : rechnungen, die an einem ganzen voriunehmen
sind, an dessen einzelnen Iheilen ausführen,
reflexives sich entwickeln :
er streift des hofes lasierhaut wie eine schlani^^e von dem
rücken,
wenn sie aus ihrer hole kreucht , indem er sich des hofes
stricken
entwickelt und entfleucht. Haocwitz Soliman 3, 325;
soll die seele sich entwickeln und in rechter grösze blühn,
0 so musz kein klügelnd meistern ihr die majestät etatziclin.
Hagedorn 2, 15;
also sprachst du, und nie vergasz ich der wichtigen stunde,
deutend entwickelt ich mich an dem erhabenen wort.
GÖTHE 1, 318;
ZU diesen gebrechen der despotie fügt sich ein anderes, wobei
sich gewaltthaten und verbrechen entwickeln. 6,206; wie aus
einem löblichen jungen fürsten sich nach und nach ein tyrann
entwickelt. 6, 206 ; in einem solchen dichlerkreise entwickelte
sich zugleich noch ein anderer sinn. 26, 139 ; ich näherte
mich den gebirgen, die sich nach und nach entwickelten.
27,13; doch sollte sich bei unserer trcnnung noch ein wechsel-
seitiges Verhältnis entwickeln. 31, 229; und so fand ich mich fast
mehr gehindert mich zu entwickeln und zu äuszern. 48, 140 ;
doch wie zuletzt aus der caszrolle
ein söszchen sich entwickeln solle,
das ist mir nur allein bewust.
das kochen gibt mir essenslust. 45,93;
mich schaudert, wie sich das entwickeln soll. Schiller 168'.
ENTWICKELL'NG, f.
ENTWICKELLNGSBAHN, f.
ENTWICKELUNGSGANG, m.
ENTWICKELL'NGSGESETZ, n.
ENTWICKELUNGSKRANKHEIT, f. bei vielen menschen ist
das versemachen eine entwickelungskrankheit des mensch-
lichen geistes. Lichtenberg 1, 196.
EISTWICKELUNGSSINN, m. die sprachen in ihrem entstehen,
entwickelungs- und bildungssinne betrachten. Göthe 32, 22.
ENTWICKELLNGSSTUFE, f.
ENTWICKLER, m. explicalor: der prüfende enlwickler.
Lavater bei Gölhc 48, 152.
ENTWICKLERIN, f. angezogen von der kraft ihrer künf-
tigen entwicklerin und beherscherin. Klinger 10, 295.
EJSTWILDEN, was das folgende.
E.NTWILDERN, a feritate abducere, nnl. ontwilderen:
der entwilderte das geschlecht
unholder zuclit durch anbau und befriedigendes gesetz. Voss.
ENTWILDERLNG, f. ich für mein theil habe wenn nicht
blühenden anbau, doch aufräumung und anläge, doch die
erste rohe entwilderung meinen kräften gemäsz geachtet.
Voss mylhol. br. 1794. 2, 327.
ENTWIMMELN, conferlim progerminare, exire:
seinen triiien entwimmeln
griine, duftende kräulcr,
tausendfarbige blumen. Höf.TT 125, 1;
zahllose ameisen entwimmelten dem bodea.
ENTWIMPELN, navem vexillo nudare, nnl. ontwimpelen.
gegensali ton bewimpeln.
ENTWINDELN, infantem fasciis cxsolvere.
ENTWINDEN, nn/. ontwinden, enlzwingen.
1) exlorquere, aus der hand winden:
wi«zt, Eckhof war es, der dem tiefen Rrilien,
dem leichiea Gallier den lorbecrzwoig entwand. Gottkr 1,343;
der mit kiihnr>r linnd
der Inrve den betrug, der wutli den dolih entwand. 1,372;
noch ist der golt mit im«, der dich in fnindcs Kmd,
den schlingen, die Aegitith dir legte, schlau entwand. 2,36;
wenn es »ein hoher schlusz und wille sei,
das «ceptcr deinem stamme zu entwinden. Scbillkb 458V
2) reflexiv, sich loswinden:
Dwa; Ir liehicn ougen und ir sruo;
liute ie fiimlun und noch vinaeni,
die entwunden und cniwindent
■ich Az leide, in wart und wiri dA vaNche« buot.
US. 1. 8ö',
mkd. dem tempe de« frieden«, von berden bcwallt,
entwinden die »leioigen pfade sich bald. Mattuisson;
der hin, den was«er wie der erden
entwinden uuscod keime ilch. GAtik 12, 72;
•ie koDDtf lieh winen armen nicht entwinden.
ENTWINKEN — ENTWIRREN
660
3) wie sich ößer ent und er mischen, sehen wir bei Frank
auch intransilives entwinden im sinne von erwinden, endigen,
aufhören verwandt: wie du nit macht hast dein kinder zu
enterben und dein gut durch testament uf frerabde zu wen-
den, also hastus auch in der andern, driten, vierden, fünften
lini weder fug noch recht, oder bring schrift und gütlich
recht dar, in welcher lini es entwjndt. sprichw. l, 154' ; es
entwindt nur an uns, bei uns stehet der gaul und das ver-
derben kompt aus uns. paradoxa 160*; gott laszt es auf
seiner seilen nit entwinden (fehlen). 175"; als hab es auf seiner
Seiten entwunden, gefält, er das gute an im hab lassen
stehen, heillosigkeil 87 7ind öf\er.
ENTWINKEN, nulu vocare, evocare:
als er dem unding einst die kommenden wellen entwinkte.
^fessias 4, 1345;
dann crgrif er den siab, den stab, womit er dem grausen
orcus die seelen entwinket und zuscheucht. Dörgkr 248*;
dein holder blick entwinket
sie gieriger gefahr. 8*.
ENTWINTERN, 1) hieme pulsa ßrmare:
denn er duftet linden merz
und entwintert euch das herz. Voss 5,219.
2) tn/ronsi7iw und unpersünlicli : es entwintert, regelat.
ENTWIPFELN, cacumine privare: entwipfelte bäume.
ENTWIRBELN, verlice, verlicillo privare: eine geige ent-
wirbeln.
ENTWIRKEN, ENTWÜRKEN, relexere, aufwirken, loswirken,
ahd. intwurcban, mhd. entwürken.
1) destruere, demoliri, von der sonne:
tha; ira lioht bcrahu^
si garo ij in intworahta. 0. IV. 33, 10.
2) dissecare, zerwirken, zerlegen, von erjagtem wild:
sinen hirj er dö iniworhie,
so er von rehie solde. Kehr. 6917;
sus entworhifir in dö,
wand er in gar zevuorte,
swaj er sin bernorie. Iw. 5382.
3) die fahne im kämpf entwirken, niederwerfen:
ich künde euch ba; besorgen
den vanen, daj in lützel iuman eniworhte.
Albr. tu. 3360.
4) den feind aufs Haupt schlagen, conficere, it. sconfiggere,
fr, d^confire:
do der künic Tybalt wart entworht. Wh. 294, 1 ;
Trojanre und ir riiierschaft
wären äne wer entworht. tr. kr. 45067.
5) einem entwirken, ihm entziehen, benehmen:
daj er sAre vorhte,
daj im da; kint enlworhie
sincr amiiien ininne. Greg. 1192;
die vorlii in {eis) doch entworhie
Euripiliis, der in was komen
ze helfe, tr. kr. 44898.
alle diese bedeulungen sind jetzt veraltet, dagegen erscheint
6) die positive von relexere noch im reflexivum:
und hier mit heilig reinem weben
entwirkte sich das gölierbild. Görns 12,140,
wirkte, bildete sich, es müsle sich auch transitiv sagen lassen
ein bild entwirken, weben, entwirken, extexere. Stieler 2560
als poelisch.
7) negativ, sich eines dinges entwirken, los wirken : sie
wolten einen andern christlichen man, der dem bapst nicht
verwandt noch verpilicht, oder zum wenigsten der pllicht sich
enlwirkt bette. Lutmer 8, 4'. sich der strafe entwirken, poe-
nam subterfugere. Stieleh. das wort, in mehr als einetn sinn,
sollte wieder in die spräche treten.
ENTWIRRRAR, evolubilis.
ENTWIRREN, evolvere, extricare, entwickeln, Maalbr 106*,
nnl. ontwerren und ontwarren.
1) das knäuel entwirren ; das gefühl, das einen th.'iligen
mann freudig aufrichtet, wenn er das verworrene zu lösen,
das entworrcne zu gonieszen holTcn darf. GöriiR 22, 76 ; aber
der mensch will loben, daher nahm ich aufrichfigcn theil an
andern, ich suchte ihre Verlegenheiten zu enlwirrcn, damit
es ihnen nicht ergehen möchte wie mir. 20,11»; die ent-
deckung entwirrt den knoten. 33,232;
mich verwirren will d.iit irren,
doch du weiM mich tu entwirren. . . .
2) sich entwirren: ich «urhle mich in und aus diesem
labyrinthc zu flndcn. man entwirrt sich wol endlich. 27,106;
661
ENTWISCHEN— ENTWOHNEiN
ENTWÖHNEN
662
wie kaün sich dieser kämpf entwirren? Piatejc 14;
ein seltsam neues Schrecknis glaub ich ahndend
vor mir zu sehn, und stehe wundernd wie
das irrsal sich entwirren soll und lösen. Schillek 509'.
ENTWISCHEN, 1) evadere, elabi, entschlüpfen, entfahren,
nnl. ontwisschen, früher oß fehlerhaß entwüschen geschrieben,
mhd. nicht dir iniwisket,
des dih gelüstet;
nhd. Augustinus satzt auf in dem closter, wer da schwüre
'samnier gott oder alle heiligen!', es wer war oder erlogen
on not, und eim nummen ein schwürlin entwust, dem warde
(/. werde) ein trunk abgebrochen. Keisersberg s. d. m. 23*;
wer ist der . . . das im nit etwann entwüsche ein eerab-
schneidig wörtlin? 2S'; dis konnte Schindekopf nicht erwar-
ten, hatte sorg die feinde möchten im entwuschen. He.n.ne-
BERG preusz. landtafel 403; •
mit irauren lachen wirt vermischt,
kein irdisch freud on leid entwischt. Schwarze>bhrg 151,2;
zu leicht das ror dem vierten ist,
macht, dasz im gschwind der schütz [scliusz] entwischt.
Haupi 3, 250;
merk auf, herr, herr, erhöre,
erschein, erscheine bald in deiner groszen ehre,
eh mir der geist entwischt, der nicht herwider zeucht,
weoD er uns einmal nur durch unsre lippen fleucht.
Fleming 27 ;
der seiner Ungeduld so oft entwischte lluch
war wie ein donnerstrahl, der ihr gewissen schlug.
Dusch poet. werke 'i, 63;
manches entdecken, was der aufmerksamkeit entwischt. Kant
6, 102 ; die sich absondernde materie, die im augenblicke des
fest iverdens {der krystallisation des eises) entwischt, ist ein
quantum von wärmeslof. 7, 216 ; es ist kein wunder, wenn
ihm fehler entwischen. 8, 13 ; der hund entwischte durch ein
loch im zäun ; du entwischest mir mit einer lüge ; und jeder
fühlte sich verleben, wenn ihm ein solches unbedachtsames
wort entwischt war. Göthe 15, 101 ; und man sieht sich um
wie nach einem vogel, der einem aus der band entwischt
ist. 29,112;
er erbot sich zum eide, doch bald besann er sich anders
und entwischte behend nach seiner veste. 40, ü;
und bittet er nicht jede Zärtlichkeit,
die ihm vielleicht in üeberglut entwischte,
dem scepter ab und seinen grauen haaren? Schiller 250';
entwischte werte sind beleidigte
vertraute. 26ö';
verwünscht! er ist entwischt. 51S';
schwerlich werden einem Haslauer obre von einiger zarte die
härten dieses verses entwischen. J. P. flegelj. l, 131 ; der ge-
schichte können facta, aber nie geister entwischen, frei-
heitsb. 129.
2) Irans, abstergere, abwischen:
sjtrachs, und entwischte der band mit ihrenbeiden den icbor,
17 ^a, Mai afifareQrjaiv ait ixtö X^^ös ouöoyw.
BÜRGER 226' nach IL 5,416.
ENTWITSCHEN, was entwischen, bei Maaler 106' entwüt-
schen : das wort ist mir entwütscht, excidit mihi verbum ex ore.
ENTWITTERN, tempestate evadere, dem welter entrinnen?
nun rauschen die quellen
entwitterte wellen
durch wankendes röhr. MATTHissort 23.
ENT\NOGEN, flucluare, dahin ßieszen:
und breiter und süller entwog ich die bahn. Körner 1,143,
ENTWOHNEN, procul degere, habitare, entlegen seim
ach vater, hoch entwöhnet
ob allen lüften well,
allda dir sonn und monet
gar lief zun fnszen leit. Spkb trvlzn. 80 (74).
ENTWOHNEN, desuescere, desuefieri, sich entwöhnen, ahd.
intwonSn (Graff 1,874), im voc. theut. 1482 gs* hintereinander
entwanen und entwonen, disuescere, dissolere, ungewonlich sein :
si entwonend desse (ejus) nach und nach, desuefiunt. Maai.er
106*; als ein muter, die das dütlin da vornen an den werzlin
bestreicht mit gallen oder aloes, mit bittrem ding, und wenn
das kind saugen will, so ist es bitter, so Qühet es den dutten
und entwonet der milch. Keisersberg fcrösom/. 21* ; als wenn
einer der laster gewohnt und wil tugend lehren, so musz er
vor der alten laster entwonen {es steht falsch entwenen, oder
fehlt 'sich' rfaror) und vergessen, schimpf u. ernst 1555 cap. 171;
durch unverrucktes wolergehen verzärtelt und entwohnet.
BuTscHKY Palm. 865; sie müssen ihren söhn unter fremde
leule ihun, damit er die dorflufl entwöhnt Rabener 4, 132 ;
und Titbon, den Aurorens schöne brüst
und seelenvoller blick vergebens
ins dasein rief, erwacht zur längst entwöhnten tust.
WlELA.>D 10, 21 ;
mich faszt ein längst entwöhnter schauer,
der menschheit ganzer Jammer faszt mich an. Götue 12,237;
und die armee, von der wir bülf erwarten,
verführt, verwildert, aller zucht entwöhnt. Schiller 334';
doch unerbittlich, allgewaltig treibt
des augenblicks gebieterstimme mich
an das entwohnte licht der weit hervor. 4S9*;
zum überflusz setzte die lang entwohnte hitze eines beizen-
den Rheinweins meine einbildungskraft in feuer und flammen.
ThCmmel 2, 18. erst bei neueren vertritt den alten gen. der
Sache ein acc.
ENTWÖHNEN, desuefacere, ahd. intwenian, mhd. entwenen,
bei Frisiüs und Maaler richtig entwennen (wie henne =
henia), bei Dasvpodiüs 235* und Alberüs entwehnen, bei Stieler
entwenen, später entwöhnen, nnl. ontwennen. mit gen. der
Sache oder der praep. von.
1) vorzugsweise infantem lade depellere, mlat. ablactare,
delactare, das kind entspenen, von der brüst absetzen, abge-
wöhnen, ahd. intweniter, ablactatus (Gbaff 1, 869) ; also die-
muote ne was, s6 da; intwenita chint, da; noh an dera
muoter armen ist. N. ps. 130, 2 ; entwennen, von der milch
neramen, abnemmen, entwent oder abgenomne lämble, depulsi
agni a matribus. .MaalebIOO'; wann ein mutter ein kind will
entwenen von dem saugen, so bestreicht sie das werzlin an
den brüsten, schimpf und ernst 1546, 86 ;
welch wirl er leren das gericht?
'die eutwenten von der milch' er spricht, fastn. 14, 16;
von mir da bist du abgetrennt,
gleichwie ein kind der milch entwent,
dein stuhl steht für der thür. Hofm. gesellsch. l. s. 49;
und wann ich eiwan schwaifl zu weit,
und nicht bei dir plib iderzeit,
war mir wie aim kind, welchs entwänt
von seiner muter wirl verlänt. Fischart geisll. l. s. 71;
auch hat sie bedaurt die zwei kind,
die von Ihr nicht entwehnet sind. Atrbr 338*.
2) dann überhaupt a consuetudine abstrahere : nein, du
must mir zwen lön geben, den einen, das ich dich des alten
entwen, den andern, das ich dich nUwes ler. Keisersberg
brösaml. 77';
ich kan ims {ßr ins) nit entwehnen zwar.
Waldis 4, 59 bl. 276" ;
er (David) wandelte nicht in groszen dingen, die ihm zu
hoch, sondern setzte und stillete seine sele, damit sie nicht
würde entwehnet. Bctscbey Palm. 778; in einer einsamkeit,
von welcher ihn das beschäftigte leben zu Athen und die
wollüstige musze zu SmjTna schon etliche jähre entwöhnet
hatten. Wieland 2, 171 ;
sie irren her, sie schVirren hin
mit sehnen und mit stöhnen,
und können ihren leckersinn
des honigs nicht entwöhnen. Bijrger 89";
entwöhnt vom bunten tande. Pfeffel 3, 65;
und mich ergreift ein längst entwöhntes sehnen
nach jenem stillen, ernsten geisterreich. Götue 12,6;
die nation gieng augenblicklich von dem drückendsten zwange
der Intoleranz in einen zustand der freiheit über, dessen sie
bereits zu sehr entwöhnt war, um ihn mit mäszigung aus-
zuhalten. Schiller 810';
gerollt durch unterirdische klüfte
heb ich allhier mein haupt, die entwöbneten sterne zu schauen.
Voss Ovid n« 25, 163.
im part. praet. mischt sich die bedeutung von entwohnen und
entwöhnen.
3) sich entwöhnen : also auch soll im ein mensch ein straf
uflegen, wenn er schwert bei gott ir thund es kum vier
Wochen, ir entwenen euch des schwerens. Keisersb. s. d. m.
23*; wenn mein lehrineister noch lebt, ich wolt in lassen
henken, darumb das er mir in der Jugend zu viel hat uber-
sehn und mich nicht gestraft hat, jetzt ists versäumet und
kan mich nu selbs nit mehr entwehnen. schimpf und ernst
1555 cap. 172; darumb wenn die frauwe hernach sich voriger
faulheit annam, drouwet er ir mit erzelter arznei zu helfen,
dasz sie dennoch ellichermaszen solcher sich entwehnete und
häuslicher begund zu werden. Kircbhof wendunm. 114';
sie wird sich, sind nur erst drei bis vier monden hin,
von Hvmens irost nicht ohne müh entwöhnen.
WiBLA.^D 10, 258 ;
42*
663 ENTWOHMIEIT — ENTWÜRDIGUNG
ENTWURF — ENTZIEHEN
664
diese benennung hat freilich beifall und platz gewonnen und
schwer möchte man sich derselben sobald entwöhnen. Güthe
6, 118 ; so dasz man ihn leicht zu dem entschlusz drängen
konnte, zu reisen, sich zu entfernen, sich von ihr zu ent-
wöhnen. 17,116;
weh uns, wenn dieses Tolk des Schwertes sich entwöhnt,
das ihm gesetze gab, wenns die geseize höhnt.
GoTTKR 2,324;
denn was Terschmerzie nicht der mensch .' vom höchsten
wie vom gemcin>ten lernt er sich entwöhnen. Schiller 399';
sich in lust und leid zu senken,
kann sie (die scele) nimmer sich entwöhnen.
Friedr. Schlegels gedickte s. 64;
die holden hauche, die entflammten blicke
und alles das, dem ich mich nie entwöhne. Röckert 252;
wenn ich auch verliebter quälen,
schwärmerischer irfium und bilder
mich entwöhne. Platkn 9'.
ENTWOHNHEIT, f. desueludo: entwanheit oder ungewon-
licheil, dissolenlia. voe. theut. 14S2 ga*.
ENTWÖHNUNG, f. i) ablaclatio. 2) destutudo.
ENTWOLFEN, luvum exuere:
ein silberkugelschusz aufs feil,
ein kreuzdorn auch eniwoift ihn schnell. Voss 6, 113.
ENTWÖLKEN, 1) nubibtis liberare. Stieleb 2574. nnl. ent-
wölken :
entwölkier glänz. Brocees 7, 366;
eniwölkter Schimmer. 7, 211. 2, 12;
doch kömmt er,
rröhlicher heut und entwölkt, mein Geliert. Klopstock 1,10;
die nüchternheit, die stille
entwölkten seinen sinn, belebten seinen muth. Wieland 23,83;
den uns umschlieszenden zirkel begliicken,
nützen so viel als ein jeder vermag,
0 das erfüllet mit stillem entzücken,
0 das entwölket den düstersten tag! Salis 14;
auf den gräbern unsrer väier
sprieszt des erdrauchs purpursirausz,
ein entwölkier lautrer äiher
überwölbt ihr enges haus. 125;
schön erwuchs üeuiscbland in heroischer kraft,
doch schöner, die entwölkte stirn mit Weisheit
krönend, siebet es jetzt, und stolz bebts den wabnfreien blick
empor. Platen 134'.
2) sich entwölken :
Lazarus sab, dasz ihr leiden sich nicht entwölkte.
Messias 12, 781 ;
jetzt entwölkte sich fern silberner alpen höh. Klopst. 1,70;
so trüb auch meine äugen sind,
entwölken sie sich doch geschwind,
wenn meine jungen, wie die mucken,
Fich in der warmen sonne freuii. Gökinck 2,33;
der heriog hörts. zwar mit beklemmtem herzen,
doch seine »iirn entwölkte sich die hohe. Platen 318';
seltene menschen, die sich erst unter dem beschauen ent-
wölken. J. P. hamp. 12
ENTWOLLEN, nudare lana, scheren. Stieler 2576 :
wenn der grind das schaf entwollt,
krampf das lamm zusammen krollt. Bürger 297'.
ENTWÜHLEN, eruere, nnl. ontwoelen:
mit lautem geschreie
•trömte die menge hinab zu den schiffen, eniwühlt von den
fiiszen
wallte der staub empor. Bürger 19C';
be>treüi von dem otaube,
welcher zum ehernen himmel, eniwuhlt von den füszen der
rosse
kehrender sirciicr »lieg. 227':
neulich im blntengefilde de« frfihlinge« einen gebürkien
schleichenden, suchenden mann ^.•ln ich iiiut wnnderie mich,
wie er dem bodcri der flur bcilkr.itige wurzeln eniwiihlend,
achiend nicht auf den diifi, noch auf den fiirbi|;en glänz,
irocknci ernstes in »chachlcln den schätz, den erheuteten,
einschob. HEcikrt 27U.
ENTWCHDEN, dignilale privare, herabsetzen.
ENTWCHDIGEN, dasselbe: entwürdigende Zumutung;
Dicht durch bann und gewall tu den folgsamen tbieren ent-
würdigt. Vüs«.
ENTWÜRDIGUNG, f. herabsetzung, herabwürdigung :
»ich zu enirei!i7Pn der eniwiirdigung
i»l lohnii genug. Platkn 2'i3.
ßr da* geßkl gekränkter würde: eine hebomme! rief fraa
von G. mit cntwUrdigung. ein reines lirwuslsein und eine
bebumme! und die »procbe gicng ihr aus. Heinr. Ki.bi«t«
erf. 1, 2&e.
ENTWURF, m. adumbralio, dcscriplio, nnl. ontwerp, schw.
utkast, dän. udkast, vgl. besteck 4.
1) ein leichter entwurf, eine skizze; die ersten linien eines
cntwurfs; der erste entwurf; entwurf eines gebäudes, briefcs,
einer predigt; alles dieses sollte ich im anfange meiner blätler'
sammeln und daraus einen entwurf von mir zusammensetzen,
welcher so prüchtig klänge als die ititerschriften unter den
bildnissen gelehrter männer. J. E. Schlegel 5,14;
quell des heils! ewiger quell des ewigen heils!
welcher entwurf von Seligkeiten,
für alle, welche nicht Helen,
und für alle, die fielen ! Klopstock 1, 147.
2) ein plan, anschlag: diese betrachtungen führten mich
auf einen entwurf. Leisewitz Jul. von T. 1, 4 ; wo sind die
stolzen entwürfe, mit denen du kamst? Gotter 2,488; wer
gegen alle Vernunft ... zu gunsten seiner leidenschaften ent-
würfe schmiedet, verdient die fruchte seiner leidenschaft zu
entbehren. Götiie 21,91; in allen entwürfen geteuscht, an
allen orten zurückgewiesen wird er zum drittenmal Wilddieb.
Schiller 707' ; einige freunde . . . haben sich zu dem ent-
würfe verbunden, einige revolutionen und epochen des den-
kens ... zu entwickeln und der weit vorzulegen. 751*.
ENTWURZELN, evcllere, eradicare, nnl. ontworlelen, ahd.
mit er: arwurzalön (Graff 1,1052). der stürm wütete, eine
hohe eiche brach entwurzelt zusammen;
entwurzelte tannen. Wieland 16,91;
entwurzelte geschlechter.
ENTWUSTEN, eniundare, purgare, den wusl wegschaffen.
Stieler 25S3.
ENTWÜSTEN, solum incuUum subigere.
ENTZAHNEN, denlibus privare, nnl. onttanden:
enJtzahnte kiefcr schnattern. Götiie 2,69;
eine entzahnte matrone. Hippel 1, 132.
ENTZAPFEN, millere, detrahere, abzapfen:
auch hab ich beiden getrofnen
klares blut enizapft. Bürger 223'.
ENTZAUBERKRAFT, f. gegensatz von Zauberkraft: aber
desto verwerflicher ist, wenn sie auch in diesen höhen ihre
entZauberkräfte in den tiefen wiederholen wollte. J. P. bücher-
schau 2, 80.
ENTZAUBERN, exsolveie incanlatione, nnl. onttooveren:
lauter redet der liebe
nun entzauberter mund durch dich. Klopstock 1, 70;
durch seines hohen spruches entscheidungen
geweckt, cntzauhert, leugnen die dichter nicht
des maales ewipkeit, das er sich
zu dem verdieniesien rühm gesetzt hat. 2,56;
bist du der junge rilter, der das abenteucr unternommen
hat, den blauen sommervogel zu entzaubern ? Wieland 11, 193 ;
ich glaubte mich geliebt, und fand mein glück darin,
es war ein träum, dank dir, dasz ich entzaubert bin. . . . ;
stellt sie sich nicht, und seid gewis sie meidet
den ernsten kämpf, so ist das beer entzaubert.
Schiller 463*;
aber er hatte den fehler nichts so sehr zu lieben, das be-
zaubern ausgenommen, als entzaubern darauf, und besonders
die sucht, weiber anzuziehen, um sie abzustoszen. J. P. fiegelj.
1, 153.
ENTZAUBERUNG, f. das leere hatte meine cntzauberung
in meiner seele zurück gelassen. Wieland 27, 268.
ENTZÄUMEN, equtim exuere frenis, abzäumen, nnl. ont-
loonien.
ENTZEBEN, s. cnlscbcn.
ENTZEPTERN, was cntsceptcrn:
so müssen wir verjagt, verhöhnt, verspeil, verlacht,
enitepteri, sonder irost und boflrcn, tag und nacht
uinirren, weil wir sind, und uiiier fremden fiisicn
in rauher diensiharkeit das harte leben schlie'iicn.
Gktphius 1, 52;
eiilzepterte boberscherin der weit. Lohinst. Ibrah. i, 11;
ist« nicht genug, danz diese köaigin
durch deinen tollen sinn
cnlzcpieri und ontthröni dein ebben «oll »erl»»«ent
lULiMtMN C^lhnrina ». 10;
monnreho dieser weit, der prinren iiimini und gibt,
d«r krön und ihron erhobt, eni/epien und heirubt.
Miiriiirnnr s. 4.
ENTZIEHEN, delrahere, abstrahere, subirahere, ohd. in-
uohao (GiurF 5,006), mhd. cntichen u»! <>ntiiegen.
665
ENTZIEHEN
ENTZIEHEN— ENTZIFFERN
666
1) einem die band, den arm entziehen ; die mutter entzieht
dem kind die brüst, wenn sie es enttcöhnen will; das mit
semlicbem leiden uns got die weit wil verbittern und uns
das tülli entziehen, das du niendert anhängst, dann allein an
got dem herren. Reisersberg otneisz 60'; den lämblinen die
milch entziehen, nit gar aussaugen lassen, subdueere lac agnis.
Maaler 106'; die speis entziehen, abbrechen oder minder
geben, das.; einem den blick, anblick entziehen, sich nicht
mehr anschauen lassen, umgekehrt, einem die äugen nit kön-
nen entziehen, oculos suos in oculis alterius habere. Maaler
106*; das äuge von der liebsten entziehen, abziehen, pers.
Tose'nth. 5, 9 ; entzeuch deinen fusz vom hause deines nehesten.
spr. Sal. 25, 17 ; einem blut entziehen, zur ader lassen.
2) der tod entzieht den eitern das kind, die eitern dem
kinde; weil ihm so viel seien aus seinem hellischen rächen
entzogen werden. Al^ekt:s wider Jörg Wilzel F e,' ; lieber söhn,
wie der gütige hiramel dir deine mutter entzogen, so beraubt
dich anitzo die erde deines vaters. Bctschky kanzl. 101;
wie also. Saladin, wenn du
nur gleich das mädchen zu dir nähmst? sie nur
dem unrechtmäszigen besitzen gleich
entzögest? Lbssi:<g 2, 315.
3) die viii. predig sagt xv Ursachen, warum got unverdient
einem frumen menschen die süsze entzücht. Keisersb. brö-
saml. 2' (20" sieht dafür underzücht)^ die ander gotslesterung
ist in dem mund, da einer got zu schreibt, das got nicht
zu gehört, oder got entzücht, das got zugehört, s.d. m. 19*;
die dem heil, reich entziehen oder abzubrechen unterstehen.
reichsabsch. 1512 §.5; und er liesz eine thewrunge ins land
komen und entzoch allen vorrat des brots. ps. 105, 16 ; so
enlzeuhet und nirapt er im zuerst die Weisheit. Luthers
lischr. 2h* ; er entzieht ihm seinen beistand, seine Unterstützung ;
deiner warheit worl von mir doch nicht entzieh.
WECKaKRLi.N 264;
denn unser küchen und prebend
uns werden fast an allem end
des Böhmerlands entzogen. Soltaü 463;
jedoch, du schönes kind, entzeuch mir deine liebe,
sobald die kleinste schuld mich zum verrather macht.
Rost schäferg. 80;
nein bruder, nicht dein opfer will ich dir
entziehen. Schillbr 515'.
4) sich entziehen,
a) ohne casus: meine nehesten haben sich entzogen. Biob
19,14; da sie aber kamen, entzoch er sich. Gal. 2.12; so
konnte sich jetzt kein einwohner von Ensisheim mehr entziehn,
dem jungen manne ebenfalls freundlich entgegen zu kommen.
TiECK nor. kr. 4, 310. vgl. enlzogenheit und sich zurückziehen,
davon machen.
b) gen. der sache und person: nein, aber du soll fliehen
und dich entziehen der bösen begierden, dardurch magstu
den lust uberkummen. Keisersb. s. d. m. 12*; sich klagens
und Weinens entziehen und enthalten, lamentis parccre. Maaler
10'*; sich schlahens entziehen, manibus temperare; o ich will
mich gern aller nüsse in ewigkeit entziehen. Wickram rollte.
73'; sich des weislich und mit Vernunft entziehen, buch der
liebe 288, 2 ; dasz er sich des closterlebens entzöge. Micrälius
2, 219 ; keine Schulter entziehet sich seines gehorsams. pers.
baumg. vorr. ; entziehe dich deines freundes nicht. 9, 13 ; um
des dabei fürgehenden kummers und sorgens sich zu ent-
ziehn. BüTSCHRY Pa/m. 91; weil man nun solcher leute fersen
lieber als die zahne sihet, so ist es am räthlichsten sich
ihr«r mit guter manier zu entziehn. 437 ; die nach ihren
grundsätzen verbunden sind, sich ehrlicher leute, welche sie
die kinder der weit nennen, zu entziehen. Lessing 1, 451.
c) von, aus etwas: davon entziehent sich etliche derselben
lirummen menschen von gesellschaften, auf das sie ir leben
nicht beQecken. Keisersb. 5. d. m. 30' ; wenn du deines bru-
ders ochsen oder schaf sihest irre gehen, so soitu dich nicht
entziehen von inen, sondern soll sie wider zu deinem bruder
füren. 5 Mos. 22, 1 ; enzeuch dich nicht von denen, die man
würgen wil. spr. Sal. 24, 11 ; sn du einen nacket sihest, so
kleide in und entzeuch dich nicht von deinem fleisch. £5.
58, 7 ; wir gebieten euch, das ir euch entziehet von allem
bruder, der da unördig wandelt. 2 Thess. 3. 6 [golh. ei ga-
skaidai)) izvis af allamma bn'>t)re hvairbandane ungatassaba);
er gebeut den Christen, das sie sich entziehen sollen von
solchen, die unordig wandeln. Lcther 5,391*; derbulben ich
mich länger nicht hab mugen von Willcniberg entziehen.
LcTBBRs br. 2, 148 ; bitte ich du wollest dich von solcher
liebe entziehen, buch der liebe 235,3; davon ich mich kei-
neswegs entziehen mag. 236, 1 ;
warum denn wolt auch ich
mich von der noth entziehn? Logau 1, 102, 21;
wie köntest du dich doch selbst von einem so groszen schaden
erledigen und von dergleichen furcht entziehen? Bctschrt
kanzl. 751; sintemal ihr euch von dem friede des könig-
reiches, von dem schütze des königes und in einem (damit
zugleich) von dem friedensedict entziehen werdet 831;
der aus Theiis armen sich entziehet, üz 1, 50.
d) vor etwas:
sol man die armen schwachen
durch einen schweren irunk noch duppelt schwächer raachen,
der oft, vom schmacke nicht geredt, so übe! reucht,
dasz sich der aarzt wol selbst lur seiner luft entzeucht
und hält die nase zu? FtKMiJCG S4.
e) dat. der person oder sache {im sg. f. vom gen. nicht zu
unterscheiden): entziehe sich nicht eins dem andern, es sei
denn aus beider bewilligung. 1 Cor. 7, 5 ; ich entziech mich
genzlich dem gemeinen nutz und begib mich auf die bücher,
abduco me ab omni reip. cura, dedoque literis. Maaler 107*;
der Dolabella hat sich ganz mir entzogen, tolum se a me
abalienavit D.; als wenig sich die, so du mir erzelet hast,
ihrer liebe haben mögen entziehen, also wenig mir auch sol-
ches müglich sein wird, buch der liebe 235, 4 ;
da einsmals sich die gunst entzoh der hofestatt.
LocAn2, 217, 38;
und ihr haupt,
dem seines armes stütze sich entzog,
stürzt auf das kissen. Lessisg . . .;
und dieser vorwand heiszt sie fliehen,
sich dem triumph der liebe zu entziehen,
sie geht, doch nein, sie sagt erst, dasz sie gehen will.
Rosi schäfererz. s. 11 ;
der knospe gleich am kalten merzentage
schrumpft, wenn des glückes sonnenscnein
sich ihr entzieht, die seel in sich hinein. Wisland . . .;
er ist so vielfältig angegangen worden, diese geschichte den
freunden seiner muse mitzutheilen, dasz er sich dem ver-
langen derselben um so weniger entziehen kann. 1, i-orr. v;
dasz den unwirtbaren labyrintben
sich der wandrer grausend gern entzöge. Götbb 11,259;
wenn ihr freventlich so lange
guter Ordnung euch entzogen. 11,242;
entziehst dich meinen armen
als wolltest du mich lieber ganz verstoszen? Schiiikr 505*;
ich will mich nicht der rechenschaft entziehn. 412';
ganz gewis haben sie das kleinod {ein silbernes körbchen),
woraus ich oft neben ihnen meine erdbeeren gezuckert habe,
sich und den nichten heimlich entzogen. Voss an Gleim 2, 308 ;
alles werden in der natur entzieht sich der beobachtung.
Wh. vos Humboldt «6er die Verschiedenheit des Sprachbaues;
das hat sich allen berechnungen entzogen; sich der gefahr
durch schnelle flucht entziehen.
5) intransitives entziehen für sich entziehen ist sehr selten:
dem winde wollt ich schnell entziehen
und für dem wilden stürme fliehen. Opitz ps. s. 104.
ENTZIEHUNG, f. bei Maaler 107* continentia, frustralio
cupiditatis, heute nur ablatio, wegnähme : entziehung der kost.
ENTZIEREN, der zier berauben, bei Maaler 107' exornare,
die zierd abreiszen und hinwegthun.
ENTZIFFERBAR, explicabilis. '
ENTZIFFERER, m. interpres.
ENTZIFFERKANZLEI, /: menschen für welche die erde
keine entzifferkanzlei des buchs der natur, sondern ein Sprech-
zimmer, eine zeitungsbude elender personalien ist J. P. Hesp.
1, 255.
ENTZIFFERN, explicare, intcrpretari , eigentlich geheime
schriß lesen, dann überhaupt dunkles erklären, enträtseln, nnl.
ontcijferen, fr. d^chifrer:
entzifferte wie ein Ödip die räthsel im Merkur.
WlKLA!1D 4, 181 :
wenn es uns beliebt das räthsel zu entzifl"ern. GötheIS, 112;
er hatte den räthselhaften alten kennen lernen, welchen zu
entziffern er eine unbeschreibliche begierde fühlte. 18, 227 ;
Goue, ein schwer zu entziffernder und zu beschreibender
mann, ... still in sich gekehrt. 26,136; die neigung womit
doctor Kannegieszer meine barzreise zu entziffern suchte.
32, 197 ;
entziffernd leicht den vielverscblungnen Stempel
musz sich für ihn ein einfach wort enifalien. 11, 332.
667
ENTZlFFERUiNG — ENTZÜCKEN
ENTZÜCKEN
668
ENTZIFFERUNG, f. i. b. der hieroglyphen.
ENTZIFFEHLNGSKUNST, f.
ENTZISCHEN, sibilando erumpere.
ENTZITTERN, wie entheben:
den sonnen gleich, da sie goites
schalTeiider hand enuilierlen. Klopstock 1, ...;
doch die andern eoliiiiurtcn, alle voll Schreckens;
und die Troer entziiierien dorthin und dahin;
da lag die liehste wachend mir im arme
und alle zauber um sie her cniziticnen. Rückrrt 1S4;
wallet nur bin, ibr hübschen Schmetterlinge, spielt im glänz
und entzittert nur linde wie bluten dem leben. J. P. ßcyelj.
8,58.
ENTZOGENHEIT, f. secessus, soliludo, xurückgezogenheU:
im trauien schatten stiller entzogenhoit
Taiid ich den l'rieden, der uns erweicht und stärkt.
Salis U2;
verbreite deinen schleier, entzogenheit,
um meine Treuden, dichter um meinen schmerz! 143.
ENTZOPFEN, cirro privare, den zopf abschneiden.
ENTZUCKEN, ENTZÜCKEN, rapeie, abslrahere, wegnehmen,
dahinnchmen , entrücken, gen-allsam, plötzlich entziehen, tveg-
reiszen, ahd. inzucchan, nihd. enzücken und gleichbedeutend
erziicken. der umlaut schwankt, da schon ahd. zucchan zucta
und zucchön, mhd. zücken zucte und zucken neben einander
stehen, nhd. der rückumlaut zwar gewöhnlich aufhört, doch in
einzclucn Wörtern nachwirkt, einfaches zucken und zücken
scheiden wir heute nach den bedeutungen und verwenden jc7ies
intransitiv, dieses transitiv; entzücken ist uns nur transitiv
und behält für die dritte bedeutung immer den umlaut, in den
beiden ersten erscheint er oder bleibt aus, wie die bcispicle
ausweisen. LvTHEttertheilt devi wort stets den umlaut.
1) Sachen, darunib lieben Deudschen, laszt uns hie die
äugen auf thun, gott danken für das edel kleinod und fest
drob halten, das uns nicht wider entzückt werde. Luther
2, 474'; der mensch niusz gottcs wort haben und daran hangen
mit dem glauben, sobald er im nu dassclb entzücken lesset,
so ist keine hülfe mehr da. 4,22; darumb entzückt er uns
oft consoiationes rerum, auf das consolatio scripturaruin
räum und zu thun bei uns finde . . . wie er denn itzt euch
ewren hohen trost und schätz auf erden entzückt hat, auf
das er an irer stat ewer trost würde. 5, 52S'. br. 4, 419 (Mich.
Neander, vom sei. abst. 44 diese stelle anziehend schreibt ent-
zuckt) ; so wäre uns die proviant entzückt worden. Fierabras
£ 6 ; ein alt weih ein leinen luch heimlich stal und entzuckte.
KiBCBHor wendunm. 230'; bis ihm der abgott genommen und
entzuckt ist worden, kluge, weise reden 147'; wo man uns
den Schemel entzuckt-e, so lägen wir all uf dem boden.
Mamel424; die h. röm. kirch besorgte, dasz die ketzer iren
(«Ar) noch einen andern Schlüssel möchten entzucken, bie-
nenkorb69'; und die arzet, die sich sonsten hierüber zu be-
klagen gehabt betten, dasz man inen S. Lux mit dem harn-
glas entzuckt, haben dafür S. Cosmum und Damianum zum
besten bekommen. 183*;
da leschei sich die gülden kerz,
entzückt Ton starken winden. Sprr Irulzn. 22;
was uns goit nicht beute schenkte, kan er morgen schicken,
kan ans, was er beute schickte, morgen auch entzücken.
LoGAU 3, 25, 9,
wai Lessikc Ramler ohne nolh ändern in entrücken;
0 wcrihes büchertriicken,
datx die rergessenbeit uns nichts mehr kan entziickcn!
RUHPLRK SO;
S estalt du dan balbtodt mich noch an dich gciruckt,
a aller athem fast dem herzen wurd entzückt. 75.
3) leuU.
mhd. ich wart iozuknhei,
in ditzo lant vcrchoulet. Ihut. 3,06.
nhd. und sie gebar einen son, ein kncblin . . . und ir kind
ward entrückt (10 steht hier) zu gott und Reinem stuel. uffenb.
lr<h. 12, 5 ; »on gOlteren entzückt, raptut a diis Ganimtdes.
Maaler 107'; die (Finocb, Muyses, Elias) sein lebendig vom
erdboden entzuckt worden. Ayrei proe. 1,13;
hier »lehn liic vci wi'itiicTi ullcti,
bei.l. 1
und <ti. II,
<w< I icku PLiaiNsSSS;
dorh leider bi»i du mir nur unr zu friih enizOrkt,
und der, dio neben uiir ihr blutiK horre dnickt.
tiaiPMiu» 2, 40;
dahin hat, liebster freund, nun auch des höchsten hand
durch einen sanften schl.if des Sterbens dich enizücket.
LoiiKNSTKi.> Hyac. 45;
ist Christiane gleich der eitelkeit entzficket,
gedenke, dasz ihr itzt die ewigkcit gefallt.
Chr. Ghypuius poet. Wälder l,3ßO;
sondern wann der tag herruckt,
dasz er durch den tod entzückt
von dem unglück solte sterben. AbrlrS, 53;
in meinem ehiosen stände war ich des morgens früh auf . . .
nachdem mich aber das unglück in diesen wehstand bracht
und gleichsam entzuckt begraben, habe ich der frühstunden
benützungen vergessen. Bütschky hanzl. 60.
3) heutzutage sind die beiden ersten bedeutungen ungebräuchlich
und entzücken wird eingeschränkt auf das geistige entrücken
und hinreiszen, wodurch die seele gleichsam auszer sich an eine
andere, übersinnliche stelle geführt wird, it. rapire, fr. ravir:
und als er hungerig ward, wolle er anbeiszen. da sie im
aber zubereiteten , ward er entzückt (iyirero in aiWov
Excnaais). ap. gesch. 10, 10 ; ich war in der stad Joppe im
gebete und war entzückt. 11, 5 ; es geschach aber, da ich
wider gen Jerusalem kam und betet im tempel, das ich ent-
zücket ward und sähe in. 22, 17 ; ich kenne einen menschen
..., derselbige ward entzücket bis in den dritten himmel
(golh. fravulvanana, gr. a^Ttayivra, tat. raptuinl. 2 Cor.
12,2; er ward entzücket in das paradis (golh. fravulvans vas,
raptus est, rjqiiäyrj). 12,4; es isi kein heiliger gestrenger
orden oder münche ... sie müssen sich Schemen gegen den
türkischen münchen, gegen iren wunden, wie sie inen sellis
wunden in den leib schneiden, wie sie entzücket werden,
wie sie fasten. Ldtiier 5,259'; die künigin, die der schmerz
vorher gleichsam entzückt hatte. Lohensteis Arm. 1,274;
ich bin entzfickt aus mir! Ibrahim 33, 1C8;
ich werd aus mir entzückt, nun ich mit .Masinissen
ein ewig festes band der heirat soll beschlieszeu.
Suphon. 4t, 65 ;
der fürst war ganz entzückt (ron angst)
und mit dem folierbaud der sorgen hart bestrickt.
Hali.manms Tlu'odorich s. 45;
ja in gcdanken sasz er also tief entzücket,
dasz mit den äugen er auch auf nicht einmal blicket.
Wkrokrs Ar. 26, 111 ;
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davon die nachricht mir so herz als »eele druckt,
so kurz dein Inhalt ist, so sehr werd ich entzuckt (lon schmerz),
weil alle silben mir den pfeil zum heizen treiben.
Gd(«turr666;
Florindo fragte, ob er sich in seinen trost finden könte?
doch war Lysias entzuckt {auszer sich) und hatte lauter degen
und pistolen im munde, damit er die untreue liebe bestrafen
wolle. Weise kl. leute 31 ;
ihr schnellen augenblicke!
dasz uns der kus entzücke,
den uns die liebe lehn. IIagrdorn 3,69;
80 hab ich dich gesehen, so hast du mich entzückt.
GrLLRRT . . .;
wie entzückt das verlangen
auferstehung nach dir! wie wirst du selber entzucken
auferstehung! Messias 11, 1307;
hätte nimmer von den mädchen allen
das verlobte mädchen dich enizückt !
Lotte bei W'crthcrs grabe (teutsoh.
Merkur jun. 1775);
es ist die gegcnwart, die mich erhöht,
abwesend schein ich nur, ich biu entzückt. Götok 9, 124;
o war ich vor des hohen geistes kraft
entzückt, entseelt dahin gesunken! 12,81;
entzückt, erstaunt, wer dies ihm angeihnn. 3, 22;
mein fremder mann ! als mensch bist du entzückt,
doch unter göuern scheinst du wol veriückt. 4t, 130;
durch seinen cinfliisz ward sie in der gegend für eine enl- 2
zückte, nicht für eine verrückte gehalten. 20,275; *
daaz sie den jüngliog emiQckl, (ttrwahr.es ist mir kein wunder.
40,296;
last dich dio naiur entzücken. Gottrr I, 14;
o du entzückst mich, du verstehst mich ganz. Sciillih 475';
wenn sich ein herz, entzückend und cntzOckl,
dem herzen schenkt in suszcin selbsivprgnsiten. 4SI*;
oin fldlnr ineister mand auf dipsoni plaii,
euch in die heitern hohen Hemer kinui
durch seinen sch6|ifiM'geiiius «iitiurkend. 918*;
dnsz nicht mein herz zerri»sen wird von quälen,
nicht ton der lust entzOrkl. . . .;
was an dem reizenden gcichlerhl enitOrkt,
stellt lieb vcrsainoieli dar in dieser tineo. 410*;
669
ENTZÜCKEN — ENTZÜCKUiNG
ENTZtGELN— ENTZÜNDEN
670
wie entzückt es mich,
in deinen armen sie zu sehen. . . .;
seine seele fühlt sich in diesen ideen gleichsam wie in einer
neuen und schönen region, die mit allem ihrem blendenden
lichte auf sie wirkt und sie in den lieblichsten träum ent-
zückt. 761'. nah dem entzilcken steht, wie die stellen treisen,
entrücken und verrücken, verzücken ; tco ein in mit dem acc.
oder ein aus mit dem dat. folgt, ist das wort noch leben-
diger, allmälich hat es sich aber erkältet, und wird heute oft
ohne gefühl misbraucfit in weise des franz. ravir oder charmer,
es soll dann nur erhöhte en\pfindung md freude ausdrücken.
4) sich entzücken.
mhd. liste ich danne da; er sich
enzucie eteswes durch mich,
da; er lihte niht verbaere,
da; würde ein sölliiu swaere,
diu mich sere müeie. gulc frau 208,
WO sich entzücken so viel als sich eines dinges enthalten,
entschlagen, vgl. das schwächere sich entziehen 4, b.
nhd. darnach thfit sich entzucken (erheben)
meines herzen ein solch lust. bergreien s. 56 ;
es hat der schuster Franz zum dichter sich entzückt,
was er als schuster that, das thut er noch : er flickt.
Lbssing 1, 17.
häufig für sich freuen in aufgeregtem sinn: wir enlzlückten
uns an der landschaft, am gesang der nachtigall, an der auf-
gehenden sonne.
ENTZÜCKEN, n. nach dem verbum,
1) eigentlich raptns, secessus mentis a corpore, ecstasis :
etleich omacht und des menschen enzucken sint dem släf
geleich. Megenbebg 9, 8 ; ha, und die starre, tiefe betäubung,
worein er, gleich dem gemahlten entzücken, versunken sasz,
als wäre um ihn her die weit weggeblasen und er allein mit
dieser Julia im ewigen leeren. Schiller 145'.
2) dann suavissima voluptas: wir lasen das buch mit ent-
zücken ;
ganz ohr, ganz äuge, ganz entzücken. Schiller 263';
ich sah die weit mit liebevollen bücken,
und weit und ich wir schwelgten im entzücken. Göthe 3,13";
jener nebel, der vor menschenblicken
in dem dunkeln erdenthale hängt,
sinket hier, wo ewiges entzücken
seiger zukunrt meine blicke lenkt. Werther an Lotten 1775.
.ENTZÜCKEND, suavissimus, reizend: eine entzückende
gegend, kleidung;
die stimme, melodie,
wie silberklang aus flieszenilen krystallen,
entzückender als Orpheus saiten schallen. Schiller 14" ;
der Seelen
entzückecdsr zusammenklang. 263*.
ENTZÜCKUNG, f. was entzücken,
1) ecstasis, s. die aus Ai.berls 2, 700 unter dallinger an-
geführte stelle; welche die enlzuckung und den schweren ge-
brechen haben, sind nicht ferne von der fallenden sucht.
Comenius sprachenthür von Docemiüs §. 312 ;
wie es dein priester Horaz in der entzückung versprach.
GöTHB 1.282;
wo man oft in himmlischen entzückungen aufgefahren ist. 14, 19.
2) voluptas, angenehme empfindung und aufregung :
irrgärte voller entzückung
und freude, seid mir gegrüszt. E. vos Kteist 2, 25;
von entzückungen trunken. Messias i,Sl9;
mit dem l.^heln ihrer entzückungen. 4,839, wo die ausg. 1751 :
gan? in entzückungen aufgelöst;
nach dem gefühl der ersten entzückungen. 4,1060:
iener sprachs. doch alle verstummten umher, und schwiegen,
horchend noch mit entzückung im scbaititren sal des palastes.
0(1.12,334.13.2,
»0 der gr. texl icT}XT]&fi6s hat, was dem gotk. hliuj), altn.
bliod gleicht, die sowol laut als stille ausdrücken ;
so wie ein Kindlicher mann , dem das herz mit süszer ent-
zückung
menschlichkeit nährt und natur. Luise 3, 210;
laut nun rief er im stammelnden ton der entzückung.
3, 260 ;
0 dasz ich nicht an deinen hals fliegen, dir mit tausend
thränen und entzückungen ausdrücken kann, mein bester,
die empfindungen, die mein herz bestürmen ! Götbe 16, 81 ;
und dies berz ist jetzt todt, aus ihm flieszen keine ent-
zückungen mehr. 16, 130 ;
sie hätte
den götterscheio der lügend schaugetragen
und doch zugleich des lasters heimliche
«nizückungcn zu naschen sich erdreistet? Schiller 265';
der mond stand wie eine unaussprechliche entzückung hober
in der nacht des himmels, aus dessen hintergrund in den
vorgrund gemahlt. J. P. uns. löge 3, 107. s. lenzentzückung.
ENTZÜGELN, effrenare, nnl. ontteugelen, den zügel loslassen :
Sipvlus , jenem zunächst, wie des köcbers geklirr ihm daher-
scholl,
floh in emzügeltem lauf (frena dabat).
Voss Ov. n* 27, 84 (met. 6, 231) ;
doch wie entzügelt er floh , dem enilliehenden folg: unver-
meidlich
todesgeschosz. ebenda 87 ;
da weisz ich dich, und meine kühnsten lieder
entzügeln sich wie ungestümer ström. Körskr 1, 2S4.
ENTZÜNDB.\R, qui facile ignem concipil, brennbar: ent-
zündbare luft; in dem alter war ich beweglicher und ent-
zündbarer als sie. Gotter 3, 251.
ENTZÜNDBARKEIT, f. die entzündbarkeit dieser Stoffe
macht ihre anhäufung gefahrlich ; die entzündbarkeit eines
menschen von achtzehn jähren.
ENTZÜNDEN, incendere. goth. intandjan ist, gleich dem lat.
Worte, mit in gebildet, ags. ontendan mit on, also accendere,
das ahd. inzuntan (Gbaff 5, 687) läszt zweifelhaft, ob mit in
oder int, ant, das mhd. enzünden offenbar mit ent. die form
ist durchgehends schwach, und ein starkes pari, entzünden
tadelhaß, das weniger entbrannt, als entbrunnen, entglommen
(oben sp. 545) ausdrücken würde, nirgend aber begegnet ent-
zinden, entzand:
voin eitlen gute, von silber und gold,
nicht von des ruhmes ewigem sold,
sind die niedrigen herzen entzünden (: verschwunden, erebunden).
KÖRSKR 1,141.
1) eigentliches entzünden : der holzstosz, scbeiterhaufe wird
entzündet ; der blitz hat ein haus entzündet ;
als Abels opfer gott entzünt,
sein bruder Cain im das vergünt (miigönnte).
SCHWARZENBERG 100, 1 ;
allenthalben freudenfewer entzündet wurden, b. d. l. 242,2
mhd. vil kerzen was enzündet. Nib. 473, 1 ;
nhd. ihn hiesz feuer entzünden der rufer im streit Menelaos.
Od. 15, 96 ;
die lampe harrt der flamme die entzündet. Göthe 3, 101;
schweift in euren waldesgründen
von leuchikäfern eine schar,
ha, wie schreckt euch die gefnhr.
dasz sie euch den wald entzünden. Lkmau r. ged. 196.
die wunde ist entzündet, geräth in brand.
2) sehr ofl vom feuer der liebe:
mtid. da; enzunte euch sine sinne. Trist. 22,6;
und kuste in hundert tüsent stunt
in einer kleinen stunde,
unz ime ir munt enzunde ,
sinne und kraft zer minne. 34,34;
bi; da; sin ouch enzunde. 479, 37.
nhd. Maaler 107'.* in liebe und holdschaft entzündt sein ; wann
lieh übt ir kraft, so werdent entzünt die unvernünftigen vibe.
VVyle transl. (Lucretia) ; und sie füreten sie hin in Holofernes
gezelt, und da sie für in kam, ward er so bald entzündet
gegen ir. Jud. 10, 18, wo die nl. version setzt aangesteken
legen haar; da wallet dem Holofernes sein herz, denn er
ward entzündet mit brunst gegen ir. 12, 17 ; sihe nicht nach
den megden, das du nicht entzündet werdest gegen sie (statt
inen). Sir. 9, 5, wo nl. ontsteken ; und da sie die ehesten
sahen teglich darein im den garten) gehen, wurden sie gegen
ir entzünd mit böser lust. Susanna 8; denn er ja gerne woll
seine Christen aufwecken und entzünden, das sie brenneten
in der liebe gegen einander. Lcther 6,46'; nit lang stunde,
dem rilter Galmyen ein tanz mit der herzogin geben ward,
dardurch ir beider herzen grosze freud empliengen, doch
keins gleichen gegen einander theten, dasz sie in lieb ent-
zünt weren. Galmy 127; ward entzündet gegen eine seiner
nachbauwren frauwen, der er ijiit vil bitten seines willen zu
pflegen anläge. Kirchhof wendunm. 201'; dieser mohr, voller
begicrde, wurde alsbald gegen dem mädchen entzündet, pers.
rosenth. 1, 42 ;
nun han zwar meine äugelein '
aufs best das ihr gethan, . .
dadurch ich bin entzündet
in lieb und licbesscbmerz. gesellsch. lieder t. 4;
ich brinn und bin entzünd gen dir. 41;
an solchem meinen schaden
kein lindriing ich empßnd,
je öfter ich thu baden,
je mehr ich mich entzünd 47,
671
ENTZÜNDEN
ENTZÜNDEN — ENTZWEI
672
gegen euch bia ich enizünd,
(iaü macht Veuus und ihr liind. 62;
und dasz von dieser dam er nicbies hoffen hOnt,
iudem das sie schon wer in einen held enizüiii.
Werders Ar. 5,20;
die liebe weisz uns zeitig gnug zu linden,
drum eilt sie nicht uns zu entzünden. Host schäfererz. 14;
er horcbi. sie seuTzet laut, der ganze bäum ctnplindet,
der seufzer hat in ihm die alte glut entzündet.
J. A. SciiLKüKL verm. ged. 2, 194;
das gegenbild von einer schönen . .,
die aus dem reich der ideen herab
gestiegen nar, sein Junges herz zu entzünden. Wielano4,3;
von Uelinden
lasz ein andrer sicli enizfinden!
halt ich Cliioeii nicht gesehn,
könnis geschehn,
dasx auch ich mich llesz entzünden
von Uelinden. Boik in Voss musenalm. 177C s. 64;
des schönen busens reiner schnec entzündet
und nähret sanlt der liebe stillen brand.
Griks 7"a«so befr. 1er. 4, 31 ;
verbergt euch, steine, schaut nicht lieiniecltT, ilir die ihr so
oft den misselhäler saht . . . durch diese strasze mit saiten-
spiel und gesang . . . hinschwehen und sein am heimlichen
giUer lauschendes niädchen ratt wonnevoiien erwartungen ent-
zünden. GüTUE 10, 120.
3) »ort eifcr und zorn, die tcürtlich fetter sind : und der
eivergeist entzündet in, das er umb sein weih eivert. 4 Mos.
5, 14. 30 ; die herzogin von groszem zorn in ihrem angesicht
entzündet, zu dem pörtner sprach. Galmy 351;
ich brinn und bin entziind gen dir,
doch nit aus liub, magst glauben mir, . . .
brinn drum nit mehr aus lieb gen dir,
sonder aus zoren fiir und für. gesellsch. lieder 4t ;
o zorn! der menschheit sclimach. was wehret deiner Wut?
schnellbrennend ungeheur, im augenbllck enizüiidet,
und oft mit blut gelöscht, vor dem vernuiii't erblindet.
LicuTWKR ilas recht der Vernunft 47;
es hatte die neigung der wöllin
zu dem scbändUchen fuchse den zoiii des woHes entzündet.
GöiiiE 40, 41.
vgl. zornentbrannt, wuthentbrannt.
4) andere fälle, in gutevi oder übeim sinn : von gotles geist
entzündt werden, afflari dicino spiritu. Maaier 107*; mein
herz ist entbrant in meinetii leibe und wenn ich dran ge-
denke, werde ich entzündet, ps. 39,4; und die zunge ist
auch ein fewer . . . und zündet an allen unsern wandel, wenn
sie von der helle entzündet ist. Jacobi 3,0; denn sie ganz
entzündet waren aus der ersten predigt. Luther 3, 33 ;
oll ward von ihr, die andachi zu uiiizundcn,
ein geistlicher choral auf dem cl.ivier gesjiieli.
Hagedorn 2, 105;
mein bitten rührt dich nicht, du kannst es nicht ergründen,
was in dem worte ja für eine wollust steckt.
was ich erraihen soll, kann mich nin' halb unizünden,
mein gluck ist erst ein glück, wenn dein mund mirs entdeckt.
Host schäferged. s. 5 ;
du sagest selbst, eins werde dir gefallen,
wenn wir vor dir mit busze niedcrlallcn,
und unser herz von neuem nicht entzünden
mit allen sundcn. Klopstock 7, 1!I4;
du hast nichts von allem verloren, was ihn entzündet. J. E.
Sciii.ECEL 2,23; sie würden zu dem wahren und schönen
weit lebhafter entzündet werden. Göthe 49, 174 ;
auf schlimmem weg verfolgtet ihr dies ziel,
da ihr das reich entzünden, durch die (lammen
des hürgerkricgs zum throne steigen wolltet. Schiller 413";
kein bürgcrkricg entzündet Scholllands städte,
zu dem der iiritte nicht den Zunder trug, ebendii;
80 dasz sich die entzündeten töne brünstig umarmten. Tieck
», 349 ; kühle den frischen Jüngling in der lebensfrühc als
ein stillender morgenstern ah, eh ihn die sonne entzündet.
J. P. Uesp. vorr. xxvii ; da das schwellende herz doch endlich
den dämm der Verstellung überwültigt, so eilte er in den
Winter hinaus, deckte die entzündete brüst den kühlenden
flocken auf. 3, 57 ; seine durclisiclitigen blauen äugen waren
von einem denkenden geiste entzündet. 3,154; ja, ich will
sterben, damit ich reden kann ! rief er entzündet. 4, 119.
6) sich entzünden: ardescere. MAALEnlü7'; du soll wissen,
dasz sich Itcinhart gegen einer Jungfrauen in liebe dennaszcn
eotzOndet hat, dasz ich besorg u.t.w. buch der liebe Uh, i ;
\*l er zornmütig, so entzündet er sich um ein geringes und
dreuet mit den feusten. Bütschky /'ü(m. 465; man denke »ich
den Jungen mann, der vor etwa zwei Jahren den Werther
schrieb, einen Jüngern freund, der sich schon an dem nianu-
tcript jenes wunderbaren wcrks eulzündel hatte. OOrut 4», 110 ;
es mag an diesem bild sich gern mein blick entzünden.
Lbnau n. ged. 42;
die pflanzen glAnzen, wasserwogen lachen,
die muntern thiere regen sich in sprungen,
der Vügel singt, wie l.iub sich grün entzündet. Tieck 1, 7.
vgl. entglimmen und entglühen.
ENTZÜNDEN, n. inceniio;
da fas7i die kunst in liebendem entzünden
der masse wüst, die ist sogleich entfallet. Göthe 13, 262.
ENTZÜNDEH, m. incensor, inflammalor,
ENTZÜNDEHIN, f. inflammalrix:
du bist der lieb entzünderin. WgoiiiKaLiN 762.
ENTZÜNDLICH, inflummatorius : darauf sogleich verfallt er
in ein entzündliches lieber und stirbt. Göthe 45, 258.
ENTZÜNDUNG, f l) incensio: die entzündung des Stroh-
daches; die entzündung, losbrennung des geschützes.
2) inflanmalio : die entzündung des liluts, der wunde;
sein herz war zwar vom Schicksal über einen steinichlen weg
wund geschleift, aber die entzündungen desselben kühlte Jetzt
der gedanke des todes sanft ab. J. P. Uesp. 4, 43.
3) figürlich, dann gieng Matthies eilend hinaus, welches
er allemal nach witzigen entzündungen that. 2, 213.
ENTZÜNDUNGSF1EBE[{, n.
ENTZÜNDÜNGSPLATZ, m. stelle der entzündung. Kaut
9, 45. 48.
ENTZUPFEN, vettere, evetlere, loszupfen, bei Maaier 107'
enlzupfen, die zupf aufthtln, crines resolvere, verscliieden von
cntzopfen.
ENTZWECK, s. endzweck. mit ent geschrieben i. b. bei
Duscii 1, 85.
E.NTZWEI, in duo, in duas partes, verderbt (wie entgegen
aus engegen) aus inzwei, enzwei, worin der heule unyeßlilte
pl. n. zwei enlhatlen ist, wie sp. 252 gesagt wurde, golh. in tva,
«ä Svo. Matth. 27, 51. Marc. 15, 38. alid. in zuei, doch Matlh.
27, 51 mit angefügtem subst. in zuei teil, vulg. in duas partes,
wonach auch ags. on tvegen da-las, anderwärts begegnet ein-
faches on tvä, namentlich Marc. 15, 38, wo auch die vulg. in
duo hat; engl, in two. mlid- häufig enzwei, weiterzahlend
endriu, envieriu, enfunfiu, enniuniu;
wart (gieng) enzwei. Ernst 1356;
der rucke in zwe gebrochen. Crane 2937.
Luther, in beiden bibet.^letten, Maltli. 27, 51 der vulg., nicht
dem original folgend, schreibt in zwei stück, doch /,uc. 23, 45.
1 Sam. 2, 31. 4, is «. s. w. entzwei, diese misgestalt blickt frei-
lieh auch schon vor Htm verschiedentlich durch, z. b. fastn. sp.
loul, 24 und bei Keisersberg s. d. m. b' [wenn sich hier auf
den druck zu verlassen); wogegen anderwärts das ursprüng-
liche in zwei fortdauert, s. b. bei Wvi.e, Dasypooius 18*, Frisius
157", Maaler 534', welche ül>erhaupt noch genau zwen, zwo,
zwei ßcctieren. Alberus, De.nzler, Spieler, Frisch, Adelung
ergeben sich der falschen form.
ihren ersten antasz suchen darf man in der mhd. anlehnung
der praep. an das zahlwort, wodurch aus in zwei ein unge-
fühlteres enzwei wurde, das neben verba gestellt nur den be-
grif der Irennung ausdrückte: enzwei spalten lief fast auf eins
hinaus mit zespalten, zerspalten, gleichviel ob in zwei oder
mehr stücke, und man empfand altmälich nicht mehr, dasz
entzwei dem vom subst. begleiteten in zwei stücke oder theilc
völlig gleich stand, darüber kam uns auch das vermögen ab-
handen furtzuzahlen endrei, envier orfer in drei, in vier, ohne
zutretendes subst. auszerdem wurde noch in andern fällen
mtsliräuchlich ent für en gesetzt {sp. 559). die immer mehr
in der neueren spräche eiiireiszende Verwendung des entzwei
erschwert uns das ungeheuer entzwei, worin die parlikel ent
nur scheinbar stecJil. und das. die ausspräche härter macht,
fahren zu lassen, vian sollte überall wieder enzwei schreiben,
sobald einmal die pedantische Infi aus unsrer Schreibung weicht,
wild es gleich vielem andern auch geschehen, auch n»l, hat J\
sich neben dem richtigen unlwec hin und wieder ein fälschet 9
onttvvec eingeschlichen. *'
die folgenden Zusammensetzungen mit entzwei sind ebenso
sicher keine wahrhaßen, eigentlichen als die mit dar, daher,
daliin, empor «rid einer menge von andern parttkeln. die lus
und frei stehenden Wörter der alten spräche naren srhOner.
es bringt dennoch gewinn, was sich in sotdien Verbindungen
geläufig feststellt, hier tu verzeichnen; man musz die com-
poMta mit zer hinzuhalten, welche edler klingen, wählend in
denen mit entzwei volksma.'^zKje lebcndfjkeil baßeL
673 ENTZWEIBEISZEN— ENTZWEIGEHEN
ENTZWEIBEISZEN, viordicus divellere, zerbeiszen , auf-
beiszen: die nusz war zu hart, seine zahne konnten sie mit
aller anstrengung nicht entzweibeiszen.
ENTZWEIBEKSTE.N, disrumpi, zerbersten: da nam Daniel
pech, fettes und har und kochet es untereinander und macht
küchlin daraus und warfs dem drachen ins maul und der
drache barst davon mitten entzwei. Bei 26; dieser hat sich
erhenkt und ist mitten entzwei geborsten, aposlelg. 1,18; ist
der hennen der kröpf entzwei geborsten. Lokmans fabeln 12;
knallt der pulverthurm in die luft, als war die erde mitten
entzwei geborsten. Schilleb 120*.
ENTZWEIBRECHEN, 1) diffringere, zerbrechen : fractas ent-
zweigebrochen. Albebüs; sihe, es wird die zeit komen, das ich
wil entzwei brechen deinen arm. l Sam. 2, 31 ; fiel er zurück
vom stuel am thor und brach seinen hals entzwei. 4, 18 ;
und ach, Terscbmähte liebe
brach ihren wanderstab
getrost entzwei, und grübe
sich vor der zeit ihr grab. BCbger 8";
als Albano sich sehnte, kam die fürstin herauf {auf die slern-
warle), der professor brach sich vor Verehrung gegen sie fast
entzwei und liesz den fixsonnen keinen astrologischen ein-
flusz auf sein grades stehen zu. J. P. Tit. 3,203. 2) intr.
diffringi: in dem brach sein überfülltes herz entzwei. Hesp.
3, 87 ; es galt für ein glückliches zeichen, dasz das in die
luft geworfne glas niederfiel ohne entzweizubrechen.
ENTZWEIBRLNGEN, dissecare: kein heil vermocnte den
alten knorren entzweizubringen ; besonders da man dieses
gebisz nach erfordern mit der zahnsäge der kritischen feile
entzweibringen kann. J. P. Tit. 1, 66.
ENTZWEIDREHEX, runipere torquendo. Stieler 329.
ENTZWEIDRCCKEN, elidere, zerdrücken: mit rührung zieh
ich von Victors entzweigedrücktem unkenntlichen angesiebt
den Schleier weg, der seine schmerzen bedeckt. J. P. Hesp.
2, 241.
ENTZWEIEN, disjungere, dissociare, nicht aus entzwei ge-
bildet, sondern aus zweien und der hier also organischen Par-
tikel ent. da nun mhd. zweien doppelsinnig ist, sotcol be-
deutet trennen (Walther 9, 24, Trist. 3, 18. 243, 4) als paaren,
in paare sondern, einigen (MS. 2, 183'), würde für den ersten
fall das ent iruhoativ, ßr den andern privativ sein, beidemal
fast derselbe sinn erwachsen. Stieler 2658 legt darum mit recht
beiden, dem zweien wie entzweien, disjunclive bedeutung bei.
1) transitiv: ehleute entzweien, uneins machen, verhetzen;
nichts soll uns entzweien, veruneinigen; sie sind auf immer
entzweit ; die entlegenbeit des ortes kann unsere unverrückte
freundschaft nicht entzweien. Butschky kanzl. "8;
fraget zurück, was euch zuerst entzweite. Schiller 493* ;
ibr wart noch zarte knaben, aber schon
entzweite euch der jammervolle zwisi. 500*;
die zweite erscheinung ist der weltgang nach freigeistigen ge-
setzen, aber dieser entzweiet uns noch mehr mit unsern hof-
nungen. J. P. dämmerungen s. 7.
2) reflexiv : zwei der besten freunde haben sich entzweit ;
er entzweite sich leicht mit allen ;
es ahmt Pipin ihm nach, der freuuden sich nur leibet,
sieb ohne grund vereint, und ohne grund entzweiet.
HiCicDOR.li 1, 42;
mein mädcben und mein wein,
die wollen sich entzwein. 3,37;
und kurz, wir sind ein paar bekannte tauber,
die selten sich um ihre weiber,
geschweig um einen gerstenpick entzwein.
Kt. ScuMior poel. triefe 53;
leise löst sich das band . es entzweien sich zart die naiuren,
und von der holden schäm trennet sich feurig die kraft.
ScHatKR85'j
belaubt, verworren, mit mir selbst entzweit
und mit der weit, verehrte heiige Jungfrau,
siebst du mich hier. Göthe 9,366;
soll ich mich mit meinem manne entzweien ? Gotter 3, 57 ;
wobei sich das inleresse der mitarbeitenden leichter entzweien
könnte. GOtiie 45, 99.
ENTZWEIER, m. allercator, uneinigkeitstißer.
ENTZWEIFALLEN, fallend zerbrechen: der maurcr stürzte
vom gerüst und fiel sich den arm entzwei.
ENTZWEIFEILEN, lima proterere, xerfeilen: dem gefangnen
ijelang endlich seine kette entzweizufeilen.
ENTZWEIGEHE.N, abrumpi, rumpi. Stieleb 630.
mhd. hie gät diu rede enzwei. Waltb. 101,6.
III.
ENTZWEIGEN — ENTZWEISEIN
674
nhd. der faden, der strick gieng entzwei; dann gieng allezeit
das geschwollene herz und der geschwollene augapfel entzwei.
J. P. Ucsp. 2. 166 ; die kleider, schuhe gehen entzwei, auch
activ: ich habe die schuhe entzweigegangen, zerrissen.
ENTZW'EIGEN, spoliare ramis :
die Stämme, die die fürsten geben,
0 Dänemark, dein wol zu heben,
sind nicht gewohnt entzweigt zu stebn. J. E. Scblkgbl 5, 148.
ENTZWEIHÄMMERN, malleo dirumpere.
E.NTZWEIHAL'EN, dissecare, zerhauen: Alexander hieb den
knoten entzwei, franz. tailler en pitces, ~u stücken hauen,
aus einem zwei stücke machen, das ei auf die schwelle legen
und mit einem messer entzwei hauen {oben .«p. 77) ; sie hieben
ihm die sehnadern am hintersten schenke! entzwei, pers.
rosenth. 7, 20.
ENTZWEJKLOPFENj contundere, zerklopfen : steine entzwei-
klopfen.
ENTZWEILACHEN, ridendo rumpere: ich hätte mich mögen
entzweilacben. Salzmass krebsbüchlein 17S8. 8, wie es keiszt,
sich kurz und klein lachen, sich zu stücken lachen, sich
krumm und bucklich lachen, sich einen buckel anlachen,
sich scheckig, ascherfarbig, putzig lachen und infransitiv: vor
lachen bersten, platzen, vergehen, sterben u. a. m. (mythol. 470).
ENTZWEILAUFEN, currendo, eundo discindere.
ENTZWEIMACHEN, dissolvere, zeibrechen: du machst alles
entzwei.
ENTZWEI PLATZEN, disrumpi: platzt entzwei wie eine Sei-
fenblase ;
klumpen wird zum ei,
das bläht sich auf und platzt entzwei. Göthb 41, 41.
ENTZWTIPRELLEN, crepare, dissilire. Stieler 1472.
ENTZWEIPRESSE.N, was entzweidrücken : o es ist schöner
pegen dich, allgütiger, mit dem entzweigepreszten herzen hin-
zurinnen. J. P. Hesp. 4, 81.
ENTZWEIREIBEN.
ENTZWEIREISZEN, dirumpere, zerreiszen: den faden ent-
zweireiszen. intr. die geduld risz mir entzwei ;
die wage reiszt entzwei, wenn man kein recht siebt an.
Grtpuics 1, 38;
ach des lebens schönste feier
endigt auch den lebensmai,
mit dem gürtel, mit dem schleicr
reiszt der'scböne wabn entzwei. Schiller 78*.
ENTZWEISCHLAGEN, frangere, zerschlagen, zu stücken
schlagen: einen topf entzweischlagen; der hagel hat diese
blute entzweigeschlagen ; schlaget mit einer axt alle gölzen
entzwei, pers. rosenth. 7, 20 ;
wer im gesang schwach ist, schlage die leier entzwei
Platkk.
ENTZWEISCHLITZEN, scindere, diffindere : meine krank-
heit, deren unsichtbare tatze meine nerven ergreift, erdrückt,
ausdehnt, entzweischlitzt. J. P. uns. löge 3, 47.
ENTZWEISCHMEISZEN, contundere, zerschlagen:, sieh nur
die gläser! ich sollt dir sie am köpf entzweischmeiszen.
Göthe . . .
ENTZWEISCHMITZEN, di/fringere. Stieler 1876.
ENTZWEISCHNEIDEN, dissecare, zerschneiden: ward ge-
einte liebe in zwei geschnitten. Wvle transl. (Lucretia).
ENTZWEISCHREIEN, clamando dirumpere: und ich schreie
mir oft an zweiten feiertagen die lunge entzwei. J. P.
ENTZWEISEIN, frangi, rumpi, entzweigehen, gegangen sein :
m/id. beiä nu bei,
nu ist dem videh-ere sin videlboge enzwei' MS. 2,63*;
diu mir da^ herze hat verwunt
vaste unz uf der minne grünt,
der ist enzwei. heiä nu hei,
des fidelsres seite der ist enzwei! 61*;
seht umb den trunken bö^cn.
sin wisheit ist enzwei. 2. 238*.
nhd. nun sweigt und laszt ewer gescbrei!
der krieg ist nun entzwei, fastn. 1001, 23;
Madrutz schreibt mir, und ist im hindern entzwei. Schertlins
briefe s. 70, ist das eigentlich oder bildlich zu verstehen?
ha^t angst? vgl. 1,565;
was soll man ferner ihun ? sie ist nunmehr vorbei,
das liebe schöne kind. die äugen sind entzwei (gebrochen).
Fleäihc 13t;
das band der natur ist entzwei, die alte Zwietracht ist los,
der söhn hat seinen vatcr ersrjilagcn. Scuiller 136*;
43
675 ENTZWEISITZEN — ENTZWISCHEN
mord ist jetzt die losiinp.
der Dienschheit bnndo sind eiiizwci. du suib.st
hast sie zerrissen, sire, in deinen reichen. 301*;
der Strang ist mir entzwei, macli mir ihn, Tater. 532';
das fasz ist entzwei, der wein läuft aus.
ENTZWEISITZEN, sedendo disscindcre: ein paar hoscn auf
, der bank entzweisifzen. Weise lust. redner 31.
ENTZWEISPALTEN, findere, vgl.
mhd. sin houbei im endriu spielt,
enninuiu sich sin zuoge viell. Itcmh. 2243.
nhd. in zwei gespalten, bisulcus. Maaler 534"; in zwei ge-
spalten, biftdus. I)asvp. IS*; darnach begab es sich, da An-
thonius sein lant verlor, das dasselbig berlin funden ward
und entzwei gespalten und für ein wunder in den tenipcl
der Veneris uf gehengt, das es iederman sehen soll. Kkisers-
BERG s. d. m. 6* ;
halt AnguIalTers rinp nicht fibcr ihm gewaltet,
ihn hatt auf einen zug der low entzweigespaltet. Wiklaxd.
ENTZWEISPLEISZEN, difjfindere. Stieler 2093.
ENTZWEISPRENGEN, findere, zersprengen.
ENTZWEISPRINGEN, findi, zerspringen: die glasschcibe
sprang von der bitze entzwei.
ENTZWEISTECHEN, cotißgere, zerstechen:
mhd. Gawi^n in flüglingen stach
unde enzwei im nindern satelbogen. Pari. 385, 11.
nhd. des ritters lanze hatte den drachen mitten entzweige-
stochen.
ENTZWEITHEILEN, btpertirt, in zwei teilen. Maaler534';
mhd. sich selben teilet er enzwei
geliche und ebene als ein ei. Trist. 144,13.
nhd. nun gibt es eine höhere besonnenheit, die welche die
innere weit selber entzweiet und entzweithcilt in ein ich und
in dessen reich. J. P. acsth. 1, 69 ; und sie bauchte ihn wieder
entzweigetheilt als heiligen vveihrauch empor, uns. löge 3, 89.
ENTZWEITRETEN, conculcare, conlerere, zertreten: einen
wurm, einen frosch enlzweifretcn ; der tod trat zuweilen ein
haupt und den träum darin entzwei. J. P.
ENTZWEIUNG, f. discordia, Zwietracht, uneinigkeil. Stiei.er
2659.
ENTZWEIZERREISZEN, discerpere, disscindere, in dieser
und den folgenden Zusammensetzungen wallet pleonasmus, da
schon im einfachen verbum die Vorstellung des sondervs ent-
halten und nochmals durch doppelte parlikeln ausgedrückt ist:
und die sonne verlor iren schein, und der Vorhang des tem-
pels zureisz mitten entzwei, yal ia^ioO'ri ro xnrnTtitaafia
rov vaov fiiaov, et velum templi scissum est medium. Luc.
23, 45.
ENTZWEIZERSCHNEIDEN: in zwei zerschnitten, bifidus.
Pasypodios 18*.
ENTZWEIZERSPALTEN: in zwei zerspalten, tn bina findere.
Maai.er 534*.
ENT2JWERCH, f'n obliquum: ist in der gefahr so groszer
schnelle, dasz er auch die kleinen schif entzwerch überscheuszt.
FoRER fischb. 30*. *. entwerch.
ENTZWINGEN, exlorquere, abnöthigen:
0 Hagedorn, der sanTien klang
zuerst dem rohen spiel cnlzwang. Voss 6,203;
die nntreliärden cnizwingt mir
der schcrer, der mich zerzau^'t. Gütuf. 5,59.
ENTZWISCHEN für cnzwiscben, inzwischen, mit derselben
teruilderung, die in entgegen, rntzwei. entwicht obwaltet, ahd.
in zuisk^m (Graff 5, 728), mhd. cnzwiscben (pass. K. 442, 10
ontwiscbcn)^ nnl. intusschen. auch ist die spätere und heu-
tige nhd. spräche wieder zu inzwischen zurückgekehrt oder hat
das enl, in völlig getilgt, nntzwisciicn galt
1) im sinne von dazwischen, darzwiscben 2, 870. S77, mhd.
Aä cnzwiscben. Parz. 230,2 und cnzwiscben. tr. kr. 3|s9;
nhd. die weite, so entzwiscben gelassen, ausgefüllt. Tacius
bei l'ronsp. 3, n;' ; man liringet collation und wein, die Vere-
rundia und Phillis, die kammerfraw trngens rumb, alsdann
trinken sie auch entzwiscben. AYnER422*; es hatte zwar einen
»cbcin und geschähe, dasz je derweilen ein weniges angefangen
w^rd Ton gott, Tom glauben, von tugend, von andern hei-
ligen dingen, aber das haftete nicht lang, es kam alirinal
einer, der einen zotlcn entzwiscben einwarfc und uns zu
lachen inarhctc. Piiii amuf.r I, 431 (432); l!.itr.iwitz, der »ulihes
hörte, kam rntzwiscbcn, imd s(iia(b. 2, 720 ; wiewol eine
grosze wiilentürtigkeit entzwiscben stehet. IIornAr^NswAi mau
ilerb. Sncr. i.3i; damit ich aber cntzMis.licn nit feirete, sähe
NTWEG — ENWICIIT
676
ich mir einen haum aus. DirkknOL24; Erilile winket, mur-
melt, entzwiscben wird der tburn wider sichtbar, j^/an/cni.'s 137.
2) von interca, das bei Dasvpodiüs gleichfalls darzwüschen,
bei Frisius darzwüschend lautet: entzwiscben war herzog
Friedrich von Holstein im anzuge. Micräliüs 5, 179 ;
entzwiscben sich auf ebnem feld
der Jüngling Turnus oft gemoldt
mit wenig knechten sehen liesz. Sprrng Aen. 448*;
enizwischen füllen sich das meer, die luft, der himmel
mit grausamer geschwulst. Wbckubrli."« 248;
enizwischen lasz nach deiner weis
dir, Ponica, den schlechten (leisz,
den mei;i herz reich macht, nicht misfallen. 500;
entzwiscben verlanget mich nach seinen neuen bricfen. BcTScnRT
kanzl. 47; die wir entzwiscben uns allerseits in der herzge-
treuen obbut gottes überiassen. 599, aber inzwischen s. 48. 50.
ENWEG, hinc, apage, fort, mnl. eweg, ni//(/. enwöc:
hebt iuch enwöc! Parz. 132, 12, auf den weg,
heute weg (wie neben ßr eneben) oder hinweg, unterm volke
noch enweg, vgl. it. via und fr. envoyer, hinwegsenden.
ENWICHT, ältere gestalt des sp. 057 aufgeführten entwicht,
dessen eingeschobnes t wie in entgegen, entzwei, entzwiscben
zu beurtheilen ist. doch die älteste, reinste erscheint uns erst
im mhd. unverbundnen ein wiht, aus der anlchnung einwiht
ergab sich frühe schon verdünntes enwiht, wie der diphthong
von einzel, cilf zu enzel, elf wurde und wir für ein wenig
enwenig aussprechen, übersetzen läszt sich das 'ist ein viiM
durch: ist unnütz, vergeblich, unwerth, nichtig, verdorben:
der pfafTen disputieren ist mir gar ein wiht. Walth. 27, 14.;
so ist va; und träne ein wiht. 106, 22;
daj ist alle; ein wiht. Alexander 3995;
diu spa!lc riuwe ist gar ein wiht. Winsbekin 20, 8;
ir niüejen iemer sin ein wiht. Lanz. 1633;
diu äventiure ist ein wiht
die min veter ü; bot. 2218;
min eines loben deist ein wiht,
volgens ander liute niht. Frkid. 61, 1;
nl sin suoche was ein wiht. Trift. 3768 H. ; •
din smcichen da; ist ein wiht. 81S5;
so ist gar ein wiht min vröude. MSH. 3, 225" ;
diu rede wurde mir ein wiht. Frib. Trist. 6217;
die der keiser ruofct an,
die sint ein wiht. Pantateon 234 ;
darzu sint din wib ein wiht. Dalimil 24, 21,
also noch in einem späten, rohen gedieht, allmälieh greift
das schon früh vorkommende angelehnte enwiht unt sich, in
beiden Tristanstcllen gibt es Maszm. 96, 10. 206, 27 ;
unser leger si hier enwiht. Wh. 458,2 {np. ein wiht);
hcidiu der val und der stanc
heien in getan vil nach enwiht. Lanz. 2023;
des wart im sin tcnker vuo; enwiht. MSU. 3,225';
da; dunkel die bocsen gar enwiht. Wigal. 7,35;
nu lä
die rede, wan diu ist enwiht. 52, 36 ;
unser fröude w.rro enwiht
und biete wir der wibe niht. 57,38;
ir riierschafi dillit in enwiht. 119, 13;
woch, fi; dilhie dich io enwiht
swa; ich guoies ie geieto. 139,37;
wo; touc diu rede? si ist enwiht. 151,8;
der lieiden sprach '6; ist enwiht'. Wigam. 3290;
seit mir der leib von aldcr ist enbicht. Wolkrnst. s. 261 ;
mit red macht fir enwicht
die wal und die weler. Uttocar 123*;
sei biet knin purch, so wolts auch nicht
das henibd mit wuschen tuon enwicht (verderlicn). rin«; 35*, 3,
welche beiden letzten Verbindungen mit machen und tuon schon
von dem alleren brauch weichen, in allen angezogenen stellen
stehen aber ein wiht und enwiht immer nur praedieativ, nie-
mals, gleich dem späteren entwicht adjectiviseh ; dennoch findet
sich Wigam. 627:
Ar «nch all« ge«rhiht
l(*beniige; und enwiht,
die Ichendigen und die todten.
Offenbar ist nun ein der artikel, wicht das bekannte subst.,
dessen sinn aus der bedentung von ding übergeht in die von
Unding, wie denn auch daneben als gleirhbedeiiliqe phrasr
'cm niht' vorkommt, was sieh gerade to iii •cimihl' vcreugle:
dn; im alle; ein niht. MS. 1, 150*;
lim irftgcTHMide l't ein niht. /w. 4413;
677
ENZ— EPFICn
EPHEÜ— EPHEUBAUM
678
da; was gein dirre not ein niht. Pars. 5S3, 11;
so isig wider der ersten kraft enniht. Frkid. 9, 2.
da in jedem niht ursprünglich wiht steckt, was doch längst
niclil mehr gefühll wurde, konnte wol gescheher), dasz man
das gekürzte ein vor enwicht für die negation nahm, wie auch
gramm. 3, b5 geschah (vgl. 3, 737), in enniht schiene sie dann
doppelt ausgedrückt; wer hätte in diesem en den arlikel ein
wiedererkannt ? es bedarf keiner entschuldigung, dasz einem zwar
heute verschollenen, ehmals aber in unsre spräche eingreifenden
warte zweimal, unter entwicht «ni enwicht, nachgeforscht wurde.
s. wicht, ahd. niwiht, entwichten, entnihten.
ENZ hebt in bairischer mundart vor andern Wörtern das
ungeheure heraus: enzmann, enzkerl. man darf an ent, enz
riese {mylh. 491) denken und an enterisch, entisch, s. her-
nach enzio und Schjceller 1, SS.
ENZEL, ENZELN für einzel, einzeln sp. 349. 351, wie en-
wicht ßr einwicht, elf für eilf erscheint schon früher im pass.
K. 357, 91, bei Jeroschin und anderwärts. Luther, in der
bibel, befolgt die hd. form, doch entschlüpfen ihm sonst auch
hin und wieder die Verengungen: aber nichts desto weniger
springen zu zeiten etliche von dem häufen enzelea (es stcLl
geschrieben entzelen) abe. 3, 312' ; der häufe bekeret sich nicht,
enzele und wenig, welche gott erwelet. 3,312'; solches alles
ist ja nichts den menschenandacht gewest, enzeler persooen,
die kein artikel des glaubens stiften. 6,513"; wenn die Teut-
schen ein enzeln wort haben, so haben sie bei zwenzig com-
posita. lischr. 412*. desgletchen späterhin : und wann alle
steine, so in der weit sein, mir enzeln auf meinen köpf
fielen, könte ich davon solche schmerzen nicht empfinden.
herzog Heinrich Jclics s. 194.
ENZEN, eine geruch oder gcschmack anzeigende verbalen-
dung, s. bockenzen, fischenzen, fleischenzen, judenzen, kin-
derenzen, knoblochenzen, kupferenzen, mönchenzen, pabst-
cnzen, rauchenzen, wildenzen. auch faulenzen darf so ge-
nommen werden.
ENZIAN, m. gentiana, it. genziana, nnl. gentiaan, deutsche
benennungen sind bitterwurz, madelger, sperenstich «. s. w.
und irimb das goits wort von im an,
als wenn ich kuwet encian {d. h. ungern).
MüR.NBR schclmcnz. 6* (Scheible s. 829} ;
er felscht nieswurz und enzian,
gibt pelerlein vor ragwurz hin. fl. Sachs II. 4,4';
heiaho, gut Heinrich, encian, specian, agcrinund und ruben-
kraut. Garg. 88'; hantig {bitler) wie enzian. Schm. 1,88.
ENZIAN, ENZIANER, wi. brantweiu aus enzian wurzeln, ein
bittrer.
ENZIANMEISZEL, m. mit enzian getränkte charpie: ist der
eisz oder knörrlin bei dem augwinkel nit ufgcbrochen, so
thun in uf mit eim flietlin und behalt es offen mit eim enzian-
meiszel. Gersdorf 70.
ENZIO, verstärktes enz, wie diebio, mordio, feurio, auch
enzion, was nur zufällig an enzian klingt. Leoprechting
führt aus dem Lechrain s. 85. 138 enzionkrotte, enzionpack an.
ENZLICH, singulus, für einzeliich sp. 351 : diese sonder-
liche, enzliche gäbe. Lctuers tischr. 310*.
EPELERN, »». acer campestre, feldahorn, masholder.
EPF, m. n. apium, heute eppich, nnl. eppe, it. appio, sp.
apio, fr. ache, bühm. apich, poln. opich. ahd. wilder eppi,
Oleaster. Graff 1, 160. .Mece.nberg 3S2 handelt 'von dem epF
und beginnt: apium haijt epf, z. 17 hinzufügend und ist manger
lai. 382,22 setzt er auch epfich und 413,33 epfeich. Bück
im krduterbuch 366. 369 unterscheide! gartenepf, d. i. peterlein,
petersilie; bawrepf, apium rusticum ; bachepf, apium palustre,
•mit den bleichgälen blümlein', bei Nemmch stehen apium
dulce, graveolens und pelroselinum aufgeführt, ich weisz nicht,
welches von diesen kräutern die Jim den namen gebenden
bienen suchen.
EPFAD, siehe ehefade sp. 41.
EPFEL, OPFEL, malum, begegnet in oberdeutschen nnind-
arten zuweilen als sg., der sich einem altn. epii vergliche.
Mece!<berg 329, 26 redet 'von dem holzöpfel' und Keiser-sbehg
s. d. m. 16' sagt : Adam und Eva, die von dem öpfel geschleckt
haben. FROMMAitus zcitschr. 5, 461. 6, 169. Sciimeller 1, 89
nennt den oberpfälzischen sg. epfl, neben dem pl. apfl widersinnig.
EPFICH, m. apium, Graff 1, 160. mhd. wb. 1, 434', $. die
aus Mege^berc unter rpf angezognen stellen: minz unde
•■pphich. Diut. 3, 48 ; ein gurgelwasser und recept Ton dreien
gemeinen wurzel(n) epfich, fenchel und wegwart für ein gül-
den. Garg. 189". s. eppich und das folgende.
EPHEÜ, fj. m. hedera, xtaaös, ein vielgestaltiges, schwie-
riges wort. ahd. ebah, ags. ifig, engl, ivy, woran sich schein-
bar das eben verhandelte epfich schlösse, bald aber entsprang
aus ebah die form ebowe, ebouwe, ebhouwe, ebihewe, ephou
(Graff 1, 91), nhd. epheu, früher ebben (elsäsz. epphau, eppheu),
bei Dasvpodics 93' ebhew, bei Faisics 625 und Maaler 95*
ebhüuw, Schweiz, äbheu, Denzler 325 ebheu, Hesiscu 900 ephaw,
ephew; erst später epheu, efeu ausgesprochen, in welchem ebheu
man anfangs irgend eine, wenig passende Zusammensetzung mit
houwi, hewe, heu, gras gefunden oder zu belebung des dun-
keln ausdrucks gesucht haben musz. epheu klingt wie crdhcu,
hartheu, schaftheu und sein diphthongischer auslaut wäre sonst
unbegreiflich ; das eb, ep vor dem heu läszt sich kaum deuten,
aber efeu wird völlig nichtssagend und aus dem neutrum männlich,
dem lat. hedera, bei Festüs edera, it. edera, ellera, sp.
hiedra, yedra gleicht das welsche eiddionvg, eiddew, t>. gal.
eidheann, eithcann. da nun beide, hedera und taxns, Win-
tergrün, immergrün bleiben, schiene ir. iuthar, iubhar, iughar,
ags. iv, engl, yew, alid. iwa, nhd. eibe (oben sp. 77) unmittel-
bar verwandt und man begriffe, wie in glossen bei Diefenbach
194* epheu und eibe = ags. ifig und iv sich vermischen,
danach mästen ahd. ebah und iba, iwa einer wurzel sein;
gundrebe, gundram, hederich, hedera lerrestris werden wiederum
ebich genannt, so dasz auch eppich, epfich ebendaher, nicht
aus lat. apium entsprösse? ilaub, nd. iloof /«r epheu sf/ieint
gekürzt aus iwelaub, eibelaub. Megexberg 321, 23 nennt die
edera epaum (für ebpaum?) oder ertpaum, meint aber, dasz
er billicher 'slingpaum' heisze, 'wan er slinget sich über al
auf die maur oder auf die want, darzuo er sich gesellet und
vlichtet sich darein mit gar vil wurzeln', an die sanskrit-
wurztl i (ire) hat Graff l, 91 bei dem aufkleltemden ebah
gedacht, wie man xiaaös zu nico stellt, und eine nd.'nnl. be-
iiennung klimop lautet, eine oben sp. 18 gewagte Verbindung
mit dem adj. ebich, goth. ibuks bleibt gleich unsicher.
hier folgen noch einige ältere belegstellen : weltlich wisheit
inverwieklet sich mit zeitlichen dingen, als ein spinn in einer
spinnenwepp oder ein hun in ebhow. Keisersbergpoj/. 3, 60';
wir gewinnent wiber gnug uf erden,
lugt nun, das wir der ledig werden,
es henkt sich wie cbheuwan mur.
wurd si dir zu haben sur,
darnach kumpt es dich surcr an,
wie du si möchtest wider lan.
McRNERs gäuchmalt, ed. Scheible s. 1087;
in dem monat sint zum besten ebhäu, cipressen, lorbör.
Sebiz 50 ; zwo bände, so noch umb den sattelknopf als ebhew
hart umbgewachsen und eingeschlossen waren. Philaxd. 2, 36.
ich weisz nicht, wer die den laut f herbeiführende Schreibung
epheu zuerst brauchte, sie begegnet noch nicht bei Flemixg,
der überall eppich setzt, wol aber bei Bltschkv Palm. 298, der
doch gewis schon Vorgänger hatte. Stieler läszt das wort über-
haupt ausfallen. Frisch 1, 228' gibt und neuere dichter lieben es
desto mehr: epheu wirft seinen mantel um den thurm;
epheu krönt poeten. Gcmuer 920;
zu Reutlingen am zwingen, da ist ein altes thor,
längst wob mit dichten ranken der epbeu sich davor.
Uhlaxd ged. 420;
als noch kein epheu sich
an das verkrümelte gesiein geklebt. Plate.'« 171';
da stebn sie nun in grünen uniformen,
aufs munterste mit epheu decoriert. Göiac 11,239;
epheu hat deine schlanke
götterbildung umkleidet,
wie du emporstrebst
aus dem schütte,
sculcnpaar! 2, 179;
wenig äpfel trägt er mir nur, der sonst so beladne;*
sieh, der epheu ist schuld, der ihn gew.Wiig umgibt,
und ich faszie das messen, das krummgebogene, scharfe,
trennte schneidend, und risz ranke nach ranken herab.
1,324;
kaum an dem blaueren himrael erblickt ich die glänzende sonne,
reich, vom felsen herab, epheu zu kränzen geschmückt.
1,347;
aber ein farbiger kränz um die siirn und doldiger efeu.
Voss Tibutl 1. 8, 45.
EPHEUARTIG, hederaceus, denn epheuen («rie leinen, hanfeo,
golden) wagen wir heute nicht; Maaler 95* setzt noch ebhöuwin,
Dasvpoüics 93* cbhewen, Hemsch 900, 42 ephewin kränz.
EPHEUBAUM, m., epheu, wenn er als bäum aufwächst,
s. Megenbercs epaum, das kürzung von ebichpaum scheint :
gebt aber erst lieber dem jetzigen schwammigen manns-
characler mehr schwamm und kern, der weibliche wird dann
schon als epheubaum aufsteigen. J. P.
43*
679
EPHEÜBEKRÄNZT — EPPER
EPPICH — ER
680
EPHEÜBEKRÄNZT, redimitus hedera,
EPHELHINDE, f. ritta hederacea.
El'HELÜLSCUEL, m. fasciculus liederae.
EPIIELDOLDE, f. umbella hederacea.
EPHEUhUANZ, m. Corona hederacea:
gekrönet mit dem ebhcwkranz. ^VECcaERLII« 41t.
so hciszt auch eine schneckenart, buccinum scrtum, der ge-
scliiniickte bauernjunge.
EPHELKKAUT, n. veronica triphyllos.
EPHELLAUB, n.
und geht ihr glücklich vor mit nachgesiimmien sniien,
durch euren lorbeerkrnnz mein epht'ul.iul) erhöhn.
GiJ.NTHK» 5Sü.
EPHEILAUBE, f. Fr. Müller 2,346.
EPHEURANKE, f. palmes hederae:
doch anders Ist es in des weibes hrusi,
die ihrer liebe zarte epheuranke
um eine kühne beldeneiche webt. KörXer 2, 12S.
EPHEUBANKIG :
auf der liebesbaak an der efeurankigen TeNwand.
Voss 2, 201.
i EPISTEL, f. epislota, hnaroXri, goth. aipislaule für aipi-
staulei, gen. aipistauleins, woneben der männlich gebildete pl.
aipistulaus ersclieinl; ahd. cpisUiId, ags. cpislül, engl, cpistle,
it. epistola, pislola, franz. epilre. wo» hielt das biblische,
heilige worl fest oder tvusle es nicht zu übertragen, um sn
mehr als auch die vulgala epistola liesz, nicht durch literae
ersetzte, unserer spräche überhaupt mangelt hier ein heimi-
sches wort, denn brief, ahd. priaf, briaf ist ebenso fremd und
aus breve entsprungen; da runa litcra bedeutete, hätte dessen
pl. treffend für das lat. lilerae verwandt werden mögen, in
intoTO/.rj liegt nicht die Vorstellung des Schreibens, nur des
sendens, befehlens, man hat darum den ausdruc'c durch scnd-
scbreibfin, sendbrief, nnl. zenJbrief verdeutlichen wollen, was
doch eine schleppende Zusammensetzung und nur in besondern
fällen passend ist. besser klingt das russ. pis'mo, böhm. psaiij
schreiben und noch natürlicher das poln. böhm. list d. i. blall
für brief, wie wir blatt (2,75) allenfalls auch in gleichem sinn
gebrauchen: dein letztes blatt meldete; mebr davon in mei-
nem näcbstcn blatt. das lit. gromata f., lelt. giahmata für
brief verräth, wie grammatik, griechischen Ursprung, den Fin-
nen heiszt kirja (bunte) schrift, buch, brief
wenn die epistel bei euch gelesen ist. Col. 4, 16. epistel
bezeichnet uns gern einen feierlichen, langen brief: er iiat
mir eine lange, klägliche epistel gescbiicben, ich mag seine
ganze epistel nicht ansehen, einem die epistel lesen drückt aus
was einem das capitel, die leviten, den psallcr lesen (2, OOG),
strafenden verweis aus stellen der heiligen schrift erlheitcn.
EPISTLER, m. epislolarius , nuntius , epislolarum lalor.
DocANGE 3, C3, dann auchlector; Wvco von einem Selbstmörder:
dirre jämmerliche niarierer
was leider ein cpisilcr,
den ich oltc hän ffesöhen
und hörle im heiliges lobes jähen, ttcnncr 15635.
Gekcekbach bettlerorden 368 (Gödeke s. 353):
eilicb sind epistier und evangeliur;
hastu eefiaw, tochter oder ledig fraw mit cim episller, ovan-
gelicr oder priester gesundet, oder mit einem inüncbe? Spiegel
des Sünders (um 1170) bei Gefken sp. 74 (rerdruclU 52).
EPPE, m. apium, s. cpf und mhd. wb. 1,434*.
EPPEB, EPPES, aliquis, aliquid für etwcr, etwas, oppa
für etwa, doch nur im schweizerischen, allemannischen, östrci-
chischen, bairischen, welterauischcn volksdialect, auch geschrie-
ben lippcr, ßppc», öppa, bei Hehei, öbber, übbis, ubbc, vgl.
St^lüer 1, ZH. ScDMELLER 1, 127 Mfiii gramm. 3, 5S. die assi-
milation gleicht der in den namen Oppell, Oppcrt für Otbuld,
Otberl; Liuppell, Liupperl, Leuppull, Liupprant, Liuppirg
für Liulbald, Liutbcrt, Liutbrand, Ijutbirg; oder im Schweiz.
guppel, wills gott, gottwill, guppelnn, gull woll auch; oder
im liuppcr, liupper berre! bei Neiüiiart 47,0. 69,22, womtt
geringe einen vornehmen anredeten, vom ahd. liulpi'iri, papu-
larit, publieus. mit lieli hat dieser ausdruck nichts zu schaffen.
Iirkannt ist das schweizerische : bcdder öppe »pperöppis g>icid?
hat dir etwa jemand rtw(u gesagt? cpper und cppc bedeuten
auch irgend, eppe hin, irgend wo hin. beim tchlesischen Wenzel
ScHKii»KR begegnet gleichfalls:
der hcrr will eppcr mir vergeben, grob. 142,
4. i. irgend, wol. Wcisiiuld verzeichnet es nicht.
EPPICH, ERICH, m. bedeutet
1) apium gravc olens, petcrsilie, was cpf und cpfich. Dasyp.
u'; apium eppich oder peterle. Frisids104'; Hemsch 901,12.
brachten mit eppich umlegt die bachkrebs, ähnlich den hiiiiimern.
Voss ;
müszig den lotos rupfend und sumprentsprosseuen eppich.
//. 2,776 (aehvor).
2) hedera, helix, ahd. ßbali, im vocab. 1479 ebich hedera.
Rock im kräuterbuch diO von 'epbevv oder eppich' redend sagt:
zwei eppichgcschlecht wachsen in unsern landen, ein grosz
^'(•schrecht mit schwarzen runden körnern (hedera nigra) und
das klein unfruchtbar waldeppich mit den dreieckcten schwarz-
grünen blättern ; die grüne danncn, buchsbiium und ebich
werden vor der fastnacht schöne blätter haben. Fischart in
Gödekes Gengenbach j. 415 = groszm. 98;
seht, wie der üppich kan die grünen armen schlingen
rings urn den ril^tbaum her und ihn zur liebe zwingen.
FLRMiaa 153;
ingleichcn sohl den riistenbaum,
wie dasz der liebend eppich kaum
von seinem freunde sich liiszt dringen. 316;
es drang l.eucoihoen der Weihrauch durch die haut,
da hier der mandelsiraiich die ihm verfn.ihlie braut
den eppich mit gewait zu küssen sich bemuhte.
GS.MiitH lUUS;
unicrm Iil.iiigeweliien teppich
hör ich nachtigüllen schlagen,
längs der eiche dehnt sich eppich. Pt.ATEX 4'.
doch wird heute dieses eppich fast durch epheu verdrängt und
auf die er.ste bedcutung eingeschränkt, s. auch das folgende.
EPPICHKRANZ, m. sie ist wie ein ausgehengter eppich-
kranz oder epheu. gespenst 318.
EPPICHRANKE, f epheuranke:
fest wie den slamifi die eppichranke
umschlingt dich liebend sein gcdaukc. Mattiiisso?«.
EPPICHSTRAUSZ, m. ephcustrausz :
wol. damit du seist gebunden,
so sei dieser ep|)ichstrausz
in dein weiszes haar gewunden. FLeaiNC 455.
EPPIG, gleichviel mit äbich, ebich (1, 58. 3, 18) inversus,
perversus, absurdus: der zeit des vernuchten eppigen interims,
da die gelehrten dem widerchrist begondcn zu hofieren und ein-
zuräumen, die Prediger mesgewand anzogen und abgöttische
ceremonien brauchten. Lud. Miliciiiüs schrapteufel. 1567. 6 3*.
EPPISCH, EPSCH, dasselbe. Weinhold schles. wb. 5*.
ER, das männliche pronomen dritter person, deren casus
hier zur übersieht vorausgeschickt werden.
erste classe.
nhd. sg. er sie es pl. sie sie sie
sein, seiner ihrer sein, seiner ihrer ihrer ihrer
ihm ihr ihm ihnen ihnen ihnen
ihn sie es sie sie sie
mhd. er si, sie 65 sie sie sie
s!n ir Ss ir ir ir
im ir im in in in
in sie fi; sie sie sie
ahd. ir, er siu ij, e; si& siA siu
sin irä is, es ir6 ir6 irA
imo iru imo im im im
inan sia i;,e; aid siA siu
goth. is si ita eis ijAs ija
is izAs is iz6 izA iz6
imma izai imma im im im
ina ija ita ins ijAs ija
lat. is ea id ii eac ea
ejus ejus ejus eorum earum corum
ei ei ei iis, eis iis, eis iis,eis
eum eam id cos eas ea
lit. jis ji jie Jos
jo jAs jft jft
jam jei jems joms
jt JQ jii« je»
diese ganze classe hat nirgend anlautendes H, das inlautende
im nhd. ihr ihm ihn ihnen ist unorganisches dehnzfirhen. den
wurtelvocal I hält die goth. spräche rein, verlängert ihn nur
im nom. pl. m., ahd. tritt bald die brechitng ein in er i-t, es,
wie sie mhd. nhd. entschieden waltet; doch ausserdem dauert
i. selbst vor dem r in iro, ir. lat. ist i nur gehlieben in i«,
id, ii — 1, vor vocalen überall r. gewonlm. die litauische
form jutiert das i. ihr gebricht da\ nculrum, wie überhaupt,
wogegen sie noch duale, instrumentale und localite, gleich ätm
681
ER
ER
682
lat. ablaliv entfallet, die hier nicht angefältrt zu werdea brauchen,
die gen. sg. sein und sin werden ahd. mhd. nhd. aus dem
reflexivum eingeschieärzt, analog dem mein und dein, mm und
din; blosz im gen. n. haßen spuren des alten es; golh. blei-
ben is und seina, icie lat. ejus und sui streng geschieden,
das merkwürdigste ist eine andere einschaltung des anlautenden
S, welche lat. und lit. noch gar nicht erscheint, golh. den ein-
zigen nom. sg. f. ergreiß, in allen hd. dialecten aber auch
den acc. sg. f., so wie den nom. und acc. pl. aller geschlechter
einnimmt. Vermutungen über den Ursprung dieses si und sie
sollen unter diesem artikel selbst vorgetragen werden, was die
circumftexion der ahd. vocale angeht, leiden sie siö siu theo-
retisch sowenig Widerspruch als die dio diu, da beide zu pHnte
plinto piintiu stimmen, wie der nom. sg. siu, acc. sia, diu
und dia zu piintiu plinta, auch im lat. pl. ei eae ea, sg. ea
eam dieselbe adjeclivisehe bildung an den tag tritt, practisch
hat sich freilich schon bei Kero, geschweige bei Notker die
länge des 6 und 6 verloren und die zweisilbige form in ein-
silbige verwandelt; den denkmälem mag nicltt aufgedrungen
«erden, was die grammalik hinstellen musz. die schöne un-
tejscheidung der golh. gen. pl. izc und izö, wieder entspre-
chend dem J)iz6 t)izu, blindaize blindaizu, dem lat. eorun<
earura aber darin unähnlich, dasz die characleristischen vocale
golhisch nach dem z, lateinisch vor dem r eintreten, ist ahd.
längst erloschen und zu einförmigem iiu geworden, wie plinteru
für beide geschlechter dient, im gen. sg. m. scheint bereits
die golh. form einbusze erfahren zu haben, weil dies is ganz
mtl dem nom. zusammenfällt ; man darf aus dem lat. ejus
folgern, dasz auch der golh. gen. früher einmal ijis lautete,
wie der acc. ija dem lat. eam oder der nom. acc. pl. n. dem
lat. ea gleicht, ahd. mhd. und selbst nhd. hat sich der orga-
nische gen. es, stall des reflexiven, die syntax trübenden sein,
zumal für das neutrtim in beslinimten redensarlen enthalten,
was unter 'es' näher zu erörtern ist; die Verdünnung des no-
minativischen ej in es wirkt, wie im adj. überhaupt, wo blin-
des caeeum und blindes caeci verflieszen, sehr nachlheilig.
das für daz; scheidet sich wenigstens im vocal von des. ein-
zelner geringerer abweichungen, die ahd. und mhd. außauchen,
und deren die grammalik erträhnl, ist hier zu gedenken un-
vonnöthen. unter 'es' soll noch ein merkwürdiges schweizeri-
sches ins für es hervorgehoben werden,
zweite classe.
und. ig. he, hei se, sei et pl.se, sei se, sei se, sei
er erer ercr erer
em er em en en en
en se et se se se
nnl. hij zij het zij zij zij
zijns harer zijns hunner barer bunner
hem haar hcm hun baar bun
bem haar bet ben haar ben
ttlts. he, hie siu it sia sia siu
is ira is iro iro iro
imu im imu im im im
ina sia it sia siä siu
ags. he heo bit l'i, big bi, big heo
his bire bis l»ira, heora bira, heora bira. beora
bim bire bim him, hcom him, heom bim, beom
hine hi hit hl, big bi, big heo
engl, he sbe it
his her its
him her bim
him her it
fries. bi biu hit bia bia hin
his hiri bis biara biara liiara
him hiri him hiam hiam hiam
hini hia hit bia bia biu
alln. bann hon, hftn
hans hennar
lionum henni
bann liana
sehw. han hon
hans bennes
lionom benne
honoui benne
dän. han bun
bans bendes
bain bcnde
ham hende
die nordischen pronomina dritter person sind sämtlich, toi»
allersher, ohne pl. und im sg. ohne neutrum, den pl. lies:
auch die englische spräche fahren; welche ersalzmillel eintre-
ten, gehört nicht hierher. augenscheinlicJies kennzeichen der
ganzen zweiten classe ist der anlaut H, der nur alts. und
nnd. im obliquen casus schwindet, im nom. sg. m. immer fest-
gehalten wird, und hier zeigt sich auch berührung mil hd.
formen erster classe, indem schon einzelne ahd. denkmäler,
namentlich T. und selbst 0. II. 7, 34 her ßr er darbieten,
mhd. die hessischthüringischen und andere an ^iederdeutsch-
land grenzenden desgleicfien he und her; wie also in den
hochdeutschen nom. die niederdeutsche Spirans schlich, entfernte
sie sich nach hochd. weise aus den niederdeutschen obliquen
casus, am allerfeslesten hußet H bei den Friesen und Angel-
sachsen, bis in den nom. sg. f, wo und im neutr. die Eng-
länder es tilgten, dies hiu, heo = siu, zeigt es uns den
urlypus, aus dem siu, folglich auch das golh. si abwich?
neben ags. heo steht seo als demonstrativum = goth. su und
ahd. diu. auszer dasz sie H streng bewaJiren, siechen die
nordischen formen eigenlhümlich ab, blosz das nnl. hun und
hunner liesze sich ihnen vergleichen.
Zu keiner von beiden classen gewälirt nun das sanskril und
das griechisclie unmittelbar stimmende persönliche pronomina,
denn skr. ajam, ijam, idam ist demonstrativum und bedeutet
hie, haec, hoc; jas, jd, jat rclalivum, qui, quae, quod; unver-
kennbar rühren ijam und idam an den goth. acc. ija und an
ila. die ^griechischen seltnen oder nur epischen formen i, gen.
i'o = ov, dal. acc. JV gelten reflexivisch und scheinen mehr
zu ?, lat. se, golh. sik, als zu dem hier verhandelten prono-
men gehörig, obschon auch dieses höher aufwärts mil dem
reflexivum zusammenhängen könnte, desto enlschiedner und
bedeutsamer ist die gleichheit des lat. is, ea, id mil unsrer
ersten classe, während das lit. jola an die Spirans der zweiten
gemahnt.
Wie seilsam aber, dasz dies alle lateinische is ea id in den
romanischen zungen fast erlischt und durch ille illa iliud, aus
welchem sie auch ihren artikel ziehen, musz ersetzt werden;
im it. egU elia, fr. il eile ist das vollere ille illa, im artikel
U. il la, fr. le la das gekürzte enthalten, also wiederum über-
griffe demonstrativer formen in die des reinen pronomens dritter
person. nur il. ei neben egli, gli, it. ivi, fr. y = lat. ibi
und iL ne, fr. en = lat. inde sind vom stamm is ea id
Mrig. zum ersatz für die weichende flexion des nomens wie
der dritten person des verbums musle gleichmäszig das vor-
tretende ille illa, nur ßr jeden dieser fälle anders gestaltet
dienen, während den deutschen arlikel das demonslralicum, die
personen des verbums das persönliche pronomen hergab.
Nach dieser allgemeinen erörterung des pronomens driller
person schränken sich die folgenden betrachtungen auf den sg.
des männlichen er ein, da rathsam scheint, unter dem worte
es das neutrum, unter sie 'sowol das fem. als die pluralcasus
besonders abzuhandeln, doch werden einigemal auch schon
diese tnit berührt werden müssen.
1) es leuchtet ein, dasz die nhd. formen des dritten person-
Hellen pronomens fast ganz zu den mhd. stimmen, nur durch
die dehnende Schreibung ihm, ihn, ihr, ihrer, ihnen entstellt
sind; hat man doch im 17 jh. hin und wieder sogar ehr ßr
er und ehs, ehsz ßr es versucht. Luther und seine Zeitge-
nossen enthielten sich hier noch des Übeln dehnzeichens, unter-
schieden aber unzulässigerweise jn eum von in der praep., jr
ei von irren, mehr hierüber unter j.
2) wichtiger ist, dasz der ahd. acc. inan, eum, wie er mhd.
neben dem herschenden in noch nachhalll, z. b.
da; gefingir er nam
abu siaer hant wolgetän,
inen er ij anc legite,
zi deme giwalt inen stabile. Diut. 3, 100;
den troum erscheinde siu ü( inen (: erschinen). Lanz. 4244;
ebenso auch nhd. fortzuckt:
wenn der den leuTel viengc
und inen zu in hienge. fasln. 511,21;
und soll an der euszersten düren am haus drei spän aus-
schneiden und die mit im tragen, damit kan er inen (eum)
seiner klag für ein warzeichen überzeugen. iffis(/i. 2, 538. in
IcKELSAMERS clag etlicher brüder (1525) heiszl es : über dise
geringe sach klagt einmal zu Nüremberg in D. Pirkheimers
haus eins kaufmans knecbt von Leipzig, der sagt, er hielt
nichts von dir (Luther), du künsl die lauten wol sclilagen
683
£B
ER
üS4
und trügst beinder an mit bendlin, darunib ich inen {den
knecitl) selbmals gern ein narren, aus lieb su ich zi'i dir Iriij;,
gescholten het. a4'. in Aimon häufig solches inen, cum.
andere, z. b. Fiscuaht gewähren ine : seins valters hofineister
Silenus iue mehr dann einmal hat berichtet. Garg. G3'; er-
kennt der hausfürst seines tachtropfes reichsgrenzen, daraus
iUne niemand ziehet, ebenda, ßr beides stehen noch viele belege
lu gebot.
3) gramm. 4, 324. 327. 329 wurde gelehrt, dasz der organi-
sdte dativ des reßexivums, yolh. sis = lat. sibi ahd. und
tnhd. geschwunden sei und durch den des persönlichen imo,
mhd. im m., ahd. iru, mhd. ir f., im f)l. für alle geschlechler
durch ahd. im, mhd. in verirden werde, nicht anders ist dem
gen. sg. f. und dem gen. pl. aller geschlechler Jas reflexive
stn, gißlh. seina entzogen, nur im gen. sg. m. und n. erhallen,
nhd. hingegen kehrte die reflexive form zurück, doch mit fal-
scher ausdehnung der accusativform sich auf den dativ. gleicli-
wid konnten die langeingewuhnten ihm und ihr, im pl. ihnen
für sich = sibi nicht alsogleich und gänzlich ausgerottet
werden, sondern dauerten bis auf die neuste zeit mehr oder
minder fort. Lütiikk, überhaupt die Schriftsteller des IG jh.
bieten allenthalben solche im, ir, inen für heutiges sich dar.
hier genügen wenige belege für ihm, andere für ihr sind unter
'sie' nachzusehen: wie Ischarioth, als er zu den pharisäern
ging, ihm den weg bereit {sich den weg bereitete) zum sträng.
Aluerus wider Witzel K 4' ; wer sein haus bawet, der sarablet
ihme stein zum grab. Leiimanm 70;
wer überlegt, der sucht
bcwegungsgründe, nichc zu dürfen, wer
sich knall und Tnll, ihm selbst zu leben, nicht
entschliesien kann, der lebet andrer sklav
auf immer. Lessimg 2, 259,
wo in der Ihal neben dem acc. sich der gleichlautende dat.
übel stände, obschon die mcinung ist sibi, nicht ei.
das Interim hat den scbalk hinter ihm. Götiib 2, 244,
war ein hergebrachter unabänderlicher spruch. im alten ent-
warf der Iphigenie 57, 81 schrieb Göthe : so wunderbar ist
dies geschlecht gebildet und verknüpft, dasz keiner mit ihm
selbst noch andern sich rein und unverworren halten kann.
spdler heiszt dies 9, 75 :
dasz keiner in sich selbst noch mit den andern
bich rein und unverworren halten kann,
die form sich für acc. und dat. war durchgedrungen, nicht
bei Claudius 6,110: der mensch würde der Ordnung in der
natur nicht gewahr, wenn er sie nicht auf etwas, das er in
ihm hat, beziehen könnte, unser heutiges er fürchtet sich,
sie fürchtet sich lautete mhd. nur er vürhtet im, si vürhtet ir.
4) wie jedes pronomen, seiner natur nach, ein nomen ver-
tritt oder bestimmt, hat auch er den sg. eines männlichen
nomens dritter person zu ersetzen, dies geschieht im obliquen
casus nothwendig: ich gebe ihm, schlage ihn drückt uner-
Idszlich den aus, dem gegeben, der geschlagen wird, für den
casus rectus erliesz sich aber die alte spräche meistentheils
den duszerlichen beisalz des pronomens, und verleibte es der
Verbalflexion selbst ein, so dasz lat. dat, goth. gibil) ßr sich
schon aussagen was unser heutiges er gibt, am längsten ent-
behrlich blieb späterhin das er nach conjuncliven, z. b. mhd.
nu si uns wiilekomcn; hl/,e eht eine rede; nu lönc als ich
gedienet hän (gramm. 4, 207. 208). ferner, wenn das nomen
oder pronomen bereits im obliquen fall vorausgegangen war:
ii badet man in und wart gckicit. Wigal. 154,30;
des nam in wunder, und gie dar. 205, 6.
»0 steht noch im pers. rosenthal 7, 4 : diese rede geflel dem
könig gar wol, nahm die entschuldigung willig an; oder bei
Kli.iger 3, 108 : dem teufel war es darum zu thun , eine
solche scele dem hiinmel zu stehlen und stand in einem
augenblick unter der gestalt eines alten niannes mit einem
gaukler vor Faust, wo zwei vcrba, in glcicfier Stellung, un-
mittelbar aufeinander folgen, darf vor dem zweiten das er
unterbleiben: er kam und gieng; er asz und trank, es herichl
hier aber, »umal bei alteren schripstellern, völlige freiheit,
X. b. KEiSBMoeRG Idsst bald das pronomen aus, bald setzt
ers: ei ist bCs «ein wider ein künig, dann er hat lange arm,
rrichet wfil. ander« ist cn, da einer wider ein «clilcchlen
menschen iit. aUo gott der herr iiat lange arm, er reichet
wol hundert mriien weg«, s. d. m. IS*.
it) U'thirnd die erste und zweite person jedesmal auf ein
bestimmtes individuum geht, liegt es im wesen der dritten,
dasz sie mehrere einzelne hintereinander bezeichnen könne;
diese gehäußen er würden dunkelheit nach sich ziehen, wenn
der Zusammenhang der rede s'te nicht verständigte, ahd.
unz ei* {gott) nan gileitta, sin ricbi mo gibreiua,
bi ihiu mag är {der könig) sin in ahm ihära Davides slablu.
0. ad Lud. 55.
mhd. als ir (Reinhan) ensweic, do want Sr (Schantekler) si
den hals ü; sinem munde. Ucinh. 148;
er (der wirt) fuone in, da er {der gast) vant sin wip
{er führte iltn zu seiner, des Wirtes frau.) Parz. 20, 34;
den schilt reicht im diu kOncgin,
daj spcr diu maget wol getan,
der är {jener) gewalt hüt getan
mit dem er solde striten. Wigal. 80,8;
Tristan begunde wenken,
iedoch entwanctcr niht also,
crn würfe im da; ors dö
vor den gollen gar enzwei. Trist. 402, 30,
100 das erste er auf Tristan, das zweite auf Urgan geht;
ör {llitdcbrant) weit in m dem büse mit im tragen dan,
er (U'o//7iarO was ein teil ze swsre, er {llitdobr.) muose in
ligen län. Nib. 2237.
in mehrern dieser stellen ist schon durch einen vorhergehenden
acc. auf die person des zweiten er vorbereitet, nhd. da wult
der Saul seinen sun lassen töten, darum b das er {der söhn)
sein gebot hctt gebrochen, aber das volk bat den Saul für
in und sprachen zu im, er {der söhn) hett es nicht gewüst,
das er {Saul) es verbottcn hctt. Keisebsberc ü. d. m. 4*. in
stellen wie: er meint er könne es thun, er sagt er dürfe ihn
holen, er sprach er müsse ihm aus dem weg gehn, ist das
zweite er an sich zweideutig und erst der Zusammenhang ent-
scheidet darüber, ob es auf den redenden oder einen andern
gehe, wie ja auch beim lateinischen, ohne pronomen gesetzten
verbum diese bezüge aus der rede selbst klar werden, phrasen
wie donet si velit, dicat si possit empfangen ihren sinn eben-
falls durch die Verbindung der rede, unsere heutige prosa
strebt solchem doppelsinn auszuweichen, wenigstens, was doch
ein schlechter behelf ist, durch eingeklammerte nomina vor-
zubeugen, die spräche des gemeinen lebens nimmt daran weniger
anstosz. Nib. 579, 1 iJr ddhte er liege sind beide er von
Günther gemeint, ein andermal könnte aber auch das zweite
von einer andern person gelten, man hört auch in gesprochner
rede er, der könig, ihn, den könig verdeutlichen.
C) die stelle des pronomens bestimmen die in der syntax
vorgetragnen regeln von dem vorausgang oder der nachfolge
des subjects neben dem verbum überhaupt, wir sagen: er ist,
er hat, er gibt; er sei, er habe, er gebe; dasz er sei, habe,
gehe ; wenn er will, wenn er kann ; ob, wie, wenn er wolle,
könne; da er gieng, als er kam, nachdem er gesprochen
hatte; er sprach diese worte llieszcnd; er entfernte sich
schweigend; er gab dem knaben gute lehren, hingegen: hat er?
gibt er?; kommt er bald, so freuen wir uns; weisz er das, so
reicht es hin ; käme er doch einmal wieder I ; nun ist er fort I ;
fort ist crl; so ist er geschieden; froh schied er von uns;
schweigend entfernte er sich ; dem knaben gab er gute lehren ;
einen stab trug er in der band ; unerschöpflich war er in
ihrem lobe, von dem strengen Wechsel dieser ausdrucksweisen
hatte das latein keine ahnung, es heiszt cxcessit tacitus, laetus
abiit, auch mit gefühl des voranslellcns oder nachsetzens, aber
es war dazu keine allgemeine nöthigung, si veniat entspricht bei-
dem, unserm wenn er konunt und kommt er, d. h. auf unsere
Unterscheidung wird lat. nicht geachtet, es liegt hier ab genau
zu untersuchen, warum diese wechselnde Wortstellung der neueren
sprachen [auch die romanischen kennen sie) nothwendig wurde,
nachdem ihre flexion gestört oder theilweise vernichtet war, und
welchen vortheil sie daraus zu ziehen wüsten, einleuchtend
scheint, wo durch frage oder bedingung, durch bedeutsam vor-
ausgehende Partikeln oder auch andere Wörter der nachdruek
auf das verbum falle, dasz dann das pronomen an kraß ver-
liere und nachgesclioben tverde. mhd. dicitter bringen es tu-
weilen ganz in den schlusz des satzes:
mit örcn wol pcblüeinet
wart von schwiien wibcn fr. tr. kr. 702 ;
■prach bosrheidcnlicbon Ar. 78S.
7) stärker noch als das nachsetzen ist die anlchnung und
dadurch kürzung des pronomens.
a) angelehnte ahd. dat. und acc. begegnen bei 0. auf allen
blättern, solche mo, nan ßr imo, inan sind gesammelt ron
Gn*ir 1, 42. 43. in den hst. und nusg. stehen sie getrennt
l
685
ER
ER
686
vom torausgehenden tcorl, besser tcürden sie ihm verbunden,
häufigst folgen mo und nan auf andere pronomina: Ibiumo,
siiimo, ermo. mirnan, thirnan, irnan, siunan, örnan, und der
dichter uechselt nach bedürfnis des metrums günstig mit ermo,
ernan und dem rollen er iino, er inan ab. Auch mhd. sind
die beispiele unselten:
ziio zime ern sazie,
äai ern Josebes irgazie. fundgr. 2,62,28;
wan vüerstun danne her ze mir. Iw. 2212;
so hüeter sich danne,
daj ern ibt heswiche. 3859;
dajn kunderme anders niht gesagen. 3890;
wandern ouh darnider stach. 4690;
üjem satel ern für sich huop. Parz. 73, 19;
'weit irni'C
gerne harre, nu gebt niirn. Jlelmbr. 1526;
und mit dem dat. pl. in = ihnen:
die selben unser scholu
f^ein in die aehle geschrirn.
und seit des vleijic. ob wirn
die schulde mit helfen niegen
üf ir ruke gelegen, vrslende 40,"
wo die hs. geschriren : wiren gibt, icie sancte in Nib. 1077, 3
A. in C sancten, in B schulten lautet, ausserhalb reims sind
solche höeten, huoten, leinden, sanden w. s. w. noch häufiger.
i'n ßr ich in hat L&crxann verschiedentlich gegen die hss. ver-
sucht, z. b. Parz. 26, 30. 27, 13, tf ie er anlehnungcn mehr wagte,
z. b. ann Pari. 137, 15 für an in, von welchen anderswo ge-
handelt werden soll.
Späterhin haben sich diese anlehnungen nicht verloren, und
bis ins IbjVi. kommen sie zum Vorschein:
laszt mirn. er hat mich oft ernert. H. Sachs 1,468';
hab ich dirn nit geschnitten ab? 46S';
zum land liesz ern ausjagen. Hiloebraxd volksl. 196.
heutzutage hört man im gemeinen leben überall: gib mirn.
ich nehm dirn, hat ern schon?, gab erm nichts?, mit dem
fusze slieszern fort m. s. it., die Schriftsprache meidet aber so
zu kürzen und ist schon durch die falsche Schreibung ihn,
ihm gehindert auf das einfache n zurückzukommen; unsern
dichtem geht der vortheil des wechseis zwischen er ihm und
erm, er ihn und ern «. s. w. verloren, freilich liegt in m
und n etwas unsicheres, da sie sowol ihm und ihn ausdrücken
können als dem und den (^rnmni. 4, 368. 369), wie z. b. iät
mirn zoum. Parz. 40, 15 der artikel unverketinbar ist. doch
beseitigt schon alle Zweideutigkeit, dasz auf artikelhaftes m
und n immer ein nomen folgt, nicht hinter den kürzungen
des persönlichen pronomens. Schwächung des ihn in en kommt
auch ohne anlehnung vor, z. b. in der sp. 645 unter entwäl-
tigen 1 angeführten ersten stelle, man weisz aber nicht, ob
nicht diese mundarl überhaupt schon, nach niederdeutscher
weise, in :« cn hatte erblassen lassen.
b) anlehnung des nom. er an vorausgehende verba lehren
wieder am sichersten die reime,
a) an starke praeterita, mhd. bater :vater; wa;;er : ajjer.
U7i. 276, 9 {wo Lachx. unrichtig wajer : ajer) ; wajjer : ver-
gaj^er. Ertist 1S92 ; Jäger : mager (macer) ; mager {polest) :
hager; luoder (oncratr/r) : fuoder ; reiter: breiter; böter: tuter;
göjer : blü jer ; vander : Alexander; swanger {vibrarit) : anger.
diese formen sind verschieden von dem unan(ielehnlen bat er,
a; er, lac er, luot er, gö; i:r, vant Cr, swanc er, welche keinen
inlautenden Übergang des ?, c, t in z^, g, d gestatten, warum
sollte nicht auch nhd. dichtem erlaubt sein bater : vater;
asser : wasser; lager : hager; ritler : bitter; luder : bruder ;
fander: ander; sanger : anger, neben unanlehnendem bat er,
Dsz er, lag er, ritt er, lud er, sang er? ohne dasz man die
angelehnten Wörter getrennt oder gehäkelt schreibe, denn im
ton wie metrisch unterscheiden sich bater und bat er, sanger
und sang er.
ß) an die tertia praes. eonj., mhd. geber:eber; jeher:
swehcr. H/i. 1S3, 1; Schaber (rada.') : aber ; verlieser: kieser;
lober (/aurfeO : grober; singer : finger; suocher : wuochcr. hier
rinnen, könnte man glauben, auslaut des conj. und anlaut des
pronomens in einander, was einen langen vocal erzeugen müste,
der doch nie entspringt, richtiger also wird der anlaut des
pronomens er verschluckt, gerade wie das i von imo, inan im
otf'iedischen mo und nan, während des vorausgehenden wortes
vocal haftet, vgl. ahd. tbiumo, suntamo für thiu imo, sunta
imo. dazu stimmt die Schwächung des mhd. in zu cn (sancteo,
schulten) und der gänzliche ausfall des vocals (mirn, dirn,
ern). nhd. haben anlehnungen wie gebcr, leber, meider, leider,
gieszer, singer nicht das geringste bedenken und finden neben
dem vollen gebe er, lebe er, meide er statt, starke praet.
conj. folgen derselben weise, z. b. mhd. büecber (coquerel
panem), schüeber {radereljy trüeger (ferret) ; nhd. Irüger, gäber,
Schnitter.
y) an schwache praeterita, m/irf. mohter : tohter ; begunder :
wunder; sparter, zarter (ton sperren, zerren) : marter; master
{von mesten) : lasier, und in andern, worauf reime fehlen,
fuorter, reinter, gedähter u. s. w. auch hier absorbiert das e
der verbalflexion den anlaut des pronomens. nhd. mochler,
konnter, wolller, halter, sperrter, fübrter neben den vollen
mochte er, konnte er, wollte er «. s. w.
zum fusz des ermüdeten grafen,
der, schläfler nicht, möchter doch schlafen. Göthe 1,196.
wer häkeln will, hätte mochfe'r zu setzen, nicht mocbl'er.
8) selten erfolgt mhd. anlehnung an die tertia praes. ind.,
auszer tuoter : muoter habe ich kein beispiel im reim, nament-
lich kein gäter, stäter, giter, wirpter für wirbet er, brincter
für bringet er. schwache verba liefen hier gefahr praes. und
praet. zu mengen, da reinter sowol reinet er als reinte er
ausdrücken könnte; doch würde rückumlaul oß den unterschied
\ahren und riierter von ruorter sondern, nhd. steht dem an-
gelehnten gehler, siebter, gibter, bringler, scheinler, meinter,
iiebler, glaubter wenig entgegen, den zweifei zwischen praes.
und praet. bei sogler, scheinter «. s. tP. mag der Zusammen-
hang leicht heben, haier, baller, häller ßr hat er, hatte er,
hätte er sind genug unterschieden.
s) nicht hierher gehört das aus anlehnung des gen. pl. er-
wachsende er, wovon unter ihr zu handeln ist.
8) in diesen anlehnungen sahen wir unbetontes, tonlos ge-
wordnes er. umgekehrt aber fällt ein mehr oder minder starker
Ion darauf,
a) wenn es nachdrücklich wiederholt wird:
er läszt sich wiedersehn I er läszt
sich wiedersehn .' 'wer, Daja, wer?' ^r, irl
'er, 6r? wann läszt sich d^r nicht sehn I ja so,
nur euer er heiszt er'. Lessi^cg 2, 213.
gleiches gilt von ihm, ihm; ihn, ihn. im gegensatz oder sonst
bei nachdruck, wo dann er gesprochen wird: ich oder er,
einer musz fort.
b) nach bejahungen und Verneinungen, wie mhd. in be-
iheuernder antwort zu j4 und nein persönliclte pronomina
treten, vgl. ja ich, nein ich {wb. 1, 763'. 2, 32S*), ist auch in
früheren nhd. schripen dieser gebrauch unerloschen: wenn
der bapst einem sein sigel geben hat . . . und er Ihet eins
und versiglele damit falsche brief, wer der selb nit ein fal-
scher? ja er warlich. Keisersc. s. d. m. 22'. nach nicht und
niemals empfängt er den ton : ich habe es zuerst gesehn,
nicht er; mir gehört es zu, nicht ihm; nicht er trug die
schuld des baders, eine menge Ursachen, die zusammentrafen,
musten auch ihn darein Terflecliten;
der dichter, welcher nie gelogen,
dem stets der reim, und niemals fir
dem lieben reime nachgezogen. Lkssijcc 1, SO;
keiner als er hatte gewalt über sie; er oder keiner soll der
meine werden.
c) schon ahd. trat selbe dem persönlichen pronomen ver-
stärkend zu : ih selpo, du sclpo, er sgipo (gramm. 3, 5) ;
ebenso mhd. und nhd.
und ir selb ain munich was. fasfn. 438,4;
er selbst hat es gesagt; ihm selbst war es so recht; ihn
selbst trift aller Torwurf. eben er, ipsissimus. Da'Sypoo. 320*.
9) tfie den formen des persönlichen pronomens demonstra-
tive beigemischt werden und zu mnnigfachem ersatz gereichen
musten, zeigt sich auch syntactische berührung beider pronomina.
a) wir pflegen heute, preisend oder scheltend, das nomen
mit dem artikel zu setzen : der engel I der edle mann I der
glückliche! der thorl der narr! der elende! mhd. hiesz es:
er gouch! er schale! er Iure! gramm. 4, 349. 350. mhd.
wb. 1,430";
dr saehc, d(5r des gedinget ; MS. 2, 135';
er sslic munt, der reiner zungen walde ! 2, 143'.
trir können gleichwol auch nhd. sagen: er betrieger! er glück-
licher!
b) in der gerichlssprache ist es üblich, den auftretenden,
erscheinenden personen ein solches er vorzusetzen: er klüger,
er beklagter, er zeuge und im obliquen casus: ihm kläger,
687
ER
ER
688
ihn zeugen, die Carolina häuft er der: also, dasz er der
anklagen, wo er die peinliche rechlfertigung nil ausflircn
wQrd, den kosten abtrag Ihun wolle, art. 12; und soll ahve-
gen durch den Schreiber jar tag und stund, audi wer jedes-
mal dabei gewest sei, geinelt werden, und er der Schreiber
soll sich, dasz er solches gehört und heschriben hab, mit
seinem tauf und zunamen selbs auch underschreiben, art. 182.
ebenso : im dem ankläger u. *. w.
c) dieselbe apposition oder Verbindung findet häufig stall,
enitreder um das er durch den arlikel mit dem nomen näher
2U erklären oder diese durch ein vorgesetztes er zu beleben:
er der herr soll zwischen uns richten ; auf ihn den könig
vertrauen wir; er der dritte gieng zu den feinden über (war
der drille übergehende) ; er der reiche weisz nicht, was den
armen quält; ihm dem treuen will ich mein herz entdecken,
er Icutnant Adam Kurz. Erbach contra Löwenstein 31.
d) das vorsiehende er kann auch als andeulung oder an-
küridigung des folgenden der genommen werden, mhd-
niil hurie vlouger under sie
der valke. I'art. 282, 15;
dar nach £r sicherheile pflnc
der «lolie dggen wen erkani. 382, 6;
.«in houbci er üf rihie
der wul gelobeic wigani. En. 23, 6;
vgl. gramm. 4, 349. mhd. wb. 1, 435*. 436*. nhd.
er schwingt sich vom rosse der mulige hcid;
er höhnt ihn mit worien den armen gesell.
e) noch häufiger geht das demonstrativ voraus und das per-
sönliche prouomen folgt, mhd.
der junge »tolze äne bnrt,
sin ors und er gewäpeni wart. Parz, 286, 24;
der wenlen tavelrunder böte,
het er die lirafi niht von gote. 380, 12.
nhd. der mond und noch immer er scheinet so hell.
GöTiiB 1,230;
die glocke sie donnert ein mächtiges eitis. 1, 231 ;
der kirchhof er liegt wie am tage. 1, 229;
der lüsterne knabe
er winkt mir ins haus. 1, 33;
wie andremal auch zwei demonslrativA gesetzt sind:
der ihürmer der schaut zu mitten der nacht
hinab auf die grnher in läge,
der mond der hat alles ins helle gebracht. 1, 229,
wozu man das schwed. dän. pronomen vor dem verbum halte,
welchem schon das nomen mit oder ohne artikel vorange-
gangen war:
förrn döden han kom;
hör huru hanen han gal;
konuBgsson han gangar sig;
at hjorten den var tam.
diete überflieszenden pronomina eignen sich besonders für den
ton des Volkslieds.
f) tn verwickelten und ausgedehnten Sätzen hebt nach vor-
ausgegangnem wer ein weit dahinter folgendes er die person
wieder hervor: wer heute durch eine düstere novembernacht sich
in der gcgcnd des adelichen Schlusses verirrt hütle und bei
dem schwachen lichte eines bedeckten mondes Ucker, wiesen,
baumgruppen, hügel und gebüsche düster vor sich liegen
sähe, auf einmal aber bei einer schnellen wcndung um eine
ecke die ganz erleuchtete fensterreihe eines langen gebäu-
des vor sich erblickte, er hülle gewis geglaubt eine festlich
geschmückte gpsdlschaft dort anzutreffen. (Jdtiik 22, 83. hier
wäre statt er auch der zulässig gewesen, doch klingt jenes
lebendiger.
g) nicht weniger Irill er etnmi relativen der oder so voraus;
wol im der« arbeiten mac. Waltu. 48,21;
•lue in er an wiizen blind,
der *elb*i dem leufel geil ein kind. Schwarzriobkrg 140, 1;
vielleicht das er nicht zu verdamncn ist, so wider die lere
des apostolischen stuls redet Lither 1, 131*. doch zieht die
heutige spräche beidemal ein der, oder ein der, welcher ror.
h) wenn Locau 2, &9, 30 sagt:
die well iit wie ein mcer, ein jeder gclii und flsclit.
nur dasz den walfltch der, den »tockn«ch er erwischt,
meint er unter er soviel alt jener.
t) Avium ein andrer schrißtteller bedient sich des er so frei
und vielfach wie KKtstlistieMc. es findet manchmal seine stelle,
ohne dasz ein subject vorher gegangen war, auf das et sich
unmittelbar beziehen littxe und der Zusammenhang muis ihm
dann seinen sinn, wie unter 5 gesagt wurde, anweisen, in
den Sünden des munds 38' s/e/i(: zum ersten so geschieht
böses wünschen usz guter meinung, umb brüderlicher liebe
willen, das er gut werd oder das er gute menschen ungeirret
lasz. zum andern so geschieht es umb der gerechtikeit willen
und liebe gottes. er sieht das das die meinung golles des
herren ist, darum wünschet er im böses, dem willen gottes
wil er sich gleichförmig machen, hier geht das erste er auf
den, welchem angewünsclU wird, das zweite auf den wünschen-
den, beidemal aber ist das vorher unausgcdrückte subject hin-
zuzudenken oder beidemal das er als jemand oder einer zu
verstehen, die ältere rede fand sich leicht in solche Über-
gänge zurecht, anscheinend noch nachlässiger geht bei Kei-
SERSBERG der sg. er hinter einem voraus im pl. ausgedrückten
subject: etwann gieng man den frummen armen entgegen
und name sie in die hüser und gab inen zuessen , und
welichem er {d. i. einer unter diesen armen leulen) nicht wer-
den mocht, dem was nicht recht, aber ietzundan ist es nicht
mer. s. d. m. 33*. dem gehl auf welichem.
10) das pronomen er und sie richten sich ihrem begriffe
nach auf die drille person, erst in der jüngeren spräche, seil
dem n Jh., beginnen sie auch auf die zweite erstreckt zu werden,
um diese sellsatn scheinende ausdchnung hat es folgende be-
wandlnis.
a) schon in den allen sprachen gab es ein pronomen reve-
rcnliae, d. h. der höhere wurde nicht mit du, sondern mit
einem namen angeredel, der den glänz seiner würde ausdrückte,
vgl. über den Personenwechsel in der rede s. 11. 12. zu diesem
namen gesellte sich das verbum in dritter person. statt du
hast mich angesehen sagte der unlerlhänige : der herr bat
mich angesehen, oder mit beigefügtem possessivum zweiter
person: deine gnade, deine durchlaucht hat mich angesehen,
b) solche namen giengen im laufe der zeit ihres gchalls
veiluslig und wurden zu leeren appellaliven und titeln, mit
herr oder mein herr, frau oder meine frau, romanisch signore,
sieur, monsieur und madamc, ecceilenza, e-icellence und an-
dern mehr verband sich blosz der sinn einer in bestimmter
tage gebührenden anrede und je mehr man sie häufle, desto
mehr verloren sie an färbe, gegen das 17 jh. hatte der ge-
brauch dieser höfischen Wörter in Frankreich und Italien so
überhand genommen, dasz sie die natürliche anrede mit der
zweiten person fast verdrängten, im fall gehäufter Wieder-
holung der sich ganz im kreise der drillen person herum-
drehenden anrede, musle aber auch das sie verlrelcndc egli
und ella, il und eile genügen.
c) in unsre deutsche gesellschaflssprache, die von der wel-
schen damals abhängig war, musle diese ausdrucksweise leicIU
eingang finden, so liest man z. b. in dem freundlichen ge-
spräch zweier augspurgischcr burger, die beurlaubung ihrer
päpstischen ehehallen betreffend. ]ngolstalt\(i09: nun sage mir
mein herr. s. 41 ; sihet jetzt der herr, wer an diesem ....
schuldig ist. s. 72; weisz der herr sich auch zu berichten?
s. 90; warumb sagt der herr aber, aber? s. 9t; und wol
lassen sich aus schriflen dieser zeit auch noch etwas frühere
beispiele vorbringen, in Isac Winkelfelder, Augsb. 1617 s. 195
beginnt einer so zu reden: wann es dem herrn nit zuwider
were oder er zu antworten nit bcdenkcns, so mücht ich gern
wissen, wo der herr dabei tnb, wohin er zu reisen Vorhabens
und was ungefehrlich sein thun und lassen were? Scrivcr
schreibt im j. 1640 an eine vornehme person: mein in Christo
Jesu hochgeehrter und geliebter herr! ich zweifele zwar nicht,
dasz er seinem golt bereits wird abgebeten haben, seelen-
schatz 1, 699. im Simplicissimus, Mümpelg. ineo s. 276 e=
Ä. 390 heiszt es: der herr wird ihm belieben lassen, vor mir
hin in busch zu gehen, wofern er nicht als feind tractierl
sein will, ich aber dummelt ihn höflich fort und sa^le, der
herr wird ihm nicht zuwider sein lassen sich vor diesmal in
die zeit zu schicken; «.366 » K, S02: ich weist nicht, hrrr
schwehrvater, warumb er alles so widersinns anstellt, wenn
andere neue cheleut copuliert werden, so führen sie die
nilchste verwandte schlafen, er aber jagt mich nach der copu-
lation aus dem bett u. t. w.; i. 429 — Ä. 5S6: monsieur
Schönslein ist crs oder ist ers nicht? im ;. 1689 schreiben
lieh gerichttpersonen einander: monsieur, mon tr6» honor<^
amy. hierbei hat er eine registratur wegen Annen Marien
Itraunin bösen gerüchts zu empfangen . . . kau ich demsel-
ben ümb des leufels werke zu zerstören ferner dienen, werde
ich mich willigst dazu fladen lassen, ich verbleibe meines
689
ER
ER
690
hochgeehrten derren dienstw. Jacob Moritz Bandelow. er wird
von allen lueinigen gegrQszet. neue mitth. des thür. sächs.
Vereins 9, S6. vgl. 90.
rf) in diesen belegen sieht das er geteöhnlich noch im ge-
leite eines ausgedrüclUen herr, als sich die redeweise einge-
bürgert halte, war dies nicht mehr nölhig und das er und sie
für du oder ihr konnten auch allein verwendet werden: die-
weil er ein junger frischer soldat ist, will ich ihm ein fähn-
lein geben, wann er will. Simpl. s. 370 = K. 507. in Weises
erznarren werden lebendige gespräche auf diese weise geführt :
Jungfer Mariegen, wie so allein? suchet sie Johannisbeeren?
A. wie er sieht. St. soll ihr niemand helfen? A. was ich
pdQcke schmeckt mir am besten. St. sie bemühe sich nicht,
ich will schon pflücken, s. 139. 140 und so durchgehends weiter,
nicht anders im polit. Stockfisch von 1681. Solande. hat denn
eure Jungfer auch rothe äugen? M. wie er siebet, s. 60;
und niusz er wissen, s. 62. die Verdeutschung von Fontenelles
pluralite des mondes , gespräche von mehr als einer well.
Lp. 169S gibt que pensez vous? welche frage an eine markgräfin
gerichtet ist, wieder durch: was meinet sie? und croyez vous
donc? glaubet er denn? hier geht die anwendung der dritten
person weiter als im original selbst, die drille person war
aus einer vornehmen bald schon eine zutrauliche geworden,
deren sich verlieble, eheleute untereinander, ellern und lehrer
gegen die kinder und schüler, wenn sie freundlich und lobend
sein wollten, bedienten, ei, mein hühnchen, schäme er sich
doch I ehe eines weibes s. 23 ; herr söhn, lasz er es immer
gut sein. s. 126 ; es isset doch niemand hiervon, meine tochter,
lasse sie mir solches bis auf den abend bewahren, s. 240 ;
wie er nach dem becher greifen wollte, kam die liebste da-
zwischen, ach, mein engel, sagte sie, was will er mit dem
ungesunden wein in dem leibe, er gedenke doch, dasz er
durch einen jedweden becher etliche tage von seinem alter
und noch einmal so viel blutstropfen von meinem herzen ab-
saufen musz. ach, er thu den becher weg! Weise erzn. 18.
alle diese reden klangen zu jener zeit natürlich und unge-
zwungen; noch Schillers valer redet ihn in seinen briefen
immer er an, die muller er und du hintereinander, beide er
und sie galten auch ßr vornehmer und ehrender, als das seit
dem mittelalter übliche plurale ihr, etwa wie franz. monsieur
11 höflicher war als der pl. vous. der altvater auf Felsenburg
2,518 wird angeredet mit er, 916/ aber nur ihr zurück; auch
anstatt uns der rector zuvor ihr betitulte, so nennete er uns
liei empfang des degens er. Leipz. avanl. 1, 72 ; der rector
und seine frau nennten uns nicht mehr ihr, sondern er,
dieses machte uns doppelt stolz. 1,75.
e) allmälich und im lauf der ersten Hälfte des vorigen jh.
änderte sich dieser verhall, das er sank aus doppeltem gründe,
einmal gerielh man auf die Übertreibung, deren selbst die
romanische höflichkeil sich nicht schuldig gemacht halle, dieses
er »n den pl. sie zu schrauben, dann auch das verbum im
pl. folgen zu lassen ; für er hat = du hast, er thue = thu
du, setzte man das unnatürlich gesteigerte sie haben, sie thuen
für denselben sg. zweiler person durch ; weil aber solches
/'/ura/sie dem er und sie des sg. noch überwog, musle sich
der letzleren werlh verringern, dazu trat, dasz jenes im 11 jh.
niedrigere ihr = vos im 18 wieder höher aufgebracht und in
gewissen fällen dem sinn des franz. vous, engl, you, oder mhd.
ir gUiehgeslellt wurde, im Rameau übersetzt Göthk das vous
durch ihr, nicht durch sie, und mit gutem grund. heutzutage
tst demnach ihr zwar weniger als sie {auszer in gedichten),
allein mehr als er oder sie /. sg. wir reden jetzt einen freund
wol auch ihr an, geben aber das er nur einem geringer schei-
nenden bauer und Handwerker, wo sie zu viel scheint, da den
angeredeten dem anredenden zu sehr gleichstellen würde, wählt
man er. die feinere geltung dieser pronomina weicht nach
kurzen zeilfristen ab und bestimmt sich anders, z. b. bemühe
er sich nicht, herr richter, heiszl es noch bei Göthe 14,290;
80 laszt euch bedeuten, herr richter. 14, 300 ; ja recht lächer-
lich sieht er aus, herr Schnaps. 14,307; so gut solls ihm nicht
werden. 14,307. scherzhaßen ton hat bei Gotter 1,82:
allein. Iierr brnutigam, nehm er sich wol in achl,
lind werd er, nach der ersten nacht,
kein niiirrliopr. duMeo niusi er, ja selbst gerne sehen,
dasz junse Herrn zu seinem wcibchen gehen.
«n gedieht Bübcebs an Gökingk beginnt 40':
nun nun, verschüit er nur nicht gar
das kiodleio mit dem bade .'
III.
und führt das er weiter durch, doch 4o' mit riekfall in da
sieh, was die reimerei beschert,
die du vermaledeiet.
ein anderes erzt munter und zierlich den Sperling:
bons dies herr spatz ! ei seht doch mal,
willkommen hier auT meinem saal,
er ist gefangen, sieht er wol. 20*.
und so braucht man jetzt das er fast nur noch scherzhaß
gegen kinder, hunde, vögel: will er gleich parieren! will er
wol! und dergleichen, wie eifersüchtig man ehmals auf die
abstufung der anrede achtete, zeigt folgende stelle aus Wacsebs
kindermörderin n'i-,6) s. SS : Uumbrecht: ich heisz Martin Uum-
brecht, metzger und burger allhier (zu Straszburg), und für
mein geld, das ich der Stadt abgeben musz, heiszt mich ihre
gnaden, der herr ammeister selbst, er. fiskal: ich versteh
schon, herr Humbrecht, er, sie, mir gilts gleich. Die fort-
schreitende ausgleichung aller stände arbeitet darauf hin, die
Überreste des er wegzuätzen, womit wir zufrieden sein könnten,
wäre aus ihm nicht das noch unedlere sie des pl. hervorgegangen.
f} natürlicher als der ersalz zweiter person durch er und
die drille ist der ihm allerdings verwandte durch den eigen-
namen mit gleichfalls dritter person. einem namentlich an-
geredeten gebührt zwar die zweite: Heinrich komm, du bleibst
lange aus, warum bist du nicht da? weil aber der andere
sich auch als dritten denken läszt, so kann in dritter person
ausgedrückt: Heinrich bleibt lange aus, warum ist Heinrich
nicht da? immerhin die zweitemeinen, so bei Lessing 1,408 :
wie versteht Lisette das?; sie meint es sehr gut, Lisette;
aber ich sehe, Lisette hat verstand; ofl'enbar == wie meinst
du das? du meinst es sehr gut, ich sehe du hast verstand.
diese redeweise könnte scheinen überhaupt den Schlüssel her-
zugeben ßr das er mit dritter person statt zweiter, ohne dasx
man der erklärung aus herr und äimlichen Wörtern bedürße,
es wäre nichts als eine den sinn unverändert lassende Ver-
wandlung der person. dann jedoch würde man nicht einsehen,
warum solche umwendungcn in früherer zeit unterblieben seien
und deshalb musz es näher liegen dieses er unmittelbar auf
den romanischen Sprachgebrauch zurückzuleiten.
g) man könnte die frage aufwerfen, da männliches er und
weibliches sie mit der drillen person zu Umschreibung der
zweiten gereichen, warum nicht auch das neutrum es daßr
diene? nirgend aber findet sieh in diesem sinn es verwandt,
worin ich eine neue bestärkung der romanischen abkunfl der
redensart erblicke, da den romanischen sprachen das neutrum
erloschen ist. denkbar wäre, das:, wie unter f) männliche
und weibliche namen, ebenso auch neulra in dritter person
statt der zweiten gesetzt würden, z. b. Lisetlchen, das kind,
das mädchen kommt nicht, traulich könnte wol mit es an~
geredet werden, nicht höflich und ehrbezeugend wie mit er
und sie.
11) von altersher pflegt unsere spräche die pronomina er
und sie substantiviscli ßir mann und weib, männchen und
Weibchen, vorzugsweise der vögel zu gebrauchen, die frühste
stelle begegnet schon im physiologus: dannan von [der hyäne\
zeilit physiologus, daj i; {das thier) zuei geslahte habe, siben-
stunt ist ig er, wilen si. Diut. 3, 26 {bei Karajax 82, 7 undir
stunden ist ej der er, dd nach diu si ein vrist); diu fulica
ist ein unreine vogil, si nist ze frume, er noch si. in Wolf-
RASS Tit. 64 heiszt es:
minne, ist da; ein Sr* mahl du minn mir diulenf
ist da; ein sie ? kumet mir minn. wie sol ich minne getriulen *
muo; ich si behalten bi den locken?
od fliuget minne ungerne üf hant durch die wilJel ich kann
minn woi locken,
«0 der gedanke an einen heranfliegenden vogel, den man auf
die empor gehaltne hand lockt, um so näher liegt, da auch
Eros geflügelt erscheint, in LtcHTE.NSTEiss frauendienst 434, 2«
steht daßr:
h^rre, saget mir, waj ist minne?
ist f ; wip odr ist «5 man ?
und im gedieht von Mai 64, 26
ist minne wip oder man?
190,20: si sähen da; 6j was ein fir {ein knabe);
bei Hein'Zelm von Kosstasz 1802:
minne ist weder win noch man
und ist doch bi in beiden;
GA. 3, 34 von dem gefürchteten gespensl :
ist fij ein si oder ein er,
oder wie kumt e; geslichen her?
44
691
ER
ER
692
aber in den geslis Roman. K. s. 11. 12 von einem slorchspaar :
do (eschach da;, daj die si auszoch {ausbrülete) zwei slörich-
lein und der er floch aus, da er nioclil vinden speis seinen
cbinden und der si. nu ist gaistiicLea zu versten, die zwen
storchen, der er und die si, bezaichent uns Christum. Megen-
BERC bedient sich dieser ivörtchen oß, aber nur von vögeln und
pflanzen, gibt ihnen meist schirache, einigemal starke flexion,
auch letigt er davon neutrale diminutiva. die stellen verdienen
hier alle ausgehoben zu icerden : diu krilw speist (/««erO irsien,
wenne diu priietl und nit aujOeugt. 178, 7 ; ej sint auch
etleich tauben, wenne si ir gemaheln verliesent, dag si witibcn
beleibent, und die Termeident auch gemaincn häuser der tau-
ben, die ir gemahel habent, da von daj si (eas) die ern
{mares) niht unruoen, und Diehent von in und wortent in den
wilden reisen. 181, 32 ; wij; auch, dag under den wabteln mf-r
em sint denn sien, und under den vischen, die ze latein
pectines haijent, sint auch mer ern wan sien, aber under
den menschen werdent mt^r dirnkint peporn dann degenkint.
182, 32 — 183, 3 ; die langen air, diu spitzig haupt habent, die
pringent erl, aber sinwelliu air, diu an der spitz sinwcl
sint, diu pringent siel. 195,3.4; er spricht auch, da; kain
ai perhaft sei, denn der gevogelten sien air, dd des ern säm
zuo gemischel ist. 195, 9 ; der vogel ist gar schraiig, iedoch
allerraaist in der zeit der unkäusch, als in dem lenzen, und
in der selben zeit speist er die sien vor rehler lieb. 200,3;
die sien werdent fruhtbsr allain von dem trabten des gailn
geluvtes. 201,11; wenn die ern mitenander streilont umb die
sien. 215, 27 ; wan so der wint von den ern wret zuo der sien
in der zeit irr unkäusch, so gevaet si zuo. 216, 10 ; diu ander
aigenhait ist, da; under der lai paumen {den patmen) si und
er ist, und der er pringt nümnier kain fruht, man muojsi
paid nähent zuo enander pelzen, so dan diu reht zeit kümf,
s6 naiget sich der er zuo der sien und schrenket sein este
zwischen ir este, und ie der sien zwen este druckent sich
ze samen und umbvähent des ers ainen ast. dar nAch rich-
tent si sich wider auf, wan so hdt diu si zuogevangcn und
ist fruhtpaer worden. 337,8 — 15; und ist {die alraun) zwair
lai, si und er, und der er hat pleter geleich piejenpletern,
aber diu si sam lactukenpleter. 406, 32; wenn man des krautes
Wurzel ain tail in wein legt, so macht er dester nie trunken
und das tuot aller maist des ern wurzel. 407, 23 ; also ist
an etleichem gefügel, di sint die sien auch sterker wan die
em. 493,8; unter dem kraut {arislolochia) ist eins si, das
ander ere. Ortolphs arzneibuch von 1488 ; wird er aber ein
schaf zum sündopfer bringen, so bringe er das eine sie ist,
on wandel {vulg. ovem immaculatam). 3 Mos. 4, 32, wo die nd.
bibel hat: dat ein se is, die nnl. dat cen wijlken is; nu
hatte er alle thier geschaffen, sie und er, aber seine sie und
geferten fand er nicht. Luther 4,19'; siehe, das ist eine sie,
das ist ein er. 4, 20'.
In der Schiceii : ists ein eher {wie Stalder 1, 338 schreibt),
oder eine sie? ein mdnnehen oder ein weibchen? in Baiern
er oder se? er oder is? Schm. 1, 121. 3, 182. in Hessen
he und sä für mann und frau, nd. heken und seeken, he
und sieke (wie für reh rieke) ; schon bei Arnold von Ime.nse.^
1735 sagt gott zu Noe:
gank an de arken mit diner frauwcn,
dioe kinder uodo or wif lät mit di rauwen
in diner arken dar,
aller vogel unde d^rle io ein p&r
van du8.ser aller »rlechie,
he unde se, <o deisiu rechte.
man hat das nord. pronomen han und hon verschiedentlich auf
die Vorstellung von hahn und huhn bezogen, das mag falsch sein,
stimmen könnte dazu, datz für er und sie oß auch hahn und
sie steht, z. b. der hahn und die sie. Gkllert 3, 397 ; huhn
and sieke (Dübel 3,183*); ich weisz manchmal nicht, ob ich
ein häncben (/. hänicben) oder sieichen (bübchrn oder mdd-
ehen) bin. causenmacher 81, wie auch nach Buttmakns j^ramm.
1, 160 ÖQvie zuweilen die sie ausdrückt, und wir er und sie
ganz besonders auf vögel angewandt sahen; Iwides lag nah,
sowol das pronomen auch von thieren, als thierischr appel-
lalira von menschen gelten zu lassen, man findet frönlin
vom thierweibchen gesagt, die Finnen setzen koiras ja naaras
bund und hündin auch für das mdnnchrn und weibchen andrer
Ihiere. in Sehwaben nennt das volk des königs gcmahlin stii
{die Mit), gleich unserm er und sie gilt auch den Slaven on
und ona für mdnnehen und weibchen, vgl. Vim Montenegro 95.
w tiehl an, diese naiven ausdrückt m unserm allerlhum wie
bei andern Völkern aufzuspüren. Logao setzte auch abslractes
er, wie ich, als männliches subst., das ist aber nicht volks-
mdszig :
mein andrer ich ist tod! o ich sein andrer er
erwünschte dasz ich er, er aber ich noch war. 1,84,46.
ER, ganz verschieden von dem vorangehenden pronomen und
aus herr, her, mit aphaeresis des anlauls entsprungen, oben
sp. 52 unter ehr bereits abgehandelt, hier mögen noch einige
belege hinzu treten, gnad und frid in Christo, lieber er doctor.
Luther 4, 376* ; ir Junker paralogist, das ist er betrieger.
4,380"; wenn man er omnes umbspnst neerete, wQrde er zu
mutwillig und gieng aufs eis tanzen. 4,220'; mein lieber
hcrr und freund, er Johan Pomer. 5, 166*, wo volles herr
und titelhaßes er nebeneinander stehn; herzog Friedrich von
Sachsen und er Fabian von Feilitz. 5,180*; lieber er pfarr-
herr. 5, 263* (vgl. her herre) ; der pfarrherr oder prediger
teufet und bringet zum ewigen leben, nicht als er Johan
Pomer, sondern als ein pfarrherr. 5,454*; gnade und fride
in Christo, mein lieber herr und gcvatter, er canzler. 6,272';
denmach bitten und vernianen wir euch, er pfarrherr, guter
freund, das ir euch zu N. feste darüber haltet. 6, 352' ; lieber
er doctor, habt ir recht, so helfe eucli gott. /iscAr. 370' ; der
bette müssen ins fcwer oder sonst verdampt werden, wie er
Johan Uten und Flecken und andern mehr geschah. Luthers
vorr. zu Alberus barf.[eulensp. *3*; das die weiber iren mün-
nern schweigen und irem zorn weichen sollen, gleich wie er
Endres sagt u. s. w. Alberds ehbüchlin B 1' ;
er speismeister, da kost mir das! Rebuun s. 151;
gleich darauf:
herr breulgam, horcht ein wenig her;
späterhin mit vorgeschobner flexion in den nom,:
ein sonderbarer mann
war ehren Lobcsan! Langbeins ged.
nicht zu vermischen dieses er mit dem zu dem nomen appo-
nierten (sp. 687), obschon zweifelhaße fälle vorkommen können.
ER für her kommt im 14. 15 jh. nicht selten in den Par-
tikeln erab, ernach, ernidcr u. a. m. für herab, hernach, her-
nider lor. bei Keisersberg steht umgedreht herarbeiten, her-
schrecken für erarbeiten, erschrecken u. s. w.
ER, eine ableitung für nomina, verba und partikeln, die
gewöhnlich auf ahd. ar. selten auf ir und ur zurückgeht, ir
noch im umlaul, wo er stattfinden kann, nachwirkend.
1) m. acker, anger, anker, ärger, bruder, eher, eifer, eiter,
finger, geifcr, hader, hammer, hunger, jammer, kaiser, mar-
der, sdiimmer, Schlummer, schwager, sommer, splitter, vater,
widder, wintcr, wucher, zaubcr, zucker.
2) f. ader, feder, leiter, mutier, schultcr, Schwester, tochter.
3) n. alter, fuder, futter, giltcr, kupfer, laster, leder, luder,
messer, mieder, opfer, pflaster, rüder, silber, ufer, wasser,
wunder, zimmer.
4) ursprünglich schwache m. haber, gevatter, käfer, vetter,
Zunder.
5) ursprünglich schwache f ammcr, austcr, blatter, elster,
halfter, kammer, naller, schwieger.
6) adj. ander, bitter, euer, finster, hager, heiser, heiter,
lauter, lecker, mager, munter, sauber, sicher, unser, wacker.
7) verba, ackern, ändern, ankern, verbittern, dämmern,
eifern, eitern, fiedern, fingern, verfinstern, fordern, füttern,
gagern, hadern, hämmern, erheitern, hindern, hungern, jam-
mern, klimpern, lästern, läutern, abmagern, martern, ermun-
tern, opfern, plaudern, rudern, säubern, schimmern, srhlum-
mern, versilbern, zersplittern, wandern, wittern, wundern,
zaubern, zimmern, zittern.
8) Partikeln wie aber, nieder, ober, unter u. o. m.
ER, goth. areis, ahd. firi, mhd. acre, eins ableitung für end-
lose reihen von Substantiven, welchen bald andere einfache
substantiva, bald verba zum gründe liegen; im letzten, heute
dem hüufigsten fall entspringen nomina agentis ganz mit dm
im verbum selbst enthaltnen begriffen : (Inder, rcitcr, Schreiber.
es kann hier nicht auf erörterung dieser Wörter, die manche
schwierigkeil darbieten, abgesehen sein, nur das sei hervonj,
hoben, dasz sie auch aus nnmen von lilndem, ttidlen i/
dörfem gebildet werden und dann sehr oß im gen. pl "■•
andern subst. erschriiten, in der lUteren spräche bald
gehend bald nachfolgend, so x. b. sagte man lehen I.
iiurger Schillinge oder zehen Schillinge Rrgensburger, d. i. mii?
die itegensburger sie schlagen Hessen, spraehunkundige halten
i
693
ER
ER— ERACHTEN
694
nun solche genüive, die überall unverändert stehn, ahd. Rega-
nespurgärö, mhd. Regenesburgaere lauten, für adjectiva und
schreiben nürnberger waaren, frankfurter geld, als sei das
hier auslautende er adjeclivische bildung oder flexion, was
ganz ohne sinn ist.
ER, in unsrer deutsehen adjectivflexion, gehl, während die
beiden vorigen er auch gothisehem R entsprechen, auf golhi-
sches S und Z zurück.
1) im nom. sg. m. blinder, guter sieht es zur seile des
goth. blinds, güds, lal. caecus, bonus, gr. rvf/.ö;, äya&ös,
lit. aklas, geras. anstand macht das ahd. plinter, kuoter,
dessen langer vocal von dem kurzen, golh. sogar ausfallenden
vocal der übrigen abweicht, sucht man in dieser flexion das
einverläbte pronomen er, goth. is, wie im n. blindes, ahd.
plintaj, goth. blindata unverkennbar das analoge es, ahd. ez.,
golh. ita steckt, so zeigen sämtliche pronomina gleichfalls kurzen
vocal. dies ahd. plinter, gegenüber goth. blinds, zu erklären
ist bisher noch nicht gelungen, doch ähnlich schiene ihm auch
plintiu, mhd. blindiu neben golh. blinda. mehr anderswo.
2) der gen. sg. f. blinder, ahd. plinterä, goth. blindaizös
vergleicht sich dem pronominalen irä, goth. izos und das Sr
in plinterä liesze sich zu dem im nom. m. plinter halten,
obschon dem goth. blindaizus kein blindais, sondern blinds
zur seile steht.
3) der dat. sg. f. blinder, ahd. plinteru entspricht wiederum
dem pron. iru, goth. izai, wovon sich das goth. ady blindai,
güdai bedeutsam entfernt, eine Vermutung über dieses blindai
habe ich Germ. 3, 153 aufgestellt.
4) der gen. pl. aller drei geschlechler blinder, ahd. plintero
ist wie irö. golh. aber unterscheiden sich blindaize blindaizö
blindaiz^ ganz wie ize izu ize.
ER in unserm pl. häuser, lämraer ist keine flexion, son-
dern eine paragoge, welcher die flexion noch hinzutritt, daher
der dat. pl. häusern, läinmern, ahd. busirum, lempirum lautet,
ein solches paragogisches is bietet sich im golhischen nicht
dar, vermuten liesze sich husiza, lambiza, im dat. busizam,
lambizam. oberdeutsche mundarten hängen das er manchmal
schon dem sg. an: air, aier ßr ei.
ER in unsern comparativen blinder, minder lautet ahd. sowol
plintöro als minniro, goth. blindoza, minniza und nicht anders
zeigen es die adverbia. der ursprüngliche character des R
in er ist also auch hier S, wie sich aus den anschlieszenden
Superlativ formen blindest, mindest bestätigt, in er = eher,
ahd. mhd. Sr, goth. air kann R nicht comparativisch sein,
wol aber das S in airis {obensp.il), wie es im Spruche heiszt:
eiris säjun idisl.
ER, gekürzt aus oder, einem vorangehenden nomen ange-
lehnt, wurde sp. 114 besprochen, es liesze sich eine menge
von beispielen sowol zu dem vollen oder, als zu der kürzung
nachtragen: ein tanz oder zween. Galmy 138; ein rath oder
drei. 166 ; ein jar oder zwei. 183. 200 ; ein monat oder zween.
196; ein pferd oder zwei hundert. Schade pasq. 3,109; ein
silbern heiligen oder zwen. 3, HO ; ein tausent Schweizer oder
sechs. 3, 82 ; ein guldin oder hundert. 3, 217 ; mit einem
guldin oder zehen. Fbane weltb. 130*; gestunt ein wochen
oder vier. Schreiber bundschuh 100 ; ein licht oder zwei aus-
blasen. Felsenb. 4, 213 ;
ein eier oder drei, die jeizt erst sein gelegei.
Opitz rufte des gem. 402,
wo eier der vorhin angeßhrte sg. ist. durch diese oder icer-
den die gekürzten er desto sicherer: ein wochener drei; ein
meilener sechs ;
ein Schocker dreiszig. Gökincx 3, 83;
merkwürdig im Froschmeuseler Fs':
nam tod den bucbnüsziein einer drei,
d. i. eine oder drei.
ER, die partikel, 'goth. us, ahd. ar, ir, ur war noch eine
lebendige, trennbare praeposition, muste aber schon mhd. dem
05 wie nhd. dem aus weichen (l, 817), hat jedoch in ihrem
fortdauernden untrennbaren zustand einen groszen umfang be-
hauptet. Zusammensetzungen mit dem nomen halten das alte
Mr fest (gramm. 2, 7S7 — 790), die mit dem verbum zeigen nur
geschwächtes er [gramm. 2, 827 — 832), von welchem er Aier
allein gebandelt wird, nicht zu übersehen das ags. ä »n äbile-
rian, äbidan, äbeodan = ahd. irpitaran, irpltan, irpiotan.
einige mundarten gewähren der für er (2, 1011. gramm. 2, 819).
den Ursprung der partikel und ihre berührung mit verwandten
sprachen bespreche ich unter m.
seinem begriffe nach ist in er die Vorstellung von aus und
aufaus, ein vorgehen von innen her gelegen, daher sich auch
auf und er verstärketid knüpfen.
1) intransitiva : erstehen, erwachen, erwachsen, erscheinen,
erblühen, erglühen, erschrecken, erzittern, erbeben, erklingen,
erschallen, ersterben, erlachen, erlöschen, erfolgen, zumal
mit dem begriffe des werdens: eralten, erbleichen, erblassen,
ergrünen, erschwarzen, erkalten, erwarmen, ersauern, erwei-
chen, ermatten, erschlaffen, erstarken, erfaulen, ertrocknen,
erblinden, erstummen, erlahmen, erstarren, ersaufen.
2) transitiva: erachten, erdenken, ersinnen, erfinden, er-
bitten, erbetteln, erbrechen, eröfnen, erbieten, erholen, erfas-
sen, ergreifen, ersehen, > erwarten, erfrischen, erquicken, er-
hitzen, erkühlen, erheben, erhöhen, erniedrigen, erhellen, er-
leuchten, erlesen, erkiesen, erwählen, erlangen,, erreichen,
erobern, errathen, erwerben, ersingen, ertanzen, erfliegen, er-
ringen, erlösen, erfragen, erspüren, ersetzen, erlassen, erstei-
gen, erschreien, erschüttern, erschwingen, erörtern, erübrigen,
erledigen, in diesem er liegt die von innen auf einen äuszern
gegenständ gehende Wirkung, neben intransitiven stehen transi-
tiva: erkalten und erkälten, erweichen molliri und erweichen
mollire, erwarmen und erwärmen.
3) berührung mit ent, gegen, dem erspringen, erstehen
nährt sich entspringen, entstehen, dem erwachen, erblühen,
entwachen, entbiühen, doch von entledigen, entübrigen suchten
wir erledigen, erübrigen zu unterscheiden, auch entlassen steht
ab von erlassen, in entfliegen, entgehen, entsetzen liegt ein
dem erfliegen, ergehen, ersetzen fremder privativbegrif.
4) auch von ver unterscheidet sich er. man sagt erhellen,
erleuchten, aber verdunkeln, verfinstern, ver drückt das sdilechte,
misralhene aus. dem erbieten ist verbieten, dem ertanzen
vertanzen, dem erbitten verbitten, dem ersehen versehen ent-
gegengestellt, doch liegt erfaulen, erkälten, erspüren nahe an
verfaulen, verkälten, verspüren, eralten, erarmen nahe an ver-
alten, verarmen, und zwischen der älteren und neueren spräche
mögen beide partikeln oß wechseln, unser heutiges vergessen
hiesz mhd. ergejjen.
5) nach Adelung wäre erbauen, erlesen, erlöschen edler als
aufbauen, auslesen, auslöschen; es liegt aber ßr uns in dem
er eine grüszere abstraction und die Zusammensetzungen mit
auf oder aus klingen sinnlicher. \
6) unsere composita mit ent waren minder reich ausgestattet
als die niederländischen mit ont; daßr steht die nnl. spräche
gegen uns zurück in denen mit er, sie besitzt nur wenige und
mischt es noch niit her.
ERAR, deorsum, herab : anno 1493 do hatten di elstern ein
nest gemacht zu Erfort in der prediger kloster in deme
cruczegange uf einem boume. die monche zubrochen das
nest alle zu mole, do machten di elstern ein ander nest uf
den knouf des tormes . . .' die monche bestatten so feie, das
si einen ebenturerman {waghals) erforsten und worden mit
deme eins, was er nemen wolde und wolde uf den torm
stige bi den knouf und wolde das nest er abe nemen. Stolle
thür. ehr. s. 186 ; denn werden zu mir erab komen alle diese
deine knechte und mir zu fuszen fallen. 2 Mos. 11, 8 ; wenn
er na wider erab gieng, so recket er seine band aus. Str.
50, 22.
ERABENTEUERN, audere: ihre vorzöge sind erabenteuert
{avanturiert). Hippel 6, 105.
ERABER, was erab :
wenn ich denn schon eraber fiel,
was kan mir das geschadet! viel ?
Alberos controfactur B 1'.
ERABSCHNEIDLICH, nicht herabschneidlich, sondern ehr-
abschneidlich, nacA sp. 53 = ehrabschneidig. erabschneidliche
wort. Keisersberg s. d. m. bO* ; ein mensch, das do understot
ein gilt leben zu uberkummen und zu füren und got anhebt
ernstlich zu dienen und es zücht sich ab von bösen erab-
schnidlichen worten. bilger 76*.
ERACHTEN, reputare, censere, existimare, erwägen, ahd.
irahtön, mhd. erahten.
ahd. ni mag man thaj irdrahiön,
noh luaaues muat irahtöo. 0. V. 22, 9;
mhd. e; ist hie din mäc Raguel, der hat niuwen ain tohler
und diu ist dier erahtöt {zugedacht) mit allem iers vaters gut.
Grieshaber pred. 2, 18 ; du ensolt dier nieht fürhten, da? du
din tohter im gebest, wan er ist der, dem si rchte erahtöt
ist. 2, 19 ;
44*
695
ERACHTEN — ER AISCIIEN
ERALTEN — ERARBEITEN
696
derst da belegen als6 vil
daj 6j njemen kund erahten. U7i. 256,3;
ein mnn sol erahten nihi,
wie lange im re leben geschiht,
6r sol halt erahten da;.
wie er lebe, er tuot baj. v>. gast 5457 ;
und nie ein liCrre driu dinc erahten sol an dem rdte. u>. gasl
frosavorr. s. 414;
ich wil die sterne mit der zal
einrehien und ertrahten,
6 man kiinde erahten
die beide die da lägen. Geo. 5393.
nhd. Ton goit enhlel {voraus bestimmt), alte weisen I9i' ; alles
das von gott erachtel und geordnet ist. Maaier 107'; si ist
mir worden und eracht, hanc mihi expelivi, contiyil; dieweiln
wir nicht wissen oder erachten konten, wer er were. Ayrer
proc. 2, 12 ;
wan ers (gott) woll als glich han eracht,
er heit wol nit dann rosen gmachi. Drant 57, 61 ;
laszt erholen oftemiolen
leider so betrübten schall,
und mit machten lieT erachten
seine marter, pein und qiial. Spee trulzn. 276;
wie leicht zu erachten ist. Wieland 1, 193 ; es ist leicht zu
erachten, wie «. s. w. 2, 24S ; so viel hei liche sachen, als er
oülhig erachten mochte. 2, 2t ; alle die anordnungen, welche
nach der gegenwärtigen beschaffenheit des reichs zu dessen
Wiederherstellung und wolstand am zuträglichsten erachtet
werden. 7, 193 ; unter Tifans regierung ereignete sichs zwei
oder dreimal, dasz die stände für nüthig erachtet hätten, dem
könige eine solche Vorstellung zu thun. 7, 198.
EIIACHTEN, »I. opinio, sententia, dafürhalten : vergeben sie
mir, sagte donna Felicia, meines erachlens würde ihre er-
zählung sehr dabei gewonnen haben. Wiela.nd 12, 147 ; dieses
mein erklärtes erachten ist der einzige grund. Fichte grund-
2üge 34; nach meinem unmaszgeblichen erachten.
ERACHTüiNG, f. consideratio, reputalio, erwägimg: ist es
kein wunder, dasz sie ungelehrt sind, in erachlung dasz
solchs ir profession mitbringt. Fisciiart bienenk. 204'; nach
erachtung der taglang jederzeit im jar soll die festung zu
rechter zeit abends verschlossen werden. Kirchhof diso. mil. l!i.
früher auch erachlung gottes, fatum, Schickung. Maaler 107'.
ERACHZEN, ingcmtscendo vexare:
dein treues Adelsdorr crechzt sich im verlangen,
es ruft, es seufzt nach dir. Gü.nther 649;
ich sterbe dir, und soll ein fremder sand
den oft durch dich erechztcn leib bedecken,
so gönne mir das letzte liebespfand. 909.
beidemal steht eregtzt, eregtzten, wofür andere drucke ergetzt,
ergetzten setzen, in der zweiten stelle gäbe ergetzen sinn,
nicht in der ersten, s. abächzen, aufächzen, durchächzen,
zerächzen.
ERACKERN, agrum colendo impetrare: im schvveisze des
angesichts ein dürftiges, sklavisch erackerles brol essen.
Herder. Stieler 18.
ERÄFERN, retraclare, iterare, vgl. äfern : dise schäntliche
gedecbtnQs {der päbslin Agnes) nit wider zii eräfcrn, unibgon
die bäpst dise strasz. Frami c/iron. 290"; wir wollen aber die
vergleichung, die weil die vor beschrieben, hie nicht wieder
eräfern. Thurneisser von wassern 211.
ERÄFERL'NG, f. relractalio : mit eräferung und widermel-
dung seines geschwenks. geschwenk Bvbelii g.
ERAHNEN, ERAHNÜEN, praesagirc, divinare:
der gedank eralindet den gedanken
ehe noch die lipp ihn offenbart, üürgrr 97*;
als er ehemals diesen poetischen oufenthalt habe erabnden
können. Tieck 14. 155.
ERÄHREN, EREHREN, exarare, erackem, erpflügen, Stie-
ler 16: wilt du ein häuslich weih haben, so must du selbst
auch ein guter bausmann sein und nicht in öinem tag mehr
»erzehren, als dein pOug in i'-iner wuih'^ kan er.ihren. riifi-
DlU 1, S42;
wer mehr will venehrn,
dann sein pflüg ma^ erchrn,
der mu»i zuleizt verderben,
oder am galgen aierhen. Gabtniri proverb. 93';
dieweila *o «chwer alt löblich i>t,
habhaflig gut fi-in wol bewahren,
alt waa erahren und erfahn-n.
laut, itarh. nach IliOOTKOBB 114.
ERAISCHEN, », ereitcben, erhrinchcn.
ERALTEN, senescere, veterasccre, von menschen, bäumen,
Sachen, ahd. iraltfn:
in jugundi ward si witua,
mit thisQ iraheta. 0. 1. 16,4;
jar eraltet ze wintere. N. Cap.
mild, dö Isaac eraltöte,
daj gesiune imo tunchlöte. üiut. 3,72;
ja ne wil ich niemer des erallen. MS. 1, 53*;
da kan von järcn nieman eralten. ilSH. 3, 46S".
nhd. losue was alt und voller alters und der herr sprach zu
im, du hkt eraltet und langer tag [vulg. senuisti et longaevus
es), bibel 1483, 106". Jo«. 13, 1, wo Luther : du bist all wor-
den und wol betaget; ich bin eraltet und übergeendes alters
(ego senui et progressioris aetatis sum). iio*. Jos. 23,2 [bei
Luther: ich bin alt und wol betaget); alles fleisch eraltet
als das heue und das fruchtber laub an dem grünen bäum.
Sir. 14, IS ; nu bedunkt mich, dieweil ich erallen, so acht
man mich nll meher, dann vor einen halben menschen.
Aimon s5'; ersieht ein einsidels heusgin, fast erailet. v4':
mancherlei trübsal gelitten und ertragen hell und sich nun
gar eraltet sähe. Bocc. 1,111*; wann ich dann eraltet bin.
1,305'; als du mich sihest, eraltet bin. 2,174'; sol ich des
warten, ich dabei eraltet (senescercm). Boce. 1535, 127*; und
sich nun gar eraltet sah (giä vecchio veggendosi). 47;
wann der leim eraltet
am bolz, die feder erst stark haltet. Fisciiart ehz. 7;
ein wein ist besser, wann er eraltet, der ander aber ist bes-
ser neu oder aber im most zu trinken. Sebiz 511; welche
bletter, so sie ein wenig basz eralten, was grüner seind.
Thurneisser inß. wirk. 25; den über die 25 jähr eralleten
Weibsbildern, nothgedr. ausschr. 3, 107 ;
denn wer mit huren will haushalten,
wird arm aus reich, musz jung eralton. Pbiland. 1,469;
zeit, die du
machst, dasz all augenblick auch wir mit dir eralten.
RoapLSR 5;
Cicero saget, das ein ides übel bei seinem Ursprünge leicht-
lich unlerzudrucken, wann es aber eraltet, werde es zu stark.
BüTSCHKY kanzl. 422 ; wann der husten eraltet, ist er gewis-
lich als eine der beschwerlichsten krankheilen zu heilen,
HoHBERG 3. 2, 208'. heute gleich dem einfachen allen fast un-
gebraucht und durch alt werden umschrieben.
ERANGELN, hämo adipisci und figürlich tandem impetrare :
nach langem harren einen fisch erangeln; diese kürze des
sterblichen lebens, in der man das unsterbliche erangeln
muste. J. P. Jubels. 128; diese kindliche Unbefangenheit ...
die keine geständnisse erangclte. Ilesp. 3, luo.
ERÄNGSTE.N, angere. Mathesius schreibt derengslen: und
das herz dcrengstet sich und fraget sich, wie es für gottes
angesicht bestehen könne. 159*.
ERÄNGSTIGEN, dasselbe.
ER.\RBEITE.N, labore acquirere, elaborare.
1) mhd. und ir; dan kCiiuc crarbeitenl mit iuweriQ sweije.
Rerth. 13t.
2) nhd. wo mit hast du so gro; g&l gewannen, oder wo
mit hast du ej erarbait? gesta Rom. K. 39; wärs, das der
hübner einer also reich würde uf der wildluibe, und das er
darauf erarbeite, das er einen schalden möchte geladen, ueislh.
1,466; ein mensch, der da gut werden wil, der lert {lernt)
in eim jar mer in moralibus, weder sunsl in zehen jaren.
vil davon lesen und hören und die hend nit in teig stuszen,
das ist blaw, kalt ding, die kunst wachset nicht selb» in
dem menschen, mnn milsi die erarbeiten. Keisersberc s. d. m.
41* ; aber das musz in der schule erarbeitet und gelerl wer-
den, selenpar. 107'; und alles das er erarbeitet, gewinnt und
überkomel, das nimpl sein herr. 13s' ; sshet euch für, das
wir nicht verlieren, was wir ererbeitel haben. 2 ep. Joh. s ;
erarbeiten, elaborare, grosz arbeit nemmen. Maaler 107*; sirli
das wülschmeckendste gericht durch die würze des erarbei-
teten bungers noch mehr vcrsüszen. Gellert...; alles geld,
was er erarbeiten konnte. Tieck tischt. 1, 16.
3) sich erarbeiten, sich mühen, abmühen, arbeiten, abarbeiten:
do Rüben erhört dis ding, er erarheit sich in zu lösen )nilebalur
liberare eum de inanibus eoruin). bibel von 14>3, 23*. l Mos.
37,21 (Lt^THER, wolt er in au» ircn henden erretten); da halt
ich kein n«l mer, weder da» ich mich schier erarbeitet mit
studieren. Platrrs leben ed. Ilaldingrr 107, iro Fechters autg. 40
mich zvast arbeitet. > ' M>mkh lou*.
697
ERÄRGERN — ERARNEN
ERARNEN— ERÄUGEN
698
ERÄRGERN, was ärgern, offendere, sich erSi^ern irasei:
sich über jedes wort heimlich erärgem. J. P. Tit. 2, 32.
ERARMEN, ad egestatem redigi, verarmen:
ditz lant ist so erarmet. Helbling 15, 733.
nhd. das er rerzert sein gut und hab.
bisz er zu leisten gaV erarml. Waldis 3, 92;
von dem ich hofnung hab, das er reich werde oder warten
sei, das er erarme. Fischart ehz. 486; und haben wir in
diesem land woi erfahren, dasz deren etliche sind, die soviel
saufen können, dasz ein ganzes dorf darüber musz erarmen
und zu gründe gehen. Philand. 2, 237 ; die hernach erarmet
widerumb sind zu gesundheit kommen. 2, 469 ; wie die kauf-
leut erarmten und banquerotierten. Simpl. Vogelnest cap. 23 ;
der sich der armen annimmt, kann niemal erarmen. häufig
heiszl es im 11 jh. unsere erarmte unterthanen, die erarmten
leute. noch Rädleis 244', Stei.nbach 1, 37.
ERÄRMEN, faeere pauperem, arm machen. Maaler 107'.
ERARNEN, poenas luere, elaborare, mereri, verdienen, entgel-
ten, gleichviel mit dem einfachen arnen (1, 563), das sich allmä-
lich verlor, die Zusammensetzung erarnen erhielt sich länger,
mhd. zebrach ich ie din gebot,
da; bän ich barde garoei. En. 273, 25;
evä Gyburc, süe^e wip,
mit schaden erarnet wart din lip. Wh. 14, 30;
ir liget hie ungewarnet,
daj ir noch biule erarnet. 334,22;
da; eg erarnen müese Kriembilde man. Kib. S07, 3;
kum ich ze wer, e; muo; sin h'p erarnen,
der mich mit striie niht verbirt. HS. 2, 3S*.
nhd. sagte man besonders 'sauer, übel, theuer, schwer, hart
erarnen': er hat uns säur erarnet mit seinen bitteren leiden.
Keisersb. has im Pfeffer ; das er wider tugent tet, die er also
säur erarnet hat. selenparad. 52*;
got der die schelmen hat so säur erarnl.
Mdh-IKR schetmenz. M, 12 ;
ach gott, was Schadens entstünde daraus, er selber must es
hemachmals erarnen. Aimon b 2'; bei sanct Niclaus, ir sollent
es erarnen, schnöden lecker I l4*; sein tod soll theur erar-
net werden. Fierabras E 6 ; des müssen sie darnach mit drei-
fachen schmerzen büszen und mit lenge der zeit in dem bell
erarnen. Lirius, Schvfferlin 53'; denn aus seinen wunden
flieszen warlich (wie man vorzeiten auf die brieve mahlete)
die sacrament, und hat es warlich theuwer erarnt, das man
in der ganzen weit solch ampt hat zu predigen. Llther
5, 174' ; so hoch und thewer erarnt. 175' ; Christus hetle es
wol mügen behalten und nicht so thewr dürfen erarnen
{gedr. steht erarnlen). 1S&'; fünvar, wer so geschickt ist, als
du bist, der kan leichtlich auf sich alle ehr bringen, die
ander redliche leute thewr erarnt haben. 6,149"; andere leute,
das ist die lutherischen, so solche freiheit thewr erarnt haben,
sollen unter des bapsts zwang und öffentlich erkandten lügen
bleiben. 6, 152*; das man den lieben herrn, der uns mit
seinem eigen blut so thewer hat erarnt, so lesterlich sol
aufs maul schlahen. 6,320'; sein wort, das er auch durch
sein blut erthewret und erarnet hat. 8, 108'. br. 5, 138 ; gar
thewer erarnt und erworben, tischr. 125'. 161". 260'; es ist
erarnt gut. Acricola spr. n' 735; es musz alles erarnet werden.
kluge, treise reden 74'; die armen kranken, die ir brol nit
mögen erarnen. Fbask chron. 359' ; und (der son gottes) leben
und gerechtigkeit uns durch sich wider erarnen und im wort
verkündigen werde. Matbesils 3'; und weil er {Adam) sein
brot nun selber erarnen solle. 8"; es heiszt auch die natur
das ameiszlein nicht, das sie das irige, das sie mit gott und
sauer arbeit erarnet und oft an irem maul ersparet, dem
müszigen unzifer solle fürstrecken. 24'; die uns der vatter
in Jesu Christo erarnet und geschenket hat. 52'; welche
er auch mit seinem theuren blut erarnet. 124*; die königin
soll man verbrennen auf einer hurten, damit solt sie erar-
nen den mord, so sie gethan hette. buch der liebe 90"; sie
müssen dieses nachsuchen erarnen, dasz es inen selber leid
sein wird. 92, 1 ; bat er mir schon etwas geben, so hab ichs
wol erarnen müssen. Wirsu.nc Ca/i5/us z2; darumb so müssen
wir uns der kunst alchimia nit entschlagen, dann einmal
musz es erarnet werden. Pabacelscs chir. sehr. 33'; das
«.'rarnete, liebe volk, das gott dienet. Reiszker Jer. 1,47*;
was ich lang zeit erarnet han. II. Sachs III. 1,196';
hart erarnet ist botenlon. V, 3(;7' ;
es thut uns diese fabel warnen,
das wir uns gaie künst eraroen, Waldis 2,21. bl. 86';
so viel von deiner kunst erarnt,
dich für deim eignen schaden gwarnt. 3,36. bl, 154*;
ich förcbt das vil meng bidermann
noch gar übel müsz erarnen. Körnci volkä. 12;
mit warnen warstu gut, sei ferner gut mit warnen,
so wirstu dorte glänz und segen hier erarnen.
LOGAC 1, 232,66;
dasz er . . . erarne eine riiterkron. laut, tearh. Bboote. 14;
erarnen und erwerben. Harnisch von Fl. 113. 272; erarnen
und davon bringen. 207; wann sie ihr leben mit schwerer
saurer mühe und arbeit verschleiszen, sich um ein wenig
rothe erden, -die sie doch nit mitnehmen können, die hüll
härtiglich zu erarnen. Simpl. K. 847 ; du hast dein lebtag
viel abenteurliche invention ... der klugen weit vorgestellet
und hast doch bei keiner nichts beständig gewisses erarnet
und erworben. 1009.
Es fällt auf, dasz ein in der spräche so feststehendes tcort
im 18 jh. gänzlich ausstirbt, hätte sich Lcther seiner, wie
anderwärts, auch in der bibel bedient, es würde gedauert haben,
der vocab. variloquus hat herarnen adquirere, Frisics 466'.
492' erarnen elaborare, exantlare, eftenio Maaler 107'; Hemscb
902, 44 erarnen, erpQugen, erähren, mit übel zeit und groszer
arbeit vollbringen, was wolt ich dran erarnen ? quid inde
aravero ?, hert erarnet gelt gehet zech {zähe) heraus, Stieler 18
schreibt den Hemscb aus. Frisch 1, 35' den Maaler. Dasypodics,
Denzler setzen das wort nicht, es scheint auch in der oberdeut-
schen Volkssprache wenig fortzuleben, denn Schneller 1, 118 gibt
nur alte beispiele, doch hat Scbmid 27 erarnen, Stalder 2, 491
erarnen. bei Adeldsg und Campe findet es sich nicht mehr.
ERÄSCHERN, was abäschern, abeschern 1, 35 :
früh eh er in die kirrbe gieng,
er sehr eräscbert zu ihr trat,
und sie um ein glas wasser bat.
Lknz im musenalm. 179S s. 75.
ERATHMEN, anhelare, schwer athmen, aufathmen, einathmen :
nun schon wieder
den erathmenden schritt
mühsam berg hinauf. Götbe2, 68;
du flehst erathmend mich zu schauen,
meine stimme zu hören, mein antlitz zu sehn. 12,34;
ein junger mensch, ich weisz nicht wie,
verstarb an der bypocbondrie
und ward denn auch begraben. .
da kam ein schöner geist herbei,
der hatte seinen Stuhlgang frei,
wie ihn so leute haben,
der setzt sich nieder auf das grab
und legt sein reinlich bnuflein ab,
schaut mit behagen seinen dreck,
geht wol erathmend [al. erathmet) wieder weg
und spricht zu sich bedächtiglich:
der arme mensch, er dauert mich,
wie hat er sieh verdorben .'
hält er geschissen so wie ich,
er wäre nicht gestorben.
als Sicolai die freuden des jungen Werlhert
geschrieben hatie, vgl. Göthk 26,232;
keine kühlung war da zu erathmen
in den nächtigen lüften. Rückert 67.
ERAUF für herauf: und sind von dannen er auf gezogen
mit freuden, das die stad tummelt. 1 kön. l, 45 ; nach diesem
zog Necho der könig in Egypten er auf zu streiten wider
Charchemis. 2 chron. 35, 20 und öfter.
ERÄUGELN, duTcli äugeln ersehen, erreichen.
ERÄUGEN, ostendere, manifestare, ahd. arougan, irougan
Graff 1,126), mhd. erougen, nhd. ereugen, auch geschrieben
eraigen, ereigen, s. äugen (1, 801), eigen (3, 96), noch Rädlei:«
244 erklärt 'vor avgen stellen.'
1) transitiv, ahd. managiu guotiu wSrc eroucta ih iu fon
minemo fater, multa bona opera ostendi tobis ex patre meo.
T. 134,22; mhd.
er stuont, bette,
da; in got generte,
da; er ime da; wib erougete. Diul, 3, 68;
nhd. vom fuchs man oft gesaget mir,
wie er sei gar ein listig thier.
solchs er am banen bat ercigt,
wie diese folgend fabel zeigt. Waldis 4,2. bl. 208^
und gleichwol, ehe man also weicht,
siebt man, dasz in den lüften leucbt
ein scharfe liitz, welche ereugt
ein grosze flamm, die drumb aufsteigt. Garg. 285^;
ob irgend noch ein menschensohn
auf erden zu eräugen. WtcEaitLiN 173 ;
mein freund, wie ist doch das gemeint,
das du dich so verzagt erzeigst
und all dein innerstes ereigsi? J. V. Amdrf-as ehrentp. 54;
wenig eräugen und viel geben. Melahdkb l n* 699.
699
ERÄUGEN — ERAUS
ERÄüSZERN —- ERBÄRMDE
roo
2) reflexiv, das ander stück von kirchengütern hab ich
im auch angezeigt, das in dieser zeit, so kürzlich sich viel
eräugen, de facto still zu stehen sei. Luthers br. 5,133; zu
disen zeiten ereugt sich ein andere ketzerei. Frank chron. 319',
vo oß auch schon ereigen geschrieben steht; der schein niusz
sich selbs eräugen und an tag geben, kl. weise reden 31* ;
darin sich grosze unrulien zwischen Polen, dem orden und
den Märkern eräugetcn. Michälius 3,366; welches sich nach
absterben Luthers mehr ereuget und geeuszert. Jon. Wigandus
ob dii newen Willenberger. Künigsb. 1575. 8'; so sich eine
grosze empörung eräuget, dasz des beschwerten creis und
der andern vier angrenzenden creisze bestimmte hülfe da-
gegen nicht fürlräglicli. reichsrec. von 1555 in Hipp, a Lapide
de rat. stat. s. 379 ;
ein geslirn,
das unvermehrlich klar, eräuget sich darunder.
WgCKUKRLIN 67U;
sieh nn die rothen wangen,
in denen alle zier und ausbund sich eräugt. Opitz 2, 153;
damals hat die satzuag mich
dieseu segen, welcher sicli
jetzt eräuget, schawen lassen. S, Dach N4;
zur rechten um die wiek eräuget sich die siadt. . . .;
was in Cleve sich eräugt. Q2;
der Tater hat von ewigkeit
den söhn, sein biid, gezeuget,
der söhn hat in der tuil der zeit
im fleische sich ereuget. P. Gkrbaiu) 1,3;
sich ereugen, sich ereugete. Harnisch aus Fleckenland s. 48.
197 ; welches sich guten theils nur an dem einigen planeten
dem mond fast unschwer eräuget und alltäglich abzumerken
am tage liget. Simpl. K. 308 ; ein knäblein von sechs jähren,
darin sich eine gute art und sehr feine seele eräuget. Scriver
seelensch. 2, 383 ; bei eräugender krankheit war die mutier zu
säumselig. 2, 383 ; damit auch bei sich eräugenden todesrallen
keine irrungen entstehen mög. (Bichey) der patriot. 2 jahrg. ;
nu nu, wenn sich die gelegenheit etwa eräugen sollte, so will
ich es auch nicht abrathen. Lessing 3, 39. s. das folgende.
ERÄUGNEN, EREL'GNEN, EREIGNEN, contingere, accidere,
steht nur reflexiv und bedeutet eigentlich erscheinen, sich offen-
baren : damit die hauptwache bei der band wäre, die allem Un-
heil, so sich etwa ereignen möchte, vorkäme. Simpl. K. 286 ; eine
ohngeHihr einer halben elen lang sich ereignende hosenwunde,
die der Schneider am besten zu heilen verstand haben möchte.
1013; es würde sich unverlangt ereignen, wen ihr das Ver-
hängnis bestimmet hätte. Lorensteix Arm. 2, 217 ; hette ich
mich ganz keiner wankelmütigkeit, welche sich bei jungen
cavalliem gemeiniglich zu ereignen pflegt, zu befahren. Scboch
stud. leben H 2' ; im fall das gcgentheil sich ereigne, pol. stockf.
283; aus vilen sich ereigneten geschichten. Rutschky l'alni.
721 ; cräugnet so ein fall sich wieder. Lessing 2, 225 ; keiner
der Unglücksfalle, die sich dabei cräugnen könnten. 2,160;
ist der fall ein factum, hält
er sich wol ear in unsrer dioces,
in unsrer lieben Stadt Jerusalem,
eräugnet. 2, 302 ;
nun wird sich gleich ein gräulichstes ernugnen,
hartnäckig wird eg weit und nachweit läugncn. Göthe 41, 59 ;
doch mag sich was auch will ereignen,
den eselskopf möcht ich verläugoen. 41, 145;
wo beidemal besser creugncn : leugnen stände; du siehst dasz
ich nicht nötbig habe mich mit den tagesblättcrn abzugeben,
da die vollkommensten symbole vor meinen eignen augcn
sieb erSugnen. an Zelter 313.
ERÄUGMS, n. casus, eventus: glückliche, traurige ereig-
nisse. neuere schwimmen mit der richtigen Schreibung cräugnis
gegen den ström: eine sache oder cräugnis. Engel ideen tu
einer mimik 1, 147. ahd. aroucncssl /.
ERÄUGNIJNG, f. dasselbe, ich meine den domherm, den
ich auf morgen frühe neun uhr eingeladen habe dieser über-
natürlichen ereignung beizuwohnen. ThIJmmel 4, 110.
EHAUGUNG, f. manifestalio : diese handlungen würden zu
ihrer wirklichen erilugung ungefehr nicht viel mehr zeit brauchen.
LesBiKC . . .
ERAUS für heraus, oft bei LimiER: die kricgslcute aber
io Syrien waren er aus gefallen und hatten eine kleine dirno
weggefürt 2 kön. 5, 2 ; darnach zündet Eck ein gröszer fcur
an, welcher auch die bulle von Leone X craus drang. Luthei
1,2'; da fleiszet er sich allererst, des rechten Emscrs grist-
licb venland, zwackt rraus meine wort, wo es in dünkct,
tcfamiert dr«n seinen gifl. 1,368*; gleichwie der groste Lei-
lige phariseus Luce 18 für groszer trunkenheit eraus koket
und speiet über den armen zölner. 5,355'; ich wil es nicht
enius kratzen. 6,7*; man wolle es denn böslich deuten und
mutwilliglich solchen sinn eraus zwingen. 6, IS'; und zum
dritten, das man eraus faje und umb sich greife und begere,
das iedermann möchte geholfen werden. 6,172*; darumb feret
er auch frei eraus in aller Sicherheit und spricht, mir wird
nichts mangeln. 6, 339'. vgl. die mit heraus lusammcnge-
setzlen Wörter.
ERÄÜSZERN, was das einfache äuszern, nur selten ge-
braucht: dasz wir bei unserra Schwiegersöhne das allerred-
lichste gcmüthe auf der ganzen weit angetroffen, welches
sich denn auch, gott sei dank, nachhero in allen fällen also
eräuszert hat. Felsenbnrg 1, 298 ; bei einer kleinen theurung,
welche sich eräuszerte, ßei ihnen ein, dasz das land von
einwohnern überladen wäre. J. E. Schlegel 5, 360.
ERBACKEN, ERBACHEN, excoquere: wideriiachen, erbachen
brot = biscuit. Fischart onomast. 118.
ERBACKER, m. ager hereditate acceptus.
ERBADEL, m. nobililas heredilaria.
ERBAMT, n. munus hereditarium : besonders betrachteten
sie (die Valerier) als ihres geschlechtes erbamt die gesetze
zu erneuen und lebendig za erhalten, welche die persönliche
unverletzlichkeit des bürgers versicherten. Niebuhr 2, 429 ; die
erlAimter (= deren träger) erhalten die reichsinsignien und
setzen sich damit zu pferde. Gothe 24, 317.
ERBANGEN, pavescere : mein herz erbangt, cor meum trepidal ;
du nun hangest und erbangest,
frommes thierlein ohn betrug,
zagest, bebest, kaum noch lebest,
ruckest zu dem Iciztcn zug. Spee trulzn. 300 (271)
auf! zwingt kein fehl dich zu erbangen,
so nimm am tage mich gefangen. 1)ürger92';
an jenem tag, da mich der fürsienbote
zur königswahl heschied und ich erbangend
abwehrte den erhabenen beruf. Uulai^ds Ludwig 115;
nicht mehr in unendlicher Schwermut verlangt und erbangt
das gemüt. Platbn SO.
ERB ANSPRUCH , m. in der gerichtssprache : diejenigen,
welche erb- oder sonstige ansprüche an das veiTnögen zu
haben glauben, werden hierdurch vorgeladen t*. s. w.
ERBANTHEIL, m. portio hereditaria, erbtheil.
ERBÄBEN, parere, partum edere, gignere, ahd. irpöran
(Grafk 3, 145), mhd. erbern, stark gehend gleich dem einfachen
peran, nhd. büren, gebären (1, 1127) und eingebären (3, 184),
während entbehren die Schreibung verändert hat und schwach
flecliert: die erborne friunde. Walther 30, 35. doch begegnet
von erbären nhd. nur der in/'., die dritte person erbiert und
das part. erboren, nicht mehr das praet. erbar. meinen
vatter, von dem ich gezeuget und erhören, kenne ich nicht.
buch der liebe 210, 4 ; das du dem herren im bimel drum
dankest, das er dich von mier erhören, so wol begäbet halt.
Plater3; anzeigen, wie und von wem ich erhören und er-
zogen sige. ebenda; das hus, darin ich erboren bin. 4;
wer zu Unglück erboren, kompt spat zu glück, buch der liebe
201, 2 ; und das ganz menschlich geschlecht ist darnach von
drien brüdern erboren. Cyrillus hl. 33 ; in uwern dörfern und
wilern erboren. Schade sat. 3, 61, 6 ; was von huren erboren
ist zu huren erkoren. Garg. 29*; derjenige, so durch den
glauben und sacrament des glaubens aus Christo erboren
ist ... das wir nit eigentlich durch Christum, sonder durch
den glauben und die sacrament aus Christo erboren werden.
bienenkorb 103'; zum unglUck erboren, grobianus Ol; alle
werk geschehen durch gott, sie werden umb keiner andern
ursach erboren {hervorgebracht), dann das uns gott damit
etwas weiter will zu verstehn geben. Paracklsls 1,86'; denn
von ihm ist alles erboren, geschaffen und herkommen. Jac.
Böhme ron den drei principien It ; in der ewigen gehurt uud
unauflöslichem bände der starken macht guttes, wo sich das
ewige licht seines herzcns crbieret. 13, 30 (s. 145); die dracben-
mutter, von welcher Uneinigkeit erboren und gezeuget wird.
BuTscntr Vatm. 389; und will das licht au», der tinsternis
sich zum licht erbären, so ist der erste gradus da.-* rothe,
hieraus crbieret sich das gelbe, bei GOtub 60, lOl ;
0 wie würd er in dem roeera
deiner liebe neu orborn. Tu» 10, 120.
». tinerboren.
ERBÄRMDE, /*. misericordia, ahd. irparmida (GRut l. 4241,
mhd. erbarinide, crberinde {wb. 1, fio'), nhd. schwankend er-
bärmde, crbärmd, «bannte, erbcrind, crbürmbd: der kaiser
701
ERBÄRMDE — ERBARMEN
ERBARMEN
702
. . . alles sein leid vergasz, mit groszer erbermd dem her-
zogen den tod seines lieben suns und allen seinen hasz und
zorn vergab. Aimon c3*; on zweifei mich wird Magis on alle
erbermd erstechen, n l'; het er uns in der klemmen, er würd
kein erbermd mit uns haben. A3'; dieser red entpfieng der
könig ... ein grosz erbärmbd (n.) und mitleiden mit dem
treuen vater. Lirius, Sclivfferlin 10' ; also das auch die Römer
solchs zu erbärmbd bewegt. Frank chTon. 38'; tregt ein er-
bärmde. A7. weise reden 134' ; ein erbärmbdt mit eim haben, dag
er eines todes nicht sterbe, buch d. l. 227, 1 ; der ritter mit seiner
jungfrauwen grosz mitleiden und erbärmbd tragen thete. 255, 4 ;
der ritter mit seiner klag seinen gesellen zu groszer er-
bärmbdt bewegt. Galmy 1S2 = bucli d. L 61, 3; ich mag
mich zu dem kerker Ton erbärmde wegen nimmer genahen.
308 ; denn im sein herz anfieng in erbärmbd gegen der her-
zogin zu bewegen. 315 ; darob er so groszes erbermbd {hier n.)
hett. Amadis 178; und also beschlosz er bei sich selbs, ihr
dieser enterbten und vertriebnen armen prinzessin eilend und
erbärrad anzuzeigen und zu vermelden. 39i ; als nun aus er-
bärmde der viele der leut zu weichen gebeten, sol solch
meerfräwlin dem meer zugekrochen sein. Fofer fischt. 105';
welches du doch aus naturkindlicher Deigung und erbarmte
zu thun schuldig. Garg. 210'; und sie aus erbärmde sagte.
Pbilander 1, 144;
hett er mit diesem ihm jelzund geholfen nicht,
so war er obn erbärmbt stracks worden hingericht.
Werders Ar. 22, 19 ;
der graf kann sich hierauf des weinens nicht entbrechen,
mitleiden und erbärmbt ihn in das herze stechen. 23,170;
dise wort, sampt der holdseligen aussprach und zwar be-
trübten, doch überaus schönen und anmutigen gestalt der
frauen, zwangen mich zu solcher erbärmde, dasz ich ihr pferd
beim zügel nahm u. 5. w. Simpl. K. 718 ; derowegen fiengen
sie viel eine jämmerliche(re) klag an als zuvor, also dasz es
einen felsen zu mitleiden und erbärmde hätte bewegen sollen.
Vogelnest 1, 8 ; manche, die sich solchermaszen zur erbärmd
treiben lassen. 2, 5. Stieler 55 hat das worl noch, Steinbach
1, 67 erbärmnde, im IS jh. erlischt es. s. auch das einfache
bärmde 1, 1134. Lachmann nimmt ein mhd. diu erbarme an :
dem erbarme git geselleschaft. Parz. 465,8;
da kere dine erbarme zuo. Wh. 1, 11;
din erbarme künde in bringen
an diu werc. 2, 30,
ro doch in den lesarten erbärmde, erbermde überwiegt.
ERBARMEDICH, n. kyrieeleison, miserere: das erbarmedich
singen.
ERBARMEN, mtsereri, ahd. irparm^n, mhd. erbarmen, tro/iir
1, 558. 1134. 1135 ein Ursprung aus bearmen und aus barm
erwogen wurde, jenem scheint barmherzig = goth. armahairts
= misericors zuzusagen und die häufnng zweier sinnlichen
begriffe barm sinus und herz cor nebeneinander gäbe anslosz.
doch armen amplecli und barmen gremio suscipere verleihen
der andern herleitung gewicht, man hätte anzunehmen, dasz
in armahairts und barmherzig der erste theil früh abstract
geworden wäre, auch streitet farm im nd. entfarmen, nnl.
ontferraen (1,1134) wider die deulung des B in barmen, er-
barmen aus der partikel be. erbarmen, auf die person des
erbarmenden bezogen, würde innere rührung und bewegung im
busen und herzen ausdrücken, wo es auf den bemitleideten
gienge, ursprünglich in die arme fassen, auf den schosz nehmen
besagt haben können ; doch nach erfolgter abstraction der Vor-
stellung dürße auch andern construclionen der weg geöfnet
worden sein, merkwürdig heiszl es in Schades sat. und pasq.
2, 133 ich mag nit mer {trinken), also bin ich erbarmet, was
doch bedeuten musz im busen weines voll.
1) erbarmen ohne person:
schändet euren Christ
mit fluchen, das zurbarraen {zu erbarmen) ist.
Ki.tGWALD taut. warh. 90 ;
ach es ist zu erbarmen = erbärmlich, pers. rosenth. 6, 1.
bei hinzugetrelnem artikel Idszt sich auch ein subsl. annehmen:
es ist zum erbarmen ;
das beer war zum erbarmen. Schillbr 342';
und zum erbarmen vcrblühn ihr in gram die reizenden
Wangen,
80 zum erbarmen entrann ancb Odrsseus äugen die thräne.
Od. 8, 530. 531.
heiszt es: das ist um zu erbarmen, so ist der acc. einen
leicht hinzu zu denken.
wehe, weh mir! ruft die arme
janiniprnd, groszer Zeus erbarme! SCHILLIR 60*
litte gleichfalls hinzufügung von dich.
2) mit dem acc. der person des erbarmenden, folglich mit
transitiver verbalbedeutung,
ahd. inan irbarmeta ther döto. 0. ÜI. 24, 60.
mild, den gast begunde erbarmen
diu grö^e not die si liien. w. 4932;
nu erbarmet in ir ungemach. 6407;
ich solt iueh, frouwe, erbarmen. Part. 95, 6 ;
da; e; got erbarme. Jtr. 4214;
da; müe;e got erbarmen. Walth. 24, 35;
so da; e; got erbarme. Parz. 92, 26.
nhd. es möcbt ein (== einen) stein erbarmen. Hätzl. 78*;
mich treibt des Jammers schmerzliche gewalt. *
was auch den stein des felsens musz erbarmen.
Schiller 524* ;
wiewol in erbarmet Tanaquil und ire kinder. Livius, Schö/ferlin
17; mein edler und lieber gesell mich so sehr erbarmet.
Galmy 26; als der keiser sie also süsziglicb schlafen fand,
erbarmet sie in. buch d. l. 2, 1 ; es erbarmten in die zäher
ihrer äugen. 202, 3 ; Cnemonem erbarmet die Jungfrau. 204, 4 ;
i. f. gn. schlagen mir es abe, welches mich sehr erbarmet
{schmerzt}. Schweinichen 1, 196 ; sie handelten so tyrannisch,
dasz es einen stein in der erde erbarmen mögen. Grote Nort-
heim s. 136 {urh. von 1641) ; aber nun leider gont alle ding
ab miteinander, got {deum) erbarms! Eeiseesb. bilg. 64*;
obn alle gnad mit schwert und brand,
erbarm es gott den berrenl Ringwalo tieder E6*;
so stöszt mir, gott erbarms!, das gröszie noch zu banden.
FLEai.fG 116;
allzuwahr, erbarm es gott! 341;
Doegs, dessen schwert von priesierblut noch warm
so frech auf Nobe fiel, acb dasz es gott erbarm l
Grtphios 1, 558;
gott erbarm es ! Scriver seelensch. 2, 264 ; dasz es gott er-
baime ! Wielaxd 11,176; und mit ausfallendem es: gott er-
barme ! Schiller 174', wo gott immer acc. bleibt, külin steht
dieser ausspruch gotterbarms {wie erbarms und erbarme dich)
selbst wieder substantivisch: der wohnt im gotterbarms sieben
klafter tief im elend, äcerbacu leben 1,93;
nachdem mich dan erparmt ir schmerz, fasln. 789,20;
nein, das erbarmt mich, wenn ich nur dran denke.
Schillbr 220';
ach das erbarmt
mich desto mehr! 222*;
seht, ich bab
ein herz, der Jammer dieses deutschen volks erbarmt mich.
382* ;
Teil, es erbarmt mich, doch ich musz gehorchen. 539*;
drum, wenn das eigne Unglück dich nicht rührt,
lasz meines dich erbarmen! 5S8*,
gerade wie ahd. und mhd. mit doppeltem acc. Id; sia thih
irbarmen. 0. IV. 26, 24 ; die göttin wurde so roth hinter dem
Schleier, dasz es mich unglaublich erbarmte. J. P. herbst-
blumine 3, 80.
3) steht der gegenständ des erbarmens im gen., so wird die
Vorstellung unpersönlich: es erbarmet mich dein {miseret me
tui), denn du noch ein junger mann bist, buch d. liebe 'i.~i,l;
junger mann, es erbarmt mich dein. H. Sachs III. 2,38*;
und doch erbarmt mich deiner. Schiller 551';
es Geng mich an unsres armen Teutschlandes zu erbarmen.
WiELARD bei Merk 2, 74.
4) viel üblicher ist das reflexivum sich erbarmen, so dasz
der acc. von. 2 hier zum nom. und die verbalbedeutung in-
transitiv wird,
a) mit dem gen., statt jenes die noth erbarmt ihn heiszt
es: er erbarmt sich der noth. so du aber dein sünd ver-
trechen und verbergen wilt, was sol dann gott sich dein er-
barmen? Keisersberg s. d.m.ii'; wem ich aber gnedig bin,
dem bin ich gnedig, und wes ich mich erbarme, des erbarme
ich mich. 2 Mos. 33, 19 ; und solt dich seiner nicht erbarmen.
5 Mos. 13, 8 ; der gerechte erbarmet sich seines viehs. spr.
Sal. 12, 8 ; ah du son David, erbann dich unser. Matth. 9, 27 ;
ah herr, du son David, erbarm dich mein. 15,22; und ver-
kündige inen wie grosze wolthat dir der herr gethan und
sich deiner erbarmet hat. Marc. 5, 19 ; vater Abraham, erbarme
dich mein. Luc. 16, 24 ; erbarmt hast du dich meiner klagen.
Gotter 1, 9.
b) mit der praep. über: also ril mer du gott dem herren
dein eilend an den tag legest, so vi! mer erbarmet sich gott
über dich. Keisersberg s. d. m. 14*; und über seine knechte
wird er sich erbarmen. 5 Mos. 32, 36 ; du wollest dich auf-
703
ERBARMEN - ERBARMIGKEIT
ERBÄRMIGLICII — ERBARMNIS
704
machen und über Zion erbarmen, ps. 102, 14; denn der licrr
wird sich über Jacob erbarmen. Es. 14, 1 ; sihe ich wil lakh
über seine wuuiing erbarmen. Jer. 30,18; herr, erbarm dicii
über meinen son. Malth. n, 15. man sagt: er hat sich über
die suppe erbarmt, sie nicftl verschmdhl, ausgegesstn ; erbarmt
euch noch über die letzte Hasche, leert sie aus, macht eiiclt
drüber her; wie erbarmeten wir uns über das Sauerkraut und
fraszen es reine aus. Schelmufsky 1, 91.
c) ohne casus:
der see kann sich, der laodvogl nicht erbarmen.
SCUILLEH 618*.
5) das golh, annan oder gaarman halle den acc. der ferson
des bemitleideten bei sieh, z. b. jenes Marc 5, l'.t lautet hvan
filu )tus frauja gatavida jah gnarmuida {)uk. solche accusa-
tive kommen auch ahd. vor, wie sich aus der Umstellung ins
passivum mit nominativen ergibt: epano arparmit wirdit,
condescenditur, er wird bemitleidet (Graff 1, 424), denn con-
descendere war mlat. herabsteigen, sich zu einem neigen, mit
ihm mitleiden haben, was mehrere stellen bei Graff belegen
{vgl. DiEFENBACH 140'), in welchem condescendere wiederum
ein sinnlicher ausdruck für erbarmen erscheint.
mkd. sit d.'ij wir nu zerbarmen sin
ich und der geselle min. Wh. 101,3,
heisil doch : seit wir nun zu bemitleiden sind. nhd. vermag
ich keinen acc. der person des bemitleideten bei erbarmen auf-
zuweisen.
6) statt des acc. des bemitleidenden unter 2. 3 begegnet aber
ahd. und mhd. auch der dativ. mir erparm^t diu menigi,
misereor super turbam;
dö erbarmdt g; im in nöte. KiRAJA.N denkm. 3S, 23;
da; ich iu sus erbarme. En. 25S, 12;
läj mich dir erbarmen. Wh. 104,6.
wahrscheinlich gibt es nhd. stellen mit solchen dativen slatl
der gewöhnlichen acc.
ERBARMEN, i». misericordia, mitleid, der substantivisch ge-
setzte inf., vgl. das verbum unter 1. ich bin des erbarmens
müde. Jer. 15,6; so iigt es nicht an iemands wollen oder
laufen, sondern an gottes erbarmen. Rom. 9,10; so ziehet
Du an herzlichs erbarmen, freundlichkeit, demut. Col. 3, 12 ;
beiregen bist du zum erbarmen,
uun laszi sie dich allein. Göths . . .;
bei golt ist kein erbarmen,
0 weh, 0 weh mir armen! Bürgir 13';
er hat, er fühlt kein erbarmen, mordet ohn erbarmen, bei
Helvicus 1, 18 erbarms über ihn haben, gleich jenem gotler-
barms vorhin substantivisch, das ist recht zum erbarmen, er-
bärmlich, zuweilen steht erbarmen als helfende that der bloszen
empßndung des milleids gegenüber: der weise erbarmt sich,
bat aber kein mitleiden. Heinse Ardingello 1,263; der held
eines trauerspiels erregt unser mitleid, nicht unser erbarmen.
ERBARMENSVOLL:
wir wissen,
dasz gegen un« sein herz erbarmensvoll oH bricht.
ROMPI.ER 140.
ERBARMENSWERTH: eine alte Jungfer ohne geld, ohne
Schönheit, ohne freunde und ohne verstand ist eine erbar-
menswerthe kreatur. Rarenkr 3, 102.
ERRARMER, m. misericors: denn ir erbarmer wird sie
füren und wird sie an die wasserquellcn leiten. Es. 49, lo ;
spricht der herr dein erbarmer. 54, 10; denn der heiT ist
barmherzig und ein erbarmer (vulg. misericors et miserator).
Jae. 6, 11 ; weinenden dank dir, erbarmer im himmel I Schiller
142*. t. allerbamier.
ERRARMERIN, f
ila nahm die erbarmerin Theiis
«anrt den fallenden auf. Vos.i Uv. 2, 249.
ERBARMHERZE, misericors, mhd. erbarmhCrze, vgl. ahd.
armbi-rzi, golh. armahairts.
ERBARMIIERZIG, dasselbe, mhd. crbarmherzec, vgl. hann-
hrrzpr, barmlierzip.
ERRARMHERZICKEIT, f. misericordia, derbannbcrzicUcit.
Bing l(i', 35. vgl. barmhcrzigkeit.
ERRARMin, misericors: erbannigen Herzens sein.
KRilARMIGKEIT, f. misericordia: meinet er, c« sei genug
zur h^rritung gegen dem tode, wann er sich cuszerlicber cr-
barmigkeit befleifizet, nicht in üffentlicbsn groben sUnden lebet.
BcTSCHkT kanzl 784
ERBÄRMIGLICH, miserandum in modum: wie er denn
auch nicht ermangelte, die äugen und was sonst von den
reizen der kleinen, runden frau das licht nicht scheuen durfte,
gar erbärmiglich anzuschielen. Siegfr. v. lAndenb. 1, 129.
ERBÄRMLICH, tniserandus, miser, miserabilis, 1) erbarmen
weckend, kläglich: es war beides erbärmlich, das das volk
untereinander so gar erschrocken und der hohepriester so
engstig war. 2 Afdcc. 3, 21 ; denn deine knechte haben bebeg-
lich gemacht die steine derselben und haben erbermlich ge-
macht die erden derselben. Luther 1,35'; darum lerne hie
an diesem der zu Luven erbermlichen exempel. 8,383*; so
will ich zu erbärmlicher [mitleidiger) bewegung der menschen
gemüter hienach ein kurzen begrif setzen. Fro.'hsp. kriegsb.
3,176'; unter den gemuhlden gefiel mir nichts besser als ein
ecce homo wegen seiner erbärmlichen darstellung, mit wel-
cher es die anschauer gleichsam zum mitleiden verzückte.
Simpl. K. 145 ; dasz dieser heilige mann so viel aus liebe zu
gott ausgestanden habe, dasz ihr seine geschichtc erbärm-
licher vorkomme, als viele der übrigen. Gothe 16,278; die
erzählerin versicherte nochmals, indem sie ihre äugen trock-
nete, dasz sie eine erbärmlichere geschichle nie gehört. 16,282;
dann entsteht das erbärmliche leere gefühl des todes in uns.
18,119; ein erbärmliches gesiebt machen.
2) untauglich, unnülz : ein erbärmlicher kerl, ein erbärm-
liches essen; eine erbärmliche Übersetzung;
l)ist doch ein ehrlos erbärmlicher wicht,
ein dtiulsches mädchcn küsi dich nicht,
ein deutsches lied erfreut dich nicht,
und deutscher wein erquickt dich nicht. Tu. Körmk.
ERBÄRMLICH, adv.
1) fast blosze Steigerung des begrifs wie abscheulich, ent-
setzlich, erschrecklich, ungeheuer: lienge sie erbärmblichen
an zu klagen und weinen, buch d. l. 247,4; das aber musz
ich ihnen sagen, dasz ich auf meiner ganzen reise recht er-
bärralrch (zum erbarmen) krank gewesen bin. Geilert 4, 172 ;
ich sehe das mädchen, itzt reibt sie sich die äugen und zwar
erbärmlich. 4, 184 ;
ach die lippe, die so manche freude
sonst genossen hat und sonst gegeben,
ist gespalten und sie schmerzt erbärmlich. Göthe 2,96;
hustet erbärmlich. Lenz 1, 307 ; schrien erbürmlich. J. P. Fibel
13 ; wie er sich da so erbärmlich abquäle, ßegelj. 1, 10 ; er-
bärmlich schön hat Brockes 3,699;
öiz fanga die drei gselln dau
erbärmli zlachn oh. Grübbl 2, 64.
2) elend, schlecht : er benahm sich erbärmlich ; die probe
fiel erbärmlich aus und der esel ward ausgelacht. Lessinc
1,131; weil er so erbärmlich spielte, i. P. uns. löge 1.
ERBÄRMLICHKEIT, f miseria, calamitas: es war eine er-
bärmliclikeit, erbärmliche sache; die nemlichen erbärmlich-
keitcn, welche unter uns die stünde von einander scheiden,
trennte auch den Römer vom Römer. Schlosser uelty. 4, 300.
ERBARMNIS, ERBÄRMNUS, f. und n. misericordia: war
also klüglich, dasz meiiniglich ein erbärmnus mit inen hett.
b. d. liebe 220, 2 ; ich danke gott dem allmächtigen der groszeu
erbärmnus und gnaden. 269,2; dasz so viel erbärmnus mit
dem gehabt ist worden. Paracelsus 2, 239'; die ki-ankcn haben
der erbarmnis gottes bcgert. Reiszmer Jer. 1,65'; die wirlin
hett heimlich erbärmnus mit diesem frembden. KincuuoF
wendunm. 137';
zeuch, 0 herr, dir zu ^emtiin
dein erbärmiiis jederzeit. Opitz /w. 48;
dafernc meine uoih dich zur erbarmnis bringet.
ilorMANNswALDiu gclr, sciidfer ■. 1!^;
ist das erbarmnis ganz gestorben? t. 61;
wie ihr mit ihm ein erbarmnis gehabt, von Birken A/nri;. 230;
sähe mich an als einen elenden, mit dem man ein groszes
mitleiden und erbärmnus trägt. .S'imp/. t.'0(;i>/n. 2, 25 ; dasz sie
das ganze himmlische chor zum mitleiden und erbarmnis be-
wegen können, pcd. schulf. 219 ; werdet ihr anders die er-
bärmnus in eurer scle cmplinden. ßurscHkr kanzl. 2ü0;
nehmt mirs nicht iibnl, junger herr, et isl,
wcisi gou, dio pure liehe und erbarmnis. ScBtLLtii &8Q*.
in einigen der angezognen stellen scheint erbarmnis ein heim'
liches einversidndnis auszudrücken, was auch sonst in initleul
mit einem haben, »ich über einen erbonncn liegt, vgl. mit-
leidige, barmherzige «chwcstcr.
705
ERBARMUNG — ERBAUEN
ERBAUEN
706
ERBARMUNG, f. dasselbe: auch war unter ihnen gar keine
erbarmung. buch d. l. 10, 2 ;
auch die die vormals wol beschimpften seine macht
hat der betrübte fall in tief erbarmung bracht.
Grtphics 1, 291;
zum flehen wandte sich der ungliickselge knabe,
und sagt, durch deinen gott erbarraung mit mir habe.
Wbrders Ar. 19, 11;
ward er gegen ihn mit so innerlicher erbannung bewogen.
pers. baumg. 1, 97 ;
auch ein verdienter fall Dösz uns erbarmung ein.
Hagedorn 1, 97 ;
sie werden uns mit erbarmung ansehn, dasz wir uns mühe
genommen haben. Lessing 3, 28 ; endlich werde ich erbar-
mnng mit ihnen haben müssen, herr pastor. 3, 420 ; barm-
herzigkeit und erbarmung unterscheidet Logau in der auf-
schrift des 23 Sinngedichts im V buche, erbarmung ist ihm
das blosze unangenehme gefühl, welches wir bei der pein
eines andern empßnden, barmberzigkeit aber ist ihm weit
mehr, nemlich die thätige beniühung eines andern pein zu
wenden. 5, 307 (umgekehrt, erbarmung drückt mehr das han-
deln, barmberzigkeit die gesinnung aus);
siehe der eneel gekrönte ihaien, die freuden der engel
sind uns ziibibar, allein die folgen der groszeo erlosung,
goites erbarmungen nicht. J/essias 1, 3S8;
komm, sei gegrüszi in deinen erbarmuugen . gotlmensch,
minier: 2,60.
vgl. 2,562. 9,221. 10,440; mitleiden, innige liefe erbarmung
flöszte sie mir ein. Göthe 10, 101.
ERBARMUNGSLOS, immisericors.
EKBAKMUNGSREICH: erbarmungsreicher gott. Fb. Müller
1, 93.
ERBARMüNGSWERTH :
ach nie traf mein aug ein erbarmuagswertherer anblick.
Od. 12, 258.
' ERBARMUNGSWÜRDIG: Freigeister sind erbarmungswür-
dige, elende, unglückliche menschen. Rabe.neb 5, 185 ; das ist
erbarmungswürdig. Gellert 3, 299 ;
höre, Kvkiop, wofern dich ein sterblicher erdebewohner
jemals fragt um des auges erbarmungswürdige blendung.
Od. 9, 503.
ERBART, f. modus adenndae heredilalis.
ERBARTIKEL, m. das wir unsern erbarticul, das der glaub
an Jesum Christum selig mache, daher wir den königlichen
und himmeliscben namen haben, das wir Christen heiszen,
faren lassen. .Alberus wider Wilzel C3'; ich wil widder uf
unsern erbarticul kumnien und den mit gottes wort basz be-
weisen und erkleren. C 4' ; damit unser widdersecher feind-
lich bochen widder unsern erbarticul. De'.
ERB.AUEN, exaedißcare, eislruere, wie bauen, aufbauen,
auferbauen in älteren schripen noch mit starkem part. praet.,
2. b. erbauen und unerbauen, wol erbauen feld. Scbmelleb
1, 136 ;
im Wirtenberger land da leit ein schlosz,
das ist so wol erbauwen. Uulaxd 29S;
doch es liegt ein schlosz in Österreich,
das ist ganz wol erbauwei. 300.
erbauen ist nachdrücklicher als das einfache bauen und be-
zeichnet, wie aufbauen, in die höhe bauen, fertig bauen, noch
mehr kraß hat auferbauen.
1) land und feld erbauen: betten erbauwens (angebautes)
feld und fruchtbar erdrich. Frank wellb. 222"; ein land, das
nicht erbauet ist. kl. weise reden 12l'; und die stedte sollen
wider bewonet und die wüsten- erbawet werden. Ez. 36, 10 ;
sollen all unterihenig sein,
ihm erbawen all seine feld. H. Sachs IH. 1, S3' ;
wer seinen acker wol erbauwt,
und gott dem herrn allein rertrauwt,
der wird brots haben mehr dan enug. Frischlin s. 121;
seinen beuiel baue vor, wer ein wüstes gut wil pflügen,
wann das gut wird sein erbaut, wird der beutel wüste liegen.
LoGAU 2, 220, 59 ;
da schier nichts anders sonst als kriegen ist bekannt
und Jagen wilder ihier, da kein erbaute felder,
da keine gfirten nicht, da lauter rauhe Wälder. Romplbr 55.
2) fruchte, kräuter: ackern und etwas fruchtbarlichs er-
bawen. Fischart ehs. "0;
dies kraut das thun erbauen
mit .sonderlichem Qeisz
die adelichen frauen
auf wolbewusie weis. geselUch. lieder 62;
halbvergllmmtes kraut,
das ia Virginien der nackte mohr erbaut. Zachiru 1,29.
in.
figürlich, lege dich zu ir, das sie auf meinen schosz gebere,
und ich doch durch sie erbawet werde. 1 Mos. 30, 3 ;
wie Sara unfruchtbar
Abraham gab ir magd Hagar, „, . .
ein fruchte aus ir zu erbawen. H. Sachs 111. 1, 1 ;
ob nun gleichwol alldieselbigen erbawenen creaturen man-
cherlei geschlechts ... aus dem samen formiert und gebildet
sind. Thürneisser probierung der harnen 1.
3) erz bauen:
und hab ein hofnun^, mut und herz
bald zu erbauwen glück und erz.
solichs der bergman reden kan.
Thur.'heisskr ton wassern 45.
4) häuser, tempel, brücken: er hat heuser zu sich geris-
sen, die er nicht erbawet hat. Hiob 20, 19 ; das ist die grosze
Babel, die ich erbawet habe zum königlichen hause. Ez.
4, 27 ; denn er hat unser volk lieb und die schule hat er
uns erbawet [goth. jah synagögein is gatimrida unsis). Luc.
7, 5 ; dieser tempel ist in sechs und vierzig jaren erbawet.
Joh. 2, 20 ; das wir einen baw haben von gott erbawet, ein
haus nicht mit henden gemacht, das ewig ist im himel (ei
gatimrjon us gut)a habam). 2 Cor. 5, 1 ;
es schwebt eine brücke, hoch über den rand
der furchtbaren liefe gebogen,
sie ward nicht erbauet von menschenhand. Schillkr 50*.
figürlich, also sol man thun einem ieglichen, der seins bru-
ders haus nicht erbawen wil. 5 Mos. 25, 9 ; durch weise weiber
wird das haus erbawet, eine nerrin aber brichts mit irem
thun. spr. Sal. 14, 1.
5) innerlich erbauen : die den glauben mer zerstören dann
erbauwen. Fra.nk weltb. 125*; mit was lehre er den verstand
geschärfet und erleuchtet, mit was Übung und erfahrenheit
er den erbauet. Bctscbktt fa/m. 260; grundsätze, worauf eine
gewisse meinung erbauet werden. Kant 8, 105 ; da ihn (rfen
verstand) ja selbst die religion, wie er sich solche allenfalls
erbauen kann, im stiebe läszt. Göthe 26, 217.
6) besonders fromme gedanken wecken, das gemül erheben,
gleichsam höher bauen, wie franz. edifier: die heutige predigt
bat mich recht erbaut; diese geistlichen lieder werden dich
erbauen; seid gewurzelt und erbawet in im und seid feste
im glauben. Col. 2, 7 ;
seel und leib
bei ihrem hirten zu erbauen. Gökimgk 1, 70.
7) hieraus gieng ein schwächeres erbauen, im sinne von zu-
frieden stellen, befriedigen, anregen und erwecken hervor:
auf diesen trümmern hab ich auch gesessen,
vergnügt getrunken und geeessen
und in die well hioausgeschaut,
war aber wenig nur erbaut,
kein liebes kind gedachte meiner. Göthe 4, 146 ;'
wir fühlten uns als Deutsche und als Frankfurter von diesem
ehrenlag doppelt und höchlich erbaut. 24, 307 ; am meisten
war mir um die zwei widder von erz zu thun, welche, auch
nur unter diesen umständen gesehen, den kunstsinn höch-
lich erbauten. 28, 121 ; wenn der höher gebildete von dem ganzen
kunstwerke die einwirkung auf sein inneres ganze erfahren
und so in einem höheren sinne erbaut sein will. 33, 171 ;
spitzbögiger zeniih erhebt den geist.
solch ein gebäu erbaut uns allermeist. 41,83;
Meyer ist unglaublich erbaut von den arbeiten der älteren
Florentiner. Göthe an Schiller 192; wir sind von der sache
wenig erbaut; dein betragen erbaut mich eben nicht;
ein junges weibchen lobesan,
seit gestern erst getrauet,
gibt einen klugen einfall an,
der alles volk erbauet. BCrckr 26'.
8) sich erbauen, nacfi den vorhergehetiden bedeulungen: auf
einer hohen schule im studieren sich wol zu erbauen (excolere).
pol. maulaffel; bei diesem prediger kann man sich gar nicht
erbauen ;
an unsrer väter thaten
mit liebe sich erbaun. Uhland ged. 126.
9) noch erwähnt sei eines ungewöhnlichen erbauens bei
PGterich (Hacpt 6,59):
der diirchleuchiigen frauen
Machihlld mit nam genant
soll diser brief erpauen,
der fürstin wolgeborn ausz Bairland,
45
707
ERBAUER — ERBBEAMTE
ERBBECllER — EBBE
708
dem sinne nach zukommen, zugclangen, bestellt werden, gleich-
sam wie man einen ndier bestellt, da doch das wort hier in-
transitiven sinn hat. könnte die uralte gemeinschaft zwischen
bauen und sein (1, 1170) nachzucken, so würde die bedeutung
von sein oder werden vortreten dürfen.
ERBAUER, m. conditor: der erbauen des Schlosses. Fichte
im geschl. handelsst. 43 redet auch von einem erbaucr der
naturproducte.
ERBAUHERR, m. dasselbe, aber mit hcrr zusammengesetzt,
wie bauherr: einwoner und erbauhern dieses zeitlichen lusl-
baren paradises. Garg. 6S'.
ERBAULICH, 1) salutaris, heilsam, nützlich: auch alles
dasjenige in acht halten, was der teutschen spracii erbaulich
sein mag. Philanoer 2, 926 ; damit er auf alle fallo die zeit
durch einen erbaulichen discars mit ihr vertreiben künne.
pol. stockf. rorr. ;
erbnuliche gesetre,
die ihr gebieter selbst nicht hall. Hagedorm 1,8C;
führen sie mich heute in die comödie, es wird über unsern
text ein sehr erbauliches stück gespielt. Rabeneii 3, 323 ; er-
bauliche reden, lieder, briefc, lettres edißantes;
0 wie sie erbaulich (fromm, woltituend)
auT ins dunkel schaut,
sich an mich vertraulich
lehnet ohne laut. Köckert 201.
2) oft ironisch ßr widrig, unangenehm, unerbaulich : wenn
der graf schreit, sterb die metze! oder den tod verdient, sie
soll nicht mehr leben! wie denn dergleichen erbauliche aus-
drücke mehr lauten. Fh. Müller 3,220; da lest den erbau-
lieben brief. der kaiser hat execution gegen mich verordnet.
GüTHE 8,85. 42,109; mein anblick war ihm keineswegs er-
baulich. 11,127; ein erbaulicher wirt, der herr Steuerrevisor!
Seume; das wird was erbauliches werden.
ERBAUMEN, arboribus privare ? und wer eine hübe erbaumt,
der sal dem heim zwifaltige zins geben, weislh. 1, 466. Sciimelleh
1, 175 verzeichnet ein intransitives erbaumen, derbaumen, ab-
slehn, verderben, besonders durch feuchtigkeit : ehe das h-olz
fault und erbaumt.
ERBAUSEINANDERSETZUNG, f. diremtio heredum, ausein-
anderselzung in bezug auf ein erbe.
ERBAUSTRAG, m. meist im pl. erbausirdge, freigewählte
gerichte der reichsstände für sich und ihre nachkommen.
ERBAUSZEN /«r herauszen, darauszen: binnen dem dorf
oder erbauszen. weisth. 1, 612.
ERBAUUNG, f nach den bedentungen des cibauens,
1) exstruclio: das also beisamen ist die notige kirchenlehr
von anfang der schepfung bisz zu erbawung der kirchen nach
den apostcin. Mela:icutho.x anrichtung der lal. schule. Bonn
1543 a 3' ; und falet gar wenig er hett erbawung des schlosz
ansteen lassen. Aimon i l'.
2) vis salubris, incitamenlum : dergleichen wortzank, die zu
keiner erbawung thCind. Frank wellb. 23'; was sie zu erbawung
der gotlesfurcht, guter silten und wandeis erfunden. Opitz
poeterei 2; aller teutscher aufrichtigkeit und reiner erbauung
unserer werten mutersprach sich zu belleiszen. Romplers. 14;
wenn man eine diesem ausdruck angemessene bedeutung
sucht, so ist sie wol nicht anders anzugeben, als dasz darunter
die moralische folge aus der undacht auf das subject verstan-
den werde. Ka.nt 6, 385 ; abdrücke {geschniltncr steine), welche
in zierlichen kästen auf das schicklichste geordnet zu nicht
geringer erbauung vor uns stehen. GüriiB 44, 72.
ERBAUUNGSBLATT, n.
ERBAUUNGSBUCIL n.
ERBAUUNGSMITTLL, n.
ERBAUUNGSSCIIRII-T, f sie suchten unter den bücliem
und fanden einige sogenannte erbauungsschriflen. GOtme 20,67;
es thul uns leid, dasz diese Verfasser die regeln einer erbauungs-
tchrift verkannt haben. 3.% tl.
ERBAUUNGSSCHBIFTSTELLER, m.
ERBAUUNGSSTUNDE, f.
ERBAXT, I. erbcxe.
FBBBANNFR, n. vexillum heredilarium.
KUI1HANNFIIHKMM, m. vriilliftr hereditarius.
KhilBANNKKUKRRFNAMT, n.
FMItBANNERHKBhKNVV(iRDE, f.
FltBIIAU, m. fodina hereditaria, erbliche fundgrube.
EllliflArFH. m. colnnus hereditariut.
EHBBtAMTE, m. ^ui adminittral munui hereditarium.
ERBBECHER, m. poculum avitum. Stieler 73.
ERBBEDIENUNG, f was erbamt.
ERBBEGIERIG, hereditatis accipiendae cuMdus, besser erb-
gierig.
ERBBEGRÄBNIS, n. sepulcrum gentilicium: ich bin ein
frembder und eibwoner bei euch, gebt mir ein erbbegrebnis
bei euch, das ich meinen todten begrabe, der fiir mir ligt.
l Mos. 23,4; er verlangte hier in seinem erbbegräbnis beige-
setzt zu werden. Thümmel 4, 368.
ERBBERECHTIGT, qui jus habet hereditatis accipiendae:
erbberechtigte verwandte.
ERBBEHECHTIGUNG, f
ERBBERFCHTIGUNGSSCHEIN, m.
ERBBEREITEN, n. bergmännisch, gerichtliches, feierliches
vermessen eines grubenfeldcs, wenn dasselbe zur ausbeulver-
theilung gekommen ist. durch selzung eines grenz- oder lodi-
steins wird der gang erblich gemacht.
ERBBEREITUNG, f feierliche Vermessung oder bereitung
einer erbwürdigen fundgrube.
ERBBEREITUNGSBUCH, n. zur Verzeichnung der einzelnen
erbbereittingcn.
ERBBFREITUNGSFELD, n.
ERBBEBFITUNGSGEBÜHR, f.
ERBBEREITUNGSLOCHSTEIN, m. grenzstein.
ERBBEREITUNGSSPRUNG, m. ein spruiig, der dem Schicht-
meister oder lehnlräger an der grenze gines vermessenen feldes
zu Ihnn erlaubt ist und dessen weite noch als zugäbe zu dent
ihm erlheilten feldraime tritt, so wurde auch in andern falten
durch Sprung, wurf und flug rechtlich bestimmt.
ERBBEREITÜNGSWÜRDIG, s. erbwürdig.
ERBBESCHLOSZT, berechtigt bürgen und sdtlösser erblich
zu besitzen.
ERBBESITZ, vi. der erbliche besitz eines grundstücks.
EBBBESTAND, wi. conductio hereditaria, erbpaclU.
ERBBESTÄNDER, m. erbpächter.
ERBBESTÄNDNIS, f. was erhbestand: lehenschaften, Ver-
erbungen und erbbestendnusse. Frankf. reform. 2, 7, 4. 2, 15.
ERBBESTANDSGELD, n. pachlgeld des erhbeständers.
EBBBESTANDSGUT, n. erbliches pachtsgut, schleppender
ausdruck für das einfache erbe orfer erbpacht.
ERBBLENDUNG, f. offucia hereditaria: ketzereien sind erb-
blendungen. Stieler 195,
ERBBLICK, m. das gierige äuge des erben am Sterbebett
des erblassers. S. die tmler eisblick ausgehobne stelle.
ERBBROTSPENDER, m. an hOfen der bischüfe und erz-
bischüfe ehmals ein mit austheilung des brots und der almosen
an arme beauftragter bcamter. s. brotspender.
ERBBBOTSPENDERAMT, n. zu zelten des erzbischofs von
Bremen Johan lUulc hatte es bereits aufgehört. Kobbe Bremen
und Verden 1, 287.
ERRBUCH, n. zu Verzeichnung der erblichen grundstücke
eines orles, gleichviel mit griindbuch, erdbuch, sathuch.
ERBBÜNDNIS, n. confraternitas. Stieler 153, wo erbbindnis.
ERBDACH, M. casa hereditaria.
ERBDÄCHLEIN, n. domuncula : nachdem er für sein kind-
lin das gütlin und armes crbdächlin oder hSuslin beschickt,
auch wol bestellen kann. Lltuers br. 5, 107.
ERBDEGEN, m. gladius patri gestatus. StieI-ER 270.
EBBDEICH, m. agger hereditarius. Frisch 2, 395.
ERBDRESCHER, ni. dei- für den besitz eines kleinen hauses
das gelraide der herschaft zu dreschen verbunden ut, hof-
drescher, zwangdrescher,
ERBDROST, ni. praefectus hereditarius.
ERBDROSTEI, f. praefectura hereditaria.
ERBE, fi. heredium, hereditas, gen. erbes, pl. ungebräuch-
lich; manche, wie Maaler 107* schreiben biosz erb, mit npoeope
des e; goth. arbi, gen. arbjis, pl. aibja; ahd. eipi, gen. crpics,
erpes, pl. crpiu ; mhd. erbe, gen. erbes. ;>/. erbe ; alts. erbi,
nnl. erf, gen. erfs, pl. orven ; ags. erfc neben yrfe, wovon
sogleich mehr, engl, ganz erloschen; alln. ohne auslautendes
i, folglich ohne umlaut arfr m., schw. arf «., dän. arv. beach-
tenswerth das entsprechende läpp, arbc, nrbbc, wozu /inn. arpa.
gen. arvan mit der bedeutung snrs stimmt, ganz wie xXt;^oi
zugleich grundstürk und erbe bezeichnet.
1) ags. steht crfe, ierfe, jrfe, ohne unterschied, letzteres über-
wiegend, gpsetistellen sind gesammelt bei Scnmn «so, die be-
deutung aber ist snwol erbe ah rieh. x. b. Scheid 12« findet
sich in einem texte {tu» libbcndes yrfe*, wo der andere on
709
ERBE
ERBE
710
cvicum ceäpe hat. nun gehl yrfe sichtbar zurück auf ort,
welches auch sonst vieh, niemals erbe bedeutet, man möchte
auch einen ags. ursprünglichen unterschied zwischen erfe grund-
eigenlhum und yrfe fahrender habe ansetzen, wie ihn merk-
würdig der Sprachgebrauch altschwedischer gesetze (weder der
gothländischen noch norwegischen und isländischen) bewährt,
taka arf ok orf ist heres ex asse sein, liegendes und fahrendes
nehmen, wie also wenn weiter auf goth. arbi und aurbi, ahd.
erpi und orpi fortzuschlieszen wäre? formel schienen sich
arbi «nd aurbi fast wie ahd. adal und uodil zu verhallen,
jenes allschw. orf, urf drückt jedoch nicht vieh, pecus aus,
sondern bis auf heute in allen nord. dialeclen manubrium
falcis foenariae, sensengrif, den gegensatz arf und urf versteht
Ihre 2, 1012 entweder von acker und vieh oder von ererbtem
und sonst erworbnem gut (s. hernach 3), hält also orf, ala
falcis 2, 293 ganz davon getrennt, zwischen beiden bedeu-
tungen blickt gleichwol Zusammenhang vor, weil das vieh ge-
griffen, gefangen wird, faihu s« fahan fangen, ags. ccäp, vieh
XU ceäpian, goth. kaupon gehört und altn. gripr sowol captura,
capulus (== manubrium) als pecus ausdrückt, nicht zu über-
sehen, dasz ahd. worp (Graff 4, 1238) und bis auf heute noch
bair. worb (Scum. 4, 139. 151), schwdb. warb (Schmid), in der
Schriftsprache sensenworb manubrium falcis bezeichnen; frei-
lich würde worp ein goth. vaurbi statt des vermuteten aurbi
fordern, bekanntlich fallt altn. anlautendes v weg vor o, u, y,
doch erscheint auch ags. nur orf, yrfe, kein vorf, vyrfe. wie
dem nun sei, diese Spracherscheinungen waren der angäbe
werlh, weil sie uralte benennungen der fahrenden habe auf-
hellen können und fernere aufmerksamkeil verdienen, vgl. das
folgende erbe, heres.
2) dasz erbe, wie heute noch vorzugsweise, in der älteren
spraclie überall von ererbtem grund und boden galt, bezeugen
die denkmäler, es gleicht dem lal. lieredium, bortus, parvum
praedium orfer dem sp. heredad, eredad, fr. heritage. den
Griechen war xli^Qoe losz, sors, goth. hiauts, und dann das
durch losz zugetheille erbe, wozu, wie wir vorhin sahen, finn.
arpa stimmt, in keiner deutschen spräche taucht diese be-
deutung von losz auf bei ülfilas verdeutscht es xlrj^ovofiia
ganz in diesem sinn : sa ist sa arbinumja, hirjij) usqiraam
iiniua jah unsar TairJ)i|) })ata arbi (rf. i. der Weinberg). Marc.
12, 7 ; afslahain ina, ei uns Yairj)ui t)ata arbi. Luc. 20, 14 ; ni
habaij) arbi in ))ludangardjai Xr. Eph. 5, 5. in der ahd. Ur-
kunde über die Würzburger mark bezieht sich friero Francbonü
erbi sichtbar auf ihr erbgut, wie 0. I. 22, 54 in m'ines faler
erbe nichts anders meint als den ort. vgl. freies erb. weisth.
2, 251. mhd. slehn ausdrücklich
erbe und varnde gaot. a. Beinr. 247
einander gegenüber, und das verbum liegen weist unmittelbar
auf liegendes eigen :
nu ligit uns unbitherbi tha; unsar adalerbi. 0. I. 18,29;
din erbe und ouch daj mine sulen geliche ligen. Nib. 113, 1,
wo CD laut für erbe lesen; bidermans erbe in allen landen
)lt. nhd. der auf dem erbe pleibet sitzen, weisth. 3, 138 ; der
so auf dem erbe geboren erbet das erbe. 3,105; ob einer
verarmt, das er sinen bew nicht geiialten kan, sol er einen
schilt stürzen uf sein erb oder gut. 3, 386 ; wir haben doch
kein teil noch erbe mehr in unsers vaters hause. 1 Hos.
31, 19 ; denn ich wil euch ein land zum erbe geben, darin
milch und honig fleuszt. 3 Mos. 20, 24 ; diesen soitu das land
austeilen zum erbe nach der zal der namen. i Mos. 26,53;
nach den namen der stemme irer veler sollen sie erbe nemen.
2b, 55 ; unser erbe sol uns disseit des Jordans gefallen sein.
32, 19 ; denn er sol Israel das erbe austeilen. 5 Mos. 1, 3S ;
das liebe land, das schöne erbe. Jer. 3, 19 ; dis ist der erbe,
kompt laszt uns in tödten, so wird das erbe unser sein.
Marc. 12, 7 ; lasset uns in tödten, das das erbe unser sei.
Luc. 20, 14 ; sage meinem bruder, das er mit mir das erbe
teile. 12, 13 ; denn das solt ir wissen, das kein hurer ....
erbe hat an dem reich Christi. Eph. 5, 5 ; es ist besser ze
liden und ze fragen schweren hunger dan verkoufung väter-
liches erbs. WvLE tütschungen (haushalten);
ein teil des erbes geben dar. ring 32', 20;
mancb^m ein erb wirt über n.ichi. Br*."»! 94, 25;
das best erb ist im vatierland. 94,33;
Chariciea hatte wol gemerkt, das Cnemon allweg ein aug auf
.Nausicii tochter geworfen, merkte an Nausicli auch, wo Cnemon
mit gut und erbe gefaszt were, so wer die glock schon gössen.
buch der liebe 205, t ; wie die waldslromer ihnen gewalt und
unrecht eines erbs halben theten. lebensb, Götz von B. 92 ;
niemand sol ein erbe verkaufen on wissen und willen seines
erbherrn, bei verlust des erbes. Waisselids chronica. König.<ib,
1584. 107;
wut, kein erbe zu haben im reich der freien, kein erbe
dort, wo die nacht nicht mehr und die ungewisheit umwölke.
Messias 17, 113 ;
er ist ihr vater. 'ihr gemahr. der ihnen
das gröszte reich der weh zum erbe gibt. Scbillkr 250*.
3) wo sich eigen und erbe verknüpfen, gehen beide auf
liegende habe, letzteres auf die ererbte, ersteres auf die sonst
erworbene :
quam in eigan joh erbi. 0. II. 2,21;
6gan endi erbi al farletun,
bobös endi biwiski. Hei. 101,22;
erbe und eigen breit, cod. koloa. 260;
beide ir erbe unde ir eigen
und dar zuo alle ir varnden habe.
der tet si sich durch got abe. Kart 10422,
wo zur bestätigung des ausgeführten nach dem liegenden auch
das fahrende eigen genannt ist. man bemerke wie die älteste
spräche eigen, die spätere erbe voranstellt: grund und poden,
erb und eigen, weisth. 3, 670 ; so noch in den gangbaren for-
mein zu erb und eigenen rechten verkaufen. Schweimchex
2, 47. 165 ; unser gut erb und eigen zu machen. 2, 167. 170 ;
auch das buch Kabus widme ich dir erb und eigenthümlich.
GöTHE an Knebel 524, was blosz zur Stärkung des ausdrucks
gesagt ist. s. auch oben sp. 96.
4) dem leben steht sowol eigen als erbe gegenüber und be-
zeichnen vererbbares allod. man sagte gut aus dem lehn ins
erbe setzen. Schweimcben 2, 171.
5) allmälich gilt erbe auch von anderm als grund und boden,
von personen und Sachen: das du unser misselhat und Sünden
gnedig seiest und lassest uns dein erbe sein (vulg. nosque
possideas). 2 Mos. 34, 9 ; im kirchenlied 'wenn wir in höchsten
nölhen sein' v. 8 :
hilf uns. die wir dein erbe sein,
du bist ja unser gott allein;
wir armen auf erde, denen ihr erbe
thränen sind, wir knien in dem staube. Messias 15,77;
das buch
gehört ja ohne dem nicht mir, gehört
ja ohnedem der tochier, ist ja so -
der tochter ganzes väterliches erbe. Lkssinc 2, 335.
es ist uns ganz unbedenklich zu sagen: zwei kühe waren ihr
erbe ; diese kleider sind mein erbe ; dein erbe betragt hun-
dert thaler; Gellert 3, 139. 140 sagt: das dritte [gebetbuch hat
sie] aus dem väterlichen erbe bekommen ; was alles früherhin
unstatlhaß gewesen wäre, 'nicht anders galt lat. hereditas von
jeder art von habe: hereditate relictum quippiam.
6) neben verba setzen wir .statt des einfachen erbe heutzu-
tage das schleppendere erbschaft, es heiszt nicht mehr arbi
niman, erpi neman, altn. arf taka sondern die erbschaft an-
treten, nicht mehr erbe lägen, sondern erbschaft hinterlassen.
noch bei Schweijcichen 3, 324 was vor erbe i. f. gn. gelassen,
wie hoch solches anlaufen möchte, in das erb stan, cernere
hereditates. Maaler107'; das erb nieszen oder nutzen, tenere
hereditalem. ebenda.
7) in vielen Zusammensetzungen hat aber erb die ursprüng-
liche bedeutung des grundslücks festgehalten, wie der augen-
schein lehrt.
ERBE, »1. heres, gen. erben, goth. arbja, arbjins (und da-
neben arbjo, arbjöns für erbin), ahd. aripeo, eribo, erpeo,
später erbo, mhd. erbe, altn. arfi, gen. arfa. allen übrigen
rnundarten fehlend und durch andre bildungen oder Zusammen-
setzungen vertreten, läpp, arbolats. Iheil l sp. 539 unter dem
Worte arbeit wurde nun schon unser erbe zu dem allen slavt-
schen sprachen gemeinen ausdruck rab oder rob gehalten und
das zutreffen beider nach dem für das deutsche und das slavi-
tche organ gülligen gesetz der consonantumstellung ist unver-
kennbar, nur die verschiedenheil der bedeutungen scheint an-
stand zu machen, rab bezeichnet einen knecht oder hörigen,
niemals einen erben, umgedreht unser erbe keinen knecht.
vermillelnd wird jedoch schon das altn. arfi, das neben heres
zugleich den sinn von filius hat, wie wir sagen er hinterläszt
keine erben = Ainder; die benennungen des sohnes in vater-
gewalt und des dienenden in hermgewalt treten aber oß in
45»
711
ERBE
ERBE— ERBEEREN
712
einander über, man ertcdtje |)ögn, dögan minister, subdilus
neben ts'xiop oder Ttals und puer, velclie neben kind auch
servui ausdrücken, ebenso knabe, und das böhm. rob, robenec
stfhn ganz übtich für knabe. wie urvencaiidte sprachen nack
ihrer trennung in verschiedne forhien ausschlagen, Iheilen sie
oft auch unter einander die bedeulungen.
Hierzu tritt etwas anderes, wir sahen vorhin, dasz dem
finnischen arpa die sächliche Vorstellung eines loszes, einer
ruthe, dem lappischen arbo die des eibcs einwohnt und diese
beiden sprachen stellen ihre eonsonantcn der deutschen gemdsz,
nicht der slavischen, vgl. finn. anno mit goth. armaiö, unser
arm mit sl. ramo. licht auf arpa warf das gr. yJ.fjgos, ein
zweig tum messen und verloszen des erbes, hernach das erbe
selbst, wie das lal. sors in den sinn von Patrimonium, d. i.
erbe von grund und bodl'n übergeht, nun heiszt auch den
Slaven böhm. rabuse, serb. rabosch soviel als talus, talea,
freilich ohne bezug auf erbschaß oder besitzergreifung eines
grundstücks und heute auf den begrif eines kerbholzes einge-
schränkt, man darf aber stark vermuten, dasz auch goth. arbi
anfänglich zweig und losz ausdrückte und arhi niman die
symbolische Handlung war, durch welche der erbe eingeführt
wurde, wonach er bezeichnend arbinumja, ahd. erpinomo hiesz,
was völlig dem xXr,got'6fios entspricht, ohne dasz eins dieser
Wörter aus dem andern geleitet werden dürpe, sie waren der
sitle vieler Völker gcmeinschaßlich. arl)ja ist demnach zurück-
zuleiten auf arbi und gleichviel mit dem lebendigeren ausdruck
arbinumja. da unser erbe den freien mann, das sl. rab den
hörigen meint, wird glaublich, dasz von den Slaven das losz
auf die Übergabe und Vererbung von grundstücken an dienende
knechte eingeschränkt wurd'e. ob es neben dem arbinumja
einen aurbinumja gab, der bei der theilung das vieh oder die
fahrende habe davon trug, ist nur zu rathen, nicht mehr zu
wissen gestattet, es wäre die schönste ergdnzung des Sprach-
gebrauchs im alten recht, arbja auf das skr. arbha knabe,
proles, propago ziehen möchte ich nur, wenn auch da der be-
grif von sprosz und zweig waltete, den ich jedoch bei Böut-
LiNG« Roth 1, 447 nicht angemerkt finde.
Das lit. valdonas drückt den herrn und unterthan, das
preusz. valduns den erben aus, welcher lit. paveldetojis heiszt,
alles von der würzet valdyti, herschen, besitzen, goth. valdan, so
dasz auch hier freier und höriger eigner oder erbe zusammen
erschienen, ob sich auch lat. herus, erus Herr und heres,
eres erbe nahe stehn, liegt hier auszerhalb der Untersuchung.
Zu den heutigen bedeutungen übergehend bemerke ich, dasz
1) ganz wie sächliches erbe das grundstück so auch per-
sönliches erbe dessen erblichen eigner und besitzer ausdrückt.
in den weisthümern, namentlich den wetlerauischen, westfäli-
schen, niedersächsischen heiszen überall erben so viel als erbge-
nossen, markgenossen die in gemeinschaftlicher mark gesessenen
und berechtigten: gemeine erben. 3,58; die erben zu Münder.
3, 297. 300 ; die erben und bolzgreben, d. i. die einzelnen
holzinge und ihre Vorsteher. 3, 301 ; weres sache, das ein
bobestat verdcilet wurde, als mancbe erben dan darzu quemcn,
als manche recht muslcn sie davon geben. 3, 498 ; erben und
landmann erkennen für recht. Grotens gesch. von Northeim
t. 37. 38. vgl. ganerbe, erbgenosz, erbexe.
2) «n solchem sinn steht auch sonst erbe, gleich dem lat.
heres: mir hastu keinen samcn gegeben und sihc, der son
meines gesinds sol mein erbe sein (d. i. in meinem land
nachfolgen). 1 Mos. 15,3; der man gehöret uns zu und ist
unser erbe. Ruth 2,20; Boas gicng hinauf ins tiior und satzt
sich daseibs, und sihe da der erbe für in gieng, redet Boas
mit im. 4,1; ich wil dir Maresa, den rechten erben bringen.
Micha i,\h; da aber die weingartner den son sahen, sprachen
sie unternander, das ist der erbe, kouipt, iaszt uns in todtcn
und sein rrbgul an uns bringen. Malth. 21, 38. Niebliir ge-
braucht freier erbe »on dem freien, ansäszigen bürger : sonst
gliche es einem versuche slilmme von hörigen unter den
freien erben zu bilden. 1, C22 : nur mochte der freie erbe
sich gegen die Verfolgung eines standesgcnosfien schützen
können, wenn er sieb in die clientcl eines patricicrs begab.
1, 637. man sagt der erbe in das iaod, in das gut, wit der
oachfolger.
3) allmäUch wurde erbe von dem naehfolger überhaupt, auch
wenn fahrende habe oder beiderlei habe zusammen gemeint
i$t, vertlanJea, doch steht dann die sache im gen. z. b. der
erbe de» nng», de» pferdec, de« buchn; auch der erbe des
reicbs, de» tbf"- //,. ..•..■''■'• .. wie mnt!''!! .-..-' ,•.■>.. i.i.tIii
ist on erben vergangen. Bocc. 1,4*. hinfeilig erb, hcreditas
caduca. Maaler 107*.
4) erbe kann, wie vorhin vom altn. arfi angemerkt wurde,
einfach die Vorstellung von söhn und kind enthalten: er hin-
terläszt keine erben, er ist ohne einen erben gestorben;
wir beiileii nuiiier
versprachen zugleich den brudurn einen erben. Göiuc 10,17;
doch hall ich einen theucrn erben,
den nahm mir goti, ich sah ihn sterben. Schillsr 57",
und weil der söhn den vater rächen musz, ist auch vom erben
der räche die rede: ihr hinlerlaszt einen erben eurer räche!
Klingeb i, 354.
brüder, ^ines biuies erben, können schwerlich einig sein,
sollen brüder sich vcriragen, die geboren hat der wein»
LoGAU 2, 200,29.
der erbe vom blute Herkules. Götter 2, 315. man könnte
blutscrbe wie blutsfreund sagen, die ältere spräche unterschied
busenerben und brusterben. RA. 4-70. fernere erben scheiden
sich nach dem grad oder span: erben vom neunten span;
unrecht gut gelangt nicht an den dritten span;
was aber also wirt erheut,
das dauret selten lange zeit,
kombt nicht an {/. anu) drliien erben. Soltau 477
6) lachende erben, die der zugefallenen erbschaß froh alle
trauer nur äuszerlich tragen: freu dich, liebes müllein, traure,
schwarzes hütlein, heiszts bei lachenden erben. Othü krankeiUr.
1034 ; sein vermögen kommt einmal an lachende erben.
6) erbe kann, wie andere männliche Wörter, auch von frauen
gebraucht werden: die tochter ist der rechte erbe, statt erhin,
goth. arbjo, vgl. freund, feind, nachbar, koch u. o. m. ebenso
gilt das lat. männliche heres von einer frau : die frau ist der
zweite erbe, heres secundus.
EBBE BEN, intremiscere, ahd. irbibin, irbibun und irbibenun
(Graff 3, 21), mhd. erbiben :
da von daj velt begnnde erbiben. Wh. 396, 2;
ir herze erbibete und alle ir lider. Trist. 321, 26.
1) heute nur intransitiv:
diesem erbeb ich im herzen und äogsie mich was ihn beirAlTe.
Od. 4, 820 :
mehr als ein blutger tod macht es mein herz erbeben,
wenn unsiq^itbarer hauch verweht ein incnschonleben,
wenn übers angesicht das spiel vom letzten schmerze
hinziltert wie der rauch der ausgelöschten kerze.
'Lsnau neuere ged. 40.
oft schon bei Ldthkr: da das die vOlker höreten, erbebeten
sie. i Mos. 15,14; also das das land erbebet, i Sam. 11,15;
solt sich doch der himel dafür entsetzen, erschrecken und
ser erbeben. Jer. 2, 12; das das land erbebe und erschrecke.
51,29; das auch die anfurt erbeben werden. £^j. 27, 28; und
die erde erbebete und die felsen zurissen {goth. jah air|)a
inreiraida jah stainös dissktitnödedun). Matth. 27, 51.
2) im 17 jh. galt aber ein transitives erbeben, Iremefacerc :
der erdkreisz selbs wirt oft erhöbet
und ab des herren stim trostlos. Wsckukrlin 128;
wan schon das erdrcich und das meer
vermischend sich erhöben
und gleichsam als zw.ii wilde beer
die ganze weit erhöben. 168;
und den grund erhöbet bald der dunder. 628;
erbebend donnerschlag! LonsrisTKiri C<eop. 112,307;
nachdem unser groszcr cedcrbaum nicht ohne erbebenden
donnerknall in stücken zerfallen. Arm. zuschriß ; dieser fienge
an jämmerlich zu schreien und sich grausamlichen zu erbeben.
PuiLATitiER 1, 15. vgl. erbiben, erbidmen.
EHBEBEN, n. tremor:
TiiliNt du nicht? dos grunds erbeben
droht es, bnider, mir und dir! Lissino 1,60;
durch meine ädern rann kaltes erbeben. KLincER 5, 117.
EBBEBUNG, f. dasselbe, mhd. irbibunge und dunre. myst.
1, 69. nhd. und ich läge allda auf meinem bauch wie ein
geprellter frosch mit erzitterung und erbebung. Simpt. K. 5t"..
EBBEEREN, depsere, 'verberibus caedere: otich das der
göttlich sinn des länger im verstand des menschen orbeert
und gehandlet sine würzen des tiefer usslreckle in »in hea.
ZwiNcu 1,66; darnach schmiert er in gar wol mit einem
guten prügel, dnsz im seine lendrn gar wol allrnthHlben er-
beerl und geschmiert waren. Wickra« ro//ir. 88; in «einer
band eine scharfe ruthen hello, Ferondo mit dem hals naii\
1111(1 im »ein haut gar wol crhcrel. !!•■■■,■ i ist*;
713 ERBEGEBRESTE — ERBEISZ
dan woit ich ir (der alten) das eeii verzern
und ir die alten haut erpern. H. Sachs I, o26' ;
du alter berlling troll dich nau^z,
eh ich dir thu dein haut erbern. 11. 2, 4i ;
das er darob entrüstet wirl,
das er im auch die Doch abkehrt „ , ,_
und im sein fuchsen balk erbert. Iv. 3, ey;
aufh dir ein eid hierum nicht schweren,
sonder dir dafür das gesesz erberen.
NicoD. FRiscHLifis dtchlungen s. loo.
später ungebraucht, s. beeren 1,1244.
ERBEGEBRESTE, vi. rilium a parentibus insitum, erbfehler :
und bat dicb erlost Ton allen dinen erbegebresten. Eckbabt
452, 39. • L , L /.
ERBEGLÜCK, n. dives heredilas. Stieler 675, reiche erbschaß.
ERBEI für herbei: den sollen die berren strafen so dick
und Til, das er des muede wurde und sie iren schaden erbi
quemen (bekämen), veislh. 1, 609 ; thut busze, es wird nahe
erbei sein das himelreich. Lctbeb 1, 4S*.
ERBEIGE, m. fossessor heredilarius, s. eige, biereige, haus-
eige, weineige : so waren ehrenrecbte und wolstand der erb-
eigen zugleich hergestellt. Nieblhr 2,501. s. erbexe.
ERBEIGEN, herediturius, proprius, s. erbe 3: erbeigene
guter. Stieler 25;
die ihre missethat erbeigen auf uns bracht. Crtphiis 2,301;
wer dich von oben besiehe!, solle wol meinen, wir hätten
den ganzen «pitzekram Ton Brüssel erbeigen. 1, 763.
ERBEIGENTHUM, n. proprielas heredilaria, gegensalz des
lehens.
ERBElGENTHtMER, m. proprietarius.
ERBEIMGUNG, /. convenlio perpetua, erbverbrüderung : nach
der erbeinigung mit dem hus Öslerich und nach den bur-
gundischen kriegen habend eltlich eidgnosz angehept den
fürslenhöfen nachziehen. Bcllinger 1, 4.
ERBEINSETZUNG, f. heredis inslilutio.
ERBEINUNG, f. was erbeinigung : der churfürst empfieng
sein leben, trat in erbeinung mit Ostreich und billigte die
succession. Ranke reform. 1, 356.
ERBEISZ, ERWEIS, f. pisum satitum, ahd. araweij, arawi;
(Graff 1,465), mhd. areweig, ereweij, envig, erbij (rb. 1,56*),
arbaij bei Megexberc. 390. 1, nnl. erwet, erwt, ert, altn. ert
und auch schwach crta, pl. erlur, schw. ärt, dän. ert, in allen
diesen formen schlieszt eine lingualis, dem ags. earfe pl. earfan
mangelt sie, uras zum lal. ervum und gr. ögoßos stimmt,
engl, gilt pea, pease nach fr. pois, lat. pisum, liJe sl. lil.
sjtrachen zeigen unverwandte «örter. nach arawei? liesze sich
ein goth. arvaits aufstellen, die spätere erhärtung des w in b
bestätigt auch das ags. f in earfe, und dasz die spirans älter var
folgt aus dem lat. erTum. die vurzel liegt völlig in dunkel,
man vollle in der auf dem acker gebauten hülsenfrudtt anklang
an arare und anum finden, unsere spätere spräche hat, nach-
dem die zweite silbe von erbeisz tonverlustig ward, erbis, erbes
und endlich erbse gebildet; unterm volk hört vian oß noch
erwes, pl. erwesen, wie nnl. envt pl. erwten, nd. arften, vgl.
arwet ßr arbeiU im 16 jh. behauptete sich gern noch die
volle betonung und He.msch 910, öS stellt erbisz, erweis, erbsz
hintereinander, Alberus erbeisz, erbesz, erbs. Stieler 385 erbs,
erbeis, wogegen schon Frisics 1007*, Maaler 108* erbs, Dasi-
PODics 1S4' erbsz, Deszleb erbs haben,
mhd. in einer blasen dri erbei;
jagent ein bunt vil manegen kreij. Renner 16510;
nhd. ein mensch der nit undergon will, mer allezeit embor
schwimet zu gleicher weis als bös erbeiszen in einem hafen
mit Wasser. Keisebsb. selenparad. 92* ; darumb wollen wir sie
ausstreichen und derselben blasen, die mit iren dreien er-
beiszen so greulich rauscht, einen widerslich bieten. Llther
1, 2S4' ; der m auferweckt von den todlen und zu seiner rechten
gesetzt hat zu sein ein herr über alle ding, on zweivel auch
über Sünde, lod, teufel, helle, schweig denn über die papisti-
schen schweinblasen mit iren ^dreien rauschenden erbeiszen.
2, 91*. br. 2,166; da allein die seel on leib als ein kern on
die schale, oder da das fleisch on haut als ein erbeis on
hülsen sei. 3, 45S*;
alle die erbeis die du gefressen hast. fa$ln. 5S8, 21 ;
so wollen wir ind erbeis gan. U. Sachs V, 340":
bawer, bawer. troll dich fltigr*,
oder ich thu dich in den ban. ^
•so müst ich in die erbeis g.in'. V, 353*,
heisxt das herumstreifen und auf den feldem erbsen essen?
von den zrergen erzählt man, dasz sie uasicJUbar in ihren
ERBEISZEN — ERBEITEN
714
nebelkappen auf die äcker der leule gehen und sich erbsen
pflücken; anno 1551 ist bei Schippenbeil ein lischlergesell
gewesen, der hat nicht gern erbeiszen gegessen u. s. w. Hen-
neberg 422; der bawer hat nicht mehr körn, sondern erbei-
szen auf seine ecker gesäeL Rivander 1, 2Sl ; diese erbeis
sind reichlich aufgewachsen, ebenda; linsen mit den erbeisen
vermengt isset. Abele 3, Hl ; kom, waiz, erbaisz, gersten und
dergleichen victualien. Hohberc 1, 27. s. kifferbeis, erbes und
erbse. arbeisz 1, 533.
ERBEISZEN, praet. erbisz, früher erbeisz, ahd. irpigan
(Gbaff 3,239), mhd. erbisen, ags. äbitan.
1) mordicus frangere, außeiszen: eine nusz erbeiszen;
mhd. er sprach, da muostu boeser nii;
von mir noch hiuie erbijen. GA. 2,303
nhd. das harte brot ist nicht zu erbeiszen.
2) morsu necare, todt beiszen, von thieren:
mhd. Reize wil dich erbijen. Reinhart 1134;
nhd. ob sichs machte, das meins hern von Meinze hunde ein
gans hoben dem wasser erbissen. weisth. 3,336; der wolf
wirt von den bunden erbissen. Meurer forstg. oberherlichkeit
1561. 89*; der fuchs hat die hüner erbissen;
der tod hat den alten erbissen. H. Sachs III. 1,262';
hat dich ein thier erbissen,
dasi du auf Ida jetzt von vögeln wirst zerrissen. Opitz 1,228;
ein junger hine war lu schreien oft geüissen, ^
'kommt, brüder, helft, der wolf hat mir ein schaf erbissen .
TscHsa.iiNG 254;
nachdem das waldschwein auch den buhlen dir (renw) er-
bissen,
bat eines jährlich dir geschlachtet werden müssen.
LoHSNSTBiN auserl. ged. i, 265;
von Wölfen erbissene schafe. Am». 2, 197 ; wo mehrere poeti-
sche bologneserchen, die alle mit epigrammchen trächtig
gehen, um solch eine grosze, finstere dogge herumklaffen,
die eines nach dem andern erbeiszl. Ernst Wagner.
3) bergmännisch: das geslein hat ihn erbissen, getödtet;
sich die festen knauer erbeiszen lassen, treten härte des ge-
steines von der arbeit ablassen, gleichsam wegbeiszen lassen.
4) figürlich, wie lat. mordere, quälen, martern: es erbeisz
sie und verdrosz sie. Keisersberg post. 2, 19. Stieler 129
hat die bedeutung allercando consequi.
5) sich erbeiszen, Acrum beiszen: wie dann des Marti'!
hitzige und truckene nalur sich mit der krebsischen kelte
und feuchte erbeiszet. Thlbnei.sser in//. Wirkungen 105; zu
beiden backen wie ein cartheuserisch klosterkatz sehr magi-
slraliler sich erbissen und erdisputiert haben, bienenk. 89*.
ERBEISZEN, praet. erbeiszte, mhd. erbeijen, das pferd beiszen,
bi;en, weiden, fressen lassen, also davon niedersteigen, abstei-
gen, s. 1, 1402 und mhd. wb. 1. 192*, atis der transitiven bedeu-
tung gieng wieder eine intrajfsitive hervor, längst ausgestorben.
ERBEISZHAFEiN, m. olla pisorum plena:
als der ein arbaiszhafen umbschuu. fastn. 216, 14.
ERBEIT f. labor, ßr arbeit {vgl. 1,540) und noch heule beim
volk erbet, bair. arwet (Scmi. 1,101), ans altn. erfidi n. mahnend:
man wolt in (Witzel) umb sein reformiern
und trewe erbeii coroniern. Albkrcs controfactur A2
und schlief gar sanft nach der erbeil. froschmeuseler Fl'.
auch Stieler 47 führt noch erbt und erbeit an. die vorhin
entfaltete berührung zwisdien erbe und dem sl. rab, rob spricht
auch ßr die 1, 539 dargelegte zwischen arbeit und robota,
wozu nachgetragen «erden kann, dasz lil. darbas, leU. darbs
das umgestellte arbeit zu sein scheinen.
ERBEITEN = arbeiten, s. 1,541.
ERBEITEN. exspectare. goth. usbeidan, ags. Sbidan, ahd.
irpitan (Graff 3, 64), mhd. crbiten (»6. 1, 175*), woneben aber
auch die schwache form erbeiten in gleichem sinne vorkommt
(wb. 1,175"), irährend ahd. irpeilan exigere ausdrückt (Graft
3, 68). nhd. erscheint das verbum nur schwach, mit dem pari.
erbeit, nicht erbiten, gans wie das einfache heilen im pari.
gcbeit, nicht gebilen zeigt (1, 1404). es erfordert den gen. der
person oder sache. spdler wird auch der acc. zulässig: dises
tags wart von den liebhabenden als kum erbeil, als die tag
der salurnalen. Wtle transl. (Lucrelia); vermaledeit sei der
sein erbeilen thut! Aimon q; seins treffens erbeit {ßr er-
beite? oder sieht hier ein starkes praet.?) 8 4*; das er geb
die tochler bit ich und das kan ich kum erbeiten. Terenz
1499, 25" {Andria) ;
715
ERBEIZEN — ERBEN
ERBEN
716
bei dir allein
möcbl ich der zeit erbeiien. Ambr. Ib. s. 14;'
Irab ich gleich über die beide,
allzeit wil ich deiner erbeiien. s. 96;
komt mir eur bruder auT breiter beid,
so darr er mein nicht erbeiten. (Jhlano 434;
ich niSsz der zeit erbeiten
bisz ich das glück erschleich. 584;
wend ir ie nit erbeiten,
so farend hin, ich wünsch euch heil. Wickrai pitj;. T 2 bl.'O;
solchs ich ieiz leid, deinr bülf erbeil,
und sprich, mein zeit
Sicht bcrr in deinen henden. VfxLDi» psalter 49';
zum fleischessen sich bereiten
l)ci nachl, wöln nit des tags erbeiten. päbstl. reich 4,20;
lind damit goiics hüIT erpeit,
der allein weisz die rechten zeit. If. Sachs V,T2';
wie das dn hast verlassen nimmer,
die deine hilf haben erbaii. Fischart geisll. lieder s. 72;
wen mag bei heller nacht Olvmpe noch erbeiten?
'ihr ebschatz wird gewis vor morgen nicht einreiten'.
GflTPHiDS 1, 226;
uns goit hieher verstoszeu hat
aus unserm land unter die beiden,
seiner gnad müssen wir erbeiten. Pfkilschmidt Esther D2.
später, gleich dem einfachen beiten, erlöschend.
ERBEFZEN, viacerari : nimm Weinstein, zerstosz in zu klei-
nem puIver, bind in in ein grob ieinin tuclj, lege in darnach
in einen guten starken wein und lasz in darin erbeitzen.
Sebiz 395 ; diese stück stosz groblecbt und thue sie in die
vorige dcstillation, lasz wiederum acht tag erbeitzen. Tabeh-
NAEMONTANDS 15S8 s. 469 ; seuds mit dem wein, tiiu es in ein
glas, lasz es an der sonnen erbeitzen. 1252; lasz die specerei
in ein wenig weins übernacht stehn und erbeitzen. KösLir«
hebammenbüchlin 15. s. einbeizen.
ERBEIZUNG, f. die weiber die der männer durch erbeitzung
und verleckerung der wollust mächtig werden. Fischart ehz. 9.
EHBEL, m. manica, für erraei, ärmel (1, 557), 6ajr. erwl,
ierwl (ScH«. l, 107):
so tu ich mir doch messen me
zwo newer plaber hnsen,
durein wil ich ein newen strich
den Schneider lassen machen ....
.so wil ich mir ein plaben
in erbel lassen setzen. Uhland 644;
dem Schneider (wünscht er) ein gehörnte geisz,
die knopflein an die erbel scheisz. fl. Sachs IV. 3,5S^;
bahn weit erbel an langen rocken. Atrer fastn. 93'.
ERBELING, m. heres, vgl. schw. arfvinge, dän. arving: ein
rechter erbeling geboren was zu den landen. Lindenblatt 333.
nd. erfling. weislh. 3,130. mhd- erbeiinc. uib. 1,440'.
ERBELLEiN, lairare, zu bellen anheben: als der dieb ein-
brach, erboUen die bunde und nöthigten ihn zur scboellen
flucht;
mhd. an einer slat ein bunt erbal,
da; über al die wcrit erschal. Frkidank 109, 10;
darnach ein bunt crbal,
daj alle liute die dö lebten, hörten sinen schal. MS.2,'0'
Frisch 1, 80* hat erbellen lalralu impetrare.
ERBELLEN, ERBÄLLEN, intorquere, verstauchen, verfrieren,
den ballen der hand oder des fuszes verdrehen, sich die hand
vergreifen, den fusz vertreten: ich habe mir die band, die
obren erbellt, sonst auch verbellen, intr. die filsze erbellen,
laufen auf, die b9nde, obren erhellen, starren von frost.
EBBEN, heredare, hereditäre, nicht im guten, erst im mit-
telalterlichen lalein, und dann il. eredare, fr. heriter: eben-
sowenig begegnet ein gnth. nrhjan, noch ags. yrfan. ahd. aber
erpan, arpta, ich weisz nicht ob daneben erpAii, erbeta. mhd.
ist aber tr. erben, arpte {Lanz. 9376) ron inir. erben, erbelc
zu scheiden {mhd. üb. t, 340). nnl. er\en, crfdc, isl. crfa,
schw. ärfva, dan. arvc.
A) transitivbedeutungen, in der ersten und zweiten erbt der
erbe, in der dritten und ßnflen der erblasser.
1) leute erben, beerben: der söhn erbt »einen valer, der
bruder »einen bruder; und dein same wird die beiden erben
{vulg. aemen tuiim genles bercditabit). Es. 54,3; ein vattcr
der zeben kinder hat, den erben sie alle gleich. Paracelsur
1,205*; 0 dasz mein oheim stürbe und ich ihn erben möchte.
PniUNO. 1,475;
«ein eitern «ein nun nurh fail alt,
wann lie derben, erbt er «ie bnld.
Li!«K iijtift ton Julianut 03:
mrin tollen «ein dein beide «On.
(Bicli erbeo wie oeio leiblich kind Tuiiiolt Joseph JT;
... ,. . ^ herzliches mitleids
würdige, die nicht gatiin umarmt, noch schmeichelnder an-
,. . , , wachs,
die nicht erbet ein söhn, kein töchierchen liebet noch eidam.
.... ^''i^e 3,2, 141;
tcb habe oft leute, die zu leben hatten und zu leben wüsten,
auf eine jämmerliche tröpfin nicderschieszen sehen, damit
die tröpfin ihre erben erbe. J. P. Hesp. 2, 29 ; aber ihr erbt
sie doch (die base). HoRit Schmiedjacob 2, 65.
2) Sachen erben : das land, das gut, den garten, das pfeid
erben ;
desgleich verfüret (Eva) Iren man,
sünd, angst und not erb wir zu Ion. ScHWARzgNnKRc 99, 2;
von Adam erb wir todes Ion,
durch Christum wefden wir ersten. 127,2. 148,2,
und gewan die blater auf der zungon, die wir alle von ir
[Eva) geerbt haben. Keisersberg s. d. m. ll'; darumb hond
wir es von inen geerbt. 12'; denn die b.isen werden ausge-
rottet, die aber des berrn harren, werden das land erben.
ps. 37,9; aber die elenden werden das land erben. 37,11;
Abraham war ein einiger man und erbete dis land. Es. 33, 24;
auch wird das verwesliche nicht erben das unverwesliche.
1 Cor. 15, 50 {goth. nih riurei unriureins arbjo vair|)it)) ; die
solches thun, werden das reich gottes nicht erben (Jiiudan-
gardjös gujjs arbjans ni vairl)and). Gal. 5, 21 ; es klagt manch
irommer Lazarus, wenn die ganze weit aussterben solle, so
wüste ich doch nicht einen zaunstecken zu erben, getrost,
das himineireich ist dein. Onio krankentr. 1083;
die meisten hüten nur die salze, die sie erben,
wie einen todien schätz, den niemand gröszer macht.
Hagkdor^i 2, 154;
ich weisz doch auch nicht, wie du Otlilien so hoch stellen
kannst! nur dadurch erkläre ich mirs, dasz sie deine neigung
zu ihrer mutler geerbt haL Gotiie 17, 20; er bat alle lugenden
seiner eitern geerbt.
3) man sagt etwas auf einen erben, vererben, mhd. an in,
öf in : wie wir denn unser eigen seele und gewissen ja nicht
gern wollen für gott, mit misbrauch göttliches namens oder
Worts, in die höchste fahr setzen, oder auf nn.«er kinder und
nacbkomcn ein ander lere, denn so deinveinen göttlichen
Wort und christlicher warheitgemesz, feilen oder erben. Angsb.
conf bei Luther 6,368"; dasz er trost an im erleben möcbt
und den schätz, so er sanilet, samt allem das er hat, auf
in erbe, tischr. 2,85; darumb sind alle zeit von anfang der
weil bei der kirchen gottes schulen und studia gewesen, disen
edlen schätz zu erhalten und uf die nachkoraen zu erben.
Melanchthon anr. der lat. schul. ßonnl543a3'; das darf sich
niemand einbilden, dasz der krieg den augenblick sein ende
haben werde, ich sorge vielmehr wir dürften denselben noch
auf unsere kinder erben. Heilmans Thuc. 97; die niutter bat
ihre lugenden auf die jüngste tochter geerbt; warum musz
nun der alte mann sein ganzes vermögen auf einen fernen
verwandten erben, den er im gründe nicht liebt?
4) sich erben, forlcrben, verpflanzen: viele krankheiten
erben sich auf die nachkommen; der aussafz risz unter ihnen
ein und erbte sich durch viele generalionon hinunter. Schiller
1014" ; der 'glückliche finder dieser seelenerhebenden idee suchte
sich nun unter denen, die um ihn waren, fihige subjecte
aus, denen er sie als einen heiligen schätz übergab und lo
erbte sie sich von einem denker zum andern durch. 1015*;
e« erben sich geseiz und rechte
wie eine ewge krankheil fort. Goths 12, 97.
5) einen erben hiesz früher auch zum erben einsetzen, mit
einer crbschaft ausstatten, bedenken : das Metze Flessern uf
dem berge vor mir und den scheffen sifinf an gerichle und
gab uf eindreclitcriirlie, rehtliche und rcdelirhe den geist-
lichen frauwen des clostirs von dem throne nach irine tode,
und hat sie geerhil mit zehen morgen wingarteu. urk. von
1341 ausgestellt ron Fridrich ron Hütten landvoyt zu Wellerau
und schullheisz zu Frankfurt.
mhd. der alte bete gerbet
kino süno mit solbun urborn. IVh. 383,30;
fl dn mite Tankanis
scnharion gerbet hAt. Part. 51, tt
heute nicht mehr im gebrauch,
fi) intransitiobedeutungen.
1) wenn der gegenständ der erhsrhaß unau.^gedriickt ist:
denn dieser magd son sol nicht erben mit inoinrm son Isaac
{vulg. non erit heres). i Mos. 21, tO; denn wir wollen nicht
mit inen erben jenseil de« Jordan« (vulg. ner <]iiicqiiani
quaeremut Iran« Jurdancra). 4 Nvf. .12. i-i: d.iruiiii) erbeten
717
ERBEN — ERBESSEILN'
ERBESSONNTAG — ERBEXE
718
die kinder Siincon unter irem erbleil (vulg. possederunt).
Jos. 19, 9 ; du soll nicht erben in unsers vaters land {vulg.
lieres esse in domo patris noslri non poteris). rieht. II, 12 ;
stosz die inagd hinaus mit irem son, denn der magd son
sol nicht erben mit dem son der freien (vulg. non enim heres
erit, goth. ni nimiji arbi). Gal. 4, 30. denkt man sich aber
einen ausgelassenen acc. hinzu, so wird das verbum transitiv,
vie in der letzten stelle Ulfilas erben durch arbi niman aus-
drückt.
2) man sagt in die stamme erben, statt nach den stam-
men; in die häupter und stamme erben, was den Juristen
succedere in capita, in stirpes heiszt. in die stamme erben
hat schon der reichsabschied von 1521 §. 18. erben in den
dritten theii, zum dritten theil.
3) jenem transitiven erben auf einen entspricht ein intransi-
tives, hereditate transire, transfundi : der gute wird erben auf
kinds kind. spr. Sal. 13, 22 ; sein teil sol allein auf seine söne
erben. Ez. 46, 17 ; der erste Bourbon, auf welchen deine kröne
erbte. Wielabd 25, 173 ;
welches gesetz längst
von urahninnen erbt auf ahninnen. Luise a. l. h. 156;
SO sollte ich dem willen meiner eitern gemüsz, welche
wünschten, dasz künftig diese gute pfründe auf mich erben
möchte, ein handwerk lernen. Göthe 21, 21 ; der muth, der
von seinen voreitern auf ihn erbte. Klinger 1, 267; eine graf-
schaft erbte von meinem vater auf mich. 1, 344. auch kommt
der dativ vor: also ist ein viehische Vernunft im menschen
auch und erbt vom viehe dem menschen. Paracelsus 2, 326'.
casus und praep. können ganz unterbleiben:
es erbt der ehern segen, nicht ihr fluch. Göthe 9, 33.
s. anerben, auferben, auserben, beerben, enterben, ererben,
forterben, vererben.
ERBE.NEINSETZUNG, f. was erbeinsetzung.
ERBER, honeslus, kürzung oder Verdünnung des mhd. Srbaere,
heuligen ehrbar sp. 53, mit auf die erste silbe gelegtem hauptton:
zuo dem sprach der erber man.
Co>R. voji Ahienhause^ nach Wackern.
auszug s. 316 ;
er sprach zuo irae 'erber mani' «.318;
und fundent den erbern man
sitzende an der selben stai. s. 319;
mit frommen erbern biderleuien. Mlrner schelm. 52;
es wohnt ein erbre fraw daselbst auch bei ihm drinnen,
die war sehr hoch betrübt von antliiz und von sinnen.
Werders Ar. 17, 2ü.
nnl. dichtem ist diese form ganz geläufig.
ERBEREX, s. erbeeren.
ERBERKEIT, f honeslas. Mürner schelm. 98,12.
ERBERLICH, honestus: dann sie achteten kein handtierung
erberlich oder nachzulassen, die wider die lieb zu nachteil
dem nechsten reicht. Frank wellb. lo'.
ERBERMDE, f. misericordia. s. erbärmde.
ERBERSTEN, dinimpi, ahd. irprSstan, zerbersten, und Ir.
bersten machen:
erberste dich und zürne
herr Momus, wie du wilt, hier ist noch eine nusz,
an welcher sich dein zahn im beiszen üben musz.
GCSTHF.R 417.
ERBES, /■. pisum, was erbeis, erbeisz: das heiszt freilich
einen mit der dürren blasen und mit dreien erbeseu jagen.
Ldther 3, 249'; ein höflich essen von erbesen. Aüc/tenm. b 3 ;
wie man erbes und Schneckenheuser findet, die rechter, na-
türlicher kalch sein. M.uhesics 56';
so wil ich in die erbes gähn,
auf das ich nit dürf bonen essen. H. Sachs III. 3,79*.
tgl. oben sp. 713.
ERBESBACCH, m. folliculus pisi: sacklapper, erbesbäucb,
galle, boppler. Fiscbart groszm. 49.
ERBESBRCHE, f. du magst ein erbesprue domit pessem.
kuehenm. a 7.
ERBESGROSZ, erbsengrosz: erbesgrosze küglein. Bctscbkt
Palm. 583.
ERBESIIüLSE, f. folliculus pisorum: wie sie (die einsidler)
in ihren Wüsteneien und clausen körbe und kretzen geflochten
und gedörrte frücht, wurzeln und erbeshülsen gessen. Mathe-
8I0S leben Luthers 27".
ERBESSERiN, corrigere, melius faeere, bessern, verbessern:
du soll auch neben dem groszen pflaster viel kleine stöcklein
haben, auf das du daran setzen und erbesseren könnest,
WüHTZ 21».
ERBESSONNTAG, m. sonntag nach der goldfasten, weilen
der zeit die fastenzeit gar sXreng angangen. Lers.nee frankf.
chron. 2, 815.
ERBETEN, exorare: so aber diese krankheit durch einigen
anschlag gottes über dich geschickt, wird, ausgenommen flei-
sziges erbetten, kein ander medicament helfen. Thchneisser
i'o» wassern p. 78 ; etwas von einem erbeten oder erkaufen,
pers. rosenth. 3, 12 ; die seele aus dem feuer erbeten ; denn
ich habe eine starke Vermutung, dasz du mir diesen groszen
Segen deines todes erbetet hast. Klopstock 11, 138 ;
mit schlummernden lüften
kommt die erbetete nacht, ruht über Gethsemane.
Messias 4, 940 ;
bin so frei grad herein zu treten,
musz bei den frauen verzeibn erbeten. Götbk 12,150;
augenblick, den ich erbetete ! Kli.nger 1, 161.
ERBETTELN, emendicare: wann recht für recht ging, so
wer ich nit apt, aber ich hab die stimm erbettelt und er-
kauft, seh. und ernst 1546. 87 ; denn ich sehe, dasz alle maul-
afifen, so viel derselben in diesem buche versamlet, sich euren
thüren nahen und vor denenselben ein vermischtes ansehen
erbettlen. pol. maulaffe Zueignung ; er der schon vor 30 jähren
war, was seine meisten tadler ziemlich erbettelt jetzt sind.
Lichtenberg 3, 236 ; einen titel erbetteln. Götter 1,100; denn
ein nur erzwungner oder gar erbettelter beifall genügte ihm
nicht. Engel Lor. Stark cap. 27 ; brot erbetteln ; erbetteltes
geld.
EBBELTELN, cribrare, durch den beutel sieben : wiewol
die sach also geschaffen, das je mehr man sie erholet, korn-
schüttet, erbeutelt und remeinbrieret, es des mehr ewern
herlichkeiten solche zu ergetzlichem wolgefallen soll erschie-
szen. Garg. 2G*; so bald sie nun dise zwen kompanen er-
blickten, meinten sie auch da ein beut zu erbeutein. 228*.
ERBELTE.N, capere, praedam agere: erbeutetes geld, er-
beutete schiffe;
old bend ir muot etwas zerbüten
nach uwern brucb und kriegesrecht? trag. Joh. b2;
bittend urab quartier kont ich weder vertrag
noch meiner feindin gnad erbeuten noch erbitten.
WECEBBaLI.> 698;
ach wer weisz bei welchem mädchen sie diese Ohrringe wol
erbeutet haben. Moser 9,127; küsse erbeuten. Gökingk 1,54;
aber auch ohne die blindbeit könnt er unmöglich seinen
söhn die vortheile der fürstlichen gunst erbeuten lassen. J. P.
Hesp. 4, 78 ; er sprach viel von Italien und von dem kunst-
gewinn, den Albano da erbeuten werde. TiL 4, 60 ;
den lebenswürdgen soll der tod erbeuten? Göthe 13, 169;
rastlos musz ich ein flüchtig ziel verfolgen.
dann erst geniesz ich meines lebens recht,
wenn ich mirs jeden tag aufs neu erbeute. Schilier 532*.
EBBEUTIG, paratus, erbieUg, erbülig : denn ich bin noch-
mals erbeutig, auf kais. maj. gnugsam Versicherung für unver-
dächtig unparteischen, gelehrten, geistlichen und weltlichen
richtern furzukommen. Lltbebs br. 1, 599.
ERBE.\E, f?i. benennung der markgenossen, vielmehr einer be-
stimmten art derselben in Westfalen, deren, so viel jetzt be-
kannt, zuerst eine Urkunde von 1297 (Wigands archiv 1. 4, 107)
erwähnt, dann aber die weisthümer der folgenden jhh. viel-
fache meidung thun, z. b. 3,142. 143. 175. 183. 212. sicher
müssen sie schon weit früher erschienen sein und an auffin-
dun'g der älteren wortform wäre sehr gelegen. Moser osn.
gesch. 1 §. 11 (6, 16) deutet erbeie, erfexe aus erbecht und will
darin einen gegensatz zum unechten Colonen erkennen, sprachlich
aber läszt sich exe nicht auf echt zurückleiten. Entweder
bleibt es bei der sonst angenommnen, ansprechenden erklärung
durch erhaxt, das ebensogut eine persönliche Vorstellung ent-
halten kann, als z. b. sper oder lanze den bewafneten aus-
drückt, erbexe ist, dem die axt im walde zusteht, der holz
fällen lassen kann, von gewicht sein würde der gebrauchte
tat. ausdruck erbexa, pl. erbexae (RA. 504), den man ßglieh
auf ein weibliches exe, axt, beil (t, 1046) ziehen dürfte. Oder
exe entspräche dem Hei. 73,17 begegnenden alts. ecso, eigner,
grundbesitzer, welches von egan habere, teuere zu leiten und
^eso zu schreiben oder daraus gekürzt wäre; dann aber würde
ein compositum erbiecso ganz nah an das oben aufgeführte
erbeige reichen und es bliebe nur übrig das in die bildung
eingetrelne und den wandet des g in c nach sich ziehende s
zu erläutern, merkwürdig, dasz auch bairische Urkunden die
eigennamen Ehso und Ehsa darbieten (Föbstema!<r 1, 372),
719
ERBFÄHIG — ERBFEINDLICH
ERBFEINDSCHAFT— ERBGERICUTSBARKEIT 720
worin wieder eihiso, eigiso, ogiso siechen künule und kaum
an egiso, horror (Graff 1,103) zu denken ist. allere, den
nnmen erbexe überliefernde deukntäler könnten allen zwei fei
heben, aus Kobbes Bremen und Verden 1, 304 — 308 sei noch
angeführt , dasi dort im bremischen freie erbexen im allge-
meinen sich nur in den morschen finden, dasz sie rolle eigen-
Ihümer und niemand als der landesherschaß unterworfen sind,
weshalb sie auch hausleule, nicht bauem heiszen. in Fries-
land keine spur von ihnen.
ERBFÄHIG, cui licet heredilalem aliquam ccrnere: ein sol-
ches kiud, den elften monut nach tödiichein abschid des
niannes vom »eib an das tagliechl gebracht, für rechtmäszig,
eheniäszig und erbPahig erkant und angenommen. Garg. 'B'.
ERBFÄHIGKEIT, f.
EHBFALL, m. heredilas , quae alicui obvenit, anfall einer
erbschaß : den erbfall antreten. Frank f. ref. 6, 1, 4. 6, 2, 1 ;
denen ein erbfail auferslirbt. 6, 2, 4 ; aber die guter soltu
darein tragen, die du mit nützlicher aibeit oder durch recht
erbfall überkommen hast. Keisersb. schif der pen. 102';
Esau verlor durch ein linsenniuos die gercchtigkcit seins
erbfals; Cotilas besasz die statt Caurisicn in Italien durch
rechten erbfall. Fronsp. kriegsb. 3,153"; gesatz von erbfüilen,
lex falcidia. Fkischmn nomencl. 430 ; hat mich Balthasar
Reder zum beistand gegen dem Jauer (hin nach Jauer) er-
beten wider seinen vetter wegen eines erbfalls. Schweixichen
3,20;
ein jeder sich de.^selben nehrt,
was ihm von erbfall wird besehen. Wolgbmut Es. 2,364;
du einig' nur erhijliesi. herr mein heil,
den erblall mir, das gut, so ich eiiipl'ange. Opitz ps. p. 31 ;
daher sobald sie die weit gesegnete, bekamen die freiherrn
von Biberan den rittersitz Ossig wieder als einen recht-
müszigen crbfall. LucX dcnJcw. 308; würde diese [rechts-
wissenscliaß) so viel erbschaften theilen , wenn jene (die
arzneiwissenschaß) nicht für erbfälle sorgte ? Stürz 1, 206.
2) im deutschen recht auch für sterbfall, baulebung.
ERBFÄLLIG, heredilate obveniens: ein pfenning gwis im
seckel ist besser dan von weitem ein erbfälliger gülden.
Fba-nk sprichw. i,U^*■, von inventierung der erbfälligen guter.
Frankf. ref. 6,3; der pabst understund under dem schein
der keuschheit der priesterschaft guter im selbs erbrällig zu
machen. Stumpf 1, 52*.
ERBFASER, f. fibra hereditaria, angeborne faser : die väter-
liche erbfaser war hart und stumpf und diese verfluchte
erste grundfaser hat sich alles übrige angeglichen. Rameaus
neffe übers, von Göthe Lp. 1805 $.308 = Götbe 30,122; in-
dem die erziehung immer den hang der erbfaser durchkreuzt,
60 würde er, wie durch zwei entgegengesetzte kräfte gezo-
gen den weg des lebens nur schwankend gehen. 310.
ERBFEHL, m. vitium a parentibus insitum:
und nach dem erbfehl,
den in der tauf ich geerbt von meiner geschwätzigen patin.
Voss 2, 240.
ERBFEHLER, m. dasselbe: der trunk war sein erbfehler.
ERBFEI.ND, m. hostis sempitemus, todfeind, nnl. erfvijand:
daitz so vil tausent Christen
von mannen, weih und kind,
in ewige kuechischafte
werden verkauf mit machte
in Türkei dem erbfeind. Soltau 470;
•ie (die ratten) wollen froh zum essen schreiten,
allein es bszt sich jetzt von weiten
der erbfeind ihres vollies sehn,
es schleicht ein fuchs heran. riACiiDORN 2, 16;
zwene giengen zugleich auf ihn los, als wenn <t der erb-
feind christliches namens wäre. pol. stockf. 28u ; weil sie
nicht nach Paris, nach diesem christlichcu Gomorrha, und
zum erbfeinde von uns und England geben wollen. Licute?(-
kEiic 7, 270;
was auch der pfalTe sinnt und schleicht,
diT predigcT stellt zur wnoho,
tind <la«z der erhri.-ind nichts erreicht
ist aller Deuuchcn sache. Cötuk 3, 146;
schon andere haben gegen diese secicnvemicbtung {die in-
famierenden strafen), welche dem Hiaate vom bürger nichts
zurück Itttzt, aU eine kalte gekrümmte bildseule oder noch
r>fter einen kriechend vergiftenden erbfeind, genug gesprochen.
J. I'. nachdämm. HO.
KHBFEI.NDLICH, hoitiltt: da er sich zu etzlichcn kauf-
Iruten in ihr acbif begeben und uncrkantcr weise aus dieten
crbfeindlichen orten entrannen ist. Argenis 2, 360.
ERBFEINDSCHAFT, f. in jedem lande, wo zwischen bür-
gern und fuinilien erbfeindschaften obwalten. Garve anm. zu
Ctc. off. 1, 243.
ERBFELD, n. pracdium hcreditarium, erbgut. Stieler 464.
ERBFEUER, m. focus hereditarius : da fragte ich, wie es
denn mit meiner ficundschaft [zu Mansfeld) gieng? ward
mir geantwort, meine Schwäger Mackerode halten, das sie
gewislich darüber müsten zu bettlern werden, das wolt gott
nicht, sprach ich, haben sie doch nichts anders denn erb-
feuer. Luthers br. 5, 288 ; die unterthanen allzu hart und
scharf drücken, sie von iren erbfeuern und gütern zu bringen
und schier leibeigen zu machen. 5, 437, d. t. von ererbtem
haus und hof treiben.
ERBP'EUERHERR, m., ehmaliger beamte des reicht, dessen
amt, auch das fcuereisenamt hiesz und der am kaiserlichen
hoflager auf feuer und licht zu sehen hatte, s. feuerherr.
ERBFLUSZ, m. im bergbau ein ftusz, welcher das gebirge
und die in demselben befindlichen gdnge abschneidet und einen
gegentrumm macht : die schaden so sich zusammen samlen,
denselbigen nimb ihren erbflusz in den weg. 1'aracklsus
1, 723*.
ERBFOLGE, f successio hereditaria, der erbgang : zur erb-
folge kommen, einem in dem besitze seiner guter und würden
folgen; wird denn in einer monalschrift die einhrit einer er-
zählung durch das abbrechen der letztern und durch die erb-
folge eines andern aufsatzes entschädigt? J. P. TU. 1,62.
ERBFOLGEKRIEG, m.
ERBFOLGEORDNUNG, f.
ERBFOLGER, m. succcssor.
ERBFOLGESTREIT, m.
ERBFÖRSTER, »i. saltuarius hereditarius.
ERBFRAU, f domina hereditaria. siehe erbherr.
ERBFREL hereditate immunis : erbfreies landgut.
ERBFREIHEIT, f.
ERBFROHN, m. apparitor, praeco hereditarius.
ERBFROHNENAMT, n. Kobbe Hremen u. Verden 1, 286.
ERBFÜRST, m. princeps hereditarius.
ERBFÜRSTENTHUM^n. das weltliche erbfürstcnthum. Ranke
reform. 1, 61.
ERBGABE, f. donatio testamentaria, nnl. erfgaaf:
die wisen hat uns gschaft gemein
unser vatler beiden zu crbgaben,
nun wil sie jeder allein haben. H. Sachs IV. 3, 104".
ERBGANG, ni. tras erbfolge : alle heilsamkeit der Vererbung
der kröne gieng unter, weil man den gemeinen erbgang auf
sie anwandte, mehrere erben sich in reich und regierungs-
rechte, als ob es bauerngüter gülte, theilen liesz. Dahlmajcn
ddn. gesch. 2, 140.
ERBGANGSRECHT, n. Stielbr 1550.
ERBGEBIET, n. territorium hereditarium, vgl. erbiet:
und hab also ein crbgebieu froschmeuseter Gg7'.
ERBGEBÜHR, f. quod heredi justum est, erbtheil. Stielkr
861.
ERRGEBCHRNIS, f. dasselbe: sintemal meine väterliche
erbgebürnus war zu gell gema<'.ht und dasselbe verzehret.
Pnii.AND. lugd. 3, 7.
ERBGEIST, m. sensus quasi hereditate Iraditus : es hersrht
ein erbgeisl von ausgezeichneter reinlichkeit bis in die nie-
dersten bütten herab. Pestalozzi 9, 135.
ERRGELD, »i. pecunia hereditate actepla.
ERBGEMÄCHT, n. legatum: jarlich erbgemächl, legala an-
nua. Frischi.ix nomencl. 435.
ERHGENAHM, m. heres braucht MOser patr. ph. 4,329, et
ist aber nicht hochdeutsch, sondern dem »ij. erfgenaain nach-
gebildet.
ERbGENOSZ, wi. coheret, keru, nnl. erfgenool. /idH/ig
in den nd. weisthümern erhgenossen, erfgenoten, ervenolen,
I. b. 3, 03. 94. »8. 2ü3.
ERBGEM'SZ, m. fructus ex hereditate pereipiendus.
EltBGERECHTIGKElT, f. jus hereditarium: wo Adam
dahnne blieben wcre, bette er auch solche kindrr gcteugrt,
in welchen keine böse lusl gewesen wrre. d.is bette man
denn geheiHzen eine rrbgerechtigkeil. Litiikr 4, 12*. berg-
männisch ist die erbgerechiigkeit eines slollrn das was ein
erbstnlle von den anliegenden berggebduden erhebt.
ERBGKRIl'HT, n. das einem grundbesilter tuttdndige.
ERBGtRICHTsBARKEIT, f.
1
721
ERBGERICHTSHERR — ERBHASZ
ERBHAUS — ERBIDMEN
r22
ERBGERICHTSHERR, m.
ERB GESANG, m. der ewige erb und lustgesang des Tolks
zu sein. Herder ", 15.
ERBGESCHMACK, m. guslus a parentibus insilus: obst, wo-
nacli alle kinder einen erbgeschmack auf die weit bringen.
Hippel lebensl. 1, 327.
ERBGESCHMEIDE, n.
verblendend glänzt im stolzen erbgeschmeide
Atossa selbst, der läufer Zultca. Hagedorn 1, 127.
ERB GESESSEN, yunrfum possidens jure heredilario : der wol-
edie J. Chr. von Uchteritz, erbgesessen auf Litzma. pers.
reiseb. 2, 1. die erbgesessene bürgerschafl,
ERBGEWINN, wi. ein von leibeignen bei ihrem anzug zu ent-
richtendes geld, rgl. auffahrt.
ERBGIER. f. ariditas hereditalis oUinendae, s. erbbegier.
ERBGIERIG, atidus hereditatis, heredipeta. Dasypodics 320*:
sein freund verlassen ihn oder warten ihm erbgirig auf die
seel, wünschen ihn in die hell. Garg. 69*.
ERBGIERIGKEIT, f. kos erbgier.
ERBGIFT. /■- KOS erbgabe. Frisch 1, 229'. 349'.
ERBGRAF, m. comes hereditarius.
ERBGRIND, wj. porrigo: schüppechtige raud zwischen den
hiirlin des haupts. barts oder augbrawen. Dasvpodids 190'.
293" ; schellwurzsaft mit wein und öl, jedes gleichviel durch-
einander gemischt, vertreibt den erbgrind, das haupt zum
oftermal damit gesalbet. Taberxae«. 105; eine frauw, die
bette den erbgrind lang gehabt. Frey narteng. cap. 79; nun
hett aber der eine den erbgrind, der ander war sonst reudig.
u-tykürzer 17';
jedoch so lasz ich mich nicht gern
so kahl als wie ein nacrn b eschern,
und als wenn ich hett den erbgrind. .4ther fastn. 46*,-
ich sähe sonderlich einer veralten groszmutter zu, wie sie
aus meel, eierklar, bim, blut und griinspan eine mixtur zu-
richte und einem knaben einen erbgrind daraus machte,
nachdem sie ihm zuvor den alten bis auf die gesunde haut
abgewaschen und den haarboden auf ein neues der gehörde
nach abgeschoren hatte, 'so mein kind*, sagte sie, *du hast
warhaftig jetzund so einen schönen grind, dasz man ihn
nicht natürlicher mahlen künte I ' Simpl. vogetnest l, 3 ; erb-
grind und podigra. Fuchstnundi 295; wider den erbgrind soll
man grundein in maibutter sieden und den grind damit
schmieren. Hohbebc 2, 50S'.
ERBGRINDIG, porriginosus : kretzig, reudig, schebig, erb-
grindig, geflechtig. Paracelsüs 1, 1054*.
ERB GRUFT, f. erhbegräbnis.
ERBGRUND, m. praedium avitum, Iteredium.
ERBGUT, n. dasselbe: wenn jemand ein stück ackers
von seinem erbgut dem herrn heiliget, so sol er geschetzt
werden nachdem er tregt. 3 Mos. 27,16; denn ich bin dein
teil und dein erbgut unter den kindem Israel, i Mos. 19,20;
und sie sollen unter den kindern Israel kein erbgut besitzen.
\^, 23 ; gebeut den kindern Israel, das sie den leviten ste-dte
geben von Iren erbgütern. 35, 2 ; Weisheit ist gut mit einem
erbgut, und hilft das sich einer der sonnen frewen kan.
pred. Sal. 41. 9 ; das ist der erbe, kompt laszt uns in tödten
und sein erbgut an uns bringen. Mallh. 21. 38, iro die tulg.
Iieridatem hat, die ahd. überlragvng erbi, die ags. sehta; in
Mose ist auch gefasset, das keiner kein acker solt verkeufen
für ein ewig erbgut. Llther 3. 167' ; gleichwie in der weit und
im hausregiment ein kind zum erbe wird allein dadurch, dasz
das kind ins erbgut geboren wird, lischr. 1,60; das er sein
testament mach und sein erbgüter verschaffe. Frank weltb. 153' ;
der doch uns menschen sein erbgut,
auf dasz durch seinen tod wir si^eten, gegeben.
WtCtHERLIT» 313;
aber wofern euch dieses behaglicher scheint und erwünschter,
so des einzelen manns erbgut ohn enigelt zu verprassen
schlingt es hinab! Od. I, 37s-
nein, Eurymacbos, wenn ihr auch ganz darbrächtet das erbgut,
alles was jetzo ihr habt und dazu noch anderes legtet
22, 61,
iTO das ori^nd in der ersten stelle ßiorog, also fahrende habe,
in der andern aber Trarocöta hat; lasz uns den freund auf
die höhe führen, damit er nicht glaube, dieses beschränkte
thal nur sei unser erbgut und aufenthalt. Göthe 17,30.
ERBHASZ. m. odium a parentibus proditum:
doch hat es jetzt der himmel so gewendet,
dasz ich, sein blut. der mit der milch der amm<
den alten erbhasz In sich sog, als flehender
vor euch erscheine. Scbillik 662"
III.
ERBHAUS, n. domus heredüaria, nnl. erfhuis.
ERBHEMD, n. indusium heredilate acceptum: dasz es nicht
an segensprechen, geweiheten lichtem, erbhemdern, beschwe-
rungen und rielen andern abergläubischen narrenpossen mehr
liege. Simpl. K. 450.
ERBHERR, m. dominus hereditarius:
mhd. mir waere leit wer tcete den erbherren min.
Wolfdieterich 52;
der selben triuwe du iemer genießen muost,
daj du unserm erbherren als dinem kinde tuost. 2-51 ;
si ist eines suns genesen,
der wol mit eren mac wesen
unser erbeherre. Jrfni 129, 5.
nhd. landesfürst und erbherre. veisth. 3, 384 tgl. 3, 129. 130.
156 ; gott, mache dich auf und richte das land, denn du bist
erbherr über alle beiden, ps. 82, s ;
und ihr solt ihm zu dieser stund
als eurm erbherrn hulden und schwem. Atuk 344»;
F. nur dasz sein Untergang uns beide nicht erdrücke.
Cr. er drücke! wenn mft mir mein todfeind nur erdrückt.
F. dein erbherr! Cr. wider Jen ich gottes schwert gezückt.
Griphics 1, 293;
doch um den mächtgen erbherrn wol verdienen
heiszt saaten in die zukunft streun. Schiller ö2t>*.
ERBHERSCHAFT, f. grundbesitz und dann auch grundbesilzer.
ERBHERZOG, m. dux hereditarius.
ERBHERZOGTHU'M, n. die Verwandlung des geistlichen
Ordenslandes Preuszen in ein erbherzogfhum im hause der
brandenburgischen Hohenstaufen. Dahlmasx fr. rer. 419.
ERRHOF. m. villa hereditaria, allodium.
ERBHOFAMT. n. munus aulicum heredilarium.
ERBHOFMEISTER, m.
ERBHOFMEISTERAMT, n.
ERBHOLZ, fi. ^iVra hereditaria. Stieler S54.
ERBHULDIGU.NG, f. homagium, s. huldigung.
ERBIBEN, MOS erbeben : das erdrich hat sich erbibet.
Melanchthons hauptart. der heil. sehr. terdeutsdU o. j. u. o. W. 50.
ERBICKELN, scalpro effodere, s. die 1,1809 aus Garg. 3l'
gegebne stelle.
ERBID.MEN, tremere, gleichviel mit dem einfachen bidmen
(1, ISIO), mhd. Kb. l.llö", Frisics 1,1327', Maaler lOS": du
gloubsl das ein got ist, wol tust du daran, und die bösen geist
gloubent es ouch und erbidement. Keisersb. selenparad. 106" ;
wenn aber der Schumacher oder der pfifer ire handwerk nit
künden, noch nit gewont betten die zu thund, so wer inen gar
angstund erbidmeten dar gegen. W^iöO'; wenn ein glid von
dem leibe abgescheiden wirt, so erbidmet der ganz leib.
prcd. 112'; das erdrich erbidmet und die stein zerspieltent.
pos/. 2. 95*; aber er todt inen des Stichs nit, sonder gab im
mit seim schwert als harte streich auf seinen heim, das er
im die zene im mund thet erbidmen oder wagen. .4i"mon
k r ; ranten als neidigklich, auf einander, das man bedaucht,
das feld erbidmet under inen, pi'; sein pferd lief wie der
wind, thet auch die erd under im erbidmen. q4'; und fiel
so ungestümiglich emider, dasz das erdrich unter ihm er-
bidmet. buch der liebe 274,1; es musz alles erpidmen und
erzittern. Ha\s Jacob Velr. Regensb. 1525 bogen f; wer solt
nicht erbidmen, wann er sieht, das der kirchenstand eben .
dem israelitischen reich gleich ist? Melanchthons annot. zum
Römerbrief verdeutscht. 52 :
auch hat erbidmet das erdrich. H. Sachs III. 1,220';
man tei die maur zerschieszen,
das erpidmet in der stat. Uulaxd 45^S. Hildebri^id 46;
ich wil schreien, das es als erbidmet. Maxlel s. 428; aber
der geist, der mehr ist als der leib, denselbigen frewrt, der-
selbige erzittert und erbidmet den ganzen leib. Paracelsüs
1,548'; und ist dieses die ursach, dasz ein jeder schusz,
der wider die maur also wagrecht ^ntriffet, am allermeisten
durchaus in solcher mauren gemerkt wird, also dasz er die
mauren gar nahe ganz und gar erbidmet und erweget. Froüs-
perg kriegsb. 2. 26' ; er macht, das die erde erbidmet von
seinem wort. REiszxERJcrjii. l, 89'; in seiner gegenwärtigkeit
hat die erd erbidmet. 2,116'; die erd erbidmet, so der herr
hindurch gehet. 2.117';
die erd erbidmet ser. Nelissus ps. F6';
und rennten
die rosse spornend auf einander los,
so mächtig, dasz die erde unter ihrem stampfen
erbidmete. Wiela;»d l*>, is:
ob sich schlachten widmet
euer brüderheer,
ob die erd erbidmet,
euch (todte) erschreckt nichts mehr. Jon. Chr. F». Dabo.
46
723
ERBIDMEN — ERBIETEN
ERBIETEN — ERßlETUNG
724
Iransilic ßr tremefacere nur in den slellcn ton Paiucelsos und
Frossperc.
ERBIDMEN, n. Iremor: und best ouch kein orschütten und
erbidmen gegen dem tod, wenn er kümnict und dich erle-
digen wil. Keisersberg bt/per 150* ; ein heftig grosz erbidmen.
Garg. 2S5'.
ERBIEGEN, flecfere: ich kann es nicht erbiegen.
ERBIET, n. für gebiet, territorium, sehr selten:
man sagt, das Galorrnn ankomm mit vielen Icutcn,
den könig Agricnii aufs cuszerst zu bestreiten,
der ihm sein königreich und angccrbt erbiet
oho alle billigkcit und rucht wil gönnen nit.
Werders Ar. 23, 126.
tgl. biet 3. erbbiet zu mutmaszen gestattet das vorangeliende
angeerbt nicht.
ERBIETEN, offerre, profiteri, did. irpiotan, mhd. erbieten,
ags. äbeodan
1) die faust erbieten, du band bieten, darreichen: folgenden
tags ritten i. f. gn. gen hofe, allda i. k. maj. i. f. gn. die faust
erboten und sich gncdig erzeiget. Schweimchen 2, 126, wie
es auchhiesz die faust bieten, sein angcsicbt erbieten, zeigen,
darbieten :
die nur mit stummen sitten
und siegelfestem mund ihr angesicht erbieten
wie larven ohne hirn, die tügen nicht hicher. I.ocau 2, 13,
vo dem reim zu gefallen erbitten geschrieben ist, wie auch bei
Ayrer 20S' erbittens für crbietens.
2) ehre erbieten:
damit man uns frauen mag ere erpieten. fastn. 744, 28 ;
ob sie euch mochten ere erpieten. 138, 18;
ein warer demütiger mensch ist allzeit in fürchten, das man
im glorie erbiete. Keisersb. selenp. 12' ; ich habe nie kein
edelmann so unzüchtig gesehen, dasz er für einem frauwen-
bilde hinrilte oder gienge und nicht mit ir redet noch ir
kein ehr erbiete, buchder liebe 2ti3,i; dasz ir jedermann ehr
erbieten solt. 286,2; wir haben gottes gebot, der beiszt uns
die jugcnt zucht und ehre leren und dem alten sonderlich
den priestern ehr erbieten und sich gegen sie demütigen.
LcTUER 6, llo'; giengen sie im grosze reverenz und ere er-
bietende entgegen. Aimon D 2'. vgl. ehrbicten, ehrbietig, ehr-
erbietig.
3) dienst, gunst erbieten : denn solch vertrauen und bei-
fallen ist das recht anbeten und eigentlich der rechte gottes-
dienst, als s. Augustin Icret, welcher keiner creatur sol er-
boten werden. Llther ..,453*. br. 1,598;
da mit man mag frauen dienst erpieten. fasln. 74), 19;
für solich mein müe und arbeit weiten sie mir eer, gunst
hoch erbieten. Eulensp. rorr.
4) Schmach, höhn erbieten: ja im wer leid von herzen,
das es imcr ofenbar (es steht ofembar) würd, was im untreu,
truck oder schmoh erbotlen ist, dar zu ist schweigen gut.
Keisersb. selenp. 9"'.
5) auch zu mehrerm schein seins fürnemens wil er mich
dringen, mein sermon zu erbieten auf crkentnis bepstlicher
beiligkcit. Llther 1, Vi* ; etwas fürzunehmen, das wirdig sei
' e. f. g. zu erbieten. LuTDEBS br. 1,435; tausch erbieten, an-
bieten:
frevelvoll und voll von wonne,
selig im rrbotnnn tuusrhe,
neigt sich die bflliiirte nonne
seinem schönen llcbesrausche. Puten ly.
6) es erbieten, wie es bieten (s. bieten 7), mhd. vi, bieten,
S; erbieten if/ramm. 4,337), urit man die gemeinte sache, nem-
lich Speise und trank leicht hinzu denkt: wer in zu haus lad
und es im wol erbiet. Fhan» veltb. 13.'i'; nach disen reden
gingen sie zum essen, da Ihet ers inen überllüssiglichen
wol erbieten. Aim4jn v4*;
du aber rieht uns zu auf lieint
ein kiiüillcli mal aiilit allcrbp«t,
wann ich wird haben ehrlich gest.
auf da« wir ins erHeu-n wol. il. Sachs II. I, Stf;
das wirs dem adel t-rbii-len wol,
auf da* sie alle werden vul. III. 3, 70*;
weil dann so stattlit-h leut da sind,
mbst wir es ihnen wol erbieten. Atrkr 3H5*.
71 »ich erbieten,
tt) ithne casu*: «ei nicht wie die, so i<ich mit hohen Wor-
ten erbieten und thun doch gar nichts dazu. Siraih 4,34;
warum erbeul sich denn gotl? Luther tischr. 30*; so llyda-
spes uns gnade beweisen wil, wie er sich dann erbeutet, so
sol er uns mit gewehrter band in die statt ziehen lassen.
buch der liebe 219, 4; darnach opfere und erbiete dich weiters
also. Spee g. tugendb. 232.
b) mit dal. der person: so ir die Züchtigung erduldet, so
erbeut sich euch gott als kindern. Ebr. 12, 7.
c) mit gen. der sache: wil ich in dahin bringen, das er
sich des kampfs selbst erbieten nuisz. Galmy 272; wes ich
mich erbütten. Mich. Neander fceJiTiAe» .«. 3; sich alles guten
erbieten, pers. reiseb. 3, 4 ; erbeut er sich aller förderlichen
dienste. BurscnKv kanzl. oo.
d) mit auf: dieweil sich jene auf crkenntnis erbieten.
Luthers br. 3,4^7; und crbielen sich sehr gütig auf hen-
dclung. 5, 771.
e) mit zu:
ich kari mich erpieten zu allen Sachen,
und in dem pctt gar lieblich machen, fastn. 106, 4;
erboten sich zu recht für jederman des ganzen landes. Luther
3, 33. ich erbiete mich zu allem, was du wünschest ;
du sollst vergebens dich zu meiner freundin,
zu meiner Schwester nicht erboten hiiben. Lessing 2, . . .;
er erbot sich zum eide, doch bald besann er sich anders.
GÖTIIE 40, . . .
f) mit dem infiniliv: davon wenn sich einer vor einem
richter erbütet zeschweren, so soll der richter nicht schnell
schweren lassen ... du solt dich auch hüten, das du einen
anderen nicht lessest falsch schweren, da dir einer schuldig
ist, und er erbütet sich das recht darumb zethun, und wil
dir das abschweren, da du wi-vsigklichen weist, das er falsch
Schwert, da solt du in nicht lassen schweren, wann du ver-
derbest sein seel und dein seel. Keisersb. s. d. m. 2l'; Jona-
thas bat auch den könig, das er ganzem Judea und den
dreien vogleien in Samaria und Galilca den schosz erlassen
wolt und erbot sich umb dise freiheit zugeben drei hundert
centner golds. 1 Macc. II, 2S; Beinhart, seine brüder und
Magis, die erbieten sich, behallnus ires lebens, in ewer gnad
zu ergeben. Aimon v 4* ; ich hab mich auch erpotten ....
e. k. maj. und derselben hcusern Osterrich und Burgundi
und iren nachkomen anzuhangen, sdir. landgr. Philipps vun
1547 in Dullers bcilr. s. 95 ;
melir aus galanterio als vom gcfübl gezogen
läszt er vor ihr aufs linke knie sich hin,
bewundert, bedaurt, erbeut sich sie zu rächen. Wieland 4, 129.
s. bieten, anbieten, anerbieten, entbieten, verbieten.
ERBIETEN, n. pro]iosilio, anerbieten, man sagte oß 'des cr-
bietens sein' für sich zu etwas erbieten : so wäre e. k. maj.
gnedigs erbietcns zu fördern und zu handeln. Mei.anchthon
vorr. zur Auysb. conf. im corp. doclr. ehr. B3; mit neigen und
mit allem höflichen erbieten. WigaloL^ Frankf 15G4 s. 2s ; dar-
nach kam die ganze werde ritter.schaft, der wol crbielen und
wirdigs empfahen auch nit klein was. daselbst: ich bedank
mich ewers eibietens. buch d. 1.33,1; als die schöne Mage-
lona des ritters erbieten hett verstanden. 34,1; ich hin auch
des erpietens, so mir anhcim erlaubt wurde, so wolt ich
e. k. maj. gisel setzen. Duller <i. o. o. 95; ich hab mich auch
crpotlen und bin des erpietens u. s. u: elienda : erbielens
(pro])onendo), die memorialia, die er für sich aufgesetzt . . .
zu überliefern. Philand. lityd. 3,15.'.; erbielens, was er noch
in einem Vierteljahr finden würde, dasselbige zu restituieren.
3,156;
ich will nicht fragen, ob Alhall schon
bei dir gewesen, will nicht untersuchen,
ob dich nicht sonst ein argwöhn treibt, mir diese«
erbieten freier dings zu thun. Lks.sinc 2, 282;
denn ein erbieten that ich,
f(tr 1 havc made au offer to his majesty. Henry V. 1.1.
EltlUETIG, promtus, paratus: und seind erbiet ig. die be-
nanten bede notarien unverzögenllich vor/.iislellen. Mki.amch
THON 3,1223; erbielig euch allen alles liebs und guls zu er-
zeigen. WEc.kHKRLiN SM ; ich bin erbietig euch zu diesem
ehrlichen stuck gelds zu helfen. Jucundiss. 74; nölhigen un-
terhalt zu verschallen erbielig und beständig wÄre. Lkibn.
157. s. erbeutig, erbötig, urbietig.
ERBIETLNC, f vas irbieleii: solche ei bietung veracht
man. LfTHER3,3r; diese erliielung sauipl dem Zeugnis ver-
achten sie. 3,33; es solle auch e. f. g. mein arme unler-
thiinige erbietuiig nicht ver«^chiiKihen. I>r. 1, 43.'.; ich hab
euch der il/igeu erbielung gar lieh. Atmon in'; da Alard
725
ERBILDEN — ERBITTEN
ERBITTEN — ER RITTERN
726
seins bruders erbieliing hört, ward er fast erfrewet. gl';
mit erbietung viler eren sprachen sie. Do'; mit erbietung
seiner dienste. Hass Stade a3; der waldesel ward bewegt
von dieser demütigen erbietung. Cyrillus 49 ; ich thue euweren
fürstlichen gnaden demütiglich danken mit erbietung solches
zu verdienen, buch d. liebe 33. 1 ; dazu waren sie geneigt mit
erbietung sie wolten mir morgen um 9 uhr das geld bringen.
ScHWEiMCHEN 1.270; erbietuug dienstlicher angenehmigkeit.
Bltschüy kanzl. 22; erbielung meiner dienste. 23; grosze
erbietungen wurdeu ihm von seilen der verwandten gethan,
aber alle vergeblich. Schiller 737*.
ERBILDEN, effingere, exprimere, darstellen, bilden:
(ihd. ni ward si io in giburti, thiu io sulih wurti,
in erdu noh in himile, thiu ianier sia irbilide. 0. II. 3,10;
mhd. wie gerne ich eeloube,
da? mich ein wärer got
von uitite liät irbilidot. kaiserclir. 2999;
aber diu natftre diu erbildet sich niht in daj bilde des spie-
geis mere. der munt unde diu nase unde diu ougen und
ailiu gestallnisse des antlützes. daj erbildet sich in den spiegel.
EcsHART 6S, 20; da? guot daj sie bekanten und sähen in gole,
daj was so gröj unde s6 verborgen, da; ej sich niht erbil-
den mohfe in irme verstantnisse. 307, 27.
nhd. um keine erklärung, wol aber ein Verständnis, ein
sein im befreundeten selbst hinein zu wachsen und zu er-
bilden. TlECK 4. 75.
ERBIMMEN, irasci, erzürnen, nur einmal gelesen:
acli her got, dich nicht erbimme,
in deinem grimme! Melisscs ps. A3',
auszerdem, so venig als das einfaclie bimmen gar niciä erschei-
nend, man würde zuerst mit Schmeller 1, 175 an zusammen-
ziehung aus erbidmen denken, wenn die bedeutung ton erzUiem
stimmte, doch führt dieser ein nürnbergisclies bims :om, bimsig
zornig an, das verwandt sein musz. wahrscheinlich fiel R aus
wie in stumpf für strumpf, focht für furcht, mader für marder,
fudern für fürdern, fodern für fördern, sp. temblar für tremblar,
alls. linön für lirnon und a. m. bimmen steht demnach für
brimmen und 2, 3S3 haben wir brimmen fremere, 2, 364 er-
bremst iralus, so dasz auch bims aus brims hervorgeht und dem
bremse, bremsen gleicht, s. hernach erbremsen.
ERBIN, heres f., was goth. arbjö hiesz, möglich dasz auch
ahd. dem männlichen erpio eine weibliche erpiä, erpÄ zur seite
stand, und selbst nthd. wäre neben erbe m. ein erbe f. denkbar,
deren flexion ganz zusammen flvsse.
ERBIS, ERBISZ, das schon unter erbeisz und erbesz ror-
getragne wort, sei auch in dieser geslall aufgeführt: embor schwim-
men, wie wurmäszige erbisz in ainem hafen. Keisersb. siben
scheiden cd* ; der ander ist an der grösze gleich einer erbisz.
Forer fischb. 140'; erbisen zum speck mit der auslegung.
Garg. 20'; pillen in grösze einer erbis. Bütschry Fatm. 5S2.
ERBITTEN, exorare, exposcere, goth. usbidjan, doch Rom. 9, 3
nsbida ßr usbidja, ahd. arpitan, irpitan (Graff 3, 56), mhd.
erbiten {wb. l, 173), ags. äbiddan.
1) mit acc. der person, an welche die bitte ergelU, einen durch
bitten bewegen, dasz er gewähre: sind sie aber propheten, so
laszt sie den herrn Zebaoth erbitten, dasz die übrigen ge-
fesze nicht auch gen Babel gefüret werden. Jer 27, IS; ich
bit euch dm-ch gutles willen, das ir mir helfent den keiser
meinen herren erbitten, das er meinen brüdern und mir
gnedig sei. i4ir;ion v 6' ; die herzogin Friedrichen den edel-
mann bei ir zu bleiben erbeten hett. Galmy S4. es heiszt
auch oß: er ist endlich erbeten worden, er hat sich lassen
erbitten, hat die bitte gewährt: Isaac aber bat den hern für
sein weib, denn sie war unfruchtbar, und der herr liesz
sich erbitten und Rebecca ward schwanger. 1 Mos. 25, 21 ;
denn sie schrien zu gott im streit und er liesz sich erbitten.
1 chron. 6,20; er liesz sich nicht erbitten, blieb unerbittlich;
sie läszt sich erbitten;
auch die spröden unsrer Zeiten
können ewig spröde sein,
dennoch ^sagt und glaubet man,
dasz man sie erbitten kann. Hagedor:« 3,56.57.
2) zuweilen ist doch die gewährung unsicher und kann auch
unterbleiben, dann hat erbitten blosz den sinn von bitten oder
ersuchen: der prediger liesz hierauf auch den andern nach-
bar zu sich erbitten. Scriver sedensch. 2. 3()2, d. i. zu sich
einladen, wo wir heute einfaches bitten (zu komiiwn) verwenden;
bald (nennt er) ein dutzend Journalisten, die ihn alle zu ihrem
mitarbeiter flehentlich erbeten haben. Lessixg 1, 245, es braucht
ihnen noch niciU zugesagt zu sein.
3) de» erbeinen gegenständ drückte die mhd. spräche neben
solchen acc. der person im gen. aus:
got der durch alliu herzen siht,
den möbte al diu werlt niht
erbiten eins unrehtes. F&£Id. 3, 17 ;
ein gast, der also späte
und also müeder kumt geriten,
den mac man übte des erbiten,
da; er des nahtes da bestät. Iw. 5S0S;
dd er der bete erbeten wart. Gerh. 1118.
rielleicht haben früliere nhd. schriflcn noch solche gaiitive, heule
sind sie wie beim einfachen bitten (2. 52) auszer gebrauch und
die praep. um wird verwendet: lassent uns den keiser umb
gnad erbitten. Aimon v 6*, gewöhnlicher um gnade bitten.
4) vom acc. der gebetenen person zu untersclieiilen id der acc.
des erbetenen gegenständes (sache oder person), ^eichciel ob er
erlang werde oder nicht.
mhd. si düht, si bete Gahmureten
wider an ir arm erbeten. Parz. 113, 14;
dö Antenor erbat
da? bilde, kerte er gegen der stat
zuo den Kriechen wider hein,
und seite disen fürsten zwein,
das ^r da; bilde hete erbeten, tr. kr. 47627—51 ;
nhd. ich hab das angesicht des herrn nicht erbeten. 1 Sam.
13, 12;
du hast den tod
erbeten, Semelel Schiller IS';
und gern neben reflexivem daliv: sich eine gnade, eine frist
erbitten; die erbetene frist wird zugestanden oder abge-
schlagen; bis er zuletzt, als er sich das schlittenrecht er-
bittet, von der pritsche fällt. Göthe 25,37. soll der um die
Sache angegangne bezeichnet sein, so geschiefU es durch die praep.
von: von dem fürsten eine gnade sich erbitten; er erbat
sich von ihm öftere briefe;
ein thöricht mädchen deine Semele,
die von dem donnerer geliebet, nichts
von ihm erbitten kann. Schiller IS";
ich bin das weib, das hie bei dir stund und bat den herrn,
da ich umb diesen knaben bat, nu hat der herr meine bitte
gegeben, die ich von im bat, darum geb ich in dem herrn
wider, weil er vom herrn erbeten ist (d. h. der herr um ihn
gebeten wurde). 1 Sam. 1, 27. 28. früher galt auch um : das
haben die alten rabi umb gott erbetten nach Christi gebart.
Fra>k weltb. 153'.
5) zuweilen hat erbeten den sinn von losbilten, freibitten:
einen vom galgen erbitten; ich wolle sie verbrennen lassen,
aber sie ward erbetten. buch der lidie 29, 1. wahrscheinlich
auf ähnliche weise zu fassen ist Trist. 26, 2S :
sin angeborne sinne
die wären von der minne
als wilde und alse unstaete,
als er se erbeten haete,
als hitte er sie freigegeben, losgelassen, so dasz sie sich verwirr-
ten, irre giengen.
ERBITTERN, l) cxacerbare, exasperare: darurab hflie dich
für seinem angesicht und gehorche seiner stimme und er-
bittere in nicht. 2 Afo5. 23, 21 ; aber sie erbitterten und ent-
rüsteten seinen heiligen geist. Es. 63,10; gott hat inen ge-
geben einen erbitterten geist. Rom. 11, s ; sie (die liebe) lesset
sich nicht erbittern {schöner gothisch, ni ingramjada). 1 Cor.
13,5; ir veter, erbittert ewre kinder nicht (ni gramjai|) bama
izvara). Col. 3, 21; das du wollest nicht lenger den grim
goltes über dich erbittern. Luther 3, 133'; wie bist du so
erbittert mit gall und essig? Spee tugendb. 270; die Korin-
thier, welche die übrigen erst die Laccdämonier erbittern
lassen, kamen zuletzt. Heilmans Thuc. 74 (bei Jacobi etwas
be-vier: nachdem sie es den andern überlassen hatten die L.
aufzureizen) ;
die Reuilinger, auf unsern glani
erbittert, kochten gifl. Schiller 12*.
2) sich erbittern : Henriettens seele fieng an sich rn erbit-
tern. Woldemar 231 ; von natur ein braver, edler, zuveriässiger
mann, hatte er sich gegen die weit erbittert. Göthk 26, 95.
3) intrarisüiv, exacerbari, mhd. bittern, zornig sein:
noch ihu ich im gar mechtig trang
in meinem bitch, darin ich suiist
• ppschribcn hab von gettes gunst,
ab dem er vn^t erbitteret. Scbade sat. 3,127;
,lie Christen iheten erbittern,
warn wild und topten sehr. KöR-tERs hist. tolkst. 273;
46*
727
ERBITTERUNG — ERBLÄHEN
ERBLÄHUNG — ERBLASSEN
728
alsbald erbittert und erbleichet darüber Bittergroll. Garg.
264*. s. bittern und verbittern.
ERBITTERÜ.NG, /". exacerbalio: freier himmel, bereit lie-
gende Waffen, Wahnsinn im gehirne und im herzen erbitte-
rung kommen dem winke eines fanatischen redners zu hülfe.
Schiller . . .
ERBITTIG, facilis, ivillig. Dasypodiüs 321*.
ERBITTLICH, exorabUis, häufiger gebraucht wird unerbittlich,
inexorabüis : ob er in der zif, da er gewalt und eer gchept
hat, erbittlich, barmherzig und sanftmütig gewesen sie?
Biederer spiegel der rhetorik. 29'; schön leut sind leicht erbitt-
lich. Fischart e/i:. 493 ; der Olympia, die einen neuen reise-
rock und ein flaschenfutter mit wein herbei tra.gen liesz,
verehrete er 50 zechins, welche sich zwar anfänglich sehr
weigerte , dieselben anzunehmen, jedoch endlich erbittlich
war und ihm die band dafür küssete. irrg. der liebe 296.
ERBITTLICH, instanter, omnibus prccibus: ich bedinge er-
bittlich, mir die Vergebung widerfahren zu lassen, dasz ich
seinem angenehmen zeitlichere beantwortung nicht erteilet.
BoTSCHKY kanzl. 109.
ERBITT.MS, /". und also im glauben gehandelt, den berg
in das meer geworfen und alle barmherzigkeit und erbittnus
gegen gott vergessen. Paracelsus 1, 91*.
ERBITTUNG, f. petüio: erbittung eii>es princips, pelilio
principii. Kant 4, 81.
ERBJAGD, f. venatio hereditaria.
ERBJ.\MMER, m. miseria a parenlibus propagata : sie beken-
nen die kleinen gebrechen an der sündlichen natur und des
allergrüszten erbjamers und elends gedenken sie nicht. Jonas
bei Lulher 6. 3Sl'.
ERBKAISER, m.
ERBKAISERTHUM, n.
ERBKÄMMERER, m. der erbkämmerer ritt sodann auf
jene gegend zu und brachte ein handbecken nebst gieszfasz
und handquele zurück. Göthe 24, 322.
ERBK.\MMERERAMT, n.
ERBKAMMERTHCRHÜTER, »».
ERBKAL'F, m. emlio non retrovendenda.
ERBKI.ND, n. heres. weisth. 3, 39. 56. erbekind. voe. theul.
1482 g6'. mhd. üb. 1,818'.
ERBKNECHT, m. servus hereditarius : gleichwie von einer
leibeigen magd leibeigen leut und erbknecht geboren werden.
Jonas bei Lulher 6,381".
ERBKÖ.NIG, m. rex hereditarius, gegensatz von wahlkönig, nnl.
erfkoning:
80 klagts der erbkönig den st&nden,
bitt, das sie rath, muth, faust dran wenden, froschm. Gg4'.
, ERBKÖ.MGREICH , n. im hundertundfünfundsechzigsten
jar kam der könig Demetrius, des vorigen Deinetrii son aus
Creta in sein erbkönigreich. 1 Macc. lO, 67 ; nachdem mir
etliche aufrürer mein erbkönigreich genomen haben, gedenk
ich es wider einzunemen. 15, 3.
ERBKÖNIGTHÜM, n. Dahlmann fr. rev. s. 4.
ERBKOTH, m. sordes infantium recenlium a parlu, erster
auswurf neugeborner kinder, kindspech, multerpech, heidmdreck,
sp. pez, gr. firjxojviov.
ERBKOTSASZ, m. colonus hereditarius, s. das folgende.
ERBKOTTE, m. dasselbe. Moser 6,4 theilt die westfälischen
landeseinwohner in vollerben, hulberben und erbkotten. kott
ist eine bauerhüUe. andere schreiben erbkütlcr. nach SrtJvE
icesen und Verfassung der landgemeinden wurde der halberbc zu
*l%, der erbkötter zu Vj ^nd der maikkötter zu '/» eines vollen
erbes gerechnet, mehr unter kotte.
ERBKRAFT, f. die erbkräfte der groszen mehrheit unsers
adels und die erwerbkrüfte der groszen mehrheit unsers bür-
gerstandes. Pestalozzi 2, 203.
ERBKRANKHEIT, f morbus a porentibus propagatus: die
erbkrankheil der Deutschen, die titelsucht. GOkinck leben
Nicolais 93.
ERBKREI'Z. IS hereditaria. Garg. 226*.
ERRKiCHh/ m.
EKUKCCHhN.i.,, ,i....AMT, «.
ERRKUX, m. som metallica hereditaria. Frisch 1, 230*.
ERBLAHEN, tnlumescere: die wasser des Oucbs durcbgecn
sie und der bauch erplcet sich und die hQf fault und das
weib Wirt zu einem fluch. 4 Mos. 5, 27 nach der bibel von
J4%3, 6S', pulg. pertraniibunl cam aquae malediclionis et in-
Sato veotre cumputrescct femur, bet Litoek dasz ir der bauch
schwellen und die hüfte schwinden wird; das sind die zei-
chen, so die geburt nahet, erblehen, so ist es an der geburt.
RöszMNS Iwbamnu-nbüchlin 15.
ERBLÄHUNG, f lumor: so empfindet sie in iren gemechten
da die bermutter anhebet, empfindliche erblehung und feuch-
tigkcit. RßszLiN a. a. o.
EUBLAND, n. terra heredUaria, erbe im eigentlichen sinn:
mhd. rieh, hcrre, dich und dine muoter, ineffde kint,
an den die iuwers erbelaiides vinde siiit. Waltukr 10,10;
nhd. das sind die fürsten in Edom, wie sie gewonet haben
in irein erblande. 1 3fox. 36,43; und hab Demetriiira verjagt
und mein erbland wider erobert. 1 Macc. 10,52; wann dann
nun unser benachbarter herr ohem . . . uns ganz unverschul-
dter Sachen, ohn einigen redlichen rechtgegründeten schein
iiewlicher zeit hat in unseni erblanden mit feindlichem Über-
fall dürfen ersuchen und verhochmütigen. Garg. 210';
gedenk an dein erbland und deines diensts belohnung.
Weckuerli!« 182;
dasz nichts dan die unbilligkeit
darf ewer erblaml von euch halten (euch vorenlhalten). 545.
ERBLANDSASZE, ot. haben mich zu dem fürsten gegen
dem Brieg absenden wollen wegen des Schuldwesens, dasz
die landschaft solches nicht auf sich nehmen könnte, habe
es aber aus bedenklichen Ursachen abgeschlagen, sonderlich
weil ich kein erblandsasz gewesen. Schweinichex 2, 234.
ERBLANDSCHAFT, f provincia hereditaria: unsere liebe
getrewe undersaszen und erblandschaften vor gewalt und
unbill zu verthädigen und handzuhaben. Garg. 210*.
ERBLAPPEN, contrcmiscere, concidere, dissolutum pendere,
schlotlern :
mhd. rain kunst ist tot erblappen
und g6t in maniges ören niht. Frauenlob 447, 20.
nhd. erst sie mit streichen in begapt,
das im all sein leichnam erplapt
vom haupt pisz zu den füszen. fastn. 1280,
vgl. blappen 2, 66 und plappen bei Stalder 1, 180, der ihm
die bedeutung eines plaudernden, plätscJiernden , anschlagenden
Wassers und dann die von wanken, schwanken, fallen gibt, wir
sahen 2, 141 gerade so in blodern = blaterare ähnlicJie Vor-
stellungen geeinigt, vergleicht man die sonst erscheinenden formein
plip plap plum (Bergmann Walliscr s. 98), blip blap bluni
(Frommann 3, 397), enplipfes und cnplapfes (Helblinc 3, 364);
so läszt sich auf ein alles blippen blap und daraus auf ein
reduplicierendes blappen bliep gelangen, ich nwine auch blippen-
blap ähnlich dem snipfensnapf gelesen zu haben.
ERBLASEN, efflarc, inflare, anblasen, außlasen,
1) ein hin, wann er sein hörn erblest. Kirchhof loendunm.
400'.
2) erz und eisen erblasen m der hülle: roheisen bei streng-
flüssiger beschickung erblasen enthalt viel erdmetalle; es
wurden erblasen bei holzkohle 7000 centner in den hochöfen.
3) geld erblasen durch flölenspicl.
4) erblasen, frigefanre : ich kann die suppe nicht erblasen,
kalt blasen, eine sadie erblasen, mühsam erlangen. Stieler 183.
5) sich erblasen, abblasen, den staub von sicJi abblasen : das
werel etwa auf zwo oder drei stunden, bisz er sich gar aus-
gerüst, cingencsicit. gefegt, in die hiind gespeizel, die stumpf
(slrümpfe) aufgebunden, ausgebürstet, ersteubert und crblasen
hett. Garg. 174". sonst auch wol sich erathmen, nd. sich ver-
pusten: do er sich ein wenig erblasen bet. Ponlus 26.
6) im pari, erblasen = aufgeblasen : aber nachdem er noch
jung aus übrigem glück erplascn und hochmütig was. Frank
Chronik 170* und öper.
ERBLASSEN, pallescere, dasz dii's verbum ahd. und mh^i
unmöglich ist, folgt aus der abwcsenheü des adj.
1) erbleichen, drei stellen aus drr bibel sind schon 2,73 aus-
gdioben ; welche nicht also crblaszt ihrer sünde halben, wie
ich cinzeles hcilgichen erblassen und zittern inusz. Lctukr
5,42';
die göuer selbst waren erblasxt. Fuchi mickenkrieg 1,31 ;
die muttcr i«t crblanzt, ergeuszt ein niccr voll thritiicn,
tie klaget den vorlust. TucHiiiNiNb 41 ;
«rlber die *ti(tt'l
lebn ihr reineres licht wie in sbenddmnmrunK cibJAsicn.
Mr'sins H, 12: ;
«io -' ' ""ul
Iflg er, crblaiite lu ichimmer. Ihm dAu< ii norh
«•,.... .15;
729
ERBLASSEN— ERBLEICHEN
ERBLEICHEN — ERBLEUTE
730
dasz du ja
Tor ihm recht sehr erröthest, liebes mädchen !
•vor wem? erröthen?' kleine heuchlerin,
nun so erblasse lieber. Lessii^g 2, 353;
die natur erblasset,
rings um mich wirds nacht. Götter 1, 235;
sobald vom horizont entflohn
der sonne strahlen heut erblassen. 3, 436;
eine stunde, Luise, wo zwischen mein herz und dich eine
fremde gestalt sich warf, wo meine liebe vor meinem ge-
wissen erblaszte. Schiller 192'; ich weisz es am besten, wie
meine werke gegen meine entwürfe erblassen. Leisewitz Jul.
V. Tut. 4, 4 ; sein inneres erblaszte vor da stehenden schmutz-
seeien. J. P. uns. löge 1, 30 ; vor furcht erblassen ; die lippen
erblaszten ihm.
2) erbleichend sterben: er ist erblaszt; der erblaszte kich-
nam;
die der nahe lod umfasset
haben freilich oft verkündet, was sich fand, wenn sie erblasset.
GaTPUics 1, 57 ;
must andern alles überlassen,
wenn du wirst in dem tod erblassen. Ro>pi.eb 39 ;
endlich schlösse er auf und sähe das schöne angesicht er-
blaszt wie ein weiszes tuch. pol. slockf. ISO; Castrette kam
und bewiese dem erblaszten die letzte ehre und netzte sein
angesicht mit thranen. daselbst;
grausame, die mein Unglück will,
lür dich musz ich noch heut erblassen. Hasedurn 3, 33;
und ohne furcht möcht ich für sie erblassen. 3, "7;
sein letzter wünsch, wenn er erblaszt. Gotte» 1, 228;
lasz mich auf den stufen deines altars erblassen I 3, 2S ; ein
verwandter unsers erblaszten glashändlers. Lichtenberg 3, 20,
ifte man sagt verblichen.
3) sich erblassen, gleichfalls pallescere:
eh ich dich, mein kind, will lassen,
musz der himmel fallen ein,
imd die sternlein sich erblassen
und der mond verlinsiert sein. Erk Hederhort 271.
ERBLÄSSEN, pallidum reddere:
du sprichst, wenns übel geht 'ach solle michs erblassen?*
wenns wol, 'ach solte michs denn machen drum vermessen?*
Fleüisg 276 ;
hier ist der, der dich so sucht
und noch nirgends hat gefunden,
bis er selbst verloren sich.
der so ist erbläst auf dich (gestorben nach dir),
kann genieszen dieser stunden
seines suchens süszen frucht. 346.
ERBLASSER, m. der nach seinem tod ein erbe hinlerläszt,
nicht nur der leslator, sondern auch ton dem ab inlestato geeiU wird.
ERBLASSERIN, f. Stieler 1073.
ERBLÄTTERN, evokere. die bücher erbletteren. M.\.ujüi
los'. Frisics 4SS'. auch erblettlen das.
ERBLAUEN, livescere, blau werden:
ich wil der siben freud mit in spilen,
das in die zeher die packen ablaufen,
das in der ruck vor freuden pleck und erplabt,
sie haben mich nit alweg liep gehabt, fastn. 267, 22.
ERBLÄUEN, liiidum reddere, fuslä)us tundere:
Ich wolt all tag eins Iren leib
mit giioten eipuen flederwisclien •
so rein erpleuen und zuomischen. fastn. 73, 10;
ilein riiden schick mir an die sew (säue),
K das ich dir den palg erplew.
Maaler lOS' hol die forlbildung erbleulen, cicatricare: einen
wol und gilt ding erbleüwlen.
ERBLAUF, m., erbliche ridäung? durch diese lässin {aderlasz)
werden die erbläuf, so das blut vom gestirn empfangen hat,
hingenonunen. Paracelsls 1, 723*.
ERB LEHEN, n. feudum hereditarium. vxisth. 3, S50
EBÜUEHNBAR.
ERRLEHNGUT, n. erblehen.
EHRLEHNSHERR, vt. dominus heredilarius,
EHRLEHNSMAN.N, m.
EHRLEHNWAARE, f s. lehnwaare.
ERBLEICHEN, praet. erblich, pallescere, erblassen, das ahd.
erblichan halte noch, gleich dem einfachen blichan (2, 97) die
hedeutung ton sjilendcre, resplenderCj das mhd. erblichen nur die
lon pallescere, verbleichen:
vil hart er irbleich. fundijr. 2, 2.5 = DUil. 3, 58;
di\ truoc der starke Parziväl
ninder müede lit noch erblichen mal. Par:. 693, 2;
erblichen was sin varwe. Nib. 928, 1 ;
sin varwe was erblichen. 2006, 1;
und nicht anders ist das nhd. uvrt stets privativ,
1) ron» schicinden der färbe gebraucht:
die leublein sein all erblichen. Uhla!H»45;
und da ich nichts ersacb,
ward ich sogar erblichen, gesellsch. lieders. 15;
wie die rose mit Auroren
jetzt im silberthau geboren,
jetzt Auroren gleich erbleicht. Hekoer.
2) vom erblassen sterbender:
er ist erblichen, ligt daniden,
ich glaub warlich er sei verschieden. H. Sachs IIL 3,72*;
nach glücklich eingenomranem mahi
erwägt er seine liebesqual
und will nunmehr durch gift erbleichen. IIagedoui 3,33;
wenn ehemals zu Rom ein kaiser war erblichen.
Wermee s. 63;
und du lagst ein erblichener leicbnam. Voss.
3) abstrad für vergehen, enticeichen:
es höre der Staatsmann des lieds Warnungen,
sobald es die todten erweckt und erblichener zeit groszthaten
tiefsinnig und feierlich wälzt. Pl-ite:» 133'.
ERBLEICHEN, praet. erbleichte, paUere, ahd. irpleichen,
irpleicheta {Gr.iff 3,245), mhd. erbleichen:
von vorhten erbleichen, frauend. 404, 23;
du muost ertöten und erbleichen, tod. gehugde 495.
nhd. lieber vatter, wie kompt es, das du mich nit ansiehst
als vor, und wenn du mich ansiehst, so erseufzest du und
erblaichest ab mir? Keisersberg has im pf. Bb6'; ein bös
gewissen erbleicht ab jedem rauschenden blatt. kluge weise
reden 28* ; der mon ist erbleichet. Maaler lOS';
weichem laster du erbleichtest. Merck ged. auf den mond;
und wie das trübe verdunstet und weicht,
das rotho zum hellsten gelb erbleicht. Göthk 2, 232;
und ein edles feuer röthet
das erbleichte angesicht. Schii.ler61*;
sehn sie nur, wie er dahin geht, ach so hager, so erbleicht.
Kli.\gers th. 2, 217. da uns i und ei zusammenrinnen, bleibt
für den bloszen inf. oder das praes. zwischen erbleichen, erblich
und erbleichen, erbleichte Unsicherheit (so in der stelle aus Güthe).
ERBLEICHUTS'G, f. pallor: als er in künstlich belaubten
pfeilerspiegeln einen mit mondsilber gesättigten wasserbogen
in zurückweichenden erbleichungen millionenmal aufgewölbt
erblickte. J. P. Hesp. 3,234.
ERBLEIHE, f erbverpachtung, ein gut auf erbleihe besitzen.
frankf ref IL 15. 2. 3. 4. 14.
ERBLEIN, n. herediolum, ein kleines erbe. SnEiER 384.
ERBLENDEN, excaecare, ahd. irplentan, irplanta (Graft
3, 257), mhd. erblenden :
ir hänt iuwer kerzen kündeclicben mir gesendet,
diu hat unser här vil gar besenget an den brän
unde hat ouch uns der ougen vil erblendet. Waltbir 84, 35.
nhd. 1) nit soltu nemen die gaben, die auch erblenden den
weisen und umkeren die wort der gerechten. 2 Mos. 23, 8.
bibel 1483, 43', vulg. nee accipies munera, quae etiam e.xcae-
cant prudentes et subvertunt verba justomm, bei Luther denn
geschenk machen die sehenden blind; wir müssen bekennen,
das wir allesampt weit von der lautern evangelischen war-
bcit getretten durch Verachtung der leichten bürden Christi,
erblendet in unserm gutdünken. Luther 2, 71'; so erblendet
er die frawen, dasz sie blind werden. Paracelscs l, 621" ;
darumb wir mit gewalt beraubt sind der materialien und der
regionen und der künsten, die da unser schreiben ganz wür-
den erblenden vom langen leben. 1,834'; wie dann bei der
sonnen ein exempel, also dasz sie erblendt und brennt.
2,380*; so doch gott die lügner in der warheit erblendet.
ckir. sehr. 18'; erblendt, obcaecalus. Maaler 108';
und mir erblendet meinen mann. II. Sachs IV. 3, i"*.
2) weidmännisch erWenden vom hirsch (wie das einfache blen-
den 91: etwan tritt er auch für mit dem hindern fusz, das
ist auch ein gut zeichen und das zeichen heiszt ein erblenden
oder verloren. Sebiz 572 aus Meurer, ^enso bei Becher 3S.
3) tadelhafl für inlr. erblinden: es wer kein wunder, dasz
der riese von seinem kürisz erblendete, also schön glenzet
er. buch d. liebe 14, 3 ; gleich als einem narren, der die sonn
anficht und erblendt dran. Paracelscs 2, 166.
ERBLEUTE, pl, von erbmann.
731
ERBLICH — ERBLITZEN
ERBLÖDEN — ERBLUTEN
732
ERBLICH, hi'rcditariu!:, ererbt: prlilirh gut. iveisih. 3,580;
erblich fcber oder k.illwec, conlmjma febris, erbliche krankheil
durch anscbouwung eines anderen, conlmßo aspeclus. Maaler los' ;
solch straf der siind uiiil erblich giU
ist wol beweret durch die schrift. Scuwarzekrf.ru 157,2;
wenn der fürst seiner söne einem ein geschenk gibt von
seinem erbe, dasselb sol seinen sönen bleiben und sollen
es erblich besitzen. Ez. 46, ir«;
eh uns der sQudcn schinach in Eden erblich ward.
LoGAU 2, 65, 58;
ich halte zwar nicht viel von erblichen geschichtcn,
Jedoch ich will davon, was ich gehört, berichten.
Rost schäfererz, 13;
erbliche armul ; der geiz ist in diesem gcschlcchte erblich.
ERBLICHKEIT, f. Frisch l, 229'.
ERBLICK, Hl. aspeclus: Fibel sagte gleich heimlich beim
ersten erblick. J. P. Fibel 116.
KHBLICKBAR, aspicMis.
ERBLICKBARKEIT, f. jeder blick ist ein thcil der gcsamm-
ten erblickbarkeit einer solchen schlechthin gegebnen weit.
Fichte nnchgel. uerke 2, 461.
ERBLICKEN, l) in der iulransitivbedeutung, die audi das\ ein-
fache blicken (2,117) hal, mlid. refulgcre:
er muost durch not erschricken,
sin junger lip niht tr.Tge
was, da er sach erblicken
ob im diu swert, ich wsen er da niht lopge. Albr. Tit. 5948.
2) transitiv aspicere, conspicere, wie anblicken: ich erblickte
das licht der weit (tcurde gd)oren) am ersten mai;
meine erste handlung,
als ich das licht der weit erblickte, war
ein muttermord. Schiller 243';
euer willc geschehe! und kann ich ein zeichen erblicken
rechter band am wege, so wird die reise gelingen.
GöTUE 40, 33 ;
als er aber nunmehr den thurm des doifes erblickte. 40,284;
als mich das mädchen erblickte, so trat sie den prerdcn ge-
lassen
näher und sagte zu mir, nicht immer war es mit uns so.
40, 245 ;
kaum erblickten ihn meine äugen, so flog der vogel weg;
ich erblickte nichts auf der stelle.
ERBLICKUNG, f. conspeclits : der mann blieb bei meiner
erblickung verwundert still stehen. Wieland 2S, 106.
ERBLIEBE, /. da er ohnehin von den fünf treffern der
menschlichen erbliebe nur einen, den vater und keine mutier,
keinen bruder, keine Schwester und kein kind gewonnen.
J. P. TU. 4, 106.
ERBLI.NDE.N, oculos amittere, caecari,
1) im eigentlichen sinn: von dem glänz und Schimmer er-
blinden; er erblindete von dem anblick des schnees^ vom
schauen in die sonne.
2) bildlich: der edelstcin war erblindet, halle seinen glänz
verloren; das glas, das fenstcr ist erblindet; die schrift er-
blindet, erbleicht;
sie haben nicht die linden
eebrochen, die noch wehn,
und nicht gemacht erblinden
die schrirt, die noch zu sehn. Rückert 195.
3) obcaecari slultUia, mhd.
wie möht er »ö erblinden,
da; er anbelle diu ahgot? pfaffenleben 153;
nlid. uf irdeseh ieder narr erhiindt
und sucht sin Trend und tust darin. Rrant 66, 127 ;
noch ii<l er gleich darob erhiindt,
eigens verderben» iilt cntplindt. II. Sachs III. 3,7t';
•ol merken all mein hoffresind,
das es im brachte {luxuria) nicht rrplind. 111.3,73*;
da sähe er von den höchsten und kleinsten, dasz Rie alle
genirinlich in Unzucht öfTentlich und in aller unkenschbeit
erblindt lagen (egli trovü dal inaggiorc inlino al minore ge-
ncralmentc peccare in lussuria). Hucc. l,2o'; da Machumet
des Volks torbeil, das ab im also erblindet war, Temam.
Fra.ik wetlb. IIH*.
ERBLINDLNG, obcaecatio.
ERBLING, m. hrret, voc. th. U8J §6*. Frisch 1,529' und
bis auf heilte, hnnnöv. gesHzu. I<»40 1, 83. sidie crbcüng.
ERBLITZEN, fulfre, <irintUlnre :
di« uniin I
in di.'imntj'
erbliizi di<.
■Mfid
■ «NTin;
farbig erhiitzct der edelste stein. Cötuk 4, 141;
und wie auch von oben es zackit; crhlilzt,
wird woge nach woge von unten gespritzt. 41, 170.
ERBLÖDEN, eiubescere, vereri: erblodest du dich nicht, mir
so etvvas ins gesiebt zu sagen?
vor den süszen reden
musz ich erblöden. Rottmanns lu.it. pocl 295;
doch er erblödete nicht der rossebändiger Tydeus. //. 4,397;
al.<o wandelten beide durch gr.ns und hlumige kräiiter
langsam; grillengeschwirr w.ir riiicsher, und wie erblödct
sannen sie, scheu zu begegnen dem blick und redeten wenig.
Luise I, 112;
weg gieng er nun erblödct,
ich arme blieb allein. Voss 6, 73.
vgl. entblöden.
ERBLOS, ist doppelsinnig,
1) exhere.i. ]irivatiis heredilnle, ohne erbe, ahd. aripilüs, erbilös,
bei N. erbeiös: tuo sie erbelös = nim in da/, erbe. ps. 5,11;
die ßr fillet {die söhne die der valer züchtigt), die ne tuot er
erbelosc (die enterbt er nicht). 102. i;t. arbeö laos im Hilde-
brandslied ist mit dem gen. pl. arbcö =*= goth. arbje gebildet,
v'ie schon Grafk 1, 405 einsah, bedeutet also ohne erbe, nicht
ohne erben {tcas arbeonö laos sein würde), diesem ahd. erbilüs
entspricht alln. arflaus.
2) mhd. aber drückt erbclös aus orbus, sine prole, ohne erben :
die wertin die cröne
dem riehen enclösen man. Rother 1919;
so blihet min riebe erbelös. En. 220, 39;
o we daj din lanl
von dir nu erbelösej lit. klagend";
si wänden hüben erbelös (kiiulerloi). Eracl. 70.
desgleichen nhd. nu waren sieben brüder, der erste nam ein
weib und starb erblos. Luc. 20, 2k. 20 ; sich zuthim zu den
allen erblosen leuten. Frank 40; die guter werden iren herren
wol finden, so werden die kinder ir wesen und bescheid
haben, du darfst nicht gedenken, dasz dein gut erblos werde.
Pctr. 217'; Stieler 1179 hat crblose guter, bona vacanlia, crb-
lose Verlassenschaft, hcredilas jacens;
wer ist kindlos und erblos
ganz abzusterben nicht verdrossen? Weckherlin 499;
erblos und ohne kinder, die mich liebten. Tieck 1, 214.
3) erblos, bei Maaler lOS' intestatus, on erbsatzung gestor-
ben, des sich niemant entbeut erb zi"i sein.
4) erblos, unnütz, unlaugend? pfü, wann das er reden
kan, er bedeuchte mich ein erbloser schlauch sein. Stein-
HöwEL Esop 1555 bl. 3'.
ERBLOSUNG, ERBLÖSUNG, f jtis retradus, ndherrecht.
Stieler 1180. 1181, wo erbe wieder hcredilas, erbgut.
ERBlOSZ, n. sors 'hereditaria, was oben als ursprüngliche
bedeutung von erbe angenommen wurde: wie er den bürgern
der freien gemeinde von den landschaften, welche sie mit
ihrem blute dem gemeinen vaterlande gewonnen hatten, erb-
lüsze anwies. Niebühr 1, 406.
ERRLÜGNER, ni. erzlügner, dem die lüge angeboren iä.
ERBLÜGNERIN, f. Pestalozzi 2, 50.
ERBLÜHEN, efflorcre, efflorescerc, mlut. eiblüejen, crblüegcn :
do erblücle ir liehtiu varwe, dö si diu mirre rehte berant.
Ath. 2;«y, 4 ;
nhd. noch köstlicheren samen bergen
wir traufriid in der erde schosz,
und holTen dasz er ans den sargen
erblühen soll zu schonerra losz. Schiller 79*;
ein rosenstöckchen früh erblüht
ist über nacht erfroren. Röckert;
ein voller mund, erblühte wangcn,
die unterm schmuck des turbans prangen. Göthf. II. II.
ERBLUTEN, exslillnrc. ausbluten, verbluten: beschneid dem
pferd den huef, lasz crblueten. Selter 307; wann ein vieh
schmalweidig ist, so bab acht, die obren werden ihm kalt
und sind als v^ilreii sie inwendig r.'iudig und sehen schier
als wilren sie gefroren, schneid dem ros oder vieh die obren
voriien ein wenig ab und schlag es mit einer hiislinen ruiben
auf die obren, dasz es wol erblutc u. s. w. kun.slbiichlnn n' :u; ;
des zeug i.st llöchsicd, dort wo die dunkle scblachi
noch donnert, wo mit edlen Itritanniem,
eli.'irh wunlig ihrer groszon vtier
Iii-ui^i'hc erblutolen oder siegten. Klopstock 1, 9%,
tpdler geändert in:
tieuucho dem Galller flucht geboten;
Iron.niitt.-
diT monschheil haut du '■■'
und unser dank nicht >l.i: Kh.
C*M ' Chriilui I, U,
733
ERBMACHER — ERBORGEN
ERBOSEN — ERBÖTIG
734
ERBMACHER, m. testator. Stieler 1193.
ERBMACHT, f. jurisdiäio hercdäaria, successwum regnum.
SnELER 1204.
ERB'MANGEL. m. ritium natieum hereditarium, trbfehkr. an
fferden unlersclieidet man erbmängel ron hauptmängeln und
geringen mangeln,
ERBMANN, ni. 1) freier erbe, crbgenosz.
2) colonus, erblicher diensimann, r^. iL rab:
mhd. ich het im leides niht getan,
pr was für war min erepman,
er was mir heinlicb, ich im holt,
mit dienst het er da; versolt,
da; ich gein im was valsches vri,
er was mir zallen ziten bi,
er dient mir sus, er dient mir so,
ich was sin ofie bi mir vrö.
Lichte:<stei53 frauend. 537, 19.
nM. erbmann oder paumann. enifJiyteota. roc. 14S2 gC*.
3) hcres legitimus. Stieler 1234.
ERBMANNLEHEN, n. feudum hereditarium.
ERBMARSCHALL, m. Göthe 24,323.
ERBMASSE, f.
ERBMEIER, m. colonus hereditarius.
ERBMEIERGLT, n.
ERBMÜHLE, f. mala heredüaria.
ERBMÜLLER, m. moiitor hereditarius.
ERBMIT, m. animus ingenuus.
ERBNAME. m. nomen gentililium: es ist ein erbname in
der trümmerischen familie. Götter 3, 171.
ERBNEHME, m. heres, der das erbe nimmt, goth. arbinumja,
ahd. erpinomo, mhd. könnte erbenom und erbenem gegolten
Itaben, slelm aber nicht zu gebot; nnl. erfnaam M/irf erfgenaam :
indem sie das leben ihrer gekränkten dienten und derer
erben und erbnehmen beschützen, causenmacher vorr. ; denn
ihr fang war noch immer so ansehnlich, dasz um den tau-
sendsten theil die ganze honette gesellschaft sowol für sich
als ihre erbnelimen auf alle vergangene und zukünftige Sün-
den vollkommenen ablasz erkaufen konnte. MUnchhausens
reisen 102. andere ausgaben haben erbnehmer.
ERBNEHMER, m. dasselbe, in späterer form. Kant 5, 102
erklärt zu enge heres instüulus, da auch der intestaterbe die erb-
schaß nimmt, vielleicht aber nannle man hin und triedcr diesen
erbe, jenen erbnehmer. nach seinem fode können seine erb-
nehmer sie verhandein. Weise ludredner 4S4. Stieler 1359.
ERBNEHMERIN, f. erbin: ein frischgelegtes ei, welches
als Zuwachs der Verlassenschaft der erbnehmerin sehr will-
kommen war. McsÄLS.
ERBNOTH, f. Vitium avitum. Stieler 1337.
ERBNLTZLICH : ihm und seinen nachkommenen ewiges
bestands erbnutzlich. Garg. 21S'. s. das folgende.
ERBNUTZUNG, f usus hereditarius: ubergeb ich ihm die
freie erbnutzung der meierei. Garg. 21S'.
ERBOCHEN, e/fodere, aufscharren, auf pochen : ich geschweige,
das man dise neue ketzer dulden solle, welche uf nichts
anders umgehn, dan das sie das ganze fundament des römi-
schen stuls zu giund richten und mit irem Paulo, Isaia und
Jcremia vil erbochen wollen, was fretten sie sich lang?
bimt^nkorb 12'; alles erbochen, eadum lerrilare. Deszler 96.
s. bochen 2, 199.
ERBOHREN, forando aperire: es gelang ein braunkohlen-
lager zu crhohrcn ; zwar hat Preuszen jetzt nicht nöthig, sich
nach salz in solcher tiefe zu bemühen allein es geht doch
daraus hervor, dasz im königreiche gewis dergleichen zu er-
bohren sein würde. Göthe an Zelter 68S.
ERBÖRDTHETLING, m. der enlstelUe name eines apfels,
deren viele auf -ing und -ling gebildet verden {gramm. 3, 376) :
von obsz kleine öpfel, als erbördthetling, die nit zu vil fruchte
haben. Gebsdorf 20. vielleicht erdbeerapfel ?
ERBORE.N, genitus, $. erbären $p. 700. luer noch ein fMar
stellen: vun einer muter gleichs geschlechts und glaubens
erborn. FfiA>K ueltb. US'; Willegisus von einem wagner in
dem sächsischen dorf Stroningen erborcn. Zinkcb. apoplith. 2, 22;
Sofia, Schäferin, an tugend, tier und adel
und aller irenichkeit erboreo ohne tadel. Fume 1S5.
ERBORGEN, vas borgen: erborgtes geld, erborgtes gut,
erborgte worte, voces alienae; dieser prächtige Vortrag schickt
sich besonders an gewisse stellen in den tragödien, deren
begebenheitcn aus den fal)elh3ften zelten erborgt sind. Lessing
4, 197; der mond bat kein eignes, sondern ein erborgtes licht.
ERBOSEN, sich, irasa, böse uerden, zürnen, erst in der
andern hälfle des 17 jh. aufgekommen und bei Stieler noch
fdilend: sich über etwas erbosen, pers. rosenth. 1,4; wird er
theils wegen argwöhn, theils wegen verdacht der conspiration
erboset. 1,45; zumal da Rosgen {Röschcfi) ganz erbost auf-
fuhr, brautsuppe i6'9 3'; es berichtet ein gelehrter mann,
dasz alle teufel in der hölle zittern und zagen, wann man
die glocken zur kirchen läutet: v*ie viel mehr müssen sie
zittern und beben, erbosscn und erschrecken, wann sie müs-
sen sehen, dasz der herr sich im abendmahl mit seinen
Christen verbindet. Scriver selensch. 1,515; das ist die art
der kinder gottes, sie lassen sich durch die bitterkeit und
bosheit ihrer feinde nicht erbittern und erbossen. 1, 779 ;
solche drachen schauete man an bemeldlen reuterfäbnlein
so künstlich gewirkt, das der leere Schlangenkörper, wenn
der wind zum maule eingieng, aufschwellete wie an einer
erbosten (gedr. steltt erborsten) schlänge. Bctschkv I'atm. 90;
erboster schlusz des himmels, der mich zwingt,
ich soll mein herz von ihrem herzen tbeileo.
RoTTiAKKS lustiger poet 301 ;
komm, lasz mich in dem mörser stoszen,
komm, flicht die ^liedcr um dein rad,
was gills? du solt dich mehr erbossen,
wenn keine marter Wirkung hat. GC'xthkr 203;
ein andrer sei erbost, ich musz gezwungen lachen. 414;
sie droht nur und droht nur, sie will sich erbossen,
sie stemmt sich den angrif zurücke zu stoszen. t)2S;
ich bin, so bald sie mir die scbüssel gleich nur weiset,
von dem geniche satt, und zeig ich mich erbost,
dasz es der leller fühlt, so faszt sie gleich den trost
und spricht wie jener koch, •versuche nur und lecke,
hat es das ansebn nicht, so hat es doch die schmecke.' 9S0;
als einer unter uns den andern liebgekost,
wenn ihn ein tag vermist, der neid war sehr erbost. 1025;
das herz hat dich verdacht, die band hat dich verstoszen
um wider sich den arm der räche zu erbossen. 1046;
Pluto erbost sich sehr darüber, dasz die geister sich die
Seelen rauben lassen. Wieland 26, 1S9 ; nur einer hat das
imglück den erbosten feinden in die bände zu fallen. 6, 294 ;
nein, heute ist mir das glück erbost! Göthk 2, 247;
es schreibt mir einer: den vergleich
von Deutschen und Franzosen,
und jeder patriot sogleich
wird heftig sich erbosen. 3, 164;
mein vater ist genug schon über dich erbost. 7, 50;
da begann der kater erbost zum wolfe zu sprechen. 40,64;
hört wie sie sich voraus erbosen,
blecbklappernd an einander stoszen. 41, 274;
was hilft es, dasz die feindin sich erbose? Rcciert305;
ob ich lächle drüber oder mich erbose. Player S5,
nun mag dein schwert sich wider mich erbosen. 192;
der grimmig winter sich erbost. Mörike der alle itiurmluthn ;
blutgierig all, der religion erbost. Tieck 1, 22S;
denn die menschen und die wölfe erbosen sich im frost-
w etter am stärksten. J. P. Siebenk. 1, 15. die meisten belege
zeigen nur das reflexivum, es ist aber auch ein transitives erbo-
sen, böse machen, erzürnen statlhaß: am meisten erboste ihn
Victors weigern. J. P. Hesp. 2, 74 ; was unsem medicus am
meisten erboste war, dasz sie dem feinen und dem wol-
riechenden narren ihr die band zu küssen erlaubt*, ihm aber
verbot. 2,160; denn sie glaubte, wenn man ihn erbose und
nicht bezahle, «. s. v. uns. löge 1, 60 ; er war fürchterlich er-
boset, flegelj. 1,8; er war unbeschreiblich erboset. Ti/. 1,94.
erbossen oder erboszen zu schreiben ist ein fehler.
ERBOSUNG, f das zornigwerden: ich redete und dachte
mich immer tiefer in die erbosung hinein. J. P. ; zom ist
ein herliches abführmittel der belrühnis, daher legier ich
künftig meinen erben , die mein tod zu sehr kränkt , das
mittel dagegen, erbosung über den seligen, utis. löge 2. 147 ;
ich merkte das den augenblick, da ich geboren war, und
v\ollte vor erbosung wieder in den alten bartstern iiinauf.
palingen. l.xwtu; er sehe nun gar zu gut voraus, wie ihm
künftig Walt eine erbosung nach der andern Tersalzen werde
durch sein überzuckern, flegelj. 1, 147.
ERBOT, n. bei Steinbacb i, 165 m. anerbieten, gebot, vgl,
anbot^ aufbot:
er selbneunt im erbot, nur mehr vom loste begünstigt.
Voss.
ERBÖTIG, was erbietig: in allem ungespart leihs, guts und
lelx-ns aufs unterthenigst willig und erbütig. churf Johann
bei Luther 5, 32' ;
735 ERBPACHT — ERBRECIIEX
wir haben dis vollbraclit
was eine fürsiin soll, was eine frau in maclit
und muiter liat in trew crbötitr noch zu wagen.
Grtphius 1, 109;
herr kaiser, grosz hab ich so eben nichts nöthig,
doch seid ihr im ernst mir zu gnaden erbötig,
so will ich mir bitten zum ehrrichen lohn
für meinen hochwürdigen hcrren pardon. Bürger C7*;
must das den herren überlassen,
dies zu erweisen sind erbötig. Göthk . . .
ERBPACHT, m. empiiyleusis : in erbpacht geben, nelimen:
auf dieser weit, wo keiner
die verdi^eszlichkeit in bann
und die ffeud in erbpacht nehmen kann. Gökingk l,i;i;t.
ERBPACHTEB, ERBPÄCHTER, «j. conduclur pen>etuarii,s.
ERBPACHTGELD, n.
ERBPACHTGUT, n.
ERRPACHTHERR, m. herr eines erbpacfäguts. der es rerlcüd.
ERBPFERDNEB, m. besilzer eines bauerguls, auf dem nur
ein pferd gehalten werden kann.
ERBPFLICHT, /". obligatio hereditaria, juramenlum sübjeclionis :
er {Luther) hat allozeit klar also gcsclirieben, das die lieilige
taufe die ganze .«schuld und erbpflicht der erbsünde wegnimpt
und austilget. Jo.ws bei Luther 6,383";
und das der hauptmaa
dardurch vergisset sein erbplliclit. Atrkr23';
sobald ich mein sach hab verriebt
rail der underilianen erbpflicht. 352';
der erbpflicht eisern joch,
ein höllenhciszer cid,
wirkt knechtisch treu und pflicht,
doch keine Zärtlichkeit. IIagkdorh 1, 36.
ERBPOCAL, VI. poeulum hereditarium. Göringk 3, 62.
EBRPBINZ, tn. ßlius regis, lieres regni, schw. arfprins, dän.
arveprinds.
EBBPBINZES, ERBPRINZESSIN, /: fiUa regis. GöTnE32,-0.
in dem letzleren ist das weibliche geschlecht zweimal, durch roma-
nisches -esse und deutsches -in bezeichnet, wie in abtissin, doch
niemand sagt cnntessin, maitressin slalt comtesse, maitresse.
ERBRALLE.N, percrepare, erschallen. Maai.er lOS'. siehe 2. 292.
ERBRANDE.N, wie branden:
ich höre fern das ungeheure mcer
an seine ufer dumpf erbrandend stoszcn. Schiller 498".
ERBBAN'DSCHATZEN , sub comminalione incendii impelrare:
denn wir versichert, was wir von den ständen, so sich i. 1.
einigung halben widersetzen würden, müchlen uns zu guten
erlangen, erbrandschatzen oder in andere weg bekommen,
dasz uns dasselbe gelassen werden solle, schreiben des markgr.
Albrecot von Brandesülrc von 1553. Ranke reform. 1, 301.
ERBBAUCHSEN, s. erbrausten.
ERBRAUSEN, obstrq>ere :
da auf erhuli sich ein südwind
<0 gewaltig stark und so geschwind,
dasz es im wilden wald erprausl. H. SAcas . . . ;
und von der sprachen unverständlichem
gemisch verworren dumpf erbraust das laper. ScnaLRR 450';
dumpf hört er die wellen erhraMsen. Körner 1, 306;
da sieh, es nifen tausend nun und tausend
'Jerusalem!' in frohem grusz erbraiiscnd.
Gries iiber*. von Tatto Jer. 3,3;
bei diesem icblag, so lürchterlich und wild,
fTihlt Roland ohne masz den zorn erbrausen,
und wie die wut in seinem busen schwillt,
fuhrt er beidhandig einen schlag mit grausen.
Griks liqjardo 2, 25;
«n Urquell der Jugend, der da erbrauset in seiner kraft.
Brm?«A br. 2, 3t6.
ERBRAUSTEN, aternutare, von pferden, s. brausten 2,330:
nünb Ralz in den mund, lasz also darinnen zegithen luid speis
(lyM es) dem ros alsdann in die baide naslodicr, bis es sich
erbrauchRt {so, und kaum verdruckt für erbraust, sondern ron
rjn«^ nebenform erbrauchsen). Sebter 22»; wo es {das ros)
dann das kützeln in der nasen nicht mehr erleiden kan, so
erbraust es sich. 3S7.
ERBRECHBAR, e/fringibüU.
ERBRECHEN, effringere.
II tr. ein Ihor erbrechen, aupirechcn ; einen briefcrbrerhen;
ein bein, einen knoclieii erbrerlien, um dat matk zu saw/rn :
derwegen erbrecht ila« bein fleiszig durch genaw snrgfüllige«
le»en und »äuget daraus lias sub«tan(ialiscli weseiilirh mark.
Garg. 72'; «per brechen: ich hab im lurnier oder Rchar-
mützel zcben reniii>{>er erbrochen. 17(i'; erz auf einer neuen
ERBRECHEN— ERnREICII
73G
klufl vor ort erbrechen, vgl. anbrechen, anbnich; die reben
erbrechen, im frnhjahr ausbrechen, ihr ersles laub ausbrechen,
surculare, pampinare. Maai.er lOS'; item die rehcn schneiden,
reinigen, abwerfen, erbreclien. Spangexb. aller weish. luslg.
s. 112.169; den 7 mai soll man brechen, woll wesciien, reben
erbrechen. Fischart groszm. 108; die lange weile brechen:
dein langweil allhie zu erbrerhen
mit jagen, rennen und mit stechen. H. Sachs IV. 2, 7*.
2) reflexiv, sich erbrechen:
a) vomere, kotzen, sich den mögen erbrcclwn: der magen er-
bricht sich mit gewalt. Maaler 108*; ich mag kein speis
nicht mehr behalten, ich erbrich mich stets, seh. und ernd
1550 cap.iu. 1555 cü/). 433 ; sie hatten giftige schwümme ge-
nossen und erbrachen srch alle.
b) erumpere, von licht und flamme:
wie schöne sich die vlamme erbrach, pass. IL 191,43;
wie sich ein schöne lieht erbrach. 195, 24;
ein solch gcluchte sich erbrach
von sinen ougen'her ab. 304, 19.
c) gloriari, sich lierror thun, se effcrre.
und tu dermit vil hoher trit,
erprich mich vor in allen. Uhland 644;
doctor Murner, wie ich bericht,
hat aber ein nacht geschlafen nicht,
zwei neuer büchlin zugericht,
dazu er sich fast hoch erbricht. Llther 1, 393";
wie sich der gemeine man so hoch erbricht;
denn der bawer sich erbrochen hat,
wenu sie kommen zu mark in die stat,
fragen sie uuch dem besten wein.
CoNR. Hase vom lauf der weit, stellt auch in
Schade snt. u. pasq. 1, 166. 167 ;
aber etliche sprachen haben sich herfür erbrochen und nem-
lich die zum liegen am meisten geschickt sind, halten die
hülTarl gesucht. Paracelsus chir. sehr. 171*.
d) von der sich brechenden luß: das sich der luCt an einem
gebirg vorhin abstosze und erbreche, ehe dann er in die
statt komme. Fronsp. kriegsh. 2, 32*.
e) sich losmaclien: ich habe aber niemals Inst dazu (zur
muminerci) geliabt tmd mich davon erbrochen. Schweinicuex
1, 109. , vgl. entbrechen.
3) intr. rumpi, ruere: wie wenn ich gang zu denen, die
sprechen: was ists wenn jetz der himmel erbrech. Terenz
1499,81' (Hcautont.)
ERBBECHEN, n. 1) effractio, erbrechen des thors, des ker-
kers; erbrechen der reben, oculatio.
2)vomUus: das erbrächen gstellen, inhibere vomilus. Maaler
108*; wider das erbrechen, undüuen und kotzen der jungen
kinder. Tabern. 390 ; das schwarze erbrechen oder das gelbe
lieber; die politische und kritische revolution ist ein erbre-
chen, das noch fortführt, wenn nichts mehr da ist. J. P.
Kalzenb. 1, 73.
ERBRECHT, n. l) jus hereditarium: lieber, keuf meinen
acker zu Anathoth, denn du hast erbrecht dazu, mid du bist
der nechste, lieber, keufe in. Jer. 32,8; in bester form erb-
rechls. Gar§. 218*;
nicht erbrecht noch gehurt, das herz macht grosz und klein.
Hacepor;« 1, 14;
das erbrecht auf ein kOnigreich. Klincer- l, 360.
2) zuweilen für erbe:
und köndcn dieser pnad unschülilich reichen schätz
ihren kindskindern auch als ein erbrecht verlassen.
Wkckhehi.in 219;
auf die nachricht, dasz sich Richard von York lebend in
Brüssel befmde und sein erbrecht zurückfordere. Scihlier 675*.
3) für die lehre vom erbrecht: der professor trügt diesen
wintcr das erbrecht vor; pandekten mit einschlusz des erb-
rcchts.
ERBRECHTIG, vererblich, dem erbrecht uiüeriiegend : doch
Wirt das erfordert, das der kUnig erhlo» imd kein kind habe,
damit nach seinem lod das reich nil erbrechtig werde. Frank
wellb. "H*.
ERBRECHTLICH, jMre lureditario: die enlschuldigung hat
der sataii dem ersten weihe eingegeben und von ihr ist sie
erlirechtlich auf alle Adamskinder gefallen. RrrscnKT 4<inW. 111.
ERBRECHUNG, f der reben, pampinatio.
ERBREICil, n. re^num hereditarium, entgeyengfselit dem wahl-
reich :
und dir
der sich den guien '. verkRUfX
■ein Vaterland, iln« «i . mut nhnnn. ScMtLLRn 4A2*.
737
ERBREITEN — ERBRCLLEN
ERBREITEN, l) pandere, exkndere, erweitern : die natur will
ausznen scheinen, gesehen sein und erglesten wie ein pfau,
der seinen wadel erbreitet. Keisersb. frei. 53*.
2) sich erbreiten, dilatare se:
so weit sich die erbraiten. MELisscspf. A4';
wie der rauch aufsteiget, sich erbreitet und widerüm ver-
gehet. BcTscHKY Palm. 69 ; so erbreitet sich alles in gedeih-
lich gutem aufnehmen. 355; so wird solche sünde von uns
gefodert werden, wie auch die daraus erwachsen und sich
erbreiten. 378 ; da andere künste in engen schranken allein
in gewissen stücken dienlich sein, so erbreitet sich die
druckerei an alle ort und ende, in alle stände und ämter.
kauzi 407. Rädlein 246*.
ERBREITERN, frequeniat'iv des vorigen: ich erhöher und
erdicker das haupt nach der selten, danach erpreiter ich
das fürsichtig haupt C*.
ERBREITERUNG, f. dilatatio: erbreiterung seines namens.
ScHERTLixs br. 58 ; erbreiterung ew. k. mt. lobs und rums, ver-
irarunp/onJ^. Wilhelms 1552 a 3"; zu erbreiterung gottes ehre
und zu erquickung der gewissen. Albrecht an Melanchlh. s. 197.
ERBREITUNG, f. dasselbe, ausbreitung. Rädlei.n 246'.
ERBREMSEN, infremere: ein sehr gioszes wildes schwein,
welches . . . mit greszlichem gesiebte und vollem lauf ganz
erbrempset wie ein wetter herein gewüscht. Sp.\ngexberc
jagleufel S2'; begierig und erbremst. Harnisch aus Flccken-
land 67 ; ergrimmt und erbrembst. 148 ; zornig und erbremset.
218 ; männer und weiber, welche anfangs heftig zitterten und
sich folgends also erpremsten, bis sie dahin fielen und als
in Ohnmacht lagen. Praetorii tceltbeschr. 2, 88. rgl. erbrimmen.
ERBRENNEN, 1) incendere, entzünden, entbrennen: wenn
dich also zorn ankumpt, so still dich selber mit Vernunft
und betracht die unussprechliche, gütige, sanftmütige und
alJererbranteste lieb Jesu Christi. Keisersb. bilger 17'; wenn
so vil sie mer erbrant sint und desglichen enzündt werden
von dem füer der hitzigen lieb zu got. 33'; durchglest und
erleuchte uns mit dem ewigen gotlichen Hecht und erbrenn
uns mit ewiger frolicher lieb. Hans Jacob Velr e' ; entzund,
erprenn, erman, erinner und lere mich. cc2'.
2) inlr. incendi, inflammari: der könig von zorn in seinem
angesicht erbrann, buch der liebe 245. 3 ; wie soll da gottes
gerechter zorn nicht über uns unausleschlich erbrennen?
Geo. Scherers kunst und wundsegen. H3; du wollest einst
die Deischlich verführischen Wollüsten in betrachtung der
daraus erbrennenden ewigen pein bei dir dämpfen. Bltschky
kand. 746;
all derer angesicht erbrandte ^ar vor liebe.
Brehie L4' {ßr erbrann).
heute ungdiräucMdt, warum aber sollte sich niclU sagen lassen
das feuer erbrennt = entbrennt? s. erbrinnen.
ERBRICHTER, m. judex hereditarius.
ERBRICHTERAMT, n.
ERBRINGEN, perfic^e: einen beweis erbringen, vollführen.
ERBRIMMEN, infremere, die organische form für nhd. er-
bimmen :
mhd. e^ bei^, e^ kratzte in und erbram,
und schrei in gröjem grimme
sin an geborne stimme. GA. 3, 267. Haupt 6, 181.
ERBRINNEN, incendi, besser als inlr. erbrennen, Maaler
108' schreibt erbrünnen, anghon wie ein feür, inardescere ;
sobald die herzogin des ritters zukunft vememmen ward,
alles ir geblüt rn freuden erbrinnen thet. Galmy 90; als ob
das meer ganz von glast erbrünnen. Forer 5';
ei was will nun berinnea
so lartes gartenBlut?
die blattlein gar erbrinnen
von heiszer sonnenglut. Spkb Irutzn. 72(78);
wan thust in zorn erbrinnen? g. tugendb. 35.
ERBRITTER, m. eques jttdiciarius. Stieler 1601. Frisch 1,230\
ERBROMMEN, fremere, murmurare, von bienen:
ei da, sie schon erbrommen,
zu reld sich stellens ein,
stark rühren sie die trommen
die gelbe kriegerlein. Ske fnttzn. 117.
könnte auch parf. präl. von erbrimmen sein.
ERBRUCH, m. effrarlio: der erbruch eines ladens; bei
dem erhnirhc dieses blattes. J. P. flegelj. 2, 7.
ERRHLIXEN, rugire:
da springt in stfirk gar manche flut,
das Ufer laut erbriillet. Speb 137 (151):
ni.
ERBRUMMEN — ERBSCHENK 738
ach, dasz nur alles weit und breit
mit seinem lob erfüllet,
voll kraft und macht und herlichkeit,
von schall und ball erbrüllet. 144 (158).
ERBRUMMEN, 1) iiür. wie erbrommen : der stier erbrummt
auf dem feld.
21 tr. etwas durch brummen, mürrisches betragen erlangen.
ERBRÜSTEN, sich in die bru^ werfen. Stieler 169: da ist
vil geschreis und hochs erbrüstens. Frank sprichw. 1, 106" ;
es kommt mir wahrlich das gelüsten,
rauhwarme hülle, dir vereint,
mich als docent noch einmal zu erbrüsten,
wie man so völlig recht zu haben meint. G4iTRi41,93.
ERBBÜTEN, excludere, excogitare. ausbrüten:
er eieng umher, rieb sich die stirn,
es brütete sein heldenbirn
und konnte nichts erbrüten. BLtmAUEi.
ERBS, f = erbse.
ERBSACHE, f. causa hereditaria, erbsdiaflssache : in obbe-
stimpter erbsach. Rieürers rhetorik bl. 6.
ERBSAL, f. berberis vuig. voc. 1482 g 6". diesen dornstrauch mit
sein beriein nennet man versing, erbsal und sawrauch, seines
essiggeschmacks halben. Bock kräuterb. 778; nun ist das ein
sewri, eine kompt aus den vitriolatis, eine aus den aluminibus,
wie von den schieben und erbsalen auch mag verstanden
werden. Paracelsds 1, 645 ; und wird es gleich sein dem kraute
oxiacantha, welchs ein wild oder rund geschlecht der beislen
oder erbsalen ist. Thcrseisser von wassern 126. s. erbsei.
ERBSALENSTAUDE, f oxyacaniha. Maaler 108'.
ERBSASZ, m. possessor hereditarius, erblicrr. Rädlew 246":
der erbsasz über das was überall zu finden,
der mit dem blitze spielt, hat diener an den winden.
Opitz 3, 231 ;
berr auf Blitzen und erbsasz auf Carthaunenkflall. Grtphiüs
1,773.
ERBSÄSZIG, modo hereditaria: der edelmann hat das gut
erbsäszig eingenommen. Jucundissimus 30.
ERBSATZUNG, f. heredis institulio, erbeinselzung. Frankf.
ref. IV. 9, 15. 12, 3 ; allgemein wird erbsatzung unter die we-
sentlichsten testamentsstücke gezählt. J. P. flegelj. l, 6.
ERBSBOHNE, f äerbohne.
ERBSCHACHT, m. puleus metallicus aritus, der tiefste schockt
eines bergtcerks.
ERBSCHADE, m. ritium a parenlibus propagatum : die Verräter
braucht man wie das gift in nöten, aber die verräterei scheucht
man wie die erbschäden. Garg. 263'. s. erbfehler, erblaster.
ERBSCHAFT, /". hcreditas, hol allmälidi den alten einfachen aus-
druck erbe verdrängt; schw. arfskap. man sagt eine erbschaft
eriangen. erhalten, die erbschaft fallt an, fällt mir zu, die
erbschaft antreten, ausschlagen ; eine grosze, gute, reiche,
fette erbschaft und umgekehrt eine kleine, magere.
ergänz, o berr, dein vollf, und kom in ewigkeit
dein erbschaft zu erhöhen. Weciherlh« 125;
er gab Israel seinem knecbt
erbschaft und recht. 292;
wie wir denn hier auf erden wegen unser irdischen geburt
und hofnung der ewigen erbschaft alle unter einander nächste
sein. Bctschky tanzi. 491; wenn ich ihrer nur entübrigt sein
könnte, dieser schimpflichen erbschaft. Lessing 2, 12 ; in die
letzte erbschaft des menschen ziehen {ins grab gesenkt werden).
J. P. TU. 4, 57. die Zusammensetzung ergibt langgliedrige und
schleppende, in der gerichtssprache geltende ausdrücke, die vollstän-
dig aufzuzählen unnötlüg ist. vgl. mhd. erbeschafl. Parz. 145,14.
EBBSCHAFTLICH, hereditarius: erbschaftliche ansprüche.
ERBSCHAFTSANGELEGENHEIT, f.
ERBSCHAFTSANSPRUCH, m.
ERBSCHAFTSANTRETUNG, /".
ERBSCHAFTSAUSEINANDERSETZUNG, f.
ERBSCHAFTSBEHÜRDE, f.
ERBSCHAFTSFISCHER, m. caplator. Wielasd und Voss
in ttbersetzung von Horal. sat. 2, 5, 57.
ERBSCH.ÜTSFORDERUTNG, f.
ERBSCHAFTSGLÄUBIGER, m.
ERBSCHAFTSSACHE, f.
ERBSCHAFTSSCHULDNER, m.
ERBSCHAFTSTHEILL'NG, f. sdwn im regisler zu Martin
Zeillers andern hundert episteln. Ulm 1648. besser erbtiieilung.
ERRSCILVTZMEISTER, ni. Göthe 24,323.
ERBSCHEN, n. Weine erbst, nd. arfken.
ERBSCHENK, «i. Göthk 24, 323.
47
739
ERBSCIIEUNE — ERBSENEULE
ERBSENFELD — ERBSIPPER
740
ERBSCHEUNE, f. horrcum avilum: eine andere (der allen
abergläubischen iceiber) lief in eine erbscheunc und holte heu.
Weise erzn. 360.
ERBSCHICHT, f. heredüalis divisio, scliw. arfskifle, dän.
aneskifte.
ERBSCHICHTER, m. divisor: mensch, wer hat mich zum
richter oder erbschichter über euch gesetzt? Luc. 12,14.
ERBSCHICHTUNG, f. was erbschicht: beistand geleistet
in de» erbschichtung mit ihren kindern. Schweinichen 2, 237;
das die weiber in den erbschichtungen den männem gleich-
geachtet. Schütz beschr. von Preuszen 19.
ERRSCHIRMHERR, m. palronus heredUarius.
ERBSCHLEICHER, m. heredipeta, captator.
ERBSCHLEICHEREI, f. caplalio: sie haben durch erb-
schleicherei sich in den stand gesetzt, es den ersten per-
sonen zuvor zu thun. Wiel.\nd 25, 93 ; er hatte alle ersinn-
liche kiinstc der erbschleicherei angewandt. 28,4; es war
niemand geschickter und gewandter erbschleicherei zu er-
zeugen als er. Götue 31, 222.
ERBSCHLOSZ, n. arx, domus hereditaria:
schaut das erbscblosz höchster lust (den himmel).
Grtphius 1, 98.
ERBSCHLCSSEL, m. clavis hereditaria, dem der aberglaube
geheime krdfte beilegt. Wüttke §. 79. 91.
ERRSCHMEICHLER, m. captator, erbschleicher.
ERBSCHMIEDE, f. offtcina fabri heredüaria.
ERBSCHNUR, f. schnür oder seil beim vermessen des ci-bes.
die bergleute nehmen dazu ein yritncs band beim erbberciten.
ERRSCHOSZ, m. tribulum de herediis, erbliche abgäbe von
grundstucken.
ERBSCHRIFT, f. testamentum. Frisch 1, 23o'.
ERBSCHULD, f. debitum hereditarium. man sagte im mittdaUer:
schulde ligent und fülent nilit.
ERBSCHULTHEISZ, m.
ERBSCHULTHEISZENAMT, n.
ERBSCIHLZE, ni. gekürztes erbschullheisz.
ERBSriUTZ, m. lutela hereditaria.
ERBSCHLTZHERR, m. was crbschirmherr.
ERBSE, f. fHsum, nhd. durchgedrungne entslcllung der alten
form erweisz, erbeisz, woraus erbisz, erbs, endlich Verweisung
aus der starken in die schwache dccl. entsprang und dem nom.
e zutrat, junge, frische, grüne erbsen:
waren nicht jung die erbsen und frisch, und wie zucker die
wurzeln! Luise 1, 74;
die bös erbs schwimmt enbor im hafen, die guten scint am
boden. Keisersberc narrensdi. 137*. man sagt einem erbsen
auf die stiegen streuen, damit er gleite und falle, bildlich für
der ehre eines andern hinterlistig falle stellen, erbsen würgen,
zählen findet in den folgenden zusammenselzunficn erläutcrung.
die erbsen kernen, auskernen ; die erbsen stäbcin heiszl neben
die aufwachsenden ranken ruthen stecken:
0, und kürbis sän und erbsen stäbeln. Schmidt vois W. 207.
erbsen ist benennung einer krankheil des rindes: die kuh hat
die erbsen, wenn ihr mir folgen wollt, so schlachtet sie ab.
Bronxers leben 1. 54.
ERBSEL, ERRSELE, berberis vulg., saurach, Sauerdorn und
mdfach noch anders benannt, die beeren des Strauchs haben einen
sAuerlidien , zusammenziehenden geschmack , dei- name erbsei
stheint von der geaalt der beeren, die wie kleine erbsen aussehen,
entnommen : wolzeitige beer von saurach, so mau auch erb-
sein nennet. Hohbebc 3. 1, 162*. s. erbsal.
ERBSELBEERE, f. dasulbe, sonst auch bciszelbecre, brci-
«zelbeere.
ERBSELDORN, m. dasselbe, Sauerdorn.
ERRSELIG,ü«-umnoJu«,fnK/«e%DARYPOO. 32r/'örarbcit8elig?
ERRSELIGKEIT^ f aerumna, müliseluikeit. ebenda.
ERBSELNS.\FT, m. succus spinae aädae: bcrlcn zergehen
in essig, und corallen zergebn in Muraucb. seh. und ernst
1M8. 60. tr>50, 220.
ERRSENBRATER, m. wie Spfelbrater 1, 534, hauslümmel,
siubennlzrr. RÄbLKiü 246'.
ERBSENRREI, m. pulmentum pi^num.
ERRSKNBRCHLEIN, n. (die ehfrau) gibt ihm ehe ein linds
frV ' ' , ein. Garg. 70*.
i I IT, fi.
1 . i. : UI:OT, n. aus erbsenmäU.
KI!HSK>KRZ, n. minera fern piMformis,
LRhhKNELLE, f phalarna pisi.
ERRSENFELD, n.
ERRSENFRESSER, m. bruchus pisi.
ERRStNFLTTER, n.
ERRSENFiJTTERUNG, f
ERBSENGERICHT, n.
ERBSENGROSZ, viaynitudinc pisi.
ERBSENHÜLSE, f fulliculus fiisorum, erbsenschalc.
EBBSENKETTE, f lialsgeschmeide mit erbsengroszen runden
gliedern, besonders aus gold. aucA erbskette. J.Paii aesth. 2, U2.
ERRSENMAST, /". mdstung mit erbsen.
ERBSENMEHL, n. farina pisina.
ERBSENMUS, 7i. erbsenbrei, eine faslenspeise : also sint etlich
menschen glich einer atzlen, sie haben wisz und schwarz
fedren. im advent so haut sie wisz fedren, ein erbsenmuos,
sie dienen got g;ir ernstlich, nein, es ist ietzund ein heilige
zit, man sol got dienen, aber zu vasznacht was geschieht?
denn wachsen in schwarz fedren, denn kochen sie gerslcn-
muos, das ist sie thunt bösß werk, sie dienent der well,
'ee (== eh, s. die zu sp. 35 aus demselben bilger 176" milgc-
Uieilte stelle), es ist vasznacht, wir sollent ouch frölich sin,
solt ich nit ouch zu minen guten fründen gon?' und denn
machen sie ein dcnzli, und dienen recht der well ouch ein
wenig. Reisersberg bilger 41*; wie der kalkopf keiser Carus,
der den Persern, weil sie kein erbsenmus mit ihm aus dem
hafen essen wollen, tröwet, ihnen alle äcker, feld und wäld
glatter und ebener zu machen, dann sein kaier Scheitel were.
Garg. 211".
ERBSENRANKE, f clavicula pisorum:
wie die heimchen, wann es später wirrt,
einsam zirpen in den erbsenranken. Scdmidt von W. 212.
ERBSENSCHALE, f was erbscnhülse.
ERBSENSCHOTE, /". was erbsenschale, dann auch eine arl
zuckererbsen, die man mit den schoten iszt.
ERRSENSCHROT, m. grob gemalene, geschrotete erbsen.
ERBSENSIEB, n. sieb mit weiten, erbsengroszen löchern.
ERBSENSTEIN, m. pisolitlius, pisum lapideum, worin man
versteinerte erbsen gesehen hat, eine tropfsteinart.
ERRSENSTRAUCH, m. robinia frutescens.
ERRSENSTROH, n. dürre erbsenranken, stramentum pisinum.
ERBSENSUPPE, f jus pisinum.
ERRSENTASCHE, f in Baiern für erbsenhülse. Schm. 1, 107.
ERBSENWÄCHTER, m. pisorum cuslos, sclwlenhüter:
du entlegnes thal, in dessen mitte
noch im herbst ich oft die halbe nacht
in des erbsenwachters halmcnhütte,
die er längst verlassen, zugebracht. Schhidt von W. 81.
ERBSENWICKE, f erbsendhnlichc wickenart.
ERBSENWÜRGER, m. orobanche, eine Schmarotzerpflanze, die
sich, wie der gr. name zeigt, an erbsen windet, sonst auch an
wicken und hanfslengel, daher auch hanfwürger/wi'»:/; der erven-
würger wächst auf erven, klee, wicken, denn er ohne an-
dere behülf niemalcn wachset. Tabernaemont. 1062.
ERRSENZÄHLER, tn. homo avarus, geizhals, der seinen letUen
die absen in den topf zdliU: der erbsenzehler wolte es nicht
glauben. Simpl. K. 518. R.\I)I.ein 24(1*.
ERBSENZÄHLERISCH, aiarus; der crbscnzehlerische haus-
halter. Simpl. Courage cap. 17 s. 179.'
ERRSETZER, m. testator, erbeinsetzer.
ERRSEUCHE, f. morbus heredUarius: und nenne die erb-
sünde auch darumb ein seuche, anzuzeigen, dasz nicht ein
stücke, sondern der ganze mensch mit seiner ganzen nalur
mit einer erbscuche von art in Sünden geborn wird. Jonas
bei Lutlur 6,381'; aus der philosophia und angeborner erb-
scuche. Ivichr. 225' ;
für schlag, Podagra, würm und stein,
fQr erbsciich, die unzchlich sein, froschm. ES;
sintemal sündc und lastcr uns von den eitern als eine erb-
scuche angeerbt. Butschkv Palm. 802.
ERRSFAHL. eH>sfarbig, isabell.
ERBSFARRE, f color orobinus.
ERRSGELR. wie erbsfahl.
ERRSIIOSE, f berlH-ris.
ERRSICH, ERRSICHDORN, berberis, erhsel, Sauerdorn.
ERRSIER, n. rrihrum heredttarium. erbseppe. cofci (i«A*). iw.
1482 g«'. s. siebdrchen und WirnKK volksabergl. §.194.
EllRSILRER, n. ererbtes fillirr. \\vn%K §. 148. 1^4.
ERRSiPi'ER, w. bdellium. Vitc. U^2 gö', ein hart. bu(h-
stdhltch afßnu. erbverwandtcr, war solches h«rs al>trgliMtckt$
erbst ück? vgl. erlmieb.
741
ERBSMAUS — ERBSÜNDIG
ERBSÜKDLICH — ERBTUGEND
742
ERBSMADS, f. mus agrarius.
ERBSMEIER, m. colonus. tceisth. 3,787.
ERBSMOTTE, f. phalaena pisi.
EBBSPIELGRAF, m., dem aufsieht über die spielleute oblag.
ERBSSCHELFEN, pl. fulliculi pisorum. Sheler 1719.
ERBSTAAT, m. regnum hereditarium.
ERBSTALLMEISTER, m.
ERBSTAMM, m. stirps avita: das ist die leidige erbsünde,
angeborne plage, eingewachsene gift vom erbstam und veter-
lichem geblüt Adam, da in der teufel beschraeiszt und durch-
giftet hat. der 101 psalm durch d. M. Luther ausgelegt. Wütenb.
1534 M2'; der anfal des erbs geschieht in sölicher Ordnung
also, stirbt ein mensch, so feilet sein gut auf seine kinder
oder auf seins kinds kinder den erbstam also nider. ist
aber das er nit kinder noch kindskind hat oder laszt, noch
kein mensch an dem stamme nidenverts, so werden erben
Tater und muter. summa Jokannis in tewlsch gemacht durch
bruder Berchtold predigerordens. Augsb. 147S. lOS*; da ist aus
diesem palmbaum ein zweig aufgeschosset und in wenig tagen
dermaszen gewachsen, dasz er in der grösze mit dem erb-
stam, als gleichsam seiner mutter sich vergleichen kan.
Spangkkberg a. iceish. lustg. 364.
ERBSTAIVD, m. erbbestand, erbpacht.
ERBSTATTHALTER, m. gubernalor hereditarius, nnl. erfstad-
houder.
ERBSTATTHALTERSCHAFT, f. erfstadhouderschap.
ERBSTEIN, m. lapis qui reliquus conlinet, bei den maurem.
daher heiszt es 'der stein erbt', wenn er sich fest an die an-
dern schlieszt.
EBBSTELLER, m. testator. Stieler 2142.
ERBSTELER, f vecligal heredilarium.
ERBSTOLLE, m. cuniculus jus possessionis habens, stalle der
mit seiner icasserseige zehn lachler tief eindrinifi und ein recht
über die benachbarten gruben erlangt.
ERBSTÜCK, n. l) heredium,praedium avitum, erbe, liegendes gut :
sie hat tu erbstück. fastn. gp. 517, 2;
ich kenn ihn wol. er ist mein widerpart,
der um ein altes erbstück mit mir rechtet. Schiller 52S*.
2) dann überhaupt eine ererbte sache, ein kleinod; ich wollte
nur wünschen, sie hätten den alten Franzosen gekannt, das
alte erbstück von meinem vater, das hier am bofe lebte.
Engels edelknabe, Lp. 1774 s. 55 ; ron einem betkranz :
war aus bein in messing gefaszt, ein theueres erbstück
noch von der ahne. Mörike Idylle s. 95.
ERBSTÜFE, f. ein ins geslein gehauenes zeichen der grenze
eines erbes oder einer erblichen fundgrvbe.
ERBSüCHT, f. 1) was erbseuche, epidemie: ^in böse erb-
sucht eilet von einem menschen zum andern. Stcäpf 1, 225';
dieweil wir befinden, das die erbsuchl der pestilenz leider
je lenger je mehr einreiszet. rerordn. herzogs Christoph zu
Würtemberg 1564 ; sünde ist die angeborne erbsucht und krank-
heit von Adam. Reisz;«er Jerus. 1, 26* ;
des prachts, lists und betnigs erbsucht. WEctHERLi» 8S4.
2) neuere nehmen es für erbbegierde, hereditatis obtinendae
aviditas.
ERBSüCHTIG, hereditatem inluans.
ERBSÜNDE, /". peccaium originale: und die seel ist ver-
wüstet durch die erbsünd der vereinung halb mit dem leib.
Keisebsberg cAris/i. Aüni^n aa 2'; er hat sich lassen beschnei-
den, weiche beschneidung ufgesetzt ist worden für die erb-
sünd, die wir har haben von unsem eifern Adam und Eva,
die von dem öpfel geschleckt haben, s. d. m. 16"; .\ugustin,
der veilheidiger der erbsünde, der schon im kinde und in
seinem weinen die spuren der künftigen wirklichen sünde
wahrnimmt. Schlosser wellg. 4, 593 ; da ich ihn {den pabst)
aber vor dem altare sich nur hin und her bewegen sah,
bald nach dieser bald nach jener seite sich wendend, sich
wie ein gemeiner pfaffe gebärdend und murmelnd, da regte
sich die protestantische erbsünde, und mir wollte das be-
kannte und gewohnte meszopfer hier keineswegs gefallen.
GöTHE 27, 205 ; eine von den Schwestern war noch ein hüb-
sches Stückchen erbsünde und hätte wol einen ehrlichen
kerl etwas an die sechste bitte erinnern können. Secjie.
ERBSC.NDER, m. wird sowol ßr den sündigen menschen als
für einen anhdnger der lehre von der erbsünde gebraucht : Spang-
berg (so) und andere erbsünder des flacianischen plunders.
JoA?i>Es Nas dir warnungsengel 164.
ERBSCMDIG: federweisz tmd erdDachs ist leichtlicher zu
leschen, als mein erbsündiger durst von mutterleib. Garg.
lOl' ; von erbsündiger natur sind sie neben irem quacksalben
herliche gute bossenreiszer, 192".
ERBSÜNDLICH, dasselbe: mit dem erbsündlichen flecken.
Mgrxer ton den vier ketzern. 1509. a 5*; mit der erbsündiichen
raase befleckt. c4'; sintemal der mensch durch die erbsünd-
lich natur also verderbt. Fbosspergeb kriegsb. 1, Zueignung.
ERBSWEISE, modo hereditario: angeboren und erbsweis
eingepflanzet. Thcrneisseb magna alchymia 1.
ERBT, f für erbeit, arbeit. Stieleb 47.
ERBTER, m. operarius, arbeiier: ein erbter der sich gerne
volseuft, der wird nicht reich. Fbidrich saußeufel Ei", so
noch thüring., sächs. vgl. erbeit für arbeit.
ERBTELFE, f. bergm. die einem erbstollen nölhige teufe.
ERBTHEIL, m. und n., pars hereditatis, heredüas, ein häufig
vorkommendes wort, nnl. erfdeel, schw. arfvedel, dän. arvedel:
frau Älheit wurd gar zornig werden,
verlurs irn hof mit solchen geverden
und soll von irem erbteil scheiden, fastn. 480, 7;
hie bin ich und die schwester mein,
die ist ein hur und wil doch ie
geleichen erbteil haben hie. 531, 22;
findt ir des nit, so laszt mir nemen
mein erbteil und alles das ich bab. 532, 6;
der galing {galge) ist dein erbteil. 993, 3;
welche du aber nach inen zeugest, sollen dein werden und
genent werden wie ire brüder in irem erbteil. 1 Mos. 48, 6 ;
wie fein hastu uns bracht in ein land da milch und honig
innen fleuszt und hast uns ecker und Weinberge zu erbteil
gegeben. 4 Mos. 16,14; das er schwur ich solt nicht über
den Jordan gehen noch in das gute land komen, das dir
der herr dein got zum erbteil geben wird. 5 Mos. 4, 21 ; und
gab im kein erbteil drinnen auch nicht eines fuszes breit.
apostelg. 7, 5 ; durch welchen wir auch zum erbteil komen
sind [goOi. in J)ammei hlauts gasatidai vesum). fpA. 1, 11 ;
und danksaget dem vater, der uns tüchtig gemacht hat zu
dem erbteil der heiligen im Hecht (aviliudöndans attin, saei
lajiöda izris du dailai hlautis veihaiz^ in liuhada). Co/. 1,12;
so kerent doch all mein erbtheil auf meine brüder. Aimon
t6'; ich habe ein erbtheil des propbeten gefunden, nemlich
Weisheit, pers. rosenth. 3, 3 ;
die beiden, deren groszer mut
nichts dann was sie gut dünket tbut,
will ich dir für dein erbtheil geben. Weckhehli!« 5;
and da der Schickung zom, wie in mein erbtheil, brannte.
GCKTUEB 1122;
spricht er zu ihr nur von geduld,
und wie seit Evens näscherei
der weiber erbtheil leiden sei. Hagedorn 2, 107;
und neugier, liebe neugier ward
mein erhtheil siebenrach. Gotter 1, 239;
deshalb erweitr ich gleich jetzt des besitzthum» grenzen
vom erbtheil jener, die sich von uns abgewandt.
GÖIHI41, 291;
dieses (das taudeville) ist das erbtheil der geselligen Fran-
zosen, worin sie sich von jeher überschwänglich ergiengen.
46, 331 ; den Staaten ist wie den einzelnen menschen vom
Schicksal ein bestimmtes alter angewiesen, über dessen ziel
hinaus schwäche und kränklichkeit ihr erbtheil werden.
Schlosser weltg. 4. 297.
ERBTHEILSATZUNG, f so würde doch dieses keine Ur-
sache sein, ihn von dieser erbtbeilsatzong auszunehmen.
Stolberg 10, 134.
ERBTHEILU.NG, f was erbschicht : wegen einer erbtheilung
zusammen gekommen. Jucundissimus 60.
ERBTHORHEIT, f stultüia avUa.
ERBTHRON, m.
wenn Typheus hundertarmiger grimm
den Ossa und Olymp nach seinem erbthron jagte. Schiller 15'.
ERBTHÜMLICH, was erblich: dies haus gehört mir crb-
thümlich; erb und eigcnthümlich.
ERBTHCRHCTER, ff».
ERBTOCHTER, /". filia heres: jenes grosze reiche haus
hatte vergebliche versuche gemacht, einer hofnungsvoUea
erbtochter gespielinnen zu verschaffen. Güthe 17, 374.
ERBTRIFT, /". jiascuum hereditarium.
ERBTRUCHSESZ, m. dapifer hereditarius. Göthe 24, 323.
ERBTUGE.\D, f virtus insita : wenn gewisse erscheinungcn
an der menschlichen natur, betrachtet von seite der Sittlich-
keit, uns nütliigen ihr eine art von radicalem bösen, eine
erbsünde zuzuschreiben, so fordern andre manifcslalionen
47*
743
ERBÜBEL — ERBÜTIG
ERBUTZEN — ERDABWÄRTS
744
derselben ihr gleichfalls eine erbtugend, eine angeborne gute,
rechtljchkeil und besonders eine neigung zur ehrfurcbt zu-
zugestehen, diesen quellpunct, wenn er im menschen cul-
tiviert zur thStigkeit ins leben, zur öffentlichkeit gelangt,
nennen wir pietät, wie die alten. Göthe 46, 98.
ERBÜBEL, »1. malum avüum: es ist nicht zu leugnen,
dasz ein gewisser schwindelgeist ein erbübel in der familic
Adams ist. Wieland 8,110; das erbübel eines hauses, dasz
Ton jeher in diese familie durch ehebruch fremdes blut ge-
kommen ist. Klinger 1, 45S; die neigung zur willkür ist das
politische erbübel des menschlichen geschlechts. Wachsnuth
gesch. Frankr. 3, 461.
ERBÜBELN, was das folgende.
ERBUBEN, sich, scelus factre, bübisch handeln : darumb gilt
es nicht sich erhüben, das mUtlin erkülen. kluge weise reden
219'; wiltu dich gnug erhüben, ergeilen, so machstu daraus
ein gewonheit und natur. Frank parad. 60*; da künden sie
sich mit eeren erhüben und den schalk einmal auslassen.
kriegsb. des fr. 198; darum so gern tanzen, das sie sich mit
eeren einmal erhüben und den Hansen in die arm nemen
mögen«. 199.
ERBÜCHSEN, Irajicere sclopo, todl büchsen, erschieszen. Spie-
ler 258.
ERBÜGEN, bei den bug siechen, ein fieischerausdruck.
ERBUHLEN, officüs vcneriis acquirere:
wie man die schon frauen ert
und wie man sie auch mug erpulen, fastn. 140, 3;
nu hab ich doch in kurzen jarn
bei hundert frauen wol erpult. 230, 31 ;
eh du erbulsl ein fatzilet. H. Sachs 1, 228';
und erbult diese frauen klug. III. 2, 15*;
sagt auch, das ers erbult von euch.
Liebhold von einem goti fürchtigen kaufmann E5;
sie ist noch so eitel ihrem verrunzelten gesiebte anbeter zu
erbuhlen. Rabener 5,181;
ha.<:t du dir erbuhlt für die wiege das kind,
so hebe dich mir aus den äugen geschwind. Bürger 61';
liebe wird er, ha ich kenne dich,
nie TOn dir erbuhlen noch erweinen. Scbhidt v. W. 94 ;
läszt es sich erbuhlen ein Terschraähtcs herz?
Heroer 3, 35.
ERBÜHNEN, imbuere, insiruerc, verselten, ausslaltcn: was
golt der herr von im wöU, das treibt er für und für, bis
das er ganz darin gefasset und erbünet wirt. Keisersberg
selenp. 16' ; der altvatter fragt in, was im anleg, als man dan
das gar bald einem menschen abmerket, und gctorst es dem
altvatter nicht sagen, denn er schämet sich sein, und schreib
es an ein brief und gab es im, der was erbünt mit den
dingen, und da er es gelas, da sprach er zu im, leg dein
band anf mein haupt, der bruder thet es, da sprach der
altvatter, dein sünd wil ich über mich nemen. s. d. m. 19'.
r<^. bühnen 2, 510. durchbühnen 2, 1596.
ERBL'NG, /. heredilas: einen Staat durch erbung, tausch
u. s. w. erwerben. Kant 5, 415.
ERBL'NGNADE, f. inclemenlia heredilaria: gleichwie von
einer leibeigen magd leibeigen leut und orbknccht geboren
werden, so sei die crbsünd auch nicht ein angeboren übel,
sondern allein ein gebrechen und last, die wir von Adam
tragen, aber von uns selbst darumb nicht in Sünden und
rrbungnaden stecken. Jonas bei Luther 6, 381*.
ERBl'NTERTHAN, m. svhjer4us hercdilarius.
ERBINTERTHÄMGKEIT, f
ERBÜRE.N, toUere, extollere, erheben, was das einfache büren:
mhd. in den rinc spranc Rennewart,
da; tr die «tangeu muht erbiirn. Wli. 429,7.
nhd. das der samen nit etwa nach meinem tod wiederum
ausgehe und erbur(?) Hütten 5, 42S.
ERBÜRSCHEN, erjagen:
als er nachjaget einem hIncheD,
den er wolt aus seira gscbosx erbOrschen. Atrir 43'\
richtiger und reimgenauer erbirscben.
ERDORSTEN, penuiUo tergere, klcider, schuhe erbflrsten.
ERBÜTIG, wa» crbielig und erbötig: so soll unser ampt-
man, casincr oder richler den tettcr fragen, ob er sOldic
sein furgegebne cntscbuldigung gnugsam beweisen könne.
so er dann das durch sich oder seinen anwalt fiirderlich zu
thon erpQtig ist, so sol u. ». w. hamberißsrhr hahgerichtsordn.
ron 1507 ort. l'n {die Oirolina hat dafür uqiUtlig); auch mit
laib iiod gul tu dienen und folgen allezeit crbUlig, willig
und geflissen. Lother 6, 12* ; drumb bin ich nochmals unter-
thiinigiich erbütig. hr. 1, 519. andremal hat Luther auch urbütig.
ERBUTZEN, expurgarc, ausputzen: also thun die guten
frummen menschen nit. wenn sie darnach allein seind, so
rüwet es sie und gedenken 'warum hast du es gethon?'
sie beraflen und erbutzen sich selbst darumb. Keisersberg
s. rf. fn. 15'; do der her halt angeschnauwet Nicodemum und
hat in wol erbutzt und gestroff, do seit er im erst die lectien
recht, als wenn der Schulmeister einem knaben das loch
vol bat gebowen, so seit er im denn erst die lectien. poä.
3, 37 ; nachdem als der herr sie also wol beraflet und er-
butzt hat. 3,23; vom Fürstenberger wein:
gro Ist sein färb vom garten
darin er wachsen tut,
er darf des mans wol warten,
erbutzen im den hut. Uuland 603. Garg. 50*;
0 sprach er, sie (die slddle) sint mechtig usz
als nie kein man vorhin gesach,
all wol erbutzt und keine schwach.
ir knecht auf kriegen vol verpeint.
Hans Schnioer die kdnigl. schlacht im landshutischen
krieg, ß. blatt von 1504 ;
wie hats der gsell so wol erbutzt? H. Sachs I, 481".
ERBVERBRÜDERN, pado succesäonis muluae jüngere.
ERBVERBRÜDERUNG, f das junge paar wurde beisammen
auferzogen, und als der tod die erbverbrüderung von seilen
der eitern frühzeitig trennte, verclausulierten sie ihren letzten
willen dergestalt, dasz den kindern keine andere wähl übrig
blieb als sich zu heiraten. Musäus volksm. l, 85.
ERBVERBÜNDNIS, f in fester nachbarlicher erbverbünd-
nus gestanden. Garg. 214'.
ERBVERGLEICH, m.
ERB\TRMACHER, m. teslator. Frischlin nomencl 433.
ERBVERMÄCHTNIS, n. legatum. Kleist 1,51.
ERBVERTRAG, m.
ERBVOGELSTELLER, m. Götter 3, 224.
ERBVOGT, m. palronus hercdilarius.
ERBVOGTEI, f
ERBVOLK, n. euch aber hat der herr aus Egypten ge-
füret, das ir sein erbvolk soll sein, wie es ist an diesem
tag. 5 Mos. 4, 20.
ERBWAPPEN, n. das edle geschlecht deren von Schleinitz
führen in ihrem crbwappcn drei rosen. Spangenb. lustg. 687.
ERBWASSEB, n. aqua heredüaria.
ERBWEH, n. was erbübel:
im Winter machte mich die gicht, das erbweh, schwach,
da lobt ich deinen wein und trank von deinem bach.
Hagedorn 1, 112.
ERBWOHNUNG, f darumb uns die vier weit zu erkennen
seind nach den vier elementen und vier crbwohnungen. Para-
celsüs 2, 11*.
ERBWÜRDIG, bergmännisch, würdig als erbe vermessen zu
werden, erbwürdige zeche.
ERBZAUN, m. sepes avila. weisth. 3, 193. Wuttke §. 92.
ERBZEDEL, ERBZETTEL, wi. codicill. R.Xülein 246'.
ERBZINS, m. census emphytculicus.
ERBZINSER, m. emphyleula. Stieler 2653.
ERBZINSGUT, n. pracdium cmpliylcuticum.
ERBZINSHERR, »i.
ERBZINSLEHEN, n.
ERRZINSMANN, m. vasallus.
ERBZINSVERTRAG, m.
ERBZOLL, ni. bei waisermülen.
ERCII, n. aluta, ftellLt caprina, ahd. irah, irch (Gbatp 1,46t.
ScHM. 1, 97), Hi/iJ. irch (»rfr. 1, 763) : swßme die grAjen scbüi;;e
ßfn in die zene adir in diu ougen, dt'r nJ'me pft'ffer und
wirouch, und mache dar ö; ein pulver und tcuiper daj^ mit eiine
wijen eins eies und striche <!a; an ein <^rch und lege da; an
dai^ wange, d4 enkumet kein sehn; ni^r hin. Haipt 10, 290.
ERCHTAG, m. dies MartU, eine allheitluisrhe benennung *.«
drillen wochentag.i, die noch heute in Baitrn üblich und worüber
mylhol. 113. 182 — 185 nachzusehen ist.
an einem Erchtag morgen fru. Soltiu3&4. lliLDiBaAND SIT;
Erchtaga der lotit di« mnnats tag. 3*0;
nach Margrelo am Erirhtag. H. Sacbs I, 206< Miid o^.
ERD, f terra, oß bei alteren, namenthek KBisEasiERC, Dast-
pODius u. a, siehe erde.
ERP ABWARTS, deorsum vfnus lerram:
tWfi nlnrnc drnlii'n losrhtrn ihm irliil
und weudcteu ordabwirts Ihren lauf. RfloMT m.
745
ERDACHSE — ERDARBEN
ERDART — ERDBEBEN
746
ERDACHSE, f. terrae axis.
ERDACHT, s. erdenken.
ERDALTER, n. s. erdenalter.
ERDÄMMER.N, ülucescere, aufdämmern: der tag erdämmert,
graut.
ERDAMPFEN, fumare: die wiese erdampft; die rosse er-
dampften.
ERDÄMPFEN, suffocare: wie sie die hell mit rauch er-
stenken, erdempfen, verbittern wollen. Aiber proc. 2, 11.
ERDäNEN, exlendere, ausdehnen, akd. ardanian, irdenan
(Gbaff 5, 145) : gewis wann einer derselben ein par im leib
hett, sie würden ihm den magen besser erdänen als etlich
und zwenzig sester wolln röhrspätzlin oder knopfstertekens.
barg. 42*. s. erdehnen.
ERDÄNSEN, exiendere, diducere, enceiUm, wäre ahd. irden-
san: musz wie der schuster das leder erzerren, errecken,
erstrecken, erdäosen und ausdensieren. Garg. 104*.
ERDANZEN, saltatum duccre, zum tanz führen, tanzen
machen : wer erdanz nicht seinen bulen ? Garg. 21', es konnte auch
ieiszcn durch den tanz gewinnen, vgl. Stieler 2256. s. ertanzen.
ERDAPFEL, m. das ahd. erdaphul, erdephil ist pepo, unter
icelchem lat. tcie unter dem gr. vorle TttTtcov eine gereifte und
eszbare gurken- oder melonenart verstanden wurde, die noch heute in
Baiempiehe heiszt (Schm. 1, 304), man sehe Diefexbäch 424* unter
pepo, cucumer, es icar gleichsam ein aus der erde, nicht am bäum
wachsender apfel. Megesberc 391, 6 hat: citrullus hai^et ain
erdapfel und ist nahent gesfalt sam die pfedem, die ze latein
pepones haijent, aber der erdapfel ist grüen und die pfedem
sint gel, iedoch nennet si diu gemain dick geleich {benennt
man sie gemeinlich mit demselben icorl). citrullus weist wieder
auf malum cUreum, cilrone, eine apfelßrmige frucht. man
brauchte das wort aber auch von knollcnwurzeln, die aus der
erde gegraben werden. Bocks kräuterbuch 701 sa^: zu teutsch
mücht man die öpfel mandragorae erdöpfel und hundsöpfel
heiszen; 712 hat er waldrüben oder erdöpfel, cjclamen, und
auch Alberüs verdeutscht cyclaminus, tuber terrae, malura terrae,
erdapfel. )tvy.?.a/ntvos oder xvx/.äuivov bezeichnete das soge-
nannte saubrot, wie es die säue aus der erde wühlen:
das ferklein murrt uud blieb stracks stehn,
wolt sich nach ihm nicht ummesehn,
sondern da nach seinem vorhaben
zuvor ein erdapfel ausgraben, froschmeuseler Cc3'.
auch das ags. eordäppel bedeutde sowol cucumis als mandragora,
spdler entsprungen aber ist das isl. jardepli für solana tuberosa.
denn als nun gegen den schlusz des 16 jh. die palate oder polato
(Solanum tuberosum) aus Amerika nocA Europa verpflanzt wurde,
wandte man den namen erdapfel passend auch auf sie an,
anderwärts galt dafür grundbirne (entstellt in grumbire, krum-
bire) und kartoffel, welches letztere heute überwiegt, ich habe
die americanischen putatos oder erdapfel mit sehr gutem
succes in Österreich gepflanzet, welche gutes brot, wein und
brandwein geben. Jon. Joach. Becher 5, der also schon kar-
toffelbrantwein bereitete. heute sind erdapfel oder kartoflfeln
fast zur all4jemänen speise der landleute geworden : sie hatten so
ihren bauerntisch, suppe und fleisch, mit erdäpfeln und erbsen.
der a. m. im Tockenb. 130. Schweiz, und oberpfätz. auch herd-
opfel. ScHM. 1. 103.
ERDÄPFELKäSE, m. für den pfarrer krebse und erdäpfel-
käse. J. P. Uesp. 1, 112.
ERDAPPEN, deprehenderc, mit dem fusz bdreten, ertappen,
erwischen: hast du deine tittel mit der that und werken,
sol es dir billich ein groszer last sein, hastn sie aber er-
dappct und bist nit der man darnach mit kunst gefaszt, so
ist es dir ein schäm und schand. Pelr. 43*;
thiit endlich ir einen erdappen,
der glat in seinen kleidern gieng. H. Sachs IV. 3,72*;
sprach, der esel den ich hat erdapt,
hat menschenhand und füsz gehaot. IV. 4, 65*.
ERD ARBEIT, f opera fossoria, z. b. beim grabenziehen, sdtan-
zen, bau der eisenbahnen.
ERDARBEITER, m. fossor, der mit hacke und spaten arbeitet :
auf dein Marsfcld soll die grosze eidesleistung sein, man
braucht 150000 erdarbciter, da greift alles zum spaten und
zur hacke, alle stände mischen sich, man sieht mönchc und
pfarrer graben. Dahlmaxn fr. revol. 333.
ERDARBEN, parce vivendo colligere: der letzte thaler, den
er erdarbt hatte; schwer erdarbtes geld; dann musz es der
unverdient unschuldig gott erdarben und entgelten, das er
nie genossen bat. Keisebsb. sdenpar. 29*.
ERDART, f terrae genus, species.
ERD ARTIG, terrae sinUlis: der tufo ist erdartig. Whikel-
MASJI 1, 346.
ERDATTERN, haesitare üngua, erstottem, stupere : er hat ein
wolf gesehen, er erdattert, in einer eil nicht reden kan, wie
vilen geschehen. Frank sprichw. 2,55*; aber gottes wort, wie
gehöret, gehet einfältig daher, trift aber wol, das iederman
daran und darab sich musz stoszen, entsalzen, erstatzen,
erdattem und sagen 'das ist der finger gottes'. dessen lob
des göttl. worts 15"'; der esel fangt so jämmerlich an zu
schreien, dasz der gute mann des in tiefsten gedanken vor
ihm kniehete, über die maszen heftig und sehr erschrack
und über dem jämmerlichen eselsgeschrei so erdattert, dasz
es ihm, alles in reverenz, in die heinkleider gieng. esdkönig
328. s. dadem und dattern.
ERDALBEN, s. ertauben.
ERDAUEN, digerere, perferre, verdauen : wenn im der ge-
meine mann nicht günstig und hold were, so könte ers nicht
erdawen (den hasz der andern fürsten nicht au^alten). Lcthers
tischr. 343*.
ERDAUERN, 1) intr. wie das einfadu dauern, ausdauem,
mild, d&ren (wb. 1, 406) :
2) tr. perferre, ertragen:
ach wie sol danne da; alter,
lät siu nicht ab, ir ungenäde erdiiren? Labei 167.
3) Ur. scrutari: erdauren ist erforschen und ergründen.
Helbeb Cs'; fleiszig erforschen und erdauren. Frisics 429*;
erdauren, fleiszig nachsinnen. Maaler lOS"; auch das aller-
minst oder schlächtist erdauren und härfür suchen, consectari
etiam minulissima. ebenda; man erdauret die sach ernstlich,
calent judicia. ebenda; erkundigen oder erdauren die warheit.
91'; erschinend die Wunderwerk gottes, so man ire natur
und gelegenheit erduret. B(n.LiNGER der alt gloub Aä*; und
erduret uf welche zit . , . der geist Christi . . . dütete. G 1* ;
wir wem dahin eilends gefahm
und hetten alles recht erfahm,
das ort recht bsehen und erdurt,
wo man es oben hat umbgmurt. Berchlold redivitus 31.
diese bedeutung flieszt aus der ersten, wer über etwas dauert,
stand hält, lernt es genau kennen, heute in allen drei Verwen-
dungen auszer gebrauch.
ERDAUFSTÄüBEND, tcrram excutiens:
die felsen
hallen vom feldgeschrei der erdanfstäubenden wiehrer.
Stolberg 3, 316.
ERDAUFWTHLEND, pulverem exätans:
das futter der erdaufwühlenden Schweine.
ERDAUFWURF, m. terra egesta.
ERDBAD, fi. der erdenklosz, dessen ansdünstung schon
im jetzigen leben den hectiker hinter dem pflüge und den
nervenschwächling im erdbad stärkt J. P. Kampanerth. rorr. i.
ERDBAHN, /". orbita terrae, die bahn, «dche von der erde
um die sonne durchmessen wird.
ERDBALL, m. terrae globus. Wieland 9,308;
' von jener furchlbarn macht,
von der der himroel bebt, des erdballs achse kracht;
0 um erdballs schätze, nur noch einen blick! Schuxui . . .;
und war ich nicht, so wärst du schon
von diesem erdbali abspaziert. Göthb 12,172;
als die natur sich in sich selbst gegründet,
da bat sie rein den erdbali abgerundet. 41, 254;
dasz dieser erdbali blosz die vorstadt und der vorgrund eines
bessern planeten wäre. J. P. teufelsp. 1, 14. s. erdenbaU.
ERDBALSAM, m.
ERDBANK, f. agger, dämm, wall, erhöhung, brustwehr durch
aufgeworfne erde.
ERDBATENIE, ERDBATENIKEL , vcronica teucrium. vgi
1, 1157.
ERDBAU, m. structura, fodina in terra, bauen in und mit erde.
ERDBAÜEND, terram incolens, erdebewohnend.
die stamm erdbauender menschen.
ERDBEBAUER, m. incola terrae:
die menschen sind bestimmt zu erdbebauem.
RöcuRT 99. ge*. ged. 1, 166.
ERDBEBEN, n. terrae malus, oft bildlich: nach dem winde
aber kam ein crdbeben, aber der herr war nicht im erd-
beben. 1 iöri. 10,11; denn du wirst heimgesucht werden mit
weiter und crdbeben. £5. 29,6; und werden sein pestilenz
747 ERÜBEßENABLEITER — ERDBIBE
und thewTe zeit und crdbeben bin und wieder. MaUh. 24, ' ;
und sihe es gescbach ein grosz erdbcben. 28,2;
es donnert und war wie ein erdbeben. Soltau 500.
die gewiller und erdbeben des lebcns. J. P. Hesp. 2, 107 ; der
alte beerdigte Kabel war ein erdbeben unter dem nieere
von Haslau. flegelj. 1,32; sein hera war durch ein erdbeben
aufgedrängt und aufgehoben. TU. 5, 14. der aUn. ausdruck
war iardskiafti, landskialfli, Jan. jordskjälv, schw. jordskalf,
der gothische aber reirö f. aeiauos. vgl. erdbibe, erdbibeni,
erdbidein.
ERÜBEßENABLEITER, m. J. P. TU. 1, 123.
ERDBEBENWOGE, f. aufrauschende meereswoge bei erdbeben.
ERDBEBUNG, f. uas erdbeben : und werden geschehen
grosze erdbebunge hin und wider. Luc. 21, 11 ; und da ge-
schahen stimmen und dunner und blitzen und erdbebung.
offenb. 8, 5 ; und es wurden stimme und donner und blitzen
und ward ein grosze erdbebung. 16, 18.
ERDBEDEM, m. da der satan einen erdbedem erreget.
Otno krankentr. 206. .f. erdbidem.
ERDBEERAPFEL, m.
ERDBEERB.VÜM, m. arbutus iinedo:
quellen mit mosigem bord und kräuterchen, sanfter denn
Schlummer,
und der du dünn hergriinend, ocrdbeerbaum, sie beschattest:
schüzt vor der Sonnenwende das vieh !
Voss Yinjils idyllen 7, 46.
ERDBEERBLÜTE, f.
ERDBEERE, f. fragum, ahd. Crdperi n., mhd. ertber, erde-
ber n., nnl. aardbezie n., isl. jardarber pl. fraga, schw. dän.
jordbär, der schw. volksausdruck isl smultron. russ. zemijanika,
lä. zemüge, serh. bühm. jagoda. bei Maaler lOS* ist erdbeere
noch neutral, allmälich drang die nrf. weibliclw form durch, ein
vocab. von 1429 und voc. 1482 g6* haben fraga erper, mit ge-
schvundnem linguallaut. die koch seind der erdbeern auch
gewar worden, machen gute müslin, gebären den kranken,
hitzigen menschen mehr dann den gesunden, um der kiiiung
willen. Bock kräutcrb. ISO. man sagt erdbeeren pflücken,
brechen, suchen, sammeln, mhd.
sct, dö lieren wir ertbern suochen,
von der tannen zuo dOr buocben
über stoc und über stein. MSH. 3, SC;
nhd. bricht blumen und kräuter,
und erdbeern im gehn. Salis.
ERDBEERGLEICJI, frago stmüis:
0 wärzlein, erdbörgleich ! Weckhsrlin 767.
ERDBEERKALTSCHALE, f
EHDBEERRLEE, m. trifolium fragiferum.
ERliHEEliKRAUT, n. erperkraut, fragula. voc. 1482 g6'.
ERDBEERSAFT, m.
ERDBEERSTAUDE, f.
ERDBEERSTRAUSZ, m.
ERDBEERSTÜBM, m. erdbeeren mit milch und habermehl.
A. v. Bütte 21.
ERDBEGIERDE, /". cupiditas terrena:
tugend, so die erdbegierden
kan in band und fessel legen. Ksittels sinncnfrtichic 40.
ERDBEGLÜCKER, m. felicUatis terrenae auclor.
ERDBEHERSCHER, m. terrae dominator:
der erdbcherscher wilde heeresgluten. Göthb 13, 171.
ERDBEHERSCHUNG, f. Garg. 222'.
ERDBEKLÜMMEN, in anguäiis terrae haerens:
hier in diesen erdbeklommneu
lorieo, wo die wehmut tbaut. RCcxm 216.
ERDBESCHREIBER, m. geographus. Maaler 108*.
ERDBESCHREIBUNG, f. geographia. bei Stieler 1926 erden-
brschreibung.
ERDBESTÄTIGUNG, f. sepuUura, btslaUung: mein dicnst-
freundlicbes ersuchen, er wolle meine hansfran zu ihrem
bestirnten rubbetlein begleiten, auch nadi gehaltener erdbc-
sUtignng wa« gott an essen und trinken bescheren wird,
Tor lieb und willen nehmen. Bütsciut kanil. 012.
ERDBEULE, f grumus. Stieler lio.
ERDBEWOHNER, fn. inc<da terrae, bei Wielahd 9, 248 crden-
bewribner.
ERDBIBE, f. terrae motut, ahd. Crdpiba, mhd. Erlbibc:
in einnr kiirirn ntunde
warf »i diu vrtbibe nider. 04iiAeii«r 9;
dA tut dt» btrren gwalt
tuo der ertblbe geuh. 42.
ERDBIBE3I — ERDBIRNE
748
ERDBIBEM, «i. vgl. das 1,1808 angeführte verbum bibmen:
wann er {der bcig) dick crdbibem leidet. Frank weUb. 178";
sein rechte aber ist durch ein erdbibcm etwas verruckt wor-
den. Garg. 3l'.
ERDBIBEN, m. für das vorhergehende, kaum für erdbeben:
es konte weder wind, erdbiben noch das krachen
des donners selbsten nicht ein solch gepaller (so) machen.
Werders Ar. 15, 13.
ERDBIBER, m. castor fiber.
ERDBIDEM, m. und n. verhält sich zu bibem, wie d<K 1,1810
behandelte verbum bidmen zu biben. diese form trar aber ver-
breitet und häufiger als erdbibem: es hat auch ein erdpidem
das Corinther mür ausgestoszen. Frank «e/«». l'; darumb der
erdbidem in diesem anfallen ist niciils anders dann ein na-
türlicher donnerklapf in der natur unsichtbar. Paracelsis
1, 378* ; wie ein erdbidem, der ein haus zerbricht, l, 4Ss' ;
der erden astrum gibt den erdbidem. 1,611'; und ein gähcs
erdbidem jegliche partei erschröckt bette. Tacius bei Fronsp.
3, 241' ; CS gescbach im dritten jar seiner regierung der grosze
erdbidem in der ganzen weit. Beiszner Jerus. 2, 99'; das
zeigen uns die erdbidem an, Sturmwinde, das grausam sausen
und prausen des meers. Pelr. 107'; es ist auch zu bitten,
das nicht erdbidem und krieg sich erregen. Herr /e/diau 10' ;
P. von Duisburg meldet, das im jar 1303 am 8 august durch
ganz Preuszen solch ein unerhörter erdbidem gewesen sei,
das die häuser zu dreien unterschiedenen malen also er-
schüttert worden, das sich fast niemand aufrecht habe halten
können. Schütz beschr. von Pr. 53; denn solches alles und
noch viel mehr thewrer zeit, erdbidem, des meres brausen
solle jenem tage furhcr gehen. Gref Lazarus A 7 ; daher
konipts, dasz die leut nit mehr des tonners noch erdbidems
achten. Garg. 182*; auch H. Sachs IV. 1, 31' und Cyrillus 7;
vermeinten, es würd ihren leuten
fewr, wassr odr erdbidem bedeuten, froschm. Nn3';
als kam ein erdbidem daher. Fuchs mückenkr. 1, 30;
erregte sich ein grausamer erdbidem, das meine vermeinten,
die ganze insul würde all augenhiick untergehen. Simpl. K.
982 (wo DGK. ein grausames erdbiden) ; wann man darin ein
grosz getüs hätte, dasz alsdann die ganze insul darvon er-
schütterte und einen solchen erdbidem erzeige, dasz die.
jenige, so darauf sein, vermeinen sie würden untergehen. 091.
ERDBIDEN, m. terrae motus, wenn sich das ganz erdrich
erschütt. Maaler 108*, was Hemsch 914, 16 ausschreibt, doch
erdbidem setzt; Stieler 116 hat erdbeben sive alia dialecto
erdbiedcn. auch andere schwanken in diese form: unzelich
menschen abgestorben sind, die keinen erdbiden befunden.
Petr. 188';
hab auch durch ein erdbiden
meins haus einfall erlidcn. H. Sachs IL 2, 57';
viel erdbiden in aller grenz. III. 1, 247';
es wern sein pestilenz und tewer zeit,
auch erdplden hin und her prait und weit.
ScHHELZL aussendung 13*.
im 18 jh. erlüsclien dieser und die drei vorausgehenden ausdrücke.
ERDBIDMEN, quatere, conetUere: es bat heut birnen geerd-
bidmet. Simpl. Courage cap. 25 s. 212. vgl. erbidmen.
ERDBIDMEN, n. terrae motus: aber des künftigen erdbid-
mens hat man gar kein Vorzeichen . . . wider die erdbidmen
hilft kein schliefloch, kein flucht nit. Pelr. 188*; ein Zau-
berer, welcher uns durch seine künste mit crdbidinen und
solcher wohnwilzigkeit plage. Simpl. K. 984.
ERDBIDMIJNG, f dasselbe: und seht ein grosz erdbidmung
ward, wann der engel des herrn steig ab vom himel. bibrt
von 1483, 484'. Matth. 28, 2 {vulg. et ecce terrae motus factus
est magnus, ahd. inti senu thd Crthbibunga was giwortan
mihil, ags. and |)a'r veard gevorden micel eordbifung, nor-
Ihumhr. niicil eordbroernisse, Luther: und sihe es gescbach
ein grosz erdbeben).
ERDBIENE, f aph lerrestris, s. crdhummcl :
wenn auch der ki'inlg (der hienrn) rcuchl zu feld,
und Reinen Trindcn ins Innd rdlt,
den liornussen, wespen, enihienen,
so im wuld .sein und ihm nicht dienen,
sondern vielmehr den honig rnubfln,
epiel, blom, pnnumen, klrson klaubon. froachm. dg 2'.
ERDRILDUNG, f terrae formalio.
ERDBIRNE, f was crdapfel, kartoITei, an einigen orten aueh
für erdbeere:
gerostet« erdbim und bering. Wukut* gcd. 3, 12.
749
ERDBLüSZE — ERDE
ERDE
750
ERDBLÖSZE, f. terrae nuditas: wabriich der echte dichter
trift überall nur erdblösze und rippen an. J. P. bücherschau 2, 8.
ERDBLLT, n. Iraubenblut, vinum. Hemsch 914,38.
ERDBODEM, m. orbis lerrarum: gott hat alle königauf dem
ganzen erdbodem erwecket. Reiszneb Jertis. 2,175'. s. bodem.
ERDBODEN, m. l) orbis lerrarum: auf das same lebendig
bleibe auf dem ganzen erdbodcn. 1 Mos. 7, 3 ; denn das ge-
wesser war noch auf dem ganzen erdboden. S, 9 ; und wer
hat den ganzen erdboden gesetzt? Uiob 34,13; so lernen die
einwoner des erdboden gerechtigkeit. Es. 26, 9 ; und hat ge-
macht, das von einem blut aller menschen geschlecht auf
dem ganzen erdboden wonen. apostelg. 17, 26 ; darumb das er
einen tag gesetzt hat, auf welchen er richten wil den kreis
des erdboden. 17, 31 ; und der ganze erdboden verwundert
sich des thieres. o/fenb. 13, 3 ; aber was ist auf dem erd-
boden zu finden, welches nicht vom feuer könnte überwun-
den werden ? jmI. stockf. 64 ; der ganze erdboden trägt kein
ärgeres frauenzimmer. Lessing 1,259; gott tröst ihn! das
war ein herr! er halte die band über den ganzen erdboden
und war euch alles in allem. Göthe 8,171; ei, sie werden
doch das nicht ausschlagen oder sie wären der gröszte thor
auf dem erdboden. Lenz 1, 225 ; ich versichere sie, die gräfin
ist die scharmanteste frau die auf gottes erdboden ist. 1,301;
so kennt mich dann der ganze erdboden. Klincer 5, 112.
2) solum, der grund, erdgrund: da thet Noah das dach von
dem kästen und sähe das der erdboden trocken war. 1 Mos.
8,13; unser bauch klebt am erdboden. ps. 44,26; das sie
den erdboden mit fruchten erfüllen. Es. 27,6;
flucht, es möcht der erdboden krachen. H. Sachs I, 522';
er schlich ganz trübsinnig einher und guckte in den erd-
boden. als ob er hinein sinken wollte. Engels phil. f. die
velt 18; die dürre hat den erdboden überall ausgesogen;
schäme dich in den erdboden hinein !
ERDBOGE, »I. fomix in aedium fundamentis, getcöW in der
grundmaiter.
ERDBOHRER, m. lerebra mctaüiscopa, bohrer in die erde und
das geslein, um wasser, sah, kohlen zu finden.
ERDBRAND, m. incendium subterraneum : fein silber, das dem
Silber im erdbrand abgangen ist. Mathes. 50*. bildlich, er wollt
es durchaus vom Schicksal nicht leiden, dasz eine solche
weit voll ideen ihrem erdbrand und ein so freies herz voll
redlichkeit dem letzten schlage näher komme. J. P. Tit. 5,138.
ERDBREITE, f. terrae latitudo.
ERDBRÖSLEIN, n. fruslulum terrae: die ameise baut sich
eine wohnung aus grashalmen, erdbrüslein und kiefemadeln.
Göthe 15,325.
ERDBROT, n. panis terrae, saubrot, erdapfel.
ERDBRCSTLEIN, n. pectusculum terrae, tumulus: denn get
der frid abbin unz ans erdbrüstli. weisth. l, 118. erdbrüst
f'/., hngclchen (auch erdgrüst). Stalder 1,345.
ERDBUCH, n. erbbuch, landbuch, schw. jordebug, dän. jordbog.
ERDBÜCHSE, f. genus arium palustrium, gralla? doch bis-
weilen braucht er auch (zu zansteurern) stockfisthschwenz
lind auf hohe fest den Schnabel und die kloen von rortrum-
men (rohrdommeln) oder rorreigeln oder mosküen oder mur-
rindern oder erdbüchsen. Garg. 163'. vgl. erdbulle.
ERDBULLE, m. ardea stellaris, rohrdommel, buchstäblich erd-
ochs, erdrind, der im röhr oder mos brüllt, vgl. erdbüchse.
ERDBURG, f. arx, munimen terrae, in der ahd. grenzur-
kunde der Würzburger mark heiszt es: danan in de sundorön
erdburg mitta {vgl. erdbrüstli). Föbstemans 2,476 verzeichnet
mehrere Ortsnamen Ertpurc.
ERDBÜRGER, m. eins terrenus, terricola, mensch.
ERDCHEN, n. parvula terra: unser zerstäubendes erdchen.
J. P. uns. löge 3, 177 ; nichts ist ja wol auf unsrem erdchen,
diesem zwicksteine im weltgebäude, so grosz als kleinig-
keiten. teufelsfiop. 2, 2.
ERDDECKE, f. tegumentum terrae, terra tegens.
ERDDOIINE, f. Sprenkel nahe über der erde.
ERDDLNST. m. vapor terrenus, aus der erde steigender dunst.
ERDDURCHMESSER, m. diameter terrae, s. erdhalbmesser.
ERDDURCHSUCHUNG, f. Praktorios storch und schicalbenq.
reguter.
ERDE. f. terra, goth. air|)a, alts. ertha, ags. eordc, ahd.
örda, mlui. Crde, mnl. erde, aerde, nnl. aarde, engl, eartb,
fries. irth, alln. iörd, schtc. ddn. jord.
1) eines so durchgreifenden, allrerjdhrten Wortes Ursprung ver-
liert sich im dunkel, da uns das lalnn und die keltischen spra-
I chen auch sonst nahe liegen, läszt sich an eine lautumstellung
' denken : terra, kellisch tir (vgl. atir bei Zecsz 254) verhalten sich
' zu air{)a, erda icie lil. darbas zu goth. arbai|)s oder uie forma
zu fioQff}, und hinzutritt, dasz die lautverschiebung des lat. t
ins goth. \), ahd. d vollkommen regelmdszig ergeht, neben vel-
schem tir gilt aber noch daear, arm. douar, worin wiederum
fortgeschobne lingualis erscheinen könnte, das doppelle rr in terra
mag wie in curro, susurnis «. a. m. aus ri erwachsen sein.
tellus, die göttin Tellus, gehört gar nicht zu terra.
; 2) in beiden formen, airj)a wie terra, ist der linguallaut we-
sentlich, stehe er vornen oder hinten, ihn aufgegeben erweitert sich
• alsbald die verglächung. das \Yessobrunner gebet scheint ero noh
1 üfhimil darzubieten, obschon himil enti erda nachfolgt, die gestalt
j von ero ist aber männlich (vgl. hero Graff 4, 999), oder musz
man ero, area, pavimentum, nach 1, 198, ansetzen? aus dem adv.
eoa^e folgert man ein nirgend begegnendes sQa nach analogie
von d'voats, xctfiä^s. gal. und ir. gilt ire, irionn feld, land,
boden, das skr. ird oder auch idd (Böhtl. Roth 1, 782. 815) terra
gehl auf die Vorstellung von nahrung labelrank und kuh zurück,
stimmt also zur uralten Verbindung der begriffe kuh und erde.
ob mit einem dieser ausdrücke das hebr. erez, arez (ynX, 'j^'nJJ!l)
zusammenhängen könne, bläbt höchst unsiclier, auch arab. arz,
ard stimmen ein.
3) welchen sinn legen soll man in eins dieser Wörter? dem
skr. ird liegt der von spende, milchspende unter, an arare, goÜL
arjan läszt sich bei air})a nicht denken, wie schon die vocale ab-
weichen und die bedeutung des pfluglandes, ackcrfeldes, der terra
arabilis wäre fast zu eng, darum liegt auch das lat. an'ura ab;
ein skr. uni terra wird aber mit recht von uru weit, grosz ge-
leitet und gleicht dem gr. beinamen der erde ev^sla. ir. und
gal. drückt uir pulvis und terra aus. terra für das trockne land
zu nehmen und aus torrere zu deuten, gewinnt zwar schein durcli
extorris = ahd. arerdco, mit Übergang des e in o, wie in verto,
divortium «. 5. w., hat aber doch gegen sich, dasz weder in tir
noch in unserm erde rs vorbricht, wie in riqaead'ai und im
goth. })airsan, jiaursus = ahd. durri, dürre.
4) unmittelbar zurück in unsere spräche ßhrt die «ahmdi-
mung, dasz schon ahd. die aspirierte form herda erscheint (Graff
1, 416. 417), an die jetzt gewichene lesart Herthus, Terra mater
(Tac. Germ. 40) für Nerthus gemahnend, wonach früher selbst
eine göttin Hertha angesetzt wurde, vom weiblichen herda scheidet
Graff 4, 1027 das männliche hert arula, focus, doch begegnet
auch bei herda die bedeutung von esse, fervens slrudura und
nahe liegt die Vorstellung des häuslichen herdes, der herdstätte zu
einigen mit der von boden und erdboden. auch mhd. erscheint
hert (niemals ert) ßr beides, herdäälle und erdreich {wb. 1, 671),
nhd. ist herd wieder auf focus eingeschränkt, nur in der Schueizer-
mundart haftet auch der sinn von boden, erdreich, land (Stalder
2, 38), Frisics und Maaler geben ihn unter herd nicht an. in
der that müssen beide Wörter^ ursprünglich auseinander gehen und
goth. air|)a terra abstechen von einem mutmaszlichen hair})us
focus, das vielleicht zu hauri pruna geiwrte. jener für terra ab-
gelehnte begrif der trorkenheil liesze sich allerdings dem des lierdes
und feuers an die säte stellen.
5) wie dem sei, die Verwechslung von herd und erde kann
auch das genus von erde schwankend gemacht und ein in Süd-
deutschland vorwiegendes, abgestumpftes erd ßr erde zu wege
gebracht haben, Keisehsberg sagt fast immer so, obgleich er es
weiblich verwendet, auch unser art (1, 568) wäre dabei zu er-
wägen, dessen geschlecht wiederum aus dem männlichen ins weili-
liche umschlägt und die bedeutung von solum, habitatio zeigt, ganz
wie das mnl. aert männlich steht und terra, solum ausdrückt,
nur weichen in art und erde vocale und consonanten von ein-
ander, ebenso im ags. eard praedium und eorde terra; es bedürße
einer ablautenden reihe air))an ar|) aur|)um (wie vair})an var|)
vaurjium (ahd. werdan wart wurtum) beide auszugleichen, der
sinn davon bli^e dahingestellt.
6) merkwürdig ist auch das schwanken zwischen starker und
schwacher dcclination. das goth. airj)a, altn. iörd gehen immer
stark, d. h. kein air|iü, kein iarda kommen vor. ags. aber herscht
umgedrelU schwaches eorde, gen. eordan; alts. ertha, ahd. erda,
mhd. erde bilden ihre obliquen casus bald stark bald schwach
und es will niciu gelingen den gebrauch einer oder der andern
form auf unterschiede der bedeutunyen zurückzuleiten, man möchte
das schwache tcort gern persönliclier nehmen, nhd. rinnen be-
kanntlich starke und schwache weibliche flexion überhaupt so zu-
sammen, dasz der sg. jene, der pi. diese ausliält, doch bei einem
so geläufigen worl liesz sich der scJiwachc sg. nicht sobald ver-
751
ERDE
ERDE
752
tilgen, viele und namentlich dem reim zu gefallen die diciUer
rerleüten auch dem gen. dat. acc. sg. erden, ja einige z. b. Fbisiüs
1304'. Maaler lüS* setzen sogar den nom. sg. die erden an,
trie das schwache n diesen casus inii^räuchlich oft ergreift, ich
veisz nicht, wie Luther das wort nimmt, nenn er Mallh. 24, 35
setzt: hiniel und erden werden vergehen, aber meine wort
»erden nicht vergehen, wo 6 ov^avds xai yij, vulg. raehnn
et terra keinen pl. erden veranlassen, der nach 7, a stelten dürfte;
so lange die erden stehet. 1 Mos. 8, 22 ist unzweift'lluifter sg.,
wie er auch sonst noch bei späteren Schriftstellern auftauclU:
die erden stinkt mich an. Grtphius 200;
trSgt mich die erden noch? 233,
gerade wie er aschen 221 und andere soldie formen mehr auf
en nominativisch braucht, doch im is jh. erscheint dieser nom.
erden nicht weiter, auszer in der Volkssprache (Schm. 1, 103).
unverkennbar entspricht obliques erden manchmal der starken
form mit artikel, z. b. das häufige auf erden drüclä aus was auf
die erde, auf der erde, obgleich auch vorkommt auf die erden,
auf der erden, einzelne belege werden im verfolg gegeben. Die
Zusammensetzungen schweben nacWieilig zuuchen erd, erde, erden,
und es ist schwer einen genügenden grund für diesen Wechsel an-
zugeben, zuweilen mag der wollaut entscheiden, öfter liegt jenes
alle schwanken zwischen starker und schwaclier form zum gründe
und blosze angewöhnung. nicht selten erscheinen zwei oder drei
ausdrücke nebeneinander, das Wörterbuch konnte nicid unterlassen
sie gesondert und wiederliolentlich aufzustellen.
^) es ist zeit auf die heuligen bedeulungen des worles zu ge-
langen.
a) erde bezeichnet unsern zwmhen Mars und Venus die sonne
umkreisenden planeten. neuere Schriftsteller setzen es auch un-
eigenllich für jylaneten oder weltkörper insgemein, reden also von
mehrern erden, hier sind überschwänkUche stellen aus Klamer
Schmidts elegieen an seine Minna:
welcher himmel, welcher götterlag
streute flammen? welche llamme fuhr
auT dich nietler, schalTendc natur,
als du Minna licszest werden?
als du lehrtest die erstaunten erden,
was im himmel deine hand vermag. 38;
himmel, sonnen und ihr erden,
die ihr in der kleinsten der irebcrden
meiner Minna ihre grösze seilt
und euch stiller um die achse dreht,
wenn der west aus ruhigen haineu
ihre seulzer euch entgegen weht,
helft mir singen, helft mir weinen! 62;
ein süszer wink, den die geliebte nicket,
ist tausend dieser erden werih. Höltt.
jn solchem sinn hehzt es auch weiten.
b) weit häufiger drückt erde den geyensatz zum himmel, die
unter ihm liegende, von ihm bedeckte aus: am anfang schuf
gott himei und erden, l Mos. 1,1, vulg. caelum et tenam;
in dem anfang als gott himmelreich und erdreich beschaffen
hat, und alles das in himmel und in erd ist. Keisersberc
s.d.m. 12';
mhd. got himel und ^rden umberiiic
geschuof und dar in elliu dinc. Frkidamk fi, 1 ;
dein wille geschehe auf erden wie im himel. Malth. 6, 10,
vulg. sicut in caelo et in terra, golh. sve in himina jah ana
atrjiai, ahd. in himile, in i-rdu; 'der himmel ist mein hut,
die erde ist mein schuh', oder 'der himmel ist meine decke,
die erde mein bette' sagt der pilyrim; götter, enge!, die sicii
auf erden niedergelassen hatten, fahren gen himmel; wenn
der mensch auf erden stirbt, die erde verlüszt, wird er in
den himmel aufgenommen;
wölbt sich der himmel nicht da droben?
liegt die erde nicht hier unten fest? GAtre 12, 180.
und m zahlloten delien. nah lag die mytltisclie Vorstellung der
erde alt gemahlin des himmels, die t<on Cäa und Zeus, was viel-
fach angewendet wird, wie Locau vom mal .wnyt;
die««r monat i«t ein ku», den der himmel gibt der erde,
dut aifl jetzund sein« braut, kiuiftig eine mutier nrerdo.
e) die erde ist der grund und boden {vgl. beide Wörter), auf
vHrhem die metuehen wnlinen, welchen sie treten, in den ne zu-
letzt aufgenommen werden, w<tran sich wieder dir gedanke an
eine multer und den mütterlichen schmz sehlieszt. der r\e*e,
M% der erde, an« dem fels geboren, «t.lrkt auf ihr neinc
kraft, fällt wieder in ttie zurflrk. die erde Irflgt den men-
•chfn; du biM nicht werth, dasz dich die erde trage; die
menschen wandeln, wandern hin über die erde; sie lie-
gen, ruhen, schlafen auf der erde, erheben sich von der
erde ; alles hohe steigt auf von der erde ; zwanzig fusz hoch
von der erde ; nummen zwen eilenbogen hoch von der erden.
Keisersb. s. d. m. n'. thäler biegen sich, gruben senken sich
in die erde, was unten ist, nieder gehl steht in der erde, fälU
auf sie: der esel ^olt dem leuwen gleich sein und stund
unden auf der erden in dem tal und der leuw obnen an
dem berg. Keisersb. 9'. den blick, die äugen sentwn heisA
zur erde schauen:
ich gieng, du standst und sahst zur erden,
und sahst mir nach mit nassem blick,
und doch welch glück geliebt zu werden,
und lieben, götter, welch ein glück. Götue 1,76;
ihr seht zur erden und weint. 8, 165. 42, 449 (42, 230 zur
erde), in die erde graben, vergraben, auf die erde schütten :
ich han gesworen, ich muosz sei haben,
war sei joch in erd vergraben. Ring 11*, 33;
da thet sich die erd auf und wurden verslunden mit iren
wcibern und kindern. Keisersb. s. d. m. 17'; verscharre sie
mit einander in der erden. Hiob 40,8; seine beine werden
sich mit im in die erden legen. 20, 11 ; und viele, so unter
der erden schlafen liegen, werden aufwachen. Dan. 12,2;
0 legt mich nicht ins dunkle grab,
nicht unter die grüne erd hinab. Urla!(D 50;
fest gemauert in der erden
steht die form aus lehm gebrannt. Schiller 77";
fand auf der erden eine neue feile liegen. Lokman fab. 26;
da liesz inen got vögel zu fliegen, die vor inen uf die erden
flugen. Keisersb. .<t. d. m. 4*.
d) erde, orbis terrarum, die weite, breite erde, svQela
xd'cöv, in aller attsdchnung und erstreckung: auf der erde
wohnen und in ihr liegen begraben zahllose millionen von
menschen ;
ich habe niemand,
auf dieser groszcn weiten erde niemand. Schiller 245*;
leicht verschwindet der thaten spur
von der sonnebeleucbteten erde. 507';
mein einzig glück auf erden ist dein wilie. Götbe 2, 10;
seines gleichen ist auf der ganzen erde nicht mehr zu finden.
e) erde, das feite land, gegenüber dem meer und gewässer:
und das gewesser verlief sich von der erden imer hin und
nam abe. 1 Mos. 8, 3 ; da vemam Noah, das das gewesser
gefallen were auf erden. 8, 13 ; o der wonne. wenn die See-
fahrer endlich wieder die erde erblicken I ; sie küssen die erde ;
so oft der herr der wasser und der erden
die krämer beugt, dasz sie nicht fürsten werden.
Hagedorn 1, 11.
die grüne erde, das gras; vgl. land, fcstland.
ß erde, solum, humtis, ackerland: der bauer pflügt die
erde; die erde ist hier steinig, sandig, lehmig, weich, hart;
feucht, durchnäszt, dürr, trocken; fruchtbar, unfruchtbar.
vgl. grund, boden, erdboden.
g) erde, staub, pulvis, was in der alten spräche molia, goth.
mulda hiesz: die erde staubt, aus der erde drangen wölken
von staub auf; das wasser, das meer hat keinen staub wie
das land und die erde; der leichnam zernillt in staub, in
erde; wee dem menschen, der da erd ist und musz zu erden
werden. Keisersb. .«. rf. m. 6'; ein schlang die gat krum inher
und issel erd. 2!»'; gedenk, das du nüt weder erd (nichts
als erde) bist. 34'; da sprach gott der herr zu der schlangen,
weil du solches gethan hast, seislu verflucht für allem vieh
und für allen thieren auf dem fehle, auf deinem bauch sollu
gehen und erden essen dein leben lang. 1 Mos. 3,14; die
erde kauen, in.? gras bebzen müssen, ist .'iterben ;
so fallen sie dahin und liefern wiedenimb,
all ihr*r srhuhlen zins, der erden ihre erden.
Weckiikri.iji 228;
wachet und betet, damit der Versucher nicht Ober euch kommt,
zwar ihr wolltet es gern, allein auch Ihr seid erd«.
Kloi>st(ick i/cMMx;
vom mcDschcQ bleibt nichts übrig als ein bilufchcn slnub und
erde, er löst sich wieder in einen tjrundslof, in ein Hemenl auf
h) wie sich stubjus, stiippi, staub mä »loina, stof beriihrtH
{oben sp. 404), drückt darum auch erde das elrmrnt aus: ftotl
gibt zu imserin brnnch ohn unlerluiii die elemenl feuer, luft,
wasser, erden. Iathkr tUchr. 2, 04 ;
was auf erden, was in lüOon
lebeniodcm in sich hat. IICrcii 1'j
753
ERDEBEBEN— ERDEGRÖSZE
ERÜEHNEN— ERDEN
754
der lufl, dem wasser, wie der erden
entwinden tausend keime sich
im trocknen, feuchten, warmen, kalten. Göthe 12, 72.
allen bekannt aus Hass Sacbs I, 255 ist das schöne gespräch
iwischen den vier elemeiüen, wo jedes derselben :u finden sä,
das teatter:
finst mich alxeit wo pinzen (hinten) stehn ;
Terra antwort, du linst mich da,
wo du siehst wachsen grünes gras.
in der früheren erzählung von den vier Jungfrauen, die auf ein-
mal zusammen kamen und einander 'gevetterten', d. i. freund-
lieh unter einander kosten gleich gevatterlcuten (schimpf und ernst
1522 und 1550 cap. 4, 1555 cap. 354), ist gerade die erde aus-
gelassen, unsere Chemiker scheiden vielerlei erden oder erdarten :
kieselerde, thonerde u. s. ie.
Die Zusammensetzungen mit erde in allen diesen bedeutungen
sind endlos und Jea>- Paul namentlich bietet sie in menge dar.
ERDEBEBEN, n. tcas erdbeben:
dort ein freibewegtes leben,
hier ein ängstlich erdebeben. Götbji 41,136.
ERDEBEGRABEN, terra sepuUus:
bilder des todes .
strömten um sie, das graun der erdebegrabneo Verwesung.
Messias 8, 539.
ERDEBEWANDELND, terram cakans:
denn wisse, das wesen unsterblicher götter
gleicht mit uichten dem wesen der erdebewandelnden menschen.
BÖBGES 226*.
ERDEBEWOHNEND, terram incolens.
EKDEBEWOHNER, m. terrae incola:
höre, Kyklop, wofern dich ein sterblicher erdebewohner
jemals fraut um des auces erbarmungswürdige blenduug.
Od. 9, 503.
ERDEBEZWINGER, m. terrae domUor:
ihn sehn die erdebezwinger
unten erstaunend an. Messias.
ERDEBCRGER, m. tenicola, «as erdbürger und erdenbürger.
ERDECKE, f. angulus terrae: die stunde, die ihn zugleich
von dem vater und der freundin in ferne erdecken warf. J. P.
ERDEFERN, a terra reniotus, erdfern:
aufgethan die erdeferne
pforte des himmels. Klopstock 1, 47.
ERDEFESSEL, f. vinculum terrenum:
laszt mich vergessen, dasz auch hier die weh
so manch geschöpf in erdefesseln hält. Göthe 2, 145.
ERDEFREÜDE, f. terrena roluptas:
last, natur, vor allen erdefreuden
mich deiner guten menschen freun! Göiikck 3, 66.
ERDEGEBOREN, terrigena, erdgeboren:
ihm war unter den erdgebomen keiner zu gleichen.
Stolbebg 11, 71 ;
lasz dies alles uns nun beseitigen, jegliche rede,
wie sie auch weise sei, der erdegeborenen menschen
löset die räthsel nicht der undurchdringlichen zukunft.
GöTUB 40, 3«S ;
mich zwar reizet der hunger nicht mehr, noch der durst, noch
ein andres
erdgebornes verlangen zur feier fröhlicher stunden, das.
ERDEGEIST, m. spiritus terrenus, erdgeist:
billich, denn so hohe sinnen
müssen andren dank gewinnen
als ein kriechend erdegeist,
den man aus dem eignen nennen
dennoch nicht mag recht erkennen,
weil er andres ist als heiszt. Locac 1, 2.
ERDEGESCHLECHT, n. genus lerrigenum: das Verhältnis
unserer erdegeschlechter zu den Organisationen anderer welt-
körper. Herder 3. 9.
ERDEGESCHÖPF, n. creaiura.
ERDEGEWEBT, e terra textus:
doch achten selten die himmlischen
PS werth, sich in der menschenspracbe
erdegewebtes gewand zu hüllen. Stolberc 1, 331.
EhDEGOTT, m. deus terrenus:
wer von forsten reden wil, wil er gutes reden nicht,
hüt er sich , dasz auch sein maul erdegötter nicht verspricht.
LocAD 2, 185, 146.
ERDEGRÖSZE, f. magiütudo terrtna:
ha, bild der erdegröszen ! ha hild des roonds!
vor ihm gab keiner seines treschlecbtes licht,
er gabs und über seine nachkninfl
wallet nun wieder die nacht zurücke!
Dekis im Letpz. mu^enalm. 1779 s. 241.
HL
ERDEHNEN, exlendere, ahd. ardennan (Grajf 5,145), mhd.
erdenen (irft. l, 311*) : kam er gerant und sehlug Aimonet mit
erdentem schwer! einen harten schlag auf seinen heim.
Ainwn E4'. heute erloschen und durch ausdehnen vertreten,
s. erdänen.
ERDEHÖHNEND, terrae illudens:
so staunet an der pöbel
den erdehöhnenden gesang
der begeistrung und des dichters, den nur sie gebar.
Stolbebg 1, 82.
ERDEHCTTE, f. lugurium terrenum:
ihr, die sich mit erdehütten beschatten,
laszt die niedrigen hütten und kommt! Klopstoci . . .
ERDEICHEL, f. lathyrus ti^erosus, spiraea filipendula.
ERDEICHELSCHWÄRMER, m. sjhinx filipendulae.
ERDEICHEN, opprimere , erschleichen, encischen, ertappen.
deichen ist das mhd. liehen teich (gramm. i, 937), rji. Kahajan
über Teichner 6 (8S) und ertichen. Reinh. s. 306 :
mm grüsz dich gott, du werder Neidhart frei,
wo du wonest in deines vaters reiche,
verleich uns deiner tollen sinn zwo (iwen?) oder drei,
dasz wir die groben pauren erdeichen.
Uhlaüd 646. bergreien 105.
ERDEICHHORN, n. sciurus strialus.
ERDEIDECHSE, f. lacerta terrestrU.
ERDEIHEN, profkere, gedeihen, anschlagen, ausschlagen : dann
solchs uns villeicht zu spot und ungelimph erdeien mCcht.
Chhel urk. Maaimil. s. 127 ;
in sollicher zeit, ist offenbar,
kein besserung erdeien wolt. Soltac s. 362.
ERDEISEN, n. culter aratri, pflugeisen, mhd. erdisen {wb.
1, 756").
ERDEKLUMPF, m. moles terrae, ^d)a, erdUosz:
tag der von dem erdeklumpfen und der laster last uns löst.
LoGAC 2, 199, 24.
ERDE^iRIECHEND, in terra repens:
vor allen
haue mit schmähsucht Philo und erdekriechender bosbeit
ihre schon kleinen, beweglichen herzen erfüllet.
Messias 6, 3S6.
ERDELBEN, effodere, besser ertelben: der meier wird die
getreideäcker Jetten und erdelben. Sebiz 55.
ERDELEBEN, n. xnla terrena:
vor ihm flohst du,
wie ein erscheinender schatten, sein erdeleben vorüber.
Messias 11, 87S;
am jüngsten tag, wann die posaunen schallen,
und alles aus ist mit dem erdeleben. Götbe 2, 15;
und manches jähr des stillsten erdelebens
ward so zum zeugen edelsten bestrebens. 4, 100;
heiterkeit zum erdeleben ,
sei dem flüchtgen rausch gewinn. 3, 174;
dichten zwar ist himmelsgabe.
doch im erdeleben trug. 5, ^JS:
und sehen neben uns der abnherrn tritte
und ihres erdelebens spuren kaum. 9, 32 ;
in jedem kleide werd ich wol die pein
des argen erdelebens fühlen. 12, i>0.
ERDELN, terram olere, sapere, nach erde riechen, schmecken,
schveiz. erdeien, erdküstelen. Stalder 1,345.
ERDELOSZ, n. conditio vivendi, losz der sterbb^en:
aber in der göttin schosz
könnt er doch, der erdgeborne ITilhonos),
nicht entgehn dem erdelosz. Röckebt ges. ged. 1, 8.
ERDEN, terra condere, inoccare ? das alln. iarda ist sepelire,
beerdigen, in die erde graben, das schv. jorda, ddn. jorde ein-
graben, in der folgenden stelle eines elsäszischen veisthums (1,655)
verbinden sieh erren und erden, pflügen und- eineggen, mit
erde bedecken, der samc wird gleich dem leib in die erde gegraben,
mit erde zugedeckt: und mögent euch die von Nufer wider
den Rin und hinter dem hag, so es im brach lit, mit irem
vieh farcn und sond die zween meier unser obgenanten
herren inen geben, wenn si inen geerrent und geerdent. brot
und bückin Oeisch und roten win und sond si die pflüge
heim schicken und die knaben, und sond die mnnknechte
hüben unz die Sternen an dem himmel stond. vgl. erhen.
ERDEN, terrenus, rie ahd. erdin neben irdin, begegnet noch
früherhin, im vocab. Iheut. 14S2 g6* findet sich: erden, irdin,
irdischer, terrenus, crdein, das von erde gemacht ist, als kachel,
48
755
ERDENAU— ERDENDAMPF
ERDENDÄMMERUNG — ERDENGELD 756
hafen, ficUlU. auch Alükrus setzt erden vnd irden, ein irden
geschirr, ich mach erden gefesz. Lutiier zieht sogar erden
vor: allerlei erden gefesz. i Mos. 11,33; die rede des herrn
ist lauter wie durcbleulert silber im erdenen tigel. ps. 12, 7 ;
keuf dir einen erdenen krug vom töpfer. Jcr. 19, 1 ; die edlen
kinder Zion dem golde gleich, wie sind sie nu den erden
topfen vergleicht, die ein töpfer macht, klagt. 4, 2. einzelne
ttispUie ergä)en sich noch sjnlcr:
dasz schwache reue uur die erdnen scelen plagt.
Haugwitz Soliman h, y.
vgl. erdenisch.
ERDENAU, f. regio tenae:
mit Sehnsucht drnui^t die crdenau
sich dem biminel entgegen. Röcurt.
ERDENBALL, m. terrae globus, was erdball:
der erdenball
sprang aus des blinden zuTalls schoszc. Gotter I, 377;
du kanst mit Cook den erdenball umwanderii,
und, wo du hiiikömst, morden sie. Göeingk 1, 221 ;
wie schnell die herlichkeit des erdenballes
vorüberflieh am staub. Falk der menscli und die Helden s. 97 ;
ich, von dem osten bis zum müden west
rasch auf dem winde reitnnd, mache kund
was auf dem erdenball bi-gonnen wird,
the acts commcnced on this ball of earth.
hing Henry IV. second pari, prolog;
das flügelros, mit tcelchem Rüdiger
von den Indiern war bis zu den Britten
schier um den halben erdenball geritten.
Gries Ar. Hol. 22, 24 ;
bang schaut auf dich der erdenball. Schiller . . . ;
im innern erdenball pulsieren
die kräfte, die zur nacht uns führen
und wieder zu dem tag heran. Göihe . . .
ERDENBAND, n. vinculum terrcnum, erdfessel: das gefühl
hoher freude, diesen mann allen erdenbanden entnommen
zu wissen. Forsters briefw. 1, xii ;
sieh, wie er jedem erdenbande,
der alten hülle sieb entraft. Götbk 41, 343.
ERDENBAU, m. struäura lerrena: item, so es ein eben
erdenbaw ist, ob er gleich wol und eben lüg. Fronsp. 2, 23' ;
erdenbaw kan übel längen,
drein sich wind und wasser mengen. Logao 3, 146, 56;
als giflger Schwaden zieh ich durch die spalten
des erdenbaus. Rccksrt ges. ged. 1, 117;
in der menschlichen Organisation hat der alles lebendige
durchdieszendc unsichtbare himmlische licht- und feuergeist
die feinheil erreicht, die ihm ein erdenbau gewähren konnte.
Herder 3, 2.50.
ES ERDENBEBET, terra movet, tremä: das ist der berg
Sinai, darauf es donnert, blitzet, erdenbebet. Luther 8, 168.
rorjiizie/ien wäre erdbebet.
ERDENBEGEGNIS, f. evenlus: verwickelter erdcnbegegnisse
heftigste bewegimg. Göthe 39,122.
ERDENBEWOHNER, m. u-as erdbewohner, erdebewohner.
ERDENRLUT, n. vinum, vic erdblut : o erdenblut, o leberfrist,
mein lungenschwemm, du beilige abwäschung meiner kleider,
0 kragenspülerle, stimstoszerle, zungenbiidlin ! Garg.9!}'. vgl.
rebenblut.
ERDENBREITE, f. latitudo terrae, planities. Stieler 226;
mit seltnem augenblitz vom hoben thurm
umberxuschaun bestellt, dort himmelsraum
und erdenbreite scharf zu übcrspiihn,
was etwa da und dort .sich nielaeii mag. Cöthb 41, 211.
ERDENBROT, n. pams guotiJianuit : und was sagst du nun
zu diesem miilengang, wodurch wir beide herlicb den mal-
gasten himmelbrot verschaffen können und uns erdenbrot.
J. I'. ßegelj. 1. 111. tgl. erdengrob.
ERDENBRUCH, m. ruplura terrae: und der berg (IMal)
hat gar vil hiilcn und erdenbrüch. Fran» weltb. 17h".
ERDENBÜRGER, m. terricola, homo. tchon das neugeborne
kind heiizl der kleine erdenburgcr.
ERDENCREATUR, f. erdgeschiipf :
und nun ward In ihr zu leben
mir so Innig zur iintur,
wie In licht und lufl zu weben
ji'der erdencreutur. Uüiick* 43'.
F.IM)?:ND\C:H, b. tectum terrae.
KRDENDAMI'F, m. ro/-/r terrae. STIEtE« 276.
ERDENDÄMMEUUNG, f.
Sterne
in des himmels ferne,
die mit stralcn beszrer well
ihr die erdundamnirung hellt. REckkrt 11.
ERDENDE, n. ßnis terrae, alui. ördenti. 0. L 11, 17.
ERDENDECKE, f. teymcn terrae: wie nach einem wegge-
schmolzencn nachwinter auf einmal die grüne erdendecke
in blunien und bluten hoch aufflattert. J. P. Tit. 2, 121.
ERDENDIELE, f. area terrae: unter der lindenrotunda des
ilorfs war die erdendiele sauber gekehrt. J. P. Tit. 5, 45.
ERDENDLNG, n. crealura lerrena, irdisches wesen:
kein crdcnding schien sie im schlafe dort,
vielmehr ein enget aus des himmels scharen.
Gries Uojardo 1, 1, 42.
ERDENDUNKEL, n. caiigo terrae:
und der schimmernde karfunkel
biinniclstcrn im crdcndunkel. Rdckert ges. ged. 1, 30;
ich bin es, deren band euch aus dem bette
der wogen und des erdcndunkcls nahmen. 1, 182.
ERDENECKE, f. was erdecke:
seitdem du mir erschienen, entsagt ich diesem schweifen
nach allen himmelswinkcin, nach alinn crdenecken.
Puten 83.
ERDENELEMENT, n.
so weit das crdenelement
uns Sicherheit in seinem schosze gönnt. Seuhb.
ERDENERDE, f. terrae terra: ich spreche nur von des hof-
nieisters seele. denn sein leib mag eben so gut aus Uranus.
Saturn, mond oder sonnenerde, als aus erdenerde geknetet
sein. J. P. 37,30.
ERDENERSCHÜTTERER, m. ivoaiyaios:
ihr antwortete drauf Poseidon, der erdunerschüttrer.
RÜRGER 231'.
6« Voss richtiger crderscbütterer.
ERDENFAHL, lutcolus, erdfahl:
kaum bat das mädchcn ihn von fern erkannt,
da wird sie erdenfahl und höchst beklommen.
Gries liojardo 2, 10, 6.
ERDENFARB, dasselbe: alentwiirzel hat eine grosze dicke
Wurzel auswendig crdenfarb. Tabernaem. 953.
ERDENFERNE, /. apogaeum.
ERDENFINSTER, caliginosus: es war erdenfinster, «/.s s/ecA/t'
man in liefer erde, verstärkt, blinderdenfinster.
ERDENFRAU, f. femina:
doch werd ich dich mit kriegerischen ehren
vor allen erdenfraueu dich verklären. Schüler 452*.
ERDENFREUDE, f. voluptas caduca. Stieler 552.
ERDENF13SZBL0CK, m., erdenband, erden fessel : ach welche
wonne, so sich aufzureiszen von dem zunickziehenden erden-
fuszblock und sich frei und getragen in den weilen iither
zu werfen. J. P. Tit. 1, 85.
ERDENGABE, f. donum terrenum:
zeigt mir alle erdengaben,
alles, alles ist zu haben. Güths . . .
ERDENGANZ, tnleger, in vitaevigore: die geliebte siehst du
nicht mehr, so erdenganz, wie sie da war. Hippel 3, 28.
vgl. erdengrob, erdenwol.
ERDENGAST, m. hosjies in terra, peregnnus:
0 tod, du fremder erdengast. P. Gerhard tl, 2;
sie (die vorsieht) kam (rom hitnmet)
und ßientr aus stAdten in palnste
mit gleicliem vorsntz zu erfreun,
und weihte schon die erdengitsie
vom .struhduch bis zum thron IVir ihren hiromel ein.
DuRMANN fabeln 12.
ERDENGE, f. isthmus, landenge. Stiei.er 379 hat erdenenge.
ERDENtlEDANKE, m. die kleinen erdengedanken waren
jetzt aus Horiims seele geflohen. J. P. lUsp. 2, 2:>2.
ERDENGEFILDE, n. campus, locus lerreMris:
als »m nhcbsten morgen Apollon» rothlicbo »chwesler
mit erhobener fkckel dl6 erdengelllde beleurhiet.
IIÜRCKR 244'.
ERDENGEGEND, f. dima terrae. Stieler «34.
ERDENGEGENVVART, f. prtmnlu terrae: alle erdmgepen-
wart war {nach erscheinung des dtrisUnthums) tu Uiiuinelyukunfl
verflüchtigt. J. P. aesth. 1, IJO.
ERDENGELD, n eensus «iHfAyiMlIieM, «*««.
757 ERDEiNGEBLING — ERDEXHERSCHER
ERDENUERZ — ERDEMETTE
758
ERDEiNGERLING, m. käferlarve, die sich in der erde ent-
faliet.
ERDENGESCHMACK, m. sapor hrreus. Stieler 1581.
ERDENGEWITTER, n. tempestas: lächerlich genug schosz
der feind einen gewitterableiter entzwei, als wenn man im
erdengewitter des kriegs viel danach fragte, dasz man oben-
herab erschlagen werde. J. P. ?iepom. 121.
ERDENGEW()LRE, n. hypogaettm. Stieler 2573.
ERDENGEWÖLKE, n. nubila terrae.
ERDENGEWÜRM, n. vermes terrae.
ERDENGLEIS, n. orbüa terrena:
Terächtlich dünken ihm die erdengleise,
gen himmel treibt ihn die begier zu sehn.
Gries Ar. Rot. 34, 4S.
ERDENGLÜCK, n. felicüas humana. Wieland 9,306;
himmelswona und erdenglQck
ists, an ihrem busen hangen. Clacdics im Wandsbecker boten;
menschenwerth und erdenglück. Götter 1, 468;
alles erdenelück vereinet
find ich inSuIeika nur. Göthe 5, 161;
nicht so betrüglich ist die flut,
als erdenglück und erdengut
und eitler lebensbraus. Körner 1, 268.
ERDENGOTT, m. deus terreslris: etliche erdengöUer ver-
gessen oft, dasz sie menschen sein. Bctschey Palm. 507;
allmächtige noth, du kannst mehr als die Epicteten .'
du machst den Weichling hart und lehrst den frevler beten.
nichts kann den stolzen Übermut
der erdengötter, wie du, zur Selbsterkenntnis zwingen.
WiKLAND 4, 77 ;
in meiner läge gleich ich einem schmutzigen bettler, der
sich an den tisch der erdengötter drängt. Kliscer 8, 293.
ERDENGRAM, m. maeror terrenus:
» den erdengram zu vergelten
mit ewiger Sehnsucht quäl. Le^au n. ged. 127.
ERDENGROB, crassus, asper, nahrhaft: doch hätte ihm das
erdengrobe brot gar wol geschmeckt. /»/. Stockfisch 22. «. erd-
grob.
ERDENGRÖSZE, f. magnUudo terrestris:
wie des dampfes seule weht,
schwinden alle erdengröszen,
nur die götter bleiben stet. Schiller S4*;
da beugt sich jede erdengrösze
dem fremdling aus der andern weit. 80*.
ERDENGRL'FT, f. fossa Urrae: dasz deine seele mit der
iren dort in der himmlischen wohnung, dein leib mit dem
iren allhie in der erdengruft wesen sollten, ackermann aus
Böhmen cap. 14 ; M. Curtius ist in die vergifte erdenkruft ge-
sprungen. Bltschry Palm. 380.
ERDENGRUN, n. viriditas terrae: für seelenaugen ist das
himmelblau was für körperliche das erdengrün, eine innige
Stärkung. J. P.
ERDENGRI'ND, m. fundus, solum terrae:
nichts hält dich mehr im tiefen erdengrunde,
es fliegt der geist vollendet himmelan. Körker 1, 147.
ERDENGDT, n. bona terrena : erdengut zerfällt und bricht ;
sie kümmern sich um keine erdengüter,
sind sich die ganze weite weit. Uölti 239;
j. die stelle aus Körner unter erdenglücL
ERDENHAUS, n. terra:
die glut XU löschen auf dem feuerherde
im erdenhaus.
doch sturmlest ist das erdenhaus gegründet.
Rückert 161 {ges. ged. 1, 165).
ERDENHEIL, n. was erdenglück:
dein ganzes erdenheil. Rahless Logau 2, 619.
ERDENHEIMWEH, n. desiderium patriae morlalium:
das erdenheimweh läszt uns trauern, bangen,
dasz tust und leid der erde musz vergehn.
Le:<ad n. ged. 165.
ERDENHELD, m. heros mortalis:
und als sie diesen wunderhieb beschauen,
ruft jeder aus, ein gott, kein erdenheld,
hat mit dem schwert den rieseurumpr zerspellt!
Gr1££ Bojardo 1, 17,31.
ERDENHERLICHKEIT, f. magnificenUa mortaltum.
ERDENHERR. m. terrae dominus, homo.
ERDENHERSCHER, m. Zeus der crdenherscher. Stolberg
14.313.
ERDENHERZ, n. cor humanum: das erdenherz, worüber
diese saiten aufgewunden sind. J. P. ; mein an ein reineres
Vaterland geknüpftes erdenherz schlägt gegen deinen Sternen-
himmel empor, unendlicher!; den mir im erdenherz mitge-
gebenen evvigkeitsgott. dämm. 5.
ERDENHIMMEL, m. an himmd auf erden.
ERDENHOFNUNG, f. die ungewisse, auf das irdische gerichtete
hofnung der sterblichen.
ERDENHCGEL, m.
es nahm auf seine flügel
mich, als ich schlief, ein träum,
und trug vom erdenhügel
mich auf in slarenraum. RijCkerts gcs. ged. 1, 79.
ERDENHÜLLE, f. tegumentum corporis mortale:
nur das himmlische soll gelten,
das 'die erdenhüll {acc.) umiaht. Borger 130^;
freudig schaudernd, in der fülle
hober götterseligkeit,
grüszt, entllohn der erdenhülle,
Psyche deine dunkelheit. Mattbisso:« 44;
kaum floh das fünfte jähr, seitdem erblassend
die mutter sich der erdenhüll (il mortal velo) entrang,
als schon mein vater diese weh verlassend
vielleicht zu ihr sich auf gen himmel schwang.
Gries Tass. befr. Jer. 4, 44 ;
sein {Beethovens) herz, vdk sehnsuchtsqual zerklüftet,
zieht dich hinab in seinen brand,
und deine trunkiie seele lüftet
der erdenhüile leichtes band. LKTtAr n. ged. 1S7;
ein theil der thiere und pflanzen lebt in der tropfenflüssigen
und luftförmigen erdenhülle. Hacsxasns einl. in die minera-
logie §. 10.
ERDENISCH, terrenus, g^ildet wie alln. iardoeskr und mhd.
irdenisch : mir armen erdenischen magd. fasln. 928, 12. vgL
irdensch, irdnisch.
ERDENJAHR, n. annus terreslris: 100 Mercursjahre betragen
nur 25 erdenjahre.
ERDENJAMMER, m. miseria terrena.
ERDENKAMMER, /". camera terrae:
wo ist elend? wo ist Jammer?
hier in dieser enlenkammer. Ksittels kurzgedichle % 7.
ERDENKBAR, cxcogitabilis : er suchte nach allen erdenk-
baren gründen, ihn zu widerlegen.
ERDENKELLER, m. sepulcrum : sein äuge voll glänz reichte
nicht herunter in den erdenkeller auf die abgeworfene enge
puppenhülle der befreieten, fliegenden psyche. J. P. Tit. 4, 57.
ERDENKEN, excogitare, erdachte, ahd. kdenchan, irdähta,
mhd. erdenken, erdähte, ausdenken, ersinnen:
mhd. swas man ouch höher witze kan
ertrahten und erdenken, ir. *r. 1965;
n/id. nun hört was weiter Neidelhart
erdacht gen dem held zu der fart. Teuerd. 95, 2;
do er das gülden kalb Erdacht. Brant 61, 9;
Homerus hat disz als erdacht,
domit man het uf wisheit acht. 108, 70;
Chaim der hat die erst lügin gethon und erdacht under den
menschen. Keisersb. s. d. m. 25'; er sagt es einem altvatter.
der erdacht ein sinn {einen plan). 36"; aber die bürger zu
Gibeon, da sie höreten, was Josua mit Jeriho und Ai ge-
than hatte, erdachten sie eine list. Jos. 9, 3 ; solchs ist nicht
geschehen, das du sagest, du hast es aus deinem herzen
erdacht. Neh. 6, 8 ; sie hengen sich an einander und erden-
ken böse tück. ,ps. 10, 2 ; denn sie erdachten allerlei abgöl-
terei, bis die räche über sie kam. Sir. 47,31; nicht das leiden,
das du erdenkest, sondern das dir wider dein erwelen, denken
bekümmet. Luther 1,24';
was hält ein wetberkopf erdacht, das er
nicht zu beschönen wüste? Lesswg 2, 270;
als wenn es auch nur möglich wäre, sich eine andere art
der anschauung zu erdenken. Kant 2, 355 ; man erdenkt sich
einen begrif von einem möglichen dinge. 6, 120 ; so kann er
diese einheit nicht frei erdenken. Fichte sonnenkl. bericht 7S ;
ich freue mich selu- auf ihre neue arbeit und habe mir schon
manchmal gedacht, welchen weg sie wol möchten genommen
haben, werde mirs aber wol nicht erdenken. Götbe an Schiller
39. bemerkemtrerth ist sich eines erdenken für erinnern, sich
auf einen besinnen:
wer hat sich dein erdacht? bergreien 129.
ERDEN KETTE,/; itoä erdenfessel : unser an fehlscblagungen
und erdenketten gewöhnter geist. J. P. Kamp. 55.
4S*
759
ERDENKLXD — ERDENKREIS
ERDENKRIEG — ERDENMAHL
760
ERDENKIND, n. terrigcna, iiomo, erdengeschüpf, crealur, men-
schenkind :
sie kamen, schöD wie der mai, mit ewig blühenden wangon,
die erdeukinder zu empfangen. Wiklan»;
höchstes glück der erdenkinder. Götue 5, 161.
ERDENKLICH, was erdenkbar: den erdenklichsten schönen
{erdmkikh schönsten) contum und den lieblichsten inund. Win-
KELMANN 4,172; seine Werkzeuge, den vorralh derselben, so
wie den vorrath von allem erdenklichen geriithe und dessen
Zubehör. Güthe 21,209.
ERDENKLOSZ, m. gleba terrae: und golt der herr machet
den menschen aus dem crdenklosz. 1 Mos. 2, 7 ; warf mit
steinen zu im und sprenget mit erdeklüszen. 2 Sam. 16, i;t ;
man findet saphir an etlichen örtern, und erdenklüsze da
gold ist. Hiob 2S, 6 ; du hast gemacht Adam aus einem crden-
klosz. Tob. 8,8;
herr, wenn ein adlcr so hoch llüg,
und die vier ort der weh umbzüg,
und übersah den ganzen crdenklosz. fasln. 85, 24;
den leib hegleiten wir auch in der erden schosz,
daraus er kommen ist als nur ein erdenklosz.
ROSPLF.R von LÖWKNH. 78;
blosz die liebe hats gemacht, die mir erdenklosz
heil von Sünden hat gebracht, und am bimmcl theil.
LocAü 2, 169, 53;
es reimbt und stiefelt sich nicht, wann einer vom erden-
klosz zum himmel argumentiert. Leumann 152;
ei, zupfte sieh herr Erdenklosz
doch nur au eigner iiase! Borger 48';
nicht ruhen soll der erdenklosz,
am wenigsten der mann. Götue 4, 133;
Hans Adam war ein erdenklosz,
den gott zum menschen machte. 5, 14;
die beine hüben und drüben auf dem sattel wie andere ge-
meine erdenklösze. Fr. Müller 2, 125; wie geschöpfe im
Nilschlamm, halb thier imd Laib erdenklosz. LicHTENBEitc
4,208; und so schuf die natur in seinem gciste ihren morgen
und ihren frUbling noch einmal aus dem erdenklosz des
ersten frühlings. J. P. Uesp. 3, 206. s. erdklosz.
ERDENKLOTZ, m. gleba terrae: ein kleiner erdenklofz, ein
groszer gast des himmels. Schlppius bei Wackernagel 3, 762.
ERDENKLUFT, f. fautes terrae:
lacht der fiustern erdenkluft.
V. 9 des liedes: Jesus meine Zuversicht.
ERDENRLUG, prudens, ärcumspeäus :
daher seind sie, zwar erdenklug,
bös zu thun all geflissen. WKCKUERLir« 173.
ERDENKÖNIG, m. rex terrae:
vom erdenkönig bis zur maus
schulmeistert alles meine werke. Pfkffel;
arm sind die erdenkönige
und haben alles wenige,
wenn sie nicht haben einen freund,
ders treu mit ihrer bürde meint. Buskann qed. 27.
ERDENKRÄNZLEIN, n. glecoma hederacea.
ERDENKRAÜT, n. fitmaria officinalis, erdrauch, erdkraul,
ackerratUe:
nibenkraut, rabcth und erdenkraut, ja peiersilgen,
das kalt und schnee sobald nicht tilgen. Brockes 6, 191.
ERDENKREIS, m. orbis terrarum, erdkreis: das man die ge-
iegenheit des ganzen erdenkreiszes etwas besser erkundete.
MiCRÄLiDS 1,40;
der erdenkreU bestochen ist,
wie 8t«ckt die weit so gar voll list?
rennplatt der hosen mit der leimslangen.
Erfurt UM F4';
auf dem ganzen erdenkreii. Fccns mückenkr. 1, 717; .
da doch der erdenkreii, samt aller i6, zu klein,
dati er dem kleinsten (utern) nur an grösz sich kdnte gleichen.
RoHPLitR 148;
wird den erdenkreii beitralen
Föbui warmei angeiicht. FLums 428 ;
ein Volk, das tausend jähr die meer und liinder srhrerki,
den halben erdf^nkrciH mit leginnen deckt,
vergebt und lii.izt unH nichts als münzen, alte xteiiir,
ein halb ventOmmelt buch luid asrhe der gebeine.
Liciitwrr recht itrr rerniinfl 79;
ia. ireiren taunerulrn (ron 'fcrrioi). ilii' :iii <1''^ liiiniinl- ^■^,ltl7e|l
▼aier aliar, alle ordenkreiie,
alle leiten ehren dein gebot.
Sitmi 1835 1.666;
der erdenkreis ist mir genug bekannt,
nach drüben ist die aus.sicht uns verrannt. Götbb 41, 315;
was rings iiu erdenkreis
die hellen äugen ihm schauten. Rcckkrt gcs. gcd. 1, 94.
ERDENKRIEG, wi. bellum inter homincs : so wenig geht bis-
her der mensch noch den menschen an, geheftet auf die
schölle, wie ein kerblhier auf das blalt, sieht er noch nicht,
dasz jeder erdenkrieg ein bürgerkrieg ist. J. 1* :iT. 11:!.
ERDENKUGEL, f. ylobus terrae:
die himmelsköngin ist darauf gebildet,
die über einer erdenkiigcl schwebt. Scuillkh 476*.
ERDENLAGER, n. die berghöhen nemU J. P. Tit. 1, 85 : belt-
aufhelfer vom tiefen crdcnlager.
ERDENLAND, n. terra, regio terrae:
drum, theurer graf, ward ie im erdenlande
ein weih von dir erfreut durch gimstverleihn,
80 fleh ich, thu, was du zu thun im stände,
um aus dem bösen see ihn zu bcfrein.
Gries liojardo 2, 13, 15.
ERDENLARVE, f. die edle, unsichtbare gestalt, worüber
dick und plump die crdenlarve hangt. J. P. Ilesp. 1, 59.
ERDENLAST, f. onus terrae:
zu einem igel sprach die schlänge.
weh dir, was du für stacheln hast!
0 du unnütze erdenlast,
dein anblick macht schon angst und bange,
du wirst gewis von aller weit gehaszt.
Bu»ANN fabeln 64;
alle plagen, alle erdenlasten
wälzt der unversöhnten göttin list
auf die willgen schultern der verhaszten,
bis sein lauf geendigt ist. Schiller 73*.
ERDENLAUF, m. cursus vilae:
nimm, trauter hain, nimm schattengang mich auf!
in deiner nacht entschlummern alle sorgen,
beschränkt wie du ist auch mein erdenlauf,
dein ausgang mir, so wie sein schlusz verborgen. Salis 147;
für äugen, die vom erdenlauf
getrost sich wenden zum himmel auf. Götue 3, 199.
ERDENLEBEN, «. vita terrcslris:
freundin, sprich, was würde erdcnleben
in der band des menschen sein,
träfen alle feenträume
seines siechen herzens ein?
Merk, Lilas tUafien über die langsam
ankommenden briefe;
froh des neuen ungewohnten schwebens,
fliegt er aufwärts, und des erdcnlebens
schweres traumhild sinkt und sinkt und sinkt. Scuiller 73';
vielleicht entdei-k ich etwas, was über das ganze erdenleben
hinaushebt. Bettine 1, 39.
ERDENLEIB, m. corpus lerrenum, fragile:
nur der erdenleib wird erde,
sein bewohner bleibt. Voss;
so musz sogar der geist des geistes, das gedieht, aus seinem
freien himmel in einen erdenleib, in eine enge flügelscheide
ziehen. J. P. flegelj. 4, 144 ; ja alles, was den erdenleib ver-
leugnet, das thut wol. Bettine br. 1, 179.
ERDENLEID, n. was erdengram:
dort werdt ihr
vor das kurze erdenleid
ichöpfen lange frölichkeit. Knittels kurtged. 2,5.
ERDENLEIDEN, n. calamüas rUae:
ihn, der wie ein hold mit schwort und sper
tausend erdenleiden niedersireiiet. Böruer.
ERDENLICHT, n. lumen lerrenum:
wie flattert ihr um kleine erdenlichter,
indes zum gröszten ich des himmels reise?
RCcKERT ges. gcd. 1, 80;
und als er mit seinem erdenlicht die wangen der unbekann-
ten erscheinung begosz. J. P. Uesp. l,2ls.
ERDENLOCH, n. foira. Stieler 1102. rgl. crdloch.
ERDENLUFT, f. aer lirrcnus:
OS schlAfl der mensch in seiner mutter liüHen,
dann eine wolle noch mit aiigon olTen
irrt er ein ichlAfor in den ordeiilüften. I.rnad.
ERDENLUST, f. was erdenfreude. Stiele« I1S6.
wol dir, obgleich ontkimspet kaum,
von crdenlufit lUid KJnneiiir.iuni,
von »chniorz und wulin ge»( hiodon I MtmiiHson 195.
ERDENMAHL, n. mariila Irrrena:
jugondllch, von allen ordonmnhli u
frei, in der TollorKliuig strahlen
.»rhwcbo hier der mioiim bbolt göiiorbild. .«^cnu.lir 1f
761
ERDENMANGEL — ERDENREICH
ERDENREST — ERDENSELIGKEIT
762
ERDE.NMANGEL, m. vüiuin terrenum:
wann sonder erdenmängel
dein reiz in fülle blüht,
und anmut bolder engel
dein antlitz überziebt. BGrgeb S\
ERDEIS'MäNN, m. homo, tenigena:
und nun, was je ein erdenmann
für menschenheil gekonnt und kann. Borger 58';
dasz meines geistes äuge hell
der dinge Wirrwarr, leicht und schnell,
wie nicht ein jeder erdenmann,
durcbspähen und entwickeln kann. 118*;
der erdenmänner besten schlugst du todt. Stolberg 11, 131.
ERDENMENSCH, m. dasselbe.
ERDENMÜHE, f. labor morlalium:
durch so manche notb und angst, durch viel tausend erden-
mühen
müssen wir, wir sterblichen, in die himmelswobnstatt ziehen.
Knittkls kurzged. 2, 5.
ERDENMÜTH, «i. mnih wie man thn auf erden hat:
sein äuge strahlt, den flammen zu Tergleichen,
der stimm enttönet mehr als erdenmuth.
Gbies Tassos befr. 1er. 13,52.
ERDENiNACHT, f.
und den kern der erdennacht
füllt das licht mit stiller pracht. RSckert ges. ged. 1,90;
da schwingt der geist sich auf aus erdennäcbten,
der seraph öfnet ihm die himmelspforten. Kör:«er I, 146.
ERDENNÄHE, f. ferigaeum, erdnahe.
ERDE.NNAHRUNG, f. alimentum terrae: die bewohner der
luft, weniger beschwert von der erdennahning, die die land-
thiere allmälich verhärtet, leben im ganzen länger als diese.
Herder 3, 239.
ERDENNEBEL, m. nebula terrestris.
ERDENNOTH, f. calamUas vitae:
es lief der mensch in grauen tagen,
zu holen sich ein wunderpflaster
für seine alte erdennoth.
den zweifei und den bittem tod. Lsnkv Faust 130.
ERDENPARADIES, n.
mein vaier,
von diesem erdenparadiese schwiegen
sehr weislich ihre mönche. Schiller 255'.
ERDENPILGER, m. homo:
das alter, da des erdenpilgers bahn
allmälich sich zu einer höh erhebet,
auf welcher, frei von seiner kindheit star,
das äuge voll begier hinaus ins weite strebet.
BORGER UM'.
ERDENPILGERSCHAFT, f.
ERDENPLAN, m. planüies terrae:
In aller weit, auf allen erdenplancn
wird keiner diesen beiden gleich genannt
an kühnheit, tapferkeit und heldenruhme.
Gries Bojardo 2, 21, 2.
ERDENPRACHT, f. splendor terreärü.
ERDENQüALM, m. terrae vapor.
ERDENRAHME, m. terrena forma: wir sehen um das todten-
bette eine grosze unbekannte gestalt, die vom ebenbilde gottes
den erdenrahmen bricht. J. P. Hesp. 4. 75.
ERDENR.AND, m. terrae margo: die sonne sah erst (m den
liistgarten) herein, alle seen sprühten in einem breiten feuer,
ein glänzender dampf umflosz wie ein heiiigenschein den
erdenrand. J. P. TU. 2, 57.
ERDENRANK, m. machinatio hominum:
fragt nichts nach allen erdenränken,
läszt alle denken was sie denken. BtitaA!«!« ged. 62.
ERDENRADCH, m. fumus terrae:
geläutert fübt ich mich vom erdenrauche.
ItöcKERT ges. ged. 1, 180.
ERDENRAUM, m. terrae spatium. vom neuen freiheilsbaum :
nicht mit blut, mit thou begossen
soll er rein zum himrael sprossen
schattend überm erdenraum. Rijckert 185.
ERDENRECHT, n. jus sejrullurae, recht der beerdigung. Stie-
ler 1550.
ERDENREICH, n. für erdrcich:
querhauend ffibrl er einen groszen .»treich
mit aller macht dem zaubrrschild cutgegco
und was er faszt, wirft er .lufs erdenreich.
/ GiiEs lioiardo 2, 7, 58.
ERDE.NREST, m. residuum terrae, die engel singen:
uns bleibt ein erdenrest
zu tragen peinlich,
und war er von asbest,
er ist nicht reinlich. Götbe 41, 337.
ERDENRING, m. orbis terrae:
du aber, nicht gebannt im erdenringe,
erhebe dich, o menschenangesicbt.
Rdckeri 41. ges. ged. 1, 117.
ERDENRISZ, m. htatus terrae. Stieler 1593.
ERDENRITZ, m. dasselbe. Stieler 1595.
ERDENROLLE, f partes qitae agimtur in hac terra: so
spielte er seine ersten erdenrollen. J. P. uns. löge 1, 62.
ERDENRUND, n. orbis terrarum. Stieler 1648 :
für die rosen ihres mundes,
ihrer wangen morgenglut
gab ich alles geldund gut
dieses weiten erdenrundes. Si«os Dach;
auf diesem ganzen erdenrunde. Wielahd 7, 218;
im weiten erdenrund
ist nichts mir so verhaszt
als dieser fürst der Drusen. . . .;
was je auf diesem erdenrunde
ein weiser seinen Zöglingen vertraur. Götter 1, 398;
ein jeder dämmert auf diesem erdenrund sein fleckchen wie
der andre. Fr. Müller 2, 41 ; das macht uns dieses erden-
rund erst zu einem bewohnten garten. Güthe 20, 41 ;
das allein macht mich gesund,
so will ichs auf dem erdenrund. . . . ;
ja, wer auch nur eine seele
sein nennt auf dem erdenrund. Schiller 19*;
da sah ich wieder zum erdenrund,
da sah ich die liebe wieder. Röcesrt 6;
smusz eben auf dem erdenrund
auch wandernde bäume geben. 235;
und frei verdienen mag sich die entstammte
des himmels ihr gescbick im erdenrunde. ges. ged. 1, 157;
sie schien verschwunden von dem erdenrund.
AR!4ia Schaubühne 2, 337 ;
der Wächter rief die eilfte stund,
still wars auf dem ganzen erdenrund. Körker 1, 289.
Matthisson braucht das icort einmal männlich, tgL 2, 1323 unter
drachenhorde.
ERDENS.\FTIGKEIT, f humiditas terrae, uligo. Stieler 1604.
ERDENSCHATTE, m. umbra terrae. Stieler 1739.
ERDENSCHICHTE, f Stratum terrae:
geschwind, damit, weil wir noch sind hei lichte,
ich dir erzählen kann, wie mirs gelungen,
dasz ich entronnen bin der erdenschiente,
erzähle mir, wie du dem meer entsprungen.
RccKERT 147. ges. ged. 1, 151.
ERDENSCHIF, n. navigium terrae: alles ihr auf das erden-
schif gcladne schifguf. J. P. Hesp. 3, 179.
ERDENSCHLAM.M, m. cocnum terrae.
ERDENSCHLUND, m. fauces terrae:
o maulwurf, werde doch gescheit
und komm in unsre weit und ihre herlichkeii,
hier wirst du es ganz anders linden
als in den tiefen erdenschlünden. Buria!«^ fabeln 66.
ERDENSCHMERZ, m. icie erdenleid, erdengram.
• ERDENSCHÖNE, f pulchnludo terrae:
also fiel das losz der erdenschöne,
sie verflaitert, wie der thau verfliegt. Kosegartem.
ERDENSCHÖPR'NG, f crealio terrae: der mensch, der
söhn aller elemente imd wesen, gleichsam die bliite der
erdenschöpfung, konnte nicht anders als das letzte schosz-
kind der natur sein. Herder 3, 19.
ERDENSCHOSZ, m. gremium terrae:
Saturnu.s reich ist aus, der die geheime
gehurt der dinge in dem erdenschosz
und in den tiefen des gemüts beherscht. Schiller 360*.
ERDENSCHULE. /. schola mundi: ob nicht der mensch
wie sehr kleine kinder blosz in die erdenschule gesendet
werde, um stille sein zu lernen. J. P. Hesp. 3, 226.
ERDENSCHLTT, m. congeslus arenae, sandschutt. Stieler 1944.
ERDENSELIGKEIT, f beatitudo terrena:
geneusz der übersüszen fülle
vollkoromner erdcn.seligkeit,
wovon zu kosten noch ihr wille,
und ewig, ach, vielleicht verbeut. Rcrgir 26';
er, dem sie die götter schufen
. zur geno.«sin seiner zeit,
ist vor aller weit berufen
zu erobern alle stufen
höchster erdrnseiigkeit. 74';
763 ERDENSIEFERUNG — ERDENSTELLE
ERDENSTERN — ERDENTRUMM
764
der höchsten erdenseligkeit,
der liebe sei dies glas geweiht. Körrkr 1, 199.
ERDENSIEFERUNG, f. uligo. Stieler 1654.
ERDENSOHN, m. terrae ßlius, terra edittts, hämo, erdcnkitui,
menschensohn, oft, in hinsieht auf die irdische hinfälUgkeit, mit
beigefügtem arm, dürftig:
bin dort ein himmelskind, war hier ein erdensobn.
LocAU 3, 92, 81 ;
der erdensobn Ist für die zuliunft blind.
WiELASD 5, 6; 13, 7,
dies bleibt ihm stets gemein mit allen andern erdensöhnen.
9,250;
wiederkehrend aus des himmels höhen
in der erdenwonnen region,
wünscht ich keinen goil in dem zu sehen,
den ich liebt als holden erdensobn. Borger 96*;
habt ihr sie all herbeigeruren
die opfer dieses erdensohns? Götue 11, 164;
doch ach ! fiir diesmal dank ich dir,
dem ärmlichsten von allen erdensöhnen. 12, 39;
ich cbenbild der gottheit, das sich schon
ganz nah gedünkt dem spicgel ewgcr Wahrheit,
sein selbst genosz in himmelsglanz und klarheit
und abgestreift den erdensobn. 12, 40;
mächtiger
der erdensöhne,
prächtiger baue sie (die schöne weit) wieder,
in deinem busen baue sie auf! 12, 83;
verdank es, erdensobn, dem weisen,
der ihr die sonne zu umkreisen
und dem geschwister wies die bahn. 22, 261 ;
ich bin übrigens so nackt und bedürftig als jeder andre
erdensobn. 15,228; wenn ich dir, derber, geprüfter erden-
sobn, Tenneide, dasz meine liebe, kleine frau uns in diesen
tagen verlassen, so weist du, was es beiszen will. Güthe an
Zelter 248 (8 Juni 1S16) ;
auf dasz kein armer erdensobn
sich seines glQckes überhebe. Gottkr 1, 332;
berr der armen erdensöhne. Skdik 555,
was unten tief dem erdensohne
das wechselnde Verhängnis bringt. Schiller 77';
es ist nicbt jedem erdensobn beschert. J. P. &ebenk. 3, 117.
es empfängt auch ironische bedeutung: man weisz nicht, was
man aus diesem erdensobn machen soll, ganz wie Cicero ad
Alt. 1,13 sagt: et huic terrae filio, nescio cui, committcre
epistolam tantis de rebus non laudeo. schon aus seiner
Physiognomie war mir ein solcher erdensobn in seiner läge
heilig, der a. m. im Tockenburg 133. vgl. menschenkind.
ERDENSÖHNCHEN, n. filiolus terrae.
ERDENSÖHNLEIN, n.
ob jene armen erdensöhnlein hier
in unserm berg sich mühen oder nicht. Körner 3, 71.
ERDENSONNE, f sol terrae:
erdensonne, verlisch ihr und letzter Schlummer des todes
komm! Messias . . .;
ja, kehre nur der holden erdensonne
entschlossen deinen rücken zu! Göthr 12, 43;
erst Suleika, erdensonne. 5, 255.
ERDENSORGE, f. was erdengram, erdenleid,
ERDENSPANNE, f. breve terrae spatium:
aus nicht kann ich hier dich lieben
in der erdenspanne zeit. RCckert 394.
ERDENSPÜR, /. vestigium terrae: als die beiden mädchen
an Albano vorübergiengen, bemerkte er zum erstenmal an
Idoinen drei kleine blatternarben, gleichsam als erden- und
lebensspuren, die sie zu einer sterblichen machten. J. P.
Tä. 5.190.
ERDENSTAMM, m. dirps terrestris:
■ei mir gesegnet, boldeite des erdensumms!
GöTHi 11, 261.
ERDENSTAUR, m, terrae pulvis, was schon im einfachen erde
Uegt:
gut ist mein beri, doch oH ein träges,
an seinen crdenstanb hinsngeleimtes ding.
Kl. Schmidt poet. briffe 151 ;
desto fester finde ich mein Schicksal nicht an den arden-
staub, sondern an die unsichtbaren geselze geknüpft, die
den erdstaub regieren. Heroek 8, 7 (»O beide formen hinter-
einander),
KRDENSTELLE, f. locus terrae: hoch and weit giengen
die slrrnenbogen, wie schimmernde ehrrnhogen, über die
kleine erdrnslelle her, Über dm geheiligten ort, wo sich
Lianens bulle niedergetenkt. J. P. Tit. 6,14«.
ERDENSTERN, m. Stella transvolans, Sternschnuppe: die aus
den festen Sternen herabschieszenden erdcnsterne. J. P.
Fibel 109.
ERDENSTOCKWERK, n. hypogea, erdgeschosz. J. l\ Ftbel 15.
ERDENSTOF, m. materia Irrrena:
nur der himmelsgeist soll gelten,
der den erdenstot^ belebt. Ucrger 74*.
ERDENSTRICH, m. orbü: tcrrarum, vgl. erdstrich, land-
strich:
auch ist aufm ganzen erdenstrich
kein mensch so weis und klug als ich. Götbs 13, S6.
ERDENSTÜRM, m. procella civilis:
nein, nicht schwelgendem gewürme
nun und immerdar ein rauh,
noch ein spiel der erdenstürme
bleibet guter herzen staub. Kürger IP;
stät, wie Vestas flamme, lodert,
trotz der erdenstürme wut,
bis die schwarze bark ihn federt,
seines geistes reine glut. Mattriüson 77.
ERDENSTÜRMER, m. S. P. Fibel vorr. s. I.
ERDENSTÜTZE, f fundamenlum fragile, caducum:
der baut auf sand, der nur auf erdenstützen (fondamentl
mondani)
ein neues reich zu gründen sich vermiszt.
Gries Tusso befr. Jer, 1,25.
ERDENTAG, m. dies vitae, vita:
er wandle so den erdentag entlang. Götbk 41, 316.
vgl. erdetag.
ERDENTAND, m. vanUas vitae:
und wie ein fels, zu dem sich wölken nie erheben
scheint überm erdentand die reine stirn zu schweben.
Wielahd;
verlachen sie die bunten Seifenblasen
des liebelecren erdcntands. IIöltt.
ERDENTBUNDEN, solutus terra:
wie hätt er von dem ewigschönen
von lieb, aus der die schöpfUng quillt,
gewollt in erdentliundnen tönen
entfalten rein ein himmcisbild. Röcksrt grs. ged. 1,111.
ERDENTHAL, n. terra, die niedere erde im gegenstü: zum
hohen himmel:
jener nebel, der vor menschcnblicken
in dem dunkeln erdenthale hängt,
sinket hier, wo ewiges entzücken
seiger Zukunft meine blicke lenkt. Werther an Lotten s. 97 ;
traun das leben ist zu kurz
hier im erdenthale. Overbeck 72.
ERDENTHIER, n. quadrupes, im gegensatz der vögel:
ein lastbar erdenthicr
setzet ihm schände für,
edele herzen sein anders gesint.
Schirhers sing, rosen lied 34;
selbst die vögel, die wärmeren bluls sind als die erdenlhiere.
konnten nicht lebendige gehären. Herder 3, 106.
ERÜE.NTHON, m. argilla, irdisclier stof
ERDENTIEFE, f profunda terra, gegenüber dem himmel und
der Sonnenhöhe:
da erdentiefen und des himmels sphfiren
nur iin gesetz der menschenbrust bewahren. Göthk . . .
ERDENTOCHTER, f terrae filia, femina, pttella: die sanflere.
weichere erdentochter. Klinger 2,164;
unter erdentöchtern wie viel waren,
deren lügenden des tags gefahren
und des nellen rufes sonnenlohn
keusch bescheiden, so wie du (mvnd) geflohn?
Merk heim mederscheinen rf''^ mondcf:
dich ergreifet nie das alter,
weise, zarte dichterfreundin,
ohne fleisch und blut geborne,
leidenlose erdentochter. Göthb 2, 114.
ERDENTRACHT, f vcstitus terrestris: der engel, der uns
irdischen die erdeniracht abzieht. J. P. Fibel 48.
EHDENTRAUM, m. vüae somnium.
ERDENTROPF, m. misellus tomo;
^ifl wollen nicht mit andern «rdentrdpMi
auf ihren (Hisien gehn, sie gebn auf ihren köpfen.
GöTBi 56, n.
ERDENTRUMM, n. fragmen terrae, nidus:
würdig leben, würdig ihun
trhafl aus wOslen lni<IK''llld<'.
macht die ganzn »rhöpfung milHe,
iksit nur erdcntriimmprn riihn.
asit uns leben su und thuo. ilttiANii geä. 18.
765 ERDENTSCHWTJNGEN — ERDENWÜRM
ERDE-NTSCHWINGEN, abreptus e terra, erdenlrückt :
welche himmlisch erdentschwungnen triebe. Rcckebt 305.
ERDEMSPROSZT, terrigena:
der erdentsproszten Erechtheiden geschlecbt. Siolbuig 14,180.
ERDEMUGE.ND, f. virlus humana:
in der geduld, der besten erdentugend. Goitkk 1, 4.3.
ERDEMTER, m. ripa terrestris: o du holde, so sanft hin-
ter dem erdenufer zurückblickende sonne. J. P. Hesp. 2, 247.
ERDENTWOHNT, terrae desuetus.
ERDE.NÜBEL. n. malutn terrae, gegensatz von erdengut.
ERDENVÄTERLAND, n. patria terrena.
ERDENVOLK, n. genus humanuni, rnenschengesddecht :
schwach ist das erdenrolk und für die zukunft blind.
Oberon i, 59 ;
die abgeschmackte posse, die das erdenfolk spielt. Wieland
8,78;
ja, wenn dies erdenvolk, so zahllos als der sand
am'meer, der vorsieht vor den äugen schwebte. Gottes 1,386;
nach der trüben welke
wird dem erdenvolke
sonne zugesandt. Bubha!«!« ged, 40.
ERDENWALLER, m. erdenpüger, vgl. erdewallend.
ERDENWANDEL, m. viia, der wandel auf erden.
ERDENWÄRTS, deorsum, versus terram, niederwärts:
schaun nicht geisteraugen
von euch erdennärts,
dasz sie frieden hauchen
ins umwölkte herz? Rückert 11;
der ries aus irdschem grund geboren,
dem, wie sein fusz rührt erdenwärts,
neu wächst die kraft, die er verloren,
der ungeheure ries ist schmerz. 55.
ERDENWEH, «. rUae dolor:
wann vom Verhängnis losgerissen
der hofnung letzte trümmer stürzt,
sollt ihr den kelch zu kosten wissen,
der jedes erdenweh verkürzt. Salis 136;
sehr ernst ist hier die weit und mahnt, das erdenweh,
des henens letzten wünsch zu werfen in den see.
Lenau n. ged. 259.
ERDENWEIB, n. terrigena femina, erdentochter : wie ein wimn
lii'gt der Säugling, den das erdenweib gebar. Fr. MClleb 1, 28 ;
öfters ahndet meiner seele,
diese sei kein erdenweib. Borger 10*.
ERDENWEISHEIT, f. sapientia humana:
doch seines glaubens wunderkraft
und seine himmelswissenschaft
verdrosz die schulgelehrten,
die erdenweisheit ehrten. Bdeger 45'.
ERDENWELT, f. mundus.
ERDENWERK, n. opus humanuni, terrenum. aber audi opus
ßdile, topfertraare. Stieler 2556.
ERDENWINKEL, m. angulus terrae.
ERDENWISCHER, m. peniculamentum, ein scMeppkleid der
frauen , das den boden fegt, die erde icischl. Stieler 2563.
j. pflastenvischer.
ERDENWOL, n. felicitas terrae.
ERDENWOL, gleichsam crasse beatus, salvus, une man sonst
sagt pudelwol und noch stärker sauwol, vgl. erdengrob, sau-
grob, erdenwol drückt das volle, thierische behagen im erfassen
und genieszen der gräßaren, irdischen guter aus. Riehl Pfälzer
s. 279. alle diese wol sind lauter adverbia, bei denen ettcas hin-
zugedacht und ausgelassen wird: ihm ist erdenwol {zu mulhe),
u-ie mir ist wol, ich bin wol. befinde mich wol.
ERDEN WOLKE, f. nubes terrae: o müst ich nicht vor die
glänzenden sonnenwolken verhüllende erdenwolken ziehen!
J. P. fleqelj. 2,16.
ERDENWONNE, /". tro* erdenfreude:
wiederkehrend aus des bimmels höben
in der erdenwonnen regiou. Bürger 96';
jede erdenwonne musi
sich mit leiden galten. Scholkr . . .
ERDEN WUNSCH, m. desiderium terrenum:
denn jeder erdenwunsch ist mir vereangen,
und klein was sonst so grosz mir schien. Göki:<gk 3, 73.
ERDENWLRM, m. vermis, miser parvulus, vie man von kin-
dem sagt der arme wurm, also vie erdensohn, nur noch
stärker, der riese, das ungeheuer nennt den menschen verächtlich
so {mylhol. 506) : erdenwurm, sprach Rübezahl, was treibt
dich mich zu beunruhigen? MisÄcs 3,56; 'sieb, mutter, was
ERDENWÜST— ERDEWEG
766
ich da für erdwürmer gefunden habe'. Haopt 4, 393 ; 'sieh.
Tater, da hab ich schöne saalwürmlein I ' Paxzeb2, 65; schwe-
disdt: 'sikna krjT) jag bar hittat!' Räät Ydrehdrad i Öster-
götland. Linküving 1S56 ^ 33. aber auch auszerdem. Grvphics
1, 632 lässl die Rache ersdieinen und dem Popd zurufen :
erdenwurm, wen trotzest du?;
kein freund, kein schütz, keine gunst der mächtigen, keine
ehrenstelle, kein vermögen, nichts ! und niemand will gleich-
wol den armen erdenwurm zertreten? glücklich, glücklich,
war ich der! so kroch ich unter den fusz des ersten Wan-
derers, kroch in den ersten sumpf. Weisze trauersp. 5, 134.
ERDEN WÜST, m. squalor terrae:
erdenwust
preszt meine brüst. Schcbart ged. 1, 30.
ERDEPHEü, m. hedera helix, donnerr^, gundennann.
ERDERHÖHUNG, f. locus editus: ein wäidchen, das ganz
nah eine erderhöhung bekrönte. Göthe 25, 356.
ERDERSCHLTTERER, yaii^oxos, yaiäoxos, terram quatiens.
ERDERSCHÜTTERND.
ERDERSCHLTTERUNG, f terrae motus, erdbd)en.
ERDESCHRÄNKE, f compages, conseplum terrae:
freien geist in erdeschranken. Götbe 4, 102;
denn was der mensch in seinen erdeschranken
von hohem glück mit göttemamen nennt. 3, 49;
da lagen nun in erdeschranken
gottes zwei lieblichste gedanken. 5, 240.
ERDESPRACHE, f lingua terrestrü:
wo sie noch von gott empfiengen
himmelslehr in erdesprachen,
und sich nicht den köpf zerbrachen. Göthe 5, 3.
ERDESTOF, m. was erdenstof:
o tbier, das du von gier und wollust schäumest,
schling ein des trägen erdestoffes raub.
RccEERT ges. ged. 1, 117.
ERDESTOSZ, m. iäus terrae:
was ist« zuletzt mit diesen stolzen?
die götterbilder standen grosz.
«erstörte sie ein erdestosz,
längst sind sie wieder eingeschmolzen. Göthe 41, 171.
ERDETAG, m. dies vitae, uas erdentag:
so fliesze mir der rest von meinen erdetagen
wenn ohne stürme nicht, doch ohne laute klagen.
WiTBOFs ged. 1, 51 ;
es kann die spur von meinen erdetagen
nicht in äonen untergehn. Göthe 41, 321.
ERDETOCHTER, f wie erdentochter : durch enthaltsamkeit
von erdetöchtem. Wielasd 9, 55.
ERDETREIBEN, n. agitatio terrigenarum :
das erdetreiben, wies auch sei,
ist immer doch nur plackerei. Göthe 41, 171 ;
dir, dessen lieder wre ein warmes küssen
heilender kräuter mir unters herz sich legten,
dasz es wieder aus dem krampfigen starren
erdetreiben klopfend sich erholte.
an frau ton Stein 1, 68.
ERDETRIEB, m. mpetus lerrenus:
reine Schönheit, wintertag,
wo nur himmelsstralen leben,
und kein erdetrieb vermag
frostgebunden aufzustreben.
RöcsERT 94 (408). ges. ged. 1, 73.
ERDEULE, f strix cunicularicu
ERDEUTBäR, ausdeutbar.
ERDEUTEN, interpretari, ausdeuten.
ERDEVERSTAND, m. lasset uns, so lange wir hier leben,
auf nichts als auf den mittelmäszigen erdeverstand rechnen.
Herder 3,12.
ERDEWALLEN, n. peregnnatio, «andersdiaft: kfinstlers
erdewallen. Göthe.
ERDEWALLEND, peregrinans.
ERDEWANDERSCHAFT, f.: pilger der erdenwanderschaft.
Klopstock.
ERDEWANDRER, m.
0 besuch oft die beladnen
erdewandrer. Klopstock 1, 178.
ERDEWEG, m. curriculum vitae: •
doch von scbrolTen erdewegen,
glückliche, habt ihr keine spur. GöTaB4i,3S5:
767
ERDEWENDUNG — ERDFERNE
ERDFEST — ERDGEBOREN
768
ERDEWEiNDüNG, f. rotaiio terrae:
gehüllt in dauerndes dunkel, wie vormals,
blieb, drei erdewondungcn lang, die Versammlung der goister
sprachlos stehen. Messias 17, 195.
EUDEWESEN, n. kos erdetreiben:
Spiegel hüben, spiegel drüben,
doppolsteiiung auserlesen,
und dazwischen ruht im trüben
als cr)stall das erdewesen. Göthe 3, 107.
ERDEWIG, m. hedera lulis. Nemnich.
ERDEZÜDECK, n. tegtncn terrae: gestorben ist er und will
hinall unter das erdczudeck. J. P. Hesp. 3, 59.
ERDFAHL, uas erdenfahl: ein graues land, das die son-
nensichel mit einem eklen, erdfahlen licht begosz. J. P.
TÜ. 4,52.
ERDFALL, m. mhd. ertval {wb. 3, 222'). 1) cliasma, terrae
labes, ruina:
auf neue laster zeucht auch ein
der unerhörten strafen pein,
krieg, erdfall, seuchen, faule lüfte. Grtphiüs 1,271;
die angst stärkte mich dermaszcn, dasz ich nicht allein noch
eine sechs elen hohe mauer überklettern, sondern auch vor
anbrechendem tage im freien fehle einen erdfal! erreichen
konte, in dessen hole ich meinen zerstaucbten köi-per schmiegte
und denselben fast über und über mit erde bedeckte. Felsenb.
2, 3S9 ; bei näherer Untersuchung fand ich die Soldaten um
einen trichterförmigen erdfall gelagert, der von dem reinsten
quellwasser gefüllt oben etwa dreiszig fusz im durchmesser
haben konnte. Göthe 30,29; da ich auf tiefe, selber im
erdfall begrififene steine trat. J. P. anliang zu TU. 1, 35 ; im
unbekannten unheimlichen reiche, vor welchem jenes {das
reich der naltir) in einen erdfall luitersinkt. biiclwrschau i,n;
ich freue mich aber nicht auszerordentlich darüber, dasz
ein halbes lolh schlafkörner eine ganze glühende weit im
menschen wegbeizen kann, ganz weg, und dasz das umlegen
des körpers der erdfall seines paradieses und seiner hülle
wird. Hesp. 1, 178 ; der erdfall {ruin) eines fortsinkenden böse-
wichts. 2, 220.
2) im allen recht bezeichnete erdfall soviel als todlschlag,
icunde, wenn ein mann oder em glicd niedergehauen wird und
zur erde fällt, wofür die Friesen gersfal, d. i. grasfall, nieder-
fall auf das gras, auf den erdhoden sagten, wo gereciUsamc gelheilt
wurden, blieb der erdfall oder das urllwil über todlschlag und
Verwundung dem höheren riciüer vorbehallen, z. b. item all gc-
richt, on diebstal und erdval, sind des gotshus, die zwei
sind eines vogts. wäslh. 1, 349, das golteshaus hat zu riciUen,
nur nicht über diebstal, todlschlag und wunden, die zur gericlUs-
barkeit des vogts gehören, hieran knüpft sicli das Verständnis
etnes pflanzennamens, das geranium robertianum hiesz ehmals
erdfall, Diefenbach 27.5", ertfall, herba Roberti. voc. I4s2g6',
sond auch herba rupertiana, blulwurz, goltcsgnad, it. erba
Roberto, sp. hierba de san Roberto, nnl. Robbertskruid, offen-
bar von der blutstillenden kraft des krauts, das angewandt wurde,
wenn ein verwundeter oder ein ahyehaunes glied niederfiel, auch
die benennung orval, alnßhaucnesohr, begegnet für dieselbepflanze.
ERÜFANG, «1. 1) eine bühne in flüssen, woran sicli die erde
fdngl, die sie absetzen.
2( eine grübe im weinberg, um die vom regen herabgespüUe
erde aufzufangen.
ERDFARB, lutcus, erdfahl, alid. i-rdfaro, mhd. ürdfar: die
crdmurcheln sind auswendig erdfarb. Lomcekus 85*;
die stirne rciszt. des haixes schnec
wird erdfarb, wie wenn nun die sonnen
dem strengen frosl hat iibgewonnen
und bciszer strult von ihrer höh. Grtphiüs 2, 15.
ERDFARBE, f. r^lor terrae lutcus.
£RDFARRE.\, was erdfarb.
ERUFAItliKi, desgleichen: die erde miisle, wie niif einem
«lern, ihnen nur leuchtend erscheinen, nie erdfarbig scliwara.
J. P. ; dasselbe erdfarbige gesichl. SitlMiik. 1,4t.
ERDF.\SZ, n. ein fasz, das die feuerwcrker in die erde gra-
ben, um luttfeuer daraus zu wrrfen.
ERDFEIGE, /. lathyrus tuberosus: die ackerleut sagen
di«cni gewächs crdnusz, erdfcigen, erdniandel. Boc« kräuler-
buch .'.Ol.
ERDFERN, rcmntuf a terra.
ERDFERNE, f aj«<iaeum: weil die würkunj* de« nionds
•ich nach Heiner weile von der erd« neblet und geringer
wird, wenn der niond von dcrnelln-ii weiter niKgrlicl, hin<
gegen gröszer, wenn er näher zu ihr kommet: so stimmet
damit überein was Cassini observieret, dasz die flut gröszer ist,
wenn der mond erdnahe, als wenn er erdferne ist. Christ.
Wolf vernünftige gedanken von den würkungen der natur. s. 550
ERDFEST, terro fixus, altn. iardfastr, sdiw. dän. iordfast:
erdfeste steine, ein erdfester sitz, tisch ; al dat nagelvast, erd-
vast is. weisth. 3, 203; wat dan erd- und nagelfaste is. 3, 200;
wir sein beweglich gut, nicht erd und nagelfest.
HoFiANNswALDAu begr. ijeJ. 62;
genug, dasz eine nationalgotlheit nicht erd- und nagelfest
sein konnte. Moser 1,50; das haus wird verkauft mit allem
was erd, wand, band, mauer, niet und nagelfest ist; er
sehne sich nach schönen, deren reize offenbar erd, niet,
wand, band und nagelfest sind. J. P. Icufclsp. 2, 19S.
ERDFETT, n. arvina terrae, bilumen.
ERDFEUCHTE, f. fuligo, naturalis terrae Humor. Henisco
914, 59.
ERDFEUER, n. ignis subterraneus.
ERDFEUERUNG, /". pastus ignis subterraneus: gegenden,
welche durch kohlenbergbau wie Calenberg und Osnabrück,
oder durch torflager, jvie die meisten nördlich von Han-
nover belegenen gegenden, reichliche erdfeuerung besitzen.
Stüve landgemeinden s. 206.
ERDFINSTERNIS, /". terrae eclipsis: daher können die mond-
söhne bei unsrcr Sonnenfinsternis nicht anders sagen, als
wir haben heute eine erdfinsternis. J. P.
ERDFLÄCHE, f planities: der pflüger theilt nach seinen
morgenwerken die erdfläche in festbegrenzte morgen. Absim
kronenw. 1, 2.
ERDFLACHS, m. linum catharlicum, bergflachs: federweisz
und erdflachs ist leichtlicher zu leschen, als mein erbsün-
diger durst von mutlerleib. Garg. lOl'.
ERDFLECK, m. pars agri, soll, ein Mck landes.
ERDFLIEGE, f tipula, erdschnecke.
ERDFLOH, wi. mordella.
EHDFLÖTZ, n. tabulalum terrae, s. flötz.
ERDFRAU, f terrae dea, domina.
ERDFRÄULEIN, n. der wetterlaunigen, nachtleuchtigen
gebärerin, erdfräwicin, milzheilerin, nachtsonn fraw Mona.
Fi SCHART groszm. 92.
ERDFREUND, m. sludiosus melallorum.
ERDFREUNDIN, f wir sind im Stahlberge bei Schmal-
kalden gewesen und reichliche betrachlimgen haben wir ge-
macht, sie müssen noch eine erdfreundin werden, das ist
gar zu schön. Göthe an fr. von Stein l, 310.
ERDFRUCHT, f terrae frtictus: weil sie die erdfrücbte
nicht sparsam gebrauchen, sondern allzuvollbretig davon
leben. Butschky Palm. 737; alles gewürm, welches die erd-
frücbte verdarb. Lichtenberg 5, 286.
ERDFURCHE, f sulcus terrae.
ERD GALLE, /". cenlaureum, fumaria ofßcinaiis, der alte nanu-
gellt aus von Plinius 25, 6, 31 fei ten-ae. aful. ertgalla, ags.
eordgealle, und läuft durcii alle kräulerbüclier : Plinius nennet
tausentgulden fei terrae, das ist erdgallen. Bock 111; der
Mesue aber nennet die coloquintcn fei terrae, necem plan-
taruin und cucurbitum deserli. or>3. auch nasse stellen t»i
felde und eine krankheit dir wcinslücke im nassen boden heiszt
erdgalle, ganz wie die pflanze den ackern schadet.
ERDGANG, m. nieatus subterraneus: Camillus ilrang durch
einen erdgang unter der mauer in die Stadt. Beckers weUy.
2, 401.
ERDGANS, f. wilde gans, fuchsgans, anas ladorna.
ERDGEBEIN, n. ossa humana:
aber mein erdgobcin trägt auch die gollhelt. Klopstock.
ERDGEREUGT, flcxus:
schon manchmul hob das schwere heil der opfernde
zu dt'» crdgubciigtuu thiuros nucken weilM-int mir.
tiÖTUK 41, 1VI
s. erdgebückt.
ERDGEBILDE, n.
der crdgcblldo höchster schau. Görai &, 235.
ERDGERIRGE, n.
EKDGEROREN, terrigena, erdensolm :
hulliUiijnl er kommt der erdgcborin'. i/<'.^.M^l4 ^, III;
nun «tirbt er für alle erdegcborneii. 9, ."».'»5;
der ztig der crdgebornen rlcucn. Stui.buk. It. 147;
ki'in rrdgrlioriirr ivt zu nolchor kr ili
nie sie gudiehcu. UBRuaa 145' i
769
ERDGEßüCKT — ERDGEWÄCUS
ERDGEVVALT — ERDHALUNKE
770
dem erdgeborneii rieseu gleich. Göthe S, 270;
wenn der felder ^ner segen
allen erdgebornen blinkt. 41,3;
dein heilig amt und dein geerbtes recht
an Jovis tisch bringt dich den göttem näher,
als einen erdgebornen wilden. 9, 23;
denken die himmlischen
einem der erdgebornen
Tiele Verwirrungen lu. 9, 62 ;
auch Rubens ist kein erdgeborner, man schaue die grosze
erbschaft in die er eintritt von den Urvätern des 14 und
15 Jahrhunderts. 39, SO ; was soU man von einem erdgebor-
nen sagen, dessen Verdienste durch betrachtung und wort
nicht zu erschöpfen sind. 46, 230 ;
wie bewirt ich, der erdgeborne,
himmlischen chor? Schilleb 50*.
ERD GEBÜCKT, tcas erdgebeugt:
ja euch blendt das eitle gut,
euch, ihr erdgebückten scharen.
Khtttkls sinnenfrüchle s. 133.
ERDGEDRÄNGE, n.
ERDGEFÄSZ, n. ein webender gott in erdgefaszen. Hehdeb.
ERDGEFILDE, ti.
sieb, dir nach aufs erdgeflld
steigt der hlmmel nieder. RiSctxBT 353.
ERD GEFÜHL, n.
es schweigt das wehen banger erdgefühle. Göthe 1, 7.
ERDGEGEND, f. terrae regio.
ERDGEHALT, m. quotquot terrae coniinelur.
ERDGEIER, m. ruUur perenoplerus.
ERDGEIST, m. spirilus terrenus, daemon: die hypothese
eines urvolkes erklärt blosz etwa die spuren einer hohen
cnltur in der vorweit, von der wir schon die entstellten
resle nach der ersten trennung der Völker finden, und etwa
die Übereinstimmung in den ältesten sagen der Völker, wenn
man nichts auf die einheit des allem inwohnenden erdgeistes
rechnen will. Schellisg mdhodik des ak. st. 32.
ERDGELB, silaceus.
ERDGELB, n. ochra.
ERDGEMÄSZ, terrae conreniens :
steigt herab in meiner äugen
weit- und erdgemäsz organ. Göthk 41, 335.
ERDGEMÜSE, n. terrae pabulum :
er treibet sie rur weiden,
tum grünen erdgemüs,
zum wasen unterscheiden
mit vielen blümlein süsz. Speb Irutzn. 40.
ERDGERIPPE, n. compages ossea terrae:
rasch mit des tridentes stosz
bricht er die granitnen seulen
aus dem erdgerippe los. Scbuxeb 56V
ERDGERSTE, f. ranunculus ficaria.
ERDGERUCH, m. odor terrae.
ERDGESCHICKE, n. genus aeris, erzart, vgl. geschicke:
Elias ruft der knappschafl zu
weit von den erdgeschicken :
glück auf! blick auf!
komm gefahren!
munderhom 1, IST aus de» bergreihen 1712.
ERDGESCHLECHT, n. genus terrenum.
ERDGESCHMACK, m. sapor terrae.
ERDGESCHÖPF, n. creatura: all erdgeschöpfe zcagen das.
H.VRSDÖRFERS sonntogsandacMen s. 338.
ERDGESCHOSZ, n. hypogea, na de ehaussde, parterre.
ERDGESETZ, n. lex terrae.
ERDGESTALT, f. forma terrena:
80 der gesandte des himmels , und warf mit dem letzten der
. werte
von »ich die erdgestalt und schwand zerflieszend in lüAe.
BCRGER 24S'.
ERDGESTALTCNG, f. formalio terrae: mehrere wollten
unsere erdgestaltung aus einer nach und nach sich senkend
abnehmenden wasserbedeckung herleiten. GOthe 22, 177.
ERDGESTIRN, n. terra;
der leiseren jubel leiserer wiederhall
ist donnerton uns söhnen des erdgestims. Voss.
ERDGETüMMEL, n. terrae slrepitus.
ERDGEWÄCHS, n. terra natum, planta. Garg. lOS'; die
eclogen oder birtenlieder reden von Schafen, geiszen, ernten,
erdgewächsen. Opitz poeterei 24;
0 traurigs erdgewächs! (cypreue). Rohlb« 101;
III.
das Wasser ist die amme aller erdgewäckse. Bctscbky Palm.
362 ; weh dem erdgewächs und lieben fruchten ! Albrecbts
fluchabc 117. in der chymie regnum regettdfile. Frisch 1, 231".
ERDGEWALT, f. poteniia terrae:
nun laszt auch niederwärts durch erdgewalt
herabgezogen was sich hoch geballt
in donnerwettem wütbend sich ei^ehn. Göthe 3, 106;
wenn auch die freiheit, mit welcher der geist in glücklicher
ungebundenheit die selbstgewähllen richtungen stetig ver-
folgt , ihn der erdgewalt mächtig zu entziehen strebt , so
wird die entfesselung doch nie ganz Tollbracht. Hcxboldt
Kosm. 1. 384.
ERDGEWAND, n. mortal manto:
nun nicht gebührt dir schmerz noch thräne weiter,
denn starbst du hier, lebst du in himmebaun,
und lassest, ein vom erdgewand befreiter,
uns deines ruhms erhabne spuren schaun.
Gries Toftos befr. Jer. 3, 68.
ERDGEMMMEL, n. tumuUus terrae:
wohnt ich doch von diesem erdgewimmel
schon entfernt 1 Höltt 152;
er (der wost) lichtet des erdgewimmels
verworrenes irrgeschick. Rccsebt 116. ges. ged. 1,94.
t^. sterngewimmeL
ERDGEWITTER, n.
ERDGEWÖLBE, n. eatiura terrae:
in den tiefen erdgewölben
hier das wasser, hier das feuer. Göthe 11, 227.
ERDGIPFEL, m. cacumen terrae.
ERDGLAS, n. seiendes. Lo.mcebcs kreuterb. 370*.
ERDGLIME, vi. larra scarabaei tnelolonthae, engerling, rjL
alid. gümo, gleimo cicendula.
ERDGOTT, VI. kos erdengott. Logaü 3,63,36 erdgöUer,
Obrigkeiten.
ERDGRAB, n. tumulus:
0 die auch im erdgrah und Weltmeer verwest einscblosz
der gerichtsspnich. Messias 2ii, 9S0 ;
der tod ist unser vater, von dem uns new empfängt
das erdgrab unser mutier, und uns in ihr vermengt.
LocAE 2, 6, 16.
ERDGRÄBER, m. mus talpinus.
ERDGRAU, icie erdfahl.
ERDGRILLE, f. gryUus gryllolalpa, reitwurm, werre.
ERDGROB, terroius, nahrhaft, s. erdmä5zig und erdengrob.
ERDGROSZ, magnUudine terrae: sechs imgeheuere erd-
grosze sonnenOecken. J. P. Iterbdbl. 3, 203.
ERDGRURE, f. bei helfen an starker in die erde gesenkter
kästen mit dem sande zu den gussformen.
ERDGRÜBLING, vt. lycoperdon tuber, ein se!ucamm.
ERDGRUFT. /. fossa, scrobs : man weisz dasz verschiedene
erdgrüffe inwendig desto stärkeren frost zeigen. Kji>t 1, 41.
s. erdengnift. mluL ertgruft. kl. 1020 Hohm.
ERDGRÜN, herbidus. grasgrün.
ERDGRUND, m. solutti, erdboden, erdreich: der erdgrund
für sich selbst mag gut sein, dannoch frissel und wöset ei
sich, wo man ine baulos hält. Fiscuabt ehz. 573 ; dasz also
das reine und liebliche im erdgrunde sicher ist. Spangexb
lustg. '00; alles was zum rosenstock aus dem erdgrunde ge-
zogen wird, ebenda; der wenige abgestellte erdgrund, worauf
der bäum steht. Güthe 39,192. ohne susammenfügung :
fest wie der erde grund. Scbiixbb 7S*;
etnen ton pflanzen und gebdud freien boden nennen die maUer
den erdgrund.
ERDGÜRTEL, i». Jona, cingula terrae: der brennende erd-
gürtel = die heisze zone. Katt 8,288;
denn in der luft, die rings sich umhergieszt, ruhet die erde,
und in fünf erdgüricl ist ganz vertheilet ihr umfang.
Voss Tibulls glkdiwuHsdi an Metsala 153.
erdgürtel heisst auA ein sich breit iü>er den boden streckender
schtramm, agaricus campe^ris.
ERDHAFT. 1) terrosus: giengen über den morast, wo sol-
cher erdhaft und am steifsten war. HEiLHAjms Thuc. 893.
2) ad solum et fundos pertinens. Haltals 387.
ERDHäFTIG. dasselbe: die schwärzliche puzzolana ist mehr
eisenartig. die riUbliche ist mehr erdhaftig. Winkelma!«!« 1, 350.
ERDHALBMESSER, »?i. semidiamder terrae.
ERDHALTIG, terrosus.
ERDHALUNKE, »i. furcifer: sitzt meistens zu Ingolstadt
unter \oü koth zusammengeblasnen erdbalunken. Fr. MOlleb
2,11.
49
771
ERD HAMMER — ERDICHTEN
ERDICHTER — ERDINGEN
772
ERDHAMMER, m. ein langer hülzerner hammer, mü welchem
die Perser die erdkloszer {erdklOsze) auf dem acker von einander
schlagen, pers. rosenih. 7, 18.
ERDHAMSTER, m. rockenphil. 6,100.
ERDHANDEL, m. res in orbe terrarum geslae, Welthandel :
eine freie aussieht über die venvorrenen erdhündel. Stil-
LWG 1, 66. anders bei Frisch I, 231".
ERDH.\NGEL, m. cardo terrae: wenn man die cardincs
terrae, die erdhiingel nicht mehr schmieret. Garg. 150*.
ERDHARZ, n. resina terrae, bäumen.
ERDHASE, m. lepus pusUlus, der Springer.
ERDHAUE, f. ligo, karst.
ERDH.\UFCHEN, n. acervus minutus.
ERDHAUFE, »i. cumtdus terrae.
ERDHAUS, n. domus sublerranea, altn. iardhös. auch sdianze,
im utUerschied von blockhaus. Frisch 1, 231'.
ERDHENNE, f. gallus pumilio. Henisch 914, 64.
ERDHEü, n. foenum pratense. Henisch 914, 65.
ERDHÖCKER, m. gibbus terrae: ist doch alles was mich
in Jena umgibt so trümnierhaft gegen vorige Zeiten, und ehe
man sichs versieht, stolpert man einmal wieder über einen
erdhücker, wo, wie man zu sagen pflegt, der spieliuann oder
der hund begraben liegt. Göthe an fr. von Stein 3, 413.
ERDHOLE, f. canalis subterratieus, verdeckler abzuysgraben :
erthol oder dol, draco. vocab. 1482 g6'. erddol?
ERDHÖLE, f. caverna.
ERDHOPFE, m. hypericum.
ERDHU.MMEL, f. apis terrestns.
ERDHÜNCHEN, n. coluber domeslicus, hausolter. rockenphil.
2, 51. vgl. erdhünlein. Scbm. 1, 104.
ERDHÜTTE, f. casa in humum demersa.
ERDICHT, terrae similis: die säfle werden im alter immer
unreiner, schärfer, zäher und erdichter. Hufelands makro-
biotik 1,194; die Organisation des menschen ist die zarteste,
kann also durch ein übermasz erdichter theile am leichte-
sten unbrauchbar gemacht werden. 1, 216.
ERDICHT für erdichtet, fictus, s. erdichten.
ERDICHTRAR, effingibilis, unerdichtbar, inefßngihilu, unftnd-
bar, undenkbar.
ERDICHTEN, conßngere, effingere, sowol in gutem sinn er-
sinnen, erdenken, erßnden, als in üblem lügen:
wir kunnen auch ein sinn enichten,
wie wir uns nach der sach auch richten, fasln. 145, 19;
die hur hats aur mich erticht. -532, 16;
habt ir ein neuen siten erticht. 657, 7,
was du redest, das ist alls erdicht. Teuerd. 96, 210;
wir hand im sinn
uch Torzespilen ein geschieht
von keinem menschen selbs erdicht, trag. Joh. A3;
den [babstlictien stand) die tüfel erdichtet hant.
McRiiER lulh. narr 3017;
sie ertichten schalkheit und haltens heimlich, ps. 64, 7;
und spielet auf dem psalter und ertichlet euch liedcr wie
David. Amos 6, 5 ; und durch geiz mit ertichten worten wer-
den sie an euch hantieren. 2 Peir. 2, 3 ; da solches der ge-
meine man ersehen hat, hat er solche künst nit wollen ver-
lassen, darumb sie noch nützer sind dann die künst der
erdichten arzt. Paracelsus c/iir. scAr. 28* ; erdichtet und zuhin
thon (lunzugethan). Maaler 109";
wol dem der den gotsdienst erdicht
und den gott Bei bat aurgcricht. If. Sachs III. 1, 154*;
dann wenn der mensch lang vil erdicbt,
to kompt gott, der sein* gl'allens riebt. Atker 302';
da bist der, so mit deiner falsch ertichten prartik mich
umb all mein ehr und gutes lob gebracht hat. Galmy 251 ;
dasz der klüger solches nur crlichtct, auch alle weg warzu-
machen unvcrmßglich wäre. Kirchhof rendunm. 283*; andere
mehr erlichlcte, erstunkene fratzen. 887*;
wer rechte warbeit vor nit weist,
glaubt alln ertichten worten heiii. 448*;
dieselbige hotschaften bisweilen ertichter gescbaft sich an-
maxzen. mit. dise. 170;
durch diiie wort war bald cntgrfindet
dp« Rheins angot, so nllrin prdichl. WccCRMLlK 348;
iIpp (Irifcben fnichlbarpr verstand
hat nicht mehr wundnrwcrk enlichtet. 367;
rardinal Bihienna, so die luftige comedien Caliandra erdich-
tet lyäirhifl) hat. Opitz 1,7'; den mannbafligen und kühnen
verten, die Alcaeui erdichtet hat. poelerti St;
ein alter mann wird zwar veracht,
der aber doch der jungen lacht,
die ihnen selbst ein lied ertichten,
das man dann auch auf sie wird richten. Locaü 2,121,10;
wo endlich Christus nicht,
der liebe menschenfreund, das mittel hätt erdicht,
dasz er durch seine blösz des menschen blösie deckte.
Hanüann zur pocterei 248 ;
ich habe ihn blosz durch einen erdichteten brief auf andre
gedanken zu bringen gesucht. Lessing 1,285;
erdichte nur recht viel, es soll dir nicht gelingen,
du willst mich, denkt, wie schlau ! nur um den vogel bringen,
nein, nein, die s-chäterin kriegt ihn gewis von mir.
Rost schäfcnj. 59;
doch Ilüsterlo hört ich im leben nicht einmal
nennen, ebensowenig als Krekelbom. sollt ich nicht lürchten,
dasz du uns wieder oelügät und solche namen erdichtest?
GöTUK 40, 85;
CS ist alles erdichtet und erlogen.
ERDICHTER, m. fictor : I. Eberlins YII bundgnosz 1521 aV;
G. Scherers wundsegen 1595 H4';
bistu der selbig Sachen richter, «
uf beiden seilen ein erdichter. Murner schelmenz. 24*.
ERDICHTEREI, f. ficlio: dann die arznei soll nicht sein in
den erdichten arzten, sondern soll bekannt sein allen denen,
die auszcrhalb der erdichterei sind. PAnAcELsiis chir. sehr. 29*.
ERÜICHTLICH, fiäus, imaginarius: aber verlassung der
kinder {emancipalio) geschähe vor ziten durch erdichtlichs
verkoufen (per imaginarias vendiliones). Mdrners Verdeutschung
der inslituten 1519. 14*.
ERDICHTLICH, ficte, ob causam fidam-: geben mir das alles
erdichtlich zu. Sickingens beridü uf das uszschriben deren von
Worms (1515) A4';
si hand mich zu eim morder gemacht,
das ich hab leider in der schlacht
ein frum ritter lassen nöten,
feischlich, erdichtlich lassen döten.
MuRNKRS geuckmat 1519 0 4.
ERDICHTUNG,/, ßgmentum: die erdichtung, die seele der
poesie, wie sie Aristoteles nennt, wurde ihr zuerst durch
den Homer eingeblasen. VVinkelmann 1, 166; es ist erfahrung
und nicht erdichtung. Kant 2,32.
ERDICHTÜNGSGARE, f wer so plump wahr ist, den wird
man wegen der erdichtungsgabe nicht in verdacht haben.
Klincer 11. 237.
ERDICHTUNGSKRAFT, /". Corneille prahlte damit als mit
sehr wunderbaren anstrengungen der erdichtungskraft. Les-
sing 7, 142.
ERDICKEN, crassescere, dick werden.
ERDICKERN, crassum, turgidum reddere: allein ich erhfiher
und erdicker das haupt nach der selten ... s. erbreitern.
ERDIENEN, mereii, lucrari, heute verdienen, o/id. irdiondn,
0. hol nebeneinander IV. 9, 29
in himilriche ouli, tha;; ist wiir, thaz githionötun se tbär,
irthionötun se harto frumü managralti).
nhd. wiltu erdienen gottes gleit,
dein herz zu kunimcr si bereit. SciiwAnzKNBERC 151 ;
weil sie im kriege etwas gcstolen, erbeutet oder sonslen er-
dient, fürstl. tischreden durch Jon. Wehner Gerharten C. von
Basel. Frankf 1597 s. 265; er kann nicht einen groschen er-
dienen. Stieler 316.
ERDIG, terreus, terrenus, Itrrestris: seine erdigen lüste. J. P.
Ilesp. 3, 101 ; so wohnt schon in irdischen, ja erdigen herzen
etwas ihnen fremdes. ac.v/A. l, 75; es ist der kurze durchgang
eines erdigen Wandelsterns durch die sonne des Sonnengottes.
freihcitsb. 105; der zweite tag des Adonisfestes war lauter freude.
alle hofnungen kehrten zurück, die göttin der Schönheit er-
schien und das erdige leben wurde ein hitnmel. ddmmt-
runi/cn HO. die erdigen theile, beslandlheile. s. erdicht.
ERDIGEN, sepelire, beerdigen, Stiele« 386. vgl. erden.
ERI)IN(;EN, p<r lilem exigere, impetrare, einklagen, trktagen :
so soll und inöcht alsdann der obgem. Junker die guter in-
dingen (eindingen) 3 tage und 6 wochen. und wann er die
also in erdingt (einm/ini/O und enolgt hette. so soll und
mochte Junker Johan dan mit denselben gutem Ihun und
lassen als mit andern seinen gutem, weislh. 1,599; und w.i<
da crdingt wirt , das wiseu wir in hrhall gm Walde« k.
2,208; als hei es erdingt und erthedingt (rr/ri(A</ir»<^) nn dem
rechten. 2, 42«. wie erdingen und erthridingcn rfefcm auch
dingen und Iheidingen, verdingen und verlhiiiliiigen (rer-
thriiligen) wAennnander. die weiten, wann die enlingt und
erklait {erklagt) werden tu Fcldkirchen als dal mht isl.
773
ERÜISCH— ERDKREBS
ERDKREIS — ERDMESSER
774
3, 744 ; ausbehalten unsenn gn. herren von Trier den vor-
ding und was er erdingt. 3, S12 ; und was er erdingt, er-
mahnt und rett {redei). 3, 813.
ERDISCH, tetrenus, irdisch: das erdische und das himm-
lische. LocAU 3, 42, 12; himmlisches und irdisches heil.
3,63,35; zur erdischen glückseligkeitszeitigung befördern.
BoTSCBKT Patm. 5 ; also ubenrindt die himlisch liebe die er-
dische begirlicheiten. Velr rergiszmeinnicht S. auch für erden,
irden, fictilis. Diefenb. 233'.
ERDISCHHEIT, /. erdgehaü: in dem scheiden sich die
salia von der erdischheit und gehnd in ein regen (schäum).
Paracelsüs 2, 105*.
ERDISPUTIEREN, disjmtando dirimere: sie mögens auf dem
seraphico erdisputieren und verdecidieren. hxenenk. 53*. sich
erdisputieren, s. oben erbeiszen 5. erdisputiert und ersprachet,
concertaia res. Maaler 109*.
ERDITRICHEN, reserare, recludere, erschlieszen, aufditrichen :
also dasz irs kümmerlich mit den zänen betten erlargieren,
erlassen, erweitern und erditerichen mögen. Garg. 104*. vgl.
2, 1145. 1146.
ERDKÄFER, m. silpha, gryllotalpa, erdgrille.
ERDKAISER, m. Lunus ist wirklich unser erdkaiser.
J. P. herbsibl. ?, 241.
ERDKEIM, m. germen.
ERDKERN, m. granum, nucleus terrae: wie Älbano so nahe
neben der geliebten gieng, fiel das unter seinem eden bren-
nende fegfeuer immer tiefer in den erdkern zurück. J. P.
TU. 2. 23t.
ERDKESTEN, f. chaerophyUum bulbosum, erdkastanie.
ERDKIEFER, /. teucrium chamaejnlys, auch coris, schlagkraul:
erdkifer wird es genant, dieweil es sich dem kiferbaum ver-
gleichet und nur ein spannenhohes stäudlein wird {dso räedrig
an der erde steht). Loxicercs 79'. Henisch 914, 68.
ERDKIEFERKRAÜT, n. dasselbe: nimm des erdkiferkrauts
oder schlagkreutlein. Tabernaem. 279.
ERDKIEFERLEIN, n. hypericum humifusum.
ERDKLÖPPEL, m. brassica napobrassica.
ERDKLOSZ, m. was erdenklosz, erdklumpe, erdscholle: die erd-
kloszer auf dem acker von einander schlagen, pers. rosenth. 7, 18 ;
und wie weisz
man denn, für welchen erdklosz man geboren,
wenn mans für den nicht ist, auf welchem man geboren?
Lessing . . . ;
was mir begegnen wird, was möglich ist, wird er
an mir, an allen thun. was will der erdklosz mehr?
LiCHTWER recht der vemunft 99;
denn noch jetzt sehe man in Thebais zu gewissen zeiten
mause entstehen, die bis zur brüst schon belebt, mit den
vorderfüszen sich regen, indes der hinterleib noch unge-
bildet am erdklosz hafte. Voss zu Virg. Georg. 4, 281.
EBDKLOTZ, m. dasselbe: wir alle sind gemacht von dem
löcherten wurmäszigen holz, von dem verfluchten erdklotzen.
Keisebsb. schif der penit. 18';
ein hafner uj eim erdklotz macht
ein erlich gschirr sunst vil veracht. Brast 57, 35;
der kathbatz (kothbatz, dreckbatz) und der erdklotz (komna)
wider in sein muter. Fhaxk chron. 402*.
ERDKLÜFT, f. rima terrae: dunstende lache oder erdklufl,
Korüber kein vogel fliegt.
ERDKLUMPCHEN, n. glebula terrae: wenn wir tins auch
Ton diesena erdklümpchen, das uns ein ungeheures weitall er-
scheint, bis zur sonne aufschwingen könnten. Wielasd 24, 52.
ERD KLUMPE, m. massa terrae.
ERDKNOLLE, m. Solanum tuberosum, kartoffel.
ERDKOBALT, m. genus cobalti, eine arl des koballs.
ERDKOHLE, f. geanlhrax, brennbare von Steinkohle rer-
sdäedne kohle.
ERDKOHLENKLEIN, n. xerbröckelte erdkohle.
ERDKORN, n. granum terrae.
ERDKÖRNCHEN, n. was ist das noch für eine erde ! bricht
man sie in drei stücke auseinander, in die Juno, in die
Pallas und in die Ceres, so kommen zwei erdkörnchen und
ein erdkörper heraus. J. P. freiheilsb. 99.
ERDKRÄNZLEIN, n. glecotna hederacea, gundelrAe. Loni-
CERDS 235*. Frisch 1, 231*.
ERDKRALT, n. siehe erdrauch.
ERDKREBS, m. erdgrille, maulwurfsgrille :
hier pflanzte der liebe greis, er begosi hier,
scnünelte über den erdkrebs zürnend, doch lächelnd im zome
nler sem haupt. Stolbbrc 1, 433.
ERDKREIS, m. crbis leirarum, erdi'nkrcis: die finster nacht
jetzund den ganzen erdkreisz überzogen halt. Galmy 49 ;
ob die sonne gebet nieder
und den erdkreisz traurig macht,
doch so kömmt sie frölich wieder
nach der überstandnen nacht. Flesing 436;
und spotten dein, du stolzer wellgebieter
vor dem der erdkreis niederfällt. Hölti 239;
der erdkreis feiert noch im dämmerschein. Salis 5;
der erdkreis, überall des herm,
beut überall ein grab. Matthisso« 78.
ERDKREISMESSER, m. geometra. Fischart ehz. 18 (454).
ERDKRONE, f. tussilago farfara, hußaitich.
ERDKROTE, f. bufo terrester, im gegensatz von wasserkröte.
ERDKRUSTE, f. crusta terrae.
ERDKUGEL, /. terrae globus.
ERDKUNDE, f. cognitio orbis terrarum, geographia: in der
erdkunde und schiffart wol bewandert. WEiszEsAinder/r. 10,163.
ERDKÜNDIG, terrae gnarus.
ERDL.\GE, f. corium terrae: ist die erdlage nach einer
seile geneigt. Kam 9, 50.
ERD LA GER, m. cubile terrestre:
bettet er sich erdlager. Voss.
ERDLAST, f. moles terrae, Rädleik 247':
oftmals ringt er mit macht hinweg arbeitend die erdlasl. Voss.
ERDLAÜE, f. labes. Staldeb 2, 161. erdJouwe Maaleb 109*,
lavine.
ERDLEBERKRALT, n. liehen caninus.
ERDLEIB, m. terra, corpus terrae:
schenk! ich ^egne des erdleibs ewige quellen,
welche leer sich nicht schöpfen lassen noch pumpen.
RCCKERT 369.
ERDLEUTE, pl. nani, erdmännchen, pygmaei.
ERDLEUTLEIN, n. dasselbe: von dem krieg der erdleutlein
und kranch. Brast bei StänhOicel Aesop 168.
ERDLING, m. terricola, ags. eordling, yrdling, engl, earthling.
verächtlich im sinne von erdwurm, erdensohn.
ERDLOCH, n. foramen terrae, locus in terra munilus:
ein tburn der heiszt zur teschen,
darbei ein erdloch fest,
den feind alda zu dreschen
und wehrn aufs allerbest. Solwu 410.
ERDLOS, 1) terra nudus, frei von der erde: eine erdlose stelle.
2) terra solutus, mortuus:
denn erdlos
kamen vom Ganges, vom Rhein, vom Niagara vom MIus
an den cedern emher auf Tabor seelen der kinder.
Messias 16, 321.
ERDMADE, f. vermis terrae und wiederum für mensch, erden-
sohn. ags. eordmadu. auch die zwerge entsprangen als maden.
ERDMANDEL, f. lalhyrus tuberosus.
ERDMANN, m., obschon nach erdmännchen itnd erdieute
vorauszusetzen, erscheint keder in der alten, noch in einer ver-
wandten Sprache, erst späterhin hat man Erdmann zur Verdeut-
schung von Adam gebildet. Stieler 1234.
ERDMÄNNCHEN, n. nanus, unterirdischer erdgeist, Wichtel-
männchen, mythol. 423. er glaubt etwa das erdmännchen zu
hören. Herder 20, 196.
ERDMÄNNIN, f. terra maier: Rhea, diese abgöttin hatte
sonst auch noch viel andere namen, als Isis, die Erdmännin,
Tellus, die erdreiche. Spangenberg o. weish. lustg. 19.
ERDMÄNNLEI.X, n. nanus: Schneckenkriecher, mareschröt-
lein, aufhocker, wichtelein, erdmännlein. Fischart groszm. 132.
ERDMASSE, f. moks terrae, erdhaufe.
ERDMAST, f. brutmast, gewürm in der erde, das von den
in die mast getriebnen schweinern gierig gefressen wird. vgl. heer-
wurm, tipula.
ERDMÄSZIG, terrostts, crasstts: den magen durch mittel
des erdmäszigen und melancholischen geblüts, so von dem
milz dahin verschickt wird, ein und zusammenzuziehen.
Uffenbach ro^uch l, 128 ; diese pferde sind gemeiniglich von
groben und erdmäszigen speisen erhalten worden. 2, 5.
ERDMAUS, f. mus arvalis, feldmaus.
ERDMÄÜSCHEN, n. lalhyrus tuberosus, erdnusz, s. mäuse-
kartoffel.
ERDMEER, n. maria terrae.
ERDMEHL, n. farina fossUis, bergmM.
ERDMESSER, m. geometra.
ERDMESSER, m. für erddurchmesser, diameler terrae: das
' ist meine hülle, dasz ich so viele windschiUuche mir denken
49»
775
ERDMESSUNG — ERDRAiND
ERDRASE — EIIDREICÜ
776
musz, denen ich nie beikominen kann, weil manche einen
ganzen erdmesser weit von mir liegen. J.P. anh. zu Tit. l,to.
ERDMESSÜNG, f. geomrtria.
ERDMIES, ERDMOS, n. spergula anensis, Schm. 1, 107.
ERDMILRE, f. acarus holosericeus.
ERDMISTEL, f. visctim leireslre.
ERDMÖHRE. /. astnigalits gtycyphyllus, chrisUanmirz, knol-
lenkranl. Lo.nicerus 273'. Frisch 1, 23l' hol dafür erdmolten.
ERDMORCHEL, f. lycopcrdun lubcr, Irüffä. Lomcerus 85*.
ERDMOTTE, f. plialaena dumeti.
ERDMÖWE, f. procellana.
ERDNABEL, m. ximlniicus terrae: das erst und fürnembst
durchwachs nennet man im Westerich (mit züchten) stops-
loch, und ist on zweifei das erst cotyledon, welches Mar-
cellus Vergiiius acetabulum nennet, hiesz wol zu teutsch auch
löffelkraut oder nabelkraut, dann die bletter sind etwas hui
und erhaben, wie ein nabel oder zimlicher lölTel, zu lateiu
umbilicus Veneris, hortus Veneris, terrc umbilicus. Bück
kräiäerbuch 384.
ERDNÄCHST, prope, proxime tcrram.
ERDNAHE, terrae vicinus, gegensalz von erdfern.
ERDNÄHE, f. perigaeum, s. erdferne.
ERDNEST, n. nidus terrestris: die Gnsternis nach mitter-
nacht legt uns wieder in unser erdnest herein. J. P. uns.
hge 2, C3.
ERDNTSZ, f. lathyrus tuberosiis. Lonicerus 273*; malitm
terrae, erdapfel. voc. 1482 g6'. steinerne erdnüsse = steine.
Weise Jephtha 1. 4.
ERDOBERFL.\CHE, f. superficies terrae.
ERDOCHSE, m. larva scarabaei stercorarii, larve des mift-
kdfers, tgl. erdglirae.
ERDÖL, n. ten-ae oleum, naphlha.
ERDÖLBRL'NNE, m. fons naplilliae.
ERDOLCHEN, sica perfodcre.
ERDÜLQUELLE, f. fons naphlbae.
ERDONNERN, personare, erkrachen:
die hall erdonnert von geschrei. Wiela-«!);
auT einmal flog im stürm die kammerihiir
erdonnernd auf;
laut am lande zerplatzt, erdonnnert sie. Voss.
Zeus erdonnert, tonat.
ERDOPPELN, duplicare: e. gn. allgeschlagene herzwunde
durch neuen herzensrisz wider geöfnet wird, wie aber mit
e. gn. erdoppeltem herzeleid ich meinen teil mitempfinde,
also weite ich u. s. w. Bütschky kanzl. 854.
ERDORREN, torrcri, arescere. mhd. wb. 1,322": es ist nie in
mir ein blat erdorrt (spricH der buclisbaum). Cyrillus 24'; unter
vil hundert menschen, die der weltlichen liebe erdorrent (ab-
sterben), kommet kaum eins darzu on auswendige leiden. Kei-
SERSB. pred. 7"; die würz so lang darin hangend gelassen,
bis si wol erdorrel. Thurneisser tnfl. wirk, aller erdg. 18;
veriiebt, verwirrt, verworren
sie leidet feur und pein,
mark, blut und bein erdorrcn,
die zibr auch trucknen ein. Speb trutzn. 61 (57).
ERDÖRREN, torrere, arefacere: welches ein anzeigung gibt
heutiger unvolkommenheit, das die Icut wie erfrorene oder
erdörrtc fröschleich, rosnagel und hauptbrüchel nicht mehr
zu rechtzeitiger grösze gelangen. Gary. 41'; sie stieszen bei
den bronnen zusaroen, wie im sandigen crdörrtcn Africa. 194'.
ERDOTTERN, erzittern, erschüttern, v^. doltern 2, 1315, er-
datlern oben sp. 74C und erhuttern.
ERDPECH, n. bilumen malllia. KAirr 9,33,
ERDPFAU, m. cislut helianlhemum, eine ort ysop.
ERDPFEFFER, m. polygonum hydropiper.
ERDPFRIEME, m. ijrniMa germanica, ginster: man will die
blumen auch nicht wol kennen, doch sagen etliche weibcr,
es «eien kleine strcichblumen. die andere nenncns erdpfrim-
men, humilis genista. Bock krdulerb. 479.
ERDPIN, iva arthrUica: nphmet gamanderlein, erdpin und
tansendguldenkraut. Hohbebc 3. I, 424'. 427". bei Neünich
und YnmcB 23 1" steht erdpin teucrium chamaepityt, in pin ichcint
aho pinus enthalten.
ER D POL, m. polut terrae.
EilliPI'PPE, f. jiiiyMlis alkAkcnyi, steinpuppe, blasenpuppe,
•-■'-' ~ •■'•''■ ;fJanie.
■ . landraUe, wiesenichnarcher, ichnarz.
jj : rrae, ufer.
EHDRASE, »?). ccspes: oben zu öberst über die brustwehrcn
setzet man auch mit ausgestochenen erdrasen. Kirchhof mü.
d^c. 19S.
ERDRATTE, f. talpa.
ERDRAUCH, m. n. fumarta: crdrauch oder taubenkropf.
LoMCEBUs 202". voc. 1482 gt)". man samlet crdrauch im an-
fang des lenzen, weils noch blühet und im ende des lenzen,
wenns voller samen ist. Scdnurr 1664 s. 157;
auf den eräbcrn unsrer vätor
sprieszt des erdrauchs purpurstrausz. Salis 125.
ERDRAUCHSAFT, m. nimb zwei quintlein erdrauchsaft.
LONICERÜS 273'.
ERDRÄUEN, minis impetrare, erdrohen.
ERDRAUM, n». lerreslre spatium: alles geschafTene im erd-
und himmelsraume. Humboldt Kosmos 1, viii.
ERDRÄl'MER, m. eine schaufcl der minengräber.
ERD RAUPE. /■. terricola larva.
ERDRAüTE. f. fumaria capnoidcs.
ERDRECHSELN, tomando efficere: unsere schönen geister,
genannt philosophen, erdrcchseln aus protoplastischen mar-
chen principien und geschichte der künste bis auf den beu-
tigen tag. GöTHE 39, 342.
EHDHEGEN, m. terrae imber.
EHD REHEN, torquendo movere.
ERDREICH, n. ferro, solum, ein tnel gebrauchtes wart, ahd.
erdrichi , mhd. örlriche , alts. erdriki , ags. eordrice , fries.
erthriki, ntü. aardrijk, nur in den nordisclien sprachen unge-
wöhnlich.
1) im gegensatz zu himmelreich: in dem anfang als got
himmelreich und erdreich beschaffen hat und alles das im
hiinmel und in erd ist. Keisersk. s.d. m. 12'; wenn du das
urteil lessest hören vom himel, so erschrickt das erdreich
und wird still, ps. 76, 9; sol ich Charicleam verlassen? o hiin-
mel, 0 erdrich, es wird mir übel anstehen! buch der lii'be
205, 1. wie sonst himmel und erde angerufen werden.
2) erdboden, boden: mhd. dö was sente Silvester in cime
gröjen gebirge und erbeil ete da mit sinen pfaffen da^ frt-
rlche, daj si sich generten. »ly«/. 1, 42, 35; nhd. da thet sich
der herr nider und schreib in das erdreich und Ihet sich
darnach wider nider und neiget sich und schreib aber in
das erdreich. Keisersb. s. d. m. 3ü'; und bin auch gefallen
aufs erdreich, das uns alle gleich tregt. wcisli. Salom. 7, 3 ;
da die schöne Magelone solches von ihrer ammen höret,
sprang sie vor groszen freuden ihres herzens aus dem bett
auf das erdrich, halset und küsset sie. buch der lid>e 31,4;
und wer sich sin wctl nemmcn an,
den sönd ir manlich zerdrich scblan. trag. Joh, K t,
tele sonst zu boden, zur erde schlagen;
des sültend si sich ins erdrich schemmcn. fastn. 894,35,
wie sonst sich in den erdboden, in die erde hinein schämen,
ivr schäm in die erde kriechen;
soll ich dein poshcit halbe sagen,
man sprach dich soll das erdrich nit tragen, fastn. 255, 1,
der erdboden dich nicht auf sich leiden, er ruht im schosze
des erdreichs {der erde);
beim grabe der seher
wachst dort unten ruhiges mos im kühlenden erdreich.
Meuias 1,67,
nadt der ausg. von 1751, die späteren:
in der kühlenden erde;
iut aber iimschlosz ihn dunkeles erdreich. lt. % 699.
3) erde, Wohnort der menschen im allgemeinen, vihd. ftf irt-
rlchc geleben. pass. K. 176,21; ftf tfrtrkhe. 339,65;
nhd. bin auf morpen die sonn thet
wider über das erdrich gon. Teuerd. 107, 69 j
das erdreich musz vergehen, wenn er sich hören leszt. ps.
46,7; deine blitze leuchteten auf dem erdboden, das erd-
reich regele sich und bebete davon. 77, 19; der herr ist
kOnig, des frewe sich das erdreich. 97, 1 ; du hast eine grenze
gesetzt, darüber kernen sie nicht und müssen nicht widerumb
das erdreich bedecken. 104,0; die zerstrewelen aus Jtidn zu
häuf füren von den vier ortern de« erdreich«. ^.«. 11,12;
die hügel zergehen, das erdreich bebet fiir iin. tiahum 1.5;
das ich nicht kome und das erdreich mit dem bann »rhiahe.
.Vrt/cur/ii4,6; selig sind die sanfimülhigen, denn sie werden
das erdreich besitzen. Matlh. !>,'■> {>ihd. iiisij:,ml i'rda. viilj.
possidebunl lerraml. häufig 'auf erdreich" wu- sonst einfacher
'auf erden': er meint es wer Dicht« uf ertreich, man soll
777
ERDREICH —ERDREICHSBALLE
es als (alles) essen. Keisersb. s. d. m. 6' ; betracht den mangel
Christi, so er uf erdreich gelitten hat. 12'; keinen groszern
feind mngst du haben uf erdreich, dann die sflnd. 13' ; dar-
nach uf erdreich. 14'; und hat darnach verfolget die sünd.
da er auf erdreich gangen ist. u'; da ist schedlicher ding
nicht auf erdreich dan ein solicher. 20'; das kind, also dick
es lügt, so dick gib im ein schlecklin mit der ruten, das
ist ein birkinlatwergen (vgl. 2, 39. 40), es ist nüt bessers da
für uf ertreich weder eben das. 26'; als ich nun auf erd-
rich ganz und gar trostlos gestanden, verwarung landgr. Wil-
helms 1552. B2'; niemand auf erdreich. Frey garteng. 65;
wie ich denn dir
unden rerhiesz auf erdereich. H. Sachs III. 1, 240*.
noch verstärkl in 'auf disem erdreich' : alle pein uf disem erd-
reich. s. d. m. 7'; wie ^il gon armer menschen auf disem
erdreich, die tödlich siech seind. 12'; gedenken an den
hunger und mangel, den Cristus gelitten hat, da er uf disem
erdreich gangen ist. ebenda; woßtr mhd. hie en ertriche, üf
örtriche hie. pass. K. 261, 59. slalt des utUergangs der erde
id auch vom Untergang des erdreichs die rede: ein roller
{fuhrmann)^ so er sieht, das die pferde uf die geisel nicht
wollen geben {nicht achten) und er auch nicht gern ein bengel
nimpt sie damit ze schlahen, so fahet er an ze fluchen und
ze schweren, das das erdreich möcht undergon, so gond
sie dann aber. Keisersb. s. d. m. 35"; botzerdrich! Garg. 226*.
4) erde im gegensalz von lufl und wasser: er rufet dem
wasser im meer und schüttets auf das erdreich. Arnos 9, 6 ;
gleich als wenn einer sehr sorgte und bekümmerte sich, wie
doch das erdreich auf dem wasser könne bestehen, das es
nicht ersöfl'e und untergienge. Luther /iscAr. 2, 162 ; der wind
nam den Peter mit gewalt und führet in auf das hohe meer
über seinen willen, dasz er je lenger je mehr von dem erd-
rich kam. buch der liebe 3S, 4 ; denn er wüste nicht, ob er
in lüften oder auf erdreich war. 35, 3.
5) erde, land, regio: wee dir erdreich, des künig ein kind
ist! Keisersb. s. d. m. c'; das erdrich Rugorum hat noch
den namen behalten. Frasr weltb. 29'; far hin mit deinem
erdrich usz meinem erdrich! Eulensp. cap. 16; so musz ich
wohnen in dem erdreich meiner feinde. Ayrer proc. 2,10;
so viel erdrichs, feldes und holz, buch der liebe 264, 2.
6) erde ak stof (was sich mit der Vorstellung von boden unter
2 oft verläuft): die schlangen essen das erdreich. Keisersb.
s. d. m. 29' {vgl. 1 Mos. 3, 14) ; denn er scheuszt auf für im
wie ein reis, wie eine wurzel aus dürrem erdreich. Es. 53, 2 ;
das entfroren erdreich, solutae terrae. M\aler 109*, im gegen-
satz des hartgefrornen ; die terra sigillata ist ein gar subtil
weisz erdreich. Paracelsls chir. sehr. 48' ; der gärtner pflanzte
den brombeerstrauch mitten im garten in das beste erdreich.
Lokman fab. 22; hartes, festes, sandiges, steiniges, fettes,
mageres erdreich;
da was das erdreich gar ze lind. Ring 53\ 26;
das erdreich, also weit sein groszer umbschweif reichet
ist löcherich und hol. Opitz 1, 37 ;
ein guter boden trat so nah heran, dasz ein rauschendes
wasser auf irgend eine stelle sich hinwerfend das lockere
erdreich gewaltig angegrifi"en, fortgerissen hätte. Götbe 23, 235 ;
so dasz alles erdreich trocken war und das gebirg mächtig
und herlich da stand. 23, 91 ; eine schwarze linie, die sich
von dem verdüsterten braunen erdreich scharf abschnitt.
30, 299 ; von Geisenheim erstreckt sich ein flaches niederes
erdreich bis an den ström. 43,251; sanfte anhöhen zeigten
schon besseres erdreich. 43, 305.
Es ist seltsam, vie dies compositum erdreich in der spräche
um sich greifen und schleppend den einfachen ausdruck erde oft
verdrängen konnte, man musz icol annehmen, dasz es aus dem
gegensatz zu himmelreicb entsprang, neben das biblische regnum
caelorum {ßaaileia räv ovQavtäv, goth. |)iudangardi himine)
ein regnum terrarum gestellt wurde, die Vorstellungen 3. 4. 5
fügten sich sodann leicht dem begriffe eines reichs, unpassend
2 und 6. ein Franzose würde für erdboden, für weiszes,
braunes erdreich nur terre, terrain, terroir, nicht regne ter-
restre sagen, vgl. auch thierrcich.
ERDREICH, dives terris, wie geldreich, laubreich, steinreich:
Isis, die erdmännin, Tellus, die erdreiche, Vesta, die stand-
vestc (!) hausgöttin. Spasgenberg aller weish. lustg. 19.
ERDREICHMESSER, m. geometra. Dasypodius 321*.
ERDREICHSBALLE, m. globus terrae. Harnisch 162.
ERDREICHSSPALTUNG — ERDRINGEN 778
ERDREICHSSPALTU^G, f. hiatus terrae. Stieler 206s.
ERDREISTEN, oft auch, besonders wo dies den reim reinigt,
erdreusten gesclirieben, vgl. dreist, dreust 2, 1394 {wo das alts.
thristi übersehen ist), man darf das lat. tristis, im sinne von
severus, saevus hinzunehmen, und falls sich meine neuliche kühn-
hdt behauptet, einen Tristo, dcus terra editus, valer des Mannus.
altn. ist ^ristinn {nicht {)ristinn) compadus, torosus, also stark
von leibe, wamm nicht auch beherzt?
1) «n transitives erdreisten, audacem reddere, ermutigen,
encourager, läszt sich aus dem pari, erdreistet nicht sicher ent-
nehmen, weil die reflexiven verba das sich im pari, ablegen kön-
nen, doch nüthi^ schon das reflexivum selbst zum transUivum
und altn. |)rista ist urgere, premere, das ags. j)raestan {wie
la;stan, leisten) torquere, affligere, A})raestaa extorquere, welche
begriffe sich leicht aus dem der stärke herleiten: Essex, durch
diese widcriegung erdreistet, ist im begrif das bekenntnis
zu wagen. Lessixc 7,287; sein äuge wird sich nicht senken
und fremden übermuth dadurch erdreisten. Dyanosore 4, 344 ;
alldort empfangen uns begeistet
geschmacksgerüche, wer erdreistet
des doppelpaares hohen preis? Göthe 47, 184.
2) sich erdreisten, conari , wagen, sich unterstehen, schw.
fördrista sig, dän. fordriste sig. den ersten beleg liefert Schütz
beschr. von Preuszen 1599. 63 : das er des königs ganzen häufen
abzuhalten sich erdreisten und unterstehen durfte, die wOr-
terbücfier bis auf Stieler und Frisch herab ermangeln des ver-
bums, zuerd bringt es Adelcsc, warum sollte nicht noch eine
stelle, zumal in MederdeutscMand, atis dem 15. 16 jh. gefunden
werden? ja, wir erdreisten uns zu behaupten, dasz ein pro-
fessor der dazu angestellt würde öffentlich Vorlesungen über
den Don QuLxole zu halten, wofern der angestellte anders
der mann dazu wäre, der studierenden Jugend und dem ge-
meinen wesen ungleich nützlicher sein würde, als ein pro-
fessor des aristotelischen organons. Wieland 9,261; stolz
auf den beifall, den e. hochwolg. meiner fabelmuse seit vielen
jajiren gönnen, erdreustet sie sich ihnen ihre letzten pro-
ducte zu überschreiben. Bcrmaxn fabeln;
kaum heb ich posto hier gefaszt,
regt sich dort hinten, mir bekannt, ein gast,
doch diesmal Ist er von den neusten,
er wird sich grenzenlos erdreusten. Göthe 41,97;
säume nicht dich zu erdreisten,
wenn die menge zaudernd schweift. 41, 5;
auf, mit liebe dich erdreuste!
in dir selb ist ewigkeit.
liebe ist die ältestneuste
einzge weltbegebenbeit. Rcceert 218;
zu solchem wollt ich blume mich erdreisten. ge$. ged. 1, 130.
ERDREISTUNG, f. audada: sollte ich noch seinen ver-
liebten erdreustungen mich mehr aussetzen ? Lessing 2, 571.
ERDRESCHEN, 1) tribulis exterere, ausdreschen: erkemet,
ertreschet und erlas es so eigentlich, das nicht ein einigs
kömlin umbsonst auf die'erd ful. Garg. 162'.
2) häufig tundere fustibus, caedere pugnis. ertröschen, dülpen.
Frisiüs 171', ertröschen, ertülpen. Maaler HS*, erdreschen,
vertulpen. Henisch 751, mit feusten schlagen;
mhd. im was zeblouwen sin lip,
erdreschen was euch wol sin wip. Reinh. 533;
die begunden in wol erdreschen
da; von keiner weschen,
diu in der hant ein slagen hat,
weder hemd noch niderwät
nie sd wol gebluwen wart. G.l. 2, 228;
n/id. die thür schlagts auf und zu
und läszt mir gar kein ruh,
bis ihrs maul wird erdroschen, gesellschaflsl. s. n9;
erdrischt dem gesellen den grind. Katziporus Ms*. RT*.
3) flagellando acquirere: junge bauern gehen in die fremde
und erdreschen sich ein schönes geld. vgl. erdrusch.
ERDREVIER, n. vicus terrae. Ringwalds lautere warh. von
Bbodkorb 13. gebildet wie buschrevier, luflrevier, lustrerier u. s. w.
ERDRIESZEN, taedere , verdrieszen , goth. us)>riutan, alid.
irdriojan, mhd. erdrie^n:
erdrie;in umbe geselleschaf). Martina SS, 103.
ERDRINDE, f. crusta terrae.
ERDRING, m. orbis terrae.
ERDRINGEN, extundere, extorquere, erzwingen {mhd. wb.
1, 394') : damit könnten wir auch alsdann ein concilium in
tcutschcr Hation erdringen. Po.ttancs bei Melanchthon 3,625;
erdringe nicht was ich versagen sollte. Götue 9, 65;
779
EHDRISZ — ERDSCHACHT
ERDSCHAF — ERÜSCIIWAMM
780
der abbe war fortgerannt, Augustinen aufzusuchen und einige
aufklärungen von ihm zu erdringen. 20,295; ich weisz nicht
woher mir das vertrauen kommt und wie ich mich unter-
fangen mag das ihrige zu verlangen, erdringen will ichs nicht,
aber gönnen sie mirs wie es ihnen ums herz ist. 23, 169.
ERDRISZ, m. terrae kialus.
ERDROHEN, «««nts impetrarCj aberdrohen.
ERDRÖHNEN, resonare:
wer ist noch der sich wundert,
dasz itim der thunn erdröhnt, ;
dem nun ein halb Jahrhundert
die weit des schönen tönt? Uhuind ged. 351.
ERDROSE, f. rosa canina, wilde rose, feldrose.
ERDROSSELN, strangtilare, laqueo gulam frangere: hätte ich
ihn mit diesen bänden erdrosseln, mit diesen zahnen zer-
reiszen müssen. Lessing 1, 515; kerl, ich erdroszle dich.
2, 417 ; bleib oder ich erdrossele dich. Kotzebüe dram. sp.
3, 22" ; der gefangne hatte sich im kerker erdrosselt ;
als ein erdrosselndes seil an hohes gebälk sie geknüpfet.
Od. 11,278.
ERDRÜCKEN, ahd. irdrucchan, mhd. erdrücken.
1) opprimere, zu tode drücken:
da was da; ertreich gar ze lind
und ertrukt ein michel gesind. Ring 57', 26;
und der sun des weibes starb in der nacht, wann schlafend
hat sie in erdrucket {vulg. dormiens quippe opprcssit cum).
l kün. 3,19 (Lutbeb: denn sie hatte in im schlaf erdrückt);
die Samaiten schlugen mit ihren keulen die pferde für die
köpfe, das sie ins mott sprengten und die menner ertnickten.
Henneberger landlafii 409 ; damit nicht ein ferkel von der
alten erdrückt werde, ne qui porcellus a matre opprimatur.
Varro RR. 2,4,14; die henne hat die eier im sitzen erdrückt.
Stieler 383, zerdrückt.
2) deprimere, niederdrüdcen :
deine riesenrüstung mag dich erdrücken. Schiller . . .;
sein Sturz
erdrücke seinen freund und sein Jahrhundert. 305';
der graf
erdrückt ihn fast mit gunst und woltliat. Körner 2, 24S;
umsonst das leben hier zu grünen sucht
erdrücket von des todes überwucht. Lenau n. ged. 94;
weil der menschengeist sich in einem erklärlichen und end-
lichen so erdrückt empfindet, als er es in einem bergwerk
oder durch den gedanken ist, dasz sich oben irgendwo der
himmclsraum zuspunde. J. P. Hesp. 1,25S; mit seinen vom wol-
stand erdrückten gefühlen. 2, 121 ; tausend erdrückte thränen.
3,160. vgl. drücken, niederdrücken, verdrücken, zerdrücken.
ERDRUND, n. orbis terrarum:
die tropfen regen
die auf das erdrund ungeßhr
ein jähr ins andre fallen mögen. Wieland 5, 210;
KiiscER 12, 273. s. erdenrund.
ER DRUSCH, wi. ausbeute an frucht durch das dreschen, das
was das gedroschene an hörnern ausgibt, manche jähre ist der
erdrusch des roggens besser als der des weizens, in andern
jähren umgekehrt. Ölsaat ist heuer zu schnell gereift, daher
der erdrusch gering, s. drusch.
ERDRUTSCH, m. labes, fall oder stürz einer sich ablösenden
und fortschiebendien erdmasse, schwäf. erdlaue, lavine, vgl. schnee-
rulsch, schneelatfine.
ERDSACK, m. saccus humo implelus, in schanzen und bäm
Wasserbau.
ERDSAFT, m. succus terrae, bitumen, erdharz, erdpech: auch
die mincralien, erdsäfte, metall und edelgestein bestehen auf
die länge nicht im feuer. Oriio krankenlrost 320.
ERDSAFTIG, terreus et succulentus : salisch (salzig) oder
erdsaftig (erdsapisch). Thubneisser erdgewdchse 42.
ERDSAIJ!, n. sal fossile.
ERDSASZE, m. terricola: unlerthänigstes gesuch ihrer deut-
schen erdsaszen. J. P. heH)stbl. 3,257.
ERDSATZ, m. unterste, auf der erde stehende garbe. Sch«. 1, 104.
ERDSAURE, f. acor terrae.
ERDSCHABE, /. scolopendra lerrestris. Stieler 1700. stink-
tehabe.
ERDSCIIABER, m. tcalprum euniculariorum, werkxeug der
minrngrither.
ERDSCHACHT, m. puleus melaUicus:
im mcer, Im erdicbacbt ferne. Hückert 177;
dir Mu dem eixlMhacbt quillt drr freudn hronnon.
ge$. yvd, 1, 117,
ERDSCHAF, n. camelus lama.
ERDSCHATTE, vi. umbra terrae, schalte den die erde uirft:
wenn der mond in den erdschatten tritt, entsteht eine mond-
finsternis.
ERDSCHAU, f. inspectio aggerum, deichschau, krauLschau im
frühling.
ERDSCHEIBE, f. 1) terrae orbis.
2) cydamen, erdapfel, erdrübe, waldrübe: der name wol
daher, weil die wurzel in der mitte zusamen getruckt, als
ein kuch (kuoche, panis tortus) ist. Lonicerus 272*. man sagt
auch erdscheibwurz.
ERDSCHICHT, f. corium terrae, erdlage.
ERDSCHLACKE, f. scvria, sordes terrae.
ERDSCHLAMM, m. linius terrae.
ERDSCHLANGE, f. scrpens lerrestris, im gegensalz zur was-
serschlange. chcrsydrus. Maaler 109*.
ERDSCHLICK, m. zähe, fette Schlammerde: nicht jeder hohe
Wasserstand, selbst bei Aussen, die auf 20 bis 50 stunden
weges weit durch ebnen flieszen, setzt den reichlichsten erd-
schlick ab. in der regel bringt der eisgang den höchsten ertrag
des Schlickdüngers.
ERDSCHLIPF, m. erdrulsch. Stalder 2, 289. 329.
ERDSCHLÜFFEL, m. mus terresler, eine art groszer feld-
mätise. vom schliefen in ihre erdlöcher so benannt.
ERDSCULUND, 7rt. faux terrae: Hcbal ein erdscblund oder
bruch ist gesagt. Frank ueltb. 17S';
erdschlünde thun sieb auf, ein feuerqualm
zuckt flammend übers leid, versengt den balm. Göthe 4, 201.
ERDSCHMER, n. phallus impudicus , slinkschwamm , schel-
menei, teufelsei, hexenei, hirschbrunst, hirscbbrunß, ein schwamm,
mit dem sich abergläubisclte Vorstellungen vcrbindcti.
ERDSCHMID, m. vermis pulsatorius, holzwurm, der in der
erde hämmernde, schmiedende, erdschmidlein. Fniscn 1, 23l'.
ERDSCHNAKE, f. tipula, eine grosze mückenart.
ERDSCHNECKE, f Umax, Cochlea lerrestris. Megenberc
302, 32.
ERDSCHOCKE, entstellt aus artischocke, ein versuch das
fremde wort deutsch zu machen.
ERDSCHOLLE, m. und f. gleba, schon ahd. schwankt das
yeschleclU zunscfien scollo und scollä (Graff 6, 47S). hier sind
belege für beide geschlechler, doch bleiben einzelne stellen ungetris :
wenn diu jungen rephüendl sich fürhtent, daj man si vähen
well, so hebent si die ertschollen auf mit irn fücjen und
verpergent sich darunder. Megenberc 215, 20 ;
erdschollcn und auch mist
wirft ein weib das zornig ist. Jii«!; 54', 20;
warfen mit knütteln und mit steinen,
mit erdschollen und hartem leimen, froschm. Zb';
mir dem verfluchten erdschollen. Keisersb. bilg. 53'; ich ge-
höre nicht dem erdschollen, den ich mein valerland nenne,
ausschliesziich an. Wieland 3, 404 ; sie sind geschäftig und
ein erdschollen ist ihnen viel werth. Göthe 16, 232; wodurch
sie den erdschollen, der sie anzog, unter sich abstoszen.
25, 121 ; gegen ende des jahrs erlebte ich das glück mein
Verhältnis zu den erdschollen von Rosla völlig aiifgehoben
zu sehen. 31, 163 ; Mailand, wo die traube und die olive oft
auf einer erdscholle zusammen grünen. J. P. Tit. 1,74; der
pflüg ruht nicht verlassen auf der letzten erdscholle, die er
überstürzte. Arnim kronenu: 1, 2. die anführung aus Keisers-
berg zei(^ den persönlichen (gebrauch des ausdrucks im sinne wm
erdensohn, erdenwurm. vgl. eisscholle, Icimschollc.
ERDSCHOSZ, m. terrae gremium :
was kösllicbos dem erdschosz mag entstammen.
Höckkrt ges. ged. I, 176.
ERDSCHROLLE, wi. die oberdeutsclie form für erd-rhollr.
z. b. in Mkgerles Judas 1, 309. 319.
ERDSCHUTT, m. rudus:
nur eriunrung blich, sie entrisz die hernen heidnischer »ag»
dem ordschutt. Platkn 127'.
ERDSCHWALRE, /". hirundo n;.arw.
ERDSCHWAMM, m. lycoperdnn tuber und überhaupt fnngus.
angewandt auf einen einfältigen:
wfiit er dii> kuiist, in liebevollen arrooo,
Tercnticl inil «f--' '■? ->'in,
•o »chliiK er l.i »eil ein knip.hen.
»o dürft er n|. I ime (ini''« •""' •>''i"
vnrffotllicben, un.. ,.m .... KiiiidlK »iippthrn
den ganion arm voll weihmueh mreiin.
Kl. ScaaioT poei. hr. fiOj
781
ERDSCHWARZ — ERDULDEN
ERDULDÜNG — ERDURCH
782
und Karl der könig kartet es so,
wie liebchen wünscht, die sache zu Terbergen
wätilt er den ratii Bonnsau,
ein erdschwamm, traun, wie Gellerts Görgen.
kom. diditungen s. 172.
ERDSCHWARZ, schwarz fcie kohle.
ERDSCHWEFEL, m. lycopodium clavatum, s. 1,1129 unter
bärenlappe.
ERDSEIFE, f. sapo terreus.
ERDSPALTE, f. terrae hiatus.
ERDSPERLING, m. fringiUa, wiesenlerche, passer pralorum.
ERDSPINNE, f. aranea terreslns, feldspinne.
ERDSPINNENKRACT, n. Mago.
ERDSPITZE, f. prontontorium, landsjnlze.
ERDSTAMM, m. caudex: einen erdstamm oder gipfel ab-
hauen, treisth. 2, 1S6.
ERDSTAUB, m. was erdenstaub : ein vom winde erhobener
erdstaub, desgleichen es bei ungestümen weiter allenthalben
zu sehen gibt. Jan Rebhü des artlichen Pokazi anderer theil.
16S0. s. 2S.
ERDSTÄUBLEIN, n. pulvisculus terrae. Mendelsohns Phädon
s. 162.
ERDSTEIN, m. klappcrslein , thoniges eisenoxydhydral mit
lockerevi kern. Schweskfeld stirpium et fossUium Silesiae cata-
logus. Ups. 1600 p. 362.
ERDSTERN, m. 1) osmunda lunaria, mondraute.
2) erdlalg:
talk, des weiszes scheinen
man nicht gnug bewundern kann.
dieser pflegt ein stern der erden
insgemein genennt zu werden. Brockes 9,54.
ERDSTOCK, m. 1) caudex, der wurzelstumpf des an der erde
abgehaunen baums: der wald kann nach forstmäsziger tasation,
auszer den erdstücken, 456 klafter pfählholz liefern, ö/fenl-
liche anzeige aus Gelnhausen.
2) niedrig auf der erde gezogner weinslock.
3) erdqescJiosz, hypogea: ein gemach im erdstocke, parterre.
ERDSTOCKWTRK, n. wie erdstock 3: wenn einer, der,
wie ich, ein beseelendes ich in die blume setzt, dasselbe
ins erdstockwerk des dumpfen kernes heftete. J. P. Hesp.
4, 9 ; wie die erdstockwerke in Städten durch blumen und
reben das einsehen in die fenster abwehren. Tit. 2, 214.
EliDSTOSZ, m. subitus terrae tremor:
bis, wenn der grosze erdstosz nun geschieht,
der treulos mürbe bau zusammenbricht. Schiller 361'.
ERDSTREU, /". stramentum, laublager:
wo er, hin am boden gestreckt auf niedriger erdstreu
lag, der grosze kentaur. Orfeus der Argonaut 394.
ERDSTRICH, m. zona, tractus: die menschen gedeihen
unter dem milden erdstrich; ein kleiner erdstrich trennt die
Stämme, wie landstrich, himmelstrich.
ERDSTUFE, f gradus cespilicius, rasenstufe.
ERDTAFEL, f tabula figuram terrae exhibens.
ERDTALG, m. bilumcn, mumia, berglalg.
ERDTELBERLEIN, n. nanus, erdmännlein, das in der erde
gräbt. Garg. 40'.
ERDTHAL, n. terrae vallis, terra: hienieden, hierunten im
erdthal = auf erden, hier auf erden.
ERDTHEIL. m. l) terrae pars, welllheil. 2) particula lerrea:
in dem blut finden sich auch erdtheile ; dieser kOrpcr ent-
hält tBc erdtheile ; die feuertheile im kiesel sind durch eine
grosze menge erdtheile von einander entfernt und fest einge-
schlossen.
ERDTHIER, n. quadrupes, gegenüber dem luftthier, vogel und
dem wasserthier, fisch : der strausz, dumm und stolz, schämt
sich vogel zu sein und geht gern auf der seile der erd-
thiere. Fr. Mijller 1, 25 ; durch die thäler drängte sich noch
das lichtscheue schwarze erdthier der nacht und bäumte sich
auf gegen die berge. J. P. Tit. 3, 202.
ERDTOFFEL, f kartoffel.
ERDTOPF, m. urna feralis, ausgegrabne todtenume, nach
Matbesics 1562, 278' selbstgewadisen, natürlich, ungemacht.
ERDULDEN, tolerare, perpeti, ertragen, erleiden, aushalten,
golh. us|)ulan, ags. djiolian, ahd. nur fardol^n und fardultan,
mhJ. vcrdoln, verdulten, doch auch erdulden {wb. 1, 380') : aber
wenn ir umb wolthat willen leidet und erduldet, das ist
gnade bei gott. l Petr. 2, 20 ; gedenket aber an die vorigen
tage, in welchen ir erduldet habt einen groszen kämpf des
leidens. £Jr. 10,32; ir habt den raub ewer guter mit frewden
erduldet. 10, 34 ; erduldet er das creuz und achtet der schände
nicht. 12, 2 ; gedenket an den, der ein solchs widersprechen
von den sündem wider sich erduldet hat. 12, 3 ; selig ist der
man, der die anfechtung erduldet. Jac. 1, 12 ; siehe wir preisen
selig die erduldet haben. 5,11; möcht er als ein tödlicher
mensch die klarheit seins glänz nit erdulden. Frank wellb.
119*; du must sehen, mit was für leuten du gemeinschaft
halten und bei dir haben will, ob du auch, was ihnen an-
hängig ist, erdulden kanst. pers. rosenth. 8, 119 ; ein gegen-
ständ, der ihre (der wirkenden Substanz) ganze kraft erduldet.
Kant 8, 20; du siehst, was ich durch deine halsstarrigkeit er-
dulde. Götter 3, 90; nach erduldeter trennung. Göthe17,133;
ich hab
um diese kleinigkeit des dankes schon
zu viel erdulden müssen. Lessüig 2, . . .;
denn ganz unleidlich ists was wir erdulden. Schiller 522';
eilte dem ort zu entfliehn, wo er so vieles erduldet.
GöTHB 40, 44.
selten äeht es, icie das einfache dulden und leiden oß, ohne aee.
aber schwebend
unter offenem himmel
erduld ich elender
meinen feinden zur freude. Stolbkrg 15, 12.
ERDULDUNG, f. perpessio, leiden:
zeugen waren wir seiner erduldungen, bis ihm sein haupt sank.
Messias 11, 478.
ERDÜLPEN, ERTCLPEN, s. erdreschen und dülpen, ab-
dülpen.
ERDUMARMEND, lerram amplectens.
ERDUMFANG, m. terrae ambitus:
Roma, der schmuck des erdumfanffes,
Roma deeus magni quos suspicit orois. Virgils culex 357 von Voss.
ERDUMGÜRTEND, cingens terram:
erdumgürtende wiege der allerleuchtenden sonne.
Stolberc 1, 177;
aber das wogengeräusch des erdumgürtenden meeres.
1,191;
der erdumgürtende wurm. Dahlmask ddn. gesch. 1, 35.
ERDUMGGRTER. m. cingens terram:
beteten viel und gelobten dem erdumgürter Poseidon.
//. 9, 183;
erdumgürter Poseidon und segenspender Hermeias.
Bürger 230*.
ERDUMMEN, stupere, stupefieri, verdummen: das volk er-
dummt, wenn die Wissenschaften untergehen, mhd. erlumben.
ERDUMPFEN, obtundi, stupore opprimi, verdumpfen: seine
stimme erdumpft.
ERDUMSCHIFFEND, ärcum terram navigans.
ERDUMSCHIFFER, m.
ERDUMSEGELND.
ERDUMSTÜRMER, m.
ERDUMWALLEND.
ERDUMWANDELND :
denn gar nicht ähnliches Stammes
sind unsterbliche götter und erdumwandelnde menschen.
It. 5, 442.
ERDL'^IWÖLBT, (erra dnctus.
ERDUNKELN, 1) obscurare, verdunkeln : wann die betriegung
der lüg ertunkelt die guten ding, weish. Sal. 4, 12 nach der
bibel von 1483, 313', vulg. fascinatio nugacitatis obscurat bona,
bei Luther: denn die büsen exempel verfüren und verlerben
eim das gut.
2) obscurari, dunkel werden: die sunn ertunkelet und der
umbhang des tempels ward zerrissen. Luc. 23, 45 nach der
bibel von 1507, bei Luther die sonne verlor iren schein;
traub auf traub erdunkelt. Voss;
wo ein feur entstand,
an welchem ort, da währt es eine weile,
erst ist es klein, dann wirds ein groszer brand,
doch nah dem end erdunkelt es in eile.
Gries Bojar da 2, 1, 53.
am part. praet. läszt sich die Unterscheidung nicht wahrnehmen:
jetzt kam graulich die nacht des erdunkelten mondcs.
Od. 14, 457,
erdunkelnden wäre nothwendig intransitiv.
ERDÜNNEN, extenuare, verdünnen : so man die äste behauen
und den bäum wol erdünnen läszt. Sebiz 361.
ERDURCH für herdurrh: so macht euch auf und ziehet
durch den bach Sared, und wir zogen erdurch. 5 3/o5. 2,13;
und zogen erdurch. rieht. 6, 33.
783
ERDURCHER — ERD WOLF
ERDWüCHER — EREIGEN
r84
ERDUBCHER, dasselbe: alles das thun das uns anmüfig
ist und uns glusl und wollen gut leben haben, gut gesellen
sin und wellen erdurcher faren frischlich und weidlich. Kei-
SERSBERG bilgef 37' ; das brocht der bijs geist mit im zu und
für weidlich erdurcher on alle forcht. 3S*. vgl. erheiraer.
ERDUIJSPRL-NG, m. origo lenac.
EHDLHSTEN, ERDÜRSTEN, sUi cmfici (mfid. wb. 1,322'):
anima sapientissima siccissinia, die klug seel musz verdorren,
erdursten, erseigern, verschmachten. Garg. 85' ; wie ich einst
der gänse hüte und sie sehr umliefen, speilt ich allen das maul
auf, da blieben sie stille stehen, waren also bald erdurst, wel-
ches die frau mutter gewahr ward und gab mir einen guten
Schilling. Scbweimchen 1, 2fi ; und weil es ein heiszer tag
war, hätten reuler und knecht crdürslen mögen, dessen Hein-
rich \l s. 113; wie sie nun hart erdürstet waren. Tacius bei
Fronsp. 3, 265"; der mund erdürstet im trinken, die Sehnsucht
lechzt in der erfüUung. Tikck nov. kr. 1, 162.
2) sitienler expelere:
und sollt ich auch der schätze mehr empfangen,
als weiberhabsucht je erdürsten kann.
Grus Ar. Rol. 43, 109.
ERDVERDERBEND, terrae perniciostis : erdverderbende Über-
schwemmung.
ERDVERHIMMELT, caeli jam in isla terra compos: jeder-
mann meinete und gedachte, dasz dieses weih schon im
leben als erdverhinimelt und eine allcrangenehmste freundin
gottes wegen solcher geistlichkeit {geistlichen gesinnung) seie.
Simfil. K. 620.
ERDVIELFÜSZ, m. scolopendra, tausendfusz.
ERDVOLK, n. terrae populus.
ERDVV.VCHS, n. aspliallum, judenpech.
ERDWÄCHSISCH, terra cretus, erdwüchsig : torf oder turf
Ist ein altdeutsches wort, welches bedeutet ein erdwäch-
sische erde. Scdeuchzer 1, 6.
ERD\V.\LL, m. agger terreus.
ERDWAISD, f. maceria: gleich werden wir diesen wol zuge-
hauenen stein niederlegen und bald werden diese mit schönen
und würdigen personen gezierten erdwände nicht mehr ver-
gänglich, sie werden ausgefüllt sein. Götue 17, 97.
ERDWÄRME, f. calor terrae internus.
ERDWÄRTS, versus terram:
erliebe dich ! rief von dem hügel Obaddon,
schwebe nicht erdwärts ! Messias 7, 234 ;
und es strömte das abendopfer
erdwärts mit vorschieszeader giut. lU, 1031 ;
du senkst ja die miihne
erdwärts. Klopstock 2, 176;
dein leib, der itzt melir erdwärts sinket, trübt,
umnebelt deine seele. 9, 58;
wenn erdwärts
euer äuge blickt und blumen der urne benetzet.
Stolberg 1, 394;
wehe dem manne dem sie zürnen ! traurig
schweifen seine gedanken erdwärts. Mattuisson 74;
der tempel schwieg, wenn dumpf die glock erklang,
gehemmt sank erdwärts der gedanken flug. 168.
ERDW.\SSER, n. aqua terreslris.
ERDWEICH, n. prunus pumila.
EHDWEICHSEL, f. prunus fruticosa.
ERDWEIDE, f. Salix repens.
ERDWEIHR.\liCH, m. teucrium chamaepilys, erdkiefer.
ERDWEIZE.N, m. melampyrum arvense, nach andern mauer-
pfeffer, sedum.
ERDWERK, n. agger, terrenum opus, erdbau.
ERDWESEN, n. lerrigena, irdisches vesen: die menschen-
gattung als eine spccies vernünftiger erdwesen. Kant 10. 375;
die Wirkungen der wärme, der luft, des feuers auf die be-
standthcile, auf composilion und dccomposilion unsrer erd-
wesen. Hehder 3, 17.
ERDWILD, n. ferae siiveslres, im gegensatz zu fedenvild,
rolucris nhcslrit: es ist das ganze Rusziand gleichsam mit
buHch und wäidern überzogen, daher es viel bäume und erd-
wild gibt, pers. rciseb. 3, 2. nß. erdthier.
ERDWINDE, f. convolculus arven.^s.
ERDWINKEL, m. angulus terrae: »clbsl wa« mir nun vcr-
drusz zu bringen ankuinint, lasse ich ablaufen mit dem sogen
•weg ! ich gehöre einem andern erdwinkel an'. Voss br. 3, 1, 220;
in der unendiicbeu ein>>amkeit dieses crdwinkeU guaz allein.
GOthe 27,51.
EIIDWÜL*', in, gryllut gryllotalpa, erdgrük.
ERD\VUCHER, m. fructus terrae, agrorum, alid. iirdwuochar
(C.liAFF 1,681):
rünf Wucher findt man, die seind rein,
die nennt man crdwucher eemoin,
fisch, holz, das hoiiig und das ^Tas,
auch das obs je reiue was. Freidank 1539 6/. 10',
»ro das alte gedieht 27, 7 blosz wuocher hat.
ERDWÜCHSIG, 5. erdwüchsisch.
ERDWURF, m. wurf aus einem erdmörser.
ERD WURM, «I. lumbricus terreslris: ego sum vermis et non
homo ips. 22, 7), da^ spricht ich pin ain regenwurm oder
ain ertwurm und niht ain mensch. Megejcberg 3lo, 8 ; wenn
die könige dieser erde . . . mit uns elende unterdrückte erd-
würmer {so) zugleich in himmel kommen sollen, pers. baumg.
4, 13 ; es war ein mann, der zu seinem zugemüse andres
nichts als knoblauch hatte, als (iieses ein buhe sähe, sprach
er zu ihm: o armer erdwurm, geh und hole eine Schüssel
voll essen aus des königes Speisekammer. 6, 3 ;
die erdwürm mögen einiplich
umb discr erden giitcr sich
bekümmern, quälen und bemühen. Wkckuirlit« 119;
weil du dich nicht wie die erdwürm
in dem Irrgarten hast verloren. 199;
du trotziger erdwurm! willst du nicht antworten? Weise
kl. leule 237; o ich armer erdwurm! übcrfl. gedanken 06;
du erdwurm ! Jcphlha 5, 11 ;
genug, was gott bcschloüz, musz gut und heilsam sein,
den rath des ewigen sieht nie ein erdwürm ein.
LiCHTWER recht der Vernunft 96;
er sucht den himmel und läszt den erdwurm in der erde
wühlen. Herder, vgl. erden wurm.
ERDWURZ, f. fumus terrae, erdraudt, taubenkropf, bocksbart.
VOC. 1482 gO'.
ERDWÜSTE, f. desertum terrae.
ERDZEISELCHEN, n. arctomys cilellus.
ERDZUNGE, f. isihmus, lingua: Herculanum, sagt Strabo,
lag auf einer erdzunge. Winkelmann 2,6; Griechenland war
selbst von der natur durch viele gebirge. flüsse, inseln und
erdzungen getheilt. 3,9; Überfahrten und buchten, erdzungen
und landungsplätze. Güthe22, 125; der punct der gegenwart,
diese erdzunge zwischen Vergangenheit und zukunft. J. P.
komel 1, 36.
ERDZWIEDEL, f. squilla.
ERE, f. honur. s. ehre.
EKEFERN, ilerare, relractare {oben sp. 695 und iifern 1,181.
efcrn 3,32): bedeut so viel als repetieren, widerholen, oft
einführen oder zum dickern mahl darvon reden. Thurseisser
magna alch. 2,60; hab den Herbrot zu uns berufen, ihme
alle handlungen und reden wider crefert und angezeigt, noth-
gedr. ausschr. 3, 15.
EREIFERN, l) transitiv exasperare, incitare, inßammare:
wiedernra begann ich und rief mit ereiferter seele. Od. 9, 50t ;
hauten dann händ und füsze vom rümpf mit ereiferter seele.
22, 477.
2) reflexiv sich ereifern, exa.<ferari, inflammari (Stieler 5) ;
sie ereifern sich! Lessing 1,264; er lachte, sie ereiferte sich.
tiöTUEl9, 93; mich über ein unrecht schrecklich zu ereifern,
das vor dreitausend jähren einem betteljungen zu Babylon
geschehen ist! Wieland 8,10; doch es ist unnöthig, dasz
ich mich ereifere. 11, 125 ; ereifern sie sieb nur nicht so^
versetzte der küibisz. 12,258.
EREIFERUNG, f. ira, indignatio:
nicht ohn einiges gottes ereiforung duldest du trübsal.
Voss Vinj. ik'org. 4, 353.
EREIGEN, ostendne, monstrare, erweisen, erviigen. schon ver-
schiedentlich ist nachgewiesen worden (1, 801. 3, 96), das: eigen in
diesem worte aus engen, äugen vcriU'rbt sei, die nuch daneben
vorkommen, sich ercigen bedeutet sich erweisen, beudliren, offen
baren und dann sich zutragen, begeben:
dergleichen thct sich nuch crcigon,
mnngel in vil dingen onvigcn. II. Sacbs II. 2,101';
fcber, die aus offenbaren Ursachen sich creigen. FiscnAnr
ehz. 30; da sich doch sein wtirkung nicht mehr ereigel.
Garg. 04*; von dannen (Spanien) hat sich bcrgwurk creigct
(aufgelhan) in Frankreich. Matuksius to';
sieh an die roiheii w.tngcn,
in denen olle ticr und ausbund sich erlugt. Orm }, IM;
et erftugelc sich eine »orJtlenfinsterni». Weimb ktndrrfreunJ
0, 133 ; begierig zu wissen, wann in Paris eiiiiual eine vuilig
EREIGNEN — EREILEN
EREILEN — EREN
786
totale finsternis sich eräugen würde. 140 ; da weisz ich schon,
dasz Äsop seine fabeln mündlich bei sich eräugenden gele-
genheiten erzählt hat. 5, 4. andere belege schon oben sp. 698.
699 und hernach noch unter ereugen. GrIjbel in seiner Nürn-
berger mundart hat dies ereigen noch oß. s. ereugen.
EREIGNEN, dasselbe. niciU genug an dieser enlstellung des
5u oder eu in ei, es entsprang daraus auch eine Verwirrung mit
dem ganz unvencandten uorle eigen proprium, folglich mit eignen,
aneignen, zueignen, deren n sich felderhaß in ereigen einschlich
und ein falsches ereignen herbei und endlich durchßhrle, ja
sogar von solchen nachgeahmt tciirde, die noch äu, cu behielten,
stellen sind bereits sp. 699 gegeben und hier folgen noch andere,
die frühesten tauchen zu eingang des l' jh. auf: wie sich auch
aus der zeugendeposition ereignet und erscheinet. Atrf.r
proc. 1,9; sich ereugnen. Magdeburg 1602; bei kindern er-
eugnet sich die selige Wirkung des h. gcistcs nicht also als
bei erwachsenen. Scbiteb se/ensrA. 1, 495 ; dasz sich auch kein
geringes feucr in der guten dienteln ihren herzen eräugne
und anflamme. mägdelob 59 ; so möchten sich wol bei dieser
meinung noch weit grüszerc Schwierigkeiten ereignen. Hahx
2,252; doch ereignet sich die gelegcnheit. Günther vorr. s. b ;
so ist dieses der erste imterschied, der sich zwischen den
richtern bei den tragischen und den richtern bei den komi-
schen Wettstreiten nunmehr eräugnefe. Lessing 6, 327; eben-
daher {dasz man alles nach eigner einsiciU viiszt) ereignet sich
das milchgesichtlein. Claldtcs 3, 9 ;
es mag sich feindliches cräugnen,
du bleibe ruhier, bleibe stumm,
und wenn sie dir die bewegung läugnen,
geh ihnen vor der nas hemm. Götue 3, 296 ;
besonderes glück ereignete sich mir auch zu Bibrich. 32, 99 ;
einer der wundersamsten productionen zu gedenken, die sich
vielleicht je, man darf wol sagen, ereignet haben, es ist das
tagebuch der schlacht bei Leipzig. 45, 2S7. dem part. darf
das sich fehlen: bei so oft seither ereigneter gelegenheit.
BcTSCHKY kanzl. 61 ; in ereigneter fridenszeit. 432 ; ob ich bei
ereigneter gelegenheit diese insel verlassen woIfe. Fehenb.
1, 434. doch fügt es Göthe bei : eine sich ereignete begeben-
heit. Eckermanns gespr. 1. 319.
EREIGNEN, n. eventus, ohne sich : ein ereignen zwischen
liebesleuten von der zartesten art. Göthe 33, 191 ;
freilich fröhnt es nur dem heutgen tage,
gestrigen ereignens denkts nur selten. 40, 423.
EREIGNIS, f und n. hier leidet das n andere deulung als
in ereignen, es rührt schon aus dem alid. arougnessi (Graff
1, 126) her: auf die ereignis {den fall) hin, dasz der klügling
einst Selbsten auftrat und redete. Klopstock 19, 12S ; in an-
sehung dieser ereignis, die zwar auf jene folgt. Kam 2. 362;
die unbeständigen Witterungen, deren ereignis man einzeln
nicht vorherbestimmen kann. 4, 293 ; vor dieser ereignis ist
alles recht provisorisch. 5, 188 ; eine fremde ereignis. Wol-
detnar 1, 252 ;
alles vergängliche
ist nur em gleicbnis,
das unzulängliche
hier wirds ereignis. Götbe 41, 343;
ein groszes trauriges ereignis. 33, 196 ; köstlicher abdruck
des schweizerbäurischen zusfandes und des höchsten ereig-
nisses dort zwischen zwei liebenden, daselbst; von diesen
höheren betrachtungen kehre ich wieder in mein kleines
leben zurück, dem aber doch auch seltsame ereignisse be-
vorstanden. 48,179; Horaz, vor knaben, in Eutin I wie würde
der Römer zu dem cräugnis lächeln. Voss br. 3, 1, 216,
EREIGNISREICH.
EREIGNISVOLL.
EREIGNUNG, /". eventus: wenn es wahr ist, dasz nach
ihren (der stoiker) grundsälzen der donner am umzognen him-
mel nicht mehr und nicht weniger die mitwirkung der götter
bewies, als der donner am heitern himmel, so kann Horaz
den letzten ebensowenig im ernste als im scherze als eine
ereignung ansehen, die ihn den Stoikern wieder beizutreten
nöthige. Lessing 4, 41 und üßer.
EREILEN, assequi, mhd. erilen.
1) weidmännisch, venn die hinterfälirte im freien boden und
im grase genau in die vorderfährie tritt, das ist ein zeiclien
des hirsches, denn bei dem Ihier (dem treibchen) greifen die
fährten nicht ineinander. Döbel 1, 10*. lie^ hierin niciU eine
bestdliyung der sp. 106 vorgetragnet* dymologie? eilen scheint
in.
ursprünglich und ägentlich das ansetzen des fuszes, das ein-
setzen der fuszsohle in den erdboden, das eindrücken der spur
zu bezeichnen, eilen ist gehen, laufen, ereilen ist erlaufen,
vestigia premere. übereilen, fiacA Döbel 7", bedeutet über Hie
vorderfährie hinaustreten, wie schlechte und junge hirsche zu thun
pflegen, die Jägersprache hat uns also den wahren sinn eines
Wortes bewahrt, den die spätere abdraclion nicht mehr erkennen Idszt.
2) schnellgehend, springend, laufend, reitertd, schwimmend,
segelnd, fliegend erreichen, ergreifen :
da; er die strälcn weite
mit sime sprunge erilen. tr, kr. 29611 ;
einen ereilen, cursu consequi. Maaler 109'; jaget im nach
sieben tagereise und ereilet in auf dem berge Gilead. 1 Mos.
31, 23 ; und die Egj^jter jagten inen nach und ereileten sie
mit rossen und wagen. 2 Mos. 14, 9 ; schlugen sie alle, die
sie ereilen künden. Judith 15, 5 ; morgens aber jaget er inen
nach und künde sie nicht ereilen. 1 Macc. 12, 30 ; mocht er
sie nit ereilen. Aimon n 2' ; in het ein ros nit wol ereilen
mögen. r2'; da ereilt er einen knüttel, welchen er hatte zur
band gestellet. Privatcs daemonolatria s. 364 ; gab seinem pferd
die sporn und mochte ihn niemand ereilen. Kirchhof mil.
disc. 220; die Jäger kunten den hirsch nicht ereilen. Lok-
man fab. 2 ; als mich abermal die nacht ereilte. Simpl. K. 54.
vgl. ergreifen 5 und 8;
wenn dann vielleicht der wellen schwarzer rächen
den frachten droht und mast und kiel ereilt. Hagedobs 1, 11 ;
schon die hälfle der tugend entrückt Zeus waltende vorsieht
einem mann, sobald nur der knechtschaft tag ihn ereilet.
Od. 17,323,
fiacÄ aller Vorstellung reitet der tag zu rosse; jeden ereilet end-
lich sein tag, es sei auf dem weichen kissen von flaura
oder im rauhen gewühl des gefechtes. Schiller . . . ; ich
hatte indessen das mädchen ereilt und hielt sie fest. Göthe
25, 361.
3) bUdlich:
du weist, ob ich das lob, das ich vielleicht ereile,
nicht so, wie sorg und schweisz, mit meinen beiden theiie.
J. E. Schlegel 1, 253;
ists wol, wenn des gestimes macht den menschen
ereilt in der verhängnisvollen stunde? Schiller . . .;
soll das gericht so furchtbar ihn ereilen? Kösmsh 4, 28;
und namlos bleiben mögen sie einstweilen,
bis drunten doch in den krystallnen grotten
der mensch sie mit der spräche wird ereilen.
REcKERT ges. ged. 1, 166.
EREIN, alteneus, mhd. Mn, s. eren, erin.
EREIN, tn^ro, für herein, häufig bei Luther, z. b. mach mir
ein essen, wie ichs gern habe, und bring mirs erein. 1 Mos.
27,4; gott hat mich erein gefüret. 5 Mos. 9,4; waren die
Amalekif er erein gefallen. 1 Sam. 30, 1. 2 Sam. 5, 6 ; wo aber
keine liebe nicht ist, da wird auch kein glaube sein . . .
sondern eitel schrecken und furcht, angst und pein, mit
häufen erein schlahen, Venn das stündlein komen wird.
Llther 6, 63*. mehr unter dem heutigen herein.
EREISCHEN, exigere: die not ereischt, necessc vH necessum
est. Serrasüs synonymorum libellus 51* ; als die notturft in
solchen fallen . . . eraischt. Lanz slatsp. Karl V s. 471 ; dise
versamlung hat der bischoffe unersettlicher geiz ereischt und
zu samen gefordert. Frank chron. 331'. s. eischen, heischen
und erheischen.
EREMIT, m. eremita, einsiedler.
EREMITENG.\RTCHEN, n. Voss 6,220.
EREMITENKAPELLE, f
schon senkt sich der abend, im röthlicben schein
winkt, unter den felsen am lerchenbaumhain
die ercmiieukapelle
mit mosiger zelle. Matthisso:« 107.
EREMITENKLEIDUNG. Fr. Müller 3,72.
EREMITENZELLE, f
dort wo in milder helle
von immergrün umwebt
die eremitenzelle
an grauer klippe schwebt. Mattbisson 127.
EREN, m. area, pavimentum, s. 1, 198 unter üüre.
mhd. hei; dinen iren
fliseclicben kären. Eracl. 107.
in folgender stelle erscheint es als n. mit der bedeutung von erd-
boden, grund:
donimb wer tn rechter zeit paut,
der gewiot ein fhicbtreichs eren. fasln. 744, 13.
DO
787
EREN— EREUGEN
ERP ABELN — ERFAHREN
788
EREN, arare, bereits angefüfiii unler illiren 1, 19S, ären 1, 545,
ehren 3, 57, ackern, pflügen, goth. arjun, oM. araa und erran
(GaAFF 1,402.403), rnlid. arn und ern, nhd. eren den acker.
voc. 14b2 g7";
erren, tröscben und auch sain. Ring 44', 26;
eim ze tröschen und xe eren. 2S*, 31;
ein hübsch trovf, die ein n&rrin ist,
wer mit derselben eren wil,
der machet krumber fürchen tu. Brakt 32, 23;
wer im winter ungern ert,
im summer betteln» sich emert. . . .;
man ert den weg ietz zS der f\irch. 102, 40;
er ward gesandt von seinem herrn
hinaus zu feid den acker em. Wja.Du im leben Etops 4';
der ward von ungeschicht {zufällig), als man im das verkündt,
auf seinem acker fanden eren, und trib im Racilia, sein
hausfrau, die ochsen, so hielt er den pflüg. Linus (3, 26)
Schüfferlin 129'; denn bawen und acker ären ist nicht an-
ders, dan das erdrich luck machen, erlupfea und beiszen.
Sebiz 23. im 17 jh. erlöschend, vgl. ereren.
EREN, aereus, s. erin und ehern.
ERER, m. aralor, agricola. Oberlin 338.
ERERBEN, heredilale accipere, während ahd. arerpan eihc-
redare, enterben ausdrückt (Graff 1, 407): und der same seiner
knechte werden {für wird) sie ererben, ps. 69,37; aber die
fromen werden guts ererben, spr. Sal. 28, 10 ; der wird das
ewige leben ererben {vulg. vitam aeternam possidebit). Matlh.
19,29; ererbet das reich, das euch bereitet ist (possidele
paratum vobis regnum). 25,34; wisset ir nicht, das die un-
gerechten werden das reich gottes nicht ererben? {vulg. regnum
dei non possidebunt). 1 Cor. 6, 9 ; das fleisch und blut nicht
können das reich gottes ererben, auch wird das verwesliche
nicht erben das unverwesliche (quoniam caro et sanguis
regnum dei possidere non possunt, neque corruplio incor-
ruptelam possidebit, goth. J)ei leik jah blö{) J)iudinassu gu^s
gauiman ni magun, nih riurei unriureins arbju vair{)i[)). 15, 50 ;
sie hat ein höher reich ererbet,
als dieses das mit uns musz unlcrgehn. Grtpbius 1, 175;
dasi sie so künnen sein, wie wir von denen sind,
von welchen wir ererbt den süszen namen kind.
LocAü 1, 190, 98;
die alten rechte, wie wir sie ererbt
von unsern vätern, wollen wir bewahren. Schiluir 530';
in Trözen, das mir zum losz gefallen,
auf mich ererbt vom Pittheus. 614;
was du ererbt von deinen vätern hast,
erwirb es um es zu besitzen. Göthk 12, 42;
doch athmet noch im herzen seines sohos
ererbter groll. Plaikn 227";
so ererbter besitz, muth, ererbter wahn u. s. w. ; die skiaven
vergifteten das römische volk mit ihrer ererbten Verdorben-
heit. ScDLOSSER wellg. 3, 462.
EREREN, exarare, erackern:
wer mehr wilj verzcren
denn sein pflüg mag ereren,
wie kan sich der erweren?
in musz der bettei oder Stegreif neren.
Frank spr. 2, 101*. kl. weite reden 215'.
ERERNTEN, frudum capere, acquirere: und wil mer vcr-
zeren und verkleiden, denn sein pflüg kan erernden. Mathk-
sius 49';
der krfimer nfitzer schwur und ihr genieszbar lügeo
ererntet nichts bei mir. Ramlkrs Logau 2, 014.
ERERST, modo, eben erst, primum, allererst, eine Verstärkung
ton erst, eher erst, was mhd. f'rirst lauten würde : da lieg
ich krank und bab ererst arznei genomtnen. Simplirian. calcn-
der 170; des in seinem heimwesen ererst lang hernach er-
folgt, erlittenen (ödes, vorrede zu Job. Michael Hkiierer oder
dem pfälzischen Robinson. Frank f MW. i' ; wann menschen hülf
aus ist, 80 fangt sich gottes hiilf ererst an. 4'; so alles
ererst kürzlich . . . aufgebauet worden. 1, 23 ; darüber, mit
eingerechnet des ererst vermissenden lvermu<:l u-irdenden) Gric-
cben, unser patron fast unsinnig worden. 2, 142.
ERESCHERN, t. er9«chem.
ERF.SF.I.N, instar asini portare: weil der csel le aaumen
»o leidlich und stark, ist gleich ein Sprichwort entstanden
von arbeitsamen Iculen, da man sagt, er mag es alles ercseln.
Foiiu b3'.
ERECGEN, hier noch belege der aiten tehreihart itatl des
tpiUm creifen, f(ul alle, die Mite» MUf/nttim*», mm dem
16 Jh.: dieweil sich itzund vil aufrur, Widerwille, verdriesz
und beschedigung wider die geistlichkeit ereugen thet. LurnER
2,105*; dawider auch vil andere mehr unibstende sich ereuge-
ten. 6, 3l'; hie werden verworfen etliche jüdische lere, die
sich auch itzund ereugen. 6,305'; wann sich nit bereit so
viel an im ereuget hette. Melmirhthons decl. von keiser Fridrichen,
deutsch von Laüterbeck bl. 10; zum andern ereuget sich die
Thonaw, der berümplest flusz Europe. Frani «W/t. 4b'; aller-
hand vergaderungcn und vcrsamblungen, auch under was
schein gleich dieselben sich in dieser sächsischen Jandcsart
zutragen oder ereugen wollen. Lanz slatsp. Karl V s. 528;
darumb es hie auch vernmllich, das sich vil bergkart in
diser awe ereuget. Mathesius 2'; alsdenn ereuget sich, was
in dem coblichlen ding gesteckt sei. 113'; morgens ereuget
sich zuerst ein geringes licht, welches hernach zunimmt
ScRivER selensch. 1, 495 ; es war an dem, dasz das edle Rens-
burg wegen allerhand ereugendcn mangel hätte müssen denen
belägerern übergeben werden. 1,55-1; die Weisheit gottes, die
sich an jeder blume ereuget. 1, 612 ;
dasz gwissen feinden sich oft grausamkcit ereuget,
solchs die erfaruug zwar zu jeder zeit bezeuget.
Wbrders Ar. b, 6;
so oft mal liesz ich in hinauf da zu mir steigen,
als nur gelegenheit sich immer wolt ereugen. 5, 10;
wo nicht in monatsfrist ein ritter sich ereuget,
der in den wafTen sich so scharf und stark bezeiget. 5, 67.
ERFABELN, confingere ut fabulam: alles ist rein erfabelt
und erdichtet.
ERFÄCHELN, refrigerare. Stieier 526, der erfecheln schreibt
und erfeckeln fovere davon unterscheidet, s. unter diesem wort
und unler anfacheln.
EHFACTERIEREN, fraude acquirere, ü. fatturare, fälschen:
da geht an galgen mein gewin,
was ich lang tnet erfactcriern
mit meinem gschwinden pracliciern. H. Sachs III. 2,33*.
ERFAHREN, alid. arfarun, irfaran, mhd. ervarn, ein spcci-
fisch huclidculsches wart, dem weder goth. uslaran, noch ags.
dfaran zur seile tritt, das nl. crvaren, sdiw. erfara, ddn. erfare
wurden von uns entliehen, faran ist ire, meare, arfaran <'i/n</ü
asseqni, im gehen erreichen, erlangen, endlich überhaupt erlangen,
erreichen.
1) einen erfahren, eneilen, einholen, ereilen {dessen erklä-
rung sich dadurch bestätigt), cursu nancisci:
nach dem riter kerter sä,
und het in harte schier ervarn. Wigal. 5110;
auch wolt ich ehe reiten, da mich kein mensch nimmermehr
erfaren müst. Galmy 163 = buch der liebe 59. 4.
2) hieran grenzt erfahren, überfahren, cursu supervehi , zu
tode, zu schänden, zu boden fahren: einen hund, ein kind er-
fahren; die arme, alte frau ist erfahren worden; lung und
leber ist im erfarn, ptämo et hepar diffusa stträ. Scbmeller
1,548.
3) viel Oßer die weit, erde, reiche, lander erfahren =^
durchfahren, permeare, percurrere, pervadere, pererrare, pervagan :
von Alexander heiszt es im Annolied 326
dir die wärlt in JAren zuelivin
irvuor unz an dit cinti;
owö H kumt ein wint, daj wi^^^pnt sirherlichc,
d6r sol mit grimrao crvaren elliu künicriche. Waith. 13,14;
etlicb gond alle land usz selber und wollen alle land sehen,
ander erfaren die land mit iren oren, sie hören gern darvim
reden und fragen ander leut, wie man in den landen leb.
und lercns von inen tnid wissen darvon zu reden, als wereu
sie da gesein. KEi.>iKnsBtRG narrensch. 133*; ich habe gottlob
etliche vil stedte erfaren. Luther 5, 172' ; wie dis wissen, so
die land zu ros und wasser erfaren haben. Framk uellb. vorr. ;
der dis land gar eigentlich erfarn und durchschweifl hat. 17';
dann ich mich selb auch hob verplHrhl.
temlich Wollarten (wallfikrinörlcr] tu erf;ircn.
WicKRAi pilger K, l>t. iiii
SO er möchte Urlaub haben von vatler und von muller /ii
folgen und die weit zu erfahren, buch d. l. 31,4; er wolle
wandern und die weit erfahren.
4 a) erfahren, vertun.» lurrari: der fuhrmann bat sich viel
geld erfahren; ein tüchtiger »chilTer erfahrt »ich manchen
heller;
789 ERFAHREN
der erst, welcher mit karren fert,
dem ist mühe und arbeit beschert,
ietzt bricht im dis, ietzt bricht im das,
und was er erfert auf der strasz,
wird er im Wirtshaus wider an {ohne, los)
und bleibt ein armer karrenman. H. Sachs I, 531'.
4b) erfahren, lä>rare, wägen. Dasypodics 116'. 32t', einemerk-
Kürdige, gewis gegründete bedeutung, da auch wagen cunus zu
wegen, bewegen gehört.
5) diese sinnlichen Vorstellungen gehen über in abslradionen
und weichen vor ihnen allmälich ganz zurück,
a) einen erfahren, assequi, einholen, überholen wird auch da
gebraucht, wo von keinem gang oder lauf die rede ist: unde sie
inaren werden in iro ubermuoti, H comprchendanlur in
superbia sua. N. ps. 58, 11 ;
diu kint, diu vor driu jären
zuo gesetzet wären,
mit kirnst ej diu so schiere crruor,
das <^er meister selbe swuor,
er gesreh von aller bände tugent
niesö sinneriche jugent. Greg. 1003.
6) einen erfahren, erkunden, erkennen, mit parlikel, Substantiv
oder adjectiv:
habt ir mich dann also erfam? fastn. 230, 29;
der findling konnte seinen vater lange nicht erfahren; das
kind lernte nie seine mutter, seinen vater lieben, weil es
schon in dem zartesten alter von ihnen gerissen seine eitern
nicht an ihren wolthaten, mir von hörensagen erfuhr. Schiller
1023; sollet ihr mich niemals anders als euern freund er-
fahren. WiELAND 16, 21S ; du wirst in finden und erfaren
weis und dienstbar, hominem prudenlan et offimsum cognosces.
Maaler 109';
den ich barmherzig stets erfahren. WecKHEiauf 20,
heute lieber fand, gefunden habe.
c) weit Oßer sachen, dinge erfahren, erforschen, erkunden
und nicht selten mit einem vorausgeschickten verbum des gehens,
wodurch gleichsam duszerlich ausgedrückt wird, was ursprünglich
in erfahren selbst gelegen war: gehe hin und erfahr mir das;
gehet und erfahret uns ; mache dich auf und erfahr es ;
gehet durch die gassen zu Jerusalem und schawet und er-
faret, und sucht auf irer straszen, ob ir jemand findet der
recht thu. Jer. 5, 1 ;
genc hin zuo im und ervar,
wil er her od sol ich dar? Iw. 8033;
dö bat er Hilpranden zuo den gesten gän,
daj er an in erfüere waj da waere getan. Xib. 2184, 4.
natürlich unterbleibt dies meistentheiis und verstdit sich aus dem
Zusammenhang:
diu frouwe sprach, der mir ervert,
ob der selbe riter lebe,
der hat iemer mine gebe. Wigal, 5267;
wand €r niht wider wolle komen,
er ervüere wie sie wxre genomen. Iw. 4302;
frage waj ich habe gesungen und errar uns werj verk^re.
Walih. 32, 16;
so ervare ich uns diu moere an des küenen recken wip.
Nib. 818,4;
d€r Togt der Amelunge biej Sj ervam baj. 2184, 1 ;
denn in allen diesen fällen ist der erfahrende als ein dahin, wo
ter forschen soll, gehender gedaclä. ich spriche, daj man nich
sin gesellen tougen ervar {nicht suche hinter seines freundes
geheimnisse zu kommen), welsdier gast s. 404 ; einsi heimlichkeit
erfaren, arcanum alicujus scrutari. Maaler 109*; und fürsatzt
in meinem herzen weislich zu suchen und zu erfaren von
allen dingen, die do werden ander der sunnen. bibd von
1483, 306' pred. Sal. 1, 13 (vulg. quaerere et investigare, Luther,
zu suchen and -zu forschen); aber seine Schwester stund von
ferne, das sie erfaren wolt, wie es im gehen würde. 2 Mos.
2, 4 ; sei stille meine tochter, bis da erferest wo es hinaus
wil. Ruth 3, 18 ; das bepstliche heiligkeit heraus befehle etwa
einem gelerten bischof, die sach za erfaren. Lcthers br. 1, 209 ;
daramb nit erfars {forsche nicht danach) sprich ich. Keisersb.
bilger'S*; ich hab seither mein zeit in der nigromanzei ver-
trieben, auch manchen ferren nnd weiten weg gezogen, bis
ich der kunst nach meinem willen ein genügen erfahren hab.
buch d. l. 245, 2 ; bin des willens den rilter bei mir zu be-
halten, solang dasz ich einen waren und rechten bcscheid
seinethalben erfaren mag. 253,4;
kaufman, du vil guoter man,
du soll einen guoten muot han,
icb wil es gar eben erfam. fastn. 471, 25;
ERFAHREN 790
wir wollen reiten tag und nacht
bis wir den träum erfaren. Uhlasd 222,
zur stelle erforschen, ob er wahr sei;
ein ieder selber sich bewar,
sin gwiszne eigentlich erfar. trag. Joh. D 6,
prüfe, erforsche sein getcissen ; and sein noch des weitern nach-
klang? zu erfaren begierig. Albrecht an Melanchth. zu Eph. 13 ;
durch kundschaft erfaren, comperire testibus. Maaler 109'; man
erfart die sach, inquiätio agilur. das. und Frisics 66' ; ich gebe
mir alle ersinnliche mühe den Vorfall genau zu erfahren.
d) am meisten ab von der ursprünglichen btdeutung des er-
fahrens liegt die heute gangbarste des bloszen gewahrens und Ver-
nehmens der dinge, ohne dasz an fahren und forschen voraus-
gieng: so man erfaren hat uberal, wie man ein ding gibt
{zu welchem preis man eine sacke verkauft), so kumpt man doch
wider zu denen, die so steif auf irem ding bleiben. Keisersb.
s. d. m. 22'; wenn du einem sein eer abschneidest, derselb
saget es darnach eim andern, derselb sagt es weiter und
also kumpt es von einem zu dem andern und erfaren es
zehen oder zweinzig, die es vor nicht gewist hond. 2%'; als
nu Noah erwacht von seinem wein und erfur, was im sein
kleiner son gethan hatte, 1 Mos. 9, 24 ; Saal wirds erfaren und
mich erwürgen, l Sam. 16, 2 ; und wirst erfaren, das deine
hätten friede hat. //io6 5, 24; hernach werdet irs wol erfaren.
Jer. 23, 20 ; und sollen erfaren das ich der herr sei. Ez. 6, 10 ;
nnd solt erfaren, das ich der herr bin. 25, 7 ; und sollen
alle feldbewm erfaren, das ich der herr den hohen bawm
ernidriget habe. 17,24; sehet zn, das es niemand erfare (ru/'j.
videte ne quis sciat, golh. saihvats ei manna ni riti). Matlh.
9, 30 ; aber da Jesus das erfur, weich er von dannen (Jesus
autem sciens secessit inde). 12, 15 ; du wirsts aber hernach
erfaren (scies autem postea). Joh 13, 7 ;
main ich, dasz sölliche edle tat
erfuer man nie von lürsten hie. fastn. 425, 22,
solche thal hat man nie von einem fürsten vernommen, erlAt; und
da der keiser und die sein das erfaren. Aimon T 3 ; ich erfar
war sein {verum esse comperio). Wirscng d4'; wie sie ihn
erstlich nicht betten wollen aufnemen, bis sie drei und fünfzig
gülden und etlich damast und seiden erfahren {wahrgenommen
hätten). Kirchhof wendunm. 410'; das rote öl von bleiweisz,
welches ich das beste zu sein bisher erfahren hab. Würtz
114; derowegen erfahr ich meinen vortel {gewahre, sehe ich
meinen vortheil ab) und kam noch einmals über das fasz mei-
nes so hochgeliebten getrünks. Simpl. 2, 294. diese bedeutung
hersclU auch seit dem 18 jh. völlig vor:
noch wissen sie von nichts, noch stehts bei dir
allein, was sie davon erfahren sollen. Lessinc 2, 361,
sie soll, sie musz
in beiden fällen was ihr Schicksal droht,
von mir zuerst erfahren. 344 ;
was er allda gesehen tind erfahren,
hat seine zunge nie bekannt. Schillzi 71*;
der so gestimmte geist läszt die von ihm abhängende natur
erfahren {gibt ihr zu verstehen, läszt sie ßUen), dasz er ihr
herr ist. 1117';
die gicht (üble laune)
die unsre seelen oft erfahren (erleben). Gödück 1, 164;
die schreckenstage, die ein reich erfährt (erlebt),
wo jeglicher beüeblt und keiner hört. Göthe 4, 49;
der mensch erfährt (erlebt), er sei auch wer er mag,
ein letztes glück und einen letzten tag. 2,248. Il,;i76;
wir würden seinen scherz zu tragen haben,
wie unsre kleidung seinen spott erfuhr. 9, HO;
so war unterdessen unendlich riel und nicht immer so rein
erfahren , worden und gar oft hatten sich die erfahrungen
nach den meinungen gebildet. 26, 342 ; sie musten ans dem
oberen stummen gebüsch herab steinwurf auf steinwurf er-
fahren. 48, 138 ; du wirst schon noch erfahren was schmerz
heiszt; ich habs erfahren was hungern ist. wir erfahren und
wissen was «ir erleben und mit eignen äugen gesehen haben,
gutes und böses, wie es uns zu theü wird, erfahren ist experiri,
an sich selbst erfahren, das erfahrne ist das wirkliche, dem
nur gedachten, idealen entgegenstehende, s. erfahning.
6) sich erfahren, im alten recht, hiesj sich erkundigen, rathes
erholen bei änem oberhof: wes sie nit wise weren, des weiden
sie sich erfaren oder es zu hofe holen, weislh. 2, 219 ; so
sullen sie macht han sich zu erfaren an iren herren. 2,55S;
da ich mich bei iedem tail insunderhait erfuer, fand ich
50*
791
ERFAHREN — ERFÄHREN
ERFAHRENHEIT — ERFAHRNUS
792
einen vcrirrlen hundul. Chmel Maximilian s. 175. es galt aber
auch auszerdem: davon wenn sich einer vor einem richtcr
erbütet zu schweren, so soll derrichter nicht schnell schweren
lassen, sunder zu im sprechen, er soll heim gun und sich
vor wol auf die such erfaren und bedenken, das er wisz was
er Ihun wöl. Keisersb. s. d. m. 2l'; da ist nüt bessers dan
das ein mensch sich selber erfar (in sich selbst gehe, in seinem
gewissen prüfe), ergründ sein conscienz, ob etwas in seiner
gewiszni sei. onieisz 35', vyL die unter 4 d aus trag. ioh. Ü ü
angezogne stelle; nu erfar dich gar eben {prüfe dich innerlich),
ob du also zweifelhaftig und undultig seiest worden. Spiegel
des Sünders {um 1470) bei Gefken beil. 52. dies gute, aus der
Urbedeutung des fahrens und gelicns geflossene reflexivum ist längst
auszer gebrauch.
ERFAHKEN, experlus, exercilalus, usu perilus, oß mit gen.
der Sache: ein erfahrner, bewälirkr, eimicIUsrolkr mann, der
an viel orte gelangt ist, viel viit angesehen hat; ein erfahrner
greis ; man soll glouben dem erfarnen. Keisersb. eschengrudel
ds*; schaffet her weise, verslendige und erfarene leute.
iMos. 1,13; ein wol geübter man verstehet vil und ein wol
erfarner kann von Weisheit reden. Sir. 34, 9 ; ein erfarner
weisz sich dafür zu hüten. 36, 22 ; Gorgias welcher ein er-
farner krieger war. 2 Macc. 8, 9 ; der aller erfahrnesl {erfah-
renste). Amadis 31; so dürften wir leicht noch ein tausent
Schweizer oder sechs, die stürm {bellorum) erfaren sind,
haben. Schade sal. u. pasq. 3,82; schifleute auf dem meer
erfaren. 1 kön. 9, 27 ; denn es waren ctlich sterker und er-
farner der freiheit. Melanxhth. 1 Cor. 8 ; dise wundtränk seind
wuuderbarlich gut und erfaren (erjirobt, bcwdliH). Gersdorf 29 ;
ein andern guten erfahrnen wundtrank mache also. Tabernaem.
338 ; sind ein herliche und über die maszen kräftige erfahrne
arznei. 449; ein alter erfahrner durchkrochner pursch, un
vieux routier. Rädlein 247';
uns dunkt, du seist nun alt von j.nrn,
geübt und Unglücks wol ciTarn. Waldis Esop 4, 99;
ihr welsch geblasne wort ersticken,
sobald sie der erlahmen prob,
so ihr neid hasset, nur erblicken. Weckberlih 356;
der gesetze treflich wol erfaren. Ayuer proc. 1, 5 ; der vil
leides erfahrene h. vater. Butschky kanzl. 859; die erfarne-
slen (erfahrensten), wankelm. liebh. 229 ; wer seiner kunst er-
fahren ist. pers. baumg. 7, 24 ; er besonder erfahrnes {erprobtes)
experiment und secretum. Hohberc 1,309". spiichwort: der
erfahrne kann fahren. Lehmann 205.
ERFAHREN, n. experientia :
die durch vieler jähre wissen, die durch vieler jähr erfahren
innerlich sich schön und hurtig, voller geist und witz gebühren.
LocAU 3, 91, 77.
ERFÄHREN, lerrere, in gefahr bringen, schrecken, mhd. ervseren :
6i wsere ein wol gemuot man
ervxret von der arbeit. Iw. 5787;
von harzen gründe mich bcswaßret,
da; der tot uns alle crvxret. Renner 20944,
WO der reim nicht ladet, dasz man encrt lese, was von crvarn,
änholen geleüet auch passenden sinn gäbe, die folgenden nlui.
bdege sehreiben alle crferen für erfaren und legen ihm den sinn
von schrecken bei: es worden gar scre erferit die crislen
fursten. Rothe dür. ehr. cap. 313 ;
nu hab ich doch in kurzen jaru
bei hundert fraucn wol erbult,
und so vil Wort nie darausz gespult,
darmit ich sie mocht hau erl'ert,
und hellen mich all lieb und wert, fastn. 230, 33;
gott wolt in {Tohiaii) uT ein zeit hewern {prüfen),
mit manchem zSlal in erfern. MiaituR geuchmat 1519 A4;
künig Hug ward crfert, als er das huret. Ilugschapler 49;
aber Reinbart was nit ein man, der mit wurlen zuerschrecken
oder zuerferen was. Aimon h5'; da nu keiscr Carle ir dan-
Dcn scheiden vcmam, des wart er crfert. v3*; under den
herren allen was keiner, der da dem keiser etwas in die
•ach dragea dorft, sondern waren all seiner red erfert. x 3* ;
bUet CT Bondidri zii dreien malen als laut, das es mttnig-
klicken im schlosz vemain, des wurden sie erfert. x3'; ir
berrea, meioet mich nit mit Worten zu erferen oder schreck-
haft zu machen. A 2' ;
auf tcbAoeD bügeln rumb, in tbtlero und auf rasco
apaUiert und jagten lie oft die ernthricii hauen.
WERiir.aA Ar. 7, 32;
all der erfrHmmte wolf bei dunkHAtixtrcr nnrht
•la berd und groaze lahl erTubner »cbafleiu acht. 12, 74,
<M migintl paurote lq>rl
ERFAHRENHEIT, f. peritia, experientia, schwed. erfarenhet,
dän. erfarenhcd: also wenn ein mensch nit hct crfarenheit,
so kau er die anderen nit regieren. Keisersb. bilger 142';
das mögent ir alle tag aus erfarenheit crmerken. Aimon ki;
crkendt aus erfarenheit wol,
das si der untrew wcrcn vol. Teuerdank 75, 178;
Marcolphus thet sich des erwegen,
er sprach, ich wils änderst bcweru,
und änderst durch erfarenheit lehrn. Wau)1s Esop 2,22;
erfarnheit hau wir des zu lehr. Walsu 3, 50;
und helt durchaus nichts für warlieit,
es Zeugs denn die erfahrenheit. /"roichmciweJer Ee 6' ;
wegen seines von natur hocherleuchten und durch ergreifung
guter künst und viler erfahrenheit gemehrten und ausbalierteu
Verstands. Garg. 144'; dannoch lehrt uns die erfarenheit ge-
nug, dasz ein fegfewer ist. bienenk. Hl'; doch hat man dar-
von mit erfarenheit befunden, dasz er ungesund, ja sehr
vergiftig zu essen sei. 243'; so man dem meister Galeno
und der erfarenheit glauben wil, so haben sie ein löblich
fleisch. FoBER 40"; Quintus Sertorius hets in erfarenheit,
experimento didicit. Taciüs bei Fronsp. 3,239"; die erfahrenheit
im haushalten ist besser als die ganze pbilosophia. Leumann
1, 208 ; die erfahrenheit soll in unserm gemüt so eingepflanzt
sein, wie die goldadern in der erde, das.;
wie der göttcr gunst
dein haupt mit Weisheit, tugcnt. kunst,
lehr und erfarenheit gezieret. Weckheklin 462;
Cassandra, welcher Phoebus die erfahrenheit zu weissagen
versprochen. Opitz 1, 252 ; die erfahrenheit kan oftmals nicht
helfen. Argenis 2, 126 ; denn die erfahrenheit rede nachdrück-
licher als der beste redner der weit. Louenst. Arm. 2,527;
was du nicht weist, lerne von dem, der eines dinges erfah-
renheit hat. pers. rosenth. 5, 20 ; ein weiser ohne erfahrenheit.
8,105; bezeugt die erfahrenheit. Abele 3,268; eben auf
diesen sehlag kann man mein erfahrenheit in dem studio
legum und allen andern künsten und Wissenschaften, so viel
in der weit sein, auch verstehen. Simplic. K. 29 ; eine wol
versuchte erfahrenheit. Butschky Patm. 492 ; maszen denn der
herr die erfahrenheit als rechte lehrmeisterin bei sich hat.
kanzl. 390; geschicklichkcit und erfahrenheit sein zwo seulen,
welche eine ganze gemeine erhalten. 417 ; die erfahrenheit
als eine mutter der Weisheit. 427; nach seiner berühmten
erfahrenheit. Felsenb. 4, 259 ; slosze das einige exempel die
vielfällige wahre erfahrenheit nicht um. rockenphU. 5,30;
mich deucht er gründe sich auf die erfahrenheit,
das was uns glücklich macht sei nicht gelehrsamkeit.
Hagedorn 1, IS;
nicht die erfahrenheit,
die zaudernde, schon die natur verleiht
Statisten, Philosophen, kenner. 1, 102;
und diese erfahrenheit machte, dasz man wiederum zurück-
kehrte. Webnike an rfen/eser; historische erkennlnisse, welche
die stelle der erfahrenheit vertreten können. Kant 1,107;
er ist dos dorfes ralh, sein ausspruch macht sie sicher,
und die erfahrenheit dient ihm vor tausend bücber.
IIaller 42;
zu viel erfahrenheit ist ihrem eigenthümer
oft hinderlich, zum mindstun an der ruh. Wulaüd 10, 2M;
und kommt erfahrenheit zu ihren andern gaben,
so sei ihr mann vergnügt ein gutes weib zu haben.
GoTHK 7, 47;
wie oft errettete uns die einfache erfahrenheit eines unge-
kannlen arbeitcrs vun einem fehlschritte. Dyanasore 3, 339.
ich habe mich nicht verdrieszen lassen die beispiele dieses heute
vor erfahrung fast zurückg<-tretencn ausdruckes zu sammeln, vgl.
uneifahrenheit, verfahrenheit, Zerfahrenheit.
ERFAIIRKR, «i. ituiuisitor: erforscher, erfarcr oder waid-
inan, indagator. vuc. \\yi g 7", scrutator g'*; wenn (Jenn) wel-
cher da (in lieft utrken yntles) ist ein rrsucher oder erfarer
der majeslät, der «irt unlertruckt von der glori. Keisebs-
iiEHC drckckccht sjiiegrl Aai".
ERFÄHRLEN, rxpiscari. elicerc arcana alicujut, etwa» heim-
iichs aus eim bringen. Frisius 407*. 516'. Maaleb 109', rtnen
sondinen. Stieler 408, vgl. erfahren 4,c.- mich zu erfericu uud
ausholen. Tiilrneiskeh rrkl. der archid. C».
ERFAHRNES, ERFAHRMS, f espert,-ntia : tcgiiche crfar-
nus zeigt». Kkiskrsh. Irosisp. lo; «ie das licchl der woishril
angezundl wirl durch iigiie erfarnun. pred. 'S ; durch solichc
erfaruus, die da ist aller diug ein uieinterin. \\nt vm uu-uscb
793
ERFAHRUNG
ERFAHRUNGSBEGRIF — ERFALLEN 794
gelert und behutsam. 73*; wolt Gonella erfarnus thun des.
Beam bei Sleinhöwel 147; aufmerken, kundschaft und erfar-
nus haben und haben lassen, erkl. des landfr. 1522, 27 ; gleich-
wol nit aus mangel guets willens, schicklicheit und erfarnus.
Laxz staisp. Karl V. 470; ich wil, sprach Reinhart, erfarnus
darin haben. Aimon n6'; auf das du durch die erfarnus
wissest was das gut ist. seh. u. ernst 1555 cap. 454 ; der breu-
tigam aber, ohn alle weitere erfahrnus, schlug die gute braut
ins angesicht. Wickram rollw. 92'; wie dann etliche sondere
erfarnus damit haben. Bock kräuterb. 49; diese kräuter sind
heilsame wundkräuter, wie die tägliche erfarnus gnugsam
beweist. Taberxaem. 1251 ; sie sterben, als die tägliche er-
farnus bezeugt. Fober 35'; hierum wollen wir unsern köpf
nicht ril drüber prechen, sonder unser fegfeur kräftiglich
aus der erfahrnus befestigen. Fischart bienenk. 112* ; der adel
ohne die tugend. groszmut, tapferkeit und ritterliche Übungen
oder erfahrnus ist wie ein nichtsgültige nulle. SimiA. K 112.
seit dem IS jh. aussterbend und heule ungebraucld. Rädleis 247'
h(ü noch erfabrnis.
ERFAHRUNG, f. 1) «n dem ursprünglichen sinn des erfah-
rens, peragralio, perragatio. Brast überschreibt sein cap. 66 Ton
erfarung aller land.
2) scrutalio, inquisitio, erforschung, nach erfahren 5c; so
man der anzeigung, die in vil naebgesatzten artikeln gemelt
und zu peinlicher frage gnugsam verordent sein, nicht ge-
haben mag, so soll man erfarung haben (nachforschung halten,
Gobler faciendum est periculum et investigatio) nach den
nachvolgenden und dergleichen argkwonigen umbstenden, so
man nit alle beschreiben kan. Carolina 25 ; gedult aber bringet
erfarung, erfarung aber bringet hofnung, t;u/3.,patientia autem
probationem, probatio vero spem. ROm. 5,4. probatio id
prüfung, im urtext Soxturj.
3) expenenlia, nach erfahren bd: mancher ist weise durch
eigen erfarung. Sir. 37, 25 ; bete ich, das ewxe liebe je mehr
und mehr reich werde in allerlei erkenntnis und erfarung
{vulg. abundet in scientia et in omni sensu). Ftülipp. 1, 9 ;
denn die weit gleubt gottes wort nicht, bis sie es finde in
erfarunge. Llther 3, 232' ; das (des ?) ich in erfarung komen.
3, 287' ; droben hat er eine erfarung gesagt von dem ge-
rechten. 3,295'; so maus {man dessen) in erfarung kompt.
Frossperg 1, 3S'; hat selbs viel nützlicher kriegslist und ver-
nünftig anschleg erdacht, auch in die erfarung gebracht und
oft probiert. 1,14S'; erfahrung ist der stab, an dem man
gehen musz. Lehj(a.\n 205; nachdem ich in erfahrung kom-
men bin, postquam comperi. Weise Jephlha 1,10; nach erfah-
nmg solches {hoc audito, comperto) traten sie an die seile.
Etiners unw. doct. 677; von der erfahrung aufgeschreckt.
Pestalozzi 9, 54 ;
seht, ich bin in der weh rum kommen,
bab alles in erfahrung genommen. Schiller 32S';
alle diese fürsten wuchsen in keiner höheren erwartung auf,
als über eine republik zu gebieten und keines ihrer länder
konnte ihnen eine andere erfahrung geben. 783'; er hatte
gelegenheit genug gehabt zu bemerken, dasz es ihm an er-
fahrung fehle und er legte daher auf die erfahrung anderer
und auf die resultale, die sie daraus mit Überzeugung ab-
leiteten, einen übermäszigen werth. Güthe 19, 141 ; hätte ich
nicht die schwarze erfahrung an ihnen gemacht. Kli.nger
7, 60 ; deine Weisheit, deine erfahrung an den menschen,
deine geprüfte klugheit setzen mich immer mehr in erstaunen.
1,260; erfahrung an der weit und ihren bewohnern. 12,168.
es häsü: ich habe es, weisz es aus eigner erfahrung, com-
pertum kabeo; ich habe es in erfahrung gebracht oder ge-
nommen, wahrgenommen; ich komme in erfahrung, in gewisse
erfahrung, hOre für geicis; das sind erfahrungen, alte, neue,
bittere, herbe, traurige erfahrungen; die erfahrung wird es
lehren ; aus andrer erfahrung wird Hian klug ; ich habe eine
eigne erfahrung gemacht.
Den heutigen phüosophen ist erfahrung ein technischer ausdruck
und gleichbedeulend mit empirie, ifiTtei^ia. Käst sagt: erfah-
rung ist ein erkenntnis der objecte durch Wahrnehmungen.
2,186; ohne einen transcendentalen gnind der einheit würde
es möglich sein, dasz ein gewühl von erscheinungen unsere
Seele anfüllte, ohne dasz doch jemals daraus erfahrung wer-
den könnte. 2, 647; es geht ein urtheil voraus, ehe aus
Wahrnehmung erfahrung werden kann, die gegebne anschauung
musz unter einen begrif subsumiert werden. 3. 218; erfah-
rung besteht aus aaschauuugen, die der Sinnlichkeit ange-
hören und aus urtheilen, die lediglich ein geschäft des Ver-
standes sind. 3, 222 ; unterschied der erfahrung von einem
bloszen aggregat von Wahrnehmungen. 3, 229 ; begrifife und
grundsätze a priori, welche das manigfaltige empirischer
Vorstellungen allererst in die gesetzmäszige Verbindung bringen,
dadurch es empirisches erkenntnis, d. i. erfahrung werden
kann. 8, 447 ; erfahrung, erkenntnis der objecte, deren er-
scheinung uns gegeben ist. 8, 451. hier also wird der Sprach-
gebrauch vereng, sinnliche anschauung oder Wahrnehmung
von der erfahrung unterschieden und erfahning erst dann ein-
tretend angenommen, wenn jenen ein prüfendes uriheil hinzuge-
kommen ist und insofern gliche erfahrung mehr dem erfahren
5c als dem bd, enthielte auch ein prüfen und forschen, es mus:
jedoch schwer sein forschung und künde, gleiclisam thdtiges und
leidendes wahrnehmen überall zu sondern, und beiderlei erfahren
5 c und d fällt oft zusammen, sagen liesze sich, erfahrung sei
der eindruck des äuszeren auf unser inneres, wir erfahren etwas
an den dingen wie in uns selbst, jedwede erfahrung lehrt, der
erfahrende, nach des worles Urbedeutung erreicht und hält äwas fest.
ERFAHRUNGSBEGRIF, m. em^rischer.
ERFAHRUNGSBREITE, f. Saadi lebt und webt in einer
groszen erfahrungsbreite. Göthe 6, 62.
ERFAHRUNGSFALL, m. rechte, welche auf besondere er-
fahrungsfälle bezogen werden. Kaxts rechlüehre 179S s. iv.
ERFAHRUNGSKLUGHEIT, f. menschenkenntnis und erfah-
rungsklugheit. Plane gesdi. des christcnth. 1, 215.
ERFAHRUNGSKUNST, f. ein arzt, auf dem die erfahrungs-
kunst, die Weisheit und die menschenliebe des Hippocrates
ruhen. Wieland S, 31.
ERFAHRUNGSLEHRE, f. LorJkes erfahrungslehre.
ERFAHRUNGSLOS, unerfahren, aTieioT^roi:
nicht ja erfahruogslos weissag ich es, nein wolkimdig.
Od. 1, 171.
ERFAHRUNGSMASSE, f bei den anstalten, die sie machten,
sich der erfahrungsmasse um sie herum zu bemächtigen,
musz ihnen ein unerschöpflicher stof zuflieszen. Schiller an
Gothe 359.
ERFAHRUNGSMÄSZIG, ex usu verum.
ERFAHRUNGSREGEL, f. die meisten leute gerathen, wenn
ihnen unrecht geschieht in grosze hitze, man hat sich also
mechanisch angewöhnt, die hitze in solchen fällen für natur-
sprache der gekränkten Unschuld zu halten, imvermerkt ist
eine allgemeine erfahrungsregel daraus geworden. Wielasd
15, 260.
ERFAHRUNGSREICH, reich an erfahrungen.
ERFAHRUNGSSACHE, f sacke der erfahrung. Wielaüd 7^8.
ERFAHRUNGSSATZ, m. usu probatum.
ERFAHRU'NGSVOLL, voU von erfahrungen. Kllngeb 12, 36.
103. 124. 143 ;
meio Vormund will, ist er nicht toll?
dasz ich die mägdchen fliehen soll,
und lehret mich erfahrungsvoll,
dasz liebe schrecklich schwächet.
0$SE> FELDER oden und lieder 83.
ERFAHRUNGSWAHRHEIT, f empirische Wahrheit.
ERFAHRUNGSWISSENSCHAFT, f der nutzen, den die
erfahrungswissenschaflen für das rein materielle leben und
für den erwerb hatten. Schlosser wellg. 4, 32S ; bei seiner
groszen leere in aller erfahrungswissenschaft. Himboldts hr.
an Vamhagen s. 95.
ERFALLEN, deädere, ahd. arfallan, irfallan, mhd. errallen,
ags. äfeallan.
1) intr. zu tode fallen:
Tewrdank der held stund unverzagt,
gedacht, ich het schier g^agt
ein wilpret umb das leben mein,
von recht solt ich erfallen sein,
aber got hat mich behüet wol. Teuerd. 49, 3S.
2) intr. corruere, niederäürzen : vom heftigen windsturm,
der heint tobte, sind grosze bäume erfallen ; nach erfallenen
buchen, weisth. 3, 747.
3) intr. ntente deddere: darum ist er auch eines samstages
in der teufelskuchen seines Verstandes erfallen, andern wol
zur lehr. Leoprecbtinc Lechkreis 124.
4) iiür. fällig werden, cadere, verfallen: das geld erfällt auf
den tag, numi in cum diem cadunt ; nu erfellet dem zarten geiz
zu wenig los, darumb hat er sein fürsichtigkeit erzeigt auch
in die leben, die noch besessen sind durch ire vcrweser.
LuTBEB 1, 296* ; bei der soaunerfahrt erfallen die ziDsbüner
795
ERFALLEN — ERFAULEN
ERFAULEN— ERFECHTEN
796
die zinseier und zinskäse, an dem einen bufe so viei, an
dem andern so viel, im winler erfailcn die kornziasen an
gerste, hafer und roggen. Immernanns MilnchJmusen 1,206;
ein theil der pfarr und küstereinkünffe besteht in der zins-
gebübr, welche von den einzelnen hofesstcUen alljährlich
erftJlef. 207 ; und so ein stuck wein verkauft und von einer
acbsen auf die andere gelegt würde, so seie meinem herrn
von Tholei der zoll davon erfallen. weisth. 3, 757. man sagte
auch 'erfallen um': wäre es auch sach, dasz ein man im
frevel sein messer auszüg und nit schlüge, der ist dem
scheSen erfallen umb die buesz, das ist ein sester weins,
und dem herrn nichts davon, weislh. 3, 834.
6) Irans, zu tode fallen, occidere, erschlagen:
da er dir dein vater errallen hatte,
so fall zum renster heraus auf in
und fall in auch lu tode. Ambr. Ib. s. 170, t44;
anno 1476, den 26 dec, brannte der grosz bof ab und der
giebel erfiel sechzehen mann. Hennederger landlafel 79.
6) sich erfallen, sich zu lode, zu schänden fallen:
da lobe ich niemens schallen,
da man sich mac er\'allen. Fheid. 62, 1,
schallen, lärmen, loben, wobei man ein bcin bricht, oder was
meint hier ervallen?;
sit ich hän verloren minen lieben man,
so wil ich mich ervallen, und mir got leides gan.
Wolfd. und Sahen 530,
seit ich meinen lieben vmnn verloren habe und goU mir ungün-
slig ist, will ich mich vom Ihurm niederstürzen; item si het
verjechen (bekannt), das si sich machet zu einem vvolf und
ist geriten an Gletzmat an den stafel zuo der nasen und
komen ander dri frouwen zuo ira, und jagten das fecb, das
sich zwo kü erOelen. o. 1459. geschichlsfreund 6,245; wie lüt
zu ir kamen und sagten, wie ich (als hirtenbub) so an eini
sorglichen dienst weri, ich wurde mich einmal ztot erfallen.
Plater 10.
7) sich erfallen, corruere, corrvgari, sich ninzeln, schrumpfen :
und brenn es {das kranke pferd) also, das sich die statt {die
stelle) erfalle oder rümpfe. Albr. Schmit rosarznei. Frankf
1570. 96 ; also dasz sich die haut erfalle oder rümpfe. Seü-
teb 29S. vgl. einfallen.
ERFÄLLEN, caedere, erfallen machen, niederschlagen:
doch dünkt mich in meinen sinnen,
sie hab ir vor nit püberei lassen zurinnen,
die uiemanz kunt erfellen. fusin. 020, 17;
item aber het si vergigen {bekannl), das si und ira tochter
inen selben zwo kue erfalten {erschlügen), geschidilsfr. 6, 247.
ERFASSEN, prehendcre, ergreifen, ampleäi, umfassen.
1) der woIf erfaszt die schafe; ich erfaszte seine band;
den Siebenden am bein, haar erfassen;
auf, freund, die geisel zu erfassen,
die dort vermodern will.
seit Juvenal sie fallen lassen,
liegt sie, triumpf ihr lasier! still. Lessikg 1, . . .;
als wollte sie den säum
des rosigen gewaodes noch erfassen. Wieland . . .;
die felsenklippe, die der strandende
vergeblich nngend zu erfassen strebt. Schiller . . . ;
und möchte gern was auf der erden
und in dem bimmel ist erfassen. Götbb 12, 94.
2) bildlidi, die geduld zu erfassen {sich in g. zu fassen) ist
das bewährteste mittel. BtrrscHKT /canz/. 861 ; eine sonderbare,
zu herzen steigende freude erfasse ich in lesung einer geist-
reichen bistori. 6S9; so werden gemähidc während dermusik
»OD zuschauem feuriger und tiefer erfaszt. J. V. bücherschau
1, 47. der zorn erfaszt mich; eine fixe idee hatte ihn erfaszt.
3) es erfaszt mich, «rie faszt, greift, ergreift mich:
mehr als des menschen lod will michs erfassen,
wenn ihn bereits nach wenig tagesneigon
hier, dort noch einer nennt — bis alle schweigen.
Ledau n. gcd. 158.
rP.FASZBAR. ergrcißar.
Hil AS/.LICH, faszlich.
KUFALLEN, putrescne, compulretcere, fiigrescere, faul werden,
verfaulen, ahd. irfftifin, nüui. crfAlcn, ags. Mölian:
ü( ebeno dem holze auAc
daz nicmer kan üf i-rAcn
«•rnllen noch «•rwcrrlon,
diu reder wAren und die nahen, (r. kr. 3001«;
•n *T in dOr erde trfdUx Ist,
t6 iauo{ man »in geUeukou. UF. 7Ü, 23 ;
vor hundert jären ist übt in Düringe lande
ein fürste lange erfület, den man nu her alsani disen nande.
TU. 2S10;
daj crlein holz also grüenej in wa^jer gelegt crfaulet gar
langeu jär nümmer. Megenberc 315, 11 ; si babent och in ge-
wonheit, wann einen das weiter zc tod schlecht {der blitz
tödtel), so legent si in in ein trüben imd setzent in dorinne uf
einen hoben bom und wenn jars zit komet und die wil
noch der tod uf dem bom ligt, so koment si hinwider und
tund was sie geton babent, so lang bis der tod crfulet.
Schiltberger cd. f^eumann s. 107; und uf dem stecken musz er
erfulen. s. 108 ; nachdem sie zwai ganze jar sumer und winter
zu velt gelegen, ir hämisch verdorben, die klaider an irem
leibe erfaull und der pfertzeug zu nichten worden. VVii.v.
VON ScHAüMBUBG 31; do Carthago gewunnen ward, da erfaulet
das Volk im müsziggen. Mügleiss Val. Max. Augsb. 14S9, 94";
die lugenden die nimmer erfaulen. Albr. vo.n Evbe 18*;
ieu blib da ligen und erful. trag, Juh. k3;
im schlosz hab ich ein turen tief,
darin musz er erfaulen. Uhlamd 299;
und hettn die götter und das. glück
mir nit verhelfen in dem stück,
so müst ich leugst erfaulet sein. H. Sachs III. 2, 22S*;
dise (heupter) bestecken und gewürzen sie mit aromaten,
dasz sie vor gestank und unflat rein cindorren und nit cr-
faulen. Frank wcltb. 66'; dann die stillstehenden wasser in
den graben erfaulen bald. Fro.nsperg 2, 35*; mit den im holz-
sequester ligendcn und erfaulendcn Jobsmärtlern. Garg. ui';
aber des genäsches war nur zu vil für vier pcrsonen, also
das es unmöglich war lang zu halten, dann es wer ubeiii-
andcr erfaulet und erstunken, st';
wie scind erfaulei euer Kleider. Ayrer 341';
ich war vorlengst crfaulet schon. 441';
was sind es vor leute, die das podagram also austragen und
schehen? sind es nicht diejenige, die tag und nacht im ludcr
gelegen, die vor müsziggehen erfaulet ? Puilander 2, 465 ;
der regen würde unscrn leib von übriger feucht igkeit erfau-
lend machen. Bltscbky Palm. Col; hausknechte crfaulen
gerne (pigrescunl). GorrnELF gcs. sehr. 3,419.
ERFÄÜLEN, pulrcfacere:
thut mich erfeulen und erstenkcn,
nachts musz ich ligen undern penken. II. Sachs 1,50t';
und werft in in der gefengkniis eriiben,
drinn man ericult die schiilk und hüben. III. 1,141';
wollen wir .sie alle bede erschlagen
oder sonst in eira thurn erfculn. Atrer 277*;
die Südwind machent das vicch misgebären, erfiiiilen laub
und pletter, betrüben die wasser. Seiiiz7; den Infi erfäulen
{verderben). 8; solcher safl wird auch wider den hrand ge-
brauchet, darvon die glieder zerstöret, erfäulet und gctödict
werden. Tabernaem. 514; wie dann der mensch zur erden
sich erfäult (es stclU erfault) und verzehrt wird. Paracelsus 2, 6'.
ERFÄULUNG, f daraus volget nun geschwulst und erfeu-
lung. Parac. chir. sehr. 6.
ERFECHSE.N, gmninare, proßcere, gedeihen:
wie er hat den köpf vi-rbunden,
er meint dasz ich im helfen sol,
wenn ich es thu, crfeit es wol. Atrer fasln. 45'.
ERFECHTEN, arnUs oblinere, ahd. irR-htan, mhd. ervghtcn.
1) capere, expugnare, erobern : ahd. irfuhten Trojam ;
nu müete In {eis) als Wftife,
dö der Tüwingen er\abt (a. 1164),
gelingen aller sincr mäht. Wh. 381, 27;
der könig saget ir, wie der tnichsesz sie erfochten und den
wurm erschlagen helle, buch der /tc6e 82,2;
und wie ihn um des Indus Strand
»ein kriegerischer elephant
durch manch orfochtncs reich getragen. iUcROORN 3, 129;
verohrungswürdges Rom! grosz durch crforlune krönen,
noch grösxer durch den geist gepricsuer Ciceroneo.
LicuTWKR nxlit der varnunft U.
2) im kämpf davon trageti, den sieg erfechten, n<:(oftdm
ttportare ;
glücklich«, die ihr den lag (rom Atptm) erforbton,
cwgo lorburn habt ilir uuch gedocblrn. KoRura 1,W),
sich rühm, lorbcn» erfechten, erhlmpfen : wunden rrferhtrn ;
mein arm erfocht mir dnrrh »orhi »•■nirr nipi-,
iwor nicht an lohn, doch wunden rolle t>'iiugc. Bfiaeu KM*.
797
ERFECHTER — ERFILZEN
ERFLNÜBAR — ERFINDEN
798
3) bildliche antcendung : ich verlange auch nicht meine yct-
gebung zu erfechten, sondern greife buszfertig nach ihrem
mantel der lieb und freundschaft. Lichtenberg 7, 1 ;
man widerstritt, erfocht sich platz. Lowes romanzen 85;
Kant der den ewigen frieden erfocht, den er jetzt selber ge-
nieszt. J. P. dämmerungen 53. tcie bei den landsknechlen und
handiccrksgesellen fechten betteln, hies: auch erfechten erbelleln.
ERFECHTER, m. expugnator: die meisten andern railar-
beiter und erfechter dieses sieges. Felsenb. 1, 59.
ERFECKELN, fovere, refocillare, recreare, laben, erquicken.
Stieler 526: da feilet er drüber in onmacht, wie man in
aller gekiilet und erfeckelt, da hatte er angefangen zu essen.
Luthers lisckreden 227* ; das man sie wieder erfeckeln, laben
und külen muste. 229*;
habt eilten mut, wir sind
zu helfen euch bereit.
erfeckelt sie (erwecki sie aus der oknmacht).
FiLiDOR (Schwieger) Witlekinden J3'.
hän^ dies ungewöhnliche Kort mit bächeln (1, 1062) oder gar
dem lat. fociüare, refocillare selbst zusammen? bair. ist feckeln
zerschneiden, zerstückeln, was sich dem sinn gar nicht anschlieszt,
Schwab, faicken, focken tändeln, schmeicheln. Schji. 1, 510. 511.
wahrscheinlich ist es doch erßlcheln, ventilando recreare, s. das
folgende.
ERFECKEN. excutere, erschwingen, mit dem flügel (fegge,
ScHKiD 1S7) erheben, aufstoszcn ? s. Fbisch 1, 253*.', aus Stettler.
ERFEGEN, repurgare, expurgare, ausfegen, reinigen:
man wirt dir zwar den balg erlagen, trag. Joh. K2.
ERFEHBEN, s. erfahren.
ERFEIERN, otiando, feriando lucrari: ja sie sind also ver-
glafl ab dem Tater, das sie der arbeit nit empfinden, die
der Tater selbs in in anschaft und würkt, sie gehen nur
feirend daher in dem willen des valers, willos und erstor-
ben, dise erfeiren also den himmel und erschleichen gott
der sich die knecht nil wil erlaufen lassen. Frank paradaia
124'; die weit erwürkt den himmel, die heiligen allein er-
fasten und erfeiren in. es musz der himmel doch nur er-
feiret und got getragen und erschlichen werden. 136*.
ERFEILEN, limare, polire.
ERFEILSCHEN, mercari, cocionari: sie slehn wol jetzt schon
mit Spaniens hof in Verbindung und erfeilschen im voraus
für die schände ihres Vaterlandes gold und ehrenstellen.
TiECK nov. kränz 3, 148.
ERFEISTEN, l) pinguefacere, feist, fett machen: und so sie
essen und werden gesatt und erfeistet, so keren sie zu den
frembden göttem und dienen in. bibel 14S3, 9S*. 5 Mos. 31, 20
{rulg. cumque comederint et saturati crassique fuerint, aver-
tentur ad deos alienos et servient eis); du hast erfeistet
mein haupt in dem öl. 1483, 268. ps. 22, 5 (Luther, du sal-
best mein heubt mit öle).
2) pingueßeri: der hirsch erfeistet, wird fett.
ERFEL, ffl. cyprinus orfus: unter solche dornkarpfen sollen
auch die gezählet werden, so von den Teutschen erflen ge-
nennet werden. Forer 165*. s. erfling.
ERFEUCHTEN, humectare, mhd. erfiuhten:
erfiuhtet und erfrischet
stuoni er mit süssem touwe. tr. kr. 16226;
e? (da^ velt) wart mit bluotes male
genetzet uud erfiuhtet. 31239;
fiM. SO soll man nemen ein gemein bfichsen pulver und das
erfeuchten mit öl. Fro\<perg kriegsb. 2,191*; ungewitter, in
welchem das pnlver und handgeschosz erfeuchtel und na<z
wirt. 3,140*;
als er zu tische «asz, erfeuchtet häupt und hart
das nardenwasser dem, der vor gesalbet ward. Fleming 6.
intr., winters und bei thauwetter erfeuchlen die mauern und
wrinde. werden nasz, weinen.
ERFEUERN, ardescere:
Jegt das eisen wider in das fewr,
das es erfewr und glüend wer. H. Sachs IF. 4, 22'.
ERFIEDELN, fidibus lucrari, ergeigen:
nicht dasz ich mir dadurch das brot erfiedeln wolte,
nein , sondern dasi sie {die poesie) mich zur Weisheit führen
solte. GöjfTHK» 3S0.
ERFILZEN, increpare, ausfilzen, ausschcllen : waren auch
viel, die uns erfilzeten, dasz wir uns so verzagt hatten er-
geben. AsDBE.vE ehem. hochzeit l, 3 pag. 36. s. erkergeln.
ERFINDBÄR, excogitandus, erdenkbar, erdenklich: nicht nur
alle bekannten und erfundenen , sondern alle erOndbaren
und möglichen Wissenschaften. Fichte begr. der wissensch. 32.
ERFINDEN, inrenire, reperire, ahd. arfindan, irfindan, mhd.
eninden, ags. äfindan.
1) unterschied zwischen entdecken und erfindea sp. 507.
Götbe 50,163 sagt: zum entdecken gehört glück, zum erfin-
den geist, und beide können beides nicht entbehren, die
frühere spräche hat aber beide wMer noch nicht so unterschieden,
sondern erfinden auch für entdecken gesetzt: es seind auch
andere inseln auszer der weit neulich erfunden von dem
künig von Portugal. Frank weltb. 21*; als wir zu erfinden
neuwe inseln ausfuren. 217'; nachdem sein vater selbige
insel ... erfunden, pers. reisebeschr. 2,3; Columbus hat America
erfunden. Grünland ist im j. Chr. 9S2 erfunden. 3,4; wie
nicht minder die neu erfundene indianische lande. Hofmanns-
WALDAD forr. ; wann jemand ein neu erfundenes bergwerk
verkauft. Abele 3, 223. Newfoundland bezeichnet vollkommen
richtig das neu entdeckte land, Terreneuve.
2) erfinden, erdenken, ersinnen, erdichten, excogitare,e(jfingere:
das sie machen allerlei werk und künstliche erbeit erfinden.
2 Mos. 35, 35 ; schaw das habe ich funden, spricht der pre-
diger, eins nach dem andern, das ich kunst erfünde. pred. Sal.
7, 28 ; er erfindet tücke zu verderben die elenden. Es. 32, 7 ;
der du das firmament,
der tiefen erde schosz, und was sich drinnen wendt,
auch was steht unverwandt, aus nichts doch hast erfunden,
du hast das hohe meer dtu-ch dein gebot gefunden.
FLEai!<G tS;
er soll die erfundenen und untersuchten Wahrheiten zu papiere
bringen. Günther rorr. s. 6;
sei auch ein Leibnitz im erfinden
und im regieren Salomo. 220 ;
die königin, um gleichfalls zu erfinden,
erfand beim spiel des königs habnreischaft. Hagedoir 3, 44 ;
so was
will ausgeführt sein, wies erfunden ist,
mit aller pflfBgkeit, gewandtheit. Lesswg . . .;
vertraue göttern nicht, die der betrug erfand! 2,378;
und wenn er aller sterne lauf erfunden hätte. Claudius 6, 130;
das ist eine von den alten sünden,
sie meinen rechnen das sei erfinden. Götbe . . . ;
ob die Sache wahr oder ob sie erfunden ist. Göthe 20, 192.
3) oft ist erfinden nichts als finden, befinden (goth. bigitan):
das ist der Ana, der in der wüsten maulpferde erfand, da
er seines vater Zibeon esel hütet, l Mos. 36, 24. eine zweifel-
Imftcäelle, rulg. qui invenit aquas calidas in solitudine, LXX.
o? svoe Tov lausiv iv rfi eQriuot, hdör. jemim oder emim,
die riesen; betracht, das du selber bresthaflig bist und sich
dir selber in das kartenspil und nim war, wie vil böser
stein du dar innen erfinden werdest. Keisersb. s. d. m. 38*;
weil ich euch nicht anders erfunden habe als einen lieb-
haber der erbarkeit. Alberus p. xii ; wo ich dich mehr in
einem solchen fall erfinde, ich dich härtiglichen strafen wil.
Galmy 356; das widerrate ich, ich hab in mir weit einen
andern rat erfunden, buch d. l. 239, 3 ; erzehlet dem gemeinen
man den ralh, so sie beschlossen und erfunden haben.
Beütter kriegsordn. 61 ;
kan er sonst nicht rath erfinden,
musz er ihr das haupt verbinden. Logac 1, 26, 89;
wan die misgiinst ....
dich erfindet so voll zier. WECESKSLni 382;
ob wir nu wol die wahre liebe
noch bisher nicht erfunden. 863;
SO verwirret sich mein geist in dem irrgange diser meiner
gedanken dermaszen, dasz ich kaum den ausgang erfinden
kan. Butschkt kanzL 63S.
4) nocA häufiger erfunden werden, inveniri: nnd da sie ge-
beren solte, wurden Zwillinge in irem leibe erfunden, i Mos.
38,27; wenn jemand erfunden wird, der bei einem weibc
schläft, die einen eheman hat. 5 Mos. 22,22; und welcher
erfunden wird im bann. Jos. 7, 15; es ward aber kein schmid
im ganzen lande Israel erfunden. 1 Sam. 13, 19 ; er versuche
mich, so nil ich erfunden »erden wie das gold. Hiob 23,10;
ein bruder wird in der not erfunden, spr. Sal. 17. 17 ; ich
bin erfunden von denen, die mich nicht gesucht haben
(bipitans varj! mi|i jiaim mik ni gasükjandam). Rnm. lo. 20;
deine itodt geglaubte) tochler, die dir erst erfunden und worden
ist. buch d. l. 227,4; durch diese meine protestalion, hoffe
ich, ist klar gnug angezeigt, das ich iwar wol irren kan,
(99
ERFINDEN — ERFINDER
ERFINDERIN — ERFISCIIEN
800
doch kein ketzer wil erfunden werden, Lütheb 1,12"; weil
unser lere zu Augsburg öffentlich erfunden ist, das sie das
recht evangeiium und die heilige schrift sei. 5,282'; es wer-
den vielerlei geschlecht der schw ämmen erfunden. Tabernaem.
1520; und ist vor sie kein platz im hiinmel erfunden wor-
den. Reiszxer /crus. 2,54"; Aristion wurde als ein böscwicht
erfunden, sobald ihn das glück auf die kapelle setzte.
Wieland 36,64.
5) und besonders mit einem adjeclivisclien pracdicat: thu nichts
z« seinen wortcn, das er dich nicht strafe und werdest
lügenhaftig erfunden. s[ir. Salom. ;!0, 0; denn für im bin ich
unschuldig erfunden. Dan. 6,22; und er ward Irewe erfun-
den, da er versucht ward. Sir. 44,21; nu suchet man nicht
mehr an den haushaltern, denn das sie trew erfunden wer-
den (ei hvas triggvs higitaidau). 1 Cor. 4.2; so doch wo wir
bekleidet und nicht blosz erfunden werden (jabai sve|)auh
jah gavasidai, ni naqadai bigilaindau). 2 Cor. 5, 3 ; auf das
ewer glaube rechtschaffen und vil köstlicher erfunden werde,
denn das vcrgenglichc gold. 1 Pelr. 1, 7 ; würde Honricus un-
recht erfunden. Luther 3, 31 ; wers sache, das sie unrecht
erfunden würden. 3, 33 ; von den haushaltern wird erfordert,
dasz ein jeder trcuw erfunden werd. Heiszner Jer. Ol*; Abra-
ham ist gläubig und getreuw erfunden. 2. 59' ; das fleisch
der fischlin wirl allezeit bitter erfunden. Foher159*; solches
werde ich zu erwidern mich bereit erfinden lassen. Butsciiky
kanzl. 908; sie {die feinde) schämen sich ihrer schwach er-
fundnen macht. Uz 1, 196 ;
ich hab ihn viel edler
und rechlschafner, als viele von seinen vätern erfunden.
Messias 2, 235;
0 lamm gottes, unschuldig:
am kreuz, am kreuze geschlachtet!
allzeit erfunden geduldig,
wie sehr du auch wurdest verachtet. Klopst. 7, 233;
mein edler Talbot, euch allein hab ich
gerecht erfanden unter meinen räthen. S chiller 447' ;
nach dieser regel möchte wol ein gioszcr Iheil der mensch-
lichen lugend für allzu geringhaltig erfunden werden. Wieland
s, 113; ungeheure fratzenhafte bilder, deren hohler körper
mit gold und Juwelen gefüllt erfunden ward. Götoe 6,44;
er ward gekleidet und endlich doch,
80 wie die ersten lügenhaft erfunden. 10, 22;
es ist in der weit nichts lächerlichers 'erfunden worden als
dieses Verhältnis. 16, 63 ; eid und schwüre des einmal mein-
eidig erfundenen haben keine kraft der Überzeugung. Klinger
4, 146.
6) sich erfinden, sich zeigen, nusitri.<:en : es ist so du dich
entschuldigest, du habest das und das nit gcthon, so du es
wissiglichen gethon hast, und sich also erfunden hat. Kei-
REBSB. .<t. d. m. 14'; ehe er sie heim holet, erfand sichs, das
sie schwanger war von dem heiligen geist. Naith. 1,18; da
wir in des folgenden morgens wider besuchten, erfand sichs,
das der arzt recht geurleilet halle. Luther 3.402'; und so
sich an ir natur und ansehen erfindet. Frank wellb. 194';
es wird sich erfinden, wer meine freund seind. Aimon v3';
es wird sich erfinden, antwort der keiser, wie ir im zu
hiilf kommen werdet. t5*; sobald sich immer erfindet, dasz
der ritter schuldig ist, wil ich verschaffen, dasz im mit gift
vergeben werden musz. budi d. l. 253, 4 ; das andre aber
alles, so ihr mich beschuldiget, auf mich erdacht ist, sol
sich auch mit keiner warheil erfinden. Galmy 274 ; da aber
das gegentheil sich erfünde. Kirchhof tniV. disr. 23s ; verhoft
auch, es werde sich mit der wartieit nimmermehr erfinden.
Fbonsperg kriegii). 1,12'; es erfindt sich auch {kommt auch
ror), das ein ros durch die naslöcher rinnt. Secter37; aus
der aussag erfand sich so viel. Atreb proc. 1, 9. heule sich
linden, ach ergeben.
F.RFI.NDEN, n. das erkennen und erfinden sehen wir als
den vorzüglichsten selbst erworbenen besitz an und brüsten
uns damit, (iöthe 50,163; was ist das erfinden? es ist der
absrhiusz de» gesurhten. 56, 142.
KKFINDER. m. inrenlnr: n min Parmeno, o aller minor
Wollust erfinder. anfacher und Vollender, wcIkI du idit, in
weil her fröden ich bin? reren: ton 1493, «2* {Eiiniirhus); wie
intimer sie sieh für die erste unserer besseren poesi erflnder
fftlsrhlich aiiiifeben. Weckherlii rorr. zu den weltl. ijed. ; ein
koMk führt Pallas zu der proszen masse gediegnen eisens,
jener i«l erflnder. die«er der aufdecker zu nennen, es Irflgt
täoeii namen, weil er e« uns bekannt gemacht bat. (iOinK . . . ;
mög ihn goit verdammen,
d(Jn thäter dieser fluchenswcrtlicn ihat!
den thäter und den sch&udlicheQ erOnder. Sciiii.ler 431*.
ERFINDERIN, f. invenirix. Stieler 484:
du bist der lieb cnlzünderin
und des wollusis erlTmderin. Weckherlik 762.
ERFINDERISCH, ingcniosus: ein erfinderischer köpf; erfin-
derisch in grausamkeiten ;
sie wehrt nicht dem erfinderischen kleide
durch seinen reiz den ihren zu erhöhn. Rücekrt 30j.
ERFINDLICH, was erfindbar: denn auch unser widerlheil
keinen erfindlichen irrthumb darinnen angezeiget. Llther
5,111'; lasz mich von den wilden thieren zerrissen oder von
den grausamen menschen durch erfindliche marter hinge-
richtet werden, nur lasz meine seele nicht verloren gehen.
ScRivER srlenscli. 1, 21. ir;/. unerfindlich.
ERFINDSAM, uie erfinderisch:
bescheiden sinnreich, wie Virgil,
erflndsam, wie Homer. Hagedorn 1, 129;
wie sehr auch in diesen {.vnngedrclilen) der crfindsamc geist
des dichtcrs noch geschäftig sein kann, ohne die historische
Wahrheit zu verfälschen. Lessing 8, 441 ;
Harmons söhn, der mit bänden crßndsam allerlei kuDStwerk
bildete. [l. 5, 60.
ERFINDSAMKEIT, f. die erfindsamkeit des kOnstlers. Les-
siNC 6, . . . ;
der Schwachheit der natur, dem hunger und der blösze
gab die ertindsarakcit den .luszern schein der grösze.
Diisca poet. werke 1, 164;
erfindsamkeit
einen gast zu pflegen. Götter 3, 466.
ERFINDUNG, f. 1) exphralus rei slalus, befand: weil er
sich denn auf etlicher universitcten urteil und an sichern
enden zu disputirn erbeut und, nach erfindung, sich der bil-
ligkeit weisen zu lassen. Luther 1, 136*.
2) invcntio,
nein, es ist nicht mehr not der fremhden kunst und witz,
eründungen und spil unnachthunlich zu achten,
dan Teutschland, welches selbst der eründungen sitz,
erweiset vil mehr kunst den freinbden zu betrachten.
Weckherlim 849;
die erfindung der dinge ist nichts anders als eine sinnreiche
fassung aller sachen, die wir uns einbilden können. Opitz
pocterei 17; die tiefsten abgründe der erfindung sind ihnen
nicht verborgen und die feinsten zügc der ausfühiung sind
ihnen bemerkbar. Göthe 10,95; so wird es dem künstler
auch zuletzt an dem, was man erfindung nennt, an dem
entwickeln des manigfaltigen aus dem einzelnen keineswegs
fehlen können. 22,218; mein bruder schätzte die philosophie
über alles, ... doch hatte er schon etwas von der erfin-
dung der ästhctik vernommeu. Nicolais leben ron iiü\il:iOl^ s- '^■
31 enldeckunij : die erfindung des ramraelsbergischen her>;-
werks. Hahn 2, 36 ; erfindung der silbergnibcn. 2, 43.
ERFINDUNGSFOLTER, f welche erfindungsf(.llcrn steht
nicht schon der gemeine ronianschreibcr aus? J. P. aes//i.
2, 93.
ERFINDUNGSGABE, f vis inveniendi. Göthe 33, 209.
ERFINDUNGSKRAFT, f dasselbe: ich wüste ihnen nicht
mehr als deren zwei zu nennen, von welchen es sich noch
endlich sagen liesze, dasz seine erfindungskraft einige Un-
kosten dabei gehabt habe. Lessing 6,133; man sagt, dasz
leute, die zu viel nachahmen, ihre eigne erfindungskraft
schwächen. Lichtenberg 2, 7 ; eigentliche erfindungskraft hatte
er nicht. Göthe 19, lis.
ERFINDUNGSREICH, ingeniostis, noijvfirjjit:
der ist Lacrtes sehn, der erlindung.srciche Odyssous. //. 3, 200;
aber nachdem sich erhub der erfindungsreiche Odjtscu;.
3, 210;
und e« kommt der pott der esse,
/eux erllndiingsrcirlier söhn. Scuii.LiR 56*.
ERFINDUNGSVERM(W;EN, n. rrßndungsgahe : ärgerlich und
sinnend stand ich da und bot all mein erfindung^vcrmögen
auf, allein es verlicsz mich. Göthe 2.'>, 3,')0
ERFINSTERN, itltsriirari, rerfinslert irmien.
ERFISCIIELN, im.« das folgende.
ERFISCIIEN, ej-/».sran, ahd. irfisron (GRArr 3, 510): sie er-
fisrhen vil korallen und waldfisch. Frank veUb. so'; das
gölte» sun . . . auch sichtig gen hiininel gefaren ist. da noch
801
ERFLAMMEN — ERFLICREN
ERFLIEGEN — ERFODERNIS
802
heut sein grab ist, da er die ungelerten armen fischer mit
iren anglen und netzen künig und keiser zu fahcn und die
ganz weit zu erfischen hat auserkorn. 179' ; wiewol die kirch
aus der propheten Schriften auch noch wol was erfischen
kan, darmit sie irer heiligen dienst befestigt, bienenk. 187*;
thun ohngefehr ein text erwischen,
wie sie ihn nach gedunk erüschen. postreuter 1591 E2;
etwan eine ritterzehrung oder fette beule erfischef. Simpl. K.
348; darum nenne ich sie {die springwurzd) einen hölzernen
angel, zwar einen angel, weil ich Yermittelst ihrer 10000 ducaten
erfischte. Simpl. 2, 443 ; so der fürst durch ungerechte mittel,
falsche hamen und angeln ein stück landes erfischet. Bctschki
Palm. 524; ein geheimnis erfischen, auslocken. Rädleis 247';
um ein extrachausseegeld aus meinem beutel zu erfischen.
J. P. jubeisen. 90; endlich erfischfe er das glück. Fibel 121.
ERFLAMMEN, 1) inßammari, entflammen, in flammen aus-
brechen: so du erflammest und enzünt bist mit dem swert
des teufeis der unkeuscheit. Keisebsb. siben sehtceri bhs';
das er alls erflampt.
McRKERs müle von Schtcindelsheim. 1515. E3;
0 herr, lasz uns dein wort
bleiben, und lasz es Tort
in uns erflammen stark. 11. Sachs I, 82'.
2) inflammare, in flammen bringen, setzen:
nun kumpt min döchter allesampt,
wenn ir der masz ein man erflampt. Mcrskis gauchtnatt 02;
der sie so gar het angezündt
und in seine liebe erllampt. Mi'r?iers badenfart H2.
ERFLATTERN, volUando conlingere: der ?ogel erflatterte
die spitze des dachs.
ERFLÄUEN, eluere, cbluere, von flauen, mlid. vliiuwen
waschen, ervlöuwen. wb. 3, 336*.
und wie sie haben ein kriegsheer,
damit sie dem volk gotles ofräuen
und den jüden die haut erfläuen. Fbischlih Susanna p. 332.
ERFLEHEN, ahd. irflehun, mlid. erflehen, icb. 3, 339'. 5. flehen.
1) einen erflehen, precando cogere, adigere :
mhd. ir habet uns doch mit maneger not
ervlehet unde genoetet,
daj wir sie haben ertoetet. Trist. 324, 19;
ob ich iuch möge ervlehen,
da^ ir micli min lantleben
mit gnädeo und mit eren
fürba; läjet keren. 402, 39.
nhd. sie ruft die traurenden. sie stebn,
sie weinen, freun sich, beben.
ach werden wir den Herrn erflehn?
der todte wird er leben? Klopsiock 7,97;
lasz sie des vaters berz erflehn. 7, 115,-
grauenvoll ist deine tiefe,
furchtbar deiner wogen flut,
aber dich erfleht die liebe,
dich bezwingt der heldenmut. Schulek 60";
die mutter hat umsonst zu ihm gefleht,
beschwöre du, erfleh ihn, dasz er lebe. 515';
ton mir genöthigt und erfleht verband er mich mit der
tochter. Klinger 4, 209.
2) etwas erflehen, precando impelrare, efflcigilare:
wagts seine freiheit zu erflehen. Gelleht . . .;
diese sprach, o haubt der götter, lasz mich doch ein haus
erflehn! Hagedorn 2, 29;
bekehrung, besserung erfleh ich ilim. Götter 3, 124;
nach diesem frühlingsregen,
den wir so warn» erfleht,
Weibchen, o sieh den sogen,
der unsre flur durchweht. Göthe 1, 126;
wehe, weh mir! ruft die arme
jammernd, grosser Zctis erbarme,
ach, was wagt ich zu erflehn: Scbiller 60*;
ach, mein verderben hab ich mir erfleht,
und mir zum fluche wird mein flehn erhnrt. 426*;
o musz ein neidscher dämon mir die wonne
des heisi erflehten augenblicks verbittern. 509*.
ERFLEISCHEN, Irucidare, zerfleischen: dasz er 8000 der
besten römischen knechten erfleischet. Tacils bei Fronsp
3, 250'.
ERFLICKEN, eonsuere, zusammenstöppeln:
kaum hatte noch des Schneiders hand
dem aflTen ein erflickt gewand
von bunten flecken umgehangen. Gelleet 1, 202,
nadt andrer lesart
ill.
ein bunte.s komisches gewand
dem muntern aO'en umgehangen.
ERFLIEGEN, volando contingere, mhd. ervliegen:
die spise ervloug ein sprinzelin. Parz. 622, 13;
und schickten aus den rappen, die wälde zu eröiegen, ob
er nit gewar würde, alle weisen 107';
wenn nicht verdienst allein das glück erfliegen kan,
setzt list und dreistigkeit ihm andre flügel an. Heller 13;
so werd er dieses jähr, der seltne geist, geboren,
der diesen kränz erfliegt. Lessing 1, 96;
mit eile, die strahlte,
kam, da sie folgten, herab von des Tabor wolkigen höhe
Gabriel ihnen entgegen, und schnell erflog er ihr schweben.
Messias 15, 1031;
ach wo erfleugt er schütz? Stolberc 4, 79;
erfleug das ziel der ehre
auf nie beflogner bahn. Majthissos 98;
ragende felsenziuken mit wolkenumlagerter spitze,
welche kein Jäger erklomm, welche kein adler erflog.
Salis 107;
dann erblicket von der schöobeit hOgel
freudig das erflogne ziel. Schiller 72';
nach tausend erhinkten und erflognen zielen. J. P. (eufelsp.
1, 2S.
ERFLIEHEN, effugere, entfliehen, ahd. irfliohan (Gratf 3,766).
ERFLIESZEN, emanare, redundare, mhd. wb. 3, 348' : siche-
rem vernehmen nach ist eine alierh. Verfügung erflossen, ver-
möge deren «. s. w. Wiener zeUung Ihjan. 1S60; von seilen des
hochw. biscbofs von Trient ist in der jüngsten zeit eine ent-
scheidung erflossen.
ERFLING, Kl. cyprinus orfus, er fei, külding.
ERFLÖSZEN, inundare, redundare: Tiberis der flusz erflö-
szet in disem jar also, das man mit schiffen von einer gasz
in die andern faren musz. Fba.\e cJiron. 17 o'.
ERFLÜGELN, alis contingere, erfliegen:
alle höhn hast du erflügelt,
alle tiefen du entsiegelt
lud durchwand elt alle weit. Rcckest 46.
ERFLÜNKERN, ementiri, effingere, erlügen.
ERFODDERN, postulare, exigere, die aus erfordern hervor-
gegangne Schreibung, dann in erfodern gemildert: warum hastu
denn mein geld nicht in die wechselbank gegeben? und
wenn ich komen were, helle ichs mit wucher erfoddert.
Luc. 19, 23 ; auf das die gerechligkeit vom geselz erfoddert
in uns erfüllet würde. Rom. 8, 4 ; drumb ward es auf an-
regen und anhalten der römischen legalen für gut ange-
sehen, das Luther selbs erfoddert würde. Lctheb 1,441*; das
ich zu verhör erfoddert bin. 3, 41o' ; den sol obangezeigter
superattendens zu sich erfoddem. 4, 349* ; die sage ist, das
k. maj. die Schweizer auch erfoddert habe. 5.37'; wir manen
und erfoddern ernstlich durch diese schrifte alle unser ver-
wandten und unlerthanen zu obangezeiglem gcneralsynodo
und freiem concilio sich gehorsamlich zu verfügen. 6,330*;
indem trug sichs zu, das der Luther mit dem Zwingel und
Oecolampad vom sacrament zu handeln gen Marpurg erfod-
dert ward. AiBERDS wider Jörg Witzeln H l". s. foddem.
ERFODDERUNG, f. mein herr Jhesus Christus bat sich
nicht selber erhöhet, das er mein herr sei, als die übermü-
tigen, ehrgeizigen thun, sondern aus gebot und erfödderung
gotles vaters. Llther 1, 00*.
ERFODERN = erfordern: bis die gefahr euer {ßr euch)
erfoderl. Orrrz Arg. 1,279;
jene weit ertrank durch flut,
diese weit erfoderl glut. Louu 1, 27, 91 ;
nichts als was meine Schuldigkeit erfodert. Bltschky kanzl.
28; weil es mein amt erfodert. 280; die chrislselige liebe
erfodert es. 441; was die lateinischen kunslrichler acumina
und die französischen pointes nennen, habe ich weder erfo-
dert noch bisher verworfen. Lessing 8, 455 ;
die götter fügten es nicht so umsonst,
dasz da Thyest in deine bände fiel,
als unser heil ihn zu erfodern schien.
Chr. Fel. Weiszb trauersp. 3, ihfi;
ja, liebe erfodert gegenliebe. 4,151; das stürmische klima
der unterweit erfoderts, man musz hart sein ! Voss briefe
3, 1. 192.
ERFODERN, n. postulatio: denn soviel kann ich ihnen aus
uii'ierem manuscriple versichern, dasz Berengarius nicht auf
sein (des pabsles) erfodern, sondern schlechterdings freiwillig
auf eigenen antrieb nach Rom kam. Lessinc 8, 406.
ERFODERNIS, ERFODERUNG, s. erfordernis, erforderung.
51
803
ERFOLG — ERFOLGEN
ERFOLGLICH — ERFORDERN
804
ERFOLG, m. eventus, und oß accundiis, folge: die sache
hat keinen erfolg, einen guten, glücklichen, günstigen, unge-
wissen erfolg; in erfolg (in folge) dieser anberaumung. Les-
sing 10, 114;
nicht trafen könnt icbs, hier !n müszger ruh
zu harren des errolgs. Sciiillkr . . .;
zwischen mord und seinem dolch,
zwischen handliing und erfolg
delint sich eine weite kluft. Grillparier ahnfrau aufz. 5.
ERFOLGBAR, consequens.
ERFOLGBARLICIL consequenler, folglich, mw. doct. 5C1.
ERFOLGEN, consequi, aasequi, exsequi, persequi, ahd. erfol-
gen, mhd. ervolgen.
1) intr. sequi, consequi, die folge sein, envachsen. entstehen:
wenn erfolgen so leicht were als verfolgen, were Christus
lengest wider vom himel geworfen. Luther 1, 225*. frr. 1,436;
denn daraus erfolget, wie denn geschehen und jedermann
kund ist, das man keinem büsen wehren, kein gutes fördern
kann. 1, 356*; daraus ein quartan (quartana febris) erfolgt
hett. Pabacelsos 1,686'; denn wo ihr mich zu lang auf-
hielten, könde sehr grosze schad daraus erfolgen. Amadis
364; was kann noch alles daraus erfolgen?; auf ein unor-
dentliches leben müssen krankheiten erfolgen ; auf sein ver-
sprechen ist nichts erfolgt, die erffdlung ist ausgeblieben; er
hat zwar gute Zahlung versprochen, allein sie ist noch nicht
erfolgt ; auf solche verbrechen erfolgen schwere strafen ;
darauf erfolgte ein allgemeines stillschweigen; es erfolgte
eine sehr unbefriedigende antwort ; mein Schwager war sehr
unzufrieden, als in dem jähr darauf abermals eine tochter
erfolgte. Güthe19, 353; der hau bleibt nun im dunkelschlag,
bis der nachwuchs erfolgt, vgl. 2, sp. 1545. man sagt auch
bei Zusendungen: das geld, der brief erfolgt hierbei = folgt.
2) tr. persequi, verfolgen, änlwten, erreichen:
mild, ein vil zierh'chej niarc,
dar üf er moht ervülgen
swem ?r was erbolgen. Lanz. 355;
daj si mit sneller ile
von im erfolget wären, tr. kr. 350S3;
ich spriehe bi der wärheif, daj dise Hute müe^ent verirret
bliben, noch niemer mügent ervolgen noch erkriegen, daj
die andern ervolgent, die gote nach volgent in armüete und
in ellendekeit. Eckhart 181, 24. nfid. ilem were ij sache,
das ein ding das ander erfolgele, so were das erste doit
(dasz ein gcrichl dem andern nachfolgte, so teure das erste vir-
kungslos\. ueislh. 2, 227 ; ist es sach, dasz der man die pfänd
weigert oder über den gatter nicht geben will und reichen,
so solle er (der schullheisz) die guter mit dem gericht in dem
hof verbieten und nachgeben, als gerichts recht ist, drei tag
und sechs wochen. erfolgt er die guter (erreicht deren besitz),
80 mag er die von wegen des herren ansetzen, weme er
will. 2,400; wer niine gebot hat, und sie erfolget (befolgt)
mit den werken, derselb ist der mich lieb hat. Keisersb.
parad. dir seien b* ; den pferden waren die eisen abgebrochen,
darumb kundten sie lierr Hansen nicht erfolgen. Agricola
$pr. 301; die erst und die ander meinung werden erfolget
{erreicht) mit eim guten regiment (guter diät) und mit einer
zimlichen purgirung. Gersdorf 74; (leut) so schnell, dasz si
die wilden thier erfolgen. Fran« chron. lo'; bisz dasz der
Gaiaor und Gandalin sie erfolgt (einholt). Amadis 353 ; damit
er seinen herren bald erfolget. 359; solche bilt sie mit gutem
willen erfolgelen (^errf/irt er//M7/cn). Wigalois firusa, i:>M s. 125;
zu Westfalen am heimlichen gericht erfolgt. Mone archiv
2, 23a ; doch bin ich an die wort und Ordnung ungebunden
gewesen, imd mich benügt, wenn ich den verstand erfolget
Iden sinn crreicJU habeh Garg.16; was andere gelehrlere beiden,
die naher das gOllich liechl der natur erfolget, haben zu
ermanung der eh geschrieben, ehz. 501 ; viel sagen wir, aber
nicht genugsam m^gen wirs erfolgen, denn uns gebrechen
Wort. Simpl. 2,209; gegen nidergang scind Icute mit einem
einigen breiten fusz und so schnell, dasz sie die wilden
thier erfolgen. Praetorius irrllh. t,:y.i<<; einen auf dctn wcge
erfolgen, üinere conxequi. Stiei.ER 535. »pd/w umiebrnurhl.
31 erfolgen, tenilifdgen : der kaiser hat bewilligt, dasz dem
bUlsleiler ein bedeutender vorsi liusz aus dem slaatsschulzc
erfolgt werde. 6tlr. Zeitungen.
4) da* reßeiive «ich erfolgen empfAmit wifder die intransttiv-
Wdeutung ton erfolgen, nnlriim, tieh zutragen : wcichs ie gran-
MOl zu bOren und noch beschwerlicher gewesen, das sich
•olchs biszber im werk aNo ervolgt und »nieben geiMteo.
«•»> landgrave WiUielm zn Hessen sich gegen der knserlichen
maiestat verwaret. 1552 B2*; dann erfolget sich der gewall
der menschen. Paracei.sus 2, 45'.
ERFOLGLICH, consequens, erfolgend: welcher (speichel) gleich-
sam das beste ferment der siiure und daraus erfolglicher guter
Verdaulichkeit derer speisen ist. Ettners med. maulaffe 432.
ERFOLGLOS, irritus: alle bemühungen blieben erfolglos.
ERFOLGLOSIGKEIT, f.
ERFOLGREICH, prosper.
ERFOLGREICH, adv. einem übel erfolgreich entgegen-
wirken.
ERFOLGL'NG, /". l) observatio,befulgung : zu nutz heilsamer
1er, ermanung und ervülgung der wisheit. Brants. 115; welchs
er mit steter erfolgung allzeit schedlicher lere so ganz offen-
bar gemacht hat, das Ichs dafür acht, das niemands an
einigem ort sei, der in nicht ganz mit seiner unsinnigkeit
aus seinem gemüt gar geworfen hat. Luther 2, 20S'.
2) consequentia, folge: aber damit nicht böse erfolgung
darauf kommen möchte. Ettsers unw. doct. 263.
ERFOLLEN, s. ervollen und erfüllen.
ERFORDERLICH, necessarius, nothwendig: die gäbe der
rede ist bei diesem amt schlechterdings erforderlich; erfor-
derlicher aufwand. Frisch 1, 285*.
ERFORDERN, s. erfoddern, erfodern.
1) einen erfordern, arcessere , vocare, fordern, vorfordern,
auffordern, berufen, einrufen, einladen: es was einer, der hett
einen also lassen schweren meineidig, dem erschein zu nacht
in dem schlaf der streng richter gottes in seiner maiestat
uf dem richtstui sitzen und erfordert in für gericht. Kei-
sersb. s. d. m. 22*; derselbe superaltendens soll auf alle
pfarrherren acht geben sie zu erfordern und anzureden.
Luthers br. 5,795; er hat mich erfordert leib gegen leib
zu schlagen und das unser beider leut friden halten. Aimon q 3' ;
zum streit erfordern. Furaftr. a6; du bist erfordert und solt
zu unser Arsace kommen, deine Schwester wird auch erfor-
dert werden, buch der liebe 211,3; er ruft, welcher mit im
kempfcn wolt, mit dem wolt ers aufnemmen, es wolle aber
keiner herfür, wiewol die schergen unter allem volk aus-
schricn und der könig selber erforderte. 226,3; bald leszt
si der Wüterich in ein wolleben erfordern (zu einem gastmahl
laden) und in der gastung all erwürgen. Frank vcltb. 117*;
Cleopatra hat erfordert Alexandra sol zu ir kommen. Reiszner
Jer. 2, 72"; hab ich mehrmals, neben andern dazu erfordert,
meinen leib gewagt. Kirchhof tni/. disc. eorr. ; ward ich anno
55, wie obstehet, von meinem sehr alten vatter, im in seinen
amptsgeschüften beisfandig zu sein erfordert, dcts. ; die Venus,
die am besten solchs übel abschaffen könnte, zu hülf er-
fordern. Fischart eÄs. 67; nach dem mittag ... zog die ob-
gedacht erfordert (eingeladele) gesellschaft haufenweis, orden-
lich wie die säw zum Ihor einlaufen, hinaus under die lin-
den. Garg. 82'; hat auch nicht bald hingegen .Nirolaus der
drilt ums 1268 jar den könig Pcler aus Arragoni in i'aliam
erfordert? biencnk. \2S* ; hernach im 34 (15341 ist M. Erhardus
Elling hieher erfordert. Mathesius lȟ*; bin ich von i. f. gn.
jungenweise zum aufwarten erfordert worden. Schweinichen
1,50; bin von i. f. gn. öfters erfordert worden zum aufwar-
ten. 1, 65 ; darauf sein wir des andern tages von i. kurf. gn.
erfordert worden, l, 85; darauf ward ich bald erfordert.
2,18; in welchen saal ich folgenden tages vor die beiden
erfordert worden. Phii ander 2,44;
es miisz etwas »ich erhebon,
weil er in don ganzen raih
olTciilllcli erfordert hat,
und lieft'lil dnrvoii gegeben. Opm 1. 160;
nach weniger zeit liesz er seine rillhe erfordern und be-
gehrte ein gularhlen. Hofmannswai.dau heldenbr. 4; sinlein.il
die naiur selbst uns zu solcher gebühr und Schuldigkeit an
strenget und erfordert. Rutsciiky kauzl. 868. heule lieber zu
sich fordern, vorfordern, aufftudern, herausfordern.
2) etwas erfordern, postulare, exigere, fordern, heischen, ver-
langen: über die macht des inans {men.<trhen) will gull iml
erfordern, das ist, gott begert nil inee weder {mehr o/t) wir
vermögen. Keiskhsh. irriV; .«r/m/' H 1* ; noch hinarht tiiiilt ml
ternacht soll dein seel von dir erfordert werden. VNkkium
irr reitend bihier vorr. A4; imd hielten idapir), da» die gciiirr
nicht dann der opfer seel erforderten. Krank vrlih. isu*;
reicheUsie ihm die erfonlerte gülden. KiRriiiioK refii/i/nw. 101*;
also auch in erforderter noth werden vielmal zwei ziemliche
regiment in eine •chlMklvrtaanf febnichl. mtl. di^c. iM;
805 ERFORDERND — ERFORSCHÜNGSMITTEL
ERFORSCHUKGSSTLNDE — ERFREIUNG 806
danimb heisch und erfordre ou. Wecebeku?« 5;
Plinius, welcher über alle seine Sachen gelehrter freunde
gutachten erfordert, sagt. Opitz poeterei 73 ; einen ganz blin-
den gehorsam erfordern. Bltschsy Palm. 906. heute lieber
einfaches fordern, doch noch vielfach : dazu wird mehr kennt-
nis erfordert, die arbeit erfordert lange Vorbereitung «. s. tr.
3) unpersönlich, es erfordert, iä erforderlich, nöthig: es er-
fordert keinen groszen aufwand; das ganze gewebe meiner
Vernunft und meines herzens zu zerreiszen erforderte es
weiter nichts, als dasz «. s. w. Klixcer 5, 355.
ERFORDERND, necessarius = erfordert tcerdend, wie aus-
nehmend, erstaunend, bleibend und andere part. präs. mit pas-
sirbedeutung : weil er es aus ermangelung hierzu erforderender
stücke nicht ins werke setzen kan. Ettners unw. docl. 564;
was hätte es denn zu bedeuten, wann ein medicus in seiner
muttersprache das erforderende examen thun könte und in
allem wol bestünde? 675; von andern erforderenden noth-
wendigkeiten und zugehörungen. Hohberg 3, 1, 42.
ERFORDERNIS, f. und n. necessitas: andere scheinen
es sich recht geQissentlich zur pQicht gemacht zu haben,
ohne irgend eine erfordemis ihres stils zu gewinnen, ver-
altete sprecharten in ihre Schriftsprache einzumengen. Wieland
36, 329 ; die grosze erfordemis der wahren kirche, nemlich
die qualification zur allgemeinheit. Kaxt 6,337; wenn man
die geselligkeit zur erfordemis des menschen als für die
gesellschaft bestimmten geschöpfes . . . einräumt. 7, 155.
ERFORDERUNG, /. poslulalum, erfordemis : ein künig, dem
zimpt köstliche kleider zetragen seines Stands halben, also
zimpt im auch köstlicher speis dan anderen gemeinen per-
sonen nach erforderung seines Stands. Keisersb. s. d. m. 6' ;
nach erforderang jeders orts notturft und gelegenheit. Kirch-
hof disc. mtl. 27; nach wichtiger erfordemng der sachen. 84;
nach erforderung der zeit leben. Zinkgr. 221, 5 ; aus erforde-
rung unsers amtes {iceil unser amt es erfordert). Weise erzn. 455.
ERFORN, in fronte, a fronte, vorne: die pauren peleiben
erforn. fastn. 435. v^. erfürher.
ERFORSCHBAR, indagabiUs, erforschlich.
ERFÖRSCHELN, perscrutaii, explorare, elicere: die die new
Zeitung, so ankemen, zuvor erwegten, gründlich erförschelten,
wanneten und reuterten. Fischart groszm. 13 ; ihre witwen
und Waisen mit erförschelten, erzwungenen Ursachen zu verfol-
gen, um ihr gut und nahmng zu bringen. Philasder 1,620.
ERFORSCHEN, indagare, explorare, ahd. irforscon, mhd.
ervorschen :
darbet so rieht ich an mein gesweti
bei den hausmeiden, weua ich in flick,
das ich aus in erforsch vil tücls,
das si mir offenbareB ir hen. fastn. 372,21.789,18;
sandten aus iren geschlechtern von iren enden fünf streit-
bare menner, das land zu erkunden und zu erforschen und
sprachen zu inen, ziehet hin und erforschet das land. rieht.
18,2; wenn ich erforsche an meinem vater morgen und am
dritten tage, das es wol stehet mit David. 1 Sam. 20, 12 ; sihe,
das haben wir erforschet, und ist also. Äo6 5, 27 ; herr, du
erforschest mich und kennest mith. ps. 139, 1 ; wenn man
den himel oben kan messen und den gmnd der erden er-
forschen. Jer. 31, 37 ; und erforschete von inen, wo Christus
soll geboren werden {ahd. eisgota fon in, war Christ giboran
wäril. Matlh. 2,4; denn der geist erforschet alle ding, auch
die tiefe der gottheit. 1 Cor. 2, 3 ; das ich bin der die her-
zen und nieren erforschet, offenb. 2, 23 ; wil man einen fra-
gen in der beicht oder selb sich seiner erforschen, ob er
wäre reu hab oder nicht. LirrHER 1,65';
von diesem allen hast du nichts erforscht. ScaatER 4%".
ERFORSCHER, m. indagator, explorator: erforscher, erfarer
oder waidman (der das wild aufspürt), voe. 1482 g7'; quae-
stionarius, ein erforscher, der bei der folterung ist. Serrasds
u5'. Dastp. 201'.
ERFORSCHLICH, was erforschbar: das schönste glück des
denkenden menschen ist, das erforschliche erforscht zu haben
und das unerforschJiche ruhig zu verehren. Göthe 56, 152.
ERFORSCHUNG, f indagaiio: auf das ich nach geschehe-
ner erforschung haben müge, was ich schreibe, apostelg.
25,26; sein rechte frauw aber, nach viler erforschung, traf
ihn bei gemeldtem häufen an. KincHHor vcndunm. 294*
ERF0RSCHUNGS.M1TTEL, n. weil auszer menschlichen er-
forschungsmittcln uns keine andere zur Untersuchung zu ge-
böte stehen. Garve zu Cic. off. 2, 9.
ERFORSCHUNGSSTUNDE, f
wenn zu jenem groszen tage
die errorschungsstunde schlägt. Tbcmmel 6,326.
ERFORTELN, s. er^ ortein.
ERFRACHTEN, onerare, befrachten: da war unser meinung
hin zufaren und zusehen, ob wir künten von den Portuga-
lesern ein schif zu erfrachten bekomen, in Rio de plata zu
faxen. Hans Staden, StuUg. 1S59 s. 114.
ERFRÄGELN, entere, expiscari, erfräglen. Faisios 483'. 516*.
Maaler 109*.
ERFRAGEN, 1) perconlari, inquirere, ausfragen, änen oder
etwas:
doch wil ich unter in erfragen,
wer unter in dreien am pasten mug gesagen. fasln. 83,26;
hiesz in der heubtman in das lager füren und saget, das
man in steupen und erfragen (peinlich fragen) solf. apostelg.
22, 24 ; da traten also balde von im ab, die in erfragen sol-
len. 22, 29 ; erfragent, suchent oder erforschent die Schriften.
Relchlix augensp. 7"; als sie nun für den könig kamen,
aller sach von dem könig erfragt wurden, buch d. l. 250, 1 ;
einen erfragen. Grobianus K2; ich konnte nichts von ihm
erfragen; er war nirgends zu erfragen, zu finden;
ist irgend zu erfragen
ein schäfer umb den Rein. Opftz 2, 189 (195) ;
umsonst, er kam, sprach nichts, gieng furchtsam wieder fort,
und was er ja noch sprach, war ein erfragtes wort.
Rost schäfererzdhluwjen 22;
den herm erfragend fürstlicher hochbegrüszung halb.
Göthe 41, 209;
die methode des Socrates die Wahrheit zu erfragen. Mos.
Mendelsohns Phaedon 1814 s. 12.
2) sich erfragen, befragen, erkundigen: iezunt wirt mes zu
Frankfurt, da werden vil kaufleut hinkommen, so mustu,
münch, hinein und mit dem petlel alle herberg durchsuchen
und damit dich erfragen, wo die reichsten kaufleut ligen. Schade
sat. und pasq. 3, 109 ; ich hab mich erfraget , welche die
schönest were. Pontus 24: erfrage dich mit einem idem,
wann es ihme wohlgehet. Butschky kand. 486; erfrage dich
selber. Spee g. tugendb. 696 ; sie konte sich kaum satt sehen
und kaum satt erfragen, worzu dieses und jenes dienete.
Felsenb. 1, 43.
ERFRECHEN, 1) imbuere prolervitate, erdreisten, mutig machen :
was konnte den mann zu solchem frevel erfrechen, frech
genug machen?
2) sich erfrechen, audere, sich erdreisten: sie trank sich zu
erfrechen, erkecken, erquicken, mut zu machen. Fischart flohatz E ;
die Völker erfrechen sich lu sehen, was sie sind.
Klopsiocx ;
mit gen. der sache:
sich eines unfugs zu erfrechen. Wieland 21, 208 ;
er sandte dich in diese lande,
um recht zu sprechen, strenges, denn er zürnet,
doch nicht um mit der mörderischen lust
dich jedes greuels straflos zu erfrechen. ScnaLEK 544';
all erfrechten sich schnödes vergehns,
ausi omnes immane nefas. Yirg. Aen. 6, 624;
erlaube, dasz ein zephyr sich erfreche. RiJcKBUT 302.
ERFRECHUNG, /". impudentia: wie weit der himmel über
alle menschliche erfrechungen erhaben sei. Lessing 7,289.
ERFREIEN, 1) malrimonio sibi jüngere, häraten:
darzu so kam ein reuter gegangen,
er ft-eiet des königs tochter,
er freiet sie lenger denn siben jar,
er kiint sie nit erfreien. Uhla^d 231;
aber was ists? so man alle umstände beobachten würde,
so zweifle ich nicht, ein solcher (ton glücke schwatzender
reicher eliemann) werde oft mehr zu klagen haben, als ein
anderer, der mit seiner in armut erfreiten hausmutter ein
stück käse und brot vergnügt verzehret. rockenphU. 4, 47.
2) geld und gut erfreien: er hat sich ein ansehnliches
vermögen erfreit.
3) liberare, frei machen, lösen, befreien, entfreien, doch me
das letzte heute ungebräuchlich:
dameben beide zu got schreien,
das er uns wider woll erfreien. Artn 193*;
gegen den frühling, wanns wasser etwas wieder von der kälte
erfrciet wird. Praetorids Storchs u. schwalbenwinterquarlier s. 60.
ERFREIER, m. liberator: dasz er ein erfreier der teut-
schen nation gewesen. Micrälids 1, 78.
ERFREIUNG, f liberatio: mit den Pommern hat er nach
seiner drillen gefängnus und erfreiung beständige frcund-
51*
807
ERFRESSEN— ERFREVELN
ERFRIEREN— ERFRISCHEN
808
Schaft gehallen. Micrälids 2, 1S5; wie er nicht zum verder-
ben, sondern zum schütz und erfreiung des landes umkom-
men were. 5, 253.
ERFRESSEN, devorare, absumere. man sagte sich vor leid
erfressen, verzehren für sich grämen, härmen:
sei wolt sich ztod erfressen,
das sei der ^schrirt vergessen
hiet in iren jungen tagun. Ring IV, 39,
CS that ihr leid, dasx sie als kind nicht schreiben gelernt hatte,
vcil sie nun den brief nicht lesen konnte, s. erknitschen.
ERFRETTELN, perfricare, rexare, fatigare, abarbeiten: es
ist kein königlinnest noch irrgang in mcim ganzen loib, da
dieser wein nicht den durst erfrettelet, ersuchet, durch-
forcttet, huronet. Garg. 101".
ERFRETTEN, dasselbe: aber halt still, brüderchen ! nur
nichts erfretfet oder erzwungen, sonst isls mit einmal aus.
der arme mann im Tockenburg 134. s. fretten.
ERFREUEIV, exhilarare, ahd. irfrewan, mhd. erfrouwen. 6«
M.\ALER 110* noch erfrouwen.
1) tr. froh maclien, crgetzen, früher noch mit gen. der sache,
später mit praepositionen : wie wird er ergötzt und erfrewt
siner groszen arbeit, sines eilends. Keisersb. bilger 217'; sie
ward ires groszen leids wider erfrewct. Oclavian y4; und
ich erfrewet das herz der witwen. Hiob 29,13; du erfrewest
mein herz. ps. 4, 8 ; du erfrewest in mit freuden deines ant-
litzs. 21, 7 ; und das der wein erfrewe des menschen herz.
104,15; und der wein musz die lebendigen erfrewen. pred.
Sa/. 10, 19; ein freundlich weib erfrewet ircn man. S/r. 26, Ifi;
wein und seitenspil erfrewen das herz. 40,20; der künig
ward irer zukunft ser erfrewet. 1 Macc. 11,44; da sie den
Stern sahen, wurden sie hoch erfrewet. 3faM. 2, 10; ich bin
ser erfrewet, das ich funden habe unter deinen kindern, die in
der warheit wandeln. 2 }oh. 4 ; er war hoch erfreut darüber ;
0 Anna Maria, erfreu mein hoffen. Atrer 408';
seht tausendmal den tag, doch mit erfreuten stunden.
Flemimg 40;
eben damals wurde meine obrislin mit einem jungen söhn
erfreuet {d. h. entbunden, wie das kind immer die freude der
mutter hciszt) und die taufsuppe fast fürstlich dargereicht.
Simpl. K. 296;
sorglos sasz nach dem mahle der greis fort, sich und die andern
mit lehrreichem gespräch zu erfk-eun, und mancher erzähhing.
fjuisc 1, 10;
euch wünsche ich den segcn des himmels, eurem fleisze
eine erfreuende ernte. Scbilleb 923* ; erfreuen sie mich durch
eine schnelle antwort.
2) reflexiv, sich erfreuen, gaudere, mit gen. der sachc oder auch
mit praepositionen : Augustus hat sich ab diesem stern erfreuwet.
Reiszxer Jer. 2, 77' ; ich habe mich recht an ihm erfreut ;
lassen sie mich fragen, warum sie sich des kindes nicht
annehmen? eines sohnes, dessen sich jedermann erfreuen
würde und den sie ganz und gar zu vernachlässigen scheinen.
GOtbe 20,80; er erfreut sich voller gesundheit;
des Weihrauchs sich erfreuen. Gotter 1, 139.
ERFREUER, m. exhilarator:
der weingott, der crfrcuer,
der herzen gibt und nimmt, sieht seine berge heuer
mit traubea völler stehn, er lacht bei reicher kost.
Fleming 65.
ERFREULICH, laelus, gralus: erfreuliche nachricht, bot-
scbaft; es ist erfreulich zu vernehmen;
weh dem, der zu der Wahrheit geht durch schuld,
sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein. Schiller 71*.
ERFREULICH, laete, exoptate:
ein pfand int mir des glückes lanjre gunnt,
dusz alles »ich erfreulich lösen wird. Schiller . . .
ERFFiEULTCHEN, exhilarare. Stieler 551.
ERFREULICHKEIT, f. laetilia, jucunditas, freude, anmut:
die besilzung seiner gunst erwecket in mir herzliche erfreu-
licbkeiL Rltsciiky kanzl. 88; die bequemlichkoit der sladt
und die erfrculirhkcit de» landes zu schrmer wpitcrszeil. 437.
ERFREUUNG, f oblectatio: c. I. ankündigungnschreiben
hat uns mit herzlicher erfreuung verständiget, dasz gott
Qiuere liebe muhme mit einem jungen söhne brgnildigct.
BvncHti kanxl. C17; thstigc aufinuntcrung, erfreuung und
«offr^ ' lialten.
I.l V wJere tibi parare, durch frevel verdienen:
1- ii.i' iji'i rauher, halt an, halt an,
und »Ich dem rn.itin,
•B dem du verdaiurnuis ortlreToU ! BCaeta 81*.
ERFRIEREN, l) gelu exstingui, frigore perire, confiä, ahd.
irfriosan, mhd. erfriesen:
gßn wir dar barfQese, s6 möese wir Of den tot erfKesen.
Gudr. 1199, 4 ;
fr hilt dich l&n ervriesen. GA. 2, 436 ;
ntid. es ist die fk-eud in warheit klein,
in wiuiiTs näclii also erfrieren. Brant 62, 13;
nun kompt diese krankheit her aus widerwerligen dingen,
als nemlich aus groszer kälte, das ein ros übel erfreuret.
Seuter 18S ; die kälte war heute nacht so streng, dasz eine
schildwache erfroren ist; ich bin ganzerfroren, vor kälte starr ;
seit mir den star die Weisheit stach,
seit ihre lehren in den obren
mir gellen, ach, erfror mein blut. Götter 1,444;
eh die äugen und lippen im grabe erfrieren. J. P. Hesp.
2,106; der hauptmann, dem in Schoppes gegenwart immer
die Zungenmuskeln erfroren, gieng schweigend. Tit. :t, 182;
die bände, die füsze sind ihm erfroren; er hat die wein-
stöcke, die zarten blumen erfrieren lassen.
2) bildlich, irfroren sint an mir carnis desidcria. N. ps.
118,83; irfroren waren wir in dien sundön. 125,4; wanda
snCwe ist kelih, der an dien sundün ist irfroren. 147, 5;
darumb das mir der narr nicht erfrier, sauf ich mir mit
disem pocal ein beiz. Garg. 85*; nach Rabettens 10000 bitten,
wicwol ihr schon die zweite auf der lippe erfröre. Tit. 2, 2L5;
dasz des buseiis lichte himmclsnamme
mit erfrornem herzen ich verdamme. Schiller 4'.
die proben, die metalle erfrieren, uenn bä geringer hitie der
schmclzticgel nicht gehörig treibt.
31 tr. gelu, frigore conficere, perdere: viele Soldaten haben
die glieder erfroren; unvermerkt hatte ich in der bitteren
kälte meine nase erfroren ;
wer nie sein hirn erfror. Gotter 1, 300;
ich könnte mein gehirn erfriern. Gökingk 3, 263.
vgl. erfrören und frieren in die füsze, an die beinc. tadel-
haß stellt erfrorn für erfrört in folgender stelle:
ich hab dem losen lecker geschworn,
der mit wasser mein bauch erfrorn,
das ich im wöll sein lohn drum geben. Atrer 362*.
ERFRISCHEN, l) refrigerare, recreare, renorare, erquicken,
laben, Maaler 110*:
mhd. ein gränätöpfcl soitu hän,
der mir crvrische minen munt. Bon. 48, 115;
tihd. stet umb und laszt mich sehen pald,
ob ich mein trollen hah erwischt,
von dem mein herz neur werd erfrischt, fastn. 51,9;
wenn er hellig, hungerig oder durstig ist und swach oder
müd sig worden uf dein weg, uf das er nit erlig, aber
widerumb erfrischet und ernufert werd fürbasz zu gon sin
walfart. Keisersb. W/(/rrl6'; die reden des freundlichen sind
honigseim, trösten die scelc und erfrischen die gcbeine.
spr. Sal. 16,24; ein freundlich weib erfrewet iren man und
wenn sie vernünftig mit im umbgehct, erfrischt sie im sein
herz. Str. 20,16; ist die unterschiedliche, erfrischte und ge-
schärfte acht zu gebürcnder i. kais. maj. und gemeiner reirlis-
stände einträchtigen beschlusz pubiicieret und ernewert.
reichsrec. von 1507 bei Hipr. a lapide de rat. slat. p. 235;
den ich begrif in disem schlosz
in dem chbrueh mit meinem weib,
nam dem mit disem schweri sein leib,
trag nun all lag das hauht zu tisch,
meim weih ihren chbrueh erfrisch (ins geddcliini» ftihrr).
H. Sachs I, 177';
und wolln uns wider xu euch kern
in freundschaft und die ulto trow
erfi'isrhrn und wider marlicn new. Drdrkind miles 2,4;
weil zumal hol friihllngs Iftslen
Mars erfrischet sein vorwüsten. Logad 1, 151,60;
mein feind erfrische seine brüst
durch meines hcils und irosls vcrlust. Weciberlin 2t ;
Melo ward hierauf wieder erfrischet (mit ra,««T begossen, aus
der ohnmadU tu sich gebracht) und ihm seine wunden ver-
bunden. LoRENSTEiN >trm. l,tii; man solle dieses opfer auf-
neue erfrischen {emeuem. wieder anführen). Opitz. Arg. 2. 3(t;
lassei uns sie zum gottes lob erfrischen (anfr^srhen). Spek
tuqendb. 402; geängstigle erfrischen und IrOsIcu. llirsriiKt
I'atm. 355; ein schftne» luuh erfrischet das grinüle. kamt
270; blumen erfrischen, begiesten. Stiki.f.r 667; den muiul
erfrischen, wasser nehmen, Irinken {t, vorhin «M Bomkr); er-
frischende suchen ;
809
ERFRISCHEN — ERFROMMEN
ERFRÖREN — ERFÜHREN
810
du (schliif) hast mich oft an wassern und an huschen
sanft übereilt,
und konntest mich mit beszrer rast erfrischen,
als mir voritzt der weiche pfühl ertheilt. Hagedor:« 3, 63;
gestattet, dasz auch ich hier meinen durst erfrische,
und gönnt mir eine nacht im schosze eurer husche!
DcscB werke 3, 51 ;
da läszt man sich nieder,
von haseln und flieder
mit lauhduft erfrischt. Saus;
vergisz den schmerz, erfrische das vergnügen! Göthe . . .;
doch erfrischet neue lieder,
steht nicht länger tief gebeugt. 41, 244;
den 5 juni reiste ich ab von Weimar und gleich die ersten
meilen waren mir höchst erfrischend. 31, 96.
2) /arter erfrischen die seide, klopfen und wascheA äe nach
dem alaunen; goldschldger erfrischen die häute, bestreichen sie
mit tr«/i und machen sie dadurch straf; in den schmelzhülten
und eisenhämmem wird das metall erfrischt: und so das blei
in der arbeit matt wird, so erfrisch es mit einem pfund
oder zweien neuem blei. Erker mineral. erzte 34'; da es mit
glasgallen oder frischem blei nicht erfrischt oder erhalten
wird. Mathesius 1562, 213*. vgl. frischen.
3) reß. sich erfrischen, erneuern; nun mag Stift und statt
nimmermehr so eins werden, von wegen der procession er-
neuert sich uf den tag aller Unwille, gleichwie sich alte
wunden erfrischen. Senee\berc sei. 3,411; der salat war be-
reit, das fleisch darin schmückt sich, er streift die ärmel
hinder sich, grif darein und asz es also mit öl, essig und
salz hinein, von dem essen sich zu erfrischen. Garg. 237';
nach der hitze des tags sich in einem bad, durch einen
trunk erfrischen.
ERFRISCHLICH, recreans, erquickend, erfrischend:
auf dasz der liebe schweisz
zu leschen mittel sei durch ein erfrischlich eis. Logac 2, 66.
ERFRISCHUNG, f. recreatio, refeclio, erquickung, labung:
was keine erfrischung hat, nimmt bald ein ende. Stieleb
567 ; bot uns eine erfrischung an. Göthe 25, 341 ;
keiner trieb von der weid an jenen tagen die rinder,
Dafnis, hin zu des baches erfrischungen, keines der thier auch
kostete weder den ström noch berührt ein hälmchen des grases.
Voss Virgils Idyllen 5, 26.
man sagt er&ischungen einnehmen, polu ciboque se reficere;
die Schenktische waren reichlich mit erfrischungen yersehen ;
es wurden erfrischungen herumgereicht.
ERFRISCHUIS'GSQUARTIER, n. quartier de rafrakhissement,
wenn Soldaten auf kurze zeit bei bürgern und bauern einquartiert
werden : das regiment ist in erfrischungsquartiere gelegt worden.
ERFRISTEN, serrare, differre, was einfaches fristen.
ERFRISTUNG, f. conservatio, mora: suchen und fragen
welches der recht weg sei, wandlen denselben, so werden
ir erfristung und ru finden euwern seien. Keisehsb. orncis 22*.
ERFRÖHLICHEN, exhilarare, erfreuen: eine gute frau kan
das herz erfrölichen. fers, baumg. 7,22; eure herzen, die
jetzund so betrübt und zaghaft sind, werden erfrischet und
crfrölichet werden. Otuo krankentr. 525; erfrölichet eure
sterbliche sinne! Schottelics lustg. 112; du mein herze er-
fröliche dich nach so riel leiden. Birke.x Marg. 92 ; ich aber
innerlich erfrölicht ■ über dieser schönen feldlust. östl. lorb.
88 ; alles was da kann erfrölichen den sinn. Haxmaxn zur
poeterei 237 ; was erfrölichet mehr die gemüter der menschen ?
BüTSCHKY Palm. 32S; der dichtung anmuth kann eine freude
würzen, einen dulder erfröhlichen. Dräseke glaube j liebe,
hofn. 4. vgl. erfreulichen.
ERFROHLICHüNG, f. exlalaratio: sie befand sich in so-
thaner erfrölichung ganz entzückt. Bireen östl. lorb. 399.
ERFRÖHNEN, tne fröhnen, 1) proscribere, für den herm, für
das gericht einziehen: und wo einig gut also erfrönt würde,
so mög der abt obgnant damit thun und lassen als mit
anderm sins closters gut. weisth. 3, 742.
2) servitiis acquirere, erdienen:
wenn statt lu schelten ich belehre,
wenn statt lu strafen ich bekehre,
wenn statt zu scheiden ich versöhnt,
hah ich den himmel mir erfröhnt. Göthe 45,92.
ERFROMMEN, serrare, ersparen, parsimonia acquirere: hie
gehören her, von denen man sagt, sie heben einen leffel
auf und zutretten eine Schüssel, oder wo grosze guter sind,
als zu königen und fürslenhöfen, da man einleffelt und aus-
BchefTelt, macht grosze rcchnung, da sie dem könig einen
gülden erfromet haben, der musz all obren und äugen fül-
len, wie grosz rat da gestift sei, aber da viel tausent gül-
den dafür sind vcrfaulwitzt, da krehet kein han nach. Lcther
6, 147', zuerst in seiner auslegung des 101 ps. Wittenb. 1534 g 4.
vgl. fromme, nutzen.
ERFROREN, congelare, rigefacere, erfrieren machen, gegensatz
zu entfrören: mit einem groszen froste in dem meien, der
die winberge erfrorte. Stolle chron. 175;
bistu ein kleins waldvogelein,
so schwing dich von der erden,
dasz dich das küele maientaw nit netz,
der kalte reif dich nit erfrere. Uhlaisd 52 ;
hat uns der reif, hat uns der sehne,
hat uns erfrört den grünen kle,
die blümlein auf der beiden. 240;
die hoffart verderbt und erfrört si (die frucht der gnaden).
Keisebsberg bilger 32*; der somer bringet freund wie fliegen,
der Winter erfrörts, verjagts und tödts. Frank sprichw. 1,9*;
banden in auf ein gefroren eis also nackend, etliche erfrör-
ten sie. chron. 43o'; ein überkalter winter erfröret das ge-
lend gar übel. Stumpf 1,66'; erkelt oder erfrört den mann,
congelat uxor anus virum. Fbisiüs 295'; und ihn führt, da
die sonn am heiszesten ist, als ob er ein braten sei, aber
am leisten so erfrört er ihn. Paracelsus 1, 520'; und er hett
seine nüchterne knecht hart erfröret. Tacitis bei Frunsp. 3, 251* ;
die ganze blühe der Jugend vergiften, ersticken, . . . erfrören
und gar versehren. Garg. 143';
dein reif und sehne erfrört die leut. H. Sachs I, 419';
da musz der reisend mensch oft bleibn,
dasz er vom schnee wirt tief bedeck't,
wird bald erfröret und ersteckt. Rebxa:«!« 132;
Venus thut manchem das herz erwermen,
erfrört manchem im le'ib die dermen. Etrikg 1,6S4;
mehr kalt denn scythisch eis ist mein erfrörtes herz.
GaiPHius 2, 358 ;
des maiens scharfer frost
erfrört der Deutschen tust,
wird weniger gleich wein,
wird mehr Vernunft doch sein. Losad 3, 190, 99;
0 Vaterland, dein herz ist ganz erfrört. Rokpler S7;
bald stiesz es dich mit frost und solchem schauder an,
dasz einen schnee und eis kaum so erfrören kan. 89 ;
was sollen diese welsche flecken und hadern? decken den
ganzen leib nicht, lassen ihn wol halb blosz, sind weder
für hitz noch für kälte gut, für regen noch für wind, und
wo einer im feld seines gemachs, mit züchten zu melden,
musz thun, bedeckens einen nicht, erfrören die beine.
Philander 2, Sl ; die erfrörten ort (die erfromen stellen am
leib). Hobbebg 1, 297*. heule geht der Schriftsprache ein so
nOIhiges wort ab, und es fehlt schon bei Stieler. Frisch 1, 296'
noch : er hat die füsze erfrört. Schm. 1, 616 gibt bair. derfrören.
ERFRORENHEIT, f. torpor, rigidüas: kelt und erfrorenheit.
Keisebsberg bilger 13'.
ERFROSTEN, congelari, erfrieren, ahd. irfrostan: den ISjet
er irfrosten. N. ps. 147, 6.; nhd.
gelähmt ist jede kraft,
verdüstert haupt, erfrostet alle glieder. Göthb 4, 39;
es ist als ob das ganze
gefild erfrostet schaure. Plates 18.
ERFRUCHTBAREN, fetiilem reddere: am Rhein, der wun-
derlich vorzeiten und bei mannes gedenken hat eingerissen
und (je) nachdem er seinen lauf gericht, auch das land eröst
oder erfruchtbaret hat. Sebiz 25.
ERFüCKERN, mercari, erhandeln, erschachern : wer je tolle
kleidung zu tragen gezwungen ist, der lasse sie nicht neu
machen, sondern kaufe sie von denen so auf wannen, auf
der gant oder auf dem grcmpelmarkt, ich erfucker also alle
meine klcider. Simpl. 3, 164. s. fuckem, fuggem.
ERFÜHLEN, palpare, percipere, ahd. irfualon (Graft 3, 477) :
ich kann es nicht erfülen, ob es kalt oder warm sei. Stieler
5S1; so weit meine fähigkeit das eigenthümliche von Ciceros
Schreibart zu erfühlen reicht. Wiela^ds übers, von Cic. briefen
1, x.Tii; die langsam erfühlte einheit und urbezeichnung.
Herder 19,123; die kalten felsen erfühlten. Fb. MCller l';
die Wasser erfühlten ihre schwere. 1, 48.
ERFÜHLUNG, f. Judicium ex tactu: erfühlung am puls,
durch den puls.
ERFÜHREN, addueere, afferre, herbeiführen, veranlassen : dan
als die Juden den machometischen glauben erfürten {anführ-
ten, anzogen), bienenk. 182'; mit abtrag der rautwillig erführ-
ten kosten und schaden. Ayrer proc. 1, 14. mhd. sagte man
daj swert erfüeren =3 ziehen. Er. 4707, wie ahd. irziohan.
811
ERFÜUBAR — ERFÜLLEN
ERFCLLBAU, quod cffici, ralum esse fiolesl: die bitte ist
erfüllbar, unerfüllbar.
ERFÜLLEN, erplere, implere, replere, goth. usfulljan, ahd.
arfullan, irfullan, ags. äfyllan {hingegen nnl. vervuUen, engl.
lill up, schtc. upfjlla, dän. opfylde), überall mU der Vorstel-
lung, das leere voll zu machen, auszufüllen, das nocli ungethane,
unerfolgie zu leisten und eintreten zu lassen, früiier sleJU die
Sache im gen., später haben praepositionen statt, von der ueil-
greifenden u-urzel unter füllen und voll.
1) cibo replere, den leib, baucb, wanst mit speise erfüllen,
reß. sich erfüllen, sich satt fressen, essen, einen erfüllen, sali
machen, sälligen: weidmännisch, das wild erfüllt sich, äszt
sich; das wildbret hat sich erfüllt;
die kue ist ungemolclicn uoch,
ivie mag ich mich i-rlüllcn doch, fasln. 436,31;
wer sülch gest wollt crfiilln,
der mfist zut'ürn auf schiirea und zülln. 7S6, 34;
daraur dan ich
kan meinen hunger stillen,
und muthiglich
uach uotdurrt mich erfüllen. Wkckherlin 98;
Hermon machte die elephanten voll und erfüUele sie mit
wein und Weihrauch. 3 Macc. 5, 9. Luc. 15, 16 setzt aber LuriiEn
seine haut zu füllen, implere venlrem suum, nicht erfüllen.
21 das äuge, das ohr erfüllen, uie sonst das äuge weiden,
sättigen: sie konnte ihr äuge nicht daran erfüllen;
das eng aug ist voll geiz, es musz erfüllet werden,
wo nicht von geld und gut, doch von des grabes erden.
peis. rosenlli. ;<, 21 ;
das äuge des geizigen wird so wenig erfüllet, als eine pfülze
von thau. 7, 20; welcher liebliche ton erfüllt mein ohr?
quis est qui complet aurcs meas tarn dulcis sonus?
3) das herz erfüllen, einnehmen : aller hofnung, aller freud
erfüllet ; das herz ist von blut erfüllt ; er hat ir herz mit
Weisheit erfüllet. 2Afos. 35,35; wanimb hat der satan dein
herz erfüllet? apostelgi 5,3; hat unser herze erfüllet mit
speise und frcuden. 14,17; sein herz war von furcht erfüllt ;
erfüll davon dein herz, so grosz es ist. Göthe 12, 181 ;
vgl. ein racherfüUtes hera. Scuiuer 900'; ein anliegen, das
meine ganze scele erfüllt. Götter 3, 43, wofür auch blosz ge-
sagt werden kann das mich erfüllt ; Klopstocks Patriotismus
und messianismus hatten ihn ganz erfüllt. Gütue 31, 62 ;
mich erfüllts mit grausen, was die knechte
von euern wagefahrten sich erzählen. Scuiller 532'.
rgl. angsterfüllt, furcht erfüllt.
4) den geist, das gcmüt erfüllen, einen mit geist erfüllen :
die ich mit dem geist der Weisheit erfüllet habe. 2 Mos.
28,3; und hab in erfüllet mit dem geist gottes. 31,3; Josua
aber ward erfüllet mit dem geist der Weisheit. 5 Mos. 35,35;
das ich die furcht, darin er jetz ist, von im ncm und erfüll
sein gcmüt mit fröd. Tcrenl. 1499, 18'.
5) den räum erfüllen: seid fruchtbar und mehret euch
und erfüllet das wasser im mcer {vulg. replete aquas maris).
1 Mos. 1, 22 ; seid fruchtbar und mehret euch und erfüllet
die erde. 9, 1 ; und (heuschrecken) sollen erfüllen dein haus,
aller deiner knechte heuscr. 2 Mos. lo, 6 ; da aber die priester
aus dem hciligtbum giengen, erfüllet ein wölke das haus
des herrn. 1 kön. 8, 10 ; da ward das haus des hcrrn erfüllet
uiil einem nebel. 2 chron. 5, 13 ; du hast in (den weinstock)
lassen einwurzeln, das er das land erfüllet hat. ;«. 80,10;
das sie den erdbodcn mit fruchten erfüllen. Es. 27, G ; sie
(die veisheit] erfüllet das ganze haus mit ircr gäbe und alle
gemach mit ircm schätz. Sir. 1,21; und es gescharh schnelle
ein brausen vom himel als eines gewaltigen windes und er-
füllet das ganze haus, da sie saszcn. aposlelg. 2, 2 ; da kam
der schlang, der vcrgan (misgOnnte) menschlichem geschlecht
sein etat zu erfüllen (seine stelle einzunehmen) und sprach zu
Eva. KEisERsnERC s. d. m. 12'; man musz golt, der alle ding
erfüllet und überall gcgenwerlig und geschcftig ist, auch
mitten in der erden sein Werkstatt lassen. Mathesius 80*;
von Noa drei «öncn wird nun die well wider erfüllet. 82' ;
üb die wölken werden erfüllt, sie gieszen aus den regen
auf die crd. hibel \iSi, 309. pred. Sal. 11, 3 (si repletac fuerint
nubesl; ein dichter nebel erfüllte das thal; Sonnenlicht er-
füllt die erde ; sand erfüllt die ganze ebene ; die gegend ist
erfüllt von schnce ;
leld
wozu <ii« beriiche naiur euch machte,
erfüllt {füllt aui) den ploii, wohin »Ir euch RMtelll !
ScuujLJUi 534' ;
ERFÜLLEN
so ist sie wahr die auszcrordentliche zeitung,
die schon den ganzen hof erfüllt? 291';
812
ein angenehmer gesang erfüllt unterdessen die gegend. 746' ;
o wie süsz erfüllt die hift
edens amaranteudult! Uürgkr;
alles mit beulen und weinen erfüllen, comjdere omnia fletu.
Maaler HO'.
6) die zeit erfüllen: es sollen nicht mehr da sein kinder,
die ire tage nicht erreichen, oder alten, die ire jar nicht
erfüllen. Es. 65,20; er ist bald volkomen worden und hat
vil jar erfüllet, weish. Sal. 4, 13 ; die zeit ist erfüllet (goth.
usfullnoda Jiata mt\) und das reich gottes ist erbei komen.
Marc. 1,15; es begab sich aber, da die zeit erfüllet war (in
i)ammei usfullnödedun dagös). Luc. 9, 51 ; bis das der beiden
zeit erfüllet wird. 21,24; denn meine zeit ist noch nicht er-
füllet (unti: meinata mtil ni nauh usfulli|) ist). M. 7, S; und
als der tag der plingslen erfüllet war. aposlelg. 2, 1 ; da aber
die zeit erfüllet ward {vulg. at ubi venit plenitudo temporis,
i|) bi))e qam usfulleins melis). Gal. 4,4; seine lebenszeit
wird bald erfüllt sein ; wo aber der dieb nahent bei vier-
zehen jarcn alt wer und der diebstal grosz, also dasz die
bosheit das alter erfüllen möcht. Carolina art. 164;
ich armer ach I mein herbst ist auch vorhanden,
uiciu Summer ist hereits erfüllt. Drollingers yed. 48;
spiel, tanzen und gesänge
erfüllten dort des ganzen tages länge. Griss Bojardo 3, 7, 23.
7) erfüllen, leisten, waiir machen, )gcnüge thun: verflucht
sei, wer nicht alle wort des gesetres erfüllet, b Mos. 27,26;
er hat sich hinder mir abgewand und meine wort nicht er-
füllet. iSam. 15,11; wenn aber ein prophet von friede weis-
sagt, den wird man kennen, wenn sein wort erfüllet wird.
Jer. 28,9; auf das das wort erfüllet würde. Joh. IS, 9; wie
würde aber die schrift erfüllet? Matlh. 26,54; auf das die
Schrift erfüllet werde (ei usfullnodedeina bökös). Jtfarc. 14,49;
da ward die schrift erfüllet, die da sagt (usfullnöda t)ata
gamelidö). 15, 28 ; heute ist diese schrift erfüllet für ewern
obren (himma daga usfullnödedun mcia |)ö in ausam izvaraim).
Luc. 4,21; ir menner und brüder, es muste die schrift er-
füllet werden, aposlelg. 1, 16; denn alle gesetz werden in einem
wort erfüllet (all vitöj) in ainanmia vaurda usfulljada). Gal.
5,14; einer trage des andern last, so werdet ir das gcsctr
Christi erfüllen (sva usfuUeij) vitöji Xristaus). 6, 2 ; er gebe
dir was dein herz begeret und erfülle alle deine anschlege.
;)s. 20, 5; wolan, ir habt ewer gelübdc erfüllet und ewer ge-
lübde gehalten. Jer. 44,25; erfülle die Weissagungen, die in
deinem namen verkündiget sind. Sir. 36,17; und die vfigte
trieben sie und sprachen, erfüllet ewr tagwerk gleich als da
ir stro hattet. 2 Mos. 3, 13 ; seine pflicht, sein versprechen,
sein wort erfüllen, eine bedingung erfüllen;
dein wort, du gabst es mir, du must es heut erfüllen.
Gotter 2, 340.
man sagt der träum wird erfüllt, geht in erfüllung, erfüllt
sich, triß ein, ebenso die ahnung, hofnung.
8) willen, bcfehl, zweck, absieht, bestimmung, wünsch,
bitte erfüllen:
mit Übermut
erfüllen sie an uns, als schafen, ihren willen. Wbckhkrlin !(•:(,
ja prinz, du folgst darin des vatcrs eignem willen,
und wünscht ein söhn, wie du, nicht diesen zu crlTillen?
Weisze iraurrsii. 1,S0;
er hat der natur die Ordnung scibs eingegeben,
die sie erfüllen musz. Wbckuerli.-« 3U4;
wenn denn
nun meiner wQnsche wärmster, innigster
erfüllet ist, was dann? Lessing 2, 2b0;
Indessen soll mein wünsch nicht schlafen,
den Doris ganz allein erfüllt. Rost schdferged. 34;
nun zerbrecht mir das gcbfiudi!,
seine absieht hats erAilll. Schillkk 79';
der mensch hat seine bestimmung erfüllt; so wie das reh
seine bestimmung ganz zu erfüllen scheint, wenn es leicht
über die keimenden saaten wegdiegl. Götue26, 1«; ein edler
zweck wurde damit erfüllt ; ich erfulle willig, was du von
mir begehrst; ich erfülle alle deine bitten;
an doinera söhn erfülle deine rächet Schillis 345';
er vermeinet seinen lust an ihr (der Jungfrau) zu erfüllen.
buch der liebe 2Hh,i, wie et sonst heisU seinen willen zu haben.
0) das mangelnde, fehlende, abgehende crftlllen, ausfüllen,
ersäxen: die lücke erfüllen, autfUten; die zahl erfüllen,
813 ERFÜLLEN— ERFÜLLUNGSPFORTE
numerum explere; der herzog erfüllt den reim, fastn. 435;
im übrige narung zu geben, die im gebresten würd, . . . was
im abgieng, das selb zu erfüllen. Keisersb. s. d. m. 22 ; wenn
ir denn mein so groszen gebrechen sehet, warum thut irs
nicht und erfüllet meinen feil? Luther 1, 3S9'; wann man
gleublich saget, das alwegen über ein jar, was {ron der erde)
graben ist worden, durch das jar wirt wunderbarlich wider
erfüllet. Frane 175*; die geleerte Schatzkammer, der leere
beutel ist neu erfüllt worden; das masz erfüllen, icas noch
daran abgieng. hinzufügen; wolan, erfüllet auch ir das masz
ewer veter. Mallh. 23,32;
bis meines Unglücks masz erfüllet ist. Scbilleb . . .;
ein kleines übel, das auf die gröszeren folgt, erfüllt das
masz. GöTHE 15, 99 ; einige tropfen noch und das glas ist
erfüllt, beginnt über zu laufen.
10) die zu leistende, zu erfüllende sache kann auch unaus-
gedrückt bleiben und durch das pronomen 'es' rerlreten irerden,
es erfüllen, wie es thun v. s. w.: du hast gehalten deinem
knecht David meinem vater, was du im geredt hast, mit
deinem mund hastu es geredt und mit deiner band hastu
es erfüllet. 2 chron. 6, 15.
11) die belege geben, dasz vir den gegenständ, icomü erßllt
vird, durch die praeposilionen mit oder von ausdrücken, ahd.
galt gen. itnä dat. (== instr. oder lat. abl.), aber auch schon
fona (Graff 3, 4S9). hin und wieder zagt sich noch nhd. in
alleren schrißen der genitiv:
ach wölt mich meiner bitt erfüllen.
Nie. Frischu:« deutsche diclUungen 36 ;
der jung aller guter hofnung erfüllet. Bocc. 1,109'; ein lieb-
liche süszigkeit, die in aller unversuchter freud erfüllet. 1,254'.
ERFLLLER. m. die jetzigen wappenadler sind propheten
und erfüUer zugleich. J. P. dämm. 117.
ERFÜLLUNG, f. expletio, impletio.
1) die erfüllung der lücke, des abgangs: ob wol gott an
der verstoszenen engel statt das menschlich geschlecht zu
erfüllung ihrer anzahl und zu ewiger Seligkeit erschaffen.
Atrer proc. 3, 3.
2) die erfüllung, eonsummatio, das ende:
die erfüllung
der Zeiten ist gekommen, bürgermeister,
die hohen werden fallen und die niedrigen
erbeben sich. Schiller 3S9*.
3) die liebe thut dem nehestcn nichts böses, so ist nu die
liebe des gesetzes erfüllung {goth. usfulleins nu vitudis ist
friajiva). Rom. 13,10; er hielt auf die strengste erfüllung sei-
ner pflichten (Pflichterfüllung) ; erfüllung der schönen träume,
die wir zum besten der menschheit schwärmen. Kmnger
11,284; erfüllung der begierden zeucht alles Unglück nach
sich. BuTSCHET Palm. 860; erfüllung aller bedingungen des
Vertrags ;
so steigst du denn, erfüllung, schönste tochter
des gröszten Täters endlich zu mir nieder. Götbe 9, 50;
in erfüllung gehen, in erfüllung bringen:
und, müst ichs in erfüllung bringen, jetzt,
jetzt, da die macht noch mein ist, müsis geschehen.
Schiller 361';
das feuer und die freimüthigkeit. womit Posa seine lieb-
lingsgefühle . . . dem könige vortrug, und der wahn, dasz
dieser sie verstehen, ja gar in erfüllung bringen könnte, war
eine offenbare untreue, deren er sich gegen seinen freund
Karl schuldig machte. 766'; nur unvollkommen kann der ge-
selzgeber das ideal in erfüllung bringen, das er in seinem
gehime noch so rein entworfen hat. 1024".
4) weidmännisch heiszt die erfüllung. oder das zurückbleiben,
hinterlassen, trenn der hirsch mit der hintern schale, doch gerade,
zurück bleibt. Dübel 1, 7", gegensatz ist die Übereilung, der
junge, schlechte hirsch übereilt, ereilt, der alle, feiste erfüllt,
fiillt mit dem hinterfusz nachdrücklich die spur im boden aus,
geht gfeirhsam in rtfüllnng.
ERFCLLUNGSEID, m. juramentum tuppletorium, ergdnsungs-
eid. Stieler 364.
ERFLLLüNGSHOFNUNG, f. kriechen in stinkende nie-
drigkeit ohne erfüllungshofnung der lechzenden seele? Fr.
MCller 2,144.
ERFLLLUNGSPFORTE, f.
»o ist es also, wenn ein (ebnend hoffen
dem höchsten wünsch sich tranlich zugerungen,
erfQllungspforten Hndet flügeloffen. Götbe 41, 7.
ERFUND — ERGÄHREN
814
ERFUN'f*, m. exploralus rä slatus, befund, ergebnis: der
keiser liesz durch einen sachkundigen mann Untersuchung
darüber {über den stänregen) anstellen, dieses ist der erfund.
Hebel schatzk 107.
ERFÜNDELN, explorare, erkunden, erforschen, erspähen:
gloubend nit eim jeden geist, sunder erfündelend die geist,
ob si US gott siind I Zwi>gli 1. 178 ; auch aller gewerb, thun
und lassen tag und nacht in eigener oder in still vertrauwter
person erfündlen. Frossp. 1, 174'. rgl. mhd. vündeln {wb.
3,321'), und erßhrlen, erförscheln.
ERFÜNDIG, 1) ingeniosus:
also verstendig und erfündig,
zu allem gedieht gar aushündig.
Waldis im leben Esops;
ein rechter Franzos ist hurtig und erfündig. Sebiz 40.
2) quod explorari polest: an sein wissentlichen und erfün-
digen gerechtigkeiten. erki. des landfr. ton 1522. 2S.
FREUNDLICH, was erfindlich und wahrscheinlich daßr ge-
schrieben :
seine werk und müh;, die niemand sonst erfündlicb,
sind zahllos. WECKRnLiN 609.
ERreNKELN, scintillare.
dasz alle zinnen purpurrotb erfunkeln. Tieck 5, 342;
der morgen und der abendstern
sich stehn am bimmel ewig fern,
sobald der ein erfunkelt,
der ander ist erdunkelt. Rcckert 392;
doch eintracbt üben ros und sonne nur,
weil ihrer beider herren sie gefunden
im blick der liebsten, der, wo er erfunkelt,
die rose hier, die sonne dort, verdunkelt. 404. ges. gcd. 1,108.
ERFÜR. ahd. hara furi, mhd. her Tür (z. b. Jv. 304. 45S.
1289. 332S), nhd. henor, doch begegnet auch in hss. mhd. ge-
dickte schon die Schreibung er für (z. b. Ernst 3026). die an-
fügungen an verba sehe man unter hervor, hier soll blosz die
form erfür belegt werden, der umlaut schwankt: so fallen die
alten federn usz oder wachsen erfüre nüwe federn. Keisersb.
bilg. 11*; und gott sprach, die erde bringe erfür lebendige
thier. 1 Mos. 1,24; aber Melchisedech trug brot und wein
erfur. 14, 18 ; er ist erfur gebrochen von dem berge. 5 .Vo«.
33, 2 ; und der hinderhalt Israel brach erfur. rieht. 20. 33 ;
die menner, die bei im waren, weren erfur komen. 1 Sam.
22, 6 ; die berge gehen hoch erfür. ps. 104, 8 ; und ist nichts
heimlichs, das nicht erfür kome. Marc. 4, 22 ; er zeucht erfür,
ich hab gelogen. Luther 1. 341* ; noch kicket der schalk
erfür. 1,424*; ich wil auch fortfaren die warheit auszuputzen
und erfür machen. 1, 5u2'; dazumal die warheit nicht so
helle und gewallig erfür gewest ist. 5,2'; noch scheinet er
(Joh. Husz) ifzt mit solchen ehren erfür, das seine sache und
lere für aller weit musz gepreiset werden. 5, 409'; noch
musz dis alles heiszen des Luthers evangclium unter der
bank erfür gezogen. 6, lä'; wil ich darnach wider erfür
komen. 6, 2l'; das wird alles erfür müssen. 6.53"; auf den
trotz wil ich pochen und dich lassen erfür brechen a«r<
höhest. 6, 244'; leuchtet erfür. Mathesius 1562, 213"; alle
bepstische pfaffen, auf ein häufen, wo die weren, sie sollen
erfur tretten. Albercs icider Witzel G4';
leufl, stöszt mit macht wider die thür,
und sucht zuletzt die bettücher erfür.
Albercs contrafactur BT;
und oft anderwdrls im 16 jh.
ERFÜRHER, dasselbe rerstärkl (s. nacher, hemacher, erdurclier
U.S.W.): kümf etwenn das ander arm kind, das sie hasset,
am morgen erfürher. Keisersb. bilg. 141'; got hat ein wolge-
fallen ab dem jungen kelblin , das do erfürher streckt die
hörner und clouwen. 151'.
ERFÜTTERN, pa.<tccre, pastu suslenlare, ausfüttern: welche
handtierung mich je zu gering sein dünkte, aus iiirem er-
trag zehen mäuler zu erfütlern. Simpl. 2,284; an unsem
rossen ist nicht mehr viel zu erfültcm, wenn man nicht
eiwas ändert, so kommen die meisten in abgang. GoTTREtr
k-n. LH s. 152.
ERGÄBIG, über, feHilis, gleichviel mit ergibig, wie man auch
gib und gSbe rerbindet und die Substantive gebe und gäbe mhd.
einander zur seile stehen : und soll das fleisch (der maalsrhweine)
besser ergäbig und schwellend werden. Hoiibero l, loo*; ins-
gemein wird der schaf, ziegen und kühemist für den ergä-
bigsten und nützlichsten geballen. J, 461'.
ERGÄHREN, i. ergesen.
815
ERGANG — ERGATTERN
ERGEBEN
816
ERGANG, in. stalus causae, ergang, verlauf der sache. Stik-
LER 62C.
ERGANGEN, s. ergehen.
ERG.\NGNIS, f. eventus, successus, processits, gebildd uic
begängnis.
ERGA.NGNISBRIEF, m. einen schein oder ergängnusbrief
zuerkennen. Frankf. reform. 1,46,5; von zeit der erkannten
ergängnusbriefe an. 1, 40, 13.
ERG.\NZELN, paulum reficere, re4integrare, flicken, ein wenig
ganz machen: man sucht den friede wieder zu ergünzeln.
SriELER COl. die ableitung rerklcinerl den fccjn/ dfi ergänze ns.
ERGANZE.N, reficere, renovan; ganz und voll machen: gc-
brochne brücken, baufällige häuser;
mein herz in freuden ward ergenzet. II. Sachs 1, 297;
alda uns dan die pegeiiwärligkeit,
herr, deiner Seligkeit
und rechten überglänzet
und ewiglich mit ft-eud und wonn ergänzet. Weckukrlin 54;
und wie des herrcn wort
kan den zerknirschten geist ergänzen und ergötzen. 68;
und richtet seinen lauf stets fort so recht als schnell,
so heisz als hell,
bis er ihn an dem end, da er anfieng, ergänzet. 76;
der erdkreisz, ein Werkstück rund ergänzet. 187;
der dolle feind will seinen sig und pracht
durch unsern fall ergänzen. 654;
der alles schuf, soll er nicht auch die theile
ergänzen, sind sie gleich zerstreut vor langer weile?
Opitz . . .;
es bleibt noch immer so, dasz unser beider glücke,
0 freund, geschwistert ist. des bettes kalte lücke
wozu mich vor und dich hernach des himmels satz
um schuld verurtelt hat, ist ein ergänzter (d. i. von einem andern
einijenommner) platz,
bei mir zuvor, bei dir hernach. Locau 1, 220, 8;
die zahl, die wähl ergänzen ; ein ergänztes bruchstück ; den
mangelhaften beweis ergänzen ; der angeklagte hat seine aus-
sage hernach ergänzt; was ihm noch zum Timon fehlte,
ergänzte ein mantel. Wiela.nd. gegensalz entgänzen, zer-
gänzcn.
ERGÄNZUNG, f. refeclio, supplementum.
ERG.\NZLNGSBAND, m.
ERGÄNZUNGSBLATT, n.
ERGÄNZUNGSEID, m.
ERGÄNZUNGSKR.\FT, f reproduclionskraß.
ERGÄ.NZUNGSMANNSCHAFT, f
ERGÄNZUNGS.MITTEL, n.
ERGARNEN, laqueo, relibus capere, im garn fangen, vgl. um-
garnen.
ERGÄTEN, s. crgeten.
ERG.\TTEN, ein seltnes, in seinen bedeulungen nicht genug
aufgehelltes worl; wenn galten jüngere, begatten conjungerc,
zugesellen, zureichen ausdrückt (1, 1278), könnte ergatten so viel
sein ah recipere, erholen:
als er sich liesz ergatten (erreichen).
Breuhes gciliclilc 1637. J2'.
«n folgender bekannten stelle Hlttess bedeutet sich ergalten, sc
recolligere, sich erholen:
wil nur. ir <!•]], i nit raten
dis I' ■ n,
ir» ^. u ergatten,
als ii :. ........ ^i lian.
fo i«t mir kiü. hie mit ich scheid,
wil mr-ngon basz die karten,
bin unverzagt, ich hahs gewagt
uud wil ii«s eod.i erwarten.
UuLAfii 919. Hütte;« 5, 376.
ERGATTERN, clanciäum adipiui, crwisclten, erbasclwn, ligml-
lich durcits galter, giltcr ersehen, eireichen, weil nadi aUiU-ut-
:cliem brauch dem, der ein haus nicht betreten durfle, fiher das
ißter hinaus gereicht wurde: die hiincr soll mir kein fuchs
••rgal'.ern; er hat es gieithwol seinem wünsch nach ergattert,
roU tandcm compos l'jtetiter factus est; er hat ergallcrt was
man wider ihn geschmiedet, aucupnlus est ex insidiii machina-
tntnt$ omnet, quae contra eum intcntabantur. Stieleb 5i»3;
nun meinten damals alle Icule, ich würde was rechts davon
tragen, weil ich eine ungleiche numiner ergattert hlllle.
Hdulmuftky 2,31; endlich so lief da» pfcrd gar zum Ihore
liinauR in ein ttürk hafer, da dachte ich nun, ich wolle es
••rgaltcm. 2.41; und weil so vorlreflich guter wind war, «o
ergallcrte ich ihn [den Harn Itarlh) noch mit dem Stern-
gucker. 2, TS; war au. U ho glücklich einen »chlüssel von
der gleichen gröszc zu ergattern, rrry. ./-r ;..'.- ?r,2; Adrian
kömmt hinter ihre schliche und ergallerl dieselbe nebst
ihrem galane in völligem licbesacte. westf Robinson 160; um
den zu ergattern, musz er wol auch noch sein vermögen
dran geben. Tieck ges. nov. 6,136;
die den pelz, den im barharenland sie sich mit müh ergattert,
lur Apollos mantcl halten, der in Teiupcs lütten flattert.
Platkn o;.'.
vgl. aufgaltern, ausgalleni, erlauslern. ein mhd. ergateren
Tundal. 50, 2S ist wol in erdateren terreri {oben sp. 740) zu bessern.
ERGEBEN, gotli. usgiban, ahd. urkcpan, arkepan, irkßpan,
alls. dgehan, ags. ägifan, mhd. ergeben.
1) tr. ergeben, tradere, hingeben, überliefern: sich under das
joch ergeben, jugum accipere. Maaleh 110'; denn welch volk
seinen hals ergibt unter das joch des kOniges zu Babel und
dienet im. Jer. 27,11; ergebet ewern hals unter das joch.
27,12; ergib deine füszc in ire fessel und deinen hals in
ire halseisen. Sir. 6, 25; und ergebt ewren hals unter ir joch.
5t, 34; es ist der Römer weise nicht, das ein mensch erge-
ben werde urabzubringen, che denn der verklagte habe seine
kieger gegenwerlig und räum enipfahe sich der anklage zu
verantworten, apostelg. 25, lo ; sie sollen bitten, er herr Leon-
hart würde inen ergeben zu dorn schwcrt. Lltiier 3,418';
vergangen irrsal Christo unserm seligmacher zu ergeben {an-
heim zu geben). 5,108'; wiltu die nit harein (ins kloster) las-
sen, die harein ergeben sind und gehören ? Euleusp. A»>/. 89 ;
die kleine trübe neige leben
ist er in seinem gott gemeint
der geistlichen beschauung zu ergehen. Lessi?(c 1,8;
welcher der götter ergab sie der Zwietracht sich zu befeinden?
BÜRCKR \h:t'.
2) refl. sich ergeben, sc dedere, in mehrfacher anwendung,
a) ganz sinnlich, cedere, nachgeben: das holz ergibt sich,
gibt dem biegen nach;
wand sich daj holz nicht ergit,
«j hat sich lange des gewent,
daj sichj von zugen nicht endent. pass. U. 49, 48;
'wir ziehen? (dns holz) üj einander wol,
ziuch du hin und ich her.'
'ow6, lieber herre, wer
feworcht ie solches wörches icht?
aj holz ergit sich leider nicht.' c/iin//i. Jesu 97, 71,
wo Feifalik 1400 liest minder gut zergft; sobald du nun
spürest, dasz sich die härte umb etwas ergeben und weich
worden. Uffenbach 2, 204.
b) sich gott ergeben, goth. sik atgiban : ergaben sich selbs,
zuerst dem herrn, und darnach uns durch den willen golles
(golh. sik silbans atgebun frumist fraujin, |)alinJh [lan uns
jjairh viljan gu{)s). 2 Cor. 8, 5. 'sich gote ergi-ben' ist mhd.
so viel als sich gott befehlen, z. b. Lanz. 1907; man sagte auch
sich an gott, in goltes dienst, schütz und willen ergeben:
wer sich in Christo nicht crgeit,
weil er lebt in der gnadenzcit,
ewig musz er verderben. Hinkwald yeisll. I. 177:
alles was schmücket, was zieret, was mahlet,
hat sich an unsere eöttin ergeben,
bei ihr zu dienen, ihr eigen zu leben. Locau 3, 213;
unsere mutler, was ich nachher so oft wiederholen hörte,
hatte sich in den willen gottes ergeben. Göthk 22. 2ül.
c).sich dem sieger, dem feind ergeben: wir haben uns
müssen Egypten und Assur ergeben, klagl. Jcr. 5,0; das wir
uns dem Holoferni williglich ergeben. Judith 7,15; die be-
satzung streckte das gewehr und ergab sich; die Stadt, die
festung muste sich nach langer bclagening ergeben; die
Soldaten ergaben sich ohne gegenwehr; zu diser zeit war
groszer hunger im lande, das sich alles volk Bacchidi er-
gab. 1 Af Jcr. i), 24 ; das mädchen ergab sich ihrem liebhaber:
dieser ergab sich endlich dem ernstlichen zureden der n»gen-
tin und den ungestümen wünschen des \oiks. ScniLtEB !>2>'.
(/) bildlich, sicli ergeben, hiufieben, iWx'r/dxsen .• ergaben sich
der Unzucht. £)Vi. 4, 10 ; er ergab sich dem tnink, den aiN-
schweifungen, allen lästern, in /lulem sinn: ich will mich
nun ernsten Studien ergehen; ergab sich der recbisgelebrt-
lieit. GöTHE 3S, 2.33; auch er ergab sich der vergleichenden
anatomic mit lebhaftigkeit. &o, 220; doch konnte er dem
peupielen nicht mehr ausweichen, und so ergab er sich in
Miller trauer der gesellschaft. Tieck ges. nov. <i. 297. anslult
des diit. findet sich auch die praep, in: das ir nirhl haddert,
mich in unliisl euch gegeneinander ergebt. Litiier 3,421*;
vorm untergnii ><iien kann,
da wird ein \\t
mit guter ari »ii n i» .irn «m.i rfg.'lion. WntiNi, '
817
ERGEBEN — ERGEHEN
ERGEHEN
818
wird deijeuige leicht ermessen, der bedenkt, dasz nun mit
der ausspraclie, in deren Veränderung man sich endlich wol
ergäbe, zugleich denkweise, einbildungskraft, gefühl, vater-
ländischer Charakter sollten aufgeopfert v\erden. Göthe 25, 57 ;
ich ergab mich aber in mein Schicksal. 25, 351 ; man müsse
sich in das unvermeidliche ergeben. 48, 190 ; ich habe mich
nun darein ergeben, früher begegnet auf: ursach ist die, das
es die Vernunft nicht vermag sich allein auf den glauben zu
ergeben. Luther 3, 2bü' ; noch heule, si(Ji auf gnade und Un-
gnade ergeben.
e) sich eines dinges ergeben (begeben) : wer sich des ergeben
wil, das gottes reich in in kerne und gottes wille geschehe.
Luther 1,78'; des müssen v*ir uns ergeben, es wird doch
hie nicht besser. 6, 45* ; das er im furgenummen, die wit-
tembergischen zu lästern und schmähen mit liegen und trie-
gen aufs ergist er mag. er hat slchs ergeben, uu helf golt
der v^arheit. br. 1, 322 ; aber die Türken habens zu viel ge-
macht, drumb die pügrimme alle sind verzaget worden und
sich des todes ergeben haben. Micrälics 3, 475 ; des musz
er sich ergeben. Acricola spr. 207.
/) es ergibt sich, geschieht, erfolgt: er fürchtete eine lei-
denschaftliche scene, als er herein trat, ergab sich gerade
das gegentheil. Göthe 20, 174 ; und sich so wenig darnach
ergibt, wie nach einem tumulte des gemeinen volkes. Tieck
1, 49 ; wenn der ausgang sich so ergeben sollte, wie er mir
ist versprochen worden, ges. nov. 6, 49 ; es ergibt sich nichts,
die saehe bleibt ohne folge; daraus ergibt sich, inJe scquUur.
?•) inlr. ergeben, ertragen: das land ergibt wol, ist ergibig;
wol ergeben, vil frucht ertragen. Maäler 110'. versieht man
darunter den acc. frucht, so icird die bedeulung transitiv.
ERGEBEN, deditus, devolus, addictns, einer der sich gefangen
und zu eigen gab, wird Itäußg adjectivisch verwandt: ergeben
mensch. trets/A. 1. 53; der liebe ergeben, deditus amori; allem
müsziggang ergeben. Maaler 110'; damit habe ich aber nicht
gelert, das mau den gefangenen und ergebenen nicht solle
bannherzigkeit beweisen. Lcther 3, 149'; ergeben in sein
Schicksal ;
wer dem leben ist ergeben,
musz das lieben sparsam üben. Logaü 1, 158, 73;
was sind viel jähr und langes leben I
wir sind doch all dem tod ergeben, pers. rosenlh. 1, 31;
dich sah ich und gestand dir frei,
dasz dir mein herz ergeben sei. IIagedor!« 3, 85;
sink, ein ergebnes opfer, am altare ! Schuxer 443*.
hieraus ist denn allmdlich eine hole, nichts sagende formet der
hüpidtkeit entsfirungen. ergeben, dgentiich in des herm geicall
und macht gegeben, stärker als hürig und gehorsam, gilt jetzt,
selbst in ergebenst, addictissimus gesteigert für weniger, man
sieht darin blosz die rorslcllung zugenei(^, geneigt, benevolus, was
doch wiederum anfangs supplex, zu füszen geneigt, ehrfurclilsvoll
zu ftiszen fallend bedeutete, alle höpicJien, höfischen Wörter, ihnen
auf den grund gesehen, geben einen strengeren, hirleren sinn.
ERGEBENHEIT, f. obsequium, officium, benevolentia : sollte
das nicht ergebenheit in das Schicksal einQöszen? Göthe
18,109; ich bethcurc dir meine ergebenheit, Zuneigung; mit
kindlicher ergebenheit ; mit innigster ergebenheit in gott.
ERGEBIG = ergibig. Lohexst. Arm. l, 814. 990. 2, 1016.
itjl. freigebig.
EKGEBLICH, über, fertilis, ergibig: nutzbare und wol cr-
geblichc guter, pracdia opima. Maaler 110'.
ERGEBNIS, n. evcntus, evenlum, erfolg, resuUat.
ERGEBL'NG, f. 1) dcdilio: bis die Stadt selbst in ergebung
eingeben worden ist. Frank weltb. 18*; das ccc tausent auf
ein einigs mal in ergebung des römischen volks sind kum-
men. 72"; die ergebung Dietenhofens selbigen jahrs im julio
beschehcn. Kirchhof disc. mit. 15; keine noth . . . treibet
eine festung so hart zur ergebung als eben mangel an was-
scr. 166;
wer von crgebnng spricht an Ostreich,
«oll rechtlo8 sein und aller ehren baar. Schiller 530*.
2) palientia, geduld, hingebung:
ergebung teuscht den gram. GorriR 2, 4 ;
dein wilder muth ist nichts als durst nach heldenlob,
ein beispiel sanfterer ergebung liegt mir ob. 2, 477.
ERGEHEN, goth. usgaggan, ahd. irgangan, irgdn , mhd.
ergün, alts. ägangan, ags. Agangan.
II ergehen, ejrire, im sinn des goth. usgaggan, ahd. argangan,
z.b. usgagg fairra inisl Luc.b.H; argang fon mir, exi a me!
T. 19, 8, ist nhd. umiebrdurhlich und musz dafür aii<golien
m.
weggehen, fortgefien gesetzt werden, wol aber sagen wtr noch in
abstracter anwendung: es ist ein befehl ergangen, exiit, ema-
navit edictum : die einladungen, die schreiben sind schon er-
gangen; meine bitte, frage ergeht an dich; das urtheil, der
Spruch, das recht oder goricht ist ergangen, wird ergehen;
wann dann die drei recht ergangen und gesprochen sein.
Reltters. C5; und noch jetzt, da das gericht über mich er-
gangen ist. Göthe IS, 131 ; an den verschiedenen Schicksalen,
die während dieser zeit über meine art zu denken und zu
empfinden ergangen sind, muste nothwendig auch dieses
werk theilnehmen. Schiller 760*. namentlich lieiszt es auch
in dieser bedeulung 'ergehen lassen', ausgehen lassen: der könig
hat den befehl, das gesetz ergeben lassen; man läszt ihm
das kriegsrecht ergehen. Fronsp. 3,151*; so musz man das
recht drüber halten und ergehen lassen. Rectter s. 50 ;
darbei man merket gottes Ion,
wer rechte urtheil läszt ergan. Schwarzeübbrc 117, 2;
gnade für recht ergehen lassen. Gotter 1, 432. 3, 79 ; nahm er
sich doch vor, bei Überreichung des briefs ein strenges gericht
über den ungetreuen freund ergehn zu lassen. Göthe 19. 261.
2) ergehen, evenire, vor sich gehen, geschehen, meistens un-
persönlicti: und wie er uns deutet, so ists ergangen {vulg.
postea rei probavit eventus). 1 Mos. 41,13; wie-dein knecht
gesagt hat, so isis ergangen. 2 Sam. 13, 35 ; mit allem seinem
königreich, gewalt und zeit, die unter im ergangen sind.
1 cAron. 30,30; und ist also ergangen, gleichwie gepredigt
ward. Zachar. 7, 13 ; zeichen und wunder weisz sie zuvor imd
wie es zun zeiten und stunden ergehen sei. weish. Sal. 8,8;
denn sie gedachten noch daran, wie es ergangen war im
elende. 19, 10 ; warlich ich sage euch, dem lande der Sodo-
mer und Gomorrer wird es treglicher ergehen am jüngsten
gericht, denn solcher slad (vulg. tolerabiiius erit). Maith.
10, 15; lieben menner, ich sehe, das die schiffart wil mit be-
leidigung und groszem schaden ergehen, apostelg. 27, 10; hätte
mich auch solcher Vertröstung nach versehen, sein handlung
soll dermaszen ergangen sein. Lcther 1,139'; gottes willen
musz geschehen und ergehen. Schweimchex 1,9; und ist
noch unlängst in Holland ergangen, dasz ein arm bögerig
oder buckelecht weiblin iren hoger und buckel dahinden ge-
lassen hat. tienenÄ. 141* ; die sache ergieng folgender gestalt.
rockenphii. 2,55; es ergeht mir wol, ganz nach wunscli;
wie ists mit den krügen ergangen? Göthk 1, 227;
ergehts euch wol, so denkt an mich. 1,179. 18,207;
aber wie ergehts
dem alten blinden vater? Schiller . . .
das crgangne ist das vorgegangne, vorgefallne, gesch^iene: sin-
temal sichs viel untenvunden haben zu stellen die rede von
den geschichten, so unter uns ergangen sind {vulg. narra-
tionem quae in nobis completae sunt rerum, goth. insaht bi
})ös gafullaveisidons in uns vaihtins). Luc. 1.1; so ich ver-
neme, das man aufrichtig und warlich die ergangenen dinge
offenbaret. Drvanders rorr. zu Hans Stade 91; also erzalt er
inen alle ergangne sach. Aimon D 2*. in der geriehtssprache
ist die rede von den ergangnen, aufgelaufnen kosten, das
praet. wird, wie die belege zeigen, meistens mit ist gebildet, zu-
weilen mit hat :
gib antwort du, wie hats ergangen? H. Sachs V, 362';
so lange dir es hat nach deinem wünsch ergangen.
Opr« 3, 271;
wie auch heule geschwankt wird zwischen ist und hat gegangen.
man merke noch 'es ist um mich ergangen' = geschehen,
actum est:
0 waidmann, urob ein anderen!
umb disen birschen ists ergangen, ätrer 453'.
der mhd. Stellung ro» ergß (eveniat) nach wsne und wwtlich in
den schlusz der versc (iVj*. 34, 4. 617, 4. 1272, 4. 1275, 1. 2050, 4.
2055, 4. Bit. 11173) kommt späterhin nichts bei.
3) refl. sich ergehn, eundo, ambulando se reficere, lustwan-
deln, spazieren gehen imhd. wb. 1, 472") ; die beine werden mir
steif, ich musz mich ergehen; sich eine Tiertelstunde im
garten ergehen ;
so o(t ich pflege hier hei euch mich lu ergehen. Opitz 1,132;
als ich auf den dunen des Lido, welche die venezianischen
lagunen von dem adriatischea meere sondern, mich oftmals
ergieng. Göthe 31. 15 ; wo mein augc sich schon im voraus
unter den banmstämmen ergeht. Tieck 4,78;
ach wie schön musz sichs ergehen
dort im ewgen Sonnenschein ! Schiller 48* :
sie durfte frei im freien sich ergehen.
52
819
ERGEHEN — ERGEIZEN
ERGELLEN— ERGETZEN
820
hab ichs euch doch schon erzählet,
wie in einer soniniernaclit
Ich den in dem nahen walde
iniCl» lustwandelnd einst ergieng.
Grillparzer ahnfrau auft. 1.
man braucht es häufig für sich verbreiten, sicli gehen lassen, aus-
lassen, einlassen, gleichsam ragari, ambulare: sich in spässen,
in breiter crzählung ergehen;
nun lasit auch niederwärts, durch erdgewalt
herabgezogen, was sich hoch geballt,
in donnerwettcrn wüthend sich ergehn,
heerscharen gleich entrollen und verwehn. Göthe 3, 106;
nun sollte Lucidor zu dem oberamlmann hinüberreiten, die
herangewachsne schöne naher betrachten, sich einige wochen,
zu gewohnheit und bekanntschaft, mit dem gesammthause
ergehen. 21, 133 ; der alte Vorsitzende mochte sich in wechscl-
geschichten gern ergehen. 21, 138 ; der söhn ergieng sich in
hofnungen eines baldigen avancemenls. 22, 53 ; Schlosser und
Merk thaten sich keinen zwang an -und ergiengen sich über
manches so offen, als wenn kein fremder dabei wäre. 26, 161 ;
dasz sie zuletzt ungeduldig und wohvoliend dringend bat,
mich nur nicht immer in die luft zu ergehen. 20,199; dasz
ich mich über diese gegenstände in allgemeine betrachfungen
ergehe. 28, 123 ; eine dame, in den zartesten tönen sich auf
dem flügel ergehend. 29,289; eine physisch glühende natur,
mit einer gewissen einbildungskraft begabt, die aber ganz in
hohlen räumen sich ergieng. 31,62; das gepenstück jenes
Schildes, an welchem der reisende in das südliche Frank-
reich sich so umständlich ergeht und ergötzt. 31,235; da in
einem problematischen falle eines jeden meinung sich nach be-
lieben ergehen darf. 44,204; melodien, die in einfachen tönen
einherllieszen, sich meist in weicher tonart ergehen. 46, 307 ;
dieses vaudeville ist das erbtheil der geselligen Franzosen,
worin sie sich von jeher überschwänglich ergiengen. 46, 331.
4) das refl. setzt ein tr. ergehen, ei»i(/o conscqui, einholen
toraus, doch ist es ungewöhnlich: ergehet inen {belrilt ihn) der
furster darüber, weislh. 2, 582. man sagte ehmals auch die
schuhe ergehen, auslrelen : eigenschaft eins waren bilgcrs ist,
das er hab zwen schü, nit zwen nüw schu, sunder alt und
wül gelimmelt, wenn in den nüwen schuen gct man gar
übel, sie zerficken einem die füesz. also ist ouch einem
christenen bilger not, das er hab starke wol ergangne schu.
Keisersberc bilg. 90*.
ERGEIGEiN, sich durch geigenspiel erwerben, verdienen:
frommer Haiton, hochgepriesen I
der zum ersten sonnenglanz
hast ergeiget auf den wiesen
manchen schmucken lorbeerkranz. Spkk tnUtn. 278 (306) ;
er hat sich die braut ergeigt.
ERGEILEN, exhüarare, recreare, froh, geil, übermütig machen :
mild. ich mein die minne,
diu manges tnlrgen sinne
mit freuden helfe ergeilet. Parz. 733, 5;
er wart an allen dingen
erjunget und ergeilet, tr. kr. 11053.
tihd. sich ergeilen, sich erlustigen, erheitern, in üblem sinn:
wiltu dich gnug erhüben, ergeilen, so machstu daraus ein
gewonheit und natur, der du kein widerstand kanst thun.
Kba5k paradoxa 60"; ist doch nichts dann volle weis, trun-
kene räth, aus volle des wcins reden sie, ergeilend sich in
demsclbigen, wie dann ein jcdlicher trunkener mensch thut.
Paracelsus 2, 410*; sich mit einander ergeilen (mutwillen
treiben). SeMZ 147;
an meim bittren elend hönisch sich ergailet. Meussus ps. J 1".
fehlt in den xcMerbüciiern. ahd.^gall irgcilisön luxuriati. Ghaff
4,183.
ERGEISTERN, inspirare, begeistern:
damit ihr gmfiter erregen,
das sie crgeisieret nützliches was offenen mögen. Garg. 40*;
die music gebiehret freude, welche unsern jammor end,
und ergeisterl die»e» leben, da« »ich» zu dem himmel wendt.
llAiiaANn zur poclerei 159.
ERGEISTERUNG, f inspiralio, begeislerung : daran« ihr die
orarulisch Iripodisch poelisch crgeistcrung ersehet. f«irg. :i4*.
ERGEIZEN, eomparcere, durch geiz eriecrbrn , ziisumvin,
tekarren. He>iI8CB 1447,10:
6»n ich die »tAdt in den flammen v«meuc,
iut leb crgeizete »chftiz hemm streue. Grtpbici 1, fll8;
lind wflrh rin rcf Iit
ergei/'
bewoi
ERGELLEN, inclamare, resonare, aufschreien, erschallen, mhd.
ergüllen, ergal:
da herte wider herte in dem stürme ergal. Gudr. 1444,2;
swcr in (den hund) sielit iimb du; dr bal,
von einem slage er ergillet
und doch ie möre billet,
danne er da vor tsRte. kröne 1500;
unbesungen sint diu tal
da vil manec stimme erhal,
dur diu ören süeje in sende? hfrze ergal. MS. 1, 30*.
n/irf. die vogcl laut ergellen
von herzesüeszera sang. Hätzl. 18, HS;
darumb man fleiszig achtung haben soll, wann das kind im
schlafen oder wachen also ergellet, dasz man dieses schnell
aufhebe. Würtz practica 466.
ERGELLEN, concutere, erschcllen, mhd. ergcllen, ergalte: es
erhub sich ein erdbidem, dasz hiedurch sonderbare und ge-
meine gebäu (tarn jmvatae quam puhlicae acdcs) nicht nur
ergellet, sondern auch zu gröszerem theil in ein häufen ge-
fellet wurden. Scheucozer 1,123.
ERGELTEN, rependere, vergelten. Tobler 171*.
ERGERN, s. ärgern 1,548.
ERGESEN, defervescere, ausgährcn, ergähren, vergähren, die
mhd. form würde lauten erjgsen, von jösen, jas, jircn, gejescn,
wovon unter gähren näheres, der alte ausdruck hatte sich noch
im 16 jh. zu Joachimsthal erhalten, ich weisz ihn nur aus Ma-
TiiF-sius Sarepta zu belegen: pflegen sie {die bergleut) auch zu
sagen 'wir sind zu spat kommen', dergleichen, wenn sie
ein ergesen erz berüren, das ausgesogen ist, als weren die
hienen drüber gewest. 1562,50' «= 1587,36*; bei uns sind
sie {die magnete) gemeiniglich cisenfarb und etlich plaulicht,
licht [dicht), etlich ergesen, die sich reren {ablösen, abfallen).
1562, 202' = 1587, 142*; ausgesogen, dergesen und gar ver-
brant. 1562, 224'. also vergohren, ausgesogen, zerfallend, zer-
bröckelnd, s. Frisch 1,329*.
ERGESSEN, oblivisci, ahd. irgöjan, mhd. ergejjen ist nhd.
ausgestorben und durch vergessen ersetzt.
ERGETEN, sarrire, ausgälen, ergätcn, erjälen, mhd. eijeten,
seligere :
des herze ie valsches was erjeten. Parz. 317,12;
ir herren herze was erjeten. Wh. 347,4;
nhd. und hat euch zu eim holz ergeten. fastn. 584, 1,
d. h. zu seiner tünzerin erlesen, glächsam zu einem reis in seinen
kränz.
ERGETZ, m. oblectamentum (ergatz schiene ridüiger und dem
ersatz gemäsz):
wer nutz und wer ergeiz recht scheidet und recht mengt (qui
miscuit utile dulci),
verdienet, dasz man ihn mit lob und rühm beschenkt.
LoGAU 1, 109, 58;
in einem weiberrocke,
in einem bienenslocke
steckt schaden und geniesz,
ergetz und auch verdriesz. 1, 133, 74.
ERGETZBAR, qui dclectari potest, doch STtEi.ER 896 nimmt
es = crgetzlich, dcleclabilis, die bildung ist wie von ersetzbar:
so ergetzbar hatte sie den könig der könige in langer zeit
nicht gesehen, alles was sie zu seinem vergnügen angeord-
net halle, erhielt seinen beifall. Wieland 8,452;
oh er gleich, bei silhergrauem haar
und taubem ohr, kaum noch ergetzbar war. 10, 193.
ERGETZEN. ERGÖTZEN, ahd. irgezan, irgaita (Graff
4, 279), mhd. ergeizen, ergazte (mhd. wb. t, 544), vergessen machen,
dauert noch heute fort, wälirend das ihm zu gninde liegende in-
Iransilivum verloren, utid vergessen an seine stelle gi-treten ».<!.
umgekehrt felül uns ein transitives vergetzen. der ahd. jhiral-
Mismus zwi.'ich'n irgejan und irgezan, der mhd. zwischen er-
gi'55en und ergeizen ist also heutzutage vtrwischl. dasz viele
ein ö I« diesem worle schreiben, geschieht wie auch in anderu
(otcn sp. 3. 4), rfofA «(T wollte für netzen, setzen schmben
nützen, sölzen? das praet. hat nlul. deti rücicumlaut veihren.
1) ergeizen mit acc. der person und gen. der sacht ti-drulct
einem etwas vergüten, er.tetzrn, um dafür entschtiJtgen. marhcH
dasz er seinen virlusl vergesse, im voc. 14S2 g7' rejundnc,
widerlegen :
als {alte») iKibsuls würdesiu ilorl ergettt.
Sruw*R»ii!«»i'.»i. t'.O, 2;
und Klirb Ich, aU du zweirel »ctisl.
der narhjtl muh mir dich de» ergeiri
der «i alles lidens rrgelAel. Keisfroii. /'»/<;. "«i"; K"' "i" ■^<
des taiisrndfalliklichen eip.'tzen. sifni .»cAcirfm 4 ; f\ ii es leid»
821
ERGETZEN
ERGETZEN — ERGETZLICllKEIT
822
in ewigkeit ergetzen. Luther 5, 9' ; die sollen gesettiget, das
ist ires hungers und dursts ergetzet werden. 5,355*; der
dich des Schadens wol ergetzen kan. 5, 419' ; aher es gilt
uns etwas anders, denn wir hie suchen und erlangen mögen,
das uns des leidcns und jamers wol ergetzen kan. 6,24S';
und wird dich deines leids wol ergetzen. 8, 335'; sie wil
mich des ergetzen mit irer lieb und trew an mir. 8,366';
die in als ein sun seins leids mit einem guldin oder zehen
ergötzen. Frank weltb. 130*;
wir wollen euch dessen ergötzen. Ayrer 12';
das wir unser kriegsvolk entsetzen,
sie lang gwarter (crrcarteler) hofnung ergötzen. 361";
ein bawr der schrei, es möcht uns letzen,
wer wolt uns des ergetzen? Ambr. Ib. 1T5, 152;
solche hübsche leute hatten erlaubnis mich zu besuchen und
meines leides zu ergetzen. Wielasd 25,325. heuU ist dieser
gen. ungebräuchlich.
2) ohne gen. der sache hat ergetzen die bedeulung von recreare,
deledare, laben, erquidcen, erfreuen:
auf bitt er mich mit rath ergetzt. Schwarzenberc 153, 1 ;
ich hatte viel bekümmernisse in meinem herzen, aber deine
tröstung ergetzeten meine seeie. ps. 94, 19 ; züchtige deinen
son, so wird er dich ergetzen und wird deiner seeie sanft
thun. spr. Sal. 29, 7 ; ja, ir sollet an Jerusalem ergetzet werden.
Es. 66, 13 ; da ward sie ergetzt widerumb. Fischart ehz. 58 ;
braut, dieses ist der tag, den Venus angeseuet,
dasz ihr die jungfrauscnalt zu letzte noch ergetzet.
Fleming 169;
die flamme so verzehrt
imd ebenwol ergetzt. Grtphics 1,23;
wen gold ergetzt,
mag in der flut am felsen scheitern. E. vo^ Kleist 1, 22;
dein flattersinn ergetzt
den schadenfroh. Borger 1"';
sehr hat mich ergetzet dein lustiger schwank,
drum soll dich auch wieder ergetzen mein dank. 6"';
ach eine schöne frau ergetzet uns unendlich. Göthb 7,46;
euch zu gefallen war tuein höchster wünsch,
euch zu ergetzen war mein letzter zweck. 9, 119;
und ergetzen unsre brüst
mit freundschafl und gespräches lust. 13, 65;
durch solche darsteilungen, die mich gar nichts kosteten,
machte ich mich bei kindern beliebt, erregte und ergetzte
die Jugend und zog die aufmerksamkeit älterer personen auf
mich. 25, 365.
3) seltner erscheint ein ace. der sache:
dannit er vor den muth, jetzt auch den leib ergetzt.
Opitz 1, 62;
damit ich ewer bschwär ergetz. Schselzl Saut 14';
was kann sie wollen? euer leid ergetzen. Wielasd 26,59;
und tnil einem dat. der person:
oder hat der feind ihm durch dein blut
ergetzet seinen zom? Opitz 1, 228.
Schweiz, einem das leid ergetzen, condolieren. Stalder 2, 165.
TOBLER 171*.
4) refl. sich ergetzen,
o) mit gen. der sache: da wil ich mich meiner mühe und
meines herzenleides ergetzen. Jer. 8, 18 ; zu nacht leben ?i
wol und ergetzen sich ihres Unglücks. Frank treüfr. 99' ; seind
sie sich ihres vorigen erlittenen kummers zu ergetzen be-
gierig. Kirchhof mit. disc. 117;
wenn ihr recht thut zusammen setzen,
thut ihr euch alls Unglücks ergetzen. ätrer 54';
alsdan mein got, wan deine macht
gexücbtiget die mich rerlötzen,
und mich, des laids mich zu ergötzen,
durch dieses trübsals nacht gebracht. Weceherlin 59;
dasz sie sich des Schadens ergetzen möchten. Philand. 2, 605.
auch dieser gen. erlischt späterhin.
b) ohne solchen gen. sich ergetzen, sich erfreuen, vergnügen:
lasz dich ire liebe allzeit settigen und ergetze dich alle wege
in irer liebe, spr. Sol. 5, 19 ; denn wer hat frölicher gegessen
und sich ergetzt denn ich ? pred. Salom. 2, 25 , ir soll saugen
und euch ergetzen von der fülle irer herlichkeit. Es. 66.11;
so doch, das ich zuvor mich ein wenig mit euch ergetze.
Rom. 15, 24 ;
Diana stellt die netze,
dasz sie den langen tag mit hetzen («. /.) sich ergetze,
Fleming 150;
dasz feld und sUtte sich an dir vollauf ergetzen.
Opiti 1, 22;
herr und freund, ihr müst es zeugen, wie sich gott mit euch
ergetzt,
euch nach vieler angst und trauern nun in fricd und freude
setzt. LocAü 2, 142, 7 ;
sogar Antonin pQegte sich an den spielen meines kleinen
hofes zu ergetzen. Wieland 25, 27 ;
das (grab) find ich auch, bin ich gestorben,
ists drum nicht klüger erst ergötzt? Gökingk 1, 205,
d. h. das2 man sich erst ergetze, lustig mache;
auch dein geruch wird sich ergetzen,
dann wirst "du deinen gaumen letzen,
und dann entzückt sich dein gefühl. Göthe 12, 75;
er wird sich gleich in eine pfütze setzen,
das ist die art wie er sich soulagirt,
und wenn blutegel sich an seinem steisz ergetzen,
ist er von geistern und von geist curiert. 12, 217;
wie wird euch Balandrino schätzen,
an eurem Umgang sich ergetzen. 13,65;
als man mit einiger Schadenfreude sich darüber zu ergetzen
anfieng. 18,294; wie ich mich daran ergetzte. 24,13; lustige
geschichfe, an der sich die schalkischen urheber bis an ihr
lebensende ergetzten. 24, 14 ; weil man aus Italien kommend
sich an nichts mehr ergetze. 24,47; dann erzählte sie mir
umständlich, wie sie sich sonst an mir ergetzt. 24, 53 ; man
ergetzte sich einstweilen in freier luft. 31,94;
und so sasz das trauliche paar, sich unter dem thorweg
über das wandernde volk mit mancher bemerkung ergetzend.
40,236.
ERGETZEN, ERGÖTZEN, n. ddedatio, delidae, vergnügen
Stieler 896:
die schöne will sich niedersetzen,
wie, geh ich oder bleib ich stehn?
o du gefährliches ergötzen !
kommt, musen, kommt wir wollen gehn.
Rost im taschenb. fiir dichter 6, 118;
und bald empfindest du mit innigem ergetzen.
wie sich Cupido regt und hin und wieder springt.
GöiHE 12, 135 ;
wenn er zu müszigem ergetzen
die polster uns zurechte legt. 12, 82;
es ist ein grosz ergetzen
sich in den geist der zelten zu versetzen. 12, 38;
aber auch zu heiterm ergetzen ist dieser räum bestimmt.
21. 122. vgl. ehrergetzen, leidcrgetzcn, schandergetzen.
ERGETZER, m. recrealor, obleclalor. vgl. leidergetzer.
ERGETZERLN, f. refrigeratrix, leidergetzerin. Stieler 896.
ERGETZLICH, obleclans, jucundus, gratus. Dasvpodils 321':
weil ilzt magister N. wider zu e. £ gn. zeucht, sich ergetz-
lich zu erzeigen, habe ich nicht wollen in lassen one meine
Schrift komen. Luther 6,167';
wie kam es, dasz, da Job halt alles eingebüszet,
was ihm ergetzlich war, dasz er sein weih nicht misset?
Logad I, 31, 8;
soll ein ergetzlich kus
sein besser angewehrt als auf des pabstes fusz. 2, 14;
Stille nachbarn, geprüfle freunde trugen zur ergetzlichen
Unterhaltung das vorzüglichste bei. Göthe 31, 100.
ERGETZLICHKEIT, f. oblectamentum, recreatio, gratificatio,
häufig mit dem nebensinn von remuneralio, Vergütung, Verehrung,
erkamllichkeit, belohnung, trinkgeld: und damit sie auch in sol-
hem irem gueten willen verharren, so haben wir zu ergetzlichait
irs warten, so si gethan haben, iedem ort drew hundert
gülden reinisch vereert. Cbmel Majcimilian s. 303 (a. 1508);
zu etwas ergetzlichait meiner groszen schaden, s. 310; und
die weil in den selben befelchen begriffen ist, mir uinb sol-
lichs zimliche ergetzlichait ze thuen, das aber noch hunzher
nicht beschehen. s. 347 (o. 1513); und ir umb solch heilig
werk, auch «uer mühe und kosten zimliche ergetzlichkeit
empfahen werdet. Lih-her 1, 461'; wiewol er oftmals umb
etliche ergetzlichkeit seiner treuwe und mühe nachgesucht.
Kirchhof trendunm. 46'; so sollen und wollen wir derselben
ihrer verlornen ros und schaden nach erkantnus unserer
kriegsräth ergetzlichkeit thun. Frossperg 1,33'; soll ihnen
dagegen durch den feldzeugmeister sonderliche Vertröstung
.einer ehrlichen ergetzlichkeit geschehen. 3,114'; nicht alleine
des exempels Adams, und um ergötzlichkeit willen ires kum-
mers. Sediz 2* ; hat mit jagen in wälden ergätzlichkeit wol-
len suchen. Reiszxer /erus. 2, 89'; wie soll ein junge an mir
einen gefallen und ergetzlichkeit haben ? pers. rosenth. 6, 8 ;
dasz daselbst {im paradiese) niemand arm, sondern alle reich
und voller ergetzlichkeit sein werden. 7,20;
ergetzlichkeiten. E. von Kleist 2, 168;
52*
823
ERGETZUNG - ERGIESZEN
ERGIESZÜNG — ERGLASEN
824
alle Zerstreuungen und ergelzlichkeiten. Wieland 6,27; ich
sehe es gerne, wenn meine leute sich nach der arbeit eine
kleine ergötzlichkeit machen. Weisze kom. opern 2, 23 ; der
gelbe laufer drängte sich auch herbei, seine ergötzlichkeiten
{trinkgelder) abzuholen. Güthe 28, 225.
EHGETZU.NG, f. dasselbe: und erwelet vil lieher mit dem
Volk guttes ungrmach zu leiden denn die zeitliche ergetzung
der Sünden zu haben. Ebr. lt,25; und das i. k. mt. seinen
f. gn. zu ergetzung irer itzigen mühe und arbeit ein summa
gülden allergnedigst vereheret. Lanz slaisp. Karl V. s. 533 ;
doch soll denjenigen, so sie gefangen, billich ergetzung und
Verehrung dagegen geschehen. FnoNspERC kriegsb. 3,27"; ich
geschweige, wie sie ihnen umb iren fleisz ergetzung thun
solten. AvRER proc. 1, 7 ; dasz diejenigen ewcrs Unglücks kein
ergetzung bekommen. 2,11;
soll er aber sein anrceht büsrcn,
so hat er kein ergötzung drumb. Atrer 31';
dasz ich, wider ganz gesund,
mög so vil ergötzuiig haben. VVeckherlin 156;
die jauchzen ümm ihn her auf der und jener seit
und sctireien in die lull, der glpiclierfreute himmel
sieht mit ergOtzung zu dem lustigen gctCimmcl. Fleming 64;
soll die strafe der schuldigen und der beleidigten ergetzung
über ein jähr nicht aufgeschoben werden. Opitz Arg l, 421 ;
CS gereichte allen zur ergetzung. s. gemülsergetzung.
ERGETZL'NGSTAT, f. perfugium i. e. locus refrigmi. voc.
14S2 gS*, zufluclUsort.
ERGIBIG, ERGIEBIG, fecumius, ferliiis, largus: ein ergibiger
boden; der acker ist ergibig; die quelle war ehmais ergi-
biger; wir hatten ergibige ernte; die bergwerke bleiben
immer noch ergibig ; ergibiger kalk, der beim löschen reichliche
ausbeute gibt; das Zeitalter war sehr ergibig an dichtem;
doch, spasz bei seile, hör er an,
falls ihm mein ernst beliebig!
ist denn nicht auch für ihren mann
poeterei ergibig? Bürger 40';
dies ist ergiliig, hoc per se palet. Stieler C50, das gibt sich,
ergibt sich von selbst, nach ergeben 2, a liesze sich auch sagen
das holz ist ergibig, gibt nach. vgl. ergäbig, ergebig, crgcb-
iich, ausgibig, nachgibig.
ERGIBIGKEIT, f.' überlas, ferlilitas, fruchlbarkeÜ.
ERGIESZEN, effundere, goth. usgiutan, ahd. argiojan, ir-
giojan, mhd. ergiejen, alts. aber niciU mehr ägiotan, sondern
ftigiotan, ttie nnl. uitgieten = ausgieszen.
1) transitiv:
ergeusz von neuem du, mein äuge,
freudenthränen. Klopstock 1, 138;
und des geopferten wunden ergieszen das ewige leben
strömender. Messias 8, 418;
so wie jeder sich mit ihm
allein befand, und sein crgicszend herz
die andern zwei nicht theilten. Lessing 2, 277;
tiefer sank nun die sonn, und ergosz vielfarbige Schimmer
durch das hangende laub. Luise 1,500;
reden, deren dunkler sinn
geheime schauer in mein herz crgieszt. Gotter 2, 23S;
doch der gewaltthat zürnend
ergosz er fluche auf der söhne haupt. Schiller 236';
den giftigsten ncid ergosz Voltaire auf Maupcrtuis. Beckers
ife% 10,398.
2) reflexiv : der Main ergieszt sich in den Rhein ; die berge
ergossen sich für dem herrn. richl. 5,5; sihe er hat wol den
felsen geschlagen, das wasser flössen und beche sich er-
gossen, p». 78, 20: und die ströme werden sich miteinander
heftig ergieszen. iveish. Sal. 5,24; und sie schrien zu golt,
und nach solchem gcschrei ergosz sich ein grosz wasscr-
strom aus einem kleinen brun. Esther 7, 7 ;
mein thrüncnwasier sich ergeuszt
und über meine wangen ncuszt. geistl. liod;
al« wann mit boniRdüisen
und andrem «üjzen nasz die llppen sich ergüsten.
LoGAU 3, 217;
frei ergieixe sich in meinen schmerz der deine !
Gottir 2, 46 ;
denn er durchtobte das feld, dem geachwollenen ströme rer-
gleicbbor,
welcher mit herbstlicher :flut sich crKcu^zt und die brücken
icrschfiilcrl. //. 5, HS;
ins Baierland, wie ein geschwollncr ström,
erfon sich dieser Gustav. Schillrr . . .;
t*\g^ Aifh dem Volk, das sonst
pi-i. :..i _•_ . j. . . j. ßpg^,g_ 437*;
' 'I lni(cn
»' '. uöTiiK 4, 19;
der Sturm legte sich und helle sanfte heiterkeit ergosz sich
über die ganze inscl. Klinger 3,264; wie ergieszt sich ruh
durch alle glieder. Bettise br. 1, 224 ; liesz die beiden freunde
allein in der schönen nacht mit den zwei vollen herzen
zurück, die in einander sich zu ergieszen lechzten. J. I'.
Hcsp. 1,56; das herz ergosz sich leicht und mild, wie eine
warme überschwellendc wölke, uns. löge vorr. x.\xi; hof und
hausnarren seiner lustspielc, welche sich mit zuviel bcwust-
scin unaufhörlich über ihren titcl ergieszen. bücherschau 1, 159.
3) das part. ergossen wird besonders aufgeführt.
EHGIESZUNG, f effusio, exundalio:
die ergicszung eines herzens
so zu verlenken. Lessi:^g 2, 2;»5;
gönne meinem herzen diese ergicszung, es wird frei werden.
Göthe 10, 168 ; als aber der verband der schönen stoischen
seele alles verdeckte, seine erröthung und seine ergicszung.
J. P. Hcsp. 1,20; aber so weit trieb seine träumerische und
nachttrunkene seele ihre gefährliche ergicszung nicht. 3, 146.
s. herzenscrgieszung.
ERGIFTEIS, acerbissime irasci, in giß und galle geralhcn:
welcher sich sowol als der canlor dergestalt ergiftet hatte,
dasz er kein glied stille halten konnte. Fehenb. 2, 437. in
der älteren spräche begegnet ergiftcn für vergiften, veneno im-
buere. pass. K. 90, 36.
ERGILBEN, mhd. ergilwen,
1) flavum reddere, mhd. wh. 1, 497*; welche matcri sich
under das blut vormischt, dasselbig verderbt und ergilbet.
TnuRNEissER prob, der harnen 50.
2) flavescere, pallescere, gelb, bleich werden :
des rittcr.'« weih ergilht und zittert,
der ritter ergrirabt und erbittert. IL Sachs I, 177';
zugleich ergilbten die wangen. Voss.
ERGINN'EN, hiscorc, os apcrire, mhd. ergincn {wb. 1, 52"), Jas
verdoppelte n bezeichnet die kürze des vorstehenden vocals:
in dem tusche si mich stic;
mit der viuste gen den brüsten, so daj ich ergint. Neidh. 47, 15,
wo der reim auf sint die ungewühnliclic apocope des c fo» erginle
herbeiführt, 'daj ich erginle' fncin/, dasz ich das maul aufsperrte ,
nach luft schnappte, vgl. Reinh. Kil. nicht anders in folgender stelle :
so ir aber schon erginnet band ze reden, will ich uch für-
kummen. Zwingli 1, 79, und wenn ihr schon den mund auf-
gethan habt zu reden, will ich euch doch zuvor kommen, diis
schwache mhd. erginen erginte, nhd. erginnen, erginntc musz
sich berühren sowol mit beginnen, begann (1, 1296) incipere, als
mit dem anfachen ginen, gein hiare und ahd. ginen, ginela,
worüber unler gähnen noc/» mehr zu sagen ist. der zu reden
beginnende sperrt seinen vxund auf, spaltet ihn, das ist die natür-
licliste deulung alles beginncns und erginnens. Stalder 1, 446
bringt auszer ginen und ginnen aucli aufginnen hei, das oben
1, 657 in da- schlechten Schreibung aufgicnen angetragen wurde.
ERGIRHEN, ingenmcere: auf dem dach ergirrt ein täubchen.
ERGHTERN, s. ergattern.
ERGLANZEN, relucere , s. erglänzen 1: erglänzen, vast
scheinen, vibrare, wirt vom meer geredt, wann die sonn
darauf kompt. Maalkr llo*.
ERGLÄNZEN, mhd. erglenzcn.
1) refulgere, mhd. erglenzen, crglcnzcte:
von golde ergleniret und erklanc
gar alluj ir grrciie. IIkimr. Trist. 4472.
nhd. am jüngsten tag würds als erg&nzt,
so wars und uiiwars dar erglänzt. Schwarzbhbiro 154,2;
denn an im alle fürstliche lugenden und freundlichkeilen
erglenzten. KiRcniiop wenduttm. 32'; hierauf ist ein groszes
Hecht vom himmel erglänzt. Reiszneb Jer. 2, 80*; das gefilde
erglänzt von Ihaii;
auf bunlen, bellen oder silbergrauen
gellldcn tag und nacht crglAnzen lichter. Götus 5, 198;
dann musz klang der glAser tönen
und nihil) dos wcins erglftnzen. 6, 12,
einen tntr, dor froh erglänzend
bunten schmucks der nacht entsteigt. 3, 75.
5) iUustrart, erleuchten, mhd. rrglenzen, erglänzte:
sumerwiinnn,
so du dino lichten tage crgirnxon will. tiSII. t, 150*.
nhd. ungnmesiner schein koII das Rosicht erglftnicn.
Opitz im Hugo (hiUmt t. 317.
ERGLASEN, ir» i»7ru»;i amverti, coartscert : scino äugen rr-
glascn ihm ; crglnscnt dein wurm seine augcn. Kellkrs grstn
Born. p. 10; der sand, kies erglasct in der giul des fruers.
». verglasen.
825
ERGLASTEN —ERGOSSEN
ERGÖTZEN — ERGRASEN
826
ERGLäSTEN, renidcre, lucere, die mhd form laulet erglesten
und erst im praet. rückumlautend erglaste {wb. 1, 547"), nhd. hat
sich das a gern auch im praes. festgesetzt, ubschon einzelne stellen
das tempus nicht deutlich erkennen lasicn : es werden schiaen und
erglastcn die gelerten. Schade sat. «. jiasq. 3, 22 ; wissent, so
die sonn wider den guldin adler erglastet, das man in wol
ein meil wegs weit sehen möcht. iimon 13"; die jungfrauw,
welche von geberden und klarheit ires angesichts in seinen
äugen also erglastet und erleuchtet. Ilugoschapl. 13; darin
sich gott spieglen und erglasten möcht. Frank uellb. 125';
und daselbst erglastet die stat Hierasalem mit dem tempel
Salomonis. 173'; dasz sich gott in ir, als die sunn in einem
stillen Wasser erglast, spiegel, liebsuche, finde, chron. 463';
obwol gott in, ob, under alle creatur weset, so erglast er
doch in nichte so gar als im menschen, lob des torecliten
irorts 160 ; in welchem all schütz des willens und geheimnus
güttes erglasten und ersehen werden, kriegsb. des fr. 194;
es bat mein schwert erglastet weit und breit.
BiRSEM Gueltis 1S7.
stirbt im IS jh. aus, fehlt auch schon bei Stieler. 5. durch-
glasten.
ERGLACBEN? bei den erglaubten heiligen der beiden und
Christen. Paracelsüs 1, 92'. heiszl das den geglaubten, erlaub-
ten, bewährten?
ERGLEISZEN, retädere, enitere, mhd. erglijen:
der gruni begunde erglijen, striien wart getan. Gudr. 449, 2,
ron den uaffen leuclüete der erdboden. Maaler 110* hat er-
gleiszen, enitere, ein hüllen glänz geben.
ERGLESTEN, renidere:
gelig-eniu zuht und scbame vor gesten
mugen wol eine wile erglesten. Walther 81, 13;
erglesten wie ein pfau, der seinen wadel erbreitet. Keisersb.
pred. 53*. s. erglasten.
ERGLIMME.N, ignescere. Sheler 671, das praet. teürde heule
lauten erglomm, mhd. richtiger erglam erlüsung 3036, ico man
300S englam liest, tcie auch nhd. erglimmen und entglimmen
yleichciel bedeuten, doch letzteres weil üblicher ist:
ich lösche die glänzende fackel
sanrt ihm aus, da erglimmt eilig vom purpurnen licht
diese andre. Uirder.
ERGLITZEN, sdntillare :
die sonn schosz ab so manchen strahl
und mehr und mehr erglitzet. Sfee trutzn. 173.
ERGLITZERN, micare, erfunkeln: das schwert erglitzerte;
die sunn durch hoch beum erglitzert.
WiciRA« irr. bilg. 70.
ERGLUCKEN, glocire: die henne ergluckt, hebt an zu glucken.
ERGLÜHEN, ahd. argluoian (Graff 4, 292), mhd. erglüejen
(wb. 1,551').
1) intr. incendi, incalescere: das feuer erglüht;
gleich dem purpurgewand erglühn die gepurpurten flügel.
Voss;
schamhaA erglühend, nahm ich den heiligen
rebschosz und hegt ihn. 3, 281;
die mordgewohnten banden
erglüheten vor schäm bei diesem anblick. Schiller 455\
2) tr. incendere, entflammen:
sie erglüt die herzen für und für. Flexing 574.
ERGNAPPEN, prehendere, caplare, erschnappen : die hunde,
welche im die kleider zerzerret und in auch bisweilen mit
ergnapt haben. Spasgenberc jagteufel 0 4".
ERGNIS, n. offensio, drgernis: dweil aber mir eingefallen
ist der grosz pracht und das unbrüderlich wesen unser pre-
diger, so man christliche leut vermeint, mustu (LtUher) mein
ergnis und anstosz, so du mir gemacht hast, vollends von
mir hören. Val. Icielsamer klag etlicher brüder. a4*.
ERGOSSEN, effusus, pari, praet. ron ergieszen: ich breite
aus den frieden wie einen ström und die hedichkeit der
beiden wie einen ergossen bach. Es. 66,12; Holand ist ein
seeigs und weidreichs land mit vil seen und mörströmen er-
gossen. Frasi tceltb. 61';
er verweint in wehklag ergossen
den beginn des daseins. Messias 20,674;
jetzt kam graulich die nacht des erdunkelten mondes, und
rastlos
regnete Zeus, laut sauste der west mit ergossenen schauem.
Od. 14, 45S;
aU sah ich dich schon um den nichtswürdigen, den ab-
scheulichen, in tausend thrSnen ergossen. Schiller 103'; I
gegen dich und deinen bruder |
in heulende Verwünschungen ergossen. 23S^; I
sie lagen zu den füszen
der heiigen Jungfrau, in gebet ergossen. 262';
aufgelöset und ergossen sang er in die saiten des gottes
der Schönheit. Herder 6, 238. vgl. geheulergossen.
ERGÖTZEN, s. ergetzen.
ERGRABELN, arripere, vgl. grabein, grappeln: das doUo-
sisch [toulouäsch] kammergericht hat noch nit alle allegaten
und . . . passos dubios recht ergrabelet und erstrabelt. Garg.
15S'. s. ergrappen.
ERGRABEN, effodere, exsculpere, goih. usgraban, ahd. arkra-
pan, irgraban (Graff 3, 303), mhd. ergraben {tcb. 1, 56l'), ags.
ägrafan neben ädelfan == ertelben.
1) aus dem grund, aus der erde, aus der bedeckung graben:
goth. veinagard ussatida manna . . . jah usgrüf dal uf mesa
(mlg. vineam pastinavit homo ... et fodit lacum). Marc.
12, 1, icürtlich, ergrub eine Vertiefung unter dem tisch, d. i.
der keller, ai^'^sv vTio).r}vtov, grub eine keltergrube, bei LtrrHER
grub eine kelter; andhulidedun hröt, jah usgrabandans in-
sailidedun |)ata badi (nudaverunt tectum et patefacientes
summiserunt grabatlum). Marc. 2, 4, ico usgrabandans dem
i^oov^a^•zss, patefacientes entsprichl;
ahd. dribi then thiob thanana ü^
ni liaji irgraban sinaj hüs. 0. IV. 7, 58;
legitanan thö ther eino
in sinaj grab reine,
ouh in alaniwaz
in felisön irgrabanaj. IV. 35, 36 ;
nhd. dann als der könig Wasso . . . das fundament oder, wie
der bawer sagt, das unten am end ergraben liesz. Garg. 31* ;
vom brunnen fem hab mir cistern
mit arbeit grosz ergraben,
nun find ich ja kein tföpflein da,
das nur die zung möcht laben. Spke trutzn. 84 (91) ;
tod, schmerz und krankheit wird ergraben und erschift,
und unsre speise macht der überflusz zum gifi.
Haller 144 (löl).
2) aus erz und stein, in erz und stein graben, cadare, sculpere :
ahd. irgrapanä (/. irgrapane) palmpoumd, caelatae palmae;
ags. ägrafen, sculptum ;
mhd. liste ergraben unde gesteinet. Serrar. 592;
alröt von golde üf siner hant
stuont ein köpf vil wol ergraben. Part. 146, 1 ;
der venster siule wol ergraben,
dar üf gewelbe höhe erhaben. 565, 15;
inme sper was sin nam ergraben. 479, 20 ;
ergraben üj amatiste. Wigat. 821;
wes bilde ist hie ergraben? Walthir 11, 25;
nhd. mitten drauf setzt man ein thurn,
die wand kunstreich ergraben wurn (wurden).
H. Sachs I, 173' ;
ergraben ding, sculptura. roc. 1482 gS'; in silber, in goid
ergraben, getrieben, opus eaelalum, inseulpium; die überzog er
mit dem besten gold, das ergraben und erhebt war mit pal-
men und laubwerk. Reiszner Jerus. 1, 37'.
3) anderes sinnliches, leibliches ergraben." goth. veitvddja auk
izvis, J)atei jabai mahteig vesi, augöna izvara usgrabandans
atgebei^ mis (cxpd'aXuovi vftdiv i^oQv^amsi, vulg. oculos
vestros eruissetis). Gal. 4, 15, hei Lcther, ir bettet ewer äugen
ausgerissen; sin hende und sin füeje die wurden im mit
den scarphen nageln ergraben. Grieshabeb pred. 2, 6. heute
lieber ausgraben, ausreiszen.
4) bildlich serutari: merkt, dasz ir uns in der beicht über
unser gewiszne nit ergraben seit. Schade sat. 2, 144 ;
denken wir recht, so lieben wir auch der bemerker
Wissenschaft, sie, die den erundbau des geschafnen
gern ergrübe. Klopstocc I, 2'j6.
ERGRABUNG, f effossio, caelatura, ahd. irgrabunga.
ERGR.\MEN, exasperare, exacerbare, erbittern, ahd. irgreman
(Graff 1, 321), mhd. ergremen (wb. 1, 575); sich ergrämen,
abgrämen. Sheler 704. vgl. ergrimmen.
ERGRAPPEN, prehendere, erhaschen, ertnsdien: wo wir uns
mit inen verglichen und sie uns ergrappen könden. Luther
8,39*;
so er auch gleich nach öpfeln schnapt,
dasz er doch nimer kein ergrapt. Scbaor tat.u.patq. 1,14t;
so musz der feind . . . mich ergrapt zu boden wolgen.
Melisscs ps. C 1*.
1^/. ergrabein, ergrübein, grappen, grappeln.
ERGRASEN, 1) cespüe, gramine obdud, die hügcl der gefali-
nen ergrasen schon.
2) tr. depascere, demetere: die wiese ergrasen, abweiden,
abmdhen.
827
ERGRAUEN — ERGREIFEN
EHGUEIFEN
828
ERGRAUEN, canescerCj grau trerJen, mhd. ergrAwen,
1) vom tage, albescere, grauen: friilic, wann der tag er-
graut; das tiefer ergrauende abendruth. J. P. habslbl. 3,5;
ergraut ist schon die weit,
die luft gekühlt, der nebel fallt. Göthe 12, 02.
i) vom alter: ir haupt ergrauet Tor alter. 3 Macc. 4,55;
im dienste des königs ergrauen; ein früh ergrauender mann;
unter musketen ergraut;
der abend sinkt, das haar ist schon ergraut. Chamisso 4.
3) ton sacken: hätte sich der durch frömmele! erschlafte
geist nicht auf ergrauten moder zurückgezogen. Göthe 32, 172.
4) horrere, ergrauscn = ahd. irgrüen :
ergrauend vor der naclitgespenster lärm. Uuland ged. 210;
dürret nicht ob mir ergrauen. 302.
ERGRAUEN, n. canüies, albcdo, horror,
1) ergrauen des haars:
und holte nie den hiromel mehr zu schauen
durch jahreslaul' und deines hnars ergrauen.
Ghies Tassos befr. ier. 7, 32.
2) des tags.
3) grausen, sdirechen.
ERGRAUSEN, lutrrere, horrcsccre, ahd. irgröistin, mhd. ergrösen :
seine {des ittromes) wellen sind gehoben,
dasz die seele mir ergraust. Schiller 4S*.
ERGREIFEN, arripere, erfassen, goth. kein usgreipan, aber
undgreipan, auch cJid. kein starkes argrifan, irgr'ifan, nur ein
schwaches irgreifun, belcistcn (Graff 4, 318), was guth. graipon
lauten würde, mhd., wie heute, starkes ergrifen, ergreif, ergriffen.
1) sinnliches ergreifen, erfassen, packen,
a) mit der hand (des ergräfenden) :
mhd. den loum ergreif er mit der haut. Parz. 603, 4;
und mit der hant den satel ergreif. Trist. 178, 10;
nhd. sie ergrif den apfel mit der hand.
b) an, bei der hand (des ergriffenen): da er aber verzog,
ergriffen die menner in und sein weib und seine zwo töchter
bei der hand. l Mos. 19, 16 ; den ich bei seiner rechten hand
ergreife. Es. 45,1; gicng er hinein und ergreif sie bei der
hand (goth. atgaggands inn habaida handu izös). Matth. 9, 25 ;
und ergreif das kind bei der hand ^fairg^aip bi handau j)ata
barn). Marc. 5, 41 ;
alles sah der gelassene mann, doch all Ich es endlich
gar zu tböricht betrieb, ergrif er mich ruhig beim arme.
Göthe 40, 323.
e) schön von gegenseitiger umarmung: wer das andere zuerst
ergriffen, wäre nicht zu unterscheiden gewesen. GOthe 17, 1:5(1.
2) und als sich Samuel umbwand, das er weggienge, er-
greif er in bei eim zipfcl seins rocks. iSam. 15, 27; und da
er sich über mich machet, ergreif ich in bei seinem hart.
17,35; und recket aus gleich wie ein hand, und ergreif mich
bei dem bar meines heubts. Ez. 8, 3 ; langet das schwcrl
und zog es aus und ergreif in beim schöpf. Judith 13,8;
die hflscher ergriffen ihn ohne umstände heim leibe; er-
greifst du den Schmetterling an seinen flügeln, so verwischt
sich ihr zarter staub; einen bei frischer führte, auf frischer
Ihat, an der that ergreifen. Maaler HO*;
▼on diesem ringsum steilen schlosz
lass ich die äugen schweifen,
und kanns (dng bliimlein) von hohem thurmgeschosz
mit blicken nicht ergreifen. Götus 1, 189.
3) bloszer accutaliv, ohne das mh, an, bei: den andern staden
ergreifen (das andere ufer erreichen), seh. und ernst cap. 363 ;
gebe ich nu stracks für mich, so ist er nicht dn, gehe ich
zurück, Bo gpOr ich in nicht, ist er zur linken, so ergreif
ich in nicht. Hiob 23, 9 ; auf und jage den mcnnern nach,
und wenn du sie ergreifest, so sprich zu inen, wanimb habt
ir gutes mit bOsem vergolten? 1 Mos. 44,4; wenn ein dieb
ergriffen wird, das er einbricht. 2 Mos. 22, 2; jaget inen eilend
nach, denn ir werdet sie ergreifen. Jos. 2, 5 ; und da sie in
ergriffen, verhieben sie im die daumen an seinen henden
und füszcn. rieht. 1,6; Simson ergreif beide thür ... und
hub sie aus mit den rigeln. 10,3; ergreife (für ergreif) den
Rcbild und waffen. ps. X>, 2 ; dn künden wir kauuiet einen
kahn ergreifen, apostelg. 27, 10 ; in diser ang«*! und not woll ich
den trufel von mir weisen, ergreif den alten hämisch, »o ich
un bap^him halle lernen anziehen und füren. I.dther 0, N4'.
4) oß leitet das ergreifen die folgende handlunq ein: wenn
•ber jemand eine vcrlrnwete dirne auf dein felde krieget tind
ergreift sie und schleft bei ir. 5 Mos. 22,25; so reckt er
seine hand aus und ergreif in und küsset. 2 Sam. 15,5; ich
ergrif ihre hand und benolzte sie mit heiszen ihrflnen; gie-
rige Wölfe ergriffen unsere länimer und würgten sie; er er-
grif das Schwert und durchstach ihn; ergrif die feder und
schrieb; ergrif den hut und entfernte sich; ergrif den stock
und schlug; ergrif die geige und spielte;
ich werd an ihn gedenken,
und öfters meinen blick nach jener gegend lenken,
wo er am Rheine sitzt, das scbälerrohr ergreiU
und seiner Schäferin ein zärtlich licdcbcn pfeift.
Rost schäfeiged. tjä;
wenn er das röhr ergrif,
so tanzte sie dazu, so schlecht er immer pdf. 93.
6) tag, nacht, feuer, fieber, sucht, schwert, und andere
mehr, werden persönlich gedacht, können darum ergreifen : ir
aber seid nicht in der linsternis, das euch der lag wie ein
dieb ergreife (golh. ni sijuj) in riqiza, ei sa dags izvis svft
|)iuhs gafahai). iThess. 5,4; als mich aber die nacht wieder
ergriffe. Simpl. K. 53; wenn ein fewr auskompt und ergreift
die dornen. 2 Mos. 22,6; das feuer brach aus und crgiif
den dachgiebel ; die halbe strasze, von den flammen ergriffen,
liegt in asche;
sie ward
zur flamme, die der bäume dicht gezweig
und da:> ^'ub&Ik ergreifend prasselnd aufschlug. Scdiller 500* ;
das fieber ergreifl, paclU ihn;
in ergreif diu miselsuht. o. Ueinr. 119;
wen die ansteckung der weit ergreift. Gotter 3, 70 ; alle,
die das schwert ergrif, musten fallen ; drei monden flucht
vor dem schwert deiner feinde, das dichs ergreife, l rAron.
22,12; der ström, der Strudel ergrif den kahn und hatte
ihn bald verschlungen; spann an und fahre hinab, das dich
der regen nicht ergreife. 1 kön. 18, 44.
6) furcht, angst, schauder, schrecken ergreifen : angst hat
mich ergriffen wie eine gebärerin. Es. 21,3;
und nie
setz Ich des bechers rand an meine lippen,
dasz nicht ein schauder mich ergreift. Schiller 411';
mich hat ergriffen die elende zeit. Iliob 30, 16. aber auch
wonnc, freude, lust, verlangen, wehmut, staunen : freude und
wonnc werden sie ergreifen und schmerz und seufzen wird
weg müssen. Es. 35, lO;
mich ergreift, ich weisz nicht wie,
himmlisches behagen,
will michs etwa gar hinauf
zu den steinen tragen? Göthk 1, 134;
wehmuth ergreift mich und die seele blutet. Scuiller 419';
die üble laune erpreift auch mich zu zcitcn. Kmncer 11, "O;
Verzweiflung ergreift nur verstockte. Gotter 3, loi>. die be-
geistening, der geist ergreift: sihc der geist ergreift in. so
schreiet er alsbald und reiszet, das er scheumet (golh. ahma
nimij) ina unhrains). Luc. 9, 39 ; staunen ergrif alle, stujntr
inressil omnes. wut, Wahnsinn; desto eher und heftiger >on
seiner gewöhnlichen Ungeduld ergriffen ward. Göthe 31,229;
von trunkner andacht ergriffen. Fr. Möller 1, 19.
7) unpersönlich, es ergreift mich, ich werde davon ergriffen,
ich bin ergriffen, staune, äya/iai, gravius commoreor; wen
ich anrufe, zittert wie ein ergriffener. Schiller t7o'. umge-
dreht mit dem acc, ich ergreife es: nicht das ichs schim
ergriffen habe oder schon volkomen sei, ich jaj,'e im aber
nach , ob ichs auch ergreifen möchte, nachdem ich von
Christo Jesu ergriffen bin (goth. ni {latei ju andntMnjau ai)i|)au
ju garaihts gadoinijis sijau, a\)\)an ik afargagga ei gafahan,
in |iammei gafahans varj) fram Xristau). Iliiliffp. 3, 12.
8) den weg, aiisweg, pfad ergreifen, x'iam inire, capesserr,
einschlagen, mhd. die vart grifen, ergrifen:
nu gle ein stic, der was smni,
nArli hl einem stt ze tal,
den ergreif der liplöso man. tSreg. 3601;
es kostete viele mühe wieder, ehe sie den boden (vom w.ii/en
herunter) ergriffen hatte. Gotthelf .i;«vt. .tcAr. 4, isi ; als sie vom
baclie sich losgemacht , «les hiiiisclien« schwelle erpriiren
halten und daheim saszen. 4, ls7: ihr habt die rechte bahn
ergriffen ; den weg rechtens ergreifen, eine klage anstellen ; die
flucht ergreifen, fugam ca]>essere. hteraus folgt, dost greifen
ursfiriinglich nicht nur auf die hdnde, sonilrrn auch auf die fusze
geht, der fusz (die sehe) ergreift den boden, haprl fest im boden,
vgl. die Vorstellung von ereilen, wenn es hnszl : ketupf(> den
829
ERGREIFEND — ERGRIMMEN
ERGRIMMEN — ERGRÖSZERN
830
guten kämpf des glaubens, ergreife ifür ergreif) das ewige
leben. 1 Tim. 6, 12, golh. undgreip libain aiveinön, so liesze sich
auch verstellen den pfad des ewigen lebens;
glaubt mir, sie werden sich des streiu begeben
und gern ercreifen friedliches geleit,
aus uusern landesmarken zu enttveichen. Schiixer 531*;
der junge Solon muste in seinen ersten jähren die kauf-
mannschaft ergreifen. 1025'; ivie es auch heiszt einen stand
ergreifen, erwählen.
9j abäract, das wort ergreifen, prendrc la parole; die rechte
zeit, den rechten augenblick ergreifen ;
ergreifen die ruhigste stunde. Bürger 24S';
die gelegenheit, Veranlassung; die leute ergriffen jeden an-
lasz sich ihm gefäilig zu enveisen ; einen verschlag, ein an-
erbieten; ich ergreife deinen rath mit beiden bänden; ich
wüste kein besseres mittel zu ergreifen ; bedenket euch bes-
ser, damit ich nicht Ursachen ergreife, euch etwas anders
zu weisen. Sinipl. K. 468.
10) Maaler 110* bat auch ergreifen für begreifen, nichts
ergriffen haben, coinprehensi nihil habere.
ERGREIFEND, l) invadens, oppriinens, erfassend:
mit dem Schwerte springt der corsar an die küsle
in dem nächtlich ergreil'enden Überfall. Scbillek 500'.
2) comnwvens, gravis: ein ergreifender redner, ergreifende
Worte,
ERGREIFLICH, quod preheudi, arripi polest: die eigenschaft
des romans und die form desselben begünstigt ihn, indem
er durch fingierte motive das historisch wahre näher an ein-
ander rückt und zu einem faszlichen vereinigt, während es
sonst in der geschichte weit auseinander steht, und sich
kaum dem geist, am wenigsten aber dem gemüth crgreiHich
darstellt. Göthe 4fi, 233; gar zierlich behandelt es (das äch-
h&rnchen) ergreiflich kleine appetitliche gegenstände. 55, 321.
ERGREINEN, lacrimari, /lere, anheben zu greinen.
ERGREISEN, senescere, ergrauen:
so wollest du uns binden tod und aller,
dasz wir nicht sterben und auch nicht ergreisen.
RÖCKERT 105. ges. ged. 1, 85.
ERGRELLEN, inclamare, clainorem edere, aufschreien, ein
seltnes, starkes verbum, praet. ergrall, pari, ergrollen, von dem
einfachen grellen, grall schreien, mhd. grellen, gral (icie knellen,
knal; quellen, quäl; wellen, wal), ahd. grellan, gral, dessen
praes. lautete ih grillu, mhd. ich grille, und woher sich der
name der schreienden, zirpenden grille, cicada ungezwungen leitet:
und grellem als zwo junge katzen. Renner 18956;
nhd. Susanna in der not ergral. Scuwarze:(berg 110, l,
wie es in der biblischen historia von Susanna und Daniel v. 24
heiszt: und fieng an laut zu schreien, vgl. gramm. 2,58 und
grell, später gleich dem folgenden erloschen.
ERGRELLEN, praet. ergrellte, schreien machen, reizen, er-
xünten, das vom vorigen gebildete transitivum, mhd. ergrellcn,
ergndte, ahd. irgrellan, irgralta:
nu waren eben da viel lanzknecht
in der besatzung, ist mir recht,
die hallen den äffen ergreit,
jeder sich da zu der wehr stell.
NicKiNL's affenspiel E3'.
ScHOTTEL 630 führt ergrellen an, ohne erklärung und beleg.
ERGRETZEN, irrüare, exasperare, erzürnen, reizen?
die auf Johannera heftig war ergretzt,
derhalben sie ihm heftig sehr zuseui. Lobwasser Cal. p. 4 ;
eins menschen zoren oder grim,
der sich ergretzt, wird so (zu?) erzürnt (erzunt?),
denn das man in leicht stillen kunt. p. 80;
so wir etwan schlafend gefunden erligen und ergretzct wer-
den, krigbächlein des frides 155. läszt sielt dies sonst überall
feldtnde uorl noch auf golh. grtltan, greitan ßere zurfickleiten
und durch weinen marlien, aufbringen deuten? vgl. mhd. gra}
und gnVen {üb. 1, 5CS), ahd. grai^^o (Graff 4,335).
ERGRIFFENHEIT, f commotio^stupor.
ERGRIM.MEN, in form und bedeutung schwankend,
1) das alte intransitivum rugire, ferocire, fremere, incenM ira,
irasci war noch starkfurmig, praet. ergramm:
Mercurius gar hart ergram. Wickra* irr. bilger 79,
ganz wie das einfache grimmen mhd. gram, pl. grummen bildtle:
gram dui< h swarten und durrh vi-l. Purz. 411,8;
(i gnimmen aise Usj mere. Laipr. Alex. 2307 (2717).
die praesensformen lassen aber nicht auf das äarke oder schwache
praet. schlieszen: ergrimmen und in ein töube {in die wut)
kommen, als die pfärd, so sie hörend aufblasen oder lär-
man schlahen, ferocire. Maaler 111*, also wiehern, wie sonst
brüllen, das wort begegnet häufig in Luthers bibel, aber mit
schwachem praet.: da sprach der herr zu Kain, warumb er-
grimmestu? und warumb verstellet sich dein geberde? XMos.
4,6; mein herr, dein zorn ergrimme nicht über deinen
knecht. 44,18; ah herr, warumb wil dein zorn ergrimmen
über dein volk? 2 Afos. 32,11; und als der herr hörete, er-
grimmet sein zorn und zündet das fewr des herrn unter
inen an. 4 Mos. 11, l ; und sein zorn ergrimmet seer. 1 Sam.
It, 6 ; da ergrimmet Saul seer. 18, 8 ; da ergrimmet David
mit groszem zorn. 2 Sam. 12, 5 ; als Jesus sie sähe weinen . . .
ergrimmet er im geist {goth. inrauhtida ahmin, vulg. fremuit
spiritu). k'h. 11, 33 ; Jesus aber ergrimmet abermal in im selbs
{goth. lnrauhti{)s in sis silbin , vulg. fremens in semet ipso).
11. 38 ; da aber Paulus irer zu Athene wartet , ergrimmet
sein geist in im {vidg. incitabatur spiritus ejus in ipso).
apostelg. 17, 16. die nd. bibel beliält ergrimmen , die nl. setzt
vergrimmen, hier sind noch andere stellen: und da Otgier
sich also lestern hört, er ergrimbt in im selber. Aimon
0 2' ; gar im zorn ergrimpt. c l' ;
der ritter ergrimbt und erpittert. H. Sachs I, 177';
du jagest aus und ein, wie wann die see ergrimmt,
und die betrübte Hut bis an die wölken klimmt. Opitz 1,107;
Kaipbas trat jetzt herrisch henor und ergrimmt und sagte.
Messias 4, 24 ;
sieh, er sprang auf und risz sich aus seiner reih und ergrimmte.
4, 270;
da ergrimmte der priester von neuem. 6,429;
Eaiphas sah ihn ergrimmen. 7,594;
und als auch herbei der verrälher mit sprang,
ergrimmte der alte. Bürger 36';
zürnend ergrimmt mir das herz im busen. Schiller 490*;
sie ergrimmt in hasz gegen mich ! Klixger 2, 123.
2) transitiv incendere ira, exaccrbare, efferare : grimm machen,
wie ein wildes thier. Maaler 111*; wir sollen die gemein
und Studenten wider sie reizen und ergrimmen, schreiben
des Witlenberger Senats bei Melanchthon 1, 553;
das sie zur räch ergrimmen mich. H. Sachs 1,177';
da ward er [Xerxes) so ergrimmet sehr,
das er liesz geiselen das meer. Fischart gl. schif';
ein durch die jagd ergrimmter bär
latscht hinter einem wandrer her. Lessi:ng 1, 124;
ich warf mit dem zerrisznen mutterherzen
mich zwischen die ergrimmten, friede rufend. SchillsrIQO*;
Stille nur. du ergrimmst mich. Göthe 57, 113.
ERGRIM.MUNG, f. iracundia, exacerbatio: niemals nahm
dieser in einer ergrimmung Torstellungen an. J. P. Hesp.
3, 147 ; seine heulige ergrimmung war am ende eine tochter
der lugend. 4,94; Albano' erklärte sich mit zu groszer ju-
gendergrimmung. Tit. 2,40; er {der hofmann) dankt gott,
wenn alle ergrimmungen, unsittlichkeiten und öffentliche
übel den guten character der kratze und des frieseis an-
nehmen, welche beide niemals im gesicht sich zeigen, däm-
merungen s. 98.
ERGRÖBELN, was ergrübeln, vgl. ergrabein, ergrappeln:
die giftigen meuler, die sich fleiszen, wo sie etwas ergröb-
beln. Luther 4,406'; wer hats im befolhen solchs zu er-
gröbeln? wenn er seit alles ergröbeln und erfaren. 4,537'.
ERGROBEN, efferascere , verwildern, vergröbern: dis volk
(die Rhälier) ist mit der zeit durch die rauhe gelegenheit
des lands erwildet und so fast ergrobet, dasz sie ir alte
Tuscier art ganz hingelegt und nichts darvon behalten ha-
bend, dann allein die sprach. Stumpf 2, 296*.
ERGRÖBERN, cras^us facere, vergröbern.
ERGRÖSZEN, adaugere, amplificare , vergröszern: er wolt
Machomet ergröszen mit tausent pfunt golds und andern
mcr reicheiten. Fierabras H2; sie ergröszet ihre natürliche
Schönheit. Opitz 3, 69.
2) amplificari, grvszer werden:
und nam {der streich) bis auf das fleisch das kleid und waffea
mit,
also, dasz er ihm ganz die linke seit entblösztc
und solch entblöszung auch in mehr und mehr ergröszte.
Werders Ar. 23, 117.
ERGRÖSZERN, dasselbe, heute vergröszern: wo er seinem
verhcisz genug thet, so wölt er ime sein königreich mit
831
ERGRÜSZEHN — ERGIlt NDEN
ERGRÜNDEN — ERHABEN
832
vierzehn guten schlossern ergröszem oder ermcren. Aimon
mS'; dasz sie hernarh die mauren nicht weiter hinausz
setzen und die zargen ergröszem dürfen. Fbosp. knegsb.
2,33';
dein ansehn wird auch niclit ergröszert. Onrrz 2, 489 ;
eine zu ergröszem nölhigc macht. Lohenstein Arm. 1, 27S;
die haJsstarrigkeit des bösen krieges wird ergröszert alle-
zeit. SCHOTTEL.
2) sich ergröszem:
und ^ann ein schwader nun zurücke wieder rücket,
so wird ein ander stracks wiodmnib hcrfür geschicket,
vom Volk je mehr und mdir ergröszert sich dis Teld,
die reuter man hicher, das ftiszvolk dorthin stelll.
Werbers Ar. Iti, 41 ;
der lermcn zwischen diesen beiden duellanten ergiöszcrt
sich. Sintpl. K. 149; das feuer ergiöszerte sich auch. Simpl.
Vogelnest 2, 26.
ERGRÖSZERrNG, f. amplificalio, mehrung, vergröszerung.
EUGRÖSZIJNG, f. dasselbe: des heil. rüni. reichs wulfart
und ergröszung. reichsabsch. von 150" im eingamj.
ERGRÜBELN, enucleare , exquircrc, mühsam und fieinlkli
herausbringen, ahd. nur grubilön, kein irgruhilön ; da nie giuo-
liilun geschrieben wird, scheint es aus graben unherleitbar , so
;>a,«enfl( die Vorstellung des ergrabens mit einem nayel wäre,
vgl. Sendschreiben über Reinhart fuchs s. C2 und ergrabein, er-
grappeln , ergröbeln und die auch vorkommende sclircibung er-
gribeln, ergriebeln : wist ir, mit was eisen und messer sies
thaten? mit schönen gufctiin {nadeln, nageln) und stümpflin,
welchs kleine halbe messerlin sind, damit die kinder diser
/and die nusz schelen und ergrübelen. Garg. 206'; gottes
wege lassen sich nicht ergrübein; der mann will alles er-
grilbeln ;
Kasidien, ein herr von hohem stände,
ergrübelte sich täglich neue pein. Hagedorn 2, 149;
von der doppolicn teuschunff
bald der gewähnten gewisheit und bald des crgrübeltcn zwei-
feis. Messias 17, 474 ;
teuschte sich nicht durch ergrübelte Zweifel. 17, 4S2;
zwischen ungleichartigen begriffen Identität crgrübeln. Kant
4, 231 ;
ergrübelt mir, wo, wie und wann
warum mir so geschah? Bürger 32';
genug für sie, dasz es so ist. ersparen
sie sich die mühe zu ergrübcin, wessen
beredsamkeit sie diese wendung danken. Schiller 266';
damit das zarte gefühl die guten karten ergrüble. J. P. leu-
felsp. 1,75.
2) sich ergrübein:
(]uellen tausendfacher lust,
Jugend, Schönheit, liebe!
Ihr erweckt in meiner brüst
schmeichelharie triebe.
kein genusz ergnibelt sich,
ich weisz enug, indem ich mich
im empflnaen übe. Hagedorn 3, 8S;
ein genusz, der sich nicht ergrübcin lüszt. Hamann i, 4.
ERGRCBLER, m. investigalor. Stieler 689.
ERGRCBLUNG. f. der halben ward ich ... zu crgribelung
(fo) dieser antiquitct erfordert. Garg. 33*.
ERGRC.NDE.N, fundum explorare , invesligare, gründlich er-
forschen, ausforschen, ahtl. irgruntan, mhd. ergründen; einen
brunnen mit dem wurfljlei ergründen ; die tiefe des flusscs
ist nicht zu ergründen, erHif.s.«cn; es ist das herz ein trotzig
und verzagt ding, wer kann es ergründen? icii der herr
kann das herz ergründen und die nieren prüfen. Jer. 17,9. 10;
die Ursachen aller dinge ergründen wollen;
kein endlich ding sölchs als < nilt.
1''-', 1;
prüf, herr, versuch, ergründ n n,
wamach mein herz und sinn »ich richini. WEr«Hr.RLifi 111;
warum nicht »eine brusl mit diesem dolch crgrilnden (durch-
bohren] ?
■0 Ut «ein pochen aus. Gryi-uiis 1, 13;
Momui sah nechüt iinnre fTirslin, rauHc drauf sein huar,
dasi er kunte uichlfi ergründen, wan zu indoln war.
I.OCAV 3, 130,8;
ihr, «lif ilir inc<ncl iiiiil irLTiinilfl,
was >■ liAlt,
■nf! ' 'i<'t,
die jji ^ DsoLMiGV.ii 13;
mein bitten rfibrt dich nicht, du kannxl e« nicht ergrCinden,
wu iü dem worte 'Ja' (Tir ein«* wolluHt nlückt.
Höht schäferijvd, fi;
ei ja wol 1 ich soll
den herrn nur erst ergründen, ob er so
der mann wol ist. 'nun ja, ergründet nur!
(ich will doch sehn wie der ergründet!) nun?' Lessinc 2, 217;
den heidewohner kann der Steuereinnehmer nicht ausmessen,
der gulsherr nicht ergründen. Mösek 1,97;
schwer zn unterscheiden,
noch schwerer zu ergründen sind die menschen. Schiller...
IVIathildens herz hat niemand noch ergründet. 249';
ob nicht natur zuletzt sich doch ergründe. Güthe 4, 100.
2) sich eines dings ergründen ßr erkundigen sclieint tadel-
haß: das allein zu verstchn ist dem, der sich der heim-
liciikcit der naiur heimlichen ergründ. Paracelsds 2,125';
dann wer der philosophei nicht ergründet (erfahren, kundig)
ist. 1, 1062'.
ERGRCNDER, f». cxploralor, scrutator. Maaler 111*.
ERGRCNDLICH, quod cxplorari polest, erforschbar, erforsch-
liih. s. unergründlich, unerforschiicli.
ERGRÜNDUNG, f scrutatio. Stieler 711:
crgründung wo nicht abgrund ist. Klopstock.
ERGRÜNEN, 1) iiresccre, ftVe»e.-
in ruh ergrünet mir das herze mein
als auf einer aue. Limburycr chron. 69;
von blättern sah ich mancherlei ergrüiten. Göthk 4, 98;
mein botenstab ergrünt von frischen zweigen. Schiller 494".
2) Ir. grün machen: lug, wie gerötet, ergrünet und ergel-
bet hat in die minne. Heinr. Snso im buch von der evngen
Weisheit bei Wackernagel //'. 875, 20.
ERGUCKEN, oculis intenire, erselien, erschauen, erspähen:
im see ich dort ergucket
die groszen kaufmannspallen
hin und her wider wallen, ü. Sachs I, 2S9*;
ein Volk, das alle mörinseln und Völker bisz zu cnd der
well ergucken und crfaren will. Frank wellb. 42'.
ERGURGELN, gutture canere, gurgeln, dahergurgeln, aus iler
kelUe eischallcn lassen:
doch andre vögelein gar nicht stillschweigend bleiben,
sondern ein jegliches in seiner nrl mit lust
ergürgelet sein lied aus seiner edlen brüst.
Weckherlin 760.
ERGUSZ, m. effusio, nach allen bedeulungen des ergieszens :
crgusz der gewässer ; der thränen, des herzens ;
durch der gehobenen ströme ergusz. Klopstock 2, 149;
oft an der Leine ergusz. Voss;
und des honiges ein ergusz
rinnt gelb aus eich und ahorn. derselbe;
jene trank, stolz hemmte den zäbrenergusz. Platbn 129*;
Riiinld ergreift den verschlag mit vergnügen,
dankt seinem wirth mit herzlichem ergusz,
und eilt sich zu den schilTeni zu verfügen,
die ihn bereits erwarten auf dem tlusz. Gribs Ar. 43,52.
ERGUTZEN, was ergucken, vgl. angutzen:
sie spricht sie tei euch heut ergutzen. fastn. 277, 22.
ERHABEN setzt Maaler 111', ohne umlaut, für erheben,
cfferre: zu einem heiligen erhaben, ascribere numinibus; er-
habende, der erhebt, efferens.
ERHABEN iü die organische, bis ins 11 jh. unverkiimmerle
form des pari, praet. von erheben, damals aber begann, wie
von heben gehoben , auch von erheben erhüben , etwa nach
falscher anahgie von weben gewoben, einzudringetL Scbottel
hsi und BöDiRER Frisch 149 achwanken bcreili xwisrhen ge-
hoben und gehaben , die frühsten beispiele für gehoben , er-
hoben sollen unter erheben folgen, das ältere erhaben galt
1) noch im 16 und bei einzelnen .vhrißstellern des n jh. als
wahres pavliciimim : gott der liorl iiieine.<< iieils müsse erhaben
werden. 2 Sam. 22, 47 ; du hast deine angen erhaben wider
den heiligen. Ikön. 19,22; und er ward danach erhaben
für allen lieidcn. 2 chron. 32, 23 ; sie sIikI eine kleine zeit
erhaben und werden zunicht und uiilerdnickt. Iliob 24.24;
hab it h mich gcfrewel , wenns ineinein feinde übel gieng
lind habe mich erhaben , das in Unglück betreuen halle.
31,29; und sein hörn so! in meinem namen erhallen wer-
den, fs. 80.25; und du Capernaiiin, die du bi-sl erhaben
bis an den hiincl, du wirst bis in die helle hiiiiinler ge-
sloszen werden (gofh. \m und hiniin iishaiibida. dala|i und
baija galei|)is; ahd. i'nonii ni arhevisln thih iin/an liiinil,
unran in hella nidarsllgis). Matlh.\\,Vi\ auf da« wir auch
mit zur hcilirbkeil erhalien werden. Kr»«». «,17; deswegen
er in stulz crliabcD war. hiiuinin» wemUmm. ik';
833
ERHABEN
ERHABENHEIT — ERHALTEN
834
das lamb wird erhaben an dem crem
und aufgeopfert an dem holz. .
Sklüeccer chrisil. psalmen. Leipz. los* s. zti;
0 höchster, der du deinen thron,
allein zu herschen, hoch erhaben. WsciHKaus 49;
weil plötzlich gottes höchste macht
wirt ihr gebein, so sie mit pracht
erhaben, tod ausströcken. 174;
hat kniend er
erheiben sein gebet. 615;
als bei der schwellen er nun einen stein erhaben,
der sehr voll zifferpuncl und leichen war gegraben,
da funden sich gefäsz. Werders Ar. 4,3S;
die beiden zeichen,
die Ton dem Hercule weit in das meer hinein,
den Schiffern zum gemerk, erhaben worden sein. 6,17;
0 Schäfer, wie hat doch der himmel dich erhaben.
HoFiAfi;«swALDAü gelr. seil. s. 13.
vidleichl tauchen auch im 18 jA. einzelne beispiele auf.
2) erhaben ist bis auf Iteute noch, unterschieden von erhoben,
für die adjectirische bedeutung hoch, sublimis, allus , celstts,
excelsus, vipr,X6s, fiexdcaQos behalten Korden, vielmehr konnte
es aus dieser geläufigen und hergebrachten nicht verdrängt «er-
den, gerade so war altus ursprünglich f>art. von alere, denn
der tag des herrn Zebaoth wird gehen über alles hoffertiges
und hohes und über alles erhabens, das es genidriget werde.
Es. 2,12; auch über alle hohe und erhabene cedem {vulg.
cedrüs sublimes et erectas). 2,13; über alle hohe berge
und über alle erhabene hügel (vulg. super omnes montes
excelsos et super orones coUes elevatos). 2,14; sähe ich
den herm sitzen auf einem hohen und erhaben stuel (super
solium excelsum et elevatum). 6,1; der herr ist erhaben,
denn er wonet in der höhe (magnificatus est dominus, quo-
niam habifarit in escelsol. 33,5; du machest dein lager
auf einen hohen erhabenen berg (super montem excelsum
et sublimem). 57, 7 ; denn also spricht der hohe und er-
habene (excelsus et sublimis). 57, 15. irir nennen g<M, a»
künigiiches geschlecht, einen berg und thron, eine geslalt, einen ge-
danken erhaben, die sich über andere eHieben, darüber erhoben sind :
erhabner gott , was reicht an deine grösze !
beginn eines kircitenlieds ;
erhabner geist, du gabst mir, gabst mir alles. Göthe 12,170;
bat der begrabene
schon sichnach oben,
lebend erhabene
beriich erhoben. 12,46;
es Hebt die weit, das strahlende zu schwärzen
und das erhabne in den staub zu ziebn. Scbilles S4';
thronend auf erhabnem sitz
schwingt Kronion seinen blitz. 10*;
der erhabene philosoph (Ptato). Kam 2, 290 ; eine regelmäszige
beziehung der erhabenen gegenden gegen die tiefen. 9, 20 ;
und willst du stets zufrieden sein,
so bilde dir erhaben (stolz) ein,
last sei nicht lust und peiu nicht pein. Gellert 1, 182;
erhabne herkunfl scheint ihr anstand zu Terkünden.
Gotter 2, 50;
rachentflammter erhabener schmerz. 2,85;
in diesen gegenden ist alles still, wie in erhabenen men-
schen. J. P. uns. löge vorr. s. 24 ; die erhabne gestall. Hesp.
2,116; Wilhelm verstand nun erst, warum das leichtfertige,
in ihren ausdrücken erhabene mädchen den knaben der
sonne verglichen hatte. Göthe 19, 85. Katt gibt folgende be-
^immungen: erhaben nennen wir das, was schlechthin grosz
i-;t, das ist, was über alle vergleichung grosz ist. 7,96;
diese erklaning kann auch so ausgedrückt werden, erhaben
ist das, mit welchem in vergleichung alles andere klein ist.
7, 99 : erhaben ist , was auch nur denken zu können ein
Tcrmögen des geistes beweist, das jeden maszstab der sinne
Übertrift. 7,100; erhaben ist die natur in denjenigen ihrer
erscheinungen , deren anschauung die idee ihrer Unendlich-
keit bei sieb führt. 7, 105 ; erhaben ist das, was durch sei-
nen widerstand gegen das Interesse der sinne unmittelbar
gerällt. 7,120.
3) erhaben, in der bedeutung von ergraben, getrieben, cae-
latus, uulplus:
geworht mit gnoten bilden, mit golde wol erhaben.
Nib. 347, 3 ;
erhabne arbeit, erhabnes bildwerk; erhabne oder tribne ar-
beit machen, caelare. Maaler 111'; erhaben ding machen in
gold; die kunst des erhabnen werks, des ausstechens, grabcns;
vil und mancherlei historien und geschichten mit erhabner
arbeit auf ein trinkgescbirr , becbcr oder schalen machen,
cralerem caelare longo argumenta, datdbst,
lü.
ERHABENHEIT, /. excelsitas, sublimitas: erhabenheit des
bildes, des ausdrucks, der rede (vgl. erhobenheit) ;
er wird, er kann nicht widerstehn, so vieler
erhabenheit nicht widerstehn. Schiller 300*.
ERHABENSCHAUERLICH. Klisger 8, 85.
ERHABENTHUEND, sublimis speciem prae se ferens : übrigens
gehöre ich nicht zu den bewunderem des hohen liedes von
Bürger, so wenig, dasz ichs, mit allen sonnetten und den
neueren erhabenthuenden öden und cantaten, zu den schlech-
testen geburten des bürgerschen geistes rechne. Voss br.
3,1,172.
ERHABüNG, f alleratio , erh^ung: dann ist der unlere
Schenkel etwas aufgestiegen mit erhabung einer geschwulst.
WCrtz 179. mhd. erhabunge des gebetes, erhebung des ge-
bets. myst. 1, 391, 3.
ERHACKEN, pastinare terram, aufhacken; erhacken, jätten,
vineas occare. Maaler 111*.
ERHADERN, rixis impetrare, erzanken: nichts als schaden
hat er sich erhadert. Stiele« 777.
2) sich erhadem, rixari: auf einen tag hatten sie sich aber
gar hart mit einander gezanket und erhadert. Wickbam roUw. 70*.
ERHALLEN, sonare, resonare, für erhellen:
laszt erhallen. Melisscs ps. N4';
er heiszet sie dir spielen schön,
dasz (= dasz es) weit und breit erschallet,
dasz auch von felsen ein getön
im widerschlag erhallet. Spee trulzn. 171 (187);
lieder und gesänge erhallten laut durch das feld ; wir lente,
wir sangen alles was wir vollsten, dasz es von beiden ufern
erhallte und alle najaden lüstern wurden. Voss br. l, 193.
ERHALT, m. accepiio, empfang: nach erhalt deines briefs.
vgl. halt, anhält, behalt, einhält, gehalt, Inhalt, rückhalt, ver-
halt, vorhält, unterhalt.
ERHALTBAR, nach den bedeuiungen pes erhaltens, zumal
serrabilis: das fleisch ist nicht mehr erhallbar, haltbar, hält
sich nicht länger ; impetrabilis, erlangbar, erreichbar : alles durch
den krieg erwerbliche oder erhaltbare äuszere mein und
dein. Kayfs rechtslehre 2 aufl. s. 257.
ERHALTEN, ein characteristisch nhd. vorl. allen übrigen dia-
lecten , so tceit icir sie überschauen , abgehend , auch mhd. fehlt
es noch. sdiw. erhälla, ddn. erholde sind uns nachgebildet.
Dastpodids 242', Frisics 900*. 1206', Maaleb Hl' führen es
an. da haldan, haltan, mit der hand fassen, im kirtetileben
weiden, hüten ausdrückt, wird erhalten
i) zurückhalten, retinere, fest, aufrecht halten bedeuten: die
pferde rissen aus, kaum vermochte sie der kutscher zu er-
hallen; der kranke phantasiert so heftig, dasz ihn vier
männer kaum erhalten; das kind wollte fallen, aber ich
habe es noch erhallen ; erhalte meinen gang auf deinen
fuszsteigen, das meine tritt nicht gleiten, ps.il. ö; feilet er,
so wird er nicht weggeworfen, denn der herr erhell in bei
der band. 37,24; meine 'seele banget dir an, deine rechte
hand erhell mich. 63, 9 ;
du bist mein bort, auf den ich traue,
der grund, auf den ich in der weit
die allerbeste hofnun» baue,
die weil der grundstein mich erhält. GcirressS;
dicht umstanden sie Schwestern des galten und weiber der
Schwäger
und erhielten sie zwischen den armen in todesvefzuckung.
BORGER 240'.
man gebraucht heute UAer einfaches halten, oder auch abhalten,
festhalten, zurückhallen, in folgendem beispiet lieber yerhalten:
wer sie also gesehen het, das weinen wer von im nil er-
hallen worden. Aimon s6', er hätte sich des veinens nicht
enthalten, die thronen nicht verhallen, in folgender stelle iU
erhallen = halten, abhalten, zurückhalten:
nun eben dieser tage
begab sichs, dasz gott Mars auch in der nihe läge,
sein hauptquartier war hier, frau Venus, wie man weisi,
pflegt nicht fern ab zu sein, es friere noch solch eis,
es drehe wie es will, sie läszt sich nichts erbalten,
reist ihrem buhlen nach. Flbmisc 162.
2) unterhallen, alere, statinere, ernähren: diese vreide er-
hält ein dulzend rinder; das grundslück musz die ganze
familie erhallen ; gott erhall alle geschöpfe, speiset sie. heu
finden und die ros und meuler erballen {füttern), l kOn. 18,5.
Maaler Hl' gibt die redensarien: einen krieg erhallen, bellum
alere; ein kriegsvolk erhalten, copias miliium alere; die liebe
musz mit reden ernert und erbalten werden, alendus amur
»3
835
ERHALTEN
ERHALTEN
836
verbis. es heizt auch: das feuer erlialten, unlerhallen, nähren,
gleiclisam nul holz füttern.
3) an beide rorflellungen reicU unmitlelhar die abgezogenere
des reltens, Schützens, behütens, erhalten ist behalten, bewahren,
seriare, conscrrare: sihe die weil dein knecht gnade funden
bat für deinen au^en, so woltestu deine barmherzigkeit
grosz machen, das du meine seele bei dem leben erhieltest.
1 Mos. 19, 19 ; sondern soll im seinen lohn des tages geben,
das die sonne nicht drüber untergehe, denn er ist dürrtig
und erhält seine seele damit. 5 Mos. 24, 15 ; denn um Davids
willen gab der herr sein gott im ein Hecht zu Jerusalem,
das er seinen son nach im erwecket und erhielt. 1 kün.
15,4; die gottlosen erhelt er nicht, sondern hilft den elen-
den zum rechten, ps. 41,3; ich wil seinen stuel, so lange
der himel wehret, erhallen. 89,30; du erhellest stets friede
(servas pacem). £5. 26, 3 ; sihe das ist mein knecht, ich er-
halte in. 42,1; und wer wil den bei ehren erhalten, der
sein ampt selbs unehret? Sir. 10,32; denn wer sein leben
erhalten wil, der wirds verlieren. Maltk 16,25; sol man am
sabbath gutes thun oder böses thun? das leben erhalten
oder tödten? (golh. saivala nasjan aijjjiau usqistjan?) Marc.
3,4. Luc. 6,9; des menschen son ist nicht komen der men-
schen s«elen zu verderben, sondern zu erhalten (ak nasjan).
Luc. 9,56; wer da suchet seine seele zu erhalten (saivala
seina ganasjan), der wird sie verlieren. 17,33; heiliger vater,
erhalt sie in deinem namen {ttjqtjoov avrovs, goth. fastai
ins). Joh. 17,3.
4) namentlich vor fäulnis und moder bewahren: das fleisch
ist länger nicht zu erhalten, hält sich nicht; der leichnam
kann nur noch einige tage erhalten werden ; fleisch mit salz
erhallen, sale asserrare carnes. Maaler Hl';
das salz erhält das fleisch für faulen und für stinken.
LOGAU 2, 129,52;
eier lassen sich ein Vierteljahr erhalten; der ausgcgrabne
Äichnam zeigte sich noch ganz erhalten;
aus dem modrigen grab kamst du erhalten zurück.
Schiller 87";
die bildseule, die münze hat lange Jahrhunderte im erdboden
gelegen und ist noch wol erhalten.
5) erhallen, forlerhdten : eine sache, ein geschäft im gang,
in Ordnung erhalten; das haus, der garten ist gut erhalten;
den acker in bau und besserung erhalten; alles in gutem
stand erhalten ; ihre Schönheit ist nach der schweren krank-
heit nicht mehr erhalten geblieben, erhaltende politik, con-
servative :
denn was wäre das haus, was wäre die Stadt, wenn nicht immer
jeder gedächte mit last zu erhalten und zu erneuen,
und zu verbessern auch, wie die zeit uns lehrt und das ausländ.
GöTHE 40, 258.
6) häufig mit adjeciiviscliem praedical: gott erhalte dich ge-
sund, heil, frisch, sanutn, incolumem te servet; den geschlosz-
nen bund, den frieden wollen wir ganz erhalten , integrum
servabimus; dieser weg ist rein, diese tugend unbefleckt er-
hallen.
7) mit der faust im kämpf, mit dem eid vor gerichl er-
balten, bewähren, befestigen, erhärten, erweisen, vgl. behalten 12 :
bis dasz ich hab die rede mein
mit einem sireit und kämpf erhalten,
wie breuchlich gwest ist Dci den alten. Atrbr 269':
wo nicht in monatsfrist ein ritter sich ereuget,
der in den waffen sich ao scharf und stark erzeiget,
dasz gegen kl&gem er das mit der faust erbalt (erltalte, be-
währe),
dasi sie unschuldig sei. Wiidkm Ar. 5,67;
er habe es denn allererst erfahren und solches mit seinem
eid erhalten, kammerger. ordn. von 1521. 10,10; sprerh ich
nein, so musz ich ein starken grund haben, darauf ich
stehe, dasz ichs widerlegen kan und das nein erhalten.
Luther 2,294*; wenn er das nicht beweiset imd rrlielt, so
feilt alle sein ding. 3,65*; ir kündt es mit keiner schrift er-
hallen, soll irg denn mit lauter frevel und gewalt wider die
«chrift erhallen, das wird zuletzt wol ausgehen. 5,87";
welchs doch alles die Widersacher sich zu erhalten unter-
stehen, quae tarnen omnia defendunt adrersarii. 6, 405* (wo das
Hieb zu unterstehen gdiM); also hab irhs gesagt und wills
für docior Ecken wo! erbalten. Luthers br. 1,314;
(u mein mio Ich mich Irgen thet,
kan du erhalten bei meim cid. Atrer fa$tn, 16* ;
Am bikaufde*, btm4krm id ttwol ein $uttinert als oblmtn,
$) ertaaJtea, oMmtv,
a) empfangen, bekomtuen: ich habe das geld, das geschenk
erhalten; den brief, das schreiben, die nachricht erhalten;
einen befehl, auftrag, tadel, verweis, eine nase erhalten ; er
wird schon seinen lohn, seine strafe erhalten ; viele wurden
reich beschenkt, ich erhielt nichts, samen erhalten, em-
pfangen, conäpere: so kom, lasz uns unserm vater wein zu
trinken geben und bei im schlafen, das wir samen von
unserm vater erhalten. 1 Mos. 19, 32.
b) erlangen, erreiclten, durchsetzen, impetrare, assequi, bei,
von, über, gern mit nachfolgendem zu oder dasz: erhielt bei
ihnen, dasz sie eine schifarmee wider Julin aussandten.
MicnÄLics a. Pomm. 2,203; sie fand nicht für gut oder
konnte es nicht über sich selbst erhalten, ihm lange auf
ihre ankuuft warten zu lassen. Wieland 1, 226 ; Schachgebal
hatte vermutlich einige geheime Ursachen, warum er nicht
von sich erhalten konnte, die gründe seiner plrilosophcn
überzeugend zu linden. 7,54; beim eintritt in Italien erhielt
Balthasar von ihm, dasz er seinen namen Snderte. Ki.iNCEn
4,250; mit bitten, thräneii hatte der khalife von der prin-
cessin erhaUen , sich noch einige zeit an seinem hofe auf-
zuhalten. 5,272; da er von dem commandanten der festung
nicht erhallen konnte zu dem gefangenen gelassen zu wer-
den. Schiller 715*; wenn ich es nur von meinem ehrgeiz
erhalten könnte, einer dame am hofe den rang vor mir
einzuräumen. 188'; auf die zweite (gesandtschaß) erhielt die
Stadt Anlwerpen so viel, dasz sie bis zur persönlichen über-
kunft des kOnigs , wie es hiesz , mit ihrem bischofe ver-
schont bleiben sollte. 802'; Egmont konnte es nicht von
sich erhalten, die saaten seines glucks zu verlassen. 816*;
nur mit mühe erhielt er endlich , dasz ihm zwei kleinere
schiffe bewilligt wurden. 872*; nie hatte man von Rudolf
erhalten können, seinen nachfolger im reiche wühlen zu
lassen. 894*; euer herr hat durch alle diese gefälligkeiten
nicht erhalten können , dasz sie menschlicher mit seinem
Volke verfahren wären. 931*;
beschickt ich sie den einen um den andern,
bis ich erhielt durch mütterliches llehn,
dasz sies zufrieden sind. 490';
er könnt es nicht über sich erhallen. J. P. Flesp. 2, 20.
c) aus etwas erhallen, erzeugen, hervorbringen, gewinnen:
aus dem kraut erhält man einen heilkräftigen saft; aus
den erzstufen wird gold erhallen; mischest du gelb zu
blau, so erhältst du grün; aus diesem schiefer erhält man
alaun; dividirt man mit x in y, so erhält man das rechte facit.
dl den sieg erhalten, davon tragen: sie erhalten einen sieg
nach dem andern, ps. 84,8; sie wird auch durch die weise
den sieg bis auf den jüngsten tag erhalten. Luther 6,347';
frolocket über seinen erhaltenen sieg. Lokmans fab. 36. das
feld erhallen , behaupten : und hiemit erhielt er das feld.
Fro.nsp. kriegsb. 3, 179' ;
zwar nicht ich, sondern er für mich erhielt das feld,
ohn seinen rath und hilf war ich tod nmbgefallen.
Weckhkrlin 65.
seine absieht, seinen zweck erhalten, durchsetzen: und mühen
sich, das sie ir ding erhallen. Ez. 13,6; ich zweifle, dasz
ich diese absieht erhalten (erreichen) werde. tiELLERT 3,249;
den zweck waram ich geschalTen bin , desto gewisser er-
hallen. 3,381; CS sei, dasz der zweck erhalten ist, oder
auch, dasz die handelnden pcrsonen ... diese absiebten
nicht mehr haben. J. E. Schlegel 2,8; wil man aber hals-
starriglich das widerspil erhalten. Luther 1, 129'. die stelle,
das amt, das leben erhalten, erlangen, er erbüll alles,
warum er bittet;
aber den menschen, der alles erhält, wenn er tüchtig und
pui ist,
und der alle« zerstreut und zerstflrt durch fal.^chos hoginnen,
diesen nimmt man nur so auf glück und lufall in.i han.t ein.
(ioTHE 4U, 313,
uo jedoch erhält auch bedeuten könnte betcahrl , serrat, gegen-
über dem zerstreuen.
9) das reflexirum hat, den vorausgehenden bcdeutungen nach,
verschiednen sinn,
a) sich erhalten, suslinere se, sich aufrecht erkaUen, bt-
uahren: es war starker wind, dasz man sich schwer erhal-
len konnte; auf dem eise kann man sich nicht allemal er-
ballen; der kunstreiter erhielt sich auf dem saticl «ii-h.nd,
schwebend ;
und wenn* hi« unten in fo heUt,
alio dati «Mnor »rliicr nit wri«,
wo er lieh dorh für liltz orhnli,
SO l(U dort oben olio kalt. ÄLitRUi MN
837
ERHALTER — ERHÄXGES
ERHARREN — ERHÄRTEN
838
b) sich erhalten, defendere, senare: dann mag er sich
nach dem ersten gebet erhalten vor allem unflat und an-
derer Unlust. FßANK wellb. 107*; die frau hat sich gut er-
halten (conserviert) ; das übst erhält sich lange, poma diu
durant; der umkreis und die nördliche auszenseite haben
sich ganz erhalten. Stolberg 7, 115 ; das wunderbarste phä-
nomen beim Rheinfall sind mir die felsen, welche sich in
dessen mitte so lange erhalten. Göthe 43, 159.
c) sich erhalten, fortdauern, anhalten:
die Schurkerei des palriarcheo, die
so ähnlich immer sich erhält. Lessi^g 2, 340;
der ölgeruch im neuen topf erhält sich lange; die üble
nachrede erhielt sich eine zeit lang; das gerücht erhält sich.
ERHALTER, m. servator, altur , nutrüor, ernährer , reller:
gott ist der weit erhalter; Joseph war ein herr über seine
briider und erhalter seines volks. Sir. 49, 17. vgl. beiland.
ERHALTERIN, f. servatrix, allrix.
ERHÄLTLICH, parabilis: das getraide ist jetzt zu billige-
rem preise erhältlich.
ERHÄLTMS, n. servalio, duramentum, gebildet wie behält-
nis, Verhältnis:
kommt doch, seht, der scbnee Terschn-indet
und das erd und wasserband,
weil es kein erhältnüs findet,
das verlasset see und land. Fleii!<g 405;
crhaltnüs, rettungstniltel. Lohenst. Arm. 1, 42S.
ERHALTUNG, f. 1) conscrvatio, salus: erhaltung des ge-
schlechts. 3 Macc. 6, 12 ; erhaltung allgemeiner wolfart. Kirch-
hof wendunm. 254*; selbsterhaltung;
«rie andre, da des rauthes freier trieb
zur kühnen that mich zog, die rauh gebietend
die notb jetzt, die erhaltung von mir heischt.
Schiller 362'.
2) acceplio, erhall, empfang : ich verreiste bald nach erhaltung
deines briefs. Fichtes lAen 1, 100 ; seit erhaltung deines
letzten briefs. 1. 137.
ERHALTUNGSTRIEB, m. corporis noüri Caritas, Selbsterhal-
tungstrieb :
jedoch wie Übertrift die freundschaftliche liebe
dies allgemeine band und die erhaltungstriebe !
Hacedor;« 1, 50;
die Selbstliebe und ihr erhaltungstrieb. Klingeb 12, 2S5.
ERHALTUNGSWERTH, dignum qmd serrelur.
ERHALTIN GSZ\>'ECK, m.
der andere misbraucht, was zu erhaltungszwecken
gott legt in die natur, zu mittein falscher schrecken.
DcscH poel. werke 1, 15.
ERHANDELN, mercari, emere, erkaufen : wolfeil oder theuer
erhandeln; ein rind, die kuh mit dem kalb et handeln; ja,
wem es so eintrifl, dasz er eine alte matter mit etlichen
tausend thalern auf ein Vierteljahr erhaschen kan, und wird
hernach ihr völliger erbe, dasz er sich auch kan eine reiche
junge erhandeln {freien), der möchte von etwas glücke
schwatzen, rockenph. 4, 47 ;
wer ihm guter handeln will, der erbandle solchen gnind,
den kein brand, kein raub rerterbt, weil er im gemüte stund.
LoGAU 2,240, 18S;
jetzt, da der bof den titelknecht erbandelt,
und seine ruh in müh und rang verwandelt.
Hagedor!« 1, 73.
ERH.KNGEN, laqueo suspendere, praet. erhieng, part. erhan-
gen , golh. ushahan , ahd. irhähan, irhengan ; erhangen wer-
den, suspendi, suffigi: das meine seele v\'imdschet erhangen
zu sein , und meine gebelne den tod. Biob 7, 15 ; und er
warf die silberlinge in den tempel, hub sich davon, gieng
hin und erhenget sich selbs (goth. ushaihah sik, ahd. irbieng
sih). Matth. 27,5;
einer wirt gefangen,
der ander wirt erhangen,
der dritte wirt erstochen,
gott der leszt es nicht ungerochen. Keller erzähl, t, 522 ;
und wer ist der uns das liedlein sang?
ein Adelger ist ers genant,
wann im nicht wol ergangen,
er ist an einer tannen erhangen. Uhland 151;
darurab er auch mit seinem haar
an einem eichbaum erhangen blieb. Fro;<spuc 1,202*;
der strick, daran ein dieb erhieng, hilft für des hauptes weh
gebunden um den kranken köpf o um den hals viel eh.
LocAU 2, 104, 27 ;
wer, ausgesetzt ans feuerland,
sich nicht am ersten bäum erhienge. GöUüci 1,278.
auch erhängte, erhängt, vgl. erheoken.
ERHARREN, exspeclare, exspeclando assequi, erwarten, mit
gen. und acc, auch mit praepositionen :
wer verharret üf ein zil,
der erharret waj er wil. Bätzler'm s. 159', 6;
bevalch er zwaien edln bei der brücken zu bleiben
darumb sollen sie sein alda erharren. Wil. v. Sch-aumbcrg
s. S6 ; huck dich nümmen ein wenig ... du magst es die
lenge nit erharren [aushalten). Keisersb. büger 130'; habt
doch geduld und laszt uns noch fünf tage der hülfe er-
harren von gott. Judith 7, 22 ; aber ein demütiger erharret
der zeit , die in trösten wird. &r. l, 28 ; aber ein jecher
narr kan der zeit nicht erharren. 20, 6 ; wo ir zuvor räche
erharret. Luther 3, US'; das man solchs müge ertragen und
erharren. 3,225'; nu das erharre seiner zeit. 3,251*; wenn
wirs nur künden erharren und gedult haben. 4, 214' ; wers
erharren künde. 8, 310'; der seines gotts erharre. 8,365';
darumb konte ich des tanzes nicht ef harren, br. 4, 42 ;
meine Widersacher haben ein bös gewissen , sie erharren
des Streiches nicht, tischr. 185"; der teufel erharret der mu-
sica nicht gern. 217". 411"; [Oecvlampadius und Ztcingel) wusz-
len nicht, das sie des Luthers nicht erharren würden. 276' ;
das recht wäret bi sechs wuchen, dan si meintend, ich
mechts nit erharren, wurde inen ee alle ding von band
geen. Plater77; so erwarten sie oder erharren auf gelegne
wind. Fro.nsperg 3, 142' ; hat sich lang bei inen gesaumpt,
aus hofnung des mals oder essens zu erharren. Forer 29';
des berrn erharren. Melisscs ps. P5';
ich setzte mir vor . . . mit gedult zu erharren , «ie sich
mein verhängnus weiters anlassen würde. Simpl. K. 210;
Hektor harre mir nicht, mein kind, erharre nicht jenen
sondergehülfen allein. Bürger 234';
sie voll herzlichen grames erharrt stets deiner zurückkunft.
Od. 13, 377,
früher: doch sie harrt beständig in wehmut d. z.;
ein wort macht alles ungeschehn. ich warte
darauf, o laszt michs nicht zu lang erharren. Schiller 428' ;
kann man aber bei solchen Wirkungen, welche Jahrhunder-
ten angehören, sich auf die zeit verlassen und die gelegen-
heit erharren, so gibt es dagegen andere dinge, die in der
Jugend frisch wie reife fruchte weggenossen werden müssen.
Göthe 25, 274. Maaler Hl' hat ein intransitives erharren,
perdurare, bis zum end währen, beharren.
ERHARSCHEN, crustam ducere, rigescere: wenn die safte
erharschen oder zusamen sintern , wie bergleut reden. Ma-
THESics 56'; das eine weisze gur oder wolkenfarb wasser
sich allda geliefert, angelegt oder erharscht (1562 derharscht)
hatte. 62*;
schnell wie die weisze milch von feigenlabe gerinnet,
flüssig zuvor, denn eilig erharscht sie umher dem vermischer.
lt. 5, 903;
da er den blick nach ibc herum zu drehen sich anstrengt,
starret der hals und in felsen erharscht die feuchte der äugen,
wie von scharfer kälte der laufende bach erharscht ist.
vgl. harschen und verharschen.
ERHARTE.N, durescere, hart werden : von herzog .Naimas
Worten ward der keiser gänzlich zu zorn bewegt und ime
erhärtet sein herz dermaszen, das er keias raths volgen
wolt. Aimon v6';
die jungen kerlen sein gleich auch also geartet,
so lang ihr euch erzeigt raw und erhärtet,
so lieben sie u. 5. ic. Werders .4r. 10, 8;
darauf stunden corallenzinken so grosz als die eichbäuin,
von welchen sie zur speise mit sich nahmen, was noch
nicht erhärtet und geferbt war, denn sie pflegen sie zu
essen, wie wir die junge hirschgeweih. Simpl. 764;
schuppen gewann die erbartende baut ilim. Voss;
mehre recensionen gerinnen zu einer kritik und mehre kri-
tiken erhärten zu einem öffentlichen urtheile der jetzigen
mitweit. J. P. bficlierschau 1, 3.
ERHÄRTE.N, indurare, mhd. erherten, ags. äheardian:
1) hart machen: mich bekümert fast, das keiser Carle ein
als erhert herz hat. Aimon v4'; es müst ein erhertet hen
gewest sein, das sich zu mitleiden nit bell bewegen lassen.
x3';
und gleichwie sie {die sonne) die erd erhert
und das wachs erweicht und versert. Fischart gl.sckif^9;
verdienst genug, wenn hie und da ein freund der Wahrheit . . .
seinen muth an scenen des leidcns erhärtet. ScHiU£it 700*.
53*
839
ERHÄRTUNG — ERHASCHEN
ERHASCHUNG— ERHEBEN
840
2) bewähren, firmare, mhd. beherfen: ich hielt harlc wie-
der und erhärtete das wesen immer mit neuen motiven.
ScBWEiNicHE!« 1, 224 ; scinc Würdigkeit durch tugend erhärten.
LoBENST. Arm. 1,1352; allein wie schwer wird es ihnen
fallen, wenn sie diese anziiglichkeiten werden erhärten sollen.
Lessi.nc 3,279; eidlich, mit einem theuren eid erhärten;
er schwört gerichtlich zu erhärten,
dasz einem mann, wie er, durch alle Zauberei
von allen nestelknüpferinnen
der ganzen weit so was noch nie begegnet sei.
WlKLAND 5, 197 ;
auch eure Schreiber, Kiirl und Nau erhörten
mit einem eid, dasz es die briefe seien,
die sie aus eurem munde niederschrieben. Schiller 413^;
sie erhärtete dmch dieses wunder ihre keuschheit. Stolberg
7, li>5; wenn er diese sStze recht logisch erhärtete und be-
wiese. Klimger 11, 139 ; was der weise durch Weisheit erhär-
tet. TiECKS Sternb. 1,340.
3) erhärten für erharten, durescere: erherlen, schwillen
(schtcielen) gewinnen, percallerc. Maaier 111*; der kalk, der
gips erhärtet, uenn seine weiche masse in eine harte übergeht;
also zu trotz dem sonncnstral
erherten sie gleich wie krislall. gl. sc/ii/'642;
es ist ein sonderbarer anblick, wie die erhärtete masse star-
rend dasteht. Stolberg 9, 230, doch diese participia lassen sich
auch von 1 herleilen, gleich den dort angezognen bei.ipielcn.
ERH.\RTU.NG, f. das hartwerden , s. b. des gefrierenden Was-
sers, gerinnenden saßes.
ERHÄRTUNG, f. das harlmaclien , die abhärtung, doch ist der
unterschied beider Wörter, da auch die verba schwan/cen, nicht slreng
festzuhalten, erhärtung gilt namentlich von gerichtlicher bewährung.
ERHASCHEN, prehendere, arripere, erwischen, ergreifen drückt,
gleich dem einfachen liaschen etwas heimliches, listiges, schnelles
aus, aber beide wöricr sind weder in der älteren, noch in den
verwandten sprachen. Dasypodics, Fbisiüs, Maaler wissen nichts
davon, ebensowenig die oberdeutsclien idiotica. sie scheinen erst
durcli Luthers bibel in unsere spräche eingeführt und Frisch
1, 42o' thut recht, haschen aw/" cacciarc, chasser, hetzen, hcsson,
hetschen zurückzuleilen, wie sich aucJi huschen, hussen für hut-
schen findet; zur besldligung gereicht das folgende erhätschen.
altn. häski periculum liegt uns ab. vgl. doch noch ahd. zaskon,
rapere. man sagt die katze hat eine maus, einen vogel er-
hascht; ein thier am schwänz, einen fliehenden am zipfcl
erhaschen; beute erhaschen.
strecke deine band aus und erhasche die schlänge bei
dem schwänz. 2 Mos. 4, 4 ; der feind gedacht, ich wil inen
nachjagen und (beute) erhaschen. 15,9; denn er ist mit sei-
nen füszen in strick bracht und wandelt im netze, der strick
wird seine fersen halten und die durstigen {kühnen) werden
in erhaschen. Hiob 18,9; das sie nicht wie lewen meine seele
erhaschen und zureiszcn. /w. 7, 3; sie haben acht auf meine
fersen, wie sie meine seele erhaschen. 56, 7 ; sie werden brau-
sen und den raub erhaschen. Es. 5, 29 ; und was du erhaschest,
so! doch nicht davon komen. Micha 6, 14 ; und wird erhascht
werden, wenn er sichs am wenigsten versihet. Sir. 23, 31 ;
und Dositheus . . . erhaschet Gorgiam und hielt in beim mantol.
2 Macc. 12, 35 ; und der wolf erhaschet imd zerstrewet die
Hcbafe {goth. jah sa vulfs fravilvi{) \)6 jah dislaiiji}) |iö lamlia).
Joh. 10,12; die weisen erhaschet er in irer klugheit. 1 Cor.
3,19; denn bisher haben wir nichts mügen erhaschen, so
groszen schein wendet er für. Luther 4, 375*; ist hierauf zu
sehen, das solcher leidigen stifte guter nicht in die rappusc
(rapsche) komen und ein jeglicher zu sich reisze was er er-
häscht, br. 2, 383 ; wie die kinder etwas erhaschen, wenn man
nüsz und pim in die rappus wirft. Mathesius 1562,279';
sag an, wo thets du nie erhaschen? Rbbrun 70, 324;
wer gern aus fremden tApfen nascht,
wird endlich bei dem köpf erhascht. 76, 404 ;
das feilt voD der suppen nascht
und was schleckwerks sie erhascht
von wein und pier, da« hat verspielt. If. Sachs I, 509';
noch seinen feind erhaschen grell,
der ihm war in der flucht zu schnell. .Sprcncs Aen. 45.V;
dasz ir (der idtafe) ein gute zahl der wolf erhaschte. Kirch-
Bor vendunm. 437'; wann das ein ander merkt, der keiu
herzcben erhaschen kiinncn. welzabend K2';
sie ist erhascht, ich schone sie nicht lAnger,
die »chlaue dlrbin ist erhascht. ScniLLaa 207*;
iMU es nicht genug sei, nur etwas diirrli Überlieferung zu
sriUMbca oder durch Übung irgend eine gcwandthcit zu er-
langen. Göthe 20, 247 ; als er die beulel selbst auswarf und
ein jeder noch diesen höchsten preis zu erhaschen trachtete.
24,324; bis sie endlich dadurch dasz er sidi die gröszte
mühe gab meine briefe zu sehen und zu erhaschen mis-
trauisch geworden. 60, 220.
ERHASCHLNG, f comprehensio. Melissus Saiinde 118.
ERHASEN, pavere, furchtsam sein, niederduclcen wie ein hase,
span. alebrarse, Schweiz, erhaset, forchtsam, zaghaft, frigens.
Frisius 585*; ab einer gfaar crhasen oder erschräcken, sub-
mittere animum. 1256'. MaaleäIH'; die statt ist gar erhaset
oder erschrocken, pat'or cepil civitatem. daselbst; und unsers
bedünkens wollen die bürger hie kleinmütig und darob er-
haset sein. Kresz bei Melanchthon 2, 90 ; crhasen, metu opprimi.
Denzler 97'. nach Stalder 2, 24, der ein heutiges erhäsmen,
erhäsmet anführt, findet sich erhasen auch in der Übersetzung
der Propheten von 1528. Schmeller 2, 244 hat ein bair. der-
hasen.
ERHASSEN, odium in se convertere:
die pein, die .sich zum lohn der schwelger wild erpraszt,
der fluch, den vor der weit der hasser sich erhaszt.
Gellert 2, 29.
ERHÄTSCHEN, was erhaschen:
herr küng, die gward ziiclit schon dahar,
si briiigua aber dschälk nit gar,
doch hands erhatscht die rechten zwar.
Job. Kolrosz Daniel J4.
ERHAUEN, f>iaet. erhieb, part. erbauen, ahd. irhouwan.
mhd. crhouwen, ags. dheAvan, dheöv, äheaven.
1) bäume, äste, circumcidere, praecidcre, niederhauen, aus-
hauen, lichten: ags. äheäven treov, lignxim scissum ; die äst er-
hauwen, abhauen. Maaler lll'; erhauwen die dicken böum oder
wäld, dasit die heitere [klarheil, das licht) einhin gang, co//ii-
care, interlucare. lll' ; erhauwen, dasz die äst nit so dick an
einandern standind, discarare, abnodare; die böum erhauwen
und stücken, londere brachia arborum. ebenda; dann so vil
das bäum entlauben und erbauen belanget. Sebiz 371; das
holz ist so hart, man kan es nicht erbauen. Stieler 789.
2) steine erbauen, in stein erbauen, excidcre: stein aba
bßrge irhouwenSr. N. ps. 98, 9 ;
in eime marmelsteine
wart da; grap erhouwen. Flore 1951.
3) leute erbauen, durchhauen, 7Üederhauen, erschlagen: die
bcschreibung vermeldet, dasz chach Abas in gegcnwart des
abgesandten selbst mit eigner band einen gefangnen erbauen.
Gryphius 1,180; er ward von dem eher erbauen. Lohemst.
Arm. 2,1425; er ist ertiauen worden, ex vulnere caesim infliclo
interiit. Stieler 789.
4) wunden, hclme, ringe erbauen, lücken hauen :
von in wart erhouwen vil manec wunde wit. Nib. 202, 2;
Bertram und Gibelin
erhiewen dürsten lücken. Wh. 440, 19;
der vil manigen rinc schart
darinne het erhouwen. klage Ihlzm. 1519.
5) sich erbauen, heraui^iauen, durchschlagen:
fr erhiu sich von dem fuojhcr. I.anz. 1417;
d(5 sich erhouwen bieten die beide üj Tenelant. Gudr. 1532, 1.
das wort sollte wieder mehr gebraucht werden.
ERHAUEN, praet. erhaute, jHirt. erbaut, im sinne des vorigen,
es läszt aber manchen der dort angeführten inf. nicht ansehen,
ob ihr praet. erhieb oder erbaute gebildet wurde, in folgender
stelle kann erbauen, wie auch sonst schneiden, die bedeutung
von vervortlieilen, betriegen, übers ohr hauen haben:
hot Abner Joab nicht vertraut,
er het iu huioilich nit erbaut. II. Sicas I, 372*,
da Joab den Abner zu einem vertrauten gesprdch unter das Ihor
führte und ermordete (2 Sam. 3,27); doch Idstt et äek auth
buchstäblich verstchn.
ERHAUFEN, acfi/fn«/arf, coacert^are: erweitern, TergröMem,
erheufen und mehren. Ayrer proc. 2, II.
ERIL\USEN, reservare, haushiUtig ersparen: merke, es ist
kein geld schlechter erbaust, als was man armen leulen au
lohn und Irinkgeld vorenthüll, und wofür man gehauen oder
sonst verunehrl wird. Hkukl schaUk 180 (327). auch ScnnEii f.r
2, 241) hat erhausen, derhausen, ertrirtteluißen, Kim. ». HrnK 21
rrhusc.
ERHEBEN, tollm, etUJIere, fnd. «rhub, part. rrhabrii,
wiifur sich späterhin die uhlechleren formen erhob, erhoben ein-
841
ERHEBEN
ERHEBEN
842
drängten, golh. iishafjan, iisbAf, ahd. arhefan, arhuop, mhd.
erheben, erhuop, aUs. ähebbian, äbuof, ags. äbefan, ähof.
für die adjectivischc bedeutung blieb noch erhaben beibehalten
{sp. 832), trann sich erhoben und gehoben zuerst zeigte, ist nun-
meftr nachzuweisen:
darumb ist sie gesund, nachdem man iriel gehoben,
und dasz der dampf beginnt im köpfe sehr zu toben.
Opitz 2, 3S2;
wir sind nun überhoben
der alten fantasei. wer wil den arzt doch loben,
der einen zettel schreibt fast einer eilen lang? Flmisg 84;
er sieht was wider ihn scbwert oder stahl erhoben,
gebunden oder tod. die Tölker sind Terstoben.
Grtphius 1, 262;
und bei diesen drei dichtem gewis noch öfter, Weckherlin hat
blosz erhaben, kein erhoben.
der lebend leichnam unzertrennt
zugleich im himmel droben,
zugleich ist aller ort und end,
wo jenes brot erhoben. Spee trutzn. 305 (336).
das prcui. erhub, erhüben taucht auch bei neueren hin und
vieder auf, trie die belege zeigen ; auffallend ist Lessixgs ie für
ü in den cmjuncliren : schriftsteiler, die sich auch nur zu
der würde des letztvergangnen weltalters erhieben. 4, 338 ;
ob er nicht wisse, dasz die dünste, welche sich zur sonne
erhieben, von ihren stralen zerstreuet würden ? 7, 289.
in dtn bedeutungen liegt bald hoch, in die höhe, bald noch
höher heben, erhöhen.
1) die äugen erheben, auflieben, empor richten, oculos tollere:
du hast deine äugen erhaben wider den heiligen in Israel.
2 kön. 19, 22 ; sie erhob ihr schönes äuge.
21 die band, den finger: stehe auf, herr gott, erhebe deine
band. ps. 10. 12 ; ja ich erhub meine band zu inen und
sprach, ich bin der herr ewr gott. Ez. 20, 5 ; die band er-
heben und schlagen;
wer dazu stimmt, erhebe seine bände! Schillsr 528';
der mann erhob den finger und warnte; erhob die finger
zum schwur, ebenso den arm erheben; die füsze, beine er-
heben und wandern;
da erhub der esel den scbwanz und bäumte sich springend.
GöTHK 40, 174.
3) die stimme, ein geschrei, ein lied, einen gesang, vocem,
damorem tollere: über wen hastu deine stimme erhaben?
2 kön. 19, 22 ; über wen hastu die stim erhaben ? Es. 37, 23 ;
erhebe deine stim wie eine posaune. Es. 58, 1 ; und es be-
gab sich, da er solchs redet, erhub ein weib im volk die
stimme und sprach zu im. Luc. 11, 27 ; und erhüben ire
stimme und sprachen {goth. ushöfun stibna qijtandans). 17,13;
wir selbigen zeit wird sich ein laut geschrei erheben. Zephan.
i, 10 ; die heiligen gänse der Juno erhoben ein geschnatter.
Bkcsers ueltg. 2, 405; um mich erhoben nachtigallen ihr
schmelzendes lied. Klisgeb 4, 99 ;
erhuop da; liet. Reinh. fuchs 219;
drum erhebe frohe lieder,
wer die heimat wieder sieht,
wem noch frisch das leben blüht!
denn nicht alle kehren wieder. Schiller 53';
Nereidenstimmen erhüben das lied. es tönte die leler
der musen darein. Plate:» 135'.
4) den becher, kelch, das glas, den wein: der priester
erhub den kelch;
dieser becher sei erhoben
auf dein wol, das uns beglückt ! ;
laszt uns den nektar hier erheben !
gott Bacchus hat euch selbst die reben
dazu gepflanzt auf Rüdesheim ! Heinsb an Gleim 1, 54.
die Schüssel erheben, hoch tragen:
hierauf kam der zerleger, und bracht in erhobenen schusseln
allerlei fleisch (Tiivaxae TTaoe&r/xsv äei^ag.) Od. 1,141.
5) den hut, den Schleier, levcr le chapeau, le roiie:
wer weisz, obs manchen noch mag werden einst so gut,
dasz er für seiner (liebsten) kan erheben seinen hut,
im fall er eilen musz. Flesi^c 53;
ich darf den dunklen schleier nicht erheben. Scbiller . . .
6) den Stab, sper, die kculc, stange, waffe: dieser, statt
an das kaiserliche hoflagcr zu kommen, erhub die waffen
gegen Harald. Daulhamm ddn. gesch. 1, 40. die fahne erheben
und in die Infi flattern lassen.
7) den bau, die hütte, das zeit, die schanze, maucr: also
erhub Abram seine hütten, kam und wonet im baia Mamre.
1 Mos. 13, 18 ; eine menge von zelten stand auf dem feld er-
hoben; die feinde hatten schanzen erhoben, aufgeworfen;
eine höbe mauer ward um den garten erhoben; weil die
etage an den garten stöszt und nur wenig über ihn erhoben
ist. GöTBE 43, Si ; dergestalt, dasz die ersten sitze nur wenig
über die bübne erhoben waren. 24, 147 ;
wunderbar! es erhebt sich künstliche gärten der reiche.
Voss Luise 1, 164;
eilt den thron ihr zu erheben {aufzurichten) ! Borger 2*.
8) schätz, geld, zoll, abgäbe, zins, zehnten, sold erheben :
diese Steuer war schwer zu erheben; damit derselbe für-
schlag (aufschlug, erhöhung) bei den unterthanen so viel mehr
angenehm und zu erheben folgig. reiclisabsch. von 1518 §. 2 ;
man erhob einen gülden von jedem köpf;
und ist ein grosch wol auszugeben,
der eim ein gülden mag erheben (einbringen, ertragen).
Waldis Esop 4, 83;
ich habe von meinen Schuldnern noch viel geld zu erheben ;
sein gehalt ist voraus erhoben worden ; als wenn mir jemand
einen schätz schenkte, den ich aber erst noch erheben (aus
der erde heben) soll, ohne dasz ich weisz wo? Wielasd 11, 181;
die erbschaft einer million gülden, welche in Holland lägen,
würde am heutigen tage frei und erhoben. Tieck ges. nov.
3, 245. briefe erheben, acdpere literas. Denzler 98". so auch
lohn, tagelohn, bezahlung erheben:
der uns gibt die ganze weit, der uns wil den himmel geben,
federt nichts dafür als dank, kan ihn aber nicht erheben.
LoGAU 3, 16, 66.
das beste, das schlechteste erheben, einsammeln; von den
bienen singt Spee:
sie gleich das best erheben,
das beste blumenblut,
und bleiben doch beineben
die blümlein wolgemut. trutzn. 117 (128).
man sa0 auch eine thatsache, die nähern umstände einer
that erheben, ermitteln.
9) streit, krieg, zank, lärm, stürm, aafruhr erheben.
10) der wind, der stürm erhebt das meer, die wellen:
wenn er sprach und einen Sturmwind erregt, der die wellen
erhub. ps. 107, 25 ; das meer, indem es immer mehr erhoben
wird. Kant 9, 10.
11) den busen erheben, höher häten, hervorheben:
ein sanflgewölbter busen, dessen glänz
der flor mehr schlau erhob, als klösterlich versteckte.
Götter 1, 258;
denn der rothe latz erhebt den gewölbeten busen.
schön geschnürt, und es liegt das schwarze mieder ihr knapp an.
GöTHE 4U, 284.
12) das herz, den geist, mut, sinn erheben, erhi^en, auf-
richten, hofnnng. Zuversicht erheben, vgl. herzerhebend, geist-
erhebend: erhebe dein herz, richte dich empor; auf das er
mehr Zuversicht denn furcht in dem menschen erheb. Lcther
1,95'; durch grosze wolthaten eines hofnung speisen und
erheben, pers. roseng. 1,15;
wann glück erhebt den mut,
so ist erinnrung nütz und Züchtigung sehr gut.
LocAO 1, 202, 35 ;
in deinem sinne, den sie sonst erhub. Götbe 9, 326 ;
ihr seid der einzige mann in unsrer rilterschafl, der mein
gemüth erheben kann. Tieck 11, 34.
13) darumb sind die bergwerk durch die potentaten und
monarchen hoch erhaben. Mathesics 1562, 299' ; nun wil man
alte Stollen darmit erheben. 213';
die arbeit hat die berg durchgraben
und das thal in die höh erhaben, gl. tchif 48 ;
die hohe tannenbäum erhöben hoch das nest
der vögeln. Wecsberlih 225;
mein lied will deinen rühm erheben. Hagkdor5 3,119;
gebührt sich denn nicht, gottes namen zur essenszeit zu er-
heben, der uns speise und nahning gibet ? pers. baumg. 2. 2 ;
gewürz, welches speisen erhebt, (hebt, woUchmeckendcr macht),
kann sie auch verderben. Hippel 5, 124.
14) in der spräche der bildhauer, halb erheben, flach erheben
{bas relief) : einige modellierten rund, einige flach erhoben.
GöTHE 22, 166; der bildhauer musz anders denken und empfin-
den als der mahler, ja er musz anders zu werke gehen, wenn
er ein halb erhobenes werk und wenn er ein rundes her-
vorbringen will, indem man die flach erhobenen werke immer
843
ERHEBEN
ERHEBEN
844
höher und höher machte . . . gieng man immer abwärts in
der wahren kunst. Göthe 38, 21. vgl. erhaben 3,
15) mhd. '65 erheben, ijj heben" = elwas beginnen, anheben,
eines dinges sich unterfangen {gramm. 4,336):
i; ist wol erhaben. Hol. 144, 11;
ij was vernipjjenliche erhaben. 163, 5;
gesch.The iemen von in leide, sä möbte ich mich versähen
da; e; erhaben würde. Sib. l'J24, 3 tlulzin.;
ich wil fi Si) erheben. Herb. 2riS;
disen düchte die rede gut,
da; ^i mit schiffen wurde erhaben. 4131 ;
als ichj erhebe, so komet enzit. gute frau 836;
i; ist erhaben, sprach Ruolant. IIelbl. 6, 3.
ron dieser ausdrucksweise rührt tcol noch ein nbd. 'es erheben':
aber wir liabens nicht mügcn erheben noch erlangen. Luther
6, 8l'; hals Christus in der weit nit erheben können, son-
dern hats müssen von den seinen leiden, wie sollen wir
darzu kommen, das wir in der weit regierten? lischr. 299";
beim könig meint er es gar leichtlich zu erheben,
wann ihren willen sie nur drein wiird erstlich geben,
dal re ottenerla sia cosa leggiera,
quäl or vi sia la volonta di Ici. Werders Ar. 5, 13;
uuaugesehn, dasz ich dem Grifon sie gegeben,
so hett ich solchs bei ihm doch wollen wol erheben,
dasz er die waffen gern euch überlassen hett. 18, 117,
wozu ich die stelle des Originals niciä auffinde, in allen nhd.
beispielen hat sich die bedeutung des anhebcns verändert in die
von ausridUen, durchsetzen, vollbringen, erreichen, erlangen (otlener),
wie auch in folgenden stellen neben 'das, was, solchs, nichts':
kan aber solchs von inen nicht erlangen noch erheben. Luther
1,281'; ich habe wol gedacht darumb anzusprechen, weisz
aber nicht, was ich erheben werde, br. 3, 425 ; aber Augsburg
haben vorgestern bei kais. mt. auf vielfältige mittel und weg
gehandelt, aber in summa, sie haben nichts erheben mögen.
Bauhgartner bei Melanchlhon 2,421; aber er mocht das bei
dem concilio mit gemeiner folg nicht erheben. Frank dtron.
329*;
wie auch die andern, bisz zum letzten,
all ihr vermügen daran setzten,
konten aber gar nichts erheben,
mustens dem vater wider geben, froschm. 3, 1, 16.
man könnte dabei auch an erheben 8 denken, heute ganz veraltet.
16) einen erheben,
a) darumb das ich dich aus dem staub erhaben habe.
1 kön. 16, 2 ; auf den thron, in höhern rang, in den adcl-
sland erheben ;
verrather, aus dem koth hat dich der arm erhaben.
Gryphius 1, 2G.
6) und du Capernaum, die du bist erhaben bis an den
himel {goth. \)ü und himin usbauhida, ahd. enonu ni arhevistu
thih unzan himil). Mallh. 11, 23. Luc. 10, 15; einen bis in den
bimmel erheben. Maaler 111'; wie sie ihn eine Zeitlang in
den dritten himmel erhüben. Göthe 20, 263.
c) es wird zur letzten zeit der berg, da des herrn haus
ist, gewis sein höher denn alle berge und über alle hügel
erhaben werden. Es. 2, 2. Miclia 4, 2 ; ich stieg auf den tritt,
der mich über das tbeater erhub. Göthe 18, 25.
d) das reichthum deiner gaben,
darmit der bimmel selbst dich hat ihm gleich erhaben.
Opitz 1, 9.
e) laudare, ceUbrare, rühmen, preisen: den einen auf Un-
kosten des andern erheben;
wer wird nicht einen Klopttock loben?
doch wird ihn jeder lesen? nein.
wir wollen wenieer erhoben
und fleisziger gelesen sein. Lesiiüo 1, 1.
/) exeellentiorem faccre, evehere: das erhebt uns; durch die
Vaterlandsliebe werden wir erhoben;
ich nahte mich ihm mit entzücken, dankte,
erhob, entbot, beschwor. Le8II!<c 2, 1Ü6;
gesänge, die mich, ohne anforderung einer sogenannten er-
hauung auf das geistigste erhohen und glücklich machten.
GOthe 19,347; wenn erhabene gegenstände uns nicht er-
hüben. 27, 137 ; CS schien als wenn ihn diese (niuer zum be-
deutenden erhübe. 38, 69.
17) reflexiv in vielen anwendungen.
a) sich erheben, turgere, aufstehen und kommen: wenn er
»ich erhebt, so entsetzen sich die starken, und wenn er
daher bricht, so ist kein gnade da. lliob 41,16; nu wi! ich
nich aufmachen, nu wil ich mich erheben, nu wil ich hoch
komen. Es. 33,10; und es werden sich viel falscher prophe-
ten erlieben. Mallh. 24,11; so haben wir uns darauf erhaben,
dasz wir mit den ersten hierher kommen. Mti.ANCHTu. im
corp. doclr. ehr. vorr. zur Augfb. conf ; endlich erhub sich der
verwegene schnell aus der spalte und brachte ein kästclien
mit. Göthe 21,60; erhebt euch denn und stellt euch neben
mich. 9, 266.
b) sich erheben und weggehen :
heiles wünschen disera knabn,
der sich hie von ir hat erhabn. Parz. 120, 4;
da erhub sich der engel gottes und macht sich hindcr sei
(trat zurück). 2Mo5. 14, 19; heltestu in aber übel, das er sich
erhebt und von dir leuft, wo wil tu in wider suchen? Sir.
33,32;
dasz du dich wollest tauTen lau
und dich so bald erheben gleich
gen Paris zum könig von Frankreich. Atrer '281*;
er lobis und sagt, ich soll zufrieden mich nur geben
und mich von dannen weg auf eine reis erheben
auf seiner .schlösser eins. Werders Ar. 5, 71;
die schwedischen gesandten, so umb gewisse Ursachen mit
uns zugleich nach Muscau sich erheben wollen, pers. reiseb.
1,4; eine lerche erhob sich singend in die lüfte; und wenn
die Cherubim ire flügel Schwüngen, das sie sich von der
erden erhoben. Ez. 10,16;
lasz du vielmehr hinweg vom feld uns erheben zur warte.
KiJRGER 231^;
der könig erhob sich in aller frühe von Berlin nach Pots-
dam, oft nur sich erheben vom thron, stui, bett, lager, ohne
weilcre verba der bewegung.
c) sich erheben und sprechen: Adonia aber dersonHagilh
erhub sich und sprach, l Aiin. 1,5; als gegenüber zwei an-
dere Sänger ungestüm sich erhüben. Göthe 23, 13.
d) sich erheben und verfolgen : und wenn ein mensch
sich erheben wird dich zu verfolgen und nach deiner Seelen
stehet. 1 Sam. 25, 29.
e) sich wider, gegen einen erheben : und es begab sich,
da sie auf dem felde waren, erhub sich Kain wider seinen
bruder Hahel und schlug in tod. l Mos. 4, 8; gleichwie jemand
sich wider seinen nehesten erhübe und schlüge seine seele
tod. b Mos. 22,26; aber ir erhebet euch warlich wider mich
und schclt mich zu meiner scbmach. //io6 19,5; damit wir
verstören die anschlege und alle höhe, die sich erhebet wider
das erkentnis gottes (goth. all hauhi|)ös ushafanaiz6s \i))ra
kunj)i guj)s). 2 Cor. 10, 5. ebenso auch sich für einen erheben :
bis sich aufs neu ein arm für sie erhübe. Schiller 436'.
/) sich über einen erheben : warumb erhebt ir euch tiber
die gemeine des herrn ? 4 Mos. 16, 3 ; als er nun sähe, das
das volk aus der stad gieng, erhub er sich über sie und
schlug sie. rieht. 9,43; wie lange sul sich mein feind über
mich erheben ? ps. 13, 3 ; erhebe dich gott über den himel.
108,6; ein volk wird sich erheben über das ander und ein
reich über das ander. Luc. 21, 10.
g) sich eines erheben, damit grosz thun, prafden: herr, lasz
dem gottlosen seine begirde nicht, sterke seinen mutwillen
nicht, sie möchten sichs erheben, sela! ps. 140,9; erheb
dich nicht deiner kleider. Sir. 11,4; Pontanus schreibet, dasz
die Wisbyer sich ihres glucks erhoben, pers. reiseb. 2, 3 ;
der tartar fleng sich an des urtheils zu erheben,
das ihm zu scmer gunst hatt Doralica geben.
Werders Ar. '29, 19.
erhub sich 6et Götbe 40, 75 ist druckfehler für überhub. 1-9/.
sich eines Überheben.
h) sich zu einem, zu etwas erheben:
zu ihm noch basz mit nlärren ruft,
zu ihm euch thut erheben,
der euch gerückt an süszen luft,
an süszes licht und leben. Si'EE truisn. IS7 (176);
nach und nach gieng er (im mahlen) weiter, er erhub sich
zum Portrait. Göthe 38, 61; sich zur todesverachlung erhoben,
i) wenn die wölke da war von abend bis an den morgen,
und sich denn erhub, so zogen sie, oder wenn sie sich des
tags oder des nachts erhub, so zogen sie auch. 4JV(m. 9,21;
am zwenzigsten tage erhub sich die wölke von der wonung
des Zeugnis. 10, 21 ; sie hatten aber eine lusung mit einan-
der, mit dem schwert über sie zu fallen, wenn der rauch
von der stad sich erhübe, riclit. 20,38; da sich aber ein
Rturm erhub. apostelg. 14,5; da der sudwind sich erhub,
28,13; ein ungewittcr erhebt sich;
845
ERHEBEN
ERHEBEND — ERHEIMERWÄRT
846
gewaltige winde erhüben sich plötzlich. E. tos Kleist 1,190;
welche kühle luft erhebt sich plöulichl Gotteb 3, 462;
wenn sich der föhn erhebt aus seinen Schlünden.
Schiller 521';
gleichwie sich ein meer erhebt mit seinen wellen. Ez. 26, 3 ;
die wasserströme erheben sich. ps. 93, 3 ;
die see erhub sich. E. vos Kleist 1, 190.
k) das kein bawm am wasser sich erhebe. Ez. 31, 14 ; eine
lilic erhob sich aus dem wasser;
in lieblichem geruch auf frischem grünen thron
erhübe sich die ros. Weckhb»u;< 7o6.
I) und da die stim sich erhub Ton den drometen, cm-
beln. 2 chron. 5,13; und es erhub sich ein grosz geschrei
des Volks und irer weiber. fieh. 5,1; so sol sich ein ge-
tümel erheben in deinem volk. Hosea 10, 14 ; darnach erhub
sich ein streit. 1 chron. 21,4; und es erhub sich ein streit
zwischen Äbia und Jerobeam. 2 chron. 13,2; denn wo sich
ein krieg erhübe, möchten sie sich zu unsern feinden schlahen.
2 Mos. 1, 10 ; auch ein schisma in der h. kirchen sich zu
erheben zu besorgen sein möcht. reichsabseh. ron 1512 §. 4;
ein Wortwechsel, der sich erhub, machte ihn aufmerksam.
GöTHE IS, 176; als sich das gespräch erhub. Zinkgref353, 5;
in den tagen aber erhub sich ein murmel unter den Griechen.
apoädg. 6, 1 ;
und schnell erhebt sich ein geklirre. GorreB 1, 117.
m) alsbald entstund ein finstemis und erhub sich wie
eine wand zwischen .Nimrod und Asar. pers. rosenth. 7, 20 ;
hügel, die sich in der enffernung zu geborgen erhüben. Hauer
Fabius s. 26; im august vorigen jahrs erhub sich hier noch
ein gartensaal. Göthe 30,326;
und auf der stelle, wo ein mord geschah,
kann sich ein tempel reinigend erheben. Schiller 514';
der stärkste pfeiler wars, der sich erhübe.
Ri:cE£RT yes. ged. 1, 172;
ein reihe von bergen erhob sich im hintergrund.
ERHEBEN, praet. erhebte, part. erhebt, erscheint als aus-
nähme und mit derselben bedeutung neben der regel des vorher-
gehenden starken erheben, erhub, erhaben, dessen praesens, ron
allers her, freilich schicache form an sich trägt, golh. hafjan,
ahd. heffan für hefian. aus diesem praesens fand sie denn
auch in die firaelerita den weg. so hallen uir 1, 1332 das part.
behebt ron beheben, auch hier beschränken sich die folgen-
den belege aufs particifnum : haben wir uns fuderiichen (för-
derlidi) und emsiklichen an sant Francischen tag schierest
verschinen von Triendt gen Venedig zu reiten erhebt (= er-
hoben). Chmel Mojnmil. s. 126 (a. 1496) ; das wasser des müres
was in maur weis hoch erhebt. Keisersb. ausg. der jüden
H4; und gleichwie unser irdische und keiseiliche gewalt,
also wollen wir seine heilige römische kirchen herlich ge-
ehret und den heiligsten stuel s. Peters höher denn unser
keiserthum und irdischen thron mit aller herlichkeit erhebt
haben. Luther 6, 4S7'; sie tragen auch schöne weite lange
eingestochen mit gold und roter seidin erhebte hembder.
Frans frf//6. 57'; sie stellen ihn auf ein darzu gemachte büne
oder erhebten thron. 76"; dardurch sich dann grosz murmeln
unter uns allen erhebt hat. Galmy 267; in ihr läger mit
einem erhebten feindlichen geschrei fallen. Kirchhop mil.
dise. 190; an örlern, die bodenfest und an erhebten, ber-
gigen orten gelegen sind. Sebiz U; die erhebte arbeit hat
den heiligen geist furgebildet. Reiszner Jerus. 1,42*; erhebt
werk, erbebte arbeit. .Maaler lU'. Rädleix 249';
erhebet hast. Melisscs ps. C6";
du bist so sehr erhebt, dasz niemand deine sinnen
zu beugen ihm gedenkt, und mich versöhnt bei dir.
Opin 2, 156 ;
ein kreuz mir für den äugen schwebt,
o weh der pein und scnmerzen !
dran soll ich morgen wern (irerdcn) erhebt,
das greifet mir zum herzen. Spm trulzn. 227 (20S) ;
sie haben erhebt. Hohberc 1,597*. tadelhaß im praes. erhibt:
wer um vergeblich ehr
und rühm sein haiipt erhiebt,
der macht sich selbst beschwer
und in gefahr sich gibt. pers. rosenth. 2, 35.
ERHEBEN, n. vas erhebung: 1) des tons, der stimme,
gegensalz ivn senken.
2) erheben des geldes, der gefalle.
3) erheben des geistes, der pbantasie: als die geslalt Tor
ihm schweben blieb und schimmerte und lächelte, so stand
seine seele vor ihr wie vor einem verstorbenen auf und alle
wunden üengcn wieder unter dem erheben an zu bluten.
J. P. Hesp. 2, 116 ; allein nur aus dem trauerspiele führt ein
quergäszchen in das lustspiel, aber nicht aus dem helden-
gedicht. kurz, der mensch kann nach dem erweichen, aber
nicht nach dem erheben lachen. 3, 3.
ERHEBEND, animum extoUens: erhebende lehren, bei-
spiele, lieder, reden; erhebender trost; er sprach die erhe-
benden Worte.
ERHERER, m. exaelor, gelderheber, steuererheber.
ERHEBLICH, 1) möglich, thunlich: welchs laster (des zu-
trinkens) er, der von Schwarzenberg, nit allain mit worten
vemicht, sunder er hat auch solchs selbs gemiden, und so
vil im erheblich, bei andern gemitten zu werden ursach
geben. Schwarzexberg SO.
2) celebrandus, laudandus:
und wie du, höchster, stets erhöblich,
also ist deine lieb stets löblich. Weccherlt;« 116.
3) gravis, magnus : etwas erhebliches; nichts erhebliches; aus
erheblichen gründen. Wielaxd 2, 255 ; unerheblich, irrelevant.
ERHEBLICHKEIT, f momenlum, graritas: von keiner er-
heblichkeit; das die ganze erheblicukeit, Hassan? Schiller
163'; grosze berm sind nicht allemal völlig berichtet und
wer will oder kann wol ihnen die erheblichkeiten beizu-
bringen sich unternehmen? Leibmz 2,209.
ERHEBNIS, /■. bergmännisch, ireggeslürzle sinnsehlacken
ERHERUNG. f. 1) die erhöhung zu ehren und tcürden : dasz
er mir wol seine erhebung zu danken, doch mich nicht wegen
seines Sturzes zu beschuldigen hat. Tieck 3, 9.
2) geistige erhöhung und erregung: meine eignen Veredlungen
und erhebungen im buche von zeit zu zeit nachgetragen.
J. P. Fibel vorr. s. 1; nein, rief Ottilie mit erhebung, sucht
mich nicht zu bewegen! Göthe 17,371; erhebung im gebet;
lobeserhebung.
3) erhebung des geldes, zinses.
ERHEBL"NGS.\RT, f modus exigendi.
ERHEBUNGSORT, m. deliciarum locus: jener unennesz-
liche, unbegreifliche, zauberische erquickungs und erhe-
bung.^ort (die geisterv:elt). Klisger 12, 215.
ERHEGEN, tuen, fovere:
dann ward die Sterblichkeit durch uns in uns erreget,
der rechte seelentod die laster erst erheget.
Opnz3,216 (206);
er hat ihm die strafe erheget, mulclam inlercessione sua refovü.
Stieler 727; wer ein eigen haus hat, kann das pachtgeld
crhegen (behalten, sparen), ähnlich scheint das mhd. erheien,
velcltes uie heien stark flectiert, obwol nur das part. geheien,
erheien, nicht das praet. ind. gehie, erhie aufzuweisen «t.*
Wächter, ich het mir erheien (gehegt)
ein liljen clär und wis,
an der lag al min flij.
diu ist mir in dem meien
verswunden, des tuot sich min herze zweien. RätzlerUi 9*.
mdir unter hegen, vgl. auch erheit.
ERHEIM, ERHEIMER, domum, ßr herheim und herbeimer,
Verstärkungen des einfachen heim, sind nach den beiden folgen-
den Körtem vorauszusetzen: da ist der man erheim kommen.
ireisth. 3. 751 Scbxelleb 2, 193 verzeichnet haimher und haim-
hin. aber schon ein mhd. gedieht hat, nach der lesart des cod.
Kolocz. 109, 4S7
& da; min man h6r heimer kum,
nach cod. pal. GA. 2,99,444
4 daj min man er heim her knm.
ERHEIMWÄRT, domum versus, durch er = her verstärktes
heimwärt, heimwärts, in her, huc liegt vas in heim domum und
du sollst her kommen drückt ungefälir aus was heim kommen,
in einem pergamenlnen ßurbuch aus der Weiterau (arcltiv zu
Büdingen) beiszt es: item ii morgen under dem bundenreine
(beundenrain) an den herren von Amspurg erheimwert, und
zuhet uf da; pfarderidt (pferderied). item v Grtel und iit
girten (gerlen, rulhen) ligen an den herren von Rodighem
erheimwert und sloiszen uf den Fredeberger wegk. item
III firtel und xiii girten erheimwert des Katzcnlohes neben
den herren von Amspurg, stoiszen uf den ober Fredeburger
wegk. neuere Wetierauer flurbüdier haben dafür heimzu, was
man sehe.
ERHEIMERWÄRT, dasselbe, mit erweiterung des erheim in
erheimer, trie des berabe, heraus, hernach in heraber, her-
847
ERHEIRATEN — ERHEITERN
ERHEITERUNG — ERIIERBEN
848
auszer, hernachcr «. s. w. stdkn aus demselben flurbuch: item
1 morge erheinierwert an jiingfrauwe Elsen Brendeln und
stoiszt an eim ende uf das ridl (ried) und mit dem andern
ende uf die bache. item i morge uf der Swern erheinier-
wert an des pherners wesen {wiese), item ii morgen und
XX girten neben den herren von Arnspurg crheimerwert und
stoiszen uf den schutzensehe {SchiUzensee). vgl. erliintcr-
wärts.
ERHEIRATEN, per uxorem acquirere : er hat das gut nicht
gekauft, sondern erheiratet ; viel geld erheiratet ; meine Schlös-
ser möchte er gerne erheirathen, drum macht er mir den
hof. Fr. Müller 3, 55.
ERHEISCHEN, exüjerc, poscere, postulare, für ercischen, wie
nnter eischen sp. 363 ausgeführt isl, Frisius und Maäler schreiben
gar erhöuschen: die not crhöuschts. M.\aler 112'; gedenkt
euch mänlich zu weren, wann die notturft erheischts. Aimon
q 3' ; bei meinem eid, das ist ein guter einsidel, dan wans
die not erheischt, so wcret er sich mit dem schwerl. D l' ;
that doch bei meinem herrn, was sich einem dicncr erhei-
schet und gebühret. Schweisichen 2, 123; ein werk, das muth
erheischt, fiers. rvsenlh. 7, IS ; da es die not erheische. Opitz
Arg. l, 470," die beischicszung des gelts, so das gemeine
wesen erhiesche. 1,573; eia lasset uns dann disen ... luft
zum gotteslob erheischen. Spee g. lugenJb. 40G ; wie es die
absieht, die er auf uns haben mag, erheischet. Wieland
1,252; aber das übel erheischte schleunige mittel. 7,78;
mein vertrag erheischts,
dasz alle kaiserheerc mir gehorchen,
so weit die deutsche sprach geredet wird. Schiller 344".
ERHEISCHLICH, nccessanus, erforderlich.
ERHEISCHUNG, f in erheischung der not. Kirchhof disc.
mtl. 27; die andern hoficut oder Soldaten werden nach er-
heischung des orts quartieret. 126 ; nach erheischung des
orls wenig oder viel. 17S; von dcrwegen an alle und jede,
nach erheischung ihres Stands, dienstliches und freundliches
bitten. 211; jenachdem es die noth, der ort, ihr stand er-
heischt, man sagt auch erheischungen, requisila. Stieler S27.
ERHEISZEN, inaüescere, veischiedcn ron erheizen, ralcfacerc,
wie ahd. irheijen von irheizan, v\hd. crheijen von erheizen :
und reite das pferd dann umb, dasz es crheiszct, und deck
es warm zu. Albrecht roszarznd 95.
ERHEIT, fictus, corruptus, schweizerisch in der redensarl er-
heit und erlogen, wie sotisl erstunken und erlogen. Alb. von
RCtie s. 21, tibliclier ist verheil in ähnüdiem sinn. Stalder
2, 31 stellt auch erheien, frech lügen auf, und ahd. gilt erheiet,
erheigfit, erhegft, ferheiet viil der bedeutung von verbrannt,
verdorben (Graff 4, 710), glcicltsam male fotus, von erheißn.
erheieta, erheiget, was dem starken erheien, part. erheien nah
verwandt sein musz. mehr utüer hegen.
ERHEITERN, serenare, iUuslrare, erhellen, außeilern.
1) Ortlich, wie oft denke ich mir dich, wie du jene weiten
durchschwebst, davon einige wenige unsre nachte erheitern.
Klopstock 11,145; für uns ist der mond weder mehr noch
weniger als eine leere, glänzende Scheibe, die unsre nachte
erheitert und unsre zeit abmiszt. Wieland 1,132; ein ange-
nehmes geoiisch von licht und schatten erheiterte das ka-
biael, ohne dasz man die quelle dieser zauberischen diiin-
merung entdecken konnte. 12, l$ü; Wieland allein hat den
sanften rosenschimmer über unscrn parnasz gezaubert, der
die grelle, ernste färbe desselben erheitert. Klincer 11,104;
10 war die ganze weit urograut,
ihr wiszt ja selbst was sie erheitert,
die horizoDie sturenklar erweitert. Görai 4, 140;
ein anderes gestirn, ein andres liebt
erheitert mich, tf, 251.
2) abärad, wir besiegen die leidenschaft, wenn wir unsere
dunkelen Vorstellungen zu deutlichen erheitern. Jerusalem
philos. aufsälze, Braunschw. 1776 j. 34; hat es manche Schwie-
rigkeit, einen ernsten gegenständ zu erheitern. Göthe17, 205;
der sein stilles fleiszigcs leben dadurch erheiterte, dasz er
bei freunden und verwandten in der gegend ton seit zu zeit
einipracb. 25, 339 ;
du giSnztest bei der vftter frcudenreste,
erbeitcrtett die ernsten gAiic. 12, 43;
't.
Michn? 10,4;
erheiternde g<'
wird sie dem
dui die theologic durrli
und modiOciert wird. Oo/.
Iie Philosophie crbctlcrt
von Nicolai s. 47.
ERHEITERUNG, f begab man sich des andern tages nach
dem begräbnisplatz, zu dessen Verzierung und erheiterung
der architect manchen glücklichen Vorschlag that. Göthe
17,208; zu groszer erheiterung dieser halbtraurigen gcfühlc.
17, 276.
ERHEIZBAR, quod caiefieri polest, heizbar: die Stube ist
gar nicht erheizbar.
ERHEIZBARKEIT, f.
ERHEIZEN, calefacere: ein gemach erheizen;
ein elendes gemach,
wie habt irs nur erheitzen mügen? H. Sachs I, 252.
ERHEIZIGEN, fervefacere, erhitzen, vgl. erhitzigen:
nachdem die lieb, mit starker wut
erheitzigend mein junges blut u.s.w.
Weckukrlims i'orr. zu den psalmen.
ERHELLEN, praet. erhall, part. erhoUen, heute verderbt in
erhallen, erhallte, erhallt, resonarc, personare, mhd. erhallen,
erhal {wb. 1, CS3'):
mhd. ir schrien löte erhillel. Walth. 77, 21 ;
der galm übr al die stat erhal. Parz. 63, 6;
da sluoc er an daj ej erhal. Im. 320;
und daj der selbe mortscbal
verre in daj laut erhal. Trist. 228, 20;
daj maerc was erbollen
in der stat öberal. Mai 22S, 22;
nhd. Susanna in der not erpral
und auch der alten {seiium) stimm erhal.
.Scuwarze^iberc 110, 1;
ir trummen wit im wald erhall. Amor a4;
si wurfend mit hemplligen steinen,
dasz (dasz es) in den berg erhall, ühland 411;
man bort auch den widerschall von den schlegen, so sie
thetcn, in bergen und thälen erhellen. Aimon c5*;
hagel unt straln mit feuers flamm erhal.
Melissus ps. F8*. vgl. G7".
ERHELLEN, praet. erhellle, part. erhellt.
1) intr. tllucesccre, palescere: es erhellt, apparel; aus dem
gesagten erhellt, ergibt sich, leuchtet ein; dieser wolsland er-
hellet aus den schönen iiäusern. Stolberc 6, 20.
2) tr. illustrare, collustrare, hell machen, beleuchten :
dann dient die hoheit nur sein laster zu erhellen,
Hagedorn ;
0 Phantasie! erhelle
der ersten pfade spur
und jede blumenstelle
der väterlichen flur. Matthisson 18;
die durch liebliche Widerscheine erhellte schattcnpartie am
bauernhausc. Göthe . . . ; die lügend schwebe vor ihm am
sichern hiinmel über unserer sonne und wärme und erhelle
und ziehe allmälich sein herz. J. P. Hesp. 2, 114. zuckersieder
sagen: den zucker erhellen, klären, reinigen.
ERHELLIG, clarus, manifeslus. Stieler 888.
ERHELLKESSEL, m. bei zuckersiedern , zur klärung des
Zuckers.
ERHELLUNG, /". beleuddung: zur bessern erhellung des
stübchens noch ein fenster setzen.
ERHELLUNGSBLECH, n. ein Werkzeug der gürller, knopf-
macher.
ERHEN, tertiäre i.e. tertia vice arare: zur saat erben, ter-
ram vel solum tertiäre, das erben zur saat, lertialio Frisius
1303*. Maaler Hl', in diesem seltnen, bei Stalder und Tobler
niclU mehr vorkommenden worl würde man das einfache eren
arare erblicken, wäre letzteres nicht unter ccrcn bei Frisils 120',
bei Maaler 97* besonders aufgestellt und verscJiieden geschrieben.
crhcn bezeichnet also ein wiederholtes, drittes pflügen, das rh
scheint wie in forlie trula, morhe pastinaca. v^. das sp. 754
unter erden angeführte ehdszische erren.
ERHENKEN, sttsitendere : dieser hat erworben den acker
umb den ungerechten lohn und sich erhcnkt. aposlelg.i,\^;
vil lieber wölt ich mich crhenken lassen. Aimon vd'; ich
weisz, het uns der keisrr, er Ihet uns lesterlich crhenken.
X6*; sich an einem gürtel erhenken. Maaler Hl';
tyrannon haben recht, so olt sie sieb erlienken.
Hauuorn 1, 3i>.
vgl. erhängen.
ERIIERBEN, emuperare, erbiUern,
1) transitiv,
will du durch drohen noch mich mehr und mehr arherben?
Omi 1, IS5;
heraenn toll die icbnach do< heils den tod erberben.
" " GRTpnici 1,268;
849
ERIIERBSTEN — ERHITZEN
ERHITZEN— ERIIITZIGEN
850
weil sie besorgten, dasz sie durch ihre ungeberdung die,
mit welchen sie in ein unauflüsiichs bündnis treten solten,
nicht zu sehr erherbeten. Lohessteix Arm. 1, 160 ; daher solte
sie seinethalben mehr die götter durch andacht gewinnen,
als durch ungedult erherben. 1, 272 ; hierauf rennte er sporn-
streichs denen Tencterern zu, hielt dem erherbeten herzuge
beweglich ein. 2,351; der graf von Hanau hielt nicht für
rathsam durch ausführliche antwort das gekränkte gemüth
des Melo mehr zu erherben. 2, 387.
2) reflexiv:
ists billich, fragte gott,
dasz du dich also wilt um eine staud erherben? Opitz 3,65;
doch Moses, sein erwählter mann,
ist vor den schweren risz getreten,
nachdem er heilig sich erherbt,
hat herzlich für den grimm gebeten,
so dasz er sie nicht ganz verderbt, ps. 106 s. 203.
ERHERBSTEN, vindemiare, wie einherbsten.
ERHERZEN, sich, animum colligere, Imz fassen: Solande
liesz sich eine rechte bangigkeit ankommen, indem er, so
zu reden, zwischen thür und angel geralhen. doch erherzte
er sich endlich, pol. sluckfisch s. 66.
ERHETZEN, 1) insligare, außclzen, terlulien:
dem schmiert er aufruhr an, der hat das volk erbetzt,
dem prinzen nachgestellt, die majestät verletzt.
Grtphr-s 1, 78.
2) iniento studio consequi, erjagen: es gibt menschen, die
nur nachrichten ohne Interesse für den inhalt erheizen wollen.
J. P. Hesp. 3, 18.
3) erhetzt sein, indigari, aufgesessen, erhitlert sein: da sind
sie wütend auf mich erhetzet und nach vielen lesterungen,
damit sie mich . . . einen kelzer ausgerufen, zuletzt auch
für Leo dem zehenden verklagt. Lutheh 1, 35l' ; Schmeichler,
welche on alle ursach auf mich erhetzet sein. br. l, 506.
ERHEUCHELN, simulare: erheuchelte freundschaft, fröm-
migkeil, liebe; er hat ein ansehnliches amt erheuchelt {durch
heucheln erlangt) ; um seine gtmst zu erheucheln (durch heu-
chelei sich zu rcrscha(fen\ KA.vr 5, 262.
ERHEULEN, plorando consequi: das verzogne kind erbeult
sich einen apfel von seiner multer.
ERHEXEN, artibus magicis adipisci, erzaubern.
ERHINKEN, claudicando consequi: ich {lahmer) musz mir
erst noch einige eszlust erhinken. J. P. unsichtb. löge 2, 67 ;
daher der arme mensch nach tausend erhiukten und erflog-
nen zielen doch sein veraltetes äuge noch sehnend nach
einem richtet, das er selber nicht sieht, leufelsp. 1, 2S.
ERFHNTER, pone, post, retro, hintenher, hintenhin, vergleichbar
dem erheimer und erunter für herheim und herunter: als
er nun zu einem kleinen häuslein kommen, darinnen das
liecht gebrannt, hätte er durchs fenster in die Stuben ge-
gucket und darin ein junges weibsbild gesehen, die eben
zu nacht gessen und sich zum schlafen accommodiert ge-
habt, er hätte angeklopft . . . und sei von ihr in ein bette
zu sich erhinter an die wand zu liegen gcheiszcn worden.
Simfil. rogeln. 1, 18 ; denn durch die ädern auf den hinder-
schenkeln werden die feuchligkeiten ausgeführet, wie her-
gegen durch die andere auf dem schwänz allein von dem
haupt erhinder und an andere ort verwiesen. Uffenbacu
roszbuch 2, 46. tgl. hinhinter, hinterhin, hinterher.
ERHLNTERWÄRTS, dasselbe, gebildet vie erheimerwärts :
wenn man den ganzen leib erhindenverts fein reiben leszt.
Uffesbach 2, 46 ; die sich in der mitte erhinderwerts in die
länge ziehen. 2,306.
ERHITZEN, 1) intr. eaiefieri, incalescere:
mhd. bij daj; !r erhizet
und ein w6nic erswiiet. G.4. 2, 169;
nhd. sonst erhitzst du gar ungebewr
die flammen schon dein herz anfliegen. II. Sacdj V, 214';
in begierden ward ich erhitzen. 1,311;
im anfang ist er {der qaul) trag im gang,
dasselbig wärt aber nit lang.
wo im nur reiten, das er schwitzt,
und das er nur einmal erhitzt.
so lauft er stets im vollen traben,
das ir gnug dran zu halten haben. Waldis 4,83 *.316;
wann das holz inwendig erhitzet, so flüszet öle aus dem
obersten hafen. Jon. vom Clbe gart der gesuntheit o. j. u. o.
cap. 218 {die stelle entnommen aus Mecenberc 326, 4) ; du solst
mit schimpf und spotl erhitzen und erlechzen. Ayrkr proc.
2,12; darvon sie also erhitzeten, als ob sie voll höllisches
feuers wären. Pbha-hd. 1, 421.
in.
2) Ir. calefacere, heisz machen, in lülze setzen: dag machet
den lip rosch und liht und erhitzit den magen wol ze dowenne.
Meinauer naturl. 297*; die sonne erhitzt die erde, das feuer
den ofen, das eisen; senkrecht fallende strahlen erhitzen
den boden der Weinberge; man erhitzt steine zum braten
des Deisches ; erhitzte brotschnitten mit butter zu tränken und
durchziehen zu lassen. Götde 21, 52 ; erhitzende gelränke.
3) der tanz erhitzt (ichauffe), jetzt darfst du nicht trinken ;
der wein erhitzt mich zu stark ; weh denen die des morgens
früe auf sind, des saufens sich zu fleiszigen, und sitzen bis
in die nacht, das sie der wein erhitzt. Es. 5, 11 ; durch gehen
in der sonne, durch schnellen lauf, durch bergsleigen er-
hitzen; nachgeloffen waren und sich erhitzt betten. Steix-
HöwEL dec. 87, 29 ;
man kann sich mit zweigen
erhitzet vom steigen
die Wangen umwehn. Saus.
4) das blut, das herz erhitzen: auf das nicht der blut-
recher dem todtschleger nachjage, weil sein herz erhitzt ist.
5.Vo5. 19,6;
so aufgebläht, wie ein pedanf,
der itzt von seinem werth erhitzet,
in werken seiner eignen band
bis an den hart vergraben sitzet. Gklleit i, 93;
erworbne Unschuld, dem erhitzten blut
durch list und schwere kämpfe abgerungen. Schillkb 269';
ein nichts erhitzt die pbantasie. GorrER 1, 258.
5) antreiben, incitare, anfeuern: was hab ich misgehandelt
oder gesundiget, das du so auf mich erhitzt bist? 1 Mos.
31,36; und sind an einander erhitzet in iren lüsten. ROm.
1,27; der in seiner Jugend durch seine Offenherzigkeit alle
seine brüder wider sich erhitzt hatte. J. E. Schlegel 3, 453 ;
die kühnen hunde fürchten nicht
des ebers mörderzahn,
erhitzt und auf den raub erpicht
fliegt jeder und schlägt an,
haunau, hauhau, hauhau! Weiszk Jlcom. opern 3, 41 ;
erwähl ich mir ein doggenpaar,
die hetz ich auf den lindwurm an,
erhitze si« zu wildem grimme. Schiller 66';
mann erhitzt er auf mann, treibt die begierden aufs thier.
GölHE 1, 290;
da indes Laerles zurückkommt, soll dieser bis zum meuchel-
mord erhitzte Jüngling ihm nachgeschickt werden. 19,163;
manchen guten erhitzte der name dieses bundes zu straf-
baren Unternehmungen. Schiller 852'.
6) in milderem sinn anregen, erregen:
und gleich lud fama, froh erhitzt,
sie nach Berlins gewünschten auen,
'dort, musa', sprach sie, 'sollt ihr itzt
.\then zum andernmal im alten flore schauen*. Uz 1, 2.
") sich erhitzen, in eifer gerathen. man braucht auch das vort
überall iro Kdmie erzeugt wird, wenn sich ein gegenständ auf
einem andern bewegt, i. b. ,der zapfe in einer pfanne, iro die
gehörige sdimiere abgehl; der mörtel erhitzt sich durch zu hef-
tiges reiben beim abptUzen und verliert dadurch seine bindekrap.
ERHITZIGE.N sagte man früher l) für erhitzen, wie erheizigen
für erheizen: was ist die kelt und erfrorenheit, in deren
er ein füer bedarf, sich dobi wider zu wermen und er-
hitzigen? Keisersb. bilg. 13'; erhitziget werden in liebe.
postille; sie seind durch böse zungen mit einander erhitzigt
worden. Agricola spr. 156; erhitziget in bösen begirden.
Maaler llt*; uns anzuzünden und zu erhitzigen, das geselz
lieb zu haben. MELAXcnTHOxs hauptartikel verdeutscht s. l. et a.
bl. 18; irer gölter bild führten sie für ein zeichen hoch
herein im krieg die angreifenden zu erhitzigen und manlich
zu machen. Frank weltb. 1569, 42' (1534, 43* aber erhitzen);
wann das ros durch das gehen , laufen oder sonst andere
Übungen erhitziget worden. Secter 127 ; schmirbe den bucg
an der sonnen oder sonst an einem warmen ort und nimb
ein hand voll salz und ein aierschalen voll senf, dasz es
wol crhilzigc, so wuchst ander fleisch. 352; Aiislobulus
hat durch laufen und springen die leib erbitzigct. Reisz.nek
Jeru.^ 2, n';
ist dein herz widcrumb erhitzigt
in lieb? schaw, dort kumpt dem lucern,
die leuchtet als der ranrgenstern. H. Sachs I, 26";
die Vertröstung rühm zu erjagen
erhitzigt ir herz, nicht iii zagen, gl. schif <02;
erhitzig du die stirne! Opitz 3, 79 (77).
2) intr. exardescere: in die brunst kommen, brünstig werden.
Haaleb Ul'.
54
851
ERHITZUNG — ERHÖHEN
ERHÖHEN— ERHÖREN
852
ERHITZUNG,/! aeslus: in der erkitzung trinken; erhitzung
der leidcnscbaften.
ERHOBEN, das heutige pari. prad. von erheben stall des
früheren erhaben, wurde sp. 841 nachgewiesen, es begegnet auch
hin und wieder adjectivisch : das angenehme paradies ist ein
mehr erhobener ort als dieser tempel. pers. baumg. 9, 1& ;
hat dich des allmSchtipen donner
nicht genug an dieser erhobenen stelle gebrandmahlt?
Messias 2, ü!>4;
erhobene arbeiten, Verzierungen, die über die grundfldclie, auf
welcher sie angebracht sind, Iwrvorlrelen ; erhobenes bildwerk
von prinzenköpfen. J. P. Tit. 1, 43 ; erhobene arbeit und fei-
nes schnitzwerk. lil. nacld. 4, 123. Stieler S07.
ERHOBENHEIT, f dasz nicht an einer einförmigen wand
irgend eine erhobenheit sich befinden sollte. Göthe 58, 26G.
ERHOCKEN, stocken, aus dem gang kommen, einwurzeln.
Alb. V. RüTTE 21. vgl. hocken, sitzen, kauern.
ERHOFFEN, sperare: Spontini wird erwartet, wenn auch
nicht erhoft. Zelter an Güthe 750;
o wäre doch das rechte masz getroffen !
was bleibt mir nun, als eingehüllt,
von holder lebenskrafl erfüllt,
in stiller gegenwart die zukunfl lu erhoffen! Göthe 1, 113.
ERHOHEN, crigere, elevare, exailare, erheben, golh. ushauhjan,
alid. irhühan, mhd. erhcehen. im 15. IG jh. wurde noch oft
vor dem t das h in ch geschärft, erhocht, erhöcht für erhöhet,
erhöht, die abgezogne bedcutung des erhöhcns kommt der des
erhebens nahe, doch kann erhöhen nicht sinnlich vom erheben
mit band und arm, vom erlieben der hand, des auges , arms,
flügels und fuszes gebraucld werden, während umgedreht erheben
leicltt auch für erhöhen sleld. erhöhen darf sowol hoch, in
die höhe stellen als höher stellen, bauen, augere bedeuten.
1) eine mauer, einen dämm, ein haus, einen thurm er-
höhen; leget flcisz an ire mauren und erhöhet ire paiast.
ps. 4«, 14; und erhöhen das haus unsers goües. Esra 9,9;
alle tal sollen erhöhet werden und alle berge und hiigcl
sollen genidriget werden. Es. iO,i; aus welchen Zerstörungen
CS sich hat hegeben , das die alten gebew und erden also
sein erhöcht worden. Frank welib. 168';
ein bethürmtes schlosz roll majestät
auf des berges felsenstein erhöht. Matthissoi».
2) einem ein grab, einen hiigel, altar, ein mahl erhöhen,
elevare : sie erhöhten ihm den hügel ;
denn ein denkmal hätten gesamt ihm erhöht die Achaier.
Od. 1,420;
der erinnrung soll im gärtchen,
vor der klause weidenpförtchen,
ein altar sich fromm erhöhn. Mattbisson 178.
3) das pdaster, den fuszboden erhöhen; die absetze an
den schuhen , den kragen am mantel erhöhen ; alle sitze
und bänke werden erhöht;
und auf der berge festem rücken
ein stufenwuchs den wald erhöht. Göthe 4, 74.
4) den heiland an das kreiu erhüben;
wenn durch tödten, durch verjagen Christus reformiren wollen,
hett ans creuz er alle Juden, sie nicht ihn erhöhen sollen.
LoCAü 3, 37, 87 ;
die schlang erhöhet an dem pfal
verwundter menschen heilt on zal (4 Mos. 21, 8. 0. hh. 3, 14).
SCBWAUE<«BEIIC 154, 2;
diser herzog ist Tor anderem seinem adcl mit dem hut et-
was erhOcbter, sunst aiierding in kleidung in gleich. Frank
»M. 57'.
5) gold, edelsleine und blumen erhöhen die Schönheit;
dein (der rote) kränz erhöht das schönste gesicht.
GöTHK 1, lüO;
der bahn hat gekräht.
nun lasz mich, bevor sich der morgen erhöht (erhebt).
B6RCER 84>.
a) erhöhen, nhdien aus dem niedem: er hebt auf den
dOrfligen au» dem staub und erhöhet den armen ans dem
kot. 1 Sani. 2,8; du erhöhe«! mich aus denen, die sich wi-
der mich »elzen. 2 .Sam. 22, 4'.t. ps. 18,49; ich habe kinder
anrcrzogen und erhöhet (vulg. Oliog enutrivi et exallavi). Es.
1,2; der die nidrigen erhöhet und den bcirilbtcn empor
hilft. Hiob 5,11; denn wer sich srlb«! erhöhet, der wird cr-
nidriget, und wer sich selb rmidrigd, der wird erhöhet (saei
bnaiTri|] sik sitban, ushauhj:id:i). 3/(i/</i. 23,12. Li«*. 14, tl; oder
hab ich gesündiget, das ich mii b ernidrigel, auf das ir cr-
kObet wurdet (ei jus utbaubjaind,iu). iCor. 11,7; wer sich
selhs erniderf, der wirt erhöcht. Reiszner Jer. 1. 2l'. man
sagt auch: schwache, matte färben erhöhen, lebhafter, glän-
zender maclicn; die stirdme erhöhen, lauter reden.
7) erhöhen , augere diynitale , honore, divilüs : nach disen
geschichtcn machte der könig Haman grosz . . und erhöhet
in und setzt seinen sluel über alle fürsten. Esther 3,1; hilf
deinem voike und segcne dein erbe und weide sie, und er-
höhe sie ewiglich, ps. 28, 9 ; wenn ir des menschen son er-
höhen werdet (cum exallavcrilis filium hominis). Joh. 8, 28 ;
hat ich vorlag {vrrla()) der alchamei {alchymie),
mit mir erhöcht ich ander drei. Schwarze!« bkrg 120, 2.
8) innerüch, leiblich wie geistig eiliöhen:
in allen guten stunden,
erhöht von lieb und wein. Göthe 1, 130;
der wein er erhöht uns, er macht uns zum herm. 1, 138;
Leonore: erwach, erwache! lasz uns nicht empfinden,
dasz du das gegenwärtge ganz verkennst.
Tusso: es ist die gegenwart, die mich erhöht,
abwesend schein ich nur, ich bin entzückt. 9, 124;
wenn ich dieses holde herz unter so viel guten und erhöhe-
ten menschen erblicke. J. P. uns. löge 3, 5.
9) mein herz ist frölich in dem herrn, mein hom ist er-
höhet in dem herrn. 1 Sam. 2,1; und man lobe den namen
deiner herlichkeit, der erhöhet ist mit allem segen und lobe.
Neh. 9, 5 ;
erhöhet werd dein nam. Weceberlin 72 ;
und weisz den sinn doch besser zu erhöhen
zu dem der einig hilft. Opitz 1, 35;
ein groszer theil des alten tcstaments ist mit erhöhter ge-
sinnung, ist enthusiastisch geschrieben und gehört dem felde
der dichtkunst an. Göthe 6, 7 ;
ists raserei? ists ein erhöhter sinn,
der erst die höchste, reinste Wahrheit faszt? 9,237;
von jenem glück . . . haben sie selten eine erhöhte empfin-
dung. 19,18; die gefühle der gesellschaft erhöhten sich,
man asz, frank und jubilierte und bekannte wiederholt nie-
mals schönere augenblicke erlebt zu haben. 19,37; die Zu-
schauer, deren gefülil durch die schreckliche niichtliche
scene erhöht war, hatten mehr empfanglichkcit. 19,223;
denn ihnen erhöht war die seele. 40, 290;
der erhöhte geist fühlt ruhig das körperliche aufwallen ohne
seines. J.P.Hesp. 1,128; als er mit seinem vom Widerschein
der heuligen verkläning erhöhten gesicht hineintrat. 1,180;
eine solche glückliche, robuste seelennatur, worin man we-
niger seinen geist erhöhen w ill , als seinen pacht. 2, 77 ;
sein erhöhtes hera. 3,195; indem er seine lebensgeisler in
der gesellschaft erhöht. Tieck nov. kränz 2. 219.
10) erhöhen auch für caelare, erhaben, crhol)cn bilden: er-
höcht bildwerk, ausgestochene arbeil, loreuma. Maaler 111*;
herzog Catumcrn gab er eine agatschale , darein das bild
des groszen Alexanders erhöhet war. Lohenst. Arm. 2, 515.
EHHÖHER, m. exaltalor: erhöher der menschen. Riedrers
Spiegel der rbelorik 1493. bl. 119.
ERHOHERN, augere, steigern: und da er meine Schönheit
mit oleo talci erhöhern und meine halbkrausc haar, die von
schwärze glitzerten, vcrpudern wolle. Simpl. K. 541; den
preis des korns erböherii, annouam flagellare. Stieler s08.
EIUIOHTRITT, m. jwdal : aber es gab für ihn nur ^ine
seele, an der jene erhöhlritle wie an pedalharfen geschaffen
waren, die jedem gedaiiken einen höhern sphürenlon ertheilen.
J. P. llesJK 1. 73.
ERHOHLNG, /■. in rerschiednen bedeutungen des erhöhen« t
1) anhöbe, locus editus: wir hallen uns hinler einer er-
hnhung, die den schneidenden wind abhielt, nulhdilrflig
gelagert. Göthe 30, 77.
2) erhithung, Steigerung der färbe, stimme, des luiils; rr-
höhung seines namens, nihms; erhöhung de« pacbls. der
Steuer; erhöhung des bimliscben wirbeis, eleratio fiott. Maa-
ler 111'.
3) in dieser leidenschafl liehen erhöhung fühlten verxrhiedne
kranke die übel nirbl, von denen sie sonst gc(|üiilt wurden.
Göthe 20, 270.
ERHUHÜNGSWINKEL, m. der eine geneigfc fläche mit der
honzoHlalen macJU.
ERHÖHEN, mimäim tendendo luerari: er hat mit k.-ise,
bullcr und fischen hnus und hof crhükel. Stiklkh bt*.
853
ERHOLEN
ERHOLEN
854
ERHOLEN, repetere, ahd. arhalön, irholön, mhd. erholn,
tcjl. das einfache wort.
1) wiederholen, wider erholen, von neuem sagen : mehr er-
holte (besagte, genannte) leute; der oben erholte, genannte
käufer; wie nu das zugehet, ist gesagt droben im ersten
werk, ist nicht not wider zu erholn. Luther' 1, 495'; es
were ganz von unnöten, das Luther dis ersten artikels be-
kentnis so tapfer und hoch alhie erholet. Wimpina bei Luther
5, 17* ; disem artikel ist viel weniger denn den vorigen ni
erholen not; derhalben von Luther zu erholen gar von un-
nöten gewest. 1"'; hie zu erholen viel zu lang, is'; ja dis
argument, sage ich, und der grund ist ein rechter fels und
fast das sterkste im ganzen Paulo, und wird gar oft erholet
und angezogen in allen epistein. Jonas bei Luther 6,393';
so füret er das nach der lenge aus im vierden capitel zu
den Römern und erholet solchs in allen seinen epistein.
394"; meinen sie, das die schrift on Ursachen einerlei so
oft mit klaren worten erholet? 395'; wollen wir davon erst-
lich unser mcinung kürzlich erholen. Mei Ascnrn. afol. augusl.
conf. im corp. doclr. ehr. 56; und die verheiszung der gnaden
wird von .\dam her durch die ganze schrift immer wieder
erholet. 120; summa, wer ander leut beschuldigen, absetzen
und endenmg machen wil, das ichs noch einmal erhole,
der sehe u. s. tc. Mathesics 154'; sein klag mit kurzen Wor-
ten erholen. Frankf. ref. 1,23,3; syndicus des hellischen
groszfürsten und seiner gemein erholet, dasz er auf künf-
tigen 14 febr. einen verhörtag habe zu seinen ubergebnen
artikeln. Ayrer proc. 2, 9 ; erwidert aber und erholet seinen
verführten beweis. 2, 11. dies tciederholen fällt unmerklich
mit herholen, hcrrorholen zusammen, icie er oft dem her be-
gegnet und das iciederholte neu hervor geholt icird: ein einiges
wort der h. schrift auszugründen und gar tief zu erholen
(altius repetere) ist unmöglich. Lutuers tischr. 3'; darinnen
er aufs kürzst und anmütiglich alle fundament und besten
grund des h. röm. glaubens erholet, alle kelzereien wider-
legt, erklärt., schlichtet und ausweiset. Fischart frjVnent. 2' ;
alda man eigentlich die Ursachen erholen wird. 6'; dise
beweisung wird von Leandro Alberto erholet. 1S2'; daselbst
erholt er auch sehr lustig alle die Ursachen. 157'; so will
ich vor allen dingen erholen das hohe lob und preis. 234';
wiewol die sach also geschaffen, dasz je mehr man sie er-
holet, kornschüttet, erbeutelt und remembrieret , des mehr
euern herlichkeiten zu ergetzlichen wolgefallen solt er-
schieszen. Garg. 26*; sobald sie nun heimkamen, erholten
und sinnschöpften sie etlichs was zuvor gelesen war wor-
den. 1S4*;
jetzt will ich sie erholen (Itervorholen, iciederhoten).
Sp£E Irutzn. 196.
l') erholen, ausholen, schwingen: da erholt Ruland einen
andern streich. Ficrabras D3. vgl. ausholen.
2) zurückholen, nieder einholen, anbringen, recuperare: das
ihr von den ungläubigen, als von den ungerechten besitzem
wider erholen und zu banden nemen. Frank wellb. 119';
baten uns aber doch umb frist und gedult, so si wider zur
namng kämen und das unglück übenvunden und erholten,
so wollen si alle zins doppel bezalen. 223'; deren hernach
nicht mehr abgeholfen noch widerbracht und erholt werden
mochte. Frankf. ref 1, 43, 3. goldarbeiter erholen (erfrischen,
erquicken) ihr äuge vom feuer und golde (welches beides wir
bisher gehabt) am grün und im spiegel. J. P. friedcnspr. vorr.
3) zuwnlen blosz erlangen, errächen, holen, einholen, ohne
die Vorstellung ron wieder und zurück: daran erholest du
iiümmen undank. Keisersb. 6i7ger 193*; ein seufzen von grund
auf erholt, Spiritus petitus imo totere. Maaler 112"; meint er
hctt ein beut erholt. Wickram rollw. 41; du hochmütiger
litler, welcher in Frankreich groszen rühm und preis erholt
hast. Galmy 134;
was ist doch wol erholt durch langen krieges zanken?
ScHonEL Lam. ;
erz . . 80 wir von kluften tief erholen. Spee g. tugendb. 417 ;
nun ist zum unglück auch
der kluge nieister, der den bau vollfuhrt,
in dieser nacht gestorben, und es l;iszt
bei seiner mumie sich kein rath erholen. Pultxn 200^,
rerschiedcn von sich rathes erholen (7,6).
4) mut erholen, animum recipere:
wie nun die schlang lag bei der glui,
erholt sie wider ihren niul. Alberis 47;
erhole deinen mutl Flejisg 602.
5) Schande erholen , holen, davon tragen : also hette mein
bock (Eniser) in andern stücken wol mit lust und freudea
schand gnug erworben, aber an der warheit must er sie
mit groszem wüten und toben erholen. Luther 1, 369.
6) in anderm sinne, an einem erholen, erwerben, verdienen:
dir Aristophontes möge es so gehen, wie du es an mir er-
holt hast (de me ut meruisti, ita vale). Lessisg 3, 62 ; Lem-
nius hat Luthers eher mit keinem worte im bösen gedacht,
als bis er (Luther) es an ihm (Lemnius) erholte. 3, 2S1.
7) sich erholen, mit gen.
a) der ehre, des Schadens, mangels, honorem, damnum
reparare: und wiewol ich dieser irer Untugend heubtmeister
möchte mit recht angreifen und mich meiner ehr an ineu
erholen, hab ichs doch nachgelassen. LtrraER 1,174'; was
darnach für schände auf uns feilet, wollen wir uns des
Schadens durch diesen schätz reichlich erholen. 6, 1S7*;
und solt nichts deste weniger deine Zuversicht auf Christum
setzen und dich an demselben deines mangels und Schadens
erholen . . . ; und erholeten sich etlicher maszen ihres em-
pfangenen Schadens. Micräliüs 2, 259 ; da die Teutschen
sich einmal angewöhnet hatten, so oft als ihnen etwas wi-
driges begegnete, über den Rhein zu setzen und in Gallien
ihres Schadens sich wiederum zu erholen. Blnaü 1, 109" ;
um nicht der hofnung entsagen zu müssen , durch irgend
eine günstige wendung der umstände sich rielleicht dereinst
ihres Schadens wieder zu erholen. Wieland 6, 232; weil ein
armer unbezahlter Jude sich daran seines Schadens zu er-
holen sucht. J. P. teufelsp. 1, xiii. erleiden, dasz der klaget
und seine freunde sich dessen aus des bischofes eigenen
gutem erholen möchten. Moser 3, 198, sich schadlos machen.
b) sich rechtes, rathes erholen, juslitiam, consilium repetere
= sich recht, rath holen, consulere aliquem: ihr wisset
nicht, wo mich der schuch noch trücket, es ist was än-
derst in der fläschen, dessen ich gern bescheid, und mich
rechts erholen wolte. Phil.\nder 2, 7S4 (787) ;
aus einem alten rabelbuche,
aus dem ich mich raths zu erholen suche,
wenn ich selbst nichts erfinden kann. Gellert 1, 214;
leider hab ich keine quellen mich raths zu erholen in Cassel
sogleich bei der band. Sömmering 6« Merk l,A2b; du kannst
dich schon bei ihm raths erholen, ihn vm rath fragen, dal.
statt acc. des pronomens
da kannst du dir am besten raths erholen.
Tleoce etegien 1, 172
ist ein Sprachfehler, hiesäe es rath erholen oder holen, so wäre
das dir richtig.
c) sich der gelegenheit, der kunst erholen: aber von
wegen des abwesens der richter auszer der slad Rom, des
Sterbens halben, wissen wir uns der gelegenheit der hendel
und process nicht zu erholen. Litber 2, 1S4; es sind auch
hernach vil treflicher und gelehrter leut gewesen, welche
bekannt, dasz sie in diser schul sich irer kunst erholet
betten. Melanchtb. oration ron h. Friderichen, deutsch von
Lauterbeck. 14.
d) wie sich vil land des salz {d. i. salzes) zu Halle und
anderer ort er in Sachsen erholen. Mathesiüs 125'.
e) die herren wüsten sich des kerls nicht zu erholen
(nicht aus ihm klug zu «erden. Hin auszuforschen). Pbilander
2, 245.
8) sich erholen mit praeposUionen : darin wir uns (acc)
reichlich erholen können, was uns (dat.) zur Seligkeit von
nöten ist. Mathesiüs 69"; doch wie man eisen rennen,
schweiszen solle, kann man sich bei ander Icuten und bü-
chem erholen (erfragen). 79'; der schätz und proviantkasten,
daraus man sich etwas zu erholen hätte, pers. rosenth. 7, 20 ;
verleib nun, dasz ich mich an dir, mein schütz, erhol!
GRrPHirs 2, 393;
des sclaven sclave hatte dann wieder seine sclavea, an de-
nen er sich erholte (entschädigte). Wieland 8, 147.
9) bloszes sich erholen,
a) sich wiederholen (nadi i), se repetere:
o groszer eott von kraft, lasi doch erweichen dich,
weil das elend gebet so oft erholet sich,
der möchten etwa dreiszig sein,
die thäten nach dem willen dein.
MtTTH. Metfert in dem Hede 'o groszer gott von macht'.
um 1631.
b) sich erholen, respirare , frischen athem holen: sie erholt
sich, nach der ohnmacht; stehen sie auf, erholen sie sich.';
54*
855
ERHOLEN— ERHÖREN
ERHÖREN— ERHUNGERN
856
er hat sieb auszer athcm gelaufen »ind miisz sieb erst er-
holen; der kranke erholt sich, savimcU tieuc kräfle ; das laud
erholt sich nach dem krieg; ich erhole mich von diesem
schlage, fasse neuen miU («le mul erholen 4); von der furcht,
dem schrecken; sich von dem schaden erholen (wie des
Schadens ""); und das er das volk, das sich kaum ein we-
nig erholet halle, nicht wolle in der vcrfUichlen beiden
hende geben. 2 Marc. 13,11; die stat erholt sich, kumpl wi-
der zu riiwen (zur ruhe), respirat civitas; sich wideruuib er-
holen und zi'i leih legen, confirmarc se. Maii.er 112";
»0 dasz, wann harz, alaun und schwefel sind verthan,
ihr samen widcrumb sich doch erholen kan,
und satte nahrung bat. Opitz 1, 43 (44);
nicht schöner Lli'ihn violen, ^
die sich im thau erholen,
wenn luft und erde nicht mehr glüht.
Wkisze kom. opern 3, 286;
weil sie sich aus ihrer poetisch Ihealralischen wuth wieder
ein biszcben erholt hatte. Gt'miF. 14.62; nur der unglück-
liche, der sich erholt, weisz für sich und andre das gefübl
zu nähren , dasz auch ein mäsziges gute mit entzücken ge-
nossen werden soll. 17, 37S; die Soldaten erholen sich in
den Winterquartieren, erfrischnngsqnartieren.
Die belege zeigen, dasz heute nur "'.', 9' im gang nind.
ERHOLEN, excavare: ein kleiner und weicher trof {tropfe)
erhület einen herten stein, buch der natürl. tieislieit. Atigsb.
1490 bl. 49'.
ERHOLLTS'G, f. i) repetUio , recapitulalion : mit erbolung
aller vorigen acten. Frankf. ref 1, 38, 2.
2) consultatio, raths erholung: so mügen auch die neuen
vorsieher, so oft es inen not sein wird, bei den alten er-
bolungc haben. Luther 2, 267.
3) refeclio, rcstilulio : erholung der kräften. Opitz ylrfl. 1,445.
4) remissio: zu einiger erholung; schlaf und andere er-
bolungen; seine zeit zwischen geschiiflen und crholungen
thcilen; zur erholung kegel spielen; nach einiger erholung
und Sammlung traten wir unsern rückweg an. Göthe 25,360.
ERHOLL'NGSARBEIT, f. leiclUe beschäfligung nach schwerer
arbeil.
ERHOLLTVGSMITTEL, n. laxamentum eurarum, ddassemenl.
ERHOLUNGSREISE, f
ERHOLUNGSZEIT, f remissionis lempus.
ERHÖRRAR, quod exaudiri polest, erhörlich.
ERHORCHRAR, quod subauscuUan^o exdpi polest, crlausclibar.
ERHORCHEN, auseullando captare, erlauschen:
was hah ich in der nacht nicht und am tag
erhört hier und erhorcht an diesen schranken.
RücKERT ijes. ged. 1, 150.
ERHÖRE.N, mhd. erhoeren, exaudire,
1) mit dem obr vernehmen, audire, Iwren, franz. entendre :
mild, da; 6t dem vater hetc gesagt,
daj erhörte ouch diu reine magt. a. Ileinr, 460;
da begunde ^rj anc strichen,
(lä bi wetzen, da; erhörte,
der ir fröude störte,
der arme Heinrich. 1221 ;
ii% sOc;em slAfe ein s.tüc wip
vrÄgete, dö si erhörte
den wabter gingen von dem tage. MS. 1, 27*;
Cr sprach, min egel hfietc dich,
d*r wolf dir schaden tuot,
erhccrt tr dich. 2, 174';
nhd. da erhöret gott die stimme des knabens. 1 Moa. 21, 17; da
werden barpfen crbürt. Keisersb. ro/t. 3f. f 5; über die inau-
ren des Ihurns sah , ob sie jemand erhören oder sehen
möcht. Bocc. 2, 107*;
crhnr ich um mich her vil vögelein sfisi singen.
Wkckhcrlik 760;
doch wir so ferr erhören« nicht,
well wir die obren sparen. Spee Imitn. 166 (182);
was hab ich in der nacht nicht und am tag
erhört hier und erhorcht an diesen schranken.
RöcKERT a. a. 0. ;
sncbc nncbbcr bei der aufwartung zu erbOrcn , wanim er
wiedergekommen ist. Tif.ce 3,320. vian sagt: das ist oft,
•elten, schon, mehr erhOrt, nie erhört, unerhört, inaudüum;
die allen sagten falsche wort,
von disem weib vor oio ertiort. Schwarzknr. 110, 1;
von der weit an ist« nicht erhöret, das jemand einem ge-
boren blinden die äugen aufgethan liahe (golh. fram aivn ni
gaiiausi|i vas). Juh. 0,32; ich bin gefragt worden nm ein
recht urthcil iilirr jetzt erhoric {eben virtiomtunr) sacben.
Reütter 64; nicht vil erhörter weis, modo parum audilo.
gl. schif, im litel;
dasz auf hohem stuele vielraal sitzt die thorbeit,
ist erhört bei aller und nicht nur bei d^r zeit.
LoGAi; 3, 55, 96 ;
ehe die kunst büchcr zu schreiben erhört war. IIerdek
1,144; so was ist nicht erhört! Tiecr 3,282; büberei wie
noch keine erhört worden ! Sciiii.i.En 200' ; vor ein noch nie
gehört gericht gestellt. 407'. vgl. unerhört.
2) i)reccs admillerc, cxorari, golh. andhausjan (verscliieden
von unscrm enthörcn), it. csaudire, sp. cscuchar, fr. ecoulcr.
da man sich dacfite, gott, in dessen olir die bitte, das gebet
dringe, verde darein willigen, so nahm erhören und selbst das
einfache hören leicfU den sinn des gewährcns an. die bibcl ist
voll von belegen für diese bedeutung von erhören und einige
stellen werden genügen : darunih das der herr dein elend er-
höret hat. 1 A/o.s. 10,11; dazu umh Ismacl habe ich dich auch
erhöret. 17,20; und gott erhöret Lea, und sie ward schwan-
ger. 30,17; der herr gedacht aber an Rahel und erhöret sie
und machte sie fruchtbar. 30,22; und wenn ir betet, sollt
ir nicht viel plappern, wie die beiden, denn sie meinen sie
werden erhöret, wenn sie viel wort machen {golh. [lugkeiji
im auk, ci in liluvaurdcin scinai andhausjaindau). AfaMA. 6, 7;
fürchte dich nicht, Zacharia, denn dein gebet ist erhöret
(andhausida ist bida ))eina). Luc. 1,13; vater ich danke dir,
das du mich erhöret hast (unte andhausidf's mis). M. 11,41;
ich habe dich in der angencmen zeit erhöret (mela auk
andanemjarama andhausida |)us). 2 Cor. 6,2; das sie allein
blosze wort hersetzet, darin ich gar nichts erhöret bin, und
ganz nichts auf mein schreiben und bitte geleret werde.
Luther 1,433"; und sollte nicht also viel lieb zum fried bei
inen sein, das sie nicht ein wort erhören könnten von iren
Seelsorgern, br. 5,607; einsi bcgär und bin erhören, vota
alicujus exaudire. Maaler 111*;
bei der göttlichen, die da wol sonst
so manch gebet erhört. Lessinc 2, . . . ;
ich will heut nacht zum schlosz von Villabella
mich heimlich schleichen, will versuchen ob
Lucinde mich am fenster hören wird,
und hört sie mich, erhört sie mich wol auch
und liiszt mich ein. Göthe 10, 219;
mein alter vater segnete uns, und eine nacbkommenschaft
von edlen tapfern sühnen quoll aus seinem gehet, du (Elisa-
beth) hast ihn nicht erhört, und ich bin der letzte. 8,165;
und die noth, bekannt mit ihr und von ihr erhört zu wer-
den. TiECK 6,271.
ERHÖRLICH, nach beiden bedentungen des erhürens.
1) quod audiri polest, hörbar:
mein nunmehr dir allein erhörliches geschrei.
Weckukrlim 203.
2) quod exaudiri polest: weil er meint man könne erhör-
lich beten. Liscov s. 103 ; das gebet müsse, wenn es erhör-
lich sein soll, im glauben geschehen. Kant 1,210; hat er
den glauben nicht, so kann er nicht erhörlich bitten, ebenda ;
ein gebet für erhörlich halten. 6,382.
ERHÖRLICHKEIT, /• sich der erhörlichkcil einer bitte
für versichert halten. Ka.nt 6, 382.
ERHOTZELN, siiccussare, succutere, erschüttern, sloszen. Fri-
sius 1262'. Maaler 112'. s. botzeln.
ERHOTZLll.NG, f succussus, aufschütlelnng.
F^RIIUNGER.N, 1) Ir. fame macerare, necare, umim.m;;. ;n, ;m
lode hungern , durch hungrr zwingen , hin und wieder mä Um-
laut erhungern: do or da; vcrnam, do .samele er ein her
und besä; ein sletelin, bcisset Wille, und zehant erhungert
ers und gewan es. Closener i. 33; was ist nidriger, nirb-
liger, dürftiger denn der tcufel und die verdamplen? ilein
die umh ire niissethat gemartert, erhungert, erwürgt wer-
den? Luther 1,495'; so wisset ir, ehe ich meine rardiual
und prelaten zu.sammen bringe, sind sie erhungert, verbreni.
erlrenkt. 6,331'; und so viel an inen ist, die Christen dem
Türken zu dienst erhungert haben. 8.170*. br. 5, .S45; wöl-
lent ir aber meines rals gefeilig sein, so helilgerent dis
schlosz als nahe, das niemanis aus oder ein mag, er sei
dann gefangen, mit disem fiind oder li>t mögenl ir die darin
erhungern. Aimon l2'; ich bin, habt ir ichls zu r^sen, »o
gehl meiner hausfrawen und meinen kindern, wann sie seint
also erhungert, sie möchten des sterben. y2'; er wolt sie
in dem Ihiirn erhungern. Ptwliis f.7; Agrippina gedacht sich
seihs vor unmilt zu erhungern. Frakh chron, I2>»';
857
ERHÜPFEN — ERINNERLICH
ERINNERN
858
eesundheit sprach, auch erhungerst du
die leut, machst in ir dewung krank. H. Sachs 1, 4br;
der wolt in einlegen und erhungern, dieser ertrenken.
Kirchhof icendunm. 409' (435); tauben, die er vor in der
finstere gespert und erhungert hette. Tacics 6. fmn^. 3,269";
ein ausgelassener erhungerter teufel. Garg. 231'; das erhun-
gerte heer. LoBE^STEI^- Arm. 1, 225.
2) intr. erhungern, groszen htinger haben, adesurire. Maaler
112'; erhungern, fame perire, veHiungern : dasz er erhungern
soll. Povas 57; denn über das. dasz ich schier erhunger,
legt er auf mich schwerere bürde, denn ich zweimal selbst
bin. Kirchhof icendtinm. SS'; er befiehlt aus zorn und rach-
gier, sie lebendig in eine hole so lange zu versperren, bis
sie daselbst erhungern und umbkommen würde. Opitz 1,163.
erhungert, inedia solutus, famelicus, verhungert.
ERHÜPFEN, 1) 'r. siUtu capiare, im hüpfen erlmdien. Stie-
lER S57.
2) inlr. salire, pdplare: vor freuden gleich erhupfte, er-
lupfte, erschupfte. Garg. 112'; darvon fing das kind an zu
erschrecken und erhupfet. 104';
busen und herz erhüpfl
am altare der Cypris. Herder 12, 50.
ERHLREN, d(aem corpore quaerere: er hat viel geld erhurt,
erhurte kleiden Stieler S35.
ERHüSCHEN, captare, erwischen, erhaschen, kos man seftc:
es war ein wildes eberschwein,
lief oft den baurn ins körn hinein,
bis« in der bauwr einsmals erhuscht
und im ein ohr vom köpf abwuscht.
Waldis Lsop 2, 12 bl. TS*.
ERHnTERN, concutere, percutere, perceilere metu: sie betten
kein blatz noch weil zu schieszen, auch kein herz, sie stun-
den erhuttert, vermeinten unsere reuter weren götter vom
himmel gschickt oder mürminder. Frask veltb. 1534 s. 22S\
1567 s. 233*, die erste ausg. liest erthuttert, die zweite erhuttert,
und beides sdieint gerecht, erthuttem ist erduttem, erdottem,
crdattem (sp. 775», doch erhultern trtri betätigt durch das
sch«ä:. hottem, hötterlen, schütteln, rütleln (Stalder 2,57).
sichtbar gleichen sich dattern (2, S27), dottem (2, 1315), blättern
(2, 7S), schütlem, zittern m. o. m. in bedeutung vie bildung, und
auch schütteln, rütteln, hotzeln md zu vergleichen.
ERICH, dünn veisz leder. voc. 14S2 gS*. s. irch. _
ERICHTAG, dies Martis, s. erchtag, eritag, ertag. in Ölircers
grammatica 36 häszt es: zinstag, quidam dicunt dinstag vel
aftermontag, et Bavari erichtag.
ERIN, aereus, aheneus, ahd. mhd. h]n: man sol nemen
kriechen, also so sie zitig sin, imd tu die in einen erinen
hafen. von guter spise 9 ; aber die singer Heman, Asaph und
Ethan donten in erin schellen, bibel von 14S3, 191'. 1 chron.
16, 19, vulg. in cvmbalis aeneis concrepantes. bei Luther :
senger mit ehernen cymbeln helle zu klingen. Dasvpodiüs
32l' stellt erin und erzin nebeneinander; erin oder küpferin
gcschirr, gemächt und werk, aeramenta. Maaler 112'; erein,
eneus, ein ding von ere. voc. theut. 14S2 g 7*. oben sp. 4S icurde
das subst. er aes nhd. in abrede gestellt, auch die bibel von 1493
biHet es noch dar: und von dem ere ward bracht zwei und
sibenzig tausent talent. 52*. 2 Äfos. 38,29; von dem vater Thyro,
einem Werkmeister des eres. 159'. 1 kön. 7, 14, in beiden
stellen setzt Lcther erz. im vocab. des 15 ß.: aes, ere, nd.
er. eer. Diefesb. 210'. erein, erin ist unser ehem.
ERLNNERER, m. monUor:
vergeblich ists ümm alles unser denken,
wie sehr wir auch ümm unser freude thun,
es kann mehr nicht als die erinnrer kränken,
so süsz es war, so sauer ist es nun. Fle«15G 103;
mir, dem das haar schon grau und erinnerer
der lebensüucht wird. Klopsto« 2, 34;
lange schon sehnte er sich aus einem lande, wo er ein
fremdiing war, wo so vieles seine neigungen beleidigte, sein
despotischer geist an den gesetzen der freiheit so ungestüme
erinnerer fand. Schiller 792'.
ERINNERIN, f. monilrix: nun nehmt an, dasz er keine
solche freundschaftliche erinnerin in einer guten Schwester
oder weniger folgsamkeit gehabt hätte. Weisze länderfreund
11, 135.
ERINNERLICH, l)sucurrtHs: das ist mür nicht erinnerlich,
sich eines dinges erinneHich sein, reminisä: wie er sich der
■ache ilzt erinneHich ist. Lesb»g lo. 30.
2) commonilorius : zu einem erinnerlichen beispicL
3) memor, gratus, dankbar. Sheler S91.
ERINNERN, set^, tcie entäuszem, veräuszem ein äuszern,
einfaches Innern voraus, wovon noch innerlich, analog deni
äuszerlich, übrig iä. ahd. bestand neben innerön auch noch
innön, mhd. neben innen innem, inren ; mit er zusammen-
gesetzt findet Mch erinnen verzeichnet, kein erinnern (irfr. 1,751).
erinnern tcird schon von Lcther gebraucht, in den vürterbüchfrn
steht es zuerst bä Hesisch 924, Denzler 9S' und Stieler S9l.
nnl. gut herinneren, unser erinnern hat das schic. erinra, ddn.
erindre nach sieh gezogen, man sehe inne werden und innem.
1) erinnern, monere, admonere,
a) mit acc. der person, gen. der sache: ich musz dich solchs
tcgiich erinnern, dir zu gut. spr. Sal. 22, 19 ; also tröstet er
sie und erinneret sie der glückseligen schiachten, die sie
vor gethan hatten. 2 Macc. 15, 9 ; derselbige wird euch erin-
nern alles des, das ich euch gesagt habe {rulg. suggeret
vobis omnia quaecunque diiero vobis, golh. gamaudeij) izris
allis, I)atei qaj) du izris). Joh. 14,26; habe ich Timotheum
zu euch gesand, das er euch erinnere meiner wege (qui vos
commonefaciat rias meas). 1 Cor. 4,17; ich erinnere euch
aber, lieben brüder, des evangelii (notum vobis facio evan-
gelium). 15, 1 ; solchs erinnere sie (haec commone, goth. J)izei
gamaudei). 2 Tim. 2, 14 ; darumb wenn ich kome, wil ich
in erinnern seiner werk. 3ioh. 10;
wes Job in groszer duld erlit,
des seit erindert auch hiemit. Schwabzkxberg 156,2;
euch wil ich ganz trewlich ewers ampts hiemit erinnert haben.
Luther 8.95*; sie sollen in bittsweise desselbigen erinnern.
kl. «eise reden 3'; will ich alle ihres theures eides erinnert
haben. Mathesics 1562, 214' ; wir werden erinnert der mensch-
lichen dürttigkeit. 206'; und hat die Juden sollen erinnern
des hohen himmels. Reiszner Jfruj. 1,9'; Cajus Sulpitius
erinnert sie der rede, die sie gegen ihm gethan hätten.
lÄvius bei Rihel l~i; einen seiner ellendigkeit erinneren, eom-
monere suarum miseriarum. Hemsch 924; ich erinnere dich
des, moneo te hoc; könige ermahnen und sie ihrer fehler
erinnern, pers. rosenth. 8, 146 ; dasz sie ihn jederzeit der ge-
rechtigkeit erinnert. Ziskgref 20, 20 ; ich erinnerte ihn seiner
vorigen herzhaftigkeit. Lohenst. i4rTn. 2, 914 : einen seiner zu-
sage erinnern. Stieler 891 ; der bauer wurde seines Verspre-
chens erinnert. Leipz. avant. 2, 34 ; da unser einer doch täg-
lich seiner Sterblichkeit erinnert wird. Claudius 3, 76 ; sire,
antwortete Danischmend, mein gedächtnis ist von einer so
gefälligen art, dasz es alles unangenehme durchfallen läszt, nnd
mich nur der unverdienten huld erinnert, wovon ihre hoheit
mir so riele beweise zu geben gerahet haben. Wielasd 8, 370;
erinnre mich nicht jener schönen tage. Göthe 8, 30;
erinnre mich der schrecklichen nacht, da meine kinder um-
kamen 1 16, 173.
b) den gen. vertreten praepositionen, dimals von {lat. de), heute
an: denn die hisloria erinnert den leser von rielen sachen.
Luther 1,1*; von diesen gutem allen erinnert uns diese
nieszung. Melaxchthox im corp. d. ehr. 821; davon sollen die
leute erinnert werden. 859;
ich will nun einmal euch nicht weiter sehen,
nicht hören, will von euch an eine that
nicht fort und fort erinnert sein, bei der
ich nichts gedacht. Ltssi^tG 2,224;
wie ich selber nur
erst heut an dies mein euch vertrautes pfand
erinnert worden. 2, 320 ;
darf ich es wagen, ihre majestät
an ein kostbares leben zu erinnern,
an Völker lu erinnern u. s. ir. Schiller 271';
woran erinnerst du mich?; ich erinnere dich an eins; das
erinnert mich an alte zeiten; dieser fall erinnert mich an
einen ähnlichen; man musz ihn an alles erst erinnern.
f) oder ein abhängiger satz folgt : thu barmherzigkeit an mir,
das du Pharao erinnerst, das er mich aus diesem hause
füre. 1 Mos. 40, 14; erinnert sie, wie unser vater Abraham . . .
ist gottes freund worden. Judith 8, 19 ; und erinnert sie mit
zucht, woran sie sündigen, weish. Sal. 12,2; euch zu erin-
nem, das ich sol sein ein diener Christi. Rom. 15, 15 ; umb
welcher sache willen ich dich erinnere, das du enveckesl.
2 Tim. 1, 5 ;
sieh, ich könnte dich
erinnern wollen, was wir dort und dort
zusammen ausgefiihrt. LR$sr«c 2, 308;
nein ich bin nicht rasend.
wlr.ichs, so thatet ihr nicht gut, mich zu
erinnern, dasz auf meines Schwertes spitze
sein leben schwebt. Schillir 301\
859
ERINNERN
ERINNERN — ERINNERUNG
860
d) es sMU auch der blosze acc. der person, ohne gegenständ:
erinnere mich, lasz uns mit einander rechten. Es. 43, 26 ;
auch wird dein knecht durch sie erinnert, ps. 19,12; diesen
Schuldner uuisz man oft erinnern, mahuen; man hat ihn
schon dreimal erinnert (gewarnt), einen bei seinem gewissen
erinnern. Stieler S91.
2) erinnern oline persüntithen acc. hol beinahe die bedeulung
von bemerken, anmerken, erwcüinen, menlionem facere, was frei-
lich auch monere ist: ich habe nichts zu erinnern; es ist
nichts dabei zu erinnern; dies einzige wäre noch zu erin-
nern; sülchs hat auch einmal für drei oder vier jaren er-
innert ein fein gelerter pfarherr. Luther 3, 497'; in der für-
rede habe ich etwas weniges gedacht von der reimfügung,
hier solte ich etwas erinnern von der rechtschreibung.
LoGAO 3, 3 ; °
und leider «raren wir zu sehr verwöhat,
erinnerten an jedem heitren morgen,
wie sie uns einst den schönsten lug verschönt.
GöTHE 13, 251,
gedachten? oder 'erinnerten uns'? so nimmt auch Niebuhr in
Jen meisten der folgenden stellen erinnern für sich erinnern :
die ganz zufälligen umstände, welche den lebensgang ausge-
zeichneter männer entscheiden, verdienen erinnert (erwähnt
oder in andenken bebalten) zu werden, kl. sehr, l, ii ; die grüsze
des zweiten grafen Bernstorf wird von einer dankbaren na-
tion nur mit wehmut erinnert werden. 1,11; man erinnere
dasz diese biographie 1S16 geschrieben ist. 1, 47 ; denn gegen
die Franzosen hatte er nationalantipathie, wiewol er mit
dank erinnerte, dasz sie ihn im Orient ausgezeichnet. 1, 58 ;
er sah in der nation, ohne viel zu klügeln, unsre natür-
lichen erbfeinde und ich erinnere wie ihm der ausbrach des
revolutionskrieges lieb war. l, 59. diese Verwendung scheint
nicht gam zu rechtfertigen, da sich die begriffe von monere und
meminisse zwar naite liegen, jenes aber erst durch bcifüyung eines
jiersönlichen acc. den sinn von diesem gewinnt, gleichem ladel
unterliegt, wenn J. P. aeslh. 1,58 sagt: jedes erinnerte leben
glänzt in seiner ferne wie eine erde am himmel. erinnernde
wäre zulässig.
3) reftexivisch, sich erinnern, meminisse,
a) mit gen. des gegenstands: und erinnere mich des unge-
ferbeten glaubens in dir (recordationem accipiens ejus fidei,
quae est in te non ficta, gamaudein andnimands ))izös, sei
ist in })us, unliutöns galaubeinais). 2 Tim. 1. 5 ; und wie sich
ein drescher auf der tennen des gerichtes gotles erinnern
kan, das gott den weizen samlen und die sprew wil ver-
wehen lassen. Matbesius 1562,315'; aber Danae erinnerte
sich zu lebhaft wieder des gelübdes. Wielanu 3, 329 ; ich
erinnere mich meines Versprechens gar wol; ich erinnere
mich dessen noch leise;
ewig geliebte ! wie zart
erinnerst du dich deines trauten! Göthe 5, 259;
begegnetet ihr nicht diesen leuten? 'ich erinnere micbs nicht'.
14, 298; geliebter, erinnerst du dichs noch? Fb. Müller 1,10;
wenn in beiden letzten stellen dem 'es' noch alte yenilivische kraft
zusteht.
b) gerade dieses es kann einen falschen acc. herbeigeführt haben :
es klang aber fast wie deine lieder
das erinnricb mich wieder. Göthk 5, 259;
ganz gewis, erwiederte der major, nach allem was ich mich
erinnere. 22,37; sie erinnert sich, von klein auf, ihr inneres
selbst als von leuchtenden wescn durchdrungen. 23, 218;
und so lang ich hier sitze, erinncr ich mich keinen, der
nein gesagt hätte. 42, loo. doch eine menge gen. werden zu acc.
c) praepositionen und naclisatz geben keinen anstosz:
lasz mich
an Jene goldoen Zeiten mich erinnern ! Schillik . . . ;
bis in mein achtes jähr war ich ein ganz gesundes kind,
weisz mich aber von dieser zeit so wenig zu erinnern, als
von dem tage meiner gcburt. Götbk 19,265; ich erinnere
mich noch wol, was Jarno sagte. 20,185; dasz diejenigen,
welche wegen ihrer mishandlungen ihnen nichts gutes bc-
wust, wenns zum ende und abscheiden konipt, sich wol er-
innern, wa« »ie werth (sind) und verdient haben, f.okman
fab. 30; angcoommen nemiich, dasz a calamis so viel heiszen
■oll als von nchreibfedeni, welches es ohnstrcitig heiszrn
kann, und nun sirh erinnert {almolitt wie angenommen), dasz
Hcbreibfcdprn auf französisch plunies heiszen, was ist leichter
und natüriicher, aU auf den namen PlumatiuR zu verfallen?
Lemuis ü, 4A6.
rf) bedenklich scheint der dat. des reflexivums anstatt des acc,
und ihn mag die unsicherheil des beide casus ausdrückenden 'sich'
reranlaszt haben: angezogen und aus dem hause gehend er-
innere ich mir ihn in zehn jähren kaum zweimal. Göthe
24,256, wo stehn könnte: erinnere ich mich seiner {der alten
spräche wäre aucJi ein angezognes und gehendes daneben mög-
lich gewesen); wenn ich mir freilich ihr wesen von unsrer
ersten bekanntschaft an erinnerte. 25,280; ich erinnere mir
nirgend etwas gefunden zu haben. Leisewitz br. 237; ich
erinnere mir nichts so lebhaft. Klinger 6,358; auf welche
art ich von diesem orte wegkam, erinnere ich mir nicht
mehr. Novalis H. von Offerdingen 1,27. man verstelU gleich-
sam: sich (sibi) etwas innerlich machen.
4) wie aber unpersönlich? 'es erinnert mich' würde mehr es
gemahnt mich, admonet nie ausdrücken als reminücor, memini.
für 'es erinnert mir', im sinne von subit, subit mentem, sind
keine belege zur hand, ähnlich schienen: es denkt mir (2,938),
es fällt mir ein, fällt mir bei, kommt mir ein, kommt mir
in gedanken oder sinn, steht mir vor, vor äugen, ist mir so,
franz. il me souvient, il m'en souvient neben dem daraus ent-
sprungncn schlecliteren je me souviens, je m'en souviens. auch
sagt man es ahnt mir, vergiszt mir; und es dünkt mir neben
dünkt mich, 'es ist mir erinnerlich', 'nicht erinnerlich' sind
vollkommen zulässig.
ERi.NNERN, n. 1) admonitio: obengcschebenem erinnern
zufolge. Göthe.
2) recordiUio, memoria:
zierlich denken und sQsz erinnern
ist das leben im tiefsten innern. Götue 2, 253;
alt mein kindliches erinnern
tlndct in mir seine grul't. A. W. Schlegel.
der gen. nimmt sich dabei nicht gut aus : das erinnern des heu-
tigen tages. Klinger 1, 326 ; das erinnern seiner edlen zwecke.
7, 68 ; wer seid ihr, grosze männer, an derer bild ich mich
labe? bei derer erinnern mein geist sich nachschwingt, den
euren zu durchschauen? th. 2,218. besser: das erinnern an
den beutigen tag.
ERINNERUNG, f. 1) admonitio, commonüio: und thet wol
und fein dran, das er von der auferstehung eine erinnerung
thet. iMacc. 12,43;
herren künncn leichtlich nicht gut erinnerung ertragen,
ihnen musz wie ßileam oft ein csel warheit sagen.
LoGAU '2, 213, »;
wegen des ersferen ist schon oben erinnerung geschehen.
Hahn 2,163; das verdient eine nachdrückliche, scharfe erin-
nerung; erinnerungen fruchten nichts bei ihm; crinnerungen
willig aufnehmen; er that es auf meine erinnerung.
2) recordatio, memoria, andenken: ich wil in des thun, was
ich sol und zu thun schuldig bin, und dis Zeugnis meins
gewissens und erinnerung hinder mir lassen. Luther 1,60';
was du mir sagest, kümpt nicht unbequem zu meiner erin-
nerung (es ist mir gelegen daran zu denken), pers. rosenth. 5,17;
vergangner schmerz ist in der erinnerung angenehm ; die
erinnerung beschlich mich;
es ist nur zur eriiinemng, herr kriogsrath,
dasz sie im lagor sind und unter kriegern. ScuaLB* 334*;
ich habe alle bändet dieser erdo
bis fast auf die erinnerung verlernt. . . .
0 göttliches vermögen mir, eriniiprungl
(tu bringst Jas hehre bild ganz wieder her. Göthe 40, 403;
der erinnrung soll im gürtchen,
vor der klause weidenprortclien,
ein altar sich fromm erhöhn. Matthisson 178;
du stehst bei uns in guter erinnerung, in gutem angedenken ;
vor gewissen erinneningen soll man sich hüten.
3) der gegenständ strlU oft dabei iw gen.:
weil die erinnerung der zauberischen garten,
wo seine nugen oft Zcnidens hrust bctlirfini,
ihn unvermerkt beschloirhi. Wixi.and;
erinnrung aller zoitcn solllo dann
den tiefen eimlruck meiner ijualen lindern. Göm 10, 19;
d«<nn es Ist ein zweites glücke
eines glucks «rinncruDg. Guthe bei Jahn 304.
da aber auch der, welchem erinnerung beiwohnt, im gen. nii^
fügt werden kann, z. b. die erinnerung der menschen bewahrt
uns alle» das ; die erinnenmg des allers scbwächl sich m. s. tr .
so schicken sich besser {iraeposUwneti zur brzrtchnung der geiK**-
Mnde: ich habe davon keine erinnerung mehr; die erinnc-
Hing an durchlebte tage, an vergangne» glück.
861 ERINNERUNGS ALTAR — ER JAGEiN
ERINNERUNGSALTÄR, in.
ERINNERUNGSKRAFT, f. facultas rminiscendi, fäJtigkeü sich
das vergangne zurückzurufen.
ERINNERUNGSLOS, expers memoriae:
thor, wie erinnerungslos dir das herz ist ! Voss.
ERINNERUNGSMAHL, n. monumenlum in memoriam alicujus
erectum.
ERINNERÜNGSMITTEL, n.
ERINNERUNGSSCHREIREN, n. admonüio jjer lUeras.
ERINNERLTSGSSTEIN, wi. itas erinnerungsmahl :
wenn mir dort Schicksale beerdiget hätten den kummer,
und auf des liebenden gruft stand ein erinnerungsstein,
sie dann hätte mich todten geehrt mit dem theueren haupthaar,
und die gebeine zur ruh sanft mir auf rosen gelegt.
Voss Properz 1. 17, 20.
ERINNERUNGSTRAUM, m.
doch weiht ich ewig, im erinnrungstraum,
nur dir der Sehnsucht und des dankes thränen.
Matthisson 10.
ERINNERl^'GSVERMÖGEN, n. erinnerungskrap. Ka5T8.369.
ERINNERUNGSWEISE, memoritcr: niemand ist, der sich
nicht peinlich gezwängt fühlte, wenn er nur erinnerungs-
weise sich solche zustände hervorruft. Göthe 49, 14.
ERINNERZEICHEN, n. signum monilorium: ein wahrnehmen,
ein erinnerzeichen. Tuchneisser magna akh. 2, 186.
ERITAG, m. dies Marlis, Ertag, Erichtag. häufig in vster-
reichisclien Urkunden: geben zu Wienn an eritag nach sand
Paulstag conversionis a. 1494. Chmel Maximilian $. 18 ; geben
zu Kempten an eritag nach dem sonntag vocem jocunditatis
a. 1494. daselbst s. 33; geben am eritag vor sand Elsbethen-
tag a. d. 1494. s. 54 ; geben zu Worms am eritag nach dem
heil, palmtag a. 1495. s. 62 ; geben zu Worms am eritag nach
dem sonntag exaudi a. 1495. s. 67 m. s. «•.
ERIZCHE.N, n. tnotacilla phoenicurus, rothschwänjcJien. Nem-
MCH.
ERJACHTERN, cursu veloci consequi, frequentalites erjagen,
icie jachtern ton jagen gebildet wird, das cht wie in macht,
bucht «. a. m. ron mögen, biegen, ich habe mir hunger er-
jachtert durch schnelles laufen, reiten.
ERJACKERN, dasselbe, s. jackern.
ERJAGEN, ahd. irjagon, mhd. erjagen, ereilen.
1) vencmdo, currendo nancisci, capere:
mhd. do nam ein alter jägere einen spürhunt,
er brähte den herren in einer kurzen stunt
da s\ vil tiere funden. swa^ der von leger stuont
diu erjeiten die gesellen, so noch guote jeger tuont.
Mb. 87«;
Sit ^ mir nü so geziuhet,
da; diu Saelde von mir fliubet,
deswär ich kan si wol erjagen. Greg. 1529;
e; wirt vil selten hirj erjeit
mit släfendem hunde. Wigal. 77, 19;
iihd. freuet sich auf beszre speisen, als man hier erjagt und
fischet. LoGAD 3, 245, 149;
hätt ich das beutekhen erjagt,
worin der alle stein der weisen liegt. Götter 1, 2S9;
ein wildes thier erjagen; der adler gesättigt vom erjagten
1 aub. Klisgeb 4, 280 ;
der mann musz hinaus
ins feindliche leben,
musz weiten und wagen
das glück zu erjagen. Scbiller 78*.
2) eontequi, nancisci, erlangen: darumb das sie sich aus
eigener vermessenheit unterstanden einen rühm zu erjagen.
1 Maec. 5, 61 ; und laurefen auf in und suchten, ob sie etwas
erjagen kündten aus seinem munde {vulg. quaerentes capere
aliquid ex ore ejus). Luc. 11, 54 ; mit schulten eines anderen
kunst underston einen rum und lob ze erjagen. Maaler 112" ;
gedenk, was vortheils {du) erjagst. Schw*bzk;«berc 117, 1;
80 wird er lob erjagen bei den frommen. Matbesils 94';
wer will forthin meh können sagen,
das arbeit nicht könn als {alles) erjagen, gl. *c/ii/748;
je mehr ich mich bemüht den frieden zu erjagen,
je mehr seid ihr bemüht mein eifern auszuschlagen.
Grtphil's 1, 316;
auf dieser hohen bahn wirst du den tod erjagen.
HOFa*flI«SWALDAD;
ja scheiden zwar
Ich musz furwar,
bei dir ich nichts erjage. Sfu trulin. 14;
ERJÄHREX — ERKALTEN
862
0 schweigt, gerechte klagen!
ihr werdet nichts erjagen,
als dasz ihr mir an das gedenkt,
was euch erzwingt und mich nur kränkt. Rost schäferged. 108;
kehr um! erjagst dir heut nichts guts. Böbger 70*;
will einer in der weit was erjagen,
mag er sich rühren und mag sich plagen. Schiller 329*;
wenn ihrs nicht fühlt, ihr werdets nicht erjagen,
wenn es nicht aus der seele dringt,
und mit urkräfligem behagen
die herzen aller börer zwingt. Göthk 12, 36.
ERJÄHREN, usucapere, durch Verjährung erwerben: so hats
im Christus und s. Peter auch nicht aufgeerbet, so hats im
auch niemand geben noch geliehen, so ists auch nicht er-
sessen noch erjeret. Luther 1, 298".
ERJAMMERN, 1) ejulari, in jammer au^echen : Medea zerrisz
ir eigen kind, warf da ein arm, über etlich äckerleng ein
fusz, aber über etlich stadia oder rosleuf ein fusz und so
fortan von ir auf den weg, nur danimb dasz der nacheilend
Jason daran verglaffen und erjomem soll und sein eigen
fleisch und plut mit schmerzen aufheben. Fbakk guldin arch
1538. 4".
2) miserari, deplorare, bejammern: es ist nicht so hart zu
erjamern, dann das die weit kein gutthat, lieb, trew, warheit
leiden kan. Frank sprichw. 1, 142*.
ERJASTEN, violenicr impelere, erhaslen. Stalder 2, 74.
ERJAUCHZEN, prae laetitia exsultare, aufjauchzen.
ERJETE.N, eruncare, eijäten, mhd. eijeten, praet. erjat, pari.
erjeten :
ich wil min gemüete erjSten,
da; niht sorgen drinne si. MS. 1, 88';
des herze ie valsches was erjeten. Parz. 317, 12;
die haut Francricbe erjeten
von der guoten riterscnaft. Wh. 141,26;
ir hfrren herze was erjeten,
da; man nie valsch dar inne vant. 347, 4.
nhd. consarrire, erläsen, seuberen, erjätten. Fbisics 302";
disrarare, erhauwen. das die est nit so dick an einanderen
standind, erjätten, dünneren. 429*. Maaler 112'. Sheler 880.
ERJUBELN, laetas edere voces, laut aufjubeln.
ERJÜDELN, ifie das folgende. Wielaso in Büttigers lit. zu-
ständen 1, 235.
ER JUDEN, lucrum captare per fas et nefas. Stieler 902.
ERJUNGEN, juvenescere, jung werden:
er (der mosl) ist schon jung ein held,
der beiden hat bezwungen,
bleibt ewig jung wie die weh,
die durch ihn musz erjungen.
RiJcEERT ges. ged. 1, 94.
ERJÜNGEN, ERJUNGEN, 1) renorare, verjüngen: ich will
dich mit disem {Irunk) erjungen. Garg. lOl'.
2) sich erjüngen : der vermut erjüngt sich auch selbst
järlich von seinem samen. Taberxaemont.\xcs s. 2; dasz sich
alle meine sinne darob erjüngeten. Philander 1, 341 ; den
weinstock bis auf die grüne haut bicken, damit er sich er-
jüngen mög. pflanzbudt 57; wie könig Masinissa, der durch
gleiche weis sich erjunget wie ein adler, dasz er auch neun-
zigjährig einen son erzielet, und kont 14 tag postlaufen.
Garg. 183'.
ERJCNGERN, dasselbe: wenn mir got in mein willkür
setzte, dasz ich ietz alt mich wider erjüngern möcht, wolt
ich es warlich nit wünschen. Fraxk sjyrichw. 1, 149' ; also er-
newern und erjüngern wir uns. Paracelscs 1,37"; welches
allein die kraft hat solches blut zu resolvieren und zu er-
jüngern in seiner Zerbrechlichkeit. 1, 683'; nach groszem alter
erjüngert sich der vogel phünix. 2, 310'.
ERKALTEN, frigesccre, frigefieri, ahd. irchalt^n, mhd. erkal-
ten, ags. äcealdian.
1) die wärme erkaltet, geht aus; das eisen erkaltet : das
essen ist erkaltet; und stecn die gericht auf glüenden kolen
auch im auftragen, darmit sie nit erkalten. Frank »cM. 232' ;
übel erkalten und erfrieren, contrahere frigus. Maaier 112*.
2) stirbt er dann, so legen sie ihn herab auf ein stro
bisz er erkalt, lassen tag und nacht Hecht bei ihm brennen
und wachen. Frank uellb. 153'; wann nun diser todt mensch
erkaltet, ncet man ihn in ein sein wcisz kleid, so er den
langen tag danor hat anghabt, daselbst; verwunderst du dich,
dasz aus so viel lausenden einer erkaltet {erfroren) ist?
Froxtik 6ri Jaciiwl, 12, 11. Froxsp. 3, 241*; wenn die schlacken
abgefrischl und etwas crkalt sein. Mathesics 1562,212';
863
ERKALTEN— ERKÄMMEN
ERKÄMPFEN — ERKAUFEN
864
wolt lieber das der tod mich hett,
und an dem galgeii müst erkalten,
ehe ich dir nit solt glauben halten. , „^ . . „, ,.
Waldis Esop 4, 99. 6/. 354» ;
darzu ist dir der mag erkalten. 3, 25 6/. 149»
(wo erkalten der von ist abhängige infinilivus);
er darf sein hütlein nicht stets in der hand behalten,
wann er nach hofe kömpt, und für der thür erkalten.
Opitz 1, 13ti;
er knirscht und ruft: du sollst gewis
durch diese faust noch heut erkalten. Hagedorn 2, 91;
wie der ums leben kam, so kann ich selbst erkalten. 2,139;
erkaltender schwcisi lief
über sein antlitz. Messias 6, 113;
Lazarus letzte die hand in ihrer erkaltenden stirne
toüesschweisz. 12, tilO;
doch endlich schwand, bei meines bluts erkalten,
die hofnung mir, die kühuheit nach und nach.
Gries Tassos befr. Jer. 7, 13.
3) dd erkaltet ir gemüete. Giufr. 111,4;
von jämer erkalte in der lip. a. Ueinr. 875;
ow4 des, mir ist sin kunft alze tiure,
nach dem ich dicke erkalte. Tit. 121,2;
sin herze in ime und al sin lip
erkalte vor leide
und ouch vor liebe beide. Trist. 439, 35;
und dieweil die Ungerechtigkeit wird über hand nenien, wird
die liebe in vielen erkalten. Maüh. 24, 12 (ahd. inli bithiu
ginuhtsamut unreht, erchaltfet minna managerö); die sach
erkaltet, erligt, ersitzt, refrigescit. Maaler 112"; wo nichts
zeässen und zetrinken ist, da ist die liebe aus und erkaltet,
stne Cerere et Bacclio friget Venus. 112';
der jungen unerfahrnen mut
nicht lassen in gefahr erkalten. Weckuerlin 3G5;
auf, auf, glückseliger! dein feuer möchi erkalten.
Gkllert 2, 14 ;
wie wenn seine liebe zu erkalten anfienge? Wieland 1,311;
seine ohnehin bereits erkaltete Zuneigung" zu dem Philoso-
phen. 2,300;
in seinem busen durch vornunft erkaltet (che ragion cougelö),
facht liebe nicht die alten flammen an. Gries Tasso 16, .Vi;
sein fleisz, sein eifer sind sichtbar erkaltet.
ERKALTEN, n. frigus: erkalten der liebe, des fleiszes;
doch ungerechter weise nur
machst du zum meineid mein erkalten. Borger 111».
ERKÄLTEN, 1) frigefacere, whd. crkeltcn : ein icgiich mensche
enziehe sich trinkennes, so 6g meiste mac, allermeiste kaltes
Wassers öf dag eggen, wan eg erkcitet den magen. Meinauer
naiurlehre 297'; erkclten, erküien, vast kellen, perfrigerare.
Maaler 112'; natürlicherweise wird durch diese wunderbare
mir selbst unerklärliche Vereinigung zweier so ungleichartiger
naturen die thierische auf tausendfache weise veredelt, die
geistige hingegen, die ihrer natur nach lauter kraft, licht
und feuer ist, ahgewürdigt, verdüstert, erkiiltef. Wieland
3, 393; der erkältende einflusz gescllsrhaftlicher bildung.
Gotter 3, 4S; ha, bei diesem anblick, der alles mark in
meinen gebeinen erkältet. Scuiller 213'; lang^iam watete er
am morgen durch einen niedrigen haselstaudengang und
streifte ungern ihre erkälteten küfor ab. J. P. Ilesp. 1,164;
menschen, die der schmerz oft erkältet hat. 4, 1S7; 'ich bin
bald bei golt ! ' sagt er mit einem glänz der liebe auf dem
vom leben erkälteten gcsicht. Tit. 2,235;
tief am stamm vom nord erkAltct,
hoch im laub vom süil cntdammt.
MÖLLNKRs schuld. 1817 t. 40.
2) sich erkälten: es (der Ihermomeler) konnte nicht hoher
steigen, als die almosphäre warm war. unglücklicherweise
erkältete sie sich sehr. Göthe 19, 2iiS; ich hatte mich erkältet.
ERK.\LTl'NG, f. das ericalten, refrigeratio. Maaler 112'.
ERKÄLTUNG, f. das erkdllm : er leidet an den folgen einer
crkällting, hat sich eine crkällung zugezogen, oft figürlich:
er lieüz mich einige erkältung seiner freundschaft spüren.
Wiela-^d 2S, 4; um auf die stunde der erkältung und des
zweifeis sich seines glaubens im voraus zu versichern. Fichte
pM. )0Mrii. 9, 293 ; aber der heutige nachwinter der gestrigen
erkAllung wollte dorh nicht s^rlinieizen. J. P. Tit. 3, 19.
ERKÄLTUNGSCBEL, n.
ERKÄMMEN, pedine trannre, durchkämmen, auMmmen:
i*» bair ist so flizicbt, da» man ei nicht erklmmen kann.
Stiele« 921.
ERKÄMPFEN, expugnare, erfechten, erstreiten: den sieg er-
kämpfen; ein land erkämpfen, erobern;
weil er einst
der raubsucht der barbaren, die dies reich
verheerten, kühnes muihes widerstand,
so hält ers jetzt für sein erkämpitcs gut. Gottbr 2, 201 ;
sie zu erkämpfen hab
ich riesenkraft, sie zu verlieren keine. Schiller 2rit».
ERKANNT, nolus, cognüus, pari, praet. von erkennen: er-
kannt werden, tnno/escere. Maaler 112'; den steig kein vogel
erkant hat und kein geiers äuge gesehen. IHob 28, 7 ; ich
habe euch noch nie erkant, weichet alle von mir ir übel-
theter ! Mallh. 7, 23 ; die insel, sagt Plinius, sei einer unseg-
lichen grösze, dem volk Hellevionum wol erkant. Fra.«»k
iirltb. 19'.
ERKANNTLICH, gratus : der Schweden erkanlliche manier.
Sitiipl. 2, 98. tieute erkenntlich.
ERKANNTNIS, f. n. 1) notio , cognitio, mhd. erkantnisse:
diu erliuhte 'erkantnisse. Martina 272, 40, heute erkennlnis :
die erkantnus sein selbs. kluge, weise reden 133'; meines
namens lehr und erkantnus; crkanntnus goltes haben; er-
kanntnus eines dings von natur, ee dan man dar^on höre
sagen, informatto. Maaler 112';
der verborgnen zierd erkantnus. Wbckherlin 74t.
2) senlcnlia judicis: erkantnus und ermcszigung. Frankf.
rcf. 1,1,2; des schullheiszen erkanntnus, praeloria cognitio,
Maaler 112';
ich den streit zu erkantnus setz. Atrkr fastit. 47».
3) confessio, bckennlnis: seines anwalts gethanc confession
und erkantnus. Frankf. ref 1,30,7.
4) remuneratio, etnolumentum, erkenntlicbkeil : wann solche
handelsleut gute wege, wol zugerichte brücken u. s. w. finden,
ists nicht unbillich, dasz sie solches mit einer kleinen er-
kanntnis erwidern und dankbarlich ersetzen. Houiierc 1, 5l'
ERKAPERN, capere, erbeuten, wegkapem:
man musz sich etwas tiefer wagen,
vielleicht erkapert man zuletzt das kleinod noch.
ÜLRVATiN fabeln lt>2.
ERKARGEN, comparccrc, ersparen:
und Paulus thcilt die häufen,
die Perscus hat erkargt, was Cajus ein liesz kaufen,
gibt Sejus lustig aus. Grtpbius 2,507;
diejenige verhindern kunst und lugend, welche auf thor-
heiten, eitelkeiten und nichtsnutzendc dinge groszcn kosten
verwenden, wann es aber an erhaltung des valerlands hoheit
und würde gehet und an dessen licbhabere, sie dann alles
ersparen und erkargen wollen. Philander 2,127; seine ganze
Prosperität bestünde in dem, was er mit wachen verdienet
und von seiner wöchentlichen lehnung erkargte. Simpl. K.
341; der neffe wird in einem tage mehr vcrthun, als der
ohcim in einem jähre ei kargen können. Rabener 2, 290; ein
weiser sprach gilt ihm jetzt mehr als sein erkargles gold;
erkarete schätze schlummert nur bei meinen feinden!
Ui I, 102;
schamhaft erglühend, nahm ich den heiligen
rebschosz, und hegt ihn, nahe dem nordgestirn,
abwehrend luft und ungeschlachtheit,
unter dem glas in erkargter sonne. Voss 3, 281 ;
um nur einige oder mehre minuten zu erkargen. J. P. leufelsp.
2, 57. vgl. erkergeln.
ERKASCHEN, was erhaschen, ron Stiele» 779 angeführt
und aus ergehaschen abgeleitet, wie kalter für gehalter u. a. tn.
ERKÄL'EN, mandere, commandere: Flaccus, welcher sagt,
dasz etliche ding sind, je mehr man sie widerholet und er-
rollet, ersinnt und erschind, erkäuet und widerkiiuct, ji- ;ni-
ncmlirher werden sie. Garg. 26*#
ERKAUFBAR, crkduflich.
ERKAUFEN, emere, rcdimere, die GoÜwn halten dafür ein
anderes worl usbaugjan, welchem ags. Abycgan enlsjirichl. alul.
arcboufan, tului. erkuufen:
BUS »ol man sie (die SipIH«) erloufen,
mit gröiom ktimbor erkoufcn. <•>*!>. 1534.
ri/i(l. alle« was gesinds daheim erboren oder erkauft ist.
1 Mos. 17,12; bei mir sollu ligen, denn ich hnlie dich er-
kniift ntnb die diidaim ineine« sons. 30,16; es war aber von
aller» her eine solche gewonheil in Israel, wenn einer ein
gut nicht beerben, noch erkeufen woU, so zog er seinen
ERKÄITLICH - ERKECKEN
ERKEIFEN — ERKENNEN
866
schuch aus und gab in dem andern. Biilh 4, 7 ; wir haben
unser briider die jüden erkauft , die den beiden verkauft
waren. .'VcA. 5, i> ; denn ir seid thewer erkauft. 1 Cor. 6, 20.
7,23 {goth. vair{)a galaubamina usbaubtai siju})); ist iemand
on das sacrament gebling gstorben , der mfisz umb den
(= tun dem) bischof erkaufen und seins Unglücks engelten.
Frank iceUb. 134" ; sein leben mit geld erkaufen ;
gott, wenn ich doch das mädchen noch behalten,
und einen solchen eidam mir damit
crltaurea Itönute ! Lessi;<c 2, 327 ;
ihr müszt die Römer erliaufen. Mesfiat 13, 9.Mi ;
mit pracht, mit titeln und geschenken
des raädchens herz zur liebe lenken,
gleicht wein, den wasser tauft.
die liebe thorheit läszt sich blenden,
ich mag kein solches herz entwenden,
den sieg heisz ich erkauft. Ussofeldek 105;
wo ihr mit menscbenblut erkauft, was euch gelüstet.
GOTIKR 1, V>\i;
was du durch mord erkauflest nennst du dein? 2, 21');
gold und schmeichelein
erkaufen nie sein nerz zu Sünden. Gösimck 1, 35;
besonders ist die fuszwaschung und die speisung der pilger
nur durch groszes drängen und drücken zu erkaufen. Göthe
29, 301 ; stimmen erkaufen ;
mit deinem leben musztest du die Schwester
erkaufen aus des räuhers band! Schiller 510*;
er hat das recht erkauft, in trümmer es zu schlagen. . . .
ERKÄL'FLICH, erkaußar : ein bereitwilliges oder doch um
irgend einen preis erkäufliches Werkzeug seiner plane. Wielaxd
3jl31; ein erkäuflicher, bestecliliclier mensch;
ich sehe dieses edle Oberbaus
gleich feil mit den erkäuflicben gemeinen
gesetze prägen und Terrufen. Schiller 412'.
ERKECKE.N, rerimcere,. ahd. archecchen, erquechen, in-
transiUr und gegenüber dem Ir. archicchan, erciuicchan, riri-
ficare, nhd. erquicken.
!) erkecken, erdicken, erstarren, concrescere, condensari, wie
das adj. keck nicht nur virus, alacer, sondern auch solidus,
densus ausdrückt, die birne ist kech, fest, noch nicht mürbe,
keche waden, stramme, derbe tcaden. Stalder 2, 93 ; käck,
dick, satt, mastig. Maaler 239 ; käche, dicke, soliditas, densitas.
Dasypodics 360*. Maaleb 239*. hiernach vird man die sinn-
liche bedeulung des rerbums nicht verfehlen: envell esz {lasz das
hun aufwallen) in wasser, do wein und essig inne sei, dasz
esz erstarr und die fülle erkeck {das füllsel fed, steif verde),
kuchenmeisterei b4; gott hat einen leimklotzen zusammen ge-
walzel . . . und demnach ihn an einen zäun gelehnt, dasz
er erkeckte [hart, steif, fest würde). Wicerah rollw. 27.
2) erkecken, audcre, erdreisten:
do ich erkeckt, ich kroch fürbasz. .\mor a-1;
ich erkeckt zu lest und gieng. a5;
wan sie got nit erwecket,
das war die gröszte brüst,
mit züchten glaub erkecket,
so ist es gar umbsust. ühland 913;
Plato als er erkecket von gott zu reden, hat er doch nit
sagen wollen was gott sei. Frank guldin arch 3S' ; aus disem
sig erkeckten die Schweizer, das si ir regimenl und gmein
eidgnoszschaft fast sterkten täglich, chronica 214";
sie sab sie, weil sie frerabd war, angekommen gerne
und wartet ihrer auch am fürt, erkeckt, von ferne.
Werders .4r. 20, 104;
derselbe wider ihn krieg zu führen nicht erkecken durfte.
Birken OL. 234; was mag aber, erkeckte ich abermals zu
firagen, ti. .<t. ir. 252.
3) später rnszt ein sich erkecken, vie sich erdreisten, er-
kühnen):
die beiden kommen all hieriiber in ein schrecken,
die Christen aber sich je mehr und mehr erkecken.
Werders Ar. 115, 49;
der ihm im lieben einzureden sich erkeckt.
LoHENSTEl!« Ibroh. 100,393;
woferii sich aber vollends einer erkeckt, diesen oder den
oder jenen seiner etwanigen ausrufe nicht anzuzeigen, so
emprängt er, im falle dasz er der verholnen ausnife halben
straffällig ist, gleich nach der ertappung die rüge dieser
slrafHilligkeit zwiefach. Klopstoci 12,270;
ein jeder, der zu bauen sich erkeckte
auf neiszem hodeo, an der Schlünde säum,
und ferne her nun die erkrankten ladet,
sieht sich mit wald und fehl und irifl begnadet.
tiöTHi 13, 265.
m.
ERKEIFEN, rixando cxtorquere. Stieier 937.
ERKEIME.N, progerminare, aufkeimen.
ERKEL, nausea, s. ekel jp. 394.
ERKEL, m. specula, erker.
ERKELEI, s. arkelei und erkerei.
ERKELRRALT, n. kos erkelnusz.
ERKELN, nauscarc. dolere: unsere vätler haben säur win-
tertrollen geessen, davon der kinder zän erkelt {davor den
Zähnen der kinder ekelt). Frank rerbütschiert buch 240'. man
vird hierdurch auch an eilen, ilgem sp. 108 erinnert und erkeln
könnte Versetzung von ilgem, ilkem schnnen. die empfindung
des ekels rührt an die des schmerzens und vässerns der zahne.
Maaler lOS' hat erkeln ükcä für facere nauseam.
ERKELNUSZ, f. lalhyrus tuberosus, sonst erduusz, saubrot.
Nemmch und Hohbekg 3. 3SS*, mag vol bezug auf erkel, ekel
haben, o^/cicA schveine die knollen dieses krauts gierig fressen.
ERKELTERN, pressura lucrari. Stieler 916.
ERKEN , fastidire, nauseare. Frisics 546* und Maaler 108*,
velche ercken, uie sonst mercken, bircke «. s. v. für merken,
birke schreiben, erkeln ist das fortgebildete frequentalitum, und
so schiene auch das I ron ekel und ekeln zu nehmen, die sich
zu erkel, erkeln verhalten, vie fakel zu ferkel, rp/. oben sp.
394 und hernach erkung. Maaler sagt : erken, maszleidig sein,
ein Unwillen und abscheuhen ab eim ding haben; im lassen
erken oder Unwillen = sich etwas ekeln lassen.
ERKENNR.\R, 1) quod nosci polest: erkennbare Wahrheit.
2» quod decemi polest: erkennbare strafe.
ERKENNEN, agnoscere , cognoscere, ahd. archennan, mW.
erkennen, »in/, erkennen scheint von uns erborgt, da diesem
dialect kein er gemäsz ist, auch atts. antkennian galt, gleiches
zu sagen ist vom schved. erkänna, dän. erkiende. das ags.
äcennan bedeutet (d)er gignere, parere, das goth. uskannjan noium
facere, kund Ihtin. von der tief schlagenden, veitgreifenden vurzel
soll unter dem einfachen kann und kennen gehandelt Verden,
vorläufig sei nur an kuni, chunni, genu«. •/eroi, an kniu,
chnio. knie, genu, y6*i', an kinnus, chinni, gena, ys^ws, an
yei-väco, genero. gigno, yiyvcioxo', yivcöaxco, gnosco, nosco,
nascor, natus, gnatus, genitus, notus, cognitus, kun{)s, chund
und chind erinnert, sinnlidie und geistige Vorstellungen flieszen
Iticr vielfach in einander.
1) den uralten Zusammenhang des vorts mit zeugen und ge-
bären legt am deutlichsten das ags. cennan parere, cennend
praegnans, parturiens, cenned genitus, &cennan parere, Acen-
nend enixa, äcenned natus, genitus vor äugen, da beide vörter
und bedeutungen auch schon im Beovulf erscheinen, lassen sie
sich kaum auf geistliche einvirkung zurückleilen ; alts. t^ kennid
genüus, ahd. kichennit gignil und nascitur, archennit gignit,
der biblische Sprachgebrauch führte als edeln ausdruck ein oder
betätigte cognoscere feminam, vie es bereits das classische lalein
auf den concubitus anvendete {vgL brauchen 2, 315. brauten
2, 333). mitd.
Adam sin wib erchande,
so noch siti ist in demo lande,
er bete mit ir minne
so man noh spulget hinnen unt ennen. Diut. 3,55,
nhd. und .^dara erkante sein weib Heva {vulg. cognovit uiorem
suam). 1 Mos. 4, 1 ; und Kain erkante sein weib , die ward
schwanger und gebar den Hanoch. 4,17; und Adam erkante
abermal sein weib und sie gebar einen son, den hiesz sie
Seth. 4, 25; sihe ich habe noch zwo töchter, die haben
noch keinen mann erkennet. 19, 8 ; und sie war eine ser
schöne dirne von angesicht. noch eine jungfraw und kein
man hatte sie erkant. 24, 26 ; und sie war eine ser schöne
dirne und pflegt des königs und dienet im, aber der könig
erkant sie nicht, ikön. 1,4; und erkennet sie nicht, bis sie
iren ersten son gebar {ovx iyCvioaxev avrriv, vulg. non
cognoscebat eam). Matth. l. 25, r«c hier Ulfilas verdeutschte
vissen vir nicht, ahd. inti ni ward irA wis, unzan sin gibar
irA sun, ags. and ne gr^tte hi, od })ät heo cende hire sunu,
northumbr. aber ne cude vel ne cunnade hea vid |)a hvile
hia gecende hire sunu; die nd. bibel behält überall Lithers
erkande 6«, die nnl. setzt bekende. Maria halt angeschlagen
in irem herzen keinen man zu erkennen. Keisersb. po.<4. 4, 17 ;
also die künigin lieblich (/. leiblich) erkant (camalmente la
rcina cognobbe). Bocc. 1,142'; sie florenzen oder erkennen
auch, das schentlich ist zu sagen, die knaben und allerlei
vihe. Frank veltb. 96';
auch sein mutipr .\grippinam
lul er io unkeusch haben erkennt.
H. Sachs IL 3, 109*;
55
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ERKENNEN
ERKENNEN
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gott, dem alle din^ seind bekand,
weisz, dasz mein keiser und sonst niemand
mich mein lebenlang hat erkannt. Atrer 135*;
er {Joseph) habe seine verlobte noch nie erkennet, proc. 2,10;
in einer nacht als Mainun diese tochler erkennen wolle.
jHTs. baumg. 1, 30; und wiewol sie im alle nacht an der seilen
lag, erkant er sie doch nicht, vegkfazer 33';
Quintiis wil ihm keine nehmen, die zuvor beriihret sei.
o wo ist sie? und berühren ohn erkennen ist wol frei.
LocAU -1, 190, 77;
man sagt, dasz Adam nicht die Eva hab erkannt
so lang, als er sich noch im paradies befand. Werni« 69;
wie Hermes in seinem buch vom steine sagt, so kann
das grosze werk allein durch einen reinen mann,
der nie von Amors fackel brannte,
und eine Jungfrau, die noch keinen mann erkannte,
zu Stande kommen. Wikland 4, 'iOb;
die erste (die Arkadierin Auge) hat unter allen weibern, welche
Hercules erkannt, den Talerähnlichsten söhn geboren. Göthe
44,105; du stirbst den tod des Verbrechers, wenn du meine
Schwester als weih erkennst. Kmngeb 5, 283. vgl. bekennen 10.
jenes ahd. ward ird wis und die redensart seinen fünvitz biiszen
rührl an den abstractcn sinn des erkennen?.
2) durch das gesiebt oder gehör erkennen =«■ sehen, hören,
gegenstände sinnlich uaiirnehmen , unterscheiden, heiausßnden :
erkenne und sihe, das nichts böses in meiner band ist.
1 San». 24,12; da erkennet Saul die stimme Davids. 26,17;
den steig kein vogel erkannt hat und kein geiers äuge ge-
sehen. Hiob 28, 7 ; mügen dann deine wunder im finsternis
erkant werden? ps. 88, 13 ; und als sie Petrus stimme erkantc,
Ihat sie das thor nicht auf für freuden. apostdg. 12,14; ir
seid unser brief in unser herz geschrieben, der erkant und
gelesen wird von allen menschen, yivcoaxofuvrj xai dvayi-
vtoaxouivT] vnb nävra^v avd'^concov, vulg. quae scitur et
legitur ab omnibus hominibus, golh. kunl)a jah anakunnaida
fram allaim mannam, uo zwei verwandte ausdrücke nebenein-
ander skhn, kunnan und anakunnan, yivcioxsii' und ävayi-
vmoxetv, scire und legere, da lesen et« erA^nnen, ersehen der
buchstaben ist und wir von einem halbblinden sagen: er kann
die buchstaben nicht mehr erkennen ; er da begunt zu suchen
und schawen den beschornen zu erkennen, cominciö a guar-
dare per riconoscere il tonduto. Bocc. 2,143'; euer schrift
hab ich empfangen und ist wol war, das ich bei doclor
Paulus Moshauer euch erkennet habe, nicht in euerm haus,
sondern da er official war und ir etlichmal sein gast wäret.
Luther 2, 141' ;
des macht auch in dem firmament
über den welchen wird erkennt. Lobwasser ps. 68;
als der könig den hären in seinem elend erblickte,
rief er 'gnädiger gott! erkenn ich Braunen?' Göthe 40,31;
beide beere waren der Stadt so nahe, dasz man ihre fahnen
unterscheiden und die stimmen der überwundenen deutlich
auseinander erkennen konnte. Schiller 813'; unter den vor-
übergehenden leuten erkannte er plötzlich seinen verlornen
sehn ; man konnte ihn auf zehn schrille weil deutlich er-
kennen, die beiipiele zeigen, dasz dies ersehen und unterscheiden
steh dem uicder er kennen, recognoscere und agnoscere nähert:
nimm die versichrung hier in diesem buche!
*ah seine band! auch die erkenn ich wieder!'
noch wissen sie von nichts, noch stehts bei dir
allein, was sie davon erfahren sollen.
'ich meines bruders kindcr nicht erkennen?
ich meine netfen, mei'ne kinder nicht,
sie nicht erkennen, ich?' Lkssi!<c 2, 361.
zu diesem erkennen fügen sich die praeposilionen bei, an, ans:
und Zacharias sprach zu dem engel, wobei soll ich das er-
kennen? (golh. bi h\t kunnum ))ala?) Luc. 1,18;
ein kling und fürst fast wiri erkant
bei seiner liebsten diener stant. Sciiwarzkni. 134, 1 ;
die amme erkannte den fremdling beim fuszwaschcn an einer
narbe; er erkannte seine Schwester an der stirne; man er-
kennt ihn gleich an seiner nase; ich erkenne ihn schon an
seinem .stollern;
daran erkenn ich meinen Jupiter! Schiller 18*;
daran erkenn ich meine Pappenheimer. 381';
gott wird erkannt au* seinen werken, die ältere spräche liesz
nach erkennen, wie nach wissen gern aee. mit in f. folgen:
ühd. ih irkania. ih nttfin thir,
thia krtti hiar faran fona mir. 0. III. 14,34;
ich erkenne es war sein, illud verum et$e roijnotrn ; wei^z tmd
erkennet den angel im ans sein (dasz der fifch angetntsrn
hat). FoRea J6*. $piterhin kann ein zu nicht entbehrt werden:
allein der erste blick erkannte,
dies Zimmer eben das zu sein. Wiklakd 17, 181.
3) geistiges erkennen und einsehen, höher als das blosz sinn-
liche vernehmen: auf das sie es mit sehenden äugen sehen
und doch nicht erkennen, mit hörenden obren hören und
doch nicht verstehen , ira ßXmovres ß).inij)aiv xai ftr}
iSeoatv, xai axovotTSS axovcoaiv xnl firj awicoai, golh. ei
saihvandans saihvaina jah ni gaumjaina, jah hausjandans
hausjaina jah ni fra|)jaina. Marc. 4, 12, wo dem saihvan,
ß).i7iEiv ein innigeres gaumjan, aM. gouman, allendere, iSelv,
dem hausjan ein fra|)jan, avvielv gegenüber stehen, das iSsiv
kann zu siSa'rai, das saihvan zu scire, das videre zu wissen
werden, Kant äuszert sich über erkennen folgendergestalt : mit
bewustsein etwas kennen, d. h. erkennen, die thiere kennen
auch gegenstände, aber sie erkennen sie nicht. 1,393; einen
gegenständ erkennen dazu wird erfordert , dasz ich seine
möglichkeil, es sei nach dem zcugnis der erfahrung aus
seiner Wirklichkeit oder a priori durch Vernunft, beweisen
könne, aber denken kann ich was ich will, wenn ich mir nur
nicht selbst widerspreche. 2, 23 ; ich kann diese erschei-
nung wol erkennen, aber nicht einselien {hier scheint erken-
nen für kennen, aber einsehen = erkennen, begreifen gesetzt).
3,108; nach der analogie mit einem verslande kann ich mir
wol ein übersinnliches wesen denken, ohne es gleichwol
dadurch theoretisch erkennen zu wollen. 7,375; wenn alle
weiten und weltordnungen dieselbe art ihres Ursprungs er-
kennen. 8, 315. hier noch stellen für den Sprachgebrauch von
erkennen = einsehen: ich erkenne mein glück; ich habe un-
recht und erkenne es; man erkennt leicht, promplum, mani-
festum est;
dies äine ftibl ich und erkenn es klar,
das leben ist der giiter höchstes nicht,
der übel grösztes aber ist die schuld. Schiller 515'.
4) erkennen, agnoscere, recognoscere, anerkennen:
ein fürst der weit bin ich erkennt,
als mich dann Christus selben nennt. Scbwarzenb. 128, 2;
so bisher das h. reich erkennt und demselben angehangen.
absch. des reichsreg. von 1501 §.6;
wer unter uns erwischen kan
das liheiidest thier, der werd erkannt
ein oberster im refriment
und sol im reich ein konig sein. Albbrcs 75;
üb sie schon sihet meinen tod,
will sie mein leid nicht erkennen. Weckherlin 389;
sie stimmten alle in dem hasse der tyrannei und in dem
grundsatze überein, keinen konig zu erkennen, der kein bes-
seres recht als die obermacht seiner waffen halte. Wiel.\nd
7,160; die seinen zepter erkennen. 16,163;
ach leider musz ich noch ein schlechtres werk erkennen !
'und welches?' euch herr söhn. Gotter 1,67;
des landvogts oberherrliche gewalt
verachtet er und will sie nicht erkennen. Schiller 5.16';
wäre bosheit mächtig genug, den allgemein erkannten schnell
zu stürzen? Göthe 9,278; sein eigenthum erkennen.
Dem acc. pflegt die sjmtere spräche ein als oder pracimsilionen
beizufügen: einen als könig, als freund erkennen, eine .sache
als ihm eigen erkennen; einen vertrag für güllig erkennen;
die.selbige lieb kann man nimmermehr für lauerhafl erken-
nen. Fischart ehz. 8 ; den Cilicicr, den ich für meinen herrn
erkennen muslc. VVieland 1,46; die nalion ist schuldig ihn ^
für ihren könig zu erkennen. 7, 157; verdiene von deinen iH
milbürgern für den besten mann der nalion erkannt zu wer-
den. 7, 169 ; diejenige, welcher er den kränz um die slirne
legen würde, sollte für die schönste erkannt werden. 10,76;
wir hielten immer redlich beisammen als gute brave jungen,
dafür erkennte uns auch jedermann. Göthe 8, 28 ;
und dank,
dnsi ihr In euch mir einen wnrdgen diener
erhallen habt! für diesen, meine granden,
erkenn ich ihn, will ich erkannt ihn wissen. Schillir 376';
ungewültnlichtr ist zu :
Athen, durch meinen valer grosz pem.ichl,
erknnnic freudig difseri helil zum koiiig. Schiller 614',
Athi'iies, pnr moii pere arcnie et proirgi>e,
rüconniit avec joie un roi si g<*nt'roux.
5) erkennen, decernere, srntrntiam pronunliare: das gericht
erkennt, erkennt für reclil. hal berril* erkannt ; die!« prrichl
darf nur über geringe verbrechen erkennen; *a so! das gut
dem dinkhoflierren heim (in sein eiiirn) rrkaimt werden.
wristh. 1,741; d.iriif rrkenl der .^ichrlTen, den binKiiian feiier
und licht . . . schuldig »ein. 2, 5oi ; mit ausnähme weniger
869
ERKENNEN — ERKENNTNIS
ERKENNTNIS
870
besonderer und seltener falle, worüber dem landesherrn zu
erkennen obliegt. Wielaxd 6, 267 ; diesen Übeltäter hat der
rat diser statt auf das rad erkennet (rerurthält). Ölincer
grammalica 8; da er in der vorklag verlustig und in die
schaden erkannt (tcorden ist), äyrer proc. 1, 10.
6) erkennen, dankbar erkennen, grata antmo agnoscere:
damit e. f. gn. gnädigen willen und gefallen, so sie gegen
mir unwürdigen trägt, dankbarlich zu erkennen und unter-
thänige meine dienst erzeigen. Lcthers br. 1, 387 ; und ge-
dünkt sie gar unmenschlich, entpfangne gutthat mit Verges-
senheit nit erkennen. Fraxk tceltb. 189'; ich thue dir alles
mögliche zu liebe, du must es aber auch erkennen ; ich er-
kenne dies gern, bin dafür dankbar;
sire, alle unsre dienste, zwei und dreifach
in jedem stück geleistet, blieben noch
lu arm, die grosze ehre zu erkennen,
womit ihr unser haus begnadiget. Schiller 561'.
bemerkensKerlh mit dat. der person: verspricht solches abzu-
schaffen, wenn man ihm darumb erkennen (erkenntlich sein,
etwas geben) wolle. PHaAXDEB 2, 7SS.
7) reflexicisch,
a) sich selbst erkennen ; darumb müssen alle heiligen und
Christen sich sünder erkennen. Luther 3, 2; alsbald sich der
mensch einen sünder erkennet. 3, 6' ; wer sich einen men-
schen erkennet. 3,30'; lieule, sich für einen sünder, men-
schen erkennen.
6) sich sündig, strafbar, schuldig erkennen.
c) erkenne {bekennt) dich zur waren, allgemeinen kirchen.
Spee g. tugendb. 46.
d) in sich zu erkennen geben, sich entdecken gehört das sich
XU geben: sie gab sich nicht zu erkennen {agnoscendam).
man sa^ auch einem etwas zu erkennen geben, kund thun.
e) sich untereinander erkennen: auf das sich die freunde
untemander erkenneten und liebgewönnen. Luther 3, 379'.
/) wir drei luffen in todesängsten fort, ungeachtet {oline
darauf zu achten) was weg wir vor uns hatten, und kamen
vor tag noch in das gebürg hinein, in welchem wir uns
theils erkannten (ein uenig zu recht fanden). Philasder 2, 737;
in diesem tempel
erkannt ich mich zuerst vom tode wieder. Götbe 9, 20.
ERKENNER, I) cognitor: und was auch ein erkenner der
heiligen geschrift. sommerthcil der heiligen leben. Augsb. 1475.
16'; das wir solche erkenner und eingedenker sein. Velrs
vergiszmeinnit 1525 z2.
2) arbiter, nach erkennen 5: gott ist ein erkenner des
rechts derer die von einem könige kein recht bekommen
können, pers. baumg. 1, 11.
ERKENNTLICH, l) icas erkennbar, offenbar: es hat hie
der teufel keinen deckel können finden, denn diese sünde
ist zu grob und erkentlich, das sie mit keinem schein hat
mögen geboten werden. Lcther 2,40*; sol tugent ein stif-
terin und Ursprung des erkentlichen adels sein. Aimon rorr. ;
bei dem künsller sind sie (die gOtter) personificierte abstracta,
die beständig die ähnliche characterisierung behalten müs-
sen, wenn sie erkenntlich sein sollen. Lessing 6, 433 ; wenn
die figuren des hintersten grundes im geringsten erkenntlich
sein sollten. 8, 32.
2) gratus, die empfangne wolthat erkennend, dankbar: meine
muhme wird sich schon erkenntlich gegen sie bezeigen. 2, 410.
ERKENNTLICHKEIT, f. I) erkennbarkeU : ohne diese allge-
meine einförmigkeit ist keine allgemeine erkenntlichkeit
möglich. 8, 216.
2) dankbarkeit: Undank anstatt erkenntlichkeit. 1,143; eine
dankbare gesinnung dieser art wird erkenntlichkeit genannt.
Katt 5.293.
3) kleines geschenk : nehmen sie meinen dank und die goldne
ubr als eine kleine erkenntlichkeit. Götbe 19, 57.
ERKENNTNIS, f. und n., während sonst die bildungen mU
'nis' itdsdten beiden geschtechtern, ohne unterschied der bedeu-
Mng, schwanken, könnte bei diesem häufig torkommenden wort
der spracligebrauch und namentlich der pliilosopliiscite in die weib-
liche und neutrale form besondece Vorstellungen gelegt zu haben
tchiinen. Luther setzt die weiblicJie in folgenden beispielen : der
hurer göttlicher rede und der die erkoiitnis hat des hohesten
itulg. düctrinam altissimi). 4 Mos. 24.16; der spötter suchet
Weisheit und findet sie nicht, aber dem verstcndigen ist die
erkenlnis leicht (ridg. docirina priuleutinuil. spr. Sal. 14,6;
und lere iu die crkcntuis und unterweise ia den weg des
Verstandes (vulg. erudivit scientia). Es. 40, 14 ; denn er hat mir
gegeben gewisse erkenlnis alles dinges. weisli. Sal. 'i,i'i; reich
gemacht an aller lere und in aller erkenlnis {vulg. in omni
scientia). 1 Cor. 1,5; aber gott sei gedankt, der uns offen-
baret den geruch seiner erkentnis (vulg. odorem notitiae suae,
gdh. daun kun|)jis seinis). 2 Cor. 2, 14 ; gleichwie ir in allen
stücken reich seid, im glauben und im wort und in der
erkentnis (vulg. fide et sermone et scientia, golh. galaubeinai
jah vaurda jah kunthja). 8,7. das neutrum aber: der bawm
des erkentnis gutes und böses {vulg. lignum scientiae boni
et mali). 1 Mos. 2, 9. 17 ; solchs erkentnis ist mir zu wunder-
lich und zu hoch, ich kans nicht begreifen (vulg. scientia).
ps. 139, 6; wen sol er denn leren das erkenlnis? (rulg. quem
docebit scientiam?) £s. 28, 9; und durch sein erkentnis wird
er viel gerecht machen (vulg. in scientia sua). 53, 11 ; der du
das erkentnis hast (vulg. qui habet scientiam, goth. {>uk
habandan kun()i). 1 Cor. 8, 10. viele andere stellen lassen das
genus nicht ersehen, hier sind neulra aus Luthers übrigen
schripen : ich rede ja auch aus gewissem erkentnis, nicht
aus bloszem wahn. 1,132"; das ist ein erkentnis, das der
heilige geist auch allein musz geben. 6, 68* ; issestu von dem
bawm des erkentnis gutes und böses, so wirstu sterben.
6,150'; zu solchem erkentnis kan kein mensch komen on
durch den Christum. 6,174*; weil er das ewige leben zu-
gleich in seinem und des vaters erkentnis setzet. 6,175';
welches erkentnis niemand denn dem warhafligen gott ge-
höret. 6,176"; darum bin ich diesem spruch hold, das er
so rein und dürre alle werk ausschleuszt und hie nidden
leszt, dadurch das er das blosze erkentnis setzt, denn was
ist erkennen für ein werk ? 6, 177*. hieraus erhellt, dasz ihm
beide ausdrücke doch gleichviel änd, wie auch goth. kuntii in
beiden fällen steht, blosz dasz die angewöhnung sich für äne
oder die andere form bestimmt hatte, namentliich heiszt es nur
der bäum des erkentnis d. i. erkenntnisses und nicht der er-
kentnis.
Ka!«t bedient sich beider geschlechter, vorzugsvxise des neutrums,
dasz ihm beide gleichbedeutig Hnd, folgt geradezu aus stellen, wo
ganz nachlässig von dem neutr. unmittelbar auf das f. überge-
schrillen wird: das erkenntnis aus einer dieser Sphären weg-
nehmen, heiszt sie (die erkenntnis) in eine der übrigen setzen.
2, 106 ; nun gibt es ein practisches erkenntnis . . . und diese
erkenntnis «. s. w. 6,366. die mathematik ist eine grosze
und bewährte erkenntnis, heiszt es 3, 195, dagegen 1, 166 die
art zur gewisheit im mathematischen erkenntnisse zu ge-
langen und 5, 70 die Zergliederung dieser begriffe gehört zur
mathematischen erkenntnis. man vergleiche noch folgende üellen :
die anmaszung mit einer reinen erkenntnis aus begriffen
fortzukommen. 2, 29 ; das dogmatische verfahren der Vernunft
in ihrem reinen erkenntnis. 2.29; die Zergliederung unseres
gesammten erkenntnisses. 2, 99 ; ein von der erfahrung un-
abhängiges erkenntnis. 2, 35 ; dasz nur diese verstandesbe-
griffe unser ganzes erkenntnis aus reinem verstände aus-
machen. 3,245; das gesammte menschliche erkenntnis. 6,46;
der salz des Widerspruchs, der allgemeine und oberste grund-
satz alles erkenntnisses. 1,86; das bewustsein seiner selbst
ist noch lange kein erkenntnis seiner selbst. 2,146; erkennt-
nis ist eine objeclive, bewuste, mit empfindung verbundne
Vorstellung. 2,294; ein gereinigtes erkenntnis. 9,71; beru-
higung bei einem unerweislichen erkenntnisse finden. 8, 379 ;
das gebrechliche erkenntnis, welches menschen von der gott-
heit haben können. 1, 57. siciäbar überwiegt auch hier das n.
Geilert setzte wol nur dieses: ich wollte wünschen, dasz
sie ein anschauendes erkenntnis davon hätten. 3,26; so
geht es, wenn man seinen kindern nicht bei zeiten ein
gründliches erkenntnis von der moral beibringen läszt. 3, 57 ;
viele haben ein geringes, ein seichtes erkenntnis der religion.
ö, 42 und so überall. Klopstock im Messias neigte jtcA zum f.
15, 98. 114. 120. 196. 19, 836. 935, bdiiell aber auch das n.
hier ist doch kein erkenntnis und keine rettung ins helle
aus der deckenden nacht, die unsere seelen umhüllet.
15. 109;
der bäum des erkenntnisses gottes. 19, 543;
es ist des lebens wahrste ruh,
(Tihrt uns einrm sanften tode zu,
dein erkenntnis, mittler! werke 7,79;
lasz, mittler, mein erkenntnis rein,
' und beilig meinen wände! sein. 7, 190;
nach rröhlichem erkenntnis
errulge rasche Ihat. Göihs 3, 25S ;
55*
871
ERKENNTNISART —ERKERNEN
ERKERREICH —ERKIESEN
872
das neu hervorsirebendc, frisch aufstrebende erkenntnis er-
regt die menschen zur theilnahme. 50,174; ohne die bestre-
bung zum erkenntnis oder zum widerstand in uns niedei-zu-
scblagen. Schiller 1147"; unsere bestimmung ist uns erkennt-
nisse zu erwerben und aus erkenntnissen zu handeln. 1182'.
Wir renrenden heule kennt nis mehr für nolio, nolilia, inlel-
ligenlia, künde, dagegen erkenntnis für cognitio. ivas Liscov
$. 4S sagt: seine grosze erkenntnis in politischen dingen,
vürde uns nur heiszcn seine grosze kenntnis. dasz erkennt-
nis auch ton dem gericluliclien urlheil gilt, folgt aus erkennen 5:
der richter hat sein erkenntnis abgegeben, vgl. kenntnis,
anerkenntnis, bekenntnis und erkanntnis.
ERKEN.NTNISART, /". alles auf die einfachste erkenntnisart
bringen. Kant 1, 13.
ERKENNTMSBÄUM, m., wo erkenntnis nolhivendig der ge-
küTzle gen. ist: in dieser hinsieht haben wir unscrn emplind-
samen romanen mehr zu verdanken als die Franzosen ihren
frivolen, unsere geben vom lebensbaum, ihre höchstens vom
erkennlnisbaum. J. P. fnedenspr. 28.
ERKE.NNTNiSBEGRlF, m. der erkennfnisbegrif soll sein
ein nachbild von etwas auszer uns, der zweckbegrif ein Vor-
bild für etwas auszer uns. Fichte siUenl. 82.
ERKENNTNISGRUND, m.
ERKENNTNISKRAFT, f. erkenntnisvermügen.
ERKENNTNISMITTEL, m. da die zeichen der mathematik
sinnliche erkenntnismiltel sind. Kant 1, 84.
ERKENNTNISQUELLE, f
ERKENNTNISVERMÖGEN, n. erkennlniskraß.
ERKENNUNG, f l) cognitio. 2) agnilio.
ERKENNUNGSAUFTRITT, m. ich erwartete nun einen selt-
samen erkennungsauftrilt, allein er bliab hereintretend ganz
ruhig. GöTHE 30, 232.
ERKENNUNGSZEICHEN, n.
ERKER, Hl. podium, solarium, mhd. ärker, erköre («*. 1, 56'),
dem ursprünglich das lat. arcus oder arca zum gründe liegen
musz, von der gebognen, gekrümmten gestali des mauerwerks. aus
Papias führt Dccange 1, 379' an arcora dicuntur, quae super
columnas fiunt bair. ärk. Schm. 1, 106. Dasypodius 187* hat
podium, ein ärgel, ein fürgehenkt gebew, daraus man schawet,
Frisiüs 1014' ein ärkel oder lauben vornen am haus, Maaler
12* ärkel, dardurch man lugt wer komme, specula; erkel
Denzler 96"; ein haus mit einem erker;
beweinten mein verderbte Jugend,
weil sie mich fanden in dem kerker,
der Veneri peinlichen erker. H. Sachs I, 309";
wer wohnet auf dem berge grosz,
in dem so wol erbauten scblosz
köstlich gebaut mit crkern und zinnen? Atrer 345';
du vorhin mein pallast, itzt deines königs kerker,
mit seurzeo itzt, vorhin mit wonn errQllter iirkeri
GRrPHlL's 1, 318;
Scheinlehrer, die da einen ärker setzen und das fundament
darfür einreiszen. Simpl. K. 77 ; das früulein trat in den erker
um auszuschauen ; die manigfaltigen erker und thürme einer
bürg schlieszen drüben gleich an. Göthe; mir fiel die art
wieder auf, an den häusern erker und fensterchen zu haben.
43,158;
das war ein glückwunsch!
kräftig und laut aus dem herzen, der, festlichem glockenge-
läut gleich,
über das dorf hinschallt, wahrhaniger als der kanoncn
jubelgetön, wann winkte der hofmursrhall von dem erker!
LuUe a. l. h. 119.
ERKEREI, f. vas arkclei 1, 551. Wilwolt von Scbaombdrg
». 183.
ERKERFENSTER, n. THltniiEL 10, 190.
ERKERGELN, karg und mager hallen? denn ich weisz, das
die liewschrccken und feldgrillon {die faulen, leicIUsinnigen
arbeiler) . . . das gctrew ameiszlin (den emsigen dienstbolen) oft
zur bank hawen und erkergelns und verfilzen« eben hart.
Mathbsiu» 25' •»= 1562,36* {wo derkergelns und derfilzens).
jy;„M.,,L„ '. 'r29 hat küjgcin, knausern, crkürgcln sclieint aber
vn: «rkargcn.
> 1 i I S, n. er wohnt dort oben in der strasze in
dem groszen erkerbau«e. Weisze ünderfreuni 11, 183.
ERKERLEIN, n. partum podium. Stikler 62.
ERKERNEN, enucleare : crkemel, ertrcschet und erlas r»
so eigentlich, das nicht ein einigs körnlin umbsonst auf die
i-rd fiil, CS hell kein fragmcntaklaubend hündlein darvon ein
brosamlein undcr des berrn lisch gefunden. Garg. 162*. i. cr-
kiroeD.
ERKERREICH, podiis dives: das erkerreichc Leipzig.
ERKERREN, exciamare, aufsdireien: das schwein erkirrt;
des Wirtes schwein in dem mist,
wenn sie gen dem tag erkerrcn.
Kkllkrs alid. gedickte s. 9, 17.
ERKERSTUBE, f. eondave in podio domus ex^ruclum.
ERKERZIMMER, n.
nun hab ich sie mit einer wächterin
in einem erkcrzimmur meines hofs
vorschlosseu. wird sie dort verborgen sein?
Platk?( 230'.
ERKICKEN, s. erkecken, erkücken, erquicken, sction mM.
darzuo der lichte schin,
der büdinthalbin min
und umbe mich erblihte
und min hCrzo erkihte. Mortino 113, 52.
lihd. macht jung und alt zu singen,
ein trurigs herz erkickt,
dasz es wird guter dingen,
zu allen Sachen gschickt. Uuland 604.
ERKIESEN, eligere, golh. uskiusan, ahd. archiosan, m/«f.
erkiesen, alls. äkiasan, ags. äceosan. kiesen hiesz eigentlich
selwn, erkiesen also auserschen, auslesen, erwählen, die form
anlangend, so nimmt erkiesen, gleich dem einfachen kiesen, im
praet. r stall s an: erkor, pl. erkoren, part. erkoren {erkosen
zeigt noch Keisersbebg in einer unter 3 angezognen stelle) ; mhd.
verblieb s nur dem sg. praet. crkos, pl. und part. haben erkurn,
erkorn,3o//(. geht s allenthalben durch, uskaus, uskusun, uskusans.
die tertia sg. lautet uns erkieset für erkeusct, mhd. erkiuset.
noch naclUheiliger war der übertritt des ganzen Wortes in die
schwache conjugation, praet. erkieste, part. erkiest (s. unter 6).
Luther braucht kein erkiesen, doch hat er auserkoren.
1) die Urbedeutung des sehcns bricht hin und wieder durch:
mhd. ir ietwPder hi^l erkorn
den andern under daj kinnebein. Wigal. 19,4,
d.i. auscrsrhen, nach dem kinn gesehen, gezielt;
nhd. da sieht er und erkiest,
wie dieses hauses zeug ganz schlecht und einfach ist.
Opitz 1, 23,
WO kiesen und sehen synonym erscheinen, obschon auf das vor-
ausgehende sehen sich auch ein nachfolgendes wählen annehmen
liesze. aber andere der unter 6 folgenden stellen dieses dichlers
so wie HoFMANNSWALDALS haben erkiesen für ersehen noch deut-
licJier.
2) einen gesellen, frctmd, geliebten, bräutigam, söhn,
bruder, lehrer erkiesen, mhd. zog man hier das einfache
kiesen vor:
swer vrumcn gesellen kiese. Ito. 30,33;
diu nu gesellen kiuset. IIarti. zweites büchl. 767;
daj du dir einen gesellen
kilses zuo heinlicben dingen. Haupt 8, 542;
einen frünt küs du dir drüte. 8, 543;
so ile du vil sneile
küs dir einen gesellen. 8,544;
nhd. der miisz sin lieb Verliesen
und nimmer keins erkiesen. Uhlano 856;
als Doris, die freundliche schöne,
den vorzup der freiheit verlor,
und man ihr nach langem gehöne
den häszlichsten ehschatz erkor. Hacboorn 2,88;
morgen liebe, was noch heule
nie sein liebes sich erkor. UGrgkr 124';
zum drehen und walzen und lustigen hopp
erkieset sich jeder sein scbittzchen. Göthi 1, 197;
eiteren so ihren kindern einen pracceptorcn erkiesen wollen
Philand. 1, 625; fremde an kindesstatt erkiesen. i.Wteufelsp
1, 150. man sagt ebenwol sich einen zu freunde, zu gesellen
erkiesen :
mhd. den chdt ich mir ze gesellen. Dihm 308, 7;
den sl ze gesollen kicscnt. Hart«. crtte$ bückl. 1576;
nhd. den hob ich mir zu freunde erkoren: die will ich mir
zur liebsten erkiesen; o waniin hab ich sie xur mitllerin
erkoren? Gotter 2,154.
3) auch in andern anwendungen hriszt es erkiesen «u elwn«:
gntt hat uns erkosen zii ewiger seligkeil. Keisersbkrc ;xi/rr-
nostcrDii; dasz ich an ihre anbetungswürdiije srhonhcil ge-
denken und solche zum Vorwurf meiner poesie erkiesen d.-irf.
irrg, der liebe 440;
0 lellge, die er
lieh lU zeugen erkor! Memo« 17, wij;
873
ERKIESEN
ERKIESEN— ERKLAPPERN
874
statt Vaters gewalt, reich, zepter und krön
erkies icli den schosz mir der liebe zum thron. Bdrgxr 34";
liebe, deine wunderkraft
hat mein leben neu geboren,
hat zum glück der götterschafl
mich hienieden schon erkoren. 29*;
der himmel bat erkoren dich zu seiner stimme. Schiller . .;
ist vielleicht nur die weit ein groszer kerker? und frei ist
wol der tolle, der sich ketten zu kränzen erkiest.
GöTHK 1, 382;
günstig hat auch keines wessirs blick
mich im Staat zu hoher würd erkoren. Bürger.
4) erkiesen für:
was eur majestat für gut erkiesen,
dem will ich gern kommen nach, ätrer 238';
die er zu seinem dienst, die ihn für ihren herm
erkieset. Wecmerli5 93;
dasz sie ein gott erkiese für sein weih. 749;
Josephs aug erkor in seiner tiefe die statte
für den entschlafenen. Uestias 12, 189.
Hegen rcrändeder bedeutung der praep. für bedient man sich
Joch nicht mehr dieser fügungen. in folgender stelle:
wenn nicht Friederich, zur ehre
seines throns, die HavelOur
für des hofes pomp erköre. GöcntcE 1, 51
drückt für aus anstatt.
5) oft steht aber der blosse acc. : darum so mag die h. kirch
aus den Schriften und büchern der alten väter dasjenige er-
kiesen und auslesen, was zu irem vortheil dient. Fisch.\rt
bienenk. 37";
die nithe, die ich nechst, als zwischen tag tmd nacht
die gleiche sonne stund, aus vielen haselsträucbern
mit schwerer müh erkor. Grtphiis 1,59;
hohe naraen zu erkiesen
ziemt dir wol, o lautenspiel. Borger 73*.
schon da mein herz
den ersten schlag der ehrbegierde schlug,
erkor ich, unter den lanzen und hämischen,
Heinrich, deinen befreier, zu singen. Klopstoce 1, 252,
was sich auch unter 3 stellen liesze.
6) der schwachen form hängen folgende an:
er hat uns erkiest unser erb. Mblisscs ps. V5*;
wir entbieten dir unserm erkiesten könig des jüdischen
Tolks. Ayber proc. 2, 2 ; er ward zu einem Chorherren er-
kieset. AvEJsriN 173;
dasz er für krieg die ruh erkiest
und langmuth für gedult. Opitz 1, 1;
der selber weder fisch noch frucht am ufer traget
und nur das pech gebiert, aus welchem man erkiest,
wie gott das laster straft, das nicht zu sagen ist. 1,33;
ich habe mir erkiest
sonst nichts hier an zu ziehn, als was unleugbar ist. 1, 36;
0 Amor, den kein mensch bezwinget,
fTir dem kein gott nicht rath erkiest,
damit er sich genugsam hütet. 1, 186(194);
Abra geh, es ist von nöthen, dasz man heimlich sich erkiest,
ob die königliche wache für der thür vorhanden ist. 3, 81 ;
die alten mit den jungen
erbitten Barrabas. der mörder wird erkiest
für dem, der doch für sich das wahre leben ist. Fle3II5c9;
jeder nimmt das hofeleben, wann er nur wird drein erkiest.
LoGAU 2, 73, 73 ;
Anna hat die jungfrauschaft fTir den ehstand ihr erkiest,
weil sie keiner, auch geschenkt, anzunehmen willig ist.
3, 232, 80;
wenn itzt dis alles dürr und nackend stünde,
und unser äugen licht
vor ein angenehmes blat nichts erkiest als ast und rinde.
HoFMAroswALDAU Qelr. seh. 7 ;
was blute? wenn man nicht der blute frucht erkiest. 23;
ich habe schon erkiest,
dasz dis was du gesagt, ein gutes zeichen ist. 28;
ich habe hier noch alles nicht erkiest. 31;
ich hah ihn ohngefehr,
wo des Alfeus einfltisz ist,
bei einem rayrtenstrauch erkiest. 164;
wie steckt der aupen fehl doch oftmals lichter an,
dasz man in blinJheit mehr als sonst erkiesen kann. 172;
und weil du dich ja mir so freundlich hast erwiesen
so gedenk auch meinen freund dir zum freunde zu erkiesen.
179;
ein brünstig aug erkiest nicht alle kleine flecken, heldenbr. 31 ;
durch kummerdampf wird nicht des witzes licht erkiest. 53:
ich weisz es, dasz die gunst der altern musz erkalten,
wann wider sie ein kind hat einen mann erkiest. 56:
ich kann mir selbst nicht trauen,
ob mein gesiebte hier den wahren zweck erkiest. 67;
er setzt uns prillen auf, dadurch man nichts erkiest. 120;
es rief der ganze häuf, ich war zu rath erkiest.
Brockes 1 , 420 ;
und blosz um eine schrifl, wo man von Griechen liest,
sind beide schon zum tod und zum altar erkiest.
J. E. Schlegel 1, 32;
sie, die der schönste gott zum liebling sich erkiest.
WiELA^D 9, 290 ;
noch hatte sie .\matbunt nicht zu ihrem sitz erkiest. 10, IS;
die fee Melisotte, unsere königin, hat mir seit etlichen wochen
die ehre angethan, mich zu ihrem ersten liebling zu erkiesen.
12, 173 ; die rede geht im ganzen lande, der herzog hab sich
eure gnaden zur gemahlin erkieset. Fb. Müller 3, 68 ;
meine Briseis, so mir die Griechen erkiesten.
Stolbbrg It, 25. 13,67;
denn nimmer fehlt es meinem altar hier
an reichern mahlen, nie an wein und fett,
und aller ehre, die wir uns erkiest. Bürger 156*:
er hat ihn erkieset. Hippel 8, 196. dies erkiesen, in der
dritten person erkiest {verschieden von erkeust), praet. erkieste,
pari, erkiest vird heute billig gemieden, vgl. auch erkören.
nicht zu übersehen ist, das: einzelne Schriftsteller sich beider for-
men bedienen, z. b. Log.\d neben dem angezognen part. erkiest
anderemal erkoren verwendet:
nicht uns sind wir geboren,
auch nicht zur einsamkeit, wir sind dahin erkoren,
gesellscbaft eiuzugehn. 2, 12, 37;
mein freund ward nechst nach hof in ebrendienst erkoren,
die ehre günn ich ihm, doch ward der freund verloren.
3, 245, 153.
7) dies part. erkoren ist nachher noch besonders aufgeführt.
8) die dem goth. uskiusan auszer der bedeutung von Soxi-
fiä^eiv, probare, eligere audi zuständige entgegenstehende von
anoSoxiuä^eiv, reprobare kommt hochdeutsch nicht zum Vor-
schein, die Vorstellung des wühlens, austcählens geht leicht über
in ausscheiden, bei seile stellen, verwerfen.
ERKIESUNG, f eleclio, erwählung: ihr fürsfen, graven, her-
ren und gewaltige, seit ihr so unbedachtsam in erkiesung des
hofpredigers und hofpraeceptors, denen ihr doch euer eigen
fleisch und blut, eure eigene seele vertrauet? PniLUiDEB 1,625
ERRIRNEN, was erkemen:
mhd. Alexander, nu erkirne "
mihen sin und miniu wort. Martina 150, 76.
es ist nit mein anschlag euch dis alles zu erkirnen; ir mei-
nung ist nit also gnow zu erkirnen. Oberlix 344.
ERKITZELN, lUillare. s. erkützeln.
ERKL.\FTER>'. ulnis amplccti, umklaftern: jenen (triglyph)
masz ich mit ausgespannten armen und konnte ihn nicht
erklaftern. Gothe 2S, 166. erkläftern hat Stalder 2, 104.
ERKL.\GEN, l) ordine judiciario et per sententiam obtinere,
vgl. erdingen, mit welchem es oft verbunden wird: wann die
wetten erdingt und erklait werden, we'isth. 2, 637. 3, 744 ; wo
wiltu aber hin rilen? 'gen Regenspurg, mein sach des bischofs
halb do selbst zu erklagen'. ScH.iDE sat. 3, 159 ; in ein er-
klagt liegend gut eingesetzt. Frankf ref. I, 41, 11 ; erklagtes
recht, jus acquisitum. Stieler 964 ; vgl. H.\ltals 396.
2) conqueri cum aliquo: nu lieber gott, ich hab meinem
nehesten für dir meine sünde erklagt und offenbart und in
deinem namen mit im mich Tereiniget und gnad begert.
Luther 1, 517*.
3) sich erklagen, queri: sich ernstlich erklagen, satt klagen.
A. V. Rotte 21 ; da der kung iren ernst bort und sach. da bat
er sie, das sie im die tochter nun {= niwan, nur) acht tag
lieszen, bisz er sich erklaget {ausgeweint) mit ir, so wolt er die
lochter dem tracken geben, sommertheil 1475, 12'; ich hab mich
aller meiner sünde erklagen wollen. Steinhöwel dec. 22,25;
will man mir aber auch erlobn {erlauben),
dasz ich mich auch erklagen sott,
vil anders ich erzellen wött. Bercktold rediv. 22;
dasz er gar niemand öffentlich gescholten, sonder sich allein
ab dem widerwertigen glück erklagt. Froxsp. kriegsb. 3, 137'.
ERKLAM.MERN, amplecti, umklammern: der schifbrüchige
sucht ein brrt zu erklammern ; die mücke erklammert einen
grashalm ; die letzte hofnung erklammern. vgl. sich anklam-
mern.
ERKLAPPEN, hochdeutscher wäre erklapfen, v^ erklepfen,
1) crepitare: schlug ihn ins gesiebt, dasz ihm die zahne
erklappten.
2) /«Tire cum crepitu: eine fliege erklappen.
ERKLAPPERN, was erklappen 1:
doch mich weckt das donnergetöse der spritzenden räder,
und des raschen gespanns dumplig ertlappemder huf
Salis lUS.
875
ERKLÄRBAR — ERKLÄREN
ERKLÄREN — ERKLECKEN
876
ERKLÄRBAR, quod habet explicationem : die sache ist mir
nicht erklärbar, uncrkldrbar.
ERKLÄREN, purgare, declarare, explicare, rein, hdl, Mar,
offenbar madien. daher dän. erkläre.
1) reinigen, erhellen, klären, den brunnen, die äugen, das
gesiebt :
du wol erklscrter prunne. Miscatblct s. 75, 126;
sein geheus war allenthalben köstlich durchbauwet, aber es
waren keine heiligen darinnen, hett auch gern kinderspicl
gehabt von geniäls, darinnen zu zelten die äugen zu er-
klären {erlieilern). Bocc. 1,34; din übergrosze tugcnt Longino
dem blinden {halß, welcher um gutthat willen dir darmit zu
thun meinende mit seinem sper dein seit öfnet, daraus wasser
und blut Qosz, von dem im sein gesicht wider erklert ward.
Aimon ro'; das sterket und erkleret das gesiebte gar sehr.
Bartiscb augendienst 34; heilen die hitz der äugen, erklären
das gesicht. Tabernaemontanüs 96;
gott bitten, dasz er woU erklären ihr gesicht. Opitz 4, 359 ;
bergrauten zu pulver gcstoszen und bisweilen mit salz in
anderer speis gegessen, erkläret und schärfet das finstere
und dunkle gesicht kräfliglich. Hoaberg 3, 1, 559*.
2) erleuchten, verklären, clarificare: dir ist dein herze noch
nit erklärt. Keisersberg; vatter, erklär deinen sun, das auch
dein sun dich erkläre, palernosler E6; ire säligen und er-
klärten cörper. schif der penil. 120* ;
noch ehe Constantin
Tom wahren gottesdienst erklärte seinen sinn. Opitz 4, 335.
3) öffentlich, zumal gcrichllich kund thun, declarare: einen
in die acht, in vcrruf erklären ; die acht, den krieg erklären;
und welche den verstorbnen mann am liebsten gehabt hab,
mit urtheil erklärt wirt. Frank wcUb. 194'; diese Antigene
hat zwar erwehnlen Atheniensern dermaszcn gefallen, dasz
sie ihn (Sophocles) dessentwegen zum Statthalter über die
insel Samos erklärt haben. Opitz 1,162;
er ward mit höchster pracbt feldoberster erklärt.
Gbtpuiis 1, 111;
Algerthe reiscte nach Norwegen, allda sie regentin ... er-
klärt ward. HoFMAs.NSWALDAU /ifWenir. 16 ; einen im testament
zum erben, zum vormund, nachfolger im reich erklären ; er
ward vom gericht für unschuldig erklärt; eine zu seiner
liebsten, zu seiner braut erklären;
und macht sichs zur bedingung, dieses kind
als fürstin seines Stamms erklärt zu sehn. Götbe 9, 283;
sie sind unwürdig erklärt, ehrfurcht zu beweisen. 22, 28 ;
den erklär ich für meinen todfeind und beleidiger. man sagt
ein erklärter feind, gegner, liebhaber; dir als einem bege-
benen und verurteilten erklerten man. Luther 3,189'; ein
erklärter gottesleugncr. Klisger 11, 223.
4) seinen willen, entschlusz, seine absieht erklären, zu
erkennen, kund geben; einem mädchen seine liebe erklären;
80 buhlerisch erklärt er seine klagen. Hagedorn 2,162(160);
das musz ich für lüge und betrug erklären.
5) erklären, interpretari, auslegen : einen dichter, schrift-
steiler erklären ; erklären (z. b. die natur) heiszt von einem
princip abieilen, welches man also deutlich musz erkennen
und angeben können. Kant 7, 291 ; mehr um die darin vor-
kommenden stellen zu erläutern als zu erklären, mehr bei
dieser gelegenheit etwas zu sagen, als durch seine auslegung
die zuhOrer dem gcist des dichlers näher zu bringen. Götiie
46,25; ich kann es mir nicht erklären; will es gleich mit
Einern worte erklären.
6) reflexivisch,
a) sich erklaren, kund thun, zeigen, offenbaren: weil gott
«ich den prophcten, aposteln und andern im himmel erkläret
hat, «0 wird er darum der thron gotles geheiszen. Opitz
1,15; erklären sie sich, wie es mit der aussteuer werden
soll; erklären sie sich doch deutlicher; wollen sie sich nicht
weiter erklären?;
erklirt euch, oder — geht! Luiino 2, 394;
wie fast durch ganz Flandern in ('inem augenblickc die Ver-
schwörung erklart und ausgeführt ist. üötiik 8, 1*41; so wird
die liebe, die von naiur herzhaft iitl, durch den schrecken
am leichtesten angetrieben, hich zu entscheiden und zu er-
klären. 19, 1H3; nun aber ist es wul zeit sich zu erklären,
wenn es ihnen gef&llig ist. 22, iil ;
und eh der tag sich neigt, musz sichs erklären,
ob ich den freund, ob ich den vater soll enthejircn.
Schiller U59';
was den könig von Polen zur fortsetzung eines kriegs auf-
munterte, der sich so sehr zu seinem nachtheil erklärte. 90S'.
b) erkläre dich ein rctter, herr, für mich. Mklisscs ps. A'i';
gesetzt, dasz tausend sich im ernst ffir dich erklären.
Gkllert 2, 16;
oft erklärt ihr euch als freunde des dichters, ihr götterl
GöTHR 1, 336;
sie sollen sich mit mir dem übel ernstlich entgegensetzen
oder sich auch als rebellen erklären. 8, 188 ; um ein näheres
gespräch einzuleiten, erklärt ich mich für einen zeichen-
künstler. 30, 224; er erklärte sich endlich für ihren, zu ihrem
bräutigam; das ganze land hat sich für ihn erklärt, auch
hier hat die praep. für den sp. 873 bei erkiesen angemerkten
dopfielsinn.
c) ich erkläre mich zu allem willig und bereit ; er erklärt
sich ihr verbunden und verpOichtet;
wil Jupiter dahin sich bindlich denn erklären,
dem Mars noch nebst der weit die hölle zu gewähren.
LocAU 1, 18,
1V0 bindlich aber auch adv. sein kann.
d) sich eines dings, über etwas erklären;
drumb dich bald deines gmüths erkler. Atrer 86*.
c) sich mit einem erklären, stcA über etwas aussprechen, be-
spreclien, ins reine setzen:
was du mir sagst, mein freund, versteh ich nicht
wie du est sagst, erkläre dich mit mir. Götue 9, 196 ;
Aurelie, die nach einiger ruhe gestimmt war, sich mit ihrem
freunde über einen gegenständ, der ihr so sehr am her/cn
lag, endlich zu erklären. 19, 103 ; er wünschte sie nicht zu
sehen, und doch hätte er sich gar zu gern mit ihr erklären
mögen. 19,226; da er sich darüber nicht mit sich selber er-
klärte, plagte es ihn als dumpfer mismuth. Niebuur kl. sclir.
1,52.
ERKLÄRENSWERTH, dignum quod declaretur.
ERKLÄRER, m. interpres, ausleger.
ERKLÄRERIN, f. esplicalrix.
ERKLÄRLICH, was erklärbar: weil er jenes geleugnet hat,
ist es sehr erklärlich, dasz er auch dieses nicht zugibt.
ERKLÄRSUCHT, f. nimium inicrpretandi Studium: hier ei -
scheint ein urphänomen . . . und bringt die erklärsucht zur
Verzweiflung. Göthe 60, 50.
ERKLÄRUNG, f. i) punjalio, illustrntio, klärung, verkldrun<i :
die erklerung Christi uf dem berg Tabor. Kkisebsd. W«;. 2K'.
2) declaralio, erklärung des kriegs, letzten willens, der
liebe; seine erklärung abgeben, schriftliche, förmliche.
3) senlenlia, darlegung, oratio, expositiu:
rede darum nur selbst, was bedarf es fremder erklärung?
Götuk 40, 332;
rälhselhafte erklänmgen. 17,130; ich habe noch eine erklä-
rung zu machen.
4) de/initio: eine gute, treffende, verfehlte, mislungne er-
klärung. Kant 2, 550 sagt: die deutsche spräche hat für die
ausdrücke exposition, explicalion, declaralion und dclinitiou
nur das eine wort erklärung. er rergiszt darlegung, ausle-
gung, deutung, erörterung, entfaltung, cntwieklung, lu-stiui-
mung, auseinandersetzung u. a. m. s. sacherklärung, wort-
erklärung, namenerklärung, ehrenerklärung, liebeserklärung,
kriegserklärung.
ERKLÄRllNGSART, f.
ERKLÄRrN(;S(;HrM), m.
ERKLÄR! N(;SKrNSi\ f.
ERKLÄRUNGSVERSUCH, n. unter allen erklarungsver-
suchen hat dieser den meisten beifall.
ERKLÄRUNGSWEISE, f.
ERKLATSCHEN, flagellu tnsonare.
ERKLEREN, i. erkleiben.
ERKLECKEN, sufficere, prodesse, genügen, helfen, nütten :
und ist alles verfressen, versoffen, was wir aufbringen, da
will nicht erkiccken, icderman legt im afi vil dar. Uha>k
Irunkenheit D ' ;
dann was r<M!iki dnrftir
»on dieser ffanzcn lehr, erklf« ki un« aiuh allhlcr.
(tpiTI //. Orot. 344;
hroiirhi'n will ich »olehon «nfl,
wni«i lur«nhr, vn wird erkli-rkon,
iwclfcl nll, Ich llndo kraft. Sr»« truttn. 01(103);
877 ERKLECKLICH — ERKLINGEN
flamm noch fackel thut erklecken
gegen seinen hellen schein. 300 (329);
drumb wird noch bleich- noch purpurtod
zur forcbt bei mir erklecken. g. tugendb. 499;
aber die beste aroraata wollten schier nichts erklecken.
Simpl. K. 171 ; die guten bienen, wann sie merken einen har-
ten winter und dasz ihr TOrrath in die länge nicht erklecken
möchte, treiben die faulen und müszigen threnbienen aus
dem stock. Hohberg 2, 362'; ein wenigs erkleckt nicht. Moser
p. phanl. 3, 36 ; das alles will nicht recht erklecken. Tieu
13.324. vgl. klecken.
ERKLECKLICH, amplus, ansehnlich, zureichend: es hat ein
erkleckliches eingetragen; ein erklecklicher beitrag; die auf-
lagen um ein erkleckliches steigern können. Klopstock 12, 353 ;
ein erkleckliches vermögen.
EKKLECKLICH, ample, affatim, genügend, genug: erkleck-
lich genug, satis superque. Stieler 974;
zwei knaben gruben auf der brach
von einem Weizenfeld einst einem hamster nach,
der in den vorgen sommertagen,
wie sich vprmuthen liesz, erklecklich eingetragen.
WzisztbriefiB. der fam. des kinderfreundes 12, 14.
ERKLEIBEN, haerere, festkleben, mhd. erkllben:
man sagt da; vor durst die schefliut niht erkllben.
Lohengr. 6735,
sie hallen genug zu Irinken, die zunge klebte ihnen nicht am
gaumen. rgl. bekleiben und kleiben.
ERKLEMMEX, cotnpritnere, erdrücken, pressen, zwängen : ewer
hinnen scheiden erklemmet mein herz als fast, das nit wenig
feiet, ich stürb vor janier. Aimon Bl'; hetts das meer nit
gethan so hellen die felsen sich müssen aufspalten und räum
geben und den Pharaonem zwischen sich erklemmet und zer-
quctzschet haben. Lctber S, 73' = ron den Juden und iren
lügen, ^yitlenb. 1543. Q2\
ERKLENGEN, transiliv ron erklingen, erklingen lassen,
mhd. erklengen, erklenken:
wart da manc ors ersprenget
und s werte vil erklenget. Parz. 60, 26;
nhd. ich wollt ihm sein geldkasten vor seinen obren erklengt
haben. Hcttem 5, 222. rgl. erklingen und klengen.
ERKLETTERN, enili, erklimmen, ersteigen: den berg, die
mauer erklettern; den bäum, die gipfel der bäume, den
mast, die Stange erklettern ; die schwarzen kirschen, die ich
mir aus den höchsten zweigen erkletterte. Bettise lageb. 31;
das opus will wie der mond beurtheilt sein, der braunroth
goschwollen und benebelt aufsteigt und dem man blosz eine
halbe nacht zeit zu lassen braucht, um ihn oben auf seiner
erkletterten bahn rein, weisz und licht zu Onden. J. P. anh.
zu Tit. 1.87.
ERKLIEBEN, findere, spalten, ßr erkleuben, erklauben, denn
das starke erklieben, erklob irärd6' mdir findi ausdrücken, ob-
schon auch spalten bald intr. bald tr. steht : solche und der-
gleichen bilderschriften ... die hieroglyphischen heiligschrif-
tcn erklärer haben artlich erkliebet. Garg. 124*. vgl. erklüften.
ERKLIMMEN, eniti, erklettern, ersteigen:
her, her all menschenstimmen,
lasit immer, immer pahn !
mans nie doch wird erklimmen,
was goit gebühren kann. Speb trutzn. 100 (109).
die praderita bald stark, bald schwach:
erklomm ich auf des lieds heiigen bahnen
den sonnenhügel Kronions. Pindar Ol. 1,180 nach Dotinkr;
ragende felsenzinken mit wolkenuralagerter spitze,
welche kein Jäger erklomm, welche kein adler umOog.
Salis;
den steilsten, Zickzack über felsen springenden stieg erklom-
men wir. GöTHE 43,260;
und ich erklimmte die berge den lieblint des himmels zu
grüszen. Matthisso:« 231.
ERKLIMPERN, fidibus lucrari: wenige kreuzer, die sich das
arme mädchen auf der zilher erklimpert hatte;
du kannst, gehüllt in blauen dunst,
dir freilich lauten ruf erklimpern. Gödsgi 1, 188.
ERRLINGELN, tinnire, erklinglen. Ma.\lek 112*: die glöck-
lein am sattel erklingelten hell; ein bach erklingelt durch
die wiese, auch transiliv: hat die Schlüssel mit gelechler er-
schüttell und erklingelt. Thurseisser noihg. ausschr. 3,135.
ERKLINGEN, l) personare, retonare, hell ertinen: das haus
erklingt von freudengeschrei ;
ERKLINGEN — ERKNALLEN
878
als wie man hört erklingen
den adler, wann er sich
gedügelt kräftiglich
zur erden ab wil schwingen. Opnz 1, 16S;
und donnernd erklang die unterste hölle. Messias;
da erklingt es, wie mit flügeln,
da bewegt sichs wie gesang. Göthe 23, 13;
spät erklingt was früh erklang,
glück und Unglück wird gesang. 1, 9;
wo bist du, Faust, des stimme mir erklang,
der sich an mich mit allen kräften drang? 12, 34;
kus erklang an seinen lippen,
hätt auch wolfsblut sie geröthet. I, 171, nach dem (innisdien:
sillen suuta suikkajaisin
Jos olis suu suden veressä;
da erschuf er morgenröthe,
die erbarmte sich der quäl,
sie entwickelte dem triiben
ein erklingend farbenspiel. 3, 84,
rastlos nun erklang das getön der stürmenden glocke. 40,292;
schmelzender erklang die flöte
in des hirtengottes band. Schiixsb 21';
laszt unter tanzen und springen
die blanken sensen erklingen,
ihr mädchen rauscht mit den rechen herbei,
dasz nicht ein körn verloren sei. Weisze kom. op. 3,199;
auf, bombardier und kanonier,
laszt die musik erklingen! Arndt ged. 361.
2) früher auch tr. ßr erklengen, erklingen lassen : man musz
die Schlüssel ihnen zu leid desto mehr erklingen, bis sie
ertauben. Fischart bienenk.;
die wunder deiner werk will Ich für aller weit erklingen,
Wecsherlim 27;
und deren mund erklingen kan der götter ehr. 310;
erklinget laut sein lob. 246;
0 herr, vor allen leuten hier,
vor allen Völkern wil ich dir
mit dank erklingen jederzeit. Qprrz ps. 210;
wer solte doch in dieser frembde singen?
wer könte hier des herren ton erklingen? 255;
will auch von Jesu spielen ich,
will nur von ihm erklingen. Spek truttn. 191,
welches letzte sich ebenwol intr. ndtmen lieize.
ERKLINGEN, n. sonitus:
als er zum saal hereintrilt, schreit er laut,
die mauer bebt bei seiner stimm erklingen.
Gries Bojaräo 3, 1, 59.
ERKLIRREN, crepare, strepere: ketten. Schwerter, sporn
erklirren ;
und er entsank in den staub mit geschrei, dasz die zahn ihm
erklirrten. Od. 18, 98 ;
die schweren fesseln zogen ihn auf den von ihnen erklir-
renden boden zurück. Klisceb 5, 353.
ERKLOPFEN, aufklopfen, 1) pulsando frangere, nüsse er-
klopfen, zerklopfen.
2) pulsando excitare e somno, er schläft zu fest, ich kann
ihn nicht erklopfen; die schlafenden leute nicht erklopfen.
Stieler 984.
ERKLÜFTEN, findere, zerklüften.
ERKLUFTUNG, f. fissura, rima: diese masse, von jenen
erklüftungen wenig erleidend. Göthe 51, 74.
ERKLÜGELN, callide inrenire, ausklügeln: wie das von
menschen sinnen erdacht und erklügelt ist oder noch werden
möchte. Haltacs 396; und nun verfiel er in die tiefste po-
litik, welche die weisesten Circassier über diesen gegenständ
erklügelt hatten. Klinger 10,47.
ERKLCGELüNG, f. inrentio: nach ihrer spitzfindigen er-
klügelung. Witzenbürger 3, 67.
ERKLÜGEN, prudentem, caulum reddere, witzigen (bei Stiei er
988 beklügen): nu hat der geitz weiter sich erklügel und
schall das auch herauszen (hier in Deutschland) viel den namen
haben bepstlichs gesinds, wie zu Rom. Lither 1, 295'.
ERKLUPFEN, pavere, erschrecken, an Scluceizerwort. Fbisics
959'. 960". Maaler 112*. Stalder 1, 112. Tobler 170*. vgl.
klupf schrecken, klopfen schlagen.
ERKLUPFEN, terrere, in furcht setzen : der landvogt was der
wassernoth gar erklupft. Tschidi 1, 239.
ERKN.\CKE!V, 1) intr. crepitare: das holz im ofen erknackt;
die bank erknackte und brach zusammen.
2) tr. aufknacken: nüsse erknacken, nuces frangere.
ERKNALLEN, 1) intr. crepare, fragmem dare: die kugel
springt und erknallt; der donner erknalll. Stieler 992;
das meer in steter wellenjagd
mit brüllen weil erknallet. Spk« trultn. 140(154);
S79
ERKNARREN — ERKOREN
ERKOSEN — ERKRATZEN
880
2) tr. knallen lassen, machen: der fuhrmann erknalU die
peitsche.
ERKNARREN, cTejiare, stridere: die thür erknarrt, fores
crepanl; die rüder crknarren;
die wagen orkuarren ins ächzende tbal. Scbillir . . .
ERKNAL'SERN, sordide lucrari, s. knausern.
ERKNEIFE.N, prehendere, anipere: solin, ith dachte, ich
könnte zusammen raffen, ersparen, erkneifen. Tieck 3, 462.
ERKNELLEN, crepare, crepitare, praet. erknall, pari. erknoUen,
mhd. erkoellen, stamm von crknallen:
werdest underdruiigen car
so lä «wertes knopl' ül' orust crknallen;
nhd. alles will es voll und köstlich sein wie ein ögel, bisz
das es erknilt (andrer druck: wie ein Sgel, bisz das er cr-
knill). Frank lasier der trunkcnlieil G4 und F4'. gemeint ist
ein blutcifel, der sich voll saugt, bis er platzt.
ERKMCKEN, u-as crknacken: das glas erknickt, tr. eine
blume erknicken, knicken, zerknicken.
ERKMCKERN, teas erknausern.
ERKMRSCHEM, frendere denlibus:
wie Rodomont erkiiirsctit mit stolzem toben,
Ton blutdurst glühend und von giimm entbrannt.
Gries Ar. lü, lt.
ERKNITSCHEN, ERKNÜTSCHEN, contundcre, zerknitsdien :
ein wild freisam thicr hat im einen fusz ganz und gar cr-
knitscht und erfressen. Oberh.i 344.
EROLRREN, ringt, fremere: der bauch erknurrt ; derhund
erknurrt.
ERKORERN, l) rccuperare, fr. recouvrer, crMen, ahd. ii-
koborön, mhd. crkobern, s. kobern:
ni megih ihaj irkoborön. 0. V. 7,35;
wertisal irkoborön {corruptioncm pali). V. 12, 34.
nhd. sit dem mal das die sacLen umb ein — erkobert (erritn^en)
gut sien. Oberlim 344.
2) sich crkobern, sich erholen:
mhd. da erkoverten si sich. Iw. 3733;
da von 6r schiere bekam
und erkovert sich an siner kraft. Lam. 1S57;
der wart mit rieheit geladen
und erkovert sich alles schaden. 9201 ;
als ich mich besser erkoberte {zu mir kam). Simpl. K. 209;
sobald er sich wiederum erkobert {var. erobert) hatte und
zu seinen sieben sinnen kommen war. 959. schuäb. sich er-
kobern. Schmiu 321. Schweiz, erchöfera. Tobler 170*. bair. sich
kofern. Schmeller 2S6. noch bei den biencnzüchtern : der korb
erkobert oder erkobert sich, nimmt u-icder an volk und werk
zu. rijl. schired. förkofra, engl, recover und auserkobern.
ERKOCHEN, percoquere, weich kochen: die linsen sind gar
nicht zu erkochen.
ERKÖDERN, esca proposüa caperc: fische erküdem, erangeln.
ERKO.M.MEN, terrefieri, stupere, ahd. irqueman. Oberli?« 344 ;
und also erstund er erchomncr und erscbrochner, daj im
daj hantuch au; seiner haut viel, gcsta Rom. K. s. 156. noch
bair. üslr. Schm. 2, 298. Höfer 2, 153.
ERKOREN, pari, praet. von erkiesen;
mhd. der fürste Aj triwe erkorn. Pari. 177, 13;
Amelie Elisabeth, von gottes gnaden erkornc landgrävin zu
Hessen. Wec»heri.inb ded. zu den geisll. ged. ; die weislhümer
unterscheiden den gebornen und crkornen vogt;
die du künftig mich liebst, o du aus allen erkoren'.
Klop.stock 1, 21 ;
ich war sein erkorener jünger. Mcsüaa ü, 594;
welcherlei roänncr
folgteo au« Ithaka ihm, erkorene oder ihm eigne?
'iJäxTii i^aiQerot, fj eol nitov; Od. 4,643;
jetzo entsandt ich männer, vornnziiRehn zur erkundung,
zwen erkorene fl-eund, ca'Sge Svo> xgivat. 9,90;
wer, mit herkulischer st&rke, der tlüchtigen gemse sich nach-
xchwingt,
■cbeinl mir in beitlengeilalt norh ein erkorner dci glAcki.
MAmiitsoN 'iXi.
ERKOREN, ERKOREN alt inf. und in jtrnesensformfn finden
nicht flau, denn wiewol sich vom ahd. chiosan ein schwaches
cbon'tn tcniare, ißutare und ebenso picborAn, mhd. bekorn, nhd.
kckoren (t, t42H) leitet, die das pari. gichorAt, pirhor&l, be-
korl, brkorct bilden, rrnchcinen nirgend alid. irchiirOn, mhd
erkom, nhd. erkurn, und das starke pari. erLoren, praet. erkor
feAvrv» mthmendii m erkkieo.
ERKOSEN, blande confabulari, plaudern, schwätzen, stammt
nicht aus kiesen, sondern vom ahd. chosun fabulari, mhd. kosen,
franz. causer:
hei muostich mich erköscn
mit der vil lieben eine. MS. 1, 2';
müeste ich noch eelpben, daij ich die rdscn
mit der minnecliclien sohle lesen,
so woldich mich so mit ir erkösen,
da; wir iemer friunde müestcn wcsen. Walth. 112, 5;
mit dem ich leider niht entar
mich erkdseii nach minem muote
vor der leiden raerker huote. ilenn. 395;
nhd. unde hat on fruntlichen, das her zu om queme, das
her sich muntlichen mit om erkosen mochte. Rothe dür. c/ir.
cap. 293. später wenig gebraucht, doch verwendet es noch Herder.
ERKOSTEN, guslare, versuchen, kosten : ihr albere Teul-
schen! ihr müsset alles ernaschen und crkosten, davon ihr
nur erzchien höret. I'iiiiander 2,108.
ERKOSTUNG, f dahero thät mir die crkostung dieses herr-
lichen anfangs so trcflich kirr und sanft, dasz ichs keinem
menschen genugsam sagen, rühmen und aussprechen kan.
Simpl. K. 128.
ERKRACHEN, l) fragorem dare:
mhd. von ir schoene müeste ein vels erkrachen. Warlb. kr. 150
nhd. die finger erkrachen; meine gebcine erkrachen unter
der schweren last. Klinger 6, 137 ; der donner erkrachte laut.
2) tr. frangere:
ich seiner {des eichhörnleins) oft musz lachen,
wanns nur die nüszicin packt,
und schnell sie Ihut erkrachen,
trik trak, wol just zum takt. Spee tnUzn. 198 (216).
3) sich crkraclien, sich brechen: auch soll man bauholz
nicht abhauen, wann das holz gefroren, dann es erkracht
sich im fallen, dasz es nicht langwirig sein kan. Hohherg 2, 58o'.
ERKRÄCHZEN, crocilare: ein rabe erkriiohzt auf dem bäum.
ERKR.\FTEN, was ermächtigen : aber etlir h willkorn richter
werden zu zciten crkreft, das sie nit nach rechtlicher Ord-
nung erkennen, sunder die parteien sunst freuntlich ent-
scheiden, die heiszen gütlich spruchmenner, amicabiles com-
positores. laienspicgel l(j3' bei Haltaüs 397.
ERKRÄFTIGEN, roborarc, firmare: seine gesundheit erkräf-
tigt sich;
reiche Schlösser nimmt Ramiro
wieder, als ihm heimgefallen
und erkräftigt sein besitzihum. Tikck ges, nov. 10, 349;
ERKRALLE.X, unguibus prclicnderc: der adler hatte ein
lamm erkrallt und fortgeführt.
ERKRAMEN, mercari, erhandeln: so dann der keufer den
halben teil abthul und erkramet, meint er hab wol gefochten
und wüifeil kauft, so hat der kaufman eben, das er umb
sein war im sinn begert bat, und leicht (betrügt) also einer
den andern. Frank sprichw. 2, 37'.'.
ERKRÄMPELN, carminando lucrari.
ERKRANKEN, debililari, infirmari, incidcre in morhum: das
kind ist plötzlich erkrankt; im summer erkranken viele an
der rühr; sie erkrankte aufs neue;
wenn er erkrankte!
ach in des kerkers feuchter llnsternis
musz er erkranken. Scuiller 542*;
welch dumpfer schlaf läszt deinen mut erkranken?
Gries Tasso befr. Jer. 18. 33.
ERKRÄNKEN, debUitare, inftrmare: ob der gesund durch
zulbun seiner selbst eignen oder anderer versäumen möge
erkrenkt, oder der krank gesund gemacht werden. Thurneisser
j)rob. der harnen bl. 3 ;
das bliimlein jung von tagen
sein hAlsleln niedersciikt,
ach ach, nun musz ich klagen,
schon gar es ist orkrenkl. Spee iruHn. 72 (7^).
ERKRANKUNG, f valetudo infirma.
ERKRATZEN, eorradere, erschnrren. zusammen scharren: was
wir und all unser vorfordern mit unserin Mutigen srhwaisc
lang her herliglich erkrat/.t habend. Schade jw/. m. /xt«/. 2. 151 ;
ein »parer musz einen verzerer haben, der da« kan \rilhuD,
das er erkratzt und erspart hat an im und an andern leulcn
ich. und ernst 1550,151. K>55, 227;
sprnc'h, 'wnri mriii lirrr'. und troll hinaus
Ir ' s da aui
> lt.
,\u ['.irt
biutcr dem alten uiullur hrt. II. Sacis I, 40t';
881 ERKREISCHEN — ERKRUSßlUNG
lasz dein erkratztes gut und die nicht rechten schätze.
GsTPHlls 2, 442;
er musz doch auch sterben und seine guter verlassen, die
er mit mühe und arbeit erkratzet hat. pers. baumg. 7,29.
s. erkrümeln.
ERRREISCHEN, i-ociferari, außreischen : man hört bei dem
metzger die geschlachteten schweine laut erkreischen; das
fett erkreischt in der pfanne. transitiv, die ihre wünsche zu
erzanken imd zu erkreischen sich gewöhnt haben.
ER KRENKEN, s. erkränken.
ERKRIECHEN, rependo assequi: die raupe erkriecht den
Stengel des krauts; man hält ihn des glucks für unwürdig,
weil er es erkriechen will; jetzt erkriecht man sich ämter,
dann würde man sie sich erspringen. Tieck 12, S6.
ERKRIEGEN, nancisä, oblinere, erlangen, bekommen, mhd.
erkriegen und erkrigen, erkreic, wofür zafdreiche belege im mhd.
wb. 1, SSO. SSI. man sehe oben sp. S03 ervolgen noch erkriegen
aus Eckhart ISl, 24. nhd. und der herr wird zu der zeit
zum andern mal seine band ausstrecken, das er das übrige
seines volks erkriege, so überblieben ist. Es. 11,11; forsche
ir nach und suche sie, so wirstu sie finden, und wenn du
sie erkriegest, so lasz sie nicht von dir. Sir. 6, 2S ; ebenso
gehets hie auch zu, das die Nineviten gnade erkriegen, one
gesetz und propheten. LirrHEB 3, 219' ; wo einer eine metzen
sihet, die im gefellet, entbrennet er, und trachtet flugs, wie
er dieselbige erkriege. 5, 24S*; das mich die zornigen heiligen
erkriegten und verbrenneten. br. 4, 622 ; daher er kein kind
erkriegen noch wünschen mag. Fba.\k iceltb. 6S'; ich hab
mein natur mit Vernunft überwunden und wider mein begird
die tugent erkricgt. dtrou. 106'; alle fahrende hab, so ein
ieglicher bekommen und erkriegen mag. Fbo.nspebc kriegsb.
1,116';
künn wir ihn etwo treffen an,
so soll er auch erla-iegn sein lohn. Rebhvs s. 39;
wie auch die ehieut mügn
in ihrem creuz ein trost erkriegn. s. 93:
wer weisz, was ich an dem erkrieg. «. 111 ;
wer itzt zur zeit
erkriegt zum weih ein solche meid. s. 130;
nach dem sie aber ser gewaltig
erkrieget haben ehr und gut. Lobwassir Cal. 71;
ach liebe mutter, helft und rat,
das wir erkrigen den unflat,
er soll eins bösen tods ersterben. .\tt»er 37S*;
und der sein freud und sein vernüegen
will auszerhalb sich selbs erkriegen. Weckheblis 417 ;
es kriegt ihm .Mars jetzt selbst, und das was er erkrieget,
ist, dasz er fällt die weit und selbst mit ihr erlieget.
LoGAü 1, 98, S;
nun der frieden über krieg
endlich hat erkriegt den sieg. 2, 40, 50.
in der allgemeinen bedeutung des erlangens heule ungebräuchlich
und durch das einfache kriegen vertreten, tcHchem gleichwol etwas
gemeines, unedles anklebt.
21 dagegen hat strA die, in -einzelnen, namentlich Log aus stellen
vorbrechende, besondere von hello obtinere, erobern behauptet:
ein land, eine Stadt erkriegen, hello occupare. expugnare; er
hat sich ehre und reichlhümer erkriegt; da man lieber in
der fremde reichthum erkriegte, als den eignen oder frem-
den acker baute. Dablma^in dän. gesch. 1, 145. vgl. krieg und
kriegen.
ERKRI.MMEN. unguibus arripere, erkrallen,
inltd. ei troumde Krimhilte in tagenden, dSr si pflac,
wi si einen valkeu wilden züge manegen tac,
den ir zwöne am erkrummen. I^ib. 13,3;
von liebe erkrimmet euch der peliicanus siniu kint.
MS. 2, 176';
wie peliicanus siniu kint vor liebe tot erkrimme. 2, 236';
nhd. dasz ein armer bauwersmann, was er erkratzet und er-
krimmet, auf sein fräszig und mutwillig gesind henken musz.
TABER^(AEJlO^TA^cs 159S s. 811.
ERKRÜMELN, miculis colligere: er musz alles erkrümeln und
erkratzcn. rql. das roraus^hende und krümeln, verkrümeln.
ERKRUMMEN, curvari, erlahmen, mhd. erkramben. rerifön-
srhung: dasz du erkrummest! die bände, finger erkruminen
mir vor kälte.
ERKRCMMEN, curvare, lähmen, mhd. erkrfimben: die leut
bezaubern . . . vihc und leut erfcrümmen {so 1567, erkrinimen
1Ö34), erlämen und allerlei plag anthun. Fra!«k vellb. 134';
einen menschen verseeren oder erkrümmen. Paracelscs 2, 299'.
ERKRLMMING, f. torpor, uenn von innen erfolgend.
III
ERKRCMMLNG — ERKUILNEN
882
ERKRÜMMLNG, debiiitatio, Idhmung, venn durch äuszere ge-
vaU: ist ein edel öle wider den krampf und die erkrüm-
mung (es steht erkrimraung). Tabebnaemo.nt. p. 381.
ERKCCKEN, was erquicken, beleben und erkecken, da sich
quick und keck genau berühren, in kück aber das vi zu ü
geworden ist, wie ags. cuc = cvic und äcucian = äcvician.
ahd. arquicchan ircbicchan refovere, recreare, mhd. erquicken
und erkücken, nhd. erkuckter redicicus. voc. 14S2 g S*. da
nun beldfen, fovere ursprün^h gern vom au^>rüten junger vügel
galt, die selbst küchlein, quiklinge heiszen, so erklärt sich im
roc. theut. 14S2 gS das erkucken auszpruten, auszhecken, er-
wermen, neren, incubare, fovere, emeren, erziehen, educaie,
vgl. Diefenbach 195'. 245'. 293'. aufziehen ist in allen sprachen
brüten, ammen, säugen, nähren und die getstigen, abstraclen Vor-
stellungen entfallen ^h erst hernach.
0 künig, was gott wil erkücken,
mag alle weit nit unterdrücken. Scbxklzl David 21*;
wems gott vergünt, will in erkücken,
den mag niemand nit underdrücken. Saut 8'.
ERKÜCKUNG, f. erkuckung, erquickung, refociUatio, educalio.
ERKUHLEN, refrigerari, ahd. irchuolen, mhd. erkuolen :
erkuolent in die ringe, so sit ir alle Terlom. Nib. 2037, 3;
von sinen trehenen wart ich naj,
und erkiiolte ie doch daj herze min. USH. 1, 124*;
nhd. zoch sein gewant ab und gieng in da? waj^er und belaib
so lang dar inn pi; da; er wol gänzleichr erchuolet. gesta Rom.
K. 54; er liesz das pferd wieder allgemach erkulen (es steht
erkülen). Odavian G3; führt das pferd in den stall, damit
es ein wenig erkühlet. Wickbam ro//ir. 61. richtiger schiene
erkuhlet, doch kann der umlaut auch vom i des adj. kühl, ahd.
chuoli herrühren und dann würde das intr. mit dem folgenden
tr. zusammenfallen, da sich das e der dritten schw. conj. nicht
mehr erkennen läszt.
ERKCHLEN, 1) refngerare, ahd. irchuolan, mhd. erküelen:
dis erkült das herz. Keisersb. seh. der pen. 30 ; da er seins
zorns und unmuts ein wenig erkület was. FierabrasCA; wem
leids geschehen ist und kan sich nit rechen, der musz sich
stellen wie er kan, das er ja sein mut erküle. Agricola spr.
313 ; das hat in engsten erquicket und erkület, frid und trost
allein geben. Lctheb 6, 3S7'; damit er sein und seines heers
herzengrollen erküle. Frossperg 1, 1S4'; sein herz wol an
eim erküln, eromere iram in aliquem. Maaler 112'; zu er-
frischen und zu erkülen die erhitzigfe leber. Thlrneisser
ron wassern s. S2 ; so denn nnn ein tröpflin wassers den seelen
in der höUen helfen kan, wie viel mehr wird das h. Weih-
wasser die seelen im fegfeur erkühien. Fischart bienenk. 113' ;
ich, die das grab erkühlt, fühl auch sein {Cardenios) teuer nicht.
Gbtphii's 1, 247 ;
er hat sich (sibi) den magen erkühlt, erkältet.
2) reflexiv, sich erkühlen, refrigerare se, sich abkühlen, kühlen,
erfrischen: man brucht solich salben sich zu erkülen und die
müden glider zu Sterken. Reisebsb. post. 2,114; dasz derselb
bürger under des pfaffen hausthür stund, sich da zu erkülen.
WiCKRAM rollw. 97"; verschleuszt im mit seinen armen das
maul also, dasz er sich nit erkülen mag (/leine luß schöpfen
kann), sonder zur stund ersticken musz. Fober fischb. 47';
dann wie gerne wäre doch der reiche schlemmer wieder
kommen, niu* seine brüder zu warnen, dasz sie sich hüten
sollen vor solcher höllenqual, solte es auch nur ein kurzer
augenblick, um dardurch sich etwas zu erkühlen, gewesen
sein. Simpl. K. 923;
wie wer durst lechzt
schnell sich erkühlt, sich erlabt an dem labsal.
KlOPSTOCK 2, 40.
ERKÜHLüNG, f. refrigeratio : erkülung suchen wider die
grosze hitz. Münster 1375; die es {den gipigen honig) gessen
haben, fallen auf die erd erkülung zu suchen. Fischart bie-
nenk. 243';
Tetca sitzt auf heiszen kohlen,
musz ihr steu erkühlung holen. Locac 3, 179, .T2.
ERKÜHNEN, audere, küitn sein oder «erden, mhd. erkuonen :
ich wil an im erkuonen,
ir tuot die boume gruonen. G«>. 559t,
«0 erküenen : grüenen sieht, noch schwerer hält es nhd. den
umlaut, der, wie bei erkühlen, in kühn begründet sein mag,
fem zu halten, alle belege haben ihn:
an dir hab ich gehabt, ach, ach gehabt! den zeugen
von meiner poesie, nie sehr sie ümmzubeugen
der hagre oeid erkühnt. Fleii:<g 144;
56
883 ERKÜHNEN — ERKUNDEN
flintin, da von euch zu schreiben mir erlȟhnte nechst mein
sinn. LoGAU 1,226,34;
Im walde, sehr ergrimmt, in einer heiszen schlacht
erliünt er, zwischen sie sich in die mitte macht,
(fra quali entrö con grande audacia in mezzo).
Werders .4r. 2, 15;
da er wegen seiner vom allerhöchsten verliehenen gaben cr-
kübnete, seinen stuhl an den mächtigen thron des groszen
gottes zu setzen. Simpl. 1, 576.
ERKÜHNEN, 1) audacem reddere, kühn machen, mhd. erküenen :
möht ich dirj wol begrüenen
und din h^rze alsO erküenen,
da; du den pris bcjagies. Piirz. 489, 14;
guot trüst erküenet mangen zagn. Wh. 268, 30
nhd. aber die liebe zu ihrem vaterlande hat etliche eine ge-
fahrliche Sache anzugehen erkühnet, pcrs.rnscb.i.i; bin ich
aber nicht der gröszeste thor gewesen der je gelebet, dasz
ich mich meinen unbedachtsamen muth so weit erkühnen
lassen ? Philajcder 2, 173.
2) fiel ößer refl. und zwar
a) mit gen. der sache, täe bei sich erdreisten, sich unterfangen :
der geist, mit dem du dich so vieles nihms erkühnt,
woher bekamst du ihn, was hat ihn dir verdient?
Gbllert 2, 38;
dasz nicht mein herz des stolzes sich erkühne. 2, 144;
ach darf ich, lieber böse Teind,
noch einer bitte mich erkühnen? 1, 103;
warum erkühnte dein herz sich
dieser that? Messias 15, 629;
die groszthat, der du dich erkühnt. Wikland 10, 276;
sich eines wagstücks zu erkühnen. 4, 115;
ich weisz und nur graf Lester durfte sich
an diesem hofe solcher that erkühnen. Schiller 435";
willst du groszes dich erkühnen,
zeigt sich hier ein doppelt glück. Götbs 47, 153,
obsclion in letzter stelle groszes auch ncc. sein kann.
b) mü acc, vie bei wagen:
das thun, mit beifall thun, was wenig sich erkühnen.
Gellkrt 2, 13;
das erkühntet ihr euch ! Messtas IS, 137 ;
nur euren spott verdient
der thor, der, ein geborner knccht,
ein solches sich erkühnt. Schiller 6"';
das konnten sie sich frevelhaft erkühnen. 3S5'.
c) mit zu, sich zu etwas erkühnen, wie esmuthigen:
zum kus sich erkühnen. Voss.
d) mit hinein :
liebe sollte sich in deine brüst hinein erkühnen? Tikck 8, 230.
e) mit einem abhängigen inßniliv : wann sie sich erkühnen
dürften denselben zu begleiten, unw. rfod. 256; verzeihe, dasz
ich mich erkühnen darf zu fragen. 260;
du hörst, dasx dich dein feiad zu iSstern sich erkühnt.
Gellert 2, 19;
darf sich ein mensch vor goit gerecht zu sein erkühnen?
2,23;
wer das zu bitten sich erkühnt
was er nicht wünscht, entehret goit. 2, 73;
jeden könig schrecken,
der nicht Agamemnuns tod zu rächen sich erkühnt.
Götter 2, » ;
mir übergeben sie das hecr. mich lieben
die Niederländer, ich erkühne mich,
mein blut für ihre treue zu verbürgen. Schiller 25ß*.
erkühnen dürfen istpleonaslisch, icril schon in Aürfcn uiidere liegt.
EHKÜHNEN, n. audacia, kiihnheil:
und kleide nicht in heiliges gewand
der rohen stärke blutiges erkühnen. Schiller 414V
EKKÜMMERN, aegre, misere acqmrere: das erkümmerte geid
wieder einbüszcn.
ERKÜM.MEHLICHEN, dassMe: wir haben ganz unsircilhare
Vulkane entdeckt . . . und alle sorten von basall nicht etwa
zusammengesucht und gelesen und erkummerliriil. sondern
alle» in einem bezirke von wenigen stunden und mit blinden
greiRinr. Güthe bei Merk 1, 20».
ERKl'NDEN, l) rxquirrre, cognoscere, erjilorare, rrforschm,
kommt ahd. mhd. noch nicht ror, vo man irchuiidün roraus-
ziurtzfn iMte, wenhaüt auch der hin und wieder gesetzte umlaul
erkunden ladelhaß u/. teil Luther erscheint es hdufig: sende
roenner auii, die Aa* land Canaau erkunden U'ulg. (|tii cun-
«idrrant terram). 4 A/o«. 13,3.17; und Jusua und Caleh, die
auch da« l.ind erkundet halten (rulg. qui et ipsi lustraverant
itmm), zurifMD ire kieider. 14, 0; lasset un« menner für
ERKUNDEN — ERKUNDIGEN
884
uns hin senden, die uns das land erkunden (qui considercnt
terram). 5 Mos. 1,22; sihe, es sind in diser nacht menner
her ein komen das land zu erkunden. Jos. 2,2.3; das land
zu erkunden und zu erforschen (ut explorarent et diligenter
inspiccrent). rieht. 18, 2 ; besehet und erkundet alle ortcr, da
er sich verkreucht (considerale et videte oinnia lalibula ejus).
iSam. 23,23; wie viel brot habt ir? gehet hin und sehet,
und da sie es erkundet hatten (vulg. et cum cognovissent),
sprachen sie, fünfe und zween fisch. Marc. 6,38; und als
ers erkundet von dem heubtman (et cum cognovisset, goth.
jah finjjands at j)amma hundafada). 15, 45 ; nachdem ich alles
von anbeginne erkundet habe. Luc. 1,4; da der bischof selbs
durch den Greiner mich derhalben erkunden {ausforschen) hat
lassen. Luther 3,420*; so leihet mir einen boten, der zum
keiser und den seinen reit, bei inen zu erkünden, ob er
mich als lestcrlichen tods wolle ersterben lassen. j4im»nA4*;
wer wil der weiber tück erkunden und entdecken?
LoCAU 2, 191, 82;
ob er vielleicht erkunde des lieben vaiers zurückkunfl.
Ud. 1,94;
gehe dann aus zu erkunden den lang abwesenden vater. 1,2S2;
dasz du es nie doch
wüstest, noch meine gedanken erkundetest! 4,493;
so sprach ich oft und zog allein,
des raubthiers fährte zu erkunden. Schiller 6ö';
nach dieser eil ich oder jener seite,
wo ich, dich anzutreffen, kann erkunden. Platen 96'.
2) reß. sich eines dinges erkunden: so sich e. f. gn. der
gelegenheit und gcsi^hicklichkeit mag. Christophori in gegen-
wärtigkeit erkunden werden. Melanchtuov an Albrecht ep. 12 ;
nachdem ich mich der soeben allenthalben mit lleisz erkun-
det. LtJTUER 3,409'; werde auch morgen seine heiligkeit er-
suchen, und mich des tags, wenn ein consistorium widerumb
sol angestelt werden, eigentlich erkünden. 1,224'; daraus
man denn sich erkünden mag. br. 2,396; folgends hielt er
sich zu Padua auf, erkündete sich des venctianischen regi-
raenls bestermaszen. Micrälius 3, 32 ;
der weise vater
musz aber doch sich erst erkunden, erst
besinnen, allerdings! that ich denn das
nicht auch? erkundete, besann ich denn
mich erst nicht auch, als sie im fcuer schrie?
Le.osing 2, 311 ;
ich soll
mich nur nach euch erkunden, auf den zahn
euch fühlen. 2, 215.
ERKUNDIGEN, 1) was erkunden, hier fü>cr ist auch der von
ig abhängende umlaul zu ertragen, dischon ihn der Sprachgebrauch
lieber meidet, Serranls syn. 59' schreibt erkundigen, auch diin.
erkyndige. aber die erforderten bischofc erkundigten seine
lehre. Melanchth. im corp. d. ehr. t)S7; solche meisler stellen
sich etwan, als ob sie groszen verstand in der kunst haben
und Wollen die wunden selber erkundigen. Wl]RTzfi7; erkün-
diget man, das er meineidig fälschlich geschworen hat, gilt
es ihm das haupt und leben. Frank wellb. 93'; soll der
bischof iren willen examinieren und erkündigen, ob er ein
willen hab. chron. 300";
daraus der menschen weis und wesen
erkundigt wird zu gutem hericht
männiglichen also zugericht. Alrerl's t. II;
haben sie das baltische meer auch zu erkundigen nicht tm-
terlassen wollen. Micrälius 1,45; zu band von inen allen
beschlossen ward, dasz man den hüben in geHinknus ver-
waren und die rechte mühr an im erkündigen soll. Calmg
237; dasz ein feldherr des feinds gelegenheit ganz wol lie-
sif hlige und erkundige. Kirchhof mil. di.ic. 149 ; wo sie den
umstand der Sachen erkundigen wollten. ScnwEiNirnE'« l,."»«« ;
wenn wir die meinungen d<y weisen erkündigen. Oi'irz/wrtem
74; viel alle geschlechter erkundigen. ZiNRCREr 127,9; die
klippe der vollkomiuenen Charaktere scheinet mir Diderot
überhaupt nirht genug erkundiget zu haben. Lkssinc S,3t.7;
die iigur des üuszeren körpers (im betasten) erkundigen. Kajit
10,157; zuletzt erkundigt er von einem ... wie alles sich
begeben. Wiei.and IS, 251; um den wcrth 8eine.s funds unpc-
stiirt erkundigen zu können. 11,23; es nitt^lc denn sein,
dasz sie hier auf dem lande heniiu die landHirlsrhaft ein
wenig erkundigten. Lenz 1,104; man lerne das volk im ganzen
kennen, man erkundige seine phantasic und fühlbarkeit.
liÜRCER 320';
wem du geflllit, erkundige doch (rui pinccns. inquire tarnen).
" Voss Of. met. I, 5!J;
ich hab des orU geUgenhclt erkundigt. Schillm 39S*.
885
ERKUNDIGER —ERKÜXSTELN
ERKÜPPELN— ERLACHEN
886
2) refl. sich erkundigen eines dinges, oder um, nach etwas,
s'informer de quelque chose: wo ir aber in eine stad oder mark
gehet, da erkündiget euch, ob jemand darinnen sei, der es
werd ist (aM. fraget thanne). Mallh. 10,11; da ich aber mich
wolle erkündigen der Ursache, aposlelg. 23, 28 ; dich alles des
erkündigen, umb was wir in verklagen. 24,8; wenn Lysias
der heubtman her ab kompt, so wil ich mich ewres dinges
erkündigen. 24, 22 ; dieweil aber die alte weit nichts aufge-
schrieben, daraus man sich des alten zustandes dieser örter
erkundigen möchte. Micräliüs 1, 1 ; dessen erkündig dich
hieraus. Kirchhof wendunm. 390; und erkündigten sich dar-
über ihrer meinung. Opitz poeterd '2 ; wer wolte sich meines
zustandes erkündigen? pers. rosenlh. 1,18; um sich des zu-
standes der Varidalen zu erkundigen. Mascoü 2, 79 ;
erkundigte so ungestüm sich erst
nach dem empfäuger. Lessing 2, 211;
das natürlichste, was hieraus zu schlieszen, dürfte wol
dieses sein, dasz diese bäder erst nach ihnen bekannt ge-
worden, und man daher sich allenfalls bei den spätem
Schriftstellern der byzantinischen geschichte des nähern er-
kundigen müsse. 9, 13.3 ; da er binnen dieser zeit öfters von
seinem herrn nach Delphi abgeschickt worden war, sich
meines wolbefindens zu erkundigen. Wieland 2, S3 ; dasz sie
sich nicht um die nähern umstände erkundigt hatten. Güthe
20,190; indem ich mich nun bei ihm um das alterthum er-
kundigte. 25,64; man erkundige sich ums phänomen. 50,131;
erkundigte sich um den grund dieser äuszerungen. Klinger
3,117; ich werde mich nach allen einzelheiten erkundigen;
er wollte sich nach meinem befinden erkundigen, erkun-
digen überhaupt ist der gewöhnlichen spräche, erkunden der
höheren, dichterischen angemessen.
ERKUNDIGER, m. exploralor: des natürlicher Weisheit er-
kündigers Plutarchi. Fischart ehz. titel.
ERKGNDIGERIN, f. exploratrix: die weltweisheit ist eine
führerin des lebens, eine erkundigerin der tugend, eine aus-
treiberin der laster. Praetorils storch und schwalbenwinler-
quartier 5. 373.
ERKUNDIGUNG, f. exploratio, informatio: peinliche erkün-
digung, folterung. Serrasds uö'; widerurab aber, das ichs
auch gut meine, dünkt mich ich wisse es aus höher denn
aus menschlicher erkündigung. Luther 2, 7S' ; scharpfe Ver-
nunft, tiefsinnige erkündigung der Schriften und verstand der
sprachen. Thbrneisser magna alch. rorr. p. 3; von den glie-
dern eines groszen cirkels erkündigung einziehn und sich
wechselsweise berichten. Göthe 25, 343 ; ich habe genauste
erkündigung eingezogen.
ERKUNDLICH, explorabilis : der ist keins nicht verborgen,
geistlich oder heilig, sondern von menschen wol erkündlich.
Luther 1, 94'.
ERKUNDSCHAFTEN, explorare, erspähen, erkundigen: der
keiser schickt ein hauptmann botschaiftsweis zu könig Hörter,
soll hüpschlich erfahren und erkundschaften, was doch die
andern Teutschen im sinn betten, äventis 1566, 257' und
ößer. Stieler 952.
ERKUNDUNG, f. informatio: wir handeln eine sach, die,
so viel an ir selb, unnötig ist, on welcher erkündung ein
iglicher wol Christen blieb. Luther 1, 263' ; und das es e. k.
f. gn. aufs allerbeste meine, darf freilich bei mir weder be-
kentnis noch zeugnis, denn ich mich des, so viel mensch-
lich erkündung gibt, gewis achte. 2,78' = br. 2,138;
jetzo entsandt ich männer voranzugehn zur erkunduug.
0(1. 9, 88.
ERKUNG, f. nausea, fastidium. Maaler 108', vgl. erken
5p. 866.
ERKÜNSTELN, arte fingere, affectare, künstlich hervor bringen,
ein erst im 18 jÄ. gebildetes vort: erkünstelte worte, mienen;
wenn ein erkünstelt roth die welken wangen mahlt.
Zachariä;
mit schmaler gestalt, durch keine kleidung erkünstelt
nimmt sie unter den nymphen sich aus. derselbe;
den schein einer wahren erkenntnis erkünsteln. Kaw 1,338;
wir haben mehrere Schauspiele, welche gelesen grosze Wir-
kung thun, gespielt gar keine oder wenig, so dasz man sich
den beifall erkünsteln, sich bereden mnsz, das stück müsse
als Schauspiel treflich sein, f^ieotais leben ron Gökisc« s. 148 ;
der mensch lebe im schosze der rohen natur oder der er-
künstelten gesellschaft. Kli.<(Ger 2, 263 ; er sprach mit er-
künstelter nihe;
du nur die einzige nacht erkünstele seine gesult dir. Voss.
ERKUPPELN, lenociniis lucrari. Wielasd 13, 46, als kuppei-
peh davon tragen.
ERKÜREN, fehlerhaßer inßnitiv, den man im 18 jh. zu dem
praet. erkor bildete, die walire gestalt kann nur lauten erkiesen,
höch^ens, nach analogic von verlieren verlor, erkieren, troron
aber kein beispiel zur hand ist. in den dien eines weibes s. 398
häszt es: die zu erkührende person = die zum gemahl zu
wählende, s. erkoren, erkören und küren.
ERKÜRZEN, curtare, verkürzen, kürzen.
ERKURZWEILEN, jocis oblectare, erlustigen: sich ergetzen
und erkurzn eilen. Fischart ehz. 19; wann er nicht für lust
sich daran und damit üben und gleichsam erkurzweilea mögen.
Sebiz 2*.
ERKÜTZELN, titUlare, erkitzeln, schon ahd. sind beide
chizilüu und chuzilön gerecht (Graff 4,5381.
ERKÜTZELUNG, tUiÜatio: solches alles, ohn vorhergegan-
gene besprechung mit erkützelung gleich glauben. Phil.\.\der
1,388(390).
ERLAREL-N, frequentaliv oder diminutiv des folgenden er-
laben :
mit küssen nectargleich begabelen, erlabelen.
Weckuerlw 769.
denn kaum zu denken sein wird an das längst erstorbne ahd.
lapul, label (Graff 2, 79), dessen bedeutung labium, labrum
sonst auf küssen und mit den lippen berühren führen könnte,
auch das vorangehende begabelen viachle Schwierigkeit.
ERLAREN, IJ reficere, recreare, erfrischen, erquicken, mhd. er-
laben :
nü sende uns, vater unde sun, den ruhten geist her abe,
da; er mit siner sfiejen fiuhte ein dürre; herze erlabe.
Walther 6, 29 ;
von dem wernden durste
het er (rfer hrunne) uns enthabet
und bruoderlich erlabet. Martina 101, 52 ;
und vant in also kräng, da; man ime sine zene muste öf
brechen, und her irlabete in und gap ime zu e^jene. myst.
1, 94, 9 ; nhd. du solt auch neben dem patienten haben einen
mann oder frawe, die ihn erlabe mit gewürz. Würtz 220;
ihr Jungfern, weil ihr seid der himmel voll sterae von so
schönen gaben,
wie kümmts, dasz sonst der himmel eine, ihr aber zwo mügt
sonnen haben,
die eine, mattet sie die männer, so soll die andre sie erlaben.
LoGAü 3, 128, 49 ;
in der Jugend zum erlusten, in dem aller zum erlaben
sind die weiber. 3, 232, 76;
wolln lebendig quellen haben,
nach lauterem wasser graben,
damit sie uns erlaben
heimlich und olTenbar. Soltad 259;
aber drinn sieht man das herze,
das die ganze weit erlabet. Tieck 1, 138.
2) refl. sich mit auszerlichen trösten erlaben. Keisersberg
trostsp. m 3 ; das er sich z;u dem dickeren mol erlabet, so er
müd wird, büger 196';
wie, wer durst lechzt,
schnell sich erkühlt, sich erlabet an dem labsal.
Klopstock 2, 40;
dann sollte mein herz sich
wieder erlaben des wehs. Od. 9, 460;
mehr an erinnrung als hofnung sich erlabend. Börcbi 90*.
ERLABER, m. recreator.
ERLABERIN, f. recrealrir:
du bist des leids erlaberin. Weceberu!« 763.
ERLABüNG, recreatio, erquickung: auch ein trost und er-
labung in allem leiden, bienenk. 35*.
ERLACH, f ahd. eriaha, fluvius alnis circumdalus, häufiger
Ortsname. Försteüann 2, 98. .*. erlebach.
ERLACHEN, ridere, in risum e/fundi,
mhd. der trügenxrc erlachete
Til innecliche wider sich. Tria. 332, 8;
ich sach einen röten munt
also rainneclich erlachen
da; e; in min herze schd;. MS. 1, 201';
dSs maneger wol erlachet. 2,99*;
swer heimlich wirhet umb diu wip,
dem erlachet dicke dir lip. GA. 2, 287;
nhd. und davon als er gar vil Icidens gesehen hett, danimb
erlachet er nimmermer die weil er lebt, summerteil der heil,
leben 1475,5'; die menschen aber, als über einen alberen
und frembden, sich gnug erlacheten. Philakder 1,49(52).
heule wenig in Übung.
56*
887
ERLAHMEN — ERLANGEN
ERLANGEN— ERLÄNGERER
888
ERLAHMEN, 1) claudum fieri, ahd. iilamcn, mhd. erlamen,
erlamte :
erlamen müesen im diu bein, als örs zera riäle biege !
Waltukr i», 23;
hö wünsche ich daj sin ungetriuwe zunge müejc erlamen.
•28, 25 ;
ob im sin hant d& niht erlamt. MS. % 17G';
diu starke minne erlamot an ir krcrte, ist zwivel mit wanke
ir geselle. Tit. 51.
nM. allein erlamet ich an zwein fingern an der linken hand,
ahcr ellich der meinen erlameten zumal {yatiz). Fhank tcellb.
233"; etliche brüder Marcellinum, der gar erlahmt war, namen
und ihn auf den todtcn leichnam legten. Bocc. 1,40*;
mir erlahmen band und grir. Bürgkk.
eine feder am sclilosz erlahmt, tcenn sie ihre spannkraß verliert.
2) tadelhaß für erlähmen:
um Schönheit, die den höchsten schwung erlahmte.
Cymbeline 5, 5 ;
die kunst vorzüglich scheint dazu erfunden , die bessern
kriifte im menschen zu erlahmen. Tieck Sternb. 1,339.
ERLÄHMEN, claudum reddcre, debüüare, ahd. arlemian, mhd.
erlcmen :
hästü die kni-hte min erlernet. Panlal. 1275;
wie wildu din ere alsus erlernen. Mai 68, 5;
iihd. hat er in erliimpt, soll er xii Schilling zur busz geben.
Fraiir u'illb. 5l'; wer einem ein glid crlämpl. 193'; etiich
machen aus verhenknis gottes weiter, erlamen die leut. 133' ;
vihe und leut erkrimmen (erkriimmen), erlamen und allerlei
plag anthun. 134';
das brennen thut aber grausam wehe,
ihr solt mir wol die band erlehmen. Ayrer 377";
ich bin erlembt an beiden henden. 436';
erlembst die glieder, schwecbst das hirn. H. Sachs 1, 462'.
wie ich ihm den arm erlähmen wolte. untc. docl. 237,
ERLAiSDEN, ERLÄNDEN, appellere ad tcrram, anlanden,
mhd. erlenden, erlante. u-b. l, 93S'.
ERLANGEN, contingcrc, conscqui, mhd. erlangen, ein ahd.
irlangun voraussetzend, mehr hiervon unter langen.
1) sinnlich, mit dem finger, mit der band erlangen, eirei-
chen, ergreifen, erfassen, anrühren: der apfel hängt zu hoch,
ich kann ihn nicht erlangen, meine hand reicht, langt nicht
bis an ihn; ich erlangte eine hoch am feis blühende blume.
ebenso mit dem sper, mit dem schwer!, mit dem pfeil er-
langen :
mhd. swaj er ir mohte erlangen mit dem swerte sin. Nib. 230,2;
sone möhte er deheinen wis
mit swerten niht erlanget sin. ^Vh. 48, 26;
nhd. Ton dort herab kann ihn mein prcil erlangen. Schiller 544' ;
den erlangt er dermaszen {mit dem Schwerte), dasz er imc
den köpf zerspielt. Fierabras E 5.
2) obgleich die füsze nicht eigentlich langen, wol aber reichen,
greifen, so lag es doch nalie im gehen oder laufen etwas zu
erlangen und das ziel erlangen, melam contingere, ist am ziel
anlangen :
mhd, raren etwi anderswA,
da wir doch sin dem lande n&,
d& wir es mügen erlangen. Ulk. Trist, 2175;
nhd. das gcbirge werden wir nicht erlangen (vulg. non potc-
rimus ad montana conscendere). Jos. 17,16; wer die Jebu-
siler schlegt und erlanget die dachrinncn (vulg. tctigissel
domatum fistulas). 2 Sam. 5, s ; ire füsze laufen zum tod
hinunter, ire genge erlangen die hell. spr. Sal. 5,5;
in was fUr noth hast du uns zanpcin lassen,
bis wir erlangt das ufer von Sciurwan (i. (.).
Fleming 103;
fo eriangten wir die fläche, über welcher sich der kegelberg
erbebt. GAthe 2s, 30.
3) weil die zeit, das alter ein ziel, liciszl es auch hier erlangen
für erreichen : herr, erbarm dich unser, das wir beide gesund
mOgen unser aller erlangen. Tob. ü, 10; wann die junkfrauen
tihenzehen oder achtzehcn jar erlangen. Fbask weltl). 2t:»';
die eichen erlangen ein sehr hohes alter, und sterben endlich
ton oben herunter ab, indem sie wipfeldürr werden.
4) oß »um abstracl far erwerben, erreichen, davon tragen, con-
ttqui, impelran: eine leibeigen magd, die nicht erlöset, noch
frrihfit erlanget bat. 3 .Vox. 19,20; wer seine misKethnl be-
kennet, der wird barniberzigkeit erlangen. j»//r. SiU. 2h, i;i;
danunb ul du recht ferne von uns und wir <Tl,'iiii.'<'n <lic
gerecbtigkeit nicht. £s. 59,9; beb, wir haben sie vertilget,
das ist der tag, des wir haben begert, wir habens erlanget,
wir habens erlebt, klagl. Jer. 2, IG; wer fest an ir hell, der
wird groszc ehre erlangen. Sir. 4,14; er hat ehre erlanget,
da er die hand ausrecket. 4fi, 3; so werdet ir rechte ehre
und einen ewigen namen erlangen. 1 Macc. 2, 51 ; und waget
sich, das er das volk Israel errettet und einen ewigen namen
erlanget. 6,44; selig sind die barmherzigen, denn sie werden
barmherzigkeit erlangen ividg. misericordiam consequenlnr).
Natlli. 5, 7 ; welche aber wirdig sein werden jene weit zu er-
langen. Luc. 20,35; haben die gerecbtigkeit erlanget (appre-
henderunt justifiam, golh. gafaifahun garaiblein). Hüm. 9,30;
als ich barmherzigkeit erlanget habe von dem hcrrn (mise-
ricordiam conseculus, golh. gaarmaijis fram fraujin). l Cor.
7,25; wisset ir nicht, das die so in den schranken laufen,
die laufen alle, aber einer erlanget das kicinod (sed unus
accipit bravium, goth. \\t ains nimij) sigislaun). 9,24; auf das
auch sie die Seligkeit erlangen (gotli. ei jah {)ai ganist gati-
lona). 2 Tim. 2,10; gunst, recht, sieg, lob, macht erlangen.
Maaler 113'.' ; frieden erlang. Aimon A 4' ; mit urtel und recht
erlanget, weislh. 3,788;
und wer hie suclit bös lust mit pir,
warlich grosz pcin erlangt er schier. Scuwarzbnberg 99,2;
für keiserlichcr majestat
wil ich berühmcn solche that
und dir erlangen grosz fieiheit. Alberus 97';
ist ferner dis so gut ein starkes lob erlangen,
bekannt sein weil und breit, mit groszem tilel prangen?
Opitz 1, 56;
ich lauf frei ledig und erlang
mein speis allein im müsziggang. H. Sachs II. 4, 45';
Apollo sprach, ich schaffe rath,
mein lebensöl musz brot erlangen (»erdiencH)- Hacedori« 2, 73 ;
glücke wünsche ich ihnen in diesem jähre nicht, das wahre
müssen sie sich selber erlangen. Gellert 6, 286 ;
fürwahr, der rühm war wolfeil zu erlangen! Schiller 428';
was der mensch sich kann erlangen
mit dem willen und der krafl. 52';
wünsch um wünsche zu erlangen. Götue 41, 5.
5) LcTHER braucht erlangen fitr begreifen, intelligere, assequi,
ampledi mentc: ob wir gleich nicht erlangen, wie es alles
zugegangen ist. 4,2'; es ist eine schlechte historien anzu-
sehn, aber so gewaltig, das niemands gnug erlangen kan.
4,51'; darumb thut s. Paulus so eine herliche predigt hie
von, und machets so grosz, als künde ers nicht gnugsam
mit Worten erlangen. 6,354'; das ist eine kurze predigt, aber
so reich und weit, das sie niemand auf erden erlangen, noch
ewiglich auslernen kan. 6,287'; denn welches herze oder
zunge wil das erlangen , was süszes trosts sei in diesen
Worten? 6,291"; man kan seine grosze bubenstückc nicht
erlangen noch ausreden, tischreden 241*. diese bedeutung ist
später erloschen.
6) inlr. erlangen, sufficere, liinreichen, langen: wo in (eis)
aber brennen nit erlangen mag, da brachen sie Venediger
süpiin. Schade sat. und pasq. 3, 169.
7) das mhd. unjxrsOnliche 'mich erlanget' in seinen beiden
bcdeutungen 'mich langweilt', fastidU me, und 'niicÄ verlangt',
capU me desiderinm {wb. 1, 933') begegnen nicht mehr, bei Atrer
404' ist eine undeutliche stelle:
Philippe, weils die weg erlangt,
zu reden widcrumli anfangt,
weil die sarhe einen solchen weg mler verlauf nimmt.
EHLÄNGKN, 1) longius facere, rlongare, fnvducere, in die
Idnge ziehen: aber ich erkenne, das es verdriesziich ist die
Wort zu erlengen. Rbalnscuwkig chir. 40;
sind durch erlSngte glut sehr Jftmraerlich verzehrt.
Opitz 4,337;
dasz man gewisse flick und scballwöiter einschiebt, um eine
sonst tüchtige und wirksame rede, man neisz nicht warum,
zu erlangen. GOthe 49, 150.
2) refl. sich erlangen :
wer dann maini, «las sich erlengt
sein leben, ob im wiri vcrlicngt
nach seinem tod ain lobnng brait u,$.w. Scrwarirki. 150,1;
zum kreuz erweitert sirh das wachsend« gAbkiide,
da« »chlf erlangt, crbobl sich zu der Klanbigen rrcudo.
ÜoriiR iLsiK*!.
KltI,\NGER, m. irnj^elralor, pailnr, der rtwas erlangt, rririrbl.
Mli v\(;Htril. ••■ .l:;n,ii,.,, jiroluhl'ir, vnliingercr.
889
EKLÄNGERN — ERLASSEN
ERLASSUNG— ERLAUR
890
ERLÄ.NGERN, 1) tcas erlangen, verlängern : erlengern, er-
strecken, prolongare. roc. theut. 14S2 gs'; erlengern und er-
strecken denselben (reichstag) hieniil in kraft und verniüg
römischer keiserlicher majestat habenden gewalt. reichsabschied
zu Augsburg 1525 eingangs; darnoch sin grosze gutigkeit und
langinütigkeit, das er so lang schwigt, dir din leben erlen-
gert. Keisersbebg bilger 3S*; zu desselbigen zeit gieng die
sonne wider zurücke und er erlengert dem könige das leben.
Sir. 48, 26 ; bis sie (die fasten, vorher vier icochen lang) zuletzt
erlengert ist auf vierzig tage. Ldtheb 5,406'; den handel
erlengern. Ringwald laut, warheil 272; dardurch dieser pro-
cess umb ein ganzen gerichtstermin erlangert worden. Ayrer
fTOC. 1, 11 ; einem den tag des todes erlängern. Stei.nb. 1, 971 ;
des lebens last erlängeren. Weckherlin 778;
dir aber, jüngrer söhn, du einziger der deinen,
in dem sie schauen an, nicht aber ohne weinen,
des selgen brudern geist, erlängre gott dein ziel,
und setz an deine zeit, was der zu frühe fiel.
Fleming 137.
2) augere, copiosius reddere : ein nössel hier zum tischlrunk
erlängerte sie jederzeit mit kofent. pol. colica 44.
3) sermonem producere, continuare: es geht mir, erlängerte
Floridan, wie allen Sängern. Birken Guelßs 136.
4) sich erlängern: wenn aber das bein hineinwerts aus-
gewichen, dieweil sich nemblich die sehnadern erlangert, oder
das pferd sonst einen schaden bekommen. Uffenbach 2, 231.
ERLÄNGERUNG, f. elongatio, productio.
ERLANGUNG, f. acquisitio, consecutio: erlangung, überkom-
nus. Maaler 113° ; die erlangung eines amtes. Rabener 4, 36.
ERLANGUNG, f. icas erlängerung: erlangung der stoUen.
Humboldt gasarlen 206.
ERLASSEN, dimillere, remitiere, goth. uslfitan, ahd. arläjan,
irläjan, mhd. erlajen, erlän, alts. älatan, ags. älaetan.
1) einen erlassen, los, frei lassen, entlassen: du wollest alle
gefangene , hungerige , dürstige , nackete, elende, w idwen,
waisen, kranke und betrübte menschen gnediglich trösten
und erlassen. Luther 1, 328'; den folgenden samstag , . .
wurden wir viere wider für rath erfordert . . . waren also
diszmal wider erlassen. Philander 2, 913 ; die gefangene fürsten
in frieden erlassen. Hahn hist. 2, 131. 143 ; dies ist der erste
herzog, welchen der kaiser in Westphalen bestellt hat, und
der wegen der furtwährenden einbrüche jener nordischen
Völker nicht wieder erlassen werden konnte. Moser 1,311;
ich fahr ihnen alle tag durch den sinn, sag ihnen die bit-
tersten Wahrheiten, dasz sie mein müde werden und mich
erlassen sollen. Göthe 8, 146.
2) einen eines dinges erlassen, exsokere aliquem aliquo:
mhd. ich erläje iuch aller arbeit. Iw. 4662;
bedenke dichs bezite, er erlät dich sin nihL Nib. 400, 4;
sinen gast des namn er niht erliej. Part. 170, 6;
done wolt in Gahmuretes art
denkens niht erläjen
nach der schoenen Liäjen. 179, 25;
und noch in vielen stellen mehr {wb. 1, 950*). nhd. sprach, er
wülte sie hinfort eines solchen erlassen. Bocc. 1,147"; wo
aber m. Paulus auf besserung willens wäre bei inen zu bleiben
und e. f. gn. oder die stad Stettin von der stad Lüneburg
zu erlangen wüsten, das sie m. Paulum seiner zusage er-
lieszen, wäre es uns gar nicht entgegen. Luthers br. 5, 62 ;
dem rector was unmuglich die wasser zu behalten, also zocb
er das ah und erliesz in des messens. Eulensp. hiä. 28 ; einen
eines eids gütigklich erlassen, facere gratiam jusjurandi; er
hat verdient dasz er ietz seines diensts erlassen ist und frei
gesetzt, rudern meruU; frei, ledig und aller gmeiner beschwärd
erlassen sein, immunitatem habere. Maaler 113'; der seiner
gefängnus bald erlassen ward. .Micrälids 2, 291 ; o Schöpfer
der weit, erlasz mich meiner Sünden ! pers. baumg. 4, 4 ; die
unterlhanen ihres eides erlassen. Hahn 3,65.
3) einem etwas erlassen, remitiere alicui aliquid: wenn einer
seinem nehesten etwas borget, der sols im erlassen. 5 Mos.
15, 2 ; von einem frembden niagstu es einmanen, aber dem
der dein bruder ist, soitu es erlassen. 15,3; wo ist solch
ein gott wie du bist? der die sünde vergibt und erlesset die
misscthat. Micha 7,18; diese ewer trewe wollen wir vergel-
ten und euch viel bürden erlassen. 1 Macc. 10,28; und er-
lasz itzt allen jüden den schosz, den zins vom salz u. s. w.
10, 29 ; den amptleuten zu schreiben, das sie euch erlassen
alle last. 13, 37; dunimb erlasz ich dir alles, so dir die
könige zuvor erlassen haben. 15, 5 ; da jamert den herrn des
selbigen knecbts und liesz in los und die schuld erliesz er
im auch (altd. thia sculd forliej imo). Mallh. is, 27 ; du schalk-
knecht, alle diese schuld habe ich dir erlassen, die weil du
mich batest {alid. alla sculd forlie^ thir, wanta thü mih bätil.
18, 32 ; welchen ir die sünde erlassen, den sind sie erlassen.
Juh. 20, 23 ; alle strafe sei ihm erlassen.
3') committere, überlassen: man konte sich nicht enibreehen,
das buch dem churfürsten zu erlassen. Bodmers vorr. zu den
proben $. ix.
4) erlassen, edicere, emiUere: ein gesetz, einen befehl erlassen,
ausgehen, ergehen lassen; eine verkehrte Verordnung, Vorschrift
ist erlassen worden; ein schreiben erlassen, ideras miltere;
in meinem zuletzt erlassenen [nemlich brief) ; so zweifeln wir
nicht, er werde die aufforderung, die wir zunächst an ihn
erlassen, freundlich aufnehmen. Göthe 46, 332.
5) eine naht am kleid erlassen, außassen, düatare. die
seitenwehr der mutter erlassen und eröffenen. Garg. 104'.
6) refl. sich erlassen,
a) sich eines erlassen, von etwas ablassen, etwas unterlassen :
du must dich aller zeitlicher ergetzlichkeit erlassen. Keisers-
bebg has im pf.
b) nachlassen, loslassen : die senn erliesz sich (gab nach).
Garg. 108'.
ERLASSUNG, f.
1) frälassung, entlassung, abschied: erlassung der leibeigen-
schaft, manumissio ; wann sich nun die ergetzlichkeit in das
gesiebt schicket, reicht es folgends einwerts zum herzen,
welches alsdann von fürtreflicher fi^eud inwendig gar zer-
löset, ein oifentliche erlassung des lebhaften geistes verur-
sachet. Garj. 127'; der Uhrmacher hält umb seinen abscheid
an: der könig aber, weil er ihn nicht gerne missen wolle,
erbeut sich ihm, so ferne er noch zwei jähr bleiben wolt,
400 reichstbaler zu verehren, der Uhrmacher aber liesz,
solch anerbieten ungeachtet, umb erlassung ferner anhalten.
pers. reiseb. 4,42; Lotharius behielte Godfried in arrest, ob
er gleich wegen seiner erlassung mit ihm handelte. Hahs
2, 140 ; dieses jähr aber werde ich euch zu der erlassung aus
der schule und würdigen aufnehmung unter die zahl der
Studenten zubereiten. Leipz. avant. l, 72.
2) remissio: und schicket boten zu dem könige Demetrio
und bat umb erlassung der last, die im Tiyphon aufgelegt
hatte. iMacc. 13,34;
wünscht der fremdling ihr geduld
und erlassung ihrer schuld. Stolberg 1, 170;
ich aber künde dir, kraft der gewalt,
die mir verliehen ist zu lösen und zu binden,
erlassung an von allen deinen sünden. Schiller 443';
wenn der staatsrath seine indulgenzen, freibriefe und erlas-
sungen einschränkte. Sio'.
3) emissio: die erlassung dieses gesetzes blieb noch bean-
standet.
ERLASZ, m. gebildet wie ablasz, auslasz, naclüasz, unter-
lasz. 1) remisäo: thut das böse als Ihäte er recht, und sün-
digt ohne erlasz. Klingeb 6, 184 ; die einwohner haben er-
lasz der Steuer bekommen; erlasz aller sünde.
2) dimissio, entlassung: leibeigne dürfen ohne erlasz nicht
aus den gerichten ziehen.
3) emissio, edictum: als er mir den zweiten brieflichen er-
lasz vorlesen wollte. Götbe 30, 230.
ERLASZBAR, quod dimitti, remitti, emitii polest: erlaszbare
Sünde, erlaszbares gesetz.
ERLASZGEBÜHR, f.
ERLASZJAHR, n. annus remissionis, Jubeljahr, halljahr: über
sieben jar soItu ein erlaszjar halten. 5 Mos. 15, 1 ; unter jedem
regierenden genie in der philosuphie und in der dichtkunst
tritt gleichsam ein erlaszjahr {braclijaiir) ein, wo nicht ge-
säet werden durfte und die freie ernte den sclaven, armen
und thoren gehörte. J. P. anh. zu Tit. 1, 102.
EßL.\SZLICH, wie erlaszbar, verzeihlich: erläszliche sünde,
laszsünde, gegenüber der lodsünde;
0 balsamische nachte Neapels! erläszlich scheints,
wenn auf kurze minuton das schwelgende herz um euch
seihst sanct Peter vergiszt und das göttliche pantheon !
Platen 121".
vgl. unerläszlich.
ERLASZRECHT, n.
ERLASZSfHEIN, m.
ERLASZVERTHAG, m.
ERLAUB, wi. i-enja, ein gutes worf, besser als erlaubnis, und
gebildet wie verlaub, urlaub (die man beide vergleiche) : und obs
891
ERLAUBEN — ERLAUBNIS
ERLAUBT— ERLAUEBN
892
uns die concilia und menschen hinfiirt erlaubten und zu-
lieszen, so wollen wir ir erlaub nicht haben und umb irs
zulassens willen nichts weder thun noch lassen. Luther 2,215";
on ewer erlaub, ja wider ewern willen. 5,327"; mit meinem
rath und erlaub, br. 3, 83 ;
dasz gott dem Noe hat erlaub gethan zu essen
was irgcnds wird durch see, durch laiid und luft gesucht.
Opitz Hugo Grotius p. 3S5 ;
aur bofnung zum erlaub, was nimmer noch erlaubt.
LocAU 2, 66 ;
baten ganz demütig um erlaub, gespensl 250;
und, mit erlaub zu sagen,
die Schweine selbst wehklagen. Voss 6, 120.
ERLAUBEN, concedere, permUtere, lassen, zulassen, gestalten,
bei Luther und Opitz erleuben, goth. uslaubjan, aM. arloupan,
mhd, erlouben, ags. äl^fan, von der würzet unter glauben : und
da sie die knechte in das gemach füren wollen, bat sie,
das man ir erleubete abends und morgens heraus zu gehen
und ir gebet zu thun. Judith 12,5; das er im erleubl frei
zu gehen, wo er hin weit. Tob. 1,14; erleubet im gold zu
tisch zu brauchen, i Macc. 11,58; erleube mir, das ich hin
gehe und zuvor meinen vatcr begrabe (cdid. Kiz, mih er faran
inti bigraban minaa fater, golh. uslaubei niis frumisl galei|)an
jah galilhan altan meinana). Maltli. 8, 21. Luc. 9, 59 ; wiltu
uns austreiben, so erleube uns in die herd sew zu faren
{ahd. senti unsih in tha; cutli therö suinö, golh. uslaubei
uns galcij)an in J)6 hairda sveiiie). Matlh. 8, 31 ; aber erleube mir
zuvor, das ich einen abscheid mache mit denen, die in mei-
nem hause sind (i|) faur|)is uslaubei mis andqij)an })aim,
{laiei sind in garda meinamma). Luc. 9, 61 ; und Pilatus erleubet
es. Joh. 19, 38; bäte ich meinen herrn, dasz er mir gen
Jagsthausen {zu gelwn) erlauben wolle. Götz von Bebl. lebermb.
25; als Antiochus dem kriegsvolk die statt erlaubt, haben
sie alles, jung und alt, angefallen. Reiszner kr. 2,54"; nit
weiter erlauben dann ein halbe stund, in semikorae cuni-
culum cogere. Maaler 114*;
die götter wollen euch, doch so zu ziehn erleuben,
dasz nur die jungrrau musz Achilles oprer bleiben.
Opitz 1, ■222;
ach dasz doch die natur nicht wollen mir erleuben
ein iiebliches geticht, als Naso thät, zu schreiben. 2, 33;
ob ihm (dem Zobtenberg) sein haupt bchülli mit einer feuchten
hauben
und ob er mir voran zu sagen woll erlauben
'ein regen zeucht herauf!' Logau 1, 193
keinem wörtlein er erlaubet (sich hervor zu wagen).
Spkk Irutzn. 282;
erlaubst du mir dein angesicht,
so fühl ich die Verdammnis nicht. Gönther 16;
erlaube mir die lust, dich itzo recht zu sehn.
Hacbdor!« 2, 119;
der weise giue Nathan hätte sich
erlaubt, die stimme der natur so zu
verfälschen? Lessing 2, 295;
erlaubst du wol dir ein geschichtchen zu
erzählen? 2,276;
io ansehung dieser Wirklichkeit ist die fabcl keiner Verschie-
denheit fähig, wol aber in ansehung ihrer müglichkeit, welche
iacc.) sie (nom.) veränderlich zu sein erlaubt. 5,401; wenn
er {Wieland) sich der manigfalligkcil seiner empfindungen,
der beweglichkeil seiner gedankcn überliesz, keinem einzel-
nen cindruck herschaft über sich erlauben wollte, so zeigte
er eben dadurch die festigkeit und Sicherheit seines sinnes.
GOtbb 32,258;
erlaube (dulde) mich auf deiner bahn,
und schatzgewulbe füll ich an. 41, 216.
er erlaubt sich viel, nimnU sich viel heraus, früher auch, er-
lauben, dimiltere, beurlauben, abdanken, entlassen: kriegsleiite,
•jfarrherren erlauben. Frisch 1, 584'. bare Iwpifhketlsformel
ist erlaube mir. erlauben sie, pcrmettez.
ERLAUBLICH, conc4;ssus, zulässig, «nrerwefcrt, mhd. erloup-
lich. »6. 1,1017': es iit in rechten nicht crlaublich. Stieler
lOSO. erlaublich sündigen, impune ]>eccare. das.
ERLAUBNIS, f. venia, licenlia: on mein erlaubnus, injussu
tTuv). Maaler in'; ohn erlaubnus und verhengmis. rnchsaiisch.
tun 1501 §. 15; venia abeundi, commcalus, coni/r. urlauh. Stieler
1080; erlanbnua erlangen, impetrare veniatn .
Ihr »eid »ehr kfihn, mjlonl.
hier wider die erlauhni* elnzustOrmeii. .ScinLi.ER 43t';
einige glieder icn ütadtraths verHprachcn ihm gleich die er-
laubnit, einige zeit im orte zu spielen. GOtbb 18, 335; genug,
beim scheiden bat ich mir die erlaubnis aus, ihn bei sich zu
sehen. 25,297. dieser ausdruck (wie sp. f>s3 orkühni^n) empfangt
noch Steigerung durch beigefügtes 'dürfen': zunächst sollst du um-
ständlich erfahren, wie ich die erlaubnis, an bestimmten orten
mich länger aufhallen zu dürfen benutzt habe. 22,211; von
dieser sorge befreite mich mein freund, der sich für uns die
erlaubnis erbat, sogleich abschied nehmen zu dürfen. 20, 5,
vgl. nur erbat ich mir, in der äuszeren galerie bleiben zu
dürfen, auch Klinger 5,112: bat um die erlaubnis sich an-
schlieszen zu dürfen, dürfen heiszl an sich schon die erlaub-
nis haben (2, 1728, i»). nach erlaubnis der rede. J. P. acsth.
2,175 will sagen: je nachdem es die rede gestattet, hößicli: mit
erlaubnis, mit deiner erlaubnis, avec permission, avec votre
permissioii ; mit erlaubnis zu sagen, parenthetisch.
ERLAUBT, lic'dus, concessus: das erlaubte und unerlaubte
bedeutet dasjenige, was mit einer blosz möglichen practi-
schcn Vorschrift in einstimmung oder widerstreit ist, ptlicht
und das pflichtwidrige, was in solcher beziehung auf ein in
der Vernunft überhaupt wirklich liegendes gesctz steht, und
dieser unterschied der bcdeutung ist auch dem gemeinen
Sprachgebrauch nicht ganz fremd. Kant 4, lOG ; erlaubt ist
eine handlung, die der Verbindlichkeit nicht entgegen ist.
5, 22; eine handlung, die weder geboten noch verboten ist, ist
blosz erlaubt. 5,23; ein erlaubtes oder unerlaubtes vergnügen ;
der zehn jähr ein mfiUer war, diesem dasz den beutet steuht
der, der ihm die mülc licsz, scheint gar biliich und ericubt.
LocAU 2, 181, 36;
weist du, dasz dich die acht verfolgt, dasz du
dem freund verboten und dem feind erlaubt? Schiller 551';
wenn aber ew. excellenz mir die erlaubteste gnade erzeigen
will, so mache ich ihnen gern damit ein reines geschenk.
Göthe 35,273. man sagt: es ist nicht erlaubt {überschreitet
das masz), wie du dich heute beträgst; es war nicht erlaubt,
wie oft das alberne und abgeschmackte aufmerksamkeit und
beifall auf sich zog. Göthe 19,19.
ERLAUBUNG, f. was erlaubnis: nach verendung der Wer-
bung und mit erlaubung Reinharts und seiner brüder ant-
wort er. Aimon t4'; er hette denn des {dazu) meines gne-
digsten herrn erlaubung. Luther 4,374"; aus ansehen und
mit erlaubung der h. r. kirrhen. bienenk. 34"; bittend hiemit
ganz freundlich, uns mit erlaubung disen frewden bei zu
wohnen zu begünstigen. Weckherlin 85t.
ERLAUCHT, was erleuchtet, hehr, illustris, cebus, in der ge-
kürzten form mit dem alten rückumlaut, wie durchlaucht für
durchleuchtet, der mensch:
herscht über alles, von der hohen Geisz (eines Uarzbcrg'es)
erlauchten tanne bis zum graseshalni,
vom elephanlen bis zum nit-dern wurm,
den zu gewahren menschenblick zu kurz
fünf ganzer millionen male reicht!
Kl. Schmidt poe(. br. 90;
erlauchte bettler hab ich gekannt,
künstler und Philosophen genannt. Göthe 4, 331 ;
als hätte der Olymp sich aufgethan
und die gestalten der erlauchten vorweit
zum schrecken Ilions herabgesendci. 9,44;
der graf liesz so aiiszerordeutliche kenntnisse sehen, dasz
alle in der grö.<zten demuth vor so einem erleuchtelcn ken-
ner und erlauchten beschützer standen. 18, 239 {wo beide
formen in der eigentliclien und abgeleiteten bedeulung nWxrwein-
ander verwandt sind); erlauchter gegner aller vulcanität (rtrd
der bergrath Lenz angeredti). 47,117;
die aller weit zu heil und lohn
geboren den erlauchten söhn. Tlaten 60;
erlauchte thateii begleite stets des Sängers wort. 134.
ERLAUCHT, /". ein titel, gehngrr als durchlaucht, für grafen
und kleine fürsten.
ERLAUEN, tqiere, lau sein, nacMassen, eessare, mhd. erlAwen,
tepefacere (wb. 1, 92l'), bei Maaler 314" erlauwen, deferrrscere : die
gemüt erlauwend, mentes tepescunt ; der ernst und einbrunsl
der leute ist erlaiiwtt underlägen, studia hominum defcrhuere ;
iloch jot/t dem graft-n nach,
der nicht erlaiit im ungextuinen brande,
in cui iion ces.ta rinipelD « la rabbia. Grir» .Ir. 29, 07.
ERLAUERN, aucujxtri. erspdhen :
ntir da» er möchl »oleh gnnd erlnuren.
ScHADK nU. und pntq. 2, 223;
es gicnge eine gtilc »eil hin, che er diese {grlegenheü) er-
lauem konte. Salinde 23;
893 ERLAUFEN— ERLAUSEN
ja ja, da ist erl ich vermags nicht läneer
mit leisem tritt um dieses haus zu schleichen,
den günstgen augenblicli verstohlen zu
erlauern. Schiller 3S3' ;
was soll ich noch der menschen gunst erlauern?
Plaie:« 103;
im hohlweg kann man ihn bequem erlauern. TrEcx 3, 414.
ERLAUFEN, 1) currendo assequi, mhd. erloufen:
sus sei man si {die Swlde) erloufen
mit gröjem kumber erkouren. Gregor 1533;
er erlief in {den baren) mit dem swgrte. Nib. 903, 3;
nhd. wo er ein gülden damit meinet zu erlaufen. Lcther
4,398"; wollen im etliche krieger Erfurt erlaufen. 8, 4l'; was
man nicht erlaufen kann, das kann man zuletzt erschleichen.
br. 5, 331 ; dis volk ist so schnell, das sie wie die hund das
wild erlaufen und feilen. Fra>k tceltb. 13'; einen zeitigen
dieb erlauft ein hinkender scherg. kl. iceise reden 27*; einen
auf dem wäg erlaufen oder ereilen. Maaler 113*;
und ob er {der hund) gleich ein wild erlief,
so hatt er da kein zän im maul,
den hasen kund er nit behalten. Albkrüs 47';
und lasz dich keinen mann erlaufen,
ihm zu gefallen dich voll zu saufen.
Rr^GWALD laut, varheil 80;
die fuhrknecht mögen nit reuter erlaufen. Frossperg 1,67*;
derhalben er in zween tagen vier tagreis erloffen. Taciüs bei
Fronsp. 2, 260' ; ob ich nun bei den meinsten hiermit nicht
so groszen dank erlaufen werde, schadet nichts. Kirchhof
mil. diso. 229; keren widenimb zum meer mit so groszer
schnelle, dasz sie von niemand mögen erlaufen werden.
Forer 123';
und wer grosier herm gnad erlauft,
ihm selbst gefahr mit gefahr erkauft. Äther 411*;
er schnaufte wie ein beer, oder wenn er ein hasen erloffen
hätte. Simpl. K. 849;
ich schelte nicht das titelkaufen.
es würde für denselben preis
das amt der dummkopf leicht erlaufen,
der jetzt sich zu bescheiden weisz. Bürger 112*;
doch wie lang wirst du noch leben,
wenn du das erlaufen hast? Göki^ck 2, 54;
vergeblich suchte er und der junge Schneider den voraus-
pehetzten seelenhirlen zu erlaufen. J. P. ffe.<p. 3, 43 ; ob nicht
die körperliche glückseligkeit Borgia besser als Sokrates er-
läuft? teuf. pap. l, löi ; wir wollen hinter Zausen {dem belller)
her sein, auszerordentlich musz er laufen, wenn ihn hungert,
um nur ein dorf zu erlaufen, biogr. bei. 1. 180.
2) intr. praelerire, verlaufen: wann die selb zeit verschinen
und erlaufen ist. Melanchthon anueisung in die h. sehr, deutsch
ran Spalati:<üs 1523 6/. 149. sich erlaufen und ergangen
haben, veislh. 3, 596.
ERLAUSCHEN, auribus arreclis aucupari:
wir wollen ihn erlauschen fein. Atrer 379';
ich wollt im dunkeln, was es war, erlauschen.
RccKERT ges. ged. i, 173;
lehrte uns, dasz man sich selbst eigentlich nur in der thätig-
keit zu beobachten und zu erlauschen im stände sei. Göthe
20, 212.
ERLAUSEN, i) Uberart pediculis und dann überliaupl reinigen,
putzen :
dort niden an dem Rheine,
da ist ein berg bekant,
der tregt den guten weine
Ffirstenberger eenant.
gro ist sein färb vom garten,
darin er wachsen thut,
er darf des mans wol warten,
erbuizen im den hut,
darzu den köpf erlausen,
umb kein gibt er nit vil,
das him macht er sausen
dem, der in trotzen wil. Garg. 50* ;
dann wie könnt er in minderer zeit ein solchen herculischen
groszen hetzen zimmeren, der die ganz weit von Scheusalen,
meer und hcerwundcrn und Wüterichen erseubert, erläuteret,
erlansct und spinnenweppet? 78*.
2) inir. occupari a pediculis : die mistfaulen tagdiebe, welche
sich oft unter den Soldaten befinden, und sich viel lieber
und ehender erlausen, erslinken imd verderben lassen, ehe
sie sich einmal selbst zu säubern und zu reinigen begehren.
Stmpl. K. 337.
ERLAUSTERN — ERLEREN
894
ERL.\USTERN, tros erlauschen, erlauem:
statliche und subtile hasen
die ligen hie heimlich im rasen,
sind nasenweise, schleichen sacht
umbs netz herumb, nim ja wol acht.
mit fleisz man sie gar schnell ergattert,
wenn man nur hört und nicht vil schnattert,
so werden sie erlaustert fein,
vil sanfter als ein wildes schwein.
rennplatz der hasen mit der leinutangen.
Erfurt 1594 B2».
ERLALTEN, resonare, erschallen, ertönen, mhd. erlftten :
dö erlüte sä zehant
vil lüte daj gehünde, swa; es den bem sach. Nib. S99, 2;
mit kraft begunde rüefen der ritter üj erkom,
da; sin stimme erlüte alsam ein wisntes hörn. 1924, 2;
uhd. also die schar ein schrien thet
darvon die wasser gaben ton,
die lüfl erlutent auch darvon.
Mursers Aeneis. Straszb. 1515, 175*;
aus diesen und vil merern anzeigungen gib ich dieser ge-
schieht, wie die erlautet {verlautet), dester mehr glauben.
Aiman vorr. a3'; wes vor gericht erlut und beslossen ist.
iveisth. 2, 226. heute ungebräuchlich.
ERLÄUTERN, illustrare, explanare, erhellen, klar machen,
ahd. irHutaran (Graff 4, 1108), mhd. erliutera («-6. 1, 1059*) :
dieser saft in die äugen gethan, erläutert und erkläret das
dunkel gesiebt. Taberxaemomanüs s. 125 ; wann der luft nach
dem regen, so er wol erwaschen und erläutert wird, on allen
gestank, fäulung . . . sich hell und klar erzeiget. Sebiz s. 5 ;
mehr um die darin vorkommenden stellen zu erläutern als
zu erklären, mehr bei dieser gelegenheit etwas zu sagen, als
durch seine auslegung die zuhörer dem geist des dichters
näher zu bringen. Göthe 46,25; so frei, wol und erläutert
war mir. Tieck ges. nov. 3, 69.
ERLÄUTERER, m. exjAanator.
ERLÄUTERUNG, illustratio, aufhellung: und als Longinus
dein seit geöfnet, darvon im dein gebenedeit blut in sein
äugen flösse und dardurch erleuterung seines gesichts be-
fand. Aimon nl*; erläuterung einer sache geben; es erfolgt
nun nähere, ausführliche erläuterung.
ERLE, f. alnus, eller, vorüber schon oben sp. 416, die Um-
stellung von erila in elira, ags. alor, elor, ine goth. vairilö, ags.
velor, mahnt an 'EqovXoi, und 'EXovqoi [GDS. 470) und es
liesze sich alts. er!, ags. eorl, alln. iarl, vir nobilis, heran:äehen,
da die ahd. eigennamen Erlwin, Erlulf vom bäum auf den mann
leiten, me Ascwin, Äscvin ron der esche auf Askr. doch für
golh. airilü und airils mangelt aller beweis, man sagt: wenn
die erlen spitzen wie die mäuseöhrlein, säe gerste, wenn ihre
triebe sind wie die sauohren, ist es zu spät ; erlen, die gern
am wasser wachst, alnus amica fretis. Ma.uer 114', den dicliiern
erscheint die erle gern am iciesenbach:
nu aber bin ich auch ein kerl, ,
der was im dorfe gilt,
gewachsen wie im husch die erl,
rasch wie im husch aas wild. Bcrwas!« ged. 118;
Zugluft heiszt die kühlung, die sanft durch erlen des ufers
athmet, und kaum ein band mir bewegt? Luise 1, 299;
ihm, des liebe so hoch mir stündlich emporwächst,
als im erneuetcn lenz die grünende erle sich aufschwingt,
(quantum vere novo viridis se subicit alnus).
Virgils ecloge 10, 74 von Voss.
ERLEBACH, m. benennung vieler dörfer. Förstema.ns 2, 99.
5. erlenbach.
ERLERAUM, m. alnus. Dastpodics 321'.
ERLEBEN, diem videre. leben ist zwar eigentlich ein in-
transitives wort, zu dem aber auch der acc. treten kann: ein
leben leben, vitam vivere, ^ojtjv ^^r, ßiorov t,^: unser
heutiges erleben drückte viellncht schon der Golhe aus durch
galiban, es fehlt nur an einem beispiel. altd.
nu frewen sih fs allö, so wer so wola wollfi
ioh so wer si hold in muate Frankonö thiote,
tha; wir Kriste sungun in unser» zungün,
ioh wir ouh thaz gileb£iun, in frenkisgon nan lobötun.
0. I. 1, 126,
dasz icir erlebt haben seinen preis in fränkischer spräche erschallen
zu lassen, gilehßn ist ein nachdrückliches erleben gegenüber dem
blossen leben, nicht anders mhd. geleben:
wie chüme £; Jacob gelebete,
da; deu wibe wart getan. Diexer 23, 17;
unde l&t dich #; gol geloben. 25, U;
got w^lle daj ich; nibt gelobe. Iw. 4490;
67,a gelobte nie kein man
deheinen liebern tac. 7498;
895
ERLEBEN — ERLECHEN
ERLECIIERN — ERLEDIGEN
896
done gelebte nie so lieben tac
Gramoflanz. l'nrz. 120, 20;
und dies gel eben hat vielleicht M aaler 165' : er bat noch ge-
labt, wie ich ein junger gi'sell was, usque ad adolescentiam
meam processit aetatc ; die gclübten tag, ante acta vila, obschon
man auch participia von leben annehmen kann, 113' gibt er
erlaben : er bat den leisten tag erJUbt oder ist gestorben, stipre-
mum diem explevit; er hat sein zeit erlabt, exacta aelale est;
wir habend das erl.lbt, vivi pervenimus illuc. sclion Merswin
147 : bi sinem erlebende, bei seinem leben. Luther, und
seit ihm andere, brauchen iMußg erleben : des morgens wirstu
sagen, ah, das ich den abend erleben möchte {vulg. mane
dices, quis mihi det vesperum?). 5 Mos. 28,07; meine tage
sind schneller gewesen denn ein laufer, sie sind geflohen
und haben nichts guts erlebt. Hiob 9, 25; wo viel gott-
losen sind, da sind viel sünde, aber die gerechten wer-
den iren fal erleben, spr. Sal. 29,10; wir habens erlanget,
wir habens erlebt (vulg. invenimus, vidimus, wie man engl,
für erleben sagt live to seel. klagl. Jcr. 2,16; wer erlebet,
das er seine feinde untergehen sihet. Sir. 25,10; wer sein
kind lieb hat, der hell es stets unter der ruten, das er her-
nach freude an im erlebe. 30, 1. in diesen bibclstellcn gibt der
nnl. und nd. texl afleven orfer beleven. wir sagen : er hat
das siebenzigste jähr erlebt; sie hat fünfzig enkel erlebt;
was läszt uns gott für eine zeit erleben ! ; was man nicht
alles erlebt I; wenn ich es nur nicht erlebe, st modo non
me rivente ßt; gelinde eitern erleben ungerathne kinder; sol-
ches leid, solche schmach musz ich an meinem eignen kinde
erleben I ; an etwas freude erleben {gaudiutn vivere) ; das hoffe
ich noch zu erleben; ich wil erleben, dasz der das haus
so! von auszen ansehen {das haus räumen), kl. weise reden 157';
wills noch erleben (sehen) dasz er sichs verbittet. Lkssihg 2, 333 ;
und ob du gleich lang lebest noch,
erlebest du viel Unglücks doch. II. Sachs I, 373*;
Amynt, mein arrt, erleb ich das an dir? Gotter 1, 256;
doch der vater fuhr auf und sprach die zornigen worle:
weni^ freud erleb ich an dir. Göthk 40, 250 ;
als Ottilic sich freute, dasz die pfropfreiser diesep frühjahrs
alle so gar schön gekommen, erwiderte der gürtner be-
denklich, ich wünsche nur, dasz der gute herr viel freude
daran erleben möge. 17,180; ein schönes haus fiel ihm in
die äugen, wie er auf seiner ganzen Wanderschaft von Tutt-
lingen bis nach Amsterdam noch keines erlebt (gesehen) hatte.
Hekel schalzk. m ; Suwarow, der es wol verdient hätte einen
hochsinnigern und dankbarem gebieter zu erleben. Beckers
weltg. 13, 34t ; wie schön ist so etwas gemahlf, wie viel schöner
erlebt. J. P. Tit. 1,12; Karl spielte so leicht vom blatte,
dasz er mehr hinein als heraus spielte und vieles immer
selber setzte, indes Albano mit fast komischer treue in der
musik ebensosehr die Wahrheit wieder gab als in jeder ge-
schichte, die immer in Karls munde wieder eine erlebte. 3, 35.
2) erleben, überleben, superare vüa:
vil veter habn ir sün erlebet. H. Sachs I, 372*.
vgl. erlebt, abieben, überleben, verleben.
ERLEBNIS, n. was man erlebt, erfaltrung: wenn wir ein
solches erlebnis vor augcn haben. Tieck nov. kr. 4,342; was
aber das jähr 54 gebracht, des sind wir noch allzusehr
im erlebnis, als dasz davon zu reden nötbig. Leoprecbting
Lechrain 37.
ERLEBT, 1) decrepitus, scnectute confectus, verlebt, abgelebt:
so ist er ein alter erlebter man, ob achtzig jaren alt, hats
nit vcrzcrt soihe grosze summa. Cumels Maximilian s. 447 ;
dann wie under einer zeitigen grünen weinboer und einer
dürren ein undcrscheid, also unter einem jungen und alten
erlebten mann. Frans «pricAir. 2, 55'; alte, erlebte leul. Frons-
PERC kriegsb. 1,23'. 3,16'; etlicher sehr aller erlebter hcrrn
wurde ich da gewahr. Philander 1, 153. man sagt auch all-
erlebt, altverlebt. Schneller 2, 412.
2) erlcbl, erfaliren: erlebtes leid, erlebtes glück;
entfemt de» Vorwurf« f(U'ihend bittre pfeile,
«ein itinret reinigt von erlebtem graua. GOthi 41, 4.
ERLEBI;NG. f. was erlebnis:
Oieizo mir letzt ein rieselnder bach in den «trom dei gesanges,
den vollendend ich der erlebuogen sclignte frihlie.
Itetüas 1«, 212.
ERLECIIE.N, siecesc^rt, euimtl'uh effluere, humorem non ron-
tinere, mhd. erlcchen, crlarh, part. erlL'chcn und erlorhen,
wie bri-chrii, bracli, gebrochen für gcbrfichen, goth. brikan,
brak, brikans oder brukans. die partidpia auf 6 und o werden
^twktcn durch
so stäslu erlechen als ein krfi. fragm. 16*
siner minne ist er vil gar erlochen. Neidhart xxvii, 5,
altn. Ji-ka lak hat im part. li-kinn. nhd. beleg des seltnen worls
geteährt nur des Alberus erlech assiccesco, was mhd. wäre erliclic.
ERLECHERN, frequentatifum des vorigen: Columbus kam
also weit und in solche hitze, dasz ihm erlecherten viel
Weinfässer und ölfässer. Münsters cosmograplue ; und bringt
den magen, der von vielem erbrechen und undäuwen er-
lechert {ertrocknet) ist, wider zurecht. Tabersaemontanls 15S8
.1. 19. zu dem schwachen, blöden und erlechlertcn (/. er-
lecherten) magen nimm bergwermut. ebenda s. 5.
ERLECHZEN, hiscere, ardenter sitire, üblichere andere forl-
bildung: Alexanders krieger waren so durstig und erlechzt,
dasz sie auf dem weg niederfielen; du solst mit schimpf
und spolt erhitzen und erlechzen. Ayrer proc. 2, 12. bair.
derlechezen. Schmeller 2, 422.
ERLEDIGEN, cxsokere, vacucfacere, liberare, los, leer, frei
machen, mhii. erledigen.
1) «11^ bloszem acc.
mhd. daj sie muose erledigen ir Hut und ir stat. Die>er 162, 12;
wand 6r an dem mäntac
manec ros erledegete dd. Er. 2615;
und vüerei mit iu iweriu kint,
die dA bic ericdcget sint. Iw. 5116;
daj ich dem süezen wihe
erledege ir gesellen. Wigal. 132, 19;
kröne, zepter und min lant
das hat erledegct iuwer bant. 230, 11;
nlid. und will all mein vermögen in zu erledigen thun. Aimon
n 5' ; des ward er nit wenig erfrew t und wusl das er erle-
digt würd. r2'; ich besorg, das Reinhart understee in zu
erledigen. r3'; und wie sie den könig Yon erledigen. r3';
kompt Reinhart in zu erledigen, r 4' ; was ganzlich der mei-
nung in zu erledigen. r5'; auf das deine lieben erledigt
werden, psalm 60,7; auf das deine lieben freunde erlediget
werden. 108,7; und erlediget viel, die zuvor unterdrückt und
gefangen waren. 1 Macc. 14, 6 ; und belagert mir mein feste
ein künig diser insel xxx tag, die erledigt ich und fieng den
künig. Frank wellb. 223'; er eilet den gefangenen zu erle-
digen. Rekszner Jer. 1,104'; in dem treffen wurde Richard
gefangen, aber auch als der graf unglücklich focht, wieder
erledigt. Hahn 5,21; wo eine schwangere frau nicht kan
erledigt werden, die nehme von der gemsenkugel in lavendel-
wasser, es hilft. Hohberg 2,627'; als königlicher Statthalter
konnte er sie drücken und erledigen. Schiller 1035'. zu
dem erledigen denkt man sidi leidil hinzu, den gefangnen vom
bände, das land vom feinde, die schwangre frau von ihrer
bürde, das ros von seinem reiter. eine sache. ein geschäft
erledigen, expedire rem, gläcbsam von der hand lassen, fertig
bringen; eine bitte, ein gesuch, ein schreiben erledigen; die
rückständigen puncte erledigen. Güthe 24, 340. ein erle-
digter thron; erledigtes amt; es ist alles erledigt, abgethan.
2) mit beigefügter praeposition :
von ime (dem välant) wart er irl§diget wol. Ulrich 878;
als lange unz wir dieselben stat und gut von in erledigen
und erlösen. nio»i/ni. 3o//crario 3, 43 (a. 1338) 3, 47 ; wenn Jesus _
dem teufel alle menschen widenimh abdringen und von ime ■
erledigen sollen. Ayrer proc. 2, 7 ; bergmänniscfi, das erz von ™
dem gebirge erledigen, das taube gestein vom erz absondern.
hat gott die kinder Israel zu im schreiende erhört, aus der
hand Pharaonis erledigt, mag er nicht noch heute die seinen
erretten? Luther 3, lll'; gott gebe, das wir zuvor, sampt
allen die uns lieb, in einem guten stündlin davon gefaren,
und mit Lot aus dem verdampten Sodom und Gomorra er-
ledigt seien. 6,153'; der vogel ist aus seinem kUlich wieder
erledigt.
3) es kann aber auch der gen. stelin: wollen genanten krisrr
der beschwerung des gefcngnis, damit er behafi, gnediglich
erledigen. Luther 3, 421'; meines diensles bin erlediget wor-
den. Schweinicues 2, 360; sie würden auf die i>.stcrn der
helügerung und alles mangels erlediget werden. KiRcunitr
wendunm. 406'; ich wollte ich wftrc ihrer erst wieder erle-
digt. TlKCK 9,183.
4) sich erledigen, los, frei machen, nach drnscHicn fuiiuiniin :
a) vermillelsl de» lochs, so der dolle fithiirich liiilict.ir
in die thür geschnitten, hatte ich mich wol erledigen kön-
nen, i^mpl. K. 211. dio Mcbc erledigt sieb leicht, tw tJtnt
weiteres fertig.
897
ERLEDIGER — ERLEGEN
ERLEGEN — ERLEICHTERN
S9S
b) will einer in die wüste predgen,
der mag sicli von sich selbst erledgen. Götbe 2,243;
eine hypothese, wodurch er sich von der traurigen nothwen-
digkeit erledigen konnte, einen menschen hassen oder Ter-
achten zu müssen. Wieland S, 246.
c) ich ergrif endlich das einzige mittel, das mir übrig
blieb, mich der albernen rolle, die ich in dieser scene spielte,
lu erledigen, ich entfloh. Wielaxd 2, 59; mit der freude
eines niannes. der sich eines drückenden geheimnisses er-
ledigt hat. 3,364;
der henog kann sich des gedränges kaum
erledigen, sie heben ihn vom pferd,
sie küssen seinen mantel, seine sporen. Schilleh 46''.
tgL entledigen.
ERLEDIGER, m. redemtur, liberator, erlöser: das leben un-
sers erledigers Jesu Christi, yümbng 1514. 4 ; herzog Ermann
{Arminius) sol von iederman genennet werden ein erlediger
teutscher nation. Atextix 1566, 127.
ERLEDIGUNG, f. 1) loslassung, freilassung des gefangnen:
gnedigster keiser, nemet ir nit darfür einig stal, schlosz oder
gelt vor crledigung? Aimon s3'; hettent ir alle meine brüder
in gefenknus und werent in willens sie zu henken, dan-
nocht umb irer erledigung willen, so geb ich euch Magis
nit. ebenda; davon hab ich den halben theil dem schult-
heiszen geschenkt, der ist mir ein guter bürg zu meiner er-
ledigung. KiRCHDOF vendunm. 274'; ich gab dem räuber zu
Tcrslehen, dasz ich von einem ganz andern stände sei, aU
mein sciavenmäsziger anzug zu erkennen gebe, und bat ihn
aufs inständigste mich nach Athen zu führen, wo er für
meine erledigung erhalten würde, was er nur fordern wollte.
Wieland 1, 46.
2) liberalio, relaxalio: es vermocht Reinharts Brann {bayart)
von schwere wegen des mülsteins die hübe des wassers nit
begreifen, da er aber das vennerkt, er schlug als fast mit
den fordern füszen bis der stein zu stücken zerbrach und
er zu berg kam, also schwam er über die Mas bis auf jen-
seit des wassers. und da er auf das land kam, er schüttet
das Wasser von ime und schrei laut, darnach lief er, als
fast er immer mocht, bis zu dem geweld Ardenicn die grosze
dicke, da keiser Carle sah, das der Braun darvon kommen
was, es bewegt in zu groszer betrübnus, also das er von
leid seiner Vernunft beinah beraubt wer worden, aber alle
fürsten waren des Braunens erledigung höchlich erfrewet.
Aimon B 2'.
3) erledigung des handeis, der sache. des Schreibens.
ERLEEREN, eracuare, ausleeren, leer machen, mhd. erlaeren:
erl.Tret was der palas,
der 6 so vol der töten was. Hage Holzm. 2429.
vhd. soll ein mensch geschickt werden zu entphohn die gnod
gotts, so musz er sich erlären von Üppigkeit, anmut und
liebe diser weit. Keisersberg posttll 3, 19.
ERLEGEN, pari, praet. von erliegen, ahd. arlegan, mhd,
erlegen, bei Maaler 113' erlägen, lassus, faul, unlustig; er ist
am wein erlügen und gestorben, immortuus est in vino; er-
lügne binle, die ietz müd sind und erlägen bonig ze machen,
emeriiae apef; erlügne henn, die sich ausgelegt hat, e/foeta
gallina ; fauler und erlügner mensch, /ri^M/HsAomo; derfeindist
uns erlegen {succitbuit) ; die ungerechte sache ist nun erlegen;
under discn reden kam ein bot auf einem falben pferd, das
war gar müd und erlegen. Aimon b 4' ; gleich als ob ir erlegen
und müd werent. m5'; so lassent uns nit reiten als faul
tmd crlegne menschen, sonder als mänliche ritter. m6'; so
seind wir wol halber erlegen, nl'; fast erlegen und müd
was ifessus et confecius). p3'; also bracht er erlegne sach
(rem inclinatam) wider auf. Tacils 6« Fronsp. 3, 254'.
ERLEGE.N, erliegen machen, ganz wie fällen fallen machen;
anders auszusprechen als das vorher gehende starke part. ; ahd.
irleccan, mhd. erlegen, goth. uslagjan, ags. älecgan, sehw. er-
lägga, dän. erlägge. das part. lautet goth. uslagids, ahd. irle-
git, mhd. erleit, nhd. erlegt.
1) ein thier, wild erlegen, fällen, zu boden strecken, sternere,
oceiderc: einen löwen erlegen; auf der jagd wurden zwei
Wölfe und ein fuchs erlegt;
nur maulthiere erlegt er zuerst und hurtige hunde. II. 1, 50.
2) den feind, gegner erlegen, sehlagen, besiegen, caedere,
nncere: der könig der feinde wurde selbst in der Schlacht
erlegt ; also griffen si uns underwegen an und erlegten uns,
das wir von uns werfen müsten, was wir betten. Ftjmtvdib,
233*; erlegte in einem groszen treffen ihren kOnig Wismar
mit Tielem volke. Micrälics 1,62;
der tod, den Eva schuld erreget,
wird durch Maria frucht erleget. Gktphics 2, 291 ;
hat die feinde auf das haupt erlegt (icie auf das haupt ge-
schlagen). Zi.NKGREr apoph. 24,20; machte er sith des fol-
genden tages über die Teutonen, die er ebenfalls aufs haupt
erlegte und eine unzählige menge derselben gefangen bekam.
Mascod 1, 12 ; weil er die meisten gallischen Völker in einem
hauptlreffen bei Ämagetobria erleget. 1, 19 ; unter anfübrung
des jungen Conslantini, der den 20 apr. 332 die Gothen in
einem blutigen treffen erleget. 1, 225 ; liel ein schwärm .\lanen
in Italien ein, aber Ricimer erlegte sie in der gegend von
Bergamo. 1, 473 ; Alboin erlegte die Gepiden in einem blu-
tigen treffen und ihr könig blieb selbst auf der walstatt. 2,176;
bei meines vaters grufl hat sie mein arm erleget.
i. E. Schlegel 1 , 2ü7 ;
er erlegte seinen gegner im Zweikampf, die beispiele zeigen,
dasz dies erlegen, so icie schlagen, atts dem sinne des fdllens,
tödtens in den allgemeineren des übervindens, besiegens, ermüdens
übertritt: einse eifer erlegen, lauw und unlustig machen,
siudia aliaijus tardare. Maaler 114*; sonst verletzte, erlegte,
kranke knechte heiszt es bei Fronsperg l, 65' für niedergelegte,
ermattete; Markgraf konnte nun nichts mehr vorbringen und
vorhalten, er lag erlegt {ermüdet), aber nicht aus furcht. J. P.
komet 2, 74. ich habe mit dem text alle meine Widersacher
uberteubet und erleget {besiegt, iciderlegl). Luthers tischr. 2";
so hat er in doch nicht confutieret noch erleget. 292'; er-
leget (fatigat) ers mit arbeiten. Tacics bei Fronsperg 3, 240'.
diese bedeulung ton erlegt stimmt zu der von erlegen, confecius.
3) Wälder, bäume erlegen, fällen, städte erlegen, einnehmen,
bezwingen: Alexandria, so oft bestritten und mit so vielfel-
tigen kriegen erlegt, ist sie fast baufellig gemacht worden.
Frank irellb. 16';
wie beugten sich, erlegt durch ihren strich die wälder!
GOTTKR I, 135.
ähnlich ist kegel erlegen, niederwerfen, schieben: mein vater
erlegte selbst mit mir kegel. Hippel 1, 41, was an das abwer-
fen und erlegen des Jupiters zu Hildesheim erinnert, mythol.
s. 172. 173.
4) erlegen ßr auslegen, einlegen, belegen, cadare, lessellare,
tessellis sternere,
mhd. dö vänt diu maget reine
ein sehächzabelgesteine,
unt ein bret, wol erleit, wit. Parz. 408, 21 ;
ein swert brün unde breit,
scharpf und wol erleit. Eracl. 1194;
ein Türspan
geworht ü; edelem golde
und erleit, als ej solde,
mit edelen giioten steinen,
gröjen und niht kleinen. Mai 42, 4;
nhd. allein vornen, so sie (die zapfen) etwas abgelaufen, wider
mit stal aufs neuw erlegt. Kirchhof mit. disc. 25. so werden
auch Pflugscharen, pflugeisen, keHhaue erlegt, neu angeschweiszt,
geschärft, was meint aber die erlegte kugel? thue alsdann
die erlegt kugel zusammen. Fronsp. kriegM). i. 14S'.
5) solrere, numerare, auflegen, dahin legen, entrichten: das
geld erlegen; die kosten erlegen, erstatten; seine zeche,
schuld, strafe, Steuer erlegen; hiermit erlege ich den letzten
gülden; seine reste in guten, gangbaren münzsorten erlegte.
Leipz. avant. 2, 32 ; die schiffe werden ihren Rhein und Neckar-
zoll nicht defraudieren, sondern dadurch erlegen, dasz sie
sich von weitem zeigen. J. P. Tit. 1, 16.
6) sein geld ericgen, anlegen, fundare pecuniam:
mein gelt ich dich nicht sehen lasz,
ffirchl es würd mir von dir genumraen,
hab mich vorhin lang kümmert drummen,
wie ich mein gelt wol möcht erlegn. Anst fasln, 98*.
ERLEGUNG, f des wildes, feindes, geldes.
ERLEICHTEN, lerare, leicht machen, gebildet wie entleichten :
der Rodomonte doch, zu wasser und lu lande,
an seiner schwermulh sich erleichtet nichts befände.
Wkiwebs .^r. 27, 73.
ERLEICHTERN, ferore, exonerare, leichter machen, ahd. ar-
lihterün, levigare, d. i. polire, glätten. Graff 2, 162, aus Ver-
wechselung ton l^vis facUis mit ItJvis, laeris, ß.elos, wie auch
mhd. Übte für letzteres vorkommt {mehr unter leicht), nhd.
behauptet erleichtern seinen natürlichen sinn, und ist gegensatz
tun erschweren, es hat lowol den acc der person mit gen. der
sache als den dal. der person mit acc. der sache bei sich: und
57
899
ERLEICHTERN — ERLEIDEN
ERLEIDEN
900
da sie sat wurden, erleichterten sie das schif und würfen das
getreide in das nieer. aposlelg. 27, 38 ;
du solst den fremden zwar in frcundschaft zu dir laden
und itin, wann er sich IJagt, erleiclitern seiner last.
Opitz 1, 353;
ach könnte doch mein tod erleichtern seine peiu!
Gkypuhs 1, 284;
aber nachdem wir die herzen des traurigen erams erleichtert.
Voss;
80 war es ihr beinahe leid, als er zu Daniscbmenden kam
und unter sehr wortreichen Versicherungen seiner dankbar-
keit und ergebenheit gegen ihn um die erlaubnis bat einen
wolthäter, dem er nur zu lange lästig gewesen sei, zu er-
leichtern und zu seinem freunde Feridun zu ziehen. Wieland
8, 294 ; der wichtigste punct seiner neuen regierung war, die
Athener von allen hindernissen zu erleichtern. 30,44; mein
herr, diese scene ermüdet mich, ohne sie zu erleichtern,
eine auffallende ähnlichkeit verursacht ihren irthum. H. L.
Wagner der wollhdligc unbekannte s. 46; könnte ihr brudcr
dadurch in seinen sauern geschäften erleichtert werden. Güthe
7.128; ich dachte wir könnten uns beide erleichtern. 7,135;
sie sollten ihn hören, wenn er in vertraulichen stunden sein
herz erleichtert. 20, 29 ;
entdecke mirs, erleichtre deine brüst,
dem treuen freund vertraue deine sorgen. Schiller 442* ;
in Worten
erleichtert sich der schwer beladne busen. 246';
Biester erleichterte mich ungemein mit seiner coiTectur und
zweiten durchsieht des manuscripts. Nicolais leben von Gökinck
s. 152; das sollte die sachc erschweren und erleichtert sie
mir gerade; heute morgen fühlte sich der kranke sehr er-
leichtert; um dieses zu können muste er sich aber in der
aufreibenden anstrcngung jenes ursprünglichen berufs etwas
erleichtern. .Xiebchr kl. sehr. 1, 30. gut gespräch erleichtert
den weg. Stieler 1134. man sagt, seinen leib, seine blase
erleichtern, alvum eiere, moUire; sich erleichtern. Steindach
1, 1030.
ERLEICHTERUNG, f. levatio, levamen.
ERLEICHTEHUNGSMITTEL, n.
ERLEIDEN, pati, perferre, prael. erlitt, pari, erlitten, golh.
usleijjan, uslai}). alid. irlidan, irleit, irlitan, vthd. eiTiden, erleit,
erliten ; ags. dlidan kommt nicht vor. das einfache goth. leijian
bedeutet ire, uslei|)an exire (niclit perire, Iransire), das alid. irlidan
transire und pati, iceil der durch etwas gehende, fahrende es aushäll,
auf sielt nimmt, erträgt, erfährt und erleidet, im mhd. erlidcn,
nhd. erleiden iä die Urbedeutung des gelwns erlosclien, nur die
abgeleitete des erlragens und duldeiis haftend, wiewol das part.
prael. den begrif des gcitens oft durchzucken läszt: die noth ist
erlitten = vorübergegangen, vergangen, im nord. lida, schw.
lida, dän. lide finden sich beide bcdeutungen bis auf heule.
mhd. das 'ch vür war wol sprechen mac,
da; ich so grö;;e arbeit
nie von ungeverte erleit. Iw. 272;
8w6r ie kutnber erleit
den erbarmt des maiines arbeit. 4389;
die truogen ad liebten schin,
des lihi ein herze w.ere versniten,
das ^ "''>' kumbcrs bet erliten. I'arz. 591, 26;
durch w^lhe schulde und umbe waj
habet ir die not durch in erliten? Trist. 105, 29;
nhd. wes Job in groszcr duld erlil,
des seit erinnert auch hieniit. Schwaiizehrerc 156, 2,
ICO wes auf des atlrahiert ist; meinstu aber, dein herz milgc
CS erleiden oder deine hende ertragen zu der zeit, wenn
ichs mit dir machen werde? Ez. 22,14; wer wird aber den
tag seiner Zukunft erleiden mdgen? Maleachi 3,2; der herr
des bimcis gebe dir freude fiir das leid, das du erliddcn
hast. Tob. 7,20; und da er zuletzt den stank selbs nicht
mehr erleiden künde. 2 .Varc. 9,12; weil sie bisher so viel
gewalt und Unrechts erliddcn hatten. 10,12; habe du nichts
zu schafTen mit diesem gerechten, ich habe heute vil erlit-
ten im trauin von seinetwegen (altd. managu bin ih thruonti
biulu in gixiune thunih inan). Malth. 21 , iü ; und da war ein
weib, das halte den blulgang zwelf jar gehabt und viel er-
lidden von vielen erzten (golh. jiih manag ga|)iilandei frnm
mnnngnini lekjanii. Marc. 5,26; meinet ir iaa diese Galileer
für allen Galilccm stlnder gewesen siiid, die weil i^ie das
rrlidden haben? Lue. 13, 2; und da wir gro«z ungcwitter rr-
lillen hatten, aponlelg. 27, IS; ich habe mehr geerbeilct, ich
habe mehr xrhirge eriidden. 2 Cor. 11,22; dreimal habe ich
•cbinirucb eriidden i)>hin ■in))ain utfar)>Ao gata\ida us itkipa).
11,25; welche am glauben schiflmich erlitten haben {golh.
naqadai vaiirliun). 1 Tim. i, 19 ; etliche haben spot und geisein
eriidden, dazu band und gefengnis. Ebr. 11,36; von wel-
ches wegen ich mich beflissen habe des alten natürlichen,
jedermann verständig tcutscben, so in gemeinem brauch ist,
in den alten Sprüchen, wolgesetzten reimen und Sprichwör-
tern gefunden wird, und ja dennoch nicht zu weit, als viel
müglich ist, und die art der sprachen erleiden mögen, vom
latein. Aventin l"; ein ström von so heiszem wasser, das
wir die hend nit darinn erleiden mochten. Frank «cWt. 223";
gibt doch die erfarung, das oft die erz so heisz sein, das
man kein band dran erleiden kan. Mathesils 36'; wofern
aber einer das nachreisen nicht erleiden {mag)., soll derscl-
big in dem nechsten spital erhalten werden. Fronsp. 3, 119';
du hast eine gerechte strafe erlitten ;
wann abends uns die braune nacht
im schatten schwarz verkleidet,
und ich dann meine siuid hetracht,
grosz noth mein herz erleidet. Spee (riifzn. 77 (83);
die Zimmer unterscheiden
versiiszens mit geruch,
sie stank noch wüst erleiden,
er drauszen fallt im flug. 123;
und wenn er in freundschaftlicher mittheilung unerschöpflich
war, so stockte gleich alles bei ihm, wenn er Widerspruch
erlitt (erfuhr). Göthe 25,248;
0 schimpfliche gewalt, die wir erleiden. Schiller . . .;
erleide was du suchtest. 473*;
sie hat es überstanden, wunderbar
hat sics erlitten. Tieck 2, 156;
nur das wird wahrhaft besessen, was errungen, ermüht und
erlitten wurde. Immermanns fpijoHcn 1, 83. wir ziehen heute in
den 7neisten fällen das einfache verbum vor und sagen : Schmach,
noth, kummer, unrecht, schifliruch leiden, so warm als man
es leiden kann, als es die bände leiden, hingegen sclieiden wir
Widerspruch erfahren {erleiden) von Widerspruch leiden (ertragen).
ERLEIDEN, ganz versrJtieden von dem vorigen, und zu leid
invisus, odiosus, ags. lad, engl, loath, alts. leth, alln. leidr,
scliw. dän. led gehörig, slels tnit dem daliv der person.
1) leid sein, laedere, fastidire, ags. lädian, engl, loathe : es
will mir schier anfachen erleiden. Plater 100; nems geld
einer nit, so nems der andre, es ist niemands erleidet, seh.
und ernst cap. . . .; hüner seind im erleidt. kl. weise reden 02* ;
zu Zeiten schlafen wir bei (rolujitatibus venereis fruimur), zu
Zeiten erleidls uns. Frank sjmchw. 1,96';
solch bös gcdankn laszt euch crleidn. H. Sachs Y, 230*;
auf erd uns nicht erleiden mag,
diese schön grälln zu vermeiden, .\trer 391";
nit furcht euch vor weltlicher pein,
Schwert, prant sol uns nit erleiden. Schmelzl aussendung 8*;
den podagramischen wird das danzen eilciden. Fischart
groszm. 139 ; einer tngendergebenen frawen wird gewis das
danzen erleiden, ehz.'h; damit das essen und trinken keim
erleide, bienenk. 15*; welche thaten, wie groszc potentaten
und regenten gemeinlich, wann inen das jagen erleidet, ein
handwerk oder sonst geschäft herfür suchen. Garg. 1S5*; ist
euch dan das liebe teulschc so gar erleidet ? Philasder 2, 69 ;
darnach aber einer aus uns erdappt wurde, . . . zumal ich
ihn einen halben tag mit einem eisern balskragen am pranger
stehen, ihm auch ein ohr abschneiden und mit ruthen aus-
hauen sähe, erleidet mir das handwerk. Sinipl. K. 634 ; das
was die grammalici und schulfüchse wissen müssen, war mir
bald erleidet. 7S0. erleiden, ekelhaft sein oder werden.
RXdlein 252'. die jmrlieipia erleidet lassen sieh auch unirr
2 bringen, jenachdem es ist mir erleidet sowol bedeuten kann
es ist mir leid geworden als verleidet worden.
2) leid machen, invisum reddire, verleiden:
mhd. ich Vftnns wil Ir allej daj erleiden
swas minnccHch geschalTen ist. .MS. t, 3';
ir niinnedichen lip den kan mir nieman wol erleiden.
I. «85* :
sA mar mir dchein nAt,
Ane den gemeinen i6i,
den willen erleiden. IIarti. 1 hMtl. 1533;
nhd. einsiedel werden ... das kund im weder \allrr, s(h«r?sicr
noch fremid erleiden. Wickra« ro//ie. 7*; er wüst nicht, womit
er ir das . . . inöcht erleiden, damit sie in nicht »o vieliu;il
überlief. 8ü'; wenn man einem ein ding erleiden wil, n"
spreche man nur, e.s sei gemein und alt ding, au veracbt
maus. Luther 'Mc/ir. 4 t;i* ; womit er dem herlichen hltrr den
hof erleiden wult. Galmy 178;
901
ERLfilDENLICH — ERLENBLATT
ERLENBOGE — ERLESEN
ÖO^
Türk, wie du suchst, wirst fmden bscheid,
Teutschland musz dir werden erleidt. Schxelzi. lobspr. 106;
kein mensch kan im das weih erleiden. Atksr 106*;
mir sie kein mensch erleiden soll. 3Su';
du wolst mir mein haus erleiden,
das ich vom haus blosz soll scheiden. Fischaht ehz. 48;
mürrisch sein thut als (alles) erleiden. 36;
laszt euch nicht durch ihren schein
erleiden weder hier noch wein, groszm. 142;
gleichwol wird der sonnen vierzigtäglicher gegenschein mit
der fasten etlichen das widerlleisch erleiden, groszm. 103;
welchs warlich so abscheulich zu hOren ist, dasz es alle
alleliija, orgel, pfeifen, posaunen und hölzin gelächter durchs
ganz jar eim in der kirchen erleiden soll, bienenk. 45';
sie aber kont ihr doch drumb nicht erleidet werden,
schön dünkt ihr ihr gesiebt, ihr wesen und geberden.
Werbers .4r. 2b, 30;
Gallus meidet grobe lasier, eines hat er doch erkiest,
dasz man ihm nicht kan erleiden, dasz er gar zu männlich ist.
LoGAC 3, 42, 11 ;
wie einer ihm könte die trunkenheit erleiden. Zixkgr. 424, 5;
alles zu thun, was die arbeit in Unordnung bringen und was
die tagelöhner und den meister dem jimker erleiden kann.
Pestalozzi L. und G. 1, 127.
1 ist heule ganz geschwunden, 2 meid durch verleiden ersetzt,
vgl. auch entleiden.
ERLEIDE.NLICH, lolerabilis, erträglicli, leidlich, von erleiden
= mhd. erliden gebildet: item so man ein besatzung eins
schlosz je nicht lenger erhalten oder zu keiner ziemlichen,
erleidenlichen richtung kommen mag. Fro.nspehc 1, 12S'.
ERLEIDENTLICH, dasselbe: es wäre aber vor die leute im
haus erleidentlicher, doch nicht zu ihrer besserung erspriesz-
licher gewesen. Simpl. vogelnest 1, 13.
ERLEIDIGE.N, tras erleiden = mhd. erleiden, tnmsum
reddere: die vom adel erleidigen den fürsten- das studieren.
Ldtbers lischr. 394'. auch von Sed. Helbeb 35 angeführt, vgl.
leidigen und beleidigen.
ERLEIDLICH, lolerabilis, lädlich: dis weib ist nichts werd
und ganz unerleidlich {unleidlich, unerträglich). Fischart ehz. IS ;
erleidlicher ist tausend freunde verlieren, als einen vergif-
teten (gißigen) feind sehen und leiden müssen, pers. rosenih.
5,14; das ist kein überflusz. wenn man vornehmen leuten
zu bcstätigung fernerer bekanntschaft einen erleidlichen (ziem-
lichen, anständigen) ehrenbecher bescheid thut. Weise erzn. is ;
mein (des kranken) zustand war ziemlich erleidlich. Felsenb.
1,2.33; nach einem erleidlichen winter. 1.591; so habt die
gnade mir zu versprechen, dasz ihr den übellhäter nicht am
leben strafen, sondern ihn nach eurem gefallen nur in sol-
chen erleidlichen stand setzen wollet, euch und keinem an-
dern redlichen manne mehr zu schaden. 2, 2S7; weil sie mir
manchen verdrusz vertreiben, eben darum sind sie mir er-
leidlich. J. E. Schlegel 2,343; unter erleidlichen bedingungen.
FiCHTES reden an die d. nalion 263. das ahd. leidlih exsecra-
bilis, detestabilis ist ganz ein anderes «ort und hat ei, nicht i
Gbaffs bemerkung 2, 173 ist darum unireffend.
ERLEIERN, fidibus lucrum facere, erleiren Stieler 1141:
wie unser groszer Bav noch seine saite stimmt
und mit geschickter band die mahlzeit sich erleiert.
Rarerer 2, &7.
ERLEINEN, odntti, anlehnen; erleint adnixus. Maaler 114*.
ERLEN, dneus, s. erlin: erlenes holz;
blühn schon einmal diese fruchte,
ach so ist es warlich aus,
und des alters schaugerichte
sind ein erlner blumensirausz. Gcnther 923.
ERLENB.\CH, fn. rivus alnis consitus, vgl. erlebach:
an diesem hain, vom erlenbach durchtanzt,
ein Kärtchen nur vor einer kleinen hütte,
mit schlanken päppeln malerisch umpflanzt,
ist alles was ich vom geschick erbitte. Matthisso» 13;
wie schön der mond die wellen
des erlenbnchs besäumt,
der hier durch binscnstellen,
dort unter blumen schäumt. 126.
Ortsname, z. b. Obererlenbach, Niedererlenbach in der WeUerau.
ERLENB.\L'M, m. alnus. Frisch 1, 225*.
ERLENBL.\TT, n. folium alneum:
froh und hange
lausch ich l.tngß
auf der amsel nbendlicd,
wie, umliiillt von erlenblätiern
narhtigallen ziehend schmettern
und der kibitz lockt im ricd. Saus (1.
ERLENBOGE, m. arcus alneus, i. e. inulüis, qui facde rum-
pitur. Stieler 387.
ERLENBUSCH, m. virgultum alneum, alnetum:
in eines erlenbuscbes nacht. Göetigc 1, 75.
ERLENFI.NK, m. fringilla sfinus, zeisig.
ERLENGANG, m. ambulacrum inier ainos:
und noch glänzet das laub des gebogenen erlenganges.
Voss;
die umschlingende flut scheidet vom weltgeräusch!
darum lockte mich stets deiner gestade ruh
und die dämmrung, o insel,
deines duftende'n erlengangs. M.atthissoh 114.
ERLENGEBÜSCH, n. alnetum.
ERLENH.\HNCHEN, n. chrysomela alni
ERLENHAL'PT, m. eigenname, Erlenheubt. wästh. 1,790.
ERLENHOLZ, n. elkrliolz. Stieler 3S7.
ERLENHÜPFER, m. curculio alni.
ERLENKÖNIG, siehe erlkOnig, m. Göthe 1, 1S3.
ERLENREIHE, f ordo alnorum:
entlegnes thal von Gchtenböhn begrenzt,
mit erlenreihn umhegte flache matten ! Salis 146,
ERLENRINDE, f. cortex alneus:
als mir ihr äuge nicht mehr schien,
wollt ich in die gehölze Diehn,
wollt ich wild wie der eisbär sein.
da sollten gras und erlenrinde
für immer meine nahrung sein.
Khetsch«a!»!< im gött. musenalm. 1773 s. 8.
ERLENSAUGER, m. diermes alni
ERLENSCHATTE, m. umbra alnorum:
ich lag auf grünen matten
an klarer quellen rand.
mir kühlten erlenscbatten
der Wangen heiszen brand. Kosecarte« poesieen 2, 43 ;
auf den grünen matten
längs dem wiesenbacb,
wo im erlenscbatten
ich süszträumend lag. t. 278.
ERLENSCHWAM.M, m. agancus alnü
ERLENSPANNER, m. phalaena alni.
ERLENSTRAUCH, m. fruUx alneus:
hell in bläulicher glut flammte des erlenstrauchs
zartgekräuseltes laub. Voss;
nur der emmerling zirpt oben im erlenstrauch. Salis 56;
ein bär sasz einst an einem erlenstrauch
und leckte sich an seiner tatze. Gleih der kater und die kalte.
ERLE.NW EIHER, m. stagnum alnis seplum:
wo am trüben erlenweiher
dürrem röhr im winde tönt. Matthissoi» 179.
ERLERNBAR, quod addisci polest.
ERLERNBARKEIT, f.
ERLERNEN, 1) addiscere: wol and eigentlich lernen, per-
discere, in eim fürgang erlernen, altingere in transitu. Maaler
114'; selber ersehen upd erlehrnen. publicationspatent zur
Frankf reformalion von 157S; erlern mit allem fleisz deinen
nehesten. Sir. 9, 21 ; da berief Herodes die weisen heimlich
und erlernet mit allem fleisz von inen, wenn der stem er-
schienen were? Matth. 2,7; ich wil aber gar kürzlich zu
euch komen und erlernen, nicht die wort der aufgeblasenen,
sondern die kraft. 1 (k>r. 4, 19 ;
ein Jüngling, den des Wissens heisrer dnrst
nach Sais in Ägypten trieb, der priester
geheime Weisheit zu erlernen. Schiller 70*.
2) sich erlernen, steh erkunden, ralhs erholen: ilcm wisen
wir vor recht, hellen sie ein urteil, inne des lin das?) sie
sich nicht verstunden, das (des ?) soln sie sich erlernen an
den lantscheffen zu Richenbach. veisth 3. 402.
ERLERNE.NSWERTH: was zur classischen erziehung leh-
rens und erlernenswerth sein möchte. Wolfs mus. der
allerlh. w. 1, SO.
ERLESCHEN, y. erlöschen.
ERLESEN, legere, eligere, seligere, mhd. erlesen.
1) kömer, kräuter, flocken auslesen, rein lesen:
welche sei so rein, als hettens taubn erlesen.
Rebhc<«s Susanna (1536) s. 47;
80 kan ein grosze gemein nicht durchaus rein sein, als
betten sie die tauben erlesen. M.athesiüs 1562, 309'; mit dem-
selben mammcll und mummelt er alle seine kirchenlösuns
(kyrieelrisons) und erkemet, ertreschet und erlas es so eigent-
lich, das nicht ein einigs kürnlin umbsonst auf die erd ful.
Gorj. 162'; die ursach des fleiszigen erlesens allerhand Rom-
57*
903
ERLESEN — ERLEUCHTEN
ERLEUCHTEN — ERLIEBEN
904
gras und sanct PeterskrUnter. bienenk. 2' ; kinder, welche
sich sorgfältig und einsig beschäfliglen die flocken der biiuni-
wolJe auseinander zu zupfen und die Samenkörner, spliller
von den schalen der nüsse nebst andern unreinigkeilen weg-
zunehmen, sie nennen es erlesen. Götiie 23,52; es wird
die erlesene oder gereinigle haumwolle auf die karden, welche
in Deutschland krämpel heiszen, gleich ausgel heilt, gckardet.
ebenda, vgl. auslesen, belesen.
2) leute, münrfer, häufen: zuerst kamen herzog Reichart
Ton Nordmandi mit dreiszigtausent wolgerüsler mannen, dar-
nach der graf Gui von Burgundien, der bracht ein erlesnen
häufen. Aimon b5*;
über die wogen zu gehn, von erlesenem voIke begleitet.
//. 3, 47j
sie haben sechzig fähnlein schon beisammen
eriesnes volk. Schiller .ib'J' ;
und wärs zu denken, dasz parteienhasz
den einzelnen bestäche, können vierzig
erlesne männer sich in einem spruche
der leidenschafl vereinigen? 412*;
die zu einem fest erlesenen {eingeladenen). Kunger 3, 251»
damit sie aus ihnen einen gemahl erlese. 10,41;
erlesen ist dir ein bräutigam. RiJceert 434;
indessen führt ein rascher wind vom lande
die drei erlesnen fort mit pünstger hast.
(portava intanto il bei nuraero eletto
dei tre buon cavalier l'aura scconda). Ar. 41, 35.
erlesen, exquisitus, vgl. auserlesen.
3) Dorco sagt zu seiner fraw 'o ich wil es noch erleben,
was dir wird dein andrer mann für erlesne stösze geben'.
LoGAU 3, 195, 25 ;
ob wir Deutschen unsre trachten alle jähr gleich new er-
lesen,
dennoch ist noch nimmer keine nur 6in jähr durch recht
gewesen. 3,253,203;
ausgeleert des weines gläser,
den der wirt erlas! Voss 6, 5;
wol denn, wofern mir ein andres verleihn die edlen Achaier,
meinem sinn es erlesend, das mir ein voller crsatz sei.
II. 1, 136.
4) es ist aber ein eigen erlesen und nicht gottes werk.
Luther 4, 516' ;
und was du denn erlesen,
das treibst du, starker held,
und bringst zum stand und wesen,
was deinem rath gefällt. Paul Gerhard;
darf ich mir noch ein glück zum letzten ziel erlesen,
so stell im scheiden sich bei mir kein schrecken ein.
IIagehorn 1, 29;
gemeiner tugenden kann nur ein held entrathen,
der glänz von seinem rühm strahlt aus erhabnen thatcn,
aus dem, was andern schwer und unerreichlich fällt,
die niedern müssen sich ein leichtrcs lob erlesen. 1,92;
der lioudart, den ich mir zum muster nie erlesen. 1,104;
sind da beseelte wesen,
so ist ihr wohnplatz nur zu ihrer qual erlesen.
Kästner 1, 72;
ich trink, und trinkend fallt mir bei,
dasz sie, die scIiöpfUng. dreifach sei,
die nach der reih der siclitbarn wesen
der allmacht wink zum sein erlesen. Lessing 1, 68.
6) erlesen, aus den buchslaben ersehen, lesen im gewöhnlichen
sinn:
mhd. an wAIen buochen b&nt si daj erlösen? Waltuer 34, 2;
nluL ewer schreiben haben wir erlesen. Luther 3,132'; des
sinn ich dazemal verfasset und euch zugcschriben hab in
bofnung ir wurdind es nach fliszigem hören und erlesen an-
nemen. Zwingli 1, 54. stall dieses erlesen braucid die geschäßs-
spraehe auch verlesen.
ERLETZEN, laedere, verlHten:
mancher mann, der sonst war werd,
ward crletzct durch dein schwcrd. FLiainc 303.
sich ERLETZEiN, se deleclare, sich ergeizen, ry/. das einfache
lelzen :
wenn Duban ehre geizt, so kann er diesmal sich
bis zur genüge dran erlctzea. Wiblamo 10, 391.
ERLEIBEN, s. erlauben,
ERLEUCHTEN, illuslrare. illuminarc, ahd. arliuhlan, mhd.
ertiubten, golh. aber inliuhljan, das gleich den lal. «Ortern mit
in gebildet ist.
t) im eigenllidie» Mm; et war aber ein finster wölken und
erlmchlet die nacht (et erat nuhes tenrhrusa et illuminans
nocteml. iHos. 14.20; da« unser got unser nugen erlriichlef.
Bm 9, 8 ; erleuctiie aeioe «ugen, da« icb nickt im tod«
entschlafe, ps. 13,4; denn du erleuchtest meine leuchte, der
herr mein gott machet meine finslernis Hecht. 18,29; wird
dich erleuchten, wie ein heller blitz. Luc. 11,36; und dar-
nach sähe ich einen andern engel nider faren vom himel,
der hatte eine grosze macht und die erde ward erleuchtet
von seiner klarheit. o/fcnb. IS, 1; die sonne erleuchtet den
tag, der mond die nacht ; die lampc konnte das zinnner nur
spärlich erleuchten; die ganze Stadt war abends erleuchtet.
2) figürlicli, und erleiichl in mit dem Hecht der lebendigen.
Hiob 33,30; da ward mein seel erleuchtet durch die Weis-
heit. Sir. 51,27; ein Hecht zu erleuchten die beiden {golh,
liuhaj) du andhuleinai jiiudom). Luc. 2,32; das war des war-
haflige Hecht, wclchs alle menschen erleuchtet. Job. 1,0;
gebe euch erleuchtete äugen ewers verstenlnis 190//». inliuhtida
augöna hairlins izvaris). Eph.l,l8; und zu erleuchten jeder-
man {goth. jah inliuhtjan aihms). 3, 9 ; wache auf der du
schlcfest und stehe auf von den todten, so wird dich Christus
erleuchten. 5,14; das vvort des hcrrn ist glaslauter und er-
leuchtet und sterkct die äugen. Mathesius 1562, 2S2'; so
wolle er mir mein herz erleuchten. Schweimchen 2,76; für
einen erleuchten mann gehallen. Kmcnnor wenduntn. 365';
mit ganz treflichen und erleuchten Worten. 419';
dein wort, herr, scheint so klar als wol kein mittagslicbt,
hilf, dasz es mich erleuclit und alle blindheit bricht.
Lof.AU 2, 173, 78;
sie müssen einen jeden reizen seine provinz zu ericurhien,
um sie dem groszen geschichtschreibcr in dem wahren lichte
zu zeigen. Moser 1, corr. ; der adcl var noch erleuchtet.
1, 193 ; ein philosoph von erleuchteteren einsichten. Kart
8,258;
herr, mein gott, wie soll es werden?
herr, mein gott, erleuchte michl
ist wol irgendwo auf erden
rettung noch und heil für mich? Börgkr 44';
erleuchtet mädchen, das der geist beseelt! Schiller 469*;
0 dürft ich dich erleuchten! dürft ich dir
verborgne winkel öfnen, wo die schar
verschworener Verfolger lückisch lauscht. Göihk 9, 289;
ich musz es anders übersetzen,
wenn ich vom geiste recht erleuchtet bin. 12, 66;
das ist eine crfindung oder vielmehr eine wiederauffindung, die
unsern erleuchteten (aufgekldrlen) zciten aufbehalten war. 14,23 ;
der graf liesz so auszerordentlichc kenntnisse sehen, dasz alle
in der grösztcn demuth vor so einem erleuchteten kenner
und erlauchten beschülzer standen. IS, 239 ; dasz jeder, in-
dem er den andern zu erleuchten trachtete, bei sich sellisl
auch heller und klarer zu werden bestrebt sein muste. 31, 200;
dasz wir in erleuchteten zeilen leben, das ärgert ihn nun
und deswegen beweist er, dasz die philosophen nicht er-
leuchtet sind. 33,116; mit einer von träumen erleuchteten
brüst. J. P. Hesp. l, 153 ; sie durch die tiefen, kalten höllcn-
fliisse des lebens mächtig zu tragen, das hätte sein leben
erleuchtet. Tit. 2,67.
3) intr. erleuchten, illucescere, apparere,
mhd. üi den soumschrinen manic edel stein
erlübte iu guoter wxte, die ruorie vrouwen hnnt.
nib. 74», 3 ;
nhd. der sal erleuchtet von hundert kcrzen; es erleuchtet,
leuchtet ein ; die Wahrheit seiner bi-hauptung erleuchtete daraus.
ERLELCHTIGEN, was erleuchten.
ERLEUCHTIGUNG, f. erleuclUung, belehrung. Keisersberg
post. 4.34.
ERLEUCHTNIS, n. der ewige gott geh mir und dir ein
war erleuchtnus in Christo Jesu, ein schöner dialogus von Mar-
tina Luther und der geschickten bolschafl aus der helle. t523. 4. A 2.
ERLEUCHTUNG, f. 1) crleuchfung der halben kiigel ; er-
leuchtung der sladt.
8) erleuchtung des Verstandes. GEiXEnT7, 5; denn zu deines
valers zeit ward bei im erleuchtung erfunden, klugheit und
weisheil. Dan. 5,11; der hat einen hellen schein iu unser
herzen gegeben, das durch uns entstünde die ericuchluiig
von der erkenntnis der klarheit gottes {yvlh. saei jah liuhtida
in hairtam unsaraim du liuhadein vnl|)aus gut>s). 2 Cor. 4, 6.
ERLEUCHTUNGSGRENZE, f. diejenigen gegenden auf dem
monde, die der erleuchtungsgrenze nahe liegen. BRANtiKs
aslronomie |S27. 2, 23.
sich ERLIEBEN, se deleclare, sich erlusligen. erfreuen, ein
seltnes, hübsches wort, :u welchem auch noch kein nhd. irliopün,
fiihd. erlielien gefunden ist: das sie sich einmal mit ehren,
wie dio magd OQ dem tunzc, crliehcn, crmüetcn. kngsb. da
905
ERLIEGEN— ERLISTEN
ERLITTENLICH —ERLÖSEN
906
frides 199 ; dasz er sich über diese newe erfindung bei sich
selbst so hoch eriiebt und erlustiget. Fhonsp. 2, 102*.
ERLIEGEN, s. erlügen.
ERLIEGEN, fatiscere, deficere, succumbere, niederliegen, unter-
liegen, liegen bleiben, ahd. arligan, irligan, mhd. erligen; farl.
prael. ahd. arlegan, nihd. erlegen, für dessen adjeclirische rer-
Kendung oben $p. 897 schon belege angeßhrt sind.
1) mir erliegt, stockt, geht atis, vergeht, schwindet: er het
ein laute, starke stimm, die im nit erlag; mir ist die pfeif
erlegen {der aihem ist ihr ausgegangen, ich' kann nicht viehr
blasen). Ptautiis Menechm. 1550 s. lOl'; mir wird erligen der
gesang als der nachtigallen (ich werde nicht mehr singen können).
116'; mir erliegen {vergehen) die gedanken;
im kampr mit diesem paradoxenheer
erlieget ihm die krafl der Überlegung. Gottkh 1, 381.
2) damit nicht etwan der subtilste theil verschwinden, der
grob und dicke aber erligen und sitzen bleibe. Uffenbacd
2, 121; kurz darvon zu reden, backen, brauwen, kochen,
waschen und viel anders unzehlichs mehr erligt {gelit nicht
von statten), wo kein wasser, oder das unnütz und stinkend
ist. Kirchhof miV. dwc. 166 ; ich kann dieses nicht auf mir er-
liegen {sitzen) lassen. Räulei.n- 252*; erligen und starben.
Maäler 114'; gar erligen; ungerochen bleiben und erligen,
jacere inultum. ebenda;
daran der lanzknecbt vil erligen. H.Sachs II. 4, 58';
wer will heute nicht erliegen,
wer wird heute nicht ein thor? Gotter 1, 295;
die für gott und gesetz, für eitern, weiber und kinder
stritten und gegen den feind zusammenstehend erlagen.
GöTHB 40, 337.
3) das pferd erlag seiner last ; das beer erlag dem feinde ;
er bat der feinde mehr, und oft
erliegt der stärkste gleich dem schwächsten. Lsssinc 2, 306;
er wird der macht der Verführung erliegen; dem schmerz
erliegen. Gotter 1, 102. 283 ;
er erlag der entzückung. Messias 13, 116;
und ich war dieser wonne nicht erlegen? 14, 318.
4) tr. erliegen, cubando necare, mhd. ob ej {das kind) diu
muoter die wile iht erdrücke oder erlige, so si ej söugen
wil über naht. Bertbold 212.
5) sich erliegen = erliegen: der schlämm, den man aus
den teichen und gruben haben kan, ist auch sehr gut zum
düngen und dem geträide dienlich, doch dasz er im alten
monden ausgeworfen und zuvor ein ganzes jähr übereinander
sich erlägen und gefaulet habe. Hohberg 3, 2, IS", s. verliegen.
ERLIEGEN, n. pernicies, unterliegen:
so wollst du, bitt ich, stand und namen sagen,
sind bitten im gefecht nicht unerlaubt,
damit ich wiss, im fallen oder siegen,
wer meinen sieg ehrt oder mein erliegen.
Gries Tassos befr. Jer. 12, 60.
ERLIN, alneus, erlen: erline pfäl, pali alnei. Maaler 114'.
Stieler 387; erlin wald, alnelum; nirab ein junges eichin
laub oder ein erlins. Seuter 420.
ERLLVDE.N, emollirc, delinire, mhd.
sus wolle er mit den zeichen
erlinden und erweichen
die küneginne spaihe. tr. Jtr. 22460;
nhd. erlinden, lind und weich machen. Maaler 114'. auferlinden.
Stalder 2, 173.
ERLINDERN, dasselbe: hat herr Leonhart ein rede gethan
den fürsten zu erlindern, aber kein ansehen gehabt. Luther
3,418';
das kan nieman als ihr verhindern.
'ein stein wer vil eh zu erlindern', .\trer 404'.
ERLLNDERUNG, f. emollitio: und sich von stund an darauf
Ton Wittemberg zu thun an die ende, da er verhoft erlin-
dcnmg unbeschwert zu erwarten. Llther 1, 113',
ERLING, m. einer der zatillosen namen des cyprinus phoxinus,
erlitz, elritz, die flüssigen laute wie in erle und ellcr wechselnd.
ERLISTEN, 1) dccipere, (allere, berücken, überlisten: finden,
dasz in der Speisekammer unter den speckseilen besser leben
ist und des nachts zu ruhen, als auf dem fruchtbodea ein-
zelne manschen zu erlisten. Göthe 8, 243.
2) catlide, fraudulenter parare, acquirere. Stielek 1169:
der mann musz hinaus
ins feindliche leben,
musi wirken und streben
und pflanzen und schaffen,
erlisten, erraffen. Scuillzr 78*.
ERLITTENLICH, paiienter: erlegenlich oder erlittenlicb,
perpesse. voc. theiä. 14S2 gs'.
ERLITZ, m. oder erlitze f., was erling:
fach hasel, erlitz und die kressen,
rotaugen, weisztisch und die pressen (brassen, bracbsen).
H. Sachs I, 424*.
ERLKÖNIG, m. s. erlenkönig. in Herders stimmen der
Völker (1778) wurde das dän. ellerkonge, ellekonge, d. i. elver-
konge, elvekonge, also elbkönig, elbenkönig, beherscher der elbe
{sp. 4001 falsch übersetzt, was hernach auch Güthe\ verführte,
einen erlkönig gibt es in keiner sage.
ERLOBEN, laudando ubtinere. Stieler 1172: möchtet ihr
euch nie etwas anderes als gift erloben, verdammte Schmeichler.
Lessing 1, 148 ; dieses und unzählicher ähnlicher frevel un-
geachtet . . . gelang es hrn. Klotzen, sich einen anhang zu
erschimpfen und einen noch gröszern sich zu erloben. 8, 203.
ERLOCKEN, allicere, iliicere, induc^e, producere, verlocken:
erweichen, erlocken und bezaubern, das sie gegeneinander
holdseliger sich ergeben. Fiscbart ehz. 2.
ERLOGEN, s. erlügen.
ERLÖS, m. pccunia parta: der erlös war gering, reichlich,
ERLOSCHEN, exstingui, ahd. arlescan, arlasc, arloscan, mhd
erleschen, erlasch, erloschen, nhd. frülter noch erleschen, er-
lasch, erloschen, heute schlecfUer erlöschen, erlosch, erloschen :
das liecht ist erloschen. 4 Esr. 16, 22 ;
dem tod het er sich gar ergeben,
indem ihm auch das liecht erlasch,
grosz angst und furcht sein herz durchdrasch.
H. Sachs I, 177';
also in des ritters herz die unmäszige liebe sich endet und
erlösche. Bocc. 2, 186* (in älteren ausg. sich endet und erlasch) ;
erloschen was ir trutzigkeit. Soltac 374;
wenn ich seh das gericht in des sohns erloschnen (so) geberde.
Uessias 5, 73<>;
ich sähe die kröne
um sein haupt, und sah wie in dämmrung erlöschen der enge!
antlitz. 15, 1281;
indes war des führers
glänz in dämmrung erloschen. 16, 508
auch alte halb erloschene äugen heiterten sich auf. Wiela.\d
2, 31 ; ein in dem körper erloschner grad der krafl. Ka.nt
8,146; die alten lugenden sind erloschen. 9,4;
alsbald erlischt der wange roth,
des blauen auges Schimmer. Gotter 1, 94;
selbst naiur lockt mich vergebens,
mit der fackel deines lebens,
Lalage, erlosch sie mir. 1, 104;
so glomm er langsam weg, erlosch und merkt es kaum.
1,406;
ist dein zom erloschen? 2,281;
soll, sprach er, soll mein Älbion vergehen,
erlöschen meiner beiden stamm? Schiller 20*;
blosz ein paar glühende augenblicke zischen und erlöschen
auf dem eisfeld des lebens. J. P. Hesp. 2, 22; mit erloschnem
grauem blick. Fibel 44 ; dieser erloschene (abgelebte) mensch.
Tit. 2, 98. ein geschlecht, recht, anspruch ist erloschen.
ERLÖSCHEN, cxstinguere, praes. erlöschte, part. erlöscht,
alid. arlescan, arlascta, arlescit, mhd. erleschen, erlascbte,
erleschet : so brennet es gar lang und erlöschet es kein
wind. Froxsp. kriegsb. 2, 200* ; man erlöschte schnell das aus-
gebrochne feuer; die kerze erlischt von selbst, ohne dasz
sie braucht erlöscht zu werden.
ERLÖSCHUNG, f. exäinctio: davon nichts anderes denn
merklich ergernis des gemeinen volks zu ringerung gottes
liebe und furcht, erleschung guter, erbarer christlichen zucht
und gewonheit und merklicher imgehorsam entstehea würde.
Lcther 2, 433'.
ERLÖSEN, 1) liberare, rcdimere, los, frei madien, goth. uslaus-
jan, ahd. irlosan, mhd. erloesen, ein in der bibel oß wieder-
kehrendes wort z. b. der engel, der mich erlöset hat von allem
übel, der segne die knaben. i Mos. 48.14; denn der herr hat
Jacob erlöset und ist in Israel herlich. Es. 44, 23 ; erlöse
uns von dem übel {goth. lausei uns af l^amma ubilin). Matth.
6, 13 ; er hat golt vertrawet, der erlöse in nu, lüslets in
(goth. trauaida du gujia, lausjadau nu ina, jabai vili ina).
27, 43 ; ich elender mensch, wer wird mich erlösen von dem
leibe dieses todes? (vainags ik manna, bvas mik lauseit> us
})amma leika dau(iaus |)is?) Rom. 7,24; welcher uns von
solchem tode erlöset bat und noch tcgiich erlöset (izei us
svaleikaim daut)um uns galausida jab galauseij)), 2 Cor. 1, 10.
907
ERLÖSER — ERLÜCKEN
ERLUCKUNG — ERLUSTIEREN
908
in allen diesen stellen selzl der Gothe lausjan, galaiisjan, kein
uslausjan, das er für öieti; xsyoif virucndet, z. b. 2 Thess.
3, 2, wo auch Luther erlösen hat. gerichtshändel mit beloh-
nung erlösen, kamtner^. ordn. von 1521. 25, 1 ; dasz mir dan-
iioch aus der kanzlei ein antwort werde, damit ich meinen
glauben, dasz ichs gesucht habe, erlösen muge. Luthers br.
3, 434 :
aller notgefahr erlös Israel! Melissus ps. K. 3";
erlös mich für dem hasser. Lobwasser ps. C9;
seinen vorigen guten namen widerholen {recuperare) und er-
lösen. Reutter Arwgsarrfn. 59 ; aus allen iren Sünden und todes-
schmerzen erlöset werden. Mathesius 1562, 284';
gediilt, der kühne sto^z, der dich aus Sodom stöszt,
hat durch das slerhen dich der Sterblichkeit erlöst,
und aul dein abendroth folgt nun ein schöner morgen.
Gdmher hiH;
sollt ich mich etwa erlösen vom groszen übel? so dacht er.
GöTHE 40, 44.
aus den belegen erhellt, danz auszer dem gen. der suche auclt diu
praeposUionen von, aus und für eintreten.
2) in den mdrclien steht erlösen für entzaubern : die künigs-
tochter ist nun erlöst ; die schlänge kann durch einen kus
erlöst werden; glockenschlag zwölf werden sie alle erlöst.
3) das brot erlösen bedeutet abhacken: wenn ein hund in
einen backofen sieht, wenn man bäckt, wird das brot er-
löset oder abgebacken {die krvsle löst sich von der krume).
rockenphil. 1, 32. hier erscheint ganz die sinnliche Wortbedeutung,
aus erlösung 1 ist zu folgern, dasz vian auch sagte die fruchte
erlösen, vom bäume abnclimen.
ERLÖSER, liberalor, rederntor, heiland: ich weisz das
mein erluser lebet und er wird mich hernach aus der erden
aufwecken. Hiob 19, 25 ; Lerr, mein hört und mein erlöser !
ps. 19,15;
gnediger herr und erlöser wiszt,
dasz mein nam rilter Leudolt ist. Atrer 341';
Eschylus, der erlöser seines Griechenlands. Opitz 1,204;
0 mein erlöser, hilf mir armen !
es kann es niemand sonst als du. Drollinger 35.
ERLÖSERIN, f. redemtrix.
ERLÖSUNG, f. libeidio, losmachung.
1) Mösung: weil ihm die unserige mit abhauung der bäume,
erlösung der fruchte und todschlagung des geflügels seine
Wohnung ruinierten. Simpl. l, 6, 25 (1695 und 1713, 661), wo
aber K. 983 nach älteren drucken unverständlich liest erösung der
feuchten, erösung, Verheerung der fruchte gäbe guten sinn.
2) befreiung, redemtio: gebe sein leben zu einer erlösung
für viele. Matth. iO,iS; und betrübet nicht den heiligen gcist
gottes, damit ir versiegelt seid, auf den tag der erlösung
{goth. gasiglidai in dag uslauscinais). Eph. 4, 30 ; die edel
herzogin nidersasz, ircm allerliebsten rilter, zu welchem ir
heil und erlösung stunde, anfleng ein brief zu schreiben.
Galmy 281.
ERLÖSL'NGSFEIER, f. unser nachbar, der beckcrmeisler,
weisz noch davon zu singen und zu sagen, wie vor acht
jaliren eine gewisse alte Jungfer ihre hochzeits und crlösungs-
feier hielt, je, er wusle nicht, wo er alle bleche dazu {zu
den kurhen) hernehmen sollte! Kl. Scumidt Aom. rfio/if. 469.
ERLOSUNGSKHAFT, f.
lasz die erlösungskraft
itet« siegreich in mir kämpfen.
hannöv. kirchengesangb. 330 v. 9.
ERLÖSLNGSOPFER, n.
0 gönn uns einst die sfiszen stunden,
da dir der arme frülilich vingt,
und der bedrängte nun entbunden
dir sein erlösungsopfcr bringt! Drollinobr 39.
ERLÖSUNGSSTUNDE, f.
e* wird die erlösiingssiund
allen menscbcnkindern knnd.
SciioTTELiLS liulgarle 1647 (. 00;
gotl, trii8lc du alle betrübten herzen bis zur erlösungsstunde.
F«. Müller 3, 200.
ERLÖSINGSWERK, n. Rroc«e»3,6M.
ERLOSZEN, Iftxeh; sortiri:
kam ersogar unvcrix-hrt mit «riotzeiem tlielle vom sIegsraub,
«r Titp anrjfuov fji.d'B )mxi'*v «rro Xt,i8oi nloav.
Od. 5. 40. ,
ERLICKEN, languesrcre, krank und blöd werden. Makler 114*.
tgl. luck ßnccui, lurke lnniiiior 'l'l' und unxrr hx k<'r. laius.
ERLUCKUNG, /. languor.
ERLUFTEN, V eventilare, ventilare, wannen. Maa!.eb114*: ist
es kalt, sol man die stuben oder kamern wermen. ist es
aber heisze zeit, sol maus erlüften, damit der frawen nit zu
heisz oder onmechtig werde. Röszlis hebammenbüchlein bl. 32.
2) sich erlüften, sich laben:
dann sollte das herz mir
wol sich erlüften des wehs. Od. 9, 460,
wo es früher hiesz
dann sollte mein herz sich
wieder erlaben des wehs.
ERLÜFTIGEN, sukere, lüpcn: wer dürr rosen zu der nasen
habt, daz sterket daz hirn und daz hei-z und erlüftigt die
Icblichcn gaist (Icbensgeister). Megenuerg 345, 32; die verstopf-
ten dinge zu erlufligen und die lebcr zu Sterken. Thurneisser
infl. wirk. CO.
ERLÜGEN, effingere, cmcntiri, ahd. irliogan, irlouc, irlogan ;
vihd. erliegen, erlouc, erlogen; ags. äleogan, diedh, Alogen;
golb. usliugan begegnet nicht, die heutige Schreibung sollte sein
liegen wie biegen, triegen, will sich aber von liegen fitr ligen
jacere unterscheiden, damit sind zwei alle Wörter verderbt,
mhd. ein tiost im sterben niht erlouc. Parz. 27, 30,
teuschle ihn niclit über seinen bevorstehenden lad. nhd. alle ire
lere ist schedlich und erlogen, ps. 36, 4 ; es kam ein erlogen
geschrei aus. 2 Macc. 5, 5 ; dazu sag ich, dasz du solches in
deinen rächen erlogen hast. Galmy 276 ;
falsch Zeugnis erlognes munds verjen. Melissus ps. LI*;
treuherzige schalkheit und triogene Wahrheit. Göthe19,177;
diese erlogene Wahrheit, wodurch ganz allein die illusion er-
zielt wird. 19, 1S4; sie erlog alle beispiele, die sie vorbrachte;
euch angeklagt? das ist, mit seiner gunst,
erlogen, hört mich Nathan ! Lessinq 2, 338 ;
nadidrückUch :
ist erstunken und erlogen. Soltau 230;
'wenn man flucht, so gcbts gut.' das ist erstunken und er-
logen, rockenpliii 5, 5. oß bei Luther gebraucht.
ERLUPFEN, attoUcre, lüpfen: bawen und ackerüren ist
nicht anders dann das erdrich luck machen, erlupfcn und
beiszen (macei-are, 1, 1402). Sebiz 23 ; dasz er den köpf umh-
warf, wie ein tauben vor dem schlag und vor freuden gleich
erhupftc, crlupftc, erslupfte. Garg. 112*.
mhd. sin herze wart erlupfct
üf griramcclichen ernest. tr. kr. 6040,
WO aber die neue ausgäbe 5044 gelüpfet.
ERLUSTEN, ERLÜSTEN, delectare,
1) tr. dasz den inneren menschen dhein gsalz noch wort
also erluslet als das wort gotles. Zwingli1,62; gottes worl
eiTrewct alle engcl und erlüstet alle creaturen. Luther 3, 379";
ha, das erlüstet mein herz, dasz wir Cherusker dies schwö-
ren. Klopstock 8, 240 ; du hast mein herz erlüstet. 9, 246.
2) refl. lasz dichs nicht verdrieszen , das gott so mit dir
feiet, lasz dir solchen seinen willen wol gefallen, ja erlOsle
dich drinnen als in dem allerbesten und göttlichen willen.
Llther 1, 529*. 3,290*; indes mustu es gotl befehlen, in im
dich erlüslen, seinen willen dir gefallen lassen. 3, 290'; das
er kiindtc sich weiden und erlusicn. 8,256';
wolt mich crlusten in guten schwenken. Atrer /a«:n. 56';
daran wir uns, hoff ich, ein weil
erlösten wölln. Schade sal. umt pasq. i, 100;
in der jugcnd zum erlustcn, in <lrm aller zum erlaben
sind die weiber. Locau 3, 232, 7U,
um sich damit zu erlüslen, sich daran su erlaben, vw dem
inf. darf das sich fehlen ; als vor jähr und tag viele vornehme
polnische lierren bei spiel und tanz sich erluslelen, trat ein
leichtes wegfertiges weihsbild in den .sal. Hebels itYrilc 3, 35S.
sich ERLUSTIEREN, se deleciare, sich crlusten:
Im feld und gArten zu spazieren,
im grünen sich zu orlustieren. SpAncRNSKRC fangbr, M5';
der hirtc pflegie wol, was üleh linK tiiKetr.-igen
mit dem verliebten paar, oft viel'" ' :'''n,
die sich oh der geschieht als rr 'ir,
daruinb erzählt er auch sie ohii< lirr.
Up„..r,„. .;j. 2;«, 199;
ermahnelen mich an «o vielerlei vögel, die sich frühlingszeit
und im herbst bei uns in der luft erluslieren. Si«i;>/. A'. 764 ;
je je, dasz ihnen das ding nu sogleich einf.'llll, da sie «ich
liier ein biszriieu erluslieren wollten. Weisie *om. op. 3, i7J.
909
ERLUSTIERUNG -— ERMAHNEN
ER5IAHM:N — ERMAIEN
910
ERLUSTIERUNG, f. deledatio: die gedanken, so mir bei
solcher meiner erlustierung eingefallen. Opitz 1, 125.
ERLUSTIGEN, ERLÜSTIGE.N, dekctare, belusligen,
1) tr. die Römer haben thealra gebauwet, darin sie das
Yolk mit unnützer kurzweil erlüstiget. Reiszner Jer. 1, 23'; er-
muntert und erlüstiget eine liebliche music die geister des
gemüthes. pers. rosenth. 3, 27 ; damit ich ihn gleich erlustigen
könnte, so bald es ihm nur in den sinn käme. Tieck 9, 274.
2) reflexiv.
des sich erlüstigt mein gemüt. Schwarzksbbrg 150,2;
nicht weiter ich dir folgen mag,
bis ich zuvor ein denzlein gleich (/. geig)
und ich mich erlustig mit euch. Atreh fastn. 101*;
ich wil mich über dir allein
erlustigen und frölich sein,
■wil mutbig und vor allen dingen,
0 höchster, deinen namen singen. Opnz p$. s. 23;
wie soll jemand, dessen freund in einem gefängnis sitzet,
im garten sich erlustigen können? j)ers.baumg.l,lb; mit dir
(tod) eriustige ich mich in meinem garten. Heinr. Müllers
geistl.erquickslundens.lb; ihn däuchte, dasz er in einer gesell-
schaft von nymphen und liebesgöttern auf einer anmuthigen
ebne sich erlustige. Wieland 1, 302 ; wenn wir andern erden-
söhne uns auf gewöhnlichem Steckenpferden erlustigen. 9, 243 ;
willst du dich nach gethaner arbeit erholen und erlustigen.
Klopstoce 12, 146 ; erlüstigt sich der kaiser in gärten und
kiosken, so darf niemand in stiefeln auf die teppiche treten
worauf der hof sich befindet. GötheO, 197; nachmittags wollen
wir uns recht erlustigen. J. P. Siebenkäs 3, 101.
ERLUSTIGL'NG, f. ebleclatio: ein anreizung, ein erlustigung
oder ein willigmachung. Thcrneisser magn. alch. 2, 133 ; sie
haben ob der schönen gestalt ein erlustigung. Reiszner Jer.
2, 73".
ERMÄCHEN, labore superare, lucrari. Stieler 1199. ich kanns
nicht ermachen, meine kraß oder zeit reicht nicht aus. vgl.
entmachen.
ERMÄCHTIGEN, 1) copiam alicui facere: ich habe ihn er-
mächtigt meine schulden einzufordern; sie ermächtigte ihn
einen boten abzusenden.
2) sich ermächtigen icas sich bemächtigen, occitpare, capere:
und ich hörte viel und oft
erzählen von dem groszen inselvolk. . . . ;
und dasz sie schon die grosze Stadt Paris
inn hätten, und des reiches sich ermächtigt. Schiller 45S';
und wenn die andern glücklich sich des thors
ermächtiget, so wird ein hörn geblasen. 531'.
ERMÄCHTIGUNG, f. potestas, vollmacM : er ist ohne alle
ermächligung.
ERMAGERN, emacescere, abmagern : aber sein angesicht war
als gar verbleicht und ermagert, das es mänigklichen erbar-
met. AimonzA^; solche ermagerte spitzmeus werden durch
solch strupisch sägspänenessen mit der weil dahin gebracht,
das sie dem Pitagora zu leid auch dem leben nicht ver-
schonen. Garg.ib*; darumb wenn es seiner ersten nahrung
beraubt wird, so ermagert es mit der zeit und verliert die
saft und kraft. Sebiz 21 ; der von hunger und übeler Wartung
sehr ermagert war. gespensl 226.
ERMÄGERN, macerare, ad maciem reducere: ein feiszten leib
ermegcren. M aaler 115*.
ERMäHLEN, piclura quaestum facere: er hat haus und
garicn ermahlet. Stieler 1222.
ERMÄHNEN, incilare, hortari, admonere, ahd. irmanen, mhd.
ermanen, ags. ämanian.
1) ermahnen, gleich dem einfachen mahnen, geht sinn/icÄ auf
das antreiben, anstacheln der Ihiere, zumal der pferde, rinder und
künde, sei es mit uort, suruf oder mit schlag, peitsche, sporn,
alln. ist mana prorocare, lacessere und schw. heiszt es mana pä
ea hast, ebenso lat. hortari equos, canes, admonere equum,
überhaupt monere verbere, calcaribus, aculeo teloque. nicrA-
«ürdig steht auch ahd. farmanen contcmnere für calcare, con-
culcare (Graff 2, 769). was sich hieraus für die Urbedeutung des
Wortes folgern Idszt, uird unter dem einfaciten mahnen zur spräche
kommen, dasz mahnen oder ermahnen das anspornen der rosse
ausdrücken lehren folgende stellen:
mhd. da; sin (res) mante dr mit den sporn. Er. 4774;
dors wurden aber s^re
und vaste mit den sporn geroant. 9103;
nkd. als Alart in dort her komen sähe, ermant er sein pferd
mit den sporn und traf Dieterichen durch schilt und leib.
Aimonei'; da die Franzosen, was Fock von Morillon dem
keiser sagt, horten, verzogen sie nit lenger, sondern erman-
ten ire pferd mit den sporn und ranten auf Reinharts leut
strenglich, das sie hinder sich wichen. e4'; sie manten ire
pferde mit harten spornschlägen. Pontus 1512, 101 ; er ermanet
sein pferd mit den sporn. 46 (11). da nun auch schmerz, reue,
gewissen, wenn sie ermahnen, einen stächet mit sich führen, er-
gibt sich der Übergang auf die folgende bedeutung leicht.
2) erinnern, oft mit gen. der sache, aber auch mit der praep. an;
mhd. dö wart sin herze des ermant,
wie er sin ere und sin lant
hete verlorn und sin wip. Jw. 3933.
nhd. als nu die ganze gemein des dorfes irer eide also er-
manet wurden, weislh. 1, 557 ; also ermanet er uns des schreck-
lichen zorns. Lcther 4, 59 ; ach edler ritter ich ermahne dich
auch des schmerzens, so mein herz umbgab, als ich dich
vensundt ob meinem tisch stehen sähe. Galmy 284 ;
darnach sie (eas) ihr begird ermant. Atreb 370';
bitte und ermahne also e. liebden dienstlichen fleiszes.
Wielasd 6« Merk 2, 93 ; einen an alte freundschaft, an sein
ampt oder pflicht ermanen. Maaler 115". zuweilen mit acc,
der person und sache:
ein seltzam gschicht feilt mir gleich zu,
die mich ermant das ringlein dein. Atrek 207',
statt der {cttjus) oder an die.
3) in der bibel oft ermahnen, ermuntern, auffordern, wte
hortari : und ist also verschieden und hat mit seinem tod ein
tröstlich exempel hinder sich gelassen , das nicht allein die
jugent, sondern iederraan zur tugent ermanen sol. 2 Macc.
6, 31 ; indes aber ermaneten in die jünger und sprachen
'rabbi, iszl' /oA. 4, 31; und ermanet Philippum, das er auf-
trete, apostelg. 8, 31 ; ermaneten in, das er sichs nicht liesze
verdrieszen zu inen zu komen. 9, 38 ; ich ermane euch, lieben
brüder, das ir ewre leiber begebet zmn opfer. Rom. 21, l ; das
ir euch unternander könnet ermanen. 15,14; darumb ermane
ich euch, das ir die liebe an im beweiset. 2 Cor. 2, 8 ; wir
ermanen aber euch als mithelfer, das ir nicht vergeblich die
gnade gottes empfahet. 6,1; wie ich dich ermanet habe, das
du zu Epheso bliebest. 1 Tim. 1,3; so ermane ich nu. das
man für allen dingen zuerst thue bitte, gebet, furbit und
danksagung für alle menschen. 2, 1. für dies ermane hat
Ulfilas tor sich TtaQaxafM und rerdcutsciU bidja. einanderen
ermanen und Sterken, cohorlari imicem; einen bi seiner ge-
wiszne ennanen; etwar zu ermanen, adhorlari ad rem aliquam;
vast ermanen, exbortari. Maaler 115' ;
ermanen wir dich noch einmol
als ein kind billichen sol,
verzeih uns ! Mirser schelment. 105.
4) unpersönlich, ermahnt mich = gemahnt mich, kommt mir
vor, ridelur mihi: zu weinnacht begeen sie die kindheit Christi
also, sie setzen ein wiegen auf den allar, darein ein ge-
schnitzt kind gelegct , dis wiegen die stattkind ein grosze
menge, springen und danztn umb das kind in einem ring,
darzü die alten zusehen und mitsingen mit vil seltzame lied-
lein von dem neuwgebornen kindlein, das mich ermanet wie
elwan die Corjbanles in der hole des bergs Idee bei dem
weinenden neuwgebornen kind und gott Jovi. Fra^k wellb. 50* ;
deren närrischen holTart ich lachen musz, wenn sie alle wort
einem jedem buchstaben nach aussprechen wollen, welche
gezwungene weis mich ermahnet, als wollen sie andere er-
erst recht reden lernen, wie jener alte krebs seinen jungen
das gravitätische für sich gehen. Simpl. teulscher MicM cap. 7.
i.707.
5) ermahnen ßr mahnen = poseere, erigere, einmahnen, ein-
treiben: wie ich aber das geld ennanen sol. dasz weisz ich
nicht, er kennet mich nicht, so kenne ich in auch nicht.
Tob. 5, 2 ; ich hätte aber bis anhero an dem depulat nichts
ermahnen können. Schweimchex 2, 14.
ERMÄHNEN, n. exhorlatio: flehelen uns mit vielem erma-
nen {goth. mij) managai usbloleinai bidjandans uns). 2 Cor. 8, 4.
ERMÄHNER. m. hortator, monitor.
ERMÄHNUNG, f exhortatio: wer aber weissaget, der redet
den menschen zur besserung und zur ermanung und zur
tröstung. 1 Cor. 14, 3 ; er nam die emKinung an {goth. bida
andnam). 1 Cor. 8, 17 ; man liesz es nicht an crmahnungen
fehlen.
sich ERMAIEN, obledare se tempore map, sich erlusiigen in
fröhlicher zeit des frählings, im Wonnemonat, wo maitdnze gehal'
ten werden, dann überhaupt sich lustig machen, erfreuen:
911
ERMÄKELN — ERMANGELN
ERMÄNGELN — ERMANNEN
912
mhd. solt ich hangen,
dar so füer «la? oupe min
ermeien sich dort mit ir lichten ougen klär. MS. % 209" ;
nhd. siehst du nit dort in einem rcien
sich schöner weiber neun ermeien? 11. Sachs . . .;
kora lasz uns in den roscnprarten
und in den rosen uns ermeien. V, 202';
und da man ihnen kurzweil macht
mit tanzen, Jubiliern und springen,
mit seitenspil, pfeifen und singen,
in schönen garten zu ermeien,
ehrlichen spihi und jungfraureien. Atrer 193';
(in der lireiizwoche nach ostern) da issct man cier und was
man guls hat iin grünen gras auf dem kirclihüf und erniaien
sich die Icul wol. Fr.\.nk «W/ft. 15G7, 13;»', iro aber 1534,132'
liest ermanen sicli, tras etwa den sinn gäbe: sprechen sich zu,
fordern sich auf. rgl. das einfache maicn und maiircn.
EHMÄKELN, viercan, erhandeln: ich wollte viel drum gehen,
wenn ich mir dabei auch zutrauen gegen die weiber erniä-
keln könnte. Göthe 20, 91.
ERMALS, quondam, kos ehemals, chmals {sp. 46) :
erraals erzalst du mancherlei
wort, ebruch, schendlich hurerei.
Schade sat. und pasq. 1, 122.
ERMANGELN, dcesc, deßcere, ahd. mhd. nur das einfache
mangolün, mangeln, mü gleicher bedeutung, ermangein erscheint
im 11 jh. (Deszler 99'. Stieler 1231) und mrd im 18 sehr üblich.
1) unpersönlich, es ermangelt an allem, an gcld, an Icbens-
mitteln; es soll an mir nicht ermangeln; er läszt es an
nichts ermangeln;
wer zu loben Ton viel Sachen,
da wil lob sich schwerer machen
als bei dem, wo nichts sich weiset,
das man füglich rühmt und preiset,
den dort mangclts an den worten,
die man darf zu so viel orten,
hier ermangelts an den dingen,
dusz man blosz musz worte bringen.
LocAU 3, 151, 78.
2) ermangeln, deesse, abesse, mangeln, fehlen: und hier fängt
die zeit an, wo die fingerzeige der niedergeschriebenen hislorie
freilich ermangeln, aber eine sorgHiltig aun)cwahrtc tradition,
die so viel merkmale der Wahrheit hat, ist bereit diesen
mangel zu ersetzen. Lessing 10,305; alles ermangelt, nichts
ermangelt ;
die in ein schlosz gekommen,
wo nichts ermangelt, nichts gefehlt. Göthe 3,74;
er fühlte im reden erst recht, wie nichts mehr zu seiner
Zufriedenheit ermangle. T!Eck4, 232; wir entdecken in allem,
was die natur um uns wirkt, etwas so fest bestimmtes, das
nie ermangelt. Kli.nger 5, 51. so auch im parlicip: die bisher
ermangelte gelegenheit; weil dergleichen ferne grundstuck,
wegen groszer untreu der leute und ermangleten nachsehen
(fehlender aufsieht) selten wol bestellt wird. HoHBEno 1, 344".
3) mU gen. der sacke: wir ermangeln des broles, weines,
geldes; wenn man den menschen den Vorzug der Vernunft
Tor den übrigen thieren nicht absprechen kann, so musz
man doch gestehen, dasz sie sich derselben so schlecht be-
dienen, dasz es beinahe besser für sie wäre, dieses gefahr-
licben Vorzuges gar zu ermangeln. Wieland 7, 142; der gc-
sclzgeber ermangelt dabei aller der vortheile, die ich von
der roheit der Romuliden zog. 25,185; wer gegen alle Ver-
nunft, gegen die absiebten, gegen den plan seiner familie,
zu gunstcn seiner leidenschaften, entwürfe schmiedet, ver-
dient die fruchte seiner leidenschaft zu entbehren und der
achtung seiner familie zu crmangeln. Güthe 21, 91 ; mitten im
regen ermangelten wir sogar des wasscrs. 30,80; die eng-
lische poesie hat eine gebildete komische spräche , welcher
wir Deutschen ganz ermangeln. 46,214; ein schöner kijrper-
bau begünstigte sie, nicht so die gesichtszüge, welche, ob-
gleich gute, verstand, Iheilnahme deutlich genug ausdrückend,
doch einer gewissen regelmüszigkeit und anmulh ermangelten.
48,100; alles was er schreibt ermangelt der feile;
erroanrl ich auch der «chlüpfrig glatten kunst,
if for 1 want that glih and oiljr an. Lear 1, I.
4) mü dat. der j-erson: die stimme der ganz in Bich ge-
drängten, sich selbst ermangelnden und unaufliallsam hinab-
stQrzendcn creatur. Göthe 16,122; was ist der nieiisch, der
gepriesene halbgoll! ermangeln ihm nicht eben da die kriifte,
wo er sie am nölhigitten liraurbl? 16,141; aus furcht, hier
raOcble uns die jugendliche glul ermangeln. 22,86; bei einem
tebi wol besetzten railtagstiscbc licsz man lichs an keinem
genou ermangeln. 26, 20 ; hicdurcb bat diese« blatl eine ge-
wisse anmuth gewonnen, welche gar oft einer ausschliesz-
lich angewandten technik zu ermangeln pflegt. 44, 169 ; wozu
ihr denn auch wol ernst, mittel und gelegenheit oft erman-
geln mögen. 44, 170.
5) nicht ermangeln, non deesse, non omütere, nicht verfehlen,
unterlassen, mü nachfolgendem abhängigen salz: ich crmangle
nicht, dir zu melden; Agalhon ermangelte nicht, ihr noch
an dem nemlichen tage gelegenheit dazu zu gehen. Wielasd
1,313; diese ermangelten nicht, mir bei jedem anlasz be-
weise ihres bösen willens zu geben. 3,387; Kcrim war in
der that von der sultanin erkauft und hatte also nicht er-
mangelt, ihr alles, was er von Arujas geheimer audicnz im
kabinet des sultans wusle, unverzüglich zu hinterbringen.
8,446; dieser umstand ermangelte nicht, das schwache ge-
hirn des armen Pedrillo vollends in Verwirrung zu setzen.
11, 101 und bei diesem schrip steller noch oß, in unsrer geschäps-
sprache heliä)l.
ERMÄNGELN, erschachern. Tobler 171* gehl auf mangeln.
Stalder 2, 195 zurück, mehr davon unterm einfachen «w/.
ERMANGLUNG, f defectus: in ermanglung des geldes, dc-
ficiente pecunia; in ermangclung anderer novellen. Weise
W. /eu/e350; in ermanglung deiner andern hiesigen freunde;
in ermanglung eines bessern.
ERMANGLLNGSWEISE : seine maxime ist nicht crmange-
lungsweise [negative), sondern sogar abbruchsweise (contrarie)
oder, wie man sich ausdrückt, diametraliter dem -gesetze ent-
gegen. Kant 5, 155.
ERMANNEN, mhd. ermannen. «*. 2, 51*.
1) irUr. ein mann sein, mann werden, animum riri capere,
recipere, audere:
mhd. das ^o'c ^'"i eime scricke
virzagit harte dicke
unde irscamit sich vor leide
unde irmannit andirweide
und stritit danne bat dan 6r.
swcnne der hell wirdit ser,
so irmannit 6r von den wundin
und gesigit undir stundin. Alhis C, 137;
Achilles crmannete dö. Herb. 11486;
Zachariäs der gute
ermannele gegen in vurbaj. pass. H. 346, 58;
Bil.S'n und 10345 ist aber zu lesen ernande oder emante.
nhd. der hcld als er der spitz erapfant
iu seiner seilen, da erraani
er wider und braucht sein krefl all. Teuerdank 38, 70;
des erschrack ich gar innigklich,
gedacht es wer fraw Ahenthewr,
oder ein gespenst ungehewr,
doch ermant ich und redt an sie. H. Sachs I, 329*;
als er das wild schwein sähe, ermannet er. PontusiS.
2) tr. ermannen, erigere, firmare, stärken, aufrichten, dcu von
Graff 2, 753 aus N. ps. 88, 14 beigelirachle ahd. irmannen, dari-
ßcare ist aber verschen und in irmAren zu berichtigen, vie sieh
aus Hattemer s. 318' ergibt, ebenso wenig begegnet ein mhd. beleg.
nhd. sein gebifite ermannen. Fleming . . .;
wer ermannte dein herz, den tod des ersten der menschen
und mit ihm alle todo der kinder Adams zu sehen?
Ucnsias 5, 748;
ich kann nicht mehr zur lust mein mattes herx ermannen.
GorrKR 3, 339 ;
diese phantasie
ermannt die seele wiederum, i. G. Jacobi 3, 129;
bis gelinde freude
wiederum den gebt ermannt.
3) tr. ermannen, superare, übermannen, wie erlisten, itber-
listen :
er (der hund) kund in {den hasen) aber nicht ermannen,
sein liein warn im vor alter gspannon. Wam>is 1,22 hl. 19*.
4) am häufigsten sich ermannen, in der bedeutung des inir.
erniannens: aber das volk der man von Israel ermannet sich
tind rüsteten sich noch weiter zu streiten, rieht. 70,22; und
als er mit mir redet, ermannet ich mich und sprach, mein
herr rede, denn du hast mich geslerkl. Üan. 10,10; aber das
Volk, so ircn gutt kennen, werden sich ermannen und aus-
richten. 11,32;
das pford holt aus, gab im ein »rhlag,
das der low auf dem nicki'n lug,
und künde sich \ant! iilrlil ermannen,
die weile lief das plerd von dannrn. Walpi« I, 32 bl. 2:.*;
dn wnrn vil hund, die in anianntcn
und sich all über in ermannten. 3, 81) hl 180* j
und iiprarh, bi»l toll, das dich ermann«! {tpaqe.%1)
ina waaaer, weiind uil «chwimmen kansi. 4, M bt> 370*;
913
ERMANNUNG — ERMEHREN
ERMEISTERN — ERMESSEN
914
als sie (die seele) Ton des todes
schrecken nun ganz sich ermannele. Hessias 16, 445 (auch
13,943.14,1141);
ermanne dich, Eva, den gedanken zu denken, ermanne dich
die glückseligkeit des paradieses zu denken. Klopst. 11, 158 ;
zur tugend der ahnen
ermannt sich der held. Göthe 2, 43;
ermannen sie sich, edler prinz ! Schiller 251';
und als sich ihr leben zum letzten ermannt,
da streckte sie nach dem gefasze die band. Bürger 35';
ich sasz im kämpfe zwischen ermannen und niedersinken.
Fr. Müller 1, 16.
4) Schweiz, bedeutet evmajiaen auch mit dem mann erheiraten.
Ritte 21. Stalder 2, 197. vgl. erfreien, erweiben
ERMANNÜNG, f. rigor, audacia:
doch mächtiger stärkte
gott den weinenden, gab mir ermannung gen bimmel zu
schauen, ilessias 11, 1302.
ERMARBEN, macerari, mürbe werden, ahd. irmarawen: die
gruben [auf weinbeigen) werden vorher im frühling ausgefaszt,
damit der grund durch sonnen und regen fein ermarbe und
abiige. Hobberg l, 359*.
ERMÄREN, divulgare, ahd. irmaran (s. ermannen 2), vgl.
mhd. vermsren: ach got, was schönen ritters ist Reinhart,
seins gleichen wird niemmer gesehen, gott woll in im kraft und
manheit, lob und ere ermeren ! Aimon b 3', erscheinen lassen ?
besser steUt es sich hernach unter ermehren, vermehren, auch in
mhd. stellen entspringt zweifei zwischen vermaeren und vermeren.
ERMÄSTEN, pinguefacere. Stieler 1274.
ERMÄSZIGEN, moderari: die kosten ermäszigen; die ab-
gaben ermäszigen, heiabselzen ; die ich mich nicht habe er-
mäszigen {enlh<ülen) können, mit ihrer erlaubnis vorzutragen.
TiECK liscMer 1, 76.
ERMÄSZIGUNG, f. moderatio: ermäszigung der baukosten ;
hauswirthliche ermäszigung.
ERMATTEN, von dessen Ursprung unter matt die rede ts/.
1) intr. languescere, fatigari, ermüden: sein geist ermattet,
ermüdet; die ganze thätigkeit in dieser sache ermattete zu-
sehends ; denn eben die tägliche erfahrung . . . lehret uns
auch, dasz die färben der entfernten dinge immer mehr und
mehr ermatten und schwinden. Lessisg 8, 27 ;
verbirgt sich je der gnade sonnenblick,
sogleich ermattet solch ein wiederglanz. Götbe 9, 297 ;
sein mitgefühl löscht mit den leiden aus,
in Wollüsten ermattet seine tugend. Scbilur 253';
die ermatteten glieder zu baden
in den erfrischenden strömen der lüfte. 497';
ich ermatte, sprach die schöne,
gib mir deine sichre haad. Herder;
vom schwesterntanz ermattet. Gotter 1, 75;
treu meiner pflicht
ermatt ich nicht,
bis meine blicke dich entdecken. 3, 4S6;
zu ermatten, darum jag ich,
bin ich müd, so bab ich ruhe. Mcll^ers schuld $. 43;
die ermattende sonne. J. P. mumien 3, 3 ; mit nie ermattendem
eifer forschen.
2) tr. lassare, fatigare: die grosze hitze ermattet menschen
und thiere ;
die feuerschlünde sind verstummt, der lange kämpf
hat freund und feind ermattet. Körner.
3) refl. sich ermatten: er ermattet sich mit laufen, am-
bulando fatigatitr. Stieler 1249.
ERMATTEN, n. faligatio:
so jagen wir ihn ohn ermatten. Schiller 58'.
ERMATTUNG, f. faligatio, lassitudo: die höhere art der
Wellanschauung bleibt als das erste und ewige im autor und
menschen unverrückt, indes alle einzelnen kräfte in den er-
matlungen des Icbens und der zeit wechseln und sinken
können. J. P. aesth. l, 79.
ERMAUERN, exstruere lapidibus, aere:
feindlich darf keiner dieser furchtbarn mine,
und war er auch in erz ermauert, nahen. TiEd i, 218.
ERMAUSEN, suffurari. s. mausen.
ERMEHREN, augere, vermehren: kaiser Carle umbgürlet
Reinharten das schwert,"gab im den ritterlichen streich und
sprach 'got wöl dein kraft und macht ermeren!' Aimon b 3';
got wöl in im kraft und manheit, lob und ere ermeren!
ebenda; so wil ich im sein reich mit Tierzehn guten schlos-
sern ermeren. m 2' ; so wölt er ime sein königreich mit vier-
zehen guten schlossern ergröszern oder ermeren. m 3' ; got der
m.
allmechtig wöU ewer ere ermeren. E 2'. in der Schweiz hekzl
heutzutage ermehra durch Stimmenmehrheit beschlicszen. Tobler 17l'.
ERMEISTERN, superare, subjiceie sibi, bemeistern: dadiu'ch
mögend die flüsse ermeistert und geheilet werden. WCrtz 187 ;
die volatilische oder flüchtige metall, die im fewr nicht zu
behalten oder zu ermeislern sind. Paracelsus 1, 904'.
ERMEISZELN, exsculpere, caelare, ausmeiszeln, vgl. goth. us-
maitan.
ERMEL , ffj. manica = ärmel 1, 557. ahd. scheinen beidi
formen armil und armilo güllig, mhd. nur starkes ermel, p/.
ermel und nicJU ermein vorzukommen, nhd. aber findet sicli
ermein noch hin und wieder: Thomas Münzer sagt seinen
bawren zu, sie würden die büchsenklöszer (kanonenkugeln)
von feinden in ire ermein one schaden empfangen. Albercs
wider die verfluchte lere der Carlslader 0 2'; es arbeitet zwar
alles gern an ihnen (den faulen viägden), nur was zum hemd-
ermeln heraushänget (d. t. die hand), das will nicht an die
arbeit, unten-ichl an hausmägde s. 55. man sagt enge oJer weite,
kurze oder lange ermel, gestickte, gefütterte, aufgeschnittene,
gebundene ermel, vgl. pelzermel, sammtermel; ir geleiten
eben wie der in plowen ermlen. Schade sat. u. pasq. 3, 105 ;
rock mit langen ermlen bis auf die finger. Maaler 115";
da sitzt das abenteur mit weiten ermein da,
der könig Hasenfusz. Göthe 7, 42.
es heiszt, eine predigt aus dem ermel schütteln, sie aus dem
Stegreif, ohne Vorbereitung halten: der prior sprach 'das volk
lauft mit groszer viel (menge) zu und ich hab kein prcdL
canten'. 'laszt euch das nit bekümmern, ich bin ein lands-
prediger, ich kan ein predig aus eim ermel schütteln', seh.
und ernst 1555 cap. 321 ; seine predigt war nicht aus dem ermel
geschüttelt, war wol überdacht, gott treugl niemand und
wirt nit betrogen, der alles siebet und weisz, laszt im nit
auf den ermel mahlen. Fraxk sprichw. 2, 54' ; habe oft meine
halben ermel links an. rockenphil. 3, 53 ; einen beim ermel
fassen, ergreifen; ja ich dürfte mich eher bereden, als meinen
ermel ausreiszen lassen, mit einem soldatenromain heraus
zu rutschen (trürrfe leicht mit einer soldalengeschichte hervor-
rücken). Felsenburg 1 rorr. ; hundert thaler fallen einem nicht
gleich aus dem ermel. Schlampampeleben s. 51; gebot ihr die
ermel nicht sechsmal zu binden, pol. slockf. 81.
ERMELBAND, n. pol. slockf 82.
ERMELBINDE, f pol. maulaffe 74.
ERMELBLUME, f manulea. Nemxich.
ERMELDEN, nuntiare, prodere, vermelden, bemeiden: wie
denn das die copei in die lenge ermeldet. LirroERS br. 4, 577 ;
was aber hier disseit ermelter gebirge zu ligt. Thcrneisser
«1. alch. 1, 85 ; so kam ich aber zu ermeltem Christophen von
Gieg. Götz vo.^ B. lebensb. 76 ; bei ermelter seiner hohen obrig-
keit. Rectter kriegsordn. von. ;
du, Hermes, lieber söhn, zeuch bald mit ihnen fort
ermeltem hlrten zu. Wecxherlix 722;
ermeldler mein praeceptor aber war dieser Instruction un-
bedürftig, sondern von sich selbsten auf alle büberei ge-
neigt. Simpl. K. 629 ; ermeldte Schatzkammer wurde wol ver-
mauert. Felsenb. 1, 191 ; mehrermeldter N. N. heute nur im
kanzleistil, man sagt dafür erwähnt, gedacht, nicht zu über-
sehn das gern nachgesetzte possessivum.
ERMELICHT, manicatus, unermelicht, sinemanicis. Stieler 54.
ERMELKEN, emuigere, ausmelken : die dienen nicht frei gott,
umb gots willen, das sie also lust, lieb und willen zu gott
und dem guten haben, sonder inen selbs, das sie ermelken
die verheiszen milch. Fr.4Ss paradoxa 116*.
ERMELROCK, m. vestis manicata.
ERMENGEN, durcharbeiten, erhitzen, in Jcl. Schmidt pflege
Reichenfels 137 ohne weiteres verzeichnet, scheint kneten, subigere,
s. durchmengen.
ERMERGELN, enervare, abmergeln, ausmergeln:
ein schön und geiles weib
ermärglet bald den geist und leib. Weciherlix 815.
ERMERKEN, observare, bemerken: das mögent ir allen tag
aus erfarenheit ermerken und abnemen. Aimon Al'; sie er-
merktcn solches. Kirchhof wendunm. 193.
ERMESSEN, emeliri, alid. irmejjan, mhd. ermcjjen, ags.
ämetan. das goth. usmitan hat nur den abgezognen sinn mm
emeliri, conficere viam, convcrsari.
1) sinnlich, die höhe eines thunns, die tiefe eines brun-
nens, die weite eines wegcs ermessen, ausmessen, durchmessen;
mit oder an den fingern ermessen, abmessen:
58
915
ERMESSEN — ERMITTLUNG
ERMODERN — ERMÜDEN
916
endlos liegt die weit vor deinen blicl<en
und die scbirTahrt selbst ermiszt sie kaum. Schiller 101^;
reiche den puls! lasz mich ermessen,
welch ein übel in dir steckt. Götuk 11, 12S;
wie der pQüger die helle mitte des tages an seinem eignen
schatten zu ermessen versteht. Arnim Aroncnit'. 1, 2; der berg
ist gar nicht zu ermessen.
2) abslracl, irüelligere, comprehendere, abnehmen, entnehmen,
begreifen, überlegen, beurtheilen:
darumb er still stund in den Sachen
ein klein zeit, bis er kundt ermessen,
das Tewrdank des het vergessen. Teuerd. 81,7;
der weisen Sprichwort wol ermisz,
unwiderbringlichs oU vergisz. Scuwarzkjcbkro 151, 1;
ermisz solch warheit recht zu häuf. 151, 2;
vor allen dingen nit vergisz,
auT erd der tugcnd quäl ermisz,
dargegen posheit wirt getrost,
der Trumm gilt minder dan der pöst. 152, 1 ;
was groszer freud der riticr von der herzogin trost hett, ich
demjenigen zu ermessen gib, so sich in liebe geübt. Galtny 3S ;
in was geslait sich Galmy der rilter an seinem ampt ge-
halten habe, nit not zu beschreiben ist, dann ich einem
jeden dasselb gib zu ermessen. 160; ist einem herm von-
nüten, dasz er sich selbst, seine macht und vermögen nach
allen umbständen fleiszig ermesse. KincHnoF rf/^c. «iiV. 6; den
grund einer sache, eine sache gründlich crmessen;
0 mein leid ist nicht zu ermessen. Ayrer 29*;
dein wort und deine weg erwegen und ermessen.
Weckhkrlin 2(JÜ;
edelleute welche new, wird die nachzeit erst ermessen.
LoGAU 2, 12S, 43;
einem fürsten ist gut rathcn, der der räthe schlusz und rath
für sich Selbsten kan ermessen, ob er grund und glauben hat.
2, 220, 95 ;
ei fhigt sich, ob das essen besser, oh schlafen besser zu cr-
messen. 3, 114, 73;
nein, seine liebe zu ermessen
sei ewig meine gröszle pflicht. Gellert 2, 93;
hat dieser schlecker nichts ermessen (bedacht)'}
Hagedorn 2, 19;
ins zweimal neunte jähr, mit stummer Ungeduld
bewahrt auf besserung sie {die siniigedichle) mein verschwieg-
nes pult,
was sie nun besser sind, das läszt sich leicht ermessen:
mein pull bewahrte sie, ich hatte sie vergessen. Lessing 1,1;
und wer weisz, was er noch erreicht und ermiszt,
denn noch nicht aller tage abend ist. Schiller 324";
dasz er sich ermessen (vermessen) habe, ihn im Schachspiel
zu überwinden. Tieck 13, 19. in diesem sinn auch in Collins
verken 2, G8.
ERMESSEN, n. consilium, sententia: nach meinem ermessen,
daßrhallen.
ERMESSENüElT, /". cognilio acctiralissima. Haltacs 402.
ERMESSÜNG, f. consideralio : aus weislicher ermessung aller
umbstände. Kircubof wiiY. disc. 150.
ERMESZLICH, mcnsurabiUs: sobald ihn die sich selbst über-
lassene menschliche Vernunft zu bearbeiten anfing, zerlegte
sie den einzigen unermesziichen in mehrere eiraesziichere
und gab jedem dieser theile ein merkzeichen. Lessing, 10, 310.
vgl. unermeszlich.
ERMEL'CHELN, ex insidüs occidere, fwitnlich umbringen.
J. Moses Ahasrerus 1838. 87. 104.
ERMIESE.N, cmuscari, das mies von den böumen seit beren
{wegschaffen). Maaler 115". s. ermosen.
ERMILDERN, lenire, miligare: die Juden helen nit so durstig
dürfen handien wider Christum, wan der schein, der von im
usz gangen wür, bei sie eimiltert. Keisersh. ,?cAi/ der /«n. 97*;
es soll mich babsts Pclagii ehn\irdig angcsicbt nit enuiltcrn
wie Totilam. Garg. 221';
hofnung erhelt manch traurig hen,
ermiltert inwendigen ichmerz. H. Sachs I, IIS";
zu ermiltern seine wut. Wkckuerlin 786;
wa« er in seiner hcAn-n m Mo^z crsphen,
die» endlich hnh > " ' iu,
denn lei ihm glei' nipf gcichehen,
•0 wiis er doch, ci ...„ .Hein. G»i£« /tr. 28, 43.
ERMILDERl'.NG, f. mitigatio: zu meiner höchsten schmerzen
ermillerung. WecKiiERLi^t wrr. tu dfn geisll. ged. ; ermilderung
der zuerkannten strafe.
ERMITTELN, rfpfrirc, awmiU^n, autfindig machen.
ERMITTLUNG, f., cnldtckung, au$ßndigm«chung : ermiltlung
der tbater.
ER.MODERN, situ corrumpi, rertnodern: es ist manicher
mensch der krank- und leibschwacheiten ledig und nicht be-
laden, aber dannochl so ganz mitenander schwemiütig, cr-
moderl, verdorben und stockherzig, das er sich so Ireg ent-
pßndet, als ob im alle glidr empfahl (enlfallen) wollen. Velrs
vergiszmeinnil n 2'.
ERMÖGLICHEN, potestatem facere, möglich, tiiunlich, leicht
machen: ich will es ihm ermöglichen.
ERMÖGLICHUNG, f.
ERMORDEN, dam occidere, spdler überhaupt tödlen, umbringen,
mhd. ermorden, neben dem älteren ermordern (vgl. mord für
morder, golh. maur[)r, ags. mordor):
dör truhsR>je der hat in
mortliche ermordet und erslagen
und hat in diz mos getragen, j'ritl. 237, 3;
sus selten dise zwene man
Isöte der mortra'ten,
daj sis (lirangi-ene) ermordet hmten. 323, 40;
nhd. da sie aber mitten in die stad kamen, ermordet sie
Ismael bei dem brunnen. Jer. 41, 7; was gilts, die inseln wer-
den erbeben, wenn du {Tyrus) so scheusziich zefallen wirst
und deine verwundeten seufzen werden, so in dir sollen er-
mordet werden. £3.26,15; das wir nicht alle umbkomen, wie
unser brüder in den holen ermordet sind. l3/acc. 2, 41; sie
wollen uns, unser weib und kind ermorden und berauben.
3,20; und da er befand, das sie in wollen ermordet haben,
liesz er sie tödten. 16, 22 ; klagten im, das Onias unschül-
diglich ermordet were. 2 Afocc. 4, 36 ; und zoch wider die, so
seine brüder ermordet hatten. 12, 6 ; er liegt auf der heer-
strasze ermordet;
die biirger, in der raserei,
bis auf den letzten mann ermorden. Gellert 1, 138;
ihr wiszt wol aber nicht, dasz wenig tage
zuvor in Gath die Christen alle Juden
mit weib und kind ermordet hatten. Lessing 2, 324.
2) übertragen auf krankheit, ficber: er verfiel in ein pesti-
lenzialisches lieber, das ihn in wenig tagen ermordete (weg-
nalim, umbrachte, che l'ammazzo). Göthe 35, 296.
3) bildlich für rauben: du morder der rchten buo^e, du
h.'ist uns die rehten buoje ennordet, diu der .siben hcilikeit
einiu ist, der höhsten, die got hdt. die habent uns die
Pfennigprediger alse gar ermordet, daj nu lützel ieman ist,
der Sünde wolle büejen. Berthold 289. 290.
0 vater, vater, denkt zurück,
ermordet nicht mein ganzes glück! Dcrgkr 54*;
die Unschuld ermorden. Gökinck 3, 46; dieser könig hal meine
ehre ermordet. Klinger 2,42; was sollte den mann wol über-
raschen, der über alles gebietet, der seine genflsse ermordet,
weil ihm keiner einige mühe kostet ! 6, 49 ; seine ruhe war
schon ermordet. 8, 314 ; wer gibt ihm die ermordete ehre
wieder? i.P. uns. logei,i%; so lange dieser sinn [der recht-
lichkeil) in uns nicht zu ermorden ist, werden wir knecht-
scbaft hassen und das Vaterland lieben, friedenspr. 11.
ERMORDEN, dasselbe, die umUndende, dem ahd. murdan und
mit ausgestosznem r aucli dem goth. niaurj)rjan, ags. myrdraii,
ahd. murdran entsprechende geslait, mhd. ennürdon (wb. 2, 223*):
einer schrigt, juchzet, bröllt und hlftrt (hlcrrt),
als ob er ietzcnd würd erraört. Rrant (>2, 20;
das im (dem pUger) der tüfel disen slab nit neinc und ver-
slelc, der im on underlosz strick leil, nochspecht (nach-
späht\, nochscliliciil, nochgat und uf in war nimpt wie ein
morder, das er einen solchen bilger Christi umbring und
tödlichen hcrmört (ermorde) an siner seien. Keisersrerc /h7;/.
35*; uf dasz sie ermOrdent die seien, die do nit sterben und
machten lebendig die seien, so nit leben. Scuahe sal. «. ;'(i>i/.
3,18; das haupt Ciccros ward mitsampl andern den er-
miirdteu hüuptern zu Rom am otl'on platz auf der schrannen
ausgesteckt. Aventin 114. später unüblich.
ERMORDUNG, f. occisio, im eigentlicJien und uncii^mllichen
sinn: eniderkung und ermordung und beerbung von Amerika.
J. P. leufelsp. 2, 2if); er hörte, dasz ihr (Lianens) hnider >ich
seit der ermordung ihrer äugen der ganzen sladt entzogen
(er hatte ihre erblindung vcrsdiuldel). Tit. 2, 44.
ERMORSCHEN, rumpi. lusammenbrechen, irrfatlen:
ein nackten nngKlgorippe helM't
den «eufier und rrniurschi. IIhrpkh 'i Mi;
ERMOSEN, mii'^rMMi nmotere, s. ermiesen
ERMÜDEN, U'te ermatten.
1) intr. fatigari, mÜ gm. der lache oder firaeposilion/'n dtn
Itp 8ol in geistlicher Uebunge dicke emiüeden. äuto bm
917
EBMCDIGEN — ERMUNTERER
ERMUNTERUNG — ERN
918
Wackebxagel/6. 976, 38; anstatt der pagen, lakeien und Stall-
knecht hatte er bocke und säu, jedes fein ordenJich in seine
natürliche liberei gekleidet, welche mir auch oft auf der
weid aufgewartet, bis ich ihres dienstes ermüdet, sie von
mir gejaget und heim getrieben. Simpl. K 27 ;
denn, wenn der mächtige des Streits ermüdet,
wirft er behend auf den geringen mann,
der arglos ihm gedient, den bfutgen mantel
der schuld, und leicht gereinigt steht er da. ScnaLBK 505*;
hier hält das opferthier ermüdet still. Lessisg 2, 284;
ermüdet von des tages langer reise. Göthe 13, 178;
hier ermüden die flügel der kühnsten phantasie. Lichtenberg;
das unübersehliche Weltmeer ohne ufer, worein der geist,
der vergeblich überfliegen will, ermüdet sinkt. J. P. TU. 3, 115.
oft mit folgendem inf. : ich ermüde es zu wiederholen ;
wie kann ich euch zu sehn ermüden? Lessisg 2 . . .;
er ermüdet nicht gutes zu thun ; der Inhalt eines liedes, den
grosz und klein nie ermüden anzuhören. Klixger 7, 71 ; nie
ermüden einen lobzupreisen. 8. 4 ; hier steigen so viele Schwie-
rigkeiten auf, dasz ich ermüden würde sie alle herzuzählen.
9, 129.
2) tr. fatigare: ich hatte mein pferd zu stark ermüdet und
muste einen tag liegen bleiben ; das viele reden ermüdete ihn ;
ein tausendfacher jubelschall
der bacchen, satyreu und faunen
ermüdet nun den wiederhall
und setzet alles in erstaunen. H.\gedors 3, 130 ;
und wenn euch ros und wein und nymphen einst ermüden.
Götter 1, 30;
ich will hinaus aus diesen das aug ermüdenden gärten.
Klingers tli. 3, 145.
3) reßexiv :
leser, dasz du nicht gedenkst, dasz ich in der reimenschmiede
immer etwa tag für tag, sonst in nichts nicht mich ermüde.
LoGAü 3, 147, 59 ;
man ermüdet sich in dem sande.
ERMÜDIGE.N, faligari:
matt und beschwerlich,
wandernd ermüdigt,
klimmt er gerährlich,
nimmer befriedigt. Göthe 47, 82.
ERMÜDUNG, f. defaligatio.
ERMÜHEN, fatigare, mhd. ermüejen, abmühen:
hört auf, ihr gar ein sinn, hört auf mit euren tanzen,
ermühet euch nicht gar. die lust könnt ihr ergänzen
auf einen andern tag. Flexing 1ö7.
vgl. die aus Immerx&nn unter erleiden angezogne stelle.
ER.MÜNTERN, excitare, erwecken, erregen, anregen, aufmun-
tern, oM. irmuntran, mhd. ermundern :
so er die töten ermundert
unt die übelen gesundert
von den sinen cbinden. anegenge 7, 53.
nhd. der volle zapf, der noch nicht gar (aus dem sddaf) er-
muntert war. WiCKRAM rollw. 86;
zu morgens kau mans (man sie) nicht ermundern.
H. Sachs I, 509»;
das kind war schwer zu ermuntern;
wo was vorhin geschehen,
geschehn und doch verziehn, euch nicht ermuntern kann,
so schaut des kaisers baupt und eure leiber an.
Grtphics 1, 31;
die ermunterten blumen eröfnen sich duftend.
Zachariä poel. sehr. 2, 14;
ermuntert von Auroren
und durch den balsamschlaf gestärkt. Wieland;
darauf ermunterte er mich zur poesie, scherzte aber artig
über ein gewisses feuer, was ich mir auch morgen abge-
wöhne. J. P. flegelj. 1, 61 (88).
2) reflexiv:
ermuntert euch, gepriesne saiten,
verdoppelt eure lieblichkeiten,
womit ihr herz und sinne zwingt. Drolli:igkr 80;
es ist ein träum, crmuntre dich! Gbllert 1, 96;
sich zu etwas ermuntern, aufmuntern.
3) in folgender stelle scheint es inlr. gesetzt, doch folgt hinten
sich : dasz er ermunderte, erschulterte, erschüttelte und wigete
wägete sich selber. Garg. 112',
ERMUNTERER, m. excitator :
und du lobtest den fleisz, ein ermunterer, auch wenn der
pflanzmann,
ähnlich der arbeitsbien, heilere töne sich sang.
Luise lUfign. an herzog von Oldenburg;
auf immer dürfen daher die alten anspruch machen, durch
die eiufalt und würde und den groszen umfassenden sinn,
womit sie was wahr und edel und schön ist, ausdrücken,
die lehrer und ermunterer jeder nachweit zu bleiben. Wolf
mus. der allerlh. tc. s. 115.
ERMUNTERUNG, f. excilalio. incitatio:
und an wessen beifall
liegt mir denn sonst? an Nathans? o an dessen
ermuntrung mehr als beifall kann es mir
noch weniger gebrechen. Lessing 2, 2S5;
iener sprachs, und sie riefen ihm beifall rings, und ermuntrung
leimzusenden den gast, dieweil er schicklich geredet.
Od. 13, 47.
ERMUNTERUNGSMITTEL, n.
ERMUNTERUNGSWEISE, f
ERMÜRREN, mollescere, mürbe werden, ermurwen immar-
cescere. Maaler 115*:
dasz des menschen herz
erweich, ermürb in frommen schmerz. Stolserg 5, 257.
vgl ermarben.
ERMÜSZIGEN, uHe bemüszigen, adducere, cogere: so war
unser könig ermüszigt ein beer zu senden. Tieck Cetennen 1,122.
ERMUTHO, animare, beleben, stärken:
so schlangs von dir sich fort mit ewgen glutben
ein deutsches herz von frischem zu ermuthen. Göim 5, 38;
wie aus dem lebensplunder
erwarbst du diesen zunder,
der funken letzte gluthen
von frischem zu ermuthen? 5, 93;
und dasz die deinen mich für wenig achten,
das hat mich oft geschmerzt, doch oft ermutet. Piatm 100*;
wo der ermutete
gott sich verblutete. 164*;
doch so viel athera bleibt dem armen mann,
dasz er zum höchsten, vor der seel entschwinden,
um seiner schuld erlassung bitten kann
und selbst den grafen, der mit thränenöuten
die wange netzt, noch zur geduld ermuten (confortare).
Gries .4r. 42, 13.
2) refl. sich ermuthen: das sie sich ehimal mit ehren er-
lieben, ermüeten. krigsb. des frides 199 ;
an dem schönen und dem guten
werden wir uns frisch ermuthen. Göthz 47, 191 ;
0 weile, weile königin der fraun,
bis sich sein herz, sein löwenherz ermutet. Plates 167*.
ERMUTHIGEN, dasselbe: man musz ihn nur ermuthigen,
«Am muth einflöszen; er schien neu ermuthigt; ich ennuthige
mich die electrischen schlage deiner begeistrungen auszu-
halten. Rettise br. 1, 278.
ERMUTHIGUNG, f
ERMUTHLICH, ermuthigend, gebildet me vermuthlich: als
Renigna mit dem auszer sich gebrachten Veit einige ermuth-
liche gesetzliche worte gesprochen hatte. J. P. briefe 97.
ERN, arare, ackern, pflügen, goth. aijan, ahd. arian. erian,
erran, mhd. em, prael. ier, part. gearn. der umlaut in ern rüArt
daher, dasz das praesens, me andre starke verba mehr (z. b. goth.
haQan, skapjan, bidjan = aM heflFan, sceflfan, pittan) scAtrac/i«
form erster ronjugation aH sich nimmt, nhd. eren, erren, ern :
er ward gesandt von seinem herrn
hinaus zu feld den acker ern. Waldis im leben Esops.
ERN, f messis, goth. asans, ahd. aran, arn, gen. erni (goth.
asanais), mhd. eme, dem rorausg^enden ern arare unverwandt,
wie die Unterscheidung zwischen goth. r und s lehrt und die ab-
weichende bedeutung bestätigt, denn asans <;>'/ sommer und ernte,
lat. aestas, vgl. aeslus, gr. d'e^oe, während das pflügen im
herbst oder frühling geschieht, nhd. ist das einfache ern meist
durch ernte verdrängt, doch stellt es noch Alberüs auf, vgl.
DiEFENBACH 359* Und cmc roc. 1482 hl*:
er dacht, der sommer ist nicht fern,
so zeuht mein herr hin in die ern.
Waldis 2, 93 bl. 135*;
wisten sie, das der abt hat die vurmait in dem heuw, den
vnrschnit in erne, die vurlas (vorlese) im herbst, weisth. 2,296;
auch sullint die cingrefen in der erne des berges hudele ge-
reit sin, sine sichelinge ze eischene. 3, 485.
ERN, ausgang der adjective silbern, eisern, ledern, ehern
u. a. m. liegt schon in den Substantiven silber, eiser (früher eisern),
Jeder, mhd. h begründet, welchen ableitendes n, en, mhd. in zutritt,
wie die mhd. formen silberin, iserin, Viderin, trin bekunden, aber
schon ahd. beginnt auch das paragogische ir neutraler plurale in
das adj. mit einzugehen, so dasz aus huon pl. huonir, hrind
p/. hrindir, chalp pl. chelpir die adj. hucnirin, hrindirin, chel-
pirin enlipringen Und mhd. hücnerin, rinderin, kelberin lauten,
hiernach erscheinen nun nhd. kälbern, lämmern, bretern, bei-
58*
919
ERNACH— ERNÄHREN
ERNÄHREN— ERNAUEN
920
nern, bleiern, hölzern, börnern gerecht oder zu etilschuldigen,
venu gleich mhd. beinin, bliin, hüizin, hiirnin galt, unorganisch
sind aber alle ton mdnnliclien Substantiven gebildelen dörnern,
steinern, stäblern {mhd. dürntn, steinin, stebciini, gleich den
pluralen dürner, steiner für dorne, steine, mehr davon gramm.
2, 176 — 179. anders verhält sich nüchtern.
ERNACH für bernacb, z. b. Luther 6, 342 und öfler. in der
bibel steht fast überall hernach, die bildung hernach aus ahd.
hera ndh verhall sich wie danach, darnach aus ahd. dara näh.
ERNACHER für dasselbe, bei Keisebsbebg büg. 38' findet sich
ernoher gon.
ERNAHEN, assequi, erreichen, aus schtp. erna zu folgern?
begegnet nirgends, so wenig als ein ahd. irnÄhan, mhd. ernälien.
ERN.\HEN, afii heran. Stieler 1342.
ERNÄHREN, altd. imerian, vilid. ernern, dän. ernSre, kein
goth. usnasjan noch ags. dnerian. von der wurzel unter ge-
nesen und nähren.
1) alere, pascere, ntUrire, fütlem, anfzidten, unterhalten: also
emeeret er sie mit brot das jar umb alle ire vieh (vulg.
sustentavilque eos iUo anno pro commulatione pecorum).
1 Mos. 47, 17 ; gott der mich mein Icbenlang erneeret hat bis
anf disen tag. 48, 15 ; das er ire sele errette vom tode und
erneere sie in der thewrunge. ps. 33, 19 ; die ich erneeret und
erzogen liabe, die hat der feind umbbracht. klagl. Jer. 2, 22 ;
das nicht die gewachsen fruchte den menschen erneren, son-
dern dein wort erhelt die so an dich glauben, weish. Sal.
16,26; Hanna aber sein weib, die erbeitet fleiszig mit irer
band und erneeret in mit spinnen. Tob. 2, 19 ; zu der zeit
ward Moses gebom und war ein fein kind für gott und ward
drei monden erneeret (nutritus est) in seines vaters bause.
ap<)stelg.l,20; und das weib entflöhe in die wüsten, da sie
hat einen ort bereit von gott, das sie daselbs erneeret würde
tausent zweihundert und sechzig tage, offenb. 12,6;
dasz ihr Angler blut mit blute gänzlich zu verwaschen denkt?
durch geblüte wird die räche nur ernäliret, nicht ertränkt.
LoGAU 3, 101, 12;
den kranken zu erfreun, die witwe zu ernähren.
Gellert 2, 25 ;
eine Schwester besorget den garten, der schwerlich zur Wildnis,
deine wobnung romantisch und feucht zu umgeben verdammt
ist,
sondern in zierliche beete getheilt, als vorhof der küche
nützliche kräuter ernährt und jugendbeglückende fruchte.
GöTHR 1, 343;
soll ein geheimnis, das ich nun so lange,
wie Philoctet den alten schaden,
als schmerzbeladncn feind ernähre,
soll es ein fremdling meinem herzen werden? 10, 37;
hunde, kalzen und vögel, dergleichen mein vater von allen
arten ernährte, vergnügten mich sehr. 19, 267 ; es war ein
Schäfchen, das von einem bauermädchen in dem walde auf-
gefangen und ernährt worden war. 19, 267 ; gott ernährt uns
alle; er hat frau und kindcr zu ernähren;
nun nun, das musz der kaiser ernähren,
die armee sich immer musz neu gebären. Scimller 321';
flüsse, die von dem platten lande ernährt werden. Kant
9, 16 ; friede ernährt, Unfriede verzehrt.
2) sanare, heilen, mit acc. der person, gen. oder praeposition
der tache:
mhd. kein artet mac dich dfs ernern. Parz. 316, 15;
■wAlch h£rre starben muo; als icli,
waj raöhte der getrrrsten mich,
ad mich da; Uever ane gät,
und in dir zansw^r bestät,
und er newedem mae ernern?
dem wil ich tilten hulde swern. Preid. 74, II;
ob ir da; got bescherte,
da; si in crnerte. Iw. 3466;
nhd. und mit disem pulver hab ich bei meinen Zeiten all
fislelen ernert, die zu heilen waren. GERsooRr 70. in dieser
bedeutung heute ungdtrduchlich.
3) servare, erretten, erlösen: mhd.
in emer dir übel tinrel, 6% muot im an «in lAben ifin.
Nib. 1H92, 4;
•w<r dem tArtn i&nde wert
der hAt im die s«le ernert. Fiiid. 84, 13;
nieman mohie sich lin erwem,
noch vor ilnem »tanke ernern. Wigal. 166, 27 ;
da; in aller »In lim
Ton dem tAd« niht mohle ernern. tSI. 17;
aU. 4m Ulert l(>b<>n ward ernrrt. SciiwARzicitiKRe 110, I,
<r hM bti leben, dat leben wurde ihm geschenkt;
bis das der Moises ward ernert,
von gott demselben ward beschert,
das er das jüdisch volk erlöst. 156, 1;
mein hämisch und jnein grüner schild,
die teten mich oft erneren. Uhlawd 332;
Ich (rUter) musz faren gein Preuszen,
das ich dich paur erner. SiS;
meiner todsfeieiul leider drei,
der well, desgleich des teufeis list,
der dritt der leib meins herzens ist,
gott mag von zweien mich ernern,
dem herzen kau ich nicht erwern. Freid. Worms 1639, 10';
euch hast in dinem herzen sitzen
ein luteiischlaher mit sim kritzen,
wann ich schon bruchet all min kunst,
so förcht ich doch es si umbsunst,
du wollest dich dan lassen bscliweren,
ob ich dich kundt widrumb ernern.
MuRSKRs narrenb. 1512 x5'. 1518 x3'.
4) reflexiv.
sol ich des Stegreifs mich erneren?
MuR!<ER narrenbeschw. 23, 13;
sich mit der kunklen oder spülen erneeren. MaalerHS'; es
sind uf einmal in der slat, wie man sagt, etlich tusent bac-
chanten und schützen gsin, die sich all des almusens cr-
narten. Plater 21 ; entehrt sich des lagelohns (lebl von tag-
lohn). Wickram rollw. 11;
ich hab mich all mein tag ernehrt der dieberei.
Waldis 4, 13;
also hat er sieb des honigs crnehret. Paracelsds 1,1066';
welche sich fast bisher aus dem raub ernerct. Frossp. kriegsh.
3, 159" ; und alda der brosamen, die von irea tischen fielen,
dich ernehren wollest. Spee g. tugendb. 476 ;
so nimmt ein kind der mutter brüst,
nicht gleich im anfang willig an, ,
doch bald ernährt es sich mit tust. Götue 12,94;
sie hieltent gar ein engen rat,
wie sie behaubten dise that,
disen glauben, solich ferten,
wie sie sich dorusz emerten.
(Murner) von den fier ketzeren predigerordens tu
Dem vcrbrant. 1509. k2'.
man liebt heule das einfache verbum.
ERNÄHRER, m. altor.
ERNÄHRERIN, f allrix, nutrix, ammc. Stieler 1340.
ERNÄHRUNG, f nutiitio, sustentatio.
ERNÄHRUNGSART, f
ERNÄHRUNGSGANG, m. speisccanal.
ERNÄHRUNGSGESCHÄFT, n.
ERNARREN, desipere, slullescere, obslupescere, ahd. irnarr^n
(Graff 2, 1094) ; _
der richter ob der that ernarret,
endlich erdacht er einen sinn. Ambr. tb. s. 350;
in stäter krankheit er verharrt,
in unsinn, blintheit ganz ernarrt. Rrant 38, 54;
ob disem koch ich gleich ernarret. H. Sachs I, 509';
zuvor in gottes wort erstarren und emarren. Frank lob dex th.
Worts 169.
ERNASCHEN, ERNÄSCHEN, ligurire, libare.^ er wirt für-
witzig, wil alle ding sehen, hören und versfichen und er-
nesclicn was da stübt und finget. Keisersherc /leW. /cjce 30.
ERNÄSELN, «aso indagare, erschnüffeln, aufspüren. Alb. vox
Rütte 21.
ERNASSEN, madere, madefieri, alid. irnagjf n : und wenn der
feind ernaszt, erfrcuret und erschwächt. Fronsp. 1, 182; darzu
auch alle zündstrick und pulvcrfllsser . . . emasset. 3, 139*.
vgl. ernelzen.
ERiNASTEN, a.'isequi, contingere? ein seltnes «ort, dessen sinn
man nur errathen kann:
lucht im klclderkasten,
ob einer etwai möcht ernasten. Thürtckissir arckidoxa 23.
da Schweiz, nasta soviel als asten, ästen, an den ästen brauen
attsdrückt (Toiiler 330), könnte ernasten erfdllen, erbauen und
figürlich erlangen, enrischen bedeuten, ans alam. nasicil (Hai'PT
4, 472) darf man kaum wagen anzuknüpfen, noch weniger ans
schw. ernS. am ende ist es, mit Umsetzung des srh in st, nichts
als ernaschen.
ERNAUEN, was erneuen, u-ie auch mhd. ernAwen für er-
niuwen und Naumburg für Neuenburg {vgl. brauen und breuen,
kauen und keuen, bauen und biuwen, trauen und treu):
al* klrrhen. klAnier, klntmon hniicn,
di« ichier vervallen «ind. rrnnuen.
Scmadr $at. und paiq. 2, 234.
921
ERND — ERNEUERN
ERNEUERUNG — ERNIEDERN
922
ERND, ERNDE, s. ern, ernte.
EBNE, f. s. ern, ernte.
ERNENNEN, keingolh. usnamnjan, kein ahd. irnemnan, imen-
nan, selbst kein mhd. ernennen, das ahd. irnamön (Graft 2, 1087)
ist anders gebildet und verhdU sich icie benamen zu benennen.
das nhd. wort drückte früher aus benennen, namhaft machen,
melden, angeben, bestimmen: die tagreisen der diener kan ich
euch nit ernennen. Aimon c 6'; weiter sage ich ists nicht gnug,
das der grund bar da sei und ernennet werde, sondern sol
klerlich, stück bei stück angezeigt und das geld und zinse
drauf geweiset werden. Luther 1, 196" ; jedoch ernennen wir
euch und den ewern einen christlichen tag. 3,132*; das war
ire zeit von Mose inen bestimpt und ernennet. S, 293' ; will
ich euch beide parten einen tag selbest lassen ernennen.
br. 5, 771 ; die Thraces machten anstand {inducias) im kriege
dreiszig tage, aber bei nacht überfielen sie die feinde, sag-
ten im anstand sind tage ernennet. Melaxchthon im corp. doclr.
ehr. 522 ; er wolt ir kainen in sunderheit ernennen. Schade sat.
u. pasq. 2, 141 ; wie wol ich die krankheiten nit alle ernennen
mag, so vil aber jetzt läufig und verstendig sind, so ril wer-
den angezeigt. Paracelsüs c/ar. scAr. 184"; tag, ort und stunde
ernennen. Schweinichen 1, 370 ; auf erneuten morgen zu rechter
fruer tagzeit auf bescheidenen platz oder ort zu erscheinen.
Redtter 69 ;
bekenne unt ernenne meine schendliche mistat.
Melissus ps. Q5*;
ist auch ein tag erkoren,
ist die gewünschte zeit von göttern auch ernant,
dasz durch dich letzten schütz und rächer dieses land
und unser Pergama soll neu erbauet werden. Opitz 1, 225;
sondern habe lieber von nur ernanntem kriege meine erzeh-
lung angefangen. RCnaüIc*; auf den abend, um die ernannte
zeit. Melisscs Salinde 30.
gilt späterhin, mit verengtem begrif, nur vom erwählen zu ge-
schäfl oder stelle : einen tag zu gerichtlicher handlung ernennen ;
einen zum bürgermeister, rathsherrn ernennen;
hat sie mit fleisz zur Wärterin ernannt. Geilert 1, 124;
bat dich nicht das volk und parlement
an deines vaters statt zum könig längst ernennt?
Weiszk trauerspiele 1, 45;
den zum gemahl mein vater mir ernannte. Gottbii 2, 413;
allein er hat das haus uns übertragen,
zwar keinen noch zum folger sich ernennet,
doch lebt er schon im geist von uns getrennet. Götbe 13,182;
der herzog Alba ist ernannt nach Flandern. Scbillir 282';
zu trägern sind die berg ernannt. Rijckert.
ERNENNUNG, f. designalio, denominaUo.
ERNEN'NÜNGSRECHT, n.
ERNENNUNGSURKUNDE, f.
ERNETZEN, humectare, benetzen: dasz du mit dem ßl den
ganzen grind für dich nemmest und wol ernetzesl mit einer
federn. Paracelsüs 1, 1054'. vgl. emassen.
ERNEUEN, renovare. kän goth. usniujan, sondern ananiu-
jan, tnnorore, doch ahd. irniuwön (Graff 2, 1112), mhd. erniuwen.
kompt, laszt uns gen Gilgal gehen und das königreich daselbs
ernewen. 1 Sam. 11, 14 ; du ernewest deine zeugen wider mich.
Hiob 10,1'; mit erneutem eifer, erneuter kraft;
vertraut mit allen künsten,
die zu der raenschheit ernsten pflichten
den muth erhöhn, die kraft erneun. Gorm 1,272;
einer wollte mich erneuen,
macht es schlecht, verzeih mir gott!
achselzucken, kümmereien !
und er hiesz ein patriot. Göthb 1, 156;
hat der tag sich kaum erneuet,
wo uns Winterfreude blühet. 2, 159;
sich in erneutem kiinstgehrauch zu üben
ist heiige pflicht, die wir dir auferlegen. 2, 271;
jeder gedächte mit lust zu erhalten und zu erneuen. 40,258;
du bewahrst mir dein herz, und finden dereinst wir uns wieder
über den tnimmern der weit, so sind wir erneute geschöpfe,
umgebildet und frei und unabhängig vom Schicksal. 40,536;
nun sind säfle mir noth, wodurch emeuetes alter
jugendlich wieder erblüh. Voss . . .;
uns zu erneun kehrst du vom himmcl,
längst deinen geweihten ersehnt. 4, 213.
ERNEUERER, m. renovator, instaitrator. Göthe 53, 143.
ERNEUERN, intr. vitulum parere, kalben, von kühen. Stalder
2,235, irtc das neugebome kalb vilulus novellns, re'os heiszt,
erneuen also jungen ist.
ERNEUERN, tr. renovare, mhd. emiuwcrn:
ein edel man mit tugenden daj erwirbet,
das man sin lop erniuwert iemer offenbar. MS. 2, 156»;
nhd. ernewrt den altar des herm. 2 chron. 15, 8 : dingeten Stein-
metzen und zimmerleute zu emewem das haus des herm.
24, 12 ; ernewert euch aber im geist ewres gemüts. Eph. 4, 23 ;
das sie sollen widerumb ernewert werden zur busze. Ebr. 6. 6 ;
ein rechtliche klag erneuweren, repetere reum; ein leid oder
schmerzen erneuweren, manus vulneribus afferre. MaalerHö';
lobt nicht der fremde bei uns die ausgebesserten thore
und den geweiszten thurm und die wol erneuerte kirche?
GöTUB 40, 259 ;
und so kam auch zurück mit seinen töchtern gefahren
an sein erneuertes haus der erste kaufmann des ortes.
40, 236 ;
von der erde sich nährend, die weit und breit sich anfthut
und die erwünschten gaben in jähren und monden erneuert.
40, 2S7.
ERNELTRUNG, f. renovatio: durch das bad der wider-
geburt und ernewerung des heiligen geistes. Til.S.b; haben
beide, der mensch und low, ihrer alten freundscbaft er-
neuwening halber sich gefreuwet. Kirchhof «enrfunm. 202';
ein zeichen guter und erneuerung alter freundscbaft. 208*;
einen zu einer emeuwerung zwingen. Maaler 115*.
ERNEUSEN, experiri, explorare, «n uraltes, seltnes, bald ganz
erlöschendes wort, vgl. goth. niuhsjan. ahd. niusan und arniusan
(Graff 2, 1104), falsch geschrieben ernoisen, erneisen oder gar
erneiszen : wir sollen nit erfaren noch erneisen dan was uns
stat und dienst gots zugehöret. Oberlis 34S aus Keisersberg ;
dise ding alle sammen ersuchent, ernoisent oder erforderent
die beiden. Keisersb. post. 3, 82 ; sag an, wo gebent die ge-
schriften zeugnus von dir? 'ersuchent sie' sprach der herr
•ernoisent sie, kerent die bletter umb'. 2, 45 ; da ein münch
ernoisen und ergrüblen will on not frevenlichen ander leut
grund oder meinung. parad. der seien iW; der wolt alle ding
erneisen. seh. und ernst cap ; besser ist ein recept verstan-
den, dann die groszen libereien der clöster, da unter tau-
sent blettem ein halbs nit verstanden wird, erneuset haben.
Paracelscs chir. sehr. 367*. vgl. durchneusen (2, 1652 nachzu-
holen): wan die theologen die ding all durchgründen und
bei eim nadelspitz durchneusent. Krtrslhans ISO, 22 (hinler
McRNERS luth. narren herausg. von Kürz). Stalder 2,233 hält
näusen zu nase, schon wegen des goth. niuhsjan unwahrscheinlieh.
ERNEUSIG, curiosus: du wirst auch nimmermer gelert,
wann du nit wundergem bist, die nit achten eins dings,
gott geh es sei wie es wöll, die werden nimmermer gelert,
aber die emeisig seind und wollen alle ding wissen und er-
faren, die werden gelert. K£is£rsb£rg brösamlin 13*.
ERNEÜUNG, f renovatio:
gottes geist erleuchtet mich,
lebensodem zur erneuung
weht gewis auch über mich. Bcrckr 11»;
in des frühlings junger erneuung. Voss.
ERNIEDER, deorsum, für hernieder, ir»e ernach für her-
nach; hernieder entsprungen aus ahd. hera nidar (Graff, 2, 987.
4, 695) wie danieder, darnieder aus ahd. dara nidar. ernider-
legen für niederlegen, erlegen steht z. b. bei Avestin 70. Lcthers
bibel schwankt zwischen ernider und hernider, doch überwiegt
jenes, ernider findet sich sonst noch z. b. im buch der liebe 274, i,
in den verdeutschten Bacchides des Plautus 125', Aimon 96', Franks
weltb. 141*, Sphexgs Aeneis 437', Fischarts Garg. 66*, H. Sachs
II. 4, 55* «. s. w. belege der uneigentlichen, damit gebildeten Zu-
sammensetzungen folgen unter hernieder, wozu man das einfache
nieder und danieder vergleiche.
ERNIEDERN, humilem reddere, mlal. hnmiliare, nicht aus
der vorangehenden partikel ernieder entspringend, sondern aus
dem verbum niedern mit praepgiertem er, ahd. arnidaran, ir-
nidaran, irte farnidaran, pinidaran : es ist das sicherst, das
man emiddert {humili loco) bleibe. Luther 4, 46' ; emidcrt
euch unter die starke band gottes. Reiszser Jer. i, 21* ;
dein Vorzugsrecht erhebt für meinen sinn
dich viel zu hoch, mir must du dich erniedern,
fall auch so tief als ich gefallen bin. Hacedor:« 2, 160;
wollt er euch nicht zu dem mitleid herab erniedern.
Me.^sias 7, 710;
und dennoch habt ihr die edle begierfle,
welche zur ehr euch rief, lu dem stolz herunter erniedert.
19, 43 ;
du emicdertest dich, ansländertöne
nachzustamraeln. Klopstock 2, 65;
0 so kanst du dich nur gleich einem Aleides erniedern.
Zachabiä 1, 262 ;
halt ein, Diana,
theuerste «chwesier, erniedrc
deine gotthcit nicht also. Fr. Müller 2, 213;
923
ERNIEDERUNG — ERNST
ERNST
924
die majesiät verleihe, wenn ins kleine
das hohe werk ich zu erniedcrn scheine. Götuk 41, 67}
ich aber soll zum meiszel mich erniedern,
wo ich der künstler könnte sein? Schiller 277';
weil ich mich nicht erniedern will zum knecbt. Tnci 2, 344.
ERNIEDERUiNG, f. humilialio: das gericht ist nicht anders,
denn das ein mensch sich selbs erkenne, richte und ver-
damne und das ist wäre demüligkeit und seines selbs cr-
niderung. Ldtheb 1, 75*;
doch ein wunder
wie die emiedruDg des sohns zu dieser tiefe, geschah nicht.
Messias 6, 4y4.
ERNIEDRIGEN, was erniedern : denn wer sich selbs er-
höhet, der wird ernidriget, und wer sich selbst ernidriget,
der wird erhöhet (ahd. sih erhefit, winiit giolinuotigöt, golh.
hauhei|) sik, gahnaivjada). MaZ/A. 23, 12. Lkc. 14, 11. 18, 14; alle
tai sollen vol werden und alle berge und hiigel sollen er-
nidriget werden (golh. all dalei usfulljada jah all fairgunje
jah hlain^ gahnaivjada). Lt/f. 3, 5; oder hab ich gesündiget,
das ich mich ernidriget habe, auf das ir erhöhet würdet?
{golh. mik silban haunjands, ei jus ushaubjaindau). 2 Cor. 11, 7;
emidrigend mein herz, erhub ich meine stim.
Weckuerlin 133;
in dieser stillen einsamkeit
dürft ich in keine tiefe mich
erniedrigen, mich nicht erheben
auf eine höhe, welche sich
feindselig könnte mir beweisen. Gleih bei Gökingk 3, 194 ;
wo fände sich ein gleicher, seine band
mir, der erniedrigten, zu reichen? Göthe 9, 346;
die gebirg« erniedrigen sich, je mehr sie sich dem meere
nähern. Kant 9, 43 ; er hob das trunkne äuge in den mit
Sternen bethaulen himmel und sah den erniedrigten {tiefer
gesunkenen) mond gelb und matt in Süden hängen. J. P. Hesp.
4,60; sich zur lüge, zur Verstellung erniedrigen. Klinger
5, 339 ; er glaubt mit einer abbitte sich zu erniedrigen ;
die jungen herrn, die hoch nach fenstern schielten,
erniedrigten nach mir nicht ihr genick.
RßcKERT ges. ged. 1, 138.
ERNIEDRIGUNG, f. demülhigung : keine erniedrigung,
madam ! ;
0 wie mir wol ist, Hanna! endlich, endlich
nach jähren der erniedrigung, der leiden
ein augenhlick der räche, des triumphs! Schiller 429*.
sich ERNIETEN, exerceri, deledari, versari, sich in etwas
üben, ergeizen, seine lust büszen, vgl. nieten, alid. nioton (Graff
2,1049), mhd. nieten, genieten («0.2,348), a/(s. niud6n: aber
weltliche fröid ist nit bleiblichen, si verswindet ee man sich
ir ernietet. Keiserseerg par. der seien 229' ; ernieten, seinen
glust büszen und ersettiget werden, saliari. Maaler 115';
wan ich mich dan ernietet hat
mit böser und unkiuscber dat. Mürkers gäuchmalt;
welcher sich in diesen woIlüsten ernietet, darvon er doch
sein weih abhaltet. Fischart ehz. 74.
ERNIETUNG, f. exercüium, übung: ohn rathliche und emb-
sige ernietung notdürftiger Schlachtordnungen und künstlicher
kampfstücken. Fhonsperg kricgsb. 1, 175*.
ERNÜTIGEN, cogere, mhd. emaüen :
nein, iuwer minne hat mich de» ernoetet. US, 1, 57'.
ERNROSE, f. alcea rosea, ernicrose, herbslrose: ernroseu-
warzel und samen. Pinter424; nimb erndrosenblätter. Wt}BZ
130 ; ernderose. Stieler 1623.
ER.NST, m. veriias, severüas, sedulüas, Studium, alid. Cmust,
Crnesl, mhd. emest, ernst, mn/. aernsl, ernst, nnl. ernst,
nemst, fries. ernst, ags. eornest, engl, earnest. golh. kommt
nichts ähnliches vor und auch den nord. sprachen scheint auf den
erslen blick das wori abzu<jfhen, uenn sich niclit ein anderer aus-
druek heranziehen Idsit. ii folgt aus dem eo in eornest (wozu
sieh earnest verhdU wie carth in eordc), so wie dem mhd. reim
erncst: gt>rnefit (/r. *r. 35.')7. 6045. ÄaW. li>, 12), wonach also ein
golh. airn --■ firn voran agrselzt werden müste.
Auffallend ist nun, dasz ein uralter mannsname geradeso Er-
nust, Emest, heute Ernst lautet (F^rstknann 1, 126, wo man
die formen Arnusl, Amest für fehlerhaft hatten darf) und in
dimm namen musz eine lebendigere Vorstellung grlfgen haben, als
dal heutige wort gewährt, darauf leitet sellist die endung ust,
die auth m der abstraction dionusl serritium ein persimliches
dienest MrVM und diencHt annlla zeigt, was könnte Erniiot
MumgenT kk 9tnmde vorerst hdd oder krieger (puijH). und da
mhi. tnut wirUiehen äreit und kämpf, ags. eornest sogar Zwei-
kampf bedeutet, so liegt t$ nahe das altn. urrusta f pruelium, pugna
hinzuzuhalten, um so mehr als auch ernust weiblich vorkommt,
ganz wie in dienest m. und f wechseln oder das scliweizerische
fegnesl einen unsteten herumfeger bezeichnet (Stai.der 1,362),
worin kaum nest nidus steckt, rr in orrusta ist assiiuilirlcs rn, wie
gotli. stairnö, altn. stiarna, ahd. neben siernä slgrno zu störro
wird, e und o schwanken aber in vielen Wörtern und ags. tauclU
ornest stall des gewöhnlichen eornest auf. die gleich.<ctzung von
ernust mit orrusta wird kaum befremden, eine weiter schreitende
nrmtUung will nicht vorentlialtcn bleiben, altn. heiszl der auerhahn
orri, warum sollten nicfU helden nach dem kühnen, äreitlusligen vogel
benannt sein? die altn. geschichte kennt einen Eystcinn Oiri, und
orrahrid, Martis impetus wird am seinem beinamen gedeutet,
könnte aber im allgemeinen nichts als pugna, duellum gallorum
(Ducange 2, 955), hahnenkampf (cockfight) ausdrücken, noch ein
andrer altn. hcldenname Thidrandi gehl uU-derum auf j)idr, uro-
gaUus, schu'cd. tjäder = tetrao zurück und gleich dem ahd.
Hano waren Gallus, Akexiovcöv, ^lexTuto eigennamen. aus
orri kann orrusta, Zweikampf, hahnenkampf gebildet sein, warum
nicht 6rnust aus einem uns verschollenen örno, das mit aro,
arno, am adler (Förstemann 1, 116), wol auch mit auer in
auerhahn, urhahn, ddn. aarfugl sich berührte? für einen vogel
dürfte sich gellend machen, dasz unter den ahd. brunnennamen,
die gern von thieren und vögeln entnommen sind, so wie Hra-
banesbrunno, Hapuchesbrunno, Spehtisbrunno, Arinbrunno,
auch ein Ernustesbrunno vorkommt, das sich allerdings auf den
mannsnamen Ernust ziehen liesze, oder auf kämpf und krieg,
oben sp. 87 wurde das schw. ifver, dän. iver aus unserem eifer
hergeleitet, weil sich kein alln. War aufweisen läszt; dabei ist doch
der mehrmals erscheinende und alle mannsname Ivar übersehen,
der an Ernust gemahnt und wiederum das lebendige wort statt
der nachherigen abstraction dan>ii'tcn möchte.
Dies vorausgeschickt erörtern sich die bedcutungen näher:
1) die Vorstellung pugna gallorum taucht nirgend mehr vor, es
sei denn in einschrdnkung des ags. eornost auf Zweikampf oder
duell, wie selbst noch das engl, earnest so viel als pledge {vadium)
meinen kann, was an die beim Zweikampf geleisteten pfändcr
mahnt, man darf an das welsche ern und ernest = engl, earnest,
pledge und an ornest = combat, duel erinnern, doch mag der
gedanke an den vogel, wenn er zu külm scheint, niederfallen,
s. bruder Ernst unter 5 ganz zuletzt.
2) altn. orrusta ist nicht mehr Zweikampf (einvigi), sondern
krieg, schlacht überhaupt, dieser begrif tritt aber (und das hat für
die ganze Untersuchung gewicht) nicht über in den von serium,
wofür die nord. sprachen gebrauchen alvara, schw. allvar, alf-
var, dän. alvor, vgl. ahd. alawari, mhd. alwoere, was in unser
nhd. albern auswich (l, 201). das iri><che orii drückt aus schlaclU,
massacre. mnl. aber ist ein or^st, hörest tumultus verschieden
von erenst.
3) ahd. ernust steht noch T. 182, 1 für kämpf, todeskampf, in
der Verdeutschung von Luc. 22, 43 : ward thö giwentit in guota
örnust, faclus est in agonia, bei Ldther und es kam dasz er
mit dem tode rang. mhd.
und wären sin puneije
in dem erncstkrcije (auf dem tweikampfplati)
so ringe und so schimphbicre,
als ßj zo schimphe wa>re. Trist. 170, 36,
und so stellen sich ürnst und spil, crnäer kämpf, wo es ans leben
geht, «mi spil, blosses ritterspiel, turnicr einander oft entgegen {mhd.
wb. 1, 447'). bcgercn, ir wollet mit unsern burgern bei euch m
mit reisigen zeug, wagen, hämisch, gesrhosz und allem, das '<■
zum ernste gebort, in ganzer bcreilschaft sitzen, a. 1495. «
Haltaus 402; gute fuszknecht mit harnasch und wehr zum
ernst versehen. Schmeller, 1, 100 ohne eitat ;
▼ertraute bogensehne, die so oft
mir treu gedieal hat in der freude spielen,
verlasz mich nicht im fiirchtorlichen ernHtl Schillm 544V
4) aber schon ahd. drückt «Ernust, nocA entschiedner mhd.
Crnest das serium. certum, verum aus, ohne allen gedanken an
kämpf und gegenüber dem schimpf, »cif sich schimpf und ernst,
scherz und ernst, ddn. skiemt og alvor etitgeijrn gesetzt sind,
zugleich liegt dem ernst die bedeutung von eifer und zom un-
mittelbar nali, «IC gr. orcovSt] eifer und ernst, ancn'Satoi
eifrig und ernstlich, golh. usdaudei und usdauds dasselbe brsaijrn :
si heie beide überladen
grö( 6rne«t iindo inrn. Iw. tOll.
in den Wörtern spiel und leirh blieb die bedeutung tudus. fallu-i
sinnlicher.
5) hiernach «erden dw folgenden nhd. belege mn selbd klar
sein, ernst beseichnct immer das wirklich gemeinte, wahre, feste
925
ERNST
ERiNST — ERxNSTEN
926
und eifrige, den gegensatz von scherz und sp'is:: es ist mein
rechter ernst, ps. lOS, 2 ; o das mein leben deine rechte mit
ganzem ernst hielte. 119, 5 ; ich hasse sie in rechtem ernst,
darum sind sie mir feind. 139, 22 ; der herr ist nahe allen
die in mit ernst anrufen. 145, 18 ; und alles volk schrei mit
ernst zum herrn. Judühi, 7; denket, das der herr helfen kan
nnd fürchtet in mit ernst, iceish. Sal. 1, 1 ; mein kind, merke
auf mein wort mit ernst. Sr. 16, 24; gott mit ernst fürchten
ist Weisheit. 21,13; wers aber nicht mit ernst meinet, der
wird nur erger dadurch. 32, 19 ; und wiltu gott dienen, so
lasz dirs ernst sein. IS, 23 ; solchen ernst erzeigeten sie gegen
allen iren feinden. 1 Macc. 8, 11 ; darum schaw die gute und
den ernst gottes {golh. sai nu seiein jah hvassein garaihta
gujjs). Rüm. 11, 22 ; solches rede und ermane und strafe mit
ganzem ernst. TU. 2, 15 ; darauf, höre ich, habe e. f. g. einen
groszen ernst gegen ime fürgenommen. Lüthees br. b,l; eilet
mit groszem ernst (eifer) auf die wiesen. Wickeam ro//«". 56' ;
mit solchen worten die zwei betrübten herzen einander oft
zu trösten rermeineten, zuletzt aber sie kein trost erfreuwen
mocht, als sie den ernst ires hinwegscheidens empfunden.
Gaimy 191; ja, das war recht, sprach Lucifer, das siebet
einem ernst gleich. Ar e eb proc. 2. 2 ; ich will es in ganzem
ernst, quod volo, ralde volo; befehle es ernstes, alles ernstes;
man kan .die warbeit schwer bei hof im ernste fühlen,
ein weiser bringt sie ein im schimpfen und im spielen.
LoGAC 3, 184, 64;
also hat deiner wafen glänz
in schimpf den sig oft weg geführet
und schweiszig auch den lorberkranz
in ernst mit deinem haupt gezieret. Wbckheiu.15 3S3;
jedoch wa dir ernst mit mir,
wünsch ich mehr nicht dan mit dir
ganz mein leben zu bescblieszen. 403;
dasz kein schimpf end ohn ernst,
dasz kein spil ohn spot. 695;
nicht weniger in dem schimpf zierlich nnd fertig, als in dem
ernst streitbar und sigrcich. 860; ist er alles ernstes dahin
beflissen gew esen. Plesse 3, 16 ;
es war ihr ganzer ernst, 'wer hätte das gemeint?'
Gellert 3, 399;
er scherzte so, damit sie merken sollte,
dasz er im ernste scherzen wollte. Rost schäferg, 75;
eine dame, der es einkDmmt sie in gutem ernste zu lieben.
Lessisg 2, . . . ; in sich entweder nicht vermögen oder nicht
ernst genug finden, sich gegen besorgliche angriffe zu ver-
theidigen. Kant 6, 167 ; weil es mit der gefahr nicht ernst
ist. 7,113; er macht ernst; es ist ihm ernst damit; ist das
dein ernst?; es wird ernst; sein ernst läszt nach; es ist
kein ernst dahinter;
ist es dir ernst, so zaudre nun länger nicht, mache mich
glücklich !
wolltest du scherzen? es sei, liebchen, des scherzes genug!
GöTHE 1, 371;
weil ich dich mit leeren grillen nicht beschäftigen wollte nnd
niemals rathen konnte dasz du mit einer einzigen ernst ge-
macht hättest. 10,96; wenn es ihr ernst ist, sich von der
weit zu scheiden, so sollen sie gelegenheit finden, 'es ist
mein völliger ernst.' 14, 248 ; also ists ernst ? 'ja' rief Char-
lotte 'recht ernst ! ' 17, 23 ; jetzt, da es ernst wird, scheint
das Schicksal mit mir einen andern weg zu nehmen. 20, 1S9 ;
unternehmen, bei dem es anfangs den meisten eingeweihten
groszer ernst war. 20, 210 ; nehmet den heiligen ernst mit
hinaus, denn der ernst, der heilige, macht allein das leben
zur ewigkeit. 20, 257 ;
freunde, treibet nur alles mit ernst und liebe, die beiden
stehen dem Deutschen so schön, den ach so vieles ent-
stellt. 1,399;
mit jenem groszen staatsrechtlichen gegenstände, der wähl
und krönung eines römischen königs, wollte es nun ernst
werden. 24, 287 ; dasz auf einem hügel gegenüber die Fran-
zosen eine batferie stehen hatten, mit der sie uns im ernste
begraben konnten. 30,77;
verflucht, wer mit dem teufel spielt!
'wenns nur dein spiel gewesen, glaube mir,
du wirsts im schweren ernste büszea müssen'. SconxxB 361*.
der ganze, volle, bittere ernst irird überall dem scherz und
spiel entgegengestellt, in Baiem 'mein wampeter (vollbeleibler)
ernst'. Schmeixer 1, 109. 4, 77, etwa voU bis zum bauclte ge-
rüsteter? mit bezug auf ernst = kämpf Maaler 115* hat: in
einem ernst {im ernst), on spot. serio; ernst in schimpf keren,
vertere seria ludo; den bruder eroet uUbead sich (bei teite)
setzen, sich ergetzen und erfreuwen, den bruder ernst von im
thun, reniillere fronlem, was an bruder Birolt 2, 419 denken und
sich als bruder Ernst nehmen läszt.
6) e6etM0 heiszt es ni. in speie of in ernste, in nernste no
in speie, no in nerste no in speie (Hdtdecoper op Stoee
3, 228). das n in nemst, nerst kann irie in nast für ast und
andern mehr genommen werden, mahnt aber zugleich an das lit.
narsas ernst, eifer von nirsti zürnen, afern.
ERNST, serius, severus, das dem Substantiv gleichlautende ad-
jectiv verhält sich wie mhd. schin, not, s§r, zorn, dürft {gramm.
4, 244), scheint aber ahd. und mhd. noch unüblich, engl, earnest.
nhd. belege kommen genug vor: und der mann gottes sähe
ernst und stellet sich ungeberdig und weinet. 2*0«. 8, 11;
wiltu wider ein fliegend blat so ernst sein und ein dürren
halm verfolgen ? Hiob 13, 25 ; man musz dem bösen wehren
mit harter strafe und mit ernsten schlegen die man fület.
spr. Sal. 20, 30; er wird gerechtigkeit anziehen zum krebs und
wird das ernste gericht aufsetzen zum heim, weish. Sal. 5, 19 ;
derselbe scbalk kan den köpf hengen und ernst sehen {aus-
seien) und ist doch eitel betnig. Sir. 19, 23 ; mit ernstem her-
zen anzuneraen. Lctber 3, 170'; gottes ernsten zorn durch
seine fürbitt und bürgschaft stillet. Mathesics 1562, 115*; wir
Prediger haben des von gott ein gemesznen und ernsten be-
felh. 214'; ein ernster anlasz, Vorfall; eine ernste wunde;
ein ernstes gesicht, vultus severus; ernstes wesen, gravitas;
wer alles überlegt, wird, tiefgesinnter held,
für leichter rosen lust die ernsten disteln achten.
Grtpbil's 2, 376;
denn will ich dir für gold, mein fürst, nicht falsche treu,
für weirauch andacbtsfeur, für myrrhen ernste reu,
mein priester, der du tod und sünde tilgest, geben. 2, 396;
ein haus von alter ernster bauart. Göthe 21,221; durch das
einzige fenster fiel ein ernstes buntes licht herein. 17, 220 ;
ich habe ihn innerlich mit dem ernstesten ingrimm über-
zeugt gesehen, das Schicksal habe ihn verdammt. 20, 261 ;
du siebst so ernst, geliebter! 2,6;
so ernst, mein freund? Schiller 519*;
zum werke, das wir ernst bereiten,
geziemt sich wol ein ernstes wort. 77';
ernst ist das leben, heiter ist die k'unst. 319';
aber dem männlichen alter ziemts
einem ernsteren gott zu dienen. 497";
bereuest du die schuld, und ists dein ernster
entschlusz versöhnt aus dieser weit zu scheiden? 443*;
der scherzenden, der ernsten maske spiel. 318*;
der menschbeit ernste pdicbten. Götter 1, 272.
ERNST, serio, sedulo:
man hat jetzt aufgeblasnen zucker, der ist zwar süsz, ist aber
leichte,
vrie wann des hofes süsze zunge gar selten etwas ernst er-
reichte? LoGAü 3, 202, 67;
doch bringt dir einer jene Wette,
die schwerer drückt und ernster faszt,
verdenk ich dir es nicht, Lisette,
wenn du ein klein bedenken hast. Göthr 1,83;
die Studien wollen nicht allein ernst und fleiszig, sie wollen
auch heiter und mit geistesfreibeit behandelt werden. 26, 10.
ERNSTBEFALTET:
sie liegt im schosze des kummers,
tief decket sehmäliger staub
die emstbefaltcte stirne
von dir (goii) zum denken gebaut. Karschih 1764 $. 218.
ERNSTEN, severitate uti, serio agere, loqui:
mhd. man sol die Hute lieben, so man ernsten wü.
Fracemlobs Sprüche M, 1 ;
er schimpf, €mst oder schall.
ungedr, spruch ton Teicr;<er.
nhd. unter der linden pflegen wir zu tanzen und frölich sein,
nicht streiten noch ernsten. LirrHER 4, 239* ;
die (schelmenzunft) ich zu Frankfurt an dem Main
anfenklich dichtet zu latein,
darin du Gndest, das ich auch kan
ernsten, wo es fug mag ban,
wiewol ich bin in leuischer sprach
vi! ächimpfreden gangen nach.
McRKRRS «c/ie/merizun/'r 1513 k2. 1512 f5:
die andern (kinder) tragent löffel feil
und sind nit döglich zu dem gut,
wie fast der vatter ernsten thSt.
narrenbeschm. 1512 m"';
ein jeder wiser da verstat,
das Ich on schimpf euch ernsten kan.
ebenda am schlutti
927
ERNSTFAHRT — ERNSTHEITER
ERNSTHITZIG — ERNTE
928
wer über tisch bei geselschaft sitzt
und sich bei schimpf in zorn erhitzt
und 1V0 man ernsten sol, wil schimpfen,
derselb musz hin zur müle gan.
niüle von ScUwindeUheim 1513 8 2',-
vertrauter meines herzen,
nun ist das fünfte Jahr
in ernsten und in scherzen {wo nicht dat. pL),
in hreuden und gefahr. Flehitig 213 ;
der niinneblick im äuge war erloschen und das gewissen,
womit er ehedem heuchlerischen scherz getrieben, fieng nun
an zu ernsten. Müsäus 1,75; wie versteht das der herr?
ists gekiirzweilt oder solls geernstet sein? 5, 118; sie sahen
dem tischwirthe starr ins angesicht, um ihm aus den augcn
zu lesen, ob das im scherze gesagt oder geernstet sei. MusÄus;
du magst scherzen oder ernsten. Lavater.
ERNSTFAHRT, f. Her serium, gegensalz ton lustfahrt : weil
von trocknem und klarem weiter auf dem lande so wie zur
see von einem günstigen winde das ganze Schicksal einer
ernst- oder lustfahrt oft allein abhängt. Göthe 51, 202.
ERNSTFREUNDLICH: die gebäude im ernstfreundlichen
geschmack. GöTnE21,216; es ist nicht imme;- nöthig, dasz
das wahre sich verkörpere, schon genug wenn es geistig
umher schwebt und Übereinstimmung bewirkt, wenn es wie
glockenton ernstfreundlich durch die lüfte wogt. 49, 23.
ERNSTFROH, ernstheitcr, ern^t und heiler.
ERNSTGESCHICHTE, f. res gravis:
wirf einen heitern blick nach meinem kühnen dichten
und lache nicht zuviel bei diesen ernstgeschichten,
(et garde toi de rire en ce grave sujet). Drollincer 313.
ERNSTGESICHT, n. vuHus serius:
es scheint der Themis ernstgesichte
in deinem aufputz heil und lichte. Drolunger 295;
auf unser brot träuft schweisz und von unserm ernslgesichte
wird weib und kind erschreckt.
ERNSTGESINNT, severe senliens:
dann ist dir (erde) ernstgesinnt
geboren nocli ein kind (der memch). RöcKERTffes. ged. l,9St
ERNSTHAFT, serius, severus, mhd. ßmesthaft:
du wäre stäle und ernisthaft,
milde und reinmüte. En. 218, 28.
nhd. fleiszig und ernsthaft, ein ernsthaft und sorgsam Iahen,
ein tochter, die ernsthaft ist ob der gespunst oder kunkel,
die für und für spinnt, j>ensis affixa puella. Maaler 115';
ernsthaft, der nit lachet. Dasypodius351'; nicht änderst, dann
redlichen ernsthaften kriegsleuten ehrlich und rühmlich ist.
KiRcnnoF mtl. disc. 207;
hie lernet, das der ernsthaft lleisz
heb vor leibs gschn-indiglieit den preis. Fischart eh:. 55;
gott, das wird ernsthaft, falle nieder Isnabe,
es gilt, und lieh den landvogt um dein leben. Schiller 537';
ein ernsthafter mann, ein ernsthaftes gesiebt, eine ernst-
hafte miene ; ein ernsthafter kerl, der nicht lacht, sauer sieht;
ein ernsthafter meier, ein rauher, grober bauer, mit dem sich
nicht scherzen Idszt; ein ernsthafter {tüchtiger, strenger) regen;
wir kommen an einem ernsthaften orte (auf dem kirchhoß
zusammen. GOtbe 17, 22 ; wir hielten beide die wunde nicht
für ernsthaft. 19, 279 ; unter jenen cypressen, die ihre ernst-
haften gipfel gen himmel wenden. 20, 267 ; in dem gcrilu-
migen bof, der von ernsthaften, wolerhaltenen gebäudcn um-
gehen. 21,14 {vgl. ernsifreundlich); er dachte sich das ernst-
baft eingeschlossene Ihal. 21, 17 ; zeigen sich die hnhern
berge nach der Donau zu, in einer ernsthaften reihe. 43,122;
Stuttgart liegt in seinem ernsthaften, woi gebauten Ihal sehr
anmulhig. 43, 125; die kunst ist ein ernsthaftes geschüft.
am ernsthaftesten, wenn sie sich mit edlen, heiligen gegen-
ständen beschäftigt. 49,204;
ern.<ihafl tagte der lohn, ihr irret, mutter. 40, 270.
ERNSTHAFTIG, severus, vuUuo$us, asper: crnslhaftig und
traurig, ernslhafliger grimmer schifknecht, remex acer (der
grimme verge. A'i6. 1499, 4, 1500, 4). Maaler 115'; darumb sollu
nicht allzu ernst haftig und strenge sein, dasz die leule nicht
deiner «all werden, pers. rosenth. 8, 25.
ERNSTHAFTKiKEIT, f. gravüas, ausleritas: ernsthafligkeit
und freundholdtäligkeil, dirilas et cumilas. Maalkr 115'; crnst-
bafligkeil und j^lirnpf m(i ' liiincn sein. ptrs. rotenlh.
», 2.S: «ein gemiiih zur . ii bringen. Kamt 1,45.
KUNSTHAFTIGLICH, <;-.,.., „■. Maalkr 115'.
ER.NSTHEITER, emtifroh: sein ernslkcilerer blick dabei.
GOTBK n, 412.
ERNSTHITZIG, ardens, sedulus, eifrig:
aber von ernsthitzigem fleisz
musz der stahl schmelzen wie das eis. glückh. tchif 627.
ERNSTIG, severus, gravis.
ERNSTIGKEIT, gravitas, seteritas, supercilium. Serranos dicf.
k 6*. y 8*. synon. 60*.
ERNSTISCH, serittJ, gravis: 'wie bist du so ernstiscU?*
Junker, es war wol von nöten, dasz ich ernstisch war, denn
es geet mir auch darnach. Schabe sat. und pasq. 2, 1.
ERNSTKAMPF, m. pugna seria, pleonasmus, da in ernst schon
kämpf ausgedrückt ist.
ERNSTLICH, serius, strenuus, gravis, Kolgerüslet, streitbar:
mhd. swd der haj wirt innen
ernstlicher rainnen. Iw. 7036;
nhd. das scharpfe schwert, das ein ernstlich gebot bracht.
weish. Sal. 18,16; des gerechten gebet vermag viel, wenn es
ernstlich ist. Jac. 5,16; pfalzgraf Otto war ernstlich und
streitbar. Aventin ; zwen tapfere ernstlich burgcrmeister. der-
selbe; ineister, was ist doch diese ganze nacht für ein ernst-
liches geferd im haus? Wickram rollte. 71;
sieht fiir ein männisch weib mich an,
die stets gar ernstlich und säur siclit. Atrbr 9t*;
der könig ist ein ernstlicher mann. 270";
das ist mein ernstlicher willc; eine ernstliche gefahr; unter
dem hehren himmel, in der ernstlichen nachtstunde. Göthe
22,145;
ruhig erwiderte drauf der söhn mit ernstlichen werten.
40, 24-1.
ERNSTLICH, scrio, strenue, inlente: ernstlich, in einem ernst.
Maaler 115'; ernstlich handeln; der meine gebot helt, das
er ernstlich darnach thue, das ist ein frumer man. Ez. 18,9;
lasset uns ernstlich sie bedrawen. aposlelg. 4,17;
gewis nicht, gott verhüte, dasz ich spasse !
sehr ernstlich freut es mich, die gute sache
so stark zu sehn. Schiller 370';
der schlag war ernstlich gemeint ; der regen meinte es ernst-
lich; ich habe ihn nicht ernstlich gebeten zu bleiben; ich
musz mir das ernstlich verbitten.
ERNSTLICHEN, dasselbe: um es ihnen ernstlichen zu ver-
weisen. Lessing 3, 403. ,
ERNSTLICHKEIT, f gravitas: in dem ersten menschen ist
auch gewesen die ernsllichkeit, in der frawen die frölich-
keit. Paracelsi's 2, 68'.
ERNSTLIERLICH : ein sanftes gemüthliches lied jedoch
möcht ich unserm freunde zu hOren geben, eines das ihr
so ernsllieblich vortragt. Göthe 22, 168.
ERNSTLISTIG, cum gravitate callidus:
nu diser new abgot, verholTend seinen willen
erostlistig wider dich und Teutschland zu erfüllon.
Weckherlin 62;(.
ERNSTLUSTIG, wie ernstheiter: und wie er sich bisher
gezeigt, fehlt ihm keins der erfordernisse zu einem ernst-
lustigen rath. Göthe 49, 184.
ERNSTVOLL, gravitate plenus:
der du dort wandelst, crnstvoll und heiler doch.
Klopstoce 1, 15;
ernstvoll ist der kämpf der sündcn. 7, 255;
es ist ein ernslvoller tag! 8, S5; du siehst mich so ernstvull
an, mein vater, und ich freue mich doch so. 9, 230 ;
er bliclite auf dich, es däuchie mir, ernstvoll
blickt er auf dich. Messias 16, 518;
spricht der rilier ernstvoll. Wielano 22, 131.
ERNSTVOLL, jrot'i7er; opfert sehr ernstvoll, dniiden I
Klopstock 8. 85.
ERNSTl'NG, f. severitas, Studium: müssen nicht mit weniger
ernslung und kostung gegen den feinden sitzen. Scbmeller
1,109.
KUNSTWORT, ti. verbum serium: ehrenwert ist noch kein
ernstwort; musten sie das wort, gewis so leicht wcggesimi-
chcn als irgend eins . . . musten sie das wort . . . für eines
niannes sirengstcs ernstwort nehmen? Göthe 33,11».
ERNTE, f. messis, fortbildung des ahd. aran «-■ golh. as;iii ,
und auf das ahd. arnöt wi. (Graff 1,481) zurückzuteiten, duh'V
auch in dlleren nhd. bfichern mdnnlirh iji'hriiuchl : welche* also
bleiben wird bis zum end der ding aller, das ist im grosxen
eriid, da alle ding wcnicn fnuhl irapcii. I*aracelsi:s 2,3';
in illr Üiu\ ii li rill riiiM rt'ii'li gnug.
i! M fug
iltOM.
ili 'II. WrcKUKRti^ 37:1,
929
ERNTE— ERNTEJUBEL
ERNTEK.NECHT — ER.NTEN
930
uiewol die letzte delle das geschlecht zweifelhafl läszt. Dastpod.
136'. 321', Frisiüs SIS*, Makler 115 setzen ernd weiblich an,
wahrscheinlich wirkte das alte f. diu erne nach. Lcther schreibt
ernde oder erndte, allmälich hat sich das bessere ernte durch-
geführt, ist aber weiblich geblieben, so lange die erden stehet,
sol nicht aufhören samen und ernd, frost und hitz, sommer
und winter, tag und nacht. 1 Mos. s. 22 ; das fest der ersten
emdten. 2 Mos. 23, 16 ; so soll ir eine garben der erstlinge
ewr erndten zu dem priester bringen. 3 Mos. 23, 10 ; der
Jordan war vol an allen seinen ufern die ganzen zeit der
erndten. Jos. 3, 15 ; also hielt sie sich zu den dimen Boas,
das sie las bis das die gerstenernd und weizenernd aus war.
Rtdh 2, 23 ; die erndte ist grosz, aber wenig sind der er-
beiter. Malth. 9.37; lasset beides mit einander wachsen bis
zu der erndte. 13,30; wenn sie (die erde) aber die frucht
bracht hat, so schicket er bald die sicheln hin, denn die
erndte ist da {goth. unte atist asans). Marc. 4, 29 ; und nach-
dem es in der ernden war, zog er aus und wolt das gelreid
der Beiern abschneiden. Aventis Sl. man sagt eine reiche,
gute und eine schlechte ernte halten, schneiden, einbringen ;
eine frühe oder späte; eine schöne, fröhliche; eine nasse
ernte, in die es regnet; die ernte kommt heran, ist vorüber;
und in schwanken silberwellen
wogt die saat der ernte zu. Göthe 12, 253 ;
morgen fangen wir an zu schneiden die reichliche ernte.
40, 235;
und es brannten die scbeunen der reichgesammelten ernte.
40, 249.
bildlich ßr gewinn und einsammlung überhaupt:
der krämer fruchtbar schwur und ihr geniesziich lügen
bat nimmer ernt um mich. Locad 1, 51, 4,
was Ramler ändert in:
ererntet nichts bei mir;
die reiche ernte der missethat. Schiiler . . . ;
die taschendiebe hatten eine gute ernte ; meine ernte im krieg
ist gethan , ich träume nun meine Jugend in euch (söhnen)
zurück. Klixger l, 21 ; Liane, sanft in die ernte des abends
(erinnerung an das im tag erlebte) versunken. J. P. Tit. 2.210;
eine kraft nach der andern, die ganze gebeugte ernte seines
innem stand allmälich wieder auf und grünte tropfend. 4, 64.
vgl. flachsernte, frühemte, herbsternte, heuemte, honigernte,
kartoffelernte, komernte, nachernte, Obsternte, Torernte, Wein-
ernte, prügelemte.
ERMEARBEIT. f. opus messorium, ernteschmaus.
ERMEARBEITER, m. messor, ernter.
ERNTEAUSFALL, m. decessio messis, der geringere ertrag der
ernte.
ERNTEBANNWART, m. custos messis: und sol die abtissin
haben einen erndbanwart. weislh. l, 675.
ERNTEBIER, n. convivium messorum, ernteschmaus.
ERNTEDANKFEST, n. kirchliche feier nach tollbrachter ernte.
EISNTEDIENST, n. servitium messorium, frohne zur ernte.
ERNTEFELD, n. ager messt faciendae maturus.
ERNTEFEST, n. solemnia messoria, ehmals ein hehres, unter
vielen gebrauchen begangnes fest, vgl. nothhalm (Halft 7, 3S5) :
hinter Ceres üügelwagen
wie sich still die furche schlieszt,
und nach mild vergangnen tagen
sich das erntefest ergieszt. Göthe 4, 19;
macht euer erntefest so feierlich als möglich, ihr werdet
doch auch musikanten dabei haben? Weisze Äom. op. 3. 190;
in der liebe ist das erntefest der freude nipht um eine halbe
.«ecunde vom säetage und säefest der freude verschieden.
J. P. flegelj. 4, 130.
ERNTEFREIDE, f. laetüia messis. SnEiXR 552.
ERNTEFROHNE. f s. emtedienst.
ERNTEGEBER, m. dator messis, emtegotl, würde ahd. lauten
arangebo :
und jeder blick empor gehoben
den emtegeber wünscht zu sehen und zu loben.
. Karschi!» fied. 49.
ERNTEGERÄTHSCHAFT, f. arma messorum:
schwinget den hut in musik und rauscht mit der ernte ge-
ERNTEGESANG, n. em/c/ied ^'""'''"' ''"'''''■
ERNTEGÖTTIN, f.
ERNTEHERR, m. dominus metsit, goth. frauja asanais, ags.
liäs ripes bläford, bei Luther der herr der erndten. Luc lo. 2.
ERNTEJUBEL, n.
kein lustgesang der traubenleserin,
kein erniejubel, keines hirten (löte,
kein schmeiternd hörn aus reicher wälder griin
hegrüszte da den stem der abendrOlhe. MAnauson 8.
III.
ERNTEKNECHT, m. banser 1,1119. Fsiscu 1,35'.
ERNTEKONIG, m. rex messoium:
lehnet euch, ihr muntern schnitier,
auf die krumme sense nicht,
denn die ährenfessel drohet
und der erntekönig spricht:
'wer auf krummer seuse ruhet,
feszle den die Schnitterin'.
Gerstenberc im musenalm. 1771 s. 14S nach
Gesz5£Rs Daphnis bucli 1.
ERNTEKRANZ, m. corona spicea, ährenkranz, auf deti letzlein-
geführten wagen : ah, eine ganze schürze voll blumen ! nu, das
soll ein erntekranz werden, der sich sehen läszt 1
mit blumen will ich dich durchwinden,
dich schönen kränz von ähren voll,
und keine färbe soll sich finden,
womit dein gold nicht prangen soll.
Weisze kom. op. 3, 201 ;
fürst, dessen zepter alles was er dazu berühren will in lor-
beer und dadurch den lorheer in einen erntekranz venvan-
deln kann. J. P. nachdämm. 85.
ERNTELACHEND, wie flur und wiese lacht:
dort an der emtelachenden stelle war es
wo Griechen landeten zuerst, durch den liebreiz
jungfräulichen geUldes im herzen erregt. Plates 133".
ERNTELIED, n. Carmen messorium, schnitterlied , vfivos
d'eotarixös, hrve^ar^s :
sicheln schallen,
ähren fallen
unter sichelschall;
auf den mädchenhOten
zittern blaue bluten,
freud ist überall. Hölti s. 209.
ERNTELUST, f. erntejubel.
ERNTEMAHL, n. eptdum messorium:
bei dem erntemahle
iszt aus einer schale
knecht und bauersmann. Höltt a. a. o.
ERNTEMONAT, m. augustus mensis, ahd. aranmänut, vgf.
gesch. der deutschen spr. s. S2. 84.
ERNTEN, meiere, schneiden, ahd. amon (Graff 1, 4S0), wel-
chem ein goth^ asnftn buchstäblich entspräche, doch gibt Ulfiuis
das gr. &eoi^ett^ überall durch snei{)an und ags. wird meiere
übertragen durch ripan, engl. reap. neben alid. arnön begegnet
aber amen mereri, ags. camian, engl, earn, welches unmittelbar
verwandt scheint, wie schon die bedeutung arbeiten, durch arbeit
gewinnen an die von ernten rührt und goth. asneis, ahd. asni,
ags. esne mietiding, lohnarbeiter, in welchen das s haßete, be-
stätigen, im alterthum wurden arbeiter vorzugsweise gemiethel
frucht zu schneiden, geradeso drückt auch noch ernten sowol
die sinnliche Vorstellung des Schneidens, als die abäracte des ge-
winnens, erarnens (sp. 697) aus.
1) ernten, körn 'schneiden: sechs tage soltu erbeiten, am
siebenden tage soltu feiren, beide mit pflügen und mit erndten.
2 Mos. 34, 21 ; wenn ir aber ewr land erndtet (vulg. postquam
autem messueritis segetem terrae vestrae), soll irs nicht gar
auf dem felde einschneiten. 3 Mos. 23, 22 ; ir soll nicht seen,
auch was von im selber wechst, nicht erndten. 25, 11 ; im
dritten jar seet und erndtet. 2 kön. 19, 29 ; sie erndten auf
dem acker alles was er tregt. und lesen den Weinberg, den
sie mit unrecht haben. Hiob 24, 6 ; sie seen weizen, aber disteln
werden sie erndten. Jer. 12,13; sehet die vogel unter dem
himel an, sie seen nicht, sie erndten nicht. .Va//A. 6, 26; du
erndtest, das du nicht geseet hast. Luc. 19, 21 ; wer da kerg-
lich seet, der wird auch kergiich erndten, und wer da seel
im segen, der wird auch erndten im segen (saei saii|) us
ga|)agkja, us ga^agkja jah sneit)i|), jah saei saii|) in |)iu{)ei-
nai, US t)iu])einai jah suei|)i|)). 2 Cor. 9,6;
wie schön
zu pflanzen was ein lieber söhn einst erntet. ScaaLU 255';
leb mit dem vich als ^ieh, und acht es nicht für raub,
den acker, den du erntest, selbst xu düngen,
das ist das beste mittel, glaub,
auf achtzig jähr dich zu verjüngen. Göthi 12, 120.
man sagt also nicht nur die frucht ernten (einernten), tomdern
auch das feld, den acker ernten {beerräen), vas auf dem feld,
acker stM ernten.
2) figürlich, irret euch nicht, gott leszt sich nicht spotten,
denn was der mensch seet, das wird er ernden (manna auk
|)atei saiij), jiatuh jah sneijtijj). Gal.6,1; wer auf sein fleisch
seet, der wird von dem fleisch das verderben erndten, wer
aber auf den geist seet, der wird von dem geist das lebendige
leben erndten (sneil)i|» riurein — 8nei])ii» libain aiveinön). 6, s ;
&9
93 1 ERNTEPREDIGT — ERXTEWETTER
ERNTEWOCHE — EROBERN
932
der vil ihm erndten eignen nutz, der Tremdes lob sät aus.
LoGAU 1, i;b, 51;
wer wind säet, wird stürm ernten; wenn du dunk zu ernten
gedenkest, so streue woltkaten aus. Stieler 19 ; unglück, un-
dunk ernten;
und ernten gram für unsre müh. Gotter 1, 6;
wir (fixcher) graben nicht schätze,
wir ptlügen kein leid,
wir ernten im netze,
wir angeln ums geld. Salis 9t ;
ich kehrte drauf nach Frankreich bald zurück,
und erntete dort ungeheures glück
und Unglück, beiderlei sehr unverdienter weise. BErgkrIIO*;
wer thränen ernten will, musz liebe säen. Schiller 550*;
die gcistlicbkeit war von jeher eine stütze der königlichen
maclit, ihre guldne zeit fiel immer in die gefangenschaft des
menschlichen geistes, und wie jene sehen wir sie vom blöd-
sinn und von der Sinnlichkeit ernten. ~SS*; eine in thränen
gesäete und in reimen geerntete liebe. J. P. jubeisen. 53 (105) ;
er erntete {getcann) damit jedes herz. TU. 2, 218.
ERNTEPREDIGT, f. emterede.
ERNTER, m. messor, schniUer: das rufen der ernter ist
kernen für die obren des herrn. Joe. 5,4;
in hoher wölke feiret den ewigen
der ruf des donners, aber ihn feiret auch
des halraes grille, die dem ernter
fröhlichkeil singt, und der jungen hirtin. Voss 3, 51 ;
wie heiszt noch der andre,
dessen stab den Völkern des weitaus kreisungen abmasz,
so dem ernter die zeit, wie dem krummen ptliiger bestimmend?
(tempora quae messor, quae curvus arator haberet?).
Vir(j. ed. 3, 42 ;
erstlinggarbe flammt ihr opfer
auf zu deinem wolkeusitz,
und der ernter und der Schnitter
rufen alle 'habe dank!' Gerstenbergs schinUerlied.
ERNTEREDE, f. erntepredigt.
ERNTEREIGEN, REIHEN, m. Chorea messorum:
die tenne, wo der Schnitter
sein braunes raädchen schwang,
wann froh des bergmanns zitter
zum erntereihn erklang. Matthisson 20.
ERNTEROSE, s. ernrose.
ERNTERTRAG, m. fruclus messis:
saat von gott gesät, zu reifen
auf der garhen groszen tag,
wie >iel sicheln sind zu schleifen
für so reichen erntertrag. Rückert 1Ö6.
ERNTES.\NG, m. ernlegesang, ernlelied:
Ceres, für der ernten reichste
dankt der schnitter erntesang! Gerstknbergs schnillerlied;
bis vom mond beschimmert
rings die stoppet llimmert,
tont der erntesang. Hölty 209.
ERNTESCH.MAUS, m. erntemald, crntebier.
ERNTESCHNITT, m. ein pleonasmus, da schnitt nchon ernte.
ERNTESEGEN, m. prosperitas messis, gesegnete ernte: man
•iehl heuer einem rechten erntesegen entgegen. umgestelU
segensernte :
wenn mit prunkendem kränze der segensernte daherziehn,
sens und hark in der hand, lautjubelnde mäherund jungfraun.
Voss 2, 50.
ERNTESTAÜB, m.
wir küssen treuer In der taube
als stadter in dem marmorsal,
wir waschen uns vom erntestaube
und ruhn dann in dem blumenthal. Bcriann ged. 127.
ERNTESTRAUSZ, m.
fröhlich wandelt er heim, mit der sichel am arm,
singet ein schnitterlied. du beOimmerst indes
seine blitzende sichel,
seinen nickenden erntestrausz. Höltt, liymn. an den mond.
ERNTETAG, m.
ein lag, den alle menschen feiern,
er sei für mich ein erntetag. Göthb 12, 50.
ERNTETANZ, m, ernlereigcn.
EH.NTEVOLK, n. grex meuorum:
da kommen wagen dir so Tollgehlufet,
wie wagÄn, die das ernievolk regiert,
wenns wefzen, den die sonnenglui gereifet,
mit lobgesaog ins frohe dörfchen führt.
• Karschi:« ged. 118.
ERNTEWAGEN, m. plautirum meuorum:
al* man die cmtcwngea schon rüstete zur schau.
REcKKRT 1, 241.
EhNTEWETTER, n. gutu oder $chUchU$ weller tur trnU,
ERNTEVVOCHE, f.
ERNTEZEIT, f. tempus messis, ahd. aranzlt:
wann zur erntezeit der saaten,
da das körn gewdrfelt wird,
ausgestreuter edelsnnten
reine Irucht im siebe schwirrt. Bürckr 12*.
bildlich, jetzt ist die erntezeit, die zeit des gewinns und grosxer
einnalimen.
ERNTUNG, f. messis, einerntung.
ERNÜCHTERN, l) intr. crapula solvi, nücJüern sein oder
werden: so hastu abgedeuwet und bist am allergeschicksten
zu betrachten, denn bistu erniechtert und unbeschwürt von
der speis und von bösen dumpfen, die da von dem magcn
aufriechen. Keisersberg geistl. sptnnmn d 5*; wird ein trunkener
geschlagen , so lasz ihn wol ernüchteren. Pabacelsus chir.
sehr. 19";
goties werk hat immer tadel. wem der tag zu kurz zum trinken,
diesen will auch zum ernüchtern gar zu kurz die nacht bedüakeu.
LocAU 3, 25, 1 1 ;
ich kam ernüchtert {enUeusdU) nach Neapel zurück. Tiecr ges.
nov. 10, 36.
2) tr. crapula solvere, nücläern machen, vgl. entnüchtern:
risch, ihr Schwestern, hinter an,
eh er sich ernüchtern kann. Bürger 291*;
nun gibt es aber wahrlich nichts auf der weit, was ernüch-
ternder und abkühlender wirken mag, als das positive ge-
setztafelgesicht eines gendarmen. Hei.ne in den Hamburger lit.
u. crü. blättern 1846 s. 846.
die participia lassen zweifelhaß, ob sie von dem intransitiv oder
transitiv herrühren.
3) Ir. jejunio solvere, wie entnüchtem 2, mit speise und trank
erquicken, laben:
das ir ernücchtern ewern balk. Mörin bl. 36.
ERNÜCHTERUNG, f. solutio a crapula: morgens trat voll-
ständige ernüchterung ein.
ERNÜFERN, recreare, reficere, ein schweizcrisrJies wort, Frisius
859', Maaler 309' haben nufer navus (gnavus), fleiszig, emsig,
behend, handfest, und Schmilts idiol. bcrnense 51' nuefer salvus,
incolurnis, bei Gotthelf 22, 19 (RCrrt 62) sieht nuefere anneh-
men, sich erholen, also refici, rccreari, und Stalder 2, 245 gibt
nuefern, sich ernuefern, sich erholen, zu kräflen kommen.
Keiserskerg bt/^er 16' : zum dritten mCisz erhaben etwas, das
in stcrk und kreftig und daran er sich erlaben müg, wenn
er hellig, hungrig oder durstig ist und swach oder müd sig
worden uf dem weg, uf das er nit erlig, aber widerumb er-
frischet und ernufert werd für basz zu gon sin walfart. man
möchte in ernufern berührung mit erneuern, erninwern, er-
niuwen vcrmulhen, widerstrebte nicht das f für w, das uo, ue
für iu und das r im adj. nuofer, dessen gen. nuofers, nuoferes
lautet.
EROBERER, m. expugnator, überwinder, nnl. veroveraar,
dän. erobrer, schtv. eröfrare : eroberer des sigs, belli confector.
Maaler lic';
also weint an des edleren denkmal
einst der eroberer. Klopstoce;
nie erobrern, fürsten nie
beugtest du ein sciavenknie. Scuillir 11*;
deiner ehre
nie, nie eroberer zu sein. Gotter 1, 92.
einen eroberer nannte man eltmals auch landzwinger.
EROBERERGRÖSZE, f
er möchte vielleicht eroberergrösze
anders achten als wir. Klopstock.
EROBERERKETTE, f da im forst der Weser die erobcrer-
ketle versank. Klopstock.
EROBERERSCHLACHT, f
die das iinthier zähmten, vernichten
ihr hochheilig geseiz, schlagen eroberenchlacbt.
Klopstoci.
ERORKRLICH, erpugnabilis. bezwinglicit.
EROHERN, expugnare, superare, nnl. veroveren, und von
uns entlehnt schw. eröfra, dän. erobre, iL conquistare, fr. oon-
qudrir. das alid. uparün ist superare und dann aurh di/ferre,
protendere. nhd. wird der auutruck seltr ijrhlufig: die kinder
erobern was sie undcrstond zu orKingen von irom \allcr.
Keisersberg jw<<'mo.</rr E ; wenn du für rincr slad lange zeit
ligcn must, wider die du strilest. sie zu erobern, so »oltu
die bewmc nicht vcnierhen. 5 .Vos. 20, l» ; eroberte alle ire
flcrken und feste stedtc. Judith 2. \2; Alcxiinder hat (trotze
krieg gefürt, die feste sledte erobert und der Perser LOoig
933
EROBEM — EROBERUNGSZÜG
ERÖDEX— ERöFxNEN
934
Darium geschlagen. Macc. 1, 1 ; erobert einen groszen raub,
vil gold, Silber, seiden, purpur und grosz gut. 4, 23;
hab üemetrium verjagt und mein erbland wider erobert.
10,52; schawet aber, wie grosz ist der, dem auch Abraham
den zehenden gibt von der eroberten beute. E'^. 7, 4 ; das
Gideon solchen sieg erobert. Lcther 3, 179*; wenn wir diese
zwei heubtstück erobern. 3,366'; des wil ich mich in got
rühmen, das ich in diesem büchlein so viel erobert habe,
das kein tropns könne sein ein abendmal. 3,509'; das wir
got loben und preisen für solchen sieg, weicher heiszt nicht
durch uns erstritten noch im kämpf erobert, sondern aus
gnaden geschenkt und gegeben. 6, 272'; ihr habts nu hin-
durch und den sieg an dem alten drachen erobert 8, 1S9';
dann sich die Böhmen mannlich wehreten und eroberten
die Schlacht. Melaxchthoxs deci. von Sigismundo, deutsch von
Laüterbeck bl. 20 ; und embüt mich mit der geschrift genannte
artikel zu beschirmen und erobren. Zwixgli 1, 153 ; wo aber
graf Wolfgang keinen männlichen ehelichen leibserben er-
obern {gewinnen) und hinter sich verlassen würde. Haltaüs 403 ;
und also in irer elichen beiwonung andere kind mer elich bei
und miteinander erobert und geboren, ebenda; reitend mit
eile der statt Troys, ehe sie erobert werd, zu helfen. Aimon
h 6' ; und wiewol der Türk nach eroberter hungerischer Schlacht
wieder anheim. als gesagt wird, gezogen, reichsabfchied zu Esz-
lingen von 1526 §. 9 ; der nach erobertem sig den stui seins
künigreichs dahingesetzt. Frank tcellb. 5*; bis sie in erwürget
betten und den sieg erobert. Acricola spr. 308 ; mich wil be-
dunken die beste gab schon gewonnen sei und ritterlich er-
obert. Galmy 149; das rächt erobren, die sach behaupten,
adipisci Judicium, ein urteil oder rächtsspruch von einem rat
erobren und erlangen, judicia auferre a senatu. Maaler 115' ;
den sig erobren und darvon bringen, vicloriam ferre. ebenda;
ich hab in im krieg erobret oder gewunnen, eum hello cepi.
ebenda; so sich begebe, dasz man ein schlacht, stürm oder
Scharmützel mit den feinden thun und dasselbig gewinnen
oder erobern würde. Froxsperg 11, 23' ; wenn ihnen gott ein
sieg oder glück igibl), dasz sie ein Scharmützel, stürm oder
feldschlacht erobert. 1,90'; er hatte viel gelds erobert {ge-
wonnen); dabei ist nichts zu erobern {geirinnen);
all ewere vor eroberte sige. Weckherlm SöS;
darumb magst du die raupen betöbem,
»0 kanst du noch wol früeht erobern. Hohberg 3, 97";
als nun die jagd das gebirg und den sperrigen dickicht erobert,
ciebe da taumelten hier entstörzt dem felseDgescheitel
über den rücken der berge die flüchtigen gemsen herunter.
Bürger 2Jb';
durch alle meere setzt
dem rSuber nach ! erobert euch die Schwester. Schiller 503»;
man hatte den alten arm der Saale ins trockne zu legen
einen durchstich angeordnet . . . auch solche anlieger, die
im Unglauben auf den erfolg des geschäftes die früheren ge-
ringen beitrüge verweigert hatten, veriangten ihren theil an
dem eroberten boden. Göthe 31, 56 ; die weitläuftigsten, von
der baukunst eroberten räume. 39, 1S7; bis nach dem hügel,
dessen ganze seite die cultur auch schon erobert hatte. 43, 165.
ich habe mir noch einen platz (im vollen tkeater) erobert.
die aniccndung des Korles hat sich ollmdlich verengt, icir sagen
heute nur einen räum, boden, ein land, reich, eine Stadt,
bürg erobern (einnehmen), auch ein herz, ein mädchen, aber
nicht mehr einen raub, sieg, eine schlacht, geid, ein kind,
erben, fruchte erobern, sondern dafür gewinnen, vgl. erkobem.
EROBERUNG, /". expugnalio, occupatio, fr. conquSte. Dasy-
P0DIC9 198*. Maaler 115* ; grosze eroberungen befestigten sein
reich; sie macht viele eroberungen; dasz mademoiselle Phi-
line an dem Stallmeister des grafen eine eroberung gemacht
habe. Götbe 18, 222.
EROBERCNGSGEIST, m.
wol euch enkel ! eure kinder zittern
nie vor dem erobrungsgeist.
keine donner werden diesen thron erfchöttem;
Friedrichs thron wird nie rerwaitt. KÄmcüis 40.
EROBERUNGSGELCSTE, n.
EROßERU.NGSGIER, f
EROBERUNGSKRIEG, m.
EROBERUNGSLUST, f.
EROBERUNGSRECHT, n.
EROBERUNGSSUCHT, f.
EROBERUNGSSÜCHTIG.
EROBERUNGSZUG, m. Alexanders eroberriDgsrflge.
ERÖDEN, vasiare und vaäari, veröden: das dir dein him
erödet und veröset wird, sagt Keisersrehg irgendwo in merk-
icürdiger nebeneinanderslellung ; gedachten sie beuten zumachen
und an diesem ort etwas zu erschnappen, das doch in der-
selben ganzen gegend nicht anzutreffen, weil das land ziem-
lich erödet war. Simpl. K. 411 nach ADGK, andere ausg. hatten
eröset.
ERÖF.NEN, aperire, ahd. iroffanun, mhd. eroffen :
1) sinnlich, auflhun, öfnen, vas zu und verschlossen vor: wur-
den ihr die seitenwehr der mutter mit hasenlupp bestrichen,
auch gar erlassen und eröffenet. Garg. 104'; eine ader erüfnen,
schlagen; das bad eröfnet die schweisziöcher;
eröfnend ihren wüsten mund. Wbckheru^ 57;
spricht wo sein (dps nclimeichlin-s) grosztr mann
'mir ist gewaltig warm', so tnicknet er die stirne,
eröfnet sein gewaiid. eniilecket sein gehirne,
obwol für grimmen frost des daches nägel springt.
LocAG 3, 216;
oder harret ihr,
bis dasz der rechte ring den mund eröfne. Lxssi:«« 2, 2S0;
ich hielt die wache
im Torsaal, als m;lord die thüre schnell
eröfnete. Schiller 436" ;
sie lebt, sie lebt! sie hat dem tage wieder
ihr aug eröfnet. Göthe 9, 259;
mein schrei eröfhet ihr die sinnen. 33, 259;
siehst du des tischlers da drüben für heute geschlossene
Werkstatt?
morgen eröfnet er sie. 40, 3'23 ;
ein haus, thor, einen laden, einen park dem allgemeinen zu-
tritt, ein fenster, schlosz mit gewalt eröfnen, eine kiste,
flasche, einen brief, ein testament eröfnen.
2) figürlich,
a) das geschehene offenbaren, kund Ihun: da sie wüsten das
er floh, haben sie mirs nicht eröffenet. iSam. 22, 17; der
himel wird seine {des gottlosen) missethat eröffenen. Hiob
20, 27 ; und gebot im, das er nieman sagete, das er im
solchs eröfnet bete, aposlelg. 23, 22 ; der uns auch eröfnet
hat ewre liebe im geist (golh. saei jah gakannida uns izvara
friaj)va in ahmin). Col. 1. 8 ;
siebenmal hatte der donner das heilige dunkel eröfnet.
ilessias 1, 395;
als Wilhelm seine mutter des andern morgens begrüsztc, er-
öfnete sie ihm, dasz der vater sehr verdrieszlich sei. Göthe
18.7; als ihm der wirth sogleich im vertrauen eröfnete. dasz
mademoiselle Phiüne eine eroberung gemacht habe. 18,222.
b) befelü und meinung kund Ihun: allen Völkern zu eröffe-
nen, das sie auf den selbigen tag geschickt weren. Esther
3,14; eröffene ich meine meinung und gutdünken auf die
artikel. LtrrHERS br. l. 575 ; keiner unterstunde sich die deu-
tung dieses traums zu eröfnen. pers. rosenth. 1, 3 ; dasz ich
mich nicht enthalten kann, darüber einige anmeikungen zu
eröfnen. J. E. Schlegel 3, 217; ein identischer safz, der nichts
über die art meines daseins eröfnet. Katt 2,317; da mein
herz voll ist und ich es in kein herz eröfnen kann, als in
das deinige. Fichtes /e6en 1,281; einem sein anliegen, seine
gedanken über etwas eröfnen;
das kOrzste wird wol sein, dasz ich dem berrn
ganz gradezu des Patriarchen wünsch
eröfne. Lessi:«c 2, 217.
3) beginnen, anheben, anfangen, gleidisam ansdineulcn, an-
brechen oder aufthun: die schule, die hohe schule eröfnen;
ein geschäft eröfnen; die jagd, die weide eröfnen; den krieg,
den tanz, ball eröfnen; eine eisenbahn dem verkehr; die
Sitzung wurde mit einer erklärung des forsten eröfnet;
von welcher seite Saladin, im fall
es völlig wieder losgeht, seinen feldzug
eröfnen wird. Lessmc 2,219;
kaum entfaltet die natur ihre freundlichen schätze, eo sind
die kinder dahinter her, um ein gewerbe zu eröfnen. keines
bettelt mehr, jedes reicht dir einen strausz. Göthe 17,310.
4) refl. durch d. Ecken, der sich selbs in seinen werten
und schreiben einen landrüchtigen erzlügner eröfnet hat.
Lcther 1,345*; es eröfnet sich zu dieser unserer zeit unter
geringen leuten eine sucht u. 5. ic. Simpl. K. ib ;
die ermunterten blumen eröfnen sich duftend
in dem frischesten schmuck und verbauchen gerüche von tialsam.
liCHkUii 2, 14;
der mensch fühlt das bedürfnis sich andern zu eröfnen.
Ka5T 5, 312 ; eh ich mich eröfne, wie man einer homerischen
Übersetzung diesen anstrich geben könne. Bürger 136'; in
59*
935
ERÖFNÜNG — ERÖSEN
ERÖSIGEN— ERPEINIGEN
906
diesem augenblicke erüfnete sich die thüre und Montan Irat
herein. Göthe 23, 206; warum haben sie sich mir nicht längst
eröfnet ? Klinger 1, 3S6. das lehen erüfnel sich (feudum ßl
apertum) heiszt das khen kehrt, nach erlöxchung des vasaUen,
icieder dem kenn znrfick.
ERÖFNCNG. f. apertura, declaratio, exordium, in allen he-
deiUungcn des eröfnens : eröfnung neuer quellen, des hauses,
]adens, testaments; der schule, des gcwerbes; eröfnung des
vorlheils an die parteien, des concurscs, des lebens. dnsz
eine Ursache möglich sei, davon gibt uns der verstand a
priori gar keine eröfnung. Kant 2, 182. es heiszt auchuvl: er
hat seit mehrern tagen keine eröfnung {des leibs) gehabt, üb-
licher öfnung; jemandem eröfnungen machen.
ERÖFNLNGSEID, m. Stieler 364.
ERÖFNUNGSGESAiVG, m.
ERÖFNLNGSREDE, f.
ERÖFTERN, saepius nominare.
EROHREN, partum aure edere, durchs ohr gehären : allda
macht es {das kind\ nicht lang mist, sonder nam seinen weg
durch die königliche weinstrasz zu der linken, kam also zu
dem linken ohr heraus, oho der weifen langen obren, darin
der schwimmend esel viel reus vol fisch het fangen können,
darumb heiszt er nit geboret dann vom vater, sonder eroret,
das ist von der mutter aus den ohrn geschüttelt. Garg. 104',
rgl. Rapelais 1, 6.
EROPFERN, immolare, aufopfern.
ERÖRTERN, dijudkare, disceptare, eine sache, ein recht er-
örtern, nach allen sälen, in ort und ecke crmessen : ich mag
in dieser sache weder örtern noch erörtern. Stieler 1396;
grenzirrungen erörtern; wo maus recht ansieht und erörtert.
l^ntus vorrede;
erörter vor sein gschefi und handel,
sein leben, art, gn-ontieit und waiidel. li. Sachs I, 4S2';
ich rufe golt, der über alles reicht,
der meine sach erörtert und vergleicht. Opitz ps. s. 107;
nachdem sie die sache mit ihrem gewöhnlichen kalten blute
aufs genaueste zergliedert , erörtert und erwogen haben.
Wieland 8, 233 ; indem, wenn ich nicht voraussetzen dürfte,
dasz sie genau so viel hätten als ich annehme, ich mich
mit ihnen auch nicht einmal erörtern {auseinandersetzen) könnte.
Fichte anlwort schreiben 5. s. ausörtern, ausecken, auseckeln.
ERÖRTERUNG, f. ich verstehe unter erörterung die deut-
liche, wenn gleich nicht ausführliche Vorstellung dessen, was
zu einem begriffe gehört. Kant 2, C2 ; bei erörterung der frage.
Göthe 53, 142.
ERÖSEN, exhaurire, rastare, ahil. irosan, farAsan, mhd. er-
oesen, erschöpfen, vgl. altn. ausa haurire, schw. ösa, dän. ose.
Frisiüs 1348*. Maaler 115*. wie sich das wort zu eröden rer-
hält, wird unter öde besprochen.
mhd. din lant ist erlasset,
als der sin schif erteset,
«S ist vil desle lihter. Parz. 213, 12;
nhd. da belibt allweg etwas feuchlikeit, magst si nit gar cr-
ösen. Keisehsbebg scitif der penil. 22* ; von disen tröpllin und der
geleichen mag unser schillin nicht gar eröst werden. 17^; zu
dem andren kompt si {die anfechiung) her aus unbeschaiden-
heit, daher das das hirn des menschen zu vil eröst ist und lär
gemacht durch vasten, studieren. 64'; es ist auch wissenlich,
das herzog Gotfrid von Lothringen das hungerisch land eröst
[verwüstet], griechisch land durchtrungen. Frank mW//). 4S' ; bisz
letzt bei drei jaren der türkisch keiser llungerland hat er-
öst, verderbt, behabi, verbergt. 81'; aus welcher tyrannei das
land also eröst ist, das nichts lobswert darin mag gefunden
»erden. 89*; damit die weit eröset und heimlich erschöpft
wirt. 156'; von den leidigen Florentinern an volk und reich-
lumb eröset und vereitelt worden, chron. 2l'; das land er-
ftsen, verwüsUn und öd matJien , agron vastare et exinanire.
Maaler 116'; den gemeinen seckel oder schätz erösen, aus-
I.Iren und erschöpfen, effundere aerarium; die Römer hatten
ihren gemeinen seckel gelftrt und eröst. Livius bei Rihel 321 ;
ihr gemeiner seckel war in so langwierigem kriege eröset
und ansg«'sfhöpft. 372;
nm Chrintabend das pnllinm
wird K^punnen von citn l«'iiilciri Triitn,
duraui manch (annent '. '.
dardurch Teul«chlan<l it.
Tum hidoxa liB;
dan wan «rhon din ganre weit im jubcljar ablnsz zu ver-
dienen gen Rom lief, >o könte ducb dises schatzkastlin
weniger als das oceaniscb mör, da nur ein tropfen wasser
ausgeschöpft wurde, oder der Gollhartsberg, von dem man
ein sandkörnlin neme, geringer! noch eröst werden, bienen-
korbni*; am Rhein, der nncbdeiu er seinen lauf gericht,
auch das land eröset oder erfiuchtbaret hat. Sebiz25; ewere
kisten und kästen eröset und ewere kindcr hinder euch zu
bettlern lasset. Piiilander 2, lo6; gedachten sie beuten zu
machen und etwas zu erschnappen, das doch in derselben
ganzen gegend nicht anzutreffen, weil das land ziemlich er-
öset war. Simpl. K. 411. gerdlh später, gleicli dem folgenden,
auszcr gebrauch, s. verösen.
ERÜSIGEN, dasselbe: wie die Gallier, Gotlii, Huni Teutsch-
land erösigten, verhergten und einnamen. Frank weltb. von. ;
dann unsere schif waren vermüdct und von pmvision oder
profand erösigt. 228'; alles Teutschland wurde erschöpft,
mit dem vihe erösiget. c/iron. 237'; so die lande wol erösigct
und die bauren wol ei-zauset seind. kriegsb.desfr.U; einen
groszen teil der fnicht der erden erösigen. 44; alle land an
gut und gelt beraubet und erösiget. 189. üehi noch bä Frisius
519'. Maaler 115*.
ERÖSLNG, f. expopulatio, vastatio: erösung des gemeinen
stattseckels, aerarit tcnuilas. Maaler 116', vgl. die unter erlösung
aus Simpl. K. 083 angezogne stelle.
ERPACHTEN, conducere, paclden: stolz und vorlaut stan-
dest du da, als hättest du den horizont von Genua erpachtet.
Schiller 164'.
EKPACKEN, anipere, packen, greifen: das gleichnis vom
löwen, der in der rinderherde des nachts einstürzend sie
zerstreut, doch ein stück erpackt und aufzehrt. Göthe ...;
'' wie sich der leu in seinem hunger freut,
wenn er einmal auf vollbeleibien raub
entweder einen hochgekröntcn birsch,
or (= oder) eine gemse trifl, und gierig ihn erpackt.
Borger 151";
Dido, Dido! sollst du noch aber und aberraal heulen,
wann mein fluch im stürm dich crpackt, in wogen heran-
braust. 2.iü*;
erpackte ihn um ihn umzubringen, aus hasz weniger als aus
liebe. i.P. Hesp. l,U; Alban, der nicht wie Karl klagte, dasz
ihn nichts recht erpacke und alles nur luftig umspüle. Tit.
2,128.
ERPANGELN, ERPANKELN, contrcctare, circumagere, herum
stoszen, ein Schweizer wort, von unglück wol erpangklet, actus
mullis casibus. Frisiijs 07*. Maaler 116*, wozu sich das einfache
panglen, perlraäare, manu traclare, oft anrüren, handien Im
Frisius 994' und Maaler 315' ßndt4, daneben aber baiiklen, in
bendcn bankin, hin und her beutlen, banzlen, rütteln bei
Frisius 325*, 1357* und Maaler 50* vorkommt, ohne zweifei ge-
hört dies banklcn, panglen zu dem 1, 1104 aufgeführten hangeln
stoszen, schütteln, so dasz auch erbangeln zu schreiben wäre,
gleichwol schien dem p und k hier einiges recht zu lassen, da
auch Schmeller 1, 287 punken stoszen darbielrt und in pinke-
pank, dem sloszen des schmiedcs, die selben laulc wallen ; sogar
das engl, pang quäl, stosz, stich verdient rücksicht. Stalper 1, 13<i
schreibt banggen, banken stoszen und banggelu hertimsloszen.
1, 242 bunggen schlagen, stoszen, vgl. bunge tympanum. gg !.<.(
hier gk, k.
ERPANZERFEGEN, expolire, ein kühnes wort, panzerfegen hl
polire loricam, erpanzerfegen erputzen, im panzer fegen: sie
würden sonst verschimmeln und verrosten, das sie kein teufel
im fegfeur erpanzerfegen könte und man da< maizeichen gar
nicht mehr an ihnen kennle. Fischart bienenk. 245*.
ERPAKTIEREN, fraudibus nc dnlis acguirere. Stieler tltl.
F.RPASSKN, exspectare, eiharren, erhiuern: dort am iifcr
trift er Engländer gelagert, deren caravanc, gleichfalls auf-
gehalten, einen günstigen augenhiick erpassen möchte. Göthk
6,210;
und wie sie den augcnblick erpassen,
nach der hAlIc sie entITihrend fassen! . . .;
wollit) man» erpasscn,
bis sie XU Wien aus vii>r und zwaiulg iiboln
das kleinste auügnw&hll, man pasto langet ScRiLLm 33:('.
EUPAUKEN, plagis et verberibus comfiellcTe, obtinere: man
hat das ja noch endlich von ihm erpaukcn müssen. Stie-
leb 108.
ERPEINEN, tribulare, ahd. iri)tnAn. d<ln. furpine. nnl vcr-
pijnen.
ERPEINIGEN, dasselbe:
sie hat erbninigt meinen leih. Atrkr 326\
schon ahd. uhri>i> ">'<•> "" l'''».i unil liiiiün (CimrK i.:ii9. njnu
937
ERPEL — ERPICHEN
ERPICKELN— ERPROBEN
938
ERPEL, m. anas mas, eine benennung des enlerichs, die sich
von Pommern durch das Braunschweigische bis nach ^iederhessen
und Wddeck erstreckt, doch in den Mederlanden und scheint es
auch in Westfalen unbekannt i(t. hin und nieder arpel. hoch-
deutsch halte man dafür zu gewarlen arfel, erfel, was jedoch
den cyprinus orfus bedeutet, und sichtbar deni lat. ausdruck nach-
g^ildet ist. an einzelnen orten beschränken die ßgcr erpel auf
den wilden enlerich {hannOv. mag. 1844,330). man musz den
landslrichen näher nachspüren, wo dieses merkwürdige wort im
gang ist. meine vergleichung des chatlischen mannsnamens Arpus
(CDS. 5S0) bleibt 'freilich unsicher, doch siehe Ernst und Genserich
(1, 502).
ERPFEIFEN, 1) signum dare sibilo: ich kann ihn nicht er-
pfeifen, er hört nicltt auf mein pfeifen. Stieleb 1437.
2) lütia canendo obtinere:
schöner Dämon, zung der hirten,
der auf deinem holen halm,
wenn wir unser herden schmierten,
hast erpfiffen manchen palm. Spkb Irutin. 305^
wo aber HCppe 278 ergriffen liest;
0 du lieber kleiner vogel,
meine Magdalis ist hier!
pfeif ihr doch ein kleines liedchen
und erpfeif ihr herzchen mirl
Gleus Amor ein vogel (neue lieder 1767 s. 46).
ERPFLEGEN, curare:
wo lieb und freundschafl unsers herzens segen
mit götterhand erschaffen und erpflegen. Göihe 12, 10.
ERPFLÜGEN, exarare, arando lucrari : er hat zehen scheffel
von einem acker erpDüget. Stieler 1449. Rädlei?i 253';
das, was der schwere pflüg erpflOget, geht alles auf gehor-
samspflichten. Locaü 3, 13«, 100;
wann hier ein niedrer sinn, mit schweisz und brot vergnügt,
des groszen unterhalt im heiszen feld erpflügt.
Haller 145 (138) ;
in kältern gegenden müssen alle bürger ihre unterhalt durch
die arbeit im rauhen felde mühsam erpflügen. Hallers Fabius
und Cato s. 228;
0 könnt auch ich, durch Herculs gunst und fügen,
wie jener knecht, mir einen schätz erpflügen ! Hagedon 1, 74 ;
als seine einfalt noch die reine kost vergnügte,
die wald und herde gab und die sein stier erpflügte.
DcscH verm. werke 254;
Idie hirsche) richten die künftigen ernten,
mit so vieler arbeit erpflügt, auf einmal zu gründe.
Zachariä 2, 73.
ERPICHEN, pice obducere, kommt fast nur, allein oft, im
pari, erpicht ror, das die bedeutung avidissimus gewonnen und die
praep. auf bei sich hat, erpicht auf eine sache, gleichsam festge-
leimt, versessen, ersessen darauf, erscheint erst in der zweiten hälße
des 17 Jh.: nun hatten sich bei währender mahizeit etliche
kerlen in die stube gefunden, welche einen sonderlichen
tisch einnahmen und zu trinken begehrten, die waren so
treuherzig auf das hier und den wein erpicht, dasz sie ein
grosz strafglas in der mitten setzten, welches derjenige äiis-
saufen solte, der über drei gläser %vürde vor sich stehen
lassen, und wie die redensart hiesz, zum Schafhäuser wer-
den. Weise erzn. 301 ; aufs saufen erpicht. Stieler 1422 {vgl.
ausgepicht) ; ich meines theils war von Jugend an desto eif-
riger auf die bücher erpicht. Fclsenb. 2, 10; es ist kein mensch
begieriger, erpichter und versteuerter auf das goldmachen
als mein valer. 2.241; so hätte sich die fürstin doch jeder-
zeit dergestalt eifrig und erpicht darauf bewiesen. 4, 444 ;
der, ganz erpicht auf peld,
die münzer insgeheim für halbe schöpfer hält. Hagedorn 1,19;
der, nur auf rühm, auf meisterschaft erpicht,
bald vieles lernt und endlich alles lehret. 1, 56;
<o äuszerst war, nach Tacitus beriebt,
der alte Deutsch aufs spiel erpicht. Lessing 1,22;
auf hübsche Christendamen so erpicht. 2, 315;
ich kenne den vogel! er ist nicht kleiner als ein trappe,
und ärger als Ledas schwan auf eure zofen erpicht.
WiEiA!«!) 4,42;
eine ausgelassene und allein auf befriedigung ihrer leiden-
schaften erpichte Jugend. 2,247; die Weichsel, gleichsam auf
ihr ewiges recht erpicht, bedeckt die länder unter ihrem
gpwässer. KkX( 9, 9 ; ich war eben Ober {st. auf) die ocuvres
de Savary erpicht. H.\>ia:hs 3,132; das kind ist auf nahrung
erpicht. 5, 288 ; zu unsem gegenwärtigen zeiten, wo man so
sehr auf die erfindung und Schilderung historischer Charakter
erpicht ist. Moser p. ph. 1,65;
warum, warum bist du denn so auf eine,
auf ^ine nur bei tag und nacht erpicht. BSrger 121*;
die erinnerung der tage, wo er aufs geschält erpicht, an sol-
chem tische sasz, hüiend und schreibend sich übte. Göthe
21, 157 ; auf blei und siiber ist man erpicht, das sie (die ge-
birge) in ihrem busen tragen. 22, 182 ; sie sind auf neue
moden so erpicht wie frauen selbst. 3S, 177 ;
ich soll vielleicht
nicht wahrgenommen haben, wie erpicht
und gierig ihr auf euren raub euch stürztet? Schiller 274';
er war blosz darum so unerhört aufs schach erpicht. J. P.
uns. löge 3 ; eben so ei-picht ist sie auf dieses mannes manier
in seiner liebe. Hesp. 1,52; gelehrte, verliebte, müszige und
mädchen sind unbändig auf briefe erpicht, geschäftsleute gar
nicht. 1, 64 ; wir im collegio, sagte er, sind auf einen halben
balzen erpicht. 2, 68 ; blieben aber noch auf das restierende
testament erpicht, flegelj. 1,11; auf nichts ist die weit in
büchern so erpicht als auf das erzählen, biogr. bei. l, i; und
wird immer gefräsziger, immer erpichter auf den rothen wein.
Tieck 1, 386. ßr erpicht hört man auch verpicht, da die
Schweden pickhSgad im sinne unseres erpicht sagen und von
picka Stimulus herleiten, so könnte man an der abkunft ron
pech irre werden. doch gilt auch nnl. verpekken, rerpichen,
zum schlusz noch ein beleg für das praet. ind.: die Soldaten
erpichten sich immer stärker auf die wQrfel. Rehfdes Scipio
Cicala 1S32. 2,54.
ERPICKELN, s. erbickeln.
ERPICKE.N, rostro pungere, aufpicken, welche ebenwol geschrieben
werden könnten erbicken, aufbicken, s. bicken:
seht den vogel ! er fliegt von einem bäume zum andern,
nascht mit geschäftigem pick unter den fruchten umher,
frag ihn, er plappert auch wol, und wird dir offen versichern,
dasz er der hehren natur herliche tiefen erpickl.
GÖTHB 1, 3S6.
ERPINSELN, penicillo depingere, hinjnnseln, verächtlich.
ERPL.\CKEN, herausplacken, mit gröszter mühe gewinnen.
Stieler 1459.
ERPLCNDERN, diripiendo adipisci.
ERPOCHEN, 1) tr. extundere,
a) pulsando e somno excitare, aufpochen, aufwecken, erklopfen.
b) atrociler extorquere, ertrotzen, s. erbochen sp. 733 ; wol-
thaten soll man nicht erpochen.
2) intr. palpilare:
die schöne fühlt ihr herz vor angst erpochen,
da sie ihn schaut, sie flieht im augenblick.
Gries .ir. 29, 60.
ERPRALLEN, ilUdi, schon sp. 735 unter erbrallen :
ihr mark in beinen wollet,
und wiederlebend blut
in süszem sod erbrallet
und färbet herz und mut. Spee triUzn. 66 (72).
ERPRäSSELN, crepUare, heßig erschallen.
ERPRASSEN, heluando obtinere:
die pein, die sich zum lohn der schwelger wild erpraszt.
Gellert 2, 2?.
ERPREDIGEN, concionando obtinere: häuser erpredigen
kommt irgendwo ror; er vird durch seine wolredenheit viel
Seelen erpredigen. Stieler 1470.
ERPRESSEN, exprimerc, ausdrücken,
1) den trauben, citronen saft erpressen ;
ist weisz and roth beineben
von rothem traubenschaum,
den er erprest von reben
mit schweren kelterbaum. Spee triitzn. 48 (10).
2) den äugen thränen : man sah sie alle drei in trauerflor
und in thränen gebadet, selbst ihren ricbtem thränen er-
pressen. Weisze trauersp. 5, 324 ;
jede noth, die thränen uns erprest. Gotter I, 387;
des kenners lächeln oder zähren erpressen. Gökisgr 3, 321.
3) der autor will den beifall nicht erpressen. Gellert 1,74;
ach nicht mein Schicksal ists, das schauder mir erprest.
GoTtER 2, 453 ;
diuch meinen bleichen, eingefallnen kumftier
erpressen noch ihr ach. Göei.'<gr 3, 211.
4) einem geld, almosen, beitrage erpressen.
ERPRESSL.NG, f. violenta exactio: schamlose erpressungen.
ERPRORE.N, probare, explorare, fr. eprouver, versuchen, be-
währen :
und wies von vätern war erprobt,
jeder gott auf seine weise lobt. Götbe 2, 222;
gehorsam teuer hast du nun erprobt,
wirf dich ins meer, wo es am wildsten lobt. 12, 312;
hast (tu ein mittel, so erprob es hier. 41, 110;
vom sc-hlummcr jagt die furcht mich auf, ich gebe
nachts um, wie ein gequälter geist, erprobe
des Schlosses riegel und der wuchter treu. Schiller 406';
939
ERPRÖTZEN — ERQUICKEN
ERQUICKEN — ERQUICKLICH
940
aber trcfT ich dich drausren im freien,
da mag der blutige kämpf sich erneuen,
da erprobe das eisen den muth. 491';
nun kommt Marlisa, da der spruch verschoben
und gibt sogleich was neues zu erproben. Grim Ar. 45, 113.
sich ERPRÖTZEN, cibis se opplere, ingurgilare,vgl. sich brofzen,
blähen 2, 407, brotzig turgidus, slrolzend, aufgebldlU Schmellhr
1, 274 und brotze, bufo turgidus : wie sie nun dapfer gezehret
und sich treflich erpiötzet. Philander 2, 233.
ERPKCFEN, tt'os erproben, Stieler 15S2: das bewustsein
seiner ei-prüften gesinnung. Kant 4, 244; würde dem erprüften
und erfahrungsvolien nicht viel neues sagen. Klinger 12, 103.
ERPRUGELiN, lerberibus elicere: gehorsam erprügeln; eine
frau, die jede umarmung aus dem mann erst erprügeln musz.
J. P. tettfdsp. 2,12.
ERPUFFEN, raucum edere sonum:
man hört im felde lerm und wafTen, watTen rufen,
zugleich auch schwcrt und sper mit krachen und erpuffen.
Werders i4r. 26, 10.
ERPÜTZEN, emundare, exomare, aufputzen: die nachkum-
menen lerer, als sie die h. geschrift basz erbutzt und aus-
gcrtrterf. Frank chron. 391". n. erbutzen.
ERQUAKEN, incipere coaxare: abends in der dämmerung
erquaken alle frösche im teich.
ERQUAKERN, irritare, böse maclien, aufreizen: die andere
Seite will mir nicht gefallen, denn mich deucht, er erqua-
kert sich die frau, und das dünkt mich, ist nicht anacreon-
tisch. Rabener 6, 145.
ERQUÄLEN, excruciare, abquälen, aufquälen.
ERQUELLEN, scatere, emicare, praet. erquoll, part. erquollen :
so gar seind wir ihm ergeben und auf ihn erquollen (wie
erpicht), das wir auch unser weib und kind nit kennen.
kriegsb. des fr. 231, .<;. mhd. verquoln ftf, an, in, aber von ver-
queln [wb. 1,897'), woncben schwaclics vcrqueln gilt (897*);
wie im urding das urding erquoll,
lichtsmacbl durch die nacht scholl. Göthe IS, 94;
und um uns und an uns so drängend und voll
die erde von nickenden blumen erquoll. 40, 377.
ERQUELLEN, macerare, praet. erquellte, pari, erquellt, auf-
quellen: erbsen erquellen, quellen lassen, erweiclten. vgl. er-
quellen, wasser stauen bei Frisch 2, 77'.
ERQÜETSCHEN, contundere, elidere, zerquelsciten : um es
nicht im schlummer zu crquetschcn. J. P. uns. löge 1, xix ; ein
skelet schreitet heran, es verschlingt sonnen, erquetscht erden,
tritt einen mond aus. 3,180; ihre aufgelöste und erquetschte
seele glich der bruchweide, der man alle zweige rückwärts
mit der bloszen band herunterstreichen kann. Uesp. 2, 40 ;
vielleicht ist schon oben (auf dem berge) eine (schneelaume)
im erquetschten gang und er kann sie noch nicht sehen.
3, 124 ; eine mücke durch schnelles schnappen der lippen er-
quetschen. Tit. 2, 33 ; die sich in das blumenbeet eines gan-
zen fremden lebens hineinlegen und gleichgültig wieder auf-
springen vom erquetschten blumenflor. fieiml. klaget. 41; welche
herliche nachtgedanken und spatgefühle mag das Leipziger
thor schon ausgesperrt oder erquotscht haben ! aesth. 3, 86.
das wort hol bereits Lobenstein Arm. 1, 1081.
ERQUICKELN, recreare:
duz ich mich mOg in dir, du dich in mir erquickelen.
Weckherlin 708.
ERQUICKEN, dasselbe, ahd. arquicchan, irchukan, erchic-
cban, alls. äquicAn, ags. acvician, äcucian, rtüid. erquicken,
erkücken. ni. (Aer verkwikken, sdiw. vederqvicka, ddn. vcder-
qvSge, vgl. goth. gaqiujan.
1) eigentlich bellen, lebendig machen, animare, mlat. vivifi-
eare, den leib und die glieder: und als er trank, kam sein
geist wider und ward erquicket, rielü. 15, 19; das wird deinem
nabel gesund sein und deine gebeine erquicken, spr. Sal. 3, S ;
sterket die müden bende und erquickt die slrauchelenden
knie. Et. 35, 3 ; der wein erquickt den menschen da» leben.
&r. 31, 31 ; und Helias wonet auch da und erquickt {erweckt)
tt endlich iren «un. Fra<«k wellb. 165*; da unser herr die
tochter des Obersten in der lynagog vom tod erquicket. 196' ;
da« Ir nicht thut in Ihm erquicken
flelfchlicher lieb brtnnend»! fewer. II. Sacu 1.285*;
frot! • • ■'— *• '- r-rbarmen
n ' /<«n noi,
er ■- . i-rquicken,
«r w^.ni nie unite von dem tod. Uiila!»«) 164;
sie feilt umb und wird anmächtig, sie laufen beede zu,
wollen sie erquicken. AYnER32l';
das erquickt mir mark und bein. Göthe . . .
2) herz, geist, seele erquicken: das gesetz des berrn ist
on wandel und erquickt die seele. ps. 19,8; wie die külde
des Schnees zur zeit der ernte, so ist ein getrewer böte
dem der in gesand hat, und erquickt seines herrn seele.
spr.Sal. 25,13; auf das ich erquicke den geist der gedemü-
tigeten und das herz der zerschlagenen. &. 57, 15; denn ich
wil die müden seelen erquicken und die bekümmerten seelen
settigen. /er. 31, 25; das der trOsIcr, der meine seele soll er-
quicken, ferne von mir ist. Wag/. Jer. 1, 16; sie haben erquickt
meinen und ewern geist {goth. ga))rafstidedun auk jah mei-
nana ahman jah izvarana). iCor. 16, 18; denn sein geist ist
erquicket an euch allen (anahveilaijjs var]) ahma is fram
allaim izvis). 2 Cor. 7, 13 ;
80 hat sein blick oft schon mein herz erquicket.
Gellest 2, 44.
3) Überhaupt laben, stärken, trösten • der wird dich erquicken
und dein alter versorgen. Ruth 4, 15 ; er erquicket mich mit
blumen und labet mich mit epfeln. hohelicd i, b ; so hat man
rüge, so erquickt man die müden. £s. 28, 12; ein thaw nach
der hitze, der erquickt alles wider. Si'r. 43, 24; komt her zu
mir alle, die ir mflheselig und beladen seid, ich wil euch
erquicken {ahd. ih labun iuwih). Afa///j. 11, 28;
dis ler und trost mich fast {sehr) erquigkt.
ScHWARrE:«BBRC 152, 2;
die ir armut zu erquicken, ir arbeit feil bieten on allen Ion,
allein um das brot zu dienen (verdienen). Frank «cei/ft. 1 03" ;
doch rieht ich mich zuletzt von meinem siechbett auf
und mache, noch nicht recht erquickt, mich auf den lauf.
Gripuius 1, 200;
wünsch ich euch für solches stücke,
dasz euch küssen nie erquicke. Logav 3, 101, 10;
je mehr die lippen durst gelitten,
um desto mehr erquickt der trank. Rost schäferg. 34;
und alles ward erquickt mich zu erquicken. Göthe 1, S;
nie an der quelle der Weisheit eure durstigen lippen zu er-
quicken. 14,132; dasz wir unsere leser mit einem auszug er-
freuen, ja wir dürfen wol sagen, erquicken können. 33, 139 ;
ihn erquickt nicht mehr
der matten warmes grün. Schiller 523';
ein mehrstündiger schlaf hat den kranken erquickt.
4) das wofür man erquickt werden soll, steht im gen. oder
praepositionen bezeichnen es:
ir seht, wo mich der schuh jetzt drückt,
ob ich meins leids möcht werden erquickt (ergplzt).
Waldis 2. 45 bi. 108';
so wer er seiner sorg erquickt. Rincwald evang. FT;
ein tiefer schlaf erquickte mich von glück und noth.
Göthe 40, 376.
5) reß. sich erquicken : auf das dein ochs und esel nigen
und deiner magd son und frembdling sich erquicken. 2 Mos.
23,12; aber am siebenden tage rüget er und erquicket sich.
31,17; wenn nu di;r geist gottes über Saul kam, so nam
David die harfen und spielet mit der band, so erquickt sich
Saul, und ward besser mit im, und der böse geist weich von
im. 1 Sam. 16,23; und der könig kam hinein mit allem volk
das bei im war müde und erquicket sich daselbs. 2 Sam.
16,14; er leszt meinen geist sich nicht erquicken. ffio6 9, 18;
wenn ich gedenk, ich wil mich erquicken. 9, 27; lasz ab von
mir, das ich mich erquicke, fw. 39, 14;
du selbst erquicke dich {tröste dich damit), dasz durch «in
scharf betrüben
die göttcr deine treu und hohe tugend üben. Crtphius 1, 433.
ERQUICKEND, recreans, suavii, labend:
der Schönheit . . . erquickend reicher glänz.
VVrckherlin 6i>2;
erquickende kühle; grüne der wiesen; erquickender dufl;
erquickende erscheinung ; frische, erquickende waldcr. i. hen-
erquickend.
ERQUICKER, m. recreator:
ein erqiiicker bist jederman,
wer hart beschwert dich rufet an. R. Sacm I, T7^
ERQUICKLICH, dasselbe:
•ftuorlich war* und erquicklich, geiund zu trinken den n«D>
sehen. Cöthk 40, 312;
de« klaren raondf erquicklich leiser schein. 9. 355;
ZU ende merz war ein ländlicher nufenthnit schon erquick-
lich genug, n' "1 ''•• trort gebraucht btrtitt LocAC:
94 1 ERQUICKSTUXDE — ERRATHEX
so komm ich auch zu dir, da hab ich was ich wil,
da lab ich mich bei dir durch ein erquicklich spiel. 1, 193.
vgl. unerquicklich.
ERQUICKSTUNDE, f. hora recrealionis, erheiterungsstunde : soll
ich mir nun den pas zu meinen erquickstunden verschlieszen
lassen ? da werde ich das rauche raus kehren müssen. Weise
comödienprobe 2S ; daher meldet auch Schwenterus im 16 theil
seiner erquickstunden. Hobberg 1, 696*. so auch Heins. Mül-
lers geistliche erquickstunden.
ERQUICKTRUNK, m. potus recreans, labelrunk: neue kraft
flosz mit diesem erquicktrunk in meine gebeine und frischer
muth in mein herz. Schiller 709'.
ERQUICKUNG, f. recreaiio, labsal: auf das da kome die
zeit der erquickung. aposlelg. 3, 20 ; hab ich etwas ein er-
quickung des gemüts darin, weil gewis ist, dasz wir all
müszen sterben. Frank welib. lU';
deriD seit das Teuer mir
so nahe kam, dünkt mich im wasser sterben
erquickung, labsal, rettung. Lessixg 2, 198;
und der die quelle aus dem felsen schlug,
kaan dieseu quell, die irdische erquickuug
dir schnell in eine himmlische verwandeln. Schiller 442';
erquickung hast du nicht gewonnen,
wenn sie dir nicht aus eigner seele quillt. Göthb 12, 38.
vgl. geisterquickung. herzerquickung.
ERQUICKU>GSTRÄNK, m. potio recreans:
ich nehme den erquichmgstrank,
erwiedr euch allen heil und dank. Göthx 12, 56.
ERQUICKUNGSVORRATH, m.
aufs unfnichtbare meer, von landesgaben,
zum lebewol, erquickungsvorrath widmen. Göthb 9, 352.
ERRAFFEN, colligere, arripere. Stieler 1496 :
musz pQanzen und schaffen,
erlisten, erraffen. Schiller TS".
ERRAFFLTNG, f. collectio: nach erraffung ihrer kleiden
Lohesstein Arm. 2, 216.
ERRAMMELN, ludendo, saltando oblinere, reftcere : auf solche
wol erschnaufte und errammelte abdawung entschlossen sie sich
eben auf derselben kampfmartischen walstatt auch die abend-
zech zu vollbringen. Garg. S3'; sänne auch bereits eiaen platz
aus, auf weichen ich mitten im wilden gebürg einen schönen
ebenen lustgarten pflanzen wolle, damit sich die frembde
herren und ihre badgäst darin erspazieren, die kranke er-
frischen und die gesunde mit allerhand kurzweiligen spielen
ergetzen und erramien könten. Simpl. K. 770.
ERRASPELN, radendo perßcere: das holz ist hart und läszt
sich kaum erraspeln.
ERRASSELN, crepare, klirren, a^aßslv:
er fiel und laut
errasselte die rüstung über ihm. Borger 150*.
ein oft ti'iederkehrender homerischer vers B. 5, 42,
SovTiTjaev Se Tisadv, aQaßrjae 8i rsvj^s' tn avT(ß,
btt Voss:
dumpf hin kracht er im fall, und es rasselten um ihn die waffen,
bei Spreng S2':
dasz es gab einen lauten hall;
herlich wallt er einher, am rücken errasselt der köcher.
Bürger 246*.
ERRATHEN, conjicere, ahd. irrStan, mkd. erraten: wisset
ir nicht das ein solcher man, wie ich bin, erraten künde?
1 Mos. 44, 15 ; ich wil euch ein retzel aufgeben, wenn ir mir
das erratet und treft diese sieben tage der hochzeit, so wil
ich euch dreiszig hemde geben und dreiszig feierkleider.
rieht. 14,12; und sie künden in dreien tagen das retzel nit
erraten. 14,14; verstand und klugheit treume zu deuten,
dunkel sprüche zu erraten. Z)ün. 5, 12; begert einer vil dings
zu wissen, so kan sie erraten, beide, was vergangen und
zukünftig ist. ice«A. Sal. 8, S ; ein rüterschen erradten, aperire
aenigma. Maaler116*;
ich drohte, doch zu schwach, errätbst du bald das ende?
Gellert 3, 388 ;
wir waren euertwegen wahrlich ^anz
bekümmert. *so?' ihr wart gewis verreist?
'errathen!' und kamt heut erst wieder? 'gestern'.
Lessing 2, 223 ;
ich habe deinen vater Nathan, und
noch ^inen, #inen noch hierher bestellt,
errätbst du ihn? 2,353;
wie gach nun wieder, junger mann ! soll alles
dir denn entgegen kommen? alles dich
errathen ? 2, 355 ;
ERRATSCHEN — ERREGEN
942
wie mich
die dame merken lassen, will sie lieber
errathen als beschrieben sein. Schiller 257" ;
eh ich dich sprach errieten wir und liebten uns. Plate!« 165;
wie, der mensch will weiten errathen, der keine welttheile
erräth? J. P. Kamp. 55,
ER RATZEN, dam auferre, blosz bei Stieler 1525.
ERRAUREN, exspoliare, ahd. irroubon. Stieleb 1526 : er-
raubte schätze.
ERRAÜFEN, ERRÄUFEN, eveOere, ausraufen: ich kann das
Unkraut nicht erreufen, quicquid eveUam, lolium tstud eradicare
nequeo. Stieler 1533.
ERRÄUMEN, amovere, Kegrdumen, mhd. errömen, ahd. ar-
r&man, wozu Otfrieds äriimi (Graff 1, 462) gehörl,
dö der chör wart errümet^ Diut. 3, 42.
ERRE, für irre, iralus, toc. 1482 h l'.
ERRECHNEN, computare, ausrechnen : tiefe Wahrheiten lassen
sich nur erschauen, nicht errechnen. Schopenhauer parerga
1, 459.
ERRECHTEN, lege potki, vincere judiäo: eine erbschaft er-
rechten. Stieler 1552.
ERREDEN, 1) oralione efficere, evincere. Stieler 1546: man
kann sich (sü»») leben und tod erreden, vüa ei mors in Ungua
posilaest; ihm als angeklagten das absolvo zu erreden. Herher
20, 272.
2) reß. sich erreden, sich besprechen : weil ich mich also
mit i. f. gn. errede (uHirend meinem gespräch mit L f. gn.).
SCHWEINICHEN 1, 362.
ERREGB.\R, qui facile moretur: leicht erregbares gemüt.
ERREGBARKEIT, /". inätabililas : erregbarkeit meines geistes.
Bettine br. 1, 244.
ERREGEN, indtare, commovere, kommt mhd. nicM vor, tne
aticA das einfache regen selten (vedere regen Trist. 23, 10), ahd.
regan »= ragian unerhört ist.
1) und gott schuf grosze walfische und allerlei thier, das
da lebt und webt und vom wasser erreget ward {vulg. omnem
animam viventem afque motabilem, quam produxerant aquae).
l.Vos. 1, 21; die stim des herrn erreget die wüsten (vox do-
mini concutientis deserlum). ps. 29, & ; er liesz weben den
Ostwind unter dem himel und erregt durch seine sterke den
sudwind (induxit in virtute sua africumi. ps. 78, 26; wenn er
sprach und einen Sturmwind erregt, der die wellen erhub
(dixit et stetit spiritus procellae et excifati sunt fluctus ejus).
107,25; das sie (die bergstadl\ gott aufbracht oder bergwerk
allda erreget hat. Mathesics 2' ; die hitze erregt ein gewitter ;
wie wenn heftiger wind die gedörrete spreu auf der tenne
plötzlich erregt. Od. 5, 369;
die reiter erregen den staub auf der heerstrasze.
2) denn ich bin komen, den menschen zu erregen wider
seinen vater {vulg. veni enim separare hominem adversus
patrem, und ebenso goth. skaidan, ahd. skeidan). MaUh.iO,3b;
er hat das volk erreget. Luc. 23. 5 ; und das volk ward er-
reget wider sie. apostelg. 16, 22 ; und erregeten das ganze volk.
21,27; nu es ist dem rottengeist nur darumb zu tbun, das
er den tollen pöfel errege und an sich ziehe. Lcther 3, 66' ;
heillos ist es fürwahr, dasz du mich Heren zu kränken
reizest, damit sie hernach mich errege durch schmählichan
Vorwurf. B(:rger lai';
denn wie ich bei der linde
das junge völkchen finde,
sogleich erreg ich sie (zum tanz). Göthb 1, 20;
diwch solche darstellungen, die mich gar nichts kosteten,
machte ich mich bei kindern beliebt, erregte und ergetzte
die Jugend und zog die aufmerksamkeit älterer personen auf
mich. 25,365;
erregt ist ganz Messina, horch! ein ström
verworrner stimmen wälzt sich brausend her. Schiuu 490*;
im wähle der einsiedler
ist sich genug allein,
beim erntefest der fiedler
erregt den bunten reihn. Röckbrt 241.
3) hasz erreget hader, aber liebe deckt zu alle übertret-
tunge. spr. Soi. 10, 12 ; da nam aber die sünde ursach am ge-
bot und erreget in mir allerlei lust (vulg. peccatum operatum
est in me omnem concupiscentiara, gotli. gavaurhta in mis
allana lustu). ROm. 7,8; vil fragen erreget und keine auf-
löset. Mathesius 1562,193'; dasz er dardurch viel fluchens
und unnützer wort erregete. Kirchhof «endunn». 215';
aber wo aus der art man scblegt
und täglich newe brauch erregt. Fiichart y(. «A. IW;
943
ERREGEN — ERREICHEN
ERREICHEN — ERRENNEN
944
eigner muth und Tremder degen
künnen zwar noch rühm errcg-en,
aber mit geborgtem leibe
fühlt man nii-ht das süsz am weibe. Logau 4, 148, 43;
kühne faust und blanker degen
künnen würd und rühm erregen. 2/186, &3;
Schönheit kan den degen
manchmal niederlegen,
manchmal auch erregen. 2,216,28;
die lerche steigt und schwirret,
von lust erregt. Hagedorn 3, IUI);
geht bnider,
erregt mir meine galle nicht. Lkssisc 2, 222;
der gott, der mir im busen wohnt,
kann tief mein innerstes eiregen. Götre 12, 80;
o wehl errege nicht mein sehnen. 41, 129;
um so mehr, als ich hier anführen musz, dasz von jugnnd
auf in mir eine hist mich zu verkleiden selbst durch den
ernsten valer erregt worden. 25,340; schon die freundlichen
vorzüglich an sie gerichteten grüsze der bauern gaben zu
verstehn, dasz sie ihnen wolthätig sei und ir behagen er-
rege. 26,15; so dasz die Ungeduld unseres reisegefährten
allzu stark erregt plötzlich ausbrach. 31,217; so dasz in der
wolle des Überrocks der bekannte branstige geruch erregt
ward. 45,324; er war in sehr erregter Stimmung;
um in eile die wütende schlacht zu erregen. //. 2, 440.
diese erklärung eines deutschen ministers erregt allgemeine
entrüsfung. Kölner zcitung 1860 n' 130.
4) sich erregen : und gott sprach, es errege sich das wasser
mit webenden und lebendigen tbieren. l3/o.?. 1, 20; es wird
ein Volk komen von mitternacht und ein groszes volk wird
sich erregen hart an unserm lande. Jer. 6,22; und als er zu
Jerusalem einzoch, erreget sich die ganze stad {ahd. ward
giniort al diu burgl und sprach, wer ist der? Matth. 21,10;
da die bawrschaft in Schwaben und Franken sich erregt.
Luther 3, 28 ; es hatten sich denn vorhin die bawren allent-
balb in der nachbarschaft erregt, daselbst;
schaut dasz kein est sich nicht bewegt,
dasz kein geräuschc sich erregt,
es wird sonst ewer innen. Opitz 1, 69;
da durfte Marias und Cinna sich erregen,
da durfte Cesar Rom zu seinen füszen legen. 3, 273;
dieses richtet frieden an,
wann sich gleich ein streit erreget. Logaü 1, 131,65;
liebe hat selten viel flammen geheget,
so sich aus asche des alters erreget. 3, 28, 29;
an einem orte, da Zwietracht und zank sich erreget, pers.
rosen/A. 8, 142 ; dabei sich die frag erregle. Zinkgr. 2, 29; mein
flusz (fluxio, rfieumaiismus) erregt sich so. Weise com. probe 351 ;
das gras erregt sich, alle bäume schelten. Tieck 2, 204.
s. regen, anregen, aufregen.
ERHEGFR. »n. conri/a/or; erreger der schlacht, des aufruhrs.
ERREGERliN, f. concilatrix : wenn sie bei den Griechen als
erregerin des volkes erschien. Herder 1, 107.
ER REGLICH, irritabüis.
ERREGl'NG, f. nach allen bedeutungen des erregens.
ERRFGl NGSLEHRE, f.
ERREIBEIV, /«r/Hcare, einreiben, zerreiben: erreiben mit salz,
contingere tale. Maaler 116*. rcil)end polieren. Stieler 1579.
ERREICH, m. ambilus, bereich: sie war in manchem be-
wandert, was sonst über den erreich junger mädclien geht.
Hecrner mo/Ar/utur 3, 2.
ERREICHEN, attingere, contingere, assequi.
1) ich kann den ast nicht erreichen, mit der slange den
grund des wassers nicht erreichen; das schwer! erreichte den
arm des gegners und durchhieb ihn; die trifl des schlags
erreicht das pfcrd und schneid es durch, als ob ine nichts
hindert. Aimon cl^; das gebwert glitschet ab dem heim und
erreicht das pfcrd in der maszen, das er imc den nack in
zwei theil zertbeiit. 8 2'; keine kugel erreichte ihn;
ihm geh/irt das weite,
was »ein pfeil erreicht,
das int (eine beute,
wa» da kreucht und fleugt. Schillkr 532*;
trieb die ochsen, da gieng der wnf^en. ich aber verweilte,
hielt die pferde noch an, denn Zwiespalt war mir im herzen,
ob ich mit eilenden rossen das dorf erreichte. GAthr 40,247;
erreicht den hof mit möh und nnth,
in seinen armen das kind war todt. I, 184;
mit «ternen*chein ••rrclcht «ein schnelle» ros
dir^ thore. .S(;iiil.i.Ea . . .
dort liegts! ich kanns erreichen mit den nugen,
bioüberdriogco kuo der •timme icball, iW;
2) das kind starb bevor es ein jähr erreicht hatte; der
kOnig erreichte das höchste menschenaller; es sollen nicht
mehr da sein kinder, die ire tage nicht erreichen, oder
alten, die ire jar nicht erfüllen. Es. «5,20; wol dem der da
envartet und erreicht tausent drei hundert und fünf und
dreiszig tage. Dan. 12, 12; seines vatters alter erreichen, senium
parentis referre. Maai.er 116';
drum kümmts, dasz viel vom glauben weichen,
damit sie gute tag erreichen. Logau 1, 110,62;
das erreicht nun alles ein ende.
3) wenn wir gleich viel sagen, so können wirs doch nicht
erreichen. &r. 43,29; preiset in aus allen kreflen und laszt
nicht abe, noch werdet irs nicht erreichen. 43, 34 ; wie aber
der kämpf sei zugangen, werden wir nicht mit worlen er-
reichen. Luther 4, 180'; seinen zweck, alle seine wünsche
erreichen ;
frauen sind nie so gegleichet,
dasz die eine ganz der andern sinnen und gesiciit erreichet.
LocAD 3, 84 ;
die tochtcr ward auch schön, erreichte aber doch nicht die
Schönheit ihrer mutter; welches menschliche äuge kann ein
so zusammengesetztes ganze erreichen und die ganze Schön-
heit in einem eindruck genieszen! Schiller 741';
du hasts erreicht, Octavio ! 3S0';
Wieland erreichte die auszeichnung eines vollständigen ab-
drucks seiner sorgfältig durchgesehenen werke, ja einer Pracht-
ausgabe derselben. Göthe 32, 258.
4) erreichen zu, reichen bis, hin zu etwas: macht der für-
hang des biichstabens, das wir zum sinn Christi und liecht
des geists nimmer erreichen. Frank weltb. tot'; es hat sich
zwischen inen etwas misverstands zugetragen, also das es zu
einem krieg erreicht. Münster 320. s. hinreichen, gereichen.
5) refl. es erreicht sich leicht, schwer; so erreicht es
sich zu mehrerm nachlheil. Fronsperg kriegsb. 1, 130*.
ERREISEN, emeliri: ein land eireisen, itinere assequi.
ERREISZEN, exornare, excolerc, aufputzen, errisz, errissen :
wenn sich die Jungfrau erspitzt, erreiszt und zum danz auf-
mutzt, so kan man leicht abncmen, wo es ir ligl und was
sie gern hell. Frank sprichw. 1, 2l'. in gleichem sinn aufreiszen:
bistu denn also aufgerissen? Gefke.n 6o7. 57. heute beide
unüblich, wir haben dafür aufspreizen, aufmutzen, aufdonnern.
verschieden von erreiszen ist das schwache erreizen,
ERREITEN, equo assequi, mhd. ernten:
der brake wart vcrläzen, d(^r bere spranc von dan,
dö wolde in errileu Kriemhilde man. iVib. 889, 2;
Segrcmors erreit in dö. Iw. 470t ;
weit ir in schiere erriten. 5959;
nlid. und wie ich bei den vortreibern war, so ersihe ich
leut von uns hinweg fliehen und ich den nechslen Irf. i. weg)
sazt an sie im wald und erreit zwcen, die behielt ich bei
meinen henden. Götz von Berl. lebensb. 82; die frau sprang
und lief zur thür hinaus, dasz er sie kaum mit einein gaul
hell erreitcn mögen. Kirchhof wendunm. 331* (350): der böte
spiach, warlich, wenn ich in wiste zu erreilen, ich im den
nechstcn {weg) nacheilen wolle. Galmy 332;
kiinpp, sattle mir mein Dänenros,
dasz ich mir ruh erreite. Bürger 52';
was ists? am ende wird ein lorbeerblatt erritten,
hinwelkend, ohne duft und stiel.
Kl. ScaaiDT poet. br. 73;
ich schreibe eilig, damit dich mein geschriebenes nur heute
noch erreitel. J. P. ftegelj. 3,83; er mag reiten wie er will,
wird er ihn doch nimmermehr erreilen. Stieler 1603.
ERREIZEN, incUare, irritare, mlui. erreijen {nicht erreizen) :
daj hAt mich erreisel üf maneges mannes t(5t. Sib. 1994,2;
nhd. doch keret sich der herr nicht von dem prim des groszen
zorns, damit er über Juda erzürnet war, umb alle die rei-
zunge willen, da mit in Manasse erreizet hatte. 2 Aün. 2.'), 2u ;
so biiltc das crrcizete verhängnus ihm keinen su sauren blick
gegeben. Lohenst. Arm. 1,1096.
ERRFN, s. erden und erben.
EUREN, errare, oberrare, verirren, verbislem. voe. t4S2 b i'.
Ell RENNEN, currendo assequi, erlaufen:
mhd. das lor si errantin. Jeroschin;
nhd. und ich habe noch niemanden einen »ioge^kranz errrn-
nen gesehen, der auf di-in haiiple einen rosenkruiiz, in der
band einen Sonnenschirm, atn gürlel einen Spiegel und an
füszen eingebisainle schuh getrugen. LoHEf«TKit Mrw. l, tiyj;
945
ERRETTBAR — ERRETTEN
ERRETTER — ERRINGEN
946
ich kann ihn nicht errennen; endlich hat er ein amt er-
rennt ;
wol aber mir, der nie gerulit,
bis er das erste ziel errannte. Gökisgk 1, 259.
ERRETTBAR, qui servari fotest, vgl. unerrettbar.
ERRETTE.N, eripere, liberare, senare, erlösen, erledigen, ahd.
irretian, irretita und arrettan. arratia (GraffS, 471), mhd. er-
röten, erretten, ags. ähreddan. dem einfa,chen retten begegnen
wir auch im fries. hredda, n/. redden, engl, rid, die aspirierte
form führt auf y.QaTeiP in der transiiirbedeulting ton halten,
stützen, unterstützen, folglich erhalten, serrare, dem golh. und
nord. zweig scheint es zu mangeln, man müste denn altn. hradr
celer, ags. hräd und im adr. hrade cito heranziehen und xoa-
reoös fortis vergleichen, mehr davon unterm einfachen wort,
uiiser compositum aber, welches ahd., zumal bei 0., genug er-
scheint, ist mhd. beinahe geschwunden, im weinschwelg 235 steht
falsch gereimt erreten : treten, der dichter hatte für den seltnen
ausdruck kein feines gehijr. doch nhd. in Luthers bibel kommt
er ein paar hundertmal vor und ist seitdem iciedcr völlig gano^ar.
DASvroDiuä führt erretten 40l' aiif, ebenso Frisils, Ma.\ler
und, wie sich versieht, alle späteren, war den Polen Vir ratowac,
wyralowac aus unserm retten tmd erretten zugeflossen? das
serb. illyr. ratovati bedeutet kriegen, bellare, gleichsam intransitives
x^areTv.
1) der zu errettende gegenständ steht im acc,
a) person:
then meistar irretiti. 0. IT. 17, 4;
und du hast dein volk nicht errettet. 2 Mos. 5, 23 ; und das
sie der herr errettet hefte. 18, S; denn der herr dein gott
wandelt unter deinem lager, das er dich errette. 5 Mos.
23, 14 ;
erröt (= errette) du, herr, mich deinen kneebt !
Weckherlis 46;
ich wollte gern den biedermann erretten. Schiller 518";
'du hast mich geheilt, mein söhn', sagte der enettete mensch.
J. P. Hesp. 1,59.
b) Sache: errette deine seele und sihe nicht hinder dich.
l.Voy. 19, 17; das er evrr leben errette durch eine grosze er-
rettunge. 45, 7 ; da er die Egypter plaget und unser heuser
errettet. 2 Mos. 12,27; sein eer widerumb erretten, rindicare
se cristimationi hominum. Maaier lic'; des armen menschen
wolfart zu enelten. pers. rosenth. 1,1; du wirst dein leben
nicht erretten. 8, 9S ; er muste fliehen um sein leben zu er-
retten. 7, 11.
2) das wovon errettet wird, steht a) im gen., mhd. nur in der
angezognen stelle des weinschwelgs :
er kan mich leides wol erreten;
nhd. sieh der feinden erretten. Plutarch itt^tfi. }aasl du
dich deiner feind erretten. Schm. 3, 158.
b) schon ahd. wird die praep. fona gesetzt:
fon fianton irretita. 0. V. 1, 3;
irretit thia worolt fon then sunlön. II. 7, 14;
errette mich von der band meines bruders, von der band
Esau. lAfos. 32, 11; ein egyptischer man errettet uns von den
hirten. 2 Mos. 2, 19 ; der gott mein« vaters hat mich von der
band Pharao erretlet. 2,22; und hat mich errettet von dem
Schwert Pharao. IS, 4; der euch erretlet hat von der Egypter
und Pharao band. IS, 10 ; und die geraeine sol den tod-
schleger erretten von der band des blulrechers. 4jVos. 35, 25;
das sie iren man errette von der band des der in scblegt.
5 Mos. 25, 11 ; das er uns errettet von unfern feinden {goth.
giban nasein us lijandam unsaraim). Luc. 1,71; das er uns
errettet von dieser gegenwertigen argen weit (goth. ei us-
lausid^di uns us |)amma andvair{)in aiva ubilin). Gal. 1, 4 ;
welcher uns erretlet hat von der oberkeit der finsternis
(saei galausida izvis us valdufnja riqizis). Col. 1, 13 {wo Ulf.
r««B, nicht Tjftni vor sich hatte) ; einen vom tod eiretlen, leto
educcre aliquem. Maaler tic' ; einen vom Ungunst und hasz er-
retten, sukraliere invidiae ; vom gewalt oder unhillicheit erret-
ten. Dastpodils; ein haus vom brande. Steinbach 2, 25S ; die
Seele vom verderben eiretlen. Gotter 1, 54 ;
des kreuzes fahne nur errettet hier vom tod. 2, 329.
c) oder die praep. aus:
ahd. irretitin mit »uerton üjar iro hanton. 0. IV. 17, 20;
da das Rüben höret, wolt er in aus iren henden erretten.
1 Mos. 37. 21; so wird er euch erretten aus der philister band.
1 Sam. 7, 3 ; und ich lief im {dem baren) nach und erretlets
Ul.
{das schaß aus seinem maul. 17, 35 ; aus sechs trfibsalen
wird er dich erretten, /fioft 5, 19; so doch niemand ist, der
aus deiner band erretten müge. 10, 7 ; kan uns erretten aus
dem glüenden ofen. Dan. 3, 17 ; und errettet in aus alle
seinem trübsal. apKistelg. l , \0 ; können keinen aus dem tode
erretten. Mathesics 1562, 30S'. 313*.
d) vor: einen vor bunger, durst erretten, s. Sch». 3,158.
3) refl. sich enelten,
ahd. sie sint filu rediS, sih fianton zirrettinne. 0. I. 1, 75,
wo der dat. fianton bemerkenswerth und aufzufassen wie unser
heutiges sich den feinden zu entreiszen ; nhd. auf dem berge
errette dich, das du nicht umbkomesL 1 Mos. 19, 17 ; ich kan
mich nicht auf dem berge erretten. 19, 19 ; eile und errette
dich daselbs. 19, 22.
4) eine seltne bcdeutung ist erretten für außewahren, conser-
vare: das {heuschrecken) ist ir einige speis das ganz jar, das
si mit salz erretten und behalten über jar. Frank weltb. 13'.
vgl. ent retten.
ERRETTER, m. serrator, liberator, befreier, erlöser, retter: der
herr ist mein fels und meine bürg und mein erretter. 2 Sam.
22,2; seine kinder werden zuschlagen werden im thor, da
kein erretter sein wird. Hiob5,4; das sie nicht wie lewen
meine seele erhaschen und zureiszen, weil kein erretter da
ist. ps. 7, 3 ; herr, mein fels, meine bürg, mein erretter. 18, 3 ;
sie sind zum raube worden und ist kein erretter da. Es.
42,22; erretter der freiheit, assertor libertatis. Maaler 116';
und für ihre arznei will ich ihr ewiger Schuldner bleiben
und sie zeitlebens als meinen erretter ansehen. Geller t 3,370.
ERRETTERIN, f serratrix.
ERRETTIGEN, was erretten : damit airch die frembden nicht
trostlos verlassen und für schänden und o£fen Sünden er-
rettiget sein mögen. Luther 2, 266.
ERRETTCNG, f servatio: und ewr leben errette durch eine
grosze errettunge. l3fo5. 45, 7; hastu unser gott unser misse-
that verschonet und hast uns eine erretlung gegeben. £iTo
9, 13 ; bis das gar aus sei, das nichts ubriigs noch keine er-
rettunge sei. 9,14; so wird eine hülfe und errettung ent-
stehen. Esth. i,H; wunderbare führungen und errettungen,
was predigen sie anders als eine über alles wachende Vor-
sehung? Gellert.
ERRETTÜNGSMITTEL, n. das beste erreltungsmittel schien
mir zu sein auf und davon zu laufen. J. P. paling. 1, 20.
ERREUFEN, s. eiraufen.
ERRELTEN, exstirpare, exlricare silvam, ausreulen. Maaleb
116'; dessen (des kupfernen bodens) breite noch lenge sie ein
ganz jar nicht erbickelen mochten, ebensowenig als Cesar
des Schwarzwalds end erreuten und keiser Karl der grosz
die Pegnitz und Regnifz in den Mein geleiten. Garg. 3l'.
ERRICHTEN, condere, instituere, kommt für erigere, lerare
wenig vor, was uns lieber aufrichten heiszi. ahd. arrihtan, üf-
arribtan. man sagt ein denkmal errichten oder aufrichten;
ein bündnis, einen bund; vertrag errichten : jetzt wurde ein
feierlicher vertrag zwischen der sladt und der herzogin er-
richtet. Schiller S50'; einen letzten willen errichten; die be-
fiignis eine hj-potbese zu errichten ((ju/zu,<<e//en). Kant 8, 515;
eine anstalt, schule errichten, slipen; freundschaft mit einem
errichten ;
am abgTund geht der weg, und viele kreuze
bezeichnen ihn, errichtet zum gedächtnis
der Wanderer, die die lawin begraben. Schiller 552*.
ERRICHTUNG, f constUutio, stißung, gründung.
ERRINGEN, nutlio labore adipisci, ahd. arringan:
m/id. liep liebe, leit leide erringen kan, ich wil ze fröiden schar.
MS. 1, 88»;
nlid. er hat sein stücklein brot mit saurem schweisz errun-
gen. Stieler 1610; endlich hatten die Deutschen den sieg
errungen;
wem der grosze wurf gelungen
eines freundes freund zu sein,
wer ein holdes weib errungen,
mische seinen jubel ein. Schiller 19*;
wer hat das hohe kleinod dir errungen,
das zu der Linder ITirstin dich gemacht? 20*;
erringen will der mensch, er will nicht sicher sein.
GÖTHK 7, 9.
im deutschen recM technisch: was die ehieufe währender ehe
zusammen erringen, erwerben, daher errungenschaft = er-
rungene - guter, bona labore acquisila :
besitz ererbt crrungncr guter. GörnE !>. 2.S-J.
60
947
ERRINNEN — ERRÖTHEN
ERRÖTHEN — ERSALZEN
948
ERRINNEN, emanare, oriri, entsitrinyen, goth. urrinnan für
usrinnan, alid. arrinnan, irrinnan, ags. Airnan, pari, durnen.
edle, heule ganz eingeschränklc bildung.
1) vom aufgang der sonne, des licIUs, goth. sunna urrinni)),
ahd. iiran diu sunna, nihd.
dannen uns der sunne erschinet unde errinnet.
DiSMER 3t)2, '2(> ;
ein rinc umbe die sunncn,
dö si was üf errunnen. Mar. 200, 19;
r^. mylhol. "00. dieser schöne au.^ruck ist uns jelzl verloren.
2) vom keimen, aufgehen der pflanze, derblüle. Stalder 2, 292.
Albb. von RCtte 21. ToBLEH 171' schreibt errönna und mengt
orrinncn mit erinnern :
das liedli ist erninnen
■wie holdcrblust. Uuland 898;
zwar die natur bedeckt dein hartes land mit steinen,
allein dein pflüg geht durch, und deine saai errinnt.
Hallkr 32.
3) com springen, ausflieszen des brunnens, wassers, vgl. ernins.
daj si des pluts erran {mit blul begossen wurde), gesla Rom. K.
s. 107,
4) golh. auch vom hervorgehen des loszes, das ja ein zweig:
hiauts imma iirrann, das losz traf ihn, kam heraus, wodurch
der Zusammenhang des lal. sortiri mit dem roman. sortire be-
sldligt wird.
ERROLLEN, erolvere, aufrollen, ausrollen, fr. dc^roulcr: Flac-
cus, welcher sagt, dasz etliche ding sind, je mehr man sie
widerhoiet und errollet, ersinnt und erschind, crkUuct und
widcrkäuef, je annemlicher werden sie. Garg. 26*.
ERRÖTHEN, rubescere, rolh werden, atid. irrolen und irröten
(gramm. 2, S22. 823), wie .sich noch mhd. roten levüer rubere von
röten rubere scheidet {gramm. 2, 21), beide aber aus einem starken
riudan raud, rudum hervorgiengen. dieser unterschied läszl «V/i
nhd. nicht mehr festhalten, der heutige umlaul stände von rechts
wegen nur der transitiven form zu.
1) erröthen für errolhen, rubere, rolh sein: von der todtcn
blut was das ganz erdrich eiTütet und ein crbcrmlich an-
sebens. Aimon cl*.
2) erubescere, rolh werden, gegcnsatz zu erbleichen, erblassen:
von groszer bosbeit errötet sein angesiebt, von zorn ciTület
ime sein angesicht. Aimon ve'; und sein angcsicht errötet
überal. vi"; sie errötet, wenn sie ihn ansieht, sie errötet
bald, bald erbiaszt sie. Stieler 1626 ;
erröthen macht die häszlichen so schön,
und sollte schöne nicht noch schöner machen? Lessing . . .;
dasz du ja
vor ihm recht sehr errölhest, liebes mädchen!
'vor wem? erröthen?' 2, 353;
die reifenden äpfel
glühn errötheiid am bäum. Zachariä;
wie manche res im thal erröthet ungesehn. GonER 1, 138;
erröiheod folpt er ihren spuren-
und ist von ihrem grusz beglückt. Schiller 77*;
diese Inippen, noch auszerdem von officieren angeführt, welcbe
die inquisilion von herzen verachteten und erröthet bähen
würden nur das scbwert für sie zu beben. 817'; wobei ihm
die reformierten prcdiger, die für ihre rcligionspartei cr-
rötbcten, nacbdrücklicb beistanden. 833'; sie fiel ihm mit
dem ersten erröliienden küsse um den hals. J. p. uns. löge
3, 154 ; Albano konnte die weiszen statüen auf Liancns dach
lebendig unter dem blülienden gewölk erröthen sehen. Tit.
2, 131. einen erröthen machen, einem das blut in die wangcn
jagen, suffundere genas, die einfachen ausdrücke sind die schönsten :
vor liebe wart «r vreuden röt. j\»6. 1437, 4;
wart de« «Orte« röt. Ulrichs Trist, 300;
dö enzunte sich «in varwe. iN'tb. 291,2;
dö erblüete ir liehtiu varwc. 239, 4 ;
dö m«rte sieb ir varwe, die si vor liebe gewan. 525, 4;
haurit Flora sanguinem vultu verecundo. archipoela p. 81 ;
wurde als wenn sie mit blut überschüttet wäre. Ettner unw.
doct.Ha. umgekehrt vom erbleichen: ihr blut (rat zurück aus
den Wangen ;
gemischet wart Ir varwc, sie wart bleich und röt.
KU). 1005, 2,
3) stall dieses erröthen (eigentlidi erröthen) machen verwandte
das 17 jA. ein Iramilires erröthen, rubefacere:
weil In des himmrl« bau der fftrsto der planetcii
gleich in der mitten steht,
wo er tu morgensxeit die weit pHegt zu errfllhrn. Oi-i« 'i, 107 ;
auch dein hliii. osterlamm, hat meine ihOr erröthet,
die lu dem herien gebt. FLsaino biU;
wie wilstu weisze lilien zu rothen rosen machen?
küss eine weisze Galathee, sie wird erröthet lachen.
LocAU 3, 175, 8;
wo du durch brüder band die brüder hast getödtet,
und den uuschamhaflen söhn durch der eliern blut erröthet.
Grvi'HIL-s 1, 60;
und dasz wir ihr altar mit zimraetöl erröthen.
LoHEnsTEiN Clcop. 50, 5.
entsprechend ist das heutige einfache röthen.
4) tr. sich erröthen, sich röthen:
gestern war ein Ircudcnfcst, drauf ward in der spaten nacht
eh es jemand hat gesehn, eine Jungfer umgebratht.
einer ist, der sie vermuthlich, alle sagens, hat erlödtet
dann so oft er sie berühret, hat die leiche sich erröthet.
LoGAi; 3, 87, 5().
vgl. entrötlicn.
ERRÖTHE.\, n. rubor:
sein herz wallt ihm empor, er wagt es mit erröthen
und küsset sie und glüht
und singt der Seligkeit des eisten kusses
sein erstlingslied. Kretsch«ann an Kleists grabe 24;
mein herz trat beim erröthen des ersten kusses siebtbar in
meine äugen. Schiller 201'.
ERRUDERN, remigando consequi: mit einem kabn den an-
dern errudern.
ERRUFEN, clamore assequi, ahd. arruofan : ich kann ihn
nicht errufen. Stieler 1630; ich musz hier in der entfernung
stehen bleiben, aber mit aller kraft, die mir die liebe gibt,
will ich dir nachrufen, so lange ich dich errufen kann, und
will dich bitten, dasz du die rechte strasze gebest. Engels
edelknabe 18; gehe ihm nach, rufe ihn! vielleicht kannst du
ihn noch ernifen. Weisze irauerspiele 4, 129 ; so weit ent-
fernt, dasz ihn einer erruft;
n?./. ore rooaov änijv, oaaov te ye'ycore ßoriaas.
Od. !t, 473 ;
wo erruft sie meine stimme? Götter 3, 449;
wo in einer meile kein wirtsbaus und dorf und kein menscb
zu errufen ist. Tieck ges. nor. 2, 171 ; der prinz entschlicszt
sieb also selbst aufzustehen, um einen seiner leute zu er-
rufen. Schiller 737'; ich wollte ihm kein gutes wort geben,
wäre nur jemand zu errufen. Arnim ic/iaufc. l, 19.
ERRUHEN, reficere, au.mihen: niilllerzeit erruen wir unsere
müde glider widerumb. Aimon kü*; ir glider waren von arbeit
ermüdet und darumb dieseibigen wider zu erruben, legten
sie sich uf ein wise. FierabrasDi; sie hielten still ihre pferd
zu ernihen. H4.
ERRUNGENSCHAFT, f bona acquisita, zumal die von den
ehgnilcn währender ehe erworbne habe : das spintelteil der errungcn-
schaft. ScHOTTEL 380". die errungenschaften der neuzeit,
ERRUNS, m. alveus aquae, scalurigo, wo wasser errinnt,
quillt: item ein crruns ist ze AlToltren, wenn si da mit (s. /.»
wellent wessern, so sol einer dem andern ansagen, und
wclcr das nüt täli, der ist einem berren verfallen ein pfunl
Pfennige, weisth. 1, 83. friiher urruns, nach den verschiednen
bedeutungen des errinnens. s. das einfache runs.
ERRÜTTELN, conquassare, refl. sich errütteln conquassari:
davon sich das gemäuer viel mehr errütlelt und crscbütlelt.
Fronsp. kriegi^b. 1, 154". bei Stieler 156S ist erritltcln impellere,
inciiare, aufrütteln.
ERRÜTTE.V, dasselbe, erschüttern, vgl. zerrütten:
das meer errüttet sich, cröfiiet seinen Schlund,
zertheilet sich. Weckhkri.in 63;
der grund errüttet sich von bollern und cariaunen. 628.
EltSAGEN, edicere, effari, alul. arsagc'^n, irsag^n (ÜRArr
6, 102), ags. Asecgali, aussagen, besagen, erwähnen, kommt heule
nur im jxirt. ersagt ror, das gleicliviel i,<U mit besagt, erwätinl:
du bast zwar bereits 2'/s bogen, oder so ungefSihr, zum
ersten halben jähr ersagten Merkurs a. c. Iicigesteuert. Wielanp
bei Merk 2, na ; um sich auf ersagte klage einzulassen. Götter
3,871.
ERSÄGEN, serra perforare, durchsägen.
ERSAKiKN, emetiri, geometriscJi abmessen. Stielf.r lB«t.
ERSAIJtE.N, jxrunijere, einsalben: und sol ihn {den kindern)
dieselbigen {zanbätler) wol ersalbrn und schmieren mit hüncr-
gcbmalz, hasenbirn. Röszlin hrbammenbüehlein bl. 74 ;
zuletzt soll du es auch mit floisi
mit baumöl gnr wnl rr^ialben
an seiiicin Irilif nllciilliiilbrn. bl. 10t.
EUSANnKN, exarenare, vom sand seuberen, das sand dar-
ujii thiiri. Maaler liu'. vgl. versanden,
ERSALZEN, sale aspergere, eondire. .Sriixet 1676: wol er-
saUcnes rindfleiscb.
949
ERSATTEN — ERSATZ
ERSATZHEER — ERSAUFEN
950
ERSATTEN, satiari, satt werden.
EBSÄTTENi ERSETTEN, satiare: wirt dein begir ganz er-
sat. Keisersberc volk m. E 6 ;
so der gaueh das erste laub sieht,
so kan er sich ersetten nicht. Freidaük 1539, 36';
danimb, o mensch, wenn du dich wulst,
gleich einer saw im wollust sulst,
und aller weite wollust bettest,
iedoch dein herz du nicht ersettest. H. Sachs I, 98*.
ERSÄTTIGEN, saturarc, satkfacere. die hungerigen hat er
ersettigt mit gutern. Luther 3,413"; ich hab sie ersettigt.
Melaschth. zum Römerbr. verdeutscht 60; damit geschieht gottes
will auch und werden bede ersettigt, gott und der teufel. Frank
*peUb. 63"; der hochmütig herzog was an Lothers tod nit ersäti-
get. Aimon 62' ; ha, Braun, itzt hab ich mein begird ersetigt, wo
ir nu nit das wasser austrinken mögent, so seind ir todt !
B2'; sie wurden wol ersettigt. Fierabras E 6 ; er ersettiget
mit seiner bekantnus den ganzen synodum, doch wolt sich
bruder Conrad nit lassen ersettigen {befriedigen). Misster 697 ;
dieselbigen geist, die also dem menschen sein willen ver-
bringen und ersettigen. Paracelscs 1,11S'; nun folgt auf das,
dasz die fraw das geliibd schuldig ist zu halten, und wo
sies nicht hielt, so ists bruchlos, und musz den ehmann
ersettigen danimb und ohnerstatt wird sie nicht gen himmel
kommen. 2, 23S'; wir sind nicht geboren zu narren, zu tho-
ren, sondern in den stapflen Salomonis, der aposteln und
des ewigen Hechts zu ersettigen. 2, 323' ; ein Sünder kan mit
wollust und geiz nicht ersettigt werden. Reisz>er /er. l, 24';
sich an eim jungen lamb ersettigen, famem tenera consumere
in agna. Maaler in'; Schlafens ersettiget, somno satiatus, der
sich sali gescidafen hat; dann sollen sie an solcher straf er-
settigt sein und ihre gethane pflicht hallen. Fronsperg kriegsb.
1, 84" ; dagegen sollen sich auch die geraisigen ersättigen
und benügen lassen. 3.13"; ich habe einem jeglichen gutes
gethan ausgenommen diesen misgönnern, welchen nach mei-
nem blute dürstet und wollen nicht als nur durch dasselbe
ersättiget werden, pers. rosenlh. 1, 7 ; wenn auch der sand in
der wüsten zu lauter perlen werden solle, würden doch die
äugen der armen nicht ersätliget werden. 7, 20 ;
dis biit ich, feinde kommt, ersättigt eure lust
und stoszt ein schwert durch mich. Grtpbius 1, 41;
er wüste es zu veranstalten, dasz Dionjsius durch öftere
kleine entfernungen verhindert wurde sich zu bald an dem
vergnügen zu ersättigen, welches er in ihrer Unterhaltung
fand. WiELAND 3, 60 ; meine guten freunde musten sich an
dem bescheld ersättigen. 28,87; nachdem sie sich an dem
anblick ersältigt. Göthe t5, 34;
denn am stärksten gebot ihm sein herz mit dem blute von
diesem
lu ersätligen Ares. Bürger 231";
schon des gemeinsamen mahles ersättigten alle das herz wir.
Od. 8, 98 ;
und selbst in meinen thränen dürft ich nicht
nach herzenswunsche mich ersätligen. Schiller 621';
männer führt er davon und Trauen
und ersättigt die wilde begierde. 500";
eine gewöhnliche belohnung konnte den ebrgeiz eines Wallen-
slein nicht ersättigen. 915"; wann dieses tantalische streben
nach ewig Hiehendem genusz endlich ersättigt werden würde.
GotheU, 67; mich am erscheinen dieser gestalten und dem
ton dieser worfe nicht ersättigen konnte. Tieck6, xii; dasz
es schien, er könne sich in diesen schmerzen nicht ersät-
tigen, nor. Aran: 1, 125; dasz fast ein kranker damit zu er-
sätligen wäre. J. P. teufelsp. 2. 228. in der gerichtlichen spräche
sagt man : einen seines rechts ersättigen, aus den belegen er-
hellt, dasz sowol der gen., als die praep. an, in, mit hinzugefügt
werden.
ERS.VTTIGUNG, f. saluritas, explelio, nausea: ersettigung,
maszlcidigkeit. Maaler 11*'; stunden wir nach ordentlicher
ersätligung auf. Felsenburg \,102; daher ist das gewöhnliche
Schicksal eines morgenländischen fürsten, der in die mauern
seines serails eingekerkert ist, in den armen der wollust vor
ersättigimg und überdrusz umznkommen. Wieland 1, 137.
ERSÄTTLICH, saliabilis: das kind ist unersättlich.
ERSATZ, m. compensatio: item die erlen, die der drier
dörfer sind, Tellikon, Buchs und Jänikon, und ligent in
der allment, wäri dasz jeman' huwi darin, an das man brucht
zu der allment, der bcszret von jedem stumpcn 5 pfunt, an
tom und haslen. es ist ein ersatz daruf gesetzt, dem herren
ein ankenstuck und denen gesellen ein eimer win. weisth.
1, 83. 84. ersatz bieten, (hun, leisten^ gewahren, fordern, er-
langen ; das ist kein ausreichender ersatz für meinen verlust ;
und wagts sich selbst ihm, zum ersatz
der falschen freundin, anzutragen. Gotter 1, 440;
kommt {musen), helft, auf einsamen gefilden,
• das ideal der besten weit
mir, zum ersatz der wahren, bilden ! 1, 450
ach wenn ersatz für liebe
je freundschafl geben kann. 2, 432.
s. kostenersatz, Schadenersatz.
ERSATZHEER, n. supjAementa.
ERSATZMANN, m. in locum succcdens, vicarius, Stellvertreter.
ERSATZMANNSCHAFT, f.
ERSATZMITTEL, n.
ERS.\TZQLELLE, f.
ER SATZUNG, f. subsidium, rückenhalt, corps de reserve.
ERSÄLBERN, ERSEL'BERN, repurgare, ausputzen. Maaler
117*; von Wüterichen erseubcrt. Garg. 78*.
ERSAL'ERN, acescere, ahd. arsüren, mhd. ersören, ags. äsü-
rian, sauer werden : fahen sie an kuchen zu bachen, das ist
ungchöfelt (ungeheße) fladen, die sie matzos nennen, haben
ein grosz aufsehen, das sollich kuchen nit ersaurn. Fhasi
weltb. 147"; als soll ein milch darvon ersauren, kluge weise
reden 281"; ein ersaureter saft. Thcrxeisser harnen 103;
verschwelket war ruhen und kraut, •
das obs erfault, darbei er schaut
die milch ersawfert. H. Sachs 442*;
und wem sein lieb verloren geht,
sein leben musz vertrauern,
das herz musz ihm ersauern.
ERSÄUERN, acidum rcddere, ahd. arsöran, mhd. ersiuren:
es ist also, sprach der mönch, fast mit allen hohen her-
schaften beschaOfen, wann man was erfunden und erdacht
hat, so ihnen zu vortheil, zu nutzen, zum lust und zur räche
wider ihre feinde dienen mag, und wann es noch so gott-
los wäre und gar vom teufel käme, so ist man bei ihnen
doch willkommen damit, bis letztlichen, wann man ihnen
ungcfehr irgend die nase ersäuret, so dörfen sie wol selbsten
die erste sein, die einen deswegen einen verräther nennen
und ausschreien. Philasder 2, 803.
ERSAUFEN, aqua mergi, praet. ersof, part. ersoffen, ahd.
arsüfan, mhd. ersüfen, in der flul umkommen, ertrinken.
1) ton lebenden geschöpfen: er ist ersoffen; da füren sie
aus und füren in die herd sew, und sihe die ganze herd
sew störzet sich mit einem stürm ins meer und ersoffen im
wasser {vulg. mortui sunt in aquis, goth. gadau|)n(jdedun in
vatnam). ilatth. 8, 32 ; und ersoffen im meer {vulg. et suffocati
sunt in mari, goth. afhvapnßdedun in marein). Marc. 5, 13.
Luc. 8,33; durch den glauben giengen sie durchs rote meer
als durch trocken land, welches die Egv-pter auch versuch-
ten und ersoffen. Ebr. 11, 29 ; ein geizhals musz auf dem
meer ersaufen, pers. rosenlh. 3,22; hätte nicht viel gefchlet,
dasz der knabe gar erstfffen wäre. Lokmans fab. 25;
gnug es einmal hat geregnet,
nit in rothem bad (itn btui) ersauf. Spee tiiitzn. 212;
ein Schweizer, dem die ehr und gnade ward
mit seiner kaiserlichen majestät
in einem flusse zu ersaufen. Lessi^g 2, 224;
im tiefsten wasser wünscht sie plötzlich zu ersaufen,
doch wer ist stark genug in seinen tod zu laufen?
Rost schäferg. 8.S;
der ffirst, mit dem gefühle bald in seiner fett oder Wasser-
sucht zu ersaufen. J. P. Tu. 3, 100. glnch dem einfachen saufen
meidet man heute, auszer im verächtlichen sinn, ersaufen von
menschen und gebrauclU ertrinken ; doch schon das Baseler N. T.
1522 erklärt ersaufen durch ertrinken.
2) ro» Sachen, die im wasser verderben: denn der verrat,
den du bei dir hast, der kan verbrennen, ersaufen, gestolen
oder von motten und wflrmern gefressen werden. Lltber
4, 507'; wo die schif on gegenwehr von sich selbst zerspalten,
erstoszen und ersaufen {untergehen). Fbonsp. kriegsb. B, U2' ;
die I.immat, weiche her entspringt
vom Märchberg, der Uri umringt,
und durchs Linthal ffir Claris lauft
und in dem Obersee ersauft, glückh. seh. 230;
und fTilirt die quellen ab, dasz nicht das gras ersäuft.
Gkllert 3, 403;
0 du ausgehurt der hölle,
soll das ganze haus ersaufen?
geh ich eiber jede schwelle
doch schon wasserströme laufen. Götuk 1, 239;
bergmännisch, die gruben ersaufen, fidlen sich mit wasser; jene
ersoffenen abgebauten tiefen. Gütbe 56, 175 ; alte ersoffene
60*
951
ERSAUFEN — ERSCHABEN
ERSCHACHERN — ERSCHALLEN
952
gesenke. HtuBOLürgoiarten 1C3; so enlhinflcn sich eine grosze
menge der gefahrlichsten gasarten aus ersuflenen alten gescn-
ken. 165; mancher gedanke wird in meiner lasse ersaufen.
J. P. uns. löge 2, 64. man sagt dasz äcker, wiesen, saaten
ersaufen, irrnn trasser lange darauf sielU; das rad in der müle
ersäuft, wenn es in hohem wasser stellend sich nicht mehr drehen
kann.
3) das part. ersoffen wird bildlich gebraucht für untergegangen,
verdorben, verkommen: denn hcide, priestcr und prophelen
sind toll von starkem getrenke, sind in wein ersoffen und
daumein. Es. 28, 7; im guten ersoffen und on alle böse
lüste. LcTBER 4, 12' ; er sei so trunken, ja ersoffen in den
lehren des bapsles gewesen. . . . ;
alter sprach, jupend, hör mir zu,
du bist in geiligkcit gar raiitsam
ersulTen, frölich, unbehütsara. II. Sachs 1,371';
also geschieht auch manchem rohen bergmann, der in allem
mutwil und lüsten diser weil ersoffen ist. Matiiesius 1502, 19S';
in solcher thorheit ersoffen. rockenjJi. 5, 21 ; in abergiaubcn
ersoffen. 5, 34. 6, 52 ; in einbildung ersoffen ;
es wäre glauben, lieben, hoffen
und alle lierzensherlichkeit
im nassen Jammer längst crsolTen
und alles leben bicsze leid,
wärst du nicht in der wasscrsnoth
des muthes sporn, der sorge tod. Arndt ged. 319.
ERSÄUFEN, aqua mergere, praet. ersäufte, pari, ersäuft,
ahd. arsonfan, mhd. ersoufen.
1) ich bin im liefen wasser und die flul wil mich erseufen.
p5. C9, 3; das mich die wasserQut nicht erscufe und die liefe
nicht verschlinge. 69,16; und die wasser erseuflen ire Wider-
sacher, das nicht ^iner uberbleib. 106, 11 ; so erseufte uns
wasser, ströme giengen über unser sele. 124,4; das auch
viel wasser nicht miigen die liebe auslcschen noch die ströme
sie erseufen. hoMied 8, 7 ; denn so du durch wasser gehest,
wil ich bei dir sein, das dich die ströme nicht sollen er-
seufen. £s. 43, 2; wurden sie alle erseufl im meer. Judith h^U;
und die liefe übereilet sie und das wasser erseufet sie. 0, 7 ;
dem were besser, das ein mülslein an seinen hals gehenget
würde und erseuft würde im meer, da es am tiefsten ist
{ahd. biderbi ist imo, daj ana s5 hangan quirnstein in sinan
hals inli si forsenchit in tiufi sewes). Mallh. 18,6; und die
schlänge schosz nach dem weihe aus irem munde ein wasser,
wie ein ström, das er si erseufet. o^cni». 12, 15 ; diese sinds,
die mit irem blut das bapslum samt seinem golt dem leufel
erseufen werden. Luther 3, 281 ; darumb licsz golt die sind-
flut kommen und erseufet die erste well. Mathesiüs 82* ; sie
durchbohrten und ersäuften den nachen. Lohenstein Arm.
2,1015;
flut, die nicht ersäuft, nur badet,
schimpf und scherz, der keinem schadet. Logau 1, 222, 17;
ein räuschchen dann und wann, das die betrübte länge
der winieriiäcbtc kürzt und jeden sorgeupack
ersäuft in Bacchus goldnen flüssen.
Kl. Scumidt poet. br. 100.
2) bildlich, das kam auch daher, das grosze feine Icule
mein gewissen erseuften mit groszen fuddern vol Vertröstung.
LtTHER 3,333"; in geist erseuft. 4,12"; die Vernunft unter
erdichtungen und blendwcrken ersäufen. Kant 2, 585; er
\ldiller in seinen romanen) ersäuft das gule, das ihm sein
genius beschert, in einem ströme von wäszrichten gcschwätzen,
die ihm die leidige nutzenstiflerei eingibt. Voss 6r. 3,1,192;
eirsiums freudengelagc
ersäuren jegliches ach. Schiller 8';
dasz er gern die nacht im abcndroth ersäuft hätte. J. P.
flegelj. 1, S5.
EBSAl'FUNG, f submersio: von Überschwemmungen und
emnufungen ganzer landsrhaftcn. Wiedemann /irfrr. 88 ; in der
allgemeinen weltersaufung isindflut). merz 52.
EHSAL'GEN, emugere, aussaugen, mit saugen erösen. Maaier
116'; den schätz ersaugen, erschöpfen;
sie {die bienen) zielen scharf mit augCD
(un reichiten bifimlein zart,
Ton Ihnen »chfitz enaugcn
in bl&ttlein eingeichart. Sru truttn. 117.
Ht^AlSEN, tlrepere:
da« him macht er {drr vrin) crsauien
dem, der in trutzen wil. Uulaüd 003.
Eit.SCHARKN, deradere, von der haut triiahen, ahd. irscapan
{QuAtr C, 406), nebst dem frtyuenlalirum irücuborun (6, 407),
tgt. Atcfltao : allet wu er nur crscbioden und cr»cliabcu kann.
ERSCHACHERN, wiercaci, illünrabilän lucrari: es cröfnet
sich zu dieser unserer zeil unter geringen leuten eine sucht,
in deren die palicnten, wenn sie daran krank ligen und
soviel zusammen geraspelt und erschachert haben, dasz sie
neben ein paar heilern im beutel ein närrisches kleid auf
die neue modo mit tausenderlei seidenen banden antragen
können, gleich ritlermäszige herren uud adeliche personen
von uraltem geschlecht sein wollen. Simpl. K. 25.
ERSCHACKELN, concutere, cxcutere, erschüttern, ags. äsceacan :
und hoche berg erscbacklct schwer,
tief einplumpten mitten ins meer.
Melissus Vi", vgl. ps. 46, 3.
ERSCHAFFEN, creare, alid. irscafan, ags. dscapan, durch
die vorgesetzte parlikel wird das erste schaffen und hervorbringen,
des Schaffens beginn ausgedrückt, oß aber stehn schaffen und
erschaffen gleichbedeutig. LtTiiER schreibt am anfang schuf
gott himcl und erden, creator hei^zl ahd. scepheo, sceffari, ags.
scippend und wir sagen schöpfer, wogegen erschaffer steif oder
diciUcmch klingt, naman nivan äsceop Qedmon 201,32. wie
lang willu in der irre gehen, du abtrünnige tochler? denn
der herr wird ein ncwes im lande erschauen. Jer. 31, 22, in
baden stellen ist schon durch das adj. neu der beginn bezeichnet ;
anderemal kann neu auch wieder, Herum ausdrücJcen, wie wenn
J. P. uns. logc 3, 147 sagt : wo die sonne die erde von neuem
erschuf, den nachdruck hebt, weil der erscliaffcr seines zwecks
sich bewusl ist, beigefügtes 'dazu, wozu':
und dies sei fortan ihr {der utocke) beruf,
wozu der meisler sie ersciiuf. Schiller SO*.
Wir verbinden erschaffen und schaffen häufig mit abstraclen
Vorstellungen, zutnal bei hinzutretendem persönlichen datir, im
sinne von bereiten, zu wegc bringen {pararc): sich macht, hülfe,
Iheilnahme, gemach, ungemach, sorgen, schwierigkeilen, leiden
erschaffen : ein so begabter geist blickt munter und kühn in
seiner weit umher, erscUaft die seltsamsten bezügc. Göthe
6,114;
erschaffe dir nicht leiden! Götter 2, 420;
man sucht ihn unter den verwundeten
und kann ihm keine hülfe mehr erschalTen. Tieck 2, 43;
erschuf den weichlichen ungeübten kriegsneulingcn unter
der revolulion der erste fcldzug oder nicht vielmehr die frei-
hcitsflamme die siegende macht? J. P. dämm. 59.
ERSCHAFFEH, ni. crcalor: heiT gott, erschaffer aller ding,
du bist allein der gute könig. Reiszner Jerits. 2,26'; was
denkt er? denkt er den crschaffcr des goldes? Gleim int
Uarpax ; juwel in des erschaffers kränz. TiiGxmel 7, 232.
ERSCHAFFERIN, f crealrix:
reiner ist musik, ist erschafTerin der entzückung.
Klopsioce.
ERSCHAFFUNG, f. creatio, fabricatio: die erschaffung des
menschen, der thiere, wogegen uns Schöpfung mehr den umfang
der geschaffenen dinge, die weit ausdrückt; die recht secl, so
der mensch in erschaffung cntpfangen hat. Frank «r//6. tu,";
die wallfisch sind an der innerlichen und euszcriichcn ge-
slalt oder erschaffung (formation) ungleich. Forer so' ;
ich lebe wieder im leihe
meiner ersten erschaffung. Mcssins ll,2.'<2;
Raphael hat mich denken gelehrt und ich bin auf dem wcge
meine erschaffung zu beweinen. Sciiii.i.rR 752'.
ERSCHALLEN , ]>ersonare , ein nhd. gleich dem einfachen
schallen sonarc (und dem analogen hallen, erhallen) aus der
fuge gerathenes wort, die organbchc, mhd. festgehaltene form
lautete
schi'Ilen schal schullen gescliollen,
ganz wie liellen hal bullen gebollen, gellen gal gullen ge-
golten, hi;llen hal bullen gehollen (ahd. gihellan), quellen
quäl quullcn gequollen, nhd. galt nun zwar anfangs noch
schellen schall schollen geschoilen,
endlich aber schallen scholl scliolleii geschnllen,
mit Wandlung des a des praet. in o und mit ungi-horig ins prae-
sens vordringendem a, u-il/ircriti bellen boll bullen gebollrn,
quellen quoll quollen gequollen dem pracs. sein c Itessrn.
das mhd.
dln lob enchUlet, dtn lop encht!
verdarb also nhd. in
dein lob cruchallt, dein lob ortrholl.
erschallen vallet schon bei Litiikr. was mag fs rerursaHU AoVii ♦
kein pries, mit a tUirf eigentltch im fvael. a behaUen oder o
953
ERSCHALLEN
ERSCHÄLLEN — ERSCHATZEN
954
dafür erhallen, da die vergrtAeite nhd. ausspräche das sehtcache ;
tranalivum erschellen = vihd. erschellen erschalte nicht mehr \
vom starken inlransitiium erschellen erschall = mhd. erschel- j
len erschal untersdieiden konnte, liesz man sich, scheint es, durch I
die scheinbare analog von fallen cadere, fällen = feilen cae-
dere tcuschen und gab dem intransäii-en praesens erschallen.
späterhin erlosch das Iransitivum, doch das inlr. erschallen blieb,
attszerdem mus: aber auch ein enlsprungncs schuaches intransi-
tirum schallen schallte, erschallen erschallte ücie hallen hallte,
erhallen erhallte) in anschlag kommen, bibelslellen lassen oft
nicht erkennen, ob erschallet personal sein oder für erscballete
personuU slchn soll, icelches spätere ausgaben einführen, vgl. er-
hallen und erhellen {sp. 834. 848), erknallen und erkneilen
{sp. 87S. S79), erglasten für erglesten (sp. 824) u.a.m.
Nacli dieser erürterung der flexion dürfen die folgenden belege
sich zu der bedeulung wenden.
1) intransilives erschallen, erhallen, laut werden: und da die
lade des bunds des herrn in das lager kam, jauchzete das
ganze Israel mit einem groszen jauchzen, das die erde er-
schallet {vulg. personuit). iSam. 4, 5; und das volk pfeif mit
pfeifen und war seer frülich, das die erde von irem geschrei
erschall. 1 kön. 1, 40 ; und das urteil erschall für dem ganzen
Israel, das der künig gefellet hatte. 3, 2S ; der kOnig Assa
aber liesz erschallen im ganzen Juda, hie sol niemand un-
gestraft bleiben. 15.22; weineten sie laut, viel aber düneten
mit freuden, das das geschrei hoch erschal. Esra 3, 12 ; und
das der brief des königes in sein ganz reich erschalle.
Esther \, 20; sein gerüchte erschall in allen lendern. 9,4;
lobet ir Völker unsern gott, laszt seinen rühm weit erschal-
len, ps. 66, 8 ; und es ist bis gen Jerusalem erschollen. Jer.
4, 16 ; er wird singen ein lied, des hall erschallen wird bis
an der weit ende. 25,30; es kompt die zeit, das ich wil
ein kriegsgeschrei erschallen lassen. 49, 2 ; und sein gerächt
erschal in das ganz Sjrienland. Mallh.i,U; und dis gerücht
erschal in das selbige ganze land. 9, 26 ; und sein gerücht
erschal bald umbher in die grenze Galilee. Marc. 1, 28 ; und
das gerüchte erschal von im durch alle umbligende ort. Luc.
4,14; es haben mich gute fieunde gebeten, nachdem es er-
schollen ist, nie sich einer genannt raagister Thomas Münzer,
zu euch in euer stad zu begeben willens sei, euch bierinnen
treulich zu raten. Luther 2, 455* ; deine mannliche tugent
nicht genugsam gelobt werden mag, sie erschallt auch im
ganzen Britannien. Gaimj/ 106; nu war an dem ganzen hof
erschollen, wie sich Galmy selbst so hart verwundt hett.
178; als nu menniglich des ritters zukunft erfuhr, erscholl
solches auch für den könig. 214; das geschrei im ganzen
hof erschollen wai". 232; fcin doctor, des kunst weit er-
schollen. Kirchhof tcenduHoi. 76'; hat doch seine lehre, da
sie sonst gesund erschallet, ein wirdig ansehen behalten.
440'; dis buch ist also weit gebracht, das solches nunmehr
bei meniglichen erschallen und geoffenbaret werden {kann).
Yrossp. kriegsb. 2, Ih'*; weit erschallen percrebrescere, der wald
erschallet widerumb, nemus consonal. Maaler116'; da nu das
gerücht weit in Italien erschall, zog er wider für die statt
Nola. Livius bei Rihel 266 ;
welchs in der ganzen weit erschoUn. Soltaü 478;
Thraso will, dasz seine tbateu sollen weit und breit erschallen.
LOCAU 3, 130, 63;
was sie so oft aus dem munde der geistlichen erschallen
hörte, elie eines mannes 251;
kaum erscholl die schlimme post. Gellert 1,68;
dem sehwarm bienen verglichst du sie {die küsse) ja,
wie sie den i)lfnen sicli nahn und saugten, schweben und wieder
saugen, und lieblicher ton süszeo genusses erschallt.
GöTHK 1, 322;
ach, dasz die innre schöpfungskrart
durch meinen sinn erschölle! 2, 191;
das klostcr erscholl so gut als die übrige gcgend von diesen
wundern. 20, 280 ; dein ruf erscholl in meine seele. Klincer
4,190:
wenn es herum erschollen. Scbilusr 224';
laut erschollen die pfeil an der^cbultcr des zürnenden gottes.
II. 1,46;
doch uncrmcsziiches lachen erscholl den seligen göttem.
1,598;
also sprach sie bewegt, da schlug den erschallenden hand-
schla^
Hans, und umschlosz treuherzig die zarte hand. Luise 3,481.
die stellen zeigen, dasz auf erschallen bald in mü dem dat., bald
viil dem acc. folgt, in dem land oder in das land. tgl. erhellen.
2) sehwaches erschallen, ein prad. erscballete haben spätere
bibelausgaben für Lcthebs erschall gesetzt und ton da ist es
auch vorgedrungen :
sie schlief, und weit und breit
erschallten keine nacbtigallen. Lessikg 1, 58 ;
auf einmal erscballete der ganze berg, der wald und die be-
nachbarten felsen von ihrem lauten evan. evoe ! Wiei.axd
1,32; die horde erschallte in Jammergeschrei. Klinger 2, 253;
bald erschallten töne des Schmerzes in seinen obren. 4,274;
da fand ich eine Stadt und laut
erschallte der markt vom volksgescbrei. Ri3cEE>T.
mit transilivbedetäung für erschallen machen = mhd. er-
schellen :
dasz ich mit deinen heiigen allen
mög ewiglich dein lob erschallen, kiichenlied;
so lasset uns sein lob und ehr
erzöhleu und erschallen. WEccffEBLi!« 31;
und alsdan soll der musen gunst
dein lob von west zu ost erschallen. 514;
da er manche nymfelein
hörte ihre stimm erschallen. 346.
s. auserschallen, entschallen, erschellen und schallen.
ERSCHALLEN, s. erschellen.
ERSCHÄMEN, pudere, vereri, wovon jedoch nur das pari, er-
schämt, wie von verschämen nur verschämt, beide in der be-
deulung pudens, rerecundus üblich i^: und da sie in das here
kamen, sie traten in herzog Naimas gezelt, Ruland ging
darin ganz erschemet, und dorft in zweien tagen nit ber-
auszer, noch auch zu hof geen, sähe auch keinen menschen
under äugen an, sonder hielt sich als einer, der voller schäm
und forcbt ist. Aimon l5*.
ERSCHAMROTHEN, erubescere: und zwar welche sich solche
beid wüste und schreckliche spectacul nicht erschamroten und
abnianen lassen, werden nimmermehr durch glimpflichere und
vernünftigere mittel fruchtbarlich zu recht zu bringen sein.
Garg. 4 ; gleich wie er sein blut vergossen hat, also müssen
auch die cardinäl blutfarbe mäntel und hüt tragen, dan das
die ketzer sagen, Ire kleider seien von der märtler blut, das
sie vergossen haben, so rotfarb. oder je, das Ire kleider über
dem simonischen und sodomitischem schandlichem leben, so
ire meistcr füren, also erschamrolet seien, das kan nit war
sein, bienenkorb 149*.
ERSCHANZEN, lucrifacerc summo labore, wie durch schwere
schanzenarbeit erwerben. Stieler 1734.
ERSCHARREN, corradere, erkratzen, zusammenscharren, praet.
erscbarrte, welche schwache form sich aus der organiscltcn starken
erscherren, wie erhallen, erschallen aus erhellen, erschellen
cnlfaltcle: alles was die henne erscharrt, theilt sie treulich
ihren kfichlein mit; was hilft dem gcizhals geld zu erschar-
ren?; nach erscharrten zwanzig tausend talenten. Lohenstein
Arm. 1, 24 ; wenns zum treffen kommt, so ist niemand da,
der das erscharrte herausgeben will, ja man kratzt immer
noch mehT darzu. Leipz.avant. 1,170; die meisten, welche auf
reisen gehen, scl^leppen das von denen eitern erscharrte geld
aus dem lande. 2, 18 ; ein alter gcizhals, der sich so ein
groszes vermögen erscharret hätte, das landhaus. Lp. 1770
s. 61;
wo du die ladung besorgst und jegliche waare verzeichnest
samt dem erscharrten gewinn. Ud. 8, 164.
ERSCHARRUNG, /". corrasio, coacerratio: weil ich sehen
musz, wie meine kinder so üppig mit all meinem gut umb-
gchen und es durch die gurgel jagen, in erschaming dessen
ich so manchen ehrlichen mann über den tölpel geworfen
und betrogen. Philander 1, 41S.
ERSCH.\TZ, «i. wurde nach der heutigen Schreibung ehrschatz
sp. 72 eingetragen, er erschänt als abgäbe vom lehngut bei ein-
tretendem Wechsel des belehnten oder belihnenden, oft neben dem
fall in den weisthümem, s. b. 1, 2. 54. 57. 62. 189. 239. das lat.
bei Dlcange unverzeichnete wort laudemium mag ersl dem
deutschen ausdruck nachgebildet und könnte ebenso misgegriffe*
sein, die wahre benennung entsprang rielleiciä aus herschatz
«iid gemahnt an hergcwaete, herschilling «. s. tr. oder gehüri
gar zum folgenden erschatzen, vgl. crschätzig.
ERSCH.\TZEN, pecuniam in aerarium invehere, ^ildet wie
abschätzen, beschatzen, brandschatzen: die groszen poten-
talen thun itzt nichts denn ein ding, geld unbarmherzig zu
erschatzen. Melanchthons auslegung des Daniel, deutsch von
Jonas. WiUenb. \bl6 W. 129 ; das erschatzle, durch Schätzung
erhobene geld.
955
ERSCHATZEN — ERS CHEINEN
ERSCHEINEN
956
sich ERSCHATZEN, mag heiszen erkosen, liebkosen, oscu-
lari, amyiiecU: darnach erschatzen si sich wol acht tag lang
oder kurzer, und so si denne kind tragen . . . Otto üieme-
RiNGE.N Ixi OiiERLiN 351 voH dcn omazonen. sich schätz zu nennen
var uraltir brauch unter geliebten, und ehleulen.
ERSCHATZEN, aeslimare: die hellisch pein ist so grosz,
das sie niemant erschetzcn kan. Keisersberg aufnemenüer
ntensch E 2.
ERSCHÄTZIG, laudemio obnoxius: Ichengüter so fcllig «nd
erschätzig sind, treislh. l, b' ; chrschatzige guter. Stieler 1711.
ERSCHÄTZLICH, aestimabilit, scluUzbar: dir fflr so iiner-
schalzlichc gnaden gcbiirlich zu danken, von Rirken Mar-
gcnis 36.
ERSCHAUDERN, horrescere, erschauern: erschuderen, ein
grausen haben, vor forcht zitteren. Maai.er117';
der wcitkreisi zaghaft, zitternd, stiirab,
erschaudert, wird' von ihr bewöget. Weckiierlij» 129;
Friesland und Frankreich erschauderten vor ihm. Stoiberg
10,141;
ringsum stürmte die crd und erschauderten weite gewässer.
Voss;
bat sieb in einem banse was geändert
auf solche weise, drob das herz erschaudert.
Uhla>ds ged. 502 (510. 544);
eine dichterische scelc erschaudert am meisten vor den langen
stillen schieiern, die hinter dem tode wohnen und gehen.
J. P. aeslh. 3, 170.
ERSCHAUDERUNG, f. horror, schaudcr: weil es den patien-
len mit einer erschauderung, als obs ein feber werc, an-
kommet. WCrtz 374.
ERSCHAUEN, aspicerc, ersehen, alid. arscouwun rimari. Graff
6, 555 :
oben benimb ich auch erschaut
uralt heidnische arma hangen. II. Sachs I, 399';
drum der sich ihr vertrauet,
hat für ein schönes bild ein stinkend aas erscliauet.
LoGAU 1, 44, (>9;
wann die goldne frühe, neu geboren,
am olfmp mein matter blick erschaut. Dcrger 76';
ein zweites tbor,
daraus rennt
mit wildem sprunge
ein tiger hervor,
wie der den löwen erschaut
brüllt er laut. Schiller 70';
nun erzählte der ehrenhalt (so) das hausmärchcn nach Ord-
nung der bilder, die er nach einander, wie er in der erzäh-
lung fortschritt, gegen die sonne stellte, dasz jeder ihre bc-
deutung zugleich erschaute. Arnim kronenw. 1, 310.
ERSCHAUERN, was erschaudern, nur edler und dichterischer
klingend.
ERSCHAUUNG, aspeclus, intuitus: in der erschauung ...
in der einsieht, dasz kein sein ohne denken sei. Fichte
nachg. xrerke. 2, 101.
ERSCHEIDEN, disjungere, separare, unterscheiden, ahd. ar-
sceidan, ags. äscädan, mhd. kein erschciden aufzuweisen, doch
könnte es gefunden werden, auch nhd. sehr selten: nun sind
fünf planeten und crscbeidner sitz {d. i. verschiedner sitze).
Thcrseisser ardud. 105. vgl. erscheiten.
ERSCHEIN, m. risa sjtccies, pltänomen, erscheinung:
wenn von dem stillen wasserspiegelplan
ein ncbel bebt den flachen tcppich an,
der mond, dem wallen des ersclieins vereint
als ein gespenst gespensler bildend scheint. Götbb 3, 105.
fj/. schein, anschein, nebenschein, Widerschein.
ERSCHEINRAR, risihilis.
ERSCHEINBARKEIT, f. nur in der erscheinung derselben
und zufolge ihrer ewigen crscheinbarkeit. Fichte nachg. werke
3, 393.
ERSCHEINEN, apparere, in conspectum venire, hervorkommen,
kein golh. usskeinan, wol aber ahd. arscinan, irscinan, mhd.
ernciilnen, ag*. .Vsrinan, in unsern allem denknullern dauert noch
der organi*che ablaul erschein, der sich bald in erschien trr-
kfkrle, nachdem das praesens ei für \ angenommen hatte, da das ein-
fache scheinen fah-en; leuchten, glänzen, erscheinen also den
beginn de» leurtUeni ausdrückt, ixt in allen bedeutungcn das sichi-
barwerdrn im licht enthalten, synonym vd urrinnan, errinnen.
man sehe üt>er die grundbedeutung von Bcbctncn das unter or-
■cheinpn, rr<rheinle bemerkte.
l) »onne und gpslirne erscheinen, gehen auf, zeigen sith
kudUend: da aber in vielen lagen weder tonne noch gcslirn
erschein, war alle hofniing unsers Icbens dahin, aposlelg.
27,20; da berief Herodes die weisen heimlich und erlernet
mit fleisz von inen, wenn der stern erschienen were? {ahd.
lernfta fon in thie zlt thi's slerren, thür sih in araugita;
ags. hv.inne se stcorra him älcovde?) Matth.2,i;
die Sterne sind erschienen. E. von Kleist 1, 21 ;
ein comet ist erschienen; doppelte sterne erscheinen am
himmel als einer. J. P. flegelj. l, ei {i,^) ; ein regenbogen er-
schien am himmel ; dasz der stern ihres glucks erschienen
wäre. HOFMANNSWALDAU.
2) tag und feuer:
dö diu naht bei ende und der tac erschein. Nib. 749, 1;
der tag, der morgen, das jähr, die zeit ist erschienen; dieser
tag soll nie erscheinen ; es erschein aber wol ein selbbren-
nend fewr, voller crschrccknis. weish. Sal. 17, 0 ; ein kleines
licht erschien oben im walde. nur uneigcnllich und ohne
Sprachgefühl: die nacht erscheint, die lefztff nacht war er-
schienen, die färben erscheinen (/irr;iaf/i«n/er 5.). ein rostigs
eisen wirt als lang gefegt, bis es wider erscheinen wirt (glän-
zen, blank werden). Keisersberg aM/nemenrfermenscÄ A3'.
3) gott und sein engcl erscheinen in blitz, licht und glänz:
da erschein der hcn- Abram. l3/os. 12, 7; und der herr er-
schein im im hain Mamrc, da er sasz an der thür seiner
hatten, da der tag am hciszcsten war. 19, 1 ; und der engel
des herrn erschein im in einer fcwrigen (lammen aus dem
pusch, und er sähe, das der pusch mit fewr brandte und
ward doch nicht vcrzcret. 2Mos. 3, 2; erschein im in der
wüsten auf dem berge Sina der engel des herrn in einer
fewrllammen im pusch {vulg. apparuit illi). aposlelg. 7,30; und
sihc die hcrrlirbkeit des herrn erschein in einer wölken
[d.i. als blitz). 2.Vox. 16, 10; denn ich wil in einer wölken
erscheinen auf dem gnadcnstuel. 3 3/os. 10, 2; und siehe,
zween menner redeten mit im, welche waren Moses und
Elias, die erschienen in klarheit (goth. gasaihvanans in \nil-
})au, ocpd'ettes iu Sö^t]). Luc. 0, 31. ein geist, ein gespenst
ist mir erschienen, sichtbar geworden, ohne die Vorstellung des
glanzes nolhwendig damit zu verbinden, da auch der teufet er-
scheint und schwarz gcdaclU u-ird : sclieuszlichc larven erschie-
nen, davon sie sich cntsatztcn. weish. Sal. 17, 4. doch wenn
der lenz, sommer, winter, das neue jähr erscheint, lassen
sie sich personificiert als lichte gottheilen auffassen ; der friede,
die gerechligkeit sind wieder auf der erde erschienen :
die Schwerter ruhn, der fried erscheint. Gottkr 1, 351;
4) erscheinen, videri, conspici, von menschen, die hervortre-
ten, ins äuge fallen: der künig erscheint im fenster; da der
churfürst erschien. Luther 5, 27S'; die fürstin erschien heute
nicht bei tafel ; der predigcr erscheint auf der kanzel, der
rcdner auf der bühne ;
gleichwie ein brcutigam in seinem bocbzeitkleid
aus dem gemach erscheinet. Wkckhehli?« 75;
erscheint noch kein Homer zum singen? Gctithir;
sahen sie rechts und links sich um, die gesendeten sp.äber,
ob sie nicht etwa das bilil des bezeichneten nifldchens er-
blickten,
aber keine von allen erschien die berlichc Jungfrau.
GöTHK 4(1, -.'Mi;
ja ihr erscheint mir beut als einer der ältesten fiihrer,
die durch wüsten und irren veririebcno Völker geleilet.
40. isT ;
und so wirst du ihr auch das treflicbsto mndchen erscheinen.
40,317;
dasz er wirklich schon frischer und munterer aussah, «nd
bei tische ein ganz anderer mensch erschien. 22, 43 ; die
gefangnen inusten der reihe nach, einer auf den andern er-
scheinen; die Parteien sind Vorgericht erschienen, haben sich
einfifstellt. solchem erscheinen verknüpft sich auch gern das pnie-
dicat rinrs adjecJirs: leer erscheinen, mit Iciren hdnden kom-
men; erscheinet aber nicht leer für mir. 2 Mos. 2.1,15; und
das iiieiuMiid für mir leer erscheine. 34.20; du soll aber
daruinb nicht leer für dem herrn erscheinen. Ar. 35, fi; wenn
er konien wird, das er herlich erscheine mit seinen hei-
ligen und wunderbar mit allen gleubigen. 1 Thess. 1,10; wie
erscheinst du heule so traurig, so niedergeschlagen? rrn«
Lkssinc im iMokoon sagt: ohne diesen eiilsrhiusx wJlren es
alle gecke, wären sie das, was sie in den gemähldcn de«
Cayliis erscheinen. 0,502, so ist hier was der nom.. und man
kann ergänzen 'zu sein*, 'mir erscheinen" entpldmjt wie 'mir
scheinen', 'mir vorkommen' den sinn des gr. doM$U'. t. unter 0.
957
ERSCHEINEN — ERSCHEINLICH
ERSCHEINLICH — ERSCHEINUNGSMÄSZIG 958
5) erscheinen ron sachen und zuständen : im dunkeln hinter-
grunde erschienen die färben des regenbogens; dasz wenn
bei der refraclion färben erscheinen sollen, ein bild, eine
grenze verrückt werden müsse , ward festgestellt. Göthe
31. 260 ; seind schöne örter mit weit erscheinenden grünen
beumen durchsetzt. Frank wdtb. 21''; aber dem einen er-
schein mitten im spiel ein schrift, die hielt im für dise wort.
LiTHER 6, lOO' ; dise sind alle haufecht hinweg gezogen, also das
kein fusztritt der Schwaben mer allda erscheinet. Frank weltb.
28', nicht die spur von ihnen zu selten u-ar; und zwar dar-
um hab ich dich erweckt, das meine kraft an dir erscheine
und mein name verkündigt werde in allen landen. 2 Mos.
9, 16 ; über dir geht auf der herr und seine herlichkeit er-
scheinet über dir. £s. 60, 1; die pest ist in der Stadt er-
schienen ; die blättern sind erschienen, kommen zum vurschän.
6) es erscheint, elucet, apparet, es erhellt, iä zu sehen, zeigt sich :
dis hat sich erschinen {für erscheinet) in s. Stephano. Keisebsb.
seil, der penit. 9* ; in Lazaro. posl. 3, 42 ; aus diesem allen erschei-
net gnugsam, das die allen, da sie sagen, was die erbsünde sei,
gleich mit uns stimmen. Junas 6« Lu</jer, 6, 3S2'; daraus er-
scheinet, das. MEiANcniHON apol. Augsb. conf. im corp. doclr. ehr.
227 ; es erscheint an meinem leib wol, das ich nichts böses
handien kan. Aimonxl'; aus diesem bericht erscheinet nun,
das unser gott das gold im anfang geschaffen. Mathesics 42' ;
wie aus Strabone und Ptolomaeo erscheinet. Micrälils 1, 14;
aus oberzeltem erscheint nun auch insonderheit, hiencnk. 36* ;
also dasz hieraus klärlich erscheint. 73"; daraus dann er-
scheint, dasz. 106'; daraus dann erscheint, dasz die seelen-
kinde der verstorbenen menschen in den tischen haushalten
müssen. 111'; wie solches aus allen catholischen Schriften
klärlich erscheint. 1S7'; in maszen solchs nach seiner ab-
leibung genugsam erschiene. 20S'; wie wol aus seim schreiben
erscheint. 23l' ; daraus dann auch erscheinet, dasz. Hohberg
3,1,38*; woraus hoffentlich erscheinen wird. dasz. Bünac
1, 64*. mir erscheint, Soxtl iioi, u-ie mir scheint, milii ridelur.
7) erscheinen lassen : lasset sehen, wie herlich der herr
sei, lasset in erscheinen zu ewer freude. Es. 66, 5 ;
das beste mittel ist, du läszt ihn nicht erscheinen. Oprrz 1,225,
du verbirgst ihn. vgl. mhd. schin tuon.
ERSCHEINEN, pract. erscheinte, oslendere, declarare, goth.
gabairhtjan, augjan, ataugjan, ahd. irougan, unser eräugen,
uhd. irsceinan, mhd. erscheinen, das von irscinan geleitete Iran-
sitivum, icelcJicm ahd. die merkwürdige sinnlidie bedeutung von
frangere, aperire zustand (Graff6, 509. arscenan. Haupt 10,
370,52), ifie trir sie auch im ags. scsenan, fries. scenia (GDS.
GSlj gewahren, wer eluas blicken, scheinen, vortreten läszt, ent-
deckt, enlblöszt, bricht es und der erscheinende tag ist ein an-
brechender, aufbrechender, sprieszcnder [mythol. 705), das scheinende,
erscheinende ist ein evidens, apejtutn, die Strahlenbrechung, re-
fractio ein tciderschein, wodurch die th. 2, 351 aufgestellte vcr-
wandtschaß zteischen brechen und brehen (2,353) neue bcstä-
tigung gewinnt, aus sceinan frangere, rumpere darf man sicher
auch ein sclnan frangi, rumji folgern, dieser uralte sinn des erschei-
nens tcar schon mhd. erloschen, geschweige dasz er noch nhd.
haften könnte, seit die mhd. erschinen und erscheinen im nhd.
erscheinen zusammenflössen, hat aber das transitivum nur ge-
ringen umfang: also scheident {schieden} die hotten angentz
[angehcnds] von .Schwitz und furend zu den dri uszern ge-
meinden des ampts zu Zug, denen erscheintends {zeigten,
legten sie vor) den ofnen manbrief. Tschcdi 1, 61S. mehrmals
begegnet sich erscheinen {mhd. sich erscheinen == erschinen) :
niängel, so offenbarlich sich erscheinet haben, cammerger.
ordn. 1521. 19. 1 ; dis alles leg ich auf ein wag, so erscheint
sichs, das der halb teil teutscher nation nit arbeitet. Frank
f/iron. 116*; als sich dann erscheinet, das sie {die alten scri-
beiilen) nichts in solchen schaden gezeichnet haben. Paracelsls
chir. sehr. 120*; das erscheinet sich an dem groszen zugerüsten
sal. Job. Fabri chrislenliche unlerrichtung. Dresden \ö2ii. g3; es
erscheint sich auch eins theils wol, dasz. bienenk. 236*.
EKSCHEINEN, n. was erscheinung, nur mit stärkerer ab-
straction.
ERSCHEINIG, apparens, clarus: je näher Jupiter bei Sole
und Luna, je gröszcr, stärker, sichtiger, empGndlicher, cr-
scheiniger ist er. Paracelsls 1, 927'.
ERSCHEINLICH, evidens, apertus: inmaszen erscheinlich
an den rwen edelen knaben, die der könig von Frankreich
dem cardiiial von Nantes nach Rom zugeben (zugegeben, bei-
gegeben) halte, bienenk. 216*.
ERSCHEINLICH orfer aussprechenlich, emieale, emicanle,
i. e. splendide, voc. 1482 h l'.
ERSCHEl.NUNG, f., ein heute viel gebrauchtes wort,
1) sichtbarwerdung, mit der idce des liclUes, glanzes im Hinter-
grund, gvtlliche, geisterhafte, die erscheinung unseres heilaiides
2 Tim. 1, 10 ist golh. gabairhiei nasjandis unsaris, gr. iriKpnvsia,
vulg. illuminatio. ebenso die erscheinung des engeis, geistes,
des gespenstes, teufeis. er hat erscheinungen, glaubt an er-
scheinungen, nächtliche erscheinungen, traumgesiciüe : du hast
erscheinungen meine tochter ! Gotter 3, 119 ; sie üengen nun
an von ahnungen, erscheinungen und dergleichen zu sprechen.
Götue 18,318;
ach die. erscheinung war so riesengrosz,
dasz ich mich recht als zwerg empfinden sollte. 12, 3^.
leicht icendel sich diese dargebung des höheren auf das schöne,
liebliche, anmutige menschlicher natur, eine liebliche erschei-
nung, die gestalt, Saua;, species selbst, fatvöueyor: der könig
liebkosele dem schönen kinde und aller äugen waren auf
die erscheinung hingerichtet. Tiecr ges. nov. 4, 335 ; sie war
eine vorübergehende erscheinung, gleich dem gestim, das wieder
verschwindet, vgl. lufterscheinung, traumerscheinung.
2) wirklicher eintritt, vortritt, ankunß, gegenwart,
a) die erscheinung, brechung, refraclion der färben, Strahlen-
brechung, emicaiio.
b) erscheinung einer bestimmten zeit: bei erscheinung des
angesetzten Jahres, monats, tages; erscheinung der frist, des
tennins.
c) auftritt, kunfl: bis auf die erscheinung unsers herrn.
1 Tim. 6, 14, wo der urtext wieder iTtifäveut, die vulg. aber
adventus und auch Ulfilas hat und qum fraujins, ebenso:
allen die seine erscheinung lieb haben (allaim \ni\e\ frijond
qum is). 2 Tim. 4, S ; bei erscheinung des feindes flohen die
leute aus der Stadt in den wald ; die erscheinung der cholera
im land erschreckt alle menschen; eine grosze gcsellschaft
Seiltänzer machten, indem sie sich auf eine öffentliche er-
scheinung bereiteten, einen unfug über den andern. Götue
18, 141. erscheinung hciszt technisch, was fr. comparution, it.
comparita, comparizione, das ersciteinen, sich stellen vor gericht.
rfl Veröffentlichung, bckanntmachung eines werks: da es seit
erscheinung des Idris und Oberon zur ausgemachten Wahr-
heit geworden ist, dasz die achtzeiügen stanzen für das grosze
einen ausdnick haben. Schiller 28'; von deutschen pro-
ductionen war mir Olfried und Lisena eine höchst willkom-
mene erscheinung. Göthe 32, 176 ; die lebhafte Sensation,
welche dieses stück bei seiner erscheinung erregte. 32, 205.
e) überhaupt manifestation : zur erscheinung kommen, an-
schaubar werden, zur erscheinung bringen, vorführen, Ihal-
särhlich bewähren; reife krifik, bei deren erscheinung alle
Streithändel von selbst wegfallen müssen. Kant 2, 562 ;
bracht ich nun nach seiner Vollendung dieses dreifache
werk {Wallenslein) gemeinschaftlich mit meinem freunde
auf das theater, erduldete' ich •.. . den verdnisz, dasz denn
doch zuletzt nicht alles gehörig zur erscheinung gelangte.
Göthe 46, 266 ; jede grosze idee, sobald sie in die erschei-
nung tritt, wirkt tyrannisch. 22, 241 ; wenn ein organisches
w esen in die erscheinung henortritt. 50, 64 ; spreu von ge-
riebenem bernstein angezogen, steht mit dem ungeheuersten
donnerwetter in Verwandtschaft, ja ist eine und dieselbe er-
scheinung. 50, 73 ; dann verwirft er wieder die Veränderung
an den dingen als eine erscheinung der erscheinungen. 20, 30.
3) im gegensatz zur zweiten bcdeutung, welche die Verwirk-
lichung einer sache oder eines zuslandes ausdrückt, und im an-
schlusz an die erste, die den bloszen teuschenden schein enthalten
kann, verwendet der philosophische Sprachgebrauch erscheinung
ron den gegenständen, insofern sie nicht als dinge an sich selbst,
sondern als sinnliche anschauungen erfaszt werden, so bei Kant
hau/igst : der unbestimmte gegenständ einer empirischen an-
schauung heiszt erscheinung. 2,60; was gar nicht am objecto
an sich selbst, jederzeit aber im Verhältnisse desselben zum
subjecte anzutreffen und von der Vorstellung des ersteren
unzertrennlich ist, ist erscheinung. 2, 85.
ERSCHEI.NTNGSF.\HIG, j. erscheinungsmäszig.
ERSCHEINTNGSFOR.M. f
EHSCHEINLNGSLEHRE, /■. phaenomenologia : eine besondere
pdichtenlehre, die freilich nur die erscheinungslehre in den be-
sonderen Sphären des Icbeiis wäre. Fichte htntcrl.werkes, 102.
ERSCHEINlNtJSMÄSZIG, wer also den veriust dieses cere-
bralen, blüsz erschcinungsinäszigen und erscheinungsfähigen
959 ERSCHEINUNGSMITTEL— ERSCIIELLEN
ERSCIIELLEN— ERSCHEUEN
960
bewustseins beklagt, ist den grünländischen converliten zn
vergleichen, welche nicht in den himmel wollten, als sie
vernahmen, es gübe daselbst keine seehunde. Scuopemialeii
imrerga und parall. 2, 2;M.
EHSCHELNL.NÜSMITTEL, n. die physischen färben ver-
langten meine ganze aufmerksanikeit. die belraclitung ihrer
erscüeinungsmittel und bedingungen nahm alle meine geistes-
kräfle in anspruch. Güthe 31, 25U.
ERSCHEl.NLNGSVVELT, f.
zwar meine tochter sagt sich von dir los,
doch zur erscbeinuugswelt gehört sie blosz. IM.aten 21S.
ERSCHEITELN, capillos dividere, die haare scheiteln.
ERSCHEITEN, dinixcare, in sdieiler zerlegen : es gefell den
faulen kein galg, daran sie sich henken, kein block, den
sie erscheilen sollen. Frank spricliw. 2, IIS'. njl. erscheiden.
ERSCHEITERN, conquassari, scheitern: das schif erschei-
terte, zerscheiterle, gieng zu sclwilern.
ERSCHELLEN, resvnare , personare , mhd. erscheilen, die
echte geslalt des heute in erschallen verderbten nrbutns, wie be-
reits sp. 952 unter klzlerm gewiesen wurde, sie haftete noch
lange liin und wieder: obwol ein öffentlich geriicht und gc-
schrei davon ist und erschillt. landfricde von 1521. 7, 8 ;
ein hunt, der thet auch bellen
zu Reilberg aul der brurlt,
er meiut es soll erscheilen,
gleich wie ein grosze glocii. Soltau 221 ;
und lasz es (das hom) weit erschollen
in dem Würlcmlierger land. Uhlajid 4S5;
du schreiest, täasz die luft von dir erscheilen kan.
Opitz 2, 437,
der nur in der dritten person für erscliillt auch übel schreibl
und reimt crschüllt :
der eine stellt auf unirezähmtes wild,
der reiset tag und nacht,
ein andrer hört wann die trompet erschüllt
und fug zum kriegen macht. 1,80;
hört wie die braune kuh im nechsten thale brüllt,
dasz ihre rauhe stimm hoch über fehl erschüllt. 1,155(160);
wüst und wähl in Africa erschillet,
weil über deinen tod die löwen selbst gebrüllet.
OvEKBECKs Vinjü 83;
Steinbach hat noch aus Stieleh 1725 : es erschillt ein geschrei,
es erschillt alles von gelächter, was aber nicht berechtigt einen
inf. crschillen anzusetzen ; ößcr und auch bei solchen, die schon
dem praes. erschallen geben, ersciwint der ablaul erschall {heute
erscholl I, pari, erschollen, wofür bereits oben sp. i)53 belege
sieiwn, denen hier einige nachfolgen : vil leut kamen dar durch
sein groszes lob, welches in allen landen erschal. Ainwn F4';
fiir welchen ikünig) als unser guter namen erschall und wir
ängstigen zu land, wurden wir von ihm ehrlich entpfangen.
Frank wcUb. 220'; durch solch grosz und helles liecht des
evangelien allenthalben so reichlich erschollen. Luthek 3, 142';
bie wollen wir sehen, wie die erste predigt sei erschollen. KiO';
der Vogler fleng die vögel all,
wo einer in dem wald erschall. Waldis 2,27 bl. 92';
Tom kindlein Irisch geboren,
von kleinvermensclilera gott,
im krinplein halb erfroren
erschall der bimnilisch bott. Sper trultn. 181 (19$).
ERSCHELLEN, pract. erschalte, erschelltc, des vorigen
transUirum, mhd. erscheilen tinfi rirar in dopjteltcr bedeulung,
1) erschallen machen, klingen machen, inßare:
mhd. «wenn über sie [die naclitigalt) gestürzet
Wirt ein gezelt von loube,
«4 Wirt von ir da^ toube
gevilde lille erscliellol. ir. kr. 190;
nlid. mit di-in so ritt ein köngin zart,
die guiidt erschallen also hart
ein klar güldenes jagerhorn. If. Sachs I, 2*^3*;
in disen zilen sol ouch nieman wikhaflen biiw buwcn, noch
kein hörn erscheilen, noch kein gwild feilen, urislh. 1, ifir, ;
ir «öllent auch zu euch nemen mein hörnlin Rondidicr, das
ir recht wol blasen kfindt. und wo euch hiilf von iWUen i<t,
«0 Ihfit es erscheilen. Aimon st'; mein lieber briider, i( h
bit euch, das ir mein hörnlein Rondidri zu euch nemet und
es Jaul erscbellet. auf das sich die unsern wapnen. x3'.
31 frangere, ronculere, fternere, niederwerfen, brechen, erschiil-
lerm, weil da» brechende, fallende, erschiitlerle ertönt, erklingt, veie
scheinen berührt rirh auch klingen nirV brechen :
mhd. dar - man iinlie «In,
litt ti allen drin
»i 111 , .. ;. : erteil >• II. I l<t„;. 3340;
er bcgimdc al swindcldo gön,
wand ini5 houbt crschellei was. Parz. 090,7;
swie der baven vellct,
er Wirt lihle erschellet. Oberli!« 351;
wie vast der baf am klingeln hellt,
so Wirt er doch gar leicht erschellt. Freidank 1539. 3.^»;
nhd. aller des Ahrahains ghubcn, wie seer und hart ist er
anpefochlen und bcsirilen worden, mit wie einem slarKen
bock ist er mit seinem suii Isaac erschelt worden. Melanch-
THONS anireisung deidsch durch Sp\i\riji bl. lO'l; den pau oben
mit .sand beschütten und mit breiten Pflastersteinen belct'en,
so erschelt das gcschosz den pau destminder. ... B4; ob
aber der Schlempen so grosz und breit werc, dasz er sich
wiilte erscheilen, so magstu im wol mit einem meiszcl luft
machen. Würtz 142; oder dasz er widcrnmb fiele und dar-
durch sein bein erschclte. 248; auf dasz ich den brucli nit
etwan erschclte und mit dem reiben bewegte. 250; biichsen-
schieszen, wetterleuchten und dergleichen dinge, die das
heubt erscheilen, auch plölzlich in die äugen schimmern.
BARTiscn 255 ; dann das umbselzen und bewegen erschrilll
und benimpt den jungen pflanzen ire spitzen. Sebiz 3Cfl ; so
im ein pferd das wei-^z geiidcr erschöllet oder verrncki hat,
das es hinket. 158; das es den bucg oder schnitcrblat ver-
nickt und erschöllt. Seuter 334; schl.ägl mein ros hin und
trift den herzog an den Schenkel, erschellef ihm den schen-
ke!, dasz s. f. gn. auf dem ros ohnmächtig worden. Schwei-
NiCHEN 1, 89; und die erden sich in so vil hundert jaren
doch an einem ort erschöllen, aufwerfen odei' einfallen würde.
Thurneisser von wassern 5;
aer sprach, ich bereitet bin,
die erd mit starken Sturmwinden
zu erscliütten vorren und binden,
alle ir gebew zu erscheilen
und die weit in einander leiten. H. Sachs I, 256';
als wir, wir wildes volk di's hohen liinimels haus
durch schlangen von metull und mcusclienpiitz erscheilen.
Opitz I, 51;
der mit des donners macht das ganze land erschelll
und bis zu wurzel aus die bäume niedcrfiillt. 3, 2(1 ;
wo bin ich? ists ein träum, heischt mich der riclilor vor?
klingt seine rechtsposaun durch mein erschalltes ohr?
Grtphics 1, 233;
verleumbdung kan der Unschuld scbild
zwar wol erscheilen. Louenstein Agripp. SS, 440;
und kunst hat keine kunst, die ein crschellt crystall
der ehr und zuclil ergänzt. Ibrahim 75, 134.
ERSCHELLERN, concutere, effringere, vgl. anschellern: in-
dem aber der flusi dieser gegend fast tief und das eis bei
vorgehabter bearbeitnng crschällert einen bruch gewunnen.
Philanper 1 Zueignung 4*.
ERSCHELLUNG, f concussio, effractio: so sich wind darin
sanilelon und iren gang nit haben möchten, crdbebunge oder
zerrütlunge erheben und ziltrung, bewegimg und erschellunge
bringen würden. Tiukneisser von wassern s. 6.
ERSCHELTEN, crtorquerc jurgiis et malcdictü:. Stieler 172«.
ERSCHEPFEN, hanrire, ejchaurire, ahd. arscephan, aber mit
starkem praet. arscuof, pari, pract. arscaffan (Grakf (>, 440);
nhd. ist die schwaclie form auch ins jn-aet., umgekehrt die starke
auch ins j>racsens getreten, worüber mehr unter scbadert und
schöpfen, sihe nur zu, das du an »tat des vcrdricszes, so
du von inen erschepfest, übest dise lusl und wolgefallen in
göttlichem willen. Lituer 1, 529"; also balde folget denn
das Salomon spricht, er wird ein wolgefallen von gott cr-
schepfen. 2, 17o'; das man in heulen und klagen künno
tröstliche und frolichc gedanken des lehens erschepfen. 6, 80*.
s. erschöpfen.
ERSCHEREN, secernere, segrcgare, aussondnn, aus der s'chtr
nehmen, ags. äscirian, ahd. irscerian? riivvo (ruhe), so hat dir
got gnade verhciszen, aber des morgenden tagcs bistu nit
von im ersrherl. I\>ntus 04.
ERSCHERREX, corradere, heule orscharren. das organische
praet. ersrharr begegnet kaum, uün fmrt. lautii crschorren : der
bauch verkocht und verzcrt was alle well gewinnet «nJ er-
schirrl. Frank .tpr. t.23"; was mau an wilwen und weisen
ersciiirrt. A7. weise reden 337*. s. scheiren, verschcrrcn.
EHSCIIEUEN, crpavere, jmvere, hvrrere. erfiirchlen. befürchten,
srheuhen, ahd. irsciulinn, mhd. erschiuheii. erst mit ,ur,, ,f,r
Sache, dann viit i>riiejMt.sitionen :
ineluhler niu drAto sulirhcn> dAlö. " IV il.
gar hnric sl ab Im emehiut ( : lleriiiiuit ^hr rrM Miihii'.
dag diu ros crachi
,.'r. /IWi-iiii/ MTl.
961
ERSCHEUERN - ERSGHIESZEN
ERSCHIESZEN— ERSCHIESZLICH
962
erscheuen mangelt den nhd. Wörterbüchern, hat aber kän be-
denken.
ERSCHEUERN, fwlire, purgare. Stieler 1767. s. scheuern.
ERSCHICKE.N, erkaufen, erlauschen. Tobler 172*.
ERSCHIEBEN, protrudere, Stieleb 17S4: das pferd kann
den karrn nicht erschieben, furlschieben ;
mhd. in was erschoben niht der balc. Par:. 200, 23,
den abgemagerten, rerhungerlen strotzte der bauch nicht;
da wart maaec verhouwen hüt
mit unkunder spise erschobn. Wli. 447, 29.
ERSCHIENEN, part. von erscheinen, «n der bedeutung ab-
gelaufen, eingetreten, fällig: am erschienenen tag. rgl. ver-
schienen ; alle erschienen und hinderstellige zins. Frankf. re-
form. U. 7, 5, census, quorum dies renii.
ERSCHIESZEN, ahd. irsciojan, mhd. erschienen, ags. &sceotan.
1) in/r. germinare, progerminare, icie ersprieszen, ahd. ir-
Epriojan.
a) ron der pflanze, ertimpere: da» laub, das blatt erschieszl,
xhieszt, schlägt, bricht aus; so sie {die kinder) ein wenig er-
schieszen und wachsen. Petr. 109';
die blätilein läsit erschieszen. Spek güldn. tugeiiAb, 416.
vgl. anschicszen 2. aufschieszen 1. ausschieszen 6. entschie-
szen 1. durchschieszcn 2,e.
b) viel häufiger für gedeihen, geraten, helfen, tcie ersprieszen :
mlul. ir spise erschoß in also wol,
das if ^3? 'ß wären vol. Greg. 3579;
uns ist niht wol erschoj^cn
geiücke an disem morgen vruo. Ir. kr. 1244S ;
und sei mir mit wünsch erschiejen. MS. 2, &9';
si lie der weite ir erbe,
die kranken mor^engäbe,
die raanic törschiu bäbe
doch uneeme lieje,
swie ubiT si erschiene. Martina 147', 66;
nitd. oren melken in ein kübel
erscheuszet manchem menschen übel.
MLR>-£it scliilmem. 40, 2 {Sdteible S44) ;
alle strafen mügen nicht
erschieszen an eira bösen wicht. 65, 7 [Scheilde 861) ;
das bad erschosz in also wol. badenfart A2;
das bad ist in so wol erschossen. Ki;
so hat ewr k. mt. noch eben vil hofgesind hie, auch pfeifer
und trumettern, wo cwr k. ml. denselben mit gnediger hilf nit
erschieszt (frommt, bcitpringt), so werden ir cllicii mit klag und
schänden von hin müssen. Chmel Marimilian j. 69 (a. 1495);
und wirt uwer k. mt. wol erschieszen mit hilf des allmcch-
tigen. s. 7S (a. 1495) ; ob dan etwas mündlich zu handeln wer,
daiin ich e. k. mt. erschieszen (nützen, helfen) möchl. 5. 1S3
(a. 1497); rent und gult aufzupringen habe man kein Tieisz
gespart, aber das will nicht erschieszen. s. 209 (a. 1499) ; not
sei. das man an einander half, oder es wirt inen beiden nit
wol erschieszen. s. 319 (a. 1509) ; urtheil, so am cammergericht
gesprochen und in ihre kraft gangen und dan dem behal-
tenden thcil nit erschieszen wollen, reichsabsch. ron 1512 §. 9 ;
darümb sieht man elwan wie es so wol erschüszt söllich
gewunnen gut. Keisersberg bilg. 196'; ein ei mag dir nicht
erschieszen. schimpf u. ernst 1522 cap. 53. 1550 cap. 50. 1555
cap. 208; ich straf und lere euch alle tage, aber noch wil
nichts erschieszen. Wickram rollw. 39'; dem ein klein hülf
wol erscheuszt. Frank sprichw. 1, 15* ; alsdann mag er dir wol
erschieszen und sonst gar nit. Hltten 5,473; ich erkennen
klerlichen, das auch die andern leicht den besten rath geben,
von dem mir guis erschieszen mag. Aimon ml'; auch wes
er inen zu gutem erschieszen het künden (können), das wer
er von gutem herzen willig gewest. o2*; wann in zweien
tagen habent sie noch ich nichts gessen, das uns zu gul
erschossen were. x5*; wo ich meiner gn. frauwen in einem
solchen fall erschieszen möchte, mir warlich ein sondere
freud bringen würde. Galmy 280; und ist das Unglück den
Cattis zu einer Weisheit und klugheit erschossen (Chattis
victoribus fortuna in sapientiam cessil). Mictlls Tac. 44S* ; und
hab den baisam also warm uf die brücb geleit einer haut
breit, das hat mir allweg gar wol erschossen und hat den
bruch gekrefliget. Gehsdorf 50; das selbiges bei den ver-
wundten groszen nutzen gescha£fct und ihnen zur genesung
wol erschossen ist. Würtz 26; sonst ist kein sonderlicher
vortheil bei solchen wunden zu gebrauchen, allein dasz die
wundwasser sehr wol erschieszen und ganz nutzlich gebraucht
werden. 109; do dan sümlichs fürnämlich dir zu gutem er-
schieszen mag. Plateb 1 ; als nun min sun und Madien 3 jar
bei mir gsin waren, bcgärten si olein zu wonen, für sich
III.
selber hus zuhalten und etzwas zu überkummen, welches
den inen, golt si gelobt, wol erschossen ist. llO; aber so
wir misbrauchen den glauben und glauben dahin, das un-
serm nechstcn zu argem erscheuszt. Paracelscs 1,90"; die
den nechsten zu gutem mögen erschieszen. 1,282'; denn wo
schwere end und nachschnalz zu besorgen seind, fleisz difti
(vundarzl) im anfang desler gewisser fürsichliger zu handien
nnd zu erschieszen. cAJr. sehr, ll'; ob was nützers andern
hieraus erschieszen oder geschepfl möcht werden. Fro.nspebger
kriegsb. 1, torr. ; denn wenig pulfers erscheuszt bei groszem
geschütz nit vil. 1,7.3"; denn solche schifbrücken eim ganzen
beer und feldzug anderorten, da es von nölen, zur fürderung.
nutz und gutem erschieszen mag. 1, 7S'; ob etwas aus ihm
zu erforschen, so dem häufen zu guten erschieszen möchte.
1,43*; es were auch allwcgen besser etwas anders für die
slocklisch und plateisle in einer besatzung, dann es kost
viel, verdirbt bald und erscheuszet übel. 1, 128* ; was noch
zu diesem rilter und reuterrechlen möchte nutz und dienst-
lich erschieszen und aber hiebei vergessen und nicht ein-
verleibt worden. 3, lO'; dasz es zu abwaschung eigener Sün-
den erschiesze. bienenk. 101*; wiewol die sach also geschaflTen,
dasz je mehr man sie erholet, kornschütlell, erbeutelt und
rcmembricret, dcsraehr euern herlichkeiten zu ergelzlichem
wolgefaJlen soll erschieszen. Garg.i^'; berührte Ordnung hat
meinem hcrren Pantagruel nicht ein kleines zu aufbringung
seiner land erschossen, groszm. 13; dasz solches kurzweilig
ehrlich exercilium im lichten mir und andern nit schädlich,
sondern viel mehr fruchtbarlich erschossen, ganskönig vorr. 7' ;
sintemal sich befunden, dasz solche räuchwerk in sierbens-
läuflen wol erschossen sind. Sebiz S ; wann maus schon wil
zu wisen und weiden brauchen, erschieszl es doch nichts.
24 ; das das brot besser aufgeht und erschieszet (gedeiht). 48 ;
gott höret uns und es erschosz uns glücklich. Scberers wund-
segen. Ic95. g4. Maaier hat 116' erschieszen zu gutem, bona
esse, Luther scheint diese so geläufige bedeutung des trortes nicht zu
kennen, im 11 jh. beginnt sie, gleich der ron beschieszen (1,1568),
auszusterben und ist im 18 völlig erloschen. Scbmelleb 3, 409
belegt sie aus baiiischen landlagshandlungen. auch bei Stieler
1788 steht noch erschieszen juvare, prodesse. Stalder und Tobler
geben es nicitt mehr, eins der letzten beispicle gewährt Opitz 2, 179 :
acb ach, dasz kein vergieszen
der tbränen und kein wort, kein seufzen kan erschieszen.
2) tr. erschieszen, telo, glande plumbea trajicere: ahd. er-
sco5en wurlen mit tien dunerstralon (GflArr 6,561);
mhd. mir hat her Gerfaart Atze ein pfert
ei-schoijsen zisenache. VValtheb 104,8;
man kös in baj, dann & da^ erschoj^en tier wunde.
Tit. 161,3;
Göjwin, hab den bengst her dan,
wirt er dir erschorjen,
ich gap dir unverdro^jen
ein phuDt vert dran ze stiure. Helbl. 15, 279;
nhd. da Lamech Chain zu tod erschosz. Frani iceltb. 170";
dieselben dri länder mengen grafen, herren und edelknecbt
oft wol erschossen. Tschcdi 1, 271 ;
der landvogt ist von einem pfeil durchschossen,
'wer ist erschossen?' Scbilleb 546';
sie haben den ausreiszer zum erschieszen Terurtheilt; er
erschosz seinen gegner im Zweikampf; sich selbst erschieszen ;
das ist zum erschieszen, hoc laedium creat vilae. Serz 38*;
das ist zum erschieszen schön. Kleist 1, civiii.
ERSCHIESZLICH, 1) frucluosus, ulilis, ersprieszlich, nach er-
schieszen l : und solcher widerstand nicht wol erschieszlich
beschehen mag. reichsabsch. ron lb2^, Zi ; aus keiner endlichen
erschiesziichen e.\eculion im heiligen reich, daselbst 24 ; damit
ein theil dem andern zu hülf kommen und erschieszlich sein
möcht. reichscdfsdi. von Kfzlingen 1526, 8 ; nichts fruchtbars
oder erschieszlichs hat gehandelt werden mögen, reichsabsch.
von 1527, 12; am nützlichsten und erschiesziichslen. reichsabsch.
von 1529, 17 ; si meintend, dasz hierdurch si ze beiden teilen
einandem nutzlich und erschieszlich sin mochtind. Tschcdi
1, 640 ; im wer auch ewer darreiten nit erschieszlich. Aimon
q6*; gott wolt, ich meiner gn. frawen erschieszlich sein
möcht. Galmy 261; das wird jedermann erschieszlich sein,
Hltten 5, 264; das uns anncmlich sei und erschieszlich.
Paracelscs 2, 415'; dise wurste hielt er für bcisziger . . .
auch für magensliliigcr, genieszlicher und erschiesziicher als
das weibergepräng und den meidleinschlerk, den man mit
spitzen fingern und messern fürlegl. Garg. 54'.
61
963
ERSCHIFFEN— ERSCHLAFFEN
ERSCHLAFFER — ERSCHLAGEN
964
2) Irajiciendus, nach erschieszen 2 : der auerhahn ist leicht
erschiesziicb, wenn er falzt;
iwar beendigt ist der lirie^,
duch die liriegsgerichte blieben,
und CS hcisxt, du babcst einst
viel erschiesilicbcs geschrieben. Hei:«b romamero 159.
KRSCHIFFEN, enarigare, navigando attingere, acquirerc: als
wir nun ncwer land bei tausenl und achthundert lege (meilcn)
erschiflen hiniiberwerts der newen land, so wir erfunden
hellen. Fbanr vellb. 218*;
tod, schmerz und krankheit wird ergraben und erschifl.
tiALLER 144;
ehre und beute erschilTen. Stteler 1792.
F.nSCHlLLERN, vario colore micare: die wieso erschillert
in hu n lein grün.
ERSCHI.MMELN, mtieesccre, vgl Tcrschimmeln :
ich liesz es ee erschimmeln
und ee ich dir gab ein rindelein, bergreien 80;
Ich wolt im sein alt groschen
iwar nit erschimeln lassen, fastn. 110,3;
da fiind er hrot, war alt (qant) erschimclt,
Hinkend fleisch das von maden krimelt. H. Sachs I, 442".
EHSCHIMMEHN, coruscare : sein heim erschimmert wie das
fewr. J. YüCEi.s ungr. schlacht. 1G2C. s. 80 ;
doch seh Ich die gebeine
«m nackten felsenufer wcisr crschininiern. Tuck 2, 71.
ERSCHI.MPFEN, cvnriciis oblincre: gelangtes hr. Klotzen,
sich einen anhang zu erschimpfen, und einen noch grüszern
sieh zu erloben. Lessixg S, 203.
ERSCHINDEN, cxcarnificare, piaet. erschund für crschand,
pari, erschunden: denn was sie mit ablasz, bullen, beichl-
bricven, butterbricven und andern confessionalihus haben in
allen landen gestolen, noch sielen und erschinden, acht ich
als nickwerk. Lutiikr 1,297'; wie denn etliche unser jün-
kerlin gcthan haben, sonderlich den reichen, da sie haben
etwas vermeint zu erschinden. 3,318*; gott kan die strafen,
so es mit unrecht erschunden haben. 4.,'i2S'; siehe die unter
errollen aus Garg. 26* gehobne stelle; erschinden, mit schinden
und schaben überkommen. M.\ai.er 11(5'; was wir lange er-
schunden und erschabt haben. W'eini. jb. 2,73;
was die alten mit quinllcin erschunden,
rerthun die jungen mit centner und pfänden. Otho 872;
dein übcrprachlig grab, das schwer erschun^icn geld
und armer leute schweisz und ihrancn aufgestellt.
GavPiias 2, 4S7 :
was Cajus ein liesz kaufen,
gibt Sejus lustig aus. was Mnrius erschund,
verschwendet Tilius. dis ist der alte bund,
dasz kein gewonnen geld bei einem müsse rasten. 2,507;
das ist lauter erschundenes geld, niederträchtig ertrorbenes ; noch
nicht die lifilfle von dem erschundnen gclde. vgl. Frisch 2, 1S4".
ERSCHL.\FEN, l) inir. ohdormiscere , entschlafen: und liub
sein hend auf in den liiniel und sprach, nim mich ans dem
keiker meines leibs, deinem namcn zu lob, und in dem er-
schlief er giir süsziglichen. summerlcil der hedigenleben. tiürn-
berg 1475. 1.'.*.
2) tr. dormilando assequi: er hat seine gesundheit erschlafen.
Stieler 1804, hat sicli gesund geschlafen;
so sah der erste mensch im ersten träum sich wippen,
und stieg und fiel bald hoch, bald tief,
und wüste nicht, welch glück er sich erschlief. Tuümbel 8, 17;
in einem schlechten Wirtshaus erschlafen wir nun den mor-
genden tag. GöTiiB 16, 240.
ERSCHLAFFEN, II inIr. elanguescere, lorpescere, dissoln, ahd.
arslafAn (Grait 6,804): die kntfle erschlaffen; der inagc ist
erschlaft ; die erschlalTendc aufmerksamkeit ;
kehre heim zu den schiffen, nachdem ich erschlaft von dem
streite. //. 1, 168;
jener «pracbi, und sofort erschlaflcn ihr herz und knie.
Od. 4, 703 ;
mach, 0 feuchter hauch der weit,
diese saiten nie ersrhlalTcn. RiJCKOT 283;
ich sah die zeit crschlalTen
und blieb kaum selber stark. 187.
2) tr. relaxare, mullire: die krüflc erschlaffen, schwächen,
herunterbringen. Kant 3, 401 ; ganz ungegründet ist es, dasz
die schonen künstc die scele erschlaffen. Schiller ...;
eine kraft,
die sich dorcb nichlgebrauch verzehret und erscbtan.
r.imr.n I, 167.
ERSCHLAFFEN, umlautende form dct vorausgelirnden in-
transtlttumt : so scbHIIen sie wasser (über dw haut) und lassen
•te gefrieren, so bangt das eis so hart auszrn an dem honr,
dasz CS vom schweisi und arbeit dessen, der die haut an-
tregt, nicht erschlaffen kan. Froxsp. 3, 149'.
ERSCHI^AFFER, m. laxator tyntpani, ein ohrmuskel: der
grosze und kleine erschlaffcr des trommelfells.
ERSCHLAFFL'.NG, f torpor: die erschlaffung des deutschen
reichs.
ERSCnL.\GEN, cacdere, occidcre, pcrculere, ahd. arslahan,
irslahan, mhd. erslahen, erslän, ags. Sslc;'in. Frisils und
Maaler hallen noch die organische, den inf. erschlahen vom pari.
erschlagen sondernde form fest.
1) meistens todschlagen, menscitcn oder thiere:
mhd. dö ßr den wurm ersluoc. Iw. 3S65;
si mfiejen iuch Iftjen vri,
ode ich erslalie si alle dri. 434S;
jft ist von Niderlanden der küene Stfrlt erslagen. Nib.Wi, 4;
6j lit vor dem gademe ein rtter tot erslagen. 948, 3;
nhd. sehr oft in der bibcl: ich hab einen man erschlagen mir
zur wunden und einen jüngling mir zur beulen. 1 iVo.«. 4, 23 ;
und da er sähe, das kein mensch da war, erschlug er den
Egypler. 2 Mos. 2,12; erschlug der herr alle erste gehurt in
Egyptenland. 13, 15; wer aber ein vieli erschlegt, der sols
bezalen, leib umb leib. 3 Mos. 24, IS; es wird sich nicht legen
bis es den raub fresse und das blut der erschlagenen trinke.
4 Mos. 23, 24; wie sind die beiden so gefallen im streit?
Jonathan ist auf deinen hohen erschlagen. 2 Sam. 1,25; deine
erschlagenen sind nicht mit dem schwert erschlagen. Es.
22, 2 ; er het in des Streichs erschlagen. Fierabras B 6 ;
man sol dir deine lend erschlagen. Atrer 59';
ich selber, wiss es, ich erschlug den bruder,
in ihren armen überrascht ich ihn. Sciuller 512*.
die achzchen, auf welche der Ihurn in Biloba fiel und er-
schlug sie. Luc. 13,4; der stürzende bäum erschlSgl einen
mann ; der blitz, der donncr hat einen menschen erschlagen ;
von der straal erschlagen werden , ictu fulminis concidere.
Maaler 116'; auf das in nit der stral erschlug. Garg. 117';
mit der mordax erschlagen werden, bipenni cadere; alles in
der statt erschlahen und verbrennen, urbeni cruore et flamma
delcre. Maaler.
2) fruchte und andere gegenstände erschlagen, niederscMagm,
zu boden schlagen: und wenn gleich der hagel alles getreid
erschlagen bette. Luther 4.506"; wann der hagel alles er-
schlagen hat, ist das wctlcrleuten zu spat. Fisciiart groszvt.
127; das feuer des neids hat seine dächer verbrannt, sie
sind übereinander gestürzt und haben die mauern mit er-
schlagen. GöTHE 42,205; ein holz erschlagen, silvam caederc,
vastare. Frisch.
3) erschlagen, einschlagen: bergmännisch, ein gcbäudc er-
schlagen, in es einschlagen, durchschlagen ; bisweilen erschlegt
man auch ins fewr, als do steinkol bricht, welcher unter
der erden kolet (verkohU), wie holz in einem verdeckten und
bestürzten meiler. Mathesius 141*= 1562,201*. aucJi für an-
scldagen: die kluvier sind so hart, man kan sie kaum er-
schlagen. Stieler 1S21.
4) abslractionen sind hauptsächlich für das pari, praet. üblich:
nthd. ilcm kciser und dem küncgo ist hi^lfe an im erslagen.
MSH. 3, 19»;
wir mücjen iemcr sin erslagen
an (ren und an guote. (r. Ar. 12432,
zu gründe gerichtet; die forcht machet einen menschen also
erschlagen, das er verzweiflet und erligt. Keisersberg irr.
seh. f4; erschlagen und Irurig machet, bilgir 59*.'; denn ich
bin- arm und elend, mein herz ist erschlagen in mir. ;«.
109,22; gebet es inen übel, so sind sie gar erschlagen {zer-
schlagen, niedergeschlagen) und verzagt, mehr denn kein weih.
Luther 5,312*; denn weil er gleubl, das gott beide einen
himel und helle hat, erschrickt er bald für goltes rom und
wird ein blöde, erschlagen mensch. 6,228*; du soll in Un-
glück und nrmul nicht erschlagen und kleinmütig werden.
Frank chron. 26*; kleinmütig und erschlagens herzens ;
erschlagen bin ich ganz und gar,
das ichs nit hinderdenken thar,
mein herz müst mir zil stuck zerspallon,
du* weinen kan ich nit verhallen.
FinKitLii« *pit rom iMtarM* CT;
odr seind euch sonst so schwere sarhrn
llzt kiimen Oir, die «uch so machen
bcküniert und so gar erschlagen. RE»iiti *•, II ;
wie hat mich ilzt diser gang
gmncht so mnii und irar rrschingn,
gleich Sil bcU Ich schwer getragn. 31 ;
965 ERSCHLAGENIIEIT — ERSCHLEICHEN
scbad ists, das ihr erschlagen {uicdeigedi ückl , belastet) seit
mit disem nlteii nagenranlt. Atrer 450*;
wer mit einer solciien {maod) wird erschlagen,
der weisz von ungliick wol zu sagen. II. Sachs I, 509';
der mit tim solchen weih ist erschlagen. III. 3, 31*;
die forcht und der schräck hat die lierzen erschlagen. Maaler
IIG'; verzagt und erschlagen sein, fracto animo et dcmisso
esse; von traurcn und kumber ganz erschlagen; an glidcien
Ton groszer arbeit ganz erschlagen und ausgcmaciit, menibra
muito labore jam fractus; ein erschlagen und schwach gniiit
von leid und kunimer. daselbst; dasz er in ungliick oder
widerWertigkeit nicht erschlagen, nicht weich, oder weibisch
oder forchtsam sei. Thlrseisser magn. alch. von. s. 7; dise
llombinen haben auch ire krankheiten, wie die gemeine
honigbincn, und sind insonderheit geplagt mit dem durch-
lauf des bcutels und mit der geldsucht, und alsdan sind sie
gar erschlagen, bienenk. 242'; ein erschlagen gemiit, animtts
unxius. Stieier 1S21. später unfiblicli und vertreten durch nieder-
schlagen, zerschlagen, dock liest man noch bei Pestalozzi
2,16: er konnte nicht mehr reden, aber er sah sie alle so
wehmütig und erschlagen an, dasz jedermann weich ward.
ERSCHLAGENHEIT, f. animiis demissus. niedergeschlagenheit.
Keisersberg sieben schu-eiie. s. d. m. 55'. bitg. 80*.
ERSCHLAGL'NG, f. l) caedes, strages. Stieier 1821: was
Sterke wirdet dem Golia zugemessen, so David in seiner er-
schlagung geachtet ist, als ob er zehen tausent mann erschla-
gen hett. Aimon vorr.
2) animi demissto, niedergeschlagcnhcü.
ERSCHLA.MME.N, scatere illurie. Stieler 1S26: die wiese
erschlammt, verschlammt.
ERSCHL-\PrEN. eiHj/eJ» «n^nc nd. /orm/T/r erschlaffen: eine
überaus edle, freie, männlich grosze seele, voll gesiindheit
und ruhe, durch keine versengende oder erschlappende lei-
denschaft entstellt. L.water fragm. 9,17 s. 121; durch die ge-
wohnheit immer süsze lehre leicht zu empfangen, erschlappt
bei den meisten das talent selbst zu suchen. Lichtend. 4, 1S<«.
ERSCHLAPPUN'G, f. ^enso für erschlaffung : mäszige und
freiwillige enihaltung ist das sicherste verwahrungsiniltel gegen
übeidrusz und erschlappung. Wieland.
ERSCHLEICHEN, l) tr. refiendo asseqiit, oppnmere, mhd.
eislichen :
so die jugent ersucht der tot. Haupt 1,523;
daj Troie von zwein gröjen hern
ersuchen und gewunnen ist. tr, kr. 11800;
erslichent (dam oppressistis) sine stat. 18051.
nhd. durch schalkheit der menschen und teuscherei, damit
sie uns erschleichen zu verfiiren. £/iA. 4. 14; auch zeigen sie
uns an, das die schedlich lutherisch sect so vieler Deudschen
gemiit als ein tödlich gift einzel erschlichen und cingeiromen
hab. Lltiier 2, 177' ; aber wir sollen wacker sein und uns
den faulen überdrusz nicht lassen erschleichen, br. 2. 393 ;
{die Schildkröte ruht nicht) bis sie das angesetzt ziel erschlei-
chet. Fischart f/iz. 54; die katze hat eine maus erschlichen ; ein
wild erschleichen ; das alter erschleicht uns; wir wissen nicht
w ie uns der tod erschleicht ; ich will dich schon erschleichen ;
ich musz der zeit erbeilen,
hisz ich das glück erschleich. Uula<«d 584;
aus eigensinn zum haume werden,
wann treue Sehnsucht uns erschleicht. Hagedorn 2, 76;
so schlüpft die keusche oreade
dem satyr aus der band, der sie im bad erschlich.
Wieland 9, U;
und soll ich dir noch einen vorzug sagen,
den unvermerkt sich dieses lied erschleicht? Göthk 9, 147;
ach die gerahr erschleicht auch schwache. 10, 21;
wer sich was erschleichen will,
erschleiche »ichs auf seinen eignen zehn. 10, 219.
man sagt ein amt, einen befchl, ein privileg erschleichen;
oft trotzet fauler stolz auf ein erschlichnes amt. Kästner 1,108;
da sprachen wir, erschlichen ist der brief,
kein kaiser kann was unser ist verschenken. Schiller 529»;
auch im philosophischen Sprachgebrauch, einen salz, einen begrif
erschleichen: viele begriffe entspringen durch geheime und
dunkle Schlüsse bei gelegenheit der erfahrungen und pflanzen
sich nachher auf andere fort, ohne bewustsein der crfah-
rung selbst oder des Schlusses, solche begriffe kann man
erschlichene nennen. Ka.nt 3,50. erschlichene sälze.
2) inir. ^cich dem lal. obrepere mit dem dat der person.
mhd. son bete man erslichen
im niht an sin in. tr. kr. 12.')82.
für diesen gebrauch gibt es keine nhd. belege.
ERSCHLEICHER — ERSCHMECKEN 966
ERSCHLEICHER, m. venator. Stieler 1835.
ERSCHLEICHUNG, f. nach allen bedeutungen des rerbums.
der fehler der erschleichung, ritium subreptionis ; eine von
Fichte eingeführte und seitdem habilitierte erschleichung liegt
im ausdruck 'da^ ich'. Scdopemhacer parcrga u. parall. 2, :}":.
ERSCHLEIFEN, exjxilire, durch schleifen bcarbeäen.
ERSCHLEIMEN, pituita rodundare: die brusl erschleimt.
Stieler 1S37.
ERSCHLEISZEN, ßndere, scindere, federn erschleiszen,
schleiszen. ags. äslllan.
ERSCHLEPPEN, atlrahere, heransclileppen : die lenden thiin
mir so weh, dasz sie mich kaum eischleppen können. Schocii
stud. leben K; alles was ich von geschirr erschleppen koiinle.
GöTnE24, 14; ich kann mich kaum erschleppen, fessum corpus
rix trahere possum.
ERSCHLEL'DERN, funda exculere, tnil der scJdeuder treffen,
erreichen.
ERSCHLIESZBAR, quod recludi, concludi fjtAest, uas eröfnet
und er.<chlossen werden kann.
ERSCHLIESZBARREIT, /.
ERSCHLIESZEN, reserare, rccludere, enlschlieszen, aufschlieszen.
1) das thor, den schrein. kästen erschlieszen.
2) der lenz erschlieszt die blumen ;
violenglöckchen, die der frühe lauer hauch erscbloBZ.
Kosegarten;
wie ich in die erschlossenen kelche blickte. Betti.xe lageb. 80.
3) einen gedanken, den sinn eines spruchs, ein rätsei,
geheiranis erschlieszen; ein gebet erschlieszen; das sehr er-
schlossen inbrünstig ruefen und bitten zu gott dem allmech-
tigen vviderumb in übung gebracht und getiiben weiden
möchte. Froxsp. 3, 19*.
4) den eingang ia eine lehre, ihr weites feld erschlieszen ;
0 tbeurer freund, o treuster der genossen,
hier bist du todt, im himmel lebt dein geist,
wo gottes hnld ein leben dir erschlossen,
das weder glut noch frost dir je enireiszt. Gries .4 r. JJo/. 43, 170.
5) sich erschlieszen, offenbaren, dargeben:
bedenk ich dann, wie manches jähr
sich schon mein sinn erschlieszet. Götue 2, 191 ;
die gcfühle sich erschlieszen
und die wünsche sich ergicszen. 2,34;
ja, .Anna, ohne rückhalt soll vor dir
das herz der schwesier sich erschlieszen. Schiller 37'.
ERSCHLINGEN, dcvorare, glutire, verschlingen, m/id. erslinden :
alse jenre Leviathan
s6 girliche irslunde
den menschen äne sunde. Hartiia!« vom glauben 647;
man eicht, einer hab erslunden
beckelhüb und slappen dran. Ls 3, 327.
nhd. man sagt, dasz die erde einen menschen erschlungcn habe.
ERSCHLUCHZEN, conslerni, percclli, eigentlich singuitu confici :
ir herrn, wie seid ir all erschluchzt?
ist keiner under euch der juchzt. II. Sachs I, 27';
hört wir von weiten etwas krastlen,
ira holz durch das gestrcusz her prastlen,
des wir erschluchzten beide fast. I, 103»;
ich war erschluchzet ganz. I, 273';
jederman ist ob dir [kjaiihheii) crschlucbrt,
ob mir ((jesundheit) man frolich schreit und juchzt. 4ti2';
abschewlich war ihm sein antlitz,
samb het er weder sinn noch witz,
verzweifelt, erschluchzet, erschlagen. 468';
bist so erschlucbzet, bleich und gelb. III. I, 107';
ich bin gleich erschluchzt und verzagt. III. 1. 122";
Erifile erschluchzt, redet leise auf eine seile. Birken Murgans l^Ct.
ERSCHLUCKEN, glutire: der hund nagt am beiii, wenn
eis nicht gar erschlucken kan. Lehmann 1, 331.
ERSCHMACHTEN, sitienter expclere:
ihrer liebe nectar missen,
hiesz in dürren wüstenein
einsam mich verlassen wissen
und den tod erschmachten müssen
in des dnrsles heiszer pein. IIörgkr 75*.
ERSCHM.\LE.N, repiehensione proficcre. Stieler 1861.
ERSCHMAUCHEN, ex infidiis obserrare. Stieler 1SC8.
ERSCH.MECKEN, odorari, gustare, viltern:
mhd. sweihe würra sint eiterhaft,
von des selben tierlines {ecidemon) kraft
hant si lebens dechcine vrist,
swenn ii von in ersmecket ist. Part. 73C, 14;
diV häter gebrätin
äle, die irsmacte Isingrin. üeinh. 647;
unz er ein tier ersmahtc. Iw. 3SSö;
nhd. in dem ersten schlaf der nacht er wol bei zwenzij?
wölf ersähe, und alsbald sie das ros erschmackten, alle
darumb waren. Bocc. 1,272' (Stei.nh. 332,21 ersmcckfen);
61*
967 ERSCHMEICHELN — ERSCHNAPPEN
mein pferdlin mirh ersrhmnrkt hat,
uud hub Ireuntlichen nti uinl schrei. Wickrau irr. Lilij. 5C;
so wirl in denn erschnieclien bald
der trach, der in der holen leit. H. Sacus III. 2,234';
war ich nit gar ein esel gsin,
so bätt ich sulchs crsclimöckt vorhin. Funkbuns Lazarus CO';
der erschmackle oder versuchte geist. Keisersberc palernoster
G4; wer die warheil erschmackt hat, wirt nimnior danon
fallen. Frank f/iron. 4S7'; den geiz haben nun die herrn uud
die stell erschmeckl. Orerlim :ir)l ; schwiniinen so lang, his
sie den boden und gslad erschmecken. ForerCO'; gleichwie
es niagisler Genlian sehr nasweislich erschmackt hat. Fisciiart
bienenk. 172" ; sie erschniacklens alles durch ein lollhafen,
der neun heul hat. Gary. 22S*; wenn man es einmal er-
schmeckl hat, semel dtilcedine capta. Serz 3S*.
ERSCHMEICHELN, cblandiri: sich jemandes . gunst er-
schmeicheln ; wenn schon zuweilen ein Varro eine unver-
diente würde erschmeichelt. Hallers Fabius S8 ;
soll dir der richtcr lob wahrhaftig ehre bringen,
erschmeichle dir es nicht, du kanst es dir erzwingen.
Kästker I, 83;
und wenn die frau von ihrem mann,
was sie nur will, erschmeicheln kann. Gökinck 1, 131;
aber wenn er nun kommt mit der larve des heiicbicrs, euer
miticid erweinl, eure Vergebung erschmeichelt. Sciiiileh 105';
sie wurde in vielen hausern nicht angenommen, die sonst
ihren umgang erschmeichelt hallen. Arnim 1,209; sie wollte
*ein Sümmchen geld von ihm erschmeicheln.
ERSCHMEISZEN, occiJere, erschlagen, lodlschlageH : so laut,
dasz dich dieser und jener erschmeisze ! baticrnslands laskrpr.
89; Eimann sprang in das zweite Stockwerk und fand zu
seinen füszen eine erschmissene maus unter seiner gesuchten
liibel. J. P. Hesp. 1,93.
ERSCHMELZEN, liquescere, prael. erschmolz, ahd. arsmiilzan,
mild, ersmülzen.
ERSCHMELZEN, inungere, praet. erschmelzle : grosze ge-
richte lassen sich nicht wol erschmelzen. Stieler 1878 ; eine
Wül erschmelzle suppe.
ERSCHMETTER.N, pcrsonarc: die nacbtigall erscUmetlcrl,
hebt zu schmellcrn an.
ERSCHMIEDEN, excudere, ags. dsinidian, Kürde ahd. irsmi-
dön, golh. ussmij)ön lauten: das eisen läszt sich nicht er-
schmiedcn. Stieler 1S78.
ERSCHMIEREN, inungcre, ferire:
ir die lenden wol erschmieren. Scheid grobian P4;
oder will dir die lend erschmiern. Atrer 74'.
ERSCHMINKEN, infucare: erschminkle wangenröthe.
ERSCHMOLLEN, subridere: es sollend ouch die rotlcri-
schen ifaciiosi) piediger nit crschmollen, wie si fründlich
könnend, dasz ich dise meinung anzeig. Zwi.ncli 2, 319. die
mhd. ersmielen und ersmieren , lächeln f^nd uns erloschen,
erschmollen hängt genau zusammen damit, wie sich smielcn mit
schmollen berührt und unter diesem uorl genauer zu erörtern
ist. bei Maaler 358' erscheinen auch schmollen und schinollelcn
nocA in der bedeutung ton lächeln, voraus sich allmälich die von
lacht zürnen ergab, wer etwas übel naJim und zu grollen an-
hebt, der schweigt und lächelt.
ERSCHNALZEN, cxsüire, aupinpfen, aufschnellen:
ich rastet an der hiillen fliil,
als sonst der lisch erschiialzot,
wann er im gründe sucht den mut. Philander 1, 437.
ERSCHNAPPEN, ore hianle cajiare, erwischen, eihaschen. in
schnappen, wie in klappen, schlappen u. s. w. fordert die hd.
eigenhril PF für PP, weshalb .wh auch snappen nur im jhis-
tumal K. 504, 92 aufzeigen Idszl und was bei Jon. Rotiie s. 336
snippensnap lautet, MS. 2, lo" snipfensnopf ist, obgleich der
jüngliny bei Halpt 8, 5«8 'i'r snip und snappe' im reim auf
knappe bietet, die form schnappen mag daher schon im 14. 15 //i.
vorgedrungen sein, wie auch F'hisit» und Maai.kr sie aufzeich-
nen, wahrscheinlich begegnet sie bei Keisiirsiierc ebenfalls, da
da« die edelleut horleii, sprachen sie, hui er das ghaiidicl.
■0 wjillen wir nicht für in bitten, man sol nur behend und
flucks mit im davon faren, denn er wolt sich understehn
das dem frommen adel zusieht, wie wollen wir denn etwas
crtcbnappcn? tch. und ern.<4 1555 cap. 418; Icssct man den-
Doch nicht von inen, wartet noch jederinan, ob »ie einmal
mich erschnappen möchten. LkTiiKR 1, 3üh'; du helleHlu mich
schier erichnupl, aber lasz dir sagen. 4,322'; man mag da
tio büp*ch gjlllc erH(liii:i|i|)en, fiermagna jxrunia ex ea re
ERSCHNAPPEN — ERSCHNEIKEN
968
eonfici polest. Frisils 290'. Maaler HC*; erschnappen, in einer
eil bekommen. Frisiüs 719*. Maaler 116';
und was er gleich erschnappen thut. 11. Sachs II. 4, 57';
der bawr den pfalTen stark aiidappct
und meint er bet den dieb erschtiappct. II. 4,06';
gester betten uns schier erschnappet
die reuter und uns gfangen gnomen. III. 1, 261";
aber jetzt denkt jeder, wie er mag
nur gelt erschnappen in sein sack. KiRcuuor wenduntn. 14';
der wolf, was er erschnapt, frissct. 292'; der alle tag zum
wenigsten etwas von den feinden, wo er ircr einen nicht
selbst persönlich mit erschnappet, erobert und davon bracht.
91' ; was sie denn erschnappen gibt inen eine gute wider-
zehrung. «jiY. disc. 121; damit der ganze häufen flugs über-
komme, nacheile und die feind erschnappe. 157; die schilt-
wacht übereilen , darmit durch bedrauwung des lods die
losung erschnappet würde. 187; und sie, gleich als Jonas
vom munde des walllisches, unversehens erschnapt wurden.
jiers. rosenlh. 1,5; Simplicius erschnappet ein gute beut und
wird darauf ein diebischer v\aldbruder. Sim])l. 260; ja wer
ein narr wäre, der wann er etwas erschnappen könle, es
nicht mit trüge oder gehen liicsze ! 347; sobald er etwas er-
schnappt hat, so macht er sich unsichtbar. Weise comöd. pr. lo;
ja hält ich hundert jähr, tind einen solchen rächen
mit hundert zungenspiol, könnt ich die Junglernsachen
aussprechen dennoch nicht, sie laufen so verkappt,
dasz man an solcher tracht das zehnde kaum erschnappt.
jumjfernaiialomic t. 120;
sie werden weggeschickt verstand und witz zu holea,
und ziehn gemeiniglich als stümper wieder fori,
erlangen öfters nichts als uhgelauftie sohlen
und etwan ein mit noih erschnapptes titulwort.
GÜNTHER 576;
hatte auch ein feines vermögen zusammen gebracht, bevorab
da er eine gar reiche hcirath erschnappet, ehe eines mannes
324 ; als er einen guten bissen zu erschnappen in die gasl-
stube gegangen war, Picrot 1,43; wir hätten leicht etliche
kaufarleischiffe erschnappen können. 2,153; wenn man diese
methode umkehrt, so erschnappt der schülcr eine art von
Vernunft. Kant 1, 100;
der kleine vogel schnappt und wird erschnappt. Stolbkrc 5, 92;
ihn dünkt, sie zu erschnappen
seis noth sich zu Verkappen. DI'rger 22";
er war ängstlich auf seiner hui, dasz ich ihm nicht eins
seiner geheiinnisse erschnappe. Rettine br. 2,106; der hund
erschnappt einen bissen, den man ihm zuwirft ; wo hast du
diese neuigkeil erschnappt? s. aufschnappen, einschnappen,
schnappen, überschnappen, umschnappen, zuschnappen.
ERSCIINARGARKEN? das vielleicht noch in einer volksmundart
fortlebende schnargarken mag etwa dem bair. schnarrmaulen,
hungerleiden (Schm. 3, 494) gleichkommen, so dasz erschnargarken
soviel wäre als hunger oder durst büszen : bub, wasser her,
schenk, schenk mein söhn, schenk, das wird mir die leber
erfrischen, gib her, dasz ich mich ergurgele (mir die gurgel
spide, sp. 832 nachzutr.) und erschnargarkc. Garg. 240. Orerlin
1424 hat schnargickel febris catanhalis, offenbar von schnarren,
stridere, rauh reden und schnargarken könnte das nemliche sein,
erschnargarken also die rauhcit der kelde durch räuspern vertreiben.
ERSCHNAÜBEN, ERSCHNALFEN, respirare, verschnaufen.
1) refl. sich erschnauben, erathmen, erholen:
der gehend kompt noch vor eim laurendcn
und mit müh sich erschnauTenden. Fisciurt eh:. 56;
wann sie sich nur ein wenig erschnauft und erholl haben. Garg.
265*; kam ein armer bettler daher gezogen, welcher um sich zu
erschnaufen und erholen ein wenig still stunde. Philandkr
1,344 (346); da sie sich von irer gehabten mühe ein wenig
erschnauhet hellen. Wilzenbünjer 168.
2) intr. als starkes verbum. prael. erschnob, ftart. erschnoben,
erschnaiifen. den athem erholen, inttr.ii>irare ; on uiitcrlasz und
Oll erschnaufen reden. Maalkr 116'.'; wann die pferde aus-
geruht und erschnubcn haben. Sehiz 148;
im fall ich unterzeiten
dis was mich sniisten halt, kan werl'en auf die seilen,
iniil auxzer dieser Stadt auch nur auf einen tag
und ('inen noch dazu mit ruh ersrhiiaufeii mag. OriTZ 1, l'^s.
31 tr. wittern: Alarich alleine hatte elwas von MarboJs liebe
erschnobeii. Lohensteim Arm. 2, S26.
ERSCHNEIDEN, emetere Maaler 116', succidere Stieler 1899;
m:in kann» nicht erschneideii. fnlci repugnal.
ERSCHNEIKEN, was erschnüffcin : und will alle« das er-
scliiieikrn und erfaren, das jederman llnit. Keisbmrf.Ri. hat
im pf. Aa :'. \(ß. beschnciken.
969
ERSCHNELLEN— ERSCHRANZEN
ERSCHNELLEN, percellere, ferire, heschnellen, mhd. ersnellen :
die Togel ime lufie ersnellen. ir. gast S."»! ;
den ich tanzent an ir hant ersnelle. Neidh. 50, 34;
ersnellet ers, ej liomt im niht ze guole. xiii, 7;
unz si der tot ersnellet. Hacpt ", 331 ;
diz lop hat der von Rabensberc ersnellet. 1/S//. 3, 169';
nhd. die äugen mit dem leim bestreicht,
spant sich, «veiin er die schu thut an,
das er nicht körnen mag davon,
wird also vom jejfer erschnclt,
den af sein eigen thorheit feit. Nicrimus affensp. E2».
ir habt ein guten gwin erschneit. Weint, jb. 6, 35.
ERSCHMTZE.N, domare ferro, itie einschneiden : das holz
läszt sich nicht erschnitzen, ist zu hart, viderüeht dein messer.
Stieler 1903.
ERSCHNÖIKEN , vas erschneiken: crschnöiken das da
stübt und flügt. Keisebsb. Mg. 10*.
ERSCHNCFFELN, indagare, odorari, emäselii, aufspüren.
ERSCHNURREN, perfremere, ein wild ungestüm wesen füren.
Ma.\ler 116'.
ERSCHÖPF, n. crealura, gesch&pf: wie der luft die erschöpf
vor ersticken erwert. Paracelsls l, is*.
ERSCHÖPFBAR. quod polest exliaurtri, erschöpßich.
ERSCHÖPFB.ARKEIT, f
ERSCHÖPFE.N, »ras erschepfen. in der später durckgedrungnen
Schreibung, die sich aber bereits bei Frisids und Maaleb findet.
1) zuweilen noch für erschaffen, creare.
2) geicöhnlich haurire, eihaurire: aus dem bninnen zu Brei-
sach erschöpfen. Philand. 1, 76 ;
die nachtigal
forschend (ordert aus, wer gleichen ton und won
nach ihr erschöpfen kan. Wecsherlix 7tiO;
ich singe nicht den kühnen geistern,
die nur Homer und Milton reizt,
weil man den unerschöpften meistern
die lorbeern nur umsonst begeizt. LkssI!«c 1, 57;
und sank ins gras, wo den erschöpften sinn
zuletzt der schlaf beschlicb. Wiela^d;
den Tersland aufklären statt ihn in grübeleien zu erschöpfen.
Käst 3, 246; der gegenständ ist noch lange nicht erschöpft;
unser mund ist schon von klagen zu heisch, unsere äugen
von thränen zu erschöpft, als dasz wir noch klagen und
weinen könnten. Weisze trauersp. 5, 248 ; sein witz ist er-
schöpft; erschöpft von thränen, verzehrt von seufzern; wenn
die ausführung den gedanken erschöpfte, der sehr gut ist,
so wäre nichts zu erinnern. Göthe 17,34; kaum halte sie
das haus und die gcgend erschöpft, als sie sich verpflichtet
fühlte rings in der nachbarschaft besuch abzulegen. 17.220;
dasz es eine widersinnige Zumutung ist, binnen drei stunden
drei auszerordenl liehe menschen zu erschöpfen. Schiller 102';
es stellt sich der erschöpfte hirsch und zeigt
der meute sein geffirchtetes geweih. 523';
nachdem er rechts und links viele lufthiebe gethan und seine
zunge erschöpft hatte. Klixger 10, 40; und als Klotilde fürch-
tend entflohen war, könnt er ihr nur mit erschöpften tönen
nachrufen 'lebe wol, lebe wol!' J. P. Hesp. 4,131; konnte
man solche phantasien zu erschöpfen glauben? Fibeiil; man
erschöpft auch brunnen.
3) refl. er erschöpfte sich dadurch also, dasz er umb all
das seine kam. Lokman fab. 16; die Ursachen haben sich
erschöpft die Wirkung hervorzubringen. Käst 8, 59 ; seine
beredsamkeit scheint sich erschöpft zu haben.
ERSCHÖPFER, m. creator, erschaffer, schOpfer: Apelles saget,
dasz ein engel gottes erschöpfer wer gewesen. Fräs» chron. 347* ;
gott, ei-schöpfer des menschlichen geschlechts. .MEiAscnTH.
bericht vom nachtmal, rerdeutscht. 1560 rorr.
ERSCHÖPFLICH, was erschöpfbar: seine gäbe war uner-
schöpflich.
ERSCHÖPFLNG. f 1) creatio: für des menschen erschöpfung.
Matbes. 7'; die ander vernünftig erschöpfung. Schade sal. 3, 1.
2) erinanitio: erschöpfung der kräfte, des geldes.
ERSCHOTTELN, conculi, s. erschütleln, erschüttern:
Jatin lacht, das er erschottell. Atrir 53*. 54'. 82*. 403*.
ERSCHRAM.MEN, fodimre, lacerare: das bein wurde leicht
erschrammt, die baut erschramnil, tgl. zerschrammen, und
altn. skrima letiter vulnerare.
ERSCHRANZEN, mereri aulieorum morc, verdienen als kof-
scbranxen :
ERSCHRAPFEN— ERSCHRECKEN 970
sonst haben wir manchen bissen erschranzt,
nun aber gott befohlen !
unsere schuhe sind durchgetanzt,
wir laufen auf nackten sorhien. Götbb 12, 230.
ERSCHRAPFEN, corradere: was er hat, erschrapft er von
andern armen tcufeln. ped. sehulfuchs 75.
ERSCHRAPPEN, corradere, erscharren, erkratzen: was man-
cher arme mann erschrapt, mit sauwer arbeit und schweisz
zu wegen bringt. Kirchhof icendunm. 72; gelt erschrappen.
437'. s. erschreppcin.
ERSCH HAUBEN, evolvere, retorquere cwMeam, aufschrauben.
ERSCHRECKE, m. Stupor, coc. 14S2 h2', gebildet wie schrecke
und gleich ilim verderbt in schrecken, erschrecken, wodurch es
sich mit dem inftnitirisclien n. erschrecken mengt: der er-
schrecken ist ein leiblicher zitier. Paracelscs 1, 45*. auszer-
dcm aber kommt auch schreck und erschreck stall schrecke,
erschrecke i'or.
herzlich lacht darob der könig,
gab dem pagen, der den damen
zum erschreck den teufel spielte,
eine band voll maravedis,
auszuwerfen unters volk. Herders Cid 1,16.
ERSCHRECKEN, terreri, praet. erschrack, erschrak, pari, er-
schrocken, eigentlich exsilire, aufspringen, aufschrecken, auffahren,
zusammenfahren, wie auch ahd. irqueman, mhd. erkomen dasselbe
ausdrückt, das einfache schrecken oder schricken ist springen,
ahd. arscrecchan, arscrac, arscrocchan, mhd. erschrecken,
erschrac pl. erschräken, part. erschrocken, da aber der ganze
sg. praes. ind. i bekommt, alid. arscricchu, arscricchis, arscricchit,
mhd. erschricke, erschrickest, erschricket, so fallen diese for-
men mit denen des gleichbedeutigen scJiwachen arscricchan, mhd.
erschricken, praet. arscricto, erschricie zusammen, es kann
wol sein, dasz letzlere älter und orgamsd^eT waren, die teuschende
analogieron prichit prach. giprochan. sprichit, sprah, gisprochan
erst ein scricchit, scrac, scrocchan herbeiführte, wobei anzuschlagen
ist, dasz die bedeutung des aufxpringens in erschricken leben-
diger waltet, in erschrecken durch die abstraclion meist veru-ischt
seheint, erwiesen wird die zweite conjugation (nimu nam ndmun
noman) ahd. durch screchin saliant. Diut. 3, 26 und erschrockenö
vbstupefactae. Diut. 2, 343*. noch sicherer sind die tiüut. belege :
dö diu maget in gie,
von ir schiene erschräken die
luo der tavelrunde sä^en. Er. 1736;
si erschräken die sin pOägen. l\irz. 164, S;
des min fröide erschrocken ist. Walth. 29, 6;
man sach Liupoltes bant da geben, daj si d€s niht erschrac.
84, 13;
von ir schrienne ich erschrac. 95, 5;
vil sere erschrac dö Sigemunt. iNift. 10.32, 4 lloltm. wo
Lacqx. 9<il, 4 schrac;
si erschräken und erkämen. Trist. 82, 26;
Tristan harte sere erschrac. 228, 21 ;
der truhsa;?e erschrac. 230, 12;
erschrocken unde herzelös. 230, 5;
US dem släfe ich ersehrac. Hilbl. 7, 497 ;
€r erschrac des slages harte. Herb. 7521 ;
der rede er also sere erschrac. Uarienleg. 66, S4;
erschräken alle geliche. Silv. 990.
if«r selten den gegenständ des erschreckens im gen. oder auch
mit der praep. ab. von ausgedrückt.
nhd. nit erschrick des diensts! Keisersb. irr. seh. 16;
Fürwittig erschrack des gar hart. Tcuerdanli 15, 81 ;
erchomner und erschrockner. gesta Rom. K. 156; da entfiel
inen ir herz und erschrocken unternander. l Mos. 42,28;
und seine brOder kundlen im nicht antworten, so erschracken
sie für seinem angcsicht. 45,3; fürchte dich nicht und er-
schrick nicht. 5 Mos. 31, 8 ; da es nun roitternacht ward, er-
schrack der mann und crschutterL Ruth 3,8; da fiel Saul
zu erden so lang er war und erschrack seer für den worten
Samuel (ein fallender stellt freilich dem aufspringenden ent-
gegen, doch erwäge man den doppelsinn von rtsen fallen und
sich erheben). 1 Sam. 28, 20 ; ganz Israel erschrack. 2 Sam.
4,1; nu CS aber an dich koinpt, wirstu weich, und nu es
dich triff, erschrickstu. Hiob 4,5; da kam mich furcht und
zittern an und alle meine gebein erschracken. 4,14; meine
gebeine sind erschrocken, ps. 6,3; ober da du dein andlilz
verbärgest, erschrack ich. 30, 8 ; wenn du das urteil lessest
hören vom himel, so erschrickt das erdreich und wird still.
76, 9 ; seine blitze leuchten auf dem erdboden, das erdreich
sihet und erschrickt. 97, 4 ; erschrecket Ir stolzen frawen,
zitiert ir sichere, es ist für banden ausziehen, blOszen and
971
ERSCHRECKEN
ERSCHRECKEN — ERSCHRECKENLICH 972
gürten umb dielenden. £s. 32, Jl; im andern jar halte Ncbu-
cadnczar einen träum, davon er crschrack, das er aufwacht
{vulij. conlcrritus est spiritus ejus et somnium ejus fugit
ab co). Dati. 2, 1 ; da das der könig Herodes hürete, cr-
schrack er und mit im das ganze Jerusalem. Mallli. 2,3; er
sähe aber einen starken wind, da erschrack er und hub an
zu sinken (ahd. forhta imo). 14,30; da das die jünger höre-
tcn, fielen sie auf ir angesicht und erschracken sehr (also
nieder kein aufffiringen, ahd. forahtun dräto). 1", C ; da sie
sahen das erdbeben und was da geschach, erschracken sie
seer (ahd. forhtun im, Qoih. öhledun abraba). 27, 54; die huler
aber erschracken für furcht {aiui. erbruogilfi wärun). 2S, 4 ;
und als Zacharias in sähe, erschrack er und es kam in eine
furcht an [golh. gadröbnöda gasaihvands jah agis disdraus
ina). Luc. 1, 12 ; da sie aber in sähe, erschrack sie über
Seiner rede (golh. gasaihvandei gapiabsnöda). 1,29; für inen
selbs erschrecken. Luther 3,4'; das rewig und erschrocken
gewissen. 7, 4' ; denn dieselben sind solcher new cn zeitung
liart erschrocken, br. 5,107; er erschrack sein fast. Aimon
C l' ; der swacheit des herrn Poiiandri bin ich sehr erschrocken.
Melanchthon an AlbrccIU ep.h;
der Jüngling erschrack dieser wort. H. Sachs II. 3, 1S9';
zuband Jupiter iiiii von Tcrn
herab warf von dem liimel lioch
in den weier ein iiltes plocli,
das tet ein uberlnuien l'al,
des crsclirackcu die IVosch zumal. II. 4,53';
o weh, dessen erschreck ich sclir.
ist er nicht der hcrzliebstc mehr? Gilhusu:s 66;
erschracken, sich ab eim ding entsetzen. Maaler lio'; ab
grausamen schreiben erschracken, das eim ein stich ins herz
gat, lileris alrocissiniis jicrculi. dasclbsl; ab diser tyrannei sind
seine w idersecher erschrocken. Reiszner Jcr. 2, 66' ;
erschrickt nicht die Vernunft? ja, denn sie soll erschrecken.
Gellert 2, 23;
vor einem rauschenden blatt erschrecken ; ich habe dir was
ru sagen, worüber du erschrecken wirst;
das arme kind erschrack wol recht darüber? Lessisg 2, 327;
an ihrem vater erschrickt meine tochtcr? Schiller 150'; aber
ich erschrecke an meinem neglige. lOC';
und CS erschrickt vor seiner eignen macht. . . .;
und doch erschreck ich vor der eignen pracht. GöTas4, 195;
mit der hastigkeit eines erschrockenen. 25,359;
graf Richard von der Normandic
erschrack in seinem leben nie. Uhland ged. 471 ;
ir hern, erschreckt nil ab den gestcn! fasln. 790,1;
erschrick nur nicht ! erschrecke sie nur nicht ! .
Eine einzige ältere slclle hüll den änn des springens fest:
sonsten so wird durch gehen, laufen der ofen bewegt, davon
in groszer bitz zum oflernmal die gliiser als kolben, heim
und krüge erschracken {dis.'iiliunl) und gespalten werden.
Thcrneisser von trassem s. 100. auch da wo es heiszl 'vor
freuden erschrecken' darf man 7wch ein aufsiirinyen annehmen:
wenn ich meinen geliebten vor freuden über mein glück er-
schrecken sehe. Gellert.
EKSCHRECKE.N, lerrere, cxcidere, aufspringen, zillern machen,
aufjagen, das aus erschrl'cken geleilele transitivum, alui. arscrcc-
fiian, arscralita, arscrccchit, mltd. erschrecken, erscbrahtc,
erschrecket (erschrahlj:
nie? si wecken,
ungüetlicb är erschrecken. Flure 6408;
komen ist der winter kalt,
der vi! manic Iktzo hat erschrecket. ilSU. 1, 152';
Air Zorn (cic im h.-iric unlicn,
(lo er«cracie er die (>; sähen. Urinh. 1746;
sine mÄirc wären erschrabt. Sci-v. 2'>56;
«wA i!' ( lirorkpl wnrt,
dai u ••le Tiirt. Er. 205."»;
mich I . : : und euch der hir{
erscbrcckui dicker dcnnc dOr man. Pnrt. 457, 27;
6g ira« sörc crscbruht. Gudr. 59, t.
»hd. in den treiMhiimern oß die furmel: der geriihl^heiT soll
ttchwert und Kpuren vor der Ibiire abibiin, daxz er die fraw
iiil er«chrecke. 2, 132; wannehc der sciiullesz die zins ufheiil,
itoil er gnediglirh komen, dasz er das kind in der wigr-n
nil weck und den hauen uf der liart nil erschreck. 2, .V»l ;
den han nf dem rirk iiit ersrlireck. 2, 530. hie er.<trhrackleu
du« folk. KnxKRHiiF.iic aung. der Juden. J3; aber di-r hcrr
rrorbrerkel den SJoicra Rumpt allen Keinen wagen und gan-
ivin beer (pericrruil duininu* Sysaram cl «mncs curruii ejuv).
rieht. 4, 15 ; aber die meuner von Israel wandten sich umb
und erschreckten die nienner Benjamin. 20,41; wenn ich in
denn erschrecke, dasz alles volk fleucht. 2Sam. 17,2; wenn
ich mit mir selbs rede, so erschreckest du mich mit trewinen
und machst mir grauen. Ihob 7,14; lasz deine band ferne
von mir sein und dein schrecken erschrecke mich nicht.
13,21; darumb bistu mit stricken umbgeben, furcht hat dich
plötzlich erschreckt. 22,10; also verfolge sie mit deinem
«etler und erschrecke sie mit deinem ungewitter. p.'!. S3, 16;
mein herz zittert, grawcn bat mich erschreckt. Es. 21,4;
ich erschreckt die beiden, da sie in büreten fallen. Ez. 31, 16 ;
auch liaben uns erschreckt etliche weiber ivulg. terruerunt
nos). Luc. 24,22; erschrecket und rürel in das gewissen.
M.\TnEsius 1562,303'; so du dich lassest erschrecken (lerrere)
das, das ab dir erschrecken (Icrreri) sol. Paracelsds 1,720*;
sie sind in ihrer furcht noch weibischer als weiber,
der mund ist blasz wie blei, wie aspen ihre leiber,
di« ein« linde lult durchaus erschrecken kan. Fleming 61;
die Talwen hlätter,
die, wann der winter kommt,
das ungeschlachte weiter
■ erschröckt und fällig macht. Rompler IIS;
dasz seine gcfehrlen zu zittern und zu beben anfiengen,
gleich denen, die mit todcsgefahr erschrecket werden, pers.
rosenth. 3, 27;
und dich erschreckt der blosze name held. Gillert 1,128;
warum erschreckest du mich denn? Lessing 2, 192;
ein Wellenschlag erschreckt ihr unglOckahnend ohr.
WiELAMD 33, 25 ;
er pochte nochmals und zum drittenmal etv\as stärker, so
dasz Charlotte durch die nachtslille es ganz deutlich ver-
nahm und erschreckt auffuhr. Güthe 17, 129 ; erschreckt fuhr
die gesellschaft auseinander. 17,206;
erschreckt von diesem seltsamen gesiebte
befragt der vater einen steruekundigen. Schiller 500\
viele dieser mlid. und nhd. stellen lassen die sinnliche bedeulung
des auf Jagens und aufsprengens deutlicher erkennen, als es vorher
beim intr. erschrocken der fall war, dürfen also auch für dieses
zurückbeweisen. Göthe, mit vollem spracligefühl, fügt zu er-
schreckt ein auffuhr und auseinander fuhr, erschrecken galt
zumal vom aufregen der Ihierc, die oß erschreckt oder er-
schrocken heiszen, aber auch wie abschrecken (1, 109) rom
siedenden fleisch oder fisch: auch wenn man ein henn gern
bald gesotten hett, das si mürb werd und man si nil ge-
sieden kan, so erschreckt man si. wie erschreckt man si?
also erschreckt man si. wenn si in dem sieden ist, so
zeucht man si aus dem hafen und sloszt si in ein kalt wasser
und darnach widerumb in den hafen, denn so seudt si bald.
Kkisersberg has im pf. Üd6*.
2) refl. sich erschrecken: ich erschreck mich sein den-
nocht nil. Keiskrsherg; Hagedorn 2,91 das inlransitivc und
transiUvc wort nebeneinander stellend:
sie hört ihn kommen, sie erschrickt
und hatte recht sich zu erschrecken.
3) die intransiliren und transitiven formen bilden gute gegen-
Sätze: du erschreckst und crsciirickst, tcrres Icn-erisque, du
erschrackst und erschrecktest, es lerrilus et lemtisti. beide ver-
irren sich aber schon frülie:
de crschraliten dirro m.xre die nöthaften man. iS'ib 2113, 1
für erschrAken oder crschriclon; desgleichen:
sd liMe cnvcinle Dietrich,
daj Elzcl der künec rieh
dft von vil särc erschrahte,
als £r von schulden mahle, kl. 1021. //olsm. 21*5.
oder nhd. so erschrickt man keinen Africaner. Kli.ncers Ih.
4,267 stall erschreckt, man hört zuucilen: du hast mich er-
schrocken für erschreckt, ich hübe mich crüchrockcn für ich
bin erschrocken.
ERSCHHECKEN, n. lerror: inwendig unrugc und erschrecken
des gewissens und aller krefle der seelen. LutuerS, 8'; .«iie
aber voller erschrecken, würe zur küchc ausgelaufen. Errjttii
hebamme 22S. wieu<d da* (jesrhlechl unsicher bleibt und er-
schrecken auch m. für erschrecke sein könnte.
KHSCIUIECKENLK'M. terribitis: ersciueckeulirher odergrau-
saiulicher. roc. 14s2 h2*; sein äugen greulich, sein angesnbt
erschreckenlich. Hltte.n 5, 241 ; ein gewalligen und erscbrrcken-
lichin krieg. ylmod«412; der crschrecicnlichcn doiincr hol
ber. 17s.
ER.SCHRECKENLICH, terribiliUr:
und schrei so gar erscbröckcnlich. II. SaOU I, 103'.
973
ERSCHRECKER — ERSCHREIEN
ERSCHREITEN — ERSCHULTERN
974
ERSCHRECKER, m. pers. baumg. 2, 15.
ERSCHRECKLICH, pavore perculsus, erschrocken, der leiclU
erschrickt; erschrecklicher, plangMis, hantslachlicher vor laide
oder claglicher. roc. 14S2 h2'.
ERSCHRECKLICH, horrililis, furchtbar, der erschreckt: es
kam ein mann gottes zu mir und seine gestalt war anzu-
sehen wie ein engel gottes, fast erschrecklich, rieht. 13,6;
denn der herr der allerhöhest ist erschrecklich, ps. 47,3;
da bist erschrecklich, wer kan für dir stehen, wenn du zür-
nest? '6,8; denn der tag des herrn ist grosz und sehr er-
schrecklich. Joel 2,11; imd also erschrecklich war das ge-
sichte, das Moses sprach, ich bin erschrocken und zitiere.
Hebr. 12,21;
da was es das erscbröcklich bild,
der tod grewlich, forchtsam und wild. H. Sachs I, 103';
hoch auf den wolkea gleich und erschröcklicben bergen.
Weckherlis 225;
ein erschrecklicher bösewicht; das ist erschrecklich wegen
eines trunkes zwei leute unglücklich zu machen. Leisewitz
poel. gespr. s. 3 ; sie machen erschrecklichen wind, scheinen
aber doch viel geld einzunehmen. Schiller an Goihe 463.
ERSCHRECKLICH, horribiliter, dient wie schrecklich, abscheu-
lich, schändlich, entsetzlich, ungeheuer, grausam u. o. m. zur
erhöhung der adjectire:
Vlasca ist erschrecklich klug, TIasca ist so grausam schön,
wer sie siebt der hat ein herz, wer sich förebt musz zeitlich
gehn. LoGAU 3, iüi», 35 ;
erschrecklich schöne leoparden. Brocees 6, 247 ;
erschrecklich weit. Rabeneb 2, 12S; das ist erschrecklich lang.
ERSCHRECKMS, f. n. Stupor, terror: erschrccknus oder
verwundrung. voc. 14S2 h 2' ; es erschein inen aber wol ein
selbbrennend fewr voller erschrecknis. ueish. Siil. 17, 6 ; vorhin
hab ich deiner erschrecknus halber mich besorget. Kirchhof
vendunm. 113'; waren lustig und guter dinge nach dem er-
schrecknis. ScHWEiMCHE.x 1,1S1; lauft also der junge in dem
erschrecknis ohne hut und manlel. 2, 17 ; w egen des er-
schrecknisses nicht wol auf. 2.124; habe ich wegen meines
lieben weibes krankheit aus dem erschrecknis und sonnten
groszen kummers halber, so sich zusammen gefunden, die
gicht bekommen. 3, 247 ; dasz derselbe mensch etwas zu viel
getrunken und etwas erschröcknus gehabt. Schlampampe krankh.
47; dasz ich aus dem schlafe klafternhoch vor erschröcknis
in die höhe fuhr. Schclmufsl:y s. 24;
die arme tnutler doch wird so mit angst umbgcben
als diese zeitung kompt, dasz sie in ohumacht lälll,
und das erschrecknis ihr den gebt zurückehält. Opitz 1,211 ;
ach solte morgen doch das eis
die traurende gestalt dir noch im spiegel zeitren,
du würdest vor erschrecknis schweigen. Gümther 297;
ich wachte voll verdrusz, und bob den müden leib,
der das erschrecknis noch in mark und ädern lühlte,
zusammt den äugen auf. 10tj7 ;
es schüttle dich hypochonder mit allen erschrecknissen I
Nicolais leben von Göckings 156. vgl. Schrecknis.
ERSCHRECKLNG. f. dasselbe, roc. 14S2 h2'; denn hierinne
ligt das sacrament der biisze, alle freude und Seligkeit des
herzen wider alle sünde, wider alle erscbreckung des ge-
wissens. Luther 1.63*;
dann sie in erschreckung kommen
und bestürzt die tlucht genommen. Opitz ps. s. 03.
ERSCHREIBEN, 1) perscribere, vollschreiben, fertig, zu ende
schreiben :
mild, nicman moht 5; erschriben. Albr. Tit. .1162.
wer mag es alls (alles) erschreiben? seh. und ernst cap. 410 ;
mit vil beschwerlicher erzelung, die ich jelzmals nit erschrei-
ben mögen. Schertlins br. 64; er kann alles erschreiben,
man rede so geschwind man wolle. Stieler 1926.
2) scribendo acquirere: der ungenannte wollte sich keinen
namen erschreiben. Lessisg lo, 1S3; sich rühm und Unsterb-
lichkeit erschreiben. Gökingk 1,212; und im schreiben sich
erst erschrieb, was er schrieb. Ficute an/trortw Are//«en 54 ; ich
schmachte nach dem augcnblicke, wo ich anfangen kann
schulden zu bezahlen , und dieses will crsrhrieben sein.
Schiller an Ki'trner 1,309; desto mehr ehre erschreibl sich
ein aulor. J. P. teufelsp. 2, 110.
ERSCHREIEN, 1) exclamare, aufschreien, lata schreien:
nhd. also da; Esäu gehörte,
dd erscrei er vil lüte. fundgr. 2, 59, 36;
C{ begunde iilie erschrien. Cudr. 59, 1;
er zogte in ungefuoge, daj er vil lüte erscbrö. Nib. 466,3;
er dnibtes an da; bette, da; si es vil lüte erscbre. 624, 3,
tro jedodi A liest:
daj ii vil lüte erschr£,
vie sonst das sehwert sini]t und in folgender steile die pfanne schreit :
ein Trühendingnpr phanne
mit kraplien si-lten da erschrei. Par:. IW, 20;
der ungehiure rise erschrei. Trist. 402, 34.
nhd. erschreien, perclamare bewährt Frisiüs 973*. Maaler 116*.
von groszem ängstlichem leiden rast erscbrie, das ich mich
kaum geregen mocht. Keisersb. prcd. 17*.
2i tr. errufen, roce assequi : er war schon so fern, dasz man ihn
nicht erschreien konnte, auch extorquere planclibus. Stieler 1934.
ERSCHREITEN, passu conlingere, mü schritten einholen, er-
reichen: einer erschreitet den andern; ehre erschreiten.
Stieler 1931 ;
die zeichen und heuser si verwalten
nachdem si drin band iren stand,
oder si gselschaft bei in band
oder das sie an werden blickt
BUS andren heusern, wie sich schickt,
von denen, die darin zun Zeiten
ir Wohnung band und es ersebreiteo.
Thlr;«eisser archid. 87;
von der zeit an, dasz die sonn den schützen erreicht, bis
sie das ende der fischen erschreitet, prob, der harnen 44 ; die
höchste stufe des glucks erschreiten ;
stiegen sie ab vom wagen zur allernäbrendea erde
und erscbriiten die mitte der Troer und der Achaier.
BÜRGER 209'.
ERSCHREPFEN, ERSCHRÖPFEN, scarißcare: die mich an
meinem leibe so erschrepften und zumarlerten. Luther JiVc/ir.
224".
ERSCHREPPELN, fretpientativ von erschrappen: so kanslu
mit frölichem gewissen hundertmal mehr genieszen, denn du
mit untrew und unrecht erschreppelst. Luther 4. 403*.
ERSCHRICKEN, exsilire, aufspringen, meistens ohne die in
erschrecken vorwaltende abstradion von terreri, nhd. arscricchan,
pract. arscricta, mhd. erschricken, praet. erschricte, erschrihte:
der künec üf erschrihte. lleinh. 1308;
der base üf erschrihte. 14!)3;
ich erscbriht von släfe. Greg. 3533;
si möbten wol erschricken
von ir twerhen blicken. Iw. 60!' I;
do erschricte er dirre mcere. A'ift. 2255, 4.
neben der Variante erschracte und ersehnte, nhd. hält Sebastian
Helder 9 noch erschricken getrennt von erschrecken, ander-
wärts wo die dritte person sg. praes. erscheint, Idsst sie sich auf er-
schrecken und erschricken zuräckleiten : so ein pferd erschrickt
ob allen vieren. Seiter 133, iro die sinnliche bedeulung mehr
für erschricken zeugt, später ist erschricken ganz erlofchea.
ERSCHRINDEN, hiscere, aufspringen, von bänden, lipjien :
erschrundene lefzen, hifnde. Wirsung ui;n. buch 67. 123. 5t;2.
ERSCHROCKEN, jjaridiw; ein forchtsams, erschrocken tier.
Keisersb. has im pf. Aa2*.
ERSCHROCKENHEIT, f. perterrUio.
ERSCHROCKENLICH, 1) terrilus, patidus:
mli'i. bleich und erscbrockenlich gestalt. tr. kr. 5163;
erschrockenlich diu liebe sprach, minnenlchre 2314;
erschrockenliche bin und her. alld. w. 2, 144;
nhd. da; lamp sprach erscbrockenlich. Kellers erz. 495,13;
der fuchs tet ej vil erschrockenlich. 514, 23.
2) lerrißcus, terribilis: erschrockenlicher botl, der cim ein
forcht angewünnt, nuncius lumultuosus ; erschrockenliche und
grausame stimmen, voces horriferae. Maaler 117".
ERSCHROTEN, sccare, findere, pract. erschriet,
mhd. darabe was irscröten
ein mantil wol mit sinnen. Athis D, 140;
der galm sich sd witen erschriet, pass. H. 267, 55,
dehnte sich aus, risz sich auf, erstreckte sich. nhd. nur berg-
männisch so viel als erschürfen, eine grübe erschroteii. Hertwig
US ; wenn ürter mit groszer inühc in wetlernöthigen strecken
getrieben werden und man plötzlich wasser erschrolet (im
schürfen auf wasser kommt), so nimmt gewöhnlich die luft-
rcinheit zu. Hvhboidt unterird. gasarten s. \(a ; wir sind schon
16 lachter nieder und haben nunmehr den gips erschroten.
GöTHE an Knebel 48.
ERSCHULDE.N, promrreri, verschulden:
wir danken euch von herzen sehr,
erscbuldens auch gern allezeit. Dedeeixd popisfa 4, 6.
ERSCHLLTERN, humeros efferre, txtenderc, die schullern aus-
strecken: ennundcrte, erschultcrte, erschüttelte und wägete.
Garg. 112*. vefl. schultern.
975
ERSCHüPFEN — ERSCHÜTTEN
ERSCnCTTERER — ERSCHÜTTERN 976
ERSCHLPFEN, protnidere:
mhd. Etzel, der künec rieh
den süfl mit lüte erschufte, kl. '86,
sties2 den seußcr laut hervor; nhd. dasz er den köpf mubwaiT,
wie ein tauhcr vor dem schlag und vor freudcn gleich er-
hupfte, crlupfle, erschupfle. Garg. 112"; also sagt man zu
denen, so in sinnen zerrüttet und erschupft seind, er gelit
in sinnen umb, wie ein hund in flöhen. Fkank sjtriciiu.'. 2, 5S'.
ryl. das folgende und das einfaclu ivorl, aber auch cntscliupfen,
verschupfen, erklupfen.
ERSCHtPPE.N, o/fendcre, laedere? denn da diese hitzige
leber (AUurander der gr.) dem zorn und saufen nachlienget,
erschüppet und entzündet sie sich und wird endlich eine
gefehrliche Wassersucht drausz. Mathesius 85' = 1562, l2o'.
ist es dem rorattsgehenden erschüpfen gleich und die bedeulung
ansloszen? rgl. anschoppen, anfüllen.
ERSCHÜHFEN, effudere, ergraben, ein bergmännisches wuri,
dann übcrhauji ermillcln, herausfinden:
und es wird sich leicht erschürfen,
ob wir beide gleiches meinen.
fraeen wir was wir bedürfen,
und wir werden uns vereinen. Göthe 47, 64.
ERSCHUSZ, ni. commodum, nutz, vorlheil, von erschicszen
gedeihen, %rie ergtisz ton ergioszen: uns das alles zu ungutem
erschusz. Paracelscs 1, 72"'. beschusz bei Staliier 2, 317.
ERSCHCTTELN, ahd. arscutilön, 1) itUr. conculi, quassari:
slund er und lachet, dasz er erschüttelt {dasz iltm der bauch
schütlerle). Wickbam ro//tr. 44'; erschüttelte und wägete. Garg.
112*. r^. erschotteln.
2) tr. concutere, quassare: ein blosz schwert erschütllen
oder erschwingen, cortwcare ni«cronem. Maaleu 117'; fieng
er (rier lötre) an zu brüllen und sein haar zu crschütteln.
Amadis 15; nam mich der alte beim arm und crschüttelle ziin-
licher maszen. Phila.>"Der 1, 94; weil ich aber gleichwol auch
gern bei Zeiten in der stub gewesen wäre, so kriegte ich
eine von den hünern, die eben bei mir vorüber spazierten
schlafen zu gehen und erschültelt die dermaszcn, dasz sie
ein geschrci anlieng als wenn der marder hinter ihr gewesen
wäre. Simpl. vogelnesl 1, 7 ;
die sanl^e wind in lüften
auch ihre (lügel schwach
an bänden, füsz und hürien
crschültlen mit gemach. Spee Iruizn. 2.
3) reflexiv:
das sich erscbüttelt das ganz haus. H. Sachs II. 4, 6;
wenn uns der himmlische seelenarzt ein purgiertränklein
ordnet, da erschüttelt sich die naiur. Otiio 973.
ERSCHtTTEN, dasselbe, ahd. arscultan, vihd. crschüllen,
fraet. erschutte.
1) tr. concutere, agitare:
mhd. der ritte bald üf sinen gwln
zogte zuo dem klAsler hin,
und erschut der eptischin ir glidcr. Bon. 48,83;
so laufen kalte schauder durch den patienicn, die doch nicht
so heftig seind, dasz sie ihn erschütten wie die andern gat-
tungrn der wundsucht. WCrtz 378;
die erd mit starken sturmenwinden
(U erschütten vorren und binden. II. Sachs I, 256';
von diser red sein hauht erschüt,
und sprach, ich förcht dein Wörter nit. Muknebs Virgil 176'
(ille Caput quassans. Aen. 12, 8<J4);
erschülten, als einen spiesz, vibrare. Maaler 117'; das haupt
erschütten, agitare caput; erschülten wie ein rock, eventilare,
aiu$ehfUldn; erschülten «'ins erschütlens {auf (Hnen zug, auf
emmal) (ptassare. daselbst; ein erdbidem hat ganz Italien er-
schüttet. REisz!<eR Jer. 2, 14* ; ein erdbidem hat die erd cr-
schüttet. 2,170*; ihn an ein seil bunden und in brunnen
hinab lieszen und wenn er gewaschen wäre, da» seil er-
schülten soll, so wollen sie in wider herauf ziehen, weg-
kür ler 97*.
2( tr. congerere, aufffhfäien, zusammenschütten: desgleichen
auch, so man wall und schütten machen wolt, ob man auch
der erden darzu gnugsamlichcn bekomen oder nicht möge,
solchen haw zu erschülten und aufführen. pRonsp. 2,23*;
habe ich nur noch zehn lausend thaler erschöllet. cdieaiT;
körn, gelrcide erscbUllcn, aufschütten.
3) refl. sich erscbütlcn, conculi: das erdrich erschüt sich.
KltitMB. tch. der pen. '9 ; das all crealuren sich erschülten. 85;
4an0m «nekolMt aieli 41« «rd. Nusneu Virgil 174';
so das leicht elcmenl der wind in seinen (des erdreichs) bauch
kompt, so erschüt es sich mit eim erdbidem. Frank spr.
1,120'; jetzt gilt es ttber nur saufen, das sich die natur er-
schültel, die äugen überlaufen, der athem geligt. lasier cap. 2 \
dergestalt dasz der mage die zu sich genommene speisen
also bald durch die strasze, da sie herkommen seind, aus-
wirft und hiemit den verwundicn in grosze gcfahr setzet,
dieweil hiedurch die wunde sich nicht allein erschüttet und
die heilunge abstoszet. Würtz 75 ; das sich der bruch nit
erscbüttc oder bewege. 236; zu band erscbült sich der gaul,
schwitzt und erzeigt sich ganz wol. Seuter 131; darumb so
erschütt er sich gleich einem erdbidem, das erschütten ist
der paroxYsinus. Paracelsus 1,545' und sonst sehr oß;
zum IrcITen kommen sie mit einer solchen macht,
dasz sich die erd crschütt, der himmul drüber kracht.
Werpkrs Ar. 2!t, 42.
4) ladelhaß für entschütlen, frei machen: uns dadurch der
Verantwortung zu erschülten. Leibmtz 2, 127, nie <iuch erle-
digen in entledigen schwankt.
heule ist erschülten itberhau]4 auszer brauch urui in der be-
deutung von cxruUrc, concutere durch erschüttern vertreten.
ERSCHI TTEllER, m. concussor, vgl. erderschüllerer.
ERSCIlüTTERLICH, concussus: sein glaube war leicht er-
schütterlich.
ERSCHÜTTERN, concutere.
1) inlr. da es nu mitlernacht ward, erschrack der mann
und erschüttert {vulg. e.xpavit homo et conturbatus est) und
.sihc ein weib lag zu seinen füszen. Ruth 3,8; wie der erd-
boden von dem schrecklichen getümmel erzitiert und er-
schüttert. KincnnoF «1(7. disc. 163; es krachte dasz die erde er-
schüllerle; vom rasseln der wagen erschüllerl das ganze haus;
dafür die haut erschüttert mir. froschm. 114';
dis seufzen kennest du. mein mattes herze zittert,
die erste kraft ist bin. der ganze leib erschüttert.
Flemimc 19;
wer weisz, wer vor dem andern musz erschüttern.
WiEDESAN ^f6r. 38;
dem die glleder zittern
und von tod erschittern. IIanmann zur pocterei 149;
dieses gespräch wurde des königes söhn hinlerbracbt, der
auf anhörung desselben dermaszcn erschütterte, dasz ihm
die thronen das angesicht herunter liefen, pers. baumg. 4,6;
sie erschütterte und entfärbte sich. Opitz Arg. 1,726;
körper, welche leicht erschüttern und sich drehn.
liROCKKS 3, 113;
die sichlbarwerdung des herabfalirenden engeis wirkte wie
blitz, und wer auf diese wirkling jemals acht gegeben hat.
wird wissen, dasz in dem erschütternden äuge der nemlicbo
eindruck zurückbleibt, welchen ein starrer blick auf gefrornen
Schnee im sonnenglanze zu verursachen pllegt. Lessing 10, 80 ;
ach, meine ganze natur erschüttert. Wieland 16,270;
kommt Widerhall aus felscn hinderdrein,
erschüttert das wild so grosz wie klein. Tiiot 2, 303.
läszl man erschüttert ron Widerhall abhängen, so ttird die be-
deulung transiliv.
2) tr. ifcslungswerke) im grund erschüttert. KiRcnnor mtl.
disc. 170; durch und durch erschüttern. Stieler 1767;
wird in der band des hcrrn ihn die gcfahr erschüttern?
Gellert 2, 26;
da seinen ganzen bauch eih plumper spasz erschüttert.
J. A. ScuLECEi. fabeln 20>;
ein anblick, der auch ein Steinbild . . . mit leben erschüttert
halle. Wieland 16,319;
es dunkelt sich, ein kaltes grausen
erscliiittort uns mit schiiellor macht.
ich hör ein ängstlich hohles sausen,
der donner brüllt, der ^<lurm erwacht. Drolungir 11;
ruhe, sMsze ruhe schwebe
friedlich über dieser grufl!
niemand spotte dieser «sehe,
diu ich jetzt mit thrnnen wasche,
und kein fluch erschultre diese lufl! Rürger 15';
da crschütterin grauen das herz ihm. II. 3,31;
umsonst hab ich so viel gesprochen, die luft hab ich er-
schüttert, weiter nichts gewonnen. GüriiE 8, 265; ich kulzelte
ihre leber, erschütlerle ihre nieren. Klincers th. 4,204: ein
erschütterndes, alle zu Ihtänen bewegendes ercignis; die er-
srhüllerndc nutur mit ihrer ewigen majesläl. J. P. Hesp. 1, 103;
das von lauten hofnungen erschüllcrle herz. 1,137;
der iraum war so wild, der tranm war so schaurig,
■0 lief erschütternd, unendlich traurig. l.ffkV neuere geil. 172.
3) refl. sie erschütterten sich von dem kalten wasser.
Wittenb. 191; die »cUafe crachüttcru sich vor dem wolfc.
977 ERSCHÜTTERUNG— ERSCHWEBEN
Lohesstein ilrm. 2, 197; einer so groszen macht, für welcher
sich alles zwischen der Elbe und dem Rhein nunmehr er-
schütterte. 2, 378 ;
Bysanz erschüttert sich und kriegt ein tödlich grauen.
GCHTBER Ö72;
die erde erschütterte sich ; seine treue liesz sich durch nichts
erschüttern.
ERSCHÜTTERUNG, f. concussio, eomnwlio: erschütterung der
luft, erde, des Staates, des leibes, bauches, der brüst, der seele ;
in dieser
entsetzlichen erächüttning sie verlassen. Schiller 264" ;
desto fester sei, bei der allgemeinen ersehüttrung,
Dorothea, der bund ! Göthe 40, 337.
ERSCHCTTLER, m. concussor. Maaler 117'.
ERSCHW.\CHE.\, deMitari, inftrmari:
sonst bleibstu wol ein nasser knab,
und wirst ander der bürd- erschwachen.
Ml-r!«kh ichelmenz. 44';
auch ich gar erschwachet wäre,
lag an starkem lieber krank,
ichs dem Daphnis olTenbare,
der mir mischet einen trank. Spke trutzn. 282;
der gegenständ, der itzt Dianen an sich zieht,
macht, wie Galen bemerkt, nebst wallung im geblüt,
die äugen übergehn und die Vernunft erschwachen.
WiELAMDS Endymion 530;
leute, welche durch ihre sitzende lebensart in Städten so
bald weichlich werden und ersehwachen. Sroi berc 6, 237.
ERSCHWÄCHEN, inßrmare, schwächen: macht rückenweh,
eikält und erschwecht den magen. Paracelsls 1, GS9 ; die
vor müsziggehen erfaulef, die arbeit geflohen wie das fewer,
die den wollüsten zu tisch und bett nachgehangen und also
ihre giieder erschwachet haben. PflaASOER 2, 465.
ERSCHWÄREN, s. erschweren.
ERSCHWÄRMEN, grassando äbi parare: er hat einen un-
gesunden leib erschwärmet. Stieler 1951. in anderm sinn,
errore fanatico exoplare, assequi: das unendliche durch die Ver-
nunft denken oder durch die phantasie erschwärmen. Klixger
12, 258 ; seitdem erschwärmen so viele unter uns etwas, das
keinen namen hat. Tieck ges. noi\ 7, 28.
ERSCHWARZE.N, nigrescere, erdunkeln:
mhd. und da^ sin bein
erswarzet was von einem irit. Lichtehstki:^ 528,26;
erswarzet und ervalwet
was im ein teil sin röter munt. Gerhart 3720;
diu hüt was im überal
erswarzet gar und worden sal. Bari. 163, 24.
lihd. das traid erschwarzt, fault und wechst aus.
H. Sachs I, 375' ;
mich bunden, das ich bin erschwarzt. II. 2, 30*;
das im erschwarzen seine bend. III. 1, 211';
von den worten ward Reinhart hart erzürnet und im er-
schwarzet sein angesicht. j4imonA4'; von der reden erschwar-
zet Reinharts angesicht ganz und gar und aus zorn sprach
er. E2'; das der menschen hcnd entzündt bald wie ein kol
erschwarzten. Frank chron. 1S2' und ößer; das er möchte er-
schwarzen und onmächtig werden, lästere. 3; das ros strecket
die zung weit heraus, welche gar erschwarzet. Zeche>dorfer
1.46; wie die knecht des wegs von der sonnen erschwarzet
waren. Tacius bei Fronsp. 3,231"; und werden beide, sonne
und mond, ganz erschwarzen, pers. rosenih. 5,19; seine zim-
mer. säl und gemacher hatte er inwendig vom rauch ganz
erschwarzen lassen. &mpl. K. 27; ich schwur, dasz der him-
mel hätte erschwarzen mögen. 561; man gehe nur in der
diirfer eins, wo solche bursch beim halben oder ganzen
rausch beisammen sein, so wird man öffentlich solche sachen
seilen und hören , dasz der liimmel darüber erschwarzen
iiMchte. Vogelnest 2,11; da wird dann eine so greuliche ab-
(,'ijtterei getrieben mit denen sogenannten heiligen, dasz der
bimmei darüber erschwarzen möchte, rockenplul. 6, 90.
ERSCHW.\RZE.N, nigrare, schudrzen: sich den Qnger mit
dinle erschwarzen; erschwärzte wasche, schwarze.
ERSCHWATZEN, ERSCHWÄTZEN, verbis evincere, erzälden.
Stieler 1959 : und wer kan all ihr müh, so sie mit der kin-
derzucht haben, erschwetzen? Garg. üb'; an harschaft ...
und anderm einen solchen vorrat erschwätzet, dasz unmöglich
^vure selbigen allen zu verthun. PniLAnD. 2, löR (167).
ERSCHWEBEN, tvlando assequi, schwebend erßiegen:
als sie ... . die stille heitre des himmi-ls
näher den nicht begleiteten sonnen rrschwebien.
Uestias 16, 346;
ni.
ERSCHWELLEN — ERSCHWINGEN 978
gleich einer lichten wölke mit goldnem säum
erschwebt die dichtkunst jene gewölbte höh
der heitre, wo, wen sie empor hub,
reines gefühl der enizückung athmet. Klopstoc« 2, 25 ;
das alter, da des erdenpilgers bahn,
allmälich sich zu einer höh erhebet,
auf welcher frei von seiner kindheit staar,
das äuge voll begier hinaus ins weite strebet,
und was es nicht erreicht, die phantasie erschwebet.
büRGEa 1U4^
ERSCHWELLEN , exlumescere, praet. erschwoll, pari, er-
schwollen, ahd. arsuiillan, mlid. erswelten : wider das harte
und erschwollene milz soll man ein solch ptlaster machen.
Tabernaeji. 834;
wo ist die brüst, die eine weit in sich erschuf
und trug und hegte, die mit freudebeben
erschwoll, sich uns, den geistern, gleich zu heben?
Göthe 12, 34;
von der anstrengung erschwolien die ädern an den bänden
and armen. Tieck ges. nov. 4,105; die segel erschwollen.
ERSCHWELLEN, tumefacere, aufschwellen, praet. erschwellle,
ahd. arsuellan. arsualta : ein frischer wind erschwellte die segel.
ERSCHWENKEN, ribrare, schwenken verhält sich zu schwin-
gen ohngefähr icie erhenken zu erhängen : das macht der
glaub Christi , der sich also erschwenkt hat in freuden.
LCTHERS br. 2. 169.
ERSCHWEREN, dolere, tumere, suppurare, praet. erschwur,
part. erschworen, mhd. erswern, erswar, ersworn:
din rücke muo; erswem. Ulr. IV7j. 112';
sam deme nie debein lit erswar. kindh. Jesu 140S;
sin bein geswal und wart ersworn
sin fuoj. Bo?c. 47, 6;
da von ist mir da; bein ersworn. 50, 24 ;
nhd. bisz im sein bruch erschwar. W&htz 276; ich habe wol ein
stich gearzet, der nicht erschworen ist. 153 ; man sol dem
pferd nit blut lassen, der schleim sei dann zlTvor in ihm er-
schworen und zeitig geworden. Seuter 29 ; erschwären, zu
eiter werden, reif oder zeitig werden wie ein geschwür.
Maaler 117'. später ungebräuchlich.
ERSCHWEREN, ERSCHWÖREN, jurejurando ßrmare, be-
schwüren, praet. erschwur, part. erschworen, mhd. erswern :
ein heimlich Verlöbnis mit beschlafen, das bekand, erschwo-
ren oder beweiset wird. Lctber 5,247'; seine Unschuld er-
schweren ; seine forderung erschweren , i» litem jurare.
Stieler 1977.
ERSCHWEREN, difßcile reddere, impedire, praet. erschwerte,
mhd. erewieren : ein gesetz, das die eben erschwert ; ein
satz, der das Verständnis des ganzen erschwert; den handel
durch Zölle und abgaben erschweren; man sucht ihm das
geschäft auf alle weise zu erschweren; du erschwerst mir
das leben, mach^ es mir schwer;
beklagter, dem der schein
vorhin nicht günstig war, erschweret
durch trotzen noch die aufgehäufte schuld. Wiela?id.
ERSCHWERNIS, n. difßcuUas: er thürmt sich nicht selbst
ausgeheckte erschwernisse hin. Fr. Müller 3, 147.
ERSCHWERUNG, /. impedimentum.
ERSCHWIMMEN, l) nando transire:
ach gott und war der Rein so klein,
dasz ich ihn mecht erschwimmen. Uhlakd 1, 3S6.
2) nando atlingere: der kahn war schon zu fern, als dasz
ihn einer hätte erschwimmen können.
ERSCHWINGRAR, was erschwinglich.
ERSCHWINGEN, agüare, vibrare,
1) Vögel erschwingen ihre flügel (schwingen):
mhd. dar rabe sin gevidere erswanc. Oswald 721 ;
nhd. so soltu denn dein fettachen erschwingen zu beschawen
die himelischen ding. Keisersb. rolkomen mensch G6'; dar-
nach erschwing dein fettach zu beschawen in demütiger an-
dacht. H 1' ; die flügel oder fätchen erschwingen, alas quatere
magnis clangoribus. M.aaler 117*.
2) Schwert, lanze: erschwang aus grimme sein schwert.
Aimon b3'; den spiesz gegen eim erschwingen, inlorquere
hastani alicui. Maaler 117'.
3) den thau abstreifen, mhd.
ör gap umb sin geverle
iiiht ein här, ist uns geseit,
swenn er sin ros überschreit.
waa da; bete sölhen ganc
das ^r da; tou niht erswanc. Lau. 7106,
iro unw'Ahig wäre Cj lu schreiben, der reiler ist gemeint.
62
979 ERSCHWINGEN— ERSCHWINGLICH
4) die arme und glieder, mhd.
mit siegen er die arme erswanc. Pan. 207, 15;
die beide erswungen da die lide. 357, 10. 6<J1,28,-
mit kunst si die arme erswungeo. 742, 11.
5) das herz aufscliwingen : das du klug seiest und dein herz
erschwingest, das du flugs anfallest zu bitten {beten). Lutheb
5, 437",
6) deculere, ^ringere, vcntilare: die sprcu erschwingen;
herscht gleich ein ungemeiner fVost,
so wollen wir doch frücbt erschwingen. Grtpbiiis,
wie man sagt birnen, äpfel vom bäum abschwingen.
6') erreichen, erlaufen:
erschwingen wir dort jene stillen hügel. Herder 19, 11,
gleichsam schwingen wir uns auf sie;
des berges gipfel war erschwungen,
der trottig in die tiefe schaut. Lknau.
7) abstract, im schwang erringen, erwerben : mit meiner sauren
arbeit so viel nit hab erschwingen mögen. Schade 2, 2 ;
prächtige aufziige erschwingen. Lohenst. ylr»?i. l, 1131 ;
was wir auszer uns erschwingen
ist fürwahr der müh nicht werth. GGütuer 115;
nein, der götier glück
kann keinen höhern grad erschwingen ! Wielands Aurora 361 ;
nur bei dem Franken war noch kunst zu finden,
erschwang er gleich ihr hohes urbild nie. Schiller 100* ;
denn hilf ist für Astolf nicht zu erschwingen.
Ghies BojanUi 2, 14, 7;
weil unsre vemunfl nicht das unmögliche erschwingen kann.
TiEci 6,148; ich kann es nicht erschwingen, aufbringen;
denn für die Leipziger conzerte im gewandhause hatte er
nie den dazu gehörigen eintritts und thorgroschen erschwingen
können. J. P. ßegelj. 2, 67.
8) im 16. 17 jh. hiesz erschwingen auch susUnere, lolerare,
erleiden, auslialtcn: eine lange belägerung erschwingen, obsi-
dionem suslinere. Taciüs bei Fronsf. 3, 270'. Stieler 1984.
a) reflexivisch,
a) von vögeln:
die lerch tut sich erschwingen
mit irem hellen schal. Uuland 113;
an discr stillen bach, da kein Silvanus springet,
da keine nachtigal sich in die luft erschwinget. Fleming 2;
der bahn erschwang sich mit beiden flügeln;
er schleifet ihn die schnäbelcin,
er löset ihn die zungen,
da singicn sie den namen sein,
gar hoch in luft erschwungen. Spee 13(J (149),
d. i. die sich erschwungen haben; wie sich unsre tauben erschwin-
gen und kreise um den thurm ziehen. Arnim kronenw. 1, 35.
b) sich erschwingen und springen, weil die vügel vor dem,
fliegen sich sdiwingen:
ich will mich auch erschwingen
und will frölich springen, fastn. 402,31;
pich erschwingen und einen starken sprung thun. Luthers tec/ir.
220*; nun wolauf du meins herzens ein schätz, ir meine hold-
selige lehrkinder erschwinget und erspringt euch. Garg. 25*.
c) vom äuge, sich aufscliwingen, mhd.
»in »enedej ouge sich erswanc. tr. kr. 15526.
d) ton federn :
der wind ihm seinen federtollen
beweget und zerschüttet lang,
der sich auf seinem heim erschwang. Sriinc En. 437',
(et cristam adverso curru quatit aura voiantera. Acn. 12,370).
e) ton der lufl, vibrarc: der luft erschwinget sich. /V/r. 107*.
f) abslraclionen,
mein zung musi sich erschwingen. Fischart ps. 51 ;
die etwas setzen auf, das sich erschwinge frei,
das nach dem himmel schmeck und Irlicnswürdig sei.
Flehing M'i;
die demuth. so mit kunnt vermählet,
bricht durch des vlückcN misgun.tt vor,
erschwingt nirh üTier nt-id empor,
von dem sie bleibet ungeschmätet. 368;
dieser freie gcist erschwang sich vielleicht in freien, vom
zwange des reims nicht gehemmten rhylhinen. Stoiderc 10,245.
ERSCHWINGLICH, U lolerandus, leidlich, rrtrdylich (erschwin-
gen 7.8): Schulgeld und miete war erschwinglich. Voss 6r. _
1, S7; tgl. unerschwinglich.
5) impelrahUii, erreichbar:
steil ist der fels, die bürg ganz unbczwingllch '
und keinem, der nicht (lligel hat. emrhwinglich.
Gmu Ar. Hot. 2, 44.
ERSCHWITZEN— ERSEHEN
980
ERSCHWITZEN, sudare.
1) intr. mhd.
du muost 6 vil arbeite hän,
und I' vil dicke in gotes geböte
erswitzen. Bari. 310, 2;
ir sult iuch in daj bette legen,
bi; da]^ ir erhitzet
und ein wdnic erswitzet. GA. 2, 169;
ros von dem feirae erswitzet. Dietr. 3386;
nhd. davon euch die Stirnen erschwitzen werden. Aimon D 1* ;
das ros wol darmit gebehet, das es erschwitze. Seüter 56;
der königin ein schweiszbad richten zu,
darin sie wol erschwitzen thu. 11. Sachs V, 234';
erswitzen oder fleisz haben, insudare vel invigilare. voc. 1482 h l' ;
vor bosbeit erschwitzen. Scheid grobian S3.
2) tr. exsudare, ausscIiwUzen. Maaler117'; blut erschwitzen,
sich erschwitzen : damit man sich wol erschwitze. Thürneisser
infl. wirk. 141. Bock reyim. C2'.
3) sudore parare, im schweisz erwerben:
wo ihr anders aus dem allen noch erscbwitzct sarg und grab.
LouENSTKiN Hyac. 65;
so herlich lebt man hier, wenn dort der tisch der fürsten
das kaum erschwitzte brot oft halb verschimmelt gibt.
69. Arm. 1, 557;
dasz mancher vater ächzt, wenn er bei fleisz und wachen
nicht so viel brot erschwitzt, die kinder satt zu machen.
Gellert 2, 6;
dasz er auch an barschaft, gold, silher, kleinodien, klei-
dungcn, vieh einen solchen vorrath erschwilzct. TiECKl5,3ii.
ERSEHEN, videre, conspicere, cognoscere, goth. ussaihvan,
ahd. ersehan, mlid. ersehen, sehen drückt das dauernde, an-
haUcnde sehen aus, ersehen den beginn des sehcns, das zu sehen
bekommen, erblicken, erschauen.
1) intr. mit folgendem inf, oder dasz, was:
mhd. Aö der künec Günther daj heize bUiot crsach
sweben in dem schiffe. Nio. 1507, 1;
nhd. und wolt auch so gelert sein, das ich golt durch den
himcl wolt boren und in sein kemmerlein und ersehen, was
er drin machet. Luther 6,66"; und wie ich bei den vortrei-
bern war, so ersihe ich leut von uns hinweg fliehen. Götz v. B.
lcbensb.H2; indem ersehen sie mich kommen. tucA d. i. 198, 2;
indem ein alTe ersehen was
den kräraer ligen in dem gras. 11. Sachs IT. 4, 40'';
es miiste einer sehr einfällig sein, wann er nicht beim ersten
anblick ersähe, dasz «. s. w. Liscov 310 ; ich ersehe aus
deinem schreiben, dasz du dich verlobt hast, man zielit lieule
doch, auszer im gcsclidpsdil, das einfache sehen ror.
2) tr. sinnliches erblicken.
mlid. dem volgte ich eine inilc
uiiz ich eine burc ersacli. Iw. 279;
dö da; diu juncfrouwe ersach. 1483;
hat unser .juiichörre ersi'hen
Af disen ritlern helme schart. Part. 125,20;
das neugeborne kind gilt für lebensfähig, sobald es die \ier
wände ersehen und beschrien hat ; zu hant von den frawen
ersechen wurden, e dann sie die frawen sacheii. Steinhöwel
dcc. 12, 14 ; du liebest ir lager, wo du sie ersihest. Es. 57, 8 ;
wo sie einen hohen hügel oder dicken bawin ersahen, da
selbs opferten sie. Ez. 20, 28 ; sie aber lief alle tage hin
aus, und sähe auf alle straszcn, da er her komen soll, ob
sie in etwa ersehe (nsälie). Tob. 10,8; und wer sie ersihet,
der liebet sie, denn er sihet welch grosze wunder sie thiit.
Sir. 1,15; solches ist noch nie in Israhel ersehen worden.
Malth. 9,33; ich bin auch nicht durwider, das Haniel als
ein prophet gotles die groszen und ernstlichen kriege zuvor
ersehen {vorausg<-schen) habe, die im römischen reich von an-
fang gewesen. Mathesius 86"; es was von allen zeilon her
kein gröszcrc armada, so den Christen zugehörig, ersehen
worden. Fhonsp. 3,150*; da der hir.sch seine schön grosz
gcweihe ersähe. Lokman fab.i; erträglicher ist es, die spitze
des spicszes gegen seinem äuge gerichtet als das gesichle
seines feindes ersehen, pers. rosenth. 5,14;
ein groi<zcn ochsen nn der wcid
ersah ein frosrh. Walois 1,31;
diesen {pilger) ein sntj^rus crsacb. II. Sachs II. 4, 43^;
düüz einer, der euch nur ersehen,
Willi ewren rilrnst ntracks undergehen. WscKaRRi.iN 303;
für ihn dn thnt erurhon
nur seiner englen zwen. Spkk (ruttn. &2(&6)!
ersieht er dirh, so hiiilu knit. Licirrwn 3, 17;
und jeder hiiiid llrl wntliond an,
was er zuniirhüt vor sirli ersah. Düroir 7t*;
unser meisier das all ersieht
und freut sich dessen wundenam. COriii 13, I2S ;
981
ERSEHEN — ERSEHLICH
ERSEHNEN — ERSETZEN
982
ganklerin ! da ersah ich in dir zu den bübchen das urbild,
wie sie Johannes Beilin reizend mit flügeln gemahlt. 1, 3äS;
indes ersah die cabale mit gierigem äuge ilire volle beute.
Schiller 1074"; kein mensch zu erhören und zu ersehn I
TiECK ges. nov. 2, 136 ; keine seele weiter kann man ersehn.
Cymbetine 4, 2. bemerkenswerth, was hast du doch nur an ihr
ersehen? qutd est quod magnificas in üla? Stieler 2025; ich
kann den menschen nicht ersehen, nicht in den äugen leiden.
3) geistig erschauen, erkennen: gottes unsichtbares wesen
wird ersehen, so man des war nimpt an den werken. Rom.
1,20; und ist sint der zeit die sprachen gefallen sind, nicht
viel besonders in der Christenheit ersehen, aber gar viel
greulicher greuel aus Unwissenheit der sprachen geschehen.
Luther 2, 475"; solche kunst hat nie kein Grieche ersehen, die
doch in der spräche geborn sind von Christus zeit her. 3,67";
was wir sehen in der weit sehen alles wir durch brillen,
gut und böses wird ersehn wie es fürkümt unsrem willen.
LocAC 3, ISs, S6;
es ist aus diesen berichten viel neues zu ersehen, ich kann
das nicht länger ersehen, ertragen, mit ansehen. Stieler 2025.
4) ersehen mit dem praedicat eines subsl. oder adj. : gehe
in den kästen, du und dein ganz haus, denn dich hab ich
gerecht ersehen für mir zu diser zeit {rnlg. te enim vidi
justum coram me). 1 Mos. 7, 2 ; würdeslu nicht lang das fast-
nachtspiel treiben, sondern für jederman ein schendlicher
böser neidhard ersehen werden. Lutber 1, 219'. auch mit
der praep. zu : man hat dich zum gesandten ersehn = erkoren
von kiesen, sehen:
und der patriarch
hält auch zu diesem wackern manne mich
ersehn? Lsssrac 2, 220.
5) sich isibi) ersehen, providere, ausersehen: gott wird im
{sibi) ersehen ein schaf zum brandopfer. 1 Mos. 22, 8 ; denn
unter seinen sönen hab ich mir einen könig ersehen (pro-
vidi mihi regem). 1 Sam. 16, 1 ;
wenn sich dein muth zum zweck rechtmäszgen rühm ersieht.
Cajiitz 145.
6) seine zeit, seinen vortheil ersehen : ein weiser mann
schweiget, bis er seine zeit ersihet, aber ein jeder narr kan
der zeit nicht erharren. Sir. 20,7; er lehnte alle interces-
sionen ab, bis er seine zeit ersah und seinem jungen freunde
ganz unerwartet den Vorschlag Ihat. Güthe 19,124; endlich
ersah ich meinen vortheil und sprang zum offenen fenster
hinein. 22, 200; abt Henke schüttele den ihm aufgedrungenen
Burgunder, seine zeit ersehend, zum fenster hinaus. 31,239;
ja ja, mancher verwandter hat denn auch seinen vortheil
dabei ersehen. Tieck 3, 33. statt seine zeit, seinen vortheil
heiszt es auch sich die zeit, sich den vortheil ersehen, da sie
die zeit ersahen. Gellebt l, ISO; da Kampfkeib disen vortheil
ersähe. Garg. 231"; sich die gelegenheit, den rechten augen-
blick ersehen. bei ersehener gelegenheit, occaäone arrepta.
Felsenb. 2,108. auch seinen verdrusz, ärger, ekel ersehen:
da wirst du wieder einmal zu mittage alles das ausgelegt
finden, woran du dir des morgens schon deinen ekel ersehen
hast. Tbümmel 3, 79.
7) refl. sich (se) ersehen, vgl. ersehnen 2):
mhd. diu gap von rcete alsolhej prehen
da^ man sich drinne möhte ersehen. Parz. 71, 2.
nhd. das ist ein Spiegel, darin man sich ersieht. Kellers «•Z.4S4;
man ersieht sich in solchen schalen als in einem Spiegel.
Foher /iscM). 14S'. sich in büchern ersehen, umsehen, sie nach-
sehen, nachlesen: als die acht tage auch vorbei, in zeit deren
ich mich in den zweien gesichtbüchern widenim genugsam
ersehen. Philander 2, 872; weil ich sehe, dasz sie [die echo-
gedichte) bei den Franzosen gleichfals im gebrauche sein, bei
denen man sich ersehen kan. Opitz poeterei 25.
8) sich ersehen lassen = sich sehen lassen, zeigen:
die geilen satyren die springen aus den Wäldern
und lassen sich ersehn aur allen grünen feldern,
wo Schäferinnen sind. Fle«i?ig 160.
9) statt der construdion unter 6 auch sich ersehen mil dem gen. :
ak sich, loh weisi nicht wie, mein hahn des vortheils ersah.
WlELlMD 4, 44 ;
Ogul ersah sich des augenblicks, da einige forsten aus wenig
erheblichen Ursachen den damaligen könig vom throne ge-
stoszen haften. 6,54; er wird sich seines vortheils über uns
ersehen. Göthe 42, 74.
10) für sich versehen, von einer schtcangeren : als hätte sich
seine multer an einer beiszzang ersehen. Fuchsmundi 301.
ERSEHLICH, quod pertfiä fotest: in kaum ersehlicher höbe.
ERSEHNEN, 1) exoplare:
der lang ersehnte friede nahet wieder. Göthb 13, 214;
nun endlich ist mir der erwünschte tag,
der lang ersehnte, festliche erschienen. Schiller 500';
das feuer und die flut, die todesreichen,'
versagten das ersehnte todesglück. Le!<aü.
2) sich ersehnen hiesz früher se delectare, sich letzen, er-
getzen: baten, dasz der markgraf seine zwei frSuIein, welche
diese zeit beim markgrafen waren, verlaube zu i. f. gn. als
dem herrn vater, nach Nürnberg zu kommen, sich mit ihnen
zu ersehnen. Scbweimche.n l, 151, u-o nicht zu lesen 'ersehen',
me bei Bctschky kanzl. 75 : er bittet den aus der fremde an-
gelangten freund ihme eine stunde zu geben, um sich mit
ihme zu ersehen; mit dem ich mich zum öftern ersehen.
Opitz im erzschrein 129.
ERSEHUNG, f. notio diligens, consideratio. Stieler 2025.
ERSEIFEN, sapone perungere, gehörig einseifen. Stieler 1999
schreibt erseifnen.
ERSEIGEN, exhaurire, schöpfen bis nichts mehr daist, rj/.ersiegen.
mhd. swie vil man sin (des hartes) gsebe hin,
in künde niemen erseigen. kl. 1326.
nhd. ire quell erseigen und ertrocknen liesz. Fischart ehz.
408. pfening, münz erseigen. Schm. 3, 209. 210.
ERSEIGERN, i) inlr. elanguere, ahd. irseigren. Graff6, 131,
uli irseigreta, danguit oleum, versiegle; anima sapientissima
siccissima, die klug seel musz verdorren, erdursten, erseigem
(es steht erseugern), verschmachten, ausmergeln. Garg. 85'.
2) Ir. erseigem, erschöpfen: so ich ein groszen theil meiner
Jugend, väterlichs erbs, gesundheit des leibs zu besichten
teutsche, polnische, windische land erseigert und abgemessen.
Aventin 1580, l'. andere stellen bei Schm 3, 209. 210. ein dürrer
wind die brunnen austrücknet und erseigert. Ledhax 1, 830.
ERSEIHEN, excolare, percolare, seihen, durchseihen, ahd. ir-
sihan, prael. irseh, pari, irsiwan (Graff 6, 134), vas auf ein
goth. usseihvan, ussaihv deutet, das ags. pari, lautet Aseoven.
von der vrurzel und dem verluxlt zu sigan, seic, pa-i. sigan
unter dem einfachen uort. es begegnet auch eine intransilirbe-
deulung percolari: niin si {die ßsche] mit einem lochraten
{löcherichten) loffel aus, das si wol erseihen (das Kosser von
ihnen abläuft), so beleiben si schon, kuchenmeisterei cap. 2.
sich ERSENKEN, se demittere, niedersenken : aus der grösze,
stärke der imagination ersenkt sich die Vernunft, wie ein
geschmack {geruch) von einer rosen. Paracelsos 1, 634' ; eine
ranke ersenkt sich über die mauer.
ERSESSEN, cupidissimus, versessen, part. von ersitzen, gleich-
sam gesessen, Kie der geizdrache auf seinem gold, kos die deu-
tung von erpicht, außlebend, bestätigt, obschon der Sprachgebrauch
einen acc. statt des dat. hinzufügt:
auf dich bin gar ersessen. Spsb trutzn. 159(175);
ist der vater auf geld ersessen
und nutzt sogar die lampenschnuppen,
kriegen sie den söhn in die kluppen,
Juden und huren die^werdens fressen. Göthk 47,230;
jeder {Leipziger messfremde) ist unglaublich ersessen auf schrift-
steiler. J.P. aesth. 3, A; er war auf lecture ersessen. Fürl.99;
ist er auf einen groszen köpf ebenso ersessen wie auf eine
misgeburt mit drei köpfen. Tit. l, 7.
ERSETZBAR, quod compensari, reslitui polest.
ERSETZEN, diesem icort sind die alten sinnlichen bedeutungen
meistenlheils heute erloschen, icie sie doch noch in setzen, auf-
setzen, absetzen u. s. iv. haften, goth. ussatjan, ags. isettan,
ahd. arsezan, mhd. ersetzen.
1) das goth. ussatjan drückte plantare, fwrevetv aus. so in
ätiem ahd. undeutlichen liedchen, das hier stehe aus Hattexeb 1, 409" :
Liubene ersazta sine ^5
unde kab sine tohter uj,
tö Cham aber Starzildere,
prähta imo sina tohter widere,
Liubene (Liupuni) pflanzte, säte sein körn und gab seine lochter
aus (verheiratete sie einem herangeflognen vogel?\, da kam bräu-
ligam Schwanzgefiedert, Starrfedrig? , brachte ihm seine tochter
wieder, vgl. setzen, einsetzen, aussetzen, umsetzen und 1, 1619
mit bäumen besetzen.
2) ersetzen, anflicken. Stalder 2,372. mhd. besetzen:
den mantel si ersazte
mit anderleie duche. Diul. 2, 44S,
weil er zu kurz war, setzte sie andere tuchstücke an.
3) ersetzen, einen bäum, eine pflanze in die reihe setzen, die
lücJce damit besetzen, ausfüllen, allmälich überhaupt an eines
stelle setzen, restituere:
62*
983
ERSETZEN — ERSEÜFZEN
ERSEUFZIGEN — • ERSIEGEN
984
tnhd. (iirrc wirt ist wol erscuct. Lanz. 2177;
ir habt verlorn einen man,
den ich in, ob mirs got gan,
vil wol ersetze. Er. b39l;
nhd. uf das das land wider mit nienscben ersetzt und er-
füllet würde. Keisersb. Mgcr 76'; den vattcr ersetzen, im
uacbscbialicn, reyenerare palrem. Maaler 11"'; den gefallenen
feldherrn ersetzte schnell ein anderer; der slul brach und
wurde durch einen andern ersetzt ; ersetzte ihm alle geraub-
ten iäinmer; das geliehene geld;
bin ich denn so arm
dasi ich den dienern niclit ersetzen kann? Schiixer 401'.
4) abslract, ersetzen, crftaltcn, hcrflellcn : die verlorneu kräfte
ersetzen, den schaden, die Unkosten ersetzen; einsi verdienst
ersetzen, merüa alicujus assequi. Maai.er in'; habe ich einen
solchen abscheulichen schrecken gehabt, dasz ich noch nicht
davon ersetzt {lurgeslelll) bin. El. Ciiari- von 0. 195 ;
und ruft, er solle doch sein unrecht hier ersetzen. Camtz 87;
daüz wir die mühsamkeit des lebenslauTs ersetzen
mit etwas lust. Wehnickk 50;
ich habe einen verdrusz gehabt, der mich von hier weg-
treiben wird, ich knirsche mit den zahnen, teufel, es ist
nicht zu ersetzen. Gotiie 16, 103 ;
denn das gute bringt er her%'or und ersetzet den schaden.
40, 23S.
5) ersetzen, versetzen, Iransponere : pflanzen ersetzen, «m-
sHzen (iv//. l):
mit hopr ersetzet und gebraut. Opitz 1, 435,
rersHit, gemengt, auch gleich versetzen, antworten. Fetsenb. 3, 432.
6) sich ersetzen, nieticrselzen, ausruhen:
crsalzten sich im klee. Breuhe E4'.
7) sich ersetzen, obslinare, widerspennig oder eigenrichtig
sein; sich gar ersetzen, obßrmarc animtim. Maaler 117", sich
auf etwas setzen; sie haltend sich ersetzt eintwäders ze ster-
ben oder ze gwünnen, obslinaverant animis aul rincere aut mori.
vgl. setzisch starrköpfig bei Stalder 2, 372 aus TscHuni 2, 289.
ERSETZLICH, wie ersetzbar : der schade ist noch ersetzlich ;
der hat sie nie gekannt,
dem ihr verlusl ersetzlich scheint. Wieland 26, 58.
vgl. unersetzlich.
EKSETZUiNG, f. compensatio, ersalz:
ihr aber gleichwol dünkt, dasz sie an dieser gäbe
und dem geschenkc noch ganz kein erselzung habe.
Werhebs .4r. 14, 30;
wegen der copialien nehme ich nicht die geringste ersetzung
an. sind nicht ich und meine miittcr ihre groszen Schuldner?
flELLEBT 8,45; sie brachen ein und alle stürmten sie auf
den einen, in welchem sie ihres Verlustes ersetzung sahen.
Lessinc2, 96; dieses wunder habe den mangel jener lehren,
ohne welche kein Staat bestehen könne, ersetzt und eine
solche ersetzung eben beweise, was jener mangel auf den
ersten anblick zu verneinen scheine. 10,314; es würde eine
unaufhörliche ersetzung der in dem körper verschwindenden
kraft nöthig sein. Kant 8,161; dasz sie mir eine so schöne
ersetzung meines sonnabends machen, dafür danke ich ihnen
herzlich. Fichtes leben 1, 59.
ERSETZUNGSKRAFT, f. vis instaurandi.
ERSEÜFZE.N, mhd. eisiuflen.
1) inyemiscere, aufseufzen: da erseufzet Tobias tief und hub
ao zu weinen und zu beten. ro6. 3, i; da erseufzel Susanna
und sprach. Sus. 22; ich habe vil und ser erseufzet, das auch
seufzen mein arbeit gewesen. Luther 1,20'; als ich darüber
inniglichen erseufzete. Puilasder 1,203; Siegfried eiseiifztc.
unic. riijcl. 231; oftermals darüber crscufze, dasz discs alles
noch nicht der tausenderlei Iheil sei, das allergeringste krtiut-
lein und dessen inwobnende kraft zu erkennen, geschweige
denn den abgrund aller geheininisse zu verstehen. 444; Elben-
slein erseufzete hierüber sehr tief. t'rr^. der liebe 559 ;
al« neulich ich mein lieb umbllcng mit vielen kügscn,
erseufzet «le gar hoch und machte sich beirühi.
Opitz 2, 2:15;
die luft «reeufzl, da« Weltmeer schwillt. IIallei;
auf. Ich bexchwAre dich, bei deinem letzten erseurien,
aU mit dem tode du rangxt. AleKnius 15,244;
wa« sagt diener erüculzonde muod? Klopktock 1,25;
o, erofuTzt er, billr« Rttinde !
o wer bdite das gemeint? Gillekt I, 68;
er wurde sie aoieheo, erseufzen und weise werden. Wit:uiiD
»,S7:
In dPt Yerssmmelii
crscurne der gruim
r Ihr
ritt. BijROU ISO";
dasz noch mehr voll inniges wehs ich erseufze. Od. II, 214,
(früher: dasz ich noch mehr in gram und kummer versinke);
zischend fliegt in den bäum die axt, es erseufzt die dryade.
Schiller 7ti";
der hcilge Gnllus und das fromme slifl
von Reichenau erseufzten eurem dränge. Uhlaüds Ernxt 39.
2) gemitihus impelrare:
noch fh ins abendmeer die goldne sonne sinkt,
hat den erseufzten bcrg Amanda schon erstiegen.
Wieland 23, 77;
es gilt der herlichsien von allen,
die unter gottes sonne wallen,
die Volker, der verlorne mann,
vom Schicksal nicht erseulzen kann. Bcrger ßS";
schreckt mich ein fallender apfel zur zeit und der grünliche
laubfroscn,
der im Johannisbeerstrauch frischenden regen erseufzt.
Voss 3, 126.
ERSEUFZIGEN, ingemiscere, wie seufzigen, seufzgen =
seufzen [z. b. bei Mecesberg 43«. 28): hat gröszlich erseufziget
und geweinet umb ir sünd. Keisehsberg schif der pen. 21*;
darumb sie oft lief erseufzigt. 96"; die erd hat erseufzigel,
solum inyemuit; der stier erseufziget von arbeit und vom
schweren joch, taurus inqemit aralru deprrsso. Maaler 117'.
ERSELTZllNG, f gemilus. voc. 1482 hl'.
ERSICHTLICH, manifestus, sichtbar: es ist ersichtlich; wie
daraus ersichtlich ist.
ERSICHTLICHKEIT, f. die ersichtlichkeit des gesetzes.
Fichte slaalsl. 12; das höchste gesetz der ersichtlichkeit.
reden an die d. nat. 232.
ERSIEREN, cribro subcerncre, durcltsieben, bei Stieler 2014
auch cribrando lucrari.
ERSIECHEN, morbo corripi, erkranken, ahd. irsiochfn, vihd.
ersiechen :
wan die uns sohlen geben
erzenie, die sint ersieht, w. gast S431 ;
nhd. als nun der künig der eidgenosscn nit mer bedurft und
sie urlaubet, und die erhungerten knecht widenimb durch
das verberget land herauf musfend ziehen, ersiechlend si
merteils und stuibend derselbigen eidgenossen underwagen
und dahcimen etlich tausend. Stumpf 2, 467*.
ERSIEDEN, ahd. arsiodan, ags. aseodan.
1) cxcoquere, ahd. arsotan gold, obrizum, arsiudit in che/Jla,
coquit in cacabo ; nhd. desgleichen auch ein junges spanferk-
lin, und lasz wol mit einander sieden, bisz haut, haar und
gebein ersotten ist. Seüter 137.
2) excoqui: als wenn ein tartarus feilt in aqua fort, d\is
denn alles erseudt, wie wenig des ist. Paracei.sus 1, 4s%*.
ERSIEGEN, siccari, arescere, versiegen : ein kuh ersigt, versiegt
mit der milch. Keisehsberg omeis 54*;
ein bninn bin ich, der nie ersiget ewigklich. trag. Joh. 05.
Maaler 117' schreibt ersigen und setzt auch ein starkes part. er-
sigen eahaustus, ersigne brunnen, fonles torridi, während unser
versiegen schwach geht, das starke mhd. sigen labi, cndere würde
nhd. erseigen fordern und bei Maaler ersygen lauten, beijegnrt
aber nicht mehr; die häufige mhd. redensart des bluoles er-
sigen, des guotes ersigen drückt aus collapsus, erfallen, oder
miiste aus ersihen, ersiwen exhauslus verderbt sein, auch kl
sin top mit im ersiget. MS. 2, 225*,
mc//r verfällt als versiegt.
ERSIEGEN, poliri vicJona: die statt ward eingcnummen
tind ersiget in i.xxv tagen. Frank weltb. 234'; bei der strit-
tigen belehnung des ersiegten lands. F'ischart bienenk. 127*;
ersigte wafenzeichen. Gory. «9'; ersigte Schlacht. 13.'>';
ir seit ja wol der fanon wert,
weil ir ersigt was ir hrgort. gl. seh. 166;
es ist der törchte krieg, der sonslen nichts erliegt,
denn das( er sagen iiiug, noch haben wir gekriegt!
LouAU I, 69;
(die wcitheil) gehorchet im Acsop, regiert im Antonln,
und kann im fairins sich den trinmph ersiegen,
doch auch mit gleicher lust die starren tickcr pflAgen.
Hagkiionn I, 15;
seine daine eisiegt zu haben. Wiei.anü 1h, .t3; wo die eitern
nichts als eine einzige tocbter ersiegt {gewonnen, erzeugt) haben,
gehe vorbei, denn sie ist verzogen. Hippel 5,21«;
jn wenn der himmel uns die paimo leicht erringen,
die krnne leicht ersiegen läsil,
ho werden wir, wie du, das aller fibftrsprinL-r'ii.
de» Ichens un.ichninckballcn ro.«l. Ls»>n
was in des Wissens Innd enidecker nur im
eiitderken »le, eniiegen sie lür purh. .Si.iiiii».k ^i ,
allein rr musz, wie Chjrxlowic, rrfiihren,
dass man nicht tuicbi die Lombardei eniegl. Gnu Ar. 39, 15.
985
ERSIMONEIEX — ERSITZEN
ERSITZEN— ERSORGEN
986
ERSIMO>'EIEN, ämonia acquirere:
und was sie lang ersimoneien,
si wider umb nuclier hinieihen. H. Sachs II. 1,S6'.
ERSINGEN, canlando acquirere:
mhd. sol ich niht ersingen wan der Hute ha;. MSH. 1, 292*;
nhd. Ton der wieg an bis zu meinem grabe
ist ein wol ersungnes lorberreis
meine ehr und meine ganze habe. Bürger 69*;
mein schmied, wo hast du deinen ehrlichen uamen errungen?
hast du ihn ersungen?
oder hast du ihn ersprungen? whorn 2, 76;
und so hat zu tausendmalen
ihr seitdem das herz gepocht,
ob sich kränz ersang ein dichter,
ob ein held sich liränz erfocht. Rcckert je.', ged. 1,1t.
ERSINKEN, mergi, labi, versinken, niedersinken, erliegen:
were sacli, dasz einer durch sein nutz hinweg zuge und
ihme der herr zuqueme (begegnete) und der arme man er-
■sonken «ere, so sollen die knecht abesiehen und helfen den
armen man anhalten, u-eislh. 2,570; meine schwachen schul-
tern ersinken unter einer solchen last. Lisco? Br. 28 ; der
gedank an sie hält meine seel empor, dasz sie nicht ganz
ersinkt. Wielasd 34, 206 ;
dennoch ersänk ich, du gottversöhner, dein leiden zu singen.
Messias 5, 356 ;
die wange blasz, ersank ihr leib,
und sanft ihr äuge brach. Herder S, 2t;
ihr schönes haupt ersank. Göthe 33, 258. s. ersenken.
2) tr. in der spräche der bergleute: mit einem schacht eine
lagcrstdUe, äne gebirgschicht erreichen, auffinden. Gätzschji.\n.\
i. 25; Wasser, erz ersinken. s. sinken.
ERSINNEN, ersann und ersinnte, 1) comminisä, excogiiare,
erdenken, ertragen:
mhd. got bei vil gar an dich geleit
gwaj er ie ersinnen künde. Hacpt 6, 510.
nM. mit nahen sinnen und trachten erfinden. Maaler 117';
ersinnet, excogitalus. das.; Flaccus sagt, dasz etliche ding sind,
jemehr man sie widerholet und errollet , ersinnt und er-
schindt, je annehmlicher werden sie. Garg.26'; da forscheten,
ergründeten und ersinten sie eines jeden kunstfertigkeit. 1S7';
ich konte nicht ersinnen, was sie doch mit disem wüten
und toben vorhaben möchten. Simpl. K i'^; wer will solchen
überflusz nicht mit venvundning ersinnen ? Spee goldn. tugendb.
415; neue trachten ersinnen; die ganze sache ist ersonnen
(ine erdacht, erdichtet, erlogen, in gutem oder bOsem sinn).
2) refl. sich ersinnen, sich erinnern, sich darauf besinnen:
ersinnete mich also alles dessen, was mir von anfang dieses
gesichts vorkommen wäre. Phila^der l, 278 (282). und icie
für mich erinnern ein falsches mir erinnern, kam auch mir
ersinnen auf: ich ersann mir sogleich, dies sei die wohnung
von Rosas familie gewesen. Tiege ges. nov. 1, 197, nenn es
nicht heiszen soll ich dachte mir aus.
ERSINNER, m. inventor:
der ersinner Odysseus Ists. Siolbrrc 14, 177;
den verbaszten ersinner des trugs. 14, 189.
ERSINNERIN, f. inventris. Stieler.
ERSINNLICH, quod ßngi polest, erdenklich: versuchte auf
alle nur ei^innliche mittel. Weise W. /e«/e 169; auf alle er-
sinnliche art. Felsenb. 1, 113 ; die haare sind an allen Figuren
aus guter zeit mit dem ersinnlichsten fleisze ausgearbeitet.
Wix«ELMA.NS 4, 219 ; mit einer prächtigen wohnung und allen
ersinnlichen bequemlichkeiten versehen. Wiela5d7, 117; einem
alle ersinnliche ehre antbun.
ERSITZEN, golh. ussitan, seltsam aber weder ahd. arsizan
noch mhd. ersitzen, auch kein ags. äsittan.
1) golh. ussitan, residere, aufrecht sitzen: jah ussat sa naus
et resedit qui erat morluus, Luc. 7, 15, richtete sich auf.
2( umgedreht ist das nhd. ersitzen considere, niedersitzen, fest-
sitzen: ersitzen, weder hinder sich noch für sich kommen.
Maaler 117'; das feür ist ersässen und erlöschet, ignis con-
sedil. 116'; damit der spiritus vitae überherscht wird und also
das andere ersitzt {sich setzt) und abstirbt. Paracelsls 1, 505';
sind die sümpf im herzogthum Ferrar gar bös, diew eil sie sehr
vom regen wachsen und vom schönen weiter wider abnemmen
und in sich selbs ersitzen islorken, stillstehn). Sebiz 10;
die andacht acht man nicht, der geilen brunst gelleder
erwächst und steigt empor durch unsre freche lieder.
der stille geist ersitzt. Locao 2, 106, 39;
von dem die starre ihrän im eignen quell ersitzt.
LoHiNSTxra Cleop. 112, 310;
schaut, wie ihm schon zu berge steht das haar!
wie ihm kein puls, wie schnell ihms herze schlaget,
wie als gefrorn jedwedes glied ersitzt! Ibnihim 113,785;
für wunder schier ich bleibe stumm,
die sprach ist fast ersessen (oestockt). Spek Irutzn. 87 (95) ;
der athem will ersitzen, güldn. tugendb. 309;
und war dieser 36 thurnier der letzte und seithero keiner
mehr gehalten worden, sondern solch ritterspiel mit diesem
ersessen (gestockt, aufgehört hat). Pbilaxder 2, 417.
3) ersitzen bleiben, sitzen, stecken bleiben: einer vom adel,
ein Riedesel, hab sich rund vernehmen lassen, diese sach
Süll ihme nicht also ersitzen bleiben und sollt ihm allein
für seine person ein oder mehr tausend thaler darauf gehen,
(o. 1581). SiRArsz Nie. FriscMn s. 214; feuchtigkeiten, welche
bis in die haut vertrieben werden und in derselbigen er-
sitzen bleiben. Uffexbach 2,112; das werk bleibt ersitzen,
bleibt liegen; das vorgeben bleibt auf seinem ungrunde er-
sitzen; der streit ist ersessen geblieben; die seit langen
Jahren ersessen gebliebene kammergerichtsvisitation ;
die schuld blieb auf dem schwan ersitzen. Wieland 10,183.
{vgl. besitzen bleiben 1, 1628 und das pari, ersessen sp. 9S2).
4) ersitzen lassen, stellen, sitzen, stecken lassen: heb es dar-
nach von dem feur und lasz es ersitzen und ein wenig über-
schlagen. Gersdorf 32; peterleinkraut gestoszen, darnach
über einem linden feuwerlein einmal oder vier lassen auf-
sieden, folgends ersitzen lassen und dann durch ein tuch
gesiegen. Taberxaemont.axüs 331; schult wasser darüber und
rühre es wol durcheinander, lasz ersitzen und nimb danon
das lauter klar wasser. 771; ich wolt sie gern dem teut-
schen lesen verteutschen, aber dieweil man meint, es ver-
liere in einer anderen sprach sein kraft, musz ichs ersitzen
lassen [bleiben lassen, unterlassen). Sebiz 77;
lasz deine hülf, o meine kraft und schlosz,
doch nicht ersitzen. Opitz ps. s. 45;
im fall denn sünder es nur an ihm nit wolle ersitzen (erman-
geln) lassen. Spee güldn. tugendb. in ; nicht lasse dise schand
ob dir ersitzen. 276; und überdies hätte er keinen schimpf
wollen auf sich ersitzen lassen. Weise erzn. 392.
51 transitives ersitzen, sedendo adipisci, unterschieden von er-
setzen, une besitzen to« besetzen.
a) in der gericiUssprache usucapere, sein recht über ein gut
ersitzen, durch verjährten besitz erwerben; ein gnindstück er-
sessen haben; und kann an solcher gestolner oder geraubter
habe durch einige länge der zeit keine gewähr ersessen wer-
den. Carolina art. 209 ; so hats im Christus und s. Peter auch
nicht aufgeerbet, so hats im auch niemand geben noch ge-
liehen, so ists auch nicht ersessen noch erjeret. Llther
1, 29S"; es sei dann solch gewonheil der Vernunft und rech-
ten nicht entgegen und ordentlich, wie sich gepürt ersessen.
Fbask chron. 369"; eine sache ersitzen. Kant 5,130. auch
seine zeit ersitzen, ausdienen, aushalten: handwerksgesellen,
die bei einem oder mehr meisteren ihre jähr und zeit bis
auf das end aufrecht und redlich ersessen, gesprech zweier
bürger. Ingoist. 1609 s. 72. 73.
b) ein gericht ersitzen, sitzen, halten: ist malaiitzrecht ge-
halten und ersessen worden. Reltter ä. 50.
c) da man sich diese schwäche meist ersitzt, erstudiert
und erschreibt. J. P, uns. löge 3, 56.
ERSITZUNG, f. usucapio, erwerb durch verjährten besüi.
ERSOFFEN, pari, von ersaufen.
1) aqua haustua, ertrunken: ein ersoffener knabe. Felsenb. 2,95.
2) figürlich, es ist mir aus der maszcn sauwer worden, das
ich mich von den heiligen gerissen habe, denn ich über alle
masze tief darinnen gesteckt und ersoffen gewest bin. Luther
5,145*; das musz ja ein tiefes herz sein gewest, das im
jamer gar ersoffen ist. 5,316'; die andern gehen sicher darin,
als gar darin um geiz) ersoffen. 5,414'; dargegen aller neid,
hasz, finanz und betrug sampt dem eigen nutzen im herzen
ersoffen. Fronsp. 1,168'; ersoffen in den Wollüsten. Stmpl. K.
489; in seiner thorheit ersoffen. Weise er:n. 125 ; ein in der
eigenliebe ziemlich ersoffener prinz. Hah:« 2. 134. vgl. versoffen.
ERSORfJEN, curis, soUicitudinibus oblinere, auch besorgen:
etwas übel ersorgen und fast forchten, praeformidare. Maaler
in';
da»z man ohne sorgen lebe, sorgt man stet« um gut und geld,
das doch den, der es ersorget, immerdar in sorgen hält.
LoCAl' 2, 174, 87 ;
sorgen und doch nichts ersorgen
heiszt, was nicht zu zahlen, borgen. 2,208.80;
sie (die freuden) bieten unersorgt sich euch gefällig an. üz 2, 67.
987
ERSPÄHEN — ERSPIELEN
ERSPIESEN — ERSPRIESZEN
988
ERSPÄHEN, speculari, explorare, attd. irspöhön, mhd. cr-
spehen. Ernst 25S6. Bari. 313,4. nlid. Maaler 117*;
damit er etwas möcht erspeben,
der länder silt und gwoiiheit sehen. Wiccra« pilger 73;
erspähe mir des feiudcs blösze. Scuillir 67';
ich sah dich wachsen und ersp&hte still
der ofben nelgung trieb und schöne kraft. Götbi tO, 26.
ERSPÄHER, m. speculalor.
ERSP.XLTEN, effindere, zerspalten. Stieler 20CS :
will schleichend bei mit starkem schrei
sein weiches herz erspähen. Spee tnitzii. 85 (93).
EHSP.^NN'EN, jx>llice et mininio diijito dimetiri. Stieler 2070.
mhd. wer künde selche kraft erspaiinen? MSH. 2, 243".
ERSPAREN, comparcere: ich Lab das gelhon, damit und
ich die zeit ersparte, hoc egi compeudium temporis sequens.
Maaler 117'; das kannst du ersparen ; erspare dir diese mühe,
horum tibi graliam facio ; ersparte arbeit, compendium operae ;
man kann mit den neueingerichteten öfen viel holz ersparen ;
sie hat sich ein schönes Sümmchen geld erspart, zusamnxen-
gespart ;
nun wenn sie ist mein Schwester eign,
knn ich an dem gang nichts ersparn. Atrbr fastn. 2*;
wer zu ehren was stellt an,
mag ersparen was er kan,
nur dasz er an ehren nicht
etwas spart und abebricht. Logau 3, 79, 19;
viel glücke hat viel neid, viel gut hat viel gefahren,
ein mittelmäszig stand kan manche noth ersparen. 3,219,6;
wenn ich meine zu spüle strenge erspart hätte, so würde
ich wenigstens ihre fluciit verhindert liaben. Lessing 2,34;
die müh könnt er erspareu. Wsiszk trauersp. 1,45;
ach, erspare denn, erspare
was du kannst, von deiner zeit. Göiingk 1, 67;
und trinkt, hol ihn der fuchs! den wein,
den du Tür mich erspartest. 3, 24 ;
wir wollen ihm die Verlegenheit ersparen. Göthe 14,168;
infant, dein herz weisz nichts von diesen Künsten,
erspare sie, ich mag sie nicht. Schiller 254^;
fort ist er! mit allem davon gefahren,
was ich mir ihät am leib ersparen. 321';
mein gencral ! du machst mich heute mündig,
denn bis auf diesen tag war mirs erspart,
den weg mir selbst zu finden. 367';
die axt im haus er.<ipart den Zimmermann. 532'.
ERSPARNIS, f. quod parsimonia coUigilur: wir müssen auf
ersparnisse denken; er hält seine kleinen ersparnisse zu-
sammen ;
wer die ersparnis verheimlichen musz vor dem fron-
herrn,
trautester mann, der ist leibeigener, nenn ihn auch anders.
Voss 2, 52.
ERSPARUNG, f. parsimonia: die ersparung der principien
ist nicht blosz ein Ökonomischer grundsatz der Vernunft,
sondern inneres gesetz der natur. Kant 2, 496. s. holzer-
sparung, raumersparung.
ERSPAZIEREN, exspatiari.
1) inlr. aushin oder fürhin spazieren. Maalei« 117*.
2) refl., ergang und erspacier dich! Keisersb. bUger 61*;
das keiner so künc sei in acht tagen zu ros auf zu sein, es
sei dann sich zii erspazieren. AimonA6*; erquicken und er-
spazieren sich. Gary. 127'; sich ein weil über zwerch in dem
holz zu erspazieren, ylmadis 143 ; einen schönen ebenen lusl-
garlen pflanzen, damit sich die fremde hcrren badgttst und
ihre frauen darin erspazieren können. Sitnpl. K. 770.
sich EHSPIEGELN, se in spcculo conlemplari, sich spiegetn:
gieng zu den pfowen an ir scliar, do sie bei einander waren
lind sich erspiegelten und ersahen mit iren hübschen fedren.
KeisERSBF.RC bilg. 10*; sich crspiegeln in gott. omeis 7.S*;
anstatt dasz sie sich bei diesem exempcl erspicgien, sich
der Sterblichkeit und ihres endes erinneren sollen, so fangen
sie an von der verstorbenen letztem willen und der vcrlasspii-
srhafl 7.U erzchlen. Philander 1, 70 (74); daruinb er {der uhii)
den überlebenden allhier zum crspieglen musz dienen und
da herummer fliegen. 1, 253 (257) ;
gar lieblich thut* {da* m«er) bestrahlen
die »onn mit lunfler glut,
wann nie (um oflnrinalen
»ich drin enpleglen tbut. Spu (mim. 101 (114).
ERSPIELEN, ludendo ohlinere. Stip.i.fr 2085:
und wir pr«plfUn mnnrlicn Vrnnr.
bctwckl mit gruoen maicii. Sru Irvitn. 175 (19t).
ERSPIESZEN, hasla confodere, aufspieszcn : ob wir uns ein
besonderes gewissen machen sollen, eine solche heuschrecke,
maus, ratte, kröte, schlänge zu ertrelen, zu erspieszen, zu
verbrennen. Felsenb. 4, 244.
ERSPINNEN, 1) nenrfo effuere, texere: was sie bei tag er-
spunnen und ervvebet hat, bei nacht die maus zernagen.
FisciiART ehz. 496.
wer auch nur dächt ein einzig blatt
aus menschenkunst erspinnen. Spei Irutzn. lll (122).
2) figürlich,
was Übels sein hirn knn erspinnen. Wbckherlin 24.
3) nendi opera acquirere:
mhd. daj arme wip h&t
ej vil küme erspunnen. MSII. 3, 175';
nhd. denn als sie, als eine gute fleiszige wirlin, eine ziege
ersponnen hatte, roclcenphil. 3, 19.
ERSPINNEVVEBEN, araneis liberare. Garg. 78' steht blosz
spinnenweppen.
ERSPINTISIEREN, excogilare, ersinnen :
daher was andres noch musz ich erspentisieren,
mich durch mein urtheil nicht, wa müglicli zu verlieren.
Wkckherlis 740.
Stieler 2092 schreibt spindisieren.
sich ERSPITZEN, exomare se, sich herausputzen, schmücken :
wann sich die jungfraw erspitzt, erreiszt und zum danz auf-
mutzt. Frank sprichw. 1, 2l' ; die frau sol nit hochprachtig
sich erspilzen. kluge, weise reden 282*. man sagt auch sich
auf etwas erspitzen (verspitzen, spUzcri], acueram me ad exagi-
tandam hanc ejus legationem. Cic. Att. 2, 7.
sich ERSPRACHEN, colloqui, confabulari : mit einem ze red
kommen und sich ersprachen, serere sei-mones cum aliquo.
Maaler 117'; sich untereinanderen ersprachen; als uns der
muter bas, die metzgerin Bulacbcrin, in ir matten kirse ze
essen vor Spaleuthor geladen und wir uns wol ersprochen
mochten. Plater 164;
in gott wir uns ersprachen wandt.
Ualth. Bolz Pauli bekehrung B 4 ;
als sich nun die zwei liebhabenden menschen nach ihrem
wünsch und willen erspracht hatten. Galmy 94 ; in dein schonen
sal je zwo und zwo bei einander saszen und sich mit ein-
ander ersprachten. 161 ; und wie ich mich meiner gewonheit
nach mit meinem Schöpferin meinem demütigen gebet genugsam
ersprachet. Andreae chym. hochz. 1, 1 seile 3. vgl. besprachen.
ERSPRECHEN, dasselbe: ersprachen sich mit einander.
Wickram rollw. 8'; die herzogin auch Friederichen bei ihr
zu bleiben erbeten halt, damit sie sich mit ihm des ritters
halb ersprechen möchte. Galmy 84;
dann ich dem essen nichts nachfhig,
mich frewt nun, das ich bei euch mag
ein Zeitlang mich ersprechen gnug.
Thurneisser archid. 13;
hierauf fiengen sie an weidlich zu zechen und sich zu er-
sprechen. Garg. 257*. vgl. besprechen neben besprachen.
ERSPREITEN, 1) extendere, ausspreilen, spreiten: nun lagen
in meiner hole tauscnt güldener pfenning verborgen, mir un-
wissent, wer sie dabin gelegt hatte, die ich alle tag erspreit.
alte Kcisen 102',
2) sich erspreiten, exlendi, divulfjari: nun erspreitete sich
diese so weit aussehende sach in abgelegene und ferne land.
Stettler 2, 1.
ERSPREIZEN, extendcre, au!^.ipreizcn : die arme, beine er-
spreizen.
ERSPRE.NGEN, incitare, excilare, springen machen: das pfcrd
ersprengen; ein wild ersprengen, aufsprengen, erschrecken.
mhd. swaj ir der brake ersprancie, diu sluoc mit siner hnnt
Sifrit der küene, der hell von Niderlaut. Nib. 877, 1 ;
mit burtedichor rabbin
wart di nianc or« er-iprengot. Pur». 60, 25;
vil Rchiinc der or.sproiigct,
als im State vcrhonget. Iiarti. erstes bückt. 1550;
zwischen Wienne und PrAgo
ist Hindert din gulicho,
dt'r »ö wi.-ilirhe
sine rede ersprenge. Hklrl. 1, 09.
sich ERSPRENZEN, .». aiir-tpienzcn, besprenicn:
wie doch din plümlcin in den awon
«ich au« der feurlilcii pid orspronitcn
und wie sie ntu dem law licr RiinJK'ii. faftn. I3W.
ERSPRIESZEN, 1) progrrminarr, pullulare, attfspriet:rn,pract.
prsprosz, pari, crsprossen, ahd. anpriojan, mhd. cr^pricjen.
Strvat, 3073.
989
ERSPRIESZEN — ERSPRINGEN
ERSPRITZEN — ERST
990
nlid. die blümleia zart ersprieszen,
zur erden kriechens aus,
laub, gras herfur auch schieszen,
die pllänzlein werden kraus. Spbk inUzn. S8(9(i);
wo diese segenstropfen flieszen,
musz alles wachsen und ersprieszen. Drolu:»cer 10.
2) absir. gedeihen, frommen, helfen, utile esse:
die sach mag in (eis) ersprieszen. Uhla5D 660,
dem mann sein erbeit nit erspreusit. H. Sachs;
so mag es dir gar wol ersprieszn
und du kanst bei mir ferner gnieszn. ätrir 2';
so leszts im doch gott nit ersprieszn,
das er desselben kaa genieszn. fastn. 21*;
will aber sonsten ja kein rath und weg ersprieszen.
Opitz i, 2!*8;
er lasz auch keine zeit vergebens jetzt hinflieszen,
zu suchen was ihm mag zu seinem schütz ersprieszen.
Werders Ar. 2, 2ö;
wie, dasz uns rath und that so wenig wil ersprieszen?
LoGAC 1, 26;
gnnze spülstanden voll ersprieszen nicht eine solche inner-
liche flamme zu loschen, viägdelob 60.
3) abstr. erwachsen, hervorgehen, oriri, enlsprieszen:
allein wie herlich diesem stürm ersprieszend
wölbt sich des bunten bogens wechseldauer. Götbe 41, 7;
auf gutes wirken hab ich ganz verzichtet,
weil ich einmal das gegeiitheil ersprieszen
daraus gesehn. Rcckürt 174. ges. ged. 1, 179.
der aus dem gebrauch eines buchs ersprieszende nutzen.
rorr. zur märkischen lat. gramm. s. 1.
4) ein Iransitires ersprieszen scheint folgende stelle zu ent-
halten : ein fromme frauw, die iren köpf nimmer aufsetz, son-
dern gehorsam in des maus recht, endlich und heuslich dem
man sein blut und schweisz zurath halt und erspriesze (^e-
deihen, aufwachsen mache). Frajjk spr. 2, 20l' und daruus weise
klugreden 1365, 264'. 1570, 279*. man mäste denn erspriesze
nicht mehr auf blut und schweisz ziehen.
ERSPRIESZEN, n. incrementum, successus: so änderst auch
gott das gedeihen und ersprieszen darzu geben solle. Simpl. K. 72.
ERSPRIESZLICH, utilis, gedeihlich: es sollte mir sehr er-
sprieszlich sein gewesen. Schweinicben 1,46;
dasz euer rath forthin dem reich ersprieszlich sei.
GRTPiircs I, 334;
allezeit mit ersprieszlichem rath behülflich sein. Weise erzn.
4G6;
freund, wer erkennet nicht den werth der Wissenschaft?
unendlich ist ihr rühm, ersprieszlich ihre kraft.
IIageoor!« 1, 17;
ein kleiner umstand, wie es denen, welche die weit nicht
kennen, etwa vorkommen möchte, der aber für uns und
unsre kirche sehr erspriesziiche folgen haben wird. Klopstock
12,361; es konnte dem Staate nicht anders ak ersprieszlich
sein. \ViELA>D 2, 323 ; ein reicher segen von ersprieszlichen
männern. Claudius 5, 75 ; einem alles erspriesziiche woler-
gehn wünschen.
ERSPRIESZLICHKEIT, f utüUas.
ERSPRIETEN, narem antenna inslruere, mit segelslange ver-
sehen, ein wart der seeleute und vom nl. spriet entnommen.
Garg. 79*. da spriet dem hd. spriesz entspricht, würde die hd.
form ersprieszen lauten, was mit den» eben verhandelten rerbum
zusammenfiele, spriesz, stange stammt her von sprieszen.
ERSPRINGEN, prosilire, exsUire, aufspringen, ahd. irspringan,
mhd. erspringen, ags. äspringan.
1) germinare, sprieszen:
mhd. ich sach bluomen schdne ersprineen,
daj ist vor dem walde schin. .MSII. 1, 72';
üj der diu »öeje balsamfrubt
erbluomet und ersprungen si. Ls. 2, 713.
nlid. unüblich geworden, vgl. entspringen und Ursprung.
2) in die höhe springen, tanzen und erspringen ; vom boden
erspringen, aufspringen, gern auch refl., sich erspringen in
freuden, exiuüüre. Keisebsbebg 6i7g. 72'. 9S'; si habent sich er-
sprungen in freuden in den allerbösesten dingen. Spinnerin
e4'; mein herz hat sich ersprungen in gott. po/ernos/er C 4 ;
da ersprang sich das kindüa Joannes von groszen fröiden in
muter lib. post. 1, 4.
3) zerspringen: das glas erspringt, bekommt einen sprung,
springt entzwei; wenn wir uns gleich von golt abkcren, wir
müssen in dannoch lassen gott sein, sollen wir drob er-
springen und uns im bauch weh thun. Frank paradoxa 6*.
4) oriri, entstehen, entspringen : da mag e. eh. gn. nach hoher
Vernunft wol crwegcn, was irrsal und ketzerci da erspringen
wird, wemi mau, Dicht anders in die sach siebet. Lutder l, 161*.
5) tr. erspringen, sallu prehendere, im sprung haschen:
mhd. diu katze wancte mc dan zwir
und woldes (die maus) hän ersprungen. Morolf 89fl,
vgl. Vi>TLER bei IIaupi 9, S3;
der hund ersprang den hasen; die trauben, die der fuchs
ersprungen. J. P. grOnl. proc. 2, xiii.
6) tr. sallu allingere, ascendere, insilire: Darius seinen hengst
den abend zuvor am selbigen ort eine stut erspringen liesz.
Garg. 240*; ersprang ein wand. 17s*; die krieger ersprangen
die mauer;
oder hast du ihn ersprungen? »hom 2, 76;
wie den löwen,
den in der wüste der hirt bei den wolletragenden schafen,
als er die bürd ersprang, zwar streifte, aber nicht streckte.
Blrcer 222'.
ERSPRITZEN, ERSPRÜTZEN, aspergere, coniingere siphuncuKs.
Stieler 2084.
EUSPROSSEN, ERSPRÖSSEN, ersprieszen machen, augerc:
die hutzeln helfen als feigen und ersprossen die rieht Ige-
richte), schon abgemacht (wenn sie schön zugerichtet werden),
kfichenmeisterei a 7 ; wer vil samlet, der hat nicht uberig, und
wer wenig samlet, hat kein mangel, wo wollen sonst die
kleinen beurlin neben den groszen meiern, und der arm
neben dem reichen bleiben, wenns nit golt also heimlich
gleich machet und das wenig ersprosset, das kein mangel,
und das vil zerstrewet, das kein uberflusz da wer? Frank
sprichw. 2,207*; gott ersproszt den mangel in thewrer zeit,
das wir auskommen, andere stelle Franks bei Schx. 3, 593 ;
gibt unser narung uns verborgen,
dieselbigen ersprosset er. H. Sachs I, 62';
will gott, er mag mirs wol ersprössen. 1,224*;
wann gott kau es gar wol ersprössen. II. 4, 3*;
einmal auch intransitiv:
also leszt sie vil ding verderbn,
erfaulen, erstinken, verösn,
kein gelt will nit im haus ersprössn. I, 449';
sie ist schön, wie in eden mag
der bäum des lebens ersprossen. Röceert ^e«. ged. 1,302.
ERSPRÖSZLICH, wie ersprieszlich : wir wündschten dem
beiden solche erspröszliche wolfahrt. Opitz 2, 275 ; das buch
doch hoffentlich an seinem orte wird ersprüszlich sein, poeterei
vorr. 3*. vgl. erbölig neben erbietig.
ERSPRÜHEN, scinliUare:
uns ist ein neuer strahl ersprüht,
und dort erlischt ein Schimmer. Rückirt ges. ged. 1,279.
ERSPULEN, wie erspinnen, cuif der spule gewirinen:
sie wendet«, kann sie was erspulen,
an ihren leib, an ihren buhlen. Göthe 41, 4S.
ERSPCLEN, eluere, ausspülen, auswaschen, ahd. irspuolan,
mhd. erspüelen: s6 du dih irspuolest. N. ps. 95, 6; fij dem
gemuore erspuolte da; »n;;er eiteriges gewürmes ein michel
chraft. Roth pred. 75. nhd. der ström hat die felsigen ufer
rein erspült ; die schusseln erspulen.
ERSPÜREN, indagare, explorare, ausspüren, aufspüren:
gleich die den luft erspüren
aufs weiter geben acht. Spee tnilzn. 122;
flucht, noch nie von wespen erspürt. TbIShmei. 8,290;
ich hab in euern thälern
die brunnen all erspürt. Rcceert get. ged. 1, 33;
der recke fiel, nun könnt ihr leicht erspüren,
wie sich die frauenschar der freud ergab.
Gries BqJ. 3, I, 62.
ERST, primus, s. erste.
ERST, adv. primum, superi von ir, gdcürzl ft (sp. 36. 46),
golh. air txqoh, welches doch keinen superi. airist, sondern daßr
frumist, ttqwtoi' bildet, ahd. aber gilt frist, mhd. Srest, ags.
serest, aerost; nnl. eerst, doch altn. fyrst, schw. dän. fürst.
alle diese adverbia sind, gleich primum und tiqüitov, ursprüng-
liche acc. neutr., wie man sie auch in zuerst, vorerst (zumeist,
zuletzt, zujüngst, zuoberst, zuunterst, zunächst, zul5ngsi, vor-
längst) anerkennen musz, da schon ahd. aj erist, zi örist, a;
jungist u. s. w. beslehn; es sind uralte, auf ehmals zulässige
fügungen der praep. a;, zi mit dem acc. hinweisende bildungen.
In air war die Vorstellung der frühe, in sei|)u die der späte
enthalten, der erste ist der frühste, der letzte ist der späteste,
die Partikeln er und sit, ^rist und lajöst, nJui. erst und letzt
drücken also das vorangegangne und nachfolgende aus. ähnliche
gegensdtze liegen in vor und nach, frühe und spiit, lat. antea
und postea, primum und demum (niclU aus St) fiövov, nah ver-
wandt mit deinde und deiiique). da aber begriffe des anfangs
991
ERST
ERST
992
und endes sich mischen, ende sowol das obere ah unUre ist {sp. 448),
ort den anfang und die spitze bedeuM, laufen auch primum
und deniutn in einander, und unser erst kann für beide gellen,
nähere beslimmungen treten noch durch das verbum oder durch
andere partikeln zu, die eben so oß gesetzt werden, als auch weg-
fallen; bisweilen bläht der sinn zweifelhaß oder mehrdeutig.
1) erst, primum, am ersten, unmittelbar von oder nach dem
verbum, zuerst: ags. s4cad terest godes rlce. Matth. 6,33.
mild, ölswenne irs anders jähet,
sil ir mich 6rest sähet. Pari. 612, 14;
von dem ßrst ersrhinenen taee
unz an d^s jüngsten tages scliiu
muoj Thesereij gepriset sin
für al Adams geslehte. Wh. 347, 16.
nhd. salmen oder selmling, was erst ausgat, das seltzam ist,
das ist ir jubilieren. Keisersb. s. d. m. 5', doch kann hier erst
auch neutr. des adj. sein; wem willst du es erst sagen, mir
oder deinem vater? Gellert;
Adramelech kam erst. Uessia* 2, 300 ;
dem gab die würde das Vorrecht
erst zu reden. 6, 23" ;
erst den Dardanos zeugte der herscher im donnergewOIk
Zeus. lt. 20, 215,
in welchen drei letzten stellen die classisclie spräche das adj. dem
adv. vorzieht, wir pflegen heute das erst einem folgenden pari,
anzuschieben: der erstredende, ersteintrefende, erstgeborne,
erstgenannte; verwenden aber statt des losen erst lieber zuerst.
2) erst, primum, zuvor, vorher: erst fragen sie sich selbst.
Lessinc 1,388;
kaum aber sah ich sie, so wich bei ihrem blicke
mein erst so dreistes herz schon ganz beschämt ziirücke.
Gellert 3, 309;
der weise vater
musz aber doch sich erst erkunden, erst
besinnen. Less1!«g 2, 311;
die frauen, die man erst erschreckt,
sind liebenswürdig zahm. Götue 1, 149;
und erst die mutter anzuschrein
nun eben als der morgen kam! 1, 211;
unbeweglich bleibt sie an der tliüre,
weil sie erst sich überzeugen musz. 1, 247;
er ist erst nach Leipzig gereist; ich habe erst noch etwas
zu thun; schneid ich erst oder ess ich erst? ich will erst
essen ; lasz mich erst ruhig essen ; erst will ich mich besin-
nen; du must es mir erst versprechen; man soll das obst
erst sorgsam abtrocknen, ehe man es einpackt; überlege
ja erst, gehduß: zuvor erst, vorher erst, erst zuvor, erst
vorher.
3) erst mit folgendem dann (2,742), primum — tum: erst
der Strom, dann die brücke; erst nasen, dann brillen; erst
nüschen haben, dann prischen nehmen. Simrock 7423 ; erst
du, dann ich, nach uralter hupichkeil;
ein keltchen erst, die perle dann ins ehr. Göthe t2, 149;
erst kiuder und dann brot für sie zu schafTen. 12, 153;
erst reinigt er das liciligthum
und dann entfernt er sich. Schiller 6S';
erst rettet mich und dann sieh ich euch rede. 517';
erst schmeicheln sie, dann kratzen sie;
erst gespieszt und dann gehangen!;
erst bat er gezankt, dann gelacht; erst hatte er wenig, dann
«ar er reich geworden, statt des dann stehen ebentrul her-
nach, nachher, danach: darnach erst, da sie starb und nuiu
ireo leichnam wusch, als man in den cl Ostern pRegt zu thun,
da sach man erst, das sie ein frawenbild was. Keisersb.
«. d. m. 1«*; darnach über acht tag, da gieng erst der bös
geisl von der frawen. 24'; erst schwieg sie, hernach sland
ihr der mund nicht slill; erst wollte er lange nicht, her-
uacb tliat ers gerne, nnl. eerst moet gij dit duen cn dan dal.
4) erst neben so, quam primum, sobald:
adh s6 Cman tr'isl g\na\i. 0. II. 7, 35;
sä Cr <rist sinu wort insuab. III. 4, 20;
■4 «r «rist quam. IV. 6, 10;
»ö ir irist thia archa ingigiung. IV. 7, 51 ;
nhJ. darnach ritten sie so erst sie mochtent. Aimon Vt>';
so erst er wider kern. Walpis 2, 88,
mIniU er lieim käme, oltne iweifei öfter noch, heute ungebraucht,
rgl. mhä.
dor in int sne sach. Reinh. 3202;
do In der vubs int an sach,
Bit fisnen worten Cr dö sprach, iion. l*t, 7.
5) erst, erst einmal, auch gehduß dann erst : also seind
eerabschneider nütz allen frummcn menschen, wann sie seind
wechter und lilgen {schauen) allwegen. und gedenkt ein
solicher guter mensch, so man dir sollichs nachsagt und
lügt uf dich, was wolle man denn erst thun, so es war wer?
Keisersb. s. d. m. 33"; lassest du dich anfechten, dasz mir der
könig also aufsälzig ist, wie wollest du erst thun, wenn du
als ich gegen im stündest ? buch d. liebe 247, l ;
und welcher prunk! 'ihr solltet ihn erst sehen
nach hofe sich erheben, itzo kömmt
er nur von einem kranken.' Lessinc 2,299;
die freud ist lange nicht so grosz,
als wenn ihr erst herauf herum,
durch allerlei brimborium
das püppchen geknetet und zugericht. Götuk 12, 135;
du fürchtest dich vor der Stadt, bist du erst da, so wird es
dir wol gefallen; ihre rede ist wollautend, du solltest sie
erst singen hören; sie bewegt sich voll anmut, wir wollen
sie erst tanzen sehen; sie rühmen Frankreich, aber du soll-
test erst Italien erblickt haben; das buch ist langweilig,
wäre ich erst zu ende damit ; eia, wären wir erst da I ; wäre
der kerl erst fort!; geh erst hin! komm erst daher! trink
erst!; wäre ich erst {primum) achtzehen jähre alt! wünscM
der sdiüler. diesem letzteren erst pflegt häufig ein nur ror^u-
treten.
6) erst, nun erst, jetzt erst, nunc demum:
mild, first do was ir leit. Nib. 949, 3;
iilid. erst schreib ich in ein halben fraucndiener. fastn. 744,3;
erst wuchs des tyrannen hochmut. II. Sachs I, 115';
erst geht recht an die tyrannei
des königs, das merk dir dabei. III. 1, 19';
hab ich denn heute erst angefangen gott für in zu fragen?
1 Sam. 22, 15 ; erst lief ihm die katz den rücken auf. Wickrah
rollw. 82 ; wie wer aber das ein ding, das einer foU ist und
das in erst hungert? Keisersb. s. d. m. 10"; er antwurt, vatter,
mich verdrüszt zu leben, ich wolt das ich weisz wa wer
(tiasz ich, ich weisz niclU wo wäre), soll ich mich erst mit dem
gaukelwerk bekümmern? 36"; Gabriotto sprach, mir feilt erst
ein, was das freundlich erbieten der jungfraw bedeuten wil.
buch d. l. 252, 3 ; erst nimpt mich nit mehr wunder, dasz ich
in deim abwesen mit solchen schweren gedanken beladen
gewesen bin. 253,1; erst verstünde Beinhart, wie es Rosa
munda gemeint hat. 237,4;
dasz ich ein schftfer bin, das macht gehurt und herde,
allein die liebe macht, dasz ich erst glücklich werde,
ich hab es nicht gewußt, worauf mein glück beruht,
nun aber seh ich erst, wie viel die liehe thut.
Rost scliäferg. 133;
ach wüstest du, wies fischlcin ist
so wolig auf dem grund,
du stiegst herunter wie du bi.>it
und würdest erst gesund. Götuk 1, 155;
und auf unsern pronienaden
zeigt sich erst die neigung stark. 1, 161 ;
meine bekanntschaften wurden erst recht weitlSuftig. 19,304;
ich merke erst wie lieb ich dich habe, da ich mich nicht
satt an dir sehen kann. 20, 136 ; ach wäre ich erst {demum)
dreiszig jähre alt ! seufzt der greis, diesem erst verbindet sich
kichl ein ausdrückliches nun oder jetzt : nu beleibt eu erst der
stein, aber vor war er eu nicht beliben. gesta Rom. K. s. 153;
bist du das erst jetz inne worden? erst jelr verston ichs,
nunc demum intelliyo. Maaler 117';
ich habe geliebet, nun lieb ich erst recht,
erst {anlea) war ich der diencr, nun bin ich der knecht.
GöTiiK t, 137;
und nun schlug die dumpfe geisterstunde
und nun schien es ihr erst wol zu sein. 1, 246;
jetzt erst erkenn ich was der weise spricht, it, 32 {
hier gieng nun erst das fluchen und schelten der postillone
an. 30,7; hier aber gieng der streit erst an. 24,100; nun
gieng erst recht das trauern an; nun heben wir erst an m
tollen!; kommst du erst? jetzt erst? nun erst? dann erst?
morgen, heut* erst (nicht vor morgen, vor heule)'* or>t libers
jähr: hab ich denn heule erst angefangen gotl für m /u
fragen? 1 Sam. 22, 15.
7) solches erst scMiesjl sich auch gern an pronomina : das
ist erst ein gros/er wollust, ca demum magna voluiMas csl.
Maaler 117';
dsf ist erst das röchln tünden,
dtsz entbrenne der gesang. Göthk I, 157;
993
ERST
ERST — ERSTÄNKERN
994
was soll der erst? quid tandem ille? ; was willst du erst?
wozu erst verlangt man das ? ; wozu erst \iel Streitens ? ;
ich erst habe darauf bestanden (kann auch unter 1 stdien);
was weisz er erst davon?
8) erst, eben erst, eben, modo: ich habe es erst (ganz
neulich} gesagt; die blume ist erst aufgegangen; du siehst
so frisch aus, als wärest du erst gestern gemacht ; ein vöglein,
das erst ausgeschloffen ist, hat noch kein gefleder; brachte
schöne geschnittene gläser mit erst geschöpftem Säuerling
angefüllet. Ettsers med. maula/fe 837;
er kam hie bei den ström und auf den grünen rasen,
da er erst hat den heim ins wasser Tallen lassen.
Werders Ar. 1, 24;
es war ein knabe frech genung,
war erst aus Frankreich kommen. Göthe 1, 181;
es ist gut, dasz der mensch, der erst in die weit tritt viel
von sich halte. 20, 120, welches letzte erst doch auch blosz pri-
mum bedeuten kann; spiele das lied der entzückung fort, er
ist erst gestorben. J. P. Hcsp. 4, 107. vgl. erstgefallen.
9) erst, nur erst,
a) was das vorhergehende eben, nuper dcmum: ich habe es
nur erst gesagt; ich sah ihn nur erst; nur erst vorigen
Sonnabend bekomme ich einen brief von ihn. Lessing 12, 114 ;
erst gestern, gestern erst.
b) demum, tantum, nicht eher, nicht mehr: er wird erst aufs
fest wiederkommen, spr. Sal. 7,20; im hundert und siben-
zigsten jar ward Israel erst wider frei. 1 Macc. 13, 41 ; erst
im zehnten jähr (decimo demum anno) erkrankte das kind;
er hat erst ein kind; ich habe erst ein glas getrunken; es
schlägt erst vier, erst ein viertel auf fünf; es wird erst um
sechs uhr tag, nicht früher; ich habe in dem buch erst ein
paar seilen lesen können ; die Sonnenfinsternis fängt erst
{primum) um iin uhr an und hört erst {demum) halb drei
auf; ich komme erst den löten; er hat erst begonnen; er
hat es noch nicht gethan, erst thun wollen ;
der jetzt alles vermag und kann,
war erst nur ein schlichter edelmann. Schiller 324";
sie wollten erst nur von zwölflausend hören. 327".
10) erst, erst noch: der mann soll erst geboren werden
(et» solcher ist noch nicht auf der weit) ; er will das buch erst
schreiben (es ist noch ungeschrieben) ; sie soll sich erst bessern.
11) erst, erst recht, gar: wenn ich Israel heilen wil, so
furcht ich erst die Sünde Ephraim (vulg. cum sanare vellem
Israel, revelala est iniquitas Effraim). Hos. 7,1; der unflat
soll er auch erst meinen spotten ? impuratus me üle til eliam
irrideat? Maaler 117*; da verhönt er es erst gar. Keisersb.
s. d. m. 34' ; da wurden sie erst freidig. Frank chron. 262' ; aber
es ist erst billich. Garg. 209'; wer sich ihm ergibt, der ist
erst verloren;
wer sich seiner (.Amors) schämt, der musz erst leiden.
Göthe 1,290;
es gibt auch verschlossene fruchte, die erst {demum) die
rechten kernhaften sind und die sich früher oder später zu
einem schönen leben entwickeln. 17, 88 ; der ist erst der
rechte; er schieszt schon gut mit der flinle, aber mit der
büchse trift er erst auf ein haar.
12) nicht erst: denn wenn golt einmal etwas beschleuszt,
so bedenkt ers nicht erst hernach (rulg. semel loquitur deus
et secundo id ipsum non repetit). Hiob 33.14; er weisz es
nicht erst aus büchern; ich kenne ihn nicht erst von heute;
ich habe es nicht erst aus seiner band; nicht erst einer,
sondern viele zusammen ; es gehet dem edeln gemüth. das
von der weltlust ergriffen wird, wie einem, der mit schlechter
hegierde zu essen zu tisch kömmt, und nachmals, wenn er
was gutes vor sich siebet und es dem munde beut, nicht erst
{schwäb. erst nicht) sich sättigen kann. Scriver Golthold 47.
13) die Verstärkungen allererst und ererst sind an ilirer stelle
aufgeführt, allererst kann in jeder bedeutung des einfachen
erst gebraucht werden, ererst entspricht der achten (ebenerst).
14) zuerst, was gleich anfangs gesagt wurde, verMlt sich wie
zuletzt, zujüngst = atid. zi erist, zi jungist, mhd. zerest, ze
jungest, d. h in diesen formen musz doch eine praeposition mit
dem davon abhängenden casus angenommen werden, mehr unter
der Iteule geltenden Zusammensetzung selbst, anders zu beur-
Iheilen sind wol die später außauchenden, dann wieder verschwund-
pe» TOn erst und mit erst, in deren erst wahrscheinlich eine
kürzung aus erste oder ersten rorgieny. mhd- beleijc für von
erst gewähren sclion:
III
des wines got, her Bäche,
der von erst erdähte most. Ir. kr. 987;
von dem disiu maere
von erste erhaben sint. Greg. 501 ;
von Srst so arznent iuwer leben. Bon. 68, 22 ;
nhd. von erst musz dar sein ein supp oder mus, bering, ge-
bachen fisch und grün kraut darzu, darnach pfeffer und
dann galrei, fünf oder sechs trachten. Keisersb. s. d. m.
11'.'; des die jungen man von erst meinten, die frawen triben
ir abeisz (aweisz) mit in. Steixhöwel dec. 13,3; das sie zu
des gefallen, das von erst ist erweit worden. 14, 14 ; von erst
soll du mir mein lohn geben, buch d. l. 200, 2. mit erst
erscheint üßer : weil ich mit erst den rat geben hab. buch
d. l. 240, 2 ; wolt er meinem ritfer etwas schmach anlegen
und in unterstehen zu strafen, müste er die hend mit erst
an mich legen, das. ; so Deng der ritter mit erst an zu reden
und sprach. 248,2; als ich die rose mit erst in dem garten
fand. 251, 2 ; mit erst wil mir als einer jungfrawen nicht
gebüren einen jungen ritter zu laden. 252,2;
aufs reich mit erst denk, und vorhin
ich selber mir der nechste hin. Lobwasses Cal. 49;
doch wil ich vor sein absolviert,
wie ich mit erst hab protestiert. Albercs 36';
die schlang mit erst er für sich nam. 166";
mit erst hatte er die weis, dasz er kam und pocht greulich,
als solt ich mich für im fürchten, chbüchlin B l'. Schweiz,
auch sid erseht, nuperrime. Corrodi doäer s. 240. vgl. erste
adj. und erste subst., auch erstlich.
ERSTABEN, rigere. ahd. arstapen (Graff 6. 613). in einer
älteren Verdeutschung der bibel heiszt es 2 Sam. 23, 10 : bis dasz
sin band gebrast und erstabete mit dem schwert, bei Lutber
bis das seine band müde am schwert erstarret ; Hieroboam
beszret sich nit, wiewol im der arm erstabet. Zwingli der
hirt. Zürich 1524 bl. 3 ; si erslabet als si war tot. Schmeller
3, 602. Maaler 175'' hat gestaben, Hebel gstabeln in gleichem
sinn, kein erstaben, die analogie von gestarren und erstarren
läszt keinen zweifei über erstaben. Verwandtschaft mit stab,
dem harten, festen holz liegt vor äugen, vgl. lal. stupere.
ERSTABEHN, dasselbe: und indem ich alsa herumb gienge,
käme ich in einen langen saal, in welchem Lucifer selber
sasz und unib ihn her der ganze höllische stat von teuflen
und teufelinnen, ich bliebe aber bei dem eingang erstabert
stehen. Pbilander l, 496.
ERSTAMMELN, balbutire, anheben zu stammeln.
ERSTAMMEN, obmulire, ahd. erstammen (Graff 6,680).
man zieht aber heute vor erstummen.
ERSTAMPFEN, percutere, contundere,
1) ffli/ den /"ü^sen erstampfen : die rosse erstampfen, stampfen
auf den boden.
2) zerstampfen: etwas zu brei erstampfen lassen.
ERST.4NDEN. part. von erstehen.
ERSTÄNGELN, fulcire.^stdngeln: gewächse erstängelu.
ERSTÄNKEN, foetore opplere, vgl. erstinken:
wann mich mein man hat oft geschlagen.
das will ich im des nachts eintrenken
und will in mit feisten am pet erstenken. fastn. 369,24;
eins tags da tanzt ich mit einer frauen,
das sie mich in der hend ward krauen,
da ich mit ir dort ümb her für,
da puckt ich mich, das mir ein scheisz enpfur,
damit ich sie so ser erstenkt.
darümb hat man mir die pusz angebenkt. 71.5,20. 726,20;
ir bös Wandel macht grosz gestenk,
das drung als auf mit groszem schübel,
erstenkt die hell gar leichnam übel. H. Sachs I, 358';
thut mich {den schuh) erfeulen und erstenken. I, 50t*;
und ob auch der vier herren ein richtet (einen verbredier hin-
richtet) uf seinen gudern also binnen dem eder, so sali er
inen abthun {den erhängten vom galgen nehmen lassen) uf den
dritten tag, dasz er niemant krenkt noch erstenkt uf der
gassen noch straszen. weisth. 2, 531 ; wie sie die hell mit
rauch erstenken, erdempfen, verbittern wollen. Ayrer proc.
2,U. _
ERST ANKERN, 1) dasselbe: ein ganzes haus erslänkern.
Scherfer 28.
2) «ras durchstänkem, perresligare. 2,1689. LirmER setzt
es ohne umlaul : wo sie einen Christen irgent im winkel er-
slänkern kundlen. 8, 81*. Mathesics hat derslenkern : wie
nun die alte schlang durch Arium und Mahometh ganz Orient
derstenkert und verwüstet. 67'.
63
995
ERSTARKEN — ERSTARREN
ERSTARR EN — ERSTATTEN
99G
ERSTÄRKEN, sumere robur, praeralere, xigne, stark werden,
mhd. als der lac erstarket. Eracl. 5S7,
wofür es sonst auch heiszt:
d(?r tac der wil geriehen. MS. 1,2"';
nhd. er ist nach der letzten krankheit wieder erstarkt; ich
bin noch nicht genugsam erstarket zu schreiben. Maalur
117*; also erstarkend inen die hend. Keisersb. seh. der pen.
32; die kinder wachsen auf und erstarken; die äste erstar-
ken; sein geist erstarkt;
dann er an seinen jaren
noch jung und nicht erstarkt was. Teuerdank 9, 21 ;
in tugend erstarkt. H. Sachs II. I, 1>;
mit dem erstarkt es in bosheit. I, 46'.
ERSTÄRKEN, corroborarc, excitare: so wirt euer herz er-
sterket. Keisersb. seh. der fen. 45;
wann ich bei deinen werken
die wunder dein betracht,
zur lieb sie mich erstarken,
der eiler schöpfet macht. Spik IrxUzn. 116(127);
laszt uns kräriiglicb erstarken
des verdienten {mannes) neues leben. Göthk 47, 129.
ERSTARKUNG, f. robur, augmenlum.
ERSTÄRKUNG, f. roboralio: woher kömmt es, dasz lieder-
liche alle männer über den tod ein schrecken schöpfen?
blosz weil sie sehen, dasz zu crslerkung ihres goltlosen
lebens wenig zeit mehr übrig. Rutsciiry kan:l. 278.
ERSTARREN, rigescere, slupescere, ahd. irstaren, mhd. erstar-
ren, vgl. lü. styreti, starr, steif sein.
1) die glieder trerden starr und steif: die band ist ganz
erstarret oder entschlafen, manus obtorpuit. Maaler 118*;
wellen uns dan auT die penk verdrechen,
das uns die rück pisz frue erstarren, fastn. 341, 4;
er auf dem kästen mer dan halber tod Inge mit erstarlen
armen umb den kästen. Steinhöwet. dcc. 70,29; auf dem
kästen von forcht und amechtikeit erslarl was. 77, 6 ; da
stund er und schlug die philister, bis das seine band müde
am Schwert erstarret. 2 Sam. 23,10;
war ganz erfroren und erstarrt. II. Sachs II. 4, 43';
als Niobe vor schmerz in stein erstarrt. Grtpiiids 1, 514;
da gedacht er, dasz es gnug werd sein, weil ihm die wehr
in der faust erstarret war. Garg. 258" ;• weil mir im schreiben
die bände erstarren wollen. Felsenburg 1,0; die äugen er-
starren;
mir stimm und zung erstarren. Spee trutzn. 66 (72) ;
sie steht erstarrt, mein ach erschallt,
man sieht auch keine thräne rinnen. Gelubt 1,241;
mein gebcin erstarrt. Gerste?iberc Mhwna s. 88 ;
der blick erstarrt. Gotter 1, 277;
in süszen schlaf erstarrt. Göki:igk 2, 9;
sie erstarrt! {wird ohnmächlig). 3, 93;
seine zunge erstarrte von glühendem durst. Kunger 5,97.
die leiche ist schon erstarrt (lodtenstarre).
2) zum bäum, stein, marmor erstarren : lasz über sie fallen
erschrecken und furcht, das sie erstarren wie die steine.
1 Mos. 15,16; er sah noch in sprachloser enlzückung nach
dem orte, wo sie zum lorberbaum erstarrte. Wielam) 1,207;
plötzlich erstarrte sie an der wand des palastcs in verstei-
nerter Stellung. J. P. Tit. l, 32.
3) das flüssige gerinnt und wird fest: das blul erstarrte mir
in den adem; ist ihm (Midas) sein essen und trinken in
Lenden und im halse erstarret und in gold worden. Matiiesius
1502,316'; von frost, vor frost erstarren, übrigere. Maaler II s".
4) da8 gesottene, gebratene erstarrt, wird hart: erwell das
bun in wasser, do wein und essig inne sei, dasz esz erstarr
und die fülle erkeck, kuchenmeisterei b4;
das hun war noch nicht recht erstarret. H. Sachs I, 509*;
(leszt) die erbeisx erstarren und übergehen (beim kociten).
1,51 f.
*gL die wanne speise abschrecken 1, 109, erschrecken, ror-
An 072.
5) das haar hört auf sich xu kräu.<ieln und richtet sieh empor :
UDd die der schneeigen slirne noch iünpt entrollenden locken
wurden ein struppige« haar, da<< »tachclirht neu und rnitnrrend
vom bocbschwaukeDdcn wlpfel zu hlmmlinchen «lernen eni-
porsoh. Voss.
C) schiffe erstarren in dem lebermeer;
iliii i'l-n tteuermann), dem vor slOrroen nicht mehr graut.
^'rl' 't der mui, wenn todirnsillle
«i«ii j< ther rtillt, das schlf erstarti. Gottfr t, 274.
7) das gewand erstarrt von gold und seidc.
8) erstarren, er$<aunen, erbangen : erstarret und werdet ver-
stürzt! Es. 29,9; und da Acbior des Holofernis köpf sähe,
entsalzt er sich, das er erstarret. JudUh 13,29; die menner
aber, die seine geferten waren, stunden und waren erstar-
ret, apostelg. 9,7; den mächtigen in Moab ward bange und
erstarreten alle einwoncr Cannan. Luther 3,257'; um zorn
und unmut bin ich schier erstarret. Kirchhof trcrK/i/Hm. 425";
wir erstarren über des knaben Schönheit, pers. rosenih. l, 42.
9) mehr abgezogen: nach einem kurzen erstarrenden still-
schweigen. Schiller 289';
die uns das leben gaben, herliche gefühle
erstarren in dem irdischen gewühle. Göthe 12, 40;
die lateinische spräche wird durch den gebrauch der Sub-
stantive entscheidend und befchlshaberisch. der begrif ist
im wort fertig aufgestellt, im worte erstarrt, mit welchem
nun als einem wirklichen wesen verfahren wird. 53, 124 ;
aber drei lautenhauche der flöte, mit der der blinde eine
schönere wärmere Vergangenheit vor die erstarrte seele zog,
lösten sein gerinnendes herz in ein nasses äuge auf. J. P.
Hesp. 4,81 (119); man kann der jetzt hersrhendcn. kalten,
auftrocknenden, erstarrenden (orfer tr.?) philosophie nichts
besseres entgegensetzen als die kenntnis der natur. Klingkb
11,163;
die auixen glühn im heiszen rachedürsten
erstarrte blitze auf den stolzen forsten. Lesau Faust 11«.
ERSTARREN, rigidum, durum facere. diese seltnere transitiv-
form würde im ahd. irstarian, irstarran lauten:
sie hauclit mich an, durchdringt, erstarrt die brusl,
umstrickt das haupt, zerrüttet alle sinnen. Göthe 13, 305;
die kälte, die den Jäger erstarrt. Kli.nger 2,252;
doch solch ein graun, wie jetzt, hat ihr die wangen
noch nie gebleicht, noch nie ihr blut erstarrt.
Gries Ar. 41,33.
ERSTARREN, n. torpor, Stupor, in Wirsungs arzneibuch 1597
s. 145 folgende Schilderung: der kranke liegt nit änderst als
schlafend, hat doch die äugen offen, bewegt aber weder die
augenlieder noch andere thcile des leibcs. trift sie das er-
starren ständlicli, so bleibend sie aufrecht, schreibend sitzen
sie wie die schreibenden, werden sie gen himmel sehend
berührt, so verändern sie iren stand nicht, welches dem
gemeinen man ein wahn macht, sie werden verruckt, seien
in einem gespräch mit golt oder den engein. darzu mischt
zu Zeiten der satan sein list, das man sie gleich für heilig
halte, wenn sie fürgeben, sie haben wunderbarliche ding im
fegfeuer, hell oder himmel gesehen, in summa solche er-
starrenden werden gleich wie die götzen. sehen mit offenen
äugen nichts, riechen und hören nichts, da ist kein wort in irer
kelen, kein bewegen der schenke!, wie der psalmisf singt ;
der pfalzgraf hatte das erstarren über Walts sturmlaulVii
flüssiger gemacht. J. P. flegelj. 1, SO.
ERSTARRUNG, /". rigor: erslnrrung der naiur. Maaier HS"
ERSTARZEN, frequentalire form von erstarren: solche wort
hört der kniend bruder ganz unbeweglich und erstarzt. Frank
c/iron. 223'. s. erstatzen t^nrf vietleiclit Slarzlidere sp. 982.
ERSTATTEN, restitucre, reddere, etwas an die stelle des er-
hallnen setzen, zurückgetien, in dir allen siirache geltan, gellen.
denn erstalten begegnet weder ahd. noch mhd. und scheint erst
nhd. dem lat. reslituere nachgebildet; auch kennt die nl. sftrache
das wort nicht, das dän. erstatte ist, wie schon die form -••• '
von uns übirnomtnen. aus Steinhöwel und Keisersbe?!.
noch keine beispiele vor, aber Luther, Frant. und andere
zeitige wie spätere bedienen sich des ausdrucks, den DAsyponius
432' für resarcire, Frisius t/nrf Maaier für substituere verzeichnen.
1) sächliche crstallung: es sol aber ein dieb wieder erstatten,
hat er nichts, so verkeuf man in umb seinen diebslal. 2 Vdv.
22,3; das gerauble vieh soll unverzüglich erslnllet werden:
fünfzig rinder und /.ehn pferde wurden erslatlel; und wann
ir auf kurz bievor gedachte weis wollen dis h. bienruge-
sciilei bte von eseln, kälbern oder Säuen wiileriiinb erslallen
{herstellen, erneuen), aufliringen und er« ecken, hirmiik .'i..';
Ich hofle, Mnhomet
sei mm «eslnnt die kinder ihrem vnter,
als pfSnüer den vortrage.«, zu erstatten. Gutiir '.. im;
jedes Samenkorn der Schöpfung wird durch sich sellisl er-
sinnet. IIerher 15, l.'i. ri^. wiederstalleti, wiedererslnllen.
2) ich leibe dir in deiner noih hundert Ih.iler. die du mir
erst in fünf jähren erstallen «nllsl ; lucrniil rr^l^itictf er «eine
997
ERSTATTEN — ERSTATTER
ERSTATTLICH — ERSTAUNEN
998
I
schuld; den verursachten schaden konnte er nie erstatten;
er hatte alle kosten und auslagen zu erstatten;
wer vor dem tode flieht, der flieht vor seinem schatten,
du inust eiust der iiatur die alle schuld erstatten,
der Zahltag liommt gewis, das Schicksal wird nicht ruhn,
bezahlen must du einst, willst du es murrend thun?
Lichtweb recht der rernunfl 79.
3) erslaltung des abgangs vnd mangels: und ich wil euch
die jare erstatten, welche die hewschrecken, kefer, geschmeisz
und raupen gefressen haben. Joel 2, 25 ; denn wo ich ewer
mangel hatte, das haben sie erstattet (izvarana vaninassu
usfullidedun). 1 Cor. 16, 1" ; denn meinen mangel erstatten die
briider ({)arbüs nieinos usfullidedun bru{)rjusj. 2 Cor. 11, 9 ;
und erstatte an meinem fleisch, was noch mangelt an trüb-
saln in Christo (jah usfullja gaidva agl6n6 Xristaus in leika
meinamma). Col. l, 24 ; und erstatten so etwas mangelt an
ewrem glauben (jah usliuhaima vaninassu galaubeinais izva-
raizös). l jT/icjs. 3, 10 ; es mag aber in des diesen mangel die
gemeine predigt erstatten. Lcther 3,271'; das abgelassene
blut wird dem leib bald erstattet, alle diese stellen haben
den acc. bei erstatten, in folgender jedoch erschdnt der dativ:
im winfer aber erstatt man dem mangel mit laub, das man
inen {den lämmem) im stall zu essen in die krüpfen wirft
(at contra penuriae hiemis succurritur objectis intra tectum
per praesepia cibis). Herrs Columella 77*. kaum ein druckf.,
sondern durch succurrere veranlaszt.
4) trie die golhische version unler 3 lehrt, ist erstalten zugleich
ein erfüllen, ergänzen, sühnen : deren sünd und föl mit unserm
fürbitt zu erstatten, versiinen und erfüllen. Frank ireW6. 109' ;
der gebott seind zwei hundert acht und viei-zig, dann so vil
glider seind am menschen, die dise gebott erstatten sollen.
ISO*; Adams liebster son, auf den sie alle ire hofnung setzten,
er sol den fall erstatten, der Cain, ermordet seinen bruder.
kluge weise reden löe5, 155' = 1570, 165' ; wurden fro, dasz
es zu dem kommen war, dasz sie ihr neidische begierde an
Tristanten erstatten möchten, buch d. l. 90, 1 ; wie möcht ich
denn mein fiimemmen erstatten? 236.6; solche 45 mann
werden mit sechs doppelsöldnern beschlossen und dergestalt
die ein und fünfzig mann erstattet {erfüllt, ergänzt). Kirchhof
mit. disc. 154; das ich nicht mag einem jeglichen seinen willen
erstatten und erfüllen. Paracelscs 1, 262'; deshalben, anlwort
sie, dasz dies gut glück, das unser beider beger und wundsch
erstattet, mir jetzunder grosze traurigkeit und angst dräuwet.
Amadis 24 ; auf dis verhiesz er im sein beger zu erstatten. 197 ;
unser glaube, den wir haben, soll erstatten unsern verstand.
Mich. Vehb 67,
ihn ergänzen, diese begier, verlangen, wünsch erstatten =
erfüllen sind heutzutage ungebräuchlich.
5) tftr sagen aber noch dank, nachricht, bericht, bescheid,
glückwunsch, grusz erstatten: er kam seinen dank zu erstat-
ten; diesem gelehrten und vorlreflichen manne, dem wir
hiermit für seine groszmütige bemühung zum voraus öffent-
lichen dank erstatten. Wiela>d 12, 351 ; es wurde davon aus-
führliche nachricht erstattet;
viel abenleur halt ich.
von mund aus erstalt ich
von allem bescheid. Kl. Schmidt poe(. br. 66;
der glückwunsch wurde nicht zur rechten zeit erstattet, auch
einen besuch erstatten, in den meisten dieser redensarlen gilt
auch abstatten.
6) neuere veraendungen :
was werden sie bieten, eine seele zu erstatten,
wie diese war? Schiller 3()2" ;
ich will gut machen ! glaubet mir ich wills,
alle leiden sollen euch erstattet werden. 468';
setzen sie hinzu, dasz schon seit seinem (des marquis) knaben-
alter, schon von dem tage an, da sich Carlos freiwillig für
ihn einer schmerzhaften strafe darbot, das verlangen, ihm
diese groszmütige that zu erstatten seine seele beunruhigte,
ihn gleich einer unbezahlten schuld marterte. 773"; einge-
äscherte dörfer lagen meilenweit herum in grauenvoller Zer-
störung, während dasz ihre verarmten bewohner hingiengen,
die zahl jener mordbrennerheere zu vermehren, und was sie
selbst erlitten hatten, ihren verschonten mitbürgem schreck-
lich zu erstatten. 9S5'; leser des almanac des goumiands,
denen wie den zoophyten der darmcanal das herz erstattet.
J. P. dämm. 11>*.
EKSTATTER, m. reslitulor: ist dir wol jemand unter den
kunigeu von Pcrsien bekant, in deren lande und reiche nicht
za einiger zeit eine Verwüstung sich begeben habe, ohne
allein in dem königreiche des allmächtigen erstatters? pcrs.
baumg. 1, 14.
ERSTATTLICH, reparMlis, ersetzlich: zu ihrem unerstatt-
lichen schaden. Ettners «ntr. doct. 268.
ERSTATTLICH, proßcuus, ulilis, kos zu statten kommt, mhd.
ze staten kumet, slaltlich, ganz verschieden von dem vorigen:
das gott gefällig und sinem heiigen wort erstattlich sin möge.
ZwiNGLi 1, 5S1. in folgender, nidit ganz klaren stelle scheint davon
das adv. gebraucht : solche natürliche presten möchten etlicher-
maszen erstattlich erganzen und einbringen. Fischart eh:. 573.
ERSTATTNIS, f. restitutio, compensatio, ersalz: was e. g.
über das sol oder wil genannter Elsen zur erstattnus oder
für ihre ehre geben. Luthers br. 4, 273 ;
unt hails erstatnis tun. Melisscs p$. E 1*.
ERSTATTUNG, f dasselbe: dann es nicht gut were, die
bisher gesessen zu verstoszen on erstattunge. LtrrBER 3,171";
wie ich meine zu Basel stehende behausung erkauft, dieselb
mit barem gelde zu bezalen zugesagt, welchem ich auch er-
stattung gethan. Thurneisser «o%. auwcAr. l, 94 ; aber sobald
das übel geschehen war, kam er wieder zu sich selbst und
dann pflegte er sein haupt nicht eher sanft zu legen, bis er
demjenigen, der dadurch gelitten, alle nur mögliche erstat-
tung gethan hatte. Wielaxd 6, 5S.
ERSTATZE.X, stupere, haesitare lingua, in einer schon oben
sp. 147 unter erdaltem ausgehobnen stelle Franks, und icahr-
scheinlich ein und dasselbe mit dem vorhin aufgeführten erstar-
zen, nur treisz ich nicht, Kelche der beiden formen die richtige
ist. denn erstarzen leitet sich von erstarren ab und erstatzen
stimmt zu statzen, stammeln. Schxeller 3, 673 hat neben einem
andern starzen gleichfalls statzen.
ERSTÄUBEN, pulcerem excutere, ausstauben, lüßen. bei Maaler
lis' ohne umlaut erstauben, eventilare, vom staub erseuberen.
ERSTÄUBERN, dasselbe, purgare: ich kann euch das him
erstäubern, geraten ir mir zu zuhörern, so wird gewis dort
die Weisheit auf der wegscheid umsonst rufen. Garg. 17';
gleichwie das weisz (die u-eisze färbe) euszerlich das gesiebt
vertheilet, verstreuet, spatzieren und splacieren füret, also
entscheiden , ermunteren, ersläuberen, erquicken und er-
spatzieren sich auch davon die gesichtliche spiritus oder
augenscheinliche lebkräfte. 127*; dies weret etwan auf zwo
oder drei stunden, bis er sich gar ausgerüst . . . ausgebür-
stet, ersteubert und erblasen hett. 174'.
ERSTAUNEN, stupere, admirari, gleich dem einfachen staunen ;
bisher weder ahd. noch mhd. aufzuweisen, da indessen schon ein
ags. stunian impingere, obtundere, allidere, engl, stun betäuben,
ferner ein mnl. stunen (Maebl. 3, 46. 52. leketisp. Hl. 3, S65), etwa
im sinn von ßrmum stare, obstare begegnet, in der Schweizer-
sprache aber bis auf heule stunen ein lä}endiges worl geblieben
ist und so wie starren oculis rigentibus aspicere bedeutet, läszt
ädi an dem alter des ausdrucks kaum zweifeln, es genüge an
einigen stellen aus Corrodis dokler :
stuunet is grüen (starrt ins grüne). 94;
pletscht inen sessel und stuunet
aben an bode (starrt an den boden). 97 ;
stuunischl ufen i dlufl (starrst hinauf in die luft) und luegist,
wo dvögeli Düged. 134.
bei MiCRÄLiDS lebte noch die alte bedeulung, wenn er 2, 235 sagt:
dasz ihme alsfort die band erstaunet und erstarret ist ; diese
sind der eigenschaft des zittertisches, welcher dem fischer,
der allein am garn zeuchet, seine glieder erstuunen und
entschlafen machet. Thurneisser prob, der harnen 74; wann
mucken oder käfcr auf eine rose sitzen, so erstaunen und
erstarren sie. lustg. 671. AIaaler 118' führt blosz erstaunen
obstupere, nicht das einfache staunen an, nhd. sind staunen,
anstaunen, erstaunen geläufige Wörter, vielleicht darf man
staunen als forlbildung von stauen ansehen, Zusammenhang zwi-
schen erstaunen und franz. ^tonner, Ictt. attonare, zwischen
erstaunt und attonitus, engl, astonished ist unglaublich, da in
diesen fremden Wörtern zwar der sinn des erschreckens und er-
slarrens, nicht der des Staunens und starrens liegt, auch weiclU
das engl, stun von astonish.
1) inlr. erstaunen: ich erstaune obstupeseo. Lessinc 1,379.
390.546; wer sollte nicht erstaunen und sich verwundern?;
man erstaunt über die pracht und den rcichthum, über die
Schönheit der frau, die kühne that des mannes; ich erstaune
über ihren verdacht nicht ; man musz erstaunen, wenn man
es hört;
63*
999
ERSTAUNEN — ERSTAUNLICH
ERSTAUNT — ERSTE
1000
er sah sie an, erstaunt, und biesz sie schön. Gellsrt 1,135;
erstaunst und eilst und kaurst und liest. 1,225;
wohin er auch die blicke kehrt und wendet,
jemehr erstaunt er über kunst und prachi. Götub 4, 159;
und es erstaunten die Treunde, die liebenden eitern erstaunten.
40, 3-24 ;
sie haben mich erstaunen gerriacht. 10, 142. es heiszt auch
erstaunen vor und ob einer sache, Voss hol sogar den bloszen
daliv gewaijl:
all erstaunten dem zeichen.
2) tr. erstaunen: das erstaunt mich, verwundert mich, setzt
mich tu erstaunen, macht mich erstaunt, macht mich staunen;
mich erstaunt ihr niuth. Gotue 10, 142;
daher kommt diese Übereinstimmung, die einen jeden erstaunen
musz. 16,295; das erstaunte die eitern und betrübte sie wol
zuweilen. Arndts leben 70 ; am meisten erstaunte sein gesiebt. 117,
3) das part. erstaunt gienge auf die intr. wie tr. bedeutung
zurück, besaer doch auf jene:
wir sind abei derniasz erstunt
von dises eroszen wunders wägen,
das unser leiae {Mfirilta und Maria) nichts kondt sägen.
Jac. Funkelins spit vom Lazaro. 1552. F4';
was stehst du so und blickst erstaunt hinaus? Götuk . . .;
man kann nicht erstaunter sein, als er es über die seltsamen
dinge war. VVieland.
EHSTAUNEN, n. l) rigor: ersinnen des zäpflin. Hier. Boci
regiment A 8*.
2) stuf)or, admiratio, der höhere grad von Verwunderung :
butterkringel im dorfe genannt, von dem Thüringer bretzel,
grosz und dick zum erstaunen und wol mit rosinen gesattigt.
Luise aus(j. t. h. 183;
und mit erstaunen und mit grauen
Sehens die ritler und edelfrnuen. Schiller 70';
Wilhelm sab aufwärts und, hatten ihn die kinder in Ver-
wunderung gesetzt, so erfüllte ihn das, was ihm jetzt zu
äugen kam, mit erstaunen. Götiie2I, 5; Heidelberg und seine
gegend betrachtete ich in zwei völlig heiteren tagen mit Ver-
wunderung und ich darf wol sagen mit erstaunen. 43,125;
nicht ferner will ich in dürrem erstaunen deiner furchtbaren
grOszc hindämmern. Klinger 2,200; für dich kann ich nur
kaltes erstaunen fühlen. 2,202; plötzliches, heftiges, freu-
diges erstaunen.
ERSTAL'.NEND, l) stupens, stupidus: diese krankheit macht
die pferde dumm erstaunend, unempfindlich und aller dinge
vergessen. I'kkenbach 2, 49 ; wir betrachteten alles erstaunend.
21 s/«;((7i(/i(,s ; zeiget sich an den erstaunenden stücken
einer solchen statue. Winkelsann 5, 270; er hat Ciceros
werke durch kostbare noten und ein erstaunendes register
brauchbar gemacht. Haukner 2,127; eine erstaunende menge
thränen. 4, 8S; ein erstaunendes vermögen. 4,164; wie er-
staunend werden die Veränderungen sein. 4,240; ich hab
erstaunende stiebe auf der brüst. Lenz 1,306; ein erstau-
nender beifall. Gotter 2, ii; eine erstaunende Wirkung.
Ki.iNCER 3, 163; das werk macht ein erstaunendes glück.
GöTHE 10, 69 ; die Zeichnungen sind herlich, tuschen sie nur
mehr, es ist ein erstaunend gefühl in dem getuschten, an
fr. von Stein 1, Gl.
31 adv. mirum in modum: erstaunend! woher mag die Ver-
änderung kommen? VVeisze trauersp. 5,147; sie werden sich
noch erstaunender wundern. Hippel 13,10; der erste blick
vom berg herab in das Hasliland ist frappierend, die gegend
ist erstaunend weit und angenehm. Göthe an fr. v. St. 1, 258.
ERSTAL'.NENSVOLL. plenus admiratinne :
dies wort macht mich erslaunensvoll. i. E. Sculecbl 1,373.
ERSTAL'.NENSWEUTH, slupendus: eine erstaunenswerthe
bandlung;
des augenblicks erstaunenswerthe wunder. Schiller . . .
EHSTAL'.N'LICH , dasselbe: ich höre erstaunliche dinge;
eine erstaunliche kraft; mit erstaunlicher Schnelligkeit;
hatte dem vater zu ehren
buodert entauolicbe tempel erbaut und hundert altäre.
UiJRCEH 247';
gönn ihr zeit,
von dem erstaunlichen ilch zu erholen. Schillii 500*.
ERSTAUNLICH, adv.
sie, die uns warnen toll,
entaanlich! die vernunfl reicht uns den glfikelch voll.
ÜtscM poet. werlu 1, 168 ^
M itl erstaunlich kalt; er ist erstaunlich befangen;
die schuld dci bAsen flebers,
tfsf ganz erstaunlich nti die nerven grelli. Schiller 291' j
du bist ja heute
enuunlicb sicher. 2M'.
ERSTAUNT, s. erstaunen.
EKSTAUNUNG, f. rigor, Stupor, oß mit Verwunderung verbunden :
und so sonst noch ein böser zufall darzu schlüge, als ein
kalter schweisz, schaudern oder erzittern, erstaunung oder ein
erkältung aller euszersten glieder sampt der haut. Uefenbach
2, 49 ; benimbt fast alle erstaunungen, dormitationes und
unempfindlich machenden afifect der keilenden zilfellen.
Thurneisser inß. Wirkungen 6; das destillierte wasser {der
katzcnminz) tilget die langwürigen hauptschmerzen, Schwindel,
erstaunung der glieder, schlafsuicht u.s.w. Houberg 1,56"';
mit der erfindung der microscopia siebet man zu groszer
Verwunderung und erstaunung viel neues auch an einem
kleinen blümlein. Scriver str/enicA. 2, 807; fürlreflicbe lugen-
den sein des pöbeis verstände unbegreiflich, die mitlereu
jagen ihmc eine Verwunderung und erstaunung ein. Bltsculy
I'atm. 356 ; diese verwunderungsvolle aventure setzte uns in
die grüszte erstaunung. Fclscnb. 3, 255 ; über deine erstaunung.
Liscov 299 (366) ; dasz Agathon von entsetzen und erstaunung
gefesselt, wie eine bildseule stehen blieb. Wieland 1, 33.
EHSTAUNL'NGSTEH.MIN, m. tempus torporis, also mit der
ursprünglichen bedeutung des erstarrcns: bewahre was dir an-
vertrauet ist, 0 lieber Tbeophihis, denn die storche und
schwalbens thuns und können(s) sogar in sümpfen undleichen,
im moraste und grundsuppe der seen nicht aus ihren ge-
dächtnissen und acht lassen ausleschen, durch den obwol
langwierigen erstaunungstermin und grimmiges froslwetler
oder kaltwäszriges dement, darinnen sie wie erstaunet, ent-
zucket, erstorben und entseelet liegen. Pbaetobics winterq. vorr.
EIISTAUNUNGSVOLL:
um einen arzt und seine bühne
stand mit erstauiiungsvolier miene
die leicht betrogne menge,
in lobendem gedrenge. Lessing 1, 59;
die erstaunungsvollen wunder der natiu-. Klincer 11, 161.
ERSTAUNUNGSWÜRDIG, wie erstaunenswerth.
EKSTBESAGT, modo dicius: erstbesagle meine Schuldigkeit.
BüTsciiKY kanzl. 109.
ERSTBESITZEND, prjm«wi possidens:
dem erstbesitzenden gehört die weit. Schiller 504'.
ERSTE, primus. die grundzalU und Ordnungszahl der einheil
riihren niciU aus demselben stamm her. so weicht schon skr. eka
ab von prathamas [neben pörva), zend. aSva von frathemö
{neben paüirja), gr. eh von tiqcötos, lii. viens von pirinas,
lat. unus von primus, goth. ains ton fruma, altn. eiun tun
fyrsti, ahd. ein von furisto und aristo, mhd. ein von erste,
nlid. ein von erste, wie aber die partikel nQcoi an Ti^türos,
prius an primus klingt, furi an furisto, entfaltete sich auch aus
goth. air [vgl. rjoi) ein adjeclivischer comp, airiza prior, doch ein
superl. aiiist fehlt ; aus ahd. 6r sowol der comp, friro prior, als
der superl. «5risl primus, mhd. örre und 6rest, nhd. ehest und
erst {sp. 47. 49), und diesent erst, erste ist die rolle der ordi-
naleinzahl übertragen worden, beide Vorstellungen ehe und frühe
grenzen anrinander.
1) gleich allen Superlativen ist auch erst der starken wie der
schwachen form fähig, als Ordinalzahl neigt es sich gtrn der letztem
zu. wir zahlen erster theil, erste auffoiderung, erstes gebot,
aber auch der erste, die erste, das erste.
2) der erste mensch, primus fiomo, goth. sa fruma manna :
geboren vom geschlechte des ersten geschalTcnen menschen.
weish. Sal. 7, 1 ; der erste mensch ist von der erden und
irdisch. 1 Cor. 15,17; dan der erst mensch Adam ist durch
den frasz verfüret worden. Keisersm. s. d. m. 3". der erste mann,
prior maritus. 5 Mos. 24, 4 ; der erste söhn, primogenitus, goth.
frumabaur {gramm. 4, 462) : Caiiaan aber zeuget Zidon seinen
ersten son. 1 Mos. lo, 15 ; Buben, mein erster sun, du bist meine
krafl. 49,3; deinen ersten son soltu mir geben. 2 Mo.<s.
22,29; und erkennet sie nicht, bis sie ircn ersten sun gebar
{ahd. unzan siu gibar ira sun Aristboranon, ags. od )).1l bro
cende hirc frumcennedan sunii). Matlh. 1,25; und si gebar
iren ersten son [ags. hire frumcennedan sunii). Luc. 2, 7.
der erste tag: da ward aus abend und morgen der eiste
tag (it'o vutg. factum est vespere et luanc ilie» uiiu«, /..V,V
Tjfte^a ftia). \Mos.\,'ö\ am ersten tag des /ihendeii iiuhuU
[vulg. prima die mensis). H, 5; der erste lag sol beilig .«ein.
2M0S. N, 16; die erste nacht im neuen bause hatte ich einen
Irnimi ; das erste viertel.
3) und die sieben magere Lue fraszcn ouf die sieben ersten
feilen kue {rulg. priores). iJtfw. 41, 20; und den ersten lisch,
1001
ERSTE
ERSTE
1002
der aufer feret, den nim {tulg. gui primus ascenderit, ahd.
erist üf quimit). Malth. 17, 27. die drei ersten jähre, tage,
stunden; heut ist der erste {tag des monats); ich laufe spa-
zieren, sie sehen es ist das schönste erste wetter (frühling,
primavera). Göthe an fr. v. S. 1, 287.
4) die erste fracht alle des, das in irem lande ist, sol
dein sein {ntlg. primitiae). 4 Mos. 18, 13 ; es war aber eben
umb die zeit der ersten Weintrauben (tempus quando jam
praecoquae uyae vesci possunt). 13,21; ich sähe e\vre veter
wie die ersten feigen am feigenbaum (quasi prima poma
ficulneae). Hos. 9, 10;
die erste blum im garten,
die erste blQt am bäum. Götbk 1, 25.
5) ich reiste aus mit dem ersten licht, prima luce; stehe
des nachts auf und schrei, schütte dein herz aus in der
ersten wache gegen dem herrn (in principio vigiliarum). klagt.
kr. 2,19; als ich im ersten schlafe lag; es war schon in
der ersten dammerung.
6) der erste mord; die erste sünde, lüge; der erste krieg;
der erste harfner, angler, fischer, Schiffer, schmied.
6') das erste mal, prima vice, wie das andere, dritte mal:
so wie ein durch den fleisz vollendeter Student,
nach einem glücklicbea examen,
sich selbst vor trunkner tust nicht kennt,
wenn ihn die magd in seiner schöne namen,
nach einem tieTen compliment,
das erste mal herr doctor nennt. Gellzri 1, 14-1.
7) mhd. an dem erestem stöje. Diut. 3, 50,
bäm ersten zusammenstosz , bei der ersten begegnung; nhd.
an der ersten (fart, prima vice). Keisersb. bilg. 76", ico sich
aber auch erste substantirisch fassen läszt; wer unter euch on
snnde ist, der werfe den ersten stein auf sie {lat. primus
lapidem in illam mittat). Joh. 8, 7 ; auf den ersten schusz
fielen drei feinde ; die erste kugel risz zwein die köpfe ab ;
das hat er nur so im ersten ärger gesagt; auf den ersten
blick, primo obtulu;
man läuft euch bei dem ersten blick davon. Göthe 12,38;
so ein erster wink
kann unterwegens wenigstens nicht schaden. L£ssi:ig 2, 329 ;)
auf seines lebens erstem gange. Schillee 77';
der ersten liebe goldne zeit, das.;
er fiel gleich im ersten gang, beim ersten stich; ich liesz
den ersten stürz (der thronen) vorbei. Felsenb. 3,142; als der
erste gusz {des regens) vorüber war;
wo ist mein erstes tischen (inrin sonstiger köstlicher tisch)"}
asch ess ich jetzt für brot. Flejiimg 23;
ich will es mein erstes sein lassen, es soll das erste sein vas
ich thue; wenn der blosz kluge mensch sein erstes hätte
»ein lassen, die läge zu prüfen. Schiller 773'; mein erstes
war nach dem arzt zu schicken ;
mein erst gefübl sei preis und dank. Gellert 2, 108.
7') das erste, rorzü^ichste, beste : die ersten familien des lan-
des wünschten ihn zum Schwiegersohn; der zirkel der ersten
häuser ist ihm von nun an verschlossen, -mit euern ersten
häusem'. Lessing 2, 124 ; dies tuch ist von der ersten gute ;
bäudel von der ersten sorte. Göthe 12, 48.
8) die rorstellung des ersten ictrd ^hoben durch den gegen-
sal: des letzten:
er rant vom ersten bis ann lasten. Ring 55', 25;
aber viel die da sind die ersten, werden die letzten, und
die letzten werden die ersten sein (vulg. multi autem erunt
primi novissimi et novissimi primi, ahd. manege werdent
Fristen jungiston, inti thie jungiston eriston, ags. manega
fvnneste beod yteraeste and ytemeste fyrmeste). Matth.l9,Z0.
das goth. managai vair{)and fnimans aft'umans, jah aftumans
frumans, ergibt sich aus Marc. 10,31; und werde der letzte
betrug erger denn der erste {rulg. et erit novissimns error
pejor priore, ahd. inti ist thanne ther jungisto irrido wirsiro
thcino erircn, ags. |)onne byd \iAt äftore gedvyld vyrse {)onne ^ät
*rre. golh. jah ist so speidizei airzi|)a vairsizei }>izai frumcin).
MaUh. 27,64; der erst gehet vorn, den letzten beiszen die
hund. LEHNAKM78; ich bin doch nicht die erste und nicht
die letzte [hurentrosl) ; du sprichst als ob du die erste und
letzte wärest. Hebbel Mar. Magd. 96 ; lassen sie ihn den eisten
und letzten sein, der so grausam mit uns spielen darf.
LESSI^G 1, 283 ;
gönnet mir, o quiriten, das glück und jedem gewahre
aller guter «fer weit erstes und letxies der goti.
GöTBB J,28«;
es war das erste und letzte mal dasz ich ihn sah.
9) oft knüpfen sich der erste und beste m der meinung
dasz das erst und schnell ohne zaudern ergriffene auch das beste sei.
der zueile artikel fällt dabei zierlich aus. den schon 1, J659, 5
gelieferten beispielen lassen sich viele beifügen: das erste das
beste, Optimum quodque primum. Stieleb 359 ;
das erste stück das beste. Scberfeb 220;
so kann der general aus dem zweiten treffen so viele escadrons
vorziehen, wie er gebraucht, und nur die ersten die besten dazu
nehmen, (a. 1744). oeuvres de Fredmc le gr. 30,134; von mir
sollte jemand so reden ! ich drehte dem ersten dem besten
den hals um. Lessisg 1,470; der erste der beste, nur blindlings
zugegriffen. 2, 368 ; ach Lisette, meinen kummer zu erleich-
tern, musz ich ihn dem ersten dem besten erzählen. 2,382;
weist du, wen der herr von Schlag heiraten will? 'die erste
die beste, wenn sie nur geld hat'. 2,394; sie gab mir den
ersten den besten in die bände. Wielasu 2,39; von dern
ersten besten priester der Cybele. 2, 268 ; der erste beste
parasit. 3, 52 ;
die erste beste, die seinen kleinen Staat
auch nur zufälliger weise betrat. 5, 1 ;
die erste beste, die ihm in die äugen stäche. 8, 309 ; o wenn
er todt wäre, ich stürzte mich ins erste beste wasser. Weisze
kinderfr. 11.120;
des wird herr Jupiter ergrimmt,
sein ersten besten strahl er nimmt
und schmeiszt den kerl die kreuz die quer
burlurli burli ins thal daher. Göthe 13, 4;
habt ihr nicht schon geredet, mich an den ersten besten
pfähl zu hängen? 14,299; legte hut und degen auf die erste
beste steinerne bank. 24,84; angenommen, dasz Bürger nicht
knall und fall sich hingesetzt, die erste die beste versart
ergriffen und ohne weiteres bedenken drauf los gedolmetscht
habe. BtjRCER 177'; nun aber komme mir der erste beste
hund aus der Stadt. J. P. flegelj. 1, 81.
10) früher galt auch der erste der liebste: damit gieng es
vom leder. zwene giengen zugleich auf ihn los, als wann
er der erbfeind christliches namens wäre, er rufte und
schriebe 'nach manier, einen auf einmal ! ' sonst wolle er
sich seines rathes brauchen und den ersten den liebsten
durchrennen, pol. stock f 286. des^. der nächste der liebste :
ich befahl, dasz er augenblicklich einen von seinem cameraden,
den nächsten den liebsten aufsuchen und ihn sogleich zu
uns schicken sollte, irr^. d. l. 521.
11) zu achten ist darauf, dasz die ältere spräche neben dem
pronomen und den vörtem sprechen, trinken, kommen, gehen,
thun «. s. w. das adjectivische praedicat 'der erste' verwandle,
statt dessen sich allmdlich das adv. 'erst', 'zuerst' eingedrängt hai.
ganz tcie skr. aham pürva, gr. iyca Tioörroi, lat. egc primus,
franz. moi le premier, engl. I the first, hiesz es auch früher
ich der erste, die erste, das erste:
mild. Erec der ßrste an si kam. Er. 2565;
nhd. und als sie itzt gebar, that sich eine band heraus, da
nam die wehmutter und band einen roten faden darumb
und sprach, der wird der erste heraus komen (iste egredietur
prior). 1 Mos. 38, 28 ; agrippa, ein kind das mit den füszen
der erst kümpt. Albebcs; da braut das haus und da wolle
ieglichs das erst sein zu der hauslhür hinaus, seh. und ernst
1555, 152 ; disz volk hat Carolus magnus erster tprimus) zum
glauben bezwungen. Frank «rW/ft. 61' ; dahin David sein künig-
lichcn stul versetzet und erster {primus) die stad Hierusalem
nennet, chron. 29'; Otbertus der sich erster ein grafen von
Habsburg hat genennt. 213'; er wird mir die ehr anthun
und mich der erst beiszen trinken. Albebcs ll'; und sorget
nicht dafür, ob er oder der hausherr der erst trinke, das.;
der erster zum herd kumpt, setzet sein häflin wohin er wil.
kluge veise reden 1565,217' (1579,229'); nichts desto weniger
brach der pabst das bündnis der erste. Zinkgr. 1,87; er
rennte der erste in die Türken. 1,118; so habet acht, wer
den andern tag hernach der erste zum stadtthor hinein gehen
wird. pers. rosenih. 2, 20 ; ich habe die erste gesündigt {prima
pcccavi), läszt Gesz5Er im Abel die Eva sagen; ich geh der
letzt {uUimus venia). Abnolds pßngstm. 188; war Gustav Adolf
immer der erste bereit die band zum frieden zu bieten.
Scbiuer 908". unter dem volk hört man: er sprach der erste,
ich that es der erste, letzte, die Schriftsprache zieht aber das
adv. vor, tcodurch z.b. Voss in folgenden stellen das homeruiche
TtQÖhos übersetzt:
erst nun erschlug den Troern Antilochus einen der kämpfer.
//. 4, 457;
1003
ERSTE
ERSTE — ERSTECHEN
1004
erst vor allen erstand der herscher des volks Agamemnon.
1. 1«2 ;
Nestor hörte zuerst die stampfenden huf. 10, 532.
doch BCaeER 195*
also sprach er und gieng der erste aus der versamlung.
eigenllich ist ein unlersdiicd zwischen ich hüre es der erste
{primus) und ich höre es erst, wegen Vieldeutigkeit dieses adv.,
bestimmter wird zuerst, schon Otfrid I. 3, 4
scrib ih hiar nu zi ärist,
statt tbCr aristo, auch die S/aren schwanken, s. b. die Polen
zwischen najpicrwszy jnimus und najpierw primum. auf gleiche
weise sidit aber auch der nom. neben dem pass-ivum : als die
von got die ersten geraachet wurden, du er ein lerjunger
was (furon fatti da donienedio al Icinpo che egli avea coiniu-
ciato). Steinhöwel dec. 393, 5 = 1580 2, 13'.
12) wie aus erst weitere adverbia entspringen (sp. 993. 994),
bilden sie sich auch mit erste:
a) der acc. n. steht adverbial:
mhd. daj uns drste woere leide gescheiten. Nib. 1029,2;
alle raine sorge sint mir erste nu bekant. 1034, 4;
so sihet im erste leide der Gunthcres man. ISTn, 3;
ich bin 6rste erzürnet, wan ich lützel schaden hän. 1994,3;
dö ej erste tagete. Ctidr. 11%, 1;
sit ich die guoten ßrste gesach. Gerb. 3346;
dö man örste was ges^jjen. 4536;
sit der zit,
da; ich örste hüs gewan. lie. 2825;
mit artikel 'da; frste' habe ich nicht angemerkt.
b) wol aber begegnet mit ihm der geniliv:
mhd. der slouT des Ersten dar in. Hahns Strickbb 21, 23;
nu hat ir dös ersten reht. Iw. 2902;
wenn er {der hechl) in {den andern fisch) überwindet, so frijt
er daj haupt des ersten {zuerst) und wenn er da; verdaut,
so i;t er da; ander tail dar nach. Megenberg 254, 9 ; das
die flamme der lieb des ersten klein sei. Albr. vonEybe4';
man solle der liebe des ersten widersten. 5'. für gen. ersten
oAne art. gebrechen sichere belege, s. erstens, ehestens.
c) am ersten:
da; tet im an dem Ersten wä. GA. 1, 23;
nhd. geben wir ungefuogen zol,
den der Neithart am ersten fand, fastn. 420, 11;
herr Cunrat, nu facht am ersten an. 710, 15;
herr Cunrat, nu hebt am ersten an. 705, 20;
herr Hainrich, hebt am ersten an. 747, 24;
alles was seine mutter am ersten bricht (quod aperit vuivani),
ist mein. 2 Mos. 34, 19, vgl. allerlei raenlin, das zum ersten
die mutter bricht {goth. bvazub gumakundaize uslukands qi|tu).
Luc. 2, 23 ; gehe hin und machs, wie du gesagt hast, doch
mache mir am ersten ein kleines gebackens davon. 1 kön.
17,13; erwelet ir einen farrcn und macht am ersten. 18,25;
alles was du am ersten deinem knecht entboten hast, wil
ich thun. 20, 9 ; mein volk zoch am ersten hinab in Egypten,
das es dasclbs ein gast were. £,«.52,4; am ersten frasz sie
der könig zu Assyrien. Jer. 60, J7; umb der zucbt willen
höre du am ersten auf. Sir. 31,20; trachtet am ersten nach
dem reiche geltes. Matih. 6, 33 ; und kam am ersten zum
grabe. Joh. 20, 4 ; ich versetzte, dasz sie sich, wie es damit
stehe, am ersten {aufs beste) überzeugen könne, wenn sie die
weise frau gleichfalls befragte. Götue 25, 278 ; was ihm fehlte,
glaubte er am ersten zu erwerben, wenn er alles denkwür-
dige zu erhalten unternähme. 19,141;
dies röschen, in der knos{lk noch verhüllt,
eilt seinen Schwestern vonudringen,
um seinen oplerdufl am ersten dir zu bringen.
GorrsR 1, 182.
d) zum ersten, ahd. ohne artikel: suochet zi Fristen gotes
rieht Matlh. 6, 33 ; arwirph zi eristen balcon fon iLinemo
ougen. 7, b.
mhd. wan da; ist ir aller site,
da{ s! zem drsten schamec sint. Ijr. 1322.
nhd. nur mit artikel:
•0 wiliu zum ersten der zaghaft sein, faitn. 637, 6;
und faben die selben blatcrn zu dem ersten an ze werden
in dem rächen. Kkuersb. t. d. m. 2'; es wirl nit unfilglich
•ein, da« ieh uflke sQ dem ersten an dem frnüz. 3';
Kbeiten, lestem, terweiazen . . . zürn ernten gMchicht es in
Rlrafs weis. 36*; und ob sie zum ersten sirh anders gegen
im »teilet, Sir. 4, 18; für allen andern verordne! t-r inen tum
ersten brots gnug. 45,25; der zum ersten die historien ge-
schrieben hat. 2 Macc. 2,31; zeuch am ersten den balkcn
aus deinem äuge. Matlh. 7, 5 ; reinige zum ersten das inwen-
dige {ahd. reini er tha; thar innana ist). 23,26; zuni ersten,
wenn ir zu sanien konipt in der gemeine. 1 Cor. 11, 18 ; ent-
salzten sich zu dem ersten ein wenig, buch d. l. 217,3; ich
bitte dich zu dem ersten. 251, 1 ; es wird niemand leugnen
können, dasz die Hebräer die reimensarl zum ersten ge-
brauchet und andere Völker ihnen nur nachmals nachgerei-
met haben. Hofmannswaldau rorr. später vieistens durdi zuerst
verdrängt.
e) im ersten = am ersten: ein regent sol sich im ersten
eines dinges nicht entrüsten, es ist sehr wenig, welches in
einer regierung im ersten anblick anmutig scheine. BuTscuhv
Patm. 342.
fi von ersten , vom ersten , von erstem , vgl. von erst
sp. 994 :
mhd. dö ich in von Ärsten sach. Iw. 3121;
nttd. die buosz ist nit von ersten giert von mir. trag. Joh. B5;
Tubalkain ward ein meister, der mit erz und eisenwerk umb-
gieng, hat es von ersten aus der erden gegraben. Luther
4,39'; von ersten liesz er einen raben ausfliegen. 4,54*;
das fürnemeste aber ist, das du nur von ersten gottes wort
ansehest. 5,437";
dasz nicht von uns hinweg dein wort und dein altar
sich wende wieder hin, wo er von erstem war.
LoGAU 1, 198, 12.
g) mit erstem, mit dem ersten:
was gilts, er stellt das reich des occidentes,
das alte kaiserthum mit erstem her. Tieck 2, 45.
h) auf das erste: uf das erst, was ist hinderreden?
Keisersberc s. d. m. 20"; uf das erst, ... murmlen ist nüt
anders weder ein beredunge u. s. w. 16'; und gott hat ge-
setzet in der gemeine aufs erst die aposlel, aufs ander die
Propheten, aufs dritte die lerer. 1 Cor. 12,28; und wisset
das aufs erst. 2 Pelr. 3, 3 ; die Weisheit aber von oben her
ist aufs erst keusch, darnach friedsam, gelinde. Jac. 3, 17.
t) für das erste, pro primo: und das soll ir für das erste
wissen. 2 Petr. 1, 20. neuere sdireiben bald fürs erste, bald
vors erste, s. fürcrst, vorerst.
13) anführenswerth sdieint noch die umlh. 1, 36t. 362 viermal
wiederholte ausdrucksiceise 'zwei erste menschen', 'die zwei
erste menschen' im sinne von einzelne, einlüzige singuli.
ERSTE, f piincipium, ahd. ^risti (Graff 1, 449), mhd. diu
erste :
wer an der ßrste taete' daj. Boi». 76, 49;
nhd. erste und gekürzt erst, einigemal auch schwach dediniert :
eben also einer frouwen, wenn si die kunkel numen {nur)
ansieht, so ist si ir fint, wann si sich aber überwindt und
nidersitzt und spinnt, sie darf es kum acht tag oder vier-
zehen tun, so gewont si sin, das es ir nit halber also wider
ist also an der erst. Keisersh. bilg. 57'; unser herrgott laszt
die seinen in der erste schwach sein und stark in der not.
kluge weise reden 1565,183'; denn ich hctte in der ersten mit
darthun und wagnis Icibs und lebens die messe und mun-
cherei vertheidigt. Luthers tischr. 402*;
on das sichs in der erst so schwer
anlcszt, wie golt kein heller wer. Rbbhdn 97, 60;
in der ersten des lenzen {veris principio). Rock krduterb. I3t ;
die Wurzel hat in der erst, wann man sie kauet, keinen ge-
schmack. Tabernaemont. 1020 ; wir waren in der erst als
wcizen, der auf einen groszen häufen zusnmmengeschütlet
ist, wurden aber durch den wind in der schlacht hin und
wieder getrieben, jtem. baumg. 5, 2 ; die in der erst vorgaben
durch einen anibosz zu schieszen, hatten mm die kraft nii lit
ihre pfeilc durch ein seidentuch durchdringend zu machen,
da.«. ; daheru kam es, dasz ich ihm in der erste alles und
aufs letzte gar nichts mehr glaubte. Simpl. K. 155; es wird
der herr, besonders in der erste, hierüber sehr betrübt ge
Wesen sein. BcTSCHkY kanzl. 380; man hat es in der erst
mit den gülern versucht, hernach ist man an die per>ou
kommen. 820;
jetzt sagt er das nicht mehr, es war nur in der cr.<it.
ürllirt 3, 3Vi.
lebt heule mehr unter dem volk (Srnn. 1, «1. Frohiian?! 2, is;)
als m der Schriftsprache fort, man hört auch iiirersi, wie zurlei/l.
KHSTErilEN, configere , Iransfigrre , ahd. arsKchsn, mhd.
eriitüclieo, prael, crslack:
1005
ERSTECHEN — ERSTECKEN
ERSTECKEN — ERSTECKUNG
1006
nu gU mir doch des bilde
dirre lesve wilde,
daj er von herzeleide sich
wolde erstechen umbe mich. Ite. 4004.
tAd. die fründ sich umb das gut erstechen. Bra?(t 85,138;
sieh so flämisch aus, als ein erslochner bock.
SCHERFER 44;
da sach der ritter, da? die storchen mit Iren snäbeln die
slörchinn erstachen und dar nach sie aszen. gesta Rom. K.
s. 12 ; erslichet ein ochs (mit den hörnern) einen man ze tode.
Schtrsp. 196; sieht er. das einer einen erstochen hat, er ge-
denkt, wer weisz wie er in zom bewegt ist gewesen, werest
du halber so zornig gewesen, du bettest etwann zweinzig
erstochen. Keisersb. s. d. m. 15'; als wann man dich fragt,
ist der dainnen in dem haus? und du sprechest nein und
du lügest, wann sollest du nicht liegen, so würde derselbig
erstochen, da lögest du allein umb fridens willen. 23"; da
sprach Saul zu seinem waffentreger, zeuch dein schwert aus
und erstich mich damit , das nicht diese unbeschniUene
komen und mich erstechen. iSam. 31, 4; darumb. das welcher
sich da linden ieszt, erstochen w ird. Es. 13, 15 ; wie ein kleid
der erschlagenen, so mit dem schwert erstochen sind. 14,19;
das die erschlagenen da ligen und die erstochenen auf iren
gassen. Jer. 51, 4 ; die verschmachten und erstochen (vernichkl)
wurden vom mangel der fruchte des ackers {vidg. extabuerunt
consumpti a sterilitate terrae), kiagel. 4, 9 ; die sie steinigen
und mit iren Schwertern erstechen. Ezech. 23, 47 ; wenn du
mit meinem schwert erstochen wirst, und ligst unter den
erschlagenen. Jtid. 6,3; enibert die stad und liesz alle mans-
bilde drinnen erstechen. 1 Macc. 5, 28 ; und er merkt, das er
gefangen were, weit er sich selbs erstechen. 2 Macc. 14, 41 ;
{die ehfrau) mag auf schützisch (scythisch), euadnisch und
getisch zu ihm ins fewr springen, auf ihrs Abradots leib
sich erstechen. Garg. "O"; erstechen i. f. gn. trompeter ein-
ander am thore, dasz der eine auf der walstatt liegen blieb.
ScHWEisicnE?! 1, 49. mit den äugen erstechen, siechende blicke
werfen: die eine war zu langsam, die andere zu frech, die
drille sah aus, wie wenn sie alles mit den äugen erstechen
wollte. Salzmam.v anieeisung zu einer unvernünftigen erziebung
der kinder. Erfurt 1788 .<!. 48.
ERSTECKEN, suffocare, transitiv von ersticken su/focari, also
ersticken machen, mhd. erslecken, praet. erstacte oder erstahte,
von dem vorausgehenden erstechen in vocal, kehllaul vnd flexion
verschieden, ehmals sehr gebräuchlich:
mhd. ir gelac so vil da nidere,
, si erstachten sich selben in dem graben. Rot. 175, 21 ;
got sinen ^ewalt rahte,
der tiuvel lu erstahte. Serrat. 2426;
dSr tiuvel die ouch erstahte. 2837;
schiere het in der tiuvel erstaht. 2855;
hofl°art kan arme leute erstecken. Renn. 493;
ein anner ist schier erstecket. 700;
der suochet ein goukelhüetlin,
mit dem er reht und uiirebt bedecke,
und rehte sache mit valsche ersiecke. 16721;
ein Lüne hell als Davit
einen lewen ersift
unde mit dem beren urame get,
unz da; er in erslecket (erwurgl). pass. //. 343, 80;
wie si einen mit guote ersteckent (s. l.) und latent an dem
andern grujiu chunst verderben durch armuot. w. gast s. 409 ;
sweic und erstecke den zorn in im selben, myst. 1,317,8.
nhd. erstecken, hebeiare , suffocare, obscurare, dempfen,
leschen, würgen, suggillare. roc. 1482 h l'. 2' ; du bist ein ver-
slinderin und ersteckest dein volk, darumb issest du nit
für basz menschen noch erslehcst für ba; dein volk. bibel
von 1483, 408' = Ez. 36, 13. ko die vulg. devoratrix hominum
es et suJfocans gentem tuam; die andern {samen\ fielen under
die diirner und die dorn wuchsen und ersleckten sie. 476*
= Mallh. 13,7; diser hanfbulz ersleckt vil und on zal der
menschen. Keisersbebc seh. der pen. 13' ; so ist das die w eis
mit dem sciiifbrot, so man das in die schüssel geschneidt,
so geuszt man wasser darüber, das es waich werd und man
PS nieszen miig, wan sunst erstecket und erwürgt es den
menschen. 48' ;
das schan, er ist im sack ersteckt. Brant IOI, 22;
damit sie werdent oft bewegt.
das mir das recht bei In ersteckt. Murner schelmenz. 23*;
nun fragstu, ist kutzcnslreichen allwegen ein blatler, das sie
den mrn«chcn allwegen erwirgt und ersteckt? Keisersbemc
s. rf. n». 3l'; ich lid es umb gots willen und ersteck es also
in mir. bilger 87'; die dorn verderben und erstecken die
fröcht. seh. der penü. 102* ;
gar sehr thets mich erschrecken,
da ichs berand in mir,
ein bürd wolt mich erstecken,
werstu nicht kommen schier.
geistl. lied von Jörg Blaoock, 1528 in
Wackerkagbl kirchenl. 508 ;
in dem ward er von Manfredo seinem sun ersteckt und mit
gift abgethon. Fbask chron. 18S' und öfter; von faulem trüben
wasser werden sie zu stund ersteckt. Fober 178'; denn disz
kalte gift leschet die natürliche wirm aus im menschen
und erstecket das herz. Mathesius 139'; vom abgefallenen
laub und den verfaulten und ersteckten kräutem. Sebiz 21 ;
solchen mut nicht imter der aschen erstöckel ligen zu lassen.
Garg. 173' ;
ein schwarzer dicker rauch aufgieng
und het die jungen scliier erstecket,
darob der adler ward erschrecket. U. Sachs II. 4,48';
es wird im anfang mich erschrecken
und in mein worien mich erstecken. III. 3, 78*;
da musz der reisend mensch oft bleiben,
dasz er vom schnee wird tief bedeckt,
Wirt bald erfröret und ersteckt. Reb>a?cn 132;
das er nicht gewesen so keck
und mit vater Koax im schrecken
das weib in der pfütz könt erstecken. froschm. III. 1,3;
auf die erden haben sie in gestreckt,
mit einem küssen haben sie in ersteckt.
tieii auf könig Laszta;
thut ihn mit feur erstecken drin. Atrrr 340';
sein munterer verstand hat manchen stürm ersteckt,
der, wenn er recht ergrimmt, ein gröszer feur erweckt.
Grtphiis 1, 427;
tilge, was die glut erstecket,
die du selbst er^vecket. Cbr. Crtphics 1,7;
{ein tied), das die begierden aufgeweckt,
die tugend aber ganz ersteckt. I, 34;
schau, der Scythen freche wut,
die dich vormals oft erschrecket,
wird in ihrem eignen blut
durch der Christen arm erstecket. 1,685;
uns äcker sind jetzt nichts als wege, steine, hecken:
sorg, abfall, Sicherheit wil uns wie gar erstecken.
LoGAU 1, 19y, 19;
Blinca, wann sie ferne steht, kan sie liebe leicht erwecken,
Blinca, wann sie nahe steht, kan sie liebe leicht erstecken.
2,74, 75;
schlechte kunst ist krieg erwecken,
schwere last ist krieg erstrecken,
grosze kunst ist krieg erstecken. 2, 233, 40;
wer sein Unglück recht bedeckt,
hat oftermals des kummers krafl ersteckt.
HoF«AN?iswALDAü vcrm. ged. 42;
der Schweden starkes reich musz ich zum freunde haben,
c« ist ein eisern schild, der mir mein land bedeckt,
die milch von ihrer gunst kan meinen adel laben,
wie Wermut ihres griras ihm alle krafl ersteckt.
dessen hetdenbriefe s. 22 ;
Cajonius wird in einem sumpfe erstecket. Lohemstew i4nii.
1,4; der rauher Coma durch dessen {alhems) hinterhaltung
sich ersteckte. 1,76.78; die neue glut des zornes schwärzet
sie mit stinkendem rauche und ersteckt sie. 1, 843 ; so cr-
steckt doch ihr bültenrauch alles licht der seele. das.; nim-
mermehr werden sie den samen des evangelii erstecken.
BcTSCHKT kanzl. 825; wollt ihr diesem Unglücke enigehn. so
ersleckt die pracht in ihren ersten anfangen. HALt.ERS Fabius
s. 143 ; wann ihr die pracht erlaubt, so macht ihr das gold
zur gottheit, so benehmt ihr der tugend ihren werlh. so
ersteckt ihr den samen der heldengaben bei euern enkeln.
s. 145; ich werd ihm unter der hauslhüre mit der habersense
die beine abmähen und ihn mit einem holzapfel erstecken,
einen solchen vagabunden. J. P. fJegelj. (1804) 1, 121. das wart
erlosch allmdlich, »eil die transilirbedeutung auch auf ersticken
übertragen vorden war. Stiei.er 2157 führt es noch neben er-
sticken auf, nicht mehr Frisch 2, 334', Adellxg in einer anm.
zu ersticken erklärt erstecken für oberdeutsch! von der würzet
kann erst unter den einfachen stechen und slicken gehandelt werden.
ERSTECKEN, n. suffocalio: si (die kranwit) sinl auch den
Zeil igen maigden guot für da; erstecken der nuioter, da;
prefocatio matricis haijt. Mece^berg 326,27.
ERSTECKER, m. suggillalor, erwurger. voc. 1482 h2'.
ERSTECKLiNG, f suffocalio, erwurgung. das. ht'; du hast
meinen leib entlediget von ersteckung des feuwers. Reiszner
krus. 1, 62'.
1007
ESTEHEN
ERSTEHEN
t008
ERSTEHEN, surgere, resurgere, oriii, golh. usstandan, did.
irstdn, mhd. erstao, alls. ästandan, äslän. synonym das golh.
urreisan, alls. ags. ärisan, zweideutig aber das ahd. arrisan,
das sowol surgere als corrucre ausdrückt (Gbaff 2, 537), mM.
errisen wird kaum vorkommen, nnl. (pU opstaan und oprijzen,
rerrijzen. aUn. upprisa, schw. uppstä, dän. opstaac.
1) reviviscere, in vitam redire, aus dem grabe, vom tode er-
stehen, leas wir heute durch verstärktes auferstehen wiedergeben :
die todten ersleen. bibel 1483, 475" = Matlh. 11, 5, mortui
resurgunt, vexqoI iysioovrat, goth. dau|)ai urreisand, ahd.
luli arstantent, wo Llther die todten stehen auf; so ich
aber wider erstee, so wil ich euch vorgeen in Galilea. 1483,
483 ao Matlh. 26, 32, bei Luther wenn ich aber auferstehe,
ahd. after thiu ih arstanlu;
von Adam erbwir todes Ion,
durch Christum werden wir erston.
ScawARZKUBKRC 127,2. 148,2;
spricht frei, das sein erlöser leb
und das er wider soll crstan. 152, 1 ;
das du ersiest am jüngsten tag. Folz b. Haupt 8, 535;
Christ lag in todes banden
für unser sünd gegeben,
der ist wider erstanden
und hat uns bracht das leben. Luther 8, 359';
das er also erstehen werd an dem jüngsten tag. Frank weltb.
128*;
der fuchs erstund bald auf vom tod. H. Sachs II. 4,44';
dein bruder sol erstehn und leben. III. 1,204';
wenn sich der erdkreis regt,
wenn todten selbst erstehn und harte l'els aufspringen.
Grtpuil's 2, 4U5;
wo sie keinen todten begruben und keiner erstehn wird.
Messias 1, 5%;
nah den gebeinen,
die in Sicherheit ruhn und dem (d. i. zu dem) ewigen leben
erstehen. 4, 526;
er Elva ! vor dem die gebeine der todten
einst ersteben. 6, 500;
seid mir, gebeine der todten, gegrüszt! ihr werdet erstehen.
8, 107,
in den drei letzten stellen lüesz es frülier erwachen statt er-
stehen;
ach von dem tode wärest du, himmlischer Jüngling, erstanden?
11, 540;
der von den todten erstand. 10, 506;
Jesus Christus erstand ! er wird die seinen erwecken. '
17,8. 19;
Christ ist erstanden! Götub 12,44;
ja todte schier vom grab erstehn. Borger . . .;
wenn fein und geister walten,
erstehn wie nebeldurt
im mondlicht die gestalten
der beiden aus der gruft. Mattuisson 135;
seine glocke musz verstummen,
wo man von moscbeen ruit.
leise musz sein priester summen :
gottes söhn erstand der (d. i. aus der) gruft.
Rück'ERT yes. yed. 2, 215;
und wie unter den letzten posaunen erstand seine seele
unter glänzenden todten aus der aufgeriegelten erde. J. P.
Tit. 1,123; sie wollte nur wissen, wie er ins leben erstanden
sei ? Kleists erz. 1, 229.
2) surgere, aufstehen von der erde, vom stul, aus dem bell,
vom schlafe, tion der krankheü:
und buob in auf und warf in nider,
da; er noch nie derstuoud berwider. Hing 40^,22;
thet als er von dem schlafe erstanden wcre, mit ginrndem
maule sein äugen reib, als gern der sciilaftrunken Unit. Stkin-
iiuWELfiec. 85,35; ersluaA = stund auf. HKKnMEF3'; iiann:i hat
die pesl gehabt, aber sie ersteht wieder {vom krankenUtijfr) ;
des Torgen jahrs erst.ind der krinig erst
von (einem Itusun lieber. Schiller . . .;
jetzo erstand vor ihnen und sprach der reisige Ne.sinr. II. \
er sprach« und setzte Hieb, und gleich erstand
Atrides Agamemnon. Kcrcer 143';
und es erstanden und eilten zum kämpfe die götier. 230';
also redete jen und erstand vom schwellenden sofa.
I.uuc 3, 1, 630;
der mesne horhamt rief mich zum gebet,
und du ich von den knien jetzt eritanden,
die ersten blick« »chnell auf dich sich heften. Schillir itl9' ;
wo ich in das •chlafzinmirr der noch nicht erstandenen
dame eingefdhrl wurde, mcm. des rülns vom Lanc I. ITiH.
tl tufftre, »ich erheben, mtsfriniß-n , aufdeigen ron ualur-
mtktiiUMgtn : do erst&ud ein groszer nebel auL gi-sla Hom.
s. 59; aber damals erstund ein so groszes ungewitter und
ungestüme wellen. Amadis 178;
schon ist in rothem carraesin
die morgenröth erstanden. Spee trutzit. 168(184);
doch was geschah.' am wolkumthürmten himmel
erstand urplötzlich ein orkan
und lärmte mit .so .schrecklichem getümmel,
als er noch nie gethan. Höltt im musenatm. 1779 s. 154;
die ganze nacht durch, bis der tag erstand,
ward sie gejagt von den verruchten scharen.
Gries Dojardo 2, 18, 57.
4) sich erheben, von andern dingen: neue Städte, siraszen
erstehen ;
gedenk stät an die schänden,
die uns von den pauren auf ist erstanden, fasln. 425, 2,
wan dir widerWertigkeit erstond, so trag die nit kümmerlich,
sonder mit ringem gemüt. Steinhöwel Esop 1555, 23 ; ein bcgir,
welches in dem menschen nicht erstehet. LtrrHER 3,21'; so
erstat ein groszer häufen salz. Seb. Münster 98; er erstund
ein groszer hunger. 168 ; sanct Thomas d. Aquino war noch
nicht erstanden solchs zu lehren. Fischart bienenk. I7l';
die kleine weit fallt täglich, die grosze bleibet stehn,
die kleine wird erstehen, wann grosze wird vergehn.
Logau 2,170,61;
denn hoch und herlich wird vor allen
erstehen deutsches volk und land.
Schmidt von Lübeck deutscher grusz an DeulnJir.
5) transilivbedeulungen.
a) erstehen, bestehen, ausstellen, überstehen, ertragen : nit ge-
ringe mühe und arbeit auf sich genomen und erstanden.
statsp. Karl Y. s. 467 (a. 1551); die nicht verdienst haben, müssen
ein grosz not erstehen. Frane we/rt. 124'; sein haus mag kein
Sturmwind ersten, sprichw. 92; und wiis setzen, dasz die
redner kein gefahr erstehen, so werden sie doch daanocht
grosze arbeit haben müssen. Petr. 190';
und hob nun fast bei zeben jähren
erstanden grosze gfehrlichkeit. H. Sachs III. 2,%';
bah vil gerebrlicbkeit erstanden. III. 2,153*;
bort, grosz wunder thu ich euch sagen,
was ein reisig knecht bei seinen tagen
erstanden hat für tapfer that. V, 405*;
das ander dücklein war, wann dergleichen handwerksgesellen
ihre jähr und zeit ganz erstanden und zu den meistersstUcken
begerten zu kommen u. s. w. gesprdch zweier auysp. burger.
Jngolsl. 1609 S. 73 ;
da das gerüchte dir nach erstandncr gefahr
dein wolverdientes lob der weit mach offeübar.
Werokrs ^Ir. 4, 56 ;
und wann liebhaber ie verdienet haben lob,
dasz sie in freud und leid erstanden ihre prob,
als wolt Olimpia den ersten ort ich geben. 10, 1;
ich wil mich auch mit legen
mit dir in die gefahr, ich wil auch gern erstehn
ein hocliberühnibleii tod, ein solch werk zu begehn. 18, t.')9;
und gedenket ilir nur scblechts dahin, wie ihr euren kranken
leibern, die durch viel erstandene widerwerligkeit auspemer-
gelt und zu kiiegsdiensten wenig ineiir nutz sein, fuilirb
thun und wol pflegen niöget. Simpl. K. UO;
nach erstandncr prüfUngszeit. Wirland 4, S7.
b) in der gmchtssfirache ein urteil, recht, gcricht, strafe
erstehen, leiden: so wolt ich für mein person lieber viler
von dem bapst verdampfen ketzer tragen und wider mich
ersteen, dann viler vermeinten heiligen. Frank chron. 335*;
weil sie nun an disem newen jähr ihr gericht ersten und
urteil empfahen. ireltb. lls"; so hat er sein recht erstanden.
IIkütter kriegsordn. 74; er hat eine gefiingnisstrafe von vier
Wochen zu erstehen {wie sonst aucii ersitzen, absitzen), vgl.
bestehen t, 1671, 5.
e) eist eben, erK'eri<cn, erkaufen, zumal im <iant, bestehen
ist mehr mielhen (1,1672,9), erstehen «iWir kaufen: ich habe
das jiferd für lOO Ib. erstanden, ich habe es nicht erstehen
können ; hätte der mensch die stelle nicht verdient, so würde
Fsenbeck sie vorsichtiger geworben und sie also erslaniien
haben. J. V. Jubels. 72(142); miidchen erstehen statt eiiH-*
solchen edenparks einen luil)S( lien holländischen garten. Til.
2,130; dasz ich mir mit meinem miillerlicben erblheilr fünf
ungeheuer und fünf behällnisse dazu IheiU erstanden, thcils
sonst auf>;elrieben. tciiftlsp. 1.34; die belller be/ielieii diese
messen der dilrfer als kundin.'tnner und ersleben darauf par-
lien von kurhcn. broten auf credit, btogr. M. 1.1.%0; fast
nun Zorn erstand ich, wa.H nbeiids nucli lu haben war. t'ibtl
1009
ERSTEHEN — ERSTEIGEN
ERSTEIGEN — ERSTERBEN
1010
6(9); Spittler hatte sich nie eine vocation verschafl, und
nie bei einer von selbst gekommenen sich von seiner regie"
rung in einer Steigerung erstehen lassen. Hcgo civ. mag. 3, 40S ;
wahrlich, sehnsuchtswerth ists so in sterben,
diamanten zu erstehn für morsche scherten,
sein und bleiben Jür Vergänglichkeit. Kosf.garte;«;
warum nicht bin leb in den kämpf gegangen,
um durch der waiTen macht euch zu erstehn !
Gries Ar. Hol. 30, 42.
ERSTEHEN, n. stirreclio, in den verschiednen bedeutungen des
i'erbums : man schien die gefahren vergessen zu haben, unten
den brand und üben das erstehen {siclierheben) eines bedenk-
lich ruhenden löwen. Götde 15, 327.
ERSTEHLEN, furari, surripere:
dasz er des volkes herz mit list erstelen kan. Roipler s. 18;
und unversorgt mit waffen
sollt ich durch schlauen mord erstohlne räche schaffen.
J. E. Schlegel 1, 397;
der durch kabalen steigt, des fürsten gunst erstiehlt.
Lessit^g 1, 102;
dasz einst Prometheus von den thieren
dem menschen dies uud das erstahl. Herder 4, 36;
unsre kleinen schäferstunden, die wir uns noch so erstohlen
halten. Herder an Car. Flachsland 1, 231 ; sollte sich denn
nie einer diesen anbiick, wie ich ihn genosz, erkauft, er-
stohlen oder erschlichen haben? Thümmel 5,127.
ERSTEHUNG, f. 1) rest/rrec/to, auferstehung.
2) ortus: da war von nichts geringerem die rede als von
erschaflfung und erstehung der weit. Göthe 22, 177.
3) emlio: erstehung eines landguts.
ERSTEIFEN, könnte rigere, ohrigescere bedeuten und dem ags.
ästifian entsprechen, von der mangelnden lautierschlebung ist unter
steif SU reden: die band ersteifl mir, die glieder sind er-
steift, ein anderes, dunkles ersteifen, dem mhd. kein 1, sondern
ei zustellen ieürde, begegnet in einer Wiener landtagsurkunde von
1626 {noiizenbl. 6, 267) : auch welhermaszen er {der Türke) Peter-
wardein und ander trefiFenlich stet, slösser und flegkhen in
sein gewaltsam gepracht, dieselben den merem tail grau-
samlich verprennt, erstaipht und zerstört, dem sinne nach
verheert, aber wie zu deuten?
ERSTEIGB.VR, u-as ersteiglich.
ERSTEIGE.N, ascendere, goth. ussteigan, aM. arstigan, mhd.
erstigen, ags. ästigan, praet. usstaig. arsteic, ersteie, ästäh.
1) aufsteigen, den gegensatz niedersteigen descendere drückte
goth. atsteigan aus, ahd. hiesz es aber auch arsteig fon themo
bürge, descendil de monte. Matlh. 8, 1, so dasz in arstigan nicMs
als scandere liegt, auf oder ab. auch mhd., tco das wort selten
ersciteint, tritt ein bestimmendes ftf hinzu:
du woldist üf erstige
zuo dem ewigen übe. Hartman crciio 2226.
nhd. wir steigen auf, wir steigen ab, mcht mehr wir ersteigen.
2) transitives ersteigen:
mhd. sin zeiche und sin este
so bö dort obene stän,
daj si niemen erstigen kan. pass. H. 30,31.
nhd. den bäum, berg, gipfel, thurm, die anhöbe, mauer,
zinne ersteigen; und die mauren fielen umb und das volk
ersteig die stad. Jos. 6, 20; da ersteig sie (die bürg) am ersten
Joab. 1 chron. 12, 6 ; so doch Moab musz verstöret und ire
stedte erstiegen werden. Jer. 48, 15 ; sie werden laufen wie
die risen und die mauren ersteigen wie die krieger. Joel 2, 7 ;
und als er die mauren erstiegen halte. 2 Macc. 5, 5 ; erstiegen
den flecken und zundten die thürm an. 10, 36 ; erofnete und
erstiegne gewölber. Erbach gegen LOtcenstein 39;
den Schöpfer lob ich allzumal,
wann klar die sonn sich zeiget
und freudig mit so manchem strahl
das blau gewölk ersteiget. Spee Irutz. 174 (191);
sie erstiegen eine Wendeltreppe. Göthe 17, 128 ;
schattig war und bedeckt der hohe mittlere laubgang,
den man auf stufen erstieg von unbehauenen platten.
40, 265 :
mit vierzig jähren ist der berg erstiegen,
wir stehen still und schaun zurück. Ri^ckert 564.
3) d>stradionen :
mhd. als si in (den gewalt) dan ersttgent. Eracl. 1733;
nhd. bald wenn ein schlechter wahn ersteiget deinen mut.
so steht mein naher tod fimm deiner stim geschrieben.
Flehing 646;
dasz groszer herren geschäfte und mandaten nicht allemal
nach der gradcn linie laufen können, sondern \ielinals durch
einen umschweif gehen und ihren hohen zweck ersteigen
III.
müssen. Bütschkt Patm. 906: dreimal wechselte Granvella
seinen henn und dreimal gelang es ihm die höchste gunst
zu ersteigen. Schilleb 799*; diesen posten versieht er, wenn
er ihn ersteigt, spielend. J. P. freiheilsb. 42; so erstieg von
jeher eine zeit die andere, aeslh. 3,78;
es [das herz) will immer noch nach dem höchsten reichen,
und kann nicht hinauf und kanns nicht ersteigen.
Kör?«er I, 2»S.
ERSTEIGEN, augere, amplißcare, würde goth. lauten usstaigjan,
ahd. arsteigan, mhd. ersteigen, praet. usslaigida, ahd. arsteicta,
mhd. ersteicte:
der mei hat manic herze hoch ersteiget. lUSH. 3,211*;
nhd. wolt umb zwen gülden mich ersteigen. If. Sachs 1,452'.
konnte sich, seit der unterschied zirischen i und ei schwand, später
nicht behaupten.
ERSTEIGER, m. ascensor: dem kinde klingt vielleicht die
heftigkeit so schwach, wie auf hohen bergen dem ersteiger
ein knall. J. P. 37, 81.
ERSTEIGERN, «ras das schwache ersteigen, augere, höher
steigen machen, steigern : die buszen zu ersteigern. Frankf ref.
X. 2, 22 ; sie ersteigern immer und fürder den kauf der wollen.
KiBcnnoF iccndunm. 254;
ersteigert und erkauft. Melisscs T2";
dasz niemand seines gefallens die waar übersetzen, den kauf
ersteigern darf. Kirchhof mil. disc. 134.
ERSTEIGERING, f. amplificatio.
ERSTEIGLICH, quod ascendi polest: der berg ist von der
linken seile her wol ersteiglich ; die steilen wände sind durch
neu angelegte treppen ersteiglich. Göthe 43, 255. vgl. uner-
steiglich, übersteiglich, unübersteiglich.
ERSTEIGUNG, /. ascensio.
ERSTEILEN, sensim in allum consurgere. blosz bei Stieler 2138.
ERSTEINEN, verti in lapidcm, indurescere:
mhd. sin muot begunde ersteinen
in ritterlicher fnimekeit. tr. kr. 13290;
als ir herze ersteinet
in schänden ist naht unde tac. MSB. 2,333';
in sint diu herze ersteinet. Ulr. \Vh. 243'.
nhd. hat Stieleb 2141 ersteinen indurare. der anicendung des
Wortes stände nichts Entgegen.
ERSTELLEN, collocare, stellen, aufstellen, in der geschäfts-
sprache: es wurde der antrag eingebracht, die sache der
regierung zu ernster envägung zu erstellen, häufiger als be-
fehlworl bei den Soldaten: erstellt euch! stellt euch auf! rechts
erstellt! links erstellt! Schweiz, sich erstellen, unbeweglich
slehn bleiben. Stald. 2. 397. in Wolfs zeilschriß für mylhologie
2, 178 und wiederum in Zixgerles sagen aus Tyrol s. 338 findet
sich: auf einmal erschienen die hexen und unter ihnen war
auch die geliebte des burschen. die andern fiengen an über
diese gericht zu halten, weil sie etwas (was wüste der erzähler
nicht) erstellt hatte, das urtheil lautete dahin, dasz die schul-
dige sollte zerrissen werden, dies erstellen hat wol die meinung
unseres anstellen, verüben. s. wiedererstellen, herstellen,
wiederherstellen.
ERSTEMAL, s. erste 6*. das erstemal, primo. Stieler 351.
vgl. erstesmals.
ERSTENKEN, ERSTENKERN. s. erstänken, erstänkem.
ERSTENS, primo, neuere Wortbildung, wie anderns, zweitens,
drittens, viertens u. s. w. letztens, meistens, mindestens, wenig-
stens, längstens, nächstens u. s. w. die organische gcdalt lautete
ersten, eristin, des ersten, zu welchen en des schwachen gen.
man noch starkes s fügte, wie aus dem gen. der subst. nauien,
willen nhd. namens, willens wurde, da aber unsere schwachen
adj. den gen. blinden, guten und nicht blindens, gutens bilden,
sclieint auch erstens, zweitens tadelhaß. es musz gleicliwol schon
im 17 jh. eingedrungen sein, denn Flemisc hat drittens. Stieleb
und Frisch führen noch kein erstens auf, aber Adelung gibt
es, obwol als unedlen ausdruck für zum ersten, diese zahladv.
gelten doch nur beim aufzählen, sonst nicht.
ERSTERBEN, mori, ahd. arsterpan, irstirban, praet. arstarp,
mhd. ersterben, erstarp. goth. kein stairban. sondern sviltan,
«•oron ebenfalls ussviltan gebildet werden könnte.
1) von menschen:
mhd. fr sprach, übe wir stn gechorten,
da; wir sä erstürben. Diut. 3, 50,
wenn wir von dem obst kostden, würden wir aU>ald sterben;
UDX du erstirbest
und ze €rde wirdest. 3, 54 ;
diu driu ftir miniu werden kint,
diu eUenihaft erstorben sint. Parz. 177, 24;
64
1011
ERSTERBEN
ERSTERBEN— ERSTERE
1012
da; was in einen ziten, du vrou Helche erstarp.
Ai6. 1US3, 1 ;
■wan nieman ersterben mac
6 im kumpt sin endos tac. Lanz. 1C13;
d?s was fr näoli rerdorben
und j>merlich erstorben. 1698.
nhd. und wil in euerm dienst ersterben, fanln. 13G, IS;
wenne si erstirbt, so sond die zwo schuoposen gcvallen sin
an das spitalhus von den brediern. urk. von 1360 bei Mohr
reg. des kloslers Fraubrunnen n* 228 ; aber das geb got nicht,
da; ir in dem streit immer ersterbt, gesla Rom. K. 82; und
bitten den aiimechtigen got, das er in ersterben lasz, auf
das ich an imc gerochen müg werden. Aimon p2'; so lasz
ich es durch ewer predigen ... nit undenvcgen, das ich
euch nit eins lesterlichen tods thfin ersterben. A4'; es sei
im ein schand, mich als eins lesterlichen tods zu ersterben
gestatten. A4'; ich gedacht, ich wil in meinem nest erster-
ben. Hiob 29,18; da ligt einer und schreiet nmb hülfe, der
ander ist todt, der dritte wolte gern und kan doch nicht
ersterben. Kircuiiof mil. disc. ls5;
er ligt und kann noch nicht ersterben. Alberus 108';
bisz sie eins harten tods ersterben. Atrer 49';
wie kan ich doch die blasse leich anschauen,
dasz ich nicht auch erstirb? Rompler 119;
dasz die ni.irterkron die haiibe Charitca hat erworben,
dasz als eine keusche Jungfer sie zu einer fraw erstorben.
LoCAU 3, 149, 72;
denn dieser söhn, mein einzig kiiid erstirbt,
falls nicht mein flehn den ralken ihm erwirbt.
IIagedor?! 2, 175;
willst du das gute thun, mein söhn,
so lebe nur lange, da gibt sichs schon,
solltest du aber zu friih ersterben,
wirst du von künftigen dank erwerben. Göthe 2, 248;
ich sterbe, sterbe und kann nicht ersterben. 8,159. 42,221.
446; daher lief gegen abendzeit in der Stadt ein gerücht um,
der gehangene könne nicht ersterben und tanze noch immer
am hochgericht. Musaeds 2, 198. sterben und ersterlicn
scheinen oft gleichriel, die stelle aus Berlichingen hebt aber den
in ersterben liegenden nachdruck deullich hervor, ersterben ist
gleichsam fertig sterben, absterben, vgl. versterben.
2) von thieren : als ich eine henne beklagte, die unsere
magd abwürgte, gab sie mir eine maulschelle und sagte ich
solle das maul halten, die henne könte sonst nicht erster-
ben, rockenphil. 4, 19.
3) vom leib und dessen gliedern: und er ward nicht schwach
im glauben, sähe auch nicht an seinen eigen leib, welcher
schon erstorben war. Rom. 4, 19 ; da erstarb sein herz in
seinem leibe, das er ward wie ein stein. 1 Sam. 25, 37 ; dasz die
erstorbene leiche zur erden bestattet werde. BciscnKvAanri. 913 ;
weh ! entblättert seh ich deine rosen liegen,
bleich erstorben deinen süszen mund. Schiller 4';
sein äuge war schon erstorben ; blumen, die ich junges kind
aus der erstorbenen band des hohen alters entnommen. Bet-
n^E tagd). 71; so sah er ihm ins bleiche erstorbene gesiebt.
J. P. Hesp. 1, 177. ebenso von gcist und seele: sein geist ist er-
storben ; der hauch, der vom himmel herab blaset, ist so
stark, dasz auch der erstorbensten sccle die göttliche kraft der
tngend könnte eingeflöszet werden. Thomsons trauersp. s. 273.
4) ton gewachsen: ob seine (des baums) wurzcl in der erden
Teralte und sein stam in dem staub erstirbt. Hiob\i,S; kale,
unfruchtbare bewme, zweimal erstorben und ausgewurzell.
Judas 12; warlich, warlich, ich sage euch, es sei denn das
das weizenkom in die erden falle und ersterbe, so bicibts
alleine (golh. nibai kaurnA hvaiteis gadriusand6 in air{)a
gasviitit), silbA ainata aflifnit)). Joh. 12,24;
nur primeln die . . . erstorben sind und heimgegangen.
TUÖMSEL 1, », 6».
k) von feld und (hol: indem nu der warme gliinz den grim-
men Winter ganz vertrieben hat und jetzt die crRlorbcnen
felder wieder erquickt und alle wiesen mit schönen wol-
schmeckenden blumen geziert waren. Galmy 217; um die
natur veraltet und in der crmattung ihrer krtiftc erstorben
zu sehen. Kaxt 0,6;
wann, sfiszer name, die Haine, wann alle erstorbene thfiler
von dir jetzt schweigen, to nennt dich mein herz !
Dcxcu term. ieerkc 43C.
c>) ton Udtl und färbe, schall und ton: wunderschöne färben,
die grdn in roth und rolh in gelb erstarben. Ci.aodios 1,77;
zur berk^tzcit ersterben die grünen blatter in gelb;
•iaht dein äuge nicht trfib um sich her, nicht starr ohne «eel«?
•0 erstarb auch mein blick. KLorsTO« I, 29;
mit erstorbnem scheinen
sieht der mond auf todtenstillen hainen,
seufzend streicht der nachtgeisl durch die luft. Schiller 1»;
und es erstarb des lichtes letzter Schimmer.
Bo«IAVE?(TDRA (d. i. SCIIELLI^O) tfl SCBLECKLS
mnsenalm. 125;
das lied der vögel ist im bain erstorben; das wort erstarb
ihm auf der zungc;
und in unahhörbarer fern erstarb der harfo
ton, erstarb der ton der himmlischen stimmen. Mesnitut 12, 8C3;
thronen stürzeten, dasz ihr die stimme erstarb, von ihr nieder.
15, 808;
ein traurig lebewol erstarb auf jedem munde. Wieli^d 9, 169;
das getön wurde immer einförmiger, bis es endlich in ein
dunkles gedämpftes murmeln und zuletzt in eine gänzliche
stille erstarb. 1,246; er weinte zu sehr und seine worte waren
unverständlich und erstorben im herzen. J. P. Hesp. 1, 249.
7) andere abstraclionen : die liebe erstirbt, pers. rosenlh. i, 1 ;
scherz, lust und freude war bei ihm erstorben, fi, 5; und
nunmehr war die Zuversicht zu Castrcttens rettung gar in
mir erstorben, pol. stockf. 184; leer und erstorben ist meine
Zukunft. Schiller 19S'; selbst für die freuden des lebens er-
storben, was hat er nicht gethan um mir sie zu schenken? 311*;
auch meines volks ersiorbner muih
glimmt auf in manchem hcldenfunken. 32';
die anlagen der menschhcit ohne emporhebende endzwcckc
und grosze begierden ersterben. Pestalozzi 8.100; der er-
slnrbne glaube an die möglichkeit der tugend. Klinger 12, 187.
8) die formein: ich ersterbe dein treuer freund (Weifte dir
bis in den tod treu); wir ersterben cw. maj. getreuste unter-
thanen ; ersterben in tiefster ehrfurcht ; sind längst leer und
matt geworden und würden sparsam gcbranchl mehr nachdruck
haben, was hilfts hie in eines groszen herrn gnade ersler-
ben und hernach in des allergröszesten herrn ewige Ungnade
verfallen ? Scriver seelcnsch. 2, 789.
9) CTslerhen a\i{ drückt aus anersterben, sich vererben : Ungern
erstarb auf das heilige reich. Limburger cliron. s. 86; auf wen
ein erbe erstirbt, wem es durch erbreclU zufällt.
ERSTERBEN, occidcre, dctcrc, alid. arsterpan, arstarpta,
mhd. ersterben, crstarbte:
du mäht vil prise» erben,
ob du mich Kanst ersterben. Parz. 543, 8;
daj sin stiefmuoler Jüne
in wolle hän ersterbet, tr. kr. 14475;
an eime holze marterlich
ersterbet hänt ir mir da? I«ben. Silv. 3235;
mit dgs kreften du begrabest'
und ersterbest waj du wilt. 4685.
dies transitirum, neben dem intr. ersterben, konnte nlul. nicht
mehr gedeihen, seit das gefnhl für ö und e abgenommen halte,
hier sind die letzten spuren: er wolt sie eins schcntiiclien tiid;;
ersterben. Fierabras F4;
doch sein schawer, hagel und reifen
die zarten bift heftig angreifen,
die herzbleticin dann ersterben,
den wein erfrören und verderben. II. Sachs I, 375';
der den menschen schmeichlent verderbt,
inwendig aussangt und ersterbt. II. 4, 46';
zum guten gar ersterbet. Rinowald ijeisil. l. B I»;
krieg, seuch und teurungslast, die haben sich verbunden,
dasz wasz der erst nicht Irift, der ander doch verdörb,
und wasz noch ferner bleibt, der dritt es auch erstörb.
RoxPLER t. 31 ;
0 Vaterland I
dein hürz ist ganz erfrflrt, die goltcsforcht crstörbl. 87.
ö üt bekanntlich oft an des e stelle gcircicn.
ERSTERE, prior, ein, tele in den sprachen oft geschieht, aus
dem Superlativ neu j^orquellender comparatir. mr salien erste,
<lristo aus firiro, golh. airiza entspringen und dem aiilerior die
bedeutung von prior beigelegt, so dasz nun frislo, erste auch
primus ausdrücken konnte, i^risto wie primus er^rhienen dann
wieder als positive und zeugten den neuen comp, erslere, gerade
wie aus dem superl. der letzte uiedir ein fo»'" i.i/i.i.- rnt-
sprosz. ahd. gab es noch kein frisicro, mhd. ' 'err,
der comp, lautete alid. nur i'riro, n\hd. (•vre, aber
hat erslere den alten comp, ehere rerdrdngt. diei «'r>i«Me mag
im 17 jA. aufgekommen sein, Lt;TiiER hat c nie 'itul Kni«if* vcr-
deutsdd prior di/rr/i vorder «n// erst, .'^h i -tcrc
neben erste auf. in IIkiikrkrs vorrede i von
1012 strIU: grgenwilrlipcr vorlrah oder ir- den
erstem und kleinsten Iheil; mit ersferer p' . ll.^.
die starke form erMemr klingt znnvtl hart, i !"\
IU13
ERSTESMALS — ERSTICKEN
ERSTICKEN — ERSTLICH
1014
tt'jr erstere und erste wie prior und primus, verwenden aber
auch jenes ßr dieses: dieser ist Seneca und nicht der er-
stere, der sich für Seneca ausgab. Kleist 2, 99 ; hier nun
nahm er seine erstem bemühungen wieder vor. Lessi.xg 3. 3.
ERSTESMALS, uas erstmals : zwar solle von den Eg}p-
tiern die astronomia oder Wissenschaft des gestirns und him-
melslaufs erstesmales entsprungen und herkommen sein.
Simpl. K. 682.
ERSTEUERN, navigando assequi:
obgleich, bis einst mein ziel ich dürft ersteuem,
noch manche welle hin und wider rollte.
RöcKERT ges. ged. 1, 159.
ein andres ersteiu^en, pretia justo grariora mercibus imponere
hat SnELER 2152.
ERSTFÄLLIG, primo labens: sünder, wissentliche und un-
wissentliche, erstßJlige oder rückfällige. Scbiveh seelensch.
1,307.
ERSTGEBOREN, priniogenitus, ahd. eristporan (Graft 3,142),
po/A. frumabaur : Uz den erstgebornen und Bus seinen bruder.
1 Mos. 22, 1 ; aszen und trunken wein in ires bruders hause
des erstgebornen. Hiob 1, 13 ; auf das derselbige der erstge-
borne sei unter vielen brüdern. Rom. S, 29 ; welcher ist das
ebenbilde des unsichtbaren goltes, der erstgeborner vor allen
creaturen. Col. 1, 15 ; welcher ist der anfang und der erst-
geborner von den todten. 1, 18 ; Jacob der hett ein bruder
der hiesz Esau, was der erstgeboren. Keisebsb. s. d. m. 15' ;
kein erstgebörns kind bab ich nie gsehn,
das ich nichts davon reden kan. ätrek fastn. 2G";
o freundschaft, erstgebornes kind
de^ liebevollesten der wesen. Gotter 1, 9;
liebe ist immerdar erstgeboren, sie ist ewig, ein einziger
moment, Betiixe tageb. 35. vgl. eingeboren.
ERSTGEBURT, f. primogenilura : aber Jacob sprach, ver-
keufe mir heute deine erstgeburt. Esau antwortet, sihe ich
musz doch sterben, was soi mir denn die erstgeburt? i Mos.
25,31.32; Esau ist ruhig und gleichgültig über die erstge-
burt. Gütbe 24, 218. die bibdamgaben schwanken zwischen erst-
geburt und erste gehurt, 1 chrQn. 6,1 steht: seine erste ge-
hurt und zur ersten gehurt.
ERSTGEBURTSRECHT, n.
ERSTGEFALLEN, neugefallen, frisdigefdlen : ein erstgefal-
lencr schnee. nix recens. Ettxeb ehem. roseng. s. 2.
ERSTGEFUNDEN, modo repertus, neuerfunden.
ERSTGLÄUBIG: also ist zwischen uns ein ainhelligkeit
gleicherweis wie unter den erstglaubigen zu Hierusalem ge-
wesen. Joe. Fabri chrislenliche vnlerriciäung. Dresden 1528 A 3.
ERSTHIN, primo, g^ildel wie letzthin, späterhin, fernerhin,
weiterhin: der revolutionsheld, der erst hin in der einsamkeit
erzogen, mit einem landmädchen vermählt, nun den anar-
chischen Staat neu einrichtet und zu einem wahren ideale
umbildet. Gervi.nus neuere gesch. dernalionaUii. 1,31q (Lp. iSiZ).
ERSTICKEN,
1) inlr. suffocari, alid. arsticchan (Gbaff 6, 627), mhd. er-
sticken :
in ir eigen pluote envorden
si lägen ersticket und verdorben. Rot. 182, 6;
si erstickten und ertwälen. 183, 19;
ersticken unde erworgen
begunde er an dem b'eine. Si7i'. 408.
fiM. gehen hin unter den sorgen dieses lebens und ersticken,
goth. afhvapnand. Luc. 8,14; war zu dem so ein heiszer tag,
dasz uns mehr leut erstickten, dann zu todt geschlagen
wurden. Götz vos ß. kbensb. 56;
erstickst in deinem jungen blut. H. Sachs I, 232';
ach ich kann nicht mehr! von scham befangen
und von wut erstickt in mir das wort. B(;rgkr 97*;
sogar mein schreien erstickte in der beklemmten brüst.
GöTHE 18, 63 ; erstickte fast vor lachen. Weim. jb. 5, 461 ; man-
chen, dessen laster in einer engen bürgerlichen sphäre und
in der schmalen Umzäunung der gesetze jetzt ersticken musz.
ScauLER 706*; die flötentöne erstickten im Innern brausen.
J. P. ffesp. 4, 86 ; hilfe! ich ersticke; drei bergleute erstickten
im Schacht; wenn ich auch dursls ersticken müste. Pesta-
lozzi 2, 85.
2) tr. suffocare, statt des frühem erst ecken : etlichs fiel unter
die dörnfn und die dornen wuchsen auf und ersticktens
{ahd. furlhamftun i;l. Afa«/i. 13. 7; und die sorge dieser weit
und betrug des rcichthums ersticket das wort {ahd. bitemphit
thaj Wort). 13, 22 ; und die dornen wuchsen empor und er-
sticktens (goth. jah ufarstigun {)ai J)aumjus jah afhvapidedun
J)ata). Marc. 4, 7 ; und viel ander lüste gehen hinein und er-
st'cken das wort (lustjus innatgaggandans afhvapjand J)ata
vaurd). 4,19;
wird den lautern weizen
den ihr gesät, das unkTaut endlich nicht
ersticken? Lzsswg 2, 343;
mit manchem süszen ach,
das ihr im busen zu ersticken
unmöglich ist. Wielasd9, 97;
ach die husche sind geknickt,
ach die blumen sind erstickt
von den sohlen dieser brat! Götsk 2, 27;
ihre thränen Oossen und erstickten ihre werte. 19, 79 ; der
(bei den Americanem) erstickte haarwuchs an allen theilen
des kürpers. Kaxt 10, 35 ; die feuersbrunst ersticken ;
aber meine zähren
kann ich nicht ersticken. Gotter 1, 65;
den verdrusz ersticken. Göei;<ce 1,34;
drob brummt er einen halb erstickten fluch
auf Kettchen her. 2, 222 ;
die erstickten thränen. J. P. Hesp. 2, 102 ; der vom leichen-
tuch erstickte tronunelschlag. 2,82; ungewitter, das sich
plötzlich wie ein mantelfisch erstickend über den ganzen
himmel geworfen hatte. 3, 25 ; 'himmelseele ! ' rief er und
blickte sie bittend an und brachte ihr das todtenopfer des
erstickten neins, 'ich antworte dir nicht.' 4, 29. particijna
lassen den intr. oder tr. sinn vieist unentschieden, man nannte
verdorbnes, unreifes holz, obst, kom erstickt: ehezeitig geburt,
unzeitig erstickt obs. Garg.GZ'; brot, so von altem kom, das
übel schmeckfit und ersticket ist, gebacken wird, ist hartdäuig.
Tabebnaem. 591; der ofen .soll eingeheizet werden mit wol
gedörrtem, gesundem holz, das nicht ersticket oder faul
seie. 592.
ERSTICKUNG, f. suffocatio: erstickung der saat, der stimme
u. s. w.
ERSTIGKEIT, f primitiae: die band des griechischen mäd-
chens, welches die erstigkeiten seines gartens aus seinem
körbchen darbietet. Müseb patr. ph. 2, 3S6. doch mhd. be-
deutete ^rstekeit initium, gleichsam erstheit: ja holz und stein
unde bein und alliu greselin diu hänt alle sament dd ein
gewesen in der erstekeit. Eckhabt 334, 8.
ERSTILLEN, sedare: dardurch ermeldte aufruhr erstillet
ward. Tacios bei Fronsp. 3,238';
jagt in harniscb den gmeinen mann,
den dann niemand erstillen kann. H. Sachs IV. 2, 78*;
und land und meer scheint dumpf und tief erstillt
in trübem dufl gestaltlos zu verqualmen. Wiklasd 22, 249.
ERSTI.MMEN, stimmen, anstimmen, praecinere: als ich nun
(lor» dach) hinunterschauele, sihe, da hatte er (der wolf) noch
mehr cammeraden bei sich, welche mich ansahen und sich
mit geberden anstelleten, als ob sie einen anschlag zu erstim-
men (mit geheul anzustimmen) begriffen, wie sie mir beikommea
möchten. Simpl. Springinsfeld 1, 16 ; als er eine kleine discant-
geige hervorzog, erstimmte und eines daher strich. 1, 2.
ERSTINKEN, foetere, perolere: ein erstunkene gefaulete hef
(faex). Thdbneisser prob, der harnen 103; erstunkenes leder;
das kind müste verfaulen und erstinken. Agbicola spr. 695;
also leszt si vil ding verderben,
erfaulen, erstinken, verösen. H. Sachs 1,449»;
kein zauberer könne einen viertägig gestorben und erstin-
kenden todten auferwecken, ätber proc. 2, 10 ; die sich viel
lieber und ehender erlausen, erstinken und verderben lassen,
ehe sie sich zu reinigen begehren. Simpl. K. 337. oft in der
redensarl: das ist erstunken und erlogen (oben sp. 908 und
hernach noch unter erstunken):
dein epigramm, o D., ist fein!
es hat mich treflich durchgezogen,
und ist, vollkommen schön zu sein,
erstunken und erlogen. Le$si:<c 1, 18.
ERSTIRREN, ERSTIEREN, tigere: die äugen sind von hef-
tigem anlugen erstirret oder erstaunet. Maaler US*. vgL
starren und stieren.
ERSTLICH, prior, anfänglich, als adj. kommt selten vor:
noch hatte Xerxes seinen erstlichen vorsatz, sich diesen sitz
der freiheit zu unterwerfen, nicht aufgegeben. Lbssihc 6, 321 ;
dies war meine erstliche meinung.
ERSTLICH, adv. primo, primum, initio, vgl. erst:
ee Adam erstlich schlafs erwacht,
aus seiner seit gott Evam macht.
Scbwarze:<berg 99, 1 ;
64*
1015
ERSTLICH — ERSTLING
ERSTLING— ERSTLINÜSBLUME 1016
der teurel wil dich machen Llind
und füren von der höchsten kür,
die du dir erstlich setzest Tür. 140, 2;
erstlich triebestu hurerei mit den kindem Egj-pti deinen nach-
barn. Ez. 16, 26 ; dis voik ist aus Clialdea herkomen und hat
erstlich in Mesopütamien gewonet. Judith i,ß; erstlich ist sie
dem gebot guttes ungehorsam. Sir. 23,33; da nu Judas und
sein beer erstlich über das wasser kamen, flohen die feinde.
1 Macc. 5, 43 ; da sprachen sie zu im, wer bistu denn ? und
Jesus sprach zu inen: erstlich der, der ich mit euch rede
{vulg. principium quia et loquor vobis, rijp a^xriv o xt xal
XaMÖ v/ilv, goth. anastudeins, {)atei jab rddja du izvis). Joh.
8,25; und kamb erstlicb nach xxix jähren wieder. Micräliüs
1, lü; erstlich in 12 jähren. Schlampampe mal. 31 ; gleich erst-
lich (auch erst). 14;
dan ich zweiTelhanig nicht kan wöhlen,
was ich erstlich soll erzöhlen. Wkckuerlin 374;
0 dasz der Jämmeriicb verderb
und grewlich sterb und widersterb,
der das gold erstlich hat erfunden. 396;
iwar wand sie erstlich ein, dasz sie die halbe nacht
bei ihr Olympien am tische zugebracht. Grtphius 1, 242;
was Jammer erstlich war, wird endlich herlicbkeit.
LoGAU 1,46,83;
0 gott, dein wort und reich gieng erstlich auf vom morgen
bis unsrcr grenzen zu. 1, l\)b, 12;
wo die lieb und wollust biilen, zeugen erstlich sie vergnügen,
aber bald wil Stiefgeschwister schmerz und rgw sich drunter
fügen. 2,230,123;
steht man da auf, wann man hat jetzt zu sitzen aufgehört?
oder wann man zu dem stehn sich bat erstlich aufempört?
2,5, 12;
ich weisz was mir gefiel, als ich dich erstlicb käste
und in der neuen lust befeuchte deinen mund.
HoFMANMSWALOAU heldeubr. 21 ;
sein wenig bei sich gehabtes voik, welches erstlich wegen
der Vielheit der feinde erschrecket, zurücke weichen wollen,
pers. rosenlh. 1,4; man müste in seinem thun und wesen,
obs schon erstlich nicht nach willen gelingen will, nicbt
verzagen. 1,18; nur erstlich [nur erst). Felsmb. 3,404.435;
noch erstlich {erst noch), irrg. d. l. 253 ;
nein, er hat recht, ein kus
macht dasz man erstlich recht die liebe fühlen musz.
Rost;
komm lasz uns geschäftig sein,
da vergehn die grillen,
erstlich noch ein gläseben wein! Göthe 11, 208;
erstlich bist du jung und schön,
halbwüchsiger knabe bist du, doch die frauen
sie möchten dich ganz ausgewachsen schauen. 41, 43.
ERSTLICHEN, primo: über welchen bericht ich mich erst-
lichen gar hoch entsetzt. Ringwald Ir. Eclih. A3' (t'orr.)
ERSTLLNG, m. primo nalus, neuling.
1) von menschen: es ist ein erstling, erstgcbornes kind ; und
die erstlinge unser söne. Neh. 10,36; gleichwie Adam der
anfang und erstling ist, durch welchen wir alle sterben müs-
sen, also ist Christus der erstling, durch welchen wir alle
zum newen leben auferstehen sollen, wie er zum ersten auf-
erstanden ist. Luther 6,231*;
namenloser vaterfreuden,
namenloser vaierleiden
theurer erstling! Gotter 1, 214.
2) vom viehe: und Habel bracht auch von den erstlingen
seiner herde {primogenitis greyis). l Mos. 4, 4 ; aber den erst-
ling des esels soitu mit eim schaf lösen. 2 3/o.<;. 34,20; du
soll nicht ackern mit dem erstling deiner ochsen. 5 Mos.
i:>, 19. beim habiciU unterscheidet man nistling, erstling, wild-
fang. Becher 96. ein zum erstenmal ferkelndes schwein heiszt
gleichfalb erstling.
3) ron gewachsen (vgl. ahd. frumikidi, elsdsz. hiurenbci;):
erstlinge der weizenerntc. 2 Mos. 34,22; als neutrum: das
erstling von der ersten frucht auf deinem felde. 2 Mos. 23, 19 ;
das erstling von den ersten fruchten deines ackere. 34,26;
das erstling deines korns, deines mosts und deines öles.
h Mos. l<t, 4; und da das wurl auskam, gaben die kinder
Israel riel erstlinge von getreide, tnost, Ole, honig. 2 rhron.
31, S; jerlich zu bringen die erstlinge unsers lands und die
erstlinge aller fruchte auf allen bewuien. Ac/t. lo, 35;
f<;Ut wird dir ihr miulrben erst hnnger erwecken,
hr mAulchcn, der «ritlling lO baldiger frucht,
von wcirhnr Mn rftiih«r t» knoten gCMiihl. GCntiier 929;
' bAneo Bpfcl her?
' < . 0S6;
räume nur dem neuen gaste
einen gipfel von dem aste
deines Stammbaums willig ein.
denn der erstling deiner schnaten
wird ein Alexander sein. 104.7;
blümlein, euch hab ich erkoren,
gott als erstlinge zu schicken. Grtphics 1, 511;
sei {erstes Veilchen) mir gegrüszt, der früblingskinder
geliebter erstling, find ich dich? teutsch. merk. 1774 6,8;
dasz ich euch diese birnen, die erstlinge seiner jungen bäume,
übergeben soll. Arnim schaub. 1, 25.
4) vom gebäck und opfer: ewers teigs erstling solt ir einen
kuchen zur hebe geben. 4 Mos. 15, 20; auch sollen wir bringen
die erstlinge unsers teiges und unser hebe. iVcA. lo, 37; und
bracht dem man gottes erstling brot. 2 kön. 4,42; daselbs
wil ich erstlinge ewr opfer foddern. Ez. 20,40.
5) andere anwendungcn: die wir haben des geistes erstFtng
(die erste gäbe des geistes, vulg. primitias spirilus). Rom. 8,23;
denn wiewol sie die erstling des geists empfahen, so bleibt
doch noch etwas da von der sünde. JoNAsftct Lt«//ier 6, 399';
und gott schenkt im mit den erstlingen des geistes die kind-
schaft oder erbschaft des ewigen lebens. M.ithesius 113';
erstling der Jugend in unserm kreise sei willkommen ! Güthe
20, 253 ; die junge gräfin Brabe, eine tochter seines unter-
thans, hatte die erstlinge seines groszen herzens (war seine
erste liebe) und sein entschliisz war aufrichtig, den schwedi-
schen thron mit ihr zu theilen. Scuilleb 908';
von nun an sei der erstling meines herzens
auch gleich der erstling meiner band. 574*;
will ich dort euch beiderseits vor des lammes stuhl empfangen,
als der erstling eurer liebe gottes lob an euch erhöben.
GÖMTHER 870;
als er die erstlinge der liebe von meinem busen pflückte,
als er mir den jungfräulichen gürte! löste. Klingers lA. 3,387;
wir empfinden schon den segen
als den erstling deiner buld. Gcntber 903;
dir, hochgeborner herr, mit schlecht und heiserm singen
den erstling meiner kunst gehorsamst darzubringen. 731;
ich mein anjetzt die saat von wünschen voller segen,
den erstling denk ich dir auf dieses blatt zu legen. 756;
nimm mit geneigter band den erstling meiner lieder
vor deine vatertreu von meiner Unschuld wieder! 1055;
die erstlinge meiner poesie, meine ersten gedichte; habe ich
nicht Ursache auf die erstlinge meiner methode stolz zu
sein? Pestalozzi 5,80;
einen pfeiler soll der sieger ewig stehn
in gottes tempel! auf dem throne ruhn,
von dem der überwinder erstling herscht. Klopstock 7, 280;
für sie verlieszest du das grab,
der erstling derer, die erwachen. 7, 280;
unter den heiligen Wolfen ist dieser der mSrtyrer erstling.
Messias 3, 240;
der märtyrer erstling. 13, 779;
ringsum berlicbe schätze, des reichthums erstlinge sammeln.
3, 431;
um der thränen willen, der erstlinge deiner erbarmung,
die du, als du geborn warst, weintest! 4, 904;
kaum sandte gott mit seinem söhn
der erde grosze freuden,
so sammelt er sich selber schon
die erstlinge {fiirsten) der beiden,
zu ihrem neugebornen berrn
musz sie ein wunderbarer stern
aus fernen ländcrn führen. Job. Ad. Scbligel ged. 1, 107;
Pbönicien hat mich gezeugt, mich sandten
als ihrer siege erstlinge, dem Phöbus
die cnkel Agenors. Schiller 238*;
er (der verstorbene Fritz) ruht jetzt in einer kapeile, um diesen
frühling der erstling des neuen kirchhofs vor der Stadt zu
werden. Voss briefe 1,203; zwei gute seelen, mit dem erst-
ling des lebens wie des Jahres, mit dem vcrgiszmeinnicbl
der liebe im herzen. J. P. Tit. 2, 71.
ERSTLINGIN, f ich konnte mich an der frischen färbe
dieser erstlingin des Jahres (einer rose) nicht satt sehen.
Tlll'MMEL 3,11.
ERSTLINGSARREIT, f.
ERSTLINGSBETT, n.
narbl, mir die erste, du kommst! 0 die ersllingssiunden der
nRrht mir,
linit auf dem er»tllng»bett, I.una. »le llnger doch auf!
nox mihi prima venit. primae data lempora noctis
lungiui in primo, I.una, morar« toro. Von Prop. 9,20,13.
KIISTLINGSBLIIME, f
HO trAiilt auf des lonte*
ertiliugtblumo der tbau. Klomtoou
1017 EBSTLINGSFLAUM — ERSTÖCKEN
ERSTLI.XGSFLAUM, m. lanugo:
um die wauge mit erstliagsflaume gebräunet. Voss.
ERSTLINGSGABE, f. Stolbebg 14, 131.
ERSTLINGSGARBE, f.
die du dich mit ähren kränzest,
blonde Ceres, habe dankl
erstlingsgarbe Uammt ihr opfer
auf zu deinem wolkensitz,
und der ernter und der schnilter
rufen alle : habe dank ! Gerste.nbergs schnitterlied.
ERSTLLNGSGEFCHL, n.
ihr (der einsamkeit) seufzt ich, Tom spiele
der Jünglinge fern,
die erstlingsgefuhle
der liebe so gern. Maithisso» 112.
ERSTLINGSGESANG, m.
wie man des nacbtigallhains erstlingsgesänge begrüszt.
Matthisson.
ERSTLINGSKUS, m.
als ich mit ersllingsküssen
an seinen wangcn hieng. Thdhxel 6, 46.
ERSTLINGSLAMM, n.
von erstlingslämraern
ein herlich hekatombenopfer. Bürger 157';
aber gelob auch dem bogenberühmten Irkischen Phoibos
eine dankhekatombe von erstlingslämmern zur weihe. 213'.
ERSTLINGSLÄUB, n.
dir streut kein mädchen mehr mit frommer thräne
des lenzes erstlingslaub. MatihissO!« 25 (196).
ERSTLINGSLIEBE, f. erste liebe: die aaflodemde flamme
ihrer erstlingsliebe. Thümmel 2, 283.
ERSTLINGSLIED, n. erstes lied.
ERSTLINGSRAUB, m.
aus der schlacht
1 bringt er den landesgöttern erstlingsraub. Stolberg 14, 98,
anaQ/as. Soph. Track. 3, 301.
ERSTMALS, primum, primo, erst, erslUch: ir soll wissen, dasz
die Baronici von golt dem herrn gemacht wurden, da er noch
- erstmals lehrnete. Bocc. 2, 13' {wo der alte druck 393, 5 von got
; die ersten gemachet wurden, do er ein lerjunger was) ; du
^ must dich erstmals begeben ein Zeitlang aus Engelland zu
i reisen, buch d. liebe 247, 1 ; da sie Reinharten in groszem
s Jammer fanden, der ir erstmals nit warnam, denn er sein
i- klag so ganz herzlichen führte, dasz er niemandts warnam.
251,1; wollen sie erstmals gütlich an ihn muten, dasz er
nach irem willen leben wolt. 252,2; das zweite geschlecht
ist erstmals aus Italien zu uns gebracht worden. Tabernaem.
296; das er erstmals einen aus den herren ansprechen soll,
auf das er für in das wort oder ein fürbitt thue. bienenk.
189' ; als er erstmals (quutn primum) nach Rom gekommen
war. ZiSEGR. apophth. 1, 12 ;
Smyrn, Rhodus, Colophon, Athen und Salamin
und Chios, Argos auch die zankien sich vorhin,
wer diesen tichterprinz Homerum in der wiegen
mit einem thränengrusz hält erstmals sehen liegen.
Brajidts bericht von Taubmann s. 6.
ERSTMANN, m. t« Salzsiedereien der erste arbeiler. schon bei
Ottocar 730*. 73l' heiszen bergleute erstleute. Maaler 118' erst-
mann, erstlimann, antisles. rgl. drittmann 2, 1425.
ERSTOBERN, indagare, erspüren, aufstöbern:
er dringt in ihre {der natur) tiefste Werkstatt ein,
erstöbert ihre letzten, heimlichsteo
geselle. Kl. Scumidi poet. briefe 91.
ERSTOCHERN, e denle fodere, ausstochern:
aus dem zahn erstochem. Scherfer 35.
ERSTOCKE.N, corrumpi, obfirmari, stocken, verstecken: er-
^ stockt er, verherter (verhärteter), obßrmatus, obduratus. voc.
P14S2 h2"; erstocken, erstaunen, ganz doli werden. Maaler
IIS'; erstockt = verstockt. Keisersb. anh. nwnsch. B6; der
unglückhaft vogel erstummet und erstockt, posl. 3,96; und
do er im nit antwort gab, da erstocket er und fürchtet im
noch mehr. Steinhöwel £sop 1555, lOl'; dorab sich uf disen
tag die verblendten erstockten wölf entsetzen, dem sie nit
Widersinn mögen. Schade sat. u. pasq. 3,28; es wer dann,
das im sein herz ganz und gar erstockt gewesen wer. Aimon
Fl'; erstockte glider, slupida membra. Maaler 118'; erstockte
kaltblütige menschen. Yelrs vergiszmcinnicht n2'; das von
kälte erslockte geblüte. med. maula/fe 482.
ERSTÖCKEN, unsicher, ob vom vorhergehenden abzuleiten oder
ßr erstecken zu nehmen, die bedeutungen des verstockens vn4
ERSTOLZEN — ERSTOSZEN
1018
erstickens, dämpfens würden sich berühren: und geschieht oft,
dasz auch zugleich das bein erslöckt wird und absterben
musz. Wüarz 266 ; wann ein ros herzschlechtig, dämpüg, er-
slöckt ist, oder hat einen schweren athem. Seüteh 19 ; oder
auf stockfischschwänzenarl, aus sorg die nieren zu erslöcken.
Garg. 157'; deswegen solchen mut nicht unter der aschen
erslöckt ligen zu lassen. 173';
die weit machts anders nicht, sie ist erslöckt in lüsten,
die wie die fledermäus ihr in das herze nisten. Simpl. K. 146.
ERSTOLZEN, superbire: der han erstolzl bei im selber.
Keisersberg gunkel 13; also erslolzle auch Niobe ob so un-
mäszigen ehren. ?iiobe, München 1688. inhalt.
ERSTON in schrißen des 16 jh. für erslan, erstehen, z. b.
Maaler lis'.
ERSTOPPELN, spicatim coUigere, zusammenstöppeln.
ERSTORBENHEIT, f torpor: die erstorbenheit seines her-
zens zu freudigen empfindungen. Cramer leben Gellerts 128;
goldne zeilalter in jeder rücksichl sind ihm (dem philosophen)
eine beschränkt heil der erstorbenheit. Fichte reden an die d.
nat. 225; zu einem sein, zur ruhe, erstorbenheit gebracht.
nachgel. werke 1, 42 ; die nüchternheit und erstorbenheit der
phanlasie. A. W. Schlegel.
ERSTÖREN, turbare, destruere, demoliri, concutere, evertere.
ahd. arstörran, üstoran (Gbaff 6,708). mhd. erstceren:
der walt und diu beide breit
die Stent lobeiich gekleit,
elliu herzen erstaeret sint,
des froeit sich megde und stoliiu kint.
ende hat der kalte wint.
US. 2, 119* = MSH. 2, 173»,
alle herzen sind nun im frühling froh erregt, aufgestört?
nhd. unser allergnedigoster und mächtigster fürst
den bat darnach nie gedürst,
das er eur römische kirchen wöll erstörn. fastn. 276,6;
da Anaximenes das erhöret, da bat er den küng, das er
erslöret dise stal. Mdgleiss gesch. der Römer. Augsb. 1489, 99' ;
sich z3, den gwalt dem schlangen kalt
hat er mit gwalt erstöret.
Speratcs bei Wackermagkl kirchenl. 154.
Müizel 1, 51 gibt verstöret.
m anderm sinne hat Stieler 2173 erstören investigare, omni
studio excogitare, was zu aufstören stimmt und zu der vorhin
angeführten mhd. bedeutung.
2) reflexiv:
das er nit wider fahe an
sich zuo erstören mit alter letz, fasln. 1265;
da si tugent lieszen, da liesz sie auch die lugent und ir
gewalt erstört sich. Mügleis 57". vgl. stören, verstören, zer-
stören.
ERSTÖRER, m. demolitor, destrudor. erslorrer voc. 1482 h l'.
ERSTÖRUNG, f destructio:
und von erstörung Troy her. foMn. 1312.
ERSTOSZEN, mhd. ersl6;en.
1) intr. excuti, coUidi: da mite wir unser langen annüele
elewaj erstöjen {unsrer armut einigermaszen frei, ledig werden),
myst. 1,379,34.
nhd. wo die schif ohn gegenwehr von sich selbst zerspal-
ten, ersloszen und ersaufen. Fro.vsp. kriegsb. 3, 142".
2) tr. confodere, contundere, abstoszen, niederstoszen : dasz in
die sucht erstosze! Luthers tischr. 294'; das dir die grosze
krankheit das herz erstosze! herz. Jclics von Br. 785; der
habicht hat die taube ersloszen;
die kirchen ist entweiht, der fürst bei dem altar
erstoszen, ihre krön und leben lauft gefahr. Grtphius 1, 74 ;
die fünfzig, welch er nun von sich nach hause liesz,
die warens, die sein volk auf ersten weg erstiesz. 1,144;
es hätte mich der degen,
der dich Marceil erstiesz, auch müssen niederlegen. 1,209.
3) reflexiv mhd.
daj er sich müese erstözen
an manegen boumen grojen. Lanz. 411.
nhd. hat es sich endlich allein daran ersloszen (gestoszen), das«
ich nicht hab mögen diese billige masz erballen. Mela.ich-
THO."» leben Luthers übers, von Ritter s. l. 75 ; den vertrag zwi-
schen seiner gnaden und den von Nassau, so sich vormalen
erstoszen, jetzt ins werk und zum ende zu bringen. Melakchth.
2,502; worauf er alsofort im keuchte (cavea) sich erstiesz.
LouE.NST. Arm. 1, 611.
1019
ERSTRABELN — ERSTRECKEN
ERSTRECKEN
1020
ERSTRABELN, arripere, indagarc, ciiw sldle Fiscuabts sp. S26
tiuler ergrabein angefüjul. grabeln, finippeln liri.tzl die Itdndc,
strabcln, strappeln, stranipelu, zabelii, zappeln die füszc regen.
SCUM. 3, 676. «88.
EBSTRACKEN, ngeseen, slrack, steif toerdcn. ahd. stracchön,
Struck seia (Gbaff C, 740). da die belege nur parlicipia gewäliren,
könnten diese aber auch zu erslrecken gehijren, obscJton gewöhn-
lich erstreckt gesagt wird, die bedeutungen steif werden und
ausstrecken sind verwandt, er {der schifhritcluge) auf dem kästen
luelir dann halber lud lag mit crslracktcn armen unih den
kästen, ßocc. 1,57', wo der alle druck 7ü, 30 mit erstaili-n
armen, das original jedoch: tenendo forte con amendue Ic
mani gli orli della cassa; daher die fabeln bei den poelen
anzeigen, Deucalion bab die ieut wider lebendig, ja ans stein
menschca gemacht, dann sie waren vor angst und forcbt
schier gar verstarrt und erstrackt. Frank weltb. 82'.
ERSTRAHLEN, radios emilUre, erglänzen: der mond er-
strahlt sanft vom lichte der sonne; ihr gesiebt erstrahlt von
Schönheit;
der liobcit edler glänz bleilii unverbor^cn,
obwol sie nur im schleclitun kleide gebt,
und auch beschäftigt mit gemeinen sorgen
erstrahlt sie noch von hehrer mujcstät. Gries hefr. Jer. 7, 18.
FRSTR.\NGELN, suffocare, sirangulieien. Stieler 2189.
ERSTREBEN, eniti, nitcndo assequi, einoliri. Stieler 2192.
mhd. der forste rtj Diningen hat erstrebet
das i"ß'' P'"'* bl im behüset ist. MSII. 2, 5'.
vhd. wer auf übrig reiclithura traclit,
der wird soiisten nichts erstreben. Logau 1,39,45;
wer sein lob erstreben kann,
den lobt auch ein könig. Burmann ged. 7;
ich will ihnen einen solchen frieden erstreben, als du nim-
mermehr erstreben kannst. Thomsons trauersp. 435; ehre er-
streben ;
sich rühm erstreben. Gökingk 1, 186;
und bleibe
hier so lange, bis ich das ziel des krieges erstrebe.
BÜRGER 210";
wenn es {das kind) die brüdcr,
die um Sokraies einst der menschliclikcit höhen erstrebet,
neidisch entehrt in der grult. iMise 1, 344;
was ich mir ferner auch erstreben map,
das schöne ist doch weg. Schiller 39'J';
er hat nichts weiter zu erstreben,
wos irgend fehlte späht sein blick. Götbe 12, 293 j
die (dicIUung) zeigt sofort ihm duakelklar
was einst er war
und wieder wird erstreben. Platew 16;
eine zeit, in welcher ergebung statt kräftigen handelns und
gnade statt des Verdienstes erstrebt {gcsuchl) ward. Sculossers
weltg. 4, 586.
ERSTREBLICH, impetrabilis, erreichbar. Stieler 2193.
ERSTRECKEN, cxlendere, porrigere, ahd. arstrecchan, mhd.
erstrecken, vgl. ausstrecken.
1) leiblich:
mhd. dai bcgunde dem recken
sine brüst bade erstrecken,
§d die senwen tuet daj armbrust. Parz. 35, 30;
da; erstracte im siniu brüstelin. 118,17;
als pigment und ämer
din Bliebe wunden suieckent,
die mir dar hf'rze erstreckent,
da^ e; nach jämer gwillet. Wh. 62, 18.
nhd. der tod erstrecket ihre glicdcr. Spreng //. 114';
das koierad oder knicschibcn erstrecken, conlendere poplitem.
Maaleb 118'; 80 Icit man sie {die neugrbornen kinder) et wen
zu dem ofen uf ein kilssin, das si ir glidlin mögen erstrecken
und von der wcrm gekreftiget werden. Keiskrsu. srlenpiir. 11' ;
so war seine gcstall oft niedergebeugt im schmerz um die er-
hiiodete Jugend, dann stolz erstreckt, sich aufrichtend. Bet-
Ti.xE taydi. 149 ;
weit erstreck ich dann die leeren arme. BCacu 99*.
beute litber mit dem einfachen verbuin.
2) zeitlidt, verlängern: erstrecken, iirotendcre, erlcngern. roc.
1482 b 2'; also do sie Iren gewalt in dem dritten jar trugen,
den sie selber on alle wal annamen und erstreckten, begab
Rieh mancher band misbrauch. Liviui, SciiOrrERLiN 45* ; auf den
abend desscibigen tags licHZ der crzbiscliof zu Trier d. Mar-
lino durch den hem Am^dorf anzeigen, k. maj. helle da«
geleite noch zwenc tage erstreckt. Luther 1. 4 8S*; derhalbcn
ire bitte, den lag auf ein monat zu erstrecken. S,41ü'; das
iht ihm IrcuQdlicli dos Stipendium, su er dieses jar aus eurer
Stadt gemeinen kosten gehabt hat, er.streckcn weit, dasz er
es noch ienger gebrauchen miichte. Melanchthon 2, 706; gol
erstreckt und verlengert dem könig Ezechias sein leben.
Melancuthüns anwcisung, deutsch von Spalatin 137 ; so lang
mir gütt mein leben erslrecken thut. Galmy 35; gleicher-
inaszen war nicht dem crelischen Jupiter die lengst vvintcr-
nacht zu kurz, also das er sie liesz noch auf xlviii stunden
erstrecken, als er die Arginäniiin beschlief. Garg. 78*;
darunter einer war, der bis den vierden tag
im sarcli und liusleriiis der Krti(\ beschlossen lag,
der vielen niizuscbn ausilrücKlicb dargcgelicri
sein festsebiindnes liaupt und sein erstrecktes leben
von iieueni ungerührt. Opitz tlugo ürut. 310;
uns, deine kinder spar gesund,
das leben uns erstrecke! Spke Irutzn. 101 (177);
er würde ihnen auch ihre lebenslange erstrecken, also dasz
einer aus ihnen das alter Adams erreichen werde. Simjtl.
Vogelnest 2, 13 ; o hält ich meine jähre erstreckt ! franz.
Sinipl. 1, 198; die bündnüs ist nachgehends wider auf 30 jähre
erstreckt worden. Zinkgrek bei Mosciierosch de politico p. 62.
man sagt die frist, den urlaub erstrecken.
3) räumlich: den weg für sich nanicn, die nacht so weit
sie mochten ritten, des andern tags frü auf waren, den übcr.-
bliebenen weg mit freuden erstreckten, so lang bis sie dem
herzogen begegneten, tue/» d. l. 51, 4 = Galmy 84 ; welche
{stadt) auf alle siraszen und zugeng mit ihren hinausgeführten
ecken erstrecket ist. Fronsp. kriegsb. 1,33*;
wie auch die klaren strahlen
der sonnen nicht nur blosz gelild und berge mahlen,
nicht nur an 6inen ort erslrecken ihren schein. Opitz 1,6;
wann dann die feuchte schar
der wölken rückt ins fehl und mehr als iiöthig war
den nassen zug erstreckt. I.ocau 1, tU3;
in ein hrillenfutter musz bei hofe stecken
augcn, wer gesiebte lange wil erslrecken. 2,216,32;
die Russen streben unablässig ihre hcrschafl weiter zu er-
strecken.
4) andere fälle: das macht, dasz sie immer prassen und
wol leben, damit sie es erslrecken können und das man sie
frei ungestraft leben leszl, wie sie wollen. Luther 2, 411' ;
wolle solche unkost die freundschaft erstrecken. 3, 417" ; da
er auch lernet die sünd in alle menschen erstreckt und ge-
flossen sein. Melanchthons liauptarlikcl verdeutscht, bl. 9 ;
erstrecke über uns deine gnade. Melisscs ps. N3*;
dennoch hat das liebe mensch ein vertrautes freundschaftsband
auf die meinen unverralschl immer fort und fort erstrecket.
LoGAU 2, 4U;
liebe kaufte neulich tucli, ihren mantcl zu erstrecken,
weil sie, was durch dreiszig Jahr krieg verübt, soll alles decken.
2,184,35;
schlechte kunst ist krieg erwecken,
schwere last ist krieg erstrecken. 2,233,40;
so lange du deine klagen erstreckest, ich mein leid erlän-
gern werde. Bütscuky/;ü«z/. 887; ich bin nicht befugt meine
ueugicrde so weit zu erstrecken. Lessing 1, 590 ; eine viel
v\'eiter erstreckte bcdeutung. Kant 2, 164 ; ein weit erstreckter
logischer gebrauch, den die Vernunft von den vcrstandcsbc-
griffen macht. 2, 305.
5) refl. in allen bislur entwickellcn bcdetitungcn : die ädern
erstrecken sich in alle theile des leibs; und als er {der wolf)
sich erstrecket und seine gelider ranket {renkt, reckt). Stein-
uöwEL Esop 1487,54; des bergs höhe erstreckt sich bis in
die fünfzig tausend schritt. Maaler 118'; das glctschergebiel
der Schweiz erstreckt sich vom Montblanc bis zum Ortler.
Bäüekers Sihu'ciz xlviii ; su sind on das der menschen mUgen
darzii geartet, das sie sich erstrecken, wann man sie nur übet.
Garg. 42';
nach hülf wil ich licnintur blicken,
mein witz erstreckt sich nicht so weit,
rinsz Ichs verriebt ohn andre Ieut,
gchülfen musz ich wurllch hau. Giliicsics 54;
so viel sich meine Wenigkeit erstreckt. O^m :(. 4.S;
was hat der deutsche kriep, der sich so ] ' fl,
von IVüchtuQ uud von null doch Immer
LouAt; .1, ■■'I'. <'.>;
der moudoo stellt sich für die sonne und roachl »io flnstcr
eino zeit,
der wlti der gottes rath wil dampfen . emirerkpi ►!. 'i
lanfr norh well. :i, I
doch erstreckt sich oft der «rhaltpu und nia< hl sich ^;. ....,„
lieh grOszer nU der leib. Lkm\i\nm 118; die grlegenheit er-
strecket sich liiclit aili'/cil gleich schöne. }x-rs. baumg. 4,5;
1021 ERSTRECKLICH — ERSTREITEN
sein alter erstreckt sich schon über fiinfzig; die krieg^kosten
erstrecken sich auf eine million; abends erstrecken sich die
schatten länger; die beiden Stolberg, Bürger, Voss, Hölfy
und andere waren im glauben und geiste um Rlopstock ver-
sammelt, dessen Wirkung sich nach allen selten hin erstreckte.
GöTHE 26,139;
auf Schwert und spiesz
und aufs pferd erstreckt sich
die Vergünstigung.
5) die fisclicr sagen von den karpfen, dasz sie sich erstrecken,
wachsen, zunehmen (nach l) oder meint es taiclicn? s. das ein-
fädle sich strecken.
7) intr. erstrecken, sußcere, ausreichen, hinreichen : das geld
erstreckt nicht, reicht nicht.
EBSTRECKLICH, 1) sufßciens, unerstrecklich quod satis non
est, nicht ausreicht. Stieler 2194.
2) quod extendi polest, erstreckbar.
ERSTRECKTEICH, m. streckteich für junge fische.
ERSTRECKöNG, f. extensio, prorogatio: magister Jacobus
bitt um erstreckung der zeit, das er noch ein jähr in der
Universität verharren möge. Melanchthox an Albrecht ep. 14;
die natur in der Unendlichkeit ihrer erstreckung. Kam 8, 321;
erstreckung der gerichtsbarkeit, des Waffenstillstandes «.s.w.
ERSTREICHEN, ahd. arstrkhan, mhd. erstrichen,
1) intr. vagari, progredi, streichen, umher streichen. Stieler
2201: der vogel erstreicht durch die luft, der fisch durch
das Wasser; damit er (der tartanis) teglich ausgetrieben werde
und in kein bratnest komme, zu solcher sorglicher ultima
materia nicht möge sein willen (seinen willen, sua sponte, gramm.
3,142) erstreichen. Paracelsus 1,314'.
2) tr. caedere, hauen, streichen, ausstreichen:
wir wollen uns dreien Marien gleichen
und im die haut gar wol erstreichen. Uhland 756;
so hat ir dann der pfarrer den palk erstrichen,
das sie ie den ganzen abent get,
als ob sie den wolf geriien het. fasln. 41, 27.
3) tr. cursu nancisä, einholen:
mhd. swer die sunnen wil erstrichen
der sol niht sanfte slichen. Freida?«k 54, 14.
4) tr. permulccre, sanß streichen:
mhd. juncfrouwen entschuohten umbe daj,
da? Gvburc im erstriche
siniu nein c sim entwiche. Wh. 278,26.
5) tr. equum peclere, striegeln :
mhd. der hiej sin ors erstrichen. Pan. 595,23;
sin ors daj der terapleys
gein im zer tjoste brähtc,
ein knappe des gedähte,
ej wart nie ba; erstrichen sit. 702, 27.
6) canere fidibus, die geige streichen:
darnach nam si die gige behend,
die kundt si usz der maszen wol erstrichen.
Körners bist, votksl. 59.
7) an einen stein sireichen:
gold an stein erstreichen. Scherfer 163.
ERSTREITEN, expngnare, evincere, mhd. erstriten:
ich trüte wol erstriten, daj dSr küene man
dise starke übermüete von wären schulden mficse län.
Nib. 116,3;
öf ire leit er sine mahf,
daj er die vollccliche erstrite. tr. hr. 329;
dur dar wir lopsen unser leben
und alle tüsentvalten bort
erstriten unde erwerben dort. 24508;
nM. damit wil Carlstat, als ein newcr Grieche, ans der
griechischen spräche erstritten haben, das Christus leib nicht
sei im sacrament. Luther 3, 67' ; also hat s. Paulus aus den
rechten und sterkesten principiis disen artikel erstritten, das
wer die auferstehnng der todten wil leugnen, der musz auch
leugnen, das Christus auferstanden ist. 6, 225' ; solch ungc-
.schickt nernsch gleichnis ziehen sie an als ein ganzen, klaren,
gewissen gnind, dadurch schon erstritten sei, das die priestcr
schuldig sind u.$.ip. Melaschth. im corp. doclr. ehr. 195;
dann sie alt trübsal bat erstritten.
WicKRASs bilger Cl;
hin ist hin und schon fürüber,
ob ir^üch glich stein letz darüber,
es musz uf erden sin erstritten,
band ir schon etwas nachteils glitten,
so mnszt ir ictz darbi erwägen
den nutz, den ir oiirii hnnd darcägen.
J.»c. FcnKP.LiN spil von Lazaro D4';
ERSTREMPFEN — ERSTÜMMEN
1022
wanns um und um nun kümmt, so ist ein wort erstriten.
LoGAü 2, löl, 59;
ist ein esel zu erstreiten, ei so suche dir zur band
einen richter, der nicht selbsten ist dem esel anverwand.
2,238,174;
allmälich öfnet sich der pfad vor seinen tritten,
und gegen das was er bereits erstritten,
ist was zu kämpfen ihm noch übrig ist nur scherz. Wikla-^d;
der segel stolze obermacht
hast du sie nicht von millionen würgern
erstritten in der wasserschlacht? Schiller 20;
das böste erstritten {überwunden). Gotthelf schuldb. 90.
2) refl. sich erstreiten, aus dem kämpf heraus streiten, frei
machen :
Ö5 den het er sich erstriten,
da; er in ze verre was entriten. TlTi. 412,17;
danne aber lewen wilde, beren und eher küene
der wirt vol da? gevilde, berge und tal bedecket, beide grüene,
ül den allen kanstu dich erstriten. Albr. TU. 2878.
ERSTREMPFEN und unrein hd. ERSTREMPEN, suffocare,
coarctare, hei Alberds ich erstrempf, spiritum faucibus claudo,
OS coarclo et fatices; vom esel, der seinen herrn küssen will:
der esel hatt im seinen mund
erstrempt, dasz er nit schreien kund. Albercs Esop 101*;
nachdem Achilles Cygnum mit keinem schwert noch waffen
hat mögen umb brcngen, sonder sonst erstrembt und erwürgt.
Lorich i» Wickrams Orid, 3/ain; 1551. 126' (1631.411 erstrempt
und erwürgt) ; Benno schreibt, sein abgott, der satan, habe im
endlich seinen lohn gegeben und erstrempft im walde. Nigrincs
pap. inquK. 1582, 367 ; wie die böse geister denjenigen, an wel-
chen sich die hexen bcgeren zu rechcnen, aus bitt derselbigen,
den athcm nehmen, sie erstrempfen und also umbs leben
bringen. T. Asnaeüs Privatos Verdeutschung der daemonolatria
s. 338. Schmeller 3. 685 hat strammen, bestremmen, bestrempen
(aus der Maingegend) zusammenziehen, einengen, beengen, stram-
peln, strampfeln, die beine u-cchselsweise anspannen und ein-
ziehen, strempfel, schnob, stempfei, angespannte wiedc. Stieler
2300 strempelen, strempfelen = trempeln fukire, compingere,
adstringere. welterauisch verstrempen von pflanzen, die andere
drängen und ersticken, vgl. strumpf und erstnimpfen.
ERSTRICKEN, slrangulare. Alberüs, entweder mit dem strick
würgen oder ersticken mit eingeschaltetem r.
ERSTRICKEN, lexendo hieran. Sheler 2195.
ERSTRÖMEN, inundare. Stieler 2213.
ERSTRUDELN, rorlices volvere:
dasz über dir Ixions wirbelrad
erstrudle. Siolbero 5, 71.
ERSTRÜMPFEN, coarclari:
mein sei erstrumft aus marter. MitrssDS ps. M4'.
vgl. erstrempfen.
ERSTÜCKEN für ersticken, nach häufiger vermengung des i
mit dem ü : ist sein feuer anhaltend genug, dasz es unter
den Schwierigkeiten des reims nicht erstückt, so reime er.
Lessing 3. 306.
ERSTICKEN, resarcire, ergänzen. Stieler 2223.
ERSTL'DIEREN, studendo explorare: ach bnidcr, ists nicht
eine schand, dasz ich nicht so viel künste erstudirt haben
sol, vermittels deren ich mich jetzund füttern künte? Simpl.
K. 357; er hat ein amt erstudiert. Stieler 2219.
ERSTÜMMEN, obmutescere, erstummen, stummen, stum
werden mutere, mulire, mulescerc. voc. 14S2 hl'. M.haler 118';
ahd. arstumra^n (Graff 6, 681) ; mhd. erstnmben, erstummen :
da? mir erstumbet an der stunt
diu Zunge min und ouch der munt. frauendicnst 34,21;
ouch erstumbent in ze stunt
beidiu zunge und ouch der munt. 598, 7;
we den koboldcn die alsus erstummen. MSH. 3, 108'.
nhd. er hat erstumbt. Keisersb. bilger 03' ; er ist erstummet,
Terentius 1499,20'; das er darab crslumpt und nit ausspre-
chen mag. Frank weltb. 125'; wie ein schaf, das erstummet
für seinem scherer und seinen mund nicht aufthut. ff. 53, 7;
und ich wil dir die ziingen an deinem gaumcn kleben lassen,
das du erstummen soll. Ez. 3,26; und sihe du wirst er-
stummen und nicht reden können Igoth. jah sijais jiahands
jah ni magands rödjan). Luc. 1,20; dein schelten gilt nicht,
dein lügen acht ich nicht, dein dreuen furcht ich nicht,
denn du erstiimmest an diesem stück als ein stock. Lltber
2,158'; wolan so denn der hohe geist erstummet und keine
anzcigung gibt, so bitten wir umb gnade. 3,64'; da müszt
ircrstummcn. 3,69'; und müsset darüber erstummen. 3, 35S';
crsturamcn müssen sie und dennoch daneben hören. 4,277';
1023
ERSTÜÄIMEN — ERSTUNKEN
ERSTUNKEN— ERSUCHEN
1024
das es {das herz] ersliiminen miiszle. 4, 44S'; das sie dagegen
erstummen und nichts haben darwider zu reden. 5,73*; also
dasz sie aus groszer liebe erstummelen und keins mit dem
andern mehr reden kondt. buch d. I. Sl,l; sie erschracken
des unversehenen handeis , dasz sie beide erstummelen.
199,3; als wir das hörten, stunden wir wie die stück, waren
ganz erstummet. 204,3; alsbald hat man in gefragt, wie er
zu diesem gelde sei gekommen? darauf er erstummet und
erblasset. Hennebergers pretisz. landtafd 462 ;
du stock, lies her, wie dasl erstumbst,
lies laut, was biin mich, das du brumbst! H. Sachs II. 1,34';
der mann erstummet und antwortet ir gar nichts. Kircduof
u-endunm. 302"; erstumme! obmulesce! biencnk. 25'; so must
Christus wol geschweigen und erstummen. 81'; als fisch cr-
stummen. 193*; erslummen in dieser heilung [wissen nicht
was sie dazu sagen soUen). Paracelsus chir. sctir. 111' ; die Itnit
oftmals zu ersticken und zu erstummen pflegen, wann sie
derselben {schwämme) ein wenig zu viel geessen hal)en. Ta-
bernaem. 1522;
es ist ihm ümb ein s(, so fleuget Eolus.
Neptunus wildes feld für ihm erstummen musz. Flemü^c 5;
doch schweigst du wahres lamb und sagst kein wörtlein nicht,
auf dasz wir künftig nicht erslummen fiir gericht. 9;
musi solches Sprichwort dan ob uns erstunimen.
ROMPLER 45;
ja wan das mundgebet in unraacht fast erstummt,
so hör das seufzen an! 73;
nun mag ich gleichwol hie nicht allerdings erstummen,
dieweil ich etwas doch zu singen forgenummen. 82;
Sandor und flöl erstummt, die laut ist ohne laut,
ein bräutgam suchet dich, dich nicht mehr seine braut.
Tschering 21;
mich, welchem Tor sich selbst und seiner unthat grauet,
dasz ich so lang erstummt. Gryphius 1, 228;
denn erblaszt,
erstummt er und erstirbt, bis sie des cörpers gast,
den geist durch einen kus, durch wenig liebeshlicke
dem todten wiedergibt. Loue?(stein auserl. ged. 1, 271;
0 Schöpfer mein, ichs nit vernein,
Tor dir ich musz erstummen. Spee triilzn. 78 (85);
uf der llucher brummen
müst ihr nit erstummen. Mestwkrt /ftfc/i/eu/'ei 82;
worüber die blumen erstummet und die dornen zufrieden
gelassen. Scriver seelensch. 1,69; wenn solches im gewissen
solchen losen Christen wird fürgehalten werden, da werden
sie erstummen. Otho 968; das gute mensch hatte solch
compliment wol niemals gehöret, weswegen sie erstummetc.
nord. Robinson 2, 63. in der jüngeren zeit beinahe ganz von
Terstummen verdrängt.
ERSTUMPFEN, hebelare, oblundere:
die spitze der begier erstumpft sich im genusz.
Wieland 18, 164.
ERSTUNKEN, part. praet. ton erstinkcn. die dort gegebnen
belege werden hier fortgeführt.
1) er fault, verfault, piUref actus:
mhd. d£r in dem grabe erstunchen lac. urslende 114, 55;
d£r in dem grabe erstunchen was. 107,34.
nhd Tor was ich verprunnen,
vor was ich derstunken. ring 3', 26;
ein hat ze vil getrunken,
dai im die leber ist erstunken, fasln. 473, 13;
das vich ist erstunchen in sinem mist. gestaüom. K.S; wenn
man lang erstunken nidcrkleit trage, soll schlier entstehen.
UiR-SLNC arzneibuch 2!tS; gott der herr wolt den erslunknen
.\dam wider holen. Reiszner Jer. 2,115*; eine erstunkene ge-
faulete hef {faex). Thur!»eisser prob. d. harnen 103; erstun-
kenes leder; aber des genflsches war nur zu vil ffir vier per-
sonen, also das es unmöglich war lang zu halten, dann
es wer obeinander erfaulet und erstunken, wie der papirer
himpen, welch» sich nicht gebüren wolt. Garg. si'; Ha er
[Lazarus) «chon vier tag im grab gelegen und erstunken
war. Atre« proc. 2, 10.
2) erdichtet, erlogen, emenlitus {sp. 908) : also das es eriogen
und erstunken ist, und Christo als einem lügner widerstrebt,
wer da sagt, da» die Christenheit zu Rom oder an Rom gebun-
den sei. LcTHE« 1,266*; erstunken und eriogen. 3, so*; alles
wu daselbst erlogen und erstunken ist. 5,124'; und niustc
alles gewis, gewis, gewig sein, obs wol zweimal erstunken
and dreimal eriogen war. 5,251*; en ist alles «o garstig er-
logen und erstunken, als der chresem selbs ist. e, 90'; ich
fleobe das kein goll, kein Christus und alles erstuDken und
erlogen ist, das man vom glauben sagt, c, 225'; ja wenn
solche sorge ir ernst und nicht eitel erstunken faule grobe
lügen weren, so würden sie sclbs auch inen lassen an einer
gestalt benügen. 6, 32l'; denn es ist olTentlich erstunken und
erlogen. 8, 11 ; was daselbs erstunken und erlogen ist. br.
4,153; eitel erstunken und erlogen ding. Xirerv» wider WUzcl
H3*; und sagen, was sie reden von ir, das si erstunken und
erlogen und dasz er wisz, dasz er ein frumme, züchtige und
ein unbelümde geuchin hab. MvanERS geuchmatt, Scfieible s.iil^;
Avas an im ist, das ist erstunken und eriogen. Maai.erIIS';
und musz gelaubcn ewrcn Worten,
wie wol sie hie an disen orten
sind gar erstunken und erlogen. H. Sachs V, 352*;
sagt wie der herzog hochgeborn
sein weib geritten tiab mit sporn,
und sie tyrannisch erzoRen,
ist crstunlien und erlogen. Soltau 230;
es ist erstunken undc dcrlogeu. Gryphius dornr. 4 hamll. ;
andere mehr ertichtete und erstunkene fratzen. Kirchhof
wendunm. 357*; aber es ist erstunken und erlogen. Scuocu
slud. leben C; so hab ichs gniirkt, dasz das sprichwörtl er-
stunkn und erlogen seie. Schware ttn/cn/'. B3*; aber derent-
wegen kans doch dcrstunkn und derlogcn sein. s. 60 ; es i>;t
erstunken und erlogen. Judas 1, 291. 300; es sei erlogen und
erstunken. J. P. Fixlän 120.
steht heute nur mit starkem nachdruck und wird, gleich dem
einfachen stinken, sonst gemieden, die frühere bcdcutung greu:l
an verrochen, abgestanden.
ERSTÜRMEN, vi earpujnarc." eine stadi, das feindliche lager,
die schanze erstürmen;
mhd. daj wart von in gewunncn
unde erstürmet schiere. Ir, kr. 21895;
vische, vogele, würrae,
tier mit Hüten
diner vröuden burc erstürme. MSII. 3, 53*.
nhd, vor wenig stunden kam die nachricht an,
Eugenie sei todt, vom pferd gestürzt,
an eurem orte sei sie beigesetzt,
als an dem nächsten platz, wohin man sie
aus jenem feisendickicht bringen können,
wo sie verwegen sich den tod erstürmt. Göthe 9, 304;
er hatte sprach und geschichtskennlnisse, die er so lauge ver-
säumt und abgelehnt, endlich mit wütender anstrengung er-
stürmt. 30, 233 ;
hier, sie beschwurs, hier bleibt sie, sie bleibt I nun berste die
mis^unst !
sieg mir! endlich erstürmt ward von den bitten ihr herz.
Voss Properz 1 , 8, 2S ;
Gleim, der heftige freund, wollte mir dort und dort sorgen-
freie musze für Wissenschaft und poesie erstürmen und bot
mir vorläufig zweijährigen unterhalt. Voss, trie ward Fr. St.
ein unfr. s. 41. ,
ERSTÜRMUNG, f. violenta expugnatio: nach der erstürmung
der Stadt durch die verbündeten hccrc. Pertz leben Steins 3, 433.
ERSTUTZEN, slupescere, mirari, stutzen, stutzig werden: zu
dem vierdcn sprich ich, das sanctus Paulus auch crstulzet
an der frag. Keisebsberg omeis 57'; das er ganz erstutzet
und sein gesiebt und gehör allen iren gebrauch verlierent.
irr. schuf E2'; also sind sie mit inen hinin gangen in das
grab und haben gesehen einen jflngling zu der gerechten
sitzen, bekleidet mit einem wciszen kleid, ab dem seind sie
erstutzt und erschrocken, post. 3, 4 ; als in aber ein low an-
sichtig worden, ist er gleich ob dem knecht erstotzt und
für ihm still gestanden. Frossp. fcnVifsfr. 1,115*; dasz die an-
wesenden über ihm ersliitzten. Pirken o.W/. lorb. 22t; der er-
stulzen möcht ob der grösze solcher ehren. 360; erslutztc
darüber. Harnisch 3«. 106.
ERSTUTZEN, dctruncare, sttUzen, abstutzen: die hnare, bäume
crslutzen. Stieler 2tS2 gibt ein erstulzcn liicrifacere an.
ERSTÜTZEN, inniti: sich auf die cllenhogcn erstülzen,
cubito innili. Maai.ER IIb'.
ERSl (11, «1. so viel als das ersuchen, gebildet irie besuch,
gesuch, versuch: des ondern crsuchs wegen. Ettnei« med.
mnulafff si9.
ERSUCHEN, scrutari, ahd. arsuorhan, mhd. ersuorhen. golh.
ussokjan, ags. äst^can, ehmuls hdu/iger gelirauchl als beule, und
nun mit besuchen, auf>ii. Iicii. durchsuchen, untersuchen,
versuchen ausgedrückt.
1) erforschen, ergründen
ahd. seriuogcno »Ine »unlergenm' bin ih leider vile l.ir
»rtmio und »eine geislllchlu dinc er»unchcM. il»i <
nhd. ou beljl Cj »«Ibo crsuocben gar. Kr. 1iK!6 ;
1025
ERSUCHEN
ERSUCHEN
1026
ja w.-en man niender funde,
swie sere erj wolde ersuochen,
die krafl Ü5 arzetbuoclien. b2'i'i;
nhd. ich der herr ersuch die herzen und bewer die nieren
(vidg. ego dominus scrutans cor et probans renes). libei
1483,367 = Jer. 17,10, bei Lltoer: ich der herr kann das
herz ergründen und die nieren prüfen; zerknirsche den arm des
gottlosen, ersuche {prüfe) ?eine bosheit, so wird sein gottlos
wcsen schon nimer bestehen. Luther 2, 66" ; die geschrift
eigentlich ersuchen und als ein Hecht in disem finstren irrsal
ZwiNGLi 1, 3; Christus hat befolhen, das man dieselben
Schriften in der schul sol fleiszlich ersuchen. Relchlis
augcnsp. 7*; die heilige schrift fleiszig ersuchen. Reiszser
Jer. 1,4"; fleiszig und mit ernst ersuchen, ejrquirere. Maaler
US'; so mag auch nicht gesagt werden, dasz die erfahren-
heit ein end hab. darumb ist billich, was nicht end hab,
dasz weiter ersucht werde. Paracelscs 1,632'; er hat die
antiquitäten ersucht. Zi\rgref 127, 8.
2) durchforschen, perscrulari, perquirere, zumal räumlich, kMich :
mhd. er sprach, ersuocliet holz und graben. Rol. 203, 7;
da? manic walt und manic herc
nach ir helfe ersuochet wart. Ir. kr. 909;
nhd. hielt ich doch nit of das allein,
das du Til land ersuchet hast. Brist 34,23;
und dis ist ein tropf oder vorschmack der hellischen pein
und ewiger verdamnis, darumb ersucht sie alle gebein, kraft,
saft, mark und was im menschen ist. Llther 1, 2ü'. 3,2';
alle locher, wie ein krebser ersuchen, kriegsb. des fr. lOl ; die
hotten und brieffrager niderlegen und ersuchen. Maaler US';
ich hab euch all ersuchet fein,
jetzt wirt es an dem jüngsten sein.
TuiB. Gast Joseph 114.
3) ergrübein, rimari, hervorsudien :
wisch den mund mit diner hant!
es zimmet wol den jungen,
die sieh regieren kunnen,
da;; sie nach disch ersuchen im munt.
stüre die zen zu keiner stunt .'
Kellers altd. er:. 543, 12;
ersucht und ergrüblet. Keisersb. bilg. 124'; einsi geschlächt
ersuchen und ergründen, genas alicujus exculere. Maaler US';
wiewot dise sonst vil lieber das blut under der wollen er-
suchen, bienenk. 237'.
4) untersuchen, inquirerc, tceniger als ergründen und durch-
forschen :
m/id. er ersuochte want unde want,
unz er die hiistüre vant
und gienc zuo in dar in. Iw. 62S3.
mit besichtigen verbunden: besichtig und ersuch die wunden
wol. Gersdorf 23; erwog, wie Stigelius, an eim jeden krüutlin
gottes fürsehung. besichtiget und ersuchet etliche bäum und
kräuter, die heut etwas zweifeis haben und hielt sie gegen
die alten buchen Garg. 1S3'.
5) aufsuchen, inquirere, inredigare : der herr hat im einen
mann ersucht nach seinem herzen. iSam. 13, 14; nun wolan
eilents, ersuchent mir den ausgang! Aimün y3'; du soll mir
schweren bei gott, dasz du an keinem samstag mir nimmer
nachfragen noch mich ersuchen wollest, weder durch dich
seibs- noch jemand anderem günnen, gehellen, verschaffen,
noch dich lassen darauf weisen, dasz du mich denn immer
ersuchst wo ich sei, was ich thu oder schaf, sondern mich
den ganzen tag unbekümmert lassen wollest, budi d. liebe
264,2; so der mensch wil gute werk thun, die im allezeit
mit groszen häufen für banden ligen und allenthalben damit
umbringt ist und leider für blindheit si leszt ligen und an-
dere seines dünkens und wolgefallens ersucht und folget.
Llther 1, 233' ; wo fern nun all obgemeldte wachen, so in
der schanz und bei dem feldgeschütz, durch die feind er-
sucht oder überdrangen würden. Fronsp. kriegt, l, 44' ; ehe
sie sich in den anzog begaben oder den feind anwendeten
und ersuchten, schickten sie dreihundert leichte pferd das
land zu berennen. Garg. 201'; das land mit brand und nam
ersucht (heimgesuchl, überzogen). 26S'; so wolt ich im keins-
wegs rathen, dasz er dise neue predicanten zu ersuchen oder
die hugonotischc reformation und absterbung zu erfaren tust
bekäme, bienenk. 23l'.
6) besuchen, heimsuchen, visilare: were auch gar willig und
geneigt gewcst, weil ich hier auszen bin in landen, selbs
persönlich euch zu ersuchen. Luther 2, 455'; unser aller-
Heblichester seligmacher hat uns allen geboten die kranken
zu ersuchen, br. 1, 409 ;
HI.
sie dankte, dasz ich sie bei dieser zeit ersuchte.
Gbvphiis 1, 203;
sechs kirchen hab ich schon ersucht. Atheh fastn. 66',
d. i. in meiner icall fahrt besudit; es were nicht ohne, dasz
i. f. g. zu unterschiedenen malen in Polen gezogen, die herren
alda als seine freunde und alten bekannte zu ersuchen. Schwei-
MCHESs Heinrich XI s. SS; als Clorinde einsmals mich er-
sucht und nun wider nach hause reiten wolte. Ett.ners unw.
doct. 597 ; habe nicht unterlassen sollen, den herrn mit diesem
brieflein zu ersuchen (heimzusuchen). Bctscbkv kanzl. 7, mit
der aufschriß •bcsuchbrieflein' ; der herr beklaget sich, als
ob ich unserer freundschaft vergessen, weil er von mir eine
Zeitlang weder in person noch durch schreiben ersuchet
worden. 59 ; dises schreiben wird statt meiner um Verzeihung
bitten, dasz ich ihn seiter unseres von einander scheidens nie
in Schriften ersuchet. 68.
7) ersuchen in der noch heute gangbaren bedeutung von rogarc:
dasz wir dieselben ersuchen wellen, solich löblich fürnemen
der cristenheit zu behaltung und gut nochmals anzunehmen.
beschlusz des reichsreg. von 1501 §. 2 ; oder aber so man dich
fragte, ob du auch gelt bei dir trügest und du sprechest
nein und lügest, auf das man dich dester minder ersuchte
(angienge) und dich gon liesz und deslerbasz darvon möchtest
kummen. Keisersd. s. d. m. 23' ; und David ersuchte {deprecalus
est) gott umb das fcneblin und fastet und gieng hinein und lag
über nacht auf der erden. 2 Sam. 12, 16 ; so ich doch nit
anders von ihm ersucht bin, dann ob ich noch gesinnet den
trevirensem episcopum zun judicem zu leiden. Llthers br.
1,340; sondern auf diesmal auf bittens weise solchs vom
grafen zu Leisnig ersucht. 3, 27S ; das vil andere nation bei
in gesatz und weis zu leben ersuchten. Frank tcellbuch 9';
dasz ir mich zu disen ehren ersuchet habt. Melasder jocos. 1
n*2Sl;
er will vollführet sein der edle schöne lauf
des edlen schönen thuns, das auf der Fama wagen
bis über den Saturn wird hin und her getragen,
das der ersuchte (erbetene) herr des himmels selbsten treibt
und in sein Sternenbuch mit güldner dinte schreibt.
Flexing 101 ;
sie hat zugleich um die ehre ersucht, ihnen ihre aufwartung
machen zu dürfen. Lessi^g ; ich ersuchte meine freunde um
beistand; ich ersuchte sie freundlich, der heutige Sprachge-
brauch unteischeidet zwischen ersuchen und bitten, jenes ist lässiger,
kälter, dieses dringender, vertrauter; der vornehme wird den ge-
ringern lieber ersuchen als bitten, der geringere den vornehmen
eher bitten als ersuchen, doch ein natürlicher stil kann sich
beider Wörter ungezwungen bedienen.
8) die ältere spräche setz4e ersuchen noch in andern fällen,
wo uns das einfache suchen genügt: man musz faren lassen
die glossen, die fiber unserm text mit groszem gewalt er-
sucht sind. LcTHER 1,98*; darumb ist solches ersucht ant-
wort der Juden nur ein vergeblich wehrwort, das sie nur
nicht stille schweigen. 2,241'; sihestu abermal, das eitel er-
sucht und erticht ding^und zusatz ist mit dem geist. 3,71*;
man sihet wol, das es eitel ersucht ding ist und im nicht
viel am glauben und gottes wort gelegen ist. 3, 65'; alle sein
fürnemen ein ersucht ding. 3, 501' ; gott w ird solche geringe
ersuchte mangel wol heilen, br. 4, 3S3 ;
gnad ersuchen. Risgwald laut. warh. 36. 92;
ohn ablasz suchet got, erforschet seinen bund,
ersuchet seine gnad, gehorchet seinem mund.
Weckhekux 230;
die thorheit wird sich zwar damit beleidigt sehn,
was sie an mir ersucht, mag ihr zum schimpf geschehn.
GC!«THKa 516.
9) ersuchen hatte ehedem, obschon selten, die bedeutung von
reizen, erregen, gleiclisam hervorrufen : dasz ihr kein speis soll
geben werden, die den leib ersucht oder belastet, als mit
gewürz, guten biszlein. Paracelsus 1, 701'; unter erfrettelen
wurde eine stelle aus Garg. lOl' angeführt, «0 es hdsxt den
durst ersuchen.
10) in der geriditssprache war peinlich ersuchen so viel als
foltern: dazu mit scharpfer torlur und bedrawung peinlich
ersucht und angegriffen. Waldis psalter vorr. aa3'. vgl zu
straf ersuchen, quaerere. Maaler 118*. eine schuld ersuchen
lucfz aber sie eintreiben, exigere. Scnsi. 3, 192.
U) sich ersuchen, sich versuchen, experiri, andere: aber ein
bergkmann dermühet und dcrsuchet sich, schevset auch kein
gcfahr. Matiiesiüs 141* = 1560, 201*.
KßSUCHE.N, li. rogatus, jtrcccs.
65
1027 ERSUCHENSVVETSE — ERTAPPEN
ERSLCHENSWEISE, jvecario, biUneise. Bütschkt tanz/. 291.
EBSL'CHER, in. scnlator, inquisitor. Maaler 118'.
ERSUCHSCHREIBEN, n. litcrae rogatoriae: orsuchschreiben
timb ahwendung eines durcbzugs. neue kricgscanzlei Dresden
1677 s. 113.
ERSLCHUNG, f. 1) scntl^io, inquisüio: ebenso bette ich
auch auf die nehesten ersucbung meines brieves halben im
wol mit einer solcher antworl über die schnauszen zu bawen
genusl. LcTHKR 4,533'; ist sonst von mir in ersuchung der
qualiteten ein recht salz an stal der erden darin gefunden
worden. Thcbneisser von irasfem 205.
2) rogalus: auf ersuchung vornehmer leute. Opitz jmH. s. \ ;
wir haben driimb angchallcn und ersucbung gelban. Schock
sfiirf. /com H 4 ; einer entschuldiget sich des Verdachts wegen
nicht bescbebener brieflichen ersuchung. Bütschky kanzl. 63.
ERSl-'CHUiNGSBRlEFE, /ileraesutsjdta/cs. Stieler 239. Frisch
2, 355.
ERSUDELN, maculare, inquinare:
die geistlich h5nd ersudeln sich
im türsienhlut vcrmessenlich.
Fischart ermanung an die bundpnhsller v. 49.
ERSCNDIGEN, «mprofce, flagüiose oblinire : noch schmeichel-
hafter musz es sein, wenn man die Überzeugung damit ver-
binden kann, diese belohnung verdient zu haben, sie durch
den eifer verdient zu haben, die verscheuchte lügend der
v.e\l an der band der ihr geweihten muse zuzuführen, nicht
aber durch einen zügellosen v\itz, \\elcber himmel und silten
lächerlich macht, sie ersündigt zu haben. Lessing 3, 213.
Stieier 2241 geld ersündigen, strafe ersündigen, vgl. ver-
sündigen.
ERSUSZEN, rearcare, versüszen. Rädlein 257*:
disz und viel anders metir, von Tartar (Tirgctrafren,
tröst und ersüszte straclis des edlen fräuleins herz.
Werders .4r. 14, 3ti.
ERSTVERMÄHLT, ncurermihlt :
der abschieristag brach an,
in thränen schmolzen frau und mann,
der wajren kam schon, bange scene!
in tiefer Ohnmacht lag die ersivcrmahlte schöne.
BcRMANN fabeln 'lü. /
ERSTVERMELDET, erstgemcldel, ebcngenannl.
ERTAG. m. was crchtag.
ERTAGEN, 1) dilucesccre, tagen, tag werden:
mild, morgen dö f j was ertagt. Iw. 5867 ;
* ej vcl ertagete. ]Vih. 750, 1 ;
als ej vruo was ertaget. Lanz. 7171.
2) gleich dem lag leuchtend crschäncn:
so ist im al diu snplde ertaget,
diu im oder dcheinem man
an einer maget erlagen kan. Trist. 24fi, 34;
(ein lop) daj blücjende in die werlt erläge. Haipt 4,538;
ab lät iuch hiule dise cdeln frouwen überwinden, diu uns
allen ze heile und ze saildcn ist ertaget. Berth. 279.
3) Ir. judiäo legüimo oblinere: das hus bette er darnach
umb das gericht kauft und mit gericht uszerclagef, ertaget
und erwartet für sine 8 pfd. pf. ; nachdem als er die vorg.
guter mit gericht erwart, ertaget und crkobert bet. urk. von
1417. 1420 bei Oberliü 354. ertagt, tw gericht geladen. Phil.
lugd. 5. 29G,
ERTÄNDELN, nugando oblinere.
ERTANZEN, sallando oblinere, quaestum facere. Stieler 225C :
er hab »ein bannen thun ertanzen. H. Sachs IH. 3,24*;
du will in deiner malzeit mit reichen villeichl den hanen
ertanzen. Pelr. 16'. 72"; nichts ertanzen, rockenphil. 1,80;
ein bSr, der lange zeit »ein brot erlanzen miisscn,
entrann, und wählte sich den ersten aurcnthalt.
Gf-llkrt 1, 42.
ERTAPPEN, deprehendere, ergreifen, erhaschen, ermschen, he-
trclen, Stieler 2257, oß mit den praep. bei, auf, über, in:
fleuch, ee du Ton mir wirst crtapt. fnstn. 479;
ein kaufmann betten sie ersrhnapl
und in dem flnstcrn wald ertapl. Wicira» pi/j. bl. 59;
der kindleinfresser wolt unn haben erdabt,
to bat ihn der k4nig erichlogcn. Atrbr 357*;
«on^len dif ftirh nrihangen rund,
»olli 'l'P<'n,
»1» irh dem hund,
da • 1 thet schnappen. Sott AV 459;
dm ich kein Lcut kan mrr erdoppen. TL Sachs 1,232*;
leb hob In bei eim ohr erdapt. IM. 3, 79\-
dai ich «In rauteb drOber entbt. Firbh armbr. CV-,
ERTAPPEN— ERTATTERN 1028
heint spät auf braunen rappen
der mon in starkem lauf,
gunnt niiiternacht ertappen,
mit ernsten triebe draur. Spes trultn. 39 (40) ;
kalzen, die auf nichts so eifrig sinnen als mause zu ertappen.
pers. baumg. 4,^i; ich hatte aber meine sackpfeife kaum auf-
geblasen, da erdappte mich einer aus ihnen beim llügel.
Simpl. K. 40; endlich fügete sich nun, dasz der heimbürgel
das folgepferd bei den obren erdappete. pol. maulaffe 102;
und solches gern verschwiegen hätte, wenn ihn nicht andere
dabei ertappt und sein gewissen geschürft hinten. Felsenb. 1,52;
hättest du mit krummen ranken nach des nachbars gut ge-
schnappt,
hättest du wol auch, wie mancher, Naboths weinberg leicht
ertappt. Günther hdti;
berr henker, gute nacht, ihr soll mich nicht ertappen. 1039;
als ob man ihn bei einem hochverraih
unmittelbar ertappet hiille. Wieland 4, 'Z%i;
beschämt, als hätte ihn
sein fcind bei einer that, die keine fremden leute
zu zeugen nimmt, ertappt. 9, 46;
schade, dasz ich über diese lüge sie ertappen musz. Lessinc
1, 168; vorhin ertappte sie mich auf eitclkcit, jetzt auf eigen-
liebe. 1,564; wird ein streitender ertappt, dasz er unter
seinem schreilizeugc knüllel oder keule versteckt liegen habe,
so wird er auf ein jähr landcs verwiesen. Klopstück 12,40;
erfindung hat äugen, fund erlappts. 51; die strafe hinkt dem
Verbrecher nach, bis sie ihn ertappt. Kant 5, 333; einen herrn
von Leibnitz auf fehlem eriappen. 8,10; beweise, die euch
auf eurem eignen gestündnisse ertappen. 8,227; wenn ich
dich nur auf einer spur von untreue ertappe. Fr. MClleb
3,327; man hat ihn auf frischer tbal ertappt;
und das biibchen war ertappt. Cöthe 3, 34 ;
und doch tadelt ihr mich mit recht, n muller, und habt mich
auX halbwahren werten ertappt und halber Verstellung.
40,270;
wer was besseres will als er hat, der ist ganz starblind, ja
ja ! lacht nur, er spielt blinde kuh, er ertappts vielleicht.
aber was? 17,24; ich tadle mich nicht, wenn ich mich auch
in dieser eigenheit ertappe. 20. 19 ; ja, aber die klugheit
nicht vergessen, sie haben sich heute übel ertappen lassen.
Schiller 635*; dasz er nichts recht ertappt habe. Fichte
nacbg. «•erA:e 1, 132; Albano ertappte darin (in der roriibrr-
eilendcn sänpc) im vorübereilen nur einen scharfen, gleich
einem dolche gezognen blick. J. P. Tit. 2, 25. zu bemerken
Lessings arc. nach über. s. tappen.
ERTASTBAR, /onjiti/is.' erlastbar ist er nicht. Fichte nocTig.
werke 1, 20.
ERTASTEN, l) allingere, conlrectare, belasten, berühren :
mild, swie grö?, swic laue, swie breit ein wall
ist, den e^ {'las lliier Aniilopuft) mit dem selben hörn ertastet,
wie schier ej den hat mit gewalt
in kurzen tagen verwüestct unt vcrwastct. MSH. 2,379*.
nhd. welches das ander dan ertast
biiider dem ofen oder auf der pank. fasln. 395,31;
ertast ihn und slicsz ihm zu Ion ein degen in sein bnist.
Frank vellb. 190'.
2) taiigendo peiripere, palpare : der blinde kann es nur er-
tasten; ich weisz, dasz du blind bist, du sollst es auch
nicht ertasten. Fichte nachg. weike 1.11; sich seine begrilTe
langsam und sicher ertasten. Herper 19.31; da kriecht er
nun, und ertastet sich mit mühe in monaten den kümmer-
lichen plan seiner schlafkammer. Lichtenberg 5, 341.
ERTATTERN, ERTADERN, sluinre, trelclw Schreibung der von
erdattern sp. 746 vorzuziehen scheint, schon mhd.
und dd man den brlef gelas,
(\h enatröt wip und man
und .sähen vaslo einander an. C.l. 2,449;
nhd. summa, er wonet in einem liecht. darzu niemant kom-
men mag. ja wer einen plick in dise sonnen thut. der er-
ladeit uiul erstirbt also darab, dasz er niemant davon sagen
kan. Frank </i(/(iinarf/i 39'; es würend noch unendliche ding
zu melden und wenn ich die sagen, wird die ganz well
darab erlallern. der verzucket Va,<iquinus 1543 fs*;
und olsoglelch ertntlcrt stund. H. Sachs I, 891*;
der müller ertodert halb todt
stund. 1. 49l*i
»rh.Ti ' -" '■"■■ ■'■- '■>"' *■""'••
Ich
SP« riiitiH. 229(151).
1029
ERTAUBEN — ERTOBEN
ERTÖBLEN — ERTÖNEN
1030
ERTAUBEN, obsurdcscere, siupore opprimi:
mild, ir röter muat hat mich verwunt,
daj ich in rehter liebe bin ertoubet. MS. 1,-14*;
nhd. die Schlüssel klingeln disea schlüsselfeinden ubel in
den oren, aber man musz sie ihnen zu leid nur des mehr
erklingein, bis sie erdauben. bienenLU'; hingegen dermönch
versatzt ihm mit dem creuzslock so ein unsaubers zwischen
den hals und halskragen aufs acromibein, das er ertaubet
und schwindelet und nichts umb sich selbs wüst, ob er ein
knüblin oder meidlin wer. Garg. 254';
in narrheit ist all weit erdaubt,
elm ieden narren man ietzt glaubt. Philatid. 2, 4S4.
ERTAUBEN, surdum faccre, oblundere, (urbare, betäuben:
mhd. so wirl diu sele ertaupit. Diemer 349, 4 ;
nhd. und alle menschen ertäubt er mit seim disputieren.
Wickram rollw. 34;
{die lituie) tracht nicht wie sie die obren füll
und leut erdäub. Fischart ijeisll. lieder 98;
ein urlheil, das, wenn ichs nur Überhin erwege,
mir blitzen durch das herz und rauhe donnerschläge
durch mark und glieder jagt, das den erschreckten geist
ertaubt und aus der band die leichte feder schmeiszt.
Grtphics 2, 609.
schimz. erzürnen. Gottbelf erz. 1, 28. 209. vgl. ertoben 1.
ERTAUSCHEN, commutare, einlauschen. Stieler 2265.
ERTEIGEN, fracescere, teig werden. Stieler 30S : erteigende
biruen, äpfel.
ERTHEILEN, ahd. arteilan, irteilan, mhd, erteilen, ags.
ädfflan, dls. idfilian. heute auf die bedeutung des austheilens,
zutlieilens, impertiendi cingeschriinkl, trährcnd für die des entschei-
dens, bestimmens, decernendi, judicandi urtheilen eingeführt wurde,
doch hat die Bamb. halsger. ordn. von 1507 noch art. 241 : als
du mit urteiln und recht zu der mordacht erteilt worden
bist, man sagt einem antwort, bescheid, auskunft, rath, lob
oder tadel, verweis, ein amt, ein gut, ein recht, einen nanien,
orden, adel, titel, die erlaubnis, die freiheit. den ablasz,
segen, abschied ertheilen;
es ist ein beilsam arzt, der solche salb ertbeilt,
die alle wunden schmiert, nie aber keine heilt.
LocAU 3, 217 ;
dem
sein gott von allen gütern dieser weit
das kleinst und gröszte so in vollem masz
enheilet habe. Lessinc 2, 238;
ablasz ist uns ertbeilt für alle schulden. Schiller 429* ;
seltsam : mein herze neigt sich dir. ertbeil mich des beschieds,
dasz ich guad haben soll. Fleii^cg 29
für ertheile mir den bescheid.
EKTHEUERN, care emere: das er euch durch sein blut er-
theuret und erarnet hat. Luther 8, lOS' = br. 5, 538. mit
eide ertheuern = betheuern. Haltaus 410; zu den heiligen
ertheuren. Brandenb. kammerger. ordn. 1516.
ERTHÜREN, forcs aperire, so wie das einfache thüren, türen
fures aperire vel claudere. idiot. bernense 6S'.
EHTHÜRME.N, exaggerare, aufthürmen: sie erthürmten sich
stufen. Herder 2, 97.
ERTHÜRUNG, erüfnung: auch verstieg er sich in derselben
plätterkunst {des karlenspiels) und augenrechnung also hoch,
dasz er beides in der theoric und practic, in ertiining und
erbrechung derselbigen vortreflich ward berümt. Garg. 175".
ERTIEFEN, deprimere, vertiefen:
je mehr hernach der wind stark in die wellen webet,
je mehr wird deren grösr erliefet und erhöhet.
Werders Ar. 24,9;
in meinen gedanken erliefet, norrf. Robinson 2, 5.
ERTILGEN, bei Stieler 22S5 ab tncensione Itberare, was be-
stdtigung verlangt, ein feuer tilgen ist löschen.
ERTOBEN, dclirare, insanire, ahd. artop^n, mhd. ertoben:
ich was irtdret und ertobet. Dieber 304, 9;
diu d«s niht tuot diu ertobet. Lanz. 5S90;
min lip von liebe raac ertoben
swenne ich da; allerbeste wip
so gar le guote htcre loben. MS. 1, 78';
ich muo; ertoben. MSH. 1,31*;
Günther was so s(5re erzürnet und ertobt. Nib. 2295,2;
dis was ich nähe in leide ertobet
und sa; aldi versunnen. Ir. ir. I8S50.
in dtrsem sinn ist nhd. ertoben ungeuühnlieh und durch das
einfache toben, rasen, wüten vertreten, könnte aber leidU wieder
eingeführt werden, vgl. ertauben und verloben.
2) refl. sich ertoben, in wul geraten:
nu het sich einer n:°ih ertobel
vor Zorn und vor leid«, kindlieit Jetu b. Hahn 86*;
der müe?e sich erwüeten
und iemer ewecliche ertoben, tr. kr. 3092,
ffo das sich auch auf erwüeten beschränkt werden könnte;
und ertobet sich des Willehart,
der min vieni ist. MSH. 3, 2öi)*.
ERTÖBLEN, süum ducere, sdümmeln, eigentlich taub, leer,
unbraudibar werden. Stieler 2262: den verlegten, ertübleten
oder verschimleten in finsternis das liecht wider geben.
Avextin rorr. taub und toben mögen gleiditcol verwandt sein.
ERTÖDTEN, occidere, exstinguere, ahd. artödan, vüid. ertcefeu :
* lie; ich mich ertoeten. Neifes 37, 33;
dir des tödes sigenunfi
Sit ertöte. Bari. 5«, 7 ;
darnach wirt ertcpdel Crist. 74, 15;
ertnetet und darnach begraben. Silo. 4015;
gepinet und ertoptet wart. 4119.
nhd. des sun erlödt mit seinem pferd
der Witwe sun. Scuwarze?iberg 117, 2;
lu schwerer arbeit man si not,
manch knab von ammen ward ertödt. 156, 1 ;
Lucretia, die keusch und frümb
sich selbert ertödt drümb. 169, I ;
fahent mir inen, wann niemer wird mir wol, ich hab in
dann ertödtet. Aimon b2'; hab ich euch ewern sune Lohern
durch mein hoffart ertödtet. c3'; wann er hat drei unser
gesellen ertödt. a4'; mäniicher man, warumb habt ir mir
die meine ertödt? das.; warumb wiltu denn meine seele in
das netze füren, das ich ertödtet werde? iSam. 28,9; als
die sterbenden und sihe wir leben, als die gezüchligeten
und doch nicht ertödtet (goth. sve talzidai jah ni afdau{)idai).
2 Cor. 6, 9 ; bis das vollend dazu kemen ire mitknechte und
brüder, die auch sollen noch ertödtet werden, gleich wie sie.
offenb. 6, 11 ; von discn dreien ward ertödtet das dritte teil
der menschen. 9, IS ; Jacob flöhe für seim bruder Esau, das
er nicht ertödtet würde. Luther 3, 393 ; alles ertödt und aus-
triben, die statt mit frembdem volk besetzet. Frank chron.
210'; sie ertödten ein menschen und aus seinem niderfall,
bluten, zerhawen glidern verkündigen si zukünftig ding. welü).
78* ; do sach man schinden und ertötten. Thurneisser archid. 14 ;
sie hat sich selbs ertödtet,
0 weh der groszen not. .4m6r. Ib. 365, 69;
gestern war ein freudenfest, drauf ward in der späten nacht,
eh es jemand hat gesehn, eine Jungfer umgebracht,
einer ist, der sie vermutlich, alle sagens, hat ertödtet,
dann so oft er sie berühret, hat die leiche sich erröthet.
LocAD 3, 87, 56;
ob es recht oder unrecht gethan, den leichtfertigen ehe-
brecher so plötzlich zu überfallen und zu ertödten? Felsen-
burg 2,31$; vier Wochen regen um einer ertödteten schwalbe
willen. Tockenph. 5,31; das ertödlende geschrei (des esels).
Lichtwer fab. 2, 13 ;
so ertödie den schrecklichen Vorsatz! BirRCER 249*;
ihr möszt gewaU ausüben an euch selbst,
die angestammte tugend zu ertödten. Scuiller 53^*;
alle sind sie sehon^ertödtet. Götub 41, 142;
auf den nasseren stellen ist die pflanze ertödtet.
ERTÖDTUNG, f exslinctio : von der ertödtung der Sinnlich-
keit. \yiELASD 1, 73 ; ertödtung aller irdischen leidenschaflen.
1,127; nur durch ertödtung des thierischen menschen wird
der geistige ins leben geboren. 27,265; es ist eine wahre
ertödtung des alten Adams, wenn wir unser besondres ver-
dienst aufgeben. Göthe 50, 115.
ERTOLLEN, furerc: diese aliena sapientia ist ein schwin-
delgeist, der da täubt {tobt) und ertollet wider alle mensch-
liche art. Paracelsus 2,371*; gleich als einem narren, der die
sonn ansieht und erblendt dran, also ertollen sie auch. 2,166'
ERTÖNE.N, sonare, ersdiallen, reboare. Maaler 11s'.
1) in/r. der wald ertönt vom gesange der vögel ; ringsherum
ertönen glocken; seine stimme ertönt; wider die zuckenden
Wulf, dasz uf discn tag und ins end der weit ir manhaftigs
geschrei ertönet. Schade so/, h. /xis^. 3. 28 ; und diesen felsen
von einem manne hätten die Athenienser verachten sollen,
weil die wellen, die ihn nicht erschüttern können, ihn wenig-
stens ertönen machen? Lessi.nc 6,400;
laszt glnser ertönen
zur ehre des mais ! Höltt;
gleich des waldes erstem frühlingslaut
enönt die langrergessene hier wieder. MattuissoN;
de? Jahres letzte stunde
ertollt mit ernstem schlag. Voss 4, 95;
klinget becken, en ertöoel Göras 40, 421.
65*
1031
EIITOREN — ERTRAGEN
ERTRAGEN — ERTRÄNKEN
1032
2) Ir., mhd. erschellen:
ertönet sein lob, erden ! tönts sonnen ! Messias 20, 471 ;
0 ihm, dem mit entzncknn?
harmonie des pcsiiniheers emporsteigt,
und erzengel entllammendes lob
io dem anschniin ertönen,
0 lispl auch, mein gesang, sein lob dem .' 20, G40.
ERTOREN, erthorcn, slullum esse, dcsipcrc, mhd. crlurcn :
daj ich so gar crlürct bin. Waltu. 90,25.
ERTÖFiEN, bethören, infaluare:
wan kumet er dar, des war ?r wirt ertft>ret. Wai.th. 20, (i;
nach der vil werden minne din
Wirt manec wip erta-rei. ir. kr. 29132.
nhd. der hat vil proplietcn ertöret. Keisersb. tilg. 190".
ERTOSEN, slrejx-rc:
nahe hör ich, wie ein rauschend wehr,
die Stadt, die völkcrwimmelndo, ertosen. Schiller lOS*.
ERTRABEN, loUilim irtredendo oblinere:
spanisch geld wir allzeit ertrahcn
vor allen spanischen raben. Weller licdcr des SOj. kr. 19.
ERTR.\CHTEN, excogitare, erdenken, ersinnen, ahd. irtraUlün:
ni mag man thnj irdrahiön,
noh niaiiiies muat iralilön. 0. V. 22,9.
mhd. siin elliu wisheit ist ein wiht,
die herzen sin ertrahten kan,
hat man zc gote minne nilit. IViiisb. 5, 2;
[mi) dan menschen herze unde sin
immer mohte irtrahlen,
irdcnkca und irahten. IIacpt 5, 525;
swaj man ouch höher wiize kan
ertrahten und erdenken. Ir. kr. 1965;
nune künden sij ertrahten nie. Trist. SCI, 3t.
nhd. seltner: ertrachten, mit trachten erlinden, excogitare, ich
hab eigentlich all mein unglück erlrachtet und ermässcn,
medilaia sunt omnia mea iitcommoda. MaalerHS*; und darauf
hochbenanntc Statthalter, kurfürsten, fürstcn und stände auf
viel gehabt nachdenken und erwügung gestall und gelegcnheit
aller Sachen dieser zeit kein trostlicher höflicher mittel haben
ertrachten kunnen u. s. w. Llthers 6r. 2, 335; nüw peen und
marler ertrachten, neue strafen ersinnen. Riedrer spiegcl der
reüwrik 24'. beule ganz ungewöhnlich, vgl. betrachten.
ERTRAG, m. quaeslus, fructus: der ertrag des gutes, des
geschäfls, ackers, feldes; der erfrag eines Jahres; der reine
ertrag ; ertrag einer forschung. früher auch für vertrag, aus-
trug: solchen ertrag desto fester zu hallen, hat er seinen
söhn zu geisel gesetzet. MicrXlius 2, 2S0.
ERTRAGBAR, lolcrabUui, erträglich: das unerträgliche er-
tragbar machen. Göthe 32, 178.
ERTRAGEN, fcrre, ficrfcrre, erscheint weder ahd. noch mhd.
1) forttragen, außebcn, weil das tragen ein heben ist: daher
kummet es, das ein böser geist kan einen groszcn felsen
ertragen als ein vögelin. Keisersberg omeisz 54';
nechten sähe ich ein groszen raben,
der führt hinweg ein kleinen knaben.
er sprach, wie mag das müglich sein,
dasz in ein rab ertrüg allein? Walois 3, 9G;
wer dann, wie got wil, fischt, fischt redlich an dem t*gc
und fängt auch, dasz sein schif den ILschzug kaum ertrage.
LocAU 1, 2uj, 47;
dai ft^uenzimmer kan wol centnerlast ertragen,
kein gliedmasz haben sie, es musz behangen sein
von tausend mancherlei, so mir nicht kommet ein.
jitngfernanatomie s. 110;
daselbst fieng ich an so gro.szc stein hinein {in den sce) zu
werfen, als ich sie immermchr ertragen kontc. Simpl. K. 'H);
und was ich von steinen ihrer grösze und schwere halben
nicht ertragen mochte, das walgert ich herbei. 741.
5) tudinere, tolerare, vertragen, weil das dulden ein tragen ist
(fero, luli «■ goUi. |iula, tolero, vgl. tollo) : und das land
mocbts nicht ertragen, da» sie bei einander woneten. 1 Mos.
13,6; ich vermag das volk nicht allein alles ertragen, denn
CS ist mir zu schwer. 4 Mos. ll, 11; denn ich fürchte got
wie ein onfal tiber mich und kdndlc seine last niclit er-
tragen. Iliob 31,23; ein land wird durch dreierlei unrflgig
und da« vierde mag es nicht ertragen, spr. Sal. 3o, 21; für
seinem zorn bebet die erde und die beiden können sein
drewen Dicht ertragen. Jer. 10,10; meinstu aber dein herz
muge CS erleiden oder deine hcnde ertragen zu der zeit,
wenn ich» mit dir machen werde? f,':. 21, 14; welche Verfol-
gung ich d« ertrug {goth. hvileikös vrakös u)it>uiaida). 3 Tim.
3,11; kriegsarbeit leiden und ertragen. Maaler US*; sauf,
dasz dus ertragen kanst. Melasoer 1 n*99;
des herren ist die erd allein
und alles was in ihr k:iii sein,
der wellkreis und was ihn besitzt,
zum griuide, der den bau ertregt {suslinel, trägt),
hat er die weite see gelegt. Opitz ps. 47;
ein jeder tag erträgt sein eigne plag und sorgen.
LocAU 1, 198, II ;
ich kann hilzc, aber keine kälte ertragen;
was litt ich nicht von ihm ! was büit ich
nicht gern ertragen! Lessing 2, . . .;
weh ich ertrag dich nicht. Götur 12, 34 ;
bezwinget euch, ertragt es wie ein mann! Scbillk» 523*;
ertragen musz man was der himmel sendet,
unbilliges erträgt kein edles herz. 520';
mäszigung! ich habe
ertragen, was ein mensch ertragen kann,
fahr hin, lammherzige gelasscnheit! 42V;
verspricht er, als christlicher elimann,
freudc mit ihr und tummer, wie gott es fiigt, zu ertragen?
Luisü 139.
3) ertragen, antragen, austragen, betragen: das gut erlr.'if;!
wonig an geld; die nutzung ertregt die arbeit nit, fructus
non rcspondcl labori. Maai.er lls'; dasz solch pfand die haupt-
sunimen nicht ertragen konte. Frankf ref. 1,45,18;
weil das gut . . . die järlich zinse nicht erträgt.
RiriGWALD t. warh. 39;
es thut zebcn gülden ertragen. Atrer 161';
ich hab diese pelz überschlagen und befunden, dasz sie ellich
hundert gülden ertragen. Zinkgr. 2, 38 ; kritzle ein blätlchen
voll, das nichts darstellt und doch mir so unendlich werlh
bleibt, weil es mich an einen glücklichen augcnblick erin-
nert, dessen Seligkeit mir diese stümperhafte Übung ertragen
hat. GöTUE IC, 201.
4) man sagte vormals: sich wol ertragen, sich wol beßnden,
gphnl)en. Maaler llS*.
EUTRAGENLlCn, tolcrabilis, wofür heute nur das folgende gilt.
ERTRÄGLICH, leidlich: gewohnheit macht alles erträglich;
einander das leben erträglich (leicht) machen ; wasser, wonon
ich ein erträgliches lägel füliete. Felsenb. 1, 144, ein zietn-
liclics? oder leiclU zu tragendes?; eine erträgliche dirne mit
schwarzen äugen. Wieland 8,69; das abcndessen war er-
träglich {passable);
der aberglauben schlimmster ist, den seinen
fiir den erträglichem zu halten. Lessing 2, 311.
ERTRÄGLICH, mediocriler, non male, so ziemlich: sie singt
erträglich ; zuletzt lief alles erträglich ab ; Erncstine befindet
sich erträglich, und ich trotze dem stürm in meinem schSdcl
Voss br. 2, 2^5.
ERTRÄGLICHKEIT, f. 1) facililas, patientia, verträglirhkeil .
duldsamkeil: die erträglichkeit scheinet im anfang so bitter
als gift zu sein, wenn man sich aber darzu gewöhnet hat,
so wird sie honigsüsze. pers, baumg. 4, s ; von der erträg-
lichkeit gegen die schwachen, überscliriß in MCllers erquickst,
s. 327.
2) mediocrilas, tolcrabilis conditio.
ERTRAGSFÄHIGKEIT, f im Verhältnisse zu seiner ertrags-
fähigkeil ist Europa noch lange nicht so bevölkert, dasz die
ernährungsmitlel nicht mehr ausreichten.
ERTRÄLLERN: ein liedchen, wie Anakreon sang, das
einige tausend jähre hindurch menschen, wie wir sind, einen
frohen augcnblick mehr erträllcrn hall. Thümmel 2,308. nach
dem refrnin lustiger licdcr tralla, Irallera.
ERTRAMl'ELN, conculcarc, zertrampeln, s. ertreppen.
ERTRÄNKEN, das Iransilivum von ertrinken, alut. irtren-
chan, irlranchia (Graff 5, 542), mhd. ertrenken, ersdufen.
1( das ahd. wart drückt aus ebriarc, incbriare, trinken machen,
trunken machen, tränken ; einen im wein erircnken, tinyrrt
poculis. Maai.er lls*.
2) dcmerijere in aqua, sanguine:
mhd. er wurde irtrcnkii in demc mere. llolher 3S59,
Ich Wille di( h beii;en, Urtlhere,
irlrenkin in deme mero. SU.'iS;
wnn sie in ir bluole nu^en
ersingen uml ertrenket. A'iirt 69S.1;
(lurh »Inor er Ir den vnler lAl
und ertrenket ir «lie muoier. Im-t V.'W:
die hici; Afr unh^re
erirenken in dem mAro. 3!):ii
de« crircnko luch ein wolkcnbrusil HA. 2, tc7.
1033
ERTRAUERN — ERTRETEN
ERTRETTEN — ERTRUCKNEN
1034
fiM. Zauberinnen, hexen werden ertränkt ; wenn sie uns in eini
leffel künden erlrenken, sie thetens gem. Schade 3,101;
als grosze sfind nam überhand,
ward sclinell erdrenliel alles land. ScnwARZE:«BERG 100, 2.
3) reß. mltd.
dar ich mich welle ertranken in disen ünden breit.
üib. 1470,2;
ein stechel risc zetal ich Her
gfin einem wa^jer, da? was tief,
durinn wolt ich ertrcnket hän
mich, da; was doch missetäu. frauend. 3CC, 1 ;
daj si sich hcukcnt oder ertrenkent. Renn. 3SS4.
nlid. welches ich im Siegestrome ertränkt hatte. Lohenstein
Aitn. 1, 2.
4) vneigailUchj ich han so vil gürtel nnd peutel, ich wöite
in darinne erlrenken. Stkixhüwei. dec. ISO, 12; wa ertrenkt
{löscht) man das liccht? Garg. 52';
dasz ihr Ancirr bliit mit blute gänzlich zu verwaschen denkt?
durch geblüte wird die räche nur ernähret, nicht ertränkt.
LocAü 3, 101, 12;
den männern, die auf weiber schmäien,
wenn sie der nachbar sittlich macht,
o denen kann Crispin erzählen,
der wein ertränke den verdacht. Hagedorn 3, 48;
ihr freunde zecht wie unsre väler zechten,
sie waren alt und klug genung,
und manchen zank, bei dem wir söhne rechten,
ertränkten sie im rcihentrunk. 3, 100;
klagen ertränkt er im golde der reben. Schiller 1'.
ERTRALERN, in Itidu esse:
so wann Jungs meidlin ein alten nSra,
ir herz müst droh ertrauren. Garg. 92';
swelch wip ir laet ertrüren an
ir minn, düst vaste missetäu. frauend. 375,3,
sich durch einen trauernden liebhaber zur liebe bewegen läszl;
wil er ir da? ertriiren an
daj si in miune, so ist sin tumber wän vil krank. 42S, 15.
ERTR.XUMEN, per somnum ridere, fingere: also wenn heuchler
und falsche Christen inen selbs in irem herzen ein gott er-
»rcumen. MATnEsics 1562. 2is'; haben neben gnug lesterlichen
lügen auch die alfenzerei mit dem heiligthumb und den sta-
tionierern erträumt. Kirchhof »renrfK/im. 435";
nie wird doch dem Ilektor ein jeglicher wünsch von Kronion
ausgeführt, den er jetzt sich erträumete. Voss;
dasz zu Ulrichs gartenräumen
soll ein verslein mir erträumen (oder intr. träumen?),
ist ein wunderbarer streich. Göthe 4, 147;
dies herz, du kennst es. stets von gram genährt
und thronen, einem grausamen geschick
zum raub dahin gegeben, sollt es sich
der liebe eitle schmerzen noch erträumen? Schiller 613';
das hiesze nichts anders als einen träum erdichten oder er-
iräumen. i. P. herbslbl. 3, 159 ; mein erträumtes glück ist dahin.
ERTUEIBEN, expellere, vertreiben, altd. artripan (Graff 5.484).
mhd. erlriben nidd zu bezueifeln, doch unbelegt, nhd. ertreiben
bei Stieler als seltnes uort vom treiben der feinde und des vielies.
ERTRE.Ni\E.\, solvere, zertrennen, lösen: schif ertrennt und
aufgcthon. Steishüwel dec. 107,6; die belägerung ertrennen,
obsidionem sohere. Tacius 6. Fronsp. 3, 228". mhd. ein schaf
(cimer) niuwe und unertrant. MSH. 3, 197".
ERTREPPEN, conculcare, proculcare, gehörig zu trappen, trap-
peln, trampeln, dem Tamerlan waren kindcr mit Ölzweigen in
weiszem gewand entgegengezogen: aber er schaffet dise all mit
dem reisigen zeug zu ertreppen. Fra!«k chron. 198", tro am
rand: Tamerlans zertrept alle kinder und jungfrewlin; alles
ward verbergt, venvüst, zertrept. 496";
die pferd nach ihrer tollen art
an ihren herren nit gedachten,
durch schwere slösz sie ihn umbbrachtcn,
zertrepten ihm den hals und köpf. Spreng .\cn. 445',
bei ViRCiL 12, 529 proculcare. so musz denn doch auch betreppen
maculare 1.1712 vom besudeln durch das treten in den staub ver-
standen werden, vgl. treppe und treppen.
ERTRETEN, conculcare, conterere, mhd. ertreten:
da? res fr mit den sporn twanc
unt wolle sumliche ertr«ien. Sertat. 2986;
da; was wol kunl in beiden,
ob 81 zuo gesprenget hxten,
da; si diu ros erlra^ten. Karl 10120;
man hacic f; {das kind) vorwär ertreten,
wan da; zuo ime was gpwPien
ein engel, da; im niht geschach. Geo. 3203;
*r haete si fridcs wol erbeten,
Ode er ha-ie si ertreten. Haupt 7, 300;
da wart solicb gedrenge,
da; die swachen und die jungen
ertreten und erdrungen
vil nach ze töde wären, a. w. 3, 189;
nhd. CS ist gut das man den rossen vor und ehe man sie
auf das gras spannen wil, alle vier eisen abbreche und die
hüf (hufc) beschneide, das sie das kom nit ertretten. Sei-
ter 12 ; ertritt mir meine hüner nicht ! sagt man zu einem schlaf-
trunl:nen ;
die schlänge die man trifl, die musz man wol ertreten.
LoHsnsT. .Agripp. 62;
den blitz hat Dorainic auf Albens fürst erbeten
und selbst mit Montforts fusz der ketzer haupt ertreten.
Haller 69 (7S) ;
ach, aber ach! das mädchen kam
und nicht in acht das vcilchen nahm,
ertrat das arme Veilchen. Götbe 1, ISO;
den kurzen mit ertretenen hofnungen bedeckten weg (unseres
lebens). J. P. Hesp. 1, 95 ; iandkartensteine, worauf die dunkle
natur kleine ruinen und ertretene städte geätzt hatte. 1,220;
wenn der mensch millionen unsichtbare kleine herzen mit
den füszen ertritt. paling. 1,108; was oft räche scheint, ist
blosz das harte kriegerische durchschreiten, womit ein mann
lercheneier und ähren ertritt, der nie fliehen und fürchten
kann, sondern nur anrücken und stehen. TU. 1. 5.
ertreten, trie die beispiele zagen, sieht, gleich betreten, immer
transitiv, während das einfache treten sowol inir. als tr. gesetzt
icerden kann, es gab aber daneben eine eigne sdtwache transilivform
ERTRETTEN, die das praet. ertrcttete, das part. ertrettet
bilden vtüste. ahd. liest man {Diul. 2, 337') fortratta prolerü,
woraus auch artrettan, artratta sicher gefolgert werden darf
mhd. so hästu gcnse ertrettet vil. MSH. 3, 10*;
so Tast da; maneger wart da von ertrettet. Lohengr. 2726.
solche tretten, ertretten, neben treten, erlrelen angenommen,
schwände der oben sp. 945 getadelte falsche reim, auch Sertat.
2985 begegnet ertreten : erreten. wofür besser gescltrieben würde
ertretten : erretten, hinter retten brauclU darum kein röten zu
stecken.
ERTRIEFEN, stillare, deslillarc, abtröpfeln : man wüschet das
fäszlein sauber aus, lässets ein wenig ertriefen. Taberx. s. 14;
die Sporen ertriefen {abtropfen) lassen. Frey garteng. cap.U;
ich netze aber die wagschalen mit demselbigen harn und lasz
die schalen wol wieder ertriefen. Thurneisser prob, der har-
nen 85; das giesz darvon fein suber ab durch ein pfan, die
lüchlein hab. lasz wol ertriefen, quinta essentia. Münster
1570 bl. 117. i» Idzter stelle steht ertreifen, was auch ertreufen
sein könnte.
ERTRINKEN, demergl, ersaufen, das in/r. zum tr. ertränken
mhd. dös half mir, da; ich nicht ertranc,
gedinge üf liebiu mnere. Hart«, eistes bi4chl. 1717 ;
und sollen wir alle ertrinken in unserm eigen bluot.
Mmotl liill;
nhd. als so man zu vil öl in ein ampel schulet, so ertrinkt
das liecht darin. KErsER^Sß. xWen;;ar. 151" (rj/. ertränken); einer
der ein meitün lieb hat und also darin crtninken ist. omeis
90'; in der liebe ertrunken sein. pers. baumg. 3,22; in Wol-
lüsten ertrunken, fers, rosenth. 1,19; in allen lästern ertninken;
in der erzbflbcrei ertrunken ; so schon bei Blicker vos St. 17 :
in unwirde ertrunken; ertrunkene diirfer, ertrunkenes land,
ertrunkene felder, vom wasser überschwemmte ; ein morgenlied, so
schmerzenstillend, dasz die thränen, unter denen sein herz er-
trank, den schmcrzendamm umbrachen. J. P. uns. löge 2, 136
ERTROCK.NEN, sice^scere, s. vertrocknen, ertrucknen:
wie lacht und lobt man nicht? doch ändert nicht das haus,
zwo thüren weit davon winl, wie ein fisch am sande,
er fern von seinem volk, ertrocknen am versL-uide.
Haller 111 (124).
ERTROMMETEN, ERTRO.MPTEN, buccinando quaeslum fatere,
ertrompeten. Stieler 2340.
ERTROTZEN, extorquere, abtrotzen, so lange trotzen, bis man
seine absieht erreicht: er hat es endlich ertrotzt. Stieleb 332;
vcrtraun und freundschafl mit gewalt ertrotzen. Güthe 0, 157.
ERTRÜREN, turbare, affligere, mhd.
da; si hAt erlrüebet din ril scboeiK! wIp. Nib. 804, 2.
nhd. das wasser ertrüben.
ERTRUCKNEN, ertrocknen: da da; pain erlrukchnct, gesla
Rom. K. s. 51; das häw sei wol erlrucknet. pflanzb. 49; salb
ihnen zum andern mahl, lasz ihnen darnach auf ein weisz
gedeckfbctt ligen bisz er erdrücknet. Bock frrdH/erd. 30 ; diesen
reibe mit gutem starkem weincssig, darnach lasz ihn am lult
1035 ERTRUMZUMPLMPELEN — ERVOLGEN
ERVOLLEN — ERWACHEN
1036
wider ertiiicknen. Thlrneisser «. ofcÄ. 1,61; so sull iiiun es
lassen ertruiknen. Fro?»sp. kriegsb. 2, 191*.
ERTRUMZIMPUMPELEN. Garg. 79".
sicli ERTÜCHTIGEN, tüclUig machen.
ERTCLPEN, caedcre puynis, crdreschen. Maaler US*, vgl.
tülpen, redlich daruf scLlahen. 411*. Frisius 171* schreibt dül-
peo und erdüipen, vgl. Sialder 1, 320 und dalpen, dilpe, tölpel.
tUc Wurzel twch nidä feägesteUt, den nddisten ansprach hat ahd.
li'lpan, talp, tuipim »= ags. deifan, deaif, dulfon, fudere, da
graben teie hauen auf harte, bätiri'icfte arbeit ueist und ertülpen
sehr u-ol erdreschen oder hauen ausdrückt, ein dilpe, tilpe, tölpel
ist eben ein flegel.
ERTÜRMELN, tUubare, taumeln, s. türmeln, dürmeln, ver-
tiirmeln.
ERÜBEN, exercere, agilare: aber die allen narren, die do sind
eriibt (ausgeübt 1, 1007) in bosheit. Keisersb. bilg. 71'; ob dir
scbon bannherzigkcit, küscbeit, gerechligkeit und dergleichen
tagenden ingegossen werden, noch bastu nil ein lust sie zu
wirken, du inust sie vor erüben. 93'; noch kunipl (/"lir kument)
sie nit lieht an gute werk wirken und den lästeren wider-
ston. bilz das sie erübt sind, ebenda; aber wo da erübte,
dapfere, gesessene menschen scint, die da schweigen, da
gedenke, das etwas darhinder sei. i. d. m. in' ; so wirft der
wind etwan berg nider oder in das nicer und der wind üppiger
eer wirft etwan uinb die hohen groszcn frunimen menschen,
die follen lugenden seind und eriible menschen, brösamlin
52*; denn es wirt im nit säur noch hat es nit erübet, scelcn-
parad.9l'; sich ein wenig in lugenden hat erübet. 127'; aber
ein frommer erübtcr miinsch, der furcht nit so vil, als das
er gott nit erzürne. 151" ; sie sollen sich vor wol erüben mit
arbeiten. Spinnerin ii'; es niusz erübt sein, all die weil ainer
das nit tut, so lernet er es nit. d3'; und noch oß bei ditsem
schrißstelier. späterhin und licule wenig im gebrauch:
jetzt noch eruht sich der fleisz, von glücklichen kräften be-
günstigt,
nicht zu verschmähende kunst. Clacoics.
ERCBER.N, 1) superesse: es erübert noch dasz, reliqiium est ut.
2) reserrare. übrig behalten, zurücklegen, sparen: möcht man
davon üt erübern, das viele ouch zuo den nützen der acht-
zig marche. Scureibers Freib. urk. 1,371 (a. 1347); darbei er
sich nit gepessert, weder schlosz, güeter, erb noch aigen
nit erübert, als gegenwurtig der fürsten rentmaister geniei-
nigklich thun. Chmel urk. Maximil. s. 447 ; wie kem ein chr-
lichs ameiszlein darzu, das fein sperlich und gcnaw^ sein haus
zur notturft versorget und den ihrigen ein schctzlein erübert.
Mathesiüs 2G* = 1562,37*; ich habe noch ein fasz wein von
meiner hochzeit erübert. Stieler 1374.
ERÜBRIGEN, gleiclt dem vorlurgelwndcn, 1) es erübrigt noch
die frage u. s. w.
2) ich kann keine zeit dazu erübrigen ; er hat keinen heller
davun erübriget; im kriege erübriget man nichts als unge-
sundheit und wunden. Stiei.er 1374 ; Veit hatte so viel er-
übrigt , dasz er ohne beschwerde seine schuld abtragen
konnte; übrigens werde wol zuweilen aus der armencasse
etwas für das kind zu erübrigen sein. Ahmm kronw. 1, 2S.
ERCBL.NG, f. agitalio : dann die vil bewegung und erübung
des Wassers macht es geschlachler und frischer. Seuiz 14.
ERL.MB für herum: das er seine seele erumb hole aus
dem verderben, lliob 33, 20.
ERÜMBHER, herum: nement sich einer wisen an zu hin-
ken und hüpfen uf drien füsziin umb die wend erümbher.
Keisersb. bilger 14«'. vgl. erheimer, crnacher, erfürher.
ERL'NTER für herunter: da werden die einhörner erunter
müssen. Ei. 34,7; die hofTart irer macht musz erunler. Ez.
30,6; darumb musz es je ein unaussprechliche gnade, ja
eile! fewr und bnmst der liebe sein, das er sich so tief
erunler le'«zt. Luther 6, 355*.
ERVE, f. jdfum, arvum, it. ervo, 6« Stjeier 385 crt, agt. enrfe
(«p. 713): bonen. enen und gerslen. Ufpenbach 2,40; crven,
klee, Wicken. Taber^iakii. 1ü«2; es werden jetzt hin und
wider in unserm allgemeinen Tallerland teulscher nation eine
art erbsen, genannt crven oder welsche, in groszer anzahl
ge;t9ft. llouBEBC 3, t, 136';
weh, 0 web I wie hager bei mfimender «rvc der Hier l«t.
Vo»« yiryil ect. 3, 100.
ERVENV^CRGER, m. tcie erbsenwurger
KRVdLGEN, im mjlt. noch oß, nach mfut. vei$f, yesrhriebcn
ßl trruignn, t. 6. bei Brakt 3ü, 12.
ERVOLLEN, l) im^Aere, erfüllen :
mhd. der half im wol ervoUeu in stürme sinen muot.
Alt. 205, 3;
ir gebot ich ggrne ervolle. Wh. 291, 24.
n/tJ. dör ervollet daj allej sanipt, daj im der all man riet.
genta Rom. K. 89; hie mag ich wol den segen meins vater
ervollen. 99. voc. Iheut. 1482 g7* scfireibl erfoUen, aber auch
erfüllen.
2) intr. impleri, voll werden:
mhd. dem ervollent dicke dougen. Er*. 9787.
ERVÖLLEN, implere, bei Logau auf willen gereimt, kündigt
sich deutlich als erfüllen an:
wo die complimente sind, mangelt was gewis am willen,
soDstcn dörlten wortc nicht, wann nicht mangel, was ervollen.
2, 9, 30 ;
den himmel zu crvöllen, denken diese gern auf kinder.
2, 161,8;
die Schrift die ist ein bricf von gottes ernstem willen,
geschrieben an die weit, denselben zu ervöllen. 2,21,74;
hornung, die uns ganz ervölll mit des friedens freud und gui.
2, 197, 12;
wenn ich nicht wüntsche des wuntsrhes ervöllen,
lange noch, lange noch spare den willen. 3, 16, 69;
Witwen können noch wol dulden, wann die mSnner gehn lun
todten,
dann die lücke zu ervöllen hat gott nirgendwo verboten.
3, 41, II;
nun der wuntsch kümt zum gewehrcn, fällt viel ab von diesem
willen,
und den mangel aller stücke musz die thorheit nur ervöllen.
3, 188, 83;
zu dienen zweien herren, ist schwer, ich diene dreien,
dem nechsten mit den bänden durch hülf aus gutem willen,
kau holTcntlich bei allen so meine plücht en'öllen.
3, 241, 129.
ERVORTELN, ERVÖRTELN, kürzung des nachfolgenden, bei
PuiLANDEK 2. 50 sieht erforlelle und erschacherte.
ERVORTHEILEN, lucrifacere: es ist übel hausgehalten,
wann der herr seine diener nicht richtig ausbezahlet, son-
dern ihnen zulasset, aus den unterthanen und dem lande
zu erhandlen, zu erschachern, zu erfurthcilen, damit sie zu
leben haben mögen. Puilaxder 1, 5S1.
ERWACHEN, expergisci. der form und Vires verluills zu ent-
waehen geschalt sp. 642 meidung.
1) mhd. er mücste fruo erwachen,
swers unmüetec prüeveu künde. LS. 1,3S3,
ine tt'tr heute sagen: er müsle früh aufstehen, nhd. als nu
Noah erwacht von seinem wein. 1 Mos. 9.24; da erwacht
Pharao. 41, 4 ; da er nu von seinem schlaf erwacht. ricIU.
IG, 20; und war niemand der erwachet, sondern sie schliefen
alle. 1 Sam. 20, 12 ; und da Salomo erwachet, sihe da war
es ein träum. IAöm. 3, 15; ich lige und schlafe und erwache,
denn der herr hell mich. ps. 3, 6 ; wenn ich erwache, so
rede ich von dir. 63,7; wie ein Iraum, wenn einer erwacht.
73,20; und erwacht, wenn der vogel singet und sich bücken
alle löchter des gesangs. pred. Sal. 12,4; da nu Joseph vom
schlaf erwachte. Mallh. 1, 24, wo alid. arslanlanli fon slife,
vulg. e.xsurgcns a somno;
ee Adam erstlich schlafs erwacht,
aus seiner seil gott Evam macht. ScuwARZtKBiRC 09, l ;
wann sie an einem morgen erwachen, so gat das haus umb
Keisersb. s. d. ffl. 9*; manig mensch ist allwegen als wer es
halber trunken, weiui es ati einem morgen erwacht, das
kumpl von schwacher natur. das.; und in dein da erwacht
diser. 22*;
ich rief es, und erwachte. Gkllkrt 1, 216;
und gähnt ... so laut als eine esvlln.
bis unsre nymfen dran erwachen. Wiclard IS, 120;
des kleinen wiege stand zu nacht
an nieiiiem bcit, es duiltu kaum sich regen,
war ii'li orwaclit,
bald must leb» tränken, bald es zu mir legen. Cöt«« 12, 1<'>3.
man sagte also Schlafes oder von dem schlaf erwachen; uns
der ohiunachl, von dem lodc erwachen; ferner au rlwa«,
viin etwas, über etwas erwachen.
2) bildlich von lag, morgen, Sturmwind, veii man Um wan
jiersönlich dachte:
sobald Jer tag erwacht. ^^^ '^ '' ">;
und heniper rennet», von ■ nden,
ward wölk im hoILi- biini ..i'U.
Lk.'tit j(t;ui.Jf yril. 10;
1037
ERWACHEN— ERWACHSEN
ERWACHSEX — ERWACKERN
1038
der wind erwacht und rasselt an der föhre. &4;
plötzlich erwachte der stürm aus stiller ruh
und im walde hört ich die autwortklage. 106.
man vergleiche die mhd. Vorstellung vom schlafen, wachen, er-
wachen vnd erwecken der sa-lde. mylhol. 822, S23 ;
dßs (davon) maoi sin saelde erwachen. USU. 3, 173*;
freude diu ist erwachet. ilS. 2, '9*;
min sselde erwachet. LS. 2, 509.
auch von leid, reue, unbeil und schade hiess es, dasz sie wachen
und erwachen:
mio weinender schade wachet. MSH. i, 102*;
nhd. schad, der einem menschen erwachet. Keisebsb. seetenp.
113", also mit dal. der person, wie diu saelde wil mir wachen.
3) ein andrer datir, den ich oben sp. 643 nicht halle sollen
leugnen, sieht in neuerer zäl bei erwachen tcte bei enlwachen :
bald werdet ihr, selige Völker,
unentweihteren Testen erwachen. Messias 6, 350;
unglückliche I wenn diesem wehausruf
das lager der Hellenen neu erwachte. Colli:»,
d. i. zu diesen festen, bei diesem tcehruf.
4) figürlich , erwachen , aufcrslchn, sich zeigen, erscheinen :
das ende kompt, es kompt das ende, es ist erwacht uher
dich, sihe es kompt. Ez. 7, 6 ; o wie plötzlich werden auf-
wachen die dich beiszen und erwachen die dich wcgstoszen
und du must inen zu teil werden. Habac. 3, 7 ;
bis endlich noch im fuchs der patriot erwachte.
Lessi>c 1, tOS;
am tiel der lebensreise
envacbt sie (die liebe zum vaterlande) noch im greise.
Götter 3, 560;
doch unser deutsches blut erwacht. Göki:ice 1, 260;
wir fahren zu berg, wir kommen wieder,
wenn der kukuk ruft, wenn erwachen die lieder.
Schiller äl6' ;
und neu erwacht in der erstorbnen brüst
die hofnung wieder. 515';
und über dem stummen erwacht
lauter, unermesziicher Jammer. 507".
5) envachen, frei, ledig werden:
dardurch von grobheit er erwacht,
wirt dann auch artig und geschlacht. II. Sachs III. 2,233'':
die zu spät von ihrem betrüge erwachten seelen. Gotteb 3, 11.
6) tr. wie durchwachen :
oft dann bab ich mit Schlummer die langemden tage gekürzet,
dich zu erwachen, o nacht, die du mir brachtest ein glück.
RÜCKEBT "Jti'.t, ge$. ijeä. 2, 275,
dich wachend zu erreichen, nicht zu verschlafen.
7) erwachend, auflebend, sich ermunternd : erwachende Völker.
J. P. Hesp. 2, 222. erwacht, lebendig, belebt, aufgeweckt : nicht
in sich selbst cnvacht genug. Licbtexberc 4. 12.
ERWACHE.N, n. aufwachen: seliges erwachen!; beim er-
wachen fühlte sich der kranke schwach ; alles was einem
sterblichen von seiner geburt an bis zum envachen in eine
andere weit begegnet. \Viel.\nd 9, 245.
ER\V.\CHS, m. incrementum, fruclus, gdnldet wie anwachs,
aufwachs. Stieler 2403.
ERW.XCHSEN, crescere, adolescere, aufwachsen, did. irwahsan,
aus. iwahsan, mhd. envahsen.
1) ron menschen und thieren:
ir Sit erwabsen da mite. Iw. 232,
i'r wiszt es von jugend auf; nhd. da er nu erwaclften war,
nam er ein weib. Tob. 1, 9 ; er seit alle erwachsene menner
erwürgen. 2 Macc. 5,24;
was? ein kind ohn allen glauben
erwachsen lassen? Lessiiic 2, 303;
und so erwuchs ich still am stillen orte
in lebensglut den schatten beigesellt. Schiller 49S";
gienge die unart so hin, wie sollte die jugend erwachsen?
GöTUE 4u, 11;
sie waren mit einander erwachsen. Tiece 4, 199 ; ein erwach-
sener mensch, ein erwachsenes mSdcben ; dies buch ist mehr
für erwachsene als für kinder.
2) ron bäumen und pflanzen: er gehet frisch dran unter
den bewmcn im walde, das er ccdern abhawe, und neine
buchen und eichen, ja einen cedcrn, der gepflanzet tmd der
vom regen erwachsen ist. Es. 44, 14 ; welches {senßorn) das
kleinest ist unter allem samen, wenn es aber erwechst, so
ist es das gröszc.st unter dem kol, und wird cim bawm,
das die vögel unter dem himel kernen und wonen unter
seinen zweigen. Mallh. 13,32; die erwachsnen blctler, pubera
folia. Maaler 119*; und wenn erst diese prächtigen keime zur
vollen reife erwachsen. Schiller 104';
weil sein wipfel
also gen himmel erwuchs,
hub sich sein herz schwellend empor, dasz so hoch er
stünde ! ile:-sias 20, 347 ;
erstlich erwachsen die bäum aus roanigfaltiger zeugung.
Voss Virijils landbau 2, 9.
3) bildlich: dann du ja wissen kanst was und wie fer ein
quint von einander steht und die tön von einander erwachsen.
Petr. 193'; zu lob, ehren und nutz gereicht und erwüchse.
Kirchhof mil. disc. 265; es erwuchsen daraus grosze vortheile;
als solch begierd in im erwuchsen. H. Sachs II. 4,52*;
herrengunst hat keinen gruud, denn es hat nicht immer grunJ
das woraus sie erst erwuchs, das worauf sie gerne stund.
LocAC 3, t)4, 3s ;
das herz begunte in ihm wieder zu erwachsen, pol. stockf. 143 ;
und wie sein zorn, sein stolz sieh höher spannte,
erwuchs (crebbe) auch stärk und muth in gleichem grad.
Gries .4r. 30, 56;
und bald erwuchs die Versammlung. Bcrces 195";
kindischer geberde
dich zu necken scheint sie dort,
ddnn den muth zur erde
schlägt sie mit envachsnem wort. Rcckert ges. ged. 1, 300;
überall hörte man die Übungen der jungen musik, die er-
wachsen vor die fürstenbraut treten sollte. J. P. Tit. 3, SO.
4) besonders oft ron entspringenden, hervorgehenden Übeln und un-
günstigen dingen: es erwächst uns noth, schade, vcrdrusz. leid;
zu dem ersten fragst du, was ist schlemmen? zu dem an-
dern, was schades erwachset daraus? Keisersbergs. d. m. 3';
schaden die erwachsen usz uberigem fressen und erwachset
von der füllen der tod der seien, ll'; durch das hinder-
reden erwachset dem menschen minderung scins lümden,
das ist ein groszer schad. 27*; danimb kürzlich bitt ich euch
zu hören, was unrats, schand und schaden daraus entstehen
und cnvachsen möge. Lirius, Schöfferlin 52'; denn hohmut
thut nimer gut und kan nichts denn arges draus erwachsen.
Sirach 3, 30 ; der herzogin auch fast groszes leid davon er-
wachsen thet. Go/my 345; darumb lagen allenthalben in den
häuscrn vil todfer cörper, danon vil böser geschmäck er-
wuchsen. Bocc. 1,4"; aus diesem knaben wird noch grosz
Unheil auf der weit erwachsen, pers. rosenth. 7,20; schäd-
liche misbräuche erwuchsen daraus;
besser ists in sark begraben,
als den bnuch zum fasse haben,
dorte wird man Sünden los,
hier erwächst sie noch so grosz. Locaü 1,S9, 68;
hieraus erwuchs uns eine sonderbare Verlegenheit. Götde
31,110; aus dem rechtsstreit sind grosze kosten erwachsen.
5) auf, an einen erwachsen, gelangen: das alles und jedes
sei von alter alwegen dermaszen gehalten worden und von
iren voreltem uf sie komen und erwachsen, weisth. 1. 476 ;
so hätte die regiening' vielleicht auf sie erwachsen mögen.
Philaxder 1, 535 ; nachdem üwer meinung an mich erwüchse.
Al. Seitz s. 11. in etwas envachsen, in, zu etwas ausarten,
gedeihen: doch ist es heutzutage bereits leider so weit kom-
men und in eine sündliche, allgemeine gewohnheit erwachsen.
Simpl. K. 16S. man vgl. den Übergang der bedeulung wachsen
in die von werden, kommen.
6) erwachsen, ron getreide gebraucht, bedeutete ausgewachsen,
verderbt :
denn wer da gibt gerinses masr,
erwachsen, radig, staubig, nasz. Rixgwald I. varh. 321.
ERWACHSENHEIT, /". aduUa aetas: nicht durch strafreden
an die schon verwahrloste erwachsenheit, sondern nur durch
erziehung des noch unverdorbenen Jugendalters. Fichte reden
an die d. n. 221.
ERWACHSUNG, f. erementum, incrementum, das aufwachsen,
wachslhum: wiewol wir aber gesetzt haben drei gcburtcn und
aufwachsen des menschen, wollen wir jetz sein stand, darin
er stehet zwischen der erwachsung, zeit und zerbrechang
melden. Paracelscs 2, 6S*. Stieier 2403.
ERWACHUNG. f was erwachen: nach seiner erwachung.
RiNCWALD tr. Eckh. k'i'.
ERWACKERN, excilare, erigere, ermuntern, ahd. aiTvacharon,
irwaccharön: so er (der eilende bilger) lang ctwan gefast het
und ferr gangen ist, so sitzt er icrgens under einen boum
oder zu einem knien bninnen und rüget ein wilc und er-
labet sich ein wenig und iszt sin brot und sin winKa trinkt
1039
ER WAGEN — ERWÄHLEN
ERWÄULEN
1040
er. ouch wenn er etwan bisz x oder xi gefastet het, da; im
die ougen und gesiclit dunkel und finster ist worden, so er
denn gisset und gelrinkct lucsziglich, so wiit im sin gesicht,
Terslentnis und kraftlose wider uf geschlossen, erwackerel
und gesterkel durch den win und durch das brot. Keisehs-
BERC bilg. IS*; das ist des schuld, das du dinon willen nit
erwackerst und ernüHcrest zu got dem herren. 133*.
ERWAGEN, commoveri, vibrari, ahd. irwagt-n : peccatores
irwag^ton unde irbibenoton. N. ps. 17, S ; mhd. erwägen, er-
wagete :
diu stat, an der si l&gen,
erbibente und erwagete. Pantal. 1S05;
diu stimme i>j sime mundo
erdÖ5 in der stunde,
dö er so si-re lilageie,
da; da von erwagete
beide lürne unl palas. klage Hohm. G50;
dö dfr herre Hagene der wunden enphant,
dö envagete im ungefUoge da? swert an siner hant.
Mb. 1«S0, 1;
sd muoj Oven unde brfigge en\'agen. MS. 2, 108».
nhd. als der wurm des Stichs empfand, schrei er mit ungc-
hewrcr lauter stimm, dasz bcrg und bäum davon erwagten.
]Vi(jolds in prosa ron 1564 s. 66, wo das alte gedieht 132, 38 :
daj der wall al erhal.
spdler icird es tingebräiichlicli, ich habe irgendwo gelesen : schlug,
dasz ihm die zahne im mund envaglen. Frisils 4S7", Maaler
119' getcähren ein transitives erwaggen, evibrare. vgl. das ein-
fache wagen, niorm, und auch erwigen, erwäg moveri.
ERWAGEN, fehlerhaftes pari, von crwegen, erwägen stall
erwi=gen orfer erwogen : daselbst ward der handel fürgebracht
und der grosz nachtheil erwägen. Garg. 150'.
ERWAGEN, genits vehictdi: ilem wenn ein keller einem vogt
mit einem erwägen (ehrenwagen ?) zwirend dient, so soll die hub
mit einem karren einest dienen, tveislh. 1. 125, falls die Icsarl sicher.
ERWÄGEN, expendcre, perpendere, für erwegen = erwügen,
trie wir auch wägen, abwägen, aufwägen, doch nicht bewägen
(mhd. bewegen) und vcnvägen, sondern bewegen, verwegen
schreiben, wie auch erwegen noch lange im 16. 17 jh. fortdauerte,
wofür belege unter dieser form besonders gegeben werden, das
schweizerische ä bei Frisii's und Maaler ist viel consequenler
durchgeführt und bezeichnet den mhd. claut {in wäg via, er-
wägen, ragen pluvia, laben, gäben u. $. «'.) gegenüber dem c
(in bewegen wiorcre, legen ])onere). das pract. von erwägen
bilden wir erwog, pl. erwogen, pari, erwogen, statt des mhd.
und früheren nhd. erwac, erwägen, erwegen; auch verhindert
das ä den reinen Haut in der ersten und dritten person des sg.
]/raes. und im sg. des imp. durchzuscheinen, es heiszt jetzt ich
erwäge, er erwägt und erwäge! stati des mhd. erwige, erwigct
und crwic ! diese heute verworrenen und gestörten formen wur-
den schon 1, 1708 unter bewegen besjmchen und sollen unter
den einfachen wiegen {golh. vigan), wägen {mhd. wegen), wegen
(po/A. vagjan, mhd. wegen) noch ausführlicher behandelt werden.
Uie bedeutung von erwägen isl gegenwärtig auf abstractes per-
pendere, examinare, dcliberare, reputarc eingeschränkt, sinnliclws
jKinderare drücken wir mit einfachem wägen oder wiegen a»s.
eine Sache reiflich, genau erwägen, überlegen, prüfen; alle
umstände wurden gründlich erwogen; alles erwogen, hast du
recht; bevor ich bändelte, erwog ich alles; warum? erwägen
sie doch nur. 'erwägen ! envägen ! ich erwäge dasz hier
aiebts zu erwägen ist*. Lessing 2, 170 ;
das wolle
doch ja der Herr erwägen! 2, 304;
da« habt Ihr nun mit llfisch und blut erwogen. 2, 279,-
und «0 gien^ er hirimiK, indosscn manches die an<lern
weislich crwo«eii und »cluiell die wichtige sache besprachen.
(;otue40,283;
erwäge selbti. wird sie der liönigin
es Je vergeben können, dii!<z ein mann
an ilirer eignen schwer crkampricii tugcnd
vorüber gieng? Schillkr Mi*;
bftrt, wa« ich bei mir «elksl erwogen. 491*.
ERWÄGUNG, f. cnnsidcratio : man ist geneigt diese ein-
Rchränkung zu vermulheu, noch ehe man sie durch beispiele
erbartet sieht, blosz aus erwägung der weilern si)hüre der
pocsie. Lesshc n, 414; in der Schätzung der kraft, die durch
die Kliwcrc cnt Riebt, musz die zeit in crwttgung gezogen
werden. Kam 8, S2.
ERWAHLEN, digerr, kein gulh. tisvaljaii, nur gavaljan, ahd.
irwcliau, irw<-llan, prad. irweliia, mlui. crwi-ln, praet. erwelle,
nU. crweica, to bei Litucr cm oß yd/rauclUet worl, bei Kti-
SERSBERG crwclcn und in einigen Schriften erwölen, Iwi Dasy-
poüius envelcn, bei Maaler erwellen, zuletzt reiszt die schlechte
form erwehlen und erwählen ein. alts. ags. und auch «/. ge-
bricht das zusammengesetzte, gleich dem einfachen Wort, und gilt
dafür äkiosnn, Aceosan, verkiezen.
1) erwählen von personen, declarare, dicerc, dcUgerc:
und Titus Manlius der hcld
zu Rom ein hauptman wurd erwclt.
SCUWARZET4BERG 118, 1 ;
einen fürsten, könig erwählen ; sich eine frau, braut erwäh-
len; 0 narr, du thust wie die kind, die bist haben an sil-
berinen und guldinen buchstaben, hastu hübsche geschrift
lieb, du sollest die Weisheit lieb haben, die darin beschlos-
sen ist, du erweist die kellerin für die frau. Keisersrerg
narrcnscli. übers, von Pacli. Straszb. 1520 s. 183 ; sie wurden
der sach eins und wctlelcn unib ein grosz, sie cnvellen ein,
der darüber urteilen solf, wer gewunncn bell. s. rf. »?». 6*; er
hat seine jünger crwüll für die reichen, waren arme lischer,
und er ist selbs arm gewesen uf disem erdreich. 17'; und
mit den erweiten wirst du erwclet und mit den verkerten
wirst du verkeret, vulg. et cum electo eicctus cris et cum
pcrverso perverteris. bibcl 1483, 154' = 2 Sam. 22, 27 und
14S3, 26C' = ps. 18, 27, Luther, bei den reinen bislu rein
und bei den verkerten verkeret; und Mose .sprach zu Josua,
erwele uns inenner, zeuch aus und streit wider Anialek.
2 Mos. 17,19; siehe das ist mein knecht, den ich erwclet
habe {ahd. senu min kneht, then ih gicos). ilatth. 12,18;
nicht allem volk, sondern uns den vor erwclelcn zeugen von
gott, vulg. testibus praeordinatis a deo. apostelg. 10,41; du
weist, seidher der zeit ich deinen söhn sampt seinem ge-
sellen zu ritter geschlagen, hab mir die sonderlich für ander
mein hofgesind erwöhlet. buch der liebe lih, i ; er ward könig
crwehlet. Kircuuof «'cnrfunm. 494 ; meine erwählte (trau/); die
erwählte meines herzens; sein erwählter freund, vertrauter;
sein' zitterndes geschöpf wird er erwählen,
duich eine zarte Jungfrau wird er sich
verherlichen, denn er ist der allmächlgel Schiller 451';
der pfeilgerade schusz der schlangen
erwählt sich nur den priester am aliar. 31";
söhn, fürwahr du hast recht, wir eitern gahen das hoispicl,
denn wir haben uns nicht in fröliclien tagen erwählet.
GöTiiE 40. 249;
vater, sprach sie, wie oft gedachten wir unter einander
sciiwatzend des frölilicheu tags, der liommcu würde, wenn
künftig
Hermann, seine braut sich erwählend, uns endlich erfl-eulo!
40, 249.
doppelten acc. oder nom. bei erwählen (itic bei ernennen, aus-
nil'on und ähnlichen) erträgt die heutige sjirache nicid mehr, an-
dern verwendet die praep. zu: den ich mir zum herrn erwählte,
quem mihi dominum elegi; Rudolf wurde zum könig erwählt,
rex elcclus est; du hast mich erwelet zum könige über dein
volk. weish. Sal. 9,7; nicht allein von den edlen, sonder
von den dapfern bürgern zu köiiigcn erwült worden sind.
buch d. l. 233, 2. die stellen aus Schwahzenuerg und Kirch-
uuK gewähren noch zwei nominalive.
2) erwählen ron llucrcn oder leblosen dingen bedeutet aus-
wählen, aussuchen, seligere: so gebt ims nu zween farren und
laszt sie erwelen einen farren und in zustürken. Ihm. 18,23;
und nam seinen stab in seine haiul und erwelet fünf glatte
stein aus dem bach. 1 Sam. 17,40; und deine fenster aus
chrystallcn machen und deine thore von rubinen und alle
deine grenzen von crweleten steinen. Es. 54, 12.
3) da erwelet im Lot die ganze gegend am Jordan und
zoch gegen morgen. \ Mos. 13,11; eiver nicht einem freveln
nach und erwele seiner wege keinen, spr. Sal. 3,31; rechte
Vernunft sagt nit, das man unib des schlecks willen köst-
liche speis erwelen sol. Keisersb. s.d.m.i'; Maria hat das
gute teil erwelet, das sol nicht von ir genomen werden. Luc
10,4t; butter und honig wird er essen, das er wisse biises
zu verwerfen und gutes zu erwelen. Es. 7,15; was töricht
ist fiir der well, das hat got erwelet. 1 Cor. 1, 57 ; rauhen
ist gröszere sünd dann heimlich stelen, es sol etwan gar
ein fein ding sein, das Ihorecht dünken der menschen macht,
das wir das böser erwölen. Keisers«. s.d.nt. 2o';
»neben die bonucmlich sein, wolln '• ■ '••-■< solbst bef.liliMi,
suchen die gcfehrllch »ein, »olhi .1 K'Sl «rwehloii.
die flnchl erwählen drücJJ aus eilends [inw n . ^kH auf die flucht
machen, fugam cafierc: wer ein bieneiiiiest zer>lcirct, der er-
wcLIe die lluchl, dasz sie ihn nicht -'■■ ' •"■- '•"""■' v 13;
1041
ERWÄHLER — ERW.\HREN
ERWÄHREX — ERWANDERN
1042
0 dasz der ernst die flucht envähle !
mir lob ich lust und raserei. Hagedob!* 3,29.
4) seilen folgt auf erwählen ein abhängiger infinUiv: er er-
wehlet den alcoran zu lesen, pers. rosenih. 6,7. tnr sagen:
wählte sich zum lesen.
5) der erwählte, eleclus, sieht wie der auserwählte oft sub-
slanlivisch : der erwelete des herm. 2 Sam. 21, 6 ; der erwählte
des Volks; der erwählte meines herzens.
6) erwählen, erkiesen, erlesen sind oß gleiehbedeutig. ursprüng-
lich geschah erkiesen mit den äugen, erlesen mit den bänden,
jenes ist ersehen, ausersehen, dieses auserlesen, wählen, goth.
valjan scheint aber mit viljan, wollen in Zusammenhang und
erwählen wäre seinen willen, sein verlangen durchsetzen, gellend
machen.
ERWÄHLER. m. elector, Wähler.
ERWÄHLÜNG. f electio, bei Maaler erwellung: • darumb,
lieben brüder, thut deste mehr fleisz. ewern beruf und er-
welung fest zu machen. 2/Wr. 1, 10: ich konnte sehen, dasz
man an meiner erwühlung zu rerzweifeln anfieng. Wiela>d
2S. il5; sie erkannten ihre hohe erwählung. Clacdics 7,133.
ERWÄHNEN, memorare, commenwrare, melden, vermelden,
in diesem worl ist H kein dehnzeichen, sondern organisclier kehl-
laut. weshalb es sich mit wähnen, goth. Tenjan. aJid. wänan,
mhd. waenen nur scheinbar berührt, ahd. erscJieint blosz giwahinan,
kein irwahinan. daneben aber das gleichhedeulige giwahan praet.
gewuoc, mhd. gewahen, gewuoc, vgl. nhd. gewach menlio bei
DiEFESBACH 356'. dos uns heute so geläufige erwähnen sieht
noch nicht bei Dasypodics, Frisics, Maaler, Henisch, auch nicht
bei Lcther; zuerst tragen Stieler 2469 und Denzler 102* er-
wehnen ein, es mag aber in biichem des 17 jh. schon vorher
auftauchen, man sehe die gleich hernach angeführten stellen aus
Oiearics und Praetorius. Frisch 2, 430' gibt keine älteren
belege, es ist eins der eigenlhümlich hd. Wörter.
1) einem etwas erwähnen, melden: erschein nicht lang
nach seinem tode seines sohnes secretario, welchen er nach
Arras schickte, mit einem sperber auf der rechten band,
und befahl ihm, er wolle seinem söhne erwehnen, dasz er
auf den andern tag auf die stunde kommen sollte. Pbae-
TORii wellbeschr. 2, 41.
2) von etwas melden : wie ich darvon an einem andern orte
mit mehren erwehnet. pers. rosenlh. 7, 9.
3) mit dem acc. der person oder sache : ich erwähne ihn nur
vorübergehend;
das vorhin envähnle von ,
dem Juden war nur ein problema? Lessisg 2, 304.
das zuerst erwähnte gcmählde von Teils kapelle. Güthe . . .
das wollen wir nicht weiter erwähnen ; der oft erwähnte,
mehr erwähnte, ermeldele, genannte.
4) mil dem genilic: in der stelle, deren im vorigen capitel
erwähnt worden. Wieländ 2,203; hier ist die stelle, fuhr
Archvtas fort, deren ich vorhin erwähnte. 3, 369 ; eh ich
weiter fortgehe, musz ich eines umstandes erwähnen. 6,158;
immerhin mag auch des ruhmes, als des natürlichen be-
gleiters guter thaten, erwähnt werden. 7,11;
wie sagten sie,
wie ward der königm erwähnt? Schiller 283*;
unter allen heidnischen religionen hat diese grosze Vorzüge,
wovon ich nur einiger erwähnen will. Götbe 22, 19 ; warum
erwähnt er denn im texte dieser erscheinung nicht? 59,30;
wanim wird denn aber hier der sonne vorzüglich erwähnt?
59.50. folgende stelle setzt einen acc. mitten unter genitive:
warum erwähnt er denn der färben hier? warum erwähnt er
das gelbe nicht? warum erwähnt er des grünen zuletzt? 59.204.
ERW.ÄHNENSWERTH : das ist nicht erwähnenswerth.
ERWÄH.NLNG, f. commemoralio : es geschah seiner rüiim-
liche. ehrenvolle envähnung; ich Ihue eines, von einem er-
wähnung: ich liebe die könige, welche die erwähnung, so
die geschichte von ihnen thut, ihren mätressen zu danken
haben. Wielasd 6, 06.
ER WAHREN, 1) probare, wahr machen, bewähren, bewahrheiten :
disz wil er ietriger lit erwaren,
sin einigen sun uns olTeDbaren. trag. Joh. F8.
2) reflexiv, probari, sc v&ifier:
ob an Zeniden sich der alten fluch erwahrt Wmuno 17, 273 ;
diese kunst ist noch nicht erfunden und das geschwätz von
ihr hat sich noch nie practisch erwahrel. Pestalozzi 6,41;
HI.
es sollte sich bei ihnen so recht erwahren per ardua ad
astra, d. h. durch dick und dünn zum himmel. Gotthelfs
erzäfd. 4, 287 ;
wie suscht de glauben ischt, und wies si au öppen erwabret!
CoKRODi de herr docter s. 160.
warum sollte nidU für beide fälle audt erwähren gelten ? Lctbe»
schreibt erwehren: damit ist erwehret (bewährt), dasz die ehe
nicht ein sacrament heiszt in der schrift. 2,159'; aber was
sol man dazu thun? es wird nicht anders draus, und ist
nicht zu erwehren '{erweisen), weil es Christus selbs nicht
hat können überhaben sein. 0, 219', doch nach der ganzen
stelle Zusammenhang mätü die^ verweliren, verhindern, s. erwehren.
ERWÄHREN, durare, lange währen, aushalten, wie erdauem
(sp. 746) :
mhd. hie ergie s6 manec grimmer slac,
daj die werlt wol wundern mac
von helmen und von swerten,
das s'C ej erwerten {aushielten). Er. 9154,
wo man kein erwerten (wehrten, erwehrten) annäimen darf
ERWALKEN, subigere, durehwaU«n, erzausen : den balg, das
feil erwalken. mhd.
ob man ir {der fohe, vulpi) lät die winde {hunde) den balg er-
walken. Labers jagd 432;
ei mac ein rüde im sinen balg erwalken. 314.
ER WALLEN, 1) effervescere, bullire, aufwallen, aM. arwallan,
ar^vial, mhd. erwallen, erwiel, ags. äveallan, iveoll, nhd. mit
schwachem praet. erwallte, part. erwallt.
mild, da von erwiele engeis muot. Harth. 2 bückt. 696;
alsara in ir ist erwallen
der honec mit der galten. Greg. 2S5 B ;
so der haven rätes vol
erwallet wol. MSH. 2, 299»;
gemischet mit der galten
und ob der glüefe erwallen
gehertet daj gesmide was. tr. kr. 3806.
nhd. lege; sanfte in einen ke^el, laj ez, erwallen, daj die
hut iht zubreche. von guter spise cap. 8 ; schupe die vische
und ziuhe in abe die hut, swenne sie erwallen, cap. 15;
lasz sie erwallen und gib sie hin. cap. 42; lasz es in einer
pfannen erwallen einen wal ; thue ein wenig öl in ein pfan-
nen und thue die geislifz darein und lasz sie erwallen. Hacpt
9,367; nim essig und gewürz und lasz das ersieden und
darinne erwallen, ebenda; darnach nim oleum terpentini und
das oleum benedictum und lasz das undereinander erwallen,
dan heb es wider von dem feür. Gersdorf 32;
setit in eim wasser zu dem fewr
die erbeis und liesz sie erwallen. H. Sachs V, 392';
holderbletter zerknütschet und mit geiszen unschlit erwallet
und übergeschlagen soll den schmerzen des podagre stillen.
Bock kräulerbuch 7S4; darein verschaumpten honig gethan,
der erwallt ist. 8 ; den hier lasz erwallen. Bock speiskammer 44;
dasz man die blätter in heiszem wasser erwallen lasse und
darnach die brühe einnemme. Tabebnaemont. 787; thu ihn
über ein fewer, schäum oder faim ihn wol. lasz wol erwallen.
Fronsperg 2,219'; wenn das blut. sage ich. also anhebt zu
erwarmen und erwallen. Luther 4. 452'. vgl. erwellen.
2) Iransüiv, der neme die junge schosz der blätter, erwalle
dieselbigen ein wenig in heiszem w asser. Tabersaemo!«t. 788 ;
gerstenbrühe mit frischen eierdottern ein wenig erwallet ist
ein köstliche speis. 158S, 7S2 ; derbalben wird das pur für sich
und das unpur auch für sich, ein jedes allein, ingeschlagen
und nach verlutierunge erwalet (so), gesotten oder gebraten.
Thlbseisser prob, der harnen 77.
ERWALLEN, peragrare, durchwallen, durchwandern, alid. ir-
wallon, irwallüta (Graff 1, SOO), mhd. erwallen:
ja du frech uugetriuwer wip,
ich hän nach dir erwallet
manegen herten heidenischen stic. Morott 13S1.
ein nhd. beispicl gebricht, ist aber sehr mö^ich
ERWÄLTIGEN, superare, bewältigen: die stiere besaszen so
viel kräfte und muntcrkeit, dasz sie in einem tage mehr land
umrissen, als zwölf joche ochsen gewöhnlich zu erwältigen
vermögen. Musaecs.
ERWÄLZEN, rerolrere, herabwälzen, ahd. arwelzan.
ERWANDELN, ambulando, spaliando obtinere : um sich gt-
sundheit zu erwandeln. Tieck tischt. 1. 299.
ERWANDERN, invenire, experiri, wie erfahren sp. 789. 790:
nun habe ich solches selbst erwandert, da ich ein junger
kerle in der schule war. Weise freim. redn. vorrede;
66
1043
ERWANNEN — ERWAUMEN
ERWARMEN — ERWARTEN
1044
'sie sind, verzeihen sie mir, der iinverschämieste linabe',
setzt sie halblächelnd hinzu, 'den ich erwandert habe'.
WlEUJiD 4, 31 i
ein neuer stürm, dergleichen seit die weit
in angeln geht, noch nie erwandert worden,
zersplitterte ihr schif. 4,21";
viel erwandern. 10, 55. heute veraltet, eher gilt noch die sinn-
tiche bedetttung: sich ruhe erwandern, von einem wandrer; ich
habe ^iel länder erwandert; notizen, die der Verfasser mühsam
sich erwandert und erforscht hat. Bäderer Schweiz s. iv.
ERWANNEN, erentilare. Maaler 119', die fruchl durch schtcingen
in der vanne reinigen, heule lieber blosz wannen, renlilare.
ERWAPPEN? Bechers jdgercabinet cap. 7 s. 23 vom Hirsch:
im siebeuten jähr ist sein gehörn vollkömmlich gestürket, er-
wappcn und gezeichnet, wie es sein und bleiben soll, das
worl kommt weder bei Döbel noch in andern jagdbftehern vor,
scheint aber, gleich erblappen sp. 728, ein starkes part. praet.,
mit der bedeulung etwa von crtcacltsen, ausgebildd. einem schwachen
Wappen Herb. 5851 musz der sinn von schlottern zustellen:
deme wappete der bart,
bebte, heberte, schwapperte, und bei Frommann 4, 195 stefd wap-
peln schlottern, was zu erblappen stimmt, wie vereinbaren sich
diese bedeutungen?
ERWARMEN, calefieri, aiid. arwaramin, irwarmfin, mhd. er-
warmen :
min swester Alle
enscnl an dinim arme
niemir erwärmen. Rot. 213,21;
g^rne wolde ich bi eigenem flure erwarmen. Walth. 28,3;
w4 wie^ mir erbarmet
daj ir vuoj bi vremdcm viwer erwärmet. Nkidh. 42,33;
und mir der muot
in riuwen müeje erwarmen. MS. 2, 184';
mir ist erwärmet nu daj bluot. Bit. 8159;
]&l in an dinen armen
erwarmen eine naht. cod. kol. 221;
ich verbiut ouch minen armen,
daj sie in nibt erwarmen
läjen an den brüsten min. 232.
nhd. anfahen erwarmen, intepescerc; im reden erwarmen, effer-
vescere in dicendo. Maaler 119*.';
bis im erwarmbten seine glieder. H. Sachs II. 1, 48*;
itzt wirst du, liebe leicb, in deines treusten armen,
ich, ich bin lauter glut, zum leben neu erwärmen.
Grtphids 2, 79;
wie thörlich handeln doch, die manchmal so erwarmen {hitzig
werden)
auf unser blut und gut. Logau 1, 196, 3;
dasz er in den schneeweiszen armen
der liebesgöttin mag erwarmen. Louenst. i4rni. 1,1129;
wenn er auf schnee meint zu erwarmen. 2, 1406;
wann du nun im bislumb würdest erwärmet und nihig sein.
Zixkcref apophth. 11, 7 ; kaum war er also in dem gastfreien
hause dieses guten mannes recht erwärmt. Wieland 8, 30S ;
Salurnia, die mit verschränkten armen
euch kurz zuvor wie eine sculo stund,
ist kaum allein, errathct mir den grund,
so sieht der hirt den marmor schon erwarmen. 10, 172;
dasz ihn bedünkt ihr kaltes herz erwarme. 17,291;
herein, in meinen armen,
herzliebster zu erivarmcn! BGrcer 14*;
denn ein herz, das ihrer sich erbarme,
wo sie noch einmal wie sonst erwarme,
schlägt für sie auf erden nirgends mehr. 77';
licfiig Taszt er sie mit starken armen
von der liebe jugendkraTt durchmannt:
'hoffe doch bei mir noch zu erwarmen,
wärst du selbst mir aus dem grab gesandt I' GOrni 1, 246;
«0 recht! in des mannes arme
flüchte sich das bange weib,
dasz ihr sanftgeschmiegter leib
an der starken bnist erwärme. 45, 81 ;
in der nator getreuen armen
TOD kalten regeln zu erwarmen. Schiller 80';
«liesc Schauder der bangigkeit müssen in einem rühmlichen
cifer erwarmen. 168*;
ha, in schöner Trauen armen
hftre. wa» die klugheit spricht:
(rciiiliK ilnrf ilein herz erwarmen,
<li jiif. nihe optre nicht. Körni* t, 290;
auf einmal da wirds Ihm so eisig und kalt,
alü sollt er nie wieder crwnrmcri. 4, 78.
J) ladclhaß für crwilruicn :
ihr T^ii^elrhen ijunqfern\, die ihr mit euren schlanken ormen
Bcbr iils mit Ougeln kunt die and>;rn nrm erwärmen.
junQfcrntoh 131;
mein weinen soll, hoff ich, bald ewer herz erwarmen.
Weckhehlim 841 ;
und niemand hat erwünschtes Test in armen,
der sich nicht nach erwüiischterm thörig sehnte,
die sonne flieht er, will den frost erwarmen. Göthe 41, 37.
ERWARMEN, n. das warmwerden: versuche auf o.xydation
und desoxydation, auf erwarmen und erkalten. Göthe 31, 25".
ERWÄRMEN, calefaccre, mhd. erwcrmcn : haben wir nicht
gcsegenet seine seilen {bcnedixerunt latera ejus), da er von
den feilen meiner lemmer envermet ward? Iliob 31,20; ir
kleidet euch und künd euch doch nit erwermen. Haggai l,{i;
damit köndestu dich envermen und reizen, dasselbige deste
lieber zu hören. Luther 6,35*; ich meine ich wolle im sein
oren mit worten also envermen (io gli credo per si falta
maniera riscaldare gli orrecchi), das du hinfür von im soll
rue und fride haben. Steinhöwel dec, 180,25;
hauchet in seine beide hcnd,
darmit er sich envermen thct. 11. Sachs II. 4, 43';
oft envärmt die sonne deinen hügel,
ilire glut empfindest du nicht menr. Schiller 6';
darauf schieszt die sonne die pfcile von licht,
sie vergolden sie nur und erwärmen sie nicht. 50';
der lenz erwacht, auf den erwärmten triften
schieszt frohes leben jugendlich hervor. 101';
von euch verlangt man eine weit zur weit,
wo dichter, schauer, spieler sich verbinden,
sich wechselscits erwärmen und entzünden. Göthe 4,48;
die träffcn geister zu erwärmen,
mit weisen freunden weise schwärmen. Gotter 1, 418;
die Umarmung erwünnte alle seine kalten wunden sanft.
J. P. Ilesp. 3, 65 ; die dünne eisrinde glitt ihm vom erwärm-
ten herzen, uns. löge 1,97. wenn Götue schreibt: schmilzt
aber von einer zurückkehrenden sonne der schnee, befreit
sich ein erwärmender boden nun einigermaszen von dieser
lästigen decke. 33, 148, so sollte wol stehen 'erwärmender', doch
der erste druck in der lit. ztg. 1804 n* 91 gibt riciUig 'erwärmter'.
ERWÄRMUNG, f. das erwarmen, Maaler 119':
erregt an des lenzes erwarmung. Platen 31.
ERWÄRMUNG, f. das erwärmen, Maaler 119*: aber indem
er so sprach, sah er die glühende Rabcttc an und wollte
durch diese envärmungen gleichsam die blumenknospe seiner
liebe gewaltsam sprengen. J. P. Tit. 2, 243.
ERWARTEN, exspectare, wofür goth. usbcidan, ags. Abtdan,
ahd. irpitan, mhd. erblten und noch nhd. chmais erbeilen
(sp. 714) gesagt wurde, bis endlich erwarten außam, das sich
schon bei Keisersberg findet, warten hiesz ursprünglich scJiauen,
ahd. erwarten beschauen, ausschauen, mhd. ftf erwarten auf-
schauen (Bcinh. 63), woraus sich leiclit die rorslcllung exspectare
enlfallele, welches selbst zu spectare, spicere füllt, der wartende,
ei'wartcnde scliaul nach etwas, harrt bis es komme. Maaler 484*.
485' setzt warten exspectare, kein envarten. in beidan, pilan
scheint ursprünglich die bedeulung von ertragen, aushalten, fcrre,
suslincrc gelegen.
1) erwarten mit gen. der sache oder person : da einer frü
iszt von gewonheit wegen und er mag der rechten zeit nit
erwarten. Keisersb. s.d.m. 4'; das ein verlassener gedultig
sei und seinen mund in den staub stecke und der hofnung
erwarte, klagt. Jer. 3, 29 ; ich aber wil des gotles meines heils
erwarten, mein gott wird mich hören. Micha 7, 7 ; denn des
erwarte ich zum richter, das ers urteil spreche durch den
römischen stuel. Luther 1,55'; dieweil wir befehl von gott
haben, sollen wir des ends erwarten. 3, 12s'; darum musz
ich des endes erwarten. Melanchth. an Albrecht ep. 39 ed.
Faber; welcher [hunde) die löwen auf dem gejflg nit erwarten.
Frank »fc//fr. 192' ; nach dem wolt Wilzel des spils lenger nit
envarten. Alrerus widrr Witzcl U 3' ; wo sie des tags erwar-
teten, das Scipio das laper sKlrmcn würde. Liviu.f bei Rihel
325; mit solchen freumiHrhen worten sie beide des tanzes
erwarteten. Galmy m\; der könig erwartet des lages kaum.
bucli d. l. 89,1; sie kundicn nicht envarten dos folgenden
tages. 223, 1 ; mit groszem verlangen des zukünftigen tage s
erwarten. 240, 1 ; er im filrnam der zeit zu erwarten. 25S, 2 ;
dasz ich von allen meinen kriiflen kommen bin und nichts
mehr erwarte denn des todes. 257,4; ober der wolle ihrer
nicht envarten. Mir.RXuos 2,259; es ist jeder stall art und
angebornc eigenschaft, dasz sie ollen augeublick des feinds
erwarten musz. Fronsp. 2,34';
Ich musz der zeit erwarten,
bis» Ich dB» giftck erschleich, hergrtim M, II ;
1045
ERWARTEN
und erwarte eines gnädigen bescheids. Ayrer proc. 1,4; und
erwartet alda selbsten des Moysis. 1,14; aber der hasz und
grimm ewerer feinde würde des ausspruchs nicht erwarten.
Opitz Arg. 1,60; in meinung seiner ankunft zu erwarten.
1, 541 ;
erwartend deiner trew. Wzckherl« 278;
wir wollen, liebster freund, des endes nicht erwarten.
Fleming 106;
es waren ihrer viel, die sich gar sehr befahrten,
sie müsten vom Grifon des todes drian erwarten.!
WEBBKfis Ar. 18, 't ;
erwarte nur der zeit,
so wirst du schon erblicken - , , .
der sonnen frölichkeit. Gkrham) fn befiehl du d. w.;
erwarte mu* der zeit
in deiner traurigkeit,
so wirstu noch erfreut. Chr. Griphics 1, 783;
und erwarteten unsers Untergangs, pers. reiseb. 2, 2 ; das schif
erwartete der gesandten, ebenda; ich weisz, dasz ich ein
sterblicher mensch bin und jederzeit des todes erwarten
musz. ScRivER 1,84; ein einiges ists, das ihn noch erhält,
die göttliche langmuth und gute, welche seiner zur busze
envartet. 1, 107 ; des göttlichen berufes erwartend. Bütschky
Palm. 713; ich erwarte dannenhero dieser gunst. kanzl. 21;
da Holofernes der schönen Judith erwartete. 717; laszt uns
diser euszersten noth erwarten. 822; wolte des ausganges
erwarten. Weise kl. leute 25; ich werde eines glücklichen
ausganges erwarten können, überfl. ged. 2, 511 ; des götlichen
Segens erwarten, eomödienpr. 59 ; von kummervollen ahnungen,
die meiner zu Leipzig erwarteten, gedrückt. Reisress lebensb.
41 ; er sagt, dasz der altar ihrer erwarte. Lessisg 7, . . . ;
des todes zu erwarten. Wieland 18, 15;
erwartete mein. 18, 230;
in Padua, wo seine Studien
ihn fesselten, erwartete Fernando _
des frohen augenblickes nur, der ihm
vergönnen sollte u.s.w. Schiller 249*;
so kann der lehrer, der wolthäter . . . einer spöttischen Un-
dankbarkeit ei-warten (gewärtig sein). Göthe 29, 103; wenn
Flora unter mandeln seiner erwartet. Fr. Müller 1, 149 ;
nun lauscht ich, der dinge
erwartend, im ringe
des lumpengerichts. Thömmel 2, 42.
2) allmälich dringt der ace. vor: sihe er mrd mich doch
erwürgen und ich kans nicht erwarten {falls in es nicht der
alte gen. steckt). Hiob 13, 15 ; stelle dich zu ir, wie einer der
da ackert und seet, und erwarte ire gute fruchte. &r. 6, 19 ;
wir erwarten ihn schon seit gestern; wir erwarten ihn mit
schmerzen; den feind festes fuszes erwarten; sie erwartet
ihre niederkunft im nächsten monat; ich erwarte von dir
gehorsam ; das ende geduldig erwarten ; man erwartet in den
nächsten tagen eine schlacht (sielU ihr entgegen);
nun der bescheidenheit genug!
denn sie nur immerdar zu hören, wo
man trockene Vernunft erwartet, ekelt. Lessisg 2,273;
ich habe
sehr wichige gründe, vor der ganzen weit
den mann, den ich erwarte, zu verleugnen. Schiluk 268";
geht, geht, und im audienzsaal
erwartet meine weiteren befehle. 275";
auf rascher jugendthat erwart ich dich,
doch nicht auf tböncht kindischer. 502* ;
aber war ich nicht besser, zu widerstehen da vorne
an der grenze, als hier zu erwarten elend und knechtschaft?
GöTHB 40, 268;
denk ich die zeiten zurück, wie manche nacht ich den mond
schon
dort erwartet und schon so manchen morgen die sonne.
40,273;
all erwarten sie straf im verschlosz, inclusi poenam expectant.
Voss Aen. 6, 614.
3) erwarten ohne beigefügten casus, im sinne des Wartens,
Harrens: wol dem, der da erwartet, bealus qui expectat. Dan.
12,12;
tbu, was sie dir gebieten und erwarte. Göthb 9, 33 ;
in einer felsenbucht verbargen sie
das schif und saszen traurig und erwartend. 9, 70;
erwartet nur und faszt euch in geduld,
bis nachricht uns herüber kommt vom walde. Schilles 522*.
4) mit nachfulgendem, abhängigen satz: unterdessen rubelen
die Teutschen nicht, envarlende, an welchem ort die Römer
etwa herein brechen würden. Micrälius l, 75 ;
ERWÄRTIG— ERWECKRARKEIT 1046
hier fielen nun die klägerinnen zusamt der Wahrheit auf die
knie,
in demut also xu erwarten, wie viel der Vortrag wucher zieh.
Gonther 437;
ich erwarte, dasz du mir augenblicklich gehorchest; erwarte
nicht, dasz ich dir helfe ; alle erwarteten, dasz der krieg zu
ende gienge; er muste erwarten gesteinigt zu werden.
5) mit dem dat. des persönlichen pronomens:
nichts schont er selber und erwartet sich
nicht Schonung. Schiller 456";
ich hatte mirs nicht erwartet, sie hier in Paris zu sehen
641'; das haben wir uns doch nicht erwarten können.
ERWÄRTIG, expectans, erwartend, gewärtig: wir sinds er-
wärtig. Weise nothw. ged. 137.
ERWÄRTLICH, expeciandus, zu erwarten:
das keine hilf in disem jamer mir erwärtlich noch behaglich.
WECKHERLiy 112.
ERWARTUiS'G, f. expedatio: geleuschte, fehlgeschlagne, ge-
spannte erwartung;
mutter, man teuscht sieb leicht mit erwartungen, rede die
Wahrheit. Luise a. l. h. 115;
rennen andere nun in zweifelhafter erwartung
ungebärdig herum, da musz ich des sarges gedenken.
GöTBE 40, 324 ;
wenn ein entscheidender streich geschehen sollte, und alles
sich voll erwartung um seinen spiellisch herum drängte.
Schiller 745*; bis nach Sonnenuntergang harrte der prinz
aus, von jedem geräusche, von jedem knarren der kirchthür
in erwartung gesetzt, daselbst.
ERWARTUNGSVOLL, expedatione pknus: erwartungsvoll
ruhen himmel und meer. Schiller 745*.
ERWASCHEN, ERWÄSCHEN, abluere, perluere, dthiere, wie
auch für waschen waschen vorkommt, ahd. arwasgan, irwascan,
mhd. erweschen:
wie so! ich riehen edeln scbalk
mit valschem muot erweschen (: eschen)? MS. 2, 206*j
ein ieglich blQemlin sich erwaschet
üj meigen ton. Hätzl. 36';
nhd. das euch gott beide sehend, wie habt ihr mir heut
meinen balg erwäschen. Menechm. 101'; er solt lugen, ob vil
oder wenig menschen in dem wasserbad weren, weren wenig
darin, so wolt er auch darin gon sich erweschen. Keisersb.
narrensch.S6^'; erwäschen, wol waschen und seuberen. Maaleb
119'; wie viel er mit einem zeug eine woche lang golt er-
waschen und zu nutz bringen kan. Erker erzt und bergtcerks-
arten 43' ; aber weiter wollen wir einander den beiz basz er-
weschen und weder roter hütlin noch der groszen namen
schonen. Paracelsds chir. sehr. 342'; so er {der luft) nach
dem regen wol erwaschen und erläutert wird. Sebiz 5;
einen mohren weisz erwaschen,
trinken aus geleerten flaschen. LoGiu 1, 151, 52.
ERWASEN, exherbare, erjäten, das gras ausraufen. Frisius
505'. Maaler 119', gegenüber dem wasen herbescere. Maaler
485*, vgl. ergrasen 2. doch könnte erwasen auch ausdrücken
herba obduci, wie ergra'sen 1.
ERWÄSSERN, 1) movere sdivam, wässern machen:
das wird den gasten gleich erwässem ihren mund.
SCUERFER 174.
2) nimis irrigare, verwässern: der buchstabe zu sagen statt
der buchstab gibt eine erwässemde Zweideutigkeit. Fichtb
im briefwechsel mit Schiller s. 27.
ERWATEN, vadare: den sumpf erwaten.
ER WEBEN, texere, retexere, ahd. arweban, mhd. erwSben:
blivar mit golde erwöben, kröne 7725.
nhd. nur schwachformig :
was ich mit arbeit han erwebt,
kein nutz kan ich bei ir erholn.
derhalb ich nichts erweben mag,
webt ich bis an den jüngsten tag. H. Sachs 1,524';
was sie bei tag crspunnen und erwebet hat, bei nacht die
maus zernagen. Fischart ehz. 494. Stieler 2450 gibt nur die
bedeutung texendo lucrari an.
ERWECHSELN, vicibus transferre: damit wil er bewert
haben, das Christus sein priesterthum, als er gen himel ge-
faren ist, auf s. Peter und s. Peter auf den bapst erwechslet
haL Luther 2, 11*. bei Stieler 2526 erwechseln, permutando
lucrari. ich habe mir drei ducaten erwechselt, gewechselt,
eingewechselt.
ERWECKBAR, qui excüari polest.
ERWECKBARKEIT, f. die erweckbarkeit und beliebigkeit
der beobachtungen.
66*
1047
ERWECKEN
ERWECKEN — ERWEGEN
1048
ERWECKEN. excUare, goth. usvakjan, ahd. arwecchan, mhd.
erwecken, erwaclc, ags. dveccan (neben dem intr. onvacan).
1) eigentlich erwachen machen, aus dem schlaf erwecken,
expergefacere :
mhd. d6s wart so gröj ir UDgehabe,
da; ir vater dar abe
und ir muoter wart erwalit. a, lleinr. 511 ;
da; ir ougcn rögen begöj
der siäfenden riiei;e.
8US erwabte si diu süeje. 480;
Ar stuont d6r ohse leides Tri,
milteclichea als ein schäf
das bat genomen einen sl&f
und drÜ5 vil sanfte erwecket ist. Sitr. 5115;
nhd. schweig still und leg dich, erweck das kind nil. de gen-
ctrtoj. 136, 10 ; in den weislhümem oß die schöne formel des
nicht crschreckens und erweckens, weder den hahn auf der
Stange noch das kind in der wiege (z. b. 2, 531. 539. 510) ; so ist
ein mensch, wenn er sich legt, und wird nicht aufstehen
und wird nicht aufwachen, so lange der himel bleibt, noch
von seinem schlaf erweckt werden. Hiob ii,li; erwecke dich
und wache auf zu meinem recht, ps. 35,23; erwecke dich
herr, warum schlefestu? 44,24; und der enge!, der mit mir
redet, kam wider und wecket mich auf, wie einer vom schlaf
erweckt wird {vulg. et suscitavit me quasi virum qui susci-
tatur de somno suo). Zach. 4, 1 ; das sie auch Lazarum sehen,
welchen er von den todten {aus dein todesscldaf) erweckt halte
(golh. Jianei urraisida us dau|iaim, vulg. (juem suscitavit a
mortuis). M. 12, 9; und wissen, das Christus von den todten
erwecket. Rom. 6, 9 ; das der son gollcs wider komen werde
und aus unser aschen ein durchsichtigen corper erwecken.
Mathesics 1562, 305"; man hört überall Zelters melodien und
wir haben ihm zu danken, dasz unsere lieder und bailaden
durch ihn von den todten erweckt worden. Götiie an Schiller 820.
stärker als dies erwecken von den todten ist auferwecken, bildlich,
mhd. da; er die schrift, diu 6 da slief,
mit bredige muose erweclten
unt die süejen lere endecisen,
diu 6 was beschatewöt. Maria 128, 23.
nhd, doch zuletzt befiel micb der schlaT, und als nun des morgens
mich die küblung erweckte, die vur der sonne herabfallt.
GöTUE 40, 25Ü ;
die frühlingsonne erweckt die schlafenden keime, 'die gildc
erwecken' lüesz bei der aufnähme in dieselbe eine abgäbe ent-
richten. RClixg beschr. von Nordheim s. 63.
2) samen erwecken, suscitare scmen: lege dich zu deines
brudcrs weib und nim sie zur ehe, das du deinem bruder
samen erweckest. 1 Mos. 38, 8 ; wenn nu deine zeit hin ist,
das du mit deinen vetern schlafen ligst, wil ich deinen samen
nach dir erwecken, der von deinem leibe komen sol. 2 Sam.
7, 12; Moses hat gesagt, so einer stirbt und hat nicht kinder,
so sol sein bruder sein weih freien und seinem bruder samen
erwecken {ahd. arwekfi samon sinemo bruoder). Mallh. 22, 24.
Marc. 12, 19 {goth. ussatjai barna). Luc. 20, 2S {gollt. urraisjai
fraiv). ebenso sühne, kinder erwecken : denn umb Davids
willen gab der herr sein gott im ein Hecht zu Jerusalem,
das er seinen son nach im erwecket und erhielt zu Jeru-
salem. lÄwn. 15, 8; ich sage euch, golt vermag dem Abraham
aus diesen steinen kinder zu erwecken {alid. arwekkan Abra-
hames bam). Matth. 3, 9. Luc. 3, 8 {goUi. urraisjan barnu).
turaisjan ist aufstehen maclten, ussatjan pflanzen.
3) ich wil inen einen propheten, wie du bist, erwecken
aus iren brüdem. 5 Mos. 18,18; wenn aber der herr inen
Hehler erwecket, so war der herr mit dem richter. rieht.
2, 18 ; da schrien die kinder Israel zu dem heirn und der
herr erwecket inen einen beiland. 3, 9 ; auch erwecket im
gott einen Widersacher. 1 kün. 11, 23 ; die da bereit sind zu
erwecken den Leviathan. Hiob 3,8; ich habe einen hell er-
weckt, der helfen sol. ps. 89,20; ich aber erwecke einen
TOD mitternacht. £«.41,25; ich wil grosze Völker und häufen
aus dem lande gegen mitternacht erwecken. Jer. 50, o ; denn
sie erwecken keinen kOnig im lande. Baruch6,i2; dem Vater-
land einen held, einen dichter erwecken ;
der ruf von dir, der alle weit bewegt,
der deinen n!imr>n trftgt auf allen Zungen.
hat uno «rwnckt in uiuerm itillen dort
und hergerohrt zu dleaei feste« Teler. Scmillbi 478*;
wenn ich nun sogleich aber wieder an die nalur gieng und
di« verscbifdenen wölken formen nuf dem pnpicr nachzubilden
nchla, so erweckte ich auch jüngrre männer, welche von
4er sät an mit geschärfter aufnierksamkett das gleiche thatea.
GüTME 51, 208. 'die erweckten', nach frommem Sprachgebrauch,
die innerlich crwaclilen. s. erweckung.
4) erregen, rege machen: sie (die liebe) erweckt die unge-
stümen flammen der jungen und beruft den allen herwider
ir erloschne hitz. Wvle tran.sl. Lucrclia; ir brüst guter wile
Ihet zu bedersil brüstlin wol apfelgrosz erheben, die ouch
den antastern begirlichen lusl erwackten. ebenda;
bedräng der vögt die leut erschreckt,
und ward der Schweizerbund erweckt.
SCUWARZE?CDERG 116, 1;
an dem tage wil ich erwecken über Eli, was ich wider sein
haus gercdt habe, ich wils anfahen und volenden. 1 Sam. 3, 12 ;
wird mir ein besonder freund erwecken. Kirchbof mü. disc.
209 ; dawider Judas ein aufruhr erwecket. Reiszner Jer. 2, 109';
wann die flöh die wcibcr necken,
wil die luft bald näsz erwecken. Logau 1, 71, 86;
vergossen mcnschenblut nicht rächen sondern decken,
was wird für gotles thron dis für geruch erwecken?
I, 230, 61;
schlechte kunst ist krieg erwecken. 2, 233, 140;
ein groszer stürm sich da gleich grausamlich erweckt,
der uns all und darzu den schifmann selbst urschreckt.
Werders Ar. 17, 21;
0 sapperment, was erweckte das ding bei den 1400 raths-
hcrrn vor grosz aufschens. Schflmufski/ 2, 38 ; es würde am
besten sein, dasz sie durch einen kleinen Spaziergang sich
einen appetit zum essen erweckten. Weise crjn. 52;
die Vögel wurden selbst erweckt
und durch cxcmpel angesteckt. Göntukr 316;
in ihren küssen steckt
was lausend lust erweckt. Hagedorn 3, 80;
hat sie der freunde rath, hat sie was sonst erwecket?
J. E. Schlegel 1,423;
dnnn ists zu spät! dann wird kein wein
den langst gestorbnen witz erwecken. Gökingk 1,205;
furcht, hasz, argwöhn, unmut, verdrusz, vergnügen, freude,
liebe, behagen, dank erwecken ; stark gesalzne speise er-
weckt durst «. s. w. das unglück hat ihn aus seiner faulheit,
Stumpfheit erweckt.
ERWECKEND, excUans: so schrecklich die epoche war, so
musz sie doch für das dichterische genie erweckend gewesen
sein. Schiller an Gollie 617.
ERWECKER, m. Sterne ist in nichts ein muster und in
allem ein andeuter und erwecker. Güthe 23, 2S2. 49, 126.
ERWECKLICH, cxcitans, crbaidich:
zu der rew und busz crwöeklich. Weckhkrlin 107.
ERWECRUNG, f. excilalio: nachdem es sich aber begibt,
dasz sich reuter und knecht durch erweckungen der feind
zur gegenwehr zusammen verfügen. Fro.nsperc kriegsb. 1, 52.
oß in geistliclwm sinn:
{das wird) die thräncn oft mir in die äugen locken
und mehr als das creinut der glockcu
erweckung zum geoete sein. Gökingk 2, 15t ;
wovon sich dergleichen sinncsverwandle am liebsten unter-
halten, sind die sogenaniilen erweckungen, sinnesverände-
rungcn, denen wir ihren psychologischen werth nicht ab-
sprechen. GöTBE 48, 29.
ERWECKUNGSMITTEL, n. wenn in der natur alles licht
fehlte, so wäre dieser mangel des üuszern erweckungsmittels
mit dem mangel der inueru kraft gleichgeltend. Garve tu
Cic. off. 3,24.
ERWECKUNGSWORT, n.
wol dennoch mir! wer sanft entschlaft in vaters armen,
darf dem erweckungswnrt vertraun. es heiszt erbarmen!
Matthisson 14.
ERWEGEN, schon oben sp. 1039 unter erwügen behandelt.
1) die schräbung erwägen brachte der organischen starken form
gefahr und trug nicht nur zur einfilhrung von erwögte für er-
wäg, sondern auch von erwilge, erwflgsl, erwiigt für crwige,
crwigst, erwigl bei. hier folgen noch belege mit der alten form.
Uartpodios 176*. 177* schreibt 'ich envige' expendo ; leichllich
der keiser des guten herzogen Naimas rath bei im selbst
bodrnchtet, hin und her erwieget. Aimonci'; bei im crwag.
dt/; erwäg m im selbst. t5'; als sie in dem rat saszen den
handel zu crwegen. Fttr.i garteng. 9l'; und will, das die bei-
sitzen die sach basz erwegen. Frans rrllb. «7*; die Sachen
worden oftmaln recht bedacht und erwegen. WCrtz 5; die
fraiiwe ihm lief nnch).'eda( hie, er«l die grulalf des mrmrhs
erwegen Ihel. Galmij 338; mein auschlag fast gut zu voll-
enden sein wird, diewril ich den handel mit hOcbstcin QeiM
1049
er\m:gen
ERWTGEN
1050
envegen habe, buch d. l. 254, i ; erweget nichts stattlichers,
als was ich euch jetzt sagen wil. Ayber proc. 3,1;
80 sollte doch dieselb (dt« junge iceli) erwegen.
Fischakt <//. tchif 164;
drum ich erwigs und dann es wag
mit gott, also es glücken mag. Moscuerosch exerc. acad. 450;
dein wort und deine weg erwegen und ermessen.
Weckhkku:« 'MO;
envigst du den verdienst. Opitz 1, 218;
erwig ich aber auch, wie elend es gewesen,
dasz du so lange zeit u.s.k. Roxplek M;
erwig ich die geberden
und seine höflichkeit, so weisz ich wol es werden
bei höfen ihm darin gar wenig gleiche sein. 115;
erwiege recht bei allen die nutzbarkeit. 53;
auch sihet der mensch auf die werke, gott aber erwiget die
gedanken. Bltschky kanzl. 729;
was ist ein leib, des geistes hülle?
sein klumpe liget todt und stille,
sobald ihm ein beweger fehlt,
nicht so der geist, der lebt und denket,
mit schneller macht die sinnen lenket,
erwigt, beschleuszt, verwirft und wählt.
DaOLLLIGKR 18;
die sprachen sind die dolmetscher unsrer gedanken. erwieget
man nun mit einigem ernst die unendliche Verschiedenheit
der dinge, die sich gedenken lassen v. s. ic. Breitiügeb crit.
diciäkunä 2,97.
2) besondere aufmerksamkeit verlangt ein dem mhd. 'sich be-
wegen' (1, 1770) entsprechendes reflexives 'sich erwegen', das im
16 jh. häußg erscheint, im 17 seltner uird, im IS ganz rerschtcindel.
meistens hat es einen gen. der sache oder person neben sich, doch
kann auch die praep. stehn oder ein abhängiger sati folgen, et
hat aber genau den doppelsinn des mhd. tcortes, und bedeutet
bald sich zu etwas enlschlieszen, sich eines dinges unterfangen,
geicarlen, getrauen, bald auf etiras verzichten, daran verzweifeln,
ihm entsagen, im ersten fall gibt der erwegende sich an etwas,
im andern von etwas, zuweilen bleibt man der bedeutung un-
schlüssig, die vielen belege aus LirrnER zeigen aber, dasz er dem
verbum in beiderlei sinn, meistens im positiven, gern schwache
flexion verleiht durch Verwechslung mit erwegen commovere,
a) positives sich erwegen:
mhd. des hän ich mich erwegen gar. attd. bl. I, 333;
nhd. auf diese und dergleichen zusagung und bcfehl musz
man sich tröstlich erwegen und mit rechtem vertrauen bitten.
LcTBER 1,172'; denn wer sich gebens und leihens erwegt,
der musz sich des Interesse zuvor erwegen, oder wird weder
geben noch leihen heiszen. 1,193'; aber er musz sich viel
neids und leids drüber erwegen, das creuz wird solchem für-
nemen gar bald auf dem hals ligen. 2,205'; so ists besser
doch göttlich und seliglich leben und sich der guten tage
verzeihen, so die haben, die kein weib berüren, und sich in
die bösen tage erwegen, umb sünd willen zu meiden. 2,299';
mich dünkt, der Carlstad habe sich ergeben und erwegen
zu sein ein öffentlicher feind gottes. 3,87'; darumb, das die
ungebrochene blöde natur sich schwerlich ergibt und auf
gott erweget. 3.290*, vgl. br. 2. SO; weil etliche in zweivel
stehen, etliche aber sich so gar und ganz erwegen (erdreisten),
das sie nichts mehr nach gott fragen. 3,315*, br. 3,141; so
müssen wir uns auch des erwegen, das wir geste sind. 3,384*;
wer ehelich sein wil, der musz sich auf den spruch {fluch
über mann und weib) erwegen, oder des erwegen, das er zum
teufel fare. 4, 26' ; so wil ich mich drauf erwegen mit ganzer
Zuversicht. 4,34'; wann einer schon keine lust noch andacht
zum sacrament hat und doch mit ernst sich erwegt dahin
zu gehen. 5,198*; wer den leuten in der weit wil wol thun,
der musz sich erwegen {gewarten, sich darauf gefaszt machen)
Undank zu verdienen. 5,272*; also musz sich ein iglicher
Christ des erwegen, das das crenz nicht werde auszen bleiben.
5,311*; ist hie kein ander trost, denn das ir euch auf gott
und unsern herrn Christum erweget und dasseib frei beken-
net. 5,331*; du must dich des frisch erwegen. 5,419"; weil
wir nu sehen, das es gott selbs mit seiner liehe also gehet
in der weit, so mögen wir uns des erwegen (gewärtig setn),
das wirs auch nicht besser haben werden. 6,56'; wer sich
des (dasz die well unsre guten Ihaten verkehret und schändet)
nicht wil erwegen, der mag Christum faren lassen uder ans
der weit gehen, daselbst ; darumb geheis auch so schw er ein
und stoszet sich alle weit dawider, und feilet jederman auf
ander ding, das die" Vernunft begreifen und erlangen kan,
denn es bleibt ir doch imer frembd und verborgen, das sie
es nicht für grosz achten noch für war halten und sich blosz
drauf erwegen kan, weil sie es nicht fület noch tappet.
6,179*; darumb müssen wir uns auch alle des erwegen. das
er (der teufel) uns angreift von beiden seilen, erstlich zu
morden durch seine tyrannen, darnach mit lügen durch falsche
brüder, die unter uns Spaltung und rollen machen. 6, 44' ;
weil ich aber mich eines andern lebens rühme, so musz ich
mich dieses erwegen und zu lohn haben, das mir die weit
also milferet und der teufel mich so zuspieszet. 6,248'; so
magst du dich des wol frei er^vegen. JtscAr. 90'; es darf sich
ein junger gesell in der brunsl wol eins vierteil jars im ge-
fengnis erwegen (?) 316"; der mag sich seines glucks erwe-
gen. 93*;
ich rath das wir die furcht ablegen
und hie zu bleiben uns erwegen. Waldis Esop 1, 23;
ein gutn rath wil ich dir vorlegen,
du must dich soviel müh erwegen. 1, 44;
wil euch zu gut mich des erwegen,
zwerg (quer) über diese bach zu legen. 3, 97 ;
soltu dich drum nit bald erwegen,
an einem gröszern dich zu reiben. 3,86;
bitt, wolt der demut euch erwegen. 3, 93;
hat er sich auch der schand erwegen,
umb gelts willen mein son erstochen. 4, 20;
der jung gesell thet sich erwegen,
ein groszen hauleu schisz dazu. 4, 35;
ails was ir sehen von den leuten,
so dürft irs euch von stund erwegen,
wolls nachtbun, wie die afTen pflegen. 4, 75;
das sie wie die treuwen pastorn,
gar oft ir scbäflein selber scborn,
doch dorflen sich des nit erwegen
ofl'entlich, wie die schäfer pOegen. 4, 66;
und bessern da mein sündlich leben
mit beten, fasten, wie sie pflegen,
des wolt ich mich auch gar erwegen. 4, 3;
das wuchs . . . sich allenthalben wol erwug.
RiSGWAU) er. K5*;
ohn dich bei menschen ist kein sieg,
auf dich ich mich allein erwig.
U. VoeiUEK bei Ringwatd geistl. Heder 13S;
denn ich der wunden halb, so ich von im empfangen, mich
genzlich zu sterben erwegen. Amadis 262;
sie siehet, dasz er sich zu sterben musz erwegen,
denn jede Stadt ist gar zu weit dem ort entlegen.
Werdeks .4r. 24, BS;
doch wann ich mich erwege
und gar zu schwere last auf meine scbuhem lege.
Oprrz tiugo Grot. 2S6;
doch wüst ich mich so weit noch zu erwegen,
dasz ich den kränz, den sie mir übergeben,
hinwieder kont in ihre bände legen.
HoF«A5;<sw. getr. seh. 41 ;
darf ich, o königin, mich endlich noch erwegen,
fünf Wörter beizutbunj nimm mich zu diensten an!
heldenbr. 75;
sich erwegen (unterfangen, unternehmen).
Scherfers grob. 242.
da dieses sich erwegen, »cft unterfangen den sinn von dch er-
dreisten, erkühnen annimmt, darf man ihm nahe Verwandtschaft
mit wagen, mhd. wagen beilegen, wovon weiter unter wagen zu
handeln, vgl. das pari, unter c.
b) privatives sich erwegen, änem entsagen, auf dwas ver-
zichten :
ich han mich sein ganzlich erwegen. fastn. 411, 16;
ich hab mich aller andern man erwegen. 620;
jungfrewiein werth,
mich rewt auf erd
sunst nichts denn du,
so ich mich nu
so gar musz dein erwegen. .4m6r. ib. s. 219,25;
ach got, wie sol ich mich ernern?
mein feins lieb hat mir urlanb geben.
du dörfst mir zwar nit Urlaub geben,
ich wolt mich dein wol selbst erwegen .' Uiu.a]io 128;
solt mich raeins buln erwegen,
als oft ein ander tut,
solt fürn ein frolicbs leben,
darzu ein leichten mut. 1'29;
sich seines lebens erwegen helle. Steinhöwel dec. 337, 22 ;
etlich aber fielen dahin, das sie sich des lebens erwegeten.
weish. Sal. 17,15; hallen sich ires lebens erwegen. st. aus
Esther 7, 6 ; also das wir uns auch des lebens erwegen und
bei uns beschlossen hellen, wir niüslcu sterben. 2 Cor. 1, 8 ;
1051
ERWEGEN
ERWEGEN— ERWEHREN
1052
die feldmaus wüste nirgend hin, lief die wand auf und abe
und hatte sich ires lebens erwegen, Luther 5, 272' ; weil wir
denn hie nichts anders zu warten haben, sondern uns des
lebens, und alles was darin ist, williglich erwegen müssen,
das unser leben und wesen eigentlich heiszet frustra nili.
6,247*; dem pfaffen aber war gar angst bei dem wolf in der
gruben und hatte sich alle augenblickc seines lebens erwe-
gen. Wickram roUw. 58'; ohne das, so war mancher guter
gesell darauf gangen und hei ich mich selber (lebens?) er-
wegen, dann mein gaul war hart verwundet. Götz von B.
lebend). 56; denn sie hatte sichs ganz und gar erwegen ihn
nimmer meh zu sehen, buch d. Udie 6, 3 ;
§ott sei gelobet, das wir han
eu bapst und biscbof fahren lan,
für mein person hab niicbs erwegen,
für gelt kauf ich nit iren segen. SValdis E^op 2, 75;
sonst hab ich mich oft must erwegen
meins lebens iu dem schnee und regen. 4, 1;
wir waren allesam erlegen,
betten des lebens uns envegen. 4, 13;
die sich Her ehren ganz erwegen,
inutwilliglich in unehr legen. 3,98;
das sie umb einmal wol zu leben
alles was sie betten sollen geben,
und aller wolfart sich erwegen,
das sie dem bauch wol möchten pflegen. 4, 55;
ich wolt meines leib» ziemlich pflegen
und doch des glaubens mich nicht erwegen.
Dedbkind milex 5, 6;
was mich beirifl, an mir ist zwar nicht viel gelegen,
ich dennoch hatte mich des lebens schon erwegen,
mein armes baus bestellt. Si>. Dach R;
die nacht über wurde mir so schlimm, dasz ich mich meines
lebens erwog. Ett.vers med. maulaffc 8(53; man erwog sich
ihres lebens (desperabat de vita ejus), ungew. ajwlhekcr 271.
die bdspiele sind nicht ersdüpß, doch reichlich mügetheilt, da sie
auch die bedeulungen des mhd. bewiJgen außlären helfen, deren
1,1770 eine unzureichende zahl angeführt wurde, positiver und
negativer sinn können zusammentreffen, z. b. zu sterben sich
erwegen, des todes sich erwegen meint glächviel was lebens
sich erwegen (mhd. des libes sich bewegen), die aus dem
buch der liebe 6, 3 angezogne stelle kann gefaszt werden : sie hatte
sicli enlsddosscn ihn nie wieder zu sehen, oder darauf verzichtet,
ihn je wieder zu sehen.
c) das part. envegen (in seiner alten geslalt, nicht tn der
späteren von erwogen) bezeichnet einen, der äch unterfangen hat,
adjeäivisch also einen kühnen, dreisten, frechen menschen : gleich-
wie ein erwegen ehebrecherin die äugen aufsperret und mit
vollen äugen umb sich wirft, einem jederman bereit zu sein.
Luther 2, 124'; so ist der VVitzel allweg ein ehrgeiziger, rum-
retiger, stolzer, neidischer, arglistiger, rottischer, crwegener,
unverscbampter mensch gewest. Alberüs wider Witzel FS";
und dürft der erwegne unverschempte stolz eselkopf sich
nicht Schemen, sein narrenwerk iderman an tag zu geben
sich zu unterstehen. g7'; thun wie der teufel selbst und
alle erwegene verruchte leute. Melanchtho.v im corp. doctr.
ehr. 188; solchen losen, leichtfertigen, erwegenen bubcn ihren
mutwillen nicht gestatten. Bartisch 61; zum siebenden gibt
solche bettelei erwegen unverscbampte schelke und beige.
MiLiCD schrapleufel v3'. da wir nun heute verwegen ganz in
$tüchem sinn verwenden, folgt schon daraus, dasz dem verbum
»erwegen überhaupt die bedeutung des ntitd. bewögen, späteren
nhd. erwegen zugestanden haben müsse, die weitere ausführung
gehört unier verwegen, beufiele schon 1, 1770, Aier genüge noch
ein beleg: hab ich mich schon des lebens verwegen. Abele
gerichUh. 1, 125. nicht anders hatte das mhd, pari. bewCgen den-
teWen tinn:
sus vihten die bewfignen. altd. hl. 1, 839;
wCr ist der recke vi! bewogen? Rab. 383;
Scharpfe dir bewogen [al. verwigen). 895;
dd danket in d<*r bewägcn. Dietr. 6366;
66 «pracb von ß6rne d«r bewegen. 6272;
da; abte Wolfbart der bewegen. 8294;'
immer in der guten bedeutung edler kühnheii. doch die höflichen
diehUr meiden dies bewogen, {ibrigent kommt auch erwegen,
••• ttteken gebraucht, in gutem sinn vor: glaub ist ein rrwe-
Ren (mutigt) luversicht auf gottes giiad. Albero« wider Wilzrl
Et*, welchen $ati Mich. Neander im mrnschensp. \H* ausschreibt.
EhWEGEN, commovert, gotli. usvagjan, ahd. rrwegan, irwe-
fitaf mkä. erwefeo, erwegete, erweite: mhd. d6 uninocbtcn
si den sark nie erwegen noch dikein gelide von irrae übe
myst. 225, 3 ;
nhd. domit habt ir mein hen erwegt. fastn. 149, 33;
einen stein erwegen, heben, rücken; do erbrach das haupt
Apollinis des gottcs vom bauch des bildes in die erden, das
Octavius und seine gesellen es nit mochten envegen. Muglix
11'; einen krieg erwegen, erheben; zu der kirchweihe kummen
die jungen gesellen mit trummcn und pfeifen gewapnet, als
zu einem krieg, den si auch etwan finden oder erwegen und
geen oft mit blutigen köpfen wider heim. Frank weltb. 51';
dem adcl setzen sie auch sonderlich hart zii und auf das
si nit etwa in irem land ein anhang kriegen und ein aufrur
erwegen, müssen si gefangen fast all sterben. Frank welih.
117*; die dein gemüet wider den teufel sollen erwegen, auf-
richten, erheben. Melanchthon hauptarlikel der h. seh. 4;
und als Rinaldo erst den groszen schild erweget,
da sich der stolze söhn Almonts hat mit beleget.
Werders .4r. 18, 135.
später durch erheben, erregen verdrängt.
ERWEGEN, n. commotio, erhcbung (wie bewegen 1, 1773) :
solchem gott sollen wir ja mit freuden und ganzem erwegen
gerne trawen. Luther 5, 468*. oder ists enlscIUossenheit, von
sich erwegen (sp. 1049) ?
ERWEGHAFT, gläch dem folgenden, was zu erwägen, über-
legen ist. Stieler 2523.
ERWEGLICH, considerandus, was in erwdgung zu ziehen ist:
envegliche worte der schrift. Luther /iicAr. 74'; dieses deuchte
den forsten höchst erweglich. zcilvertreiber 1668 s. 428.
ERWEGÜNG, f consideratio, was erwägung: hab dein er-
wegung auch von künftigen dingen. Rompler s. 8; wenn ich
in erwegung fasse, mit was angenehmer freundschaft ich be-
thätiget worden. Butschky kanzl. 164,
ERWEGÜNG, f. commotio, bewegung: das tanzen, so eine
nach der musik eingerichtete erwegung des leibes ist. Wie-
DEMANN Juli 64; die frewde ist eine liebliche erhebung und
erwegung des herzens. Mülman geisel 7.
ERWEHREN, pruhibere, tueri, defendere, ahd. irwerjan, mhd.
erwern, ags. äverian.
1) das einfache goth. varjan zeigt uns blosz die bedeutung
xcolveiv, prohibere und kein usvarjan begegnet, bei varjan steht
die person entweder itn dat. (Marc. 9, 38. 39. Luc. 9, 49), oder im
acc. (Marc. 10, 14. Luc. 18, 16), die saclie im acc. (Luc. 6, 29.
1 Tim. 4, 3). beim ahd. werian, prohibere gleichfalls die fnrson
bald im dat., bald im acc, die sache im acc. nicht anders haben
nhd. wehren und erwehren persönlichen dat., sächlichen acc:
wehret ihm nicht ! ; ich wehre dirs nicht ; gesegenet seiest
du, das du mir heute enveret hast, das ich nicht wider blul
komen bin. 1 Sam. 25, 33 ; aber er kam nicht, gott hats im
zuvor erweret. Luther 3, 347* ;
so will ich gar nicht lassen ab,
bis dasz ich einen gefunden hab,
der dem keiser das weih erwehrt,
und die weibliche Oeud zerstört. Atrbr ISC;
hab ich dir nun erwehrt das stechen.
CuRYSEi's hopeufel H.
heute zielU man in diesem sinn verwehren dem erwehren vor.
erwehren, ohne beigefügten casus, drückt aus lündern, verhüten:
erwer, dasz sie aneinander nit rüren. küchenmeisterei cap. 2.
2) aus dem wehren prMbere flieszt leicM ein wehren tueri,
defendere, weil das abhalten zu schütz gereicht, die wehr zur ver-
theidigung wird, das lat. defendere erlangt im fr. defendre m-
gleicli die bedeutung von verbieten, so steht das ahd. irwerian.
mhd. erwern häufig für tueri, mit acc. der sarhe: zi irwerenne
stnen scaz, ad tuendas opes, und passivüch irweret wi'rdan
defcndi; mhd. diu burc ist erwert, geschützt, tHrtlwidigl. Iivl.
dir. 10382. nhd. hat fast nur das einfache wehren diese Ver-
wendung, nion sagt das land, die Stadt wehren, vertlu'idigen,
kaum erwehren, doch gehören hierher einige frühere bcispiele:
es ist erwert, jederman hat drei lesze {?). Fbamk .'iprichw. 2, 52* ;
wie der luft die geschOpf vor ersticken envert (srhutzt). Para-
CELSDS 1, IS'; und hat zuvor das lager ange.<ileckl, welches
mit gutt erwehrt worden. Beütter kriegtordn. 71; ohschon sich
beidemal abwehren, abhalten, prohiber« vertüken tieoe. ertdutemde
vergleichung des goth. vnsjan mii Tarjan miMt Mar aw/Ufeii.
3) de.\lo häufiger ist das reßexivum,
a) hirh erwehren, defendere se: wer ist dieser, der »olclies
sagen Ihar, das die kindcr Israel sieb solten erwehren wider
den kOnig Ncbucadnczar und aein kriegsvolk? sind ea doch
1053
ERWEHREN
ERWEUREX — ERWEICHEN
1054
eitel nackete leute und kein kriegsTolk. Judith 5, 25 ; ver-
sehent euch mit guten steinen und erwerent euch nach allem
ewern vermögen. Aimon o2*;
aber weil sie deutsch gesinnt,
schaut sie wie sie sich erwehrt. Logad 1,76,4.
b) gewöhnlich mit dem gen. der person oder sacke, abslmere
sich eines enthalten, gegen etwas schützen, vertheidigen :
mhd. sam der TOgel dSr sweimen vert
und sich des bnesen luftes erwert. Haupt 7, 354;
nhd. und kan mich sein oft nit erwern. fastn. 7S9, 23;
wie etlich kürriser auf den besonnen held Twxdank geschickt
wurden in zu erwürgen, der er sich durch sein manheit aher
erwert. Teuerd. S3; eines enthaltet sich etwan vor den fein-
den, möcht er sich der freund erwern. KEisERSBERcprerf. 75*;
gleich als einer, der sich der miicken in dem summer er-
wern wil, der hat genug zu schaEfen, da sticht die eine hie,
die ander dort, wer hie, wer dort, brosaml.l^'; er kan sich
aber der diebe und reuber nicht erweren. Baruch 6, 14 ; fasset
er zu henden einen stecken, damit er sich der hund erwern
mocht. Aimon Fl"; wolt ir aber mann, nit weiber sein, so
müget ir euch der Römer in disen zeiten basz dan je erwern.
Livius, SchOfferlin 75"; man musz nur butzen und stil auf-
klauben, die sich des bettelns darauf kaum erweren mögen.
ScoADE sat. u. pasq. 3, 146 ; mich wird dein stolze rede in keine
weg dahin bewegen, darnach wiszt euch all zu richten, wel-
cher mich aber weiters treiben wolt, der müst sich warlich
mein erwehren, buch d. l. 252, 4 ; dasz ich mich selbiges
{des sdilafes) nicht erwehren mag. Amadk 360;
manch mann mit groszer müh
kan sich gar kümmerlich ernehrn,
mit weih und kind hungers erwehrn. H. Sachs 4, 41';
ach Nymfe, die du dich
hast eines gottes lieb erwehrt. Opitz 1, 81;
warum sie sich seiner sogar mit dem messer erwehren wollen?
irrg. der liebe 472; Charlotte war viel zu zärtlich geriihret,
als dasz sie sich seiner feurigen küsse hätte en\ehren sollen.
Mesastes 1, 7 ;
ich konnte mich der wehmut kaum erwehren. Gellert 1, 152;
da mag das herz voll guter dinge sein,
nur musz der köpf des Tausches sich erwehren. Bürger 19';
wie hätte sie auch dessen sich envehren können? Wieland
1,261; diese zweifei ängstigten ihn unaussprechlich, er rafte
alle seine kräfte zusammen sich ihrer zu erwehren. 12, 28 ;
tiasz wir uns eines so schnöden Verdachts gegen ihn erwehren.
Stolberg 9, 153;
indessen ich hier still und athmend kaum
die äugen zu den freien Sternen kehre,
und halb erwacht und halb im schweren träum,
mich kaum des schweren traums erwehre. Göthk 2, 151 ;
sie erwehrte sich sein, ihr bruder kam dazu. 16, 119 ; die
sich kaum des lachens erwehren konnten, als sie ihn so
wol durchwalkt sahen. 18,297; jedermann suchte sich des
verdachtes zu erwehren. 20, 287; aber einer betrachtung kann
ich mich nicht erwehren. 26,336; man kana sich der rüh-
rung nicht erwehren. Tieck4, 88; ich erv\ehre mich des ein-
zelnen, da sich die aufgaben und auflösungen ins unendliche
vervielfältigen lassen. J. P. aeslh. 1, 142.
c) slcdl des gen. steht auch die praep. vor:
mhd. da^ er sich vor dem scherjen
nimmer mac erwerjen. lletmbr. 1626;
nhd. hab also vil kleider, also dir not sind {dich) zu bedecken,
vor dem froste zu erweren. Keisersb. bilg. 58';
Tor dem sich nicht ein low kunt erwehren,
der läszt sich durch sein weih kahl bescheren.
LoGAU 2,194,99.
d) oder es folgt ein abhängiger satz : gedenk dasz du sterben
mfisf, damit magstu dich erweren, dasz dich der lober nit
entbor mag tragen. Reisersberg s, rf. to. 34'; man kann sich
nicht erAvehren zu wünschen, dasz man drciszig jähre jünger
sein möchte. Wielasd 7, 174 ; ich kann mich nicht erwehren,
sie zu erinnern. 29, 175; sie konnte sich nicht erwehren, dasz
er nicht ihren schuh küste. Göthe 17,130; geht die sonne
des morgens auf und verspricht einen feinen tag, erwehr ich
mir niemals auszurufen : da haben sie doch wieder ein himm-
lisches gut, warum sie einander bringen können. 16, 100, wo
der dativ auffällt, aber zu vertheidigen ist. denn so gut es heiszt
ich erwehre mich einer sache, licsze sich auch sagen ich er-
l^eh^e mir eine suche {nachl); ich erwehre mich der thrünen
nicht und mir die thränen nicht, mit dem einfachen verbum :
ich wehre mich der thränen nicht, oder wehre mir die thränen
nicht, auch hieraus erhellt die näJie des wehrens prohibcre und
wehrens defendere.
4) die mhd. spräche construierte beides,
a) einen einem erwern, ror einem scktUsen:
fr wolt in gerne nerigen,
deme töde erwerigen. fundgr. 2,54,23;
uns ne wSlle got nerigen,
wir ne magin uns in \ihnen) niht erwerigen. 51, 2;
ej enwart nie kein stein so herte,
der sich dem swert erwerte,
ej snite in als ein holz. Daniel 1295;
wie hän wir, herre trehtin,
den Viani vür den vriunt ernert,
dem Übeln töde zwir erwert
unsern vint Tristanden. Trist. 261, 26.
b) einem etwas erwern, abhalten:
da wil ich in bewi-eren bi,
daj ich den künic wol gener,
so daj ich im daj alter wer. tr. kr. 11004,
doch in der allen ausg.
da ich im daj alter erwer. 10997.
nach a sagt Opitz 1, 81
etwas, welches mich kan der gewalt erwehren.
ERWEHREN, n. praesidium, defcnsio:
gott, der David das erwehren
gab vom löwen und vom bereu. Logaü 1, 139, 100.
ERWEHRUNG, /". defenäo, abwehrung.
ERWEIREN, 1) mit dem weib erheiraten, erfreien, ererben,
wie ermannen 4; dieses schlosz ist jetzt auf ein anderes ge-
schlecht erweibet. Frisch 2,430' aus Stumpf 374';
Chrysipp, um thaler zu erweiben,
warb um die band der dummen TuUia. Pfeffbl 3, 33.
2) sich erweiben, was beweiben, uxorem ducere: der ein
reiche nimmt, nimmt sie nicht, sondern er ergibt sich iren
{ihr), das heiszt alsdann sich verweiben und nicht erweiben.
Fischart ehz. 488.
3) sich erweiben, weibisch werden, frie ermannen, männlich:
so erweiben, erweichen und erzärtlen sie sich mit ihrem üppigen
wesen. Philander 2, 108.
ERWEICHBAR, quod polest molliri
ERWEICHEN, emollire, mulcere, ahd. irweichan, mhd. erwei-
chen, ags. aväcian.
1) eigentlich, getrocknetes fleisch, fruchte durch einlage in
Wasser, essig aufweichen; zucker in wasser erweichen, auflösen;
eine geschwulst erweichen; den bauch erweichen und flüssig
machen; den stfilgang erweichen. Maaler 119'; der gerher
erweicht die häute ; einem die haut, den rücken durch schlage
erweichen ;
mhd. ie doch het ör ir diu gelide
harte wol gestreichet,
mit bengeln so erweichet u.s.w. GÄ. 2, 267.
2) bildlich, das herz, den sinn, mut erweichen, einen er-
weichen :
mhd. min herze län erweichen, tr. kr. 21712;
sweleher meide gemüete man schier erweichet;
mit gäbe. Renner 12047;
damit er wolde erweichen
iren valschaften sin. pass. H. 267, 5;
und als er in erweichet hete,
das s'u zorn gelegen was. Herb. 10096;
w5 dir, dich des nieman kan erweichen. MSR. 3,353'.
nhd. ein solich hert herz laszt sich nit erweichen mit bitten.
Keisersb. prerf. 54'; darumb, das dein herz erweicht ist über
den Worten die du gehöret hast. 2kön. 22, 19; als Aimon sein
kinder dermasz reden bort, sein herz ward im erweicht, be-
gan zu weinen. Aimon g6'; das möcht im sein herz envei-
chen. xl'; und da Reinhart seinen bruder also reden hört,
sein herz erweicht sich. x6*;
ein man der Trauen dienen wil,
der bedarf gesangs und seitenspil,
damit er hoch und nider reicht,
wann süesze stira frauen erweicht, fastn. 743, 16;
mit ihren bitten zuletzt den herzogen erweichten. Galmy2l2;
wie kan ich immer dich, höchster got, erweichen?
Wbcihkrlui 320;
erweichen und erzärtlen. Philand. 2, 108 ;
hat das gebet des gerechten
meinen richter erweicht? Messias 12,560;
1055
ERWEICHEN— ERWEINEN
ERWEIS — ERWEISEN
1056
aber Inszt uns länger nicht
einander nur erweichen, hier brauchte tbatl Lessing 2,Mö;
der könig und die kniserin,
des langen haders müde,
erweichten iliren harten sinn
und machten endlich friede. Borger 13';
mein gefTihl wird stets erweichter,
doch mein herz wird täglich leichter. Göthe 1,50;
laszt ihr lieben fraun und herrn
zum mitleid euch erweichen. GonER 1, 88;
am menschen ist mirs ein beliebter zug,
dasi, wenns geschick ihm eine wunde schlug,
wenn ein verdrusz die secle ihm erweicht,
der Sinnenreiz viel treicr ihn beschleicht. Lenau Fauxt 44;
lasz uns seine knie umfassen, ihn erweichen ! Kotzeboe dram.
sp. 3, 318 ; ein fester niund, den ein lächein erwciciien soll.
J. P. Kamp. 64; darin wurde Victor, der mit einem steigenden
und trinkenden herzen durch diese fliegenden ströme gieng,
von ihnen gehoben und erweicht. Ilesp. l, 167.
3) erweichen, molliri : der hut erweichte vom regen ; diese
pflaumen wollen nicht erweichen; thon erweicht im wasser;
mein herz möchte zu sehr erw eichen. Weisze Irauersp. 5, 298 ;
indessen erweichte sein stolz hei einer geringen achtung, die
ihm der prinz von Wallis bezeigte. LiciiTENnEBC 5, 69.
ERWEICHEN, n. emollUio: nur aus dem trauerspiele führt
ein quergäszchen in das lustspiel, aber nicht aus dem hel-
dengedicht, kurz der mensch kann nach dem erweichen, aber
nicht nach dem erheben lachen. J. P. Ikup. 3, 3.
ERWEICHER, m. emollilor, delinitor. Maaier 119';
lieblicher abend, erweicher der herzen. Schcbart jed. 2,181.
ERWEICHERIN, f. cmollilrix:
du bist des frosts erweicherin. Weckherlin 761.
ERWEICHLICH, was erweichbar.
ERWEICHUNG,/". etnollUio, müigalio: ich schümte mich der
erweichung. J. P. biogr. bei. 1, 26.
ERWEICHLNGSMITTEL, n. lenimen, malagma.
ERWEIDE.N, 1) pnsccTc: die äugen erweiden.
2) sich erweiden, pasd, deledari:
man musz sich prächtig kleiden,
dasz aller äugen sich in reichem schmuck erweiden.
RoJIPLER 18.
ERWEIFEN, glomerare fila. Stieler 2451, der aucli viclum
quacTcre glomerando ansetzt.
ERWEINEN, plorare, ßere, aiid. irweinön, mhd. erweinen.
1) intr. lliränen vcrgieszen:
akd. thiu wib thgrö lantliutö
thiu irweinötun thö lüto. 0. IV. 26,5;
du er dia bürg ana gesah, do irweinuta gr, videns chitalem
flerit. N. ps. 73, 1 ;
mhd. Nachor erweinde söre
nach Josaphäles I4re. Bari. 279, 31 ;
nhd. erweinen, explorare, fast weinen und schreien. Maaler
119*.
2) tr. mhd. morere alicui flelum, einen unnen machen :
«wie bilde ör pflege Ai^r ziihte und swie sclupiie si sin lip,
er mühte wol erweinen vil w,Ttlichiu wip. Nih. 394,18;
erweinde in, machte ihn weinen. Gerh. 6652.
3) Ir. lacrimis obtinere, cxpelere:
mhd. »oh ich erweinen giiot, da? w:rre ein grA^ nnhilde,
da; ist ein arme kunst, dft man diir herren guot crweinct.l
MSII. 3, 6i»" ;
nhd. was er {der knabe Gargantua) sah, bcgerl er, was er be-
gert, das erweint er. Garg. 129';
ach wenn ich nur Vergebung erweine, so will ich hingehn,
ihn vor allen niensclicn bekennen. ,\lessiaii 6, 5S)>;
aUo flehte der mann, den der erde sfimler in worlen
kennen, verleugnen im ihun, er erweinle der m.i'Hi'T krutie.
B, «Ol,
ich werde den B&uraenden tod doch
endlich erweinen. 11,1401;
die erweinte Vergebung. 14,414;
wenn die erweinete
fast zu seliire stuinle kommt,
die dem liebenden nagt, daiiz crgeliehet wird.
HLOnTOCK t, I(l3;
weintt du Laura? thrSne sei verneinet
die de« allen utrarioiiz mir erwrlnet!
weg verliefe, Ihrftne. »finderln ! Sniti.t.tR 4';
■her wenn er nun k<»mml mit der Inrve de» heuclilcn«, euer
nhldd erweint. 106^; er konnte weder den manUl erweinen,
noch die treulose Hilda erringen, ländcmulrclien, Erfurt 1787
s. 37.
4) rcfl. sich erweinen, sich ausweinen, sich soll weinen, saliari
lacrimis :
mhd. ich hAn euch kilme stunde gnuoc
dar zuo, daj ich erweine mich
und dine vart vil klegelich
beirüre in mime herzen. Ir. kr. 29061 ;
weinen kann er und erwcint sich sehr viel. Klixcer 1, 49.
ERWEIS, m. demonstratio, gebildet wie ausweis, beweis, nach-
wcis : gründe, die zu einem erweis wenig oder nichts laugen.
Günther rorr. 7; wenn nur bei der löblichen bescheidcnheit
und vorsieht des ungenannten nicht so viel Zuversicht auf
seinen erweis . . . zum gründe lüge. Lessing 10, 208 ;
die kennt er besser
als der erweis, der von folgen triefet. Klopstock 1,113;
und wenn ich sie zum erweise ihrer anmerkungen veran-
laszte, so konnte kein erweis wahrer und richtiger sein, oder
mehr zur sachc gehören als der ihrige. 11, 13.
ERWEISEN, probare, demonstrare, ein alid. und mlid. noch
unbekanntes worl, nur im pas.':. H. 93, 59 taucht es auf. unor-
ganisch ist auch, wie bä weisen, anweisen, aufweisen, aus-
weisen, beweisen, die starke form, praet. erwies, part. erwiesen,
die sich erst später festigte, im IG. 17 jh. hersciU noch erweiste,
erweiset vor.
1) beweisen, darlhun: denn er überwand die Juden besten-
diglich, und erwefsete öfTentiich durch die schrift, das Jesus
der Christ sei. apostelg. 18, 28 ; so ich erweiset wurde, das
ich soll geiiret haben. Luthers br. 1, 595 ; das aber die teut-
schcn Wörter vilmals der gmeinen aussprach halben eines
consonanten doppelung in einer sylb erfordern, werden nach
wenig blettcrn etliche excnipcl erweisen. Seb. Helber 27;
'kan ich nit das auf dich erweisen?' laut vil kreftiger dann
schlecht zii sagen 'ich kan das auf dich erweisen', dann die
frag gibt so vil zu verstehn, als ob man sagt 'du selbs weist
und miist bekennen, das ich es auf dich erweisen kan'.
Ickelsamer Ds"; welches doch falsch zu sein durch die er-
fahning erwiesen wird. Würtz 229 ; wie ich es denn bestäten
und erweisen mag. Maaler 119*;
erweis, dasz du mein schütz und schilt. Weckherlik 135;
doch haben wir erweist
so viel, dasz wer nur ist mit recht uns grausam heiszt.
Grtphil's 1, 81;
erweise in deinem leben, dasz du die lehren begriffen hast
Weise kl. l. 342;
eh von dem bau der himmel der glaube nöthig fand,
dem narren zu erweisen, dasz er durch gott entstand.
Dusca 254;
ist
es denn schon völlig ausgemacht? erwiesen? Lessikc 2, 352;
wenn vollends
mir Daja nur was vorgeplaudert hätte,
was schwerlich zu erweisen stünde? 2, 334;
ich höre dich erweisen was
du widersprechen' willst. 2,272;
ein solcher philosoph, wie ich meine, wirft mir vielleicht
ein, dasz ich dies zwar sage, aber nicht erweise. Klopstoci
11, 211 ; er hat durch die that erwiesen, dasz er ein kenner sei.
2) mit beigesetztem subsl.
a) darttiun: krcftiglich erweiset ein son gotles, qui prae-
destinatus est (llius dei. Rom. 1, 4 ; gleichwie wir den bapst auch
deshulben (als) den endechrist erweiset haben. Llther3, 53'.
der da lag begraben,
und sciu tbun wird kräftig erweist
und in der Christenheit gepreist.
MiJTZELL yeitll. lieder 1, 128;
Weisheit, die nicht das werk erwei<l. Kirchhok irefirfunm. 310*;
cnvcisct gotle» macht. Wrckhbrli?« 304;
eine aufgestellte behaupliing erweisen; er hat diesen salz
nicht erwiesen; die vorlreflichkeit der sielle Plalons sucht
er sogar durch einen comnienlarius, den er darüber macht,
zu erweisen. Ki.opstock 11,224; wofern er die besrhuMigiiMgeii,
womit er die lugend der srhiinen Danao zu beschmil/cu sich
erfrechte, nicht bis zur unbelruglichslen rvideru erwei«ien
werde. Wielano 2, 179; dasz man nicht sagen kann, ob auch
nur ein einziges verbrechen auf Julien hinittnglich erwiesen
worden sei. 24,364.
b) in dem Khtrdeheren «mi von tfigen, Veiten, kunJgi'
lei$ten, anlhun:
der leioe gm» hat erweiicl. nisacn ktsg df$ a. mnni» 4;
1057
ERWEISEN
ERWEISLICH — ERWEITERN
1058
ihm vor seine erweiste gute und woltliaten desto melir zu
danken. Schweinichen 1, II ;
der anfang ward indes mit einem plumpen messer
von mir ailliie gemuclit, bis ich es küuitig besser
zu werke bringeo werd durch angewandten fleisz,
und noch Tielleicht hierin ein meisterstück erweis.
Werders .4;-. 3, 4;
so erweise denn die liebe an deinen landsleuten umb dein
selbst willen, pers. baumg. 1, 2 ; du weist, dasz ich dich herz-
lich liebe, warum erweisest du mir denn feindschaft ? 1, 15 ;
erweise den geringem keine feindschaft. 1, 19 ; eine wolthat
an jemand erweisen. 3, 8 ; wenn ein so hochbegabtes gemülhe
seine tugend bei uns erweisen möchte, pers. Tosenlh. 1,27;
es lehret aber die erfahrung, dasz etliche weibespersonen einen
mehren verstand erweisen, als viel mannen Bütschky Palm. 926 ;
ein ort, da die natur viel vortrefliche Wunderwerke zu er-
weisen pflege. Weise tTin. 8 ; es müste ein kluger baumeister
darinnen sein meisterstück erwiesen haben, kl. leide 12;
an dem der jähre macht ein meisterstück erwiesen.
GcMüER 670;
und was er andern nicht an barer gunst erweiset.
Hagedorn 1, 22;
zum wolschattierten lisch, w^o trachten seltner speisen
den fürstlichen geschmack des theuren kochs erweisen, das.;
erweisen sie ein echtes frauenherz I 2, 156(158);
der himmel hat mir eine wolthat erwiesen, die mich vor
erkenntlichkeit zu thränen bringt. Gellert;
noch unbekannt und ungepriesen
lebt hier und dort ein Jonathan,
der gröszre treu dem freund erwiesen,
als man von brüdern hoffen kann. 1,230;
die widerrechtlichen begegnungen, welche wir euch darunter
erwiesen, dasz wir mitten im frieden in eure Stadt gedrungen.
Heilmanws Thuc. 398; väterliche treue erweisen;
nun gott vergeh es ihr, belohn es ihr!
sie hat mir so viel gutes, so viel böses
erwiesen. Less^g 2, 348;
ich habe ihm so viel neigung erwiesen, dasz er sich zuletzt
entschlosz mir dieses offenbare geheimnis zu gestehn. Göthe
26, 82. einem einen dienst, gefallen, eine gnade, ehre, artig-
keit, liebe, freundschaft erweisen ; die letzte ehre erweisen ;
er erweiset mir damit einen gefallen und seinem herrn einen
dienst. Lessi.ng 1, 530.
3) refi. sich erweisen, exhibere se,
a) mit oder ohne praedicatives subslantiv,
nu wolde ouch Crist der gute
dem heijwilligen mute
zum ersten sich erwisen. pass. U. 93, 59;
weil Christus ist in dem, das seines vaters heiszt,
so ist er auch in uns, wann trübsal sich erweist.
LoGAü 1, 198, 3;
weist du wer ein guter freund würklich ist und billich heiszt?
der sich, wann du ihn nicht sihst, deinem namen freund er-
weist. 2, 180, 10 ;
wenn man entweder will edel sein und es doch nicht ist,
oder seine edlen ahnen herausstreichet und doch selbst ein
dölpel in der haut sich erweiset. Sivnpl K. 30; er erwies
sich bei diesem anlasz als mein (als meinen) feind;
ich dränge mich zur königin. vielleicht,
dasz morgen schon der ausgang sich erwiesen. Schiller 270'-
die Wahrheit musz sich bald erweisen.
b) oft mit praedicativem adjcäiv:
aber wie oft hats sich erwiesen
ganz feindlich mit den Übergüssen? Fischari gl. schif 17;
dadurch dein vater sich mit kühner prob
dem groszen Heinrich grosz enviesen. Weciherlin 373;
wo ihr dies tugend heiszt,
versteh ich wsu-licb nicht, wo hochmut sich erweist.
Griphiüs 2, 384 ;
er wiH sich aufwartsam, ja dienern gleich erweisen
und bringet und kredenzt die aufgetragnen speisen.
.Hagedorn 1, 27;
ihr mann, den die eifersucht nagte,
erwies sich so grausam und hart. 2, 88;
ob ich gleich als kind mich wild und unbändig erwies. Göthe
23,174; nur mag freilich manchmal etwas mit unterlaufen,
v^as gegen ein zarteres ohr sich anstöszig erweist. 25, 57 ;
ich stimmte mit ein, indem ich mich dankbar envies. 25,348;
meine hörerinnen, die sich schon bisher ganz eigen Iheil-
nehmend erwiesen hatten. 26,5; eine schlanke wolgcbildete
darae, die sich aber in stummer leidensgestalt ganz untheil-
nehmend erwies. 31, 23fi; auch unsere letzte hofnung sollte
sich eitel und trügerisch erweisen, s. erzeigen.
HI.
ERWEISLICH, probabilis, nachweisbar: ist aus teglicher er-
fahrung leider mehr denn zu viel erweislich. Kibchbof wendunm.
128'; und wenn ich es nicht vollkommen erweislich mache.
Felsenb. 3,64; kan ich aus vielen andern seinen scripturen
erweislich machen. 4, 99 ; welchem seine feinde nichts er-
weislich machen, viel weniger ihn mit worten überwinden
konten. 4,318;
umsonst, der rechte ring war nicht
erweislich, fast so unerweislich, als
uns itzt der rechte glaube. Lessinc 2, 2T8.
ERWEISLICH, adv., diese behauptung ist erweislich falsch.
ERWEISLICHKEIT, /'. probabilitas.
ERWEISUNG, f. argumentum, probatio: welchen er sich nach
seinem leiden lebendig erzeiget hatte durch mancherlei er-
weisung {vulg. in multis arguiuentis). apostelg. i, 3 ; ein ge-
siebte oder erweisung, t'iäo, aspectus; durch genügsame er-
weisungen persuadieren. Simpt. E. 490. s. diensterweisung,
ehrerweisung.
ERWEISZ, f. pisum, erbeiss, erbse. ein geknöpflecht mus
mit gersten und erweiszen. Keisebsb. irr. schaf 26*; wilt du
machen behemmische erweisz. von guter speise 21.
ERWEISZE.N, albescere, gegensalz zu erschwarzen. mM.
ervvijen :
ouch was erwiget im daj här. Gerh. 3740.
ERWEITEN, dilatare, amplißcare, ahd. nur giwitan. wie viel
hab ich derer gesehen, welche kragen tragen, die vielmehr für
karrenräder zu halten seind? und ob schon die sach mehrers
nicht werth ist, thut es doch noth thüren und pfosten zu
erweiten, sonst kommen sie nicht hinein. Philaxd. lugd. 5, 288 ;
suchst eine probe du, die deinen rühm erweitet,
so ist die allerbest jetzund dir schon bereitet.
Werders Ar. 4, 57 ;
aber meint ihr, dasz der tod
solcher hochgesetzten leute
mindre eures glaubens nüth
und die kirche mehr erweite? Haügwiiz Mar. Sluarda 4,240;
wovon ein jeder der begehrt,
ins unermeszliche die aussieht zu erweiten,
bei Lavater den rechten grund erfährt.
Kl. Schsiidi poef. 6r. 107;
wie du mit freiheit unbefangen schreitest,
das herz erhebst und jeden geist erweitest. Göthe 2, 157;
eine krystallisation, die von der mitte ausgehend sich strahlig
gegen die Oberfläche erweitete. 30, 87 ; die handschuhe er-
weiten, ueiten sich. vgl. ausweiten.
ERWEITERN, dasselbe, ahd. nur giwitaron. du wirst das
land erweitert sehen. £s. 33, 17; deren {der Ubier) gegne von
wegen irer redlichen glaubhaftigen treuw von den Römern
nit wenig erweitert worden ist. Fraxr weltb. 27'; die aus
keiner bösen meinung meinen guten namen dadurch zu er-
weitern bedacht gewesen sein. Oprrz poet. 25;
und allgemeine freuden
erweitern gleichfalls mir den mutb. Hagedorn 3, 87;
er nahm sichtbar an umfang zu und seine kleider musten
erweitert werden; der garten wurde nach allen Seiten er-
weitert; unser verstand ist begierig, sich durch urtheilen zu
erweitern. Kant 1,404; protestantische katholiken, männer
einer sich erweiternden denkungsart. 6,280; ein mann von
er\veiterter denkungsart, wenn er sich über die subjectiven
privatbedingungen des urtheils wegsetzen und aus einem
allgemeinen standpuncte über sein eigenes urtheil reflectieren
kann. 7, 153 ;
wenn phantasie sich sonst, mit kühnem flug,
und hofnungsvoll zum ewigen erweitert. Göthe 12, 40;
nun klärt sichs auf, er kehrt in seine schranken
der Völker scbwall im ungemesznen land,
nun wirken grosze, gröszere gedanken,
erweitert" grenze, thätig innren stand. 4,64;
das Jahrhundert musz uns zu hülfe kommen, die zeit an
die stelle der Vernunft treten und in einem erweiterten herzen
der höhere vortheil den niedern verdrängen. 29,158; die
Römer erweiterten schon den weg, und nun ist er sehr be-
quem durchgeführt. 16, 221 ;
der trunk erweitert
nun bald das herz. Bdrgk> 10*;
das aber getraue ich mir zu behaupten und mein herz er-
weitert sich dabei. 136'; der bück erweitert sich, der geistige
gesichtskrcis;
jedem menschen für sein leben
ist ein masz von kraft gegeben,
das er nicht erweitern kann. Rcckirt 233;
sein erweitertes herz. J. P. Hesp. 3, 137 ; erw eiterte kenntnissc.
67
1059 ERWEITERUNG — ERWENDEN
ERWEITERUNG, f. amplißccUio: erweiterung des reichs;
die arbeit ist aller erweiterung fabig. herzerweiterung.
ERWEITERU.NGSL'RTHEIL, n. synthetisches urtheil, wo
das praedicat nicht im begriffe des subjects liegt. Kant 2, 42.
ERWEITUNG, f. vas erweiterung.
ERWELEN, s. erwählen.
ERWELKEN, fiaccescere, marcescere, welken, verwelken, ahd.
irwglchf n :
thar bluent thir io lilift inti räsA,
suajo sie thir stinkiat iob elichör nirwelkönt. 0. V. 23, 274 ;
mhd, die bluomen man hiur schoene siht,
Too dem kalten riTe in geschiht,
dat si bangent val unde bleicb
bidiu erwelket unde weicb. warnung 2418;
nhd. dann nicht erwelken Ihre bletler
oder abfallen von dem weiter.
Fischart anmanvng tur kindertucht 41.
ERWELLEN, fervefaccre, erwaUen lassen : nim feigen, wein-
per, erwelle sie in gutem wein, küchenmeistern 3; ebenso das
hun, die därme, die mandelmilcU erwellen. 22.64; und het
die kuttelbletz und kuttelwürst in ein groszen kessel gethon,
wolt si sieden und erwöllen, wie man dann thut. seh. und
ernd 1546 bl<Ul 47 ; käs und roggin brot gibt man eim {hirlen-
buben) in ein körblin mit zu tragen am ruggen, znacht aber
erweite (gesottene) käsmilch, doch dessen alles zimlich gnug.
Platers leben 13; nimb starken essig, erwelle den wol.
Seuter 205.
ERWENDEN, avertere, erwinden, zurückgehen, aufhören machen,
goth. usvandjan, ahd. irwenlan, irwendan, praet. irwanta, ags.
ävendan, mhd. erwenden, erwante, ein der allen spräche geläu-
figes, heute eingeschränktes wort, dies verlangt hier nähere dar-
stellung.
1) mit dem acc. der Sache, abwenden, aufhallen, zurückhallen,
hindern :
daz arer scol wSrden, da; ne mac nieman erwenten.
fundgr. 2,36,43;
d& ich; kan erwenden. Iw. 4345;
ob ir; niht haetet erwant. 8000;
het 6i diu naht niht erwant. 7630;
op si die not erwante,
daj dienier vor unde nach. Parz. 217, 4;
wie sie möhie erwenden
also gemeinen baj. Er. 3004;
er vienc si gähes an sich
und erwante den stich. 6156;
vil girae het ör; erwant. Nib. 21S7, 4;
den tac nieman erwenden kan. MS. 1, 90*;
kein dinc mac da; erwenden. Haupt 6, 515;
an dem was nfilicb erwant
sin leben, er lac nider töl. pass. K. 242,28;
da; an im ist gar erwant. 82, 69;
wie mac si denne siniu leit
erbenden mit ir sliure? tr. kr, 2372.
2) mit acc. der sache und dat. der person:
sincn vriunden ^r kleit,
da; ich; bet im erwant. Neiobart 62, 18;
wände; «in vreude wjere,
beter uns die rede erwant. Iw. 241;
*r riht sich öf unde sa;
unde erwante dem lewen da;. 3958;
der uns grö;e freude crwande. Flore 6046.
3) mit acc. der person, abhalten :
ich mobte in nie erwenden. Er. 1139;
da; si in wolte erwenden. gute frau 491 ;
ich kan in niht erwenden. Haupt 5, 274, 197;
dd wart ich von in zwein erwant. Engelh, 3922.
4) gewöhnlich mit acc. der person, gen. der sache, wie schon
im eidschwur ron 842 ob ili inan ös irwendan ne mag, wenn
ich ihn nicht davon abhalten, abwenden kann.
C; enil danne, da; mich dir xöt f» erwende. Gudr. 2tO, 4;
dt$ blt mich Giselber mit 6rta wol erwant. Nib. 321, 4;
wan In d<r reis« n wanden vil ki^mo Gunthen man. 852,3;
d<r grtf» in d<a erwande. gute frau 960;
dA bet <r allergemesl
dei kampfei in erwendet, tr. kr. 3559;
■llei Werkes wirr tr erwant. warnung 058.
hierzu noch ein ultnet nhd. beispiel:
daran i«l gar kein iweirel.
deuen mitg mich niemooa erwenden. Tu« 19, ISO.
6) ein feMer iä, wenn in pau. K, 88,69 erwante ßr dtu
iftr. «waot i/etetit wird.
ER\VERB — ER^VERBEN
1060
6) erwenden für verwenden, anwenden : übel erwandte, un-
gewisse und durch wucher oder andere wege abgedrungene
guter. Luther 3, 93*. vgl. erwinden.
ERWERB, m. quaestus, lucrum: das ist mein erwerb; der
erwerb ist schlecht ; er kann nicht mehr Ton seinem erwerbe
leben.
niemand braucht ich zu danken als ihm und manches bedurft ich,
der ich mich auf den erwerb schlecht als ein dichter verstand.
GüTUK 1, ;i57.
s. broterwerb, gelderwerb u. s. w.
ERWERBEN, acquirere, obtinere, consequi, parare, ahd. ir-
huerpan, mhd. erwerben, erwarp, erwürben, wofür nhd. bald
erwürben, bald erwarben, folglich im condil. conj. schwankend
erwürbe, erwörbe, erwärbe (wie verdürbe, verdürbe, verdärbc).
die Urbedeutung des einfachen worls goth. hvairban, hvarb, ahd.
huüi-pan huarp, ags. hveorfan hvearf, alln. hverfa hvarf ist
verlere, rolrere, rotare mit Übergängen in verli, reverti, redire,
gehen, wandeln, fortgehen (vgl. currere, trie cur, quare, goth.
hvar, warum) und mä dhnlictwn Vorstellungen der abgeleiteten
schwachen formen, goth, hvarbön, ahd. huarpön und iiuerpan
huarpla, ahn. hverfa hverfdi. neben ahd. arhuCrpan arhuarp
stellt arhuerpan arhuarpla und beide drücken uiedcrum reverti
aus; neben mhd. erwerben erwarp zeigt sich jedoch kein erwer-
ben erwarpfe (wie neben sterben starp, verderben verdarp ein
sterben starpte, verderben verdarpte), sondern blosz starkes
erwerben und zwar nidil mehr mit dem sinn von reverti, viel-
mehr dem transitiven von consequi, obtinere, acquirere, welcher
Umtausch der begriffe wol so zu verstehen ist, dasz verli, versari,
conversari in negoliari, tractare, parare, wandeln gleichsam in
handeln, erhandeln übertrat; auf diese merkwürdigen uortrerhält-
nisse soll unter dem einfachen werben noch nälier eingegangen
werden, das ddn. erhverve ist sichtbar, wie form und bedeutung
ausweist, unserm erwerben nachgebildet und der nordisclwn spräche
entgegen.
Nu» können belege des mhd. und nhd. worles folgen,
mhd. Kiöt ü; Katelangen erwarp Schoysiänen. Tit. 14, 1;
Kiöt des landes hörre pris het erworben. 16, 1;
mit gewalle nieman erwerben mac die maget. Nib. 58, 1 ;
so erwerben wir die frouwen, swie c; uns darnach erg*.
338, 12;
er hat den lop erworben. Iw. 15;
nhd. ein weib lidt raarter übergrosz,
das si verpotten speis nit nosz,
darzu bei sibcn sün erwarb,
das iedcr darümb vor ir starb. Scbwarzs:<berg 158, 2;
sprichst du, wer gibt mir die gnad gots? ich antwurt, du
soll die envcrben von got durch ein andechtig gebet. Kei-
sersberg s. rf. »J. 18'; sein lieb und huld zu erwerben. .Aivion
c3'; und Esau nam seine wciber, siUie und löchler und alle
Seelen seines hauses, seine habe und alles viehe mit allen
gülern, so er im lande Canaan erworben halte und zoch in
ein land von seinem brudcr Jacob. 1 Mos. 36,6; bis das
Volk hindurch komc, das du erworben hast. 2 Mos. 15, 16 ;
ist er aber arm und mit seiner band nicht so viel erwirbt.
Z Mos. 14,21; verschlang sie mit ircm gesinde und alle irem
gut, das sie erworben hallen. sAfo.t. U, 6; hab ich mich ge-
frewct, das ich grosz gut halte und meine band allerlei er-
worben hatte? lliob 31,25; und bracht sie in seine heilige
grenze, zu diesem berge, den seine rechte erworben hat.
ps. 78,54; wer wird denn hingehen und dir frieden erwer-
ben? Jer. 15, 5; das dienet nicht gnade zu erwerben, sondern
viel mehr zorn und ungnadc. Judith 8,10; da trat erzu der
erste (knccht) und sprach, herr, dein pfund hat zehen pfund
erworben (goth. frauja, skatls }>eins gavaurhia laihun skatlans).
Luc. 19, 16 ; dieser hat envorben den acker umb den unge-
rechten lohn, apostrlg. 1,18; zu weiden die gemeine gulles,
welche er durch sein eigen blut erworben bat. 20,28; welche
aber wol dienen, die erwerben inen selbs eine gute slufeu
(|)<-ii auk vaila andbahljandans grid g6da sis fairvaurkjand).
1 Tim. 3, 13 ; man mnsz von dem hiinmel hdlflicbe band
flehendlich erwerben. Bütsciikt kanzl. C77 ; er (Iberwunde ihrer
(der krieg.<:helden) viel und erwarb unterschiedliche »icgc. pers.
baumg. 0, 13 ;
wenn wir auch nicht den «leg erwerben,
«0 bat dennoch das Unglück «einen werih. Hacrdoin 1,96;
ein feuriger galan, der schlechten dank erwarb. 2, 95;
eine, dio mit blauen augcn
mehr aU niAnncrwii« vorband,
könnt« zur Minerva tauftm
und erwarb den gdttertiand. 3, 78;
I
1 06 1 ERWERBEN — ERWERBUNGSTRIEB
ein reicher greis, vom tode nicht mehr fern,
und UDgeschicki mehr schätze zu erwerben,
ward krank und wollte doch nicht sterben. Gellkhi 1,272;
das glück der weit genutzt zu haben,
drum sei vergnügt, wenn du dir dies erwirbst. 1, 275;
der in Falaris durohglühtem stier verdärbe,
eh er in Frynens arm ein diadem erwärbe. Wulasd 9, 1;
der himmel kostet leiden hier,
ich leide froh, kann ich von dir
mir einen blick erwerben.
Lenz an Minna, im musenalm, 1778 s. 46 ;
das ansehen, welches sie sich überall erwürben. Mosers 05n.
gesch. Ih. 1. §. 6 nach der ersten und zweiten ausg. von 176S und
17S0, die dritte und vierte ändern in erwarben; ich erwerbe
etwas, wenn ich mache, dasz etwas meine werde. Kant 5, 62 ;
das hat mir wol eh
AlhaC selbst gesagt, und voll entzücken
hinzugefügt, wie grosz, wie edel dieser
sein freund anwende, was so klug und emsig
er zu erwerben für zu klein nicht achte. Lessi5G 2, 241 ;
ihre aufrichtigkeit erwirbt ihnen mein ganzes mitleid. Gotter
3, 38 ; kein geringer gewinn wäre es für die Wahrheit, wenn
bessere schriftsteiler sich herablassen möchten, den schlechten
die kunstgriffe abzusehen, wodurch sie sich den leser er-
werben. Schiller 110"'; vertrauen will erworben sein;
wenn ungenützt sie dort im staub verdörbe,
in unserer pebieirin zimmern hie
an ihrem blick nicht schönern tod erwörbe.
RccKERT ges. ged. 1, 205.
auszer diesen beispiclen noch, in vielen andern : geld, reichthümer
erwerben; gunst, lob, preis, rühm, namen, kenntnisse, Ver-
dienste erwerben u. s. ic.
ERWERBFLEISZ, m. quaestus faciendi Studium. Kant rechls-
lehre ri9S s. 124; je eifriger der erwerbfleisz die tage benutzt,
desto ausschlieszlicher ist der abend den reizenden Vergnü-
gungen der schönen künste und des geselligen Umgangs ge-
widmet. Novalis Oßerd. 1, 39.
ERWERBFLEISZIG, quaestus faciendi cupidus; gebildet icie
gewerbfleiszig.
ERWERBGESEGNET, quaedu fdix:
eur gastliches, erwerbgesegnetes haus. Plate5 133'.
ERWERBLICH, 1) quod acquiri poteä, impetrabilis Maaler
119': alles durch den krieg er^verbliche oder erhallbare äuszere
mein und dein. Kant rechtsl. 257.
2) was erwerbsam: ein hausvater soll nicht verthunlich,
sondern erwerblich sein. Lehsians 1, 403.
ERWBRBLOS, quaestu carens.
ERWERBLI.STIG, lucn cupidus.
ERWERB.MS, n. quaestus: alle bisherigen besitzthümer und
e^^verbnisse. GüTOEe, 205; man hatte ein gerulliges erwerbnis
an dem Engländer gemacht. Hegner molkenkur 3, 110 ; kennt-
nisse, die man auf diesem wege erlangt, sind nicht weniger
geschenke des blinden zufalls, als so viele andere erwerb-
nisse menschlicher thätigkeit. Thü.hmel 3, 287.
ERWERBSAM, quopstuosus : die dürre blosz erwerbsamer
Wissenschaften. Wolfs mus. der aUerUi. tciss. 1, riii.
ERWERBSAMKEIT, f
ERWERBSCHAFT, f quaestus, ertrerb, errungenschaß.
ERWERBSCHLLE, f. Göcking leben Nicolais 106.
ERWERBSGEIST, n. erwerbs und geschäflsgeist. Beckers
Keltg. 12, 50.
ERWERBSGRUND, m. titulus acquirendi.
ERWERBSMITTEL, n. ratio quaestus faciendi: aufsieht über
die Wirtschaft und die erwerbsmittel der Privatpersonen.
Garve zu Cic. off. 2, 170.
ERWERBSQUELLE, f dän. erhvcrvskilde.
ERWERBSUCHT, f avidUas quaestus.
ERWERRSCCHTIG, quaestuosus, lucrosus.
ERWERBUNFÄHIG, cui non licet aliquid acquirere.
ERWERRUNF.XHIGKEIT, /.
ERWERBUNG, f acquisitio: eine schöne, gelegene, wün-
schenswerlhe erwerbung; eine unendlich wichtigere ei-wer-
bung als die Schlüssel Jerusalems oder die nägel vom kreuz
des erlösers. Schiller 1033'.
ERWERBUNGSART, f modus acquirendi.
ERWERBUNGSFÄHIG, cui licet acquirere.
ERWERRUNGSFÄIIIGKEIT, f
ERWERRUNGSRECHT, n. jus acquirendi.
ERWERBUNGSTRIEB, m. die belebung des erwerbungs-
triebs. Fichte über die franz. rev. 332.
ERWERBINGSZWEIG — ERWIDERN 1 062
ERWERBUNGSZWEIG, m. ratio acquirendi. Kliscer 12, 113.
ERWERBZWEIG, m. in einer groszen reichen Stadt gibt
es vielerlei erwerbzweige. Göthe 24. 264.
ERWERFEN, 1) jactu occidere, todt werfen:
mhd. von der müre maneger tot
erschojjen und erworfen wart. Ernst 1315;
in der stat des Volkes vil
erworfen und erschojjen viel. Ludwig 2963;
vil und äne mä;en
lac ir erworfen und erslagen. 3180;
€r leit daj brdt und den kxse hin,
und weit den rappen erworfen hän. LS. 2, 171 ;
mit einem stein erworfen. Dietr. u. ges. SOS;
da wolt er den kleinen ze töde erworfen haben.
Ortnit 278, 4 ;
nhd. dann wann derselb erworfen wer,
so wurd kein kriegsman bleiben mer. Teuerd. 91, 49;
wann dann der held erworfen wer. 94, 48;
item Pytaco erwarf ein werkman mit einem beihel seinen sun.
Fhaxk c/iron. 25' ; die im schlosz wereten sich auch menlich,
erschossen und erwurfen ir vil. Hexneberger pr. landtafel 428 ;
den von der mawer ein weih allein
erworfen hat mit einem stein. H. Sachs HI. 1, 86';
gegen den fürstenhut seines bruders, der damit unterthanen
wie Schmetterlinge erwirft und fängt. J. P. uns. löge 3,61;
sie erwerfen beide halb an der pillory des fensters und er-
würgen sie halb mit dem halseisen der zonge. biogr. bei.
1, 113. Stieler 255L
2) goth. usvairpan hiesz ejicere, rejicere, ahd. arwerfan ejüxrt,
projicere, rejicere, repudiare, ags. äveorpan proßcere.
3) ahd. arwerfan hiesz sowol gignere, purere (rgi. junge werfen),
als auch abortum facere, verwerfen, irworfaniu sind genita und
abortata (Graff 1, 102S. 1030). dieser Sprachgebrauch hält noch
länger an:
swenne diu Ilwin
daj weif töti; erwirfet. KakajA!< denkm. 75,6;
s6 si schol erwerfen,
so vert si zeinem sewen
und erwirfet in da; wajjer. 84, 10. II;
die dönr (tonitrua) raachent die ainlützen schdf erwerfend ir
fruht. da wider gebeert da; man si zuo ainander samene under
ain dach. Megesberg 154, 28. Maaler 119' gibt noch erwerfen,
entwerfen {sp. 656), facere abortum, heute nur verwerfen.
ER WERTHERN, zum Werther machen, zum Werther werden.
ERWERTHERUNG, f die milchbärtigen philosophen, die
sichs so sauer werden lassen, der erwertherung das wort zu
reden. Siegfr. von Lindenberg 1784. 1, 297.
ER WETTEN, pignore acquirere, durch wette gewinnen.
ERWIDER für herwider, ahd. hera widar, wieder her, wieder
zurück, in uneigentlichen Zusammensetzungen, wo man heute blosza
wieder oder zurück gebraucht, z. b.
ERWIDERBRINGEN, referre, reportare, reducere: denn gott
wird Israel erwider bringen mit freuden. Baruch 5, 9 ; gerew et
es in und bracht erwicler die drei>zig siiberliag den hohen-
priestern (goth. gavandida l)ans |)rinstiguns silubrinaizS gudjam,
ahd. widarbrähta thie drijug pfenningü). Afol/A. 27. 3; welcher
musz den himel einnemen bis auf die zeit, da erwider bracht
werde alles, was gott geredt hat. apostelg. 3,21; und der
glaube bringet erwider dieselben hindemis ires werks, aLso
gar ligt es alles am glauben. Luther 1,186'; man lasz sich
das exempel bewegen, wie viel dings were verblieben, wo
der bapst und die seinen betten on stürm und frevel mit
mir gehandelt und wie sie nimer erwider bringen mügen,
was sie verloren haben. 1,399*.
ERWIDERGEHEN: weil das kupfer nicht erwider gehet
wie stahel. Mathesius 79'.
ERWIDERTHUN, rependcre: also thut der man erwider.
Luther 3, 191'.
ERWIDERTREIBEN, reducere:
und rücf aus der hellen
Luciper und allen seinen gesellen,
das si von den dreien pdsen weihen
das vieh erwider treiben, fastn. 491, 29.
ERWIDERN, ERWIEDERN m der Schreibung zu unterscheiden,
ist ein felder, iric auch die begriffe wider und wieder zusammen-
gehören, das wieder gebrachte zugleich ein entgegen, dagegen ge-
brachtes ist. in diesem erwidern liegt die partikcl er und kein
her, ifte in dem vorhergehenden erwider.
1) das ahd. arwidarün, wie das einfache widarön, bedeutele
renuere, recusare, advcrsari, also entgegen sein.
67*
1063
ERWIDERN — ERVVIEGEN
EKWIESENHEIT — ERWINDEN 1 064
2) hieran read sidi unser heuliges mildes erwidern, entgegnen,
respondere, der rede anlworl entyegen setzen:
was soll ich sagen? was erwiedern? mag
der bnider worte linden! Schillek 49ü*;
'so laszt ärzte iiolcn!'
erwiedert sie, indem sie aihcm schöpfte. 244*;
'es sei drum' enviederle Wilhelm. Göthe 20,80; dies alles
ernstlich durclisprechcnd und einander unablässig crwiedernd.
21,56; er antwortete dilatorisch, dann setzte er aus, diesen
punct zu erwiedern, dann waren seine worte zweideutig, zu-
letzt schwieg er ganz. 21, 203 ; da Friedrich, auszcr einigen
späszen, die ihm Jarno erwicdcrte, keinen anklang für seine
possen in der gesellschaft fand. 20, 22t. ein auf dem thealre
fran^ais vorgestelltes und mit bcifall erwidertes neues stück.
40, 139 meinl ein wol aufgenommenes, entgegen genommenes.
3) erwidern, referre, rergellen, erstatten, dagegen geben:
was die göttr versagn den glidern,
das tbuD sie an der seel erwidern. Atrer fasln. 4'*;
ich kaa zum kerne der wälschcn nusz nicht kommen, ehe
ich meine finger mit dem safte der euszern grünen rinde
befleckt, die harte schale zerquetscht und erbrochen und
endlich den weiszgelben rock ihm abgezogen habe, dieses
alles nehme ich gern über mich, weil der kern mit seiner
süszigkeit alle solche müh envidert. Butscury Palm. 148 ;
liebe mit liebe erwidern ; einen grusz erwidern ; unerw iderlc
neigimg, freundschaft ;
du hast sie noch cesehn, den letzten blick
den sehnsuchtsvollen dir ins herz gefaszt,
das letzte wori bedächtig aufgenommen,
dem letzten seut'zer mit gefühl erwiedert. Göthe 9, 315;
geschnürten leibs, geschminkten angesichts,
nichts haben sie gesundes zu erniedern,
wo man sie anTaszt, morsch in allen gliedern. 41, 144;
beredet sich groszmfithig unbesonnen
ihr weiches herz, mir liebe zu erwidern. Schiller 269';
sie kann der mutter freude nicht erwidern. 509'.
4) erwiedern, triederholen, erneuern. Rädlein 259*.
5) sich erwidern, mit der bedcutung von 1, renuere, sich
iceigcrn: ob ich wol mich sehr etwas zu nehmen erwiderte,
hat er mir doch, was ich vor das kind ausgeleget, wieder
zugestellet. Gryphids 1. 942. vgl. widern.
ERWIDERUNG, ERWIEDERUNG, f. entgegnung,
1) remuneratio, Vergeltung: verzeih, wenn du mich, in er-
wiedening so süszer worte, so kalt findest. Lessi\g 2.94;
in erwiederung dagegen wuchs die dienstbeflissenheit Ottiliens
mit jedem tage. Gütue 17, 69.
2) responsio: seine erwiederung war kurz gefaszt; in erwie-
derung auf dein letztes schreiben melde ich dir.
3) ahd. würde arwidarunga reeusatio, repudium ausdrüclicn.
ERWIDRIGEN, ERWIEDRIGEN, was erwidern: gott erwie-
driget solche niedrigkeit öfters mit zeitlichen, manchmal auch
mit geistlichen und ewigen segen. Scriver seelensch. 1, 211 ;
wiltu solche liebe mit ungehorsam erwiedrigcn? 1,393; nichts
desto weniger crwiedrigte gott dem David dis verlangen mit
einer herlichen verheiszung. 2, ISO.
ERWIDRIGUNG, ERWIEDRIGUNG, f. siehst du kein mittel,
wie du ihnen erstallung thun könntest, so bete desto eifriger
zu gott, dasz er aus seinen verborgenen und reichen schätzen
an deiner statt die erwiedrigung thun wolle. 2,240.
ERWIEGEN, ERWIGEN. die Wörter wiigcn. wegen, wiegen,
wigen und ebenso envägen, erwegen, erwicgen, crwigen geben
ilirer form und bedeulung nach mehrfaclicn anstosz. setzt man
ein starkes erwegen erwäg peqxndere an, so sollte das alte i
uur im sg. praes. ind. und imp., nirgends im pl. und conj.,
noch im inf. und pari, praet. rurlrelcn. ausnalimsweuie erscheint
es aber auch hier:
hie «olt von der religion
erwigen wai lehrt Xenophon. Fisoart cht. 23;
diese und andere meh hausnötige stück, so sie dem hnus-
könig gründlich zu erwigen fürknmmen, spüret er alsbald
seine unvermöglichkeil. Garg. 64' {und in allen ausgaben);
wenn sie sich des tods envigen. Mn.icu sdirapt. x3'; wo
idteraU tu ttthen hdUe erwegen. Anders beschaffen ist es um
ein fUichfaUi äarkes, aber intransitives erwigen erwäg, das den
n«» ron movere, eoncuti darbietet und aus dem das ir. cnvegen,
beregen morere tich ableitet:
dem hfitPt man ein glaii mit win
lind lacht »in, du dai hui erwäg {iclidtirrle). IIramt 72, üfl,
irofär «rir oben tp. 1030 erwägen , crwagic kennen lernten.
*Mii mim die einfachen wiegen, wegen und hernach das j>art.
erwogen, noch etwas anders war das mhd. erwigen confeclus von
erwihen.
ERWIESENHEIT, f. probabililas : diese meinung ist von
erwiesenheit ziemlich entfernt. Wolfs Mefe an Heyne 1797
X. 112. s. erweisen.
ERWILDEN, cfferari, fcrocire, silvescere, ags. ivildan, mlid.
erwilden, würde goth. usviljjjan gelautet liaben.
mhd. sin w-'n ist äne sücje,
erwildet ist sin rebe. MSII. 2, 387»;
der sin ist mir erwildet. IIelbl. 7, 2G0;
wan €r so gar erwildet,
das ß"" ^ß jungest wßnic birt
und gr kern obcj tragende wirt,
daj edel unde nütze si. fr. kr. 18588;
d€r Talke was erwildet. Sch«f.llkrs Labers. 177,29;
nhd. dis volk ist mit der zeit durch die rauhe gelegenhcit
des lands erwildet. Stumpf 2, 296'; also das die leut in bergen
wonend darinn etwan also erwildeten, das sie die wilden
thier übertreffen. Frank wcllb. is'; so gar erwilden und zu
beern und löwen werden, kriegsb. des fr. 189; bisz die Juden
erwildet und grimmig zur wehr gegriffen. Reiszner Jer. 2, 122';
dasz sie aus unbillicher schmach zu erwilden pflegten. Taciüs
b. Fronsp. 3,239'; dasz der schade alt were und gar erwil-
det. Paracelsds chir. sehr. 111'; und so es soll verhalten
werden mit gewalt, so hels der luft dermaszen erzündt und
erwildet {hier also tr.), dasz es hinder sich lauft. 346';
im augenblick ich gar erwildet. 11. Sachs I, 311»;
jederman ist zum krieg erwiit. lll. 1, 251';
crwilden, rauw und wild werden, dcgenerare in feritatem; mit
sinnen und worlen envilden und ertouben, non consistere
mente, lingua. Maaler 120"; kau ihme {dem weinslock) der
häcker oder winzer so künstlich mit dem rebmesser schneiden,
ihme zu wehren, dasz er mit ohnnützen ruten nicht erwilde,
noch auf allen seilen zu geile sich ausbreite, aller weish.
lustg. 168; wenn ein raune {wallach) draus gemacht ist, so
höret er auf zu rinschen {wiehern) und zu erwilden {mutig
zu sein). Comenius sprachenlhär von Docemids 178 ; und erfolget
leichtlich, das einer der dem wilde zu vil nachgesetzt, zu-
letzt selbst darüber erwildet. Bdtschit Palm. 833. heule «n-
gebrauclU.
ERWILDERN, dasselbe, heule verwildern. Rädlein 259* unter-
scheidet erwilden wild werden von erwildern wild machen, besser
wäre die bedeutungen umzukehren.
ERWILDERUNG, f. wie das folgende.
ERWILDUNG, f feritas, aspcritas: das alsbald daraus ein
greuliche Verwirrung, scheuchen, abweichen und erwildung
der frewdigen pferde entstünde. Stettler 1, 40.
ERWIMMERN, ejulando impetrare: auch werdest du dir
keine hofnung machen, jemals gnade zu seinen füszen zu
crwimmcrn. Schiller 108'.
ERWINDEN, ein früher sehr gcldußges vort, dessen enlfaliung
der von erwerben älineli. ncmlich das einfache golh. vindan.
alid. wintan, ags. vindan, ahn. vinda drückt, gleich unserm heu-
tigen winden, aus torquere, verlöre, woher die bedcutung det;
Wendens, wandclns, umdreliens, umkelirens entspringt, bei Stieler
fehlt das wort in allen seinen bedeutungen und Adelung thut die
vierte ganz kurz ab.
1) das gollu usvindan hält noch ganz den sinn von jUectere,
fledilen, winden fest, doch usvandjan wird schon zu abwenden,
avertere, so wie gavandjan «'fn(/en, kehren, zurückkehren, reverli ist.
2) ahd. irwinlan hat nwi'ilentlieHs die intransitiibedeulung von
redire, reverti (Graff 1, 749), d. /». umkehren, umdrehen.
er es 6r io nirwant. 0. IV. 20, 25
heiszl aber er liesz nicht davon ab, unlerüesz nicht, fehlte nicht,
und iro leid invindit an iro houbct. N. ps. 7, 17 ihr leid geht
an Hir haupt, triß ihr hau^ü.
3) mJid. erwiiideu begegnet häufig, hat alter
a) nur selten die bedeulung von redire:
der geliüre bogund erwindcn, revrrsut est. Ileinh. 475,
dn; der «wci; niht crwinde, zurOcktrrle. Ron. 4H, 101;
doch die unter c angeführten imjirralive crwindel ! Hessen sich
auch erklären: redile! rerertimini !
Ii) da der sich zurückwendende nur einen bestimmten punri
erreicht hat, von welchem er nicht weiter schreitet, to drückt er-
windcn dieses räumliche siel des Vordringens und stehen bleibens
oder endens aus:
sie sniten nbe Ir gowant,
dB| i{ an den knion erwtnt (al. wider wanl).
kauerdur. Mattm. 0704
10G5
EBWINDEN
ERWINDEN
1066
Diemer 207, 2, dasz es nichl über die knie gieng, an den knien
aufhörte;
unt d€s libes ente,
da diu verse erwinte. Dt«/. 3, 52,
140 die ferse außörl, bis ans ende der ferse;
linhosen, die ob ir enkeln
wol einer hende erwunden. Trisl. 68,3;
obene da diu brüst erwant. 76, 25;
daj här im bi der erde erwant. L<jnr. 469,
die mahne reicfUe dem pferd bis auf die erde, hörte erst da auf;
daj im da; swert ze tal wuot,
unz 6i im an den zenen erwant. 2103,
drang ilim bis an die zahne;
wan ir da? selbe gewant
ob den enKcln erwant. 5860,
« reichte ihr nicIU tiefer als bis an die fuszknöchel, hörte schon
oberhalb der knöchel auf;
ich wolt im sicherlich die zende schinden,
da; min munt durch den sinen
ür dem gebeine smatzend muost erwinden. Hadaxar 94.
dazu enväge man die berithrung der begriffe, des gehens, endens
und irendens.
c) hiernach ist auch in andern fällen erwinden soviel als auf-
hören, ablassen, zurückbleiben, ruhen:
done -wolder niht erwinde,
6t ne queme zu dem here. gr. Rud. 19, 13;
der morgen niht erwinden wil. MS. i, 90*;
da; Cur erwindet niht,
<! ej ersuoch sin zil. Hacpt 1, 125;
erwindet nochl haltet ein, lasset ab! Iw. 6152;
erwindet! A'ift. 2119, 1;
unde wil du niht erwinden. 54, 1 ;
Sit du niht wil envraden. 64, 1;
nune wil ich niht erwinden. 107, 1;
dö 4r niht wolde erwinden. 618, 1;
end ich erwinde, prmsquam omitto. 801, 1;
er sold erwinden niht. 1959, 1 ;
s& ze hant als 6; geschiht,
66 ne mag «; danne erwinden niht. ülr. Trist. 156;
da von ger ich bi dirre frist,
daj iuwer bete erwinde. tr. kr. 21809;
und alliu sorge erwindet. Engelh. 54;
wil wibes güete sus an mir erwinden. MS. 1,26';
hlib albie unde erwint! pass. K. 247, 33;
da; wir niht erwinden (ruhen, ablassen)
unz wir in da Tinden. 99, 23.
d) die Sache steht im geniliv oder nach der pracp. von:
des solt du erwinden I fundgr. 2, 89, 46;
ich ne wils niht erwinden. Nib. 112, 1 ;
hei, wan waer sis erwunden. Tit. 155, 2,
halte sie es unterlassen, gemieden;
daran gedenke, und erwint
diner tumben beginnen. Flore 3774;
dö wolde ouch nicht erwinden
Megecius von derae gebete. pass. K. 45, 76;
Ton den muste erwinden
alle ir pinliche not. 60, 24.
vtjl. erwenden 3.
e) meist mü der praep. an, für person und sache:
swaere diu min herze treit
ob diu an mir erwunde. Hart«, erstes bucht. 1668;
an dinem muote niht erwint. Winsbeke 63, 7 ;
und erwint
lange an dirre Terte niht. Silv. 783 ;
wxre ich an den stunden
an der verte erwunden. Otto hart 712;
so sol ich doch erwinden
an also grö;em meine. Engelh. 5517;
an in mac niht erwinden. pass. K. 261, 1;
dor an den Tienden niht erwant,
dö solt er an den vriunden sin erwunden. MBH. 2,234*.
4) nhd. entsprechen in der früheren zeit noch groszenlhäls die
bedeuiungen.
a) räumliches erwinden = 3,6.* da erwindet der Rhätier
landmarcb. Sroiipr 5*;
der Römer gleich man nindert Tind,
ir mm an einem berg erwind,
der berg wirt Caucasus genant
und Scithia dasselbig lant. Scuwarzemberc 159, 1;
er {der manlel) sol kurz sin ... do sol er ufhören und er-
winden. Keisersbebg bilg. 46'; neme das rechte obr und
ziechs lierab an den hals, das es erwindt beim wangen {bis
zur uange reicht). Sebiz 153;
denn was nach der geburt den gliedern noch erwindet [mangelt),
das setzt zeit und natur, des schöpfers dienstmagd bei.
LoHKNST. Ilyac. 19.
b) aufhören, unterbleiben, unterlassen, ermangeln, fehlen =
3, c darinne sol die gehorsam bei inen nicht erwinden.
Chmels Maximil. s. 3 (ct. 1493) ; dieweil auch in vorigen refor-
mationen und Ordnungen genugsam verseben, wie den ge-
sprochen urtheilen execution beschehen soll, damit die unge-
horsamen hoben und niedern Stands zu gehorsam bracht
{aerden), und aber allein in dem crwindet, das den vor auf-
gerichten Ordnungen vestiglicb nachkommen, gelebt und darin
niemands verschonet werd. deshalb die obgemelfe commis-
sarien sonder bevehl haben sollen, ob deshalb einig mangel
wer, dermasz cinsehens zu thun, dasz gesprochen urtheil
fürderliche execution erlangen mögen, rächsabsch. ton 1530
§.36, wo neuere ausgaben fehlerhaß 'erwendet' lesen; darbei
ichs dismal lasse erwinden {bleiben, beruhen, vgl. bewenden).
G. NiGRisi Jesu und Jesuwider 1591. E 8 ;
fromm, bider und notfeste lüt,
die sich des ganz versehen nüt,
das der baw solt einsmals erwinden.
Berchtold rediv. lOS;
denn ich je nicht erwinden wil, ich hab dann den schänd-
lichen marschail^übenvunden. Galmy 297.
c) oß mit der p-aep. an = 3, e, ermangeln, an einem liegen,
durch einen liegen bleiben: an im erwindet nit das Ruland todt
bleib. Fierabras ^i; aber darneben und damit sich die von
Worms nit zu beclagen betten, noch verhöre und handelung
der billichkeit an mir envimde, hab ich mich . . . vorzukom-
men erholten u. s. w. Fr.\sz vox Sicklsgen uarhaßiger bcridü.
1515 B2;
sonst wist ich bessers nit zu finden,
ich glaub an hülf wurds nit erwinden.
Berchtold rediv. 28;
daran auch an uns in keinem gar nichts erwinden solle.
churf. JoHANS bei Luther i,hi*; als doch an uns nicht erwin-
den sol. 5,109'; sollte an uns billigkeit nicht erwinden.
los'; als doch an uns in keinem, das mit gott und gewissen
zu christlicher einigkeit dienstlich sein kan oder mag, er-
winden sol. conf. aug. bei Luther 6, 362'; sol an mir nit
erwinden. Livius, Mainz 1557 bl. 35; es solt an keinem gelt
erwinden. Wickram ro//ic. 88; es erwindt an deinem guten
willen nit. kL weise roden 2Zi' ; wiewol ich nun, dasz an euch
und ewer redlichkcit nichts hierin erwinden werde, nichts
zweifelhaftiges spüre. Kirchhof md. disc. 74 ; es en;\indt nit
an uns, nulla est in nobis mora; es sol weder in dem noch
in anderen dingen an mir erwinden. Maai.erI20*; nichts sol
auch erwinden an mir. ich will euch allzeit früh und spat
versorgen mit gutem vorrath. Frossp. kriegsb. 3, 3*; solle an mir
nichts erwinden noch unterlassen werden. Schweisichen 3, 192 ;
an im ist warlich nichts erwunden.
ScHiELZL zug ins Ongerl. 9;
wenn ich euch wol zu halten west,
solt es an mir je nichts erwinden. Atrer 3,'>9';
und wenn es denn hieran alleine noch erwindet
und sich zu seinem heil kein ander mittel Hndet,
so wil mit frewden ich es geben für ihn hin.
Werders .Ar. 9, 50;
könnt ihr bei Gibeon und gott Versöhnung finden,
geht bin, ich schwer es soll an mir auch nichts erwinden.
Grtphius t, 573;
wenn die sach nur an denen 5000 fl. erwindet, so will ich
alles gar gern hergeben. Abele 5,148; das urtheil hast du
einmal gegeben und erwindet jelzo nur an deme, dasz auch
dasselbe unverschont vollzogen werde, gericiäsh. 1, 10 ; dasz ich
sein schreiben aber nicht beantwortet, hat an den viirältigen
geschäflen, damit ich überheuft, envunden {gelegen). Bütschkt
kanzl. 70; es hat mir an mittein erwunden {gefehlt). Schm. 4,170.
d) lang in gebrauch blieb noch die redensart 'nichts erwinden,
an nichts erwinden lassen', d. i. fehlen, ermangeln lassen : was
wir denn dazu fördern köndtcn, wollen wir an uns auch
nicht erwinden lassen, herzog Fridrich zu Sachsen bei Lidher
1,141'; wir wollen an allem dem unserthalb nichts erwinden
lassen, bei Luther h, loa'; darzu wir dann unsers teils bisher
nichts erwinden lassen. slal.<;p. KarlV. s. 409 {a. 1547); daran
wollen wir an unser vermöglichheit nirhtzit lassen envinden.
s. 413; aber an irem vieisz nichts erwinden lassen, s. 527
{a. 1554); ritterspil, daran er keinen kosten bat erwinden
lassen, kl. weise reden 25S'; denn fünvar solt ir mir glauben
mein herr kein gut wird lassen erwinden. Galmy 31 ; so sollen
1067
EUWINDEN
ERWINKEN — ERWISCHEN
1068
wir doch an unserm fleisz nichts erwindcn lassen. Uffe.nbach
2, 19 ; was ich aber mit schreiben, reisen thun mochte, liesz
ich nicht erwinden {s. /.). Schweimchen 1, 2S4 ; und liesz also
ao meinem fleisz nichts erwinden. 2, 38 ; das sei weit von
euch, dann für>var solt ihr mir glauben, mein herr kein' gut
an euch wird lassen erwinden. buch d. liebe 46,3; des Gar-
gantuvalch vatter sähe wol, das sein schöner filiiis an ihm
nichts liesz erwinden allen fleisz fürzuwenden und kein stund
hinschleichen liesz, darin er nit ein lini zog. Garg.UZ*; wil
es an mir nicht erwinden lassen, herz. Jul. von Br. 346 ; dann
er ja an seinem kundschaft sagen nichts an ihme erwinden
lassen. Atber proc. 1, 15 ; dasz er niemals an seinem fleisz
icht was lassen erwinden. das. ;
damit sie auch geleicher maszca
an ihnen nichts erwinden lassen. Spreng II. 134*;
wil melns theils nichts lassen erwinden. Atrer 126";
er hielt sich bei mir auf, wir lieszen nichts erwinden,
und kont er ohne müh sich in die .<:prachc finden.
Opitz 2, 144;
sie rudern allesampt und lassen nichts erwinden,
in meinung, einen weg dem hafen zu zu finden. 3, 55;
wollte es an ihm nicht erwinden lassen. Argcnis 2,302;
lösch armen ihren durst, lasz nichts an dir erwinden!
du wirst in jener weit bei gott Vergeltung linden. Rompler 3";
lassen auch mit fressen, saufen, huren, hüben, raszlcn, spielen
und mummereien mir zu ehren an sich 'nichts erwinden.
Phil. lugd. 6, 268 ; und ungeachtet Grotius an klugheit in der
kriegsanstalt, an tapferkeit in den schlachten nichts erwinden
liesz, wurden doch alle seine anschlüge krebsgiingig. Lohenst.
Arm. 1, 879 ; der feldherr liesz abermals an Versorgung der ver-
wundeten, an beschenkung der tapfern nichts erwinden. 2,'l227 ;
weisz nit, noch raags entrichten,
wo, wann, womit und wie
an meinem fleisz und ptiiciiten
ichs liesz erwinden ie? Spee irutzn, 59 (64);
wofern ich aber in einigerlei weg ihrer zaarischen majestät
ohne beschwerung meines gewissens würde dienen können,
würde ich an meinem äuszersten vermögen nichts erwinden
lassen. Simpl. K. 795; wiewol der feind an sich nichts er-
winden lassen. Chemnitz V. 1, 42'; wiewol die belagerte an sich
ihm widerstand zu thun nichts erwinden lassen. IV. 2, in";
so lässei CS denn auch der herr Jesus an sich nicht erwinden
und stellt sich mit derruthe des creuzcs ein. Scriver soc/'-nsc/i.
1, 802 ; worinnen ich dir angenehme dienstc, rath, hülfe er-
zeigen kan, wil ich solches an mir im geringsten nicht cnvin-
dcn lassen. Butschkt kanzl. 253; an seinem fleisz in irgend
einem stück niemahls etwas erwinden lassen. Hahn 3, vorr. ;
sie glaubten, sie müsten an sich nichts erwinden lassen,
sondern auf die ausrüstung einer neuen flotte bedacht sein.
Heilhaxs Thuc. 1031. dasz hin und wieder entwinden statt
dieses erwinden begegnet, wurde sp. 600 angemerkt.
5) wie doch ein so lä)endiges, eingewohntes wort in allen von
1 — 4 entfalteten Verwendungen unsrer hd. spräche seil dem 18 j/i.
absterben konnte! wahrsclieinlich hat Luther dazu milgewirkl,
der CS nirgends gebraucht, denn in allen unter 4, c. d. aus ihm
angezognen stellen gehört es andern, bei ihm eingeschalteten Ver-
fassern, irre ich nicht, so enthalten sich des ausdrucks auch schon
Fleüing, GOnther, Gellert. Rädiein 259", Steinbach 2, 1040
gebeti noch erwinden lassen, Hevnatz antib. 1,393 als kanzlei-
mdtzig, Stalder 2, 453 aus dem Bemcr oberland erwinden,
nichts ausrichten, es lag mir an, bct einer für die sjirachgc-
tckichtc merkwürdigen erscheinung die belege nicht zu sparen.
6) wol aber zeigt sich bei Luther und anderudrts .farsam
frwinden im sinne von übericinden, erweisen: mit gericiite er-
klagt, erfolget oder mit urteil erwunden, weitth. 3,508 (a. 1410),
wo nicht zu lesen 'erwonncn', s. crwinnen; die seelcn im feg-
feuer sind nicht sicher irer Seligkeit von allen zureden, es
ist auch nicht erwunden mit schrift oder Vernunft, das sie
nicht mehr verdienen, noch die liebe gottes mehren. Luther
1,431'; über da» so hab ich in sibon köpfen den Luther
aus eignen Worten überzeugt und die Wandlung erwunden.
CociEOS rofi der mess und priesterwrihe. Lp. 1534. U4;
hin wir den rauchmen weg crwnndcn,
der woitett wird auch wo! gclunden. Fischart gl. seh. 4)t9.
") erwinden, Irochlea elevare, aufwinden, in die höhe winden.
») rrfl. sich erwinden, andere, sich unlerwinden: crwinde
dich nicht kampfi«. buch der Mie hO, 1 ;
(ebet, herr, die tcbuld dem brauche , wenn wir dioner um
erwinden,
wir, dl« wir euch lelbilen pflichibiir, «Mich noch dennoch an-
lubiuden. Looav 8, 220, tß;
durch was ihörichtc gedenken
War ich dümmer als ein rind,
dasz ich was du gut gefunden
zu belilügeln micli erwunden? Caniti 33(175).
ERWINKE.N, nutu assequi: er stand schon ferne, doch konnte
man ihn noch erwinken ; ich habe ihn nicht erwinken können.
Stieler 2543.
ERWINNEN, superare, laborando acquirere, ahd. arwinnan,
ags. ävinnan.
1) wer im hof von Remich mit erkunden erwonnen {über-
wunden, überführt) oder ervolgt wird, weislh. 2, 246; und wurde
einer also erfolgt und envonnen. daselbst.
2) einer crwinne das gelt oder nicht, weisth. 3, 458 ; bitten
das abe mit demut, das die andern mit heiligkeil erwon-
nen zu haben meinen. Luther 1,33"; ir erwonnen getraid auf
einen boden geschüttet. Kirchhof wendunm. 279". oberd. er-
winden, s. Heynatz anl. 1, 293.
Eit WINSELN, cjulando obtincre:
in martern sollst du als eine gäbe
den tod von mir erwinseln. Wiklakd 18, 267.
ERWIRKEN, efficerc, impetrare, wirken, auswirken, bewirken,
ags. Avyrcean, T?i/irf. crwürken:
hate Wunders vil erworht. Ileinr. und Kunig. 645;
der schwiegenaler muste seinen ganzen einflusz anwenden,
um ihm eine art von Statthalterschaft in einer entfernten
provinz zu erwirken. Göthk 23,139; wir fühlen den körper-
lichen achsel und fersenkitzel halbwillkürlich nur, wenn wir
uns in einen fremden finger versetzen, indes der eigne nichts
dergleichen erwirkt. J. P. aeslh. 1, 163.
ERWIRTSCHAFTEN, administranda re familiari lucrari : viel
oder wenig erwirtschaften; geld erwirtschaften; das erwirt-
schafte getrcid. Wallensteins briefc s. H (a. 1027); viel ärmer
gelebt und weniger erwirtschaftet. Freytag bilder 2, 214.
ERWISCHEN, arripere, comprchendere, erhaschen, erfassen,
schnell und heimlich ergreifen, fehlerhaß geschrieben erwiischen,
mhd. erwischen, von sachen und personen, leiblich wie geistig,
bei, an, auf, in etwas :
swenn ein giresch man nach öre
dar an gedenket harte söre,
ervindet er einen listegen rät.
also dr in erwischet hat,
so ist er also vrö zehant,
sam er erworven habe ein lant. w. gast 3227;
der hat erwischt cinn guoten rät. 3804;
daj vihe hat eines mannes zunge
erwischet und wxnt sprechen wol. 6447;
swcnn er den nit erwischet hat. 11953;
wer gröz guot und crc erwischet,
den dunkct er hab wol gevischct. Renner 7724;
wan diu werlt hat den zoum
aller untugende erwischet, 22426;
hei waj ich des erwische,
daj da lieijet sin. Uctmbr. 1154;
denn ich hab eine (laus) erwischet
an disem pelt so blosz. lldtzl. 2.V;
n/i(f. erwisch ich in bei dem bare, fasln. 452, 26;
da erwischt er ein bei dem haar und rauft in. seh. u. ernst
1546,8; da kam ein adler oder habich. was es denn was,
der erwischt in (den halin) und fürt in hinweg. Keisersherc
Mariae himelf 13'; wan der wolf das schaf bei der gurgcl
erwischet, so hat er gwunnen. also der teufel, wan er uns
bei dem frasz erwischet, so hat er genug, s. d. m. 3'; wer da
ringt mit cim und in erwischt bei der gurgel, der hat die sach
wol halb gewunnen. 9'; und sie erwischt in bei seinem kleid
und sprach, schlaf bei mir. 1 Mos. 39, 12; und erwischt in und
küsset in unverschainpt. spr. Sal. 7,13; und wo er in er-
wischet, so rciszet er in {goth. jah |)ishvariih |iei ina gafabifi,
gavairpi|» ina). Marc. 9, 18 ; bald erwischt er codicem, las
und sticsz an, da er aufs wort acquisivit (erworben) kam.
Luther 1, 130"; es hat mich der teufel etliche mahl erwischet,
da ich an dis heubtslück nicht gedacht. 5,138*;
das bAwrIin sAumpt sich auch nil lang,
erwisclit gar bald ein lange slang. ALURt» 47;
ein stücke nei.ich erwischt ein hund
und trugs hinwog in Keinem mnnd. Waldis 1,4;
erwisclit gar bald ein zaiuistcckcn. 1, 7;
so bald sie einen band erwischt,
so musz er pfeifen was sie wellen. Wickiam hilger bt. 28;
erwischet au» des reichen laschen ein gtildin kelllin. Voll-
wagen 28'; sobald die platten nufgeselicl, erwischet ein jeder
einen krainalsTogcl. KiRCHuor H^näunm. 213'; bot sie ihr band
1069
ERWISCHEN — ER WITTERN
ER WITTERN — ERWORGEN
1070
zwischen dem gitter hinaus und erwischet die seine. Amadts
165; und hierumb stieg er ab und erwischt in bei dem hals.
285 ; bin damit aufgestanden, hab ein glas erwischt und erst-
lich der mutter, danach der Jungfrauen eins zugebracht.
Thürneisser ausschr. 3, 12 ; erwischt der kerkermcister ein
liecht. Mathesius 1562,303'; zu Zeiten soll auch ein hecht
einer magd den fusz erwischt haben. Forer 175'; auf solche
red warf er seine weite kleidung von ihm, erwischt die spor-
bierenstang am kreuz. Garg. 204'; jeder der nur drei oder
vier ausländische Wörter, die er zum üftern nicht versteht,
erwischt hat. Opitz poeterei 30;
es kränkt mich, wann ein mensch sein übeles beginnen,
auf dem er wird emischt, noch hält für recht und wol.
1, ns;
was freundschaft, lange eunst, was statt sucht und versprechen
dem Michael verknüpft, nat seine noth zu brechen
den bloszen dolch erwischt. Gryphils 1,74;
der tod hat ihn (den ßscher), wie er die fische,
nunmehr in seinem gam erwischt. Logau 3, 239, 118 ;■"
einen trostspruch aus der schrift hatte Rasa ihr erwischet,
das2 man dort mit Abraham, Isaac, Jacob ewig tischet.
3,245, 149;
jagten nach den bösen rotten
und erwischten sie beim haar. Soltaü 521 (a. 1692);
so brich dich doch berfür, die oberstell erwisch!
SCHEBFER 24;
dasz ich diesen («Tis wasser gefallenen) erwischen und heraus-
ziehen wolte. pers. rosenlh. 1, 37 ; eine mutter, wenn sie ent-
weder auf der gasse oder auch in ihrem hause streit und
wunder vernimmt, erwischt sie ihre kinder bei der band,
bringt sie in die kammer, dasz sie das unglück nicht be-
trete. H. Müller erquickst. 436 ;
dasz endlich dich das glijck erwischet bei der band.
Canitz 56;
der ist nicht klug, der vieles wagt,
geringen vortheifzu erwischen,
dies heiszet, wie August gesagt,
mit einem güldnen angel fischen. Hagedorn 1, 100;
er wollte mich anführen und ich habe ihn erwischt. Win-
kelmann 2, 59 ;
ich werde wallenl
und lasz ihn (den mantel) fallen,
wer ihn erwischet,
der ist erfrischet. Göihe 4, 374;
wenn er sich zu weit verliert, erwischt ihr ihn vielleicht.
8,94.42,120; wendet fleisz an, dasz ihr ihn erwischt. 8,148;
dieselbe kunst die mich lehrt bei gewissen gelegenhciten das
lächerliche zu vermeiden, lehrt mich bei andern es glücklich
zu erwischen. 36, 83 ; ich habe euch schon genug schwitzen
und keuchen gemacht, eh ihr mich erwischtet. . . . ; es war
eine zeit da ich Saulus war, gottlob, dasz ich Paulus gewor-
den bin. gewis, ich war sehr erwischt {betrofj'enj ergriffen),
da ich nicht mehr leugnen konnte. 56,212;
im Böhmerwald erwischt ihn hauptmann Mohrbrand.
Schiller 359";
wenn ich einen wirklichen, wahren freund erwischen könnte.
TiECK 15, 353 ; hätt er nicht ein trennmesser meiner Philip-
pine erwischt. J. P. uns. löge 3,51; darauf holte er sich beim
bücherverleiher vieles, was er von guten werken erwischen
konnte, ßegelj. 4, 103 ; dasz mich darüber der satanische can-
didat erwischte. 4, 118 ; so viele personalien von beiden, als
er erwischen kann. TU. 1, 65.
Zumal lebendig wird der ausdruck, wenn eine sacke subjectist :
dö begonde daj garn erwischen
mit den buchen den sac. pass. K. 363, 76;
wenn ein fewr auskompt und erwischt die dornen. 2 Mos.
22,6 {ausg. von 1534, ergreift 1545); der wind das schif er-
wischet, b. d. liebe 249,4; das kannenlicd (der decket) hat
mir schier die nas erwischt. Garg. 93'; das fieber hat ihn
erwischt ; der regen emischte mich noch auf dem rückwcg ;
ein dorn erwischte (packle) meinen rock. vgl. wischen, ab-
wischen, aufwischen, auswischen, entwischen, verwischen.
ER WITTERN, odorari, praesagire, augurari, wittern, erspähen,
ausspüren :
die heid mit bliiemlin was durchgittert,
icglich?; üf sime stenglin zittert,
des meigen wint sie schön erwittcrt (durchweht). Haiti. 37';
er hat seine gedanken erwittert, ad opinionem ejus penetraril.
Stieler 2492; wol her, du toller höllenhund, enviftere (/aftc)
dich nur wol an meinem madensack, zcrstümmle und zer-
stücke, senge und verbrenne ihn. Otho 311;
doch hin und her, durch flur und wald,
und her und hin, durch wald und flur,
verfolgen und erwittern bald
die raschen hunde seine (des wildes) spur. Bürger 70*;
ich trachte mir
ein Weibchen zu erwittern. Stolberc 5, 231;
doch den dieb recht zu erwittern
rief der schulz mit angst und zittern
den ergrimmten Wächter an. Joh. Fr. Kikds gedickte;
wo sich ein erz erwittern liesz in ädern.
Rdckert 167 (ges. ged. 1, 171);
vgl. witfenmg.
2) die ältere spräche gebraudile es abstract für ermitleln, aus-
machen, finden: erwittern, achten, conjicere. voc. 1482 h3';
im Köschinger elüiaftding von 1527 wiederholt sich die formet:
erwittert und zu urti und recht erkannt, erwittert und zu
recht erkannt, weisih. 3, 632.
3) eigenthümlich ist ein bezug des worls auf das äuge:
mhd. wer h.Tte willeclichen da
gestriten tind gevohten,
da sich nach wünsche mohten
oug und herze erwittern ( : erzittern), tr. kr, 34091;
got vater hat sin meisterschaft
an dir, Maria, wol behaft,
er gab dir schcrne, kunst und kraft,
die streich er üz, sines herzen saft
mit scharpfen bensein ungezittert,
din schoen sin götlich oug erwittert. MSH. 3, 468z;
nhd. ich alters allein müszig sasz
in einem lustgarten, und was
mein äugen in der grün erwittern,
hört zu der vögel gsang und kittern. H. Sachs I, 419'',
glächsam das äuge erlaben, erheitern, erholen, ausruhen, s. er-
witterung.
4) darmit nit der neid zwischen unserm und seinem ge-
schlccht Widder erwitteret wurde. Wirsung Cal. k4. ange-
facht, genährt, unterhalten? denn kaum ist erwitert, erweitert
gemeint.
ERWITTERER, m. augur, Homo sagax. Stieler 2492.
ERWITTERIN. /". femina sollers, divinans. daselbst.
ERWITTERICHT, sollers.
ER WITTER UING, f. relaxatio, requies animi, erholung: ew.
excellenz werden zu gelegener zeit, so e. e. vilfeltige gescheft
gebürliche ruhe und erwitterung erfordert, . . . freuntlich ge-
brauchen u. s. w. aus einer dedication des 11 jh. s. erwittern 3.
ERWITZELN, argutiis obtinere: sie wollen es erkünsteln
und erwitzeln. Hippel 5,184.
ERWITZEN, dasselbe, erkünsteln, affeclare: was lohnt denn
so viel erwitztes im anzuge ? Hippel 14, 284.
ERWOGEN, elatus, erhaben, von erwigen oder von erwegen?
Christus, hoch erwogn
auf einem güldnen rcgensbogn. Ringwald Ir. Eckli. M4';
ein feder hoch erwogn. laut. warh. 182.
ERWORRENLICH, begriffenlich, adcpte, acquiäte. voc. 1482 Ii :i'.
ERWORGEN, suffocari, ersticken, wie beim einfachen worgen
hat äch für die intransitivbedeutung das o erhallen (vgl. mord,
morgen, sorge = gotli. maur})r, maurgins, saurga).
mhd. wan er nam hoch und vaijtej vlaisch und här und
süt daj under ainander und machot daj ze knollon und warf
da/, dem dracken in den hals und dar an erworgot er und
erstickti. Grieshaber 2, 109 ;
erhangen werde üf ein ris,
an einer wit erworge. Herbort 2829;
an der spise wil ich erworgen,
die ich ejjen sol mit sorgen. Renner 5559;
ersticken unde erworgen
begunde 6t an dem beine. Silv. 408;
möhte an mir min kel sin erworget. MSH. 2, 262';
min lieber vriunt habe im sin hunic, sol ich daran erworgen.
3, 4bSr;
ob fir an ir graste
ersticket und erworget. Ls. 2, 433;
die kele solde erworgen,
dar ü; die stimme sich erbot, pass, H. 318, 39;
wand min licbe^ kint nu hat
in sinem halse einen grät,
davon ej wil erworgen. pass. K. 170, 73;
dA wolder län erworgen
Mardocheum den olden. 244, 74; 15, 92.
nlui, ein zagel stet und bat kein pein,
das nit erworgen an im die hoden. fastn. 557, 10;
venite, lieben gesellen mit sorgen,
der kerl wil uns erworgen,
und lebt noch heute morgen
in convivio nostro. de gen. ebriosor.l9 (ed. Zarske 125, 28) ;
1071 ERWORGICIIT — ERWÜNSCHEN
mir grusei fibel, dann ich bsorgen,
Joannes miiesze dran erworgen. trag. Joh. N8;
das der gwandschneider muesz erworgen I
H. Sachs III. 3,70«;
du inust diesen apfel, so du mir bereitet hast, selbs in deinen
verräterischen schlauch fressen, und sollest du daran er-
worgen. b. d. liebe 257,1; an einem bissen brots erworgen;
an gifl erAvorgen. M.^aleb 12o';
ach wein, du bist mir viel zu lieb,
du schleichst mir ein gleich wie ein dieb,
drum lasz ich vöglein sorgen,
kein wolf Trisit mir kein ku noch kalb,
und solt er daran erworgen, ja worgen. Carg. 98';
damit sie dran erworgen und ersticken. Lobwasser ps. G<);
und solt er darob erworgen. Soloth. wbl. 184f>, 143 (a. 1637);
am galgen und am sträng erworgen ist nicht ehrlich.
0 ehrlich oder nicht, wanns nur nicht war gelahrlicb.
LoGAU 2, 104, 2«;
Demosthenis und Ciceronis reden, starren die nicht von
derben brocken, daran unsre Weichlinge erworgen würden,
wenn sie dieselben verschlingen sollten? Reiske Tliueydides
roTTcde. s. erwürgen.
ERWORGICHT, aegrc gluUendus, fauces adslringens: erwor-
gicht obst, woran man worgt. Stieler 2515.
ERWORGUiNG, f. strangutalio, faucium addridio.
ERWUCHERN, inüjuo fenore acquirere, dann übcrhaupl lucrari :
daj du alle^werelt erwuchert hetst,
dannoch mustu von hinnen. Muscatöl. .'s. 244,G3;
denn er {der Jude), furcht seiner kunst halben wiird er allda
nicht viel erwuchern. Kirchhof wendunm. 119'; und was ists
wunder, dasz die weiber so fein wissen mit ihren ehege-
trauten umbzugehn, demnach sie es doch von Jugend auf mit
docken und puppen spiehveis also gewohnen, dasz sie nach-
gehends in der ehe auch solche Puppenspiel mit ihren ehe-
gepareten üben, dardurch sie dann ihr gcgenlieb erwuchern.
Garg. 74'; was hilfls, das den armen nach deim tod etwas
vermachst, an welchen bei leben das unvergänglich gut helst
können erwuchern? bienenk. 38'; von denen hab ich den
judenspiesz ererbt, kans numehro nicht änderen, was ich nur
erwuchern kan, das unterlasse ich nicht, der schlaf ist mir
nicht so lieb. Callenbach quasi vero 59 ;
gewinnt, erwucherl euch der Sarder ihr metall. Opitz;
nichts rührt sein schlaffes herz, als kluge münzgesetze,
des reichihums majcstät, die heiligkeit der schätze,
die er mit list, mit Turcht, die ihn zum sclaven macht,
erwuchert, sammlet, zahlt, umarmt, versteckt, bewacht,
■verehrt, verschont, beseufzl. Hagedorn 1, 121 ;
der geiz mag sein erwuchert put
nur hüten, nicht genieszen. Uz 1765, 85;
erwucherter reichthum. Rabener 4, 9 ; erwuchertes vennögeu.
4,259; eine Schönheit erwuchern. J. V. holzschn. \10.
ERWL'CHS, m. proventus : einen stattlichen erwuchs be-
kommen, messcm meiere maximam. Stieler 2401; das verbäll-
nis der aussaat und des erwuchses der verschiedenen korn-
arten. .NiEBUHR kl. sehr. 1, 65. s. anwuchs, aufwuchs, nach-
wuchs, zuwuchs.
ERWÜHLE.N, 1) effodere, eruere, aufwühlen:
drum nur muthvoll vorwärU), auszubeuten
den spröden scbacbt, den nicht crwühlt ein scherz.
RücKERT s. 48;
allein die fluth, den festen grund envühlend,
verrann und liesz zurück die odeu räume. ge$. ged, 1, 178.
i) refl. effodere, scindere sese, sich aufrciszen :
und wie er tappt und wie er ruhlt,
sich unter ihm die erd erwühlt,
er stürzt wol hundert klafter. Götue 10, 250;
ha! wies in meinem herzen reisztl
zu neuen geluhlen
all meine sinnen sich erwüblen. 12, 33.
«ich ERWUNDERN, mirari, verwundern. Speb g. lugendb. 117.
ERWÜNSCHEN, exoptare, mhd. erwünschen.
1) mhd. mit dat. der person, meisl mit gen., zuweilen acc. der
tache:
mfihte iu (vodk) erwünschen Mt min Up. Licutinst. 591,4;
das in (eü) elHu «nlekeit
von rCbie wicre bereit,
der ein man erwünschen roac. Flore 7855;
erwünschen noch erbitten
mobl t% oieman aller richelt Abene. Albr. TU. 6120,2;
als disen palas rlchm
ein künic erwünschen solde. 6138, 1.
Rfcd. ach Hau ich es erwünschen raöcht,
daa er o»ch lenger hie aolt leben 1 Aiui 351';
ERWÜNSCHEN — ERWt'RGEN 1072
mein andrer ich ist tod! o ich sein andrer er
erwünschte das ich er, er aber ich noch war.
LoGAU 1, 84, 40;
das ich mehr nicht, als meines zustande» beharlichkeit er-
wündschen kan. Bltschky kanzl. 432; legte hernach meine
aufrichtige condolenz bei ihr ab, welche sie mit weinenden
äugen annahm und mir dagegen alles erwünschte vergnügen
erwünschte. Felsenb. 3,399; was du in einsamen abenden
mit aller Sehnsucht des herzens erwünschtest. Tieck Sternb.
2, 210.
2) das pari, prael. halte mhd. eine lebhafte, günstige bedeulung,
worin noch der myUdsclie schöpferische Wunsch nachzuwirken
scheint :
0 hörre din erwünschten lip
von schulden klagen mac ain wip. Ernst 1243;
siu hiej diu schcnne Iblis,
der erwünschte lip von saslikcit. Lani. 4061 ;
erwünschet zailen enden. Trist. 168, 32;
ir ören, wij, sinwel und klein,
alse si von häli'etibein
woeren erwünschet dar. Wigal. 27, 23-,
si wären n&ch des herzen kür
üj tiefer sinne gründe
erwünschet mit dem munde
und also rehte fiu erdäht. tr. kr. 2960;
reht als ein irdisch paradis
diu stat erwünschet dühte. 17445;
si was erwünschet über al
an libe und an geläje. 20010;
wart ie erwünschter lip gesehen. Engelh. 8G5;
ditz ist ein erwünschtej burcstal. Hacpt 7, 339;
ob in fünf landen üj erwünschet wncre ein holt.
ilSlI. 2, 382".
nhd. blosz angenehm, willkommen: mir wurde von den herren
Schweden alle erwünschte gute und freundschafl erzeiget.
Felsenb. 2,82;
erwünschte nachricht sultan! freude, sultan!
Lessinc 2, 329;
und niemand hat erwünschtes fest im arme,
der sich eicht nach erwünschierm ihnrichi sehnte.
GoTiiE 41, 37;
und das mädchen gesteht, dasz auch ihr der Jüngling er-
wünscht ist. 40, 334;
wäre es doch einmal noch möglieb, den sehnlich envünschten
vater Gleim unter unserm daCh zu bewirten! Voss tr. 2, 285;
erwünschte gelegenheit, ei-wünschter anlasz. s. anerwünschen,
an wünschen, venvünschen.
ERWÜNSCHBRIEFLEIN, n. epistola gralulatoria : meines
herren erwündschbrieflein ist mir wol eingehändiget. BuTsciikv
kanzl. 84.
ERWCNSCHLICH, exoplabilis: es ist wol wahr, das es sehr
erwünschlich werc, wann ein meieigut nicht weit von eiin
flusz läge. Sebiz 10.
ERWÜNSCHT, optato: es traf sich erwünscht; du kommst
mir erwünscht, exuptato adi'enis.
ERWÜNSCHUNG, /". oplatio, votum: nebenst herzlicher er-
wüiidschung eines frid, freuden und segenreichen gesunden
neuen Jahres. Butschky kanzl. 309.
ERWÜRFELN, taloi-um jaclu acquirere: wer sie erwürfelt,
braucht weiter keinen Unglücksfall als diesen, dasz er die
ehre hat ihr mann zu sein. Rabexer 3, 232.
ERWÜRGEN, strangulare, suffocare, ersticken, den hals um-
drehen, verhält sidi zu erworgen trie das einfache würgen zu
worgen. indessen mengen sich transilive und intransilive bedeu-
lung und dem würgen, erwürgen «rird späterhin auch letztere
crtheilt, worüber die form worgen und erworgen ausstirbt.
1) transitives erwürgen, altd. arwnrgan, irwurgan, mhd. er-
würgen :
unza si inein wurton,
weder si in crsluogeu oder si in erwürgten. fUndgr. 3,54;
tr erwürgt in als ein huon. Ls. 2,515;
mit grdjer unwfirdn
ruciu er in an die erdo
unde wolde in orwurgct haben, pnss. II. 175, 73;
sA sohle Ich Im verhouwon
sin Itibon undc erwürgen in. Mar. leg, 101, 177.
nhd. dauert zwar noch die cigentlidte bedeulung des erdross(ins:
den Tcint erwürgen snm die hund. Hing 4h<, 44;
so müssen ir iclzund an diesen galgen gehangen und onvür-
gct werden. Aimon n4'; was unterschied ist es, da eines an
einem groszcn strick oder an rim kleinen seilin orwvlrgl
wirl? Keisehsb. prcd. 64*; disc bialler clwan erwürgt sie ctoea
1073
ERWÜRGEN
ERWÜRGER— ERZ
1074
zu tod. s.d.m.ii''; nun fragst du. ist kutzensireichen allwe-
geü ein Llatter, das sie den menschen alhvegen erwürgt und
erstecht. 31'; denn sie wissen, was hievor die irn gehandelt
haben an einem edeJman von Eglofstein, den sie wie ein
kalb erwürgt, urk. des Götz yo.n Berlicu. s. 13 {a. 1512). in
der Weidmannssprache heiszt es: der hase wird envürget (nicht
geschlachtet, getödtel). Döbel 1, 31", und überhaupt das wild er-
würgen: erwürgen und erbeiszeu heiszt, wann man die hunde
auf ein thier hetzet, dasz dieselben solches umbringen sollen.
Flemming deutscher jdyer 106. Allein die Vorstellung erweiterte
sich allmälich in die allgemeine des schlachlens, lödtens, umbrin-
gens, schon ein 1513 gedrucktes ejngramm Seb. Bhants sagt:
thü gemach, die platren, feber und bil (?)
werden erwürgen uwer vil.
namentlich gilt dieser sp'achgebrauch bei Luther, der auf solche
weise des ausdrticks allein in der bibel sich über ISO mal bedient :
gott hat mir einen andern samen gesetzt für Habel, den Kain
erwürget hat (vulg. quem occidit Cayn). 1 Mos. 4, 25 ; erwür-
geten alles was menlich war (vulg. interfectis omnibus masculis).
34,25; bringet her und erwürget sie für mir (i'u/(/. interficite
ante me, goth. usqimi{) faura mis). Luc. 19, 27. so wird auch
mit dem schwert oder spiesz erwürgt: und vielmehr storben
ir von dem hagel, denn die kinder Israel mit dem schwert
erwürgetcn (vulg. quam quos gladiis percusserant). Jos. 10, 11;
in aber hastu erwürget mit dem schwert der kinder Ammon
{vulg. interfecisti eum gladio). 2 Sam. 12,9; und hat sie er-
würget mit dem schwert (vulg. occidit eos gladio). l kön.
2,32; das ire junge manschafl im streit durchs schwert er-
würget werden (vulg. confodiantur gladio). Jer. 18, 21. nicfit
anders heiszt es: einen mit pfeilen erwürgen. Luther 5,199";
dieweil ich getödtet und gemetzget werden musz, so sol mich
die band deiner tochter umbbringen und todten. Hydaspes
gedacht, dasz Chariclia auch gebeten in zu erwürgen, b. d.
liebe 227,4; diese aber gelangen durch eine sondere list in
die bürg und erwürgen den kaiser jämmerlich vor dem altar.
Gryphiüs 1,5; wenn sie die nicht erwürgen wollen, die sie
lieben. Schiller 208"; eine Unschuld erwürgen (einen unschul-
digen tvdten). 130"; der schmerz würde deinen vater nicht so
früh erwürgt haben. Klixger 7, 230. gleichwol beschränkt die
neuere und heutige spräche erwürgen mit recht wieder auf den
begrif des erdrosselns und erslickens: wollen sie mich denn er-
würgen? Lessing 1,295; wenn ich nach meines weibes tod
von ferne einen hochzeitzug erblicke, so ists als ob die
thränen mich erwürgen wollten. Arnim Schaubühne 1, 156.
2) erwürgen, abstracl, bildlich genommen: sihestu, wenn du
also diu lidcn einmol oder zwei in dir erwürgst {unterdrückst),
so wird es dir darnoch licht zu envürgen (überwinden). Kei-
SERSBERG bUgcr 88'; die da in dir musz erloschen und er-
würgen alle weltliche lieb. prcd.Z'; sobald das kind erwach-
sen ist, habt irs flugs erwürget durch euwer leidige busze
und werklehre. Luther 5,84';
ein schmerz verstummeud uus, erwürgend unsre klage,
Weckherun öo3 ;
der eigennutz hat alle guten freunde erwürget. Bütschky
I'atm. 62- als wenn unsre auf der kanzel herumtrommeln
und die leute mit lateinischen brocken erwürgen. Göthe
^, 176; er hörte die stummen erwürgten klagen unsrer herzen.
J. P. Tit. 2,Hi; nichts gelang, lauter erwürgender Wirrwarr.
4,149; die durch Üppigkeit, selbstigkeit erwürgte moralische
kraft. Klinger 8, 98 ; wenn ihr hoher sinn nicht von der
rnisbrauchlen kantischen phiiosophie erwürgt wird. 12,150;
der belrogne fürst weisz nicht, dasz man ihn dazu braucht
den wirklichen dienstcifer seiner noch getreuen zu erwürgen.
11, 76. vgl. ersticken.
3) refl. sie eileten dem schif zu, jetzund wolt ein jeder mit
gcwalt hinein, Pelorus liesz nicht zu, schlug viel zu boden,
sie erwürgetcn einander wie die hund. buch d.i. 203,3; sich
mit dem strick erwürgen. Maaler 120*;
sie mögen sich erwürgen
am fusz um gut und geld,
er bleibt auf den gebiirgen
der liube berr der we>.. Novalis Ofierd. 1, 153.
4) nachlheilig ist das intransUiv gebrauchte erwürgen anüali
crvvorgen: dasz ihr alle hierein erwürgen werden, wie ein
vogel am strick. Paracelsus 1,242"; auf dasz die leut an
der Schrift nicht erwürgen, wie dem bauren schier geschehen
war, der ein calender für coriauder frasz. biencnk. 3<j'; ich
wollte dasz ihr erwürgt wäret, unw. doct. 340; sie bauen
ihnen ihren eignen galgcn und erhenkcn sich daran vil hun-
IH.
dert mal, bis sie endlich mit Achitophel gar erwüi^en.
Bütschky Palm. 625;
das sind mir allzu böse bissen,
an denen die gaste erwürgen müssen. Göihk 2, 241;
starke bissen gibt es zu kauen,
wir müs>en erwürgen oder sie verdauen. 2, 266;
du solltest mir den räuber fressen oder dran erwürgen!
8,121. 42,168.396; dasz man Shakspeare auf der deutschen
bühne wort für wort aufführen müsse und wenn Schauspieler
und Zuschauer daran erwürgen sollten. 45,56; leider weisz
ich es, dasz du und deines gleichen am nachbeten dessen,
was andere gethan, erwürgen. Schiller 206"; bleiben sie
donna, donna! ich erwürge wo sie von der stelle gehen.
Klingers th. 2, 242.
ERWÜRGEli, m. eigentlicli carnifex, dann aber occisor:
ach wie, im stürm gebrochen, die purpurblume dahin sinkt,
also werden von euch die geliebteren vor der erwürger
Schwerte sinken. Messias . . .
ERWÜRGÜNG, f strangnlalio. Maaler 120".
ERVVÜSCHEN, s. erwischen, erwütschenr das volk wendet
sich zur flucht, doch erwüschet einer das fenlin wider, reckts
auf, da kert sich das volk widerum und wereten sich ritter-
lich. Henneberger preusz. landlafel 403.
ERWÜTEN, 1) furere, insanire, toll werden, mhd. erwüeten .
ich wünsch da? im erwüeten
sin wint und ouch siu vogelhunt. Ls. 2, 427.
nhd. so es (das thier) blut sieht, so erwütet es und ergrimpt.
Keisersberg schif der penit. 13";
ei das dir der wunnen den bals abbrach!
wirst du nicht gehn und luieh bewegn,
so lasz ich dich auf den tluirn legn
und lasz dich drauf der pfeben iprpnnnm) bütn.
'ich lasz euch mit eurm thurn erwüln'. Ayrer fastn. 25';
es liilft in nicht, solt er erwütn. 63*.
2) reß. mhd.
nu scbouwet an den wunderlichen koppen,
wie er sich wil erivüetÄn
alsam ein frecher fül an einem zoume. Ncidh. ixni, 22j
der raOe^e sich erwüeten
und iemer ewecliche ertoben! tr. kr. 3090.
ERWÜTSCHEN, schweizerisch für erwüschen, erwischen bei
Fbisiüs, Maaler und andern, vgl. Stalder unter witschen,
wütschen: bei der band erwütschen, arripcre manu ; behalten
das einer erwütscht oder ergrilTen; die zang erwütschet, faszt
den zan, comprehendil forfex denlem; ein weib in der mitte
erwütschen, medium muliei-em complecti; ich wird dich bei
dem hart erwütschen, te barba arripiam; im lauf erwütschen,
cursu deprehendere ; beim hals erwütscht sein, premi faucibus ;
bei einem weib erwütscht werden, dcprehcjidi cum aliqua muliere.
ERZ, n. metallum, aes, cuprum.
1) dem lat. aes, aeris (für aesis) enlspricht goth. ais, aizis,
ags. är, äres, engl, ore, ores, ahd. mhd. er, eres, wofür noch
nhd. im 15 jh. er, eres begegnet (oben sp. 857). im altn. e\r
weicht der diphlhong ab, wenn man es mit aur arena, lutu'm
und mit aurar numi, opes zu verbinden hat, doch schreibt Gislason
eir, obschon zu eyr auch das schwcd. ör stimmt, Übergänge der
reihe ai in au erfolgen ößer. in die verwandtschaß gezogen wurden
era (sp. 54), eis (sp. 359), eisen (sp. 364), wozu sich genug ana-
logien darbieten, man sagte lat. alicujus aeris esse wie aesti-
mationis esse. _ skr. berühreti sich hema aurum und heman
glacies (= x'^uimv), weil eisberge am gipfvl von der sonne leuclUen.
das gemutmaszle eisan, ais, leuchten, glühen, brennen Idszt sich
an skr. vas leuchten oder an us, leuchten, brennen, lat. urere,
ussi hallen, den glänzenden metallen sind gleiche namen zuge-
legt, dem erz und eisen, wie rudus = aes, slav. ruda, aes,
finn. rauta, läpp, route ferrtim bestätigen; sollte sich nicht auch
aurum == ausum, lit. auksas, fügen zu altn. eyr und aur, wel-
ches letztere glarca, glas, glänzenden kies oder sand bedeutet?
2) woher nun die weitere, einen linguallaut anhängende, der
hochdeutschen mundarl eigenlhümliche wort form? ahd. aruz, aruzi
erezi, aerezi, metallum, ferrum, rudus, aes; die trad. juvavicnses
132 haben: ad flatum ferri, quod aruzi dicitur, und Aruzapah,
Arizperc, Arizgrefti, Arizgruoba (Förstemann 2,104.105) sind
lauter Ortsnamen metallischen belriebs. mhd. gilt erze ( : herze,
kßrze, smerze, geherze s. l. Georg 3900), nhd. erz, zuweilen
Srz, im 16. 17 jh. häufig auch erzt, ertzt (belege folgen nachher
besonders) mit geschärßer linyualis. der tentonista schreibt ertze
minera, ein nnl. erts wurde vielleicht aus dem hd. entlehnt, aruz,
aruzi Idszl sidi nicht geradezu aus goth. ais, ahd. ßr ableiten,
selbst wenn man äruz, Aruzi = aeruzi, frezi und mhd. erze
68
1ü7J
ERZ
ERZ — ERZÄHLEN
1076
gekürst aus me {elua wie liörre aus h^rre) annähme, Übergang
der bedeulungen rudus, ylarca in die von aes begriffe sieh, nie
hätte erezi auf gothisch zu lauten, aizati, aizuti? kaum, anklang
des hehr, arez, eroz terra, des send, crezatam silbcr = skr. ragala,
tat. argentum liefe u-ol, da trir altd. z hier in golh. t auflösen
müssen, auf letischung hinaus, kühn sehicne es, mit abwurf des
a, aruzi — rudus zu setzen, golh. aruti?, wodurch ihm ti =
ais fremd würde, vgl. 4 am scJdusz.
3) gehen wir statt dieser elymologien, die noch vielfacher läu-
terung bedürfen, auf die bedculung des heutigen erz ein. es
drückt das in borg und schachl ruhende, daraus gewinnbare mctall
insgemein aus, daher die zu.^ammenselzungen LIeierz, eisenerz,
glasen, goldene, kupfererz, zinnerz, was jenen Übertritten des
vorls in die begriß'e ehcn, gold, kupfcr, zina zu statten kommt ;
würze des waldes
und ^rie dfs goldes
und elliu abgrüiule
diu sint dir, hörre, künde. MSF. 30, 28.
mhd. pflegte man die Unbestimmtheit des ausdrticks durch adjcctive
aufzuheben: blnn erz, guidin Crz. zuweilen liciszt es cisen-
stein, glasstein, kupferstein, rotlislein für eisenerz, giaserz,
kupfererz, rolherz. in seinem natürlichen zustande erscheint das
erz gediegen, of« solidum, wie es dicht und massiv aus dem crdbodcn
kommt, ohne vorgSngiges schmelzen verarbeitet und verprägt werden
kann {vgl. bauererz); auch derbes erz, in nieren, ne.<dern ein-
gesprengt; das erz bricht derb, bricht lief strenges, sprödes,
unreines erz steht entgegen dem flüssigen, starkes, ergibiges,
reiches erz, die lagerslältcn sind rcicli, reiclihallig:
da ist guidin frze eise gras, feldbauer 42;
wir vinden starke frze. l(jl;
vindc wir da erze ganchafl. 389;
das lasz uns so gesegnet sein,
dasz (dasz das) erz au schuhen klebe, wundertwrn 1, ISC;
eisen und erz sei an seinen schuhen. 5 Afos. 33, 25 ; das erz
blutet {bluterz), ist braunroth. HEmwic 119"; das erz wäciist
alle tage ; das erz verzehrt sich ; eVz weist auf erz. Mathesius
1562,53*; Mildes erz: wenn die erz wilde sein, so henget
sich wildigkeit und unreinigkeit unten an das silber. 213'.
in diesem allgemeinen sinn des melalls heiszt es auch bei LuinEn
5 Mos. 8, 9 : ein land, des steine eisen sind, da du erz aus
den bergen hawest (vulg. cujus lapidcs fcrrum sunt, et de
montibus ejus aeris metalla fodiuntur) und wir verstehen ein-
zelne Zusammensetzungen wie erzgcbirge, erzgrubc, erzgang,
crzhütte, erzschicht u. a. m. von den erzen überhaupt, gerade
vie lat. aes omne melallum, quod rüde effodilur meint, hin und
wieder setzen auch die dichter erz für metall {s. dieses) insgemein :
in rauhes erz sollst du die glieder schnüren,
mit stahl bedecken deine zane brüst. Schiller 452'.
4) gleich all und verbreitet ist aber, wie von aes und er, die
einschränkung des Wortes erz auf das kupfcr odei- vielmehr die
mischung des kupfers mit messing, welche wir auch bronze, in
noch engerem sinne glockcnspeise nennen, und die edleren melalle,
gold wie silber, selbst das eisen bleiben dann davon au-^gescldossen.
auf älinliche weLv verhält es sich mit dem gr. ;f«Axog. so also
steht erz specifisch andern metallen gegenüber und zur seile : Zilla
gebar den Thubalkain den meisler in allerlei erz und eiscn-
werk (vulg. qui fuit inallealor in cuncta opera aeris et ferri).
I Afo.«. 4, 22; künstlich zu erbeilcn am gold, silber. erz. 2 Mos.
31,4; eisen und crz sei an seinen schuhen. 5 Mos. 33,20;
hundert tausent centner golds und tausent mal tauscnt centner
Silbers, dazu erz und eisen on zai. 1 chron. 23, 14 ; so sende
mir nu einen weisen man zu erbeiten mit gold, silber, erz,
ci.scn. 2 chron. 2,7; den meistern an eisen und erz. 24,12;
ich wil gold an stat des erzes und silber an slat des cisens
bringen. Ea. 60,19; alle ir erz, zin, eisen und blei ist im
ofen zu silbcrschaum worden. Ez. 22, 18 ; wie man silber,
erz, blei und zin zusamcn thut im ofen. 22,20; da wurden
sie mit einander zermalmet, das eisen, crz, thon, silber und
gold. Dan. 2,35; gefesz Ton erz und Ton eisen, offenb. IS, »2.
in diesem sinn sagen wir ein erzbild, eine bildseule von erz,
in erz gegossen ; ein denkmal setzen, das mehr ist als erz
und marmor; crz gieszen orfer schmelzen, aes conflare;
doch »ehe, wenn in flammenbAchen
dM gifihode erz «leb lelbst befreit. Scriilh 79^.
man merke, dasz die adjectirbildungen mhd. frln, nhd. rliern,
gleirh dem lat. acneus, aereu», ahencus, nie von metall fiber-
hauji, immer nur von bronze aussagen, wol aber bedeutet f-rzln,
•W. erzen allgtmfin mrlallieut, wonach ursprünglich <t aes, J'rze
nutailum, rudut wäre.
5) erz steht wie das lat. aes für geld: aes alienum, aere
suo emit, zu verstehen aber ist kupfergeld, womit das alterthum
gewöhnlich zaidte: ir solt nicht gold, noch silber noch erz in
ewren gürtein haben, Matth. lo, 9, gr. /i^ XTrjario^s xQvabv
ftrjSe y/tlxöv, ahd. ni curct bisizen gold noh silabar noh
scaz, ags. näbbe gc gold ne seolfer ne feoh. Ui.Fir.AS würde
hier unbedenklich aiz gewähren, wie Marc. C, 8. Niebuhr 1, 507
sagt: das crz im alten Italien, das erz, denn nur um nicht,
wo es vermcidlich ist, etwas fremdlautendes zu sagen, nenne
auch ich kupfergeld was bronze ist, kupfer durch einen Zu-
satz von zinn oder zink gicszbar gemacht, auch altn. eyrir,
pl. aurar, schw. dän. ftrc bedeuten unria numerala.
fi) erz für die eherne waffe, sdiunt oder spcr:
nun aber erhob auch sein erz. BiJRCiR 210»,
wo auch IL 3,349 tS^vvro j^n^-xw, Voss aber: erhob die
lanze. x^^'^ös drückt aber in vielen andern homerischen stellen
Schwert, lanze und schild aus. unsere alten dichter setzen weder
VT noch erz für das schwert, da sie nicht mehr an eherne denken.
spiUcrcn drückt es auch messcr aus:
die kräutcr zwischen ein,
die ich mit erz abschnitt bei stillem mondenschein.
Gbyimiiis I, 59.
7) crz für das eherne instrumenl:
klirret becken, erz ertöne! Göthk 40, 421.
ERZ, dem gr. aQXh lat. archi, unmittelbar aber dem it. arci
entnommnes praeßx, das die bedeutung steigert, eins von den
allzuoft und schon frühe in unserer spräche obwaltenden zeichen
des Ungeschicks, wenn es auf untersclieitiung ähnlich lautender
Wörter ankommt, einzelne Zusammensetzungen mit erz lassen gar
nicht erkennen was gemeint sei, das metall oder der steigernde
vorsalz, z. b. erzdieb kann sowol für aeris als trifur, erzkammer
sowol cubiculum aerarium als archicamera meinen, soll erz-
gott den Zeus oder Vulcan ausdrücken? und wie leiclU wäre
der zweideutigkeil zu helfen gewesen, zwar nicht durch die dem
ohr entfremdete mhd. aussjirache crz und erz, sondern dadurch,
dasz man das archi in ausspraclie und schrift gegeben hätte arz,
wie wir ja arzt für archiater sagen und sich auch wirklich arze-
pote bei Diemer 371, 12 vorfindet. Ulfilas hat arkaggilus.
Böhmen und Polen gebrauchen arcy, Niederländer aarts (unter-
schieden von erts, metall), Schweden uiid Dänen erke. die ersten
spuren unsers erz zeigt bereits das 13 jh. bei Verdeutschung der
fremden archidux, archangelus, arrhiepiscus, archipresbyter,
z aber folgte aus dem unmittelbar rorgelegnen it. arci in arci-
duca, arcivescovü, arciprcta, während sp. und franz. archi blicl>.
in diesen sfirachen allen, wie bei uns, wurden zahlreiche schmei-
chelnde und zumal sclwltende auf^drürke mit dem praeßx gebildet,
bei der folgenden aufzdhlung fällen alle comjyosita mit i'rz iftui
erz untereinander, die bilduiigen er-z sondert der sinn lacht von
itinen ab.
EKZADER, f aeris vena: erzader, doraus man golt oder
silber sampnet. tw. 1482 h 4"; darzu ist das ertrich inwendig
begäbet mit kostlichen crzadern. Cvrillcs CI.
EftZAGEN, l) aninmm abjieere, desperare, verzagen:
n\hd. da? ir so lihtecliche erzagcnt,
des mügent ir iueh sCre schämen, tr. kr. 33288;
er wöl von hungers not eriagen. Ls. 3,38.
nhd. denn durch sie erzagt der feind und die seinen erstar-
ken in kühnhoit und inannheit. Fronsp. 1. 174*.
2) tr. animum alicujus frangere, einen verzagt maclicn: pfui
der schand, meins erachtens wurd er sein volk erzagen und
werden im die Teutschen nit lang willig bleiben. SchCrtli.^s
br. 177.
ERZÄHLBAR, narrabilis: die sache ist uncrzahlbar, nicht
zu erzählen.
ERZAHLEN, reddere, xurückzalikn, wiederzalden :
ob ich schon niemand etwa« hab entwand,
doch musz ich es erzählen und crsiatten. Lorwasskr p». 09.
Kf.isersrerg hat es auch für das folgende erzählen: soll ich
die bletlin der cntschuldigimg alle erzalen, mir wurd mauls
gebrcstcn. ir haben ir damit genüg, s. d. m. 13*; dein lich-
nam leidet ietz frost. jetz hitz. dann hunger. dann turst und
dergleichen lusenterleig, wer wolt das alsamen erzalen? Mariae
himelfart 13*.
EHZXHLEN, ags. Alellan, ahd, nrzciian, irtellan, mhd. er-
zelii, erzellen. man unlerseheidt leiehU, fnk miUheilung im
grspräch von denx hedaclden, ffierHthen tOftny, wiewl beide in
einunder laufen.
1077
ERZÄHLEN
ERZÄHLEN — ERZ AMT
1078
1) narrare, enarrare, recitare: kurz, weitläuftig erzählen;
laut und heiter erzellen, clare recitare. Maaler120'; und der
knecht erzelet Isaac alle sache, die er ausgerichtet hatte.
1 Mos. 24, 66 ; da erzelet er dem Laban alle diese sache.
29,14; und er hatte einen andern träum, den erzelet er
seinen brüdern. 37,9; da war bei uns ein ebreischer Jüng-
ling, dem erzeleten wirs. 41, 12 ; Mose kam und erzelet dem
volk alle wort des herrn und alle rechte. 2 Mos. 24, 3 ; er-
zeleten im alles wie sie es funden hatten. Jos. 2, 23 ; sihe
da eraelet einer einem andern einen träum, rieht. 7, 13 ; und
die fisch im meer werden dirs erzeien. Hiob 12, S ; die himel
erzelen die ehre gottes. ps. 19, 2 ; ich wil erzeien was er an
meiner seelen gethan hat. 66,16; alte geschichten, die wir
gehört haben und wissen und unser veter uns erzelet haben.
78, 3 ; und Tobias erzelet seinen eitern so viel guts, das gott
bei im gethan hatte. Tob. U, IS ; und die aposlel kamen
wider und erzeleten im, v\ie grosz ding sie gethan hatten.
{golh. usspillödedun imma, ags. cyddon him, vulg. narraverunt
illi, gr. oir^yrjoayro aincö). Luc. 9,10; und sie erzeleten
inen, \*as auf dem wege geschehen war {ags. rehton })a {)ing,
vulg. narrabant, gr. i^rjyovirxo). 24.35; das kammerweib er-
zelet im die liebe irer frawen klärlich. b. d. liebe 212,1; so
wenig sich die, so {d. i. von denen) du mir erzelet {oder die du
mir aufgezählt?) hast, ihrer liebe haben mögen entziehen, also
wenig mir auch solches möglich sein wird. 235,4; die er-
zieherin vieler stattlichen berühmten leuten, welche ich bei
anderer gelegenheit schon will zu erzehlen {aufzuzählen) wissen.
Opitz poeterei 2';
was willst du es verhehlen?
von eurer liebe iian die ganze flur erzählen.
Dlsch verm. werke 512;
und wenn kein wiederhall dir meinen gram erzählt,
so frag die ganze flur wie sehr ich mich gequält. 553;
erlaubst du wol dir ein geschichtchen zu
erzählen? 'warum das nicht? ich bin stets
ein freund gewesen von geschichtchen, gut
erzählt', ja gut erzählen, das ist nun
wol eben meine sache nicht, 'schon wieder
so stolz bescheiden? mach, erzähl, erzähle!' Lessing 2, 276 ;
Daja, !asz
vor allen dingen dir erzählen. 2, 192;
erzählen wird man von dem schützen Teil. Schiller 53S';
was wirst du still, wenn ohngefahr
ich eines mädchens lob erzäle? Göeingk 1,S7;
das sagen sie ihm treulich an
und können sich nicht satt erzählen. Novalis Oflerd. 1, 155;
da schicke ich ihnen die kleinen wieder, sie mögen unsere
Wirtschaft erzählen. Göthe an fr. v. St. 1, 98. eine geschichte,
ein märchen erzählen {beim volk auch verzählen) ist heule der
technische ausdruck, ein fabel oder ein märle erzellen. Maaler
120', die Golhen sagten schöner spillon, usspi!l6n und für er-
zähhing spill, die Angelsachsen spellan und spell, narraliuncula.
das -von einem' erzählen will sagen : etwas, die geschichte vmi
einem, statt des dat. der person, welcher erzälät wird, findet sich
bei neueren die praep. an : ich bab es an ihn erzählt, gleichsam
rerkfindiyt, überliefert :
ich hab an Arkas alles klar erzählt. Götbe 9, 82;
was ich da hör, erzäl ich wieder
an Bürger. Gökingk 1, 215.
2) enumerare, rccensere, herzälden, aufzälilen, vortragen:
all gründ erzälen nach der leng
geprauchet wort ein grosze meng. Schwarze:«berg 154, 2;
in den wei.4hümern öfter 'das recht erzählen', den rechlsbrauch
öffentlich hersagen und verkünden: der vogtherr will das recht
erzell haben, so erzelet man kein recht zu Enimel, der vogt-
herr und ein amptman unsers gn. hern zu Willich von wegen
unsers gn. hern seien dan persönlich da. 2,349; gelobet
seist du herr, lere mich deine rechte, ich wil mit meinen
lippen erzeien alle rechte deines raundes. ps. 119, 12. 13; und
andere bncher, die do erzelet {aufgezählt) sind in den geist-
lichen rechten. Heucblin augensp. 19'; wer ist so weise, der
die wölken erzeien könde? {vulg. quis enarrabit caelorum
rationcm?) //io6 38, 37; da er erzelet den eid und bund den
vetern verheiszen. wrish. Sat. IS, 22 ; wer ist nu, der den
bapst und papisten frei machen und entbinden könne von
ilzt crzeletem gebot des evangelii? Lctrer I,6l*; dieses ge-
meinen gcbets ist noch von alter gewonheit blieben ein an-
leigung, wenn man am end der predigt die beicht erzelet
{hersagt) und für alle Christenheit auf der canzel bittet. 1, 240* ;
sie schreiben in derselben bullen, das die arlikel, so da auf
einem häufen erzelet werden, ellich ketzerisch, cllich irrisch
seien. 1,346'; ich musz hie zum exempel einen erzeien {an-
führen), denn ich mit solchen geistern viel zu schaffen habe.
3,101'; auf das aber ir deste basz seine tücke meidet, wil
ich hie derselben etliche erzeien. 3,101'; ich wil euch auch
etliche exempel erzeien des christlichen rechts. 3, 118*; das
wir unsern verstand nicht weiter beweisen dürfen, denn die
wort erzeien, wie sie da stehen und lauten. 3, 48S'; ich
musz hie erzeien etliche psalmen und text. 5, 169' ; aber wer
kan solche feile erzeien, weil es ungewönlichc geschichte
sind? 5,241"; zum ersten wil ich dich unten ichten die species
auf den linien, darnach auf der federn, und alsdann die regel
de tri auf beide erzeien. Adam Rise rechnung A2*; es were
zu böser stund sein Werbung dermaszen zu erzeien {werben,
ausrichten, reden). Aimon bl'; under dem begab es sich also
vil, das ewer sune sein botschaft zu erzeien nimmer wider
kommen wird, wann er ward in solchem gemengel erschla-
gen. b4'; nach diesen beiden wissen die römischen historien-
schreiber keinen mehr zu erzehlen, der über unsere alte
landesleute geherschet habe. Micrälius 1,81;
die haben je ein hohes lob,
den du hast mit dem krebs erzelt. If. Sicns II. 4,58',
in welcher stelle das pronomen 'den' anstusz gibt, dat. pl. kann
es nicht sein, als acc. sg. m. fügt es sich nicht zu dem neutralen
adj. hohes, oder ein kühner Übergang aus dem n. ins m. müste
statt finden, mhd. war lop sowol m. als n., die meinung ist,
sie haben holies lob erreicht, das du hast durch die vergleichung
mit dem krebs vorgetragen;
erzehlet seine gnad, erhebet seine sterk. 'Weceherli^ 247;
ich könte auch sonsten viel vortrefliche leute erzehlen {auf-
führen), die auf diese kunst ihren höchsten fleisz gewendet
haben. Opitz poeterei 5 ; herliche Sprüche erzehlen. 3 ; Carolus
M. half Pipino nebst andern platzen, welche Ademarus er-
zehlet, die feste Stadt Bourges gewinnen. Hahx 1,17; die
guter, so er besessen, erzehlet Pithoeus nach der Ordnung.
2, 237 ; wer da glaubet, es gehören zu vertraulichen, ver-
liebten, galanten briefen . . . neue kunstgriffe, der wird mit
recht meinen satz für falsch halten, und dieses sind nicht
etwan alle arten, die Neukirch und andere erzählen, es sind
nur äste, die sich wieder in viel kleine zweige vertheilen.
Geliert 5, 203. allmälich hörte diese Verwendung von erzählen
ganz auf.
3) zu bemerken ist noch die praep. •über' bei dem «ort im
sinne von aussprechen, verkünden: alle plagen, die leiblich und
geistlich sind, erzelet er über die Juden. Luther 3,309';
darumb sag und erzele ich dis, ihr zum zeugnus, über ihren
köpf. Frask weljb. 157*.
ERZÄHLENHÖBEN, n. das alle sagen hören, erzählen hören
substantivisch gefaszt. Gökisgi im leben Nicolais s. 80.
EBZÄHLENsWEBTH, dignum relatu: erzellens nit ward,
relatu indigna. Maaleb 120*.
ERZÄHLER, m. narralor: ein guter erzähler; der reichste,
gewandteste, berühmteste erzähler seines Jahrhunderts über-
nimmt die geschichte seiner zeit zu schreiben. Götbe 46, 233.
ERZÄHLEBIN, /. narratrix: eine lebendige erzählerin.
ERZiVHLEBPFLlCHT, f von seiner erzählerpQicht jedoch
wurde er bald abgelöst. Göthe 21, 135.
ERZÄHLUNG, f. narratio, fabula, recensio: [märchen imd
erzählungen ;
wenn ich
nicht fürchten müste ihro majestät
durch die erzählung zu ermüden. Schiller 249';
wir müssen aber erstlich die persischen könige nacheinander
zelen, Cyrus, Cambyses etc. diese erzelung der könige in
Persien ist allen gelerten bekant. Melaxchthoss Daniel, deutsch
von Jomas s. 82 ; erzehlung der damals berühmten klöster.
Haun- 2,43.
ERZÄHLÜNGSÄRT, f. modus narrandi.
ERZÄHLUNGSWEISE, f. dasselbe.
ERZÄHLLNGSWEISE, adv. narrando.
ERZ.^FLMEN, mansuefteri, domari:
mitd. erzamen und erblügen
muost allej wilt, daj in gesach. tr. kr. 603S.
ERZ.\HMEN, mansuefacere, domarc, mhd. erzemen.
ERZAL.\ÜN, m. weiszer vitriol.
ERZ.VMT, n. superius imperü munus, z. b. erzmarschallsamt,
erzschenkenamt ;
sein narr und freund (es ist nicht rar,
erzämter so vereint zu sehen). Pfeffil 2, 47.
68»
1079 ERZANGELVVEIT — ERZBEGRCNDET
ERZBEHELMT — ERZBÖSEWICIIT 1 080
ERZANGELWEIT, latissinte patens, angelioeü, sperrangdiceil :
erzähle, mein lieber,
sonst niaclit micli dus Geber
der nt'upicr kapor {kapures) !
an jeglichem ohr
sind thiiren und thor
erzangehveit oflen. Kl. Scbkidt poel. br. G".
ERZANKEN, rixv: , altcrralionibus obtinere. Stiei.er 2598.
auch refl., du Last dies schon so oft gesagt und dich schon
so oft damit erzankt. Pestalozzi 4. 60.
ERZAPPELN, trepidare, mliJ. erzabelen (s. ersiraheln 5p. 1019) :
das arme thier liegt und erzappelt auf dem boden; der wurm
erzappelte ;
die räche ich fTirhte und hän ervorht,
da; diu süe;e Arable
under sinie swcrto erzähle. VVVi. 355, 22.
ERZARBEIT, f. opus aeraritim.
ERZARBEITER, ni. l) mclaUicus, bergmann, bergknappe.
2) faber. aerarius, erz.vhmied, kiipferschmied.
ERZ.\RM, pcrpauper, blutarm, sp. arcliipobre.
ERZARMUT, f. sutnma paupertas:
doch überzeugt, dasz deine müh
dereinst ein üchulg-eld werde lohnen,
wogegen aller schätz der sitzer auf den thronen
von Iteringssirasze bis nach Lissabon
crzarmuth ist! Kl. Schmidt porf. br. 102.
ERZ.^RT, f. genus acris, mdalli, gangart.
ERZÄRTELIS, emollirc, verzärteln: so erweiben, erweichen
und erzärllen sie sich mit ihrem üppigen wesen. Puiland.
2, 108.
• ERZACHSE, f. melalli scoria, erzsdilackc.
"ERZAüBERN, incanlamenlU efficere, vgl. bezaubern, ver-
zaubern.
ERZAUGE, n. erz im gcslcin, klänc puncle bildend.
ERZ.\UGLEIN, n. dasselbe.
ERZAUSEN, rellere, erellere, rupfen:
vor angst slach ich mein kinder
vast hinhindcr,
sö kumbt ir mueter zuogepraust,
zwar die beginnt ZJio schelten,
geh si mir eincj mit der faust,
des muost ich ser entgelten.
si spricht 'wie hästns nu erzaust
die kind zuo einem zelten' (U'it))\ Wolkekstein s.33;
behentlich wart ich zu ir mausen
und begund sie auch zu erzausen,
das die petstat mit uns einprach. fastn. 1205;
doch wo ein sulcher esel wer,
weit ich es luf kein tag im ler (verstriche Htm k. /.),
er wurd also erzauset. 12S1;
dar mit wirt dan der gemein man
so oft erzauset und gezupft,
pis er stet als ein gans berupft. IIaupt 8, 529;
er bat, sie solt im lausen,
sein gelbes härlein im crzausen. Uhlakd 148;
80 die lande wol crösigct und die bauren wo! erzauset sind.
kriegsb. d. fr. 25;
das ich dein harldck lang und grosz
erzaus uud scheiicl dir dein har. H. Sacbs DI. 1,54';
als er nun wol erzauset was. IV. 3, .W;
also musz man den gscllen lausen
und ihre scckcl wol crzausen. Frischlings Susanna 3G5:
die hunde erzausicn dem fuchs den balg, zausen scitänt mit
zeisen carpere nalirertrandl, Kovon unter den einfadicn Wörtern.
ERZAUSSCHL.\GER, m. arbeiler, der das erz vom gcstein
schridel.
ERZRACFIANT, m. Iiomo insipidus. Stieler 74. s. bathanf.
ERZBALGEK, m. rixator pugnadssimus, puijil audadsnimus.
Snei-ER 83.
ERZBANNER, n. ardiivexiUum.
ERZBANNERAMT. n. munus ardiirexilliferi.
ERZRANN KR HERR, m. vexillifrr imperii.
EPiZBKAMTE, ni. dem ein erzamt zusteht.
ERZBKCKER, m. scurra, possenrriszer : nm allenvenigsten
aber verstehe ich die crzblirker und zollcnschmiedc, wodurch
die obren der erwachsenen leulc beleidiget werden, pol.
äodcf. i. viflleifht ein.<i mil crzbncliant.
ERZBEGKÜNDET, xnly.oßarTjS, bei Vois heuer ehern :
dann fahr Ich auf
tu «rinem entbegründeten pallast. IltiRKF« 14'';
•■«dann will ich hinauf in sein onrbcgründcien haus gchn.
Jitf.
ERZBEHELMT, musenalm. von 1798 J. 114.
EBZBEISZER, m. calalor invincibilis, der immer -«m sidi
beiszl. Stieler 126.
ERZBELASTET, xtthcoßaQr'is:
doch zerschnitt ihm die röhre der erzbelnstete schafl nicht.
Bürger 1^^*
(doch nicht völlig durchschnitt der eherne speer ihm die gurgel.
Voss).
ERZREREITEND, /.aXxehi:
geschmiedet vom erzhereitenden künsller. Uürgkr 214'.
ERZBERG, m. was erzgebirge.
ERZBERNHEUTER, m. nebulo: heraus, heraus du rpiinla
essenlia von allen crzbernheutern ! komm her, ich will dein
herz vor die hunde werfen. Weise erzn. 174.
ERZBESCHEISZER, m. was erzbetrieger. Paracei-SCS
1590,421.
ERZBESCHLAGEN, xaXx^ot]g:
zwei crzbeschlagene lanzen
schwingend rief er hervor die tapfersten niler Achaier.
ItÜRGEK 2ü</;
traf ihn mit erzbeschlagencm schaft und löst ihm die glieder.
21 y.
ERZBESTIE, f. nequam: du cizbeslie wer bist du, und
welcher Icufei hat dich angeheizt? «nie. dod. 058.
ERZBETRIEGER, m. Iwmu fallax, mendax.
ERZIiETTLER, in. Iiumo mendidssimus.
ERZBETZE, /". lupa, scorlum vulgare. Stieler SO. vgl. bütze,
betze 1, 1100. 1741.
ERZBEWEHRT, yaXtcoxoQvarris. Bürger 104". 166'. 219*.
ERZBILD, n. slatua aerea.
ERZBISCIIOF, m. ardiiepiscopus, ü. arcivescovo, sp. arcebispo
und arzobispo, fr. archevdque, sdm. erkebiskop, dän. erkebisp,
nnl. aartsbisscop. alid. erzibischof. Diut. 3, 250, in früheren
hss. wahrscheinlidi arzibiscof; erzibischof. Kelle s[>cc. eccl. i<jl ;
mhd. iif stuont der erzebiscliof,
von dem dCs keisers hof
gezieret und geeret was. Karl 671 ;
da wart ein fürste wol geborn
ze erzcbischovo erkorn. Gerliarl 194;
min herre der erzbischof. 3470.3022;
den erzebiscliof des verdröj. livl. dir. 11120;
nhd. erzbischof, ein fürste der bischof. t'oc. 1482 g6'. 'einen
erzbischof über das feld machen' hiesz einen außängen, ihm
die lukhsle sldle im fdd rerldhen. Aimon s 2". auch eine muschel
hcüszt erzbischof, weihbischof, conus ardiiepiscopus.
ERZBlSCilÜFLEIN, n.
dann soll man ein erzbischöflein
mir [ilrr Tiber) noch pulverisieren,
den staub in meine fluten streun
und mich damit feileren. Blumaubr Aan. 3, 76.
ERZBISCHt'iFLICH, ardiiepiscopalis.
ERZBISTHUM, n. arcbicpiscopatus, betont (5rzbislhum, neben
erzbischof: d6 stifte er siben er/ebisluom. Kelle spcc. cccle-
siac 33.
mhd. ein richcj erzehistuom. Cerh. 174;
nhd. das erzbiscbofthumb Hamburg. MiCRÄLirs 2,165; der
erzbischoflhum zu Rom. Moser 2, ISG. die küriung bisthum
(2, 4S) fiir bischofthum gleicIU dem mhJ. hcrzcnluoin für \ier-
zogentuom.
ERZßLINKEND, aere fulgens:
wenn er doch jetzt ankam und vorn in der pforto de« sales
stände mit heim und schild uud zwo crzbliukendcn lanzen.
Od. I,2.'>7,
was hinter dem original bleibt, schon wegen des ungrantmatisdifn
zwo und mit dem auf getragnen jxirticip gegen den einfachen dualis
SvO OOVQS.
ERZBLUME, f flos aciis, der für gutes anzeichcn des erzcs
gellende spalh.
ERZBOSE, omnium ncquissimus: hasz und neid und cri-
bösc tücke. LuTiiKH 5, 533' ; und ist, sage ich, eine rechte
crzb<isc lilckc des ergstcn teufels. li, iS2'; Uneinigkeit und
erzbösc tücke. 8, 203 ;
du crzböscr papa ! dein töchierehen so tu erschrockm !
war lins recht? I.ui$a atug. l. h. 14(1.
ERZRÖSEWICIIT, m. homn sfrleiatissirnns: wer im selb«
srhoden liiut, den lieixzl man biliirh einen rrihilsewichf.
spr. Sal. 24, ft; fraget sie der er/!i(Wewirhl. der den sabbalh
gelK>ten hat. i«) der hcrr im him«!? iUacc 15,3;
1081 ERZBOSHAFT — ERZEIGEN
darzu die jesuwider,
als erzböswiclit, mit spott und schand
gejaget alle aus dem land. Soltaü 4(50;
0 ihr leichtfertige Schelmen! o ihr erzböswichter! Simpl. K. 94.
ERZBOSHAFT, scekratissimus : die methodisten sind in
England als eine kriechende gattung erzboshafter beuchter
bekant. Stürz 2, 379.
ERZBOTE, m. archangelus, crzengel, mhd.
der bezeiclienet die maitiräre,
die gotes arzepolen wären. Diemkr 371,12;
spcht, dö sprächen die erzeboten. pass. II. 151,8;
die da heilen erzehoteu
in der vreudcn riebe. 343, 51.
ERZBßUCH, m. aeris fodina, sldle wo erz gebrochen wird.
Fiiiscn 1, 232". Steinbach 1, 197.
ERZBL'BE, m. archiscurra, erzpiib, erzpubc. voc. 1482 g6';
sint erzbilhen in ir haut. Keisersb. /ia5 tm;;/". Ffl"; einstrick-
würdiger erzbube. Bltsciiky Palm. 853.
ERZBUBEXSTCCK, n. summum flagilium: denn es stehet
heiligen Icutcn übel an, solch erzbubenstück und teuflische
tücklin dein nehesten zu beweisen. Luther 3,382"; solchs
hat der tcufel in der Christenheit ein lange zeit getrieben
und weil jetzt seine tücke und schalkstück durch doctor Mar-
tini lere offenbart sind, so feret der erzbüsewicht zu und
wil unsere heilige sacrament auch unter seine grewel rechnen,
ist das nicht ein erzbubenstücke? Alberhs wider die verfluclde
lere der Carhtader Ff 4'.
ERZBÜBEREI, n. dasselbe: in der erzbüberei ertrunken.
Schreiber bundschuh 48.
ERZßUHLERIN, f. meretrix, crzhurc: ich will mich hier wie
eine spinne zusammen knäueln, und wenn sie im netz sitzt,
diese Kunigunde, über sie herfahren .... tüdten, lödten,
tüdten, und ihr gerippe, als das monument einer erzbuhlerin,
in dem geliälke der Steinburg aufbewahren. Kleist Kälhchcn 3, 2.
ERZDEL'TSCH, Germanum tum dissimulans, suicolin tadelndem
als rühmendem sinn : ich werde ihnen ehster tags das buch
schicken, damit sie doch sehen, was das thcater für einen
wunderlichen und erzdeutschen gang nimmt. Göthe an Schiller
150; es hat mich so ein erzdeutscher einfall ganz verdriesz-
lich gemacht. 355; dein Erasmus ist ein monument erzdeut-
schon fleiszes. Göthe bei Merk 2, 183.
ERZDIEB, m. l) trifur, mer dann ein dieb. D.\sypod. 82*.
314*. Frisiüs 1330". Maäler 119".
2) für aeris, der erz sliehlt.
ERZDIEBIN, f. sexungula.
ERZDIEBSTAHL, m. furtum aeris.
ERZDOM, m. im loc. 1482h4' er zlam, melropolitania, cathe-
dralis ccclcsia.
ERZDRAHT, m. filum aereiim.
ERZDRl'SE, f. facx aeris, s. druse und drusen 2, 1461.
ERZDUMM, sttillissimus : wir sind beide erzdumm gewesen.
Lessing 1,304; ein ei-zdummer naiT. Moser palr. ph. 1,175;
mein golt, was für gescbrei erhüben
nicht da so manche dumme buben,
erzdummer papa,
erzdurame mama,
erzdumme leibs und seelenamme. Bürger 64'.
ERZDÜMMKOPF, m. slultus siullorum.
ERZECHEN, potando parare, quaeiere:
günstiger winde harrend sasz mit treuen freunden
mir geduld und guten muth erzechend
ich im baren. Götue 2, 75.
ERZEICIINEN, literis consignarc, aufzeichnen, verzeichnen:
ordentlich aufschreiben und erzeichnen. Reütter Ar/ejsordn. 43.
vgl. golh. ustaiknjan, darstellen.
ERZEIGEN, praeslarc, praebcrc, exhibere, indicare, osletidcre,
erweisen, weisen, praet. erzeigte, mhd. erzeigen, prael. erzeicte
und erzeigete. ahd. irzeigan oder irzeigon unterzeichnet, obsciwn
einfaches zeigan, zeigun vorkommen, golh. weder taihjan, taibun,
noch ustaihjan, ustaihön, doch verwandt sclwincn taiknjan,
ustaiknjan, welchem in einzelnen stellen erzeigen gerade der be-
deutung nach entspricht, der gcslalt nach das vorausgehende er-
zeichnen. in taiknja sind, mit haftender lenms k, genau die
XV von Ssixiffit,
man kann über erzeigen nicht sprechen, ohne vorweg auf das
einfache zeigen cinzugelicn. wie sich erzeigen und erzeugen,
bezeigen und bezeugen, zeigen und zeugen in den buclmtaiicn
und dem sinn berühren und vermengen, liegt iiinen auch der
analog gebildete stamm zeihen und ziehen unter, ahd. zihan und
ERZEIGEN
1082
ziohan = goth. taihan und tiuhan, lal. dicere und ducere.
schon das mhd. erzeigen ( : neigen, veigen) schwankt in erzöugen,
erzöigen {vgl. ougen, üugen entstellt in eigen).
dicere ist künden, hörbar machen, ducere leiten, weisen, sicld-
bar machen = zeigen, z. b. das iiaus, den weg zeigen, mon-
strarc, und alles geht hier auf sinnliche Wahrnehmung und Weisung
hinaus, wenn aus videre ein frequentatires visere, aus goth.
vitan an veisön folgt und vcis, ahd. wisi, nhd. weise der
seilende ist, weisen sehen lassen, so scheint auch für zeigen =
Seiy.t^ivai eine sinnliche grundbcdeutung nothwendig. sie liegt
im einfachen zeigen noch unverhüllter als in erzeigen, das meisten-
theils schon von abstracten siibst. oder adj. beglätet wird, ich be-
mühe mich aber für erzeigen ebenfalls den sclücier zu lüßen und
unter 1 wie 3, a — c die Vorstellung des Mähens, leuclttens d. i.
erschcinens, sichtbar Werdens darzulegen, denn auch schinen ist
leucltten, erscheinen {sp. 957) ist zeigen, declarare, golh. gabairhtjan,
und augjan, ougan fällt zu augu, ouga.
1) blühen, blätter, blumen sichtbar werden, hervortreten lassen:
mhd. in den ziten da die rösen
erzeigeten manec schoene blat. MS. 1, 19',
blätter, blumen trieben, zagten, vorwiesen, freilich auch hervor-
brachten, wie Hei. 132, 15 von den bäumen :
than sie brustiat endi bloiat endi bladu tögeat,
löD antlükit,
wo dem zeigen togean = züugen begegnet;
daj blinde vollv dö düchte,
wie des liecliles clärheit,
als in erzeigete sin cleit,
Ilerodem dran wolde eren. paxs. U. 159, 44,1
WO sich 'in' für den dat. pl. oder acc. sg. nehmen, auf die leute
oder auf Herodcs bezichen läszt, die sonnenstraiilen lieszen das
goldne klcid erglänzen, nhd. erzeige deine band und rechten
arm herlich. Sir. 36,7; er fraget menniglich, wo der riese
war, denn er wolt ihn mit streit bestehen, also ward er
ihm erzeiget (geiviesen, 7nit den händen gezeigt), denn er hett
sein Wohnung auf eim starken schlosz. b. d. liebe 273,4;
alsdan auf dein gebot hat sein haupt stolz und hoch
aufrichtend in den luft ein jeder berg erzeiget.
Weckherlin 22;<,
vgl. ps. 104, 8 die berge gehen hoch erfür. wir sagen heute
zeigen, weisen, nicht mehr erzeigen, vgl. hernach 3, a.
2) häufig bei abstracten Vorstellungen,
a) kraft, macht, gewalt, muth, meisterschaft erzeigen:
mhd. ich wnene ej wil winter sin,
der uns sine kraft erzeiget. MS. 1, 19";
der erzeicte getriuwen muot. Iw. 2700;
wan si im erzeigte ir libes meisterscliaft. Nib. 620, 2;
nhd. eben darumb hab ich dich erweckt, dasz ich an dir
meine macht erzeige {golh. ei gabairhtjau bi {)us mäht meina).
Rom. 9,17; und bette gott nicht räum, seine Weisheit und
gewalt über unser Weisheit und verstand zu erzeigen. Ldther
6, so"; hat doch zu unser zeit auch papst Paulus seinen
Obergewalt erzeigt, bienenk. 132'.
b) hülfe, gnade, gunst, freundschaft, gute, treue, liebe,
minne:
mhd. got sol uns helfe erzeigen. Walih. 77, 1 ;
owe, kund diu minne ander helfe erzeigen. TU. 71;
als ein stumbe; tier dem man
vriuntschal^ erzeigen kan. /«>. 7768;
kein {{reundticUcs) wort er im nit erzeiget. Dioclctian 673;
warum redest du mit mir niht, ".
du erzeigest mir kein Iriuntschaft niht
weder mit Worten noch mit gesilit. 774;
erzeict im sine minne. Iw. 3872;
hie erzeigte sine hövescheit
her Gawein der bescheiden man. 2714-,
getürstekeit erzeigen, tr. kr. 11673;
dar du mir seit erzeigen
gnediclich genäd ze allen stunden. Hadamar 172;
nhd. bringet in herab zu mir, ich wil im gnade erzeigen.
1 Mos. 44, 21 ; er wird gott bitten, der wird im gnade erzeigen.
lUob 33,26; wird denn der herr ewiglich vcrstoszen und
keine gnade mer erzeigen? ps. 77,8; daselbs wil ich euch
kein gnade erzeigen. Jen 16, 13; jedem erzeigt ihr recht und
gnade; gott erzeigt mir reichlich seine gute. ps. 59,11; er-
zeige im gute und trewc. 61, 8 ; das du keinen bund mit
inen machest, noch inen gonst erzeigest. 5 Mos. 7,2; und
barmherzigkeit erzeige in viel tausent, die mich lieben und
1083
ERZEIGEN
ERZEIGEN
1084
meine gebot halten. 5,10; ich wii euch baniiherzigkeil er-
zeigen und mich über euch erbarmen. Jer. 42,10; und die
baruiherzigkeit erzeigete unsern vetern (<joth. taujaii arma-
bairti{)a). Luc. 1,72; und nicht mer liebe erzeigen, //os. 9, 15;
erzeiget nu die beweisung ewer liebe {goth. ustaikncin fria|)v6s),
2Cbr. 8, 24; einem ein freundlich hen, ein frölich angesicht
erzeigen, ein väterlich herz erzeigen. Maaler 120'; ein fröud
in den äugen erzeigen, gaudium ocidis profcrrc. ebenda; das
du solch löbliche that gethan hast und Israel so grosze wol-
that erzeiget hast. Jud. 15,12; das sol mir angenehm sein
und vi'il meine ehre erzeigen, spricht der herr. Uaggai 1, 8 ;
erzeigen sie uns die ehre berein zu treten ; einen dienst,
gefallen erzeigen;
den traurgen dienst
der traurigen erzeigend. Schiller . . .;
gott bat ihm diese gnade nicht erzeigt. 441';
die gcfälligkeit erzeigen. Felsenb. 1, 109 ; bedankte sich vor
{für) erzeigende hüflicbkeit. unw. docl. ü41.
c) zorn, räche, klage, untreue, reue, schmerz, neid, hasz:
mhd. erzeigte ir riuwe. Kelle spec. 50;
Sit got sd sere sinen zorn
an dir gedächt irzeigin. Athis F35;
Marja vor dem kriuze trürecliche klage erzeiget.
VValtu. 37, 17;
nit, haj, der nie pelac
den erzeugte der ritter dö. Bon. 62, 13;
ej erzeicten ir geba^rde
ir herzen beswa;rde. im. 1322
nhd. derhalben da gott wolte zorn erzeigen {golh. viljands
guj) ustaiknjan {)vairhein). ROm. 9,22; da niiist warlich der
vveltermacheriscbc papst sein pUpstliche choleram erzeigen.
bienetik. 235"; so schv^ere mir nu bei gott, das du mir kein
untrewe erzeigen wollest. 1 Mos. 21, 23.
d) Wahrheit, einfalt, list, trug, gewohnheit, wunder:
mhd. da scol got sin wärhcit
hiule hie eri/jigen. Uul. 301, 15;
da; ir sine tugeiite besceinte
und die rehtea wärheit under in erzeictc. 303, 14;'
der vuchs erzöugte sinen list. Bon. lö, 24;
ach herre got, wie vil der ist
at erde, die dun selben list
erzöugenl. 33, 33;
dö erzeicte aver Keii
tin alte gewonheit. Iw. 108;
nhd. und vergaszen seiner thalen und seiner wunder, die er
inen erzeiget halte, ps. 78,11; in gesalzen und contraclcn
erzeigen si ein grosze einfalt, zanken nicht. Frank ivellb. 193";
die Weisheit gottes wird den hoffertigen nur im euszern schein
ülTenbart, aber den demütigen wird sie in inwendiger war-
beil und verborgenem grund erzeigt. Luther 1, 32'.
e) nicht seilen sieht bei erzeigen das blosze pronomen oder folgt
an abhängiger satz darauf:
mhd. Tristan sprach aber, diz rauoj ich
mit gotes helfe erzeigen. Trist. 163, 17;
daj erjeigten si wol hie. Iw. C99« ;
daj wart da wol erzeiget. 7091 ;
ich sei in wol erzeigen da;. A't6. 1404, 4;
diz wart ouch an lasöne
bewaerct und erzeiget, (r. kr. 11203;
muge aber ich erzeigen daj. Otto hart 213;
ber Nelthart wart der rede frö,
wie wol erg nit erzelgti dö. Ring 4*, 7;
nu erzeicte der töre ze haut,
dn; der töre und diu kint
vil lihtc tc wcnemie sint. Iw. 3320;
op da{ got erzeig«,
da; ir niht sit veige. Part. ibS, 15;
d^r Wirt sinen gcsten wol erzeigen bat,
d.-i; man si gerne sa>he in Bürgenden laut. Nib. 73S, 2;
da; er in willic wsre, wol erzcict er da;. 1597, 2;
in mdirern diaer ttellen hat auch das adv. 'wol' unmiltelbarni
bezug auf erzeigen, nhd. e» einem, etwas einem erzeigen,
rijl. denn niemand jamerte dein, das er sich über dich bette
erbarmet und der stück eins dir erzeigt. Ez. 16, 5.
3) bei dem häufigen reßexivum ist durch den unmittelbaren
turückgang auf die perton die sinnliclie und lebendige rorstellung
gern fettgehaUen.
a) »icb erzeigen, blühen, grünen, »achten, hervorthun:
iwft «icb d«r rose enelgei. U.SII. 3, 238*;
die mark erzeiget «ich« und bringt eckcrn. wcislh, 3, 416 ; ge-
letzt aber et erzeigen ticb da (im gebütch der reimgedichtc)
Strauch und aufschuszlinge, die dem günstigen leser behagen
können. Rompler t'orr. s. IG.
b) leudUen, sclieinen, sich aupteüen, aufgehen, sicIUbar werden
{vgl. goth. gabairbtjan unter 2, ü) : über zween tag erzeigt sich
das weiter aber schön. Frey garleng. 35, «-et jedoch auf 'schön'
gewicld fallen könnte; denn morgen, so bald es tag vird, so
wcrd er sich erzeigen (erscfieinen). b. d. liebe 12, 3 ;
jetzund, da eben der hundsstern sich auch erzeiget.
Weckuerlin 80";
was sieh ich aber dort für gaben einher bringen?
es scheinen weise Icut aus morgen da zu sein,
wie kommen sie daher? und was doch Tür ein schein
erzeigt sich ob dem haus? Romplkr 27;
sobald sich aber der liebe tag im osten ein wenig eraeigle
Simpl. K. 948.
c) i'on Ihieren und menschen leiblich sichtbar werden, vortreten,
sich vorstellen: ein igel, als lang sich der erzeiget und berfür
tut (aufrolll), so reizet man in. Keisersb. selcnpar. 22'; Fockens
von Morillons süne kamen und erzeigten sich dem keiser
{stellten sich ilim vor). Aimon El'; und da die jungen ritter
gcwapnct waren, si gingent und erzeigtent sich dem keiser.
E2'; kamen und erzeigten sich alle underlhanen desselbigen
schlosz, ihm als ihrem herrn erbhuldigunp zu thun. Amadis
127; sich dem volk, vor dem volk erzeigen, committere se in
conspectum. Maaler 120'; hie sprechen sie, hat Christus be-
fohlen, dem priester sich zu erzeigen, das ist er sol dem
pricster heimlich beichten seine sünde. Luther 1,507'; das
sie nu Chrislus heiszt zu den prieslern geben und sie sich
den priestern erzeigen. 4, 487' {in der bibcl selbst, Maith. 8, 4.
Marc. 1, 44. Luc. 5, 14 setzt er einfadm zeigen, Ulf. überall
ataugjan) ;
herr, es ist lange satt, dasz ich dich nicht gesehen,
erzeige dich, mein arzt! (ersc/tein mir). rLEHiNC 30.
d) sich erzeigen, sich erweisen, benehmen, betragen, bcwäliren :
darvon sollen die hausvetter in iren büseren nicht gestalten,
das das gesind iemans sein cer abschneide, aber bist du
geladen und bist bei den lütcn und hast den gewalt nicht,
und gezimt dir auch nit, das du eim darin redest, so soitu
dich mit deiner angesicht {in deinen gebärden) erzeigen {es
steht erzeugen), das man merkt, das du es nil gern hörest,
und soll in nit anglefzen {anschmunzeln, 1, 354 «af/i:«/ra<;en)
und anlechlen. ist er denn vernünftig, so zücht er die pfeif
in den sack und hebt den Irüssel zu und schweigt. Keisersb.
s. rf. ni. 28' ; nun lobest du die person allein darumb, das du
dir sie geneigt will machen, das sie deinen willen thüg,
darum gleffest du sie an {macltst du Uir süszc vnenen) oder
erzeigst {steht erzeugst) dich sunst mit geberden gegen ir
früntlicb, oder kartest mit ir, so dick du der ding eines
ihusl, so dick sündest du tödlich. 32'; und mich derniaszea
in meiner kindheit erzeiget und gehalten, dasz münniglich
daraus gespürt, dasz ich zu einem kricgs oder reitersmann
geralhen würde. Götz von B. lebensb. 6 ;
dasz ich mich wol weisz zu erzeigen. Atrer 243';
und in den nngcwiitern
erzeigt sich erst der muth. Göthb II, 77.
e) sich erzeigen, sidi anstellen, simulare:
Triege ist ein valsch geselle,
und kau sich doch erzeigen,
als ob er helfen welle. IIadamir 450;
mit gen. der sache: er aber erzeiget sich der fliiclit und »icho
zurück. Tacius bei Fronsp. 3,249'; ungeacht nun, dasz er im
ersten schlaf vvar, erzeigten sich dennoch die bürger alles
gehorsams. Schweinichen 2, 100 ; da nu Nicanor sich erzeigen
wolle, wie bitter feind er den Juden wäre. 2 Macc. 14, 39
f) sich erzeigen, erscheinen, hervortreten:
wo nutz sich nicht erzeigt, wo kein Rewinn sich weist,
ist rrcunit.Hchan nicht ilulieim. I.ucau 3, 211, 114;
nn dem sich gut verstand und lugend wird erxeigon,
d«* redet nicht, bis er vermerkt ein stillcschweigen.
pcrt. roienlh. 4, 7 ;
und sagten was ich hiibe
erzeigt in ihrem angesicht {in ihrer ijegenwnrt).
I>. GsRUAiio 29, 50;
als er {der webergescll) sähe, dasz in seinem gewebc sich
sichere bildnisse mit einigen Zieraten crzcigetcn. fien. baumy
5, 10.
g) mit einem praedicierenden subtt., dem aber in netierer teil
'als' torgdten mutz: sich ein freund erzeigen. Dastp. ;
1085
ERZEIGEiN — ERZEMPÖRER
ERZEN — ERZEUGEN
1086
so hab ich dörfen gar allein
der pliariseer Schützer sein,
und mich erzeiget einen man. Lobwasser Cnl. ;;. 5G;
sich einen redlichen, frommen burger erzeigen. Maaler120';
Sintia wehrt ihrer ehren, wer ihr was wil muten an,
ei der musz es schwer entgelten, sie erzeigt sicli als ein mann.
LoGAU 2, 55, 9 ;
ich komme endlich auf das dritte, wodurch ich mich als
den advocaten des ungenannten erzeigen soll. Lessing 10, 228 ;
dort erkletterte sie den mast und erzeigte sich als ein kühner
matrosc. Göthe 22,126. diese stellen lehren, das: der casus,
ivie bei älmlichcn verben (sich bewähren, bekunden, ankündigen,
darthun) im nom. sotrol als acc. stehn darf.
h) häufiger ist das adjectivische keines als bedürfende praedicat,
wieder vüt zttldssigem nom. oder acc. :
friuntlich si sieh erzeiget. Ilälzl. 22';
da aber einer auch die warheit beschirmbt und aber unbe-
scheiden ist, alsdann ist es teglich sünde. wan er aber also
unmäszig sich in seinem schreien erzeiget, also das die Icut
darab geergert würden, so möchten todsündc daraus entstan.
Keisersb. i. rf. m. 41'; ich wil eine fewrige maur umbher sein
und wil drinnen sein und wil mich herlich drinnen erzeigen.
Zach. 2, 5; also erzeige dich heriich an inen für unsern
äugen. Str. 30, 5; welchen er sich nach seinem leiden leben-
dig erzeiget hatte, aposlelg. 1, 3 ; sich frölichen erzeigt, ver-
warimj landgr. Wilhelms 1552 a2'; sich dankbar, tapfer, stand-
haft, rauh erzeigen; sich stark erzeigen, pers. roscnlh. 8,34;
sich widerspenstig erzeigen. Lokman fab. 20. 22 ; solchem Un-
heil (dem aipdruck) zuvorzukommen, wollen sie für rathsain
hallen, wenn man sich im bette verkehrt erzeige und allda
die füsze hinlege, wo vorher der köpf gewesen. Praetorius
u-ellb. 1, 28. doch mögen einzelne dieser adj. für adv. gelten,
u-ic es auch z. b. heiszt: erzeigte mich nicht anders. Simpl. K. 2S2.
früher konnte auch der acc. in abhängigem salz folgen: da erzeiget
er sich ganz gerad und geleich sein. Br-aunschweig 9.
ERZEIGEN, n. exhibitio, ericcisung:
wer verdachtes unsrer fürstin,
gönnet sie dem herrn der bürg
freundliches eraeigen. Göthe 41, 219.
ERZEIGLICH, apparens, sichtbar: wie aber die stärke alle
sind, erzeiglich oder nit, so ist es die eine stärke in allen
gliedern gleich. Paracelsüs 1, 317°.
ERZEIGUNG, f exhibitio, erweisung: mhd. erzaigunge der
werk. Grieshaber 1,119; nhd. derhalben bitte ich demütiger
unterthenigkeit, e. f. gn. wollen diese meine erzeigung gnc-
diger meinung annemen. Luther 1,225; nach irer gewonlichen
fürstlichen hochgenedigen erzeigung. br. 1, 412; e. f. gn. wollen
den guten fromen mann mit dieser gnedigen erzeigung er-
freuen. Melanchth. an Albrecbl ep.i; erzeigung, das augen-
dienen und fürhinspiegein, vendilalio. Maalek 120'; der low
. . . jetzt mir für mein gutlhat mit dankbarer erzeigung zu
zahlen sich understehet. Kirchhof wcndunm. 203'.
ERZEINFÄLTIG, wie erzdumm.
ERZEINFALTSPINSEL, m.
ERZEINGEMACHT, Verstärkung der schelte eingemacht (sp.230) :
dasz die Juristen unserer zeiten und ihre gesetzgeber von
zwülfhundert her erzeingemachte eselsköpfe gewesen sind.
Schlosser bei Merk 1, 111.
ERZEISELN, s. erzeisen: ein ding mit den fingern erzeislen;
erzeislen, als man die baumwoll bereitet. Maaler 120'.
ERZEISEN, n. stricturae fem, materie woraus man das eisen
macht. Maaler 119".
ERZEISEN, discerpcre, decerpere, discernere, erzupfen, klein
zupfen: so wir gott anbeten mit nuint oder im herzen und
die wort des gebetes nit wegen und betrachten und erzeisen
im herzen, so bleibend wir kalt, raw und unberürt und un-
bewegt von innen. Keisersb. par. der seien 208'; wann sich
die jungfraw erspitzet, erzeist und zum tanz ufmutzt, kl. weise
reden läCSi, 289'. 1570, 305'. s. zeisen, zerzeisen, erzausen,
zerzausen.
ERZEITIGEN, maturescere, zeiligen, reifen: wann der samcn
schier reif wird und erzeitigt. Thorneisser »n/7, wirk. 47 ; das
man erfahren müssen, das, so die flüchtige materi des schwefcis
des feuwers allergcmachesl gewohnt und also nichts aus oder
von dem, das albcreit etwas erzeitigt, hinweg weicht, magn.
dich. 1, 83 ; deren frucht auch rotlechl, so sie wol erzeitigen.
0. wciih. lustg. 739.
ERZELEN! s. erzählen.
ERZEMPÖRER, m. seditionis dux, rädehfühnr. Stiei.er 1467.
ERZEN, er nennen, wofür neuere fehlerhaft eren : man soll
mich nicht irzen, sondern erzen; wer den herren duzt und
erzt den knechf. Eschenbürg denkm. 402.
ERZEN, aereus, gegen die sp. 1075 vermutete cinschränkung
auf das rohe mctall streiten doch viele stellen:
ich will dir kaufen ein schamlotschauben,
ein sammatn geller, ein erzene hauben. H. Sachs IV. 3, 20',
wie man in Ostreich hauben aus golddraJU trägt? doch nach
Schneller 1, 115 heiszt im Nürnbergischen 'erz' Verbrämung,
namentlich um eine haubc und pelzmülze, was vielleicht ein draht-
bcsnt: oder borte war und niclU ai//'irsch (Schm. 1, lll) zu gehen
braucht, eine kleiderordn. von 1626 bei Westenrieder 9, 295 hat
'spizige, fehene, erzene, sammet und atlasene egglhauben'
(slahlhauben) ; ein erzenes gefäsz. Butschky Pa/Tn. 315; erzene
schusseln. Lohenst. Arm. 1,17;
so wie der erzne Mars (like plated Mars). Ant. and Cleop. 1,1.
ERZEN, ex aere fundcre, aus, in erz gieszen:
ein geerztes und ausgeholtes (IwUes) pferd.
lieinclio fitclis 1650 s. 321.
ERZENGEL, archangelus, it. arcangelo, sp. arcangel, fr. ar-
change, poln. archaniol, dän. erkeengel;
mtid. enget und erzengel. Gerh. 339;
erzengel und engele. Hacpt 5, 553.
vhd. denn er selbs der Iierr wird mit einem feldgeschrei und
stimme des erzengels . . , komen vom himel (goth. in stibnai
arkaggüaus). 1 Thess. 4,19; Michael der erzengel. Judä 9;
dreierlei engcl warens, ein erzengel in ihrer mitte. Fr. Müller
1, 79 ; mit weiblichen erzengeln und männlichen erzteufeln.
.1. P. Fibel vorr. vgl. erzbote. die weisze oder taube nessel
(lamium) heiszt auch erzengel, vgl. engelblume, angelica.
ERZERREN, distrahere, aufzerren, auseinander zerren, zer-
zerren :
ich zerreisz im sein baubt gar
und erzerr im sein gelbes bar. fastn. 452, 28;
do erzart si mit iren zenden ir gewant und rauft aus ir har.
gcsla Rom. K. 107; musz wie der schustcr das leder erzer-
ren, errecken, erstrecken. Garg. 104*.
ERZESEL, m.: aber darüinb sint wir die erzesel. warümb?
wir hant die zeichen des esels in uns. Keisersb. bilg. 128';
in Schwobenland, wenn einer einen mort het begangen, einen
zu tod geschlagen oder im das leben het genomen, wo er
denn mag kumen under einen nuszboum, oder ein esel bi
den oren mag erwüschen, so ist er fri und getar im nieman
nüt gethun. aber er findet keinen oder selten einen nusz-
boum oder einen esel, wenn es ist gar ein seltzen ding ia
Schwobenland. merk also thunt wir erzesel ouch. 128'.
ERZET, ein aus dent verstärkenden erz gebildetes adj.?
ich halt fürbasz nichts mehr auf in,
er ist ein erzeter unllat. H. Sachs V, 222';
er ist der erzet vater, rffr leibhaftige; er sieht seim rat er erzel
gleich, aufs haar ähnlich. Schm. 1, 115. vgl. erzig.
ERZEUGEN , producere, gignere, vom stamm ducere, goth.
tiuhan, ahd. ziohan, ziehen, woher ustiuhan, arziohan, erziehen,
lauter starke verba, und kein schwaches goth. ustiuhun (ustiuhön),
ahd. arziugön begegnet; mhd. wird es sehr häufig, erziugen,
praet. erziugete, erziugte, nhd. erzeugen, erzeugte, aus ziehen
entspringt auch ein nomen ziuc, geziuc, zeug, materia, supcüex,
instrumenta, vasa, sumplus und erst daher, scheint es, bildete sich
das verbum erziugen, erzeugen, wie schon ahd. giziugün aus
giziuc, giziugi. zwei hauptbedeutungen,
1) hervorbringen, aufbringen, wirken, machen tossen, fertigen,
a) bauten und anlagen:
ein Celle er erzlugöte. Serval. 838,
er liesz auf seine kosten errichten;
den turn er crziugct hat
Ü5 so gröjen steinen. Flore 4170;
do was also erziuget
der selbe boumgarte. Er. 8598;
mit richer koste löno
gezieret was diu selbe stat,
so lüterbrrre und also glat
was ir goj^cn e^terich,
da/, man crsach darinne sich
relit als in eime spiegel,
wan er enwas von ziegel
erziuget niht s6 reine,
er was von marmelsteine
geworht nftch riehen sachen. tr. kr. 17413.
1087
ERZEUGEN
nichl anders von kunstuerk und gemähldc: dies heidnisch werk
soll Matiisalcin ufgericht und erzeugt haben. Fierabras C\
b) klcidcT, Waffen, gerate, material, tvaarcn:
swaj kleider ie getruogen edeler ritcr Kint,
wider ir gesinde da; was gar ein wint.
si was so ricli des guotes, da; drijec kiiniges wip
£{ möhlCQ niht erziugeu, da; eine erziugte ir lip.
JN'ife. 77!t, 4 ;
da; mens (die luouwc) in kurzer stunde
niht ba; erziugen künde. Er. 2300;
wa; üf der hüben wnere
Wunders erziugct. Hclmbr. 28;
mit höher koste lAne
der selbe schilt crziuget was. tr. kr. 9577;
wie daj (gereile) erziuget wsere. Er. 7477 :
si (diu schibei wart erziuget schöne
mit richer koste löne. Paiitul, 1577.
rkher, höher koste lün in Cünrabs drei atcllen bezcidmcn Jen
aufwand, zeug aber gehl uns noch heute auf kleidiingsstoffe und
gerät; swelich öjman oder frowe in sinem höse llnwat er-
ziuget. Augsburger üadtbvch s. 18; so ist ouch der gnvvander
reht, da; kein lodwt-ber noch nicmen der pewant erziuget,
bl der eilen niht veikoufcn so!, s. 30 ; nhd. die apostel und
cvangelislen sind vielleicht so arm gewest, das sie nicht
haben kiind erzeugen (herbeischaffen, anscliaffeti) so viel cinober
oder brcsiiien. LtriiER 3,356'; daraus wir das merken, das
gicserne geschirr bei den allen nicht sehr gemein gewesen,
und das man sich auf solchen hausiat und gcfesz gedissen,
die nicht leichtlich zubrochen sein und lang gewert haben
und die der gemein man umb ein zinilich gcld vom tiipfer
hat erzeugen (machen lassen) können. Matuesiüs 15G2, '-*:5'.
in Osterreidt hört man bü auf heule essig erzeugen, Siegellack
erzeugen «. .t. w. für fabricieren. Luther schreibt : gegenwär-
tiger briefszeiger hat nur drei jähr von meinem gn. h. herzog
Juhans kurfürst e. f. gn. vater 24 fl. gehabt, nu wolt er gern
noch ein jar vollend hie studieren, zudem das er auch weder
kleider noch bücher hat mugen erzeugen (sich anschaffen).
br. 3, 444. allgemein von dem aufwand für hochzcilgäsle, mhd.
wände si ladeten gar
alle die et körnen dar
zuo den hörhziten.
der vater frowen Enitcn
mnht fij niht erziuget hftn,
e; muoste an demlierzogen stän. Er. 1395.
e) fruchte erzeugen : es wurde nicht viel körn, doch habet
in menge erzeugt (vgl. gezogen); zwei cimer wein erzeugen.
man braucht heute gern das fremde producieren, für erzeugnisse
producte.
d) erzeugen, procreare, generare kommt mhd. noch nicht vor,
tpäler aber in allgemeinen brauch : viele kinder erzeugen ; von
bürgerlichen eitern erzeugt sein ; die mit der ersten frau
erzeugten kinder; er hat sich keinen nachkommen erzeugt;
wo kann eine mutler sein, die ihr erzeugtes kind nicht liebt?
Fb. MCller 1,306; Deutschland hat mich erzeugt;
toll doch nicht als ein pilz der mensch dem boden entwachsen
und verfaulen geschwind an dem platze, der ihn erzeugt hat.
GöTHE 40, 25b;
er ist mein söhn nicht, einen basilisken
hab ich erzeugt, genährt an meiner brüst. Schiller 512'.
mit bezug edler bildseulen auf Veredlung der tncnschengestall :
erzeugten (es steht erzeiglen) schöne menschen (d. h. Griechen)
schöne bildseulen, so wirkten diese hinwiederum auf jene
zurück und der Staat hätte schönen bildseulen schöne men-
schen mit zu verdanken. Lessinc G, 383.
e) erzeugen von noch andern sinnlicJien oaer übersinnlichen
dingen: der heisze sommer erzeugte kraukhcilen; ein kaltes
an den sümpren erzeugtes fieber; Vorstellungen und ideen
erzeugen. K.t.M S, 21 ; die nachricht erzeugte allgemeine Un-
ruhe; und gewi.s war niemand geschickter und gewandter
erbscbleicbciei zu erzeugen als er. Götue 31,222; die sache
erzeugt ekel.
f) refl. auf dem einzigen st. Catharincnberge ei7euget sich
dieser stein. WixiEriiAMi 3,132; eine wahre biltcrkcil halle
«ich in ihrem Terhällni« zu Olliiien erzeugt. Götue 17,240;
tcbadliche dünsle erzeugen sich leicht in dieser gegend.
i) erbringen, trstari, leslifirari. friiherhin holte es mir Ihunlich
ge$ekienen, das wurt zeuge unmittelbar a»/" ziehen zurückzuführen
{RA, SJ7), «eil nach attdrnt^chem recläsbrauch der zeuge am uhr
gnogen wurde, da indessen mne alle benenuung golk veitvAds,
ahd. urchundo lautete, $o scheint richtiger das sj^ter aufgekommne
zeuge, wie zeagen ttibtt, üu$ der vortleilung producere, proferre
ERZEUGEN — ERZEÜGUNGSKOSTEN 1088
zu erklären, der zeuge wird vorgcbraclU und bringt die Wahrheit
vor, zeugen und bezeugen ist etwas als wa/ir besldligen, erzeugen
als wahr erweisen, glcichriel ob durch gestellte zeugen oder andere
beweismitlel : die wlle ßr die klage erziugen mac. Schwabensp.
cap. 177 (Wackerjc.);
(laj erziuge ich mit dem riche. Rot. 298, 9;
ob ich; mit in erziugen sei. Greg. 34S2;
so er mit oiemen mohto
erziugen disc gcschiht. lio. 1069;
so er snien golinjrcn
mit keinen scliinlirhen dingen
niht erziugen möhtc. 1527;
ich erziuge/j mit dem golde. Nib. 790,2;
ich erziuge; mit dem gürtel, den ich umbe hän. 792,3;
ich seit iu gern ein mT^re,
so wil man, da^ ich; bewa;ro
und (In; ich r; erziuge,
oder man spricht, ich liuge.
wie sol ich e; erziugen hie?
die liut ich al dn heime lie •
an der stat, da es geschach,
die varnt mir niht nach. ti.4. 3, 33.
nhd. wird dies erzeugen selten: nichts zu schreiben, dann was
ich vor gott erzeugen mag und darf. Paiiacei.sds chir. sehr. 17*.
man gebraucht dafür bezeugen, bewähren, merkenswerth ist noch
ein 'dumen und erzeugen', richten (ahd. tuoman) und über-
führen (überzeugen), in einem weisthum von 1421 (2, 30. 31).
3) da, wie schon sp. 1081 gesagt wurde, die begriffe und Wörter
zeihen und ziehen, zeigen und zeugen an einander stoszen,
sind bezeigen und bezeugen, erzeigen und erzeugen, mehr-
fachem Wechsel ausgesetzt, wer seine freudc und liebe bezeugt,
bezeigt sie zugleich (1, 179S); wer etwas erzeugt, hervor, vorbringt,
von dem llszl sich auch sagen, dasz er es erzeige, zeige, darlrije.
leslißcari ist also auch denwustrare, monstrare, ostendere, und zu
beiden, erziugen wie erzeigen, gesellt sich ein synonymes bewa'ren.
wenn Tiiomasiv sagt, dasz am jüngsten (jerichl jeglicher seine mis-
scthat 'erziugen' müsse (w. gast 5639), so meint dies mehr viani-
festare als testari, und es könnte auch 'erzeigen' gesagt sein.
wanne er gröje liebe an in erziuget hat. Berth. 22 hiesze
besser erzeiget, um so mehr schwanken nhd. schreiher. alts.
tügian gleicht buchstäblich einem alil. zoiigan, bedeutet aber was
zeigon, und nicht anders begegnet hin und wieder mhd. erzöugen
stall erzeigen, sclwn ahd. verdeutscht T. 144 zougilin das lat.
ostenderent.
4) diese Verwirrung möge schlieszlkh noch eine lehrreiche be-
deutung bestätigen, bei KEisEitstiKac, den wir sp. 1084 erzeugen
für erzeigen schreiben salien, begegnet ein erzeugen,' erzügen im
sinne von aushallen, lang ertragen, hinziehen: ich wil es wol
vier Wochen erzeugen, gunkel 5; wer wolt das erzeugen?
ebenda; wer möcht das erzügen, also arm on gelt zu sin?
ehr. bilger 120'; so bin ich jung und mag es basz erzügen
weder ir. k. 8. desgleichen bei Münster: sie mochten nicht
diirst noch hitz leiden, aber kellen mochten sie fast wol
erzeugen, cosmogr. 386. auch Maai.er 120* slclll auf erzeugen
ferrc, sufferre, tolerare: durst leiden und erzeugen, sich des
dursts erweren, sitim tolerare; ich mag die arbeit nit erzeugen,
ich bin der arbeil ze schwach; ich mags nit mer erzeugen
und erdulden, durare nequeo. das alles schickt sicli mehr für
erzeigen als für erzeugen, denn der erzeigende, sich erzei-
gende bewährt, erträgt, doch läge auch traherc, ducere darin.
ERZEUGER, m. genilor, namentlich valer, lat. parens, goth.
beruseis, si roditel. aber audi rerfertiger: der crzeuger des
tuchs.
ERZEUGERIN, f. genilrix, mader:
da ich so weit nachstch an crzeugerin so wie an rüstiuie,
wundert es, wenn mit recht Amnr mich nihrt Im Iriumf?
Voss Piuperi. 2, 8, 39.
müszigkelt ist erzeugerin von lugenden.
ERZEUGNIS, n. gencratum, procrealum: die erzeugnisse eines
1 an des;
wos von erzeiignissen dem dichtergeist
im stillen tiiul der llme langst gelungen. Göthi 4, 27.
ERZEUGUNG, f proereatio, generalio: crzoiigung der l>
thierc, pflanzen, steine; man kann an eiucni dinge .i
setze der mechanischen erzeiiguug versuchen. Kaxt 7,. ^;
die gescize, nach denen die natur in kryslallerzeugiuigcn
wirkt. 7,298; auch die erzeuguug des slaales ist eine art
von reclilserzpugung, ja sie ist die höchste stufe der rcrhts-
erzeupiiiig iihcrhaiiiil. Savicnt syslem 1, 22.
KIlZKli.! m.<\i:T, f.
tlü^LLcl Ni.^KUSTEN, koäen der producli«n.
1089 ERZEUGUNGSORT — ERZGEWALTIG
ERZEÜGUNGSORT, m. was halten diese vor den iinge-
schnittenen onyxen voraus, dasz man sie allein nach ihrem
erzeugungsorte benennte? Lessing 8, 1()3,
ERZEUGUNGSTRIEB, m. gesclilechtstrieb.
ERZFARBE, f. cohr aeneus.
ERZFARBIG, colore aeneo, kupferfarbiy.
ERZFASZ, n. dolioluni, quo aes asportatur.
ERZFATAL, maxime fatalis, perniciosissimus : für uns alle
wars ein erzfalaler tag. Sturz 2, 377.
ERZFAUL, inertisdmus.
ERZFAULENZER, «i. bernhdiiter.
ERZFAULHEIT, f.
ERZFECHTER, wi. homo pugnax, raußold: der verwundete
war ein erzfechler. pol. stockf. 251. Stieler 453.
ERZFEIND, m. inimicus capilalis, todfeind: der teufel als
der erzfeind des guten. Picrol 1, 263 ; gegen seinen heimlichen
erzfeind. Göthe 33, 214.
ERZf"ELDHERR, m. archidux, imperator, ei-zherzog:
llelit er {Chryses) die
Achäer insgesammt, doch allermeist
die zwei erzfeldherrn, Atreus sötine an. Borger 142'. 146'.
ERZFELSEN, w». rupes aeris.
ERZFEST, insigni dwüie, eisenfesl:
ihr Siegel ist itzt wachs, vor wars erzfeste treue.
LoHKNSiEiN auserl. ged. 6, 13.
ERZFLEGEL, m. homo rusticus, s. flegel.
ERZFUNKE, m. homo versulissimus, erzscMm : unter andern
war ein erzfunk an demselbigen ort, dem ich ehmalen ein
sfhiin grosz stück wolgelegener und fast lustiger wiesen ab-
practicierl, das er mir nicht gönnele. Simpl. 2, S6 ; ja selbst
gesehen hatte, dasz der kühehändler ein erzfunk war. 2,288.
£. funke und tausendfunke.
ERZFÜHRMANN, m. auriga aeris, der das nz in die schmelz-
hütle fährt.
ERZFÜHRÜNG, f. erzhaltigkeil äner lagersldlle.
ERZFÜRST, m. archidux, crzherzog. Stieleb 585.
ERZGANG, m. vena aeris, erzader, erzlagerstälte : viele hielten
die physiognomischen reisen, als nur ein tbeil heraus war,
für einen neuen physiognomischen erzgang. J. P. paling. 1, 74.
ERZGAUNER, m. erzdieb, erzspitzbube.
ERZGEBIRGE, n. montes mctalliferi:
im Erzgebirge dürft ihr auch nicht suchen,
wenn ihr wein finden wollt. Claudius.
ERZGEBIRGER, m. incola Iradus monlani.
ERZGEBIRGISCH: ein erzgebirgischer berghahn.
ERZGEGOSSEN, aere fusus: am schweren, erzgegossenen
panzer des guten. Fr. Müixer 1, 369.
ERZGEHALT, «i. bonilas aeris, vgl. goldgehalt, kupfergehalt
«. s. «•.
ERZGEISTERSEHER, m. theurgus theurgorum. Kant 3, 89.
ERZGEIZHALS, m. avarissimus, sordidissimus.
ERZGELB, tcas erzfarbig. Stieler 585.
ERZGEMENGE, n. mixtura metallorum.
ERZGENERALFELDDUMMHEIT, f., gehäufte Verstärkungen
ron dummlieit: vielleicht reizt auch wul einmal die erzge-
neralfelddummheit die hohnlache zum ausbruche. BtJnGER 1S4'.
ERZGEPANZERT, x^^^oxhcov. BijRCER 146'. 207'. Stolderg
11,51.
ERZGERÄTHE, n. inslrumentum aereum:
bist dus, 0 srhmelternd lautes erzgerälhe,
das herrisch auf zum kämpf die kärapfer ruft.
RÜCKBRT gas. gedi 1, 71.
ERZGERÜSTET, aere armatus.
ERZGESCHEIT, facetissimus : ein erzgescbeiter köpf.
ERZGESCHMEIDE, n. armalura aenea.
ERZGESCHREI, n. clamor aere crebrius reperto editns: erz-
geschrei heiszt, wenn immer ein anbruch nach dem andern
rege und eine zeche nach der andern fündig wird, dahero
sagt man 'es folgt immer ein erzgesi hrei nach dem andern'.
Hertwig 120*. Frisch erklärt aeris inrentio.
ERZGESCHWÄNGERT, aere praegnans:
wir klettern herab aus dem felsichtcn scliacht
zum erzgeschwängerten gründe. Kuhnkr 1, 148.
ERZGETÖiN, n. sonus aere edilus:
cymbeln mit der beckcn erzgetönc. Götiik 4t, 249.
ERZGETRIEBEN, aere caelalum:
dies erzgetriebene bildwerk des lieds. Platen 131.
ERZGEWALTIG, aere potens.
III.
ERZGEWÄLTiGEft — ERZHÜFIG 1 090
ERZGEWÄLTIGER, m. faber, erzbewdltiger :
so ruf ich laut euch erzgewältger nun hervor. Göthe 40, 3S2.
ERZGEWINNUNG, f. aeris effossio.
ERZGEZÄHNT, denle aeneo.
ERZGICHT, f. das auf einmal in die mimdung des Schmelzofens
gestürzte erz. s. gicht utid kohlengicht. Scheüchenstuel 69. 103.
ERZGIESZER, m. faber acrarius: erzgieszer oder smelzer
oder munzer oder glockengieszer. voc. 1482 h3'.
ERZGOTT, m. deorum princeps, Jupiter:
Mercurius ruft aus, der erzgoit ist beflissen
zu zeigen, dasz sein grimm wie blitz und brand verzehrt.
IIOFMANNSWALDAU Iwcltl. Qt-d. S. 18.
ERZGRABER, m. metallicus, fossor, bergmann: erzgraber,
aerarius. voc. 1482 gö'; merk, wir sint hie erzgraber des
joraertals und graben mit groszer arbeit das erz und das
Silber des lidens. Keisersb. bilg. 86°. späterhin umlautend erz-
graber.
ERZGRAF, m. archicomes. Frisch 1, 232'.
ERZGRAÜPE, /". aes in minores particulas Iritum, grobe erz-
körner, wofür man auch blosz graupe sagt.
ERZGRAUPEL, m. dasselbe.
ERZGREUEL, m. summum nefas, scelus: das stuck zeugt
allein gnug, wie die papisten der rechte erzgrewel sei in der
heiligen stete. Luther 0,93'; das ist die lesterliche predigt
und der rechte erzgrewel des leidigen endchrists. 6, 292'.
ERZGROB, rusticus.
ERZGRORIÄN, m. homo agrestis.
ERZGRUBE, /". aerifodina. voc. 1482 g6'.
ERZGUT, ojMmae indolis, ingut: eine erzgute, frohe, junge
hausmutier. Ardinghello 1, 145.
ERZHAFTIG, aerosus, erzhaltig: eine grosze menge erzhaf-
tige steine aus dem gebürge. Felsenb. 2, 456.
ERZHALDE, f. halda ist alid. clivus, abhang, mhd. halde,
bergmännisch aber eine meist kegelförmige erzanliäufung vor der
grübe am tage, u.'ie sie aus der grübe gefördert und hier ausge-
stürzt wird, jenachdem in dem häufen erzgestein (haldenzeug)
aufgestürzt wurde oder nicht, heiszt er erzhalde oder taube halde.
SCHEUCHENSTÜEL 118.
ERZHALTEND, aerosus. Frisch 1, 232".
ERZHALTIG, aerosus, ei-zhapig.
ERZHALTIGKEIT, /:
ERZHALUNKE, m. trifurcifer: den becher her, oder du bist
ein erzhalunk. Fr. Müller 1, 178.
ERZHASZ, m. odium exiliale, todhasz, mordhasz. Stieler 786.
ERZHAUS, n. domus aeraria, yebdude in welchem das von
den zechen abgeliefeiie erz aufbewahrt wird.
ERZHAUS, n. donnis primigenia: Adam, den ich gern die
mutterzwiebel und das erzhaus der menschheit nenne. J. P.
Katzenb. 3, 55.
ERZHAÜS, n. für erzherzogenhaus, domus austriaca.
ERZHAUSHALTER, m. oeconomus accuralissimus.
ERZHAUSHÄLTERIN, /•. die sich auf den haushält tücluig
verstellt.
ERZHERZOG, m. archidux, litel der östeneichiscften (früher
auch der brabanlischen und lothringischen) herzöge, der lat. aus-
druck gieng voran, wo steht der deutsche zuerst? im 15 jh. ist
er entschieden gangbar.
ERZHERZOGIN, f archiducissa.
ERZHERZOGLICH, archiducalis: das erzherzogliche haus,
die erzherzogliche würde.
ERZHERZOGTHUM, n. arcfiiducatus. keine kürzung in erz-
thum, erzcnihum.
ERZHEUCHLER, m. callidissimus Simulator.
ERZHEXE, f trivcnefica.
ERZIHRTE, aqx'^^oifiiiv: wann erscheinen wird der erz-
hirle. l felr. 5,4; zu dem rechten erzhirten dem herrn Christo.
Luther 3, 95'.
ERZHOFMANN, m. homo versulissimus: wie schlüpfrig das
glück, hat der erzhofmann Sejanus an des roin. kaisers
Tiberius hof genugsam erfahren. Butschky Palm. 46.
ERZHlHlLE, /"., kästen oder truhe, karren zum fahren de»
erzes in die schmclzhülle. Hertwig 121*.
ERZHUF, m. ungula ferro munila, mit eisen beschlagmr huf.
ERZHÜFIG, x"^'<Ö7iovs, worunter bei Homer die erzfüszigen
rosse der göller verstanden sind:
also sprach er, und schirrt in das joch erzhufige rosst.
II. 8, 41 ;
schnell, wie er ankam, schirrt er ins joch erzhufige rosse.
13, 23.
69
1091
ERZIIURE — ERZIEHEN
ERZIEHEN
1092
ERZHURE, f. scorlum vulgare, proatibulum : weil du solche
werk thust einer groszen erzhuren, t'j. lf.,S0; aber ehe wir
derselben erzhuren und leufelsbraut antworten, wollen wir
zuvor wuhrt'ii ghinben beweisen. Ldtber 3,71'; von solcher
kirchcn, dii- sich über und wider gott und sein gebot setzt
und heit, neialich von des helliscben Lvicabers orzhuren, da
die ilzige huinwirle, die Niclasbischove in regieren. 3,518';
dos teufeis crzhur fraw Interim. Alberus vom basiiisken A2';
denn nur eine orzhure kann so leichtsinnig schlieszen. Les-
sing 10, 72.
ERZHURENTREIBER, m. scortalor: o wie fein lauls, wenn
ein bischof ein erzhiirnlreiber ist und heiszt einen armen
pfalTcn keusch leben. Litther 5, 299*.
ERZHURER, m. dasselbe.
ERZHÜTTE, f. erzhaus, schrnelzhüUe, officina aeraria.
ERZIOHT. acrosus. Stieler 360.
ERZIEHBAR, condocefaciendtis, abrichtbar: aber ist der delphin
mit seinem windungsreichen gehirne zähmbarer oder erzieh-
barer als manche nagethiere? Rud. Wagner in den Göttinger
gel. anz. 1S43 «. 1C9.
ERZIEHEN, ediicfre, cxlrahere, goth. usliuhan, alts. Atiohan,
ags. äleon, ahd. arziohan, nibd. erziehen, die praet. lauten goth.
ustauh, alts. ätoh, ags. ülcäh, ahd. arzoh, nilid. erzoch, nhd.
erzog, in der allen sjwache hersclwn die sinnlichen bedeutungcn vor.
1) gladium slringere, educere, vibrare, das schwcrt, bell ziehen,
schwingen: alls. ac he bis bil dtöh, suörd bi sidu. Hcl. 148,22;
ahd. arziuh wafan! evagina gladium! Diut. 1,510;
m/irf. sin swerl het er irzogen. Alex. 1625 (1779) ;
Sibclie nie swert erzöch,
er was ie bi da man vlöch. Parc. 421, 23;
Pr bette sin swert erzogen. Herb. 5601
Hccior bette daj sw6rt erzogen. 8900;
deDDOch hfite er in der hant
sin swert erzogen über in. Flore 6143;
£ er erzüge den andern slac. Iw. 5060;
die ax er üf heben began
und sluoc swaz er mohte erziehen. Ileinh. 371,
to äark er schwingen konnte; in einem wi-ge stunt der engel
vor im mit erzogen swerte. spiegel der leute s. 14. nhd. behend
da Sprüngen sie widerumb auf, erzogen die schwort und er-
hüben einen harten streit. Wigoleis prosa s. 122. heute lunszt
es einfach das Schwert ziehen, zücken; beiden, dem ziehen und
erziehen liegt unter 'aus der scheide', tcie wir auch sagen 'von
leder', 'von der seile' ziehen, das alterthum war reich an aus-
drücken: goth. uslukan hairu, ahd. prettan, arprettan, mhd.
daj swert roufen u.a.m.
2) cutem, crines slringere, evellere, avellere, haut und haar ab-
ziehen, ausraufen: fiengen (Martellino) pei dem bare, zu dem
crdrich zögen, mit guten horten feusten wol geschlagen, im
sein haut und bar gar wol erzugen. Steinuöwel dec. 57, 2.
3) abstrahere, wegziehen, fortziehen, hinziehen:
mhd. swä der beim was in gebogn,
da engein daj honbet was erzogn,
daj man die würfe crliande. l'arz. 579, 18;
nu hsete in euch Tristan erzogen. Trist. 178, II;
bi; da]; sin an den vicrdcn trite
der minne erzöch. 487, '23;
nhd. ein mensch, der also in wollust lebt, dem ist gleich
als cim, der ein grosz wolgeladcn schif ziicht in dem wasser,
er meint es sei liht {leiclu), wan es aber uf dein land wer,
so möchten es v oder x nit erziehen. Keiskrsh. narrensch.
72*; XX hengst mnchfen die selben bikbor kuin erziehen.
post. 2,65; das erdrich ist so steinig, das viii ochsen kaum
ein pllüg mögen erziehen. MI^nster cosmo^r. S.33; nocIis/HUer:
die pferde können den wagen nicht erziehen; der glöcknor
kann die glocken nicht erziehen; die vier kleinen pferde
konnten meine halbchaise kaum ei-ziehen. (Iöthk :io, I07.
4) educarc, welches UU. wart, wie erziehen auf ziehen, auf
dnccrc weist, nur dasz wir die starke form beiheballen, oduiare
ron edurere atiweicht. schon das einfache ziehen drückt auch
alere, nutrire, Tottpui' aus, um so mehr erziehen, aufziehen.
a) man könnte die anwendung auf junge vi'<ii-l fir ilir »rv/inwn;-
liche hatten:
minc mAg die jtingrn,
di«' xi hat iWcii Krhalcli iTtngrn
und die t-'rniikrirhc Kitit ciiinogPli,
tiiil die bi ir In der iiOt. K'/i. I.'O, l.'i,
die, teil sie aus der eisrhute schluffen, von ilir rrzoijen sind, wie
et tonä hrifzt ix ro'n- unnhop öft'xtov, a leneriK uiiguiculis,
TOD kinde, von kindeobeinen an, von der wiege an, ab incuna-
bulis, ab infantia. die unguiculi gelten am fügliclisten auch von
röijlein, obnol die zarten ndgel der kinder gemeint sein können,
sagt man nicht auch vom, aus dem neste her? die vögel er-
ziehen ihre jungen, ziehen, füttern sie auf oder grosz, menseben
erziehen, füttern die vijgel : ich woisz, dasz unser arztin durch
das ganze jähr turteltauben erziehen thut. b. d. liebe '239,3;
zehcn junge srihne mit vierzehti töchtern, sie warnn
voller last zu lel)en, mein weih, die trcHiche heuiic,
hatte sie alle zusammen in einem sommer erzogen.
CöTBE 40, 13;
uns beschäftigt nicht der pfauen,
nur der gänse Icbenslauf,
meine muttcr zieht die grauen,
meine trau die weiszen auf. 1, 162.
hiernach ändert sich einigermaszen ab, was 1, 783 über aufziehen
und erziehen steht.
b) erziehen von vierfüszigen Ihieren :
in Spaiiienlant und anderswä,
wart nie dcliciu schatner; (ors) erzogen. Trist. 168,27;
warum ligt deine muttcr die lewinne unter den lewinnen
und erzeucht ire jungen unter den jungen lewcn. Ex. 19,2;
und ist nichts bessers, dann das sich einer eines sollichen
pferds bald quit mache, er wird doch nichts an ihmc er-
ziehen. Seuter 19; einen wolf erziehen, pers. rosenth. 3,7.
c) bäume, pflanzen, blumen erziehen: ich bin aufgewachsen
wie die rosenstöcke, so man zu Hiericho erzeucht. Sir. 24, 18;
man pfropft und erzieht, und endlich wenn sie fruchte tragen,
so ist es nicht der mühe werth, dasz solche bäume im garten
stehen. Göthe 17, 180 ; ich erziehe schon die ganze woehe
an einem strausz für sie auf morgen, an fr. v. Stein 1,98;
blumen, die ich seihst erzogen. Schii.lrr 9';
kinder der verjüngten sonne,
blumen der geschmückten tlur,
euch erzog zu lust und wonne,
ja euch liebte die natur. 9';
freundlich hat sich der könig den freundlichen garten erzogen.
Körnrr 1, 338.
d) von kindern, menschen:
ahd. irzöh daj kind scöno. 0. I. 21, 14;
iro chint, diu sie mit iro praedicatoribus irzugen unde ge-
fastenöton. N. ps. 101,14;
mitd. wol sehs unt ahzec meide
die frou Ilelche bete erzogen, kl. Hohm. 2337.
nhd. ich ziehe keine Jünglinge auf und erziehe keine jung-
frawen. Es. 23, 4 ; wer hat mir dise erzogen ? 49, 21 ; deine
söne werden von ferne komon und deine töchter zur selten
erzogen werden. 00, 4 ; die ich erneret und erzogen habe,
die hat der feind umbbracht. klagl. Jer. 2, 22 ; und ob sie
ire kinder gleich erzögen, wil ich sie doch on kinder machen.
IIos. 9, 12 ; und er kam gen Nazaroth, da er erzogen war
(|)aiei vas fodifis). Luc. 4, 16 ; mit Herodes, dem vierfürsten
erzogen, apostelg. 13,1; ich bin ein jüdischer mann, geboren
zu Tarsen und erzogen in dieser stad zu den füszen Gama-
lielis. 22, 3 ; were ouch das ein gotshusman und gotshuswip
aborsturbent und kind lieszend und die niemand bettend,
der sie crzouge, so sol ein apt die kind nommen und ouch
das gut, so vatter und muler verlassen hei und sie danis
ziechen, unz das sie siebenjürig werdend, were aber das sie
also arme werend und kein gut hellend, damit sie tnöchtend
erzogen werden, so sol sie ein apt und das golbusgtit
ziehen, bis sie siebenjärig werdend, weislh. 1, 818 ; oben im
land da iszt einer schloclite grobe speis und ist darbei vil
sicrkor, dan einer der loglich bei dem goschlork uf erzogen
ist. wir haben dos gosohlocks zogar gewollt und sein darin
erzogen. Keisersb. s.d.m.i*; weil ich in doinoin hause von
deinem Itrot erzogen bin. jKrs. rosenth. 1,25; einen hoiiulich
oder vcrstolcn erziehen, furtim lullere aliquem. Maaler l2o';
war ja wol
natürlich, wenn das rhrisli'iitrtrhterrhen
recht gut von euch erzogen werden sollte,
dasz ihr» als iiiiur eigen tonhlurchen
criiigl. I.KKSIMU 2, 3i3;
die iiiiiiier sclionle kein bemühen,
die kleine iiYniph« ni erziehen.
^ie wuchs, diu schiUilieii iiiiliiii mit ihrem kArper itn.
Hii>T .vWhi/cii/. 37. fiiiiifrri'n. "Jii ;
er ist nunmehr erzogen, ausy<uachsen, auxor/iigen, wie lUiii.
MANN (/kW. in dn vorr.) sagt: als ich drois/ig jähr alt war und
also nach sparlaniocber arl grade aiisorzogou zum erslentnal
über poiiiik schrieb; icli tiin hier geboren und erzogen; sie
bat »ich an der lochlor eine freude erzogen ; er lüszt sein
kind auszcr dem hause erziehen, bei, in, mit etwas enogeo
1093
ERZIEHER— ERZIEHUNGSKÜNST
ERZIEIIUNGSKÜNSTLER — ERZIELEN 1094
werden: bei grobem brot erzogeu; dafür bin ich mit kar-
loffeln und rüben erzogen. Götue...; die vorhin in seiden
erzogen sind, die müssen ietzt im kot ligen. klaijl. Jcr. 4, 5 ;
ich bin in seidc (in vornehmen klddern), in leinen erzogen.
CotsHORNS märchen und sagen s. 15 ; im wald, auf dem feld
tTzogen, nemorum, ruris aluinnus; im krieg, frieden, in faul-
heit und raüsziggang erzogen, aufijewacltsen. s. anerziehen,
auferziehen.
e) abstradioncn :
das ansehn wird geboren, erzogen und gespeist,
wann, wie sich ihm gebühret, ein jeder sich erweist.
LoGAU 2, 50, H'S ;
weil ihr verstand noch in der wiege liegt nnd darauf wartet,
dasz sie ihn erziehen sollen. Klinger 10, 115 ; das männliche
von stürmen erzogne, von geschaften besudelte herz. J. P.
llesp. 2, 80 ; so erzieht die natur unser herz zur höhern wärme.
3, 165 ; zum künstler, zum gelehrten erziehen, ausbilden ; in
diesen traurigen zeiten, wo die menschen der römischen weit
mehr zum dulden als zum wagen erzogen wurden. Schlosser
weltg. 4,507; unser alterthum ist eine in sich geschlossene
weit ... und bietet andern anderes um ihre anlagen zu er-
ziehen und zu üben. Wolfs mits. 1, 139. vgl. wol, gut, übel
erziehen, unerzogen, non aduUus verscliiedcn von ungezogen,
male educatus, moralus.
f) sich erziehen :
Deutsche selber führ icli euch zu, in die stillere wohnung,
wo sich, naii der natur, mcnsctilich der nienscli noch erzieht.
GüTUE 1, 331 ;
die fenster der abtei, wo sich Klotilde erzogen halte. J. P.
licsp. 1,243.
5) da erziehen, nach aller flexion^ in III. sg. pracs. mhd.
crziuhet, nhd. erzeucht (s. b. Sir. 24, IS) bildet, so begegnen
verwecliselungen mit erzeugt von erzeugen, ziehen und zeugen
stehen aber noch mehr ab von einander als biegen und beugen.
ERZIEHER, n». edttcator, magister, paedagogus: seinen kin-
dern einen eignen erzieher, fithrei- geben ; dieser mann ist
einer unsrer besten erzieher.
EHZIEHEI'.IN, f. educatrix, schon bei Aventin 1566,132.
EHZIEHEHISCH, paedtujogicHS.
ERZIEHUNG, /'. educatio: er bat keine erziehung, ist ohne
orziehung, ohne bddung; alle menschen von erziehung. Lich-
tenberg 4, 174; eine gute, feine erziehung erhalten, genieszen;
die erziehung des menschengeschlechls. mit diesem wart bilden
sich viele Zusammensetzungen, von welchen die folgenden bcispiele
genügen können; J. P. hat ilirer einen häufen unnützer, steifer,
um dem ilim vcrhaszten -ungs auszuweichen, rnit bloszem erzieh
gemaclü, wie erziehlehre für Icvana, erziehschreiber für schnfl-
sleller über erziehung. sie verdienen keine aufnähme.
ERZIEHUNGSANSTALT, f. wie du nicht siehst, dasz du
dich ganz in der nähe einer vortreflichen erziehungsanstalt
betindest. Göthe 17,54.
ERZIEHUNGSARBEIT, /". alle erziehungsarbeit schränkt
sich darauf ein, das vermögen junger köpfe durch bcslän-
dige crmunterung zu der besten ricbtung sanft zu lenken
und an ihrer Sinnlichkeit vorsichtig zu bauen. Sturz 2, 348.
ERZIEHUNGSBEDÜRFNIS, n. das erziehungsbcdürfnis findet
seine befriedigung allerdings in der väterlichen gewalt. Savigny
System 1, 353.
ERZIEHUNGSDRUCK, m. produetionen genialer, jugend-
licher Ungeduld und Unwillens über einen schweren erzie-
hungsdrnck. Götiie 45, 19.
ERZIEHUNGSG.\NG, m. das ganze ihres erziehungsgangs.
Pestalozzi 4, 5.
ERZIEHUNGSGESCHÄFT, n. mit wie wenig werten liesze
sich das ganze erziehungsgcschäft aussprechen. Götiie 17,282;
die ihm nach Vollendung des erziehungsgeschäftes zugesagte
ruhe. 32, 230.
ERZIEHUNGSGRUNDSATZ, m. überhaupt aber würden
meine erziehungsgrundsätzc wol schwerlich heul zu tag wo
beifall finden. Wagners kindermörderin 32.
ERZIEHUNGSHALRER, adv. er lebte erziehungshalber voll-
kommen im Widerspruch mit sich selbst. Pestalozzi 3, 245.
ERZIEHUNGSJAHRE, pl. es ist schwer zu bestimmen, ob die
erziehungsjahre des Moses in die blüiienden zeiten des instituts
oder in den anfang seiner Verderbnis fallen. Schiller lote'.
ERZIEHUNGSKUNST, f die elenden gründe, aus welchen
vorzüglich das erlernen der alten spraclicii im früheren aller
von der modernen crzichnngskunst besirilten wird, bedürfen
keiner Widerlegung mehr. Schellinc meth. des akad. st. "4,
ERZIEHUNGSKUNSTLER, «i. seitdem es den erziehungs-
künstlern gelungen ist, die meisten zur Veredlung des geistes
führenden Studien zu verseichten. Götue 37, Sl. 82 ; am wenig-
sten liesz sich überhaupt diese nation (die englische) zur ge-
ringschätzung der allen lileratur und sprachen durch er-
ziehungskünstlcr und neuerer bereden. Wolfs mus. der alt. s. 81.
ERZIEHUNGSLEHRE, /". nach den grundsätzen einer neuern
erziehungslehre. Göthe 24, 1S6.
ERZIEHUNGSLOS, expers educationis, rudis:
erziehungslos und ohne führer. Schubart gcd. 2, 333.
ERZIELEN, auf der eigenllictwn bcdeulung des einfachen zielen
liegt noch dunkel, das ags. tilian, teolian drückt aus parare,
colcre, operam dare, studere, tilia /.•;/ cultor, agricola, wofür auch
eordtilia, taricola gesagt wird, beide dauern noch im engl, tili
und tiller, earthtiller. das alts. wasimes, frnhies tilian meint
fructnm gignere, fries. tilia colere, bauen und gignerc zeugen,
nicht anders das nnl. telen, es heiszt vrucht telen wie kinderen
telen. nun gleichen sich die voislellungen des pflügens, ackerns
und zeugcns, erde und wcib werden fruchtbar gemacht; die Schwie-
rigkeit ist nur die daneben auftauchenden, offenbar derselben wurzcl
angehörigen abslractioncn damit zu einigen, das goth. tils oder
gatils bedeutet aptus, gatilaba apte, benc, das ags. til ajitus,
bonus, tela bene; ist tilian aus dem begrif ajilarc, parare, gleich-
sam gut, nutzbar, zurecht machen, oder timgedreht, wenn die sinnliche
idee vorangieng, gut, bereitet, tauglich, nützlich aus fruchtbar,
befruchtet entsprungen ? in dein zilön, gizilon unserer ahd. denk-
mäler bricht nirgends die Vorstellung weder colere noch generare
aus, sondern die von j-onari, niti, moliri, doch gerade mit dem
gen. äei- sacke, wie ihn auch das alts. und ags. tilian bei sich
haben (<etes, meles tilian, cibum quaerere, parare). mhd. Imi
auch dies conari auf und die bedeutung meliri, praefinire, tcr-
minare waltet, wie zil modus, lerminus ist:
dincr hrehe, diner breite,
wart nie gezilt anj ende, Wh. 2, 1,
sie hat kein ziel und masz. heute ist uns zielen intendere iclum,
telo pcterc, was wieder an conari, niti reicht oder an aptare.
Maaler hat zilen, praeßHire, ein ziel setzen. Schmelleu 4, 252
einem zilen, ihm zeit und ort einer Zusammenkunft bestimmen,
aber aus einem gedieht {des 14 jh. ?) führt er an :
minnikleichen er mit ir spilt,
uuz da; er ir ein kint zilt.
Idszt sich zu allen diesen bedeutungen das in der form zutreffende
skr. dul, tollere, jacere, conjicere halten?
Nun behandle ich unser, ahd. und mhd. un überliefertes erzielen.
1) gignere, generare, procreure, erzeugen : Seinele. die den
Baccbum bis genilura wie ein widergebachen schifbrot und
biscuil erzilet. Garg. 22' ; wie könig Masinissa, der sich er-
junget wie ein adler, dasz er auch neunzigjärig einen son
erzielet. 183'; kinder erzielen. Zinkgr. 412; so viel grosze
und gcjeiirte leute, die Deutschland erzielet. Zesens rosenmand.
Ilamb. 1651. s. 170 ;
ha! lug ist das, du wiirst ein söhn des Zeus,
denn wie so tief stehst du nicht .jenen nach,
die in der vorweit vater Zeus erzielt. liÜRCKR 105';
er war alles ernstes auf die fortpflanzung des adlichen ge-
schlechts bedacht und erzielte mit seiner gemahlin glücklich
eine ehiiche erstlingsfrucht. Müsaeus volksm. 5, 156 (512) ; hat
unterdessen mehrere kinder erzielt. Hebel schatzk. 207. man
sagt auch bei denbienen: eine junge königin erzielen, dröhnen
erzielen.
2) fruchte erzeugen, bauen, hervorbringen: getrcide erzielen;
heuer wurde wenig obst erzielt;
ein einzige maron hat viel niaronenbäumc
erzielet. Brockes 3, 419;
kein herz mehr übrig bleibt, das echte frucht erzielt.
Hali.er 149;
nicht zu vergasen die menge des lautersten junpfernlmnigs,
den mein bcircuer Johann, der geschäftige, selbst erzielet.
Voss ;
für die rohe seide, die er erzielt, inusz er dem könige schwere
abgaben entrichten. Stolberg 8, 289.
3) collincare, aufs ziel nehmen: eine schwalbe im flug er-
zielen;
auf wurfesvrciie sah ichs stets vor mir,
doch könnt ichs nicht erreichen noch erzielen. ScnatBn 405';
ha, wer mir jetzt ein schwert in die band gäbe, dieser otlern-
brut eine brennende wunde zu versetzen! v\er mir sagte wo
ich das herz ihres lebens erzielen, zermalmen, zernichten
{könnte), lio'.
69*
1095
ERZIELER — ERZITTERN
ERZITTERN— ERZKNICKER
1096
4) abstract, inkndere, erreichen:
sagt mir, ihr, der so vieles fülilt,
was soll die elegie erzielen,
womit ihr mich hier abgeliühlt?
WiBLAHD Aur. und Ccpti. 376j
so wirst du schönste g^nst erzielen:
den edlen seelen vorzurühlen
ist wünschenswerthester beruf. 22, 262;
diese erlogene wahrheil, die ganz allein Wirkung hervorbringt,
wodurch ganz allein die illusion erzielt wird. 19,184; nimmt
man mit der hälfle vorlieb, wenn man das ganze nicht er-
zielen kann. Klincer 1, 470.
EHZIELER, 1) m. genüor, valcr.
2) agricola, cullor : me'iüc vorohern (erzählt ein gewesener hanf-
same) seind in einem wald, da sie auf ihrem eigenen erd-
rcich in erster freiheit wohnten und ihr geschlecht ausbrei-
teten, gefunden, in menschliche dicnste als ein wildes ge-
wächs gezwungen und sammentlich hanf gcnennct worden,
von dcnselbigen bin ich zu zciten Wcnceslai in dem dorf
Goldscheuer als ein samen entsprossen und erzielt, von wel-
chem ort man sagt, dasz der beste hanfsamen in der weit
wachse, daselbst nahm mich mein crzielcr von den Stengeln
meiner eitern und verkaufte mich gegen den frühling einem
kramer, der mich unter andern fremden hanfsamen mischte
und mit uns schacherte. Simpl. K. 8S6.
ERZIG, aereus. vocab. von 1420 herausg. von Sciiroer n* 1762.
»n Auerbachs dorfg. 1,361 slchl 'das erzig roth schneiderle',
icird aber durch 'ursprünglich' erklärt, vgl. erzet, Icibhaßig.
ERZIMMERMANNEN, nominarc fabruvi : und wenn sie den
ewigen son gottcs wol durchschendel und crzimmcrmannct
und an seiner kirch mit gewalt angeschlagen hatten, musten
sie dennoch endlich den ring an der thiir lassen und Christo
gewunnen geben. Matuesios 79*. vgl. Marc. 6, 3.
ERZl.N, aereus. Dasypodiüs 5'; erzinne pforte. Opitz 1,262
(26C). s. erzen.
ERZINFAM, infamia flagrans: dasz sie ein erzinfamer spitz-
bubc sind. Gütue 15, 71,
EIIZIPPERN, vcxarc, angerc: du soll din kind zimlich mit
Vernunft strofcn und mit der rufen crzipperen. Keisersbekg
bilger 74*, vgl. Scumeller 4, 277.
ERZISCn, aereus: sie kommen aus den erzischen und
mineralischen wassern. Paracelsüs 2, 177*.
ERZISCIIEN, sibilum elfundcrc, sprülwn:
selbst die gehaltene fackel erzischt in bethränendem dampfe.
Voss.
ERZITTERLICH, quod tremere facti: davon prediget uns
der königlich prophet David mit ganz ernstlichen und erzit-
terliclicn Worten. Scuerers wundsegcn J l'.
ERZITTERN, contremere, erbeben: sold ich alle die bcraffcin,
die für mein haus anhin farcn mit den wägen, das die wend
erzitteren. Keisersberg Aäs/m dd 3' ; vor welchem dunnerschlag,
blixen und grüselichem uszspruch sie sich erzitteren und
erbidmen. bilger 70*; er erzittert ab dem tod. schif der pen.
123*; fahen an zu liegen, das das erdrich mücht crzitern.
icA. undcrrwtl550 caf. 113; do erzittert der fuchs. Steinhöwel
£vop 1487,111*; ober die herzogin sähe in an, all ir geblüt
grissell und hub an zu bideraen und zu erzittern. Aimongb*;
horr, da du von Seir auszogest und einher giengest vom
fcldc Edom, da erzittert die erde, der himel trof und die
wölken truffen mit wasser. richl. 5,4; aber mein freund steckt
seine band durchs loch und mein leib erzittert da für. hohe-
Ued 5,4; die helle dninden erzittert für dir, da du ir zu-
gegen kämest. Es. 14,9; für im erzittert das land und bebet
der himel. Joel 2,10; erzittert alle einwoner im lande, denn
dnr tag des berrn kompt und ist nahe. 2, 1 ; sie sollen staub
lecken und wie das gcwürm auf erden erzittern in iren löchern.
Micha 7, 17 ; da erzitterten ire herzen und hendc. Sirach 48, 21 ;
und ir crzitter leib und blut! Scbrid grob. Vi;
aber der geist, der mehr ist als der leib, denselhigcn freurt,
derselbige erzittert und erbidniet (macht beben) den ganzen
leib. I'aracelsur 1, 548* ;
wenn über Kroxzes gltick du groszcn jubol führ«!,
»o wird der klciiiHie M\ dich wiirtcliief erschüttern,
bewundrc nirlitn, ho diirfot du niclit iTiillcrii,
«eoD das bewunderte du auf rinm;)! virlicr.tt.
Kl. ScuaiHT br. 58;
tifo der beld. doch Jenen erzitterten herz und kniee.
11. 21, 114;
von lautem kriegsgeschrei erzittern jetzt die zinnen.
SCUILLBR 32';
vor einem wahn, den nur Verjährung weiht,
erzitterst du? 21";
die stellen zeigen bei dem gegenständ, der zittern einßöszt, die
praeposilionen ab, von, vor, für; Klopstock brachte den bloszcn
daliv auf:
unter den mSchtipen waffen,
denen die himmel erzittern, in niedrigen staub hinsinken.
Messias 4, 198;
eines hecrs gang, welchem die tragenden Felsen erzittern.
8, 127;
der Sehnsucht wollust, der die secl erzittert.
nöcKERT yes. gcd. 1, 115.
man verurrh.'ilc nicht damit den dat. in 'mir erzittert das herz'.
ERZlTTEit.N, H. Iremor: dasz man die grausamkeiten ohne
erzittern nicht anhören kann. Picrot 1, 259 ; denn ihr hüpfender
busen, von keinem ländlichen halstuche bedeckt, war ein zu
ungewöhnlicher anblick für ihn und setzte seine nerven in
ein fieberhaftes erzittern. Thümmels IVV/Ae/minc s. 28 (34) ;
beuget dem herren euch mit stummem erzittern.
HÜCKERT 215.
ERZITTERUNG, f. dasselbe: ich lag allda auf meidera bauch
wie ein geprellter fuchs mit erzitterung und erbebung. Simid.
K. 56.
ERZiTZELN, exsngere: wann das kalb nicht so kräftig ist,
dasz es die milch herausziehen oder crzizeln mag. IIohberg
S, 241*. aus der zitze, mamma saugen? Scumeller /lat 4,297
zutzcin und 3, 302 sutzeln, suckeln. 5. erzutzeln.
ERZ JUDE, m. fenerator iniquus.
ERZJUNGFRAU, f. gleichsam archivirgo: wie jene aus dem
haupte des Zeus entsprungene Athene eine strenge erzjung-
frau war und blieb. Göthe 33, 223.
ERZKAMMER, f. wie erzhaus, erzhütte, zur bewahrung des
erzes.
ERZKÄMMERER, m. archicamcrarius : erzkemerer. 2 kOn.
18, 17,
ERZKANZLER, m. archicamcrarius.
ERZKAPELLAN, m. archicapellanus.
ERZKARG, sordide ararus.
ERZKASTEN, m. arca, cista aeris.
ERZKATHOLISCH, slrengkalholisch : schon hatte sein erz-
katholischer diener, blasz wie der tod, das verbotene gericht
auf die einsame tafel gesetzt. Tuümmel Willi. 56 (ss).
ERZKAUF, m. vendilio aeris, kauf oder verkauf des rohen
erzes: in erzkauf geben, liefern. Hertwig 121.
ERZKAUFSCHREIBER, m.
ERZKETZER, m. maximus hacrelicus: man sol die Christen
leren, das alle, so frembden irrlhum verteidingen, nicht allein
für ketzer, sondern auch für erzketzer zu achten sind. Lutheb
1,17';
wie sie den Luther schmehcn, fluchen
ein erzkntzcr, schalk und böswicht. II. Sachs II. I, 8S';
nch du durchtriebner lecker fleuch!
du erzketzer, schalk und böswichl,
wer hat dich also abgcrichl? 111. 3, 81*.
ERZKETZEREI, f .Stiei.er 955.
ERZKETZERISCH: du liegest (menliris) als ein erzkelzeri-
scber böswicht, von fralris Joannis yascn csel. Ingolsl. \h'o hl. fil*.
ERZKIRCHENDIEB, m. macht er den leib und blut Christi,
sü raubt eis der kirchen als ein erzkiichendieb. Lutber
0, 87*.
ERZKLANG, m. dangor aerit:
und so mag des lobens erzklang
durch die seolo drohneu 1 Göths 5,31.
ERZKLAUBER, m. der erzstficie aus dem grubengefalle her-
vorsucht.
ERZKLUG, callidissimus : Solande, der an sich selber ein
erzkluger gast war. jiol. stockf. 2ü5.
ERZKNAPPE, wi. fossor, bergknappe: erzknnpp lilarijus. «»r.
1482 g 6', rg/. Diekenbach333'; erzknapp, bergha« er. FRiscni.iM
243; Schmelzer oder crzknappc. Parachlsus l, 46.%*; Frey jnr-
tvng. 04*.
ERZKNAPPIG, terram fodient: dise (würüe) hiell er f(lr
hcisziger und nnatoniieiiger, als der Engellrnder und Spanier
rrrknappigc künigklein, kalz und nidlzcnneisch. Garg. 54*.
EU/KNAUSER, m. erzgci-Juüs, rrzkntrkrr.
FIIZhWrSEREI, f
1 ll/KM('KKII, f'i «ir (Tzknansrr.
1097
ERZKÖNIG - ERZNARR
ERZNÄRRIN — ERZRUF
1098
ERZKÖMG, m. archirex: dieser zeit dieweil und der erz-
künig Beier in Germanien bei 60 jähren regierte. Aventis
42 (43'), der überhaupt zicölf deutsche ei-zkiinige ansetzt.
E [{ZK ORB, m. zum fortschaffen des crzes.
ERZKRITTELEI,/'.; erzkrittelei und bonzenlist. Kl. Schhidt
poet. br. 54.
ERZKRITTLER, m. morosus censor.
ERZKÜBEL, m. zum fortschaffen des erzes.
ERZKUCHE.N, m. altes und zerbrochenes erzgeräth, das man
verhandelt und umgieszt.
ERZKUNDE. /. cognüio, sdenlia aeris.
ERZKL'.NDIG. aeris peritus.
ERZKÜNSTLER, m. faber aerarius. alchimist. Rädlew 238*.
ERZKL.NSTLER , m. milk artium gnarus, lausendkünstler :
der böse feind ist ein erzkünstler. MoscoEnoscH ehr. verm. 49.
ERZKLPPLERIN. f lena. irrg. d. l. 127.
ERZLAGER, n. Stratum aeris.
ERZLAGERSTÄTTE, f cubile aeris.
ERZLÄNGWEILIG, maxime molestus.
ERZLASTER, n. maximum scelus: sich in allerhand erz-
laslern henimb wälzen. Simpl. courage cap. 1. Stieler 1059.
ERZLECKER, liguritor, erznäscher. Stieler 1105.
ERZLIEDERLICH, dissolutissimus.
ERZLIEFERER, m. Schichtmeister, der das erz zuliefert.
ERZLIST, f rersutia. Stieler 1168.
ERZLISTER, m. homo versutissimus. Stieler 1169.
ERZLOTTERBUBE, m. spilest und doppelst mit ihnen wie
ein crzlotterbube. Mathesics 130'.
ERZLÜGE, »?i. mendacium apertum: dasz man die erzlögen
mit allen fünf fingern greifen kann. Jucundiss. I9t.
ERZLÜGE.NHAFT, mendacissimus : wenn es überhaupt mit
aller geschichte viel auf sich haben sollte, müste unser ge-
schlecht nicht so ein erzliigenhaftes sein, wie es leider ist.
ScnopENHACER parerga 2, 320.
ERZLÜG.NER, m. wer sagt, dasz er eine redlichere faust
in seinen bänden gehalten, als ich jetzt, der ist ein erz-
lügner. Fr. Müller 2, 119.
ERZLÜMMEL, m. liomo agreslis:
als kantor seinen erstgebornen, einen groszen
erzlömmel, der zur noth die bauembärte schor,
sich zum adjunct ersah, schlug kantor einen bloszen,
weil pastor widersprach. Kl. Schmidt kom. dicht. 265.
ERZLUMP, wi. Itomo aljjectissimus : wie? der lumpendocfor?
der erzlump? Fr. Mijli.er 2,101.
ERZLUSTIG, qui est profusa hilarilate.
ERZMACHER, m. i) aeris dator: wollen wir heule dem
reichen gott, dem rechten erzmacher, und seinen gaben zu
ehren vom bergwerk reden. Mathesius 1562. 314*.
2) so nennen die. berglcute auch einen erzgewährenden hauplgang.
ERZMACHT, f. imperium maximum, hauptmacht, groszer slaat.
ERZMA.NN, tn. fossor, metallicus, bergmann: als der mar-
casit, der ist schön und glitzet wol, dasz der erzmann nicht
anders mag erdenken, da sei nichts dann gold, so ers in
das fewr bringt. Paracelsls 1, 209'.
ERZMA.N.N, m. gleichsam archihomo: ist ein pricster nicht
ein erzmann, ein mann aus höherem chor? Hippel 6,90.
ERZM.VRSCHALL, m. archimariscalcus.
ERZMASSE, f ingens aeris copia, groszes erzstüdt.
ERZMEHL. fi. fein gemalenes erz.
ERZMEISZEL, m. celies.
ERZMI.NE, f fodina aeraria. Stieler 1278.
ERZMITTEL, n. der theii des erzlagers, welcher abbauwürdige
beslandtheile mü sicJi führt, ist er mit grubenhauen so geöfnet,
dasz man das vorkommen der erze sehen und überblicken kann,
so nennt man ihn aufgeschlossenes erzmiltcl. Schecchexstuei. 69.
ERZMORDER, m. maximus honiicida: er wehret einem erz-
mörder. Llther 3, 14S'.
ERZMÜHLE, f eine Vorrichtung, worauf erze zwischen zwei
mühlsteinen zu grobem sande zermalmt werden.
ERZMUNDSCHENK, m. archipincerna.
ERZMUSTER, n. Christus sol das crzmuster unsers lebens
sein. Mei A>ciiTnox scndbr. an einen Kartheuser. Willenb. 1524. bL 2.
ERZMUTTER, f erd und sieinart, worin sich erz erzeugt.
ERZMUTTER, f gleichsam archinuüer, Stammutter: Sara, die
heilige erzmutier. Luther 3,314*. *. erztaler.
ERZMUTZ, m. scorlum, jyro^libulum, erzhure. Stieier 1315.
ERZNARR, m. homo inei4issintus, bis stultus: sie werden
doch ihren vater nicht zu einem erznarren machen. Lessihc
1, 250 ; er ist ein erznarr, herr gevatler Schulmeister. Fr.
Müller 1, 254; der erznarr .Mephistopheles hat ihn mit gewalt
meiner räche entzogen. 2, 2.
ERZ.NARRIX, f die erznärrin ist in dich Tsrliebt. Güthe 19, 81.
ERZNÄSCHER, m. liguritor.
ERZNÄSCHERIN, f
ERZNEI, /■. mediana, früher ßr arznei, ine schon mhd. erzenie
und ai-zenie schwankten :
die erzenie künden, den böl man riehen solt. Kib. 254, 1 ;
swaj so din swpster Isöt
von erzenie hat gelesen. Trist. 178, 39;
s)in, wiltu erzenie nemen,
ich wll dich leren einen tranc. Winsbeke 14, 1 ;
nhd. hört ir iemans der erznei wöll pflegen, fastn. 699, 8;
mit seiner erznei hat er ertot manch und pratTen. 59, 1 ;
ire frucht wird zur speise dienen und ire blelter zur erznei.
Ez. 47, 12 ; die erznei kompt von dem hohesten. Sir. 3S, 2
{doch Tob. 6, 6 arznei) ; der spruch ist auch die lebendige
erznei gewest meines hcrzens in meiner anfechtung. Lcther
3, 72" ; und sol niemand dazu thun, kein erznei noch mensch-
liche hülfe dazu komen. 6,63*;
eim knaben grawt für der erznei,
das nicht ein wermut drunter sei. Lobwasser Cal. 73.
Dasyp. und .Maaler schreü>en ohne umlaut.
ERZNEIEN, mederi:
den weist zu uns, den wöI! wir erzneien. fastn. 699, 11;
den wil ich erznein, das er mir musz danken. 753, 3;
wie man den leib erzneien sol. Ortolfs arzneibuch 5*; zum
ersten leugt er, das ich der kirchen den köpf wolle abhauen
und darnach den cörper erzneien. Lcther 3,376'; aber es
ist umbsonst, das du viel erzneiest, du wirst doch nicht heil.
Jer. 46. II.
ERZNIERE, f. nierenßrmiges erzslück.
ERZOFEN, m. ofen zum schmelzen der erze.
ERZÜRNEN, begegnet hin und wieder für erzürnen in transilirem
wie intransitivem sinn, z. b. in späteren ausgaben von Lcthers
bibel, die von 1545 liest immer erzürnen; bis zuletzt die jung-
fraw höchlich erzürnet ward, buch d. l. 2S7, 4. 292, 3 ; herzog
Beve ward erzörnet. Aimon cl*;
ein flusz, der oft erzörnt aus seinem ufcr drang
und wagen, mann und pferd in wilde Strudel schlang,
vermerkt sich unverhoft gezähmt durch dämm und brücken.
Orollimgeii S4.
ein unpersönliches 'ime erzornete daj' liest man schon bei Sper-
voGEL MSF. 30,8.
ERZPFALZ, f palatinatus Rheni. Frisch 1,232*.
ERZPHANTAST, m. erznarr. Kant 3, 89.
ERZPI.NSEL, m. was erzeinfaltspinsel.
ERZPLAGE, f miseria miseriarum.
ERZPLAUDERER, m. homo garrulus, plauderlasche: Cosme
hat, unter seinen andern guten eigenschaften, auch die, dasz
er ein erzplaudcrer ist. Lessixg 7, 2S2.
ERZPOCHER, ffi. qui frangit, comminuit aes: ein armer
bergmann, sinker, haspelzieher, Schmelzer und hültcnarbeilcr.
Mathesius 7*.
ERZPOETE, m. archipoeta. de generib. ebrios. 151, 18.
ERZPRACHER, m. mendicabulum. Stieler 146S.
ERZPRAHLER, m. homo vaniloquus, praldhans.
ERZPRIESTER, m. archipresbyter, it. arciprete, sp. arcipreste:
mhd. dö sin erzpriester gestarp. Bo». 98, 8.
nhd. voc. 14S2 g6'; für flamen im Livius bei Rihel 19.
ERZPROBE, f exjtloratio aeris.
ERZQUASER, crapulosus. Stiei.er 1489.
ERZQUETSCHER, m. ein werkzettg der bcrgleute. Mathesius
1502, 196*.
ERZRECHT, plane magnus: aber es ist ein erzrechle abe-
güllerci. Luther 3, 205, eine ausgemachte, völlige.
ERZREICH, diies aere.
ERZREICH, ixrdives.
ERZRING, fcrreus anulus. Tae. Germ. 31:
man sagt wol von den Kalten,
sie legten erzring an,
bis sie gelöst sich hatten
mit einem erschlagnen mann. Uhlakds ged.
ERZROST, m. ummauerter räum zum aufschüUen der ene
mit kulden oder brennholz.
ERZRUF, m. vox aerea:
keine höhre lust mir wissend,
als den erznif der trommele,
Schilder in der sonne spiegelnd,
feinde auf der grünen ebne. Tjkck I, 30.
1099 ERZSANDSTREUER — ERZSTÜFE
ERZSANDSTKEl'EU, «». gleichsam arrliiarenarius : Georg II
von England lialle ibn {könig Friedrich Wilhelm von Prcuszen)
immer nur des heil. röm. reicUs erzsandslreucr genannt.
BiiCKKBS u\'ltg. 10, 3ül.
ERZSATZ, m. eine beim ausschmclzen zugesetzte erzmasse, vgl.
erzpicht.
EUZS.\TYR1SCH : ein erzsatyrischer zug. Lessing 10,84.
ERZ.SAU, f. mtilicr spurcissima.
ERZSÄUFER, m. potulor maximus, golh. veinnas.
ERZSCHARHALS, «i. ararus, geizhals: weil ich all mein Ich-
tagc gern um solche erzschaheliiilser gewesen. Jucundiss. 128.
ERZSCHACHT, m. seclura aeraria.
ERZSCHADE, m. ruina, hauptschade. Stieler 1704.
ERZSCH.\LK, m. nebulo, vetcrator:
du erzscbalk, prabentreiber und leislrotcr. fastn. 254,25.
ERZSCHANDER, wi. nequissiimts convicialor. Stieleb 1731.
ERZSCHATZMEISTER, ardtUhesaurarius.
ERZSCHAL'M, w. palea, spunia acris, ichlackcn auf dem
schmelzenden crz.
ERZSCHEIDER, m. scparalor acris. Mathesius ir)62. 314'.
ERZSCHELM, m. was erzschalk: du stücke von allen erz-
schehncn. Weise erzn. 293; erzschelni und ruchloser höse-
wicht. die eines mannes 467; den zauhcrer, den erzschelm
fangt mir! Fr. MiJLLER 2, 79 ; o du erzschelm, fürchtest keinen
gott im himmel. Arnim schaub. 2,327.
ERZSCHELMEREI, f. ein launiger, drolliger cinfall, voller
gutimitigen crzschelmerei. Sturz 1, 96.
ERZSCHE.NKE, m. archipinccrna. 2kün. 18,19.
ERZSCHICHT, /. so vici erz binnen 24 stunden ausgcschmolzcn
werden kann.
ERZSCHLACKE, f. melalli scoria.
ERZSCHLÄGER, m. homo pugnacissimus. Stieler isil.
ERZSCHLECKER, m. phago, gourmand. Stieler 1830.
ERZSCHLEICHER, m. Simulator calliJitsimus. Stieler 1S33.
erzschlich, m. ausgepochles, ausgcquetsclUcs, ausgcschlcmmtes
crz. s. schlich
ERZSCHLCMPER, m. laccrnalus, jmnnosus, schliukschlank.
Stieler 1S28.
ERZSCHMEICHLER, m. palpalor, blandUor.
ERZSCHÖiN, pcrpulcJicr : ein erzschön hüchicin. Carg. 121*.
ERZSCHREIN, ni. archiscrinium : der fruchll)riiigen(len ge-
sellschafl ältester erzschrein, hcrausg. von G. Krause. Leipzig
isrjs.
ERZSCHREINHALTER, m. Stieler 741 : beständiger sccretair
oder erzschreinhalter. J. P. Filiel 10.
ERZSCHRItT, f. lilerae aereae:
in erzschrift sei gegraben
eur preis, dasz ihn kein niund der z(Mt bezwinge.
itÜCKKRT 132.
ERZSCHÜFT, m. nequam: diese Untersuchungen führten
mich zu dem äuszerst interessanten erzschuft Josephus, der
eine wahre sciialzgruhe für das macedonische Syrien und
Ägypten ist. Niebuiirs leben 2, 329.
EltZSCHl'RKE, »M. princeps flagitiorum.
ERZSCHWÄTZER, n. garrulus:
0 weh ! crzschwätzcr, geh ! Stolberg 14, 24.
ERZSCHWELGER, m. lulluo.
ERZSCHWER, gravis aere.
ERZSCHWERT, n. ensis aenus.
ERZSI'ASZ, m. jocus, nugae.
ERZSPASZVOGEL, m. homo joculnris. Sturz 1, 116.
ERZSPIELER, m. alcalor.
ERZSPITZRI RE, m. was erzschelm.
ERZSPITZRLBI.N, f. meine himmlische crzspitzbübin hier
kann einem mann «schon gut sein. J. P. herbslbl. 3, 06.
ERZSTAND, m. die drei erzstSnde der Christenheit.
ERZSTÄNKER, m. homo rixae amanlissimus. rockenph. 6, 96.
ERZSTARRENÜ, aerc rigens:
drei erzutnrrende thore, gewaltige. Vom Orphetu Arg, 898.
ERZSTAER, m. pulvis aerit.
P^RZSTEIN, m. lajiit aeraritu.
F.RZSTII-T, n. archiepiscnjtalus.
ERZSTOCKFISCH, m. homo slulli^\imns, sliprs: ein fiichs-
rollier crzstorkflKch. wenn ihn der herr was fragte, hielt
der hurftrh immer nein ohr an mich, dasz ich» ihm eiiiblasco
•«•llle. drr a. m. im Tnrkmti. in.
ERZSTL'FE, f. fruitum lafiidis oervfL
ERZSTÜMPER — ERZT ART
1100
ERZSTÜMPER, m. homo imjyerüissimus. Moser jmtr. ph. 3, 82.
EKZSLNÜE, f. scclus capitale.
ERZSÜNÜER, m. mojnmus peccalor : vil aber machen itzt
aus got ain erzsünder und stoszen den dorn irer sünd dem
unschuldigen guten got in den fusz. Franks pura<ioxa bl. 27 ;
ui)t!'läu))ip:o von deinem schlap,
erzsiiiidtT, die niclits zu rülireii vermag,
die wird der tciifel mit ewigen quälen
dereinst so klein wie piilvor zermalen.
Kl. Schmidt kom. dicht. 222.
ERZT, n. aes, eine unnütze formübcrladung. ilenn da schon
dem einfachen er (== golh. ais) ein z beigefügt wurde und i-rze,
crz entsprang, musz das nochmals zutretende t lästig ersclwinen
und ist ohne alle analogie. aucli zeigt es sich blosz vom U> bit
ins 18 jh. und grciß nicht durdi, das bessere erz behält immer
noch die Oberhand und herschl endlich wieder allein, hier sind
belege, der älteste aus IIacens chmnik bei Pez 1,1096: die zeit
das arczt auf dem Guttenberg ist erfunden; miiiera, mincrale,
erczt. vocab. 1429 bl. 18'; goltertzt oder erizt. vocab. 1482 h4";
Luther, Dasvpodics, Fbisius, Maaler, Henisch, Stieler ent-
halten sich des auslautenden t, auch Mathesius, bei dem man
vor allem nachsieht, schreibt meislentheils erlz, doch müuntir dicht
daneben ertzt, r. b. 1,^62,112* pleiertzt, bleiertz 142', crtz 143",
die armen ertzt löl';
das ertzt entfärbet sich. Fleiinc. 85;
das ertzt verschleiszt ffir dir. 564;
0 tbal, die well in erlzt und cedern billich schreibt.
Lo(;au 1, 84, 47;
bau marmor, ertzt und gold zusammen. GiJriTHER 186;
kalk, stein und ertzt verbindet. 408;
was du in ertzte wüst, soll auf papicr geschobn. 547;
zu dessen blldung man ein meer voll ertzt vergosz. 008;
im marmor oder ertzt. 715;
und stahl und ertzt und blei. 718;
in stein und ertzt zu prägen. 102S;
das der ton des holen crtztes überall zusammen ruft. 873;
doch steht 1015.1059.1068.1070 ertz gedruckt; in begchung des
schwcfelerizts. »?ie(/. maulaffe 894 ; kein erlzt wird so leicht
wieder wachsen. 899; wie schön das ertzt im lager lag. 901;
der bunde lauter kämpf, des crztes tödlich knallen
tönt durch das krumme tbal und macht dcu wald eiscliallen.
Haller 40;
der berge reicher Schacht vergüldet ihre hörner
und färbt die wcisze flut mit köniplicbein erzt,
der Strom flieszt schwer von gold und wirft ^'edlegne körner,
wie sonst nur grauer sand gemeines ufer schwärzt. 50;
{spii'(iclwand) in hellem erzt. IIagkdorh I, 22;
sein donnernd erzt zermalmt sie schon. Drollinger 2t ;
wie sich ein reiches erzt in grauen kittel scbmiei(t
und scblecbter Schwefelkies mit göldner färbe triegt. 82;
und wenn in deinem kreis der sonnen schwächro krafl
schon keinen demnnt reift und deiner klfiftc safl
zu keinem golde kocht, so bist du doch dargcgcn
an andern erzten reich. 83; *
0 dasz doch so betöret
der mensch sein bestes erzt in mordgcwehrc kehret, ebenda;
sie llocbt mit eigner band gerechter sieger kränz,
verherlichte für sie das erzt, des marmors glänz.
LicHTWKR reclil der vernunfl 72;
so giengs der ersten well,
bis willer die natnr das laster sich empörte
und sich der Zeilen gold in erzt und eisen kehrte. 62;
das grubenlirht streuet
seine zitternden stralen durch unterirdische dämpfe
freudenlos um ihn {den brrgmnnii) herum und zeigt ihm die
nimmeriiden erzlc,
die er mit schwerer unsäglicher mühe geduldig heraus haut.
/.acrariä Ingsti'ilvn 17S7. «. 94;
eine treulose wand schieszt ein, begrübt ihn im erite.
elirniia;
in marmor und erzt. Winkelhann 1, 28; Prologenes, welcher
in erzt arbeitete. 4, 31 ; wagen von erzt. 4, 33 und so durch-
gänijiq bei ihm. nur in band (\ steht crz; die schienen von erzt,
die silberne nahe. Lessing 6, 4C6;
und die stimme des menschen, vor allen snilen und enten
unerscliöpflich, die milchtigstü herscberin ober die honen.
Mesniiis i:>, 1017;
glühend erzt war »ein fusz. 20, 733;
strenges gesetx grub ich mir «in in enl. Klofstock % 43;
ninde.H gefUsz von erzt (: ge.schwftnl). Wiiund |S, 191.
manche urchsettrn nach bequcmlichkril des reims mit beiden formen,
zuletzt /(>«: man die hartklinijende giinz falirrn.
ERZTAIIT fitr erznrt schrrilit Ka»tnkr in seiner Übersetzung
der abh. der schurd. akadcmie 13, 293. 16, 38.
1101
ERZTAUCIIER — ERZUNFLAT
ERZUNSITTE — ERZÜRiNEN
1 1 02
EnZTAüCHEU, m. colymbus urinalor.
EllZTAüGEMCHTS, m. Iwmo nullius frugis. Pierol 3, 54.
EßZTEN, iicrcus: erztenc schusseln. Lohenst. Arm. 1,17;
hier fliegt der tod aus erztnen röhren.
Chr. E. von Kleist sehnmicht nuch ruhe xtr. 4.
erster druck (Godeke d. dicht. 1,609'),
spätere ausg. haben ehrnen. nhd. gab es vier formen für aereus :
ehren, ehern, erzen (erzin), erzten.
EHZTEUFE, f. bergmännisch für erztiefe, mit dem diphlh. des
ihd. tiufi profunditas.
ERZTEEFEL, m. archidiabolus : der erzteufel, der zu Mühl-
haiisen regiert. Luther 1,124"; aber diese gesellen mnsten
die rechte hohe erzteufel sein, die mir eitel brot und wein
gaben und lieszcn michs hallen für den leib und blut Christi.
6, lOS"; mit weiblichen erzengeln und männlichen erzteufeln.
J. P. Fibel rorr.
ERZTFEST, was erzfest:
die des Verhängnisses erztfeste Schlüsse stören.
LoiiENSTEiN tbrak. 20, 532.
ERZTGRUBE, f was erzgrubc:
wie man dergleichen wol in den erztgniben schawt,
da man die schachten stracks mit hölzern nntorbawt.
Werders .Ir. II, 3S.
ERZTHEIL, ERZTHEILCIIEN, m. n. particula aeris.
ERZTHOR, n. porla aerea, ferrea.
ERZTHCRER, m. für erzhurer. Lohenstein Ibrah. 4.
ERZTÖLPEL, m. Iwmo rusticus.
ERZTRENKE, m. archipiucerna, trenk, Irenke gebildet wie
schenk, schenke: des herrn Pantagruel obersten lüffelrefor-
mierer, erb und erztrenk. Fischakt groszm. titel.
ERZTROG, m. alveus aeris. Mathesiüs 1502,196'; ärztrög,
mit tragend sie auf den achslen aus den schachten oder
Stollen. Beciiius Agricola 118.
ERZTROPF, m. homo sluUissimus, stipes: der erztropf hätte
jetzt noch einmal mit ehren sich herausziehen können. Pesta-
lozzi 3, US.
ERZTROPFE, m. tropfendes, rothgültiges, ins gestein einge-
sprengtes erz.
ERZTRUCHSESZ, m. archidapifcr.
ERZTRUHE, f. was erzhöhle.
ERZTRUMM, n. fragmenlum aeris: wenn man in jeder schiebt
befürchten nuisz, das dürftige erztrumm zu verlieren. Hum-
boldt gasarlen 14.
ERZTÜCKE, f facinus maliiiosissimum.
ERZTÜCKLELN, n. dasselbe: ich meine, das sei ein recht
erztücklein und das allerreisigst stiicklein, das mir der leidige
teufel Leweisen können. Luther 3, 335*. kaum zu schreiben
erzstücklein, sciton weil stücklein folgt.
ERZTüGEND, f. virtus cardinalis, haupttugend:
die Weisheit ist ein erzetugent. Hing 28', 4.
ERZU für herzu : das sich der teufel mit all seinen engein
flugs erzu findet. Luther 6, 343'.
ERZÜCKEN, stringere: rant einen ritler, der hiesz herr
Fockert mit erzucktem schwert an. Aimon cl'; lief er Ru-
landen mit erzucktem schwert an. ql"; er rant Yonet mit
erzucktem schwert an. El', vgl. erziehen 1.
ERZUMPANZERT, xn^-^oxircor, 11. 2, 438.
ERZUMSCHIENT, dasselbe.
ERZUMSCHHIMT, dasselbe. IL 1, 370. 2, 103. 187.
ERZÜiNUEN, accendere, incendere, vgl. entzünden und den
Wechsel zwischen erwachen, entwachen.
»n/irf. dc) si den hoch gemuoten vor ir stende sach,
dö erzunde sich sin (besser 'ir') varwe. Nib. 291,2;
wie einer l'rowcn süejcr munt
einen niiiine gernden man
mit lit'izcn wunne erzünden kan. Licutenst. 658, 2 ;
n/i(/. die minn mich serc hat erzund
inniklich iti meins herzen grund. fastn. 775, 13;
ein gröszer feur on zweifei sich crzundet helle. Luthers br.
1,512; mein zorn sol sich erzünden über das ort. F'rank
clirnn. 5o'; und so es solf verhalten werden mit gewalt, so
hfils der Inft dermaszcn erzündi und erwildet, dasz es liinder
sich lauft. Paracklsus chir. sehr. 310'; so eiv.ündet sie den-
noch sein herz dermaszen, dasz er von stund an ihnen auf
dem fiisz nachfolgt. Amadis 350.
EUZIjNFLAT (crzünllal). m. homo spurcissimus : daher man
ein sciilammigen tropfen oder ungewaschen maul, der ums
bauchs willen garstige und lose possen reiszet und mit
schamparn unfleligen werten losen leulen ein frcud oder
gelechter machen wil, ein scurram und rechten crzunflat
nennet. Mathesius 98' = 1562, 152'.
ERZUNSITTE (erzünsitte), f. turpitudo, immodestia : nun erst
fühlte der geistliche herr die erzünsitte, dasz der Jakob sich
beigehen liesze, einen echt christlichen churfürstlich säch-
sischen Superintendenten mitten in Lauchslädt so weltlich
herein trällern zu wollen. Kl. Schmidt kom. dicht. 148.
ERZUNTUGEND (erzüntugend), f. maximum vitium:
tausendmal hab ich ihn, söhn, an die erzüntugend erinnert I
Luise 1, 518.
ERZÜRNEN, ahd. irzurnan, mhd. erzürnen.
1) irritare, reizen, aufbringen: David ward fast erzürnt über
in. Keisersb. s. rf. wi. 30"; der bossalirer ist auch der capellan
in dem haus, was der junkherr und die frauw sagen, so
sprichet er allwegen ein wenig danach {sein amen dazu), er
erzürnt niemans [verletzt keinen), spricht der junkherr 'es ist
kalt', er antwurt 'es ist gefroren', spricht er dann 'mir ist
heisz', er spricht 'ich schwitze'. 32'; wer do wil wissen wer
er sei, der erzürn allein seiner nachbauren einen, der sagt
es. 3S" ; wievvol in die schützen erzürnen und wider in kriegen.
1 Mos. 49, 23 ; gedenke und vergisz nicht, wie du den herrn
deinen gott erzürnetest in der wüsten. 5 Mos. 9, 7 ; durch
die grewel hat er in erzürnet. 82, 16 ; darumb das sie Ire
haine gemacht haben, den herrn zu erzürnen. 1 kün. 14,16;
umb des reizens willen, damit du erzürnet und Israel sün-
digen gemacht hast. 21, 22 ; und trieben böse stücke, damit
sie den herrn erzürneten. 2 kön. 17, 11 ; aber da unsere veter
den gott von hiinel erzürneten. Esra 5,12; und sie erzür-
neten in am hadderwasser. ps. 106, 32; denn sie haben mich
erzürnet, spricht der herr. Jcr. 4, 17; auf das ir mich ja wol
erzürnetet durch ewr hende werk. 25,7; und über einem
unverstendigen volk wil ich euch erzürnen (goth. ik in aljana
izvis brigga in un})iudös). i?öwi. 10, 19 ; nu hell der graf den
Reimuud gern gefragel, wer Melusina were, da besorget er
den Reimund daran zu erzürnen und liesz es auch da stehen.
buch d. l. 206, 3 ; auf jemand erzürnet w erden, pers. rosenlh.
7, 4 ; darauf wird der vater erzürnet. 7, 20 ; zu ihren erzürn-
ten ellern hatte sie das herz nicht wieder heimzukehren.
Simpl. 2, 40 ;
den könig haben sie erzürnt, nicht mich. Schiller 2.V2''.
man gebraucht erzürnen auch von sachen oder Verhältnissen:
sein {des Imbes) kunstbau lehret mich , dasz kein erzürnt Ver-
hängnis
ihn mir zur strafe gab, zu meines geists gelängnis.
LicuTWER recht der Vernunft 49;
das erzürnte meer. Gökingk 3, HO;
erzürnte fluten brausen
tief unter morschem steg. Mauhisso!».
zumal bemerkenswerth ist die anwendung auf erkrankte gliedet
und wunden, gleich dem lat. irritare, exacerbare: wer (wäre)
die wund erzürnet, so nim guten weiszen wein. ... so wirt
die wund wider lügenhaft. Gersdorf 32; und ist demnach
des gliedwassers schwam, und hat der mensch schmerzen,
dann ob er schon im greifen nicht wehe thut, so thut aber
doch dem kranken das glied wehe und ist rot und auch
erzürnet und brennt in dem kranken. Würtz 34.
2) refl. erzürne dich nicht über die bösen, ps. 37, 1; erzürne
dich nicht über den, dem sein mutwille glücklich fortgehet.
37, 7 ; anstatt sich leise wieder wegzuschleichen, erzürnte er
sich ohne masz darüber. VViEr.AND 12, 192 ; er erzürnt sich
über die einen und vergöttert die andern. 31,279;
gewaltig sich ob eines solchen freveis
erzürnt. Lessikg 2, 321.
3) intr. ir seid heule abtrünnig worden ton dem herrn,
das er heute 'oder morgen über die ganze gemeine Israel
erzürne. Jos. 22, IS ; wenn du sihest, das der könig erzürnet.
2 Sam. 11,20; wenn sie an dir sündigen werden und du er-
zürnest. 1 kön. 8, 40 ; da erzürnet Nacman und zoch weg.
2 kön. 5,11; da erzürnet der grimm des herrn über Usa.
1 chron. 14, 10; wenn sie an dir sündigen werden und du
über sie erzürnest. 2 chron. 6,30; goll möcht erzürnen über
deine stimm, pred. Sal. 5, 5 ; aber seine söne werden erzür-
nen und grosze beer zusammen bringen. Dan. 11,10; da
Jonathas solch rühmen höret, erzürnet er. 1 Macc. 10,74;
als nun die jungfraw ihren freunden ihren willen entdeckt
lialtc, liengen sie schwerlich an über sie zu erzürnen, buch
der lu'be 252,2; ab diesen Worten erzürnet der ries heftig.
Amadis 126;
1 103 ERZCRNUNG — ERZWIDERTEUFER
ERZWILD — ES
1101
scherze nicht mit groszon bcrrn,
die art leut erzQruuu gem. arab. sprichw. 48.
4) die für alle bedcutungcn vcrwandlen praeposUionen sind ab,
ob, über, auf, um, wegen.
ERZCRNLiN'G, f. irrilalio: ein grosz übel und erzürnung
gottes. AvENTiN 117.
ERZLTZELN, wie erzitzeln : das das kalb an den düttcn
nur riechet, aber nicht so kräftig ist, das es die milch heraus
ziehen oder erzutzelen mag. Sebitz 97.
ERZV.\TER, m. palriardta {worin archi sMieszl): ir menner,
lieben brüdcr, lasset mich frei reden zu euch von dem erz-
Tater David, er ist gestorben und begraben und sein grab
ist bei uns bis auf diesen tag. aposlelg. 2, 29 ; hier sehen wir
sogleich den erzvaler als kricger und beiden. Göthe24, 209;
brauner schweisz rinnt von des erzvaters stirne. Fr. Müller 1, 7.
ERZVÄTERLICH, patriarchalis.
ERZVEHFÜHRER, m. seductor improbissimus : der richter
will den Morio schon als einen erzverfübrer verurtheiien.
Lessixg 4, 410.
ERZVERLEL'MDER, m. calumniator. Stieler 1152.
ERZVERLUST, m. decremetitum aeris, abgang an erz bei der
Verarbeitung.
ERZVERRÄTHER, m. prodilor improbissimus:
die erzverräther wachen,
wir schlafen sicher ein. sie suchen unscrn tod.
Grvphils 1, 13;
der erzverräther wälzt sich schon vor deinen füszen. 1, 2C7.
ERZVERSCHMITZT, callidissimus. Meier von Ksohw fabeln 121.
ERZVERSCHWENDER, m. hämo profusissimus.
ERZVERSCHWENDUNG, f profusa luxuries. Stieler 1983,
ERZVIELFR.\SZ, m. lurco insaliabilis.
ERZVIELFRASZLAPPSCHEISZIG, Garg. n", i^. läppe.
ERZVOGEL, m. sceleslus nebulo: also hatten wir auch einen
dergleichen bei unserm regiment und zwar einen solchen
abgeräumten erzvogel und kernböswicht. Simpl. K. 295 ; der
eine, w elcher ein ausgelernter erzvogel war. Felsenb. 2, 30 ;
der alte erzvogel. irrg. der l. 187.
ERZWACKEN, decerpere, surripere: erzwackt in der fuths
in sein klausen. rfero//c» M'ewencxrm/>ei 1530, 107'; nit weniger,
als wenn er in schon erzwackt bett. Bocc. 1, 23' (wo aber bei
Steimiöwel 35, 10 : nit minder, ais bette er in in dem ge-
ricbten lacze gefangen);
ob ern möcht bei dem hals erzwacken. H. Sachs 11.4,44*;
wo ich nur etwas kan erzwacken. IIL 2, 2, 16G';
vermeint ein schusz da zu erzwacken. Ferber N4*;
dieselben was sie da erzwackten,
flugs in ir wassergscbirlein stackten.
FiscHART flohalz s. 822 (Sckeible) ;
in diesem stuck vergleicht er sich mit keim fucbs, dann die
fressen von kappen, hünern und hcnnen, die sie erzwacken,
nimmermehr das weisz. Garg. 241';
es ist auch nicht bestämlig, auch nicht so prosz und fein,
was man also unbändig an sich crzwnckt allein.
DoMAN in MoRiiOFs Unterricht 353.
ri^. abzwacken, aufzwacken, bezwacken, abzwicken, auf-
zwicken.
ERZWAGE, f. wage zum wigen der erzproben.
ERZWAGEN, abluere, eluere:
der srhelm, den wir haben erzwagt,
der hat uns warlirh wol umbjagt. Atrer fasln. 4*.
ERZWAND, f eine anstellende erzmasse im bergwerk.
ERZWANG, m. extorsio: wer das gebet als einen erzwang
in hinsieht der Sachen, die er bittet, ansieht, irrt sich. Hippel
4, ICS.
ERZWANGIG, xnlyonä^etoe :
er traf dem Eupeitbcs des heims erzwangige knppel.
Od. 24, 523.
ERZWECKEN, intendere, tpeclare, bezwecken, erzielen tind
ejleich diesem oß auch erreichen: sie kostet ein weniges und
erzwcckt ganz gewi« apprtit nach etwas besseren. Lkssinc
4,475; so war bei vieler arbeit immer nur etwas einzelnes
erzwerkt. GiVriiE 55,199; bessere bedingungen crzwecken.
ERZWEG, m. renn metallifira. Stieler 2455.
ERZWF.RK, n. opus aerarium : der war ein mrislrr im erz,
toi Weisheit, verstand und kunst zu erbeilen allerlei erzwerk.
1 kirn. 7,14.
EIIZWIDERTEI'FFR. m. archianalmfiliida : da sind die wider-
teofer aufs newe und wUlcn noch iiner mit su die end-
christiscbe allen crzwiderteufer, die durch ire eigen werk
sich geteuft haben und noch teufen. Luther 6, 276*.
ERZWILD, effrenalus: das ist ein erzwilder mensch dieser
Vetter, da ist nichts darüber. Falks Joh. von der OMee l, Ol.
ERZWINDREUTEL, ni. vaniloquus.
ERZWINGEN, cxlorquere, exlundere, ahd. arduingan (Gbaff
5, 273), mhd. ertwingen :
ich trouwe an im ertwingen beidiu Hute unde lant.
Nib. 56, 4;
da mit ich solde ertwingen die vil berlichen meit. 59, 4;
ich wil an iu ertwingen swaj ir muget hän. 109, 3;
ich wil 6i sus versuochen, ob ich ertwingen kan
dich mir ze einem gisel. 228S, 3;
rehten erben an eriwungen. Haipt 1,439;
da; mir hie unser man
ertwingen wil ein reiger an. GA. 2, 164.
nhd. etwas durch gewalt erzwingen, durch krieg, durch die
walTen erzwingen ; geld von einem erzwingen ; seine absieht
erzwingen, durch zwang erreichen ; das geständnis einer schuld
erzwingen; ihre einwilligung war erzwungen; wo erzwingt
solchs der text? {wie nölhigl, zwingt er dazu?) Luther 3, 70';
wie die wort mit aller gewalt erzwingen und helle da stehen
und sagen 'das ist der kelch'. 7o'; erzwingets nicht der text?
75'; eine grosze summe geldes erzwingen. Schweimchen
1,222; scblieszen und erzwingen {durch gründe abnöthigen).
//arniscA 138; ich bitte aber hieraus keine folge zu erzwingen,
welche der ihme so theuer gelohten wolgewugenhcit zum
nachtheil gereichen möchte. Rltschky knnzl. 09; nicht dasz
ich, weil meine beständigkeit den sieg darüber erhaiiptet,
einen schlusz ein untadelhaftigcr mann zu sein erzwingen
wolle. 655; erzwungene thränen; erzwungnes gclübde, ver-
sprechen; ich kanns nicht erzwingen, von schwerer ark'it;
ich nehme mir schon kleid und kopfpuiz aus,
die wette wird mir mehr als dieses bringen,
mir soll gewis der nächste hocbzeitschmaus
der damen neid, der männer lob erzwingen.
liAGEDOHH 2, 155;
0 schweigt gerechte klagen !
ihr werdet nichts erjagen
als dasz ihr mir an das gedenkt,
was euch erzwingt und mich nur kränkt.
Rost schnferg. t09;
ach könnt ich auch so singen
und nur von Silvien ein fretuidlich wort erzwingen? 128;
die du zur gattin dir erzwangst. Gotter 2,431;
und ein scherz, ein einfall kann
uns dein lächeln kaum erzwingen? Gökinck 2,41;
ich musz die luft beim sprechen schon erzwingen. 2, 1C5;
die beeiferung hat mir etwas erzwungen {abgezwungen, abge-
nöthigl), dazu ich wol lust, aber keine rechte last hatte.
Rkiske Thuc. rorr.
refl. und unpersünlich, es erzwingt sich, ergibt sieh, folgt
nolhwendig: auch erzwinget sich daraus, dasz dieser verstand
zu hallen sei. Luther 2,235'. br. 2,309; aus den worten
erzwingt sichs. 4,11'; darumb erzwinget es sich, das die
mutter nicht von einem man must schwanger sein. 4, 124'.
ERZWUCHERER, m. usurarius iniftrobLtsimus.
ERZWUNDER, n. niiraculum miraculornm, hauplwunder.
ERZWUNDKRLICH, difßcillimus: ein erzwunderlicher kauz.
f^RZZANK, m. lis maxima, hauptzank.
ERZZÄNKER, m.
ERZZEIT, f seculum aeris, seil des crsgeräles, der ersvaffen,
gegenüber dn cisenzeit.
ES, lat. id, golh. ita, ahd. i;, C;, mhd. <<;, alts. il, nd. it,
ags. hit, engl, it, mnl. nnl. het, allfries. hit, westfries. et, m>rd-
fries. hat, vgl. oben sp. CSO. rechtfertigt die brechung öj kühne
Schlüsse auf ein vorangrgangnrs 6;a für \i,nf dann müste
auch alla;, plinla; ein alla;a, plinlaza *= i/o/A. allata, blin-
data ahnen lassen, wnijegen doch rinwdnde gelten, sehr nach-
theilig wurde die nhd. eingetreinc Verdünnung des v^ in es {wie
mhd. daj, wa^, bi;;, alle/,, blindej; :i« das, was, bis, alles,
blindes verdarb), wodurch heillose Verwirrung, namentlich mit der
genitivform enls\irang, wie sich hernach unter es ■>= ejus ent-
falten wird, daneben erscheint im 15. 10 jh. nicht selten noch
die volle Schreibung esz, isz, hin und wieder die überladen ge-
dehnte ehs, ihs, ilies (j. b. weislh. 1, 5H1), ehsz, analog unserm
eimirführten ihm, ihn; sogar essz hegegnH und trrstiirkteis etz
{i.b. bei SoLTAU 112.102), wie dilz, salz, schätz <h/(T iii/tiK/rnd
hetzen, setzen. gendseUes in«, Ins für es hi-rt man in der
WrIIrrnu: mo ins, mag es, mags sein; ins ras wur mm ^ ist
iio:
ES NOM.
ES NOM.
1106
ffo/jr; ins wills firdig brenge = es {der keil) mlls fertig
bringen. Stai.der {nchweiz. landeasjyr. 108) gibt glriches ins, inns
nur für den acc. es, nicht für den nom. , Gotthelf setzt
ihns n«r für betontes es im acc. von fiersonen (mädchen). ges.
sehr. 2, 342. 350. 354. 210 H. 0. Bei der anlelwnng treten manig-
fache kürzungen ein. schon mhd. irli^. dii;, ör?, wirj, ir;,
sie; für ich c;, dö e?, er ez;, wir i-j. ir e?, sie ez; mans
für man es; ich hin;, ich hän; für icli l)in ej, hän e;;
nim;, scln-ip; für nim e;, schrip ej; est /^«r e; ist, wie
d^st. deist /ür da; ist. ntid. ichs. dus, ers, wirs, ihrs, sies;
ich bins, ich nehms, schhigs u.s.w.; gibs, nimms, thus für
gib es «. s: w. nach parlikeln ohs, wenns für ob es, wenn
es. in Volksliedern auch dasz, bisz für dasz es, bisz es, wovon
H11.DEBRAND s. 309 stellen beibringt. est /"(ir es ist irird nhd.
gemieden, dagegen schwindet der anlaiit in sist für es ist,
welche aphaerese mhd. unstatthaft war, in den verwandten sprachen
aber noch gröszeren umfang hat, engl, tis, twas (man schreibt
häkelnd 'tis, 'twas) für it is, it was; nnl. tis {geschrieben 'tis)
für het is. int 00g, int waler {geschr. in 't) = in het 00g,
in het water entspricht aber itnsem ins äuge, ins wasser =
in das äuge, in das wasser.
Dasz in ila, e;. in Jiata, da;, im tat. id ein dem allata,
blindata, alla;. blinda; unmittelbar identisches dement walte, ist
offenbar, kann aber hier nicht näher entfaltet werden ; dem aus
dem acc. in den nom. vorgelrelnen skr. neiitrum am, lat. um,
gr. ov gleicht das slavisclie 0 (to ist J)afa, da;), von vielfachem
zusammentreffen unseres es = e;, ita mit das = dasz, dag,
}iala wird die folgende abhandliing zeugen.
Dies Wörtlein es erfüllt heute, gleich dem artilwl, unsere ge-
sammte rede und ist allenthalben anzutreffen, sein gebiet hat sich,
wie hernach auseinandergesetzt werden soll, durch mischung mit
dem genitivischen scheinliar noch ei'wäterl. im ganzen Ui.kil.^s,
soviel wir dessen noch übrig haben, steht ita nicht mehr als
siebzehnmal, welch ein abstand! einzelne ahd. denJimäler geben
freilich gar kein e;, wozu ilirer armut da- mechanisch verdeutschte
lest nicht anlasz bot. 0. U7id N. gewäliren beispiele, im ganzen
sparsame, mhd. hatte sich der lebendige gebrauch langst ent-
schieden und nirgends war der ausdruck mehr zu entbehren.
\) der nominal iv es.
In der alten spräche ist das subject des satzes entweder durch
das nomen selbst oder ein pronomen an des.'sen stalle, meisten-
theils aber durch die verbal flexion, d. h. jenen sie bildenden, lieim-
lich in ihr steckenden pronominallhril ausgedrückt, das dem nomen
überhaupt eingeprägte dreifache geschlecht bleibt in dieser flexion
nn geschieden ; doch parlicipia, die dem verb. .lubst. einzelne tem-
pora der Vergangenheit oder zukunß umschreiben helfen, nicht
anders ihm zugesellte adjectiva, sondern in ihrer nominalgestalt
auch die geschlechter, an aniat wie an amafur id nur die person,
an amatus est sowol geschlccht als jicrson bezeichnet, möglich,
dasz späterhin das frei vorstehende particip auch ein vorgeschobnes
pronomen heranführte, z. b. das romanische cgli k amato, il est
aime. hier ist nun das geschlccht zweimal, an egii und amato
(il und aime) atisgedrückt, im pracs. egli ama, il aime nur ein-
mal, das lat. amat und amatur lieszen es unangedeutel, in ama-
tus est genügte einmaliger ausdruck. das allmälich dem vevbum
vortretende pronomen verhält sich wie der auch vor das nomen
rückende artikel, beide gereichen der abgeschliffenen oder geschwund-
nen flexion zu hebet, stütze und ersatz, bieten sich aber auch zu
feinen nebenbestimm ungen dar.
Das neutrum {ovStze^ov) ist eigentlich kein wahres, entwickeltes
geschlecht, sondern nur dessen keim und andeutung, diese unbe-
s^immlheit macht es schmiegsam und die beiden andern geschlechter
zu einigen oder vertreten geschickt, zwar kann es auch unaus-
gedrückt nelien der baren flexion .sich sijntactisch geltend machen,
doch mehr sagt ihm die duszerlich hervorgehobne pronominal form
zu. aus diesem grund spielt in unsrer sjirache das neutrum und
das neutrale pronomen eine grosze rolle und erreicht was der
älteren nicht in solcher weise möglich war; romanisch schadet
gerade das erlöschen der ncutralform, obgleich sie in der männ-
lichen nachwirkt, die slavisclie bedeutsamkeit des neutrums ge-
währt uns wicliligc aufschlüsse und bestätigungen.
Wir haben zunächst das persönliche es, dann das unpersön-
liche, das erzählende und das vor dem praedicativen nomen ein-
tretende zu untersuchen, endlich auch die analogie der demon-
strativen pronomina zu erwägen.
A) persönliches es.
von ihm gilt was von den beiden andern personen, mit welchen
tt gleiche' recht vnd gleichen umfang hat, ein nomen desselben
III.
geschkchts, worauf sie sich bezielien, musz iltnen unmittelbar vor-
ausgegangen sein oder in der nähe stehn. die gothische, wie die
lat. und gr. spräche, lassen diese persönlichen pronomina meistens
weg und setzen sie nur, wo ein nachdruch darauf fällt. Matlh.
7,25 liest man: jah vaivöun vindos jah bislugqun bi J)amma
razna jainamma, jah iii gidraus, ohne ita, was sich auf razn
bezöge, wie auch in der vulg. zu noii cecidit kein ea im bezug
auf domus gefügt sleld. ahd. heiszt es aber T. 43, 1: inti bliesun
wintä inti anafielun in tlia; hös, inti i; fiel, bei Lcther :
stieszen an das haus, da fiel es. hier sind noch andere bei-
spiele des neutralen nominativs: oba tha; hös wirdig wirdit,
thanne quimit iuwer sibba uhar tha;, oba i; wirdig ni wirdit,
iuwer sibba zi iu wirhit. T. 44, S;
wi/irf. daj vierde dier nin evir was,
i j naviti isirne cläwin. Anno 237 ;
was entrinnet iwerm kriege,
«5 üieje oder fliege? Parz. 293, 4;
lifj pfert er sai,
65 truoc in küme fürbaj. 534, 18;
wes mac sin ors da biten,
e; ersirüclie oucli über daj runzit. 536,35;
enphähent daj cleinople hin,
ej meret iuwer magenkralt Ir. kr. 9206.
nhd. wan ein kind etwann unrecht thut und man es fraget,
warumb hast du das gethon? es fahet an leugnen und spricht
ich hab es nicht gelhon und lügt umb forcht willen, dann
es forcht man schlahe es mit der ruten. Keisersb. s. d.m. 25';
ein Veilchen auf der wiese stand,
gelifickt in sich und unbekaimt,
es war ein herzigs veilchen. Göthk 1, ISO;
die weit wird nie das glück erlauben,
als beute wird es nur gehascht,
leis auf den zehen komrats geschliclien,
die stille liebt es und die nacht. Scuiller 47*;
und so zahllose mal allenthalben, dies es haftet, wie sich das
rerbum auch drehe: fiel es? Iruog ü; in? fängt es an? nur
lied und erzählender ton gestatten sich seiner zu enthalten, z. b.
Göthe hätte sagen können:
war gar ein herzigs veilclien.
dichter drücken zuweilen das subject vorher schon in gleichem
casus namentlich aus und lassen das pronomen folgen.
und dein äuge wie ists 7^» dem tode gerüstet? Wessi^s 5, 122;
das kind es denkt. Gothe 1, 224;
das beer es kommt gezogen. 1, 129.
B) unpersönliches es.
das eben besprochne pronomen war auf ein schon feststehendes,
ausgemachtes neutrum gerichtet, das es wiederholt vorbrachte, in
lagen die für jedes geschlecht, jeden mimerus und für alle verba
gelten, allen sprachen sind aber auch verba eigen, die haupt-
sächlich in der dritten person des sg. gebrauclU werden
und wesentlich ein neutrum neben sich erfordern, durch dies
neutrum soll angegeben werden, was sich nicIU näher bestimmen
läszt, sei es, dasz man mit dem vollen eigentlichen ausdruch
zurückhält oder ihn überhaupt nicht wäsz, unsie spräche setzt als-
dann zu dem verbum ein 'es', und jedwedes rerbum im gründe
gehl damit in einen unjiersönlichen begrif über, im latein genügt
verben dieser art die blosze dritte person, der meislenlheils kein
neutrum anzusehen ist, nur die mit participien geMdeten prae-
terita können der neutralbezeichnung nicht entrathen, also z. b.
neben itur, eurritur musz gesagt werden itum, cursum est.
günstig erzeugen die slavischen sprachen ein praet. activi mit dem
verb. sul)st. tind ihreyn part. jiraet. activi auf I, uelchcs dabei
noch flectierbar bleibt, das verb. sub.4. pflegt in der dritten per.^on
auszufallen, so heiszt z. b. poln. byt er war, byla sie war, byio
es war; pil er trank, pila sie trank, pilo es trank; böhm. l)yl,
byla, bylo; pil, pila, pilo; serb. bio {== bil), bila, bilo; pio,
pila, pilo. slavisclie impersonalia, als neutra driller person. geltn
demnach immer im praet. auf lo aus und gewinnen, da das
poln. böhm. jest meistens, das serb. je ofl, das russ. est überall
wegbleibt, den schein einer gefügen verbalflexion. dies neutrale
Suffix 0 entspriciU, wie man sieht, dem praefix es unsrer unfier-
sönlichen verba, welchem der vorziig beiwohnt, praes. und praet.
kennbar zu machen, während das lat. um, sl. 0 fit«r prcu;t. oder
fut., nicht praes. bezeichnen kann, den romanisclicn sprachen,
da ilir neutrum untergegangen ist, musz der männliche artikel
auch vor dem unpersönlichen verbum, wenn sie ihn ausdrücken,
dicnste leisten, das wesentliche neutrum vermag darum nicht so
gefidilt zu werden, wie im deutsclien oder englischen, sprachen
aber, denen mit dem genus itu^gemein das neutrum abgclü, wie
70
1107
ES NOM.
ES NOM.
1108
die finnische, ungrische, sind der uniiersönlichen rerha eiyetUlick
unfähig, ihre dntle j>eison des sg. rnusz unverändert und ohne
praefis jüir alle gescMechter ausreichen.
Die hauflarten dieser impersonalien sind folgende,
1) sie drücken das geisterhaße, gespenstige, unsichlbare, unge-
heuere aus, wobei fast immer eine räumliche beziehung stattfindet
oder leicht hinzuzudenken ist : es geht hier des nacbls um, es
wandert tini, es geht irre im haus, es spukt, es wabert,
wafelt; dort in der ecke ists nicht geheuer; bair. es weizt,
da weizts. Schm. 4,206; es ruht nicht, kommt auf dem saal
gar nicitt zur ruhe; in der kammer läszts noch heut niemand
ruhen. Bange thür. ehron. 276; die Bareftobalnia in einem
isolierten ihal der Vareinaalpen, eine kleine, helle und trockne
hole, ist zu rufe gekommen, weil sie wie manche ähnliche
stets wie ausgeblasen ist und nichts venmreinigendes, wie laub
und moos, darin liegen bleibt, 'es läszt nichts darin', sagen
die hirlen. Tschudi ay;>en«'e/< 239; es leidet in dem und dem
orte kein weisz vieh, es druckt es stracks, dasz es morgens
früh ganz breit gedruckt dort liegt, rockenphil. 5,3 (ico nur
die beiden ersten es, nicht die beiden letzten hergehören) ; drauszen
giengs thür auf thür zu mit gräszlichem gepolter und nun
kams auch ans schlafgcmach. es drehte rasch am schlosz,
versuchte viele Schlüssel, bis es den rechten fand. MusXus
roUssm. 4,60; heunt lials wieder im hause die thüren auf
und zu geworfen, die öfen eingesclimissen; es hat sich schon
zwei näcbte angemeldet; es pocht, klopft (in der wand, ein
unheimliches gesch{>pß. mhd. von der gespenstigen Berhte:
'ej i.<l so griiilicli getan,
da; icli dirs iiiht ^esagen kan,
wan wer des vergijjet,
da; er iiilit vast ijjot,
üf den kunit et und Irit in*.
66 sprarh da; kint 'veterDn,
ist e; klein oder grö;,
ist e; rüch oder blöj,
ist e; ein si oder ein er,
oder wie kiinit e; gesllchen her,
oder wie ist e; geschafTen?" CA. 3, 34;
man ha-ret da niwan we w5!
schrien die langen naht.
des tagt'S ist ez äne braht
und alles schalles l»>re.
e; hat; getriben wol zehen jär,
des nahtes so verbrinnet ez gar
und stet iedoch des tagcs da. Wigal, 113,6—14,
ICO doch das persönliche übergclU in örtliches, gleich diesem 'es'
gilt 'was' oder 'etwas', die audi mit es in der rede u-echseln:
'mein herr fürchte sich nicht, wenn etwan des nachts was
kumnien und ihn aufwecken möchte', nicht über zwei stimden
kam etwas an die thür, steckte einen Schlüssel ein und wollte
aufmachen, weil es aber nicht konnte, so pochte es dreimal
an, endlich gieng das ding fort. unw. doct. 400. 'das ding',
das wicht (vaihts), der geist, gerade wie bei Siiakkspkare Hamlet
1,1: 'what has tbis thing appeard again to night?', nun ist
das ding hcunt wiederum erschienen?, 'look, where it comes
again!', sich wies da wieder kommt, 'looks it not like Ihe
king?', sielUs nictit dem könig glnch?, 'it would be spoken to',
es möchte angeredet sein, 'tis gone and will not answer', fort
ists und will nicht reden. ylilcMich hat Voss Od. 20, 88
Tf^3e yäg av fiot rvxrl na^dS^ad'iv eitteXos avzcp
übertragen :
eben ja ruht es wieder bei mir ganz ähnlich ihm selber,
IM das unpersönliche 'es niht bei mir' die traumerscheinung
fueh besser mahlt, als das, wie ei'yeios zeigt, auf ein mdnn-
Uehes Saifuov bezogne 7inot8()nd'Ev. bühm. zde slrasj, da
tpuJUt, stra&ilo, es spukte; jioln. straszy, praet. straszalo; serb.
utvorilo mi se, es erschien mir (wie ein gespenit); kroat. na
ubioku kucilo, es klopfte ans fensler.
2) sehr nahe liegt dit anwendung auf heimliches gerduseh und
berühren, lajipen und scJUeicIum überhaupt: es raschelt im st roh;
dort flOsterts in einer ecke; als ich Ober den langen gang
daher gieng, zupfte mirhs am ertnel ;
flille! wa« Rcliliiprt durch din hecken
raicbelnd mit eilendem laur?
rief et von ferne nicht lein«
flßvternden »tiromen gleich? Scbilur 47';
und all er vtlll harrend am liebe.tbatim »am,
dt »tuiielt« im Innhe, dii «rblirh OK durchi grai.
und eh !•» ihm /ugefllKiert ein wnri,
da log e» mit «ammtent-iu hAndelien ihn fort,
e» fuhrt ihn nllmnlich mit heimlii liem trill. ilÜRClta 33' ;
liier flimmert ein lampchrn, e« log ihn entlang,
itim trhlroner de« Itmpcheiii, den heimlichen gang. 33*;
es packt ihn, wie mit krallen an
und schüttelt ihn wie lieber
hinüber und herüber. 52*
bei 'es packt, rüttelt, reitet mich' denkt man sich ddmonisüie
krankhnten, deren name lieber unijenannt bleibt, dem 'es schlüpft,
zupft' M. s. w. liegt ein ich weisz nicht was unter.
3) dahin gehören auch euphemismen. 'es ist einem genommen'
geht auf den verlud der mannhcit, auf das aussdineiden : wanus
einem genommen ist worden. Gabelkhover arzneibucfi 1599.
1,363; es war ihm von bösen leuten angelhan, eine krank-
heit, die verschwiegen bleibt oder nicht anzugeben ist, ein ange-
zaubertes weh. 'es beiszt mich am kopr Garg. iV meint das
auch sonst 'ungenannte' Ihier; es beiszt mich was, etwas.
4) naturerscheinungen.
a) es lagt, diese«/, lucescit; es nachtet, noäescU; mhd. e?
taget, e;^ nahtet; i-j betaget (1,1692), e; ertaget (3, 1027), Cj
benähtet (1,1464); ej äbendet, vesperascü, ez, morgenet, dilu-
cescit. umschrieben, es wird tag, morgen, abend, nacht:
mhd. d da; «; wurde tac. Nib. 945, 3;
ej wirt tagende, Abende, nahtende, morgende; ahd. ij wirtit
zi taga:
thö i; zi dage wart. 0. III. 8, 21 ;
mild, e; sigct ze dem ähende.
nhd. es gebt gegen tag, morgen, abend, in den abend; auf
den tag, auf die nacht; als es gegen tag gienge. Puiland.
2, 621. es grauet, lichtet, dunkelt, schimmert, nd. schummert.
SciiAMiiAcii 1>>7'. Danneil 189'. abend so wie es schummert.
oeutr. de Fr^d. le grand 30,345; es ist gestirnt (slehn steine
am himmel), ahd. so ij keslirnet ist. N. Boelh. 51, lat. stel-
latum est. es jähret, ist, wird ein jähr, wird jährig; es
sommert, wintert, herbstet; es wird sommer, winter, früh-
ling, herbst;
mhd. wanne ö; sumeret. Gudr. 260, 3;
Äst ein winder. Neidh. 52, 21 ;
es maiet (vgl. sich ermaien sp. 9to); es merzt in den april,
es aprilt in den merz ;
?; meiet. Neidh. xxxv, 25;
e; meiet biure aber als i. 7, 11. US. 2,84».
b) es ist, macht weiter, vgl. fr. il fait beau temps; mhd.
ej tuot weter:
wie da; wt^ier tue. MS. 2, 228';
ej wileret:
wie 6; witer ze aller zit,
ir güete mir die freiide git. fraucnd. 505,31:
f'; wiier sus, d; witer so,
si tuot mich ze allen zitcn wo. 519, 12.
aber nhd. es wittert bedeutet es zieht ein welter, gewUter auf;
es wetterleuchtet, fulgurat, blitzt in dir ferne; golh. Iauhatji|),
aar()n7tTsi, ahd. i; lohazit, coruscal, nd. it Iciet, ags. hit
ligctcd ; ahd. ij plecchazit, ags. hit bliceled, mhd. ßj blichzet,
nhd. es blitzt, fulgurat; es schlagt ein, fulmine icilur, es
schlug ein, iclum est; im ganzen husche ist kein bäum, in
den es nicht einmal eingeschlagen hatte. Lessinc 1, 4S7. es
donnert, lonat, ahd. i; donan'tt, ags. Iiit |>unrad, altn. (lat
})rumar; landschaftlich es driihnl, es grommelt (/r. nocA grom-
meler entro ses dents, murmeln, murren), es grommelte, poln.
grzmialo, bChm. hrjmavalo. es scheint (sonne, mond), es ist
hell, heiter, es klilrt sich, heitert sich auf; es nebelt, es
wölken!, bewölkt sich, es schattet, wirft scJuitlen!
6i hegundo schatenrn. (iiidr. 56, 1.
es regnet, golh. rignei)), praet. rignida, ohne ita, riguidn svihlu
jah funin us hiiuina, ahd. iz, reganüt,- mhd. ez, ri'gcnel, *•/,
was sühs mAiii'it und driu ji\r ungert'-gent, luäte so lange nuht
geregnet, hier iu'-ce sich ein alid. i/, was gireganötaj^, ungircg;i-
iiötai^ detJicn. lat. pliiit, jn-aes. und praet.. it. piove, hm uud
wieder egli piove, ha piovuto, sp, llove, a lluvidu, ;iur/. cIiom-,
tem chovido, fr. il pleut, il a plu; es gieszl, gieszt vom
himmel, es gosz wie mit muldeii, Iniltm. lilu (von Uli), poln.
lalo (von lac); es plUtscht, platscht, klatscht, trütscht, es
trütschte die ganze nacht, niKte pluit tuta ; es trieft, treufi,
tropft, träufelt,
■Im noch nicht lang. dn»i e» geregnet hat,
die bftumo tröpreln nucli ;
es fluaell, rrt^W dünn, xrhtraeh. es Ibuut (ßr iDUl) rvr.ii
mhd. fj touwet, nnl. bei dauwt, agi. hit deivad, »vn^/ ii
1109
ES NOM.
ES NOM.
1110
dews, altn. })at döggvar, scliw. dct diiggar, dän. det duer. es
reift, roreift. es schneit, niinjit, goth. ivol sneivij)? ahd. ig
sniwit, firael. snei, altn. \>nl sniüar, schw. det snöar, dän.
det sneer, bühm. snezj ningit, snezilo ninxU. es hagelt, gran-
(linat, nnl. hat hagelt, engl, it hails ; nhd. es schloszt. es
friert, gefriert, ahd. ij friusit, mhd. ej vriuset, nnl. het vriest,
schw. dän. det fryser; es backt, klebt fest (1,1065); es ge-
rinnt ; es eist, es setzt eis (3, 364), heunt hats ein eis ge-
macht ; es brückt, macht über den ström brücke (2, 416) ; es
glatteist, es abert, liquescU, solvitur (l, 32) ; es thaut (für
daut), thaut auf, fr. degele, ags. hit {)avad, engl, it thaws,
vnl. het dooit, bei uns schädlich zusammengeworfen mit thaut
roral, worüber die rechte Schreibung beider sich unverwandter Wörter
al)handen kam; es schmilzt, es flieszt, rinnt, strömt; es
quillt, springt, entspringt, sprudelt, spriitzt; es kocht, siedet,
wallt; es verrinnt, versiegt; es wogt, es flutet, es ebbt, altn.
l>atliarar; es rauscht, murmelt, klingelt, es weht, es athmet,
es haucht, es bläst, es saust, säuselt, es pfeift, zischt ;
es heult, es stürmt, es tobt, es toset, mhd. ej diujet. es
glimmt, es funkelt, es funkt; mhd. ej ganeistet, gneistet, es
knistert, prasselt, es sprüht, es glüht, es geht an, es flammt,
es flimmert, es strahlt, es brennt, es erlischt, es verglimmt,
CS geht aus. es duftet, es brenzelt (riecht brandig), es riecht,
es raucht, es schmeckt, es muft, müö'elt, müfzet, es stinkt,
es sandet, es stiebt, es staubt, es beklebt, bekleibt, gr.
y.oarel, es keimt, es geht auf, geht an, es grünt, frondet,
serb. listalo, fronduit,
mhd. ej gruonet an den esten. Neidh. 4, 21;
es wächst, es treibt, es schieszt, es schlägt aus, wirft aus,
es laubt, ahd. loupazit ; es blüht, es trägt, es zeitigt, es
reift; es welkt, es steht ab, es fault, es verweset.
5) erschallende laute,
a) von menschen: es ruft, es rief, böhm. volalo, clamalum
est; es rief zu den wafiFen, conclamatum est; es rief feuer,
bühm. kficeio ze horj; es schreit von dorther; es weint,
es winselt, es seufzt, es stöhnt, es jammert, es wimmert,
es ächzt, krächzt, es wehklagt; es lacht, jauchzt, jubelt;
es flüstert, es lispelt ; es klopft an, pulsat, böhm. tluce, es
pocht, es hat gepocht, böhm. tlauklo.
b) von thieren : es heult, es bellt, es wiehert, es gninzt,
es brüllt, es brummt, es muht, es blökt, es kräht, es singt,
es pfeift, es zirpt, es summt, sumst, es schwirrt, es zischt,
es quakt.
c) aus Werkzeugen: es läutet, es schlägt, es schallt, es
stürmt, es leiert, bimbell, klingt, klingelt, es knallt; es
bläst, es bläst zur tafel, es wird geblasen, es trompetet, es
wird, hat trompetet, cum bucinatum est. Varro RR. 2, 4 ; es
trommelt ; es posaunte dreimal.
5') menge von menschen, thieren, sachcn, übergehend in getöse,
gewirr und geräusch, wozu sich das goth. hiuhma hallen läszl:
CS wimmelt, scatet, von Ungeziefer, ameisen, würmern, fr. il
fourmille, it. formica, sp. hormiguea, aber auch von menschen :
der wart so vil, daj (dasz es) wider einander wimelet
üf der rehten sträje gein helle. Lohengr. 277;
es wimmelt in dem buch von fehlem ; es gribelt, kriebelt,
krabelt, gramselt, vgl. die würmer gramsein. Gotthelf erz.
3,320; zwischen dem Knubel und Rosebabisegg wimmelte
und gramselte es von füszen und beinen. 1,304; gramselte
ihm in allen gliedern. 3,259; sie fühlte es gramsein im ge-
liirne; nnl. het wiemelt, het krielt. man sagt auch es flim-
mert mir vor den äugen wie es wimmelt, krimmelt, kribelt,
kraliclt; es wimmelte, flimmerte alles von gold. die sl. sprachen
haben dafür auch ausdrucksvolle Wörter.
(<) abstracte zustände und ereignisse: es ist, es sei; es wäre
\särc es auch; es wird, würde es; nun, wirds bald?; es
hat, CS hat daselbst, da hat es, fr. il y a; es gibt {gramm.
4, 230); es geht, ergeht:
mild, ej ergic den Niblungen zcn gröjen sorgen. Nib. 1467, 2;
es kommt, kommt vor, fr. il arrive;
wie kommts, dasz du so traurig bist? Göiue 1, 96;
nun ist es einmal so gekommen; es geschieht, fit, es ge-
schah, factum est; es folgt, scquitur, es erfolgt, es begegnet;
es scheint, videtur, es schien, vi.sum est; ahd. also ii; nu
skinet. N. Boeth. 5; also ij nu veret. 12. es hebt an, be-
ginnt, endet, hört auf, es beginnt zu dunkeln, incipit vespe-
rascere, es hört auf zu regnen, vgl. goth. du Rumönim, du
Galatim ustauh, explicil. eine menge mit dem verb. subst. vnd
adjectiviscliem praedicat gebildeter: certum est, darum est,
aequum est, dulce est, licitum est, es ist gewis, es ist klar,
billig, es ist süsz, es ist erlaubt, wo auch die sl. adjectiva
auf neutrales o ausgehen, ahd. könnte ebenfalls noch neulral-
fleiion vorbrechen: ej ist giwissaj, mir ist bejjerä, ist dir
danne guotlichörä, erit tibi utilius. Matth. 20, 28. den meisten
stehn lat. einfache vcrba zur seile: constat, liquet, lubet, licet,
praestat.
7) gefühle und empßndungen, immer im geleil des dat. oder
acc. eines persönlichen pronomens, das den bezug auf den innern
menschen beuirkt.
a) mit dat. und mtranstlivem verbum: c» ist mir, wie ists
dir jetzt? es war mir, als müste ich sterben; es wird dir
wieder anders, besser; wie geht dirs jetzt?; es geschieht
mir oft ; ich wüste nicht, wie mir geschähe. Fehenb. 1, 60 ;
wenn die rosen wieder glühen,
weisz ich nicht wie mir geschieht. Göthe 1, 64;
es gedenkt mir noch, es gedenkt mir nicht mehr; es scheint
mir, es erscheint mir so; ich irrte, schien es mir; wenn
mir recht ist, wenn ich nicht irre; es träumt mir, es hat
mir geträumt;
6j troumde Kriemhilte in lügenden, der si pflac. Nib. 13, 1;
es ahnte mir, schwante mir ; es kommt mir so vor, in sinn ;
es fällt mir ein; es zweifelt mir noch: als aber meisler
Ulrich streng darvvider prediget, zwiflet mir ie lenger ie mer.
Plater 38 ; mir zweifelt nicht. Ettner hebamme 184 ; es wurmte
mir; es graut, grauset mir, mir graulet. Lessing 10, 70, vihd.
mir griulet. Walth. 30,12; es schwindet mir, es geschwand
ihr, sie wurde ohnmächtig; es schwindelte mir beim besteigen
der leiter; es dotiert mir (2,1315); es ekelt mir, stöszt mir
auf, mhd. mir unwillet. es fehlt, mangelt, gebristet, ge-
bricht, entgeht mir; es ist mir entfallen, vergessen, mhd. ej
zerinnet mir (gramm. 4,239), meist mit gen. der sache: es
zerinnet mir. es ziemt, geziemt mir, decet me; es gebührt,
gehört mir, me oportet; es fügt mir, steht mir an, zu, es
kommt mir zu, kommt mir zu statten, es frommt, nützt,
hilft, gedeiht, gelingt, glückt mir; es schadet, misglückt,
verunglückt mir; es ist uns allen übel gelungen, es hat ihnen
damit nicht gelingen wollen, es behagt, gefällt, beliebt, ge-
liebt, genügt mir. es gilt ihm, es ist ihm bestimmt, es war
ihm so beschaffen, geordnet, es begegnet, widerfährt mir,
es ist mir zugestoszen, aufgestoszen.
b) den acc. nehmen zu sich meist transitive verba, wiewol sieh
die erstangeführten des gelüstens nicht als solche nachweisen lassen:
es lüstet, gelüstet mich, aiid. also mih lustet, ex voluntate
mea, N. ps. 27,7; es durstet, hungert, schläfert mich (vgl.
einschläfern) ; es brunzert, pissert, kotzert, scheiszert mich,
cacaturio, micturio, es essert, trinkert mich, esurio, bibiturio;
es friert mich, algeo, verschieden von es friert, gelal ; es juckt,
kitzelt mich ; es brennt mich auf der brüst ; es schaudert,
schauert, überläuft mich; es grimmt, reiszt mich im leib;
es reut, gereut, erbarmt mich (3, 702), poenitel, miseret me;
es rührt, bewegt, jammert, erschüttert mich ; ahd. mih egisöt,
mhd. aber mir eiset; es schreckt, erschreckt mich, terret me.
CS freut, erfreut, labt, erquickt, nährt, belustigt, ergetzt, ent-
zückt mich ; es betrübt, grämt, kränkt, kümmert, drängt,
zwängt, zwingt, nöthigt mich; es dünkt mich (und mir),
es wundert, verwundert, befremdet mich. mhd. mich be-
traget, mich bevilt, taedet me; es mahnt, gemahnt, ermahnt,
vermahnt, erinnert mich; es'^hebt, erhebt, empört, fördert,
erregt, treibt, vertreibt, ergreift, bestimmt, verstimmt mich;
es ärgert, ängstet, stört, hindert, beschSmt, bestürzt, belei-
digt, verletzt, versehrt, venvundert mich.
8) der accusativ kommt auch bei andern impersonalien m be-
tracht,
a) das reflexive sich bei abstracten zuständen, die sonst häufig
darohne ausgedrückt werden (vorhin 6) : es gibt sich, es gab
sich leicht; es hat sich wol, es hat sich was, ja es hat
sich (GörnE 8, 175), es begibt sich, ereignet sieh, es trägt
sich zu; es verhält sich so; es macht sich auf diese art,
es macht sich von selbst; es thut sich schon, thut sich
nicht ; es zeigt sich, schickt sich, findet sich ; 'drum musz
auch ein bürger immer in wafl'en geübt sein', 'ja es übt
sich, wer frau und kinder hat'. Göthe 8, 17S. hierher gehören
böhm. zilä se, es scheint, zdalo se, es schien, pnln. dziaio sie,
slaio sie, es geschali u, s. w.
70*
1111
ES NOM.
ES NOM.
1112
b) auszerdem lebendige accusativc: es gibt einen mann der,
est qui, es gibt letite die, svnt qui; es gibt einen vogel der
golden ausiiieht ; heuer gab es guten wein ; es hat an dem
ort schöne pfi'rde, il y a de beaux dievatix; es macht, legt,
setzt einen tiefen schnee; nu hett es ein groszen scbnce
gelegt. Bocc. J, 98' ;
und wenn es legt ein newen schnee,
so gschichl füchseu und bascii wce. H. Sachs I, 42ä';
es schneit tiefen schnee; es friert schon harte rinde über
den bach; es regnet einen starken gusz, vgl. rorat imbreni
bei Plinitts n,l6; es weht einen ungestümen wind; hier setzt
es etwas, es setzte in diesem hause inuner etwas neues;
diesmal setzte es reiche beute; es setzt einen raub. Werth.
ded. 1,266; es setzt heute schlüge ab; es setzt heute keine
kramtsvügel. Lessing 2,525; es gelte den versuch; es trieb
manchen Hessen aus der heimat in die fremde, gute bci-
spitle getfcüirt das allmrdisciie : hana rak ylir liürdinn, es trieb
sie übers meer. Sx. 142; Aieid nattina, es ijieny, kam auf die
nacht (rorlUn sp. 1108); her hcfr up sügu, buciisläblich hie
incipit fabulam, hier beginiU es die sage; skortir mat, es fehlt
an speise, skorli jiar ok eigi dryck mikinn, es mangelte da
nicht an trank; draum hefir raik dreymdaii, es hat mich einen
Iraum geträumt; skytr ])eim skelk ok ölta, es jagt ihnen furcht
und schrecken ein; hönum skaut skelk 5 bringu, es schos: ihm
einen schrecken in die brüst, überall, wie man sieht, ohne |)at.
lassen sich solche accusativc umsetzen, so uird der unpersönliche
ausdnick persünlidt: ein ungestümer wind weht, ein starker
gusz regnet, ein tiefer schnee schneit, fällt, mir träumt ein
träum;
dem trourate ein troum. J{t>nn. 605,
hier hebt die sage an, incipit fabula, mit bestimmten subjeclen.
«•tr setzen dann auch es vor: es fällt ein tiefer schnee (nachC).
9) den unjursünlichen passivischen ausdruck des lateins itur,
itum est; currilur, cursuni est; lavatur, laulum est, um-
schreiben wir zwar auf getcöhnliche weise: es wird gegangen,
es ward gegangen; es wird gelacht, es wurde viel gelacht,
es ist schon angespannt, es wird eben ausgespannt, wobei
man nur bedenke, dasz unser es wird geliebt, das fr. il est
aime die gegenwart, das lat. amatum est aber die vergangenheil
ausdrücken; auch mhd.
uns ist in alten mxren wunders vil geseit. Nib. 1, 1,
meint dicitur, nicht dictum est. heule verwenden wir ist für das
praet., wird für das pracs. einzelne activa erlangen passivbedeu-
tumj: fit, es wird gelhan, altd. ig quidit, mhd. i-j kit, dicitur,
nhd. es heiszt; es trompetet, es trommelt == es wird trom-
petet, getrommelt, reflexivisch, es wird sich gebadet, hier
wird sich gewaschen, hier wird sich geschlagen, hie pugnatur.
lü) gleich dem persönliclien 'es' haßet auch das unpersönliche fast
in allen Ugen der rede, in der direäen wie indirecten : es schneit,
schneits?; es tagt, es hat getagt, tagt es? hat es getagt? o dasz
es tage! tage es oder nicht; es steht damit besser, steht es
besser?; es verhält sich nicht anders, verhielt es sich gestern
anders? verhalte es sich, wie es wolle, zumal bleibt 'es' nacli
den conjunäionen dasz, ob, wenn, da: ich wünsche, dasz es
tüchtig schneie; man wcisz nicht, ob es gelingen könne;
ich gäbe viel darum, wenn es geschähe; da es heftig regnete,
wurde die reise verschoben, nur bei den passivischen, mit
wird gebildeten (unter 9) pflegt heute bei drchungen des sntzcs
das 'es' wegzufallen, man sagt: es wurde viel gelacht, es wird
gleich angespannt, es ist uns gemeldet worden, es ist oft
behauptet worden, es ist getanzt worden bis an den morgen ;
hingegen: ich weisz nicht warum gelacht wurde, wird schon an-
gespannt? uns ist gemeldet worden, oft wird behauptet, würde
behauptet, ich höre dasz getanzt worden ist, hier wird niclit
geschossen, da wurde auf einmal an die thiire geklojift u. s. w.
solche tdtze gleichen dann den hernach unter C angeführten, allein
früherhin mangelt auch das es nach der Umdrehung nicht, z. b.
da c% ausgespannt wurde, cum equi disjungerentur. irrg. d. l.
2ft5; PS wird jedermanniglich hiermit bekannt gemacht, dasz
es in der nacht vom 18 bis den 10 aug. 1732 durch gcwalt-
thatigen einbruch folgendes räuberischer weise entwendet
worden. Belli Frankfurt 2, 7 ; ganz wie auch fr. gilt qu'il a
^l^ aUel^, qu'il a et^ vole, qu'il en a ite. ri, ({u'il a et^
dans^ do€k nnd für den dculsclten brauch allere zeugen voriu-
fihrtn. $dwn die ahJ. spräche srhvtnl zu schwanken, denn (). III.
17, s& Meht *tt zam, v/i diruit, III. 20, bh sü i^ gi/imi; N. Borlh.
118 ketkibct ouh ufto, pl aulem larjie, Aritt. 211 sÄ geskihet
eiewen war sagen, die mit mir und mich gebildeten (unter 7)
pflegen, sobald diese prorwmina vor das verbum treten, das es
wegzulas<ten : mir gefällt, mich gelüstet, uns scheint = es
gefällt mir, es gelüstet mich, es scheint uns, wiewol ihm
auch die stelle gegönnt wird; es dünkt mich = mich dünkt
(engl, me thinks) == mich dünkt es. man hört sowol mich
reut, als mich reut es, doch ößer ich weisz nicht, wie mir
ist, wie mir geschieht, als wie es mir ist, wie es mir ge-
schieht, ebenso mag 'es' unterbleiben, wenn dem verb. subsl.
ein ad}, vorausrückt: wahr ist, recht ist = es ist wahr, es
ist recht, dasz bei unserm inf und imp., die gar keine person
und keine dritte person bilden, vom es die rede nicht sei» kann
versteht sich.
11) diese von 1 — 9 gegebnen betspiele der irnj^rsonalien mögen
hinreichen und gern wurden ihnen entsprechende lateinische und
slaviscitc verba zugefügt, an welchen sielt die identiläl der sufftxe
'um' und 'o' mit dem vorangeltenden 'es', das ja in unserm
blindes, gutes gleichfalls suffigiert ersclwint, verdeutlicht, nalie
gelegt war nun verschiedentlich bei den unter 1. 2. 4 angeführten
Wörtern das im 'es' erblichene subject aufzufrischen und wieder
auszufüllen; diesen weg einschlagend denkt man sich zu pluit,
tonat ein Jupiter orfer deus, welchent des rcyens, donners und
blitzes Ursprung beigetnessen wird, wie auch das volk diese natur-
erscheinungen sich daraus deutet, dasz der alle vater mit seinem
wagen über die wölken rolle und feuer schlage, die meisten fälle
unter 1 lassen sich auf irgend einen dämon ziehen, dessen heim-
liches nahen auszusprechen gemieden wurde, allein es hat doch
bedenken manigfalte phänomene sämtlich auf ein und dasselbe
göttliche wcten und noch mehr die einzelnen auf besondere götler
zu leiten; welcite sitbjecte aber gewinnen rvollte man für die unter
3. 5. 6. 7 enthallnen unpersönlichen verba. lieber erläutere ich die
ganze form aus dem bereich der spräche selbst, sie bediente sich
des dem neulrum überhaupt eingepflanzten begrifs der unbestimmt-
heü, um das nur andeutbare, unbekannte oder geheime zu be-
zeichnen, der grund dessen, was unser inneres bewegt, erfrettt
oder traurig macht, kann ebenso versteckt liegen als die Ursache
einer äuszeren naturerscheinung, darum sagt dafür an leiser
unpersönlicher ausdruck zu, der ganz unterbleiben könnte und in
andern sprachen unlerblcütt. in dent 'es' ist kein leibhaftes subject
gelegen, nur der schein oder das bild davon, erlangt die Vor-
stellung mehr stärlx und festigkeil, so wird das verbum persön-
lich, und stiUt es regnet, es scheint heiszt es dann die wölke
regnet, die sonne scheint, beide redeweisen weichen dennoch
von einander ab, weshalb unrecht wäre, dem unbestimmten pluit
ein bestimmteres deus pluit gleichzusetzen oder unterzulegen,
obenhin besagt es zwingt mich was die uoth zwingt mich,
genau genommen liegt im unpersönlichen ausdruck etwas weniger,
wenn die annähme grund hat, dasz im lat. tonuit, folglich in
tonat das unbezeichucnde neiitrum stecke, was in grzmialo und
in es doinierte sichtbar ist, wie lieszc sich der männliche name
Jupiter hinzudenken? ihn im sinn hätte der /We grzmiat, der
Deutsche er donnerte gesagt.
C) unpersönliches es als vorbote.
unsre spräche Ihal einen schritt noch weiter, nicht genug, rfü.«;
sie unpersönliche verba mit dem neulrum driltir jnrson erzeugte,
sie begann solch ein es dem verbum auch da vorangehn zu
lassen, wo das wirkliche subject unmittelbar oder gleich hin-
terher folgte, jenes mochte noch ein bild, ein schein stall des
gegenständes lunszen, dieses üt ein bloszer schon vorausgeworfner
schatte, haufilunterschicd bcitler 'es' zeigt sich so, jenes stdit
blosz bei dem neutral aufgefasztcn sg. dritter fierson, dieses vor
dem sg. wie dem pl. dritter personen jedes geschlechts; dort fehlt
das subject ganz, hier tritt es noihwendig auf und trandcU durch
sein ersclieinen den unpersönlich beginnenden salz alsbald wieder
in einen }iersönlichen. .^dtze dieses es mit dem folgenden subject
können gebildet sein gleich denen mit folgendem jnraedicat (unter D) ;
eine probe gewährt auch, dnsz bei der Umdrehung das es in
erstcren schwindet, in letzteren haßet, z. b. 'es ist ein gotl' (es
gibt einen gott) dreht um in 'ein gott ist', dagegen 'es ist rin
gotl' (das fragliche wesen iU ein gott) in 'ein gott irt i
«f» beiden fällen 'deus est*.
In den classvtchen sprachen wird man niehtt erwarten, was
unserm es vor dem subject entspräche, und gitlh. oder ahd. ist
noch keine spur davon. nJid. Ixgegnen u/'^ ' ' ' ' i
spiele, namentlich gern zu eingang oder im 'i
hing, dither ihm der name des erzähle n^. ■ .. >.., ;,;< ,
nhd. .sind sie ebenso gewohnlich und alle märchen beginnen damtt,
ich iondcrc die Stellung vor dem sg. utiJ {4.
1113
ES KOM.
ES NOM.
1114
1) vor dem sg.
mhd. es wuohs in Burgonden ein schcene magedin. A'ift. 2, 1 ;
ej wuohs in Irelande ein richer künic her. Gudr. 1, 1;
ej was ein wilder grife, der kam dar geflogen. 55, 1 ;
es was ein küneginne gesesjen über se. Nib. 325, 1 ;
6S ''^as hie vor gesessen
ein beiden gar vermeKen. die heidin 1 ;
SS was ein wolf gräwe
und ein man al wäre. USF.
e% wart von ir gevidere
diu linde anderstunt bedaht.
27, 13;
/it. 6S0;
tr. ir. 8570;
8738;
er wart üf al der erden
so tump kein Ingesinde nie.
es wart üf al der erde
so kürlich riche nie gesehen.
es wart nie besser nächgebür
denn ein bewa-rtiu friunlschaft. 11252;
er fuor ein büttensere
vil verre in fremdiu lant. Seifes 44, 26 ;
es stuont ein Tronwe alaine
und warte über beide. USF. 37, 4;
es weinte ouch manec meit. Sib. 71, 1;
dS verlos ein ritter sine scheide. Nkidhabt iliv, 1 ;
es gruonet wol diu beide. 11, 8;
es hanget von eime aste
von golde ein becke her abe. Iw. 586;
es kom gevarn üf si ein rech. ülb. Trist. 511, 15;
es mac der man so vil vertragen. MSF. 27, 34;
es het der künec .Knüs
ze Karidöl in sin büs
zeinen pfingesten geleit
nach rieber gewonheit
ein also schocne böchzit.
Iw. 31 ;
432;
es bete der gehöre
ein ragende;" här ruosvar.
audi nach der conjunction wan, vorzüglich bei Coxkad:
wan es enwart nie man geborn. tr. kr. 7626;
wan es im an sin herze gie. S007;
wan es enkam nie mensche wider,
der nach der wollen ie geranc. 9407;
wan es lebte dannocb
sin vrecber sun .Achilles.
11176.
nhd.
t
es war ein mann im lande L'z, vir erat in terra Hus.
Hiob 1,1; es ist ein menlin empfangen, conceptus est homo.
3, 3 ; es ist schon die a.xt den beumen an die wurzel gelegt,
jam enim securis ad radicem arborum posita est, ahd. giu
ist aeus gisezit. Matth. 3, 10 ; und es folgete im nach vil
Volkes, et secutae sunt eum turbae multae. ahd. inti folgelun
imo. 4, 25 ; es war einmal ein könig, der hatte drei söhne ;
es was ein frisch freier reutersmann. Uhla!«d 341;
es war ein wacker megdlein wolgetan. 185;
es war einmal ein schuster. 726;
es ist ein scbnee gefallen. 90;
es flog ein kleins waldvögelein. 179;
es blies ein jeger wol in sein born. 240;
es bat ein könig ein töchterlein. 273;
es war ein könig in Thule. Göthe 1, 187
es war ein knabe frech genung,
war erst aus Frankreich kommen. 1, 181;
es war ein kind, das wollte nie
zur kirche sieb bequemen. 1, 224;
es lacht der mai! 1, 232;
uie nach und, denn : denn es zerrisz mit gewalt vor ihr der
anmutige schleier. 17, 319 ; denn es legte sich der stunn ;
und es schwieg die stimme; und es schlug drei uhr.
2) rar dem pl.
es sini in mime büse unkunde degene. Nib. 84, 2;
es fuorten scharpfe gereo die riter üs erkom. 74, 2;
es giengen le dem büse die iwer degene. 2270, 2;
es säsen beide in einem sal. Ecke 2 ;
es wären tiure vieiscb mit den vischeo. /w. 6215;
es liefen kreiierende hie
bebender garzüne gnuoc. 7106,
ro Lacbm. gegen alle hss. lief schreibl, det pl. aber sich mit
gnuoc gtU verträgt, zumal dem ton einem gen. fl. begleHelen;
?S wären die töten reine
)n zwäne marmelsleine
herte schöne geleit. Ul«. Trist. 5Sö, 23.
nhd. es giengen drei heiige frauen. Uhlakd 832;
es giengen zwo gespilen gut. 260;
es leuchten drei stem am himmel 168;
es waren zwei königes kinder;
es ritten drei reiter zum thor hinaus;
es waren einmal drei brüder; es waren drei gebnider könig-
sön. seh. u. ernst 1550 cap. 14S ; es lebten in einem lande zwei
Schwestern; es häuften auf dem gebirge zwei riesen; es
gehen viel schafe in einen stall; es laufen genug belller
herum ; es brachen diebe ein.
3) hier auch nl. beispiele für sg. und pl.
desen cop makede Vulcanus,
bet bracbtene ut Troien Eneas. Flokis 676 ;
het enhadde noit volc sulke gbere. Stoke 4, 944;
bet quam en grote aerdbevingbe. lekeiisp. 2, 200;
bet voer een ridder jagen. Wiixkis 109;
bet viel een bemels dauwe. 415;
bet waren twee coninx kinderen. 142;
bet gingen drie ghespeelkens goet. 176;
bet quamen drie ruiters gbelopen. 239.
die heutige spräche zieht Ortliches daar oder er dem het vor. vie
die engtisdie there dem it: er was eens een koning, er leefde
eens een knapje; there was once, there were two brothers,
doch hört man auch it was once. there is no bodr at home,
es ist niemand zu liause; there is no purgatory, es ist, gibt
kein fegfeuer.
4) gleich dem latein setzt die it. sp. Sprache das reine verbum
ohne pronomen : erant rex et regina, fu gia una vedova, fuerou
tres niüas. fr. aber musz das vortretende il, icelches vie bei
Impersonalien unserm es enlsjmcht, aus deutschem einflusz geleitet
«erden, altfr. il estoit jadis uns rois, il estoient jadis dui
frere. Meon 3, 393 ; heute nur vor dem sg. il etait une fois un
roi und nicht mehr il etaient deux fr^res. fast häufiger ist
der praedicatire ausdruck mit aveva, habia, il y avait.
5) die vorhin wahtgenommne einstimmung des slarisdien -lo
zu unserm es hört aber hier auf, d. h. das participium richtH
sich in genus und numerus jedesmal nach dem subjcct des salzet,
z. b. böhm. byl otec, byla vdova, byli tri bratri; unstatttta[l
ersciüene bylo otec, bylo vdova, bylo t. br. nach unsrrm es
war ein vater, es war eine witwe, es waren drei brüder.
doch merkwürdig lassen zuveilen russische märchen einen unbe-
stimmten, neutralen ausdruck dem das subjeet enthaltenden unmit-
telbar vorangdien: byvalo da shivalo, shili byli starik" da
staruschka = es trar und lebte, es lebten, «raren ein aller und
eine alte, das scheint lebendig und dem epischen ton sehr ange-
messen, byvati ist iterativ von byti.
6) trie bis auf heute in gewissen fällen das persönliche pro-
nomen vor dem verbum unterblnben kann (gramm. 4, 21S). lassen
auch Keisebsberg und andere Schriftsteller des 15. 16 jh. in sol-
chen erzählenden Sätzen manchmal das anliebende 'es' fori:
spricht da ein arzet, das mer sterben von dem frosz denn
von dem schwerL s. d. m. u'; waren arme fischer und er ist
selbs arm gewesen uf disem erdreich. 17'; was in Probant
ein frauw, die was besessen mit dem bösen geist. 24*; spricht
der weis man. 42". dochi)eginnen Paulis erzählungen in schimpf
und ernst stets mit 'es war', oder bei Umdrehung des satzes mit
einem nomen ; die in selentrost mit 'it was', 'dat was', *dil
was'. Spreng setzt hin und wieder an bloszes 'sprach', z. b.
II. 143'. 340', doch nicht für es sprach, sondern er sprach, und
auch im heuligen balladenton ist das er ausgelassen, nachdem ein
es rorangieng:
es war ein knabe frech genung,
war erst aus Frankreich kommen. Göthk 1, 181
d. h. er vor erst, anderemal fehlt augenscheinlich 'es' :
sah ein knab ein röslein stehn. 1, 17;
hat der alte bexenmeister
sich doch einmal wegbegeben. 1,237;
war einst ein riese Goliath,
gar ein gelährlich mann.
Clai'dii's Uattds6. böte 3, 170;
war einst ein jung jung zimmergesell;
war mal ein alter zecber,
der sasz am vollen fasz.
auch die prosa des 17 jh. liefert hin und wieder beispiele, in
Ettners hebamme s. 754 : sprach der prior für es sprach, auf
sprachs, schricbs komtnt die rede hernach 11, D.
D) es in Sätzen mit pracdicativem nomen.
an sich musz jeder salz ein subjeet und praedicnt enthalten,
in den unter C behandelten salzen lag nun das praedicat im
verbum, das subjeet im nomen, es war einmal ein könig besagt :
ein kOnig- war seiend, lebend, häufig aber findet sich das subjeet
im verbum eingeschlossen und das nomen tritt als aussage hinzu.
1115
ES NOM.
ES NOM. ACC.
1116
es war ein künig soll ausdrücken: der, von dem die rede uU,
«•ar ein künig, trug in sich die künigswürde. sicischen beiderlei
sdljen tritt der hertils angegebne unterschied in hezug auf das
'es' ein, das: es beim umdrehen dort ganz wegfällt, hier bleiben
musz. dort also: ein künig war einmal, oder fragweise: war
einmal ein könig? hier: ein kDnig war es, fragweise: war
CS ein könig? bei der drehung aber legt sich das praedical ins
es, das subjecl ins nomen. so sind alle folgenden bcispiele zu fassen.
1) goth. steht in solchen sdlzen niemak ein ita, sondern irir
im latein nur das rerbum. beide arten sind folglich im ausdruck
ununterschieden, blosz nach dem sinn zu nnlersclieiden.
2) ahd. taucht eine stelle auf: i; wären aber die wärhaflo,
die lurrem zimberot6n. N. Boeth. 174.
3) mhd. gibt es viel bäspiete, und wie unter C zeigt sich das
fij ror dem sg. und pl.
a) sg.
#j was ein man böse,
nihl des engels rät,
li&T iiich betrogen hat. Moria 186, 13;
ej Wirre ein iinmaDheit. Iw. (>33;
si gibt, *5 si ein lüge. Walther 6", 25;
ei ist sin verb und unser segen. \VU. 31, 29;
il w.Tre wise oder sät. 56, 12;
#; w<Fre tat ode bSrc. 111, 6;
^l was iedocb ein sünde. 113, 18;
il ist Wilhalm der marliis. 123, 27;
ej si TOgel oder tier. Part. 5!»2, 9;
*j was wol milter morgen dd. 40, 21 ;
ej ist nocb tu hüber tac. 51, 19;
«5 ist Site der nabtegal. MSF. 127, 34;
^l ist ein klage und niht ein sanc. 207, 1;
£st wunder daj ich niht verzage. 112, 10;
6l ist ein wunderlich geschiht. tr. lir. S630.
b)pl.
tl sint zwei jär. Diul. 3, 110;
ej wurden bundesfliegen. fundgr. 2, 101, 27;
6% wftrn niht küneginne. Parz. 341,22;
(■% wären meide als von der zit,
den man diu besten jär noch git. 424, 1;
ej wären wajjersteine. 568, 28;
es sint alle; klageliet. ^'EIDH. xl, 7;
f j sint guetiu niuwe msere. MSF. 56, 1 ;
ej weren möre odr sarajin. Crane 2846.
trä}irend für dieses ej Wolfram belege darbietet, fanden sich
keine aus ihm unter C, ich müste sie dann übersehen haben.
4) nhd. ebenso häufig.
a) sg. es ist ein groszes glück; es ist zeit zu essen; es
war ein schlimmer streich ; es war ein briefträger, der in
die Stube trat; es ist für uns ein harter schlag; es erscheint
tda.t glas) angelaufen.
b) pl. es sind drei stücke, die hierher gehören; es müssen
drei sein ; es waren zwei männer, die der krankheit zuerst
erlagen; es waren Franzosen, die erschlagen wurden, und mit
drehung: zwei männer waren es; diese gründe sind es, die
mich bewegen ; so sind sie alle die männer, filze sind es,
hären sind es. K>gf.l diamanl 128, «o auch stehen könnte sind
sie. wenn nun auch gleich in die.«em falle die obern runder
dieser Vierecke nicht liorizonlal erscheinen, so erscheinen
es die untern desto mehr. GOthk 68.313; sie gehen .sich
nicht für meine feinde aus, aber sie sind es desto mehr.
5) einer ersten und zweiten jicrson kann das seinem begriffe
nach die dritte person enthaltende es nicht vorangehen, bei dirsir
dritten itt es zulässig:
1% sl ein sie, <t >> «in ^r. Walthki 06, 21 ;
wir pflegen aber alkn personen des sg. wie des pl. ein praedi-
ralivei es naehiusetzen.
a) goÜL ik im, ohne ita, leie iytä rifii, tat. ego sum; |iu
ii. is ist, veis sijum u. ». w. gr. av eh, lat. tu es u. s. w.
b) ahd. aber nüt angefügtem oder eingeschaltetem ia;: ih bin
i/,. 0. Hl. 20,37; meislar jA, ih ii; ni bin. IV. 12, h4; ih bim
15. T. Matth. 14,27; L'no ni bin ih ii;? 26,22; Pno bin ih
iij? 26,25; d6 pist i;; ob thu7, bist. Mallh. U, 28; ir slt i/,,
vo« esti» II.«.». ebenso ags. ic hit eom, nun ic hit?; |mi
hit eart u. *. w., obwol das hit unlerblnbrn darf
r) mhd. treten jedesmal hinter dem fi, auch noch eiijenname
appeUath oder ein andres prnnomen zu :
ich pIn i{ Jnneph. tfint. 3, 110;
ich cnbln <| nibt Cbrlit. fundgr. 1, 135;
ich bin ci Iwein. Iw. 2611.7483;
ich bin üi Minne. 3016;
da bin ich; diu maget. Part. 252, 11;
ich bin; der sun. Waltheb 26, 30;
ouch bin ich; niht gotes sun. cod. kolott. 283;
ich bin; ein ruofendc stimme, fundgr. 1, 136;
er sprach: ja bin ich e; der. tielmbr. 805;
dil bist e; der böte fröne. Mar. 178, 40;
bistu; Iwein ode wdr? Iv. 3509;
bistu; Sigüne? /»arr. 2.52, 28 ;
ob du; der marcrfive bist. Wh. 86, 7 ;
er si; got, er slj der aimahtige got. Kelle spee. ecd. 172;
als er i; wäre got. Dieser 131, 22;
sam er; got solde sin. 163,11:
Cr w<er i; ein gartenmre. fundgr. 1, 182;
ob ir; der marcräve sit. U'/i. 92, 6;
sit ir; der mich räch? Parz. 307, 24;
sit ir; Lähelin? 474, 1;
in bin; niht Lähelin. 475,4;
her künec, sit ir; der beste. Walth. 26, 32;
und jähen, da; si; waeren Liudgeres man. Nib. 821,2.
spätere beispiele in den geslis Rom. K. verschiedentlich: ich pins
der kaiser. 56,60; ich pins der marschalk. 151, und ohne
Zweifel sonst noch.
d) nhd. ich bin es, du bist es, er ist es, sie ist es, es
ist es, wir sind es, ihr seid es, sie sind es. fragwebe: bin
ichs? bist dus? ist ers? sind wirs? seid ihrs? sind sies?
dei- eigenname, das appellaliv folgen nur selten : bist dus Hein-
rich?, wofern man in diesem Heinrich keinen vocaliv sehen
will: bist di'is, Heinrich? ich bin es dein bruder; er ist es
der könig. die praedicativbedeutung dieses es, trie der ihm nach-
folgenden namen ist unverkimnbar.
e) nüid. fügt sich, bei ausgclasznem, aus der vorhergegangnen
frage erkennbarem rerbum, an das antwortende j4 und nein das
bloszc ej, gleich jedem andern persönlichen pronomen: jA ej,
nein ßj. nhd. musz aber dem es das vcrbum nachfolgen.
e) fr. gilt in solclien praedicativen sätzen gewöhnlich kein il,
wie unter C, sondern das stärkere demonstralivum ce. doch sagt
man: il est des personnes, il est dcux ans, il est temps
und in der drehung: est-il des personnes, esl-il dciu ans?
esl-il temps? man sagt aber auch o-il, ncn-il.
E) zur besidtigung und erlduterung alles dessen, was hier über
das neutrum des persönlichen pronomens torgetragen ist, gereicht
schlieszlich, dasz auch die demonstrativen pronomina das, dies,
jenes und die interrogativen was, welches in gleicher weise ver-
wendet werden, worüber ich auf gramm. 4, 275 — 278 weisen darf.
darum sahen wir unter B, 2 und 3 was oder etwas neben es,
unter B, 4 altn. |)at, schw. dän. det auftreten, und auch das
schw. dän. märchcn hebt mit det an. durch das engl, there,
nl. daar, nd. dar wird die räumliche Vorstellung des il. ci und
fr. y = ibi ausgedrückt, das fr. il entspricht unserm es, nur
dasz die männliche form zugleich für die neutrale au.^reicht. dar,
there, y passen eigentlich nur, wo der ort im salz unbezeichnH
üt, und stehen überßüssig, wenn er selbst genannt wird, beson-
dtrs zu beachten i.4, dasz die Franzosen un.ur unjiersönliches,
ankündigendes es unter C mit il, unser jrraedicatives unter It
mit cc wiederzugeben pflegen: es ist ein glück heiszt c'est un
bonheur, ich bin es heiszt c'est moi, er ist es c'est lui, wir
sind es, c'est nous; das für die dritte person passi'nde c'est
wurde auch auf die beiden ersten und den fd. erstreckt, aber
statt c'est nous, c'est votis verlautet ce sonimes nous, c'^'tes
vous, ce sont ciix, wo der wahrhafte pl., nicht in beiden ersten
jyrsonen der vornehme gemeint ist. in dem ce oder rela für il
suchte die spräche einen schärferen, nachdn'icklirhem ausdruck :u
erlangen, vgl. DiEZ roman. gr. 3,88 der zweiten ausgäbe.
H. der accusativ es.
Sein entrdth die älteste spräche weniger ah des nominativs. da
dieser meist schon im verbum steckt, jener aber ein v ' ' ''len
zu vertreten hat, dessen ausdruck nicht leicht t, nf
deswegen begegnet auch ein ijolh. ila und noch «>/.. .' i/,
des aeeusativs: jabai augA |iein jiata laihsvö maryjai jnik,
usRligg ila. Miülh. .'., 2». vulg. si oculus luns dexter scan-
dalizel le, erue eum; ahd. oba Ihln rPsuwi ongA thih bisuihht\
arlosi ]/, Ihanne inti arwirph i; fon Ihir. T. 28,2; ir binii
salz l-rdA. ob» tha^ salz arllalAl, in hift selzil man ij thanne?
21,1; noh inlprennenl lioiii inli se/.zenl i; nnlar mutli. 25,2;
thir tuonlcmo climosinam, ni wij;* ij thin winistrJ. 33,3.
1117
ES AGC.
ES ACC.
1118
mhd. und nhd. accusalire dieses pronomens anzuführen «rJre über-
flüssig, du sie iiUenlhalben vorkommen, und in den naehfoigenden
bemerkungen beiege genug enthalten sind, der romanische lautet
nicht, wie der deutsche, dem nom. gleich, sondern seiner mäntir-
lichen form halben abveichend, it. lo, sp. lo, fr. le, gegenüber
dem nom. egii, el, il.
A) oft könnte auf den ersten blick zweifdhaft erscheinen, ob in
einem anhebenden e; der nom. oder acc. vorliege; für den acc.
entscheidet der sinn in folgenden beispielen:
MegJDza ist ein kastei,
i; gimerte manig belit snel. Anno 5(U;
die schinint uns voa himele,
als i; sibin sterrin nahtis duont. 571 ;
dö ij Romsre gesähen,
tII harte si irquäruen. kaiserchr. 477 ;
et gefriesch ouch Slglint des edeln küneges wip.
üib. 52,1;
6i reiten sine liute. 51, 2 ;
€; habent die kalten nebte getan. USF. H,26;
es tuont die rogele scbin. t>4, 17 ;
e; scbuof ein unsxlec tranc. Trist. 583, 30;
e; möhtea nibt mit guote
Tergelten alle künge rieb. fr. kr. 9220;
als e; gebot der künste tH;. 9561.
nhd. verwechseln sich leicht der acc. es mü dem gen. es, wovon
hernach, gleich dem nom. es kann auch der accusaiiv zuweilen
auf das mdnnliclie oder weibliche geschlecht, und auf einen plural
bezogen «erden: sie TeracLlea des Racine gediciite, und ich
sage ihnen aufrichtig, dasz sie es gar nicht zu lesen im
Stande sind, solche Schriften zu lesen, dazu gehört mehr
französisch, als sie verstehn. Gellebt 3, 26S. der form nach
wäre 'gedichte' auch der sg., den pl. aber verlangt der sinn.
B) grundlos ist Adelcügs behauptung. der acc. es schicke sich
nicht, seiner Unbestimmtheit wegen, nach praeposilionen. er gewährt
ftn«» nicht minder ßhlbaren sinn, als die accusalire der übrigen
persönlichen pronomina und ohne anstosz sagen wir: ein theil
der Schweiz hat grosze ähnlichkeit mit Schwaben und grenzt
auch an es ; das kind lag am tode, um es herum standen
weinende eitern und geschwister; er erreichte das haus und
war kaum in es getreten, so sank er zu boden ; im zimmer
steht ein bett, wer sich auf es schlafen legt, schläft anhal-
tend ^nso die ältere spräche: do stund der altvatler für
das bild und fieng an und schalt es und Quchet im und
warf es mit steinen, und do es abend ward, da fiel er für
es und bat Verzeihung und das thet er alle tag, das er allweg
an dem morgen stund für es und schalt und warf es, und
wenn es abend ward, so bat er verzeihens. Keisersberg
geistl. gunkel (1510) f5'; Alexander hell ein pferd und wenn
er kam und wolt uf es sitzen, so bog es die knü. seh. u.
ernst cap. 326 ; man hat sich mit futer uf es versehen. Münster
cijsmogr. 145S. ire;!« diese an es, um es, auf es, vor es richtig
sind, warum sollte bei Lichtwer 1, 14. Berl. 1758. s. 26
was um es {das lamm) stund, das ward verheeret
liidel verdienen? in allen diesen steUen klänge 'dasselbe' für
'es' steif.
C) in einem andern wiciUigeren fall Idszt ^ch sagen, dasz das
'es' zugleich bestimmt und unbestimmt erscheine, dieser acc. ins-
(/emein kann zwar, ohne dasz ein subst. vorausgeld, worauf er
sich unmittelbar bezöge, den gegenständ der rede bezeichnen, also
rieten Wörtern zugesellt werden, er pflegt aber gewisse verba
gleichsam ständig und regdmdszig su begleiten; formell hat er
dann keine vortretende bedeutung, im gründe aber liegt eine nach-
drückliche verborgen, wenn sie schon im vertauf der zeit erblaszt
ist. fast alle solche verba mit 'es' verlieren sich tief ins alter-
Ihum. gotlusch sind sie noch gar nicht, ahd. nur in einigen bei-
spielen aufzuzeigen, damit könnte es sich gerade verhalten wie
mit dem unpersönlichen es des nominativs, dessen die alten sprachen
noch entrollten, möglich wäre doch auch, dasz ihnen der ern^
oder die dürre des lextes keinen anlasz bot, das freiere pronomen
an der stelle des gesetzten oder gar nicht ausgedrücJden nomens vor-
zubringen, mhd. aber, seit der spraehgeitl sich frischer regte,
treten dergleichen verba öfter auf, nhd. sind sie groszentheds als
dunkel oder rolt wieder aufgegeben, sie seheinen von kämpf,
rill . spiel , tanz, Irinkgelag, gastmal, gesang, kleidung herge-
nommen, führen also unmittelbar in die anschaulichsten Vorstel-
lungen, deren sich jeder redende von selbst betnisl war und deren
sinn ihm nicht enigieng, wenn auch mekrtre subslanliea abtteeh-
selnd darunter liegen konnten, tinteitte , nkht uHähnlick den
I, B, 1 — 3 angeführten nominaliviscJien 'es' lassen sich auch als
Verhüllungen und euphemismen für das ungeziemende, nicht offen
auszusprechende betrachten, wobei freilich unvermeidbar blieb, dasz,
sobald sich dieser sinn festig, sie selbst wieder unanständig wurden,
das gilt vielleiclU von unzüclüigen Wörtern der spräche überhaupt:
entsprungen aus natürlicher, eingepflanzter schäm und zudeckend,
erscheinen sie allmälich fredientblöszend.
lateinisch und sovid ich sehe slavisch entsprechen blosze verba
ohne zugäbe des pronomen^ was den oben vorangestdlten fall zu
begünstigen schiene; romanisch, sowol it., sp. als besonders fr.
gibt es einige von lo und le bereitete; nl. mehrere mit het, engl,
mit it, worin Johnson etwas scherzhaftes (ludicrous) sah. den
nord. sprachen mangelt ein pronomen ßr unser es, und J)at,
det an dessen stelle dem verbum beigegeben findet 'sich nicht,
häufig werden wir dem sächlichen es auch einen persönliclten
dativ und ein localadrerb zugesellt sehen.
alle diese ausdrücke, obschon an ihrer stelle einzeln aufzu-
ßhren, sind hier einer sie beleuchtenden Zusammenstellung werth.
man hat das analoge 'eins' sp. 257—259 zu vergleichen.
1) mhd. e; rtimen, loco cedere, wobei man sich viele Wörter
denken kann, den platz, weg, stul, das land, haus, fasz:
er muose ej rümen sä. Dieieb 4,25;
bungerjäre cbömen,
Ysaac unde sin wip muosen i; rümen. Diut. 3, 72 ;
die berren rümten 15 dar. Roth. 4729;
er ne woldij ime rümen. Alex. 1709;
er begundij dar rümen. 6336;
unde begundis dar rümen. 6613;
ich ne rümen i; ime niet. fundgr. 1,2'29;
da^ si; rümen muojen. Tund. 43,4;
daj berj scbiere do rümte. En. 1964, wo Ett». 66, 21
da; ber da; lant rümde;
ich gerüme; niemer hie. Greg. 3453;
nü rümde man in; zestunt
ze einem witen ringe. Er. 754;
die verdrö; tU sere da,
unde rümten im; sä. '2978;
hei; in; rümen von dan,
da er lit in dem walde. 5002;
unde rümte; im oueb sä. Im. 3313;
smorgens vor der veste
rümden; gar die geste. Parz. 54,7;
e ir; gerümet hie. Kib. 13%, 1 ;
ir sult; bie rümen. Gudr. 1345,4;
da; man; den recken rüme. 1692,3;
rüme e; winter, du tuest wo. Neidhirt 4,35;
winder bat e; bie gerümet. 19,34;
unde der ubile drache der mu; i; hi rümen. Griesharer
sjwacluienkm. s. 13; daj düj hi rümis, daj dich niraan mere
hi beschowe. s. 14. läer sitid auch beispiele des volleren aus-
drucks :
rümt ime den stuol. Rother 104;
nü rüiqen wir den tan. Nib. 887, 1 ;
dö rümten sie die zarge. Mar. 209,28;
rüment den wec der minen lieben rrouwen. US. 1,4';
dö bie; er rümen den rinc. Iw. 6931;
also da; minne noch ha;
gerümden gähes da; va;. 7026;
da himet der ha;
vrouQ Minnen da; va;. 7038;
beide trüren und ha;
rümten gähes da; va;. 7492;
Alrrechts vox H.alberst.'vdt Verwendung dieser redensart, blickt
noch bei Wickram {Mainz 1551,169') durch:
jedoch die sein nit mögen :i(erben,
wann gleich schon ire Tasz verderben,
und sie schon mö<:sen räumen das,
so farend sie in andre fasz.
auch mnl. als een siele sal rumen tvat. lebensp. 1, 20, 22, mU
bei aber:
sine mostent rumen te baren scanden. Slcke 8,1012;
mostent dar rumen. 8,1174;
en rumedent met baesten groet. 10,543.
DE Vries im glossar zum lekensp. s. 579 versichert, dasz het rumen
noch im 17 jh. oft gesagt wurde, fr, gleicht le c^der. «eichen,
nachgeben, ceder le pas, la place, ahd. ist nur rümen ohne
unser pronomen aufzuweisen: wanda andere fugela rAnieut,
sparo ist hcirae. N. ps. 107,7; tu rümest tero naht. Marx.
Cap. 155 ; denn beidemal konnte ij datieben erwartet werden.
1119
ES ACC.
ES ACC.
1120
2) mkl. e 5 bieten, erbieten, o/frne (2, fi), denken Usü
sich am ersten das brol. ijlas, ruHleicIU auch die hand. faust,
den mund, es giit zumal vom empfanti des gastes, dem aber
auszer speLv und IraiJc freundliclies aller arl enctesen wird, danu
auch von licbeszeichen :
daj ej nie wirt m^re
siiit-m gaslc baj crböt. Iw. GöGO;
nie lieben gesten raanj so güetlich erbot. Kih. 734, 4-
dfr guote gnioj der vn-iit den gast, swenn er in gäi.
vil wol dem wirte, daj in sime hiise slai,
dai; er mit zühten wt*se frö,
und biete; sime gaste so,
(la{ in der nille dünlie guot.
den er engegen im kerei. MSF. 2'i, 8; '
ein waltman in güetlicli enphieng
in üin lins und bot; im wol,
als ein wirt sim gaste sol. ItON. 91,9;
er wolt; im bieten dennoch ha;. 91,24;
ein biderber wirt sei umbe s«n reliie als ein valke
und soi ei wol irbieien dorn biderben unde ouch demsiluillic
MSH. 3,!>7«;
den gesten St ig wirdiglichen bot. Suchemw. 12, S3;
da man ?% dicke erbot
minera übe rehte als ich wolle. MS. 1,65';
sol fj mir wol erboten sin. dax.;
da biulet si mir; so rehte schöne. 1,1";
so si der künic ie gruojte und ir; schöne erbot.
Guar. 1047,1;
da; si vor unsinne
e; niemen wol erbieten mac. klage Ilulzm. 3409;
er was gein mir des willen ic,
da; er mir; riierliche bot. Parz. 303,19;
op du mir; wol erbiutes hie !
ich hörte von dir sprechen ie,
du erbütes; allen liuten wol. 304,3—5;
ich erbiut; iii durch mins hruoder bei«,
da; e; Ampllisß Gamurete
minem a>heim nie ba; erbot. 40C, 3— 5;
doch erbot si; einem ba;
mit geba>rden. IVeidh. 70,14;
ir erbuiel mir e; hie so wol. Tiist. 40,19;
ir redet und bietet mir; also. 40, 2fi;
da; si; mit rede Tristande bule. 479,25;
mit Worten und mit sinne
erbutcn si; einander wol. Wigal. 84,3.
nhd. bmpiek stelm 2, 6 und 3, 723.
3) mhd. gj bringen, afferre, von kämpf, kleid, speise
und trank:
swä €r die durlligen gesah
nackit odir rrostic
hungirc odir durstic,
den brähter i; stille. Aegidius 91 ;
wan iegelicher danne luot,
als in leitet sin muot
und als ^r; bringen (vollbringen) mac. fundgr. 2,111;
die frowen habcnt C; also bräht,
da; ir von rShte wirt gedäht
in der vonicrstcn zal. Er. 7776;
sus het er; umh si alle bräht (verdient). Iw. 2652;
si sint kumen durch .«trit,
wir wolcn; in bringen lif da; feit
mitten uuder ir gcz<;lt. IIerii. 134ri,
fjleidisam das heerzeichen, die kriegsfahue. nhd. häufig es bringen.
den beclier, das glas, den wein, vgl. 2, 3S6. es weit bringen,
er hats weit gebracht.
4) mhd. «j; heben, erheben, das spiel, lied, den tanz,
kämpf:
i; ist wol erhaben, sprach dPr hell Rolant, (IIelbl. g, 3)
DU gedenket d6r swerte an der haut! Hol. 144, II ;
i; was verm<^;;eolichc erhaben. 163,5;
nu he\en wir; in gole« namenl 277,27;
Ut «; heben die lliunen ! Mb. 1824,3;
da{ f; erhaben wurde. 1817,7;
nu heb ich; an mit schirmensicgcn. MS. 2,1*;
disen dnhte die rede guot,
dag «; mit schilTen wurde erhaben. Hub. 4130;
ich wil «i »6 erbeben. 2128;
aU ich; erhebe, h6 komet enzit. gult frau KM»;
an 6f.r lieben Vridcn'inen hiiop A; Engelmftr,
der ir tpiegel nnm. Neidhart 78,7;
*il aber Ich ron ir lugenden sagen,
dSt wirt »6 Til, «weniic ich; erhebe,
da( icbs iemer rauo; gedagcn. JMS. 1, 06*.
nU. fät t$ beben, e« erheben ron getang uml stimme und
nun will lehn aber heben nn,
M will ichf aber beb«a «n
sind gewöhnliche lii'doiuniiunije {vtjl. erhuop ilaj; iiel. Reinh. 2491,
allmalich drückte anheben, erheben ganz abstracl anfangen, be-
ginnen aus. vgl. oben sp. 843 und ein nuwiz irheben. <«•. Hud.
ß',5. C",12. ^
5) vihd. eg tuon, in mehrfacher antcendung.
rt) von der helden arbeit :
vier und zweinzic recken die wären üf den plan
komen under schihle, dö wart e; wol getan. Oudr. 184 1;
der was von ritcrschefle wunt,
und bei; ouch da vil guot getan. Part. 46,19;
die beten; da vil guot getan. 50, 10;
nu lät si; also tuon. 720,9;
hurtä wie; da wart gclän. 673,10;
von den sinen wart; da so getan,
soll e; ein keiser gellen,
sölhe soldier funde er selten. Wli. 385, 18;
der het e; vordös äne wän
also dicke wol getan, /w. 257S;
da tet er; riteriichen vor. Greg. 1840;
und heten e; orte so guot getan
an maneger rilerschelle. Wigal. 234,35;
diu raaget tßie; da harte guot. 280,33;
wie si; da so gelabten,
da; e; da sagebscre
und wol ze lobene wipre. Trist. 18,20;
der e; des lages und an der stete
ze Wunsche vor in allen tete. 19,18;
wie g; der hell strele
des selben tages ta;le. gute frau 1147.
ß) faccre in re venerea: quare non farimus? PtTRONius
eap. 87;
ne faciant vicibus. Jlvknxlis 7,240.
prov. lo far, fr. Ie faire, sp. iiazerlo:
s'ah si US colga, failz lo be. Hay«ioüard le.rique 3, 261 ;
li quens ne li list la nuil mes (|ue xx\ feiz.
Uituteimigne 725;
ditcs mei, bele Illle, ad Ie vus fait c feiz? 728;
il me Ie fit trois fois ou qiiatre. anc. llu'atre fr. 1.372;
ich wolt euch treuten also schon
und wolts euch zu acht malen thon.
Kkli.kr erzäliliingen 30<'.. 1 1 ;
'mein begehren ist', antwortet das weih, 'dasz ihr niirs noch
einmal thun soll, die weil die thür noch zu ist'. Simpl.
Vogelnest 1, 12. in einem schträbiscJien Volkslied bei Meier s. 154
lieber nehm ich einen maurer,
der kann mirs vermauern.
y) nM. es thun, wie in das nest thun:
duostu in dein eigen nest. Mcscatbl. 44,07;
büinn. di'lati, delati pod sehe = kaleti, sich vernnretni.jen .
do hnizda nadelati, vgl. bethun, sich bethun 1, 1704.
5) man sagt auch es einem anihiui ron zauber oder krank-
licU; es einem zuvor thun, ihn iiberlreffen ; es einem n;uh-
Ihun, ihn nachahmen, in 'es thuts, es thuts schon, es thiits
nicht so' sind zwei es, nom. und acc.
6) mhd. ej nemen, benemcn, auferrc, inlercipcrf:
da wären sie mit iibile zc samine cbomen,
ne bele i; in diu naht benomen. Ihui. 3, 8t ;
der hcrte slril werte unz in; diu naht benam.
Mb. 2022. 1 ;
diz werte in gröjen sorgen unz in; diu naht benam.
Gudr. 879, I ;
P.r reit unz im; diu naht benam. Er. 2475;
die sluogen ir noch .tne zal, A dn; diu naht In; na>me.
lAihengr. 281";
er briBht si, ob im; ungeliick nilii nn<me. 672;
dA wipren si wol iiher komen,
iedoch bäte; in diu nahi gcnomen. lirl. cbron. 50SM);
den bniodern ü; diu naht benam. 11765;
sw^r deme andris iht g«iiieie,
da; er da; war lie;e,
J; ne beneme ime der Iflt
oder <>han nöl. Ilolh. 49W;
Ahariiu not hat ii-; botiomen,
wan Ki leider ül der vari
von der reise siech wart. Iw. 0042;
dA si stuonl an ir gehete,
als si ZR allen ziton t<>te,
fij bon.Tmc Ir dläf oder nia;. Greg. 1749;
hirt ti Im« der löi nilit bennmen,
er wirre sit hOrwidor kumen. Tn»l. 243, 1 ;
diu wunno het im; benomen. kimth. Jc.«u sS, OC;
mnd. it ne ncine ime echt nöU S.\p. l, 70. im Bacharacher
ueudAum (2, 213): da wua er ime nachfolgende uf des srhniches
fni»e mit wuUn geschrei, mit gluckcnkiange durch den dustern
1121
ES ACC.
ES ACC.
1122
walt als lange bis in die swarze nacht benam (lies bis es
im, oder bis im es die s. n. b.).
wer nun hier actusalivisdies ö^ bezwfifeln und nominalirisches
{nach I, D) annehmen icollte, den widerlegen \ri hr. 6042 {wo
freilich A. ij ir liest) und iin; Lohengr. 672. kindh. Jesu S8, 66.
an welche subslanlira läszt sich aber als lebendigeren acc. denken?
vicllächl an tag, licht, wo das subjecl nacht ist, an weg, fart,
gang, wo noth. das e; kindh. Jesu 8S, 66 wäre allenfalls auf
das kurz vorausgeliende ungemüele zu beziehen, wir sagen heule
voll: einem das licht, den albern, die freude, trauer be-
nehmen.
7) mhd. e; briuwen, brauen, äeden, kochen, ansliflen, su-
riclden, eigentlich einen trank, guten oder bösen, dann unheü,
schaden :
iiu habent ej die jungen iif gebrouwen. ilSII. 3,287';
■wir suln ein niuwes briuwen,
dar nach si die vinger kiuwea. Neidhart 13,35,
denn 'ein niuwej' lüszt auf 'ej' schlieszen. nhd. er hats ihm
gehrauen (gebrauf), auch von giß.
S) mhd. e; enblanden, miscere, admiseere, einrühren, in
ähnlichem sinne wie brauen, meist aber abstract: es einen
fühlen, empfinden kssen, es einem zumuten, auferlegen, einen
bemühen:
wil ich ij mir euplanden. Rot. 85,7;
wurde ij in enplanden. 89,23;
ij wart in harte enplanden. %, 15;
ij wirdet in harte enblanden. 272,3;
^ot eine mac in helfen hin
ob er imj enblanden wil. Iiv. 6343,
ticii die mühe nehmen, geruhen es zu thun;
nu muose imj enblanden. Tirl. Wh. 15';
kint, lät iuj den reien wol enblanden. Neidhart 13,23,
laszt den tanz euch warm machen, das in den ausg. fehlende Cg
scheint nülhig ;
die habent^ in, nu wi»et da;,
enplanden v6rre deste ba?. Bit. 11352;
sie liejen in; enblanden,
als sie des twanc diu not,
die swert in ir banden
diu warn von bluote röt. Rah. 599.662.
statt des persönlichen datirs findet sich aber oß der leib oder ein
glied ausgedrückt, dem es gleichsam angethan, zugemutet wird:
wan da; si; pble?ent enblanden
ougen unde banden. Er. 5765;
wir miie;en; starke enblanden
den armen unde den banden. Iw. 6391 ;
da; rolk von dri;ec landen
möht; den ougen niht enblanden. Parz. 23t, 26,
halle nicht so viel weinen können;
swer Tolget dem schilde, der sei e; enblanden
dem libe, dem guote, dem herzen, den banden. MS. 2,29';
swer mit Schilden decken wil vor schänden,
der sol eg dem libe wol enblanden. 2,37';
so enblandent sie; den ougen (teeinen sie). Flore 457;
doch enblienden sie; den ougen. 7757;
der werife ze minnen
enblient er; sinen sinnen. Wigal. 9,3;
do enblient er; dem swerie. Er. 3395.
9) mhd. e 5 liehen, vorerst aus 'ein niuwe; liehen', nach
analogie von ein niuwe; erheben, ein niuwe; briuwen zu
folgern :
die vogele in dem walde
singent wünneclichen,
stolze megde, ir sult ein niuwe; tichen. Neidh. 25,32,
das will sagen, euch zum tanz aufmachen, erheben, denn in
demselben Hede geht voraus:
der linden welni ir tolden niuwer loube riehen,
dar wider lä;ent nahtigal dar tichen. 25, 16,
und in einem andern:
die vogele, die der winder trüric bei gemachet,
die singent wunniclichen
ir eesanc,
weint in aber tichen
den sumer lanc. 19,21,
lins ist wieder den gesang anheben, mdgde vnd vögd ticbent öj',
huldigend dem sommer. dies tirhen, teich sdieint gestalten,
bilden, schaffen, ursprünglich vielleicht in weiciter masse bilden,
leiqen, ich verglich golh. gadikis und scklosz auf ein deikan,
daik, Tzlaaaeiv, das in deigan, daig übergeht, wie sich ahd.
III.
teic und teich = goth. daigs, niasso /5nde< (Gbaff5, 377), teig
cd)er mollis, fracidus ausdrückt, nun lesen wir:
ir vil ^uote knehte, swer f; mit eilen tuot
und mir e; mit den vindeo biute bilfet tichen.
Gudr. 13S9, 3,
wo ej lieben gleichviel ist mit es schaffen oder ausriciden;
wie; Gisel da mit tanze tichen sol. Neidh. 45, 14;
wie si e; tichen üf dem wal. Onoc. 15S';
wan da; si; üf dem breiten mer pa; chunden teichen. 46*;
die lebenden da^ tichen = schuofen, worbten,
da; die töten wären tot. Herb. 79<)0.
die sclwinbar abweichende bedeutung von büszen erklärt su:h aus
ej biiejen:
da si; mit jämer an ende muosen tichen. HS. 2,15';
ich bin unsamft erstrichen
und hän da; wol ertichen = gebüsU. uolf und geisz 413;
da; hat er geliehen. Frackmlob Eilm. s. 16;
mnd. de sunde konde ik nicht diken. Zeno 906.
wie aber kiesze tichen ruhig, gemächlicli gehn?
gät er gemach, so liehet fr,
tuot er lise, so suchet er. LS. 3, 32S,
welches tichen schleichen St.\lder 1, 280, deichen schleidien
ScHMiD s. 123 noch heute aus Ulm, deichen, dicheln, lenlo passu
incedere Schm. 1, 351. 352 aus Baiern und Franken beibringen,
weil der teig langsam, allmälich aufgeht, könnte tichen diesen
sinn haben, ertichen, oben sp. 754 schlecht geschrieben erdeichen,
ist erscldeichen. den gesang tichen, dar tichen län, hiesze dem-
nach ihn ergdien, sich erheben lassen, gj tichen es schaffen, aus-
riciden, also jenes ein niuwej tichen, es neu unlieben, wenn
man will einleigen, einrühren.
10) mhd. ej büejen. büszen, nach 2,572.573 war sinn-
lich erfaszt reficere, nähen, anzünden, heilen, ganz machen, den
hunger, die lust, die sünde büszen, ej büejen kann also
manigfachen sinn gehabt haben und hat am häufigsten den von
emendare:
ich sol; in ggrne bfie;en, swie sie dunkel guot. Nib. ISOO, 1 ;
ich sol e; aber der süezen
be;zern unde bQe;en. Triff. 132.36;
als e; gel der riebe
enzit bedenken müeze
und e; be;;er unde büe;e. 373,26.
meiäens aber sind die vollen subst. dazu gesetzt,
nhd. eile ! wenn du nicht eilest,
werden wirs theuer büszen müssen. Göthe 12,241;
du sollst es mir schon büszen.
11) nhd. es einbrocken, interere, oben sp. 158.159: ich
hab dirs eingebrockt, mhd. dar brocken :
giengen si; dar brechen. Diut. 3,321.
tl') nhd. es eintränken, dare bittere, oben sp. 326.
12) nhd. es verschütten, effundere: das wasser, den
brei, die suppe. Scbmeller 3, 418. ich habe es bei ihm ver-
schüttet ; es bei den eUern nicht verschütten wollen. Ettxer
«Hif. doct. 41.
13) mhd. ej walken, subigere, eigentlich den fUz, das feil,
dann iclibus concurrere:
die andern laetcn riterschafl
mit so bewander zornes kraft,
da; sie; wielken vaste unz an die naht. Pars. 82,7:
die kamerspre bi der tür
wielken e; mit starken siegen. Wigal. 242,27;
der wielk e; in dem melme
under sinem belme. OA. 1,120;
sie wielken; hin unde her. 2,368;
sie begunden; rfhie walken,
also dri wilde falken
under den kleinen vögellin. Geo. 141;
nu lä wir e; walken! Ottocar 512'.
man sagt auch engt, walk it, nni. bei walken.
14) mhd. ej riben, terere, fricare. die haut, das holz,
die fiedH:
dö gie gein Im d^r grSve Adin,
mit^im sebs videlvre,
die woldcn im sine swapre
mit ir videlen vertriben.
dö beeundcn si e; riben
mit kiinsteclichen griffen,
bi; im gar was entslifTen
diu swa^re von dem herzen sin. Wigal. 217,15;
er ist an dem tanze ein re4iter treibe!,
geruoclich Cr zispet,
mit dem fuo;e er; walket unde ribet. MSII. 2, W.
71
1123
ES ACC.
ES ACC.
1124
nhd. es einreiben, infricare, oben sp. 248:
si haintz noch iiit ingeriben,
das si soIIkt licneu n ölten si. Ajtpenzeller cliron. 125:
ei ich wils ihm ein noch reiben. Logau 2,15,41.
15) ag$. hil prüscan, triturarc: se ))unor hit prisced mid
lt<ere Rrenan äxe, der donner drisclu mit der feurigen axl.
Saluin. und Suturn. engl, thresh it.
Ki) ü5 wikisen, tellurem jmlsare pedc, saitare:
ir briset iuch zen lanken,
stroulet ab die risen,
wir suln e; üf dem anger wol wikisen. Neidbart 26, 1.
im Glainerland fliegen die hexen nachls zu ihren tanzen, wiio-
kiscn, wukisen genannt. Bi.cmeriieer kanton Glarus. 1S4G
T 3IS und danach Rocubolz Sditceizersagen 2, 175. das tcorl
ist noch dunkel.
17) mhd. e; rüercn, längere, perculere, von kämpf, Irotnmel
und saUenspiel :
si kiinden; anders rüeren
mit den ecken. Wh. 450,26;
die vinde bepiindenj rüeren. Guar. 701,2;
ahi, wie er Cj rnorte in dem strite! Rah. 558;
wir süln Cj mit strite vaste rüeren. 590;
aller crcst si; manlichen rnorten. 741 ;
ahi, wiej Wolfliart da ruortc I 749;
si sulni mit flatschen rüeren
den beiden üf den renden. DU. S449;
ahi, wie sie e; ruorten
üf die helme mit ir siegen! Vielr. 3418;
ahi, wie man; dö ruort mit strite. SS54;
abi, wie siej dö ruorten mit den siegen! 9136;
und &i Amor darzu mit strite ruortc ! Laber 151 ;
lüte rüeret ß; der sumberslegge. MS. 2, 57'.
auch vol nhd. am frühen morgen wurde es schon gerührt,
die Irommel angeschlagen.
IS) mhd. iii klingen, strichen län:
der liej ej ouch mit strite erklingen. Rab. 730;
nahtegal ir hügen lict dar strichen. MSII. 3, 219^
19) mhd. e; understrichen, mit färbe :
si wurden rot unde bleich
als e; diu minne in under streich. Tritt. 300,6,
rgl. nhd. es unterstreichen, linea distinguere.
20) mM. 65 triben, agilare, instare, -das spiel, den hall,
handel:
dö sl ej vil lange getriben. Er. 920;
ich trib Ci kurz ode lanc. Iw. 7792;
tribet «r; die lenge. Neidh. 50, 19
wil erj die lenge triben. Eracl. 317;
fj hat; getriben wol zehen jär. Wigal. 113,12;
went ir; iemer triben. MS. 1,61*.
nhd. sie treiben es schon lange mit einander; er trieb es zu
grub; auch von bösen dingen, zauber und vollust:
dmutter isch e hex.
smeidli solls gwis au scho tribe, dnocbbcre sages.
Hebel 266 ;
er treibts im traura mit pferden (Iräuml von pf.)
ovei^onolel O'iTntovs. Arisloph. wölken 16.
vgl. es eintreiben.
21) mhd. 8j ziehen, tlringere, schwerl, vaffen, von leder
liehen.'
AA xluhi; wiblicbe
unde «U manniciicbe! (rmmicliche?)
«WRR SO bei Diemer 123,8 zu bessern ist;
si xAch e; von der scheide. iVib 2310, 1,
m aber swert eben vorausgieng, worauf ö; geht.
22) mhd. 85 um bewerfen, ürcumagerc, mlrrr. srh>ml.
vagen :
Cr warf «{ umbe in der hnnt. Wh. 430,28,
doch ist der bezug auf schwort ausdrücklicli. nhd. er bats um-
geworfen, den karrn, wagen.
2:1) mild. 8j in gcrCmen, tuslinere, coliibere, hemmen,
doM rad:
Ar Kol wi»en, kumt <{ »6, da( ich im; in gcrfime,
d& den vinden sin
Wirt ir herze ron gcsiret. Neiohart 70,6,
901U llAOtn' f. 102 einrcmen bei Sciim. 3, Hi und golh. hramjan
ßgire hält, nur wäre dann geremen zu schreiben und der reim:
«erneme unrein.
24) nhd. es einlenken, flectere currum, njiiuin : wie ich
heut vom kioiiprinzon hinauffuhr und ich die Deiitschhaus-
mauorn sah und den weg, den ich so hundertmal {kam),
und es dann rechts ein in die Schmidtgasse lenkte. Cöthe
und Werther s. 69. kann auch vom einriciUen des venenklen
glieds gesagt werden.
25) mhd. 05 vcrhengen, habenam remiUere, wo auch
bloszcs verbum slelU:
Bucifale er verhancte {den zügel). Alex. 1727;
und er nach riterlichen siten
sin ros ze rehte ersprenget
und im da; wol verlienget
nach sinem willen als er wil. Wigal. 216, 7.
für die bedeutung gcslaUen, gescheiten lassen, steht lieber der genitiv :
wold es der küncc verhenget hän. lio. 7334;
war umbe verhenget im des got. Greg. 165;
sit da; du des verhenget hast. Trist. 64,16;
unz da; des verhancte got. üelbl. 8, 1094.
dem nlid. es verhängen, über einen vcrhüngen sielU man den
casus nicht genau an.
26) mhd. »•; undervin, colübcre, rctinerc, den kämpf, den
stand der dinge:
e; w.-ere umb iuch ergangen,
het ich; niht undervangen. lui. 3146;
da; ich; ie undcrvienc,
da; iuwer ende niht ergienc
des wil ich iemer nuwec sin. 3147;
unz fir der tot undervie,
der alle; liep leidet. Er. 2208.
ebenso ßjunderstdn, es verhindern, dazwischen treten; e f,
undertreten:
wä sint nu die wlsen alle, da; sie; undertreten? MSH. 3, 206".
27) mhd. eg irren, impedire:
ir irret i; allen disen tac. Rot. 54,5.
28) nhd. es halten, verhalten, con/mer«, rettnere, das
Wasser, den zorn: er konnte es nicht halten; es gab auch
noch etliche, die es verhalten konten. Simpl. K. 4S4. es
aushalten, perferre: ich hielt es endlich nicht länger aus.
29) mhd. e; scheiden, bescheiden, entscheiden, decer-
nere: den kämpf, streit:
muget ir i; gesceiden. Rot. 19,5;
obe i; got so gesccidet. 68,26;
will du; noch sceiden. 289, 16;
eines nahtes er; beschiel
wisen Romajren zwein. Grej;. 2994;
e^ muo; under uns beiden
diu rilterschart scheiden. Er. 706;
und niöhten si; in beiden
nach eren hän gescheiden. Ito. 7275;
got müe; e; le rehte scheiden. Waltb. 16,31;
da; si e; niht gcnirdeclichen schiet. MS. I,6.">';
der mir; nu schiede. 2,100';
wir mügen; noch wol scheiden. JVi7». 119,3;
noch beten e; gesceiden genuogc sküncgcs man. 825,3;
e; kan nieman gescheiden. 1823,3;
der hcrre e^ scheiden began. 1831,4;
si weiten; gerne scheiden. 1904,2;
dö sprach vater der Hilden, da; e; gescheiden wirre.
Cuitr. 526,3;
ouch möhtcn si; wol scheiden unz A; wurde tac. 890, 1 ;
so schiede ich e; gerne. MSO, 4;
möhtet ir; gescheiden. t485, 2;
wir suln e; hie mit banden
wir zwiVne under uns beiden
in eiiK'iu ringe scheiden. Tritt. 103,11;
e; niü(';en doch sprr und swt^rl
under uns und in boschcidni. 161,31,
welches letzte i-j sich auch nominatirisch fa.t.vn Hesse. sA muo;
8j got scheiden mit kämpfe under in. Sdiwsp. 210.
30) ni/i(/. ('5 friden, placare, comjionere:
swie KCrn icht friden wolle, der kOnec entunt f* iiihi.
Ai6. 2(173, :i.
nt) mhd. C; sücnen. placare, reconcUiare:
dö sprAclinn fijni'n tag,
da; si; suontin. Slvriiiarlo US;
•ücna eg. riler kOeno I Ai'A. 227."», 4.
32) mhd. 'i% enden, finire:
und wil din h«ir«n enden, §4 ich nlliTbesie kan.
A'i6. hl,3i
1125
ES ACC.
ES GEiV.
1126
ich wil ej helfen enden. 2230,4;
beselit wie wir ej mit in enden. Lohengr. 268;
daj raanj mit swerten endet in dem strite. 279.
33) mhd. cj läjen, omillcre, unterlassen:
der wirt der bat cj läjcn. Nib. 37, 1 ;
dö muoserj doch durch vorhte län. lui. 1703 ;
wan ich het ej baj gchijen v. 677;
da; sij mit cien mohten län. 7355.
i)bd. ich kanns nicht länger lassen; o lasz es! es läszts
wol («'0 das erste es nom., das andere acc).
34) alid. ej chösuii, loqui, recilare: so wio ih ij cbösoe.
N. Bocth.; wio mac ter ij hevigur chösön. Graff4,602; alls.
tha?; ig ij cösän muoji de quodam duce. leich von Heinrich;
mhd. ir dccheiner doch bi mir nu lebt,
dem ichj ze liebe kose. Wh. 3S7, 15.
ebenso ej rftnen und iihd. es sagen.
35) »i//rf. a 1 lesen:
ein riter, der gelcret was,
linde ej au den buochen las. ho 22;
der drille hiej Deifebus,
als ichj au der historje las. tr. kr. 13251,
dir früheren ausg., wo die neue f32G0 das Hz,, vermullich nach
Haupts Engclh. s. 211, tilgt hinter dem ej siecht nicht inrerc,
uelches erst Iw. 30 folgt, sondern ein dem fort, geschribeu ent-
sjtrechendes sitbst.
36) solcher verba mit es wären manche noch anziifilhrcn. es
AoH» darauf an die wichtigsten zu geben und reichliche belege
dazu, ohne welche nichts auszurichten isl. da der enger ange-
schmiegtc, aümälich fast unentbehrlich gewordne acc. des prono-
rncns überall aus einem ursprünglich frei und natürlich von dem
rcrbum abhängenden subst. hervorgegangen scheint, so fällt un-
möglich die grenze zwischen diesem zugesellten und dem gewöhn-
lichen fironomcn genau zu ziehen, das letztere es hat den reinen
bezug des verbums auf ein in der rede enlhaltnes nomen auszu-
drücken, hinter dem beinahe nichts sagenden tind wie überflüssig
beigefügten es steckt ein dunkles nomen, dessen sinn nachhaltt
und milverlrclen wird, die classisclien sprachen setzen hier immer
ohne pronominalzugabe bare verba, denen grüszere kraß eigen ist,
aber eine aus dem pronomen sich entwickelnde feinheil des aus-
drucks entgehen kann, wie ja auch der artiicel neben dem nomen
ähnliche vort heile bringt.
37) entsprechende nl. franz. und englische brispiele sind erst
hesser zu sammeln, auszer le ceder, le faire auch fr. l'emportcr,
unser es davon tragen, Toser es wagen, lat. nur andere, engl,
hört man, wenigstens unter dem volk, auszer walk it auch figlit
it, course it, lavish it, saint it, lord it, porter it, sinner it,
rough it = go through in spite of obslacle and bad weatber.
D) andrer art als die eben verhandelte') fälle des es isl unser
nhd. erst in den letzten jhh. aufgekommncs und von den dichtem,
denen an einem einsilbigen, tönenden worl gelegen war, gern ver-
wandtes sprachs, riefs für 'er sprach es', welches sprachs Butt-
mann {ausf. gr. Sprachlehre 1, 565) sogar dem epischen tj für
t<fTj an die seile setzt, in Stammbüchern und unter glückwunsch-
versen schon des 17 jh. liest man: 'schriebs mit eilender band'
statt des schleppenden 'dieses schrieb, dieses setzte, wollte
setzen' für schrieb es, und bei Luther begegnen gute kürzungen,
wie: danket gott und bracbs. Matth. 4,19. apostelg. 27,35, wo
das accusativische es folgt, das undciemal vorausgeht:
sprachs und verschwand;
sprachs, und hcmuitc die nervichtc band an dem silbernen
hefte. ;/. 2,219;
sprachs, und gab in die bände sie ihm. 1,445;
sprachs. da lächelte sanfl die lilienarmigc Here. 1,594;
sprachs, und reichte das glas ihm gefüllt dar. Luise 3,547;
jener sprachs. doch Chryses erschrak und gehorchte der rede.
//. i,^3;
jener sprachs. da entbrannte der Peleion. 1,188;
jener sprachs, und entliesz sie, die drohenden worte befehlend.
1,325;
riefs, da er über die brach anrennete, drückte die band mir.
Luise iiiisg. t. h. 80.
ebenso im praesens:
scits, und nimmt e spning. irEBEi. s. 35;
seits, und goht in wähl und lucget an himmel und bricgget.
(. 136;
seits und lachet, dasz dblältcr ziilret. CuRRuni prof. 31;
seils und lat on süfzper ab. 57.
unbedenklich stünden auch andre einsiWige praelerila im eingnng
des tiexameters: nabms, gabs, thals und wo der sinn keinen
acc. fordert gleich wirksam im vers spracli, nahm, gab. der
ersten peison sprach für diri, dixeram fügt sich nicht so leicht
ein s an, man setzt: ich babs gesagt, wie für ausus sum ich
habs gewagt, steif aber: ich habe geredet.
ES, laL ejus, goth. is, ahd. mhd. is, es, nhd. es, ags. is,
fries. is, gen. sg. des pronomcns dritter person, hochdeutsch aber
auf das netttrum eingeschränkt, in den übrigen dialectcn, sowie
im lat. sowol dem masc. als neulr. zuständig, oben sp. 681
wurde die Vermutung ausgesprochen, der goth. gen. is möge frülur
einmal ijis gelautet und sich vom nom. sg. m. is, welchem er
jetzt gleich ist, unterschieden haben, is und ijis würden dann
dem lat. is und ejus begegnen und dasz das genitivische is
schwerer wog als das nominativische könnte aus den übrigen goth.
nominativen ains, blinds neben den genitiven ainis, blindis be-
slätigung empfangen, gleichviel welcher vocal vor dem s des nomi-
natirs gewichen sei.
Dies alles geht den uralten uns entrückten spraclistand an, hier
scheint folgende bemerkung mehr zur stelle, die ahd. mundart hat
von jeher, so lange wir sie rückwärts vei- folgen können, den gebrauch
des gen. is, es verengt, wie namentlich aus dem unorganisch avf
die uureflexive bedeulung ausgedehnten gebrauch des possessiven
sin hervorgeht, wo goth. alls. ags. richtiger der gen. is, bis wallet,
das reine, organische is des gen. sehen wir hochdeutsch blosz in
aussterbenden spuren des neutralen gen. ös gehegt, während jenes
nominativische is zu ör wurde, umgekehrt wandelte sich, nach
dem lautverschiebungsgesetz, das ita des golh. nom. acc. sg. n. in ahd.
mhd. cj und parallellaufend nahmen nun auch die meisten übrigen
pronomina und alle adjectiva die (lexion -er für den nom. sg.
m., -cg für das n. an. solange dies ej aufrecht blieb, war der
schade gering und sämtliclte es, des, eines, blindes sonderten
sich in der ausspräche von ej, do;. einej, blindeg. als aber
die nähe der laute s und 5 unorganisclie schärfungen des letzleren
in den ersleren herbei fiilirte, als man statt 5 ein sz und s, da-
gegen statt s ein sz anhub zu schreiben, risz die verderblichste
und ärgste Störung ein. in unsrer pronominal und adjectivflexion
ist immer ein zweifaches s enthalten, ein dem goth. des genitivs
entsprecliendes und ein das goth. t des nom. acc. sg. n. vertre-
tendes ganz unterschiedenes, eine menge goth. s sind uns zu r
geworden, eine menge golh. t zu s. die lautverschiebung hat im
hochdeutschen sichtbares unheil gestiftet, vorzüglich unter den
lingualen, wie rein und unverfänglich stehen in allen schwesler-
spracfwn s und t von einander ab, bei uns beginnen lauteres s
und das aus th heivorgegangne ts in manigfacher stufe sich zu
•mengen; je nach anlaut, inlaut und anstaut erscheinen z und j,
lieute z, sz und (z unterschieden, s wird mit 5 gemischt, ss mit
5^, die Verwirrung nimmt immer zu. den unterschied zwischen
ÖS und iij, zwischen blindes und blindez; nicht zu wahren wäre
mhd. noch ein grobei- fehler gewesen; aümälich liesz die ahge-
stumppe lautcmpfindung zu, s mit sz auszudrücken, umgekehrt
sz in s zu verdünnen, inlautendes sz in ss zu wandeln, wie
alles unter den betreffenden buchstaben im einzelnen dargcthan
werden soU. bei 'das' Mit uraltes a (goth. jiata, ahd. da^) den
zusammenfall mit 'des' ab, doch alle neutralen noininative blindes,
gutes lauten uns wie ihre genitive. zu abhilfe solcher mischungen
und wenigstens theilweise zu herstellung des früheren zustandes
gleiten vorgeschlagne besserungen, wo sie noch eintreten könnten,
ab an Verwöhnung oder gleichgültigkcit der sprechenden wie schrei-
benden und beiderlei pronominale es laufen unverstanden durch-
einander, ihr unterschied läszt sich nicht verdeutlichen, ohne bei-
s/nele aus der gleichfalls erschütterten syntax zu holen, weil der
laulverfall zugleich einem unverkennbaren trieb der jüngeren sprarlu;
begegnet, lebendige, leise genitive durch stärker aupretende, allge-
meinere accusalive zu verdrängen; in dem einen wie in dem
andern zeigt sich Wechselwirkung.
Grund des genilivischen c s können subslanliva, adjectiva und
verba sein, für alle drei fälle verleihen ihm in derselben fügung
daneben aufUctende licnnbar ausgeprägte genitive anderer prono-
mina, substantira und adjectiva gewähr, aus jedem mhd. des
mag, auszer im gleich anzugebenden fall der einfachen abhängig-
keit, sicher ein Cs, aus jedem nhd. des oder dessen ein genüi-
visches es gefolgert werden, das s der verschwisterten spraclien
ergibt einen grund für den gen., ihr l für den acc. dasz sich
bei anlehnungen unsere beiden es, mit aplidrese des vocals, in
bloszes s kürzen bedarf kaum der erwähnung.
A) CS bei Substantiven, ein rechtes gebrechen unserer
spräche ist es doch, der natürlichsten anwenditng dieses genitivs
verlustig zu gellen, wir können ihn nicht mehr von dem bloszen
substanliü abtidngen lassen, was lat. pal er ejus, nomen ejus,
71*
1127
ES GEN.
ES GEN.
1128
goth. alla, fadar is, natnA is, ags. bis fäder, bis nama, ja
engl, its father, its nainc lautet, das wurde schon ahd. unlogisdt
mU dem possessiv sin f;itar, sin namo, tr/c noch heute mü sein
vatcr, sein naine ausgedrückt, und ein afid. es falar, es namo
Kdre unerhört, ein heutiges es valer, es nanie vollends «nciT-
stdndlich. das musz in der llial auffallen und Uiszt sich nur
aus dem eignen ueg, den unser pron. dritter fierson einschlug,
begreifen; das franz. son p^re, son noni stehn auf demselben
abiceg. ausnahmsweise erscheint dies verschwundne üs mhd. durch
ein ihm paralleles des vertreten, z. b.
got selbe und des kunst. TU. 104,2;
si gienc oiich da der wirt sar
und des wip diu burcräviu. Parz. 34,9;
an des hant spranc Elüne. Keidu. 31,39;
nhd. durch ein dessen : der mann und dessen frau ; der kiinig
und allerhiiciist dessen gemalilin; das schlosz und dessen
Umgebung; der gebrauch des hier angemessensten es ist uns ab-
geschnitten {gramm. i, 342). neben subslanlitcn also gestattet
einen solchen gen. die hochdeulscJie spräche blosz dann, wenn das
ihn regierende subst. einem verbum rcrgesellschapet gleichsam das
einfache rerbum ersetzt, z. b. acht haben, dank haben ist so
viel als achten, danken; es gehört nicht hierher zu erörtern, in
icie fern der auch vom einfachen achten, danken abhängige gen.
seinen grund mü dem durch aclit und dank rcrursachten gemein
habe, diese hapenden, ihr schon rerdunkellen allen genitire strebt
nun die sintere spräche auszerdcm noch in accusativische {den
umständen nach nominalivische) es, deren echte gcslalt r/, sie
niciU mehr davon unterscheiden kann, zu wandeln, alles dies
Verden die wictUigslen beispiele klar machen.
1) aM. gouma, cura, gouma neman es, curam habere ejus,
gounia ndini dfts, curam ejus habuisti. ohne zweifcl galt auch,
wofür keine belege da sind, goth. mik ist kara is, mir ist darum
sorge; ni kar ist ina |)ize laniiii", diese Idnnner kümmern ihn nicht.
mhd. einer ist tiie heinie
nimet sines vater goume. fundgr. 63,6;
des nam man guote goume. Alex. 1199;
des iiam ich rehte goume. Harih. 1 6i<c/il. 706;
da wart der edeln gesie vil boese goume genoraen.
Ai6. 2U19,4;
goume tnon:
nu tuot is goume. fundgr. 53, 19 ;
wie die burgspre
ir letze täten goume. Parz. 205, 19.
2) ahd. ahta, mhd. ahte, nhd. acht, cura, ratio, nutilia:
eines dinges acht haben, wissen, geben, nehmen, e^ in acht,
obachl nehmen;
mild, das ich niht ahte wi^jen kan
miner süntlichen schulde. Greg. 2785;
w£r kxinde dis >vij;en abt. Gudr. 1444,3;
done künde niemen wi;;eD wol dös volkes aht.
Nib. 1316,2;
nhd. ich nills acht haben; ihr sollt es gute obacht haben,
darauf aMen;
lert solcher xeichen haben acht. Schwarze!«berc 157, 1 ;
wie nun der Oroscb ir (der matts) nit hat acht, älberl's 17';
r^oh ich, das adel und landscbaft des spiels ein acht betten.
LlTBER 6, 9".
3) ahd. wara, cura, mhd. war, nhJ. wahr, eines war nemen,
laon: wara ne tuot er gotes, deum non curat; ne tuont es
nieht wara, achten nicfU darauf nhd. ich nehme es, nehme
dessen, der sache wahr, aber auch mil deutlichem acc. ich habe
ihn nicht wahr genommen, er nahm das kind wahr.
4) ahd. wuntar, mirum: mih ist es wuntar, ich wundeie
mich darftber;
»ie was «s Qhi wuotar. 0. IV. 7,6;
oi si tbih thCs wuotar. I. 22,13;
mhd. wunder mich des hAt. Nib. 001,1;
dis bete luicbel wunder die recken kQeoe und guot. 1521, 4 ;
die gar gelörteo leiebcren pfalTen,
die singent, dis mich wuhclftr hit. USH. 3,6^1
si beide hit des wunder. DU. 4S32;
Til wunder mich des h&t. 10330;
Diicbcl wunder si i6» naro. Roth. 603. En. 248,3;
den künec nam des wunder. Nih. fi\, I;
mich nimet des micbel wunder. 163, 1 ;
dai Is den harpher wunder nam. Triil. U2, 21;
nhd. ie% er sieb ^^u^der nam. S■te,lJ^Hi^y^nL dec. m, 19; desHn
ntiDint mich wunder, es nimmt mich wunder, mich baU
wunder, micii solls wunder nehmen, in welcheti s, es die
s]Kitere spräche den gen. nicht mehr fülilend nominative erblickt,
folglich auch das nimmt, hat mich wunder ge.italtet.
5) alid. niüt, alts. niud, gaudium, desiilerium : mih ist üs
niot, ich sehne mich danach, freue mich darauf;
ahd. thes ist sie iaraer diu niot. 0. V. 22, 7 ;
thCs thih mag wesan wola niot. V. 6, 14.
alls. mit dat. der person: was im thöro wordo niud. Hei.
41, 22. 47, 19.
0) rJid. lust, mut, wille: ich habe es lust, habe dessen
lust; ich habs mut, bin dazu entschlossen. Schmeller 2,651;
nim dirs ein mut. Uulamd 523.
7) ahd. firiwizzi, nhd. fiirwitz, vorwilz, neugier:
Ihiö armilichiln wizzi was thes thö liriwizzi. 0. III. 20,41,
die armen geister (ingenia) waren darauf neugierig ; in {den Nen»)
was furcwizzc aliero iro lido (seiner mutter glieder). N. mhd.
bietet sich blosz mich ist firwilz ohne gen. dar.
8) ahd. hi\ii secretum, negatio, occultatio begegnet nicht, ist
nur aus dem mhd. hx\e, nhd. hehl zu schlieszcn. mhd. mich
nimt es htele, ich hehle es, halte es geheim:
d€r botcschaft nam in häle. Eilharts Trist. ö79G;
dSs nam in michel häle. En. t5S, 8;
6s nimet dich michel häle. 281,17;
des nam si michel häle. 287, 1 ;
nimts iuch niht bael? (ists nicht euer gelieimnisf)\
Part. 467, 20 ;
des nam in niht ha>le (das heliltc er niclit). TU. 158,2.
gleichen sinn gibt ich hdn es haele:
si he.t es vaste hsele. A°i6. 1311,3;
haele hol er des geriuoc. Bii. 21S8;
swer des tiuvels werc bcgät
und €s hnpje niht enhät,
den hän ich für ein engel niht. Frkidanc 70, 13.
nhd. ich habe es kein hchl ; ich wills gar kein hehl haben ;
warum sollte ich es hehl haben? dessen hehl haben? aber
auch schon das. LuTiiEn setzt nominalivisches das : für einen
fremden Ihu das nicht, das dich kein heel hat. Sir. 8,21;
ir wcsen hat sie kein hcel, und riimen ire sünde {vulg. agnitio
vultus eorum rcspondebit eis). Es. 3, 9.
9) ahd. lougna, mhd. lougcn, leugnung:
thes nist lougna nihein. 0. H. 3, 1. III. 20,89;
mhd. dar des niht haben lougen die Kriemhilde man.
Nib. Ilotim. 1890,3.
ig) mhd. zwivel, nhd. zweifei :
da vliujet noch der brunne, des ist zwivel dehein. 1013,3;
nhd. dessen, dartiher, daran ist kein zweifei; es, das ist
kein zwcifel.
It) mhd. ernest, nhd. ernst, serium : mir ist Ps <'rnest, mir
ist ernst damit;
ob es in änc valscben list
ernest wirt oder ist. Iw. 7903.
nhd. es wird, das wird jelzt ernst.
12) nhd. eluc, rühm, spolt, höhn, jocus, risus, irrisio:
die gccken hetiens fiirwar kein er. Urlind 506;
aber die l'lmer haben es rühm,
das sie so steiT gehalten. Adrian mUlh. 128;
ich habe es meinen spolt, sf^itte darüber;
die übermüthler acblelen das wenig,
und hatteiis ihren spou. Misaeis kinderkt. 111;
so läuft er was er kann, die liebste xu erretten,
der riese bei indes es aber seinen höhn.
Werders Ar. 11.20.
13) macht, vulimacht, recht: ich habe es macht, niarht
dazu ; ich habe es macht zu lassen und habe es niaclit
wider zu nemen. Joh. 10, is, vulg. nur poleslaleni haben.
gnth. Kildufni haha; ich habe es alles macht, es fromml «her
nicht alles. 1 Cor. 6,12. 10,23, wo das erste alles mhd. alle^,
das andere alle; «rdre; warum snilipn sies nicht macht haben ■• ;
letilc die es macht haben. Weise sätenl. 105; mein heir hai
es gute macht {erlaubnis). Kh.ners unic. doct. 3 ; du hast es
alle, volle macht, vollmacht ;
0 lieber sommer, ich gib dirs recht. Uhland M.
14) gewalt. ahd. sie ne habent iro gewall. N. ps. 54,21;
mli't. der aller wunder hAt gewall. Piiii. 43, •« ,
swnf Ich «orgen Ie irewnn.
der litt st gar gewalu NEiriii 3, I&,
1129
ES GEN.
ES GEN.
1130
Id) gewinn, schade -
nhft. lasz Taren dahin !
fie babens kein gewinn. Lctber, ein feste bürg;
lasz fahren, kind, sein berz dahin,
er hat es nimmermehr gewinn. Bijrgkii 13^
keinen vortheü davon.
16) dank, gralia:
mitd. sd bän ichs doch tu höben dank. Walthsr 62,24;
er wändes haben danc. Reinfi. 277;
der danne jage beste, der sol des haben dank. ?iib. S74,3.
nhd. babe dank ! habs dank ! {habe dank dafür) ; du sollst es
schönen dank haben; ich weisz es dir dank, keinen dank;
sie sollten mir es noch dank wissen. Lessinc 2,400; ists
noch kein dank? (wird mir kein dank dafür? ist noch nicht zu
danke?) Felsenb. 4, 24S; gott sei es dank,' Lessi:«g in der
eben angezognen stelle meinte wol schon den acc, tcie sjcA aus
folgender ergibt: wer wird ihm diese kleine Üppigkeit nicht
\ielinelir dank wissen ? C, 478.
17) bescheid haLen, wissen, thun, geben: du hast es jetzt
bescheid, deinen bescheid, der sacbe bescheid; ich weisz es
keinen bescheid, bin davon nicht unterrichtet ; ich will dirs
bescheid sagen, thun; hiermit nahm Eckbart ein glas wein
und brachte es dem amtmann zu, welcher es bescheid that,
wie auch die andern, untr. doct. 143. mit offenbarem ace. aber:
trank ich meines herrn vaters gesundheil, welche mir der
heiT pfarrcr und meine liebste bescheid thälen. e/i« eines
mannes 130; ich tbue dir schon ein gläschen bescheid.
IS) ralh:
ahd. want €s rät thö ni was. 0. III. 2i,15;
vihd. mir ist, wirt es rät:
iu ist des nicbein rät. En. .39S9;
iedoch nis es ander rät. bei Err«. 117,12;
des wirt danne guot rät. Jw. 944;
s6 wurd es deste bejjer rät. 1643;
ob es niht rät wsere. 6910;
des enwas niht rät. Nib. 32,2. 613,2;
des was deheiner slabte rät. 53,4;
des wirt wol alles rät. 1689, 2;
daj wirs üf der sträjen haben guoteu rät. 1219, 3.
nhd. es ist, wird kein rath; ich weisz es keinen rath, veisz
mir in der sache weder :u rathen noch zu helfen; denn irer
plage ist kein rat. Micha 1,9;
hüte dich vor der that,
der lügen wird schon rat;
es (dazu) kann ralh werden; des ist schon rath geworden.
IS') wort: er will es nicht wort haben, nicht eingestehen;
es in abrede sein (l, S"). leugnen, vgl. iougna, unter 9. doch
e» in abrede stellen enthält den acc.
19) busz, ahd. puoj, mhd. buo;, gleicher bedeutung mit rath
und hilfe, ehmals sehr verbreitet, heute erloschen, vgl. 2, 570.
ahd. thcs. warth imo sAr buoj. Ludwigsl. 6, dafür ward ihm
schnell rath und hilfe;
mhd. des im nimmer raere
nie ne sal werden buoj. En. 105,31;
CS ne mac niht werden buoj. 117, 13;
mir ist miner swaere bucj (meinem leid abgeholfen).
Walthbb 20, 1 ;
doch wart im selten kumbers buoj. Parz. 12,24;
ir tuot mir site buoj. 315,17;
ah im des danach wirdet buo?;. Wh. iS«t, 28;
dai ir alle iuwer not,
die iu durch sinen übermuot
der gräTB Aliers lange tuot
und noch ze tuonne willen bat,
der wirt iu buo| und rät. Iw. 3407—13 nach der ersten ausg.,
denn in die xtreite nimmt Lachm., der atlraction 'alle — die*
Iteine redmung tragend, 3412 eine andre lesart auf;
zwischen gellen zwein wirt vil selten nide* buoj. IfS. 2, 144*;
dir wirt der sorgen buoj. Bart. 18, J ;
es wirt dir libte buoj. 17, 25.
nhd. kaum noch im 15. 16 jh.: sintmal man seiner krankheit
möchte busz finden. Bocc. 1, 107' = SrEüm. dec. 132, 29 {orig.
2, S in quanto pure alcun modo si trOTava al suo scampo) ;
und wirt im sorgen nimmer busz. Moisbkii C3'.
20) ahd. lapa, refectio, recrealiv: mir ist es laba, ich teerde
dadurch erquickt; er tuot dir is laba, recreat te, ergetzl dich
dafür. N. ps. 36, 5 ;
wanta es nbt laba furdir. 0. V. 19, 15.
21) noth, ahd. mhd. not: mir ist, wirt, tuot, get es not,
opus est eo:
ahd. DU ist es not. 0. IV. 30, 31 ;
thes was ni5t. I. 3, 10;
ui si thir es not. I. 27,7:
ni was imo es nihein not. II. 4,42;
harto wirdit iu thes not. IV. -26,32;
ther hungar duit imo es ndt. II. 4,33;
ist is io doh not. Boeth. 201; des ist n6t. 207;
mItd. und ruowet bint, des tuot iu not. Parz. 35,11;
des enwas nibt Ci3t. Sib. 69,2;
des wsere lützel not. 560,2;
Zornes was im not. 2152, 3 ;
iwäre, YTOUwe, des ist not. Itc. 1931;
des in zem übe was not. 3343;
daj ern sluoc, des gie im not. 2050;
des vreut si sieb, des gienc ir ndl. 5388;
des gie in warlichen not. Nib. 71,4;
des gie dem helde not. 460, 1 ;
des get mir wa?rliche not. 864,4;
dö gie ir tnlrens not. 1722, 1 ;
des get mir grdjiu not. 2151,3;
des gät in micbel not. 2175,3.
fiM. eines aber ist not, h'bs Sä iaxtv yoeia. Luc. 10.42;
es ist nicht noth; gar keine noth ist es davon zu reden;
es war nicht noth, dasz er kam; es tbut noth. grosze noth,
in tcelchen allen aber das heulige sprachgeßihl accusalive annimmt,
uie man aucJi sagt: das ist, hat. thut noth, keine noth, statt
dessen, unter eines Lt<f. 10, 42 meinte Lctheb, der vulg. ge-
mdsz, Kolirscheinlich unum, denn er schreibt iciederum aposlelg.
4, 35. 2S, 10 was im not war, nicht wes. solch ein mhd. e;
oder daj tuot mir not gibt Pfeiffers Bo.ner in eiif {schon gramm.
4, 249 verzeichneten) stellen, die frage ist ob mit reclit. den 'es'
der hss. liesz sich niciU ansehen icas gemeint sei, es oder ej, für
des aber scheint 'da?' bessentng des herausgebers. bedeuten mus:
die pitrase: noth {nom.) thut mir dessen {dazu), und nicht
noih {acc.) thut es mir, doch ein adjeetiriscltes not, necessarium,
Kare zulässig.
22) ahd. dürft, n6tdurft, necessüas, goth. (laurfts:
thurfli slnt es harto. 0. I. 23, 57 ;
es sint uns harto thurfti. V. 12,55;
es wämn in thö thurftj. IV. 5,2;
zispSri eines ist nutthurft, unum est necessarium {mithin gegen
die vulgata). T. 63,4.
mhd. ob mirs dürft wäre. Alex. 3896 (H'wm. 4093);
des ist undurft {keine noIh). anegenge 34,29;
so dürft enwart mir räies nie
noch helfericber Ute. Ir. kr. 17S64;
des dir kein dürft waere. Letseb pred. 72, 32 ; ob des dürft.
stelle aus Frisch, schon icd. 2, 1730 angefüliri.
23) alts. tharf, ags. J)earf, necessilas, ahd. darba. Schneller
zu Heliand verzeichnet zehn stellen, in velchen mit is {est) oder
was {erat) tharf der gen. verknüpß leird: was im äles tharf.
36,19; thes is tharf mikil. 133,16; us is thinoro huldi tharf.
47,24; nis thüs tharf nigiean {eo non est opus), zumal gern
der gen. pl.: was im is help6no tharf. 35.18. 92,12; nu is
im thinoro helpöno tharf. 64,1; was iin botuno tharf 70,8.
109,1; US is thinaro l^runo tharf. 116,20. genitive neben ags.
|)earf erscheinen eben so häußg.
24) Ursache, causa: ich habe es Ursache, grund dazu; er
hatte es alle Ursache; ich bin oft eifersüchtig au£.sic gewesen,
'du hasts auch Ursache gehabt'. Gütre 14,255; ich babe
dessen gute Ursache; er hat seines zurücktritts die schein-
barste Ursache, eben so bei anlasz und schuld: ich bin es
schuld, habe, trage es die schuld;
mhd. daj ist des schult. MSN. 1,65'.
25) ende, es, des geschwätzes ist, wird kein ende. ahd. ist
unende slnero micheli. N. ps. 144, 3 ; tero wino ist unende.
Arist. 238; iro neist nio solih unende. Boeth. 211; wirdet
wunderönnes ende. 209.
26) zeit. mhd. ej ist zit, fr. il est temps; is ist zit, il
en est temps, es ist zeit dazu, nhd. ich habe dessen zeit ;
jetzt ist zeit des handelns;
mhd. dö släfeDDes lit wart. Im. 383;
nu was ouch släfennes zit. 5S66;
1131 ES GEN.
nu kam ein böte, des was zit. WüjaL 23,7;
nu ist ÖS zit, nu Itcrc zuo! Trist. 225,11.
älmtich bei jabr, monal, tag.
mhd. ^8 sint uti >vol zülicn jnr. /ir. 2()0;
es («. /.) ist noch iiilit vol ein jAr. Neidh. 42, 14.
nlid. aber auch: das sind nun zehn jähre, so dasz in es sind
zehn jähre es der notn. uäre.
27) herr, nieisler: ich bin es herr, j'eii suis Ic mailrc; dn
bist CS herr und meistcr;
uhd. al gizungilö thaj ist,
thü druhtin ein es alles bist. 0. I. 2,23.
2S) wicht, viele genUive hängen ab von goih. vaihls res, all.<.
abd. mhd. wiht, zumal in dcs.ien Verbindung mit der negation,
golh. ni vaihts, alls. ni wiht, irozwiscben ahd. noch die \mrlikd
io (unquam) zu Irvlen pßegt, iowiht, spälrr ielit aliquid, nidwilif,
nieht, h«7(i7, mhd. iht und niht: goth. ni vaiht ubilis, nilid
mali; ni vaiht niis vul|)ris ist, viilg. nihil mca interest. Cnl.
2,6; ni vaiht aljis hngjij). 5,10; jah eis ni vaihtai l)is IVoliiin,
vulg. ndiil horum inlellexemnt. Luc. 18,34; ni vaiht is, nihil
ejus, uofür nur kein beleg zur band. alts. is (thes lilhes) ni
was fitriebid wiht hn^rgin an thomo hftsc. Hei. Ol, lt. ahd.
ni wi-ssun es nieht (wuslen nichts daroii). Üiut. 2, 28C'; sie
ne tuont is aber nieht. N. ps. IS, 9;
ist iamnn hiar in lante,
es iawiht tliolt firslanle. 0. I. 17,24;
ni znwcta imo es niawiiit. II. 5,12;
oba ir liiar findet iawilit tbes. ad Salom. 7;
ist thar wiiit so sarphcs
odo iawiht ouh so gelphes. I. 23,25;
thar nist gallnn ana wihi,
jouh bitteres niawiht. I. 25,27;
%Ä fand ih in iu wiht giiales. V. 20,206;
ni wiri düse fon gotc, ni luohti tuon tbes iowilit, m esset
hie a deo, non polcral facere aliquid. T. 132, 19 ; iino was iu
iowiht ihl's wan, numquid aliquul defuit vobis? 166,1; inti in
theino tage niih iowiht iis ni fraget, et in illo die mc non
rogabilis quidquam. 174, 6.
vihd. wan man geloubt imes niht. Iw. 1730;
sit inhs niht haben so). 7313;
des ich niht geantworten kan. 2972;
des si niht verlägen. 3044;
daj Sr siner arbeit
iht (niht) änc lön belibe. a. Heim: 21 ;
sine mugens niht erdenken. Parz. 1,17;
frouwe, des cnweij ich niht. 11,23;
sin gesiebte im des niht louc. 41,12;
dune darft mir dienstes danken niht. 49,11;
ich bän mirs selbe niht erdaht. 53,26;
des engerte se keinen wandet niht. 56,27;
von siner haut Ss niht geschiht. 60,14;
d£r iquorum) ich gencnncn niht enkan. Nib. 10, 4;
ja geniujet sis niht. 2312,1;
dus u des nicht, ou bist entwicht. Muscatpl. s. 118,64.
ülTall id hier dus genitivische es abstehend von dem accusali-
rischen t'; und anderes bedeutend, wie beim verbum luiußg ein
partUiver gen. findet er sich auch hier beini subst., mit rf«»»» sinn
davon, darxtber, franz. cn, ndlirend der arc. die ganze sachc aus-
drückt, 'ich tuon es niht' heiszt ich Urne nichts davon, golh.
ni tauja vaiht is, fr. je n'en ferai rien; 'ich tuon i'z, niht'
dagegen, ich thue die sache nicht, ni tauja ita, je ne le fais
pa». nhd. hat der schon durch vergn'iberung der laute unmöglich
iiewordne unterschied auch deshalb erlöschen müssen, leeil unser
'nicht' in eine unlebendvje negation übergegangen i\t, welche anfangs
nur dadurch verstärkt wurde, das s in uruierm siehstus nicht,
tbustus nicht? ist barer au., ohne partüive beimischung. man
riß. nicht und nichts.
B) e» bei adjecliven, auch liier rrsclicinl der, übrigens
noch die regel bildende genitiv nicht anders ah im gelrit von
einem verbum, meitlens von sein, werden, bleiben, den acc.
lauen doch einzdne, sjxUe falle getrahren. dem gen. entspricht
auch der grieciüsche, das lalein hat dafUtr den at>l.
I) frei. goth. frijana braiila niik vilödi« frn\aurhtni« jah
«lau|)aus. Böm. 8,2, bei I.ltmkr: bat mich frei gemacht \<tn
dem gexelz der Bünden und des toden; ahd. tin den man d^s
Irlen duot, daj er niomannex Bcalh nc isL N. ;
mki. htm fot, DU »cbttlt mich tr rri. M8. 1,96';
ES GEN.
1 132
Ich bin des vaxrs noch vri. Pars. 672,23;
swem si missevellet, der ist ougon vri. US. 1,25';
nhd. sie liesz sie der leibcigenschaft frei. Münster 774 ; sie
hielten einen frei der ürlen. KincuuoF wendunm. 341;
und mach mich alles kiimmers frei. Urtpiiius;
als ich frei aller noth an meiner .Mulden lag. I'lksii:<g tltO;
vergnügt und aller sorgen Irei. Canitz.
wir sagen heute ich bin frei davon, nicht mehr ich bin es frei,
an dessen früherem bestand die andirn angeführten genilivc nicIU
zweifeln lassen.
2) ledig.
mhd. der kfmcc min bruoder roehtc
des itewi^es unde min
mit €ren ledec und änc sin. Trisl. 39, 12;
da? Isöt dirrc m:i're
ledec und änc w;ere. 27S, IS;
daj er siner aventiure
an sorge und an triurc
ledec und änc gesaj. 39S, 19.
nhd. des leibes biüt du ledig,
gott sei der sccio gnädig. Rürcer t5';
warum nicht auch: ich bins wieder ledig?
3) los.
mhd. swie lügende lös er si. Trisl. 292,53;
«/((/. du bist aller schuld los; irh bins los. im letzten sah
die neuere spräche einen acc. = ich bin das los, wie sie auch
sagt: ich bin das ficber glücklicii wieder los; wir sind den
kcrl endlich los; ich wäre es {das briefchen) gern los. Lessing
1,543; so bald ich das (geld) los bin! 1,514.
4) verlustig, ich bin des gcldes verlustig geworden ; er
ist, geht seines amtes verlistig; wir siuds nun verlustig.
5) quitt, nhd. so aber das weib dir nicht folgen will, so
bistu dieses cides quit. 1 Mos. 24, 8 ; gehen sie dir nicht, so
bistu meines eides quit. 24, 41 ; kurz von der sachc zu kom-
men, meiner freundschaft sind sie quitt. Lessing . . . ; wir
sinds quitt, häufig audi ohne beigefügten gen.
6) bar.
mild, si wurden ahe mit den swdrten
zehouwen schiere also gar,
daj si ir beilc wurden bar. Iw. 1028;
daj si der schilde wären bar. 7142;
ir herze was irucken gar
und bcidiii ougen salTcs bar. W7i. 69,28;
der walt ist niuwcs loubcs rieb,
des niaciieic in der winter bar. MS. 2,233';
nhd. des laubcs, des geldcs bar, alier bufnung bar.
7) blosz.
mhd. diu klös was freuden bere,
darzuo aller schimpfe blöj. Parz. 437, 17 ;
uhd. des laubcs, der k leider blosz stehn.
S) leer.
mhd. was ienilcr boum da so grög
daj er siuont, der wart bldj
und loubes also here,
als er vcrhreiuiet wäre. Iw. 66t;
tUil sin voller zuber swffre
wart aber wajjers lacre. Wh. 190, 10;
nhd. der bechcr ist vveines, der bcutcl gcldes leer, fdilirher
leer von wein, geld.
9) voll. goUt. banjö fnlls, ukerihus plenus. I.«f. 1C,20; fulls
varj) daunais, voll vom geruch der salbe. Joh. 12,3;
mhd. wan wir daj wijjon wol,
das du bist bitlers eilcrs vol. Iw. 1&6;
ouch gienc der walt wildes toI. 3272;
nhd. der lag für seiner thür voller schworen. £,mc. 16, 20; die
wiese steht voll wassers, aber auch voll wasser, voll von
Wasser; der beutcl ist voll geldcs, voll geld; die strnsze i*l
voll Volks, voll volk. solche zulässig gewordue (lejionslose nonima
können nicIU für acc. gdten, da nie gesagt tetrd voll das wasser,
noch veniger voll das, voll es. voll des, vuli dessen ist
gerecht ;
ich bino voll zuversiebt: am ende
der luulbahn wird das kleinod mir. Klop«tock 7,JW.
10) satt. altd. sanges snt^r, »ilur wodis. N. Boeth. 179;
tnlid. ine kuro niomAr von dlrre »tut.
Ine niacho uns alle ütrlics koi. Air:. 369,12;
«>r wurde pfrno urlmlzei *nt. Ftor« 4774;
Aö Ich nUA tnkic loj,
ungt{, g«dftnke ist. 31SS;
1133
ES GEN.
ES GEN.
1134
nhd. ich bin des lionigs übersatt; er wurde des spiels bald
satt, des lebens satt; ich bins satt; ich hab es satt, accusa-
üvischj ich bin das satt ; wir sind den mann satt ; sie war
ihn schon lange satt; ich habe mich sie satt gesehen =
an Vir s. g., Uirer s. g.^
11) müde. alid. wart des winis miiodi. Diemer 122, 5, trord
von dem ireine trunken ; denchennes muodiu. N. cap. 115, wie
vorhin gedanke sat;
mM. es (ejns.) waeren müede zwfine smide. Parz. 537,27;
nhd. der könig und die kaiserin
des langen baders müde. Bcrger 13*.
doch des weines müde könnte uns bedeuten sowol müde, schläfrig
davon als müde Um zu trinken, accusativisch, nur in letzter m
sinn, ich bin den wein müde, ich bins müde, bin das müde,
ich sehe mich die sache müde, an der sache, ich sehe michs
müde, bei Wieland: wie er mit der ganzen Sammlung fertig
war, ßeng er wieder von vom an, ohne es müde zu werden,
11, 24 weisz man nicht, uelchen casus er meint.
12) überdrüssig, ahd. urdniji. noch im 16 jlf fibetdrüsz.
ahd. urdrujiu dises libes; verdrujje wortener derö friskingö
bluotes. Graff 5, 249. nhd. entzeuch deinen fusz vom hause
deines nehesten, er möcüt dein überdrüssig und dir gram
werden, spr. Sal. 2o, i' ; meine seele ist feind ewren newmon-
den und jarzeiten, ich bin derscibigen überdrüssig, ich bins
müde zu leiden. Es. 1, 14 ; die es (ejus) bald überdrusz werden.
Luther 6,34*; das wir aller creaturen, sie sei so edel als
sie immer wolle, müde, satt und überdrusz werden. Agricola
spr. n' I. A4'; des langen sitzens, gehens wurde er über-
drüssig, accusativisch, das bin ich nun schon überdrüssig;
ein mensch der sich die weit nie überdrüssig sah.
LiCHTWER 1,18;
ihr werdet das eine sowol als das andere überdrüssig. Les-
sing 1, . . .
13) sicher.
mhd. ja ist er niht gar ein beiden, des sult ir sicher sin.
Mb. 1201,5;
nhd. ich bin es sicher, bin dessen sicher.
14) gewis.
mhd. ob ir des gewis sit.
nhd. ihr seid hier leibs und guts sicher und gewis; ein
Christ sol seines sinnes und glaubens gewis sein, oder je
darnach streben, das ers gewis werde. Luther 6, IS'; ich
liesz mir bieistift geben imd papier und zeichnete das ganze
liild so dämmernd warm, als es in meiner seele stand, sie
hatten alle freude mit mir darüber, empfanden alles was
i. h gemacht hatte und da war ichs erst gewis. Götue an
hcslner in GOlhe und Werther s. 114.
15) gewahr.
mhd. dö ich din binden wart gewar. Walthkr 101,12;
daj es ir kein wart gewar. Iw. 102;
da} er ir iiiene wart gewar. 3472;
daj des Diemen wart gewar. 7S06;
daj man des wuofes wart geware. Nib. 977, 3.
nhd. ich bin es gewahr; ich ward dessen gewahr; ward er
gewar seines gelds. 1 Mos. 42, 21 ; ich ward gewar eines ner-
rischen jünglinges. spr. Sat. 7,7; sie war meiner bald ge-
wahr. LoHEKST. Ann. 1, 4S9;
ich werde neuer lust gewahr. Hacedor?( 3, 130.
sehr oft mit dem acc, ich bin ihn schon gewahr; er wurde
die sache gleich gewahr; allenthalben sah ich mich um,
konnte ihn aber nirgends gewahr werden ; ohne dasz sie
es gewahr wurde (acc. oder gen.?). Wieland 2,152.
16) ansichtig, icurde schon gramm. 4, 756. 75" bdiandelt und
nachtrage stehen vb. 1,461.462. hier zeigt sich, besonders bei
trennung des sichlig ron der partikel an, der acc. ziemlich frühe
und scheint eben dadurch reranlaszt.
17) bereit, ich bin es bereit, dazu bereit, wh. 1,1498.
Ib) beidilig, confitens (l, 1360 nachzuholen), alid. pigibtic:
ih wirdu rs pigihlic, es alles pigibtic ; ih wirdii gotc bigihlic
all«;ru nilnüro suntunö; deru ih gihtig pin Worten. N. Boeth.
1S8. nhd. ich werde es beichlig.
19) geständig, eingeständig, der dieb ist seines Verbre-
chens geständig; bist du der rede geständig; er war es ein-
gesländig; will nichts geständig sein, aber auch mU acc:
ich bin ihm die schuld nicht ge-släiidig; er war das alles
cingesländig. darum die heutigen rs zweifelhaft.
20) gedenk, eingedenk, wofern sie mein will ingedenk
sein. Weise liebescMance 35;
jener verscbwundnea
sind die verbundnen
fröhlich gedenk. Götbe 1,120;
ich chromatischer prüfungen eingedenk'. 31,231; ich bleib
es immer eingedenk, beispiel eines acc. oben sp. 1S5.
21) zufrieden, ein unorganisch aus zu friede, zu frieden enl-
sivungnes ad}., bei welctien meistens der gen. ich bin es zu-
frieden, des, dessen zufrieden sieht; er war des titeis zu
friden. Münster 1208; des waren die burger wol zu friden.
1220 ; war dessen zufrieden. t*nu7. doct. 935. man hört jedoch
auch: ich bin das zufrieden, bin das alles zufrieden, lau
diesen tausch zufrieden.
22) eins, einig, Ms mit voranstehendem gen. wir sind des
handeis eins; des handeis einig geworden; ich wurde des
handeis einig. Leipz. av. 2, 160 ; mit welchem ich des han-
deis bald einig wurde, fekenfc. 1, 44S ; wir sinds lange schon
einig ; der wähl, des Schlusses einig {oben sp. 208, 6) ; des
kaufes, der sache eins.
23) froh, mild, vrö, gemeit, geil:
des was er vrö. Reinh. 50 ;
des bin ich vrö und gemeit. 317;
des wart Isengrin unvrö. 1453;
des tröstes wurden si vrö. Iw. 4S03;
des wart der künec Artus vrö. 7603;
diu waer vil übte eins scbimpbes vrö. Parz. 515, 6 :
der knappe des roubes was gemeit. 132,25;
diu frouwe was ir gastes geil. 3.^,12;
ieslicber was sins ortes geil. 51,29;
der herre in sime muote was des vil gemeit. Nib. 290, 1;
alid. er was thSs aphules frou. 0. II. 6,23;
Job fuar si sines wertes frö thö beimortes. III. 11,31;
nM. ich bins herzlich froh; lebensfroh; des sind wir alle
froh; der botschaft konnten sie nicht froh werden.
24) mächtig, gewaltig.
mhd. diu ist gar gewaltic min. MS. 1,26";
nhd. sie vergessen, dasz sie nur eines armes mächtig sind.
Lessing 1, 520; ich will hoffen, dasz du deiner mächtig genug
wärest. 2,137; bis ihr eurer glieder mächtig werdet, tinv.
doc/. 367; ich bins wol mächtig ; er war keines hellers mächtig.
25) habhaft, sie konnten seiner nicht wieder habhaft wer-
den; ich bin es nun habhaft.
26) gewärtig, erwärtig. ich bin deines winks gewärtig;
ich war mir eines so frühen befehls nicht gewärtig. Lessing
2, 121 ; wir sinds envärtig [oben sp. 1046).
27) werth, goth. vairjis, ahd. werd. nist meina TairJ)S. Matlh.
10,37; akran vairjiata idreigös. Luc. 3, 8; vair{>s auk ist
vaurstvja mizdons seinaizös. 10, 7. ahd. des werd ne sint.
N. ps. 87,12; wert di?s diskesideles. W. 3,10;
mhd. doch Ichs unwert si. Karajar denkm. 48,14;
des was er wert und was im not. Iie. 6552;
des sit ir weijgot wol wert. 7564;
guot man ist guoter siden w6rt. Walther 44, 10;
6j was wol drier marke wert. 104, 11 ;
e; was euch niht anders wen gesteine unde golt,
unde ob man al die weite haete versolt,
sin wa?re minner niht einer marke wert. Nib. 1063,3;
nhd. wer lods werd ist. 5 Mos. 17,6; denn sie sinds auch
werd. iceish. Sal. 1, 16 ; die geste warens nicht werd. Matth.
22,8; denn ein erbeiter ist seiner speise werd. 10,10; ent-
weder bin ich ir oder sie sind meiner nicht werd gewesen.
Tob. 3,20; hat gethan, das der streiche werd ist. Lur. 12, 48;
er ists werth, dasz man ihn liebe; aller ehren werth; seiner
freundschaft werth. Lessing 1, 516; ist dieser tag keiner freu-
digen aufwallung werth? 2,139; ist ers nicht werthcr noch,
weil er nicht will? Klopst. 10,20. mit acc, einen zweiten
schusz wäre er ja wol noch wcrih gewesen. Lessing 2. 151 ;
diesen casus pflegen wir bei angäbe ron geldwerth gern zu setzen :
zweihundert pfennig werd brots. JoA. 6, 7; einen thaler werth;
keinen heller werth; dieser ring ist seine fünfzehnhundert
thaler unter brüdern werth. Lessing 1,533. aber auch sonst
sind beide casus gleich anwendbar: es ist nicht der mühe oder
die mühe wcrlh. ihr seid euch werth, setzt Gütue 55, 22,
wo auch stehn dürfte euer werth.
2s) schuldig, ahd. ir bint imo is sculdig. N. ps. 134, 1 ;
mit lero n6te des scazzes, tes er sculdig was. Boeth. 21 ;
1135
£8 GEN.
ther ist sculdig diiomcs, thingcs, hella faires, rcus eril judicio,
concdio, gchcnnae ijrii,«. T. 26, 1 — 4; sculdic ist tödes, reus
est mortis. 191, 3 ;
quad th£s wäri wirdig, ioh harto filu sculdig. 0. IT. 19, 70.
nhd. des todes, det streiche schuldig; ich bins wol schul-
dig; wir wissen uns der that schuldig; der ist einer niis-
sethat schuldig. 3 Mos. 5, 1 ; der sol des bluts schuldig sein.
17,4; denn er ist des tods schuldig. 4 3/os. 35, 31. wiederum
bei geld der acc, was bin ich schuldig?; du bleibst uoch
^inen thaler schuldig; was ich von alters her schuldig ge-
west zu geben, l Macc. 10,41; von wegen einer summa gelds,
die er dem könig schuldig blieben ist. 13, 15 ; bis das er
bezalet hat alles was er im schilldig war. Malth. 19, 34 ; icli
schweig, das du dich mir selbs schuldig bist; einem mann,
der in seinem leben keinen heller schuldig geblieben ist.
Lessing 1,512; ich wüste nicht, dasz er mir jemals etwas
schuldig gewesen wäre. 1,517; was können sie diesem mann
mehr schuldig werden? 1,556. der acc. geht auf die ganze
fArase schuldig sein, werden, bleiben, der gen. auf das blosze
schuldig, rcus.
dies sdieinen haufilbeispiele, den einflusz der rerbalkraß legen
adjeäivisch verwandte participia noch offenbarer dar, irofiir ein
paar belege hinreichen: er ist die gräfin hier nicht vcrmutbend.
Lessing 2, 139; ich bin es fest entschlossen; ob sie es denn
auch bekant {geständig) wollen sein öffentlich für irer oberkeit.
LctherO, is'; auch ohne dasz man sichs bewustist. Wielaxd
2,7; ich bin es mir bewust;
und da hicng ich und wars mir mit grausen bewust.
Schüler &!*.
vgl. gramm. 4, 735.
C) es bei v erben, da die fügung beider casus, des gen.
wie des acc. zum verbum geläufiger ist, braucht nicht so ueit in
die Syntax gegriffen zu werden, um die unterscJtiede zwhchen es
und ej erst an andern nominalformen zu erkennen oder zu be-
stätigen.
1) vorzugsweise wird auf den geniliv zu schlieszen sein, so bald
ein intransitives verbum und in der Vorstellung etwas parlilives
torliegt, das sich auch durch davon umschräben Uiszl, während
tran.<iilivbcgriffe den be.'iimmleren acc. nach sich ziehen: ich habe
es (gen.) noch, bewalire davon, mir ist dessen übrig, dagegen
ich habe es (acc.) noch, bewahre die ganze sarhe. unter es
geben, nehmen, essen, trinken und vielen sohlten verstehen
wir heule nicht mehr die Iheilweisc, nur die volle einwirkung,
doch mag ein beigefügtes 'viel' oder 'wenig' den allen gen. heben :
gib mirs, nimm dirs ein wenig, in es kosten, versuchen
«. s. IT.. intransitiv gefaszt, könnte er fiüdbarcr haflen.
2) ehmals hieng von walten der gen. ab {gramm. 4, 658. 659),
vie er sieh zu gewalt haben, gewaltig sein einstellt:
ahd. wcliis thü thes liutes. 0. I. 2, 34 ;
mild, da? er riches muotes wielt. Er. 313;
nu soll ich mit in beiden
alrärst vröude walten. Greg. 41;
die iwers rätcs walten. 397;
h«r lies ^s got waldcn. En. 200,34;
das ^8 unruoge walde! Parz. 348,30;
ich sol min lop tiehalten,
das ^' die wisen walten. S>09,24;
fr lac und lies 's walten
den de- helfe hat behalten. 568, 1.
in Reichem tinn fasse ich nhd. lasz es gott wallen. Keisersb.
bilg. 193*. AcBicoLA jf/nVAtr. 415 und des walt got! Kkisersb.
gurüiel . . ., ja noch später:
des gröszem (ulintzes) waltet
sein Tater noch. Lbssiüc 2,208.
allein derselbe Acricola, während er sprichw. 590 im lexl schreibt
gott wall es! g^t die Überschrift: das walt goll! meint also
auch unter *cs' den acc. nicht anders Fisr.iiAfiT Carg. 100*
sogar mit dopfiellem acc.: das walt sie der valier! das walt
sie der teufel!, so dasz unser heule oß vernommenes 'goll
walts!' den gen. wie den acc. enthalten könnte und der sprach-
felder: das walle gott! statt desseu walle goll! häufig und
paÜutiidi begangen wird, bei (Jrypiiius 1, 768 : nu das walle
der es wallen kann ! sind gleiclifalh tclion zwei accusalive gemeint.
3) gUiehe Unsicherheit uJiuebt über glaube mirs ! glaubt mirs !
naek dem alten brauch wäre der gen. auszer zwei fei :
ahd. gilf<u)iei iUf% mir! O. IV. 19, &3;
giloulti mir lli«* worte*! V. 7,4;
ES GEN. 1I3G
mhd. er siindet swer des iiilit goloubet. MS. 1,1';
obe ir mirs geloubet. Walther 74,26;
geloubet dCs. ^Vh. 359,12;
dÄ von was im, geloubet mirs,
nach dör vil clären desto wirs. ir. kr. I,V.I>>7.
doch auch uhon ahd.
gilouhu ih ihaj giwisso. 0. Hl. 24,23;
giloubent sie ihaj kruzi. V. 0,31.
auf einen unterschied intransitiven oder transitiven sinnei, lam'u
sich diese fälle kaum zurücktäten, heute enlschiedner acc.
4) alid. danchon mit gen.
thankes gotc Diu fram. 0. III. 20,107;
Job ihankönl ßs mit werte Krisle themo wirte. II. 10,8;
thas Ihü uns es mnajis tbankön. II. 24,38;
danchönl des tnihtene. N. ps. 29,5;
thas thir es got gilhankö. 0. II. 20, G;
mhd. ich dankes mime heile, das ich dem tievel entran.
AiA. 1938,4;
dune darfl mir dienstes danken niht. Parz. 49,11;
si muoscns cime waldc danken. Lam. 6560;
dem suliis die miuse danken, [ienner 2220S;
nhd. ich dank euch gern eurer tat. fasln. 450, 1 ;
das schaf im dankt weiser lehr. H. Sachs II. 4,49*; ^
ei des niusz dir der teufel danken. IV. 3,23';
dank dirs der teufel! ;
folge meinem rath , du wirst mirs {dafür) danken, «nie.
docl. 370;
gute nacht! 'danks! angenehme ruh!' Göthk 7,6,
welches letzte es freilich auch acrusaliv sein di.rße, wie wir ihn
nun allgemein zu danken setzen: das dank ich melDcm schöpfcr;
das danke dir der teufel !
das hätte
ich unaussprechlich dir gedankt. Schiller 29S*;
ich halte ihm alles, mein ganzes glück zu danken ; ohnehin
dankt niemand den aufwand und die mühe. Schiller an
Gölhe 240.
5) deutliche geniiive geben sich kund in es denken, erdenken,
gedenken, ersinnen, sich besinnen, erinnern, mahnen, ver-
gessen, schweigen, geschweigen, gestehen, leugnen: mir
gcdcnkts ; es denkt mirs noch {wo das erste es »lom., das
andere gen.); noch so gedenkt es nie keinem mann. Keisersb.
s. d. m. 2';
man wird es noch gedenken. Soltao 449;
sind sie sein diener? 'ja, so lang als mirs denkt'. Göthb
14, 83 ;
mhd. der des erdähte. Parz. 506,23;
nhd. wenn ich michs jetzt noch besinnen kann. Wieland
U, 221;
nun mans {mahne dessen)
die kaiserlichen bund. IIildebrahd colksl. 2.10;
ich besinns mich nicht mehr {besinne mich darauf);
vcrwundriinesvoll,
dasz ich daran noch nicht gedacht, erinnrichs
mich jetzo schnell, dasz Nathan, da er weggieng,
der Zählung bücher trug. Klopstoc« 10,42;
du kannst dichs wenigstens von deiner kindheit her erin-
nern. 11,121; ich erinnre michs sehr wol, wie du in seine
arme liefst, die vom schwur herunter sanken. S, 130 ; ich
vergasz des ganzen handeis bald; ich geschweige dieser
ärgerlichen sache; du schwiegst es lange (daron); ahd. sol
ih is loiigenen? N. Iloelh. 22;
mhd. sone lougen ich des niht. Iw. 4128;
der mir der rede gestio 1034;
so Ins nieman gestät. 2476;
der rede gesiuont im llagene. Nih. 1139,4;
swes Irinc beguiide, si woldcns alle im gosiSn. lOCA, I,
denn einem geslen ist Htm bcistchn, helfen, hernach auch bekru-
nen, nhd. ich gesteh es gern;
denn, gesteh ich es nur, nicht ruft die neue gefahr mich.
GöTU« 40.27n,
was heule accusalirisrh tjenommen wird, denn fast ülierall allmulich
sind nl^>en die.ie rerlia acr. eingedrungen: das gediehe ich ilir,
er hat den inord gestanden.
Ol darben, bedürfen, entbehren, mangeln, das 'es' bei den
tubsl. darba und dürft rrchtfirligl iten schlusz auf die rerba:
ich darbe des broles; icii bedarf es norh langer; ich eilt-
1137
ES GEN.
ES GEN.
113S
Hielire es ungern, brauchen, indigere kommt vor mü gen. und
aec. (2, 31S), doch zu darben und mangeln hat ach spdler kein
acc. gefügt, icol aber zu bedürfen und entbehren, jenem dop-
pelten und versdiiednen es in 'es denkt mirs' gleichen : es darfs
aber wol, das der prophet dUen tag so hoch rühmet. Lcther
5, 6S" ; es brauchts nicht (ist unnOthig) dem leser zu berichten.
BoDEs Tr. Sh. 4, 73 ; es brauchts nicht eben just, dasz einer
tapfer ist. Götbe 7,69. mhd. deutlicher und reinlicher: ej
zerinnet, bristet mir 6s.
7) genügen, genug, viel, zu viel sein, mhd. beviln:
alid. so ist uns alles ginuag. 0. IV. 15, 2S;
es ist zi zellence giuuag. V. 1,23;
s6 filo is cnuocta. N. Cap. 14 ; irö ist filo. ps. 24, 11 ; ward
iru ülo. 106, SS;
mhd. ja wäre des, ■wi^je Krist,-
dem künige Artus ze vil. Iw. 4787;
es ist genuoc. 259;
SIDS heres mich bevilte. Purz. 214,24;
des sinen kampfgenös bevilt. 719,10;
swaj wisen liuten wol behaget,
des enlä dich niht bevilu. ir. kr. 15043.
nhd. gUt zwar noch dessen oder sein ist viel, zu viel, genug,
aber häufiger das ist zu viel, das ist genug, das genügt, so
dasz uns es m gleicher läge nom. erscheint, allerdings könnten
hier iciedcr beide casus neben einander stattfinden und mhd. die
rolle rede lauten: ez, ist es genuoc, da; ö; michs bevilt, es
gelU dann auf die sache, ej iü das pronomen vor dem unpersön-
lichen ausdruck, jedes dürfte ausfallen.
&) erbarmen, oben sp. 702. in gott erbanns ist gott acc.,
'es' nom.; ebenso in wie möcbt ir ein kälblein stechen, das
die äugen verdreht, erbannts euch nicht? Garg. 241' euch
acc., 'es' nom. dagegen in ich erbarme michs musz 'es' für
den gen. gelten, dem dasz es einen stein in der erde erbarme
steht gegenüber dasz sichs ein stein in der erden erbarmen
möge. Ett.nebs Itebamme 839. Aier kann leuht zweifei obKollen.
bei GCstdkb:
was gilts, nun wird dichs oft der frommen treu erbarmen
ts< 'es' der zu wird gehörige nom. und wäre etitbehrlich.
9) erwarten leidet beide casus neben sich : ich erwarte dein
oder dich {sp. 1044. 1045), doch das einfache warten, wenn es
expeclare ausdrückt, nur den gen.: eh ihr es euch verseht,
ist ein buch fertig. Wielasd 1.252; da er sichs am wenig-
sten versah. 3, 292 ; dasz er ihnen erscheinen wird eh sie
sichs versehen. Göthe br. an Lcipz. freunde s. 166.
10) wünschen, erwünschen hatten ehmals den gen., beule
haben sie den acc.
u) sich überheben zieht den gen. vor, einen einer sache
überheben : ich überhebe michs, bin es überhoben ; du sollst
es überhoben sein.
12) sich schämen, nolhaendiger gen.: ich schäme michs;
pfui, schäme dichs ! ; ich schäme mich sein ; er schämte sich
des bettelns.
13) sich überzeugen, einen überzeugen, überführen: aber
ich will sie es redlich mit ihren eignen Worten überzeugen.
Li'THER 0,22'; überzeuge dichs vorher.'; ich bin es über-
zeugt, immer der gen.
14) einen eines dinges erwenden. sp. 1059.
15) wo sich hetde ein davon, dazu, daraus, daran, darüber
an die stelle des es schickt, haftet der gen. fester und weicht
dem acc. nicht, ahd. unser suester ist noh winag unde ne
hat noh der spunne niet. waj tuo wirs nu, so siu hirütes
scal gegruojet wgrdan? W. 73,1, was Ihun wir nun damit,
mit ilir? die andere lis. tuo wir iro;
mhd. es wseren gehcret driu laut. Parz. 594, 7,
drei länder würden davon berühmt;
6s möhten starke velse wagen. RTi, 37,4,
starke felsen würden davon beben;
£s möhten lewen weif genfisen. 40,5;
es möhte biben des meres wie. 41,7;
€s soll diu stat lastcr bau. 114,9;
nhd. der staub wird über alles land Egipten gon, wan es
\ieiden (werden daraus) blättern in den menschen. Keisebsb.
s. d. n».'2'; wozu dients, das wir sein wort hören und an
in glauben? was sind wirs (wir dadurch) gebessert, so wir
i:i angst und not zu im seufzen eL Lutbers tischr. 2,87;
klagt aber einer über der treiber tjrannei, der musz ein auf-
rürer sein, dem hawet man die zeune umb, verbeut im wasscr
III.
und weide und allen gemeinen gebrauch, das gönnen denn
die bauren dem pfaffen wol, die treiber lachens (lachen darüber)
in ir faust, den herren ist ir mütlein gekület. Milichics schrap-
teufel 0 3';
ich bin dir es Terpflicht. Erk liederhorl 249.
re) die angeführten äellen erbringen, dasz bereits ahd. und mhd.
die neigung da war, es durch demonstratives des zu geben und
Wolframs 'der künec und des wip' konnte das längst rersclwllene
'es wip' = alts. is wif näher erreichen, als der gewöhnliche aus-
druck 'sin wip'. «ir sahen oben auch dem nom. ej das demon-
slratiee daj gleichgesetzt, sind ja doch altn. })at und jigss durch-
gehends an den platz des goth. ita und is getreten, um so sichrer
dienten das und des = dessen den zweifei über nhd. es zu
zerstreuen und in Vim bald mhd. e; bald es zu erkennen,
aus dieser innigen Verwandtschaft zwischen es und das, es
und des, aus Vertretung der ersleren durch die letzteren begreift
sich umgekehrt die gleich häufige Vertretung unseres arlikels durch
das persönliche pronomen, wovon gramm. 4, 368. 369 ausführlicher
geredet ist.
das mnl. dat wurde nnl. durch het gänzlich verdrängt (gramm.
4, 372). unserm sist wahr == es ist wahr (sp. 1105) und ins
wasser = in das wasser liegen sichtbar verschiedene kürzungen
zum gründe; dem sinne nach scheinen die mhd. ei, herze, ej
buoch, e; beste = daj herze, daj buoch, da; beste und
Schwächungen des a in e de; herze, de; buoch, de; beste
dazwischen gelegen, folglich keine e; herze, e; buoch, e; beste,
obschon auch i; herze u. s. w. geschrieben vorkommt, das nnl.
het hart, het boek ist wirklich = E; herze, e; buoch. man
musz bei diesem vocalwechsel zwischen da; und e; nicht ver-
gessen, dasz neben goth. ])ata der gen. J)is steht.
ES = eins, in der Schweiz, wie kes fiir keins : es chalb
ein kalb, es kind ein kind (Staldeb dialect. s. 90, wie mis
chind, mein kind), daneben auch eis, keis. mhd. e;, id wird
gedehnt gesprochen es, äs (Stalder s. lOS). gerade umgedreht
sollte für unum gedehntes, ßr id kurzes stehen.
ES = sich, man nimmt eingeflickte, füllende, nichts sagende es
und s an ; genauer zugesehen haben alle flicklaute ihren wirklichen
grund, sind nicht des klangs wegen erfunden, wie z. b. das ein-
geführte mühsame fr. a-t-il, a-t-elle nichts ist als at i', at eile,
ncmlich at aus habet herrührt, die schweizerische Schreibung
worde-n-ist, hah-n-ich für worden ist, hän ich unnütz irre
führt, so wird sich auch das in Volksliedern häufig neben pro-
nomen und vcrbum eingeschaltete s oder es verständigen:
ei wer uns dieses liedlein sang?
ein freier reiter ist ers genannt. Ib. 15S2,13S;
der uns das liedlein neus gesang,
ein landsknecbt ist ers je genant. ÜHUUtD 495;
Albrecbt von Roseuburg ist eis genant. 376;
meister Paul ist ers genant. Soliaü 134;
Gilgenschein ist ers genant. 152;
CristolTel Zell ist ers genant. 344;
Fridrich Wilhalm seind sies genant. Hildebra^d 12.
mhd. begegnet der mediale ausdruck hie; sich für hie; (gramm.
4, 30), kam sich für kam, was sich genant ßr was genant :
der here was sich Morolt genant. Eilh. Trist. 292;
in einer stede sä ze hant,
diu sich Troie was genaut. Diut. 1,405;
der Bemer gegen ime kumen sach
einen ritter kleine,
der was sich Uibunc genant. Dielr. u. ges. IIagkn SOI.
was ist deutlicher, als dasz dieses sich zu s wurde? mhd. wird
auch ein sich zu Wörtern des redens ge/ugl: sprach sich (gramm,
4,36) und wiederum lesen wir:
sprach es die jungtrau fein. UaLA50 S61 ;
war es ein junger geselle;
kam es ein reicher grafe;
also wird:
ze Scbwii ist ers gesessen, ühlawd 405;
es reiteu ein ritter durch baber und klee. ErnsI BIwm 302;
wieder auf ein ex sich zurückgehn, desgleichen:
es kann mich nichts schöores erfreuen,
als wenn es der sommer angeht. Ebks liederhort 27.
schwieriger scheint diese deutung für die erste und zweite person :
ich sitz und schau michs um,
als wenn ichs kaiser wäre. DirruBTH fränk. volksl. 2,2.47;
Soldat bin ichs gewesen,
einen rock bab ichs getragen. 2,217;
bis- ichs endlich bei Leipzig
ganz schwer bin blessin. da*.;
72
1139
ES — ESCfl
ESCH
1140
da bin ichs gelegen
auf leben und tod. 'ins. ;
kann suchen, wo ichs bleibe, das.;
jungfräwlein, wölt irs mit mir gan? Ublird 146;
in Schwaben bin ichs enogen. 237;
tinds ir der jung von Faikensiein? 296;
ach schäizchen, was hab ich erfahren,
dasx du es willst scheiden von mir? E« «. 28;
willst du es bei mir schlafen. 2^3;
doch uird man der gramm. 4,319 angeregten allgemeinen be-
ziehung des sich auf alle drei jtersoncn eingedenk sein, hiiszl es
wir setzen sich, wir freuen sich = uns, weil wir sich wieder
scheiden miisten = uns. Simpl. K. 587; so ist auch ein in
Schwaben bin ich sich erzogen, dasz du sich — dich willst
scheiden von mir, willst du sich = dich bei mir schlafen
tulässig. nur bei Ernst Meier s. 407
ich bin ei der jSger und du gehörst mein
nehme ich kein sich, sondern den nom. es an. unverkennbares
sich lie^ auch in folgenden stellen:
und wirt mir dann geschossen
ein schenke! von meinem leib,
so ihvi ichs nacher kriechen,
es srhadt mir nit ein raeil. ühi.*?id i20;
aeh schwesterlein ! Tater i.«t todt.
mein ben ist mir es betrübet,
wie ist mir der himmel so roih !
Volkslied m Stilii!«cs jHffcnii;
man löse auf: so thu ich mich nacher kriechen, mein herz
ist sich mir betrübt, ton sich blieb blos dtr anlaiil s, uoraus
Unverstand es machte, da ja auch angelehntes s offenbares es
war. in der Schweiz sagt man si für sich, hin und wieder
Viag auch ein gftl. es im spiel sein, i.b.
wenn ichs mall und miirte bin. Ditfürth 2,221.
das in einem scidcsischcn liede schon bei Griphids 1, 784 cnl-
haltne sen: ...
dar ist sen in dem walde ein röslin rotn,
das hat sen geschaffen der liebe gott,
Reicht dem einsen, cinsi (sp. 291.294) und ins (xp. 1104. 1105).
ES, in Baiern, Tirol, Österreich {nicht in der Schweiz noch in
Schwaben) bis auf heute forllebender nom. und acc. des allen
dualis zweiter person, jetzt aber auch für den pl. dienend, ge-
schrieben CS, ces, öS, oder csz, ösz, mhd. C5, alid. wahrschein-
lich i; oder I5 und goth. jut, ags. git, altn. it, später jiit, norJ-
fries. jat, lil. judu. weitere vergleichungcn und versuche über
dieses merkwürdige wort, in dessen auslaut sichtbar die zweizahl
enthalten ist, slehn GDS. cap. 39. der gen. cnkcr, dal. enk
wurden oben sp. 483. 487 angeführt, die nord. form t)it erscheint
auch hin und wieder im bairischen des, dös oder im niederlies-
sischen de, und denselben eingriffen des demonslrativs begegneten
wir vorhin bei das für es. mischungen des duals und phtrals
beider erster personen nachzuweisen würde hier zu weil führen.
auch die vcrbalflexion der zweiten f^son des pl. berührt sich mit
diesem es: es habts = ihr habt, dl. oder pl. ; es vögerln,
tragt« mein gnisz zu ihr = ihr vügel, tragt meinen grusz zu
ihr; woher kömts es? woher kommt ihr?; gehts fort und
holtsl vgl. Höfer östr. wb. 1,188.
ES, n. unto, monas, gleichviel mit as (l, 578), fehlerhaß ge-
schrieben esz: es auf einem wurfel. vocab. 1482 h2'; das es
auf dem Würfel, canis. Maaler 121'; das es im spiel, unio.
Frischli» nomencl. 476; ses oder es, Bischof oder badcr.
Henisch 934,65; ses oder es, aut Caesar aul nihil. Stieler
398; gleichwie Im bretspiel, so einer zwei es bedörfle, zwei
ses'darfllr wirft, damit das spiel verspielet, narrensch. von
HO;(icER 3';
ich hab drei e«, ich bin darron. H. Sachs III. 1,219*;
wer rfiltell ein qunlwrr, es oder linken,
•0 Til mal musi er» glas austrinken. Sciiadi $nt. u. pafq. 1, 162;
nun wirt der wirfei han sechs ort,
das erst ort das lol sein ein m,
das wirt »ich »teilen uf die »e». Gskciübach «. 3i5;
voll auf breitspiel oder das schön llilssen, es, daus, Iroi. Carg.
I7l'; zwei es oder zwei daus. Simpl. Ä. 254. mhd. galt esse:
dane viel da; e»»e noch dan tu». Amit 24H4,
•« doth eine ht. das es nach dem tu« ;
dA «ie ir freunde w*»se,
den warf »ie übt xwei este. IIslrl. 1,1122.
ES, f. tiefte esse.
ESRAN »ehe espan.
KSCH, m. thj/maUus fiixeit, tonst auch »seh. IIitNiscii 133, 30.
SnfLU 60; Ton seiner gflt« und köstlichkeit weiren ist das
Sprichwort kommen 'der esch ist ein rheingraf. FonERl74';
ein esche fahet an gut zu sein im heumonat und ist im
herbst am besten. Fecrabend ftschweidwerk 73*. s. cschling.
ESCH, /■. cinis. AinERUs: in der eschen gebacken, cinere
pistus. s. aschc und eschen.
ESCH, n. und m. campus, arvum, seges, goth. atisk, alid.
ejisc (Graff 1, 529) ton der wurzel ilan, ejjan edere. weil man
die saat oder (rucM iszt, und in dtr edda heiszt das getraide
w\'\; aus saat und seges ergab sich leicJU die bedeutung des
Saatfeldes oder der flur. der zusammenziehung wegen wäre tscU
zu schreiben und zu sprechen, wie mhd. est aus ßj ist entspringt,
mhd. zeigt noch der Schwsp. 173 Wacser?». das volle worl: t-r
lät ouch sin phert wol treten in den cjesch mit den vordem
Tüejen, wo eine andre hs. esch hat, wie 172 s. 168 und git
ein man in einen esch, welches die wcuühümer id)erall geben
ouch sol nieman kein fröinbdes vich haben, hat aber ieinaii
frömlides vich, klein oder grosz, der sol es weiden in der
brach und nicht in dem eschc. 1,33; was auch egerden in
den eschen gelegen sind und einer verbut im diirauf nit 7.11
faren. 1,128; es sond auch unser eschen wol geziint sin
1,199; der meier von Haldingen soll machen in dem äsrh
ein haust hewes meinem hcrrn zu zehenden von dem äsch.
2,571; auch sol man dem richten von drien eschen hiinr
geben. 3,645; und sol er auch alle jar die esch {die ßuren),
darin er snidet, behüten ungevarlichcn. ebenda. hieraus
erhellt, dasz das oder der esch bezäiintes Saatfeld war, dem
egcrde und brache entgegen stand, mitten darin konnten striclif
von cgerdc und brüclifelil liegen, um den esch reiten oder
blosz esch reiten bezeichnet den jährlichen ritt um die flur.
ScHMiD Schwab, wb. 123. tmicr Fnisius, Maai.er, noch Hemsch
kennen esch, DASvronius 6*. 32l' gab schon ager, esch oder
bann, Schilter 65' asch, esch, eschen eampestria loca, Fniscn
1, 232* schreibt esch, ösch und Hai.taus 1445 unter ösch bringt
lesenswerthe stellen, man unterscheidet sommeresch und winler
e?ch, gleichviel mit sommeresch ist auch habcresch, haberfeld.
für esch begegnet einigemal die Schreibung esz {aus ej^ch?): zu
mitlem merzen sond (unsere wisen) ingeschlagen werden, und
also bis das embd darus kompt im esz ligen. weitth. 1. no;
ufgelhan werden, nit lenger im esz ligen. daselbst {vgl. in egerteii
ligen sp. 34). nicht anders fasse ich im hochdeutschen Eulen-
spiegel cap. 1h die vorlc des herzogs: l'Inspiegel, bistu da, was
thnstu in dem esz hie? wcistu tiit das ich dir verboten hon
min land? es meint auf der flur, auf dem feld, und Lai-pk;*
BERGS Vermutung scheint mmzig, vgl. etzen, weiden.
nd. wohnt das wort hauptsdcldich in Westfalen. ScnriRKt im
leutonista hat esch gleichbedeutend mit vclt und acker. Lodt-
MANN mon. osnabr. s. 106 sagt: esch Wcstfalis congorieui
agrorum serendo frumento destinatornm, et utplurimum divor-
sos doininos habentium designat, in qua diversorum domi-
nonim agri n\illa sepe aliove munimento a sc invicem separati.
opponimus VVestfali huic vocem knmp, agrum salioni desti-
natum, sed munimento manu facto separatum ab agris pro-
pinquis. in iilo finita messe commune universitati civinm
aul rusticorum solet esse pascuum, non vero in hoc. hier-
nach vergliche sich esch als gemcinflur der mark, dem gemrin-
wald. da aber auch jene schucizerüchen esche bezäunt sein
konnten, wird kamp, wenigstens oft. mit esch eins sein, wie
Strodtman:« (175(;) s. 4« bestäligt. Moser osnabr. gesch. 1,20
(2 ausg.), 1,17 (3 au.tg.): esch ist ein gemeines feld, »Ins
mehrere zusammen bauen, hier erkennen die genossen über
die land oder wannenwege, über die betreibung der stoppeln,
über pdugart, über die befricdiguug und alles was zum besten
des esches ist. bisweilen ist auch der holzgraf zugleich im
esche richter, entweder weil der esch aus der mark genommen
und ihm- das richtamt gelassen oder aber weil er als ein zu-
falliger genösse dazu envühlet ist. StI^ve landgem. s. 215:
ein theil der grundstücke liegt gesondert in geschlosseneu
kftmpen, wahrend andere in einem gemeinschaftlichen fehle
oder esche vermengt sind, wo denn auch auf diesen eine
gemeinschaftliche hut und weide zu bestehen pflegt, welche
auf den übrigen nicht vorhanden ist.
dem estlichen Kiederdeutsrhlaud {Uannorer. IMslein, Mrklen-
burg rummem) scheint dir ansdruck frrnui (fehlt bei Scmkm-
BACH, Danneil, Scnt'TZF.) und trenn ihn NiEmina verwendet:
übrigens war nicht blosz die esch (/I«r') dr« alten «ger
romanus, wie alles eigrnihum, gegen ein jedes ackerpeseU
gesichert, sondern auch die alle nimende und was dazu ge-
wonnen war. ehr rs eine plebes gab. 1. ist. cnnnrri,- er mc'i
1141 ESCHBACH — ESCHENGRÜDELEIN
seiner wol aus Moser und wandelte das n. unrichtig in ein f.
vtjl. eschlieie, esclipfat, eschrose, espan.
ESCHBACH, VI. an eschen hinflieszender back, ein aller und
kiufiger ortsname. Försteman« 2, 109. s. eschenbach.
ESCHBAUM, ni. fraxinus. Lokicerus kreuterbuch 66*. 67*.
Dasypüdids 79*. man sehe eschelbaum, eschenbaum, escher-
baum, escbern.
ESCHE, f. fraxinus, weibliche bildung des ursprünglichen m.
asch (1,578). mild, galt nocli asch. roc. theut. 14S2 hZ^ setzt
esche oder ascbe, das russ. jasen, bOhm. jesen, p/n. jesion
sind alle männlich.
da ich einsam am ufer des waldes gedankenvoll sitze,
hör ich hinter mir dunkles gemurrael und Uüsternde winde,
die im silberneo lauhe der zitternden eschen sich kräuseln.
Zacuariä tageszeilen 1U7.
esche sleltt episch für den eschenen sper:
Schwinger des spers und begierig mit ausgestreckter esche
krachendes panzergeschmeid an feindlicher brüst zu durch-
schmettern. 11. 2,543 oosy.TJloiv fiE^Jrjaiv.
so auch ags. äscum and ecguin, lanceis ensibusque. Beov. 3541.
ESCHE, /". cinis für ascbe, uelclies Luther festigte (l, 57S).
s. eschen, in den Zusammensetzungen wird eschen undeutlidi,
da es den bäum und die asche ausdrücken kann.
ESCHELBAUM, m. fraxinus. Serrasüs i 5". lat. ist esculus,
aesculus die eiche, aber beide bäume, esche und eiche, galten dem
alteithum für heilig, statt Eschenbach kummt geschrieben vor
Eschelbach, ahd. auch Eskilinpab (später Escbilnbach), worin
eskilin adj. von eskil scheint, vgl. Försteman.h 2, 110. 112.
ESCHEN für eischen, heischen.
ESCHEN, /■. cinis für esche, wie erden für erde und der-
gleichen mehr, die schwache flexion der obHijuen casus drang vor
in den nom. sg. nement die band vol eschen. Keisersberg
s. d. m. 2', anderemal schreibt er aber escb; denk, dasz du
eschen bist und wider zur eschen wirst. Fischart bienenk. 207*.
ESCHEN, fi. diminulivum von es oder as, unio.
ESCHEN, fraxineus, mhd. escbin:
die eschlnea schefte. Er. 9086.9114;
hoch mit eschenem wurfspiesz. //. 5,655;
männer mit eschenen lanzen. Od. 14,2S1;
in der gelbesucht drei eschene kugeln von eschener asche
gemacht. EiTNERr/ici. mau/a/fe 53S. Eschwege /u'üii t« Lambert,
der in der nähe wohnte, Eschenewege, welcher dativ einen nom.
eskinwüc, via fraxinis consila voraussetzt.
ESCHENBACH, m. was eschbach.
ESCHENBAUM, m. fraxinus: ir (der lämmci-) best futer ist
das laub ron rüsten oder eschenbäumen {repositis ulmeis vel
ex fraxino frondibus). Herrs Columella 77'.
ESCHENBAUMSBLATT, n. folium fraxineum: eschenbaums-
bletter wasser vertreibt unreine masen und flecken des an-
gesichts. LoNicERüs kreuterbuch C7*.
ESCHENBAUMSLAUB, n. dasselbe.
ESCHENBEBG, ni. mons fraxinis conscptus.
ESCHENBRENNER, m. was aschenbrenner, äscberer (1,581) :
were es auch, das man einen eschenbrenner oder einen, der
den wald brennte, begriffe, den sal man nehmen und sal
in ia ein wanne binden und sal in setzen gen einem füre
(feuer) u. s. w. weislh. 1, 466.
ESCHENBROT, n. panis subcinericius : ward Helias gespist
von dem engel mit einem eschenbrot und wasser, das sah
er do bi in einem krug. und du christner bilger, wenn du
eutpfindest das du müd bist und erlegen, so erlab dich
widerümb durch das eschenbrot des heiligen sacrameuts. Kei-
stRSUERG bilger 197'.
ESCHENFARBE, f. color cinericius: die blätter scind zu
cschenfarb geneigt. Bock kräuterbuch 3; allein das die färb
am kalzenkraut eschenfarbgrün (graugrün) ist. 11.
ESCHENFLECHTE, f liehen fraxineus, an der esche wachsend.
ESCHENGRUDEL, m. cinerarius, wofür schon belege 1, 582.
583 'angeführt wurden, eine stelle findet sich noch in seh. und
ernst 1522 cap. 098. in Visen kRTS bienenkorb i29* : ein anderer
eschengriilel und mislfink. oft in den mdrchcn erscheint eine
edle Jugend versloszen in den schmutz der küdie, woraus sie
nacJiher gezogen desto leuclUender auftritt, darum liciszt es im
S]:richworl. unmündige verualirloste kinder 'aus der asche zieiien'.
ESCHENGRÜDELEIN,«. niiu ein gieichnis bei einer mutier,
die so vil kind hat und under denen ist ienen ein eschea-
grüdelin, das ist ir ein dorn in den äugen. Keisersb. s. d. m.
öü'; du hast sechs oder siben kind und ist clwana ein
ESCHENHAIN — ESCÜLING
1142
eschengrüdelin auch darunder, dem bistu feind, es ist nicht
also hübsch und fein als die andern, das eschengrüdlin
leget etwann den rechten schuh an den linken fusz, die
muter sieht es, so schlecht sie das kind an ein backen, das
es umbtrüralet (umdurmelt) : 'sich umb den wüst, wie er
daher kumpt'. aber ein ander kind das ist der liebhart, das
thut eben dasselbig auch, das gefall dir wol, du lachest sein
und rufest dem vater auch hinzu, er musz eg auch sehen.
brösamlin 31*.
ESCHENHALN, m. fraxinetum.
ESCHENHOLZ, n. manche lieben geräth von eschenholz,
weil es hell und flammicht gezeichnet aussieht
ESCHENLANZE, f
als schon Tlepolem
die eschenlanze schwang. Bübgkr 166*.
ESCHE.NSPER, m.
vor eile nahm des langen eschenspers
jetzt keiner wahr und keiner zog ihn aus. daselbst.
ESCHENVVALD, m. wie eschenhain.
ESCHENVVECKERLN, vielleiclä eschenweckerlin, massa fari-
nacea oblongioiis formae subcinericia n., aschenweck:
ir habt je auch ein schöne schmeckerin (nase),
gefürmiert wie ein eschenweckerin. H. Sachs IH. 3, 16'.
ESCHENZEIT, /". fastenzeit, aschermittwoch : im hornung, liecht-
messman (monat), eschenzeit. Fischart groszm. 99.
ESCHERBAUM, m. fraxinus, für eschbaum oder eschen-
baum. LoxicERCS 66'.
ESCHERBLATT, n. eschenbaumblatt. Lomcerds 49'.
ESCHERICH, ff», was äscher, äscherich, ausgelaugte asche.
ESCHERITZE, f. was eschrose, svrbus domestica.
ESCHERITZENBAUM, m. dasselbe: auch speierling und
sporapfel. Hobberg 1, 431'.', weil der Strauch an den blällem
der esche gleicht.
ESCHERMITWOCH: an dem eschermitwoch, den man nen-
net den schurtag. Keisersberg $. d. m. 2*. s. aschermitwoch.
ESCHERN, m. fraxinus, bei Nem.mch elatior. Lomcerüs 66.
groszer eschern. Bock kräuterbudi feSS. scheint gebildet wie
ahorn, vgl. bucheschern 2, 474.
ERSCHERN, was äschern, cinere macerare 1, 585, dann auch
verbrennen, in asche verwandeln: und als man sie verprennen
und eschern wolt nach gewonheit des lands. Albh. v. Evbe 3*.
ESCHERN, s. espern.
ESCHERNRAUM, m. fraxinus. Boci 888.
ESCHERNHOLZ, n. lignum fraxinetim: diser bäum hat
disz lob, das er kein schlangen umb sich leidet, wie das
die erfahrung beweist, darumb mag man eschernholz und
rinden für Schlangengift brauchen, ebendaselbst.
ESCHERWURZ, f fraxinella. Stieler 2586.
ESCHFARB, colore cincreo, ascfienfarbig.
ESCHHEIE, ESCHEIE, m. agrorum custos, ßurhhter, beien
ist hüten (mhd. wb. 1, 649^ und einer der die slube hütä, immer
zu hause hockt, ein slubenheie:
winder nieman vröude eil
wan den stuhenheien. risiouART 85,30;
ebenso sagte man brückenheie, wiesenheie (oder bruckbeie,
wislieie) und lischheie, holzheie (weisth. 3, 651. 652), flurheie.
letzterem entspricht eschheie : custodes frumenti, qui vulgariter
eschbaigen appellantur, eschhaien custodes frumenti et pra-
torum. Mone zcUschr. 10, 135; wenn ouch die gepuischaft
eschhaien und hirten nimpt, die sol üben des ricbters inaier.
weisth. 3, 645 ; so mag der sedelmair oder ein eschei in die
lucken sten. 3,657; item gebröten ehehalten, öscheien, hirten
{dal. p/.). Ulmer Statut von 1579 4. 1, 16 s. 91 ; die schützen,
flurer und eschaien bei denen bauren seind gar gute, nutz-
bare und nothwendige leute, wann sie ihr ampt mit treuem
fleisz verrichten, baurenstands lasterprob s. 92.
ESCHLAUCH, n. gleichviel mit aschlauch 1, 585, der erste theü
also von Ascalon, Wolter dies lauch eingefiüirl wurde, abzuleüen,
entstellt in Schalotte, scharlotte, Schlotte, fr. dchalute, iL
scalogni. man versteht aber oft das blosze lauch oder Schnitt-
lauch darunter.
ESCHLEUCHEL, «. dasselbe, wie man von lauch das dtmi-
nutivum leuchel, läiichcl bildet.
ESCHLLNG, m. thymallus, s. esch:
güldllsch an zai, desgleich eschling,
der clzen mange drinneu gieng.
WiouuM iir. bilger E3 (6/. 16).
114? ESCHPEL — ESEL
ESCHPEL, f. mc$\iilus, cnlslcllung von incspel, ncspel, cspel.
ESCHPFAT, ESrilFADE, campi si-pes. Ihn zäun, s. oben
sp. 41 ehefade, elipfat: bi? an die öschpfattcn. IIeideu dcd,
lindau. 6S2 ; land, mark und grünizsleinc werden sonsl mar-
ken genennet und von den oschpfutten, friedhägern und gütcr-
Xäunen klärlich unterschieden. 35fi.
ESCHHOSE, f. fcldroKe, roaa canina, aber auch für anemone
silvesiris und ähnliche blumen oder sträuclie.
ESCHIIÖSEL, n. sorbiis torminalis. Bock kräulcrb. 'Ol, bei
andern Crataegus. Sebiz betmrkl zu Bock 792: die cschrüscl
seind bei uns des baums fruchte, werden eingemacht, zu Bocks
abbildungcn 296 im lexl s. 372 hciszl es genauer: dieser bäum
trügt auch bicichwcise gedmngene biümlin, fast wie der hol-
hmdcr, aus welchen wachsen kleine graue birlin, nit gröszcr
dan oliven, eines sehr herben rauhen geschmacks allerding
als die nespeln. es gewinnt aber dise frucht nit steinlin,
sondern schwarze kernen wie die. wan dise frucht im herlisl
anfacht weich zu werden, pflegen die Icut dieselben wie
ander ohs zu essen, dann sie werden anmutig und verlieren
den rauhen geschmack. es bleibt unsicher, ob man die blfttcn
des Strauchs einer rose oder die blätter denen der esche verglich.
ESCHRÖSLEIN, n. sorbus torminalis und domeslira : das som-
merobs, quitten, eschröslein (surba), pflaumen und deren
gleichen soll man nach mhtcn des winters bisz in den halben
hornung setzen. Hebrs Co/umeWa 143'; die natur und Wirkung
haben die eschröslein gleich mit den speierlingen und nespeln.
LoMCERCS 6"'; die beer (der myrle) seind langlccht, wie die
sperbierlein oder eschrösle. aller weish. luslg. 739. vgl. äschen-
röslein 1, 5S3.
ESCHSCHMALZ, n. axungia Ihymalli. Henisch 935, 51.
s äschschmalz 1, 5SG.
ESCHTAG, m. dies cinerum, s. aschtag 1, 586.
ESCHTHOR, n. jtorla campi, gekürzt estor. Habsburger urbar
143, 15. espansestor. Schm. 1, 119. ester vcl valther (vallor),
Valva. DlEFENRACH 606'.
ESCHWEIHE, m. nach FniscH 1, 232* nenne» so die rascli-
macher einen der in iltr handwerk pfusclit. weihe kann den
raubrogel meinen, aber esch?
ESCHWINGE, stupa, ahd. Asuinga, chschwinge, das grübst
am flachs, vetlerauisch die urschwinge.
ESEL, m. asinus, ein durch fast alle europäischen sprachen
gehendes und seiner doppelform wegen für Utre geschickte merk-
würdiges wort, ein L der ableitung haben goth. asilus, alid. esil,
mhd. esel, alls. esil, nnl. czei, ags. esol Cädm. 173, 25, tadcl-
haß eosol, norlhumbr. asal Matlh. 21, 2 ; ir. gal. asal ; lil. asilas,
Ictt. ehseIJs; altsL os'l" = osilu, russ. osel", poln. osiet,
lausitz. wosol und hescl, böhm. osel, serb. osao = osal;
esln. esel.
N dagegen 'findet sich im lat. asinus, it. asino, sp. asno,
pror. asne, fr. äne für asne, rhätorom. äsen, csan, walach.
asinu; gr. ovoe für öavos ; ags. assen f., alln. asni; welsch.
asyn, armor. azen.
abgeworfen ist der consonanl im cataL ase, engl, ass {wol
nach ags. assen), ßnn. aasi, der anlautende vocal überall kurz,
auszer in dem durch ausfall des s verlängerten fr. Äne, im gegen-
salz zu öi'oe, dessen aldeitung von öaroe dämm zweifelitaft
erscheinen künnle, wie sonst pumum aus posmum, pöne aus
posnc entspringt, dasz ahd. esil, mlid. esel umgelaiUeles a,
keine brechung enUiallen, bewähren die reime auf fesel. Diul.
3, 83. Martina 6, 00. MSll. 3, 2s' und escle : äveselc. Albb.
Tit. 5473. si. 0 = golh. lit. a ist in der Ordnung.
gleich dem gr. ot'oe dient das goth. asilus für beide gesddedder,
die in der u declinalion überhaupt zusammenfallen, lat. alnir wird
asinus von asina, ahd. esil von esilin und esilinna, ags. esol
von assen, aUn. asni von asna unter sddeden, das sclmed. Ssna
id weiblich und gehl auch auf das m., das ddn. äsen üt n.
Ar. enlsfiridil nichts, der esel hriszl khara, nach seiner raiJien
tUmme (BObtunc 2, COO), pers. char, wozu sich vielleicht sein
tigmtwme Curcliofas, Carcopbas im Reinardus halten liesze.
Ihamy l, 123 will unser worl aufs hebr. "jinN leiten, so dasz
tirh aus othin ein gr. cnro, oriro, daraus oni'ot, ovot ge-
bddft hätte und von den Griechen weiter we.yllich verbreitet worden
wäre, dieser hebr. ausdrucJc bezeichnet eigentlich die eselin 4 Mos.
22,11.33. 2*ün. 4,24, chamor 'n7:n den esel 1 Mos. 40,14.
2 Mos. 13, 13, welchem das uni/r. »zamlir auffülend gleicht, doch
tthirne »rltuim, dasz allen hhrigen Völkern die as oder oiform
erü OKI Grirchenland zugefüiul und nidU schon zuvor eigen
ESEL
114 t
gewesen sein sollte, man erwäge nodi das tiiik. esclu-k, uvljak.
eschak. mit recht vergleicht Güakk l, 47S das goth. asiicis, ags.
esne, ahd. asni, asneri servus mcrccnarius und banden asun,
manibus niii N. Boelh. Is7, alln. asnaz servire modo asinario,
s. escler, eseln. die deutsdw wurzel läge zu allernächst: und
wer möchte umgekehrt diese Wörter aus asinus herleiten?
an diese etymoiiniicn reihen sich andere belrachtungcn.
1) der esel empfängt in der tliicrfabcl, wo er nicht fehlen
kann, manche treffende beinamen, z. b. langohr, sicr. lambakarna,
der geile, übermütige, skr. uddhala, mhd. der balde, Baldewin,
altfr. Baudüuin, wovon noch bandet, asellus, mailre Baudel.
Lafontaine 5,14; lastlräger, Wasserträger, holzlräger, sack-
triiger, bürdentriiger (0. IV. 5, 9), altfr. Faisius = portcfaix ;
distelfresser «. o. m.
2) ebenso gereicht esel zu unanslöszigen namen oder beinamen
der menschen und geschleckter, man denke an Cn. Cornelius
Scipio Asina, an V. Cornelius Scipio Asiua, vgl. Macrobius
sat. 1,6; Asinius und Asino kommen gleichfalls vor. ein edles
geschlecht in Baiern war beigcnamt Frumesel, was zu sagen
scheint der alle, ersigeborne esel {vgl. 2 Mos. 13, 13. 34, 20), wie
bei l iFiLAs frumabaur, bä 0. IV. 13, 12 frumikidi die erslge-
burt bezeichnet, die Ortsnamen Frumaholz, Frumapah mögen
einen allen wald, back ausdrücken: herr VVeinmar, der Frum-
esel. MB. 5,17 (a. 1277), Weinmarus Asinus. 5,29 (a. 12S0);
ich Seifrid der Frumesel von Scherdinge. 5,32 (a. 1290); in
PöTERicHS ehrenbrief bei Haupt 6, 39 :
Ilarzkirchcr die vil fnimen
Frumesel als ich (urhasz singen wil.
in Österreich: dominus Ulricus Asinus de Gadem. urk. von
llcHigenkrcuz 1, 78 (a. 1230); L'lricus et Hadmarus fratres
cognomento Esel. 1,115 (a. 1247); ich Nirlas der Esel von
Pochvlies. 2,3 (o. 1301); mit meins ohems insigel Thomans
des Esels. 2, 220 (1353) ttnd ohne zireifcl noch oß. in Schwaben:
Wallhcrus dictus Asinus de Üürreheim (a. 1256). Mone :ei/.<c/jr.
8,493; Achaz Esel, schultheisz zu Waldshut (a. 1398). 6,473 ;
Johan Esel von Bechlolsheim {um M5o). 3,169; Eselsberg
heiszl der sitz eines cdeln geschlecitts : ego Beli'einus de Esels-
berg claustrum apud Hechenshofen inchoavi (o. 1240). Stalin
2,724; Werncrus de Eselesberc (a. 1194). wirlenb. urk. 2,301;
Keller hat ein mhd. gedieht herausgegeben, das mit den versen
schlieszt :
unwise wort um! tuml)c werk
trib ich Elblin von Eselbfirk,
wo jedoch der name mythisch zu fassen ist. Keller führt s. 9
die namen an: Rudolf der Esel von Eselspurg (132s), Hans
der Esel (1343) Peter Esel der jünger (l3Sü) Otto der Esel
von Eselspurg (1412) Rudolf von Eselspurg der Esel (I540),
im Wappen und auf dem heim führte dies geschlecht einen ganzen
gehenden esel. auch allböhm. Osel ein mannsname.
3) der esel erscheint dem alterlhum, zumal in der bibcl, ah
zahmes, weidendes thier, das gleich dem kamcl, pferd, rind und
schaf herden bildet und zum lasllragen wie reiten nützt, ohne
edlen nebensinn, prophcten reiten auf c»e\n, Rileams (Balaanx)
eselin, im dränge der noih, erhebt ihre stimme und redet,
in der krippc des esels und rindes, diclilelc man, hal)e der neu-
gebornc goU gelegen. Luc. 2, 7. 16 stelU nur von der kripjie, auch
0. L 11,57:
in krippha man nan leglta, thar man thnj flhu ncrila,
aber in Wernhers lied:
(Id stuont ein cürI und ein rint,
(In^ kciserlirhe kint,
(In; crknnlon sie lii-diu,
und bei Waitiier von Rheinaü:
ffir den cscl und daj rinl
leiten si diii kindniin,
(la{ rint und diij eselin,
crkiiiidiMi ir scliopli.rro sh.
einfach ist damit der aufenthalt unter umchuldigen lärten, i/fc
auch zur anbeiung lierbewülen, ausgedrüdd.
4) da aber sämtliche tliierc dem menschen gegenüber fjlr Mfver-
nünßig und dumm gelten, so wird mit tiiier und vich selbst,
besonders mit rind, ochs, schaf und esel ye.<^hm<iht und ge-
sdwllen; der esel heiszt nidU nur arm und gering,^ stmdcrn auch
dumm. faul, träge, plump, grob, frech und ged {aati,yiii), «reii
diese eiyenschaßen an seiner natur hervortreten . er steht im grgen-
satz zu dem ihm sonst ähnlichen eddn und ravhen rosse und
wird vcradUel, ötov vß^iaioxtQUi, onelyiiueQoi lautet die
sdielte auf einen mensdien, der Um glricJU ; <|nid nunc le. n<ine,
lileras doceain? non opus c«l vcrbi* »cd fuulibu«. CiciV.«. 30;
1145
ESEL
ESEL
1146
auae sunt dicta iu sluito, caudex, stipus, asinus, [ihimbeus.
Ter. henutont. V. 1,4;
neque homines magis asinos umqunni vidi. Plaut, psetul. 1.2, 4, •
segnis acslupidus torpet? asinum vivit? Boeth. couso/. 4 pr.3;
esil, wi^un wir thaj, theist fihu filu diimba^,
ni miduh mih therö wortö, ist huarilinaj harto. 0. IV. 5,',
nach Rhabascs Macrüs: est enim animal hoc immimdiini et
prae ceteris pene jumentis magis irrationabile et stultum et
infirnium et ignobile et oneriferum magis;
mhil. waz hilfet, daj man traegen esel mit snellem marine rennet?
MSF. 20, S;
der esel kleine Torhte hat
zes lewen kreide, swä der gät,
daj entuot er niht durch kargen üst,
wan daj er also narreht ist. Freida^ik 140,15;
lij eseln kan niht ros werden. Renn. 17-299;
doch spriche ich daj sie esel sint. Eckhart 2S1, 4.
tüid. wer hat euch esel her gebeten,
das ir mir hie habt so zertreten
die mein schonen rosen rot. Laiirin ed. Schade 529;
und stech ich in dann nit da nider,
so sprecht, da; ich ein esel sei. /fin3 5',25;
wan es ist nu der weite sit,
da? die esel und die narren
zeuhent beid an einem karren. 23', 42;
ich torst euch auf die meuler schlahen,
das ir solch esel bede mugt sein, fattn. 6"=, 15;
so esel merks recht, ich lobs im also. 69,12;
mich ant, das ir solch esel seit. 335,20;
ir narren, knebel, esel und trollen,
wie seit ir doch die gröbsten knollen. 539,16;
du bist ein esel von din fier anen (»ier ahnen). ^4,23;
unnützer trunkiier esel der du pist ! Steinhöwel S6. 4 (asino
faslidioso et ebriaco che tu dei essere. dec. 2,5); und ich
Avill gcschwigen, wellich esel ich gesehen han erhübet über
die zederböm Libani. Wyle frau glück; aber ich kenn dich
bei den langen oren, das du ein esel bist. Keisersberg
X. d. m. 9'; und spricht zn im 'du nar, du gauch, du filz,
du esel!' 3"'; werden sie {die papisten) billich esel über alle
esel gescholten. Luther 5, 11*; Lasco ist ein grober esel und
böser dialecticus. Albercs wider die Carlslader Ji 7"; mcinslu,
grober gesel, esel wolt ich sagen, icider Jörg Wilzel B3';
der esel v,\\ vers machen und kan nit quantitates sylla-
barum. B s' ; es gilt, capias tibi asine ! Garg. 98' ;
botz esel mein, sihe wolstu drahen,
du mainst leicht ich hab dein vergessen,
halt, ich wird dir ain Joppen messen.
JoH. Nasls iVdseficsei. Ingolsl. 1570, 16';
kein esel, glock und weib sind sonder schläsre gut.
'der musz ein esel sein, wer tobt auf frauennlnt".
Grtphics 2,67;
als du den Tacitus vor kurzer zeit vernichtet,
hat dir ein ander nicht, wie billich, beigepflichtet.
den (von dem) meinest du er sei ein esel als wie du.
TscuERNi>«6 ged. friihling 351 ;
wäre dieser nicht ein esel gewesen, so wäre er nicht zu
einem vieharzt gegangen, pers. rosenth. 7,14;
man schläft, man dehnet sich, man trinkt und pllegt den bauch,
nach dieser faulen ruh sehnt sich der esel auch,
und das ist seine schmach. Disca verm. werke 459;
und damit schleudert er auf ihn
und traf die stirne gar,
da fiel der grosze esel hin
so lang und dick er war. Clacdics Goliath u. Datid slr.6;
willst du zeitlebens ein esel bleiben? Lessing 1, 22T; warum
war ich auch so ein alter esel und glaubte es? 1, 474;
ja, Jobsen Zeckel, du bist wol ein dummer esel gewesen.
Weisze kom. opern 2,165; das sind schlechte menschen, un-
schlüssige bedächtige esel. Göthe 8,113. 42,146; das ist ein
impertinenter esel. Lexz 1, 280 ; wie darf sich der esel das
unterstehen? ebenda; er flegel! er esel! Fr. Mi^ller 2,45;
und als ich anfangs ihm den {scgen) versagte, weil er arm
und ich ein esel war. Kotzebde dram. sp. 1,296; 'und dann
setzt er es {das kind) zum erben ein', 'wenn er ein esel
ist'. 2,17'^; wird der esel sich bald fortpacken? 2,193; der
esel von wirth hat keine pferdc. 3, 205 ; a e i o u, ein grober
esel bist du !
5) eine menge aUhergebrachter redensarten gehl auf fabeln und
brauche und ist oß ron höhnischer gd)ärde begleitet.
a) einem den esel bohren, schon i, 228 belegt, hier noch
stellen :
als zögen ims die wSnde ein fratzengesicht!
himmel und erde scheint uns esel zu bohren. Göthx 14,75;
aber es gehört etwas galie dazu, um dem volk die ehre an-
ruthun und ihnen esel zu bohren. Wieland bei Merk 1, 299.
b) einem den esel zeigen.
das weib zeigt im den esel, spricht
schaw mein man, rath wie vil sind der? H. Sachs U. 4,2'*;
hat er dazu gespottet mein,
den esel oft gezeiget mir. TV. 3, 36" ;
zeigten im den esel und die feigen. V, 396''.
c) einem den esel stechen, den zeige und klänen finger gegen
ihn ausstrecken, vährend die übrigen drei eingebogen Verden,
asinlnis auribus manu effictis illudere. Schmeller 1, 118.
redt nur geren schraeichlerei,
und sticht eim den esel darbei. H. Sachs V. 327*.
d) einem den esel strecken:
ich musz sonst die zungen ausrecken
und auch den esel gen dir strecken. IV. 3,69*.
c) einem den esel schnitzen:
war auch mit worten glat verschmitzt,
das er eim bald ein esel schnitzt. IV. 3,64*.
/) den esel krönen : kein suddeler nicht ist, so er eine
predigt gehöret oder ein deudsch capitel lesen kan, so machet
er sich selbs zum doctor und krönet seinen esel (J. h. sich).
Luther 5, 125*.
g) einen auf den esel setzen, bringen, erzürnen. Schmeller
' 1, HS :
ich wills auch auf den esel setzen,
mich rechen und an ir ergetzen. H. Sachs V, 368*;
lasz dich nicht mit geringen dingen
.... auf einen esel bringen. Ringwald l. tcarh. 117;
mit guten worten fein betrogen und recht auf den esel ge-
setzt. LüTOER /»Vc/ir. 246"; den dollen fahnrich, welcher mein
ärgster fuind war, setzte ich gleich auf den esel. Simpl. K.
229; er hat mich in harnasch gejagt, und wer ich nit so
wol gelert, er het mich auf den esel gesetzt, rier dialoge von
H. Sachs herausg. von Köhler s. 23. man pflegte ungehorsame,
widerspenstige zum schimpf auf den esel zu setzen, vgL ball.
Studien xv. 1, 134.
h) sich auf den esel setzen, auf den esel kommen, aus
einer geehrten Stellung in eine niedere treten; er ist vom gaul
auf den esel gekommen;
glaubt, dasz Mepliiboseth kan auf den esel kommen,
der sein durchleuchtig haus zu rächen vorgenommen.
Crtphius 1,597;
statt dessen setzt sich der mann auf seinen eignen esel.
besteht auf seinem bodenlosen rechte. Wieland 20,143; du
es mit dem gesinge nicBt fort wollte, da verlieszen sie die
bank und setzten sich auf den bekannten schemel, den sie
so gern für einen richterstuhl gehalten sahn, ob sie, wie
abermal das Sprichwort lautet, sich von dem pferde auf den
esel gesetzt, lasse ich deswegen keineswegs an den ort ge-
stellt sein, an den so mnnches gestellt wird, weil fs klar
am tage liegt, dasz sie sich von einem esel auf einen an-
dern gesetzt haben. Klopstock 12, 262.
t) den esel reiten, eine beschimpfende strafe, sclion frühe in
den schulen und noch spät für Soldaten hergebracht, Schm. 1, 148,
auch ausgesprochen, um rasche zu mdszigen:
sw^r goehe ist zallen ziten,
der sol den esel riten. Freida?« 116,25;
wilt du ze grehes muotes sin
an allen rät und unverswigen,
so kumt dir gar dar Sprichwort wol,
da; muotes alze greiicr man
vil traegen esel riten sol. Winsbeke 33, !0;
nhd. wer zu vil gäch ist zu Zeiten,
der selb sol eitel es»l reiten. Acricola n''322;
wan gäber man sol esel reiten,
wie man das sagt vor langen Zeiten. IT. Sachs FV. 3, 11';
endlich zwang mich die nolh, dasz ich etliche schöne karpfen
aus dem graben zu mir auf den wall gaukelte, sobald es
aber der obrist innen wurde, musle ich den esel darvor
reiten. Simpl. K. 5S0. vgl. RA. 722.
k) den esel läuten: die hangenden bänc vor und rückwärts
bammeln lassen.
l) einen esel schenken:
wer auf dem hof ist der legst,
der allerfaulsl und der tregst
mit stechen und mit andern Sachen,
damit man schimpf und freud sol machen,
dem wil man ein järing esel schenken
und tauscnt silbrcin schellen dran henken, fastn. 765, 17.
m) indes erblickt der herr den wüsten schand und heuchel-
gast, der dieses sein ehrenraahl zieret, wie der esel den
1147
ESEL
rosmarkt, gleich gehet die musterung an. Otho 956 ; iii wel-
ches {auficarlen) ich mich zu schicken wüste, wie eiu esel
ius Schachspiel. Simpl. K. 137;
den soll die mess die süod abfeeen,
das sie bald fürn gen himel boch,
wie eiu esel ins meuselocb. Waldis p. reich y4*.
fi) wenn es dem esel zu wol ist, dann geht er aufs eis
und tanzt (geht er aufs eis tanzen); ein mensch kan allerlei
leiden, on gute tage, wenn er zu viel futter hat, so gehet
er eben wie der esel aufs eis und bricht ein bein für wol-
tagen. Ldtber 4,109';
wann den esel das futter sticht,
tanzt er aufm eis, ein bein lerbriclit. froschm. Ji 1'.
o) esel sackträger: darumb kein esel den andern, wie
mau spricht, darf einen sacktreger heiszen. Luther 4,19;
dem kargen geht, wie dem esel geht,
der bolz und wasser musz fronen,
wärmt sich nit mit, wäscht sich nit mit,
zuletzt musz er aus den bonen. Garg. 93".
mhd. Wirt dan der wagen für diu rinder gende,
treit dan d6r sak den esel zuo der niüln. ilSII. 1,19'i'.
p) esel dislelfresser:
vert iemer esel reise,
deist der distel freise. Fiieida!1k 140, S;
doch lehr ich kein zu essen das,
dieweil es ist unsauber was,
und gehört für die afTenmäulcr
und eselische distelgailer. flöhalz, Scheitle &78;
für ein esel gehören disteln. Joann. Nas u-amunysenyvl ITC.
j. eseilicht, eselsfurz.
q) esel in löwenhaut:
esel in lewen hiutc. MSH. 2,3SS";
ist recht, das man hat wol geblaut
den esel mit des lawen haut. Albkrls contrafactur A2'.
r) esel singend, geigend, öi'os 7i(iöi '/.vom; esel der hanat
oder schreiet oder gigagel, asinus rudens. Maai.er 121';
wä der esel klenket gigendoene. USU. 3,452";
ein man niac sich wol selbe touben
der einen esel wil herpfen lören. Henn. 23.V48;
esels stimme und gouches sanc
erkenn ich an ir beider danc. Freid. 140,10;
vor freuden hub er an zu schrein
mit seiner eslischen schelmein. H. Sachs 1,487';
das pasl wie der esel zum lautenschlagen ; wenn solche un-
fletige geister von göttlichen dingen reden, so gemanet niichs
eben, als keme ein esel über ein harpfen und wolt uns was
sonderlichs machen. Alberüs wider die Carlslader Q l'.
s) esel in der schule:
swer den wolf rehte lören sol
und den esel ze tanze gän. Itcinharl 3.311,1355;
einen esel diu buoch Urea. Amis 1S4.
() grauer esel. man sagt 'der esel kommt durch', ircnn
das haar beginnt zu grauen, s. grauchen, grauesel. der blaue
esel scJtcinl blaue beule, beulenschlag, beulcnwurf: das du dich
an keinen blowen esel kerest, wirft man dir stein der wider-
werligen wort entgegen. Keisersherg bilger 145'; tras bedeutet
der krumme esel in einem spiel? heute sols braf im kalten
bade gchn, wann wir erstlich 'des krumbcn cscls gesprungen'.
;*d. schul fuchs 18.
u) esel langobr. der esel reckt die ohrcn herfür. Frank
weltb. 39';
swer esel niht erkennet,
der 8<!hc in bi den Aren. IIklbl. 1,250;
'herr nachbar mit dem langen ehr!'
'ich, gähnt das träge thier und reckt die obren enipur,
nicht dasz ich besser mich als andre leute mache,
doch groszen dank dem, der mich esel werden bivsz!'
W|gLA!«D.
ß) da der esel mit groszem zeugungsgliede begabt ist, dem
l'riap heilig Kar und geopfert wurde, beyreiß sich die retblümlc
rentendung von esel für jmapus:
da puolt ich umb unser miillnerein
und redt mit ir gar hul/schlich un.< «cban {schön),
il.-i<i sie mir meine esel solt einthan
und lipsz mir die kotzen vor der thfir hangen;
du warn ir zwen pfafTen nachgangen,
die betten grosier es«! dan ich,
do verugt sie mir und verscbmeclit mich, fastn. 345,27;
mein esel wart sich undcn regen,
den kunt ich mit züchten nit niderlegen. 36(1,10;
und hast dcim esel fuoter geben. 357,5;
ich leih dir mein esel auch auf Ir waid. 733,31;
nempt ein der ein starken esel hat,
van auf cur wlstn vil fütcn «tat. 749, 3S;
ESEL — ESELGRAÜ
darümb ir eim esel genunc habt zu gebn
aus eurem rauhen futerkreben. 749, 27.
1148
7) esel heiszt audi ein holzgestell zum tragen, lat. equuleus,
pluteus, fr. chevalet, support, z. b. chevalet de peintre, das
gestell für sttdßinge s. bg. vgl. bock 2,204.
8) esel, oniscus asellus, s. kelleresel.
s. badesel, halbesei, hausesel, hofesel, mahlesel, maulesel,
miilesel, palmesel, plackesel, saumesel, tragesel, waldesel.
ESEL, asinalis:
in dem tal ze Grausen
ein dorf, hie; Lappenhausen,
was gelegen wunnecleich
an holz und wasser überreich.
dar in vil esler pauren
sajen ane trauren. Ring 2*, 5;
nicht den edeln und hofleuten geleiche, die aller ubel Un-
zucht und bosheit vol sin und edel wirdig person geheiszen
wellen sein, die man biliicher esel dan edel heiszen möcht.
Steinhöwel dec. 4S, 17, im orig. 1, 8 sono piü tosto da dire
asini ; ists escl oder edel ? Fischarts spielverz. im Garg. n* 545.
vgl. eselslebcn und eseling.
ESEL.\RT, f mos asininus. s. eselsart.
ESEL.\HTIG, asino similu.
ESELAT, /". quantum portatur ab asino, eselirachl : zwo eselat
mit kriesen (kirsclien). weislh. 1, 423.
ESELRANK, f. schimpflicher sitz in der schule.
ESELBAR, sltiltus, eselhaß, mhd. cselba.'re:
von eselb»ren herren sol man eselmxre sagen. USH. 3,8'.
ESELBÜRDE, f. onus, sarcina asini. Stieler 133. man hat
sogar das lat. onus von ovos abgeleitet, wogegen sction der gen.
oneris streitel und die umgekehrte annähme, dasz ovoi aus oatos
fieirorgegangen. s. esellasl. cseitracht.
ESELICHEN, ESELCHEN, n. asellus, ahd. doppeÜ diminutiv
esilinchilin, was ags. esolincle lauten könnte.
ESELE, n. asellus, schweizerisch. Maaler 121'. nnl. ezeltjc.
ESELEI, /. stoliditas asino non inJigna: mhd. eselie. wb.
1, 448'. nhd. Lenzens e.selci von gestern nacht hat ein lach-
fieber gegeben. Göthe an fr. von St. 1, 29 ; keine zote und
cselei der hanswurstiaden ist so ekelhaft, als das wesen der
groszen, mittleren und kleinen durcheinander. 1, 109 ; Benin-
tendi antwortete, das sei eine eselei (che l'era un asinita).
34, 222.
ESELELN, n. asellus, gekürzt cslein :
hieher, wanderer, komm! schon schwitzt dein ermüdetes esicin.
Voss Virgils länzeiin 25 ;
kein öchselein, kein eslein,
kein mensch entkam der Hut;
der fette braten schmeckte
dem — goll sei bei uns! gut. Höltt Tölfel und Käthe.
ESELER, m. asinarius, eseltreibcr, cselhüter, mhd. esela-rc.
kaiscrchr. 1523. 1734. 1736. 1752. auch mercenaiius. Stiei.er 390.
vgl. goth. asneis. böhm. osldf, lit. asilninkas.
ESELEREI, f wie csciel. ackcrmann aus Büheim cap. 12.
ESELERIN, f asinaria. frau des eseltreibers : der lliuuilicir
mit der fraw esclerin. Garg. 2S'; wie auf dem land weder
die müllerin noch die eselerin sicher sind. 29'.
ESELERISCH, in nwdum asini {buchstnblich aber asinarü):
wappeiibricf müssen jedem kalmeuscr oselcrisch für eiu löwen-
haut dienen. Fischart grosim. 4C.
ESELFAIIL. was eselgrau.
ESELFEIGE, /". gewCilinliclier eselsfcige:
und wil dir ein solche strafe zuo messen,
da» du fürbasz eitel csclfoigcn muost csson. fasln. 295,21.
vgl. esel hb.
ESELFÜLLEN, n. pullus asinae: und hatte drciszig söne
auf dreiszig oselfüllcn reiten, rieht. \0,i; der hat vierzig söue
und drei<zig iieffcn, die auf sicbcnzig csclfüllcu reiten. 12, 14.
s. eselsfilllen.
ESELGARTE, «i. scpimentum a-iinorum, geltege für treidtnde
esel. SlCUtNWIHT 45, 29.
ESELGASSE, tia asinorum, nach H. Mkver Züricher vrlsnamen
t. 50* n* 974 nennt das volk dort cselgasse, «f<w vom Hümeruxg
übenn'lilietien i.ti, vgl. eselweg und eselspfad.
ESELGEZllCIlf, n. fmles asinina: angefeindet von dem
cselgezilcht der pfaffen und mönchc. Voss im Virgil Georg. 4
is. 828 ausg. von 1800).
ESELtJRAF, canus instar asini, grisbrun, Rädlkii 200*: dem
oselgrawen Francisraner münche. Fiscuart leben Ihmtniei und
ffuncwci 1571 a 2 ; ein eselgrawcs LIeid. c4';
i
114b^
ESELHAFT — ESELLICHT
ESELIST — ESELSARBEIT
1150
die sieht als wäre sie mit safran angestrichen,
die kömmt auch zum verdrusz mit hönisch eingeschlichen,
die schon sind esel^rrau, die seihest böse waar,
die fort behängen sind mit einem falschen haar.
jungfernaiiatomie 121.
ESELHAFT, stuUus, ruslicus. adv. eselhaft more asinino.
Stiei.er 390.
ESELHAFTIG, dasselbe. Simpl. 2,45.
ESELHEFT, f. fibula, qua alligatur oitinus: der dritt hagk
(unciis) oder die dritt eselheft, an deren der esel, die seci
des menschen gebunden ist, das ist vermessen heit eigner
Verdienste. Keisersberg pred. 93*.
ESELHEIT, f. stultilia, vgl. mhd. tcb. 1,44S':
s6 wirt iuwer eselheit
ze beden siten vil breit. GA. 2,451.
ESELHIRT, m. asinarius. Maaler 121*.
ESELHOLZ, n. lignum e silra ab asinis portandum, das üt
kleines holz zum tragen, nicht zum fahren: auch mng ein itzliche
partei eselholz darinne hawen und sich das gebrauchen und
doch stanghester stehen lassen, das der walt nit ganz also
verhawen werde, das er eichein getragen möge und solch
eselholz nirgends anderswo verkeufen dan unter die bürger
zu Laer. weisth. 3, 533.
ESELIN, f. asina, goth. asilus auch weiblich, ags. assen, ahd.
esilin und esilinna, mhd. eselin und eselinne, nhd. eselin:
Balaam sasz auf einer eselin. Keisersr. s. d. m. i;'; und er
hatte Schafe, rinder, esel, knecht und megde, eselin und
kameel. l.Vox. 12, 16; da stund Bileam des morgens auf und
sattelt seine eselin. i Mos. 22,21; die eselin hat gesetzt, ein
junges zur weit gebracht;
ich bin ein arbeitsamer man . . .
mein arbeit wil mir nicht ergeben,
sonder verschwind und wird verlorn,
das macht, die eslin steht da vorn,
zerkifl, zernagt, friszt und zerstrebt
was ich mit arbeit han erwebt . . .
{df- mnn) an allen orten thut das best
mit allem seinem hausgesind,
meiden und knechten und mit kind,
wo der ein faule eslin hat,
darbei sein ehweib man verstat,
die zerhalt ist und gern sclilerabt,
was er gewint, sie im verdembt.
H. Sachs I, 524'.*;
wanim gebt ihr nicht auf den pfarrer acht? er ist ein esel,
aber für euch eselinnen predigt er gut genug. J. P. Ti/. 2.47.
ESELI.XG, m. asinina proles, gegenf:atz zu edeling:
nieman ist edel, wan den der muot
edel machet und niht daj guot,
wan eine? sint edelinge,
daj ander eselinge.
ein edelinc tuet "edellichen,
ein e>elinc tuot esellichen,
doch siht man ofie dringen
eselinge mit edelingen. Renn. 1456—61.
ESELISCH, ESELSCH, asininus: also schrien wir prediger
redlich, so man aber sieht, das wir esel seind und ein eselisch
leben füren, ein vihisch leben, so förcht man uns nit. Kei-
sersberg brösamlin 52'; einfalt on fürsichtigkeit ist ein tor-
beit, sie ist nit tübisch, besonder eselsch. das ist nit die
einfalt der tauben, von deren der herr hie redt, mer es ist
ein eselsche einfalt. seelenpar. 162'; wenn hat kön. maj. zu
Beiunen zu scharf gedeucht D. Fabers und dergleichen lester-
liche, eselische schrift? Luthers br. 4,240;
ganz eselisch ward auch sein slim. II. SiCHs 1, 153*;
aus grober eselischer zunfl. 1,482'';
merkt auf mein eselisch natur
und was ich sei in der figur (dem bilde).
JoA. Nasus yasenesel 9*;
aus eselischem verstand. Paraceisus 1, 5R1'; ein eselischer
verstand, chir. sehr. 256' ; nun die strasz ist zu eim theil
gebanet, ich vcrsihe mich zu ewerer kr)pf runde, ihr hnbt
die csilischen Silen und Seulen vcrslanden. Garg. 19'; die
cselische gedull läszt ihr das feil gar abstreifen. Lehmak l, 26".
ESELLICH, asininus, oß geschrieben eselich: man hilft,
spricht er, ja keinem zu groszcn ehren, er sei dann von
vier anchen her, geborn von eselichem geblut, die man dann
vor allen erhöhen thut. Nasüs ?iasenesel 23*.
ESELLICHT, dasselbe. Stieier 390: wer ein esellicht lieh
hat und sin liehsles nit grziechen kann zu keiner zucht
noch zu keiner eren, der sal isz heiszen disteln tragen, dan
das man vil den esel dribet zu dem klehe, so wi! er doch
hi den distcin sin. alld. wäld. l, 155.
ESELIST, m. im bapsfum sind des bapsts esel, Schreiber
oder saphra, die canonisten oder eselisten. Luther S, 64';
oder haben die eselisten, Juristen wollt ich sagen, ire jura
also studiert, das sie noch nicht wissen, was subjectum, und
finis sei juris civilis? br. 5,505.
ESELKLIEBER, m. der den esel klcuht, spaltet, zerreiszt: ei
man solts dem eselkliber (so) und rosarzt nicht thun. Nasus
.Yasenesel 65' am rande. gemeint ist Georg yigrinus, der von
bruder Johann Nasen esel geschrieben halte.
ESELKOPF, m. Schimpfwort, gewöhnlicher eselskopf: und
dürft der erwegne unverschempte stolz eselkopf sich nicht
Schemen, sein narrenwerk iderman an tag zu geben sich
zu unterstehen. Ai.berüs wider Witzcl g"'.
ESELMACHER, m.: Iinnpensamler, erwöhlter eselmacher,
säwverschneider. Fischart groszmulter 49.
ESELMANN, m. wie eseling: einer der über feld gat und
kein pferd hett, sieht er iergens einen mit einem pferd riten,
iergens einen viheschen edelman, der nit noch Vernunft lebt,
so spricht er, 'der ist einem eselman glicher, denn einem
edelman, das pferd und er leben glich vernünftig, darüinb
ist er ein eselman und nit ein edelman, wann er lebt vihe-
lich'. dorusz macht man ein retters und spricht : rot was
ist das? es ist ein vihe und nit ein vihe, es trcit ein vihe
und louft im ein vihe noch, es ist ein vihe und sitzt uf
einem vihe, und sitzt ein vihe uf im und het ein vihe {einen
hund) hcrnoher loufen. Keisersberg bilger 126";
sprachen den jungen esel an,
wie gehts dem alTen eselman? Waldis 2,90;
solchs alls ist geng im schlaurafTenland,
ire ros sein esel. faul ohne scliand,
ir bestes vich sein hund und schwein,
ein jeder mag drin eselman sein. Nasus Sascncscl 15';
edelleute musz man lassen
von den eselleuten hassen. Logad 1,25.
ESELMÄNNISCH: insonders hochgeöhrter eselmännischer
Hanswurst! Riemers reime dich. s. \.
ESELMÄSZIG, asino aptus: der do ergert einen von discn
kleinen, die an mich gelauben, im gezimt, das ein esclmesziger
mülslein werd gehenkt an sein hals und werd gesenkt in die
tief des meres. bibcl von 14S3, 4:s'. Matlh. IS, 6, vulg. ut
suspendalur mola asinaria in collo ejus. *. eselsmüle.
ESELMILCH, f. lue asininum. so lieL'!zt auch eine pflanze,
euphoibia esula. im voc. 14S2 h2' esula minor. Diefenbach
211". offenbar hängt esula, esola mit jenem namen zusatnmcn.
s. eselsmilch.
ESELMON.\T, m. majus: im meien, im eselmonat, wan
die Walchen die esel zum tanz bekränzen, die schif krönen
und hochzeit auf dem wasser halfen. Fischart groszm. lOfi.
ESELN, 1) intr. opus facere asinarium, wie ein esel arbeiten,
vgl. asneis mercenarius, altn. asnaz : es hilft kein eseln. wo
gottes segen nicht ist. Stieler 390; tröstete sich damit, wenn
er gleich noch einen winter eseln müsse, so werde er doch
die wallfahrt des lebens. nicht auf dem traurigen mülenpfade
enden. MusÄos volksm. 4, 149. nnl. ezelen : ik zal morgen
weer moeten ezelen.
2) tr. vexare, gleich einem esel plagen: lieber, lasz die tlieo-
logos ungeeselt oder ich wil dich wieder eseln. Luther iLschr.
405'; wie ein pfaffe einen Teutschen geeffelt und geeselt hat.
24G'; es was umb nichts anders dan eselns willen angefangen.
Kirchhof wendunm. 246; geht, quälet und eselt die e?els-
gemüter. Wiedemax juni 109.
3) sich eseln, sich abmühen? oder zum esel machen?
da mit ör sich eselt hie. Helbl. 2, 1482,
denn im Renner nach 7521 s/t7i( die rubrik : ein maere von einem
esel, der sich in eines lewen hiute uneselt, d. i. enteselt, zu
etwas anderm als einem esel maclit. nhd. er musz sich gnug
in der «cliule eseln, rumpUur schnlasticis laboribus. Stieler 390;
sich eseln. sich placken. Rädi.ein 260". vgl. einesein und ereseln.
ESELOHR, n. s. eselsohr.
ESELREITER, m. der zum schimpf auf dem esel reiten musz.
ESELHAPEL, m. nobUitas asinina. von Georg Sigrinus:
er ist ja einer von Battenberg,
vom guten esels adel ein scherg. Nascs Nasencsel 23'.
ESELSARBEIT, f. labor asininus, schwere niedrige arbeit, wie
man sie durch esel verrichten Idszl : mit brieven. schreiben und
lesen in der canzelei umbgehen, das ist schreiberisch, in
hendeln, reten und botschaflen erbeilen ist knechtisch und
nicht banrn sondern auch eselserhcit. Luthers auslegung von
p.«. 101, Wittenb. 1535, Q3*; wann die groszen herm die wild-
1151
ESELSART — ESELSFRESSER
ESELSFCLLEN — ESELSHORN
?V52
bahne, die fischereien und andere gute intraden zu sich ge-
zogen haben, haben sie vermeint, damit werden sie einen
stui im bimniel nechst bei dem könig David verdienen, wann
sie die übrige brücklein nehmen und ein paar Schulmeister
davon erhalten und legen ihnen eselsarbeil auf und geben
ihnen zeisleinsfutter. Scikjppiüs 54;
eselsarbcit und leisigsfutter
ist des Überdrusses mutier. Simrock spr. 21SS.
ESELSAJtT, f. so ist auch disz ein recht esels art, das
du (yiijrinus) erholst, wie der esel in der archen Noe hali
ein gerumpi gehabt und nit wölln in der predig still sein.
Nasus Nasenesel 23*; du bist der groben uucnipfmdlichen
cselsart. pers. roscnth. 2, 24.
ESELSATTEL, m. clüella. voe. 1482 h2'. DiEFEsnACH 167'.
ESELSAUGE, n. sihest du nit mit deinen groszen esels-
augen, das du dich und deines gleichen probierst unmensch-
licher handeln, dan öie beiden. Nasus Nascnesel 08'.
ESELSBACKE, m. maxilla asini:
weil Onander cselsbacken einen mehr als Simson trägt.
LOGAU 2,227, 103.
ESELSREIN, n, dasselbe. Stieleb 124.
ESELSBOH.NE, f. vicia faba, ßzebohne.
ESELSBOSSE, m.
der wagen soll dir ziehen drosz (die roxse),
das ist ja ein recht cselsbosz. Nisus ?iasenesel 36';
sonderlich aber ist das ein rechts esels böszlein, da du . . .
don ganzen bochgeloblen adel für esel ausrufst. 23*.
ESELSBRATE, m. pers. rosenlh. 2, 20. pers. rcisebeschr. 4, 43.
ESELSBRÜCKE, f. inerliae adjiirnentum, fr. le pont aux Anes.
der ausdruck soll durch Johann Buridan im 11 jli. aufgekommen
sein, der spöUisch asinus Buridanus und dessen scliriß super
summidas 'asini pons' genanul wurde. Bitter gesell, der philo-
sopläe 8, 606. andere verstellen darunter eine scliivierigkeit, wovor
unwissende stutzen, wie der esel vor der brücke.
ESELSDELTE, f. res vilissima: so aber sollet ihr nicht
eine alte eselsdeutc mehr von mir erfahren. SdUampampes
tod. s. 51. s. deute, diite.
ESELSDISTEL, f Carduus nutans, audi onopordon.
ESELSDLMM. slupidissitnus.
ESELSEHRE, /". tionor asininus: irren und fehlen wir, sii
sagen sie, es sei alles recht, wir sein aber dermaszen blind,
das wir nicht sehen, das solches eine eselsehre ist, darauf
wir in diesem wüsten Jerusalem reiten. Butschky Palm. 251.
ESELSEICHE, f. lolium est urina asinornm. voc. ex quo U'h.
eselsaich. voc. 14S2 h2'. Diefenbacu 336°.
ESELSEULE, /". stris otus.
ESELSFARX, f». adianthum capUlus Vencris, sonst aucU ]irü][-
farn, von der gestalt der bldller, mauerraule, slcinraute. Lüni-
CEBÜS 24S'.
ESELSFEIGE, f. stercus asiniuiutn : non solum auribus asini
est dignus, sed etiam ejus ficubus, vulgariter eselsfeigen, quales
Fridericus barbarossa mediulanensibus civibus dedit luandu-
candas. de fide concub. p. 131 ;
das er uns gibt eitel eselsrcigen zu fressen, fastn. 350, 17.
*. eselspdaume und eselfeige.
ESELSFELL, n. membrana deletitia, pergament. in gemeiner
spräche auch von der menschlichen haut:
ich schrieb mirs auf mein esclsfcll. Blcbauer .\en. 1, 110;
zum mindstcii soll mein tumus brav
dein eselsfcll dir gcrbun. 3, 'M.
Peau d'äne, ein mdrclien.
ESELSFIEBER, n. siehe ocbsennebcr.
ESELSFREIHEIT, f. die freiheil plump, grob und unvcrtchdml
XU tein.
ESELSFH ESSER wurden die Scldcsier, die Üratisfeldcr und
wd noch andere getehoUen, weil «ii* einen esel stall eines hasen
gefressen hdttcn: mit diser weis, wann dis gellen soll, milcht
einer ein jeden hauljuckigen vugel für ein gauch ansehen,
ein «au für ein Baier, ein nusz für ein Schwaben, ein geisz
für ein Schneider, ein niaulthier für ein Frauken, ein schle-
si«chcu csci für aller hasen gro.szmutter. t.'/r/. \t>' ;
dicia, Grille, aiino« Sllesiu devorni omn<'^.
»i vrriitii ftst, ne te devorc-l illu cuvi- ! .
daii7 " ' ilicn den eicl gefremen,
inl • I Ni« oder bleibet vcrgetaon,
■onsi :..<: (rfttnUiu «ich eigen gi-wnlmcn,
nach »cltle«i(cb«m füuer ilcb nimmer zu «ebnen.
LoGAU 1, 150,77.
9fL deuUch« mjfthoL «. 43.
ESELSFCLLEN, m. aselliis: siehe dein könig komt reitende
auf einem eselsfullen. M. 12, 15. lU. asilatis.
ESELSFURT, m. vaiium asini, urtsname. Meyer Zürcher
ortsu. n' 971.
ESELSFURZ, m. crepitus asini und dann eine von dem esel
aufgesuclUe distelart, die beim fressen kracht, onojmdum acan-
Ihiiim, lat. crepitus lupi, fr. pet d'dne, ü. sp. onopordo, die
bii-ile wegdislel, 7inl. ezelsdorn: dieser ist ein köstlicher meister,
den sült man mit eselsförzen krönen, setzt das hinderst zu
forderst. Luthers, 67*; auf das aher niemand solchen diabo-
lolalis (leufelsschwetzern) mit fürsichtigkeit enipflieheu möchte,
sihe so werfen sie den catholisclien grobe eselsfürz in den
wog. Artsenese/ 17'; wer von drohen stirbt, den begrübt man
mit eseisfürzen. 26*;
die kinzer hnhcns heillbum veracht,
ilniuib bat ihn mein rosz eselsfürz bracht. 27';
der h. aposlel sagt, die lieb bedecke die Sünden, dise e'sels-
fürz sagen, wer dergleichen treib und lehr, sei ein blinden-
fürer. S9*; und musz bei der weis also aufgeweckt auch
wider aufslehn und noch vil mehr solcher verdorrten esels-
fürz den hcwschrecken zu essen geben. Jon. Nas warnungs-
enyel 170;
si moriere miiiis, asini tumulabcre bombis.
wer sich mit dräuwort lessot todten,
dum sei man mit eselsfürzt^n zum );r.-)b Icutcn.
Gartiieri ilicla provcibialia OS';
qui moritur minis, illi pulsabitur bombis. wer für dräuen
stirbet, dem lautet man mit eseisfürzen aus. Gryimiius l, 796.
vgl. RA. 095 und eselsglocke.
ESELSFUSZ, m. jks asini: der teufel erschien einmal als
ein reuter mit eselsfüszen. Wolfs zcitschr. für d. myth. 2,63.
ESELSGANG, wi. incessus Icntus: geht euern eselsgang,
wenn ihr träges blut habt, wundert euch nur nicht über
andre die feuer haben. Lenz 1,190; schweig, und geh deinen
trägen eselsgang. Kiingers Ih. 2. 138.
ESELSGEHIRN, n. homo stupidus: so einem manne so
einen streich zu spielen, weil si* h das eselsgehirn einbildet,
dasz der mann kein gcld habe. Lessing 1, 551. s. eselshirn.
KSELSGICSANG, wi. sie werden den eselsgesang singen,
hoch anfangen, aber niedrig aufhören. Luthers lischr. 329'. ^
ESELSGESCHLECIIT, n.
fragst wa man lind scblaurafTcnland?
bein prediivauzcn wol bekam,
dann wa man in der weit hinkumbt
und alle stand wol übersurabt,
Ihidt man niemand so esels geschleclit,
ausz scIilnuialTcn gleich wer mir rocht,
als nun die pre<likanti'ii sein,
das will ich auch probieren fein. Saseneset 15'.
ESELSGESCHREI, n. ruditus 'asini.
ESELSGLOCKE, f. wer von solchen worlen stirbt, ist
werlh dasz man ihm mit eselsglocken zu grabe lautet. Weise
sUtenl. 08. s. eselsfurz.
ESELSGOSCHE, f. os impndens: o gut ruten, ja starke
bengel und distel für ein solche eselsgoschen und Qodcrmaul.
Nasenesel 22'.
ESELSGRILLE, f inc/rfMc, dummer einfall: ungeschickte
eselsgrilleu. Schekfi.eks kdiruisrh s. 56.
ESELSGl'RKE, /". momordica elalerium, hundsgurke, igelskraut.
ESELSrUVAR, n. pilus asininus.
ESELSHAUT, f was eselsfeil : trulz dir und pfui dich nur,
du grober esel hinwider, in dein eselshaut, so oft du trotzt.
Nasenesel 75'; sie sein all gute leut, gute hiiut, jucken ein-
ander wie die eselshiiut. wurnunißengel 138.
ESELSHEIM, nj. Eselsberg ."71. 1144:
cot mir d<>s nibt gunde,
(in;; ich inder vumle
ni'ilim hi ein nnder stftn
KilxMi ri'htfl Osiermnii.
nn hi^r, na gwunt, an gebier
islicher gerne w.it
von Kselsheim \)i der stat. IIrlbl. 2, 1470.
ESELSHIRN, n. was eselsgehirn : inerks du gn)bc« cscl$-
hirn, ich will dirs kurz teutsch und verstandig in deine lange
ketzerische eselsohreu reiben. Nisenrsel is\)* ; sag an du esels-
hirn, ob nicht das wissen uuder die sinligkeii gehört? 93';
ob er gleich mit seinem cscishirn in eine Iowenhaut kröche.
BursruKY /Wim. 39U.
KSKLSHORN, n. der ]ude SCkuixt »on Tmii»mc sin«;« MSH,
2, 25«' :
I
1153 ESELSHUF — ESELSKRANKIIEIT
ESELSKR AÜT — ESELSOHR
1154
unt da; der escl hete hörn,
die liute er nider stieje,
und noch haben die Juden in Deutschland die redensart 'es ist
gut, dasz der esel keine liOrner hat', tcomil gesagt werden
soll, dasz er nach seinem bösen uillen nicht handeln, verderblich
uerden kann; erkenn, herr got im himmel, wer die oberkeit
und das ganze land umbreiszen dörfl ! nit der, der deine
knecht also verleugt und umbjagt (es ist Luther gemeint als
gegner des Carlstat), nit der. der gern esels hörner hctt, do
mit er alle die über kalte klingen hupfen liesz, so im mit
einigem wort widerweren. Ickelsamer dag etlicher brüder 63*.
ESELSHUF, m. ungula asini: sihe nur wol sucht mein
esel so genau mit seinem esels huf. das man den glauben
nicht kan greiflich machen. !iaseuesel 93*. an den pferden
nennt man eselshuf einen fehlerhaften hohen huf mit engen fersen,
dann name einer pflanze, tussilago farfara, brautlatlich, esels-
huf, roshuf. LoxicERcs 254'.
ESELSK.\RRE, m. carrus asini:
er musz ziehen im eselskarren. H. Sachs IV. 3, 10'.
ESELSKINNBACKE, m. maxilla asinina: und er fand einen
faulen eselskinbackcn, da reckt er seine band aus und nam
in und schlug damit tausent man. rieht. 15,13;
ein reglment philisler schlagen
mit esclskinnebacken, das
war ehren Simson nur ein spasz.
Kl. Schmidt poet. br. 181.
ESELSKNOCHE. m. os asininum:
dasz aus einem bauren ietzt
Mars bald einen herren schnitzt,
warum nicht? es wird gebrochen
manche pfeif aus eselsknochen. Logad 1,73,95.
ESELSKOPF, m. caput asininum. häufige schelte wie das ein-
fache esel oder dummkopf:
ach du Terbeiter eselskopf! fasln. 334,16;
sie weren wol eselsküpf gewesen, das sie also hertiglich ge-
lebt hellen. Keisersberg bilg. T ; sie aber belagerten die slad,
bis das ein eselskopf acht silberlinge und ein vierteil kab
daubenmist fünf silberlinge galt. 2 kön. 6,25; ir groszen,
groben eselsköpfe. Luther 3,78'; kein eselskopf ist so un-
gelert, wenn er nur wider den Luther schreibt, so ist er
gclert. 514'; und die eselsköpfe wollen draus schlieszen, die
kirche sei über das evangelium. 52l'; der hat solche esels-
köpfe in die schrift gejagt, gleich als wenn einer mancherlei
(hierin einen thiergarten gebracht. 4, 3S2'; ich wil am jüngsten
lag auch ein gut register bringen von meinen guten werken,
damit ich meinen engsten feinden gedienet habe wider meine
wütige tyrannen und feinde, und wer die sind, die groben
eselsköpfe und lügenmeuler, die ilzt gar nichts können on
allein wider den Luther schreien. 6,62'; etliche weiber sind
grobe ochsen, eselskopf und unlläter, stellen sich gegen eim
IVembden menschen, den doch ihr man gern sihet, als wer
er ein hund oder as. älbercs elibüchlin g 7.^ ; wie der vollen
zänkischen eselskopf art ist. KiRcnnoF vendunm. 194';
der künig buch bekent auch frei,
wie das ein esels köpf werd sei
achtzig silberling gut. ^asenesel 14*;
da musz ich nun probieren, dasz diejenigen billicher grobe
eselsküpf genannt werden, die uns also zu intituliem meinen.
20'; Christus sagt wir sollen verzeihen, so werde auch uns
verzihen, die eselsküpf sagen, es sei ein heuchlerische lehr.
89*; wann dem nun also ist, wo bleiben dann sie, die alten
eselsküpf, die ungerechtfertigten, ja verbantesten hundsbuben,
die verwirkten irrigen predicauzen all auf einem häufen, be-
sonder derjenigen, so sich nicht wollen weisen lassen, war-
nungsengel 164;
soll mir der barm das blut aus allen ädern saugen,
wann ihr ein eselskopf, der nichts versteht noch kennt,
und alle tugend haszt, mich den poeten nennt? Opitz 2,28;
faste du, du fTesser sonder gleichen,
toller, voller eselskopf! Grtphus 1,643;
du eingemachter eselskopf! Weise er;n. 12; wie ich denn
also stunde und in meinem eselsköpfe bedachte, wie ich
dem novizenmeister, wann er ankommen würde, begegnen
soll. fr. Simpl. 25; ein gefallen ist doch des andern werfh,
verstehst? 'eselskopf, ja'. Fr. Müller 3,77; wen dummkopf.
wen? so kalt, so leer fragst du, wen? hat michs doch an-
gepackt wie der Schwindel ! wen, eselskopf, wen ? Schiller 137'.
ESELSKR.\NKHEIT, f. von den schrundcn der huf {hufe,
vngularum), so man die eselskrankheit zu nennen pflegt,
dieses sind etliche gewisse kleine, enge und kurze schninden,
80 die croD oder wurzel an ihrem vordertbeil rings herumb
III.
einnemen, sich nach der lenge erstrecken, etwan blut von
sich geben. Uffenbach 2, 2S9.
ESELSKRAUT, n. euphorbia esula.
ESELSKUNST, /". ars asinina, stulla: und wolle mit solchen
Worten ire eselskunst brauchen. Luther 3,521';
dein eselskunst ist gar kein nutz, .
beschlagen hat dich, hör, anders schmid,
sich, lieber esel, beisz mich nit.
dann weil dichs reimen kumpt an schwär,
so wil ich brauchen ein ringere schär. Xasenesel 16';
zu dem sieht iederman wol sein esels kunst an der cabo-
listerei, da er aus meinem namen schlieszen und probiem
wil, ich sei ein esel, ursach. Ich heisz Nasus, und esel und
nasen sei ein ding in buchstaben. 21".
ESELSKÜRBIS, m. cucumis erraticus. Stieler 1015.
ESELSL.^ST. f. sarcina asinorum, eselslraclit.
ESELSLATTICH, »i. tussilago farfara.
ESELSLEBEN, n. o edelsleben (du mögst wol eselsleben
sagen) in welchem man sich auch nichts umb die medicin
bekümmert! &mf4. K. 29. hier liesze sieh esels auch adjedi-
fisch fassen, s. oben sp. 1148.
ESELSLCGNER, m. grober lügner: ist derhalben leidlicher,
man habe iedermann entschuldigt, ausgenomen disen caballum
oder eselslugner (Sigrinus). ^asenesel 2l'.
ESELSLUST. f. ononis arvensis, hauhecM. Bock kräuterb. 682.
ESELSMAUL, «. trie eselsgosche: ei für solche eselsmeuler
gehört ein solcher salat, sprach Crassus, da er ein esel sah
dislel fressen. !\asenesel 5"; jetzt verbergen sie sich nicht
under schafbeiz, sonder reden durch Wolfs Feram (zu Gotha)
eselsmaul. icarnungsengel 90.
ESELS!^IILCH, f. 1) loa asininum: Plinius spricht daj
der eselinne milch gar weij sei und daj si auch helf der
menschen (vel ?) weisen, und da von list man, daj des kaisers
Neronis hausfraw sich padet in esels milch. Mege>berg 120, 5.
hier folgt eselsmilch gleich hinter eselinne milch und beides ist
reclit. goth. würde es hnszen miluks asilaus oder asilumiluks.
2) name des kraiäs euphorbia esula, hundsmilch, Wolfsmilch.
ESELSMIST, m. sterciis asininum, vgl. eselztirk :
aus esels mist die bibel (= wibel, fc«rcr1 kommen,
die mit iren flügeln schnurren sehr. Kasus Nasenescl 13';
wer aber sunst cathoüsch ist,
das hat kein lust zu eselsmist. 3»*.
ESELSMÖHRE, f daucus carotta.
ESELSMÜLE, f mola asinaria, goth. asiluqairnus. eselmüle,
MaALER 121*. R.ÄDLEIN- 260*.
ESELSMUT. m.
mein esel (Sigrinus) sagt, sein lom gut
hab im gemacht den eseismut. Nasenescl 22'.
ESELSOHR, n. aurb asinina, oß ein zeichen des hohns und
Spottes :
er wolle euch löuwen spränge pflegen,
dö erkös an im sin meister esels ören. JUS//. 3,8';
ir gesibt was scherpfer den die dorn,
si truogen alle esel ^rn. 3, 305";
nhd. dardurch si worden sint zu thoren,
darumb si tragent esels oren,
gauches federn und narren kappen, ftutn. 25S, 8. 283,19;
die Zungen heraus gestreckt, eselsoren binden aufgesetzt und
ein schnall daran geschlagen, de fide concub. 130; wenn du
sihest das einer dich lobet, so hallet er dich für ein narren
und für ein kind, das man mit bappen geschweigt, er wil
dir bappen instreichen oder er wil dir eselsoren machen
und aufsetzen. Keisersb. s. d. m. 35'; so bald der selb, den
si gelobt haben, den rücken kert, so gebent si im den muf,
machent im den slorken nach oder strecken die zung aus
oder setzen im eselsoren uf und sprechen denn, ich hab
meinen herren redlich geeffel und gesalbet, ebenda; heut
gnädiger herr, raorn stoszt man die zung über dich aus und
macht dir eselsohren. Irostspiegel BB3'; das aber der halb
theil lateinischer wort vorbliben ist, das hab ich mit fleisz
gethon, wolgedacht, darmit einen hasen mit langen esels-
ohren zu fahen, der hiemit ein rillerliche that begehn raucht.
Nasenesel 46' ; da würstu dein eselsoren greifen weren. 47* ;
es ist die ganz weit narren voll,
mancher sich selb fTir witzig belt
bisz im ein eselor empfelt (entfätll),
das in all weit für nnrrecht zeit.
Fr?iKF.LiN spiel von Ixitnra A5';
der betrogen ist, hat eselsohren davon getragen. Lerhanx
107 ; warum setzet man solchen geldnarren keine eselsohren
auf? Weise erzn. 119 ;
deutet einer dem andern ein eselsohr, Götbk 13,3,
73
1155
ESELSPFAD — ESELSSTÜCK
ESELSTAMM — ESELZÜLL
1156
2) foUum libri complkatum, an mcrkzcichen im gelesenen buch
durch einbiegen einer blallccke: darum, welcher mit mir daran
ist, der mache ein eselohr. narrenbuch ed. von der Hagen $. 54 ;
drein {in die hücher) setzt er manche hand
und Stern und eselsobr und durcligcllochten band.
Gbtphius 2,99;
selten ein buch ohne eselsohr.
3) name verscfUedner musclieln: haliotis asinina, strombus
auris Dianae.
4) der pl. eselsohren dient für mehrere pflanzen : arum macu-
latum, lathyrus lalifoL, sympliytum officinale.
ESELSPFAD, f?i. semila asinorum, ein von escln viel betre-
tener pfad, besonders bei mülen, auf bergen, dessen breite danach
bestimmt zu icerden pflegt, dasz ein esel mit seinem sack darauf
einherschreiten könne: land an dem eselspadc vor dem waldc
gein Minzinberg. Baürs urk. von Arnsburg s. 600. s. esciweg.
ESELSPFLAUME, f. stercus asininum, klumpen, die der escl
fallen Idszt, wofür auch feige, so wie apfel von dem pford,
bohne von der ziege gesagt u-ird: in maszen des Luthers bücher
und gemehl wider kaiser, kiinig, babst, bischof und alle catlio-
lische lehrer mit solchen eselspflaumen gewirzt und gespickt
seind. ^'asenesel 19";
hie sitzt der Nas aber zu ros
auf seinem esel und selizamen drosz,
dann hund und säw im folgen nach,
nach eselspflaumen ist im (dem tmsz) gacb,
welche verzet {vcrtettei) Georg ßatteman (Nigrinui von Bat
lenberg).
sporn und distel wird sein Ion,
dann er Schmidt lauter esels thon. daselbst 64';
«6er auch u-irklich prunum maximum. Frisch 1, 232'.
ESELSPUÜGEL, m. verber asini: Dietmar von Merseburg
sagt von dem gemeinen volke in Polen, es müsse ochsen-
fuller und eselsprügel bekommen. Beckers wellg. 4, 371 (Thieth.
8, 2 populus more bovis pascendus et tardi rilu asini casli-
gandus).
ESELSRECTER, m. ei solt dann der grosze herr aller
herrn nit auch seine einfältige narren und eselsreuter haben ?
I^'asenesel 19*.
ESELSRIPPE, f Costa asinina:
{salbe) die ist gemacht aus eselrippe. fastn. 680.
ESELSRÜBE, f yitis alba. Gersdorf 105.
ESELSRÜCK, RÜCKEN, m. dorsum asini, fr. dos d'ane:
1) ein spitz zulaufender gewölbebogen.
2) an den schiffen eine öfnung über dem loch des koldcrslocks.
ESELSRÜHELN, n. rudüus, eselsgcschrei. fiascnesel 17". 7l'.
ESELSSALAT, m. IcuUuca asini, die distel: ich mfisz im der-
halben ein wenig übersehen und musz im nur obiter etliche
distelein für esels salat geben ein. Nasenesel 87*.
ESELSSCHÄDEL, «i. cranium asini. Steinhöwel rfec. 411,25.
29. ed. 1580. 2. 28 eselschedel.
ESELSSCHATTE, m. umbra asini, oß in WiEt.ANDS AbdcrÜen.
ESELSSCHERZ, m, facetiae ursi, plumper scherz. Stieler
17C2.
ESELSSINN, m. indoles asinina: löwenraut mit esclssinn
oder hund mit kalze zu paaren. Siegfr. von Lindenb. 2,282.
ESELSSITTE, f. dasselbe:
verdreuszt mein esel nun das schreiben,
so legt er ab sein esels sitt. Naienesel 38'.
ESELSSTALL, m. asini stabulum:
die geistling und die bischof all,
die zwing in deinen escisstall. Natenesel 118*.
ESELSSTAUB, m. slrigmenum asininum, so ab dem cse!
gestriglet. Maaler 121*.
ESELSSTIMME, f rudUus, Stieler 2161:
was hat er doch nutzlichs an im,
damit er schmuck sein esels stim? Katenesel 12*.
ESELSSTOLPER, m. lapius asini: zu goscliweigcn, dasz es
ein groszcr eselsslolper an ihm ist, dasz ich als ein catho-
ÜKcbcr Christ i'inen gott wie der Jude und nicht einen drci-
finigen anbeten 8olle. Schkitleii» kehrwisch 1604 «. 55.
ESELSSTOSZER, m. asinarius: ir möchls auch dnrrli die
edeUstoszer, welche ir inauleRcl gemeinlich aus Italien ins
gebürg treiben , ganz füglich von dannen bringen lassen.
bienenk. 241*.
ESELSSTREICn, m. was esclei, ein plumper, dummer streidi.
EStLSSTl;('K, n. dastrlbe: hie verstehen die gelrrlrn wol,
welch ein grob esels stücke da* ixt. Lurnir ' v -' iIcmm
erstlich braucht er ein, ein sehr groszes esels sluck. Nasen-
csd 21"; eben ein solches eselsstuck brauchet der sceleslus. 6a'.
ESELSTAMM, m. genus asininum:
zum frühstück bring ich dir
den kern des eselstamms, dort jenes feiste thier.
Hagedob« 2,134(136).
ESELSTAND, m. alberner land, Spielerei:
ein predigkant
ist sovil als esels tant. Nasencsel 21".
ESELSTANZ, m. grober tölpischer tanz:
aide, scliaw dapfer auf die schanz,
gib nichts bevor im esels danz! Nasencsel 118".
ESELSTERN, m.
der eselstern nach miltcrnaclit
blieb allein mit tunkein vermacht, froschm. IIb 3».
ESELSTON, m. eselsgeschrei, lied:
sporn und distel wird sein Ion,
dann er schmidl lauter esels ton. Nascnesel 64';
ja aufs maul gethon
im eselstoni 110'.
ESELSTRAR, m. gressus asini incitalior:
Bav selbst hat manchen guten schauer,
war eselstrab auch nur von dauer. Lessinc 1, . . .
ESELSTREIRER, m. axinarius: ja alle Christen würden
elwan esel und eselstreiber geschmäht unib Christi willen.
Nasenesel 19'.
ESELSTÜL, m. bd zimmerleuten, böltcliern der schneideslul.
s. esel 7.
ESELSURTHEIL, n.
hier taugt kein Midas nicht,
der eselsohren hat und eselsurtheil spricht. Orrrz 2,39;
lasz einen eselskopf ein eselsurtheil fassen.
TscHERNiNC ged. frühling 362.
ESELSWEIN, m. wein, der unlustig macht. Stieler 2478,
vgl. gänsewein, sauwein.
ESELSWEISE, f.
wer weit meinen esel verdenken,
das er sich so thut lenken
nach aller spötter esels weis. Nasencsel 37'.
ESELSWEISHEIT, /". denn das ist ein cselsweisheit. Luther
5, U".
ESELSWICKE, f hedysarum onobrydik, süszklce, hvili(}lieu.
ESELSWOLF, m. grober esel und grimmiger uvlfin einer jirsun :
freilich sich all ding vcrkerl,
mein eselswolf (== Sifiriniis) will sein ein birt.
du stinket bock wölst gärtner sein. Snscncsel 36'.
ESELSZAHN, m.
bestreichen frawen luide man
mit cim vergulten esciszan. If. Sachs II. 1,86*.
ESELTRACHT, f. sarcina asino imposila.
ESELTREIBER, m. wie eselsiroiber.
ESELTREIBERHAFT, wie csclhaft:
so eseltreiberbaft sein ganzes anschn war. Wiklani» 18, 160.
ESELTREIRIG, dasselbe: das cseltreibig, lonsorgig, aupeii-
dicnslhaft (in allen ausg. augendienschaft) gesind ist im kaum
gehorsam. Garg. 69*.
ESELUNG. /■. labor moleslus. Stieier 390.
ESELVOLK, n. slultum genus:
doch sprach er bei sich selbst, ihr scbandgcnossen,
kommt auf den platz nur morgen zum gefechl
und zeigt, wie fest ihr sitzt niif cnern ro.sscn,
ihr esclvolk, vcrmaladeit gesclilucht! Griks Dejardo 1,1,15.
ESELVOLL, crapulae plenus: et Uli dicunlur habere ebrie-
tatcm asininam, vulgo cselvoll oder trunken, de genrribus
ebriosorum p. 122.
ESELWEG, m. und ist genant ein eselweg, sol sin das
ein ros ein zweimütligen sack da tragen mag. weislh. 1, 119.
s. cselgasse. eselspfad.
ESKLWKHK, n. res {>lena lahorum. Stiei.er 2556.
ESELWORT, n. zu Lübeck war ein verlaufner inünrh, der
schriebe in cim brief disz eselworl 'exulonim' pro 'extiluin'.
daher wirt er Exuloruin genant bisz auf den iicutigen lag.
Ai.iiKRUS wider die Carlslndler kkl*.
ESELWURZ, f chelidonia, schdwurt, goldwun. toc. 1482
2 h'. h3'.
ESELZÜLL, f. crcberäa, nolUuJt. roc 14J». rof. 14S2 k 2*
X6*. DiErENRAcn 15.V. Fniscn 2,20, ein leidiler ron cr/n qt
zogner naclwn? idter jtiille otier rille id Scimni>n 4. .1 .a
/,.„.., ,,,, ..,.-• (|v) i[.|'. ' bfi-l <•» zull. ein klriii liiilKiu,
1157
ESELZÜRK — ESPENBLATT
ESPENLAUB — ESSE
1158
scaga est le\is navicula de una tantum arbore facta, scaga
scheint verderbt aus scapha.
ESELZCRK, n». stercus asininum, eselsmist : nimb ein newen
hafen, fülle den halb mit eselzürch. Seuteb 425. s. Scumeller
4 284 und mehr utUer zürk.
ESERLEIN, s. äserlein 1,586.
ESO = EINSO Kurde sp. 300 besprochen, das n könnte
bloss näseln vnd sich verhalten wie im fr. ainsi, neben prov.
aissi, sp. asi, von den berührunijen zwischen goth. sva, s?ah und
lat. si, sie, roman. si wird unter so die rede sän. Weigand
meldet mir, dasz esö, dies verstärkte lebendige so, auch wetlerauisch
und oberhessisch {sicher auch niederhessisch) ist: wanns weiter
es6 bleibt, dann ists gut; es ist esö, so und nicht anders;
wer weisz ob wir es6 wieder zusammen kommen;
hab gar e schin schätzi, wanns nur esö bleibt,
dann stell ichs ngarte, dasz (dasz es) spatze vertreibt.
ESPAN, m. n. freier platz in einer flur, der zur Viehweide
benutzt wird, verderbt aus eschbann, also einem älteren ejjiscbban,
wiewol diese vollen formen unbelegt sind; fast nur in aleman-
nischen, schwäbischen, bairischen, vüttelfränkischen landstriclien :
si sagend, das der dorfbach sol gon durch die brunnenwis,
und der grab soll so weit und so tief sein, das zwai pflugs-
reder dardurch under dem wasser wol gon mögend, und als
lang hinab auf das espan, als acht stiinder lenge, und wer
das espan hett, derselb soll den bach im selbst füoggen
(fügen, in Ordnung halten), ob er will, wer auch der brunner
wis inhat, der sol den graben füoggen. weisth. l, 271 ; 2 morgen
wisen bi dem eispen. Mone zeitschr. 4, 326 (a. 1472) ; u; ge-
nomen einer wisen, die man da nennet an dem espan. 6,190
(a. 1327) ; minen wingarten, den man nemmet den Tüwinger, und
gelegen ist bi dem espan in Überlinger etter. 10, 467 (a. 1333) ;
in sinem wingarten, der bi dem bilde lit, und stoszet an das
6span. 10,481 (a. 1356); das espan infangen, das espan usz-
lassen, die gemeinweide aufthun, beschlieszen (a. 1290). Jägers
mag. für reichsstädte 3, 219 ; nit triben uf die espan und uf
die üchtweide. urk. von Wiblingen a. 1342; äcker auf dem
eespan. MB. 24, 143 (a. 1463) ; una fihrout {viehrotte) debet ire
de espanestor {vom tor des eschbanns?) usque in Iseram {a. 1295).
Meichelbeck II. 1, 102; dasz die vierer und gemeind des dorfs
unter andern ihnen zuständigen grund und vieheweid auch
ein flecken und esban, der holzgraben genant gelegen haben.
Haltads 414, ohne angäbe des orts und der zeit, sichtbar aus
später, das verlängerte öspan darf an der ableilung von esch
nicht irre machen, sondern sie bestärken, aus fspan konnte leicht
eispen werden, bedenklicher ist das immer einfache n und das
schwankende genus, so dasz man den zweiten thäl vielleicht anders
als aus bann zu deuten hätte, in der Oberpfalz gilt noch heule
espe, espet. Schm. 1, 219. Frisiüs, Maaler, Stalder, Tobler
kennen das wort nicht mehr, in Frommanss deutschen mund-
arten 2, 245 steht aber espan als ein in Mittelfranken fortlebender
ausdnick für Viehtrift, weideanger und wird bcmeikt, dasz das
volk eschba ausspreche, henncbergisch aspe {daselbst 4, 460).
ESPE, f. populus tremula, früher aspa, aspe (1, 587), den
umlaut musz entweder ein zwischentretendes i (aspia, espia) oder
ein neutrum espi herbeigeführt haben, ags. äspe, engl, asp, altn.
cspi, lett. umgestellt ap^a. name und begrif rührt aber an esche
fraxinus, wie auch aus den bildungen beberesche, zitteresche
erhellt, und poln. die espe osica, osina heiszt, litt, drebulle von
drebeti beben, weil die bldtter langgestielt sind, bewegt sie der
leiseste luftzug: das mädchen zitterte wie eine espe; wollten
den blettern der espen, so umbher stunden, an zittern nichts
bevor geben. Opitz 2,284;
seufzender zittert auch itzt der traurige nächtliche zephyr
durcli die schlanken espen am bach, ein heiliges erauen
wandelt mir aus dem innersten haine sanlt lispelnd entgegen.
Zacbariä tageszeiten 1Ü8;
von jenen todtenbügeln,
auf dem die espe bebt, stürzt sich auf schwarzen flügeln
ein flnstres rabenheer auf mich. W'eiszs trauerspicte 4, 92.
ESPEN, populeus, mhd. espin fraxineus. Diul. 2, 272. mit
espen negeln genegelt, weisth. l, 698 ; espene teller. Matue-
siüs 1562, 272'. dies adj. liegt auch den scheinbaren Zusammen-
setzungen espenlaub, espenzweig u. s. w. unter.
ESPENAU, f. populetum:
in deinen espenauen, o kaiscrstrom (Donau)
flammts auf. De^iis im Leipz. mutenatm. 1779 $. 239.
ESPENBL.4TT, n. folium populeum:
und er (der mond) gieng fort mit einem zittern,
gleich wie die espeiibletter flitiern. froschmeuieler übi*;
menget lieder ins getöne,
das die morgenglocke tönt,
ins geschwirr der espenblätter,
und erweckt den wiederklang. HöuT mailied, erster druck.
ESPENLAUB, n. dasselbe:
mhd. er bibent unde wägete
vor sorgen als ein espin loub. tr. hr. 20697;
nhd. ein kind, dem man einen gülden neme und gebe im
einen zalpfenning oder ein espenlaub dafür. Lcther 3, 356' ;
pampeln und schweben wie ein espenlaub. 3,374'; die meide
pald an das fenster gieng und von dem schein des himels
wol erkante, das es ein nackender mensch was, darzu par-
schenkel in einem hemdlein arm und elendiclichen in dem
türlein sasz und von frost zittert als ein espenlaub. Stein-
HöwEL 62,15 {dec. 2,2 blosz tremando forte); zitern wart als
ein espelaub. 530, 10 ; der engstiget und furchtet sich und
erschrickt vor einem rauschenden blat oder bebet on under-
lasz wie ein espenlaub. Mathesics 1562,285'; diese worte
redet sie mit solcher begirde, dasz sie zittert wie ein espin
laub. Amadis 23; ich zitterte am ganzen leib wie ein espin-
laub. fr. Simpl. 1,19; zitterte wie ein espenlaub. irrg. der
liebe 610; das mädchen zitterte wie espenlaub. Moser pair.
ph. 1, 165. Wieland 8, 133 ; er zitterte wie espenlaub, da er mir
den rock von der hecke los machte. 8, 268 ;
sie zitterten wie espenlaub
und Hohn nach Roszbachs gründen. Löwen romanzen 59;
er fühlt sein herz wie espenlaub erbeben.
Gaus Äriost 42,51;
ein Sprichwort, das ich glaube,
sagt: weiberzung hat nimmer ruh,
sie ist von espeulaube. Borger 49*.
ESPENMARDER, m. mustela martes.
ESPENSPINNER, m. phalaena anastomosis.
ESPENWALD, m.
holdes gesäusel bald,
schmeichlerisch linde,
wie durch den espenwald
buhlende winde. Schillsr 3*.
ESPENWIPFEL, pl. cacumina populorum:
klaget ihn, den guten hainenwandler,
espenwipfel, wieget
eure lauen tlügel, sommerlüftchen
au dem frommen hügel!
HöLTT auf einen sladlkirchUof 24;
auf des waldes farrenkraut
setzt vertraut
euch zusammen, kost und singet,
bis des abends falber schein
in den hain
durch die espenwipfel dringet. Salis 86;
welches säuseln regt die espenwipfel?
welches flüstern spricht im fliedergang?
Kosegarten poesicen 2,337.
ESPENWOLLE, f. lanugo foliorum populeorum, oder iuli,
kdtzclien :
und von blettern und espenwoll
der see schwamm allenthalben voll, froschmeuseler II h 4*.
ESPENZWEIGLEIN, n. ratrrulus populeus:
het mir ein espes (^ espenes) zweigelein
bogen zu der erden,
den liebsten bulen den ich han,
der ist leider alzu ferre.
Förster frische liedtein 3 n*27. 4 n'32.
ESPERER, m. fraudalor, fallax. Stieler 897.
ESPERN, vexare, irritare. Stieler 897, sonst auch eschern.
vgl. abeschem, in Leipzig eschpern, abeschpern {wie espe und
esche wechseln) und ekstern, extern {sp. 399):
der böse gast (der liebesgotl)
wird im vertrauen mir zur last,
er äspert mich so viel er kann,
denn was er siehet, steht ihm an. Glei«.
ESPICH, n. populetum, wäre ahd. espahi: es {das grosze
wassei) gieng über nl und in deme espich hocher, danne ein
man lang ist. Stolle thüring. chron. 171.
ESPRING, m. Impetigo, schorf, grind, gleichviel mit anspring
1,470: espring oder nerisz, durrer grind, truckener grind,
das versegent oder zit rächt, toc. 14S2h3' (x4' steht urspring).
fiocA andere namen mehr bei Diefenbacb 288'. 289*. das e zu
nehmen für ahd. mhd. i, wie eschwinge, ewerg stupa vor-
kommen statt altd. äsuinga, dwirchi.
ESSE, m. monas, das eins auf würfeln und karten, sonst as
oder es {falsch geschrieben asz, esz) ; unter es sind schon belege
für das mhd. esse gegeben, ahd. esso, canis, unio, steht in
Wackernagels vocab. oplimus seile 35*.
73*
1159
ESSE — ESSEGELD
ESSEKOST — ESSEN
1160
ESSE, f. uärina, feuerherd, schornslein, sicher ein uraltes wort,
dessen goth. geslalt uns leider entgehl, ahd. essa, mhd. ßsse
( : »esse, presse), schw. äsja, esja, essja, dän. esse, noru\
esja glühende asche, aus finn. alijo ustrina ein goth. asja, asjA
(oder isja, isju) zu schlieszen? da sich finn. h und goth. s be-
gegnen (luhansi == |)usundi); auch essa scheint aus fisia ent-
sprungen, für die würzet bieten sich goth. azgü, ahd. ascä, ags.
ysele, cinis, alid. usilfaro güvus, lal. urcre ussi ustura und
ustrina, skr. us urere, lucere zu naher vcrgleichung dar, viel-
leicht eis, eisen, er und ßra, nenn sp. 54. 359. 364. 1074 recht
gemutmasit wurde, im 15. 16 jh. erscheint esse oft in es, oder
wie geschrieben wird, esz gekürzt.
mhd. als man daz golt sol
Hütern in der tsse : wfsse. Er. 6785;
dö gloste ich als da; isen,
so man da von silit risen
in der esse daj sinder. Serval. 3511;
die s^le Tiiorten si dannen
ze einer gluondon esse : presse. Tund. 54,7;
die brunnen als ein esse,
die ein smit erbläsen bat. *rone 27422;
sin muot der was s6 wpsse,
reht als ein smides esse
da; starke liure gluote. Martina 212,58;
von zinken, qiiäter, esse
sitzet manger fh kumers £sse. Renn. 11407 j
dö truoc er von der össe da; wuniclicbe werc.
Ortnü 176,2.
nhd. man sacb Ton seinem munde gan
als von der esse tbut das fewer. Laurin seh. 855;
gol schlecht dise münz in siner essen. Keisersberg &%■;• 83' ;
es ist ein gute münz, gol schlecht si selber in siner essen.
84'; funken die da sluben usz der es. omeis 81'; die esse
prüfet das gelötet eisenwerg. Sirach 31,31; also der schmid,
der musz bei seinem ambosz sein und seiner schmitfe warten
und wir! mat vom fewr und erbeit sich müde über der esse.
38, 29 ; hab ichs (das büchlcin) vviderumb von neuem in die
esse gestoszen und gebessert. Llthers fcr. 4,151; aus der es
zu truck gelangen. Wertbeimer ded. vorrede; der obriste ent-
erbte sich {errölhete), als wann man eine esse entzündet
hätte, med. maulaffe 241 ; ich hänge ihn in der esse auf, dasz
das naseweise gesicht ein bischen geräuchert wird. Weisze
kom. opem 2,145; dasz ihr mir ja keine waldsänger auf die
esse bringt! Klopstock in der Hermaniisschl. ;
es erstarr an der esse die amboszband ! . . .;
sah ich den rauch und die gint und die holen mauern und
essen. Göthe 40, 250,
d. i. die ausgebrannten Schornsteine, eine schuld in die esse
schreiben, w aufgeben, Zahlung nicht mehr hoffen, es gehet
erst aus der esse, recens opus. Hemsch 914, 23, wie wir sagen
funkelneu für frischgeschmiedet, eben aus der schmiede oder münze
gehend: die prediger, sonderlich wenn sie new sind und erst
aus der esse komen. Luther 3, 229' ; zu der zeit war ich
prediger allhie im kloster und ein junger doctor, neulich
aus der esse kommen, hitzig und lüstig in der heiligen schrift.
Luther ed. Irmischer 26,50; es kumpt aus einer es, ist in
einer es oder Werkstatt geschmiedet, ex eadem offtcina. Maa-
LEB 121*. Heniscb 944, 25. ncucrdings braucht man auch esse
von der engen aufrechten röhre, welche die durch Verbrennung
erzeugten gase und dämpfe ins freie fuhrt.
ESSE, n. Salus, incolumitas, wolsein, der substantivhch gesetzte
lal. inf. esse: ich sprich, das ... das gesrhiechl des herrcn
Horgulantua vor andern sei in esse erhallen und vil besser
dann der Harlunger, Amelunger oder Rechlunger stammen.
Carj;. 3o'; dahingegen wolle der kOnig die sladt nicht lassen,
sondern jederzeit schützen und scliirmen, ihre privilegia in
Tollem esse erhallen und sie in nichts dawider beschweren,
(o. 1631). ('hemkitz schwed. krieg l,24i'; in esse bringen [in
den itand). WALLErtsTKi.ts briefe 81 (a. 1628); es hätten aber
i. f. g. den gehorsam von ihnen gespüret und die Übung noch
in ziemlicher (w) esse gefunden. Schweimchens herzog Hein-
ruh XI «.81 (a. 15S0); man sagt heute: hier ist er in seinem
e»»e, hier fühlt er sich, seiner nalur nach, behaglich und unbe-
Idsligt. uhon matter Eckhart 121,14: da sitzet er in sline
n^hnten, in Htm isse, alle; in sich, nicrgen Ajer sich.
ESSEGELD, n. im gegensalz zu trinkgeld:
wie kümts daiz ein gem<-incr mann um trnnkgeld pllefrl lu
bitii'n?
auf euegnid begehrt er nlrbi». <>ii »Ind noili dnutiiclic »meu.
LocAU 3, 'iM, 1137.
tsiefelt, Mymbvium, prelium coenat. Stielib 031.
ESSEKOST, f cibus, speise, lebensmittel : des lachten sie (die
wilden) und sagten 'da kompt unser essekost her huppende'
d. i. den wir essen wollen. Hans Staden h l = 133. vgl.
essenspeise.
ESSELAL'BE, f triclinium, Speisesaal: Samuel aber nam Saul
und seinen knabcn und füret sie in die esseleuben. 1 San\. 9, 22 ;
esseloube. mysl. 1,162,35; esselöube. Rothe thür. ehr. c. 14'.
ESSELECHTIG, acidtis, acidulus: die Heischbrühe wird
esselechtig, jusculum coacescit. Stieler 897.
ESSELEN, atvscerc, fast säur oder essächtig sein. Maaler
121'; der wein esselt, vinum acet. Stieler 896. 5. essichcn.
ESSELING, m. weüzfisch. Frisch 1, 233'.
ESSEN, edere, goih. itan, ahd. öjan, ßjjan, mhd. g;;en, alls.
ags. etan, engl, eat, nl. den, fries. ita, i-ta, schw. äta, dän.
ädc. neben ejan ahd. auch gie;an, gejan, comedere, mhd.
gejjen, nhd. kein gesscn; ags. gel'tan. praet. und pari, prael.
machen eigne Schwierigkeit.
fürs goth. praet. at, etun w< der sg, ohne beleg und die an-
seheinende analogie von frft, frflun, altn. At, Ato könnte auf
tl. f'tun leiten, doch frfet enU:prang vielmehr aus fraat, bestätigt
also at. ags. ät, aton oder a;t, a-ton? engl, eat, ate. altn.
ät, Ato, schw. ät, Ate, dän. aad. durch solche production des
sg. wird ein ablautsgesetz gekränkt, ahd. aj, Ajun, die kürze des
sg. nach mhd. a; ( : laj. I'arz. 217, 11. 21S, 16), Ajen, gUichwol
steht geschrieben ä; bei N. Boelh. 179, bei Grieshaiier 2,6«. 113
und vrA; : unlerla/, gerciinl Serval. 2955; auch netten nt. at
taudd aat auf. nhd. asz, aszen. das compositum ahd. giaz;,
giäzun oder gaj, gAjun, namentlich gewälirt 0. IlL 6, 18 gAji
will IIL 6, 43. IV. 11, 1. V, 15, 1 gAjun. mhd. gaj, gA;en, gaejc
(wb. 1, 759"). nhd.
alsbnid er nun das imbis gasz,
er wider auf seim pTerdlin sasz. Wickrais bilg. 36,
doch später kein gasz, gaszen. ags. geät, geaeton.
dem pari, praet. i.it goth. zuzutrauen itan, ags. gten, engl.
eatcn, altn. lautet es etinn m. etil n., schw. ätit, dän. ädt.
ahd. belege sind unverzeiclinet, ejjan und gejjan für giejjan =
ags. geeten höchst wahrscheinlich, wobei nur zweifelhaft bliebe, oft
das anlautende g, gi blosz dem pari, von ejan zidrilt oder die
composilion durch das gesamte wort zieht, auf ungäser incoenalus
(Graff 1, 528) werde ich sogleich kommen, mlid. gellen zwei
formen nebeneinander, gejjen und gAj:
ich ne bete sin inbi;;en,
ne bete si ij 6 gesjen. fundgr. 2,20,6;
nü babent si wol gßjjen
und sint dar nach gesehen. Er. 8363;
dö si getrunken hüten und gcjjen überal. Nib. 1612,1;
der bunt hat leder gejjen. Khkidank 138, 17 ;
dö weit er aber gt'Sjeu haben, pass. K. 276, 17 ;
bästu daj obej gä;? anegenge 18,25;
da du ane hast gä; den tot. fundgr. 2,20,3;
ejn si denne gar ein vrAj,
weit ir, si babent gcnuoc da gaj. Parz. 638,5;
well ir, si hänt da gä; genuoc. 815,21;
ür sluonden die da beten gJg ( : sa^- •''•• 277, 11;
ö das ich mit in het da gäj ( : da;), frauendienst 336, 15;
het ich mit in nibt gä; aldä. 336,19;
als sie woltc haben gäj ( : saj). kröne 13629;
als schier si« hälcn gä; ( : gesaj). 14804;
dö si alle warn pesejjen
und wol halbe bäten gäg ( : va;). 27S04;
schiere bäte er gnuoc gä;. 2S876;
dö da; gesinde het g*; ( : ba;). Wigam. 2664;
het er äne zannen
sin Heisch getragen dannen
unt gä; mit gemache, n. w. 3,172;
nu da g&; was genuoc. Mai 219,15;
da; Iie;eD «i wol äne ha;,
wan si lutzrl biMen gä;. 219,18;
deei bot der uni;etriwe flrä;
in vil kurzer trist gfl;. a.w. 3,180:
ich bin pew/isen zwelf wochon und ein jAr,
da; ich keiner menschen spise nie bän gä;. Oswalt 1781 ;
ich hAn gAi;, ich hAu getrunken. niEHRR 382,23; da; diu
weifer gAj hahent die hruseni. fundgr. 1,101,10; Aai, fr auf
dem wöge hAt geA; und geirunken. Grieshabkr i,h^•, und
sicJier totul noch öfter, die strltvn für ffiii, weisen mnM auf
Haiern und (hterreich, nur der dichter '••• ••< branclil k ".
und gi'J^en unmiltellmr hinler eiunfiil- ihan^«, Gim
rniEt), CoNHAii sind keine ftm/wc/r i/r > , , - n gAj nelirn
haben, ein im mhd. wb. l, 761 unbeijretflich ani/eimßirs
•i ä{iu gi* und quAuin, Alliu C, 164
I
1161
ESSEN
ESSEN
1162
gehört vollends nicht hierher, denn gas ist =■ gähes, subito. geAg,
gäj, oder nach vielen reimen gaj, geicinnl fiir unsre grammatik
uerlh, ich silie darin die erloschne form eines pari, praet. activi,
välirend gejjen pari, praet. pasävi ist. beide gäj und gej^en
gleichen merhrärdig den sl. participien jed und jeden und Slaven
grenzen an Ostdeutschland, zwar hat in den voranslchcnden be-
legen gäg rüllig die passivbedeutung von genea und eins dieser
tpürter scheint entbehrlich, iceshalb uir ihm auch spdler entsagt
haben, allein der schwankende oder wechselnde, bald transitive
bald intransitive sinn von essen mochte längst den der participien
verwirren, man sagte ich han gej5en für intransitives edi, comedi,
ich hän gäj den t6t für transitives edi mortem, während es im
ersten fall ich hän gäj, tw» andern ich hän den tot gcj^en
heiszen sollte, dasz gäj ursprünglich einen aussagt der gegessen
hat, folgt unwidersprechlich aus seiner unabhängigen, adjectivischen
Verwendung, die auch verneinendes un vorschiebt und der wir
eben bei Hartmans begegnen, welcher sich des hän gäj enthielt;
es sind die redensarten, wo sich dies parlicipium mit den Wörtern
sein, sitzen, ligen, fahren u.a.m. bindet:
dö er Tierzic tage was ungäi;. anegenge 10,24;
so da^ er sins gebetes pblac
uagä; unz an den dritten tac. Greg. 2398;
so niuoj er da iingäj ligen. 2699;
manegen tac ungäj er gienc. Parz. 4S5, 29;
ungäj lif dem gerilde
dolten si die hungers not. Wigal. 254,19;
dö icli also trüric saj,
ungäj, gedankes sat. Flore 3185;
fr was ungä;, gedenke sat. 3026;
da^ er ungä; muose sin
durch eüi kleine j miuselin. IIaupt 7,360;
er wa?r wol ienier ungä;
und von aller swaere genesen. 8, ISO;
nieman mac lernen ungäj. Reinh. s. 337,1248;
und iige hiut den driten tac ungäj und angetrunken. Gries-
BAbER 1, 86.
überein mit diesem angetrunken kommt freilich ungejjen:
ob ich nu hie ungej^en sitze. Renner 16397;
ich bin hiut den dritten tac
zwäre ungejjen. G.4. 2,571;
der dö waere gesejjen
dri tage ungej^en. 3,115;
als iwer geselle trinken sol,
so Sit ungejjen, daj stet wol. Haipt 7,176;
und niuost du ungej^en wesen. 7,359;
noch was Jacob ungejjen. passional H. 95, 57 ;
das ^'u niin vil lieber vrunt
ungej;en von mir vure. 36,94;
wände si binnen vier tagen
ungej^en aldä lägen. 271,60;
da; si hint sin unge^^en. pass. K. 144,79:
ich wil ungejjen bliben. 226, 21 :
lies man in wesen ungejsen 275, 1 ;
von dem morgen dicke er las
unge;;en an die vesperzit. 508,9.
ein ahd. beleg für ungäj incoenatus wurde vorhin angeführt und
von ihm aus läszt sich folgern, dasz aucli ahd. gäj und gegan
neben einander galten, ob, ohne jwaefix, analoge participia ahd.
äj und ej^an, mhd. ä^ und e^jen bestanden, ist nicht zu erwei-
sen, an sich aber walirscheinlich, demnach müste gleiclifalls unä?
oder uni-j^en incoenatus ausdrücken, s. sp. 1163 aus Amgb. 22'.
erklärbar ist die sdion früh auftauchende Verdopplung des prae-
fixes, gleich als sei die würzet des verbums nicht ejjen, sondern
gejjen und dieses mit den völlig unverwandten ergejjen, ver-
gejjen, oblivisci in eine reihe zu stellen; ein goth. gaitan {wie
fraitan, frejan) würde nichts verwirren, da« altd. giejan konnte
zu g??an, gia; zu gaj werden und verführen, noch leichter mhd.
gi'?/,en, gi/,;et, wobei man das ge in gleich, genug, glauben,
geglaubt betrachte, bä Griesbaber 3, 53 lesen wir: dag du des
boiinics hast gcgäg; 5,66 warumbe er den apfel hÄte gegäj.
nhd. bilden wir heute zu essen, asz ein pari, gegessen, statt des
organischen, twch bis ins 16 jÄ. allgemein gültigen gessen. geesscn.
wie Keisersberg, Lutueb, Hans Sachs, Fischart und alle Uire
Zeitgenossen richtig schriAen : und Adam sprach, das weib, das
du mir geben hast zu einer gcsellin, die hat mir geben von
dem holz und ich hab davon gessen. Keisersd. s. d. m. 12';
die schlang bat mich betrogen und ich han geessen. bibel
1483, 6'. 1 Mos. 3, 13 ; das dicii niemand kenne bis man ganz
gessen und getrunken hat. Ruth 3, 3 ; und da Duas gessen
und getrunken hatte. 3, 7; die aber gessen hatten der waren
bei fünf tausent man. AfoMA. 14, 21; wir haben für dir gessen
und getrunken. Luc. 13.26; da sie das brot gessen hatten.
Joh. 6, 23 ; davon wil ich, alsbald wir geessen, in den wald
gehn. /cj/ende 6et Luther 6, 50t'; da man geessen hatte. 501* ;
ich bette nit ein bitzlin geessen. Plater 26; brosmen u.sz
den kieken (rUzen) gesucht und geessen. 27; die betten sie
denn gedöttet und gessen. Hans Staden reise s. 129 ; das es
so lang ungessen hieng über dem fewr. s. 156; der eifer
deines bauses hat mich gessen. Reiszner Jerus. 1, 48* ; in
Italien werden die delphin von niemand gessen. Fokek 96*;
gessen ungelrunken ist gehunken,
getrunken ungessen ist zwischen zwein stülen niedergesesseu.
Garg. 52';
warumb wolt man sonst gessen haben? 84', wo ungessen
zugleich jenes mhd. ungejjen, ungäj {ohne gegessen zu haben)
belegt, manche schreiben, wie schon die stellen zagen, auch ohne
syncope geessen, z. b. Helber B 6'. H. Sachs III. 1, 120', welches
ganz einerlei mit gessen ist, kaum einer scitreibt gegessen, den-
noch mögen, nach vorausgang des mhd. gegäj auch ein paar
gegessen früher vorkommen, Bocc. 1, 32'. 33* (Frankf. 1580) liest
man hinler einander: das eine brot gegessen hatte, das ander
brot auch gessen, da man nun gessen hatte; bei SteinhOwel
46. 47 steht alle dreintal gessen. tm 17 jh. nimmt die schlechte
form gegessen überhand, hin und wieder haftet gessen: unge-
achtet wir hier köstlicher gessen haben. Lohesst. irm. 1,585;
Vogelnester, die für die niedlichste speise gessen werden.
1, 642 ; gleichsam als wenn man in einem capucinerconvent
gessen hätte. Simpl. K. 165; der gift gessen hat. Hohberg
3, 178'. 217*. 246*. im 18 jh. drang gegessen durch, von Stieler
894 war noch aufgestellt worden: gegessen und gessen, von
Frisch 1, 233 blosz: ich hab gegessen, bei Gottsched und
Adelung erscheint gegessen allein richtig, Geuert setzt
arm hat er sich noch satt gegessen. 1,79;
du hast zu mittage blähende Sachen gegessen. 3, 226, er
würde sich hüten gessen zu gebraudien, doch hat man es späterhin
für den naiven, traulichen ausdruck wieder zugelassen: schenk
mir was, ich habe kein brot gessen gestern und beut. Göthe
8, 19 = 42, 22 ; wenn ihr gessen und trunken habt, seid ihr
wie neu geboren. 42, 12 (s, 12 gegessen und getrunken) ; aber
wir, wenn wir gessen und trunken haben. 42, 13 (8, 12 ge-
gessen, getrunken);
ich habe gestern auch ^ine erlegt,
am feuer sie gezeitigt
und gessen mit meinen brüdern. 33,256;
fiir drei jähr trauben gessen. Göthe bei Merk 1, 1S4 ; und als
er gessen und getrunken hatte. Fr. MCller 1,124; es beiszl
mir scharf in die nase, als hält ich meerrettig gessen. 1, 292 ;
die leute haben gessen und schlafen. Klisgers theat. 2, 272.
gessen und trunken stehen einander gar nicht, nur scheinbar
parallel, wol aber gessen und getrunken, so kann sich die
Sprache verwöhnen.
das andere pari, gasz kennt sie in der schriß gar nicht mehr,
unlerm volk in Hessen unä am Main, wahrscheinlich sonst noch,
ist genug zu hören 'ich han gasz'. Schmeller 2, 73 unter gäsz
gegessen weist auf essen und asz 1, 116. 119, ico f?ian auch ich
han gasz, ich habe gegessen angemerkt findet.
grosz ist die urrerwandtschaß zu unserm essen : skr. ad, gr.
eSeiv, lat. edere, comedere = gessen, sp. comer, wofür it.
mangiare, fr. manger = manducare aus mandere, ir. gal. ith,
welsch it, /«/. esti, lelt. ehst, preusz. ist, altsl. iasti, russ. iest",
poln. ie^<?, böhm. jisti, in dtr ersten pers. des praes. lit. edmi,
sl. iesm', iam' für iadmi, böhm. jim für jedm.
fiach dieser einem so althergebrachten wort gebührenden dar-
legung seiner form kann auf die bedeutungen eingegangen werden.
l) «r6cdei</«ng des essens schänt beiszen und kauen, wie poln.
iesc, serb. jesti ausdrücklich besagen, enbeiszen {sp. 446), ags.
onbitan ist anbeiszen und essen, unser entstelltes imbs mcdilzeit.
der rost iszt das eisen, cdit ferrum, beiszt, nagt daran, man
erwäge manducare, mangiare, manger, die den begrif masticare,
mächer ermdszigcn. eine bestätigung liegt in zahn, ahd. zand,
ags. töd, goth. tunj)us, lat. dens dentis, welsch dant, ir. deat,
lit. danlis, skr. danta, welche sämtlich schon in frühster zeit des
anlautenden vocals verlustig giengen, der nur in ooovg, oSdvxos
haßcte. die oSövrti sind aber edentes, nicht sowul essende, als
beiszende, malende, malmende, denn essend wäre auch zunge und
gaume. man sa^ ^eicIUiedeutig ein buch essen, beiszen, schlin-
gen (s. hernach unter to) und auch eisen essen, beiszen, fressen,
kauen, liagen sind synonym.
1163
ESSEN
ESSEN
1164
2) der Golhe setzt geiBöbnlich matjan für tpayeiv, io&leiv,
r^coystv, ßißocöaxetr, selten itan für ia9ietv. wäre nicht
unmittdbar Zusammenhang zwisclten mandere und matjan? der
golh. vocal L<i kurz und keine spur von Verengung des worts, wie
sie auch mats cibus, ahd. inaz;, alln. matr abweisen, nur scheint
die buchstäblich recläferlige herleilting von matjan aus mitan dem
sinne zu tciderstreben, es müsle denn im kauen ein messen, ver-
messen liegen, gleich matjan jah drigkan, manducare et bibere,
iad'istv xai rct'vsiv Matth. 11, 18. 19, 6tun jah dnigkun Lue.
17,27.28 stehen essen und trinken gern beisammen:
mhd. si trunken sire und äjen. Ir. kr. 16316;
nhd. mit im a; und tranc. Griesbaber 1, 53 ; liebe seele, isr,
trink und habe guten mut. Lue. 12, 19 ; so er denn gisset
und trinket mesziglich. Keisersb. Wjer 18'; isset oder trinkt.
18*; pfuch, alles das er isset und trinket, das lügt er. s. d. vi.
1b*; ir werdet essen und trinken mit mir an meinem tisch.
Reiszxer Jerus. 1,16*; und zahllose mal anderwärts,
der kein verdienst besnsz,
als dasz er vornehm trank und asz. Gellbrt 1,182;
er sasz in angst dabei und asz und trank nicht mehr.
LicuTwia 144.
zu essen und zu trinken geben:
hei;t uns dritte ze Sjjen geben. IIelbl. 1,122t.
man sagte sonst: ab der band essen, vesci ex manu. Maaler
121*, heule aus der band; den verliebten schmeckte es so
wol, dasz sie einander das confect aus dem mäulchen aszen.
pol. maulaffe 17.
3) das golh. fraitan ist xaxead'Ceiv, aufessen, verzehren,
schlingen, ein etwas härterer ausdruck als itan: frdt deroravit.
Luc. 15,30; fugiös frßtun |)ata fraiv, volucres comederunt illud
semen. 8, 5. auch unser hetdiges Sprachgefühl legt essen den
menschen bei, fressen den thieren : ein unvernünftig thicr friszt
kaum das ander, solle dann ein mensch den andern fressen ?
Hans Stades reise 154, welche thierische grausamkeit wir dann
mä dem ausdruck menschenfresser bezeichnen, doch ahd. manßjo,
ambro und Keisersberg s. d. m. 29' drückt sich so aus: kein
tbier isset das ander, kein sperber, falk isset den anderen,
on allein ein wülpin, die isset ein (= einen) wolf, so sie
bungerig ist. hier sdiiene frisset zutreffender:
ein mensch sol ejjen, ein wolf frejjen,
und sol sins iibes pfrüende m^jjen. Uenn. 9568,
seine nahrung, speise schlingen, welches mejjen sich für die ab-
leitung von matjan brauchen liesze;
wolf, nu frij da? lampl MS. 2,171';
ze hant ir da^ lamp vraj. a. w. 3,170;
so diu katze vrijset vil,
zebant sA hevet si ir spil. Iw. 823;
d€s hete €r (der slange) gerne vrej^en
den riter edel unde starc. tr. kr. 9792;
niun vögele die der slange vra;. 24202;
nhd. der Sperling pickt und friszt die körner, der linke friszt
mir aus der band, der käfer friszt das laub, die raupe den
kohl, doch Flehi.ng 487:
zu zählen, vrie viel blenen essen
▼on Ilyblens süszem klee.
wenn Otfried von den mit brot und /ischen gespeisten leuten sagt :
so sie thar tbö g&Kun tbie in tbemo grase sfijun. III. 6,43;
ioh ward therä äleibd, tberd Üse6 iob thfird leibö,
ni frä{un sie i{ alla^, sibun korni ubar tha;. 56,
(0 meint hier fräjun verzehrten. niclU selten steht aber ?;;en
von thieren, zumal den hauslhieren pferd und hund (die man
auch anredet):
ich w«n dtn ors dicke gaj
ze Munsalvxsche ba; dan hie. Part. 485,14;
e{e <( böi, ei wnr ein ft-emdei pfert. Walthkr 82, 19 ;
darzuo diu ros unge^uen Ut. Amgb. 72*;
AtT huot eninet bOuwes nibt. Frbidank 138,11;
d«r bunt hftt Kder g«s{en. 138,17;
mit man auch bunti; für hundekod tagte, fraw, ich bit dich,
hüte ein wenig, das der hund die «speis nicht esse, die ich
uf den tisch stelle. SteinbAwbij Aesop 1555. 16. die bibrl
1483,169*. Ikön. 21,23 setzt: die hund werden essen Jczabel
in dem acker Jczrahel, wo LurneR : die bunde sollen Isebel
frc<tsen an der mauren Jesreel. sie lieszrn die ros es«rn.
Iiueh d. l. 217, 4 ; darnach gab er seim ros zu essen, ebenda ;
und sol man dem pfrrde xlrnwcn bis an den bnrh und ein
kripf und rauf in dem kL-iII mnrhcD, esze daii er {der rogt)
und das pferd gern, do luge, wo er es neme {d. h. slroh,
krippc und raufe hat das pferd im stall, fürs fulter sorge der
vogt). weisth. 1, 743. Seüter und Uffenbach m Hiren arznä-
bücltern gebrauchen immer essen für fressen von den pferden,
z. b. wenn das pferd den wolfszan hat, mag es nit wol esseu.
Seuter 341. im kindermärchen wird der traulichen hausschlange
zugerufen: 'ding, isz auch brocken!', andere erzählen 'frisz
auch' {mylh. s. 560), jenes aber ist passender. Ihiere, die unter-
einander redend aufgefülirl werden, läszt man ebenfalls 'essen'
sayen, so die matis:
nu \i an, trüt gespil! Bow. 15,20;
\l vaste, wir sin wol behuot
vor hunden und vor katzcn. 15,21,
weil es natürlich ist, in der fabel den thieren auch die mcnsch-
liclien ausdrücke zu gestatten, wie überall »m Rviiiekc fuchs ge-
sdiidil. auch die Verwünschungen merke man:
da; dich eejcn die maden ! Hklbl. 1,1212;
$6 g;;en si die wilden krftn! Keller erz. 190;
die wurme Sssent uns da; hörze. Dieiir 219, 10.
des Boelhius
vultur, dum satirr est modis,
non traxit Tityi jecur
verdeutscht N. 179 unde sanges sattr ne ä; ti-r gtr inin diu
Tilyo dia lebera. der wolta mit Latona släfen. daj rah
Apollo mit tiu daj imo der gir dia lebera äje unde also filo
er geäje, daj si also filo gewuohse.
4) die veiba essen und trinken stehen intransitiv, wenn ihnen
kein acc. folgt, transitiv wenn ein sulclwr von ilinen cAhnngt. sie,
sowie alle ihnen gleichbedeutigen sind vorzugsweise geeignet, den
parlUivbegrif des gcnitivs von dem auf den ganzen gegenständ
gerichteten accusaliv zu unterscheiden (gramm. 4, 649) und neben
diesem zeigt dann das verbum transitive, neben jenem intransitive
bedeutung. des brotes essen, manger du pain heiszt ein stück
davon, das brot essen, manger le pain, das ganze aufessen,
doch unsre heutige, die genitivfügungen einengende .'spräche zieht
ein unarliculiertes brot essen dem früheren brotes essen ror,
was näher zu enlwiclccln nicht hierher gehört, beispiele des par-
lüiven genilivs: ahd. aphules, opakes öjan, ags. ofäles etan,
onbitan ;
mhd. & ich nü der spise wolde l€ben,
diu kinde wirt von örste gegeben,
eins wilden wolves a>{e ich 6. Freidank 23,9;
si sprach 'ir sult min eaen niht'. Parz. 131,24;
dar zuo ij du der apfel und der kriechen. US. 2, 101";
dßr brüigoum vaut in d6r hant
ein palmris mit siner vruht,
dar abe in lieblicher zuht
er mit der brüt des apiels a;. pass. H. 247,83;
der rab der botschaft gar vergär,
dö er ein äs vant, des er ai- Renn. 2563;
nhd. du will der ersten tracht nit essen, du hoffest es wcrd
eine bessere hernach komen, deren wiltu essen. Keisersb.
siben scfieiden 6; wenn ir ins land komet, darein ich euch
bringen werde, das ir esset des brofs im lande, solt ir dem
berrn ein hebe geben. 4 Mos. 15, 19 ; wenn du gleich mich
hie hellest, so esse ich doch deiner speise nicht. ricM. 13, IC ;
wcnns essens zeit ist, so mache dich hie herzu, und isz
des brots und tunke deinen bissen in den essig. Ruth 2, 14 ;
80 sol iederman seines weinstocks und scins feigenbawms
essen und seines brunnes trinken. 2 kün. 18,31; esset ihr
der fruchl, «o werdet ihr sterben, buch d. liebe 201,4;
der mcins brots asi. Melissus pi. SI*;
mein nöchster freund,
der meines brots iszt. Opitz pt. 41.
5) statt dieses gen. reiszt bald die praep. von ein: du soll
essen von alleriei bcwmcn im garten. iMos. 2,16; und also
brach sie ein feig von dem bauin und asze davon und gab
sie Adam zu versuchen. Keisersb. s.d.m. 12*; so oft ir von
diesem brot esset und von diesem kelch trinket. 1 Cor. 11,20;
und er wOlte von keinem mehr essen. Hans Stades nw* 138 ;
ich bin nit her kommen, das ich von dir essen wolle. 141 ;
leben daran wol und lassen in wol sein, essen fast von milch,
finden und süszem ding. Frane mW//». 147*; ich mochte nicht
davon essen; er asz von dem obst und liesz alles andere »lehn ;
Ihr «pftrtet Ihn au« und hftitct um alle»
Ri>rn von der waare gegessen. Gftjut 4o, U;
leider bub irh lu viel von einir »pciso pcK«"»»«''- 40, 2.1.
6) der acc. findet sich sehr häufig, wo r«<rn in <j//</mir»nrm
sinn genommen iM oder verzehren, aufessen bedeutet: brot, fleisch,
1165
ESSEN
suppe, gemOse, obsf, lionig, fruchte, kirsclien, nflsse essen;
ich will etwas essen; ich gebe dir gleich zu essen, du be-
kommst wenig zu essen; es hat zwölfe geschlagen, essen
wir bald was?;
bleib ich hier, was sollen wir essen? Göthk 40, 3S;
esset ihr mause so gern? ebenda;
wes brot ich esse, des lied ich singe; das trockne brot
essen; er hat nicht einmal das liebe brot zu essen; das
gnadenbrot bei einem essen; mehr können als brot essen;
isit was er kan verdewen. Oprrz Zlatna 409;
an eines tisch essen; an fremder leute tisch essen; ich be-
reit uch als mir min vatter bereit hat, das ir essend uf
minem tisch. Keisersb. tiigerl99'; aus einer schiissel essen;
gut gesessen ist halb gegessen ; hat der jfmgling den imbisz
mit dem andern hofgesind gessen. buch d. liehe 233, 4 ; das
mahl essen. Bocc. 1, 27' = Steinhöwel 4, 18 ; eine malilzeit
essen. Weisf erzn. 93. 114 ; zu mitlag, zu abend, zu nacht essen,
mit der band, mit dem löffel, mit messen und gabelessen.
7) man sagte es essen, den tod, das fieber, die krankheit
an etwas, an einer speise essen:
si sprach 'nu ij den grimmen tot! Strickbr //. 11,62;
er hets an vischen gessen. Appenteller krieg 193;
er hats an eim haiszen prei gessen. fastn. 683,16;
voraus ein {krarMeit), die heiszt darmvol,
die hat er gegessen an eira eichen kol,
noch eine, die ich auch wol waisz,
die hat er gessen an eim prei haisz. 684,21.26;
die krankheit, die in hat besessen,
die hat er an eim seusack gessen. 697,5;
sonst isset man
gar bald das leidig fieber dran. Alberus 61';
wie wol Adam und Eva den tod darvon geessen haben.
]\EvcBUTi augensf). 8'. lo'; wehe dem menschen, der ungedul-
dig sie ertrotzend, an dem sauren genusz sich den tod iszt.
GöTBE 57, 63 ; zu einem gasimahle laden, wo sie dann die
wähl haben, den tod entweder an unsem deichen zu essen
oder in gutem cyprier bescheid zu thun. Schiller 164*; wüste
der mensch, dasz er an diesem apfel den tod essen sollte.
209'. ähnlich ist : ach, weint ich nur auch vor lauter freude !
aber ich esse mein bitteres stück schmerz mit dazu. J. P.
Tit. 4, 146 ; das leid, der kummer, die sorge essen, fressen,
verzehren mich:
die sorge frasz sein herz. Lichttter 144;
altn. sorg etr hiarta. Swm. 25';
alles einessen, in sich essen, fressen, verschlucken müssen
(oben sp. 168.235), man vergleiche noch fundgr. 2,70:
er scol alles leides irg^^jen,
d^s er sich nu lange bat frej^en.
vom spielen sagt Konrad tos Haslaü (Hacpt 8, 560) :
§j prüevet aller schände hört,
manslaht unde brpsiu wort,
grisgrammen, sich selben ejjen,
d. i. zornig, mürrisch werden.
vor zome er sich selber aj. G.4. 3,66;
und wann nid (f.) kiflet, nagt langzit,
so iszt sie sich, sunst anders nil. Brant 53,24.
8) essen mü adjectiven verbunden,
a) satt essen (saturari): jah gairnida saj) itan haumi,
irve&vuet ysuiaai ttjv xoiXiav avrov and rötv y.eoaTicov.
J.uc. 15,16; jah gairnida sa|) itan drauhsnö, xoQTaa&rlrai
Ütio zäif xpixiorv. 16, 21 ;
arm bin ich zwar, doch ess ich satt. Borger 37".
b) das fleisch roh, gesotten, gebraten essen:
den krehj wolt ich 6 ejjen rö. Walther 76,9;
den teller, die Schüssel leer essen (r/e das glas leer trinken);
den bauch, wanst, kröpf voll essen {vgl. Pari. 132, 2 einen
guoten kröpf er a;); gjjen in den grans. Helmbr. 455.
f) sich satt essen {saiurare se), sich nicht satt essen ; wir
aszen uns an dem braten satt; asz mich an einer abgesot-
tenen groszen fohr (forelle) gesund. ScnwEixicnEN 2, 185; hatte
sich an einer gänseleber krank gegessen; sich dick, sich
dick satt, sich rundherum satt essen;
(ie aszen sich an gänsen dick. Licbtwir;
man bilde sich einmal ein junges mädchen ein,
das sich von fetter milch die backen rund gegessen.
Rost tchäferert. 57.
9) in der letzten stelle ist sich datir, in den vorausgehenden
ate. einen dat. ßgt zu essen auch Logaü, 1, 140, 3:
ESSEN 1166
mein tisch der darf mich nicht um Übersatz verklagen,
der gurgei ess ich nicht, ich esse nur dem magen.
10) wian sagte: ein mal essen ist göttlich, wer zwiret iszt
der ist ein mensch, wer drü mal iszt der ist ein vich, wer
vier mal iszt der ist ein teufel, und wer fünf mal iszt der
ist des tüfels muter genant. Keisebsberc 5. d. m. 5'. dem
ziemlich, zflcbtig essen gegenüber steht unzüchtig, geitig, gierig :
ein mensch der da zimlich isset, wenn er an dem morgen
erwachet und abgetouwet hat, so begegnent im die ding so
dar und lauter und in einer solicher feiner ordenung, das
er ein ganzen tag sunst nicht finden möchte. 7"; also asz
Esau geitiglichen ein Schüssel mit linsen aus, darumb ward
er beraubt des segens von gott, dan er het totlich gesundet,
da er also geitiglichen und giriklichen het gessen. 5'. ich
esse gern, edcre cupio, pruriunt mihi denies: die Juden, da sie
in der wüste waren und waren des himelbrots maszleidig,
sie betten gern fleisch gessen und sprachen 'uns unwillt ab
der speis'. 4'; also hat er ein schleckerhaftige speis vor im
ston, die er gern isset, so hungert in darnach, das er wolt
das er mee essen mücht und ist im leid, das er niht mer
mag. oder ist sollicher speis nicht genug da, die er gercn
isset, so hungert in, das nit noch mer da ist, das er den
sack fülle. 10". 'es gern essen' steht sodann überhaupt für
'gern haben': 'sehe da, was mir gefehlet hat, diser bäum
sol mir für ein leitstab und spiesz dienen', risz in derwegen
flugs leichtfertig aus wie ein anderer Christoffel, behieb im
die äst und machts wie irs gern eszt. Garg. 232*. so meint
auch essen sich einer andern uneszbaren sache gierig bemächtigen
und ein buch essen hiesz es gierig lesen, wie wir heute sagen
es verschlingen :
und dunkt |ich strifecht und gelert,
so er die bucher hat umb kert
und hat den psalter gessen schier
bisz an den vers beatus vir. Brast 57,5
{vgl. entschlafen 1 sp. 601) ;
ein gelerter heijt ein buochbij. Ls. 3, 328,
einer der hücher iszt oder in sich schling.
10*) ermahnung zu essen: ij vaste und schäm dich niht.
meisler Eckhart 625, 36, vgl. seh. u. ernst 1555, 316 : der bnider
sasz nider und asz allerlei trachten die man darsetzt on
schäm, vgl. i; an, i? vaste sp. 1164 unter 3.
11) wie vom essich beiszen gilt vom gährenden wein essen,
was eine hübsche stelle bei Keisebsberc lehrt: darumb mustu
dir selber einen starken gewalt und getrang an thun, wie
man dem guten win thut, der do sol kreftig luler und stark
werden, den thut man in ein stark wol gebunden vasz, da»
wol verschlagen ist und lot im kein liblochlin, und so wird
er heisz in im selber und vocht an im vasz zu lesen und
südet und thut vigentlichen (feindlich), so thund sich die
tugen (dauben) uf und wil usz dem vasz, so bindet man die
vasz mit groszen strengen und seilen und ist angst und not
das er im vasz blib. so gesitzt dan der win und isset und
verieset in im selber uni das werden denn die besten win.
büger 87*.
12) eisen essen ist was eisen beiszen und geht schon auf
iarn bita der wütigen Berserker zurück:
6r ist geheijen Ungenant
und dünket sich so ra'je,
#r springet an froun Geppen hant:
hei waj er isens aeje. >'eiDHART 215,
vgl. eisenbeiszer, eisenfresser, eisenkauer. apfel essen 1,533.
einen vor liebe essen, «reii küssen und essen mit dem munde
gesckielU, rgl. aufessen und freszlieb. des Terenz worte Eunuch.
V. 8, 56
at ego pro isto, Phaedria et tu Chaerea,
hunc comedendum et ebibendum vobis propino,
lauten in der Verdeutschung von 1499, 83' du Phadria und du
Cherea, so wil ich üch darum den zu essen zu trinken und
zu verspotten schenken, bittere mandeln essen, vorwürfe,
Schmach, leid erdulden :
lasz die weiter unterdessen
über iinsrer Unschuld stehn,
must du bittre mandeln essen
und vorletzt aufdornen gehn. GEnther 256:
wer nicht kommt, hat gegessen = irer nicht kommen oder
dabei sein will, der bleibe weg; nun konnte essen wer brot
mitbrachte, nach der alten sitte brot zum mahl, das wesentlich
aus fleisch und brfihe bestand, wie bei den heidnischen opfern,
gleich dem mes.<!er mitzubringen; ich isz mein theil unge-
schlagen. Garg. 94', brauche mich nicht zum essen treiben zu lassen;
UG7
ESSEN
ESSEN — ESSENSPEISE
11&8
im essen bist du schnell, im gehen hisi du Taul,
isi mit den füszen, freund, und nimm zum gelin das maul.
Lessijig 1,23.
friihstücken jentare hehzl bei Keisersberg frü essen, s. rf. m.
6*, an dem morgen frü ein suppen essen. 4*. die nieder-
deutsche spräche hat für eten ein trauliches diniinutirum eleken.
Tctresken kinderb. a 5', dem nichts hochdeutsches entspricht.
1.1) die alte spräche icar maniijfalter in Wörtern für essen, die
den hegrif nach vielen seilen abschatteten, mehrere einfache rerba
lassen ihn heute entweder gar nicht oder nur einge.<;chränkt blicken,
des goth. maljan wurde rmhin gedacht, so galt neman, capere
für essen und weiden, wie wir noch sagen etwas nehmen, in
sich, zu sich nehmen; ninjan, goth. niutan, nieszen, genieszen ;
brauchen, ags. brftcan war frui, vesci (2,315); entluden, ags.
nnb'itan (3,494); naschen geht auf leckerheU, nagen istrodere:
der die halben bir nuoc. GA. 1,214. speisen, ein noch nicht
aufgehelltes wort, setzen u-ir vom essen vornehmer leule. schlingen
und schlucken bedeutet hastiges essen, kauen langsames, gemäch-
liches: der mewet die speis vorhin (ruminat, kaut wieder) ec er
sie isset wie ein ochs, der die speis nach dem essen niewct
und douwet. Keisersberg s. d. m. 7'. «'fV sagen in sich füllen,
in sich schwingen, in sich bringen, hinunter bringen, asz
über alle macht, soviel er nur hinunter bringen konnte, irrg.
rf. /. 191. aj in sine hftt. forf. pa/. 361, 40*; aj in sinen mnnt.
tr.kr. 241S7; in den mund werfen, schieben, zu munde weisen,
fuhren; dem munde bieten; einreiben; einschieben; ein-
packen; zu faden schlagen ; räumen, aufrSumen ; zeliden, zer-
slüchen, zeliden noch ej^en. Karajan dcnkm. 82,1, vgl. stück
und frühstücken; ein lützcl brotes toeten. Renner 5256;
schnabelieren, krusteliercn u. a. m. von den meisten wird an
ihrer stelle nälier gehandelt. Adelung führt landschaftliche, haupt-
sächlich niederdeutsche Wörter für langsam, gierig, viel, wenig,
unreinlich essen an. bausen, schlemmen und dcmmen geht
auf übermasz und ausschwdfung, doch zumdst in trank:
ich isz nit wenic und trink dest mer. fasln. 562,15;
lautet heute:
ich esse nicht wenig, der trunk erhält mich.
s. esch = e^jisc, fressen, gessen, abessen, anessen, aufessen,
ausessen, cinessen, niitessen, asz, äszig, atz, ätzen, etzen.
ESSEN, n. cibus, prandium.
1) cibus, speise, Iracht, gericlit : ein gutes, schlechtes, schmack-
haftes, gesundes, köstliches, leckeres essen ;
din ^iicn ist vil kleine. IIelbl. 1,966;
din ßjjen wirt wol bereit. 1,1025;
daj ejjen mir gar widerstet. 1, 1039.
mach mir ein essen, wie ichs gern habe und bring mirs erein,
das ich esse. 1 Mos. 27, 4 ; und gab also das essen mit brot,
wie sie es gemacht hatte in Jacobs band irps sons. 27, 17 ;
und der könig gieng weg in seine bürg und bleib ungesscn
imd liesz kein essen für sich bringen, kund auch nicht schlafen.
Daniel 6, IS; wie der hausknecht ein essen krebs auftrüge.
KiRCHnor wendunm. 187'; die essen, welche von der Arsace tisch
waren aufgebebt worden, disz waren köstliche essen, buclid.l.
211,3; ^in essen oder zwei bereiten, seh. u. ernst 1555,318;
schau, ob du kommest an
ein essen flsch zu han. Atrer fastn. 54';
doch nimmt ein kluger koch die mitteimnsz in acht,
dasz durch zu vil gewürz sein essen nicht verderben.
ItOMPLER 153;
und opfern kuchen und andere essen, pers. rosenth. C, 3 ;
richtet etliche essen zu. pers. rosenth. 3, 1 ; hiermit wurde
dem boten von der frauen ein stück essen und ein trunk
hier zu geben anbefohlen, unw. doct. 143;
sie fingt und trägt das essen singend auT. Gellf.rt 1,03;
indem er dies noch sprach, trat Fiekgen selbst biTcin,
und trug ein essen auf. 1,202;
arm hatt er sich noch satt gegessen,
reich hungert er bei halbem essen. 1,79;
bald all er essen sah und roch,
befhigt er sich 'wie, leb ich noch?'
und zog ein messer aus der scheiden. IfACRDOR:« 3, -33;
«in mtuMben, «prach er, iit mein essen. Licbtwer 6S;
das essen
itebt auf dem lisch. Schiller 592';
CS soll euch mein weibchon
gut nnd mit ehren empfangen, ein schmarkhafl essen bereiten.
r.6TNR 40, 4U;
ein brintigam gehOrt tcbon fu den seltnen essen.
Korrkr :t,3:t3.
2) yranäium, cocna, ituMzeÜ, gaänuM: ein essen anstellen,
iMin rtseo einladen;
es ist heut fnstnaclu, und ein essen wird
gegeben auf dem schlosz. Schiller 3<iy.
s. abendessen, mittagessen, morgencsscn, nachtessen, meistcr-
i'ssen.
3) man sagte sonst vor essens, nach essens, mit ausgelasznem
nomen 'zeit', troron die genilive abhängen, wie in vor mittags,
nach mittags, über nachts, unter tags, schw. i aftons, i morgens :
nach essens spicileut einher bracht. Waldis 4,4 6/. 213';
nach essens so tanzet mau wider. Avrkr 230';
vor essens, nach essens. Gersdorf 21; das ich von meinem
gn. h. zu dem morgenessen erfordert und nach essens ver-
hört worden bin. Schertiins br. OO; vor essens wird kein
tanz. irrg. der liebe 399. andere belege sind gramm. 4. 202 an-
geführt, unterm essen, zwischen dem essen, während dem
essen, bei dem essen, nach dem essen.
ESSEN, n. blättern der kinder im mund, entweder weil sie
um sich fressen oder die man wol essenden, zehrenden Würmern
beilegte: weiszgalgenwurzwasser mit honig vermischt und den
mund damit gewaschen heilt fast seer die feule und das
essen des munds. Barth. Vacter arzneibuch 1532. f 14 ; tor-
mentillwassser ist sehr dienlich den jungen kindcrn , die
das essen im mund haben, denn es heilet die blöterlein,
so sie oft damit gewaschen werden. Tabernaemontanus s. 452;
wenn die jungen kinder das essen im munde haben, soll
man den mund mit ackeleienwasser auswaschen, s. loo.
ESSENBITTER, m. qui invitat nd coenam : tragen die bering
an der Stangen inn bach für erdfortischc (erfurlische) essen-
bitter. Garg. 51". s. leichenbiltcr.
ESSEND, eigentlich edens, dann aber wie andere pari, praes.
mit der passivbedeulung edcndus, edulis, eszbar: ein mel und
etwas essents ding. Katzmaib 105 ; so iemand durch recht
hungers not, die er, sein weib oder kinder leiden, etwas
von essenden dingen zu Stelen geursacht würde. Carolina 160 ;
wo aber iemand bei tag essend frücht nem und damit durch
wegtragen derselben nit groszen geverlichen schaden thet. 167 ;
ob solchs essend viech darauf gangen wer. 213 ; das man von
essundcr war kein maut schuldig sei ... und gelaub nicht, das
die essund war mautfrei sei. Chmel Maximil. s. 309 ; essende
wahr. Werlh. dcd. 1, 201 ; nun war ihm mit essender waare mehr
gedienet als mit gelde. pol. slockf 21 ; dasz alle dörfer und heuser
auf dem land mit wein und anderer essend speis vollsteckten.
Aventin 1, 63 ; essende speis. Keiskrsb. schifder pen. IOC" ; sunst
taug kein ander zu essenden dingen. Aür/n-nm. a8; auch das
diese beide die almoscn an essender speise und vorrat, welche
verderbhch, teglich unter die armen austeilen. Luther 2, 204';
was sie für essende speis bedürfen. Frey garteng. 53 ; pro-
viand ist allerlei essende speis und trank. Kirchhof mil. disc.
134; essende und trinkende speis zu holen. Fhoxsperg 1, 109*;
also das etliche essent kraft {nahrungsstof) im kraut ist, ellich
in würzen, etlich in sanien. Paracelsus 4o'; so borgte auch
essende waare niemand mehr. Schweinichen 1, 23S ; dasz sie
an essenden wahren die leule zu übersetzen pflegen. ;«'rx.
rosenth. 2, 1. doch der im deutschen recht herkömmliche ausdruck
'essendes pfand' bezeichnet nicht eszbar, sondern essend, fre.<scnd
xind gilt von verpfändetem rieh. frc»A7/(. 1, 32. 228. 2, 475. ebenso:
ob solchs essend viech darauf gangen wer. lÄtrolina 213 ;
essende wahr als pferd oder vich. Frankf. reform. 1, 12. 9.
ESSENFASZ, n. mcnsorium. roc. 14S2 h 2'. Uikfenbacu 35o'.
ESSENKEIIKEß, ni. caminorum purgalor: die bücbslen
Staatsmänner gehen wie hohe geistliche in ihren schwarzen
gallakleidern als höhere essenkehrer durch die straszen und
besteigen zum abkehren und abkratzen den Staat mit siuiip-
besen und galgeiileiter. J. P. nachdämm. SO.
ESSENSLIST, f. edendi desidcrium, unbequemer aU appelil,
»•(»rot/s sich appetitlich bilden Idszl:
als sie nun die esscnslust
gestillt. WlKLAMD IH, '20;
das kochen gibt mir essensliisl. GOinr. 45,9t;
denn weil er selbst niclii mehr die essonslust knn bfisien,
gibt er sein eigen ilcisrh ilm »unnorii zu gcnirsji-n.
LooAi; 1. 7, 1 1
(. fsziust.
ESSENSPEISE, f. nlms: i. h cwer essenspeise komme (iJi
den itir essen wollt). Hams Staue 125 (vgl. essekost); mich den
h'riedberfier hochzeil und kindtaufordnuni/rn von 101'.». 1034. ir,i:i.
I(;r,3 sollen kinder und gesinde von der lutcIreU weyl>lril>rn und
darf nietnand esseiispcis hnmsihirken ; weil des pfelTers vil
zu den essenspeisen grlirniicltl wiril. aller «n.v/i. luslg. 71";
uiiib die zeit, wann die soune um hil^iigitten bieunel, wurde
1169
ESSENSZEIT — ESSICH
ESSICH — ESSICHEN
1170
man viel mehr trank als essenspeise begcrcn. 75S; allerlei
essenspeis kaufen, iräbcrgeheimnus Albert, magn. Frankf. 1569
s. 200; redet von essenspeis, bausrat und andern nothwen-
digen sachen. Simpl. K. TS; ich dachte nicht so viel umb
essenspeis. 99 ; als ich wieder beim käme, befand ich. dasz
mein feurzeug und ganzer bausrat sampt allem vorrat an
meinen armseligen essenspeisen, die ich den sommer hin-
durch in meinem garten erzogen und auf künftigen winter
vorm maul erspart hatte, mit einander fort war. ebenda; nam
von essenspeis, was ich fand und tragen mochte. 263; sin-
temalen ich vom mährischen landmann beides essenspeis und
alte kleider erbettelte. Springinsfeld cup. 14. ßr die bedeuhing
des vortes speise zu beachten, dasz man für nOthig hielt essen
{wie vorhin essende und nacUier essentbafte, essige) 6«':»-
ßgen.
ESSENSZEIT, f. edendi teinpus: gebührt sich dann nicht
gottes namen zur essenszeit zu erheben, der uns speise und
nahrung giebet? pers. baiimg. 2,2. mhd. ejjennes zit, doch
steht Trist. S9, 27
eiQ lützel nach der äjienzit,
und in einer Iis. sogar a;zit.
ESSENTHAFT, edulis, eszbar: was sie von essenthafter speis
funden. Wickram rollw. 9t. besser tvol essenbaft.
ESSENTRÄGER, m. praeposilor, fursetzer. roc. 14S2 h2'.
ESSER, m. edo, esor, ahd. ejjo: esser oder slinder oder
sHcker, pransor. roc. 14S2 b2'; ein guter, starker esser; ein
feiner, leckerer esser; wird aber jemand am dritten tage
davon essen, so ist er ein grewel und wird nicht angeneme
sein und derselbe esser wird seine missethat tragen. 3 Mos.
19, 8 ; er hat viele esser {kinder) ;
der esser trocknen brots. Gotter 1,302.
ESSERIG, eduiis: ihre dienerin die statt schickten, esseiige
speis zu kaufen. AmadisiS'; dasz er uns was esserige speis
kaufe. 361. 5. esserlich.
ESSERIN, f. estrix: eine schwache, starke csscrin, dte
wenig oder viel üzt. aber auch frauen sagen: ich bin kein
starker esser.
ESSERLICH, eduiis: er hettc wol mügen schlecht sagen,
ich bin der mensch, der für euch gegeben ist, darinnen kein
gestalt eins esserlichen und trinklichen dings were gewesen.
Luther 3,70'; eins, das csserlichem ding gleich ist. das.;
ist das nicht ein schmUhwort, das diese zuchtige und be-
scheidene leute, die niemals schmähen wollen, uns fleisch-
fresser heiszen und sagen, das wir einen esserlichen und
brötern gott anbeten, br. 3. 46. mir ist es nicht esserlich,
nicht wie essen, dem esserlich würde auch trinkerlich, dem
trinklich esselich oder esziich entsprechen.
ESSERN, esurire: mich essert, mihi denies pruriunt.
ESSESCHWEIN, n. ein schwein, das schon geschlachtet ist
oder gleich geschlacldet und verzehrt werden kann, im gcgensatz
zum mastsch« ein und speckschwein : verehret einen geschlach-
teten ochsen und ein esseschwein. Scbweimches 2,144; gien-
gen auf solchem taufen mir auf ein guter ochse, zwei esse-
schwein, fünf kälber u. s. w. 2,182; ein spickschwein, ein
esseschwein. 2, 312.
ESSICH, fn. acelum, goth. akeits m. oder akeit n.? ags.
eced, alls. ecid, it. aceto, biAm. poln. ocet, serb. slov. otzat,
ungr. etzet, ahd. ejih, ej^ich, mhd. ejjich, bei Megenberg
353, 30 ejjeich, so auch bei Diefenbach 9', nhd. essich und
fehlerhaß geschrieben essig, da dem wort wie fitticb, eppich,
lattich, teppich ch gebührt, nnl. edik, gekürzt cek, schw. eltika f.
ddn. eddikc, ßnn. est. etikas, lelt. ettikis, gr. o^os, russ. uksus,
lit. nksosas, woljak. uksus. den klaut fuUten acetum, akeit,
eced, ecid; er wurde zischend in acelo, ocet, otzat; in ej'ih
für akeit sclieincn lingual und gidlural die stelle zu wcckteln,
so dasz aus einem nie vorkommenden echij ejih entsprang, das
hernach in edik, eddike, eltika. etikas zurückgiettg. für sich
stehen, obgleich nahrerwandt, ö^os, uk«us, uksosas. sichtbar
aufgedeckt liegt die würzet von acetum in acere, acescere, von
o|os «n ö|i''s, wegen der bciszenden schärfe und säure, man
wäre versucht, ohne annähme eines lautwechsds, bei ejih gleichfalls
an e^an beiszen zu denken, zumal in esselen acescere der oi/W-
lende gutturallaut mangelt.
die betrachlung aller dieser wortformen ist merkwürdig und
noch nicht abzuschlieszen. Deutsche wie Staren müssen doch von
jeher einen so unentbehrlichen ausdruck besessen haben, es verhält
sich damit wie mit wein und bier. festigte zu irgend einer zeit
in.
der Handel und verkehr mit Römern und Griechen hier und da
die namen acetum und o^os, oder war das ahd. ejih davon
unabhängig? füj weinessich und essich überhaupt führte sich
it. vinagro, sp. vinagre, fr. vinaigre. engl, vinegar ein, wobei
die Engländer nicht weiter an wine darltlen, die Iren bei fionn-
geur aber an fionn. isländisch entspricht nichts jenem etlika,
eddike, man sagt ölvinan.
ahd. mir was pitter, daj ib da; ne fant, da; ib suolila,
unde iro alti was mir e;;ich. N. f>s. 68, 22 {bei Luther 69, 22
sie geben mir gallen zu essen und essig zu trinken in meinem
gioszen durst);
»nhd. im was der pfefTer tiure,
da; salz und der ej;ich. Iw. 3339;
der Iruhsseje der truoc
den e;jicti in den ougen {sah sauer). Trist. 282, 25;
für der süejen wunne mete
der sorgen e;?ich trinken. Engelh. 2117;
nhd. dein part wirt dir mit sichten abgeschorn,
und wirt dir dein antlüiz mit essich gewaschen.
fasUi. 297,1b;
wie rouch den ougen ist nit guot,
wie essich ouch den zenen duot. Bramt 97,6;
da biesz sie ir ein schal und scharpfen essig darin bringen
und nam ein berün von dem or herab, das was fast köst-
lich und grosz und legt es in den essig, da verzart der essig
das berlin. Keisersc. s. d. m. 6'; der sol sich weins und starks
getrenks enthalten, Weinessig oder starks getranks essig sol
er auch nicht trinken. 4 Mos. 6, 3 ; isz des brots und tunke
deinen bissen in den essig. Ruth 3, 14 ; wie der essig den
zenen und der rauch den äugen thut, so thut der faule denen,
die ihn senden, spr. Sa/. 10, 26 ; wer eim bösen herzen iieder
singet, das ist wie ein zurissen kleid im winter. und essig
auf der kreiten. 25.20; man kann aus essich keinen wein
machen; aus dem besten wein wird der sauerste essich;
der wein zickt auf essich, acescere incipit, hat einen zick oder
stich auf essich, acetosus, das auf essich zicket. Dasyp. 2',
das auf essich sich zicket. 322*, sonst auch der wein zickt
an, ist anzickend, vgl. 1, 526 und Scn». 4, 223 ; süszer wein
gibt sauren essich; es kann kein essich werden, eh es in
den krug kommt ; er hat essich im herzen, acetum in pcctore
habet, saf-it;
brinet essig, helft sie kühlen,
bringt baisam [sie beginnt die frische luft zu fühlen.
Gryphius 1,164;
des unmuths nebel ist verflogen,
der essig meines bluts versüszt. Thcixel 2,4;
sonsten liiesz es, böse frauen
können guten essig brauen,
sei statt böse du nur scharf. Rcceert 230;
war der essig nicht scharf und baisaraisch das nuszöl?
Luise 1, 77.
essich auf einen scJielm angetcandt: mein herr hatte einen
ausgestochenen essig und durchtriebenen funken zum page
neben mir. SimfA. K. 159. s. bieressich, tausendessich, wein-
essich.
ESSICH, m. name eines pferdes. Garg. 134", viellcidit vom
scharfen trab?
ESSICH.\AL, m. vibrio, anguille du vinaigre, ein infwions-
thierchen. das sich im essich findet.
ESSICH.XLCHEN, n. dasselbe.
ESSICH BAUM. m. rhiis coriaria.
ESSICHBECHER, n>. peziza acdabulum, eine schwammart ton
der gestalt eines bechers.
ESSICHBEIZE, f. man legete also den hasen in eine scharfe
essigbeize. Leipz. arant. 1, 54.
ESSICHBLATT, n. oxalis , sonst Sauerklee, giickeslauch.
Bock kräuterb. 414.
ESSICHBRATE. m. assum aceio maceralum, sauerbrate.
ESSICHBR.UER, m. coctor aceti.
ESSICHBR.\l EREI, f.
ESSICHBRÜHE, f. was essichsausze.
ESSICHDORN, m. berberis vulgaris, sonst auch saurach und
erbsal {oben sp. 738).
ESSICHEIXE.N, acelum sapere, olere, nach essich schmecken,
riechen. H. Sachs I, 518*. 519'.
ESSICHEN, acescere, essden. Stieler 896; essigender wein,
säur wein. Dastpodiis 2'; speis, die zu sere gcessiget ist.
küchenmeisterei d7; wann ein wein essigt oder anzickt Ta-
bernaem. 604; das eilft zeichen {der schwangerschap), dasz
etlichen, frawcn kopplet {aufstöszl) und das oft köppen essigt
(sauer schmeckt) in der kelen. Röszlin hebammenbüchlin it'.
74
1171
ESSICIIEN— ESSICHS
ESSICHSIEDER — ESTRICIISTEIN 1172
ESSICHEN, acidus, acetosus, wäre mM. cj;ichin. s. essichsen.
ESSICHFASZ, n. duliim aceli, cJtd. aber ejilifaj acetabulum.
Grafk 3,720. tw. 14S2 li2'. h3'. auch zut^ sdiellc: dus alt
essigfasz (velula). Birk eliespiegel 41.
ESSICHFÄSZCHEN, n. cupa acctaria. Stieler 436. essich-
fäszle. Maaler 121\
ESSICriFLASCHK, f. acetabulum. Stieler 496.
ESSICHGÄMRLNG, f. fermenlum aceti.
ESSICHGEIST, m. spirilus aceli.
ESSICIIGERUCH, w». odor acidulus.
ESSICH GESCHMACK, m. sapor acidulus, saurer gesdmack.
Bock krätUerb. 778.
ESSICHGLÄS, n. acetabulum. Stieler 662:
liesz es die würde zu, wir gicngen selbst zur küclie
nach einem essigglas. Schiller 592*.
ESSICHGURKE, f. cucumis acclo macerala.
ESSICHHANDEL, vi. mercalura acelaria. s. essirlikram.
ESSICHHANDLER, m. mercator acelarius, vgl. cssiclikriimcr.
ESSICHHANDUNG, f.
ESSICHHOMG, m. mel acelo mixtum, saumiwnig.
ESSICHISCH, acetosus. s. essiclis.
ESSICHKRAM. »«. kleinverkauf des cssichs.
ESSICHKf{ÄMER, m. pro}>ola aci'lum minulim veiidens.
ESSICHKRAUS, «i. acetabulum, «/^moslkraus, mostkrüglein.
Stieler 1029.
ESSICHKRUG, m. acetabulum:
der drilt der bot ein essichknig. Hing 34', 39;
dann ein weib und ein essigkrug
seind allein in eim hnus genug,
dann sie gehören in das haus,
unnot ist sie zu füren aus. Atrer 307';
du weist, ein weib und essigkrug
sollen daheim bleiben im haus. Atrer fasln. 71';
die köchin hat das fleisch versalzen und venvürzt,
auch ist der essichknig beim oTcn umgestürzt.
probe einer bösen sieben s. 130;
ihre rede ist so süsze
als ein alter essichknig.
Jon. Matthesow der neue epliorus.
Ilamh. 1727. s. 208.
ESSICHKRÜGLEIN, n. Stieler 1043.
ESSICHLEN, acescerc: das seurclet und essiglet. Fnisii-s 21*.
ESSICHMETH, «I. mulsum acelo mixtum, rql. essirhiionig.
ESSICHMIE.NE, f. saures gesichl: erbittert durcii die essig-
mienen und giflblicke und die unUürbarkeit seines bluls-
. freundes. J. P. Hesp. 3, 12.
ESSICHMILCH, f. oxygala, saueimilch.
ESSICHMÜCKE, f. culex minutissimut, ex aceli fimo gcnitus.
Hemsch 951", vgl. cssichälchen.
ESSICHMUTTER, f. fmnnosa aceti faex. Stieler 41: aus
verdammter langer weile, dieser essigmutfer aller laster und
lugenden. J. P. Ilesp. 1,400; ich musz befürcliten, dasz Mat-
thieu neuen kriitenleicli und eine neue essigmutter des clends
an die wärme Jenners bringt. 4, 167,
ESSICHNÄPFCHEN, n. acetabulum:
jetzt zum schlusz das rssichnäprchen
mit dem wol verwahrten zäpfcfien
d-is im haus nicht fehlen darf. HCxkert 230.
ESSICHNELKE, f. cariophyllum lu>rten.<ie. Stieler 1325.
ESSICHROSE, f. rosa gallica, wie essiclincike.
ESSICHSALZ, rt. sauersaiz, namentlich Weinstein mit vilriol
und essich geschwängert.
ESSICHSAUEB, acidissimus: der apfcl ist noch essigsauer,
ganz unreif
ESSICHSÄURE, f. acor aceti.
E.SSICHSAUSZE, f. acelaria, sauce de vinaiffre. Maaler 121'.
E.SSICHSCHÄLCHEN, n. acetabulum. Stieler 1716.
ESSICHSCHA RF, acidissimus.
ESSICHSCHÄRFE, f acor, asperitas acdi.
ESSICHSCHUSSEL, f acetabulum.
ES.SiCHS, ESSICHSEN? quod acetum sapÜ, u.n u.uh essich
rieehl: clllirh probieren die beslUndigkeit der wein also, si
dunkcn ihre band in den wein und Inssens von inen scllis
tnirkcn werden, dann riechen si an die band, haben sie
dann ein MRigsen geruch, so ist der wein nit besttlndig,
riechen nie aber wol nach wein, su int er gut und bleibt
l>e«ländig. Herr frldbau 70', diese worthildung sriieint iitinc
anatogie, man miisUe denn da» alln. gang«i, sriiiv. gün^se, ddn.
gingt, gangbar hinzu hallen diirfen. druckfelder /iir cssiglcn,
ki^rnng aus eMicbi»cb ul audi unwalirsrhemluh.
ESSICHSIEDER, m. cssicitbrauer.
ESSICHSPEISE, f. oxygarum.
ESSICHT, acetosus: ein sauren essigten wein. seh. «. ernst
1555, 315.
ESSICHTOPF, m, olla aceli, ßgiirlich ein mümscher, sauer-
schender mensch.
ESSICHTUNKE, f. acelaria. Stieler 2263. s. essicbsausze.
ESSICHWASSER, n. aqua acelo mixta.
ESSICHW EICHER, m. coctor aceti: baubenstreicher, essig-
weicher, kretschmar, rcbknecht. Fischart groszm. 78.
ESSICHWEIN, n. generosuin acetum, weinessich.
ESSICHZUCKER, m. saccharum acctosum.
ESSIG, acetum. s. essich.
ESSIG, cdulis, eszbar: essige ding, edulia. Dasypodiüs fio';
crustuin, ein stück essig dings, als brot, kesz, leckuchen.
Serranüs f2'; unim kernen, haber und umm ander essige
speis. tfe».'i//i. 1,97; sagten die bachanlen zamen, wie es in
Missen und Schlesc der bruch weri, das die schuler derflen
gens und enten und andre essige spis rouben. Piater It! ;
pomum, allerlei essige frucbt von beumcn, obs. glosse zu ed.
1, 38 in Virg. ed. Egenolph 1597, 312*. versdticden von äszig,
gefrdszig 1. 590, doch mit üßerer mischung.
ESSISCH, acer, mordens: das also durch solch essische
und tartarische kelte die glieder nit mögen gerürt werden.
Paracelsüs 1, 508*.
ESSUNG, /. pliagclium i. e. comcstio. voc. 1482 h 2'. Diefen-
BACH 222'; ohne alhemholen, ohne stulgänge, ohne essung.
Praetorius slorchs wintcrq. 290.
ESTER, n. fallgutter, weidegaller, gekürzt aus esbansthor,
eschthor, eschtürli. s. oben sp. 1143 unter espan und anzeiger
fiir Schweiz, gcsch. 1855 s. 18.
ESTERICli, ESTRICH, m. n. pavimentum, ahd. astcrib,
esterih, mhd. esterich, nnl. estrik, it. lastiico, mlat. astracum,
Dücange 1, 457', richtiger ostracus 4, 747', Diefenbacu 403', da
sich das wort von öaxQaxov leitet, man pflasterte mit scherben
und Ziegeln, »y. plastar, astnci« fcet Graff 3, 302. 6«rfe est rieh
und pflaster sind fremd, aber frühe schon bei uns eingeführt.
N. Cap. 18 crepidas situ ninrcidas vcrdvulschrnd schwankt : fore
alti fcrmulite astericha, aide so sumeliche cbedent kenimfene
scüha, welches letzte das rechte war, denn bei astericha dachte
er sich crepidines statt crepidae.
mhd. da; himiliz unde der estirich. Dieher 110,12;
dar zuo was der esterich
mit guotcn teppechen gebreit. Er. 8598;
er spranc üf den estrich. Parz. 571,17;
mit bluoie was betouwet
der kemcnälen estrich. 573,27.
iM. und er bedeckt den estrich des hanses mit gehobelten
tannen. biliel 1483, 159', et tcxit pavimentum domus tabulis
abiegnis. 1 kOn. 0, 15, bei Lltiier und tefelt den boilen des
bauscs mit tennen breiter; und er pflastert den estrich des
tempels mit köstlichem marinelslein und mit gar schönem.
198' = 2c/Mon. 3, 6; mein sele ist angehafiel zi°i dem estrich,
erquick mich nach dinem wort. Keisersr. W/i;. 131'; gestampft,
geschlagen esterich, pavimentum. Dasyp. 279';
so beisz ich Kunz Knopf von Hausen
und kan einem ein pnich bei dem meusch einlausen,
und kan ein estrich darein schlagen,
es bet einer mit den zennon zu nagen, fastn. 239,7;
die halrac zermalmet das estrich, leret nrea cutmos.
Voss Virgil. georg. I, 192;
siehe, wie ring» um den rand die netten bänkc sich dehnen,
wie Ton buntem gestein schimmernd das estrich sich hebt.
Schiller 89';
flicht um die «culon den sprösziing der mirie mit silbernen
bluten,
und auf den estrich ergeusz purpur und gold und aiiir.
Matthlsson 250.
ESTERLING, m. acipenser huso, der hause, der stör, fr.
eslurgeon, it. sturione:
die ander krankheit heiszt die cfling,
die hat er gessen an esterling. fnsln. CS4, 24.
ESTRICHRODEN, ni. pavimentum. wc. 1482 h 2', flennasmus,
da eslriib schon gleichsteht mit boden,
ESTRIt'HEN, juirimentare. estrich machen, fiiendaselbsl.
mint, ein »IrAje ör drt govionc.
diu wa» gOÄiricIil undc breit. Puri. 142, 5.
ESTRICHSCHLEGEL, parirula. Stiele« «stl.
E^TIIIi'H"^THN. vf r ■■! "pilhrfl. ror.li>.'!.'' .,.„llir,i
1173
ESTRICHSTRICH — ETC.
ETC. — ETKIM
1174
ESTRICHSTRICH, m. rudits novum e lapide conluso.
ESZAPPETIT, m. eszlust. Tobler 172'.
ESZBAR, edulis, esculentus, e^zper, rescus, eomestibiiiSf deü-
ciosus. voc. 1482 h3*;
mit iTurzeln, die allein der bunger eszbar macht,
sind sie oft manchen tag genöthigt sich zu nähren.
Oberon 7, Sb.
ES2rBARKEIT, f. natura esculenta: das einzige mineral, das
eszbarkeit hat. Lichtexberc 5, 294.
ESZBEGIER. f. gula.
ESZr.EGlERDE, f. dasselbe.
ESZFLEISCH, n. earo edulis. Mo!«e arcldv 2, 29§.
ESZFREUND, m. sodalis, der mit mir iszt und trinkt, gerade
so ahd. gimajjo conviva, von mag cibus, altn. mati sodalis, nnl.
inaat.
ESZGELAG, n. eonrivium, sdtmaus, vgf. trinkgelag.
ESZGEMACH, n. c^)enaculum, eszzimmer.
ESZGESCHIRRE. n. rasa escaria.
ESZGESELLSCHAFT, f. sodalüium.
F.SZGIER. f. tcie eszbegier.
ESZGIERIG, gulosus.
ESZGLOCRE, f. compana vocans ad prandium : mein freund-
liches bitten, du wollest zu rechter eszglocke mein gast sein.
BiTscHKT kanzl. 246 ; zur zeit der eszglocken. 370 ; die esz-
glocke läutete, rgl. freszglocke.
ESZHAUS, fi. pransorium, coenaculum. roc. 14S2 h2'.
ESZKORB, ffi. tragkorb für das essen.
ESZKRAUT, n. herba tesca: Galenus lobet den iattich für
alle eszkräuter. Bock krduterb. 207.
ESZLAL'BE, f. coenaculum. esselöube. Rothe thür. ehr. cap. 14' ;
bibel 1483. Marc. 14, 15 ; die thür der mittlen seilen was zu
dem rechten teil des hauses und sie stigen auf durch einen
Schnecken in die mittlen eszlauben und von der mittlen in
die dritten. i5S' = 1 kün. 6, 8, in medium coenaculum, bei
Luther dar man durch einen Wendelstein hinauf gieng auf
den mitteigang. der voc. 1482 h 2* setzt esziaube für Solanum,
Sommerhaus, sommerlaube.
ESZLÖFFEL, m. cocblear cibarium:
da eilten mama und die freundliche tochter
schnell zu dem kahn am ufer, und brachten im zierlichen
tischkorb
feines gedeck, e«zlöffel und englisQhe messer und gabeln.
Luise 1,459.
die är:te lersckreiben einen eszlöffel als grüszeren, theelöffel als
klfineren.
ESZLUST, f. appditus, s. esscnslust: die eszhist Tcrnichten.
WiELAXü IS, S2 ; die eszlust erhöhen, reizen ; alle eszlust ver-
schwand bei diesem anblick.
ESZLL'STIG, edendi cupidus, veniger als eszgicrig.
ESZSAAL, m. coenaculum, eszgemach, coenatio:
an dem eszsaal nebenbei
versteckt ihr sie. Schiller ...
ESZSCHÜSSEL. f palina cibaria.
ESZSCHWAMM, ni. fungus edulis, esAarer schwamm. Lom-
CEROS kräulerbuch 86*.
ESZSCHWELGER, m. Muo, übellautender plconasmus, dessen
sich J. P. 3C, 87 statt des einfachen schwelger bedient, worin
schon dasselbe lie^.
ESZSTl'BE. f coenaculum.
ESZSTINDE, f hora dbi.
ESZSUCHT, /■. edendi Pruritus : die eszsuchl der schwangeren.
J. P.jubdsen. 161.
ESZTISCH, m. mensa escaria. vorzugsweise lag schon im ahd.
tisc selbst die hedeutung ferculum, aufgetragne speise und wir
sagen zu tische gehen für zum essen.
ESZTISCHCHEN, n. mittlerweile wurde ein esztischchen
mit zwei couverts hereingetragen. Thihmel 3, 463.
ESZVVAARE, f. edule: mit eszwaaren bandeln; mit esz-
waaren verschen. Felsenb. 3, 41. s. essende waare.
ESZWERK. n. alles was eszbar ist.
ESZWILDBRET, n. caro ferina.
ESZZEIT. f. hora prandii, essenszeit.
ESZZIMMER, m. coenaculum, Speisezimmer.
ETC., wer im reden oder schrnben einltält, weil fortzufahren
weilläuflig, überflüssig uiul lästig wäre, bedient sich der formet
et cetera, die dem gr. xt?.. ='xat rn )Minä entspricht, wofür
wir u. s. w. = uüd so weiter gebrauchen, ?iiederldnder enz.,
Men itd. = i tarn dalcv. Bolimen atd. = a tak dale. in den
allen vocabularen sieht farbasz, vorbasz und anders. Diefes-
BACH 211*. dies etcetera galt aber auch, wenn unbeliebte, un-
an.stdndige namen oder Sachen ungesagt bleiben, nur angedeutet
sein sollten: auf ein etcetera folgt eine ohrfeige. SixROCK2217;
er raunt vom ersten bis ann lesten,
das was der erst der chünig so,
der ander was ir herzog do,
der dril der graf, et cetera,
die vielend all vor im alda.
WiTTKswKiLKRs ring s. 246 ;
in dem Oonat, der reiflLn hat,
hab ich es oft gelesen,
quod nomen sit, das ialt mir nit,
man trinkt ihn aus den gläsern,
vinum quae pars,
und hast kein glas,
so sauf mir aus dem etc. a. Garg. 91*;
also auch ein münch, der ackert nirht wie der baursmann,
beschützt nicht land und leut wie ein kriegsmann ....
sonder et cetera, ihr versteht mich, er zeigt nur stäts die
blotte blatt, dann er ist umbs maul dahinden glatt. 245'.
der redensart 'reime dich bundschuh ! ' wurde schon 2, 523 ge-
dacht; wie die alten Schreiber an den schlusz des alphabets ein
etc. etz. setzten, pflegten sie Meinen gedichten 'etcetera bund-
schuh' scherzhaft oder spöttisch anzuhängen, so endigt das auf
kOnig Wenzels landfrieden {a. 1398) bei Hacpt 1, 433 :
et zetera buntscbuch,
hanget der zagel durch die bruch;
das lied vom grafen von Zolre a. 1423 (ed. Laszbebg 1842) nach
vers 460 wieder:
et cetera buntscbuch;
endlich in der fasznacht predigt von doctor Starxgs (herausg. von
Karajax 1S51):
da der kuecht des nachts thät singen
und ihm die schellen thäten klingen,
et cetera buntscbuh.
die redensart im decam. 8, 2 credete Toi fare a me come voi
faceste alla Biliuzza, che se n'andö col ceteratojo, was die
crusca von cetera (cithara) leitet, verdeutscht STEi:fBöwEL 472, 2 :
ir meint mir ze thun als ir Biliucza getan habt, die mit
dem etcetera liegen lief, und so geben auch die späteren aus-
gaben.
ETESINNEN, pJ. f. gr. oi irrjatat (avsfun), lat. etesiae tn.,
it. etesie f. passatwinde:
und dasz der heisze tag dir mache nicht verdnisz,
so beut die weide dir zum sessel ihren fusz,
zum schirm ihr laubicbt haupt. die etesinnen wehen.
Flbmwg 630.
ETIAM, fl. merces, lohn, bezahlung: er hat sein etiam em-
pfangen =s auch sein gebührendes Iheil, man soll ihm sein
etiam nicht vorenthalten, «rie man andere lat. parlikeln mehr,
z. b. 'tu autem' substantivisdi verwandte, schon Fou in der lehre
vom baden, fastn. 1252:
welcbs dir der doctor messe zuo,
den bit, das er den fleisz vort tbuo
mit dir wie vor, und tracht darbei,
das auch sein etiam do sei,
umbsunst arbeiten bringt unlust.
ETKl'M, m. zelus, synonym mit äfer, äfersucht, an dunkles,
schwieriges wort, das nur im Elsc^z und in der Schweiz vor-
kommt: ein guter etkum und iferen eins bescheidnen, göt-
lichen entbranten ernsts, der dir entspringt usz dem braut
golHcher und christenlicher lieb ... so hat er ein iferen,
also das er nit mag geliden, das einer mit im gemein hat,
das ist ifer oder etkum. Keisersberg bilger 136'; ein guter
etkum und iferen gegen allem dem das wider got ist. 136';
usz dem schmerzen entspringt dann ein etkum, ein iniferen,
ein inmaseren. 137*. wie eifersucht mit sucht, schiene etkum
mit einem verlornen m. kum, ahd. chftm aegritudo, wovon noch
chCtmo aegre, nhd. kaum übrig sind, gebildet, die untergegangne
nhd. form würde also lauten etkaimi, und et aus der ahd. partUcel
ita, it, mhd. it, ags. ed zu deuten sein, was eigentlich wieder atis-
drückt, dann aber blosz intensire kraft hat. ba kaum triW ich ein-
mal den gedanken an kauen wagen (vgl. säum und siuwen. floum
und flOuwen, doch mit ou, nicht A), da auch ahd. itaruochan,
u^. cdiecan ruminare dasselbe it und et zeigen; im kauen liegt
etwas mühsames, krankheit, eifersucht kauen Utren schmerz gleich-
sam wieder, nur steht das in kaum waltende ä für etkum noch
keineswegs fest, wenn im voc. 1482 h3*. Diefesbach 2I1' etkum
für etbica d. i. hectica, Schwindsucht genommen wird, so sclieint
1175
ETKUMEN — ETLICH
ETLICH
1176
dies zwar termischung mü dem gr. vott, gemahnt aber xugkidt
an den Schweiz, ausdruck ettig, ettik, ettika, der fressige ettika,
heiszhiingcr (Stalder 1, 117), ettik m. tabes, Schwindsucht, die
schH inend sucht. Frisius 12S5*. Maaler 121*, voran CDS. 468
sogar mylhisclie Vorstellungen geknüpft wurden, des Goliüs (auch
eines Elsdszers) onomasticon tat. gcrm. sp. 262 und des Twinger
rocab. bei Oueri.in 1, 3(i0 geben gleicherweise der cttike oder
ctkum hectica, den schweinenden cltikum haben, cxlabescere.
gesetzt nun eltikura sei aus einem ahd. acc. ctlichun, ettichon,
dessen nom. etlicho lautete hervorgegangen, wie andere acc. in
den num. traten, so mäste die Zusammensetzung mit kum auf-
gegeben werden und etticho, elticha könnte dennoch aus hectica
geworden sein, nur streiten die folgenden com}H)sila etkumen
und etkiiniig wieder für kum und Keisersbergs bedeulung zHus
stimmt nicht zu tabes.
ETKUMEN, zclosus : diser enhrant göttlich bescheiden ernst
anfohet niiiglich (mühsam, beschweiUcIi), etkumen und eiferen
(eifrig) zu werden über das übe! und unrecht, das wider golt
den herren geschieht. Keisersberc bilg. 137*.
ETKL'MIG, dasselbe: so wird er etkiimig, es ifert und nagt
in. 13C'. diesem bcgi'gncten vir oben sp. 24 bei Philander in der
assimilierten gestall eckkümig mit der bcdeutung von murosus,
difßcilis. hectisch scheint wieder untreffend.
ETLICH, aliquis, quidam, nonnullus, ein fast eigenlhitmlich
hochdeutsches adjectiypronomen, dessen Ursprung dennoch sciton in
einer gvthischen parlikcl haftet, ich werde darauf bei der älteren
nebenform etslich zurückkommen. Adelung im wb. und im lelirg.
§. 2S2 will einig der edlern Schreibart, etlich dein gemeinen leben
xuweisen, das ist aber ganz falsch, etlich erscheint von allershcr
in der Schriftsprache.
1) ahd. etaiih, ctlalih (Ghakf 1, 146), mhd. elelich, im sg.
vie pl. bräuchlich:
wand ich pevüepej wol also
mit etelicliem dinge. Iw. Ii63;
wander im bcscheinet
an etelicher sware. 2687;
daj in unser tiorre
wisje in ettehch lant. Greij. 1657;
da; disiu selbe sieclicit
wa-re vil niislicli
und eielicbiu genislicli. a. Heinr. 168;
si sagte roirs ellichen danc. 1 biichl. 2t6;
ej möbte eiliches mag beklagen. Wh. 58,28;
etliche mftge raine. 110,22;
so sull ir mir ühen einen suocbraan
und etelichen bracken. JVJ6. S56, 4 ;
ich fürbte harte scre etelichen rät. 865, 1 ;
dd was etelicher, der drier tage lanc
Tor dem gröjen leide niht aj noch eniranc. 1012, 1 ;
irre ouch ftelichen, der got und in girret bat.
VValtuer 10, 21 ;
nlwan durch Aai vil arme klagen,
dai hie bi zetelichcr zit
verborgen in dem herzen lit. Trist. 6,39;
so weij ich wol, diz mirre gil
den liuien ze etlicher zit
vorbilde in guoter l^re. Bart. 4,38;
genuoger got was ein swin,
«tlicber got ein scbacfelin. 265,6;
Etlicher ist ze karc. Gertiart 5471 ;
wxr mir etlich böne gezalt. IIelbl. 2,303;
etitche lueister bint gesprochen. Eckhart 282, 15; Ctlichiu
Torhle ist schedelich. 287, 29 ; ßlleich omacht. Mecenberg
9,7; in (■ticichcm geperg. 485,28. nhd. wird der sg. seltner,
ttelU aber noch bei Keisersberg, Luther und andern: etilicher
ist so weis, das er nunmieu drei nnmdfol von einer traciiten
isscl und laszt die andern slon. s.d.m.W*; sie werden aber
in seine band gegeben werden eine zeit und etliche zeit uiul
eine halbe zeit. Dan. 7,25; denn das gesicht wird nach
etlicher zeit geschehen. lO, 14; etlicher schweiget, darumb
das er sich nicht kau verantworten, etlicher aber schweiget
und wartet seiner zeit. Sir. 20,5.6; und indem er scel, fiel
etlichs an den weg, ctlirbs flel in das steinichtc, cllichs fiel
unter die dornen, etlichs fiel auf ein gut land und trug
fruchl. etlichs hundcrtfellig, etlichs secbzigfcltig, etlichs drei-
szigfeltig. Matlh. 13, 4 — 8, iro die ahd. rcrsion den pl. sunui
und andaru hat, das dllert fragm. bei Maszm. 5. 3 sunt; ebenso
Marc. 4,4 — S, wo yolh. suui und an|»nr; etlicher trcgt hun-
dertfeltig, etlicher aber srchzigfcliig, etlicher dreiszigfclllg.
Mallh. 13, 23 ; etlicher suchet ungern und war fro dasz er in
nicht fand, buch d. l. 01,2; nach etlicher zeit. MiciÄLit;«
1,43; im mit etlichem gelt soll zu steuw er kommen. Kirch-
hof wc/irfunm. 144*. in\ l~ jh. in etlicher sach beholfen sein.
Heniscb 952,43; zu etlicher zeit, aliquando. 952,43; etlichs
theils, aliqua ex parte. 952,41; mit etlichem volk. Opitz Arg.
156. noch heute darf gesagt werden: ich unternahm es mit
etlichem erfolg, die sache verursachte etliche mühe, etliches
stand uns entgegen.
2j noc/i Adu/ij/er zeiy/ stcA der /)/. unrf aus Keisersberg, Luther,
Maaler und ihren Zeitgenossen wären haufenweise belege anzu-
führen: und an etlichen enden was verboten. Keisersberc
s.d.m.h*; etliche (betrunkene) werden traurig und erschlaigen,
ein teil werden zornig, wollen schlahen, hauwen und siechen,
etliche weinen das trunken eilend. 9"; und saszen etliche
tage im gefengnis. 1 Mos. 40, 4 ; da waren etliche menner
unrein über einem todlen menschen. 4Mos. 9, 6; aber el liehe
lose Icute sprachen. iSom. 10, 27; gleichwie die grünen hietter
auf einem schönen bäum, etliche abfallen, etliche wider
wachsen, also gehts mit den leuten auch. &>. 14, 19; etliche
aber schlugen in ins angesichtc. Mallh. 26, 67 ; und über
etliche tage gicng er gen Capernaum. Marc. 2, 1. auch im
17 jh. und in der ersten hälfte des is mangeln keine bei.ipiele :
etliche cier sind weisz, etliche blcicbfarb. IIenisch 952,33;
an etlichen orten besser. 952,38; ich habe etliche stücke
schöne spitzen zu verkaufen. Grtpuius l, 780; ob zwar etliche
anfiengen zu melzgcn. Simpl. K. 48. 3; etliche schütteten die
federn aus den betten. 48,12; über etliche jähr hernach.
66, 25 ; ich verharrete etlich stund neben dem grab. 86, 21 ;
über etlich tag nach dem ableiben. 89, 3 ; etliche stunden
zuvor. Weise erzn. 17; etliche tage von seinem alter. 18;
elliche stunden vor mittage. 20; nach verlauf etlicher stun-
den. Felsenb. 2,20; seit etlichen wochen. 2,39; nahm von
demselben auf etliche vvochen abschied. 2, 54 ; es ist wahr,
ich bin etliche jähre älter. Gellert 3, 9; ich habe noch etliche
anstaltcn in der küche zu machen. 3, 28 ; und vielleicht
würde ihre beiderseitige wehmuth zuletzt in etliche sehr
freundschaftliche küsse ausbrechen. 3, 43. Späterhin trat aber
die änderung ein, dasz das hergebrachte, ehrliche, zu detn haf-
tenden etwa und etwas stimmende etlich zurückwich und dafür
einig gesetzt wurde, ich weisz nicht, ob Adelungs lehre einwirkte
oder sie selbst schon dem wechselnden Sprachgebrauch entnommen
war. bei Lessing, Göthe, Schiller, u'o sii7i etlich erwarterj /imi,
slöszt man auf einig, womit doch nicht gesagt wird, da.^z ihnen
oder andern schrißüellern nicht auch noch einzelne etlich ent-
schlüpft sein sollten:
etliche w-ochen sann ich darüber und sucht es zu rächen.
GöTHK 40,78;
die neue gewohnheit ist aber (von etlichemal, etlichermaszen ab-
gesehen) im ganzen durchgedrungen, und wenn wir unser jetziges
gefühl um einen unterschied beider Wörter befragen, so klänge
etlich sinnlicher, stärker, einig abgezogner, man wird eher sagen
etliche bäume, etliche äpfel als etliche begrilTe, Vorstellungen,
doch geläufiger geworden isl uns einige bäume wie einige be-
griffe, es helszt nach einigem zaudern, nach einigem Wider-
spruch, niciü nach etlichem, beide, etlich iric einig s/tVie»» der
Vorstellung des wenigen nah, etliche bäume sind nur wenige.
3) mit etlich verband sich gern der gen. pl. jtersönlicher ]iro-
nomina, dann auch anderer substanliva, und gelU voraus : unser,
euer, ir etliche: und ich wil ein zeichen unter sie geben,
und ir etlich, die errettet sind, senden zu den beiden. Es.
66,19; wohin ich wil ewer etliche uberig behalten, /er. 15,11;
und sie werden ewer etliche tödten. Luc. 21, IG; der capilan
behielt unser etlich bei sich. IL Stauen rci.ws. 114; ich halte,
dasz der schönen fabeln etliche daher kommen sind. Luthers
tisclir. 1,77. den gen. ersetzen praeposilionen : etliche unter den
schriftgelerten. Mallh. 0,3. auch kann der gen. nachfolgen:
davon entzii'hent sich ettliche der selben frummen menschen
v(m gescischaflen. Keisehsb. s. rf. m. 30'; etlich seiner leule,
etlich der seinen. IIenisch 952, 20 aus Maaler 121*.
4) man sagte sonst etlich viel und cllich wenig im sinne des
heutigen ziemlich viel, ziemlich wenig: es lief das volk zu und
kamen etliche viel tausent zusamen, also das sie sich untern
ander traten, vulg. inultis autein turbis circuinstantibus, ita —
ut se invicem conculrarent. Luc. 12,1; ich habe gotl loh «
etliche viel siedle erfahren. Luther 5, 172'. /»r. 4, in; die iM
etliche so viel jähr da« sacrainent verncht. br. 5,226; so
das ein junger knab, der ander« nicht gar ein tölpel ist, in
einem jähr mehr studieren und lernen kann, denn ziivor in
etlichen viel jahicn. lischr. 2,17-, etlich viel wagen mit mokt
1177
ETLICH — ETMEX
ETSCH — ETSLICH
tl7S
abgebeutet. Werthcimer ded. 1,261; nachdem er nun etlicbe
viele jähre mit dieser frau in er\vünschlem frieden hinge-
bracht, erkrankte dieselbe. Senn er seelensch. 2,325; durch
etlich wenige zeilen mit nächster post berichten. Bctscbky
kanzl. 11. doch in folgenden beiden stellen scheint etlicher der
von viel abhängende gen. j4. : wie etlicher viel gelhan. Lctder
8, 124" ; wie sie unter einander selbs wol wissen, auch etlicher
viel bekennen. 8, 251', falls nicht etliche zu bessern ist.
5) bei Chehmtz heiszl es immer 'ein tag etliche' für etliche
tage, icenige tage, ein paar tage: zu und bei Sittaw rubele
der feldmarschall ein tag etliche. IV. 2,115'; also das selbige
{die armee) den Elbsfrom passieret und der enden auf drei,
vier und fünf meilen herumb ein tag etliche gerastet. IV. 3, 37';
womit er ein tag etliche sehr belästiget und überhäuft ge-
wesen. IV. 6,53". das wird zu fassen sein: einen und ellichCj
einen oder etliclte tage, rgl. sp. 114. 693.
6) die zahl folgt dem etlich nach: etliche zwanzig, etliche
hundert, oft mit und dazwischen: pit ich das du mir gebest
etlichen schüjlinc und zwei (f zwen) desselben paubmes.
gcsta Rom. K. 26; er ist gefangen worden und über etlich
und zwanzig jähr gefangen gesessen. Luther lischr. 2,99;
mit einer guten anzahl musquelirern, auch etlich und fünfzig
armirten pferden unversehens überfallen. Werlheim. ded. 1, 261;
als sie etliche fünfzig meilen hinter sich hatten. Weise «sn. 8 ;
sogleich kuckte etwas aus dem fenster, das ein kopfzeug
aufhatte und einem mädchen von etlichen zwanzig jähren
ähnlich sah. Voss briefe 1, 219 ; vgl. oben sp. 209 einige zwan-
zig, einige und zwanzig, gerade wie Lessi.ng sagte in einige
sechzig Zeilen, vor einige dreiszig jähren, findet sich auch bei
ihm : eine reise nur von etliche tausend meilen. 4, 444. heute
schreiben wir einigen, etlichen und ziehen es auf zeilen, jähren,
meilen, er bezog es auf sechzig, dreiszig, tausend.
ETLICHEMAL, aliquoties, fr. quelque fois : du wärest recht
böse geworden, weil er es etlichemal versehen hätte. Gellert
3, 22; schon etlichemal ist mirs so aufgefahren. Göthe 16, 77;
ais ich etlichemal sachte an der wand hin und her gieng.
18.22; etlichemal aufgeführt. 18,27; etlichemal wollte er
seinem freunde in die rede fallen, is, 133. vgl. ellichmal,
einigemal.
ETLICHERMASZEN, quodam modo: kh kenne etliche, die
sich bedünken lieszen, wie sie etlichermaszen entzücket wären.
Luther eJ. IVa/c/j 2,139 S; begonnte mich auch dermalen allbe-
reit etlichermaszen umb die Jungfrauen zu thieren. Schwei-
NicHEs 1, 63 ; Sachen, so etlichermaszen päpstlicher demuth
zuwider scheineten. Zinkgb. 1, 6 ; allzuviel zeit mit studieren
und lesen verschleiszen ist etlichermaszen ein scheinbarer
müsziggang. Bütsciiry Poim. 626; zu etlichermaszen beslillung
des gemütes. kanzl. 230; dasz ihre gedanken nur etlicher-
maszen so nach mir gerichtet wären, wie die meinigen zu
ihr. TiECR 4, 314. rgl. einigermaszen.
ETLICHGROSZ, aliquanlus. roc. 14S2h3*. vgl. ahd. eddes-
raichil.
ETLICHMAL, aliquoties: gott hat ein wort geredt, das hab
ich etlichnial gehört, ps. 62, 12; etlichmal, aliquolfariam.
Maaler 121';
liab ich nicht ellichmal erwählet
bei nacht ein naszbetautes gras? Neukark lustw. 75.
ETLICHTÄGIG, einige tage anhaltend, gebildet tcie eintägig,
mehrtägig: allein ich trauete dem laudfrieden so sehr eben
nicht, weil mir das immerwehrende gegitzschere und bestän-
dige ohrenbläsereien verdächtig vorkamen und endlich wurde
ich nach einer etlichtägigen unpassionierten aufführung durch
ein Schlüsselloch gewahr, dasz mein lieber bruder bei ange-
zündeten Wachskerzen vor einen kleinen altar niederkniete.
Felsenb. 4, 176.
ETMEN, spirare, halare, athmen, edmen {sp. 31), wie schon die
kaiserchronik verschiedentlich aetemen, Megesberc 33, 33 «etempt,
und ein späteres meisterlied sogar etnen schreibt: was musz, nach-
dem es gleich geformirt, lenger in glüender hitz ligen und
etmen, dann das glas? Thlrseisser pro6. der harnen 15;
der per lief auf in (den üch todt stellenden) sere
und det in gscliwinu umbkere,
walget in hm und liere,
ob er noch leben het.
er etnet zu seim munde
ob er noch athem runde,
do er keines cmpfunde,
liesz er in an der stet, meiilerl. fol. 23 n' 36.
noch jetzt in Leipzig er etlente sehr.
ETSCH, spöttischer von Schadenfreude oder räche eingegebner
ausruf, bereits 1, 595 unter ätsch aufgeführt, zuerst erscIteiiU
diese, in den Wörterbüchern übergangne interjedion bei Filidur
d.i. ScHwiECER, Wittekinden K3' (a. 1666):
etsch, wenn du mich letzt kenntst!
wie würd es mir doch gehen?
Voss 2, 101 in der bleicfierin, wo es heiszl :
nun, jüngferchen, weisz ichs,
stand vorher: etsch, Jungfer, nun weisz ichs; etsch, hab ich
doch auch einen ring I etsch, du hast schlage gekriegt ! etsch!
ihr könnt mir nichts beweisen. Kotzebue dram. sp. 2, 331 ;
etsch I das ist ja pure mistjauche. Haltrich märchen 2Sl ;
etsch. schaberübchen ! s. das folgende.
ETSCH, /". Alhesis, it. Ädige m., ahd. Etisa f. aus einer
stelle des Padl Oleariüs de fide concub. 101, 21 : alter privatus
ad Athesim se parat, vulgariler 'uf die Etsch' will Zar:;ke
s. 250 unwahrscheinlich jenes etsch machen, ausetschcn ableiten,
vgl. vielmehr autsch 1, 1045.
ETSCHLAND, n. regio athesina. Maaler 121' schreibt: die
Etsch ein flusz im Ätschland.
ETSCHWEIN, m. vinum athesinum, wie er um Bolzen wäcJisl.
ETSLICH und verderbt etzlich, mhd. eteslicJi, etslich, ahd.
etislih, eleslih, edeslih, eddeslih, elhaslih (Graff 1, 146),
unter welchen eddeslih die älteste form und der partikel eddo
zunächst steht, eddo aber ist das golh. aij){)au, scIieitU also schon
verditnnung eines älteren, nirgend aufzuweisenden eiddo, dessen
diphthong nicht nur im goih. ai, sondern auch im tat. au von
aut und autem hinlänglichen grund findet, wir gerathen hier in
eine der ältesten und dunkelsten conjunclionen. offenbar liegen
goth. i{) und das in aijjjiau, eiddö steckende ai{), aid den lat.
Partikeln it, wie es in iterum enthalten ist, aut und autem ver-
wandt und die lautverschiebung stimmt nur in diesmn fall, denn
die übrigen ahd. formen verwischen wieder alle spur des gesetzes.
möglich aber ist auch, dasz das ahd. etas, etes und etalih unmit-
telbar auf ij) zurück geht und niciU aus aij) gekürzt wurde, wie
nun die Vorstellungen aut und forte in einander greifen, dies zu
untersuchen gehört noch nicht hierher, sondern erst unter die con-
junclion oder, hier üt bloss gelegen an der bildung eddes, edes,
etes, die sich mit 15h und wie wir nachher sehen werden, mit
den fragwörtern was, wer, wie und wo verbindet» kein ent-
sprechendes goth. ai{){)is ist in den bruciistücken überliefert, wäre
gleichwol denkbar und könnte den bekannten allis, raihtis, halis
zur seile stehen, ja mit rücksicht auf ai^^ia sogar ai{)|)aus {analog
dem filaus) lauten, in den frühsten ahd. glossen erscheint wirk-
lich ein allein auftretendes ethas tandem (Hattemer 1, 212"), tro
es nicIU mit dem vorausgehenden wanne demum zu verbinden
ist, wie auch hernach ethashuanne tantundem folgt, dies praefix
etes oder eta, welchem vielleicht gleiches alter einzuräumen ist,
hat nun deutlich in den Wörtern eteslih, etalih, eteshuer, eta-
huer, eteshuaj, etahuaj «. s. w., die kraß des lat. ali in aliquis,
aliquid, aliquot u. s. w. d. h. es kommt dadurch in die Vorstel-
lung etwas unsicheres, wie wir es auch durch irgend ausdrücken,
der etsliche, etliche ist irgend einer, etswas, etwas irgend was
hier mag schon vorläufig daran erinnert werden, dasz selbst in
den disjunctionen aut, eddo, edo, odo, oder ein anklang von alius
und alter ist, da durch aut die einheit, durch alter die einzalU
Überschriften und aufgehoben erscheint.
Diese höher schwebenden fragen bei seile gesetzt, reizt es zu
forschen, welche mhd. dichter eislich, eteslich statt ctelich, so wie
die nachfolgenden i-teswd, eteswaj «. s. w. statt etwa, etwa; je-
brauchen oder welche beide nebeneinander anwenden, «illkür der
Schreiber hatte doch hier viel freie hand :
etslicher was ein rubin. Parz. 85,4;
ouch heten die este und etslich dorn
ir hemde zerfüeret. 257,9;
etslicher riet ir bntder lip,
daj si diu werc volbrähle. 518,26;
Tor ungedolt er sich so want,
da; brasl etslich sin wunden bant. 587,24;
etslich frouwe wart gehurt. 777,11;
etslich man da; priste. HVi. 4,22;
etsliche wollen da; bewarn. 1S2, 8;
etsliche nämen sinen soll. 184,21;
enlsliu; H( da; tor,
ich erzürne eteslichen noch biute davor. Nib. 457,2;
ganzer tage dri und etesliche naht. MSF. 126,21;
doch sa'he ich an ir cteslichem gerne ein schänden mal.
Waliber 30, 23 ;
1179
ETSLICH — ETSWAS
ETSVVENNE — ETTER
1180
waj ob ir «teslicher üf lieb gciliiifte mir gelicliem kumber h&t.
Mü. 1,154';
£uUchen den list oder den rät. Tikl. 3S5, 19;
nu bnete ich gerne, möhtöj sin,
eislicher helfe dich, liarl. 124,25;
Jse t'tslicher stuude. Gerltait 2994;
ouch fuoren zuo dem riche
dCs mäles etesliche. (r. kr. 25028;
unde eieslichen gräven. Helmbr. 415.
die stellen lehren, dasz das aJid. eddeslih, etcslih auch zur mhd»
seit furtbesland. man könnte eieslich dem bairischcn, t"(clitb
dein schwäbischen dialect beilegen wollen, doch sehen wir selbst
Wolfram ztcischen beiden bilditngen schicanlien und bei Megen-
UERC findet sich zwar ctswie, überaus oft elleich, nur seilen
ctslich, z.b. 2S, 32; umgekehrt mangelt i'tslich weder in Got-
KRiEDS, Conrads noch Rudolfs dicIUungen, wie es auch spdlcrliia
clsäszische und scliwäbische Urkunden gewähren.
man begreift leicht, wie etslich zuletzt nhd. in die schlechlc
Schreibung ezlich und elzlich übergicng, da in unscrm atilau-
tenden und zuweilen audi auslautenden z der tslaut cnihaüvn
ist und z. b. für seltsam häufig scllzam, für gotes kotz, potz
gesetzt wurde. Rotiies thfir. ehr. hat fast immer etzlicli.
der sagten etzlich grausam mer. Schwarze!«berc 104, 1 ;
vor elzlichen jaren. Hebucn klag des armen mtinnes 6.3.
indessen geiieth die form bald in abnähme. Dasypodiüs, Maaler,
Deszler stellen nur etlich auf, kein etzlich, Henisch 951,18
und Stieler 884 geben noch etzlich an. Frisch 1, 234 mit rich-
tigem bezug auf eddeslih, bei Adelung ist es nichts als gemeine,
oberdeutsche mundart. belege für etzlich liefern die Chroniken von
Kömgshoven, AxsnELM, WuRSTisEN «. 0. m. der Scliweidniizer
sladlschreiber Jacod Garthener in seinem bericht von den tinruhen
in den j. 1520—1524 sagt s. 394: siilch vorhoren vorzugk sich
'einen etzlichen tag', d. i. änen oder etlichen lag, etliche tage,
fast wie sich Chemnitz {vorhin sp. 1177) ausdräcki das etzlich
moclile also in Sciüesien haften, unter den dichtem des 17 jh.
hängt ihm Opitz besonders an, obschon er auch eükh gebraucht :
hilf gottl hat denn der krieg nicht volk genug gefressen
von etzlich jähren her? 2,34;
von etzlich tausend jähren. 2,105;
ctzliche vernicliten die poeterei gar mit einander, etzlichc,
und diese die klügsten, gestehen u.s.w. (a. 1022) 2, 247; nicht
weit von ihnen lagen etzlichc lauten, geigen. 2,265; und
bestetigen mich in dieser meinung elzliche Holländer, pivsod.
germ.p.bi; etzliche sein der meinung. Hofmannswaldau t'orr.
wnd oft. so steht auch im erzschrein der fruchlbr. ges. s. 129 für
etziicher zeit (a. 1638); s. 45 etzliche andere, in Riemers
reime dich s. 2 etzliche unnütze, doch lustige falle; s. 5 ein
schlechtes liihnchen, nemlich das lob etziicher wenige; 5. 12
«Izliche mengen unter die wahrheil ganz ungeschehene dinge;
etzliche nennen sich unverschämte historienschreiber «. s. w.
und ebenso oft in seinetn pol. stockf (1681): elzliche liebesblicke
. iazuernlen. s. 90; etzliche blicke, s. 123; etzliche mal ge-
ichet. «.133; wisset ihr nicht, dasz Cupido zweierlei pfeile
luhret, etzliche womit er zwinget und verwundet, etzliche
über, womit er rächet und strafet, s. 144; bisz auf etzliche
iiigenblick. s. 146 ; etzliche unter denen medicis. s. 335. Stieler
•<J stellt etzlich neben etlich. aus dem 18. 19 jh. läszt sich
icnig oder nichts anführen, wenn gleich das wort im leben und
I» büchern hin und wieder vortritt; es hat dann zuweilen einen
gcsuclUcn oder scherzhaften nachdruck.
ETSWA, hier und da, irgendwo, mhd. CleswÄ, ahd. Cddes-
huür, eteshuär:
wft wcre dar? '<ftesw&'. Iw. 180C;
da{ Cr wäre £uwi,
dai man noch wip enw^ste wt. 3217;
die h^lme wurden «teswA
vil idre verschroten. 7228;
diu iuwi iinschulde enkalt. Wh. 152,30;
•4 wa* ouh d«r trubiiic{e d&
eteiwenne und fiteiwA. Tritt. 226,2;
d«r tracbe d«r wer CuwA dA. 220, 11;
den Uc geniowea eietwi. 228,34;
ro/Ör mth nhd. im 15. 16 jh. cUwa, etzwo darbieten, kann, t. b.
ÜiF.reNBAcn 22*; ciswo hin, aliquo. fastn. i.vj, 23; vgl. etwa.
ETSWAS, mArf. Cteswa^, aliquid, gen. i'-IcswCs:
mir wehnet Cteüwa; hier nn,
d«( mioae meinci undc man. Tri§t. 28,27;
te boTs wielMD «tetw«a. tr. kr. 1066;
herre, gebt mir eieswaj. Helbl. 2,1312;
ich waisz das
und noch iner etzwas,
das das hoffolk nit eukan. fastn. 397,5;
die ungeselten hai; ich, die etswaj ain menschleicU gestalt
habent an dem leib. Megenuerc 486,22; den pat Alexander
Maccdo, dag er im Ctswaj schrib von irm lüben. 491.36; in
den Urkunden öfter etzwas, unterm volk auch etschas, ölschas,
ütsches. Frommann 3, 399. 4, 322. s. etwas.
ETSWENNE, aliquando:
der so lange rüel^ in einen touben walt,
ej antwurt iuie dar üj etcswenne. MüF. 127,14;
die vil görne miner hant
ctswenne durch min gäbe nigen. Wh. 131,19;
irte iuch etswenne dej guot
michcl harter danne dßr muot. Iw. 2905;
eteswcnne und eteswä. Trisl. 226,2;
6r sprach ir ßteswenne zuo
liepliche sunder lougen. Ir. kr. 159Ü4;
des wolle im gteswcnne
zerspalten sin daj herze. 160S2.
nhd. elzwan. Schannat dient, fuld. p. 356. in Rotues tliiir.
cliron. etzwan und clzwanne. vgl. ctwan.
ETSWER, aliquis, mhd. öteswer, gen. cteswijs, acc. eteswen:
S(3 miiejt ir etswcn kiesen, lü. 1826;
heijet eteswen komen. 2604;
ir het vunden eteswen. 4518.
nhd. ptzwer, z. b. Schöpflin Als. dipl. 747 ; m der Volkssprache
etschcr. Frommann 3, 399. s. etwer.
ETSWIE, qnodam modo.
etswie ernert ich den lip. Iw. 2S35;
si dähten sä, daj Marke
etswie wa!re komen dar. Trist. 443,15;
in etswie \il tagen. Megenuerg 8, 13 ; so daj geschiht etswie
vil. 24,22.32,0.35,27.433,32; s/xi/w etzwie : vor etzwie langen
ziten. Schreiber Freit, urk. 2, 60 ; und do wir dag ettzwie
dick vor unserm rate mit inen reltent. daselbst, unterm volk
etschwie. Frommann 4, 522. s. etwie.
ETT, ETTE, patcr. th. 1, 595.
dann was ist lieblichers zu hören,
als wann die kinder reden lehren (Jemen)?
wanns heraus lispeln halb die red
und rufen abha, vatter, eit. Fiscuart geistl. lieder 92;
sein ette hat mein cttc kennt,
me ebne seinen ebne gnent. Frischukordm Susanna p. 303.
ETTER, m. sepes, septum, alts. Cder, ags. edor, ahd. etar,
mhd. eter, noch heute in der Schweiz (Stalder 1, 115) und in
Itaiern (Scumeller 1,12S) etter, ein uralles wort, wofür sich
schon ein goth. idrs, wo nicht aidrs vermuten läszt, da auch finn.
der zäun aita, estn. aid, aed, läpp, aidde hriszt. auf der andern
siile lUingt das ir. ithir an, a cornfield, also the soil of any
ground, wobei man das ir. und welsdte ilh granum erwägen
kann, es war natürlich, dasz die Vorstellungen zäun und ein-
gezäuntes feld oder grundslück, flur einander vertraten, wie gerade
zun, ags. tön sepes im altn. tön viridarium, oppidum ausdrücken.
edor kann daher auch den eingefriedigten räum des ackers wie
des liauses bedeuten:
li^ddun ina wlanke man
erlös under ederös, thar was eld mikil. Ilel. 151, !,
sie leiteten ihn unter die zäune, in den hof zur feuerstdtlc;
h('ht |)Ä corla hlco ealitn mearas
fated hieore on llet teon,
in under coderas. Bcoe. 20G8,
er hiesz die adU pferde in den vorhof {das flelzc), unter die citer
ziehen ;
eorl visade in under cdoras. CtvJm. 147,25;
in under edoras. 150,5,
welche beiden letzten stellen deullidi das haus, die Wohnung sdbsl
meinen.
ich hdrte grdjen vogelsanc
in dem garten wnnnerlich
öf einer linde lobelich,
diu stnont ob einem hrunnen
lind schirnido in vor der sunnen
und vor iilleni wintere.
iniierthiili) dem etero
«4{ diu liobo vrouwe min.
HiiNiKUNs minnelehre 1616,
Akt i.«i/ der etter ein brunnengehege unter der linde im garlm.
ili'in die winrcben zu Wiiiningen sullend nlüo in giitcui Irid
sciu und ligen, als ein gut iu uUn etleru (m Neun zäunen).
IISI
EITER— ETWA
ETWA — ETWAX
1S2
veidh. l, 139 ; wer ouch, das dehein man des vogtes ungnade
verschuldet bette mit Unzuchten, flühe der ze sant Marien
in den eitern, so sol ime der TOgt nit nachfolgen weder ze
rosse noch ze fusze denne unz an den ettern, wand das
golzhus von alter also gefriget ist, das man da nieman vahen
noch slahen sol. 1, 339. um das dorf, um die mark herum
befand äch eine solche hegung, welche der dorfetter, dorfitter
hiess, ueislh. 1, 752. 753, und wonach auch einzelne dörfer den
namen führen, z. b. Itter, in Oberhessen, man sagte innerhalb,
oder auszerhalb etters stehen, weislh. 1,29.121; binnen dem
eder. 3,797; den etter räumen, den eder mimen. 3,146;
missethdter musten bis an den etter, vor den etter zugeliefert
werden. 3, 644. 797.
etter und zäun wurden aber im allerlhum weder aufgeschlagen
noch gesteint, sondern immer aus rulhen und dömern geflochten :
do grabt man schwefel, macht salpeler,
der zäunt, ein ander flieht das eter.
Thurtieisser archidoxa bl. II.
zu beachten sind die stellen, wo zwischen zäun und etter unter-
schieden wird, im bairischen volksrecht, cap. de sepe rupla heiszt
es: si illam sepem irruperit vel dissipaverit, quam egjiscziin
vocant, cum uno solido componat et restitutione. superiorem
vero virgam, quam etarcartea vocamus, quae sepis continet
firmitatem, si eam injuste reciderit. simili modo cum solido
componat, eo quod minime tunc sepis vitiata animalis sustinet
impetum. die etarcartea d. i. ellergerte festigte hauptsächlich den
getraidezaun (ejjisczün), war also nur ein theil deszauns; weislh.
3, 8S9 ist die rede von einem neun etter, d. i. ruthen hohen
zäun: item ein hune (henne) sal einen gank han, so fern
als einer uf einem hause gritelig (gcsfjreirJ) sitzend mit einem
ei wirft, thut sie aber schaden, so sol man machen einen
zun IX edere hoch, Dugt sie dan darüber, so bat man macht
sie zu erschlagen, s. die vorhin aus 1, 139 angeführte stelle.
ETTERGERTE, f. virga sepis, ward eben angeführt.
ETTERGPiABE, m. heiszt s. b. ein grabe bei Gieszen, der von
der Lahn an nach der Wieseck sich erstreckend die stadl auf der
nördlichen und nordöstlichen seile umschlieszt.
ETTERN, sepire: sollen die zeun mit zweien äfern geätert
sein, veisth. 1,263; und hat ein vogt nicht me rechtens in
dem forst, dan das er einen wagen voller gerten zu einem
geetterfen zäun . . . hawen möge. 1, 584. es gab also geellerle
und ungeetterte zäune.
ETTERRUTHE, f wie etlcrgerte. Schveller 1, 128. Stalder
1. llö.
ETTERZALN, m. schon langob. iderzün. Rothab 290.
ETTERZEHEND, m., der bis an den etter oder für den clter
entrichtet wurde.
ETTICH. /". phthisis, s. atzmann 1,597. etkuni 3. 1174.
ETTLEIN, n. paterculus, väterkin, väterclien:
und wolt nieroant nach uns fregen,
so weist sie hin gen Erlestegen
oder hinüber zu dem tauben eileln,
da sol heint unser herberg sein, fastn. 96.
*zum tauben ette', scherzhafter name einer weil entlegnen her-
bcrge, so wie 'gen Erlenstegen'.
E'nVA, aliquando, forte, bei dieser partikel ist vorsieht nöthig.
ein scheinbar entsprechendes mhd. etewä kommt kaum vor, nur
eteswü, und würde gleich diesem alicubi, uspiam bedeuten, also,
da mild. w4 ubi zu nhd. wo wird, etwo, etzwo lauten, welches
aucli hernach folgt, gewöhnlich ist nhd. etwa abgestumppcs etwan
(i. dieses), doch hat es sich daneben auch im sinn von etes-
wenne atiquando erlialten.
1) etwa, alicubi, mhd. elesw3: got ist nindert, dann das
etwa ist, das ist in ein stat eingeschlossen. Frank chronik 368*.
Dastp. 322'. Frisch 1, 233'.
2) etwa, forte, vielleicht: umb etwa einer unlust willen,
vulg. propter aliquam foeditatem. 5jtfos. 24, l; kom und setze
dich etwa hie oder da her, vulg. declina paulisper et sede
hie. Ruth 4. 1 ; denn ich hab auch meinen knaben etwa hie
oder da her bescheiden, pueris meis condixi in illum et
ilinra locnm. t Sam. 21,2; jage im nach, das er nicht etwa
für sich feste stede finde, ne forte inveniat ciritates munitas.
2 Sam. 20, C; du hast etwa deinem bruder ein pfand genomen
on ursacb. Hi<A 22, 6 ; wie kan er an dem allinechtigen lust
haben und gott etwa anrufen. 27,10; wird ja des finstem
etwa ein ende. 28,3; o bette ich fliigel wie tauben, das ich
flüge und etwa bliebe! p-i. 55, 7, tro vielleicht etwo stehn sollte;
s etwa 1 ; meinstu nicht, das etwa ein eisen sei? Jer. 15, 12 ; und I
die so im lande umbber gehn und etwa eines menschen bein
sehen. Ez. 39, 15 ; und wenn sie etwa zu einem euszern vor-
hof zu dem volk herausgehen. 44, 19 ; die wechter in Ephraim
hielten sich etwa an meinen got. Hosea 9, S ; als wenn ein
zimmerman etwa einen bawm abhawet. weisli. Sal. 13, U;
sähe auf alle straszen, da er her komen soll, ob sie in etwa
ersehe. Tob. 10,8; auf das du nicht etwa deinen fusz an
einen stein stüszest, goth. ei hvan ni gastagqjais. Luc. 4,10;
auf das er nicht etwa dich für den richter ziehe. 12, 58 ; so
setze dich nicht oben an, das nicht etwa ein erlicher denn
du von im geladen sei. 14, 8 ; auf das sie dich nicht etwa
wider laden, goth. ibai auftö jah eis aftra haitaina Jiuk. 14. 12 ;
wehneten die scbifleute, sie kemen etwa an ein land. apostelg.
27, 27 ; so ein mensch etwa von einem fehl übereilet würde,
goth. jabai gafahaidau manna in hvizai missadede. GaL 6, l ;
ist etwa ein tugent, ist etwa ein lob, dem denket nach, goth.
jabai hv6 gödeino, hvö hazeinö. diese stellen zeigen, dasz
etwa gern den conjunctionen dasz, wenn und ob, so wie in
fragen hinzutritt, um die Unsicherheit des ausdrucks zu erhöhen,
weshalb wir auch und etwa, oder etwa, nicht etwa häufig ver-
binden, so wie dem hier und da, dieser oder jener und ähnlichen
disjnnclionen ein etwa voraussenden, vielleicht etwa äeht pleo-
nastisch: derowegen habe von meinem Überflüsse vielleicht
etwa euren mangel ergänzen und ersetzen wollen. Felsenb.
4, 181 ; bin ich etwa ein Schach Riar ? Wielam) 7, 60 ;
damit nicht ein andrer
etwa dieses und jenes von mir im stillen begangnen,
unbekannten Verbrechens dereinst bezücbtiget w'erde.
GöTHE "40, 67 ;
grosz ist er, ich aber bin klein, und könnt es mir diesmal
etwa mislingen, so hätten mir alle die listigen streiche
wenig geholfen. 40,206.
alle schrifläeller von LtrrnER bis auf heute flieszen fiber in bei-
spielen für dieses etwa, das sich doch nur in der syntax vM-
ständig erörtern läszt. nur sei noch angeführt, dasz wie für
etwer, etwas, etwie, etwo bloszes wer, was, wie, wo gesetzt
werden mag, auch für etwa bloszes wa begegnet:
und lassen sie sich wa nicht weisen,
so sollen sie alle teufel zerreiszen. Göths 57,254.
die Volkssprache macht aus etwa eppa, eppe.
3) etwa für etwan, mhd. eteswenne, olim, aliquando: das
er inen brechte ins land die gefesze des hauses des heim,
die etwa aus dem tempel weg genomen waren. Baruch l. s ;
Trypbon ein heubtman, der etwa des Alexandri freund ge-
wesen war. l Maec. 11,39; den bund so zwischen uns etwa
gemacht ist, widerumb zu vernewern. 12, 3 ; abschrift des
briefes, welchen Areus uns etwa gesand hatte. 12, 19 ; ich
aber lebete etwa on gesetze, iycö Se i%c"v xcooie vöuov
Ttore, vulg. ego autem vivebam sine lege aliquando, goth. ip
ik simle inu vito{) libaida. Rom. 7, 9, auch simle bedeutet einst,
ehedem; es ist er Paulus Lindenauer, etwa prediger zu Zwickau,
bei mir gewest. Lütders br. 3, 344; dr. Usingen, ein Augustiner
mönch, der etwa mein präceptor war. Luthers tischr. 1.27;
etwa da ich las, die heiligen väter hätten gelebet von wur-
zeln, meinet ich, sie hätten die wurzeln von bäumen gesscn.
3,16; dr. Hillner, syndicus zu Regenspurg und etwa pfalz-
graf Philipsen rat und diener. Ave.-^tins leben vor seiner bair.
chron. s. 2. ausg. von 1566 {die von 1580 hat etwan).
4) mdn merke 'etwa lange': wenn sie (die wölke) aber zween
tage oder einen monden oder etwa lange {vulg. longiora Icm-
pora) auf der wonung bleib, so lagen die kinder Israel und
zogen nicht, nnd wenn sie sich denn erhub, so zogen sie.
AMos. 9,22. so bereits:
daj ouch her konic Davit
hat vor hin lange zit
in sincm psaltersange
vor hin etwa lange
geschriben unde gescit. erlösung 2929,
wozu man halte: hernach etwan lange was. 1143.
5) etwa hin, aliquo. Diefenbacb 23*. Dasyp. 322', s. elwo
hin, etzwa, etzwo hin.
ETWAIG, fortuitus, steife bildung der neueren geschdßssprache,
neben etwanig, wie daig, hieig neben dasig, hiesig: etwaige
schulden, ausgaben, ansprüchc; die etwaigen eicei-pte. Rll-
■ exbach bei Merk 1, 414.
ETWAN, dieselbe f>artikel, deren ahstumpfung wir vorhin unter
etwa erörterten, für ihre zweite bedeutung kommt dabei das mlid.
eleswenne (Nu». 1356 nach einigen hss. auch ellewenne) in
betrachl, ßr die erste aber zugleich das ahd. üdowän, t^dowän,
1183
ETWAN
ETWAN — ETVVAR
1184
ßlwän forte (Graff 1, 862), vodurch die oben angere^e berüh-
rung zwischen ui|i}iati, fddo und eta neu bestärkt und; schtrer
hält es sich über \v;in und wan [yolh. livaii) 2« entscheiden.
i) etwan, forte, das nit ctwan, ne quando. Maaleh 121';
so etwan, si quando. 121*; etwan einer, aliquis. 121*;
sctionlieit des libcs man vil acht,
wert elwan doch kum über nacht. Brant 6, S2;
ob ich auch villeicht einen etwan mocht erwerben. Stein-
HüwEi. Esop 92; ungcwonlich speis essen, so man etwan
speis maciit, allein das sie seltzam scind. Keisersi;. s. rf. m. 5';
inen schadet ein glas mit wein mer, denn wenn etwann einer
ein halbe masz trünke. 9"; wenn ein sollicher füller ze nacht
heim kummet von der stuben und etwann foll ist. 9'; das
schweren geschieht etwann recht, etwann unrecht. 21'; dise
blatter etwann erwürgt sie einen etwann zu lod, das ist,
das er tödlich silndct, elwan tcglich. 2l'; wenn ein kind
etwann unrecht Ihut, und man es fraget, warum hast du
das gelhon? es fahet an zu leugnen. 26'; es sol etwann gar
(wol noch gar) ein fein ding sein. 26*; wenn das hinderreden
also in der bösen meinung geschieht, so ist es todsünd und
ist etwann groszer sünd, denn esseslu fleisch an dem kar-
freilag. 27" ; wer ist der . . . das im nit etwann entwüsche
ein eerabschneidig wörtiin. 2S' ; davon so die frumnien men-
schen etwann (viclleicJU zufdiliy) bei den liitcn sind, da man
dem nechstcn sein eer abschneidet, so fürchten sie sich und
dürfen nit darein reden. 30'; nun lug wie viel todsünd einer
etwann in einer todsünd thfit. 32'; also wenn die groszen
herren fallen in grosze schwere sünd, so machen die lieb-
leller, das da seind tüfelsammen, ein spnmg daraus und
sprechen: es ist ein grosz herlich werk, das ir do gethon
haben, ist (es) ein arm man, musz auch etwann ein zan
zeugen. 32'; fluchen mag geschehen in dreierlei weis, und
derselben meinung nach so ist es kein sünd, etwan teglich
Rfind, etwan todsünd. 38'; wann ein reicher man ein gülden
in die ein Schüssel legt, so hastu etwann nit me dan blaphart
in die selbige gcleget. 41'; das e. k. f. g. wollen seinen zwcen
sönen gnüdiglich etwann ein geistlich leben zuwerfen. Luthers
br. 5,725; dieses wächst etwan so lang, das man grosze
bürden gras darein binden mag. Tabernaem. 1215; er kan
auch etwan was künftiges errathen. Mathesics 1562, 302'_;
wa er etwann nicht zugegen war. Garg. 200';
uns trüg etwan ein streflein ein. Atrf.r fastn. 100';
tolt etwan heute noch ich vor dem feinde sterben.
Fleiinc HO;
wir Schrein einander zu,
dasz keiner etwan nicht, was ihm verfänglich thu. 111;
müste er mich in sonderlicher Wartung hallen, dasz ich nicht
etwan stürbe. Weise erzn. 74;
und was etwan übrig blieben
wird in keinem segen stehen. Camitz s. 33;
wer nur ciwan halb geglitten,
wird beredt, verhöhnt, verschnitten. GE!«TnKR «.80;
er kommt und etwan bahl. 546;
was die böse weit etwan sagen werde. Liscov 5; ohne dasz
wir derselben anders als etwan durch den genich gewahr
werden. 65; alles was ihnen etwan zu hoch ist. 183; wenn
ihm etwan eine schrift nicht genilh. 264; weil er etwan den
rausch noch nicht völlig ausgeschlafen hat. 729 ; was meinen
lescrn etwan widerfahren sollte, dafür kann ich nichts. Ra-
iiE7(er 2,93; denken sie etwan, dasz ich so wenig einsieht
habe. Gellert 2, 342; wenn etwan unser gute Homer einmal
schlummert. Hamler dicIUk. des Ihraz s. 113; liald ward die
grille von einer andern verdrängt, so wie elwann, so wie etwann
— schade dasz ich kein gleichnis dazu finden kann. Lkssinc
1, 231 ; wofern ihn etwann eine Versuchung dazu ankommen
sollte. Wieland 3, «7; so wird er sich etwann des socrati-
srhen gehcimnisscB bedient haben. 3, 81 ; ganz neuerdinge
haben wir ihn nicht etwann von ricsen oder bezauberten
mobrcn, sondern von gemeinen bauerjungen abbläuen lassen.
12,7; bat dich ein narbigesicht etwann mit schrerkgeslallen
befallen? 33,2«; wollen sie mir elwann gar verbieten, dasz
ich nach meinem eingebrachten fragen soll? Weisze kam.
op. 2, 2«i; da« mädchcn gefiel mir. ich glaubte sie wtirde
etwann luitt liahrn, eiimial die stadt zu sehen. 3,nn; he
•cbweslcr, wenn du den elwan ntuh nicht willst, »o lasz
mir ibn doch. 3. m ; auch wind unsre zOglinge hier- nicht
elw»n ringriiperrt. ÜOtoi SI,1I7.
2) etwan, aliquando, olim:
etwan in der alten ee,
do viel gar ein kalter schnce. fasln. 1414;
ich hab etwan sagen hören von zweien kaufleulen. Steijj-
HöwEi, Esop 92 ; Gonella etwan ein fast schimpfiger narr und
.spilman. Brant tW Äd/j/iöuc/ 146; ist der etwan in dem eilend
in der fremde, der mag etwan in ein ersam durf kämmen.
Keisersiierc bilgeri'2'; das bond die Römer etwan gespürt.
«. rf. m. 5'; die heupter und regenten sollen ineszig sein in
essen und trinken, so sein sie die alierföllesten krüg etwann.
9'; deshalben seind die Walhen fast subteile lül (im zerlegen
eines bratens) und seind über uns in dem, etwann warent
wir über sie und betten uns gescliampt, das wir eim ein
lügin zugesagt sollen haben, aber ietzundan streichen wir
den kulzen und seind eins leders. 1'.»'; er meint er wolt
gegen seinem sun alles übel verzeihen on das liegen {lügen),
das spilen, prassen und huren würd im doch etwan vergon.
25"; etwann gieng man den fruminen armen entgegen und
nam sie in die hüser und gab inen z8 essen, . . . aber
ietzundan ist es nicht mer. 33'; es ward einmal gesaget,
dasz man etwan viel gelesen und geschrieben habe ohn allen
verstand. Luthers lischr. 1,30; etwan hat man den klöstern
voll auf gnug können geben, itzt gibt man christlichen lehrern
nicht gerne einen heller. 1,55; etwan bei unsern zeilen war
bös studieren. 1,67 {in diesen drei stellen rührt elwan rom
heraiisgeber der lischreden, da Luther selbst elwa schreibt) ; der-
gleichen haben auch gethan Job. von Trillenheim und Con-
rad Celtis, etwan mein lehrmeisler. Avicntit« ein/, zur bair.
chron. ; ich bekenne mich, dasz ich auch etwan zu frauwen
und jungfrauwen liebe getragen hab. buch d. liebe 243,4;
elwan trift er auch seinen man. H. Sachs 1,416';
weil ich war etwann stark und jung. II. 4,54';
etwann feurt (d. t. feiert) man die heiligen und verbrant die,
so die gemeine münz entheiligten, jetzund feurt man die
gemeines nutzes entheiliger und liegt sie schier auf den
henden und verbrcnt dargegen die heiligen. Garg. lOo'; käl-
berten sich etwann auf einer schönen, grünen wisen. 193*;
Äugst etwan genant Hurich. ¥iscn\RT gl. schif 4h'; dieSalomon
etwan dent könig Hyram schenken wolle. Matuesius 5"; es
sollen solche spiele nicht täglich, sondern je elwan, doch
selten getrieben werden. Slraszburger polizeiordn. tit. 12 bei
MosciiEROscD de cxercit. 344;
als wenn ich früh und spät, nachdem es etwann kam,
in deiner gegcnwarl die deutsclie laute nahm. Güntukr 373;
0 löscht die wapen aus! ha, wirft ein klngling ein,
der etwann in der weit so weit herum gezogen,
als unserm bader nächst die praue gans entflogen. 374.
simlcrlm uird diese bedeutung seltner und hört endlich auf.
3) elwan lang, aliquantisper. Maau^r 121*. s. etwa 4. elwan-
hin, aliquo. Diefenbach 23'.
4) es fragt sich nach dem heuligen gebrauch der formen etw an
und etwa. «•»> haben jene für die allere, diese für die abge-
stumpflc, des n valusligc erkannt, einzelne schrißsteller schreilien
durchgängig etwan, andere etwa, und da in unsrer spräche übn-
Pusz an n ist, so scheint etwa, als uvl lautender, den vorzug zu
verdienen, beide nebeneinander zu behalten und etwa zu setzen,
tco ein consonant, elwan, ifo ein vocal folgt, ist unbegründet.
ETWANIG, fortuilus, ungefdhrig: 'wenn nicht vollkommen
eben denselben, doch einen elwanigcn'. der elwanige begiif
wäre hier unnütz oder gefährlich. Lessing 10, 256; die elwanige
dunkelheit des ausdrucks. Klopstoc« 12, 46 ; bei etwanigen
klagen. 12,5«; elwanige alle inihümer. Kants, 400; an einen
etwanigen träger der accidenzen ist nicht zu denken. Fichte
grundl. Ifil ; ich biiszc clwaniges lob ein. J. P. Siebcnk. 1, ix ;
elwanige eiiiwciidiingen. kühner tnachle MichXiiis 5,355 das
etwan selbst zum adj. : halten sie sich bemühet, wie die pom-
niersrhen lande in etwanem stände bei dem ihrigen erhalten
bleilien nnigen.
KTWAH, usjiiam, mlid. i'lesw.'^ für i-leswar, Plewar: elwar
aiifliaiiwen, iuaedificare. elwar in sein, inesse, das man dich
elwar fiirhalie, ut tu nliquid esae ridcarr (rffl.t; man dich für
rliras holte, wofür halle). Maai.er 121* ; es gehet elwar mit
iler lliiir. Wirsunc (u/i.v/h.i rc; die weil man elwar (»Vi^-hi/mc«)
daselbst von linden lierauf mit srhiirken hat gehandeil. liimi Ml".
etwarhin, aliquorsum. DiEFRNRAcn 2.1*. feidrrhafi schnnl u/nt
elwar aliquis, nescio quLi. ullus. Dasypoiui;« 322'^ und danach
Serkanus dici. V O'. «»/«. II ii'. <^i.inüer gramm. 83. s« iialt elwer,
mhd, cl»wer, da man nicht war für wer sagen kann.
1185
ETWARÜM — ETWAS
ETWAS
1186
ETVVARLM, um elwas, heute etworum: elvvarumb gestraft
weiden, luere comntissa. Maaler 121*; Hemsch 952;
und solches geschieht nicht umb preis und rum,
als wan manwettlault etwarumb.
Fischart ehz. 56 (453. 1597 D4').
ETWAS, aliquid, ahd. eddeshuaj, doch bei N. etewaj (Graff
4, 1192), «jAii. vorwiegend eteswaj, etswaj, in Helles spec. 146
etlewaj, ettiwag, auch im passional K. 35,61. 193,80. 229,35
etewa;; nhd. wiegt aber etwas vor, und etzwas erscheint nur
selten; tadelhaß iclitwas, da icht = ahd. iowiht an sich schon
aliquid ausdrückt, vgl. nnl. iet, iets. die Volkssprache assimiliert
etwas zu eppas, eppes loben sp. 679), wobei einem das lat.
qiiippe, quippiam, quispiam, uspiam einfällt.
1) allein stehend: so du etwas verkaufest. Keisersbekg
s. d. m. 2'; also das ein allwegen etwas übe {dasz einer immer
etwas arbeite), tl"; als dick du etwas kaufest oder verkaufest,
so zühest du gott darz« (misbrauchst du dabei gottes namen).
21'; solt dem herrn etwas unmüglich sein? 1 Mos. 18.14;
und solt nichts davon über lassen bis morgen, wo aber etwas
über bleibt bis morgen, solt irs mit fewr verbrennen. 2 Mos.
12, 10 ; etwas tbun, ausrichten ; etwas betrachten, dejingere
cogiiatione. Maaler 121''; etwas sein, aliquid esse, in ansehen
stehn; es ist etwas, est aliquid; lasz mich auch etwas sein
oder gelten. 122'; nicht viel ist doch etwas. Lessing 1,467;
das testament, von eben derselben Verfasserin, ist noch so
elwas. 7,115; der theil (der menschen) konnte sich schon
etwas dünken. Götbe 24,213; und nur um etwas zu sagen,
versetzte er, nachdem er tief athem geschöpft hatte. 19,125;
glücklicherweise, dasz die gemählde so hoch stehen und die
täfelung auch etwas aushält. 21,21; einige graue haare konnte
er nicht verbergen und von runzeln schien sich auch etwas
eingefunden zu haben. 22, 38 ;
närrisches kind !
du sollst ja nur elwas, nicht alles werden,
wie kannst du dich denn so erstaunt geberden
zu sehen, dasz andere auch etwas sind. Rcckert 317;
er hat sich etwas damit, hält elwas darauf; es hat sich etwas !
= daran ist kein gedanke; ach hat sich etwas! Engel Lor.
Stark 300 ; etwas davon tragen, abkriegen ;
aber das gegentheil that er hernach, und kriegt er darüber
etwas ab, so hab ers auch. Göihe 40,202;
erzähle mir etwas; welchem so wol als mir zeit und weile
lang wurde etwas erzählen zu hören. Felsenb. 1, 29 ; und so
in zahlloser anwendung.
2) neben einem davon abhängigen genüiv,
a) des Substantivs: und Joseph gieng in das haus und tet
etwas Werks, tifte/ fon 14S3, 34= 1 3/os. 39, 11, ut operis quip-
piam faceret, bei Luther sein gescheft zu thun ; etwas rats oder
Ihats. Lltheb3,2; gröszere stück, die etwas ansehens hetten.
4,160'; niemand meinet, das elwas trosls da sei. 4,215; wenn
er etwas anligens helle, so höret er in gern. seh. u. ernst
1555,208: elwas hirnes. Forer 116"; bei nacht etwas Scheines
geben. 148"; zu etwas Unwillens ursach geben. Fischart e//J. 7 ;
elwas dings, a/j^uid; elwas gewinns. aliquid lucri ; elwas eeren,
nennullus honos; er hat etwas forchts, timor aliquanlus; ich
wil dir elwas meiner biicheren zuschicken, aliquid de meis
scriptis mittam. Maaler 121*. 122*; meine abneigung elwas dieser
dinge gedruckt zu sehen. Göthe 20, 92. doch heute meidet
man solclte gcnitive und apponiert entweder das subst., z. b. etwas
ehre, elwas furcht, elwas trost, etwas geld, elwas volk.
Schiller 743 ; oder braucht die praep. von : elwas von diesen
dingen, sachen, elwas von meinen büchcrn; ich hatte zwar
gern elwas von versen gemachet, welzabend al'. am liebsten
aber setzt man an die stelle von elwas ein adj., z. b. einige
ehre, einige furcht.
6) des adj.: ahd. etewag giiotes, grüenes, lindes, niuwes,
elewa; andares, etewa; pejjirin, m^ririn; nltd. wer etwas
liebes hat. altd. wäld. l,ihb; wenn eine seelc elwas unreines
anrüret. Z Mos. 5,2; das fleisch das elwas unreines anrürct.
7,19; ist aber an dem vieh elwas unreines. 27,27; wird
aber der herr etwas newes schaffen. 4 Mos. 16,30; wie kan
ich etwas anders reden? 22,38; so sie etwas tödüchs trin-
ken. Marc. 10,18; sündige fort nicht mehr, das dir nicht
etwas ergers widerfare, vulg. ne dctcrius tibi aliquid con-
lingat. Joh. 5,14; denn du bringest etwas newes für unsere
ohreo, vulg. nova quaedam infers, apostelg. 17,20; ir wöllind
dan elwas weiters oder merers, nisi quid adhuc forte vullis.
MAALEm22'; heute gab es wieder etwas neues; sie gerielhen
IIL
auf die gedanken, dasz ich vielleicht auszerhalb etwas liebes
haben müsle. Hesse 1, 42 ; zeigete, dasz ich keinesweges etwas
liebes besuchet hatte. 1, 43 ; hindert mich irgend elwas rechtes
zu beginnen. Wieland bei Merk 1, 97; wenn auch etwas starkes
vom feinde käme, oeuvres de Fred, le gr. 30, 178 ; solang noch
etwas feindliches in dem feld ist. diese adjeclivc sind nach
analogie der subst. unter a eigentlich gcnitive, die heutige dem
gen. abgänstige spräche faszt sie aber als nom. oder acc. auf.
ahd. und mhd. entscheidet die schräbung güotes, niuwes, wie auch
auf vil und wenec solche genitive folgten, nach d'nväaiuöv ri
läszt sich Marc. 16, 18 der acc. vertheidigen.
3) der acc. elwas, aliquid stellt adverbial für ein wenig, paulum,
paulisper, neben verbum, pari, und adj. ahd. etewaj slufen.
N. Cap. 101; ez, triffet an die misse elliwag. Kelle spec. 146;
da; nider anllüte sihet etwaj her abe. Eckhart 59,5;
nhd. wa sie ist etwas gar reich,
zwar man vint im dort nit iren gleich,
wann sie kan gar wol spinnen
und last sich etwas gar gern minnen. fasln. 577;
den sah ich etwas freuntlich an. Kellers erz. 479,19;
gleichwie ein lorbaum etwas sonderlich pranget. Luther 2, 81;
allein an holz ist etwas ein inangel. FnANUfeW. 187*; etwas
beredter als die zur hochzeit laden. Garg. 21l';
entsetzt er sich wol etwas, froschm. D2';
essen und trinken herfür langen,
das etwas anders sol her prangen,
denn diese arme bettelei. Gl*;
dasz der angenehme saft
etwas in die stirn ist kommen. Opitz 2,203;
da die herbe und bitlere qualilät etwas stark ist. Jac. Böhme
Aurora {Stuttg. 1835) s. 119 ; der feldmarschall liesz seine armee
elwas rasten. Chemnitz iv. 2, 113'; kam ich etwas prächtigers
{ein wenig prächtiger) herfür. fr. Simpl. 1, 38 ; weil er noch
etwas gelebet, colica 232 ; etwas eingeschlummert, irrg. der
liebe 247; etwas vertieft. 255; so hieben sie von den Phlia-
siern einige nieder, verloren aber selbst noch etwas mehrere,
so von den Korinlhiern erlegt wurden. Heiln<ins Thuc. 710;
etwas schwer, etwas grob, elwas bitter;
und der könig vergönnt es. da wurd es Reineken wieder
etwas leichter ums herz, er hofie glücklichen ausgang.
GöTUE 40,67;
man fand diese bebauptungen neu, aber etwas kühn; es ist
schon etwas finster.
4) elwas nach praepositionen, unflecliert: e. mt. lasz hie einen
haubtinan in besalzung mit elwas volks. Garg. 219'; ich kann
ihm schon mit etwas dienen; so begriffe ich auch mithin
in Steier, Kärnten . . . um elwas die teutsche sprach. SimpL
Springinsf cap. 10 ; v\enn ihr mir den verdienst zuwendet und
wir ihn nicht blosz verschmausen, so will ich schon zu elwas
kommen. Götbe 24,277; nun freue er sich an mir einen
mann zu finden, der doch nach etwas aussehe. 30, 331 ; blieb
er also zwar bei Gura ia etwas (paululum) stehen. Chemnitz
IV. 2, 107'; ich stutzte in etwas, felsenburg 1,44; dasz Con-
cordia sich wieder in elwas ermunterte. 1,202; indem ein
oder zwei credilores schon von ferne in elwas zu brummen
anfiengen. 2, 243 ; wir höreten zwar alle drei, jedoch nur in
elwas, dasz sie weiter mit einander redeten. 4, 335 ; deren
Purpurfarbe er nur in etwas erblicken können, irrg. d. l. 66;
dasz ich das Schachspiel auch in etwas gut spielen konte.
561; erholte mich in etwas und sprach. 564; vergieng mir
die angst in elwas. Pierot l, 352 ; es werde dadurch das böse
gesinde, wo nicht vollständig, doch in elwas gebändiget
werden. Unterricht an hausmägde s. 36; wenn sie sicli nur ein
paar wochen in etwas ausgefressen, hebt sie auch an laut
zu werden. 43; 'sie begaben sich, sobald sich der stürm in
etwas gelegt hatte, wieder in die sce. Wieland 1,46; dieser
kräftige Zuspruch beruhigte das gemül unsers bekümmerten
beiden wieder in elwas. 11, 244 ; den ersten Unwillen hatte
die zeit schon in elwas gebrochen. Schiller 715'.
5) elwas, substantivisch genommen, ein ding, ein icht, wicht:
eh Wörter und begrif so wahr als zierlich passen
und in des lesers ohr ein gründlich etwas lassen.
Gc:«TtiER 386;
ein gewisses imnennbares etwas, das sich vielleicht eben
deswegen nicht nennen läszt, weil es ein bloszes nichts ist.
Engel p/ii7. f d. weit 30; ein elwas oder wirkliches wesen.
Kant 2,512; mich treibt ein guter oder böser geist in die
brustlaschc zu greifen, ein winzig kleines, «tachlichtes elwas
76
1187
ETWE — ETWO
ETWOHIN — ETZEN
1188
kommt mir in die liand. Güthe 23,19; ich lese in euren
äugen, in den gesiciilcrn der Genucser ein etwas. Schiiier
145'; ich habe schon längst ein etwas in meiner brüst ge-
fühlt, das sich von nichts wollte ersälligcn lassen. 152';
kuckte etwas aus dem fensfer {üben sp. 1177) ... ich gicng
darauf zu, Hölly blieb stchn. 'sind der hciT pastor zu hause?'
fragte ich das etwas, 'nein', versetzte das etwas, 'mein
brudcr ist ausgegangen'. Voss br. 1, 219 ;
ein leises etwas, nenn ich wink es oder gnisz,
weht von dir zu mir. Platen 85'.
c) wiederum sei angemerkt, dasz auch was für etwas gesagt
vird : schäme dich was = etwas, änwenig; lerne erst was;
er bildet sich was ein ;
enaiilt mir «loch ! 'ich stand an seinem Sterbebette,
es war was besser als von mist,
von halbgefaultem slroh'. Götue 12,153;
und siebe da, der hcrzop sorgt daTür,
dasz auch was holdes uus das aug ergötze. Scuiller 331\
ETWE, s. ctwic.
ETWELCH, aliquis, trgend uelch, elwelcher, unus el aller.
Stieler SS4; etwelche leutc, nonnulli ; zu ctwelchcm behuf
(o. 1728). Belli Frankfurt 1.87; so bitte ich nur etwelche
linien an herrn Maasz zu schreiben. Merk 1.397; aber wenn
man dieselben mit etwelcher empfindsanikeil kitzelte, so thaten
sie die üuglein zu, wie eine katze, die man am köpfe kraut.
Kotzeole dram. sp. 2, 329. nii7 abgeuorfnem et : es kamen
welche = einige, elliclie.
ETWER, aliquis, nonnullus: mhd. üb. 3,567*; etwer oder
iemand. ullus, aliquis, etlicher mensch, rocab. 1482 h3*; Jhesus
sprach, mich hat etwer gerürl, wann ich hab erkennt, das
die kraft von mir ist ausgegangen, bihel 1483, 500" = Luc.
8,46, vulg. teligit me aliquis, gollt. tailök mis sums, Luther
es hat mich iemand angeriiret; meinten es were etwer, der
das der nachperschaft mer zu leide Ihct. Steinhöwel dec.
85. 22 ; die weit musz etwer {für etwen) haben, darauf sie
glaffe (? gaffe) und den sie für gott achte. Frank c/irore. 296'.
/«•«/<• auszer gebrauch, s. etswer, etzwer.
E'nVERLKI, uelcherlei: etwerlei betrug. Melissüs ps. Nl';
mit etwerlei. y2'.
ETWIE, der ahd. instrumental etawiu, quodammodo, einii]cr-
piaszen, mit dem unbeslimmtcn sinn von ziemlich, vgl. ze etcwiu
(Graff 4, 1192), nicht allein stehend, sondern mit den culj. oder
adv. manig, vil, lang, dicke «. a. m. verbunden: bilgerin ettcwie
rile gingent von Ihiuscheme lande zuo sante Jacobe, predigl-
märlein 22, 29 ; der ritter und der hcrren gicngcnt ctlewie
vil zuo des kfiniges bruoder. 25,20; also koni er in eine
slat, diu bieg Sichern, in der was er etwie lange. Gries-
BABEI 2,61;
nicht ^in mal, ettwie dicke. Diocl. 8377,
niciU einmal, sondern ziemlich oft; ouch andere etlewie viel
erbere lute. weisth. 1, 699 ; und da Hans Snider nf die vesti ge-
fürt wurde und etwie manigen tag gevangcn lege. ScnnEiRER
/■Ve«/». «rfc. 2, 64 ; und da da? etwie lang gestuond, da; sü ein
kint hatte und da; ander tiiiog. 2, 65; etwie lang, aliquanlispcr,
aliquanlum diu. voc. 1482 h3'; etlichmal oft, etwie oft, ali-
quoliens. ebenda, für etwie icird auch etwe, d. i. etwe ge-
schrieben: das man wandi, daslu das alles betest oder etwe
vil. hihtebuch s. iO ; auch sind meine wismader zu dem ncwen
weg gen Hall werts etwevil genouien. Cnyiv.i. Marimil. s. 4\'l;
ellwemanig jare inne gehabt und genossen. Mone zeilxchr.
3,179; 80 dan daselbs zu Hrurhsel ettwemanig jare gescheen
ist, 3,180; dadurch sirh der gang des wassers etlwevast gen
Nuszdorf bewegt, notizenblalt 6,596; wir haben nu ellwe oft
begert. 6, 597. icahrsclieinlich steckt in eltenäher (KEr lk spec.
158) ein etwe n/iher, iMwiu nähor, ein venig milur. diese
gefüge und beholfcne partikel gefil der späteren spräche ab. siehe
etüwie.
ETVV'O, alieuhi, irgendwo, mhd. i'leswA, aus tnhd. wA tibi
rnlsfiringl nhd. wo: bei diesen allen habe ich wonung ge-
«ncht, das ich clwo stat fünde. Sir. 24,10; und ob elwo
gebrechen und feil an ir ist. Luther 6,35«'; wenn etwo
kram were, der schamrot feil lietle, dürft ich den lüden ein
par. gülden schenken. H,'h'; wo aber elwo solche not für-
flete. 9,19«'; nu musz ja derselbige häufe etwo einen rauni
haben, n, 197*;
*o er etwo nur «tolprrt. MrLtiiti p; P6*;
wir mfiniien mehr kmifen blelwci«,
vad aucli «iwo iwel lolh spongrün. Atsir fait'i. 7' ;
villeicbt ich etwo rat möcht finden. nuBUN Susanna A4;
wo ich sie leglich nicht soll sehen
um! etwo nahend umb sie geben. B2;
wenn gar allein sie etwo were. B2,
die zweite ausgäbe liest etwa, m-ic umgedreht sonst etwo für etwa
gesetzt wird, z. b. ilein es sein sonst andere mer entleibung,
die etwo (Gobler nonnunquam) aus unstrcflichen Ursachen
beschehen. Carolina 150, vgl. wa und wo. Iieule mit abge-
worfuem et:
ich kenne wo ein festes schlosz. Novalis 1, 154.
ETWOHIN, alicunde. voc. 1482 h3*.
ETZ, f. pascuum, Weideplatz, auch geschrieben ötz. Scbmeller
1,133.
ETZ.\RZT, m. medicus causlicus, qui sanat rodendo: damit
ir nit vergleicht werden den etzarzlen, die da meinen, wann
sie das stück fleisch hinweg nemcn, so sei auch hinweg
genommen die kraiikhcit. PAnACELSts chir. sehr. 225'.
ETZEMATTE, f. pascuum, weidemalte, weisth. 1,334. s. etz-
wiese.
ETZEN verliält sicli zu essen wie goth. atjan zu itan, be-
deutet also essen machen, speisen, füttern, weiden, cibare, pascere,
unter der neueren, schlccläeren schreiburg ätzen bereits 1, 596
vorgciragen.
1) von menschen: etzen und Irenkcn, mit speise und trank
veraehen: auch solche thäter nicht beherbergen, behausen,
etzen oder trenken, enthalten oder gedulden, landfr. von
1495, aucli 1521.7,10; und wollen, das ir den vorgeniellen
Marlin Luther nicht hauset, höfet, etzef, trenket noch ent-
haltet. Llther 2,430"; denn ein mensch lesset sich wiegen,
tragen, etzen und trenken. 6,66'; Maria hat seiner müssen
warten und pflegen, in sengen, etzen, auswischen. lischr.Tl';
lasz meine Schwester Thamar komen, das sie mich etze.
2 Sam. 13, 5 ;
aus mutterleib nacket und bfilflos
ganz durstig, eilend und blosz
verdorlien werst in deim utillat,
wer alter dir zu liilf nit klimmen
mit wischen, waschen, baden, zwagcn,
mit sengen, etzen, legen, tragen. H. Sachs 1,368'.
2) rom vieh: die pfcrde, rinder, schafe, gänse etzen, weiden,
pascere. es heiszt aber auch das vieh etzt, weidet, fnszl das
gras, dejiascil herbam, und der liubner etzt die wiese, weidet
sie mit dem vieh ab: item den lankhalni sol ein ieclicher
hoifner etzen binnen dem banne, weisth. 3, 380 und in solchem
sinn slehn häufig 'etzen und treten', 'treten und etzen' rcr-
bunden. weisth. 1, 164. 165. 3, 732. etzen gcltl auf futter und
gras, treten auf den trat, d. h. das betreten des wiesengrundes
mit weidendem vieh. also das die burger zu Ortenberg (in
der Wcllcrau) dieselbig weide {auf dem Stutlipp) mit ihrem
viehe brauchen und etzen sollen imd mögen, geridilfhuch von
Ortenberg unter dem j. 1572 ; ich sol sie (die gans) warlicli schim
ätzen. Steinhöwel dec. 244,12; der storch, der seinen vater
etzct und treget. Mathesius 102'. vgl. abetzen, nufelzen.
3) wie etzen zu essen stelä auch beizen zu beiszen und wir
sahen .tp. 11()2, dasz essen ei'(;en//«f/» beiszen war. daraus ßieszl
also die bedeulung von mordere, rädere, beizen für etzen : so
man dis pflaster dem viehe über die augengeschwär leget,
reiniget es dieselbigen, doch soll maus geziinlich brauchen,
dasz es nit zu viel elze. Tabernaem. 908 ; und wo sie (die
durch das land ziehenden heerhau fen) darein seichen, da elzl
es, besser als Hannibals siedender essig, straszen durch die
bcrg, fürnemlich wann sie den kalten seich und die pferd
die streng haben. Carg. 223'; ein hauptmanns fluch etzt
durch neun hämisch. 244';
denn je der Uhcin on alle sclieu
etzt durch sie (die benje) eine straszen fTeL gl. »iJnf i\0.
namentlich drückt auch etzen einbrennen, emaiUierfn aus.
ScimEi.i.EB 1,133, und die kupferstecher etzen mit scheidetrasser :
ein ritter ilineii gleich indes begnnt ru nahen,
an dum ein walTun sie gcotil mit gohle sahen.
Wkrixii Ar. 25,72;
gar icböne Itilder hat er auch dahin versetzet,
die waren wunderlich und künstlich ausgcettet. 2.% S.t.
4) plaudern, atzen blalerare. Stieler 72:
ein t'lsler diiiikt sich stolz und klug,
wollt trinken iiuü i'im sc liom-ii gro.irn wasierkrug,
sie sniit »ich dranf. »ii- «nng ""d ptif frisch drauf,
•ic etzct sehr und trieb viel mnnrhrrlei Rdiichwftu.
llorHAKNt gtiftluli. ttedcr n* 172 (2 uu«j/. 371).
vgl. den namen «Izel, gttchwottige tlüer.
1189
ETZLER — EU
EU — EUCH
1190
ETZLER, m. edax, rorax:
e'iDS mals ein nietzier sasz und schlief
bei seinem neiscli. indem her lief
ein groszer iiund, bald in eim ruck
erwüscht vom fleiscli ein groszes stuck,
lief bald davon, da erwacht der meizler
und rief im nach 'hie, hie, du etzler,
lauf hin, jetzt bist sicher vor mir,
dasz ich nicht kau nachlaufen dir'. 'Waldis 1,47.
ETZLICH, s. etslich.
ETCT, f. feuerstdile, esse oder trog? der kupfcrschlag, so in
der etzt oder auf dem ambosz gesammlet wird, soll wider
die faulung dienlich sein. Otho krankentrost 612. vgl das t
in erzt. obst u. a. m.
ETZUNG, f. pastus.
ETZ\V.\S, s. etswas.
ETZWER, s. etswer.
ETZWERK, n. email:
was, Caesar hat doch seine macht
mit solchem etzwerk und buchsiaben
auf seiner feind haut eingegraben,
als du gethao. Weckhebi]!!« 365.
ETZWIE. s. etswie.
ETZWIESE, f. pascuum: auch weist man zu recht eine
etzwiesen, die zu verreidelen. treisth. 3, 416. bei Bitdingeti führt
noch eine wiese diesen namen.
EU, ein diphlhong, dessen Ursprung, beschaffenheit, ausspräche
und unterschied ron ie, äu, ei zu prüfen ist.
1) nhd. eu entspringt wesentlich aus mhd. ahd. goth. iu und
seine natur ist in der fünften ablautsreihe zu erkennen, seitdem
aber brechung eintrat und i lu e, u 3u o wurde, wandelte sich
in glädier läge iu in io, mhd. in ie, neben welchem wir iu nur
im imperativ sg., so wie in der 2 und 3 person praes. ind. ge-
schützt finden, dem verhalt des ahd. io : iu, mhd. ie : iu ent-
spricht also nhd. ie : eu, um hier beitpiele nach dem imp. zu
geben, in scheub sieub schleuf treuf beug leug schmeug kreuch
reueh fleuch zeuch beut seud fleiisz gcusz neusz scheusz
schleusz verdreusz keus Terleu«. allein schon lange klingen
diese eu alterthftmlich, versdwllen, höchstens dichterisch und lassen
sich nun ebenfalls brechung in schieb stieb schlief «. s. w. ge-
fallen, da die spräche doch gib nimm wirf u. s. w. behält, daraus
erwächst uns offenbarer nachtheil.
2) ifo sich auszerdem ie und eu zur seile stehen, wie m dieb
deube, tief teufe, siech seuche, schiech scheuche, Hecht
leuchten, darf man auf verloren gegangne starke rerba schlieszen;
ichuerer fällt der scMusz, wo das eu allein stellt und die her-
Uitung dunkel wird, wie in neu, treu, spreu, reue, euch, feucht,
feuer, geheuer, scheuer, Steuer, beule, eule, neun, freund,
bcunde, reuse, deuten, reuten.
3) die goth. fltiion zeigt iu, Jtcar schon zu j» geworden, in
den nom. pl. jus, sunjus, följus, handjus, woron ahd. keine
spur, hingegen gewährt der dal. sg. suniu, fuoziu statt des goth.
sunau, fülau. gröszeren umfang hat der ahd. mhd. ausgang des
nom. sg. f. und nom. acc. pl. n. einzelner frronomina und aller
ailjecüve diu, blindiu, guotiu, in merkwürdigem abstand ron dem
goth. blinda, goda. reäe daran laufen noch nhd. ins 14. 15 jli.,
Mecesberg schreibt allencärts sichareu 5, 7. edleu glider 9, 11.
ein holeu ader 9, 18. siechen äugen 9, 30. kalteu ding 10, 11.
groejereu herz 26, 29 u. s. w.
habt dank, junkfrau seligeu,
das mich got mit euch erfreu! fastn. 615,26;
ganz wie mhd.
er ist mein herre und ich sein diu,
doch bin ich vil unwirdigiu. aneyenge 30,66;
entriwen, ich liejc üf ein rat
binden mich, ich sündigiu,
erbe mich, vrouwe, ich bin din diu. Hacpt 8,300;
die mhd. Unterscheidung dri Ires, driu tria wahren oberdeutsche
roUcsmundarten bis auf heute, drei und dreu. in heuer und
heule waltet das alte instrumentale hin.
4) da aus golh. iu der ablaut au flieszt, im pl. aber wieder
kurzes u vortritt, wie auch in der flexion sunu«, sunaus, sunjus
die drei laute wechseln, so ergibt sich die nahe rerwandtschaß des
au in vielen Wörtern, ahd. mhd. tcird dieses au bald zu ou,
bald verdichtet zu 6. nhd. überall zu u oder gar gekürztem o,
nur in taugt haftete das au und in einer menge ron ableüungen
wie staub, erlaucht und den dunkeln laub, glaube, raub, taub,
auch, kaufen, raufen, taufen, äuge, pauke, bäum, träum
U.S.W., welche im umlaut äu annehmen: stäubchen, ISublein,
gläubig, käuflich, äugen, äuglein, bäume, träume, dies äu
aber tritt der ausspräche von eu ganz nahe, das auch in ein-
zelnen, wie heu, freuen, streuen, leugnen, mhd. höuwe, früuwen,
ströuwen haftet, wenn Mege^bebc neben leute auch läute
schreibt, so gleicht dieses dem golh. laudeis, jenes dem ahd. liuti.
5) endlich gab es ein ahd. mhd. ft, dem wiederum der umlaut
iu zu theil wurde, das aber nhd. in au nii7 dem umlaut äu über-
trat: bau sau, faul gaul maul, kaum räum schäum daume,
braun zäun laune. bauer dauer mauer sauer trauer, haube
traube. auf häuf saufe, sauge, bauch schlauch Strauche tauche,
rauh, braut haut kraut traut laut, aus braus daus haus
knauser laus maus saus, kauz. umgelautet gebäu säue faule
— mause käuze. man zieht äu dem eu {wie ä dem e) tw.
Ml» den umlaut sichtbarer zu machen, nur ausnahmsweise dauert
eu daneben: seule, säule, eugen, äugen.
6) ladelhaß, zum theil aber schon alt sind rerwechselungen des
eu mit ei: heurat und heirat, eugen und ereignen, zeugen
und zeigen, reuter und reiter, steusz und steisz; Garg. 68'
sieht leuchteret für leichteret, 190* feurt für feirt. aus dem
bekannten namen Steinhöuwel, Stcinhöwel wurde Steinheil.
7) golh. iu hatte die ausspräche iu, mit dem ton auf i, nicht
iii, und zu golh. biudan bildet schw. bjuda, ddn. byde den gegen-
salz; wie hätte aus |)ius der gen. J)ivis, aus qius qivis, aus
ganiujan ganivida hervorgehen können, wenn i nicht betont ge-
wesen wäre? nur in der tonlosen flexion wandelte sich sunius
in sunjus und doch bekommt der gen. trieder sunivf. gleich
unzweifelhaft isl ahd. mhd. iu, aus welchen keine brechung io, ie
hätte entspringen können, wenn die ausspräche iü war; nicht
anders zeugt das nhd. eu, das mit äu reimt, für den vcdlen
diphlhong. es ist darum falsch dem mhd. iu die ausspräche iii
oder gar ü beizumessen, woraus gar kein Übergang in nhd. eu
möglich geworden wäre und selbst in der flexion sahen wir sün-
digiu : diu, seligeu : erfreu reimen, wenigstens scheint für die
gothische und bairische mundart solch reines iu, eu gerecht und
gedämpftes, gedrücktes ü rerwerßich, wie die reuchlinische aus-
spräche für den altgriechischen vocalismus. ob der alamannische
dialect schon frühe, wie der heutige schtceizerische, davon abge-
wichen sei, kann hier nicht untersucht werden, übrigens reimen
nhd. alle arten des eu und äu aufeinander, heu : neu, läub-
lein : träublein, da doch mhd. höuwe : niuwe, löubelin : triü-
belin unslalthaß wären.
EUCH, ro&is, vos, wie uns nobis, nos zusammenfallend, wäh-
rend ahd. uns und unsih, iu und iuwih, mhd. iu und iuch
geschieden sind, uns und unsich nur tn frühster zeit, zwar im
sg. mir und mich, dir und dich halten wir den urallen unter-
schied des golh. mis, mik, |)us, J)uk fest; in sich und sich rer-
rinnen uns sis und sik. dagegen warf schon der Gothe die dal.
und acc. dl. wie pl. zueinander: ugkis ugkis, igqis igqis, unsis
unsis {neben uns), izvis iz\is. das heulige mich, dich einiger
Volksmundarten für beide casus und die syntactische Verwirrung hat
also enlschuldigungen. schweizerische mundarlen setzen üch ßr
beide casus, hessische uch, nnl. gilt u. übrigens begegnet der
richtige mhd. dat. eu zuweifen noch späterhin, so bei Ktericu:
versigelt und verpunden
sei diser brief mit eu,
also das ich hab funden
eur werde güet mit stäter treuer treu. IIacpt 6,59,
und oberdeutsche Urkunden des 15. 16/ft. werden manches beispiel
darbieten, vgl. aus Chmels Maximilian folgende: daj wir mit
gnaden gen ew erkennen wollen, s. 17 [a. 1493) ; so soll ir
ine die mandat, so wir ew biemit geben, durch unsern herolt
überantworten. 5. 33 (a. 1494) ; empfehlen wir ew mit ernst.
*. 56 (a. 1494) ; und wann ir aber f reiheit zu haben vermainet,
das niemands andern enden, dan bei ew Iraid heben und
anschütten sulle. «.125 (a. 1496); nachdem wir ewjungsilich
bevolhen haben, ew all auf das höchst und sterkist. s. 296
(a. 150S). allein es steht auch für den ace. oft dasselbe ew und
entscheidende, tonangebende scJirißsIeller setzen im dat. wie acc.
euch.
Es soll hier nidä in die nrverwandlschaß des pronomens zweiter
person, noch in die herieüung des euch atis ihr eingegangen wer-
den, was passender erst unter ihr geschieht, ahd. iu. iuwih,
mhd. iu, iuch, ags. eov, eovic stimmen, bedeutsam weicht von
ihtien das golh. izvis ab, dessen ähnlichkeil mit dem gr. otpiai
überrascht, welches in der reget freilich für die dritte person gilt,
bei Homer aber auch von der zweiten gebraucht ist (jiera ofiaiv,
unter euch, II. 10, 39<i). denn auch son^ scheinen pronominal-
bildungen aus einer in die andere person über zu laufen: wenn
izvis in unvordenklicher zeit vielleicht der drillen i^'rson heim fiel,
75»
1191
EUCH — EUER
EUER — EULCFIEN
1192
so würde der acc. pl. erster fierson rollkomtnen xum nom. der
xweÜen treffen (jus, uns nie sunjus, sununs), wogegen goth. veis,
ahd. irir *» nos gerade den anlaut der lal. zweiten pcrson vos
zeigen.
1) in hapicfier anrede vertritt euch, rte ihr, den sg. :w6tcr
perion, wofür es keiner beispiele bedarf, vgl. 2, 1476.
2) da in keiner leicht die Vorstellung der mehrlieit liegt, lassen
sich euch und uns dazu apfionieren: ich mag uns keinen dahin
senden, euch keinem zumuten statt unser keinen, euer keinem
oder keinen vun uns, keinem von euch;
Ich mag euch keinen hören. Stbpha?«ie des jungem sämllicbe
Singspiele. Liegniti 1792 s. 3U0.
3) euch rird, gleich dir, ah dat. commodi vrl incommodi,
in die rede traulich angeschaltet, besonders gern nach haben
igramm. 4, 363) :
mhd. d»i habe du dir ze botschefte. !\'ib. 1900, 4 ;
daj habe dir A(s ron Riuwental. Keidhart 25,11;
nu habt iu xe raten. Wigal. 170,36;
fihd. 'des habt euch hie meine trew zu eim pfand', damit
sie im ir scbneeweiszes Landlin bieten thct. buch der liebe
m, 4 ;
er ist aurs geben euch so eirersücbtig,
80 neidisch! Le«sing 2,240;
wir jagten zusammen,
llengen ein kalb! ihr liebt euch die »peise. Götrb 40,183;
kommt mit mir nach hause, ilir werdet da meine Martha
finden, es i<t euch noch ein flinkes weih. Weisze kom. opern
3,87; zu pferde sasz euch der bursch als eine puppe, saht
jlir ihn tanzen, so stahl er euch vollends das herz aus dem
leihe. Sitgfr. von Lindenbrrg 1, 53.
EUER, vestri, golh. izvara, ahd. iuwar, mhd. iuwer, iwer. diese
pronominalen gen. pl. haben eine sonst in der spräche unerhörte form,
kein golh. gen. pl. dl. auszer unsara, izvara, ngkara, igqara {und
seina) gehl auf a, kein ahd. auszer unsar, imvar, unchar, inchar
(und sin) gdtt consonanlisch aus. da 0. in den possessiven unsar,
iuwar das ar häufig abschneidet und blosz uns, iu setzt, den gen.
sg. unses, iunes für unsares, iuwares u. s. w. bildet; liesze sich
denken, dasz ihm auch im gen. pl. des persönl. pron. ims und
iu für unsar, iuwar genügte, wozu sich doch keine belege dar-
bieten, umgekehrt pßegte man nhd. den gen. pl. unser, euer ein
unorganisches er anzuhängen: unsrer, eurer, unserer, euerer;
wahrscheinlich halte darauf das glcichschlechte meiner, deiner,
feiner für mein, dein, sein und ihrer für ihr, derer für der
einflusz. das erste beispiel dieses fehlers bietet mir Opitz dar:
die ganze zeit über, als ich ewerer in Maurilanicn gewartet
habe. Argcnis 2,323; im i% jh. erscheint er aber bei den besten
sclirißstellern : wenn einer viel sich durcharbeiten. Klopstock
Hermannsschi. 1,S9; der verlust eurer. Kleist 2,106; denn
es ist ein löblicher stolz eurer wcrth zu sein. Göthe 22, 211.
nach dieser erOrterung der form sei für die synlax bemerkt,
1) in der apposition 'euer aller' stehn beide geniliie nicht auf
gleicher linie, wie die goth. form izvara allaizft, ahd. iuwar allCrö
lehrt: gairnjands ras allaizf izvara, iTtijiod'tüv t;v TiniTm
vfiät. bei Luther: er nach euch allen verlangen halte, rhitipp.
2, J8; iuwar allerÄ hirro; nhd. euer aller herr; ich gedenke
euer aller, ewer blulsaugcr klag in Fischarts flohalz, Scheible
856 ^ euer der bl. kl. gleicht dem mhd.
min sündiprrs kraft. Senat. 44,
dem gr. iftelo xvt'ös II. 6, 344.
2) der absolute ausdruck 'gegenwflriig euer' sollte, wenn er
den wahren pl. vobis praescntibus entlidlt, laule>i euer gegcnwür-
tiger, wenn er hOfUch für le praesente gesetzt ist, euer gegen-
wärtiges, ic/j finde aber nur den abgestumpften casus des adjeclivs:
Tor icii mit euerm nrlaub clliche wort mit euer frawen reden
müge gegen« iirlig euer. Stkimkiwel dec. 1!)0, 10, ausg. 15S0.
1,157' gegcfiwerlig ewer. in gegenwart euer wäre unnnslüsiig
und $0 könnte auch der gen. von gegen wilrl ig abliängen.
3) dock tun jeher liebt un.ve spraclie das jwsfe.i.uvum und nicht
den gen. des permnlidien pron. neben Substantiven {gramm. 4, 33«).
jenes in gegenwart euer heiizt deutscher: in eurer gegenwart.
euer majestat, euer durchlaurht ist reslra majestas, celsiiudo.
nur im unmittelbaren geleü eines subst. mag der gen. stehn, z. b.
in mein de« »chreiber«, in euer de« richter» gegenwart.
4) die interrvgatira wer, welcher, wie auch jemand, niemand,
jeder, jeglicher hal)en den gm. euer bet sich, sjMtter die praep.
*on, unter: welciier euer mag gedenken zuzelegen zu seiner
gewecbtt einen elcnbogen? bthel i««i3,472' -m Mniih. fi, 27,
vulg. quis vestrum, golh. hvas izvara, alid. welih iuwar, Lüthkr
wer unter euch ; euer jeglich, jeglicher von euch, jemand,
niemand unter euch, ebenso wie viel euer und 6« xalUen :
euer zwanzig, euer sind hundert.
5) am häufigsten steht euer neben verben: gnadherr, wir
haben ielzunt euwer gedacht. Keisersb. s. d. m. 29' ; wo! erin-
nerten wir uns euer;
es lachen euer die wrsen. E. tok Kleist 2, 131.
EUER, vcster, goth. izvar {nie izvars), ahd. iuwar, mhd. iuwcr,
gekürzt iur, i. b. des iuren. Haupt 1,444,190; iur starken
übe, iur schcene jugcnt. Wh. 6,10; iure : stiure. Lohengr.
6027. wie vorhin gesagt, wurde ahd. iuwar bei 0. oß gekürzt,
umgekehrt nhd. euer auszerhalb dn flexion von einigen erstreckt
in euerer, eurer: euerer gcmahl, euerer wille, euerer abschied.
Opitz Arg. 2, ded. und 297 für euer, wo flexion erfordert wird,
musz diese freilicfi im nom. m. gleichfalls euerer haben : es ist
mein wille, wie eurer;
wo ist ein name in dem waldgcbirg
ehrwürdiger als eurer und der eure? Schiller 524*.
übrigens ist in der flexion sowol euerer cucrs euerm, cuern
als eurer eures eurem euren zulässig, im pl., wenn kein subst.
folgt, sind die euern, die euren vestii, vesirales: her, was
wollen die euren von euch sagen in eurem reich, sie haben
euch alle lieb. Keisersberg narrcnsch. 87'. man zieht heute
vor die eurigen.
EUEKHALREN, veslra causa: ich danke meinem gott alle-
zeit ewer halben. 1 Cor. l, 4.
EUERIG, EURIG, vcster, vestras,, doch nur mit arlikel: der
eurige.
EUERLEI, vcstras, eurer art einer: eurs lands, eurs volks,
cuerlei, veslras, curlei ve.':trates. voc. 14&2 h 4', vgl. allerlei,
anderlei, beiderlei, einerlei, keinerlei, mancherlei, mehrerlei,
vielerlei, solcherlei, welcherlei.
EUERTHALBEN, veslra causa: welches mich euwerlhalbcu
in merklichs leid bringen thet. Galmy 37.
EUERTWEGEN, dasselbe:
so wil ich» von ewertwepcn tragen. Umland 1,10;
Jupiter wird von ewertwrgcn
nicht erst stral brauchen euch lu legen, flohatt SS«;
ob ich mich schon von cuwcrtwegen iif den tod geben soll.
Colmp 112. s. curentwegen.
EUERTWILLEN, dasselbe: das ist ein köstliche gab und
wir wollen sie {die srharlachmäntel) umb ewcrlwillcn gern
dragen. Aimon m 4. s. eurentwillen.
EUGELN, wie iiugeln (1,801) oculieren: wie man eugcin
solle. HouBEnG 1, 405*. 406'.
EUGEN, ostendere, goth. augjan, ahd. ougan, s. Sugen 1,801:
ein bös frow släts ir bosheit eugt. Bhant 64,43.
gewöhnlich reflexirisch: er auch nit sprechen noch sich gen
in angen wolt. .Steinhöwei. der. 478. 9, wo 1580 2, 82' auch
sich gegen ihn nicht engen wolle; das, wo ein sonderlich
stück sich enget im gehet, das man da slill halt und rüge.
Luther 1. 6S" ; sintemal sich die art gdlllichs worts und werks
hie enget, welchs allzeit denn am lucislen zunimpt, wenn
maus aufs höhest verfolgen und dempfen wil. 2, 470';
wie {s. t.) mir« ecciipsis de anzeigt
und es bishar sich hat geengt («.{.) Geügb^ibaoi 78,35;
ir werdend sehen hie ein »pil,
in dem Ir werdent merken vi!
von erst, wie sich die juget eugt,
,ilzii u( boslicit ist geneigt. Kolrosz bcirachinus A2;
mit wascr macht sölchs sich aiget. Mklissl's ;>«. L6';
sich regt unt aigt rooini leiden« schraerx. QSV
verschwindet spdterlun.
EUhE, f was auke 1,816: krflte oder cuke. W'olts teilsckr.
für mylh. 2, 73. *. eutze.
EUhEL. f. ruga fronlis, ein, mit den vier folgenden alileilungen .
nur bei Hemsch 054 und daraus bei Stiei er 35S vorkommendes
wort, das in idiotiken niclU erscheint, die herlettung r^m ekel
kann nicht statthaß sein.
EI'KELKN, caperare frontem.
EUKELER, m. qui frontem caperat.
EUKKLIS("H, severus, vultuosus.
EUKELUNG, f. frontis contraclw, momsUas.
El'L(;ilEN, n. norlua parva, kimrhen, dann aber auch bc-
nennung einer kleinen jihalaene, wetl sie gleich der eule nachts
1193
EILE
EILEN — EULEMILMMEL
1194
ausfliegt, nnl. uiltje und ebenso bOhm. sovka. nd. uleken rndte,
kleidenileken kkidermolte.
ich sah die kleinen eulchen schweben,
die man ephemeris sonst heiszt. Bbockes 4, 3öl ;
ein weiszes eulchen,
es schien, ob sucht es blosz am lichte sein vergnügen.
5, 1U7.
ELLE, f. ulula, ahd. iuwilä, mhd. iule, ags. eovie (denn in
aner urk. bei Ke.mble 6. 21G sieht euvlangelad, eulentceg), spdler
üle, enyl. owl, nnl. uil, aUn. ugia, schic. uggla, dän. ugle.
den goih. namen würden uns mehrere slcUen des Ä. T. kennen
Idtren. es ist klar, dasz alle diese formen diminutiva sind, icie
sie sieh für das kleinere weibchen ulula oder nuetua schicken, im
gegensatz zum männlichen üwo, uhu, bubo. da nun aber für
ftwo gewöhnlich hüvo, L&o (Gbaff 4, 835) erscheint, neben iuwilä
biuwilä, hüwclä. so Idszl sich das rerbum hiuwiltin, mhd. hiulen,
nhd. heulen Iteranziehen, folgern dasz auch eule ursprünglich
beule, lat. ulula vielleicht culula, quulula lauten und der kehl-
laut abgelegt wurde, wie in ubi, uter für cubi, euler; ululare
slimml zu ulula und die gelegenste deutung des namens ist aus
dem klagenden wehruf des vogels. rolle bestätigung bringt das
d. sova, dessen s sich zum h ton biuwo verhält, wie in osm
XU ahtau u. a. m. die diminution sovka gleicht der von biuwila,
und bei N. sind sich buwo w>. und buwela /". zur seile stehend.
Ut. heiszt das männchen pas, gen. -o, das wäbchen jTa, gen.
-OS, wiederum mit aphärese eines kehllauts, für welchen auch das
fr. chouant {= buanl) und chouelte, huette, bibou und hulotfe
zeugen, wie neben unserm ubu schuhu, schufut, nnl. schuifuit
vorkommt, mehr hierüber und über den verhall von hnvo zu bubo
unter uhu. selbst das jüngere kauz muiz verwandt sein.
1) wie diesen tagscheuen, schöngebildeten und klugen vogel alles
andere gerOgel meidet und hi>hnt, galt er auch den menschen von
jeher für gespenstig und unheilweissagend. Jäger und bauern
nageln sein haupl, gleich dem anderer raubrögel an thorweg und
Scheune, am hellen tage blinzt die eule. eulen hecken nicht
Sperber aus. Mathesiüs lo'; wer nicht sperber hat, musz mit
eulen beiszen. N.iscs ^asenesel 25"; so eins falken nit hat,
musz CS mit eulen beiszen. AVirscxg Calisl. f2, das heiszt wer
das rechte oder bessere nicht hat, musz das geringere gebrauchen.
'darum hat der teufel seine eule auch hierher setzen wollen',
Mathesics 1562, 302", hier auch jagd hallen wollen; nd. 'dar
het ene ule seien', 'ast klappen schol, so hadder ene ule
seien', am ende lief die Sache auf nichts hinaus. Brem. wb.
5,146; 'et is beter bi der ulen to sitten, as bi der exter to
wippen'. Strodthax5 s. 262 ; wann aber einer eine alte eule
in der tasche hätte, und wolle die auf diesem löblichen
bauertage ausfliegen lassen, demselben will ich auf befehl
der ganzen bauerschaft verboten haben, weisth. 3, 307 ; es ist
mir eine eule aufgesessen, res nora acddit. Serz 39';
ich glaub nit das ein euwel jetzt hat
solch Weisheit wie in alten jaren. Waldis 2,27. bl. 93*;
mein fromsein machte mich zum phönix in dem lande,
nachdem ich aber mich in böser glut verbrennt,
so gibt die ascbe nichts als eulen voller schände.
pol. (lockf. 357 ;
weisz nicht die weit, wie auch ihr eulen raubt und stehlet?
WiiiAMOV diatogifche fabeln. Berlin 1765 s. 43;
e? heulen euien durch die lufl
und Varus wird dreimal geruft. Kretscbxa;«5 Rhingulph 5S;
geh in tausend griifte, du eule, wer hiesz dich hieher kom-
men? (sagt Franz Moor zu Moser). Schiller 139';
ich ward um sechs uhr zu ihr hin beschieden,
der tag brach eben an. sie hatte nicht
geschlafen und sah aus wie eine eule. 606',
struppig, mit federn im haar; eine eule fangen, nnl. ecn «illje
vangen, ein millagschläfchen halten; er sieht wie eine eule
aus, horridus aspeäu.
mhd. rfht alsam diu iuwel
ist der vogel griuwel. ilarlina 116,64.
2) der eingang eines mhd. gedichis bei Haipt 7, 333, rJr/m«'Ar
der ihm zum grund liegenden thierfabel:
eins tages dö sa^ eine
iule ür einem steine,
sie hete sich wol bestrichen,
dö kom dar zuo geglichen
ein adelar wol gezogen,
Uingl wieder in forllebenden Sprüchen des niederdeutschen voUcs:
de ule sat up de berwerdor im platfusete sik, do quam de
plinder, de plander, de piuntenschlärger u. s, r. altd. wäld.
2,192; en ulken sat np de achterdöre un plattfusede sik.
da quam de pliler. de plater, de plinkenschlüger u. s. w.
münstersclie sagen 1S25 s. 237 ; da set en ol ül in de eck un
klabüster sik. da kfim son lirumlarumpimpensläger un sloeg
de ül op äreu platlfoet u. s. w. Milixshoff sagen 503.
3) eule heiszt audi ein langer haarbesen, die wände und decken
zu rdnigen, kebreule:
es kommt mit der eul und feget. Elopstock . . .
4) eule, mitella infantum, kinderhaube, weil federn in Vir
hängen bleiben? Frisch 234'. vgl. eulennest 3.
viele zusammcnselzungen : baumeule, homeule, nachtcule,
ohreule, Schleiereule, sleineule, thurmeule, waldculc, wcineulc.
EL'LEN, 1) ululare s. heulen, cwlen, cucubare. Maäler 122'.
2) purgare, mundare, fegen.
EULE.NART, f.
Rousseau,
der stets verfolgt von einer hohen grille,
nach eulenart, der raitternächte stille
und Lünens schein nach Piatos art genosz. Tuühsel 3, 318.
EL'LENAUGE, n. das funkelnde äuge der eule, wonach Athene
y)M.vy.cÖ7tis, dann aber auch das geblendete, blinz^nde:
mhd. unser herzen Stent gen gotes tougen,
als gen der suunen iulen ougen. lienner 18633;
nhd. zur sonne schaut der aar mit muth,
die weh dem eulenauge thut. Rif ceert ges. ged. 2, 447.
EULENB.^D, n.
nun war ihn klent (beschmiert) köpf, iend und bnist,
das sich ihr jeder ducken must
unters wasser, den dreck abwusch,
ein jeder zitiert und sprach husch, husch !
der glaser sah das als gerad
und schrei 'gsega euch das ewlenbadl' II. Sachs U. 4,80'.
EULENBART, m. scrophulae cicatrices sub mento.
EULENBEISZE, f. jagd mU eulen:
der eulenpaisz wil ich geraten. IT. Sachs 1,517*.
EL'LE>'FIST,-fn._
heisz Ott Eulenvist vom Pirntan. fastn. SIS, 35.
EULENFLUCHT, f. crepusculum, tempus quo erolant noctuae
phalaenacque, für eulenflug: in der ulenflucht kam ck erst
weer in. Schambach 239"; in der späten eulenflucht zu ihm
gieng. CELA^DERS verliebter Student. 1709 5. 12. nnl. uilenvlugl.
ein westfälischer volksreim lautet:
det obends in der ulen (zeit, flucht)
dan spinnet de fulen,
dau geit dat rad klip und kiap,
dan hedden se geren upn haspel wat.
man nennt auch eulenflucht das dreieckige loch unter der giebel-
spilze des hauses, wo die eule iftren aus und eingang hat, vgL
Petersex die pferdekOpfe auf bauerhdusem s. 15.
EULENFLUG, m. volatus noctuae, welcher schwer, aber sehr
leise iä:
begraben bort, verborgen sin der w€rlte frumt
alsam der iuweln Du«). HS. 2,174";
das Zerrbild meines ichs,
das gestern Morpheus mir, in schwerem eulenOug,
gleich einem savoyard auf seinem breiten rücken,
als wärs ein murmelthier in träumendem entzücken,
mit mohn bekränzt, vorüber trug. Tucmxel 5, 2v2.
EULENFLCGEL, «I. ala noctuae:
um den geist des trübsinns zu beschwören,
der, wenn die flur in dumpfer stille traurt.
im scbneegcwölk mit eulenllügeln laurt. WiEutno 23,99;
Otterzungen, stacheligel,
eidechspf'oten, eulentiügel,
Zaubers halber, werth der müh,
sied und koch die böllenbrüh. Schiller 572*.
EULE.NGEBÜHR, f loch, das der eule unterm giebel gelassen
%[ird. Petersex o. a. o. 16.
EULENGESCHLECHT, n., eulenart: sie halten sich bei ihrer
Unwissenheit für glücklich, sie scheuen das licht der gelehr-
samkeit. 'das eulengeschlecht!' Lessixc 1,250;
0 wie viel neue feinde der Wahrheit! mir blutet die seele,
seh ich das eulengeschlecht, das zu dem liebte sich drängt.
Schiller 93*.
EULENGESCHREL n. ululaius,
EULENGESICHT, n. vuUus horridus, tnU ^olzaugen.
EULENGEWÖLBE, n. eulenheh oben in der kirche, s. eulen-
grbühr und rt^. GDS. 117. 118.
EÜLENHIM.MEL, m. dasselbe: sie senden eine taube aus
ihrem colenhiinmel, nachdem sie danor brennende stupfein
119£
EULENJAGD — EULENSPIEGLER
EULENTON — EUROPA
1196
oder flachs und LiicLsenpuhcr draus gcwurfen haben, die
kindcr nut zu schrecken, bifiwnk. 150'.
EüLENJAGD, f. Jagd mil oder auf culvn, wie culenbeisze :
kühn aur die eulenjagd hinaus zu ziehn. Fr. .Möller 2, »Gü.
EULENLIED, n. cantus ulularum: weil ihn die fürstin nn
jedem morgen mit einigen Strophen aus dem busz und culen-
liede über aufruhr, Ankerstrüm und Propagandisten ansang.
J. P. Hesp. 4, 133.
EULE.NLOCH, n. giebclloch in der scheune zum ein und aus-
fliegen der mause fangenden eulen. wellerauisch eulsluch.
EL'LE-N.MCCKE, f. lipuld plialaenoides.
EL'LENMUCKEIt, m. dumpfrufende, liclilscheue eule:
sein dixi sprach der arme scbluckcr
und ritt auT seinem eulcnmucker
zum Paradiese ritterlich. Kl. Scuhidt hom. dicht. 215.
EÜLENNEST, n.
1) nidus bubonum, ulularum.
2) altes gemduer, als aufenlhaltsort der ettkn, vgl. felsennest :
damit die sonne doch endlich einmal in das alle ratten und
eulennest hineinscheine. Göthe 52, w.
3) perucke, wie atzel (1, 596) und auch storchnesl. Siegfr.
von Lindenb. 1, 78. viß. eule 4.
EL'LE.NSCHLACHT, f. icas eulenart, eulengeschlecht :
mhd. mich dunket t'r si iuvreliislaht,
swer vür den tac nimi die naht.
Freida!<k 145, 19. llenner 105U4;
wie bin ich sus iuwelnsiaht?
si (eam) siht min herze in vinstor naht. Wolfr, lieder 5, 20.
EULEN'SCHWLNGE, f. vie eulenflügel:
es erlischt des tnires licht,
der erzürnte donncr spricht,
und mit schwarzen eulcnschwingen
fühl ich es gchaiinen flugs
sich um meine sohläTe schlingen.
Grillparzer ahnfrau aufz. 2.
EÜLENSEELE, f
schweig mürrische, rief philomele,
du denkst mit einer culcnseele
und machst dir selbst die weh zur wQstenel.
iiiR«A:iN fabeln ST.
EüLENSPIEGEL, m. noctuae speculum, ein Schalksnarr, vgl.
Aulnspiegel 1,817. der name mag früh im miltelalter aufge-
kommen sein, als man auch Schwabenspiogcl , laienspiegel,
speculum historiale sagte, die besten schwanke von Eulcnspiegel
musten lange vor der 1519 zuerst gedruckten hochdeut.H'hen bcar-
beitung und der erwähnung in der scliriß de geneiibus ebriosorum
1515 (Zarnke 126, 10) bekannt sein, vnter andern namen oder
ohne namen der handelnden person, nach dem eingang des Volks-
buchs hiesz bereits Eulenspiegels valer Claus llenspiegel, was
doch späterer zusatz scheint, da der name offenbar auf den söhn
gemünzt ist. die Franzosen bddeten Ulespii>gle und kfazten danius
espi^glerie und «n adj. espiegle. jmln. Sowizdrzal, Sowizr/;il,
bChm. Sovjzrcadlo. Eulenspicgel gemalmt an Morolf. an Amis,
an den finnischen Soini kaiki (sduilk) oder Kullervo, selbst an
Loki.
doch bin ich nirgends lieber gewesen als zu Heimsladt
und zu Jena, ho was habe ich da nicht angestellct? ninn
könte einen ganzen Eulcnspiegel darvun schreiben, pcd. schul-
fuchs üS ; ihr seid ein Eulenspiegel, dasz ihr mit armen leuten
so sprecht. Arnim schaub. 2, 129.
EULE.NSPIEGELEI, f espUgterie: die meinigen erzählten
gern allerlei eulcnspiegeleien , zu denen mich jene sonst
ernste und einsame männer angereizt. Güthe 24, 13 ; solche
culenspiegeleien geziemen dem genie nicht. 40, 118.
EL'LENSPIEGELN: Felix eulenspiegelte um sie her und
trachtete in allerlei thorheiten und venvegenheilen sich licr-
vurzuthun. Göthe 21, 94.
EULENSPIEGELHAFT, csjnegle: Friedrich brachte nach
seiner art mit himdert cilatcn und eulenspiegelhnrten an-
spichingen die gesellschaft zum lachen. Güthe 2o, 3ü1.
EULE.NSPIEGELI.SCH, esjii^gle: im menschen hausen oft
zwei eulenspicgelsrhe wünsche. J. I*. Tit. 2, i:i.
EULE.NSPIEGELSPOSSEN, ;>/. wie glücklich fühlte sich der
lose knabe nun in der freien weit, da ihm seine Entenspic-
gelspossen überall eine gute aufnähme vcrschaflen. GOthe
1«, 115.
EILENSPIEGELSSTÜCK, n.
et int ein EuleMpiegolutück. Atim (aHn. %*.
ErLENSPIEGLEK, m. beutellrescber, schleck, eulenspicgler,
krtmer, wecbsler. FitcHAar grotzm. »7.
EULENTON, m. ululatus:
üugs kreischt ein eulenton durch Ifymens schönen tempel.
KiiTZEBi'K 8, 148.
EULENWINKEL, m. verborgner aufenthalt der eulen.
EULENZUNFT, /. culen-KhlaclU, eulengesddccht :
ja, hliiizt und tobt, ihr eulcnzunfl,
das wort sull leuchten und Vernunft. Voss 5,41.
EULER, m. figulus, töpfer, hdfner, von aul, oUa, topf, hafen
1,817.
EULNER, m. dasselbe. Heinricus dictns Ulnere. Böhxer cod.
francof 257, wie noch Iwute Euler und Euiner Muflge eigen-
namen sind, in den wcUerauischen weisthümern schwanken ulner
und euler, wie lat. olla und aula.
EULWERK, n. opus ßglinum, tüpftrwaare.
EURENTHALBEN, vestra causa: denn ewrenthalben wird
goft gelestert unter den beiden. Rom. 2, 24. s. eucrbalben.
das cnt wie in mcinent, deincnt, seinent, ihrent, derent, dcs-
sent, unscrnlhalbcn, allenthaihen, beidenthalben, u. s. w. und
darf vorläufig auf gramm. 3, 214 — 218 verwiesen werden.
EURENTWEGEN, vestra causa, s. euertwegen:
das beschicht von ewrentwegen. Teuerdnnk 105, 91 ;
als wir eurentvvegen sehr besorgt waren. Felsenb. 4, 237.
EURENTWILLEN :
ist nur um eurentwillen zum hoben altare gekommen.
Messias 1, 419,
in der neusten ausg. euretwillen ; um eurentwillen. Klopstock
9, 87 auch in der neusten ausg.
EURETWEGEN: ihr wiszt, mein schätz, dasz ich curel-
wegcu keine schmach der weit achte, pol. stockf 347. das
et wie in meinet, deinet, scinet, ihret, unsertwegen.
EURETWILLEN :
ich musz und blosz um euretwillen,
ihr öden triften, von euch lliehii,
genup, ihr trennt mich von Myriillen,
das ist, ihr heiszt mich weiter zielin.
Rost schäferg. 149.
der EURIGE, vester, verhält sich zu der eure, wie der mei-
nige, deinige, seinige, unsrige zu der meine, deine, seine,
unsre. die letzteren formen sind älter, edler, einfacher: das ist
nicht mein hut, sondern der eurige; ich habe meine ptlichl
gethan, thut ihr die eurige. besser, der eure, die eure.
EURINGSSTRASZE, /. na laclea, nach dem held Euring, der
gewöhnlich Iriiig oder Eiiing, einmal abn schon in einer aJul.
glosse luwaring heiszt (mythol. 332), so dasz hier wieder ein frühes
beispiel für den Wechsel zwisciwn ci und eu vorliegt, bei i/cw
namen ist doch auch Eburdring, Eburdrung für Orion (myth.
689. 690) zu erwägen und vielleicht aufzulösen in Epurduring.
AvKNTiN 102' macht aus diesem Euring einen künstler uiui ge-
stirnkundigen zu Schirmburg, was jetzt Sine hing luisze, da wo
die Drau in die Donau fällt, und Stieler 2196 sogar einen rex
in Sinihingen, qui astrologus excellcns fuit. gemeint wird das
alte Sirmiuni (Aventin 83').
EUROPA, n. gen. Europas, bei Brant, Frasr u. a. m. aber
mit dem lat. gebildeten gen. Europe = Europae, acc. Europam :
als die Sciavini 'alles Europam" flberlielen. weltb. 29*. norA
neuere gewähren den gen. Europens: das feste land des ge-
sammten Europens. Kant 9, 38 (1756), den dat. Europen :
Asien risz sie von Europeq. Schiller 59".
Zwar sind, nach dem }dan des wörterbuclis, rigennamen der
leutc und örter davon ausgeschlossen, ausgenommen wo ste appel-
latirisch werden oder andere hierher gehörige bczüge bieten, z. h.
Deutschland 2, 1052. Engelinnd 3, 474. 481. BOheim 3, 222. an
gegenwurliger stelle mag die brhandlung, mwtens mishandlung aller
ländernamen in utisrcr spräche einmal kurz (r wissen werden.
1) flu Zusammensetzung eintritt, iä die geitall schlefn^nd, doch
an sich untadelha/t.
a) mil dem gen. /»/. des rolknamens: ahd. Walholant, Lanc-
partölant, IVigir6lant, FranchoniMant, Sahsonölant, Suäb^rlchi.
heute Buierlund, Frankenland, (iriechenlaud, Schwabenland,
Ungerlaiid, und iß'kürzt England, Fiiesland, Finnland, Irland,
Lappland, Rusziand, Schottland; Frankreich (statt Franken-
reich).
b) mU einem adj. Deutschland, Welschland, t")gterreicb.
c) md einem sulist. Holland für Hollland, Holzland, Hol-
stein für Holtsctcii, Holzsaszeu.
2) wie eine virnye Ortsnamen im dativ sithn, der allmdlich :um
noHi. (/('« (iri/cfi ist, haben auch ländernamen sieh mit dem d<U.
pl, der volkernamen geOiidet (lUti'T 'i, 4uu). aH$ ah<t. in Walabuiu,
1197
EUROPA — EUTER
EUTER— EUWRISCH
1198
in Suäpum, zi Lancparlum, zi Pcigiruni, mhd. in Walhec,
Swäben, ze Lancbarten, Beiern entsprang an nhd. Schwaben,
Baiern. man halte ach erst gedaciä: im lande ze Swäben,
Beiern, vie es mit dem gen. hiesz Swäben lant. Beier lant, und
diese gewohnheü zog endlich den gedanken von dem ursprünglichen
dat. und gen. pl. ab und führte einen neutralen sg. für alle
casus ein. so also Engern, Franken, Hessen, Preuszen, Sachsen,
Thüringen, Westfalen.
3) ein andres en, zu velclier endung bei uns alles drängt, ent-
nahm man aus dem acc. lal. ländernamen auf ia, so dasz sich
das rolle iam erst in iän, ian, zuletzt in ien verdünnte und den
von nalur veiblichen namen neutrales geschlechl mit dem gen.
iens zugelheilt wurde, vir sagen heute Allemannien. Asien,
Assyrien, Australien. Bosnien. Britannien, Dalmatien, Gallizlen,
Germanien, Indien, lonien, Italien, Lydien, Macedonicn, Moc-
sien. Pannonien, Pensylvanien, Persien, Sardinien, Scythien,
Serbien, Sicilien, Spanien, Syrien, vährend mhd. dichter zwi-
schen iam, ian, ien schwanken, wie ich bä Hacpt S, 409. 410
belegt habe und noch vielfach bestätigen könnte. Lcthee schreibt
im nom. Asia, Assyria u. s. w., im acc. Asien, Assyrien, aber
dem schon angeführten 'alles Europam' aus Franks weltbuch
läszt sich aus seiner chronik 22S 'der alles Ilaliam aufrürig fand'
an die seile stellen, mhd. dichter behandelten solche namen noch
gern weiblich: Asia diu wite, diu obere, diu nidere Geimanie.
4) anders und richtiger verfuhr man mit rinzelnen lal. ia, die
sdion mhd. ie behalten hatten und nhd. ei erhielten, aber ihr
weibliches geschlecht nicht einbüszlen: Barbarei, Bulgarei, Lom-
bardei, Romanei, Türkei, Walachei, früher auch Sirfei für
Serbien (AvEsnx 46'). doch sagen wir die Normandie, nidit
Normandei.
5) das seltnere a der ländernamen haftet in Europa. Afrika,
Amerika, Corsica, Toscana. v(^. Parz. 496,3. für Europa
der nom. Enrope tr. kr. 2396C, und von Europe 23977.
EUROPÄISCH, europaeus. früher, als Europe. Europen galt,
europisch: halten viele andere europische forsten neben sich.
MicRÄLics 2, 273, wie wir auch asisch für asiatisch sagen solUen,
da indisch, persisch allgemein gelten.
EUKOPAMCDE, quem tenel Europae satielas.
EUSEL, f hausirum, schOpfrad, einur, schaufei, das wasser
aus dem schif zu schöpfen, von dem alten ausen, ösen. haurire,
altn. ausa. vgl. erösen sp. 935, ein seltnes wort: in denen
dingen ist diser waidling [naclie] gleich dem schif, aber nit
in der eusel oder schauflen der beicht. KeisebsbebgjcAj/ der
pen. 54*. Schwab, ose, Schöpfeimer, wem fällt nicht das goüi.
iiisila nveat? ein ?
EL'SER, noster, üser, unser, in Stalders dial. 104 euser, öser:
es ist doch nicht mein fräuelein,
es ist doch numroen euser liebstes kind,
wo wir so lang verloreo hei gban. Uulaüd 276.
EI'SZERE, s. äuszere 1, 1032.
EISZERN. s. äuszem 1,1036.
ELSZERST, s. äuszerrt 1, 1033.
ELTER, m. n. über, ein last alle urverwandten sprachen durch-
laufendes, sicher uraltes wort, skr. ödhar, üdhan. späterhin udhas
(BöHTLixc 1, lOlS), gr. ovd'aQ, goth. zu vermuten udr, alid. ütar
(Graft l, 158), welche unumlautende form schon 1. 1044 «n/er
auter besj/rochen ist, doch erschänt auch mit umlaul fitir, mhd.
wahrscheinlich iuter ((f&. 3,195'), fcei Mecenberc 25, 18 äuter, nhd.
euter, ags. üder, engl, udder, nnl. uidcr, uir, uijer, daneben
jadder, jaar; gal. uth, ugh, tr. nit, uilch; lit. vdra zu folgern
aus udroli etdem und aus priudrojusi kiaule, euternde, mil-
chende sau; finn. utar, utara, est. uddar, uddaras. andere
hauptform, aeol. ovfaQ (wie ffr,q, tpr^oiov, tat. fera für d'rio,
&r,piov), lat. über {wie ruber, rufus = i^vd'qös), altn. jufr,
jugr, schw. jufver, jnr, ddn. yver.
die würzet verborgen, doch musz sie die Vorstellung des nährenden,
fruchtbaren enthalten hdjen, wie aus dem gr. ov&aQ aQovqrjg,
vorzüglich aus dem lat. adj. über folgt, das skr. wort gilt auch
vom euter des himmeh , d. i. der wölke und vom nährenden
busen. fidhanja, itdbasja üt milch, die übrigen sprachen setzen
es von der zilze der hausthiere, der sluten, esel, kühe. ziegen,
schafe. hunde, auch der hasen. du scholt auch wi^/.en, da^
der unvernünftigen lier milchwäppel aigenleichen äuter hai^ent,
aber an der frawen hai?ent si priisfel oder tülel. Mecesberc
25, n — 19. culcr oder prustlein, mamma, tudl. «/»er. voc.
14S2h4*; sumen, ein schweinüter. Dasvp. 291'; uter, »lamma,
mammula, mammilta, über. 450*; IT. Sachs 1, 156* hat den pleo-
nasmus brusteuter von der frauenbrusl. man sagt volle, straffe,
angespannte, strotzende euler ; alid. drozinta (itir, distenla ubera.
Haui-t 5, 329, schwed. stinnt jufver. im norwegischen mdrchen
kommt zu dem guten mädchen eine kuh mit dem melkefasz zwischen
den hörnern, und ihr euler war so roll und rund: 'melke mich,
die milch sprengt mich, trink so viel du willst und schütte
den resl auf meine klauen, so will ich dir wieder helfen'.
Asbjöbnses s. 7S. nach dem schwedischen weidet die kuh im
grünen gras, trägt den melkkübel auf den hörnern und man sielU
ihrem strotzenden euter an, dasz es lange nicht gemolken ist:
'melke mich und trink so viel du willst, lasz aber nichts auf
den boden fallen, giesz das übrige auf meine klauen und
hänge den kübel wieder auf die börner'. Cavallils s. 431. wie
lieblich sind diese züge. die gewöhnliche melkfurmcl lautet:
stripp strapp stroll,
so war der eimer voll.
es heiszt, die kälber ans euter lassen, legen ; am euter hangen,
ubere haerere.
nnl. tgras verquickt het vee en spant den uier aan;
tgezwollen uier wort met volslagen hant gemolken;
nhd. wie sein satt vieh dem stall zueil
und heim trägt «/. trag) volle utern schwär,
welchs bald wolt dasz man sie entlär [distenta siccet ubera).
FiscBART landlust 306;
mir bringt das zahme rind den saft aus gras und kräutern,
verwandelt um zu milch in ausgespannten eutem.
Dlsch poet. werlie 1,156;
und ist der süsze scbaum der euter ausgedrücket,
so sitzt das müde paar zu schlechten speisen bin.
Haller 3S;
wir treiben tag JTir tag die magern schafe weiter,
des abends kommen sie doch wol mit schlaffem euter
und ohne milch zurück. Rost schäjerg. 61 ;
setzte sich dann und melkte die scharundroeckeroden ziegen,
alles der Ordnung gemäsz, und die säugliiise legt er ans euter.
Od.\M-2;
knaben, die scbaf ins kühle ! verfängt die hitze, wie neulich,
wieder die milch, dann klopft man umsonst mit den bänden
die euter. Virgits idylten 3, US;
und wie sogar zehn äpfel verführerisch werden dem mägdlein,
oder ein böckchen vom railchströmenden euter gesandt.
Properz II. 34,70;
da kommt mit vollem euter
die alte geisz gesprungen. Rcckrt 110(413).
schädlich wird euter mit eiter, renenum, pus verwechsell.
ELTERBOGK, m. ziege die nicht trächtig tcird, nd. fiterbock.
Schambach 251*.
EUTER BRÄT LEIN, n. gebratnes kuheuler: gebratene pfafTen-
biszlin, geröstets katzengeschrei, euterbrätlin, schöne wampcn
und schunken oder feiszte hennensüpplin, kindbetterbrühlin,
weinwarm, matzisbnihlin von der ersten sut. Garg. 160*.
EUTERLEIN, EUTERLE, f?. mammula. Stieler 311.
EUTER.N, lade repleri, lit. udroti: (fie kuh eutert schon,
lAr euter füllt sich mit milch.
EUTZE. f. bufo, s. euke, auke, in einigen mundarten filze,
ötsche : man tritt die eutzen so lang, dasz sie sich wendet ;
wo eutzen sind, da sind auch wol hailbaten (storche). Henisch
957, 13 ;
daselbst durch gottes wunderhand
frösch, padden, eutzen menschen worden.
fnixcttm. HI. 3, 12 (Bbb 8').
EUWRISCH, sererus, austerus, ferus? es seind auch noch
Sprichwörter vorhanden, dasz man spriciit 'du siehst euwrisch",
bist rabisch, von denen die ernstlich sein und auf die reis
herfür gebutzt und aufgemacht. Aventin (1566) 61 ; GCnzels
haubtschl üs.ul {\6i'>) hat s. 4o': awcr, ein altes leutschcs Sprich-
wort, so vom wort awc herkombi, so vi! (als) awerisch. wil-
disch, das in der awen ist oder in der wildnis. nach Reix-
WAi.D 1, 2S soll bei Frisch {aber wo?) aus einer schrill ron 1545
stehen: 'sich eurisch stellen', für mürrisch, man denkt an
Sccuenwirts 46, 118
du bist ein rechte auwerin ! ein wildfang.
nun aber zeigt sich die doch wol identische form eudrisch:
veracht nicht gar als gut gcselln
und tliu dich nicht »o ewJrisch stelln. H. Sachs II. 4,6*;
ist eins eudrisch zu aller zeit,
so soll das andre machen freud. EriniG 2,573.
Reinwald gibt hinler eurisch auch euterisch, schüchtern, blöde.
SiALtiER 1.347 hat in euders gehen, zerfallen, zu gründe gehen,
form und bedeutung bedürfen besserer außlärung, an eifrig,
:orni(7, eiterig, gißig läsit $ich kaum, eher an uriscli, aueriscb
denken.
1199
EVA — EVCHEN
EVEN — EWIG
1200
EVA, f. gen. Evas, frülur Evens, dat. Even:
vim'ttz ist an uns geborn
von frouwen Even. Henner 1932;
als Adam hackt und Eva spann, ^
wer war alUla der edelmann;
ibm schmeckt kein mahl, er scbluminen süsz
bei federleichtem sinn,
und träumt sich in ein paradis
mit seiner Eva hin. Uorger 4'.
Evens nachfülger «= die ueiber. Keslf. Rob. 14. s. Evchen,
Evcntochtpr.
EVANGELl, n. erangelium, Oper bei Schwarzenderg x. b.
111,2.152,2; 'sitzt still, sitzt still!' sagt jenes scbuitheiszen
fraw im newen scüurz und kürsen (pelz) zu den weibern,
die zum euangeli aufstunden, 'es gedenkt mir auch das icli
ewers gleichen war und die noilplon hicsz'. Carg. I5l'. nach
dem nachtessen kamen auf den plan die schüne euangeli
von holz, das ist volauf prettspil oder das schön Aussen, es,
daus, troi. 17t'.
EVANGELIE, m. evangelium :
mhJ. daj er den t^wangeljen da
predjcn solle und anderswä
IQ dem selben lande. Walther \o:k Rusinau 141,25;
ir süllent in die weit gän,
den ßwangcljcn, den ich hün
eelcrt und (rehört hänt von mir,
den so prcdjeut ouch ir. 22ü', 18.
$0 audi ahd. euangdlio m., gen. euangelien ; goth. aber aivag-
gßljö f.
EVANGELIER, f?i. kvila, diaconus. i'oc. 1482 h4'; her Hein-
rich, ein ew angelier. Schreibers /Vet'fcttryerMrA. 2, 160; cpisller
und euangelicr waren die, so in der messe die epistel und
euangelium lasen. Lcther 6, 104'; desglichen redt Paulus ouch
von den diaconis, die wir nennend evangelier. Zwingli 1,133;
es ist ein gewonhcit, wenn man priestcr weihet, das man
dem letzten euangelier oder epistier den levitenrock auf dem
hals ligen Icszt und derselb musz dem bischof das euan-
gelium oder cpisteln singen, dem anderen stoszt man den rock
nur an den hals, schimpf u. ernst 1522 cap. 103. 1555 cap. 118.
EVANGELIEH KLEID, «. coUibium i. e. veslis diaconi. voc.
14S2 h4'. vgl. DlEFEXBACH 132'.
EVANGELIGEMÄSZ, evangeliciis : dieweil er seins vorfahren
evangeligemäsze Ordnung nit het gehalten, bienenk. 129'.
EVANGELISCH, evangelicus : leide dich, thu das werk eines
evangelischen predigeis. 2 Tim. 4, 5 ; dann aber auch evan-
gelicae formulae addiüus, protestantisch: evangelisch werden, zum
protestantischen glauben übertreten; er ist gut evangelisch, ein
gläubiger frrotestant; herr, ich hin gut evangelisch, denn mein
groszvaler, mein vater und mutier und alle meine freund sind
in dem evangelischen glauben geboren, getauft und erzogen
worden, fr. Simpl. 1, 55. aufs aller evangelischte gelebt.
Luther 4,95 statt des harten evangelischiste, wie er 4,114'
sagt die hübschien wort für hübschisten, hübschsten imd4,139
am höchsten und festen für festesten.
EVANGELISIEREN: um der armen willen uf erden kumen
(gekommen), sie zu evangelisiren. Keisersberg narrensch. 52'.
EVANGELIST, m. evangelista. voc. MS2 h4'; vier evangc-
lislen. Keller CT-zdW. 192; und der euangelist sanclus Matheus
hat uns des brief und siege! geben in der heiligen geschrift.
Keisersberg s. d. m. 22'; die geschieht und marter des seligen
bruder Heinrichs von Sülphen ewers euangelislen. Luther
3,27'; Marlinus Luther unwirdigcr ecciesiast und euangelist
zu Wittemberg. 3,103'; und bitte ewre euangelislen, das sie
euch von Luther und Carlstad weisen und immer auf Christum.
3, 105*; ein audrer hätte golt gedankt, daaz er drei evange-
listcn seines lebens (biograjJien) bekommen. J. P. Filwl 194.
EVANGELIL'M, n. ohne artikel: ich wolt für mein teil eiian-
gelium.4, so ich von meinem lieben vater in Christo, d. Mar-
lirio Luther gelernt hab, nit der ganzen weit gölcr nehmen.
AuBkOS wider WUzel Fe';
mancher pfaf ein evangelium »ingt,
daf in der kirchen und clior erklingt,
ventebt doch ein wort des Inhalts nit.
tch. u. crnit 1555 cap. 118.
EVANGELIUMCHEN, n. erangeliolum : ade, ade, du armes
Jurfligea euangcliuinchen. ALnERt:» vider Wtlul II s'.
EVCHEN, n. purUa nmata, Itvbchen :
Ao<\\ -.ri, .% .. -ii,,. i,h Id den wind,
Uli.! ?
0 I- 'iiin gcurhwind
0 ' i.'-lll'.! lllMCtR 4'.
EVEN, f avena, haher, fr. avoine, t/. avena, vena, ahd. evina
(Grakf 1, 176), in der Freckenhorsler heberolle eveiia: weisen sie
dem vogt ein malter eveu, genant vogtseven, das haben die
vorfaren abt gelassen dem vogt, dasz das leben desto besser
seie, war vormals genant das grün malter even. «mM. 2, 392.
vgl. vogtevcn, raucheven.
EVENÄPFEL, pl. Eeae jwna, mamniuc:
Evenäpfel sind zum locken oft mit bleiweisi überkreidet.
LoGAU 3, 106, tM.
EVENEN, avenaceus, alid. evcnin : cvenin prot, hubcrbrot,
evenin malz, habermalz.
EVENMONAT, m. habermonat, benenming eines herbst oder
erntemonats, bald des sepleinbers, bald novembers, nnl. evenmaent,
evenmaand und auch gerstmaand, pielmaaud, spellmaand.
GDS. 89. 90 : zwischcnt beiden unser lieben frauen lagen im
evenmonat. uä.sth. 2, 617.
EVENTOCIITEH, f ein eitles, lächtsinniges mddchen.
EVER, m. navicula, lembus, scapha, kleines fahrzeug. das sich
an grüszere hängt, boot, fischerkahn, ueidling, ein nd. uort, doch
nicht in allen gegenden üblich, Schambach und Da.n.neii. führen es
nicht an, es gilt zu Hamburg, Bremen, in DUmarschcn, Holstein, Ost-
friesland: fluszschif von scharfem bau (scharf in den Wasserspiegel
einschneidend), mit einem mast, im Ilarlingerland auch ein bin-
nenscltif Stürenbürc 49. man sehe die stellen bei Neocürüs 2, 300.
302. 385. weder nl. noch ewß. und .<icandinavisch, allen hochj.
glossarcn mangelnd, zuerst bei Fiiiscii 1. 234, aus einem Iractat
von der averei (haverei) angeführt: kaufmannswaan^n in einen
ever oder boot laden, welche samt dem schif verunglücken und
zu gründe gehen; doch brauchte den ausdruck schon vor ihm
ßnocKEs 8, 187 : da ward ein groszer fischerever von weitem
unser noch gewahr und näherte sich unsrer jagd . . . deun
wenn nunmehr das schif auch brechen würde, wir uns . . .
in den ever retten konnten, unrichtig als n. : es fand sich,
dasz sein schif ein bloszes ever mit einem verdeck war. Lich-
tenberg 8, 240. Adelung stellt auch ein gänzlich unhelegtes hd.
eher auf, dessen geslalt dem nd. zwar gemäsz wäre, ein gedanke
an eher, aper würde ins hohe alterlhum versi'lzen, das schi/fe nach
Ihieren benannte; weder ailn. iöfur, noch ags. eofor zeigen irgend
die bedeutung eines fahrzeugs und in den früheren jhh. müste ein
solcher eher oder ever erst aufgewiesen werden, bessere auskunß
soll willkomnwn sein.
EWE, /■. acvum, seculum, ahd. ewa, Aa, mhd. f-wc, mnl. 4we,
nnl. ceuw. das goth. aivs war aber, gleich ai(öv m., gen. aivis,
dat. aiva, acc. pl. aivins, vcihält sich also u-ie snaivs, ahd. sato,
mhd. sniS nnl. sneeuw. aus der bedeutung zeit entfaltete sich
die der dauernden reget, des geselzcs und der ehe, wie ditn sp. 39
dargelhan ist; die im nnl. eetnv erhallne von seculum ist unserni
schleppenden, erst spät gebildeten Jahrhundert (Stiei.er SOS) ror-
zuziehen, obschon es im seine, aihundiade, dän. aarhundrede
nachgeahmt wurde, dem goth. acc. aiv entsprossen die weit ein-
dringenden parlUieln aiv und ni aiv, ahd. eo, ni ^0, allmJlich
io, nio, mhd. ic, nie, fdid. je, nie, und niciU anders den dal.
acc. pl. die adverbia du aivam, in aivani, in aivins; auf ähn-
liclie weise steht vom ahd. Ha der acc. sg. dat. pl. in öwa, in
ewun, zi C'wöm adverbial, mhd. in dwe, ze fiwcn, von fwen
unz zewen. verwunderlich wäre, dasz ein so gangbarer ausdruck
nhd. im 15. 16 pi. bereUs erloschen sein sfdite. Dheri.in sp. 364
bringt aus einem handscliri/llich<-n tr. Belial contra Christum bei:
golles barmherzigkeit weret von ewen unz zu ewen; die vor-
rede zu Heinr. (iESZLERS tüt.iclwr relhorik schlieszt mit dem sjtrurh :
alpha und 0, herr, anfang, mittel und end, dir sei loh. ere
und glori von ewen zii ewen. amen; noch lange ins 16 jlt.
wird oberdeutsch gebetet worden sein von ewen zu ewen für m
.wcula .seculorum. andere beitinele suche man in iirJtiinifen der-
selben zeit, ob aiv, /■(>, ie zusammen hangen könne mÜ air,
er, 6 prius, führt in schwere erOrterungen.
E\VICH,Hi. zuweilen falsch geschrieben für ebich. eppich.
hedera, x. b. inauerewich, hedera baccifera. Schwenkkkiü ü\rp.
Sil. p. 100.
EWIG, aeternus (für aevilernns, wie aela» für ae>ilas, vgl.
longaevitas), goth. ajiiks (aus ajiikdii|is zu folgern und gebddet
wi« ibuks, rttngradus) und aivein«, ags. i'cc, a'ce {für iHvece?,
da$ y ge$ehwuntien wie in sriiiiee mier ih umserm einch, golh.
.livisk««), ahd. <Swtc (für f'wili?) und H\n, daneben auch ^wlnic,
mhd. öwic, nhd. ewig. alts. ßwig und h\\\u, nnl. eeuwig, altn.
wOnlegr, schw. ddn. evig, nach hä. ewig, daneben tchw. evin-
nerlig. ddn. evindelig mich altn. »•Dnlegr «dir ciM. <^wtnic.
eviniieilig und eviinlfli}; wi' i..fi..t,,-r^ fu^er nl' r\\r. • "rv/rn
1201
EWIG
EWIG
1202
aber stehen sie in verstäTklem ausdruck gehäuß: dän. evig og
evindelig. Asbjörsses folkecventyr s. 53. engl, etenial nach fr.
^lerael.
unser ewig bedeutet nun
1) das immerwährende, endlose: der ewige gott, vater, der
ewige söhn; Abraham aber pflanzt bewme zu Bersaba und
predigt daselbs von dem namen des herrn, des ewigen gottes.
l Mos. 21,33; die ewige Jungfrau;
sie hält den ewgen söhn an ihrer bmst. Schillsr 4S6';
sie (die göUer) halten die herschafl
in ewigen händcn. Göths 9,78;
eh Tor des denkers geist der kühne
begrif des ewgen raumes stand,
wer sah hinauf zur Sternenbühne.
der ihn nicht ahnend schon empfand? Schiller 23";
als wäre um ihn her die weit weggeblasen und er allein mit
dieser Julia im ewigen leeren? 145'; bergmännisch, ewige teufe,
eine unbegrenzte tiefe, ewige ganze, unbegrenzte länge eines gruben-
maszes; verleihen in ewige teufe, bei streichendem grubenfelde
dem beliehenen das recht ertheilen innerhalb seiner feldlänge die
lagerstälte so tief abzubauen als sie reicht oder er vermag; ewiger
tag, ewige nacht, ewige finsternis; die ewige zeit; da wird
keiner in ewige zeit {jemals) frei gelassen. Frank iceltb. 1S3' ;
ein blutger hasz entzweit auf ewge tage
die häuser Friedland, Piccolomini. Schiller 3SG*;
das ewige leben, die ewige Seligkeit; teglich sünd hindern
dich an dem verdienst ewiger selikeit. Keisersb. s.d. m. 7';
auf das alle die an in gleuben nicht verloren werden, son-
dern das ewige leben haben. Joh. 3, 15 ;
hinüber zur ewigen freude sie schlief.
Schmidt vo^ Wer». 295.
das ewige, immer fortrinnende wasser, das ewige tmmer unler-
haUne feuer; die ewige lampe;
felsen stehen gegründet, es stürzt sich das ewige wasser
aus der bewölkten klufl schäumend und brausend hinab.
GöTHE 1,317;
wer ist unter uns, der bei der ewigen glut wone ? Es. 33, 14 ;
und werdest in das ewige fewer geworfen. Matth. IS, 8 ; gehet
hin von mir, ir verfluchten, in das ewige fewer. 25, 4t ; ewiger
Schnee lagert auf dem gipfel des berges ; marmor und feuer-
steine, die ewigen begleiter dieses edleren kalkgesteins. Güthe
28,160;
ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen mauern,
ewige Roma, nur mir schweiget noch alles so still. I,2ö9.
2) einen ewigen namen wil ich inen geben, der nicht ver-
gehen sei. Es. 56, 5; ein ewiges gedächtniS, andenken;
ewiger rühm, ewiges lob; ein ewige gnade wird aufgehen.
ps. 89, 3 ; gedenke an den ewigen bund zwischen gott und
allem lebendigen thier in allem fleisch, das auf erden ist.
l Mos. 9,16; ich wil mich in ein ewigen und keuschen stand
begeben {nonne werden, ewige jungfrauschaß geloben), buch d. l.
239, 2 ; einen ewigen frieden schlieszen ; ewige treue geloben ;
ein ewig recht sei das. 3 Mos. 16, 31 ; ich hatte meinen ewigen
anspruch auf die freuden der weit zerrissen. Schiller 204';
0 gott, ihr kommt, 'den letzten, ewigen
abschied von meiner königin zu nehmen'. 439*;
gleich den folgenden tag schrieb Oranicn der regenfin den
abschiedsbrief, worin er sie seiner ewigen achtung versicherte.
849*; und ewige Jugend schwör ich mir selbst. Schleier-
MACHER monologen 140; die äuszere weit mit ihren ewigsten
gesetzen, wie mit ihren flüchtigsten erscheinungen. s. 5; das
gefühl ewiger dankbarkeit;
bei meinem saitcnspiele
segnet der sterne beer
die ewigen gefühle.
schlafe! was willst du mehr?
die ewigen gefühle
heben mich, hoch und hehr,
aus irdischem gewühlc.
schlafe! was willst du mehr? Göthe 1,98.
ewige lieder singen, von des verbannten Ovids gedickten im
Getenland redend sagl Fleming:
das ewige latein
brach Zynops wilde Out, hiesx Sagarn xahmer sein. 76;
und anderwärts:
das ewige latein
war ihm fast mit der milch der mutter gangen ein. 136,
das unvergängliche, nicht aussterbende latnn. im deutschen recht
heuzen abgaben, die immer besttlien, nicht erlöschen sollen, ewige :
ewig kernengelt. wehth. l, 212 ; \x simmern korngeldis ewiger
UI.
iserngulde. Bacr Arnsb. urk. s. 707 (a. 1416); eine ewge gans
alle jar zu geben. Thomas oberhof s. 303 (a. 1354) ; vgl. ewig-
geld, ewigkuh, eiserne kuh, ewiges rind und RA. 593.
8) ewige, dauernde schände;
mhd. S; wirt ein ewic schände
den Griechen algeliche. tr. kr. 22630;
auf das ir land zur wüsten werde, inen zur ewigen schände,
das wer für übergehet sich verwundere und den köpf schüt-
tele. Jer. 18,16; und viele, so unter der erden schlafen lig^n,
werden aufwachen, etliche zum ewigen leben, etliche zu
ewiger schmach und schände. Dan. 12, 2 ; das wort we in
der geschrift wirt gemeinlich genumen für ewige verdamnis
und umb todsünd. Keisersb. s. d. m. 6'; das ist ein gewis
zeichen ewiger verdamnis, so es einem in Sünden wol gat.
IS'; ewige strafe, gefangenschaß; ewige Verbannung, landes-
verweisung; ewige feindschaft, ewiger hasz, krieg;
es erben sich gesetz ued rechte
wie eine ewge krankheit fort,
sie schleppen von geschlecht sich zum geschlechte
und rücken sacht von ort zu ort. Göthe 12, 97.
4) oß drückt ewig nur das langtcierige, dann auch leicht pein-
liche, langweilige aus: so manches ewigs jar. Mcrxehs luth.
narr 2279 ; das ewige geplaudre. Lessing 1, 267 ; hast du mir
nicht so eben versprochen, das ewige geächz und gcjträchz
zu unterlassen ? Wagner kinderm. 59 ; ich sah sie den gestrigen
langen, ewigen tag nicht. Rlinger 1,376; dasz man sie, wenn
alle theile beisammen wären, von dem ewigen suchen ab-
bringen könnte. Göthe 20, 277 ; dasz man mit nachbarn und
nachbarinnen im besten vernehmen und immer in einem
ewigen gefälligkeitswechsel stehen müsse. 20, 290 ; dasz ein
ewiger Wechsel, er sei nun von officieren oder gemeinen,
auf die einquartierung des grafen folgen würde. 24, 135 ;
und ihr leben ist immer ein ewiges geben und kommen.
40,311;
wie sodann auch solche unschuldige seelen botanische lehr-
bücher in die band nahmen, so konnten sie nicht verbergen,
dasz ihr sittliches gefühl beleidigt sei, die ewigen hochzeiten,
die man nicht los wird, bleiben dem reinen menschensinn
unerträglich. 58,177; meine ewigen fluszfieber kehren immer
wieder. Niebühr 2, 310 ; bei jeder mahlzeit die ewigen kar-
toffeln.
5) in allen angeführten steüen war ewig attrSndiv, es kann
aber auch für sicli allein stehen:
wer ewigs umb zergenglichs git. Braut 89,32,
das ewige fitr das vergängliche; weger wer dir gewesen, das
du ein zeitlichs bettest verloren, weder das du des ewigen
must beraubt sein. Keisersb. s. d. m. 22'; nun wirt weiter
niemands von dir frucht essen ins ewige. Reiszner Jer. 1. 114'.
oder praedicativ: sein gute ist ewig. ps. 128,8; denn was
sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das
ist ewig {golh. {)0 gasaihvanona riurja sind, i{) J)6 ungasaih-
vanöna aiveina). 2 Cor. 4, fs ; ein haus, nicht mit henden ge-
macht, das ewig ist im himel (gard unhanduvaurhtana aivei-
nana in himinam). 5,1. hier zeitlich, dort ewig. Schdppius 278.
6) man merke: welchs doch mannichs ewigs mal von den
allerbesten catholischen vergessen wird, bienenkorb 196' =
oß und lange.
EWIG, n. substantivische fassung des adjectirs: ich bin mit
dem allerunmenschlichsten ritter von hinnen gefaren gen
Corinthum, ich arme, ein zweijerigs ewig ich da mit dem
gelitten hab. Terenz 1499,146' = Hecyra 87:
quae cum milite
Corinthum hinc sum profecta inhumanissumo,
biennium ibt perpetuom misera ilium tuli,
so dasz aus dem lat. subst. ein adj., aus dem adj. ein tubst.
gemacht ist;
da ich solte, kont ich leben,
da ich solte, kont ich sterben,
denn das ewig zu erwerben,
kont ich sterblich leichte geben. Logad 1.9,21.
in unserm auf ewig = auf immer wird man doch lieber, wie
in auf lange, auf kurz oder lang, ein adj. annehmen:
auf ewig ihn bei seinem hause xu
erhalten. Lessi?ig 2, 277 ;
ich sollte schweigen anf ewig, ich sollte seine schände Ter-
hüllen auf ewig. Schiller 103';
aber ihnen schlosz auf ewig
Uekate den stummen mund. 59*
76
1203
E^VIG
EVVIC — EWIGHEIT
1204
EWIG, adv. ahd. iwtgo, ad, semper.
1) neben verben:
der engel örnb ain ainig sund
rill evrig io der belle grund. Schwarzenberg 9S, 1;
wie ir meiniing nil were, das ir herr umb iren willen sölt
ewig aus seinem lande sein. SteinhÖwel dec. 229,13; ist
sacbe das man nach dem tode aucL lieb bat, so sol ich in
ewig lieb haben. 251,33; denn er hat mir einen band ge-
setzt, der ewig und alles wol geordent und gehalten wird.
2 Sam. 23, 5 ; das er gütig ist und seine bannherzigkeit ewig
weret. 2 chron. 5, 13 ; denn der mensch feret hin, da er ewig
bleibt, pred. Sal. 12, 5 ; was gilts, ob ich solcher irer werk
ewig vergessen werde. Arnos 8, 7 ; der da aber ewig lebet,
alles was der macht, das ist volkomen. Sir. 18,1; denn er
gedachte ewig an mir zu haben [mich immer zu behallen).
Simpl. K. 278; ewig schade darum {ist es); ewig schade!
irrg. der liebe A5; ewig schade, dasz du nicht ein Gyges mit
hundert bänden bist worden. Riemers reime dich s. 106 ;
röslein sprach: ich steche dich,
dasz du ewig denkst an mich. Göthe 1,17;
immer heftiger rief es am Strand, da wollten die füsze
mich nicht tragen, ich rief: Dora, und bist du nicht mein?
'ewig!' sagtest du leise. 1,300;
drum prüfe, wer sich ewig bindet,
ob sich das herz zum herzen findet. Schiller 98';
ich steh nicht auf, hier will ich ewig knien. 250';
dem herzog wurmt es ewig um Burgund. Umlands Ernst 27.
2) neben parlicipien und adjediven: zeitlich und ewig ver-
dorben ;
setz ich die feder an und will von dir nichts schreiben,
so schreibt sie von sich selbst 'geliebte Doris' hin,
ach kind wie solt ich dir nicht ewig treu verbleiben,
da ich im geiste stets bei dir zugegen bin.
Rost schäferged. 66;
sitz unaussprechlicher,
mir ewig entrissener freuden 1 Gotter 2,487;
ewig »larr an deinem mund gehangen. Schiller 3';
eine nur ists, die ich suche,
sie ist nah und ewig weit. 49';
ewig jung und ewig grän. 39';
dein orakel zu verkünden
warum warfest du mich hin
in die Stadt der ewig blinden
mit dem aufgeschlosznen sinn? 61';
ja, alter mann, dein söhn ist ewig verloren. 141'; von em-
pfindung zum ausdruck der empfindimg herscht eben die
schnell und ewig bestimmte succession, als von wetterleuchten
zu donnerschlag. 699*. doch wo ein sein oder bleiben dabei
valiel, müssen auch diese in anschlug kommen und ziehen das
adv. vielmehr an sich: das du mich doch nicht gctüdtet hast
in mutterleibe, das mein mutler mein grab gewesen und ir
leib ewig schwanger blieben were. Jer. 20, 17 ;
ich fühle klar und belle was
mir ewig, ewig dunkel bleiben sollte. Scdiller 251'.
nicJd seilen entspringt auch Zusammensetzung u-ie in cwiggrQa
u. t. V.
3) in folgenden ausdrücken verbindet sich ewig mil immer
oder vertritt es.
a) immer und ewig: golt dein sluel bleibt imer und ewig
(pulg. in seculum seculi). ps. 45, 7 ; noch öfter slelU immer
und ewiglich.
b) ewig fori = immer fort:
du gleichst der unbeweglichen gestalt,
wie sie der könstler in den stein geprägt,
um ewig fort dasselbe zu bedeuten. Schiller 668'.
e) einmal für ewig = einmal für immer, ein für allemal:
Aber den artikel der religion war die entsclilieszung dieses
monarchea einmal für ewig gefaszt. 813*.
d) nicht ewig &= nidU immer: herr, zörnc nicht zu seer
und denke nicht ewig der Sünden. Es. m, 9.
e) ewig nimmer, niemals »= nimmer, niemals:
fahret wol, ihr goldgewebten träume,
psradiesesitinder, fantasien !
wen, sie starben schon im morgenkeime,
ewig nimmer an das licht zu blühn. Schill» 5';
ibre liebe ist für einen, der verloren ist und wird ewig niemals
belohnt. 132'; gebet hin zur rechten und linken, wir wollen
ewig niemals geroeine sache machen. 143*; was ich gestürzt
habe, steht ewig niemals mehr auf. 113'.
4) iuiceilen hat 'ewig' die leisere bedeulung wn 'nur', me wir
m mmA mä 'nur immer', 'nur einmal', 'in aller wtif MT-
knüpfen : vor Nansa (Nancy) ward herzog Carol von Burgund
erschlagen und verlorn, das man nit wist, wa er ewig hin-
kuniinen was. Frank chron. 211';
nicht wisz wir, wies ewig zugeht,
dasz Pipinus könig in Frankreich
mit seiner hilf so von uns weich. Atrsr 274*;
erwig ich fernerhin,
wie unvermöglich ich zu euten werken bin,
so wird mir wider angst, kan für mich selbs nicht denken
noch reden, wie ich soll, die thatcn minder lenken
wie du befohlen hast, was heb ich ewig an!
Rohpler 33;
allein, wie ward es ewig kund?
hat es ein schlauer maiui erfahren?
verrieth es einer frau waschhafter mund? Lxssing 1,117;
was soll ich ewig davon denken ? 1, 316 ; wie haben sie es
ewig angefangen, mein herr, dasz sie ein solches felsenherz
zur liebe haben bewegen können? 1,386; aber ich möchte
nur ewig wissen, was unsern klugen vatcr auf den närri-
schen einfall gebracht hätte alle unsre freier abzuweisen.
2,435; das weisz ich ewig nicht (hob ich nimmer gehört);
was wird doch ewig daraus werden? Stieler 335. ebenso
•immer und ewig": was weiden doch immer und ewig die
musicanten denken? Schelmufsky 2,45; was werden immer
und ewig die leutc dazu sagen? älmlich ist folgende allere
ausdrucksweise :
er gedacht, ach heint und immer mer,
was mag nur der frawen sein? Keller ert. 270,8 =
was mag nur immer der frau sein?
5) ewig = immer noch, itnmcr schon: dieser rock da \<l
ewig gut, wenn gotles liebe sonne nicht durch den ermel
scheint. Schiller 210'.
EWIGBANGE, perpcluo terrorc pressus, a/fccius :
durch die räuberischen winde ward in einer unglücksnacht
Nordens ewigbanger wüste manches Tempe gleich gemacht.
Hagedorn 2, 14.
EWIGBLÜHEND, semper florens: ewigblühende Jugend.
Klincer 2, 184.
EWIGDAUERND, perpcluo durans : der nach unsterblichkeil
dürstende mensch musz suchen den himmel schon auf erden
zu finden und ewigdauerndes zu verflöszen in sein irdisches
tagewerk.
EWIGEN, perpetuare, j>erpeluis temporibus possidendum dare,
perennem, immortalem reddere, mhd. fiwigen : dA von ßwigit i;
daj gemüele. myst. 1, 159; daj leben wirt halt gefiwiget.
Leyser pred. 7, 8.
nhd. In disem buche werdit nu
gecwiget ir name. Rothb Ihür. ehr. s. 7 ;
und haben das dem genanten altar zugeeigenl, gefreihet und
geewiget. urk. von 1432 fcpi Haltaüs 416; gott ist, der da er-
loucht zu erkennen, ewigt zur untödlichkeit, erfüllt zur Selig-
keit. Frane chron. l'; die stammen der edeln sind seilen
oder nie geewiget und geerbt worden. 13' und öfter noch;
du ewigst deinen rühm, von Birken Guelßs 317;
wenn die volle gewisheit zeugt von grösze der unthat,
ewigen diese geschieht und gesang. Klopstock 2, 163;
sollen vielleicht dem erobercr nur Schandmale den lauten
namen ewigen? 2,170;
horchend dem lehrenden licde, s5ng
ich deinen bopflanzer, o insel, nAhm
ich des hains flügel, und eilt, heilig laub
iu der band, ihm, wo der rühm ewiget, nach. 1,228;
eine nur der göttergabcn
ewiget. Herder 4,42.
j. verewigen.
EWIGFEST, firmissimus. Götter 2,303.
EWIGFRUCHTLOS, fruslra:
ewigH-ucbtlos suchst du seine spur. Scuiller . . .
EWIGGELD, n. 3000 fl. werden als ewiggcld oder erste
hypothek bis Michaeli gesucht, ohne unlcrhündler. Mündmer
teitunqen.
EWIGGETREU: deine cwiggeircue mutler.
EWIGHALTUNG, f fida parlorum observatio. urk. von 1470
bet Haltaus 416.
EWIGHEISZ:
doch herscht er mit dem lamm In immersflsien fk-cuden
und schauet seine wölf in ewighelsxcm loiden.
LocAU 1,120,13.
EWIGHKIT, f aeternitas, mhd. Awicheil :
der hlmmcl i.M das hnui drr relchrn owigheil.
Doch liebt mnn doch su sehr da« Hau« der «lielkelt.
LooAV 1,190,6».
1205
EWIGJüNG — EWIGKEIT
EWIGJüNG:
ein reihentanz ron ewigjungen freaden. Höltt;
ewigjung die erde blühet. Gottkr 1,463.
EWIGKEIT, f. aelernitas, nach maszgabe des adj., goth. ajukdu])S
{für ajukj)u|)s = lal. aetas, aetatis, uie sich auch ibukdu|)s
lind viele andere denken lassen, belegbar sind managiiu[)s, niikil-
du|)S, gamaindujjs, communitas) ; ags. ecnis {golh. ajuknassus ?) ;
ahd. ^wlcheit, enigbeit, mhd. ewecheit, nhd. ewigkeit {bei
Gryrhius ewikeit, wie tranrikeit u. s. «■.), nnl. eeuwigheid,
schw. evighet, ddn. evighed, isl. eilifd = immerleben, die Vor-
stellung der ewigkeit geht soicol auf Vergangenheit als Zukunft.
1) man sagt die graue ewigkeit wie das graue alterthum :
docli stellt man den endlichen ausschlag der grauen ewig-
keit anheim. Weise erzn. 123; und diese flamme brenne in
deinem busen bis die ewigkeit grau wird. Schiller 121";
ewiekeiten, grauen weiten
wirds ein weiszer marmor melden. . . .;
tgl. vor grauen jähren lebt ein mann im osten. Lessisg 2,276.
2) ewigkeit, lange dauer in der zeit:
du sollst betasten eichen
und derer festem stark mit nichten dürfen weichen,
der lorberbäume frisch, der cedern ewigkeit
und was noch mehr macht stumpf den argen zahn der zeit,
soll nicht dein meister sein. Logaü 1,193;
ich habe todesurtheile zerrissen und manche entsetzlich«
ewigkeit auf galeeren verkürzt. Schiller 191'; seit einer ewigkeit
habe ich euch nicht gesehen. Rameaus neffe 18 = Göthe36, 9;
er bleibt eine ewigkeit aus. die ewigkeit meint auch das ewige
leben, das andere leben: seine frau ist ihm in die ewigkeit
vorangegangen ; er ist in die ewigkeit hinüber geschlummert.
3) ewigkeit des raums:
nein, sehr gering ist die anzahl,
darunter ich verhof zu bleiben,
die einen namen in den «al
der ewigkeit recht könden schreiben. Weckherlin 379;
ihm war, als wehe ihre (der freundschaft) lebensluft aus der
ewigkeit herab. J. P. Tit. 2, 85 ; nun fuhr mich mein postkerl
eine ewigkeit von strasze gerade hinunter. Seome.
4) der pl. steht seilen, da schon dem sg. die Vorstellung des
unaufhörlichen furtschrills, also der Vielheit beiwohnt:
wenn begann er? und wo ist er,
die wie gott würdig meiner liebe sei?
der ewigkeiten, die weiten all herunter
ist keiner. Klopsiock 1,147;
gott, Jehova, er der lebet,
der von ewigkeiten war. '
267
in einem heitern augenblick
auf ewigkeiten sich verbinden. Götter 1,7;
nach deutschem recht soll keiner seine guter an ewigkeiten ver-
kaufen, ad manus aeternas, an die todte hand. Haltaüs 41S.
5) in ewigkeit, auf immer, für immer, in ewigkeit nicht,
nie, nimmer, nimmermehr: und du hast Israel zubereit dir
zum volk in ewigkeit. 2 Sam. 7, 24 ; so bekreftige nu, herr
gott, das wort in ewigkeit, das du über deinen knecht und
über sein haus geredt hast. 7, 25 ; so wird dein name grosz
w erden in ewigkeit. 7, 26 ; und werden brennen und heulen
in ewigkeit. Jud. 16, 21 ; der da gelobet ist in ewigkeit. Rom.
1, 25 ; der da ist gott über alles, gelobet in ewigkeit {golh.
})iu|)i{)s in aivam). 9,5; seine gerechtigkeit bleibet in ewig-
keit (usvaurhts is visij) du aiva). 2 Cor. 9, 9. man sieht hier
dem ewigkeit den casus nicht an, doch hat die vulg. in secula,
in aeternum, also bezug auf die zukunft. du wirst in ewigkeit
keine weisze haut bekommen. Lokman fab. 17 ; ich habe mich
mit meinen brüdem veruneinigt und so, dasz ich mich in
ewigkeit nicht wieder mit ihnen aussöhnen werde. Lessixg
1,161; das geschieht in ewigkeit nicht; davon werde ich in
aller ewigkeit mich nicht überzeugen.
6) von ewigkeit zu ewigkeit: gelobt sei der herr von ewig-
keit zu ewigkeit. 1 chron. 17, 36 ; lobet den herrn ewrn gott
von ewigkeit zu ewigkeit. Neh. 9, 5 ; gelobet sei der name
gottes von ewigkeit zu ewigkeit. Dan. 2, 20 ; welchem sei ehre
von ewigkeit zu ewigkeit (golh. {)ammei vuljius du aivam). Gal. l, 5.
7) von nun an bis in ewigkeit: gelobt sei der herr, der
gott Israel von nun an bis in ewigkeit {vulg. a seculo in
seculum). ps. 41, 14. 113, 2. 115, 18 ; Es. 9, 7. 59, 21. Micha 4, 7.
8) von aller ewigkeit:
und er liebt dich, und thut
für dich und deines gleichen stündlich wunder,
ja hat sie schon von aller ewigkeit
für euch gcthan. Lessüig 2,199;
von ewigkeit her in alle ewigkeit.
EWIGKEITHOFFEND — E\A1GTHEÜER 1206
9) in ewigkeit steht auch wie ewig 4: sagen sie mir nur
in ewigkeit was sie wollen. Lessing 1, 367.
EWIGKEITHOFFEND : doch das ist alles nichts als schein,
nicht wonne des mannes, nicht seelenwonne, nicht gefühl des
ewigkeithofl"enden. Bürmans jcd. o/ine i?. 56. besser unangefügt.
EWIGKEITSSOHN, vom menschlichen geiste:
schwing dich empor! weiten sind staub!
Wohnungen des lichtes sind dein!
engelgespiel, ewigkeitssohn,
dort dort harrt dein dein Vaterland!
Leipziger musenalm. 1773 ».103.
EWIGKLÄR:
ewigklar und spiegelrein und eben
flieszt das zephyrleichte leben
im olymp den s'eligen dahin. Scbiller 72".
EWIGRUH, f. eiserne kuh, s. ewig 3.
EWIGLANG:
dieweil in Mosis buch
nichts anders ist zu lesen,
als sterben und verwesen,
als ewiglanger fluch.
Ar>'scuwa!«ge;<s geistl. lied in Dilherrs heilig-
epistolischem bericht, licht, geleit und freud.
Nüruberg lbti3 i. 37.
EWIGLICH, EWIGLICHEN, perpetuo :
1) das zeigen uns sein heiige wort,
den nit zu glauben wer ein mort,
der ewigklichen tödt die seel. Schwarzenberc 157,2;
wer aus disem wasser trinket, den wirt nit mer dürsten ewig-
klich. Keisersberg s. d. m. 12*; darum straft er sie, das inen
der hals etwan krum wirt, oder gehelingen sterben und dort
ewigklichen verloren werden. 20' ; darumb ist weger ein zeit-
licher schad, weder ein solicher schad, das ein mensch müst
dammb ewigklichen verloren sein. 22*; sunder das er sich
beker und ewiglichen leb. manuale curatorum 108, 2 ; ich heb
auf mein hand zu dem himel und sprich ich leb ewigklich.
bibel 14S3, 99* = 4 Mos. 32, 40, vulg. vivo ego in aeternum ;
ich lernt das alle ding, die got tet, beliben ewiglich, wir
mugen nicht zulegen noch abnemen kein ding. ZOl' = pred.
3, 14, perseverent in perpetuum. auch in der lutherschen bibel
sehr häufig, z. b. esse und lebe ewiglich. 1 Mos. 3, 22 ; das
ist mein name ewiglich, da bei man mich nennen sol für
und für. 2 Mos. 3, 15 ; und sollens besitzen ewiglich. 32, 13 ;
du soll inen weder glück noch guts wündschen dein leben-
lang ewiglich. 5 Mos. 23, 6, vulg. cunctis diebus vitae tuae in
sempiternum; wer aber den heiligen geist lestert, der hat
keine Vergebung ewiglich {goth. ni habaij) fralet aiv). Marc.
3, 29 ; nu esse von dir niemand keine frucht ewiglich (ni
{)anaseij)s us {)us aiv manna akran matjai). 11, 14 ; und er
wird ein künig sein über das haus Jacob ewiglich {golh. in
ajukduj)). Luc. 1,33; wer aber des wassers trinken wird,
das ich im geben werde, den wird ewiglich nicht dürsten.
Joh. 4,14.
2) verstärkt immer und ewiglich: iren namen vertilgest du
imer und ewiglich, ps. 9, 16 ; der herr ist könig imer und
ewiglich. 10,16; er bittet dich umbs leben, so gibstu im
längs leben imer und ewiglich. 21, 5 ; und wird nicht zu
schänden noch zu spot imer und ewiglich. Es. 45,17.
3) wie ewig 4: was soll ich ewiglich sagen? quid respon-
deam equidem ignoro. Stieler 355.
EWIGSCHWARZ :
auf ewigschwarzer regenwolke
mit grauer tracht von nebel angethan
betritt der weinmond seine bahn.
Kl. Scbxidt p. triefe 129.
EWIGSEIN, n. vila aelerna, das ewige leben, mhd. iem er-
leben :
Hermes soll die flügel fassen
dasz sie sie verkünden lassen,
zu dem ewigsein gesellt. Logad 1,2;
es ist sehr gut
durch Christus blut
das ewigsein im himmel erben. 1,161,89.
EWIGSELIG:
fühle, dasz leiden des lebens wie schnelle minuten bald hin sind,
und dem weinenden leben ein ewigseliges folge.
Bi-R>A!«:« ged. ohne R. 39.
EWIGSTÄT:
man Hihrt uns ja aus diesen würgelanden
ins ewigstete reich. Haccwttz Maria Stunrda 4,97.
EWIGTHELER :
bewahre, treue rinde,
den ewigtheuren namen! Gotter 1,363.
76*
1207
EWIGVATER — EXEMPEL
EXEMPELCUEN— EXTRAVERGÜTÜNG 1208
EWIGVATER, m.
von herzen wollen wir uns ft-eun,
der ewigvater waltet. Voss 5, 157.
EWIGVIEH, wie ewigkuh.
EWIGWÄHREND: der ewigweürende befehlshaber. pert.
houm^. 1, 1 ;. willstu einen ewig^vehrenden nainen haben 7 1,5;
Simplicissimi ewigwahrender calender.
EWIGWALTEND :
die ewigwaltenden götter, d'eol alev iövxes.
BÖKGEK 1S9* = n. i, 29U.
EWIGWEIBLICH:
das unbeschreibliche
hier ists gethan,
das ewigweibliche
zieht uns hinan. Götbe 41,344.
EWIGWEISE :
wolan dan, ewigweiser chor! Wsckdekuk 422.
EWIGWESEN, n. wie ewigsein:
rettet ihn aus sünd und noth, vom verderben zum genesen,
nimmt ihm die vergäuglichkeit, schenket ihm ein eWigwesen.
LOGAU 1, ISO, 81.
EWIGWIERIG, ewigwährend:
ein lob ewigwührig. Weckhkblin 572.
EXAMEN, n. prüfung: das examen besteben, im examen
dorcbfailen, strenges examen.
EXAMINIEREN, prüfen, ausfragen: werdens droben nicht
80 genau examinieren. Fr. Müller 3, 304.
EXCELLENT, ein excellenter diener, excellentes stück;
ein excellent hanrei. Heinr. Julius 439; gute nacht freunde,
es gieng excellent. Fr. Müller 3, 127.
EXCELLE.NZ, f. excelknlia, praestantia, tUel, bei uns für
minisler, höhere hoßeule, im it. eccellenza allgemein für vor-
nehmere: er hat die excellenz bekommen, soll cxcellenz an-
geredel werden; 'excellenz sind nicht zu hause' sagl der lakei.
EXCELLIEREN, sich hervorlhun:
sein geruch thut excellieren. Weckherli;« 531.
EXCESS, m. immodestia, liceiUia, scelus, frevel, ausscliweifung.
EXCESSCHEN, n. ein klein excesschen. Weise erzn. 323.
EXCUSIERE.N : sie werden sich gegen ewern objectionibus
excusiern, wie das alle zeit der mehrer teil gottlos gcwcst
sei. Albercs wider Wilzel Ml'.
EXE, f. securis, was ax, axt 1, 1046. das zeichen des holz-
hatieiis ist eine exe.
EXEMPEL, n. beispiel, zu betonen exempel. Keisersberc
oß 'ein exempel'. s. rf. ;;>. 9'. 10". 2o'. 25"; 'nim das exempel'.
10"; 'des haben wir ein exempel'. lO'. 29'; des ist die ganze
Schrift voll exempel. seh. und ernst 1555 cap. 253 ; geben den
andern böse exempel. cap. 257; bösen cxempeln und ciger-
nissen widerstreben. Luthers vorreden s. 33t; nachvolgen mit
Sre und exempel. theologia deutsch s. 119 ; und solcher exempel
und grif hat er zu unsern zeiten in andern feilen den häufen.
Frank weltb. 2l', wie es heiszl ein beispiel greifen, heraus greifen,
nehmen ; zum exempel und beispiel. Musculus hosenteufel D 3* ;
ich wil ein exempel an dir statuieren, exempla faciam in le.
Tadiiiia:<ns Plautus 573';
wie nu die bösen mir ein gratis,
wie mir verdrüszlich ihr exempel. Weckuekur 116;
der Schönheit ein exempel. 844;
man bat exempel. Oberon 3, 6C;
weil man exempel hat. Lessing 1,507; mein herr, zum exempel.
zum exempel, mein herr. 1, 308 ; ich musz dieses dem exempel
meiner zärtlichen liebhaber zuschreiben. 2,365;
er winkte jüngst, und näher noch bei ihm
steigt spater nachweit zum exempel
ein prächtiger Hinerventempei. Willaiot poet. $chr. 16! ;
die neugier sitzt in allen kinssen
des lieben, schöneren geschlechts!
frau Hevas inbitz, zum exempel,
was kostet er die nachwelt nicht? Kl. Schmidt poei. br. 1.19,
ein Wagehals nimmt kein gutes ende, davon haben wir ein
exempel in der bistorie. Göthe14, 04; zum exempel! 14,27»;
es mu« ein exempel statuiert werden. 14,300; gut exempel
kalbe predigt; exempel ^ rechenexempol;
>i\n nie Im kinsirr dort, das mit cxeiiipolii
der tnirend prsngt, »ich jeder schuld hcrrcit.
teho sie umher und ipiiin In allen teinpeln
nach den gebeimnitsen vnn (ihri!>ti leid, (jries Ar. 5,99;
nicht schlechter will ich wohnen
allhier im Vaterland.
0 baut mir meinen tcmpel
nach Albions exempel. Rockest 172.
«IC sich beispiel und exempel geliduft neben einander stellen,
heiszt es auch scherzhaß 'beispiele von exempeln'. Gotthelf
sagen 5, 38.
EXEMPELCHEN, n. me beispielchen: manch schön cxem-
pelchen. Fr. Müller 1,314.
EXEMPELSWEISE, als Vorbild, beiipiel: wandelt mit sol-
chen leuten, die euch in erbarer geschicklichkeit exempeU-
weis können vorgehn. Fischart ehz. 75.
E.XEMPLAR, n. muster, vorbild, stück, abdruck, betont exemplär,
tnhd. exemplär:
hie mite h&t ein ende
diu kröne, die min hende
nach dem bebten gesmit hänt,
als sie min sin vor ime vant,
ü; einem exemplär. kröne 29970;
wan du ein gemeine; und ein volkomenej excmplAr bist
aller lugende höhen und nidern. myst. l, 314. nhd. ein präch-
tiges exemplär, prachlslück; das buch ist in dreihundert
cxemplaren aufgelegt erschienen; defectes exemplär; er ist
ein exemplär der alten redlichkeit;
o modul aller angst,
0 exemplär zu dulden! Flekinc 9.
EXEMPLARISCH, muslerhaß: ein exemplarischer mann;
ein exemplarisches leben führen.
EXPONIEREN, \.) auslegen, deuten: ich will es exponieren.
2) aussetzen: ich kann mich der gefahr nicht exponieren;
und also mag man exponieren
die kinder bei den giltigen thieren. fasln. S04, 10.
EXPRESSER, m. nuntius proprius: einen expressen boten
schicken.
EXPRESZ, ausdrücklich : vor diesem herrn, der expresz mit mir
aus Frankreich gekommen ist. Göthe 10, 71 ; es expresz befehlen
EXTERER, m. vcxator : das ist ein rechter exterer, der
exfert einen den ganzen tag.
EXTERN, vexare, schon sp. 399 unter der Schreibung ekstem
aufgestellt, es bedeutet anhaltend, bis zum peinlichen quälen,
durch zudringliches bitten, durch necken u. s. w. man soll ein
kind nicht extern, nicderrlieinüch auch exern. auszer an dcu
folgende extra liesze sich an eschcrn, espern sp. 1159 denken.
EXTRA, besonders, nebenher, auszerdem: das macht einen
gülden extra ; eine Steuer wird noch extra auferlegt ; ein glas
wein und ein zuckerwasser extra; jetzt thu ichs extra, ab-
sichtlich, mit fleisz; sie läszt dich extra grüszen; etwas exüa,
nebenbei treiben; extra gehen, auf ncbenwegen, aus dem weg
traben (fasln. 246) ; damit es sein alter vater nicht erführe,
dasz er extra gegangen. Schuppius 1GS4, 503 ; «n/reu sein, vom
mann wie von der frau gesagt; nach den sp. 834 angeführten
Versen fdJtrt der dichter fort:
reist ihren buhlen nach, versperrt den lahmen alten
und laszt ihn hämmern wol. wie denn der gute mann
itzt so viel hat zu thiin, dnsz er nicht schlatcn («. {.) kiinn,
er sol, weisz nicht wie viel der harnsche IVrtie haben
bald auf den ersten mai. indessen kann sieb laben
die Venus, wie sie will, so viel zeit hat er nichi.
dasz er seh eins darnach, ob sie noch brenne lierhl,
ob sie entschlummurt sei, ob sie sei extra gangen.
Flehing 162 (166).
EXTRABEILAGE, f.
EXTRADCMM:
es wird zwar manch dumm gewftsch enuiehn,
doch lasz, was extradumraes Ist auch schön.
Wag!<ers Prometiteus, DtHkalion.
EXTRAEINNAHME, f.
EXTRAFEIN, superfein, ganz besonders f^n : extrafeines tuch,
extrafeine hüte.
EXTRAGESCHENK, n,
EXTRAMENSCH, n. hiesz am Dresdner hofe, in der amtlichm
spräche, eine der kammerfrau beigegehne gehülfin.
EXTRAPOST, f. die neben dem geuiihnlichen lang^am^ posl-
wagen schneller geförderte reiseanstalt :
die groszen herren, wie bekannt.
gehn mit der eitrapost durchs weite land der liebe.
Kl. Schhidt *<«»ri. diehl. 172;
concubine, die exli^post der ehe. J. P. grviU. rmen 184 ; r«
geht alles mit extrapost, es wird in der sache eilig verfahren.
EXTH ATANZ, m.
KXTMWFRGÜTUNG, /.
1209
1210
F.
iäner gestall nach dtgamma {doppeltes g), welches semitischem vau,
dso der Spirans v gleich gesprochen wurde, tcie auch lat. y häufig
für gv, goth. q, ags. c\ steht (virus für guivus, goth. qius,
venire für giienire, goth. qiman, ags. cveman), inlautendes goth.
gg, ggv gern dem y entspricht (triggvs, bliggvan = ahd. triuwi,
pliuwan ; tiiggö für tuggvu = lat. lingua, dingua). welschem
gw zur seile findet sich irisches f und beide drücken lat. v aus
(gwin, fionn. vinura). it. guardare, guanto, fr. garder, gant
ist unser warten und mlat. wantus, altn. vüttr und die Lango-
barden sagten Guodan für Vöden, Wuotan, Odin ; goth. Vulfila
kommt geschrieben ror Gulphilas, ülphilas; goth. mavi entsprang
aus magvi und bneivan, bnaivjan ist ahd. hnigan, bneigan.
die consonanz v irar unmittelbar geflossen aus rocalischem u,
nd)en solcher s/iirans empfiengen lateinisches, danach auch goth.
wie überhaujit deutsclies f stand und bedeutung der aspirata, wäh-
rend irisclics f die Spirans festhielt, die Römer trugen zwar be-
denken in übernommnen gr. Wörtern f durch f zu bezeichnen,
lieber setzten sie ph dafür, umgekehrt gaben die Griechen lat. f
durch ihr tp, wie auch in urgemeinschafllichen Wörtern beider
sprachen f und tp zusammenfallen (fero fioco, fülium q^vXXov).
auf consonantischen stufen rühren aspirata und Spirans dicht an-
einander, ch an h, th an s, folglich auch ph an v; leicht hatte
statt des vernehmbaren anhauchs eine rerengung sich geltend ge-
macht, wofür die einfachen zeichen x ^ f eingeführt wurden, hin
und wieder mag die ausspräche einen unterschied gefühlt haben
zwischen toller und enger aspirata, so dasz sie den Spiranten bald
abstand, bald in sie überlief, alle diese andeutungen lassen ge-
nug ahnen, dasz sich f und v vielfach vertreten.
Unser deutsclies F erscheint in mehr als einer läge, am ge-
wöhnlichsten
1) in der lautversdiiätung P F F, wo elassischem p rädU nur
goth. sondern auch hochd. f gegenüber stehn, tenuis schob sich in
verengter asp. und stockte dann, genau wie classisches k sich in
goth. und ahd. b umsetzte; denn nur in dei lingualreihe ergieng
der lauticandel ungestört t tb d, wohingegen die gutturalen k h h
statt k ch g, die labialen p f f anstatt p ph b darbieten, in
diesen beiden sehen wir goth. der hd. stufe begegnen, überall aber,
wenn zwei stufen, die von einander sein sollten, zusammenfallen,
gebricht etwas am verschieben, hier folgen beispiele für anlaul,
inlaut und auslaut: pater. goth. fadar, ahd. fatar; palma, alts.
folma, ahd. folma; skr. patra, tttsoov, ags. feder, ahd. fedara;
skr. pätra, theca, vagina, goth. födr, nhd. futter; paucus, goth.
faus gen. favis, ahd. füb ; peciis. goth. faihu, ahd. fibu ; Ttivrs,
TisuTtB, goth. fimf; piscis, goth. ifisks, ahd. fisc; ■jirjvoi, goth.
fana, ahd. fano; Tto'Kvs, goth. filus, ahd. filu ; porro, goth.
fairra, ahd. ferro ; porca, ahd. furicbä ; ttwÄos, pullus, goth.
fula, ahd. folo; sl. pjast, ahd. füst, nhd. faust; ■jiovs, pes,
goth. fotus, ahd. fuoj; rrro, ahd. fiuri, n/xi. feuer; plenus,
goth. fulls, ahd. fol; pulex, ahd. flöh; sl. pluk, polk, ags. folc,
(üid. folch; Tulpes, goth. vulfs, ahd. wolf; ttj«'«, ahd. fnibu,
pa«<. fnah; nood-uö?, ags. fyrd, oAd. fürt ; primus, 30//1. fruma ;
goth. |)arf, t)aurfta, oAd. darf, durfta; capio, goth. hafja. ahd.
hefu. beffu. diesen stand des lauts hallen goth. ags. alts. fries.
allnord. mundart, nur dasz goth. und alts. inlaut in b schwankt;
hoclideutsche denkmdler weichen in v aus und es entspringt
2) die formet P F V, die allerdings jenem theoretischen p ph b
näher tritt, da sich aus b leicht aspiriertes bh und dann v ent-
faltete, dies hd. y gleicht zwar dem inlautenden goth. b, erscheint
aber anch anlautend und vertritt alle unter 1 angeführten t
weder die goth., noch ags. und altn. spräche konnten es ent-
wickeln, da ihnen einfaches v die reine Spirans ausdrückte; doch
ahd., sobcdd w = doppeltes v aufkam, liesz sich das einfache
anders verwenden und tcir finden es auf dem platz der im Orga-
nismus der Verschiebung dem b angewiesenen dritten stufe, wie
umgedreht manche organische w zu b werden (bas für was, beip
für weib, vgl. 1, 1054, 8*). genauere forschung hat erst 01I, zeit
und regel dieses hochd. v für f festzustellen, die ältesten aleman-
nischen glossen geben es noch nicht, bei K. und T. brechen nur
eimdne 1 sparsam hervor und f bleibt die regel, in den monseeschen
glossen und bei N. wird aber y häufig und wechselt mit f, wel-
chem Wechsel auch eine Verschiedenheit der ausspräche zum grund
liegen musz, wie namentlich aus Noteers gesetz, das die anlaute
nach den vorangehenden auslauten bestimmt {gramm. 1, 130. CDS.
256. 257), sicher folgt, denn schreibt er da? füre, ioh folletän,
a&er dero vinstri, er verleidot gerade wie daj pant, ioh ketän,
dero belgo, er begibet, so kann ihm f nur härter als v, uie p
härter als b gelautet haben, auf ähnliche weise mischen sich mhd.
t mit y und jene nutkersche regel scheint hin und wieder nach-
zuzucken, z. b. in so rriunt nach friunden tuot. Piib. 1654. 2 ;
des frumten si. 2151, 4 ; ouch fuort. S96, 1 ; minen vriunden.
1390,3; mine vrcuwen. 1391,2; obschon gleichfalls dö fuorte
steht 898, 4 ; so dasz sich die feinere ausspräche bald erhalten bald
verwischt zu haben scheint, man wählte das f vorzüglich gern,
wenn ein u folgte und setzte für neben vor, wie schon die mons.
gl. Tora uud furi schrnben, doch schwankt auch diese Unterschei-
dung, den ahd. und mhd. verhalt sollten eigne abliandlungen
erörtern, hier fassen wir eigentlich nur den nhd. ins äuge und
gewahren, dasz f wieder die oberhand erlangt hat, von dem y
nur Überreste bleiben und immer mehr abnehmen, bei Dastpo-
Dios findet sich noch vast, ratler, veld, velg, ver, vest, Tich,
vier, vil, vi<ch, vleisz, vogel, volgen, volk, voll, von, vor,
vorder; bei Maaler vach ocfer vich pecus, vähe caplus, neben
fahen, väld campus, vast, ratter, vels, vest, vetter, vier, vil,
Tisch, Togel, volgen, volk, voll, volle, voppen, vor, vorder,
vorne; zwischen väszie und fäszle ist er selbst unsicher, ob
man damals zu Stra.^zburg und Zürich diese v merklich anders
aussprach als die menge der fanlaute? auch Stieler behält vast,
Tater, vech bunt, vehine, ver, vest, vetter, vieh, viel, vier, vogel,
volk, voll, vor. davon behaupten sich heute nur vater, vetter,
ver, vieb, viel, vier, vogel, volk, voll, von, vor, vorder, vorne,
ohne dasz die ausspräche im geringsten von dem laut abweictd, den
wir dem f geben, mein vorschlug l, twr. lxii uns dieser wenigen
reste völlig zu enläuszem mag annoch zu keck sein, weil sich darunter
gerade sehr häufig gebrauchte Wörter befinden, durch deren abge-
änderte Schreibung der Sprachgebrauch gewallig gestört würde und
sie sind auch, wie wir sahen, zeugen dessen, was vor alters galt ;
allein sie verhüllen uns jetzt den Zusammenhang einzelner wort-
geschlechler und nölhigen fülle und voll, für und vor unter zwei
buchstaben von einander zu sprengen, wissen doch mhd. glossare
nicht, ob sie diese anlaute unter f oder v zusammenwerfen schien.
bedeutsam bleibt der durchgreifende, aufrecht erhaltne bestand
dieser anlautenden v im niederbindischen dialect und die beob-
achtung einer Verschiedenheit der ausspräche, v in vallen, visch
klingt einem fiiederländer anders als f in den lehnwörtern fakkel,
fijn, das y ist sanfter, das f härter, aber minder weich ist y als
w. bereits alle mnl. werke befolgen den unterschied zwischen y
und f, ja sie lassen auch das notkersche gesetz spüren, wenn sie
neben veld, volk schreiben tfeld, tfolk. im alts. Heliand waltet,
wie ags. fries. nord., nur f, kein v, umgekehrt gewährt die hebe-
rte von Freckenhorst schon viele v, die von Werden sogar nichts
als y. im nd. schwanken bis auf heutigen tag v und f nach
hd. weise, ohne dasz die ausspräche Verschiedenheit empfindet.
beispiele des inlauts: goth. afar, post, ahd. avar. mhd. aver
und aber; goth. afar posteritas, dat. us afar, e progenie ; alts.
abbaro, ags. eafera proles ; ahd. avard pyramis, statua; ahd.
braban, corrus, daneben auch ravan, ags. hräfen, engl, raven,
mhd. raben, nni. raaf pl. raven : ahd. ovan fomax, mhd. oven,
nhd. ofen ; ahd. havan, olla, mhd. haven, nhd. hafcn ; lat. aper,
ags. eofor, nhd. eber; lat. caper, a^s. häfer, altn. hafr, ahd.
etwa habar, bavar; goth. ainlif, pl. ainlibeis, ahd. einlif, pl.
einlivi (o6en 5p. 109); tvalif, duodecim, pl. tvalibeis, ahd. zuelif,
pl. zuelivt; goth. vulfs, vulfis, ahd. wolf. woWcg; goth. fimf
quinque, ahd. fimf, finf, pl. finvi. nhd. fünf, fünfe. die letzten
Wörter zeigen, dasz kein hochd. auslaut auf y stattfindet, sondern
nur f steht, schwer aber fällt es diese inlaute und die aus b
entspringenden voneinander zu sondern, tadelhaft sehreibt man
bafer für habcr, elf für elb, da doch niemand kalb oder halb
in kalf, half verändern würde.
1211
1212
3) B P F, ganz abtceichend von den beiden vorigen Verschie-
bungen, hinler welchen classische lenuia lug und der golh. asp.
auch hd. asp. entsprach; hier aber wird classisclic med. zu golh.
ten. und hd. aspirata. dort hatte der anlaut die vieistcn bei-
spiäe, hier fällt der anlaut völlig aus, d. h. so urnig echt golh.
vörter mit p beginnen, entspriclit dem lat. oder gr. b ein echt-
hochdeutsches, das auf f anlautete, alle hocMeutschcn fanlaute
sind immer den gothischen gleich und gehören unter 1. abgcsehn
vom mangel des anlauts, den erst untere forschungen über das
lat. und gr. b aufteilen können, wird nach dieser dritten formet
völlig regelreclit gesclioben und b p f stelU parallel dem d t lli
und g k eh. beL^piele: giith. iiip, afid. ftf, nhd. auf; ags. hcope,
ahd. hioß, mhd. hiefe rubus; lit. duhbus, lelt. dtdibis, goth.
diups, ttlui. tiuf, nhd. tief; ags. sccap, engl, shcep, ahd. scäf,
}ihd. scbaf; goth. hiips, hiipis, coxa (für cobsa?), ahd. hilf,
nhd. hüfte; «>. abhal pomum, lit. obolys, altn. epii, ahd. a(Tal,
apfal, epfili ; golh. slepan, ahd. släfan, nlid. schlafen ; golh.
\^pn, ahd. wafan arma, nhd. wallen; reipus, ags. n'ipe, engl.
rope, nlid. reii circulus ; a//.«!. ripi viaturus, a/i<f. rifi, nhd. reif;
altn. drepa, ahd. trefan, nhd. troffen; lit. grebli, graibyti, goth.
grcipan, ahd. krifan, nhd. greifen ; lat. sebum, ags. säpe, cJid.
seifä; golh. hiaupan, ags. hlcäpan, ahd. hloufan, nhd. laufen;
goth. kaupatjan schlagen, ahd. choufan, nhd. kaufen d. i. kauf-
schlagrn ; altn. driiipa, ahd. triofan, nhd. triefen ; Hl. gelbeti,
golh. liilpan, ahd. hflfan ; lat. cannabis. ahd. hanof, nhd. hanf ;
lat. turba, goth. |)aurp, ahd. dorf; ags. scearp, alls. scarp, ahd.
scarf, sarf, nlut scharf; golh. vairpan, ags. veorpan, ahd. vverfan;
lal. sorberc, golh. supon, ahd. sfifan.
4) berührnngen zwischen labialen und lingualen taufen zurück
in hohes alterthum, man gedenke, um weil atiszuholen, an skr.
dhftma, gr. -d^iuöi, alut. touin, lat. fumus, an skr. Trita,
zend. Thraetaonas. i)ers. Feridun, an taran, xeoawös, perun,
fairguni, an rirzo^s-;, fidvör, vier und an das russ. f für th,
Feodor, Afanasja = Theodor, Athanasia. lat. fera, aeol. cpriQ,
gr. d'rio und fortgeschuben goth. dius, ahd. tior, mhd. tier, nhd.
thicr; lat. fores, ^. &i'Qa, goth. daiiro, ahd. tiiri, mhd. lür,
nhd. thür; aeol. ovfao, ifr. ovd'aQ, lal. über, alln. jufr, nhd.
euter (.<;p. 1197); goth. j)laihan, alid. flifhan; gulh. {iliuhan, ahd.
flioban, nhd. fliehen {ryl. biegen, fugere 1,1S14); [)lauhs, fupa,
flucht; golh. Jirafstjan solari, ags. frSfrian, alt.t. frnofrian, fruo-
brian, atid. fluobaron ; goth. })laqiis vwllis, lal. üaccus, flac-
cidus ; ahd. dinstar caiujinusus, mhd. dinster, ahd. linstar, nhd.
finster; finn. pimeä, alln. dimmr, ags. dim, ahd. timbar; golh.
))vasts firmus, ahd. fesli, nhd. fest; ags. [jäcele tmd fäccle
fax, fackel; alln. l)engill and fengill; alln. jiiöl, jiiel lima, ags.
feol, ahd. fihala, nhd. feile u. s. w.
5) F m fremden Wörtern, einige haben sehr frühen eingang
gefunden, wie goth. faskja ; a)ul. fachala fackel, falcho falke,
fidula fiedel fidicula, fiebar febrU, figa ficus, fira feier feriae,
fenstar feneslra, flasca fJascIte, forst nemus, fruht fruclus. mhd.
auch valsch falsch falsus, vasanl fasan phasianus, flamme, nhd.
endlich fabel, familie, fatal, Abel, floskel, flöte, flotte u. a. m.
viele sind aber in pf aufzuschlagen.
6) FF. unsere spräche hält kein masz in Verdoppelung weder der
rocale noch consonanten, sie 14 dadurchbreit undsddeppend geworden.
bald soll damit Idwfe, bald kürze oder gröszere deutlichkeit aus-
gedrückt sein, wir sind in die üble gewohnlieit geraten unniithige
zeichen zu häufen, eine der ärgsten doppelungcn ül nun die des
f, das ja aus ph hervorgegangen schon, nenn es einfach .i/e/U,
einen starken laut ertönen läszt. im 15 jh. begegnet sogar anlautendes
ff oder auch an dessen stall fli, doch haben beide wenig eingang
gefunden, desto öfter galt und setzte es sich fest in und aus-
lautend, griff, schiff nehmen sich aus, wie wenn man ihh, mihh,
siehh anstatt ich, mich, sieh schriebe, oder wie das nodi an-
Muigere %% in den auslauten tohs für ros und dass, gross für
dast, grosz. dasz ahd. und mhd. seif, sdiif geschrieben steht,
kümmert die seit dem 14. 15 jh. aufgekommnen p/leger und hüter des
umkrault der dopj^elung nicht ; zwar nach langem rocal und nach
liquiden hat man Iteute das ff fahren lassen und setzt schaf, auf,
Wulf, dorf, doch in zMlosen eußn'iamen wuchert z. b. Haufl',
Kauffinano, Wolff, Dorff, als ständen namen auszerhalb dem
allgemeinen $ckreibgetelx. beweiset bedarf es nicht, dasz der kurze
voeal auch vor etufachera eotuonantauslaul rietuig gesprochen werde.
die Engldndtr uiüendieiden ihre parlikrln of und off, in der
Anteil $predie» äe da» t gelinder, in der zueilen das ff sldrkir
out, jenet ungefilkr gleich dem nl. anlautenden v, das andere
flmeh dem nl. f. «/?». rind doch beide dassrlhe of, wofür der
vunderliehe verfauer da Ormulum umgedreht jedesmal off setzt.
sonst aber mangelt es an engl, partikeln nicfU, du für von einander
abweicliendc bcdeutungen dennoch einförmig geschrieben werden und
in unzähligen Wörtern erreicht die schriß die manigfalle bedeulung
nicht, wie man die russisciun namen Popov, Chrulev und eine
menge solchei- auf deutsch darzustellen hcd)e, ob so oder Popow
Chrulcw? Popof Chrulef? Popoff Chruleff? weisz zur stunde
niemand; nur das erste scheint das rechte, der feine dem auslaut
gebührende schwang bleibt unausdrückbar.
inlautend kann man sich nach kurzem rocal ff gefallen lassen,
weil die doppelconsonanz sich auf zwei silben verlheilt, d. h. af-fen,
schif-fen gesprochen wird, denn die Silbentrennung aS-cu, schiff-en
15/ höchst verwerflicii, ein lebendig sprechender will niemals ab-
stammung oder wurzel, immer nur den natürlichen laut erfassen,
hingegen musz liel-fen, dür-fen ausgesprochen, also helfen, dürfen
geschrieben werden.
7) PH ül eine organisclie bezeichnung des F, wie schon die
Römer gr. (p in ph auflösten, doch mit dem laute ihres eignen f,
orfer niclit fern davon, aussprachen, darum konnten auch Italiener
und Spanier sielt wieder zum gebrauch des heimischen einfaciten
i in gricch. Wörtern wenden, ohne dasz die eingewöhnte aus-
spräche anders geworden wäre. Böhmen, Polen setzen dann eben-
falls das ilincn sonst unübliche f. wenn nun ahd. häufig ph
stall f, da die mönchc lat. ph eingeführt halten, vorkommt, so
läszt sich hier noch weniger bezweifeln, dasz beide buchstaben
gleich lauteten, in den meisten fällen mindestens, wir sehen
phentinc, .phlanza, phruonta, sciph, aphul neben fentinc,
flanza, fruonta, seif, affiil. ausnahmsweise scheint sicli aber
das p mit dem h nicht sowol zu mischen, als ihm vorzu.fchlagen,
woraus eine in pf übergehende aussprudle entsprang, namentlich
mochte sie den inlauten zustehen, wo sich aus af-fules ap-hules
leicht ap-fules bildete, mhd. wird dies ph selten, nhd. begegnet
es nur in griechischen Wörtern wie philosoph, philomele u. s. w.
mit flaut.
8) PF, ein zusammengesetzter laut, kein einfacher, auch den
Grieclicn in Wörtern teie ^aiKfca bekannt, womit in andern reihen
Batcxos, Mai 9'aios parallel laufen, ahd. entspricht jif deni cc{i
und Iz, welche alle drei dem hochdeutsdien dialect charaderutisch
eigen sind, inlautend scheinen sie gern bei nachfolgendem i auf-
zutreten, och hat sich in der schrißs])rache wieder verloren, tz Mi
im anlaut und auslaut z geworden, dauert aber inlautend fort,
pf bleibt im anlaut, inlaul und auslaut luiufig und belebt unsere
spräche, die anlaute werden an ihrer alphabetischen stelle auf-
geführt, beispiele des inlauts und auslauls geben apfel klapf napf
zapf gipfel wipfel zipfel köpf topf tropfe zopf schöpfen zupfen
hüpfen, ampfer dampf kämpf stampf dumpfen kämpfen glimpf
schimpf zimpferlich dumpf klumpfe kumpf rümpf schrumpfen
strumpf stumpf sumpf rümpfen stumpfen u.a.m. wir würden
diese frischen pf ungern gegen das einfadie f oder p entbehren,
in empfangen, emplindcn für enifangcn, entfinden und allen
solchen hat f den wandet des ent in emp verursacht, man i^edte
und theile em-pfangen, em-pfinden, so wie klo-pfen, tro-pfen,
däm-pfen, schim-pfen, denn pf ist enger verwachsen als ff.
meines Wissens haben lediglich die Böhmen unser pfi, pfui! in
ihrem pfa, pfuj ! nachgeahmt, die Polen sagen fe, fa !, doch kommt
auch pfe vor, die Russen tfy! die Liltauer czui (sprich tschui) !
lat. nur fi und phy ! schw. dncn. fy !
9) ron alleren grammatikem wird einigemal versucht in die
natur des lautes einzudringen. Ickei.samer gramm. B 1* drückt
sich aus: das f wird geblasen durch die zene auf die undern
lebtzcn (lefzcn) gelegt und stimmet wie nasz oder grün holz
am fciire scüf. dieses sieden (fervere, bullire) würde ebenwul
das pfcisen, zischen des bratenden apfels, also s oder z bezeich-
nen, physiologische Untersuchungen, wenn sie allgemein und im
zu.<iammenhang angestellt werden, können zu glücklichem aufscMusz
führen, im einzelnen vermögen sie nichts und belehren gar nicht
aber die stufen und den Wechsel des lauls in einer besonderen
mundarl. bei <)i.incer gramm. 11 hcL^zl es: litlera f profertur
naturaliler, scd apud nosirales propicr abusum propc nihil
differt ab v consonante, tam pronunciando quam scribcndo.
cxcmplum: das macht ine vast schwach, da» er stets fa-'
(fastet) und nicht» isset. differentia ex usu et originc voc;.
biilorum discenda est. dasz die ausspräche in dem anlnul dei
Wörter fast und fasten keinen unterschied macht war nn« be-
kannte sarhe.
in) man pflegte schon wr allen lügen äurth 'üit^tn ohne f
au-izudriicJcen, dazu gdtürt aber, dasz man auch wie mhd. liegen,
ahd. liognn schreibe und nichl nach heutiger ««.««• Itlgen. unser
liegen jacere äaU iigen sog erst den fehler lügen nach sich:
1213
FABEL
FABEL ART— FABELER
1214
behöne keine guten mann
und Qeug nicht obne f,
das man dich nicht mit einer kann
als einen spötter treff {d. i. treffe). Ri:«gwild tr. Eckhart 0 8»,
dasz man dir nicht eim bierkanne an den köpf werfe;
dasz ich pfleg ohn ein f zu fliegen. Weckherlin S29.
11) etwas aus dem ff thun, spielen, geigen hezieiü sich auf
das zeichen ff in der mttsik für forlissimo und mll sagen: mit
nacbdruck ausführen, schlage aus dem ff (efef), tüchtige. Tobler
178'. den Juristen ist aber die abkürzung ff ßr digesta aus
einem durchstrichnen D entsprungen, das tcie ff aussah.
FABEL, f. fabula, ü. favola und umgestellt fiaba, sp. habla,
fabla, fr. fable scheint bei uns seit dem 15 jh. recht in gang
gekommen, .Steishüwel hat es im dec. 19, 11. 39, 6 und noch
öfter, DiEFENBACH führt es aus der getnina gemmarum 151S an
und schon in dem älteren fastnachtspiel von Elslin Tragdenknaben
heiszl es S92, 29 :
das sind doch wunderselzam sachen,
der wilden lablen musz ich lachen;
mhd. belege folgen unter 3, doch Stricker und Boneb bedienen
sich keiner andern als der deutschen ausdrücke bispel, bischaft,
maere.
1) rede, geschwdlz der leute: ich wurd iedennan zu einer
fabel. Nie. vo» VVyle 53, 17 ; und Israel wird ein Sprichwort
und fabel sein unter allen Völkern (eritque Israel in prover-
bium et fabulam). 1 kön. 9, 7 ; und werde es zum Sprichwort
geben und zur fabel unter allen Völkern. 2 chron. 7, 20 ; das
sie sollen zu schänden werden, zum Sprichwort, zur fabel
und zum fluch an allen orten, dahin ich sie verstoszen
werde. Jer. 21, 9 ; sie soll die fabel von ganz Wien werden.
Kunger 1,473.
2) erdichlung, im gegensalz der Wahrheit : und werden die
obren von der Wahrheit wenden und sich zu den fabeln
kehren. 2 Tim. 4. 4, goth. af sunjai hausein afvandjand, i{) du
spillam gavandjand sik;
der letzte tag in ihrem bunde,
der letzte kus von ihrem munde
nahm, wie der erste sie noch ein.
sie starben, wenn? wie kannst du fragen?
acht tage nach den hochzeittagen,
sonst würden dies nur fabeln sein. Gellert 1,146;
jede erdicbtung, womit der poet eine gewisse absieht ver-
bindet, heiszt eine fabel. Lessing 5, 358 ; die aufgäbe sei
fabel oder geschichte. Göthe 38,16;
dieses ist der sinn des gesangs, in welchem der dichter
fabel und Wahrheit gemischt. 40,229;
aufrichtig ist die wahre Melporoene,
sie kündigt nichts als eine fabel an,
und weisz durch tiefe Wahrheit zu entzücken,
die falsche stellt sich wahr um zu berücken.' Schiller 100";
es sind eitle fabeln, Unwahrheiten, lügen; die sache ist nichts
als fabel; er tischte uns eine pure fabel auf.
3) besonders aber äne schon umgehende, niedergesetzte dichtung,
a) das mirchen, fivd'oi.
mhd. fabeln, zale und spcl. IIerbort 3150;
die fabeien, die hier under sint,
die sol ich werfen an den wint. Trist. 463,29;
als ej diu welsche fabele hat. Flore 6814;
diu fabel an dem buoche. kröne 18113;
swa; mir ie diu fabel bot. 18179;
als diu fabel seit. 22202;
da; iu dar an iht benem
min unmuoj der fabeln sage. 23217;
nhd. auch nicht acht haben auf die fabeln, uTjSi Ttgoof-xsiv
fivd'ote, goth. ni{)()an atsaihvaina spillö. irim. 1,4; und nicht
achten auf die jüdischen fabeln, jurj TtooaixovrES tovSai'xoTs
ftvd'ots, goth. ni atsaihvandans judaiviskaize spüle. Tit.i,U;
der ungeisllichen aber und altvettelschen fabeln entschlahe
dich. Tovi Sa ßeßrjXovs xai yoaciSeis ftvd'ovs TCaomrov,
vulg. ineptas autem et aniles fabiilas dcvita, goth. j)ö usvei-
höna sv^ usallianaizö spilla bivandci. 1 Tim. 4, 7 ;
die fabel ist der liebe heimatsweit,
gern wohnt sie unter feen, talisninnen,
glaubt gern an gotter, weil sie göttlich ist. Schiller 34S".
b) die griechische sage, mylhologie : in der zeit der fabel oder
der heroischen geschichte. Winkelmanm 2, 462 ; bekannte bilder
aus der fabel. 2,477; die Vorstellungen der griech. künstler
waren aus ihrer eigenen fabel und heldengeschichte genommen.
3, IV ; die geschichte der Herakliden grenzet noch mit der fabel.
3, xivii; werke die von der fabel und von der heldenge-
schichte handeln. 3,xxxi; eine Untergottheit der fabel. Kant 6, 9.
c) die aesopische fabel, thierfabel, a7t6).oyos. fabeln und
erzählungen. Gellert 1,37; nachricht von alten deutschen
fabeln. 1,5; fabeln, drei bücher. Lessisg 1, 130; ich erzehlte
eine blosze fabel, aus der du selbst dielehre gezogen, ebenda;
ich hatte mich bei keiner gattung von gedichten länger ver-
weilet als bei der fabeL 5,356; die fabel musz eine lehre
enthalten, denn
die fabel, die nicht lehrt, kehrt sich in leere dünste,
und füllt das haupt mit rauch, das sind der Perser künste.
LicHiWERs fabeln. 1775, 141 ;
feierlich leg ich indessen dem publicum das gelübd ab, keine
zeile fabel mehr zu schreiben oder aufzulegen, es müste denn
die wenige quintessenz von diesen sein. Bcrmasss fabeln vor-
rede; neue originalfabeln und erzählende dichtungen von
August Doye. Berlin 1856.
4) die handlung, der fadische inhalt eines Schauspiels heiszt die
fabel des Stücks und schon bei den Römern fabula: Mene-
demus mit dem rechen, von welchem die fabel als von dem,
der sich selbst krütziget {heaulon timorumenos), den namea
genummen hat. Terenz von U99,Si*; die fabel des Stücks ist
anziehend, aber die darstellung verunglückt, in solchem sinn
redet man von einer tragischen fabel als dem geholt des trauerspiels.
FäBELART, m. gerro, nugator, gleichsam fabelhart, pappel-
hart, nach dem franz. babillard i'on Fischart gebildet: ir waffel-
arten, babcler und babelarten, fabelarlen und fabeler. Garg. 17'.
FABELAUE, /. fabelberühmlej in der fabd gefeierte aue, vgl.
fabelland:
schön ists von Aetnas haupt des meeres plan
voll grüner eiland und die fabelauen
Siciliens und Strombolis vulkan
begiänzt von Phoebus erstem strahl zu schauen.
Matthissos 11 (?>lj.
FABELAUSLEGUNG, f. exposüio fabulae. Stieler 1114.
FABELBUCH, n. fabularum liber:
aus einem alten fabelbucbe,
(der titelbogen fehlt daran,
sonst führt ichs meinen lesern an),
aus dem ich mich raths zu erholen suche,
wenn ich selbst nichts erfinden kann. Gellert 1,214;
ich will doch sehn, ob mir mein trauter Geliert mehr be-
ruhigung geben wird, fürwahr, dieses fabelbuch ist und bleibt
doch, wie das liebe tägliche brot, schmackhaft und gesund
zugleich, alle essen davon, niemand wird es überdrüssig,
jedermann kehrt mit appetit zu ihm zurück. Kretschmaxn der
alle böse general 52;
hexe, sinn und verstand verlier ich schier,
seh ich den Junker satan wieder hier!
ileph. den namen, weib, verbitt ich mir.
hexe, warum, was hat er euch gethan?
Meph. er ist schon lang ins fabelbuch geschrieben,
allein die menschen sind nichts besser dran, '
den bösen sind sie los, die bösen sind geblieben.
GöTHK 12,128.
FABELBUHLER, m. amator fabularum, nugarum, fabellieb-
habcr: dieweil sie (Jesuiten) doch zu Dillingen gleichmäszise
grillen anno 1571 in des Gregorii magni vier büchern der
gespräch von erscheinung der welschen seelen, so von dem
eiferigen fabelbuler Adam Wallaser nach verteutscht worden,
haben lassen trucken. Fiscoart bicnenk. 215*.
FABELCHEN, n. fabella, Hemsch 995: können sie mir
denn auch epische gedichte, tragödicn, satyren und fabel-
chen machen lehren? Weisze /«s/sp. 1,91; wenn es ein fabel-
chen wäre, so würden beide Jungfer Schwestern noch elier
unsern lieben freunden ein geneigtes ohr g'iünen. -/•■«>(■« kin-
derfreund 4, 145 ;
dies fabelchen führt gold im munde :
'weicht aus dem recensentenhundc !' Bijrcsr 32*.
FABELDEUTUNG, f. affabulatio, epimylhium. Stieler 309.
FABELDICHTER, m. fabularum auctor.
FABELDICHTUNG, /.
FABELEI, f uugae, mhd. favelle:
si huuben churzwile,
si sagctcn ir favelie. Jlo/. 64, 11 ;
es war aber eitel fabele! zur kurzweil ausgedacht. MusÄcs
volksm. 5, 229 ; die fabelei des Eiilogius verdient nicht die
geringste beachtung. NiEBunR 2, 551 ;
doch cur Merkur und Jovis glänz und Venus,
das alles ist nur fabelei. Tikck 3,331.
FABELER, m. fabulalor, nugalor. Garg. 17\ j. fabler.
1215
FABELFROU — FABELN
FABELFROH, fabtilis laelus: die fabelfrohe kindheiL
FABELGEMISCH, n. ein recht buntes, dummes, abge-
»chmackles fabelgemisch. Tieck ges. nov. 6, 254.
FABELGESCHICHTE, f. hisloria fabulosa: Hercules gibt
denen, welche die fabelgeschichte abhandeln, ein reiches feld.
Wl.^IELMAN.it 2, 507.
FABELGEWEBE, n. gewAe von erdichtungen
FABELHAFT, l)fabulosus, fictus: eine fabelhafte erzühiung ;
fabelhafte zeit; fabelhafter reicbthum;
tchöoe weit, wo bist du? kehre wieder,
boldes blütenaltcr der natur!
ach, nur in dem feeoland der lieder
lebt noch deine rabelhatle spur. Schilur 22*;
•in guter engel schienst du hingestellt,
mich aus der kindheit Tabelharten tagen
schnell auf des lebens giplel hinzutragen. 395';
diese meldung geht ins fabelhafte, unglaubliche ; so wüste er
auch manche kleine zurälligkeitcn dahin zu lenken, dasz sie
bedeutend erschienen und in fabelhaften formen durchgeführt
werden konnten. Göthe 26, 137 ; übrigens wurde dieses fabel-
hafte fratzenspiel mit ftuszerlichem groszen ernst betrieben.
daselbst.
2) früher auch in dem sinn von geschwätzig, kindisch: als er
aber endlich altershalber des lesens und studierens über-
drüssig und auf der kanzel etwas fabelhaft zu werden be-
gunte, hat ihn die gemeine des dienstcs befreiet. Olearius
pers. reise 167.
FABELHAFT, fabulose: das klingt fabelhaft; fabelhaft bil-
liger preis.
FABELHAFTIGKEIT, f. fabulosüas: die fabelhaftigkeit der
nachricht leuchtete ein.
FABELHANS, m. fabulator, fabeler. Stieler 73. 765 : trac-
tötlein genant der verthädigte fabelhans. Schuppius 607; der
semperlustige fabelbans oder knospus {von Megerle). 1703;
wenn ihm ein fabelbans von drachen spricht, die auf hohen
felsen und in zerstörten bergschlüssern hausen. Hebels schatz-
kdstlein 107. vgl. faselhans, junghans, karsthans, maulhans,
prahlhans, Schmalhans u. a. m.
FABELHELD, m.
FABELLAND, n. terra fabulosa:
tcbüne Wesen aus dem fabelland! Scuillkr 21';
oft noch steh ich an des Aetna rande,
staune seine wolkenseulen an,
die aus seinem srhiund die Tabellande
vor der Weltgeschichte steigen sahn. Skume s. 624.
FABELLEHRE, f. mylhologia.
FABELLEHRER, m. mylhologus. Mendelsohns Phädon s. 167.
209.
FABELLESE, f. fabularum collectio, vgl. Ährenlese, weinlese:
Ramlers fabellese.
FABELLOS, historicus, der fabel entrückt:
wie, oder ists vielmehr in Tabellosen zeiteo
ein neuer göttlicher Apoll,
der, schwerentbehrt, mit schnell zurückberufnen saiten
den himmel wieder füllen soll? Lkssing 1,99.
FABELMACHER, m. was fabeldicbter: ein fabelmacher ist
glücklich, wenn an ihm nur solche kleiuigkeiten zu tadeln
sind. Hacedork 2, 4S.
FABELMÄRE, f. pleonastisch, da in fabel wie in märe der-
selbe begrif liegt, doch mit verstärktem nebensinn von dantmär
(tandmäre), deliramentum, delirium insulsum, nugamentum. Ser-
iA?sts syn. 63*.
FABELMENSCH, m. ein menscli aus einer fabel: man hieng
nicht so leidenschaftlich am spiel, um darüber, wie die licht-
werschen fabelmenschen sich selbst und die ganze weit um-
her zu vergessen. Kl. Schmidt kom. dicht. 352. vgl. Lichtwers
zweite fabel des dritten bucht.
FABELML'SE, f. stolz auf den beifail, den euer hochwol-
gebürnen meiner fabclmuse seit vielen jähren gönnen, er-
dreustet sie sich u. s. w. Burma^vns fabeln m der Widmung an
C. G. von Nitszler.
FABELN, fabulari, nugari, delirare, fingere. Hk?«iscu 066.
Stielei 72: fahlen oder milrlin zcllen oder sunst etwas leicht-
ferigs mit cinanderen schwätzen. Frisics 2S7*. Maalkr 12s';
■lio lag ich ein paar lag dort, dasz ich nichts von mir selber
wuste, sondern wie ein hirnsrbelliger fabelte. Simpl, K.Mt;
di« gefabelte göllin. Gkszmkrs Abel 137;
si« w«>ini ja nicht, sie sluselt,
lallt muiik, wie rNbrli« \on drr scbAaen
weide der vorfabr! Klontoci 2,21;
FABELN— FABELVERRICHTUNG 1216
wenn mir der ruf nicht fabelt. 2, 6S;
wähnt nicht ich fable, wenn ich von den seelen singe der
Sterne. 7,21;
war ein fuchs, sah trauben hängen, sprang vergebens dar-
nach, lief fort und sagte 'sind der sauren!' ist gefabelt,
denn der fuchs friszt keine trauben. 12,143; im anfang. als
Geliert und Gleim noch neu waren, da fabelten oder liedelten
sie {die ankündiger und ausrufer). 12, 202 ; erdreuslet sie sich
(s. fabclmuse) ihnen ihre letzten producte zu überschreiben
und durch diese Zueignung ihren gefabelten kleinigkeiten
einen würdigen werth zu geben. Burmann in der Zueignung;
ganz gram rief er: sie liebt mich nicht,
mein leben ist ein träum, ein fabelodes gedieht!
was hilft mir ohne Sylvien
der reicbthum beider Indien? 101;
aber er schwärmt selbst, sobald er von schönen seelen, von
der Zauberei der empfindung, von Sympathie mit der natur
und von der göttlichkeit der tugend fabelt. Wielaxd 7,25;
kommt mit zacken und mit gabeln,
wie der teufet, den sie fabeln. Götur 1, 234;
ich bin verloren und du bist der mördcr!
'du fabelst, kleiner schätz.' 11,158;
er fabelte gewis in letzten zögen,
wenn ich nur halb ein kcnner bin. 12,153;
wir fabeln so genug, als dasz wir diese gefahrliche eigen-
schaft unsers geistes noch steigern sollten. 21,94; die mond-
schcine sind hier wie man sich sie denkt oder fabelt. 29, 57;
gestern waren sie im land der kleinen Spielchen, der prinz
kam zu mir von ihnen her, unter mein dach wo ich mit
Knebeln einige stunden gelacht und gefabelt hatte, an fr.
von Stein 1,122;
meine Phantasien flogen
der gereizten liebe nach,
und mit blnuem flor umzogen
fabelte des himmels bogen
mein und .Margots brautgemach. Thcrhf.l 2,309;
wie er (Lafontaine) unbekannt mit seiner grösze, sorglos um
seine tägliche nahrung und kleidung durch die weit fabelte
{fabeln dichtete). 2,363;
löblich hast du gethan, Lysippus, dasz du vor alle
sieben weisen das bild unsrcs Acsopus gesetzt.
jene lehren die pflicht in schwer aufzwingenden spnicben,
dieser fabelnd mit uns, spielet uns weisbeit ins herz.
Herders zersir. blätter 2,50;
für die zeit der römischen könige ist eben die Chronologie
durchaus ersonnen und gefabelt. Niebuur 1,282;
Roland singt er, er singt das gefabelte schwert Rinalds.
Platrk 121*.
FABELREDE, f. apologus, nugae. Stielkr 1540.
FABELREICH, n. territorium fc^ulae:
durch deine {des ireins) Zauberkraft eathOlll
sich götterbild auf götterbild
und holde fabelreiche blühen. ÜACtDORrc . . .;
im Innern theil des fabelreiches,
wohin, krall ewigen Vergleiches,
nur dichteraugcn sich erstrecken,
liegt eine trenich grosze sladt,
die käfer zu besitzern hat. Lichtwir 21.
FABELREICH, reich, frudUbar an fabeln:
dann, hehre götiin, freu ich dein
mich tief im fabelreichen hain. Vom.
FABELSAGE, f. mythus: eine vermischte, zusammenge-
worfnc fabelsage. Herder.
FABELSAGER, m. fabulator, narralor, erzählet. SrEifiuiPwEL'
Aesop 1487 97*. und vergönnet {der könig) dem sager xu
schlafen. 9"'.
FARELSAMMLLNG, f. coüectio fabularum.
FAHKLSCIIMID, m. con/ex<or, auctor fabularum, nugarum.
FABELSCHMIKDER, m. dasselbe: Sorrates war dem fabel-
Bchmider Aesopus an iingestalt nicht gar ungleich. Bi tscuiy
kanzl. 232.
FARELSINN, m. epimylhium, sensus fabulae. Stieler 2031.
FARELSI'RACHE, f. das wort mRnnIhier {für mensd») ist
aus dem friisrhmäuselpr und k;inn, wie mich diiiikt, in der
fnbeUprac he der thiere seine stelle behaupten. Hacfdorx 2, 123.
FARKLSTICK. n. pars dramalts. ad, aufiug. Stieler 2221.
FARKLVERRICHTIING. f. statt der edlen poetisch reichen
und schönen fabclverrichlungen der alten homeri»chen göller.
HeROBR 14, 85.
1217
FABELVOLK — FABULIEREN
FABULIST — FACH
1218
FABELVOLK, n. gens fabulosa.
FABELWAEN, m. opinio falsa, error:
auch du erwähnest solches Ursprungs fabelwahn.
GöTus 4u,4u3.
FABELWEISE, fabulose. Hexisch 966. bildlich:
mein vater spricht zuweilen fabelweise
und meint es nicht so ernst. Tieck 10, 43.
FABELWEISHEIT, f. die fabelweisheit ist die erste und
yielleicht einzige der well.
FABELWELT, f. seculum fabidarum, märchenweit.
FABELWEBK, n. fabula, nugae: Ovid will durch solches
fabelwerk den lauf der sonnen , der gestirne anzeigen.
BcTäCHKT 771;
mir gilt dein ja und nein weit mehr als tausend schwüre,
was du mir zugesagt, ist stets gewis bei mir.
gesetzt, dasz ich einmal das gegentheil erführe,
so nennt ichs fabelwerk und glaubte dennoch dir.
Rost schäfergedidue 80;
ihm {dem aberglauben) schüut geweihtes wachs, statt lorbers,
vor dem blitze,
und heidnisch fabelwerk weicht frommer mönche witze.
LiCHTWER recht der ternunft S6;
von dem die menschen dann nachher als wie von einem
fabehverke sprechen. Tieck 14, 156.
FABELWESEN, n. creatura fabulae, geschüpf der fahel: so
ists mit allen fabelwesen, sie mögen über oder imter das
thierreich gestellt werden. Herdeb 20,37;
die alten fabelwesen sind nicht mehr,
das reizende geschlecht ist ausgewandert. ScHn.i.ER 34S'.
FABELZEIT, n. tempus fabulosum: nach dieser fabelzeit
ist eine grosze lücke in der geschichte der künstler. Wm-
KELBANN 6, 6 ;
ach, all die recken der fabelzeit
sind gegen ihn ein kleinigkeit. Kl. Schxidt kom. dicht. 207 ;
eine sage der fabelzeit. Klixcer 8, 344.
FABELZUCKER, m. fabulae dulcedo:
glaubt nicht, als ob der zweck niu' die Vergnügung würe,
der fabelzucker deckt oft eine bittre lehre. Licutwkr 141.
FABLER, m. fabulalor, nugator. Stieleb 73;
so etwas freut mich alten fahler. Göths 41,166;
aus den ältesten Zeiten wo, wer etwas umständlicheres an-
gibt, schon dadurch als fahler erscheint. Niebchr 3, 559 ;
der gute fahler {Lafontaine) lebte beinahe nur von den almo-
sen einiger wenigen freunde. Thüxxel 2. 362.
FABLEREI, f. tcas fabelet:
den Unmut abzuthun, die weile zu verzehren
hört mancher was ihr sagt, sagt was ihr gerne hört,
bis dasz er dann ist sat, ihr aber seid betbört.
dann merkt und nimmt man ab, dasz eure fablerei
ein wiederhall, vielleicht noch weniger was sei. Logau % 70.
FABRIK, fabrica, ofßcina, schmiede, fr. fabrique, steA/ noch nicht
bä Stieler unter den deutschen tcürtem, zuerst uol bei Frisch
1, 236', hernach hat sich der gebrauch sehr gehäuft : das ist ein
märchen aus seiner fabrik, sänes machuxrks, aus seiner schmiede;
das schnarren und rassein der bewegten spulen und webe-
stühle in einer groszen fabrik. Göthk ...; rgl. bandfabrik,
lederfabrik, messerfabrik, nadelfabrik, Strumpffabrik, zwim-
fabrik u. s. w. verächtlich hmzt es bücherfabrik, gedankenfabrik.
FABRIKANT, m. fabricator, verfertiger, macher ; man hört in
Ostreich kammerzeuger, siegellackserzeuger.
FABRIKARBEITER, m.
FABRIKAT, n. machwerk, erzeugnis.
FABRIKGEBÄUDE, n.
FAFRIKHERR, m. eigner der fabrik, der u-erkstdtte.
FABRIKMÄSZIG, unfrei und einförmig behandelt: den inbe-
grif der gelehrsamkeit gleichsam fabnkenmaszig durch ver-
theilung der arbeit behandeln. Kant 1,211.
FABRIKORT, m.
FABRIKSTADT, f. urbs opißcibus ulebris.
FABRILL, f. sp. fabriella, habiiila, gerede, märchen, schwatz
der leute: er ist zu einer fabrill und gassenrede worden, fabula
fadus eä. Frisch 1, 236* aus Stettler 1, 438.
FABRIRUNG, /". fabrica. verkstätte: der die krankheit ver-
treiben will, der musz kunst wider kunst brauchen, wider
die instrument handeln und das werk in seiner fabrirung
zubrechen. Paracelscs cAir. sehr. 140'.
FABR1ZIERE.N, fabricari, zimmern, schmieden, erzeugen: mich,
den die natur so lang fabriziert hat, dasz ich mich schände
halber knimm biege. Fr. Miller 2, ISO. vgl. selbstfabrizierL
FABULIERE.N, fabulari, fabeln, plaudern, schwätzen: mit im
geredt und fabuliert. Rrk^i bei Sleinhöwel ^äsop Hl* ; der ritter
in.
fügt sich zu dem kaufmann und fabuliert mit ihm und fragt
ihn wo er her kam oder wohin er wollte? sdümpf u. ernst
1522,224. 1555,263;
davon man fabulieret gern. H. Sachs IV. 3, 88' ;
vom vater hab ich die statur,
des lebens ernstes führen,
von mütterchen die frohnalur
und lust zu fabulieren. Göths 4,393.
FABULIST, n. fabeldichter : man mag ein historicus oder
fabulist werden wollen. Hagedorn 1,104; die eigentliche Ur-
sache, warum sie der fabulist za moralischen wesen erhebt.
Herder 17, 73.
FACENETLEIN, n. sudarium, taschentuch, schnupßuch, lat.
fasciola?, oder aus unserm fetze, läppe?, it. fazzoletto, noch
heute in Schwaben fatzenelli, fafzenetle, fatzeneitle, in Steier
fazonetelj, in der Schweiz falzeneetli, fatzenetzli, bei Maaler 130'
fätzle linteolum, 132* fatzeletle: mit einem weiszen fatzeletle
das antlit wüschen; in Appenzell fatzenetzli; und legt die
kleinot in ein facenetlin zusammen. Fortunat L4; der ritter
ein weisz facenetlin um seinen verwundten finger wandt, buch
der liebe 60,3; zu dem zwölften die faciletlin, die rotztüch-
lein seind auch nutz. Keisebsb. wannenkrämer 96'; mailen
oder faciletlen schenken. scMf der pen. 19*;
darmit wirt manche uberredt,
das sie mir scbenkl ein facilet. H. Sachs I, 305';
sag, wann {woher) kam dir das.facilötlein,
das du nun schenkest deinem Ötlein? 1,513';
sich da, mein Hilla, du im gib
das mein ausgenäht facilet. III. 1, 197*.
FACH, n. ein in der alten spräche lebendigeres worl, das aber
dem goth. dialcct, soviel wir ihn kennen, und dem altn. abgelit.
ahd. fah, gen. faches, facches, mhd. vach, nd. fak {wonach dän.
fag), nnl. vak, ags. fäc, engl, erloschen, scholt. faik, fries. fek,
vgl. serb. fijoka, fioka f. natürliche würzet scheint fahan capere,
M. fähan, mhd. vähen, die production war aber unursprünglich,
und durdi h herbeigeführt, zwar weicht auch die asp. oder tenuis
des auslauts von dem h tn fahan ab, doch erwäge man den
imp. vach, das häufige fachen, facht und das altn. fä pra^.
feck «fie den Übergang in fangen, fieng. urverwandt liegen skr.
pax capere, lat. pango pepigi, compingo compegi, gr. ^r;ytiui,
folglich die nomina Ttäyrj, Ttayos, Ttrjyos, rcr-yj^ u. s. w., icozu
1, 1065 unser bachen und bach gehalten wurde, den Wechsel
anlautender b und f bezeugen noch viele andere Wörter, schwerer
scheinen vereinbar die bedeutungen, obschon der Übergang des
kochens in frieren einen anhält gab. für unser fach gewährt
fangen den offenbarsten sinn.
1) fach, falle, schlinge, Tiayr;, Tiayis, compages, caplura
jnscium, was die fische fängt und festhält, ahd. fisco fähunga.
unsere vordtern legten in flüsscn fächer an , führten wände,
dämme, wehren von stein, holz, flecläwerk mitten durch den fiusz:
villis in Zuisgenfacchon in Fahhonorö marcu posifis. Dromb
cod. dipl. fuld. 353, zuisgen dat. pl. von zuisgi, zuisci hinus,
es waren hier doppelte fächer gebaut, der unmittelbar voraus-
gehende nom. Zuisgenfacho schiene sprachwidrig, doch stehn alle
ursprünglichen dalive der Ortsnamen allmälich nominaiirisch. meint
zuisgen unsere praeposüion, so wäre inter capturas zu erklären,
vgl. Interlachen, inter locus, die jüngeren Irad. fuld. ed. Dro^ke
74 p. 151 besagen von anderem unfernem orte: de maceria, qiiae
per medium Duminis disposita est, quae maceria vulgo 'vah'
Tocatur. Faccha f, heute Vacha an der Werra, mag den an
solchem fach gelegnen ort ausdrücken. Förstema>s 2, 479 nennt
mehrere örter des namens Faca, Facha, Faccha, daneben Fah-
dorf, Fahstat, Facheim. Mose {zeilschr. 4, 75) führt an, die
salmenfänge in den wägen d. i. wogen, Strömungen und strudeln
des Rhetns heiizen in den Urkunden 'fecher und weide' und es
scheine, dasz man die Überreste römischer ßuszbauten zu sulciien
stehenden cinriclüungen des fischfanges benutzt habe, in der Slrasz-
burger Ordnung der Rheinfischerei von 1449 {das. s. 83) heiszt es:
es sol euch nieman von angondem merzen unz dem meige-
tage deheine 'fach' noch deheine kelle nit versetzen noch
verstellen mit riusen, mit körben, mit wartoifen {spitzen netzen.)
eine urk. von 1480 MB. 9. 300 verordnet 'der facher halb auf der
Ammer' dasz auf den einzelnen fischlehen acht, zwelf oder
sechzehen facher gemacht, jedes fach sieben schuh lang, einen
schuh hoch und eins von dem andern eine ackerlange entfernt
sein sollen, dieser landdrich an der Ammer hätte gleich dem an
der Werra vormals Fachonorft {assim. für Fahunäru) marcha
genannt werden können, so ein mäsziger fisch ist dieser, dasz
er sich mit keinem aas in die fach reitzcn läszt. Forer
77
1219
FACH
FACU
1220
fischb. 21'. Fbisiüs 49"'. Maaler 128' haben fach oder feimer
excipulus. excipula «i inslrumenlum, quo aliquid interdpitur,
vi septum ex riminibus conlexlum ad capiendos pisces [reusc).
Hemsch 307, 8 schreibt fachfeiraer in an tcort zusammen, vgl.
noch Stalder 1, 347. Schmid 173 über fach = wehr und die
arlikel gegenfach, leichtfach, springfach. mhd. von einem held:
6t was riuse und venpec vach. Parz. 317,23;
allegorisch von einem mülrad:
da; rat ist diu ire din
und tribet da; ein sneiler bach,
triwe genant, an alle; vach. Haiti. 199,12,
ohne das: ein fach hindurch geführt ist.
2) fach, captura avium, strick und netz des vogehteUers:
säht, den besluoc sin tiost mit tödes räche. Albr. Tit. 2014,
sein kämpf schlug das netz des todes über um ;
stricke noch aller vencvache (s. l.)
bin ich fri, daj ich da mit ie vaeric
wart gein iu noch nieman. das. 3012,
weder euch noch andern habe ich stricke oder netze gelegt, bild-
lich fach für falle, schlinge, hintcrhalt: wie er 4 fendlin knecht
auf uns hab lassen warten und uns also in ein fach ge-
bracht. Schertuns br. s. 186.
3) vielleicht wurden auch wäldcr durch fächer eingehegt, bei
DüCANGE 3, 179' ist fachia silva incaedua, ex incaeduis arboribus.
vgl. captura oder bifanc BA. 539, bifanc grenzt an facii. bei
Jamieson 1,369 ist das schottische faik scinchle und Inger in
steinbrüdien.
4) fach, wand, mauer, ablhcilung in hdusern:
mhd. ^r mürte sunderthalp ein vach. Serval. 2465;
da; 6t ngme gesinde
und im ein palas mache
mit alsulchem vache
wol meisicrlichen undersniten. pass. IL 245,41;
in eines gadmes vach. pass. K. 630,59;
in eines höselines vach. 644,91;
ein tier so vremd; ich nie gesach
gemalt an einer wende vach. WS//. 2,246';
nrd. welk landschap zult gij op dat vak laten schilderen?
was wollt ihr an diese wand malUen lassen?
'dach und fach' (-2,602) bezeichnet uns noch heute wohniing und
gebdude, ein haus in dach und fach hallen das römische sartum
tecium aedium tuen. nd. dal hus in dak un fak underholdcn.
weil wir in unserm haus schlecht versehen waren und der
herr Sparmunkäs dach und fach bezogen hatte. Jucundissimus 6,
wie Günther 1050 sagt:
bald legt sich Schmalhans in das zimmer;
doch wirst du weitergehen
ins innerste gemach,
wirst du sehn andre stehen,
die füllen dach und fach, ivunderhorn 1,266;
kalt wehen die lüftchen, kein dach und kein fach
beschirmet uns, komm in mein stilles gemach. Kürger 33';
wie mein Taler als bötlicher für den kellcr gesorgt hatte, so
sorgte ich nun (als Zimmermann) für dach und fach. Göthe
21,25; nun hatte ich doch hei allem mangel von dach und
fach auszer meinem manlel noch einen zweiten schütz ge-
wonnen. 30,73; brichst betroffen, dasz wir dach, fach und
hcrd eiligst verlassen sollten. 30,130; einem dach und fach
geben, ilin ins haus aufnehmen, man sagt ein haus von sechs
fächern, sechs sparren, nd. cn hus van ses faken, domus Habens
ux dislindiones. ähnlich von Samenkapseln der pflanzen : runde
knöpflein, wie die flachsbollen in sechs fachen unterschieden.
Tabernaem. 181. s. füchlein 1. capsa, Capsula von capcre.
5) fach in einem aus fadiwerk erriciäeten haus ist nicht allein
das ablheilende, die wand bindende gebdlkc und holz, sondern
auch die dazwiscJicn bestehende Ofnung , intercapedo, der leere
räum zwischen stielen, rahm, schwelle und riegcl. solche facher
werden, um die wand zu sddieszen, entweder ausgemauert oder
auMjeslakl und mit Irhm bekleidet, von einem zerstfirlen kloster:
die kirchc alles zubchnrs beraubt, zimmer und siile ohne
das mindeste hausgcrSth, die zcllenwände eingeschlagen,
die thürcn nach den giingen mit riegeln verzimmert, die
fache nicht ausgemanerl, der schult umher liegend. fiOrnE
43, 201. fach beiszt auch eine nuszufällende fensterüfnung,
das futter und die eingeseJzten ßiifjrl: zu einem hau sind so
tmd so viel fach fensler anzufertigen, man tagt 'ein fach
brechen, rciszen' «= rin loch machen: nnl. de Trojanen brcken
ccn vak iiit de ve«len, brechen eine liicke in die feslung ; denn
der teufel roch den braten wol, wo die sprachen herftlr
keinen, würde sein reich ein fach goniuucn. das er nicht
künde leicht wider zustopfen. Luther 2, 474' ; mi ist der auf-
zug {verschub) die länge föhrlich, das der satan durch biise
Zungen die sach auf beiden seilen bitter und ärger mach,
weil es also hinget, und zuletzt ein böses fach reiszen mocht
im pöbel. br. 2,380. 'ein gut fach ausführen' meint tapfer
arbeiten, etwas rechtes beschicken und die lücke ausffdlen, was
oft auch auf essen angewandt wurde: ein gutes fach verzehren,
ein loch in die speise, in die schüssel voll spcüse machen; ich
musz noch hingehn ein fach auszuführen und ein schniltlein
weichen (äne brotschnitle in wein aufweichen). Garg. 103'; in
willens ein gut fach bei ihm auszuführen, tücMig bei ihm zu
schmausen. Katzenveil 102. singt jedoch Günther 1050:
du weist wol, wenn wir dichter reisen,
80 schwindet stets das beste fach,
kann nicfUs anders verstanden werden als die im geld enlspntngne
lücke.
6) hierzu stimmt, dasz fach in die abstractc bedeutung von
räum, sowol des orls als der zeit übergieng, den Angelsachsen ist
ftic spalium, intervallum, lylel füc parvum inlervcülum, vyscte,
bat he lyte.l fac leng gestreona
bröcan mösle. Beov. 4472,
wünsclUe, dasz er noch kurze zeit länger des Schatzes genieszen
möchte; tvegra daga fäc, biduum; fif vintra Täc, quinquen-
nium; binnan sex manna sibba fäc, intra sextum cognalionis
gradum; der dal. pl. facum drückt aus luslris, alle fünf jähre,
hier findet das nl. und nd. adverb vaken seine deutung, es be-
sagte spaliis temporum und dann saepe, weil das sidi nach jähren
wiedci-holende oft geschielU, wie wir zeitlich für frühe und oft
setzen, das alln. tidr ist frequens, schw. tidt och ofta frequenter,
saepiiis. bei Scherfer 68 steht nhd. gefach im sinne von vaken,
eine schrift von 1460 verknüpft 'gefach und viel', oft und viel.
7) mhd. vach ist auch plica, falte, läge, stufe, stück, fetze,
wie sie hemd, manlel, kleid, halsberge und schild abtbcilen:
als der mantler {mantelmacher) min noch mfir
wenden tuot sin alte fach. Ls. 2,55t;
under dines mantels vachen. MSII. 3,468";
da; hcmde was von hundert vachen. Wolfd. 349 (Haupt 4, 441) ;
fir zart im von dem diehe
ein vach der halsberge. Hol. 179,10;
da; er durchstach
die Schilde und der halsberge vach. Ulr. Wh. 120';
vil maneges halsbcrges vach
wart von im zetrennet. 213*;
ein schilt von drien vachen. Laurin C. v. d. Ron 67. 68.69,
wie der schild sonst trijdex, sefdemplex heiszl;
sein wappenrock der was seidein,
von gestein gab er gar licchten schein,
so gar von manchernande sachen,
gemacht mit zwei und sibenzig fachen. Laurin cd. Schade 401 ;
und da; im sin rennegewanl
würd ein alte; plahenvach. IIeldl. 8, 325,
eine alte tuchfetze, vgl. blähe, grobes tuch wb. 2, 61 ;
swgihe rote er mohte erlangen
mit siner swaeren standen,
der sluoc er ab ein michel vach. Ernst 4779;
ein michil vach der viende schar
betten sie zu fujo brächt
ouch tot gevalt. Ludwig 1969;
Speicrer Verordnung über hochvertige kleider und getierde (Momes
zeitschr. 7,59): der vrouwcn sol dehcinc kein schappel dragen
oder dcheinen slciger, genajit kriuseler, der me habe umbe
gewunden danne vier vach, also daj^ die selben vach an den
flocken daran von der Stirnen über sich uf nil höher sint
oder sin söUent, danne eins twerchvingers hoch, schottisch
faik, a fold of any Ihing, a ply of a garmenl, a }>laid. Jamieion
1, 309. suppl. 1, 381. um so merkwi^irdiger, da diese bedeuiung
von falle und plaid an die von mantel, tunica und tünche reicht,
womit gemduer und fachwerk ausgefüllt oder bekleidet irerden,
s. DucANCE 4, 245 unter mantellus und mhd. wb. 2, 62*. nennen
wir doch die mauer um einen ofen mantcl, den raudifang rauch-
manlel, was für fach =■ fang zeugt.
8) fach, die falle, in anwendung auf das innere, in mirm
Mnricnliede :
mhd. got wil kumen in din vach. Müll. 3, 468i>;
(IT lio sich zuo ir in ir vach. dat.;
In sine« reinen herzen vnch. pai«. Ä. 248, 74 ;
dn; im in sine« herzen vnch
der nnme sohle »tn ergraben, pau. K. 167, &9;
hcimelich In »Ine« herzen vach. 227,7«;
«r wi'rc In ir herzen vach. 4S0, 31;
in de» h«rzen vnchcn. 693, 10.
1221
FACH — FÄCHEL
FÄCHELN
1222
nhd. wann öfnen wir, zufriednen mädchen gleich,
die ihren schmuck einander wiederholt
zu zeigen l<aum ermüden, unsres herzens
geheimste Fächer. Götub 9,291,
Kelchem doch auch die folgende bedeulung vorgeschwebt sein kann.
9) fach, abtheilung in schrein und kosten {vgl. 4) : meine
bücherbrete bilden fünf fachet; unterm tisch ist noch ein
verborgnes fach; diebe brachen ein und leerten allefächer;
hinten in der lade noch ein fach anbringen; er ist nicht
aus dem rechten fach, nicht von dem rechten schlag leule. vgl.
bücherfach, querfach, seitenfach, Schubfach.
10) fach, frovincia, das einem übenciesene, von ihm betriebene
geschäß : ein mann, der sich in seinem fache fühlt ; sein fach
war die theologie; er blieb bei seinem fach, zeichnete sich
aus in mehr als einem fache der Wissenschaft, glänzte in
allen fächern; das ist nicht mein fach, schlägt nicht in mein
fach, gehört nicht vor mich; er ist stark in seinem fach;
freunde, mir ist die Vernunft zu schwer,
aber die liebe, das ist mein fach. Platen 84';
der graf musterte indes die übrigen, er fragte einen jeden
nach seinem fache und änszerte gegen Melina, dasz man
streng auf fächer halten müsse. Göthe 18, 239 ; Laertes war
hier gerade in seinem fache, er gieng, den Stallmeister im
namen des knaben heraus zu fordern. 18,225; wie er die
gesellschaft in fächer eintheilen und einem jeden seine be-
stimmte mitwirkung übertragen wollte. 18, 248 ; da die weiber
weder den mann noch sein fach verstehen. J. P. papierdrache
1. 108; recensionen aus allen fremden fächern. Fibel 25.
ebenso nnl. het was een groot man in zijn vak; gij moet
het vak der geschiedkunde beter beoefenen. fc« Staldeb 1, 348
fach, lagewerk, pensum. vgl. hauptfach, nebenfach.
11) tcas heiszt fasln, sp. 1201:
der Herd ist nit gespeist zu fach,
dem sinne nach tcol nicht vollkommen, nicht satbam, so dasz
sich die falten seines magens erfüllen? denn von fachen, fallen
des magens ist auch sonst die rede: das ist ein zeichen das er
hat hitzige dunst in den fachen des mages. küchenmeislerä i6.
es könnte aber auch gemänt sein : er ist noch nicht zu dach und
fach satt.
FACH als adj. entspricht der siebenten bedeutung des subst.,
erscheint jedoch nie auszerhalb der Zusammensetzung, so wenig
als ein adj. falt, oder gr. ein TtXovi, lal. ein plex erscheint,
aber die composita einfach, zweifach, dreifach, vierfach u.s.w.,
vielfach, manigfach sind synonym mit einfalt, zweifalt, drei-
fall, Vielfalt, manigfalt, welchen heute meistens noch ein -ig
angehängt wird, fach = plica erlangt dadurch volle bestdligung,
daj verraten ist drier vacher. Ls. 1, 435
hat den sinn von ist drivach. doch finden sich, wie goth. ain-
falj)s ahd. blosz in übung einfalt, zuifalt, drifalt u. s. w. ; ein-
fach (o6en sp. 168), zweifach, dreifach (2, 1378) zeigen sich erst
späterhin.
FACH, j. fech.
FACHBAÜM, m. 1) longurius molaris, Stieler 114, sonst auch
wehrbaum, grundbaum, der das wasser vor dem gerinne in der
höhe erhält.
2) ein Werkzeug der tuchmacher zum fachen der woüe.
FACHBOGE, m. was fachbaum 2.
FACHE, f die gefachte wolle, s. fachen.
FÄCHEL, m. F.\CHLEIN, n. 1) flameum, flameolum, peplum,
voc. 1482 hs'. DiEFENBACU 238*, ein schleier der Jungfrauen,
nonnen, velum, mhd. rise, risella : in mehrer anmerkung, dasz
, sein fürst, weil er ihm diese Schönheit, so allbereit zum
fechel gewidmet, anders nicht habhaft zu werden getraute,
solche auch mit gefahr seines lebens zu entführen gänzlich
entschlossen. Hofmasnswaldao heldenbr. s. 26; dasz .\belard
gezwungen war seine ehegatten nach Argenteil, unfern von
Paris gelegen zu senden und sie bis auf den fechel alldar
einkleiden zu lassen, s. 149;
vertausche demnach nur den fachel vor die haube,
denn er ist sicherlich ein schweres freiheitsband.
GcnTUER 594;
nie lob Ich sie beim spinner&dchen,
denn dieses weisz sie nicht,
wer kann da etwas schönes sehen
was nur die häurin thut?
schön kann sie ihren fechel drehen,
denn dieses weisz sie gut.
Osse:<felder öden und licder 114;
fechel, leinwand die an den schleier geheftet herabhängt. Haus-
LEUTNEBS schwöbisdies archiv 2, 221. offenbar das mhd. falle
Parz. 301, 28. 802, 1, lat. velum, franz. volle, nnl. wiel und
von dem folgenden fächel ftahrum ganz verschieden, die bäurin
in der letztangeführlen stelle schieiert siiJi, trägt aber keinen fächer.
2) fächel, flabellum, fächer, eventail, ü. ventaglio, sp. abanico,
aus dem folgenden fächeln gebildet:
Eolster einzuwiegen,
rillen zum betnegen,
fechel wind zu machen,
mehr noch solche sachen
sind bei bof in häufen
niemand darf sie kaufen. Locau . . .
FÄCHELN, ventilare, regt sich noch nicht ahd. mhd., auch
haben die schweslersprachen nichts ähnliches, aus der volksmundarl
ist höchstens anzuführen das zerfächeln des Berner Oberlandes
für auseinander fallen, zersplittern (Stald. 1, 34S), tcas zerwehen
bedeuten könnte, die andern composita anfücheln, auffächeln,
befächeln, erfächeln, zufächeln gehn auch nicht weit zurück
und weichen bald in feckeln, bald in wecheln, wozu sich poln.
wachlowad fächeln und wachlanz fächer stellen läszt, vgl. den
eigcnnamen Wachler. bvhm. gilt fochrugi, fochrovati für fächern,
fächeln, wecheln beglaubigt Diefe.nbach 611* und des Mathe-
siDS aufwecheln. selbst bangein, banklen (l, 1104) wäre zu
bedenken, kaum lat. focillare, refocillare, außdcheln. vgl. auch
fachen und wehen.
unsem dichtem muste das einfache wort willkommen sein, zeigt
sich aber erst im 17 jÄ., häufiger in des 18 zweiter hälfle.
1) intr.
0 liebster, was bedeut das ungewohnte röcheln?
die furcht der beiszen brüst? der matten lungen fecheln?
Fleiinc 144;
lächelnde weslwinde schwärmen um ihn und kühlen die
Wangen. Zacbarü tagest. 37 (2, 33) ;
der mittag, begleitet von fächelnden stunden,
eröfnet sein rüllhorn, mit blumen umwunden,
und gieszt es auf alles verschwenderisch aus.
dessen gedickte 1761 s. 539 ;
immer kann der west nicht fächeln,
auch der nord musz einmal wehn,
will man sehn den himmel lächeln,
musz man ihn auch weinen sehn. Bdrhas!« ged. 44;
der kannte nie der liebe lust und schmerz,
der nie erfuhr, wie süsz ihr athem fächelt. Borger 69*;
mich labt der weste lächeln
am hainquell. Matthissok 124;
vor meines liedes fächeln
scheint ihm die weit zu lächeln. RCcxzrt 199;
blumen, die ich mit thränen der sehnenden liebe geträumel,
die ich sprossen gemacht, lächelnd mit hauchen des webs.
266;
so frug ich bange zweifelnd und empfand
im wind das fächeln schon der todeshand,
und fühlt es kühler schon im herzen flieszen.
Lesau n. ged. 95;
ein fächelnder abendwind. J. P. Hesp. 4, 47 ; er wüste nicht,
wofür er das ding zu nehmen habe, das unsichtbar an der
feuermauer auf und nieder hobelte und so verdächtig um
ihn ßchelte. papierdrache ^2, 41.
2) tr. anwehen, heranwehen,
der verliebte himmel lächelt
in die gleicherwärmte luft,
welche gleichsam küsse Tächelt
auf der schwangern erden kluft. Fleming 363 ;
ein bunter thor, der tändelnd uns umflattert
und unterdes er sich im spiegel selbst belächelt,
studierte seufzerchen mit schaler anmut fächelt (/'rüher röchelt).
WiELAWD y, 19 ;
lose kleine amoretten,
die ihre rege glut mit goldnen schwingen fächeln. 9,293;
lächelt
denn auch so schön wie hier in ihrer lilienbrust
die Wollust selbst den geist der jugendlust? 10, 182;
süsze liebe! morgenrosen
athmen reiner nicht den duft,
sanfter, ihnen liebzukosen,
rächelt zetii uiclit die luft. Bois in Voss musenalm. 17S9 s. 101 ;
lieblich fächeln euch
sanfte, kühle weste. Weuze kam. opem 1,3;
wenn du den mittag fühlest,
gedrückt von heiszem sonnenstral,
'brichst du gesträucb und kühlest
mich fächelnd allemal'. 1, 140;
sanft und lieblich ist der west,
thal und aue lächelt,
wann er an der Flora fest
ihre kinder fächelt. 3,120;
Dorchen sinkt halb in ohnmacbt, Kunz läuft zu ihr, kniet
neben ihr bin, nimmt ihre band, iüchelt sie mit dem hüte
77*
1223
FACHEN —FÄCHER
FÄCHERALOE — FACHREDE
1224
und thut alles sie wieder zu sich zu bringen. Weisze die
jubclhochzcü s. 172; bei welchem actus der häuslichen Juris-
diction sie selbst mit dem kehrbescn den verabschiedeten
ehegespan zur thür hinaus fächelte. MusÄus rotom. 650; labe
dich indessen an dieser luft, die jetzt noch so wollüstig deine
reizbare baut fächelt. KLI.^GEB 7, 140; unsichtbare bände
fächeln ihn (den mensclien)^ wenn er brennt und tragen him-
melsbluraen vor ihm zur Stärkung vorüber. J. P. papierdr.
2,171; verflucht sei die luft, die dich fächelt. Scdiluer 151';
die rose spricht: sein mutb ist ungeraubt
tlom zefir, meinem dicner, der mit >vitze
mir kühlung gegen deinen brand zu rarlicln,
und daTür zu verdienen weisz mein lächeln. Rückert 402.
3) reß.
Lisetie .schweigt, und l.nchelt,
wie eine dame thut, die sieb gelassen ßcbelt. Zacbariä;
EO schmachtet er am bach, wo sich die musen Tächeln,
ein iweiter Tantalus. Gotter 1,335.
FACHEN', discriminare, aus dem vorausgehenden fach loculus,
flica lierzuleüen,
1) in fachet ublhcilen, vgl. einfachen 3, 168. ausfachen 1, 852
und verfachen, veithcilen. Stieler 393.
2) canHj'narc pUos, lanam, peclcndo carpere, ahd. zeisan : der
hutmacher facht die haare mit dem fachbogen. Broseniüs
tcchnologie. Leips. 1806 s. 129. Scubid 175 schreibt facken, flachs
brechen.
FACHEN, 1) sufflare, nalivertvandt mit fächeln, und auch erst
seit dem 17. 18 jh.
ein bfindel reiser wird auf dürren kien gelegt
und als sie ascli und kühlen auTgeregt,
facht, bläst und hustet sie den ganzen stosz zu (lammen.
Hacedorm 2, 101 ;
wo jeder athemzug, geschwellt
von dieser zaubcriust, den funken
des horhgeliihl$, das uns zu göttern macht,
selbst in der engsten brüst zur hellen flamme facht.
WlELAND ö, löO ;
so wie nahrung empfangt von wehenden winden ein kleines
unter umhüllender asche geheim verborgenes fünklein,
wie es erwächst und gefacht zu den vorigen kräfien empor-
steigt. Voss;
bis ins innerste mark fachte er mir die flammen, die ihn
durchwühlten. Götbe 10, 148 ; der tausend legionen schuld-
loser engel in rebellisches feuer fachte. Schiller 122';
stein uud ftlsen ihre herzen,
ihre seelen nacht,
von des himmels flammcnkerzen
nie in glut gefacht. lü';
(Ja* reclil), das Wissenschaft und geistesglut
getreulich nährt und facht. Uulanp ged. 114;
wenn Kamilla nun erwacht
und das lämpchen freundlich facht. 191 ;
das ist der Taillefer, der so gerne singt,
im hofe, wann er das rad am bninnen schwingt,
im saale, wann er das feuer schüret und facht,
wann er abends sich legt und wann er morgens erwacht.
405 (421) ;
wenn zur flamm den funken facht
ginge nachsieht. Tieck 1,421; ^
der samenfUnke glimmt im erdrelche,
bis man die tulpenflamme facht endlich. Pi^lten 76*;
auch satte sie, ■nie ihr berichtet ward,
dasz KoTands schwert gewaitgen bader fachte
im Sericanen und in Mandricard. Gries ^r. 31,47.
üblicher ist die gleidibedeulige Zusammensetzung anfachen, man
darf facht sufßal, accendit nicht vermischen mit facht für fahl,
fäht eajiit von faben.
2) refl. sich fachen, fächeln, fächern:
dann crbolten sieb die dumen, husteten und fachten ticb.
DiscH der »clwszhund. Allona 1756 $. 40;
nach den losten eingetheilt saszen lords bei ihren damen,
und die letzten fachten sich, wenn die ersten tohack nahmen. 45.
FÄCHER, ffl. carminator, ein das fachen, »eisen verrichtender
luchbcreitrr, hutmacher.
FÄCHEH, m. flabellum, was fächel: ein so freundschaft-
licher verweis ist in der freundschafl so angenehm, als in
der liebe ein schlag mit dem f^cher. aber machen sie es
ja auch, wie ein mädchen, das seinen geliebten mit dem
fftchcr schlagt. Cbo;<eck bei Geliert 8,183;
iizt schllRt, Uzt droht *ie mit dem fAchcr,
sie scherzt mit ihrer nn( hharin.
ItosT hiilttti- im tatchenb. für dichter 6,117;
ibre ftcber waren lefrrs flUgcl
uud der morgeuhaiu Ibr putzgemacb. IIÖLn 198.
FÄCHERALOE, f aloe plicatüü.
FÄCHEUßAUM, m. geldnderbaum, der an den fächern, Spa-
lieren stelU.
FÄCHERBLATT, n. er rupfte immer mehr breite fächer-
blätter aus seiner grünenden spanischen wand {aus der dichten
laube). J. P. Tit. 2, 15.
FACHERCHEN, n. flabeUulum.
FÄCHERFALTE, /". plica flabeUi: der grundrisz dieser Stadt
gleicht einem fücher, in welchem das markgräfliche schlosz
den knöpf, die verschiedenen hauptstraszen eben so viele
fächerstäbe oder fücherfalten vorstellen. Campes Amder und
jiigendschr. 1830. 18, 197. es könnte auch hciszen fächerfach,
denn hier sloszen die bcdcutungen fächer (lou fächern, fächeln)
und fach an einandn.
FÄCHERFALTER, m. phalacna ducita, eulchen, geistchen,
motte.
FÄCHERFARN, m. adiantum flabellatum.
FÄCHEHFISCH, m. coryphaena velifera.
FÄCHERFÖRMIG, flabeUifurmis.
FÄCHERIG, loculalus, in fächer abgetheilt.
FÄCHERMACHER, m. confedor flabellorum.
FÄCHERN, ventUarc:
netter würden oft, dir zum verdrusz,
nach mir schielend, sich die mädchen fächern.
ScuaiDT vox Wernilchin t. 92.
FÄCHERPALME, /". borassus flabclliformis.
FÄCHERSCIILAG, m. hinaus! oder ich lasz mein kammer-
mädchcn kommen und ihnen mit fächcrscblägen diesen läster-
mund zerplatzen. Klingers th. 2, 224; Schoppe führte ein tage-
buch, worin sein freund lesen durfte, nur musters vergeben,
wenn er darin zornige facherschläge und noch dazu mit dem
harten ende wegtrug. J. P. Tit. 4, 5.
FÄCHERSCHWAMM, m. spongia flabclliformis.
FÄCHERSCHWANZ, m. loxia flabeliifera, fr. la queue en
^vcntail, ein ausländischer fisch.
FÄCHERSPIEL, n.
das eitle flittcrmädchen
vergasz bei dir des fachcrspiels.
Voss im musenalm. von 1777 s. 174.
FÄCHERSTAB, f?). to«7/«nj/?aie//i.' sie guckt, wie verschämt
vor Gürgc, durch die fächerstäbe hindurch. VVeisze kom. opern
1, 77. vgl. fächerfalte und fächern.
FÄCHERTRÄGERIN, f. flabeliifera.
FÄCHERWIND, m.
unsrer schönen kreise iacherwind. Herder 3,32.
FACHGELEHRT, suam artem doctus.
FACHGELEHRSAMKEIT, f.
FACHGENOSZ, m. coUega.
FACH GERTE, /". gefleckt um das fachholz.
FACHGRINT, repagulum, crales ad capiendos {nsces, ton fach 1 :
da; wir verluhen haben . . . burgern zu Spire und iren erben
die hienachschriben salinengrundc uf dem Rinc, von ersten
da; Reldcch, andenvarbe Santwich, andenvarbe Vacbgrini
obewendig Germerslieim gelegen, anderwarbe da; Piilserboubct
«. s. ff. urk. pfalzgraf Biipixchls von 1357 «n Mones zeitschr.
4, 75. 76. grint ist das ahd. krintil, ags. grindel.
FACHHOLZ, n. sciwaches bauholz zu den vänden, das nicht
rieikanlig gearbeitet werden kann.
FAClilCHT, loculatus, du:tinclus, in fächer getheilt. Stieler 393.
FÄCHIG. dasselbe: cinPächig, zweifächig u.s.ie. s. f^chtig.
FACHKENTNIS, f., die für ein gewisses fach erforderte.
FACHLEHRER, m.
FÄCHLEIN, n. 1) locellus, kleines gefach: nach den blumen
folgen dicke knöpflcin mit zweien filrhlein, welche voll samens
sein. Tabernaemontasds 1208. bohnenfachlein fabarum valvulae,
ncbenrjchlein lu der lösche. Stieler 392.
2) Schleier, s. fächel 1.
FACHMÄNNER, pl. mdnncr vom faclie.
FACHMENSCIL m. homo ad suam provincMm a/^.- ..
hfthcrn Icbranstaltcn haben den /werk für den .staal mi.p-
liclist brauchbare fachmcnscheu grosz zu zicbii. nilg. am. der
Deutschen 1S45 s. 3609.
FACHORÜNER, m. distrWutor loeorum scientuie: derselbe
grosze mann und fnchordncr (Liime). J. P. dofpelirOrter s. \<.
FA( HORDNUNG, f.
KA( IIREDE, f sermo taptiosut, rerflngliche rede, die ein fnrh,
ctnen htnterhnll marht: eben diese scblusz und f.ichrod wollen
wir auflösen. Frank 31.
1225
FACHREÜSE — FÄCHSER
FACHSEREI — FACIT
1226
FACHREUSE, f. nassa, fisdireuse, fachgrinl, gleichviel mit dem
bloszen fach.
FACHS, m. coma, caesaries, ahd. fahs, mhd. vahs, ags. feax,
altengl. fax, altn. fax, juba. nhd. edosclien, eine spur davon im
lolhringischen scheinbaren pl. faces für locken: rouler ses faces.
ses cheveux; qui tous a fail vos faces? qui tous a peignc?
wer hat dir deine locken gemaclU ? Micbel diction. lorrain. l^ancy
1S07 p. S7. auch übrig im Schweiz, fachs, schlecliles bergheti
(Stald. 1, 34S), da sich tcürter für gras und haar begegnen ; sodann
im bair. feuerfachs, roflthaar, rotlJMpf, von menschen, pferden,
hunden (Scas. 1, 508. Hofer 1, 213). von uns entlehnt böhm.
faus, fausek, ptlln. was, barthaar und auch ranke der pflanzen^
vgl. gal. feusag hart, \r. fesog (Stokes p. 42). würzet falian,
wie capillus, cabello ton capere, vgl. pectere, peclim explicare.
FACHS, m. nugator, scurra, östr. steirixh, salzb. fex, feggs
blödännig, cretin, zu f feckin sich verhaltend wie fuchs zu fobe,
lapps zu lappin, tapps z« tappin (Scbm. I, 510). die mildere
bedeutung possenreiszer bd Hüfer l, 214 und in der zeilschr. für
mundarten 2, 341 unter fax und fex. Phil.\nder 1, 42S sieht
feix, offenbar dem folgenden unmittelbar rawandl, kaum mit
facbilator, praestigialor bei Ducange 3, i'i9.
FÄCHSE, FAXE, f jocus, nugae, zumal im pl. faxen passen,
spdsse, einfalle, geh, das sind faxen! Sch». 1,508. brem. wb.
1, 334. faxenmacher, possenreiszer. zeitschr. f. mundarten 2, 341.
5, 227. in fächs scherzweise hat Schjcid 173 und narrenfex narr.
die ableitung aus tat. facetiae sehr unsicher, obxhon auch falzen,
fatzmacher zu erwägen, vgl. flxfax, nl. ükfakken.
FACHSEN, FECHSEN, FEXEN, messen» facere, heimschcn, ein-
heimschen, einernten. Schm. 1, 505. zeilschr. 6, ISO. Hüfer 1, 208.
liesze es sich, statt unmittelbar auf fahen, fangen, nicht zunächst
auf fachs coma beziehen, dem wir die bedeutung von heu und gras
zustehen sahen? fächsen ifdre dann grasen, heuen, abgrasen,
ernten, wobei die Verwandtschaft zwischen haru linum und bar crinis
in betracht käme, auch scheint dafür zu sprechen das folgende
FÄCHSER, FECHSER, m. viviradix, würzling (von w-urz, goth.
vaurts, radix, neben aurts herba), von fachs, haar, gras, faser?
fast entscheidend ist, dasz die in erde gelegten rebknoten im ersten
jähre gräslinge und erst im zweiten jähre, wenn sie hekleiben,
fächser heiszen, der lat. Sprachgebrauch unterscheidet propagines,
nviradices und sarmenta, gräslinge, fachser und senker, obschon
diese Zusammenstellungen nicht ganz sicher sind. Luther sagt
feser der reben {Es. 5, 7. 16, 8. 17, 10. fiahum 2, 3), welches
feser nach nd. weise mit ausgeworfnem ch dem hd. fechser ent-
spräche, wobei auch böhm. fazar 2« vergleichen wäre, mehr davon
unter faser. Frisius und Maaler, Dasypodius haben unser worl
nicht, zuerst finde ich es bei Hexisch 1027 : fechser, banimer-
ling, schieszling, malleolus, surculus nodosus aptus ad germen
et incisionem rilium generandam, ein behendigke.it weinfechsere
fortzupflanzen, fechser, junge fechser, semina rineatica, ein
ort, da man junge fechser auferzeugl, semtHariHm. tnTnERASDERS
aenigmatographia rythmica, rätzelbuch in teudsehe reim verfasset,
o.o.u.j. {aus dem anfang des l' jh.) heiszt es vom weinstock:
vil töchterlein
kann ich oha mann wol zeugen fein,
mit der anmerkung 'fächser';
das annoch junge reis, das an der wunel klebet
und noch der jugead saft mit zarten fechsern zeucht.
Weise noifiwend. ged. s. 49 ;
Noah hat uns ihm verbunden,
dasz er most und wein errunden,
und die fecbser erst gesetzt, pot. colica ü3.
Stieleb 524, der aus Hesisch schöpft, fügt hinzu fechser legen,
semina ponere, traducere; einen weinberg mit jungen fechsern
aussetzen, vineam malleolis novis restaurare. fechser in Wein-
bergen legen. Hoiiberg 3, 92*. Tdränuart im weinbau. Naum-
burg 1S45 s. 33 — 39 unterscheidet senker, senkreben von fäcbsem,
slockflichsern, kaum waren die ausdrücke sich überall gleich,
fächser, das heute auf den weinberg eingeschränkt bleibt wird
früher allgemeiner auch von den ersten trieben und schieszlingen
andrer gewächse gegolten haben, wie ahd. isnild wlnarCpönft
sarmenta, snitilingd surculi, sumarlatd propagines, vibiccs. unsere
neueren dichter enthalten sich des wortes fächser oder kennen es,
wie fachs, nicht mehr, i. P. braucht es begierig: denn dieperücke
schien aus dem köpfe ... als eingeborner und fechser her-
ausgewachsen. Ilesp.3,U; der erbprinz Luigi, der letzte hohl-
rfthrigc schusz und fechser des Hohenflieszer mannsstammes.
Tit. 1, 76 ; wie schulleute mit den Säuglingen nnd fechsern
ihrer seeie zu reisen haben, lii. nachl. 4, 163 ; weintächser
von Frankfurt angekommen. Gütbe an fr. v. Sl. 1, 160.
FACHSEREI, f. nugae, possen:
der gaudieb macht ihr tausend faierein,
läszt jetzt sie nahn, ganz langsam srbleicbend,
eutl'erut sich dann und flieht dem winde gleich.
Gries Bojardo 2, 17, 3.
FäCHSERN, propagare, propaginibus ampliare, fast nur in den
Zusammensetzungen ausfächsem 1, 842. beföcbsem. Stieler
524. enträchsern 3, 516.
FACHT für fach begegnet zuweilen in einfach!, zwlfacht, drei-
facbt u. s. w. Ölingers gramm. s. 81. mit unorganisch ange-
hängtem t, wie in erzt, axt, obst, habicht, käficht u. a. m.
vgl. ßchtig.
FACHT, f. flabellum, auch ausgesprochen focht, tu der Wetterau
für fächer, z. b. sonnefocht, sonnenfächer. s. fächlel und focher,
fucher.
FACHTAG, tn. fangtag, an dem man Üuere fängt, eriegl:
war ist des ahen Sprichworts sag,
es sei wol alle tag jagtag,
fachtag sei aber nit allwegen. 11. Sachs 1, 427*.
FÄCHTEL, was fächel. Daxneil 48":
spannt sich gleich einem fachte! aus. Bsockes 3, 594. 4, 129.
FÄCHTELCHEN, n. flabellulum:
durch ihrer flügel spielen
als mit zwei fäcbtelchen ... zu kühlen. Brockis 1,217.
FACHTEN, abeichen, visieren, pfächten. Schxelier 1, 507.
FACHTIG, in zwifachtig, duplex, voc. ine. teut. ante lat.
wetterauisch fächtig : einfachlig «. s. w. bair. zwifachli, dri-
fachti. ScHX. 1,508.
FACHTISCH, ffl. tisch zum fachen der wolle.
FACHTL'A'G, f. 'gediilf, gedult' sagte ich zu mir 'gut ding
wil weil haben, erlangst du diesen dienst, so kanst du diesen
schindhunden diese fachtung schön eintränken', Simpl. Spring-
insfeld 1,1, unverständlich und vielleicht absichtlich verdreht oder
entstellt.
FACHCNG, f. loculorum distinclio. Stieleb 393 und ebenso
ausfacliung. einfachung, verfachung.
FACHWAND, f. wajid aus fachwerk, im gegensatz zur steinwand.
FACHVVEISE, loculatim: alles fachweise, nach fächern ge-
ordnet.
FACHWERK, n. l) parietes craticii, die fächer der wand,
bildlich, die vier wochen in Karlsbad denke ich einer revision
meiner naturwissenschaftlichen bemühungen zu widmen, ich
will sehen, dasz ich ein Schema dessen was ich schon ge-
than habe und wohin ich mich zunächst wenden musz auf-
setze, um nur erst ein fachwerk für die vielen zerstreuten
erfahrungen und betrachtungen bereit zu haben. Göthe an
Sdtiller 77.
2) ein im fach einer Wissenschaft ausgearbeitetes werk.
FACHWISSENSCHAFT, f
FACHZAHN, m. dens praedae cajxendae destinatus, der fang-
zcthn eines hundes oder ebers:
als aber der hund wurd beladen
mit jaren und Qlter beschwert,
wurd er treg «nd der rhu begert,
wann ihm waren sein fahzeen voren
verstumpft, het ir ein theil verloren.
H. Sachs II. 4, S4';
der fachzabn eines hauenden wilden scbweins. Hohbebc 1, 292' ;
die zween fachzähne {des hoßundes) sollen lang, scharf und
stark sein. 2,316'.
FACILET, s. faccnedein. ßr die herleitung aus fascia,
fasciola, it. fascinola spräche folgende stelle: die männer tragen
ein facilet auf dem haupt nach mörischen sitten. Fraük
wellb. 213'. fatzolin, fatzeunlein, facitergium. voc. th. 14S2 h4\
FACIT, n. summa, gebildet tcie debet, placet u. a. m. das
facit herausbringen, conficere summam, die rechnung macht
(facit), bdrägt zehn gülden;
lege recht, schreib recht, sprich recht,
so kompt dir auch das facit recht. Hemsch 967 ;
seid ihr mit der rechnung fertig? wie viel ists denn? 'dar
sehet ihr das facit' (gibt ihm das brct). Heixb. Jdliüs s. 467.
oft für ergebnis, ertrag, endlicher schlnsz: schweig! das facit
'diese well keines pfifferlings werth*. Fr. MJjller 2,22; ge-
wöhnlich vergeszt ihr aber auch über eurem addieren und
balancieren das eigentliche facit des lebens. Göthe IS, 51 ;
entweder beides oder kein«
must du in rechnung schreiben,
und immer wird das facit eins
dein eigner werth dir bleiben. RCcckkt 234.
man sagte sein facit, seine rechnung auf etwas machen : hatte
sein facit auf die baieriscbcn gemacht. Chemnitz it. 5, 272'.
1227
FACK— FACKELBOTE
FACKELBRAND — FACKELN
1228
FACK, n. porcellus, porcus, mit ausgeworfnem r in Baiern,
Tirol u. s. w. für das ahd. farh, farah, pl. farihir, fcrihir, mhJ.
varch: woher hast du denn die kutt (lierdf) facken? Zincerle
hausmärchen 2, 9. Stalder 1, 348 schreibt fack, fähg. s. fackeln.
FÄCKE, m. ala. s. fiicken.
FACKEL, f. fax, facula, taeda, ahd. facchala, fachala, ags.
fäcele und })äcelc, nihd. vackel, nnl. vakkel, schw. fackel, ddn.
fakkel; oft in biid und gleichnis. mhd.
da; schcene wip von hüber kür
bescheidenliclie dühte,
daj ir von herzen lühtc
ein vackel, des geloubcnt mir,
diu gewahsen wäre üj ir. tr. kr. 357.
nhd. und er teilete die dreihundert man in drei häufen und
gab einem iglichen eine posaun in seine hand und ledige
krüge und fackeln drinnen, rieht. l,l&; also bliesen alle drei
häufen mit posaunen und zubrochen die krüge, sie hielten
aber die fackelen in irer linken hand und die posaunen in
irer rechten hand. 7,20; aus seinem munde faren fackeln
und fewrige funken schieszen heraus. Ihob 41,10; bis das
ire gerechtigkeit aufgehe wie ein glänz und ir heil entbrenne
wie ein fackel. Es. 62, 1 ; seine äugen wie ein fewrige fackel.
Dan. 10,6; und Elias brach erfur wie ein fewr und sein
wort brant wie eine fackel. Sir. 48, 1 ; kompt er dahin mit
fackeln, lampen und mit waffen {goth. mi|) skeimam jah haizam
jah vfpnam). Joh. 18,3; und es waren vil fackeln auf dem
Söller, da sie versamlel waren, apostelg. 20, 8 ; und es fiel
ein groszer slern vom himel, der braute wie eine fackel.
offenb. 8, 10 ; 'das licht macht eine fackel', wenn es zu grosz
brennt;
der ist ein narr, der macht ein für
das er dem sunnenschin geh stür,
oder wer fackeln zündet an^
und wil der sunneo glast zu stan (beislehen). Brant 28,3;
lasset euch die fackel ofTentlicher warheit unter die nasen
stoszen. Jon. Wigand die netven Willenberger. Künigsb. lh^b. lo';
der kadi, diese fackel der gerechtigkeit, die der sultan den
geraden weg des rechts und die krummen und finstern pfade
des Unrechts zu beleuchten aufgestellt hat. Wieland 8,377;
er drehet aus den banden des gefesselten Hymen die hoch-
zeitliche fackel, Thümmel Wilhelmine 125;
das ach und weh dar crcatur
hat laut dich vor gericht pefodert,
wo hoch der räche fackel lodert. Borger 71';
der enge), der mit leichtem llug
die fackel seines schönen lebcns
bellleuchtend sonst voran vor unscrm Lessing trug,
kehrt rasch mit einem mal sie um. Gökingk 3,233;
des lebens mai blüht einmal und nicht wieder,
mir hat er abgeblüht.
der stille gott, o wninet meine brüder,
der stille gott taucht meine fackel nieder
und die erscheinung flieht. Scbiller 20';
damals trat kein gräsziiches gerippe
vor das bett des sterbenden, ein kus
nahm das letzte leben von der lippe,
seine fackel senkt ein genius. 22';
0 schleudre nicht
die fackel in das unglückselge land,
das noch vom alten kriegeshrande raucht. Uulands Er» «{ 44 ;
todt ist der Werner, todt ist Kiinrads feind,
die fackel und das heerhorn alles Streits. 130.
laufende fackeln sind Irrlichter, unw. doct. 747. eine kieferarl
führt den nnmen fackel, pinus laeda, auch die köpfe und bluten
der distel heiszen zuweilen fackeln, s. fackeldistel, und Scnmo
175 hat fackel für papaver, mohn. in der Sternkunde wnden
die helleren flecken der sonne (ßeichfalls fackeln genannt.
FACKELARTIG, inOar faät: flamme, die bell, fackelartig
brennt.
FACKELAUFZUG, m. pompa festa cum faeibus ardentibus,
t. fackelzug.
FACKELAUGE, n. leurhlendes, funkelndes äuge: Albano sah
feurig nach ihr {der maske), »eil ihm vorkam, es könne Ho-
(luairol sein, denn sie hatte dessen wuchs und fackelaugc.
i.P. Tit. 3,105; schlug mit ihrem schwarzen fackelaugc. Ut.
nachl. 4,241.
FACKELBAUM, m. viburnum opulus.
FACKELBELEUCFITUNG, f.
FACKELBLUME, f rerbaseum Ihapsut, vidleieht vom fackeln,
hin und herfahren der .'itaude?
FACKELBÜTE, m. prarlucent famulus: verlangt dem herreu
auch nach seinem fnrkciboten? *magd wie viel Kchlug es
jetzt?' jungfernanatomic 125.
FACKELBRAND, m. fax vilae, lebens fackel :
er führet dich bei seiner band,
weicht nie von deiner selten,
gibt nahrung deinem fackelbrand
ohn zahl der jähr und zeiten. Spee trutzn. 170(187).
FACKELDISTEL, f. hellblühender cadus: fackeldistel, die
sich blosz durch stacheln nährt. J. P. dämm. C5; Pope mag
als eine aufblühende fackeldistel io der wüste prangen, aeslh.
1, 196. s. fackeiblume.
FACKELCHEN, n. facula, fackelchin. Hemsch 967.
FACKELEL f. discursus, herumschweifen, vgl. fackeln: wo
christliche oberkeiten die Studenten von den üppigen klci-
dungen, von den rülpischen gebärden, von den rekelischcn
fackeleicn nicht ernster abhalten, werden sie am jüngsten
gericht schwäre rechenschaft zu geben haben. Philander
1, 439 (440).
FACKELFEUER, n. flammendes, gtoszcs feuer , loderfeuer.
Stieler 476.
FACKELFLIEGE, f fulgora, ein leuchtendes insecl, sonst latem-
träger, engl, lanthornfly.
FACKELFÖHRE, f pinus süveslris.
FACKELGLANZ, m.
lieblich strahlt des baches spiegel
Uespers fackelglanz zurück. Hatthisson 213.
FACKELGLUT, f
aus seinen äugen sprühts wie fackelglut. Gries Ar. 3G, 57.
FACKELHOLZ, n. item, welcher bei tag ein staud oder
fackelholz abhawct und ergriffen wird, ist schuldig jiuiker
Hansen 10 malter habern zu verleidingen und dem förster
ein gülden, weisth. 1,444. was für ein holz? die hohe busze
deutet auf ein geweihles. verbascum thapsus heiszt sonst liiui-
melbrand, königskerze, gewöhnlich fackeiblume, fackelkraut.
FACKELJAGD, /". nächlliclie jagd bei fackelschein.
FACKELJÜNGLING, wi. der die fackel senkende todesengel :
ruht, ihr weichen seelen,
die das leben kalt umstürmt 1
ruht, wie in den schlummerhölen,
die der fackeijüngling schirmt! Tiedgr elegieen 1,124.
FACKELKRAUT, n. verbc^cum thapsus, s. fackclholz.
FACKELLAUF, m. lafiziaSrjS^onia, wctüauf mit fackeln,
welche die Schnelläufer brennend erhalten musten.
FACKELLICHT, n. mhd. vackelnlieht:
üf dem mäste dar enboben
ein vackelnlieht so schöne quam. Marienlegendcn 87,96,
WO das Dioskurenlicht, wie es auf den maslbdumen der .<cA»/fe
flackert, gemeint wird; nhd.
welch ein freundlicher gott! wie er sein fackelHcht
unter die schatten des hains und der gesträuche mengt,
wie er den silbernen teppich
über die scheiteln der hügel wirft!
HöLTT hymnus an den mond 8.
FACKELMACHER, m. lychnopoeus. Stieler 1193.
FACKELN, l) vibrare, agilarc, concutere, alid. faciian, faclan.
Maltli. 12, 20 wird arundinem quassalam m der alten übcrsetzunij
gegeben rörea gafaclita {bei Litther das zustoszen rhor, agi;.
töcvysed hreod), was Graff 3, 446 sogar für einen lesefchlcr
hält, und nicM mit facula 3, 433 zusammenstellt, doch bedeutet
auch nhd. fackeln die unstilc bcwegung, wie sie von der flamme
ausgeht, das flackern, flattern und schultern, schwanken: das
ists was ihm fehlt, cntschlossenhcit, kühles blut. da fackelt
der köpf gleich hinauf, hinunter, sieht tausenderlei um sich
her. Fr. Müllers, 177; ich sollte des gebrauchs der Sprich-
wörter entbehren, die doch statt vieles hin und herfackelns
den nagel gleich auf den köpf treffen. Gütiie 25, 58 ; die
lanternen, die da all mit leutlein durch die strasze fackelten.
Bettina br. 2,180;
die flamme
fackelt noch einmal auf und erlosch.
Kosrcahtin ged. {Hitogar und Wanda).
Alb. von RUtte 23 führt aus GorrnELF an feckeln, flackern
eigentlich und bildlich.
2) dies untichere sdiwanken drückt dann auch zweifeln, fabeln aus :
die glocke, gincko tAnt nicht mehr,
die mutter hat gefackelt.
doch welch ein schrecken hinterher,
die glocke kommt gewackelt. Görni 1,224.
3) nicht fackeln meint, seiner sache sidter, nicht zaudern oder
säumen, keine umstände machen etwas in thun: welcher linr-
nuf nicht gefackelt, sondern sich in aller »lillr in.^ haus
praclicieret. Fcheub. 1,114; diejenigen, welche mit der litn-
incrait umzugehen \^ ••■='■•" firkcltcn auch nicht. 3,271; da
1229
FACKELN— FACTOTUM
FÄDCHEN— FADEMEN
1230
ich denn nicht fackeln werde, ihm das lebenslicht auszu-
blasen. 4,221; wollts nicht mit Lessing verderben, er fackelt
nicht. Claudius 1, 130 ; ich werde da nicht lange fackeln; de
buur fackelde nich lange. Lyra plattd. br. 101;
a Wittfrau dörf nit fackln lang,
sie bleibn hocked gern (6/. sitzeti).
Weikert ged. in ISürnb. mundart 185.
FACKELN, porcellos parere, ferkeln : wie Tiel dieselbe ferkeln
trage und wann sie werde fäcklen oder werfen? 'sie werde
folgendes tages fäckelen'. a. weish. ludg. 212. s. fack.
FACKELSCHEIN, m. lumina taedarum: bei fackelschein,
ad lumina;
ein schauerchen fuhr mir beim fackelschein
im heiliglhum durch das gebein. Secmi;
der fackelschein der phantasie. J. P. Tit. 1, 142.
FACKELSCHIMMER, m.
FACRELSCHWINGER, m.
Hvmen. den ich benedeie,
se'i willkommen, fackelschwinger ! Bcbgir 75".
FACKELSTÄNDCHEN, n.
FACKELSTLHL, wi. gesteil zum aufsiecken äner fackeL
FACKELTäNZ. m. saltatio solemnis facibus praelucentibus:
dasz ich anklopfe und im fackeltanz hinabführe meinen bräu-
tigara. Fb. MluER 2, 172;
jüngst in Basel seis geschehn,
dasz man zu seiner ehre fackeltani
anstellte. ühla:«ds Ludwig d. B. 228;
iieut abend ist hochzeit und fackeltanz. Kotzebüe dram. sp.
1, 33. der Mercure gallanl von 1684 beschreibt den am fiannüver-
schen hofe üblichen fackeltanz folgcndergestall : douze des prin-
cipaux des deux cours dansoient d'abord se tenant deui ä
deux par la main et ayant dans l'autre chacun un gros Oam-
beau de la hauteur de six pieds. les princes et les prin-
cesses suivoient et six autres serroient la file. cette danse,
qui est une ancienne ceremonie du pais, dura environ deux
heures. ich kenne einen schönem fackeitanz der forsten,
als den kurzen der vermählungsfeier. J. P. pol. faslenpr. 60.
FACKELTRÄGER, m. taedifer.
FACKELW'ÄCHTER, m. : als die Athener durch ihre fackel-
wächter die verabredeten zeichen erhielten. Jacobis Thuc. 3, 192.
FACKELZUG, m. wie fackelaufzug : einem einen fackelzug
bringen.
FACKEN, fangbaU spielen, davon fackeball m., in Sachsen,
Thüringen; das werfen, aufwerfen des ballshäszl facken, zuweilen
auch das fangen (auffacken) ; einzeln auch von anderem werfen,
lünwerfen gebraucht, ein schu-äz. facken, fackeln, sich hin und
her bewegen, hin und her laufen bri Stalder 1, 348.
FÄCKEN, m. ala. Frisics 70*. Stalder 1, 348. fecken. Alb.
VON RCtte 23. fecka und flecka. Tobler 178, Take im idiot.
bernense 2C', daneben auch fäckten: auf dem rücken hat er
zween fäckten, die (? den) erste klein, die ander grosz. Forer
43' ; hat zwei (so) kleine ßickten bei den obren, andere zwei
kurze am bauch. 4S'; etliche wollen, dasz die jungen (ßsdie)
durch ire ßickten oder flngel beschirmpt werden. 66'. fecka
öherchoh, flügel bekommen heiszt verloren gehen, entfliegen, bim
fecka neh, beim flügel nehmen, anpacken, dfäke la lampc, die
flügel hängen lassen, animo frangi, dfake beschrote, die flügel
beschneiden, es ist nicht leiclit über dies wort zu urtheilen. fäcke,
fecka gemahnt an fach, läppe, fetze {sp. 1220), bedeiUet auch nach
Stalder schosz eines kleides, ficke, rocktasclie, nach Tobler einen
vorstehenden, herabhängenden läppen, den wir sonst flügel eines
rocks nennen, nnl. ist yachl fiaul oder wolle eines lamms, iemand
bij zijne vacht krijgen, hem bij de lurven pakken. Staldeb
führt fackete f. für tasche an, facketezeit ist taschenuhr. dann
al>er liesze sich auch an fackeln, feckeln, flattern denken, endlich
könnte fäckten Umstellung von fettich, litlich sein, Frisids schreibt
neben facken ohne weiteres fätchen und Maaler 129" gar nicht
anders: mit den fätchen schwelen, die fätchen erschütten,
die fätchen erschwingen, plaudere alis. tch und ck tauschen
leicht, unmittelbar nach labialen fällt aber 1 gern aus. v^. feder,
feder«-isch, fledcrwisch, fittich.
FACTION, /. forma, it. fazione, fr. fa^on, zuberätung:
was kleidung nur aufkommen kan
seltzamer arl und faciion. H. Sachs II. 2,48*.
heule parlä, rotte.
FACTOTUM, n. omnium verum minister: er ist allein der
würfelträher, das fac totum, der könig des immenschwarms.
bienenk.U'; vor allem für den magen, sein groszcs factolum
sorge getragen. Wielawd 18,109;
hier wo sich jeder seines weges treibt,
wo ein fiivtotum unentbehrlich klt'xbi. Gdnt 13, 139.
FÄDCHEN, n. ßum tenue, für fädenchen, fademchen, nnl.
vadjc: knüpfte ich eine menge fädchen wieder an, die ich
zerrissen fand. Göthe 8,69. 42,75, wo doch die erste ausg.
j. 72 fädger liest; sie erwiederte seine artigkeiten nicht son-
derlich, sie war von einem andern fadchen gebunden. 19, 278 ;
drollichtes mädchen,
an einem fädchen
bangt mir das herz, wenn ich dich seh,
reisz es nicht ah, au weh, au weh 1
GoTTsa die dorfgala t. 63 ;
doch du, loses mädchen,
fahrst rasch an den fädchen
der goldenen leier
herauf und hernieder
und stimmest sie freier
iür festliche lieder.
Khetsch«a;«5 launen, erzählungen.
Leipz. 17S9 1,58;
bald schnurrt das rädchen,
bald läuft das fädchen
vom vollen rocken ab. Voss 4,149;
auf meinen stuhl lehnt er den arm
und rühmte sehr das feine fädchen,
sein naher mund, so roth und warm,
wie zärtlich haucht er 'süsies mädchen!' 4,185;
die mich hat am fädchen,
stehet auf der grenze still
zwischen kind und mädchen
und ist beides, was sie will.
RccKEBT ges. ged. 1,299.
FADE, f. sepes, golh. fa|)a, oben sp. 41.
FADE, insipidus, ineptus, nach dem fr. fade, schw. fadd, ddn.
fad, noch nicht bei Stieler, Frisch, Adelusg, aber schon im
brem. wb., verwandt scheint das engl, fady flaccidus, welk, nnl.
vadde und vadze, aus welchen das fr. den übrigen vornan,
sprachen fremde wort {wo es nicht zu fatuus gehört) stammen
könnte, denn alln. fadr pclitus, orncüus liegt ab : eine fade speise ;
ein fader mensch, fades, läppisches geschwätz; der charaktcr
des fribble, eines faden, süszen herm war sonst Garricks
lieblingsrolle. Stürz 1, 23.
FADECHTIG, /i/o similis: runde würzlein, {?würmlein) wer-
den an einem fadechtigen wurzlein gefunden. Taberraejion-
tancs 421.
FÄDELEIN, n. was fädchen:
trille, rädchen, lang und fein,
trille fein ein fadelein
mir zum busenschleierl Bijrcer 29'.
FÄDELKRAUT, n. Colchicum autumnale.
FÄDELN, 1) für einfädeln, oben sp. 168:
so was zu ladein hast du eine seltne gäbe. Göih« 7, S2.
2) sich fädeln, filaüm solri, faden fahren lassen, sonst auch
sich faseln, fasern.
FADEM, m. filum, ahd. fadam, fadnm, mhd. vadem, nd. nnl.
vadem, vaam, vaem, alts. fathmös brachia bina, ags. fä|)m, flidm
cubitus, ulna, amplextis, sinus, engl, fathom, altn. fadmr. am-
plexus, sinus, orgyia, schw. famn, d&n. favn. aus der einigung
dieser scheinbar abstehenden bedetitungen ergibt sich aufschlusz über
die Wurzel, welche keine andere sein kann als fahan. fadum »*/
fahadum, wie 4tum = ahatum (1, 591) gerade nach der üblichen
kürzung des fahan in mhd. van, altn. fd. arme umfahen, schlieszcn
an den busen, die eile, ein Iheil des arms (3, 414), umfängt, miszt
das gewand, ebenso thut der faden, beide deulungen von 4tum
wie von fadum wurden schon gramm. 2, 150. 260 versucht und ^
doch sclieinen die äuszerlich vergleichbaren potam, puosum, eidam
nicht auf diesem wege zu erklären, die alte voiU form fadem,
pl. fademe, fädeme begegnrt noch hin und wieder, z. b. bei Kei-
sersberg: wan ein muck oder flieg in ein spinnweb klim-
met, so sie dann in den fedmen behangt. XV staffeln 3o';
bei Lither4, 196, der doch in der bibcl faden setzt; t« Taber-
NAEJI0ST.ASCS352: henket sich mit seinen langen fädemen an
den gnind hin und wieder an ; bei Harnisch 163 ; gewöhnlich
steht aber faden.
FADEMCHEN, n. was fädenchen, fädchen, vetterautsch
färremchcn.
FADEMECHT, trie fadechlig, fadig, fädig, /osmj ; birkenholz
sehr fademecht und aderig ist. a. weish. lustg. 451 ; fädemichte
blumcn. Lohesst. ;4rm. 2, 438.
FADEMEN, FÄDEMEN, welterauisch färreme, nnl. vademen,
oft auch fadmen, fädmen = fädeln, nüid. vedemen (wb. 3, 201").
1) einfädinen {sp. 169): ein nadel fädmen, lini caput per
foramen acus trajicere; dadurch der wall so helle geworden,
das man wol eine nadel dabei hatte ßdemen können. Micrälics
5,368; sie kann ihre nadel blindlings fädmen; wann ir die
1231
FÄDEMIG — FADEX
FADEN
1232
nadlen gcfadmet haben, so vergessen das nicht, das ir an
das ander cnd machen ein knöpf, oder ir stechen manchen
stich umhsunst. dan hat der faden kein ursach, das er usz
der nadlen wüschet. EuUnspiegel cap. 50 ; perlen fädmen, auf-
reihen, an eine schnür ziehen; zutceilert auch fadmen nere, spin-
nen, fädcn drehen, voc. 1482 hs', ü. filare, fr. filcr; den waid
fädmen, inil einem faden umziehen; aber wenn ihr von stuck
zu stuck gesehen hcttet das schön gcpräm, die fransen,
karsaminpasament {posament, fr. passement), segment, bendein,
geslepp, gebord, die slösz daran, und wie es alles gepleiget,
gefademet, durchstrickt und durchstickt war. Garg. 115*. He-
NiscH 968 schreibt fadmen, fidmen.
2) abfddmen: die höhnen fddcmcn, ihnen die fdden an beiden
seilen der schote abziehen, welterauisch bune färreme.
3) sich fädmen, in fdden absondern und außüscn, sich färreme.
FÄDEMIG, fädmig, was fadig,
FADEMLE, FÄDEMLEIN, n. 1) fddchen, fädelein: nicht ein
fädemle, neque hilum, nihilum, nihil, wonach die sp. ausspracite
hilo für filo schon uralt erscheint; ellich gelobten sich zu dem
heiligen schweisztuch gen Cammerich, aber es verbran drei
monat hernach so sauber, das nicht ein fademlin davon uber-
bleib. Garg. 200'; es hangt an einem füdcmle, de fdo pendcl.
2) fädemlein heiszt eins der sieben zeichen, daran die jäger
die fährte des hirsches erkennen, vgl. altd. wdld. 3, 145 ; dem
hirsch gehet mitten durch den fusz zwischen dem spalt ein
klein fademlin, welches an einem wild viel anders ist, denn
der faden ist zu grosz, darauf auch viel zu merken ist.
Feierabend jag und weidwerkbuch 36'; nun gehet dem hirsch
zwischen dem spalt damilten durch ein klein ausrecht als
ein fedemlcin, das mag kein binde thun, dann der faden ist
zu grosz. das zeichen heiszt fedemlin. Medrer 94' und ebenso
im auszug bei Sebiz 572.
3) fädemlein an den kräutern ist filamenlum, der faden, Staub-
faden, der träger; filamenta «nd /axcrn, zasern, fädchen : bringt
blümlein von färben braunroth, in der mitte haben sie gar
lange fädemlein. TAnERXAEMONT. 770.
4) fädemle, fringüla linaria, wofür viele namen vorkommen,
bluthänfling, rothhänfling, grasel, gräslein, zitrinchen, zise-
rinchen, schwederlein, leinling. leinling und linaria gehen auf
linum, ßachs zum spinnen oder auf leine, engl, line, faden,
schnür, fädemle, ein kleins vögele also genannt, scrinns.
Maaler 129*. Henisch 968, 7. serin ist kanarieniogel, bä Stieleii
verdruckt scrinus.
FADEMWCRMLEIN, n. (ilaria, ein eingcweideivurm, der sich
gleich fäden zieht: für die fadenwürmlein magstu auch brauchen
krausemünz. Feierabend falknerci 55'.
FADEN, m. filum, s. fadem, das n in faden verhält sich
tvie das von boden, busen und auch cidem wird zu eiden.
der pl. lautet heute fäden, doch hin und wieder faden, ahd.
fadumd, 2. b. bei Wieland 9, 241 oder in andern der folgenden
helegslcllen. feläerhaß setzt Butsciiky kanzl. 890 den nom. sg.
fade, schon Dasipodics 74' fade, 323' sogar fad, wie wir frei-
lich allgemein sagen rabe, wölke statt raben, wölken.
1) den faden drehen, spinnen, torquere, i}cre; ihn fein,
klein, rein, dünn, dicht, dick, grob, stark spinnen; den faden
lang ausziehen, netzen;
es ist kein Tadcn so fein gesponnen,
er kommt endlich an die sonnen;
dreht um die schnurrende spindc! den faden. Scuillrr 7S';
der faden hält, bricht, reiszt, wirrt sich, zumal vom faden
deg Icbens und Schicksals und oß bildlich:
weil die parzc deiner tage faden
seiden spinnet. Götter 1,84;
ach, den fadon meiner tage,
milde parze, reiüz ihn ab! 2,507;
und kaum beginnt der lenz von ihrem leben,
10 reiszt der morsche faden ab. Dcscu verm. werke 420;
das menschenleben mutz sein ziel erreichen,
sobald das rad die faden ganz bewahrt. Gmies ;4r. 35,10;
der faden seines Schicksals halte sich so sonderbar ver-
worren. GöTHE 19,68; wir hören von einer besondern cin-
richtung bei der englischen marine, sämtliche tauwerke der
kCniglicben Ootte, vom stärksten bis zum schwach<;lcD, sind
dergestalt gesponnen, dasz ein rolher faden durch das ganze
darcbgeht, den man nicht herauswinden kann ohne alles
aufzulösen, und woran auch die klcin'^len stücke kenntlich
sind, daiz sie der kröne gehören, ebenso zieht sich durch
Ottiliena tageburh ein faden der ncigiing und anhänglichkcit,
der alles Tcrbindet und das ganze bezeichnet. Gi'itmk 17,212 ;
manches eigene von innigerem bezug wird an dem rothen
faden wol zu erkennen sein. 17,238; ich spinne meinen
faden langmütig fort, an Jacobi 238 ; freilich sind diese fäden
nur dünn und lose, aber sie gehen doch durchs ganze stück,
und halten zusammen, was sonst auseinander fiele. 19,161;
ich werde vielmehr noch späterhin manchen faden aufneh
mcn und forlleiten, der sich unbemerkt durch die ersten
jähre schon hinzog. 24, 111;
der diclitung faden laszt sich heut nicht fassen. 4,123;
die sultanstocliler erschien demnach,
als eben von seiner geduld der letzte faden brach.
WiKLAjtD 5, 19 ;
denn was jegliche zunfl
hat gescliaft und gewonnen,
wird von des denkers Vernunft
in geistige faden gesponnen. Rückert 148;
da er alle fäden in seiner band hielt, konnte er die sache
weiter und bis zu ende verfolgen.
2) faden zum nähen, sticken, stricken, binden: der faden
will nicht in die nadel, den faden wichsen, knüpfen, schürzen,
doppelt nehmen, abschneiden, abbeiszen ; dem seidentuch
waren buchslaben mit goldncn faden eingestickt ; der wunde
finger wurde mit einem streifen tuch bewunden und ein
faden darum gebunden ; und als sie itzt gebar, that sich ein
band heraus, da nam die wchmutter und band einen roten
faden darumb und sprach 'der wird der erste heraus komen'.
1 Mos. 38, 28 ; darnach kam sein bruder heraus, der den roten
faden umb seine band halte. 38,30; und schlug das gold
und schneils zu faden, das mans künstlich wirken konte.
2 Mos. 29,3; und die stricke an seineu armen wurden zu
faden, die das fewr versenget hat. ric/i/. 15, 4; und er zureisz
sie von seinen armen wie einen faden. 16, 12. ein faden
wird um den bäum, um den garten, um den wald gezogen :
der wald soll also frei sein, dasz wann ein seidenfaden
darumb gezogen werc, dasz derselbig nit gekrenkt oder zer-
brochen werden soll, weisth. 2, 183. RA. 182. 183. auch die
ringe der hämische waren mit drahtfäden gcheflä oder gebunden :
sin iscn und sin ander dinc,
des bleip da weder vadem noch rinc. Trist. 239,30.
häufig bildlich, z. b. dieser, weisz ich, genieszt einer ausge-
breiteten bckanntschaft mit allem was in dieser weit durch
irgend einen edlen faden verbunden ist. Göthe 21, 214.
3) faden am gewebe, Hemd und kleid, oi//' spinnen folgt weben :
ahd. thie gotcs drülthe(?anS, thaj sint ihie scönun faduraä,
mit in ist io mit cbinu tliiu tunichä giwebiuu. 0. IV. 29, 13;
wanta sia span scöno karitas in fröno,
sie thie faduraä allö gab ioh sia s6lbo giwab. 29,34;
mhd. stn vadem dör was oben
kleine gespunnen, dicke geweben
und Cif den vadem geschorn
diu wolle lüter, üjerkorn. kröne 6843.
man sagt einen mantel so lange tragen bis sich inwendig
und auswendig alle faden daran zählen lassen, bis die faden
daran scheinen, bis er fadenscheinig wird;
prahlt mein rock gleich nicht mit kreuz und gold,
läszt er gleich die faden sclion erscheinen,
warst du darum nie mir minder hold.
SCUIIDT VON W. ' - ;
lumpen, an denen alle faden auseinander gegimgcn waren.
med. maulaffe 121. faden zupfen , ausziehen, charpie zupfen
(2,012); auf allen gebrauch gründen musz sich folgendes: du
hast mir mit deiner lieplichcn (x. /.) zuchl den faden aus
dem hemde gezogen. Steiniiöwei. decam. 567, 28 (tu m'hai
con la piaccvolezza tua tratto il lllo della camiscia. dec.
9, 6 ==* fatlo innamorar pazzamenic). als in l'arzivals mantel
die sclinur fehlt:
Cunnow&re sus goAior,
von blanker site ein snücrelin
sl zucte und zähe; im darin. Part. 306,20;
wfllch wip vcrscit im einen vaden?
giiot man ist gnotcr sidcn wPrt. Walthi« 44,9;
faden und bänder waren vielfache zeichen des einverstdndnis.<:es
oder auch der entsagung, nacMem sie gegeben oder hingeicrfrn
wurden, vgl. zu Wai.th. s. 170. in Wickrams Leufried rmpfdni/t
dieser einen goldfaden spottweise, mhnriilt-l xirh die haut auf der
brüst und heul ihn .vi'cA ein:
der fronen ticr
den fudril mir
ccKoben hat mit frcudrn,
domniit noch gold,
noch rflchiT sohl
null jo v(]|i im niirli »rlii'iilrn.
ilii r.fili'ii nii'iii
lollil bei mir nein '. <. 'iQ.
1233
FADEN
FADENBEISZ — FADENNACKEND 1234
es bleibt kein faden, kein trockner faden: kein faden war
übrig, jenes ne hüum. nihil {sp. 1231); ehe ich wolt einen
faden regen {das geringste thun) umb iren willen. Luther 5, 28"' ;
ich habe nicht einen faden von euren sachen. Frisch 1,237*;
ich hab der pesten wurfel drei,
die mir so getreulich beigestan,
das sie mir oft ein faden'am hals nit lan. ^a«(n. 373, 10 1=
das sie mir oft kein faden an lan. 791 ;
soll ich nacket gen kirchen gan?
nun hab ich nirn kein faden an. HiCPT 8,526,
kein hemd auf dem leib; er kam so in den regen, dasz kein
trockner faden an seinem ganzen leibe blieb ; behielt keinen
faden am hemde trocken, vgl. fadennacket, fadennasz.
4) faden als masz der tiefe, liüfie, länge, vgl. eile, klafter
«nd die Vorstellung des vmfassens, umklaßerns. eigentlich und
ursprünglich tcar faden so viel als ein mann mit ausgesireckten
armen umfangen kann: ein faden holz, nnl. een vadem hout,
ein häufe scheiter drei eilen lang und hoch, man sagt holz in
faden setzen, klaftern; der brunne ist zwölf faden tief; und
machet zwo eherne seulen, ein igliche achzehen eilen hoch
und ein faden Ton zwelf eilen war das masz umb igliche
seulen her. 1 kön. 7. 15 ; das schif geht sechs faden unter dem
Wasser, nnl. zes vademen diep ; die festung ist mit dritthalb
faden dicken mauren umbgeben. pers. reiseb. 1, 4 ; zudem mag
ein jeder verstendiger selbst bedenken, ob es wol möglich
sei, das der börnstein auf dem grund ein hundert faden
tief und oft höher treiben könne, da doch der ström am
sudanischen strande dreiszig oder rierzig faden unter sich des
Steines nicht gewaltig ist. Schütz beschr. der lande Preuszen 43.
das naulisclte Idngenmasz weicht vielfach ab, der englische fathom
hält sechs fusz, der französische fünf pieds du roi, der deutsche
zwischen fünf und sechsen. anderes mag anders gemessen worden
sein, nach Jägers 67m 510 durpen geschlechlerinnen schleier von
zwanzig, handwerksfrauen nur von zwölf faden tragen, sind
fächer, falten des Schleiers gemeint? bildlich, wenn diegeschöpfe
so viel in sich begreifen, dasz der faden des menschlichen
gemüthes zu kurz fallt, ihre geheimnisse zu ergründen, wer
will dann und kann die tiefe der gotlheit erforschen? Scriver
seelensch. 2, 899 ; traun, denen verliebten ist niemand klug
genug und dessen vemunft erfordert einen langen faden,
welcher dergleichen leule ergründen soll. pol. stockf 340.
5) zimmerleule, maurer, gärtner und andere handwerker ar-
beiten nach schnür und faden, müssen den faden einhallen,
dürfen ihn nicht verlieren, auch beim schattieren äner Silhouette:
strich vor strich! golt, wie ruhig musz man dazu sein, wie
kallblQlig! Wilhelm, gib ja acht, dasz du den faden nicht
um eine haarbreile verlierst. H. L. Wagner die reue nach der
thal s. 7. bildlich, den faden seiner rede, der Untersuchung ver-
lieren: ich glaubte einige gelassene augenblicke zu haben,
darum liesz ich sie rufen, sie sind nun da, nnd ich habe
meinen faden verloren. Göthe 19.86;
der dichtung faden läszt sich heut nicht fassen,
ich bitte mir die blätter weisz 2u lassen. 4, 123.
Kant 10,180 tlieilt eine unwahrscheinliche deutungmit: ein eng-
lischer advocat war gewohnt, beim plaidieren einen bindfaden
aus der lasche zu nehmen, den er unaufhörlich um den finger
auf und abwickelte, da dann, als sein gegenadvocat ihn heim-
lich aus der lasche practicierle, jener in Verlegenheit kam,
weswegen man sagte, er habe den faden seiner rede verloren.
6) nocA andere redensartcn.
a) es hängt an einem faden, dünnen, seidnen faden, schwebt
in gefahr des abreiszens: da hieng die römische ere an eim
kleinen vaden. MCglein 113';
wer land und leut durch unrecht drengt,
ob dem das schwert am faden hengt.
ScHWARZE^BERG bei Sponqenberg vom jagen. 32';
unser leben hängt, auch wenn wir frisch und gesund sind
und mit lust essen und trinken, an einem seidenen faden.
Scriver seelensch. 2, 443 ; mein leben würde so dünne als ein
seidener faden worden sein, wenn nicht gutherzige leule da-
zwischen getreten und meine Schutzengel geworden wären.
Felsenb. 2, 476 ; ich wusle gewis, dasz mein leben an einem
seidenen faden bienge. 2, 498.
b) zu faden schlagen gilt eigentlich vom Schneider, der zu
ndhen, vom weber, der zu weben anhebt, dann aber auch von
begonnener anderer arbeil: die nachbarsleut sein schon alle
80 zfaden gschlagen gwesen {standen so dicht gedrängt), daszs
gar kein schneidergsell besser künnen hält {enger Itdtte nähen
können). H. Jörgel. Wien 1833. 10,17; zfade ichlah, vorläufig
nieder ndhen. A. von RCtte 22;
ill.
sein text ihm (dem pfarrer) schon die adem reget,
drauf er sein werk zu faden schlaget (drauf logpredigt).
MöRiKE der alte thurmhahn ;
zu solchem ende gieng ich in eine kirche, weil ich mir sagen
lassen, die meinste buhlschaften würden in Italien an sol-
chen heiligen örtem gestiftet und zu faden geschlagen {an-
geknüpß). Simpl Springinsf cap. 19 ; kriegte ich eine geräu-
cherte bratwurst beim zipfel und schlug selbige auf abschlag
zu faden {begann sie zu bearbeiten, zu verzehren). Vogelnest
cap. 3; worauf wir sich lustig zusammensetzten, die capau-
nendorten {fasteten) sampt dem gebratenen und dem confect
zu faden schlugen, cap. 7; als welche über einmal 12 pf.
fleisch, 2 laib brot und ein viertel wein zu faden schlagen
(c<Tar6€»/en) können. Simpl. 3, 224. s. fadenschlag.
c) glaub mir, wenn ich so klar wie faden mit du- redte,
du bist mit mir in allem einig. Göthe an fr. v. St. l, 23.
als ob ein vaden reine
von siden wsre dar gezogen, tr. kr. 19928.
s. bindfaden, breisfaden, drahtfaden, eisenfaden, goldfaden,
nähfaden, pechfaden, schwefelfaden, seidenfaden, sUberfaden,
wachsfaden, zwirnfaden.
FADENBEISZ, m. filum mordens , fadenbeiszer, schelle auf
einen Schneider, wäre mhd. vadenb!;, vadenbi^e «nd gdtildet vte
buochbij, isenbi; «. a. m.
dis ailf Schneider und vadenpeij. Behax Wien 9, 27.
FADENBINS. m. juncus filiformis.
FADE.NBRECHEN, n. ruplio ßi:
Pallas will sich an dir (parte) rächen!
du mit deinem fadenbrechen
hast sie so entrüst gemacht. Rompler 93.
FADENBRüCH, m. ruplura, ruga telae, ein bruch im gewebe.
FADENBUND, n. glomus:
er kam von seiner bürg herab
und hatt das fadenbuoa. Herdes 8, 64.
FÄDENCHEN, n. wie fädemchen, fadchen.
FADENDÜNN, tenuis ul filum: ein fadendünner mensch,
ein überaus hagerer; fadendünne gerte, allzudünne.
FADENEISEN, n. den Strumpfwirkern schmale eiserne däbe
mit löchern am webersluhl. durch welche die fäden gehen.
FADENFLECHTE, f lichenis spedes.
FADENFLIEGE, /. scatopse, fliege mit fühlhOrnem wie faden.
FADEN FÖR.MIG, filiformis.
FADENFÜHRER, m. «ne gamweife, s. fadenleiter.
FADENGANG, m. positio fibrarum : den fadengang des holzes
beobachten. Campe kinderschr. 18, 87.
FADENGERADE, adv. filatim, recto filo, schnurgerade: ein
gewebe fadengerade, dem faden entlang durchschneiden; die
pferde laufen fadengerade.
FADENGEWÄCHS, n. herba filifomüs:
siehe, den spiegel (der quelle) verschleiern gebreitete faden-
gewächse. Röckmt ge$. ged. 2, 290.
FADENGLEICH, wie fadengerade.
FADENGOLD, n. filum aureum, goldfaden, ahd. fedelgold,
daj chit filo dünne gold. ^N. M. Cap. 70;
die schönste war geschmückt
mit einem leichten kleide
von rosenfarbner seide
mit fadengold durchstrickt. Böten il*.
FADENGRAS, n. gramen filiforme, filago.
FADENGROSZ.
FADENHALTER, m. Werkzeug zur Seidenweberei.
FADENHEBEL, m. litze, wodurch die weber den ketlenfaden
zielten.
F.\DENHOLZ, n. brtnnltolz nach faden gemessen.
FÄDENIG, was fädemig: feinfädenig, grobfadenig.
FADENKÄFER, m. alumus, wie fadenfliege.
FADENKNÄUEL, m. was fadenbund. in knäuel allein liegt
sdwn dasselbe.
FADENKRALT, n. ßago.
FADENKREBS, m. Cancer ßiformis.
FADENLEITER, m. am seidenhaspd, wie fadenführer, faden-
halter.
FADENNACKEND, FADENNACKET, plane nudus, spiüler-
nackend:
sieben die königin
fadennacket aus. Matte. Haiiir bist, rotengarlen.
Zwickau 1654 s. 267 ;
da sie auf ihrem bekenntnis verharrten, zog man sie faden-
nackend, sowol die mannes als weibsbilder aus und brannte
sie mit glühenden zungen. Scbiveb seelensch. 2, C94. vgl. fasen-
nacket.
78
1235
FADENNASZ — FÄDLEIN
FÄDMEN — FÄHEN
t236
FADENNASZ, uvidus: kann ich selten einen gang nach
der Stadt thun, ohne mit der adiichcn daine im Wakefield
fadennasz zu sein. Hamann 6, 25t.
FADENN.\rrER, f. coluber fUiformis.
FADF.N.NEÜ, plane novus, neu vom weber oder sdineider
kommend :
wie grallich in mim sunnti^Rvtand?
s chuiint fadenneu us scbniders hand. Hebel 235.
FADENNLDEL, f. in feine fäden geschniUne nudel.
FADENPILZ, m. boletus filiformU.
FADENRECHT, n. norma, richlschnur nach dem faden, im
16. 17 jh. oß sein fadenrecht thun, machen, treiben, seiner
weise folgen, nach seinem gesell leben:
mach dein Tadenrecbt für dich! Scheid grobian a3;
dann zwen umb ein ist fadenrecht. Brant 9G, 24;
ihr Tcrsteht mich wol, derhalben laszt mich in diser gugel
nur mein fadenrecht treiben, ich will bei dem groszen Schaf-
huser gott dir und deim gaul genug zusaufen. Garg. 240';
so er doch im kloster oder stift die huren und sein gut
warm nest beides bei einander gar wol haben mag und die
wähl Tollauf, und wenn ihm eine nicht gefällt, kan er ein
andere bekommen, wo er will, und sein fadenrecht, ja Un-
zucht treiben ohn alle straf. Jac. Heerbrand ketzcrkalzen 1589
s. 133; sie mögen all bitten, wenig aber werden geweret, ein
jeglicher thut das sein, also auch ich das mein, ein jeglicher
sein fadenrecht, ich das mein. Paracelsüs 2,470'. s. Frisch
1, 237' und die folgenden.
FADENRECHT, directus ad amussim, schnurgerade: Luthers
t/scAr. 102'; schnurgleich treffen und fadenrecht machen. 331* ;
es sein oves oder ova, so sihet mans ja vor äugen an den
schalen, so in der Schüssel ligen, was ich gessen habe, ihr
wolt alles fadenrecht haben. Melander jocoscria 2 n° 508.
FADENRICHTE, f amussis:
wand er die vadenrichte
vor dös in voller suchte
an jenen hielt und ouch an disen. pnss. K. 507,47;
dgr hielt die vadenrichte. 603,59.
FADENSCHEID, m. die kichteste art gold oder sübergespinst,
was gleichsam die faden scheidet, unterscheidet.
FADENSCHEIN, was die faden durchsclieinen Idszt: einer der
ein beschabens mentelin an hat, oder ein rock der faden-
schein ist, der mag eben als wol darin üppige eer suchen
als einer, der da ein iündisch nüwen rock oder mantel an-
tregt. Keisersberc brüsamlin 54*. vgl. faden 3.
FADENSCHEINIG, dasselbe: fadenscheiniger rock, abge-
griffen ; eine der fadenscheinigsten teuschungen, die offen liegt
und leicht zu durchschauen ist.
FADENSCHIMMEL, m. mucor embolus.
FADENSCHLAG, m. nennen Schneider das lose zusammen-
heßen der zugeschnittenen stücke, es wird nur ein faden lündurch
geschlagen, s. faden 6'.
FADENSICHTIG, wie fadenscheinig.
FADENSILBER, n. silberfaden: etliche pöllerl von ausge-
brenlem fadensilber. Abele 2, 254.
FADENSO.MMER, m. fila divae virginis, übersetzt Schlegel
das engl, gossamer in Romeo 2, 6 und Lear 4, 6. der gewöhn-
liche name ist Marienfaden, Mariengarn, Mettensommer, Met-
lenfaden, fliegender sommcr. mylhol. 744.
FADENSTEIN, m. inolUhus.
FADENWEIS, filatim: damit wirs fein fädenweis hernach
wieder abzupfen. Fr. .MIli er 3, 218.
FADENWIKRWARR, m. tricae: wenn gleichwol die erde
mitten unter dieser allmacht der zußlligkeilen um eine höhere
Bonne zieht, als wir sehen, so musz gewis viel Vorsehung
und viel gott in diesem fadenwirrwarr walten und schlichten.
J. P. dämm. 58.
FADENWL'RM m. filaria, ein fadenförmiger, glaUer wurm in
den eimiewriden. «
FADENZÄHLER, m, auf dem markt zu Ulm waren faden-
zibler angestellt, welche die bestimmte zahl der füdcn für
jeden hanpel und schneller überwachten. Schmid 173.
FÄDERN für frtdeln : o ihr liigmdreher, ihr habt es viel
zu knimh gemacht, das iiirs nicht habt födern können.
Nicm^tiifi pafisl. inquisition 102.
FADHEIT, f faiuitas, abgesdimarJUliril.
FADLEIN, n. für fädenlcin, wie fadchen für Hidenchcn :
wir fanicen tnftdlein
In mciienftdlein (inetrhenfailen, flienenden Bommer)
tut duftender au. MuLTaAnxin Schitlcn muienalm. 1706 (.43,
FÄDMEN, fädemen, fademen:
denn wenn irs allzu grob wolt spinnen,
werdt irs zuletst nit fcdmen können. Waldis 3,88. 179'.
FAGIEREN, vagari, hier als beispiel der frühe schon stattfin-
denden ausspräche des lat. oder roman. v durch unser f ange-
führt: darumb so soll der mensch allwegen etwas haben,
darzu er sich sol keren. wan er empfint, das er also fagieren
wil, so Sprech er zu im selber 'o landfarer, wa wilt du hin?'
Keisersb. narrensch. 134". so wird noch heule im elsdssisdien
idiom vous und votro zu fous, folre, wie uns allen Valentin,
Venus :« Falentin, Fenus, vogt zu fogt.
FAGOT, m. fascis, bündcl, fr, fagot: dieselben fagot oder
büscheln zu verbrennen. Reuchun augensp. 12'. fagot basz-
pfeife. Frisch 1, 237*.
FÄH, varius, bunt, s. feh, fech.
FÄHE, f für feile, mhd. vßhe, inimicilia: also das vil
{Juden) glauben, wa si gott noch heut einsetzet in das ge-
lobt land, si möchten es selbs ein jar nicht behalten, wa
gott gleich durch die finger sehe (sälie) und sein Tähe nit
anzöhe oder rechet. Frank weltb. 159"; die Juden kriegten
auch nit umb eine jede fähe, sonder allein von wegen ires
gesatzs. kriegsb. des fr. 173 ; o du mensch, wer bistu, der du
also eine ruth über dein eigen ars und ein urteil über dein
eigen köpf feilest, indem das du dein vater Adam verdam-
mest und nit gedenkest, das du mitten in im und seiner
vähc (strafe?) steckest? Seb. Brand bäum des wisscns 130'.
FÄHE, f. weidmännisch das weibchen der hunde, wülfe, füciise
und aller raublhiere. walirschänlich das altd. fohä. mhd. vohe,
golh. fauhö. da es dann unter den riiddcn, wo ihrer etliche
zu einer hitzigen fahe kommen, ohne ein gewalliges raufen
und würgen nicht abgeht. Heppe leiüiund 296. s. 366 iü es
eine füchsin.
FAHEGÜLDEN, m. fanggulden. Frisch 1, 237'.
FÄHEN, capere, golh. fahan faifah, ahd. fdhan fio fie, nüid.
vähen vie, alts. fdhan, ags. fön, engl, ganz erloschen, mnl. vaen,
nnl. vaan, fries. fän, altn. fa feck, schw. fä fick, ddn. faae fik.
der nasalfoi-m golh. also noch keine spur, es gilt weder faggan
noch ein subst. faggs. ahd. aber zeigt sich, neben dem praes.
fähan, zwar das pracl. fie, seilen pl. ficguii, gewöhnlich fiang
pl. fiangun, pari, gifangan. das mhd. vähcn, gekürzt vAn,
praet. vie und vienc, pl. nur viengen, pari, gevangen stellen
fast ebenso; nhd. beginnt fangen auch ins praes. vorzudringen,
obgleich fahen fortbesteht. Luther gibt dem praes. nocli überall
in der bibel fahen, nur Col. 2, 20 und 2 Macc. 12, 35 hat sich
fangen eingeschlichen, doch im praet. sg. das fie aufgehört, nur
fieng und fiengen sind üblich, heute klingen uns fahen, an-
fahcn, cmpfahen, umfallen edel und feierlich gegen die lierschcn-
dcn fangen, anfangen, empfangen, umfangen.
nicht anders erscheint neben ags. fön das praet. feng, fengon,
alts. neben fahan feng fengun, fries. neben fdn feng fengon,
n/. neben van vieng viengen. den nord. sprachen konnte der
nasallaut erst in den pl. praet. und das pari. ein.''rhreilen, praes.
und sg. praet. hielten sich frei daran, altn. fil feck fengo fenginn,
schw. fa fick fingo fdngen, ddn. faae fik {für sg. und pl.) faael.
in feck, fick, fik erscheint die len. härter als die golh. asp. in
faifah, welche im ahd. fio fie völlig abfiel, nur dasz im pl.
allerer denkmäler noch fiegun ausbricht, die gendseUm formen
ergeben sdmllich ng {strengahd. nk), auslautend und im anprall
an t tfird auch nhd. fahen zu fach und facht = \x\. ervdgl
man alle Verschiedenheiten, so folgt, dasz fallen die ältere gestall
des verbums war, fangen die jüngere.
beide steigen aber schon auf in urverwandten sprachen, sp. 1218,
bei Untersuchung der würzet von fach wurde zu fahan, ßhan
das skr. pax, am})lecli, cajKrc, gr. cxrjytTfu, jtinrjya, inäyTjv,
lat. pango pepigi, paciscor, paclus suni gestellt, pax, pacisci,
fahan sind nacJi der regel verscJtobcn uud g<Ah. alid. h neben
lat. len. für ch eingetreten, wie jener imp. vAch und das Sid)sl.
fach, ags. fäc bestätigen; audi im nord. feck, fick deutet ten.
auf ältere asp. zum nasallaut bekennen sich n^p-vfity pango,
compingo, hallen ilin aber vom jiraet. pepigi, compegi fein,
wahrend er umgedrelä bei uns wrzugsweise dem praet. zu thetl
wurde, ähnlichem verhalt begegiieti wir bei liahan, geben und
stehen neben hangen, gangen, standen, doch mit oß «6m»-
dtender entmicktung.
Das aUermerktcurdigstc wäre eine kaum mt fermmntnde nal-e
berührung zwuciten fahen. hehni und haben, vMienlal. paugere,
f allere und iiabere zur .':rile fleht, von haben -» habere ausfükr-
lirltrr zu reden musz auf dir» teort selbst vcrsparl bleiben, capere
1237
PAHEN
FÄHEN— FÄHIG
1238
ist aber ßrvilich unser heben, golh. ha^an, der bedeutung nach
unser fahen, irie sehr sich die begriffe des hebens und nehmens
verwandt liegen, denn der außebende nimmt und der nehmende faszt
oder fängt, beginn ist sowol anheben als an fang, durch diesen
einklang ihres gehalts tcird man auf die rermutung geleilet, dasz die
vürter selbst auch einer wurzcl angehüreti, was sich nur aus lautum-
stellung erklären liesze. cap ist umgeslelUes pac und fah umge-
stellles haf {vgl. pecus faihu, pectu und capillus, fahs sp. 1225).
alle einen solchen wandel vermittelnden Vorgänge müssen aber in
liefe Urzeit zurück verlegt werden, sie ermöglichten, dasz in äner
und derselben spräche beide erscheinungen n^eneinander festgehalten
wurden, lassen auch einzelne daraus hervorgegangne Störungen der
lautrerschiebung wol begreifen, die reduplicationen faifah, pepigi,
neTtrjya sehen wir auf gleicher linie, während die blosz ablau-
tenden cepi und böi eine ältere reduplicalion ahnen lassen, die
geschwunden ist. capere und ha^an würden hiernach einmal
dem pangere und fahan vorausgegangen sein, unserm fahen
wohnt der sinn von capere ein.
bedeutungen des heutigen fahens {lauter praesens formen),
1) menschen fahen: welche du mit deinem schwert und
bogen fehest, die schlahe. 2k0n. 6,22; er fehet die weisen
in irer listigkeit. Hiob 5, 13 ; noch fehet man in mit seinen
eigen äugen. 40, 19 ; ir seid ausgangen, mit schwerten und
mit Stangen, mich zu fahen (goth. greipan mit). Mallli. 26,55.
Marc. 14, 48 ; fürchte dich nicht, denn von nun an wirst du
menschen fahen {goth. fram himma nu manne siud nutans).
Luc. 5,10; noch kam es darzu, dasz es dem vatter kund
ward, der denn sobald verschuf den ritter in still zu fahen.
fcucArf. 1. 235, 3; sol)ald der könig sein hinwegscheiden würde
vememmen, würde er ihm eilends nachhangen und ihn unter-
stehen zu fahen. 257,1; dis ward der pOeger inne, schicket
hin sie zu fahen. Hewedergeb preusz. landt. 343; man fahe
die beiden andern und thue ihnen ebenso, riefen einige.
WlELA-ND 8, 178 ;
alle diese liebeswaffen leg ich an,
sie zu fahn. Götter 3, 5"i0;
du hast alle anstauen gemacht, die übrigen, welche bezeich-
net sind, zu fahen. Göthe 8.250;
Reineke fuchs sei schuldig des todes! so soll man ihn fahen,
soll ihn binden und hängen an seinem halse. 40,62;
zornig sagt es der könig und liesz im augenbllck beide
fahen, binden und schiieszen. 40, V2;
es ist des kaisers will und Ordonnanz,
den Friedland, lebend oder todt, zu fahen. Schiller 397*;
dasz mich der landvogt fahen liesz und binden. 540*;
er wollte nicht, dasz einer von dem bäszlichen
zwerg\-olke mich, das kiud des himmels fahe. Rückkrt 165;
fahen läszt er einen zwerg,
den er bettelnd auf dem markt erblickte. Plateti 325*.
2) wild fahen : so nim nu deinen zeug, kücher und bogen
und gehe aufs feid, und fahe mir ein wildbret. l.Vos. 27, 3;
und welcher mensch, der ein thier oder vogel fehet auf der
jaget, das man isset, der sol des selben blut vergieszen und
mit erden zuscharren. 3 Mos. 17,11; fahet uns die fuchse,
die kleinen fuchse, die die Weinberge verderben, hohelied
2,15; gottlose, die den leuten stellen und fallen zurichten
sie zu fahen, wie die vogeler thun mit kloben. Jer. 5,26;
ein falsch herz ist wie ein lockvogel auf dem kJoben und
laurel wie er dich fahen mOge. Sir. 11,31; abermal ist gleich
das himelreich einem netze, das ins meer geworfen ist, da-
mit man allerlei gattung fehet. Matlh. 13, 47 ;
den leuten fah das schädlich wild. Scuwarze:«berg 138,2;
die spinne, die sich in ein garn oder webe wirkt, dasz sie
damit die fliegen fahen möchte, buch d. l. 289, 3 ; man facht
sie {die ßsche) mit garnen. Foreb 1'; solche fisch facht man
im frühling. 58';
und dachte wie ein wild für leine küch er fahe.
LoGAD 2,64,57.
3) sich fahen lassen : der fuchs läszt sich nicht leicht
fahen ; wie das sacrament kompt, feilt, so ists gottes sacra-
ment und leszt sich fahen mit dem glauben. Lcttreb 1, 415\
4) ich wil an ewr küssen {ad pulvillos vestros), damit ir die
Seelen fahet und vertröstet und wil sie von ewren armen
wegreiszen und die seelen, so ir fahet und vertröstet, los
machen. Ez. 13, 20 ;
neige dich den letzten bauch zu saugen
und im fluge meinen geist zu fahn. Borger 100*.
5) die Stadt, bürg fahen, urbem, arcem capere, occupare,
einnehmen:
nun wird er fahn die weitgedebnte Stadt. Bökcxb 149^.
heute auch blosz nehmen, fr. prendre la ville.
6) ehmals sagte man eines band oder bände fahen, was heute
fassen, ergreifen, halten heiszt:
mhd. so wolder dar gäben
und ir die bende vähen,
da; si sich nien slüege mi. Iw. 1342;
als er vil gerne hin vür
ZUG ir wolte gäben
und ir die bende vähen. 14S2.
ebenso die füsze, wie noch
bisz das ich damit fach dein füsz. Schwixzkrbki6 123, t.
7) den ball fahen, jnlam excipere. in Fischarts spidaer-
zeiclmis unter 69 : nu fah den ball ehe er fall.
S) den harn fahen, urinam reddäam excipere:
deckt ihn zu gar warm
und laszt ihn fahen einen härm. H. Sachs II. 4, 7*.
9) ram fahen, sorde se vmculare:
wer sich an alte kessel reibt, der fahet gerne ram.
Hitdebrandstied ;
SO soll sich ire hohe kunst an den alten kessel reiben und
den rechten ram fahen. Lutheb 8, ö' ; ich meine, er solt
anlaufen und ram fahen. 8, 59*. Stieleb 1512 nimmt ram
fahen abstract für spe sua fallL
10) fahen, in se redpere, annäimen, aufnehmen: ist aber
das verbrunnene gut kupferig, so ist es desto besser, so
mustu ihm kupfer zusetzen, dann es wird der abgezogene
zeug scbmeidiger davon und fecht das blei das silber und
gold lieber in sich, als allein aus dem unartigen zin. Ebkeb
beschr. der erzt. 34'.
U) gedanken, lehre, Wahrheit fahen: nein, solche gedan-
ken fehet er nicht aus dem exempel. LtrrHER 5, 70'; das ein
mensch die zarte warheit fehet und preiset, br. 2,162; wer
meine lere mit rechtem herzen fehet. 2, 243.
12) was wir fahen, haben wir nit, und was wir nit fahen,
haben wir. MCglei.x röm. gesch. 135'.
13) stelU kein acc. dabei, so wird die bedeutung intransitiv,
z. b. der zunder fäht nicht, will den funken nicht aufnehmen;
die pflanze fäht nicht, will nicht wurzeln, beUeiben ; denn meine
rede fehet nicht unter euch, sermo meus non capit in vobis
{golh. vaurd mein ni gamöt in izvis). Joh. 8, 37 ; daher kompt
es, das auch gots wort nit bei ihr {der weit) fiihet. Frank
paradoxai'; ein jeder stem fähet nach seiner kraft und art
von der sonne. Jac. Böhmes Aurora, Stutig. 1825 s. 108; der
lebendige geist fähet in der süszen qualitäL s. 118. besonders
merke man fahen in der eigentlichen bedeutung des fahens, um-
fahens, ohne beigesetzten casus, der sich leicht hinzudenken läszt:
und ging nit für {ergieng nicht) eincher kus noch einch wort
umbsunst oder unvergolten, jetzt facht er, dann facht sie.
Wyle transl. 72,33. Wolfram hat den acc. dazu:
er bat die küneginne rieh
in küssen unde vähen zir. Part. 47, 1.
vgl. anfahen, befahen, empfahen, umfahen, hauptsächlich aber
fangen, dessen praeterita sclwn frühe zu fahen gehörten.
FÄHE.\, cribrare, s. fehen.
FAHER , ffl. captator, ahd. vähare, pressor. Gbatt 3, 410.
Stieleb 393 ; die edlen ergüsse der Zärtlichkeit leiden keinen
laurer und faher. Hippel 6, 226.
FAHEZAHN, m. denspraedamexcipiens, fangzahn: die marder
gewohnen leichtlich bei den menschen, doch sind sie heim-
tückisch, darum ihnen von etlichen die scharfen fahezähne
ausgebrochen werden. Hohbebg 2, 638*.
FÄHIG, capax, habilis, also auf capere vie habere weisend;
weder ahd. fähic (nur widervdhig), noch mhd. vaehic aufzu-
zeigen, während ahd. fengic, mhd. vengic vorkommen, nhd. aber
haben Dastpod. 25*. 325' fehig, Frisics 187'. Maaler 129' fähig,
bei Ldtbeb erscheint es nicht, hingegen bei Zwingu, Fba.nk und
andern, später mehd sich sein gebrauch.
1) was gefangen werden kann, fan^ar : nimt ers nit in dem
selben ougenblick, vergat es, als die fischer und vogler ge-
wont sind, denn die fisch und vögel haben ihr gewisse zit
und sind nit alle zit fähig. Zwingli 1, 10.
2) was fassen, enthalten kann: Speusippus hat erfunden
breiter zu schneiden und aus dünnen hölzern fähige fasz
lernen machen. Fbakk (Aron. 96*; der becher ist eines nösels
fähig, calix sextarii capax. Sheleb 393.
3) fähig zu haben, zu erwerben, mit gen. der sacke: item
wann jemand beklagt würde von sachen wegen, so er der
überwunden sein leib und gut verwürkt hell und aus forcht
78*
1239
FÄHIG — FAHL
FAHL — FAHLGESCHÜRZT
1240
solcher verschuldter straf sich selbs ertödt, des erben sollen
in disem fall seins guts nit vehig oder empfengklich (bono-
rum neutiquam capaces. Gobler), sonder solch erb und guter
der oberkeit heitngefallen sein. Carolina 135; einsi freund-
scbaft fähig oder beging, capax amicUiae. Maaler 129'; sie
{die fürstinnen) könten beide des herzog Fricdebalds nicht
fähig werden. Lohenst. Arm. 1,160; Livia, welche von dem
abschied nehmenden Tiberius noch aufs flehentlichste ersucht
worden war, ihn Thusneldens durch alle euszerste mittel
fähig zu machen (m Th. besilz zu setzen). 1,1256; die ehre
in des herrn freundschaft zu gelangen ist mir so lieb, dasz
ich nimmermehr glückseliger als disesmal, da ich derselben
fehig worden, mich ermesse. Botschky kanzi 39.
4) fähig etwas zu thun, aufzunehmen, zu empfinden, gleich-
falls mit gen.: das man sein gemüte erkennen sol, wenn es
einer oder der andern sache am fähigsten. Butscbky Palm.
940; hiezu kam noch die Jugend des tyrannen, welche seine
noch nicht verhärtete seele neuer eindrücke föhig machte.
VViELAND 2,277; unglücklicher weise war das volk so vieler
mäszigung nicht fähig. 2, 2S5; aber meinen freund Ogul soll
er ungehudelt lassen, wenn anders ein philosoph eines guten
rathes fähig ist. 6, 59 ;
Seelen, lahig edler triebe. Gotier 1,74;
hab mir alle die vorwürfe, die sie mir machen können, schon
selbst gemacht, aliein wessen ist eine unglückliche liebe
nicht fähig? H. L. Wagner reue nach der Ihat s. 92; die poe-
üsche seele ist im junius der jugcnd einer wonne fähig, von
der nur sie ahnung hat und die nur sie erlangen kann. J. P.
papierdr. 2, 225 ; er lebte nur vor sich hin, er schien keine
tträne mehr zu haben, keines Schmerzes weiter fähig zu
sein. GöTHE 17, 412. doch setzt er auch (nach sp. 1133. 34) den
acc. : wenn ihr das fähig wärt, ich müste vergehn. 8, 130.
42,386; du kennest nicht was eine liebende getreue gattin
fähig ist. Wieland 26,18; o lernet erst das, was ihr fähig
seid, genieszen. 32,176; s<aW dessen, wessen, man wolle denn
eine ellipse von 'zu thun' annehmen, für 'er ist es (ejus) fähig'
redd das fr. il en est capable. zuweilen Idszt sich der gen. in
ein passivum außösen: solche augenblicke sind keiner be-
schreibung fähig. Wieland 2, 77 ; das buch ist keines auszugs
fähig = beschrieben, ausgezogen zu werden, den inf. mit zu
belegen folgende stellen : ich bin ihn itzt zu sprechen ganz und
gar nicht fähig. Lessing 2, 295 ;
lehr ein mittel
mich erdenken,
das den ranken
des verwegnen
lu begegnen
rahig sei ! Gotter 3, 521 ;
das wir also nicht das all von neuem nur anzuschauen fähig
sind. J. P. papierdrache 2, 193. es kann aber auch zu »mV einem
nomen oder pronomen folgen: er ist wol dazu fähig, dazu ge-
schickt; ich kenne meinen söhn zu genau, als dasz ich ihn
zu kahlen entschuldigungen fähig halten sollte. Rretscumans
fom. Eichenkron 25.
5) fähig, habilis, facilis, aplus, ohne davon abhängigen casus:
frOmbkeit rieht es allein nicht aus, saget er, er musz auch
geschwind und fehig {schnell fassend) sein und sich in die
weit und ire hendel zu schicken wissen. Matbesiüs 151* ; auch
schien dieses versehn dem vater sehr willkommen zu sein,
der das grosze vergnügen, sein söhnchen so fähig (begabt) zu
sehen, wolbedächtig nicht an den tag gab. Güthe 18,26; er
ist einer der fähigsten köpfe im ganzen land; unser fähigster
Schüler, t. baufähig, hoffähig, unfähig.
FÄHIGKEIT, /■. nicht capacilas nach fähig 1. 2, sondern facultas:
das thier bat nicht die fähigkeit zu sprechen ; leser von der
eingeschränktesten fähigkeit; fähigkeit zu allem guten; wir
aber nehmen uns die freiheit zu behaupten, eine jede dieser
kleinen erböhungen sei von der natur mit fähigkeit begabt
eine schale zu bilden. GOtbe 55,328.
FAHL [fal], pallidus, flatus, subflavus, gilvu», gelbgrau, ahd.
fälo gen. falawes, mhd. val, valwes, nhd. fahl, falb, mni vael,
valuw, nnl. vaal, ag$. fealo fealevcs, engl, fallow, alln. fölr, fr.
fauve, tkr. palita, gr. ntXXöt, naXiöe, noXtöt, lat. pullus, liU.
palvaa, bohm. plavy, poln. plowy. pallidus gleicht dem palila,
dai unvenehobne flaviis hat ganz den auslaut der deutschen, lit.
$L formen, enlipnchl aber unierm blau, alid. pl.1, pl.'iwes (2,81),
wk neh auch die bedeutungm ftavun und lividus berühren. plA
wind» ton bliggran, lividni von fligere geleitet, u'O wir v ^
gv, g erfermieii. iwij«r b in falb gitng hervor aus falw wie in
färb, herb, gelb u. a. m., die schlechte Schreibung fahl ist wie in
kahl, mahl; fahl und falb sind dasselbe wort.
fahl gilt vornemlich von bart und haar, dann von pferden,
aber auch von metall, getraide und andern dingen ähnlicher färbe.
1) etliche schwarze, kesselbraune oder fahle oder gelblicbte
kupfer. Mathesiüs 74'; zohe ein fahles kleid an. Felsenb.2,m.
2) streiften ihm den groszen fahlen bart abe, banden ihn
dem tatterischen heubtman an den spiesz. Waisselics chronica
aller preusz. hislorien. Königsb. 1599 s. 134.
3) und ich sähe ein falb (al. falb) pferd (Ittttos x^ojqÖs,
vulg. equus pallidus) und der drauf sasz, des name hiesz
tod und die helle folget im nach, offenb. 6,8;
und wenn wir ains mer auf ainem valben pfert finden.
fasln. 321,5;
ich hab dich oA gefunden
auf einem falhen pferd. Ambr. Ib. 70,43;
under disen reden kam ein bot auf eim falhen pferd. Aitnon b 3' ;
ob ich sie find über der karten
und auf dem faalen pferd ertap. Ueimr. Jul. t. Br. 564;
ob er sie auf eim fahlen pferd
unversehens eins finden werd. 607;
zeuch, fahler, zeuch !
balde wollen wir Tylli dreschen! wunder/». 2,93,
anderwärts,
zeuch, fohle, zeuch,
morgen wolln wir habern dreschen;
ist dieses pferd graw oder fahl? Weckherlü» 528;
das schulrecht mach ich hier gemach
dem tod auf seiner fahlen nacn. Czepko bei Grypkius 2,35;
wer einmal auf einem fahlen pferde ertappet wird, dem glaubt
man nicht leichte mehr. Butschky Polm. 612; will nicht hoffen,
dasz mich jemand auf dem fahlen pferde wird angetroffen
haben. Weise com. probe 7; dabei er denn wol schwerlich
gedacht hat, dasz ein musicus ihn so oft auf einem fahlen
pferde finden sollte. Jon. Mattheson der neue ephorus 1727
s. 49 ; und schlich so lange nach der frau, bis er auf dem
fahlen pferde attrapieret wurde. Felsenb. 3, 415 ; da er sich
aber hier auf dem fahlen pferde finden läszt, wie kann man
ihm im übrigen trauen? Lessing 3, 2S1; hier war der ort,
wo sich Slilling in ansehung der versöhnungslehrc zuerst auf
dem fahlen pferd erwischte. Stillinc 5,24; jemanden auf
dem fahlen pferde treffen. Hermes Sopli. rase 6, 306. Stieler
425 crÄ/ar( er reitet ein fahl pferd durch mentitur, falsus est
und gibt auch: man hat ihn auf einer fahlen ziege ertappt,
tri falsa et mendaäis deprchensus est. das ist aber zu eng und
finden, treffen, ertappen, erwischen auf dem f. pf. musz über-
haupt meinen einen auf einer unthat, auf einem irthum betreten.
4) fahl, bleich, abgeblaszt, welk, mhd.
mitd. beide und an^er und diu tal,
diu hat der winter aber val
gemachet und die ouwen. MS. 1,11^
nhd. so fahl, so scbahl, so kahl gebts aus.
Fiofchm. am sclilusx;
und wie kahl und fahl ist ihr feuer, ihre pbantasie. J. P.
TU. 2, 3 ; mich macht verdrüsziich, dasz der mensch alle
tage seines lebens leichter überlebt, als (den letzten ausge-
nommen) den ersten, und dasz ebenso unser realblatt zu
kahl und fahl aufzieht, anh. zu Tit. 1,6; ein solcher, dessen
fahles herz nichts weisz von der bruderuniläl befreundeter
lierzen. Ucsp. 1,12(48);
euer fahles wcscn, schwankende rositur,
euer tripplen und krablcn und srnneuiernnlur.
GöTHE 57, 262;
welch ein gesiebt so fahl und grimmig kalt,
wie hat sein blick so schrecklich mir gestraltl
Lenau Faust 19;
wenn du hinaus auf die fehler gehst,
im grOiif^n drausien als fnihling stehst,
so ist bipr hcrb.it in der todien Stadt.
meine wiin(,'o, die fahle flur
hat geronnene Ihrdnen nur.
und mein herz ist ein welkei blatt. Röceert .Vi6.
FAHLXUGIG, pallidis oculis: der faläugigen wegmcisterin
und braunmctzen fraw Mona (Luna). Fiscbart grosim. 03.
FAHLERZ, n. niinero argenti grisea.
FAHLGELB, fulvus, luridus, schmiäxiggM mit grauem lehem,
was alles schon im einfachen fahl liegt.
KAIILGESCHÜRZT. p'-' ' "^ "
wenn au« den ^cn wölken
hogel auf thuin ..< itüriel.
Vitit m Letpt. alm. 1779 «.340.
1241
FAHLLEDER— FABNE
FAHNE — FAHNENLEHEN
1242
FAHLLEDER, n. auch schmalleder, den gerbein das zum
Oberleder der schuhe benutzte wachere, schmeidigere, ungeschtcdrste,
vou der blassen erdfarbe, die es beim schwellen (auftreiben) be-
kommt. Bbosesids lechnol. 1, 64.
FAHLROTH, schmutsi^laszroth.
FAHLSTEIN, m. grauer schiefer.
FAHM. spuma, s. faum.
FAHMEN. 5. fäumen.
FÄHNCHEN, n. 1) partum vexiUum.
2) äne kleine schar krieger.
3) restis minuta: in einem leichten, gestreiften, seidenen
fähnchen sah die kleine, niedliche figur einer putzmacherin
ähnlicb. Göthe 2S, 37.
FÄHNCHENFCHRER, m. der pastor, der kreuzzüge thun
inuste und in gewisser art fähnchenführer war. Hippel 1,105.
FÄHNDEL, n. die kleinere reuterfahne, Standarte, elendard,
auch fahnentcache :
und ist es dann, wenn das beer halb ins gefild strömt,
nur unschuldig? nicht auch, wenn bäche
rinnen, das ßhndel nicht droht? Klopstoce 2,74.
vgl. reiscgespräche Friedrichs des gr. 1779 5. 54.
FAHNDELN, vexillum evolvere, die fahne wehen, flauem lassen.
Staldeb 1,350.
FÄHNDELSTANGE, f. fahnenstange bei der cavallerie.
FAHNDEN, rimari, tentare, explorare, schlechte Schreibung für
fanden, fanten, ahd. fanton (Geaff 3, 539), alts. fandön, ags.
fandian, uns nur übrig in der gerichissprache : auf einen ent-
wichenen missethäter fahnden, ihm nachstellen, um seiner wieder
habhaft zu werden; es ist gleich auf den mörder gefahndet
worden ; laszt uns alle auf Reineke fahnden ! Schhid 176.
wol verwandt mit finden, suchen.
FAHNDER, m. vejHUifer, s. fähner.
FÄHNDRICH, m. dasselbe, nnl. vaandrig. s. fahnrich:
Ticnhalb tausend wurden gefangen,
darzu auch etlich fendrich gut. Soltad 41'-
FAHNE [fane], /. vexillum, ahd. fano m., mhd. van m., nnl.
Taan f, ags. fana m., engl, erloschen, doch im fr. fanon, das
aus fano stammt, wieder aufgenommen, im 16 jh. findet sicA
nicht selten geschrieben fanne, fann und das männliche geschlecht
festgehalten, das isl. fäna f. erst in späterer zeit aus dem schw.
fana, dän. fane, und diese unserm deutschen wort entlehnt, das
uralte goth. fana m. hat die allgemeinere bedeutung des lat. pannus,
luch, gewebe, gr. Tiiivos, welchen es sichtbar verwandt ist. ein
vorschlagendes s zugestanden, lassen sich spannen und spinnen
für die wurzel vergleichen.
1) dieser zum gründe liegende sinn eines tuches tritt auch in
den ahd. Zusammensetzungen ongafano, halsfano, hantfano,
sumarfano, sweijfano, tiscfano u. a. m. deutlich an den tag,
wie man noch heute in Baiem und Ostreich fahn ßr hatstuch,
Schleier, Schnupftuch, schürze und andere thdle der weiblichen
kleidung, wenigstens scherzweise oder verächtlich gebraucht, auch
in Sachsen, Thüringen, Hessen und den meisten übrigen gegenden.
vgl. fähnchen 3. fahnenstaat bezeichnet einen kleiderstaat, der
zwar in die äugen fällt, aber keinen werth hat. Schmeller 1, 533.
einem Schneider erschien im träum der teufel mit schere und
fahn, den er ihm um den köpf schwang, so oft nun der
meister beim zuschneiden einen läppen auf die seile warf,
zupfte ihn sein lehrjung und rief 'meister, gedenkt an den
fahnenl' Fuchsmundi 37S. bei Ulfilas ist fana geradezu läppe.
2) Streitfahne, kriegsfahne, ahd. gundfano, woher fr. gon-
fanon, it. gonfalone. es heiszt die fahne tragen, aufrollen, auf-
slecken, aufwerfen, entfalten, falten, heben, senken, schwingen,
schwenken, fliegen, wehen lassen, zur fahne schwören, der
fahne folgen, treu bleiben, bei der fahne halten, seine fahne
verlassen ;
braucht er das kreui zu einem fahnen. 0. Sachs IV. 1,117*;
zwar er hats erfam, das er am fannen gefürt, das der low
vom stammen Juda gesigt. Nascs nasenesel 72'; mit einem
weiszen ausgestecklen fahnen. Kircubof disc. mit. 36;
und führt sie fein in voller fahn
zu aller tugend mehlich an. Ri:«gw*ld /. trar/i. 222;
in voller aufgerichter fahn
dem feind entgegenrücken. 381 ;
den obersten gehorchen müst
und euch von ihnen in der fahn (kriegerschar)
regieren lahn. 2%;
das wir als treue unterthan
festhalten bei der rothen fahn. crang. N6*;
die deutsche pocsie, zu welcher ich, nach meinem armen
vermögen allbereit die fahne aufgesteckt. Orrrz poeterei s. 13 ;
die ernste gravität läsit seine fahne fliegen. Flmuss 140;
wird nun der fan geschwungen. Rompler 151;
gab mir mein oberster gleich im andern jähre den besten
nnterofficiersplatz nebst der hofnung dasz mir mit ehesten
eine fahne in die band gegeben werden solle. Felsenb. l,3ö% ;
für mich wäre ich gai- nicht abgeneigt auch zu deiner fahne
zu schwören (bildlich). Göthe 22,46;
zum frohen zug die fahnen sich entfalten. Scbilub 336*;
doch meine fahne seh ich nicht, wo ist sie?
nicht ohne meine fahne darf ich kommen. 4S6';
so ganz geblendet wart ihr, so bethört,
dasz ihr euch schartet unter Ostreichs fahne.
Uhlakds Ludwig 14S;
und wider mich des aufruhrs fahne schwang, dessen Ernst 12;
hab ihm die fahne mit verdrusz geschwenkt. 95;
umflort ist ihr panier, die schärpen schwarz,
das ist Warin, der Schwabens fahne trägt. 95;
wie die tugend einen ganz rühmlichen abzuf aus dieser weib-
lichen festung mit klingendem spiel, fliegender fahne, bren-
nender lunte hält. J. P. pap. drache 1, 232.
3) die fahne weht auf der erstiegnen mauer, auf dem thurm
der bürg, auf dem dach des bauses ; Amor schüttelte seine
flügel, floh und stellte sich auf die knarrende fahne des
kirchthurms. ThCmsel Wühelmine 126;
am himmel ist geschäftige bewegung,
des thurmes fahne jagt der wind. Schiller 399*;
an alter fanna aifn doch,
dan soll der wind göih, wöi er mog,
er droht si niet, knarzt in der häib,
dasz an der kupf in bett thout weih. Grcbel 2,120.
4) fahne ist, wie ßhnlein, auch benennung des kriegshaufens,
der sich um sie sammelt und der auf sie schaut: es wurden
alsbald zwölf fahnen volk aus den schifl"en ans land gesetzt.
Oleaeics Orient, insuln s. 152; hauptmann über eine fahne,
über eine compagnie.
5) bair. auch der fan, fanen, landfanen, verächtlich von einer
im land herumschwdrmenden Weibsperson, soldalenhure.
6) fahne, die niederhangende haut, der läppe am hals des
rindriehs, Iriel, halswamme, halswampe, in Baiern der fan.
7) fahne, weidmännisch, der schwänz des eichhorns.
8) fahne, ein kleines netz an der dange zum lerchenfang.
9) das oberste blatt der schmelterlingäilumen, vexillum.
10) an der feder, der zu beiden seilen mit fasen besetzte Iheil
des kiels: diese feder hat eine schöne, breite fahne; die
fahnen der schreibfeder abstreifen, hierbei ist das lat. pcnna
fielen pannus zu erwägen und it. pennone dazu.
U) Schenkwirte kreideten sonst mit stricfien an, die man fahnen
hiesz. eine fahne hier, eine zeche.
12) den buchdruckern heiszt der abzug von einzelnen seilen eines
bogens eine fahne. auch das nachweisungszeichen im manuscript.
13) er hat eine fahne, Schweiz, es föhnli, ist angestochen,
hat einen spitz.
s. dachfahne, goldfahne, hauptfahne, hausfahne, hoffahne,
kriegsfahne, leibfahne, Streitfahne, sturmfahne, thurmfahne,
trauerfahne, Wetterfahne, Windfahne.
FAHNENBILD, «. auf dem oherplatz kam der patriarch
mit seiner clerisei, bei 400 popen, in priesterlichem schmucke
mit sehr vielen fahnenbildem. pers. reisebeschr. 1, 8.
FAHNE.NFETZEN, panniculi vexillorum, läppen zerschossener,
vervilteter fahnen:
auch flattern fahnenfetzen bei Standarten,
die frischer lüftchen ungeduldig harrten. Götu 41,274.
FAHNENFLÜCHTIG, signa deserens, von seiner fahne weichend.
FAHNENFLCCHTLING, m. desertor signorum.
FAHNENFUHRER, m. signifer, vexillifer.
FAHNENFUTTER, n. involucrum vexilli.
FAHNENGELD, n. eine abgäbe bei belehnungen.
FAHNENHABER, m. arena sativa, mit breiter, schwebender
ähre. vgl. fahne 10. fähnlein 3.
FAHNENJUNKER, m. subsignifer, ein dem fähnrieh beigeord-
neter fahnenträger.
FAHNENJÜNKERIN, f das mü dem schnupftuch wedelnde
mädchen. J. P. uns. löge 3, 138 (erste ausg. von 1793. 2, 390).
FAHNENLEHEN, n. feudum vexillare:
und darum haben wir den heutgen tag,
als einen freudenreichen, auserkiesi,
dem fursten das verwirkte fnhnculehn
des herzogibums von Schwaben neuerdings
vor ofner reichsversammlung zu verleihn. Ublard Entsi t. 30.
1243
FAHNENMARSCH — FÄHNRICH
FAHR
1244
FAHNENMARSCH, m. classicum vexillarium, beim holen und
zurückbringen der fahne gespielt.
FAHNENMUSTERÜNG, /■. luslratio vexillorum: verwunderten
sie sich, wie ich zu diesem komme, dasz ich nach jeder
fahnenmusternng die fahnen in ring führet und dem tähn-
drich überantwortet. Scuweimches 1, 170.
FAHNE.NSCHMID, m. faber ferrarius apud equUes, hufschmid
bei einer schwadron reUer:
das alte iied, das alle lied
von dem TersoTnen fahnenschmied,
und wer das alte lied nicht kann,
der fang es nur von vorne an.
ttfid SO fort von rorne immer wiederholt.
FAHNENSCHUH, m. lederscheide, in welche der faknenstock
beim tragen geschoben wird.
FAHNENSCHWENKER, m.
FAHNENSCHWENKLNG, /". vibratio vexiUi: probeschüsse
im befehlen, fahnenschwenkungen des commandoslabs. J. P.
biogr. bei. 1, 146 ; fahnenschwenkungen des zepters. leufelsp. 1, 136.
FAHNENSCHWINGEN, n. exercitium rcxillum variis inodis
torqiiendi.
FAHNENSTANGE, /". pertica vexiUi.
FAHNENSTOCK, m. dasselbe.
FAHNENTRÄGER, m. vexiilifer. Serranüs syn. 64':
und schnell dem fabnenträger aus der band
risz sie die fahn, und vor dem znge her
mit kühnem anstand schritt die mächtige. Scbillkr 4ä7^
ältere schreiben fantrager, panirfurer. voc. 1482 h5'.
FAHNENTUCH, n. vexillum, pleonastisch, da in fahne die
Vorstellung tuch enlhallen ist:
kennst du die stimmen nicht in deinem obre?
mit deinem äuge nicht die fahnentücber? Rdckekt.
FAHNENWACHE, f excubiae vexillares.
FAHNEN WEHIE, /. vexillorum consccratio: nun wird hoch-
anit gehallen, hierauf fahnenweihe. Dahlmann fr. rev. 335.
FAHNENWEISE, turmalim, scharenweise, s. rähnleinweise.
FAHNFÜHRER, m. was fahnenführer, signifer: als sie ihre
fahnfiihrer bei und um den landmeister und bei den brü-
dern sahen. Scnürz beschr. pr. lande 49 ; Tacitus, welcher ge-
rühmel wird ein fürst und fahnführer aller gescliichtschreiber.
Bdtscdky Palm. 421.
FAHNJU.NKER, m. was fahnenjunker.
FAHNLEHEN, n. was fahnenlehen.
FAHNLEIN, n. l)vexillum: also werden sie auch das fenlin
nicht auf dem mastbaum ausstecken. Es. 33,23; mit unver-
zagtem herzen bei euch stet und fest halten, weil (solange)
das fenlin fleugt und ein stuck an der Stangen ist. Reuter
kriegsordn. 27 ;
0 schirmann,
lasz du das Tänlcin nimme drehn,
lasz du das schillein untergebn. Uhlamd 267;
und auch daselbs ir fenlin han
frei (liegen lassen. Gödekes Gencenbach «.399;
vierzehen fenlein sach man fliegen. Soltau 413;
die fendlein sach man fliegen. 416;
ja wir sehen die fähnlein schweben. Atrer 434';
sei kein balger, aber wan man die fähnlein fliegen läszt,
dann so sei keck und fleuch nit. PiiilaiVd. 1,633. er läszt
das fähnlein fliegen, homo liberaiis et dissolulus.
2) fähnlein reiter, lurma equilum: den hauptleuten folgen
mit halbem oder ganzem fenlein. Revteh kriegsordn. t9 ; lagen
etliche fendlein knecht ein Zeitlang zu Wirzburg. KiRcoHor
»endunm. 206'. auch von aufrührisclier rolle: das sich etwa
ein fahnlin aufwerfe, auch rotte sich ein häufe zusammen.
LuTBER ed. Irmischer 2, 4.
3) fähnlein an den röhren in den weiern, fliegenwedel und
kehrwisch daraus zu machen, dmpl. calender 168, s, fahne 10
und fahnenhaber.
FÄHNLEINWACHE, f. top solchen piquets und den fähn-
leinwachen werden sogleich redans {eine art schanzwerk), so-
bald in ein lager eingerückt wird, aufgeworfen, oeuvres de
Frid. le gr. 30,95; die fähnricbe und cornets thun ordon-
nances und fähnleinwache. 97.
FAHNLEINWEISE, lurmaUm : fühnleinweise zogen sie hinab
nach den Wohnungen des orcus. Sturz 1, 212.
FÄHNRICH, m. vexiilifer: leutcnampl, fenrich, furiercr.
KiacBHor diu. mü. &3; der dollc fübnricb. S'im;>/. if. 198. 248;
treuer fihnrich du ! Ublandi ErnU 134.
tmfachtr ahd. faoari {golk. fanareis?), gundfanari, ü. gonfa-
loaiere, mhd. veore.
FAHR [far], m. unus e majoribus, qui ante nos vixeruiü, ahd.
faro, mhd. var, gewöhnlich forafaro oder auch foralido (von
lidan, goth. Iei|)an ire), mhd. vonar, pl. vorvarn Serv. 222.
2950. w. gast 3S75. 4282. 7597. Flore 1564. nlid. vorfahr, pl.
vorfahren: auch bekennen wir oben genante gemein, das
diese Weisung unser eitern und fahren auf uns bracht und
so gehalten haben, weisth. 3, 500. Faro ein bekannter eigcn-
name (Förstemann 1,399).
FAHR [far], f res mobilis, fahrende habe: wird keiner dar-
auf gesetzten strafe von verlust der fahr und habe gewahr,
sieht keine stäupe über seinem haupte schweben, kein ge-
fängnis die pforte für ihn öfnen. Bodes Trislr. Shandy 2, 125.
vermutlich in der gerichlsprache noch öfter und voll geschrieben
'fahre', 'dat is faar un have' im brem. wb. 2, 606 falsch erklärt.
FAHR tfar], n. porlus, Tiood'ftoe, Irajeclus, der ort am meer
oder slrom, wo man an und ausfdlirt, überfährt, aiid. far, mhd.
var, nnl. veer; die nahe Verwandtschaft der lat. und gr. Wörter
nicht zu verkennen, sie fügen nur eine lingualableitung hinzu, wie
umgedreht unser fahrt, «7cr thut, ttoqos gegenüber:
thaj sie ouh giwar wärin,
ioh ubar ttiaj far fuarin. 0. HL 8,8;
mhd. si sticken an und vuoren dan
so lise, daj £s Tristan
noch Kurvenal nie wart gcwar,
unz si si haelen von dem var
wol eine gröje mile bräht. Tiist, 59,32;
und kam schiere an den val,
da daj tiefe wajjer vlöj,
Dil sach er daj var blöj
an allerhaude übervart. kröne 12921 ;
als sie nü körnen an daj var,
dö was ein schif da ungereit. Flore 3512;
nhd. fahr, Irajeclus Dasypodius 323', faar Maaleb 128'; und
wie er gen Windisch an das faar komt. Tschudi 1,241; von
der statt Tanagra ist ein fahr (Irajeclus) über meer in die
insel Euboea. Livius bei Rihel 520. das wort ist selten und
heule fast ungebräuchlich, Stald. 1,350 hat es noch für die
Schweiz, Schm. 1, 547 nicht mehr das einfache, nur die Zusam-
mensetzung urfar. beide schräbungen faar und fahr taugen nichts,
da dem wort ursprünglich kurzer rocal gebührt und es sich nun
mit fahr periculum vermiscld, dessen a lang ist.
FAHR, f. insidiae, dolus, periculum, wofür sich nadi ffrja,
insidialor, ein goth. f'era vermuten läszt, das sich gleichwol von
f^ra, latus, ripa == ahd. fiara unterschieden haben musz. jenem
fera entspricht ahd. fara (Graff 3, 575), mhd. väre, welches vor-
zugsweise bei GüTFRiED begegnet:
und was da; äne väre. Tiist. 326,31;
Tristan nam keiner väre
noch keiner slahte merke war. 339,26;
und was in sta>ter väre. 343,28;
öj leite sine väre
an rede und an gebäre. 368,29;
wan ir sit so bevangen
mit merke und mit väre. 365,17;
und wol sonst hin und wieder noch, die meisten mhd. dichter
setzen aber vär m., gen. vAres, welchem zwar kein ahd. för,
doch das alts. fär fdres (Hei. 116, 4) und nl. vaar vaars, ebenso
das ags. faer fa'res glächsleht. den mhd. nom. vär bietet Wb.
457,19, ößer kommt der acc. vor:
an allen vär. Part. 252,29. 431,22;
da k^rt si gegen ir hArzen vär. 606,11;
Parziväl dar cläro
wart d#s äne väre {acc. pl.)
überparlieret. 6ii0, 16;
er leite dar Of ilnea vär. Try. 15462;
erbieten vientlicben vir. Ernst 2802;
äne vär. Flore 6236;
die dative entscheiden (ohne vorsiehenden artikel) nicht, da ihr e
im m. wie im f. haften oder schwinden mag: uns te vflrr.
M. 2068,4;
dat spricbe Ich dir noch niemen le vlre. fü. 106, 1 ;
altmannet rede nit niht zo vär. Part. 163, 1«; le vir« 594, 2 ;
geio h(<rzcclichen vären. 346,7;
deutlich ist: mit dem v4re. MSH. 2,28*. diese fentkiedenheü
des mhd. genus ist merkwürdig, nhd. hört sie auf und das f.
greift, wie ahd., wieder durch. Dastpodios 8J8* ithrtibl fahr,
Maai.eh 181' gfaar, denn gefahr ist ganx dasselbe wort, vorge-
schobnes go macht keinen unterschied, mnl. v«re. vacr periculum,
mettts, nnl, vaar. wie sich fAra tnstdut und far Irajcctus etymo-
logisch verhalten, soll nachher unter fahren erörtert werden.
1245
FAHR
FAHR— FAHRBESTÄNDER
1246
i) unser nhd., noch im 16 jh. und zumal bä Luther oß ge-
brauchtes fahr weicht allmälich dem gefahr, hat aber, tri« dieses,
den sinn von periculum, icelclien auch Dastp. und Maaler an-
setzen: so kom, denn es ist friede und hat keine fahr, so
war der herr lebt. 1 Sam. 20, 21 ; oder wenn ich etwas fal-
sches gethan hette auf meiner seelen fahr. 2 Sam. 18, 13 ;
wir müssen unser brot mit fahr unsers lebens holen, kla^.
Jer. 5, 9 ; denn wer sich gern in fahr gibt, der verdirbt drinne.
S/r. 3, 27; und bin oft in fahr des tods drüber komen. 34,13;
darnach so ir die feinde geschlagen habt, künd ir plündern
sicher und on fahr. 1 Macc. 4, IS; gedachte er, er weite sie
des sabbaths on alle fahr angreifen. 2 Macc. 15, 1 ; denn es
stund die stad, der gottesdienst und der tempel in fahr.
15, 17 ; weiber und kinder, brüder und freunde fahr achteten
sie nicht so hoch. 15,18; und die wellen überfielen sie und
stunden in groszer fahr (golh. bir^kjai vaur{)un). Luc. 8, 23 ;
denn wir stehen in der fahr, aposlelg. 19, 40; und was stehen
wir alle stunde in der fahr? (duhve |)au veis bireikjai sijum
hveilo hvüh?) 1 Cor. 15.30; es ist friede, es hat keine fahr
(gavair{)i jah tu]gi|)a. etot^tn] xai aofä'/.eia). 1 Thess. 5, 3 ;
denn die historin. erinnert den leser von rielen sachen, nem-
iich in was fahr die kirche stehe. Luther 1,1*; Carlstad
zwinget uns, das wir mit im die zeit verlieren und in fahr
geben die hohen stücke zu vergessen. 3,37'; sol uns nichts
helfen, das wir mit solchem ernst und fahr streiten. 3,50*;
der teufel, der durch Carlstads köpf gerne wolt Sünde und
grewliche fahr auf die gewissen laden. 3, 50* ; darumb sihestu,
wie in diesen geringen dingen nicht geringe fahr stehet.
3,63*; wo man gebot, verbot, Sünden, gute werk, gewissen
und fahr machen wil, da gott freiheit haben wil. 3, 63* ; da
keine fahr ist. 3, 'O' ; das damit eine fahr im volk entstehen
möchte. 3, 90'; wo ich sehe, das Carlstad unschüldiglich fahr
leibs und guts entstünde. 3, 109"; von der fahr göttlichs zorns.
3,115*; das sie euch füren in fahr leibs, guts, ehre und seele.
3.117*; euch in die fahr zu setzen. 3,120'; ob du gleich
fahr und den tod drüber wagen müstest. 3.147*; sol man
denn leiden, das also jedermans weib und kind. leib und
gut, in der fahr und schände stehe? 3.320*; weil ich iren
(der fürsten) stand in solche fahr setze. 3,322'; da des todes
fahr für äugen ist. 3,329*; denn die fahre sind warlich grosz
und mancherlei, der weg ist schlipferig. 3, 3S9*; und ging
doch so viel kost, mühe, fahr und arbeit drauf. 3,437'; one
fahr {absque periculo). 4, 9* ; es stehet eine fahr darauf. 4, 374';
denn sonst möchte m. gn. h. eine fahr so wol als uns allen
drauf stehen. 4,374*; weil jetzt böse luft und sonst allent-
halben fahr ist. 5, 12'; das ich nicht in die fahr mich wagte.
5.13*; one schaden und fahr seines glaubens. 5,16*; sondern
ein iglicher sol als denn für sich selbs stehen und nicht
die fürsten mit in die fahr ziehen. 6,3'; denn ob wol die
fahr darnach folget, das du das creuz tragen und drüber
leiden must. 6,34'; denn wozu dürften wirs, das wir solten
umbsonst auf uns laden aller leute hasz und feindschaft,
Verachtung, fahr und Unglück? 6,57*;
dis wort gewisüch bleibet war,
wie wol es hat so manche fahr, tischr. 15';
in fahr schweben und weben. 107'; ha Reinbarf. lieber bruder,
wollent ir das mir (== wir) all ersterben und uns in tödlich
fahr stellen? Aimon q2'; besahen ire wunden, funden kein,
darauf tödliche far stund. E6';
danirab ich das auch nicht wagen thar,
möchl sonst liomen in gröszere far. Schade pasq. 1,75;
die statmaus sprach, es ist wol wahr,
dasz ich beslan musz oft die fahr. Alberus 28';
steckt voller fahr und bitterkeit. 29';
ein schendlich laster ist förwar
Undankbarkeit, und in der fahr
kan jederman verhciszen vil,
und darnach nichts drausz werden wil. 142';
das er {Luther) mit seins leibs und lebcns fahr zu wegen
bracht hat, das ein priestcr ein ehiich weib nemen mag.
wider Jirg Wi!:el Fl'; ihr wollet cwcr armen seien Seligkeit
nicht also in die fahr setzen. K4*; mehr in die fahr imd
Verderbnis gesetzt. VnA'st krigb. des frides 192 ; solcher groszen
fahr halben. Fridmoi saupeu fei B 4'; in kleinen wassern fahel
man gute fisch, darbei ist auch gut sein, mit weniger fahr
und geringer muhe, kluge weise reden 21*; nn wer es fein
wer on des herrn dienst leben künte, der wer viler fahr
und nolh überhaben. 21* ; dartiber er dann in fahr leibs und
guts käme. 23';
do stund der birscb in todes fahr. Waldis 1,42;
helt sieb der arm zum reichen dar,
geschiebt selten on des armen fahr. 1,%;
es hat nicht halb so grosze fahr. 2,68;
hilf mir aus dieser todes fahr. 3, 51;
seit ich aber noch die fahr stan,
wie ich für zelten hab getan. ME5ms bapstum a5;
derhalb wir all in groszer fahr
der martern warten immerdar. c3;
mein hals hab ich so ferr gewagt
und manche fahr manchs orts bestanden.
Calagii Stuanna 3,2;
los von aller sünd und fahr. Rwgwau» geistl. lieder ES';
in groszer fahr leibes und lebens. G4';
es ist aber nit ohne fahr, so die regiment weit von einander
gesondert liegen. Kirchhof mil. diso. 129 ; in keiner fahr des
todes. MüLMAXX 17; niemand den gift wolt aussaugen, weil
fahr dabei war. Freder. im 17 jh. wird es seltner, bei Opitz,
Flemisg, Gryphids lese ich nur gefahr, kein fahr; in Simpl.
Vogelnest 2, 17 steht der Spruch :
zu solchen künsten lusten haben,
sind teufeis und nicht gottes gaben,
der sie gebraucht hat fahr darvon,
bekomt auch letzlich bösen lohn.
das 18 jh. hat den ausdruck wieder hervorgeholt:
in euerm stand geht man oft gröszrer fahr entgegen.
WlELA!«D 21,30;
ich soll von tmgewisser fahr mich schrecken lassen?
22, 64 ;
wie war mir zmutb, schwebt ich in einer solchen fahr?
36, 382 ; wir stehen in der fahr, dasz wir verklaget möchten
werden. Claudius 6, 4 ;
grosze fahr
ergreifet nie den unbeherzten mann. Herder 10,324;
wer frisch umher späht mit gesunden sinnen,
auf gott vertraut und die gelenke kraft,
der ringt sich leicht aus jeder fahr und notb. SceaLEB 532* ;
entschied er zu unserm groszen vergnügen, dasz wir ohne
die geringste fahr noch sorge den weg in dieser so gut als
einer früheren Jahreszeit machen könnten. Göthe on fr. v. St.
1,272;
ehrenpreis
ist eine pflanze, die trägt ehr
an jedem reis,
die soll mir wachsen iramermehr.
nichts ihr bringe fahr und sehr! Röcesk 385.
man merke die redeweisen : es ist fahr, es hat fahr, die fahr
stehen, in fahr stehen, in fahr bringen, geben, setzen, stellen,
sich in fahr wagen, und vergleiche überall das compositum
gefahr.
2) die bedeutung des mhd. väre und vSr, dolus, böse absieht,
arglist, hatte sich zulangst in der nhd. gerichtssprache erhallen,
worüber Haltaüs sp. 435—38 lesenswerlhe belege beibringt, in
der Carolina art. 128 und üfler steld geschrieben farhe für fahre :
mutwillige beschediger, voq denen die leut je zu zeiten wider
recht und billicheit merklich beschedigt werden, auch farhe
und beschedigung von den selben leichtfertigen personen
warten müssen u. s. w. hin und wieder auch sonst: Wilhelm
Teil gieng mermals on reverenz für den hut, ... zu red ge-
stellt sprach er, es were on fahr geschehen, er hett umb
das holt nicht gewist. Fra^i chron. 222*. cUlmdiich scheint
man ßr diesen sinn die neutrale form gefähr, gefehr roriu-
sieben, welche auf ahd. fAri, mhd. vaere zurückgeht: nit mit
gefär, sine dolo mala. Steishöwel dec. 259, 30 ;
on alls gefehr. Waldis 1,54.2,31,
und heutzutage heiszt es ohne fäbrdc, gefährde, aus 'on geßr*
= mhd. äne vär hat sich unser adr. ungefähr, falsch geschrieben
für ohngefähr ergeben, weil das absichtslose als zufällig gesdiehen
angesehn wird, man vergleiche fahren, cdid. fdren. mhd. vären.
F.\HRBAHN, /". in flüssen, auf dem lande und im schnee der
zum fahren beste strich: mit mühe fahrbahn durch den tiefen
schnee machen.
FAHRBAR. 1) quod relU f>otest: fahrbares gut, vas zu vagen
fortgeschafl, fcrlgcfahren werden kann.
2' curm commodus: ein fahrbarer weg, Dusz; die strasze
ist nicht mehr fahrbar; die Fulda ist von Hersfeld aufwärts
nur mit knhnen fahrbar.
FAURBARREIT, f
FAHRBESTÄNDER, m. narigii veclorii conduclor, pddüer der
fähre.
1247
FAHRBETTE — FAHREN
FAHREN
1248
FAHRBETTE, n. 1) ledtis vilalis, lectus vUimi discriminis,
Sterbebett, läszt sich doppelt auslegen, als bett der todesgefahr, oder
von dem aus die fahrt in die andere well angetreten wird, bell
zur letzten fahrt: gift in dein varbedde, donatio moribundi.
Haltaüs 438.
2) mobilis domus opUionis, schäferkarren: er machte also ein
thürchen am fahrbetle des scliäfers auf. J. P. Hesp. l, 176.
FAHRBOGEN, m. der schrifHiche bericfU des berggeschtcornen
über die im laufe der wochc befahrnen gebäude.
FAHRBUCH, n. das buch auf einer zeche, in welches die
Schichtmeister aufzeichnen, welchen tag sie gefahren sind.
FAHRBCCHSE, f in welche der münzwardein das probierte
geld zu werfen pflegt.
FAHRDAMM, m. viele dämme gegen übertretende grosze flüsse
sind zugleich fahrdümme, mit einer kunstslrasze versehen, die
fahrdiimme für eisenlialmen.
F.\HRDE, /■. ahd. fdrida, vihd. vaerde, gleidtvicl mit falir,
gefahr, heute gerährde.
1) periculum, gefahr:
in rährden und in nöthen zeigt erst das volk sich echt,
drum soll man nie zertreten sein altes gutes recht.
UuLAMDS ged. 416 (433),
dagegen ich ein reisemüder mann,
der sehnlich wünscht, nach manigfachen fährden,
zum port des ehstands eingelotst zu werden. 489 (516).
2) dolus, arglist, hinterhall:
darum schwör ich feierlich
und ohn alle Tahrde,
dasz ich mich nicht freventlich
wegbegeben werde. Götus 1,134;
als drauf ohn alle fäbrde
der graf sich nicderliesz
und neben in die erde
die Jägerstange stiesz. Uhlands ged. 427 (449).
FÄHRDEN, in discrimen vocare, in gefalir bringen, s. fähren
und gefährden.
FAHRE, s. oben fahr in drei bedeutungcn, denen allen älteres
fahre unterliegt.
FAHRE, /■. 1) sulcus, orbita, fahrgleis, faiirleise, vgl. furche,
schw. fdra, nnl. Tore: auf das damit ein anfang werd, den
ganzen zinskauf zu rechte und in seine billiche fahre zu
bringen mit der zeit. Lcthers br. 2, 521 ; auf den ungeackerten
(L umgeackerten) ackern liegen sie {die hasen) gerne in den
fahren und wo man einen findet, ist der andere nicht weit
davon. Bechers jägercabinet s. 68, vgl. kindermärchen 187, wo
'führ' = furche;
herzchen, zwar verdrieszt es dich,
dasz der schnee noch immer sich
in den fahren will verstecken. Schiidt v. W. 54;
dort des knoblauchs purpurne blum in den fahren der hufen.
122.
2) zuwälen auch was das folgende.
FÄHRE, f scapha major flumini trajiciendo, oAn. ferja, scAtc.
färja, dän. färge, etu/l. ferry, ein ags. ferie zu vermuten, auch
ixin ahd. feria, mhd. ver aufzuweisen, obwol der naula alid.
ferio, mhd. verje heiszt. für navigium ahd. ferid, ferit (Graff
3, 588) vgL ags. farod littus. fähre unlersdwidet sich wenig von
fahr trajectus und auch nnl. vcer n. drückt beides aus, überfaJirt
und den sitz des überfahrenden, als urverwandte schlagen an gr.
Tzioa/ia, lit. paramas, russ. parom", poln. böhm. prani = aiid.
faram, farm navis, alls. farm Her, trajectus, altn. farmr, onus
nari imposilum. das zugetrelne m gleicht dem in TtOQ&fiös hafen
und TtoQ&fievi = ferio, ferge, fälirmann. anno 1422 zwang
der polnische könig den orden, das sie ihm die halbe fehie
über die Weichsel musten abtreten. Henneberc 4.S3 ; da keine
wasserfarl ist, da Tährt man mit einem fahrschif, praam, über
und wird eine überfart fehr genant. C<jmenius von Doctmus 472 ;
und als sie kamen an die Reusz, wo man
auf einer fähre sich Iftszi übersetzen. Schiller 640*.
bildlich: handlungcn galten von jeher für die besten fähren
zum herzen. J. P. flegclj. 2, 126.
FAHREN [faren], praet. fuhr, goth. faran für, aber wenig ge-
braucht, ahd. faran fuor, mlid. varn vuor, alts. ags. faran för,
en^. fare fared, altn. fara für, schw. fara for, ddn. füre focr, ein
«eitgreifendet wort, dem gr. noQevea&at, so wie fiiliren, fftrjan,
fiioran dem jioQeieiv ^chstehend. schon oben sticszen wir auf
die sckwim^uä far noQOt und fftra insuiiae unter den hui von
faran fAr xu bringen, und doch müssen sie nahe verwandt iinien,
wie titk X. b. auch lal. tendcre, das oß irc hrdrulct, niil ten-
dicda begegnH. man hol also zu ihrer einigung ein Älteres
fairan far fßrun fauran {jjramm. 2, 56 n* 673) •» ahd. fifran
far ttruQ foran anzunehmtn, die in der $yra(he uhwunikn, aus
denen aber der jüngere ablaut goth. faran f6r, ahd. faran fuor
flosz und haßele. jenem fairan glich das gr. Tisi^co, negnco,
wozu TiÖQOS sich verhält wie zu fe^co cpö^oe, zu reiga) toqÖS,
zu /leiQOftai fiö^og. aus fairan war entsprungen fairina facinus,
dolus, ahd. firina, eine menge von partikeln suchen hier iiirc würzet,
far, fair, faur, lat. per, gr. Tii^, ndqa, -jieQi. sollte auf höherem
slandpunct zwL<:clu;n fairan faran und bairan, zwischen tat. parere,
parare und ferre, gr. nei^eiv und fiqsiv gemeinschaft zulässig
sein, so würde auch TttQafin, paramas, faram wiederum reichen
an baram, barm (1, 1134) und lat. forma, eine lautreihe wedisell
leiclU ihre stufen.
noch kühner, zu labialen gutturale hallend, stellt Bopp (gl.
sanskr. 120'. alban. spr. s. 80) unser faran zusammen mit skr. car
aus kar (kri) nach analogie von fidvör : quatuor, vulfs : vilkas,
so dasz faran, parare und ahd. karawan, altn. gera, nhd. gerben
in eins flössen, aus der bedeutung des gehens die des thuns, voll-
bringens hervorträte, wie sie in car geradezu beide liegen, oline
diese elymologie erschiene unserm faran gar niclits verglciclibar im
sanskrü.
bedenken macht freilich ein altn. fara und gera, ahd. faran
und karawan, nhd. fahren und gerben nebeneinander, beide
Wörter scheiden sich den buchstabcn wie dem sinne nach; allein
die geselze und einirille statthafter um.'ilellung und Verschiebung
sind groszentheils noch unerforscht, haben wir doch oben gewagt
ein hafjan und fahan, als gleicher wurzel entsprossen, einer und
derselben spräche beizulegen, ist die urverwandtschaß des lat. vulpes
und lupus, deren jedes gesondert steht, jemals verkannt worden?
Übergänge der bedeutung des gelu:ns und fahrens in die des thuns
und handelns bestätigen sich von vielen seilen, sie erscheinen voll-
kommen natürlich, das gehen ist der that beginn, aus cedere,
incedere wird ein procedere, in unserer rerfeioi^e/i «iro«/" gehen
oder fahren daher oß ein ausdrückliches thun und machen folgen
(geh und thu das, fahr und mache); beide werden auxiliariscli
vor andere verba gestellt {gramm. 4, 96. 97), er fuhr fischen,
fr. alla pecher ist fast was er that fischen, er fischte, im ahd.
faru garawen, lal. vado parare, fr. je vais faire stecken pleo-
nasmen oder Umschreibungen des futurums, was alles unter gehen
genauer erörtert werden soll, in den Wörtern angelien, begehen,
verfahren u. o. zeigt sich unmittelbare anwendung des gehens
auf die handlang offen genug und die hernach unter 11 und 12
angeführten redensarten lassen sich bald fahren ire, bald fahren
agere deuten, in dem vermuteten fairan lag ein thun, in fairina
facinus. als in grauer vorzeil die spräche aus einem bereits vor
handnen verbum ein neues bildete, von kri, kar ein dar, von
fairan ein faran entnahm, war es ihr darum zu titun, den ge-
hall der Wurzel zu ermäszigen und weila- zu bestimmen; verlor sich
nachher die eine oder andere dieser formen, so konnten von jedweder
derselben cinzelheilen der bedeutung auf die verbleibende faümi.
Fahren und gehen ist oß gleichviel, daneben aber auch ztci-
schen beiden ein unterschied merkbar.
1) gehen drückt die ruhige menschliche bewegung aus, wie ja
aufrechter gang unsere eigenimt ist, fahren bezeichnet gern das
rascliere springen oder fliegen der thiere, und weidmännisch wird
diesen fährte, keine fuszspur beigelegt, in der fabcl, die ihnen
menschliche weise leUU, ersciteincn sie audi gehend.
d6r leu vert mit mir alle zit. Iw. 5293;
fr sprach, ich wil sin erkant
hi mime leun, der mit mir vert. 5497;
min leu vert mit mir durch daj j4r. 6701;
ob d^r ritcr hör kumt
mit tcm dör leu varcnd ist. 7927;
ir sult den hrnken l.'ijen, ich sihe einen hSm,
der sol mit uns binnen z^ii berbArgcn varn. Nih. S8S, 3,
doch 902,2 steht auch: di dür bore gie. der hase führt,
rückt gen feld oder holz. Di)DELl,30'; kommt her gefahren.
30* ; fährt auf. Becher 08; der hase fährt oder rutschet auf-;
gras oder die weide, von holz zu holz. Heppf leithund i:ii :
das kaninchen fährt nach seinem bau. DönKi. l. 31. vgl. aiif-
faliren, erschrecken; der adler fährt auf und nieder; aus den
«hrenfeidern fuhren Icrchen. J. P. TU. 2,280; die schwalbe
fälirt, schwirrt, schneidet durch die luft;
am dach die schwalben zwitschernd fahren. Ann. ▼. Drost« 7.'i ;
käfer fahren durch die Infi;
fr (der br£mc) fuor in ein hol. a. w. 3, t83;
dd fUor diu fliege aber dar. 3, 22<i;
da die thier unter sie füren, weish. Sal. 17, 9. nur dem be-
dächligtn rind wird imnter gang und (chrill beigeltgl, d«n mtt
i/ifli die Hjcnsf/ien einhalten:
1249
FAHREN
FAHREN
1250
caminan para Arlancon,
ai paso que andan los bueyes,
y a las vueltas que da el sol.
vgl. fahrend 2 und fährte.
2) der mensch geht zu fusze, fährt zu wagen, karrn, nachen,
schiffe, auf dem schütten, eis, auf der eisenbahn. die mecha-
nische Vorrichtung fördert iJin scltneller. wagen, kahn, boot,
schif fahren, der wagen fahrt, rolU über das pflaster. wall-
fahren 6« Schiller 409' ist waUfahrten, s. 8.
3) auch in naturerscbeinungen unterscheidet sich die sanfte be-
vegung von der heßigen: die sonne geht auf und nieder,
gdt ze sedel, die sterne gehen am himniel in ihrem kreis,
der fallende stern fährt; der wind weht, geht, der stürm
fährt; der wind bleset, wo er wil, und du hörest sein sausen
wol, aber du weist nicht von wannen er kompt und wohin
er feret. JoA. 3, S, ico es ags. heiszt: gast oredad J)aer he yUc
and l)u gehyrst bis stefne and {lü näst hvanon he cymd, ne
hvider he gaed;
sein sausen ihr wol hört,
allein ihr wisset nicht woher,
wiszt nicht wohin er fährt. Bcbger 3'2*;
die wölken faren durch die ganze weit und thun was sie
gott heiszt. Baruch 6, 61 ; also liesz der herr hagel regen
{regnen), das hagel und fewr unternander füren. 2 Mos. 9, 24 ;
sihe da rauchete ein ofen und ein fewerflamme fuhr zwischen
den stücken hin. lAfos. 15, 17; denn fewr ist aus Hesbon ge-
faren. 4 Mos. 21, 28 ; aus seinem munde faren fackeln. Hiob
41,10;
aus unterirdscben Schlünden fahren flammen. Schiller 350';
der donner fährt am himmel; blitze fahren aus den wölken
in die bäume;
sein blitzend schwert
fährt aus den wölken. Uhlat<ds Ernst 122;
hört den nordwind blasen,
hört, er pfeift und fährt. GEnther 920;
und als der herbstwind über die flur
und über die Stoppel des hafers fuhr. Bürger 61';
mich deuchtet es sei ein windwirbel in eine bortenwürker-
bude gefahren, pol. stock f rorr.; gerade in deinem 16 Va jähre,
wo schon die frühlingswinde der leidenschaften über die
blutwellen fahren. J. P. TU. 1,132.
4) viele beu:egungen, zumal lebloser dinge, geschehen rasch und
für sie ist nur fahren, nicht gehen statthaft: er schlug die
Ihür, dasz sie aus ihren angeln fuhr;
diu tur Tert Ü5 den angen. Itc. 3297;
und weis? doch das er sterben mQsz,
wie, wenn und wie ist im nie kund,
bisz dasz die sei fert usz dem mund. Bra^t 29,20;
das Schwert fuhr aus der scheide; 0 du schwert des herm,
wenn will du doch aufhören ? fare doch in deine scheide
und rüge und sei still! Jer. 47, 6; schwert, fare durchs land!
Ez. 14, 19 ; so wird mein schwert aus der scheiden faren
über alles fleisch. 21,4; und soll daselbs dem herrn ein
steinern altar bawen, darüber kein eisen feret. 5 Mos. 27, 5 ;
und traf den philister an seine stim, das der stein in seine
Stirn für. 1 Sam. 17, 49 ; und der spiesz fuhr in die wand.
19,10; die a.xt fuhr vom stiel, fuhr ihm aus der band.
5) fahren an, in, auf, zu, nach, über etwas drückt schnelle,
plötzliche berührungen aus: so soltu die bewme nicht verderben,
das du mit exten dran ferest. 5 Mos. 20, 19 ; kam eine otter
und fuhr Paulo an seine band, apostelg. 2S, 3 ; wo man allein
mit der faust daran feret. Lctoer 3, 88' ; fährt mit nerviger
faust in die rauhe brüst; er fuhr bäurisch mit dem löffel
in die schüssel ; in seine stiefeln, handschuhe fahren, sie
schnell anziehen; nachts kam feuer aus, kaum hatte ich zeit
in die kleider zu fahren und das haus zu verlassen;
obgrleicl) der weisze schnee itzt thal und berge decket
und manch geschwinder flusz in einen hämisch fährt.
Grtphii's 2,311,
plötzlich gefriert, gleichsam rock, panzer anlegt, da er sonst nackt
geflossen hatte, tgl. it. andare in arnese, vielleicht sich entrüstet,
starrt? wie es heiszt in barnisch fahren, zürnen, in hämisch
jagen, einen erzürnen; Gottlieb fuhr fluchend durch alle taschea
(durchsuchte sie), der wagenschlüssel war in keiner. J. P. TU.
1,95; eine unlusl jst es, wenn man so oft musz zu bcutel
fahren (in den b. greifen, zahlen). Butscbkt Paim. 162; die
ganze gesellscbaft fuhr nach den gläsern. Rare^cer; er fuhr
ihm in die haare, zauste Um; sie sah ihn an, fuhr auf einmal
nach dem herzen [führte die hand dahin). Güthe 18, 2^8 ;
in.
dann stürmen gleich durch alle saiten fahren (greifen). 2, 16;
mit der hand über den tisch fahren (wischen); sie halten
sich bei den beiläufigen erläuterungen auf tmd über die haupt-
sache fahren (schlüpfen) sie hin. Lessixg 8, 196 ; über die
schnür fahren, hauen, greifen, das masz überschreUen ; wenn man
ein wenig zu viel lachet und über die schnür feret. Lltber
4, 128' ; so müchl man mir vielleicht übers maul faren (mir
ungebührliches sagen). 4,405'; eine sau ist darum eine sau,
weil sie den majoran veracht und mit dem rüssel in alle
weiche materie fährt. Weise erznarren 92. vgl. herausfahren,
heftig sprechen; zankend dazwischen fahren.
6) zumal merkwürdig ist das 'fahren aus der haut', das 'fahren
in einen und aus einem', wodurch plötzliche Verwandlungen
(metamorphosen) bezeicJinet werden: es ist um nur gleich aus
der haut zu fahren, iric es sonst heiszt, um zu verzw eifeln, um
vor ärger, wut, zorn, aber auch freude zu bersten, pour crever
de honte, de depit;
geht auch itz ab zu unsern zelten,
das euch auch lauft ein spule 1er,
so klagt ihr sehr und ist euch schwer
und wolt nur faren aus der heut. H. Sachs II. 4, 1';
mancher gehet dahin zwenzig jar, hat keinen anstosz, wenn
einmal ein fieber kompt, das über drei tage wehret, so wil
er aus der haut faren. Lctder 4, 50S"; ich meinte, das weih
müste aus der haut fahren. Elisab. vo.n Orleans 223; weite
vor freudcn aus der haut fahren, unw. dod. S56; Serendo
wolle aus der haut fahren, dasz er zu langsam gekommen
war. Salinde s. 13; vettern und basen schauen abends zu,
wie ich aus der haut fahre vor elend. J. P. komet 2,68;
vater, ich fahre aus der haut. Güthe 11, 105. mhd. 'Ü5 der
hiute triefen', klage 4419 Holzm.; altfr. 'issir de sa pel':
dont Kallemalnne ä poi nist de sa pel. Ogier 6688.
vgt. mythol. 904, was sich alles auf den uralten aberglauben gründet,
dasz der mensch in bedrdngnis oder entzückung eine andere gestalt
anzunehmen vermöge, daher auch vorkommt 'man möchte eine
katze werden vor ungedult, oder eine geisz, ein dachmarder!*
Hebel in einem br. bei Friedr. Becker s. 124.
mhd. der übel ätem (der böse geisl)
fuor in die nateren,
da; er dar inne sich ferhäle. Diu/. 3,49;
denn es waren viel teufel in in gefaren (unte unhul|)uns
managös galijmn in ina). Lmc.S, 30; da füren die teufel aus
von den menschen und füren in die sew {usgaggandans {)aa
suns ])ai unhul[)ans af l)amma mann gali|)un in {xj sveina).
8, 33, vgl. Marc. 5, 12. 13 ;
fuhren meine ahnen ohne scheu
einst in der Gergesener säu,
so kann ja wol mit haut und haaren
mein bruder in einn professor fahren.
Rost der teufet an Iterrn Golifched, in
ScuMios antbologie 1,217.
noch in anderm, aber ähnlicltem sinne:
der geist, durch den ein Calo grosz geworden,
fahrt in kein band und ruht auf keinem ordcn.
Hagedorn 1, 12.
7) wäler noch fahren neben praeposilionen,
0) 'nun, brüder, ist es zeit, brecht auf, es ist vier uhrl'
so sprach von Torf, als er von seinem stuhle fuhr.
ZachariI renommitt 1, 16,
plötzlich taumelnd aufstand.
b) die gesellscbaft fuhr erschreckt auseinander. Gütbe
19, 38 ; oft fuhr sie bei dem säuseln der blätter bebend aus
ihrem nachsinnen. Klixceh 5, 325. erschrecken ist auffahren,
aufspringen, ebenso zusammenfahren.
c) versuchte Amando, ob er nicht durch ihren sinn fahren
könte. Weise kl. leute 155, ihr durch den sinn fahren, in die
quere kommen, widerspreclten ; dem wahnwitzigen darf man nicht
durch den sinn fahren, damit er nicht rasend werde. Leisb-
wiTZ Jul. V. Tar. s. 24 ;
unerträglich
fährt es mir durch alle glieder. Göthx 2,28;
ich fahr ihnen alle tag durch den sinn, sag ihnen die bit-
tersten Wahrheiten. 8,146.42,197; dem hauptmann fuhr das
durch die seele, denn er sah einen reinlich gezeichneten
plan auf diese weise verunstaltet. 17,87; was mir bei diesen
Worten durch die seele fuhr, denke jeder. 23, 191 ; mir fuhr
wie ein blitz durch die seele. 24,335; als mir ein anderer
und, wie mich däuchte, sehr glücklicher gedanke durch den
geist fuhr. 25, 351 ; es fuhr mir durch den köpf, dasz es
79
1251
FAHREN
FAHREN
1252
vielleicht unschicklich sei, den guten kindcrn solche fratzen
zu erzählen. 26, 6 ; es fuhr mir durch mark und bein ;
cujus animam dolentem,
contristaiara et dementem
pertransivit glaiiius,
hier haben wir die bedetdung mn rcei^eiv durchbohren, durch-
dringen.
d) sie rannten hin und wieder
und stieszen einander an,
das fuhr mir in die glieder,
dasz ich den Trost gewann. Götbe 3, 201 ;
das Aihr dem woir in die glieder und schreckt ihn. 40,53;
der tact ist das einzige, was ich von der musik höre, da
Tahrts einem so recht in die beine. 14, 93 ; in alle glieder
ist es mir gefahren, ich tccrde krank.
e) denn er ferel über mich mit ungestüme und macht mir
der wunden vil. Hiob 9,17; und des Schwerts blitzen wird
mit schrecken über in faren. 20, 25 ; w er aber drüber feret
und gebeut oder verbeut. LurnER 3,54";
als ich des ruhms gedachte,
dacht ich auch, Herman, dich,
das schrecken deines todes
fuhr eiskalt über mich. KRETscHVAns werke 1, 134.
f) wenn man einzeln am laufenden tage etwas ins publi-
cum bringt, was den leuten vor die kopfe fährt und womit
sie nicht zu gebaren wissen. Güthe an Zelter 515.
8) fahren, proftcisci, pcregre abire, über land, durch die Uinder
fahren, reisen, lealkn, wallfahrten, TiOQsvsad'ai. dies gr. wort aber
gibt Vltilks nicht durch iarm, sondern gaggan. galeijjan, vratun,
wie er überhaupt faran ziemlich selten braucht, ahd. ist faran
allcru'ärts pruficisci, pergere, pemreare. das alle reiselied beginnt :
in gotes namen vare wir. GA. 2,474;
von gots gepoten faren wir. Scuwarzenberg 152,2';
in gottes namen faren wir. kluge weise reden 1'; er fart gen
Venedig, gen Antorf, gen Leon, daraftcr uberal und lugt,
was er ze schaffen hab und vergiszt dabei leib und seel.
Keisefsberg brOsaml. 6"'; itz so müssen wir zu Baden farn,
jetz zu den heiligen, jetzt auf die kirwen, jctz in den wald,
da wir lust suchen, pred. über das narrensch. 133'; sie faren
narren hinweg und kummen noch vil gröszer narren her-
wider. 134*; Ahab aber für und zoch gen lesreel. lAün. 18,45;
zeuch hinauf gen Ramolh in Gilead und far glückselig. 22,12;
und für tag und nacht, das er ja bald hinkeme. 2 Macc. 9,4;
do aber im die Juden nachstelleten, als er in Syrien wolt
faren. aposlelg.20,3; Martin ist mit 80 welschen bogenschützen
über die Rüsz gefaren, die paner und das schützenfändli sind
heim gefaren. Büllinger 3, 187 ; aus dem land fahren müssen,
verbannt werden, hierher gehört das fahren der armen leute,
der betller, der Schüler, wozu unter fahrend stellen folgen, vgl.
auch landfahrer, Seefahrer, mecrfahrer. heule wird doch reisen
diesem fahren vorgezogen.
9) fahren, cedere, eicedcre vita, sterben, abfahren, hinfahren,
von hinnen fahren, heimfahren, zu gott, zu den vätern, zum
groszen beer fahren, zum alten häufen faren. Maaler ISl*,
aus, von der weit fahren, ahd. gifuor, obiit, er ist an die
lange, an die letzte fahrt, vgl. skr. prfita = praila, qui abiit,
exiil, periit, der dahin gicng {so dasz tat. peritus eigentlich' ver-
fahren, fotigefaliren bedeutend hernach nur im sinne von erfahren,
kundig gilt), es steht aber auch bloszes 'fahren' und die gefahrnen
sind die heimgegangnen, dahingefahrnen, die ludten.
mhd. ich wil nu teilen « ich var. Walthkr 60,34.
foi gebe dir, frowe (HV/(), giioie naht.
Ich wil xe faerberge vara. lul,22;
nhd. ein edelman der het ein narren, der war im lieb, dem
mncbet er ein hübschen lidcrn kolben und sprach zu im,
narr, disen kolben gib niemand, er sei denn närrischer, denn
du bist, der narr sprach, ja. nun es begab sich auf ein
zeit, das der edelman krank ward, der arzt kam alle tag
zu im und besähe in, und wenn er denn von im «ieng, so
fragt in die fraw und der knechl, wie im sein junker gficl,
»0 sprach er denn 'er wird faren, er bleibet nicht*, der
narr stund darbci und horl die wort, die der arzt zu der
frawen und zu den knechten redet, und wenn er denn huret
sagen 'der junker wird fann, er bleibet nicht", so lief der
narr in den stall zu den pferden, und luget ob man die
pferd auch sattelt, und zum reiswagen, und besieht ob man
ia auch nistet und aufmutzet, da er darzu kam, dn sah er
nichts, und wenn denn morgens der arzt widcruinb vom
Junkero gicng, da fragten in des juukcrn knecht über uud
sein hausfraw, wie es umb in ein gestalt hettc und wie er
im gefiele? der arzt sagt zu den knechten und der frawen
'habt sorg zu im, er wirt nit bleiben, er wirt faren'. der
narr lief aber umb und luget, aber er fand kein rüstung,
und gieng selber zu dem hcrrn und fragt in, 'herr, sie
sprechen, du wölst faren, du bliebest nit, wie lang wiltu
ausbleiben, ein jar?' 'o lenger, lieber gesell', 'zchen jar?'
'0 lenger, ich weisz nicht wie lang', 'nun sihe ich kein zu-
rüstung in dem hof, saget der nan-, darumb wil ich dir
mein kolben geben, wenn du bist viel närrischer denn ich.
denn soll ich so lang aussein , ich wolle etwas dorthin
schicken, darmit ich zu leben het und nicht mangel litte,
darumb so hab dir mein kolben, er gehört dir von rechts-
wegcn zu', der edelmann nam die wort auf und bessert sich
und macht sein teslament und seelgerecht (/. seelgeräte) und
rüstet sich zu 'faren', das er ein kind ward der ewigen freud.
schimpf u. ernst 1555, 198. 1550, 40. 1522, 45. danach ein, weisz
niciil, ob dlicrer oder späterer mcistergesang, wo es heiszt.
er pleibet nicht, den tag wirt er noch faren,
der doctor det heut sagen
'du würst (ttftr(/es/) faren, du plibest nicht.
meistert. Üb bt. 23;
bleibt es demnach fest gestellt,
auf der weit
minder wirt als gast zu heiszen,
ei so laszt uns, weil es währt,
eh man fährt,
UDsrer lust beOeiszen. GBnthkr 914.
mnslens geleitet eine partiicel oder ein nomen : indem die jung
frawe sich zii irem ende komen sähe, mit senfter stimm ir
letstes wort sprach 'stet mit got, ich far dohin' (2, 687. 6Ss),
ire äugen sich zu theten, alle sinn und Vernunft bei ir ver-
schwunden, also aus disem elenden leben schied. Steinhöwel
dec. 256,14; der mensch feret hin. prediger Sal. 12,5;
das braune mädel das erfuhr,
vergiengen ihr die sinnen,
sie lacht und weint und bett und schwur,
so fuhr die seel von hinnen. Göthe I,1S1. 10,249;
und also ist der grosze held
von dieser weit gcl'aiircQ. Pacl Gerhard 26,24;
und du soll faren zu deinen vetern mit frieden. 1 Mos. 15, 15.
allerhäufigst aber zur hölle {urspri'inglich zur unterwell, ins
todlenreich) und in den himmei fahren, das descendit ad
inferna im chmllidien glaid)ensbekenntnis wurde erst verdeutsclU
steig (nidar steig) zi helliu, licrnach zi hello fuor, hin ze
helle vuor; gestorben und zu der hellen gefaren. Keisers-
BERG jm/ro.s/s/)icgf/ BB3'; hinunter in die helle wird er faren.
Hiob 17,16; auf das nicht ich gleich werde denen, die in
die helle faren. ps. 28, 1 ; der tod übereile sie und müssen
lebendig in die helle faren. 55, 16 ; ein mensch der am blut
einer seelen unrecht thut, der wird nicht erhallen, ob er
auch in die helle füre. spr. Sal. 28,17; das du dich verun-
reinigst unter den todten? das du unter die gerechnet bist,
die in die helle faren? Baruch 3,11; es ist dir besser das
du ein krüpcl zum leben eingehest, denn das du zwo hende
habest und farest in die helle {goth. galeil)an in gaiainnan).
Afarc. 9,43; du will nit zu got, du will in die hell faren.
seh. u. ernst 1555, 199. ebenso im glaubensbckenntnis ascendit ad
coelos erst: steig (öf steig) zi himilom, dann fuor zi himilo,
fuhr gen himmei; und Elia für also im netter gen himel.
2kün. 2,11; füre ich in himel. so bistu da. ps. 139,8; wer
ist gen himel gefaren und hat sie geholet? Baruch 3,29;
und da die cngel gen himel füren (goth. gali|iun in himin).
Luc. 2,15; und niemand feliret gen himel, denn der vom
himel erniden komen ist. Juh. 3, 13; der gen himel gefaren ist.
Uebr. 4, 14. dltnlich sind in den abgruud, in die grübe fahren.
10) zu berg, zu thal fahren, aufwärts, abwMs, auf und
nieder: zu berg, in den schachl fahren, steigen;
wir luln io recken wise varn ze inl den Ria. Kib. 3,18,9;
di^ vlrisc Inlfinc diu erda,
dir gei.tt vuor üp ci berga. i4nno 768.
doch hiesz es auch ze bCrge gfln. die hirten mit der herde
fahren ins gebirge, auf die weide, in die alp, auf die alpen
(»Ipfahrl, Stai.der 1,351 bezeugt 'fahren' als technischen atisdruck
der Schweiznhirten) ;
wir fahren tu borg, wir kommen wieder,
wann der kukuk rutt, wann erwnchon die Il«d«r.
SCHILLSa blo'i
I« berge zlehn die hcnisn, _
fuhr «rit der scboeo lu ihM. l hh^d gr<i. 4<0i
1253
FAHREN
FAHREN
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der bauer fahrt aufs feld, auf den acker, zu acker, gen
acker, in acker, mit pflüg oder egge zur feldarbeit; do er
auch vormals mit stuten gen acker gefaren was. Steisböwel
dec. 261, 16 ; der bauer fährt ins heu. den schlag der kohl-
meise im frühjahr legt man aus, als redete sie den bauer an:
spitz die schar {pflugschar),
in acker fahr!
zu walde, zu holze fahren kann nun hciszen zur lust in wald,
icie in der vorhin sp. 1251 angezognen slelie aus Keisersbebgs
narrenschif 133', mag aber noch andern sinn gehabt haben:
wa; buotes du däse,
ubele hornbläse,
du soldes billecher da ze holz varen,
dan die megede hie bewaren. keiserchr. 12201,
als holzfrau, waldfrau, zaitberin dich im walde umtreiben, hin tn
den wald verschwinden. Steishöhel dec. 65, 10 am schlusz einer
erzählung, wo er die worte et i tre masnadieri andarono a dar
de' calci a rovajo {lieszen ihre fersen in die luß hängen, d. i.
wurden aufgehängt) nicht genau faszte, setzt dafür passend: "die
drei rauber gen holze füren, stillen noch wider komen', sie
verloren sich im wald, kehrten nimmer wieder, d. h. wurden hin-
gerichtet, der eigentliche sinn der seile
Phol ende Wddan vuorun zi holza
entgehl uns leicht, sie mahnt an das aus dem holze fahren des
eddischen Volundarliedes :
era sä nü hyrr er or holti ferr.
11) gern steht fahren im imperativ : ahd. far satanas I vulg.
vade satanas, vTiays oTtiao} fiov, ags. gang {)u sceocca on
bäc! bei Luther heb dich weg von mir salanl Malth. 4,10.
zumiü im geleil eines adverbs: fahr wol! vale:
ich scheide, führe wol! dies leben dient mir nicht.
Hagedorn 1,27;
fahr wol (d. i. fürt mit dir, ich mag dich nicht) o beifall derkenner !
WiiLA!^D 4,4;
fahre wol, du blume und zierde aller feenritter! 12,26;
fahre wol ! 'leb wol ! ' Göthe 10, 272,
was nach der spräche heiszen sollte fahr wo! und lebe wol!;
fahret wol, ihr freiiden dieser sonne,
gegen schwarzen mcder umgetauscht!
fahre wol, du rosenzeit voll wonne,
die so oft das mädcheii lustberauscht!
fahret wol, ihr goldgewebten träume,
paradiesesidnder, Phantasien! Schiller 5";
liebe fahre wol, warst so klug, so fromm, verschämt,
mir lieber noch als eine tochter, liebe, fahre wol!
ScHUBART talerlandschronik t. 206;
SO fahrt denn wol, ihr götterflügel und ihr mächtige einge-
bungen, fahret wol ! ich dank euch ab. Klingers th. 2, 206.
mhd. zieht iuch selbe und vart ein wgnic schöne! Neidhart s. 149;
ei vare al schöne (schonend)l pass. K. 1S9, 50. 5S8, 90;
yar schön! so sprach her Weldereicb. Ecke 292;
fiAJ. was ist das? far schon {behutsam, nicht so rasch), lieber
gesell! de ßde concub. 100,15;
«0 spricht sie zu mir, 'narr, far schon,
erschreck mich nit, ich pin noch jung!' Haupt 8, 515;
fart schon, fart schon! lieber roltengeist! LctherS, 50'; far
schon, Mose, weist du auch mit wem du redest. 8,55*; box
angst, herr cardinal, fart schon! Schade sal. u. pasq. 2,252;
ei Junker, fart schon! 3,102;
drumb thüt gmach und faret schon ! 11. Sachs I, 478*.
in glächem sinn, fahr hübsch, hübschlich, fahr sittiglich, fahr
gemach: fahrt hübschlich, ir gesellen! bienenk. 45*; far ge-
mach, das du nit feiest (fehlest)! Keisebsberg omeis 19';
der könig Agamemnon sprach
'mein freund Ulysses, fahr gemach!' Spreng It. 313';
Patrocle, fahr gemach, halt still! 3S3' i%ä^£0 Sioyevis
JlaTQOxXeis. 11. 16, 707).
and faret nicht hoch her, xal firj ftsrecooi^sad'e. Luc. 12, 29.
12) so gesellen sich dieselben adrerbia überhaupt, wol fahren
heiszl prospere proccdere, succedere, übel fahren parum suecedere:
dabei der orden und die lande wol weren gefaren. Schütz
besclir. v. Preuszen 146; wir sind wol damit gefahren; weiter
wüste ich nichts und wünsche diesem werke gut zu fahren.
Göthe an Schiller 222;
so fährt der wol, der seine seele fragt. Götbe 57,81;
auf dringende Vorstellung jedoch und einige winke des boten,
dasz man mit mir nicht übel fahre. 30, 220 ; bis ihr manu . . .
den baron herausforderte und heute verwundete, doch ist der
obrist, wie ich höre, noch schlimmer dabei gefahren {weggekom-
men). 20, 17 ; sie sprang mit ihren preisen und Zeugnissen in
den zimmern herum und schüttelte sie auch Ottilien vor dem
gesiebt, 'du bist heute schlecht gefahren', rief sie aus. 17, 62 ;
an und für sich hätte der gute Bastian schon gut genug fahren
können. J. P. Hesp. 3,63 (S7); der Staat kann hierbei sehr
übel fahren. Kant 1,261; ich glaube, wenn anders das frauen-
zimmer eine gute wirtin ist, dasz sie nicht übel mit ihr fahren
sollen. Leipz. avant. 1, 166 ; mit dem neuen bedienten sind
wir übel gefahren (schlecht angekommen), warum sollte nicht
schon ahd. gesagt werden scöno faran, lepide, belle agere? mhd.
nein, ir müget wol schöner vam! Bueer von Steinach 195;
heute heiszt es schön thun, gemach thun. niefU mehr schön,
gemach fahren: ich gib dir antwurf, das du gemach soll
faren, nit so frevel sein in deiner rede. Keisersb. omeis 19';
darumb findet man oft, das unser text höher feret, denn
der ebreisch, doch in gleicher meinung. Luther 1, 9S'; das
were zu hoch gefaren und nach endechristischer hoffart.
5, 87*; widerumb ist das auch gewis, das herzog George und
ewre verreter und mitverfolger viel, viel zu hoch faren. 6,12*;
wenn sie hoch komen, denken sie nach gut und eer, wie
sie reich werden, hoch her faren und den kindern grosz gut
erben. Luthers rorr. zu Menius a 2*. vgl. hochfahrend, hoflfart.
roh fahren, hart fahren:
dasz bisher mein herr schweher hat
zu hart gefahren gegen eim rat. Atrbr 58*.
wenn du allzu gelinde fährest, so werden dich deine unter-
thanen verspotten, pers. baumg. 1, 5 ; und was war den blut-
dürstigen unseligen tyrannen zu Costnitz not, das sie nait
dem toden, verbranten Johan Hus so greulich, unmenschlich
füren {verfuhren, handeilen)'! Luther 1, 344*; du werdest nicht
mit mir so schrecklich fahren. Ri.ngwald ecang. L7'; es ist
besser, man halte herzog Georgen, das er herrisch mit sol-
chem eide fare. Luther 6, 8* ;
ei Sprech ich, war mir gott geneigt,
da wir noch feinde waren,
so wird er ja, der kein recht beugt,
nicht feindlich mit mir fahren
anjetzo, da ich ihm versühnu P. Gerhard 23,15;
denn die furcht gottes leret klüglich faren in allem handeL
Sir. 19,18; und sol ein könig regieren, der klüglich fare.
Luther 3,425*; ich wil itzt dem friede zu gut seuberlich
faren mit dem splitterrichter. 6,20*; bedeutet, dasz man mit
groben leuten säuberlich fahren musz. Alberos Esop s. ix;
obwol Bolislaf sonst gar säuberlich mit ihnen fuhr. Micräiios
2, 191 ; bitte doch säuberiich mit dem knaben zu fahren.
Wieland 6« Merk 1, 87 ; doch da wir einmal mit ihm säuber-
lich fahren sollen. 1, 117 ; und gedachte, das sein weih gegen
im untrewlich führe, buch d. liebe 273, 2 ;
kummer, der das mark verzehret,
raub, der hab und gut verheret,
grausamkeit, die unrecht fehret {nicht kehret),
sind die frucht, die krieg gewehret. Locad 1,107,49;
menschen sind als teufel ärger, weil der teufel nirgend schwur,
denn er weisz, dasz er ein lügner und betrieglich immer fuhr.
2, 26, 96 ;
in diesen beschwerlichkeiten fuhren (verfuhren) die jungen her-
zogen so gescheide, dasz sie den Städten erlassnng des halben
Zolles zu Wolgast willigeten. Micr.äliüs 3,520; wie sicher
würden sie gefahren sein, wenn ihre arbeit vor den richter-
stuhl solcher gelehrten wäre gebracht worden. Wixkelmann
I, 65 ; noch erbärmlicher fährt der leser und noch behaglicher
der Schreiber. J. P. büciterschau 2, 8. es kann auch die praep.
an mit dem Superlativ stehen: die besten menschen würden
gerade am schlimmsten dabei gefahren sein. Wieland 8, 224 ;
und wer dabei am schlimmsten fähret,
ist doch zuletzt der schacL. 10,31b;
ich bin freilich unter meinen geschwistern am besten dabei
gefahren. Göthe 20,168; wie denn der künstler, der sich
treu an die natur halte, am besten fahren werde. 30,228;
die lichter fahren am vernünftigsten, die u. s. tr. J. P. teufelsp.
1, 02. ebenso darf, ohne ein solches adv., bloszes fahren gesetzt
sein, oder die partikel also, wie daneben: wie er feret mit allen
menschen, die er angreift. Lcthee4,22'; also feret gott mit
allen seinen gleubigen. 4,78"; ich hab mit euch gefaren, wie
ein vater mit seinem kind. 4,489*; meinst du ich wisse
79*
1255
FAHREN
FAHREN
t256
nicht, wie du und deine gesellen mit mir gefahren habt?
Ayrer proc. 1, 6 p. 124 ;
ir herren, nun sie sehen liier,
wie sie gefahren sein. Leccoleo?) 115.
wenn der philosoph ihn eine Zeitlang nach seinem eintritt
in die well fragte, wie er gefahren? Kmnger 11,41. noch
häufiger finden sich praeposition und subsl., vorzugsweise mit:
fiiM. hiT-ret waj ich ziio der buoje tuo,
daj ich mit zouber niht envar. MS. 1,"3';
nhd. noch sind viel hoffertiger heiligen, die mit irer gercch-
tiekeil faren und wollen ie für sich selber pricstcr sein.
LuTBER 1, 95*; Carlstad hclt und feret mit dem brot und wein
des herrn, als were es schlecht brot und wein. 3,76'; kurz
und umb so mit seien faren, als wer er ir gott. 3,53'; das
sie selbs on ordenung drein fallen und nicht mit ordentlicher
gewall faren. 3, 39'; musz ich hie die weltliche oberkeit un-
terrichten, wie sie hierin mit gutem gewissen faren sollen.
3,124'; vorhin wollen sie mit dem Schwert faren und als
christliche brüder für das evangelium streiten. 3,144'; und
gotles wort gibt dir nicht freiheit, das du farest mit gottes
namen und crealur wie du selbs will. 6, 2S4'; diese gottlose
Verächter und nmtwillige freveler, die mit gewalt füren. Ma-
TOESics lO'; man fehret mit gewalt. Neander syll. loc. 244';
und ermaneten mit rechte uud nicht mit gewalt zu fahren.
ScaCTz l'rcuszen 142;
wenn er so mit dem donner fährt,
dasz alles praszt und krachet. Lobwa«.ser ps. 68,
vas deutlich auf den am himmel fahrenden donnerwagen geht;
eine solche gesellschaft, wenn sie mit ernst und Wahrheit
f;ihrt, ist sehr respectabel. Clacdils 4,33; ein mensch, der
glauben und vertrauen zu sich und seiner sache hat, fahrt
mit vollherzigkeit und Sicherheit. 7, 178. zuweilen auch nach
vnd in : in solchen Sachen haben sie nicht gefahren nach
menschen dünken. Luther 4, 153'; ir gebt für, ir wollet nach
dem göltlichen recht faren und handeln. 3,116'; wenn denn
solche leut zum regiment kommen in der gemeine, die kön-
nen freundlich und wol regieren, faren nit aliweg nach ireni
bedunken. k'uge weise reden 1505, 15l'. 1570,161'; wer in der
Schrift faren wil und wol auslegen. Luther 4, 172'.
13) fahren lassen, was man hält loslassen, viittere, emittere,
dimillere, wie gehen lassen, fallen lassen u. s. w. die band
läszt den sper, den sie schwingt, fahren, den gefangnen vogel,
den sie faszl, fahren, fliegen; er liesz ihre band, die er er-
griffen hatte, wieder fahren, den zweig, den er herangezogen
hatte, wieder fahren; und es war ein jungling, der folgete
im nach, der war mit linwat bekleidet auf der blüszen baut
und die Jünglinge griffen in. er aber liesz den linwat faren
und floh blusz von inen (goth. i\) is bilcijiands [lanima leina
caqat)s ga|)lauh faura im). Marc. 14, 52 ; bis das er hende
und fusze faren lasse, an im selbs verzweivele. LütuerI, 66";
nach einigem zaudern nahm er ihre band, erschreckt von
der kälte, liesz er sie sogleich wieder fahren. GöTnE20, 281.
nalürlich wird aber oß nur entlassen, aufgeben, hingeben, daiiin-
geben gemeint, ohne den gedanken an eine Iriblictie haß: herr,
nu lessest du deinen diener im friede faren. Luc. 2, 29 ;
gott leszt seine diener fahren, aber doch im friede,
nerren lassen diener fahren, wann sie ihrer müde.
LoG*u 2,210,üü;
darnmb ich sie ganz hah la farn,
mein weibnemen wil ich lenger spam. fasln. 703,23;
ich wollte ihnen ein schönes, junges frauenzimmer mit einem
rittergute anbieten, wenn sie Julchen wollten fahren lassen.
Gellert 1, 217;
lasi fahren dahin, lasz fahren. Scbillkr SSO*;
wenn sie damit den jungen mann erlangt,
•0 läsit sie ihn nicht wieder fuhren. Gothk 12,215;
was lissest du das schöne mädchen liihn :i,
das dir zum tanz so lieblich sang? 12,21'
meine heiterkeil war zurückgekehrt. i( h hiWir. s\f {inrine ge-
liebte) um alle» in der weit nicht fahren lassen. 23,85; denn
du lessest in {den menfchen) faren {vutg. eniiltes eiim). Hiob
14,30; und nu sage ich euch, lasset nb von diesen men-
(cben und lasset sie faren. ajmstelg. .'>. 38 ; lasset sie {die
fharinier) faren, »ie »ind blind und blinde Iciter {ahd. \{yi,et
•ie, sie «int blinti inti Mitit^rA Icitidon). Matth. i.'i, 14. eigen-
thumltth ist: !a«z dein brot über da» was»er faren, «o wirst
du CS linden niif lange zeit. pred. Sal. II, t, vnlq. mitte pnnem
toom lupcr lran<cuntes aqust, LXX inöarnkov r'ov ä^nor
oov iitl TXQoauiziop tov vBaroi, Iheäe es freigebig mit den
armen, gib es hin.
Keisersberg sagt ößer in seinen predigen: das lasz ich jetz
faren, das lasse ich jetzt vorbei, duron will ich nicht reden, s. b.
has im pf. Bbs'. scIi. der y>en. 120* (so wie auch das lasz ich
bangen, fallen); um deren menschen willen soll man kein
gut faren lassen, narrensch. 151' ;
ich halis mit werten nit verplümt
und unversunnen heraus lan farn. fastn. 260,6;
Süllen wir ims umbsunst varn lan (urgesliafl hingchn l.),
das niuosz mir immer wesen leit. 415,22;
laszt fahren hin das allzu flüchtige! Göthb 3,76;
was ich fest zu halten wünschte, musz ich fahren lassen.
20, 285 ; manches was der aufbewahrung wol werth gewesen
wäre, gleichgültig dahin fahren zu lassen. 60, 297 ; denn sie
hat des herrn wort verachtet und sein gebot lassen faren.
i Mos. 15,31; wir haben uns unibgekercl und dein gebot
lassen faren. Esra 9, 14 ; und wird den bund faren lassen,
den ich mit im gemacht habe. 5 >/os. 31,10; darumb schicke
ich dir ein geschenke, silber und gold, das du faren lassest
den bund, den du mit Baesa hast, i kOn. 15,19; mein kind,
beware die gebot deines vaters und lasz nicht faren das
gesetz deiner mutier, spr. Sal. 6,20; höret die zuchl und
werdet weise und lasset sie nicht faren. 8, 33 ; gedenke an
das ende und lasz die feindschaft faren. &r. 28,6; und
lieszen also irer veler silten faren. 2 Macc. 4, 15 ; ob er (Heuoch)
auch widerkomen werde, wie man bisher gesagt bat, lasz ich
faren, ich gleub es nicht. Llther 4, 43' ; rede ihr doch zu,
dasz sie ihren eigensinn fuhren läszt. Geliert 3,10; den
anschlag fahren lassen. Kant 9, 16 ; alle hofnung fahren lassen,
ihr entsagen ; sie liesz die gedanken hin und her fahren (spielen),
fol.stockf. 71; sie müssen hier vorurtheile fahren lassen. J. P.
?iepomukkirche 130. einen fahren lassen, oben sp. 134, 13'.
M) fahren, in allen bisher behandelten fällen, war immer in-
transitiv, und kommt auch seilen in transitiver bedeutung vor,
für welche eigentlich ein anderes verbum besteht, führen = fahren
machen, mit dem ablant gebildet, wie legen, wenden = liegen,
winden machen.
ü) fahren, vehere, im wagen fortbringen : w er wil uns in den
himel faren? 5 Mos. 30,12; das körn, heu in die scheune
fuhren ; der kutscher hat uns rasch gefahren, wenn es heiszl
jemand fahren lassen, bleibt zweideutig, ob vehere oder vehi ge-
meint ist: er wird sich nicht weigern seine holde Ciarisse
auf die hochzeit fuhren zu lassen. Tuümmei. Wilhelminc 49.
b) im nachcn, schiffe: wer wil uns über das meer faren?
5 Mos. 30, 13 ; der fahrmann fuhr eine menge unsichtbarer
zwerge über das wasser.
c) den wagen fahren, currum agere: wer, welcher kutscher
fahrt?; hab ich nicht gefahren wie cxtrapost? GötheIO, 129;
je fahre, galgenvogel, fahre und schmeisz da ehrlicher leule
kinder um! Schlampampe kraukheit 24.
d) den acker fahren, pflügen: der acker ist wol gefahren
und rein von unkraut. Pestaiozzi 10, iGfi.
e) refl. der wagen führt sich gut, schlecht; Charon ruß aus :
allein an leuten eurer art.
die stolze poivhistorn waren,
hab ich mlch'schon bald lahm gefahren. Gbllkrt 1,217.
dem transitiv gebüJtrt im praet. haben, dem intr. sein, die unter
12 angezognen stellen lehren aber, dass auch erslerem sein gegeben
wird, viel intransitiva werden durch Zusammensetzung tian^iliv.
z. b. gehen, fliegen, springen in angeben, begehen, erllicgcn,
bespringen, ebenso fahren in anfahren, befahren, durchfahren,
einfuhren, vorzüglich aber in erfahren (sp. 788). intransitiv
bleiben abfahren, auffahren, entfahren, herfahren, hinfahren,
mitfuhren, nachfuiuen, verfahren, vorfahren, zufahren, deren
transitira mittelst füliren zu bilden sind.
FAIIUEN, intendere, insidiari. goth. weder ein feran f«^raida.
noc/» fi'rjan ferida, wol aber fn'y.i ins-idiator. ahd. fArAn f ' ■ '■' ;
mhd. vären vArte; alts. fdran fArda, »in/, varen vaeni.
fyran farrde, Afa-ran Afa-rde, engl, fearfeared ; den nord. s; . .
mangelnd, die bedeutung i.it dehnbar und schwankend, legt man
nnrkstellen zum gründe, so kann dies in übelm, aber auch in
gutem sinne für nach etwas sirelien, begehren genommen werden,
nanientltcli ahd. desidcrare, 0}4arc ausdrücJcen. den salx cujus
vero causa quid expelilur, id ma\iuie vidclur oplari gibt N.
hlh. MO lAr umbe dingoliche» keg.'rÄI wirf, ü'» fArAl man
d.irana in boubri ; und gleich darauf \eh\U si «.tluti«
qnispium velil equilare, mm tain equitandi moltun d.
»piam Haiuli» effectum: also (br iic fAn'i tir umbe gc>i, :,.
1257
FAHREN
FAHREN— FAHREND
1258
ritet, wio 6r sih ritendo erwekkS, nube daj er gesundere
werdß. N. verbindet mit der bedeutiing insidiari den dal. der
pcrson: derao ßrft Pr. jjs. 10,8; ßrfeton sie mir. 56,7, a6er
den gen. der sache: färeton mines übe?. 53,5; andere haben
überall den gen. der person und sache: färeta sin, insiäiabatur
iUL T. -9,2;
sie färent tbines Terahes. 0. III. 23, 31 ;
thaj fiant io ti wäre min wei^in ni gifäre. V. 3, 4.
auch mhd. begegnet nur der gen., in den folgenden belegen irird
sich leicht der ungünstige oder günstige sinn ron selbst ergeben:
der unser viantliche räret. Haupt 8, 155;
si värten min genöte,
vrö unde späte. Kelle spec. eccl. 147,39;
er enwil deheioer lüne vären. Walihzr 35,12;
swgf miner railte vären
Tcrgebene wil, der sümet sich. Parz. 142,25;
dune solt sin sus niht vären. 353, IC;
woh man der bürge vären. 65S, "23;
daj du iht värest min. Gudr. 363, 2 ;
dar man der {boten) da ervärte, daj was im grimme leil.
6l'J, 2 ;
si künden wunden vären (heilen). 785,4;
beginnet sin ieman vären, s6 helfet im, guote reisen, danne.
1113,4;
raanc bunt vil wol gebäret,
der doch der Hute väret. Freidank 138, 10;
done wolde er ir niht vären. Wigal. 219,16,
si begunden d6r orse vären. Eracl. 4S00;
doch kan si wol mannes bßrzen vären. MS. 1,60';
und ich niender des envärte,
da; ir eren missezxme. 2, 159';
dfr rehtes künde vären
und ungerihte störte, tr. kr. 2584;
und mit einander vären
begunden kampfes alzehant. 9971 ;
well an iuch minne richsen
und iuwer langer vären. 21979;
daj si din weiten vären
mit unkiusches herzen gir. schmiede IISO;
wan si niht weiden vären
hovelicber dinge. Emgelh. 4682;
ir magetuomes vären
gar minneclich er wolde. Frib. Trist. 750;
eins winkeis vären. MSH. 3,5";
ich förhte da; er väre
wie er gewerbe minen schaden, minnelehre 1264;
si Ifret rebt gebären
und Werder minne vären. Doce!« misc. 2,179;
das sie vil unverdroj;en der ungefüegen räche wollen vären.
Albr. tu. 3828,2;
si scliiuhent oucU deheine arbeit . . . noch värent (begehren)
gemaches, myst. 1, 311, 27. nhd. beispiele gewährt rorzüglich
Keisebsberg: nun das erst stuck, dadurch du magst frieden
erlangen, ist foren (= fären) fremdes willens (thiin icas ein
anderer vill), das ein mensch hig in allen dingen bereit sein,
das er sich fleisz und thue eines andern willen, fore fremds
willens mer dan seines eigen willens, sieben schwert bb 6' ;
der einen andren manschen vast lieb hat, den haltet er in
eren, er foret seins willens. j>arad. der selc l"; der münsch
hat mich lieb, der mir {dat., wie ahd. bei N.) meines willens
foret und geflissen ist zu tund, was ich gern hab. l'; si
wöllent golt in sich richten, in lieb haben, sines willens
foren umb ires nutzes willen. 2'; als wie? hast du einen
mönschen lieb, du fliszest dich sines willen ze foren. 5*;
soll er bereitet sein seines willens ze foren. 16'; derselbig
emsig flisz, gott dem herrn in allen dingen wollen gefallen,
seines willens foren, ingebirt clarc erleuchtung. 16*; also
jungen leuten schwatz gestatten, ir stolzheit und Üppigkeit
übersehen, ires willens foren. 51"; fleisz dich seines willens
ze foren als ferr du iemer macht. 55*; er soll sein nit ver-
gessen, seines willens foren. 56'; begert er allein damit seines
willen ze foren. 62' und noch oft. foren der gedult (der g.
sich befleiszen). sdtif der pen. 76';
ich will kein flisz noch arbeit sparen
sins willen» ewig(lich) zfaren. traii. Joh. N5;
item tat ein richter nit umfrag, oder wurd erteilt, das es
nit lagzeit wäre zu richten, .«o wäre die busz der drei Schilling
niemand verfallen, ob ein ricliler iemands farcn wült (sie ron
jemand begehrte). weüUh. 1.274 (a. 1432); doch wa es ungefer-
licherweise beschehe (dasz eine arbeit ungehallig väre), so soll
niemand am feinhalt umb ein qtiintlein gcfart (gefährdet) sein.
goldsdimiedordnung ron 1563 in Moüe zeitschr. 3, 162. allmdlieh
erlischt uns aber dies fahren gleich dem subst. fahr und an ihre
stelle tritt gefährden, gefahr. Luther hat das «ort in der bibel
nicht, in einigen stellen seiner briefe könnte es haften: wo ir
strenges rechts wollet faren, möchte vil unglücks daraus
komen. 6, 531 ; jederman schreiet, wolan. so wollen wir keine
gute werk thun und faren flugs des holzwegs. 4, 457, falls
der sinn ist den Itohweg aufzusuchen, vielleicht aber «rird faren
ire gemeint mit adverbialisch zugefügtem gen., vgl. zu holze faren
(sp. 1253). uns verbleibt heute fast nur die Zusammensetzung will-
fahren, morem gcrere, nach Keisersbergs schreibueise willforen:
in sollichem wollen den obren willforen, das wer nit recht
parad. d. sele 17', tras niciU auf faran, sondern faren zurück-
geht, und wilirahrigmonjerKsau/mM. willevaeric, tro/Ttr Lcther
Matlh. 5, 25 wilferlig, als stamme es von fahren (ire). in der
Schweiz dauert fahren, gefahren = vären bis auf den heutigen
tag. Maaier 128' hat faaren, auf ein ding faaren collimare,
der zeit faaren, der rächten zeit faaren, warnemmen, fon-
sulere tempori, seiner eeren faaren, velißcare honori suo, er
faaret der gelägenheit mit dem künig ze reden, imminet occa-
siuni alloquendi regem; Stalder 1,351 gibt gfahren, gfohren,
gefährden, Toblfr 219' gfohra und 'i gfohr mi nfid' ich nehms
nicht so genau, thcile nicht die gefahr. 'nicht gfahren mögen'
hei Alb. v. Ritte s. 29 vielleicht unrichtig erklärt. Schmeller
1, 551 nur gelaren, gefärden, färden, kein einfaches faren. ich
bin nicht gefaret, sine periculo sum. Stieler 402.
die bedcutung des ags. faeran, äfaeran terrere entfaltet sich
lacht, da die begriffe gefahr und furcht einander nahe liegen,
das engl, fear ist sotcol terrere als timere, metuere, vgl. mhd.
ervseren, nhd. erlahren (oben sp. 791) ; nnl. ist varen veraltet,
KiLiAX führt es noch für fürchten (vreezen) auf und Halma
schrieb: dat zal mij geweidig varen, verdrieszen, ärgern.
FAHREND, mobilis, movens, partidpium praes. von fahren,
ire, movere.
1) ein fahrender mann, ein reisender, vandersmann, fahrende
leute, die von einem ort zum andern ziehen, zumal beitler, schüler,
spielleute, mhd. varndiu diet, fahrendes volk;
umb ir milte fraget
varnde; volc. Walthkr 84, 18 ;
varndej wip, fröuwelin, ein herumschweifendes, liederliches
mäddien. varnde fraw, ramd weip, mima. roc. 1482 hh 4' (iro
das beigefügte 'vel mensura bladi' aber mina ist. Dcca^ge 4, 4to') ;
vgl. Haltacs 441. 442 ;
die gebüre sprechent gemeine,
ich si ein scbuoler varnde. a. v. 2,56;
ein wilder schuolxre. 2,49;
ich wil ein farnter schuler sein, fastn. 688,22;
farende schüler seind vor zeiten im land umgangen, die betten
gele gestrickte netz an dem hals, grosze leutbescheiszer.
sf/iimp/'«. erns< 1546, 31 ; die fremden geste, die in den stedten
handlung trieben und alle gehende, fahrende und lose leute.
ScntTz beschr. von Pr. 88; farende schuler. Garg. 276;
ein fahrender scolast. Götbe 12,69.
2) fahrende habe, fahrendes gut, res mobiles, ahd. faranti
scaz. sowie unfarent^ scazä, res immobiles, liegende habe; do
schuf er dem eltisten sun allej sein erib auf dem land (oben
sp. 709. 710), dem andern sun schuf er varent^ gut. geäa Rom.
Ä 52; nu wil ich alle dein hab varend und unvarend dir
nemen und im geben. 154;
Are und varnde guot. Walther 8,14;
ich wil nu teilen, e ich var,
min varnde guot und eigens vil. 60,35:
diu liebe hat ir varnde guot
also geteilet, da; ich den schaden hän. US. 1,63';
weit ir und diu muoter min
mir teilen iwer varnde habe. Parz. 9,21;
liute, laut noch varnde guot,
der decheine; mac gehelfen dir. 267, 10:
heb an und sag,
was die praut von farnder hab und gut hab. fastn. 516,33;
ligends und farends ist dahin. H. Sacbs III. 1,114*;
die klosterleut globcnd die allerstrengest armut, das sie auch
nichts farends wollen in gemeine haben. Keisersberc pred.
64'; die geistlichen sollen nichts besitzen, weder gold noch
Silber, weder farends noch ligends. Frask rhron. 378' ; er
setzte eine dreijährige schatzunge auf erbe, liegende gründe
und farende habe. Scnf}Tz Pr. 88;
die fahrend hab gat auf und ab. Garg. 89*;
liegende und fahrende habe. Wieland S, 142; den gröszten
theil seiner fahrenden habe vertheilte er unter einige andere,
1259
FAHREND — FAHRIG
FÄHRIG — FÄHRLICH
1260
die etwas zu seinem und Perisudebs andor.licn zu besitzen
würdig waren. 8,320; herzog Geihard von Schleswig so ver-
ständig war in seinem herzoglhura alle Schenkungen von
grundstücken an die todtc band zu verbieten, nur fahrende
habe offen zu lassen. Daulnan.v dän. gesch. 2, G5. da nun
fahrende habe ursprünglich in vieh bestand, so wirft dies licht auf
das "fahren' der ÜUere (sp. 1248), gleichwol Iwiszt es all», gangandi
fß, pecora, was man auf das geben der rinder bezielten dürfte.
3) fahrend, caducus, hinfällig: fahrendes, fallendes laub ;
dör (kurze sumer) brähte uns varnde bluomen unde blat.
Waltukr 13,22;
fahrender, schwindender muth:
min varende muot si abe gezelt. Dlikeb v. St. 181 ;
fahrender lohn, der niclU hinhäll, bald zerrinnt:
ein varnden lön erwürbe ich wol,
davon ich einen sumer möhte lachen,
als ich denne den erwürbe
der wa>r «instTt sam der klö,
mit den bluomen er verdürbe,
so müesi ich werben aber als 6.
nach heile müeje ej mir erpän,
i'n ^er eins varnden 16nes niht,
micn fröut noch baj ein lieber wän. MS. 1, 165';
fahrendes leid, weicliendes, jeweiliges:
der vogel süejej schallen
hat mich hügende bräht,
das min varndes leit ein teil geringet ist. 1,170*.
fahrende, dahinfahrcnde, vergehende sorge.
4) fahrende post, im gegensalz zur reitenden, in ihren fahren-
den kerkern antworteten die löwen zürnend dem schmettern
vorüber eilender posthörner. J. P. herbslbl.
FAHRENSZEIT, f, zeit, da ein pächter oder miethsmann das
grundslück, den hof wieder verlassen musz : dasz der wehrfester
auf zehn jähre für die steuern und verwirkte holzungsbrüchten
der neucinziehenden haften, und falls der heuermann sich
aufs betteln lege, denselben auf nächste fahrenszeit wegschaffen
müsse. Stüve landgem. 140.
FAHRER, m. viator, veclor, der reisende, s. kauffahrer, land-
fahrer, seefahrer, grönlandfahrer, ostindienfahrer, auch lenker
eiMS fulirwerks:
bei sa sa sa,
nun sitz ich schon da {im Schlitten).
berr fahrer, hinten daraufl
voran, du knallender reiter,
sei uns ein sichrer leiter,
fort und beginne den lauf.
Weisze briefwechsel des kinderfreundes 1,227.
FAHREREI, f. veclura: wer denkt, dasz ich gefallen an so
einer fabrerei habe, belriegt sich. TutJMMEL 5, 160.
FAHRGASSE, f via publica, in den meisten allen städlen
heisit die zum Ihor führende hauyislrasze fahrgasse.
FAHHGEUÜHU, f was das folgende.
FAHRGELD, n. porlorium, fahrlohn, fuhrlohn, auch wegegeld,
brückengeld.
FAHRGELD, n. peeunia nautae solvcnda, geld für die über-
fahrt : und da er ein schif fand, das aufs meer wolt farcn,
gab er fehrgeld und trat drein. Jona 1, 3. s. führschatz.
FAHRGELEGENHEIT, /. ein ermüdeter fuszgänger benutzt
gerne fahrgelegenbcit, um auf seinem wege weiter zu kommen.
in abgelegenen orten trift man selten fuhrgelegenheit an.
eine zurückkehrende leere kutsche ist für den Wanderer will-
kommene fahrgelegenbcit.
FAHRGE.NOSZ, m. comes, sodalis: er wird, wo nicht des
Schiffes reiter, doch sein treuer fahrgcnosz und Wächter;
auch ein feldnachbar, der zugleich oder neben einem bauer auf
den atker fährt, heiszt fahrgenosz.
FÄHRGERECHTiGKElT, /". befugnis, leule überzufahren.
FAHRGLEIS, n. orbila, wagengleis, wagenleise: staare, die
io einer reibe aus dem fahrgleis trinken, colica 233; der
strausz legt sein ei ins fabrgleis, hernach kommt die sonne
und brütet es.
FAHRHERR, m. Inhaber einer fdhre.
FAHRIG, rolucer, erpeditus, rasch, hurtig, hastig, flüchtig, bri
Maaler 134* ferig: von der band ferig und behend, jtromjilior
manu; ferige, ringe band, dextera agUis ; ferige ziing deren wol
gelöst ist, voiubilit oralor ; adv. ferig und gscliwind cursim; ein
buch ferig durcblttsen, ring dardurch fareii, gcstrackt aus. die
tpOlerm habe» u nicht, erst gegen das ende des 18 jh. erscheint
wieder, dodt ohne umlaut, fahrig: einer von uns, der fahrige
genannt, hatte ein licbcsverttändnis mit der tocbler des bauses.
OiiTHE xt, 113; mit meinem lebhaften, fahrigm und immer
ref»"'"'"' ■■ ■ ' ' ' ! 1 :. :■ .-IS starke, ge-
drängte figur war er in seinen bewegnngen heftig, etwas
fahrig in seinen äuszerungen und unstüt in seinem betragen.
25, 137 ; der junge Camper ist auch hier, ein fähiger, unter-
richteter mann, lebhaft und fahrig, an Knebel 'h; ihr zackiges,
fahriges leben ist schon jetzt merkwürdig genug und wer
ihnen nachläuft, geräth in morast. Tieck tioi». kr. 4,34; du
fahrige scidcuflocke! thou idie imraaterial skein of sieave
silk! Troilus and Cressida 5,1.
FAHRIG, 1) insidiosus, nach den bcdeutungen von fahr und
fahren == jnhd. vdr, vdren:
da; uns niht vähe dSs tiuvels list,
da behüete, siiejer gnanne, uns vor
wan er uns alze vjerec ist. Winsbeke 79, 6;
vfBrec als der slange. Georg 4154;
sie sint vrcric knchte. IIelbl. 13,142;
stricke noch aller vennevache
bin ich l'ri, daj ich da mit ie vasric
wart gein eu noch nieman
von kindes jugent über naht noch uben-i>ric.
Albr. tu. 3012,3.
alid. färic, infestus Gratf 3, 677 ; der värigo Ifiwo, dör in
weido gät. N. ps. 16, 12. nhd. nur übrig in wilirährig, dessen
sp. 1258 erwdhnung geschah.
2) forslmdnnisch, fähriges holz, fähriger wald, junges hoch
aufgeschossenes holz, dessen gipfel das t^h nicht mehr erreicht,
falls es aus värcn, in die holte streben zu erklären ist. es könnte
audt von varn, ire abstammen und auffahrend, emporwachsend
bedeuten.
FÄHRKAHN, m. kahn bei der fähre zum übersetzen.
FAHRKAPPE, f kappe der bergleute, wenn sie zur grübe fahren.
FAHRKARPFE, m. der bei der fischcrei für die führe gegeben
wird, vgl. fischerkarpfe.
FÄHRRNECHT, m. kneclü des fährherrn.
FAHRKUMMT, n. ein ledernes kummt zum fahren, im gegen-
salz zum ackcrkummt.
FAHRKUTTE, /". wie fahrkappe, anzug des bergmanns.
FAHRLÄSSIG, ncgligens, iners, gebildet wie lässig, ablässig,
unablässig, antlässig, hinlässig, nachlässig, der träge ist sich
zu bewegen, zu fahren, oder die dinge fahren Idszt, gclin wie
sie wollen? varlessig. Diefenbacii 377'; hüt dich vor disem
fulen, verlegenen dorflötschen (2, 1282) . . . das macht dich
so ganz farlessig und scbleferig. Keisersberc bilg. 142*; es
ist ir Ordnung, das ein ieglicher in dem klosler alwegen
ein nadelen bei im tragen sol, so geht elwan in ihr ca-
pitel, wenn sie alle beieinander seind, und sagt dem abt,
das er euch sein nadel zeig, so wird er sie nicht haben,
. . . denn so habt ihr ein ursach wider, ist er so farlessig
und seuinig in einem kleinen ding. seh. und ernst 1555,317;
einem bischof hat er (Carl der gr.) das bislumb strack des
andern tags, nachdem ers ihm gehen, wieder genommen,
die weil er eine grosze gastung angestellt, sich beweinet und
das h. anipt darüber verschlafen hatte, zu dem sagt er "bistu
gleich am ersten tag so fahrlässig, wie würdest du dann
erst sein, wenn du nun im bistumb würdest erwärmet und
ruhig sein?' Zinkchef apo;)WA. 1, 9(ll); so gut sie sonst zu-
vor in ihren diensten gewesen, so vergessen und fahrlässig
stund sie nachmals ihrer küchen vor. pol. slockf 79; ein
fahrlässiger mensch, ein fahrlässiges betragen.
FAHRLÄSSIGKEIT,/, ncgligenlta. Diefknhach 377*. Keisers-
berc s. d. m. 78 ; aber sie lassen es geschehen und geben inen
ursach darzu von ircr farlessigkeit wegen, narrensrh. 79' ; da
ich dann !^o viel vernommen, dasz es durch fahrlässigkeit,
Verachtung und liederlichkeit versäumt sei worden. GOrz v. B.
Hc/i44; hat, so es nachher mislingl, nicht dem glück, son-
dern seiner fahrlässigkeit die schuld beizumessen. RirscukT
Palm. 200.
FAHRLEDER, n. das artehleder der ber^euU:
FAHR LEHEN, n. ein khen, auf dem fahrziiu^ ruhen.
FAHRLEISE, f orbita, wagenleise, fahrgleis: ich liesz um
so eher aus der schrecklichen fahrleise hinabwArts ausbiegen.
Götme 30,40.
FÄHRLEUTE, pl. von föhrmann.
FÄHRLICH, periculostis, infestus, ancept, ahd. (Amiib, mkd.
vterllch: ferllche; birsen. Laiif.r 46; tüui. denn unser sii-
schlege sind fchrlicb. weish. Sal. 0,14; es ist ein fehrlicb
ding umh einen schweizer. Sir. 9,25; da nu mehr fchrlich
war zu schiffen, afmtelq. 27,19; denn es i«! fchrlich, also
mit gotles Worten spielen. Luther 3, 77*; io dic»er fobrliciien
nacht. 3, lo:/; ilr- • " ni der zeit gor fehrlich, erger-
1261
FÄHRLICH— FÄHRLICHKEIT
FÄHRLICHKEIT — FÄHRMEISTER 1262
lieh und grosze lesterange. 3,233'; diese allesampt sind in
febriichem stände. 3,329'; ein fehrlicher und verderbliclier
friede. 3,430'; denn es fehrlicher und nötiger ist bei dem
becher. 3,494'; denn es auch fehrlich ist. 4, S'; wie fehrlich
es ist im überflusz leben. 4, Sl"; diese sach ist vil gröszer
und fehrlicher gewesen. 5, 7' ; wie die welllichen stende fehr-
lich und verdampt seien. 6,9'; ist doch alle ire lere gewest,
das alle ander leienstende weltlich und fehrlich heiszen musten
und allein Ire müncherei geistlich und heilig. 6, 23'; das dem
teufel gewehret werde mit seinen fehrlichen pfeilen und an-
fecbtungen. 6,77'; wiewol es bei fehrlichen richtern ein arg-
won machen wird, das ich dis buch ürbani Regii wider die
rottengeister zu Münster geschrieben mit meiner vorrede
schmücke. 6, 315* ; sollich nacht ist den kindern gar färlich.
Frask icellb. 152';
dieselben (landsknechte) sind gar larlich leut. Uhlaüd 540;
der weg war fem und ein fehrliche reise. Mathesius 2o';
alle wachten in lägern, schanzen und andern föhrlichen orten.
KiRCBHOF mjl disc. 92;
mit mühsamer gefahr und fährlichen beschwerden,
neugierig auszuspäba und so ibr herr zu werden.
Lkssiiig 1,175;
denn ein groszes
bollwerk ist er den Griechen la diesem fährlichen kriege.
Bürger ISy*;
ob wir fährlichen krieg und wüthende schlachtea von neuem
wollen erregen, oder zu freundschaft beide vereinen? 212';
Zeus nur wendet es anders, denn der wies fäbrliche zeichen.
217';
0 wie leicht ist selbbetrug,
0 wie lahrlich der gewinn! Rcckeri ges. ged. 1,452.
.'ifi Schreibung sditcankl zwischen färlich, fährlich, ferlich und
fehrlich. heule übei-u-iegt gefährlich, iras man vergleiche.
FÄHRLICH, adv. insidiose, pericubse, mhd. veerliche, vaerlichen :
der (tiuvel) trabtet, wi^^ei wa?rlich,
wie er diu kint vaerlicb
elliu muge ertceten. jb. der berl. gen. 9,178;
ir falscher mut iuch faerlichen erfaeret. Liber 409;
du hebest dich envärlich her. Hacpt S, 92,
was aus dem adverbialischen envär gebildet ist. nhd. er feilet
fehrlicher durch solche rede, denn so er vom sölIer fiele.
Sir. 20, 19 ; wagets fehrlich gnug mit seinem predigen und
schelten. Luther 3,230;
ein ding ist fehrlich anzuheben,
wo die uatur thut widerstreben. Waldis 2,81 s. 129';
forschend stehn sie, was du unternähmest?
grosze plane, (ahrlich blutigen strausz? Göihe 3,253.
meistens steht gefährlich.
FÄHRLICHERMASZEN:
weh mir armen, ich besorg das
Phedria gar schwerlichen hasz
getragen hab fehrlicher maszen.
das ich in nlt hab eingelaszen. H. Sachs V, 214*.
FÄHRLICHKEIT, f. periculum, hat sieh in häufigerem gebrauch
erhallen als das ad}., und während wir dieses duich gefährlich
lu. ersetzen pflegen, ziehen wir ßibrliehkeit dem geHihrlichkeil
vor. die fasnacht spricht:
wo jeroant ferlichkeit zustunt
durch mein person, so wer wol recht,
das niemant mein zu gut tredecht
und aus der cristenheit mich reut,
das mich fund weder vich noch leut. fasln. 38S,28;
sich in fehrlichkcilen hegeben, reichsabsch. von Ihn. 4, b ; mer
so fürgewendt wird, der todschläger wer dem benütigcr wol
fiiglichcrweis und on ferlicheit seins leibs, lebens, ehren und
guten leumuts halben entwichen. Carolina 142 (ico die bam-
bergische halsgerichtsordn. von 1507 ort. 167 'verdligkeit' setzt,
was ganz verwerflich iit); die auf das meer faren, die sagen
von seiner fehrlichkeit, und die wirs hören, verwundern uns.
Sir. 43, 26; wer wil uns scheiden von der liebe gottes? trüb-
sal oder angst oder Verfolgung, oder hunger oder biftsze oder
fehrlichkeit oder schwort? Äwm. 8, 35 (vulg. an periculum an
gladius? golh. |)au slei|)ei, |)au hainis?); ich hab oft gereiset,
ich bin in fehiliclikeil gewesen zu wasser u. s. v. 2C^. 11, 26
{vulg. fui in itincribus saepe, pcriculis fluminum etc., golh.
vas vralödum ufla. birekeim abv6, für xivSvvoe steht dort
slei))ei, hier birekei). seltsam, dasz Lither in allen drei stellen
ferligkeil schreibt, da er doch sonst dem adj. fchrlicii gibt, die
folgenden stellen schwanken in den drucken: dadurch >iel an-
dere auch des fleiscbes fehrlichkeit fliehen. LoTHtn 3,99';
zu verhüten und zu venvaren e. f. gn. seelen fehrlichkeit.
3,171'; bei fehrlichkeit meiner seelen. 3,172'; und stehe
darauf fehrlichkeit der seelen Seligkeit. 3,263'; wie kan denn
da gute zeit sein, dar leib und seele teglich in fehrlichkeit
stehen? 3,304'; hülfe und errettung von allem Unglück und
von aller fehrlichkeit. 3, 429'; das er lang in fehrlichkeit
were. 4, 14t;" ; weil die oberkeit solches geboten hette und
die fehrlichkeit dadurch kiindte vermidden werden. 6, IS';
da zeigt er ja klerlich an, das unter den Christen das wort
und sacrament und taufe solle so in fehrlichkeit geraten,
das schwerlich jemand dadiu-ch müge selig werden. 6,85";
die leien mochten gleuben, sie empfiengen in einer gestalt
nicht so viel als in beiden, das were eine grosze fehrlich-
keit. 6,321'; in fehrlichkeiten that er gott gelübd. tische. 6'i' ;
verachtet den tod und alle fehrlichkeit. 215'; warlich ich
fürchte etwas fährlichkeit unter diesen dingen verborgen sei.
Ga/my 15S; in dieser hohen und vollen schrecklicher, groszer
fährlichkeit sachen. Kirchhof mi7. dtsc. 92; da man nicht zeit
und weil hat den fehrlichkeiten zu begegnen. Froxsperc 1, 57' ;
dorft sich bsorgen keinr fehrlichkeit,
im solt geschehen kein leid. Waldis 1,43;
förlichkeit schreibt Stieles 403;
junge gemsenböcke,
die ich mit fährlichkeit an einem thale fand.
OvERBECKS Virgil 33;
um Dindonetten, das beste mädchen der weit,
aus einer fährlichkeit zu winden. Wielajtd 4,165;
durch eine reih
von unerhörten fahrlichkelten
zu wasser und land. 4,216;
das glaub ich nach solchen ausgestandenen föhrlichkeiten I
30, 2S6 ;
bei solchen fährllchkeiten denkt ihr leicht,
dasz das verdienst sein ziel erst spät erreicht.
Götter 1, 167;
minnesold lehrt frei verachten
aller fäbrlichkeiten noth,
flammen, Wasserfluten, schlachten. BjJrger 17»;
und bringet seine alten tage in viel arbeit und fährlichkeit
zu. Clacdics 3, 121 ; von mancherlei fäbrlichkeiten mit hei-
terem ausgang. Göthe 48, 162 ; ich bin gestern noch in viel
fäbrlichkeiten kommen, muste über thür und zäune weg-
steigen, an fr. v. Stein 1, 102 ;
liebste, solche fahrlichkelten
hat dein flüchtger freund bestanden.
RüccERT ges. ged. 1,359;
dasz er unter gottes beistand zwar mit ehren bestehen und
die dame retten, aber auch irgend einer Ehrlichkeit nicht
entgehen würde um des willen, was die dame im sinn zu
thun gehabt. Eicbendorf Lucanor 12; Saxo selber hat nur
für die fäbrlichkeiten ein recht helles äuge, in welchen die
heldenbrüder Absalon und Esbern so immerdar die ersten
waren. Dahlmahn dän. gesch. l, 299.
FÄHRLOHN, m. und n.; wie fährgeld: hat ihm die taute
ein so reiches fährlohn ausgesetzt, wenn er sie gesund über-
liefert ? Tbümmel 4, 401 ;
auch noch anderes möcht ich euch gern mitbringen zum
lahrlohn. Od. 15,448.
FAHRLOS, l) erpers pericuU, gefahrlos: ein fahrloser weg.
2) erfolglos, vergeblich, fxaxjjiSios.
FAHRLOS, adv. l) tute, gefahrlos: 'faul und fahrlos* hei
Frisch 1, 239' aus Gobler reichssp. 248 ohne erklärung;
fahrlos mit dir bin ich gefahren
schon in gefahren tausendfachen.
Ri:cKERT ges. ged. 2, 449.
2) vergeblich, fiaxfJiSicos,
nicht ist, freradling, im busen ein herz mir, welches so fahrlos
brennte vor jähem zorn. Ud. 7, ;i(i9;
halten sie üppigen schmaus und Irinken des funkelnden weines
ganz fahrlos. 17, 537.
FÄHRMANN, m. nauta, ahd. ferio, mhd. verge:
frisch, fährmann, scbaf den biedcrmann hinüber I
SCHILLKR 517';
an dem groszen flusse lag in seiner hütte der alte fährmann
und schlief. Göthe 15, 210.
FAHR.MAIS, f. ein mensch mit fahrigem, unstdt zufahrenden
wesen.
FÄHRMEISTER, m. nauta. vedor: deswegen ist denn aber
auch ein tiichliger fäbrmeister höchst nöthig. der unsere
bewies kraft und gewandtheit, indem er bald hier einen vor-
1263
FAHRNÄIIE — FAHRT
FAlIftT
1264
geschobenen kies zu vermeiden, sogleich aber dort den an
steiler felswand herflutenden ström zu schnellerer fahrt kühn
zu benutzen wüste. Götbk 30, 176.
F.\HRNÄHE, f. eine zu regelmdsziger fahrt gebrauchle ndhe.
das Oppenheimer kreisbauanit schreibt unterm 7 jan. 1861 die
lieferung einer fahrnähe, im anschlag von 1960 /7.j für den dienst
der dortigen fliegenden brücke aus. s. nähe.
FAHRNIS, /■. fahrende habe: verlegt einen arrest auf ros
und fahrnis. Schweinichen 1,210; ungeacht der stattlichen
erbschaft, so an fahrnis vorhanden war. 2, 168 ; angefälie
von meiner schwieger frau nmlter, welches doch nicht am
geld, sondern fahrnis gewesen. 2, 193 ; meines bruders ver-
lassenschaft beides an fahrnis und erbe. 2, 260 ; den zwan-
zigsten Pfenning von aller fahrnus. Philandeh 1,29; eine
liste aller in jedlichem gemach, gewölbern, kellern, kästen
verbliebenen fahrnis. Hohderg 1, 18 ; in der fahrnus aber hat
das cinstandsrechl nicht, sondern allein in unbeweglichen
gutem statt. 3, 33*. fahrnis ^ör hure, faltrende dirnc. Scumiu
schw. tcb. 181.
FAHRORDNUNG, f bei posten, eisenbahnen.
FÄHRF'ACHT, m. conductio pontonis.
FÄHRPÄCHTER, m. condudor pontonis.
FÄHR PLAN, ni. wie fahrplan.
FAFIRPLATZ, m. der im Kagen für die reise bestimmte ylalz.
FÄHRPOST, f. cursus vehicularis, fahrende post.
FAHRRAUM, m. es ist hier kein fahrraum, kann hier nicht
gefahren werden.
FAHRRECHT, n. strandrecht, bergegeid für gestrandete schiffe.
FAHRRIEME. m. womit die in den berg einfahrenden knappen
ans seil geschnallt werden.
FAHRSAND, n. asclepias vincetoxicum, fr. domtevenin, giß-
wende, Schwalbenwurz, in fahrsand scheint auch ein imperativ
zu liegen und sand das gestreute giß: fahr dahin sand!
FAHRSCHACHT, wi. der schachl zum ein und ausfahren.
FÄHRSCHATZ, m. ahd. feriscaz, porlorium. Haltaüs 443.
F.\HRSCH1F, n. schif zur {^erfahrt.
FÄHRSEIL, n. woran der fährmann den nachcn leitet.
FAHRSESSEL, wi, mit kleinen rädern an den füszen, um
darauf gefahren zu werden.
F.\HRSPUR, f vetligium ferae, fährte.
FÄHRSTANGE,/", naulae contus: in der mille steht Phrontis
der Steuermann, die fährstangen bereit haltend. Güthe 44, 102.
FAHRSTEIGER, m. aufseher des grubenbaus.
FAHRSTOSZ, m. der kurze stosz oder die breite seile eines
fahrschachtes.
FAHRSTRASZE, f via publica: wenn einer soll über land
reisen, so bleib er nur auf der fahrstrasze und lasz sich
kein abweg kümmern, wegkürzer 2;
wer heute,
vom Strome fortgerissen sich ver^iszt,
wird nüclitern werden, sieht er sich allein,
nur seine unmacht fühlen und geschwind
umlenken in die alte, breitgelretne
fahrstrasze der gemeinen pllicht. Scbillkr 341*.
vgl. fahrgasse, fahrweg.
FAHRSTUHL, m. wie fahrsessel. auch der schwebende sitz
des dachdeckers am thurm heiszt so.
F.\HRT [fart], f. Her, kommt golh. nicfU vor, sondern anstatt
seiner sinjjs (doch vgl. U8far|)6 mit ahd. urfart), ahd. fart, gen.
dat. ferli, mhd. vart, verte; heute bleibt fahrt im sg. unfleclierl
{wie kraft, macht, band u. s. w.), der pl. lautet uns fahrten ;
alts. fard, gen. ferdi, ags. färd, engl, ausgestorben, mnl. vaert,
vaerde, verde, nnl. vaard oder vaart, gen. vaarde; altn. fcrd,
schw. färd, ddn. fürd und fart. die bcdeutungen entsprechen denen
von fahren und wie dieses zu gehen, steht auch fahrt zu gang.
1) fahrt, reise, mhd. komendiu vart, ankunß:
der Wirt sprach 'birre, wo! mich wart,
da{ iwer her komendiu vart
in min hü» ist gedigeu'. Wh. 135,22;
ouwö din eines liomendiu vart! 03,11 cod. m;
wii;et ir war A6 sin vart
wurde? des bewisel mich. iw. 68S8;
d6 sl d«r vart beguode. 7946;
sieb nrtCD zuo der rene die reken küene unde rieh.
Nib. 3ib,ii
nhd. er ist auch verordnet von den gemeinen zum geferlen
unser fart. 1 Cor. 8, 10, wo die beiden lelzlen worte zu enl-
btkren trdren, da sie hinreichend bezeichnet lind durclt geferle, gr.
«vphtirifiOi, vulg. comes peregrinationis, tfvth. Uii|)g!><in))a,
' mr retsegefahrte sagen fur gcfährte;
de koninc sprak 'höret mi, Reinaert,
gl moten mit uii iip de vart,
ik kan de stede allene nicht raken'. Beincke 24S2;
ich stellt mein sach auf reis und fahrt. Göthb 1, 146;
sich auf die fahrt machen, die reise antreten; das beer hat
seine fahrt angetreten, vgl. bergfahrt, himmelfahrt, höllen-
fahrt, lustfahrt, hcerfahrt, tagfahrf.
2) wasserfabrt, scefahrt:
mhd. nu hol mich hie, verge,
s<5 gib ich dir ze miete von golde ein bouc vil rdt,
ja ist mir dirre verte, da; wijjest, wirrlichen not.
MI). 14'.)0, 4;
nlid. hier war eine fahrt {Iransilus) über das wasser, aber ein
einziger kahn zum Iransport, der arme mann im Tockenb. Ibi ;
treuer lenkt des scIiilTers nudel
nicht gen norden seine fahrt.
BoiK in Voss musenalm. 1798 x. lOI ;
die niederländische für die 'grosze fahrt' bestimmte kauf-
farteiflotte. die schiffe für die 'kleine fahrt', ihre grösze ist
von 40 bis zu 255 tonnen. Weserzcilung 1853 n* 2974. ryl.
meerfahrt, seefahrt, kauffahrlei.
3) nach fahren 9, die letzte fahrt, hinfahrt, rme in die
Unterwelt :
uns ist unsers sanges meister an die vart,
den man & von der Vogelweide nande,
diu uns nach in allen ist vil unverspart.
vo;* SiKGKNBKRG bei Walther 108,6;
ganges meister lebent noch, si tjene) sint in tddes vart.
US. 2,173";
damit fuor 6r die lesten vart
dahin zuo gotes hulden. Sucusi^wirt 34,105;
mein pusz hah ich so lang gespart,
bisz ich bin auf der letzten fart. Sciiwarzskskrg 114,1;
ich red es auf mein jüngste fart. fastn. 880,13;
oß wird in Urkunden betlicuert: das es war sige {sei) bi der
varte, so er faren muoste. Schreiber Freib. urk. l, 193 {a. 1349) ;
mnl. ic mane hu bi der selver vaert,
dat ghi mi secht, Reinaert,
die hu siele varen sal,
dat ghi ons secht de waerheit al. Ileinaert 2101;
mnd. se sprak, ik vormane iu, Keinart,
up de lange hennevart,
de iuwe sele nu varen schal. Reineke 2060;
dat de schal sus gestolen wart,
des dcde min vader ene quade vart,
van desser werlde to ewigem schaden. 2ü.'>2;
und dasz man ihn stahl, das brachte denn leider
meinen eigenen vater in grosze nMhcn, es bracht ihn
frühe zur traurigen fahrt, vielleicht zu ewigem schaden.
GöTiiB 40, 70.
4) fahrt, facinus: da sie aber selbiges orls keinen kriif-
ligen beistand wüsten, lieszen sich die bubcn, ihre racbgier
auf frischer fahrt auszuüben vor diesesinahl vergehen. )V/-
scnb. 2,15; ich will mich mit dem bericht, wie es denen auf
frischer fahrt ertappten erzdicben ferner ergangen vorilzo
nicht aufhalten. 2, 504. wie es sonst heiszt auf frischer that.
diese redensarl dient also den Zusammenhang zwisclien fahrt und
that (sp. 124S) zu bcsldligen.
5) fahrt, Strömung, getvalt des gewdssers : jetzt stieg das wasser
mit noch grCtszerer fahrt, als womit es gefallen war. es lief
sogleich wieder hinaus mit erstaunlicher fahrt. Weicneitung
1S53 n' 2932. älinlich die fahrt des feucrs, der flamme :
hat die liebe feuers art,
weil sie hitzt und brennt,
wie, dasz ihrer flammen fahrt
sich thalein (hernieder) denn wcndt? Lociu 1,12.
6) fahrt, ferae vestigtum, weil, wie wir sp. 1248 sahen, das
wild fährt;
i\6 sprach der hArre Sifrit 'ich hin dar hunde r&t,
wan einen hrnckcn, der sA penojjen hftt,
dag er die verte erkenne d<'r tiere durch den tan'.
Aifc. 875,3;
tthr oft in Labebs jagdgtdicht, :. b.
ich wil hin nach dör ferte jagen. IS5;
tl mag die fart üf uns her wider bouwen. 221 ;
sw6r vil mit WAgen (einem humt) wil die fart eroiuwen. 2'>»;
und besonders im pl.
wil ^r nAch allen ferten balde abe stdjon. 48;
Ä *r gerecht vcrniuwe
die fürt, durch die er alle forte midet. &1;
du findest ferte niuwe,
die sich in ougen sOe{en. 52;
die ungebahnte bahn, der wilden tbiere fahrt. Omi 1,1.
die fahrt, noch rerschitdentUch bei Huhberc im 12 buch dt*
zweÜtn lluil», wditrend sunJ nhd. der num. »y, labil.' lurwteyl.
1265
FAHRT
FAHRTAG — FAHRWEG
1266
nach der fahrt wird weidmännisch das zeichen der Ihiere erkannt:
item, wo der hirsch nur stallet, so stallet er allwegen neben
aus, 'aus der fahrt', recht als ein hund, davon das zeichen
heiszt hunds, wolfs, aber das eine fut hat, das seichet eben
'in die fahrt' und in den weg. Bechers Jäger cab. 42; wenn
man einen alten hirsch erkennen wil, sol man auf die grosze
breite fart achtung geben. Feyerabexd jagd u. iveidwerk 36".
auch die gänge im bau des dachses, fuclises, maulwurfs heiszen
fährte oder fahrten, vgl. mhd. tib. 3, 252*.
7) fahrt, die leitet auf welcher der bergmann ein und aufsteigt.
scalae, farten. Golii onomast. 15S2 sp. 75 ;
oftmals stürzt er herab von halbvermoderten fahrten.
Zachariü tagsz. 2,71.
im Erzgebirge überhaupt fahrt für leiter.
8) nach allen diesen sinnlichen bedeutungen lassen sich auch
bildliche und abgezogne erwarten:
das er muoj läjen wilde vart. Blieer v. St. 182;
unz si mich brähte üf die vart {dabin)
daj ich ir nach jehnde wart. Itc. 29S6;
DU grifwir wider an die vart. Er. 1837 ;
nhJ. in deim beruf dein gwissen halt
in gotiesfurcht, es gschicht sonst bald,
das man glaub und gewissen zart
verletzt, und kömpt auf böse fart.
Seläeccer psalmen u. kircliengesenge. I.pz. 15S7 s. 418;
ist er aufgeblasen und schneller fahrt, so lauft man von ihm
weg. pers. baumg. 7, 29 ;
ich weisz die göldne frucht, ich weisz die reichen fahrten,
da was man darf mau holt. Logau 2,42;
freude, die gezwungen ist, geht in schwerer fahrt. 2, 78, 99 ;
seine band leg an den pflüg, wer dazu berufen ward,
wer vergebens sitzt und fault, kömpt zuletzt auf breite fahrt.
2,201,33;
wann mich gott für schänden dort und für schänden hier be-
wahrt,
wann er an mir seelenbrot, wann er mundbrot nur nicht spart,
geht mein glücke, wie ich wil, in der allerbesten fahrt.
2,238,172.
9) auf der fahrt bedeutet auf der stelle, alsobald, ülico, sur
le champ, wie äch schon nach mhd. Sprachgebrauch {wb. 3,252)
annehmen liesze:
wan si leider üf der vart
von der reise siech wart. Iw. 6043,
da es sonst neben von der reise überflösse, deutlicher
üf der vart kam er ze hant. Bon. 39,7;
mnd. do her Zeno kam up de erde,
se koren on up der verde. Zeno 876;
he vel vor ore vote rechte
un sloch sin hovet up der vart
gar legen de erden hart. Marina 274.
nhd, Woltrost man mich, gut bruder, nent,
sag mir doch auch deins namen art.
ich antwort im auf diser fart,
Hans Unmut auch mein namen haiszt. Schwarzenberg 151*;
den Woltrost bat ich auf der fart
mir nennen dise widerpart. 153';
mit groszen ehren diser fart {dieses mal)
herr Johann Gösel doctor wart. Scbhelzl lobspruch 81;
ob gleich der Jupiter was langsam urtheil spricht
und nicht stracks auf der fahrt nach einer jeden Sünden
mit donnerkeilen wil die heisze luft entzünden,
so denkt er doch sehr weit, die Themis schreibt es an.
Opitz 2,53.
10) ictr ziehen heute allzumal, zumal vor, wie denn die aus-
drücke sin{), fahrt, stunde, zeit, mal {gramm. 3, 230 — 33) sich
in gleichem sinn mit ein, ander, all verbinden, einmal, ein oder
zweimal, allemal:
man musz euch ^in fart oder zwirnt inn lischpach tragee.
fustn. (jtiü, 3o;
lieber vater, mein gewonheit ist zu dem minsten die wochen
ein fart ze peichten, wie wol ich oft mich mer gepeicht han.
Steinhöwel dec. 22,27; ein geselschaft von fünfundzweinzig
person machten, die sich zu dem minsten des monets i\a
fart pei einander funden. 531.30;
ein guten acker hat sie dabei ligen,
er ist einer solchen guten art,
er tungt sich selber alle fart. fastn. 517,13;
so spricht sie wieder an der fart {nochmals). Ekvn 8,513;
die (mngd und knecht) musz ich haben alle fart
zu meiner pfleg und tägling wart. H. Sachs III. 2,31*;
da kömpt der herr zur andern fart,
sich ihnen wieder offenbart. Rüigwald evang. ik'*;
ein ander fart. H5';
zu jeder fart. laut, learh. 206.229.242 und oft.
11) ungewöhnlich und erst späterhin findet sich auch fahrt für
fahmis, fahrende habe: sich mit hab und fahrt, mit herz und
seele hingeben. Kliscer 1,421; hab und fahrt verprassen.
III.
3, 94 ; vor einiger zeit brannten häuser mit habe, fahrt und
der eingeführten ernte ab. 8, 44.
FAHRTAG, m. dies, tempus migrationis, lag der abreise, altn.
fardagi, schw. fardag.
FÄHRTE, f. was fahrt 6. als steh die alle flexion des gen.
dat. sg. verlor und einförmiges fahrt eingetreten war, setzte man
für die haßenden redensarten zu der fährte, ein zeichen der
fährte i*. s. w. nun auch einen nom. acc. fährte an, welcher die
organiscite form fahrt verdrängte, neben dem unveränderlichen
sg. fahrt Her festigte sich also ein gleich unveränderliches fährte
vesligium, während dcLS alte vart gen. verte in beiden bedeutungen
galt, die fährte wird der ort genennet, wo der hirsch hin-
getreten hat. Dübel 1,17';
Wala und Kaimes, der in der färte des urs,
imd der geboren in der ulme kühlung, beide führer der scharen !
Klopstock 9, 2ü4;
segne die brüder der jagd
auf der fährte des wilds. Götue 2,66;
er sollte zugleich wie der stier am pOuge ziehen, wie der
hund sich auf eine fährte gewöhnen? 18,129; meine spür-
kraft gieng auf dieser fährte. 24, 108 ; lasz sehn, ob ich auf
der rechten fährte bin. Fr. Müller 2, 66 ; überall folgen spuren
unsrer fährte. 3, 2S3 ;
des geistes gicht,
die schwermuth, hinket
mit schwerem tritt,
zählt ihre fährten
bei jedem schritt. Kl. Schmidt poef. br. 11;
zerhärmt in sich sein herz, und mied
der menschen fährten überall umher. Bcbcer 171*;
(der sterblichen pfade vermeidend. Voss //. 6,202);
so sprach ich oft und zog allein
des raubthiers fährte zu erkunden. Schiller 65';
und lief nach deinen fährten, edles wild. Uulamds Ernst 55;
auf des entflohnen glückes dunklen fährten.
Lenac neuere ged. 206 ;
auf keine fährte stöszl mein spürend aug. Plates 200';
dasz sich sein blut abkühle, dasz er nicht
auf eines mädchens fährte läuft, anstatt
zum schütz des volks dem lande vorzustehn. 233';
hat der hund mir angeschlagen, es nahe sich einer auf heim-
licher fährte, dem mein herz entgegenschlägt? Bettixa Ja^
buch 53. man sagt der hund findet die fährte, hat sie, nimmt
sie an, folgt ihr, verliert sie.
FÄHRTEXLACT, weidmännisch, wenn ein hund schon bei der
gefundnen fährte laut wird.
FÄHRTGERECHT, wenn er die fährten recht erkennt.
FAHRTHASPE, f bergmännisch, haspe zur befestung der fahrten.
FAHRTkUNST, f. mechanische Vorrichtung, um in die schachte
auf einem knebel, knecht oder saltel sitzend hinabzulassen oder
heraufzuziehen. Scheüchenstüel s. 72.
FAHRTMESSER, m. Werkzeug zum messen eines wegs, wegmesser.
FAHRTMÜDE, itinere fessus, wegemüde:
mhd. sine wollen ninder fürhaj varen
mit ir vartmüeden scharen. Wh. 302,24;
ahd. lesan wir thaj Tuori
ther heilant lärtmuodi.
FAHRTRENSE, f. trense am pferdezaum. s. trense.
FAHRTSCHENKEL, m. die bäume der bergmännisclien leiler,
worin die sjyrossen befestigt sind.
FAHRTSPROSSE, f sprosse der fahrt oder leiler.
FAHRVOLL, periculosus, gefahrroll:
auf fahrvollem passe reiche mir die band.
RiicKERT yes. yed. 2, 445.
FAHRWÄGELCHEN, n. er schnitzte und drechselte den
kindern, stall sie zu unterrichten, artige püppchen, baute
ihnen fahrwägelchen. Weisze kinderfr. 12, 121.
FAHRWASSER, n. aqua navigabilis, in den flüssen und strömen
der zur fahrt geeignete strich, durchdämmung der prielen oder
spranten, wie wir die bei der ebbe nicht austrocknenden
kleinen arme der fahrwässer nennen. Niebühr ki. sehr. 1,69;
einem breites fahrwässer gestatten, ihm freie hand, weilen
Spielraum lassen; jetzt kommt er in sein fahrwässer, ist in
seinem fahrwässer.
FAHRWEG, m. via publica, fahrstrasze:
unser drei an eim farweg lagen,
da kam einer mit einem wagen,
das pain zoch ich iiit an mich schir,
darumb für er darüber mir. fastn. 565,11.
bildlich, was du mir künftig magst
zu hinterbringen haben, sprich es nie
mit sllhen au-<, venrau es nie den iippen,
den allgemeinen führweg der gedaoken
betrete deine zeituug nicht! Scuilusr 2öS'.
80
1267
FAHRWIND — FALB
FALB— FALBEL
1268
FAHRWIND, m. venius secundus, ovqos, bei den Griechen
meistens von Zeus, bei unsern vor fahren von Wuolan erregt,
daher Wunschwind {mylhol. 136), altn. Oskabyrr,
fern so weit, als etwa den tag ein geräumiges mecrschif
segelte, wann mit geräusch i'abrwind anwehte von hinten.
Od. 4, 357 ;
all ich Tollbracht, da kehrt ich zurück, und es sandten mir
fahrwind
himmlische, welche mich bald zum Taterlande gefübret.
4,5S5;
uns nun liesz in die segel des scbwarzgeschnSbelten schilTes
fahrwind, schwellendes Hauchs, nachwehen als guten begieiter
Kirke die schöngelockte, die hehre melodische göttin. 11,7.
Ki^y-Tj mahnend an Herkja, Herche, Helche {myth. 232). bildlich :
lob ist zwar freilich ein herlicher fahrwind in die segel jedes
biedermanns, aber wie oft treibts nicht auch auf klippen. Bürger.
FäHRWOL, n. vale, lebewol, den imperativ {sp. 1253) substan-
tivisch genommen, engl, the farcwell:
manches fahrwol noch nachgerufen, noch manches gedenkmein
nachgewinkt aus der fern mit weiszen, flatternden tüchern.
KOSEGARTKN ekl. 6, (>3.
FAHRZEIT, /. 1) die bestimmte zeit zur abfahrt der süge auf
posten und bei eisenbahnen: die fahrzeit ist um 12 uhr.
2) die dauer der fahrt: die fahrzeit verlängert sich durch
den umweg eine ganze stunde.
FAHRZEUG, n. vehiculum, navigium, zu lande oder zu wasser,
nnl. vaartuig: mit allem fahrzeuge. Lohenst. Arm. 1,225;
Tergebens stumpft er sich
die äugen ab, im schosz der grenzenlosen höhen
mit angestrengtem blick ein fabrzeug zu erspähen.
WiKLAND Oberon 7,93;
wehe dem fahrzeug, das, jetzt unterwegs
in dieser furchtbarn wiege wird gewiegt! Schilikr 539';
wenn die finstern stürme walten
und das morsche fabrzeug bricht. Tiedgk clegieen 1, 103.
FAHRZINS, m. census progressivus, ein zins, welcher steigt,
venn er nirhl rechtzeitig erlegt wurde.
F.UIRZOLL, m. bei einer fähre zu entrichten.
FAHSTRICK, m. laqueus, tendicula. Serra.nos synon. «4*.
s. fangsirick, fallstrick.
FAHCNG, f. caplura, comprehensio. Stieler 395: wer hatte
mir gesagt, dasz ein gott im himmel wäre, wann keine krieger
meines knans haus zernichtet und mich durch solche fahung
unter die leut gezwungen hätten? Simpl. K. 45.
FAHUNGSSTRICK, m. wie fahstrick:
im fahungsstrick,
0 ungelück!
da lag sie ganz umschlossen. Reinke fuchs. 1650 ;. 95.
FAIM, spuma, s. feim.
FAISCH, cruor, s. feisch.
F.\L, error, menda, s. fehl.
FALADIRIDON, in einem ß. hl. um 1620, mhd. faladariturei !
MS. 1,45*. sonst falladerallala! u.s.w.
FALAND, m. malus genius, diabolus, mhd. välanl, sonst auch
foland, Toland oder blosz fahl, phol. vgl. mylhol. 943. 944.
FALB, luridus, gilvus, subflavus, ahd. falo falawes, mhd. val
Talwes, ags. fealo fealevcs, altn. fölr, lit. palvas, einerlei mit
faiil. nach mhd. val bildete sich, mit eingcfchalletcm dehnzeichen,
fahl, nach mhd. valwer, ohne dehnung, falber und auslautend
falb, wie aus gel gelb, aus var färb, aus swalwe schwalbe,
während aus kai kalwes ntir kahl, kein kalb wurde, in der
bedeulung eigeullirh kein unterschied beider formen, doch hat man
sich an die eine oder die andern in gewissen anurndungen gewöhnt.
falb klingt etwas vornehmer, hiiher.
1) falb ton haar und gepcder: sihet aber der priesler, das
das har nicht falb ist. ^ Mos. 13,31; und falb bar daselbst
aufgangen ist. 13, 37 ; durch falb haar wird das falb herz
erkannt. Paracelsus 2, 390'; mhd. valevahs, blondyelocIU;
wollt sie wAr meine braut I
Ja wol, die blonde, die falbe!
lie flttigt (0 zierlich wie die schwalbe. GöniE 3,155;
heute heiszt es meistens blond ;
wie wenn Pandareo« tochlcr, die nachtigall, falbe« gefleders,
holden geiaag anhebt in des frühlings junger erneuung.
Od. 19,518,
xiMprjle aT}B(ov. zumal gern von fferden, vgl. apfcigrau, ags.
appelfealo. den redcnsarlcn vom fahlen liengsl (sp. 12401 sind
folgende ganz gleich: einem den falben hengst strichen oder
feddcr lesen. KEisKRüiiERr. jiost. 3,43;
den filwen h^n?<t irlntt kennen utrclchlen. trag. Joh. K4;
den falben )>• l haut HH);
mit ilrn wori' i
Jtuwl_^r wol il... .Uno. Teuerdank W.Wj
das sOsz umbs maul streichen, den falben hcngsl streichen.
FuANK sprichir. 1,20*; muli citius loquentur. du heltests so-
bald nit auf einem falben hengst erritlen. 2,53";
auf meim falben röslcin erreit. H. Sacus iV. 3,61';
den falben hengst reiten, adulationem inducere. Jac. Meier adagia
57; den falben hengst streichen, os sublinere. Frisch 1,241';
musz loben das er schelten sol,
denn ohrenkrauwen thut gar wol,
den falben hengst nach willen streicheln.
KiRcuHOF wendunm. 43'.
2) vom bleichenden grün, von der herbstlichen färbe:
der erden schöner schmuck
grün, gelb, falb oder weisz. Wkckhehlin 270;
die äste stunden kahl, das falbe gras erstarb.
Grtpuii's 2,54;
ein fuchs, der auf die beute gieng,
traf einen weinstock an, der voll von falben irauben
um einen hohen ulmbaum hieng.
sie schienen gut genug, die kunst war, abzuklauben.
Hallers (jrd. 210,
es scheinen reifende, sich bräunende gemeint, oder uvae helvolae,
quae colorem habeiit medium inier purpureum et nigrum?
soll ich mich des grünen freuen,
dem ich schatten erst verdankt?
bald wird stürm auch das zerstreuen,
wenn es falb im herbst geschwankt. Göthb 1, 132 x= 3, S7;
was der sommer reift und rötbct
sinkt vom falben herbst getödtet.
BoiB im musenalm. t7S9 s. 102;
und wenn es ihm auch nur war, was ein falbes blatt ist, das
der wind vor seinen füszcn hinwirbelt. Bettina tagebuch 204.
3) t'on der haut, die ihre rölhe verliert, von der grauen erde
sieht lieber fahl :
er noch beide lefzen rühret,
beide lefzen, bleich und fahl.
ach üir seine lefzen beiden,
beide purpurschwcsterlein,
auch der falbe tod bestreichet,
färbet euch mit bleicher noth. Spu (ru<2n. 233;
als sie in eine t'ödtliche krankheit gefallen, hat sie stets
gesagt, es würde zum tode keine noth haben, bis sie end-
lich gemerket, dasz dieser falbe postreuter vorhanden wäre.
ScRivER goldpredigten 30; jene verdorrten, falben menschen.
J. P. Hesp. vorr. xx ;
ein falber staub. Zachariä 1, 120.
4) von dem malten licht : wie angenehm der falbe mond-
glanz zwischen den bäumen dort unten. Fr. M15ller 3.164,
soweit wir bei falbem licht umhersahen. Göthk 30,96;
der felsen hörncr bleicht ein falbes licht,
wie vollmondglanz in dunkle klosterhallen
durch trübe Scheiben bricht. Mattuissok 199.
6) den wahren glänz erkauft kein falber schätz (gold).
Dusch verm. wrrkc 412;
der lange Türke trinkt im falben burgundcr die gesundheit
des allerchristiichstcn königs. ThCmmel ]Vilhelmine 1764. 87.
FALBBÄRTIG: die Sachsenkeiles falbbärtig, weil sie hier
saufen. Garg. 212*.
FALBE, m. equus gilvus, it. cavallo falbe, zuweilen auch
f. equa, vacca,
ein falbe schleifet {im schlitlen) den vierten,
ein püppcben siegwartschen gcsichts.
KRETsciiaA?!:« launcn 1,70.
FALBEL, f. limbus, lacinia vesli assula, sp. falbalä f., far-
balä, farfalä (Diez 137), fr. falbala m., deutscher falle oder
mM. g^re, engl, furbelow. in Ll'tiiers tischr. 60* heiszt es ton
den adlichen: sie scharren und kratzen, wuchern und sind
in dem umbschlage und haben dns falbel, denn sie wölleu
irc kinder zu fürslen und herren machen; kann der sinn
sein, sie tragen Umschlag und falbel?
mit welchem ernst er den anfnng der zierlichsten wade be-
trachtet,
den ihm, verschönert vom dämmernden licht,
ein Amor, luiter den fälbeln von ihrem rocke verstecket,
80 wie sie zurück gelehtit sitzt, mit schlauem lächeln entdecket.
WlKLAND 4, 12.
GiiTHE 57,100 nach der französischen form: wir halten keine
falbalas zu zerreiszen, keine blonden zu verschmutzen.
FALBEL, m. gutmütig von einem men-^chen, etwa wie zipfel :
der blinde war ein schlechter falbel. Witzenbürger 3, 13 ; ach
du schlechter falbel! 3,54; o du armer falbel! Meianokr
2 n*355; diese beede hielten den guten falbel mit ihrem ge-
spräch über die vier ganzer stunden auf. Arftim /iHrrfi.«/iir.,W 70.
FALBEL, n. rpilcpsia: 'das falbel gehe dich an I ' nUn reden
die Sach'ien und Dilriiiger, sonst soll es heiszen 'das fallend
übel', morbus couiilialis. Achicola «;>r. 475, die fallende sucht,
das faltende lad (mylh. Ilto), gekürzt aus fallilbel? Al»kri!S lex.
beim Wort trieb: elimo, extenaino, ich Ireib für laufend faibcL
1269
FALBELN— FALK
FALK — FALKENGESCHÜHE
1270
das wird der ritt und falbel walten. Haiskcciüs Hansoframea 1, 4 ;
komm dichs falbel an! 2,2;
und hab dirs falbel auf den köpf! Gilhüsics 148;
steig herab ins falbeis namenl eselkönüj 317.
FALBELN, FÄLBELN, jAicare, in falten ziehen: der wirth
ringelte und fälbelte sein gesiclit. J. P. lit. nachlasz 4,172;
gefälbeltes kleid.
FALBEN. 1) flarescere, ahd. falawen, mhd. valwen, ags. feal-
Tian : ahd. daj loub falewet ;
mhd. nu siht man aber die beide val,
nu siht man valwen grüenen walt. Neifkn 29,37;
05 valwent liehtiu bluomen üf der beide. MS. 1,4';
waj darumbe, valwent grüene beide? MSF. 169,11;
und valwet oben der walt. HS. 1, 41*;
8w6r hiure schallet und ist hin ze järe bopse als 6,
des lop gruonet unde valwet so der klß. Walth. 35,14;
iezuDt falnel der walt
und ist rehte in der zit,
dd da? holz wider git
sin loup dem winter durch getwanc. Geo. 202t ;
nhd. schau, wie diese gräslein falben. Birkkn OL. 303;
die blatter falben schon. Herder 3, 131.
2) Ir. falben, falb machen, vgL entfalben sp. 513.
3) refl. sich falben,
tief falbte die rosichte haut sich. Bcrger 225',
/isXnirero Si XQÖa xnXöv. IL 5, 354.
FALBEN, flavum reddere: der anhaltende regen fälble
das laub;
nihtl. diu höhvart velwet ören iwi. WinsbeÄi« 4,7.
FALBENBOCK, m. equiselum, iTiTtovQts, sonst auch schaft-
heu, pferdeschwanz, fr. qiieue de cheval, it. coda cavallina,
also herzuleiten von falbe equus gilvus und rock colus, weU pferde-
schwanz einem siAnnrocken ähnelt, daher auch nd. duwenwocke,
duwok (Schambach 53') und nortveg. kjeringerok (.\asen 215').
F.\LBEU, Salix, s. felber.
FALBIG, ftarens:
nur entblätterte bäume sind häsziich,
häs7lich das ros, dem mahne den falbigen nacken nicht einhüllt,
colla flavetiiia Ov. met. 13, 848. Voss »* 54, 91.
FÄLBINGER, j. felbinger.
FÄLBEIN, n. name für pferd und rind. fastn. 248,5. Kelleb
erz. 205. 36.
FALDRI.AN statt baldrian, wie felche für belebe u. o. m.
schreibt z. b. Hohberg 1, 242' in faldriangeist, faldrianwasser.
FALGEN. s. feigen.
FALK, FALKE, m. ahd. falcho, mhd. valke, nnl valk, alln.
faiki, schw. dän. falk, engl, falcon, it. falcone, fr. faucon, sp.
halcon, alle nach dem lat. falco. unser eigentlicher jagdvogel
icar der habich, habicht, welchem ir. seabhac, welsches hebog
entsprechen und sowol falk als habicht bedeuten; doch giU auch
welsches gwalch, ags. vealbhafoc, das zu altn. valr, falco stim-
mend, ein Zeugnis für die berührung der laute gw, f und y ist.
schon frühe begegnet der mannsname Falacho (Förstemann 1, 397),
der sich vielleicht anders deuten liesze {GDS. 631), doch aus dem
ags. namen Veslerfalcna, söhn des Sjefugel (schwan) bestärkt wird,
mit falco scheint das sl. sokor', lit. sakalah, nach leichler Um-
stellung und vertausdiung des f mit s verwandt, ob auch skr.
?akunas, gakiini, welchem auch lat. ciconia vergleichbar? den
falken bezeichnet schon patri d. i. vogel überhaupt, die alte etymo-
logie falco ron falx, sichel, wegen der krummen krallen (DiEZ
137), Idszt sich immer noch hören.
1) der falke streicht und schlägt, hurtet und stöszt, läszt
seine scharfen, glänzenden äugen schweifen, sitzt auf der
Stange, fällt in ein ander land, wird gezogen {gezähmt, zur
jagd abgericIUet) , geStzt, gelockt, in seine flügel wird gold,
um seine fü?ze ein rieme gewunden :
mhd. Artus valke al mite streich,
da wol tusent gense lägen,
da wart ein michel gägen.
mit hurte vloug er under sie,
der valke, und sluog ir eine hie,
daj sim harte küme enbrast. Pan. 282,12;
tt troumde Kriemhilde in tugenden der si pQac
wie si einen valken wilden züge manegen tac. Nib. 13,2;
loh zöch mir einen valken möre danne ein iär.
dö ich in gezamete als ich in wolte hän
und ich im sin gevidere mit golde wol bewant,
er buop sich üf vil höhe und llouc in anderiu lant.
Sit sach ich den valken schöne fliegen,
ir fuorte an sincm fuo^e sidine riemen,
und was im sin gevidere alröt guldin.
Kot sende si zesamene die gerne geliebe wellen sin.
• USF. 9.9;
6j stuont ein frouwe alleine
und warte über beide
unde warte ir liebe,
so gesach sie valken fliegen,
'so wol dir, valke, da; du bist,
du Dingest swar dir liep ist'. 37, 7 ;
da wseren valken veile
und ander sch'Ene vederspil. Trist. 66,6;
si liej ir ougen umbe gän
als der valke üf dem aste. 277,3;
ja brinnent ime diu ougen sin
rehte in sime houbet
also eime wilden falkelin. Morolt 2166;
n/irf. so lasz dein äugen umbher gehn,
gleichwie man thut vom falken sehn, grobianus 233';
der fürst ist hinder dir und jagt so hurtig nach,
als der geschwinde falk den tauben an der bach.
Grtphius 1, 55;
die äugen, die vormals als die falken hier und dorthin ge-
flogen, werden dunkel und verglasen sich. Ett^ers hebamme
802; ich merkts aber gleich und habe wie dn falke achtung
gegeben, dasz er mir dem mädchen nicht gar zu nahe kömmt.
Weisze kom. opern 3, 1S2; da ich gewohnt war wie ein falke
das gesinde zu beobachten. Göthe 40, 49, es heiszl sonst auf-
passen wie eine dohle;
die Waldungen leben,
und adler und falken und hahichte schweben
und wiegen die flügel im blendenden strahl. Schilleb 9*.
man sagte 'den falken streichen' für schmeicheln:
imd must den falken künnen streichen.
H. Sachs I, 257». 542«. (ed. 155S) = 189*. 405' (1589) ;
er kont den falken gar wol streichen. lY. 3, 7'. 73' (1578)
und vfler, kän Schreibfehler ßr das gleich berechtigte 'den falben
streichen', irie sonst auch 'den fuchsschwanz streichen', s. falke 4.
2) auffallend ein Sprichwort:
hoc vulgus fatur, quod corpus falco vocatur. der leib heiszet falk.
Gartneri prorer6ia/ia dicteria (zuerst 157S) s. 25*. 119*
und daraus Henisch 979, 39 ; nnl. \ lijf heet valk. Grüter
prm>. belg. 1,113 und danach: het lijf heet valk. Harrebomee
2,30' mit der erklärung: dat wil zeggen, het leven is voor
den mensch van de grootste waarde. lijf geldt hier voor
leven. de valk is een edele vogel. ungefähr mie: der leib
ist das hauptgut.
3) ein grobes geschütz hiesz ehmals falk, falkaune, falkanet,
vgl. falkonet. das vierd und letzt geschlecht des feldgeschütz
ist ein falka und auf unser sprach falkanet genant , die
scheuszet gewönlich 2 pfund blei. Fronsperg 1, 72*.
4) falke wird, wie sonst falbe, pferden und ochsen zu namen
gegeben. Frommasn 6, 232. bekannt ist Falke Dietrichs ros.
FALKAüNE, f. gebildet wie kartaune, posaune. Fronsperg
1, 72' schreibt falchana: das dritt geschlecht des feldgeschützes
ist ein falchana, so man ein halbe schlangen nennt und
scheuszt ungefehrlich 4 oder 5 pfund eisen, der name ist
offenbar vom falken entnommen, der gleich der kugel durch die
luft fliegt, vgl. schlänge, nachtigall «. a. m.
FÄLKCHEN, n. kleiner, junger falk, fedco palumbarius, nnl.
valkje.
FALKENACGE, n. scharfes äuge, wie adlerauge : er sieht mit
falkenaugen. Moser 4, 84 ;
und dennoch, zweiflerin, bewacht
dein falkenauge mich getreuen?
kaust, wenn ein mädchen mit mir lacht,
mir kaum, dem mädchen nie verzeihen? Gökikge 1,87;
er umgab die kirche mit allerlei falkenaugen. J. P. uns. löge
1, 104. in den serbischen liedern ofl oko sokolovo schmeichelname.
FALKENÄUGLEIN, n. falkenäuglein schieszen lassen, gro-
biantis 109*.
FALKENBEIZE, f. jagd mü falken.
FALKENBLICK, m. wie falkenauge:
aufs neue wird der ganze felsenrücken,
wird jeJor 'vinkel, jeder Strauch,
der ihn vielleicht versteckt, durchsucht mit falkenbUcken.
Ofteron 9, 51 ;
wer sieht so scharf, so tief,
wer anders als der falkenblick der liebe? Schillkr . . .;
der falkenblick dieses spürers verfehlte auch hier seinen
mann nicht. 7ll'.
FALKENEÜLE, f. strix acäpUrina. ein bekannter sprucli:
wer keinen falken hat, musz mit culen beizen.
FALKENFLCGEL, m. schnellen flug bezeichnend: die falken-
flügel fröhlicher stunden, i.?. uns. löge 3,106.
FALKENGESCHÜHE, n. das geriem für die ffuze zahmer falken.
80*
1271
FALKENHAUBE — FALL
FALL
1272
FALKENHAUBE, f. velamen ocuüs falconuni objeäum: dasz
wir von seinen äugen die falker haube abthaten. J. P. teu-
felsp. 1,52.
FALKENHELL, clarissime:
mein äuge srhoute falkenhell
durch meileulange räume. Bdrgrr 6'.
FALKENHOF, m. gebdude zur abrichtung der fdken.
FALKEMER, m. (alconariuSj fr. fauconnier, s. falkner.
FALKENJAGD, /.
als wären wir an einem schönen tag
hinaus geritten auf die Talltenjagd. Uulands Ernst 54.
FALKENJL'NGE, m. lehrjunge des falkners.
FALKE.NKAPPE, /". was falkenbaube.
FALKE.NMEISTER, m. der dem falkenhof vorsteht.
FALKENPILLE, f kügelclien aus ftaclisuerk, die mit fleisch
umliülH den fdken eingegeben werden.
FALKENBECHT, n. das die falken betreffende recht.
FALKENKIEME, m. lorum pedes falconum alligans.
FALKENSCIIELLE, f schelle an den füszen des Jagdfalken.
FALKENSCHLAG, m. herabfliegen des falken aus der luß.
FALKE.NSCHUH. m. einer der falkenriemen. s. falkengeschühe.
FALKENSTANGE, f.
FALKENSTOSZ, m. l) niederfahren des falken auf seine heuie.
2) neii zum falken fang.
FALKENWÄRTER, f». custos falconum.
FALKENWEG, m. volalus, ascensus falconum.
FÄLKLEIN, fi. fdlkchen.
FALKNER, m. falconarius, oft auch zum eigennamen geworden :
mhd. japer unde valkener,
des iiüneges amptman, dirre und der,
die huoben üf die sträje sich. Heinrichs Trist. 4361 ;
wir baben Hansen Sirattner unserm valkner, aus gnaden
und sein verdienens willen einen wappenbrief frei zu schen-
ken und zu geben zugesagt. Chmel urk. Maximilians p. 94
(o. 149G);
wolt ir mit auf das jäid hinaus,
oder ein weil zum ringlein rennen, •
oder sehen schöns feurwerk brennen
und wie die falkuer mit falken beiszen? Atrrr 179";
Tür ein falkner gab er sich aus. 355".
FALKNEREI, f l) die kunst falken abzuriMen.
2) tra.< falkenhof.
FALKNEHKLNST, f. wie falknerei 1.
F.\LKO.\ET, n. kleine falkaune.
FALL, m. pl. fälle, casus, lapsus, ruina, von fallen, cadere,
labi, ruere. nicht golhisch, wo drus und driusö von driusan ;
ahd. fal, falles, früher wol fallu, nach dem dat. fona falliu
ZH schlieszen, mhd. val, valles; dls. fal, falles, nnl. val, vals;
ags. feal, fealles, engl, fall; alln. schw. fall n., ddn. fald.
1) sinnlich,
a) ruina, slurz, ein fall: da nu ein plalzregen fiel und kam
ein gewesser und vvebeten die winde und slieszen an das
haus, da fiel es und thal einen groszen fall {did. inti ij fiel
inti was sin fal niichil, ags. and |)ät hfts feoll, and bis hryre
Täs micel, goth. jab gadraus, jah vas drus is mikils). Matlh.
7, 27. man sagt, das haus droht den fall, steht auf den {oder
dem) fall;
die weit fault in sich selbst und ihre sitten stinken,
ihr baus steht auf dem lall und hebt schon an zu sinken.
LoGAU 1,2U9,6U.
ändert angewandt:
des leibes guter hier und was das glücke schenket,
die können eigentlich und recht nicht guter sein,
sie stehen niu den fiill, ihr wesen geht bald ein,
die tugend bleibet stets, ihr gut wird nie versenket.
Opitz 1, 345.
der fall des baumcs, die flehte, in ihrem fall, erschlug einen
menscbcn. fall der wand, mauer, einsturz, vgl. erdfall 1;
fall <ler bürg, feste, tn eigentlichem sinn, wenn ihre wdle und
mauern gebrochen sind, stürzen; fall der decke, des daches,
giebeis, thurras; fall dc^ deckenden himmels: wir hätten
uns eher den fall des himmels vermutet; hätten sich viel-
mehr des himmels fall, als dies verseilen. ScHWEi.'HicnEM 2, 107.
b) fall des wasser», bachcs, fliisses, calarracta, dejeclus:
indem nun ein sanftes licht von dem klostcr zu den linden
und weiter hin sich zieht . . . lodann iiIht den {s. /.) sanften
flusz und die rauschenden fülle, über bcrden und fischcr
ziirUck gleitet. GAthk 30,207; der staub de« falles, das ur-
ääubende vasser. rgl. Kheinfnit, Niagarafall, wagserfall. fall
de« regen», hageis, scbnccs, der tropfen.
c) fall, slurz vom pferdc, bäum, tisch, stui, von der leiter,
aus dem fcnsler, auf dem glatten eise, dem schlüpfrigen
boden, auf der treppe, aufdiefüsze, auf den köpf, ins wasser,
der fall in das bett (1, 1723). die frau hat einen schweren,
harten fall gethan. den fall brechen, hemmen, aufhalten,
einen im fall erwischen, auffangen.
d) der fall, die fallung, niederlegung des stehenden, casus.
der fall des laubes, obstes, der windfall, was der wind gefdlt
hat. der fall des feindes, des mannes, mannfall, durcli speer
und kugel;
ik fürht ich dinen val. Nib. 867, 1 ;
vom zahmen thier val, tötval und jus caduci (RA. 364); beson-
ders aber vom wilden thier, weidmännisch der fall = dos erlegte,
gefallene wild:
bläsä ze valle !
der vuhs ist erloufon. LS. 3, 123
hierher der lebendige ausdruck 'knall und fall', wie sie bei blitz-
slrahl und feuergesclwsz hintereinander erfolgen : knall und fall,
das schöne thier, das arme reb wülzl sich in seinem blut;
dann ihn drei mörder vor einen mann einmal auf dersiraszen
angegriffen, deren einen er stracks mit dem pistol erlegt, dasz
knall und fall eins gewesen (oben sp. 253). Simpl. 3, 760 ;
schössen das schaf gleich knall und fall todt. Pierot 3,326;
lieber tod, wenn du einmal in meine slube trittst, so er-
weise mir den gefallen und schiesze mich knall und fall todt.
J. P. uns. löge 2, 129. sehr oft figürlich, für schnell, auf nnmal :
was hiesz denn das, dasz ihr so knall und fall
euch aus dem staube machtet? Lessing 2, 2'.)ü;
sollte er {der schuhneisler) aber eben so unwissend sein, als
sie, so will ich kommen und die bauern aufhetzen, dasz sie
ihm knall und fall die schippe geben. 3, 409 ; du hast eine
eroberung gemacht, Schwester, der Loimenil ist knall und
fall sterblich in dich verliebt worden. Schiller 656'; die
diebische grobianin musz man knall nnd fall aus dem dienst
jagen ; die natur soll übermorgen knall und fall aufrecht vor
mir stcbn. J. P. biogr. bei. 1,3; die orientalische frage soll
durchaus knall und fall gelöst werden, von uns entlehnt schw.
knall och fall, ddn. knald og fald.
e) der fall, stürz eines fahrenden wagens :
und ich hiesz den kutscher eilig
unserm obdach zuzujngcn,
doch eh wirs erreichen konnten
kam die eil mit uns zu falle.
und kaum halt ich zeit zu rufen,
als ich fühlt es sank der wagen.
'golt kann dich nicht lassen sinken
iioer beut in vierzehn tagen!' Rückbrt 294.
f) fall, entehrung einer Jungfrau, violdio virginis, eine dirne
fällen, schwächen, zu fall bringen, siernere, vivlare: hatte ein
im ehestand lebender mann sich gelüsten lassen, eine ledige
dirne zu falle zu bringen. Felsenb. 2, 56 ;
der mehr verstummt, in staunen ganz verloren,
dasz eine Jungfrau ihn zu fall gebracht (mit dem npeer gefällt).
Griks .4r. 36,50.
(di maraviglia il pngnn resta miuo,
ch'una douna a cader l'abbia coudotto).
intr. zu falle kommen, entehrt sein, fallen: das mfldchen ist
gefallen, zu fall gekommen, in anderm sinn, zu falle bringen,
aus der hand fallen machen, überhaupt fällen:
doch unvermögend streben, nachgolalle,
bracht oft den siift, den piiiscl brarhis zu falle.
GoTiiK 3, 137;
wüst ich Isegrim nur in diesem loche, so wie ich
euch zu falle gebracht. 4U, 41.
g) fall, casus, prolapsus, Senkung, niedcrfdl: der fall eines
geworfnen Steins, einer gesciiossonen kugcl. der fall des
nebeis, der wölken; der fall des quocksilbers, des barome-
Icrs; das steigen und der fall des wassers; der fiusz hat
viel, wenig fall; der fall der stimme, des tons, des lauts;
der fall der silben und verse: den albernen fall und klang
der alexandriner, den geschraubtplatlen dialog hatte er bald
gefaszt. GöTHE 19, 119. der fall des zilpfthi-ns, zilpfloins.
prolapsus uvulae, inflammalio cuhinirllae; der fall der miillrr,
hyilerujilosis. auch das durch den fall oder stürz verursachte
übel : ist einer gefallen und das blut geronnen, nimm rosenoi
uml essig, nchlags warm über den fall, «o hOrel der •chmerzcti
auf. HOIIHKRG I. 30l\
h) bcrgniinnisch ust fall vfnarum fihra. was auch kliifl, nosi,
nicrc lieistt, eine crthdtigc spalte: der fall unterscheidet sich
1273
FALL
FALL
1274
von dem gang, fährt, schiebt durch den gang, kommt aber oft
mit zu tag aus; es heiszt: die falle mit ihren unartigen ge-
hülfen verrücken den gang, der gang wirft sich den fällen
entgegen. Hertwic s. 12S'. s. fällchen 1.
2) abstradion der sinnlicben vorslellungen.
a) aus fall, stürz trird Untergang, Verderb, tod, Unfall: aber
Michal, Sauls tochter hatte den David lieb, da das Saul an-
gesagt ward, sprach er, das ist recht, ich will sie im geben,
das sie im zum fall gerate und der phiiister hende über in
komen. iSam. 18, 21; da trat ich zu im und tödlet in, denn
ich wüste wol, das er nicht leben künde nach seinem fall.
2Sam. 1, 10; denn er ist mein hört, das mich kein fall stürzen
wird, wie grosz er ist. ps. 62, 3 ; stolzer mut kompt vor dem
fall {hochmul kommt vor dem fall), spr. Sal. 16, 18 ; frewe dich
des falles deines feindes nicht. 24,17; für menschen sich
schewen bringet zu fall. 29,25; und werden erschrecken und
sich entsetzen deines plötzlichen falls. Ez. 26, 16 ; das inen
das herz entfallen wird über deinem fall. 32, 16 ; o das ich
künde ein schlosz an meinen mund legen, das ich dadurch
nicht zu fall keme. Sir. 22,33; sihe dieser wird gesetzt zu
einem fall und auferstehen vieler in Israel. Luc. 2,34 {golh.
sa ligij) du drusa jah usstassai managaiz^); die stehen gar
nahe dabei, das sie einen groszen stürz und fall nemen.
Luthers br. 2, 454 ;
gott geh dem geheimen fal und übel. IT. Sachs IV. 3,4';
die sonne trübt der fall, der ihren schöpfer tritt.
Fi.K3ii;<G 10;
der groszen ahnen fälle
ersetzet sie (die nntur) durch euch, dasz ihr an jenner stelle
sollt andre propfen ein. 155;
es ist zu deinem fall, wenn du ihm dies gewährst.
J. E. Schlegel 1.267;
vielleicht sollte er einen fall, dem nicht mehr zu entfliehen
war, mit anstand thun. Schiller 807*; die union neigte sich
zu ihrem falle, eben als die ligue mit neuen und frischen
kräften sich ihr entgegen stellte. 894'; dieser tiefe fall von
allen seinen aussiebten und hoffnungen in Äegypten zum
viehhirten in Arabien. 1017* «. s. w. der fall einer feste ist
uns blosz ergebung und niemand denkt dabei an die gcbrochne
mauer.
b) fall, lapsus, vergehen, misselhat, sündenfall: aus irem fall
ist den beiden das heil widerfahren, denn so irer fall der
weit reichthum ist und ir schade ist der beiden reichthum,
wie viel mehr wenn ir zal voll würde {gr. naqäTtronfia,
vulg. delictum, golh. missadeds). Mm. 11,11.12;
als unser vatter Abratiam
anfänglich gottes ehe annara,
förcht er der frommen Sare fal
an des küngs Abimelech sal.
Scuwarze:«bcr6 156, 1 (1 Ifo;. 20) ;
mancherlei gebrechen und feile sich begeben. Lcther 8,342';
bekennt er, bösesthun sei nicht für nutz zu rechen,
gesteht er, grober fall sei nur ein lileia verbrechen.
LoGAO 3,218;
heut darf Adam sich des verziehenen falles erinnern.
Messias 10,823;
von dem falle bis an den gerichtstag. 13,673;
wir fielen tief, wir fielen tief,
du (goti) hast den fall gesehen. Schcbart ged. 2,83;
die stimme ist so sanft, wie die des ehebrechers, der zum
ersten falle lockt. Kli>ger 3, 151.
c) fall, foTs, fortuna, zufall, ein glücklicher, unglücklicher
fall, trie sich glück und fall verbinden, glücksfall, wechselfall,
uobei ursprünglich icol an den fall des würfeis im spiel gedacht
wurde, also sinnliche bedeutung unterlag:
die christlich kirch hat glück und fal
von meng der klusterlicben zal. Scbwarze:<berg 139,1;
0 glück hilf mir durch würfeis fal. 146,2;
sie gaben dem glück und fal wenig, gottes ffirsehang alles.
Frasr veltb. 143";
ich hab den fall und das gclfirk,
dasz wo! geraten all mein stück. H. Sachs V,217';
ein weiser schätzt kein spiel, wo nur der fall regieret
und kiugbeit nichts gewinnt und dunimbeit nichts verlieret.
Lessi:<g 1, 17ü;
der immer gleiche sinn, den fälle nicht zerrütten.
Wahrhaftigkeit im mund und Wahrheit in den sitlen.
IIagedor!« 1, 16.
d) fall, casus, Vorfall, errignis: ein harter, schwerer, trau-
riger, betrübter, widriger, schrecklicher, gewöhnlicher, unge-
wöhnlicher, seltner, seltsamer, wunderbarer; ein lustiger,
heiterer, erwünschter fall; ein möglicher, unmöglicher, uner-
warteter, unvorhergesehner fall, im gemeinen fall stecken.
Fb.\5k bäum des urissens 131; in gott ist kein anmat oder Zu-
fall und fall, paradoxa.
Jesus seiner muter antwort schnell
•weih was bringts mir und dir für feil?'
ScHXELZL Iwchzeit S*,
«05 geht es mich und dich an, dasz der wein zu ende ist?
werke stehlen uns die zeit,
fälle die vermöglicbkeit. Logau 1,149,46;
wo tugend herscht das glücke, wo Weisheit zwingt die falle,
hat hocbmut kein gehör, hat unmut keine stelle. 3,38,95;
wie man auch in ungeheuren fällen, wo alles auf dem spiel
steht, noch immer so fort lebt, als wenn von nichts die rede
wäre. GöTHE 17, 149 ; eine solche Unordnung litt er nie, auch
nicht in den äuszersten fällen. 24,156; das mädel ist auf-
richtig, ein seltner fall. Wagners reue nach der ihat s. 47.
vgl. ausnahmsfall, gewissensfall.
e) es ist der fall, c'est bien le cos, es verhält sich so, dies
ist gewöhnlich der fall; es war genau der fall, c'etait preci-
sement le cns; dies ist der fall der allermeisten von diesen
wandersmännern. Wieland 14, 317 ; dies letzte war eigentlich
der fall der Römer. 14, 345 ; der fall tritt oft ein, kann nicht
wieder eintreten; derselbe fall wiederholt sich hier; wir wollen
einmal den fall setzen; gesetzt den fall, posito; im ersten,
andern fall; ich bin auf den fall gefaszt;
was künste! unser ^ott weisz das all.
'ob er sie sagt, das ist ein andrer fall'. Göthk 13, 102,
das steht dahin; so steht der fall, so liegt die sache:
so steht der fall, nichts andres bleibt mir übrig.
Schiller 3t>8*.
wir dürfen also nicht mehr verlegen sein, einen Übergang
von der sinnlichen abhängigkeit zu der moralischen freiheit
zu finden, nachdem durch die Schönheit der fall gegeben
ist, dasz die letztere mit der erstem vollkommen ztls^mea
bestehen könne. 1177'.
f) gern werden hier possessiva gesetzt: das ist mein fall, c'est
mon cos, das ist bei mir der fall, in solcher läge befinde ich
mich; das ist aber nicht mein fall; das verlangen von seiner
amazone etwas zu erfahren, gab ihm vertrauen zu Jarno, er
entdeckte ihm seinen fall und bat ihn nm seine beihülfe.
Göthe 20,26; denn setzet euch in ihren fall. Gotter 1,91;
dein fall ist ganz ein andrer; der sultan hatte eine sehr
unruhige nacht gehabt, die sultanin schlief nicht ruhiger,
aber ihr fall war anders. Klinger 10, 135.
g) im fall sein, sich in dem fall finden, etre dans le cos,
se trouver dans le cos: ^
sind in dem falle nicht zu wissen. Wiela;«d 15,266;
so bin ich meiner selbst nicht mächtig, bin
im falle, toll und wild das äuszerste zu wagen. Götus 10,248;
ach; ich war auch in diesem falle. 47,3;
wer kann den werth und unwerth irdischer dinge besser
kennen, als der sie zu genieszen von Jugend auf im falle
war. 18, 242 ; dasz er aus dem Stegreife mit artiger para-
phrase einen freundlichen dank und ein zierliches compli-
ment entgegen zu bringen im falle war. 22,70; dasz ich
ihnen sämtlich ein hinreichendes tagewerk auf mehrere jähre
anzubieien im fall bin. 23,130; hier sind wir nun in dem
falle in erinnerung zubringen. 29,194; Holbein, dessen talent
man hier ganz zu überschauen und zu würdigen im fall ist.
43,344; wer übrigens die Schwierigkeiten kennt, wird eher
im fall sein zn wenig als zu viel zu erwarten. Schiller 28*;
er fand sich in dem falle zu bemerken, dasz ein richtiger,
wolgefaszter hauptgedanke in der ausführung mannigfaltigen
hindernissen unterworfen ist. Göthe 22,74; ich beschäftigte
mich mit ihrer geschichte und fand mich in dem fall, davon
rechenschaft zu geben. 26,306. beide ausdrucksweisen sind
früherliin nicht gebraucht und scheinen dem französischen nach-
•^bildet. denn das folgende 'einen in dem fall erfinden' 6e-
deulet auf der Ihat betreten und gehört zu fall b: Wemhart, dir
soll gänzlich verziehen sein, aber wo ich dich mehr in sol-
chem fall erfinde, ich dich härtiglichen strafen wil. Galmy 356.
h) in den fall kommen, geraten : die gemeine menschen-
vernunft geräth mehrmalcn in den fall, sich mit sich selbst
zu entzweien. Kant 2. 369 ; für genüsse, die er mit andern
zu theilen kaum in den fall kommt. Göthe 30,192; da wir
denn in den fall kommen, sein individuelles wesen nnbe-
dingt zu verehren. 43,419.
1275
FALL
FALL — FALLBRÜCKE
1276
f) am abgezogensten encheinl fall, wenn es partikeln, nament-
lich conjunclionen und adverbien ausdrücken hilft,
a) man sehe den gen. falls an seiner alphabetischen stelle,
ß) im fall, mit folgendem oder auch u-eggelassenetn dasz,
N) elsi, obschon : si hat 2 mägde hinder ir her gleichwie
ein ander fromme fraw, im fal das sie in Unehren lebt und ein
Schandfleck ist. Katziporus d6; über ein halbe stund stirbt
der gute pater, im fal das er es nit gern thet. e7; es wolt
im der athem zu kurz werden, im fal das er windes genug-
sam het. f ; es schmeckt ir auch keiner, im fal das sie keinen
Tersucht. 1 6 ;
du hast auch nicht Terschmäht der armen hinten lied,
im fall es schon nicht war mit werten auserlesen.
Opitz 3, iy4 (184).
!l) si, quod si acciderit,
erhöre mich, auf dasi ich ihrer rott,
im fall mirs ühel geht, nicht gar musz sein ein spott.
Flesii!ic 19;
wer weisz, obs manchem u.s. w. {oben sp. 841,5),
im fall er eilen musz. 53;
und dasz das wilde wild Amflon nachgezogen,
im fall er stimm und spiel zu gleiche tönen liesz,
ist mancher klügling noch zu glauben ungewis. 57;
sind aber nur die ersten gut, so geht ihr (reime) euren schritt,
im fall ihr gleich nicht forder seid, doch unter andren mit.
LocAü 3, 2tO, 248;
weisz ganz genau,
ganz zuverlässig, wie und wo, wie stark,
Yon welcher seile Saladio, im fall
es völlig wieder losgeht, seinen l'eidzug
eröfnen wird. Lessijic 2, 219;
nur sollte er sich, im fall dasz er andere Charaktere als die
historischen, oder wol gar diesen völlig entgegen gesetzte
wühlet, auch der historischen nanien enthalten. 7,150; wenn
er denn nur bescheiden spricht, im fall er sich gezwungen
sieht, von einer solchen sache zu sprechen. 8,36; sobald
als Schickard mit seiner arbeit vollends zu stände sein würde
oder auch noch eher, im fall es der kaiser zu sehen be-
gierig sein sollte. 9,70; dasz, im falle er seinen aufenihalt
verlängerte, auch von seinem hofe nicht sehr auf Unter-
stützung würde zu rechnen sein. Schiller 743*. in folgender
stelle hat mon 'im falle' zu verstehen 'wenn dies der fall isl' :
ob ich nun gleich bei dieser ungewisheit ihren, wie es scheint,
schon festgesetzten reisetermin nicht weiter hinaus schieben
möchte, so werde ich doch, sobald ich meiner sache gewis
bin, ihnen unter einschlusz meiner mutter schreiben, ver-
nehmen, ob sie noch in Frankfurt sind und im falle mich
in ihrer gesellschaft auf den weg erfreuen. Guide an Gerning
14 jun. 1797; freimüthig, wolthatig, brav, ja tapfer im fall
^tro ei nolh Ihat, en cos de bcwin). Gütue 17, 15. in allem,
in jedem, in keinem fall, so auch im günstigen, besten oder
im ungünstigen, widrigen fall (z. b. Olearios orienf. insuln
s. 151), wofür heule das genitivische allen, jeden, keinen falls,
günstigen, widrigen falls vorgezogen wird, im vorliegenden
fall; in dem vor uns habenden falle. Bodes Trislr. Sh. 1,80.
y) auf allen fall, en tout cos, auf jeden fall:
ich will vor willen nehmen
und mich auf allen fall und was du gihst bequemen.
Fleming 92,
ICO jedoch auf allen fall nocA von bequemen abliängt, mich
richten nach dem, was du gibst; so wie kurz zuvor Gates ab-
gehet, ihre freunde auf allen fall in bereitschaft zu halten.
Lessinc G, 172; er sage es selbst, aber auf allen fall erlaube
er mir auch, ihn um ein paar beispiele zu ersuchen. 8,140;
Langcns feinde haben ausgesprengt, seine krankheit wäre
unheilbar, auf allen fall will ers deswegen vom medico attestiert
haben, wie es eigentlich um seine gesundheitsumstünde aus-
sieht WAC.tEBR reue nach der that 119.
S) auf alle fälle, dans, pour lous les cas: nun fieng man
an, sich auf alle fälle zur vcrlheidigung einzurichten. Götbe
1», 33; 'was für eine Stellung hab ich denn einzunehmen?'
auf alle fälle, versetzte der auf.scher. zuerst die arme über*
die brüst und ernsthaft froh nach üben gesehen, ohne den
blick zu verwenden. 22, 4 ; ich schreibe ihnen dieses sogleich,
um auf alle falle mich noch mit ihnen darüber schriftlich
unterhalten zu kennen. 43,5; auf alle HUle könnten wir uns
künftig vereinigen. 43,14;
und wai
du etwa Kr)n«t an klrlnlcliPlten, die
In ^ i.ii dürfen,
•n : ,„
^<Ji kurz deine
bneriatche. 'wgtu aber?' nur auf alle fhJle. Scutuu 286*i
beim hinausgehen fragte mich der Russe, ob wir geladene
pistolen bei uns hätten? 'wozu?' sagte ich. es ist auf alle
fälle, versetzte er. 721*. auch für alle fälle.
c) in allen fällen, unter allen umständen, ddn. i alt fald,
es stellt in allen lallen
XU deinen dienstcn wieder. Lessing 2,307.
S) zu jedem fall, in allem fall, auf (ülen fall:
also soll eins weibs zorn und galt
unschädlich sein zu jedem fall. Fisckabt eht. 51.
V) fall für fall, deinceps, ex ordine, der reihe nach, nachein-
ander, alius posl alium: etwas fall für fall erzählen;
die perle die der miischel entrann,
die schönste, hochgeboren,
zum Juwelier, dem pulen mann,
Spruch sie 'ich bin verloren!
durchbohrst du mich, mein schönes all
es ist sogleich zerrüttet,
mit .-ichwesiern musz ich, fall fTir fall,
zu schlechten sein geküttet'. Götuk 5,234.
3) fall, casus, im grammalischen sinn an sich passend und
beholfen, vorzüglicher als endung, oder gar als das mühsame,
von Rask gebrauchte ddn. forholdsform, da ja die conjugalion
gleich der declination endungcn und Verhältnisse zeigt, weshalb
auch beugefall unbestimmt lautet, nnl. naamval für casus, aber
für unsere fünf casus wird nennfall, zeugfall, gebfall, klagfall,
ruffall (ablativus nehmfall) schlqijiend; noch übler sind neben
fallendung casus, für die einzelnen nennendung, geschlechts-
endung, gebendung, klagendung, rufendung, nehmendung.
flf//erc grammatiker versudilen ncnner, gebärer, geber, anklager,
rufer, nchmer. bloszcs zählen taugt nicht, man hat sich end-
lich überzeugt, dasz auch für sprachvergleicliendc forschung noth-
wcndig ist, die lateinische (aus der griechischen stammende) ternti-
nulogie zu behalten.
s. abfall, anfall, ausfall, baufall, beifall, blattfall, blutfall,
buszfall, dachfall, durchfall, einfall, erbanfall, erhfall, erdfall,
fruchtfall, fuszfall, glücksfall, grasfall, haarfall, hausfall, heim-
fall, hinfall, jammerfall, kniefall, laubfall, lehnfall, leibfall,
mannfall, nebelfall, niederfall, nolhfall, obstfall, rechtsfall,
regenfall, rückfall, Schneefall, sterbfall, starnfall, siraffall,
Sündenfall, todfall, todesfall, trauerfall , tropffall, Überfall,
umfall, Unfall, verfall, Vorfall, Wasserfall, windfall, wolfsfall,
wunderfall, würfelfall, zerfall, zufall, Zwischenfall.
FALL.\DEiN, FÄLLADEN, m. laden, den man fallen, nieder
lassen kann.
FALLBAHRE, f. ein stück am strumpfwirkersluhl.
FÄLLBAR, quod caedi polest, holz das gefällt werden darf.
FÄLLBARKEIT, f. beschaffenheil der bäume.
FALLBAUM, m. l) starker, gespitzter bäum zum sperren.
2) ein bäum neben dem vogelherd, worauf die vOgel fallen =
sich setzen können.
FALLBEIL, n. machina capUibus detruncandis, guillotine, ein
Werkzeug mit fallender schneide zur enthauplung. schw. fallbila f
das worl findet sich aber schon früher, in anderm sinn:
so bald die uhr ausläun, fällt auch mein fallbeil ein.
LouENSTEiN Cleop. 80,795;
hängt fallbeil in das schlafgemach. 102,676.
FALLBEREIT, zum fall bereit, fallferlig.
FALLBLOCK, m. rammldotz (1, 1124).
FALLBLUME, f. papaver caducum, wilder mohn, wozu sich
ir. codlainean , gal. codalan papaver vergleicht von cadaim,
cado, weil der mohn in schlaf fallen macht.
FALLBOCK, m. dasselbe, wie fallblock : das bürgerliche
leben, in dem sich der arme expedilionsrath von Mensch
herumtreibt, bis ihn der fallbock des pflasterers {tod) auf den
morastigen drehplatz einrammt. J. 1*. Hesp. 3, 64.
FALLBRET, n. asser mobilis, das niedergelassen «erden kann,
um zu sinken und sperren, oder aufgelassen, um tu fangen :
allcinc die Sicherheit einer herschaft auf rcichthum bauen,
halte ich vor eine grosze cilelkeit, weil dieses so vieler mäch-
tigen reiche fallbreL, armuth aber des so groszcn römischen
grundfcsle gewesen isl. Lohemstkin Arm. 1, 179 ; rückte dannit
recht gegen das ihm grstelllc fallbrct. 1,956; dasz sie auf
ein falibrel treten würden. 1,1045; der grund.sicin des eigen-
nutzes ist insgemein ein fallbret des gemeinen. 1,1155; dasz
wir in unser eigen unglütk auf der post rennen und über
ausziinmerung unseres eigenen fallbrcts srhvMi.-i-n i.r.'v. :
(-14 braucht da keinen zaubnrkrcii,
noch znuberrauch. noch miihiTworio,
noch fnllbrct, noch geheime pforte. Win.oP 9, IM.
FALLRROCKE, f pons versalilis, ziehbrücJsc, zui^rücke, engl-
drawbridge, nnl. vallcbrug: aber sie trauten nicht mehr auf
1277
FALLBUND — F.\LLEN
FALLEN
1278
diese fallbiücke zu treten. Lohenst. Arm. 1, 9S4 ; David ging
auf dem dache seines hauses spaziren, um frische luft zu
schöpfen und siehe, der teufel hatte ihm eine fallbiücke be-
reitet, dasz er einen schweren fall that mit der ßathseba.
ScBiTEa seelensch. 1, S95 ;
het meisje al over de vallebrug reed,
het buideltje van haar zijde gleed,
het zonk al na den gronde;
läge mir noch viel an seiner gunst, so hätte ich den auf-
trag sie zu begleiten in keinem fall angenommen, er ist eine
faUbrücke. Arsix 2,338.
FALLBÜND, m. tnunimentum capitis, faWiut:
und sab dich gleich ein dorf in kapp und fallbund gehn.
J. E. SCHUEGEL 4, 118.
». bund 1.
FÄLLCHEN, n. bergmännisch, erz, das in nestern oder nieren
(klüflen und fällen) bricht, nicht in den groszen gangen, s. fall l, A.
Fällchen, n. üeine falle, nnl. valletje. mäuschen gieng
ins fidlchen.
FALLE, f. repagulum, deäpula, laqueus, ahd. fallä, mhd.
valle, nnl Tal. eine falle legen, richten, stellen; in die falle
gehen, geraten; die falle steht offen, schlägt zu; falle an
der thüre, klinke, klappe. St.\ij)er 1,352.
mhi. ein ralle was ouch innen
hin ü{ geleitet durch die want. Trist. 426,33;
die in des tödes vallen
sint alhie beklemmet. Martina 11, 4S;
Cr satzt manec vallen dar. LS. 3,53;
si geriet die vallen nagen
bij ir diu hüt entsleif,
diu valle si begreif, das. :
ein boese wip ist ein valle,
da hüeten sich vor alle. 3,54;
rüid. sein strick ist gelegt in die erden und seine falle auf
seinem gang. Hio6 18. 10; ir tisch müsse für inen zum strick
werden, zur Vergeltung und zu einer falle, pj. 69,23; die
hoffertigen legen mir stricke und breiten mir seile aus zum
netze und stellen mir fallen an den weg. 140,6; beware
mich vor dem stricke, den sie mir gelegt haben und fax der
falle der ubeltheter. 141, 9 ; denn man findet unter meinem
Yolk gottlosen, die den leuten stellen und fallen zurichten
sie zu fahen, wie die vogeler thun mit kloben. ier. 5,26;
sie richten fallen zu, ja gruben graben sie. Weckhkru?« 179»
du bist nun einmal drin, nun hilf dir aus der falle!
GöTHB 7,tj3;
den mausen stellt man fallen. 14,189; er ist eben auf dem
landhause, wohin diese betrieger zusammen in die falle gehen.
14,222; seitdem ihn jene grausame entdeckung von der seile
Marianens gerissen hatte, war er dem gelübde treu geblieben,
sich Tor der zusammenschlagenden falle einer weiblichen
Umarmung zu hüten. 18,197; wir sind jetzt in eigner falle
gefangen. Fb. MirixER 3, 281 ; ehmals las ich um meine men-
schenkenntnis zu erweitern, mich vor den fallen, die man
mir stellen möchte zu hüten, und fiel dennoch hinein. FL L.
Wagseb Evchen Humbrecht 72;
trauet nicht den rosen eurer jugend,
trauet, schwestern, mänuerschwQren niel
Schönheit war die falle meiner tugend,
auf der ricbtstatt hier verfluch ich sie. Scbillir 5\
*. mausfalle, rattenfalle, marderfalle.
FALLEHEN, n. tcas fallgut.
FALLEISEN, n. klinke, Ihürklinke.
FALLEN, cadere, labi, ahd. fallan flal fiel fielun, mhd. Tallen
viel vielen, aUs. fallan feil fellun, mnl. vallen vel vellen, nnl.
Valien viel vielen, ags. feallan feoll feollon. engl, fall feil,
alln. falla feil fello, schw. falla füll föllo, dän. falde faldt und
füll, vgl. CDS. 839. das merkwürdigste ü^ die gändirhe abwe-
senheit des tcorts im golh., vo man fallan, faifall erwartete, ico
aber für Ttimeiv driusan, gadriusan erscheint, ags. dreosan,
icdkrend vom afid. triosan nur das schtrache tröran, goth. drausjan
und trör, cruur, alln. dreyri, das fallende, triefende blut übrig
ist. auch TTTcüfia (cadarer) und Tircüais sind bei Uuilas rer-
deiäschl leik und drus, nicht durch fall.
urverwandt unserm fallen steht nun zunächst das lU. pulti, lett.
pult, und lit. pulis ist fall, pulimas niederlage; frage ist, vie
kann das 1 beider formen mit der lingualis des skr. pat cadere
und volare, des sl. padati, pasti cadere ausgeglichen werden?
1 und d wechseln sattsam {GDS. 354. 355), 11 :u deuten, braucht
man nicht ans sl. padl gefallen zu denken, das sich in II assimiliert
hdlle. nCmoi 7ii7tTO>xa scheint ■niTiero) aus nirco, Tierofuzif
Tterafint fliege, falle in die hohe, nach dem duppeUinn des skr.
pat (cadere tmd volare, devolare und evolare, niederfliegen und
auffliegen), wie sich bei risan, reisan die bedeutungen cadere und
surgere nebenänander entfallen {GDS. 664), obschon fallen, pulti
und padati nur Senkung, nicht erhebung auszudrücken sciieinen
{doch sehe man hernach der nebel fallt); vgl. auch lat. petere
und unser bitten, zur erde fallen (2, 52), noch mehr licht ver-
breitet sich auf diese wurzel durch die Wörter jiiroJ.ov, Tiereiyoy
und Ttreoöv, ahd. fedara, alln. fiödur, lit. plunksna, lat. penna,
wo die golh. gestalt wieder entgeht, ob sich lat. cado, ir. cadaim
zu sl. padu, padam verhält wie quatuor, ceathair zu pcdwar,
fidvör? doch hat Bopp cadaver, den gefallnen leib, leichnam
verglichen mit skr. kalevara (Bohtli.ng 2, 165), wo äch dann k
für p und schon 1 für d oder t eingefunden hätte, man dürfte
auch, zumal für unser transitives fallen, das gr. 7täjJ.etv
schwingen, lat. pellere treü>en in encägung ziehen.
fallen steht immer intransitiv, das tranalivum lautet fallen,
nur die composHa anfallen, überfallen, befallen werden transitiv,
höchstens liesze sich in den redensarten einen todt fallen, sich
todt, lahm fallen an transilivbedeutung denken, sie meinen aber
im fallen tödten, lähmen und nicht fallen = todt schlagen, vgl.
sich einen zahn ausfallen.
A) sinnliche bedeutungen.
1) das stehende, hängende, getragne fällt, sinkt, stürzt: das
haus, die wand, raauer fällt; und es {das haus) fiel bald
{goth. gadraus). Luc. 6, 49 ; städte, bürgen, festen fallen, stürzen :
der bäum, stamm fällt ; wenn der bäum feilt, auf welchen ort
er feilet, da wird er ligen. pred. Sal. 11,3; das laub fällt, die
blätter fallen, mhd. risent ; der apfel fällt nicht weit vom stamm ;
wenn die blätter fallen
in des Jahres kreise. ScHrLUR 510';
das thier vom pfeil, von der kugel getroffen fällt; üherhaufi
das thier fällt, stirbt, crepiert: es sind mir zwei meiner besten
pferde gefallen, umgefallen, gestorben; der mann fallt im krieg,
kommt um;
mhd. dö was verendet der strit,
und viel von d6r sw;pre,
als ^i ein boum weere. Im. 5073 ;
seine söhne fielen vor dem feind; und alle die des tages
fielen, beide man und weiber, der waren zwelf tausent. Jos.
8,25; und ist viel volks gefallen. 2 Sam. 1.4; der gleitende
fallt; wenn du deines bruders esel oder ochsen sihest fallen
auf dem wege, so soitu dich nicht von im entziehen, son-
dern solt im aufhelfen. 5 Mos. 22, 4 ; der wagen muste fallen ;
der stuhl, die leiter fällt;
eines schickt sich nicht für alle,
sehe jeder wie ers treibt
und wer steht, dasz er nicht falle.
der Vorhang, die fahne fällt; sein gewand fiel und er stand
nackt da; der schleier, die larve fällt; die fessel ist gefallen;
da sah man millionen ketten fallen. Schiller 25*.
2) aus der höhe fallen, niederfallen: die vögel fallen auf
den bäum; feuer fällt, regen, schnee, hagel, thau {sl. rosa
pada, lat. ros cadil) ; da na ein platzregen fiel. Matih. 7, 25,
{vulg. descendit pluvia, goth. atiddja dala}) rign) ;
dann fallet ein schlagregen. Weckherlit« 62$;
doch welche sich vor dem reifen schewen, über die wird
der schnee fallen. Hiob 6, 16 ; dasz sie eine haut hat wie ein
gefallener schnee. Weise comöd. probe 281;
mhd. als ein niuwevallen snÄ. tr. kr. 19973;
und wenn des nachts der thaw über die lager fiel. 4 Mos.
11, 9 ; die selbigen werden haben den thaw, der früe feilet.
Hos. 13,3; denn alle menschen und vieh, so der hagel auf
sie feilet, werden sterben. 2 Mos. 9,19; und wird dicker hagel
fallen, aus dem zorn der donnerschlege. weish. Sal. 5, 23 ;
sihe es wird ein schrecklich ungewitter den gottlosen auf
den köpf fallen. Jer. 23, 19; wer einen gefallnen donnerstein
bei sich trägt, wird nicht vom blitz getroffen ; wo die .steine
mit starkem poltern fielen, weish. Sal. 17,19; die kugel fällt,
aufwärts und niederwärts, fliegt in die höhe und senkt äch; der
scimsz ßllt;
es ist ein scbusi gefallen. Göthk 2,277;
kein schusz darf hier fallen ; eine bombe fiel ins haus ;
mhd. der stein was gevallen zwelf klafter dan. üib. 436, 1.
fallende steme. der nebel fällt, nebula eadil, aber auch turgit,
sowol fällt nieder als steigt auf in folgender stelle
ergraut ist schon die weit,
die luft gekühlt, der nebpl f3lh. Götbk 12, CT
wird deutbrh der nahende abend, die einfallende dunkelheit, also der
aufsteigende, nnhüUeade ne6e/ gemeint, während anderemal der
1279
FALLEN
FALLEN
1280
nebel fällt {böhm. mhla pada) heiszt der nebel reiszt, fdlU zu boden.
hier hallen wir den urallen doppelsinn des fallens, cadere und
surgere, descendere und ascendere, wie die wMer volare, fliegen
an sich nichl besagen, ob auf oder nieder, die sonne fällt,
sinkt, aus ihrer miltagshöhe herab, steigt nieder, alln. sfilarfall
occasus und sölsetr, sie setzt sich nieder; ebenso der tag fällt:
da sie nu bei Jebus kamen, fiel der tag fast dahin {vulg.
dies mutabatur in noctem). ric/i/. 19, U; die nacht fällt, la
nuü tombe, die nacht bricht ein, was sich wieder nehmen liesze,
sie steigt am himmel auf. das wasser fällt, sinkt wieder, nach-
dem es gestiegen war: und die wasser fielen, vulg. et immi-
nutae sunt aquae. iMos. 8,1; darnach liesz er eine tauben
von sich ausfliegen, auf das er erfiire, ob das gewesser ge-
fallen were auf erden {vulg. si jam cessassent aquae). 8, 8 ;
der flusz steigt und fällt; es bricht ein solcher bach erfür,
das die drumb wonen den weg daselbs verlieren und feilt
wieder und scheuszt dahin von den leuten. Hiob 28, 4. so
auch das wctterglas, quecksilber steigt oder fällt, die stimme
lallt, das zäpflein fällt, 'das losz fällt', «'i'e es auch geworfen
vird, nacli dem fallen des zwcigs oder auch des Würfels.
3) fallen nasci, geboren, gesetzt, in die well gesetzt werden,
von filieren, gleichsam prolabi ex utero: in den geslülen heiszt
es 'aus der stute' und 'nach dem hengst' fallen; ich wil
heute durch alle deine herde gehen und aussondern alle
fleckele und bunde schafe unter den lemmern und die bunden
und flecketen ziegen, was nu bund und flecket fallen {d. i.
von den träclUigen thicren zur well gebracht werden) wird, das
sei mein lohn sein. I^/os. 30, 32; von den jungen zuchtstuten
waren zwei füllen gefallen. Felsenb. 2, 78 ; ich wurde etwas
sehr bedenkliches an dem rosse gewahr, da Horst wegreiten
wollte, 'es ist ja kein heiliges waldros', ist aber von einem
solchen gefallen ! {eines solclien kind). Klopstock 10, 203. sprich-
wörtlich: von schönen pfcrdcn fallen schöne füllen; nicht
von jeder stute fallen schöne füllen;' der hase ist da am
liebsten, wo er fällt {geheckt ist), dies fallen sieht dem vorhin
angeführten fallen = crcpieren geradezu entgegen, ähnlich bei
pflanzen: es sollen vom nelkensamen dunkle färben fallen.
J. P. grönl. proc. 36. auch, das in unserer Stadt fallende
{erzeugte) salz. Gbefe saline Lüneburg s. 31.
4) oft folgen dem fallen praeposilionen.
a) in.
mhd. Til der guoten recken vor Wolfhartes hant
mit töde muose vallen von swerten in da; bluot.
Nib. 2219,3;
ä6 viel in die bluomen dör Kriembilde man. 929, 1 ;
nhd. ins gras, in die blumen fallen; das fällt in die äugen,
sanft in die obren; besser zu fallen in goltcs band als der
menschen ; ich bin in gute bände gefallen ; ins wasser, in
den brunnen, in die grübe fallen; die flagge fällt ins mcer;
das kind fiel ins feuer; er feilt oft ins fewr. Mallh. 17,15;
ins bett fallen, sinken, mhd. in daj bette vallen, sigen. mit
der Ihür ins haus fallen, plump lierangehen: ein freiersmann
sollte nicht mit der Ihüre ins haus fallen. Göthb 11,22;
er falle wenn er jemals freit
nicht mit der thür ins haus. 11,38;
sie falle mit der thür ins haus, betäube mich mit cineni
derben schlag und verlange, man solle alsobald sein liedchen
pfeifen und von einem gegenständ zum andern hüpfen. 31,174.
schon Simpl. K. 807 scherzliaft umgedreht: die reden überein-
ander werfen, wie der Schuhmacher den leist und also mit
der Stuben (wie man im Sprichwort redet) in die thür hinein
fallen, der topf ist in die asche gefallen, die s]>cise versrJiätlet,
bildlich für vereitelt: es solle sich verziehen und zuletzt in die
ascben fallen. Luthers 6r. 5, 197. der Main fällt in den Hhein,
mein weg fällt in deine strasze; es sei denn das das weizen-
korn in die erden falle und ersterbe, so bleibts alleine. Job.
12,24 (kaurnu hvaiteis gadriusandA in air))a); der schlaue
fuchs ist doch endlich in den strick gefallen; in eine krank-
heit fallen, in morbum incidere, aufs krankenlager fallen, tomber
malade: das sich die armen schuler fiberaszen und oft in
grosze krankheit fielen. Tho. Piater 20 ; in krämpfe, Zuckungen
(GOthe 17,403), in ohnmacht, schlaf fallen;
hör aber wa« geurhiehet drauf, das klare glas zerbricht,
der reine wein verraucht, der freund rallt schmerzlich in die
Kicht. LuCAU 'i,37,38.
io, unter die leute fallen, ruere in homines:
mhd. unz li In kom vil nAhen bl
und viel enmtticn under tl. Iw. 104.
in mtdiot; lüui. in die feinde fallen, riwre in hostet; kör umb,
flll tB den, itosz di««- ••■■i i-n nichl mcr. K"«n^ •■■io. f-'
aber von der heftigkeit ihres feuers wendete er sich zur
rechten und fiel in die Sachsen mit solchem ungestüm, dasz
ihre glieder sich trennten. Schiller 934"; wenn deudsche
fürsten in einander fielen, das mücht den bapst frölich machen.
Luther 5, 75' ; da valer und son, brudcr und vetter in ein-
ander fallen. 8, 4l'; das die gelehrten aus eigener räch in
einander gefallen sind. Mel&nchthon im corp. d. ehr. 539 ; so
würden sie selbs in ir aigen stal innanander fallen. Relchlin
augensp. 19';
ihr sollt uns büszcn. fallt in ihre herde I
die hülte reiszet ein, brennt und schlagt nieder!
SCUILLER 518'.
in die saiten, in die Speichen fallen, greifen, fassen:
der Sänger rasch in die sollen fällt
und beginnet sie mächtig zu schlagen. Schiller 69';
sie wollen,
allein in ganz Europa, sich dem rade
des wellverhängni.sses, das unauflialtsam
in vollem laufe rollt, entgegen werten,
mit menschen arm in seine Speichen fallen? 279',
haar das in locken, ins schwarze fällt.
b) einem in: es begab sich aber auf einen tag, da Tobias
heim kam . .. und sich neben eine wand leget und entschlief,
schmeiszte eine schwalbe aus ircin nest, das fiel im also
Leisz in die äugen, da von ward er blind. Tob. 2,10; es fällt
mir in die äugen, ich schaue es; da seht um euch her, und
was verboten, was verflucht ist, wird euch in die äugen fallen.
GöTHE 20, 268 ; der ganze schätz fiel den feinden in die bände ;
sie fiel ihm in die arme, umarmte ihn, liesz sich umarmen ;
einige leule fielen dem Seiltänzer sogleich in die arme. Götue
18,160;
aber da fielen die kinder mit schrein und entsetzlichem weinen
ihr in die kleider und wollten die zweite mutler nicht lassen.
40,314;
wenn gott in seiner rechten alle Wahrheit und in seiner
linken den einzigen immer regen trieb nach Wahrheit, ob-
schon mit dem zusalze, mich immer und ewig zu irren, ver-
schlossen hielte und spräche zu mir 'wähle!' ich fiele ihm
mit demulh in seine linke, und sagte : 'vater gib 1 die reine
Wahrheit ist ja doch nur für dich allein!' Lessixg 10,49;
es ist mir in (auf) alle glieJcr gefallen; die streitenden fielen
einander zuletzt in die haare und rauften sich ; die draguner
sollen dem feind in den rücken, in die seile fallen ; dem
hunde fiel das fleisch aus seinem munde in den bach; das
mädchen spielt und die kugel fällt ihm in den brunnen ; nun
ist mir alle meine freude ins wasser gefallen; dem wagen
in die räder, dem rad in die Speichen, dem pferd in die
Zügel fallen; ein bettler fiel ihm in den weg.
c) auf. auf den köpf, die nase fallen; bildlich, er ist
nicht auf den köpf gefallen, kein dummkopf; und ein groszer
hagel fiel auf die menschen, offenb. 16,21; auf den boden,
auf die erde fallen (wie die erde suchen = niederfallen) ; die
nadel fiel ihr auf die erde; fiel auf die erden und betet.
Marc. 14,35; und fielen auf die knie und beteten in an.
15, 19 ; 80 dicht, so gedrängt stehen, dasz kein apfel auf
die erde fallen kann ; bildlich es ist auf die erde gefallen,
nicht behalten worden, verloren gegangen; kauft man nicht zwen
Sperlinge umb einen pfennig'? noch feit derselbigen keiner
auf die erden on cwren vater (golh. jah ains ui ni gndriusi|)
ana air|)a). Mallh. 12,29; es sol kein bar von deinem sou
auf die erden fallen. 2 Sam. 14,12; Wilhelm war überzeugt,
es sei kein worl seiner geschichte auf die erde gefallen.
GöTHE 18, 29 ; diese Vorstellung fiel dem künige zwar nicht
auf die erde. Schiller 813*; bei einem so streng katholischen
fürsten konnte ein solcher wink nicht auf die erde fallen.
917*; liätten sie den schimpf beantwortet, so würden sie ihm
dadurch eingestanden iiaben sie verdienten ihn. dn sie ihn
aber ganz platt auf die erde fallen lieszen, so ward er kraft-
los. Klimcer 3,71; und ellichs fiel auf den fels. iur. 9, fi;
da das die jünger höretcn, fielen sie auf ir augesichte und
ersfhracken. Mallh. 17,6; da fiel Abram auf sein angesicht.
\ Mos. 17,3; da fiel Joseph auf seines vater» angesicht. 50,1;
und das gevogel fiel auf die as, aber Abram scheuchet sie
davon {vulg. volucres descenderunt super cadavern). l Mos.
15,11; und sie würfen das losz über sie und das iosz fiel
auf Matthiao. apostelg. t, 26 ;
0 damals
wollt er den tempel nehmen, von dort auf Jerusalem r.illni.
tlfttLiot fi, 3US ;
lasi auch nach Argos mich onikoranipn, mit
\ircluten scharen fallen sie auf mich. Schulk« • •
1281
FALLEN
FALLEN
1282
da nu die sonne untergegangen war, fiel ein liefer schlaf
auf Abram {inuit supra). 1 Mos. 15, 12 ; wie wir beide zugleich
auf das Strumpfband zu boden fallen {uns werfen, eiligst bücken).
Schiller 19"'; es ist mir auf die brüst gefallen.
d) zu. ich falle zu füszen {poln. upadam do nog), bin ein
gehorsamer diener; trat zu im ein mensch und fiel im zu
füszen. Malth.n, li; und da er in sähe, fiel er im zu füszen
(gadraus du f6tum ISsuis). Afa;c.5, 22; da das Simon Petrus
sähe, fiel er Jesu zu den knien (draus du knivam lesuis).
Luc. 5, 8 ; als nu Maria kam da Jesus war und sähe in, fiel
sie zu seinen füszen (draus imma du fotum). Job. 11, 32. der
unterschied von zu den füszen, knien und auf die füsze, knie
fallen ist also gewöhnlich, dasz jenes die füsze, knie des herrn,
dieses die des kneclUs meint, in fuszfall, kniefall kann beides liegen;
da sah man mir sie selbs, die mein haupt mit dem fusz
2u trümmern stolz gedacht, ganz zitternd zu fusz fallen.
Weckherli!« 71.
mhd. mir troumte hinte leide, wie obe dir ze tal
Tielen zw4ne berge. Nib. &67, 3;
die ilhrdnen) Tielen in genöte von den ougen ze tal.
362,4;
nhd. zu grande fallen, zu boden fallen, zur erde fallen, sinken:
das wir versinken oder zu grund fallen werden. Luthers br.
3, 551. zu häuf, häufen fallen, cormere, zusammenfallen, über
den häufen: darauf sich dieses alt wacklende gebäw stützete,
dasz es nicht zu häuf fiele. Philaxd. 1,262; die finstere
nacht konte ihren schnellen lauf nicht hindern und ob sie
gleich oft an stück', stein, stamm und bäum liefen und noch
öfter zu häufen fielen, raften sie sich doch geschwind wieder
auf. Simpl. K. 261; alts. te hopa, ags. to heäpe.
e) ab, von. fiel ab sinem pferd, descendit. Eulensp. 25.
vom stuhl, tisch fallen; sie sprach, ja herr, aber doch essen
die hündlein von den brossamlen, die von irer herrn lisch
fallen. Malth. 15,27; und begeret sich zu settigen von den
brosamen, die von des reichen tische fielen (jah gairnida
sat ilan drauhsnö |)iz6 driusandeinö af biuda Jiis gabeigins).
Luc. 16,21; er ist vom pferde gefallen; und Rebecca hub ire
äugen auf, und sähe Isaac, da fiel sie vom kamel. 1 Mos.
24,64; der apfel fällt vom bäum;
da fielen von im auf der fert
zeben von den zwelf geschlechten. Schwarzksberg 108, 1,
fielen ab von ihm; du fällst vom fleisch, siehst aus wie ein
lodtengeripp. Lenz 1, 207; und die kellen fielen im von seinen
bänden, apostelg. 12, 7 ; es fiel mir wie schuppen von den äugen ;
wem hier, wem itzt
die schuppen nicht vom äuge fallen. Lesstng 2,249.
/) aus. aus dem schif, nachen fallfn; das kind fiel aus
dem fensfer, aus dem wagen; der same fällt aus der kapsei;
der sand aus dem fasz; und eine stimme fiel aus der wölken
und sprach (jah qam stibna us [lamma milhmin). Afarc.9, 7;
jeder schaltete ein und änderte, wie es ihm gut dünkte oder
aus der feder fiel. Lessing 10,336; der fusz ist aus dem
gelenk gefallen ; dem etwas war aus seinem munde gefallen,
woran der könig sich stiesz. pers. baiimg. 1,31; die pfeife
fiel ihm aus dem munde; bände, aus denen jeden tag neu-
jahrsgeschenke fielen. J. P. flegelj. 1,4; wenn das mädchen
redete, fielen blumen aus seinem munde.
g) um. fiel (warf sich) im umb den hals und küsset in
und sie weineten. 1 Mos. 33,4; und da er in sähe, fiel er
umb seinen hals und weinet lange an seinem halse. 46,29;
dunkle locken fielen ihr um den weiszen hals.
h) über, über einen stein, über ein stück holz fallen ; über
einen fallen (ihn überfallen) und ihn mishandeln. die locken
fielen ihr übers gesiebt.
i) unler. es war ein mensch, der fiel unter die mörder.
Luc. 10,36.
5) es folgen adjediva oder adverbia.
mhd. doch viel er vor dem videlare tot. Nih. 2009,4;
dd vielen beide erslagne Gcrnöl und Rüedegfir. 2158,2;
nhd. er fiel todt zu boden; es fielent die leul hungers halber
todt darnider. Aimon x3'; fiel todt zur erden, et*.'; berg-
männisch, der gang ßllt seiger (senkreclU), Tällt schräge, die
locke Tällt schief; das zeug Tällt schön (im kleide); die falte
fällt gerade; diese falle musz reicher fallen. Göthe 14,208;
das seil fällt lang, fällt zu kurz; aufrecht zur erde fallen; die
kugel fällt zu hoch, zu lief; ich bin hart, weich gefallen;
der stein fiel schwer auf die erde; der schlaf fiel schwer
auf meine müden äugen ; das füllt leicht, schwer ins gewicht,
wiegt leicht, schwer:
in.
ein aucrenzeugnis, ein erhaschtes wort,
eia blatt papier fällt schwerer in die wage,
als mein lebendigstes gefühl. Schiller 26ö*;
die heerbahn fällt zu weit, der fuszpfad lauft geschwinder.
Grtpuius 1, 54v),
zwar in diesem fallen, abfallen, ablenken liegt schon abstraction.
6) einigemal finden sich persönliche dative neben fallen, wer
bistu, das du einen fremden knecht richtest? erstehet oder
feilet seinem herrn (seinamma fraujin standij) aij)|)au driusij),
vulg. suo domino stat aut cadit). Rüm. 14,4;
die fiel dem donner des todes und aufstehn
wird dem lautereu hall der auferstehungsposaune.
Messias 12,676;
solche Sieger waren wir einst auch, da wir, nachdem durch
das blut der zwanzig centurione der bund gemacht war, die
beute vor der schlacht losten, dem Sueven fiel das gold,
dem Cherusker die pferde, dem Sicambrer die gefangnen !
Klopstock 9, 254, vgl. das losz fällt (sp. 1279); nim die Wörter,
wie sie dir fallen. Riemer reime dich s. 66.
7) fallen lassen.
mild, die segele recte man h«r vur
und liej den wint vallen drin. pass. H. 380,80;
tüid. da liesz gott der herr einen tiefen schlaf fallen auf den
menschen und er entschlief. lAfos. 2, 21; aber da Onan wüste,
das der same nicht sein eigen sein soll, liesz ers auf die
erden fallen und verderbts (LXX i^e^etv inl rrjv yrjv, vulg.
semen fundebat in terram). 38, 9, wo Luther passend das
euphemislische 'es' (sp. 1118) anwendet; da hieben die krlegs-
knechte die stricke ab von dem kahn und lieszen in fallen.
apostelg. 27,32; er liesz das glas aus der band fallen und
der wein vergosz; die dirne liesz den eimer fallen, dasz
alles verschüttete ; das mädchen hat das kind aus dem fenster
fallen lassen; sie war unvorsichtig genug, über ihre v\ahre
leidenschaft einige worte fallen zu lassen. Göthe 20, 98 ; jene
liesz ihre langen augenwimpern fallen. 22, 112.
B) abstractionen.
1) ohne praeposUion.
mhd. daj reht was im gevallen {zugefallen), Erec 1107;
da von er was gevallen
bi der selben zit also. Silvester 154;
nhd. wenn die not und leiden daher fallen. Luther 1, 80* ;
mhd. diu höchzit was gevallen an einen phinxtac. Nib. 1305, 1 ;
nhd. ostern, pßngsten fallen, treten ein, fallen dieses jähr
spät; man musz die feste feiern wie sie fallen; der zins
fällt, ist fällig, musz entrichtet werden: nu manet uns der schös-
ser leglich strenger und wir doch dasselbe nicht mügen be-
zalen, weil unser zinse nicht fallen noch bisher gefallen sind.
Luther 2,514'; der brauch, die sitte fällt, geht unter, verliert
sich; wenn ihr diesen Vorschlag annehmt, musz jener fallen;
das stück ist gefallen, durchgefallen; die curse fallen, weichen;
der werth der häuser ist im fallen, das handlungshaus ist
gefallen, fallit geworden, mir fällt der muth.
2) bei pracpositionen.
a) dies blaue fällt ins grüne, dies roth in violett; sein
witz fällt ins bitlere; das leid fällt in freude;
des schaden in ein frommen feit.
RiNGWALD geistt. lied. D2'. G5»;
er ist in schlechte gesellschaft gefallen;
gewinnlich der nach tugend stelt,
der nil in pös gesellschaft feit.
Schwarzemberg 128,2;
er ist in die gröszte noth und Verlegenheit gefallen ; die allge-
meine Verachtung, in die er deswegen fiel. Wieland t, 77 ;
die Zwischenzeit war ins vergessen gefallen. Göthe 17,396;
jedem fielen seine eigenen, obgleich viel geringern schätze
dabei wieder ins gedächtnis. 19,53; welches mir nie in sinn
noch fedder gefallen ist. Luther 1,426'; das fällt mir nicht
in den sinn, in die gedanken, fällt mir nicht ein; das fällt
nicht in die sinne, äugen, leidet keine sinnliche Wahrnehmung,
vgl. augenfällig, sinnfällig, einem in die rede, ins wort fallen,
ihn unterbrechen :
ich bin dir gar zu gut. 'ich dachte was es wäre',
du fällst mir in das wort, 'nun rede nur, ich höre'.
Rost schdferg. 114;
sie ergreift die guilarre, und nachdem sie eine weile schwer-
mütig praeludiert hat, fällt sie in den gesang. Schiller 349';
diese musik fällt gar nicht ins gehör; er ist ihm in sein
amt gefallen; der feilet in golles eigen ampt. LctherS, 54*;
das fällt in die leit meiner jugeod;
81
1283
FALLEN
FALLEN— FÄLLEN
1284
den lorn, der oftersmals den zaura zerreiszen will,
mit maciit zurQcke ziehn und Tallen in sein ziel.
Opitz :i, -nz.
b) da Petrus noch diese wort redet, fiel der heilige geist
auf alle, die dem wort ruhöreten. apostelg. 10, ii; angst und
furcht war auf ihn gefallen; man musz nicht auf die guter
gottes fallen und sich ir annemen, sondern durch sie hin-
auf zu im dringen. Lütuer 1, 4S5'; wenn man nur den namen
dran hengt, so feilt jederman drauf und helt es für köstlich,
4,45"; er feilet nicht allein auf das übel, sondern behelt für
äugen alle gute und woltbat des herrn. 5,45^; seine gedan-
ken fallen auf alles; denn es fall auf welchen weg {wohin)
es wolle, zur eroberung oder ergebung. Kibchhof mü. disc. 35 ;
allein der wilden schar
fiel auf die Dritten los. Gellert 1,56;
es ist eine rechte noth, seitdem die groszen herren auf das
incognito gefallen sind. Güthe 14,3; Friedrich ergrif manche
gelcgenheit, um auf eine neigung Wilhelms gegen Natalien
zu deuten, wie konnte er darauf fallen (verfallen) ? 20, 293 ;
sie fielen daher sämtlich drauf, das was sie natur nannten,
der cultur und der kunst entgegen zu setzen. 36,178; und
blosz deswegen thul er dieses, weil die folgen jetzt anders
auf den könig fallen. ScaiiiEn 815"; Stosz, dem noch immer
das bauchgrimmen im köpfe steckte, fiel am wenigsten auf
ein dankgebet. J. P. komet 2,118; es fällt mir schwer aufs
herz, aufs gewissen.
c) all ding ir zu euch fallen secht {nach Matlh. 6,33).
SCHWARZENBERG 111,1;
damit ich nicht zum argwöhn falle. Luthers br. 5, 287, zu etwas
fallen = lierabfallen, sinken, sicii senken, mildern: dessen gliih-
feuer erst durch eine enlfernung zur wehenden wärme fiel.
J. P. 1(715. löge 3, 25; die aipenechos klangen in die weite nacht
zurück und fielen zu einem tönenden hauche. 3, 109.
d) ir habt Christum verloren, die ir durch das gesetz ge-
recht werden wolt, und seid von der gnade gefallen (gotli.
US anslai usdrusu|)). Ca/. 5,4; das sie mehr sorgen, das
gottes gunst, lob und ehre von inen falle, denn das sie ver-
damnet werden. Luther 1, 20*. 3, 3 ; sint der zeit ist mein
herz von im gefallen. 4,374'; diejenigen, so nicht vom text
fallen, sondern bleiben bei dem text. 8,65'; wo man einmal
vom rechten verstand der schrift feilet. 8,88';
ihr denket ich sei der herr abt von sanct Gallen.
'ganz recht, und das kann von der Wahrheit nicht fallen'.
ÜÜRGER 07',
das kann nicht anders sein, a vero non abhorrct.
e) der Carlstad ist aus dem reich Christi gefallen und hat
schifbruch am glauben erlitten. Lutueb 3,57"; er ist aus
seinem concept gefallen.
f) und fiel eine furcht über sie alle, aposlelg. 19, 17.
g) die schichten des muscbelkalks fallen alle gegen das
meer. Göthe 28, 169.
3) bei adjediven:
und bringst den feind so weit,
da<i er, vvie schwer es lallt, für sieg genade schreit.
Opitz 1,5;
der tod fallt nicht so leicht. Grtphids 1,496;
ihr fällt das licht zu stark, obgleich der tag sich wendt.
1,601;
leichte fSIlt es lieb bekummen,
leichte rallts ein weih genuramen. Logad 1,121,17;
noch dennoch war mir wol und alles flel geliebet (nac/i wünsch),
weil ruh mir wol geüel. 3,528,56;
zipollen stinken zwar, doch einem glcichwol deucht,
wenn man sie etwan aus des schönen munde reucht,
es angenehmer (alt,
als rosen, so die band des heszlichen für hält.
pers. roxvntli. 6,2;
als den rätben die zeit unsre proposition anzuhören zu lang
fallen wolle, pers. reisd. 1,9; diese reise wird dir höchst
beschwerlich und gefährlich fallen, per». ro5fn/A. 2, 11 ; zumaln
auch die armulh dir selbst zu dienen und das werk der Seligkeit
zu treiben, nicht hinderlich fället. Scriver scWe/iic/i, 2, 181 ;
nachdem der lohn vor meine lieder
im vaierlande mager ßlll. GÖNTum 188;
an hören lAllt fn schwer das alter zu erreichen,
das mancher schlechter greis in niedern hfiilen Tand,
HacrdoR!« V, )iä;
damit ihre Wachsamkeit ihm nicht hinderlich fiele. J. E.
SciLEceL 6, 197 ; es gibt wiederum andere (dinge), gegen die
alle kraft der legislation zu kurz fallt. Lf.ssi:<ic 7, 32 ; beides
wflrde manchem andern regenlen unendlich schwer und viel-
Iricht ganz anmöglich gefallen sein. Wiki.a!«u 7, 274 ; der
irtbrheU nicht hinderlich fallen. Ki.iT 8,11;
sie sagt ihm, dasz er unter allen
ihr einzig und alltMn purullen.
nichts tiel ihr zu bekennen schwer,
sie sagt ihm dies, wer weisz ob nicht noch mehr.
Rost schäferged. 29. schäfererx. 22 ;
die fürsten sind ein schlag von leuten,
der warlich gut genug noch fallt. Gökijick 1,27;
verzeihen sie, madam, wenn ich beschwerlich Talle.
Götur 7, ö2;
aber wer ein positives übel, zahnweh oder Unfrieden im hause
bat, der frage keinen arzt und kein orakel. ihr wissen fällt
zu kurz. 14,6; einem zur last fallen;
dem alten manne, der in zwanzig schlachten
dem tod für sie entgegen gieng, fällt es
doch hart sich so entfernt zu sehn. Schiller 288*;
der Verlust muste der schwedischen parfei um so empfind-
licher fallen. 983'; wo ihm die Schreibstube, das einkaufen
der wolle, das dingen und zahlen unleidlich fiel. Armm
kronenw. 1, 293.
4) fallen lassen, fahren lassen, oß in der entgegengesetzten
bedeutung des verschwägens und aussprcchens : es luter fallen lan.
Keisersb. bilger 56'; losz ich ietz fallen. 57'; wie aber die
mönche dis ir heilig leben, da sie von rühmen, halten, wollen
wir hie, umb glimpfs willen, fallen lassen (übergehen, vorbei
lassen, verschweigen). Luther 6, 373'; die weil ihr nun sterben
müszt, so laszt alles zeilliche fallen, denn es euch zu dem
ewigen nicht genutzen mag. Galmy 319 ;
seine forcht liesz er doch fallen. Weckherlih 316;
laszt nur den blinden wahn aus euren herzen fallen.
Gryphiis 1,495;
dergleichen künste als ihr im spielen gezeigt habt, müssen
ihren mann niemals fallen lassen. Felsenb. 2, 383 (ihn immer
in hohem wolsland erhalten); den mechanismus in den erzeii-
gungen der natur fallen lassen und in der erklärung der-
selben vorbei gehen. Kant 7, 288 ; er hatte sogar bereits von
seinen anschlügen gegen diese wackern leule manches gegen
den sultan fallen (verlauten) lassen. Wieland 7, 360 ; lassen
wir das gespräch fallen ; ich liesz die sache fallen (gieng
darüber hin), ohne sie abzulehnen. Göthe 27, 229 ; dasz du
mir ja das thema über musik nicht fallen läszf. Bettina br.
1,279; soll ich dem mädchen von dem nahen glücke sagen?
so etwas musz ich fallen lassen (aussprechen). Arnim schaub.
1, 139 ; ich liesz fallen (erzählte neben her), dasz ich viel geld
verspielt hätte.
s. abfallen, aufallen, auffallen, ausfallen, befallen, beifallen,
dahinfallen, darfallen, dazwischenfallen, durchfallen, einfallen,
entfallen, entgegenfallen, gefallen, herfallen, hinfallen, mis-
fallen, nachfallen, niederfallen, überfallen, unterfallen, ver-
fallen, vorfallen, zerfallen, zufallen.
FALLEN, n. l) casus, ruina, lapsus, gen. des fallens, in wel-
chen formen man doch im gründe lauter verbale, tat. gerundien
ähnliche sehen darf:
ich aber seh in so gelungner wähl,
ist Thyrsis hier, die stunden spielend wallen,
wie diesen bach, der durch das gnine thal
so lauter schleicht, und ohne brausend fallen.
Hagedorns versuch in poH. fabeln und
ert. 1738 ». 138,
was er nachher änderte in:
wie pflegten mir, nach so beglückter wähl
in Thyrsis arm die stunden zu entweichen f
so seh ich itzt durch dieses grtiii« thal
den lautern bach um gras und hlunien schleichen. 2,79;
flel eine krön ihm zu, und es hedürfte nur
sie mit der band im fallen aulzuhaschen,
er streckte nicht die band. Wirland;
sie flel
ohnmSchtig hin und ritzte sich im fallen. Scrilur . . ,
2) bergmännisch Senkung: ein lagcr oder flötz mit geringem
fallen ; an verschiednen puncten des fallens.
FÄLLEN, caedcre, fallen machen, golh. drausjan *=*ahd. troran.
ahd. fallian, fellan, mhd. vellen valtc, nnl. vellen velde, enyl.
feil, altn. fella, schw. fälla, ddn. fillde. nur die /// $g. laittH
der von fallen gleich, son.tf scJieiden sich alle formen des inir.
fallen tind tr. fällen, gemahnt oß an ßäXketv.
1) holz fällen, bäume fallen: und werdet feilen alle gute
bewme. 2itrin. 3, 19; follelen alle gute bewme. 3,15; und da
einer ein holz feilet, fiel das eisen in« wasser. 6,5; feilet
bewme und macht srhtltle wider Jcnisalrm. Jer. 6,6; böum,
wäld feilen oder abhauwen, robnra demillere ferro. Maalrr
133*. 134'; man feil den ganzen wald schif zo machen, in
c/oMMi eaäit omn$ nemus. 133';
1285
FÄLLEN
FÄLLEN — FALLExND
1286
da sah ich TöfTeln an den hecken, '
er fällte holz und püf dazu. WsisZB kom. op. 3, 5.
2) mauern, thürrae ßlllen:
daj er im mit gewalte
genuoge bürge valte. Trist. 10,30;
die Stadtmauer soll gefällt, niedergerissen werden ; herumb wil
ich, das ewer ieder bleiden zurüst, darmit man den groszen
thurn darnider fei. Aimon x4'; sprich zu den tünchern, die
mit losem kalk tünchen, das abfallen wird, denn es wird
ein platzregen komen und werden grosze hagel komen die
es feilen, sihe so wird die wand einfallen. Ez. 13, 11. auch
steine vom schild schlagen:
vil der edelen steine gevellet üf daj gras
abe liebten schildes spangen. Sib. 37,3.
3) wild fällen, erlegen:
nü da; der hirj gevellet wart. Trist. 71,28;
räh, hirsch und andre wilde thier
zu lallen. Weckherli?! 429;
hasen fället auch er und jagt nach anderem wilde.
OVEBBECK 177,
xal jTTßJxos ßäXkti, xal d'Tj^ia t ä?J.a Sicöxet.
Theoer. 1,109;
die erlaubnis hohes wild zu fällen. Moser 2, 154. die genaue
iceidmännische spräche unterscheidet zwischen fällen und schlagen,
zwischen errällen, erschlagen, erlegen, der hirsch, das reh wird
gefallt, nicht erschlagen, der bar, wisent «. s. w. geschlagen.
wie erlegen, zerlegen den schlusz auf legen gestaltet, darf man
aus zevellen Greg. 3120 vielläcld folgern, dasz auch die fischer
Teilen auf den fisch anwandten.
4) häufig von menschen,
a) zu boden werfen, ohne tödtung. Nib. 434, 4.
6) fällen, tödten, oß mit beigesetztem acc. des adj. tot (wie
ipjr den nom. bei fallen slehn sollen sp. 1281) :
ja vellent sine dcpne manegen helt tot. Nib. 1939,2;
daj du mich tot niht Teilest. Parz. 266,26;
6 da; si Teilen töten. Neidhart xxun, 1 ;
aber auch darohne:
mit grimme begreif er da; swgrl
und gedäht et Teilen
sinen kampfgesellen. Erec 9193;
wolt Teilen in des tödes grünt, fcrone 21269;
da; ern z6r erden Talte. Trist. 177,20;
namentlich in der Verwünschung :
got müe;e iuch Teilen. Parz. 516,2;
got müe;e den Teilen. En. 222,36;
dfis Teile sie dSr gotes segen. kröne 16712;
den Teile gotl tr. kr. 26S*s7;
got selbe müest in Teilen nider. IIelbl. 8, 1150.
auch verkniipß sich vellen mit veigen:
hei was da guoter knehte
gevellet und geveiget wart. Trist. 43,31;
gcTellet und geveiget
Til schiere wurden tüsent man. Pantaleon 1500.
nhd. und wil in durchs schwert feilen in seinem lande. 2 kön.
19,7; felleten in daselbs durchs schwert. 2 cAron. 32, 21 ; die
gottlosen ziehen das schwert aus, und spannen iren bogen,
das sie feilen den elenden und armen, ps. 37,14; denn sie
hat viel Ten^und und gefeilet, spr. Sctl. 7,26; wie bistu vom
himmel gefellet du schöner morgenstern, wie bistu zur erden
gefellet? £5. 14,12; und wil in durchs schwert feilen in
seinem lande. 37,7; und wil sie durchs schwert feilen. Ez.
25, 13 ; und stellet sich als woll er dir helfen und feilet dich
meuchlings. Sir. 12, 18 ; erreicht er einen rilter und feilet
inen fodt zur erden. Aimon cl'; wo reuter oder knecht von
oder durch die feind angerennt und erlegt oder gefeilt würden.
Fbo.>sperc kriegsb. 1,05';
so Paris heut den Menelaos fällt,
so bleib ihm Helena. Bürger 154*;
Knud schickte Edmunds kinder seinem Stiefbruder, dem
künig Olaf von Schweden zu, der aber unwillig ihre Jugend
zu fällen, ihnen eine freislätte am ungrischen hofe Schafte.
Dahimanx dän. gescii. 1,104; am söhne war nichts zu fällen,
sondern am vater, für den man den wald und opferhammer
so lang aufgehoben schweben läszt. bis er mit seinem köpfe
darunter steht. J.P.Hesp. 3,125; der Scharfrichter fällte das
haiipt mit einem streich.
5) eine Jungfrau fillen, entehren, schwächen, vgl. fall l, f.
meidet m.-innsbilder und jung esellen,
die euch an ehrn mochten feilen. Atker 7*;
und giene hin mit seinen gesellen
die jungiraw iimb ihr ehr zu feilen.
W. Spatigenberg auüind oder fangbriefe Cl*.
6) den anker füllen, fallen lassen, niedersenken, auswerfen.
7) einen Schacht fällen, tiefer senken.
8) eine linie fällen, senkrecht fallen lassen: eine linie auf
eine andre fällen. Katp 8, 99.
9) einen aufgelösten stof ßllen, niederfallen lassen, prae-
cipUare: das durch unterschiedliche safte gefaltete eisen. Kant
10, 41. unsere Chemiker bedienen sich fast nur des fremden worts.
10) die Zähne fällen, fallen lassen, wechseln, gleicht dem
ßaß.Xsiv oSövras.
11) die bruech feilen, die hosen fallen lassen, abziehen, ab-
werfen. Keller erz. 672, 26.
12) in die grübe, in das grab fallen, stürzen machen: im
herzen denket er, wie er dich in die gruben feile. Sirach 12, 16 ;
den, den die grimme weit
Tom höchsten himmel aus bis in das grab gefällt.
Flexi^g 3;
wilst du dich, mich und sie in 6ine grübe lallen? 620.
13) das gewehr fällen, senken, zum angriff: fällts gewehr!
14) abstraä, stürzen, verderben, überwältigen, besiegen:
du mainst, in der theologei
seist ganz von meinen stricken frei.
geiz, unkeusch, hoffart ich dir stell,
damit ich tu deins gleichen feil. ScHwiBZSMiae 123, 1 ;
ist doch seine sitsamkeit
nicht wie deine fertigkeit
durch ein andre lieb zu ßllen. Weckherli!» 402;
was noch das gröszest ist, die feinde seh ich stellen
auf allen selten auf, wie sie nur mögen lallen
mein abgeseelte seel. Flev^g 19;
so wird mit ihm verloren
was in der zeit geboren,
die alles fällt und stürzt. Grtphiüs 2, 181 ;
es kriegt ihm Mars jetzt selbst, und das was er erkrieget
bt, dasz er lallt die weit und selbst mit ihr erlieget.
LoGAD 1,98,8;
die thränen einer schönen fällen Zeus. Schiller 15*;
lögen sind nur die waffen der hülle, die braucht Fiesco nicht
mehr, seine Julia zu fällen. 171*.
15) den Spruch, das urtheil fällen, ergehen, fallen lassen:
der Spruch ist schon gefällt; und feile ein urteil über uns.
1 Mos. 43, 18 ; der herr feile heut ein urteil zwischen Israel
und den kindern .4mmon. rieht. 11, 27 ; und das urteil erschall
für dem ganzen Israel, das der könig gefellet hatte. 1 kön.
3, 28 ; er feilet nach seiner gewiszne ein urlheil. Wickras
rollw. 93 ; ein urtheil fällen. Käst 7, 61 und oft. ebenso die
wähl fällen:
und schlosz er wolt ihnen einen stellen,
würden sie die wähl auf ihn feilen,
er soll ihn die hauben rucken, froschmeus. 2, 5(J14').
16) refl. sich fällen: stürzt er sich über ein mauer ab und
feilet sich zu todt aus begird eins bessern lebens. Frank
chron. lOS', wo sich freilich aus feilet nicht entnehmen läszt, ob
der inf. fallen oder feilen lautete, die folgenden stellen scheinen
für fällen zu sprechen:
die ihm mancherlei weis nachstellen,
ihn Ton dem glauben abzufeilen. H. Sachs V, 100*,
abfallen zu machen, was schon 1,37 aufzuführen gewesen wäre;
die füsze matt und krank
und die sich selbsten fällen. Fleming 639.
es heiszt aber sonst sich todt fallen, zu tod fallen, sich den
hals abfallen und man wird auch hier unterscheiden müssen
fällen, fallen machen, stemere von fallen cadere; hierruuh gebührt
der frankischen stelle fallen, vgl. Terfällen.
FÄLLE.N, n. caesura: das fällen der bäume verursacht ab-
nähme der bäche.
FALLEND, cadens, cadueus.
1) die fallende sucht, epilepsia, morbus comilialis, bvhm. padaucj
nemoc, ahd. faliandiu suht. Diut. 2, 193'; 'daj vallende'.
ROcEERT zu Berit s. 125;
die beten die Tallenden suht. Ulrich 1092;
die diu vallunde suht warf nider. Serval. 1572;
sweme wirret diu vallende suht. kaiserclir. 6491;
ir brach diu Tallende suht
harte vil mit ungenuht. Haupt 8,185;
ei harr und hab dirs Tal und (/. fallund) ubell
n. Sachs m. 1,199»;
du schendlichs fallund übel! V, 344*;
gekürzt in faldubei. fastn. 36,13.37,11.47,22.81,2.255,15, ja
in falbel (oben sp. 1268). später das fallende leid, die fallende
krankheit, 'das fallende', vgl. Germania 2,377 und myth. lllo.
vom namen der fallenden krankheit wissen, das von den
arzten viel ihr bcschreibung sind . . . darunib so bleibt der
nam 'das fallend'. Paracei.süs 1,542*; es (das öl) bebt auch
die leul im fallendea siechtumb auf. 1,693*.
81*
1287 FALLENDSÜCHTIG — FALLHUT
2) das fallende, im metrum, die cadenz. der lieblich falleode
abbrucb in der mitte der langen versen. Weckbeblin von.
3) das fallende laub, blatt. louprise.
41 der fallende bach: ich dann im hohen grase am fal-
lenden bache liege. Göthe 16, 8 ; ihr blühenden wiesen, fal-
lende bäche, steigende wälder. Fr. Müller 1, 18.
5) in die äugen fallend: an dem sichtbarsten, in die äugen
fallendsten orte. Lessing 10, 43.
6) rinne, rinne flüchtige nacht, und verdecke mir die fal-
lende sonne nicht lange! J. P. Hesp. 2,247; etwas unaus-
sprechlich mildes und weiches, was oft im weiblichen ge-
siebt das brechende herz, das fallende leben bezeichnet.
2,201; den kummer der fallenden freundschaft. 2,165; die
Zeiten fallenden geschmacks. aesth. 2,213; und die grüne
erde geht auseinander und schlügt über meine fallende puppe
mit ihren blumen zusammen. Ilesp. 1, 149.
FALLENDSÜCHTIG, epileplicus : folgends hett er ein
Schlachtordnung von ..» faulen, mürben, würmwiblenden
und fallendsüchtigen käsen. Garg. 54', es sieht fallensichligen
und in andern ausgaben fallendsichligen ; Hl' kreuschen und
fallendsüchtig werden.
FALLENDCNG, f. casus, bühm. päd: lateinische und grie-
chische fallendungen. J. P. aesth. 2, 225.
FALLENOHR, n. das was den riegel im schlösse bewegf, gUnch-
sam ohr der falle.
FALLENSÜCHTISCH, epilepticorum more: wie die Spanier,
die auf cilicisch und fallensüchtisch aus der erschlagenen
wunden blut saufen. Garg. 234'.
FALLENWILLIG, ruinae proximus:
bedenket
den verfaulten grund der schon gelenkten seulen
die fallenwilljg sein. Scuottel,
eine falsche worlbildung, da kein inf. in die composiUon eingehen
darf keine ausnähme macht thunlich, was man sehe, doch
künnle das Substantiv fallen gemeint sein.
FALLER, m. hat man für Irochaeus gebraucht.
FALLER, n. für falter, falltor : inwendig dem faller. weisth.
i, 480.
FALLETER, n. dasselbe, wie esfer für eschtor sp. 1172.
FALLFORM. f. casus, unbrauchbar wie faliendung.
FALLFERTIG. fallbereU, nah daran zu fallen.
FALLFERTIGKEIT, f.
FALLFLECK, m. labes, labecula in cule lapsi, verletzte haut
eines gefallenen.
FALLFREI, liber a lapsu:
CO halt du, herr, micti stets fallfrei! Weceherlin 114.
FALLFRIST, f. nach der öslerreicldsclten gerichlsordnung für
Düthfrist, Verfallfrist.
FALLGANG, m. abtheüung im (ischwasser.
FALLGATTER, m. n. catarracla, galter oder gilter am Ihor,
das herabfällt: das obere thor ist neu und gut gebaut, ein
scheinbares fallgatter scblieszt den obern halbzirkel. Gothe
43,66; das dicke fallgatter seiner schmalen stirn lasset keine
fremde meinung ein. J. P. klagdied der mdnner 4. ryl. ein fal-
lender schuszgatter. Garg. 105".
FALLGELD, n. beim lehnsanfall zu enlridUen.
FALLGITTER, n. wie fallgatter.
FALLGLCCK, n. lapsus absqne laesione. Stieleb 675.
FALLGRARE, m. fussa munimentum cingens: fallgraben um
die feslung anlegen.
FALLGRURE, f fovea ferae capiendae: der minister wurde
io der letzten tiefen fallgrube des Schicksals ganz muthlos
angetroffen. J. P. Tit. 3, 154.
FALLGL'T, n. beim lodeffall heim fallendes gut: was von fall-
gütern dem berrn von rechtswegen heimfilllt. Houberg 3, 1,42*.
«eitth. 1,6GI.
FALLHAUS, n. wohn der abdecker die hdute außewahrt.
FALLHOF, m. ein probst zu s. Alban hat fünf fallhof zu
Kemps, da jeglicher hof git einen fall, so ein lehenman stirbt
oder abgat, das ist das beste baupt vieh ohne eines, weisth.
1, «56.
FALLHÖHE, f höhe, von wo ein kOrper fdlU. Brandes vorl.
iber astronomie 1S27. 1, 122.
FALLHOLZ, n. holzfall, wind fall, gcfailnet holz.
FALLHL'T, m. viuninifntum capitis, hülchrn, dm köpf des
kindet beim fallen zu srhülzm : er warf fallhul und flügelkleid
weil weg. J. P. ri/. 1,110; so handeln beiszl mit dem fallhut
cbapcau bas gebn. lU. nacM. 4,11.
FALLIEREN — FALLMEISTER
1288
FALLIEREN, fr. faiUir, ü. inline (Diez 137), mhd. filieren,
fallieren, mnl. failgieren:
wol da getjostieret wart
von den zwein jungen äne hart
sunder fälieren. Purz. 211,17;
sunder fälierens misse. 465,24;
unde täten goume
swenne si panierten,
da? si nilit fallierten. 738,28;
da wart failieren gar vermiten. Wh. 87,25;
ja, sin wort falliret nitit. Haupt 5,553;
wan waj dise Sibille sagete, da; wart war, wan di schrifl
saget von den anderen Sibillen, der wären eilfe, der pro-
phezle fallirte, aber dise Sibille fallirte nicht, myst. 127,24.
nhd. fallieren, triegen. Heniscu 991, 22 ; der sonsten in seinen
Worten niemaln falliret bette. Spee g. tugendb. 197. heule in dem
eingeschränkten sinn von unvermögend sein zu zahlen: etliche
kaufleut beben ire hiindel so hoch an, dasz si in {einen handel)
nit hinausz künden fueren und müssen darüber entlaufen,
welchs man aufstehn heiszt oder gefalliort; in Hispanien
heiszt es bankerota. Albercs dial. vom inlerim. P2'; holla,
Vetter, warum so sinnend? haben wir (d. i. habt ihr) etwa
fallirt, dasz ihr so bankrut dasteht? Fr. Müller 3, 259. im
Volke auch noch es hat ihm falliert, fehlgeschlagen, vgl. fehlen.
FÄLLIG, caducus, deciduus.
1) fällig im kämpf, vor gerichl, überwunden : fällig im recht,
caducus in causa; wo er (der ankläger) die peinliche recht-
fertigung nicht auszfüren oder sunst im rechten fellig würde
(aliasve in jure defeccrit. Gorler). Carolina art. 12 ; wo er
aber nicht fellig noch mit heiliger schrift überwunden. Luther
3, 410'; der von diesen schuldig oder fellig erfunden wird.
Frank weltb. 67'; das bestund nicht lange, es wurden ellicb
fellig. Wickram roUw. 63'.
2) fällig, labilis, zu boden fallend, niederfallend: frucht an
den weg fellig. weisth. 3,741;
die falwen blätter,
die wann der winter kommt das ungesclilaclite weiter
erscliröckt und fällig maclit. HoapLER 118.
dann bildlich, in sünde fallend:
dreiliundert sechzig fünfe sind tacre von dem jähre
wenn siebenmal des tages der fromme frillig wäre,
was meint man was für summen der sünde werde spinnen
der böse? Locad 3, 78, 15.
3) fällige einstürzende wand; i<illiger thurm; fälliges, bau-
fälliges haus:
die träm und durchzfig auch, die sparren samt den wänden,
so disem fälligen gebäu hocbnölhig sein. Rompler U9;
wir bauen grosze heuser, die doch endlich die zeit durch
ihren eisernen zahn wegfriszt und fällig macht. Bdtscbkt
Palm. 6G3.
4) fällige wunde, durch einen fall, stürz henorgebrachie? vgl.
fallvvunde, oder eine heilende, zufallende? von dem underrichl
der erkantnus der glücksamen und unglücksamen, der fälligen
und unfälligen wunden. Paracelsüs chir. sehr. 37'.
5) fällig geben, hingeben, mUllieilen, zufallen lassen, s. 1, 513.
514 unter anwand.
6) fällig, solvendus: das geld, der zins ist fällig; ein noch
nicht fälliger Wechsel.
s. abfällig, anfällig, auffällig, augenfällig, baufällig, bnsz-
fällig, erlifäliig, fuszflillig, gefällig, giücksfällig, hinfällig, niis-
fällig, niederfällig, peinfällig, rechtsfdJIig, rückfallig, sachf;iliig,
straffällig, windfällig, zufällig.
FALLINIE, /". senkreclit fallende linie. s. fällen 8.
FALLKÄFER, m. cryplocej^alus, eine käferarl, die von der
pflanze abfallen, wenn sich eine hand ndlierl.
FALLKESSEL, m. zum niederschlag gefdllttr, flüssig aufge-
löster erze. s. fällen 9.
F.\LLKLAPPE. f. eine klappe, die leicht niederfallt.
FALLKLINKE, f klinke mit einer feder, vgl. fallenohr.
FALLKLOTZ, m. was fallblork.
FALLKNECHT, m. des abdeckers knrrht , der das gefalhe
thier holt:
nach dem fallknecht schickte jener, dnüi er weg den ocb*«n
bringe. Platkn 'M.
FALLKRAllT, n. arnica montana und inula hirta, echtes und
unechtes fallkraut, nnl. vallkruid, auch wolvcrloih. rindvr
lassen das wolverleih stehen, ziegen fressen es oline gefalir.
FALLMANN, der den fall, lodfall entrichten musz. wn.'^lh
1, 650. 003.
FALLMEISTER, m. mortidna roriis exuens, abdecker, schindrr.
wuscnmeisler ; 'es kann auch ein fallmeister sein, wir greifen
1289
FÄLLMITTEL — FALLS
FALLSACK— FALLTON
1290
ihn nicht ao' (als die bauem einen auf dem felde todt gefund-
fipn belller begraben sollten), i. P. biogr. bei. 1, 170 ; wenn sie
aber ein gelüsten trugen mit jemandem anzustoszen, so war-
teten sie bis der gevatter fallmeister vorüber kam. Hebbel
Maria Magd. 74. s. fallkneclit.
FÄLLMITTEL, n. zum fällen, praeäpitieren.
FALLMÜTZE, f. wie fallhut.
FALL.NETZ, n. zum einfangen icilder Ihiere:
als er wieder kam, stellt ihm der fürst
ein neues, feingewebtes fallnetz auf. Borger.
FALLOBST, n. ton selbst gefallnes, bei Haltacs 988, 25 noch
fallobs, foma caduca; ein wahres umgestürztes fruchthorn,
bei dem das unter dem schreibenden leben goch nachkom-
mende fallobst gar nicht einmal angeschlagen wird. J. P.
papierdr. rorr. vi.
FALLPFAHL, m. was fallbaum.
FALLRALM, m. für frei fallende körper. Brandes vorl. über
astr. 1, 200.
FALLRECHEN, m. was fallgatter: ihr plan war sich unter
die thore zu stellen und zu verhindern, dasz man die fall-
rechen nicht herunter liesze. Schiller 10S2'.
FALLREIF, von überreifem obst, das abfallen will.
FALLRICHTü.NG, f directio casus: der stosz, welcher die
weltkürper von ihren fallrichtungen abgelenkt und in bahnen
gezwungen hat. Cotta briefe über Humboldts kosmos.
FALLRIEGEL, m. wie fallklinke.
FALLRIEME, m. am pferd. wmslh. 2, 24".
FALLS, st forte, dummodo, im fall, zuerst bei Stieler 419
und Frisch 1, 242', von Adelung getadelt, und neben unserm
wenn oder ob klingt auch die parlikel steif. Gellert setzt sie,
glaube ich, nicht, wol aber Hagedorn:
ein jeder, der in diesen jähren
mir ohne lachen widerspricht,
ist glücklich, falls er nicht erfahren,
wie oft man treu und glauben bricht. 2,33;
falls, ruft Philemon aus, ein flehen dir gelallt,
das itzt die liebe wagt, die uns zuerst gesellt. 2,103;
erwache, schöne schläfeiin,
falls dieser kus nicht zu bestrafen. 3,37;
und falls mich kein gedieht berückt,
so ist der winzer gleich erstickt,
der seiner beeren kost zum erstenmal genossen. 3,46;
herr Jost ist todt, der reiche mann;
war er nicht reich gewesen,
wir würden, falls ich rathen kann,
auf ihn kein Carmen lesen. 3,112;
und andere mehr: falls ihr allein euch sonst nichts wich-
tigeres zu sagen habt. Lessing 2, 538 ; aber wenn dem Ver-
fasser die fremden Verkürzungen nicht anstehen, so mache
er selbst welche, falls es ihm der mühe werth dünket. 7. 62 ;
desto quälender das mitleid, welches er voraus sähe, falls
Merope an der Vollziehung nicht zu rechter zeit verhindert
würde. 7,215; falls man einen versuch damit machen wollte.
8, 127 ; weil, wie er meinte, alle diese bücher zu nichts bes-
serm taugten, falls nichts darin enthalten wäre, als was man
im koran kürzer und besser gegeben fände. Wieland 6,190;
falls aber der hof fortführe, die beschwerden der stände mit
gleichgülligkeit anzusehen. 7.195; falls jemahls über den ver-
stand eines gesetzes oder die anwendung desselben in einem
besondern falle ein billiger zweifei entstehen sollte. 7,222;
ein getaufter mensch müsse durchaus hienieden sein ganzes
allodialvermögen weiter niemanden vermachen können, als
blosz Sätzen und Wahrheiten, falls nur die leiblichen erben
die quarta bekämen. J. P. papierdr. 1, 4 ;
und wisse, dasz falls du mich reizest, gewalt ich brauchen kann.
Chahisso <jed. 318.
auszerdem gelten die absolut gesetzten günstigen falls, nöthigen
falls, möglichen falls, erforderlichen falls, entgegen stehenden
falls, widrigen falls, deren adj. und subsl. aneinander rücken,
mehr anstosz gaben allenfalls, andernfalls, jedenfalls, da all,
ander und jeder ursprünglich schwacher form unfähig erscheinen,
die ihnen doch allmälich zu Iheil wurde, allenfalls und andern-
falls stehen schon bei Stieler (1691)419, in Hahns, Bünaus und
Mascocs geschicl$ten sollten wol belege anzutreffen sein; jeden-
falls will man zuerst in erlassen ron 1741 (Herz über Lachm.
beil. xxxix) und 1747 (hess. zeilschr. 5, 939) aufgespürt haben,
ich versudile wb. 1, 206. 219 ihnen einen au. allen , andern,
jeden fall unterzulegen, dem ein geniliviscltes s, das od», hervor-
iuheben, beigetreten sei, ungefdlir wie aus diesseil jenseit vollend
ein diesseits jenseits vollends wurde, aus groszen, andern theil
groszentheils, anderntheils. seit jedoch ein bereits mhd. allen
gähens (Diemers beitr. l, 125. 126, für alles gahes. Trist. 310)
vorliegt, begreift man auch allenfalls, jedenfalls, solchenfalls,
diesenfalls als schon vor Stieler mögliche formen und es scheint
ungeboten, den heuligen Sprachgebrauch, nach dem maszstab von
jederzeit, durch ein steifes allesfalls. jedesfalls zu stören, an
den anomalien allerdings, schlechterdings nimmt längst niemand
anstosz. ohne ßexion stelin die ersten theile in ebenfalls, gleich-
falls ; in desfalls, diesfalls, die schon das 16 jh. hat, wallet der
richtige gen.; besser als falls, desfalls, allenfalls u.s.w. lauten
in dem fall, in allem fall, am steifsten die adjectirbildungen
allenfallsig, desfallsig, die man den kanzleien lasse, obschon Les-
sing allenfalls, Göthe allenfallsig gebraucht.
FALLSACK, m. den fischem ein groszes netz mit langen wänden.
FALLSCHIRM, m. adjumentum cadentes sublevans, schirm, der
niedergelassen werden kann; fallschirme der luftschiffer.
FALLSCHLOSZ, n. das zuschnappt ohne Schlüssel.
F.\LLS1LBER, n. gefälltes, niedergeschlagnes silber.
FÄLLST.ÄTTE, f ort, wo wild gefällt, erlegt wird: aber die
namhaftigen fellstet, der ir wölf euch lang gebraucht, der
müssent ir und wir uns nu ganz entschlagen . . . denn da-
selbst wurd man streng auf uns dausen, und für solche fell-
stet müssen wir seltsame ort, dar vor nit gefeilt worden,
einnemen und ein ieklichen busch unsern hag lassen sein.
Schade sal. und pasq. 2, 71.
FALLSTEl.N, m. scandalum, stein des anstoszes, anstöstige
Sache: und so setz ichs denn, diesen zum fall-, jenen zum
prüf- und ecksteine hin. Herder.
FALLSTRICK, m. n. laqucus: noch fehet man in mit seinen
eigen äugen und durch fallstrick durchboret man im seine
nasen. Hiob 40, 19 ; denn wie ein fallstrick wird er komen
über alle die auf erden wonen {ags. sva sva grin he becyrnd
on ealle t>a ^e sittad ofer eordan). Luc. 21, 35 ; in Simonis
haus bei seinem wirt macht ers höflich, leget im auch ein
höflichen falstrick, darin Simon bestricket und gefangen wird.
Mathesiüs 133*; gott behüte mich vof allen fallstricken, die
mir gelegt werden. Schweixicben 1, 26S ;
hat der feind gleich für und für gesponnen
mir fallstrick, netz und garn. Griphils 2,406;
ein so gefahrliches fallstrick gelegt. Liscov 616; unsre lie-
benden verliefen sich also mit der sorglosesten Unvorsich-
tigkeit, welche Hippias nur wünschen konnte, in die fall-
stricke, die er ihnen legte. Wieland 2,162; sogar die Ver-
gnügungen der einbildungskraft hieszen ihm gefährliche fall-
stricke. 6,126;
der verrätherische fallstrick ! Scbuxer . . . ;
gleichgeschickt im cabinet wie im felde zerrisz er die fall-
stricke einer hinterlistigen Staatskunst. . . . ; mit einem sol-
chen herzen voll streiche und fallstricke. J. P. flegelj. l, 3.
FALLSTRICKSEELE, f der lord zerfaserte diese fallstrick-
seele nicht, da sie, wie er sagte, zu unbedeutend zur genug-
thuung, zu schwarz gebeizet zur strafe sei. J. P. Hesp. 4. 178.
FALLSUCHT, f epUepsia, vgl. fallend.
FALLSÜCHTIG, epilepticns.
FALLSWEISE , casu , zufälliger weise : ich befand mich
fallsweise in einer groszen Wüstenei. Adgsbürgers Arnalle
1642. A, 14.
FALLTHOR, n. thor mit fallbäumen, auch ein von selbst zu-
fallendes zaunihor. mhd. valletor {wb. 3, 49'), weisth. 3, 449.
ScHMELLER 1, 522. MoNE zeilschr. 5, 270. s. falter. der com-
mandant des Schlosses liesz das fallthor nieder. Schlosser
wellg. 9.306.
FALLTHORSEl'LE, /". verdünnt falterseule.
F.\LLTHÜR, f. recidens janua, namentlich die thür einer ge-
stellten falle:
dem gott reiszt die geduld. er flucht, hebt toII rerdnisz
die feulihür endlich auf und schaut herab vom himmel.
GorrKR 1,C3;
was ist ehre als der zunder des stolzes, was ist reichthum
als die wurzel des geizes und was ist liebe als die falllhür
der leidenschaft, die edle freiheit des herzens zu berücken ?
MusAEUS volksm. 1, 261.
FALLTON, m. vocis sonus cadens: in solchen rhythmischen
falllönen fiel natürlich die spräche auseinander. Herder 1,155;
nach langer dürre ein stiller gewitterregen, das saugende
auffassen der bäume, der ruhige fallton des Iräufelns. J. P.
papierdr. "2, 249.
1291
PALLTRANK— FALSCH
FALSCH
1292
FALLTRANK, n. «n miUel, das man krankem vieh gegen den
fall eingibt. Stalder 1, 353.
FALLTREPPE, f. scalae cadenles : ob er nicht irgendwo einen
Lezauberlen scbrank oder eine faillreppe entdecken möchte,
die in einen unterirdischen palast führte. Wieland 11, 32.
FALLTLCH, n. ein xeug in den slellneizen der ßger zum
auf und niederlassen.
FALLÜREL, n. epUepsia, das fallende übel, weh, Stieler :
denn auch die Deudschen sagen, das fallübel gehe den an,
ders besser macht, denn er kan. Luther 6,146"; und nach-
dem er das fallübel oder die fallende seuche hatte. 8,28";
was hastu mich zu lehren? lehre deine kinder und hab dir
das fallübel umb dein angesicht ! Alberus Esop s. 13 ;
du werst werth . . . dasz ich
mein scharpte zän an dir versucht
und dir das fallend übel Aucbt. t. 78;
und zusammengezogen:
komm dicti das falbel au ! 47.
vorhin sp. 1269 hallen wir falbel in. in äner mehr dunkeln be-
deulung. vgl. fallend übel 1286.
FÄLLUNG, f lapsus, aJid. fallunga: dieweil unser seele
wol von im (golt) abweichen kan und sich zur Sünde be-
geben, on gieichwol schwerliche vergreifung oder fallung in
den zorn gottes. bienenk. 106*. bei Stieler 420 debilUas, labe-
faäalio, solutionis dies.
FÄLLUNG, /. caesura, erlegung, lödtung. 1) füiiung des holzes,
der bäume, des ankers, der menschen und thiere :
ein vellunge und ein gift. Teichnbr 32.
2) fällung des urtheils, Spruches.
3) praedpitalio, fällung der eisenihelle, die in allem thier-
blute enthalten sind. Kant 10, 37.
FÄLLUNGSMITTEL, n. praecipüans.
FALLVERSUCH, m. versuch über das fallen der körper: Ben-
zenbergs fallversuche. Brandes vorl. über die astronomie 1, v.
FALLWASSER, n. decidens aqua. Stieler 2444. Wasserfall.
FALLWILD, FALLWILDPRET, n. umgckommnes wild, be-
sonders im winter und' zumal von rehen geltend, im Zillerllial
heiszl der Steinbock fallwild.
FALLWIND, m. landwind, der heßig zwischen bergen herfällt.
FALLWUNDE, /. laesio ex casu, durch einen fall verursachte
wunde. Stieler 1388. vgl. fällig 4.
FÄLLZEIT, f. die jahreszdt in welcher das holz gefällt wird.
als beste fällzeit bezeichnet man die wintermonate, nemlich den
november, december, Januar:
wer sein holz im winter fällt,
dem sein gebäude zehnfach hält.
FALMISCH, f favilla. Henisch 991, 35 erUsteUt aus falwisch,
ahd. falawisca, mhd. valwische, die falde, glimmende asche.
tgl. m für w in mir für wir, schwdb. mo, morum für wo,
worum, Muot für Wuot. bei Schottel 1312 falmsch.
FALSCH, falsus, ein undeutsches wort, dessen noch keine spur
bei Ulfilas, welclier y^evdrjs, rf^evSos mit galiug ausdrückt, so
wie ahd. falsus übersetzt wird lukki, lugilih, alls. luggi, ags.
aber leäs {los), aus dem ahd. verbum falscan, falscun refellere,
confutare läszt sielt gieichwol auf ein adj. falsc, das sich in den
denkmdlern noch nicht gezeigt hat, schlicszen. auch erscheint im
10 jh. der eigenname Falsco. mhd. ist valsch ganz geläufig,
mnl. valsc, nnl. valsch, schw. ddn. iahk und danach isl. falskr;
engl, false nach der romanischen form, it. sp. falso, prov. fals,
fr. faux, früher faulx. falsus ist das pari, von fallere, den zu-
tretenden kehllaut könnte das abgeleitete fallax, it. fallace heran-
geführt haben, lieber beruht er auf der neigung unserer spräche
8 in seh übergehen zu lassen, scliwciz. fallscb, fUltsch. Tobler
175, wie wütschen f wischen.
falsch ist das unwahre, unechte, was nicht so iä, wie u «ein
uAl und wofür es sich ausgibt.
1) falscher gott: unser veter haben falsche und nichtige
götter gehabt. Jer. 16, 20. falsche götter, gölzen, goth. galiu-
gaguda. t Cor. 10,10.20; ich wil ausgehen und wil ein fal-
scher geist sein. ikOn. 22,22; ein falscher prophet. Matth.
24,11.24. Marc.U,T.i. Luc. (i,U. goth. galiugapraufetus, nhd.
lOgenprophet, ahd. luggi wt;ago, agt. leäs vttega; falscher
apostpl, golh. galiugaapaiislaulus. 2 Cor. 11,13; falsche brüder,
goÜL galiugabrüt)rjus. 2 Cor. 11,26. Gal. 2,4; fulsclHrr zeuge.
i Mos. 23, 1. 5 J^O«. 19, 1«. p*. 27, 12. Matth. 26, h'K Marc. 10, 19.
1 Cor. 15, Ib. goth. galiugaveilvdds, ahd. lukki urchundo ;
also ibot ein falscher mentch mit ■einem uebesten. sjtr.
Sal. 36,1»;
aus deiner felnd und falschen brüdern wunden.
Weckherlin 648;
ein falscher freund; weicht falschen freunde! Günther 298;
mhd. in der w£rlde ist manec man
valsch und wandelbaere. Iw. 199.
2) besonders int liebesverhdllnis ungetreu, inßdelis, inßdus : ein
fal.schcr liebhaber, eine falsche geliebte; du falscher! du
bist falsch gewesen;
ich träumte, wie um mitternacht
mein falscher mir erschien. Bürger 16';
immor hin
falsches herze, leichter sinul Mbnantes gal. well 1,62;
klag und weine nur,
falsche creaiur! Gckther 283;
wer ein falsches herz verlieret,
dessen schaden ist gewinn. 310;
Damöt, Damöt ist falsch, so treu er auch erst schien!
Geller? 3, 316;
geh, falscher, geh nur hin, du kannsts ihr wiedersagen! 394;
so du feines thierchen? hat dich mein herr selbst schon
einmal versteckt? nun weisz ich doch, wie ich die gestrige
ohrfeige auslegen soll, du falsche! Lessing 1,253; ha, fal-
sches, treuloses herz, wie du deinen meineid beschönigen
willst! Schiller 132*.
mhd. daj wende, smiec frouwe min,
daj ich der valschen, ungetriuwen spot
von miuer sta;te iht müeje siu. Walih. 97, 10.
3) falsch, verstellt, tückisch, heimtückisch: ein falscher kerl, ein
falsches tbier; falsches pferd, das sciddgt; falsche schlänge,
die sticht; falscher hund, der beiszt; falsche katze, die kratzt.
katzcngold, sagte der knabe lächelnd, und warum? wahr-
scheinlich, weil es falsch ist und man die katzen auch für
falsch hält. Göthe 21,3;
Dichte, ihr seid falsch. Schiller 349'.
4) falsches geld, numus adulterinus, falsche münze, falsches
gold; falsche perlen, edelsteine; falsche münzer verbrennet
man. Luther 3, 3C9; der Verbrecher war ein falscher münzer
{s. falschmünzer). Göthe 43,104; falsche Wechsel, papiere;
falsche Würfel, mhd. ungeliche; oder soll ich unrechte wage
oder falsche gewichte im sekel billichen? Micha 6,11; fal-
sches lothundmasz; falsches siegel ; falsche haare, falscher
hart, falsche waden ; brücken, die sehr bös, schwankend,
lang und von falschen klüppeln zusammengesetzt sind. Göthe
IG, 261.
5) falsche meuler decken hasz. spr. Sal. 10, 18 ; die ohren-
bleser und falsche böse meuler sind verflucht. Sirach 28. 15 ;
sie haben ir gottloses und falsches maul wider mich aufgc-
than. ps. 109,2; vernim mein gebet, das nicht aus falschem
munde gehet. 17,1; hohe äugen, falsche zungen. spr. Sal.
6,17; Freidank sagt diu übele, bocse zunge; trachten und
lichten falsche wort aus dem herzen. Es. 59,13;
die alten sagten falsche wort,
von discm wuib vor nie erhört. Schwarzenbbrg 110,1;
mhd. nü sprechent ir doch, ir sit vri
valscher rede, wie schinet daj? Iw. 2511;
man drücke die Icute mit arbeit, das sie zu schaffen haben
und sich nicht keren an falsche rede. 2 Mos. 5,9; meine
rede sollen on zwcivel, nicht falsch sein. Hiob 36,4; und
leugnet solchs mit einem falschen eid. 3 Jtfos. 6,3; du soll
keinen falschen eid Ihun (goth. ni ufarsvarais, ahd. ni far-
sueri dih, ags. ne forsvere |)ö). Matth. 5, 33 ; sie schweren
leichtfertig falschen eid. weish. Sal. 14,28; sein schwur war
falsch; du soll kein falsch zeugnis reden wider deinen
nehesten. 2 Mos. 20,16. h Mos. 5,20;
weil ein fremd, ein falsch gelübd euch band. Göthe I, 249.
den falschen eid benennt die gaunerspradie 'linkgahel', ron
link = falsch und gabel =• gabelförmig ausgestreckte schwurfinger.
6) auf falschem wege gehen, den falschen pfad einschlagen ;
wende von mir den falschen weg. ps. 119,2!); darum hasse
ich alle falsche wege. 119. 104 ; meine uhr gehl falsch, unrecht :
eine falsche schwankende uhr des Stadthauses. Thümmel Wil-
helmine 70 (102); falscher, unrechter Schlüssel; der falsche,
unrechte schuh; so bemerkten wir nur erst, als alles auf das
flciszigste und bunteste gemahlt war, dasz wir einen falschen
flrnisz genommen hatten, der nicht trocknen wollte. Cörnv.
26,33; ein falsches nugc, ein schielendes; fa!«< '"•- •■• '••■n.
suffusio ; der falsche blick, das .«AiWc/i ; einen ! il
thiin. unw. doct. um ; es fehlte wenig, dasi sie u .r
liebe {der wollust, umucht) pdcge. bueJider lub*llij%; falsche
weheo, spurü parturienttum doloru;
1293 FALSCH
der sonnenblick betrüget
mit mildem falschem sctiein. Göths 3,36;
erst wollte sie unser betragen billigen, nachher merkte sie
an, was sich doch auch für ein falsches licht darauf werfen
lasse. 8,217; dasz ihr leute so gerne von dingen plaudert, die
ihr gar nicht versteht, ist es ein wunder, dasz ihr alles in
einem falschen lichte sehet? H. L. Wagxer die frohe fraus. 13;
knecht sind, die das gut in ihrer alten haut, onversetzt mit
etwas, einem ha?z und Unwillen des herzens und falschem
aug äffisch anmaszen, lohnsüchtig leut. Frank panit/oja 116*;
dan falsch wirt genent in manigerlai gesfalt, underwilen haiszt
man die bucher falsch, die nit recht corrigiert sind, als da
ain wort uszgelassen oder zu vil ist. Plinius bist. nat. ist in
hundert jaren nie gerecht, sunder allwegen falsch gewesen.
Recchlis augensp. 15';
der Preusze (Gottsched), welcher erst die Deutschen deutsch
gelehrt,
TOD welchem Leipzig nie ein falsches wort gehört,
er spräche deno latein. Rost das Vorspiel s. t>;
ein falsches unrechtes wort brauchen; falsche sprachform;
einen falschen ton singen, angeben; falsche angäbe, nach-
richt; falsche rechnung; falscher grund, falsche Ursache;
falsche beschreibung, Schilderung; ich habe das portrail hier
angesehen und mich vei-wundert, wie ein mahler zugleich so
wahr und so falsch sein kann. Götbe 20,162. irie recht,
unrecht haben häszt es 'falsch haben':
und Epicur hat falsch uns dieses einzustreiten.
Gß:«THER 729.
7) ein falsch herz ist wie ein lockvogel auf dem kloben
und laufet wie er dich fahen miige. Sir. 11,31; gute werte
aus falschem herzen geben. Lokmans fab. 30;
so falsch und boshaft war sein herz. Gellert 1,108.
falsche, triegende träume; ich wil an die, so falsche treume
weissagen. J«-. 23, 32; falscher als wie galgenholz. Elis. Cuarl.
TON Orleans s. 497 ; ein falsches trehcrlin, das sie die äugen
ribende kum mit gewalt herus drucket. Terenz 1499. 37';
seht, wie ihm von den rothen backen
die falsche thräne rinnt,
seht ihn mit nassem äuge lachen. Götter 1,361;
mein trinlien ist nicht falsch, ich darf mir nicht gedenken
es sei gebrauen zwier vom bräuer und vom schenken.
LoGAC 1,51,4;
knabe sasz ich, flscherkuabe,
auf dem schwarzen fels im meer,
und bereitend falsche gäbe
sang ich lauschend rings umher. Götbe 3, 34.
8) falsch, :ornig_. böse: einen auf jemand falsch machen;
mache mich nicht falsch, jage mich nicht in zorn ;
der vater schnitt ein falsch gesiebt. Schiller 12";
er war ganz falsch auf ihn ; nun wurde er falsch.
9) bergmännisch falsch ding: wie zwar auch ir bergleut
alle taube und lere bergart und hallen falsch ding pfleget
zu nennen, das kein silber oder ander gültig metall bei sich
hat. Mathesips 108'.
FALSCH, faho, adv. falsch schwören, pejerare; ir solt
nicht falsch schweren. 3 Mos. 9, 12 ; falsch zeugen, falsches
Zeugnis ablegen; falsch! das verhält sich anders;
0 gott, dein wort und reich gieng erstlich auf vom morgen
bis UDsrer grenzen zu. hilf dasz wir falsch besorgen,
dasz nicht von uns hinweg dein wort und dein altar
sich wende wieder hin, wo er am ersten war.
LoGAü I,l!)S, 12;
du hast sehr falsch gehört. Gellert 3,325;
das tüchtige und wenn auch falsch,
wirkt tag für tag, von haus zu haus. Götbe . . .;
o dann wählte die seele falsch. Klopstock . . .;
den text falsch deuten, die worte falsch auslegen, aussprechen,
du hast es falsch verstanden, möchtest für dein leben gern
gewinnen und doch nicht falsch spielen. Wagner Macbeth 27.
FALSCH, m. selten n. falsum, titium, falsitas, dolus, trug,
unKahrheit, lüge, poln. falsz, bvhm. fals, fale§.
mhd. iz ist in unsern kurzen tagen
nach minne valsches vil geslagen. Waltbxk 82,4;
diu wären äne valsch geworht. 31,5;
wä funde ich denne ein also wol getane^
diu so w<ere valsches äne? 119,9;
da; sin lip mit triwen vert
unid sichs valsches hat erwert. Pars. 322,23 und oft noch,
nhd. den falsch der saiten bald vernimpt
ein harpfenschlaher, dem das ziropt.
ScHWARZEr<BSR6 gcbüfUche teerh 34';
F.\LSCH — FÄLSCHEN
1294
als In dem saitenspil und der pfeifen ein klainer falsch von
dem verstendigen derselben kunst gemerkt wirt. 35' ; welcher
masz, wag, gewicht oder ander kaufmanschaft felscht, der
soll gestraft werden und es möcht solcher falsch als oft
grüszlich und boshaftig geschehen, dasz der thäter zum tod
gestraft werden soll. Carolina art. 113 ; seht der ist ein rechter
Israelit, in dem da nit ist ein falsch, bibel 1483, 511*, ecce
Israelita in quo dolus non est. Joh. l, 47 ; ir zung ist ein ver-
wundend geschosz, sie hat geredt den falsch. 364', sagitta
vulnerans lingua eonim doluni locuta est. Jer. 9, 8 ; sein mund
ist vol fluchens, falsches und trugs. p«. 10, 7; wol dem men-
schen, in des geist kein falsch ist. 32,2; wer on falsch ist,
der wird sie erlangen. Sir. 4, 17; seid klug wie die schlangen
und on falsch {i'ulg. simplices sicut columbae). Matth. 10, 16.;
ein rechter Israeliter, in welchem kein falsch ist. Jvh. l, 47 ;
ein fromer fi-eundlicher man on allen falsch. Lctber 5, 499';
es ist darbei hoch zu gedenken, dasz kein irrung, falsch
oder betrug darhinder sei. buch d. l. 224, 4 ; damit man nenne
alle lügen, eitelkeit, falsch und betrug. Matbesics 108'; da
sihe den betrug, wie die arznei im falsch bisher gestanden
ist. Paracelsds 1, 69'; dann das wer der falsch, so wir wollen
solche ding erlangen und wollen von uns nit ohn mittel zu
gott gehn. 1,114'; wie ein fewT verzehrt den falsch vom silber
und gold und laszt das lauter ligen. 1,826'; offenen falsch
allenthalben vermehrt. Lerx.vn trorr. zur speir. dir.;
welcher das gemeine falsch, das die weit für witz verhandelt,
kennt und haszt, dem wird sein herz auf betrübten mut ge-
wandelt. LoGAD 2,46;
dasz man falsch für gut gewehret, dasz man trew und schwur
versetzet. 3,227,50;
trug und falsch und tückische arglist. Fr. MI^ller 3, 184 ;
ohne falsch. Götter 1, 29. 429. 2, 287. 3, 28, sine fueo et fal-
laciis. rgl. Schmeller 1. 529.
FALSCHBESCHEIDEN: Horaz spielt nicht den falschbe-
scheidnen. Ramler' rficM-. des Hör. 121.
FÄLSCHE, f. falsitas : derhalben will ein man lernen ken-
nen, so handel mit im und prüfe in mit gelt, halt er da
die prob und findest kein untrew, praclic oder falsche . . .
der ist ein biderman. kluge weise reden 1565, 201' = 1570, 213*.
FÄLSCHELER, m. falsarius, betrieger, weniger als falschspieler:
mhd. wiltu din öre, als maneger tuot,
den velschelfpren bieten dar,
so wirst du selten wol gemuot. Winsbeke 23,9.
nhd. falschler. fr. tricheur, der beim spiel betriegt,
FÄLSCHELN, beim kartenspiel triegen, fr. tricher: er hat
gefalschlet. gerällschlet. Staijjer 1, 353.
FÄLSCHEN, vitiare, corrumpere, alid. felscan, mhd. velschen
valschte.
1) gesetz, gericht, gelübde, eid, wort fälschen:
mhd. Sit Jason wider mich sin 6
gevelschet hat so sere. ir. kr. 11272;
und ir i vil üj erkorif
gevelschet hat mit siner kunst. SUv. 1492,
doch velsche ich mit nihte
iur keiserlich gerihte. Eracl. 4122;
den eit, den ir hat gesworn,
den velschet, ob ir weit genasen,
oder e^ muo; iuwer ende wesen. Otto hart 290;
und velschet oiTeoliche die
gelübde sin mit worteu. Silv. 3926;
du ne darfl niht velschen diniu wort. En. 279,37.
nhd. felschen auch nicht gottes wort (golh. nih galiug tau-
jandans vaurd gu|)s). 2 Cor. 4, 2 ; mit nichten wil ich meinen
eid fälschen, iimon Ol'; eine Urkunde, ein teslament filschen,
unterschieben, oder etwas falsches hinein bringen; einen Wechsel
fälschen; Schriften, gedichte fälschen, interpolieren; ihr lebt
also frei von allem, was die sinne der sterblichen fälscht.
Wieland 25,285;
von der falschen gestalt
nicht getäuschet, die sie fälschten, die unbelehrt
muster sahn und natur. Kloktock 2,58;
trügende fälschen schon lang umsonst den ^edanken, der
obsiegt. 7,6;
die fiffentlicbe meinong fälschen ; treue und Wahrheit fälschen.
2) namen ßlschen, einen falschen unlerschiel>en ; die nameu
eines geschlechts fälschen, ihnen fremde beimischen:
was will Sisyphus söhn, an trug und ranken ihm ähnlich,
durch fremdartige namen den stamm des Aeacus fälschen?
(Inserit Aeacidii alienae nomina gentis). Ov, met. 13,33,
1295
FÄLSCHEN— FALSCHHEIT
FALSCHHEITSVOLL— FALSCHSPIELERIN 1296
3) die färbe fälschen, die haut schminken, fucare:
mhd. gerelschet vrowen varwe vil lützel man da vant.
Hib. 1594, 1.
den laut fälschen, rerrirren, stören, trüben:
das erho hier im lande fälscht den laut,
uud was 2urückschwebt an der liorcr seele,
ist immer drohung, zorn und schlachtgeschrei.
Fr£¥Tac I'abicr s. 17.
4) gold, Silber, wein fälschen, mit geringeren Stoffen versetzen:
doch fälscht ein rebenhasser
den feuertranli mit wasser,
frisch! trommelt auT den tisch! Voss 4,132;
fälscht seinen wein durch jenen bach
und rühmt sich nur der wasserkunde. Hagedorn 3,125.
den becher, den krug fälschen, den trank vergißen, giß mischen.
die waare fälschen, die milch mit wasser, den inilchrahm,
den Zucker mit mehl, den kaffe mit rüben fälschen; daj
himelprot, dd wir hie von reden, da; wirt oft gevcischt mit
honig, oft mit iekrilzcn diu gepulvert ist. Megenberg 91, 1 ;
er felscht nieszwurz und enzian. H. Sachs II. 4,4';
der Zucker ist jetzt so gemein, fisch, vopcl, thier und frucht
taug nicht, wie die natur es j?ab, im zucker uirds gesucht.
jedoch der zucker machet schleim und krulimecl fälscht ihn
oft. LoGAU 3,2ü->, 6ü.
5) masz, wage, gewicht, eile fälschen : den sekel steigern
und die wage felschen. Arnos 8, 5. aus dem namen eines alten
dichters Velschberger, Vclschcnberg foljt rin den berg fälschen,
im berge erz veruntreuen, verderben ?
6) die hift fälschen, gäler l'air, ritiare aerem, federe:.
der ätem ging im wilde von dem munde,
darzu so velscht er oft den luft
rast ungehabig niden an dem gründe. Wolkesstein s. 60;
der ander tauf (rcinigung, waschung bei den Türken) ist von
nöten, so oft man sich von dem unflat des leibes ringer
macht und den bauch ausleeret, oder so einer mit dem hin-
dern ein wind macht und den luft felscht, da müssen sie
sich nit allenthalb, sondern an heimlichen orten binden und
fernen waschen. Frank ue/ift. 107*; hinaus mit dem hund, er
hat die luft gefälscht ! ; Azorchen, hinaus Azorchen !
j. anfälschen, nachfälschen, verfälschen.
FÄLSCHER, m. falsarius, falsus signator, inlerpolator, Ver-
fälscher, s. brieffälscher, geldfälscher, weinfälscher.
, FALSCHEREI, f. besser mit Wahrheit undank, dann mit
folscherei dank. Lehman 2, 27.
F.\LSCHEHIN, f. falsatrix. s. milchfälscherin.
FALSCHFÄRBIG, fucalus:
was ängstigt sie {die seele) sich doch, wan nach den Sonnen-
strahlen,
so ihr die wollust pflegt falschfärbig fürzumahlen,
ein schneller stürm einbriciit. Rompler 73.
FALSCHFREUNDLICH: aber die schlänge verbarg das
nattergift tief in ihrem busen, that falschfreundlich gegen sie.
Mt'SÄcs volksm. 2, 93.
FALSCHGEBORGT, auch falscherborgt, aliunde assumlus:
wie der mohn (mond)
mit falschgeborgtem glänz zu scheinen. Weckberlin 3S1.
FALSCHGESIN.NT, falsus: einem falschgesinnten ist nichts
leichter als schmerz zu zeigen, wo er keinen fühlt. H. L.
Wagner Macbeth 59.
FALSCHGL.\UBIG, falsam ßdem sequens, gegensatz von recht-
gläubig orthodoxus: ein loser waiin oder dunkel des herzen,
wie die falschgleubigen haben. Llther 5, 15*.
FALSCHHEIT, f. falsitas, fallada:
kein falschheit er an mir erkant
an meinem ganzeo leibe. Ambr. Ib. 7,23;
dein maul lesscstu böses reden und deine zunge treibet
falscbeit. p$. 50,19; ah wo kompt doch das büse ding her,
das alle weit so vol falscheit ist? Sir. 37, 3; du schändlicher
Tcrräter, umb dein falschheit hab ich vorlangst gewist. buch
der liebe 256, 4 ;
laiz mich abgötterci und falschheit nimmermehr
doch deiner worten trew allzeit eetrewiich glauben.
WECKIIKRI.IN •Ml;
eenug, die treu« meiner schönen
bürgt mir vor falscbbeit und verlusl. Rost tchiferged. 34 ;
falschheit menschlicher lugenden. llAU.Etm gedieht {von 1730);
die nrnilichen faischheiten {irrthümer), welchen er auf die glaub-
würdigste arl widerspricht. LbssiNC 9, 359 ; das gegentbcil
«on Wahrheit i«t die falschheit, welche, wenn sie für wahr-
heil lebalteo wird, irrtbum beistt. lUirr 1, S80; der wider-
streit der Sätze entdeckt, dasz in der Voraussetzung eine
falschheit war, 2,400; ich hätte sie nicht irrthümer, falsch-
heiten oder auch Verblendungen nennen sollen. 8,12; der
schlaue diener hinter dem rücken des armen magisters die
galante falschheit widerlächelnd bewunderte. Thümmel Wil-
helmine 66; es gibt eine menge kleiner moralischer falsch-
heiten, die man übt, ohne zu glauben, dasz es schädlich sei.
LiCHTENBEBC 1, 148;
hier, wo die alte treue heimisch wohnt,
wo sich die falschheit noch nicht bingefünden. Scbillir ...
FALSCHHEITSVOLL, plcnus fallaciae:
fern vom lärm der falschheitsvollen Stadt. Zachariä 2,375.
FALSCHHERZIG, wie falschgesinnt, infidus. Sheler 831:
unser gott hilft den aufrichtigen von herzen und nicht den
falschherzigen. Luther 4, 541';
wahnwitziges gezücht, falschhcrziges geschlecht I
VVeckuerlin 239.
FALSCH KLUG,
o wie wimmelt der saal von reichthumprahlenden röckan
und falsclikliigcn gesiebtem. Zaciiakia 2, 2ä.
FALSCHLÄCHELND :
schimmerst du, faUchlächelnder mond, auf seinen
ragenden grabstcin? Voss 3,59.
FÄLSCHLICH, adv. falsa, fallaciter: ir soll nicht sielen,
noch liegen, noch feischlich handeln. 3 Mos. 19, 11 ; denn ir
deutets feischlich. Iltub 13,4; und schweret nicht felschlich.
ps. 24,4; darumb das ir das herz der gerechten felschlich
betrübet. Ez. 13,22; und werden über einem tische felsch-
lich mit einander reden. Dan.U,il; die bei meinem namen
felschlich schweren. Zachar. 5, 4 ; besorgen sich keines Scha-
dens, wenn sie felschlich schweren, weish. Sal. 14, 29 ; mit
niemand felschlich umbgehcn in werken sonol als in der
lere. Luther 3, 221.
FÄLSCHLICHEN, dasselbe: der hat euch fälschlichen ver-
raten. Aimon ol"; ir scheltcnt mich einen Verräter, aber ir
liegents fälschlichen. o6'.
FALSCHLISTIG, fraudulentus : was seit man mit solchen
falschlistigen herzen und zungen guts ausrichten. Luthers
br. 1,311.
FALSCHLOS, simplex, sincerus, arglos.
FALSCHLOSIGKEIT, f. mit der Schlangenklugheit die falsch-
losigkeit einer taube verbinden. Nicolais &Md«.? 3, 64 ; auch
gegen den zahn ihrer witzesschlange möchte ich mit dieser
zauberraute die taube meiner falschlosigkeit umpanzern. J. P.
freih. büchl. 74.
FALSCHMÜNZEN, monetam exercere adulterinam: wenn eine
Stadt das münzrecht hat und dieses durch beschlusz von 1/3
ihrer mitglieder zum falschmünzen misbraucht wird. Savicny
System 2,310. bildlich: der die gcsetze falschniünzt und das
äuge der gerechligkeil übersilbert. Schiller 119*.
FALSCHMÜNZER, m. was falscher münzer sp. 1292. bildlich,
ich münzte daher meinen namen als mein eigner falsch-
münzer um. J. P. ; durch beides gewann der falscbmünzer
der Wahrheit, nemlich der argwöhn. Tit. 8, 22 ;
das gefTihl
des rechts! 0 du falscbmünzer der gefTihlel
Heinr. von Kleist 1,9.
FALSCHMÜNZERBANDE, f.
FALSCHMÜNZEREI, f.
FALSCHNAGEL, m. ein verloren angebrachter najW.
FALSCHNAMIG, pseudonymus.
FALSCHPARIG, dispar, ungleich gepaart.
FALSCIIREDER oder trugenhaftiger, subdolus. voc. 1482 h 5 .
FALSCHRUHIG, mit verstellter, scheinbarer rulie:
sie sagt es und fängt an falschnihig sich zu fächeln.
Zachariä 1, 162.
FALSCHSAGUNG , f. faivhe Weissagung, propheseiung, der
Wahrsagung gegensalz. J. P. herbslbl. 3. 222.
FALSCHSCiiREIRUNG. f. der eine hat eine falsche rccht-
schrcibung und der andere eine rechte falschschrcibung.
Lir.HTEMlERC 1,327.
FALSCHSCHW'ORER, m. perjnrus: wer solch falschschwercr
mit wissen, fürselzlich und argli^liglich darzu nnrirhtel, der
leidet piciche peen. ihroUnaait mit humh. halsoerichtsordn. \2s.
FAI.SCIISICIITIG, limus. .^.
FALSCHSI'IKLER, m. lusvr
FALSCHSPIELERIN, f. falsatiu: wenn sie e« ist, h.il die
geschichte gelugen oder die natur selbst ist eine falsch-
Spielerin. Sbume.
1297
FÄLSCHUNG — FALTE
FALTE
1298
FÄLSCHUNG, f. corruptio, in allen bedeulungen von falsch:
fiilschung der milch, des geldes «. s. w.
FALSCH\'ERSTANDEx\, viisverstanden : tausend opfer einer
falschverstandnen andacht. Schiller.
FALSCHVVERBER, m. unbefu^ Kerber.
FALSCHVVERBEREI, f.
FALSCHWITZIG, nach seiner art, falschwitzig, bisweilen
schmutzig. Ramler dkhtk. des Hot. s. 85.
F.\LSET, n. canlus acutus praeter naturam, gefälschte stimme,
das singen durch die fistel. doch genauer scheint falset die
höhere, erzwungne Stimmlage bei männem {lenor und bas), fislel
bei wabern:
bald will ein graubart das falset erzwingen.
Matteso:* der neue goUinyische eplwrus s. 87.
FALSETHÖHE, f. seine {des Sängers) stimme hatte wieder
ihre grausame falsethöhe gewonnen. Arnim 2,322.
FALSETSTIMME, f.
FALSUM, n. fraus, betrug: das falsum bclief sich auf tausend
thaler. früher hätte es (jeheiszen der valsch.
FALT, m. flica, ruga, gcth. fal{)s, aus dem folgenden adj. zu
schlieszen, ahd. fald (Gbaff 3,514). mhd. valt:
er [der rock) nam den valt und den val
under den vüe^en also vil
als iuwer iegeUcher wil. Trist. 274,40;
Tür baj da viel er {der mantel) selbe wider
und nam den vah al zende ulder,
da man diz und da; sacb,
ich meine vedern unde tach. 275,32;
der selbe phelle der tet sich
an den valt und an den strich
alse nähe und alse wol,
als ein phelle von rebte sol. 280, 10.
s. falte.
FALT, goth. tal^s, nur in den Zusammensetzungen ainfal))s,
managfal{)s, aiid. fald, später falt, wiederum in einfald, manac-
fald u. s. w., mhd. valt, nhd. falt. auch das lal. plex, plus, gi:
rrAf(|, 7t/.6os nicht einfach, nur in simples, simplus, duplex,
duplus, UTi/.oii, Si7c).öos SiTx/.ovs >crX. s. fach.
FALTBAR, plicabilis, fallper, foc.l482h4*. vgl. entfallbar,
unentfaltbar. Stieler 429.
FÄLTCHE.N, n. ruga exigua, nnl. vouwtje: ganz sanfte und
fast unmerkliche fältchen. Winkelma.\\ 3,105; die schürze ist
sehr gesteift, in kleine dichte fältchen gelegt. Kroxbiegel
Altenburger trachten s. 39 ;
wie sich nur ein fältchen ruckt, ,
Witz heraus mit lachen guckt. Rccsert 10.
FALTE, /. plica, fimbria, ruga. ahd. begegnet nur fald n;.,
mlul. oft der nom. unsicher valt m. oder valde f, seltner valte
(iVü». 1210, 2), tco Lachm. yalten, man sieht nicht icclcher schlechten
hs. entnimmt, die guten haben valde; dann auch Trist. 322,31
und Renner 14206, nhd. allgemein falte, mnl. voude, nnl. vouw,
ags. feald, engl, fold, altn. faldr und falda, schw. fall, dän.
fuld. Polen und Böhmen haben von uns falda, fald übernom-
men, aus engl, fold erwuchs das welsche ffald. mehr unter dem
rerbum falten, die bedeulungen stimmen zu der siebenten, achten
und neunten von fach, allen wohnt die Vorstellung des zusam-
menfügens und legens bei.
1) falte in kleid, gewand und schmuckbinde, wobei das it. falda,
altfr. faude, mlat. falda fimbria und faldo indumentum (Docange
3,193.194), aber auch palla, pallium zu erwägen:
mhd. in valde ( : balde)
lac ir virelich gewant. Nkidhari nxvi, 28;
ob er mich des libes ie gebaete,
8Ö sis unlange stxte
diu valde an miner wxte. 6, 38,
$0 soll die falte meines gewandes bald nachgden;
dd bete ich aber da; mine {liemde)
faeimeliche in minem schriue
in reinen wi;en valten
verborgen unde behalten. Trist. 322,31;
die valden ich niht geprüeven kan,
die wären so listic und reine. Tcrl. Wh. 137";
und habe wir gar gehebe valten (: alten). Renner 14206;
an aller bände valde (: halde)
ej \ilas tuch) von im selber üf gel. Marienleg. 91,44;
diu w.Tle was gevalden wol,
ieslich valde bleter vol
was gehangen. Licbtknstei:« 296,10;
diu (wiel) mit valden was behuot. 452, 3.
nhd. der mantel bat gar vil krummer Talten. fastn. 671,12;
das bar auf deinem heubt ist wie die purpur des königs in
falten gebunden, hohelied 7, 5 ;
das wammes von falten zu fallea gespalten, «under h. 2,96;
III.
die gefallene und eingeschnüerete reitröck, wie die kochers-
pergische faltenjuppen waren noch nit aufkommen, dann
was soll dis ruckenspannen und sorgfältig einfalten, ein-
stechen und einwinden der weiberröck ? kurzumb wann man
die stifel nicht meh wachtelt, so müssen die kleider gewach-
telpfeifelet werden, wolan so secht wol zu, dasz es nicht
aus den falten komm, der bub müst es sonst gethan haben,
macht eh eigene wachlelhölzer darzu wie zu den hembd-
krösen. aber was gehen mich ewere falzenschindelen an, ich
mag euch die falten nicht weiter verrücken. Garg. 116';
drei acte hab ich selber erdicht,
die andern 2 hat meister LoUinger in die falten gericht.
Grtpbius 1, 732;
wenn ihr nur sonst nicht was hier aus den falten rückt.
Cakitz «. 2bö ;
da stört ihn flieg und schäm, da irren ihn die sinnen,
da darbt sein überDusz. die Weisheit steckt zwar drinnen,
will aber nicht heraus, wie sehr er spuckt und drückt
und unter tausend angst die kraus in Talten rückt.
Gc^TUER 409;
stürmt im haare und im schlender, runzelt tiefe falten drein.
Dusch der schoszliund s. 32;
der schwarzgraue mantel
dunkler streilichter wölken, in den die nalur sich gebüllet,
rollet sich plötzlich in langen wallenden falten vom himmel.
Zachariä tageszeiten 4 ;
vergeszt nur nicht dem Schneider einzuschärfen,
dasz, so lieb sein köpf ihm ist,
die hosen keine falten werfen. Götbe 12,111;
und rocke so lang und falten so weit. 13,110;
und verbirgt der tbränen stürzenden quell
in des mantels purpurnen falten. Schiller 70*;
breitet ihm vor die falte des silberhellen gewande»,
jtoöad's Se Ol nävXoio yastrov Tnvyft iy.ä},irwey.
lt. 5, 315.
es heiszt: ein gewand in die falten legen, rücken, kneipen
(s. faltenknif) ; einen mantel in die fallen stechen (Stieler 429),
richten, setzen, schlagen, winden, fügen, bringen, streichen.
intransitiv : das tuch kommt, rückt, schiebt sich aus den falten ;
zieht falten; das gewand schlägt, wirft reiche falten, läszt
schöne falten fallen; die falte bauscht sich, eine bauschende
falte, turgens plica; kriechende, schrumpfende, zusamriien-
laufende falte, plica repens, fr. pli rampant:
si se vesti d'une vert cote,
molt bien faudee ä plois rampanr. Meos 4, 11.
sprichw. schaube ohne falten ist armer leufe hoffart.
2) falte des gesichts, der haut, stirne, des mundes:
hett sie zwelf jar an knicken krochen,
und den ars in die falten gstochen,
noch ist sie juh mein keiserein
und auch die allerliebste mein.
Mi;rners schetmenzunft 30* {Scheible J.855);
der köpf («<irn) steht schon in falten. Uiloebrand votksl. 403;
das antlitz schlecht sich zu falten. PnaANO. lugd. 5, 284 ;
die zofe
trocknet die äugen sich ab imd legt die lippen in falten.
Zachariä 1,259;
0 redner, lege doch dein maul erst in die falten,
dein maul, das so erbärmlich spricht. Lessi^g 1,21, hernach:
0 redner! dein gesiebt zieht jämmerliche falten,
indem dein maul erbärmlich spricht,
wer wollt in seinen blütentagen
die Stirn in düstre falten ziebn? Uöltt.
seine stirne legt sich schon in falten; er legte sein gesicht
in falten.
3) falte des herzens, der sinne, seele, des gemüts:
mhd. in d^s herzen valden
gottis wort behalden. pass. U. 108,58;
wände in dir aide sunden scbimel
nicht lenger dar behalten
in ir valschen valten. 111,34;
swer in des herzen valden
die vrucht der lere hat genumen. 242,39;
eya mensche, kum her vur,
ich meine A; sunden valden,
ob du da sist behalden. 66,31;
dis ich ot behalde
in mines herzen valde
den lieben herren Jesum Crist. pass. K. 164,17;
nhd. setzt eure sieben sinnen in die falten, herr Peter Squenz
hat etwas nachdenkliches anzumelden. Gbtphiüs 1, 720; hätte
ihnen doch ihr edelmüthiges und über alles mistraaen er-
hnhne< herz eher erlaubt die falten des seinigen zu durch-
schauen! Drawes freigeist 138 ;
82
1299
FALTE — FÄLTELN
FALTEN
1300
wie alter, immer noch des argwohns düstre Talten?
WlELANO;
leer ron lieb ist jede fulte
meines herzens. Gotter 1,206;
Tergrehen des Verdrusses falten
nach einem flCigel vom kapaun? Göki!<gk 1,203;
es kömmt auf gewohnheit, Übung, neigungcn, gemiilhslie-
schaffcnhcit, winkel und falten der seele an, wohin die auf-
merksamkeit bei erblickung eines gegenständes sich lenken
soll. Mexüelsohn im Gükingks leben ?iicolais 191; ein mann,
der die geduld sich in alle umstände zu schicken und das
talent sich in alle falten zu legen auf das vollkommenste
bosasz. Garves überx. des Cic. de off. 1,S3; ob die falten, die
sich in mein geinüth geschlagen und gedrückt haben, wieder
auszutilgen sind. Götue 27, 34 ;
es schwinden jedes kummers falten,
so lang des liedes zaubcr nahen. Scbiller 80';
in seinem herzen
war diese falte wirklich mir entgangen? 285";
nun haben die bekannten töne an mein herz geschlagen,
eine lange verschlossene falte hat sich wieder aufgelhan und da
wimmelts plötzlich an erinnerungen. Kotzebue </raj?i. .tp. 3,302.
4) falte gehl leicht über m die Vorstellung eines gefaclies. Schreins,
einer lasche, die sich fallen, schlicszen, entfallen und öfnen:
mild, dö wart üj der valde vil richer kleiiler Cdnomen.
Mb. 2ü2,4;
swaj man in der valde der guotcn w.rte vani. 275,2;
dö wart ÜJ der valde richer w.rte vil genomen. 52S, 4;
sie suohten üi d€n valden des vil dar inns lac.
1210,2 vgl. Uvlzin. 1293,2;
min röckel in der valde lit. MSH. 3, 227*
oder trie in der stelle unter 1 liegt in falten, gcfallcl? nhd. fall,
fach oder täte in einer laschen, locellus, forulus, parva bursa.
voc. 14S2 h4'. Diefexbach 335*, der 244' taschenvald und
taschenfach anführt;
seinen beutet baue vor, wer ein wüstes gut wil pflügen,
wann das gut wird sein erbaut, wird der beutet wüste liegen,
wird sich kaum ums sechste jähr wieder aus deti falten fügen.
LocAU 2, 220, 6'J,
wie vir noch heule sagen, sein beutel hat, wirft fallen, ist nicht
mehr rund gefüllt, darum konnte er selbst falte heiszen, wie die
fahende lade fach hciszt.
5) falte, spall, scldupfwinkcl, rima, recessus, septum:
besit in einer valden. pass. K. 235,86;
in der cellen valde. 542,69;
nhd. in jedes berggel.indes falte
der nebel weilt,
bis des geklippes scharfe spalte
den dunst zertheilt.
Fb. Brcm im musennlm. 1796 s. 183.
diese bedeuiung eines abgelegnen, eingeheglen raums mag eine der
ältesten sän, da sich schon mlat. falda für septum und stabulum
findet. Dixaxce3, 192; ags. fald, fcoi/7e, ovile, engl, scholl, fold,
sbeepfold. heule ist sie uns fast erloschen.
6) falle, implicalio, umschlingung:
der lagel [des irurmes) was umbc si gegeben
wol mit drin valden. H'iyii/. 131,2t!,
halle sie dreimal umschlungen, s. die mit fall gebildeten adjecitra.
') figürlich, ein durchtriebener unrechtsgelehrter wird schon
wissen die sache in so viel falten zu legen und .so anzu-
streichen, dasz die gegenparlei wünschen wird, davon los zu
sein. ScHivER seelensch. 1, 854. auch die unter 3 angeführten
ürlltn stehen figürlich.
F.\LTECHT1G, lacinio.<tus, fallichl, faltig: faltechtigc kleider.
SriEiER 429.
FALTEISKN, n. was faltmesser. s. falzeisen.
KALTKKA.MMKR, f der ort in Zuckerfabriken, wo die zucker-
hüte in papier eingeschlaißn, gefaltet werden.
FÄLTELN, complicare in minutos sinus, il. faldellare: dein
geschir (klridervorral) mustu etwan dick widerumb besehen,
zclen, schütten, fehlen, zusammenlegen. Keiseksb. narrensch.
c*'; wurden zu seinem hembd aufgenommen ... zweihun-
dert ballen des schmalen sindals von Spinal und Kidn, zu
underfniler oben am hals, wie bombesin, gar subtil als man
unter die siitlnl fulert. denn es war nicht gekruset noch
geninzelet, gekräuselet, gekrisamet, geniltelet, gevolschlegel,
g«"ri««en oder gewunden. Garg. 113*; predigerköpfe in breiten,
•Icifgefaltellen baiskrausen. Armin 1, 268 ;
den bogen
r«lo feftlull In der lur.b*. Ann. v. Daotri 217.
FALTEN, plicare, goth. fal|.an faifal|), ahd. faldan fiald, fialf,
mhd. valden vicit, ags. fealdan feold. zu altn. falda Aa«» ic/»
das praet. feld nicht aufweisen, alle übrigen dialecle bilden es
schwach: nhd. falten faltete {doch mit lange forldauerndem ge-
fallen, das edler klingt als gefaltet), »ini. vouden voudc (denn
kein velt zu belegen), nnl. vouwen vouwde, engl, fold folded,
schw. fiilla falladc, d<in. folde fol.lede. nothwendig zur seile
stand dem gulh. |) ahd. d und schädlich wich davon das spätere
t ab, man stellte fallen auf gleiche linie mil hallen, wallen,
deren tenuis riciuig (>/, weil ihnen goth. haldan, valdan eiUspricJd,
für falden hätte dieanalogie ron balde audacter anschlagen sollen,
nicht minder tadelhaft entfernen sich «</.«. fealdan, a//n. falda »on
der asp. d, die ihnen gebührte, die nl. mundart scheidet keine
med. und asp. des imguallauts, houden verhält sich wie vouden,
dessen Verdünnung in vouwen kaum nachwirken der aspiration
sein kann.
fal{)an ist nun plicare, fal|)s plcx, mil umgestelltem 1 {wie in
halls claudus, vulfs lupus, miluks lac = mlac), während im
nahe liegenden flaihtan == pleclere n und pl unrcrrückl sind,
gr. TiXixEiv mehr pleclere als plicare ausdrückt {s. unter flechten).
dem J) würde lal. l entsprechen, folglich fal)>an = plitare, pletarc
stelin oder umgedreht plicare auf falhan führen, wozu sich sogar
filhan scpelire, gleichsam einfallen, in leichenlücher falten, nehmen
liesze, dem wir doch 1, 1253 ganz andere grundlage ansmiltelten.
zu plitare, mit au.<igeslo<;znem I würden sich Ttxvaoeiv und TCTi^yua
fügen, aus lal. plicare ward il. piegare, sp. plegar, prov. pleiar,
fr. ploier, plicr und die nl. spräche naJim dies ploojen auf, da
sie doch vouden, vouwen besasz, beide verba, ploojen und vouwen
scheinen derselben wurzel. auch das subst. falte lautet nnl. beides
vouw und plooi = fr. pH, ploi, .•;/). pliegue. it. picga. das
Schott, plaid scheint eigentlich faltenmantel, fallenkleid. umgekehrt
gieng in das altfr. neben ploier, plier fauder, unser fallen ein.
Polen und Böhmen entlehnen aus unserm falten iVir fatdowac,
faldovali. wie aber an pleclere flectere, stüszt an piegare sogar
unser biegen und fliehen.
1) ein hemd, einen rock falten, einen halskragen falten;
hatten sammt (allesammt) gefallene rocke an und führeten
gewundene ketten. Schweimchen 1, 54 ; einen in ein gewand :
diesen zierlich und kräftig doch
kaum geborenen sängling
faltet in reinster windeln flaum,
strenget in köstlicher wickeln schmuck
klatschender Wärterinnen schar
unvernünlligen wähncns. Göras 41,231.
2) die lippen, den mund, die slirne falten, die obren falten :
da ich in meiner kindheit keine hauben um die obren litt,
so kann ich sie gleich einem wilden bewegen und spitzen
wie ein pferd und höre Ireflich, indessen das gehaulile
publicum seine obren so wenig, als wären sie von silbcr,
falten kann. J. P. paling. I, 23. besonders aber die bände falten,
wie flehende, bittende, betende thun :
mhd. min hende ich valde
mit triwen algCrnde M ir füeje. LicnrKMsT. 394,26;
nhd. sollte er da nicht auch von gewissen leuten gelesen
haben , . . welche die religion in äuszerlichen dingen, in
geberden und mienen, in kleidern, in der enthaltung von
speisen, in gebelsfornieln, in kläglichen tönen, in gefaltneu
bänden, in verzagten schritten suchten, imd bei ihrer heiligen
gestalt ein boshaft herz halten und behielten. Gellert 3, 3 ;
strecke die hciszgefalteten hfindo zu dem, der erwürgt wird.
Meimius 8,617;
hub vor seine stirn die festgelnlteten hftnde. 10,790; 11,549;
doch erhub er gefaltet
seine bände gen himmel. 11,1146;
mit hocbgefulteten bänden des preises
sieht er um sich die dornigen, welch er labte. \6,^iund oft ;
oft nun fallend die händ, tind oft mit lauterem murmeln
las er die tröstenden sprücli und ermnhniingen. Vo.»s 2,268,
ehe man sich setzte, bewunderte man seinen geschmack in
einer minutenlangen stille und faltete dabei die bände. ThI«-
HEI. Wdhelmine 109;
festlich, band in hnnd gefnliet,
itchn wir um den göttertliron. ROrcir V;
bei der arbi'lt war sie eiiij,'C"irhliifrn,
dns gestrickin mit den iimlcln riihie
zwischen den gefoltnen zurtcn huiiden. Gönn 3,105;
mit gefalincn blinden knien. Klinger 3, 254. ebenm die knie
fallen, plirr, fiechtr les genou.r, geniia plicare, flecUrr.
3) das papier, den lirief fallen: er faltete den brief, (ilter-
■ckrieb ihn, zum siegcIo war es tu spflt. GOriit 17,38«. ein
130 1 FALTENBAUSCH — FALTENWURF
FALTER— FALZ
1302
kraut, das bei der leisesten berührung seine bläller faltet ; der
Schmetterling faltet seine flügel. die fahne falten, in falten
legen, zusammenlegen.
4) die ungeheure gewalt der musik auf mich in diesen
tagen ! die stimme der Mieder, das klangreiche der Szj ma-
nowska, ja sogar die üflentlichen exhibitionen des hiesigen
jägercorps falten mich auseinander, wie man eine geballte
faust freundlich flach läszt. Götue an Zelter 414.
5) sich falten, sich biegen, krümmen: die blume faltet sich;
mhd. des vielten sich ir egge, dö si sollen tiän gesniteo.
WALIUE8 31,7;
nhd. doch i und ein Oügelpaar
faltet sich los! Göthk 41,242;
die fromme band, die sich zur andacbt faltet. Hagedorn.
5. auffalten, ausfalten, befalten, durchfalten, einfallen, ent-
falten, umfallen, zufallen, zusammenfalten.
FALTENBAUSCH, m. tumor plicarum.
FALTENBLUME, f. coniolvulus, die tcinde, treil sie sich faüel.
FALTENBUND, m. trochus luber, eine. muscMart.
FALTENFALL, m. uas faltenschlag 2.
FALTENFLECHTE, f. liehen plicatus.
FALTENHEMD, n. ein gefallenes, yefdllelles hemd:
auch (tonntet ihr anständig nackter gehen,
das lange falteuhemd ist übersittlicb. Göthe 41,330.
FALTENJUPPE, f. linea tunica laciniosa. Garg. 116' (oben
sp. 129S).
FALTENKLAPPE, f. spondylus plicalus, muschel.
FALTENKLEID, n. ein «eiles faUen schlagendes kleid, vestis
sintiosa.
FALTENKNIF, m. der rechte grif, das geschieh eine falle zu
legen und dann auch die gelegte, sitzende falte, s. knif und
faltenschlag.
FALTENKORB, m. madra, backtrog, korbmusckeL
FALTENKRAUSE, f lacinia crispata.
FALTENKREIS, m. rugarum circulus: seinen lächelnden
mund umzingelten unzählige grosze faltenkreise. J. P. Til.b, 114.
FALTENLEER, expers rugarum, sercnus:
so komm denn, und vergisz mir nicht,
ein faltenleeres angesicht
und deine harfe mitzubringen. Göki>'gk 1,203.
FALTENLOS, dasselbe: faltenlose, ^alte stirn.
FALTENLOS, adv.
sein leben
liegt faltenlos und leuchtend ausgebreitet. ScniLtER 399*.
FALTENLOSIGKEIT, f
FALTENMAGEN, m. omasus, hlättermagen.
F.\LTENMANTEL , m. faltiger und nachlässiger Überwurf,
salope. s. Zwickelmantel.
FALTENREICH, sinuosus, rugosvs: als sie nach färbe und
pinsel grif und ein faltenreiches gewand mit soviel reinlich-
keit als geschicklichkeit anlegte {zeichnete). Göthe 17, 217.
FALTENROCK, m. was faltenjuppe.
FALTENSCHLAG, m. l) sinuum adomandorutn ratio: der
künstler fand für gut, einen theil dieses mantels über den
einen Schenkel zu werfen, um einen schönen faltenschlag zu
zeigen. Winkelmann 5,36; da nun der fallenschlag nach den
ältesten und folgenden zeiten der kunst verschieden ist. 5, 47.
2) der faltenfall selbst, die art und weise wie die falten am
gewande fallen: alle die schönen formen, die ich aus jedem
fallenschlag ihres florkleides mir abzog. TnrHMEL 3, 76 vgl.
3,557. 4,158; der vortheilhafte faltenschlag ihres halstuchs.
6, 33 ; der faltenschlag ist sehr zierlich, auch fehlt es nicht
an schönem faltenschlag. Göthe 44, S7; der flatternde mantel
von sehr gutem faltenschlage. 44, 89. die belege zeigen, dasz
sich beide bedeutungen des kunstmäszigen und natürlichen falten-
schlags mischen oder schwer zu sondern sind, falten werden
geschlagen und das kleid schlaf sie selbst.
FALTENSCHWAMM, t». agaricus plicatus, ein pilz mit in-
wendig gefallenem köpf
FALTENTRÄGER, m. lacerta plica.
FALTENVOLL, plenus sinuum, rugarum.
FALTENWALZE, f toluta plicaria. eine muschel.
FALTENWEISE, adv. plicaiim, lacinialim, in falten
FALTENWURF, m. wie faltenschiag : ein reicher falten-
wurf ; die schöne mode, dasz die weiber durch einen kleinen
fallenwurf ihre wade vorzeigen. J. P. TU. 1, 67. figürlich, wie
der himmel den fallenwurf seiner wölken versuchte und färbte.
uns. hge 3, 76 ; so steht sie am raude der erde und blickt I
ihren groszen vor ihr stehenden frfihling an, dessen fallen-
wurf thäier sind.
FALTER, «I. papilio, weil er ruhig sitzend die flügel fallet,
wie man ein zeit (it. padiglione, sp. pabellon, fr. pavillon) ent-
faltet, passenderer name als Schmetterling, vgl. tagfalter, nacht-
falter, sommerfalter, fenchelfalter, weinfaller, besonders aber
zweifalter und feifalter, üfalter, wo mehr gesagt werden soll.
Henisch, Stieler, Steinbach, Frisch haben noch kein faller,
doch nach Schm. 1, 530 leben feurfalter, beinfalter, weinfaller
u. s. w. unterm rolk, vgl. Schmid 175.
FALTER, n. abgeschwächtes fallthor, oft in weUerauischen Ur-
kunden, z. b. ein schlosselicht (einen schlüssel bildender) acker,
vor dem obersten falter gelegen. Polgönser kirchcnaclen von
1569 s. 11 ; von der hobreide bei dem falter zu Kirchguns.
ebenda s. 32.
FÄLTERLEIN, FÄLTERLE, n. kleiner Schmetterling.
FALTERSEULE, /". s. fallthorseule.
FALTIG, sinuosus, rugosus: faltiges kleid, fallige stirne:
wenn ihr nicht alle
ihre geberden kennt, nicht ihre winke, die stim nicht,
die nun faltig, nun sanft verbeut. Klopstock 2, 20U;
auf ihren faltigen mund,
upon her skinny lips. Alacbeth 1,3.
(6et Schiller 55S' an die welken lippen) ;
Stirnen, die Juwelen tragen,
neigen sich von k-ummer faltig. Platen 57.
der Zusammensetzung manigfaltig, multiplex erlassen wir den
umlaut, nicht dem vielfalüg, noch den zäldenden einfältig, zwie-
fällig, dreifältig u. s. w., doch bleibt auch dreifaltig für den
geistlichen sinn ton trinus.
F.\LTIGKEIT, f. die beschaffenhät des gefallenen, ohne um-
laut, die dreifaltigkeit, trinitas, manigfaltigkeit, rarietas; mit
umlaut einfälligkeit, dreifältigkeit, Vielfältigkeit u. s. w.
FALTMESSER, n. scaivum (l. scalprum), ansarium, cloloria.
roc. 14S2 h4'. hö' (DiEFENBACH 37*. 128'. 515'), ein messer zum
fallen, falzen, falzbein, falzmcsser.
FALTRIAN, m. convallaria majalis, maiblume, thalblume.
Höfer 1, 196, entweder aus dem lat. convallaria, oder rerwechse-
lung mit baldrian, Valeriana, wie oben sp. 1269 angenommen
wurde.
FALTSTOCK, m. ein holz zum legen der falten.
FALTSTUL, »i. sella plicatilis, mlat. faldeslolium, falde-
storium (Blcange 3, 193. 194. Diez 137), it. faldistorio, altfr.
faudesteuil, faudeteuil, heute fauteuil, ahd. faldistuol, faldilstul,
faltstuol (Graff 6, 664), mhd. valtstuol :
ir wart ein valtstuol rorgesat
ze tische engegeu, als er bat,
durch das ^r die frouwen
deste ba; möhte schouwen. Er. 6429;
nhd. versdiwunden, die deutschen fürsten gebrauchen das fr. wort
statt des heimischen, aus welchem jenes fremde entnommen ist.
engl, dauert noch faldstool, auf den die künige bei ihrer krönung
niederknien, s. falzstul. .
FALTTAFEL, f tafel, worauf zeuge zusammengelegt werden.
FALTUNG, f plicatto: wenn nun das ohr fähig ist unend-
lich verschiedene faltuugen (nuancen) an sich zu nehmen, wie
ungleich und wie dunkel musz sein urtheil von dem harten
und sanften sein. Bodmer in Danzels Gottsched s. 193. rgl. ent-
faltung, umfallung, zusammenfaltung.
FALZ, m. plica, junctura, Stria, gleichriel mtt fall (s. falzen),
poln. bühm. falc. von balz tzn/er3, Winkeljiann sf/irci/»< pfalz.
1) man hol schon ein ahd. falz zu setzen nach dem compo-
situm anafalz ineus (Graff 3, 519), ags. onfilt, engl, anvil, nnl.
aanheeld, ambeeld. da nun dieses wort sonst lautet anapö;,
nhd. ambosz, zurückgehend auf pöjan, böjen, in'c lat. incus
auf cudere, sl. nakovalo auf kovati (1, 277), so musz auch in
falzen eine entsprechende sinnliche bedeutung entitalten sein, welche
hernach für das rerbum näher zu ermitteln ist. für das subst.
schickte sich etwa schlag, stosz, fuge, falte, spalte, mhd. der
wunden valz, die gesdilagne, gespaltne wunde:
warf dö salz
üf die koln und üf der wunden valz. pats. K. 123, 'S.
2) mhd. begegnet valz zumal vom schwert und bezeichnet des^n
klinge selbst, int yegensatz zur schneide oder ecke, aho ganz
eigentlich das geschmiedete, geschlagne, gefaltne schwert. folgende
beide stellen geben den pl. valze:
da; swert lieht unde lanc,
ze beiden silen vil gerehi,
valze und ckc im wären sl^hl,
da{ gehilze stark und wh. Wh. 295, t4;
82*
1303
FALZ — FALZEN
FALZEN — FALZWUNDE
1304
Sr warf fj umbe In der liant,
er lobt im valze und ecke sin. 430, 20.
in Albbechts TU. der sdmadie pl. valzen, der sich auf einen
sg. valze f. beziehen liesze:
man jach drr Baldakönen
ecken, daj die sniten über die valzen. 3918,4;
ob sinem swgrt die valien
inder wapren mit varwe dem geliche,
das ^0" 'm <i^ künigc und amajiure
zer frden wa-rn gevellet,
drs nam den ellenthaften gar untiure. 41S7, 2.
bUdlich,
manec man g^t üf Aren valze
hoch enbor, als ob er walze. Renner 928,
strd)l auf der ehren Idinge empor, vgl. felze.
3) mhd. aber auch valz vom begatten der vögel, namentlich
der vilden höhne, auerhdhne, falken. Hadamar von Laber 212:
ich hän bi mangem Talze
gehalten wol durch hoeren,
doch was min sin, §z walze,
#5 lig, ej st6, daj sol ich niht zesloeren.
der Jäger lauscIUe den Ihieren, ohne sie zu stören, sdion 1,1094
wurde balz oder falz {vgl. blach für flach 1, 1053. 2, 58, bclclie
für felche, barch für farcL u. a. m.) mit recht von falzen ab-
geleitet, Kelche sinnlidie bedeutung man ilim auch unterlege, dasz
heutzutage der irndmann die falz, die balz sagt statt des alten
der falz, verschlägt nichts.
4) nhd. dauert falz bei versdiiednen handwerkem fort,
a) kupferschmieden ist es der umgebogene, gefallene rand eines
gefäszes, was den mhd. valz des Schwertes bestätigt, an den ttieilen,
die sie mit einander verbinden machen die kupfersdimiede einen
falz, einen falz legen oder schleifen, gefäsze mit einem hohlen
bauche mit ihren pfalzen und hohlkehlen am rande, am fusze
und am deckel. Winkelmann 5, 114; oder, wenn sie hohl sind,
so sind sie ohne bauch und ohne pfalze und hohlkehlen
cyjindrisch ausgedehnt. 5, 115.
b) burhbindern das brechen, zusammenlegen, fallen der gedruckten
bogen: hinten am bogen, wo der falz ist; ein buch mit einem
tiefen falze; auch stoszen sie einen falz an die deckelbreter, damit
sie in den falz des buches passen, schon mhd.
enbinnen der buche valz. pass. K. 363,87.
c) gerbern und rieniern heiszt der umgelegte Iheü des schab-
messers der falz:
ir haut mit einem scharpfen falz bezugst. II. Sachs 1,501.
d) tischlern ist falz die fuge, kerbe, rinne, um zwei breier an
einander zu fügen.
e) auch an einem büdisenschafle wird die rinne oder hohlkehle
der falz genannt.
/) ebenso an seulen die fuge, Stria: der falz an der seule,
die falze der seulen, s. die stellen Winkelmanns unter a und
hernadi ausgepfalzl unter falzen.
g) sicher noch in andern hier unaufgezählten bedeutungen:
vermaclie (schliesz) aber den falz (die fuge) an dem alembico
(alambic, deslllliergefdsz) gar wol, das nichts darvon verriechen
möge. Thcbneisser magna alch. 1, 90.
FALZAMBOSZ, m. kupferschmieden ein ambosz, auf welchem
sie zwei ilücke aneinander falzen, man begreift hiernach, dasz
der ambosz selbst anfalz heüszen konnte.
FALZBANK, f lisrhlern und zimmerleulen eine bank, worauf
die breier befestig werden, weldien der falzhobel einen falz geben soll.
FALZBEIN, n. rin breites, dünngeschliffenes Werkzeug von
knochen oder hartem holz, um damit papier zu fallen, zu schnei-
den und glatt zu ^reichen, it. stecca da piegare, fr. plioir.
FALZBLT3ME, f micropus.
FALZBOCK, m. hölzernes geslelle der gerber, das lohgare leder
darauf zu falzen. Brosenids 1,64 sehreibt falzblock.
FALZBRET, n. bei den buchbindem ein bret, die bogen eines
buchet darauf zu falzen.
FALZE, f verschiedentlich für falz rn. in allen bedeutungen.
FALZEISEN, n. culter rasorius, lohgerhern eine gerade, breite
klinge, mit umgelegter schneide, zum abschaben des fleisches von
den hauten.
FÄLZELN, wie fälteln, ein wenig falzen.
FALZEN, plieare, ttriare, mhd. valzen und nach uns schie.
faltga, falsa, ddn. fal«e, poln. falcowad, böhm. falcovati. der
angel, um den sieh hier alles dreht, ist, dasz falten und falzen
ein und dasselbe wort sind, wie schon die doppelt vorkommenden
tind gleichbedeuligen Zusammensetzungen fnlleiien fnllmciser falt-
•tol mbnt Cilidaen f.ilzme««*^ falzitttil anzeigen, dem mhd. vallcn
tWI gerallen tur mit lief ein gans paralleles valzen viel» geT»lzcn, |
wenn schon vielz noch unbelegbar ist, aber aus gevalzen folgt,
die sl. faldowad, faldovati neben falcowad, falcovati entsprechen
unserm falten falzen, woher sie entlehnt wurden, gotli. galt
freilich nur faljjan faifalj), durchaus kän faltan faifalt, so mög-
lidi es der form nadi (leie saltan saisalt) gewesen wäre, in
ahd. glossen hingegen erscheint falzit fulcit, wofür falcat wird zu
lesen sein, und gifalztiu suürt, falcati enscs (Graff 3, 51S), jenem
mhd. valz der schwerler entsprechend, also niclit gifalzaniu
suört. bei falcatus, sichelförmig gekrümmt, in modum falcis cur-
valus wurde der glossator leicht geführt auf gifalzit, plicalus, bei
anafalz incus liesze sich an keine sichel denken, sichd hiesz in
unsrer spräche niemals falz, falzen ist uns falten, nicht sdineiden.
dazu kommt ags. onfilt = anafalz und das noch merkwürdigere
nl. aanbeeld, aenbeld, im Teulonista aenliilt, dessen b dem in
balz für falz, dessen cid, ilt aber dem ald des ahd. fald, dem
al}) des goth. fal{) entspricht, ohne dasz sich til. aenboud, aenvoud
nach analogie von vouden ergab, ahd. faldan scheint sich dem-
nach in faltan und falzan fortbewegt zu haben, mhd. valten »n
valzen, gerade wie golh. Jjvairhs zu ahd. duerah, mhd. twgrh,
nhd. zwerch, goth. |)vahan 3« alid. duahan, mhd. twahen, nhd.
zwagen, Jjvingan zu ahd. duingan, mhd. Iwingen, nhd. zwingen
wurde, oder um ein beispid des inlaids zu geben, ahd. sftftun in
mhd. siuften und siufzen, nhd. seufzen übergieng. lauter prae-
occupationen regelrechter Verschiebung, wie siuften und siufzen
erscheinen falten und falzen gleichzeitig neben einander und wenn
unterschiede der bedeutung zwischen beiden formen gelten, so ge-
wahren wir, dasz falten im edlen slil, falzen im gemeinen und
handwerksmäszigen plieare ausdrückt, falzen ist immerhin auch
ein falten, doch falten ist nicht überall falzen, man sagt nicht
die bände falzen, das gewand falzen, nur das schwert, das
bret, das papier falzen = falten und auch in falzen, begatten
liegt dieselbe gemeinhdt. die edle, poet'isdie spräche hielt am allen
laut, die prosa schob ihn gewaltsam weiter, die ganze erscheinuno
ist aber in der gesdiidite unsrer spräche eine der lehrreidisten
und auf ähnliche fälle anwendbar, auf den laut i oder e im ags.
onfilt, nl. aenbeld wird später unter dem worte felze zurück-
gekommen.
das part. gevalzen biclet sich nur in unechten Neidharten dar:
er ist umb sinen lenken vuoj gevalzen. MSH. 3,213";
haet er ouch ein hant im hin gevalzen. 3,278';
beidemal: balzen und in der bedeutung von gekrümmt, gebogen,
nhd. immer schwachformiges prael. und part., z. b. ward allda
ein so grosz geschal von gelächter, das die eine die ander
nit hören noch verstehn kundt, das ich der Ursachen halb
mein pappir zufalzet {zusammenlegte) und vermeinte darvon zu
schleichen, spinnrockenevang. G 4'. falzen ganz deutlich für fallen :
beim spiegcl allzeit rath thun holn,
wie sie die Schleier falzen soln. Etring 1,761.
auf einer viereckigten ausgepfalzten base stehet ein nackendes
kind. Winkeimann sendschr. rondenherculan. entdeckumjen. Dresden
1702 s. 50. .stellen über das falzen der vögel stehen schon 1, 1094 ;
der auerhahn falzet oder balzet. Döbei. 1,45'; die kanonen
des kriegs und die stoszwinde des lebens hören sie so wenip
in der lust, als der auerhahn einen schusz, wenn er falzt.
J. r. anh. zu Tit. 1,48. Nemsicit sp. lö70 will unter falzen,
balzen vox falconum ad coUum prurientium verstehen.
FALZKNSCHINDEL, f : aber was gehn mich ewere falzen-
schindelen an, ich mag euch die falten nicht weiter ver-
rücken. Garg. 116*.
FALZHOLZ, n. falzbdn.
FALZMKSSEB, n. falzbein, falzeisen, vgl. fallmesser.
FALZONE, /". name eines Schwertes:
fir het i'ij manigen riehen
ein edel swtrt gewellet (gewälzt),
dA mit vil ritterlichen
wart manic stolzer d/'gen sit gevellet.
6t brälitej an stn ende und bieg «{ TalzAne,
in manigcm stürme herte wart e; sit erkani an stnem <t4oe
Alm. Tit. 1228.
FALZSTUL, m. was fallslul. alid. valzstuol, eurulis (tiih).
Diut. 3,150. sumerl. 33,20.
FALZUNG, f. wie fallung, plicalio, jundura: gedachie bn'-r
hat die wahre flgyptische form der einHlltigen falzung, die
allen bas und gebftuden dieser nation eigen ist. Wii<kKLMA'<ii
n, III.
FALZWUNDE. f. weirhl atif die «eile, oder wer den degcn
auf die letzt wird in der sciieide bchallen. der soll die erste
falzwunde im gesichle haben. Wi-isb neu« proben 202.
1305
FALZZANGE — FAMILIE
FAMILIE — FAMILIENFEHLER
1306
FALZZANGE, f. zange mit stumpfen knäpen.
FALZZIEGEL, m. oder f. dachziegel, die sich fallet, überein-
anderlegt, rgl. biberschwanz.
FAMA, f. gr. ^r;ur„ tcelche personificalion unsere vorfahren
zwar auch ab frau Melde, gewöhnlich aber als einen männlichen
Hüumunt, mbd. Liumet, Liument oder als ein n. Märi, Ma;rc,
Skis geflügelt und fliegend sich dachten, rgl. myth. S49— 851.
^« den späteren dichtem sind alle diese vor der lateinischen Fama
zurückgetreten :
frau Fama gehet vor und bläst des beiden sacheo,
die thaien, die für sich ihn herlich können machen,
in ganzer gegend aus. der ungewohnte ton
macht dasz das breite land wie littrend wird davon.
Fleüi^g 139;
er gibt der Fama geist und schall. Gdhihbr 136;
die Fama trägt sein conterfei. 140;
und auf Famas tausendfach rauschenden flügeln
wirds Ton meeren schallen und brausen von bügeln.
Schiller 16*.
Stieler 431 führt ein abgestumpßes 'nam und fam', nomen et
rumor an, wofür doch keine belege vorhanden sind, offenbar dem
nnl. faam. 'naam en faem' nachgd>ildet und unhochdeulsch.
FA.MCHE\, n. famella, gleich unbelegt und vielleicht von Stieler
erfunden, obwol ein nl. faamtje möglich.
F.\MEN, schäumen, s. faumen, feimen.
FAMILIE, f. aus dem lat. familia, it. famiglia, sp. familia,
fr. famille, seü dem beginn des 18 jh. mit macht allenthalben
eingedrungen, nnl. dän. familie, schtr. familj, engl, family, poln.
familia, bühm. familie, russ. familija; galische, irische, welsche,
armorische Wörterbücher geben es nicltl, und wahren ihre eignen
ausdrücke, ebenso die litauischen, letlischen, finnischen, bei uns
fährt es Stieler noch nicht auf und dem 17 jh. blieb es unge-
braucht wie dem 13; Frisch und Adelung können sich seiner
nicht mehr enthalten, wie lang dauerte aber, bis das fremde wort
unter bürger und bauern gebracht und von ihnen verbanden wurde,
so schön und gefüge es an sich selbst sei, hat es doch gleich zahl-
losen andern ausländischen Wörtern unsere hergebrachten hämi-
schen gestört und manche natürliche redensarten durch seinen aus-
gedehnten einßusz beeinträchtigt, die älteste benennung der familie
war goth. heiv {verwandt mit lat. civis und wahrscheinlich mit
bus, haus), ahd. hiwiski, hieske, hiuske, höske (Graff 4, 1068),
ags. hivisce, vgl. altn. hiuskapr malrimonium und unser heurat,
beirat. nur baus behält auch heule den allgemeinen sinn von
familie, welche andere deutschen ausdrücke ionst galten oder noch
gelten, ist aus der den folgenden beispielen und belegen hinzuge-
fügten erklärung zu entnehmen, den ^aven gilt rod (= art)
und rodina, poln. rodzina.
dies ist meine familie, hier ist meine ganze familie, hier
ist mein ganzes haus {oixia), hier sind alle meine leute, die
meinigen, meine lieben oder trauten, frau und kinder , auch
die dienstbolen, wofür leute zumal haftet. Gellert meidet noch
gern familie und schreibt: grüsze mir dein ganzes haus; ich
grüsze und segne ihr ganzes liebes baus. 10, 25 ; grüszen
sie ihr ganzes haus von mir. 10,26; viele freuden, die ich
ihnen und ihrer jgfr. Schwester und ihrem ganzen hause
gönne. 10, 28 ; ich habe es beständig als eine der gröszten
wolthaten von gott erkannt, dasz er mich in ihr haus und
in ihre bekanntschaft gebracht hat. Garve an Gellert 10, 39.
doch ihm antwortet auch Gellert: gott, den sie fürchten, lasse
es ihnen mit ihrer ganzen familie wol gehn. 10, 42. Craxer
an Gellert: jetzt bin ich in Lingbye, wo ich für meine familie
ein logis für den ganzen sommcr gemietbet habe. 8, 130
stall für die meinigen eine wohnung. bei allen spätem must
es immer geläufiger geworden sein : wenn er wiederkommen
sollte und sollte sehen wie es mit seiner familie stünde.
LESSI5G 1, 468 ; genug, dasz das geld in der familie bleibt.
2,540; die ganze weit sollte nur ^ine familie sein, ebenda;
ihre familie ist doch auch recht wol und munter? 12,341;
lebte ruhig in der familie und war sehr still und in sich
gekehrt. GüTnE24, 224; die bedeutendsten wellbegebenheiten
ist man bis in die gebeimnisse der familien zu verfolgen ge-
nülhigt. 24,211; mein tischgenosse .... leistete mir man-
chen dienst, indem er mich in verschiednen Ortschaften und
familien tbeils persönlich, theils durch empfehlungen ein-
führte. 25,339; wir fanden den vater ganz allein, denn die
familie {seine leute, nicht blosz die dienstbolen) war auf dem
felde. 25,341; dieser . . . ward noch mehr durch die hof-
nung eines guten empfangs in einer so angenehmen familie
belebt. 26,32; durch solche anaogenebme kleine zwischen-
fälligkeiten wurden wir jedoch so wenig als doctor Primrose
und seine liebenswürdige familie in unserm heitern leben
gestört. 26,33; es war nicht das erste und letzte mal, dasz
ich mich in familien, in geselligen kreisen befand gerade im
augenblicke ihrer höchsten blute. 26,34; die ländliche familie,
der ich befreundet war, hatte verwandte häuser in der Stadt.
ebenda, in groszen bäusem wohnt gev*öhnlich mehr als eine
familie. man sagt von einem kinderlosen: er hat keine familie;
wie stark ist deine familie? wie riel kinder hast du? eine edle,
berühmte, ansehnliche, ehrbare, zahlreiche, grosze familie ;
eine arme, kleine, dürftige familie, bettlerfamilie ; diese all-
gegründeten familien. Götbe 48,70; die familie blühte noch.
48, 71 ; er ist von guter familie, von gutem geschlecht, stamm,
von adel; von einer geringen familie, aus bürgerlichem stand;
sippe ist Verwandtschaft;
familie reiht sich an familie, stamm an stamm. Göthe;
seine familie {sein geschlecht) ist ausgestorben, ausgegangen, in
der naturgeschichle vnrd von familien {geschlechtern, arten) der
thiere, pflanzen, steine geredet und selbst bei handschriflen, die
von einander stammen oder nebeneinander laufen, die einzelne
familie unterschieden, in der familie der oberen erkenntnis-
vermögen gibt es ein mittelglied zwischen verstand und Ver-
nunft. .Kant 7,15. die Zusammensetzungen werden vielsilbig, und
ihre unerschöpfliche reihe zeigt, wie tiefe würzet dies wort unter
uns geschlagen hat.
FAMILIENABENTECER, n. ein ereignis, das eine familie be-
troffen hat: als Jüngling, wegen des schrecklich sonderbar-
sten familienabenteuers feldOüchtig. Götbe . . .
FAMILIEN'ABSICHT, f. meine handlung und gewisse fami-
lienabsicbten erfodem es. Weisze briefwechsd der fam. des
kinderfr. 4. 90.
FAMIL1EN.\HNLICHKEIT, f. gentilis similUudo: hast du
nicht satt das repelierwerk unseres freuden und trauerge-
läutes, die familienähnlichkeit aller abende und zeiten? J. P.
Hesp. 1,121; das leidende weih {Klingers) hat Tieck, von der
familienähnlichkeit verführt, Lenz zugeschrieben. Gervincs
nat. lit. 1843. 1, 584. vgl. farailienzug.
FAMILIENANGELEGENHEIT, f. um ein näheres gespräch
einzuleiten, erklärt ich mich für einen Zeichenkünstler von
Gotha, der wegen familienangelegenheiten in dieser unfreund-
lichen Jahrszeit Schwester und Schwager in Braunschweig
ZU besuchen habe. Göthe 30, 224.
FAMILIENANHANG, m. vilium heredüate propagatum: hab
keinen firmen ödem, ein kleiner familienanhang, so was aus
meiner alten nobilität. Fr. MCller 2, 175. a6er auch in gewöhn-
lichem sinn: ein groszer familienanhang ist unbequem.
FAMILIENANZEIGE, f in öffentlichen bldUern, familien nachricht.
FAMILIEN AUFTRITT, m. verfall in der familie: diese fami-
lienauflritte, ehe sie sich in eine geschiebte des israelitischen
Volks verlieren sollten u. s. w. Göthe 24, 222.
FAMILIENAUSTRAG, m. Schiedsgericht in familienslreitigkeiten.
FAMILIENBAND, n. necessitudo, Verwandtschaft: die ver-
wandten seiner frau lassen sich nicht einmal durch familien-
bande hallen. Göthe 6, 208.
FAMILIENBEGRÄBNIS, n. sepulcrum gentilicium, erbbegräbnis.
FAMILIENBEZUG, m. relatio familiaris: sind doch ortsver-
hältnisse, familienbezüge, herkömmlichkeilen und gewohn-
heilen schon abstumpfend genug. Göthe 32, 178,
FAMILIENBILD, n. imago gentilicia: vom ehrwürdigsten
familienbilde bis zum frivolsten kupferstich, eins wie das
andere muste leiden. Göthe 17, 245.
FAMILIENBRIEFE, literae familiäres, vertrauU briefe.
FAMILIENBUCHE, /. fagus gentüis, antiqua:
lagern wir uns im schatten der alten familienbuche.
die vorlängst uns bekennt mit schon auswacbsenden namen.
Luise t, 2öO.
FAMILIENELEND, n. wie familienunglück, elend, schimpf, der
ein geschlecht getroffen hat. Klinger 1, 431.
FAMILIENEMPFINDÜNG, f. sie hatte nur freundliche, bräut-
liche familienempfindungen bei sich genährt. Göthe 17, 326.
FAMILIENERBE, n. gentile bonum, Patrimonium, viel schöner
und bezeichnender ahd. nodal, alts. 6dil, ags. idel, vgl. RA. 265. 492.
FAMILIENERBTHEIL, m. pars hereditatis gentiliciae.
FAMILIENEREIGNIS, n. bedeutendes und für die folge
fruchtbares familienereignis. Göthe 31, 53.
FAMILIENFEHLER, m. vüium heredüate tradUum, erbfehler,
der im geschlecht haftet: pedanterei ist unser familienfehler
nicht. Rabener 3, 327. 6, 58.
1307 FAMILIENFEINDSCHAFT— FAMILIENHAUPT
FAMILIENKRANKHEIT— FAMILIENTISCH 1 308
FAMILIENFEINDSCHAFT, f. sein bruder ehric das ver-
sprechen, welches er dein olieim gegeben hatte, die politi-
schen zwiste niemals in familienfeindschaft ausbrechen zu
lassen. Daulman^ fr. rev. 32S.
FAMILIENFEST, n. luiuslkhes, unter verwandten und freunden
begangnes: er meldete mir sein behagen an den dortigen zu-
ständen aufs reizendste, beschrieb verschiedene familienfeste
zur feier seines geburtstags und des grafen anmutig und um-
ständlich. GöTHE 31, 4S.
FAMILIENFRAGE, f quaesiio familiaris, vertrauUcIie frage:
indessen will ich die kleinen familienfragen, die ew. hochgeb.
an mich gethan, kurz beantworten. Gellert8,23; er wollte
sich die freiheit nehmen und einige vertraute fragen an mich
thun, ob ich verheirathet wäre, ob ich kindor hätte, wie hoch
sich meine einnähme beliefe, ob ich jemanden zu versorgen
hätte, ich beantwortete diese familienfragen sehr kurz. 8, 'M.
FAMILIENFREL'DE, f. im gegensalz zu familienleid, fami-
lientrauer, ;. b. bei yeburt eines kindes, bei einer hochzeit.
FAMILIENGEDANKE, in. da stirbt des gefangenen recht-
mäsziger söhn und nun wachen dem alten familiengedanken
auf {zu neuer Vermählung). Daiilmann fr. rev. 179.
FAMILIENGEFÜHL, n. familiengefühl, diesen hauptstamm,
auf den alles ankommt, dessen boden nur das Vaterland ist.
GöTHE 33,109. heimuschci, lieimalsgefüld.
FAMILIENGEHEIMNIS, n. arcanum domus: familiengeheim-
nisse bewahren, bekannt machen ; ihr habt immer solche
familiengeheimnisse. Göthe 20, 293.
FAMILIENGEIST, »;i. esprit de fatnille.
FAMILIENGEMÄHLDE, n. 1) was familienbild: familien-
gemählde hebt man blosz der tracht wegen als eine rarität
auf. Rabeneb 2,92; ein groszes faniiliengemählde über dem
kamin. Göthe 26, 28S.
2) fabula, narraliu familiaris: geben sie uns familiengemählde.
doch ist es mit den familiengemählden eine eigene sache.
sie sehen einander alle so gleich und wir haben fast alle
Verhältnisse derselben schon gut bearbeitet auf unsern theatern
gesehen. Göthe 12,176; es (et;i chinesisches drama) ist ein ganz
eigentliches, nicht im besondern, sondern ins allgemeine ge-
dichtetes familiengemählde. 49, 145.
FAMILIENGERICHTSBARKEIT, f. jurüdictio patrimonialis :
da es keine familiengerichtsbarkeit mehr gibt, so musz man
zu dem barbarischen despotismus der verhaftshriefe, wenn
es die Züchtigung verbrecherischer kinder gilt, lieber greifen,
als zu den langsamen förmlichkeiten einer blinden und pedan-
tischen gerechligkeit. Dahlmann fr. rev. 178.
FAMILIENGESCHICHTE, f. uie familiengemählde 2.
FAMILIENGESELLSCHAFT, f. Gotter 3,357.
FAMILIENGEWALT, ^ palria jwlestas : der edle und mensch-
liche gebrauch, den der hausvater von seiner familiengewalt
machen soll. Savignt System 1, 350.
FAMILIENGLIED, n. membrum familiae, hausgenosz: sämmt-
liche nachbarn und verv^andte wurden abermals vorgeführt
und es erschien meiner einbildungskraft ein solcher schwärm
von onkeln und tauten, vetlern, basen, kommenden, gehen-
den, gevatlern und gasten, dasz ich in der belebtesten weit
zu hausen glaubte, alle familienglieder hatten einige worte
mit mir gesprochen. Göthe 25, 344.
FAMILIENGLÜCK, n. felicUas domestica, häusliches glück:
zu jenem eigenen familienglück, einem hohen und gesun-
den aller gelangen. Göthe 37, 6; untergrabenes familienglück
ist hier das thema. Gebvinüs not. lit. 1,584.
FAMILIENGRCFT, f. familienhegrdbnis :
nicht kann geben die mutier ilcr gütigen erde, was pilicht ist,
noch lur ramilieti^nif't bringen verwandte!) gebein
(nee pole cognatOB inter humare rogos). I'ropcrz iv. 7, 10.
F.\M1LH-NGLT, n. famüienerbe: das schwäbische reichsdorf
selbst , dieses competenzstUck und familiengut der göltin
freiheit. J. P. pap. dr. 1,264.
FAMILIENHAND, f cognata manut : dank es, unbesonnener,
diesem eisgrauen köpf, der von familienhänden zu grabe ge-
bracht sein will. Schiller 158*.
FAMILIENHANDEL, m. fanulienangrlegcnheU : bei jedem
familienhandel haben sie die band im .<«piele. Gotter 3,23;
das sind blosze fainilienhäudel.
FAMILIENHASZ, m. odium domeslicitm, familienfiindschaß :
das Schauspiel stürm und drang mahlt scholl ischeii familien-
basz in grellen zügen. Gervikus 1, bHi.
FAMILIENHALIT, n. caput familiae, genl,>.
FAMILIENKRANKHEIT, f erbliches übel.
FAMILIENKREIS, m. circulus domeslirus: auch wollte unser
junger ankömmling noch vor seiner abreise das seinige thun
und lud das junge paar mit einem engeren familieiikreisc zu
einer wasserlustfahrt. Göthe 17,330; hatten wir in langen
Winterabenden im familienkreise ein buch angefangen voi-zu-
lesen, so musten wir es auch durchbringcn. 24, 229 ; die
untcriiallung bei tische erweiterte die ansieht jenes land und
familicnkicises. 25,346; man gewinnt die freudenperlen des
Ichens nicht im Weltmeer der gescllschaft, sondern nur zu
hause im familicnkrci.-ie {au sein de la famille). J. I'. papierdr.
2,11)1.
FAMILIENKRUG, m. urctus avüus:
auch bringet der greis den künstlich geforinten
alten familienkrug mit jährigem moste gcPüliet. Voss 2, 3t9.
FAMILIENLABYRINTH, n. Göthe 6, 205.
FAMILIENLEBEN, n. rila domestica.
FAMILIENLEIDEN, n. calamitas domestica: bei gelegenhril
dieses fainiiienleidens will ich auch noch eines bruders ge-
denken u. s. «'. Göthe 24, 53.
FAMILIENMÄRCHEN, n. fabula domestica, hausmärcheu :
durch solche und andere geistreiche scherze ward unser
wunderliches mariagespiel wo nicht zum Stadt, doch zum
fainiüenmärchen, das den müttern unserer schönen gar nicht
unangenehm in die obren klang. Göthe 26, 351.
FAMILIENMLTTER, f golh. hcivafrauji? ahd. hftsfroii«A?
nhd. hausfrau, vgl. kindermutter. familienmulter steht bei
Klin'ger 1, 395.
FAMILIENNACHRICHT, f über ihre familiennachrichlen
habe ich mich sehr vergnügt. Babener 6, 186.
FAMILIENNAME, n. nomen gcnlilicium, geschlechlsnante, der
geerbt, nicht ertheill wird, es gibt auch familienvornamen, die
im gcfcUkcbl immer vorkommen.
FAMlLIFxNNOTH, f. miseiia domestica.
FAMILIEN BACHE, f vindicta domestica.
FAMILIENRATH, wi. conseil de famille, nnl. familieraad,
ausschusz von gliedern der familie, um gemeinschnßliche ange-
legenlieitvn zu beralhen und zu leiten.
FAMILIENRECHT, n. jus familiae.
FAMILIENRÜCKSICHTEN, ralivnes domeslicae. s. fainilien-
umstand.
FAMILIENSACHE, f. causa domestica, familienhandel, im
gegensatz zu staatshandcl.
FAMILIENSCENE, /". «(wfamilienauftritt: von nun an gehen
die manigfaltigen familienscenen abwechselnd vor sich. Göthe
24, 217.
FAMILIENSCHATZ, m. privatschatz : ich besitze einen fami-
lienschatz von einigen hundert projecten. Rabener 4,230,
diesen unsern alten (cr6/i(7ien) familienschatz. diese lebensfreude
meines groszvaters linde ich hier aufgestellt. Göiue 20, 165.
FAMILIENSCHLAG, m. genus, indoles stirpL^, der schlag, das
geprägc, die eigcnheit eines Stammes oder geschlechls: das, was
ich den fainilienschlag nenne, wo sich etwas charakleristisches
endlich so tief in die zeiigungskrafl einprägt, dasz es einer
Spielart nahe kommt und sich wie diese perpeluiert. Kant to. 27.
vgl. leuleschlag, mcnscbeiischlag, ein schlag leule oder menschen.
FAMILIENSCHNITT, «i. einen katholischen national und
familienschnilt. Göthe an fr. r. St. 2, ISS.
FAMILIENSINN, m. sensus domesticus, häuslicher sinn : Dide-
rots hausvater, der ehrliche Verbrecher, der essighändler
u. s. w. waren dem ehrbaren bürger und familiensinn gemäsz,
der immer mehr obzuwalten aiitieng. Göthe 26, 196.
F.\MILIENSI'AZIKRFAHBT. /". wie eine familienspazierfahrt
im Sommer durch ein pliitzliches gowitler auf eine höchst
verdrieszliche v\eise gestört wird. Göthe 21,51.
FAMILIENSTHTLNG, f.
FAMILIENSTOLZ, m. faslus genlilicius, adelstolz.
FAMILIENSTÜCK, n. pretiosum familiae. ein forlgeerbtes. ver-
hleibrndes hansgerdlh, erbsliick, z. b. dieser eingelegte schrein ist
ein familicnslück. zumal ein genuildde, das die familie inter einen
theil davon darstellt, beide hetleutuni/en schon /»W Frisch 1,21«'.
auch langjährige dienslleute des hau.vs heiszen fainilienslilrke.
FAMILIENTAFEL, f viahlzeit, an der nur familirngliedrr
theü nehmen.
FAMILIENTAG, ni. dies festus familiae, nnl. fnmilirdag, ge-
burtslag u. s. w. auch für r(v/r/m<I.v;ii/c zusanunenkiinfle.
FAMILIENTISCH, m. mensa domeslica: die »chrecknissc
eines lainilientisches, wo jedes glied mit fremden gedanken
1309
FAMILIENTROSZ — FÄXDRICH
FANFRELÜSCHE — FANG
1310
beschäftigt sich niedersetzt, ungern hört, in Zerstreuung
spricht, muffig schweigt. Gothe 21, 103. ein Student hat einen
familientisch, freilisch in einem hause,
FAMILIENTROSZ, m. grex, agmen familiae: in zwei tagen
musz ich den Rhein verlassen, um mit dem ganzen familien-
trosz in Schlangenbad zusammen zu treffen. Bettine 6r. 1,309.
FAMILIENTUGEND, f. rirtus privala, heredilaria : gelassen-
heit ist eine familientugend der eseL Rabener 4, 27.
FAMILIENCBERRASCHLNG, f. das taient eines leichten,
gefälligen reims zu familienüberraschungen. Götter 3, xvi.
FAMILIENUMGANG, m. consuetudo familiaris, vertrauter
Umgang.
FAMILIENUMSTAND, m. causa domesiica.
FAMILIENURKUNDE, f. tabula gentiliäa.
FAMILIENVATER, m. paterfamilias , otxoSsoTtörr^s, goth.
heivafrauja, hausvaier, kinderrater, hausherr. wie er [Wieland)
in seiner ganzen liebenswiirdigkeit erschien als haus- und
famiiienvater, als freund und gälte. Göthe 32, 259.
FAMILIENVERBINDÜNG, f. conjiindio familiamm.
FAMILIEN VEREIN, m. foedus: seitdem die ersten familien-
vereine in mehr oder weniger republicanische Staaten über-
gegangen waren. Wolfs mus. der alterth. w. s. 123.
FAMILIENVERHÄLTNIS, n. ratio familiarum: an den un-
schuldigsten zustand, der sich auf erden denken läszt, an
den des ackermanns ist ein protestantischer landgeistlicher
durch gleiche beschäftigung so wie durch gleiche familien-
rerhällnisse geknüpft. Göthe 25,334; die grosze charte bota-
nique d'apres Ventenat machte mir die familienverhältnisse
{der pflanzen) augenfälliger und eindrücklicher. 31, 25S.
FAMILIENVERMÄCHTNIS, n. legatum gentilicium.
FAMILIENVERTRAG, m. pactum gentilicium.
FAMILIENWAPPEN, n. insigne gentilicium. nnl. familiewapen.
FAMILIENWEISE, per familias: dort hatten sich die bewoh-
ner vor ihren häusem versammelt, sie standen nicht in reihen,
sondern familienweise natürlich gruppiert. Göthe t", 103.
FAMILIENWESEN, n. familia ipsa : das familienwesen eines
jeden handwerks, das gestalt und färbe von der beschäftigung
erhielt. Göthe 24, 239 ; da nun aber alles öffentliche auf dem
familienwesen ruht, so wendet er (Moser) auch dahin vor-
züglich seinen blick. 26, 242.
FAMILIENWITZ, m. ingenium, natura, angAorene naturan-
lage, muttericüz.
FAMILIENWOHNLTSG, f. für eine familie eingerichtet.
FAMILIENZIRKEL, m. trie familienkreis, trauliche gesellschaft.
FAMILIENZUG, m. nnl. familietrek. 1) similitudo lineamenli,
faciei nalira. familienähnlichkeit : ob die menschen dies und
jenseits sich in allgemeinen famiiienzügen ähnlich sind, lasse
ich hier unerörtert. Siegfr. von Lindenberg 2, 36 ; den enkel
an einem familienzug erkennen, den er mit dem groszvater
gemein hatte.
2) agmen familiae: der anblick eures kleinen familienzuges
{hseph.t, der mit u;eib und kind ziehl). Göthe 21, 7 ; dasz er
mit seinem familienzug abends in das alle klosterthor ein-
dringen kann. 21, 37.
FAMILIENZUSTAND, wi. dergleichen mummereien innerhalb
eines einfachen familienzuslandes waren mir immer wider-
wärtig. Göthe 31, 49.
FAMILIENZWIST, m. discordia domesiica.
FAMOS, famosus: jenes famose stück 'götter, beiden und
Wieland'. Göthe 26, 328 ; auf heute abend hatte ich mir den
famosen gosang der Schiffer bestellt, die den Tasso und Ariost
auf ihre eicnen melodien singen. 27, 131. ein oß und riel-
deulig gebrauchter bursclienausdntck. eine nelkenarl, dianthus
superbus nannte man sonst famose, Hochmut, studentenhochmut,
Studentenblume.
FAND, ahlaut ron finden, goth. fanj) fun})un, ahd. fand fundun,
später auch fant funtun, mhd. vant vunden, ags. fand fundon,
nnl. vond vonden, altn. schir. fann funno. unorganisch lautet
der heutige pl. fanden, dän. fandt.
FÄ.NDLEIN, n. iHirrum vexillum, fänlein, fdhnlein:
die zwei fändtein, wie ich sag,
besoldet ein ehrsamer ralh. Soltad 402;
so in Frankfurt gelegen sein
_ eiir fhndiein in aller refler. 403.
FÄNDRICH, m. signtf'r, fenderich, rähurich:
der Wiszpeck mit sein leuten
der stat zu trani;, mit groszem zwang
treib er si an den graben
recht [x. l.) als das vich, der fenderich
tbet seinen fan aufhaben. Soltac ISl;
zehen paner {mhd. banier) das ist ofTenbar,
mit iren fendrich auch für war
sind da worden gewunnen. 211.
FANFRELCSCHE, f. zunächst aus fr. fanfreluche, nugae,
inepliae, res frivolae, alfanzerei, aber auch ungefähr trie craman-
zen (2, 637. 63S) für flitler, eitler putz gebraucht, fanfreluche,
altfr. fanfelue selbst ist das it. fanfaluca, mlat. famfaluca, fam-
feluca (DiEz 138. Diefexbach 224'), die sich auf irouföXv^
bulla, so wie it. fanfa, fanfano schwulst, prahlerei, auf Ttofiyos
zurückßhren. läer bereitet dem worl einen platz, dasz schon
Fischart Garg. 34 des Rabelais fanfreluches antidotees nach-
ahmt und überbietet durch widertode, witarborstige, witerwet-
terige und witarsinnige fanfrelischeit und wissagung. Rabelajs
im zweiten buch setzt auch ein rerbum fanfrelucher.
nun denkt, wenn ihn
die fanferlüschen in die mitte kriegten (ihr kennt ja hofessitte),
wies da dem guten paladin ergehen mochte. Wi£la:(d 21, Sl,
die fanferlüschen, die eitlen gecken.
F.VNG, m. captura, praeda, ictus, aber auch das fangende,
greifende, aufnehmende, kein goth. faggs, sondern von fahan,
gafahan das subst. gafah, äyoa, wozu man fach sp. 1218 halle,
ahd. fanc, mhd. vanc, ags. alls. fang, nnl. vang, altn. fang, schw.
ßng, dän. fang, wofür doch heute fängst, fängst vorgezogen werden) ;
viel weiter ab liegt die Verwandtschaft von fasz, ags. altn. fat.
1) der fang des wildes : auf den fang ausgehen ; wir haben
einen tüchtigen fang gethan, Hirsche, rehe, hasen erleg/t und
gefangen; wir musten diesmal ohne fang, leer nach hause
ziehen ; ein guter fang wurde heimgetragen, verschenkt, ver-
kauft, der fang, aucupium, die vogel, die man gefangen hat.
Maaler 131'; vgl. fischfang, Vogelfang, hünerfang, heringfang.
2) die dem feind abgenommne beule an menschen, vieh, Waffen,
geld, vgl. ahd. ndma rapina.
3) in allgemeiner bedeutung, wessen man habhaft wird, was
man erlangt: das war ein guter, ein schlechter fang, ein
glücklicher, erwünschter fang; grübe oder fang im bergbau;
fang und frucht, alle feng und frücht, ertrage des feldes.
ScHM. 1,539; fangis mache, im weltlauf. Tobler 176;
auch schlägt mich kein verdacht als spielt ich diese list,
um, da du"jetzo mit der gröszt in Leipzig bist,
ein fettes schreiberarat ohn darlehn weg zu kriegen
und durch dein starkes wort viel stimmen zu besiegen.
nein, war auch gleich mein sinn auf solchen fang verpicht,
so traut ich doch gewis vor deiner klugheit nicht.
GCSTHE« 2%;
noch diese nacht
bist du um deinen fang gebracht. Göthe . . .
4) der fang, ictus, stosz, schlag oder tref, der dem gefangnen
(hier gegeben wird: dem hirsch, dem wilden schwein wird ein
fang gegeben, oder er wird abgefangen, nicht gestochen. Döbel
1, is'. 24' ; genickfang, knickfang, einem rehbock den genick-
fang geben, ihm das genick brechen; es mögen auch die Jäger,
so sie wollen, in einem kleinen schiflein zum hirsch {der
gejagt ins wasser gesprungen ist) fahren und so sie können zu
ihm mit einem schwert in der faust selbst hineinschwimmen
und also im wasser ihm einen fang geben, weidwerk gedruckt
bei Feierabend 52*; wenn man dem schwein den fang gibt,
schreiet es nicht, bevorab ein groszes schwein, der bach
aber thut das gcgentheil. 60';
ein groszes schwein reist durch den wald,
dem wollen wir nacheiien bald,
das wir ihm geben einen fang. Atrkk 327*.
auch vom stechen nach dem pferde: da er {Gustav Adolf) dan
seinen reutern, welche zum theil geringe, schwache pferde
hatten, sonderlich diese lehre und Unterricht gab, dasz wen
sie auf die keiserliche curassierer, so grosze schwere hengste
ritten, treffen müsten, und dem mann wegen der waffen so-
bald unter die ribben nicht kommen könlen, sie nur dem
pferde einen fang geben, den dcgen weidlich umbdrehen und
die wunde aufzerren sollen, so würde pferd und man bald
übern häufen gehen und zugleich geschlagen sein. Chemsiti
1,207'. desgleichen von menschen: wie ich nun mit meinen
hinder sich gestreiften ermein vom wagen herab stiege, wurde
mein Hans durch meine weisze arm so heftig inQammiert,
dasz er ihm nicht abbrechen konle mich zu küssen und
weil ich mich nicht sonderlich wehrte, vermochte es der
rittmeister, vor dessen äugen es geschähe, nicht zu erdulden,
sondern sprang mit bloszem degen aus dem zeit, meinem
armen liebhaber einen fang zu geben, aber er gieng durch
und vergasz das wiederkommen. Simp/. 318; wie leicht könte
ich eine sache wider einen cdelmann gewinnen, der mirs
nachtrüge und mir wol gar einen fang mit dem kalten eisen
1311
FANG — FANGEN
FANGEN
1312
gäbe. Weise erzn. 207. figürlich, wenn die (die recensenlen)
sich unter einander fange geben, isls nur hälschel und fäl-
schel, wobei keinem die nase überlauft. Fb. Mülleb 2,20.
6) die Zähne der rauUlücre, krallen der raubvögel Itciszen fÜnge,
veil sie fangen und ergreifen: fange sind die groszen zäune
des baren, wilden Schweins, woifs, fuchses, dachses, hundes.
Flemminc deutscher Jäger IOC; woifsfang. Dübel 1,35';
mit fuiikeludem aiige, mit knirschendem fang,
mit lautem geklalTe verlolgt er {der /iiuirfl ihn lang.
KosECARTEM Qcti. {OiHns höllenfohH) ;
die raubTögel haben fange oder klauen, keine füsze. Dübel 73;
und aus den lüften schwang ein adler sich
herab, ein litlernd reh in seinen langen,
und legt es schmeichelnd in den schosz des kindes.
Schiller 501*.
6) es gab oder gibt noch manche composita wi/7 fang, in wel-
chen es gleichfalls das auffangeride, fassende, ergreifende ausdrückt,
1. b. ahd. sueijfanc, sudarium, ein den schweisz aufnehmendes
tuch, mhd. wintvanc, das den wind fangende segel, nhd. litht-
fang, ein das liclU sammelnder schirm, rauchfang, der den rauch
einnehmende scfiornslein. man kann aber nicht aupüsen: ein
fang des schweiszes, windes, lichtes, rauches. in den ags.
und flies, gesetzen begegnet beardfang, feaxfang, healsfang für
grif oder fassen in den hart, in das haar, an, um den hals,
unter wildfang versteht Keisebsberg owie« 89' das wilde holz,
den wilden zweig im gegensalz zum süszen, veredelten obsl tind
noch in Meiers vox Knonaü fabeln s. 101 ist wildfang das uilde,
geile holz, welches die gdrlner absägen; damit scheint die aus dem
alld. reclU bekannte, heute allgemein verwendete benennung eines
wildfangs {RA. 327) im Zusammenhang, obschon sie auch von
einem vogel statt von einem bäum herleitbar ist, wie die namen
wildvogel, waldflügel, Waldvogel, irrevogel zeigen, s. anfang,
bifang. einfang, empfang, misfang, überfang, umfang.
FANGE, f. tendicula, falle, um thiere zu fangen gestellt, s. niaus-
fange = mausfalle ; fliegenfange, muscicaiia, fliegen fänger, calcher.
FANGEBALL, FANGBALL, m. pila lusoria: fangeballs spie-
len. Harnisch 190; fühlst du, wie sich dieser fangeball des
Schicksals, dieses Lxionsrad der wünsche (das herz) so schmerz-
lich in uns bewegt? nur die brüst ohne herz wird ruhig.
J. P. Ti/. 1,189; Titan, du spielst mit der Weltkugel fangball.
Gutzkow ritler vom geiste 5, 494. Ernst Meier in den schwä-
bischen kinderspielen beschreibt s. 142 auch ein fangballis. viel-
leicht gehört das facken des balls {sp. 1229) zu fach und fahen,
folglich auch zu fangen, vgl. den ball fahen sp. 1238, 7.
FANGEBBIEF, m. literae de comprehendendo malefico, hafl-
brief, Steckbrief.
FANGEGELD, n. pretium pro captura, für erlegtes raubwild.
t. fanggeld.
FANGEISEN, n. l) venabulum, um dem wild den fang zu
geben, vgl. nord. Robinson 1, 80. 94.
bis der borstige keuler auT euer fangeisen anlünft.
Zachariä iaijesteiien 8(i.
bildlich, sie freute sich, dasz Victor seinen alten freund von
den fangeisen und fangzähnen dieses Wüstlings wegführen
würde. J. P. Hesp. 1, 48.
2) pedica, fuszeisen, fange.
FÄNGEL, FENGEL. m. susceptor, mhd. vengcl, alln. fengill:
da{ sin erbarmede si dir vengel. Aldr. TU. 4309,
dasz sein erbarmen dich aufnehme.
FANGEMESSEB, »i. spitziges messer des Weidmanns, um damit
dem wilde den fang zu geben und es hernach zu zerlegen, s. fünger 3.
FANGEN, die aus fahan entsjiringende nasalform (sp. 1230),
analog dem hangen aus hahan, dem gangen aus gahan, wobei
die ahd. mlid. kürzungen vän, hän, gün, alle ein ausgefallnes h
voraussetzend, zu erwägen sind. Ulfilas überliefert uns weder
faggan noch haggan, in der goth. spräche können sie doch schon
frUhe aufgetaucht sein, da sich gaggan neben gahls findet und
auch das verwandle llggrs, finyer (s. dieses wort) auf faggnn zu
schlieszen berechtigt, ahd. erfolgle produclion des fahan in fAhnn,
hahan in hfliian, mhd. vMien, bähen, der bedeutung von fahen,
fangen entsprirld das goth. niman, alid. ni'man, gr. laßelv.
neijen fähan flang hatte sich auch für abstraete begrilfe ein schwaches
fangen fangüta erzeugt (Graff 3,414.415), welchem keine mhd.
noch nhd. bildung entspricht, auszerdem vergleiche man fassen,
ahd. fa^^ön, dessen sinn sehr nahe liegt, das aber anders wurzelt.
1) men<tchen, leutc fangen : mach dich auf Barak, und
fange deine fengcr. rtcA<. 5, 12 ; und flengen zwern fürsten
Arr Midi.iniler, üreb und Scb. 7,25; fleng er einen knoben
auH den Icuten zu Sucoth. 8,14; und David llcng aus inen
tauscnt und sieben hundert reuter. 2 .Sani. 8,4; rrgriOen
Zedekia im felde bei Jeriho und fiengen in. Jer. 39, 5 ; er
fieng die feinde des herrn. Sir. 46, 4 ; überlieleu den Johan-
nen! und fiengen in. l Macc. 9,30; Juda, der ein furgenger
war dere, die Jesum fiengen. aposlclg. i,ie; für er fort und
fieng Petrum auch. 12, 3 ; der dieb entfloh und niemand konnte
ihn fangen, ahd. fieng ird haut, tenuit manum ejus. T. 00,15,
faszte, hielt ihre hand; fieng sinan hart, fasüe, grif in seinen
bort, fangen, einnehmen, gewinnen:
gewis du Hingst mich nicht, lasz mich nur ungestört,
und liebe nur lür dich, das ist dir unvernchrt.
Rost schäferg. 133.
bemerkenswerth ist nocit fangen in» sinne von anbindcii zur fcler
des gd)urts oder namenstages :
sondern müssen euch mit verlangen
auf ewers namens tag heut fangen.
WöLFu. Spa!icemberg anbinii oder fangbriefe ß i'
Unit sonst sehr oft,
ScHM. 1,539 aus Scuö.nsleder: nalali suo aliquem necter^,
amica vincula injicere, nalalilio serto honorare.
2) thiere fangen: und Simsen gicng hin und fieng drei
hundert fuchse, rieht. 15, 4 ; da das die beiden von im (dem
lewen) hüreten, fiengen sie in in ircn gruben und füreten
in an keten in Egyptenland. Ez. 19, 4. 8 ; meister wir haben
die ganze nacht geerbeitct und nichts gefangen (goth. vaiht
ni nemum). Luc. 5,5; und in dersclbigen nacht fiengen sie
nichts. Joh. 21,3; bringet her von den fischen, die ir ilzl
gefangen habt. 21, 10. auch von kleinen thieren, mause, ralleii,
käfer, fliegen, mucken, flöhe, lause, Schmetterlinge fangen,
haschen, wo die alte spräche schwerlich niman gebrauchte, und
wo sich oß nehenbedeutungen entwickelten, z. h. mauhvürfe fangen
hicsz in die erde kriechen, sterben: und durch seins meisters
des teufeis hilf kriegt er (Johannes 19) endlich die papslkron
ums jar 1005, behielt sie aber nur 5 monat und darnach
gicng er mollen fangen und reist zu seim meister auf die
fegfeurkirben ins seelfegerland oder daselbst umher, bietienk.
218*; grillen fangen ist nugari, ineptire, inanibus curis indulgere:
pursche fangen grillen,
aber wenn sie füllen
und die pfeifen glühn,
musz der schmerz so weit entfliebn,
als die spnnsclie dcgenklinge
vor dem tapfern Binge. Gcnther 919;
fleng die schlimmste aller grillen. Wieland 22,271;
vgl. mhd. nu hüet er siner grillen,
der er da hat gewalt. 3/S//. 3,262»,
mehr davon unter grille und beimchen; die mückeu fangen,
culices legere, etwas geringes, unbedeutendes verrichten:
er denkt, er trägt die weit aufm rücken,
fang [l. fleng) er uns nur einmal die mucken I
aber da ist nichts recht und gut,
als was herr paler selber ihut. Götiie 13,72.
3) feuer fangen, ignem concipere: das slroh fieng fcuer;
pulver Hingt leicht feuer; der zunder fangt nicht;
daj de;; liur möhte sin
gevangen mit eim schoubc. Er. 9207 ;
du siehst die schöne soim auf ewip schlafen gehu,
die Wälder fangen feur, die kühle liache stebu
und seigen (versiegen). Crtphics 1, 701 ;
die geister fangen glut, die muntern flnger spielen
und müssen diese traft in jeder sehne fübleii. Gc^thfr 71'
seitdem fleng mancher sch.ifer
aus Chloris äugen feuer. Hageporn 3,66;
wie ist ihm zu thun, dasz ich dereinsten nicht auch iiiu>riii
sollls anders dahin kommen, dasz der funken, so etwa in
mir ist, noch fienge. Klopstück 12, HS; der stöszer fieng
feuer bei dem Schornstein des gaslhofs, aus dem das leder-
gespeiist dreimal geschauet. J. V. komet 3, 167 ;
der nacht tiefscliwarrcr schleier
fängt nun im schifresbrand« pluizlich feuer
und leuchtet weithin übers wilde mccr. Lenau Faust 14S.
4) Wasser fangen, einlaswn: das schif fängt wasser durch
alle fugen, navis aquan^ omnibus contpagibus aceipit. Lirius
35,27; als wir nun mit erschrockenem herzen in der irre
herum fuhren, fieng unser schif mit gewall wasser zu fangen
an (ungeschickte häufung von fangen und anfangen). IlEiirnrn
1,153; wer von solchem ledcr winterslifel hei, der niulit
getrost nach ustern fischen, dann sie würden kein wa-ser
langen. Garg. 247*. den brunnen fangen, m-m! den harn fahen
(sp. 1238, 8):
mein alle, ich hnb mich bedacht,
und hnb vor mein brunnen gefangen. 11. Sacmi V, S6S';
doch thet zu meinem iflürk gleich «tallen
mein gr.-iwe, <Ih lleiitf ieli im liiirm
111 iiieiii kutrolf iioeli ol«0 wiirro. 351*.
1313
FANGEN
FANGEN
1314
in aiiderm sitm hicsz das wasser fangen es anfangen, einfassen,
eindämmen: ilem welcher aus weihern oder beheltnus fisch
stilt, ist auch eini diebstal gleich zu strafen, so aber einer
aus einem Dieszenden 'ungefangen' wasser üeng, das einem
andern zustund, der ist an seinem leib oder gut ... nach
rat der rechtverstendigen zu strafen. Cnrdina 169 und ebenso
bamb. halsgerichtsordnung ron 1507 art. 195. vgl. fach sp. 1218.
5) ein kind fangen, concipere prolem, trie empfangen oder
enipfahen {sp. 421. 422), altn. fa son, dotlir, filium ßliamve con-
cipere. auch von Ihieren: stuten, so zum ersten belegt, bald
gefangen haben. Hohberg 1, lOS'. desgleichen sagt die hebamme,
dasz sie kinder fange d. i. hole, bringe, hebe: meine liebhol-
dinne hat ihre zwei sühne auf dem bette geboren und sind
lebendig blieben und wol gefangen worden von einer alten
frauen von 70 jähren, die auch mich und meine brüder aus
meiner mutter leibe in ihrer Jugend und mehr als 5000 an-
dere ihrer bedienungszeit also gezogen, auf keinem harten
henkerstul, sondern im weichen bette, die füsze sind ihr nicht
in stücken getreten worden, ob sie gleich damals, als sie
meine sühne brachte, an einem stecken gieng. Ettxer 553.
vgl. golh. fitan parere, unten unter fassen.
6) gift fangen, ansteckungsstoffe einsaugen, krankheitcn fangen :
wasgestalten an hiesigen stadtthoren die Verfügung geschehen,
keine fremde betteljuden und anderes ohnnütziges gesindel
hereinzulassen, sofort abzuweisen . . . keine leichtlich gift
fangende waaren, guter und personen, wo die auch herkommen
möchten, ... in hiesige Stadt (Frankfurt) gelassen, (a. 1738).
Belli 2, 86 ; doch hören wir oft ihre Orakelsprüche gern und
fangen endlich die krankheit. Sturz 1,3; es ist eine böse,
ansteckende krankheit, die sich sogar durch die luft mittheilt,
ich wollte wetten, sie haben sie gestern abend in der atmo-
sphäre der schwimmenden inseln gefangen. Güthe 56, 201. man
sagle auch fangende krankheit, morbus contagiosus. Stieler 395.
7) luft, athem fangen, schöpfen, ziehen, einziehen, holen, nach
Senn. 1, 538 mühsam alhem holen, gewöhnlich aber blosz alhmen :
unter dem die geklemten und gepresten jüden wider athem
fiengen, verschnauften und erquicket worden. Mathesics S4';
im garten, auf dem wall ein wenig frische luft fangen; doch
einest ein attem finge (aufathmcle). Steindöwel dec. 567, 22 ;
mild, dö wolt er eine küele vän. Lanz. 3127;
die Jufl wolle da vähen er. Ludwig 6177;
ein rör in daz schiffelin giene,
da mite Moroh den ätem vienc. UoroU 1S24.
8) eine gräte, einen dorn, splitter fangen, einzielten: sein
hals fieng eine gräte, an der er bald erstickt wäre; mein
finger hat am rosenstock einen dorn gefangen; als wenn
ein organischer korpcr einen splitter fienge. Götbe 32,123.
9) das fallende, zugeuorfne fangen : den ball, das Schnupf-
tuch fangen; die betteljungen wissen das geld zu fangen.
vgl. facken sp. 1229.
101 ahd. ma; fähan, cibtim caf-ere, altn. fä mat, speise ein-
ndimen, zu sich nehmen, altn. fä sveila, sudare: J)a er bann
svaf feck bann sveita, als er schlief bekam er schweisz. Snorri 7,
trozu ahd. sueijfanc sudarium stimmt;
mhd. eine varwe gevienc. Trist. 1S3,38,
eine färbe annahm;
dar zuo gevie der selbe slac
einen also griulichen smac. 184,2,
begann so greulich zu stinken, nahm Übeln geruch an.
11) mhd. die berge vähen, ins gebirge gehen. Diemer 141,16.
143, 10 ; einen wec, st'ic vän, einen tceg, pfad einschlagen :
dar zuo ein breitiu siräje giene,
die Ernst mit den sinen vienc. Ernst 3680;
einen slic ich dö gevienc,
der Iruoc micti üj der wilde, iic. 274;
alsus Mariinus aber vienc
den wec, den er gein lande giene. paus. K. 595, 75,
Ute ^rir heule sagen den weg nehmen, viam capere.
12) der regen fängt den staub, fasU ihn, führt ihn fori;
mhd. daj waj^er was geleitet
in da; hüs, da ez vienc misi,
den fuorte; hin in kurzer frist. Ernst 2469,
die vasserlcilung ergrif allen unrath und führte ihn aus dem haus.
13) herberge, künde, nachricht fangen, domicilium, tiotitiam
cafiere. ein schöner beleg zu herberge vän Parz. 638, 5 stdU
schon xp. 182 ausgeholten:
du will ze tumbc der riltcr künde vähen. Nkidhart 27,28;
drei tausent sinnfreticble, wol mehr noch sind gegangen,
um hin und her zu streifen und nachricht wo zu fangen,
ob achten, ob verachten bei klugen zu erlangen.
LoGAU 3.211,130.
HI.
14) mhd. den sile vdhen, morem recipere, einen brauch ein-
führen, befolgen, üben:
ein Site was da gevangen,
der selten wart übergangen.
Strickers Daniel, im eingang.
hierzu stimmt das ahd. situfangön (Gbaff 3, 414), doch nhd. kommt
die redensarl nicht mehr vor.
15) nhd. ein herz fangen, den muth fangen = fassen: da
aber die Jungfrau sein mannliche that nun so oft gesehen
hatte, da fieng sie ein herz zu im und sprach. Wigalois
prosa s. 50;
mhd. si geväbet lihte ein müetelin,
des man gerne äne wolle sin. Trist. 449,35,
sie verfällt leicht auf etwas, das vian lieber unterlassen sähe,
ahd. er sär thia beldida gifiang,
thaj er in iha; grab giang. 0. V. 5, 9,
er faszte sich ein herz in das grab zu gehen, ähnlich ist dröst
gifähan eines, 0. I. 20, 30 sich eines getrösten.
mhd. der abbet vienc der rede haj. Haupt 8, 103,
ärgerte sich über die rede.
16) wie fr ülier •c'\i\es\ 'zu etwas', sapen «•iVAeu/e 'nach etwas'
fangen, greifen: er fieng nach dem ball (r<;/. fangeball); der
hund fängt nach dem zugeworfnen knochen ; daher befürcht
ich allemal, das was ich der tochter vortrage langweile die
mutter, und ich fange mit recht, wenn diese kömmt, nach
einem besseren redefaden. J. P. Hesp. 2, 17, wie es auch heiszt
den faden fassen, und faden selbst sich aus fahen herleitet
{sp. 1230); diese Stadt fängt nach viel solidem dingen, teufelsp.
1, 8 ; sagte, der teufel fienge schon sichtbar nach meiner seele.
papierdrache 2, 117.
17) im unpersönlichen ausdruck, d. h. so dasz von einem ab-
stracten subst. auf die person eingeflossen tcird : ahd. mih gifähit
{wie sonst nimit) wunfar, niiror;
sie ihö wuntar giflang. 0. III. 16,5;
wanda is mih so hevig wunder gefahet, quoniam hoc me mira-
cultim maxime perturbat. N. Bth. 209; den ne gefahet tßs
nehein wunder, minime miratur. 216;
mhd. ir gruo; mich vis. MS. 1,76*;
wunne vie mich;
ein michel vreude gevie
die ritterschaH über al. Lanz. 7656i
dö er zwo mile vor gie,
diu müede in harte gevie. kröne 12384,
die müdigkeit faszte, ergrif ihn, occupavit eum; nhd. den un-
gütigen vahcn sein bosheit und er wird gebunden mit den
stricken seiner Sünde, iniquitates suae capiunl impium et funibus
peccatorum suorum runsiringitur. bibel von 14S3, 297 = spr. Sal.
5, 22 ;
uns fieng nach dir schier verlangen.
Val. Bolz öliing Daridis. Basel 1554 C,
sehnsuclU erfaszte, ergrif uns. gewis noch andere, z. b. angst,
furcht, freude fieng uns, nalim uns ein.
IS) ohne subject, das sich leicht hinzudenken läszl, steht fangen
ft'ir treffen, fesseln: hals gefangen? Schiller 133';
jung bin ich und unerfahren,
wie man fangen und bewahren
und, der losen ranke voll
weilen nun, dann fliehen soll.
BoiE in Voss musenalm. 1790 t. 174.
vgl. der zunder, die pflanze fäht nicht {fängt nicht) oben sp. 1238.
in einer urk. aus dem beginn des 16 jh. heiszt es in Cahels
Maanmilian s. 417: wo die guetigkail nit gefangn wurde, recht
crgen lasse == wo die gute nicht fangen, nichts verfangen werde,
solle recht ergehn.
19) das f>arlicipium gefangen verbindet sich mit stehn, sitzen,
liegen, bleiben, halten, nehmen, geben:
fest im eise stand sie gefangen und könnt ihm nicht wehren.
Götbe 40,192;
er liegt gefangen im tiefen kerker, sitzt schon zehn jähre
gefangen; hier hielt er mit himmlischer musik die hörcr der
lüfte (ältere ausg. die nachtigallen) gefangen. Schiller 132';
doch mehr als ringlein, Perlenschnur und spangen
hielt eine münze meinen blick gefangen.
Lemau neu. ged. 14;
.\lbrecht nahm seinen eigenen verstand gefangen. Scblosser
weltg. 14,36; hierauf hätte sich zwar manches einwenden
lassen, aber wir gaben uns aus kindlicher achtung jedesmal
gefangen. Gothe 26, 326, vgl. sich ergeben sp, 816 und ergibt
sich gott gefangen sp. 1316 unter fangnis.
83
1315
FANGEN — FANGGEWEBE
FANGHOLZ — FANGSTEIN
1316
20) reß.
mhd. bl henden sich dö viengen zwAne d^gene. Kib. 1688, 1 ;
si Tiengen sich bi hende. Jlab. 29. 1U3. 140.340;
tihd. sich bä der hand fassen.
mhd. vie sich in da; här. Greg. 3137,
nhd. sich in das haar fassen, greifen:
mhd. sich het diu maget riche
in einen mantel gevangen. Wigal. 25,17,
sich in einen mantel gewunden, gekleidet, gcfaszt, vgl. ahd. gifang
veäis. nhd. die maus hat sich in der falle gefangen ; zum
spatz, der sich auf dem saale gefangen hatte. Dürger 20*;
er fangt sich in seinen eignen reden; der wind Tiingt sich
in einer schlucht.
21) endlich bedeutet auch fangen einigemal so viel als fangen
machen, mit dem dal. der pcrson: fang mir den ball, mrf ihn
mir zu, ganz wie facken sp. 1229 ; einem eine fangen, einen
beohrfeigen, vie sonst eine stechen, geben, so altschw. fa für
gifva, tillställa, überreichen, zustellen,
vgl. abfangen, anfangen, auffangen, befangen, einfangen,
empfangen, umfangen, verfangen, zufangen.
FANGEN, FENGEN, incendere. 'sengen und fengen' sengen
und brennen, veisth. 1, 493. s. fänken, fenken.
FANGER, FÄNGER, m. caplor, captalor, ahd. fangari, nhd.
setzt Stieler nur die umgelaulele form.
1) 'dieser schlaue fanger' heiszt es in einem 1724 gedruckten
buch; siehe da, auch die Schwalbennester im schioszhof,
auch das garlenthürchen und diese ecke am zäun, wo du
so oft den fanger (rogelfänger) belauschtest und necktest.
Schiller 128'. s. die Zusammensetzungen Vogelfänger, mäusc-
ßnger, rattenfanger, grillenfänger, fliegenfängcr, teufelsfänger
und die abstracten anfänger, empfanger, wortfänger,
2) der fänger, von einem Hunde gebraucht. Göckinck 3, 17.
vgl. saufänger.
3) fanger, fänger culter vcnatorius, renabulum: ha, ich will
ihnen mit meinen fangern den bauch schlitzen, dasz ihnen
die kutteln schuhlang herausplatzen. Schiller 12l'. vgl. genick-
fänger, hirschfänger.
4) fangzaltn des ebers, hundes:
es stürmt das schicltsal auf mich los allmächtig,
und weizt, ein el)er, gegen mich die. Tanger,
von leid ist jegliche miaute schwanger,
von sclimach ist jegliche secuude trachtig. Platf.n 210".
5) fangendes, lockendes, buhlerisches äuge: das mödchf^n lint
ein paar fanger im köpf, die sich gewaschen haben. .Moser
werke 4. 105.
FÄNGER, venustus, reizend, coquett: ein fängres mädchen,
das mädchen hat fangere äugen, ebenda.
FÄNGEREI, f schlägt M(1ser für coquetterie nnd
FÄNGERI.N, f. für coquette für. teufelsfän gerin setzt Fischart
Garg. 47' für hexe.
FANGESTOCK, m. hakenstock, um herbeizuziehen.
FANGFIjSZ, m. pes captatorius, kralle des raubihters.
FANGGABEL, /". excipula: ein armer Vogelsteller lauerte
auf den anhiipfenden ftnken, um ihn an der fanggabel her-
einzuziehen. J. P. Fibel 12 (18).
FANGGEDÄCHTNIS, n. memoria excipiens: ich setzte da-
durch die Britten in stand, es wie jener alle poet zu machen,
der die gedichte, die ein andrer poet (»irenllich herlas, augen-
blicklich in seinem fanggedilchtnis behielt, paiing. 1, xxvii.
«. das folgende.
FANGGEKiER, m. einer der das geigen von selbst gelernt hat,
bloss nach dem gehur, nicht nach noten .spielt. Schmeller 1, 530.
FA.NGGELI), n. was fangegeld, Schneller 1, 530 :
ei tregt ein ein giildcn fanggelt. Atrer 182';
der gerichlsdiener, welcher die diebin hin und her begleitet
balle, begehrte auch sein gebühr und fanggeld. Adele 4, 220.
FANGGESTELL, n.
über aus robr nicht jener ein fanggestclle TOr RTlllen.
OvuRBKCK geil, t lU.
avTOf oy av&e^ixoiai ttahiv nh'xn dxQiSo&i'jqnv.
Theoer. 1,52.
jener flicht lieh von halmen die ilerliche grillenrolle. Vou.
FANGGEWEBE, n. alle flebpr, «o auch die geistigen, kühlt
drr neue \rw\\c morgen, «o wie nie alle der bniige abend
flnhend «chlirt. welcher von un« wickelte sich nicht an
ahf nden ... in den faden, den er Relbcr spann, den er aber
für benides fanggewebe biell, immer enger durch eniflieben
und wenden ein, bis er am morgen seinen schlieszer vor
sich sah, nemlich sich? J. P. TU. 3,27.
FANGHOLZ, n. wie fanggabel: aber eben da er denTinken
am fangholze herein zog, stand die hebamme schon mit Fibeln
auf beiden armen vor ihm und hielt ihn ihm hin, er gab
blosz die worle von sich und grif nach dem vogel und sah
den kleinen an: 'hab ich ihn?' J. P. Fibel 12 (is).
FANGHUND, m. wie fänger 2 : ich peitschte meinen pachter,
weil er meinen besten fanghund stach, dasz er starb. Klinger
1,26; wie ein gefangener eher unter den zahnen der fang-
hunde. 6, 79.
FANGKÄFIG, m. käfig zum einfangen von vögeln.
FANGKLACE, f wie das folgende.
FANGKRALLE, f ungula avis rapacis, womit der raulivogd
seinen fang packt.
FANGLEINE, f funis, quo alligatur navis.
FÄNGLICH, captivus, adj. und ade. statt des heutigen ge-
fänglich: einen fänglich annehmen, einbringen, verwahren,
captiimm ducere; kais. maj. hat den prediger am mittwoch
nächst fänklichen annehmen und den von Augsburg anzeigen
lassen, das i. m. ihn in frohnvest habe bringen lassen. Me-
LANCHTHON 2, 201.
FANGNIS, FÄNGNIS, f custodia, carcer, ahd. fancnissa:
mhd. hilf mir, heiliger geist,
deich mich von siner vancnisse erlcese. USF. 29,12; •
siechtuom, vancnüsse ode dar tot. Iw. 2934;
da mite er sich woide
der meide in vancnisse geben, kröne 18104;
oder dA wider zem andern mal
in die vancnisse koeme. 1S923;
mit jämer und in jAmers klage
in der vancnisse leben. 2UU41;
was mit sollien firen vri
von der vancnisse worden. 29886;
unz er mit sinem tröste
von der vancnüsse in löste, ßarl. Ifi2, 6;
nhd. zu haft und fengknus des wolngeborn hern Ludwigs
von Isenburg. urfehde des Cunz Neusel aus Selbolt von 1499;
zu haft und fengnis. urfehde des Henne Geisz zu Büdingen von
15tl; ire eitern, die schulden oder anderer Sachen halben in
fengknus kommen. Nürnberger rcformation ISO'; ergibt er sich
gott gefangen, derselbe nimbt in an und ist ein sälige fank-
nus, dadurch er von posen panden frei und ledig wirt und
kumbt in gnadenreiche pand. Bertold teutsch Uieol. c. 29,12;
auch liet wir fert gut frid im land,
lieur hab wir f'cnknus, raub und brant. H. Sachs III. 1,242';
nur euer wort verlang ich, dasz wenn ihr
nicht dio bcdingungcn erriillen könnt,
iiir euch bis auf die nächste Sonnenwende
unfeliibar in die l'angnis wieder stellt. Uiilands Ludwig 122.
heute gefangenschaft oder gefängnis, vgl. cmpfängnis.
FANGPFEIFER, m. wie fanggeiger.
FANGREDE, f. sermo captiosus, insidiosus: was isis anders
denn ein lauter fangrede und ein tückische verkerung der
Wort Christi? Luther 4,378'.
FANGREUSE, f nassa, crcipuh. Stieler 1503. vgl. fach.
FANGSCHRECKE, /". manlis locusta, hausgrille, hausheimchen,
auch genannt vates, Weissagerin, gollesanbi'lcrin, weil auf ihre
hinlerfüsze sich stellend sie die vorderfnszc zum gebet auszustrecken
scheint, heiszt auch das wandelnde blatt, folium ambulans und
gilt in der thierfaliel für einen singenden, zi)-penden pfaffcn, woher
der serb. name popak. vgl. Reinhart fuchs s. cxxv.
FANGSCnt'RZE, f bergmännisch, die kette am schachlgestdngr.
FANGSPIEL, «. siehe fangstein.
FANGSTAHL, »i. setzt Voss iri)enduo für fangeisen.
FANGSTEIN, «i. ein jeder stein beim dalschelspiel (2. R26),
weit er vom spielenden, der ihn in die liöhe wirß. mit der hand
wieder aufgefangen werden musz. in der Willeran dat^clisiein.
hochdeutscher ist zu schrriben talschspiol (s. iMt^rhen, liltseheln).
am anschaulich.ften hat V.Hssr Mhicr in seinen schwiiliisclien kindn-
spielen s. 145 — 147 das aiiflätscherles, auflüt/.eles oder sleinb's
geschildert, es wird fast nur von mndehen yrnpielt und nach iri-
schiedner uvise. gewöhnlich dwnen dazu fünf glatte striurJirn.
unter welchen jedoch eins gröszer und kug<-lfi>rmiger zu sein pflegt ;
bald heissen sie alle fangsteine, bald nur der grösiere, wie er
auch ho[>per, liacker. dt)pser oder sriil.'igeriii genannt wird, die
vier kleineren wir/t das kind auf den hinten nriirn neh, so daitz
sie nicht allzu weil auseinander liegen, und den fungstein in die
liohe ; wahrend er fliegt, mlissrn die übrigen flink in die hand
gestrichen und der aufgeworfne dazu gefangen werden^ ohne dost
1317
f AKGSTRICK — FAKKEL
FANKELN— FANTASEI
1318
einer niederfällt, es kann auch erst ein stein hinzugenommen
und mit dem fangstein in die luft geworfen icerden und so all-
mälicJt der zweite, dritte, vierte, bis sie alle nisammen aufge-
fangen sind, alles aber geschieht mit einer und derselben hand
und die andere (linke) darf sich nicht emmisclten. zuweilen Idszt
man den fangstein durch die gekrümmten letzten ßnger gleiten,
und er heiszl dann in der Wetlerau 'eileger'. zwar kann sich
ein einzelnes mddchen mit dem spiel ergeizen, meistens spielen
mehrere zusammen und kommen nach einander an die reihe, vie
versdiiedne gänge des spiels abwechseln und besondere namen fiUtren.
Rochholz kindersp. 391 leitet das auftütscherles von einem ball-
spiel, balledätsche lier, so dasz arme kindcr statt der balle stein-
chen genommen luiben mästen; umgekehrt scheint die vornehme
Kell ihr fangballes dem einfacheren steinles abgesehn zu haben,
im arabischen heiszl das spiel lakud d. i. fangen, bei uns fiüirt
es noch manche andere namen, vgl. knöcbeln, entsclinickea.
FANGSTRICK, m. laqueus, tendicula, fange.
FA.NGVOGEL, m. avis rapax, habicht, stoszrogel.
FANGWALD, m. silva aucupis: im fangwalde seines vaters
stand ein einsames jägerliaus. J. P. Fibel 37 (53).
FANG WANZE, f cimex erosus.
FANGWEISE, /". modus aucupandi: eine andere jalirszeit
brachte Gotthelfen wieder andere freuden, ncmlich andere
Vögel und fangweisen derselben. Fibel 14 (21).
FANGZAHN, m. dens praedae capiendae. bildlich, in dieser
rücksicht sind verschiedene finger fangzähne des gewinstes.
teufelsp. 1, 75, vgl. die unter fangeisen ausgehobene stelle.
FANGZECG, n. instrumenta piscatoria:
bald war nahe der holm, wo netz und hamen auf ealTeln
trockneten, und für die nacht faugzeug auslegte der Äscher.
Luise a. t. U. 57.
FANK, m. siehe fankel.
FANKE, ffl. scintilla, funke.
mhd. dem vanken in dem ßure
sölher gelpfheit ie gebrast. TV?». 33,20;
dö stoup üi dem helme, sam ron brenden grö;,
die viwerröte ranken von des beides hant. Aiö. 185,3;
hei wa^ röter ranken ob sime helme gelac. 1990,4;
fiuwer was in tiure, walt beten si geniioc,
Ü5 eim beriea reisen er manegen ranken sluoc.
Gudr. 104,2;
und sluoc im einen solhen slac
daj riures ranken gelac
ril geströut über rant. Bit. 3642;
den Steines ranc mit slage bei enzündet. Lohengr. 5463;
sunder Teures ranken. Albr. Til. 3«ö3;
hoch über alle sunneranken. 31,4;
mit starken feures ranken begundej ab in smelzen. 3734;
da; si den feures ranken und sunnen breben gäben wider-
stöjen. 4012;
da^ chreflisr fewr
pegund treiben auch
die ranken und den rauch. Ottocar 375';
und danij farnt heije liures fanken. Laber 513.
Walther, Hartmax, Gotfrid, Rudolf brauchen das wort nidU,
es scheint mehr bairisch, üstreichisch, wohin auch die Idiotiken
weisen, nur Schm. 1. 543 hat heule noch das einfache der fankea
(für fankel. s. funke.
FANKEL, n. scintiüula, ßnklein, ßnkdien. bair. es is kae
fankel fuie da, kein fünkchen fcuer. östr. das fankarl, an
schwacher funke. Castelli 123.
FANKEL, FA.NKARL, FÄNKERL, m. diabolus, der funken
sprühende, glühende, wie Loki selbst feuer und Me bedeutet
(myth. 221), der teufd gleich dem feuer los icird (myth. 963).
den namen bezeugen^ Castelli 123. Schmeller 1, 543. Scbüx-
WERTH 3,40 und folgende stellen: darüber rausz ich erst ein
glarten comentari schreibn, sunst mücht der Hinker] (könnte
niemand) mein briefel verstehn. Schwabe tintenf. 38; aber
stellt CS enker (Uir euer) tribiiliren nit ein, nacher soll enk
der Tankerl sucht haltn, wan ich enk bei der carthausn er-
wischn thue. s. 50; aber hein! sag mir doch, wo dich der
funkerl schon zwei geschlagne tag hintereinander hat. i. 61;
in Leipzig oder Hall, oder wo enk der ränkeri hat. Be';
bair. e bue wie de fankel, ein leufelsbuhe ;
zumabi wann da bös faukerl uns fecbtn wollt an.
Skidl nlmer 3, .^o.
es er!:chetnt aber noch dn verstärktes sperifankcl, spirifantel,
sperifankerl :
dr;ih dih, wüliwingerl,
sperirankerl, auwen ! SeidlS, 6,
tfo;u ScHö.-iwtRTH das alts. g^rfiund Ild. 32, 2 vergleicht, wohn
aber auch das ahd. zi spcri, zispcriu, zi spari utique (Graff
6, 353. 355) anscidagen könnte, verderbt sind wol spadifankerl,
spanifankerl, wo nicht gar entsprungen aus spadifantel, il fante
di spada, $. fant.
wie ihm sei, dem fankel identisch zdgt sich der in den sagen
von Vorarlberg und Tirol einheimische fank, pl. fanka, dem auch
dn wdbliches wesen fanka. fanga, fenggi zur seile steht, worunter
man sich nidit sowol teufd, als elbe und wilde leide zu denken
hat, die später, gleich andern gestalten des luideiühums in teufd
vergröbert wurden, elbe und lichtelbe (liosalfar) gelten aber für
leuchtende, strahlende geister und keine Schwierigkeit tial es auch
die benennungen fank oder feng auf fanke funke oder fangen,
langen inccndere zu beziehen, selbst dn aUn. name des mondes,
fengari, der genau zum ngr. cpsyyäoi, fsyydgtov und zu
fäy/os lidU, glänz stimnd, könnte anklingen, die mytlten von
den fangen, fenken oder fenggen berichten t//isVoNBDX «. 1 — 15,
ZiSGERLE n' 45, Alpesbürg myth. s. 67. 63, sagen s. 166. 209.
Rochholz kennt die fenka 1, 364. 382 nur aus dem Engadin
und Prättigau.
FANKELN, FÄNSELN, sdntillare, funkdn. Fromxanx mund-
arten 3, 405. 4, 411. anfänkeln, anfunkeln, anrdzen. Schmeller
1, 543. Castelli fankarln scherzen, dn wenig schneien, flocken.
FANKE.N, accendere, mhd. venken van et e:
Wirt minnen fewer gerenket. Albr. Tit. 31,2;
gelicb dem fewer, da; sich ron kleine renket. 495,4.
FANKEZEN, FANKIZEN, fulgere, glänzen. Höfer 1,197.
FANT, wi. famulus, servus, barsche, bube, kerl, Ü. fante, zu-
erst bei Hemsch 1001 fante pedisequus, fante, fente juvenis
Stieleb 460, bair. fant Scbx. 1, 545, knabe, bub, gern mil dem
nebensinn dnes leichtfertigen menschen, schalks und geckea, ein
leichter fant :
mein bruder Gerard, der die reise mit uns machte,
so fuhr er fort, ein muntrer fant,
mit seinem falken auf der band.
Oberon 1,32, nach der ersten ausg.,
was aber in der folge geändert wurde;
ihm zur seite sasz ein fremder junger fant. Wula;<d 22, 169 ,
und als er kam zur felsenwand
da sprach der ries mit lachen,
was will doch dieser kleine fant
auf solchem rosse machen? Uhlatids ged. 396.
da nun das tt. fante, fr. fanlassin zugleich pedes, fuszgänger,
fanteria copiae pedestres, fuszvolk ausdrückt, wofür sonst infante,
infanteria gellen, so scheint die herleüung von infans gerecht,
hier aber kommt m betrachl, dasz schon ags. ein feda, ahd.
fendeo, fendo, fuojfendo pedes, phalanx, tnhd. vende vorhanden
waren und letzteres lange zeit für den bauer im Schachspiel fort-
bestand, welcher it. pedona, fr. pion, so wie der fuszgänger it.
pedone und auch fante, fr. pietoo häszt:
dd gab er beidiu roch umb einen renden. MSF. 27,26;
die geliche ich zuo dem renden. Warlb. kr. Simr. 155;
ich hän den künic alleine noch
und weder ritter noch daj roch,
mich stiuret niht sin alte noch sin rende. MS. 2,146';
si wolden mir den renden
vor ziehen mit listen. G.4. 2, 442.
cor» diesem vciide wüsten n'iclds die später nochmals fante unver-
ändert in unsere spräche aufnahmen, das fuszvolk im heer hätte
deutscher als infanleiie gehdszen 'der fende'. auf das altn.
fantr, nnl. vent werde ich unter fanz zu sprechen kommen.
F.\NTASEI, /. phantasia, ü. fantasia, fr. fantaisie, engl.
fantasy, fancy, einbildung, gebildd wie ablei, voglci, fabelei,
arzenei, klerisei, sakristei, polizei und viele andere, ein mhd.
fantasie voraussdzend:
nun müosze sein der teufel pflegen,
der uns aber wil hie belriegen
mit seiner fautasei und liegen. Laurin 1258 Sdiade;
wa kummen ir mit der fantasy (d. L -i, ei) her, was wollen
ir mit ze schaffen hon? es ist ein fantasy. Keisersb. onteis
20'.'; wir sollen nit eigne fantaseien erdenken. Mela^ichthom
anriclUung der tat. schul. Bonn 1543 c2'; welcher (Julianus
apostata) auch das evangclium angenummcn hatte und dar-
nach, als er merkt das (dasz es) ein verachte, lose und
schendliche fanlasei wer, widderumb davon abzufallen sich
nit schemct. Alberüs wiiier Witzeln Hs';
darumb so tliiit ihr stille ston
und trcibent nicht vil fantasei,
damit man möge hören frei.
Hart. Mo>rrA!«cs Titui und Gitipput a4;
fantasei oder gesiebt, so einem fürkompt, ßgmentum. Maaler
131'; ich hab es nach meiner fantasei ausgelegt, exposui
arbitraiu meo. das.; nach seiner fantasei und gefallen laben.
83*
1319
FANTASIE — FANTAST
FANTASTEREI— FANZ
1320
das.; nicht nach gab und gift oder feindschaft, hasz oder neid,
auch nicht nach freundschaft, liebe und fanlasei. Reuter
kriegsordn. 52;
man meide solche fantasci und reisi sich nicht mit diesen
posscn. Simpt. 409;
nach seiner fantasei leben, tili aniino suo. Stieler 444. die
neueren diciäer setzen es noch dem reim zu gefallen:
allein der schönste nisz liesz meine Tantasei
in stoUer ruh, und wärs Genevrens fusz gewesen,
es war ein fusz, mehr dacht ich nicht dabei, überon 4,1;
dasz es wahr sei, was den pilger freute,
dasz noch jenseits ein gedanke sei,
dasz die tugend übers grab geleite,
dasz es mehr denn eitle fantasei? Schiller 6';
auszerdem klänge es feierlich und veraltet. '
F.\NT.\SiE, /". doch wieder phantasie geschrieben, die heule,
Kenigslens in prosa, herschende form: fanlasie an Laura.
Schiller 2";
kühne seglerin, fantasie,
wirf ein muthloscs anker hie! C;
wenn phantasie sich sonst, mit kühnem flug,
änd hofnungsvoll zum ewigen erweitert. GOthe 12,40;
mögen bunte phanlasien
fTir des tagcs mode blühen. 12,274;
unter wonnemelodicn
Ist der junge lenz erwacht,
seht, wie froh den phantasien
neuer lust sein äuge wacht. ßÖRCER I*.
FANT.\SIEREN , pliantasiae vi ahrifri, delirare, schwärmen:
also fantasiren dise auch narrenwerk. Keisersu. narrensch. loi" ;
das birn, in dem ein inenscb hat die kraft, das er mag be-
trachten, ratschlagen, fantisiren und desgleichen. ]ncd. lio";
und ward sere davon fantasiern,
damit da schwecht ich mein hiern. fasln. 1010, 24 ;
fah mucken oder fantasier. Scheid grobianus B4;
sag, wenn du in der spiler zunft
sitzt, fantasirst und alienteurst,
wie oft du selbst dein sinn verleurst. 11. Sachs 1,228';
nur eine angst vergällt den rnhin,
den ich mir phantasiere [einbilde, erträume),
dasz einst nicht wie iloraiium,
mich lians und Kunz vertiere. Rürger 40'.
auf dem clavicr, der geige phantasieren, träumen.
FANTAST, wj. fanalicus, Schwärmer, narr:
sol ich das nit mit siegen rechen,
so pin ich wol ein groszer fantast. fastn. 165,19;
den kunstner heiszt ein fantasten die weit,
und den kunstlosen ein pulli'l. meistert, /o/. 23 n'245;
fantast, si est suppositum {suhditus, scholaris), vcl Fritz Hanen-
feder, si est laicus vel eques. H arth er </<•/?(/<; niere/r. 82, 6 (/n/er
altributa quae merctriccs danl suis amaloribus) ; usz sinem kappen-
ziptel mach ein brüst, und überred den (üilen fantasten, er hab
in uf der kirchwihen vergessen. Olearius de fide concub. 99, 9 ;
der da anders sagen und leren wolt, der wurd geschätzt für
einen posteuzler (1,535) und fantasten und wurd verspolt als
ein unweiser, rasender und tauber inenscb. Keisersu. j)red.
144"; Domicianus der keiscr der was aliwegen in dem tag
ein stund oder zwo allein, uf das man meinen sult er iibele
v*eishciten, imd die selb weil Ibet er niit anders dan mit
einem grilTel mucken zu lud stechen, da kam einer in palast,
der wer gern zu im gewesen und fragt üb der keiser allein
wer? er (der gefragte) antwuri, ich mein, es soll dalroe kein
muck mc bei im sein, denn er wist wol, das der keiscr ein
fantast was. brüsamlein 55';
der Murner .«pracli, schwig du fantast,
woltst du mich erst vexieren fast,
so wurdst den geisi gar bald vertriben. Gkncinbacb 2$0, 913;
disz hat der hochglert getreu man
Martin Luther gesehen an,
und ist n.-lher gegangen hin zil,
dann kein toller fantast mog thu. Schade sat. u. panq. 1,23;
du fanlast, was darfst du mich fretlen? II. Sachs 1,225';
wie mOrht sein hasz eim gauch,
so man im erlaubet auch,
das er uns zu faniniiien tar machen,
des Wirt ieder hinderm win wol lachen. Soltau 254;
der fantast Borget alle zeit, »eine frau wurde ihm lebendig
gefressen. Wickram ro//r. 90* ; der {wein) wird ein kranken
mutiger und getroster machen, als ein langweiliger laiig-
Rcbaiibiger slirnrunzelter fantast. Carg. 13 ; ward mit gewalt
zu eim sturkfisch, blateisel, tölpel, fantasten und sonst niciits
fast. 143'; was underscbcids sei zwischen cwcren matbcu-
logiscbcn kunslhitmplern, wei<iheitvcrkaufern und fanlasten
•US der allen weit und den jungen Icuten discs unseren
newen Wesens. 14 1'; darüber habe ich mich scbier zum narren
und fantaslen gedacht. Hkinr. Jul. von Rraunschw. s. 174;
einem jeden fantaslen rencbt sein dreck besser dan eine
pomcranze. Melander ;«coseria 2 n'355; aus euern reden haben
wir vernommen, dasz man die fantaslen weder mit eilen aus-
messen noch mit pfunden abwägen kr)nne. Weise A7. /eiWe 60 ;
bei den fantasten kan ich nichts erfahren, comöd. pr. 62.
späterhin seltner gebraucht, aber auch «/. dän. phanlasi, schw.
fantast.
FANTASTEREI, f nugae.
FANTÄSTIG, cerebrosus, kibig, einbildisch, zänkisch. Maaler
131*.
FANTASTISCH, delirus, ineplus: fantastische krüg, lüden,
büchsen und bäfen, wie wir sie beut in den apotheken stehen
sehen. Garg. 18*. jetzt, ohne umlaut, phantastisch :
auf ein phantastisch blatt. Gellert 1,221.
FÄNTCHEN, n. diminuierics fant, nnl. venlje: diese rede
wollte dem jungen fäntchen nicht zu sinne. Weise erzn. 6;
das junge fäntchen fragte wieder. 149 ;
lausend junge fäntchen
leckten ihm das händchen. Höltt;
das junge fenichcn,
herr Amor auch
spielt, nach dem brauch
von Paphos, mit. Kl. Schmidt ;)oct. tr. 23.
FANTEL, m. dasselbe. Schmellf.r 1,515.
FANTERTEUSCIIIG, ein unverständliches wort bei 11. Sachs
1,449':
mit ir kicidung ist sie fiirwitzig,
fanlerlewschig und sehr popilzig.
es scheint darin ertäuschig, commutans gelegen.
FÄNTLEIN, M. was fäntchen. j;. fänzlein.
FANZ, FENZ, FANZE, FENZE , m. ncbulo, nequam, ein
schwieliger ausdruck, von dem schon 1, 203 unter alefanz gehan'
delt ist und auf welchen die betraclUung nochmals untn firlefanz
zurftcklenken wird, lautverschoben stimmt das altn. fantr nebulo,
faluus, norw. fant cno, nequam (fremder, landstreichn, scMm),
dän. faiite, fjante, schw. fant und daneben fänta f. dune, norw.
fenia, fuhrende dirne, nnl. vent, nd. vent, doch diese beiden mit
dem milderen sinn von junger bursche, kerl, der gleichwol in
einen verächtlichen übergeht, das nl. v weist auf ein heimisches
wort, denn nie wird fent geschrieben, in form und bedeutung
entspreclien ahd. cübenzo, elivenzo, alfanz. bemerkenswerth sind
die beiden folgenden stellen für das einfädle worl: als die geisel-
briider a. 131!) im Elsasz herum zogen, liefen die lente hinaus
die 'schönen faiizen' zu sehen. Wlrstisen Basler chronik zu
1319 ; KöNiGSHOi'EN, als er von den geiseiern redet, bedient sich
des ausdrucks nicht, offenbar werden die schönen fremdlinge be-
zeichnet, die das land durchzogen, die elibenzon fremidS. im
Eulenspiegel von 1519 Iwi^zt es cap. 42: eines andern tags da
was ein schuchmacber, der gicng vi! lieber uf dem markte
schleichen, wenn da; er arbeit, und hiesz Ulenspiegeln zu
schneiden. Dienspiegel fragte, wa; 'fanzen' er haben wolt?
der schuchmacher sagt, schneid zu grosz und klein, wie der
scbweinhirt usz dem dorf treibt. Llenspiegel sagt, ja meister
gern, der scbuhmacber gieng usz und L'lenspiegel schneid
zu und machte von dem ledcr schwein, ochsen, kejber, scbaf,
bock und allerlei vihes. man möclile wissen, wie die nächsten
ausgaben lesen, die neuen setzen : er fragte den meister, was
form er haben wolle, eine nl. von 1575 : nieester, w at fatsoen
sal ik snijden? die späteren: meesler wat falzoen zal ik daa
sneiden? form und fai^on treffen die meinung ganz gut, dock
das urspr angliche fanzen entspriniit nicht aus fantasien (fancies),
es will sagen 'kerle, bur.scJien oder etwa 'fralzen. Waldis 3, 41
Idszl den schwanzlosen fuchs zu den andern fiichsen sagen:
ir wiszt wie uns die Iniigi'ii schweiizen (/. schwenzc)
narhzdieii wie die gippeii fenzen (/. fenze),
werden uns ott vom regen schwer,
zielieii wie nasseii'lliegen her.
ZU gippen halte man gippen gappen (Sei<lh. xlv, 27), gippen-
fanz ist dunkel, es konnte schlepftträger, (jestator syrmatis sein,
oder aucli eine sächliche Vorstellung enthaiten , in welche wir
alefanz häu/ig iibergehen saiien. Ki.oi'Stocr in der iflelirtenrep.
12,95 duszerl .<tich von den modewortern: da werden »ir dann
in den biichern allerwärts hingestellt des endes, d.isz sin
darthun sollen allerb.ind theoreien, die, weil sie fau/.en und
liat/cn sind, niriits kann d.irlliuii, am mindesten aber wörllein.
«IC fialz Oller fiat/.e auf eliius fiersunliclies zuriickgeht. kunnle
es auch fanz, oder lug ihm jenes engl, fancy im sinn? dasx
fanz ein altdeutsches wori ist und nicht aus it. fanic entspringen
1321
FÄNZELEIN— FARBE
FARBE
1322
tonn, obirol dieses in fanciulio zischend wird, leuchtet ein. wäre
fant schon ahd. mhd., so liesze sich allerdings eine forlschicbung
in fanz, tcie bei fallen in falzen annehmen.
FÄ>"ZELEIN, n. diminution von fanz, mhd. Tänzelin schon
1, 204 belerß. freilich rührt die bedeulung von fantchen nahe
an, und das nnl. ventje entspräche einem nhd. ianzchen genauer
als dem fantchen.
FANZELN, nugari. Reinwald henneb. id. 1, 30.
FÄNZIG, FE.NZIG, puerilis, juvenilis, desgl. adv. jurenililer,
eleganter :
doch zeucht sich cwer man ietr glenzi^
in seiner kleidung, hurtig und fenzig,
mehr dann in seineu jungen tagen. U. Sachs 1, 431^
ScHM. 1,545 hat ein bair. fanzi, gfanzi, pfanzi == fenzig, galant,
artig, munter und führt ein schträb. unfanzig, ungezogen an.
vgl. alfanzig 1, 205.
FÄRB, ad}., erscheint gleich dem lat. color nur in Zusammen-
setzungen und lautete ahd. faro gen. farawes, mhd. var, gen. varwcs
{wb. 3, 237 — 41), :. b. ignicolor, mullicolor = ahd. fiurfaro,
filufaro, »nÄd. viurvar, vilvar, nM fenerfarh, vicifarb. ailmälich
hat man dem einfachen färb das abgeleitete farbig vorgezogen feuer-
farbig, vielfarbig. Lutheb und die älteren schreiben noch färb,
gen. farbes, schwach der färbe, z. h. rosinfarb wolle. 3 Mos.
14,6. RCciERT ges. ged. 2, 42S wafjt wieder rosenfar. fehler ist
es aber, im nom. färben, schwach der farbene zu setzen.
FARBE, f color, ahd. farawa, mhd. varwe, nnl. verf, verw,
verwe, ags. farbu (Äifr. Boelh. 19''), dän. faiTe urid danach
isl. farvi, norir. fargje, schw. ftirg, poln. farba und banva,
böhm. barva, slov. und illyr. farba, letl. pehrwe, lit. pärbas
und daneben kvärba, finn. kar^a. von Wichtigkeit wäre das goth.
Kort zu vernehmen, im neuen lest, begegnet es nicht, aus dein
alten würde man es lernen, namentlich aus Ez. 23, 14. weish.
Sal. 13, 14. &r. 43, 12. 50, 8. wahrscheinlich ist unser farawa,
Tarwe gegen norden und Osten vorgedrungen, denn die alln. spräche
hat dafür Ihr = goth. vlits und der altsl. russ. serbischen mangelt
jenes südsl. farba, barva, das lit. pärbas steht in rechter Ver-
schiebung, kvarba für farba zeigt kv = f {sp. 1209), wonach
selbst lat. varius, bunt, finn. vüri, färi und skr. varna, color
erwogen werden müssen, finn. karva verhielte sich zu parva,
wie k zu p in vielen Wörtern, manche zweifei hätte der goth.
ausdruck gelöst, bei allen diesen einslimviungen schwebt noch
dunkel über der würzet ; nähme man farawa zu faran {sp. 124s),
so würde die bedeutung des thuns im goth. (aujan geradezu an
ahd. zouwan, zawan parare, tingere reichen, denn das eintauchen,
ßaTiretv ist ein färben (sp. 320). da die Vorstellung färbe viel-
seitig bald von dem färbestof, bald vom aussehen des gesichts,
der haut, des haars oder gefieders entsj/ringt, so ergeben sich manig-
faUe namen in allen sprachen, das altn. litr bezieht sich auf
den natürlichen glänz des antlilzes, ebenso das norw. Hl, dän.
lud, wogegen farvi, farre, fargje die künstliche, gemachte färbe
bezeichnen, nicht anders verhält sich das schw. Iiy und farg.
ags. stehen bleoh, alts. bli, altengl. blee, fries. blie oder auch
ags. hiv, engl, hew gegenüber dem deäb, engl, die, der tünche
oder schminke, gr. ßtiuua. bleoh wurde 2, Sl zu blau, blühen,
blank und blinken gehalten, vielleicht lassen sich auch XQOiä
'/ooa yocöfia XQcös, die alle haut und färbe besagen, dem altn.
gröa virescere, florere und groenn, yJ.o>o6s, viridis, unserm grün
vergleichen, zumal das russ. Izvjet blume und färbe bedeutet;
das lat. color = colos = coros könnte dem russ. kraska färbe,
krasili färben, schmücken, krasnyi, altsl. kras'n" schön und roth
begegnen, nichts natürlicher als dasz die abstracte benennung auf
einzelne concretc färben zurückgeht.
1) das alterlhum und auch unser mitlelalter nahm sechs haupl-
farben an: weisz schwarz gelb rolh grün blau, welche oft an-
gegeben werden {tr. kr. 2992. 201SS. gute frau 2535. MS. 1,175*
und in dem besondem gedieht daron fragm. xxv); für schwarz
heiszt es gewöhnlich brun, wie wir braun noch später gleichbe-
deutig sahen mit .schwarz (2, 32r>). nicht anders beginnt die gr.
auf Zählung mit XQcofta Xevxov und fiiXav. der allgemeinen
Volksansicht und spräche zum trotz scheiden aber die hetitigen
physiker, nach frrisma und regenbngen sieben grundfarben setzend,
weisz und schwarz, die keine färbe sein sollen, aus und schalten
zwischen gelb, rolh, blau, grün die mischungen oder sleig<rungen
orange, violet, indigo ein. im regenbogen erkannte man ehmals
nur drei färben (Megesberc 98,26. 321. sibe den regenbogen
an und lobe den, der in gemacht bat, denn er bat ser schöne
färben. Sir. 43, 12. zahllose arten, abarten, äufen der färben
vermag unsre spraclie in treffender Zusammensetzung zu bezeichnen.
wir unterscheiden helle und dunkle, reine und trübe (schmutzige),
grelle und milde, schreiende und stille (sanpc), matte und
satte {gesättigte) färbe, altn. fastr lilr, laus lilr, color satur,
fugax, eine färbe fällt oder spielt in die andere, z. b. das
blaue ins grüne, das gelbe ins rot he, das weisze ins graue:
der stein war ein
opal, der hundert schöne färben spielte. Lessi5C 2, 276 ;
bunt ist varius, versicolor (2, 525), früher fech, vech, vgl. manch,
gelheilte färbe: die küw seind fast all schwarz und weisz,
oder aus den färben getheilt. Frank weltb. 216*. ihre färbe
war milch und blut; einigemal bedeutet rolh das farbige, ge-
färbte, wie weidmännisch färbe blut, das schw. larg rölhe ist,
färbe bekommen erröthen ausdrückt, jenes russ. krasnvi rolh
und schön zu kraska färbe gehört:
ja milch und färb ist gleich geflossen,
da man ihr zart blut hat vergossen.
RiTiGWALD er. E4'.
2) natürliche färbe der haut, des gesichts, teint, alln. litr,
gr. '/oöa. schöne, gute, lebendige, blühende, heitere, hohe,
liebte, zarte, frische, lebfrische, gesunde, liebliche färbe,
color suavis; üble, kranke, matte, bleiche, fahle, erloschene,
wüste färben, tetri colores. Maaler 131'. dies confect gibt eine
gute lebliche färb. Tabersaemont. 1342. der genesende be-
kommt, 'kriegt wieder färbe*, der kranke vediert sie. er hat
färbe, keine färbe, sie hat viel färbe, rubore suffusa est. 'ich
hab noch ein frisch herz, ich hab noch ein iserin {eiserne,
dauerhafte) färb, was mücht ich noch sterben?' Keisersberg
bilger 36'. 'die färbe bekümmern' 1, 1433 angeführt, es scheint
sollicitarc, agitare, excitare ; doch ist die phrase erst vom umarbcUer,
denn Steinhöwels 'sich was du nun zemal redest' 12, 22 folgt
dem guarda cio che tu dicbi des Originals, die färbe tritt vor,
tritt ins gesiebt, erblüht, entzündet sich oder tritt zurück,
weicht, schwindet, die färbe wenden, wandeln, wechseln,
ändern heiszt den umständen nach erröthen wie erbleichen, vgl.
sich entfärben, verfärben:
mhd. diu Sifrides varwe wart dö bleich nnde rot. Kib. 154,4;
ahd. er irbleichcta ouh farawün er wanta. O. 1.4,25-
ni brutli thih muates noh thines antluzzes,
farawa ni wenii, fol bistu gotes ensti. I. 5, 18.
gimö;üla farwa antlulles sines (Graff 3, 703). altn. skipta
litum, schw. skifte färg, mulare colorem, in Völsungasaga cap. 27
aber überhaupt die gestalt wechseln, tauschen, wie unter freunden
und blutbrüdern geschah, wo also litr die ganze haut bezeichnet.
3) färbe aufstreichen, anraahlen, trockne oder nasse färbe.
a) am gesicht, schminke, meistens rölhe: je mehr färb, je
minder fleisch. Pbilano. 1,44;
mhd. gestrichen vanve üfe; vel
ist selten worden lobes hei. Parz. 551,27;
gevelschet vrouwen varwe vil lützcl man da rant.
Kib. 1594,1;
nhd. lesabel streich sich varben voll,
da si meint Jehu gfallen wol. Brast 92,55,
schminket sie ir angesucht, schmücket ir heubt und kucket
zum fenster aus, vulg. depinxit oculos suos stibio et ornavit
Caput suum. 2 kön. 9, 30. von solcher schminke verschieden ist
badstubenfarbe, die im bad geriebene, schnell verfliegende:
obs ir wengelin ncete
von geribener varwe rate. Uelbl. 1,1150.
nach Pfeitfers herstellung bei Haupt 5, 471 ;
geribeniu varwe, valscher list,
dar an gelit Icein stxtekeit. Bo;«. 39,40;
geribniu varw niht lange wert. 67, 49.
in gutem sinn:
got hat ir wengel höhen tli?,
er streich so tiure varwe dar,
so reine rot, so reine wij. Walth. 53, 36.
b) an wand, holz, stein, leinwand: gemaictc menncr an der
wand in roter färbe. Ez. 23, 14 ; und ferbcts {das holz) mit
roter und weiszer färb, rot und schön, und wo ein (lecke
daran ist, streicht er zu. weish. Sal. 13,14; ein bund bilde
mit mancherlei färbe. 15, 4 ; es war eben nicht das beste ge-
mäblde, nicht gut zusammengesetzt, von keiner sonderlichen
färbe. Götue 18, IOC. der mahler reibt, mischt, verdickt, Tcr-
dünnt, streicht, trägt die färbe auf. dem porzellan oder thon
wird die färbe aufgebrennt, damit sie haltbar werde.
4) färbe des gcwandes.
mlul. in herlicher varwe was sin wicgewant. Nib. 1535,2.
ror alters unterschied und bestimmte man die färben für alle
anlasse genauer als heule, in den geschlechlern, im gefolge dient*
1323
FARBE
Farbe— FARBEL
1324
o/t gleiche färbe zur bezetchnung der echten Sippe, brüderschaß,
hausgenossenschaß : gleiche briider gleiche kappen, stießänder,
baslarte trugen andere und getheilte, halbierte färben.
nur werdent halpedel kn^hte
von Gepppn und von Ruprebta
geborn, die tiiont vil rj^hte
uäch gikelveheiu gestellte. Ilenner 1701.
später klagl Frank ton den Deutschen: all ir kleidung seind
zerstückelt, darzu ctwan von mancherlei färben geteilt, weltb.
42'. Sidonius ApoUinaris 4, 20 einen burgundischen, künigliclwn
brauluerber mil seinem gefolye schildernd: praecursoribus suis
sivc pedisequis pedes et ipse medius incessit, flammeus cocco,
rutilus auru, lacteus serico, tum cultui tanto cuuia, rubere,
cute concolor (cJid. epanfaro);
iz wären ahiic frouwen
alle gliche gekielt. Er. 8226;
nachvolgeere, scln'iler, gelkh gekleidet, viysl. 346, 1. 3. im
decameron 6, 9 bei Steinhüwel 398, 16 ton ehrbaren, adliclien
gesellen: zu dem minsten einest in dem jare sich alle in ein
färb kleideten und zu hochzeitlichen tagen mit einander in
einer färb spazieren ritten in der stat umb (si vestivano
insieme = tutti ad una assisa). fürsten und Iterren gaben
iliren hoßeulen, iltrem gesinde dieselbe kleidung, d. i. färbe und
vas heute uniform, bei bedienten livrce, hiesz die färbe, bühm.
noch jetzt barva.
wiltu icti eib dir ein kielt,
daj ist halb grüen, audersit röt. Altswert 79,30;
ich tPt an diu kleider geswind.
€l sprach 'nun bistu hofgesind. 81,30. vgl. 88,28—32;
es ist ein übles ding, dasz wir uns Christen nennen,
und tragen doch die färb, daran man uns soll kennen,
die holTarb, Christus kreuz, so ungern allzeit an.
HOVPLER 160.
leute, die sich die färbe zu ihrem rocke nicht selbst wählen
=-s bedienten. Lessinc 10, 295. gebildete menschen scheuen sich
tor hoher färbe und ziehen graue, gemischte vor. schwarz ist
reisefarbe und braulfarbe und gallafarbe und in Rom fUrsten-
kinderfarbe. J. P. TU. 2, 78.
5) färbe der Stoffe : der wein ist gut in der färbe, gut-
farbig; hauptsächlich von garn und zeug: das zeug durch die
färbe gehen lassen, es halt die färbe, läszt sie fahren, ver-
liert sie, schieszt ab; die färbe steht nicht, verändert sidi;
die färbe dringt ein, das zeug saugt die färbe ein, nimmt
sie an, will sie nicht annehmen, eine dauerhafte, släte, blei-
bende, eine halbe, gebrochene färbe, eine schwindende färbe,
wa etlich perlin veralteten und die recht weisz färb nicht
raeh hielten, vernewerten sies bald durch ein ncwe kunst,
das sie die eim schonen hanen zu fressen gaben und im
durch den magen laufen lieszen. Garj. 282'; was färb halten
solle, musz man etliche mal einstoszcn. Jac. Meier adagia
s. 58 ; dies färbe halten sehr häufig angewandt auf wort und
treue halten : defselbig Hans Wagenbach, der ist bei dem her-
zogen blieben, hat sich auch mit ime verjagen lassen, das
haben sie nit alle gethan, sondern ir (eorum) wenig färb ge-
halten. Götz vo.n B. Icbensb. 141; diu tag oder etlich hielt er
färb. KiRCiinOF uendunm. 67';
pTerde kennt man an den haaren,
Kleider künnen olTenbaren,
wie des menschen sinn bestellt
und wie weit er larbe halt. Logau 2,56,12;
nichts ist, das auf der weit,
wie schön es immer sei, bestand und Turbe hält.
Ghtpuics 2,310;
kein vdglein ist im singen,
so dir die larben halt. Spek trulzn, 08 (107),
das es dir gleicli thue, wie du auüialte; bestündigkeit hült färb (hält
stich). Lehm ANM 102; die vertreulichkcit meines sonst ganz un-
TcrmOglicbcn manns verursachte, dasz ich ihm gleichvvul färb
hielte, ob sich schon höhere als baupllcule bei mir anmel-
deten. Simpl. courage 6; und wenn es wahr ist, dasz sie
ihrem manne allein färbe gehalten, so ist es gcwis von einer
Soldatenfrau etwas rares, irrg. d. l. 470; glaubte an ihr ein
Weibsbild zu haben, von welcher zu vcrmuthen stehe, sie
werde ihm färbe halten imd gelreu verbleihen. Leipz. avant.
2, 131 ; weil du mein gar sehr lieber freund, der allzeit färbe
gehalten. Butkcbkt kanzl. 25 ; und Schnabel hielt auch färbe
und Wort. J. I'. dofii^eUteersdutu 100 ;
und bat sieb keinvn Treiind d.-imll, nicht i>inen
erkauft, der in der iiulh ihui lurbo hielt. sScuillkr 3Sy.
t) das kartempirl lud zwei färben, rolh und tcJiwarz, aber
vier reihen, die man glcicJifalU färben uenul. es heuzl: die
forbe »uf spielen, die färbe bckcuucu, mit der fuibc nicht
heraus wollen, böhm. barvu ponesti, rydavati, lenovati; vier
färben im spiel. Friscblin nomenel. 476; wenn die besten
färben im spiele verworfen, so ist der stich verloren. Lehmann
166. figürlich: sie wollte gar nicht mit der färbe heraus,
sich nicJit über die sadte ausspredien, kein bekcnntnis ablegen,
nord. Robins. 1,109; aber ich wollte nicht mit der färbe her-
aus und gar nichts gestehen. 1,126; deutsch von der färb
zu reden. Abele 5,36; gleich mit der färbe heraus! bühm.
ale hned s barvau ven !
7) färbe, sdiein : ist aber solchs nur zur färbe und schein
von inen erholten. Luther 3,113'; also gehets den unfür-
sichtigcn geistern, welche meinen, wo sie an einem ort irein
dunkel künnen eine färbe machen, so sei es allenthalben
wolgemacht. 3,495*; wer ein solch herz sehen kan, der kan
eine färbe {Vorstellung) haben, was ein fromcr engel sei.
5,337"; auf das den unruhigen und ehrsüchtigen köpfen alle
färbe und schein einiger gravierung werde entzogen. BurscnKv
Palm. 901 ; gnug sei dieses, um die göttliche poesei, die
sonst keiner färben bedarf, nicht auszustreichen {herauszu-
streidien), sondern nur anzumelden. Brandt beridil von Taub-
mann s. 32; etwas mit der färbe, unter dem sdwin, vorwand
thun {vgl. färbel); eine so milde fuibc füllt auf das ganze.
J. P. büchersdiau 1, 130.
8) färbe, form, gestall : das familienwesen jedes handwerks,
das gestalt und färbe von der beschäfligung erhielt. Götue
24, 239 ; ich, der ich nicht wüste, was die furcht für eine
färbe hatte, achtete ihre drohungen nicht. 34,45; die färbe
eines Jahrhunderts. Klinger lo, 259 ; Baldurs und Nannas
liebe trägt die färbe der nordischen menschheit. Dahlmann dän.
gesell. 1, 166. einer sache färbe geben, sie beleben und gestalten;
jetzt hat die sache eine andere färbe, sich anders gestaltet.
9) dem jägcr ist färbe bald das haar des lursclus, bald cruor,
blut, schweisz, dem bucbdrucker schwärze.
lü) auch der ort, wo gefärbt wird, ofßcina infectoris, infedo-
rium heiszl die färbe, besser wäre färbe, s. das folgende, der
zusariimenselzungen, besonders der uneigenlliclien ist eine unzalä,
namentlich bei J. P.
FÄRBE, f tauche, taufe, ßaftj. Götbk 62, 184. man kann
schon ahd. farawa von farawi, mitd. varwe ron verwe sdieiden,
obschon beide vermisciU werden, bei Kero sldd cap. 55 farawi
colore für farawa,
in wijes sußwen farawi so was al sin gigarawi. 0. V. 4,32.
FAUBEB.^LL, m. pila tindoria, buchdruckersdiwärze.
FÄBBEBRÜHE, f flüssiykeil, worin ein farbcstof sunt färben
von zeugen aufgelöst wird.
FÄRBEBUCH, n. Jercmias Friedrich Gülich vollständiges
färbe und bleichbuch. Güthe 54, 247.
FARBECHT, farliicht, coloralus, farbig: mit farbechten
kleidern prangen. Zinkgref apoiili. 41, 3.
FÄRBF.DISTEL, f. Carduus tindorius, saflor.
FÄRB EDO BN, m. rhamnus catharticus.
FÄRBEFLECHTE, f liehen tartareus, zum gelbfirbea.
FARBEFLCSSIGKEIT, f färhebrühe.
FAKBEFUNKELND, colore micans:
schwebe rastlos
ftlherkostend,
farberunkülnd,
du erlöster
somraervogel! Platk:« 18.
FÄRBEGER ÄTH, n. vasa, inslrutnenta Undoria.
FÄRBEGiNSTER, m. genista tinctoria.
FÄRBEHAUS, «. was färbe 10.
FÄRREIKJLZ, n. Iignum infedivum: der feldscheer machte
dem kapilain weis, ich kriegte die schwindsucht. so oft mit li
dieser besuchte, muste ich ein brechpiilverchen ciuneliuKMi.
damit ich recht elend aussähe und färbeholz kauen, dus< ich
blut spucken konnte. Weisze jubdhodiz. 94.
FARBEINÜRUCK, m. tmpressio, impulsio coloris: die einzi'Incn
farbeiiidrucke können nicht verwechselt werden. Güthe 52,310.
FÄRBEKESSEL, m. aJienum infedivum: die buchboiidiung
gleiclit eitlem färbckessel. Nicolai bei Merk 1, 53.
FÄRREKRAUT, n. s. fäiheröthe.
FÄRBEKl FE, f cupa infecUia.
FÄRBEKUNST, f ars tingendi. inficiendi: anleilungcu zur
fürbekunsl. Güthe 52, 2!t:i. 54, 250.
FARBEL, n. ein kartenblatl. Frojimaiiim 6,225. i. färb« fl.
FARItEi>, n. /i;i«M color, vorwand, anschnn, bcsehünitjung :
nicht dasz sie vermeinen es sei jobcuswerlb, suudera dut
1325
FÄRBELÄPPCHEN— FÄRBEN
FARBENARBEITER — FARBENGEBUNG 1 326
sie ihnen das placebo singen , färbel streichen und der
Sachen durch gunst des herrn in dem seckel und ihrer kiiehen
zu genieszen. Moscherosch de exerc. acc. p. S3. s. fiirblein.
FÄRBELÄPPCHEN, n. panniculus fuco illUus, schminkläppdien.
FAHBELAl'ß, n. galium tinctotium.
FÄRBELEHUE, f. arüeüung zur färbekunsl. Göthk 52, 295.
verschieden von farbenlehre.
FARBELN, FÄRBELN, eine arl karte zu spielen, bei vdcher
nur zusammensehende färben gellen und kein trumpf gemacht
vird. Schneller 1,559; Fbojimann 5,225;
sunstD hobns gfärbelt, boszt,
öizet spielens dausetnei.
Marx ged. in Nümb. mundart 57.
FARBEN, eolore splendere, dislingui, färbe haben, kein ahd.
farawen, mhd. tarwen aufzuzeigen.
ein grüner mann, ein rothes weih, die färben wol zusammen,
sie sind geschickt im wasserbaw zu ziehen wol die rammen.
LoGAc 3, 151, M;
von ochsen sagt Czepko tn Coridon utid Phyllis, sie sollten so
zusammen färben {gleiche färbe an sich tragen) , dasz man
schwüre, sie seien brüder.
ich wandle durch ein duftend, färbend raeer.
TiBCK Slernbald i, 354.
FÄRBEN, FERBEN, eolore tingere, in/icere, ahd. farawan,
praet. farawita und farota, mhd. verwen, verwete und üblicher
varte. Graff stellt 3, 704 farota, fareta richtig unter farwan,
während er 4, 246 in ganz gleichem fall für garota änen inf
garon setzl, der sich so venig als farön findet, o in farota,
garota ist kein ö, sondern aufgelöstes w, tcie in den adj. faro,
garo. nhd. weder farte noch garte, nur färbte, gerbte, häufig
wird färben von bestimmenden adjecliven geleitet, oder die prae-
positionen mit, in folgen.
1) haut, gesiebt, haar färben: die sonne hat ihn brann,
schwarz gefärbt; das alter färbt seine haare weisz; darumb
wird dein fusz in der feinde biut geferbet werden und deine
hunde werdens lecken, ps. 68, 24; schon der sechzehnte früh-
ling hatte Wiihelminens wangen mit einer höheren röthe ge-
maijlt, ihre äugen funkelnder gemacht und ihr haar schwärzer
gefärbt. Thühmel Wtlh. 29;
der stolzen frau
färb braun und blau
den kämm, der adlich ihr schwillst. Höltt;
dein blut, das ich gemahnt, hat sich empört
und hat die wangen dir mit schäm gefärbt.
UuLAMDS Ernst 103.
färben, fucare, schminken.
2) zeug färben: garn, tuch roth, b!au, schwarz färben;
man kan das beizwerk alles verben
und düi es uf das schlecLiest gerben. Biun 102,69.
3) die sonne färbt das laub grün ; das saatgrün des künf-
tigen frühlings und die rothe blätlerglut des laubholzes färbten
die bleiche nacht lebendiger. J. P. Fibel 70 ; die krankheiten
färbten mit ihren schatten sein leben etwas grau. 28; ach
wir wurden alle einmal von der morgenröthe des lebens ge-
färbt. TU. 1, 127 ; nimt und schnitzet das holz und ferbets
mit roter und weiszer färb, weish. Sal. 13, 14.
4) da jedes färben die vorige färbe des gegenstands ändert, so
fdgt, dasz färben immer auch ein entfärben i^, gerade wie
färbe wenden beides das aufsteigen oder weichen der röthe aus-
driiekl. richtig lieiszt es darum altd. wütd. t, 148 die kornbln-
men sind blau und färben weisz = entfärben sich weisz, er-
bleichen in der sonne.
5) refl. die traube färbt sich, sie reift, bekommt ihre natür-
liche färbe; der hart färbt sich, wird braun; der hirsch färbet
sich, trenn er im frfihling die haare verliert und andere bekommt,
man darf weidmännisch nicht sagen, dasz er sich häre, Dübel
1, is' ; das garn färbt sich schön ;
wie färbet sich so gelb der wald! Göktsgk 3,130;
zweimal färbt sich das haar, zuerst aus dem blonden ins
braune. Göthk I, . . .
6) färben, fälschen, leusehen, beschönigen, schmücken, trugen,
entstellen: nit anders dann verdeckte, geferble wort, liegeo
und belriegen. Albr. vu5 Eybe 41";
man findt gar manchen narren ouch,
der fcrbet usz der gschrift den gouch. BiAirr 57, 2;
das kan man verbeu und verklüegen,
damit mau mug dest busz betriegeu. 101,15;
welches wehret wol eine Zeitlang, lesset sich ferben nnd
schmücken, aber wenn das stündiin kumet, so feilet doch
solch geplerr alles dahin. Luther 6, 53"; ein bauwer, solchen
des mönchs geferbten verheiszungen zu viel vertrauwende.
KiRCUHOF wendunm. 437*;
es folget das gericht zuletzt,
da sich nichts lasset färben. Otbo 30;
ein bessernder verweis sollt immer dank erwerben,
mit unverdientem rühm mag uns ein Schmeichler färben.
Uageoor?! 1,56;
alles wird verschoben und gefärbt. Hippel 11,137.
7) gefärbt, ungefärbt: alles durch eine gefärbte brille an-
sehen; ach du armes bette, so wirst du nicht mehr von
meiner ungefärbten liebe zeugen können? Weise A7. /eu/e 17;
ihre lügend war ungekünstelt, ungefärbt und ohne hinter-
listige absiebten. Wielasd 7, 285; gefärbte worte, falsche,
triegerische. Pontus IS.
FARBENARBEITER, m. in einem blaufarbenwerke.
FARBENASCHE, f das heiter geordnete zimmer ohne
töchter trug überall die farbenasche weiblicher schmetter-
lingsflügel, bunte arbeiten und arbeitszeug schöner Gnger.
J. P. fiegdj. 2, 26.
FAKBEN.ALFTRAG, m. über leinwandsgrundlerung, ersten
farbenauftrag. Götbe 38, 227.
FARBENBAND, n. farbiges band.
FARBENBENEN'NUNGEN, nomina eolorum. Göthe53, 124. 125.
FARBENBLATT, n. farbiges blalt: tulpen, deren farben-
blätter ein einziger grif des Schicksals zu einem schmutzigen
leben ausdrückt. J. P. Hesp. 3, 128.
FARBENBILD, n. durch brechung der lichlstrahlen.
FARBENBLÄSSE, /". decoloratio. Stieler 186.
FARBENBLINDHEIT, f. colourblindness, Unvermögen gewisse
färben zu erkennen, z. b. blau und grün, roth und grün zu
unterscheiden.
FARBENBLITZ, m.
geschmeide,
worin der feurig glühende rubin
mit dem smaragd die farbenblitze kreuze. ScaaL» 496\
F.\RBENBLUME, f. nelke, die nur zwei färben hat, dianthus.
FARBENBOGE, m. arcus caelestis, der farbenspielende regen-
boge, iris: Johannes ersah aus dem farbenbogen, den der
wasserstaub des Springbrunnens auf die haustreppe strahlte,
dasz es schon über mittag hinaus sei. Arsim 19,305;
die göttin Iris stand in lichter zier
und lächelte herab vom farbenbogen. Mckert ges. ged. 2, 323.
FARBENBRECHUNG, f. fractio eolorum.
F.ARBENBREI, m. so unentbehrlich landschaften, z. b.
italienischen local oder ortsfarben sind, so werden sie doch
häufig von dichtem nur mit dem allgemeinen farbenbrei des
himmels und der erde angestrichen. J. P. aeäh. 2, 173.
FARBE.NBRET, n. ein steifes wort für palette, tavolezza der
maider.
FARBENBRÜHE, f. liquamen infectorium.
F.\RBENBÜCHSE, f Capsula pigmentaria.
FARBENDLFT, ni.
FARBENERDE, f. färbesJof enthaltende erde.
FARBENERSCHEINUNG, f Götbe 31,138; die blaue far-
benerschcinung 32, 124 ; sehr starke farbenerscheinung 52, 275.
54, 202.
FARBENFEUER, n.
lieblich, wie der Iris farbenfeuer
auf der donnerwolke duftgem thau,
schimmert durch der wehmuth düstera scbleier
hier der ruhe heitres blau. Scuillek 73".'
im palaste brennend farbenfeuer
machte himmlisch irdisches gemäuer.
RcoLEBT ges. ged. 1, 317.
FARBENFLOCKE, f. farbige flocke : mit betäubten Sehnerven
nnd vorausschwimmenden farbenflocken (er hatte in Sonnen-
aufgang geschaut) gieng er langsam in den wald wie in einen
dunkeln dom. j. P. Hesp. 1, 165.
FARBENFLÜSSIGREIT, f flüssig gemachte färbe.
FARBENFRISCHE, f. er {Byron im Coin) schildert uns
eine verdorbene natur, wie Milton dagegen sie in ihrer schön-
heil und ursprünglichen reinheit mit hinreiszender farben-
frische zu mahlen wüste. Göthe 46,223.
F.\RBENGEBUNG, f. ratio eolorum, coloril, künstlerische be-
handlung der färben: man mag daraus noch so deutlich
schlicszen, dasz er {Ariosl) den gebrauch des wirklichen goldes
in der farbeugcbung gemisbilligt. Lessing 6,495; indem wir
nunmehr zur farbengcbung übergehen. Götde 52, 343 ; wurde
ich auf den wichtigen thoil der mahlerkunst, auf die farben-
gebung aufmerksam gemacht. 58,256; weich eine färben-
1 327 FARBENGEMISCH — FARBENRAND
gebung und Zeichnung, sagt ich, als ich in das gcfusz hinein
scliaute. J. P. AV/>oHii(AA. 125.
FARBENGEMISCH, n.
Schöpfer, zwar li;ib ich gesQuiiigt,
war seiner bliimeiiBerficho,
seiner fröhlichen farbengeniischc,
seiner winde säuseln nicht werth. Scuibart ged. 1,41.
FARBENGLANZ, m.
mir aber war ein andres beschecrt :
lieblichste blumengchange,
farbenglanz und iil>rri;ange,
wie natur den künstler belehrt. Göthe 4,113.
F.\RBENGLAS, n. in den blaufarbenkcrkcn Iwiszt der farben-
koball dumm, trenn das farbcnglas schwarz oder Inaun davon
ausfällt.
FARRENGLIIT. f. glühender färben pracht.
FARBENHANPLER", «I. yiiimenlarius.
FARBENHAl'T, f iris.
FABBENHELL, ]vlliiridi(s:
ein farbeiihclles leben. UiiLAno.
FABRENHERSCHAhT, f.
und wenn ich eines mahlers band
und farbcnherschaft hätte. Rückert ges. ged. 2,229.
FARBENHÜTTE, /". im bcrgwerk.
FARBENKÄSTCHEN, «. Iheca pigmentaria.
FARBKNKASTE, m. dasselbe.
FARBENKLEID, n. farbiges kleid, habil de coideur, im gegen-
satz zum schwarzen : diese post war kaum eingelaufen, als
in meinen gedanken schon alles richlig war, bcdaurete also
nichts, als dasz ich mir nur vor wenig wochen ein spannagcl-
neues farbenkieid angeschaft halte, jedoch mein bester trost
war, dasz es könnte schwarz gefärbet werden. Felsenb. 2, 440.
FARBENKLECKS, «i. fruslum, macula cotoris.
FARBENKLECKSEB, m. labulam maculans coloribus, schlechter
nialiler. bei Stieler 973 farbenklecker.
FABBENKOBALT, m. blauer kobalt.
FABBENKORN, n. granum coloiis, von J. P. oft angewandt,
z. b. da beschien der mond einen regenbogcn aus blassen
farbenkorncrn. Hesp. 4,55; wiesen und hügel nur in kleine
farbenkörner und gefärbte schatten eingekrochen zu sehen.
TU. 1, S5. im mitlelalter war granum, altfr. graine, mhd. gran
der scharlachrothe färbeslof (mhd. wb. 1, 565' und Reinh. fuchs txv).
FARBENKHEIS, m. Götue 52,284.
FABBENKIGEL, f. Rungens farbenkugel. Göthe 32,42.
FARBENKINDIG.
FARBENKl'NST, f das musz man beisammen sehen, mit
welchem geschmack und geschick der geübteste pinsel, allen
forderungen der mahler und farbenkunsl gcnuglhuend, dieses
bildchen ausgefertigt hat. Gütue 44, 221.
FABBENLEHRE, f. lehre von den färben.
FARBENLEITER, f scala colorum.
FARBENLICHT, n. pelluciditas colorum:
die mablerei, vom reichsten farbenlichte,
strahlt durch den ganzen garten gold umher.
Gries Hitjitrdu 1,0,53.
FARBENLOSIGKEIT, f., üblicher ist farhiosigkcit. habe ich
zu zeigen gesucht, dasz eine gewisse gründlichkeit in der
behandlung der einzelnen Ihatsachen nicht unbedingt farben-
losigkcit in der darstellung erheischt. HiMBOi.DT^o.'im. i,i\.
FARBENLUSTIG : der färben und lebenslustigen nieder-
ländischen schule entsprossen. Göthe 31, 117.
FARBENMATEBIAL, n. pigmenlum.
FABIihNMKISTEB. m. der rorgesetzle ton farbenarbcitem.
FABBENMISCHLNG, f. letnperalura.
FABBENMITTEL, n. ein richtiges Verhältnis der gcsainmten
farbenmitlel. Götue.
FABBKNMiXE, f mola jiigmeularia.
FARBENMi;SCHEL, /! concha pigmentaria.
FABBENMl.STER, n. muster zu färben.
KABBENNIEBE, f. caeruleum berolinensc naturale, Berlinerblau.
FARBENPRACHT, f. tpUndor colorum. BnocKKs 4,201.5,!»;
«pende zu den feites rühme
deine ganze farbenprachl. llÜNum.
FARBENPLNCT, m. leuchtender puncl: das Schicksal kettet
unsere kleinen herzen und unsere na.sscn äugen als bloKzc
farbenpuncte in die groszen (iguren des vorhangH. J. P. biogr.
bei. 1,22; scbniinpfen den an» grosze gewöhtilen leiser solche
brbenpuncle zu »ehr ein u. $. k. aesüt. 2,'iH.
f ARUbNHAND, m. farbiyer rand.
FARBENREIBER — FARBENSTRICII 2328
FABBENREIBEB, m. Irilor colorum: deutsche kunstwerkc
können zu farbeubütten und unsere dichter zu farbcnreibern
von Franzosen vernutzt werden für ihre mahlerschule. J. P.
bitcherschau 1, 50.
FARBENREICH, coloralus, coloribus distinctus, muUicolor:
mit farbenreicher kunst. Wkckiierlin 590;
so form als farbenreich. (tnocKEs 1,310;
blitz und farbenreich. 2,285;
wie die farbenreichen flaggen wallen.
KosKCARTEN pocslon 2, 159.
FARBE.NBEICH, n. reguum colorum:
hell und dunkel, licht und schatten,
weisz man klüglich sie zu gatien,
ist das furbonrcich besiegt. Gotus . . .
FARBEN BEIZ, m. die geliebte galtin bekommt, wenn auch
manche körperreize erlöschen, in die stehende form des ge-
siebtes etwas durch zusammenleben vielleicht unwidersteh-
licheres, als alle (liichtigen farbenreize waren. J. l*. pnjiierdr. l,fi'».
FARRENSAL'.M, «i. was farbenrand: indessen hatte ich,
chromatischer prüfungen eingedenk, das wunderei vor die
äugen genommen, um die horizontalen fensterstälie dadurch
zu betrachten, fand aber die farbensäume nicht breiter, als
ein bcrgkrystall sie auch gegeben hätte. Göthe 31,234; da
wir mit nacktem äuge nirgends farbensäume erblicken. 14,201 ;
du bist das erste, letzte, äuszro, innre, ganze,
es siralt dein liclit in allen farbensäunien iines.
KÜCKERT ges. ged. 2.412.
FARBENSCHAUM, «i.
da tenscht kein "ahn, berauscht kein sinnentraura
mit liofnun),'sbil<lt'rn aus dem feenreich,
an leer und unbestand dem farbenschaum
der iibcrsonnien katarakte gleich. Matthisson 225.
FARBENSCHLEPPE, f. farbige schleppe: herauf Oogcn un-
behülflich drei pfauen mit ihren niederhüngendcn farben-
schleppen. J. P. biogr. bei. 1, 25.
FARBENSCHMELZ, «i. farbenglanz.
FABBENSCH.MUCK, m. die blumen kleiden sich in schönsten
faibenschmuck.
FABBENSCHWEB, farbenreich: wie ein pfau mit seinem
schleppenden regenbogen in einen blütenbaum hineinfliegt,
so hob sich der junge tag farbenschwer und mit gärten be-
laden und voll Widerscheine auf die blauen höhen und lachte
kindlich in die well hinein. J. P. Tit. 4, 145.
FABBE.NSEHEN, n. visus coloralus, chromopsia, ein krank-
hafter zudand der äugen, wenn sie alles farbig sehen.
FAB BENSEITE, f. die bemahlle seile. J. P." Tit. 2, 76.
FABBENSIN.N, m. der sinn die färben wahrzunehmen.
KABBENSPALTEB, m. hat man prisma, noXaua rerdeutsclit.
FARBENSPATEL, m. ein gerälh zum zusammenstreichen der
geriebenen färbe.
FARBENSPIEL, «. colorum vatietas, der in einander ftiesrende
schein der färben. Stieler 2087. Brockes 7, 129 ;
sie entwickelte dem trüben
ein erklingend farbenspiel. Göthe 3,84;
man wird ein libcreiiistimmendes, aber ein venvorrencs tiiid
zum theil undeutliches farbenspiel bemerken, . . ein verän-
dertes farbenspiel entstehen sehen. 58, 2C6. 267; die ewig
wechselnden farbensi)iele der genien der Völker. J. P. aeslh.
1,100;
das roth, womit wir unsre wangen schmücken,
zerstört das liulde farbenspiel,
durch welches wir zum erstenmal entzücken. BGrger 107*.
FABBENSPIELUNG, f. man betrachte den reinen blauen
hiinmel durch das prisma, man wird denselben blau sehen
und nicht die mindeste farbenspieluiig wahrnehmen, ebenso
betrachte man reine einfarbige oder schwarze und weisze
llächen, und mau wird sie, wenn das prisma rein ist, kaum
ein wenig dunkler als mit bloszen äugen sehen, übrigens aber
gleichfalls keine farbenspielung bemerken. Göthk 58, 2(>G. 267.
FARBENSTEIN, m. ^rbiyer, bunter stein: die farbensicinc
der grotte. J. P. 7(7. 1, 31.
FABBEN.STIFr, tn. bei der jmstelhnalderet. Thümiikl 5,338.
FAHBENSTIMMlNt;, f colorum lemiteramenlum : wie sich
für jeden gegenständ mit Sicherheit eine andre farbenstim-
iiuing wählen läszt. Göthk 52, 3Js.
KAIiltllNSTOK. m. maleria roloran.'f.
KMdlKNSTRAIIL, m. radius Colons.
KARBKNSTBK'H, m. Itneamentum coturum: bei jedem neurn
farbcnstricb, den er dcmgemähldczuseltip, machte irh immer
grtiszere äugen. TuUMMkL ^,369.
1329 FARBEiXSTRIEMIG — FÄRBEREI
FÄRBEREICHE — FARBICHT
1330
FARBENSTRIEMIG, rarie virgatus, buntgestrdfl : Krähwinkel,
ein iandstädtchen in Fiachsenfingen, woraus drei farbenstrie-
mige holzelienbogen (Wegweiser) jeden in drei weltgegenden
versenden. J. P. heiml. klagl. 1.
FARBENSTUFE, f. gradus, successio colorum.
FARBENTAFEL, f. labella pigmentaria.
FARBENTEPPICH, m. tapetum versicolor, arcus caekslis:
wie im hellen sonnenblicke
sich ein farbenteppich webt,
wie auf ihrer bunten brücke
Iris durch den himmel schwebt. Schiller 50*.
FARBENTHOR, n. porta discolor, buntes thor: der leichte
schwebende regenbogen schien ihm ein ofnes farbenthor für
ein unbekanntes land. J. P. flegelj. 2,24; die farbenthore der
zeit und der ewigkeit standen gegeneinander aufgethan. fiM234.
FARBENTON, m. apta colorum temperatio: der rechte far-
benton;
am ersten tag der fünften woche schon
begann, ich weisz nicht welch ein matter farbenton
dem glück der liebe was Ton seinem glänz zu stehlen.
WlELASD 18, 1'2 ;
ein jedes werk in jedem dichterfach
bat seinen eignen farbenton und stil.
Huraiens episl. übers, ton Wikland 2,216;
daher sind diese gemählde von vorzüglich blühendem farben-
ton, heiter, aber zugleich kräftig und gesättigt. Göthe 22,139;
der gedämpfte farbenton des originalbildes war durchaus rein
und gut nachgeahmt. 31, 16S.
FARBENTOPF, tn. testa pigmentaria: ihr habt zu dem ge-
mählde einen guten farbenlopf gewählt. Göthe . . .
FARBENTOSEN, n. colorum tumuUus.
alle frühlingsrosen
werden dir ein kränz,
buntes farbentosen
schmilzt in deinen glänz. Rcckert ges. ged. 1,311.
FARBENTROPFE, m. gutta coloris.
FARBENTRUG, m. fallacia colorum:
je mehr nun Faust des bildes farbentrug
lu wunderbarem leben siebt erwarmen. Lenaü Faust 107.
FARBENTUCH, n. farbißes, buntes luck.
FARBENUNTERSCHIED, m. discrimen colorum: nur auf
diesen farbenunterschied vom Europäer weisz ich des negcrs
leibeigenschaft zu gründen. J. P. papierdr. l, 2".
FARBENVATER, m. Brockes 1,119 = 2,410.
FARBENVOLL, wie farbenreich.
FARBENWECHSEL, m.
FARBENWELT, /". die farbenwelt der ideale. J. P. hcrbstbi
3, 1 ; in die farbenweit von der chemischen seile hereintreten.
Göthe 54, 319.
FARBENWERK, n. et» blaufarbenwerk.
FARBENWIRKUNG, f.
FARBENWOLLE, f. lana versicolor, bunte, gefärbte wolle.
FARBENZAUBER, m. farbenreiz : sein fleisch hat allen far-
benzauber. Ardinghello 2, 217.
FARBENZERSTREUUNG, f. Zerlegung der farbigen lichUtrahlen.
FARBENZIEL, n. daher setze doch ein autor . . . seine
voreilenden, erwärmten leser voraus, um welche schon sein
abendroth schwebt und sein farbenziel. J. P. aesth. 2, 142.
FARBENZIER, f. farbenschmuck: die geistige plastik konnte
so die farbenzier verschmähen. 1, 96.
FÄRBEOFEN, n. zur farbebereitung.
FÄRBEPFLA.NZE, f. herba linctoria: millionenmal wurde
mir diese perennierende färbepflanze von den dichtem und
weibern schon geschenkt. J. P. aesth. 2, 51.
FÄRBER, m. tinctor, poln. faibierz, falbierz, ahd. farawo
(Hattemer 1,262'), mhd. verwaere:
noch ist der venviere mer. Trist. 119,11. vgl. färbhaus,
färber heiszt auch eine abart der wetnrebe mit sauren blulrolhen
beeren, deren man sich zum färben der tceine bedient, vgl. blau-
färber, rothrärber, schwarzfärber, Schönfärber, ein colorist
unter den heuligen mahlern würde sich qper für den namen färber
bedanken.
FÄRBERBAUM, m. rhus coriaria, gelbholz. Stieler 115.
FÄRBEHBEERE, f. rhamnus catharticus, bene des kreuzdoms.
FÄRBERBLU.ME, f. genista tmctoria, gilbblume.
FARBERDE, f. zum färben geeignete erde, bergfarbe
FÄRBERDISTEL, f serratula linctoria.
FÄRBEREI, /■. poln. farbiernia. 1) ars inßciendi, kunst zu
ßrben: er verstehet sich nicht auf die färberei. Stikler 434.
*. Schönfärberei.
2) ofßeina infectoris, $. färbe 10.
lU.
FÄRBEREICHE, /". mit deren rinde gefärbt wird, querctu in-
fectoria.
FÄiiBERFARBE, f, deren sieh färber bedienen.
FÄRBERFLECHTE, f. liehen tartareus.
FÄRBERGEISZRAUTE. f. galega linctoria.
FÄRBERGESELLE, m. tindoris famulus.
FÄRBERGINSTER, m. genista linctoria.
FÄRBERGRAS, n. reseda luteola, der wau, waude.
FÄRBERIN, /". tinclrix, mhd. verwaerinne :
Minne diu verwaerinne. Trist. 299,34.
pfi, ir verwerin und ir gilwerin, wie gerne ir zuo dem himel-
riche möbtel komen I Berthold 249.
FÄRBERJUNGE, m. färberlehrling.
FÄRBERKNECHT, m. famulus tincloris.
FÄRBERKORN, n. rhamnus catharticus.
FÄRBERKRAUT, n. genista linctoria, serratula linctoria «. a. m.
FÄRBERMAULBEERBAUM, m. morus linctoria.
FÄRBERMILBE, f acams tinclorius.
FÄRBEROCHSENZUNGE, f. anchusa.
FÄRBERPFERD, n., das bei fdrbern die rolle dreht: etwa
ein gang in den buchladen? oder zum buchbinder? oder zum
bucbdrucker? zu diesen drein, gott sei dank, weisz ich mich,
wie das färberpferd um die rolle. Lessing 1, 214.
FÄRBERPFRIEME, f. kleiner ginster, genistella.
FÄRBERRÖTHE. f rubia tinctorum, krapp.
FÄRBERSCHARTE, f. serratula tinctorum. scharte aus
serratula.
FÄRBERWALDMEISTER, m. asperula linctoria.
FÄRBERWAU, m. reseda luteola.
FÄRBER WURZEL, f krapp.
FARBESCHATTUNG, f. umbrae, Schattierung, nuance: auch
dieses Verhältnis {der proxenie) hatte vielfache farbeschat-
tungen. Niebuhr 2, 59.
FARRESTOF, m. in feuchtigkeiten aufgelöste reine farbe-
stoffe, so wie farbige gläser, zeigen, wenn ein dunkler grund
hinter ihnen liegt, keine faibe. Göthe 54, 251.
FÄRBEWESEN, n. männer, welche den umfang des prac-
lischen färbewesens wol eingesehen. Göthe 52, 295.
FÄRBEZEIT, /■. weidmännisch, die zeit in welcher das wild
die färbe ändert: die zeit, da sich das wildpret haaret, und
geschieht solches erstlich im frühjahr zwischen ostern und
pfingsten, da das wildpret färbet oder verfärbet, sein langes
winterhaar verlieret und sein kurzes rothes, braunes oder
gilbiges sommerhaar auf oder anlegt, nochmals färbt es sich
auch im herbst gegen Egidii, da es dieses haar nach und
nach verlieret und sich das lange, grobe, graue, mit dunkel-
braun gemischte winterhaar anleget. Heppe leiihund 2S8.
FARBFASZ, n. worin die gerber das pfundleder abfärben.
Frisch 1,249".
FARBGEFÜLLT, colore repläus: es läszt sich aber dies
farbgefüllte gefäsz auch von dem thiere {der Schnecke) ab-
sondern. Göthe 52, 259.
FARBGRUND, m. prtmorum colortim inductio : Tizian und
seine nachfolger mahlten wol auch auf gemodelten damast,
leinen und ungebleicht, wie er vom weber kommt, ohne
farbgnind. Göthe 3S. 228.
FÄRBHAUS, n. färberei:
weil ich aber verstehe wol,
dasz solches solt verschwiegen bleiben
und kein gelerter wils beschreiben,
sondern solte unter der bank
vergessen werden one dank,
ei das wöll sich je nicht gebühren,
ich rausz eh mein ferbstecken rühren,
damit im ferbhaus herumb gehn,
vor alle kessel, wo die stehn,
und sehen was wol ist darinnen,
ob ich was könl heraus gewinnen,
das mir zum handel dienstlich wer,
ich werd mich sonst bemühen sehr,
eh mir dieses und Jens feit ein,
ein ferber kein poet kan sein.
armbrusischieszen zu Dresden 1610 (furch Wotr
Fkrbern von Ztcickaw. B3*.
FARBICHT, schlechter farbigt, coloratus, bunt:
farbicbte blumengebüsche. E. vo:i Kleist 2,43;
die grösze zu verachten,
die farbicht schwillt und platzt. Uz 2,287;
das reich der farbigtcn blumen,
wenn es der frühling bcherscht. Zachariä 2,420;
das gold der farbichten aucn bat sich in bleiches Silber ver-
loren. Wielaho 33,312.
84
1331
FARBIEREiN — FARDEL
FARFELN— FARM
1332
FARBIEREN, cotorarc, färben:
80 musz sich der rubln der wol farbierien wangen
in blassen schnee verstello. Hallkanns Thcotlurich p.4.
FARBIG, rersicolor, stall des einfachen färb, nihd. var, alid.
faro. in einer menge von zusanimensclzungen aschfarbig, blut-
farbig, einfarbig u.s.w., denen ofl umlaul gegeben wird : asch-
farbig, einfarbig, zuweilen isl farbig rotli, wie färbe röthe,
farbige wange, roihe;
doch iiiiierscheidest und merkest genau,
dieser ist roth und ein andrer ist blau,
einer, der klarste, von färben so rein,
farbig erblilzet der edelste stein. Göihk 4,141;
farbige gläser. 54, 251; die herlicbe erscheinung farbiger
schalten.
FARBKRANKHEIT, f. wie farbsucht : aber es miJchten etliche
sagen, dasz die farbkrankheitea kernen aus den körpern.
Paracelsüs 1, 521*.
FARBLAUB, n. rhus cotinus.
FÄRBLEIN, n. tenuis color: die in das büchslin bloscn,
das sie ein fcrhiin empfahen (2, 470) ; das kelierlich eingc-
weid (der wein) ist mein freud, mein dcckbett, mein woifs-
belz, mein nasenkap, mein handsocken und mein fuszschuh,
der sterkt das herz basz, als neunfach korallen und agstein-
körner, der streicht ein farblin an. Garg. 97*;
beköranit er lust zum weibe,
des nachbars tochier wil, ein mensch das schön am leibe,
und gut vom herzen ist; dir, dasz er sie mehr liebt,
dem sonst nicht blassen mund ein liechtres ßrblein giebt.
Flehinc 72,
in welcher stelle das 'dir' dui^cl ist, doch das gedieht wechselt mit
absicfU die persönlichen pronomina; etliche (tanzen) damit sie
ein rotbes farblein erhalten und der geliebten person desto
besser gefallen. Simpl. 3, il. figürlich, beschönigen, bemänteln:
streich unserer Sachen, wo sie bös ist, ein färblein an. Ayrer
proc. 2,11; lauter spitzbuben, welche ihre verübte buben-
stücklein, ja ihr ganzes thun und lassen so meisterlich wissen
zu bemänticn, ein färblein anzustreichen, fr. Sinipl. 2,145;
ja sie wüsten dem fiirsten die sache mit einem solchen an-
genehmen färblin vorzutragen. Jucundissimus 187; das geld
streicht allen leulen ein farblin an. Schm. 1,559;
die stilisierte schminke weisz
ein färblein anzustreichen.
Callembach puer cenlum ann. 4.
*. färbel.
FARBLOS decolor, ax^ovs, ahd. äfaro (Graff 3, 700), mhd.
variös :
»in eilen gesweich,
er wart varlös und pleich. Rot. 225, 24 ;
nhd. das farblose wasser. Klinger 6, 144 ;
die blume ist hinweg aus meinem leben
und kalt und farblos seh ichs vor mir liegen. Schiller 399».
FARBLOSIGKEIT, f. Güthe 54, 249.
FÄRBSTECKE, m. baculus tinclorius. s. färbhaus.
FARBSTEIN, m., auf dem die buchdrucker ilire schwärze bereiten.
FÄRRSl'CHT, /". iclerus, gclbsucht: der nainen der farb-
suchten sind viel, der sagt gelbsucht, der die schwarz gclb-
sucht. Paracelsds 1, 524*.
FÄRBUNG, f. linctura, coloratio : die färbung des garns;
das gemühlde ist schon an Zeichnung und fiirbung; so beur-
theill jeder die bandlungcn etwas unrichtig nach dein be-
sondern gesichtspuncte, in den er gestellt ist oder nach der
färbung seines auges. Garve zu Cic. de off. 1, 108.
FARBVERWANDLER, m. versicolor, i.e. qui colores mutat.
coe. 14S2 h5'.
FARBWECIISELND, colores mutans: das chamaeleon oder
farbwechselnde tierlein. BuTscnKi Palm. 449.
FARCH, n. porcus, porcellus, ein uraltes, weitverbreitetes wort,
aluL farh, farah, pl. farliir, fcrihir, fcrhir, mhd. v.irch ;-/.
verher, nhd. farch, fark, fack. Schm. 1, 562, Ogs. fearh, nnl.
varkcn, lÜ. parszas, russ. porosji, poln. prosii;, böhm. prase.
für farch erscheint auch barch (1, 1125) wie neben falz, flach,
felche balz, blacb, belebe, fpi. ferkel, fackl.
FARCIILEIN, n. scrofula oder morlein. voc. 1482 h 5*. «. fiirlein.
FARCn.MUTTER, f. terofa: ich musz kommen und farchmutter
auf der kanzel die borsten krauen. LcTnERS br. 4,ß35. schlecht
ffeschrifhrn nihrmullcr, fSrmutter. in Sachsen fahrsaue, fiilire.
FARliKL, n. onus, bürde, last, tadung, bündel, balle, pack,
nach dem ü. fardello, »p. fardillo, fr. fardeau : flelcnt darnach
alle ungedtiiincnklirh über die wegen (uagen) und fardcl, die
ufhouwendc, und ludcnt mich und das pfert mit dem cost-
licbosten, so in dca faxdcin gewesen was. Nie. vo« Wiu
263, 10. 11; ilem lxx.\n gülden umb 1 fardcl baichans, dienern,
laufenden gesellen und andern davon zu clciden und die
uberigen noch vorhanden sin. ilem vii heller von dem fardel
zu füren. Frankfurter rechcnbuch von 1429. in Rli.anüs hand-
lungsbuch s. 1 'vier gülden für die fardel zu bescblahen" (die
ballen einzupacken); s. 33 'ein trüben fardcl', 'ein werung fardel'
vgl. ScHMiD Schwab, wb. 179. farlel, fascis, ein fartel tuchs,
barchen, fascis fustanicae. Heniscr 1008. bair. tirol. öslr. fartl'
farlel, farllcin, last, biindcl heu, slroh, holz. Scum. 1, 5C6. Höfer'
1,198. FnoMMAKN 5,225. 226. DiEZ 139 leUel das sp. fardo auf
ein arabisches wort.
FARFELN, pl. geriebner leig, gequirlte der, mhd. varvelcn,
pulles. sumcrlaten i9,n;
ein schünel tief unde breit
vol varveln truoc si dar.
si nam des vil tougcn war,
dicke sniten siiej er drin,
'also liep ich dir bin,
vrowe, die varveln sint guot'. Helbl. 1, 1032. 1036.
ScHM. 1,5C1 die farfelsuppcn, suppc in welche das stark zer-
quirlte weisze von eiern getrduft worden; tirolisch fiirfl, forll,
pfurfln; pfurflsupp, suppe mit kleinen geriebnen teigmassen. From-
mann 4, 331. wahrs(^einlich hängt das böhm. farfule f. quadratae
partes argenli damit zusammen.
FÄRGE, m. remex, nauclerus, ruderkncchl, ahd. fario, ferio,
ferigo (Guaff 3,588), mhd. ver, vcrgc, verige (wb. 3,251'),
nitd. ferre, ferg, ferich. Diefenuach 491'. fcrg. Schm. 1,561;
rollcr, zoller, schergcn, fcrgen. de gen. ebrios. 151. 18.
FÄRGER, m. dasselbe, fchlerhaß farcher: die Ursache alles
dieses Schreckens war blosz die trunkenhcit der färcher,
diese waren besoffen, so dasz sie nicht allein stehen, ge-
schweige die Höh (naue, navem) regieren konnten. Stillisc
4, 196. t'^;. ferger.
FÄRGGELD, n. was fdhrgeld sp. 1259. bei Stieler 681 ferich-
geld.
FARGHANS, m. für farchhans: mutuis sese compotatio-
nibus conficinnt, ut se ipsos nonnunquam sues appellitent,
sewclaus, schweinkunz, varghans, Pclerfcrkel. de generibus
ebriosor. I2i, 30 ; was, ich nem ein kult und versüffein kloster,
hiha farghans! mir zu als einer ku! Garg. 96*. gebildet wie
fasi'lhans, junghans, karsthans u. s. w.
FARKLEIN, n. porcellus, feikel. unter den spielen verzeichnet
FiscHART n'l84 'farklin, gang du vor!'; farklein, spanHlrklein
saugen die euter der saumutter. Cotnenius sprachenthür von
Docemius 185. s. das folgende und ferkel.
FÄRLEIN, n. dasselbe: wan er hat ein verlin, das mag er
an ein seile nemen und an der bände fucrcn. ifri.<!/A. 1,428;
ein keller sol haben zwo moren (scrofas) und von den ferlin,
die do von in koment, sol er eins spisen u. s. w. l, 709 ;
und ist wol zu vermuten, das sie kein allar on schöne bildlin
von unser 1. flauen, on das schön götzlin s. Chrisloffcl oder
von s. Anthonii färlein oder eins anderen heiligen bild be-
stellt und aufgericht haben, biencnk. 140*; wie ein häufen
fürlin von einer fruchtbaren morin, also sind alle pfaffcn und
münch von ir (der päpstin Johanna) (.chorcn. 210'; sie wüsten
nit zu sagen, wo das fürlin am besten wer und das man
sein rot leder für das best kalbsfeil solle essen. 22'j*; acht-
zehen fürlin zu einer los (scrofa). Seiuz 132; porcellus Iro-
janus, ein gebraten fhrlein mit vögeln gcfüllet (wie das höl-
zerne pferd mit kriegern). Golii onomast. 344.
FARM, wi. eymba, celox, Diefenkach 119*, fariri, navis ampla
et haut profunda, vorab, incip. teut. ante tat., ahd. farm, cclor,
genus navis (Graff 3, 574) nach Schm. 1, 503 die fähre über
den ßusz: das sein chlosicr von alter her den varm an dem
urfar ze Metcm inne gehabt. MB. 11,404 0. 1300; den farm,
darauf das gotsbaus seinen mist zu tungen über die allen
Tunau gefnrt hat. 12, 201 a. 1406. der nächste gedanke ist an
fahre und f.ilirzeug (sp. 1247. 1207) ron der f/i/riW fahren, wenn
nun altn. farmr onus naulicum, farmnskip naris oneraria heüit,
alls. farm Her, so gereichten die angefidnten Ut. paramas. .</.
pram, proin zur bestäligung und die 1. 1134 angereijle rm .
Schaft mit bann, sinus sdieinl weichen zu müs-u-n. an 1
rf(/ir/ das ags. feaiin rrrejUio, lu)spitium und das }■'•' •
breitete engl, farm mcierei, pachtgut, was alles uul
FARM, m. fdix. Ttrioit, etn bekanntes, viele arlcfi
lauberkriTfliges kraul, ahd. faraui, farm ((iRArr 3, (i!t5), mhd. varin •
nu trito Ich hie den wilili>n vnrm. I'ttrt. 414,7;
bt einer wlln siil wir I
und hriThii im cd-m ii unde Tsrm,
Buden iuotcr» bin iiii k i , 17.
1333
FARN — PARK
FARBE — FARZADER
1334
auch nhd. farm, fllix, herba inulilis et nociva colonis. roe. 14S2
h4'. manche m icerden in n gescliwächt, diesmal aber scheint
die folgende form ursprüngluher und den rorzug zu verdienen.
FARN, m. ßix, ahd. farn (Graff 3,695), mhd. varn :
begunden alle dannen Tarn,
Tertrettet wart da manic varn. I^. 3,247;
da von darf ich niht Türba; Tarn,
het ich sämen von dem varn,
den würfe ich dar den scheiden. IISH. 453'.
ags. fearn, engl, fern, nnl. raren, tadelliaß ist die nhd. Schrei-
bung farrn oder farren. Tabernaemo.max setzt noch riclUiges
farn und bei Diefexbacii 235' finden sich, tcie mhd., beide farm
und farn, pharn nebeneinander, tiefes dunkel ruht auf der wurzcl,
es tcdre kühn, ohne ueitere rermittlung, das skr. parna frons,
praesertim frons delapsa und das lai. frons, frondis hinzu-
zunehmen, obgleich Parzical beim einsiedler auf 'ramschoup unde
varm' 459, 11 sciddß, wie auf laub. TiTsoig gehört zu titsoov,
also unserm feder, «•«/ die bldller gefiedert, mit feinen fasern
bedeckt sind, aus TiTegör, sl. pero, fmln. pioro liesze sich
vriederum farn herleiten, den Slaren aber heiszt er reduplicatiü
russ. paporot, poln. paproc, böhm. papradi. filLx icird zu it.
felce, sp. heleclio, fr. foug&re {aus folgere ?). die kellischen namen
ratis, ir. raith, arm. raden stellen ab. s. baumfam, eichfarn,
llügelfarn, steinfarn, waldfarn und eigennamen icie Varnbüler,
Yarnhagen, Varntrapp.
FAR.NBETT, n. filicium, alid. farmalii, ein farnlager, bell auf
farn; 'air raineach' super filice, bei Ossian C<ühloduin 3,161,
bei Macplierson on bis ferny bed, voraus Bürger 2S5' ein farren-
bette macht.
FARNKRAUT, n. fiUx, filicula, nnL varenkruid, soiroi männ-
lein als ueiblein. man schräbe nur nicht farrnkraut, farrenkraut.
FARNSAME. m. fumaria bulbosa.
' FARN WINKEL, m. angulus filice replelus. Förstkmasn 2, 4S6,
ein Ortsname.
FäRR, FARRE, m. taurus, erscheint goth. nicht, wo nur auhsa
und stiurs. ahd. meistens stark far, phar, gen. faires, pl. farr!,
ferrl, nur seilen schwach farro. auch mhd. far, phar, farres
und varre, gen. varren {mhd. wb. 3, 236'). nnl. var, gen. vars,
pl. varren. ags. fearr, taurus, juvencus, engl, erloschen, auch
den nord. sprachen mangelnd, welche das dem gr. ravoos, lat.
taurus, welschen tarw, irischen tarbh entsprechende altn. [)ior,
schw. tjur, dän. tyr haben, farr entsprang aus fars, wie fersa
vacca, das lU. verszis vilulus , lelt. webrsis bos, wehrsens
juvencus und höher hinauf das skr. vrsa taurus bestätigen, auch
gr. Tiö^ois, nöoxis juvenca mag der farsa, fersa begegnen und
zuf^eich den verhalt des p und f zum lit. und skr. v erläutern,
nhd. liersciü die schwache form, farre. Dasyp. 324*. der farr.
Maaler 132':
und seit abweisen solch farren,
also dan man getan hat disen narren, fastn. 120,6;
her Wirt wir sein zuo euch gewisen,
wan wir gleich wie die farren umb pisen
und suocnen nun schön maid und frauen. 337,7;
er ist beschorn gleichwie ein thor,
ein hals hat wie ein farre. Ambr. Ib. s. 165,33;
und wie der pfaf in seinem stant,
und die küg ein farren hant,
also erweil ein eber fein,
der euch besteigt euwere schwein. Mcrser luth. narre 1479 ;
und günt in nit zu rumplieren,
den farren im dorf zu weid fiieren. 1488.
im A. T. wird oß geredel vom opfer der fanen, z. b. und sandte
hin Jüngling aus den kindern Israel , das sie brandopfer
opferten und dankopfer dem berrn von farren. 2 Mos. 24, 5 ;
nim einen jungen farren und zween wider on wandel. 29, 1 ;
der so! für seine sünde, die er getban bat, einen jungen
farren bringen, der on wandel sei, dem herrn zum sünd-
opfer, und sol den farren für die thür der hütten des stifts
bringen und seine band auf desselben beubt legen und
schlachten für dem berrn. 3 Mos. 4,3.4; und sol den farren
auszer dem lager füren und verbrennen. 4, 21 ; nim einen
farren unter den ochsen, die deines vaters sind, und einen
andern farren, der siebenjerig ist {vulg. tolle taurum patris
tui et alterum taurum annorum Septem), richter 6,25; das
wird dem herrn basz gefallen, denn ein farr, der hürner
und klawen bat. ps. 69,32; vergib uns alle sunde und thu
uns wol, so wollen wir opfern die farren unser lippen. Hosea
14, 3 d. h. die un.tere lippen gelobt haben, LXX xn^Ttov xstJ.to>v
^/uäv, vulg. vitulos iabioruni noslrorum ; davon die alten
Sprichwort hüben : der hat ein farren auf der zunge. Matbe-
eu's 149':
0 weh mir eroben tollen narren,
das ich micli leget an ein farren,
dem ich nit gleich erschaffen bin. Waldis 3,36;
ein ackermann lobt seine farren,
so zeigt der landsknccht seine scbmarren. 3,37;
band dmeuler offen wie die narren
und springen wie die jungen farren. Mot^ta^cs Tit. u. Gis. E2;
zu dämpfen wollest du die wut der wilden farren.
Weckukkli;« S9;
ach Ja, kind, knecht und magd die stehen und verstarren,
die Schweine sehn empor, küh, kälber, ochsen, farren
und alles feden-ieh hört mit verwundren drauf.
LoGAU 2,71,59;
der farre mit seiner herabhängenden wamme bölket und
brüllet. Cometiius von Docemics ISl;
viele farren und viele stiere zu füszen ihm liegend,
viele kühe daneben und kälber haben gejammert.
Otsrbeck ged. 173 nach Thcocr. 1,74, wo Voss:
viel der kühe gestreckt zu den füszen ihm, Tiel auch der farren,
viel der stärken umher und kälber auch jammerten kläglich,
doch wen [quibus] als uns ward jemand einst zum farren.
WiKLAMD 5, 194;
0 des rollenden donners gott, der weit den Olympus
aus der schwarzen wölk erschüttert, wir brachten "dir farren,
sie mit blumen der thale geschmückt. .Messias 16,551;
oder hab ich dir je ron erlesenen farren und ziegen
fette Schenkel verbraunt, so gewähre mir dieses verlangen.
lt. 1,40;
wo das herz ihr [Athenen) erfreun mit geopferten farren und
iämmern
Jünglinge edler Athener in kreisender jähre Vollendung. 2, 550 ;
biegsames wehrgehenk bot der erschlagene farr.
Voss Propertius 4,10,22;
laut wiehern und schnauben und knirschen und stampfen
die rosse, die farren,
die wagen erknarren
ins ächzende thal. Schiller 9*.
Voss übertrug, nachdem es ihm für den vers bequem war, ravooi
durch stier oder faire, farr, heule wird dieses fast gar nicht mehr,
auszer in einzelnen Zusammensetzungen, gebraudd.
FARRENÄUGIG, ßocöms:
drauf versetzte die hohe, die farrenäugige Here. Borger 193*.
FÄRRENFRECH, protervus, frech wie ein stier: farrenfrech
mit schwetzen und pletzen. Garg. 149', doch mit wortspielendem
bezug auf 7ta^ot]aia, freimütigkeit.
FARRENHALS, m. palear, pdlis e gulture tauri pendula.
He.msch 1008.
FARRENROPF, m. caput bubalum, ochsenkopf: du fluchmaul,
du predigerfeind, du neidhart, du rachgieriger farrenkopf,
was verfolgest du mich ? Otho 118L
FARRENKRAUT, n. filicula, falsch ßr famkraut:
auf des waldes farrenkraut
setzt vertraut
euch zusammen, kost und singet. Salis S6;
in der abendhelle
funkelt die libelle
sanft am farrenkraut gewiegt. MatthissO!« 130.
FARRENLEDERN, ß6iios:
um dies bild zerschlugen die Troer und edlen Achaier
vor den busen einander die farrenledernen, groszen
schöngerundeten scbild und leichtgeschwungenen tartschen.
BiJRGER 226» (//.^6,452).
FARRENSCHWANZ, m. taurea, cauda taurina, Ochsenziemer :
halb als ein kalb, ganz als ein farrenschwanz. Garg. 96' ; nu
pack dich, oder ich nehme meinen farrenschwanz. Lesz 1, 156 ;
mit einem groszen fairenschwanx
regiert er si« wie einen affentanz. Göthi 13, 129.
FARREN\V.\MPE, f wie farrenhals.
FARRE.NWÜTIG, furiosus: fieng kein trojanischen farren-
wütigen krieg drumb an. Garg. 6l'.
FaRSE, FERSE, f vacca, juvenca, junix.
FÄRSENKALB. n. vUula.
FARZ, TitTiogSa, s. farzen.
FARZ, m. ventris crepitus, ahd. firz, furz, altn. frelr, lit.
pirdis. pcrdis, pirda, lett. pirdens, gr. tiooSt/, lat. peditum:
und in Üppigkeit nit gelaub als der wolf an seinen farzen.
Steinhöwel Esop (1487) s. 56;
wann du pist ruszig und schwan,
umb dich so geb ich nit ein farz. fastn. 614,25.
vgl. forz, furz.
FARZADER, f. die diern liesz sich die farzader schlagen.
Katziporus gG; wann der bütlel einen henket und ihme aus
todesangst die farzader bricht und stürmet. Leiermatt lustiger
correspondenzgeisl. 1668 s. 175.
S4*
1335
FARZBOCK— FARZEN
FARZER— FASE
1336
FARZBOCK, m. erebro pedcns. Garg. 137'.
FARZBCCHSE, f. dasselbe: bolz angst, wie eben recht, bei
dieser farzbiichsen erinnere ich mich eben unsers landwüsliers
fest und feldgeschützes. Garg. 67*.
FARZEN, pedere, ein ahd. farzön voraussetzend und abgeleitd
aus ftrzan, farz = gr. ni^Ssiv, ^tTzo^Sa, lat. pedere pepedi,
mU ausijesloszner liquida, fr. peter, sp. pecr, lit. persti, Ictt.
pirst und pirdcht, poln. nierdziec, böhm. prdeti, prduauti,
serb. prdnuti, russ. perdjet , skr. pard. ein goth. fairlan fart
{redupl. ßfart), ags. feortan feart sind kaum zu bezweifeln, altn.
gilt umgeslelltes fri'ta frat (was dem goth. fritan, ahd. frejjan
fdere im laut begegnet), schw. fjerta, dän. fjcrte, engl. fart. in
solclien Körlern zeigt sicli die urverwandlschaß äuszerst dauerhaft
und es wird noch vieles anzugeben sän, tcenn die übel ange-
bracläe enthaUsamkeit der uvrtsammler nicht das gesciujft erschwerte,
aucli das finn. picru, esln. peer crepilus und ftnn. pierrä, estn.
pcretaina jicdere treffen zu. nd. erhielt sich neben fürten das
unverschobne puilen. brem. wb. 1, 470, wie die facctiae facetiarum.
Francof. 1615 ;». 74 bestätigen: peditus Graecis nooStj est, undc
saxonicum vetus purlen vel fürten, quod superiorilms Ger-
manis Icvi mutatione factum est farzen. Frisch 1, 247' schreibt
burtcn und hält dazu fr. bourder.
der clagt sein pauch und hab in acht tagen nit gefarzt.
fastn. 61, 7;
das Ich in dreien tagen nit hab gcfarzt. 61,19;
wil er den farzen, so well wir scheiszen. 298,13;
wenn das ich schlaTen soll, so wacht ich,
wenn ich wainen soll, so lacht ich,
wenn ich soll farzen, so beschaisz ich mich gar. 725,17;
sagt, farzt er oder scheiszt er ser? 1061,22;
(las wir die stuben wermen,
dan wöl wir waidlich schwermen,
essen, trinken und schreien,
grölzen, farzen und speien, meisterl. f. 23 n*22i;
81 grolzet, reispeit, farzt und huest. n'240;
wüste geberd haben von dem frasz, koppen lassen, ranbsen
(rülpsen), ufstoszen, kotzen, geifern, schrien, singen wüste
iieder, sürflen, farzen, von den sachen wüsten die frauen
basz zu sagen, die semlich ding müssen leiden von ircn
trunknen mannen. Keisersb. narrcnsch. 142'; und als er her-
nach auf ein andermal ist auf seinem pfcrdlin geritten, und
das pferdlin auch ein furz hat gelassen, das hat der narr
gehört und ist bald herab gesprungen und hat ihm den sattel
abgethan und auf sein köpf genommen und das pferdlin also
mit einem stecken vor anhin gelrieben und gesprochen, also
thut man einem der farzt, kanstu farzen, so mustu auch zu
fusz laufen, seh. und ernst 1550, 44. 1555, 202; da sprachen
die frawen, die bei ir waren, ewer herr (s. Gangolf) hat aber
ein zeichen gethan. 'ja, sprach sie, er zeichnet eben, wie
mein ars reden kan*. da fieng sie an zu farzen und liesz
ein scheisz über den andern, und wenn sie oben redt, so
redet sie auch unden. 1522, 225. 1550, 195. 1555, 204 ; wiltu
farzen, so gang in den bof. Eulcnsp. cap.b2;
da thut man anders hören nicht
dan grolzen, reibscn, farzen, kotzen.
WiCKRA« pilgfr P3 bt. 55;
der esel sprach, des (illius) schnorkcn, farzen,
gumpen und mit dem hindern schnarzen
kan {ich) baiz denn der. Waldis 2, b2 bl. 129';
ein doctor thet ein kranken arzen
so lang bisz im vergieng das farzen. 3, 12 hl. 167';
glaubet gefarzt sei geschworen, geschissen sei gemalt. Garg.
130'; oder wie das frawenzimmer des ulinisthen farzenden
legalen lacht, da er den furz hiesz hcrumbher gehn, ihr finds
ins Bebeis bibel. 156'; nachgehends schisz er, pist er, farzt
er, seicht er, erprach sich, streift sich, jitckt sich. 100'; das
hom flog just dem hirsch zum hindern hinein, und weil das
wild in vollem farzen war, gab es ein so wunderliches ge-
IDne, dasz alle bunde herzu gelaufen kamen und den hir-
scbeo aobiciten, also ward das wild gefallet. GuYPMitis 1,776 ;
nilzen, farzen ohne scheu, pers. reisebr. 3, 7 ; du farzest die
ganze nacht, dasz eins aus der kammer weglaufen möchle.
Jucundiis. 120; was liegt dir daran, dasz ich farze? 121; da
konicn sie in ihren Zusammenkünften über andere schän-
dieren, da sie doch Selbsten in die kutte hinein nichts nutze
waren, als dasz sie das bett vull farzten. 20»; wünschen
und farzen darf nicht groszcr coinplimentcn, ad OjAandum et
ftdenimm Udo tuo non est opiu egredi. Stieler 435; wer da
fand wann er will, der farzet auch wann er nicht will. das.
f. forzen, furzen.
FARZER, m. qui pedit, böhm. prdec.
1) gr. TtögScov, serb. prdonja; so kriegte ich auch unter
diesem regiment drei seltzame nachnamen, in der ersten
nannte man mich den general farzer, well ich, da ich noch
ein trommelschläger war, auf einer bank liegend den Zapfen-
streich eine ganze stund lang, auch wol lünger mit dem hin-
dern verrichten oder huren {lassen) konte. Simpl. Springinsf 1.12.
2) psophia crcpitans, das knarrhuhn, nnl. poepert, fr. la troni-
pette, sp. el trompetero. serb. Iieiszt auch eine ad groszer bohnen
prdonja oder poprdan, böhm, prdlavka ein reltich, weil diese
speisen blähen.
3) carabus crepitans, nnl. veesler, fr. carabe petard, bombardier.
4) = podex für pordex, böhm. prdel, poln. piardcl.
FARZERIN, f.
FARZGLOCKE, f. erebro pedens.
FARZIG, bei Stiei.er 435 farzichf, 7tOQ8a)Jot.
FARZKACHEL, f. sie nam den troppen (tropf) zur ehe
und verhiesz im die alle farzkachel. Katzijwrus e5'; die alten
bösen hartnäckigen weibcr und farzkacbeln. e o'. .
FAHZKLETTE, f. onojwrduni, vegdislcl: aber du muste dich
der farzkletten zu essen abthun. mein esel hat farzkletten
gefressen, darumb falln die lugen von im mit häufen. Nasus
nascnesel 25*.
FARZSTUBE, f. beim hinlcrloch in der farzstuben. leier-
matz 166S s. 200.
FASAN, m. phasianus, yaoiavöe, der am flusz Phasis hei-
mische vogel, mhd. fasdn, fasant, Dasypodiüs 324', it. fagiano,
fr. sp. faisan, engl, phcasant, nnl. fazan, böhm. bazant, poln.
bazant, ungr. fdtzan. man verfiel leiclU auf fashan und fashun
für männche.n und weibchen, als seien sie mit hahn und huhn
gebildet, s. goldfasan, silberfasan.
mild, zem fasän inj dornach. Parz. 287,1;
milte sich hinler kergen want
birgt als ein fasanl. MS. 2,244';
niut. der adler auf die hochzeit kam,
der fashan, der fashan,
die zwen die waren vornan dran. Uhlxsd 35;
der fashan, der fashan,
der fieng gar seltsam hendel an. 41;
sie geberden sich wie fasanen, die man bei der laterne schieszt.
GöTHE 14. 105.
FASANENBELLER, «i. hund zur fasanenjagd.
FASANENHAUS, n. aciarium phasianorum.
FASANENKRAUT, n. achillea millcfolium.
FASANENSCHIF, n. es ist denn doch, als wenn ich mein
fasanenschif nirgends als bei euch ausladen könnte. Göthe 2S, 80.
FASANENVVÄRTEH, «i. Mattlies hiesz er, er war unsers
herrn Jäger oder fasanenwärtcr. GorrER da' dorfgala 15.
FASANENWÄRTEREI, f ich versiehe alle galtungen von
jagd aus dem gründe, 'auch die fasanenwärterei?' das. 120.
FASANER, »i. phasiananus, der die fasanen zieht und füttert.
Maaler 132*.
FASANERIE, f. vivarium, hortus f^asianorum.
FASCH, m. den gerbern ein stück suhllcder, eine die lang und
zwei eilen breit.
FASCH, m. aiMhae, mundselir, schwdmmchen auf der zunge
der Säuglinge.
FASCH, n. s. fcisch.
FASCHE, f. thorax linleus, schniirlnbchen, aus fascia, binde.
Schweiz, füsch falsche windet, wickel.
FASCHEN, schweiszen, bluten, s. feischen.
FÄSCHEN, fl. ßocculus: und hernach liest er selbst das
geringste Pdschcn, das darauf ist, mit der band herunter.
J. E. Sciir.ECEi. 2,117;
immer verdank ich es doch in solch unruhiger stunde
meinem seligen vater, der mir als knaben die wurxcl
aller Ungeduld ausrisz, dasz auch kein Hisrhcn zunlckblieb.
(iöTUK 40.323.
F.\SCHING, FASCHANG, m. östr. bair. für fasnacht, fast-
n^chl, ungr. entstellt in färsäng. Oberi.im 1, 374. Hökkr 1. 199.
ScHB. 1, 569. da sich seh ö/7cr aus s entfaltet, z. b. in ber-
schen, eplisrliin f linsen, epiissin {gramm. 2,329) und für
fasnacht ge.'irhriclicn vorkommt fasrhnacht (vashnarlil in Baur
hess. urk. 1, 292), so bedarf es für fasrhing *fi/i*r andern r«rjW.
s. faslnachl. so lange der fasching wtthrt, verehren wir dio
lüge. Schiller . . .
FASE, f. floccus, fimbria, ahd. faso f. und faso m. (GrafpS, 705),
ags. ras, pl. fasu n., mhd. vase n-l Irido flmbria. trb. 3,350*:
fo rftcr ich longmllrbcn dnr
die vaico siuei gouaudcs an. urUcnde 109,60;
1337
FASEL — FASELHANS
FASELIIENGST — FASELN
1338
daj die vasen solden sin,
daj was ein netze guidin. Er. 7713;
fiM. tciedenim bald fase f., bald fase ni. ; Dicht einen trocknen
fasen an sich haben; die fasen abklauben, ron den kleidern
ablesen, fluccos legere, delrahere; das kleid ist zerrissen, dasz
die fasen davon herab hangen; zerrissen stumpf {strumpfe),
die fasen kleben uns noch dahinden. Garg. 149";
das ihnen die spitzige nasen
nidder hiengen wie alte fasen. froschm. Ebb 5";
auch wachsen mir in meiner nasen
lang pilmitzea, zoten und fasen. H. Sacbs III. 3,16*;
{knm) auf ein steinig gefert {pfad, Steg)
aufwerts schrofet und hert,
da« mich trug für ein gruft
mit fasen weisz betuft
zu Oberst auf ein berg. 1, 2S0',
vor eine mit treiszem gespinst eingetrehle, betupfte grotte? toufftie
de blancs tapis. zu lauter fasen (fetzen) kochen. Piero/ 1,385;
ob ich den kiel roll Ungeduld
ob einem reim zu fasen stampfte. Göei;(ge 2, 28.
FASEL, m. 1) foetus, soboles, ahd. fasal (Gbaff 3, 374), mhd.
vasel, ags. ßsel, fäsl: iro fasel scheidest du fonc mennischon
chinden, et semen eortim a fdiis hominum. N. ps. 20, 11. nhd.
soboles Fbisius 1217', ein guter fasel vom vich geardt. bona
natio. Maaler 132", auch .\lbercs unttr semen eine gute art Ton
vieh; die wil dem stürm nach allerlei volks und vil jungen
fasels dem paner zugeloffen. Bcllinger 3,179; der groszütti
zog jungen fasel nach. d. a. m. im Toggenburg 15;
ei, seh einr dem losen fasel zu,
was ein unverschembts weih nit thu. Atrer 96%
der losen art ron treib, der losen zucht; niberfasel (weibsvolk).
Stalder dial. 29S, unter fasel versieht man hin und nieder das
federvieh, altile [pastu alcndum), schuei:. ein fasel henna, ein
volk, Herde hühncr. Tobleb 176'. auch steht fasel für das unter-
haltene und den leuten verabreichte zuchUhier: es sol auch ein
ieglicher huber, der ie denn (eo tempore) hem Wilhelms im
turn hub ze Moria inne het, den hofiüten allen vasel han
(hallen) und darumb hat dieselb hub holzrecht, so aber an-
der lüt {die nicht zum hofe gelwren) den vasel bruchen werd,
bruchend in die bi dem hus, so sond si dem huber Ionen,
bruchend aber si den vasel uf dem veld vor dem hirten, so
sond si dem hirten Ionen und sol denn der hirt des vasels
darumb hüten, das man im dehainen andern Ion von dem vasel
geben sol. weislh. 1, 107 ; leus, meus, wänteln und ander unfasel.
Keisebsb. ftas im pf. dd3'. vgl. faseleber, faselochs, unfasel.
2) floccus, fibra, kos sonst fase und faser: die faseln oder
zaseln an der wurzel. Albebcs;
ein gülden stab, chorcappen, casel,
Schub, bandscluib, ring und ander fasel,
wie ein bischof zu haben pflegt,
ward im da alles angelegt. Waldis 4, 90 bl. 225%
tfo fasel so viel sei» musz als zeug und gerälh, vie es dem
neuen bischof angehängt wird, fidler, bendel und putz; den-
jenigen, die sie genipfet und benagt, wird nicht ein kleiner
fesel. Kirchhof wendunm. 293'. gramm. 2, 52 mirde ein fisan,
fas angesetzt, vgl. Acfrecht und Kchxs zeitschr. 1, 2S8. den-
noch liesze sich bei fase, fasel, faser an die grundlage von fahen
denken so gut als bei fadem, wie auch die bedetdungen von
fxlum, ßbra und fimbria an einander stoszen, vgl. fasenacket.
FASELEBER, m. Zuchteber, verres admissarius.
FASELECHT, fibratus, mhd. veseloht : federweisz ganz oder
gedigen, faselecht. Thcrxeisser prob, der harnen 70.
FASELECHTIG, dasselbe: aus welcher jedern eine kleine
faselechtige blum herauswüchset. Taberxaehom. 15SS s. 605.
FASELEI, f nugae, ineptiae, s. faseln 3: poetische faselei
junger leule. Lichtenbebg 2,239; dasz Livius dem geschicht-
schreiber nicht die faseleien alberner erdichter vorzog. Nie-
bchr 3, 450.
FÄSELEIN, n. vas Taschen : die blumen haben inwendig
gele fäselein. Taber.naeh. &0; dem hut die fäslein abblasen.
Siffl/)/. vögeln. 1, 6. «
FASELER, m. nugator, ineptus.
FASELHAFT, früher ferlilis, spdler ineptus: der fiirsten tag-
satzungen waren so faselhaft. Ziskcrek apophth. 225, 9.
FASELHAMMEL, m. vervex, schaßock.
FASELHANS, m. icas faselcr. die ganze zunft der gecken,
faselhanse und narren. Wieland 8.102;
ich war ein rechter faselhans
in meiner Jugendzeit,
bei tanz und spiel und zechgelog
war liänschen auch nicht weit;
wenn sie auch der faselhans umlagert. J. P. «n*. löge 1, 180.
FASELHENGST, m. equus emissarius, beschäler. Stieleb 524.
FASELIG, sowol ferax als späterhin nugax.
FASELKALB, n. kaW, das nicht geschlachtet, sondern aufer-
zogen wird, ahd. fasalchalp, vüulus pascualis (Gratf 4, 391).
FASELMAST, f
FASELMÜTTER, f. scrofa. weiäh. 3, 558.
FASELN, in drei bedeutungen,
1) subolescere, parere, icurzeln, gedeihen, fruchten: die thiere
faseln, pariunt, incrementa capiunt; das körnlein faselt und
wurzelt unter sich. Otho 2S9; unrecht gut faselt nicht,
kompt an dritten erben nicht. Luthers lischr. 143'; wo weih
und man einander anstehen und treulich zusamen setzen ists
unmüglich. das sie not leiden und nit etwas überkomen, wie
arm sie zusainen komcn. dargegen faslet auch grosz gut nit,
sonder zerschieift wie schnee under den henden, wann sie
uneinig eins da, das ander dort hinaus wil und z5 bar leben.
Fbasr spirichw. 1,15'; das tolosanisch gold, das nit faselt im
haus. ... 60; untrew trift sein eigen herren und untrew
gut faselt nicht. Mathesics 2o'; unerbeten gut und das man
nicht für goltes gäbe erkennet, . . . truhet, faselt, wudelt und
erbet auch nicht. 40';
wie dann ein altes Sprichwort gicht,
das kriegesgut das faselt nicht. H. Sachs II. 4,57';
dann Unrechts gut das faselt nicht
und hat nie grosze erbschaft bracht. Atrsr fasln. 97»;
unrecht gut faselt nicht. Pqilander 1, 41S ; unrechtfertig gut
■ faselt nicht. Jag. Meier adagia 58 ; sie liehen auch mfintel,
tisch und Würfel her und wüsten deswegen ihr gebühr so
wol vom gewinn einzunemmen , dasz sie gewöhnlich das
meiste geld erschnappten, doch faselte es nicht, dann sie
verspieltens gemeiniglich wieder. Simpl. 2S3 ; hat man einmal
eine gute geiegenheit erwischet und etwan eine rillerzehrung
oder fette beute erfischet, so musz es gleich auf einmal
wieder verthan sein, damit es nur nicht fasele oder auf den
dritten man erbe. 348. rcfl. sich faseln, gedeihen, tcurzel schlagen;
sich faslen und meren, subolescere. Frisics 1217'. Maaler 132*.
2) faseln, vellere, zupfen, zeisen, zausen, fdden ausziehen:
baumwolle, die fein gefaselt ist. Scuxeller 1, 568. vgl. fasen,
fäsen, fasern, fasern, nnl. vezelen.
3) faseln, inepAire, nugari, delirare: ein vergoldeter narr
kommt die treppe herauf gefaselt. Rabener 4, 57 ; der kranke
faselt, redet irre, deliral; der in dessen munterkeit die da-
zumischung von verstand unmerklich ist, faselt. Kaxt", 388;
possierliche und faselnde register. Hamax^ 3, 426 ; du faselst,
mein lieber Pedriilo. Wielasd 11, 315 ; Münchhausen , ich
glaube ihr faselt. M. reisen 94;
denn Daja will von meiner amm
es baben. 'deiner amme!' die es sterbend
ihr zu vertrauen sich verbunden fühlte.
•gar sterbend! nicht auch faselnd schon?' Lkssi5G 2,352;
wir faseln ja durch die straszen,
wir jubeln auf dem markt. Göthk 3,202;
der arme narr faselt {il porerino farnetica), es wird nicht lange
mehr währen. 34, 245 ; -
Bacchus kümmert sich, der weicbling, wenig um den treuen
diener,
ruht in lauben, lehnt in höhlen, faselnd mit dem jüngsten
raun. 41,248;
glaubt nicht, dasz ich fasele, dasz ich dichte,
seht bin, und findet mir andere geslalt! 56,108;
denkst du, wie viel uns gott vergeben musz, und dir fahrts
dtirch herz, nun so fasle auch nicht und machs ihm nicht
sauer. Claldics 4,77; die jungens faselten um sie herum.
Lexz 1, 183 ; wenn er nicht schöngeisterisch faselt. Stcrz
1,209; wir denken feiner, reden feiner und faseln feiner.
LiCBTEXBERG 4, 8 ;
hier faselt mir kein held, der hinter schanzen
schon zitterte, von kriegeslist. GöEi:tGK 3,7;
auch faselt mir nicht von der ritterlichkeit altdeutscher und
christlicher dichtkunst,
denn es bleibt sich natur stets gleich und bewirkt durch
Christen und beiden dasselbe. Plate!«316*;
was fasle ich von frühling, was spreche ich von heiteren
tagen, von genusz und glück? Bettixe tagebuch 86.
dies faseln ist weder ahd. noch mhd. aufzuzeigen, die drille
bedeutung scheint ganz im widersjrruch zur ersten, entweder müste
faseln gedeihen, wachsen in die Vorstellung des geil und eitel
Werdens übcryehn oder aus faseln, floccos legere die eines gedan-
kenlosen, Ibürichten benehmens entsprungen sein, namentlich hciszt
es von sterbenden, wenn sie besinnungslos mit den Händen pflücken,
flocken lesen, dasx sie faseln, irre reden, s. die sielte Lessmcs
und hernach fasen.
1339
FASELN — FASEWCHT
FASERIG — FASSEN
1340
FASELN, FESELN, fovere, ntttrire, das transümim zii faseln 1,
gedeihen machen, unterhallen: ein iglich lehnman, der da het
lehnholz, der sol das hegen und feselen. unsth. 1, 640.
FASELNASZ, uvidus: ein solcher regengusz, dasz wir auf
unserm offenen korbwagen faseinasz unsere liebe hauslhüre
erreichten. Hamann 7, 167, welcher an andermal fadennasz
schreibt {fp. 1235).
FASELOCHS, m. spilodis, bulle, zuchlslier.
FASELRIND, n. nie faselkaib.
FASELSAU, f. sucula. Stieler 524.
FASELSCHWEIN, n. zuchlschwein, faselmutter.
FASELTEDING, f. fascki. Schade $al. 1, 28.
FASELTHIE«, n. zuchttluer. RA. 592.
FASELVIEH, n. Zuchtvieh, zuweilen, gleich dem bloszen fascl,
federvieh, allik, ags. fedcls. ueiäh. 2, 263.
FASE.M.\NN, m. homo ineptus, faluus, faselhans. Stieler 443.
FÄSEMLE, n. was fäscrie. Hemsch 1009. vgl. fädemle.
FASEN, FASEN, mit ahd. fasön, quaercre, invesligare (Graff
3, "05) schwer zu einigen.
1) ßa diducerc, wie faseln 2. auch in der bedeulung des
irreredens : der kerl faset, halte ich, hie homo vigUans somniat.
Stieler 442.
2) ftlatim solvi, sich fasen, fSsen, fasern, die jaden fahren
lassen, sich ausfascn : so die nieren sich nun fiisen und werden
plumosisch (flockig, faserig). Paracelsis 1, 76S'; dann der cin-
spänig brach, die weil er noch ganz an der haut ist, haftet
bald an im selber und darf nicht erst erschweren oder hin-
fallen, sondern er faset sich gleich an einanderen. WIjrtz
practica 243; eine gute, reine quinte (saüe) faast sich und
reiszt. (Stockmanx) leiden der jungeu Wertherin s. 125; unsere
quinte faast sich. s. 138.
FASENACKET, plane nudus, bis auf die fasen des hemdes
blosz, mhd. hcmdeblu;:
drutnb ist er Tasenackt
am schwarzen creuzesstamm deswegen angepackt.
IlAniAN zur pnelerei s. 248.
s. fadennacket sp. 1234, was der vermuteten berührung der Wörter
fase und faden zu statten kommt, vgl. auch faseinasz.
FASENNACREND, dasselbe: musten sich also diese arme
gefangene ganz fasennackend darstellen. gespensin2; K. und
die magd aber stunden bereits fasennackend. Leipz. avatit. 1, 92.
FASENWERK, n. bergmännisch pochmehl, die zweite sorte des
gepochten Zwitters; disen zwitter nennet man geiinnstein, das
trübe, so darvon ins gefell Icuft, schlegt man aus, heiszt
mel oder fasenwerk, was übrige trübe in sumpf feilt, heiszt
man schlam oder sumpfwerg. Mathesics 100'.
FASER, m. fatuus, faseler. Stieler 443.
FASER, /■. ßbra, wie fase, ohne zwcifcl auch nahverwandt mit
fasel, same, wurzel. kein ahd. fasar, mhd. vaser vorkommend.
Diefenbach, Dastpodils, Frisiüs, Maaler geben es noch nicht,
sondern dafür zaser, zäserle, doch Heniscii 1009 hat auch fäscrie,
was faser voraussetzt, selbst bei Stieler und Frisch fehlt faser,
Adelung stellt es auf, im 18 ;7i. musz es üblicher geworden sein :
wenn ich wüste, dasz sie auch nur noch eine faser davon
{meinem herz) besäszen, so wollte ich es mir selbst liier vor
ihren äugen aus meinem leibe reiszen. Lessing 2, 19 ;
eines ist mir verdricslich vor allen dingen, ein andres
bleibt mir abscheulich, empört jegliche faser in mir.
GöTHE 1,286;
CT konnte keine faser seiner Verbindungen, gescilschaften,
Spaziergange und luslpartien zerreiszcn. 15,180; es soll kein
blutstropfen in mir sein, der nicht gestraft wird, keine faser,
die ich nicht peinigen will. 19,131; ich habe keine andere
faser an mir, keinen sinn als euch zu lieben. 42,387 (s,i3o
ich habe keinen blutstropfen in mir, der nicht euer wäre) ;
die nalurforscher reden, wie von den fasern des leibs, auch
von den fasern des holzes, der pflanzen.
FASERARTIG, in spcciem fibrae form<Uus.
FASERBL'NDEL, m. fascis ßbrarum.
FASERCHEN, n. minima ftbra, ftbrilla, floccus, fischen: auf
dem schwarzen sainmet durfte kein Hiserchen, kein unthülcben
sitzen bleiben ; indem die s3f(e sich zwischen die fdlserchen
einverleiben. Kant 8,375;
«chon zihlen lAszl sich jcdei drAlitclien,
ja nkserchen und fetzen wehn. Voss 0,163;
wrlrh bcrx norli Ptnra« liebt, das ist noch nicht Terlosien,
^in fasercheii gcnüKt, wurzel In gott zu fawen. Kücuri 86.
FASERf;KWÄCHSE, n. algof.
FASERICIIT, fibralui: ein foiericbter, oller rock, ein faden'
tdteiniyer. ryl. faselicbt.
FASERIG, FASERIG, dasselbe.
FASERKOHLE, f sleinkolile, die sich fasert.
FÄSERLE, FASERLEIN, n. fäserchen. Hemsch 1009.
FASERN, in fibras solvere, zerfasern.
FASERNACKT, was fasenackt: jetzt steht die Unwissenheit
und die Schalheit fasernackt da. leben Niebuurs 1,597.
FÄSIG, ulüis, gedeihlich, frucldend: ist blutgeld auch nutz
und fäsig? Frank kr. des frides 94. später veraltet.
FASISCH, fibratus, villosus: was nur fäsisch oder geäderisch
ist. Paracelsus 1, 1025*.
FASOLE, /". phaseolus, östr. fisole: sie leben vom reisz und
honig, von bonen, fassolen. Frank weltb. 217'.
F.^SSEL, n. doliolum, fäszchen, fdszlein.
FASSEN, praet. fassete und fasztc, ahd. fajjftn, fajjöla,
mhd. vajjcn vajjete, ags. fatian fatode, nnl. vatten vattede,
altn. fata faladi, scjiw. fatta fattade, ddn. fatte fattede.
Ihre 1, 441 und nach ihm Adelung hallen fatta, fassen für
ein frcqucntativ von fä, fahen und die vorhersehende bedeulung
capere, prehendere, amplecti stimmt, darin aber weichen beide von
einander ab, dasz Ihre das sulist. fat (dolium) aus dem lat. vas leitet,
also gar nicht mit fatta verbindet, Adelung fasz und fassen zusam-
menstellt, in der tlial sind auch beide nicht zu trennen, nur wie
sollte die form fasz aus fahen folgen? das frequenlativelement
könnte von dem vcrbum nur durch ein ableitendes i auf das
nomcn übergehen, aus fahaljan, wenn man dies zugeben wollte,
ein fahati, kein fahat, fat entspringen, gothische frequenlativa
sind kaupatjan, lauhatjan, svögatjan, für ahd. fajjön mäste
aber goth. fatön, nicIU fahaljan, fatjan gefordert werden.
Ulfilas überliefert uns kein fatön fatöda, wol aber ein starkes
verbum, worin dessen wurzel enthalten sein dürfte, die bedeulung
jedoch absteht, filan drückt Gal. 4, 19. 27 parlurire, coSiveiP
aus und gestattet ein volles fita fat fetum anzusetzen, obschon
auch fita fitaida möglich wäre, die starke form würde ahd. fo;?an
faj fäjum lauten, in der Ihat findet sich ein merkwürdiges gifa;
excidit, gifajun reciderunl (Graff 3, 727). die filandei, coSivovaa
ist eine recidcns, excidens, eine niederfallende, liegende, wie wir
noch heute niederkommen, im kindbelt liegen für gebüren sagen
und eine gefallene das mädchcn heiszt, welches geboren hat. wie
nun lieszc sich aus gebären die Vorstellung des fassens herleiten ?
parere heiszt nicht nur zur weit bringen, sondern überhaupt
bringen, vortheil bringen, zu stände bringen, verschaffen; aus
parere entspringt parare, wie aus fitan fatön, bereiten, zu-
rüsten, zeugen; aus fitan feljan ornare, aus fejjan gifAji, ge-
fäsz; das subst. fat, fa; bezeichnet manclierlei affarat, zeug,
Werkzeug, utcnsUe, vas, veslis, pcra, fioculum. für das verbum
fassen sind zwei hauplvorslellungcn, die des bcreilens, ausstattens
und die des empfangens, fangcns, greifens festgesetzt, ohne dasz
ein gedanke an förmlichen Zusammenhang vtil fahen oder fangen
festzuhalten wäre, die wurzel fitan, füsjan schwände sonst daiiin.
sie wird aber noch von einem neuen slandpunct aus befe.<!tigl,
es besieht auch ein altn. fcta fat fdtu, dessen tcir nunmehr ersl
aus EciLssoN 167'. 108" t'o//e gewisheit haben, dies fl'la zeigt
zwar seine ursprüngliclic sinnlicJie bedeulung nicltt mehr auf, hat
aber geradezu die abslractc und fast auxiliare des erreichens,
findcns, erlangens, fangcns, des schw. nä, dän. naac: ük fat
yrkja ist soviel als orta, ek fei sinida, i'c/j kann schmieden (verse
machen), ek fat illa braut, ich konnte den weg schwer finden,
feta leid, viam invenire, gerade was unser den weg fangen oder
fassen ausdrücken könnte, dies nord. feta hat demnach schon
den transitiven sinn unseres fassen und unkrscheidet sich von
dem inlransiliren, der für das golh. filan, ahd. iivxa angenom-
men werden musz. die starke form bleibt dieselbe.
skr. wurzeln pat cadere, pal /i(;are, path vestirc seien hingestellt.
A) bereiten, rüsten, sowol aclieuich als medial mit sicli ge-
braucht, meistens folgt dicpraep. mit, früher aho ein instrumentalis.
1) parare se, tnstrucre se, sich bereit, fertig machen, aufmadien :
alid. bipondun sie sih iait,f>n mit iro liohtfnj^on,
mit faioldn managäu joh walanon garawin. 0. IT. IC, 15;
N. im Marl. Cap. 108. 109 verdeutscht den oß wiederkdtrenden vers
(cando caeli tompla virgo!
erst 'far hino üf lierna in himeliska seKb',
dann Tagd dlh ticrna Af hlna in bimeln : '
beidemal mit dem gleichen sinn tvn auf, dtrne. m <ni Himm-
lische Wohnung, mache dich auf. dirne, hm in den himmcl .'
2) fassen, Wriiirn, binden, <titn. i4 fata vestirr : so var hann
hninir, nt bann gat ei falad «ig, adn> debilis erat, ut se ipM
veslirc non fmset, vgl. fat restis und fatlau*, inrestis, nudui»
1341
FASSEN
FASSEN
1342
mhd. dö vajete daj scöne wip
mit micheler cierde ir lip. Diexeb 161,21;
dö vajte si sich mit eren
unde gie für Holofernen. 169,19;
dö vajjeten si den guoten
in ein phellil röten, fundgr. 1,175;
da; ich äne nidea
al eine wol verdiene, daj
man mich liepliche äne ba;
bebaldet ungehaj^et,
unde mich ze riter vajjet
unde gift mir ros unde pert. 1,239;
die uns minnint, spisent unde vaz^ent. 2,236,
die andern herren däten sam,
vil wol vajjetens Ire man. Hother 157;
wamit suln wir uns va^en? Grieshaber 1,105; du er von
ime sine chrone und andir knniclich gewäle warf und sich
mit harinim gewäte vajjöte. spec. eccL 71 ; ein man der ne
was so niht gevajjet als zu brfttloufte reht was. Leyser pred.
73, 18 ; mit diseme gewande hat mich Martinus gevaj^et. Schm.
1, 569 ; swer vag^et oder mazet einen dürftigen in ere sant
Erasmen, siniu dinc ergent im wol in dirre werft. Haupt 8, 115;
hßte ir dinc da gesazt
und sich mit cleidern üj gevazt,
mit richin rocliin wol gesnitin
nach den franzischin sitin. Athis C*,60;
lät mich si va;?en baj. Er. 639;
daj ir si müeste Ta??en ba;. 1407;
gevajjet mit gewaude. Eracl. 626;
und hie; Eraclium den ioiaben
va;;en unde wol haben,
als er sin bruoder wjere. 1214;
ir zopf und ir goltvarwe; här
da; het er an den stunden
geva;;et und gebunden
in ein geslicket hüetelin. ir. kr. 7494;
da; er mich va;;e schöne
und er mir noch ze löne
ricbiu swertlehen gebe. Engelh. 315.
diese bedeutung isl nhd. beinahe untergegangen, im arlikeUbrief
der reichsvOlker ron 1672 und 1734 heiszt es noch art. U: soll
ein jeder mit seinem oberrock oder mantel gefaszt sein.
SCHMELLER 1, 569.
3) laden, auf schif und icagen, Ihiere beladen, tcobei die last
aufgebunden wurde, in das seil fassen, altn. iä fataz %ar»;
er va;;öte sine olbenten
mit sinen gwanten. fundgr. 2,45,24;
der setze sinen ambtmaa
über iegelich gou,
über chorn iouch hou,
den in disen siben jären
da; nieht versmähe,
si ne bei;en mannegeltch fa;;en an sin seil
sines chornes da; finfte teil,
trage i; zu fröneme stadile
oder fuor i; üf siueme wagene. 60,34;
diu ros man uns ra;;öte
mit wei; iouch mit pröte. 64,20;
si Ta;;öten die esjie,
Charten heim widere. 67,43;
sam manigen (esil) fa;;et er mit wiste
ze derre beimverte friste. 71,11;
Jacob fa;;öte al; da; er het
üf ros und esile,
cbint unde wib üf wagene. 71,41;
goldes halten sie die macht,
des vürte si mit in die kraft,
alle; sie da; va;;en hie;.
Bonifait des niht ne lie;
her ne gewunne soumrere. gr. Rudolf K3;
die kiele wären gevamJt. Roth. 164;
diu vrouwe vil wise
diu va;;ete ir wib mit spise. Dieser 161,28;
so sul wir va;;en wol
unser schif diu guoten mit edelem gesteine. Cudr. 1131,2;
ich sol ouch dir üf dinen wagen
nimmere mist geva;;en. Uelmb. 266,
«OS auch heiszen dürfte den wagen mit miste va^en, anderes
isl den mist vän, auffangen und wegräumen, bildlich:
ir habet allen ungereht
an iuwer seil geva;;et. Trist. 249,5.
nhd. man fasset auch nicht most in alte schleuche, vulg.
neque miltunt vinura novum in ulres veteres, gotb. ni[)pan
giutand vein niujata in balgins fairnjans, ags. ne dud nive vin
on ealde bytta. Mailh.9,11. Marc. 2, 22. Luc. 5, 37; den guten
(wein) er selbs faszt. Garg. 99*; das hier fassen (in fdsserlhun).
pfründeordn. 432 ; wann du nun hier fassen wilt, so thue in jeden
ahmen \ier guter band voll der wcizcnahcrn. Tabertcaem. 604;
80 oft ein sud im brauhause geschiehet und das hier gefaszt
ist. HoHBERG 3, 1, 55'; die waaren auf das schif fassen, bringen ;
gsell, ich han do innen etlich lagel Veltliner win, deren hüt
mir, do drink du als vil du will, lasz mir aber suust nie-
mants drüber, gab mir ein rüriin und fürt mich zu den
lagellen und gieng er gan essen, do asz ich das grosz stuk
fleisch und brot und drank darzu gnug, wüst des wins art
nit. do der man kam, sprach er, hastu wol gehütet? ich
sagt, jo. glich kam der schifman ouch und sprach: woiuf
gsell, wellen wir über see? do schwanket ich zum schiflin
zu, lachelen dlüt minen (meiner), do ich in das schif wolt
dretten, dratt ich darneben und fiel höuptligen in das schif.
der schifman lachet und des der win was, sagtend, der
schifman weri wol gfaszt mit eim guten gferten. Pl.meb 43. 44 ;
frucht, körn, haber in sacke fassen. Keisersb. om«5 74' ; sage
es sei habern (für haber), den habst du in dem schlosz gefaszt.
WicRRAM rollw. 7 ; ein fuder heu fassen, außadm. Scbxeller
1, 569 = den wagen mit heu fassen.
4) überziehen mit metall oder färbe:
zwelif Schilde
geya;;et wol mit golde. Gudr. 303,4;
einen edelstein fassen, in gold oder silber; und solt zween
onicherstein nenien . . . also, das sie mit gold umbher ge-
fasset werden. 2 Mos. 28, 11 ; ein türkis, onich, Jaspis, in gold
sollen sie gefasset sein in allen rigen, rulg. inclusi auro
erunt per ordines suos. 2S, 20; einen altar fassen, schmücken,
mü geräth versehen; hölzerne figuren, Spielsachen fassen, be-
mahlen, zubereiten ;
mhd. die steine wurden in gesast,
alle in ein hiuslein gevast. ÄpoUonius 1S265.
ähnlidi das einfassen des gewandes mit schnüren, das eti»-
schnüren :
mit borten was alle ir wät
wol bestalt und umbenät
geva;;et mit spaehen snüeren. IIewr. Trist. 1533;
da hiengen weisze, rote und gele tücher, mit leinen und
Schariaken seilen gefasset in silbern ringen. E^her 1, 6.
5) einen garten fassen, mit kräutern, blumen zieren, bepflanzen :
ein beet mit buchsbaum fassen, einfassen;
mhd. bi dem hüs was ein garte
mit bluomen wol geva;;et,
der vil selten na;;et
von keinem argen weter. Ls. 3,11.
6) ein Wasser, einen bach, brunnen fassen, mil steinen,
holz einfassen, einschlieszen, in die steine fassen : da durch
sein gebot das wasser stund wie mauren, und durch sein
wort die wasser stunden, als weren sie gefasset. Sir. 39,22;
zu seiner zeit war der brunnen verfallen, den fasset er mit
kupfer. 50, 3 ; ein sauber gefaszter brunnen. Göthe 21, 73 ;
ich war ein bäcblein, junggesell,
sie haben
mich so gefaszt, damit ich schnell
im graben
zur müle dort hinunter soll. 1,207:
stieg man die stufen hinab, so zeigten sich steinerne bänke,
rings um die quelle gesetzt, die immer lebendig hen-orquoH,
reinlich, mit niedriger mauer gefaszt, zu schöpfen bequemlich.
40, 2S4 ;
man dürfte sagen, im winter wird der bach mit eis gefaszt ;
der agstein, drein ein wurm verschlossen, hat viel preis,
die weit liegt alle jähr gefasset in das eis. Logau 2, 132, 67.
bergmännisch, einen Stollen fassen, inwendig mit holz zimmern.
Schweiz, ein buch fassen, einbinden. Stau)Eb 1, 356. vgl. ahd.
poahfa;. Graff 3, 730.
7) fassen, einrichten, verfassen, versehen, ausstalten, componere,
instruere: demnach lesen wir diese Schriften des ehrw. herm
doct. M. L. zusamen und geben sie in eine richtige Ordnung
gefaszt durch den druck an tag. Llther 1, 2' ;
bücher haben auch ihr glücke, wann sie nicht gesalzen sein,
faszt man dennoch gute würxe. pfelTer oder safran drein.
LocAü 2, 157, %,
(macht man duten aus ihnen, wo fassen sowol laden als hinein
thun, caj>ere nach B ist) ;
Venus wüste was ihr diente, sehnte sich nach andren dingen,
als ein albres mensch gemeinet, ihr Vulcanus war gefasset
mit gezeug und hausgeräthe, so ihr auch lieb. 3,241,128;
es gebet diesem wol, der so sein haus kau fassen,
dasz jedes drinnen weisz was tbulicb, was zu lassen.
1,54,18;
ihr Jungfern hört mir zu, doch fasset die geberden,
und meint durch meinen rubm nicht stolzer wo zu werden.
2, 64, 59 ;
denn die gottlosen haben ir wesen warlich auch ins regi-
ment gefasset, strafen bOscs, loben gutes. Lgtbeb 3,30ä';
1343
FASSEN
FASSEN
1344
das die Juden also ein gefuszt regimcnt gehabt liabcn, gleich
wie andere reich ire Ordnungen und gcscize. 3,434"; das volk
war in feinem ordentlichen rcginienl pef;isset. 4,404"; denn
also hat goll das volk gefasset, gleichwie ein vater sein haus-
regiment ordentlich faj^set. 8,293"; gebt ihnen kirchen, faszt
sie in die bürgerliche Ordnung, schränkt sie ein. OOthe
8, 182. es hciszt auch etwas in die feder fassen, schrifilich
fassen, abfassen, verfassen; es ist Icichtlich geschehen, das
sie aufzeichnen und aufs papier fassen (niederschreiben), worin
und warumb ich geirret habe. Luther 1, 132".
8) in dcrgleiclicn anieendung begegnet besonders oß das pari.
gefasset, gefaszt, paratus, pracparatus, compositus: wer mit
tcxt wol gefasscl (gerfislct) ist, der ist ein rechter pnslor.
Luthers /w^r. 2' ; da musz man mit goltes worl wol gefasset
und gerüstet sein. 8*;
ihr (((er diciuer) iliun ist so gefasset (beschaffen, eingerichlvt),
dasz ihre süsze sachen
viel buler ihnen machen. Locau 3,103;
das wol gefaszie werk wil bald vollTihrct sein. Flejii;«c 83;
die mägdgen, die du nerhst so grob frcstriee:clt hast,
stebi) jetzt mit nadeln, zwirn und ruilicn scnon gclaszt.
GÜMTHER 488;
die herliche Universität, den wol gefaszlcn rath, die hoch-
ansehnliche rechtscollegia. Weise erzn. 437; eine geschwinde
entschlicszung möchte nöthig sein, versetzte der abb6. dazu
bin ich jetzt nicht gefaszt. Götiie 20,24; so dasz zuletzt
auch ein vorbereitetes gefasztes äuge in Verwirrung geriet h.
24, 301 ; ein gefasztes betragen, eine abgemessene rede. 25, 292 ;
durch eine so genaue Schätzung der worte, durch den be-
stimmten gebrauch derselben entsteht eine gcfaszte spräche.
33,161;
sie war gefaszt auf licbo und empflcng
ein diadem. Schiller 273*;
muih ist uns noth und ein gefasztcr geist. 380";
alsdann mache dich auf ein gut glas Rheinwein gefaszt. Win-
KELMAN^is fer. 137; heute morgen zu meiner Überraschung er-
hielt ich deinen brief. ich war gar nicht mehr gefaszt darauf.
Betti."<e br. 2, 67 ; man war aber auf so viele pferde und wagen,
als zum forlschaEFen der reisenden erfordert wurden, nicht
gefaszt {vgl. 2). Campe kinderschr. 18, 9.
9) die scldesisclien dichter verwenden die medialbedeuhing 'sich
mit etwas fassen' im sinne von befassen, sich versehen, rüsten,
heliclfen, decken:
wann Epimetheus niclit
ein fasz hätt aufgcthan und an das sonneiiliccht
viel übel das uns kränkt mit häufen ausgelassen.
der arme wollte sich zwar mit dem deckel lassen
zu stopfen dis geschirr, doch leider gar zu spat.
Opitz 1,54;
wie lange wirstu dann die sonne schlafen lassen?
ei sprich, sie solle doch sich mit dem züpel fassen,
die rosse stünden da, es sei schon hohe zeit. 2,153;
komm fasse dich mit tartsch und scliilde ! ps. 35;
von jedem liesz ein einzles fahren,
was an ihr Spurca hat zu paaren,
wann ihr nur würde zug'classen
mit zweien männern sich zu fassen. Logau 1,237,97;
fassete {belud) sich der eine alsbald mit dem vater, der an-
dere nahm die mutter, sie also aus der glut zu retten.
Argenis 2, 328. hierher gehört das bekanntere sich mit gcduld
fassen, in geduld fassen, gleichsam hüllen, kleiden, tco man
das mit, in geduld nicht für ein adverb nehme: er faszte sich
dennoch in allem mit gedult und schlief ein. pol. colica 340 ;
sich in geduld fassen. Gotter 1, 168 ; vgl. fasset ewrc seole
mit gedult. Luc. 21, 19. aber auch ohne mit bedeutet allgemein
sich fassen se colligere, componere: sie vergeben mir, dasz ich
über das besondere glück, dieselben alihicr vergnügt anzu-
treffen, ganz aus mir selbst gesetzt bin und mich nicht so-
gleich fassen kann. Felsenb. 3,138;
der knabe faszt »ich [ternt) gut. Günther 496;
fassen sie sich, Valer! Lessing 1,283;
lei heiter, sei gefatit! 2,354;
ich weiss du Ihusts nicht mehr, du wirst dich besser fassen.
Gellkkt 3, 4UU;
er wird sich mit der zeit schon fassen. 1,02:
was hilrts, dasz sie sich dort auf «einen anblirk faszl,
wenn er iodesscii hier vor unpcduld rrlilaszt? (Jiittkh 3, 101 ;
das alter musz doch einen Vorzug haben.
dus, wenn es auch dem irrthum nicht ciitRebt.
es doch sich auf der stelle fasiien kann. Gutmi: '.>, l'.il ;
fasz dich, fasz dich! 14,91; 'wenn sie sich nur kurz fa<(zll'
das ist gar ihre art nicht, wenn so eine nachtigall einmal
ins schlagen kommt, da musz man ihr den hals umdrehen,
weon sie «urbAren soll. U, 02;
und er faszte sich schnell und sagte traulich zum mädchen.
40, 3U7 ;
kann ich im krieg mich doch menschlich fassPii,
aber nicht auf mir trommeln lassen. Schiller 32'J'^
wie ihr euch selbst zu fassen angefangen
im rohen handwerk. 3S1'.
IG) eigenthümlich ist ein mhd. vajjen vür und vür sich oder auch
vor sich va jjen = ror sich her treiben, vor sich bringen, nehmen :
des hat er in gevajjet vür. krune 16537 ;
die ritler vajie er sich vür
mit dem swerte, da; er truoc. 17959;
si bcgunxlen mit siegen an einander vür vauen. Hab. 677,
6r slüc dri hirtin,
die daz vi bewirtin,
vaj^iiiilc vur sich die hert. Jkroscbin 13575;
wan er si ot gevauit vor
zunicke hatte in den gart. 12972;
hie von er {der teufet) euch sie vajjete
vor sich durch ungelucke. pass. K. 32,46;
hie von er vur ouch va;55ete
den munch durch kunftic ungemach. 321,28;
und wahrscheinlich in diesem gedieht noch ößer. in der spdleren
spräche enlspncht nur bei Frisius 108': alles das ich in der
red einfurt, stürzt er mir um, was ich für mich fassen mocht,
reisz er mir aus den henden, sed ut quidque ego apprehen-
deram, statim accusalor extorquebal e mantbus, und danach bei
Maaler132'; als der getauft jud für sich gefaszt {sich vorge-
nommen) hat. Helchmn augensp. l'. hier finden wir einen un-
mittelbaren Übergang in die andere hauplbedeulung.
B) fassen, tenere, c apere, prehendere, amplecli, nehmen,
greifen, packen, fangen.
1) die band, den arm fassen : er faszte seine band und
schüttelte sie; er faszte sie an den arm, sie faszten sich
bei der band, an den armen, in die arme; er faszt mit der
band, der bär mit der tatze; da aber Joseph sähe, das sein
vater die rechte band auf Ephraims beubt legt, gefiel es im
ubcl und fasset seines vaters band, das er sie von Ephraims
heubt auf Manasses heubt wendet. iMos. 48, 17; wer sie {ein
zänkisch weib) auf hell, der hell den wind und wil das ole
mit der band fassen, spr. Sal. 27,16; wer fasset den wind
in seine hende? 30, 4;
eilig faszte darauf der gute verständige pfarrherr
erst des vaters band. Göthe 4u, 334.
mhd. scheint hier va^jen ungebräuchlich, man sagte die liant
nömen, cj in die baut ni-nien, eines hende vähen {Iw. 1342.
1482), ahd. fieng ira hant, tcncns manum ejus. T. 60, 5, nichl
vaj^cn. in seiner (gottes) band ists alles gefasset {begri/fen,
befangen). Luther 5, 2". ebenso, seine starke band, sein arm
crfaszt ihn; ihre finger fassen die spindel. spr. Sal. 31,19.
zuruf an hunde : bäri fasz ! Gottiielf erz. 1, 139.
2) zu obren fassen, auribus perciperc: wirstu zu obren
fassen seine {des hcrrn) gebot. 2 3/o5. 15,26; die fraw fasset
diese worl in ihr öhrün. Wickram ro//:t'. 90'; in seine örli
fassen, ze oren lassen. Maai.er132'; einen ins augc fassen,
rectis ocnlis inlueri, fixieren; die zukunTl fest ins äuge fassen
K1.1NCER l, 468 ; ich breche diese vorrede ab, um sogleich
den gegenständ selbst ins äuge zu fassen. Brandes natur-
lelire 1,2; lassen sie mich doch ja den edlen mann recht
ins gesiebt fassen. Klinger 0,50; das äuge, der blick faszt
seinen gegenständ; der fassende, durchschauende blick.
3) einen um den hals fassen, früher fangen, fahen, um-
fahcn; um den leib fassen; er faszte sie mitten um den leib;
aber die mutier ergrif mit beiden armen das mSdchen,
um den leib sie fassend. Göthe 40,331;
eines hart oder haar fassen, ihn beim hart, haar fassen ; und
Joab fasset mit seiner rechten band Amasa bei dem hart,
das er in küsset. 2 Sant. 20, 9, wo die mnd. rersion bei Merzdorf
1. 109 hat: grfp cne umnic unde kussedc cnc vor sinen raunt.
4) den Schild fassen, mhd.
si begunde vaisen den schilt nn d^r hant. iVift. 427,2;
Etzcl was der küene, «r vajtc sincn schilt. 1059,2;
do diu »pi'r wurden genelgot
und die Schilde gevaji;ot. hone 7470;
nu silit ^^r wft ein ritcr habet
mit gevajjctcm schilde. Ijani. 5U9.
ahd. nam i-r seilt inli spPr; mhd. tienc den achlll habe ich
nichl gelesen, obwol es möglich tnire;
«r hürto schilt unde »w<>rt. Iw. 6S73,
ifie nhd. Schild und schwer! erheben, ergreifen, warum nicht
daj swi?rl vajjen? nhd. das er stark werden und ein »chwert
1345
FASSEN
FASSEN
1346
fassen könne. £j. 30, 21; das schwert ist schon gefaszt und
gezückt. 32,20; verschieden ist an das schwert fassen, mit
dem Schwerte hauen: (Herodes hat) die dem feiir entrannen,
an die Schwerter gefasset. Fraxk chron. 34'. den bogen fassen,
ergreifen : aber Jehu fasset den bogen und schosz Joram zwi-
schen den armen, das der pfeil durch sein herz ausfur.
2 kön. 9, 24 ;
der räuber greift nach seinem bogen,
er zielt und faszt den pilger wol. Gellert 1,99,
nimmt ihn aufs körn; das messer fassen: und recket seine
band aus und fasset das messer, das er seinen son schlachtet.
1 Mos. 22, 10. einen stein fassen und werfen ;
und er faszte den anderen krug und beugte sich über.
GöTHB 40, 307.
in fassen scheint ztcar ergreifen und nehmen, oß aber auch fed~
hallen, festnehmen lenere gelegen, tcas icir packen nennen.
5) ebenso einen fassen, ohne dasz das wobei ausgedrückt ist:
da fasset der mann sein kebsweib und bracht sie zu inen
hinaus, rieht. 19, 25; als er nun heim kam, nam er ein messer
und fasset sein kebsweib und stücket sie mit beia und mit
alle in zwelf stück. 19, 29 ; da fasset ich mein kebsweib und
zerstücket sie. 20,6; die hunde fassen den hären; gott hat
den Patriarchen hin und her geworfen wie ein ballen, auch
wol zwischen die sporn gefasset. Lctber 4, 146' ; unpersönlich,
es faszt (packl) mich ; es hat ihn hart, an seiner schwachen
Seite gefaszt ; das Geber, der schauder, die furcht faszte ihn ;
unaussprechliche angst faszte mich;
mich faszt ein grausen, da ich mit dir rede. Scbilub 531';
Teil faszt ihn heftig. Schiller 535*;
doch bringt dir einer jene kette,
die sctiwerer drückt und ernster faszt,
verdenk ich es dir nicht, Lisette,
wenn du ein klein bedenken tiast. Göthb 1,83;
wer sie am höchsten verehrt, den weisz er am besten zu fassen.
l,29u.
6) da fasset David seine kleider und zureisz sie (vulg.
apprehendens sua vestimenta scidit). 2 Sam. i. ii; und Ahia
fasset den newen mantel, den er an hatte und reisz in in
zwelf stück {vulg. apprehendens pallium scidil). lAön. 11,30;
einen am zipfel des mantels fassen; er faszte (nahm, ergriß
hut und stock und gieng hinaus; nam auch weder hemd
noch einig scbu und harnasch, allein fasset er zu henden einen
stecken, darmit er sich der hund erw eren mocht. Aimon F 1* ;
Hermann faszte die peitsche. Göthe 40, 2S3.
7) and er fasset die zwo mittelseulen, auf welchen das
haus gesetzt war und drauf sich hielt, eine in seine rechte
und die ander in seine linke band (vulg. apprehendens ambas
columnas, alteram dextera, alferam laeva tenens). rieht. 16,29,
vo LcTHER mit dem fassen sowol das ergreifen als halten aus-
drückt; der schifbrüchige sucht ein bret zu fassen;
dort ragt ein fels beim eintritt ins gebirg hervor,
ein alter eicbbaum faszt ihn mit den starken ästen
und aus den seiten flieszt ein klarer quell. Götue 10, 19.
8) er (Münzer) wolt alle Schüsse in die ermel fassen (auf-
fangen). Luther 3, 130', vgl. sp. 914 in die ermein empfangen ;
nötigt ihn (den ehmann, nenn er sich klagt) auf die federn,
beredt ihn hinder den umhang, faszt den harn, schickt zum
doctor. Garg. 7l', vas sonst den harn fangen heiszt. imen
fassen (bienen in die körbe). Braxt UO', 34 ; grillen fassen,
tinip. doä. 638, irie sonst fangen (sp. 1312); wasser fassen,
schöpfen, einnehmen. Heberer 2, 51. 233 ; feuer fassen, wie fangen,
anreiv. Od. 9, 379.
9) fassen, in sich fassen, enthalten, räum für etwas haben,
capere: der krug faszt zwölf gläser; die tonne faszt hundert
krüge; er trinkt mehr wein als er fassen (vertragen) kann;
wer zu vil fasset, vil fallen lasset. Garg. 260*; der magen
konnte nicht mehr speise fassen (in sich fassen, aufnehmen,
excipere) ; der missethäter sind so viele, dasz sie der kerker
nicht fassen kann; sein gedächtnis faszt eine menge Wörter;
der sal fa-;zt nicht mehr als hundert männer; die schmale
thüre faszt immer nur iinen, Idszt nur änen zugleich durch:
denn ^inen nur faszte die öTnung,
ftia S'o'iri yiyvsr itfo^fii]. Od. 22,130;
fasset uns, capile nos, d. i. nehmt uns auf unter euch. 2 Cor.
7. 2 dreht Ulfilas passend um, gamuteima in izvis, finden vir
platz unter euch; den vater und den söhn faszt dasselbe
grab; und ihr glück und ihre liebe faszte selig eine wohnung,
ein bell und ein grab. Göthe 10, 191 ; die fabel faszt zw ei lehren.
iU.
10) einen trunk fassen, thun, einnehmen: gestern halt ich
ein hosen trunk gefasset, da must ich singen, trink ich
nicht wol, das ist mir leid. Luthers br. 4, 553 ; er konnte
nur einen lüffel arznei fassen, die hunde faszten gierig die
hingeworfnen knochen.
11) athem fassen, luft schöpfen, fangen: meine liebe vettern,
erholent euch und fasseut wider athum. Aimon o2';
mhd, üi an die wite,
er hielt sicti ü; dem strite,
die luft wolde dö vähen er. Ludwig 6776;
ein röre in da? scbilfelin gienc
damit St wider ätem vienc. ilorolt 1824.
und da er seine kreft wider gefaszt (aiis der ohnn^acht kam),
er zerzerret sein bar, rauft aus seinen hart. Aimon Fl'.
12) ein herz, mut fassen, audere, animum recipere: darumb
mustet ir ein herz und trotz fassen. LtrrHERS br. 4,416; von
disem trost kriegt das volk wider ein herz und fasset einen
mut. 1 Macc. 13, 7 ; fasset nur mut I ; fassete ein besonders
frisch herze. Felsenb. 1, 263 ; diesen morgen hat man sich
ein herz gefaszt zu beichten. Gotter 3, 22 ; ein mannheit
fassen. Lctber 4, 3*. auch zu herzen, zu gemüthe fassen,
SM herzen, zu sinne nehmen, erwägen, überlegen: so fasset nu
dise wort zu herzen. 5 Mos. 11, 18 ; solchs alles haben wir
zu herzen gefaszt. Luther 1, 45S'; obschon der eine weise
und der andere unweise ist, so hab ich doch beider worte
zu herzen gefasset, pers. baumg. 4, 4 ; zu wünschen wäre, dasz
alle Jugend die gute lehre ihrer treumeinenden unterweiser
zu gemüth fassen thäte. Simpl. K. 88. in das herz fassen:
du hast sie noch gesebn, den letzen blick,
den sehnsuchtsvollen, dir ins herz gefaszt. Göthk 9,315;
kommt zu euch, königin ! faszt euren mut
zusammen, das ist die entscheidungsvolle stunde.
Schiller 426".
ein gelübde fassen, vovere. vgl. fangen 15.
13) fassen, animo comprehendere, intelligere, begreifen: die
knaben fassen schnell zahllose dinge; er konnte es lange
nicht fassen; wer es fassen mag, der fasse es, vulg. qui
polest capere capiat. Malth. 19, 12, ahd. ther mugi bifähan bifähß ;
faszt ihr nun,
dasz wir auf euch voll mitleid sehn? Klopstock 2,36;
von gott verlassen hiengst du da,
von gott verlassen,
im scbweisz, im blut, dem tode nah!
herr, wir fassen,
jauchzen, beben, fassens nicht. 7,109;
noch faszt sie nicht wie ihr geschehen. WriLAm) 9,296;
wärt ihr, Schwärmer, im stände die ideale zu fassen.
Göthe 1,399;
mein dienst, aus irrthum schmähst du ihn,
lern ihn von nun an besser fassen. Götter 1,461.
14) fassen, tenere, retinere, discere: durch die lere der demut
nur eitel hoffart fassen. Luther 3, 142'; wenn aber der glaube
kompt, welcher das wort fasset. 3,157*; ich fasse dich beim
Worte; bei dem worte fassen. Lessing 2,288; wenn du viel
Weisheit und kunst gefasset hast. pers. rosenth. 8, 6 ; latinam
linguam lernen und fassen. Mich. Neaxder bed. 21*; eine
lehre aus etwas fassen. 2, 16 ;
0 Jugend, fasz doch diese lehren,
itzt ist dein herz geschickt dazu. Gellert 1, 171.
15) lust und neigung, hasz und Widerwillen, verdacht, groll,
vertrauen, mistrauen fassen: sie konnte keine liebe zu ihm
fassen ; eine neigung, welche sie gegen Wilhelm Meister gefaszt,
wollen wir ihr nicht verargen. Göthe 33, 238; der junge manu
faszte die heftigste leidenschaft für sie. Wieland 3, 210 ; da
aber Trj-phon sähe, das das kriegsvolk einen hasz wider den
könig gefasset hatte. 1 Macc. 11,39; ein grimmen, bitteren
zorn fassen. Maaler 132' ; ein neid fassen. Spreng Aen. 126" ;
sie seh icl> oben schweben
und gröszer sein als ich, die mich, weisz nicht warümm
aus selbstgefasztem hasz und grammsein rennen ümm.
Flescig 20;
sie fasiten Mosen ihren pfleger
und trewen diener selbst in neid. Orm ps. 1. 102.
16) fassen, locum occupare, eonsistere: fusz fassen, posto
fassen; der fcind hat in den Rheinländern fusz gefaszt;
fassen sie wieder fusz auf der erde ! man lebt nur einmal.
Göthe bei SehvU 169 ; enge schrittchen fassen, kleine schritte
machen, wie frauen thun. pol. stockf vorr. ; es gelang ihm festen
sitz zu fassen, wurzel fassen, radices agere, gestalt fassen :
ich sah sie keimen diese liebe, sah
derleidenschaflen unglückseligste
in seinem herzen wurzel fassen. Schiller 295*;
85
1347
FASSEN — FASSUNG
FASSUNGSGABE — FAST
1348
nu kan ja das jene, so ein eitel oder nichts ist, freilich
keine geslall fassen. Luther 3,368'.
17) zusammen, zu Lauf fassen: wenn mans nu abmisset
nach dem, wie es hie beschlossen ist, und fasscts in häufen,
so ist es sechsmal lenger denn breit. Lctheb4,47'; welches
alles zu häuf gefasset ist in dem spruch. 4, 392'.
IS) in, an, bei etwas fassen : fasse meine threnen in deinen
sack, on zwcivel du zelest si. ps. 56, 9 ; sehet, w ie sich dieser
könig damit tröstet, das er gewis ist, das seine flucht, seine
threnen seien für golt alle gezclet, und alle threnen in gotles
sack gefasset, das nicht eine solt bcifallen. Luther 6, l';
unden an dem bauch hat es (das beukllhicr, känguru) noch
ein bauch, den thet es auf und zu, und so es die jungen
ausschüttet und gesengt helt, fasset sis wider darein. Frank
weUb. 224'; in ein summ, in ein zal fassen, comprehendcre
numero. Maaler t32' ; urtheil in schrift fassen, verfassen. Caro-
lina 92 ; in ein buch fassen (s. verfassen) ; in reime fassen ;
im fall sie (dt« liebe) schon einmal uns an ihr joch gefaszl.
Opitz 1,136.
19) mbd. irre vaj;en, irre grifen, fehl greifen, irre gehen.
Berth. 318.
20) refl. sich fassen, ampleäi se, zu unterscheiden von A,9
se componere. die tanzenden fassen sich;
immer wilder drängts heran,
die elemente fassen sich die tobenden. Göthe 11,258.
21) intr. fassen : es faszt schon, es faszt nicht ; die wurzel
faszt im boden;
das feuer faszt, schon brennts an sieben ecken. Körner;
die neue lehre hat unter den leuten gefaszt ; falsche vorwürfe
treffen flach, aber wahre fassen tief. Moser patr. ph. 1, 214.
Vergleicht man die beiden Vorstellungen, so vermitteln sie sich
in dem begriffe capere, nehmen, der fassende nimmt als ladender,
rüstender und greifender, der kleidende deckt und beladet, der
schmückende umfängt, legt ein, faszt ein, verfaszt; der greifende
faszt an, fängt, umfängt, nimmt gefangen, begreift, nimmt ein,
nimmt platz, fassen, laden A, 3 reicht an fassen, einnehmen
B, S. 9. glaublich aber scheint, dasz aus intransitivem liegen all-
mdlich ein transitives empfangen, bringen, erlangen und nehmen
hervorgegangen sei, wie uns die starke ttnd schwache form fej;an
fa; und fajjon fajjota darlegt, man sehe auch das subst. fasz.
$. abfassen, anfassen, auffassen, befassen, erfassen, einfassen,
gefassen, umfassen, verfassen, zusammenfassen.
FASSER, m. ein kleiner bienenkorb zum fassen eines schwarms.
FÄSSERWEISE, wie faszweise, nach fässcrn.
FÄSSIG, capax: grosze und über eimer fdssige fassen
HoBBERC 3,1,72*. fehig, fessig, begreifig. Dasvp. 25". 325'.
FASSUNG, f. 1) sinnlich, nach Verschiedenheit des fassens,
die fassung der edelsleine, des brunnens, die fassung des
biers, das füllen in fdsser und gläser. Hoihierg 2,83'; als er
fühlte, dasz diese kleinen stahiringe {der mundharmonika)
gleichsam als fassung und grifbret seines hcrzens ihre er-
schütterungen zu seinen machen würden. J. 1*. Ilesp. 3, 74.
2) abüraä, die fassung eines gedankens, captus, conceplus,
das fassungsrermögen: kräftige fassung der gedanken. Winkelm.
1,253; dichter, die so gern ihren flug weit über alle fas-
sung des gruszten theils ihrer leser nehmen. Lessing 1, 155.
die fassung (abfassung) der rathschlüsse. Kant 6,388.
3) fassung des gemüts, status mentis, nach fassen i4, 7. 9 :
auszer aller fassung sein, alle fassung verlieren, mente con-
ddere, sich niclU fassen können; einen aus seiner fassung
bringen, die gehörige fassung behalten, er läszt sich nicht
aus seiner fassung setzen; alles dies vereinigte sich, ihn
nach und nach wieder in eine fassung zu setzen, welche
die zärtlichsten erinnerungen an die einst so sehr geliebte
Danae erweckte. Wieland 3, 202 ; mich konnte nun so etwas
gleich aus meiner zärtlichsten fassung bringen. Göthe 40, 30;
anf eine solche weise brachte er ChaHolten erst in die hei-
terittc launc, dann durch anmutige gesprrichswendimgen ganz
an« der fassung. t7, 10; ich habe ihn nur einmal in meinem
leben auszer aller fassung pcsehen. 20, 201 ; die nnvennu-
IWen nnd »chreckhafien anl:illc halten sein innerstes ganz
ans aller fassung gebracht, einer leidenschafl zu widerstehen,
die sich des herzens so gewaltsam bemächtigt hatte. 20,300;
dai wollen und glauben musz eine fassung, ein zustand des
benenn sein. Claudius S, lOS;
iMiu nibn lil* morgen, ei iil ein ge«chtn.
bab beute heiot futung. »chickt iiitn morgen. ScniLLSi 3M' ;
darum eben
bin ich vorausgeeilt, damit ich euch
in fassung setzen und ermahnen möchte. 426*;
nahm sie die todespost mit Fassung aut? 440*.
FASSUNGSGABE, f. captus, vis percipiendi.
FASSUNGSKRAFT, f. dasselbe: leichte fassungskraft, vor-
trefliches gedüchlnis. Göthe 26, 255.
FASSUNGSKREIS, m. der fassungskreis der stumpfen
menschheit. Klisger 2,44; du spannst meine geister über
ihren engen fassungskreis. 2, 109.
FASSUNGSVERMÖGEN, n.
FAST, adv. ahd. fasto, mhd. vasle, nnl. vast ; ron der wurzel
wird unter dem adj. fest gehandelt, unsere licutigen adverbia
umlautender adj. gehn des rfickumlauts verlustig und sind den
adj. gleich, z. b. eng, trüg, grün, also auch fest und schön;
nur fUr einzelne eigne bedeutumjcn hat äch der rückumlaut er-
halten, nanwnllich bei den adv. fast und schon, der umgekehrte
fall ist, dasz der unumlaut des adv. auch ins adj. vordrang,
z. b. hart durus für herte.
A) die ahd. mhd. adverbia drücken aus valde, firmiler, sta-
bililer; belege bei Graff 3,714. mhd. üb. 3,274. so auch das
nhd. fast im 15. 16 bis ins 17 jh.
1) neben dern verbum:
sölh pllicht halt fast. Schwarzknbehg 139,2;
halt fast den pflüg. 140,2;
das mich fast lobten weih und man. 144,1;
wer fast beschedigt ander leut,
dem wirt zu letzt der gleichen peut. 146, 1 ;
hin und wider fast gedacht,
wie ich hat oft mein zeit volbracht. 150,2;
dis 1er und trost mich fast erquiclst. 152,2;
in summa wann das stündlin kumht,
mßsz einer dran, wie fast er brumbt. Wickba« hitgeroi.
isz fast, isz tüchtig, komm zu, fa-ise zu! largüer ede!
e^jet vaste ! Hahns Stricker 15 ;
trinkt vast, si kaufen euch des sat! fadn. 450,25
vgl. oben sp. 1164. 1166 und i? gemeiiche Rcinhart 1559, üz
froh, lustig! ; die sich fast frewen und sind frölich. flio6
3,22; wenn die dromete fast klingt. 39,25; aber das ange-
brante, wie fast er brennet, wi! nicht abgehen. Ez. 24, 12 ;
wenn du gleich fast darnach ringest, so erlangest du es
doch nicht. Sir. 11,10; wo uns der kützol neue und viel
büchcr zu schreiben, nicht so fast steche. Luther 1,3'; ich
habe lange und fast für in gebeten. 6,12'; der het^in vast
lieb. Eulensp. cap. 23; fast lieben, adamare, ein muter fast
lieben, matrcm valde amare. Maaler 133'; sich fast fürdercn
zu einsi gcmeinschaft, penitus se dare in familiarilatem alicujus.
ebenda; noch viel mehr belege gibt Maaler unter der Schreibung
vast 412'. 413'.'; wir ertrcnkten das schif so fast also schwim-
mend. Frank wellb. 222"; dise red beschwert den Stoufacher
vast. Tschüdi 1,235; also für der Stoufacher vast wider heim
gen Schwitz. 1,236; was vast bi inincn bäslinen. rL.\TER26;
und lief vast für und für bisz gen Zürich. 47; fast streiten,
valde cerlare. Henisch 1014,14;
wer gerüchte vom gcrtich nennen wil, wird wonig fehlen,
beiderlei, wenns nicht recht gut, pllegt die sinnen fast zu
quälen. I.OdAU 3, 15,6, 2;
von lauter leid, von traurigkeit
mein äugen mir last rinm-n. Spke trultn. 77.
bair. es regnet fast = stark.
2) neben parlicijiien : nnd ersieht ein einsidels heusgin fast
eraltet. pcrveluslum. AimonM^; ein vast gelehrter, geschwin-
der und wolberedter man. Kirchhof «'eni/N/im. 127*; die heid-
nische abgdtlerei war fast bei ihnen verwurzelL Micräliu»
1,25; fast gelehrt, bene doctus. IIenisch 1014, 8; vast veracht,
valde sfiretus. 1014, 13;
die reine stirn der morgenröth
war nie so fast gczierct. Spke Irtilzn. 5.
3) neben adj. als nu Abram in Egypicn kam, sahen die
Egypier das weih das sie fast schön war {rulg. quod esset
pukhra nimis). t Mos. 12,14; irc sündc sind fast schwere
(pcccaium aggravalum est nimis). 18,20; denn sie (rfi> 'Aeiire
zeit) wird fast schwer sein. 41,31; gieng und nam in, bis
er fast grosz ward (donec niagnus vchemenler affectus est).
20. 13 ; denn wir haben das land besehen, das ist fast gut
(vidimus lerram opulentam valde et utilem). nV/ii. is, o; und
Harsillai war fast all wol achzig jar (»enex valde i. e. octo-
genarius). 2 Sam. 10,32; gut ist fast mechlig in der sam-
liinge der heiligen, fis. 80, 8; er woll ansehen, wie das rrnn-
gelium noch fast schwach in dem volk were. Lithrr 3,32*;
last herlich und gemein. 3, 40o'; dan man batl die Schwitxer
1349
FAST
FAST — FASTE
1350
vast lieb. Plater 21; die frow im hus hat mich vast lieb.
25; das wer vast gut. Euknsp. cap. 24; Britannia ein fast
grosze insel. Frask uellb. 4'; geograpüia ist fast nutz. 3';
alle theil seines leibes sind fast klein. Forer 124"; ein fast
grosze stille, mlenlium acre et intenlum. Hemsch 1014, 9 ; fast
grüner zweig, frondosus ramus. 1014, IS ; fast jung, admodum
adolescens. 1014, 12 ; ihr seid fast schwer, magni ponderis es.
SnELER 441; er siehet fast hübsch aus, ad aspeclum prae-
darvs. Stieler 441 aus Hexisch 1014, 11. bahr, er ist fast
krank, sehr krank. '
4) neben andern adv. zu deren Verstärkung,
a) fast sehr: wir bitten tag und nacht fast sehr, v:tso£x-
Tte^iaoov, vulg. abundantius, goth. ufarassau. l Thess. 3, 10 ;
wiewol ich euch fast sehr liebe, ^e^iaoortgcos, vulg. plus,
goth. ufarassau. 2 Cor. 12, 15 ; denn sie umb ihren vatter sehr
fast trawrig war. buch d. liAe 271, 3 ; und sind die Heruler
fast sehr geschwächet worden. Micrälics 1, 90; er hatte auch
diese red fast sehr im brauch. Zixrgrep 3, 24. 31,14; fast sehr,
vehementer. Stieler 44t. Schwarzenbebg mit angefügtem and:
erseufzet klagt ich fast uod ser,
das hie der frumm tiät wenig er. 159, 1.
wir sagen heute recht sehr, es stehe dahin, ob
fast sehr zersotten. Wiblasd 14, 186.
noch im alten sinn talde, oder im heutigen fere ausdrückt.
b) fast wol, lieute recht wol: ja ich weisz fast wol das
also ist, vulg. vero scio. Hiob 9,2; ich weisz aber fast wol
von euch, TiaTTEiauai Se, lu/j. certus sum autem. Röm.lb.U;
ich weisz zwar fast wol. Luther 3, 41*. 6,13'; nu ist der man
fast wol geschickt. 3, 409" ; und haltens dafür, das sie es
fast wol verstehen. 3,27";
überaus fast wol. H. Sachs III. 2,227';
die diener mochten in vast wol leiden. Eulensp. cap. 15.
c) fast viel, hetde sehr viel: zwar fast vil, vulg. multum
per omnem modum. Rom. 3, 2.
d) fast wenig, heute sehr wenig: kond ich kum den hanf-
possen ufhenken und vast wenig träien (drehen). Plater 52 ;
fast wenig staubs, admodum exigui puheris. Maaler 132'; es
sind fast wenig übrig, pauci admodum restant.
e) fast gerne, sehr gern: ich aber wil fast gerne darlegen,
libentissirae impendam, r^Stara, goth. gabaurjaba. 2 Cor. 12, 15 ;
man gab mir ouch vast gären, drum das ich klein war und
ein Schwitzer. Plater 21.
0 fast nahe, sehr, ganz nalie: denn es ist das wort fast
nahe bei dir in deinem munde, vulg. sed justa te est sermo
valde in ore tuo. 5.V05. 30, 15; denn der käst wird fast nahe
gangen sein zehen eilen im wasser. Luther 4, 47'.
g) fast hart, sehr hart: und bunden seine hende fast hart
auf den rücken. Luther 3, 34'.
5) neben praepositionen, conjunctionen,
a) zu fast, nimis, zu sehr: wer zu fast eilt, kompt langsam
heim. kl. weise reden 1565,134'. 1570,143'; ir sind leider sunst
zfast über einander verbittert. Plater 58; die zu fast eilen,
haben spat feirabend. Heniscb 1014, 29.
b) so, als fast, so sehr: was betten sie doch damit erlanget,
da sie so fast nachdringen, treiben und jagen? Ldther3, 36';
und ist doch itzt kein stück, das sie so fast sorgen und
anhalten. 3,340'; hoffe auch e. I. h. werden nicht so fast mit
mir als mit Hans Schanzen zum gaigcn eilen. 6, 326' ; so hat
sich niemand so fast aufgeblasen, br. 2, 364 ; mich, der was
in dieser schachte! verborgen sein mögen, gern gewust, triebe
das (1677 der) wunder als fast, dasz ich mich an dem ufer
hinab gewagt. Philaxder 1 in der zuschriß an Karl Gustav;
gnedigster keiser, durch gott, peinigt euch nit als fast.
Aimon b4'; rufet als fast er mochte. Garg. 232*.
c) nicht fast, nichtsehr: und seufzen nicht fast nach Christo.
Luther 3, 13'; es sollt sie freilich nicht fast hindern. 3,44';
ein anderer, der es nit sihet, bekümmert sich auch nicht
fast darumb, wie es zugehe in der weit. kl. weise reden 1565, 7o'.
1570, 75' ; do was doselbst nit vast ein gute schul {keine sehr
gute). Plater 20 ; graece unterwand er sich nit vast (griechisch
Iri^ er nicht viel). 49 ; man ist nit vast der meinung das er
kommen solle, ne^iie val^e de adventu ejus est opinio; nit vast
ein cerlich wort, non nimis honestum verbum; nit vast so
alt, non ita sane velus. Maaler 413'. noch heute in der Schtceiz
nüd fast, nicht sehr. Tobler 176'. nüd so fast, niclit so wol.
in der Augsburger allg. z. ist oß zu lesen 'nicht so fast — als
viel mehr* = minus — quam.
B) fast, ferme, fere, beinahe, wie sieh aus UU. firme ein
ferme abschwächte, sehen wir hin und wieder schon im laufe des
16. 17 jh. einzelne fast aus der bedeulung sehr in die von fere
ausweichen, zumal nach der negation (5, c) vor zahlwOrlern : weil
er fast hundertjerig war, vulg. fere centum annorura, gr.
ixarovraerr^s Tiov. Rom. 4, 19, wie das gr. nov ungefähr
ausdrückt, schade, dasz die goth. Version fehü.
kamen darauf fast um zwo uren,
gleich gegen tag. Fiscbart gl. scliif ISö;
und zogen ein fast um zwo uren. 106S,
ungefähr, gerade um zwei uhr, weil hier die beslimmtheit leicht an
unbeslimmlheit grenzt, fast gar ausgelöscht bei Henisch 1014,17
fere exstinctum; wie es nun fast an dem war, dasz sie von
hinnen scheiden wollen. 1014, 20 ; das fast nicht ein balken
vergessen war. Weise erzn. 2; es ist fast gethan, ferme res ad
finem perducta est. Stieler 441 ; es ist fast so, haud multum abest,
ich dürfte fast hingehen, parum abest quin eam. ebenda, jenes
fast nahe gehl von selbst über ift beinahe, der ganz nahe stehende
steht audt nahe (fere) dabei, aus prope, proxime wird fere. gleich
natürlich ist, dasz fast alle nicht blosz alle durch die hank, son-
dern auch beinah alle bezeichnet: wie im land der brauch ist,
das vast alle wiber wäben wie auch naien können. Plater 5;
das meine geschwisterger (/. geschwisterget) vast alle müessen
dienen, ebenda; fast in allen ländern. Weise erzn. 30. denn
die Vorstellung der allheit läszt zu, dasz einzelne an der zahl
fehlen: fastweit longiusculus. Stieler 2490.
zu Gellerts und Lessogs zeit und seitdem allgemein in
unserer spräche hat 'fast' nur den sinn von 'fere' und die ur-
sprüngliche bedeutung firmiler wird stets durch fest ausgedrückt:
fast alle werke seiner hände. Gellebt 1,115;
ich habe sie fast alle durchgelesen. 1,201;
dasz ich fast nichts erkennen kann. 1,207;
fast so, ruhmsüchtiger, wie du. 1,256;
ein schöner herr, fast wie der selge mann. 1,265,
obschon in beiden letzten stellen ein 'ganz' nachzucken könnte;
fast öder mittelweg, von ohnesorg und geiz
in gleicher weit entfernt, wer kennet deinen reiz?
LicHTWKR recht der Vernunft 59;
die arme Recba, die indes verbrannte,
fast, fast verbrannte ! fast nur. schaudert nicht ! Lesshis 2, 19S ;
fast hab Ich
des haaren gelds zu viel. 2S2;
und ich, ich schaudere
vor einer gröszern rührung fast zurück. 360;
so oft ich bei ihr bin, so schwatzt sie nur von herden
und siebt mich fast nicht an. solU ich nicht furchtsam werden?
Rost schäferg. 129;
es war gethan fast eh gedacht. Göthk 1,75;
und er schlummert fast,
als ein seltner gast
sich zur ofnen thür herein bewegt. 1,243;
zieret stärke den mann und freies mutiges wesen,
0 so ziemet ihm fast tiefes gebeimnis uoch mehr. 1,291;
ich habe alle bände! dieser erde
bis fast auf die erinnerung verlernt. ScaaLEit ii^;
wir sind schon fast beruhigt, hoher herr. Uula?ids Ernst 279.
die adverbia fest und fast liegen uns ganz verschieden: fest
glauben ist firmiter credere, fast glauben fere crcdere ; fest halten
caplum tenere, fast hallen paene serrare u. s. tr. hier noch bei-
spiele des fast: so sind sie fast alle; fast thue ich es nicht;
das ist mir fast unbegreiflich; er wäre fast gestorben; sie
hätte sich fast die finger verbrannt; fast alle entflohen, geht
dem alle eine praep. vorher, so Idszt sich fast sowol vor sie, als
zwischen We und das adj. setzen: ich habe es fast mit allen
verdorben, fast von allen vernommen, fast auf alle bezogen
und ich habe es mit fast allen verdorben, von fast allen
vernommen, auf fast alle bezogen.
F.\STE, f jejunium, ahd. faslä, mhd. vasle, nnl. raste, alt*.
fasta, gen. föstu, scAir. fasta. dän. faste, ü. post m. böhm.
pust, finn. paasto, lü. pastninkas, pasninkas, das golh. wort
laulä fastubni statt fast6. ron der würzet unter dem verbum.
Bopp 50' vergleicht das skr. upavasta, bei Böbtling 1, 972 upa-
vasatha n., fasttag, Vorabend des opfers, von der wund vas, goth.
vasjan induere, vestire, vgl. vasti, vestis, so dasz man unsem
anlaut f sowol aus der vortrdenden partikd upa, vtiÖ, als un-
mittdbar aus dem in f übergehenden v der wurzel deuten könnte;
doch tritt sonst in vasjan, vasli, ahd. werian kein t hervor,
natürlicher scheint also das subst. fasta und fastubni, ohne rück-
siclit auf die skr. benennung, von dem verbum fastan abzuleiten,
die jüdische faste wurde schon in frühster zeit lu^ich mit
dem dtriatenthum eingeführt, nirgends erhellt, dasz bereits die heid-
nisdie» Deutschen vor ihren opfern fasteten; eine frau Fasle per-
85*
1351
FASTE — FASTEN
FASTEN
1352
sonificierle man späterhin aus frone faste (mylhol. 742). unAocft-
deulsch ist wol der oß gesetzte nom. sg. fasten, obgläch zum
nnl. vastene neben vaste, zum alts. fastunnia neben fasta slim-
mend; sMe fastunnia nicht mit golh. fastubni, das auch weiblich
erschänl, zusammenluingcn ?
1) kirchlich gebotene oder auferlegte faste, enthaltung sowol von
allen sjieisen bei feierlichem anlasz, als auch von einigen, nament-
lich fleischspeiscn : laszt eine fasten ausschrcicn. ikön. 21,9;
und lieszen ein fasten ausschreien. 9, 12; Josaplial aber
furchte sich und liesz eine fasten ausrufen unter ganz Juda.
2 chron. 20, 3 ; und ich liesz daselbst am wasser eine fasten
ausnifcn. Esra 8, 21; die geschichte der fasten und ires
Schreiens. Esther 9,31; soll das ein fasten sein, das ich er-
weien sol. Es. 58, 5. 6 (in diesen stellen n.) ; es begab sich
aber im fünften jare Joiakim, das man ein fasten verkündigt
für dem hern allem volk zu Jerusalem. Jer. 3G, 9 ; heiliget
eine fasten, ruft der gemeine zusamen. Joel 1, 24. man sagt,
er hält seine fasten streng, er bricht sie. da deutet er, was
er eine rechte fasten heisze, nemlich nicht die kinderfasten,
ja lügenfasten, die nur den namen hat. Luther C, 477".
2) die bistimmte fastenzeit: da nu vil zeit vergangen war
und nu mehr fehrlich war zu schiffen darumb das auch die
fasten schon vorüber war. apostclg. 27, 9. in der katholischen
kirche die vierzig tage vor dem o^erfest, woher der name qua-
dragesima, it. quaresima, fr. caresme, careme. fastelabend
fällt auf den montag, fastnacht auf den dienstag nach quinqua-
gesima, dann folgt aschermillwoch und nun geht die eigenlliche
faste an. man ruft solange faslelabend, bis die faste kommt;
nach dem süszcn kompt das sawer, nach der fasznacht alhvcg
die faste. Gartneri dict. proverb. 116*; die faste wird bald
da sein ; /ias/n. n' 72 ein rechtstreü zwischen fastnacht und faste,
die beide persönlich gegen einander auftreten:
wan sie {die fastnacht) clagt, die fast hab sie verdrungen.
fastn. 624,8;
denn mich hat die fast erschlichen. 624,21;
die fasnacht wolt sich gern an der fasten rechen,
so sprich ich {ralherr) die fast ist erdacht in gut,
nun ist man in der fasnacht wol gemut,
so musz man jeder zeit thun ir recht,
sie lassensx wol sein gen einander schlecht. 625,7;
nu seit ir all worden beschwert
von der fasten, die mich hat vertriben. 628,19;
so ist die fast der fasnacht auf dem nacli gesessen. 629,22;
was kann man besser thun den abend vor der faste
als dasz man Bacchus lobt? Opim 1,428;
wir Werdens nach der faste hören. Kl. Schkidt poet. br. 180.
3) überhaupt enthaltsamkcit von speise und trank: der arzt
hat faste vorgeschrieben;
haslu einen rausch gehabt? geh zu fllzen nur zu gaste,
dann auf einen starken rausch nützet eine strenge faste.
LocAü 1, 186,82;
80 eine kurze fasle wird noch auszustehen sein. Weise kl.
leute 16. s. freszfaste, frohnfaste, geizfaste, goldfastc, heuchel-
faste, mittelfaste, weichfaste.
FASTELABEND, m. ffir fastenabend, gleichl dem kindel-
bett, Wünschelding u. s. w. auch dän. fasteiavn nach dem ni.
aJiermannsfastelabend ist der dienstag, die fastnacht.
sih, wer mag da fastlabend gan?
das ist ein eventürscher han. Strickers sc/i/emmcr" g5'.
FASTELABENDESSPIEL, n. was faslnachlspiel.
FASTELER, m. jejunator: darumb predigt auch Esaias wider
solche verkerete fasteler. Ll'tmer 4,277'; zu diser zeit {um
1030) ist aufkommen die sect der fastler, welche sich ver-
pflichteten am frcilagc zu wasser und brot zu fasten. Nigrinus
papist. inquis. 1582 s. 364. Stieler 442. vgl. faslcr.
FASTELMOND, m. mensis jejunii: gotl hat uns gestiftet
den fastelmond der Sarazenen (den ramazan). Luther 8, 27*.
FASTELNACHT, f fastnacht.
FASTELTAG, m. fasttag: am fasteltage. /w. 36, 6; es musi
ja sein, das man etliche zeit unterscheide und ausmale, als
fastel und feirtage. LcTnEa 5,407*.
FASTEN, jejunare, vrjareveiv, nicht essen, goth. fastan
fastaida, ahd. fasten fast^ta, mhd. vasicn vasle für vastete,
nnl. Tasten vasttc, ags. fiistan, engl, fast, altn. fasta fastadi,
*chw. fasta, ddn. faste, das goth. wart ist nun ganz eins mit
faitan fastaida, tr^QÜv, xariy^en; tpvlnrTtw, welche hallen,
fetthatten, darum aurh enthalten ausdrücken, weil der das gebot
haltende sich aller Uberirctung enllidlt, yaiixeiv namentlich ist
halten, atüuäten, turückhalten , inne halten, sich enthalten, zwar
itefa keiner dieser gr. ausdriicke fiir vricnei'eiv, allein die beiden
folh., auch in Utrtr flexwn gtekhen vttta {Owen lieft doch nicht
von einander sondern, so wenig als unser halten und sich ent-
halten, oder teuere und abstinere = inediam palt, die dem
kirchlichen wort zum grund liegende allgemeine bedeutung fastan
fastaida =- sert'are, (etiere gieng hernach alten unsern übrigen
sprachen verloren und wurde durch das fastan fastaida jejunare
absorbiert, da nun sämtliche sl. sprachen einstimmendes posliti,
poln. po^cic ^CHfl/iccK H»rftH d/e/?nn/ic//e paastola, Ci/n. paaslina
eingedrungen ist, ohne dasz irgend jewr sinn von servare, tcnere
außauclit; so musz man annehmen, dasz diese Völker hier die
tcrminologie des jüdisch chtistlichen cultus von den Gothen em-
pßengen, wie auch Miklosich {rad. 65) posliti aus goUi. fastan
herleitet, im altn. Kräkumäl 16 heiszl es
löt ei örn ne ylgi fasta,
nec aquilam nee lupos esurire passus est, magna edita homi-
num slrage fcras pavit. das christliche fasten für nichtesscn odtr
hungern konnte sich lange vor ihrer bekehrung unter die heiden
verbreitet haben und Verwegenheit schiene, für dies fasta nach
einer andern witrzel, z. b. fasti ignis umzuschauen, wozu der
nord. opferbrauch gar keinen anhält bietet, fastr ßrmus stützt
das verbum fasta hinlänglich, und jenes skr. upavasatha lie^
cd), obschon im zurüstcn des opfcrs eine naQaay.svJj enthalten
ist. wer möchte auf dem oben eingeschlagnen weg umkehren und
fastan servare aus fastan jejunare leiten? im pentateuch kommt
noch kein fasten i'or idenn 3 Mos. 16,29 redet von bloszer casteiung
des leibs), erst in den folgenden büchern.
1) da zogen alle kinder Israel hinauf und alles volk und
kamen zum hause goltes und weinclen und fasteten den
tag bis zum abend, rieht. 20, 26 ; und sie kamen zusamen
gen Mizpa und schepften wasser und gossens aus für dem
herrn und fasteten den selben tag. 1 Sam. 7, 6 ; was ist das
für ein ding, das du thust? da das kind lebt, fasfestu
(/■. fastetestu) und weinetest, nu es aber gestorben ist, stehestu
auf und issest? 2 Sam. 12, 21; ich aber, wenn sie krank
waren, zog einen sack an, thet mir wehe mit fasten und
betet von Iierzen stets, ps. 35, 13 ; und ich weine und faste
bitterlich. 69,11; meine knie sind schwach von fasten und
mein fleisch ist mager und hat kein fett. 109,24; und sie
und iie weiber demütigeten sich mit fasten und beten. Judith
4,7; und war bekleidet mit einem sack und fastet teglich.
8,6; da sie aber die feinde sahen, sprachen sie, unser ist
wenig, dazu sind wir matt von fasten, lilfocc. 3, 17; und da
er vierzig tag und vierzig nacht gefastet hatte, hungert in
{ahd. inti mitthiu her thö fasleta fiorzug tago inti fiorzug nahtö,
afler thiu hungirita inan, ags. and J)d he ftiste). Malth. 4,2;
wenn ir faslet, solt ir nicht sawr sehen, wie die heuchler
{ahd. thanne ir fastet, ni curct wi?san sös6 thie lihhizara
sint, goth. a})|)an bi|)e fastailh, ni vair|)ai|) svfi pai liutans
gaurai). 6,16; wenn du aber faslest, so salbe dein heubt
und wasche dein angesicht {ahd. thanne thö fastfis, salbA
thln houbit inti thin annuzzi Ihuah, goth. i|) \>n faslands salb«'»
haubij) j)ein jah ludja jieina {)vah). 6, 17 ; warum fasten die
jünger Johannis und der phariscer und deine jünger fasten
nicht? Marc. 2,18; und war nu eine widwc bei vier und
achzig jaren, die kam nimer vom tempel, dienet gott mit
fasten und beten tag und nacht {goth. sAh ni aliddja fairra
alh faslubnjam jah bidöm blölandei fraujan nahtam jah dagam).
Luc. 2, 37 ; ich fasle zwier in der wochen {goth. fasta tvaiin
sin|)am sabbataus). 18,12; ich habe vier tage gefastet bis an
diese stunde, ajmstelg. 10,31; o heiliger vater, mein fasten
ist leider klein gewesen, die fasten und goldfaslen ausge-
nommen, ich zu dem minslen in wasser und prot drei tag
in der woche han gefast. SteinhOwei. dec. 23,20; zu wasser
und zn brot fasten. Keiskrsr. omeis 90*; ellich andechlig
Juden undcr ihn faslen disc zwen tag gar on alle speis.
Frank weltb. 14s'; etliche tage zu wasser und brot faslen.
MELANcnrn. im corp. doctr. ehr. 267 ; zu wasser und brot faslen.
Paracelsos 1,709*; faslest du, wcsch dein angesichl, damit
du für gefastet nicht angesehen werdest. 2,25t'; mir wird
es schwer zu faslen ; lange fasten ist kein brot sparen.
2) fasten angewandt auf enthaltsamkcit oder entbchrung in
andern dingen, namentlich beischlaf:
rinlh sr'incr torhtrr jiilirc her,
bei jedem weiblichen bngchr,
das Ihr bokJemmuDg gab, tu fallen. . ,. ,
TiiüimtL ((. keil, kutan 0,
wo es docli atich nichlessen bedettlen könnte, der zusammenlutng
musz entschetden; meine Amalia bleibt in den klauen de«
ligers, wDhrend dasz meine räch«- ficlin musi. Stiiiu.ER 12*';
1 353 FASTENANDACHT — FASTNACHT
FASTNACHT
t354
du bist lange nicht bei uns gewesen, du hast uns lange
fasten lassen.
3) einen oder einem fasten, Hin durch die faste ehren:
s. Georg,
den alle künig, fürsten und herren
fasten, feiren, loben und ehren. WiLDis päbst. reich Cc',
oder wicin/ er festen, tnlal. festare, /ir. feter?; s. Mdaus kumpt
bald darauf, dem fasten die jungen knaben. Frank «ei/t. 133";
man feiret die heiligen, denen man fastet, denen man nicht
fastet die feiert man nicht. Lebman.n 174.
4) sich fasten:
wenn ein bonz sich zur pagode fastet. Wielasd 9,237.
FASTENANDACHT, f. excrcitium qtiadragesimae.
FASTENBLL'ME, f. primula veris, iceü schon zur faslenzcit
sprieszend.
FASTENBRECHER, vi. qui jejunium non observal , carne
rescüur: wie im zehnten Jahrhunderte den catholischen faslen-
brechern man die zahne ausschlug. J. P. faslenpr. 54.
FASTENBRETZEL, f. ein ungesäuertes backtcerk.
FASTENBROT, n.
FASTENBRUDER, wi. ein spiel bei Fischart n* 84.
FASTENFEIGE, /. carica. Maaler 132'. vgl. faszfeige.
FASTENFEIND, m. frugalilalis inimicus. Stieler 461.
FASTENGEBET, n. dän. fastebön.
FASTENHALTER, m. religiosus jejuniorum observodor. Stie-
ler 740.
FASTENHANDSCHIH, m. primula veris elalior. handschuh
heiszt sonst aquilegia vulgaris.
FASTENKÄLE, /l ? faüenspeise. mhd. von der bohne:
si rßhtiu vastenkiuwe. Walth. 17, 27.
FASTENKNECHT, m. für fallknecht, abdecker. Schmid 182.
FASTENKRAUT, n. salgama. Maaler 132*.
FASTENKUNKEL, f. gib mir ein kunkel woll und flachs,
mach mir ein fastenkunkel, daran ich hinfür spinn, ich hab
bishar itel kuder gespunnen, nit guts, lere mich gut flachs
und woll spinnen, und gib mir ein kunkel. Keisersb. W^er 49'.
FASTENLIED, n. das in der fastenzeil gesungen wird.
FASTENPREDIGER, m. siefie das folgende.
FASTENPREDIGT, f. concio anlepaschdis :
dadurch sind unsre mängel nicht erledigt,
■was willst du jetzt mit deiner fastenpredigt? Göths 41,16.
FASTENSCHLIER, in. scolopax arquata, charadrius pluvialis,
groszer brachtogel: brachvögel giebet es dreierlei, erstlich die
keilhacken oder fastenschlier genant. 2. saathüner. 3. ditigen.
HoHBERG 3. 2, 324. trar es diese art vvgel in der faste zu essen
gestaltet ?
FASTENSONNTAG, m. dominica anlepaschalii.
FASTENSPEISE , f. cibus jejunii tempore concessus. ddn.
fastemad, fastekost.
FASTENSUPPE, f. magere suppe.
FASTENUNINNE, ein altes unegenlied, das die amme sang um
das kind schlafen zu machen: dicuntur carmina, quae nutrix
cantat circa puerum movendo cunas, nach einer Magdeburger
hs., die Kisderlinc in Adelungs magazin II. 1, 81 auszog, ähn-
lich dem gesang suseninne, suseninna. me susen, sausen,
schlafen soll das Mnd fasten, sich des Irinkens enthalten, ruhen.
FASTENZEIT, /. 1) lempus anlepaschale.
2) jejunium:
die canzelei hält fastenzeit. Locau 1,177,47.
camispririum. Stieler 2620.
FASTER, m. jejunator.
mhd. siis wart der gitliche vräj
ein iiaster dir beste,
den man in dfir werlde westc. Wackerjcagels Ib. 587,1.
nhd. heut ein faster, morgen ein fresser; ein hungerleider
ist kein faster. Stieler 441. vgl. fastcler und heuchelfaster.
FASTERLICH : fasterliche speisen ; es ist mir nicht faster-
lich, displicenl müii jejunia. Stieler 44t. vgl. esserlich.
FASTETE, m. einer, der in der faäe begriffen Ut, schon ge-
fastet hat und zu fasten fortfährt: und das essen und trinken
mich besser hab lassen dünken, dann einem fasteten durch
gottes willen zugehört. Bocc. 1, 14, gebildet tric aufwartete
1,772. bediente 1,1232. doch SrEirtnöwEL selbst schrieb 23, 2S
einem fastenden, im original a chi digiuna
FASTLICH. firmUer. Stieler 441. alid. fastlicho.
FASTNACHT, f. quadragesima, it. carnoTaie, fr. carneval.
Verknüpfung der faste mit dem wortt nacht tcheinl nur bei uns
vorzukommen, es ist eigentlich vigilia quadragesimae, reille du
eareme, die letzte derb ausgenossene freszzeit vor dem beginn der
faste, vgl. fastelabend, zwar läszt sich ahd. neben fastatac
{dies jejunii) kein fastanaht {das wäre nox antecedens jejunium)
aufweisen, mhd. aber begegnet vastnaht Jeroschi5 23337. myst.
3, 6. 149, 26. in des Frid. Küdiz Verdeutschung des Berit 34, 17
und in noch späteren, mhd. tcb. 2, 302 angeführten stellen, nhd.
bleibt die volle Schreibung aufrecht erhalten von Henisch 1015, 5.
Stieler 1322. Frisch I, 251. Adelung, unter den früheren
schrißstellern z. b. von Ickelsameb. doch tritt schon mhd. vasnaht
für vastnaht ein Parz. 409, 9. LS. 3, 387, und in den von
Keller herausgegebnen fasnachtspielen slüszt man allerwärts auf
vasnacht, fasnacht, fasenacht, irorads allmälich die schlechtere
form fasznacht erwuchs, wie äe sich bei Serbancs synon. 65*,
diction. c2', bei Faisiüs 150'. Maaler 132', bei Lcther und
H. Sachs fijidet. dies fasnacht darf nur nicht verleiten, das
wort auf eine andere würzet als fasten zurückzuführen, uie schon
Zarnre mhd. wb. 2, 30l' mit recht rügt, während es Müller
3, 330' unter vise gebradU hat. vas für vast ist keine andere
cAstumpfung als die auch in runs, kuns, guns, fris für runst,
kunst, gunst, frist, ja im nd. is für ist erscheinende, wogegen
anderemal ein ungehöriges t hinzutrat, habicht für habich «. s. w.
in der Schweiz, in Schwaben, im Elsasz herscht noch heute fasz-
nacht, wie in Ostreich und Baiern fasching vor, selbd das lit.
pasninkas gilt für pasfninkas. ohne gefahr dürfen die folgenden
belege fastnacht, fastennacht, fasnacht und fasznacht mischen,
die fastnachtzeit war eine der fröhlichsten im jähr, Spielleute, schwert-
tänzer und fechter zogen durch das land in die wirtsiiäuser und
trugen den gasten ihre belustigenden spiele vor:
die vasnacht machet vil läppen, fasln. 91,19;
die vasnacht kan vil narren machen
und das man irs Schimpfs mug lachen. 92,2; 329,10;
wir sein euch kumen zu eren,
ob wir eur freud hie mochten meren
und euch machen einen guten mut,
als man dan in der vasnacht tut. 97,17;
herr wirt, wir wollen urlaup han,
wan wir muszen noch ferrer gan,
und nerat den schimpf von uns vergut,
der vasnacht man doch ir recht tut. 108,1;
herr wirt, ir tugenthafler man,
ir sult uns nicht verubel han,
das wir herkumen ungeladen,
es sol euch bringen keinen schaden.
wir wollen ein kleine weil harren
so wert ir hören von den narren,
das euch mocht machen guten mut,
als man dann in der vasnacht tut. 121,11;
das kijndt ir euch selbs wol bedeuten,
das iez die vasnacht ist inn leuten. 137,2; 319,23;
mit guter nacht! ir sitzt leicht lenger,
ob euch die fasten wurd desi strenger,
dan euch die fasnacht ist gewesen." 198,13;
ir herren, habt unsern schimpf vergut
und seit die vasnacht wolgemut.
ob wir zu grop gehobelt han,
so mugt ir selber wöl verstau,
das man die vasnacht fester tobt
dan in der karwochen, so man got lobt.
223,3; rg/. 329, 13. 773,3;
darumb so halt euch all bescheiden,
und lebt die vasnacht mit freiden. 246, 21 ;
her der wirt, ir solt uns gute nacht geben
und sult die fasnacht frölichen leben. 312,25.
in einem merkwürdigen stück n' 51 tritt die angeklagte fastnacht
in person auf, rertheidigt sich und wird losgesprochen, sie sagt:
man vastet die tag, der abent ich pin. 389,10,
d. h. sie bringt die sechswöchige fasle mit fröhlichkeit ein, der
richter ruß:
nach klag und antwort aller teil
seit fort all fasnacht frisch und geil,
lat sie der fasten abent sein,
bringt sie die sechs wochen wider ein,
wann darumb ist es fürgenumen
und ist das alt und lank herkumen;
«nd der gesegner {der das spiel gesegnet, entldsst):
wir wollen die fasnacht han erschreckt,
so hab wirs erst recht aufgeweckt. 390, 14.
aus den übrigen stücken, aus den gedickten von Folz, H. Sachs
und Ayrer lassen sich ähnliche stellen in menge heben und daraus
lebendige bilder von den unter dem volk üblichen gebrauchen ent-
werfen, man musz dabei nur nicht von den Bacchanalien aus-
gehen, die bald unsern Berchtcntag zu eingang des jahrs, bald
unsere fastnacht deuten sollen, dem Dastpodics (l, 1215) und
1355 FASTNACHT — PASTNACHTBROT
FASTNACHTBÜTZ — FASTNACIITRUTHE 1356
nach ihm dem Sehranus war Bäclitetag oder Bechtag geradesu
Bacchusfest und ükc/j fasznacht; Ickelsamer gramm. D 4' drücW
sich so aus: wenn dann die Teiilschen auch verstünden den
namen faslnacht, was er hiesze und wie er elwan von den
Christen aufgesetzt und gehalten wäre worden, wurden sie
auf solche zeit nit su toll und unsinnig sein und ein fest
hallen, wie die unglauhigcn heiden vor Zeiten irem Bacho
und andern iren (eufelischen abgütern thäten. das: diese
erklärungsucüe forthcrschle, erhellt aus einer unter fatzcrei mil-
gelhciUen stelle 1'uilanders, uie auclt Opitz 1, 42S die fasle mit
Bacchus verbindet, mügcn bacchanalien oder dionysien im allge-
meinen, da Ko sich fa^ alle Volksfeste berühren, unsern fasl-
nachtsgcbräuchcn gleichen, diesen fehlt gerade zu alle beziehung
auf den ucinbau und des weingoUes verherlichung.
hier sind noch weitere stellen über fastnacht und was wdlirend
ihrer fcier bis in spätere zeit hinab geschah, wozu man halle was
die nachfolgenden Zusammensetzungen ausdrücken: ich wil Hans
Schanzen letzte wort, da er zeter über gevvalt geschrien und
darauf gestorben, das er solchen tod nicht verdienet, mit-
nenien und e. c. f. ein fasznacht bringen, so ich lebe und
gesund bin, die sol lustig und gut sein. Lutuer 6,301'';
zuletzt kam auch die gute Lent,
die hatt Jen rock gar umbpewendt,
und hat die har nicht aufgemacht
und gieng gleichwie ein fassennacht. Albbros 128;
er maint leicht es sei fassennacht,
die alle weit zu narren macht,
da lotterbuhcn und schalksnarrn
den platz haben und stehn daforn. Nasüs nasenesel 36*;
im hornung, die sonn hat fisch gekauft, darob jederraan zum
narren wird und fasznacht hält. Fisgiiart groszm. 99 ; mein
gnädigste frau fasznacht wird ihren rechtshandel stalllich
gewinnen. 40; um dieselbigc zeit fallt Martini ein, da fängt
bei uns Teutschen das fressen und saufen an und währet
bei theils bis in die fasznacht. Simpl. K. 483;
ich freu mich diser fasenacht. ühland 643;
ich sih ein fasznacht schon,
die thut sich dort hernehen,
hat ein narrcnkappen an. Ayrer fasln. 159';
weil die weit jetzt fasznacht laufet. Locau 3,201,61;
ToUer fastnacht ist die weit, thorheit klebet jedem an,
dort wird blosz stehn jeder sinn, der sich hier vermummen kan.
2,201,32;
der maskerade göttin, die in der fasiennacht
die dicken nasen zierlich, die kleinen schcuszlich macht.
Dusch verm. werke 156;
der hornung kommet nun mit fastennacht gegangen,
nun lindert sich die kalt, nunmehr die tage langen.
dessen kalendcrrcimc ;
magen und kehle feiern heute bei mir fastnachten. Lessing
3; 50 ; wir waren gestern nachts auf dem ball, meine Evc
und ich, unser herr leutenant hier oben liesz uns die leih-
liche ruh nicht, die ganze fasznachten über hat er uns alle
Sonntag sehr inständig gebeten, ihm die ehr anzuthun. 11. L.
Wagneb kindermörderin 26;
da tragt der fastnachtsnarr zum tanz und spiel sein geld,
und lacht, wenn hier im haus der teufel fastnacht hält.
GöTHE 7,59;
heut gilt es, wer den andern niedertrinkt,
denn euer rcgiment will uns hewirthen.
wir wollen eine lustge fastnacht hallen,
die nacht sei einmal tag, bei vollen gläsern
erwarten wir die schwcdscbe avantgarde. SfHiLLKR 391%
doch liest die erste ausg. des Walienstein von 1800 2, 17G fasz-
nacht, was zu des dicIUers scfiuäbLicher mundart stimmt, die
folgenden ausgaben besserten faslnacht und da wo Schiller in
der ersten ausg. 2,213 gedichtet halte:
e» i«t heut fasznacht, und ein essen wird
gegeben auf dem schlosz,
heiizl et später fastnacht. 398*; da im kriege doch immer
Sommer und wintcr, fasten und ühcrgenusz, fasllag und fast-
nacht wechseln. J. 1*. friedrnsjir. 6. man saiß, grüne fastnacht,
weisze ostcrn; halt fastnacht, so hast du guteostern; ineiir
zu Ibun haben als die pfannc vor fastnacht = allzu gesduißig
sein, die foUjmden zusammcnselzunifn schwanken ztmchen fast-
nacht und faAtnachlK, deren crsleies hier aufgestellt wird:
FASTNACIITAUFZIG, m.
wa* will die trommel? gebet acbtl 'wni für
«in faitiinchtaurzug uiidwas noll der huiV Scuiller .')21',
in der erden ausg. ron ISüi fasznachtsaufzug.
rASTNACHTBKÜT, n.
FASTNACHTBÜTZ, BUTZE, m. lari'a, morio larvaius, vgl.
2, 588. Maaler 132' setzt fasznachlböck und butz. Stieler
206, 264. wan on zwifel, si {die kinder) werden mich fürchten
als einen fasznachtbulzen. Steinhöwel £so;) 15 j5, 3'; wan
sobald mich die kinder ersehen haben, so haben sie mich
für einen faslnachtbulzcn gehabt. 4'; da sprach Xanlhus
'losa, du fasznachtbutz ! ' 17*; darnach erdichten sie neuwe
fasznachtbulzen und larven, damit sie die groben fülzen (/üw)
der weit geäffet halten, der verzucket pasquinus 1543. D7;
der geiz und unser eigner nutz
macht manigcn seltsam fasznachtbutz.
Schade sal. u. pasq. 1,28;
etlich wie fasznachtbulzen
sich gleich theten vermulzen. H. Sachs 1,79';
wer vveisz was ich dir noch möcht nutzen,
setzest mich für ein fasznachtputzen. Wolcemuts Esopiis 15;
wenn ein Esopas oder dergleichen larva oder fastnachtspulz
fürgestellet wird. Luther 5,269*; schem dich du aller fasz-
nachtbutz ! TnuRXEissER archid. 41 ; manduci waren erschreck-
liche fasznachlbutzen mit larven und groszen köpfen. Reiszxer
JfTus. 2, 147* ; ja zu diesen authentischen beschriebenen fasz-
nachlbutzen suchen sie noch rumörtschere ladengezierd, die
cim allen confect erleiden sollten. Garg. 18'; die absonder-
linge und menschenscheue w»rdcn nur für albere fanlastcn,
faslnachtbulzcn und narren gehalten, wann sie auch gleich
noch so klug und gesclicid wären. Simpl. K. 120.
FASTiNACHTBLTZISCH, larratus :
mit solcher zucht man fasznacht hell,
also hebelt man das fcld
in der fasznachtbutzischen weit. Garg. 51*.
FASTNACHTEN, faslnacht halten. Stalder 1,356.
FASTNACHTFEUER, n. Stalder 1,356.
FASTNACHTGESICHT, n. larva: man musz solches fas-
nachtgesichte unsern feinden abziehen und von den äugen
des gemeinen mannes die schuppen fällen. Botschky kanzl. 819.
FASTNACHTHEER, n. das wütende lieer, weil es zu fasl-
nachten ausfahren soll : ich hab neben andern gehört von Johau
Kennerer pfarher zu Mansfeld, seins alters über achzig jar,
das zu Eislebcn und im ganzen land zu Mansfeld das wütend
beere (also haben sie es genennet) für über gezogen sei
alle jar auf den fasnacht dornslag, und die Icut sind zuge-
laufen und haben darauf gewartet, nicht anders, als soll ein
groszer mächtiger keiser oder könig für über ziehen. Agricola
spr. 667.
FASTNACHTHUHN, n. wie pfingslhuhn, herbsthuhn: der
rittmeisler, dem solche scherze lieber waren als fastnacht-
hühner. J. P. uns. löge 1, 117. vasenachthuener in einer urk.
von 1328 bei Höfer auswald der alt. urk. 219. vgl. RA. 98. 374.
Bluntschli zürch. rechlsg. 1. 276.
FASTNACHTISCH, horribilis, fratzenliafl : er hat Christum
verjagt und ausgetrieben und sich an seine slat gesalzt als
ein herr und hat für das pricslcrthum des gcistes ein kin-
disches und fastnachlisch prieslerthum aufgerichl. Luther 2, 3S'.
FASTNACHTKNECHT, f».
doch wer der narren weis thut recht,
der ist ein guter vasnachtknecht. fastn. 735,6.
FASTNACHTKRArFE, m. Schweiz, fasznachlkräpni n.
gct, liebe geschwei, den kes ncmpt hin
und pacht die vasnachtkrapfcu draus, fastn. 53, 16.
FASTNACHTLAUFEN, n.
FASTNACHTLARVE, f. die fastnachularve des spaszes.
J. P. Katzenb. 3, 70.
FASTNACHTLIED, m. vasznachllicl. faän. 1103.
FASTNACHTLUST, f j>l. ludicra anU solcnmia jejunä.
FASTNACHTNARR, m. fastwuMhur :
ich weisz noch etlich fasznachtnarren. Brant IIC;
sie sprangen herum wie gaukier und fasznachtsnarrcn. Simi4.
K. 205 ;
da tr> der fastnachtsnarr zum tanz und spiel sein gcld.
CitTHII 7,59.
FASTNACHTPEITSCHEN, n. s. fastnachlrulhc.
FASTNACHTPFAFFE, m. larven und faslnachtspfaffen mag
er {der bischof mit dem citrcsem) wol aus uns machen. Luther
e, 05*.
FASTNACHTPREDIGER, m. mit dem heiseren hals eines
fnstnachtspredigrrs. TiiL'mmel 6,406.
FAST.NACIITRECIIT, «. ». fastnachlrulhc.
FASTNACIITRUTHE, A; hei Übersendung ci lils-
rulhe, eigenllicJi uol zum ascheal>krliren an» «s. ' ii<//.
1, 6sü), m Saclisen aschenruihe, henuuh :u an.,
1357 FASTNACHTRUTHE— FASTTAG
FASTTÄGIG — FASZ
1358
kind, sie hat mir wollen senden
ein gar schönes rüthelein
welches sie mit eignen bänden
hat geflochten, wie ich mein,
bieniit soll ich ohn verbrechen
mich bestrafen, wie sie spricht,
warum will sie sich so rächen?
bah ich was gethan, mein licht?
Lel'coleo:«s Galamelite s. 195 •
an die ruthe, der Doris das fastnachtrecht zu thun:
ihr zarten reiser gehet,
wo ihr die Doris sehet,
ja gehet, doch was leiser,
0 leis, ihr zarten reiser!
ihr müsset heimlich lauschen,
nicht in die kammer rauschen,
sie möchte sonst erwachen
und sich denn fest vermachen, s. 201 ;
bei Übersendung einer fastnachtruthe :
kind, sie wolle meinetwegen
diese zarte reiserlein
sanft auf ihre fösze legen,
wenn sie steigt insDett hinein, s. 204;
Cupido an die Galamelite mit einer ruthe abgescbicket :
ei mein, so mach dich auf, ei mein, thu mir zu gute
den riegel leise weg, wenn Galamelite
noch in den federn liegt, dasz sie dir nicht entgeh,
und steupe, bis ihr herz vor gegenliebe blute, s. 210;
bei Übersendung einer fastnachtruthe auf Bremen :
diese ruthe schick ich weg über drei und zwanzig meile,
dasz sie an dem Weserstrom euch, mein bruder, übereile,
nun so steupet erstlich euch, dasz ihr nicht zu lüstern werdet
und euch gegens Jungfernvolk irgend gar zu frei geberdet,
seinen leib musz man betäuben, ob wir gleich nicht päbstisch
sein,
stellen wir doch ganz deswegen nicht das fastnachtpeitscben
ein.
wenn nun dieses ist verbracht, dann so streicht in eurem namen
eben mit derselben gert alle nympfen, alle damen,
derer kundschafl es gestattet, streicht so lang es euch beliebt,
bis ein jed euch heisze weggen, das ist warme küsse gibt.
s. 211.
FASTNÄCHTSCHMAUS, m. Götter 1, 249.
FAST.XACHTSPIEL, n. vasnachtspil. fasln. 96, 1. 128, 1 u. s. tr.
hie werdt ir hören ein vasnachtspil. 351,10;
man nennts allein ein vasnachtspiel. 386,16;
das wir gott seibs nicht so hoch gefurcht und geehret haben,
als diese ire nichtige lanen und faslnachlspiel. Lctber 6,95';
daher die newen comödi oder fastnachtspiel an ir statt sind
treten. Frask lob der totiwU von.; nun der menschen leben
alles was ist es anders dan ein fastnachlspil, in welchem je
andere mit andern schönbarten bedeckt herfür treten. 23';
das er lugen (sehen) sol fastnachtspiel, tenz, brautlouf und
dergleichen weltlicher freuden. Keisersbebg liellbch low dö';
mücht ir das leiden, so wil ich ein fein fasznachtspiel mit
diesem öden künden anrichten. Wickram rollw. S5'; darumb
etlich sagen , der tempel zicrd si des teufeis fasznacht-
spiel. sieben pfaffen klagen he nof. o. o. und j. B2'; man hat
zu allen zeiten solcher art kurzweiligs gespötts vorgehabt
... die Teutschen mit fasznachtspiien, freihartspredigen,
pritzenschlagen. Garg. 7 ; ist ein fastnachtsspiel gleich hoch-
verrath? Göthe 8,215; einem groszen übel zusehen, etwa
einmal drein schlagen, wie im fastnachtsspiel, dasz es klatscht
und man doch etwas zu thun scheint, wenn man nichts thun
möchte. 8, 260 ; ein fastnachtsspiel, auch wol zu tragieren
nach Ostern. 13,57; der herzog von Albanien erinnerte zur
zeit der allgemeinen mummerei die alte beherscherin der
könige an das fastnachtsspiel seiner königlichen prätensionen.
29, 251.
FASTNACHTTHOR, m. faslnatMnarr :
nu schweigt, ir weisen, tut auf cur oren
und bort zu den vasnachttoren. fasln. 97, 20.
FÄSTNACHTTHORHEIT, f. mitten unter dem gewühl der
fastnachtstborheitcn. Göthe 29, 284.
FASTNACHTWOCHE, f. sejAimana jejuniorum, fasenacht-
woche. Stieler 2533, vgl. fastwoche.
FASTNACHTZEIT, /. me fastenzeit : da die narren beginnen
za blühen, fr. Simpl. 1,57;
der tod will den gebrauch der fastnacbtszeit behalten,
er äschert unser naupt mit moder aus der gruft.
GCKTUEK 613.
FASTTAG, m. dies jejunii. Stieler 2247, mhd. vasttac Helbl.
8, 883. Tastetac. Kelle spec. eccl. 5. altn. föstudagr, sehw. ddn.
fastedag, mhd. vasteltac ; vastac steht für vasttac, und so schreibt
Maaler 132', nicht gelesen habe ich fasztag nach analogie von
fasznacbt: sobald das Schicksal nicht einen ganz uaerworteteo
mardi gras an seine fasttage stellte. J. P. Fibd 108 (75) ; jeder
fasttag hat drei fresztage.
FASTTÄGIG, icie eintägig, viellägig gdfüdet.
FASTTÄGLICH, did jejunii similis: ich habe keinen ver-
hungertem, keinen fasttäglichern tag gesehen. Lessisg 3, 50.
FASTUNG, f jejunium, ahd. fastunga: die priester sollen
macht haben ihre sündigenden weiber zu binden und in irn
heusern zu behalten zur zucht und fastung. Fram chron. 366*.
FASTWOCHE, f u-ie fastnachtwoche. fasln. 592, 7.
FASTZELTEN, pl. faslbrelzel. Katziporus So'.
FASUNG, /. fatuilas. ineptiae, faserei.
F.VSZ, n. vas, oxsvos. kän golh. fat, sondern dafür kas,
ahd. char, alln. ker. ahd. fa;, pl. faj oder paragogiich fe5;ir,
mhd. va;, pl. vaj oder vejjer, nhd. fasz, gen. fasses, pl. fässer,
dat. fässern, vormals auch fasz und fasse, dat. pl. fassen.
alls. fat, pl. fatu, nnl. vat, pl. vaten, ags. fät pl. fatu, engl.
vat (uol nach nnl. vat), alln. fat, pl. föt, schic. fat, ddn. fad.
«'ur;;e/ das golh. fitan, ahd. fejjan, icovon fajjön parare,
instruere, also faj, gerät, ganz wie oxsvos und oy.svdteo zu-
sammen gehören, das lat. vas vasis ist unverwandt, obschon
fat = vestis, golh. vasti an vasjan vestire gemahnt, mit dem
pluralablaut fäjun, golh. fetun bildete sich aber golh. fetjan omare
so wie unser geflisz, gen. geföszes, das dem fasz, fasses gleich-
bedeutig, niclit daraus herzuleiten steht, wie der unterschied der
vocalquanlität und consonanz leltrt. ahd. gifäji commeatus =
alimentum, cibatus, bewirlung, mhd. gefxje:
bäten in die zwene,
daj er sie hielte über naht . . .
daj versagete der aide
und in des gewalde
stuont da; gefaeje : vergaeje. G-4. 3,47.
im passional, dessen mundart ^ ßr ae schreibt, findet sich geveje:
an tranche und ouch an spise,
so man is indert beste
bebalden aldä weste
in vil gutem geveje ( : truchseje). pass. B. 36,30;
er belsete uude kuste
der kuchene geveje gar. pass. K. 33, 1.
soviel war über gefäsz hier vorweg zu nehmen, um dessen verhall
zu fasz 51« veideutliclten, mehr noch wird unter dem worle selbst
nachgeholt werden.
analogie besteht zwischen fach von fahan (sp. 1218) ittid fat,
fa; von lltan, fejjan, da beide fangen und fassen (capiunl)
und fahen, fangen gewissermaszen auch fassen sind, allein diese
wurzeln sind doch genau zu scheiden und fasz darf niciU aus
fahen abgeleitet werden, es müste denn gelingen fah (fak) und
fat unter einem hülier stehenden fa zu begreifen, das weder unsere
Sprache, noch die lat. und gr. ankündigt.
bedeutungen.
1) alln. fat res/15 : hrein föt, ve^es jturae; föt Sörla, die
kleider des Sörli {golh. Sarvila) = lorica; |)vo sin föt, vestes
suas lavare. 3 Mos. 15, 7, wo die altddn. bibel too sinä kledher ;
einginn settur b6t af niu klaede a gammalt fat. Matlh. 9, 16. dasz
auch bei uns fasz veslis bedeutete, ergibt sich nicht nur aus fassen
vestire, sondern auch aus fetie panniculus, vgl. hernach falzen.
2) vas, vasis, von stein, erz, thon, glas, alid. dahinaj fag,
fictile vas; steinina j hz,. vas lapidcum ; silabarfa;, ras argenleum ;
erfaj aeramen/um; lldfa; pocu/um ; liohtfaj /«cerna. aps. Ismene
fatu, ßclilia vasa; gvldene fatu. aurea vasa. mhd. steininiu
vaj, lapidea vasa; güldiniu ra; oder goltvaj, aurea vasa; hant-
vaj Waschbecken ; giejvaj, gieszkanne. nhd. hat nicht ein töpfer
macht, aus einem klumpen zu machen ein fasz zu ehren und
das ander zu Unehren ? golh. })au niu habai)) kasja valdufni
))ah6ns us {)amma samin daiga taujan, sum du galaubamma
kasa, sumu[)t)an du ungalaubamma ? Rom. 9, 21.
3) geflochtenes fasz: korp theist skalklicha? fa;. 0. 111.7,59,
servilia cophinis solent opera fieri. der bienenkorb hiesz ahd.
piochar, mhd. binva;; ein schab, mott in den bienfassen.
-\lbercs.
4) ganz besonders hölzernes fasz, weinfasz, bierfasz, essich-
fasz, im allgemeinen ist uns heute fasz dolium: ein fasz binden,
abziehen, das fasz läuft, rinnt, ist leck.
mhd. ich weij wol da; du guot bist,
die wile din im va;;e ibt ist,
so wil ich bouwen dise banc. weinschwelg 16;
der guote win wirt selten guot wan in dem guoten Tajije.
Walther 106, 17 ;
alsd twingct va; der tübel (die daube),
da; $; niht rinne zailer zit. Fkeida^k 79,16;
d^n bopsen va;;en niemen mac
benemen wol ir ersten smac. 103,15;
1359 FASZ
üi iegelichcrn Ta;;e ^ät
als 6i innerhalbea bat. 111,2;
ich bin ein biittenrrre,
s»ver mir dds gunde,
sin vai ich im buiide. Neifen 44, 39.
nhd. wenn er ein erJen gefesz anriirct, das sol man zubrechen,
aber das hülzen fasz sol man mit wasser spülen. Z Mos. 15,12;
sihe er hat sich unter die fasz verstecivt, LXX xdy.oxmxat
iv rols ay.EvEOi, vtilij. absconditus est domi. 1 Sam. 10, 22 ;
sihe mein bauch ist wie der most der zugestopft ist, der die
newen fasse zureiszet. //ki6 32, 19; Moab ist von seiner jugent
auf sicher gewest und auf seinen hefen sicher gelegen und
ist nie aus einem fasz ins ander gegossen. Jer. 48, 11 ; es
kompt die zeit, das ich inen wii Schröter schicken, die sie
ausschroten sollen und ihre fasse ausleren und ire legcl zer-
schmettern. 48,12; ncwer wein und newe fasse, newer rock
und newes tuch gehören zusamen. Luther 6,477'; ein fasz
anzapfen, anslcchen (1, 477), Maaleh schreibt anzapfen, rcUnere
dolia; gelärte und austrunkene fasz, siccali cadi. 132';
da gedacht ich, hastii den geprechen,
so wil ich licin solches fasz anstechen, fastn. 701,24;
wann der best nein ins faul fasz kam,
darin müst er ersauren,
so wann Jungs meidlin ein alten nära,
ir herz müst drob ertrauren. Ganj. 92';
wenn die reben wieder blühen,
rühret sich der wein im fasse. Göihe 1,64;
drum will ich, bei ja und nein,
vor dem zapfen sterben,
mit mir soll des fasses rest
in der gruft verderben. Uürger 50';
und schöpft ins lecke fasz der Danaiden. ScHitLER . . .
nne menge redensarlen : 'dem fasz bricht der boden aus', die sachc
ist verschüttet, zu ende; 'dem fasz den boden brechen, ausbrechen,
ausstoszen' (1, 989. 2,210) dm wein verschüllen, der sacke gewalt-
sam ein ende maclien; der letzte und ergste zorn des tenfels
wider Christum, damit er dem fasz den boden ausstöszet.
LuTHEB 4, 473' ; und stöszet dem fasz den boden aus. 5,143';
darfstu sagen, das gott nicht gott sei und die apostel und
Christenheit nicht recht lere und glaube, so haslu gut thun
und nicht besser, denn stosze nur vollend dem fasz den
boden aus, und sage, das kein auferstehung, kein bimel noch
hell, kein teufel noch sündc sei. 6,224'; er wird so lange
an den reifen klopfen, das einsmals dem fasz der boden
ausspringen möcht. 6,7';
wenn aber die vergeszne weit zum frölichsten wird tanzen,
so will ich dem verstockten fasz gar plotz den boden brechen.
RiNcwALO evang. kkS';
der keiser gol es selbst erfahren,
was er hat mit seim weib begangen
und soll dem fasz den boden ausbrechen. Atrer 380';
ha, sagt sie, ihr habt gut sagen, wcre dem fasz der boden
aus. Garg. 103'; hiemit war dem fasse der boden cingestoszen.
Fdtenb. 4, 478. ähnlich ist 'das fasz zuschlagen', eine sacke
beruhen lassen, von ikr zu strecken auftiOren: es ist besser
dieses fasz zuzuschlagen und unsere gedanken auf etwas
anderes zu wenden. Pierol 2, 33 ; lasset uns dieses fasz zu-
schlagen. 2.132; wir schlugen endlich dieses fasz zu. 2,346.
•ein loch ins fasz trinken' will sagen einen guten theil des wäns
daraus verzehren: nachdem sie also in eil ein ziinlich loch
ins fasz getrunken hatten, zog ein jeder seine beste rüslung
an. Garg. 250'. was man in ein unsauber fasz gieszt, das
säuert bald. Sihboci 2209'; dahin zu gekoren scheint das 'g\c»zen
in das fasz' Karlmeinet 221, 23, verleumden, übel aus.^prengen.
'aus einem andern fasse laufen', ganz anders aussehen, anders
schmecken :
man kan durch kleinen zweck die lange ruh Terbessern.
'verbösero', «pricb recht aus, 'es lauft aus andern fessern'.
Grtpuil's 1,305;
es geben aber die ubren unserer jetziger prediger zu disen
jähren aus einem andern fasz. </c«p. zweier augsb. burger.
IngoUt. 1609 i. 3; dort aber wird man die sailen änderst
stimmen, es wird aus einem andern fusz gehen. Otuu 13C7 ;
das gehet aus einem andern fasse, unw. doct.iihi); aber nun-
mehr soll CS hoffentlich aus einem andern fasse gehen.
eauiemacher 121 ; ich musz das ding in ein ander fasz schlagen
{attden atifangen), sagt ich. Dudes TriMr. Sh. 7, 45. 'aus vollem
fasse geben': wann der jüngste tag anbricht und sie ihre
c&rper aus der erde wieder bekuinnien, und in ihrem ncischu
gott sehen, da wird denn die herlichkeit und freude erst aus
Tollem tuse gehen. Scrivkk ulfmch. 2,002;
FASZ
kum spal, fruo, trucken oder nasi,
so lindestu ahveg ein folles fasz. fastn. 323,16.
1360
'nicht im rechten fasse sein', übel gelaunt, übel zu sprechen
sein : ich sehe wol er ist nicht im rechten fasse, herz. Heinr.
JuL. 244. 'etwas im fasz haben', in vorrat und bereitscliaß :
eben als ob die liebe heiligen nicht auch ein gut wort im
fasz betten, bienenk. 197', nickt auch ein wort bei gott mitzu-
sprechen; er bat immer was im fasz, liält immer ein gut fasz
wein im kctler; er hat noch etwas bei mir im fasz {liegen),
ich habe i}im noch etwas aufgehoben, wofür er büszen soll;
habt ihr dawidder nichts im fasz? frosclim. JV,
bleibt euch dairidcr kein mittel übrig? 'einem über sein fasz
kommen', swk in seinetn keller, in seinem weine satt trinken oder
berauscfien : ich bin gar der memori über das fasz kommen,
derhalben haltet in ehren solchen xerxischen köpf, der alle
seine kriegsleut im ganzen beer von 100000 wüst mit iren
besonderen namen zu nennen, ja wers glaubt! Garg. 03';
hüpschlich trinken oder nit vil über das fasz gon, parcere
cadis. Maaieb 132'. 'aus dem besten fasz geben', den besten
wein scitenken: auf morgens, nachdem sie gesuppet, das ist
den leib mit Wermutwein, das ist dem besten aus dem mil-
teln fasz gewermet betten, brachen sie auf. Garg. 146'. 'nach
dem fasz schmecken': alle andere lehren schmecken nach
dem vasz, und können recht geprüft ihren Ursprung nicht
bergen, ich will sagen sie schmecken nach eigennutz und
betrug, die christliche aber nach ihrem göttlichen Ursprung,
der tiefe nenilich der Weisheit und gute gottes. Scbiveb
seelensch. 2, 737.
fasz bleibt, wenn es ein bestimmtes masz bezeichnet und ein
Zahlwort vor sich hat, im pl. unverändert z. b. zwei fasz hier,
drei fasz öl, verschieden von zwei bicrfiisser, drei ölfässer,
vgl. glas, masz, fusz. Sprichwörter: leere fiisser klingen hohl,
rumpeln; volle fässer klingen nicht, leere desto mehr; leeres
fasz macht nicht nasz; es ist noch nicht in dem fasse, worin
es gähren soll; wenn das fasz leer ist, wischen die freunde
das maul und gehen ; alle fässer rinnen gern ; fülle ein leer
fasz, so siehst du wo es rinnt; wenn das fasz rinnt, musz
man die reifen treiben; man klopft solang an den reifen,
bis dem fasz der boden ausspringt, gleichnisweise: er ist dick
wie ein fasz; ein alt weib, die ein bauch hat wie ein fasz,
doliaris anus. Maaleb 132*.
5) fasz für sckif, vgl. it. vasello, vascello ßr lat. vasculum,
fr. vaisseau: sie werden mit getön von den lären fassen in
das meer geworfen. Fobeb ßschb. 98';
wann gleich ein schif nun sclion aus hohen dicken flehten
von unten an erbaut den mastbaum auf kan richten,
so ists doch nicht genug zu laufen in das meer
den rechten strich hinaus bei stein und klippen her,
es musz ein Steuermann das hole fasz regieren.
Opitz Hugo Orot. ;i.295, und danach
ein kluger schifman kan das hole fasz regieren,
damit es wind und seo nicht auf die küppea führen.
Tscukr:iing Ib42 s. 88.
6) fasz für andere gefäsze : so nim nu zu dir weizen, gersten,
bonen, linsen, hirs und speit und thu es alles in ein fasz
(einen trog) und mache dir so viel brot draus, so viel tage
du auf deiner seilen ligest, das du dreihundert und neunzig
tage dran zu essen habest. Ez. 4,9; holz zu schubkarrn,
schaufeln, zu hülzern kandeln, fassen, gelten. Lithkr tischr.
22'; mit ganzen ballen und fassen. Frank f ref l,i',l. nach
dem Simpl. culender 198 nennen die Schuriztr das euter 'fasz'.
7) ßgürlich, und ein iglicher unter euch wisse sein fasz
zu bebalten in hciligung und ehren {golh. ei vili bvarjizuh
izvara gastaldan sein kas in vcihijtai jah 8virij)ai). 1 Thess.
4,4; so nu jemand sich reiniget von solchen leuten, der
wird ein geheiliget fasz sein zu den ehren, dem haushorrn
breuchlich und zu allem guten werk bereitet (a|)|ian jabni
hvas gahraiiijai sik |)izei, vair|>i|i kas du svf'ri|>ai, gaveihai|)
jah bruk fraujin du allamma vaurstvJ^ gödaizt* gamanvi|>).
2 Tim. 2, 21 ; das ist gnites wille, ewer heiligunge, das ir
meidet die hurerei und ein iglicher wisse sein fasz zu be-
hallen in hciligung und ehren. Luther 6,28';
ich main euch junkfrau ane hast,
oller ercn und tugcnd ein vasx. fasln. 405,3;
und nasch nicht nu« cira frcmilcn fasz,
daa du nicht darfst beiahlrii das.
wcim dir der herr . . . wird ein gehrawen hier bcsrhero.
Hi^cwALD laut, trarh. 160;
frei ja nach "^ '
unil nicht HO I
doch gibt dir t
Mut
i und gut,
.c» i»u. 177;
1361
FASZBÄRME — FASZLICH
FÄSZLICH — FAT
1362
wer wird hernach, mein lieb, wer wird hernach dich preisen,
wann disz mein irdin fasz denn wird die würmer speisen?
Opitz 2, 172;
Virosa ist zwar wol ein weih, doch nicht ein schwaches fasz,
weil keines mannes stärke nie ihr konte schaden was.
LoGAC 2,220,55;
das fasz deiner brüst. J. P. Kamp. lO; je mehr er flaschen
auf das fasz seines leibes abzog, desto mehr erhob er gott
verstärkter. Fibel s. 34 (49).
s. bierfasz, buchfasz, butterfasz, dintenfasz, essichfasz, fut-
terfasz, gieszfasz, glasfasz, gurkenfasz, kühlfasz, mehlfasz,
melkfasz, milchfasz, ölfasz, pulverfasz, rauchfasz, salzfasz,
schenkfasz, silberfasz, spülfasz, waschfasz, wasserfasz, wein-
fasz. alid. mhd. noch viel andere, vgl. Gbaff 3, 729 — 31. mhd.
wb. 3. 2S1. 283.
FASZBÄRME, f. faszhefe.
FASZBALM, m. der sich zu böUdierhols eignet.
FASZBIER, n. das im fasz gegohren hat und daraus verkauß wird.
FASZBI.NDER, m. rietor, büllicher, bütlner, kt'tfer. dän. fad-
binder.
FASZBODEN, m. fundus dolii.
FÄSZBOHRER, m. zum anbohren eines fasses.
FASZBRÜCKE, f. aus leeren tonnen gebildete brücke.
FASZBÜRSTE, f. fotalor: kandeldrescher und faszbürsten.
Schwabe tintenf. ß ä'.
FASZBUTTER, f. eingetonnte bulter.
FÄSZCHEN, n. doliolum: mutterfiiszchen. auch name riner
Schnecke, turbo muscorum, fr. barillet.
FASZCHENSTAHL, ni. staldstäbe, in fäszchen versendet.
FASZDAUBE, f. iamina dolii, s. 2,829 und dauge 2,844,
ICO bühm. duha, poln. daga beizufügen, der geistige wein schmeckt
nach den faszdauben des körpers. J. P. Kamp. 36 ; in der tbat
würden in einem dorfe, das ein eingefügter zwickstein einer
Stadt, eine eingereifte faszdaube des Heidelberger residenz-
fasses geworden wäre, noch übrig gebliebene bauem eben
so lächerlich als müszig sein. Siebenk. 1, 76 (107).
FASZDECKEL, m. operculum dolii.
FASZERZ, n. das ach beim schlemmen durch siebe mit dem
gestein absondert.
FASZFAUL, putredinem dolii redokns, faulirhten geschmack vom
fasz habend: es schmeckt, riecht faszfaui, bühm. smrdi sudem.
FASZFEIGE, f. ficus carica, eingetonnte feige, nach andrer
deutung für fastfeige, fastenfeige, in der faste gegessene feige.
FASZFINGERLEN, gläserklingelen und flaschendänzelen.
Garg. 112".
FASZFUTTER, n. l) fass, in welches ein anderes mü waare
eingesetzt vird.
2) fulter, das dem rieh in fdssem oder krippen gegeben tvird.
FASZGROSCHEN, m. abgäbe für faszbier.
FASZHEFE, f. faszbärme, hefe im bierfasz. man unterscheidet
oberhefe und unterhefe.
FASZHOLZ, n. zu faszdauben geeignet.
FÄSZKAMMER, f. zimmer, welches man ein faszkammer
nennet. Simpl. K 890.
FASZKELLER, m. keller fiir vein und bierfdsser.
FASZLAGER, n. lager ßr Weinfässer, s. faszliegerung.
FÄSZLEIN, n. doliolum, fäszle. Maaler 130':
und war das fäszlin noch so rein,
so find man trusen drinnen,
so welch jungfräwlein seuberlich sein,
die sind von falschen sinnen. Gnrg. 92';
das ist die rechte stund zu helfen, allweil das väszlein noch
ein wenig laufet. Otho 192; der grosze weltabend ist vor
der thür, wir haben die hefen der weit erlebt, das fäsziein
ist gehoben, gott wird ihm vollends bald den boden gar aus-
stoszen. 1276; das stück wird gute weite Wirkung thim. will
auch einen würznich drein dämpfen hier und da meines
fäszleins. Götbe an Lavater 26.
FASZLICH, 1) palpabüis, uas sich fassen, greifen Idszt, greifbar :
fasziiche finsternis, tenebrae palpabUes, faszlicher nebel, dichter,
dicker; bist du blosz ein dolch der einbildungskraft, ein
Unding in meinem erhitzten gehirne erzeugt? noch seh ich
dich in eben der gestalt, eben so fasziich (palpable) als dieser,
den ich nun zücke. H. L. Wagner Macbeth 41; der Rheinfall
von vorn, wo er fasziich ist, bleibt noch herlich, man kann
ihn auch schon nennen. Göthe 43,154; eine grosze herliche,
aber fasziiche, in allen tbeilen interessante, aber begreifliche
naturscene. 43,160; die nächsten fasziichen Ursachen sind
greiflich und eben deshalb am begreiflichsten, weshalb wir
uns gern als mechanisch denken was höherer art ist. 50, 124.
m.
2) intellechi facilts, begreiflich: eine fasziiche lehrart, ein
faszlicher Vortrag; fasziiche philosophie des lebens. Götter
1, vi; wenn die philosophie fasziich unter den menschen in
gang kommt. Kunger 5, 398.
FÄSZLICH, doliaris: ach ihr lieben keller, die ihr aus ßsz-
licher vollmacht und vollmächtiger fäszlichkeit newe formen
schaffet und die naturen ändert, macht mich aus eim nicht
trinkenden trinken, aus eim untrunkenen trunken. Garg. 85*.
FÄSZLICHKEIT, f. die fäszlichkeit einer sache, einer
Schrift; der verstand begehrt einsieht, die Sinnlichkeit fäsz-
lichkeit. Kant 1, 302. auch für gäbe, fähigkHt, fassungsrermögen :
also gibt es auch unter denen niedern geschöpfen einige, so
nicht ganz ohne Vernunft, ja ich möchte sagen mit bewun-
drungswürdigen fasziichkeiten begabt sind. Just. Kerner dich-
tungen 2,47 (3 a«/?.); fleisz und Sitzfleisch hat er nun eben
nicht, aber desto mehr natürliche fäszlichkeit und, wie das
Sprichwort sagt, ist ein quentchen lautterwitz mehr werth
als ein centner schulwitz. H. L. Wagneb die reue nach der
that s. 15.
FASZMüND, m. labrum dolü. SnEtER 1307.
FASZPECH, n. pix doliaris, zum auspichen der bierfdsser.
FASZBEIF, m. circulus doliaris, reif, der um das fasz ge-
trieben uird.
FASZSPUND, m. obturamentum dolii, der schlicszende zapfen
oben am fasz. Stieler 14S6 gibt dafür auch faszpund.
FASZSTATT. f beim Salzbergbau der grund (die sohle) eines
Schachtes, aus welchem der ausgelauchle thon gezogen oder geför-
dert wird.
FASZTROPFE, m. vappa, tropfwän, ausgelaufner, verdorbner,
umgeschlagner, kahniger wein. Stieler 2330. gr. dxrooniae, ein
ursprüngliches f. wie vappa.
FASZWCRZEL, /. Ihauwurzel, die zur se'de der herzwurzel an
den reben herauswächst.
FASZZAPFE, m. epistomium dolü
FASZZIEHER, m. scala doliaris: ein wcinleiter, faszzieher
oder weinschröter. Wicsram rollw. 97, gebildet wie korkzieher,
kugelzieher, stiefelzieher. bei Stieleb 2628 ist aber faszzieher,
traho onerarius, lastzieher.
FAT, «1. fatuus, fr. fat, das sich Schilleb ßr geck, thor,
narr gestattet:
der dümmste fat, der ärmste wicht. 26'.
ans altn. fauti, fatuus kaum zu denken.
FAT, FATE, f dispositio, ordo, habitus, ahd. fata, mhd. vafe,
vatte : du bist allein voller böser feet (anschlage) und list
und in rechter witz ein erznarr. Frank sprichw. 1,132';
ich musz mich neren mit solcher fat {hoc ordine, modo),
und zwar es tet dir sein auch not,
das du solchen handel anfingst, fastn. 479,22; -
mhd. vrouwen, man, dfn kam er mit vatten {apte, disposile)
abö ein helt, le statten. ilSU. 3,340';
ahd. was ih in dien vat6n, tö ih tir half crunden tia tougeni
dero nalurae, talis habitus, talisque vultus erat, cum tecum
naturae secreta riraarer. N. Boeth. 17 ; ja, lieb man, wa; habet
tih bräht ze dirro vato, in disa trüregi unde in disen wuoft?
quid est igitur, o homo, quod te in maestitiam luctumque
dejecit? 42, iro der verdeutscher ze dirro vato, in diese läge,
in hunc statum beifügte, das entsprechende verbum lautete vatün
Omare, instruere, gestalten, schmücken, unvatön verunstaUen,
verunzieren: taj jär muo; hertön dia erda zieren mit chntte
unde mit chorne, wilon ouh keunvatön mit anaslahte unde
froste, licet anno terrae vultum nunc floribus fnigibusque redi-
mire, nunc nimbis frigoribusque confundere. 48. dies rerbum
vaten, gefaten begegnet weder mhd. noch nhd., ihm entspricIU
aber das ags. fadian, gefadian, ordinäre, disponere, ornare, wäh-
rend kein ags. subst. fadu, wol aber fadung dispositio, ordo er-
scheint, vgl. fätig.
wir dürfen hier noch tiefer in das alterihum zurückdringen,
da goth. ta\ts hcrr, mann im gen. fadis, p/. fadeis media an-
nimmt, würde auch ein ahd. fad übergetreten sein in fat, folglich
jenes subst. fata ein älteres fada, ags. fadian ein fadian ror-
aussetzen. hiermit aber schlieszen sich unmittelbar an goth. faj)a
sepes und unser nhd. fade, ehfade (oben sp. 41 und 1230), der
saun ordnet und hegt das feld. goth. fa[)S ist bekanntlich = lil.
patis, Ttöats für jroxi». dem gr. Tiäxos, weg und tritt von
jiaTtca scheint sich auch ahd. fad, 6ci N. vad, nhd. pfad zu
gesellen, seltsam hat der ags. anlaui päd, engl, path die tenuis
festgehalten, diese elymologien laufen lüer nur bei und verlangen
anderwärts genauere begründung.
86
1363
FATAL — FATZEN
FATZEN
1364
FATAL, fiüalh, ingratus, mokstus, ungtückbrinfiend, unan-
genehm, Idstiij, noch nicht bei Hesisch, Stieler, Frisch, zuerst
bei Adelung aufgeführt, doch schon bei Dietrich von dem Werder,
aber im ilal. lal., nicht im heutigen sinn gebraucht:
sie kommen beiderseits lu rechen sich rechtschaffen
und hammern heftifr stark auf die fatale waffen,
sie hatten beiderseits fatale wallen an,
die sie nicht haben mehr nach dem tag angethan.
.4r. 25, nu?);
ein fataler, unerträglicher mensch, kerl; eine fatale, wiiler-
«ärlige nackricbt; fatale geschiebte; der mann kann bisweilen
doch auch recht fatal sein.
FATALITÄT, f. casus, malum, unangenehmer, feinUclier Vorfall.
FÄTIü, habilis, dolosus, versulns: (Bunifacius VIII) durch alle
grad ein durchtrihen böser buh, arglistig, geschwind, abge-
fürt, verschalkt, fälig, und in alle weg ein ander Catiltna.
FraMw fAron. 304'. es musz mit dem eben behandelten fat,
fate, habitus, disfiositio unmittelbar zusammenhängen, vgl. bösfetig
2, 257 und bösfatig pravus bei Dasvpodiüs 192*. allem anschein
nach das bair. faudig. Sciimeller 1, 513.
FATSCH, m. cvenum in viis, fatsdwnder, knat seilender, knet-
schender, quetschender zdlicr kolh, wenn die pferde ihre füsze
daraus ziehen, vgl. pfilschen, pfutschen. Schm. 1, 320.
FATSCHE, f. alapa, maulschelle, böhm. facka, husche, ohr-
feige: ein falschen geben, alapam dare. Hemsch 1016,19 und
nach ihm Stieler 441. wol nach dem folgenden, da schon altd.
fasca binde, pßasler ausdrückt und die bedeutung nahe liegt einein
etvas aufs maul streichen, es kann aber auch zu batsch, patsch
gehören, oder zu fätzer 2.
FATSCHE, FÄTSCHE, f. fascia, fasciola, binde, viegenband.
Hemscb 1016, 31. böhm. fac. bauchfalsche ist bauchyurl. Schm.
1, 578. so annehmlich die herleilung scheint, wäre dennodi eine
deutschere aus fasz veslis möglich, s. hernach falzen.
FÄTSCHEL, m. mollis palpatio, blanditiae, vielleicht vom ein-
windeln, einu-ickeln entnommen : wenn die sich unter einander
fange geben, ists nur hätschel und fätschel, wobei keinem
die nase überläuft. Fr. Mijller 2, 20.
FÄTSCHELN, fast nur in der Verbindung hätscheln und fät-
schcin. s. fälschen. Schmeller 1, 578 hol auch fitschelfutscheln.
vgl. fitzefalz.
FATSCHEN, FÄTSCHEN, concursare, circum compila currere,
hin und her futschen. Frisiüs 253'. Maaler 130'. Henisch
1016,30, hin und wieder rennen, die gassen fälschen. 'Hackel-
berg fälscht', das wilde heer zieht auf, zieht durch, man hijrt
es schnalzen und falschen. Otmars volksagen s. 242. s. falsch
und filsclien.
FÄTSCHEN, fasciare, einrätscheo, böhm. facovali. Weishold
srhlcs. wb. 19':
nichts aber desto minder,
fälscht sie es ein, bindt händ und füsz.
C. Vetier paradeisvogel.
FATZ, n. 1) iüusio, cavillatio. Stieler 442.
2) tfi einer älteren, schwierigen stelle bei Mcskatblut s. 36, 54
junffrau, dir wart der sälde fatz ( : schätz)
sdieinl es zu bedeuten cullus, ornalus. s. das vcrbum falzen.
FATZBKIEF, m. ei man solls im (dem Nigrinus) nil IhCin
{disteln für salal ^'ben), er hat ein gulen fatzbrief. Nasus
nasenesel 87' am rande; dasselbige ist ewer tratz und fatz-
brief. FiscHART groszm.
FATZBRLDER, m. seurra: ein sehr guter fatzbruder.
WicnB\w rollw. 64'.
FATZBLB, m. btlerbub, possenreiszer. Rädlein 270\ Frisch
1, 232'.
FATZEN, eavillari, illudere, vexare. Frisios 199'. Maaler 132',
mhd. unbezeugl und nhd. erst im schlusz des 15 jh. aufkommend,
im 16 hdupg, im 17 schon selten, dunkler abkunß, da es sich kaum
von facelus, norA weniger vom it. fazione, fazzonc, von faluizarc
oder gar von vexare herleiten ld.<izt. lieber sclieint es zu fetzen
laeerart, pfclzen vfUicare und gleich diesen zur würzet f<it,ian faz,
{oben tp. I35S unter fasz) gehörig, ganz wie netzen mit nasz,
setzen mU «asz zusammenhängen, in der stelle aus Frisius 784*
verbindet sich falzen und fa<;z deutlich, in der aus Keisersbergs
hat im pf. tauschen gefalzt und gcfaizl.
er {der grduUige) verlruckt e» als verslünd er es nit, er
tbul als ob er weder horte noch seh, damit lond die andren
binden noch ob im zu falzen, einem manschen, der nüt wil
terlragen, dem beschicht als einem hiind, wenn man den
zpuhet bei dem einen or, zchand schnapt er heriiinb. denn
pfetzt man in bei dem anderen, so schnapt er wider hinumb
auf das ander ort, aUo hat er niemer ri'iw, bilz das er sich
darein ergibt, das er sich des falzens nit mc annimmet zu
erwcrcn, ze band lasset man in gon. Keisersberc par. der
seien 22'; darumb sol ein mensch nit achten, das er veracht,
gefalzt {and. ausg. gefaszt) und umbgclriben wirt. has im pf.
am ende; herr, erbarm dich über mich, wenn mein tochler
wirt übel gefalzt und uinbgezogen von dem bösen gcist. post.
2, 31 ; wenn der tcufel den Saul falzet, schlug David auf der
harfe. das, ;
mit irera ahnemen, stechen und fatzen. mei«(erl. 23 n*245;
und meint, er (»o/O si den menschen glich,
das er sehnig und losz fatzen sich. ßRAfiT 86,4;
die sint nit wfirdisr der gcsatz
oder das man si ler und fatz. 98,33;
damit vertreiben wirs zum tiior usz,
den murner murnar uml ein katzen,
wir wollen in zu dut nit fatzen. Ml'r:<er luth. narr 1856;
etlich können die leut wol falzen, sie habens aber selbst
nicht gern. ic/j. und ernsM555, 344 ; da hilft jederinan zu, damit
er noch mehr gefalzt und umgetribcn wird. Wickram rollw. 98;
das nimb ich bei mir selbst ab, dann ich meiner einfall halben
auch oft musz gefalzt sein, daselbst; ich halt es sei der Schnei-
der Orden von ihrem heiligen, damit man sie täglich fatzl, er-
dacht. Frank chron. 47s';
solchs billich ich darumb thun soll,
damit die frommen biderleui
die zwingherrn mögen fatzen nflt. Berchtold rediv, HO;
nach dem der schlaf mich falzet,
das ich lieng an und natzet {.schlummerte, nickte),
wurd gwellig überwunden
mit starkem schlaf gebunden. H. Sacus l, 80*;
und Cererem aufzugen
noch viel höher zu schätzen
zu peinigen und fatzen. 1,292*;
hab auch kein menschen nie veracht,
auch keinen verspot und verlacht,
auch kein mit slicliworten gefalzt,
auch nie hin und wider geschwatzt. I, 347';
die fi'infzehend schand mich erst falzet,
vor schäm ich in dem köpf mich kratzet. 1,507";
schilt, schmacht, veracht, verspot und fatzt. U. 4,67';
mit hönwort sein spotten und fatzen,
in zupfen, rupfen, tretzeu und tratzen. 111.2,32';
der mich heut hont, verspot und fatzet. 111.2,108*;
mein fraw thut mich trutzen und tratzen,
so thu ich sie bcrwider fatzen. . . .;
thut mich mit vil hon Worten fatzen. IV. 3,33';
mit fiiszen in die erden kratzt,
hinder dem pOug sein herren fatzt. Waldis 2, 10 6/. 75';
der wirt freuwt sich in seinem sinn,
■ das er den kaufmann hett pefatzi,
mit solcher list das geld abgscbwatzt. 3,96 6/. 196*;
denn hoch hie oben kan die katzen
uns nicht wie so da niden fatzen. 3,57 bl. 164*;
sein dis nit lecherliche fratzen,
die blinde weit damit zu fatzen? pnhstt. reich 1,13;
die weit mit eiteln lügen fatzen. 2, l ;
mit solcher falscher eitelkeil
sie die künig oft gefalzt,
geld, land und leut in abgeschätzt. 2,7;
in summ, sie sein drumb in der weit,
das sie die leut fatzen umbs gelt. 2,12;
es wirt hie Christus keinswegs gfatzet,
noch mit sin wunderzeichen iratzei. trag. Juh. KS;
das aber mit der speisen fl'asz
endlich den leib ausschopp on masz,
das er inm schlaf nit mit gewaU
die seel fatz und befleck ungstalt. J. Rasch /'ü»lt'n/o6 1588;
was nun Haman den stolzen n-atzen,
der juderraan gedenkt zu fatzen,
anlangen thut. MiiHiciis llninan A8;
wüst nicht, wiirzu mir sonst nütz wer
des kniiigs gunst und aller geniesz,
wann ich den Juden mich falzen lirsz. C6;
nun wolle er sich gieichwol auch nicht von seiner fraweu
falzen lassen. W'itzenbiinjer 2, 7 ; warum fatzen ich den nit
clwan lang, warum hab ich in nit ein wenig im fasz? cur
non ludo hunc aliquanlisiKr? Frisics 784*. Maalkr 132* (tco
'im fasz haben' — falzen); einen nil falzen oder speien,
dicla in aliqucm conlinere. Maaler 132*; im llöhalz finden ihr ^
den schätz, wie man die floh falz und kralz, da.>«selbige Ut j^
ewer Iralz und falzbiief Fiscuart groszm. 31; -i
«In engliiirhe locken. IIcrx sich nit falten.
Idk vor der lurcn, auch hündlein klein.
Tutii?itu»Ka archtdoxa 36;
nun bl»iu wol ein iunkher, . . ,«
gwislieb hat er dich glmt Tor er. Schisul terl. $ohn li;
1365
FÄTZEN — FATZEREI
FATZGESPÖTTE ~ FATZ WERK
1366
als lestrer, hurer, baderkatzen,
wascher, die nur die leut thuo Tatzen. EtaiHe 2,360;
hast nicht gbört, wer leut falzen wil,
musz fatzwerk wider aufklauben? Atrer fasln. IM';
die Juden falzen nnd narren die Christen nach ilirem willen.
proc. 2.5. seil dem 17 jh. mindert sich der gebrauch des vorts:
schimpflich von eim gefatzet werden, facelius eludi. Hexisch
1016; und als jederman die magd gnug gefalzt hatte, treg-
kürzer i'i' ; ich fatz mich selb, scurror ego ipse. Schöxsleder;
sich mit einem ein wenig fafzen; es lasset nicht jeder mit
sich falzen, ludibrio haberi non cuivis est; er kan sein falzen
nicht lassen, sibi teinperare neqttU a dicleriis; mit falzen an
sich halten. Stieler 442. heute ist alle anu:endung erloschen.
Schneller bringt 1,5*9 aus der bairischen Volkssprache : der kan
nicks als falzen, hat jedermann zum besten. Stalder, Tobler,
Höfer, Scumid verzeichnen kein rcrbum falzen mehr, der Wieder-
einführung eines kräfligen uorts stände nichts entgegen.
FÄTZEN, allercari, contendere bei Henisch 1017. Stieier 442
geschieden vom vorausgehenden falzen : mit werten fiitzen und
zanken, concertare rerbis, schon bei Maäler 130'; einem mit
dem degen falzen, rubius gladio caesim infligere, in die steine
falzen, caedere lapides ut ignis exsiliat. hier grenzt fetzen, zer-
felzen, filzen, im laut selbst wetzen, man rgl. gefätz, altercalio,
conftictio, gefätz in rechtssachen, ein gefalz mit einem anfangen,
zank, streit. Stalder 1, 357 verbindet gefälz und Tatzen, falzete
und ausfaizen unrichtig mit faser. Stieler gibt auch das ein-
fache fiitz vulnus, scgmen, periculum (s. felze) und Scbmeller
veist aufs ahd. gifajidi, upargifa^idi (Graff 3, 733), irelchcn
vol ä gebührt ; es hält schwer aus den späteren Schreibungen a, ä,
e, c und se wieder zu erkennen, doch aus allen brocken erhellt
das eingreifen einer mäcliiigon wurzel fejjan fa? fäjun, welcher
fasz, fassen, gefäsz, fessel, falzen und felze entsprieszen.
möglicli. das: ilir auch
FATZENET, FÄTZILET, das sp. 1218. 1226 zu fascia ge-
schlagne, wieder abgetreten werden musz. man sehe die von
Schmellee 1, 579. 5S0 angeßhrten formen, besonders fetzentüch-
lein, Schnupftuch: anstatt des briefs ein weisz falzenelle oder
sonst ein tüchlein an einem langen stecken führen. Fronsperg
1,43*; hat meine hemder, etliche wehren und fatznetiein und
meiner kindlein kleiderlein begehrt. Thcrneisser nothg. ausschr.
3, 136 ; wie Philomena und Rosemunda zu iren allerliebsten
Jünglingen mit schönen blümlin und falzenellin würfen, buch
d. l. 234, 4 ; Philomena mit einem schönen facenetlin dem
Jüngling auf seine achsel warf. 235,1;
dasz du wirst seuberlich dein näslein schneuzen müssen,
nicht mit der fatzilet, denn das ist zu gemein,
der elebogen kan dir stat des tüchleins sein.
ScuERFERs grobianus 9.
falze, felze iä so gut deutsch als fahne, fähnlein, panniculus.
F.\TZER, m. joculalor , cavillalor, scurra, Schwätzer, auf-
schneider:
ich sprach, wo bleiben denn die schwatzer,
eerabscbneider, spötter und fatzer? U. Sachs I,35S';
ein Verächter, fatzer und spötter. IV. 2,65';
ein höflicher fatzer kann eine ganze gesellschaft lustig machen.
Stieles 442. s. fatzbub, fatzmann.
FATZER, m. l) altercator, rixator. M.ialer 130'.
1) ictus virgae, streich, rulhenslreich : er hat einen fälzer in
der schule bekommen, virgis caesus est, s. falsche alapa. besser
zu schreiben fetzer von felzen, filzen.
3) podex, weil er gehauen, gestrichen, gefetzt oder gefilzt tcird :
einem eins auf den fatzer geben. Stieler 442. vgl. franz. fesse.
FATZEREI, f. nugae, possen, narrenspossen :
kurzweilig sein
zu jeder stund,
im bad ists gsund,
das sprechen die doctnres.
man soll sich frölich halten auch,
es sei der brauch,
das man da üeb gut mores,
die fatzerei
soll auch darbei
in seiner rot beleiben,
so kan man wol,
als man thun sol,
langweil mit freud vertreiben.
Forsters fr. liedt. 3 n'25;
er kam mit seiner gewönlichen fatzerei herfür. KincnnoF
trenrfunm. 215'(236'); solche orgia Bacchi, solche Zusammen-
künften und wallfahrten wurden den salyreti zu gehorsamen
eliren gehalten, auf welchen sie auch am reien die vor-
nembsle waren, das beste thalen, sich mit den beiden loll
und voll soffen, im wald und gebürg mit unden mit oben
lagen, tag und nacht in groszem geschrei und fatzerei zu-
brachten, schwarmfest und fasznacht hielten, einander durch-
zogen, dahero die fasznacht als fasnacht oder fatznacht ihren
Ursprung und namen bekommen. Pbrander 2,3.
FATZGESPÖTTE, n. narrenposseo und fatzgespütte. SimpL
vögeln. 2, 15.
FATZICHT, JQcularis, jocosus, fatzichte bossen, ludi H joä.
Stieler 442.
FÄTZLEl.X, n. panniculus, fetze, fetzchen:
liesz aber drin ein fätiün klein. Hacpt 3, 255.
FATZ.MANN, m. hi^rio, scurra, joculator, hofnarr, possen
treiber. Frisius 199'; geschwenk Bebeid C4; ein rechter fatz-
mann. Frey garten^. 4 ; muste die ganze reis also ir falzmnnn
sein. WicKRAMroüic. 103'; da bestellen sie auch und besolden
spüleut, abenteurer. fatzmenner, die mit loser thäding den
narren ein kurzweil machen. Frank /ranAenA«/ F4'; oder
elwa ein narreten fatzmann und Schmarotzer herbei bringen,
der mit lächerlichen, das ist mit narreten bossen das schweigen
und die traurigkeit der ruh austreib, lob der torheit U^ ; einen
narreten fatzmann und schmarotzen schwätzig und zu falzen
und speien geartet. Maaler 133*; aber jelz priesler sin ist
nicht anders dan des teufeis falzman sin. ein lockmais {lock-
vogel) sin uf des teufeis gam. sieben pfaffen klage B3";
der hielt, sah Eulenspiegel an,
merkt wol, das er war ein fatzman. H. Sachs H. 4,60";
kont im vil schwenk und kurzweil machen,
des der fürst täglich wol mocbt lachen,
und het den fatzmann lieb und werth. V, 27S*;
ich bin halt des grafen fatzmann. Atrer fastn. 104".
vgl. den eigennamen Faszmann f. fatzmann.
FATZ.MEISTER, m. dasselbe: wer Schalksnarren, fuchs-
schwänzler, fatzmeister, spiler, dopler, tanzer, flucher, schwerer,
gotlslästerer, raufer, balger, huren, buhen begert zu haben,
der verfuge sich in die Wirtshäuser, daselbst wird er sie fein
lustig finden. Albehtixi nanenhalz 239; falzmeister, bossen
und brillenreiszer. 253.
FATZNARRE, m. dasselbe:
und ihr fatznarren, die sich freuen
auf solche böse Schelmereien. Simpl. K. 102;
ein fauler tagdieb und lustiger fatznarr oder schwalbenmacher.
596; merkls ihr falznarren und possenreiszer. 675.
FATZPOSSE.N, nugae:
ich bin halt des grafen fatzman,
hab dem schreiber verdnisz gethan
mit meinen seltzamen fatzpossen. Atrer fasln. 104';
die liebe herm sollen das volk unterweisen, keine fatzpossen
vorbringen. Callenbacb nisi 35.
FATZSCHEINLEIN, n. excusatio calva: darnach opfert der
ander cardinal zwei grosze brot mit fatzscheinlin und der
ander ein kerzen. Link vo5 Colditz bapsts gepreng. H3.
FATZT.\ND, m. nugae:
zu spötlicbem faiztand . . . sein. Melisscs ps. R f.
F.\TZTRATZBR1EF, m. zu spoU und trotz, schimpf und ernst
geschrieben. Garg. 20'; anderswo sagt Fiscbabt tratz und fatz-
brief (oben unter fatzbrief).
FATZUNG, f cavillalio, spolt. Dasipod. 324*. Hexisch 1016.
Stieler 442.
FATZ\"0GEL, m. scurra, spaszvogel, spoltvogel, spärogel : ich
hab seilhero selber zeit diesen dingen vielmalen nachgedacht,
warumb etliche fürsten und herren heuligs tags viel mehr einen
Schneider oder zwergen oder fatzvogel zu einem kammerdiener
haben, als irgend einen gelehrten, erfahrenen kerl. Philander
2, 53 ; noch dannoch waren leut unter ihnen, die man fatz-
vogel nennete, diese bekümmerten sich wenig, namen alles
auf die leichte achsel und halten in ihrem creuz anstatt des
trosts allerhand gespei. Simpl. K. 100; ein fatzvogel unterm
umstand (unter den umstehenden leuten) sagte. Springinsfeld
17 s. 34. _
FATZVOGELISCH, scurrilis: und solche scheinen von sol-
cher sicheren und fatzvöghschen arl zu sein. SimjJ. K. lot.
FATZWERK. n. nugae, spüUerei: wenn dann die gute fraw
etwas zur sach redet, trieben sie nur ir spei und fatzwerk
mit ihr. Wickram rullw. 55. Frey garteng. 39; fatzwerk und
schimpf treiben, agilare pcos. Maaleb 13*;
d:irum haben noch mit in heul
mancherlei fatzwerk eilich leut. wieM/er/. 23 n*229;
Ich treib nur mein fatzwerk daraus. H. Sachs III. 2,93';
diin fatzwerk, hon und grosior spot. III. 2, UV;
86*
1367
FATZWORT — FAUL
FAUL
1368
ir weiber geht mit fatzwerk umb. V, 276* ;
wolst erst unser spottn und lachen
uud mit sotcliem l'atzwerk ausmachen. Atrer fattn. 39';
ytie ihr thut eur fatzwerk treibn
aus mir gar oft vor ir gnaden. 102*;
hast nicht ghört, wer leut faticn wil,
musz ratzwerk wider autklaubeo. H)i\
d. h. spölter müssen auch sijoU vertragen; und alles was von
Christo im evangelio geschriben steht, aclitct er für ein ge-
spült und fatzwerk. bienenk. 209*; und da ich Srhafhausen
»■rlangte, wurde ich nicht allein eingelassen, sondern auch
nach vielem fatzwerk, so das volk mit mir hatte, von einem
ehrlichen wolhäbigen burger freundlich zur herberg aufge-
nommen. Simpl. K. S82.
FATZWORT, n. nuijae, jocus, faceliae. Maaler 132*; wo man
ihn mit spott und fatzwortcn angreift. Ayrer proc. 1, 7.
F.\UCHEN, halare, von dem haudicn, schnaufen, pfauchen,
pfauchzen, pfuchzen, pusten der katzen, hamsler, fuchse gebraucht,
wofür sonst auch rauen, raueln schnurren {wie ein spinnrad)
gilt : ich mag ihn nicht leiden, er sieht aus wie ein kleiner
fauchender hamster. Frevtag soll u. haben 1,311; der fuchs
war unempfindlich gegen die aufmerksumkeit des husars, er
fauchte ihn wüthend an, rasselte mit der kette. 2, 303. böhm.
faukati blasen, poln. puchac puslen. auch die eule faucht, fauchzt.
vgl. anfauchen und alln. fcykja, fortblasen, fiuka ningcre, ddn. fyge.
FAüCHZEIV, s. anfauchzen und pfuchzen.
FAUDE, f. carex, scirpus, schlesisches vorl (Weinhold 19")
für eine schilf oder binsenarl:
des himmels vorschmack rinnt von meinen balsamstauden,
kein nectar aber triert von senden, schilf und l'audeu.
LouENSTElN blumcn 79;
ob Zepter ihr nicht faule fauden sein. Ibraliim 49,640.
sende uU das ahd. semida. faude begegnet in der älteren spräche
nirgends, ein schilfige}- see bei Lampersdorf heiszt Vaadensee, eine
mit Strauchwerk beuachsne anhOhe in der Oberlausilz faude, nach
Anton 8, 6 sagt man: er hat noch eine gute faude («nm 6t<sr/t,
büschel)) haare auf dem köpf, sollte faude auf schafthalm,
sdtacldelhalm, equisetum oder hippuris gehen? denn poln. ist
pudlo, pudelko schaclUel.
FAUDEL, m. odcrn. dasselbe. Tisciikm Garg. I6b* führt unter
den spielen n' 154 auch an 'faul faudel', was sich nun aus Lohen-
steins stelle Ireflich erläutert, so dasz das worl schon damals
nocA Oberdculschland gedrungen sein musz. unverständlich scheint
eine stelle bei Pdilander 2, 5S: hol zopf, har tropf I hui laudel,
jyst faudel ! har zoltel, zu dir hottel ! herumb lottel, hinumb
Irottel! lauter zurufe eines fuhrmanns an seine pfcrde, faudel
könnte hier ein faules pferd meinen. eine Vermutung hernach
unter faul, dem scliilf schreibt man sonst zu auch im wasser
nicht zu faulen:
0 scirpe, scirpe, laude fortunas tuas,
qui semper servas gloriam aritudinis. PI. Rud. II. 6, 39.
FAL'DELN, fallere, belriegen, nach Schmid 182 ein schwarz-
waldiscbes wort, gleich dem scliweiz. faukeln, füukeln. s. faudig
angeführt unter falig.
FAUGEL, m. eine schelte: dasz dich sant Veltes krisem
anstosz ! dasz dich der ritt schult, du büswicht, du faugcl,
dasz dich Vix (VetZ5)danz ankumm! Puilanuek 1, 26S (269).
kaum für vogel, eher für faukel.
FALK, m. peditus sine crepitu emissus, heimliclur wind, ßst.
Stalüer 1, 357. vgl. unter faul altn. fCiki und filinn.
FALKEN, FEUKEN, dam surripere. Stalder J, 357; nd.
fukelo, brem. wb. 1,462, aber auch puken 3,370, bei Schaii-
BACH 282 fftchen, so dasz fauchen sich verglciclwn liesze.
F.\L'KEN, visire, s. fäuk, wiederum fauchen, flare, fiatum edere.
FALL, puter, putris, putidus, pulridus, goth. fuls, ahd. ags.
föl, engl, foul, mhd. fftl, vül, nnl. vuil, altn. föll für fftlr, sdiw.
ddn. ful. in allen deutsdtcn sfirachen haßct also das ableitende,
der Wurzel ungehörige I. wie sie in dem ausruf fui, pfui, lU.
pui, dem alln. part. fftinn ptdridus und dem slcr. pfij foetere,
lil. pi'ili ipraes. puvu), Uit. puhl, gr. Ttvov etlcr, lat. pus er-
scheint, statt des ! zeigt sich aber t im lat. pulerc, pulor, pu-
(idus neben putrcrc, pulridus, pulre.^ccrc, it. putire, puzzarc,
puzza euer, putrido faul, sp. podrido, fr. pourri, im fr. puer
id t ausgefallen, ir. gal. ist pudhar eiler zur seile des lat.
piitcre steht merkwürdig foetere (wie neben parcre ferre), neben
putidus fnclidus, weichet foetere im sp. Ue.der furldauerl ; doch
unter faul enlspricld dem pulerc, m'c/ii dem fuctcrc. fnv/.oi
iät dem fnul zu »ehr, also nicht verwandt, enthalt auclt gar nicht
die tvrtteltung des fi'ui.rn.ir,, liloa des tcläedUen und gehört
SU paulus. will man nun zwischen put und ful einen Wechsel
der lingualis und liquida (wie in odor und olere, padati und
fallen, Hadubrant tind Alebrant) gestatten, oder in ful einen
ausfall des linguallatits annehmen? das vorangehende ^ia\i\ faudel'
könnte sogar die volle form an hand geben, so wie faude an put
gemahnt, lat. piger hat den sinn uiiseres träge, niciU ton faul
und mag zu pinguis gehören.
bedeulungen.
\) hvi\,^ stinkend, verfault, morsch, corruptus: joi/i. ju fuls
ist, T;Sr] o^ei, vulg. jam fetet, Luther er stinkt schon. Juh.
11,39; ahd. ther lichamo is iu föler. 0. III. 24,83; unser
stubbi fülaj. V. 24, 12 ; mlniu wunlmdle wurden fftl, putruaunl.
N. ps. 37, 6 ; mlid.
gän wir für einen foulen hunt,
wir verwinten die nase ioch den munt. Karajan (ien)l:m. 31,6;
den schifte ich, daj er stinket wirs dan ein vüler rahe.
MSII. 3,104';
wan uns ist über den fiilen mist
der pl'eller hie gespreitet, a. Ileinr. 730;
ich kom ze einem fülen sß. Haupi 7,303:
ein füle hant ald ein ander gclide daj fftl ist. myst. 289,30;
und er fand einen faulen cselskinhacken. ricM. 15,15; der
ich doch wie ein faul as vergehe und wie ein kleid, das die
motten fressen. Iliob 13,28; die hofnung des verachters zur
zeit der not ist wie ein fauler zan und gleitender fusz. sj)r.
Sal. 25, 19 ; wenn es (das netze) vol ist, so ziehen sie es
eraus und lesen die guten in ein gefesz zusamen, aber die
faulen werfen sie weg. Matth. 13, 48 ; an ein ful fleisch macht
man ein gelbe briie. Keisersb. narrcn.^c/i. 2S'; 'das sind faule
fische', abgestandne, untaugende, erdichtete nachridäen, erlogne
cntschuldigungen :
speist mein verlangen nur mit faulen fischen ab.
GÜHTUER 511;
'o faule tische 1 ' Heinr. von Kleist 2, 51 ;
'das gibt faule fische'. Hermes Soph. rme 6,306; faule, ver-
dorbnc, bcbrütelc eier; ein fauler geruch, geschmack; fauler
gcicr. unw. doct. 375;
wann Doris sitzt am slr.nnd und trucknet ihr das haar,
das durch den faulen sud zuvor beregnet war. Opitz 2,52;
itzt heckt die faule luft geschwinde pestilenzeu
und steckt die länder an. Gripuius 1,18;
oft anstatt weins oder biers wasser und faule pfützen ver-
suchen. Weise kl. l. 305; ein trunk faules wasser. Lessing
1,555;
nur wir, auf blipdcs glück, als schilTer ohne karien,
durchkreuzen ihn den Tauicn pfuiil der zeit. 1, 95;
ein faules glied wegschneiden ; ein faules fieber, febris putrida,
das die säße in fäulnis auflöst; faul stehen, still stehen, in
fäulnis übergehen; faul in leibe, auszehrend; alle faule schaden.
med. maulaffe 827; weil von einer solchen faulen stelle aus
das übel der unvvahrliafligkeit sich weiter verbreitet. Kant
5,202; zwar konnte er es nicht verbergen, dasz die beiden
aufsütze nichts laugten, war aber schonend genug, den eigent-
lichen faulen fleck in denselben nur ganz leise zu berühren.
Fichte Nie. leben 59; es sieht faul damit aus;
etwas ist faul im Staate Dänemarks,
some thing is rotten in the State of Denmark. Harntet 1, 4.
2) faul von holz, bäum, gewächs und frucht; alul. fftl cariosus ;
fftlaj werk, stuparum putamina; mhd.
si tuont der fliHlcrmiuse
gelicli, diu naiites (liugel,
da{ si t\6r glänz bolriuget
an einem fülen späne,
da; si lebt in dem wäne,
da; von dem holze lluliie
ein wäre; lieht di\ liulilc. Ir. kr. 157;
wnj i'ren hüt (rfi Itöne?
sist vor und nach der iiAiio
fill und ist diT wihel vol
wan ^rst in der niuwc. Walth. 17,29;
min dach ist fül, so fiscnt minc wende. 25,5;
und xuocliic al nmlio iinz Cr vant
hl dfr fr^e an der wani
eine Villa «welle, l». 6745;
dar ulTe sttiont ein rlAriu sfti,
diu was Mihi von holze fül. Parz. 5$1>,(!;
r«ht nl.s da{ fülo basl. Orlnit 200,4;
er achtel eisen wie slro und erz wie faul Imlz. i/i<>/' II. >« ; ir
wird ztihrorheii wcrdrii wie ein fauler liawm. 24. 2ü ; des-
gleiciien thut der da schiffen wil und durch wilde fliilen zu
laren gedenket und rufet an vil ein feuler liolt, denn das
«rliir ist, d.ir.iur er feril. wash. Sal. 14,1; al(«o ein iglichcr
1369
FAUL
FAUL
1370
guter bawm bringet gute fruchte, aber ein fauler bawm bringet
arge fruchte, golh. i{) sa ubila bügmä akrana ubila gataujij).
Malth. 7, 17. IS ; setzet entweder einen guten bawni, so wird
die frucht gut, oder setzet einen faulen bawm, so wird die
frucht fauL 22, 33. Luc. 6, 43 ; ein fuier öpfel machet zehen
neben im auch ful. Keisersb. narremch. loa' ; und wiewol es
ein faul nest war, noch hielten sie dannoch etliche tag.
Götz vos B. lebensb. 74;
ich isz lieber feigen denn faul pirn. fastn. 736,16;
au, Gretlin fin,
ich sich wol wie es zupat in dinem kemerlin,
du haltest an mir als ein ful armbrost.
Hartlub de pde meretr. 75, 5 ;
wann der best wein ins faul fasz kam,
darin müst er ersauren. Garg. 92';
die grünen weid und göttlich herd
im himel aller ehren werd
hat er (W'Uzel) verschmchet und veracht
und auf die faulweide sich gemacht.
Alberis contrafactur A?;
kummen drüber {fiber mein buch) arge fliegen,
wird gesundes bleiben liegen
und das faule leiden an.
kummen aber bienen dran,
wird das faule sein vermieden
und gesundes recht beschieden. Logad 1,124,30;
bald zeitig, bald faul, quod cito ß, cito peril. Otho 2S7;
Peter und Paul (29 juni)
wird dem körn die wurzel faul,
fängt es zu reifen an. tiir !»t:en dem gesunden holz, slroh,
obst das faule entgegen : der apfel, die Weintraube ist faul ;
mit faulen äpfeln werfen ; kann man denn, wenn man auch
nicht kernfaul ist, doch nicht rindenfaul sein? J. P. kl. büdier-
schau 1, 123.
3) faul, schlecht, falsch, schlimm, üM, schal:
in leid ich steh, aide, aide,
reisz mir kein faulen bossen mehr. Ambr.lb. s.'23l,ib;
fieng er sein faule bossen an zu treiben. Wiceram roWir. 20;
ewcr ruwen kompt zu spat, dann da ir merktent ein faulen
ansprach zu haben, da sollet ir den vorgenommen kämpf nit
angenommen haben. Aimon vi'; lasset kein faul geschwetz
aus ewrem munde gehen (ainhun vaurde ubilaize us munjia
izvaramma ni usgaggai). Eph. 4, 29 ; herr Conrad Schott war
auch ein fauler reiter. Götz v. B. lebensb. 72; wo man der
schwermer dunkel hinkeret, so ist er faul und nichts. Luther
3, 476"; was aber diese faule folge vermag, die hie Ecolampad
macht. 476'; und füren so lose, faule Ursachen. 3,490'; zu
schal oder zu faul. 3,498'; herzog Gcorgens entschüldigung
ist aus der inaszen kalt, faul und lose. 4, 53S'; ganz faule
imd lose gründe. 5,23*; so verachtet gott auch ire (t/er niön<^e)
faule werke. 5,449'; das es eitel kalt, lose, faul geschwetz
gewesen ist. 5,457'; nu spricht hie der text, das solche
todten, so im herm sterben, sind selig, wie bitten sie denn
für die seligen umb gelt? und ob sie wollen eine faule glose
fürgeben, das solche seien in hofnung selig werden, noch
nicht im wesen. das ist nichts denn ir eigen glose, könnens
auch nicht beweisen, so leideis auch der lest nicht. 5,164';
wo bleibt hie ir faule ausrede, da sie sagen, Christus habe
im abendmal beider gestalt allein den priestem gegeben.
6, lOl'; obs zuteilen faule oder falsche theiding und mahrlin
wäre. br. 4, 417 ; schampere worl, narrentäding, unnütz ge-
schwetz, faul zotten, schandlos bossen sind das benedicite
und gratias. Frank laster d2; sie scind all abtrünnige, die
mit faulen sachen umbgehen. g4; aus füllerei kompt faul
geschwetz, zorn und gottesleslerung. hl; ein scheuhen hellen
sie ab Frankfurt von wegen des frembden geschwinden kauf-
manns. die in ir faul anschleg möchten abmerken. Kirchhof
uendunm. 40l' ; befleckt euch nicht mit dem schlämm fauler
thaten. pers. baumg. 9,15; faule ausrede. Garg. 181';
des einen herz ist falsch und faul,
faul ist und falsch des andern herz und maul,
beed könden nichts dan liegen. Weckheblin 43;
0 groszer, denke nicht an meinen faulen sinn,
der nichts als unrecht thut, und von dir fället hin.
Flehi^ig 31 ;
dort war er höchst verhaszt, hier war er lieb und frei,
lOg Kotiys gunst recht vor Augustus fauler gnade. 77;
dasz gott entscheide und der ausgang zeige,
wes Sache gut, und wessen faul gewesen. Tiecc 1,77.
LiJTBEB bedient sich oß der tinjyersönlichen redensart 'es thut
faul, thut mir faul' für leid, web: nu wils uns faul Ibun, das
auch böse zeit und Unfriede kompt. 4, 4S0'; denn es ist sonst
ein verdrieszlich unselig wesen euszerlicb anzusehen, und
thut faul imerdar zu sitzen in fahr leibs und guts. 5,362';
da müssen sie schamrot für werden und thut inen faul, d:is
sie mit öffentlicher schrift und gottes wort für den köpf gc-
stoszen werden. 6,14'; aber es thut faul seine Sünde beken-
nen und man schemet sichs. /ücAr. 104'; es wurde den hof-
junkern sehr faul thun und sie hart verdrieszen. 177'; man
wil sie nicht lassen die kirchen regieren, das thut ihnen
faul. 403' ; denn es thut solchen leuten faul, wenn sie köpf-
lein nicht brauchen sollen. Haisecciüs m. Pfriem rorr. ;
das er sie schilt, das thut in faul. Ghsf Lazarus H2.
4) aus der ersten bedeutung entspringt unmittelbar die heute
vorhersehende von ignarus und segnis, nur dasz uns faul stärker ist
als träge, figer, icelchen beiden die Vorstellung ton putredo abgeht,
unr sagen einer ist so faul, dasz er stinkt, stinkfaul, und eine
grosze und anhaltende faulheit ist stinkend, ganz vHe die hoffart
stinkt, stinkhoffartig. das golh. und ahd. adjeüiv geKöhren diesen
sinn von segniiies nicht, vofür lals und la; verwendet icerden:
unselja skalk jah lala! Tiovr^os SovXs. Luc. 19,22; vambos
lat&s, yaaxtQSi aoyai. Tu. 1,12. mhd. aber heiszl es
müe^ekeit h.it daj reht,
si machet manegen fülen kneht. Frsidüce 49,8;
der füle gert niht mere
wan senfte leben an Sre. 92,9;
ei, sprach er, du vüler knecht. pass. K. 285,31.
nhd. dnimb eilet und seid nicht faul zu ziehen, das ir kompt
das land einzunemen. rieht. 18, 9 ; gehe hin zur emmeiszen,
du fauler, sihe ire w eise an und lerne, spr. Sal. 6, 6 ; wie
lange ligeslu fauler? 6,9; wie der essig den zenen und der
rauch den äugen thut, so thut der faule denen, die in sen-
den. 10, 26 ; der faule begert und kriegts doch nicht, aber
die fleiszigen kriegen gnug. 13,4; der weg des faulen ist
dömicht, aber der weg der fromen ist wol gebenet. 15, 19 ;
umb der kelle willen wil der faule nicht pflügen, so musz
er in der ernten betteln und nichts kriegen. 20,4; der faule
stirbt über seinem wündschen, denn seine hende wollen nichts
thun. 21, 25 ; der faule spricht, es ist ein lewe drauszen, ich
möchl erwürget werden auf der gassen. 22,13. 26,13; ich
gieng für dem acker des faulen und für dem Weinberg des
narren. 24,30; ein fauler wendet sich im belle, wie die thür
in der angel. 26,14; der faule verbirgt seine band in den
topfen, und wird im sauer, das er sie zu munde bringe. 26. 15
{vgl. kinderm. n' 151) ; ein fauler dunkt sich weiser, denn sieben
die da sillen leren. 26,16; alle ire wechter sind blind . . . sind
faul, liegen und schlafen gerne. Es. 56, 10; und ire {dergCAzen)
füsze sind faul zu wandern, ueish. Sal. 15.15; ein fauler
mensch ist gleichwie ein stein, der im kot ligl, wer in auf-
hebt, der musz die hende wieder wischen. Sir. 22, 1 ; daneben
sind sie {die jungen uitwen) faul und lernen umblaufen durch
die heuser, nicht allein aber sind sie faul, sondern auch
schweizig und furwitzig (aj){)an samana jah unvaurslvons
laisjand sik j)urbgaggan gardins, a|i{>an ni [)atain unvaurslvitns,
ak jah unfaurjüs jah faicveitjandeins). iTim. 5, 13; die Crcler
sind imer lügener, böse Ihier und faule beuche (vambos latus).
Tit. 1, 12; so hell die mesz ausgeraessct und die pfafl"cn
müslen mit lären kröpfen auffliegen und irgends im spilal
auf dem slro austropfen oder sonst ir kost mit faulem ruckeu-
bucken gewinnen, bienenk. 'b' ; stinkend faul, dasz sie ihren
eignen leib nicht tragen mag. Pbilander lugd. 5,300;
welcher der feulst im tanzen ist,
dem sol man geben ein kränz, das wiszt. fastn. 566, 10;
herr wirt, treipt aus die faulen puben I
mich reut, das sie den tanz anhüben
und den frauen den tanz lank machten,
die lieber tanzten, das die wend krachten.
so vermags ir keiner auf den faulen schiakea. 566,16;
mag wol sein in Schlauraffenland,
da der feulst esel ist mehr werd,
dann hie hei uns das beste pferd,
wer da der feulst und grö^best ist,
die grösztc ehr man im zumist. Nascs nasenesel 15*;
und nicht auswartel seim gescheft,
ligt auf der faulen selten und schleft. H. Sachs III. 2, 2S*;
und damit er solche brunst,
solche deines feuers gunst
lasse desto besser spüren,
wil er noch bei winternacht,
da der frost sonst fauler macht,
seine braut zu bette führen. Opitz 2,74;
wer wolle nicht viel lieber
an einen sichtbarn feind, für dem er stehen kan,
und auf gut ritterlich es mit ihm nehmen an,
als einen matten tod im faulen bette leiden. FLnrae 134;
1371
FAUL
FAUL — FAULBETT
1372
die jünger mochten eben
Tor fauler traurigkeit
die äugen kaum erheben. Grtpuiüs 2, 20" ;
dieses sagen wil nun wehren, weil (dum) das Icder wehrt ums
maul,
denn zum sagen und zum plaudern sind die weiber selten faul.
LocAU 2,33,18;
ein ballon fleugt ungeschlagen nimmer, ob er gleich voll wind,
manche sind zu faul zu ehren, ob sie gleich begäbet sind.
2, 161,9;
Ton faust ist Schnaube faul, doch rü.siig in dem sinne,
ein herze hat er wol, doch wenig herzens driune. 3,150,73;
faule {träge, langmmc) stunden eilet doch,
eilet doch ihr faulen stunden! Gcntuer 282;
das hat mein fauler {unlhdliger) gram gelhan. 191 ;
nun macht der faule strich entzückt. 346,
der langgezogne strich des geigers ;
auch bürper sclieuen sich für jeden gut zu sagen,
willst du der kinder brot Tür faule Schuldner wagen?
LiCBTWER recht der Vernunft 12C;
wir treiben tag für ta^ die magern schafe weiter,
des abends kommen sie doch wol mit schlaflera cutcr
und ohne milch zurück, da heiszts, man ist zu faul,
und sorgt nicht für das vieh. Host scliäfcrgedichte ül;
der faule Hylax schlief,
und wurd es nicht gewahr, als sich das vieh verlief. 92;
nein, meine mutter spricht
zu hause stets zu uns: ihr kinder, liebt mir nicht,
die liebe macht nur faul und ist ein schlecht vergnügen,
drum folgt, ihr werdet doch noch reiche mäinier kriegen. 133;
ein alpenriese (Bodiner) schimpft, in Sachsen wirds bekräftigt,
0 Phöbus bist auch du {Gullsclied spricht] zu meiner räche faul,
wo nicht, so zeig es uns, spnnn einen feuergaul
zu meinen (.«n) besten aus, damit auf diesem pferde
der alpen Polyphem von mir bestritten werde.
Rost Vorspiel 75;
lasz uns faul in allen sachen,
nur nicht faul zu lieb und wein,
nur nicht faul zur faulheit sein. Lessing 1,51;
so flicszt in kalter still, in ungenosznen stunden,
in tagen, die verdrusz umhüllt,
das faule leben fort, die traurigen Sekunden,
wenn sie nicht liebe füllt. 1,9U;
der geisl ist dabei {beim etymologischen sludium) in einer so
faulen thätigkeit, er ist so geschäftig und zugleich so ruhig.
8, IGl; ist es nicht fauler leichtsinn, dem einen die Über-
zeugung des andern zu. gute kommen zu lassen? ist es nicht
leichtsinnige faulheit, die Überzeugung des einen auf beide
erstrecken zu wollen? 10, U6; er hat sich auf die faule seile
gelegt, felsenb. 3,423, ist in faulheit versunken;
sie liegen auf der faulen seite. Günther 163;
sich auf die faule seite begeben. Pbaetorids tvellb. 29; die
zeit mit faulen tagen zubringen. Schlampampe 47; er liebte
faule tage über alles. Siegfr. v. Lindenb. 1,50; die faule welt-
weisheit, die unter einer andächtigen micnc eine trüge Un-
wissenheit zu verbergen trachtet. Kant S, 340 ; aus einer art
von fauler Verzweiflung ergibt er sich blindlings in die bände
seines führers. Fichte über die fr. rcvol. 376 ;
dort liegt er dann in fauler ruhe. Fr. Müller 1,22:
eine menge Scheltwörter Verden mit diesem adj. gebildet : fauler bund,
fauler rüde, fauler bengel, schlingel, fauler scliliffel, fauler
kegel (Keisersb. omeis 8*), faule schlumpe «. dgl. mehr;
es war ein fauler schäfer,
ein rechter Siebenschläfer. Götbe 11,12.
die belege zeigen, dasz dies adj. sich mit der praep. zu verbindet :
faul zu wandern, faul zu plaudern, faul zu bandeln, fr. lent
h marcher, i causer. k agir.
5) stall er war nicht faul {säumte niclit, non tardavit) setzt
die spräche, um das schnelle der handlang auszudrücl;en, nach
einem pronomen oder nomen gein bloszes 'nicht faul', mit weg-
gdassenem rerbum subst.: als Braun dieses gesagt, kroch er
hinein big über die obren, steckte auch seine vordere talzen
mit hinein, der fuchs aber, nicht faul, zog eilend den keil
heraus, dasz der bilr mit dem köpf und klauen in dem bäum
bestecken bliebe, prosa von Hcineke fuchs {nach 1648) I, H s. 5«;
ich, niclit fatil, und sobald {zog alsbald) von leder. Piiii.ander
1,731; er verlrawele der verrat herischen Conquin den ganzen
tractal, die, nicht faul, verzcblle alles dem cbevalier de Lor-
raine. El. Chabl. von Orleans .?. 416; er sagte, sie solle ihm
gleich gold geben oder er wolle sie umb bringen, sie, nicht
fauL springt ihm an den hals, ninibt i>eine cravalte und ziecht
•o geschwind, daoz der dich ersticken solle, t. 499 ; der Michele
nicht faul reibt ihm das ohr. FucJismundi 379; (loltbarl aber,
nicht faul, ri«z ihm die pi-ilolc au« der tiand. unv. dnct. S47 ;
diese, nicht faul, iegle die band an das gewelir. tnc(/. maul-
affe 65; der mair, nit faul, reicht bein kraisamt a mcmorial
ein. Eipeldauer 1S14. 8,10; das aber, nicht faul, nahm ein
buchenes scheit, fuhr auf ihn ein. Gotthelk Uli s. 302 ; die
wächterin, nicht faul, gosz. Bücher die kinderlehr s. 35 ; nid
fula, nit lassä, nit zful. Stalder dialcct. 292. 297. 308. nd.
he, nig to ful, gaf em ene orfipen;
er läuft, der bar lauft nach, er schreit, will sich verstecken,
der bär, nicht faul, sucht ihn, bricht brummend durch die
hecken,
und jagt ihn wieder vor. Lessinc 1,194;
um mir doch die kleine freude am Frauenbuch zu verder-
ben, bat hcrr Joseph Bergmann, nicht faul, die handschrift
abdrucken lassen, ehe meine arbeit erscheinen konnte. Lach-
manns tiachscliriß zum Lichlenstein. ist das verbum ausgedruckt,
so leidet die rasclJieil des ausdrucks: die niaurer waren nicht
faul dabei gewesen. Letpz. avanl. 1, 88 ; ich war nicht faul,
sondern ging. Felsenb. 2, 402 ;
drauf kam der tod, der war nicht faul,
kriegt ihn beim köpf, sprach 'halt crs maul!'
Rost giiihsciinft auf lleinecke.
6) aus der eigentlichen bedeutung von faul entwickeln sidi noch
einzelne besondere und teclinischc, die auch in feste namen über-
gehn. in spielen heiszt der, uctcher austreten musz, 'faul', be-
sonders im ballspiel: der schulthcisz u-irß einem in der reihe
den ball zu, sobald dieser ihn gefaszt hat, musz er gleich einen
der übrigen, die das weite suchen, werfen. Irift er, so ist der
getroffene 'faul' und darf niclit mehr mitspielen, triß er nicht,
so ist der werfende faul und wälirend dem spiel darf keiner der
spielenden von einem 'faulen' bei strafe des 'faulwerdens' den
ball annehmen. Ernst Meier kinderspicle 144. dt-n scliiffern be-
zeichnet faule see windstille; den bergleulen fauler gang schmie-
riges, schlüpfriges gestein; faules eisen ist brüchiges und die
benennung eines Spiels 'faul eisen' Garg. 168* n* 457 mag daraus
zu erklären sein; ein andres spiel das. 426 'die faulen mägd';
faule Wäsche, schmutzige, was sonst schwarze wasche, nd. vuul
tüg, faules zeug; vulen twiete oder fühlen twiete, enge, stin-
kende gasse in Hamburg; faule Grefe heiszt die falcaria, das
sichelkraut, nach einer dirne, die im sicheln faul war, nach Wein-
hold 19' ist in Scidesicn die faule magd aber lychnis flos cuculi,
kukuicsblume. derselbe legt auch der ralle oder dem Wachtel-
könig, rallus crex, diesen namen bei, wofür Neicmcii der alle
knecht, kasper, der feldwücbter hat.
vgl. beutelfaul, erzfaul, faszfaul, grundfaul, kernfaul, maul-
faul, mistfaul, rotzfaul, schelmfaul, schlägefaul, scblagfaul,
stinkfaul, sfockfaul.
FAUL, n. sordes, pulrcdo:
ich hab mir oft dacht, er sei krank,
so hat in leicht das faul getroffen. IL Sachs 1, 451''
ich hab gar gute arzenei
für das faul und den zipperiein. I, 529^;
unser ungesparter fleisz,
unser ungescheuter schweisz
wird uns ja was wieder nützen,
das wir nicht für raubrisch maul
wie bisher so bitter schwitzen
und crnehren fremdes faul. Log*u 2,246.
nJ. he bei dat vulc, er hat das faulfieber, zweideutig.
FAl'LAFFE, m. fauUhieraffe.
FAULBAUM, m. nnl. vuilboom, rhamnus frangula, vibumum
opulns, prunus padus und ligustrum vulgare, lauter .Bräuche, die
beeren tragen, übel riechen und unter vielfachen andirn bcneti-
nungen vorkommen. Hemsch 1019 hat frangula, arbor fociida,
stiniibaum. auch ein fauler, träger mensch heiszt faulbauin.
Maaler 133".
FAULBÄUMEN, auf dem faulbaum sitzen, nach dt'm sprich-
vort: wer kürbäumen wil, der faulbäumet gern. Viw^n sprichw.
2,110'. kluge weise reden lhti:),Os\ ir.70, 105'. Stielkr 115. kflr-
baum ist cornus, kürlbaum, dirlebaum (2, lls4) vogelbeerbaum,
der hölur wäcJisl, an dem srht'mere beeren hangen, als am faulbaum.
'wer nach Vogelbeeren strebt, gerdlh auf die faulbeeren' wurde
walirscheinlicli von einem vogel gesagt, der zu hoch hinauf u-ill.
kommt htrunter, qui sc exaltat, humiliabitur. soll es von einem
menschen gelten, so müsle an das harte und braucJtbare holz der
cornus oder des hartriegels, an das schlechte, unnülw des faul-
baums gedacht werden. Frank setzt den parallelen Spruch: wer
nit auf eiiu schlechten sack wil ligen, dem wirl ein slrosrnk.
FAULBEEHE, f die frucht des faulhaums.
FAULBETT, FAULBETTE, n. ;cr/((/K.t, lotterbrtt:
die fraw mit verpuntncm fucsz auf dem faulpol lug.
mei$lrrg. 23 n* .»;
xl nprnrh, er legt »Ich heul nach elm
In« faulpeii, also llgt er noch. li. Sacm L4il';
1373
FAÜLBETTCHEN — FÄULE
FÄULE— FAULENZER
1374
das grab nicht anders denn als ein sanft faul oder unge-
bette zu halten. Lctber S,3'72"; derselben sogleich arznei
eingab und rieth, sich wenigstens eine halbe stunde auf ein
faulbette niederzulegen, ing. der liebe 252 ; dasz ich die mutter
erstlich mit kuuimer und noth auf ein faulbette bringen konte.
Felsenb. 4, 213 ; kaum aber war das aufgetragene glücklich auf-
gezehrel, so suchte mein Ampelgen das faulbette. ehe eines
mannes 213; das faul lungerbett mit den umhängen ist für
die mittags oder nachmittagsruhe. Comenius von Docemics§. 574;
ein mflsziger sophist auf seinem faulbette. Wielasd 2,319;
auf dem faulbette ernähren. Moser patr. pb. 1, 7S {werke 1, 159) ;
das faulbette aller thörinnen. 3,45; ohne mich geradezu auf
ein faulbette zu strecken. ThCjcmel 4, 493 ;
ich streckte, kam mirs vor, in Esthers Sommerhaus
zu sanfter mittagsrast mich auf dem faulbett aus.
GoiTERS schausp. 142;
ward ich beruhigt je mich auf ein faulbett legen,
so sei es gleich um mich gethan ! Göthe 12, S6.
FAÜLBETTCHEN, n. dasselbe: sei der grüne rasen mein
faulbettchen. Wieland 13, IS; ich fand sie in einem kleinen
saal ihres gartens auf einem faulbettchen liegen. 13, 92.
FAL'LBETTLEIN, n. war eine feine bank sampt dem bank-
pfulwen und sonst ein faulbettlin zur band, darauf streckt er
sich bankethierlich und zierlich. Garg.i',0*; demnach ist unser
lieber d. Luther nicht todt, sondern er nihet jetzt in seinem
faulbettlin und genartet der stimme des herm. Otho 1049.
FAULBRAND, m. uredo, in körn, icaize, haber.
FAL'LBRÜCHIG, fragilis: eisen, weiches bei jeder tempe-
ratur mürb und von geringer festigkeil ist, wird faulbrüchig
oder haderig genannt. Karmabsch 1, 10.
FAULBRCCKE, /". pons pulridus, ein allbergebrachles spiel:
auf ein zeit war ein priester, der het geistlich und gar wol
geprediget, und nach dem essen treib er gäucherei mit den
jungen gesellen, als die faulbrück springen oder keglen. das
sah ein alt weib, die sprach zu demselbigen herrn, 'ir seid
nicht der herr, der heut geprediget hat', seh. u. ernst lböä,Z25.
1590. 394. 1522, 448 (ifo ; nach dem imbis da treib er den
gauch). sonst unzusammengeselzt :
zwei (ß. i. mann und frau) spUten der füln brücken.
Altswert 9ti, 19 ;
spielten (Gargantua und Gurgelmilla) der faulen brücken und des
thiers mit zweien rucken. Garg. '"' ; der faulen brücken. 171'.
FAULBRUT, f. abgestorbne brut der bienen, felus corruptus.
FAULBRÜTIG, ein faulbrütiger bienenkorb.
FAULBUTTE, f. zum faulen der lumpen in den papiermülen.
FAULDÄMPFEN, vaporare: auf das der mist wol erkocht
und durchaus gefauldämpft seie, wann man ihn auf die äcker
und matten gelegen soll. Sebiz 50.
FÄULE, f. 1) putredo, caries, fäulnis, ahd. fAli, mhd. viule,
besonders an leib und fleisch der menschen und thiere:
der sibend hat die feuln in henden. fastn. 1011,18, vgl. 1161;
on dasz er weiter ein schön hell fewer anmachen liesz, die
betrübung, nibelung und feule des lufts zu enderen und zu
leuteren. Garg. 185*; wein vor faule bhüt. 11;
was aber find ich hier? wie? ein entseelte leich
gelehnt au diese raaur, von fäuie blau und bleich!
Griphiis 1,235;
die strafen sind das salz, damit man abe wehre,
dasz gute zucht sich nicht in faul und stank verkehre.
LocAU 3,184,63;
man liebt dich, Paula, nicht nach riechen,
der bock ist hei dir eingeschlichen,
man liebt dich, Paula, nicht nach schmecken,
dein mund wil böse feule decken. 3,225,42;
die faule friszt zwar fleisch und bein,
doch kan sie nicht den lorbeer streifen,
der schon um alle linger grünt
und wider die Verwesung dient. Gc;<tuer 348;
sie ist das element, woraus dein nacliruhra grünt,
weil asch und faule stets dem ehrenpreise (sp. 63) dient. 680;
es hairelt um sein haupt, es kreuzen blitz und keile,
es splittern stamm und ast, es dampfen gift und feule. S08;
ein leib voll faul und stank. 815;
wie das samkömlein zwar in der erden verfaulet, doch ein
grünes hälmlein aus der faule treibt. Scriver »e/enscA. 1,13;
Schoppc fieng nun an dessen mund und herzensföule zu
rügen. J. P. TU. 3, 83. vgl. mundräule.
2) faule an bäum und geslcin : mürbes, faules geslein. Frisch
1,252* aus Mathesils: man trift viel groszer faulen und holz
innerhalb den bergen an, welche von der sündflut verschwemmt.
brau nkoldenlager ?
FÄULE, f. farilla: ein erleschen (erloschen) gneisl, feule.
Dasyp. 7i'. Diefesbach 227'.
FAULELEN, fngrescere, faulenzen. Stieler 445.
F.\ULELEN, fracescere, leig werden : das obst Ciulelt.
FAULE.N, 1) putrere, pulrescere, ahd. fftl^n, mhd. TÖlen:
des schilt was holz, hie; aspinde,
da; fület noch enbrinnet. Parz. 741,3;
diu wunde vület lihte und swirt. Bari. 176,15;
dö wart diu wärheit wol schin
des Sprichwortes, da; da gibt,
da; schulde ligen und vülen niht. Trist. 138, 24.
tihd. wer ein arme hebe (weihgeschenk) vermag, der welet ein
holz das nicht faulet. Es. 40, 20 ; eigenlob faulet in des reden-
den mund. Steinhöwel Esop 82';
wann du schon fulest in dem grünt. Bratt 95,64;
wie möclit das wirken fleisch und blut.
das gänzlich stirbt und faulen thut? Scbwarzekrkrg 152,1
und wenn der cörper fault, so beisz die seele leben.
Grtphics 2,396;
ein holz das schon wil faulen (ßr faulen)
taugt auf die fewerstat. Tscuerm^g 233;
die weit fault in sich selbst und ihre sitten stinken.
LoGAü 1,209,69;
hier faulen des geschlechts schon mehrere. Lessh^g 2,253;
zeig mir die frucht die fault, eh man sie bricht,
und bäume die sich täglich neu begrünen. Göthe 12,85.
5. anfaulen.
2) pigrescere : wollen nit faulen, nit schlecken. Keisebsb.
parad. der seelen 29*; er lag still zu fulen, bis das der tag
zu allen orten in die kammer schin. bilger 152*;
sie war unendlich und untüchtig,
stund nit wie vor im haus aufrichtig,
von aller arbeit stetes schault (lalet),
des morgens lang im bette fault. Waldis 4,19 s.232';
Stieler 444 führt an : ein fauler dieb und warmes bett scheiden
ungern von einander;
den zweck, dies lange ziel
hat die natur gesteckt dem, der nicht fanlen wil
in seiner mutter schosz und hinterm ofen alten.
Opitz 2,18;
besser laufen als faulen.
FÄULEN, putrefacere, faulen machen, ahd. fülan, mhd. viulcn :
so viulet aber die sünde dich. Bari. 176, 32.
nhd. dis kraut, so es gefeulet (maceriert) wird unter mist. Alb.
magn. 1569 s. 52; so du ein wunden feulest und sie würt
stinkend. PARACELSHfun<iar:ne» 6*; nit wie ihm die gemeinen
arzt gethan haben, dieselbigen haben alt hirnschalen geftiulet
(aufgelöst? oder soll es sein gefeilet?) und zu trinken geben.
Paracelsüs 1, 603' ;
die innerlichen beulen,
die nach und nach das mark des sichern landes faulen.
Haller 103.
fehlerhaß statt des intr. faulen:
seine band leg an den pflüg, wer dazu berufen ward,
wer vergebens sitzt und feult, körnt zuletzt auf breite fahrt.
LocAü 2,201,33;
er liegt und fault und schwellt (für fault und schwillt). Clau-
dius 8, 91. s. anfaulen.
FAULENZ, fäulönz, m. homo deses, segnis:
so musz man dir die krankheit büszen,
aus deiner haut den faulenz treiben,
mit ungebrannten äsclien reiben. Waldis 4,19 s.233';
bei müszigen tagen sein faulenz. Abele 4,137;
ich denks, sagt faulenz. Grcter proverbia p. m. 54.
FAULENZEN, faulenzen, desidere, desidem agerevilam, der faul-
heil frühnen: so würt es doch dir gut sein, das du die weil
nit faulenzt hast. Pelr. 12';
get gern umh faulenzen. H. Sachs V, 328";
faulenzen bin und her. 1,533*;
sie faulenzt unterdes bei berd und müsziggan^.
GiJMTHER 4yi;
die edle zeit mit faulenzen verderben. Salinde 10 ; dasz sie
sich schämen sollen ihre jungen tage so in faulenzen hin
zu bringen. Jucundiss. 43 ; die zeit mit faulenzen gen und
müsziggang zubringen. MClmas geiszel 169 ; wie doch das
faulenzen gedeiht! Göthe 20,133; indem ich am mitten borg
lag, um im schatten ein wenig zu faulenzen. BErri.xE br.
1, 294 ; die vielen kinder, die da herum faulenzen. Armm
kronenw. 1, 399. die Schreibung faullenzen beruht darauf^ dasz
man aus faulenz einen faulen lenz machte, s. verfaulenzen.
F.\ULE.NZER, m. »as faulenz:
suppendiencr and faulenzer. Atker 2S9';
1375 FAULENZEREI — FÄULIGKEIT
ein rechter tagedieb und faulenzer ; langschläfer und faulcnzer;
ein groszer faulcnzer. Güthe 15,107. faulenzer hekzl auch
das faulbetl, die ofcnbank (Leoprecüting 22u) und das fauUhier
(Belli Frankfurt 2,10).
FAULENZEREI, f. desidia, pigritia.
FALLE.NZERIN, f. femina somni plena. Stieleb 445.
FAULEUMANN, FAULMANN, m.
hie ruwet {ruhet) Marlin Faulermann,
wan man den ruwen sagen kau
der seinen Icbiag uicliis gethan. Wkckhbrlin 813.
FAULERT, m. gekürzt aus faulbart: faulert bohrt nicht
gerne dicke breter; faulert musz zerrissen gehn. Simkuck
2291. 2292;
ders aber feulisch greifet an,
dem gibt man auch sant faulharts lohn. Eierinc 2. 4«/.
FAULESCHE, f. poptdus trewula.
FAULFEIL, renalis: ist dir bishcro auch deine secle faul-
feil gewesen, so fange doch heute an, dis kleinod nach wür-
den zu schätzen. Scriver seelensch. 1,34; wie sollte ihm nun-
mehr faulfeil geworden sein, was ihm allezeit so theucr und
werth gewesen ist? 1,36.
FAULFIEBER, n. febris putrida.
FAULFLECKE, n». macula ptdris.
FAULFLECKIG, faulfleckiges holz.
FAULFRASZ, m. homo piger H vorax, gebildet wie vielfrasz.
FAULFRÄSZIG, ja mit der weise würde kein handel auf
erden bleiben, würde eim iglichen das seine genomen und
abgeborget werden und den büsen, faulfrcszigen die thür
aufgethan. Luther 2, 4S5'; der teufel hat aller weit guter
in faulfreszige beuche gesteckt, ja in der klöster und stift
cloacas und heimliche gemach versenkt. 5,261"; denn er wil
auch der nicht, die beide sorge und erbeit lassen, als die
müszigen, faulfreszigen wänste. 5,427"; also was gelobt ein
münch, wenn er seinen gehorsam gelobt? er gelobt eitel
ungehorsam und wird ein müsziger faulfresziger bruder in
den gutem durch anderer leute schweisz erworben. 6,30";
aber da würden wenig münche bleiben und die faulfreszige
beuche dünne werden, das.; die regimenl wollen nicht auf
dem polster ligen und rügen (ruhen) oder hinder dem ofen
sitzen, wie ein faulfresziger rüdde, sie wollen gecrbeitet
haben. 6, 1R2*.
FAULFREUND, m. amicus iners. Stieler 555.
FAULFUSZ, m. bradypus, ein fauUhier.
FAULGERUCH, m. foelor, mephüis.
FAULHABER, m. avena ^trida corrupta.
FAULHANS, m. FAULHÄNSLEIN, n. grobianus g2.
FAULHEIT, f. pigritia, vihd. vülheit, in mehrern stellen per-
sönlich gedacht als ein wesen, das den menschen einnehmen will
oder besetzt hält: faulheit bringt schlafen, spr. Sal. 10,15; sie
schawet, wie es in irem hause zugehet und issel ir brot
nicht mit faulheit. 31, 27 ; durch faulheit sinken die balken
und durch hinleszige bände wird das haus triefend, pred.
Sal. 40,18;
die Sichel in der faust, der arm schier ganz entblös«
gibt warlich zu verstehn,
dasz sie nicht ruhen kan und faulheit von sich slöszt.
Grtphius 1,223;
der faulheit aus dem wege gehn; einiyn die faulheit aus-
treiben; ihr seid junge leute, schämet euch, dasz ihr euch
aufs betteln leget, die faulheit stecket euch im leibe, unw.
doet. 375; man sollte euch leute wo anders hin führen und
euch die faulheit aus dem buckcl jagen, das.; die faulheit
reitet ihn;
faulheit, itzo wil ich dir
auch ein kleine» loblied bringen. Lkssisg 1,51;
leichtsinnige faulheit («. faul 4); der hang zur ruhe ohne
vorhergehende arbeit ist faulheit. Kant 10,306; ich konnte
vor faulheit, die mir die liebe sonne einbrennt, keinen augcn-
blick finden, deinem bricf eine antwort zu geben. Bettine
frr. 1,223. s. fnulkcit.
FAULHOLZ, n. nasses, feuchtet: wer faulholz anlegt, der
macht ein rauch. Lehmani« 203.
FAULICHT, putredine vitiatut, das fleisch, obst ist faulicbt
Stieler 415.
FAULIG, FAULIG, in gleichem «nn, au$ ßullich, mhd. vftlllch.
F.\L'LIGKE1T, f. pulredo, pigrüiet. faulheü:
dM lebcnf fSuligkeit di« lege von dir hin,
der Käme leib wird lau, enucbUft dir »rhon der tinn.
Onti l.:Ui7;
nie nuliebkeit dai boli, rott eisen pHegt zu rresaca. 8,282.
FÄULING — FAULTAG
1376
FÄULING, m. homo piger:
was du anjeizt vermagst, das solst du nicht beginnen
erst morgen, und verzichn als wie ein Hniling zwar.
Opitz 1,346 (3.S5).
FÄULISCH, piger: sich feulisch stellen. Eyering 2,600.
FAULKEIT, /". pigritia, ignavia: drei ding machen einen
mtinch, nemlich Unwissenheit, faulkeit und Verzweiflung, kr. des
frides 20y; der münche faulkeit des teufeis faulbet. Fischart;
weil aber der geiz zum gelde dem geiz kunst zu lernen vor-
geht und die faulkeit vortrift. Paracelsi's l, 332' ; die expc-
rienz trüg ihn (ihnen) die küchenfülerlein nit mit solcher
faulkeit ein. 1,545'; das wir die faulkeit, uusorg, unfleisz
von uns müssen thun. 2,208'; sich der fauikeit ergeben,
deMae se dedcre; faulkeit über alle faulkeit, inertissimum otium.
Maaler 133";
solche faulkeit taug mir nicht, fastn. 564, 13. 565, 9. 566, 5. 8 ;
fulkeit erdenkt ein werwort bald,
fulkeit sich wider went und für
glich wie der angel an der tür.
Bhast 97, 34, vgl. sp. 1370 aus Ldtusk 20, 14;
wer erlangen wil lob und rühm,
der schlaf nicht in seim eigenthum,
uud in fauikeit nicht jubilier. Froüsperc 3, 101';
wen die faulkeit reit,
das er seiner arbeit nit obleit. H. Sacus V, 328";
■welcher schclm nit hart arbeiten wil
oder mit fauikeit ist beladen. Ayrer 372';
was die faulkeit halt für unmüglich,
das uberwint die arbeit füglich, gl. itchif 45;
du verachtest mich, ich seie nicht edelgeboren, so verachte
ich deine faulkeit, dasz du nichts adeliches verrichtest.
Philäxder 2,427.
FAULKLICH, pigrc, Maaler 133': die handeln faulklich
und frei. Melanchtii. 1 Cor. 9.
FAULKRANKHEIT, f pulredo und pigrities.
FAULLÄSSIG, piger: Domitianus fiel in allerlei grobe lasier
als zorn, tirannei, faullessigkeit, unkeuscheit. Frank chron. 135'.
FAULLEIBIG, cor/me putridus. Stieler 1133.
FAULMACHER, m. auäor socordiae. Stieler 1193.
FAULMAGIG, slomacho pulris:
krumm, lam, beinbrüchlig, hackrig, hinkend,
car schwach, verwund, faulmagig, stinkend.
Waldis 4,100 s. 350».
FAULMATTE, f. geflochlne matte zum abstreichen der schuhe.
FÄULNIS, /■. pulredo: in Täulnis gerathen, übergehen, über-
treten; fäulnls und Verwesung zerstörten das stolze gebäu
eines kriegerischen rosses, das unter seinem reuter erschossen
worden. Lessing 1,136; keine andcutung von fäulnis, Göthe
37 31 ■
da den Slavata, und den Martinitz,
die sich vom raube der vertricbnen bürger mästen,
die von der allgemeinen fäulnis wachsen. Schiller 333'.
FÄULNISDUNST, m. faulgeruch.
FÄULNISTILGEND, pulredincm delens.
FAULPELZ, m. desidiae deditus, faulenzer: du bist ein faul-
pelz, magst nichts arbeiten, liegst den ganzen tag auf der
faulen haut. Maaler 133" hat aber auch: von feule ein beiz
überkommen, fracere, fraccscere, silum conlrahcre, so dasz pelz
den Schimmel, die haut ausdrückt, wovon das faulende idicrsogen
wird, ich rechen wol, er hab sJiliche hoche spitzige kunst
zQ Freiburg im faulen beiz erschnapt. Schade /«m»/. u.sal.i.lbi.
FAULPELZEREI, f. in der schule. Gottiielk scbuldb. 77.
FAULPELZWERK, n. was das land jiihrlich einhü<zet . . .
und besonders durch das allgemeine müszipgehen und faulpelz-
werk der linken band und zweier füsze. J. P. anh. zu Tit. 2, 81.
FAULREGEN, m. gehorsam ist aller tugcnt kröne und
ehre, aber wenn faulwitz drinnen erfunden wird, so hat sie
der melthaw, oder wie es Esaias (18,4) nennet, der faul-
regen verderbet. Luther 6, 147",
FAULREIF, fracidus, überreif, reif zum faulen, morsche,
faulreifc birneu; die Türkei gilt für faulreif.
FAULRIECHIG. rancidus.
FAULSCHAL, faul und schal: der faulscbale Dietrich von
Bern. Garg. 3o'. .... •
FAULSCHLINGLICHT, betrieglicher, faulschhnglicblcr kra-
merfuchs. Piiaetoruis katzcnveit s. 91.
FAULSCHWÄTZER, m. nugator, müszirfer schwälser.
FAULSEUCilE, f nu)rbus putridus, die faulscuche der k.ir-
tolTeln. karlnffelhranklwit.
FAl.'LSPERLING, «". fringilla domestica, hatutpatt.
FAULTAÜ, w». dies a laborr vacuus, feitrUtg: also da» aus
oberzchltem wo! zu glauben steht, das den seien mit so
1377
FAÜLTASCHE — FAUXENTANZ
FA13HE1T — FAUST
1378
Tilen faultagen so wol geholfen sei, als einem mit der faust
in ein aug. bienenk. 114'.
FÄVLTASCHE, f. immunis operum famula, faule, träge magd.
Maaler 133'.
FAULTHÄTIG: weiber sind schnellredig und faulthätig.
Fischart ehz. 563.
FAULTHiER, n. bradypus, vgl. faulenzen
FACLTRÄGER, m. in dn }YelteTau die pcrson, vekhe beim
flachsreffen den flachs aus den händen der reffenden empfang
und auf die nahe bosselbank (2, 264) trägt, d.h. auf diebank vo
er in büschel, kleine bündel gebunden vird. dieser träger, häufig
ein kind, icird als faul angesehen (faul 6), veil er nicht mitrep.
FAULUNG, FAULUNG, f putredo:
das kreuz ist unser salz, das aller fäulung n-ebret. Roipler 153;
der knpferschlag, so in der erzt oder auf dem ambosz ge-
sammlet wird, soll wider die faulung dienlich sein. Otho
612; lasset euren todten nur noch liegen, denn es kann ihm
(ßr ihn) bei jetziger Witterung keine faulung angehen. Fel-
senb. 4, 99 ; Pardenone läszt in einem gemählde von dem
begräbnisse Christi einen von den anwesenden die nase
sich zuhalten. Richardson misbilliget dieses deswegen, weil
Christus noch nicht so lange todt gewesen, dasz sein leich-
nam in fäulung übergehen können. Lessixg 6, 524 ; ich habs
immer gelesen, dasz unser wesen nichts ist als sprung des
geblüts und mit dem letzten blutstropfen zerrinnt auch geist
und gedanke. er macht alle Schwachheiten des körpers mit,
wird er nicht auch aufhören bei seiner Zerstörung? nicht
bei seiner fäulung verdampfen ? Schiller 139'.
FÄULUNGSMOS, n. byssus septica, sp. byso podrido.
FAULUNGSORT, m. iras faulbutte.
FAUliWANST, m. homo segnis. pol. feuermäuerkehrer cap. 5.
tgl. goth. Tamba lata, fauler bauch.
FAUL WEIDE, f saiLx pentandra, fieberweide, schafweide, rgl.
oben unter faul 2 eine stelle des Albercs, «o doch nicht der
Strauch, sondern die weide pascuum, die faule im gegensalz zur
grünen gemeint ist.
FAULWETTER, n. frigus sdutum, thauwetier.
FAULWITZ, m. polypragmosyne, riclgesctidfligkeit, neUhuerei:
die lateinischen heiszens foris sapere, domi desipere. ich
wils dieweil faulnilz nennen und es ist auch der erbsund
früchtlin eins. Luther 6, 146'. Stieler 2570 hed es für poly-
pragmon, ardelio, den rielgeschäßigcn müsziggdnger, wie wir auch
Tontitz persönlich gebrauchen ; der faulw ilzige Momus. Rit^cbki
Palm. 569. rgl. rerfaulwitzt sp. SlO unter erfroramen.
FAULZEN, putredinem sapere, fäuleln: dasz er nicht dar-
nach schmeckend werde und ein faulzenden gescbmack ge-
winne. Taberxaemo.xt. 15S8 s. 44.
FAUM, m. spuma, Stieler 448, cßeichviel mit feim = faim,
wo mehr gesagt werden soll: den fauin aus des pferdes maul
in warmen wasser, doch von einem andern schlechten pferd
genommen, welches darüber sterben musz. Pixter 402; der
dicke faum vom weine; träume sind faume.
FAUME.N, spumare, fäumen, feimen : wenn es schaumpt oder
faumpt, den wirf mit einem säubern faim oder Schaumlöffel
herab ganz schöne. Froxsp. ATi>gs6. 2, 219'. rgl. Stalder 1,358.
FAUMIG. spumosus. Frischlix nomencl. 45.
FAUMKELLE. /.
FAUMLÖFFEL, m. despumalorium, scliaumlöffeL SnEUEB 448.
Garg. 8S*.
FAUN, m. faunus, pl. faunen, fauni, waldgott, feldgoU, erst
im 18 j/i. .■ faunen und liebesgütter und nackende mädchen
scherzten ohne aufhören im funkelnden grase. TbCxxei. Wil-
helmine 113;
stampft, ihr faunen, ringellänze. Fk. Mcller 2,348;
wann schläfrig die lippen
beim göttermabi nippen,
umtanzen wir faunen
im walde den schlauch
nach allem gebrauch. MArraisson 170.
FAUNRLUME, f satyrium.
F.lUNCHEN, n. ein milchhömiges ßunchen. Fb. MI^lleb 1, 123.
FAUNENGESICHT, n.
FAUNENLIED, n. Matthissox 170.
FAUNE.NOHR, n. nur durfte man sich nicht weit umsehen,
ohne das fauncnohr zu erblicken, das durch die häusliche
Zucht eines wolhabenden landedelmanns durchstach. Götbe
31,237;
den witzigsten entstellt ein faunenobr. Gottzi 1,333.
FAUNENTANZ, m. Oberon 2,43.
in.
FAÜNHEIT, f.
in seine fauoheit eingehüllt
trägt er sein börnchen Qbergüldt. Wiblaxd 26,310;
auch wenn man den untertheil des gesichts bedeckt, lacht noch
die ganze faunheit aus den trunknen äugen. Stolherg 8,96.
FAUNISCH, faunenhafl.
FÄUNLING, m. fäunchen: hättet ihr doch auch frau Silena
und die faunlingc {frau und kinder) mitgebracht. Stolberg 3, 113 ;
die launlinge sonnen
bei ledigen tonnen
sich krauend auf rasen. Matthisso!« 171 (157).
FAUNZ, f. bairisch für faust, faunst, funst (roe. ine. teut.),
dem nasalen poln. pi^sd ähnlich.
FAUNZEN, colaphizare, mit der faust ins gesteht sdilagen : den
hab ich gfaunzt, dasz ihm hören und sehen vergangen ist.
Schxeller 1, 546 ; und wird das weib durch das faunzen nur
mehreres verunglimpfen. . . . s. 180. faunzen , abfaunzen.
Frisch 1, 252. Froujianx 2, 341. 4, 44. 167.
FAUSEN, pl. nugae, fallatiae, bei Stieler 443 fusen, kun-
kelfusen, spinnmärlein, «-Aireij. fausen. Stalder 1,358; fansen
machen. Knospus titelbl. und rorr. ; lustige fausen, schnacken
und tischreden. fliegenwadel 42;
stecht den Staren
diesen narren,
lacht der fausen,
narrn musz man die kolbe lausen. Hildebraxo votksl. 404;
seltzame fausen. Megerle Judas 1, 191. rgl. flausen.
FÄUSERLEN, fein nebeln, schneien, regnen. Stalder 1, 359.
FÄUSI, m. possierlicher kerl, schwdnzler, peiit niailre. Stalder
1, 358. 359.
FAUSLE, f. Ttohnt^äy/to/v, ein stänker, topfgucker. sdiweiz.
FAUST, f. pugnus, ahd. fftst, mhd. vftst, ags. fyst. engl, fist,
nnl. vuist, den nord. sprachen abgehend, welche dafür haben
altn. hnefi, schw. näfve, dän. näve, doch besieht altn. püstr
colaphus, schw. dän. pust, iro:u sich nd. pusten blasen halten
liesze. dem fftst entspricht russ. pjast , böhm. pest, poln. pi^^c,
ihnen allen scheint ein kehllaut ror dem st ausgefallen, so dasz
ein goth. fauhstus bestanden haben könnte, wie maihstus unser
mist ist, und fauhstus würde dem gr. tiv^ gleichen, das nur
im adv. fortbesteht; ohne den lingualanhang sind -nf/urj, lat.
pugnus {it. pugno, sp. puiio, fr. poing für poign) und pugna
fauslkampf, pugil, gr. friW>;s fausikämpfer und pugnare; der
nasallaut pungo rergleicht sich mit poing, faunz, funst und dem
poln. piesc. zu ihnen allen stellt sich die würzet pungo, pupugi,
stoszen, mit der geballten hand stoszen. ein skr. musli scheint
für pusti eingetreten und entbdirt wieder des kehllauts, welchem
aus fechten, fehtan neue bestätigung erwachsen wird, das unver-
wandte lett. duhre faust gleicht bedeutsam dem tr. gal. dorn,
welschen dum, gr. ScHqov.
1) faust, wie pugnus, bedeutet eigentlich die zum dosz oder
schlag zusammengedrückte, geballte und dadurch kräftiger gewor-
dene hand, die hand 'ballen' hiesz mhd. die vftst 'twingen':
die füst begunder twingen, dö lief er in an. ^'»6. 2079,1;
t€r fiusle twang er sus die haut. Parz. 229,12;
die TÜst sie vaste twungin
dö dors zusamne sprungin. Athis E, 165;
des wirt min bant ein füst. Ls. 1,372,50.
die helden schlagen, wehren sich mit der faust:
mit der linken viuste
wert sich aber der starke man. Lanz. 1928;
er bare sin mejjer in unz an die vüst. MSU. 3,224*.
nhd. wenn sich menner mit einander haddern und einer schlegt
den andern mit einem stein oder mit einer faust. 2 Mos. 21, 18 ;
sind die feuste Sebah und Zaimuna schon in deinen henden,
das wir deinem beer sollen brot geben? rieht. 8,6; ist denn
Sebah und Zaimuna faust schon in deinen henden? 8.15;
gelobet sei der herr mein bort, der meine hende lerel streiten
und meine feuste kriegen, ps. 144, 1 ; es ist besser eine hand
vol mit rüge, denn beide feuste vol mit mühe und jamer.
prcd. SaL 4, 6 ; w er misset die wasser mit der faust {vulg.
pugillo) und fasset den himcl mit der spannen? Es. 40,12;
sihe, ir fastet das ir haddert und zankt und schlaget mit
der faust ungötilich (percutilis pugno impie). 58.4; wenn
wir von inen hören werden, so werden uns die feuste ent-
sinken (audivimus famam ejus, dissolutae sunt manus nostrae).
Jer. 6,24; wenn der könig zu Babel ir gerücbt hören wird,
80 werden im die feuste entsinken (et dissolutae sunt manus
ejusl. 50, 43; da speieten si aus in sein angesichte und
schlugen in mit feuslen, etliche aber schlugen in ins ange-
siebte, golb. {tanub spivun ana andaWeizn is, jah kaupast^dun
87
1379
FAUST
FAUST
1380
ina, siimai})J)an löfam sluhun. ahd. thö spuwun sie sui annuzi,
inti mit fftstin sluogun inan, ändert mit flahlieru lienti in
sin annuzi sluogun ; ags. |)4 spajtton hig on bis ansync and
beoton binc mid beora fystum, sume bine sI6gon on bis ans^ne
niid bcora brüdum bandum. im texl rare irtTtrvaav eis xb
■TTQoaafTTov avrov ynt ixo),a^taav aiTov, oi Se iociTiiaav,
vulg, tunc expuerunt in faciem ejus et colaphis cum ceci-
derunt, alii autem palmas in faciem ei dederunt. 3fa///i. 26, 67 ;
da fiengen an etliche in zu verspeien und verdecken sein
angesiebte und mit feusten scblaben, vidg. et coeperunt quidam
conspuere eum et veiare faciem ejus et colapbis eum caedere,
goth. jab dugunnun sumai spcivan ana viit is jab huljan
andvairjji is, jab kaupatjan ina; ags. and sume ongunnon
hira on spaetan and ofer vrcon bis ansyne, and mid fystum
hine beoton. Marc. 14, C5; und auf das ich mich nicht der
hoben Offenbarung überhebe, ist mir gegeben ein pfal ins
fleisch, nemlich des satanas enge!, der mich mit feusten
scblabe, auf das ich mich nicht überhebe, golh. aggilus sa-
tanins, ei mik kaupasledi, rulg. angelus satanae ut me cola-
pbizet. 2 Cor. 12,7; bis auf diese stund leiden wir bunger
und durst und sind nacket und werden geschlagen, xal
yvfivizevofisv xai xo).a<pit,6fied-a, vulg. et nudi sumus et
colapbis caedimur, golh. veis naqadai jnb kaupatidai. l Cor.
4, U. tu diesen letzten vier bil>elslellen wird xoXtxfi^eiv lat.
durch colaphis caedere und colapbizare gegeben, ins gothiscite
verdeutscht durch kaupatjan, praet. kaupasta für kaupatida,
welchem unser nhd. kaufscblagen, also ahd. koufslagon, wie
bantslagön, halsslagön, alln. slä kaupi nalie liegt: man sclilosz
den kauf durch handschlag und im warte kauf musz die Vorstel-
lung des Schlags ursprünglich gelegen haben, wie das golh. kaupatjan
lehrt, nhd. sieht kein choufazan, sondern füstim slaban, ags.
kein ceäpettan, sondern fystum bealan, Mallh. 26, 07 aber wird
von xo}.n<pit,siv ein ^ani^eiv unterschieden und goth. slaban
löfam, ahd. slaban mit Qacheru henti, ags. slean brAdum
bandum übertragen, so dasz der faust die breite, flache hand,
palma, golh. löfa = alln. lüfi, uelsch Uaw, ir. lamb entgcgen-
s/eW. 1 Cor. 4, U begnügt sich Luther mit bloszem schlagen.
hier folgen nocii andere stellen für faust = pugnus:
und namen das schwert zur faust. Luther 3,145*; setzen
ire Sache auf die faust. LvTnKHS reform. sehr. ed. Irmischer 2, i;
Joab musz ein geberzter kriegsmann gewesen sein, deim er
setzts frei auf die feuste. Luthers lischr. 389'; thut darunib
die angen auf und fäust zu {spricht der feldlierr zum kriegsvulk).
KiHciiBOF mit. disc. 159; 'für der faust' hiesz im 16;7i. und später
'vor der faust' 50 viel als im kämpf, 'pugno' soviel als 'pugna' : dasz
er ein tapfer herr für der faust gewesen. Micrälius 3,379;
weil sie den bruder dort, der für der faust gestorben,
zur erden hat gebracht. Opitz 1,1S4;
er sei ein trunkenbold und mürder, der unterschiedene vor
der faust niedergestoszen habe. Schuppids s. 495 ; er bat einen
8I0SZ vor der faust bekommen, singnlari certamine iclum acccpil ;
sie haben sich vor der faust mit einander geschlagen, ducllo
conflixerunt. Sheler 44S ; er soll mir vor die faust kommen,
ich fordre ihn vor meine faust, fordre ihn heraus zum Zwei-
kampf; ich glaube, sage und behaupte also im nothfall 'mit
faust und ferse' {zu fusi und zu pferd). VVieland 14, 214 ; ein
herr von der faust und nicht von der feder, heute, vom leder,
nicht von der feder; mit dem dcgen in der faust. oeuvres de
Ff^deric le grand ZO, bl ; mit dem säbel in der faust. 30,61.62;
einem eine faust vorhalten, machen, ihm heftig drohen; faust
im sack machen, heimlich drohen; von worten zur faust ge-
mlben. y4r(/en. 2, 307 ; vor der faust, kurz und rund, abschlagen.
Chejimitz IV. 6,2'. 79'; einem jedem das schwert in die faust
geben, sauftevfel 1552 a3'; tapferer Eckart, führe deine faust
nicht mehr wider, sondern für uns ! med. viaula/fe 681 ; faust
drücJcl immer grüszere kraß aus als hand :
vprI.-itiKsi du, dasz Mcgisi, wann er von bluidurst voll
die taust bewaldet bat, mit Popen dciil(en soll?
Duscu vprm. wrrki' 232;
wie lobte der tTrann! 'bint du«, verlluchter du?"
■chrie er, '0 da» du nicht von meiner luiist erblichen!'
Wkiszi Iniueitp. l,2:»t;
bald aoll ale diene Tau*! rlnich einem «türm orgreilen,
uad wie doi laub im herbat von atolzea Aalen atrcileu. 1, 198;
doch wenna ihm fehlt an faual und kraft,
wer mag ihn dann beichOlzeo? GAths 2,270;
furcbterlicb ballte aich gleich die fauii mir. mit grimmigem
^ , , . , wiitheii
0*1 ich ain an und ncblug und traf, mit blindem beginnen,
ono« lu (eben wobia. aie beultea mit blutigen naten.
4U, 272;
Stark von faust, gewandt im rath
liebt er die Helenen. 47,95;
ich setzte meine Hlustc in die seile. i?ameaui ney/t- 336 ; aber
ihm selbst wollt ich es ins angesicht sagen, freilich würde
seine hitzige tapfere faust eilends nach dem brotmesser greifen,
aber das widerlegt nicht. H. L. Wagner die frohe frau s. 11;
einen mit feusten abschlagen, pugnis perculere; einem mit der
faust ins äuge stoszen; es reimt sich, wie die faust aufs
äuge, d. i. schlecht, wenig; das ir kirch der ganzen bibel
ebenso gleich sieht, als ein faust einem ang. Frank chron.
336'; eine faust machen und auf sein äuge legen. Schcppius
515; gib im also ein wiifling, das man im die faust von
stundan in dem angesicht sehe, pugnus continuo in mala
haereat. Maaler 133"; liebesgesprücbe, die sich so vortreflich
zu der sache reimeten, wie eine faust auf ein äuge. Weise
erzn. 142; das recht stehet auf der faust, jus in armis situm
est. man saj/, derbe, grobe bauernfäuste; ein stück rinddeisch
als eines groben bauren faust. Melander jocos. 2 n* 334;
solche taugenicbts wie du könnten das grabscheid in die fauste
nehmen. Weisze kom. opern 2, 30.
2) sehr oß steht aber auch faust für die unverlclzende hand,
selbst für die zarte frauenhand, in fällen, wo heute nur hand,
nicht mehr faust slcUl findet: da sprach der hen- zu Mose und
Aaron, nemet eure feuste vol rusz aus dem ofen {vulg. plenas
manus). 2 Mos. 9, 8 ; huren, die sich mit der faust ernehren,
darauf sie sitzen, fac. fac. 430;
das ir die feust darnach wurdt lecken, fasln. 212,34;
wenn er gehl auf die faust empfangen,
sol er sicli in eil zum häufen machen.
RiNGWALO taut, tvarh. 15;
das du des spielens wirst vergessn
und mit verlämpten feusten essn. 86;
grosz torheit ist die feust verbrennen,
und (las fewr nicht meiden kennen, froschmeus. 112*;
will du erretten hie dein leben,
so must du dein faust von dir geben,
mir angloben und ein eid schwern. Atrer 241*;
in deinen briefen hast du dich allzeit unterschrieben 'des
herrn vaters gehorsamster söhn bis in den tod'. solltest du
diese zusage brechen, wollte ich deine faust vor den richter-
stuhl Christi mitnehmen, sie allda aufweisen und um räche
bitten. Jon. Heermann 48 {als sein söhn vom erang. glauben
abfallen wollte, nach alldeutschem brauch, ein leihzeichen vor gc-
richt zu bringen); der herr bürgerineister bot mir die faust.
ScHWEiNicHEN 1,390; alda i. k. maj. uf gnaden die faust er-
boten und sich gnädigst erzeiget. 2, 126 ; da bot mir der herr
von Rosenberg die faust. 2, 132; habe meinem ältesten bruder
die ganze haushallung vertrauet und ihm in die fauste, als ein
kind dem vater, gesehen und es ihn machen lassen, wie er
gewollt. 2,151; und der es thun wollte, solle eine faust auf-
werfen {die hand erheben). 2, 281 ; meine Plone, die junge
Ihole, kunte sich anfangs durchaus nicht in ihr glück finden,
das sie doch bald in die fauste bisse. Schoch studenlenleben
D3'; die fäust sind den geistlichen nit umsonst gewachsen.
Garg. 207'; sie wagt che köpf und hart daran, ehe sie ihr
disz aus der faust liesz rücken, bienenk. 87*;
dein leben war schon hin und in dem finstern grab,
als er, miltrcichcr gott, dir seine fnust dorgab.
Wkckuerlin 214;
dan ja ein solche faust allein,
so von den musen so gelehret,
als Pallas deine faust bewehret,
kan dich zu rühmen würdig sein. 363;
verzeihe mir, mein lieh, dasz ich von dir tu schreiben
mich unterstehen darf, icli will dich einverleiben
durch diese meine faust der unverganglichkeit. Opitz 2,151;
wo lasz ich aber dich und deine scliono laute,
herr Klipstein, welche dir von hand zu band verlrauie
Apollo lobus seihst, der sie vor erst enlacht,
der deine schnelle faust ihr griß-eich hat gemacht?
Fi.Eai!<c 59;
nymfe, welcher ich zu ehren
hillich diese faust setz nn,
und ein solches lied lasz hAren,
das die zeit bestehen Itan. 432;
was deine liluge faust uns macht für lieblichkeiten,
wenn du nach deiner an die scharfe geige streichst. 578;
wenn er die zarte faust sanft in den schusz gelegt.
Grtpmics I, 19;
Ist denn kein mittel nicht,
lu küsaen ihre (der königin) fautl, tu schauen Ihr gesiebt?
1,103;
wenn ich r' '■ " ^ glück den wftidorn hatt ortehlct
und in g< i, die sie mit aiinuuh »nng,
wenn diu , i.uist auf ihrer laut uumpraog. 1,201;
13S1
FAUST — FAUSTCHEN
FAUSTDEGEN— FAÜSTGROSZ
1382
drauf küst ich ihre faust und gieng an ihre seilen. 1,242;
als er mit einem kus die zarte faust berührt.
Christ. Griphius 1,644;
hab ich mein herze dir in deine faust gelegt.
HoFXANjiswALDAü getr. schäfer 60;
ja wie mein glück und leben blosz in deiner faust bestand.
137;
ich leg ihn (rfen bvief) ungescheut zu deinen füszen nieder,
es nehm ihn deine faust mit gleichem willen an. heldenbr.33;
ich weisz nicht, was mir nechst vor eine regung kam,
dasz ich das wunderbuch Marinens vor mich nahm,
in welchem Venus selbst mit ihrer faust gesehrieben.
hochzeitg. 53;
einem seine bitte vor der faust {brcvi manu) abschlagen;
kein grüszer glück in die räuste kriegen können. Schoch
slud.üi*; inen auch die feust sperren, quellen zur bair. gesch.
8,400; etwas auf die eigne faust hin thun, auf die eigne hand
und rerantworllichkeit ; es wird darum niemand der federkiel
aus der faust gerissen. Otho rorr. ; nun, Thoraa, weil man
dir je den glauben in die fauste geben musz, so komm herbei,
schaue und fühle, ob ich nicht dein aller Jesus sei? 1126; sie
hat eine gute faust gehabt {schön geschrieben). Tralles maiisol.
177; es geht ihm wol von der faust, schnell von der hand ; fertig
von der faust, agilis, bei der hand; so sollte man vermuthen,
dasz auch schon damals jeder buchhändler seine eignen ver-
lagsbücher, wie wir es jetzt nennen, besessen, und nicht die
ersten die besten abschreiben lassen, die ihm vor die faust
gekommen, und auf die sich ein anderer bereits eine art von
recht erworben hatte. Lessing 8, 4S9 ; dem es nicht so frisch
von der faust gieng. Wieland 19,254; aus der faust essen,
aus der hand; er friszt aus der faust. Eterixg 2,441; vor
der faust wegnehmen;
er trauet das töcbtercben ihr vor der faust weg.
Luise a. l. h. 147;
ein bürschchen, das den ganzen tag
durch koth lief und durch raoor,
speist wol sein nachtbrot von der faust
und sinkt am herd aufs ehr. Bürger 86*;
auch dürften ihm hexameter nicht so von der faust gegangen
sein. 178"; er sprang mit heftigkeit auf, setzte beide fauste
sich vor die stirne. Woldemar 248; diesen befehl hab ich
voraus gewittert und danim jeden auf meine faust punct zehn
uhr hieher bestellt. ScniLLERl64'; es ist manchmal auch eine
last, eine gute faust zu schreiben. Fr. Miller 3, 29 ; patent-
pomade für fauste (komisch = bände). J. P. Tit. 3, 87. hierher
auch die redensart 'in die faust lachen', in sinu gaudere, lachen
verbergen, kichern, selten in gutem sinn, meist in vbclm, schaden-
froh lachen, mit dem gen. es, des = über es, das:
der teufel in sein feust des lacht, fasln. 162,3;
er spottet din wol daran und lachet in sin fust. Keisersberg
bilger 10'; seinen köpf wird er schütteln und in die faust
lachen, dein spotten und das maul aufwerfen. Sir. 12, 17,
vnederhoU Lvther 6, 160' ; das er in die faust lachen künd.
5, 75' ; dieser finsternis hat der bapst in die faust gelacht.
tischr.no'; und lachets in die faust. 197'. 209'; dieses spiels
hat der teufel in die feuste gelacht. 322'; vergieszen unschul-
dig blut und lachen darzu in die faust. Mathesils lo'; in
die faust hinein lachen. Simpl. K. 489 ; wessen die ausländer
in die faust hinein lachen. Opitz 2, 261 ;
er lacht in die faust. Eterijic 2,389;
Chach lacht in seine faust. Grtphics 1,142. 2,05;
ohwol bei diesem mond das volk sich froh gemacht
und bei dem trauerspiel nur in die faust gelacht. 1,560.
vgl. fäustchen. Johannes Fust , der berühmte buchdrucker,
führte seinen namen von der faust, doctor Faust aber ist faustus.
FAL'STAMBOSZ, m. kleiner ambosx mit glatter baiin.
FAUSTAN FÜLLEND, xsofiäStoe, fauslgrosz:
denn am knöchel des rechten Schienbeins traf ihn ein rauher
faustanfüllender stein. Bijrger 219V
FAUSTB ALGER, m. pugillator : der farnesischc Herkules
hat den Charakter eines faustbalgcrs. Ardin^ello 2, 71.
FAüSTBALL, m. follis pugillatorius.
FACSTBAIDERIG, Garg. 7o'. s. 1. 1170 bauderfäustig.
FAUSTMEHEB, manufortis: der fausibeheb Milo. Garg. 183*.
FAUSTBEl'GE, f corpus, stelle, vo sich die faust biegt.
FAL'STßIRN, f. i<Uemum, pirum praegrande, inde dictum quod
rolam impleat.
FAUSTB RET. n. Werkzeug beim seidenzwimen.
FAUSTBLCHSE. f pitlole.
FÄUSTCHEN, n. pugillus, icteder mit dem gen.:
und lacht es in das feustchen nein. Riiigwald fr. Ecft/i. J 7* ;
lachet man es ins lausfgen. Schoch jZud. Cs'; in sein fäust-
gen lachen, die böse frau 1683 s. 37; dar weren wol lüde,
de es in dat fustken lacheden. Klempin dipl. beilr. s. 557;
binnen selbiger {tage) hatten wir zeit genug die priorin und
andern closterschwesfern ins fäustgen auszulachen. Felsenb.
2,350; hier wird dein gaukelspiel ins fäustgen ausgelacht.
2, 449 ;
allein du must es so wie ich und Günther machen,
und wie? gedultig sein, was mehr? ins iaustgen lachen.
Gi:>THER 453;
der ernsthaft horchenden Schwester, die nur ins fäustchen
lacht. Wiela;«d 4,226.
FAUSTDEGEN, m. sica, dolch.
FAUSTDICK, pugilli crassitudinem aequans, ptigillaris, dcnsus.
ein faustdicker stein; faustdickes lob; adv. er hat es faust-
dick hinter den obren; o dann steigt mirs faustdick vor
äugen. Fr. Müller 3, 64.
FAUSTEISEN, n. ferrum mallei.
FÄUSTEL, m. malleus, ludes, ein fausthammer der bergleute:
kleiner, den sie in diner hand, groszer, den sie mü beiden bänden
halten; fäustcl handhaben. J. P. Ftfce/ rorr. II ; nachdem er {der
alte bergmann) den bcltelstab statt des fäustels ergriffen, biogr.
bei 1, 180 ; als plötzlich der hammermeister des hackbrets
seinen musikalischen fäustel auf die besaitete tenne fallen
liesz (zu spielen anhub). Tit. 1, 99.
FÄUSTELN, mulcare fuslibus. Stieler 449, prügeln. Stalder
1,360. sie hend enander gfüstiet, mittenander gfüstlet.
F.ÄUSTEN, pugno prchendere, in die faust nehmen, mhd. viuslen,
vftste : vöste sin mejjer. aUe ges. von Nordhausen {thür. verein
IIL4,73);
si viustent in der Stuben *w?rt. Neidhart s. 167;
wie aber e. eh. f. gn. volk das geleit gehalten haben, ist zu
Leipzig wol wissend, wie sie einsmals die degen gefaust haben,
da wir disputierten. Luther 1, 160*. Schweiz, ist fusta gleich-
viel mit hampfla, zugreifen, hand anlegen. Tobler 20S', nach
Stalder 1. 360 prügeln und feclilen. das alid. fftstön bedeutele
mit der faust stoszen, cdaphizare, alln. pösta. das böhm. pestiti,
poln. piesci(5 ist dagegen zärteln. liei)kosen, in die faust oder hand
nehmen, es kommt auch vor fausten im sinne von planare, mit
der faust oder hand ebnen, glätten, s. befäusten.
FÄUSTEREI, f. pugillalio: was für blutige köpfe, was für
fäusterei, was für blaue äugen. Bodes Tristr. Sit. 3, 92.
FAUSTERFÜLLEND, wie faustanfüllend:
denn ihn traf an dem knöchel des rechten fuszcs ein feldstein
fausterfüllend und rauh. //. 4,518.
FAUSTERLI, n. ein kleines milchbrenichen, das in der Itand
getragen wird. Alb. von" RCtte s. 23.
FÄUSTFALLBOCK, m. schnellet den faustfallbock gegen
mein zu tief hereinsehendes angesicht. J. P. lit. nachl. 4, 196.
FAUSTFECHTER, m. pugd, ungefüMler pleonasmus.
FAUSTFERTIG, manu promplus.
FAUSTGEFECHT, n. pugna.
FAUSTGEHÖRN, n. hirschgeweih, dessen enden einer hand mit
ausgestreckten fingern ähnlich sind.
FAUSTGELAG. n. Hannibal Carrache wühlt männlich rüstige
gestalten mit sphin.xcn und harpyien im faustgelag. Güthe
39, 294.
FAUSTGEMENGE, n. pugilalus, handgemenge : diesmal kommt
es zu keinem solchen furchtbaren faust und waffengemenge.
GöTHE 6,200.
FAUSTGERECHT, par pugno: in seiner gestalt ist kein
Verhältnis eines faustgerechten trabanten beleidigt. StcrzI, l.
FAUSTGEWALT, f wie faustrecht: spuren einer frühern
zeit der faustgewait. mem. des ritters vo>t Lasg 1,33.
FAUSTGEWALTIG, pugnojr:
nur zwei völkergebieter, den rossebändiger Kastor
seh ich nirgends und nirgends den faustgewaltigcn Pollui.
Bürger 209* = //. 3, 237, besser Voss :
zwen nur vermag ich nirgend zu schaun der völkergebieter,
Kastor den reisigen hcld und den kämpfer der faust Polydeukes.
FAUSTGRIF, m. attrcctalio: durch einen derben faustgrif
des wärtels. Göthe 15, 33.
FAÜSTGROSZ, magnüudine pugni, wie faustdick, mhd. ohne
Zusammensetzung :
ich slah im ein wunden,
da; man wCrkes in in schöpfet zShen Guste gröi.
MSH. 3,282';
in minero h^^rzen lit ein stein,
d*r ist wol einer fiuste grö;. Ls. 2,656,
wo die hs. gibt funsfc, welches funst zu faunst, faunz stimmt;
das mir faustgrosz geschwall mein trüssel. fattn. 339,5.
87*
1 383 FAUSTGRUNDSÄTZE — FÄUSTLING
FAUSTMESSER — FAUSTSTANGE 1384
FAUSTGRL'NDSÄTZE, d. h. die des faustreclUs, der rohen
gewall: willst du diese silten preisen, diese faustgrundsätze
wicderliringen? Herder 18,123.
FAUSTHAMMER, m. malleus bellictis, clava. Luther 8,35;
als sie die spiesz von ihnen geworfen, seind sie mit den
fauslliämern und Schwertern an einander konien. Fronspebg
3,13(1*; die zwen wächlcr kommen mit sthweinspieszen und
fauslhämmern. IL Sachs V, 227' ; sie werfen mit fausthiimmcrn
nach im. 228* ; bin von einem Schweizer, den ich mit einem
fauslhammer darnieder geschlagen und ihn tod zu sein ver-
meint, durch einen fusz gestochen worden. Schertlins leben
».10; welches den Bobowitz dermaszen verdrosz, dasz er im
zorn den fausthammcr zuckte. Phil ander 2, 628, im Schwarz-
wald und am Obenltein auch persönlich für einen scliergen, der
mit dem fausthammer drein schlägt: indessen kam der wirt
darzu und gebot uns den frieden mit ausdrücklicher anzei-
gung, wann wir nicht still wären, dasz bald Ihurnhüler und
fauslhammer oder schürgcn vorhanden sein würden, die den
ursacher solcher hündel, ja wol gar uns alle drei, an ein
ander ort führen sollten. Sim;i/. Springinsfeld 1, 6. noc/i in
Wagners kindermOrderin, die in Slraszburg sfnelt, kommen zwei
fauslhammer vor und s. 83 sagt Ilumbrecht: dich kenn ich
zum wenigsten, bist du nicht der Hans Adam, der bcttel-
vogt daneben im bocksgässel? Fausthammer: 'gar rächt, wir
werden aber fusthämmer, nit bcttelvögt tillliert'.
FAUSTHAMMEBSTIEL, m. nachdem man ihme hundert
streich auf den undern leib gegeben mit einem starken faust-
hammersliel. Philander 2, 588.
FAUSTHANDSCHUH, m. ein handschuh, an dem blosz der
daume besonders ist, die übrigen vier finger eine gemeinscluißliclie
hülle haben, also ununterscitieden sind.
FAUSTHELD, m. pugil, der mit der fausl rohe gewall übt.
FAUSTHELM, m. mallei manubrium, vgl. axthclm.
FAUSTHOBEL, m. brevior dolabra.
FAUSTIG, FÄUSTIG, pugillaris: wers fingericht hat, der wil
es feustig haben, cui plus licet quam par est, plus vult quam
licet. Stieler 449 ; ein faustiges ei, ovum pugillare. s. einfauslig.
FÄUSTIGKEIT, f
ja, sprichst du, diese bach ist kottig, dick und trübe,
auch wegen fäusügkeit ganz wustig umb und an.
Opitz 2,238(241).
io lesen alle ausgaben, menn das uort faustdickheit ausdrücken
sollte, stände es sehr unpassend, da die vorausgehenden adj. sdwn
dasselbe sagen.
FAUSTKAMPF, m. pugilatus:
fort denn, oder sogleich wird streit anheben und faustkampf!
äJlJ.' ävct, fiTj rä^a vtötv i'^is xai y,eoai yävrjrai.
Od. 18,13.
FAUSTKÄMPFER, m. pugil.
FAUSTKOLBE, m. clava, fauslhammer: da nun die stadt-
knecbt mit faustkolben in anfallen. Kirchhof u-ent/unni. 289*;
wenn ich erwisch ein schlechten knabn,
der sich nicht versteht auT die sach,
bald ich im ein Taustkolben mach {die fausl balle f).
Atrer fastn. 17';
jeder grif drauT zur wehr, schwert, pusikan.
Streitaxt, faustkolben, was jeder gwaii.
J. Vogels unqr. schlackt, s. 101 ;
balle in der rechten band ein eisen faustkolben von starken
zinken an statt des knopfs. Krafts reisen und gefangenschaß s. 39.
FAUSTKRAFT, f faustgewalt: ein Weltgericht des teufeis,
wo die leiber die geister richten, die faustkraft das herz.
J. P. 37, 46.
FAUSTKRÖSE, f. Werkzeug der bMidier. s. kröse.
FAUSTKUS, »i. handkus: darauf fleug Liane nach einem
faustkus ihre geistergeschichte an. J. P. TU. 3, 77.
FAUSTLAUCH, n. allium pugUlare:
troll dich, so nicht ist dein begier
Tausllauch zu essen, du las haut!
GLtstR pitatma Fritchlini 3,2.
FAUSTLAUGE, f lixieia pugillaris: mit truckener faustlaugc
ime das baupt zwageii. Ol. Yariscus etitnogr. mundi 2, 13.
FÄUSTLELN, n. pugillus: feusllein. roc. 1482 h 5*; ins Riust-
lein lachen.
FÄUSTLING, m.i)ahd. fAsItlinc, muffula, vantut (Graff 3,726),
mhd. viuilelinc. vb. 3, Uft*. tJid. fUustling, fauühandschuh :
da ihn der hofmann mit dem faustling über den caball ab-
scbniiiz. Garg. 251*.
3) ein kleines tekiettgewehr , das man mÜ der faust abdrückt,
fuffrr : wie man denn die kleinen fciistling pflegt zu schweiHzen.
Fronsperg 1,145"; ein teutschcr reuter, welcher sich, unge-
achtet er durch beide Schenkel geschossen und unter seinem
pferd lag, also mannlich gehalten, dasz er seiner feinde
einen, so ihn gar umbbringen und plündern wollen, mit
einem feustling, deren er zween an seines todten pferds
saltclbugen noch hat, erschösse, und als dessen gesell hin-
zukam und ihn anzugreifen unterstünde, zog er den andern
auch aus der halfter und gab ihme gleicher geslalt eine bit-
tere kugel zu fressen. fürsU. lischreden durch Jou. Werner Geb-
harten C. von Basel Frankf. 1597 s. 263 ; ich wil jetzt nicht
sagen, dasz sich die schülerknaben mit schlüsselbüchsen und
vil rosbubcn, hirten und landfahrer mit fäustlingen oder
pufferten versehen. Simpl. sat. pitgr. 2, 2 «. 84; er selbst stunde
mit dreien röhren und einem ßiuslling in hie beigesetzter
poslur. Philander 2, 016.
3) bergmännisch, ein stein so grosz dasz man Um in der hand
hallen kann, in Baiern groszcr melUklosz.
FAUSTMESSER, n. culter pugillaris:
ieder drang im auT seinen pauch
und zuckt sein Taustmcsser auch. Hing 53', 18.
FAUSTPFAND, n. bewegliche sache, welche einem gläubiger
von seinem Schuldner zur Sicherheit seiner forderung als pfand in
die hand übergeben wird, im gegcnsatz bloszer pfandverschreibung
unbeweglicher guter: welche (erbporlion) er schon als faustpfand
so oft wie den reliquienkopf eines heiligen vervielfacht unter
seine gläubiger vertheilt hatte. J.P. flegelj.l,lbO; schuld und
faustpHinder. Tit. 2, 173 ; als fauslpHinder einer kleinen schuld
auf dem halse gelassen. Katzenb. 2, 103.
FAUSTPINSEL, m. pinscl der maurer mit kurzem stil.
FAUSTPUF, m. ein 7mt geballter fausl versetzter scJdag.
FAUSTRECHT, n. jus manu, sine judice assertum, die blosze
gewalt, schw. näfverätt, das kolbcnrcclU ; die zeit des faust-
rechls, wo der adel seine anspräche mit gewafneter hand geltend
machte, ohne riclUerliche hülfe; man wöU doch ain einsehen
thun und der billigkait nachgehn, und nit wie meine pre-
digkauzen (praedicanlen) begern und solchs an ett liehen orten
dahin bracht, das man mir unverhört nur nach dem leben
stell und nur das faustrecht brauchen wollen. Nasüs nosen-
csel 114';
ihr degen konnte dies nicht schafTen,
sie hat kein faustrecht oder waffen
zu landeserbcn je gemacht. Opitz ps. 44;
das fauslrccht ist heutzutage verschwunden bis auf die frei-
heit jedem eine faust in der tasche zu machen. Lichtex-
BERG 2, 83.
FAUSTRICHTER, m. carnifex, der mit der hand lebensslrafen
vollzieht: es sei der mundrichter oder faustrichter, welchen
man den Scharfrichter hciszt. Luther 3, 315*.
FAUSTROHR, n. was faustling 2: habe mich mit diesem
einfeltigen schreiben als mit einem faustrohr . . . wider den
cibfeind beweisen wollen. Ringwald laut. warh. A4'.
FAUSTSÄGE, f. grosze handsäge.
FAUSTSATZ, «i. wenn die fischbrut so grosx gewachsen ist,
dasz sie in der hand gelialten mit köpf und schwänz hervor ragt.
FAUSTSCHEIDUNG, f auch handscheidung: in welchen
erzen das gold grobkörnig stehet, die kann man unter der
faust scheiden . . . sonderlich weil man wol in geringern
mctalln solche fausischeidung zu halten pflegt. Erker 45*.
FAUSTSCHLAG, m. ictus pugni, colaihus:
ir sch''lden wart sd manichvalt,
unz <^{ geriet zu viHtslegcn. pa$s. U. 316,44;
manic ungclucke
mit knullcln und mit vi^stslcgen
mac er an dich mit willen legen,
da; im nicman cnwort. pcus, K. 291,27;
nhd. des satans faustschläge. Icichpredigt auf Daniel von Arnimb.
Magdcb. I(i02. B2'; ich habe meinen fauslschlag empfangen,
doch der ist nun gerächt und ich habe mein werk vollbracht.
Gerstknberc verm. sehr. 3, 285.
FAUSTSTAR, m. baculus pugillarii, knüUel der die fausl füllt :
die heiligen dri man do sluc
mit busmcn und mit vi^sleben. pau. K. 651,87,
faustab nachahmensurrthe Schreibung für fauststab, das so hart
wie die beitUn folijenden Zusammensetzungen laulel.
FAUSTSTANGK, /■. contus: und die hurger in stedlen Israel
werden eraii« gehen und fewr machen und verbrennen die
walTen, schild, tarltichen, bogen, pfcil, fausUInngrn und lange
spiesze und werden sieben jar lang fewrwcrk damit halten.
/;.-. 3«, 9.
i385
FAUSTSTREICII— FEBERLE
FEBRIG — FECHTDEGEN
1386
FÄUSTSTREICH, m. ictuspugni: ein fustestreich. Mdbacher
gerichlsordnung von. 1475; wer einem geb ein fauststreich.
tccL^h. 2,193.
FAL'STTEIG, m. massa pu^lluris: leget im darnach ein
pflasler von feuslteig darüber (schldgl ihm mit der faust ins
gesichl). KiRCHHOr irendunm. 215*.
FAUT, m. früher oft geschrieben für TOgt, Toit, advocatus.
FAVOR, ffl. band, schleife, nestel, die als zeichen der gunst
um den rechten ermel gewunden oder auch sonst angebunden
tcurden, vgl. meine abhandlung über schenken und geben s. 13. 14.
so mit mancherlei färben von nesteln, bändeln, zweifelstricken,
schlüpfen und andern so sie favores nennen (am rande faforn),
sind sie an haut und haaren, an hosen und wambs, an leib
und seel verändert, verstellet, behenkef, beschlenket, be-
knöffet und beladen. Philander 1,27; er bringt auch aller-
hand seiden oder ander band, handschue und dergleichen
den anwesenden mägden und kleinen jungen dirnen zum
favor. ScHCPPics s. 226 ;
mit hundert favoern und bendern dorchgestickt.
Laürcmbebg 33,564;
it is nicht rechte lang, do sach men de ravoren
geflochten an den krusen locken bi den oren. 567;
band mir einen prächtig glänzenden strausz, 'favor', um meinen
rechten rockcrmel. Broxners leben l, 276 ; favor von Oitter-
gold, seide, falschen steinen. Schmeller 1, 579. engl, wear
this sleight favour in my remembrance. Johx Braxd anli-
quities 2, 91. 92. 100. Jungmann und Linde unter fabor, fawor.
FAVÖRCHEN, n. ein solclies bändchen : ist er aber allen leuten
schuldig, so solle man seine laus deo, die er zu hause liegen
hat, mit unter die favörgen heften, dasz das frauenzimmer
wüste, was vor sorgen und ungelegenheit er ihrentwegen
einfressen müste. Weise er;n. 55.
FAVORIT. «1. gratiosus, günslling.
FAVORITCHEN, n. falsche haarlocken. die das frauenzimmer
ehedem an stirn und schlafen trug. fr. favorite. ähnlich tiäszt
der barl oder das löckchen unterm ohr favori, favorite.
FAXE, f was fachse sp. 1225, doch fällt mir ein, dasz die
natürlichste erklärung vielleicht von fachs, coma, pilus ausgehen
dürfte, icie auch &oii und floccus eitle, nichtige Sachen aus-
drücken und lat. tricae zu i9"^<| gehören könnte: des laufers
possenhafte nähe, der hinter mir allerlei faxen schnitt, mich
wenn ich manchmal umblickte zu beruhigen. Güthe 28, 213 ;
ich habe hier in diesen bänken wie
ein narr gestanden,
dem ein Schwarzkünstler faxen vormacht.
Heinrich von Kleist 1, 8.
FAXENMACHER, m. spaszmacher : du faxenmacher, lasz dich
mal recht beschauen. Fr. Müller 1, 317.
FAZON, f. modus, fr. facon : aber die weltkinder, die nun
ir Seitenspiel und fidelwerk betten und ir abent und nacht-
denze hielten, wollen nicht in iren beizen herein rauschen
und rumb schlumpen, sondern trachteten auf weiche und
seidene kleidung und auf allerlei newe fazon, stich und firembde
modeltücher. Mjvthesics 10" (14*).
FEBER, n. febris, lieule fieber, der frörer. Dastpodics 292',
Maaler, Hexisch schreiben so. Stieler und die meisten späteren
seit LcTHEB fieber, wie schon ahd. fiebar (Graff 3, 385), mlid.
fieber {wb. 3,306'); ags. fefor, fefer, engl, fever, schw. dän.
feber: das heisz feber der unküscheit. Keisersb. bitg. 204';
das feber, kalt wee. Dasvp. 292'; das hitzig, täglich, vier-
tägig feber; feber die einen mit einem frost anstoszend, oder
die mit schauderen kommen; hat dich das feber gelassen?
caruit te febris. Maaleb 133'; Hlttehs dialoge feber das erst,
feber das ander; Arsace ist in todesgefahr, es hat sie ein
feber angesloszen mit groszcr hitz. buch d. l. 217, 3 ; wanimb
das feber in der kirchen sich mehrt und im Wirtshaus eher
aufhört. Garg. 202';
wer, Flora, dein gesiebte nennt, der hat ein schönes gut genant,
das aber, wann em feber küniml, in einem nu ist weggebrant.
LocAU 3, 116,S9;
das dreitägige feber. Bltschkt kanzl. 763. Palm. 304. 336.
FEBERHAFT, febriculosus : den feberhaften gibt man das
widerspil. Garg. 72*.
FEBERHITZE, f. aesius febrilis:
mich, der kein antwort könt auf alle hrlef empfangen,
legt kummer und verdacht und feberhitz gefangen.
Grtpbils 1,2U0.
FEBERKRAÜT, n. Stieler 1031.
FEBERLE, n. febricula. Maaleb 133\
FEBRIG, ßeberltaft : dem febrigen ist alles ein gall. kl. Käse
reden 147' (156').
FEBRU.VR, ff», dieser monat fthrt auch die namen homung
und sporkel, worüber GDS. 85. 88. 90.
FECH, inimicus, infeäus, odiosus, fand, ahd. gifeh (Gbaff
3, 3S5), mhd. gevech, gevS {wb. 3, 2S5'), ags. fäh, gefäh. tihd.
ausgestorben, doch im deutschen schlemmer Magd. 15S8 Jl* liest
man 'so feh' für so feind. s. fechen und fehde, tro die Identität
dieses fech mit dem folgenden aufgestellt wird.
FECH, rani«, bunt, ahd. feh (Gbaff 3, 425), mlid. vech
{wb. 3, 2S5'), ags. fäh.^ die golh. form würde sein faihs. ent-
sprechend sind sl. pjeg", gr. Ttoixdos. erhalten hat es sich fast
nur für das bunte pelzwerk, buntwerk, das fech, Schweiz, väch. fr.
vair: daj (aichoru) ist rot in etleichen landen und in andern
landen ist ej praun oder gräw und wenne ej gar liehtgräw
ist, s6 ist c; vech, wan da; vech tierl ist derselben natür,
an da; c; ein ander varb hat, und wie e; gevar sei, doch
ist e; alzeit unden wei?. Megesberg 159, 9 ; die burgerin und
edelleut kommen und legen ir seid und fech ab und tragen
die seid und das fech nimmer auswendig, das thund unsere
gaistlerin, deren vil seind. aber si haben es inwendig und
wenn man gegen in geel, so schlagen si den mantel auf,
das die seid und das fech dennocht herfür geet. Keisersb.
has im pf aaS"; 'ich hab ouch fech'. 'sag mir, was ist fech?
nit anders dan müsfel. was sint darnach die fehen federen?
alles von müsen und thieren'. bilger 172';
ein jedes hat
von feher wat
ein kostlich scbauben. meislerl. 23 n'222;
ich mach kürsen von vech
und pelz von eim rech
füchsepelg und lemmerein. fastn. 618,20;
do durch ein trechter schieszt man gelt,
durchs ror blost man auch fehen telt (?).
TacRMEissER archidojca 16;
nach diesen werten jeglichem hcrren zwo seiden scbauben
mit fehen unterzogen schenkt und gab, die nicht nach bür-
gerischen Sitten oder kaufleuten, sonder eim jeglichen groszen
forsten ehrlich zu tragen gewesen weren. Bocc. 2, 212' =
dec. 645, 34. Hexisch 1027 führt noch an fech, blaw eichhom,
sciurus caesius und gunterfech, iforon mehr unter kunterbunt
zu sagen ist, vgl. federbunt, auszer in der folgenden Zusammen-
setzung fechdistel hat sich das wort noch heutzutage als eine be-
nennung bunter tauben in Nürnberg erhalten:
no, meini feihn {meine bunten) moust no wissn,
döi haut der iltes mir derbissn.
Weikerts ged. ausieahl s. 27.
FECHDISTEL, f Carduus marianus, Mariendistel, unser lieben
frauendislel, labrum Veneris, silberdistel, chardon blanc, mit schön-
slreißgen , gefleckten blättern, davon sie fechdistel, fehdistel,
fedistel, bunte distel, milchdistel heiszt; wehdistel, wegdistel
sind entäellung. Graff 5, 235 des fechdistiles, eringi, der gr.
name ist r^oiyytov, im dakischen aixox'nioi^, oixovTitov^ bei
Diosc. 3, 21 würde ein emcndiertes Tioe^ auf faihs führen. Bock
im kräuterbuch 314 beschreibt: ein stechendes kraul mit holtem
slengel und breiten bldltem, besprengt mit groszen weiszen flecken,
es war auch heilkräftig.
FECHDISTELWASSER, n. und nim dan fedislelwasser.
Gersdorf 30.
FECHEL, 5. fächel.
FECHEN, odisse, insectari, ahd. fehan zelari (Griff 8,384'),
mhd. vehen {wb. 3, 286"), nhd. fehen, einen umb ein unbill uns
bewisen fehen oder hassen. Maaler 133'; doch andere nehmen
das auslautende ch auch in den inlaut: so klagtend die Appen-
zeller, etlich der iren wären durch des apts amptlöt von
verloufner empörung wegen gar vast gevecht und beleidigt
worden. Tschcdi 1, 610. *. fehde und feind.
FECHLI, n. grau pelzwerk. Staldeb 1, 360.
FECHSER, j. föchser sp. 1225.
FECHTBODEN, m. palaestra, ein sad zu fedüübungen.
FECHTBODENHALTER, m. lanista.
FECHTBRIEF, m. die geschrift lert dich es nit, du must
die kunst im köpf haben, wenn du schon ein fechtbrief
best, darusz du magst fechten leren, du kanst darümb nil
fechten, du habest es denn gelert Ton dem fechtmeisler.
Keisersb. bilg. 127*.
FECHTBRUDER, m. stromer und fechlbruder.
FECHTDEGE.N, n». gladius praepUatus, rappier. Stieler 270.
1498; weiin der fechter mit dem fechtdegen gelroflren wird,
BoTSCBKT Palm. 204.
1387
FECHTEN
FECHTEN
1388
FECHTEN, fiignare, ahd. fehtan faht fuhtun, vihd. Tehfcn
Taht vähten und vuhlen, ags. fcolitan feaht fuhton, engl, fighf,
fries. fiuchla, nnl. vechtcn voclit vochten, täe auch nhd. fehlcr-
haß fechten focht fochten, im 15 jh. noch riclilig facht für
focht, 2. b. fasln. 549. 10. iceder golhisch noch nordisch, denn
das schic. fiikta fiiktadc, ddn. fegte sind, gleich dem böhm.
fechtOTac, unserm fechten nachgebildet, ein von Stalder 1, 360
herangezognes alln. lika, dän. fige festinare und das engl, fidge
scheinen unrerwandl. der gotli. und nord. abgang des tcorles
trifl mil dem von faust in denselben sprachen zusammen, unver-
kennbar fallen piignarc und pugnus, Ttvxrsvsif, nv/fir} und tiv^,
darum auch fclitan und faust zu einander; dem vermulhclen golh.
fauhstus könnte ein failitan faht fauhlun zur seile gestanden
haben, das st in fauhstus, faust gliche dem ks in tiv^. für
kümpfen sagten aber die Gollicn veihan, ahd. w'igan, alln. vega
{stall viga) und es ist schuer die unterschiede zwischen wcigand,
held, kiinipfer, fechter anzugeben, man hat jedoch gar nicht
nOlhig pugnarc und fechten streng auf kriegerischen kämpf zu
beziehen, wie pugnarc eniti, laborare ansdriickl, non pugnarc
non laborare, gleichsam die füuslc oder lidnde ruhen lassen, liegt
auch in fechten die bcdculung von sich abmühen, eifrig streben,
die hände anstrengen, fusten, fausten, fäusleln und fechten ist
etwas in die faust nehmen, angreifen, vor allem die waffe zum
kämpf, vgl. knulTcn, ddn. knubbe, mit der faust stoszen.
wir geben nhd. der III sg. ficht für fichtel, analog dem flicht,
tritt, gilt, schilt, hält, beut für fliehtet, trittct, giftet, schulet,
haltet, bietet; schwache verba vertragen diese kürzung nicht, von
falten, spalten, gestalten, melden, bilden musz es heule heiszen
faltet, spaltet, gestaltet, meldet, bildet, obschon auch die starken
meiden, scheiden, reiten, schreiten, spreiten, streiten nicht
kürzen, so passend es wäre {vgl. nihd. git, 11t, gaf, stät). auf der
andern seile schreiben im 16 jh. manche flehtet, trittet und selbst
GoTTHELF hat fliehtet, giltet unverkürzt, dem imp. gebührt ficht.
die bedeutungen sind meistens intransitiv, selten Iransiliv.
t) cigcnlliches fcciiten, kämpfen, streiten, pugnarc, cerlare,
dimicare. ahd. zi uns rihtür hörn heiles, naics fi-htanncs.
0. I. 10,5; hier habest du wlg, hier soll du fehlen, doret
seit du rawcn. N. ps. 84, 9 ; taj er imo ondi mit Otachere
ze vShtennc. Boclh. 3 ;
mhd. d& Tihtet einer inne, der heilet Volki^r,
alsam ein eher wilde, unde ist ein spilman. Nib. 193S, 2;
dö Taht alsam er wuote der alte Hildebrant. 2219, 1;
si vähten also grimme, daj mans nimmer mer gctuot.
2149,4;
beten si dö gevohtcn
ze rosse mit den swerien,
des si niene garten,
daj wspre der armen rosse tot. Ite. 711C;
swgr gerne ie über houbet vaht,
dSr mohte döste wirs gesigcn. Winsbcke 33,2;
hat der Winter kurzen tac,
so hat er die langen naht,
dar sich liep hi liebo mac
wol crholn, da; 6 da vaht. Walt«. 118,8;
ichn vihte nibt, ich bin ein wip. Iw. 5649.
nbd. ich ficht, das der uint davon wct. fastn. 252,21;
wil er dann fechten, so well wir streiten. 298,10;
wil e« der kunig, nicmant ficht do dan ich. 549,25;
erst so bebt sich ein fechten
Ton den andern dorl1>nechten. 589,20;
die vecbten als die ebcrswein. 589,23;
ir Techten ist gen uns als ain vint. 589,29;
er lenft mil dem köpf an in und ficht halsstarriglich wider
in. ///oft 15,20; ich fechte also, nicht als der in die luft
streichet {golh. sva jiuka ni svfi luftu bliggvands). 1 Cor. 9,26;
hab ich mit den wilden Ihioren gefochten? (du diuzam vaih?)
1.5, 32 ; es ist gut mit im im langen .«piesz fechten, er sihcl
nit so fem {ist kurzsichtig). W. «cwc reden 99' (lOG*); und fachte
mit im so stark und ritterlich, dasz der könig sich im ge-
fangen gab. buch d. l. 209, 1 ; denn das ist der krieg in diesem
geistlichen reich, das man flehtet und kempfet, wie man
gerecht werde. Lctiier 6, 129*; ja wer auch nur nn dem siege
zweifelte, der filchle nicht, sondern versetzte nur die feind-
lichen streiche ohne einigen beherzten angrif. Lohenstein
i4rm. 1, 35; Marcus Coriolanus fechtet (/"ür ficht). Winkei.iiamn
2,453; er ficht vortreflich ; er ficht zu fusz wie zu pfcrdc;
er ficht noch mit dem ersten schwerl {nl noch roh und un-
gebbl) ; sie fochten wie die Iowen; alle krieger haben tapfer
gefochlen; die aufgeworfnen schanzen wurden fechtender
band eingenuinnien.
2) die Vorstellung der faust oder hand liegt dem Worte so ein-
geprägt, dasz es uns nocli heute eine heßige bewegung der arme
und hände ausdrückt, wo von einem feinde, den man bestreitet,
gar niclit die rede ist:
der tobende in daj münster vaht. Serval. 3000,
sic/j mit arm und faust eindrängle; er ficht mit den hiinden, vagicrl
in der hiß, thut streiche in die luß; was fichtest du so mit den
armen?; was ficht {müht sich) doch Götz? es sei im haus oder
heraus geschehen, ist doch nicht daran gelegen, zeugenausiuge
bei Zöpß Götz von Berlichingen hauplmannschaß s. 49 ; wir priicfen
auch das an den perchknappen, die in die gruob varnt, die
werdent elswie vi! wirbig in irm haupt, also da; sie gern
vchtent sam die trunken leut. Mecenbeiic 109,8; so sollen
seine geberd sein züchtig, nit fechten mit den armen, nit
die finger uszstrecken. Keisersderg tiarrensr/i. 56'; fraw, wie
thun ir, was träumet euch, das ir also fechten? seh. und
ernst 1546 cap. 55;
was bas im herzen du für pein,
dasz du also flehst mit den bändn? Atrer 42';
bat einer vielleicht einen streit
und wäre gern des bandeis qucit,
der trink ein rausch und greif zum degcn.
ein rausch aus allen wehren fleht,
ein rausch fragt nichts nach streich und schl.'igen,
ein rausch förcbt sich vorm tcufcl nicht. Piiilanoer 2,219,
der rausch, der berauschte wehrt sich auf alle weise, die trunknen
fechten gern, nach Megenbercs stelle; frauen fechten, spielen
mit dem facher, schlagen ihn auf und nieder:
die am arme seichter thoren
blähend mit dem Tacher licht. Schiller 9*.
3) dies bewegen galt auch vom schlag des herzens, des Huts:
grif her, da min herze lit,
wie ej vihtet unde vert. Blicker 283,
wie es heßig schlägt, kämpß, lobt;
so ofts in schaden wütet und ficht {oben sp. 377):
mein herz und gemüt mir darob ficht.
wann ich gedenke an die gschicht. Ubland 943;
ja von der sanßen bewegung und dem flusz des über ein tuch
gegossenen öles: also da; si (diu sfle) ein fürwertgAn h;\t in
der blojen gotheit, als da; oleum Af dem tuoche, da; vihtet
alle; für ba;: alsus vihtet diu sele für ba; unde fliu;et immer
für unde für. ir. Eckhart 470, 2. 3. eine schöne, wol noch ößcr
vorkommende Wortbedeutung, zu der sich auch andere redensarlen
nehmen lieszen. Hexisch 1028, 12 hat fechten, eniti, zablen
{zappeln), ohne beispiele, ganz das lat. pugnarc.
4) fechten, osliatim victum quaerere, slipem mendicando col-
ligerc, ut vagabundi solcnt. Stiei.er 453, was sonst 'garten' heiszt,
scheint sich aus den fechtschulen {s. dieses wort) der handwerker
und aus dem umstreifen bewaf neter , vom beer verabschiedeter
landsknechle zu erklären. auch spielleute und schwertldnzer,
vagicrende schülcr und handwcrksgesellen zogen im land umher,
'giengen fechten', giengen betteln, drohten den leuten mil dem
Schwert, da wo ihnen brot und kleine gäbe geweigert wurde,
später, im 18. 19 jh. blieb dies fechten eingeschränkt auf aus
dem krieg entlassene, hämzicliende Soldaten und auf arme, reLaende
handwerker. doch erwäge man den schon dlt(ren, hernach unter
5* belegten ausdruck, das 'vi-hten umbc spise' ton der ameise,
verglichen mil dem fechten des floh bei Boner 48,12, was
zur zweiten bedeutung des bemühens und abarbeitens stimmt, ohne
dasz schwerl oder degcn im spiel sind, würde für betteln das
wort 'garren' (/. garten), fechten , iimb reutcrzehrung an-
sprechen nicht aufgebracht sein, es würden so viel lieder-
liche gesellen, als sonderlich lose handwerksbursche nicht
faulenzen oder osliatim gehen. Praetorius mdgdelrösler s. 99 ;
muth hin, muih her!
dem hungcr fallt das fechten
vor thören leicht, im fehle schwer. fiöirrHKR 342;
das wenige zehrgeld wurde täglich kleiner und zuletzt gar
alle, deswegen sie (:ifn' aus dem venelianischen krieg in Uir
deutsches Vaterland heimkehrende kameraden) in tausend sorgen
geriethen und nicht wüsten, was weiter anzufangen sei. da
nun kein ander rcfugium vorhanden, als zum fechten zu
schreiten, wie schwer es sie auch ankoinmen wolle, verab-
redeten sie sich bei erreichung eines dorfes, dasz der eine
von oben und der andere von unten anfangen solle, vor der
bauren häuser umb ein stück brot anzuhalten, nord. Hobiuuin
1,53.54; (ein aus Friedrich des gr. beer entronnener SiJiuencr
erzdidt:) mein duralen rcisegeld war schon dünn wie ein
laiib worden, sonst hatt ich keinen heiler in der flckc und
1389
FECHTEN
FECHTEN— FECHTER
1390
ward also genöthigt auf den dörfern zu fechten, da bekam
ich oft beide taschen voll brot, aber nie einen heiler haar.
der a. m. im Tockenb. 156; der Franke 'ficht', der emigrierte
'geht fechten'. Lichtesberg 2, 111. aus G. Usgt {d. i. ungenannt)
Ucee geschicfUen. Münster 1S61 s. 24 — 40 sieht man, trie das fechten
vandernder handtrerksburschen fast bis auf unsere zeit furtbestand,
dem der sich tceigerte ilmen i« spendieren fluchten und drohten
sie mit faustschlag in den nacken oder mit feuerardegen. audi
in der Studentensprache sind fechten und pumpen (am brunnen
Kosser ziehen) gleichbedeutend, ihre ausdrücke mögen mit den der
allen fahrenden schüler mehrfach zusammenltängen. es gibt ein
buch von Ambrosius Pape bettel und garteteufel. Magdeburg 1586. 8.
5) zu fechten {wie zu streiten, ringen) fügen acA praepo-
^ionen,
a) um: um leib und leben, um geld und gut fechten;
swä zwßae vehtent umbe deo lip. Iw. 1956;
dö si ser umb ir spise vacbt. Boneb 42,46;
ich nira dein gelt und anders nicht
lind schaf sünst wol was mir gebricht,
ficht mancher ümb ein ackerplerd,
dein bab ist solcher ärbet vverd. Schwarzenbekg 132, 1 ;
keim herren dient ich nie so web,
dem ich in strafung überseh,
noch fast ümh seinen schaden fecht,
ich bin ein guter armer knecht. 13$, 1 ;
den allen umb den namen Christi zu fechten, leben und
sterben gleich galt. Frask veltb. 209'; es musz darum ge-
fochten sein. Simpl. Courage cap. 7.
6) nach:
6 dan ie Rfime kam an die mäht
nach der si vaht tac mide nabt. Renn. 22761;
alle menschen seind schuldig zu fechten nach lügenden.
Keisersb. hos im pf. Aas';
es geht hier nicht, wie Christus spricht,
wer sich erhöhet, der wird nicht
dasselb finden, darnach er ficht, älberus Es. 151';
nach groszem reichtumb ich nit ficht. H. Sachs 1, 33S*.
c) zu: ein mensch sol da zu fechten, das er seinen mund
zu behalt, und im selbs gewalt an thun. Keisersbebg selen-
parad. 25*.
d) auf:
wil er min urliuge tragen,
üf mine vinde vehten. xeamung 2763;
ob icht von rechte
wil ie man üf en vechte. gr. Rud. 18, 23.
e) an;
diu kint, an diu si väbten. Mar. 219;
an die irraere er vaht. Sertal. 667;
der lip wil gerne vehten an die beiden. MS. 1,93';
den urteil ich mit rechten rechten,
das er sol dreiszig jar an die beiden rechten, fastn. 707, 14.
/) gegen:
vihtet gcin dem winde. Geo. 3451 ;
er hat immer gegen die Franzosen gefochten, mlat. pugnavit
contra Gailos.
g) wider:
da; er eine vxbte wider dri. Iw. 410S;
de bewägen si sich schiere
sine vsphten nieraer wider in,
ern tarte sinen lewen in. 6"tl;
SO sind sie geleich den jungen hönlein, die von der allen
hennen fleiszigklich erzogen werden und so sie grosz werden
und erstarken, fechten sie wider ir muter umb ein gersten
kürnlein. Keisersb. seh. der pen. lOl'; also das wir beide
wider unser natur und starke gewonheit zu fechten haben.
Luther 6,42'; dawider flehtet der ander häufe, so die ge-
rechtigkeit auf unser thun und verdienst setzen. 6,129'; was
ist danu, das man wider den ström fechten wil. br. 2,674;
und so die natur flehtet wider die krankhcit. Ci/rillus bl. 28.
h) mit: föne diu ne sol daune wlsemo man da; nieht
wegen, so wenne er fehlen sol mit tero wtlsäldo, ita vir
sapiens moleste feiTC non debet, quoties in fortunae certamcn
adducilur. N. blh. 224; a Stiphalo (Slt/mj^alo) fluminc, pi
demo Hercules mit in {Slymplialidibus) faht. 226;
hien vihtet niemen mit iu zwein. /r. 5201 ;
DU veht ab ir niwan mit zwein. Parz. 707,24;
mit unruowe si sere vaht. Bo:<e» 48,66;
mit einem schatten fechten, ohne urtadte streiten.
i) für: für das Vaterland, für den glauben fechten:
da; er für mich vehte. Parz. 701,25;
0 edler fürst, ich pit euch ser,
fecht hie für mich durch gotes er. fasln. 548,27;
ihr freunde höret mich, ich (Gotlsclted) bin des eifers satt,
der für Germanien bisher gefochten hat.
der Undank ist zu grosz. Rost das Vorspiel 75;
ist es nicht sonderbar, dasz die menschen so gern für die
religion fechten und so ungern nach ihren ?orschriftcn leben ?
Lichtenberg l, 182.
6) transitir, den kämpf fechten, ausfechten;
dd si hie bi Etzel vähtcn manegen wie. Nib. 1735,2;
er vihtet in allenthalben sige. .Hex. 2286;
den sieg fechten, erfecliten; mit rühm focht ich hier seine
ungerechten kriege. Klinger 4, 23 ;
aber wir fechten ihre schlachten. Schilleb 491* ;
'ej vehten* ron gerichtlichem Zweikampf bei Schott land und
stadtrechte 3, tOS. 109. 111. 122 ; Luther sagt es fechten, anfechten,
bestreiten: ich fechte jetzt nicht, ob sie (die deutungen) alle
falsch sind oder nicht, das fechte ich, das CaHstad solchs
alles one allen grund der schrift an diesem ort setzt. 3,76';
aber ob ichs wol nicht fechte, ein scheib und plick sei an
einem ort reicher denn am andern. Matdesics 155';
viel erdulden, nichts nicht fechten,
schaden leiden, doch nicht rechten. Logau 1,65,61.
wenn nichts hier einen acc. ausdrückt, bei Ramieb und LESsntG
nichts verfechten.
7) reflexiv:
wenn sich der ström nach unsrer bude drängt,
bei hellem tage, schon vor vieren
mit stöszen sich bis an die kasse ficht
und, wie in hiingersnoth um brot an beckerthüren
um ein biliet sich fast die halse bricht. Götbr 12, 10,
ifo 'sich mit stöszen fechten' ganz eigentlich an die faust ge-
mahnt, doch auch als ein vorwärts rücken (nach 3) und freilich
als ein durctifechlen gedeutet werden mag.
s. abfechten. anfechten, ausfechten, befechten, durchfechten,
erfechten, nachfechten, spiegelfechten, verfechten, vorfechten.
die Partikel h^t, uHe sonst, den transitiven ann.
FECHTEN, sp. 1226 fachten, probare, visieren, eichen, ron
dem vorangehenden ganz verschieden, praet. fechte, part. gefechtet.
Stalder 1, 361. s. eine stelle aus Hebel oben sp. SO und hernach
fechtung. facht ßr masz, messung gibt Dasvpodics 323'; den
becher und alls sin geschirr fechten, weisth. l, 243.
FECHTER, m. gladiator, pugil, bellalor, ahd. fehtari, mhd.
vehtaere, nnl. vechter, poln. febtarz, ags. fihtling. wie die
poesie aus den höfen der fürsten in die Städte zog und stall unter
dem adel ron zünftigen handwerkem geübt vurde, scheinen auch
die bürgerlichen feclderspiele eine nachahmung der rUlcrlichen
turniere, nur dasz zugleich die von alters her umziehenden spid-
leute und schwcrttänzer ein volksmdsziges element hinzu mischten,
ganz wie neben dem meistergesang das freiere Volkslied walkte,
diese fechtervereine wurzelten in dem natürlichen bedürfnis uud
der tust des volks an waffeitferligkeä, wurden ron der städtischen
Obrigkeit beaufsiclUigt, von den kaisern mit' freilieilen begnadet;
durch die kriege und das Soldatenwesen des 17. IS jli. änderte
sich alles, bis in unscrn aufalhmenden zeiten die tumgcsellschaften
ron neuem den werth der leibesübungen erkannten und zur an-
schauung brachten; ihre schulen und gebrauche haben manche
ähnlichkeit mit denen jener älteren fechler und selbst zwL<:chen
ihnen beiden und den englisclien faustkdmpfem {boxern) fehlt es
nicht an berührungspuncten. ich nehme sogar eine Überlieferung
uralter gebrauche ron den berserkern und eisenfressern auf die
späteren ringer und fechter an. unter den deutschen handwerken
blühten die fechter zur zeit des 16 jh. rorzugsweise in Augsburg,
fiürnberg, Frankfurt, Breslau und Danzig, ihre einrichtungen und
terminologie lassen sich aus ihren hin und wiedtr gedrucJUen
Privilegien Friedrich des III von 1487, Maximilian des I ron 1512 und
noch anderen späterer kaiser, am lebendigsten aus H. Sachsens
gedieht •fechtsprach, ankunft und freiheit der kunst' L408'j)ü
4to' entnehmen, wozu vtan Fischart im Garg. iss'.' halte.
Frankfurt galt damals für den hauptsilz der meisterfechler ro«
dem langen schwert, oft aber standen zwei gesellschaftcn einander
gegenüber, die federfechter oder frcifrcchler von dir feder und
die Marxbrüder, ron dem schimpf kam es leicht zum ernst des
Spiels, in einer Breslauer ehronik heiszt es, dasz am 19 april 1593
die Marxbrüder bei äner fechtschule im grünen bäum einen un-
glückseligen tag halten, denn sie alle 'blut geben' musten. rgl.
unter dem «ort federfechter. die handwerksgesellen pflegten von
1391
FECHTERARM — FECHTHIEB
FECHTKLEID — FEDER
1392
einer sladt zur andern 'fechten zu gehen' (s. feclitcn i), fast
aUe handtcerke belheiligtcn sieh, die kürscltncr ausgenommen : das
kürsznerhandwerk ohn fcchter. Kirchhof wendunm. 254'. es
versieht sich, dasz neben diesem bezug auf den beslimmlen tvrein,
fechler auch im allgemeinen sinn des worts gebraucht wird:
jager, fechten, reuter und fuszkiiccht. Fisciiart groszm. 73;
der rittmcisler war ein schöner junger cavalier, ein guter
reuter, ein guter fechler, ein guter tanzer, ein renterischer
Soldat. Simpl. courage cap. 3; die besten fechtcr werden er-
schlagen. SiMROCK 2314; ein gewandter fechler;
grosze prahler schlechte fechter. Wieland 19,251.
im mUtelalter hieszen die bftcher der Maccal)äer 'der vehtcr buoch'.
Renner 14752.
2) fechter, landstreicher, beltler (fechten 4).
3) eine eidechsenart, lacala caloles, slreilhahu.
4) äne Schneckenart, slrombus pugilis.
s. blindfechter, eiifcchter, fausifechter, federfechler, frei-
fechler, klopffechler, kunsifechler, meisterfechler, schwert-
fechfer, Spiegelfechter, vorfechter, wortfechter, zungenfechler.
FECHTER ARM, m. brachium gladiatoris : die gesundheil des
körpcrs läuft parallel mit der gelehrsamkeif, phantasie, dem
wiize, die so wenig zur Seelengesundheit gehören, als kor-
pulenz, läuferfüsze, fechterarme zur leiblichen. J. P. papier-
drache 2, 109.
FECHTEREI, f. pugnalio, vgl. Spiegelfechterei.
FECHTERGANG, m. congressio gladiatorum.
FECHTERGEBÄRDE, f. fechter und komodiantengcbärden
sind zwei abwege von gutem anstände. Garve anm. zu Cic.
off. 1, 148.
FECHTERGEWANDTHEIT, f. in Jena und Halle war die
roheit aufs höchste gestiegen, körperliche stärke, fechler-
gewandtheit, die wildeste selbsthülfe war dort an der tages-
ordnung. Göthe 25, 59.
FECHTERHANDSCHÜH, m. caestus.
FECHTERHANDWERK, n. opißcium gladiatoris, gewerbe eines
fechters.
FECHTERISCH, gladiatorius : der fechterischen Hamburger
starkhaterischer Hama. Garg.31'; im fecht«rischen gegcnhaw
{gegenhieb), groszm. 54;
was man auch der gicht immer schuld pleich gebe,
ist sie fechtrisch doch, macht manch aufgchcbe.
LoGAu 3, 123,21,
d. h. sie hebt oft an, zeigt sicli von neuem.
FECHTERKAMPF, m. duellum, Zweikampf.
FECHTERKUNST, f dolus gladiatorius: das sind fechler-
künste; er brauchte alle fechterkünste vergebens.
FECHTERLOHN, n. gladiatorium.
FECHTER.M.VSZIG, robustus, athletisch: eine fechfermäszige
gestait und eine blühende gesundheit. Wieland 6, 241.
FECHTERPLATZ, m. locus gladiatorius.
FECHTERSALBE, f ceroma.
FECHTERSCHULE, f. schola alhletharum: man wird dort
bei der fechterschule des Aemilius keinen so miltelmäszigcn
künsticr finden. Ramler dichtk. des Ilor. s. 12.
FECHTERSINN, m. da ihn der himmel weder zu einem
kriegs noch liebesbclden bestimmt habe, so wolle er sich
im romanen und fechtersinn mit der rolle des secundantcn
begnügen. Göthe 25, 250.
FECHTERSPIEL, n. ludus gladiodorius. solche spiele wurden
im 16 }h. durch die fechlschukn fast aller grasten slädlc Deutsch-
lands, unter aufsieht des raths, veranstaltet, oft auch bei fürst-
lichen Vermählungen und bei feierlichen schmausen gehalten, in
den folgenden Jahrhunderten nahmen sie ab und kamen allmälich
auszer gebrauch, ».fechten nun fehlte es wieder an etwas, das
noch weniger als der adel bei einem fechterspiel zu entralhon
ist, an einer guten, ordentlichen belcidigung. J. V. Ilesp. i,90;
die landsLIndischen ritter und fcchlerspielc. Katzenb. 2, 134.
FECHTERSPRUNG, m. saltus gladiatorius.
FECHTERSTREICn, m. dolus gladiatorius : weil Basedow
die fechterstreiche des disputierens gewandter als ich zu
fahren wüste. Göthe 2«, 277.
FECHTGESELL, m. gegner im kämpf:
der Tcut.ichft weicht um was, verführt den rcchlgescllen
lum fehltiirw. Romple» 100.
FKCHTHAH.NCHEN, n. für fechler 3. 4.
FKCHTHANDSCHUH, m, was fcchterhandschuh.
FKCHTHAUS, n. palacsira.
FLCHTHIEB, m. idtu gladialorittt : Hephäsicn geflel sein
eigner satirischer fechlhich. J. P. hcrbstbl. 3, 81.
FECHTKLEID, n. endromis. Frischlin nomencl. 478.
FECHTKORB, >;i. von cisendrat, des (eclitcndcn gcsidU zu
schützen.
FECHTKUNST, f ars palacstrica.
FECHTMEISTER, wi. lanista, poln. fcchlmistrz, bühm. fethl-
mistr. ein nieislcr des langen schwats. Maaler 129*.
FECHTMEISTEREI, f alhlelica.
FECIITPLAN, m. arca gladiatoria:
die widerwcnigkcit
soll wie ein fechtplan sein und wie ein steter streit.
Opitz 3, 27:i.
FECHTPLATZ, m. pugnandi locus, kampfptalz : auf den fechl-
platz treten, descenderc in arenam. Maalkr 129';
hier ist
der fechlplatz, kämpf um deiner väier kröne ! Schillk« 453".
FECHTSAAL, ni. Wielasd 19,18.
FECHTSCHILD, m. parma gladiatoris. Frischlin nomencl. 452,
FECHTSCHULE, f palae^tra: fechtschule halten, in die
fechtschule gehen; auf dinslag in pfingslen (0.1533) ist von
einem handwcrksgesellen fechtschule gehallen worden. Zarnke
quellen zur gesch. der univ. Leipzig s. 659 ; Theagenes thet wie
ein geschickler fechter und ringer auf den fechlschulen.
buch d. t. 227,3; es stinkt in der fcchtschule. Simrock 2316,
SciiM. 1, 509, es steckt etwas übles dahinter, ist etwas versehen
worden, die sache geht schief auch von einzelnem gefecht: mit
demütiger bitte, diese abenteuerliche fcchtschul einzustellen.
Simpl. Courage cap. 7. s. fechlerspiel.
FECHTSCHWERT, n. gladius pugnalorius : wie ein gut fecht-
schvvert aus des unerfahrnen henden, so das schwert nicht
kan brauchen. Paracklsls 1,331'; man tregt ihn zwei fccht-
schwert entgegen. Ayri-r 20l'.
FECHTSPIEL, n. ludus gladiatorius: als man hat die fecht-
spiel gehallen, ist Drusus verweser gewesen. .Micylls Tac. 32*.
FECHTSTUNDE, f. Übung im fechten: fechtstunden geben.
FECHTUNG, f praelium, conflictus. voc. 14S2 iil'.
FECHTUNG, /". probatio, eichung: haben die Baseler mich
über einer malzeit, die sie gewichteichung oder fechtung
nennen, zu gast geladen. Thurneisser noihg. ausschr. l, 71.
wahrsdieinlich das oben sp. 1226 unverslandne fachtung.
FECHTUNTERRICHT, m. institutio gladiatoria.
FECHUNG, f inseclatio: er erbot sich ouch die vechungen
den Appenzellem bi sinen amptiüten abzustellen. - Tschudi
1,010; fehung, schelkung, so einer den andern anklagt oder
veracht und im vast übel zuredl. Maaler 133'.
FECIIWERK, n. opus varium, grauwerk.
FECKELN, für rächclu, fecheln. Stieler 526.
FEDER, f penna, kommt bei Ulfilas nicht vor, man darf
aber fibra erwarten; ahd. fedara, mhd. vrdere, vi'der, alts.
fethara, nnl. vcdcr, vecr, ags. feder, engl, feather (ea wie in
bear für ags. heran), atln. fiüJur, sdiw. fjädcr, ddn. fjeder,
fjer. hierzu stimmen gr. txtsoÖv für rrereoöy und sl. pcro,
poln. pioro für ptero (wie ttöLs und nröXcg), nur d'uz sie
alle neutral sind. vgl. auch farn, TirtQH sp. 1333.
andrer würzet sind skr. paxa ala, tat. penna, assim. aus pesna,
nicht für petna, sondern für pecsna, pexna, penxna, welche
inlaule das lit. plunksna bestätigt, sein anlautendes j)l entspricht
dem von pluma für pluxma, ton llederwisch, Oedermaus für
federwiscli, fedennaus, wobei fliegen und flügel anklangen, das
ma dem skr. paxman pilus, da sich die begriffe feder und haar nahe
liegen, paxman pilus gleicht unserm fahs (7-. 1225). lateinhch waren
penna und pluma gesondert, im franz. piuinc fallen beide zusammen.
tttfqÖ); jTsretroi; Trerrjrö); 7irt;iöv fallen zu niiofiai,
Tttjafiai, skr. pat fo/ore; paxa, penna /li/ifln/en ;« pax amp/ef/j,
wie unser fahs zu fahan. irer nun feder und fahs einigen
wollte, hätte im hintergrund der wurzeln pat und pak (pax) ein
ursprüngliches, sehr weitgreifiges pa aufsteigen zu lassen, was be-
denklich scheint.
1) feder geht eigentlich auf den vngel, wird aber auch allge-
meiner genommen und auf das haar iln thicre, die schuppen der
fische, die feine wolle einigtr pflanzen angewandt.
a) wir dem thier die haare, gereiclien dem rnj/c/ die federn
zur decke und kteidung, weshalb auch für haar zuweilen feder
steht oder mhd. vi'derwAt das gefiedir meint, besonders aber hermhi
vJjdere den flaumigen pelz, der dem zobel zum fuller diente:
hrrmino volleren tlOhtoii >l vil w^ri. Sib. 356, 3;
n'i pnp 1(1 mnniRcr hnndc grA iitidc hiiiil.
plu'llo ob lichten vidieren. Guar. I.'><i, 3;
xubele, v<<dflro hormin. lAtm. H4Ü6;
diu vollem wi^ liermin,
dtr lubol hn)u undu brolu £11. M, 13;
1393 FEDER
diu vödcr diu was hermin. GA. 1,469;
diu Teiler diu was hermia,
der zobel endorfte bejjer sio,
brün unde rehie breit. Eracl. 3595.
weidmännisch oder im jägerscherz heiszen auch die ragenden borsten
des icilden schtceins federn : ein solches hauptschn ein ist alters-
halben um den köpf, sonderlich am hart, recht weiszgrau,
auch an denen blättern (acJndterbläUern) sehr grau und 'seine
federn' ('andere sprechen borsten, welches nicht gar gut lautet')
sind nicht mehr schwarz und dunkelgrau melirt, sondern
fallen stark in gelblichfes eselsgrau. C. vos Heppe leilhund 61.
sonst slehn federn und borsten einander entgegen, jene das feder-
vild, diese die wilden säue bezeichnend: item so sich danne
min jungher gelagert hait, sal man ime geben als uf der
hübe gewassen ist mit federn, mit borsten, iceislh. 3, 478.
wenn nach Hartigs lehrbuch s. 38 das rippenslüclc des zerlegten
Wilds den namen feder oder wand führen soll, schiene feder
angemessener für das Schulterblatt, da, axilla, doch hat auch
Neumch federn für die rippen und den schwänz des hirsches.
wiederum empfangen die schneidezdltne {incisores) den namen der
federn.
6) den togel setzen seine federn in stand zu fliegen, dem fisch
machen seine schuppen und floszen zu schwimmen möglich, danach
ist pcnoa auch ala piscium, pinna, Ttrsovyiov, floszfeder, fr.
aileron. mit ihren floszfedern steigen einige fische über die flut
in die luß empor, schon die alte hedformel gibt ihnen federn:
ßsc flöt aflar themo watare,
ferbrustun sina feiherün;
als sie sich erkühnt die federn (des fischet) anzurühren.
Grtphics 2,65.
man vgl. ahd. scerdifedara testudo. Graft 3, 488, mhd. scherze-
vgdere {u-b. 3. 28"').
c) der äaub auf den flügeln der Schmetterlinge gilt für ein
gefieder, seine zarten schuppen für federn, wollige pflanzen oder
ihre bldlter sind mit feinen federn besetzt, selbst die Schneeflocken
gellen für himmlische, aus einer göttin bell fliegende federn {mythol.
246. 607).
d) göttern und beiden verleiht der mijthus flügel und federn
an ferse oder schuUer. ein gefiederter, geflügelter mensch, wähnt
man, würde sich in die luft erheben können: gebt Moab federn,
er wird ausgehen, als flöge er. Jer. 4S, 9. der göttliche geist
Idszt sidi als vogel, als taube (goth. ahaks, vgl. mit aha und
ahma) nieder; hie wonet, sagt Luther 3,66', gott und der
heilige geist mit allen feddern und eiern; und dasz in {den
pabM) Paulus und Daniel mit allen seinen federn und färben
(d. i. wie er leibt und lebt) abgemahlt haben, bienenk. 13h'.
2) wesentlich aber stehen die federn den vögeln zu, hierher
gehören viele eigentliclie und bildliche ausdrücke: das vöglein
kriecht nackt aus dem ei und hat erst Daum, ans dem her-
nach die federn wachsen;
hie wabsent uns die vederen van. Tritt. 4'26, 0;
wollen fliegen ^ das si federn gewinnen, deutsche theol. aap. 13 ;
ungevgder vliegen. f/iW. ic6. 3,287'; on fädren fliegen. Köhsers
tust, rolksl. 30 ; die zehentente soll in vollen federn stehen (alle
Uire federn haben). weii/A. 3, 584 ; und möcht stolz und hoffertig
werden und möchten im die federn zu lang werden. Keisersb.
brösaml. 20'; er hat keine üppige feder an seinem ganzen
leib; nun ist gewis, dasz an Solanden keine üppige feder zu
erkennen, aus welcher man ihn für eine wachtel oder einen
auerhahn hätte ansehen sollen. f>ol. Stockfisch 50; als man
pfalzgrafen Casimiro sagte, seinen dienern wüchsen die federn,
gab er zur antwort, welcher diener ihm selbst nicht nutz ist,
der nutzt auch seinem herren nicht. Lehma:« 143. der vogel
soll federn lassen, geben, federn verlieren, übel davon kommen,
bedeutet sehr oß schaden, einbusze leiden:
und werden dardurch nidcr geworfen
vil guter kaufleut auT der straszcn,
der mancher musz ein feder laszen. fastn. 381, 1 ;
war ist das alt Sprichwort, das redt,
wer mit heillosen leutn umbgeht,
dem geht es ajicli heillos dcrroaszen,
er musz ein federn hindr im lassen. IT. Sachs ^',353';
Th3Tsis soll uns federn lassen. Flesi^c 454;
wie man sagt haare lassen : sie besorgen doch, wo es zum
concilio kerne, sie müsten fedder geben oder har lassen.
Luther 6,533'; einem vogel die federn rupfen, ziehen, aus-
ziehen, bildlich einen schädigen, verletzen, berauben:
da Oieget ihm sein schöner Talk entgegen,
»ein treuer f;ilk. ohn .'illes überlegen
erwürgt er ihn, rupft ihm die federn au>. II.«6eD0R!< 2, 174;
III.
FEDER
1394
aber seine nachfahren und sonderlich der von Plauen haben
nachmalen diesem bauren die federn dermaszen gerupfet, das
er zuletzt in seinem alter an den bettelsack gerathen ist.
ScHtJTZ beschr. von Preuszen s. 97; rupfen, dasz die federn
stieben, daron fliegen; vielmal aber gebrauchte sie bei ihren
gegnern {im spiel) eine Schmeichelei, um denselben noch mehr
federn von dem leibe zu rupfen, ehe eines mannes 220; nu,
uns wird er vollends rupfen, und ich möchte meine federn
nicht hergeben. J. P. kämet 3, 100 ; hett irs bei der alten manier
lassen bleiben, so betten wir die leut, wo sich einer ver-
schnapt hett, zu euch remittiert, so hett ir inen ein feder
zohen. Schade sat. «. pasq. 3, 146 ;
denn wer ist hie in dieser weit,
den nicht der satlian hat gefeit,
noch im ein feder ausgezogen.
Ringwald laut. narh. 182 (vgl. geier),
wie umgekehrt in den märchen der schlafende teufet sicli musz
haare ausziehen lassen, federn schleiszen {ahd. slijan, vettere,
scindere) will sagen die weichen theile vom kiel reiszen, mit welcher
arbeit zuweilen das ganze ländliche haus sich befaszle. fehlerhaß
setzen einige schlieszen :
er muste seine lust mit rübenschneiden büszen
und wenn der abend kam, die federn helfen schlieszen.
PiCASDERs gedickte tli.l. auß.'i *. "285.
eine abergläubisdie gewolinheit und redensart gemahnt an den alten
vogelflug, wer unschlüssig war, wohin aus er gehen sollte, blies
eine feder in die luß und folgte ihrer riciüung: und damit es
keinen streit unter seinen dreien söhnen gäbe, die in die
weit ausziehen sollten, führte sie der könig vor sein schlosz,
blies drei federn in die luft und sprach, 'wie die fliegen, so
sollt ihr ziehen', kinderm. n* 63. dem auf die wanderschaß
gehenden schmiedegesellen ruß sein pathe zu: 'wenn du naus
kommst, so nimm drei federn in die band und blas sie auf
in die höhe, die eine wird fliegen über die Stadtmauer, die
andere wird fliegen über das wasser, und die dritte wird
fliegen gleich aus. welcher wilstu nachfolgen?' altd. wälder
1, 91 ; es ist auch sonst ein gemein Sprichwort vorhanden,
das gemeinlich diejenigen brauchen, so fremde land bauen
wollen oder sollen, 'ich will ein feder aufblasen, wo diescibig
hinaus fleugt, will ich nachfahren'. Aventix 98'; in Hessen:
'wo wird der seine federn hinblasen?' wohin wird er ziehen?;
kere der sünd den rücken und gang also für der nasen nach,
das ist diner angebornen erberkeit, blas ein feder, das ist
entpfilch din fürsatz dem wind des heiligen geisis, der wird
dich füren das dir wol wird sin. Keisersberg bilger 197*, hier
sehen wir den heidnischen brauch auf den wind {spiritus) des
biblischen vogels, des geistes als taube angewandt,
ther geist ther bläsit stillo thara imo ist rauatwillo.
0. II. l'>,41.
einem die federn lesen oder klauben bedeutet ilim schmeicheln,
gefällig sein, federn vom rock oder aus den haaren ablesen:
ein Übertreter und schalksheilige kau fedder lesen und obren
krawen, reden und thun wJs man gern höret. Lctder 6, 150".
Keisersb. post. 3, 43, mehr unter den Zusammensetzungen, einem
eine feder durch die nase ziehen, Vin belügen, ihm etwas auf-
binden: der herr verzeihe mir. der ihm gesaget, dasz wir
ihm seine fräulein entführet, hat ihm eine greuliche feder
durch die nase gezogen. Grypbils 1, 887 ; einen mit der feder
in der nase kitzeln, der vogel schnäbelt, putzt seine federn ;
sträubt seine federn ; seine federn sind los und verworren.
figürlicli, kam ein junger und schöner mensch, aber doch mit
losen federn, zerrissen kleidern und übel angethan, fragt nach
einem guten Wirtshaus. Kirchdof wendunm. 190'; alles den
armen leuten weggenommen, dasz sie nicht eine gebogene
feder behalten ; bekommt einer nicht den vogel, so bekommt
er doch ein federn davon. Lehxam;« 74. die zinshüner werden
entweder leiblich, d. i. 'in federn' geliefert oder in geld bczatilt.
weistlt. 4, 17.
3) da trieb und kraß des fluges in den Schwungfedern der
flügel und des Schweifes gelegen ist, so drückt auch feder häufig
den flügel oder fittich aus. mhd. von einem ungdteuren thier:
et, het zwene fuoje
und het zwo vsdere,
swarz sam ein ledere. Tundalut hei Hahn 52,66,
d. h. zwei schwarze flügel; sus zellit phisiologus des aren
geslahte, sü i^r alt wirdit, so swärent ime die federen, fundgr.
1,33, so werden ihm seine flügel zu tehwer;
da^ mapl-e dö vfdere gewan,
witen fuor «g ze ga^en. Uar. 144;
S8
1395
FEDER
FEDER
1396
da; ir buoch und buochstabe
Tür vedern angebunden habe. Trist. 119,20;
der üf der winde vgdirn saj. Martina 7,76;
federn oder geficder mit gold bewunden, oben $p. 1269. nhd. der
vogel regt, reckt, schliigl, schwingt, scliüllelt, erschwingt, er-
schütlelt, neigt, senkt die federn, d. i. die flüget: aufgerehl {auf-
gereckl) und genaiget federn. Megesherg 170,7; und meine hand
hat funden die Völker wie ein Vogelnest, das ich habe alle
land zusammen geraft, wie man eier aufraft, die verlassen sind,
da niemand eine fcdder regt oder den schnabel aufsperret
oder zischet. Es. 10,14; und müssen alle für gotl die feddern
niderschlagen und fro werden, das wir zu der Vergebung
komen. Lltiier 4,419'; lieber hcrr, für der weit bin ich wol
unschuldig, aber für dir musz ich warlich die feddern nider-
schlagcn und mich selbs aller dinge zur schuld bekennen.
6, 40" ; einem die federn beschneiden ; sich mit fremden federn
schmücken ; er fliegt mit fremden federn, wie hörn odir
klaue für das rind, wird auch feder für den ganzen vogel gesetzt :
•weit herum ist in der ganzen aue
keine feder mehr, keine klaue. ScnaiKR 319'.
4) kampßuslige bursche, kriegcr stecken federn, hahnfedern
auf den hut (s. federfechter), frauen schniuckru haar und hui
mü federn : eine schneeweisze türkische feder blähete sich
auf ihre gekräuselten haare {so der acc. in allen ausgaben).
Tbümmels Wilhclniine 66;
diese federn, wcisz und schwarze,
die ihr auf den häuptern traget,
holde hcrzensköni^iiinen,
eure Schönheit meliren sie. Göihe 47,98;
von dem sommcrhuie nicken
stolze federn, mein peschenk. Schiller 9'.
man sagt aber auch eine feder von edelsteinen, die in weise
der rogelfcdern gereiht und aufgesteckt sind: tnigen die römischen
wciber vom stände oben auf der stirnc etwas, was der soge-
nannten feder unserer damen, die aus edelgesteincn bestehet,
ähnlich ist. Winkelmasx 5, 54. s. hutfeder, reiherfeder, strausz-
feder.
5) federbetlc kommen schon in ahd. und mhd. glossen vor
(Graff3, 50. mhd. wb. 1,111*), doch ist die ausfülluvg der belle
viit federn erst späterhin allgemein geworden; der pl. federn
drückt nhd. oß das bell aus: der faule liegt, steckt, dehnt,
streckt sich in den federn, hebt sich aus den federn; und
wenn die federn under dem bett faren und der man spricht
'warumb lassestu die bett also verderben?' so spiechen sie
{die frauen) 'ia soll ich es Ihun?' KEisEiiSBEUG s. d. m. 11";
thut im dann das hanptlin weh, so ist ir gleich allenthalb
nicht wol, klagt er sich wenig, so fragt sie viel, klagt er
sich viel, so fragt sie in wenig, nötigt in 'auf die federn',
beredt in hinder den unihang. Garg. 7l' ; sie vergiszt auch
bald alle schmach, fürnemlich wann 'die federen stieben',
allda die recht virga placa, der rechte beltansland und rutcn-
fridigung regiert. 75"; sobald die niorgcnrijthc anbrach, rief
Mülard seinem söhne, der schon munter war, auf, umb denen
kutschcrn sich fertig zu halten anznlicfchlcn und denen Jungfern
aus denen federn zu helfen, med. maulaffe 100 ; früh nuiste die
kutsche wegen des übelfahrens voran, die da ritten, blieben
Doch eine gute stunde in federn und folgten auch nach. unw.
doct. 810; da denn die ganze compagnie sich lustig und fröJidi
erzeigten und allerseits mit einem guten rausche split in der
nacht die federn suchen musten. 8C4 ; nach unterschiedenen
discursen suchten unsere reisende die federn, hcbamme 272 ;
gleich mit aufgang der sonnen war der obrister wieder unmtcr
und bekümmerte sich um den baucr, dieser aber halle sich aus
den federn gerissen und war zu seinen knechten und geschirre
gegangen, weüf. Robinsons. 44; ich suchte zwar die federn, um
die ermüdeten glieder etwas auszuruhen, nord. Rob. 1,133;
ihr {Aurora») mnntcl schOttcIln die perlen auf das gras,
alt mein erwachter leib sich aus den rt-ilcrn las,
und ug und tonne mich in meine kleidcr trieben.
GÜNTHKR tU«7;
wenn der magen und der lof manchen in die federn graben,
(icbtl du «eben bei deinen baumcu mit gesund luid Ntarkur
liist. Wi" ;
genng, daiz da dein hanpt auf anmuthsfedern liegt,
die auserlesoe braut dich in dem arme wiegt. '>3.'>.
tknlich verwendet WiKt.AND den pl. von schwane f. schwanfe<ler:
auch dich, n Rezia, lloh auf deinen weichen schwanen
dfr iljuxe «chlaf. Oberiin b,\.
i. fedrrallee, fcderfeld, federliausen.
e) auth die schreibfediT gehurt nicht der dlUüen wU an, in
wtkhtr man mcA de$ gri/ftU und ratirt btdiente, doch itUei^ dit
ahd. Wörter scripmejcr und scripsahs längst schrcibfedem vor-
aus, obgleich auch röhr oder halm, calamus zugeschnilten werden
muste, es üt wol zufall, dasz die alid. Zusammensetzung nicht
erscheint, später findet sich schribvedere {mJid. wb. 3. 2s 7') und
aus mehr als einer stelle ergibt sich die Verwendung der feder
zum schreiben:
'lä mich ruowpn, sin ist zit',
spricht rain veder. ir. gast 12223;
'du hSst verslij^en rainen munt,
wan du mich mör dan zchen slunt
rem tage plilist tempern uiide suiden'. 12233;
swie guot buoctivel ein schriher hat
und swie sneile sin veder gät
üf <lem buochvel hin und lier,
der mac docli niht haben die ler
daj er schribe ihtes iht,
ist in der veder tinten niht. 14024;
waj al)er ich mit dem halmc,
mit der vedern meine ich, schribe,
dar, hofTe ich <*? ie hübe
nütze über manegen tac. epilog des lieiligcnleltens.
wir sagen heute
a) eine harte, weiche, spitze, slinnpfe feder; klare und
harte feder, nitida et firmo caule. Stieler 449 ; die feder schreibt
gut, schlecht, sprützt, sprützelt, kralzt, kritzelt.
b) die feder schneiden, spalten, aufreiszen, schaben, spitzen,
die feder nehmen, ergreifen, eintauchen, ansetzen, in die dinto
stoszcn, laufen, gehen lassen, absetzen, hinlegen, ruhen lassen,
hinters ohr stecken, wegwerfen, mit eilender feder, currenle
calamo ;
schreibt und last die feder gan. ring 14', 35.
die schwcrraulh schlägt die feder hin,
und schreibt nichts mehr als 'Lconore'. GöfiTnER 1049.
c) es steckt noch in der feder, ist in der feder geblieben;
das wort erstarb schon in der feder; ich habe es unter der
feder: ich hatte deswegen einmal ein fliegendes blatt unter
der feder. J. P. papierdr. 1,37; dasz ich ein buch unter der
feder, wenn nicht unter der presse hatte. 2,10; die execulion
der consilia ist in der feder blieben. LEinsiiz 107; ich habe
es der feder anvertraut, lasse der feder freien lauf, einem
die feder verbieten ; sich fremder federn bedienen; seine feder
war in alle gebeimnisse eingeweiht;
der wünsch ist gut genug, den mir die feder schickt.
GÖNTHKR 552;
dies wort ist nicht aus seiner feder geflossen.
d) einem in die feder lesen, reden, sagen, dictieren: Origenes
het sieben juncfrawcn und sieben Jüngling, den er mancherlei
matericn und eim iedcn ein sundere in die feder las, also
das er mit diesem vorteil tausend bücher macht. Frank cAron.
274'; ist mir nit änderst gewesen, dann als ob ich einem in
die faderen redet. Wickram bilger vorred .\2; denn Jeremie
am 36 capitel liset Judi in Jeremie buch, das er seinem
Schreiber Baruch in die feder diciirt hatte. Mathesius 105*;
alsdnnn duplicirt der beklagt.
sein duplic auch ind federn sagt. Atrer fnstn. 43';
das dictier dem gerichlschreiber vom mund in die federn.
proc. 2, 3 ; ich weisz noch einige verse, die ich der mutier
damals in die feder diciierte. Götiie 19, 260. wo kein dativ
dabei steht, heiszl es niederschreiben: so hab ich derselbigen eins
theils in die feder zu verzeichnen understanden. Fronspercer
kriegsb. 1, dedicat. ; und sie fiengen an in die federn eu setzen.
Ayrer proc. 2, 3.
e) mein zung ist ein feder des Schreibers, der do schreibt
schnelligklich. bibel 1483, 273 ps. 44, 2, lingun inea calamus
scribac Tclociler scribentis, Luther 45,2: meine zunge i<t
ein griffel eins guten Schreibers, rfcr sehreiber Iteiszt 'von dei
feder', ein mann von der feder:
drum sollen wir auch ohn beschweren
die lieben g.tns horwidor ehren,
von den wir auch, pni wol bekant,
die von der feder sind genant. yansiMnig g5';
wirklich setzte es der bürgermeisler durch, dasz diesmal der
mann von der feder stall eines kriegsmanns die thürnicr-
slellc erhielt. Arm« Arontc. 1,57; man solle sehen, wie sich
die von adel weder der kaufmanuschafl noch der feder
schiimelen. Weise ersn. 90; er lebt von seiner feder.
/) eine gute, leichte, behende feder: er habe viel leichli;;-
keit zu arbeiten und führe eine gute feder. finrnK 16. oj;
eine dürftige, schwerfällige, fruchtbare, gewandte, berühmte,
keusche, ausgelassene, peni.lszigle feder: haben wir zudem
die feder also gem.'lsziget. dos ein her/hafler, »innreirlicr
lescr IcichtlicU wird versieben, uo» mehr lu-'- dnni bi«/:
1397
FEDER — FEDER.OJGEL
FEDERART — FEDERBUSCH
1398
und stich gesucht haben. Frank lob der tliorh. vorr.; herr
Dusch, eine der fruchtbarsten federn unsrer zeit. Lessing
6. 93 ; schöne kenntnisse sowie taiente. einige sprachen, eine
gewandte feder. Güthe 4S, 101 ; aus der fruchtbarkeit seines
geistes entquoll die fruchtbarkeit seiner feder. ich bediene
mich des ausdrucks feder nicht als einer rednerischen phrase,
er gilt hier ganz eigentlich. 32, 240. eine scharfe, beiszende,
verletzende, satirische feder. eine kühne, freie: die freiheit
der feder ist das einzige palladium der volksrechte. K.^m
5, 399 ; das gelehrte volk schreit dringend nach der freiheit
der feder. 10, 123.
g) dasi wer mit seiner federn spiti
vermeinet sie rectit zu berühren,
derselbig wird bald selbs probieren,
dasz ihm gebrist schäm oder witz. Weckherli:« 362;
wie des besten nectars krafl
und der castalisch beste saft
von deiner federn distillieret. 462;
Kiio, Klio lasz erbitten,
lasz erbitten dich doch itzt,
zeige dich einmal in guten,
mache mir den köpf erhitzt,
dasz ich nur auf lustgedichte
meine faust und feder richte. Flesi:«c 392;
immer auf den büchern liegen
und sich mit der feder biegen
bringet nur melancholei. Ettoebs uriw. doct. 638;
ein gelehrter, der das ganze jähr neue Schlüsse und neue
dinte macht, begreift es nicht wie ein mensch leben könne,
der kein buch oder keine feder im hause hat und keine
dinte, sondern blosz die geborgte gelbe des dorfschalmeisters.
J. P. Siebenh. 3. 13 ;
' und zehn galante söhne,
Ton denen jeder schon in einer classe sitzt
uud an der feder kaut und über büchern schwitzt.
Götter scimuspiele 131;
sie morden, wie ich leider höre,
bald mit der feder, bald mit der flinte,
ia sie ersticken des nächsten ehre
lald in blut und bald in dinte. Kotzebcb dr. sp. 1,67.
h) feder, die federzüge, das geschriebene : der ritter diesen
brief schreiben thet, den ungetrewen narren bei im sitzen
liesz, welcher die {für der) feder nach (mit den äugen folgend)
den brief gänzlich lesen thet. buch d. l. 254, 3.
") icie die feder des flügels den ftitg regt, lenkt, treibt, so
wird nun auch anderes triebwerk ron holz oder eisen, zumal von
sprungkrdftigem und nachgid}igem stahl feder, elater genannt,
z. b. die Streichbretter am pflüg heiszen federn. Frohmaxns
mundarten 4,63; eine viereckige, in die nullte pausende leiste
heiszt feder. Karmabsch 2, 190; die feder in der uhr, am thür-
schlosz; lange spiesz, daran eisen mit langen feddern ge-
schlagen, damit nicht die spiesz im stürm leicht abgehauwen
mögen werden. Kibchdof disc. mil. 29 ; die breter an der giebcl-
seite des Strohdachs heiszen federn und verschiedentlich eiserne
bdnder, zugespitzte keile oder pflücke, in anderm sinn ist heule
Stahlfeder und vorher schon bleifcder für die stellvertreterinnen
der gänsefeder zum schreiben gebraucht.
8) abslractbncn : eine feder der schwere überwinden, über-
wältigen, so zu sagen zersprengen [den widerstand des gegen-
drucks eines körpers überwinden). Kant 8. 201; alle federn,
rüder, druck und saugwerke unsrer einbildung und unsers
herzens spielen leicht und harmonisch zusammen. Wieland
8,36;
fk-eude heiszt die starke feder
in der ewigen natur. Schilleb 19*;
ist alles unterm schlüssel eines weibes
und jedes mutes feder abgespannt. 424" ;
wars einem solchen herzen wie seinem, das in den federn
der liebe wiegend hieng, noch nothig? J. P. //esp. 1, 46. vgl.
triebfedcr.
da alle bedeiüungen häufig gebraucht «erden, gibt es viele com-
posila.
FEDERAGLEI, f. tkidictrum aquilegifdium , viesenraute.
s. agiei.
FEDER.\LAl]N, m. alutnen plumosum, bei Fbisiüs 1329' und
Maai-ER 129' gekürzt fäderlun.
FEDEÜALLEE. f. das bell, in die federallee spazieren.
FEDKK.AMIANT. m. asbestus fragüis.
FEÜEH.\NEM0.NE, f. adinia plumosa.
FEbVAi.KSGEL, m. hamus [üumatus:
Schionatulander mit einem vederangel
vienc äschea uode vörhen. Tit. 154;
ir vederangel, ir nätern zan ! Part. 316, 20.
FEDERART, /". scriplura, Schreibart: briefe auf itzt recht-
übliche, hochdeutsche canzellei- mund- und federart abge-
faszt. Rl'tschky kanzl. tilelbl.
FEDERALGE, «. an der orgä der ring in der feder, welche
die lullklapi>e zudrückt.
FEDERBALL, m. 1) pUa plumata:
hoch steigt mir jetzt die weit, gleich einem federballe,
der im zeuit der kinderjahre liegt. TuEaiEL 2,5;
einmal geschahs bei unsern spielen, dasz
der knnigin von Böhmen, meiner tante,
dein federball ins äuge flog. Scuilleb 245*.
2) ein kraut, myriophyllum. s. federwassergarn.
FEDERBART, m. pennacea barba, ein flaumbart, der noch
mit den gänsen in streit liegt, ob es haare oder federn werden
sollen.
FEDERBAÜM, m. iberis semperflorens.
FEDERBEDECKUNG, f legtimentum plumosum.
FEDERBESEN, m. scopae plumatae.
FEDERBETTCHEN, n. culcilula plumea.
FEDERBETTE , n. ledus plumis differtus, ahd. fedarpetti,
ags. federhed, engl, featherbed, poln. piemat, böhm. perina:
mit mir und dir ins federbett,
mit mir und dir ins stroh!;
das federbett droben ward gestoln. H. Sachs H'. 3, 82*:
er wollte in keinem federbett schlafen ; menschen, die bei-
nahe lebten wie das vieh, in einem fort unter dem nackten
hinimel und dem elendesten weiter wie postknechte, und von
einem neujahrswunsche zum andern ohne federbett oder eine
matratze. J. P. papierdr. 2, 32.
FEDERBINSE, f. eriophorum polystachyon, flockenbinse.
FEDERBLATT, n. die seile an einem schlosz, wo die feder liegt.
FEDERBLECH, n. lamella, dünnes blech.
FEDERBLEICHE, f. die bleiche der schmuckfedem durch wasdien
und Sonnenlicht.
FEDERBLUME, f. eine aus federn künstlich gemachte blume.
FEDERBOLZ, m. gefiederter bolz:
kömmt eilend ein gast durch die strasze geritten
ein rittersmann, bekleidet stolz,
viel schneller als ein federbolz, wunderh. 2, 82.
FEDERBOSCH, m. crista, federbusch:
sein helmelein ganz unverletzet,
mit federboschen viel bedeckt. Spbenc //. 452';
für seinen federposch trug er ein schöne lange hohe ploe
feder von eim kropfvogel oder fürstenaug, ocello del duca.
Garg. 119*.
FEDERBRET, n. in den posaunenregiäem der orgel das bret
an der feder.
FEDERBÜCHSE, f. theca pennaria, «n gefäsz zu aufbewahrung
der schreibfedern.
FEDERBUNT, varius. bunl von pelz {nach federl, a). Schottel
1014. vgl fech und mhd. belzvech {wb. 3, 2S5').
FEDERBURSCH, f. cohprs avium, die gefiederte schar, das
federvieh, wie Spee auch die geschuppte bursch ron de» fischen
sagt (2. 548. 549).
FEDERBCRSCHLEIN, n. dasselbe:
die flüpelreiche schare'n,
das federbfirschlein zart,
in süszem schlag erfahren
noch kunst noch athem spart. Spkk trvlzn. 1.
FEDERBUSCH, crista, wie ihn einige vögel, Wiedehopf, papagei,
lerche (haubenlerche) tragen und die menschen für sich und ihre
rosse zum schmuck nachahmen, Dastpodigs 44*. 325' schreibt
federbusch, Maaler 129' fäderpusch, aber fäderpöscbli, crislula:
ihre rosse waren mit geü)en federn und groszen federbüschen
geschweift. Schweimches 1, 53 ;
die biene zieh hinfort in seinen {des entwafnetcn Marx) sturm-
hut ein,
der federpusch mag nun der vögel schrecken sein.
Ghtphius 1,619;
unter der Überschrift 'federpQsche',
der federn auf dem hüte trägt, der dünket sich was sein,
der federn hinterm ohre trägt, der dunkel sich kein schwoin,
mit dem, der hut und ohr besteckt, kümmt niemand ubcreiu.
LocAU 3,05,45;
ich war so kühn, meinen hut mit einem dollen federbusch
zu zieren, wie ein officier. Simpl. K. 351, vgl. reuterdolle Garg.
119"; vor einen halben thalcr kauhe ich {der auf wanderschaß
ziehende schneidergesell) mir auf dem trändelmarkt einen degen,
Tor einen halben thaler einen federbusch und vor einen orts-
S8*
1 399 FEDERBÜSCHCHEN— FEDERFECHTER
FEDERFECIITEREI — FEDERIIANS 1 400
thaler einen haarzopf, und damit Irat ich vor meinen vnter
und sagte 'nun vater, ich bin fertig, ich kan nun reisen,
wenn ihr wolt'. Ettners unu: doct. 359; und gereuete mich
fast, dasz ich nicht noch meinen federbusch und haarlocke
haben solle. 3C9; den ailerschönsten federbusch, den jemals
ein mensch auf der stirne getragen. Picrot 1, 358 ; die leb-
haflcsle erinnerung, das lieblichste gcschwätz packte alle die
farbigen genänder aus und staubte die bunten federbüsche
ah, in denen einst unsre Jugend so zufrieden mit sich selbst
einhertrat. THtJMMEL 2,102, vgl. federhans;
und dasz sich die hohe stolze
Juno, Jupiters tremalilin,
von «lern schweife ihres pfauen
einen l'ederbusch gemacht. Göthe 47,99.
FEDERBÜSCHCHEN, n. cristula:
und dieses federbüschchen
aus Minnas blondem haar. Borger 4V
FEDERBUSCH FLIEGE, f. musca plumala.
FEDERBISCHMÜCKE, f. tipula plumosa.
FEDEBCHEIV, n. i) pennula, plumula: jedes federchen von
dem schwarzen sammet ablesen.
2) fpirula ferrca :
artges bauschen hab ich klein,
denn da gibt es scbalterlein,
federchen und lädchen. Göthe 3,01.
3) pappus plumosua, fliegende samenkrone: die bläfter sind
in ihrem zusammengefalteten zustande unter dem namen des
federchens bekannt. 5S, 28.
FEDERDECKE, f. ieguvienlum plumeum: nimm die feder-
decke weg, sie ist zu warm.
FEDERECHT, plumeus, befiedert: wie einer dauben (lauie)
fusz, sonderlich so federechte füsz haben. Taberkaem. 1336.
FEDEREISEN, n. zum biegen der vietallfedem.
FEDERERZ, n. anlimonium fibrosum.
FEDEREULE, f. alucita, phalaena.
FEDERF.\HNE, f. rexillutn pennae, die zu den seilen des kiels
siehenden langen und zarten fasern.
FEDERF.\RRE, f. zum färben der schmuckfedern,
FEDERFASEL, vi. federvieh, s. fasel.
FEDERFASZ, n. dolium plumis refertum: sihe, sehe, wie
fliegt der daher? wie der pfaf aus dem federfasz. Garg. 118'.
vgl. RA. 725. Meos 3,323.
FEDERFAUL, piger scribendi, schreibfaul: schreibe mir balde
wnd werde nicht federfaul, wie es in der entfernung gar
leicht geschieht. Göthe an Knebel 31.
FEDERFECHTE\, pugnare, unter der Überschuß verbriefter
adel sagt Logaü 3,32,54:
ein federüches waffen, nicht väterlicher schild,
ist jetzt voraus gesteliet, wo federCechten gilt.
FEDERFECHTER, m. gladialor , freifecMer von der feder,
$. oben sp. 1390 unter fechter. es ist nicht recht klar, varum
ach dieser verein nach der feder nannte, man sollte denken,
veü die fechter eine feder am hui oder spiesz (sj). 1397 die
stelle aus Kirchhof) aufgesteckt trugen ; doch in dem von Ru-
dolf II der gesellschaß verliehenen (oder bestätigten?) wappen
ersdieinen zird mannsarme, die ihre hände in einander falten und
darin eine schreibfeder halten, waren diese fechter blosz aus dem
stand der sclirciber hervorgegangen ? wollten sie darum für mehr
gelten als die fechterischen handwerker'! jedenfalls war die benen-
nung schon im 16;A. gebräuchlich, wie folgende, auch son.st merk-
würdige stelle Fischarts lehrt: erzeigt sich in allen ritterlichen
wehren, wie sie vor äugen lagen, im schwerd, messer, spiesz,
Stangen, stänglin, tolchcn, hullenbart, rapier, paratschwcrd,
lederen tusacken zum platzmachen, sträuszt sich wider die
Marxbrtider, die frankfortische meister des langen schwerts,
•gebreib mit dinten' so sieht wie blut, 'die feder' must ihm
oben gehweben und soll es kosten sein junges leben, er
wagis in gotls macht, schlug drauf, dasz der beiz kracht,
focht umb die hOchst blutnir, imib das krän/lin umb die
schul, umb ein glas mit wein, wie es der gesell an ihn bc-
gert, trocken oder nasz, scharf oder stumpf, nackend oder
blosz. Garg. isg'.', vgl. 170* ein guter federfechter. für die
rermutung des federtragens auf dem hut streuet, was 2S2* vor-
kommt: darumii hat allein imter den g'ittern Mercurius ein
hfttlin auf und darzu 'als ein guter federfechter federn drauf.
die schreibfeder scheint erst das spdterr. noch lange nahm man
federferhler blofz für einen klopf fechter , der mit der faust schlage
aiuthetll: nie lieszrn dir zwecn niigleichen federferhler (mann
und frau, die sich prügelten) von einander reiszen. Weise erzn. 14.
späterhin verstand man, gegen den ursprünglichen sinn, unter feder-
fechter einen bloszcn Schreiber, federfuchser, federhvld, einen zank-
siiclUigen advocalen oder streitbaren schriß steiler, der mit der feder
ficiU: es ist alles greulich mit scribenlen übersetzt, absonderlich
die gerichtshaltereien, welches ich blosz dem minister Secken-
dorf zuschreibe, der allen federfecbtern ilmter gab. J. P. paling.
2,19 (1798.2,41). man verglciclw Jahns turnkunst s. 278—85
und ScHMtD Schwab, wb. 184.
FEDERFECHTEREI, f. damit der herzog von Savoien ein
spiegelfechten mit dem marechal de Catinat in Piemont an-
stellen, selbigem aber nicht viel weher Ihun solle, als wenn
die Lucas- und Marcusbriider mit ihrer federfechlerei sich die
köpfe ein wenig blutig schlagen und darbei den Zuschauern
die beutel leeren, so gut sie können. Pasquini staatsjAanlasien
1697 5. 323.
FEDERFELD, n. lectus, federbetl:
dasz ihr für glücke schätzt, das euer mund gebiert,
wann einer, wer weisz wer? euch mit zu bette rührt,
dann wann nun dieser stand von euch ist so errungen,
und euch ist so und so ein freier spmng gelungen
ins weiche federfeld. Logau 2,70.
FEDERFEST, expeditus calamo : federfester Schriftsteller.
FEDERFITTICH , wi. federwisch, Iledervvisch, federflunk,
gänseflügel zum abwisclien des staubs.
FEDERFLOCKE, m. floccus plumae, lanugo. Stieler 1448.
FEDERFLUG, m. eilig fliegender brief: dich mit diesem
eiligen federfluge zu behelligen. Bltschky kanzl. 49.
FEDERFUCHSER, m. scriba, verächtlich ein mann von der
feder: ist mirs doch wie gift und operment, wenn ich den
federfuchser zu gesiebte kriege. Schiller 183'; Konrad fuhr
mit häszlichen reden gegen ihn an, nannte ihn einen woll-
kratzer und federfuchser. Arnim kronenw. 1, 409. HXrtvann
killabendgesch. 1,13. vgl. schulfuchs.
FEDERFUSZ, m. columba dasypus. f^derfusz plumiger.
Maai.er 129'.
FEDERFÜSZIG, an den füszen gefiedert, pennipes: federfüszige
hüner oder tauben. Weise lustredner 252. Räolein 272'.
FEDERFUTTERAL, n. was federbüchse.
FEDf^RGARBE, f hotlonia palustris, Wasserfeder, wassergarbe.
FEDERGEHÄUSE, n. was federhaus.
FEDERGEWAND, n. lectus:
war zuo ist daj bette guot?
sichstu nit, wie ein Unger tuol,
der nie kain vedergwand gesach
und Schaft im dannocht guot gmach? nng IS', 29;
die compagnie wünschte ihr eine gute nacht und verfügte
sich in ihr fedcrgewand. unic. doct. 414. s. fcderwat.
FEDEPiGRAS, n. arundo calamogrostis.
FEDERHA.\R, n. lanugo, milchhaar, s. federbarl.
FEDERHAHN, m. tetrao urogallus, auerhahn.
FEDERHAKE.N, m. auf der feder des gewehrsciäosses, auch
son.ü Werkzeug zum spannen der feder.
FEDERHALTER, »/»., wodurch die hutfeder gehallen und be-
festigt vird: zu einem fedcrhalter, mcdeibild und hulzeichrn
hett er ein ganze güldene platten. Garg. 119*. heute auch zur
festigung der Stahlfedern.
FEDERHANDEL, m. negotium plumarium, pennarinm.
FEDERHANDLER, m. negotiator pluninrius. jiennarius.
FEDERHANS, m. pennis superbiens milcs, thray> '<<<'< yo 7»i5:
merkt, wie die Schwelzerknaben,
die fcdnrhansen klug,
die fast gewüclet haben
gelrilicii groszen unfiig. Uhla:»!) 474;
kiimb her landskiiecht, du federhans,
du bist vil töller denn ein gans! H. Sagos II. S,*';
pntz grint, es ist ein federhans,
ich wil itui rupfen wie ein gans. Ackervati!« rert. söhn RS;
denn anfenglich so sind die spitzknechl grosze federhansen,
haben federbiisrh auf den hüten oder paieteu. Frojcsperc
1,111*; wo seind jetzt die groszen hausen? hervor ihr fodder-
hansen I hervor ihr Junkern hervor! Kibchhok »;ii7. rfwc. 153;
und habeiis, gott seis gedankt, noch erlebt, dasz mancher feder-
hans, da man wol ihre gnoden {gnaden) zubeiszen miisle, un<
die kiihe treiben und hintern silwen hergehen musz. Scimi n
stud. leben l) l' ; weil ich von naiur geneigt, des Junkern hand-
werk zu treiben und einen sliilzer, federhansen oder plla^lcr
treter zu ngiren und abzugeben. .Sifw/J. h. 2fi; Christus neniici
sich ein aas, weil er b;ild sterben soll, .tber die «inl/linge
und grosze federlinnseu gedenken nicht hieran, sie wiesen
nicht wie »ie sich genug spencti und seiber tiliiliren sollen.
1401
FEDERHART ~ FEDERKASTE
FEDERKAUEN— FEDERKLAUBER 1402
Otho 1063; die gute frau {Mailh.20,1\), wiewol sie nur eine ;
fiscberin war, hätte lieber federhansen als prediger gehabt,
ein degen an der seilen, meint sie. stünde viel besser ihren
söhnen an, als eine bibel in der band, ein federbusch auf
dem but weit schöner, als eine schreibfeder hinter den obren. ,
i:}50; ein mancher federhans und praler will weisz nit was 1
für bSumer ausreiszen. Megerle Judas 1. 33S ; die haben mehr ;
aufs brot zu schmieren, als eure federhänse in der Stadt.
Arm« kronenw. 1, 39S. s. federleshans.
FEDERHART, elaslicus: die krafl eines federharten körpers.
Katt 8. 56. 59.
FEDERHARZ. n. gummi daslieum.
FEDERHARZRAUSl, wi.
FEDERHASFEL, m. tcinde zum aufwinden der federlappen,
formido renatoria. Stieler 7S4.
FEDERHAURE, f. tcas federtolle.
FEDERHAIS. n. kapsei, icorin die uhrfeder eingespannt ist.
FEDERHAUSE.N, dui.pl. leclis: nachdem nun unsere reisende
disen discours geendiget, verfügten sie sich, umb ihre ruhe
zu haben, nach Federbausen. Ettsers unw. docl. 254. irte sonst
nach Lagerhausen, nach Bethlehem.
FEDERHAUSRAD, n. rad am federhaus der uhr.
FEDERHELD, m. scriplor, reräclillich, elender scribetU:
dort liommt ein federheld,
der punct und striclie miszl, papierne pfeile schnellt,
und nichts als so viel weisz, das andre ieute wissen,
der billt schon, da ich nur den knüttel blind geschmissen.
GÜNTHER 3^7.
FEDERHEMD, n. ala, pennala forma, federkleid, alln. fiadr-
kamr, alts. fetherbamo, ags. federbama:
wrillst du mir, Freya, dein federhemd leihen?
muntu mer, Freyjä, fiadibams lia?
FEDERHIEB. m. apostrmhus: ein wort mit den krummen
narben eines federhiebs ( ') sieht sehr martialisch aus. J. P.
grOnl. proc. 64.
FEDERHORN, n. buccinum ferdix, eine muschelart, audi
rebhuhn, ballschnecke genannt.
FEDERHLT, m. pileus pennis omaius:
dem vater Tolgt Mercur mit kindlich rrohem routb,
doch ohne federhut (positis caducifer alis). Hagedorn 2, 99;
die spanischen mantelkleider, die groszen federhüte der ge-
sandten. GöTOE 24, 292; er hatte geschmack und einen natür-
lichen hang zum überflüssigen, welchen er in seiner ersten
Jugend nicht verbergen konnte, da er schon nicht anders als
mit einem fedcrhute in die kircbe gehen wollte. Moser 1,130;
in der Stadt unterhält er viele liebschaften, stolziert mit feder-
Init und degen auf den straszen herum. Falk Joh. von der
Ostsee. 1,152;
ihr habt da einen säubern spitzen
am kragen, und wie euch die hosen sitzen!
die feine wasche, der federhut,
was das alles für Wirkung tbut! Schiller 321';
der federhut, der goldbefranzte mantel
das ist an euch der wesentlichste theil. Uhlamds Ludwig 169;
der Schleier und der federhut
die stebn dem Malcben gar zu gut.
FEDERHYACINTHE, /". hyacinthus comosus.
FEDERICH, FEDERICHT, FEDERIT, m. Ula IrUix tarn densa,
tU pennas conienlas inhibeal. Hemsch 1035, 30. Scn«. 1, 512.
federritt, federridt scheint falsche Schreibung, im vor. 1482 h 5'
federrit, somentum oder pettziech.
FEDERICHT, plumosus, fJumeus, trie federecht: wer bette
macht, wird federicbt. Stieler 451 ; fedricbt haar, capiUus im-
jicxus, icorin noch die bett federn hangen;
ein polster gestopft mit fedrichten kolben des teichschilfs.
Voss 2,317.
FEDERIG, sich federig machen, federig werden, plumis
spargi: die mit kübetreck getauft sind, die werden nicht
federig. Garg. 170*;
hättest du nur dreck gefressen dafür,
so war dies maul nicht fedrig worden. Grtpbr-s 1,746;
willst nit content sein, so kanst treck fressen, wird dir fein
maul nit fedrig. Scumare tinlenf. 17.
FEDERKAMM, m. cantharus pectinicomis.
FEDERKAMPF, m. scriplorum certamen, federkrieg.
FEDERKAPPE, f 1) früher sludenlentracht: bat sieb dort
eines doctors wegen zum fuchs erklären lassen, trägt kragen
und federkappc. F'b. Mt:iLER 2,11. federmütze.
2) anas gaUriculata.
FEDER KASTE, m. eine leiste am slrumpftcirkershil, s. feder-
stock.
FEDERKACEN, n. mandere pennam, nicht recht wissen was
man schreiben soll: ein schreiben an dich will seinen guten
tag haben und federkauen bab ich nicht gelernt. Zelter an
Gvlhe 517.
FEDERKEIL, m. eaulis pennae, gewöhnlich federkiel, feder-
spule, doch kommt keil öfter tor und man sagt die gänse keilen,
iJmen kiele ausziehen: disen zansteurer (aus ellendskloen) be-
fand er besser, dann die so heut die Italiener aus maslix-
holz spitzen oder die Niederlender aus wackbolder und ior-
berholz, oder mein löblich bandwerk die Schreiber aus feder-
keilen. Garg. 163'.
FEDERKE.N'GEL. KINGEL, m. dasselbe: eaulis pennae, keil
oder federkengel. Golii onomasticon 15S2 sp. 290; und mach
in die nasen zwen meiszel von wachs oder federkengel.
Bracnschheig cAinir^ 50; blas das pulver durch ein feder-
kengel dem pferd in das aug. Herr feldbau lil' ; von diesem
pulver soll man jedesmal durch ein rohrlein oder federkingel
in die äugen blasen. Tabernaemontancs 583 (717); jedoch
schwebt sie (die kirche) allzeit, wie der federkengel an der
angelschnur oben, und miszt der scbrift ein solche auslegung
zu, wie es ir am besten- gelegen ist bienenk. 30'; ich sauf
durch kein strohalm noch federkengel, es sei dann most aus
dem fasz. Garg. 100*; jedoch bauptman Nienenan der legt
die glän ein und rannt in vollem ritt dem münch auf die
brüst, aber sobald es die teufeis schrecklich kult antraf, bog
es sich beim spereisen, als wann einer mit eim gewechsten
faden auf ein amposz schlug oder mit eim federkengel an
ein wand rent. 254*. s. kengel.
FEDERKIEL, m. dasselbe, und die heutige form:
ir sein wenig oder fll,
ich schätz si für ain federkiel. fastn. 447,8;
Boetius lert die musica,
wie ut re mi fa sol und la
so süesz berklinget auf seitenspilen
mit fingern und mit federkielen. 740, 25;
auf den meisten deutschen Universitäten sind täglich an die
zweihundert federkiele beschäftigt. Lichtexberg 3. 85.
FEDER KIELNATTER, /. coluber calamarius.
FEDERKLAUBEN, blandiri, federlesen, einem die federn vom
kleid ablesen, abklauben : ich lasz mir aber die freibeit der
warheit niemant gern nemen, damit nit mein buch ein eitel
liebkosen, federklauben und hofieren werde geacht. Frank
chron. vorr. ; hastu ein böses gewissen, lieber, was nutzet es,
das dir die feut so federklauben, das hälmlin durch den
mund ziehen, dir die obren krauen und den kauzen streichen?
Mr. 8'; must auch welsche süpplin kochen können, ver-
raten, verliegen (verlügen), herwiderumb liebkosen, federklau-
ben, zutittlen, und dasz du dises fein mit deiner hofweise
decken und vermentlen könnest, dasz es hofbossen seien.
46'; gut seind die eitern, gut seind die brüder, gut seind
die kinder, freunde seind gut allzeit, seind sie änderst freunde,
aber sagen, dasz herren gut sein ist ein scbmeichlerei, lügen
und ein anzeigung des liebkosens und federklaubens. 75* ;
der selb ist allen heuchlern feind,
die also umb in federklauben. 11. Sachs H. 2,46';
sie künden schmeicheln und federklauben. V, 275*;
auf scbmeicblen setz ich letzt mein sin,
mit federklauben hab ich gwin
bei disem gar verderbten gschlecht.
trngedi von Ueli. Nürnb. 1548 B5;
süsze wort ausgebn und federklaubn,
Til kuippens, knappens, rückens der haubn.
Atrer fastn. 50*.
FEDERKLAUBER, m. hämo blandiens, palpalor, federkser:
du federklauber, orenkrauer! fastn. 254,24;
si sagen dir gutes unter die äugen
und loben dich vil sauber,
pis si dir das dein abmelken und saugen,
darnach spotten si dein darzu,
darumb ich iedem raten thu,
er fliech al federklauber. meislerl.i'i n*98;
falsch lob, das nicht dann von argen zutitlern, federklaubern
und belenkatzen gschichf. Frask spr. 1,133*; es kann dem
glück niemand stark, den federklaubern niemand weise genug
sein, chron. 23 ; dann das, das oTt der gemein bauf der edlen
und weisen tbut, die mit verkerler schäm entweders ein
redner, federklauber, wortschleifer, oder etwa einen schnöden
eitel ohrenkrauer, zungentrcscher , maulberer, ein poefen
gewon sein zu verordnen und denselben mit sold besfelt,
von welchem si ir lob hören, das ist eitel lügen, litb der
Ihorh. 2*; fiirsten haben Schmeichler, federklauber, jahcrrn
1403
FEDERKLEID— FEDERLEIN
für freund. . . . ; die federklauber, zuckersüsz rcdncr und
luuntelhcnker. Kibchhok uendunm. Ai' ;
vil Unrats dir nachstellen thut,
als dieb, mörder, landskrieg und rauber,
lieger, trieger und l'ederklaubcr. IL Sachs 1,224'.
FEDERKLEID, n. vestis avium plutnea, mhd. vedenvdt. von
der schwalbe:
und liefet auch für todt, bis endlich die lenzinne
und rnuiliiigsnimre kömmt, die gibt ihr wiedcrümb
ein neues Tederklcid, das leben und die stimm.
l'RAETORiL's scliwilbeiiwinlcrq. s. 88.
'der federschmiicker verferliijel auch ganze kkider von federn zur
eamevalszeil, deren man sich öpers bei Opern gebraucht'. Comemls
orb. fncL 2, 402.
FEDERKLEPPEL, m. federbüchse : was hab ich zum besten ?
'meinen alten federkleppel'. Weise jwetenzunft, sechster auflr.
FEDERKNOPF, m. lagoecia cuminoides, wilder kümmel, eine
pflanze mit dolden oder knöpfen.
FEDERKOHI^, m. brassica crispa, krauser kohl.
FEDF^RKOPF, m. coryphaena hippurus, goldfisch.
FEDERKORK, fi. alcyonium epipetrum, ein aus felsen spricszen-
des kraut, engl, seapcn.
FEDERKRAFT, f. nnl. veerkracht, claslicitäl. Kant 8, 60. 72.
9, 22 ; er wird uns erwärmen, wird uns neue fedcrkraft geben,
wenn wir durch lange anstrengung herabgespannt sind. Knigge
umg. m. m. 3, 113 ; lustbarkeiten und Zerstreuungen gaben ihr
allein die federkraft zu häuslichen lugenden. Güthe 15,265;
Tacilus wollte den erschlaflen weichen gemüthern einer ent-
arteten zeit die verlorne federkraft wiedergeben. Schlosser
vellg. 4,339.
FEDERKRANZ, m. sertum plumeum:
vur zidcn druch man siecht gewaiit
beide man und ouch die frauwen,
da; düukt itzont ein grosze scbant,
nu lest man es verhauwen,
ouch dragen si z?i aller zit
gros vcderkrenz, die sint wii. Mlskatblut i. 238, 46.
FEDERRRAL'SE, f. fissura calami, fcdcrspalt. Stieler 1839.
FEDERKRAUT, n. myriophyllum und Solidago virga aurea.
FEDERKHEBS, m. Cancer pennaceus.
FEDERKRIEG, m. was federkampf, streit der Schriftsteller,
auch die diplomaliscltc Unterhandlung:
ihr rennet nicht nach hohen ehren,
ihr wünscht euch nicht an titeln reich,
kein Zwiespalt in geweihten lehren,
kein federkrieg verhetzet euch. Hagedorn 3,56;
ein solcher federkrieg darf ihm niemals lange dauern. Gütoe
32, 257.
FEDERKRONE, /". papjms.
FEDERKÜSSEN, n. culcita:
darum wir hintern orn uns krauen,
ob wir bei euch ein feller schlissen
und wiiri'en nur mit lederküssen, fasln. 337, 11.
FEDERLAPPE, m. wädmännisch, schnür in welche federn ge-
knüpft sind, das wild zu scheuchen und zu blenden, daher tat.
formido ferarum, DönEL 2, 3t /f. in anderm sinn : die scheckigi'n
uniformen sämmtlicher beamten und die fcderlappen der huf-
livreen. 1. P. Tit. 3, 98.
FEDERLE, n. plumula, der schwänz des rothtcilds und der
hasen. Heppe leilhund 205. s. federlein und federleshans.
FEDERLECKER, m. lambens pennam, elender Schreiber. Stal-
DER 1, 361 hat federlecken für schmeiclwln.
FEDERLEICHT, fori» tU pluma, plumd levior, perfacilis. Stein-
BACH 1,1029:
der mondschein hat dies eigen, wie uns deucht,
er scheinet uns die weit der geister aul'zuschlicszen,
man fühlt sich federleicht
und glaubt in tust dahin zu flieszcn. ^VIELA!«D 9, 121 ;
iwar weisz Ich, als wir uns entfernt,
ist federleicht der Sarkophag geworden. Güthx 11,199;
ihm schracckt sein mahl, er schlummert süsz
bei federleichtem sinn. Ucroer 4^
eine federleichte kunst. Gökihck 1,188;
0 kritisieren, herr, ist federleicht,
doch besser machen schwierig. Platen 298*.
FEDERLELN, n. plumula:
fcderlin hin. fcderliu her,
ich kann wol sagen frcmbdc mSr. Hirxer sch(?/mrn:. 42';
alfo tbun die frauwen, lesen die fedcriin ab, und trutz, nit
ein Ktoblih musz an iren kleidern sin. KEisEH^tiKnc broiuimlin
J.0'; wann der narr neben ir »ilzl, so liest er ir heimle oder
federlia ab. narrensch. 120 ; grosz ungefiigliche richsen wachsen
in den enden, weisz und «chwarz, die rü«linar und tirhwnni
liabcn, doch •.■■i.i.i-.n i..;..i,. ..... ,.;.. n ;,i |..,. f,.,),.,!!,,^ i
FEDERLELNWA.ND — FEDERLESEN 1 404
die acht man nit gering, den forsten muckenwedel daraus
zu machen. Frank Kr//6. 192"; das ihm grosze ehre und vor-
theil schaffen kann, wenn er ihm ein und ander federlein
einsetzt und andere ausziehet. Ettser vade et occide Cuin p. 30.
FEDERLEINWAND, f. diciU gewebles linnen zum ein.^chiitlen
von federn, damit sie nicht heraus stechen, s. federich.
FEDERLESEN, ßoccos, plumulas legere, flaum abüreichen
(pflaumen streichen, nnl. pluimslrijken), fedcrklaubcn, faseln
{sp. 1338), y.ooy.vSi^eiv, xooxtÖi^eiy, XQoxiSoJLovslv ron
xQoxvs, xQoxk, flocke, fase, fasel {sp. 1337). dies xooxvStOftöi,
xooxv/.eyfi6s bezeichnet nun
1) geputzte, eitle frauen, die kein stdubclwn auf ihrem gewand
leiden, es ablesen oder sich von ihren liebhabern ablesen, abblasen
lasisen, wie die eben unter federlein aus Kei.sersberg gegebnen
stellen lehren; 'blast mir den staub ab, herr Falkeiseul' ist
eine in Hessen gangbare redensarl. gehl aber auch auf bequem
in der stube bleibende, ihre kkider schonende lierrcn:
herr apt, sagt, was get euch das. an?
ich bin an euren schaden da (im krirrji gewesen,
ir kunt mel (staub) plasen und feder lesen,
ir laszt euch nit aus der stuben treiben,
so niusz wir aber oft auf dem veld bleiben, fastn. 201,14.
2) oft drückt federlesen, wie vorhin federklauben, aus lieb-
kosen, schmeicheln, der um liebe oder gunst werbende liest von
dem gewandc der frau oder des vornehmen lurrn die flocken ab,
bildlich, sucht deren vergehen zu entschuldigen: du will feder-
lesen, du bist ein liigner! Keisersb. narrensch. Sü';
mild, der ahtode vederliset wol. .US. 2,240";
so stSstu schameröt,
so Wirt din vederlesen swach. Amgb. 24";
nhd. wer nit vil glisznens, fäderlesens kan,
der ist zu hof keiu werder mau. trag. Joh. 114;
wo man das schmeichlein in nicht gan,
irs licbkosens sich nicht uinipt an,
steht fest und lest sich nicht beweichen
ir federlesen und pflaumenstreichen,
da schleicht der Schmeichler weg verholen,
als ob er hett ein kamp gestolen. Waldis 1,11 6/. 9';
ach nein ach ja, das federlesen,
tcllerlecken und newe bescn. Kirchhof taendunm. 43'.
3) das gegenlheil bedeutet grob und ungczögert verfahren, un-
gefähr wie der raubvogel das ergriffene huhn, ohne lange die
federn zu rupfen, verzehrt.
mach nit vil federlesens! Scheid grohianus F3;
was darf es viel federlesens (ri>/er umstände) ! Fischart groszm.
47 ; machte auch nicht viel federlesens, sondern salzte in
den feind. Schütze beschr. Pr. 67 ; uhn viel federlesens. Harnisch
97; machten nicht viel, nicht lang federlesens. Chemnitz 1, 95*.
IV. 5,122"; was macht ihr lange federlesens? Weise com. probe
181; nun kan mir einer das schon zutrauen, dasz ich in
diesem stücke nicht viel federlesens mache, causenmacherhl.
diese redensarl, während die erste und zweite bedeutung erloschen
sind, ist auch im 18j/i. und bis auf heule haften geblieben: die
dame machte nicht lange federlesens, sondern ginge in ziem-
lichen lachen wieder fort. Menantes gal. weit 1, lOS ; sliiszet
ihn auf die seile und läuft ohne federlesens zum hause
hinaus. 1,178; sie machten demnach nicht viel federiesens,
sondern richteten dasselbe in das werk, was sie willens
waren. .Melissüs Salinde 58 ; weil ich also kein langes feder-
lesen machte. Felsenb. 1,225; wir machten auch nicht lange
federlesens. Pierol 1,205; wiewol man nicht viel federiesens
machte. 3,14; so machte er nicht lange federlesens. ehe eines
weibeslHi; er thut seinen mund über seinen stand auf, nicht
zu compliinenten und federlesen {dies noch im alten sinn).
Claudius 3, 85; bitte mich nicht au.szulachen, dasz ich wegen
eines leichten bogens in klein uctav so viel federlesens mache.
Haxann 5, 125;
nicht so vieles federlosen!
lasz mifli immer nur herein. Gothk 5, 2S7;
die mnnierislen fühlen bald, dasz nach Verhältnis der tage
so wie der schule, worein sie geki)iiiinen, nicht zu feder-
lesen räum bleibt, sondern dasz man sich enlschlieszen und
fertig werden müsse. 39,77; nicht viel federlesens, hridc I
man hat mehr zu thun. Schiller 177*; mach der herr nur
kein federiesens! SiiVMH Spaziergang ... ; sie ihrerseits packten
den keri gleich auf und lieferten ihn aus ohne federiesens.
GöRRES Schriften 7, 112;
In soirlien fiillrn I ' l.imlt an,
dem widrr.'s.irlier • -••n»
den degon (Hierhin i Irib zu Ingen.
IhiNR. VON Kl.EinT 1, 42t;
geht freund, da ist kein lange» federlesen. Arnim sWmi/ft. l,:.»);
sie wissen, im kri ■ " '■( man kurz fr.i-.i.v..,, k.,,,.,., ,
1405
f EDERLESER — FEDERPOSE
dram. sp. 2,340. die mit absicM gehihiflen belege zeigen, dasz
auch gemeines und rolksmäsziges in die hochgebildete spräche än-
gang findet, und verständigen vns über eine erstreckung der genUiv-
flexion auf fälle, in tckchen sie an sich unbegründet ersdiemt.
neben viel ist federlesens ganz in der Ordnung, nidit so nefceii
ohne und lange, man darf annehmen^ dasz alsdann "Tier aus-
gefallen ist und noch immer nacku-irkt. 'kein federlesens' mahnt
auch an 'ein treibens' sp. 133 und an 'kein kopfzerbrechens'.
langes, kurzes, vieles federlesen geben keinen anstosz.
4) sich federlesen, sich putzen, nnl. pluisteren, nd. plustern.
mhd. der junge ruor sich rederlcsen. GA. 3,230,
von einem der rogelgeslalt annehmen konnte und abends ans
fensler seiner geliebten flog.
FEDERLESER, m. irie federklauber, Schmeichler:
ich bin der federleser knecht. Mcrser schelmenz. 44':
das machen die Schmeichler und federleser, die ihnen ihre
schand leicht machen. Keisersberg narrensch. ST*; das ist
wan die federleser und zututler, Schmeichler die groszen
herren loben. 100'; aber die andern, die on unterscheid ein
iglichen loben und von allem das er anfacht, die haben tu
namen. sie heiszen den falwen hengststreicber (sp. 1267),
kutzenstrcicher, kreidenstreicher. federleser, Schmeichler. 195*.
FEDER LESHANS, gleichviel mü federhans: o federleshans
ihr flieht 1 Ämadis 77S. der sich putzt, franz. galianU
FEDER LICH, s. federfechten.
FEDERLOCH, n. verächtlich für bell:
wenns länger währt, Terschläfstu noch
den jüngsten tag im federloch.
K'«iTTELs kurzgedichle 2 $. 53.
FEDERLOS, defiufias, ein federloser, seiner federn beraubter
TOgel; niM. ein vederlösiu Tledermüs. ^Sff. 2, 213*; die jungen
nestlinge sind noch federlos; rülhsel vom sehnet und der sonne:
es kam ein vogel federlos,
setzt sich auf den bäum blattlos,
da kam die Trau mundios
und frasz den vogel federlos
TOD dem haura blattlos.
FEDERM.VNGEL, m. avium implumium conditio.
FEDERMAUS, f. resperlilio, geflügelte maus: wie ein fedder-
mus, die ein dunkel, blöd gesiebt hat und allwegen uszflücht
in der dunkle am obend spot. Eeisebsb. pod. 3, 21*. s. fleder-
maus.
FEDERMESSER, n. cuUellus calamis temperandis.
FEDERMURDER, m. der blulbriefe schreibt: Haman gieng
in seiner wut auf einen blutbrief ein. Jesus ist kein solcher
federmörder, nein, unsere namen schreibet er im himmel an.
Otho 93S.
FEDERMOTTE, f alueila, phalaena.
FEDERMUF. «i. pellis manicata plumis referla. MöSEi palr.
pÄ. 1.62; im federbette eines federmuffes. h P.
FEDER.MLTZE, f galerus plumis omatus, federbappe. auch
eine pflanze heiszl fedennütze, bischofsmütze, mitella.
FEDERN, l) plumis instrucre, gewöhnlich fiedern. doch schreibt
Luther : mein furnehmen je und je allein gewesen and noch
ist. nichts anders zu schreiben, lehren, predigen, treiben und
feddern, denn was zu gottes vrort . . . dienstlich, nötig nnd
nutzlich. br. 2, 237, venn der sinn ist in gang oder fing bringen,
«ahrscheinlicher bedeutä es aber födem, fördern. Karhabsch
2, 191 hat federn, mit aner feder versehen, mit einer metallnen.
2) plumas emütere: die Tögel federn, oder federn sich, lassen
die federn fahren, mauszen sich, auch die bette federn, stieben
mit federn.
FEDERN, jdumeus, mhd. viderin : zn geben seind die händ
bleien und die füsz federn. LEH3iA?ot 1, 317.
FEDERNELRE, f. dianihus plumarius, fr. oiellet ä plame:
die weisze fedemelke meiner frcude. J. P. Fixlein s. 214.
FEDERNEST, n. nidus plumeus:
lock und treibe sanft das ireit Terflogne kleine
geliebte läuhchen, das ich meine,
aus seinem in mein redemest. Thc»el 5, 2S7.
FEDERPFLAIM, m. plunm, feder flaum:
der guten federn trag ich drei,
grob, klein und darzu federpflaum, «eimar. jb. 6,40.
FEDERPFLHL, m. culcila mollis:
es schleicht der echte schlaf den federpfühl Torbei,
ist falschen Städtern falsch und treuen bauren treu.
Hagf.doi^ 1,23;
in deinem denischen, schwülen federpfühl. i. P. Tit. 1, 46.
FEDERPOSE, f caulis pennae, federkiel, federspule, genau
geredet unterKheiden sich an jedem gänseflügrl fünf poten, die
FEDERPRACÜT — FEDERSPALZ 1406
eckpose oder ortpose (rjf. .ecke und ort tp. 23) ist die sdüedr
teste, die beiden folgenden heiszen scblachtposen und sind die
besten, darauf kommen die beiden breitposen von geringerer gute.
und nichts als eher fleaszt aus unsem federposen.
Websixe 64.
FEDERPRÄCHT, f. splendor pennarum.
FEDERRECHNUNG, f., auf papier gesdiridten, im gegensals
zu der kopfrechnung: dise knnst lehr ich meine andächtige
auch nnd bild und giesze sie also in iren leib, das sie die
auch on rechenpfenning und federrechnung erkennen können.
FiscBART podagr. trostbüchl. 1577 letztes bl. des bogens k.
FEDERREICH, pennü, plumis dires.
FEDERRISZ, m. piäura pennis facta, federzeichnung, enlnmrf:
man musz nicht jedes stuck mit färben gar folienden,
der freie fäderrisz und tuschnng steht auch woL
ROXPLE* hi.
FEDERRITZ. m. erena pennae, federspaU. Stiei^b 1595.
FEDERRUSZ, n. fuligo pennae, ahd. rnoz. nl. roet: indem
ein poet dein lob beschreibet, gewinnest da flügel wie ein
adler, aber
wann dich verehren sol das federmsz in nöthen,
so geht der narrheit für die freundschaft der poeten.
BtnscHKT Palm. 27u.
FEDERSALZ, n. sal plumeum, das in nadeiförmigen spitzen
austcillert.
FEDERSCHACHTEL, /". zur außewakrung der schmuekfedem.
FEDERSCHAR, f. eohors penniUa, alata, das geflügd, federrieh :
kommt nun zogen, kommt geflogen,
kommt nun her, ihr vögelein !
federscharen, kommt gefahren,
all so nur im walde sein' Spes Irtiitn. 274 (302);
gleich als die federscbar zum fliegen ist erkoren.
K5irTELs kurzgedicJile 2,7.
FEDERSCHLÄG, m. motus alarum.
FEDERSCHLAGEN, movere, eoncutere alas, flauem, prael.
federschlagte, vie ton rathschlag rathschlagfe, setzt also an
ahd. fedarslagön voraus, mhd. bildlich von Ga«ran:
der Tederslagt üf iweren klobn. Parz. 425,21;
und weit die lerchen erjagen.
dö hegunde si Tederslagen
in al der gebiere,
als ir ein titech abe wapre. Beinhart s. 293, 54 ;
dö gert der babich Ton der hant.
der ritter sprach 'mid din Tederslagen'. LS. 2,515.
FEDERSCHLEISZE. /". ramenta jdumea.
FEDERSCHLEISZER, m. qui pennis detroMl plumas.
FEDERSCHLEISZERIN, f. femina plumas carjens. Stieler
1S3S.
FEDERSCHLITZ, m. crena cdami, federrüz. Stieler 1S39.
FEDERSCHMUCK, m. omatus plumeus, federkleid: ihren
federschmnck rerleuret sie. Praetoritts schwalbentrintcrq. s. SS.
FEDERSCHMCCKER. m. plumarius. Sheleb 1885.
FEDERSCHNECEE, f. buccinum dearium, Olfasz, eine muschel.
FEDERSCHÖPS, m. qui plumis aiienis sese omat stulte : dieses
kam unsenn federschüps nicht ein wenig seltzam für. Lder-
malz 166S s. 1S9.
FEDERSCHRAUBE, f. am deutsehen gewehrschUaz.
FEDERSCHRIFT, f scriplura.
FEDERSCHURKE, m. scriba nequam: der Schreiber war
einer der gröszten federschurken, der je in unserm lande
dintenkiinste nnd radiergewalt ausgeübt. Pestalozzi 2, 265.
FEDERSCHÜTZE, m. ein lauf und flug oder federscbütze
beiszet ein solcher Jäger, der sich im schieszen so per-
feclioniert hat. dasz alles was ihm Tor die flinte kommt,
nicht weit mehr hinweg kann. Heppe Idlhund 168. Döbel 3, 104.
FEDERSCHWEIF, m. diese (farbig beäugten fasanenschrreife)
brachte man mir schockweise ins schif, legte sie mit den
köpfen nach innen , so zierlich gehäuft , dasz die langen
bunten federschweife nach auszen hängend im sonnenglanz
den herlichsten schober bildeten. Götue 27, 171.
FEDERSEELE, f häum, vicdulla pennae. Diefexbacb 277*,
das dünne häutchen im federkiel.
FEDERSIEGER, m.
unversuchten stolzen kriegcrn,
aufgehlasnen federsiegern. Lessiüs 1,77.
FEDERSPALT, m. SPALTE, f. erena, ßssura eaUnm senphrii.
FEDERSPALZ, m. SPALZE, f. das.^>eibe. in diesen formen
spalt «nd spalz, spalte «nd spalze bestätigt sich voBkommen die
tlen sp> 1303 rorgetragne idenlitU ton falteu und falzen; gevdkr
1407 FEDEJISPANNEU — FEDERSPIEL
kislet Stieler 206S auch für das vcrbum spalten und spaizen.
mehr nodi unter spalten und speit, spelz.
FEDEBSPANNER, «i. ein uerkzcwj der uSirmacher.
FEDERSPAT, «i. inolühus, stiritim.
FEDERSPIEL, n. aucupium, spiel in der bedeutung von litsl
{die lusl der vogcljagd) oder auch von streit und äc/iü ».</</(•/ ye-
nummen?; kein ahd. rodaispil verzeichnet, so häufig das mhd.
tederspil vorkommt.
l) dieses eiscJieint nun zwar einigemal im angegebnen sinn:
scal unde vedirspil,
des ist in minis horrn hove vil. Ilolhcr 208;
Würfel, ros nnd vederspil
triegeiil olle, swcrj merken wil. Henner 12476.
allein auch hier, uic sonnt überall, könnte der falke, Sperber ge-
mcinl sei«, mü dem gebeiszel wird:
dA w.Tren ralken veile
und ander scticene Tederspil. Trist. 56,7;
ir hnnde und ir vederspil
da; h.x'ten si ze banden. 135,36;
mit hunden und mit vederspil
reit der gast als im gezam. Wigat. 1031 ;
wir warn geriten an diso stat
ich und min friunt mit vederspil. 4952;
zwiu sol ich eueren hinnen
ditz schcene vederspil? Bit. 7003;
wie ungerne Röedegfir
arbeite sich mit vederspil. 7035;
lancve^jel also wol geläa
wart nie an vederspil gesehen. 13180;
will, zam und vederspil. 13316;
wir gerten als diu vederspil. frauend. 69,3;
wan ich sie geliehen wil
dem schalkharten vederspil,
so man da; ie ba; hat,
ie mür untugent e; begät. Helbl. 4,254;
sus vermeistert 6r sin vederspil. IIaipt 7, 34?
er kaller, fir beller, er vederspil,
da; krimmet und doch niht vaben wil. 8, 577 ;
ich wünsch da; im kein vederspil
nibt guot müg beliben,
swä er bei;e, da; im; vertriben
diu krä und da; geliigel,
ich wünsch da; e; die flügel
abe breche. Ls. 2, 427 ;
wan €r grä;et nach ören hie
rehte als ein vederspil nach vogcln in den lüTten.
MSII. 3, lOV ;
sie baiszend zu der krä auch undcrstunden
zu röchen und euch zu rappen,
die edelen federspil ir freund verwunden. Laber s. 197,129.
einmal wird federspiel spöttisch sogar von einem abgerichteten
löwen gebraucht, Asprian hatte Constantius löwcn an die wand
geworfen, dasz er todl niederfiel:
'nu warte, wie genir hoveman
diu vedirspil irzogen hat'. Holher 1168.
in einem Uede bei Wackernagel lesA. 966 {ausg. 4. 1169):
das federspil
ist worden Stil
i/cW es collediv für gevögcl, ohne bezug auf jagd.
2) nM. lebt das worl nur noch im 16 jh. fort, im 17 hört es
beinahe auf, Dasypohius hat es sclion nicht mehr, wol aber Frisuis
136', Maaler 129', Heniscu 1035,41, Stieler 20S7 und sie alle
fi'ir aucupium, weidwerk zum vögeln, federspiel für falke, sftcrber
oder raubvogel tiberhaupt kommt seltner vor: die sich sclbs in
allen dingen suchen, ircs Icibes lustcs in bcgirden pflegen
und wartend als eines fedcrspils. Keiskrskerc se/en/iawd. 186';
so der habich sich muszet und die ersten fädern fallen laszt,
wird er hüpscher dan vor, also auch gemeinlich alle fiider-
spil werdenl ie älter ic schöner, so vil von fädcrspilen und
rüubigcin gefügcl. Stljipfs chronik 291 ; der sjjcrbcr ist der
klcinest und gcringcst undor den gcbrüchlichen fiiderspiln.
ebenda im folgenden capilel. (iargantua, als er die sanften wixcJie
aufzählt, sagt: ich brauch auch von wegen lindigkeit der federn
dag fcdcrspieL Garg. 13fr', deutlich den vogcl meinend, ander-
wärts geht es rorzugs«ei»e auf die jagd selbst : der filkncr sidl
auf das federspiel ein sonderliches bedächtiges lleisziges auf-
aebea und aufmerken haben. FEiERAnEMU falknerci 3' ;
uro gut so kauft man wa« man wil,
•cböne weih und fcih-rspil,
adel und ehr, auch alle ding. Gömbs meislerl. 2.12;
ir wisset dasz sich die beiden ritlcr fast auf das federspiel
grirgt babeo und noch tinin, so wil ich mit Reinhart den
MwJieDdtu Ug UTsrhnfTen, dasz er mit scini falken binden
rcitcQ musz. b. d. liel/e Vi9,z; die ritlcr
FEDERSPIEL — FEDERSPULE
1408
sich rüsteten mit allem so ihn zum federspiel und weidwerk
dienstlich war. 240, 1; gedünkt sich der adel leutscher nation
des gut sein, das si jagen, müszig geen oder reuterci und
federspil treiben. Frank weltb. 46"; namen spatzen aus, fiengen
wachtclen, triben federspiel. Garg. 193";
der spatz und schwalbe nester macht
zu morgen früh, zu mitteruacht,
sie hüpfen auf der niisien,
sie singen, kosten doch nicht viel,
ich liebe dieses federspiel
für sieben lautenisten. Lancbeit^s ged. 1,119.120,
wo es vügelmusih oder Schauspiel ausdrückt.
3) wol zu merken sind einige angaben alterer jagdbücher selbst,
nach welchen es weder die vogeljagd, noch den jagenden vogel,
sondern soviel als vorlasz, fürlasz, d. i. köder bedeutet, im Frank-
furter weidwcrkbuch von 1582 2, U'. 12'. 13' heiszt es 'voilasz oder
federspiel', was bei Frisch 1, 253' in die deutliclien worte gefaszl
wird: avis ad alliciendos falconcs ficlus et in aerem jactus
laqueoque retractus, es war ein blenducrk zur abricidung des
falken auf den Vogelfang, bei HoniiERG, wtkiwr 'vorlosz' schreibt,
3,2,352' eine nähere beschreibung : das federspiel anbelangend
so soll der falconier den vogel auch zum federspiel ange-
wöhnen, es ist aber das federspiel oder vorlosz ein instrument
gleichwie von zwei zusammengebundenen vogelQltigcn, daran
hanget ein vvindstrick und an dem ende ist ein hUcklein von
haaren gemacht, mit diesem vorlosz soll man den falken
fleiszig locken, so wird er nicht änderst meinen, dann es
sei ein lebendiges hun oder sonst ein gleichförmiger raub ;
auch bracht er Jäger und Jagdhunde, auch federspil und vil
zeugs zu der jagd, das in Prcuszen noch nie war gesehen
worden. Waissel pr. chron. 52. wahrsclieinlich drehte, wand
und band man zierliche lockvögel, das erläutert eine vergleichung
GoTFRiEDS, der Isot schildert:
suo;e gebildet über al,
lanc, üf ^ewnllen unde smal
gestellet in der wa?te,
als si diu Minne dr.-ete
ir selber'zeiine vederspil. Trist. 274,23 und dann
der Minnen vederspil Isöt. 301,31,
federspiel ist spielvogel, der die falken lockt, mit dem sie spielen,
und wurde gern figürlich gebraucld :
nein, fraw, diesen spilvogel
wollen wir der furstin bringen.
ged. der spiegel Itinler Altswert 161,29;
spilent als diu zarten kint,
dm spilvogil ir muoter sint. Martina 23,8,
wk noch s]Mler: es ist doch hübsch, wenn wir ein spiel-
vögelchen zum groszvater schicken. Wlise com. probe 223.
in einer urk. von 1185 stchn unter den zeugen ei» lleinricus
Spilvogil und .\nn\vic Vogelare nebeneinander, das federspiel
und Jagdzeug bei Waissei. wird aucli solche gedrehte vögel oder
gebundnc fdliche enthalten haben, wie der lüwe ein feilerspiel
des königs konnte das cnkelclien ein spielvogel des groszvaters
hdszen.
FEDERSPIESZ, ni. spiesz, daran eisen mit langen federn ge-
schlagen sind, vgl. federfechler: federspiesz, morgenslern, eng-
lische beil. KiHCiiiiOF mil. disc. 29; schlachtschwert, feder-
spiesz, helmbarlen und andere kurze wehr. 112;
da Ihet mir der wachmeisier messen
mit scim federspiesz meint! oliron. Atrer 182*;
auch müszt ir selber von der wand
ein fedrspicsz nemcn in die band. Dkdekimd miles 4,4.
FEDERSPITZE, /". n/icr /»cHnnc.- die federspitzc richtet mehr
ubels an, als die schärfste klinge, wenn sie nicht mil treu,
gewissen und bescheidenheit gefilhret wird. Rutscukv l'alm.
32; er setzte alles auf die federspilze.
FEDERSPITZKR, m. ihr seit rechte federspilzer, nUichl
schreiben was ihr wollet, ihr habt ilarum nicht was ihr wollet.
PiiiLANUER l,5s4; in demselben IrelTen hielt ich mich nicht
wie ein federspil/.er. der nur auf ilas dintenfasz bestellt ist,
sundern wie ein techlschnnener soldaf. S/m;>/. K. 037.
FEDKRSI'OREN, ;-/. miitelst einer elasli.<:chen feiler befestigte.
FEDERSITLE, f. caulLt pennae, federkkl: was scdl ich vom
herren sagen mil federspulen, was für ein lied soll ich von
ihm singen ... es ist schon nicht möglich mit der lippr /u
sagen was mir widerfahren ist, wie soll ichs mit dem >; ii.> u
ding hervorbringen! Göthe an frau ron .Stein 1,138;
dn kommt ein kind, so dürr und schlank
will ein« fedcrspuln :
•ach, liebe» horrlein, geben »lo
wir eine kleine gubo". Laromi.'«! ged. I, t(.4,
1 409 FEDERSPÜLENHÄ.\DLER— FEDERWAT
FEDERWAT — FEDERWISCH
1410
FEDERSPULENHÄNDLER, m. der schreibfcdern feU hat.
FEDERSTAAR, m. calarrada plumea, eine art slaaiblindheil.
FEüERSTAHL, m. dünner stahl zur feder ausgetcalzl, Stahlfeder:
denn der snhnellt aus wie federstabi,
sein schwerthieb ist ein wetterstrahl. Bürger 51'.
FEDERSTÄUR, m. von stiebenden federn, auch die feinsten
pflaumfedern heiszen so.
FEDEHSTÄURER, vi. 1) Staubbesen. 2) pflaumfedernlidndler.
FEDERSTEIX. m. nervus conchae margantiferae.
FEDERSTIERIG. itnpexus, dem federn im haar hängen, federn
aus dem Itaar stieben: sobald er aufstund und noch leilach-
gieng und federsliebig gewesen, musten sie an allen ecken
mit den ketten und schrauben an den flaschen rasseien und
mit dem decke! auf der kandel klöpfelen, dasz er den köpf
umbwarf, wie ein tauber vor dem schlag und vor freuden
gleich erhupfle, erlupffe, erschupfte. Garg. 112*.
FEDERSTIFT, m. am federhaus.
FEDERSTILL, traiujuillus, windstill: das meer ist fäderstili,
aequiir slratuni silet. Maai.er 129'.
FEDERSTOCK, m. lei.<le am slrumpfteirkerstuid.
FEDERSTRAISZ, m. federbusch.
FEDERSTREICHER, blandiens, tcie federleser, der einem die
federn abstreicht, auch flaumstreicher, nl. pluimstrijker:
zu hant so werdent das gewar
die lederstricher balde dar.
erzählungen herausg. von Keller 549,11.
FEDERSTREIT, m. tras federkampf, fedcrkrieg.
FEDERSTRICH, m. linea, zug mit der feder: es kostet einen
federstrich; mit einem federstrich, «na literarum siguificalione ;
den wep
aus diesem kerker schnell sich aufzuthun
mit einem federstrich. Scuillkr 4U(j'.
FEDERSTCCK. n. Meiner eiserner keil.
FEDERSTLTZ, tn. was federbusch: mit hoben, weiszen
federstützen gczicret. Menantes qa/. «c// 1702 «. 129. die zweite
ausg. von 1749 s. 129 ändert in federbüscben : endlich schwenkte
sich als voressen oder vorbericht der suppe die rosabackige
physikussin in die Stube herein mit 3 oder 4 esprits oder
federstutzen. J. P. Tit. l, 194.
FEDERSTl'TZER, m. plumarius, federschmücker.
FEDERTODSCHLAG, m. weiber begehen zwar zungen.
aber selten federtodsclilag. J. P. jubeisen. 50.
FEDERTOLLE, f crisla: eine art von papagei, der sich
vor anderem durch eine sehr hohe federtolle auf dem köpfe
unterscheidet. Campes kindcrschr. IS, 69.
FEDERTRÄGER, m. pleronia, pflanzen mit haarförmiger samen-
krone, 'mit einer braut im haar'.
FEDERTRIEB, m. treibende kraft: gleich allmächtig, wie
dort in der todten Schöpfung ewgem federtrieb. Schiller . . .
vgl. triebfeder.
FEDERTl'RMER, n. federkampf: die v^eiber haben allezeit
den obristen ort und stelle inne, ausgenommen im feder-
thurnier, da liegen sie unten. Ol. Vabiscls c/An. mundi 3, is.
FEDERTUTE, f. conus pennaceus.
FEDERUHR, f die in einer feder gelU.
FEDERVIEH, n. besliae volaliles, das zahme gefiügel in der
hausiialtung.
FEDERVOGEL, m. von einem menschen, der mit federn be-
deckt ist, s. federweib:
wohin, woher du schöner federrogel?
ScuAiBACU nicders. sagen s. 303.
FEDERVÖGELCHEN, n. alucita, phalacna.
FEDERVOLK, n. aves, volatilia, die federschar, federbursch,
die rögcl:
das rege federvolk das sang mit süszen stimmen
den jungen tag laut an, der lisch der gi<'rig zu schwimmen
aus seinen ufern vor. der frosch, derVäscher rief,
es war schon alles auf, nur ich lag noch und schlief.
Flemüig 52;
Diane steht erblaszt, die raorgenröthe lacht
den grauen himmel an, der sanfte wind erwacht
und reizt das federvolk den neuen tatr zu prüszen.
Ghvpimis 2,327.
spätere dicidrr meiden diesen natürlichm ausdruck.
FEDERWAGE, f die durch eine feder bewegt wird.
FEDERWASSERGAKN, n. mtjriophyllum verlicillalum, feder-
ball, wassergarn, wassertauscndblatt, eine Wasserpflanze, die älin-
Hrhkeit mit federn hat.
FEDERWAT, f und n. veslis plumea, tegmen plumeum, belt-
getrand, sotrol das gefieder des wgdt selbst, als die daraus be-
reitete decke:
III.
tnltd. ouch ein bette vil gerüege
Gaweiu von richer vederwiete
bereit was. kione 14Sö4;
niwan ein bette vant er stän
mit so rilicher vederwät,
dag diu werlt niht be;??er bat. 2SS30;
unde alle; harnasch unde vüderwat unde geschiilze, da;
wellent die Mute ü; stille erheguot sin. Schw.sp.lAt, Wackerv.
nlui. leszt mir kein kleit noch lederwat,
weder kandel, scbussel noch bausrat. fasln. 256,24;
da ich auf die dillen trat,
da vand ich die guoten,
ich viel in die vederwät,
das mir mein knie ward pluoten.
ich lebtt in der wünne,
die vederwät was dünne,
ich niöfl an Crist Ton himel,
das ich ir entrünne. Häizlerin 45";
in Wollust, gfüU und fäderwat. Brant 26,90;
das beste haupt vieh ohne eines, oder hält er kein vieh,
das best fäderwat ohne eins vierzüpiig. oder hält er kein
fäderwat, so git er sein kislen u. s. w. weislh. 1, 657 (t^i. l, 240) ;
an pelgewanl, federwat und leinera ding, theilungherrn Wüib.
PirÜieimers. zum andenken W. P. Nürnb. 1828 s. 49 ; sie wollend
mit der zeit die sach dabin bringen, das er on federwat
hausen {kein bett haben) sol. Wirscng Calislus a6;
mein sön alle drei spat und fru
ziehen mir alle ding zu rat,
speis, trank, kleider und federwat
kostlich und übertrellich. H. Sachs IIL 2,36';
dasz mit dem adler auch sich seine junge wagen,
in neuer läderwat, bin in die freie lufl." Rompler 103;
zuletzt in'U einer falschen pluralform nocli im anfang des Is jh. :
als ein gewisser rab den käs vom fenster stahl
und asz denselben gern auf hohem bäum zum mahl,
so sähe den der fuchs und lieng so an zu reden :
'o rab, wie hast du doch so schöne federweden I '
Melanders niythologia parnenetica. Eisenberg 1712
angeführt bei Gellert 1, 15.
j. federgswarid.
FEDERWEHR, f fcderwaffe: desgleichen der ziehvatter aller
latinischen poeten, der podagramisch Ennius. in maszen von
im Horat. so mit gleicher weinlaug gewaschen, schrtjihet,
dasz er nie hab sein federwehr geschliffen und ein dapfere
Schlacht in reimen angriffen, er hab dann vor ein gesetzlein
gepfiffen (seidel getrunken). Garg. 23',
Ennius ipse pater numquara nisi potus ad arma
prosiluit dicenda. llor. epist. I. 19, 7.
FEDERW'EIB, n. mit federn bedecJd: guten tag federweib,
wo kommst du her? Schambacu ns. sagen 303.
FEDERWEICH, plumeus.
FEDERWEILER, m. federschmücker, von weilen, velare.
FEDERWEISZ, n. asbestus fragilis, alumen plumosum : denn
das alumen plumosum, das man sonst fcderweisz, pliant
oder salamanderhar pflegt zu nennen, das braucht man zu
düchtlin. die nicht verbrennen, daher man es das ewige licht
nennet. Mathesils 123' (lU') ; so man feder\veisz oder gespalten
alaun in den wein thut, das macht ihn beständig und wehret
ihm, das er nit zu essig" werde. HERR/eM/)au 6S'; federweisz
und erdflachs ist leichtlicher zu leschen, als mein erbsün-
diger durst von multerleib. Garg. lOl' ; vermittelst eines groszen
brennspiegels innerhalb wenig augenblick holz brennend,
steine glüend, stahel und eisen flieszend, beine und unver-
brennliches federweisz zu glas machen. Lohesst. Arm. 2, 1615.
am Rhein federweisz vom schäumenden moste.
FEDERWERK, n. 1) der hausfrau federwerk. Garg. 74',
die mit federn gefüllten kissen und belle? Stieler 2556 hat
federwerk für opus plumarium, aber auch für aucupium.
2) das gerijgel: sobald die morgenrölhe den tag ankündiget
und durch das leichte federwerk mit lieblichstem getön gleich-
sam anblasen lasset, erwache ich. Butschry kanzl. 433.
3) rad und federwerk. Brockes 3,239.543; mein anstand
und bangen vor der that gehört mit in die feinern feder-
werke, die das rad ein wenig einhalten. Fr. Müller 2, 93.
FEDERWILD, n. volucres silvestres, eszbare vögel, wUdes ge-
flügel. nicht zu verwecfiseln mit federspiel, den raubvügeln.
FEDERWILDDRET, n. dasselbe, wie Stieler 2419 schreibt
federwilpcrt : der nachdrucker könnte sich über die privilegiert
als eingriffe in seine koppeljagdgercchtigkeit des fedei^ild-
prets beschweren. J. P. herbstbl. 3, 121.
FEDERWINDE, f comolvulus pennatus.
FEDERW INDER, vi. was federspanner.
FEDERWISCH, m. ala anserina verrendo scrriens: er lat
scbieszen, wie vast mau wil, und wuscht die scbüsz all mit
89
1411
FEDERWISMUT— FEEREI
FEGE — FEGEN
1412
eim fedcrwüscL dannen. Kexsersb. Marie himelfarl 10' (wischten
sie mit besen hindan. HiLDEimAND rott.'./. 5. 4S); das man mit
einem fedderwüscli liinach keron künde. LcTiiEn 8, 240*; alle
Jungfrau, die, als man im Sprichwort sagt, federwisch vor der
iiell feil hat. facetiae faceliar. 393 ; so lindt man aliweg fadcr-
wüscJi und fuchsschwenz, die den falwen hengst sirichend.
Fbank sfn-iditr. 2.107';
die federwisch die nützt man aurh,
und siud beiii .«schreibern stets in brauch. Albercs ir)3*;
doch hat der arme fedenvisch auch seinen gewissen ort hindcr
der thüre und kan man dessen nicht gar entberen, will man
änderst dasz die kostbare Sachen jemalen entsliiubet und bei
ihrer zicvde sollen erhallen werden. Philandeb in der zueiijnung.
ryl. fledcrwisch.
FEDEU\\lSMLiT. «j. fedcrarlig geslrriflcr u-ismut.
FEDERWOLKEN, cimts, dünne, flockige wölken, die sonst
auch lämmerwolken oder schiifchen hciszen, als zögen Idmmer
über den liimmel oder lägen federn daran ausgestreut.
FEDER VVLUM, m. findei sich in allen, icenig yebrauclUen
betten, in reruillernden scitrdnken.
FEDERZÄHNE, crenae pennarum : die fcder reiszl zahne,
einen gezahnten, ungeraden spalt.
FEDERZANGE, f. pincette, klüppchcn. KAitMARScH 1, 223; um
mit einer federzange den reifen slaar aus den nugen der
Völker herauszuholen. J. V. pajiierdr, 1, 42. mehrere liandwerker
u. a, die Orgelbauer bedienen sich einer fetU«rzange.
FEDERZÄNGELCHE.N, rt. dasselbe: dasz ich aus dem hauple
meiner gattin mit den bloszen fingern, wie mit fcderzängel-
chen. so viel haare aushob. J. P. papierdr. 1, 213.
FEDERZEICHNUNG, f, piclura calamo facta: meis'.erhafte
blcislifts und federzeichnungen. Güthe 44, 23S.
FEDERZINS, tn. zins an federvieh, rauchhuhn, leibhuhn. auch
sporlula notariorum. Hai.taus 444.
FEDERZIRKEL, m. dessen schenke! durch eine bogenförmige
feder verbunden sind und mit einer schraube festgestellt werden
können. Karmahsch 1, 227.
FEDERZL'G, m. uic federsfrich:
ein federzug von dieser band
und neu erschaflen wird die erde. Schiller . . .;
so ward im federzug des tags ercigiiis
mit süszen werten ihr ein frcundileh gleichnis.
GöTHK laneliucli )MU vers 2.
FEE, f. dira, parca, haibgöliin, nach dem fr. fee für fata
{wie nee, armee für nata, arinata), ü. fata, sp. hada, vgl.
mylhol, 3S2. 383. mhd. bei einigen dichtem feie, bei andern
feine, die heutigen dichter setzen meistens fee, zuweilen noch
das Kollautendcre fei :
die liülte ward zum schlösse,
der leich zum silbersee,
mein Steckenpferd zum rosse,
die nachtigall zur fee. Mattrissok;
sieh doch, sieh das schöne gemäuer dahinten I ists doch als
wenn die fecn es hin gehext hätten. Göthe 14, 82. der oft
yebildeten zusavjmcnsetzungen mögen ein paar genügen.
FEENARM, m. brachium divinum:
ach in ihren fecnarraen
nur zu ruhen, ohne schuld. Bürger 72'.
FEENHAFT, magicus, venuslus.
FEENKIND, n.
ich kannt ein seltsam feenkind,
es war so klein und zart,
und wechselte wie lullt und wind
gestalt und Sinnesart. A. W. Schleckl 1,212.
FEENLAND, n.
im feen und zauberlond. Göthb 2,286.
FEENM.\RCHEN, n. conte de f(e,
FEENSCHLÖSZCHEN, n. Gotter 3, 144.
FEENWELT, f. eine reizende fecnwclt. Göthe 14, 181.
FEEREI, f. fr. feeric: nun wahrhaftig, rief schah Gebal,
wenn dies nicht durch fcerei zugieng, so möchte ich wol
wissen, wie Tifnn es machte solche Verwandlungen zu be-
werkstelligen. WiFLANn 7. 209 ;
nifhl srhrtner lag, durrh doppelte gcwalt
der fcen-i und Hcluuiheit überwunden,
der wolluitathmeiidc Hiriald
von «einer zaiiherin umwunden. 10,130;
beim Clement ! es ist ein wahrer spasz auf der feerei hemm
zu wandern. 11,214; es ist die heischende meinung, dasi
die «cigenanntc opera scria ein werk der fcerei sein müsse.
2ii, 237 ; tretet dann ins gemach der französischen schule, ob
ihr nicht taumelt bei der feerei des nufziig«, ob ihr nicht aus
der betten gesellscbafl unter gccken koiatnl? SStirz 2,331,
FEGE, /". purgalio: die fege des graben?, des leiches vor-
nehmen, in der Eifel die fecg, reinigung beim lliier. Schmitz
224. auch ein sieb zur reinigung des gelraides, kornfege: man
musz auch das getraide, das man malen wil, zuvor durch
die fege laufen lassen, dasz der staub heraus kompt. Colercs
immerw. calcnder. Frankf. 1640 s. 9. das nnl. veeg ist m. und
bedeutet zumal einen .itrcich, visch, hieb, Wolter oorveeg, unser
ohrfeige für olirfcgc.
FEGEBANK, m. sjwlialor: obwol denen raumaufcn und
fcgbänken (/. fegbanken) viel dings nicht nutzet, lassen sie
es, ihrer gewohnheit nach, nicht dahinden bleiben. Kirchhof
mil. dise. 130.
FEGERÜRSTE, f. scopae .vlaceae, dän. feiebörsfe.
FEGEDRECK, m. sordes, quisquiliac, kehrichi, unraih der aus-
gefegt ist.
FEGEFASZ, n. cupa sordihus amovendis, auch waschkufe,
mhd. vcgevaj:
sin iscngcwant da? hiej man tragen
Iialde in ein vegeva?.
mit solhcni llije vcgct man da},
daj ej wart liHer als ein is. Wigul. 114,17.
FEGEFEUER, FEGFEL'ER, n. purgalnrium, it. sp. purgatorio,
fr, piirgatoire, engl, purgatoiy, ir. purgadoir. alid. fegafiuri
erscheint noch nicht, mhd. vcgeviur wird wb. 3,333 belegt; nnl,
veegvuiir, nd. vegviir. isl. skirslueldr, schw. skärscid. dän.
skilrsild. poln. czysciec (woher lit. czysczius), böhm. ocistec,
russ. Ischistilischthe. die Vorstellung eines gleidi nach dem lodif
des menschen eintretenden reinigenden feuers war den ersten vier
oder fiinf Jahrhunderten völlig unbekannt, von Auguslin nur ein-
mal hingeworfen festigte sie sich seil Gregor d. gr. zum dogma
(GiESEi.ER I, 2, 433) : der gestorbene steckt im fegcfeuer, gebetc
können ihn daraus erlösen ; ein teil {der oblatc) leget er {der
pric^ter) uf die palena, da5 bczeichcnt, daj unser herre sich
da opferte für die seien, die in dem vegefiure sint. hüile-
buorh 85; die scolen die im fegfeuer um ir schuld und ver-
Säumnis pcin leiden. Keisersr. seelenpar. 57'; ir meinen ich
sei ein mensch, so bin ich ein geist aus dem fegfeuer. seh.
u. ernst 1546. 85; das fegfeuer und die hellischen ding bei
den nageln abmalen, als seien sie in derselben gemein vil
jar umzogen. Frank lob der torh. 53*.
oft figürlich für quäl und pein : er fühlte sich wie im feg-
feuer; schöne weiber sind ein paradies der äugen, eine hölle
des gemüths, ein fegefeuer des beutels; er hat sein fege-
feuer im hause {ein böses weih) ; nun eröfnet ihr die Dämmen
eurer höllen, eurer fegefeuer. Götiie 20,266;
für diesmal war es nur ein tropfe fegefeuer. 12, 11(5.
FEGEFEUERFLUSZ, m. die brücke, die die Vergessenheit
über den hüllen oder fegcfcuerllusz des kummcrs schlägt.
J. P. biogr. bei. 1. 27.
FEGEFEUERKIRCHWEIHE, f. und darnach gieng er mollen
fangen und reist zu scim meister auf die fegfeurkirben ins
scclfegcrland oder daselbst umher. Fischart bienenk. 218*.
FEGEFEUERLEBENS.MINUTE,/". eine fcgfeuerlebensminute.
J. P. Tit. 2. 21G.
FEGEFEUERNACHMITTAG, m. er wurde beim allgemeinen
Jammer über einen solchen fegfeuernaclimiltag immer ver-
gnügter, ttns. löge 1, 87.
FEGEFEUERSTUNDE, f. Tit. 3, 173.
FEGEHADER, m. panni« ad tergendum, fegclapfic, wUchlumpe.
FEGEHAMMER, m. in salzwcrken ein hammer, womit die
pfanne gefegt, der salzstein abgescIUagen wird.
FEGEKRAUT, n. eqnketum, kannenkraut, womit kannen und
zinngefiisze gescheuert werden.
FEGELAPPE, m. fegehader.
FEGEMCLE, /■. die gute Lcnette war eine lebendige Wasch-
maschine und fegemüle. J. P. Siebenk. 2, 19 ; die wenigen
paar gläscr setzten Schoppens fegemüle mil allen rädern in
gang. Tit. 1,24.
FEGEN, purgare, mundare , rein oder schön reiben, wie
purgare zu purus, mundnrc :i« mundus. scheuern —- goth,
skeirjan zu skeirs, gehörig zum golh. fagr» ofrf«.». aJut. fagar
pulrher, ags. fäger, engl, fair, und nah rerwimdl mit fügen
ajAare. ahd. fuogan, mhd. vüepcii. also ein fagan func rornus-
srlzend. das wiederum auf älteres felian fah fähun = <;»<*. faihan
fall fihun zurückgehl, viihr hiervon und ob rs sich auch mU
fahan faifali, n/irf. fAhan lienc lierührrn könne, unter fügen.
weder goth. fagjan fagida, noch ahd. fegnn. fegila begegnen,
dürfen aber ^•mulhumit werden, altn. fu;jja fa'g.li mit langem
1413
FEGEN
FEGEN
1414
vocd würde gothisdiem fehjan entsprechen und lautet schw. feia,
ddn. feie. mhd. vegen, mit dem elaut von legen, regen (mocere),
wegen (commovere), nhd. fegen, icie legen, regen, bewegen,
renn gleich .Maaler und Frisics Ugea schreiben ; locab. ex quo
(ElttU 1469) gibt feigen, eruderare, rudera ejicere und uszfeigen,
uie auch Aleercs im barfüszer Eulenspiegel 264 feigfewr neben
fegfewer darbietet und wie sich feige in ohrfeige erhielt, selbst
dies ei zeugt für e {gramm. 1, lOT. 1S5) und gegen e.
1) Schwert und waffen fegen, polire ensem, arma {fr. fourbir,
mhd. fflrben) :
mhd. der mordere niete ein svrert impor
wol gevfcget uüde scharf, pass. U. 366,88;
si biejen ir isengwant
vegen unde riemen. Er. 2409;
si hieben die halsperge
schcene machen unde vegen ( : rtgen). Eracl. 44S1 ;
wol sest:plet ir swert,
geveget ir halsberge. Herbort S701.
nhd. do koufe den bengst, dort beslach das pfert,
do vage den harnscb, do vege das swert. namenbuchl. s. 126;
herr Eisengrein, wie far ir so?
ich lier mich nil an eur dro,
ja ich trag auch ain gneiten
hie an meiner seilen,
den wil ich lassen fegen
und hat mirn der regen
und der wint verderbt.
ich sich dort ain maister stan,
den wil ich mirs vegen lan. fastn. 426, 26 ;
'mein swert ist mir verrost.
was mich das gen euch liost,
das solt ir mir vegen,
das Ion will ich euch gern geben'. 427,8;
das Schwert ist gescherft und gefegt, es ist gescherft, das
es schlachten sol, es ist gefegt, das es blinken sol. Ez.
21, y. lu; aber er hat ein schwert zu fegen geben, das man
es fassen sol, es ist gescherft und gefegt, das mans dem
todscbleger in die band gebe. 21,11; einem den barniscb,
panzer fegen hiesz auch figürlich ihn übel mitnehmen, ihn ab-
strafen, ihm den buckel fegen:
ich wil den barniscb dir basz fegen. H. Sacbs 1, 2.;4*;
so müst man dir den hämisch fegen. 1,230*;
im ward der haruisch wol gefegt. 1,516";
wir wollen dir dein gelter fegen. 1,473';
das glas das ist mein degen,
die kanne mein pistol,
die klinge kann ich fegen
und hiermit scbieszen wol. ped. sc'iulftichs 214.
j. schwerlfeger.
2) gold fegen, reinigen: und wil Iculern, wie man silber
leutert und fegen, wie man gold feget, vulg. et nram eos
sicut uritur argenlum et probabo eos sicut probatur aurum.
Zachar. 13,9.
3) das gehöm fegen: der hirsch schlaget oder feget sein
gehörn, um solches gegen den august von dem rauhen hast
zu reinigen, welche? auch von den d3rahir^chen undrehböcken
geschiehet. Heppe wolredender jäger 260; der hirsch so er
sein gehörn wieder aufgesetzt und vereckt hat, so schiegt
oder feget er den rauhen hast ab. Dübel 1, 8.
4) den magen fegen, reinigen : ein gläschen nim fegt den
magen;
wiliu mir volgen, so mustu den magen fegen, fastn. 62, 1;
des musz ich dir dein magen fegen. H. Sachs 1,466*.
altn. fsegja sär, mundare vulnera, die wunden säubern, reinigen ;
das hirn fegen: und betten mer von niiten der nieswurz,
das sie das hirn fegten. Yra^k lob der lorh. ii* ; wollen ihnen
den rücken fegen und nachjugen. Garg. 265', wie es daselbst
auch hciszt einem die Qüh abstreichen und vorhin einem den
hämisch fegen.
5) darumb feget den alten sawrteig aus, auf das ir ein newer
teig seid (vulg. expurgate vclus fermentum, goth. ushraineij)
})ata fairnjö beist). 1 Cor. 5, 7 ; und musz meine band v^ider
dich keren und deinen scbawm nufs läuterst fegen (ri</^.
excoquam puram scoriam tuam). Es. l, 25.
6) die aschc, den staub, den unrath fegen, tergere, rerrere,
wischen, kehren : sie sollen auch die ascben vom altar fegen
und eine scharlacken decke drüber breiten. 4 Mos. 4, 13 ; er
wird seine tenne fegen und den weizen in seine Scheunen
samlen {vulg. et permundnbil aream suaro, ahd. inli gisftbirit
sin tenni). Matth. 3, 12. Luc. 3, 17 {vulg. et purgabit aream
suam, yolh. gal)rainei|) ga{)rask sein) ;
beuiel und schenne war gefegt
und baitcu keine ehre eingelegt. Göthi 2,284;
was meint der himmel doch mit so gehäuftem regen?
wil von des krieges schmutz belleckte weit er fegen?
LocAU 2,6,13;
und es feget den zarten staub ein sträubender borscbtwisch.
Zacharü l,2t;7;
das haus, den saal, bof, die gasse, die stube, das zimmer
fegen, kehren, tische, bänke, stuhle fegen, wisdien; es ist
schon alles gefegt, es ist noch ungefegt ; feur machen, unsubre
ding als kleider imd dergl. reinigen. Keisebsberg Jf/enp. 14';
da hilft auch kein waschen noch wischen, fegen noch keren,
Lcther 3, 311'; das auch gott selbs die ganze weit wil mit
fewr fegen und reinigen. 3, ISO' ; mancher kehrt und fegt
auswendig vorm haus und inwendig läszt ers ungefegt. Leu-
MAXJJ 100; kehre jeder vor seiner eignen thür {ehe er andere
tadelt), ddn. feie for sin egen dör. etliche zur thür hin-
aus gefeget wurden. Felsenb. 2, 366. den bodcn fegen {von
sich selbst) Iteiszt auch den boden, den platz räumen, putzen,
sich aus dem staub machen, rerscliiedentlich besieht ein unter-
schied zwischen kehren, streichen, fegen und wischen, staubiges
geräth wird gewischt, nicA/ gefegt orfer gekehrt (rfocA abgekehrt) ;
die Stube ist schon gestrichen, ausgestrichen, gekehrt, ausge-
kehrt, im Unterelsasz gilt fegen für trocken kehren, im Sundgau
für aufwaschen, mit wasser aufputzen, ron zimmern und treppen,
und trocken kehren hciszt wischen, einem die schuhe, Stiefel,
füsze fegen, abkehren, abstreichen, abwisclien, ptilzen. ähnlich
unterscheiden sich die substantiva feg. wisch und streich.
7) flüsse, buche, graben, brunnen fegen, tön schil/ reinigen
und den schlämm ausiteben : item die von Agersheim sollen
den Rein fegen bis gein Studernheim, die von Studemheim
bis an die eichholzgraben. die von Edikheim sollen heruf
fegen bis uf die von Studerheim. fischereiordn. auf dem Alt-
rhein bei Oggersheim ron 14S8 in Moses zeilschr. 4, SS ; bron-
nenfeger, die lieber die fesser fegeten {leerten). Fischart
groszm. 78. ebenso kanal, schleuse und winkel fegen.
S) herd und ofen fegen, rauchfang und Schornstein: der
töpfer musz mit seinen armen aus dem Ihon sein gefesz for-
mieren und musz sich zu seinen füszen müde bücken, er
musz denken, wie ers fein glasure und frue und spat den
ofen fegen. &r. 3S, 24.
91 feld, haus und dach fegen: stürm, schnee und regen
fegt die flur; ein tosender hagel fegte dächer und fenster;
der tbauwind kam vom mittagsmeer,
er fegte die felder, zerbrach den forst,
auf Seen und strömen das grundeis borst. Borger 36*;
das scbneedach fegt des Sturmes saus. Scanirr vo:< W. 231.
10) kisten und kästen fegen, ausräumen, plündern:
wie sie (die landstineclite) den pauren ire kisten fegen.
meisleilirder '2i n*2üS;
auch thust du pawren kisten fegen. U. Sachs II. 4,2*;
her her, ir gesellen all mit mir!
zerschlagen werd wir schlosz uud thür
und kisten fegen wie mans nent. Wickra« Tobias C6';
ich bab mich nicht vcrsaumpt mit kisten fegen. ro//ir. 2?.
ä/enso beufel fegen, die Schüssel fegen, rein ausessen, auf-
räumen, nnl. wij zullen dien schotel mit der haast geveegd
hebben. nnl. auch den neus vegen, nares emungere, die nase
putzen, bei is op, eer iemand zijnen neus geveegd heeft, es
ist sdmell gethan.
11) das wir nie gedacht allen enszerlichen gottesdienst wider
zu fegen. Ldtber 3, 2C9' ; darnach wil ich auch die luft helfen
fegen. 3, 39o'; aus der Ursachen haben wir uns dis buch für-
genomen zu fegen und im ein wenig besser gestalt zu geben.
5,269'; was sonst nutz und nicht schedliche fabeln sind,
wollen wir mit der zeit auch leutern und fegen. 5,270"; der
die lehre, so im bapslhumb vermenget, verdüstert, verblichen
und verderbet war, wieder scheiden, abtreiben, scheuren,
ausbrennen, beuteln, fegen und durch den ofen des heil,
kreuzes hat gehen lassen. M.athesiüs 63'; deine art zu fegen,
und nicht etwa aus dem kehricbt gold zu sieben, sondern
den kehricbt zur lebenden pflanze umzupalingenesiren. legt
mich immer auf die knie meines herzens. Götbe an Herder
mai 1775 (Herders nachlasi 1, 53).
12) einen fegen, ihn quälen, plagen, scheren, mishandeln,
scheiten, ihm derben verweis gd}en:
der wirt wil uns nit porgen,
das ist mein groszte klag.
er Tcgt mich narbt und tag
nmb gelt. Wolkenstei^i .«. 169;
Dtmpt er ein weih von wollust wegen,
unfal, angst, not die tut in fegen, meistert. 33 n* 217 ■
89*
1415
FEGEN— FEGET
FEGETKAR— FEGSTÄTTE
1416
und wer hie pös und Übels pflepl,
vil ander Irummer menschen fegt. Sciiwarzbnberg 155,2;
und Sülle ihn (yotl) iimb solcher mishandiung und bösen
vorlheii, wie heimiicli es ist, fegen und strafen, wie die alten
Teutschen reden. Matbesius 15ü';
sie musz gcführct sein durch eine wfiste bahn
auf eine .«teingrull zu und da hinein gethan
mit speise wie man sonst auf ein altar kaum leget,
damit <iie Stadt von ihr nur werde so gefeget. Opitz 1,1SC;
lasz unsre sinne fegen
durch seiner liebe glul, auf dasz wir von uns legen
das alte sündentuch. 3,323;
am allenvenigsten niu.«z er andere verachten und fegen.
Cijvi'Dics 1, 13 ; ich will ihn schon fegen, ihm etwas anders sagen,
ihn abstrafen, ihm einen wL^ch, hieb, streich versetzen, seinen
barnisch, panzer, pelz, hucke! fegen, verschieden von diesem
einen fegen ist die jel:U veraltete ffigung 'einem fegen' : dem
obrislen Senseshaim hat der wind bishero übel gefeget {übel
getcehl, intransiUr, wie unter 14). Opitz in einem brief votn
10 dec. 163", gedruckt in der fruchlbr. ges. erzschrein s. 124.
13) rc/1. sich fegen, sich reinigen, läutern: es ist nicht das
ende, es ist aber der weg, es giüel und giinzel noch nicht
alles, es feget sich aber alles. Lltiier 1, 406. Schweiz, er hat
sich gefegt, aus dem staube gemacht, siehe 14.
14) intransitiv für fortwischen, stürmen, in pcdes se conjicere,
schnell hinzu oder davon gclun:
her Lurkhart sprach 'nu schullen wir
Beitschin retten, volpend mir!'
'das ist pilleicir sprachen sei.
zuu Bertschin vegiens alle drei, ring 8% 27;
fegend ward er her und hin,
zuom türluiu ein stund im der sin. 9% 24;
es mag gar licht ein wind har fegen,
er dut den frowen die stürz abwegen {die schtrior abmchen).
Brant 110', 98;
im walde sicher rumb der bär und bärin fegen,
zusammen sich in Iried der low und löwin legen.
Werders Ar. 5, 1,
Torsa con Torso al bosco sicura erra,
la leonessa appresso il leon giace:
wo dat de fruwens schliken (schteichrn)
un fegen um den heerd. Lappenbergs Laureml)crg x. 116;
er habe ihrentwepen
den ganzen tag verwandt, bei nebelduft und regen,
die straszen auf und ab zu fegen. Wiel.vnds Klelia 1, 308,
wenn die straszen auf und ab hier adveibialisch steht, wird es
aber von fegen regiert, so fiilll die stelle unter 6 oder 9. vgl.
ratschen sp. 1363.
es haben die neun wol angelegt,
acht kugeln haben vorbei gefegt. -Chamisso ged. 184.
irir sagen: wo fegst du her?; er fegt auf und davon; fegte
davon wie der wind, auch von änem stürmisch tanzenden
*im saal auf und nieder fegen'.
s. abfegen, ausfegen, durchfegen, fortfegen, herfegen, hin-
fegen, panzerfegen, wegfegen.
FEGENBEUTEL, m. fegedenbeutel. fastn. 254, 30. in Nieder-
deutschland sind Vegebüel, Vegesack, Vegetasche verständliche
namen von Wirtshäusern. Lappenbercs Lauremberg s. 307.
FEGE.NTEL'FEL, ffl. fegedenleufel. 255,10. s. fegleufel.
FEOER, m. purgator, nach den bedeutungen des fegens, schw.
fejare : o wol euren weisen, wenn sie des herrn Jesu pflige-
kinder sind, der wird nicht ihr feger, sondern plleger sein
{sie nicht hart, sondern zart behandeln). Otho43; he nun, was
denn das roaclie, .sagte ein alter fiiger {sciddger, raufer), er
sei auch manchmal dabei gewesen, wo es klUpf gegeben
habe. GoTTiiELF Uli d. kn. 51. bei RthrE 23 feger, niußold.
$. brunnenfeger, gassenfeger, grabenfeger, hüusleinfeger,
kislcnfeger, schachlfeger, scheimenfeger, schlottfeger, Bchorn-
steinfeger, srhwertfeger, stallfcger, straszen feger, winkelfeger.
FEGEHOLLE, f.
FEGES.SLF'ETER, m. von der mauer abgefegter.
FEGES.\LZ, n. an salz und siedeabfallen sind in Lüneburg
gewonnen a) »chwarze« oder fegesalz so lasten is^/j slicke.
b) fialzsleine 47 li Insten, c) 20 tonnen multerlauge und
22 lasten bungcrstein. miUh. des gewerbeven-ins für Hannover.
1«52 f. 271.
FEGESCIIOnER, m. kleiAe pfanne zur salrrfinigung.
FF'GET, f. purgamenlum, fegsei, kehricht, mhd. vcget {wb.
3, 2Sfl'), im toc. W^l \\ '.* fcgccht (u/c kerirlil): ein hafner der
hrt vor im ligcn ein grnszcn klotz leimen, er griff darin mit
der band und nimpi einen klol/. leinu-n und niuchl daruHZ
Cto gftchirr, da« man brucbcn sol zu wQst und zu unilat
und das man darine feget thu. Keisersberg bilg. 78'; merk,
got het vor im ligen den wüesten verderbten leiuienklotz,
ich mein menschlich natur. got grift darin mit der einen
band siner gerechligkeit und erwüschl einen klotzen und
macht darusz ein geschirr, do wüst und feget in gehört. 78' ;
brächt dir einer einen sack, der vol feget und unüates wJir
und begerte von dir, das du im lautren feinen weizeu darein
geben sollest, selcnpar. 14'; man sol an etliche örter sand,
feget oder üsche schütten lassen, damit sie (die hüner) sich
darinnen wülen und putzen mögen. Seoiz 101 undiißer; zum
theil aus der füget der alten vätter, eins theils aus dem
schäum der concilien. bienenk. 5S'. Stiei tn 451.
FEGETKAH, n. kehrichtfasz : wanimb thüstu das? warumb
machslu usz dem einen Icinienklotz ein fegelkar, da man
Unflat sol inthün? Keisehsb. bilg. 78'.
FEGEZEIT, f. zeit des reinigens der bwnenstöeke: wann das
honig im herbst oder fasten in der fege oder reumezeit ge-
schnitten wird, so soll maus mit fleisz verwahren. Coler
hausbuch 417.
FEGFELRIG, purgatorius: gesellen die im hafen schlecken
und haben die kerz im hindern stecken, wie sie Dantes in
der fegfewrigen höllen beschreibet, Jott {Giotto) und Michel-
angel im jüngsten gericht malen. Garg. IS*.
FEGFEÜRISCH, dasselbe : wenn sie nu den fegfewrischen
messenjarmarkt abgethan haben, alsdenn wollen wir mit inen
reden. Llther G, 5J3'.
FEGHAUBE, f Schimpfwort für ein altes wcib, entweder wisch-
haube oder hauhenwäscherin oder ridleichl fohhaube, pelzhaube:
da musz ein alles nuirmelthier, eine alte feghauben, eine
alte runkunkel , ein alles teufcismütlerl herbei kommen
und ihre ansprechungen venichlen. Mlcerle ndrrin 4; hat
etwan ein alte feghauben das kalte fieber, so musz sie neu-
nerlei hölzlein an dem hals tragen. 5.
FEGISCH, f purgalio: den magen eingeweihet mit höllen-
küchlin aus dem höllhafen in der fiigisch und pfaffcntäsch.
Garg. 151'.
FEGNEST, FEGNESTER, m. der nicht ruhig bleiben kann,
hin und her rutscht, der kein sUzleder hat, unruhiger geist.
Staluer 1, 362. Toi:r,ER 170*. von Hütte 23. nach fegen 14
oder mit transitivem fegen, der das nesl fegt, aus dem nest fliegt?
ein lebendiges, schweizerisches wort.
FEGNESTEN, hin und herrulschcn, fcgnesta. Tobler a. a. o.
FEGNESTEHLX, f.
FEGOFEN, «I. furnus purgatorius: dasz sie den glühenden
fegofen, die löwengrube der triibsale nicht achtele. Hippel 4, 7s.
FEGOl'FER, H. piaculum: wir sind stets als ein fluch der
weit und ein fegopfer aller leute. 1 Cor. 4,13; das sol der
lohn sein dieser well, das man uns hell für kcMch (kehricht)
und fegopfer. Luther tiscfir. 343'; in beiden schlangen {des
A. T.) oder aufgehenkten fluchen und fegopfern. Matiiesius
72'; und er ein fluch und fegopfer würde für der ganzen
weit Sünde. 72'; denn also pfleget man die fegopfer und
verbanten von der gemeine abzufordern und wie ein todte
schlang und giftige kröte aufzuhenkeu oder zu spissen und
auf einen zäun zu stecken und allen fluch diauf zu legen. 72';
ich rufe nicht ghit, räche, llurh und noih
auf euren hals, ich wil für euch bei gott
fegopfer sein, dis blut soll vor dich llieszen
mein vaterland. Grtpuius 1,527.
FEGSAND, m. arena serviens verrendo, terendo, reibsand.
Stai.her 1, 263.
FEGSANDSCHREIER, m. fegsandschrcier, besenbinder.
Fischart groszm. 89.
FEGSEELE, f, die im fegfeuer schwebt: dieser arlikel ist
falsch, unchristlich, den fegseelen zu nahe und ketzerisch.
Luther 1, 545'.
FEGSEL, «. purgamenlum, kehncht. nnl. veegzcl.
FEGSI'ÄNLEI.N, n. ranmitum giiod verritur . duruiub so
spricht man gemaiiili( h, das die pein in der bell umb aiii
tudsünd sei geleich als ain block oder spüller. aber umb
die tilglicheu sünd als nin schindel, und die pein im feg-
feuer für ain lilglich sünd ist a\* ain spicisz oder balm, aber
pein für die lüglich t>iind auf disein crdrich ist als ain hol/
iiiösemlin oder fegspüulin. Keisersb. schif der ficn. 18*, der druit;
aber ist undeutlich und es könnte auch «legspanlin gelesen weiden.
FEGSTANGE, f des fciwrnsteinfeijm.
FEGSTÄTTE, /. ort der reinigung, mhd. vcgestat. pass. K.
502, 13.
1417
FEGTELTEL — FEHDE
FEHDEBRIEF — FEHL
1418
FEGTEUFEL, »i. cntueder gleichviel mit fegenteufel, einen
geiraltsamen mann bezeichnend, der selbst den teufel nkhl fürchtet,
oder davon zu unterscheiden, ein fegender, duheraischender, quä-
knder teufel, kobuld: also das ein mensch des andern wolf
und fegteufel {quälgeist) ist. Frank sprichw. 2, 3l' ; fagteufel,
will Ton bösen weiberen geredt. Maaler 129'; alsbald ein
mann ein weib nimt, zuband bat er einen bandscblag, einen
anhang, einen bandscblitten, einjoch, ein kuramt, eine bürde,
eine schwere last, einen fegteufel, eine tagliche rostfeile.
ackermann aus Böhmen cap. 2» ;
eim rinnend lach zu winters frist
ist glicli ein frow die zänkisch ist,
hell und vägtüfel hat genug ^
wer mit einr solclien züht im pflüg. Brasi 64, 81 ;
du fegteufel! H. Sachs 1,526';
so das alt weib der tod denn strecket,
des manns herz wirt in frewd erwecket,
so er kompi seius fegteufels ab. II. 4,94';
denn man hell uns für landscheden und fegteufel, darumb
land und laut gestraft wird. Mathesics 53"; darumb* sind die
unwissenden arzet fegteufel von gott zugesand über den
kranken. Pabacelsus 1, 2l'; so die bett nicht sicher seind,
und die in der mülen und der im pflüg, wer ist dann ohn
einen fegteufel. 2,470*; Niebuhr hörte auf seiner reise nach
Diarbekir von einem fegeteufel in dem armenischen kloster
Kara Klise. der bischuf hatte ihn aus einem besessenen ge-
trieben und dazu verdammt, dasz er alle nachte die kirche,
die Wohnung der geistlichen, die küche und den feuerherd
reinigen und allen unrath wegschaffen muste. Voss 2, 3S1.
NiEBCHR reiscb. 2. 399.
FEGWISCH, FEGEWISCH, m. fegelappe.
FEH. s. fech sp. 13S6.
FEHDE, f. inimicitia, diseordia, odium, ahd. fehida, gifehida
(Graff 3, 3S5), mhd. vehede, gevehede (wb. 3, 2S6), zuritck-
g^end auf fehan, vehen odisse und gifeh, gevech inimicus,
odiosus, treldtes im vocallaut völlig zu feh, vi-ch varius stimmt,
genau tcie ags. fäh inimicus {engl, foe) und fäh rarius zusam-
mentreffen und dem subst. fehede ein faehd entspricht, alid. e
vnd ags. ä fordern golh. ai, dem feh rarius, ags. fah ist gleich
das golh. faihus und läszt auch auf die bedeutung inimicus schlieszen.
feh rar/US und inimicus müssen ein und dasselbe worl sein, das
bunte, rersicolor ist offenbar auch das abweichende, uneinige, zwie-
faciie, der bunte gehört zur andern parlei, trägt eine andere färbe,
ist ein gegner. diseordia, fehde gehen aus dem begrif der bunlheit,
coneordia, friede aus dem der einheit hervor, zur erläuterung
dient das analoge mishellig, ahd. missihelli dissonus, rarius,
uiissihellan discrepare, dissidere, mishelligkeiten sind ursprünglich
mislon, gemischter laut und sodann zitietracht, feindschaß, me
aus skr. dvis, gr. dis gebildet werden dvis odisse, dvesa odium,
inimicitia, entzueiung. die golh. form für rarietas wäre faihi|)a,
woraus die lateinische fassung der langobardischen und fränkischen
geselze leicht faida maclüe (Gbaff 3, 3S4).
nach dieser Untersuchung liegt von faihij)a, fehida und fehde
das golh. ßjan odisse, fijands inimicus insofern ab, als diesen
das kennzeichnende h gebricht und es bliebe für die einleuchtende
Übereinkunft der Vorstellungen erst zu ermitteln, ob auch in ßjan,
fijands die bedeutung der zweiheil oder bunllieit keime und wie
sich aus fijan ein faihjan entwickelt haben könne, s. feind.
mit fgheta, fehta pugna (Geaff 3, 445) hat fehida, fehde gar
nichts zu schaffen.
iJid. denkmäler tilgen das h von fehde Idn und wieder, wie
schon im pass. K. 291, 52 veden : beden, 189, 44 vede : bede
reimte. Dasyfodils, Ffiisas, Maaler haben das wort gar nicht,
dessen sich auch LirrBEB enthält. H£.\isch 1037, 48 gibt fehd,
feide, ein abgesagte feindschaft für sächsisch aus. Htm folgt
Stieler 452. falsch:
■ si ziehen sich in fäbd und frid. Schwaiize5berg 153*;
diese fede hat lang gewert. Aimon r4*; ie lenger ir diese
fad antreibent, ie meher verlierent ir. ebenda; ob einer seiner
vhede {für vehde) halb von uns oder unsern nachkommen
rim reich, römischen keisern oder königen erlaubnus hett
. . . oder sunst zu solcher vhede rechtmeszig gedrungen ur-
sach hett, so soll er . . . peinlich nit gestraft werden. Caro-
lina 129;
demnach von freud gnaot sind die freund,
gleichwie von fehde sind die feind. Fisciiart gJ. «c/i»/"86S,
beide herleitungen sind scheinbar aber falsch;
doch stimme meinem Vorzug hei
und scLäme dich der kühnen fehde. Hagedorn 2,52;
die ganze fehde ward geschlichtet. 2,57;
unvermerkt verwandelte sich diese fehde aus einem wortkrieg
in einen weit aussehenden religionsstreit. Wielasd 6.276;
mit welchem ritter ihr fehde gehabt. Klinger 1,46; werden
sie ihre eigene meinung fest aussprechen und wie es die
umstände geben, einer fehde ausweichen oder sie aufnehmen.
GötheSS, 9; ich bin in einer ehrlichen fehd begriffen. 8,121;
doch hüt ich mich vor jeder fehde. . . .;
und fehd enthrannte bald darauf
und zogen ros und mann
bei Dölfiogen mit hellem häuf. Schiller 12*; '
zerstöret brücken, brennt herbergen ab,
uährt innre fehde, ruft den äuszern feind.
Uhlaxds Ludwig 151;
die fehde ist ein mittelding zwischen duell und krieg. Ranke
reform. 1, 67. man nennt geringere händel, zumal des adels, der
kleinen fürslen und slädte im millelalter, die nicht ganze reiche
und Völker ergriffen, fehden. Einigemal kommt fehde im sinne
rc» Urfehde, compositio, ja für sicherhätsschreiben vor: dasz
wir alle dise vorgenante vehde halten stete und ganz one
argelist, das haben wir imsern vorg. bürgern in trauen ge-
lobet, urk. von 1312 bä Haltacs 444; vorzeiger dieses hab
um einen fernem reisepas geziemend ansuchung gethan,
weilen dann hierbei nichts zu befaiiren, so hat man ihm
diese fehde nicht versagen sollen. Eschuege 1754. jüdischer
baldober, Coburg 1758 s. 525. gesundheitsfehde nannte man
einen gesundtieilspas, zur Versicherung, dasz der reisende aus einer
gegend komme, wo keine krankheiien herschen.
FEHDEBP.IEF. m. absagebrief (1. 92).
FEHDEHANDSCHUH, m. fehdezeichen.
FEHDEN, mW. veheden, \)oppugnare: da fehdeten zwei und
siebenzig reichsstädte den markgrafen. Job. Mülleb Schweizerg.
5, 348. heute befehden, einem gefehdet sein, feind, verfeindet
sein. Staldeb 1, 362.
2) intr. pugnare, fehde führen:
man sol nicht feden. Risgwald laut. warh. 129.
die geächteten setzten sich auf den beiden inselchen Hielm
und Sprue im groszen bell fest, um von dort aus zu jeder
Jahrszeit fehden zu können. Dahlman.n dän. gesch. 1, 424.
FEHDER. m. pugnalor: ein schlimmer fehder. Ringwald 129
FEHDEZEICHEN, n. Signum ad certamen provocans:
Albrecht nahm das febdezeichen
ruhig und bestieg sein ros. Stolberg 1, 58.
FEHDEZEIT, f. tempus cerlaminum: eine burgruine aus
der alten fehdezeit.
FEHE, f. altd. fehl, mhd. vShe, opus varium, graupelzwerk,
sonst das feh, fech.
FEHE, f. inimicitia, mW. vehe, tölvShe, unehe («•&. 3, 286') :
vil brechen in etwan ein vähe ab einem zäun, sagen ab
mit feinds briefen. Frank wellb. 46'.
FEHEN, odisse. Maaleb 133', feind sein. s. fehde.
FEHHÄUBE, f. frauenhaube von feinem pelz.
FEHIN, mhd. vehin, non pelzwerk: wol mögen sie {die kauf-
end gewcrbsleule in städlen) zum höchsten marderkehlen und
ire hausfrauwen fehinne futter gebrauchen, reichspol. ordn.
«on 1530. 12,2.
FEHL, m. error, menda, a<pä).fta, ahd. gar nicht, mhd. selten,
nur in der redensart sunder vel, vael. nhd. sehr häufig und mit
wechselnder Schreibung vorkommend, bei Lutheb überall feil, was
neuere bibelausgaben ändern in fehl, auch bei Waldis, Mathesils
und noch Speeren, z. b. Gbyprics feil, Dasypodiüs 133*. 323'
g^l fäl, Frisics 4SI'. 812*, M.aaleb 129' fäl, bei Henisch 1040.
1042 wird fehl und im 17 jh. überhaupt herschend. feil gleicht
dem engl, fail, nd. nnl. feil f, dän. feil, doch schw. gilt fei.
von der abstammung unter fehlen, in den belegsteilen dürfen sich
feil «nd fehl unbeschadet mischen, und es soll nidU übersehen
werden, dasz auch in dem adj. feil venalis das ei aus a hervor-
gegangen scheint.
1) leiblidter mangel, gebrechen, macula, rUium: ir soll aber
ein solch lamb nemen, da kein feil an ist, vulg. eril aulem
agnus absque macula. 2Mos. 12, 5; wenn an jemands deines
Samens ein feil ist, der soll nicht erzu tretten, homo de
semine tuo, qui habuerit maculam. 3 Mos. 21. 17. 21 ; eine
rötliche kue on wandet, an der kein feil sei, in qua nulla
sit macula. 4 Afos. 19,2; wenns aber einen feil hat, das hinket
oder blind ist, oder sonst irgend ein bösen feil, sin autem
habuerit maculam. 5 Mos. 15,21; du soll kein ochsen oder
schaf opfern, das einen feil oder irgend etwas böses an im
bat. 17,1; Ton seiner fuszsolea an bis auf seine scheilel war
1419
FEHL
FEHL
1420
nicht ein feil an im, non erat in eo ulla macula. 2 Sam.
14,25; gib gott seine ehre mit fröiichen äugen und deine
erstlinge on allen feil. Sir. 35, 10 ; es ist an seinem ganzen
leib kein fäl, kein präslen noch maasen nienen gewäsen,
in tülo nusquani corpore menda fuit. Maaleh 129'; heilt die
fehl so im sitz begegnen. Forer 3tj'; und begeh es sich, dasz
abgang der profand, fehl und mangel were. Fhunspebg 1, 61;
pub schaw, das nicht feihi hab an wein.
TiROLF hanc und Rebecca F3;
was hast an meinen zenen Teel? Scheid grobian a3;
weisz jedem seinen fehl und ungestalt zu decken.
LoGAU 3,21";
die lämmer ohne Tehl um ihre müttcr springen.
Hagkdorn 2,5;
Ja, noch jetzt betrübt dich der fehl des hinkenden sohnes.
GuTHE 4U, :<50;
ihre Schönheit ist ohne fehl. vgl. das folgende fehl f.
2) geistiger mangel, error, viendum, culpa, deliclum: verzeihe
mir die verborgen feile, ab occullis nieis (deliclis) mumla.
ps. 19,13; was haben doch cwre veter feils an mir gehabt?
quid invenerunt patres vestri in nie iniquilatis? Jer. 2,5;
und was er macht, daran ist kein feil. Sir. 12,25; denn so
ir den menschen ire feile vergebet, so wird euch ewer him-
lischer valer auch vergeben, gr. na^anTcä/xara, vulg. delicta,
goth. missadßdins, ahd. suntd. Matlh. 0, 14. 15. Marc. 11, 25. 26 ;
es ist schon ein feil unter euch, das ir miteinander rechtet,
gr. TjTxr^ua, vulg. delictum. 1 Cor. 6, 7 ; lieben briidcr, so ein
mensch etwa von einem feil übereilet würde, i'f rivi nnon-
ctriöuari, in aliquo delicto, in hvizai niissadMe. Gal. 6, l ;
der euch kan behüten on feil, conservare sine peccato. Judd
24; wir brachten euch die zeddeln von der universitet, darinne
die arlikel, daran wir feil halten, verzeichnet waren. LuinER
2, 46.5'; es hat auch noch einen feil mit diesem bildstürmen.
3,39*; ligt da der feil an? 3,377"; hette er feil an meiner
auslegung gehabt. 3,382'; das ist der erste feil. 4,45'; nicht
allein ein feil oder gebrechen, sondern ein solche sünde.
5,14'; ein rechte warhaftige sünde und nicht allein ein feil
oder gebrechen. Wimpina fc« Lh/Act 5, n'; so nu die lieben
apostel solchen feil und mangel klagen. 6,45*; aber da ist
der feil, das ein igiicher wil wehnen, es sticke das natür-
liche recht in seinem köpfe. 6,141'; hab ichs nicht troffen
und hiemit e. f. g. unrecht gethan, wollen e. f. g. mir den
feil verzeihen gnediglich. 6,169'; das einer des andern feil
und gebrechen christlich und brüderlich trage. 6,312'; hat
jemand feil an mir, der spreche in {Christus) an, denn er
wil und leszt mir sagen, das so ich an in gleube, sol ich
seine braut bleiben, c, 356'; da ich ir (der ehfrau) pflege,
nere und warte, und nicht bitter noch wunderlich gegen ir
sei, sondern ob sie gebrechlich und etwas feil an ir ist,
mit Vernunft und gedult trage. 6,357*; gott kan schwacheiten,
ja auch grobe knollen und feil leiden, tischr. 9' (1,34); der
unser feile, ja wol grobe wacken, gebrechen und sünde zu
gut halten kann. 24' ; nein, der feil ist an im nicht, sondern
an uns. 2,5; wie er allein und sonst niemand viel feihls
und gebrechen in der Christenheit sehe. Ai.berus wider Witzel
GS*; sihe da war das der grosze feil in der Christenheit,
das man backlarien Witzel nicht auf den licnden trug. Gs';
was hab ich feils am pfafl'en? was hab ich feils am vater
dem alten? pRiEORicir saußeufel C2'; der grammaficus vcr-
hüt in alweg, das er nit felh (fehle) in der red, aber die fäl
des lebens acht er nit grosz. Frank loh des göltl. worls 166';
die alt comedi war gleich ein nlgburh, das die kirider und
Junggesellen mit groszer freiheit durch alle gassen der statt
hofierten, einem jeden sein tadel und fehl anzeigten und mit
namcn nennten, lob der lorh. vorr. ; dise aber in iren eigen
fälen wie blind sind sie, wie gar sehen wir nit di täscben
uf dem ars hangen. 15'; disen mangel und fei haben sie
aus irer freiheit (illud ex libertate vitium). Micvit.s Tue. 411';
gemeiner fäl, sünd, übellhat. Maai.f.b 129'; fäl ans Unwissen-
heit, doi.; der fal ist nit mein, ich hab daran kein schuld.
dat.; einen fal thun; eines IUI» besetzt, bezeuget imd über-
wunden, manifedits delicli. das. ; es ist da kein Hll, rMa res
tu. 129*; etwas fäls in einem handel finden, offendere in re
aliqua; sich eines fäls entschuldigen; und da ich als ein
mensch gestrauchelt und geirret hette. hab ich meine feil
oder Bchalkheit nicht bcsrhftnel oder lugederkt. Mathesiis
19*; «ein feil und feile {fehler und vergehen, s. sp. 1273 2, ft)
lial Salomo zwar auch geliabt. 22*; mit son^t ladelichen
fehlen beOcckel. KmciiHor i - ' ■ ""' 'llle dann allcrcr»l
der fehl gespürt werden, disc. mü. 22; er sähe ihr pralen,
prangen, blühen, dabei er mit einem feil übereilet worden
{nadi Gal. 6, l). Scriver seelensch. 2, 271 ;
kein besser kraut Tür disen feil,
denn das man {== man Um) mit gedult mach heil.
Waldis Esop 1,6;
und sprach, was habt ir feils an mir?
regiert die ewren, laszt mich gehn. Rincwald tr. Eckli. }[*;
ohn alle feil und hindernis. E6';
all mangel, feil und ergemis. MG*;
so wirst du vielmehr, herr, durch gnad des menschen fehl,
dan uns, dan mich, mit leib und sehl
durch ungnad gar vernichten. Weckuerlin 18;
darein doch sein torechter fehl
selbs endlich stürzet seine sehl. 21;
wariimb, mein edles herz und sehl,
solt ich ohn allen weitern fehl
niclit deiner rosen bald genieszen? 587;
irrt einer etwa grob, so ist er stracks bemühet,
bis er denselben fehl an groszen leuten siebet. Fleming 160-
verzeih mir diesen fehl, du göttlichs menschen kind! 6.i8;
wer lebt ohn alle feil! wer hat sich stets bedacht?
Grtphius 1,29;
wenn man sein vieles schmehen
und oft vergebnen feil was näher wil besehen. 1,.30;
dann will ich den fehl dir
durch die zärtlichste freundschaft von diesen seraphim gut
thun. Messias 3, 3Mi;
dasz ich deinen besitz, die du mir theurcr als alles
was die Schöpfung hat, warst, durch einen fehl nicht ent-
weihte. 4, SM,
(1769 durch keinen fehltritt. 1780 durch keinen fehl nicht);
was er gutes im leben, das mm gelebt war, und frommes
hatte gethan, er lebt es wieder, doch ohne den anblick
seiner fehle. 16,351 (17U9 seiner fehler);
richter sehn die fehle des werks. Klopstock 2,63;
die Sünder, die sich ganz ihm weihn,
sind ohne fehl vor goit, sind rein
durch Christi blut. 7,111;
die missethat, wie nah grenzt sie
an einen fehl, den gott verzieh. 7,245;
umringt von meiner fehle schmnch. 7,246;
sein fehl soll unerwähnt und ungeschehen sein.
i. E. Schlegel 1,228;
ob kein unseiger fehl im Innern bau zu finden?
Lessinc 1, 189;
was sollt ich eines fehls mich schämen ? hab ich nicht den
festen vorsatz ihn zu bessern? 2,338;
hast du noch verborgne fehle,
auf, berathe deine seele. Voss 4,278;
brüderliche
sühnt des schwachen irrungen, seinen fehlen
donnert kein richter. Stolberg 1,33;
nie, männer, will ich staunen, wenn ein mann
von niederm samcn solchen fehl begeht. 14,228;
welches ziel die rüge wähle,
0 so trift sie meine fehle,
fehle meiner liebeswuth. Borger 73*;
auf! zwingt kein fehl dich zu erbangen,
so nimm am tage mich gefangen,
und dann, was sein soll, musz geschchn ! 92*;
ich nenne mich zwar keusch und rein,
und rein von hosen fehlen,
doch musz ich hier gcfiingen sein
und musz mich einsom quälen. Göthe 1,190;
löscht der liebe kelch den guten
jedes fehls crinnrung aus. 2, 31 ;
lichtlein schwinden, Sterne schwinden,
also löste sich die seele
iiMsres hfiilgen, nicht verkünden
durlt er anvertraute fehle. 3,53;
fehlst du. lasz dich« nicht beirübon,
denn der mangel führt zum liehen,
kaust flieh iilclit vom fehl belrciii,
wirst du andern gern vcrzeihn. 3,285;
wol dorn, der frei von .schuld und fehle
bewahrt die kindlich relno seele! S.iiimvr .^^* ;
ehre duldet keine llocken,
ieder fehl an ihr ist brandmnhl,
Inandniiihl auf der üchonsten üiirn. IIkhitrs im oi;
der kiiidcr fehle zu entschuldigen
»v.ir doch von je der armcfi niuiter recbi. ('hlakdi Bmtt 12;
iuch, o moderner poet, durch geint zu crirSnzcn de» »tof» fehl,
durch violscitigcn stil docke die m&ngel der zeit. Platkm i4;i'.
2) in rfen lu.wnmrn.^'/ji/ni/en fehlbilten, i'i !^' '>
bringen 0(/er fehlgcbären, aborhim facere.
manu, fehlhauen, vanum idum facere. ' ''
f(/uo, fehl-chieszcn, a meta aberrart. i
cudeie, fcliliiclcu, f- "■• f-'. " ■■ '•' e
1421
FEHL — FEHLBARKEIT
FEHLBITTE — FEHLEN
1422
acc, itie folgende stellen lehren: ihr bauch bringt feil, aborfum
facit und figürlich Uterus ejus praeparat dolos. Hiob 15, 35 ;
er wird aber einen feil geberen, peperit (pariet) iniquitatem.
ps. 7, 15 ;
wenn meine miise nun nach tobacksliedern kreiszet,
so sehnt sie sich nach dem, was knaster beiszet,
das wird ihr wol von deiner gütigkeit gewährt.
denn wo sie ihn entbehrt
und nachmals einen fehl gebieret,
so wird die schuld auf dich geführet. Gcsther 1050.
an adv. fehl ist durch das vorstehende 'einen' ausgeschlossen,
wie uir auch heule sagen einen fehler schieszen statt fehi-
schieszen, er bat einen fehler geworfen stall fehigeworfen.
die subsl. fehlgeburt, fehlgrif, febibitte, fehiscbusz, fehltritt
setzen das zusammengesetzte rerbum schon roraus. immerhin
mögen späterhin subsl. mit fehl auch ohne rücksicht auf das
rerbum gebildet Korden sein. Schambach 25S' setzt in feile gän,
slän adverbia an.
4) ebensowenig nölhigen andere rcdensartcn zur annähme eines adj.
fehl, die weit betet disen greuwei an. so ferr ijt es fal {so
viel fehlt daran, so fern ist es davon), das si in urteil (verurtheile)
und aus ihrem herzen werf (uerfe). Frank cliron. 324'; das
sich alles weit fäl (gan: ander») lasset ansehen. 462"; hoho ir
gesellen, was ist das für ein starker senf, der die äugen
ausbeiszt? laszt nun sehen, ob auch das gülden Juden kälblin
solche kraft wie das ronianisten lämmlein gehabt habe? aber
das ist weit fäl {ueit ein fehler, daran fehlt h'c/). bienenk. 173* ;
besser schäl dann fäl {als ein fehlschusz), sagt einmal ein
schielender schütz, groszm. So ; und ist überall in der total-
sum kein anderer span, als etwas ßiles ron beiderseit volk
abzulegen {einen fehler zu begehen. Garg. 26l' s. über den gen.
subst. bn etwas sp. 1185, 2*, Luther in der vorhin angezognen
stelle aus 6, 357' setzt etwas feil, doch Jer. 2, 5 was feils) ; also
mag ein urtheil gesprochen werden , das nicht zweiflich,
mislich oder fehl {ein fehler, irrlhum) sei. Paracelsüs 1, 696';
das ist nun fehl {ein fehlschlug], wie sols mir gehn,
wie wird ich mit meim weih bestehn? H. Sachs III. 3,43'.
cdlerdings liegt hier die adjcctivische Vorstellung nahe und feile
stede, fehlerhaße stelle bei Scdajcbach ist begreißich.
5) sonder, ohne fehl, absque mendo, cerlo, it. senza fallo,
fr. sans faute, engl, witbout fail:
mhd. sunder vael. Lohengr. 2107;
nidirwirlig sundir vel. jEROscnn 2460;
vreche helde sundir vel. 18725;
im Karlmeinel sunder väle 179, 46. 194, 44 ; sunder einlebe vale
153, 23 : sunder engestiiche vdle 183, 55, vo der acc. sg. f.
annehmlicher ist als ein acc.pl.m. ebenso &n vaele. Arone 10629
und nhd. : die antwort von wort zu wort on fäle erzelet.
Aimon l2'; ich sage es euch gern on alle fale> ms'; wolt
ir das thun. als ir gesagt habent? "ja, sonder fal'. q3*; ich
reit mit euch sonder alle feie. v2'; ist das war? 'ja, sonder
feie'. v3'. späterhin deutlich ohne fehl: ein jener gesinnung
völlig und ohne fehl gemäszer lebenswandei. Käst 6, 230,
trie im sinnlichen ausdruck ein lamm ohne fehl, ohne unlhat
und flecken.
6) heute ist fehl als edler ausdrvck den dichtem überlassen
und in prosa überall durch fehler verdrängt, Kältrend schw. und
dän. mit recht das einfache fei, feil behalten wurde.
FEHL, f. bezeichnet in der Schweiz einige krankheilen, bald
Scabies, kratze, bald weisze fehl, kinderpocken, wilde fehl, mlde
packen, rotlie fehl rolhsucht. St.\lder 1, 362 und konnte ganz
das vorausgehende wort sein, da fehlen «n kranksein übergeht,
oder steckt darin das hernach aufgeführte fehle, culicula?
FEHLBÄR. errori obno.nus, culpabilis, .schuldig, it. fallibile,
sp. falible. dän. feilbar: der rühm einer tugend, welche noch
kein sterblicher für fehlbar zu halten sich unterstanden halte.
Wieland 3,94; es war gesetz, kein fremdes oder mächtiges
fürwort für fehlbare bOrger anzunehmen. Job. MCli.er Sc/imW-
zerj. 5, 205; eine solche {ahndung) gelassen zu erwarten, weil
sie verschuldet ist und die sünde abbüszt, dazu verleiht nur
ein sehr edles gemülh dem fehlbar gewordnen kraft. Niebuhr
2,200; war dadurch das bürgerrecht des fehlbaren so ver-
nichtet, dasz nur die höchste gewalt des populus es her-
stellen konnte? 2,566. Schweiz, fehlbar, kränklich, dem oß
etwas fehlt, s. unfehlbar.
FEHLBARKEIT, f dän. feilbarhcd:
Aunora, die mit kenntnis sprechen kann,
.■spricht 80 beredt vom süszen gilt der «finde
und uosrcr fcblbarkcit. Wiblamd lo, 2U,
FEHLBITTE, f. preccs irritae: doch umb des eides willen
und dere die am tische saszen, wollt er sie nicht lassen
eine fehlbilte thun. Marc. 6,26, heslimmter als der lext hat:
ovx Ti&elrjoev a&ei^oai avr^v, vulg. noluit eam contristare,
goth. ni vilda izai ufbrikan.
FEHLBITTEN', repulsam ferre.
FEHLBITTER, m. Stieler 177.
FEHLBLICK, m. falsus oblutus.
FEHLBOHREN, juxta terebrare, daneben bohren.
FEHLDRUCK, m. plagula mendose typis expressa, dän. feilfryk.
FEHLE, /". culicula: wann die fehle oder häutlin des hirns
verletzet. WCrtz practica der wundarzn. 84. die schweizerische
mundart hat fäl pellis für unser feil. Maaler 129'. Fbisius 965',
im pl. fale für feile, das fäle n. pellicula, cuiicula. fehle Lei
WüRTz könnte pl. sein. vgl. fehl und feile.
FEHLEN, errare, labi, mhd. valen, vclen, im poss. Jf. 613, 81
Teilen, nhd. bei Lltder u. a. m. feilen, bei Dasypodics fehlen,
bei Frisics und Maaler fälen ; nd. nnl. feilen, engl, fail, schw.
feia, dän. feile,
nahliegcnd ersclieinl das mlat. fallire (si colpus praeter fallierit.
lex sal. 17, 1), pror. falhir, port. falir, it. fallire, fr. faillir,
welche man auf das lat. fallere zurückführt, doch haben sie gar
nicht dessen transitirbedeutung decipere, fraudare, sondern die
intransitive von labi, deßcere, wie sie unserm fehlen zusteht, sie
greifen tief in alle romanisclien zungen, ja aus dem subst. falta
defectus, fr. faulte, faute hat mh ein nettes verbum falt^ire,
falfar und das fr. unpersönliche il faut, es fehlt, folglich es id
nölhig, es musz erzeugt, diesem faltare gleidtt bä uns nichts,
denn falten orfer falzen drücken aus plicare.
statt fehlen aus welscher quelle, wäre ich geneigt fallire aus
deutscher herzuleiten, wenn sich mhd. vaelen sclion in dtd. falan,
fälun aufweisen liesze, was bislier nicht möglich war, und selbst
mhd. vaJen zeigt sich so selten, fehlen hätte sonst einen doppel-
ten anhält, zwar nicht in dem völlig unverwandten befehlen
und empfehlen, die aus ahd. fClahan, goth. filhan entstellt sind,
sondern elica in fallen, das cadere und labi, wie fehlen labi
bedeutet {vgl. feil und feile sp. 1419) und im praet. fiel, fielen
seine liquida vereinfacht; doch nie hat fallen den sinn von errare,
deficcre , mangeln, wie er in fehlen vorwaltet, ganz andern
weg öfnet die berührung zwischen f und lingualen {sp. 1211, 4),
wie icir sie in fest und |)vasts, feile und duehila u. a. m. ge-
wahren, es sei erinnert daran, dasz das irrlicht esprit follet
und dwaliicht heiszl. goth. dvals tst thöricht, dvala der narr,
der thor. ich leite fol, fr. fou nicht meltr ab aus lat. folüs,
sondern halte zu ihm jenes dvals, er ist der irre, rcrirrle, dem
es an sinn fehlt; nun musz ein golh. dvaijan geradezu ausge-
drückt haben errare, vagari, nnl. dwalen, ags. dvolian, wie die
ketzerei ags. gedvola, adid. gituola error, irrlhum häszl, ahd.
tuelan, altn. dveija ist impedire, morari, wiederum irren, hin-
dern, transitiv gefaszt. hiermit wäre genug gesagt, um aus tuelan
oder tuälon, dvelian orfer dvdlian in frühster zeit fälön ent-
springen zu lassen, wie es im mhd. v^len tinrf unserm fehlen
dauert, und ins romaniscAe" fallire und follelto vorgedrungen war.
selbst falsch {sp. 1291) könnte, trotzdem dasz falsus aus failerc
herrührt, uns zu revindiäeren und dvalisc zu deuten sein, womit
sich auch das sc rechtfertigte, mehr unter toll, man vergleiche
die oß schon erwognen Übergänge von fores aus skr. dvära, sl.
dv r und dvor', gr. d'voa, goth. daurü, von bis, bellum, bonus
aus dvis, duis, ducllum, diionus, im Unguallaut birgt sich die
ältere gestall und zwar in dem mit v unmittcibar rerknüpßen,
was bald ein f, bald ein b heran lockte, endlich aber hat begrün-
deten anspruch auf die verwandtschaß mit fallen, fallere und
fehlen das <}r. ofnkXeiv == stürzen, fällen, in irrlhum fültren
und atpäiJ.ead'ai = fallen, irren, acp wie ay«! lat. faux orf«"r
afsvSötT] lat. funda genommen, so dasz wir dem ofälXeiv
ein fallere, fallen, dem dvaijan ein fehlen, dem {>rasts ein fest
und fastan zur sciie sehen.
wer dies alles verwirß, kann sich damit behelfen, dasz intran-
sitives fallire aus falli, dem passiv von fallere abkommen müsse,
nicht zu überselien, dasz das für uns fremde fälieren, failieren
(.?p. 12S8). dem gerade die transitivbedeulung von fallere beiwoltnt,
niemals ein anlautendes v empfängt, wie va;lcn, also dem Sprach-
gefühl unheimlich war. dasz im romanischen der sinn des lat.
fallere abgeht ist niciU minder auffallend, als dasz unser fehlen
ahd. noch nicht vorkommt.
zwei hnuptbedeulungen, des irrens und mangelns, deren tweile
sidt doch aus der ersten kitel, weil der irrende, fehlschlagende
bcdnrpig irird und mangcl mj>fndet.
1423
FEHLEN
FEllLEX
1424
l) fehlen, errare, aherrare a meta, non frocedere, tnislingen,
nicht treffen.
a) aliein stehend, ohne andere casus: unter allein diesem
volk waren siebenhundert man auserlesen, die link waren
und künden mit der Schleuder ein har treffen, das (das:) sie
nicht feilelen {vulg. ut nequaquam in altoram paricm ictns
lapidis dcferretur). rieht. 20,16; der hogc Jonathan hat nie
gefeilet und das schwer! Saul ist nie lere widerkonien. 2 Sam.
1,22; sie feileten aber beide. Luther 4, 29'; ich wolle nicht
weit feilen. 4, 12* ; ob er vielleicht vermeinen wolle . . . ,
würde er weit feilen. 5, to'; das sie geirret und gefeilet
haben. 5,23"; ob sie gleich oft feilen, da keren sie sich
nicht an. 5,54'; wenn sie fülelen, das sie so oft angelaufen
und gefeilct betten. 5,54'; gott kan nicht liegen noch feilen
in seinem wort, aber die Christenheit kan feilen und irren.
6,112'; das er leiden möchte solche scherfe des grewiichrn
rechts, wo er einmal strauchelt oder feilcte, das er daruinb
soll ein büsewicht gescholten werden. 6,20'; werkanmerken
wie oft er feilet? ', 12'; im reden fälen oder in worlen irren,
aberrare rerba. Maaler 129'' ; hie hat Philippus geirref, hie
hat er gefeilet. Jon. Wigand die newen Wtltcnbergcr. KOniijsb.
1575 9';
go wollend schier die handwerkleut
mit irer arbeit auch weit falen. Wickras yilger hl. 69;
du rehlest, ich kom dir nit zu theil,
mein leben ist mir noch nit teil. Alberus 42;
denn grosze leut die feihlen auch. Ringwald geistl. lied. D4';
doch wer sich etwan hier zu hitziff übereilet
und durch getrotzten zorn und plötzlich irren feilet,
steh auf so bald er kan. Gkyphics 1,430;
vor dem der feinde macht und anschlaf stets gefehlt,
der mehr triumph als Jahr, als tag, als stunden zehlt. 1,122;
wo lenken wir uns hin, nun sich die gasse thcilt?
mein engel, wie so still! hab etwan ich gefeilt,
dasz sie den süszen mund durchaus vor mir wil schlieszen?
1,226;
du siehcsl dich zwar selbst für grosz und fiirlreflich an,
aber du fehlest, pers. rosenlh. 8,60; hast du einen spiesz
fehlen gesehn ? 'keiner fehlte', nun wir Cherusker, meine
ich, wollen auch nicht fehlen, wenn wir erst unten sind.
Klopstock 8, 75 ; miltlcrweile erzählt ich Markoni, was ich
seinetwegen gelitten, um per avanzo sein mitleid rege zu
machen, wenn der gusz fehlen sollte, der a. tn. im Tockenb. 107 ;
der herrn poeten gibt es viel.
zehn fehlen, einer trift das ziel. (Merk) rhnpsodia 1773 s. iii ;
wie könnt ich sonst so tapfer schmShlen,
wenn Ihät ein armes mägdlein fehlen [fMlrcten).
GöTHE 12, 1i<8;
dasz man erst selbst etwas leisten, ja dasz man fehlen müsse,
um seine eignen rahigkeiten imd die der andern kennen zu
lernen. 26, 149;
aber sie unkundig des Steigs und der roheren stufen
fehlte tretend (irat fehl), es knackte der fusz, sie drohte zu
fallen. 40,320;
alle ihre waffen können fehlen, alle stürme auf ihr herz
mislingen. Schiller 312'. es heüzt: die kugcl bat gefehlt,
rerfehll; der pfcil fehlt nicht; o///r. l'arc qui ne faut. Triär.
1716. 1745. auch unpersönlich, es fehlt, triß nicht zu, nicht ein:
die Sachsenkerles sind falbbärtig, weil sie hier saufen und
die Franzosen schwarzbärtig, weil sie gern starken wein
leppcrn. aber an Spanniern fehlcts, die essen gern weisz
brot und küssen gern weisze meidlein, und sind sie stifel-
hraun und pechschwarz wie könig Balthasar mit seim äffen.
Garg. 212*; fehlen kanns nicht. Göthe s, 143.
b) mit beigefügtem dat. der person: deinen feinden wrd«
feilen. 5Afos. 33,29; irc hofnung wird irer seien feilen. Iliob
11,20; sihe, seine hofnung wird im feilen (spes ejus fruslra-
bitur cum). 40,28; diese gedanken fehlen (/. feilen) mir nit.
LctherS, 4'; das im sein anschlag feile und ihn verdriesze.
br. 2,478; aber den könig zu faben hett inen gefehlct (res
partim processil). Fronlin ton Tatius 1,8,8 <«•• Fao.tRP. 3, 237* ;
fSlst du, so wend wir dir nit fülen.
mit trocknen fusten nasz gnuog strfilen. Ir. Juli, bß;
das uns doch hat gefehlet weil. H. Sachs III. 1,107';
o ei fehlt mir nit umb ein har. Atrer 177';
Tinum au«« pora, vcrittehfit du dai?
l*t au« latin gezogeu . . .
in dfm I>onnt,
der reiriin hat,
hnb ich p* oft gele«en,
uuriil nomen lii.
Od» füll mir irl.
mtn trinkt Ihn auf don glltorn. Garg. H'\
aber die kunst fehlt ihm, dann er war zu ini aufgestanden.
235';
bei weitem wfird es mir und einem andern fehlen,
der Rolaiids thorlii-it «dlt hipr ailzumal rrzchien,
denn deren waren ja so viel viel Uheruus.
VVkrdkrs Ar. 28, 44 {2!>, jO) ;
hcldin, euren tapfren sinnen
fehle nimmer kein heginnen .' Logau 2,20;
aber es werde ilmie fehlen {nicht gelingen). Wiener archiv
25,344 (a. 1634); einer hüpschcn hurtigen gasthalterin kan
es nicht fehlen, wann sie nur sich ihrem naiucn nach hallen
will. j)cd. schulf. 30 ; das sol inen feilen. IIeinb. Jul. v. Bk.
341;
Dorinde sagts ihr zu. und doch soll mirs nicht fehlen,
sie wird die neuigkeit, sobald sie kann, erzählen,
weil jene sie zu schweigen bat. Gellkrt 1,101;
gesetzt, es fehlt mir bei Zeniden,
60 ist die strafe doch gelind. Wikland 17,211;
ein weiberarm ist schwach, wann er mit männern fleht,
und fehlte dir der streich? wie sollt es dir ergehen!
Weisze luatsji. 1,412;
wie oft hat er auf glück und gehl geschmiiiet,
blosz, weil ich nicht mit sechscn fahren kann,
dem, wie er glaubt, kein hucli mehr fehlet. Gökingk 2,149,
nicht fehlen kanns uns, glaubt mirs nur. Schiller 391';
es kann mir ja gar nicht fehlen {feldschlaqen) ; ach, mir ist
gar übel gefehlt! vor drei tagen ist mein vater gestorben.
Millers Siegwart 360.
c) mit gen. der person oder sacke:
mhd. ouch wart ir nicht gefeit
von munchim gutin schutzin. Jeroschin 15952;
nhd. ich suche dich von ganzem herzen, lasz mich nicht feilen
deiner gebot, ps. 119,10; du schiltest die stolzen, verflurlit
sind die deiner gebot feilen. 119, 21 ; du zulritlest alle die
deiner rechte feilen. 119, 118 ; er leszt mich des weges feilen.
klagt. Jer. 3, il; das recht das in strafen sol, wird sein nicht
feilen, weish. Sol. 1, 8 ; daruinb so haben wir des rechten
weges gcfcilet. 5,6; und feilen des giaubens, circa lideiii
excidcrunt. 1 Tim. 6, 21 ; welche der warheit gcfeilet haben,
qui a veritate exciderunt, golh. |iaiei bi siinja usvissai usmeliin.
2 Tim. 2,18; denn der Sünder rufet gott an in seinen Sün-
den, lobet in und traf die zwei höchsten gebot, den glauben
und gottes ehre, der gleisner feilet irer beider. ]^i<ther I,2.tl*;
aber David feilet ir {der beiden) auch wideruinb nit, sdiineisz
umb sich getrost. 5,54'; aber der hauptsumma des gebots
ist liebe von reinem heizen und von gutem gewissen und
von uiigcferblem glauben , welcher haben etliche gcfeilet.
6,32*; aber der summa und endlichen mcinung des gcsetze.s
feilen sie gar, 6,35'; komm, welcher nur lustig ist, so wil
ich sein nit fehlen, buch d. l. 12, 4 ; Reiinund der zucket
seines bcrren spiesz und woll das schwein treffen, von groszem
ungefell, da fehlet er des. 263,3; das wer ein ding durch-
aus von Teulschcn saget oft der warheit fälen miisz. Frank
wellb. vorr. ; du fehlest der thür {gelisl irre, Irifst die thür nicid).
kl. weise reden 1565,182*. 1570,193 und danach Eykring 2.3s9;
mein gang hat des rechten wegs gefehlel. Ueiszner Jer. 1,46*;
sobald die falken ein antvogcl ersehen, so stoszcn sie mit
zugclhanen dügeln über ihnen her, damit sie in mit den
scharfen klauen ertappen, fahlen sie aber sein und so der
vogel fleucht, so setzen sie vil stärker nach. Sebiz 608;
ich mnin der krieg fehl dein auch nicht. H. Sacbs 1,471*;
sie haben der thür weit gefehlt. Atrer 456';
des wegs sie nicht mehr fehlen. Weckherlin 241;
so grob hat keiner noch ilor rechcnkuiisl gefehlt,
als der sein alter nur von seinen jähren zählt. Fleüinc '20! ;
fleuchst liii (i-ngcl) gleich so bald,
deckst du dein gesiebt,
feil ich dein doch nicht!
du brennst mehr und mehr,
bleib, lleucli nicht so sehr! fiRTPiilcs 1,521;
der hcrr bat der thürcn gefehlct. 'wohnet hier niclil Hiero-
nymus (lolclti?' er wohnet hier. I,SS4;
sie fehlen ihres wegen selten. Gki.lrrt I,2.>0;
mit diesem zweiten pfeil durchschosz ich — euch,
wenn ich nioiii liches kind geirolTen hatte,
und euer wahrlich hiitl ich nicht gefehlt. Sr.BlUW 538';
doch der vater irifl den vogol ja im flug,
er wird nirlit fehlen auf das hon de« klnde-
tro ein dnp^n-llir qen. hart geimen wtlre.
d) Ininsitives fehlen, verfehlen, mit dem aer.. nst'im l>> jh. :
verzeihe, konigip, wono ich in dem autdruck meine schul-
1425
FEHLEN
FEHLEN
1426
digkeit gefehlet {meine pftichl verfehlt) habe. Lessisc 7, 259 ;
ein unterschied der so grosz ist, dasr die geringste aufmerk-
sanakeit ihn nicht fehleo würde. Kant 8,303;
voll inniger demuth
wagt er mit tritte des menschen die wege gottes und Tehlt sie.
Messias 19,894;
bebe denn, o dolch
der norne dich, du fehlst sie! Klopstock 2,6;
weiter zu deiner linken hin, wo es weniger unwegsam ist,
findest du die felseneingünge, die wir fehlten. S, 73 ;
ich traf wol eher den peier im fluge!
ich wilis nicht fehlen dies Röraerherz. 8,162;
den boten, den du sandtest, fehlt ich. 10,18;
dasz sie das rechte zimmer nur nicht fehlen! Schiller 25S* ;
gewisse dienste königen zu leisten
ist mislich, herzog, ein gewagter wurf,
der, fehlt er seine beute, auf den schützen
zurücke prallt. 265';
doch will ich ratben, ziele gut, dasz du
den apfel treffest auf den ersten schusz,
denn, fehlst du ihn, so ist dein köpf verloren. 536';
was die regenten gefehlt, das sollen die Völker nun büszen,
quidquid delirant reges, plectuntur Achivi,
Ko delirare deutlich auf errare und zugleich des\fere teeist ; was
ich gefehlt {uorin ich geirrt) habe, vergib es mir. im pasävum :
der fuchs ist von zwei Jägern gefehlt worden;
so brüllt der stier, wenn er, gefehlt vom heile
und blutend, dem altar entspringt. Scuilleh 31*.
ofl, ähnlich dem intransitiven 'das fehlt weit', auch 'das ist
weit gefehlt' oder mit ausfallendem verbum subst. 'gefehlt',
'weit gefehlt' = fehlgeschossen, fehlgetreten, und eine sinnliche
bedeutung war ohne zueifcl die ursprüngliche: wo feuersbrunst
entstehet, da lauft jederman zu und hilft löschen, räumen,
niederreiszen, feuerversprecher (fce.tp-ec/ier) kommen ungebeten,
reiten um das feuer, als ob sie rasend wären, dasz ein sol-
cher fürwitziger reiter hernach sich einbildet, es habe sein
versprechen was geholfen, aber weit gefehlet, gott und die
ordentliche mittel habens gethan. rockenpliil. 6, 87 ;
und lebst du nun in ruh? gefehlt, ergreif die watTen!
man untergräbt dein glück, ein feind^roacht dir zu schaCen.
Rost Vorspiel 37;
du meinst du seist die schönste
auf dieser ganzen weit,
und auch die angenehmste,
ja aber weit gefehlt, beltanntes Volkslied.
e) recipr. sich fehlen, sich nicht treffen, verfehlen:
so nahn oft pilger nach Salem,
deren seelen sich gleich und für einander gemacht sind,
sich in diesem leben und fehlen sich dennoch. Messias 14,69.
2) fehlen, deesse, abesse, mangeln, gebrechen, fehlschlagen.
a) etwas fehlt, es feldt an etwas: deine knechte haben die
summa genomen der kriegsleute, die unter unsern henden
gewesen sind, und feilet nicht einer, et ne unns quidem de-
fuit. 4itfos. 31, 49; so thet Josua, das nicht feilet an allem
das der herr Mose geboten hatte , non praeteriit nee unum
quidem verbum quod jusserat dominus Molsi. Jos. 11,15; das
nicht ein wort gefeilet hat an alle dem guten, quod de
Omnibus verbis unum non praeterierit incassum. 12,14; und
hat uns nichts gefeilet an der zal. 1 Sarn. 25, 15 ; und feilet
an keinem weder klein noch grosz, nee defuit quisquam a
parvo usque ad magnum. 30,19; und es feileten an den
knechten Davids neunzehen man. 2 Sam. 2,30; und die ampt-
leute versorgeten den künig und alles was zum tisch ge-
hörte und lieszen nichts feilen, tkön. 4, 27; unser keiner lasz
im feilen mit brangen. ueisli. Sal. 2,9; das habe ich alles ge-
halten von meiner jugent auf, was feilet mir noch? quid
adhuc mihi deest? ahd. waj ist mir noh nu wan? Matlh.
19,20; eines feilet dir, gehe bin, verkeufe alles was du hast
und gibs den armen, unum tibi deest, goth. ainis |)us van
ist. Afarc. 10, 21 ; deine strafe aber kan nicht feilen. Luther
3,36*; sintemal obgleich die werk feilen, so ist hülfe und
rat. 3,36; es feilet am glauben. 4, 14*; denn es kann nicht
feilen. 5,41"; wiewol es doch ja nicht an gutem geneigtem
und bereitem willen gefcilel. 6,11'; so kanns nicht feilen,
ir werdet bei euch selbs das herz voll trosis und freuden
kriegen, e, ll'; und ob sie es mit unthat nicht vermögen,
so feilets doch am guten willen nicht. 6,16'; woran fchlts
weiter? Xikervs wider Witzel M7';
Ich musz zwar auch schaun ob was feit,
und wie all sach sei daust bestelt. HxiHtn« $. lU, 999;
lü.
sie wären denn nun zwei, doch zwei mit einem herzen,
und feilte wenig zeit zu ihren hochzeitkerzen.
Grtpuics 1, 200;
was man für der zeit erwehlet,
sonst ist nichts, was so sehr fehlet. Logad 3,19,87;
Stiipo, du geschwinder köpf, balde weistu einen rath,
wie man sollen machen das, was gefehlet etwa hat. 3,62,27;
wenn manchen patienten der doctor besucht, meinet er es
sei ihm schon geholfen, und fehlet doch oft sehr weit {kann
auclt hciszen irrt sich, bleibt fern vom ziel, nach 1). Otho 590;
das Wasser fehlt, wo ihre rosse trinken. E. v. Kleist 1, 16;
er {C.ottsched) dacht es würde sie sein ansehn noch bezwingen,
wo nicht, so müste doch der streich Corvins gelingen,
umsonst, der anschlag fehlt (erreicht uicht »nn zielf)
Rost torspiel M ;
sie (frau Gottsched) sprach Corvinen zu und lobte seinen muth,
und da die that gefehlt, hiesz sie den willen gut. 94;
alle diese umstände hätten nicht fehlen {ermangeln oder ver-
fehlen) sollen, einen menschen aus der fassung zu setzen.
WiELASD 1, 97;
denn eben wo begriCTe fehlen,
da stellt ein wort zur rechten zeit sich ein. Götkk 12,98;
an kühnheit wirds euch auch nicht fehlen. 12,99;
die herren hatten es auch nicht fehlen lassen, reich und
ehrwürdig angethan zu erscheinen. 24,304; den andern tag
hatte ich nicht muth hinzugehen, den dritten liesz mir
Emilie ... in aller frühe sagen, ich möchte heute ja nicht
fehlen {ausbl^en). 25,281; es fehlte {lag) nicht an der mil-
den sonne, wenn sich der kriechende busch nicht zum bäume
aufrichte etc. Schiller 314"; fehlte je der schöne lichtstral
in deinem äuge, wenn die freude dein herz durchglühte? 314'.
errare und deesse lassen sich lüer oft nicht scheiden, weil aus
dem abirren mangel entspringt.
b) den gipfel von Verlegenheit oder noth bei unerwarteten vor-
gingen zu bezeichnen heiszl es: dii fehltest noch! der fehlte
noch! das fehlte noch! Lessisc 2, 237; fängst dus so an?
das fehlte noch ! Göthe8, 130; die gestalt fehlte noch! 8,156
(== 42, 215. 442) ; der gewissenszwang fehlte noch ! 8, 176 ;
das fehlte noch, dasz er sich zu überheben anfängt. 42,204;
das fehlt mir noch, id mihi resiat malt! vgl. das ist noch
übrig = nocA nicht eingetreten;
was noch einig hat gefehlet
in die anzahl meiner noth,
die mich dürftigen durchquelet,
ist, herr Rhemisch, ewer tod. Tscber<«ing 36.
c) was fehlt dir? was ist dir? was hast du? welches leid
quält dich ? und er fraget noch was mir feile ? quid tibi est ?
rieht. 18,14; was fehlt unserm magister? fragte einer den
andern. Thükhel Wilhelmine 20 ; ich weisz nicht was mir fehlt,
icos mir ist, je ne sais pas ce que j'ai;
hier soll ich finden was mir fehlt? Göthk 12,41;
er läszt gleich den arzt rufen, sobald ihm das geringste fehlt;
es fehlt mir nichts = es bricht, gebricht mir nichts. 2, 346.
d) fehlen, entgehen, abgehen:
die fürt er in der feinde zeit,
hofl das im groszer Ion nit feit. Schwarzeiiberg 113,1;
mein hofnung und Zuversicht sol mir, ob gott wil, nicht
feilen. Luther 1,62'; ein guter weg, der weder mir noch
andern fehlen wolle. Mich. Neander bed. 39';
nach seinem tod das gut ward theilt,
so gleich das keim daran nichts feilt.
Waldis Es. 3,94 6/. 190";
also gehet es, groszem glück feilet es oft am segen und
gedeien. Mathesils 14";
itzt ist zeit zu eilen,
dem wird alles feilen,
der sich wird verweilen. Flehimg 300;
du leeres gewäsche,
dem mcnschenwitz fehlt,
0 fahr in die frösche,
nur uns nicht gequält! Hagedorn 3,116;
vergebens grüszt man ihn,
es fehlt ihm an der zeit, den hut herahzuziebn.
Rost Vorspiel 40;
der prinz sprang auf und stund von schrecken halb entseelet,
starr wie ein marmorbild, dem färb und ödem fehlet.
Weisze Iraucrsp. 1,214;
gestehe mir nun was dich quälet,
was du zu viel hast, was dir fehlet. Götbr 11, 145;
er fehlt mir,
TerlSszt mich in dem letzten augenblick. Scbiukk 542';
wen seines volkes ruf so hoch gestellt,
dem fehle nicht die kräfligung von gott. Uhlands £ms(61;
noch fehlt mir euer Urlaub, hohe Trau. 68;
90
1427
FEHLEN— FEHLER
FEHLER— FEHLERLOS
1428
drum, dasz dorn muthe sein walirzciilieii nicht,
der ehre nicht ilir Ireudig vvimpel lehle. Uulanos Ludwig 153.
einem fälen, fallere promissum, seinem freimd fälcn und im
nit zu willen «erden, deesse voluntali amiri Maaler129*; man
sagt: sich seihst fehlen, sibi «;«i deesse:
so sorgt er selbst ITir dich, wo du dir fehlst. Güthk 1,141;
wenn wir uns selbst fehlen, fehlt uns doch alles. 16,97;
ja, er ist«, der, auch entsecict.
seinem heiigen schwur nicht fehlet (ihn nicht bricht, sondern
hält). ScuiLLEK 00';
und meinte seiner pflicht zu fehlen,
dürft er sich nicht im dienste quälen, (i''.
e) eines dingcs fehlen, ermangeln : das ich der gnaden
feilen niQstc. Lutbeii 3, lo'; da nu die beiden des rechten
goltes gefeilet haben. 3,42'; sie feilen noch itzt des heim
Christi. 3,36"; denn dieweil sie nicht recht vom glauben
Jeren, müssen sie der rechten werk feilen, augsb. conf. im
Corp. doclr. ehr. p. 12; und fillen also der gerechfigkeit, lieb
und hofnung, die aus dem glauben kumpt. Fiian» irc/Zfr. 143';
in disem land huben sie die lielfand also zum krieg und
allen dingen gewüut. das in nicht fält dann der red. 220*.
diese gmilire begegnen s/w/er niciU melir, sie slehn aber nahe
denen unter 1, c, denn wer einer sadte ermangelt, gelU ihrer auch
fehl, erreicIU sie nicht.
I) refl. sich fehlen == fehlen: je mehr deine jähre zu und
deine kräfte abnehmen, je näher kommt der tod herbei, das
fehlt sich nicht. Orno 27.
g) tcie das lat. abesse mit longe, multum, parum Vordersätze
bildet, von velchen der eigeiüliclte hauptsatz abhängt, findet sich
auch weit, viel, wenig oder die blusze negcUion bei fehlen : es
feilet nicht viel, du überredest mich, das ich ein Christen
würde, vulg. in modico suadcs me chrislianum fieri. aposlelg.
26, 2S; es fehlte wenig, dasz sie nicht falscher liebe pflege.
buch d. l 214,2; verhofTens es werde nicht fehlen, dasz ich
geld bringen sollte. Schweimciien 1, 398 ;
weil sie aber meistens doch lieher junp als alle nemcn,
fehlt es nicht, sie hahen wind, was dahei sei für bequemen.
LoGAU -^,1^7,39;
viel ist manchem zugezehlet,
viel auch fehlet,
dasz er noch nicht alles hat. 3,211;
hat Tacilus nicht von dem allerheiligsten aufs allenerächl-
lichste geschrieben? dennoch fehlet es weit, dasz man ihn
aus der band werfen sollte. Butschky Palm. 914 ; es fehlt
nicht viel, dasz ich ganz von der hätsche sei, nihil prorsus
tütest quin sim miserrimits. Stieler 425;
ja, sprach er, euer dienst ist prosz,
allein es wird mir nicht viel fehlen,
ihr werdet mich dafür zeitlebens quälen. Gellert 1,200;
aber auch dieses vergnügen w'nA alle augenblicke durch die
Überlegung unterbrochen, w ie übel die kunst angewendet w orden
und diese Überlegung wird selten fehlen, die geringschatzung
des künsllers nach sich zu ziehen (= und es wird selten
feilten, dasz diese Überlegung). Lessi>c 6, 513 ; der junge prinz
konnte nicht fehlen, sich in dieser schule gar bald zu dem-
jenigen auszubilden, was die damen seines hofes einen liebens-
würdigen mann nannten (= es konnte nicht fehlen, dasz der
prinz). WiKi.ANO 0, 15S; und erzählt uns nicht Ovid, wie wenig
es gefehlt hätle, dasz sogar die ehrwürdige Vesla von
dem gefährlichsten liebhaber, den eine spröde haben kann,
überrascht worden wäre? 10,106; ich finde hier so manche
wolgestaltete personen, denen es gewis nicht fehlt, mahlerischc
bewegungen und Stellungen nachzuahmen (= bei denen es
niclä fehlt, dasz sie). Götiie 17, 252; es fehlte viel, dasz Werner
einen gleich vortheilhaflen eindruck auf Wilhelmen gemacht
hätte. 20,132; wenig hätte gefehlt, so wäre er mit Fteichardt
hier angekommen. Schiller an Gulhe TM. im latein folijt auf
tum aliesi, parum abest ein quin, wir dürfen im nachsatz die
uciialiun wegla.'isen oder setzen: es fehlte wenig, dasz er ihn
Kchlug oder dasz er ihn nicht schlug, die ueglassung i-it
detüsclitr. auf 'et» ist weit gefehlt' läsit Kant ein dasz, auf
'0* ixt SU weit gefehlt' •= tanlum abest ein dopftelles dasz
und dai ztrrile im geleil iv)« vielmehr folgen : es ist so weit
Keffhlt da« meine prinripien . . . sollten, dasz sie vielmehr
«Ins einzige mittel sind u. i. ». 3, 20tt, vgl. 1. 7:>. 7, i;<J. 3il.
U.ih. man tagt: weit gcftrhil seine lüge einzugestehn, machte
rr iinincr neue lügen, iantum abcrat, ut — ut. vgl. weit ge-
fehlt unter i,d.
KKlü.K.n, m. error, laptut, mendum, ritium. nach sinnlicher
untrrlu'je, uie »ie die kernoth folgenden zusammenset:uni/en mit
{ehl kundyi-Oca.
1) es erscheint schon bei Keisehsuerc in der redensarl 'einen
fäler schieszen': wenn sie komen an ir letzst end und mainen
si haben samal gespunnen, so ist es zwilch. und wenn si
mainen einzugeen mit den jungen weisen junkfrawen, so
schieszen si ainen fäler. geisl. sjnnnerin ea'; ich wolt gaist-
lichait Stichen, so hab ich die weit funden, ich hab ainen
fäler geschossen, hasimpf Kf4"; auch nit einen fulen, ver-
legnen, schelmigcn, liegen, lassen leuischen oder dorfiiunt
mit dir neinmest, wenn du uf den weg kemest, und wenest
gar ein guten hunt haben, dan sehest du was hunds du
hellest mit dir genomen, das du einen feler hettcst ge-
schossen, mit dem du verdürbest. Wjerlio';
und dacht im 'das ich schiesz kain fäler."
Kellers eridid. lUä, 22;
der Wirt warlich ein feler .«chieszen.
Schade sal. und pasq. 2, 204,
hergenommen vom schieszen und nicht treffen tnä dem bogen,
vgl. einen fehl schieszen sp. 1421, einen blinden oder bock
schieszen. 2, 124. 203.
2) gleich all sein wird der fehler in einem gliicksspiel, die
niete, sors inanis, gegenüber dem treffer, tessera felix: so wenig
ich sonst zu freude und leid geneigt bin, so möchte ich doch
selber gerne wissen, ob ihr losz unter den treffern oder
fehlem stehen würde. (Jellert 3,257; wie in einen losztopf
greifst du in die dunkle Zukunft, was du fassest ist noch
zugerollt, dir unbewust, seis trcITer oder fehler. Göthe 8, 25«.
3) ein leiblicher, angeborner fehler, praritas corporis, ein
fehler im herz, am äuge, am fusz, am finger, der fehler zu
stammeln, ihre stimme hat den fehler zu zittern; da liegt,
da steckt der fehler.
4) fehler im lesen, schreiben, rechnen, drucken; fehler in
der Zeichnung; ihre sonst gewisse band zeichnet fehler auf
das gespannte papier. Thlmmels U<7/ie/m»ne 42; es wimmelt
alles von fehlem, s. druckfehler, lesefehler, rechenfehlcr,
Schreibfehler, Sprachfehler.
5) fehler in der wand, vitium in pariete, das haus, die
mauer hat den fehler zu schwitzen.
6) geistiger, sittlicher fehler: es ist ein kleiner fäler, parum
delicti est. Maaler 129'; einen fehler begehen, in einen fehler
fallen ; einen fehler bereuen, ablegen, wieder gut machen,
beschönigen, bemänteln ; ein mann wird recht gut mit ihnen
fahren, wenn sie diesen fehler ablegen wollen. Gellert 3, 237 ;
ich habe meiner frau den fehler schon vergeben. 3,200; so
will ich nicht selbst in diesen fehler fallen. J. l\ papierdr.
1, 25 ; damit hast du einen groszen fehler gemacht ; ich weisz
mich von diesem fehler frei; ein mädchen, die von den
meisten fehlem unsers geschlechts frei ist. Gellert 3, 2o3 ;
freigebigkeit ist eben sein fehler nicht ;
das schmerzt, denn argwöhn ist so wenig sonst
mein fehler. 1^f.ssi?ic 2,310;
es ist ein nur zu gemeiner fehler junger leute, dasz sie
glauben, man lebe von der liebe. Weisze /«.•!/.'!/>. l, 120; ver-
zeihen sie meinem geschwätzc, es ist einmal der alten fehler.
jubelliochzeit 79 ; einseitigkeiten, welche als mängel anzuseilen
sind, wenn die natur den künstler dergestalt beschränkte,
als fehler, wenn er mit Vorsatz in dieser beschräiikung ver-
harrt. Göthe 3S, 127. /i»cr steld mangel aU das natürliche ge-
bredien dem selbstverschuldeten fehler gegenüber, obgleich sunsl
auch mangel einen natürlichen fehler bezeichnen kann, wie man
z. b. von den hauptmäiigeln der pferde redet, wir satten aber, dasz
in fehlen dtr sinnliche begrif des irrens vorwallet, der des timngelns
sich erst daraus ableitet.
FKULEIICHEN, n. viliolum: schwriz. a chlis fälerli;
dichiern, die mich spottend bessern,
kleine fehlerchen vergroszern. I.k$si<(c 1,7S.
FEIILKIlFIlEI, vitio purus, schw. felfri: das haus ist fehler-
frei, nihil vilii est in tecto ; ein fehlerfreier levt, emaculalus;
nieuiand wird fehlerfrei geboren.
FEIILEItFItl^ll. viliis aJiorum Uietus: die fehlcrfrohe Icirhl-
gliluliigkeil des gefühllosen scliwälzers. Dyana.wre 1, 131.
FEHLEHIIAFr, viliosus: eine fehlerhafte Vorstellung, aus-
spräche, schreibarl ; nichts ist fehlerhafter, als aus einem
edlen oder unedlen zuge einen andern vorausscUend /u
schlieszeii. J. I'. pajiifrdr. 1, 120.
FEin.EIllFAFT, vUiose, mendose: fehlcrhafl sprechen, schrei-
ben, sriilieszen.
FEIILEHISCII, mendosu.t. Stiklkr 420.
FtllLEHLUS, sine vUiu, fehlerfrei. $. fehllof.
1429
FEHLERMACHEN— FEHLIG
FEHLIG — FEHLSCHIESZEX
1430
FEHLERMACHEN, aberrare, peaare: ich habe das beste
erst durch fehleriuachen gelernt. \Viela5d 25, 184.
FEHLFAHREN, aberrare a ria, irrfahren.
FEHLFARBE, f. im karlensyid.
FEHLFEL'ER, n. ignis peius: das also dieser teil nicht
alleiu ungewis, sondern auch stracks wider ir fegfeuwer,
feilfeuwer oder liigenfeuwer ist. Lctbeb 5, 102'.
FEHLFÜHREN, a recla na abdticere, irrfiihren: der verstand
führt uns fehl und veriäszt uns zu eben der zeit, wo wir
seines lichtes am meisten bedürfen. Gellert.
FEHLGANG, m. error, Uus inuiilis.
FEHLGEBÄREN, abortum facere: mit Unglück gieng er
schwanger und hat fehlgeboren.
FEHLGEBURT, f. aborlus, fausse couche.
FEHLGEDANKE, m. cogkntio inanis: denn was hilft grosze
hohe Weisheit und Ireflich herzlich hoher mut und nieinung,
wenns nicht die gedanken sind, die gott treibt und glück
dazu gibt? es sind doch eitel feilgedanken und vergebliche
meinung, ja auch wol schedliche und verderbliche. Lutheh
6, 142*.
FEHLGEHEN, nrf. feile gan, I) intr. etrare, irrgehen, den
falschen weg einschlagen; ich bin auf der beide fehlgegangen,
ohne mich herausfinden zu können.
2) trans. non refierire, nicht treffen, verfehlen : wir sind ein-
ander fehlgegangen, nehmts nicht übel. LEssnG; sie sagen
mir, lieber freund, dasz ihnen die bisherigen beurtheilungen
des don Carlos noch wenig befriedigiing geben, und halten
dafür, dasz der gröszte theil derselben den eigentlichen ge-
sichtspunkt des Verfasser» fehlgegangen sei. Schiller 760*.
FEHLGELEITE, n. abdiielio: nach so öfterem fehlgeleite
wird unser Schriftsteller verdächtig. Hippel 11,429.
FEHLGESCHICK, n. casus adrersus, misgeschick : dieses un-
erwartete fehlgesrhick ist mir, bei dem übrigen was mich
betrifl und bedrängt, höchst widerwärtig. Göthe an Zelter
769 (6, 115).
FEHLGESICHT, n. spcclactilum inane. Stieler 2026.
FEHLGIESZEN, male ftindere.
1) daneben gieszen : sie gosz fehl und verschüttele die arznci.
2) falsch gieszen: das bild ist fehlgegossen, s. fehlgnsz.
FEHLGLEITEN, fiede labi, ausgleiten, dann fiberhaupl fehlen:
eine staatsnothwehr ähnlich der eines einzelwesens, das dem
mörder, der ihm auflauern will, früher auflauerte und den
todesstreich vorausführte, welcher dann, sobald er fehlglitte,
wieder den mörder in einen billigen nolhwehrstand einsetzte.
J. P. dämm. 53.
FEHLGREIFEN, labi in tactu, mi.^greifen, daneben greifen,
irren: diesmal hat Uriel gewaltig fehlgegriffen. Götbe 14, 162.
FEHLGRIF, m. lapsus langentis, misgrif, schw. felgrepp, dän.
feilgreb : er thut eitel feilgriffe. Luther 3. 204'.
FEHLGUSZ, m. rana fusio : alsdann über die art in erzl
zu gieszen und den gusz zusammenzusetzen und von fehl-
güsscn. Wi.nkelmann 5, 12S ; durch diesen weg Tersicherten
sich die alten künstler vor fehlgüssen. 5, 132 ;
freude .' die wasserschlacht
begann, geschehn sind ttiaten, derer
jetzo noch ineldung des pfliigers round thut.
da galt es slärke, kunst, wer am weitesten,
im tiöctisten l)0).'en träfe des auges stern.
fehlgüsse lachten wir, der bofliund
bellte sie, krähte der bcnne mann aus. Klopstock 2,232.
FEHLHAFT, mendosus, culposus, schuldig: die wähl des dro-
henden Calo erfüllte die fehlhaflen mit schrecken. Hallees
Fabius und Cato s. 171.
FEHLHALDE, f clivus praecipitans , labefactans: etliche
lernen die kunst und haben arms genug, wissen aber die
grif nicht , . . andere wissen und können alles, was darzu
gehört, sie wohnen aber an der feblhalden (an der Schlucht,
am abhang ico man gleitet und fällt). Simpl. K. 156, vgl. mhd.
halde, ahd. halda. eine andere lesart gibt fehlhalbe und den-
selben sinn.
FEHLHAIE.N, abetrare in eaedendo. Stieler 790.
FEHLHIEB, m. vanus ictus, schtr. felhugg, fehlender, daneben
gehender hieb :
der Teutsche weicht um was (parumper), Terführt den ßcht-
gesellen igegner)
zum fählhiew. Rohpler 105.
FEHLIG, fallax, fehlend, trügerisch: ßilig gut. das nil so
Til fnicht bringt, als es aber erzeigt bat, fundus mendax;
eia fäjiger oder ungewisser wäg, Her ambiguum; fäiige hof-
nung, fallax spes; ein faJige sach haben. periclUari causa.
Maaleb 129*. 130'; darumb dasz die mittel fehlig und selten
treffen. Par.vcelscs l, 506' ; wir urtheilen das wir wenen und
wenen das wir nicht wissen, darauf urtheilen wir. das ist
fchlig . . . darumb ist das urlheii fehlig und betrüglich.
1, 711*. dem begrif und der form nach leidü mit fällig $p. 12S8
zu mischen, der form nach auch mit dem folgenden.
FEHLIG. FELIG, FEILIG, tutus, securus: es ist auch s. gn.
solch gleidt gegeben in ewer keis. maj. feldläger vehlieh,
sicher und ungerahrlich zS und abe bisz wider in sein ge-
warsame zu kommen, vervarung landgr. Wilhelms von Ues.^en
1552 Ä 2'; unde bätin lantgrävin Lodewigen mit grftjim vlije,
da? her zu on queme, her solde wol velig sin lihis unde
gutis. KöDiz vo.N Salf. Ludwig 33,11; daj her und die seinen
vor allen leuten velig dorinne gesein mochten. Jon. Rotbe
cap. 33 ; daj her sich dem kooige an gnade sulde geben und
sulde des leibes feiig {s. I.) sein. cap. 348. Ssp. ii. 27,2 setzt
eine hs. für des livcs genenden 'des lives veilig sin', andere
nd. denkmälcr haben das wort Oper, brem. wb. 1, 370. Wa. Böhmer
wb. zu Kantzow 336*. Lappe:»berg zu den brem. gesdiichlq. 265'.
Haltacs 445. 446. Oberli."« 379. 381. Fbisch verweist unter feiig
1, 255*. 25S' auf velig. was aber im v fehlt, die nnl. form
lautet veilig, die frieäsche felich, feilich (Richth. 732"). dies
adj. steht dem vorausgehenden fehlig. fehlend gerade entgegen,
der fehlige weg ist unsicher, der veilige aber siclier. herzuleUen
wftsle ich es nur entweder vom goth. filhan. ahd. fi<iahan. fries.
fella, altn. fela condere, so dasz fehlig. feilig eigentlich aus-
drückte geborgen , gedeckt , geschiüzi . also sicher, nach dieser
deutung wäre auch ein alid. felahic, filhic denkbar, doch habe ich
mhd. nie velhic gelesen, während das verbum bevelhen und subsi.
bevclch genug ersclwint. oder man hätte das ags. fäle proprius
heranzuziehen, insofern die im eigenlhum stehende sache von ihrem
hcrm auch geschützt und gesichert würde ; nul. veil venalis und veilig
tutus stehen einander ab. vgl. auch StCrenbirg ostfr. wb. 52*.
FEHUAGE.N, nihil capere, oder substantivisch inanis captura,
wo mrni dessen fehlgehl, worauf jagd gemaclU wurde, nach Heppes
leühund 81, wo der Jäger schlechter und weniger wildpret
ins abjagen bringet, als sein rapport gelautet hat.
FEHLJAHR, n. annus sierilis: warum soll man nicht bei
den zunehmenden niis und fehljahren und fehijahrhunde.rten
anspielen können auf was man will. J. P. aesth. 2. 53.
FEIILK.\UF, m. ein kauf, wobei man über den vortheil geirrt hol.
FEHLLEITEN, seducere, irre leiten.
FEHLLESEN, legendo aberrare: der hemusgeber hat hier
fehlgelesen. Stieler 1167.
FEHLLIEBE, f. amor tanus, reputsa. Sheler 1157.
FEHLLOS, labis expers:
mein geliebter .4ntilochos, tapfer und febllos. Od. 3,111;
Cassius Lucius, das muster eines fehllosen richters. Niebühr
2, 195.
FEHLLUST, f. fallax voluptas. Sheler 1186.
FEHLORT, m. bergmännisch fossa latens. Frisch 1,255*: da
auch die bergkleut, so den hauptgang kein kluft oder quär-
gang zertheilt, den sie im graben nachfolgen, so durchhauen
sie auch die vcste gestein des hangenden oder liegenden,
welche felort oder quarschlag, auch xgvTrrd heiszend. Becbics
Agricola 129. dies gleicht dem filhan condere unter feilig.
FEHLRECHNEN, falso numerare, fehler im rechnen machen.
FEHLRECH.NU.NG, f die ersten fehlrechnungen des lebens,
die Schwankungen einer seele, die sich selbst sucht. Güthe
46. 107.
FEHLßEITEN, vergeblieh reiten, den «eg verfehlen, irre reiten,
oder den zweck des reitens nicht erreichen.
FEHLRENNEN, das ziel des rennens verfehlen.
FEHLRIPPE, f. Costa spuria, falsa, so heiszen die fünf un-
teren kurzen rippen; ein stück fleisch von der fehlrippe.
FEHLRITT, m. wir haben heute früh einen fehlritt gcthan,
Gütok 16, 260.
FEFILSÄGEN, im sägen die richtung verfehlen.
FEHLS.\M, falsus, fallctx: die gemeine logik ist freilich oft
fehlsam. Leibnitz 390; 'fehlsame nachrichten' stdit in einem
rescript an die GöUinger Universität von 1736; man deutet auf
das mehrfache menschliche fehlsame, auf die Unzulänglich-
keit der individuen. Götre 51, 142.
FEHLSATZ. m. 1) vanus saltus. 2) falsa positio.
FEHLSCHICKEN, vergeblich schicken.
FEHLSCHIEBEN, daneben schieben, beitn kegeln.
¥EllLSCliHi.>>ZE}i, daneben schieszen, nicht treffen, oßfigürlidi:
90*
1431 FEHLSCHLAG — FEHLSPRECHEN
denn er schieszet wol fehl. i. P. Ilesp. 2, 18 ; nun schreibt
Camper, Mekel schiesze ein wenig fehl, papierdr. l, 27.
FEHLSCHLAG, m. vanus ictus, felU geltender 'anschlag', mis-
glüekendeT versuch: weil er in handel und wandel so wol
dabei fährt und ihn jeder fehischlag so gut wie den groszlen
gelehrten klüger macht, der a. m. im Togyenb.290; kein fehl-
schlag konnte seine bebarrlichkeil besiegen. Schiller 713'; da
es das einzige war, was ihr für den fehlschlag ihrer übrigen
hofnungen einigen ersatz geben konnte. 860* ; der fehlschlag
des complots von Amboise hatte den intriguea des prinzen
von Conde kein ziel setzen können. 1050*.
FEHLSCHLAGEN, non ferire, nicht treffen, nicht fehlschlagen
treffen, er weisz noch nichts, indessen musz er es bald
erfahren, und meine räche, doch was fürchte ich? diese soll
mir dennoch nicht fehlschlagen. Brawe der freigcLit 108 ;
die fehlgeschlagne list hielt sie für ihre schmach.
UosT sclinfergeä. 32. tchöfererz. 24;
ich wart auf deinen brief, du holst auf meine Zeilen,
dir schlägt dein wünschen fehl, weil meine hofnung irrt. 78;
wenn ich mich selbst recht kenn, und nicht mir völlig dahin-
schwand
meiner kräuter gewalt und fehlschlägt meine beschwörung.
Oviil metam. 14,57.
alle seine hofnungen schlugen ihm fehl, sind oder aucfi haben
ihm fehlgeschlagen, fehlschlagen steht ab von rathschlagen,
dessen praet. rathschlagle, pari, gerat hschlagt lautet, wogegen
fehlschlagen fehlschlug und fehlgeschlagen bildet, der acc.
fehl ist blosz angeschoben.
FEHLSCHLAGL'NG, f. sich wegen der fehlschlagung einer
begierde rächen. Garve zu Cic. de off. s. 265 ; so viel schnelle
fehlschlagungen bestürzten. J. P. Hesp. 2, 119 ; lieber ein Un-
glück als zehn fehlschlagungen. 2,120; Roquairol war bei
allen fehlschlagungen seiner unbündigen wünsche ziemlich
glücklich und gut geblieben. Tit. b, 65; zurückgehende höllen-
ströme der fehlschlagungen. Fibel 100; allein seiner harrten
abermalige fehlschlagungen. Dahlmann dän, gesch. 1, 221.
FEHLSCHLELDEKN, daneben scideudern.
FEHLSCHLIESZE.N, non aperire, non claudere, falso concludere.
FEHLSCHLLSSEL, m. falsa clavis: denn ohne glauben
entbindet sie (die predigt) nicht und ist darumb nicht ein
feilschlüssel. Luthers br. 4, 482; das erklärt Lutherus in
seinem büchlein von den schlüsseln also, Christus spricht
nicht, was ich im himmel binde und löse, das solt ir auf
erden auch binden und lösen, wie die lehrer des fehlschlüs-
sels narren. Otho 1335.
FEHLSCHLL'SZ, m. falsa conclusio: denn wie der mensch
ist! anstatt finsterer beweise für die zukunft zieht er viel eher
angenehme fehlschlüsse auf bessere zeiten daraus. Thümmel
4,39 vgl. i,lU; sein fehlschlusz, so sehr er sonst fehlschlüsse
bassete, machte ihm diescsmal keine geringe freude. Licn-
TE<<BERC 5,319; glücklich wer den fehlschlusz von seinen
wünschen auf seine kräfte bald gewahr wird. Göthe 18, 127 ;
ich wenigstens enthielt mich solcher fehlschlüsse von jeher.
J. P. papierdr. 1. 234.
FEHLSCHLLSZKETTE, /. zieht daraus eine fehlschlusz-
kette. J. l\ Fibel 46.
FEHLSCHMEISZEN, daneben schmeiszen. bäm kegeln, einen
fehler machen.
FEHLSCHMISZ. m.
FEHLSCHNAPPEN, im schnappen fMen : der bund schnappt
immer fehl.
FEHLSCHNEIDEN, falsch schneiden.
FEHLSCHNITT, m. unrichtiger schnitt, incisio falsa.
FEHLSCHIIEIBEN, unrichtig schreiben.
FEHLSCHUEITEN, daneben schreüen.
FEHLSCHHlfT, /. scriptio falsa.
FEHLSCHIUTT, m. ein sinnlich auffallender feblscbritt.
Pestalozzi f>, 241.
FEHLSCHIB, m.
FEHLSCHCSZ, m. am ziel vorbei.
FEHLSEHEN, falsch uhen: unser hasz wird hier lilosz
dnrch einen feblttebenden vemland und unsere liebe durch
einen rechtxebenden gewonnen. J. P. tevfelsp. l, 154.
FEHLSEHER, m. speeulalor fallax.
FEHLSETZEN, unreclU ulzen: die pflanzen, die stuhle sind
feblgeurtzl.
FEHLSPHECHEN, falsch, unrichtig sprechen, urtheUm: es
fiel ihr ein, wie wenig graf Hugo fchlgcsprochen. Tieci ges.
not. 4,300.
FEHLSPRINGEN — FEIBEL
1432
FEHLSPRINGEN, daneben springen.
FEHLSPRL'CH, m. falsa locutio, falscher aitsspruch: wenn
man aber also mit ungewissen gründen und feilsprüchen den
glauben schützet, ists nicht ein schmach und spot der
Christen bei den widerfechtern, die der sprach kündig sind ?
Luther 2, 475*.
FEHLSPBUNG, m. verfehlter sprung:
ich sehe dich, im wilden eiscebirg
verirrt, von einer klippe zu der andern
den fehlsprung thuu. Scuillek 532*.
FEHLSTECHEN, daneben steclien.
FEHLSTECKEN, daneben stecken.
FEHLSTELLEN, falsch stellen; ich will suchen noch bei
meinen lebzeiten das manuscript möglichst gereinigt zu sehen
und deshalb mit ihm conferiercn. auslassungen und fehl-
stellen kann ich ohne weiteres berichtigen, über die man
späterhin viel und oft vergebliche nachsuchungen anstellen
müste. GöTHE an Zelter 770. oder ists der pl. von fchlstelle?
FEHLSTOSZ, tn. unriditiger stosz.
FEHLSTOSZEN, daneben stoszen.
FEHLSTREICH, m. vanus ictus: das ir Verfolgung nichts
ausrichte, denn das man irer feilstreiche lache. Luther 4,303';
ungewis laufen und feilstreich thun. 6r. 4, 141; verlachen soll
man sollich fälstreich und windgrif. Frank weltb. 151'; ist es
nicht thöricht einen Staat anzufallen, in dem man sich auch
selbst nach erhaltenem siege nicht behaupten kan, bei einem
fehlstreich aber sich nicht mehr in gleichen vortheilen be-
findet, als man vor dem angrif hatte? Heilmanns Thiic. 773;
einen fehlstreich thun. Pestalozzi 3, 165 ; mich dünkt. Les-
sing thue einen fehlstreich. Herder 13, 222; dieser erste fehl-
streich schlug jedoch seinen muth nicht nieder. Schiller 1057'.
FEHLSTREICHEN, in mehrfachem sinn, z. b. falsch geigen.
FEHLSTREUEN, daneben streuen.
FEHLSTRICH, w. auf der geige u. s. v. jeder fehlstrich,
Fernando, gieng mir durch die secle. Güthe 10, 175.
FEHLSTUNDE, f. verlorne stunde: was ergaben sich da oft
für mistage und fehlstunden. Göthe 48,38.
FEHLTREFFEN, falli, nicfd treffen: aus leichter verdriesz-
lichkeit über ein oft fehltreffendes friedensrichteramt. J. P.
herbstbl. 3,237.
FEHLTRETEN, pede errare, einen falschen tritt thun: er ist
auf der treppe fehlgetreten, trat auf dem glatten eise fehl.
figürlich, niemand so weise und vorsichtig, der nicht einmal
fehltreten sollte. Bltschky kanzl. 301.
FEHLTRITT, m. lapsus: wofern ich nun hicrinne einen
fehllrit begangen. Butschky tanzi. 95; sie würden immer die
gewöhnlichen menschlichen fehltrilte machen. J. P. papierdr.
1,83; nach so vielen fehltrillen, denen der menschliche ver-
stand ist unterworfen gewesen. Kant 8, 11 ;
da ward ihr edles heri gewandt,
den fehltritt zu verzeihen. Jou. Fb. Kind gcd.
FEHLWERFEN, falsch werfen, von thieren abortieren.
FEHLWILLIG, in promtitudine sua aberrans. Stieles 2538.
FEHLWORT, n. l) fehlendes wort: mit erzelung seins be-
velchs one einig felwort {ohne dasz ein uorl fehlte). Aimon 1 5',
vgl. die anlwort von wort zu wort on füle erzclet. 12'.
2) promissic inanis. Stieler 2578.
FEIILWUCHS, tn. excrescentia, tuber: das ausschneiden der
aus und fehlwüchse. J. P. doppelw. 48.
FEHLWCRF, wi. falscher wurf. von einigen thieren abortus.
FEHLZÄHNER, pi. lUere, «eichen gewisse lähne, t.b. Schneide-
zähne fehlen.
FEHLZEICHNEN, fehlerhaft zeichnen.
FEHLZIEHE.N, falsch oder vergeblich ziehen, t. b. ton fisthem
im netz.
FEHLZIELEN, falsch zielen.
FKHLZUG, m. ductus falsus, irritus.
FKHME, s. fcme.
FEIIRI CKEN, n«. das rftckentheil vom feinen pelzwerk.
FEHWAMME, f. das bauchlheil: ein jticid mit febwammc
füttern.
FEI, f. dira, fee. s. meerfei.
FEIBEL, FEIFEL, morbus equonim, mini, vivac, vivola»».
DucANCE 6, 861. 802. fr. avives, sp. avivas, engl, vivr-;, nnl.
vijve, fijvc, ddn. fibel, schw. fibb und Abel. finn. piipcli. ,i<uf
nhd. Wort schwankt aus dem pl. in den sg. bald m. bald f. nach
Neünicb Kwol die ohrendrüsen der pfrrdt, als die entsünJung
dtew ärtuen «der manddn, ane fol^ der darmgicht; nadt
1433
FEIBELADER — FEIER
FEIER — FEIERABEND
1434
HoHBERG 2, 204. 205 die nifel oder feifei. schneid e« {das ros)
ein wenig in das obr, blüt es nit, so bat es die feifei, die
soilu im nemen, wie der gemein braucb. Seutür 78 ; und stiipfs
mit einem warmen eisen hinder beide obren und dergleicben
an den feiflen, also auch in der seilen und under dem gurt.
47; wider die feifei der pferd nimb mäuseöbrleinkraut. Ta-
BERNAE». 509 ; SO ein pferd die feifei bekäme, lasz ihm die-
selbige aufrciszen und alle körnlein der feifei berausthun.
5S7 ; der bisebof wird wol gewüszt haben, an welchem end dem
gaul der fcibel gesteckt ist. Kirchhof wendunm. 389' (427*);
das sie (die pferde) das jar sol rüeren nicht
je kein kraakheit noch feivels stieb.
Waldis päbst. reich 4,4;
Pranger (das pferd) fürchtet der hörner (des Hirsches) spitzen,
wolt die feibel nicht lassen ritzen, froschmeus. OoT;
einem pferde den feibel reiszen, die Speicheldrüsen ausschneiden
uder zerquetschen, im 16 jh. oft bei fluch und Verwünschung:
das musz dich die feifei ankommen. Frey garlenges. cap. 65
s. 54'; daj in die feifei bestehe. Schade sat. u. pasq. 2,261;
wünsch dem verDucbten spiel den feifl.
Mauritius scliutleben E6;
aber bolz duft, diese hudJer haben die reben nicht gebawet
und brechen mir darzu die trauben zur unzeit ab, dasz sie
die feifei bestand! solt ich dis leiden. Garg. 204'; wann ich
so viel stärk als mut hett, bolz krisam, ich wolt sie euch
all wie ein antvogel beropfen und inen recht die feibel
schneiden. 251", so in einem gedieht des 15 jh.
die feivel schneid ich im ze hant. Hälzlerin s. 232*.
unrichtig sieht Stieler 427 in feifei den namen des teufeis.
FEIBELADER, f. die oder unter des pferdes zunge, vcelche
ihm, u-enn es den fcibel hat, p/legt geüfnet zu werden.
FEIDE, s. fehde.
FEIEL, f viola, feibel:
das meidlin an der zinnen lag, sie sah zum fenster naus,
aus rechter lieb und trewe warf sie zwei krenzlein raus,
das ein das war von Teiel, das ander von grünem klee,
sol ich dich, feinslieb, meiden, meim herzen dem geschieht
wee.
FEIEL, f. lima, s. feigel und feile.
FEIELWASSER, n. dieselbe besprengten auch allen morgen
die kammern mit roswasser, fenchelwasser, feielwasser und
anderem. Gare;. 281*.
FEIEN, virlule magica imbuere, fest machen, it. fatare,
affatare :
ein stolzes riesenbild,
es hat die waffen mir gefeit,
hat mich mit muth erfüllt. Schetikendorf der berggeist;
allein die haut, vom eisen unversehrt,
läszt minder sich als bein und stahl durchboren,
denn Roland ist gefeit und fest geboren.
ch' Orlando nato
impenetrabile era et affatato. Hot. 29,62;
nichts widerstand dem unausweichbarn degen,
er war gefeit, und solcbermaszen zwar,
dasz ohne Wirkung sind vor seiner klinge
gefeiter stahl, gefeite panzerringe.
piastra incantata et incantata maglia. 30, 59.
FEIEND, m. im 15. 16 jh. zuweilen geschrieben für feind.
FEIENGESCHICHTE, f. feenmärchcn: erlauben sie doch,
dasz ich den kindern eine artige feiengeschichte erzähle, die
ich jüngst in einem buche fand. Weisze fanrfer/r. 9, 130; und
verlangen sie denn, fiel Lotlchen lächelnd ein, dasz wir so
treuherzig sein und ihnen dies alles auf ihr wort glauben
sollen? gewis haben sie das aus einer feiengeschichte erborgt.
12, 161.
FEIER, f. ahd. fira, firra, mhd. >-5re, nnl. vier, auch fries.
fira, im ags. engl. nord. fehlend, aus dem lat. feria, welchen
sg. Festcs noch hat und der auch mlat. wieder üblich ward.
feria gieng über in firia, dies in firra und mit vereinfachter
liquida in fira; nhd. feier gleicht dem leier, mauer, heuer statt
des mhd. vire, lire, müre, hiure, docli schrieb Lutuer noch
feire. feriae entsprang au$ fesiae, ist also unmittelbar gehörig
zu feslus, feslum und liegt ab ton ferre oder ferire; feriae
sind die heiligen fesUage, an welchen geschdft und arbeit nüun,
wie die Slaren den soniiiag nedjelja, den niclitarbeitenden, im
gegensal: zu den werkellagen liaszen und der jüdische sabbath,
r3'(3 nach rSl'iZ) aufttOren, cessare genannt ist. ob diese ces-
sation auch in den Wörtern feriae, feriari, festum selbst enthalten
war oder aus der Vorstellung des festes die der ruhe geleitet wurde,
stehe dahin, wenigstens drücken unser feier und feiern otium und
ttiari, oxoki] und «r;KoAa^e(*' ms, nickt über «tiigedrelit otium
und oxo)jri ein fest, ebensowenig bedeuten die gr. und goth. be-
nennungen des festes, aoorrj und dulj)s (ahd. tuld, bair. dult
2,1509) das unterbleiben der arbeit ; iooräten', duljijan besagen
nur das fest halten, nicht überhaupt müszig gelten.
1) feier, das fest: meine feire haltet, t« aäßßarä (tov
^'la^ead'e, sabbata mea custodite. 3 Mos. 19, 30. ahd. fira
thös sambajdages. fira thSrö ösloronö. Gbaff 3, 665.
mhd. vaslen die zite,
die man im gebiete,
die viere begän
die dar zuo schulen gestän. K.\rajan 30,7;
da; der tac ein vire wart
von der zit unz vurwart,
den die cristen lüte
begen mit freuden hüte. pass. H. 137,11;
wände du ie vli;;e dich,
da; du die vire unteres!. 51,8t.
der heiligen feier halten , iTinen zu ehren faslen und beten.
Luther 3, 523*. wir sagen heule erntefeier, hochzeitfeier. ge-
burtstagfeier für das fest oder den begang des festes, die feier
dieses heiligen ist längst erloschen, sein fest wird nicht mehr
begangen; auf die feier des soiintags wird in England streng
gehallen.
2) feier, otium, ruhe ton der gewöhnlichen arbeit, mit oder
ohne allen bezug auf an fest.
mhd. herre, min unmüejecbeit (^schäß)
daj was undürftenej Jeii,
so was aber min vire (musze)
diu baiphe und diu lire. Trist. 375, 37,
ich schwebe beständig in leid und erhole mich nur an harfe und leier;
Terrameres not
pflac dö decheiner vire. Wh. 107,5, hörte niclu auf;
er pflac deheiner vire,
so er gemeren mäht sin habe. Helbl. S, 1070,
feierte nicht, gönnte sich keine ruhe;
dähte niht lenger vire
halten mit der heidenschaft. litl. ehr. 3406:
nhd. wenn ir ins land kompt, so sol das land seine feire
dem herrn feiren, LXX afaTiavasTai rj yr„ vulg. sabbalizetis
sabbatum domino. 3 Mos. 25. 2 ; aber im siebenden jar sol
das land seine grosze feire dem herrn feiren, darin du dein
feld nicht beseen noch deinen weinberg beschneiten solt,
LXX avaTtavais t'arai rp vj, vulg. sabbalum erit terrae
requietionis domini. 25, 4. der winter ist die feier der natur.
Weiszes kinderfreund 3, 49. wir sagen heute noch feiern für
nicht arbeilen, ruhen und feiertag für ruhetag, kaum feier für
ruhe, aufhören der arbeit, sondern bedienen uns des worles ferie,
niei*(en5 im pl. ferien.
3) LoHENSTEi» braucht feier neutral: an dem feier des
Saturnus. j4mi. 1,1018; das feier der Frea. 1,1126. darin hat
er schon alte Vorgänger:
da; vire halt, da; ist gesetzet. Fbaceslob t. 206.
FEIERABEND, m. nnL vieravond.
1) der abend vor dem heiligen fest, der heilige abend.
2) diurni operis requies, abendliches außören der arbeit, feier-
abend machen, zu arbeiten aufliören. die zimmerleute haben
schon um drei uhr feierabend gemacht; hielte davor, dasz
sie deswegen so frühe feierabend gemacht, damit sie am
morgen desto früher sich mit dem vieh auf die weide be-
geben möchten. Simpl. Joseph cap. 2; die zu sehr eilen, haben
spat feirabeod. Lehmann 182;
der feierabend ist gemacht,
die arbeit schlaft, der träum erwacht. Gcnibbi 77;
fehl, kinder, und wenns feierabend ist,
ann reden wir auch von des lands geschälten.
Schiller 525".
den arbeilern feierabend geben oder bieten, sie entlassen ; nnl.
ik geef u vieravond, ihr könnt nun heimgehn ; sie haben feier-
abend bekommen; habt ihr feierabend? seid ihr mit dem lage-
werk fertig? ; die polizei bietet, wenn es abend zehn geschlagen
hat. den gasten in den Wirtshäusern feierabend, sie sollen zu
trinken außören; feierabend litulen;
lieben herren, wir wend euch gan,
und ouch ein wil feirabend ban. fastn. 896, 1.
3) den feierabend mitnehmen, bei den zimmerleuten , ein
slück holz, welches sie zum feierabend von des bauherrn holze zu
ergreifen sich bereclitigt hallen, mitnehmen.
4) figürlich, das aiifttören, zu ende gehen irgend eines zuslandes
oder geschdfls: viel bände machen bald feierabend, bringen ein
ding schnell zu ende; der vorthcU bat bald feierabend. Frau
lob der lorh. 20;
1435 FEIER ABENDSARBEIT — FEIERLICH
FEIERLICHKEIT — FEIERN
1436
das alter \Tirt mir wol feirabent bieten, fastn. 737,6;
habens feirabend mit mir gemaclit,
mich still und heioiblicb uinbgcbracbt. SmttftVB kurzweil 1S3;
das herannahende alter befiehlt uns diesen stillstand oder
feierabend zu machen, denn die kräfte der jngend haben
uns verlassen, l'ierot 4, 3S5; golt macht mit dem menschen
bald feierabend, fordert ihn geschu-inde von dieser kcU ab;
auch währt nur alles kurze zeit
in dieser weil, und dann
geht zu der langen ewigkcit
der feierAbeiid an.
dann sind wir wieder alle gleich,
das tagewerk ist aus.
üRoi.zHAiF.R in Voss musenalm. I7S7 s. 122;
der becker selbst
gewinnt nichts mehr, ist feierabend jetzt,
gibt nichts zu backen mehr. UuLAnos Ltulteig 192.
FEIERABENDS.\RBEIT, f. jede von handverkern, laijeldlinern
zur zeit des fcierabends gemachte oder gcthane arbeil. infonder-
heil bei den schnridern, uclehe die (jescllen vierzclien läge vor
jedem hohen fest auch in den fcierabendcn verrichlen müssen.
FEIEKABENDSGESELL, m. den die schnader in dieser zeit
mehr hallen dürfen.
FEIERABENDSTUNDE, f. kann nur so an feierabend-
stunden dran lernen. Fr. MCixer 3, 79.
FEIERBL'RSCH, m. 6« den hechern ein ohne arbeit auf der
herbergc liegender gesell, auch bei den müllern, s. Kuhns veslfäl.
sagen 2, 2S3. 286. der seit michacl 1827 im gasthofc zu Gcstc-
witz als feierbur.sche in dienslen gestandene M. Heilmann
31 jähre all. sleckbrief des sächs. nwls Borna von li)28. 5. feise.
FEIERGANG. m. processio solemius.
FEIERGEI..\LTE, n. feiei-glocke.
FEIERGESANG, canlus solemnis.
FEIERGESELL, m. feierabendsgesell.
FEIERGEWAND, n. vestis fesla:
in schimmernde feiergewande
kleidest du (sonne) den bimmel. Stolrerg 1,101.
FEIERGLOCKE, f feiergeläule zum fest oder zur ruhe.
FEIERHAIN, lucus sacer:
unsern feierhain beflecke
morgen weder blut noch mord ! Rürger 2'.
FEIERJAHR, m. annus requielionis. 2 Mos. 25, 5. 8.
FEIERJLBEL, m.
der hymnen feierjubel ist Tcrhalit. Matthissoji 108.
FEIERKLANG, n. campanarum sonus feslus:
dann mit der freude f'eierklange,
begrüszt sie (die glocke) das geliebte kind. Schiller 77';
thal und hügei Teiern alle,
wald und flur sind leierklang. Rijrger 3';
zum bochamt rufte dumpf und klar
der glocken ernster feierklang. 69';
fchon rufet uns der glocken feierklanir,
die kröne harret dieses jiinglinges. Uulakds Ernst 17.
FEIERKLEID, n. reslis solemnis, tunica, stola: und gab inen
allen einem iglichcn ein feierkleid, aber Benjamin gab er
dreihundert silberling nnd fünf feierkleider. 1 A/ox. 45, 22; so
wil ich euch dreiszig hemde geben und dreiszig feirkleider.
rieht. 14,12; die feierkleider, die mentel, die schleicr. Es. 3,22;
es führten dort der frfihling und die freude
der P'loren lug in buntem feierkicide. Hagedor;« 2, 112;
das feierkleid des ernstes. J. P. Kalzenb. 2, 70.
FEIERLÄUTEN, n. feiergeläule:
es schallt des kirchleins feierläuten
den berg hinan. Fa. Bruti im musenalm. 1798 (. 182.
FEIERLICH, feslus, solemnis, mhd. vlrellch, nnl. vierlijk:
mhd. lac ir Ttrellch gewant. Neidhart mx,29;
nhd. feierliche rede, Handlung; feierliches lied, wori ; feier-
liche strafe, Züchtigung; feierliches gelübde, versprechen;
feierlicher cid, schwur, vertrag;
welch feierlicher ton {der $limme)l Schiller 294*;
mir Ut to feierlich,
■0 bang, als sollte dieser nugenblick
ein ip-ofzet losi entscheiden. 297*;
wns wollen «ie
mil ■: ü ton? 261*;
der
verk'. , . _ ■_ ii'icriicbite itmulp. (.orfin 11. li;
du bist bereu
dahlainsehn In reierlichem zug
SMI kM«o dorne, zu der kronung l<-it. tm.tii»! i-.rmt 7;
und nehmen jeizo, wenn es euch geliebt,
sogleich die fcierliciie handlang vor. 28.
FEIERLICHKEIT, f. sokmnUas: bei uns, wo alle feierlicU-
kciten kurzrikkig sind. Göthe 27, 129.
FEIERLIED, n.
o ich könnt ein langes feierlied
von den giöszten deiner enkel singen. Dörgkr 88';
die königin fodert dein feierlied. Stolberc 4, 177.
FEIERMORGEN, m.
aus solchem stürm der leidcnscbaft geborgen,
ist wol nie muthiger am ersten feiermorgen
des Jahrs ein philosoph erwacht. Thühmel 3,4.
FEIERN, im 16 jh. und später bei den dichtem noch feiren,
ahd. firün, firrim, alls. firiön, fries. firia, mlid. viren, nnl.
vieren, schw. fira, ddn. fcire.
1) transitiv, cekbrare, begehen, erheben:
mhd. dai spil wart da geviret
mit tcnzen und mit reigen. tr. kr. 16334;
disen tac sol man Ären
der uns ze viren ist gegeben, kinih. Jesu ed. Feif. 1739;
möhtu doch viren einen tac,
den selber got gebot. ;MÜ//. 3,75";
das nia" vire in gotes lobe
den tac nach cristenlichcr art. pass. K. 278,14;
ouch ist ein ander hnchzit,
die man gote viren pOit. 279,56.
nhd. und soll diesen tag haben zum gedechtnis und sott in
feilen dem herrn zum fest. 2 Mos. 12,14; ir haltet jarzeile
und feiret feste, fs. 29,1; und fcircicn den sieg. Judith l(i,1i;
da ward das volk wider ser frülich und feirelen diesen tag
mit groszen frcudcn. l Macr. 7,49; das ist goltcs ewigs und
teglichs lob, das er sich der armen und nidrigcn anniiiipl
und nicht die groszen bansen und tyrannen feirot, wie sie
doch meinen. Lutiieh 3,3U'; was soll ich den feiren und
um gnade bitten, den ich für gottes feind bette gehallen ?
3,332'; wers nicht lesen wil, der lasse es ligen, ich biit
und feier niemand darumb. 5,140'; das heiszt eine heid-
nische w oll hat, daruinb einem dienen, das man dir dafür
danken und dich feiren müsse als einen golt. 6,50';
gott will im laufe nicht von uns gefeiret sein. Opitz 1,310;
feiert die beiden! marmor und erzt sei der beiden
ewiges maal ! Klopsiock 2, 76 ;
0 feierts in allen himmeln ihr zeugen,
dasz er erstand. Mennias 15,384;
er gieng in dem glänze
dieses gefeierrsten tages vor allen tagen der feier. 8,124;
doch unlieblicher ward kein abendschmaus wo gefeiert.
Voss ;
in hoher wölke feiret den ewigen
der ruf des donners, aber iiin feiret auch
des halmes grille. 3,51;
du mächtiger pocal,
.... der das bocbzeitsmal
unsers eltervaiers mit gefeiert! GöEi«tGK 3,60;
nach einer lange gefeierten pause. TiiCmmels IW/Ae/minc lOfi ;
man fcire nur was glücklich vollendet ist, alle ceremonieu
zum anfange erschöpfen liist und krilfte. Göthe 19, 217; wenig
mehr wird von armen gefeiert als der letzte lag ihrer tage,
und dieser nur von den ihrigen. J. l*. pnj'icrdr. 2, 234. es hei.fzt:
ein gefeierter dichter, gefeierter name, eine gefeierte fraii.
2) intr. cessare, desislerc ab opere, lal. feriari:
mhd. immer s6 man viret,
hö bobent si sich dar
mit einer samcnunge. Nkidiiart 40, 32;
zu vastene und zu virnc, abslinere a cibo et opere. myst. 20, 1.
ntid. darmit die kirch in hat begehet,
genen mit fasten uml den mil feiern, fitstn. 389,4;
würde Osterrich wider die steife sin, daa; die von Rotenburg
nisdan viren {neutral bleiben), nrfr. ron 1449 fto Sennin .«rAic. ir/».
ISS; sihe, des volks ist schon zu viel im lande, und ir weil
sie noch feiren heiszen von irem dienst. 2 Mos. 5.5; also feierte
das Volk des siebenden lags. 16.30; sechs tage sollu deine
erbeit Ihuu, aber des siebenden tags .soltn feiren. 23,12; am
siebenden tage soitu feiren, beide mit pflügen und mil ernten.
34,21; ja denn wird da« land feiren {brach liegen) und im
seine feier gefallen lassen, so lange es wüste ligt, danimb
da» es nicht feiren kund, da irs sollet feiren lassen, da ir
drinnen wonelel. 3 ,V<)j. 2r.. :I5; sie aszen und trunken und
feierten über alle dem groszen raub, den sie genomen halten.
iSom. 30, 16; unter dem häufen, die da feiren. ik. ii.:.-. dia
i
1437
FEIERN
FEIERN— FEIERSTUNDE
1438
freude der pauken feiref, vulg. cessavit gaudium tympanorum.
£s. 24, S; am vierzehenden tag des erslen monden soll ir
das passah hallen und sieben tag feiren und ungeseuert brot
essen. £;. 45,21; denn es war das siebend jar, darin man
die felder muste feiren lassen. 1 Uacc. 6, 49. nvch in mehr
steUeii luiUe Lutueb feiern setzen können, wo er sich andrer icOrter
bedient. £<. 33, 8 hat er: die steige sind wüste, es gehet niemand
mehr auf der straszcn, statt des schönem : der wandrer feiert,
n~S "l^l? r^C, «.ändert jetzt nicht; klagt. 5,14 es sitzen
die alten nicht mehr unter dem thor, statt sie feiern vom thor.
wenn du deiner oberkeit einfeltiglich zu willen fcirest oder
faslest. Luther 3, 524"; der bapst gebeut fasten, feiren. 3,525";
drei tag feiren oder fast haben, habere ferias triduum; feiren
oder ein fast anrichten von wägen einsi Zukunft, adrentu
alicujus dies festos agere. M.imer 135'; feiernde tage, müszige:
darmit verdienst die fremden speis
und feirend tag durch heuchelweis. H. Sachs V, 215';
ihein auf schönen pferdeii reiten
und kuoden uns feirent ernehrn. ätrer 157";
wer auszra Stegreif ein ding Ihul, obenhin wie man die hund
schiert, der hett besser gefeiret (es nicht gelhan). Lehmann
1H2; sontag da jedenuan feiret (nicM arbeitet), vegkürzer 27';
die natur feiert im winter;
der erdkreis feiert noch im dämmerschein. Salis 105,
der Seraphim feirende scharen. Messias 5,116;
und die feirenden himmel umher. 5,267;
o mit welchem gefühl der neuen Schöpfung, wie selig
werden, die du versöhatest, dich dann auf dem thron des
gerichts sehn,
und dir feiren, dir halleluja der ewigkeit siugen. 5,7^5;
sie standen feiernd. S, 272;
schaut die himmel umher mit welchem staunen sie feiren.
8,441;
er, bei dessen gehurt schon die himmlischen feinen. 10,614;
und oß noch, obivol in einigen dieser MessiassteUen auch die be-
äeutung 1 anklingt ; was schon so viele gute männer zu gründe
gerichtet, das wird auch künftig zu gründe richten und es
wäre sonderbar, wenn es bei mir feiern {nicht wirken) sollte.
C1.ACDICS 5, Sl;
jetzt seh ich wol, warum ich feiern soll. Göthk 9,240;
doch jede band soll feiern! halb vollbracht
soll dieser plan, wie mein gescbick erstarren. 9,321;
für mich kenne ich nur eine misheiralh, wenn ich feiern
und repräsentieren müste. 20,70; die beiden, sämmtJich er-
staunt, feiern von der arbeit. 39, 37 ; nun geht alles drunter
und drüber, und ihr wollt allein feiern. 42, 410 ; dann mag
er wol billig feiern. 55,64; so hab ich der allen aufgetragen,
mein feirends (unberührtes) bett herzurichten. H. Jörgel l\,l' ;
ein feierndes zimmer, bett, vorin niemand uohnt, schläft,
feierndes geld, das im kästen liegt, nicht umgeht;
der schlimmste tag für euer wirken
ist der gedanke, der da feiert,
als vagabuud entfesselt steuert
nach fernen, luftigen bezirken. Lktiac Fatut (H;
so lag das römische beer müszig . . . der krieg feierte (ruhte).
NiEBCHR 1,548. man sagt 'einem feiern', ilim zu ehren:
dan ich gern gieng, aus sonderm gfalln,
mit gots Volk zum haus gottes walln,
mit danken und frolockon.
da der häuf geru
feiret dem herrn,
da wer ich unerschrocken.
FiscuARTS geistl. lieder 49;
inbrünstig feirn wir dir,
mal, wir feiern dir. Gkrste^berg.
3) niclit feiern drückt desto stärker rastlose Ihätigkeil aus:
mhd. Valfundi mües immer pdegn
jämers nach sinn eskelircii,
an den der tot niht kuude viren. Wh. 2öS, 14;
da? niht ir sun geviret
bete bi Scbiroiie,
daj wart bew.Trei schöne, tr. kr. 13740;
so ensolt oucb du niht vircn
noch müe^ic .>-itzen, trüt gespil. 15S59;
nhJ. si sprach si bot vor ghabt ain man,
der hct kaia nacht an ir gefeirt. fasln. 701,21;
du findest einen menschen, der gat also anhin den ganzen
tag, er feirt nit und tut etwas, aber damit schaffet er keinen
nutz. Keisebsberc selenpar. 142"; on imterlasz wend esz und
feier nicht, so wirt esz rosch. kuclienmeisterH 67; er feiret
nicht und schleft nicht. Lctbeb 3, 33S'; der teufel feiret und
schleft nicht. 5, 139"; der satan kann nicht ruhen noch feiern.
tischr. 205". 287'; also feiert nichts in der natur, es ist alles
in Übung von stund zu stund, von tag zu tag, von nacht zu
nacht, allein der mensch feiert zu nacht und den sabbath
von wegen seins gebots. Pjiracelscs 1590, 197; denn der feind
ruhet noch feiret nicht. Reuter kriegsordn. 34; die frau Küt-
litzin feiert mit anhetzen nicht. Schwei.-sichen l, 123 ; dieweil
mir nun die zwo schanzen umschlugen, feiert ich doch nicht
und warf dem bischof einen einspannigen reuter nider.
Götz vom B. lebensb. 105; aber, sprach könig ßitterkoder,
was thul sidher unser ander beer , welchs disen koder-
rotzigen rülz Graspissier soll bestreiten? 'sie feiren auch
nicht', antworten sie, 'wir wollen sie bald antreffen'. Gaig.
223"; hieran musz kein feiren oder aachlasz sein. Kirchhof
mil. dis. 179;
denn er feirt doch zu keiner stund,
uns und dem land schaden zu thou. ätrer 440*;
jedoch weil sie so gar nicht feiren,
so eil auch ihnen bald zu stewren
und nim dich meiner not doch an. Weckherli:« 117;
wenn etwa zu erreichen
ein dorrendes geripp, ein halbverbrantes aas,
feirt uuser häufe nicht. Ghtpbics 1,214;
feldmarschall Hatzfeld hatte immittelst vor Dorsten nicht ge-
feiret. Chem?(itz IV. 1, 51 ; der Versucher feiert bei solchen
gelegenheilen gewis nicht und mir war oft ich fühlte seine
eingebungen, wenn ich den ganzen tag vergeblich nach men-
schenhülfe umhergelaufen war. der a. m. im Tockenb. 20S ; fimf
und zwanzig gegen acht, da galts kein feiern! GOthe 8, 9u.
42, 115. 337 ; mein plan ist der hof und da gilts kein feiern.
10,52; laszt uns unsre arbeit sogleich fördern, damit keiner
von den gewerken, die auf unserra gründe forlarbeilen, zu
feiern brauche. 17, 100 ; das gericht soll nicht feiern, keine
fcrien haben.
am schönsten von natürlichen dingen oder von geräth: ackerbau
und bergwcrk soll man nicht feiern (still liegen) lassen. .Ma-
THESius 19", vgl. die unter 2 angeführten stellen 3 Mos. 26, 35.
1 Macc. 6, 49 ; solches few er feiret nicht, sondern arbeil für
und für. 32';
weist, ein alt Sprichwort gicbt,
des menschen herz das feiret nicht. 11. Sacbs 1, 331';
entzwischen fTirst Achilles liesz
nit feiren seinen langen spiesz. Sprb:<c It. 480*;
das trinkgeschirr feirete nicht (gieng immer um, v^. den mit-
feiernden pocal unter l). Harnisch 114; die stücke (geschülze)
auf dem v\alle feirelen auch nicht das ihrige zu thun. unw.
doct. 650; der bammer in der schmiede feierte nicht;
von hohlen bretern tönt des bammers schlag,
der Sonntag feiert nicht, die nacht wird tag. Götub 13, 135.
ly. ruhe und ruhen lassen, nebelfeiern, wasserfeiern, wind-
feiern, zinkfeiern.
FEIERNACHT, f. J. P. fle^j. 2, 1.
FEIERSAAL, m.
zum laubgang
siebst du straszen umgewandelt
und zum feiersaal den marktplatz. Göthe 11,264.
FEIERSCHMLCK, m. feiertagsgewand :
schön im feierschmucke lächelt,
hold und bräutlich die natur. Uöltt 156:
raubt die Schwester hinweg und umhüllt die geraubte mit
Bacchus
feierschmuck und das antlitz mit efeuranken ihr bergend.
Voss Ocid n* 30, 77 (metam. 6, 598).
FEIERSTELLE, f. feslivus locus:
nur gedanken, die den himmel tragen,
düifen sich der feierstelle nahn,
dürfen sich in diese schatten wagen,
die Elisen beten sabn. Tiedce elegieen 1,24.
FEIERSTUNDE, f. hora festiva:
die liebe feier$tunde schlägt,
wie sehnt ich mich nach ihr.
ach nun im schatten hingelegt,
wie schmeckt die ruhe mir!
Grolzbamer in Voss musenalm. 1787 s. 122;
'so widerstrebe ! das wird dich adeln,
willst vor der feierstunde schon ruhn?'
ich bin zu alt, um etwas zu tadeln,
doch immer jung genug etwas zu thun. Gdtai 4, 317 ;
es war ein spiel, woran sich die knaben in der feierstunde
diesmal el-gelzlen. 22,9
1439
FEIERTAG— FEIERÜNG
FEIERTAG, m. dies festus, sonnla,j:
mkd. ich kom da ich ein trünne junger wibe vant an einem nretage.
Neiuhart xlit, 20 ;
ein lirenzel daj ich trage
alle viretage. IS, 20;
BSremnot
hat mit in vil manegen liehten vtretac geloufen. 51,30;
da hat er gesungen vor vil manegen viretac. 96, 26.
nhiL an dem feirtag gieng er umb. Ring 2*, It;
haltet meine feiertage. 3 Mos. 19, 3 ; du leufest nmbher wie
eine camelin in der brunst . . . wers wissen wii, darf nicht
weit laufen, am feiertage sihet man es wo!. Jer. 2, 24; das
sie im hause des herrn geschrieben haben wie an eim feier-
tage. klagei 2,7; an den feiertagen und hohen festen. Ez.
46, 11 ; ich bin ewrn feiertagen gram und verachte sie und
mag nicht riechen in ewr versamlung. Arnos 5, 21 ; sihe, ich
wii schelten euch sampt dem samen und den kot ewer feir-
tagen euch ins angesicht werfen und so! an euch kleben
bleiben. Maleachi 2, 3 ; am morgen des ersten feiertages der
sabbathen. Matlh. 28, 1 ; so lasset nu niemand euch gewissen
machen über speise oder über trank oder über bestimpten
feiertagen {goih. in dailai dagis duljjais). Col. 2, 16 ; die Werk-
tage hciszen auch darumb Werktage, das ein jeglicher seiner
arbeit und handlierung warte, feiertage aber heiszen solche
tage, da man die arbeit leszl anstehen und den ganzen tag
zubringt mit gottes wort und lobsengen, äibkrus mikr die
Carlstadter T3*; halb feierlag, an dem man halben lag feiren,
halben werken mag. Maaleb 135'; kleine heiligen, kleiner
feiertag. Lehman;i 174; von allen den jauchzenden jungen
verfolgt, die nun feiertage {ferien) auf eine ganze woche be-
kommen. ThCmhel ^yühelmine s. 20;
ein allerliebstes rrühllngs^elände
mit nadeln zierlich schattiert und gebrochen,
und werd es nur zu feierlagen
süszer namcn und lieber geburien tragen. Göthe 4,113;
ach wenn man so in sein museum gebannt ist
und sieht die weit kaum einen leiertag. 12,36.
figürlich, ich könnte ihn zeihen, dasz er der Wahrheit viel
feiertage mache. Amöne und Amandus 165; noth und lieb hallen
keinen feiertag. Otho 900 ; ein rechter feierlag, ein tnüszig-
gilnger. Schmelcer 1,552; gesiebt, nase, wie ein feiertag im
kalender {roth). s. maienlag, ostertag.
FEIERTÄGLICFI, festus: ir sontagsjüngkerlin mit dem feier-
täglichen angesicht. Gar^. 17'; feirlüglich geschrei, wie man
am feirtag schreit vor fröuden, festus damor; feirtägliche
speisen, dapes festae. Maaler 135'.
FEIERTÄGLICH, adv. quovis feslo die.
mitd. aller virlegelich
swcimt er vür Riuwental, Neidhart 62,29.
FEIERTAGSRUHE, f eine feiertagsruhe waltet über dem
ganzen ort. Göthe 22, 159.
FEIERTAGSGESICHT, n. hohen fesltagsgesicht, im gegensatz
ton alltagsgesiciU? oder rothes? Sicgfr. von Lindenberg 2,23.24.
«. feiertäglich.
FEIERTAGSGEWAND, n. feierlagskleid, Sonntagskleid,
mkd. die nö vor größer huote mcgen,
die sulen balde ir beste; viretac^ewant an legen.
Neidhart 5, 27,
es id auffallend, Kie oft dieser dichler virelac und die zusammen-
u-tzungen damit verwendet; auch noch später in Österreich:
bringt mir pald her das feirtaggfrand !
ScHMELZL Verl, söhn 27^
FEIERTAGSKLEID, n. cuUus feslus, bei Maaler 135' fcir-
tagkleid.
FEIERTAGSKUCHE, m. ich musz dir einen guten morgen
sagen und dir ein stück feiertagskiichen scliicken, damit
mein verlangen dich zu sprechen nur einigcrmaszen befrie-
digt werde. Göthe an fr. v. Stein 2, 130. vgl. oslerllade, oster-
stuofe, mythol. 741.
FEIEHTEMI'EL, m.
morgen ziehn sie ihre tauben
prangend her in unsem hain,
und die buchst« seiner lauhen
wird ihr leienempel «ein. libucER 125'.
FEIERTUCH, n. pejium fativum:
tut ist die rnseiizeit.
nun, mniter, suche
dir eine spinneriu,
dir eine wehcrin
zum feiertiithe. Krimicnat<<N ttn mutenalm. 1774.
FEIERÜNG, f. 1) celebralio, soUmnitas: bei der n9ch«len
feierung der ol^mpiitclien spiele. HEii.MANns Thue. 697;
PEIERVVAMMS — FEIFALTER 14-40
dasz sie sich der (fiüln-r zur) Teirung
dieser erwählten geheimnisvollen tage bereite. Messias 1, 442.
2) utium. Dasvpodius 325*.
FEIERWAMMS, m., sonntdgliclier wamms:
einen säubern feierwamms er trägt. Gör» 13, 125.
FEIERWOCHE, f nach den sechs ablasz und feierwocben.
Thümmel 6, 252.
FEIERZUG, m. fesüicher lug:
streue rosen, sei Aurore,
trag das körhchen, Kanephore,
zu der feierzuges prachi. A. W. Schlegel 1,228.
FEIFALTER, m. f papilio. ahd. flfaltard, fifallrA f. alls.
vivoldara f. pl. vivoldaran {Diiit. 2, 194"), ags. fifealdc f in
glossen bei L\E und Wright 2Sl*, aho mit dem pl. fifealdan
{die Schreibung fiffalde zu verwerfen), mnl. viveltre f (Flore
2958), mhd. bei den diciäcrn fehlend, oline zwcifel vlvaller f,
wie aus vcivallcr, pl. veivaltern bei Megenrerc 291, 28. 29. 299, IS
zu entnehmen, die glossnre des 15. 16 lassen form und geschleckt
nicht deutlich sehen, man findet sie ausgehoben bei Diefenbach
410' und SciiMELLER 1, 506. späterhin lebt das «ort bis auf
heute fort in Baicrn, Tirol, der Schweiz und im Elsasz, wie Da-
svpodius 1C9', Frisils 944', Maaler 31(i' und die hernach fol-
genden anführungen belegen. Maaler fügt noch den weiblichen
arlikcl zu, in der volksprache überirieyl das m. und f «-ird in
pf verdickt, pfeifalter, pfeipfalter, pfißlioller, bei Seb. Helokr 37
feifholler. statt jenes viveltre nnl. vijfwoutcr m. für vijvouder,
bei Ten K.ate 2, 507' wiewouler. die nd. volLtmundarl ist noch
nicht genau gehört, im südlichen Westfalen (Waldeck) zeigt sich
papollere f.
1) schon in der ersten fassung der grammalik 1819 s. 555 führte
ich feifalter zurück auf goth. fal|)an faifald und hielt diese deu-
tung fest gr. 1. 1S22 s. 862. GDS. 8G4. was wäre treffender als
ein goth. name faifalpö, faifal|)ei, faifaljirei, die wir nie belegen
können, für das seine flügel auf und niederfaltende insecl? hat
doch auch papilio den gedanken an ein iveiszes zeit erzeugt, das
sich krieger auf der wiese schlagen, nur in papilio selbst wird
uns kein fallen offenbar.
2) mit dem ablaut bilden sich zahllose subslantiva, warum
sollte nicht auch des ablauts hintcrgrund, die reduplication in sie
vorgedrungen sein? am allerersten in benennungen von thieren,
die aus der ältesten spräche herrühren, papilio ist fast auch glüh-
U'urm, cicindela, das zu candcla und candeo gehört; es mag
ein verlornes cando cecendi gegeben luü)en, aus dem acccndo,
incendo geflossen sind, cicada stimmt weder zu cado cecidi noch
zu caedo cecidi, aber faifal|)ö würde sich schicken zu falpan
faifalj), obsclwn nach erloscimcr reduplication aus did. faldan fiald
kein neues fialld hervorgieng. das alte fifalta, fifallrA sich erhielt,
die altn. spräche gewährt uns ein subst. iod {man schreibt iüd)
proles, gcnimen, das sichtbar abstammt aus auda, iod (geschr.
auda, i6d) gignere >= alts. udan, ags. eadan, also goth. audan,
iod = goth. aiaud, folglich wäre iod redui>licaliv.
3) und wie lieszen die weiblichen faifalj)ö, fifallara sich leiten
aus dem männlichen papilio? beide vocale sind verdreht, die
consonanz ist lautverschoben, da sie sonst in lehnwürtern unvir-
scJic^en haßet. p erschiene nur in jenem teestf papollere, für
papilio begegnet auch pampilio. im fr. papillon und pavillon
bleibt das aniautende p, den inlaut hat ein unttrschied dir be-
deutungcn willkürlich gesondert; ebenso steht prov. parpalliü, par-
paillo =: papillon ab von papallo. pabalho = pa\illon und
noch stärkir das verschobne it. farfalla, farfallone, fiW*cn par-
paglionc von padiglione. möglich, dasz auf farfalla ein deut-
sches feifalter wirkte, ich bin fern davon dies letztf mit Diez 139
aus farfalla kommen zu lassen, man kann unmöglich annehmen,
dasz schon im 9. 10 jh. einstimmige Verunstaltung von papilio
sowol ahd. als ags. gegolten, noch dasz ein mönch sie aus England
nach Deutschland gi'bracht hätte, in einer rorgrschirhilichen, weit
dahinter liegi'nden seit können sicli papilio nrKi faifall»*) näher
gestanden und vermittelt haben, neben faifalter bestriU das ein-
fache faller (sp. irt02) und eine menge composita wie bauinfaller,
beinfaller, feuerfaller, zwiefallcr (vgl. zwifall) u. s. r.
4) wäre papilio in unsere spräche vorgeschritten, so hätte e$
sich auch wol noch in andere erstreckt, alle slavischen, litauischen,
keltischen benennunijen liegen ab. jKtln. molyl, bi'Jim. motrjl,
mst. nmtjlek (oder babolsrlika); lU. Icilas; ir. gal. dral.iti lifl
(giUles glu'hlirhl, glänz), tcine de (gottes feuer), eunan li-
vogel), uelsclt glöyn byw (glühwurm), arm. balafen uii
fennik doiie (fiapdiu dei), wie auch hei uns ktnnr gl
kafer yoUei tvyel oder IxAen heiueu. der tiländitchc nah.
1441
FEIFALTER — FEIG
FEIG
1442
fidrildi, noriceg. fivrild, fivreld, der schtcedkche ^äril, gefiedertes,
geschupptes thierchen, lepidopteron, vonach das finn. perho, per-
hoine gebildet scheint, auch illyr. lepir, leptir, läpp, lahipk, est.
Jiblik, ungr. lövöldek, leppendck, alle nach /.£m'5, squama.
alban. perbani, perbane^a, phliuturea, pcrs. penane. vgl. but-
terfliege, biittcnogel , elb, fledermaus, holde, milchdieb,
Schmetterling, sommervogel, wichtel. tinl. kapelletje, kapellctien
d. i. parillon, kleines zeit.
5) die dichter des 13 jh. hallen genug anlasz gehabt rfervivaUre
zu encähnen. die stelle des provenzalischen Folqcet
col parpalhos qu'a tan folla natura,
qucs mct el l'oc per la clartat que lutz,
verdeutscht Rudolf von Fenis:
er tiiot mir als der vinersteln daj lieht,
dm fliiiget dran unz si sich gar verbrennet. MSF. 81, 20,
was sich aus Mecenberg 299,17 erläuteil: ein fewerslel ist sam
ein veivalter gestait, und gemeint wird die lichimutte, die ins
(euer fliegt, es gleichsam sielen uill. Flore und Blancheflor 2351 :
'des (lors sali un paveillon,
des eles feri raon menton,
del paveillon tel paor oi,
que ni'escriai plus tost que pol'
Übersetzt Dieueric van- Asse.nede 2958 :
dat en vivelire uten bloemen vlöch
int ansichte niet baren monde,
dat si baer niet onthouden conde,
dat si an iiaer büt quam gbevaren;
Fi.ECKEx musz aber der schöne zug nicht vorgelegen haben.
Keisebsberg hat mehrere stellen: es gat den jungen gesellen,
die also den buppen nachlaufen, gleich als es den bauers-
bi'iben und den rosknaben gat, die etwan uf dem feld den
pfeifholtern nachlaufen und wenen es sei etwas hübsches,
es scheint und hat da ein schwarz Decklin, da ein rotes,
da ein biauwes und laufen im nach, und wenn sie es er-
wüschen, so flügt es an ein ander ort, und wenn inen schon
got gehilft, das sie es erwüschen, so sehen sie das sie be-
trogen seind, wann sie sehen, das sie eim wurm sein nach-
gelaufen, der da kat und treck ist, und schin als wer es ein
hübscher vogel. brOsamlein 105'; Ihun wie die kind, die laufen
etwan ab dem rechten weg den blumen nach oder den pfif-
holderen nach, narrensch. 40, daher papilio 'avicula puerorum'
(DiEFENBACH 410'); lief (der knabe Garganlua) gern nach den
schrotern, maikäfern und fürnemlich den farfallischen baum-
faltern und papilonischen butterfliegen und pfeifholdern und
den mariposischen butterschützen. Garg. 12S', tco farfallisch
auf farfalla, mariposisch auf den spanischen namen des Schmetter-
lings, mariposa geht; die pfeiflioltem oder molkendieb. Sebiz
54; in der zeitigung sind dem blust die pfeifholter aufsäfzig.
MtRALT cidg. s. 56; ein schöner feifalter fliegt mit der pro-
tession. Bcchers sehr. 2, 285,
FEIFALTERLEIN, n. mm kompt es gar oft, das einem
menschen hübsche feifalterlin auch unter äugen fliegen, eins
ist gelb, das ander weisz, das dritt blau. Keisebsberg pred.
13'; eim jungen gesellen wirft er {der teufel) für ein meidlin,
ein pfeifhülderlin. brösamlin bl* ; also betrügt dich die hübsche
der frawen und die frawen die hübsche der jungen gesellen,
wie dick und vil kumpt es, das ein junger gesel gedenkt,
ach mücht dir die frawe werden, wie wollestu seliger uf
erdreich sein ! und laufest dem pfeifhölderlin nach und hast
weder ru noch rast tag und nacht. 105'; die frawen thun
gleich als ein pfeifhölderlin, die zenacht umb ein Hecht fliegen
und meinen es sei etwas und verbrennen sich selber. XV
staffeln 36"; das sein nicht den pfeifliolderlin, und wan es
abent wirt, so hastu nichts geschaft. narrensch. lU*. <fer
weisze Schmetterling gemahnt an den namen weiszling und das
nni witje (wiijes vangen, den Schmetterlingen nachlaufen). Kei-
sebsberg schöpß die bilder zu seinen ermahnungen unmittelbar
aus dem Volksleben, Bertholds predigen enthalten leicht dlinliches.
FEIG, n. siehe feigblatter.
FEIG, FEIGE, im alts. fegi, ags. fa-ge, altn. feigr, mhd.
Teige, nnl. veeg morti ricinus, moribundus; fürs ahd. feigi Idszt
sich dieselbe bedcutung kaum bezweifeln, doch nicht erweisen, da
es nur zweimal in der j^rase
ni si man nihein so feigi. 0. I. II, 10 und 24,5
erscheint und nemo est tarn vilis ausdrückt, hierzu stimmt das
lit. paikas, paikus, schlecht, unnfüz, einfältig, man dürfte auch
ans lal. piger denken, dem aber noch ableitendes r zustelä (pigra,
pigrum). bei Dasvpodils ISO'. 325' ist feig geil, pelulans, pelulcus,
bei LcTHER limidus, bei Frisics und Maaler kommt es gar
niciU vor.
III.
1) feige, dem tod verfallen,
mild, hei waj guoter degene vor in velge gelac. Nib. 2022, 4 ;
da sterbent wan die veigen, die läjen ligen tot. 149,2;
dö wurden euch die veigen von friunden sere gekleit.
219. 4 ;
hie nerstirbet niemen wan die veigen. Bot. 287,6;
den veigen nemac nieman behüten,
diu erde enmac in nicht üf gehaben,
scol er da werden erslagen,
er stürbe doch da heime. 207,24;
op daj got erzeige,
da; ir niht sit veige,
so wert (werdet) ir her dis landes. Parz. 55S, IG;
ein aglaster zuo ir tohter sprach
'kint, wiliu niht werden veige,
so warte wä der man sich neige
und mit der haut grife an die erden,
da; dines lebens tage iht werden
kurz, etewanne so wil er dich
werfen, des gedenke an mich". Renner 14916.
nhd. all menschen sein zum tode feig. Waldis 3, 25 *. 149».
diese bedeutung lebt noch bis auf heule im nnl. : een veeg man,
ein auf der grübe gehender aller; een veeg teeken, ein tödliches
Vorzeichen; een veege vogel, ein leichenvogel, der nalien lodesfall
kündet; een veeg land, ein seinem untergange nahes land; de
zieke is veeg, der sieche liegt am tod; 'gij zijt nog nicht veeg'
sagt man, uenn einer, von dem die rede ist, plötzlich erscheint;
'zijt gij veeg?', wenn einer seine art und weise ändert; zog
veeg als eene luis op den kam, eine sehr bezeichnende redens^art.
nach dem brem. wb. 1, 364 wi beiden sunt nog nig fege, leben
noch jähr und tag zusammen; in sinen fegen dagen, kurz vor
seinem ende, de kranke ligt to bedde un de feege sitt derför.
StCrexbürg 52".
2) unselig, verwünscht, infaustus, scelestus,
mhd. sone kom ich ouch ze lande
sit der veigen stunde nie,
da; mir an dir so missegie. Trist. 101,9;
owe, wan ha-tich verhorn
min veige; schächzabelspil,
da; ich iemer ha;;en wil. 66,33;
sus traf ich eine veige vart. 69,26;
der veige välandes man. 174,32;
der veige tracke. Si7r. 745.
hierher lieszen sich auch einzelne nhd. stellen nehmen, in denen
doch die folgende bedeutung überwiegt.
3) freclt, geil, unverschämt, leichter mit 2, schwerer mü 1 und
4 zu einigen:
wan ich sich, ir dunket euch gar feig, fasln. 88,27;
se hin, du alts, pöses weih,
verfluocht sei dein faiger leib! 505,16;
nil seind halb und halb gaistlich und weltlich, andechtig und
faig. als etlich in Clustern und auch hie auszen etlich gaist-
lerin, die künden ze baiden henden, zu lieb und zu laid
. . . auf der gassen und in der kirchen ainfellig und schlecht,
im haus faig, mutwillig und gescherzig. Keisebsberg Aas
im pf. Aas"; also thun die feigen w eiber auch, wann sie
schon junge geschickte mann haben, noch dennochl haben
sie kein benügen mit inen, sunder sie nemen darneben zwen
oder drei darzü. brösamlin 57*; bist du ain weib, so gesell
dich zu andren erbern und hailigen und nicht zu den faigcn
und unkeuschen weibern. schif der pen. 23''; da waidne dein
gaisz und kitzen, das sie die bletter der knöpf zerreiszen
on alle vernuft. wer sind aber dein kitzen, o du seel?
deine fünf sinn, baide äugen sind zwai ki'zen, baid naslücher
zwai kitzen und die andren dein sinn, auch sind deine kitzen
dein bösen fürwitzigen, unkeuschen und faigen gedanken . . .
auch sind deine gedanken zerstreuwt gleich aJs die faigeu
gaisz sich zerstreuen. 50'; wie die schab die woU und das
kleid zernaget und das feur das holz, das heu und die slupflen
verbrennt, also verderbt und verschwendet ein feig fleisch
die seel. seelenp. 186'; wenn ein pferd so feig wirt, das es
den, der uf im sitzet, abwirft, so hat es zu vil futters. 201";
da sprach der Junker, 'du feiger schalk, das sol dein Un-
glück sein'. Eulensp. cap. 10; da schlief er bei dem weihe
und sandt nach der vaigen tat zu irem man, das man die
frawen löste. Mlgleins Valerius Max. 79'; soluta vita, ein
fei{ies, unzüchtig leben, Dasypodils unter solvo {doch nicht in
der ersten ausg., sondern zttsatz der späteren);
dasz ich nicht wcrd faig, gail noch trag. Wecsherlit« 56.
4) furchtsam, zage, pavidus, limidus, ignavus, nach 1, weil ein
dem tode naher sich fürchtet, lodesangst fühU: da erschrackea
91
1443
FEIG — FEIGE
FEIGE
1444
die fürsten Edom, zittern kam die gcnalligcn Moab an, alle
cinwoner Canaan wurden feig (übrigucrunt). iMos. 15,15; und
denen, die von euch überbleiben, wil ich ein feig herz machen
in irer feinde iand, das sie sol ein rauschend blat jagen.
3 Mos. 26,36; weicher sich fürchtet und ein vcrzagis herz
bat, der gehe hin und bleibe daheime, auf das er nicht auch
seiner brüder herz feige mache, wie sein herz ist. 5 Moa.
20, 8 ; denn ein schrecken ist über uns gefallen für euch und
alle einwoner des landes sind für ewr zukunfl feig worden.
Jos. 2,9.24; darumb werden alle hende lasz und aller men-
schen herz wird feig sein. Es. 13, 7 ; heule thor, schrei slad,
ganz Philisterland ist feige (ulula porfa, claina civitas, pro-
slrata est Philistaea omnis). 11,31; den Egyptern wird das
herz feige werden in ihrem leibe. 19,2; du feige fliege!
«nir. dod. 379 ; der rath liesz sich nicht feige (blöde) finden.
pol. maula/fe 257 ; feiger, wie sehr habe ich mich betrogen !
gewöhnt an das, was der pöbel frevel nennt, bebst du für
diesem? Bbawe freigeisl 103; feige gesinnung ; feige seufzer.
Kant 7,436; ein feiger betrug. Klinger 2,265;
dein freist wird sich zu keiner zeit
in feiger Ungeduld verlieren. Uz 1,20;
nur frisch gefragt! auf mich hin und dein glücke!
ein feiges herz freit keine schöne frau.
WiELAND urtheil des Paris 643;
ich bin gar ein armer wicht,
bin die feigste mcmme. Bürger 50';
feiger gedanken
bängliches schwanken. Göthe 11,64;
wer? er? das ist ein feiger, elender! Schiller 429*;
darob entspann sich hader zwischen euch,
und als nun Rudolf selbst zu feige war
sich auszusprechen, wie er es gemeint. Uhlamds Ernst 10;
das aber ist die feigste richtung,
dasz du dich sehnest nach Vernichtung. Lenau Faust 128.
so auch das schw. feg, dän. feig, nichl das nni veeg, obwol
nähere forschung beisjriele auffinden kann, denn nd. vege limidus
kommt allerdings vor, das brem. tcb. 1, 364 gibt ecn fegen kecrl,
eine memme, een fegen blood, ein armer tropf und in Pape
bdtel und garleteufel, Magdcb. 15SC, dessen sjirache ins nd. schlägt,
heiszt es Gs": nini die kuh selbst bei den hörnern, will du sie
in den stal haben, dein gesindichen ist viel zu feich (furchtsam,
scliwach), sie dürfen sie nicht angreifen, vgl. lettfeige.
5) feiges gestein, das sich zu lösen beginnt. Hertwig 130 ;
feiges zimmerwerk, das schon fault; ein ungcstalt, feig, blaw-
ferbig, dunkel wasser. Thurneisser von wassern 2SS. diese
bedeulung von putris mag der Verwandtschaft von feige mit ;«V/er
zur beslätigung dienen, was sich aber löst, auflöst ist solutuin,
dissolulum, wie die vila soluta ausgelassen und mutwillig nach 3.
da nun auch der sterbende aufgelöst wird, so vertragen sich alle
fünf bcdeulungen gleichsam in der von los.
FELGBLATTER, f ßcus morbus, ags. ficädl. der rot vig,
haemorr)u)ides. aUd. bl. 2,199; das blutende, flieszende vig.
MoNE anz. 8, 4ü9'; das feig, dysenleria, die rothc rühr. Scum.
1,515; aber auch gelbsuclU:
mild, ir gdt den rehtcn hellestic,
d^r röte sicchuinm und da^ vic
macht iueh bleich und gel. Helbl. 2,1100;
deme ne muot jouch den lip
gelesuht nocli fich. I)iul. 3,45.
nhd. feigblaltern scind nun solche blättern und gesclnver,
die sich im hindern umb den aflern mit herfür bolzen, blät-
tern und mehr andern gestalten, darnach sie namcn em-
pfahen, etwa mit, zu zeilen on blul, selten on schmerzen,
aber mit mancherlei hindcrnis erzeigen, die feigblattern, so
blut geben, sind eigentlich die haemorrhoides. unter denen,
die aiiszcrhalb des masigangs erscheinen, sind erstlich die
feigwarzen, weil sie in ihrer Substanz, hiirtin und grii.szin
den Warzen gleich sein, andere erzeigen sich wie ein wol-
zeiliges schwarz Iraubenbecr, daher uvales genant. Winsuinc
arincihuch :iV.\ ; die peulen, schweren, feigblattern und andere
brfifhr und lehmen. .Mathesius h&'.
FKIGROH.NE, f. lupinus. wdfsbohne, ahd. figböna. GraffS. 127.
FEIGE, f. firus, gr. avxor, yolh. smakka, m., sl. smok * ,
$erb. fimokva, lU. pigä. mhd. stehen vtge ficus und veige mori-
bundui ton einander ab, deren Schreibung nhd. zusnmmcnfulll.
I) Hchnilten eine reben ab mit einer weindrauben und
licszen sie zwene auf einem stecken tragen, dazu auch gra-
nalepfrl und feigen. 4 Moa. 13,21; zur selben zeit sähe ich
e»el beladen mit weindrauben, feigen und allerlei last zu
Jerusalem briticcti. VcA 1:1. i:.: in (Icm einen korbe waren
seer gute feigen, wie die ersten reifen feigen sind, im an-
dern korbe waren seer böse feigen, das man sie nicht essen
kund, 40 böse waren sie. Jer. 24,2; an iren fruchten soll ir
sie erkennen, kan man auch drauben lesen von den dornen
oder feigen von den disteln? Matlh. 7,16; denn man lieset
nicht feigen von den dornen, auch so lieset man nicht drauben
von den hecken. Luc. 6, 44; gleichwie ein feigenbawm seine
feigen abwirft , wenn er von groszem wind bewegt wird.
offenb. 6, 13 ;
ich isz lieber feigen denn faul pirn. fastn. 736, 16.
grüne, getrocknete, süsze imd saflvolle, wilde, unreife, un-
geschmacke feigen; ein korb, ein stroh feigen.
2) sal dem millelaller war, aus Italien her, eine trotzige, höhnende
gebärde {als imago vulvae) bekannt, it. far la fica, sp. hazer la
higa, port. dar huma figa, fr. faire la figue; ab antiquissimis
temporibus probrosum fuit digiium alicui per modum Ileus
ostcndere. Henricüs de Hervordia ad a. 117S p. 165;
eil prince nos onl fet la figue. Meo!« 2,314;
wan ich sich wol, er zeigt mir hinten noch ein feigen
und tet das gut im allein zu eigen, fasln. 79,4;
wan mein fraw zürnet, das ich sie haisz schweigen,
so schreit sie, halt dein maul auch zu,
und zaigt mir oft die feigen, meislcry. 23 n'89;
da du sie aber brachtet dahin
und sie all hab und gut verlieszen,
thelst du vor in die thür verschlieszen
und nampst das closter dir zu eigen,
den andern thelst die feigen zeigen.
Luthers clafjred dasz er so gnr viel nippen oder
seilenden kann. I.i34. D4';
WO bislu nu Junker? wo ist dein zorn? kurz man weiset
inen die feigen. Lutber 3,245'; aber ich weise inen die
feigen und spreche "lieber potzman (bulzcmann), frisz mich
nicht!' 5,50'; das (für Aes) sollen sie billich durch die faust
lachen und uns die feigen bieten und esels oren zeigen.
Frank H'e//6. 1.55"; das schlosz Tarentina (hat) den Pocnis mit
hüif Fabii die feigen bieten mögen. Petr. 33*; der son gab
seiner mutier frcvenlich wort, flucht ir und zeigt ir die feigen,
nach gwonheit der Waiben, das heiszt aber ein feig, wenn
sie den daumen durch die zwen finger stoszcn. seh. u. ernst
1555, 135. 1550, 381 ;
wo ich ein klagt der narrheit an,
der wolls für ein grosz eren han
und bot mir ein welsche ligen dran. Mi;r;«e»s geuchmal 6;
und füren dich in schand und schaden
und lassen dich darnach drinn baden
und zeigen dir darnach die feigen. IL Sachs L232';
er spot mein und zeigt mir die feigen. L522';
zeigten im den esel und die feigen. V, 396';
so wir doch sehen, das sie (die kirche) in aller irer andacht,
goftcsdiensten und ceremonien das ausgetruckle (ausdriick-
liclie) wort in der schrifl verfaszt offenbarlich und mutwil-
liglich übertritt, nicht anders dan ob sie es den biblischen
Schriften zu trotz und zu leid thätc, inen die feig zu bieten.
biencnk. 19';
die tbier auf grünen fehlen breit
sich frisch und freudig zeigen,
das wild in dunkel w.iblcn weit
dem Jäger zeigt die feigen. .Spek iruttn. 114(125);
nachdem sie ihm aber nach notdurfl wol gelaust, gerupft
und ausgesäckell hat, alsdann schickt sie ihn wieder fort
und zeigt ihm die feigen. Ai.rkrtim /urirf/cAcH 116"; sollte man
gewahr werden, dasz ich ihrem gegentheil diene, so werden
sie mir zu Cöln die feige weisen und das meinige behalten.
Simpl. K. 507; denn meine alte oder vielmehr die junge
künden von der armce ritten mir zu gefallen in die sladt
und fragten mir mit solchem nainen nach, welchen auch die
kinder auf der gassen chender als das valerunser lerueten
mid eben darumb wiese ich meinen galanen die feigen.
Courage cap. 9 ; und wann ich sie (die mutler ihre unartige
lochtet) darum strafte, so zeigte sie mir die feigen. Jucun-
dissimus 41; ich habe meinen feinden öfters die feigen ge-
wisen. unw. doct. 173; hah ein schön lobred auf ihn schon
ini recept halb und halb ghaht, aber itz weis ich ihm dfeign,
weil er ein so (so einer) ist. Schwabe tinlenf. 75. ifgl. über-
haupt HöFKR 1,205. Schneller 1,5|,'.. Likiirechts übers, des pen-
tamerone 2, 272 — 270 und 0. Jahn über den bösen blick t. so.
auch poh. p(»kazac lige. böhm. nkä/ali Ijk.
3) einige muscheln lieLizen nach ihrer gr.^aU feige, murex unl
hulla ßcus.
4) weidmännisch heiszt auch das weililiehe glied der wilden
Ihiere feige oder fciu-itiblMil. wonach dte stelle aus Spek *mA
1445
FEIGE — FEIGENWEIN
FEIGHEIT — FEIL
1446
anders nehmen liesze. deullich berührt sich der velsche sinn von
ficus mil dem biblischen feigenblatt.
5) ohrfeige gehurt nicJU hierher, s. sp. 1412. 1413.
FEIGE, f. morlis discrimen, lodesnolh:
mhii. ej gicnc an die Teige. Albr. TU. 2646 (iro Hahn neige).
heute weder in diesem sinn noch in dem von feighäl, xagfieit
übrig, doch in lelzlerm hat es Stieler 457.
FEIGEBEISZ, f. delicatula, ein leckeres ueib, das aus der lasche
feigen iszt. Schmidt id. bem. 27*. s. feigenbeiszerle.
FEIGEL, f. lima, alid. fihala, figila (Gbäff 3.433), mhd.
Tigel, vile (tfft. 3,315"); nhd. feigel, feile: die feigel, damit
man den rost von dem mesz schabet. Keijersb. pred. 26*;
sie {die Verleumder) seint ein figel des geschirrs der glorL
narrensch. S9'.
FEIGELN,' /imare, feilen: also widerwertigkcit feigelt dich
von dem rost der sfinden. Keislrsbebg 26"; sie feigein den
rost danon. narrensch. S9'.
FEIGEN, occidere, furdere. mhd. veigen irb. 3, 290'. nhd.
limore percdlere, fr. iniimider. Stieler 457.
FEIGEN, ficulneus, mhd. vigin : was von feigenbaumen bolz
gemacht wird, das behelt auch solchen namen, als ein feigcner
pfal , ein feigener löfTel. o. ireUh. luftg. 169 ; ein feigenos
Schwert nenneten die Griechen falsche nachred. 170.
FEIGENBAUM, m. ficus arbor, avv.rj für avy.ta, goth. smak-
kabagms: da sprachen die bewme zum feigenbawni, kom du
und sei unser künig. rieht. 9, \0; und sähe einen feigenbawm
von ferne, der bletter hatte. Marc. 11, 13.
FEIGENBEISZERLE, n. ficedula, it. beccafico. Kbafts
reisen 55.
FEIGE.NBLATT, n. folium (iculneum: da wurden ir beider
äugen aufgethan und wurden gewar, dasz sie nacket waren
und flochten feigenblelter zusamen und machten inen schürze.
1 Mos. 3,7; eine faule entschuldigung ist so viel nutz als
Adams feigenblätter zu hosenluch. Lebmasx 204; aber vom
jalirbiindert kann man dies nicht verlangen, ohne feigen-
blältct- und thierfelle kommt es nicht aus. Göthe23, 32; die
philosophischen Systeme, die als feigenblätter oder des zanks
ond der schau wegen aufgestellt werden. Cl.\cdics 5, HS;
wenn er nur irgend vonvand und feigenblatt hat, sich seinen
leidenschaflen hinzugeben. 6,24; beschämt darüber, dasz die
scherzliige so gar ein schmales feigenblatt ist. J. P. biogr. bei.
1, 167. bei einem thiere {einer hindin) nennet man das weib-
liche glied das feigenblatt. Dübel 1, 17.
FEIGENBOHRER, m. eine ivespe, die den feigen nachstellt.
FEIGENBL'TZE, m. umbilicus, nucletts ficus: äpfelschalen,
melonenschnitz, feigenbutzen. Fuchsmundi 367.
FEIGENDROSSEL, f ficedula, ovxalis.
FEIGENESSER, m. molacilla ficedula.
FEIGENFRUCHT, f carica. roc. 14S2 iit'.
FEIGE.NKLAUBER, m. Sammler der Pferdeäpfel:
die erznei kumt von einen winden,
die die feigenklauber auf der gassen Tinden. fasln. 94,26.
FEIGENKORB. m. sihe der herr zeiget mir zwen feigen-
körbe gestellet vor den tempel des herrn. Jer. 24. 1.
FEIGENMÄNNER, welche keine arbeit frei antreten, viel-
weniger austauren. a//er irdih. lustg. 170. ovxivot ävS^ss.
Theokr. 10. 46. nach dem roc. 14S2 h6" feigenleute, ficarii,
homines solum de ficubus virentcs.
FEIGENMUS, n. sycatum.
FEIGE.NSAFT, m. succus ficuum:
wie feigensaft die weisze scliiere milch
im hui, da sie kaum uragenitielt wird,
gerinnen macht. Uürge«.
FEIGENSCHOSZ, n. ficulneum cacumen: an kalten und
feuchten orten setzt man die rebenselzling zu diser zeit
II — 22 merz) am bequemlicbsten, desgleichen auch die Jungen
feigcnschosz, so sie ielz boUen gewinnen. Herbs Columella
111.2).
FEIGENSCHCRZE, f. periMnium ficulneum.
FEIGENSTOCK, m.
es sieht ein junger feigenstock
in einem schönen garten. Göthe 2,207.
FEIGENYERHANG, m. vas feigenschürze:
ists mügüch, deck ihr gebräm, statt Jenes reigenrerhanges
des ersten nackenden paars, die blöszrn meines gediclits!
TucaaEL 5,476 (^291).
FFIGENU AI.D, m. firelum.
FEIGEN \NLI.N', n. tmHra tx fieu.
FEIGHEIT, f. 1) in älteren schriflen, nach feig 2, pelulantia,
luxuria: lug das din vasten si meszig, das es dir si ein
arzenei, das es in dir die feikeit des fleisches demme und
zeme. KEisERSBERGt%. 159'; ein mensch, das do jung, stark,
frisch und gesunt ist und kein irrung het, sinen lust und
fegikeit (so) gnug zu sein. 17S'; da sint die fuesz schnell
zu bosheit und Üppigkeit, und die bend vol böser werk, der
lib vol feikeit. 19l'; denn weiche, zarte und hübsche kleider
ingcberend üppikeit des gemütes und feigkeit des fleisches
vorab in jungen unerstorbenen menschen, seelenparad. 39'.
2) die bedeutung ignavia könnte sich bei Li;ther finden, ste
uird später die einsige: ein krieger, der im treffen feigheit
bewiesen hat, wird verhöhnt; der despotische Orient lebt
zugleich in ewigen kriegen und in ewigen Ohnmächten, Eng-
land ohne landkriege und ohne feigheiten. J. P. dämm. 59.
FEIGHERZIG, ignavus: der feigherzigste tyrann, den viel-
leicht die geschiebte kennt. Wieland 2.251; er war feig-
herzig genug sich zu dem unrühmlichsten frieden geneigt
zu fühlen. 3, 70;
und wodurch du allein, feigherziger, olle besiegest,
langsam wird dir die flucht, wo die mächtige tracht du um-
herschleppst.
Voss Otid 53, 132 {met. Vi, 113).
FEIGHERZIGKEIT, f feige gesinnung.
FEIGIGKEIT, f. sind wir doch diser zeit des wollusts und
feigigkeit dermaszen gewohnt. Fboxsperg kriegd). 2, 30*.
FEIGLING, m. homo ignavus: ihr buhle, der schadenfrohe
feigling. Stolbehg 13, 20 ;
bis noch sinnreicher, denn jener,
aber sich selbst unnützer der Naupliade des feiglings
schlauen betrug auldeckt und den sträubenden zog zu den
Waffen? Voss Ov. met. 13,38;
die scharfgezeichneten Charaktere Rabelais vom loyalen edlen
Pantagruel bis zum gelehrten feigling Panurge. J. P. aesth.
1,197.
FEIGLINGSTRITT, m.
ja kaum der wandrer wagt auf euch (bürgen) zu rasten,
gleich als entehr er alter" krall grabstelle
durch seines feiglingstrittes nichtige lasten.
Ri;cKERT (jw. ged. 2, 144.
FEIGWARZE, f. ficus, feigarliger ausicuehs und gesehirHr
an menschen und thicren: der herr wird dich schlahen mit
drnsen Egypti, mit feigwarzen, mit grind und krelz, das du
nicht kanst heil werden. 5 Mos. 2S, 27 ; es wächst under-
weilen dem pferd auswendig auf der heut ein rote oder
blawe geschwulst, die da sihet wie ein frische zeilige feig
und darumb heiszt maus auch feig oder feigwarz, nit darumb
dasz es ein feigwarz sei wie an einem menschen, welches
vil ein anders diug. Selter 234; die feigwarzen sind harte
und schwilichle rufen voller schrunden, an gestall den un-
geschmackten feigen gleich, entstehen binden an den Unter-
schenkeln {der rosse). Uffenbach 2,276; s. Fiacrius (plage)
mit feigwarzen. Garg. 25S';
für den krebs und für die feigwarz. Atur 4t';
den pferden die feigwarzen mil einer scheer abzwicken.
HonBERG 1, 115".
FEIGW.ARZENKRALT, n. ^carta ranunculoides, früher elieli-
donium minus.
FEIKEN, micare digiiis : feiken mit ßngem ist der Welschen.
Comenius ron Docemics §. 941. dos nwrasfid, wobei es auf
Gccare ankommt.
FEIL, m. siehe fehl.
FEIL, renalis, zu kaufe, ahd. fali, feli, feili (Gbait 3,495),
mhd. veile, veil {trb. 3, 291), bahr, fael, fal (Schm. 1, 523),
schveiz. fäl (TonLEB 175'), nd. feile (Scuahb. 25S), Lutuek
schreibt veil, um es ton feil (fehl) zu scheiden, tras doch kein
ausreichender behelf ist; nnl. veil, alin. fair, schic. dän. fal.
hiermit das ags. fäle {oder fa-lc), der form und bedeutung nach,
zu einigen ist Andr. und El. 143. 144 versucht tcorden. Hile
sdiickl sich zum ahd. fali, feie ine zum altn. fair, aber fxle
Kürde zu feili stimmen, a und ei scheinen gerade zu schicanken
trie in feil, fei, fehl, fale hläf ist noch panu rendibiiis, doch
meistenlheils hat fäle den sinn ron proprius, fale sccalc ist der
eigne knecld, fäle sceap das eigne schaf, fale hds, das eigne
haus, Sachen welche der herr und eigner fei\ bieten, verkaufen kann.
mhd. und nhd. binden sich mehrere verba mit diesem adj.
1) feil sein: die sache ist feil, nicht feil, zu haben, nicht
zu haben ; es ist mir um keinen preis feil ;
mhd. swä minoe veile wäre. Fiieioa!<k 98,20;
swa; da ze Home vriles i.<t,
di aiht niua maocgen valscben list. 15.3,23;
91*
1447
FEIL
FEIL — FEILE
1448
nhd. nu ist mir ie der mein (teil) aucii nit feil,
wan es ist der pcst, als ich wo! sich, fasln. 83,30;
sihe, ich höre, es sei in Egyplen gelreide veil. 1 Mos. 42, 2 ;
alles was feil ist niif dem lleischinarkt, das esset {golh. all
J)alei at skiijam frahiigjaidau, nialjaij)). iCor. 10, 25; so steckt
man ein sper zu Itoin auf den markt und selzf sie darunter
zu eira zeichen, das si mit dem sper bezwungen und auch
vail wären. Mugi.eins Toi. jVax. S2"; erbarkeit ist feil hie und
het man schon sie feil, man iniist sie gar wolveil geben,
ee das man sie kaufte. Keisersiierg brOsaml. li';
die falsche sucht .sich ein ander theil,
die treue macht mir lange weil,
die beste war nicht Teil. Götue 1,1-16.
2) feil Stehen: es steht ein pferd, ein wagen feil:
die herren sind uns gleich, wir stehen feil ümm geld.
FtEJitNC 112;
mir schmeckt der klare safl, mir schmeckt das reine uasz,
das ohne keller frisch, das gut bleibt ohne fasz,
das ohne geld steht (eil. Logau 1,51;
die well ist wie ein kram, hat wahren ganze häufen,
um arbeit stehn sie feil und sind durch lleisz zu kaufen.
3, 15«, 1.
3) feil haben, halten,
mhd. salraen, larapriden
hat er doch liitzel veile. Pars. 491,17;
swa; ich veilcs hän,
daj ist iu gar dan undertdn. 564, 1 ;
die minne veile hänt, diu wip,
rcemscher küneginne lip
wart dick nach in benennet. H7i. 153,1;
der hof hat manegej veile,
des der habest niht engert. Frkidank 153,4.
nlid. wenn wil denn der newmünd ein ende halicn, das wir
körn veil haben raiigen? Arnos 8,5; und fand im tempel
sitzen, die da ochsen, schaf und tauben feil hatten. Juli.
2, 14 ; da weisz man wol was iederman zuhört, nit wen eine
nüt den peterling (nur ficlersilif) feil hat, das sie welle seiden
tragen, Keisersberg brünaml. yo'; der laufet in dem wintcr
nun mit einem seil und fraget 'hat ieniand heuw feil?' nar-
rensch. 73'; stehn und narren feil haben;
jnngfer, o ihr seid die schönste, wann ihr steht allein im
Winkel,
kumt ihr etwa raus ans lichte, silit man dasz ihr feil habt
dunkel. Logau 3, 24", lt)2;
in der groszen sladt, wo neben allen lügenden alle laster feil
haben {ihre tcaare feilbieten dürfen). Hebel hausfr. 254 ; schuciz.
nebes fäl hah (etwas feil haben), die Iwsenthür offen. Tobler 175'.
4) feil tragen,
mhd. swä man minne veile treit,
da koul'ent gouche unsxlikcit. Freidank 9S, U;
ze jungest wenet er sich,
daj er die hiute veile iruoc. Iw. 3341 ;
er mac sich harte wol bejagcn,
gelernt er bühsen veile tragen. Parz. 517,2;
nhd. wie die taglöner, die iren leib und arbeit feil trilgen.
Frank tcellb. 103"; leib und leben von wegen einer kleinen
hesoldung feil tragen. Wickham bilijer A3; unleugst hernach
hat Innocentius der 4 Sicilien kfinig Heinrich dem 3 aus
Engelland für seinen son Emond feil getragen, bicnenk. \2i' ;
sein leben ircgl er bei im fall. Atrer lOU*;
wem alles gleiche gilt, ob der, oh jener siegt,
der kömpt und tr5gt sich feil. Opitz 3, 2'J7;
wer aller trew sich traut und glauben trägt so feil,
gibt «einen theil zwar aus, nimmt aber keinen thcil.
LOCAU 2,'ii,!>b;
wir trugen unsre clieder feil
und haben unser bcuteiheil. Göthi 41,286;
sie trugen ihre haut feil = zu markte.
i) feil bieten, ausrufen, schreien, schlechte waarc zu hohem
preise feil bieten ;
de pot mir iren leip oft feil, fattn. 123, 2;
Naemi beul feil das sttick fclds, das unser« biuders war
Klinielech. Ruth 4, 3 ; er «ol es (das gut) dem mciger veile
bieten. weiMh. 4, 142;
er ruft und schreit vil nhlasz feil.
dial. ron tweii-n pfa/fenkochiH |.^23 a2*.
«) feil stellen,
IU liabel wurden icböoe lAciiter auf freiem marke feil geatelll.
LocAU 3, 117, »2.
t) feil fuhren,
mhil. wie wol il noch verkoufent dat «t lAren rüerent veile.
NiinntRT 51, 27;
•i sprach 'fiiert ir krAmgrwnnt
In mlM« Und« Teil« 7' i'uri. 531, 13.
8) feil sprechen, für feil erklären: es miigen auch die ge-
lirhlskeufel die pfand zwischen den vergantungstägeii im kram
fail sprechen und umb die geschätzte summa hingeben. .Wini-
berger reform. 1564 W. 61*.
9) feil finden,
mitd. wir vindcnj ninder veile. Nib. 1577,3;
und wa-re der arzcnie also,
daj man si veile funde. a. Hcinr. 217;
Cr gewan ir swar er veile vant,
Spiegel unde häibant. 33.i;
dii kanst wol ba^ g^j^en
da dii ej veile vundest. Greg. 2767;
nhd. diese art zeug wird hier gar nicht feil gefunden.
10) stellet sie {die sclaven) der herr an oflenen markl zu
feilem kauf. Steixhüwei, £w/) 1555. 5; das man auch des hei-
ligen tages kein arbeit noch feilen kauf verhengen sol. ScnCrz
beschr. von Preuszcn 123; dasz hinfiiio kein brauen, backen
oder andere handwerk innerhalb einer mciie weges zum feilen
kauf verslattet werden solle, iirk. von 1026 i« Gbots je.sc/j. ron
Nordheim s. 129 ; fallen kauf (mo//"c(7) geben, zu failem kauf hallen.
Sciimeller 1, 523. feil backen. «m/Ä. 4, 138. 140; vieh feil
schlagen 4, 140; da gibt ers vil basz feiler. MClmas geisel 249.
11) ein feiler mensch, der sich durch geld gewinnen, besleclien
läszt; eine feile dirnc, die sich für geld preis gibt;
und die iungfrawen diser zeit,
schier alle fail, erheben weil
die, so am mehrsten gelt zutragen. Wkckherli!« 395;
und keinem eigcnnutz und keiner meinnng feil.
IIagkdorn 1,98;
botschaft von feiler ehr, womit die schmach sich schmücket.
Lkssi!<g \,H'i.
s. marktfeil, wolfeil.
FEILANO, m. entstellt aus välant, dacmon, diabolus {mytluA.
943):
hörstu, du pöser feilant! fastn. 578,21;
vgl. nu schweig du böser volaiit! 926, tl.
Luther macht daraus wortspiclcnd einen feiland, gleiclisam von
feilen, fallerc, im gegcnsatz zu heiland : wir haben erlebt, das aus
irem lieiland inon {den papislen) ein feiland ist worden . . .
sollen wir denn nicht viel mehr getrost und frölich sein auf
unsern rechten heiland, der es nicht allein thewer und hoch
verhciszcn hat zu komcn und uns zu helfen, sondern kan es
und wils gewislich Ihun, und nicht ein feiland sein, als der
je noch nie kein mal gefeiicl noch gelogen hat. 5,532*;
sprenget die leule in die wüsten hinaus und läszt sie hungers
sterben, das mag ein armer nicssias, ein bctielheiiand und
feiland sein. Otuo735; die einem andern nachjagen, werden
grosz hcrzeleid haben, ihr heiland, sagte Lutherus, wird ein
feiland sein. 803; denkst du aber nicht an deine Sünden?
ja, spricht Simeon, ich denke wol daran, aber ich denke an
den heiland auch, den ich nun gesehen hab. mein heiland
wird kein feiland sein. 1205.
FEILBAD, n. bad gegen bezahltmg. Sch*. 1, 523.
FEILBECK, m. becker, der brot feil bdckl und liält.
FEILCHEN. n. kleine feile, nnl. vijitje.
FEILE, f Uma, ahd. fihaia, fihila, mhd. vtlc, früher figil
und noch nhd. feigel, feihel, feiel, die heulige sdireihung mischt
sidi mit feil (fehl) und feil (venalis), während nnl. \ijl und
feil, veil gesondert bleiben, engl, lilc, schH'. dän. fil, das ahn.
Jjiiii schon sp. 12tl beigebracht; poln. pilnik, Wim. pilnjk, Id.
pieli, lett. wihle.
mhd. ein nater in ein smitte kam,
ein vile si zuo ir genam
durch grölen hunger, den si truoc,
mit den zendon .«i die vilo uuoc,
sf) si meiste mähte,
diu vile dfs erl.ihtc.
nhd. fand eine feilen und lieng an zu nagen. SteinhOwel
Esnp 47; seine gewall ist nicht ein beil. axi, seghen oder
feilen, dadurch er wirke, sondern er seihs. Luther 3, 352' ;
ich schAtze zwar der ednln feile flelsz,
doch wird ein höckerchen nicht meiner lust gleich schaden.
ili'RGKR 104'.
ein gebrechen entstanden von schlichler feile, von lifUcr haut,
romelbst. SriiAMnAni 19l'. 25s'. s. ariufeile, besloszfciie, ei>;eu-
feile. glaltfeile, holzfcile, schlichlfeilc.
FEILE, f muppula, linteiilum, mhd. falle, vtrle, »Ale {rb.
3, 213*) deutet man aus fr. viiile, lat. veliiin, mü^ich wilre eine
ganz andere ableilung. nnl. heiszt im norden feil, im sitden
dweil ein tuch, icisclüuch, ijenide nie dort feilen, hier d« eilen
für errare ges}irochen wird. d»*eil (ütcr »Irlll steh unverkennbar >•■
das ahd. duuhib, tuuhila ((inArr 5, 26l>) «iar, wddiet die nfHiU "
i
1449
FEILELEIX — FEILSCHEN
FEILSCHEN — FEIM
1450
rMsupraclie in twehle. zwehle und quehle ändert, duahila
gehört deutlich zu duahal, goth. [ivalil. ags. jtveal lavacnm,
mithin zur würzet {ivahan, alid. diiaban /arare und bezeichnet ein
voiclUuch, badetuch, endlich ein tuch überhaupt, urie auch die lat.
glossen manlile, pepliim, strophium erkennen lassen, aus demselben
deutschen twahan entsprang das franz. toaille, touaille. tnlat. toale
vnd dann toile im allgemeinen sinn von tuch, hiernach sind die
Wörter lucli, tuoch (Graff 5. 365), twehel. twelile, dweil und
feil einander gleichzusetzen, trenn Parz. 301, 28 ein faile tuoches
über 'diu bluotes mal' geschwungen vrird, so fcMle die mhd.
spräche längst nicftt mehr, dasz in falle und tuocli dasselbe liegt,
Iweile und feile liefern aber schüne bestätigung der sp. 1422 idenli-
fiäerlen, andrer tcurzel entstammenden formen dweiien und feilen,
zweble und quehle begegnen nlid. oft genug, feile, feie selten,
im franz. Simpl. 1. 29 liest man ton mönrJien : giengcn sie allein
hin und kamen bald wieder in langen leinenen rocken, lieszen
binden zu aufm rücken ein falle fallen, so über dem hals
an zwei schnürlein angeknüpft war, fielen auf ihre knie nider
und peilschelen sich selber so lang, bis ihnen der prior ein
zeichen zum aufhören gegeben. Hemsch 1055, «4 hat feel
decke, die biawen feef, segcstria {strohdecken), in den mhd.
stelleti, «0 vsele vorkommt, iit fa'le gemeint, zu untersuchen
bleibt ein bei Lye unbelegles fihle pannus.
FEILELEl.N, limula, feitdien. Stieler 457.
FEILEN, s. fehlen.
FEILE.N, 1) venditare, feil bieten, zu kaufe bieten, hingeben,
alid. gifeilön (Graff 3, 495),
mitd. vil dicke harte reilet
sinen lip min her Gawein. kröne 21447;
ein teil man iwer leben lie,
die fuort man an den seilen
und hiej iuch hin veilen
umb ein Ueinej dinc. Helbl. 2,1172.
nnL veilen : wanneer zal dat land geveild worden ? meisl-
b'u'tend rerkauß werden.
2) emere, erkaufen, erliandeln : wcisz eben so vil darumh,
als der so dnimb (um das pferd) feilt, wirbt und kaufen will.
FifCHART ehz. 524.
FEILEN, limare, mhd. vllen,
scliniiden, feiln und lilopfn wird in säur, .\trer fastn. 27*;
ich feile, wol zerfeil ich dann
auch manches goldne drälchen. Götbe 1,37;
der stalil den leidenden,
ganz von den harten fesseln wund gefeilt,
aus dem gefangnis weg. Borger.
der gefangne feilte die eisenstäbe seines kerkers durch und
entflüh; eine arbeit, ein gedieht feilen; sein feilendes aus-
bessern war gewaltig. J. P. FiMSS; ein gefeilter slil. «.ab-
feilen , anfeilen , ausfeilen , befeilcn, durchfeilen, einfeilen,
wegfeilen, zerfeilen.
FE1LENH.\UER, m. Umarum faber, poln. piinikarz.
FEILER, m. Umator.
FEILER, m. feilbeck, in der Schweiz kleinbeck gegenüber dem
fogelzer. qroszbcck. Stalder 1, 3C3. s. feil backen.
FEILGÄDEN. n. tabema.
FEILH.\BERE, f sHiweiz. buhldime, die ihre reize feil hält,
feil trägt. Stalder 1, 3C3.
FEILHEIT, f. vilitas, käußicldceit : Zwietracht und feilheit in
Rom und in Italien. Stolbehg 9, 1S6; die feilheit der comitien
in spiitern zeiten. Nieblhr 3, 3S5.
FEILICHT, fi. scobs delimata, abfall beim feilen, feilstaub:
wenn man ihnen (den mausen) eisenfeilichl, in Sauerteig oder
Weizenmehl vermischt, hinleget, so müssen sie sterben, wenn
sie davon fressen. Hohberg 3, 2, 272'.
FEILKLOBE, m. zangenartiger Schraubstock.
FEILKOLßE, f». Werkzeug der goldarbeiler.
FEILMAHKT, m. mercatus: das glück ist einem feilmarkle
gleich, auf welchem oft der werth eines dinges abschlaget,
wenn man nur ein wenig warten kan. Bltschsy Palm. äAh.
FEILNADEL, f murex radula, auch nadelfeile, eincscJineckenarl.
FEILNAGEL, m. ein Werkzeug der zinngieszer.
FEILSCHAFT, f. merx, die feil gestellte wäre, was man feil
bietd.
FEILSCHEN, um etwas handeln, mhd. feilscen und feilsen:
«i veilsceden goit unde pellin
'wie biedet ir dal, geselle?' Roth. 3115;
.«lu ritent unde loufent.
siu kourenl und Tcrkoufent,
.<iu schowcnt unde veilsent,
»in trärent unde geilsent. Hart. 12f>, 73;
wdr fällst, da; er nilit choufcn kan. Haut. «.55*;
nAJ, wann einer etwas kaufen wil und feilschet ein ding,
; als sei im nit ernst, so hütet er es im um ein gelt, so wirft
■ er es so weit hinter sich, wol drei meil ferr, und hett es
I doch von herzen gern. Keisersberc brOsamlin 93'; da baten
, in die Studenten, er solte doch auch den heszlichen men-
I sehen feilschen. Albercs 3; feilset die zwo tauben und gab
die zween pfening umb die zwo tauben. a//e treifen 1565, 205' ;
die leut so da vorüber giengen,
feilschten, und umb die wurst zu dingen,
fragten wie thewr er si weit laszen. Wolgemct 2, 244 ;
des montags früe auf den rosmarkt kam, vil schöner ros er
feilset (s. l.) und darumh kaufet, doch kein kauf im für sich
gieng. Steinhöwel dec. 7S, 35 = Bocc. 1, 59' (fu in sul mer-
cato, e molti cavalli vide et assai ne gli piacquero, e di
piü e piü mercato tenne ne di niuno polendosi accordare);
die gut tochter . . . salzte sich also an ein maur und deo
milchhafen für sich, das man sie {die milch) feilscht, het die
eier gedeckt und entschlief also. seh. und ernst 1555 cap. 410.
1522 cap. 514 ; es ist traun an allen orlen wahre feil, der
Verkäufer leget sie fei! herfür. der käufer bietet darauf, feil-
schet, bis sie des kaufs eins werden. Comenius von DocEMirs
§. 493; damit sie selbige besser betrachten konten, gieng
Burghart und feilste einen degen. unw. doct. 908; sie erzeh-
Icle, dasz, da ein kleiner bucklichter zu ihr gekommen und
einige messer gefeiischet hätte, wäre er plötzlich umgefallen
und gestorben. 1001 Viertelstunde Leipz. 1738 1,141;
twar die gelehrtbcit feilscht hier nicht papirne schätze.
Haller s. 33 ;
hier feilscht man einen zahn und dort ein falsches haar.
Merk briefs. 1,lviii;
und ihut sie erst die Schaltern auf,
da kommt das ganze Städtchen
und feilscht und wirbt mit hellem häuf
ums allerlei im lädchen. Götue 1,37;
ein paar eiserne gesteile, . . . welche ich sogleich feilschte.
28,274; sie waren im begrif kirschen zu handeln, eigentlich
aber feilschte Felix, der immer etwas geld bei sich führte.
21, 14 ; er sah ihn mit einem jungen tabuletkrämer über klei-
nigkeilen eifrig handeln und feilschen. 22,154; am nothwen-
digsten aber wird eine allgemeine sprachübung, weil bei diesem
festmarkte jeder fremde in seinen eignen tönen und aus-
drücken genügsame Unterhaltung, beim feilschen und markten
aber alle bequemlichkeit finden mag. 22,156; wir feilschten
nicht viel und zahlten gut. 30, 15 ; er feilsche darum, könne
es aber von dem besitzer nicht erhalten. 30,114;
feilschet nun am heitern orte,
doch kein markten finde statt. 41,25.
FEILSCHNITT, m. 20 kreuzerstücke durchaus schlecht
geprägt, die keine rändelung, sondern nur feilschnitte {ange-
feilte schnitte) haben. Belli Frankfurt 6, 32 (a. 1773).
FEILSEL, n. was feilicht, nnl. rijlsel.
FEILSEN, was feilschen. Dastpodics 327 hat feilsen, 116*
aber auch feilschen.
FEILSPAN, m.sco65. Calepixi rffc/ionarium. ßase/ 1616. /b/.1310.
FEILSTAl'B, m. dasselbe: die eingeführte schreibregel,
nicht zu feilen, sondern den ganzen aufwand von feilstaub
und zeit zu ersparen. J. P. bficherschau 2, 52.
FEILSTEIN, m. Neideck, Plat, Perlinger, da man auch
den feilstein in lagQetzen findet. Mathesius 99*.
FEILSTRICH, m. strich mit der feile auf einem trerkst&ck.
FEILTANZ, m. freitanz. Höfer 1,192.
FEILTRAG. m. licitatio.
FEILTRÄGER, m. trödler. Stald. 1, 363. Todler 175. stadlr.
ran Meran bei Hacpt 6, 419. 420. 421.
FEILTRÄGERIN, f. trOdlcrin, auch buhlerin, wie feilhübere.
FEILTRAGSZETTEL, m. die Verkündigungen und die feil-
trag^zcddel an die gerichtsthür anzuschlagen. Frankfurter re-
form. I. 41, 31. 37. 46, 1. 2.
FEIM, m. spuma. ahd. feim, faim (GB.\rF 3, 519*), »n/W. veim
{wb. 3, 317"), ags. fäm. engl, foam, hair. faim (Scnu. 1, 531),
einige setzen faum für faim. zunächst liegt sl. pjena. poln. plana,
biiltm. pena, diesem aber skr. phena, sämtlich mit n für m,
welchem doch das m des lat. spuma und ahd. scöin (Graff
6, 490). mhd. schi'im, n/irf. schäum, nnl. schuim, altn. skAm,
schw. ddn. skum gleicht, sc entspricht dem sp, wie it. schiuma
neben spuma und fr. ^cuine =» escume zeigt, spanisch bestelU
espuma. ohne s reiht sich puma an unser faum, faim wie an
sl. pjena, <Aer audi an unser schäum, denn die anlautenden sc
und f vertreten sich anderwärts oft, die ncafxdit. mundarl macht
aus fiore -sciore, aus fiumc siiuine, die sicilianische ciuii, ciumi,
1451
FEIM— FEIMER
FElMLüFFEL— FEIN
1452
unser scheinen, gotli. skeinan 5/W// sich zum gr. fniiEiv. nach
allem diesem läszl sich an lier itlcnliläl von feim, siliaimi, spuina,
phena, pjena nicht zucifeln, eine mtr:el dafür schwer ausmil-
teltt, vgl. mit spunia spiicre. ///. penas, lelt. pceiis milch könnte
die scMumende bezeichnen; Hchliger führt vielleicht das, teas unter
feind bemerkt uird. ganz ab liegt das golh. liva|)ü und srhlieszt
sich dem ßnn. vahlo, est. wallt an, sdieint sich auch mU lit.
jiiitia, leit. putlas zu berühren, noch ferner liegl rttpQÖi, nimnü
jedoch altn. frauit und froda, noru: frau, schw. fradga, dän.
fraadc auf, nfoi^eit; nfnelr ist altn. freyJa, norw. fiiiya,
schw. fradga, wozu man auch golh. fraiv semen, altn. fiio, fiioF,
fia*, schw. dän. frö hallen musz.
hier sind belege für unser feim:
mhd. dör heubtman der was Heime,
diu ros von dem veime
wären erswiizel sere. Dielr. 3386;
si hänt gesungen von d^m veim, den grünt liänt si verlitjen.
Fhal'enlob s. 115, U;
sin £ren seim,
ob fr sich mischet zuo des vrandels veim. s. 1S4,0;
aller gnaden Teim. Mlskatbl. s. 7ü, 64.
nhd. er füllt sein herz mit eitelm faim dcrmaszcn, daj der
saf gütlicher erc nimer hinein mag. Rertolds Iheol. 48,4;
lasz wieder sieden und schöpfe so lange ab, hh er {der ziicker)
kein feim gibt. \\ \RSv:iG arzneibuch il ; so dis geschehen und
die leuterung anfallet zu sieden , so wirft dieselb einen
schwarzen fiium auf, den nimb ab. Erker 130* ; unangesehen,
dasz die sack nicht wie ein fleischbrüh oder etwas sicdens
[siedendes) schäumen, wissen doch die müller denselbigcn den
feim abzustreichen, dasz bisweilen ein metzen oder zwo ge-
traids kleben bleibt. Kirchhof wendunm. 269'; ja ist {der pabsl)
der Vorlauf in der kelter, der feim vom most, und die oberst,
mittelst und unterst Staffel im tempel und alles was man
mehr sagen oder erdenken kan. bienrnk. 124"; in zwo achte-
riug wein einsieden lassen, da wird der faim sein ein narr,
wann du aber den faim hinweg blasest u.s.w. Schmchlc 283;
damit ich hierdurch den herumbwälzenden feim und zorn
der wellen stillen könne. Abeie3, 171; ei mit wasser klopfen,
das es zu einem faim wird. Hohderc I, 220"; man zerschlägt
den Zucker mit den eiren, dasz er wie ein faim wird. 1,233'.
in Schlesien lieiszcn die fetlaugen auf der brühe der feim oder
ßum. Weinhold 19". s. abfeim, meerfeim, waldfeim = ab-
schaum. meerschaum, waldsdiaum.
FEIME, m. f. acervus, manipulus, dem vorigen feim, spuma
unverwandt, verschiedentlich, doch mehr in nd. gegend, ein zusam-
mengcschichldcr häufe von garben oder von heu, in Uolslein dieiiie
(2, 1103) genannt, so dasz sich auch hier wieder f und d begegiiciL
die getreide und heuernte wird nacli solchen feimen odir fernen,
fehmen, wie einige schreiben, berechnet, s. feimenberge.
FEI.MEN, spumare, despumare: faim es schon, faim die pru.
JtöfAcnmm/crei b 4 ; lasz das über nacht sten und des morgens
80 feime es schön. Unterweisung zu versechung eines menschen
leib, sei, er und gut. ^'ürnbcrg 1489. 88'; und lasz es dann
über nacht steen und des morgens so feume es schone.
OfiTOi.r vojr Bairland ar;neit«c/j. A'ürnft. 1477. 43'; das schmalz
von der suppen zu feimen. Frank chron. 518'; setze zucker
mit eicrklar aufgelöst ans feuer, wann sich das sieden völlig
gesetzt, feime das unreine darab. Wirsung arzncib. 17;
mhJ. got, in sines geistes brünstc,
an dir zeigte sine künste,
üö fr aller Sünden tfinste
gar von dir gcvelmet hat. MS. 1,29*.
s. abfeimen, abgefeimt, au>feimcn.
FEIME.N'BERG, m. acervus manipulorum : dann führen sie
«ie {die garben) mit fudcrn in die Scheunen imd tragen haufen-
weis beieinander (machen feimenberge). Comenius von Doce-
Mius §. 397. könnte auch feimenberge /. sein, gebildel wie hcr-
berge, beinbergc u. $. w.
FFIMER, m. ein geräth der fischer : es gehören auch zum
fischfang üschnclz, ziiggarn, netz mit groszen niasc hen oder
•cbakeln, feimer, wurfgarn, lischerrcus, faihfciiner. wicke,
flccbergeren oder trislachel, die elger, niigeln und dergl.
mehr. FEiERAHtMU wayser und fischwciJurrk 67'; die garn zürn
fischen nennt man ii>^chiiclz . . . feimer, wurfgarn. lischer-
reuscb, fachfeimer, wirke. Sebiz .S(i3; &n kerder {köder) imd
friuMr fischen, veislh. I, l.'>ti; haben au< h eine :trt zu schlafen,
•Im daM »i« mit i-iiieni friuicr im schlafen zu Zeilen gefangen
werden. Forkr 23*; ein ziiggarn oder feimer, funda. Frisiu»
&92'. Maalu 13.3*. 134'; SfAUiKR 1,358 schreibt fuiiiiMT, der
name rührt wol daher, dasz das gerdth ins wasser geworfen schäum
erregt; es mahnt an die malbergische glosse feinire, liiniiT, naris,
die ich sciton in der vorrede zur lex salica s. L, oJine an die.<ten
feimer zu denken, aus feim deutete, meerschiiumer ist ein
sea-('iuher.
Fhü.MLÜFFEL, fn. cochlcar spnmae tollend ae factum, Schaum-
löffel. Schaumkelle. Hühberc 1,218"; faumlölTel 1,219".
FEIN, subtilis, erst später aus dem romanischen zugeführt, weder
golh. noch ags. alts., nur eine einzige ahd. gl. des lo. u ;/*. gibt
finliho, zei^o, lenere (Grakf 3, 523) und nach Island werden finn
potitus. suhlilis (SvEiMiiöRN Efiii-SSON 171"). finicga egregie, fina
jH)lire kaum vor dem 14. 15 j7». gedrtmgen sein, genug verbreitet ist
schon mhd. ün, vin, doch niciU anzutreffen bei llKRT)ii\:i, Wolfram,
GoTKRiEU, WiRNT, Runoi.F i(. 0. wi., wol aber bei Konrad, IIao-
LAiiB, Boner u. a. nnl. fijn, engl, üne, scliw. lin, ddn. hin.
auch dem lalein unbekannt, mlat. finus liervorgegangen aus rotnan.
fino. die fiblichc nbleüung vom jmrt. finiliis (Dlcange 3, 301.
Diez 146) flöszl zweifei ein, warum hätte sich neben fiuito, (ini
mit dem ton auf zweitem i ein geslumppes, den ton auf die wurzel
legendes lino, line, (in eingefunden und andere bedeutung em-
pfangen? denn rfi'e.w ist wcnigir perfcctus, vollendet, sp. acabado,
fr. acheve als subtilLi, delicatus, tenuis. lener. das ebenso weit,
nur nicht im romanischen, verbreitete leiiui», skr. tanii, ahd. dunni,
nhd. dünn, ags. liynne, engl, thin, alln. [uinnr. schw. tiinn, dän.
tynd, russ. tonkii, böhm. tenky, poln. cienki buchstäblich mit
fino zu vergleichen wage ich nicM ohne fesleren anhält, höchstens
das wallon. tenne mince liesze sich anführen, der übmiänge von
lingualis zu labialis sahen wir sonst schon mehrere, feines laiib,
feines papier, dünnes, zartes laub, dünnes papier, feiner,
dünner regen liegen sich nahe, auch Schmeli.ers 1, 534 erschien
die bedeutung von dünn und subtil in fein die erste.
1) »7i/i(/. er was so relite finc. Keifet* 45,11;
si ist so phin. MS. 2,22';
si ist so schccne und ouch so fin,
als die viol in dem merzen. MSH. 1,72';
il möht ein lant an ir verderben,
und t.Tt ir ungenäde an im diu fine. 1,343';
ir bijen was so zärtlich wiblicb fin. MS. 2, ISO';
Minne wirde mir noch fin. 188";
Ich wart so swach von ir wunnen fin. 190';
sumergewa;te zeinom bette fin. 194';
daj bette fin. 195';
ouch was daj wfier also vin
und also glänz diu siinne. ir. kr. 1110;
daj kleintTt üjer mäje fin. 1507;
f j wart nie knabe so rehte vin,
noch so zühiic noch so wis. 4850;
diu selbe wart so lüter nie,
noch so clär noch alsii vin,
so diu erwelliu kiinegin. 14626;
diu It'iter und diu fine. 19952;
mit dem gciilite sinen,
dem reinen und dem vtnen. Frib. Tnst. 44;
die glcsten glänz von golde vin. 23'J3;
manic kil(;litrii)e vin
der werden Minne wagen zugen. minnelehre 602;
ir brüste! kleine und vin. 659;
da|( du so stolz und so vin
noch stäst. Hos. 83,22;
ein weidman vieng ein vfigellin,
daj was klein, stolz uiidc vin. 92,2.
2) nhd. hübsch, artig, zumal von frauen: ein feines m.ldchen,
puella bella, Icpida : und sie war eine schöne und feine dirno.
Esther 2, T; sieben feine dirnen von des königs hause. 2,9;
m der Volkssprache c feins mensch ;
das ieklicliem wurd zu teil
an eurem hol' ain juiikPrau vein. faittn. 404,24;
junkfrau zart und auch fein. 4U4, 3<i.
in der anrede meine feine, fr. ma fino, die feine, wie sonst
die schöne, liehe, traute, süszc, schlanke:
ein jeder ist bemüht zu haben eine line ( : kühne),
der er zu dicnsten steht. I'ikiimc 1(17.
FönsTKMANN 1.407 hat den frauennamen Hiia; lulußg nehenein-
ander feines lieb, feines liebchcn und zusammrngrnickl feiiis-
lieb, feinsliebchen :
ob Ich mein Ti-iii« liep moeht crf^rien. fn^tn. ITi, ««7;
Ktnnd auf, (e\nn lieb, und Iiidz mich ein. l'tii.tip 24s ;
indem wir nun eine weile bei einander gesesien, w<dlle mir
mein feine« lieb ven» eisen, warum ich bei ihrer ankunli <l.i-t
liecht ail-grlösthet. I>eis. rosrnth. .'»,6;
1453
FEIX
FEIN
1454
so hab ich doch die ganze wochen
mein feius liebcheo nicht gesehen, bergliederbvchlein ;
feins liebclien Ihu nicht scheiden. F». Mi;i.i.Ei» 3,130;
ich war mit leisen tritten
wol um feinslicb geschritten. Mittler 547';
ich habe mein feinsliebchen
so lange nicht gesebn. wunderh. 4,364;
ich habe dein herz, feinsliebchen, ich,
und dünlie mich der gröszte könig.
Kl. Scusidt hom. dicht. ISö;
allein so ists, ein held,
der sein feinsliebchen im arme hält,
kann sich mit leichter mühe vergessen
und weisz nicht was er schwätzt, ebenda;
doch drinnen sitzt im morgenhäubchen
feinsliebchen, athmet waldesdufl,
und horcht, wie amsel, fink und täubchen
der raorgengrusz ins fenster nifl. REckert gps. ged. 1,271.
3) ton kind, knabe, junggescll, mann: und das weib ward
schwanger und gebar einen son und da sie sähe, das (es)
ein fein kind war, verbarg sie in drei monden. i Mos. 2,2;
zu der zeit ward Moses geboren und war ein fein kind für
golt (vulg. et füll gratus deo). ajiostelg. 7,20; eure fcineste
Jünglinge. 1 Sam. S, 16; da gieng der junge Tobias hinaus
und fand einen feinen jungen gesellen stehen. Toft. 5, 5; du
bist ein feiner gesell! Keisersberg brüsaml. 54*; ein feiner
bub, fcair. e feiner bue; die feinigslen buebm san die holzer-
biicbal (hohhauer); ein fein adelich, lieblich, schön und hQpsch
kind. scUus puer. Maaler 133';
der siebend war ein feiner knab. Hacpt 3,254;
willst, feiner knabe, du mit mir gehn? Gcthe 1,1S3;
jeder edle Venedigs kann doge werden, das macht ihn
gleich als knaben so fein, eigen, bedächtig und stolz.
1,352;
habe noch gar einen feinen gesollen. 12,156;
ein feiner, doch stiller mensch. 16,44; ich habe einen geist-
lichen gesehen, welcher sich in einen feinen menschen ver-
liebet hatte, pers. rosenlh. 5, 2 ; ei wie ist es so ein fein man,
dialog Maria E3'; er hatte einen son mit namen Saul, der
war ein junger feiner man. l Sam. 9, 2 ; nur in der gesell-
schaft kommt es dem menschen ein, nicht blosz mensch,
sondern auch nach seiner art ein feiner mensch zu sein.
Kant 7,156; ein so feiner, stattlicher und wol erhallner
mann. Wieland S, 407; wenn ich nur einen feinen alten mann
hätte, der mir hierzu ralh gäbe. pers. reise 326; die feinen
und eleganten herrn in Paris. J. P. painerdr. l, IS.
4) ein feines rind, feines sliick vieli; iMos. 40,2 schwankt
LtTHtR zicischen schöne fette küe und feine rinder; zu dieser
koh kaufte Uli noch eine andere, nahe beim kalben, leicht
in den hörnern, fein von haaren, hinten aus breit, spitz und
fein vornen aus, kurz wie man die kfihe, von denen man
milch haben will, gerne hat. Gotthelf LH 157; also in dem
bächlin. das durch meinen garten flcuszel, sind feine hecht-
lin, schmirlin, und wenn man sie in ein ander wasser setzet
werden grosze hechte daraus. Luther tischr. 2, SO ; die ameis
ist ein feines thierlin, darin gott etliche bildnus sehr schöner
tugend den menschen fürgemalt. Matbesics 2t'.
5) deine slirn ist breiter, deine nase feiner und dein mund
liebreicher geworden. Göthe 20. 133 ; er hat eine feine nase
{kann auch heiszen, spürt fein). Lenz 1,274; ein feiner mund;
das feine lächeln verliesz ihren mund. Göthe 23,174; ich
kannte zu Athen ein junges frauenzinimer. welches die natur
wegen der häsziichkeit ihrer übrigen figur durch den feinsten
fusz getröstet hatte, wie kann man einen anspruch an Schön-
heit machen ohne einen feinen fusz zu haben? Wielaxd 1,99;
ein feines gehör, ein feiner geruch, geschmack. ein feines
gefühl ; (nr ein feines gesicht sagt man lieber ein scharfes,
icol aber ein feines äuge, eine feine stimme ist der gegensatz
zur groben, es heiszt aber auch eine hohe und tiefe stimme.
C) feines brol aus feinem mehl (subtili farina) gebacken;
feines luch. leder, gam. feiner zwirn, feine, zarte wolle, seide,
ein feines hemd, gewebc. zeug, feine wasche, ich gab dir
feine leinene kleider und seidene schleier. Ez. 16, 12, überall
gegcnhber dem groben, eine feine nadel. feines, lauteres gold,
oro finc, or pn, und solt sie mit feinem guld überziehen.
iMos. 25,11; sein heubt ist das feinest gold. Iwliclied 5,11;
feine mark, fein silbcr; wie man das gekürnt silber auf fein
Silber probiren soll. Erker 24'; ein jedes silber, das kupfer
bei sich hat. fein zu brennen, dicweil es breuchlich ist, das
man geringhaltige silber fein brennet. 34*. ein feines, delicales
essen; feine, köstliche speise; der hole trug ein feines früh-
stück im ränzel. Göthe 23, 1S6;
ein gerstenkorn ist nicht so fein,
dannoch soll mirs viel lieber sein, älbescs 16';
ein verhungert hfihnchen fand
einen feinen diamant. Hagedor;« 2,42.
7) ton liegendem grund und boden, sauber, hübsch, nett:
grosze und feine stedte. ö.Voä. 6, 10; eine feine Stadt an der
Wipper, die man noch Rugenwalde heiszet. Micrälils 1,27;
als wir dieses feine Städtchen beinahe nach neun uhr vor-
mittags erreichten. StolbercO, 3; Memel ist an einem feinen
hafen an der ostsee gelegen, pers. reiseb. 1, 17 ; was gilts, wo
nicht die viel heuscr sollen wüste werden und die groszeo
und feinen öde stehen ? Es. 5, 9 ; deine mauren werden sie
abbrechen und deine feine heuser umbreiszen. Ez. 26.12;
und macht im ein feines heuslin und setzts an die wand.
ircifh. Sal. 13, 15 ; wie fein sind deine hütten, Jacob. 4 Mos.
24, 5; den wein nicht trinken, den ir in den feinen hcrbergen
gepflanzt habt. Arnos 5, 11; die gottlosen gehen zwar auf einem
feinen pflaster, des ende der hellen abgrund ist. Sir. 21, 11 ;
ein frischer wald, eine feine wiese,
das ist uns alles alt und klein,
es müssen in unserm paradiese
dorn und disteln sein. Göthe 14,37.
8) aliquantus, ziemlich: er muste eine feine zeit warten;
ich blieb ein feines wellchen stehn. Gellert 1,215;
ich verdiente dort noch ein feines Sümmchen ; man v^endet
dazu ein feines geld auf.
9) fein, gesund: m. Philipps ist widerumb fein viorden.
Ldthers ifr. 5, 29S, fein wol auf, hergestellt.
10) fein, heiler, vgl. Kosrads weter vln; es ist fein, « ist
schön Wetter. Schmeiler 1, 533 ; geht die sonne des morgens
auf und verspricht einen feinen tag. Göthe 16, 100.
11) fein, lauter: die das wort hören und behalten in einem
feinen guten herzen (golh. in hairtin godamma jah seljamma).
Luc. 8, 15 ; das alles liegt in feinem herzen. Göthe 11, 324 ;
ein paar poetische Stoffe bin ich schon gewahr geworden,
die ich in einem feinen herzen aufbewahren werde. 43,38
= an Schiller 351; es v\ar ganz seiner natur gemäsz, alles
was für ihn geschah in einem dankbaren feinen herzen zu
behalten. 4S, 29; gestern abend begleitete ich die gesellschaft
bis unter deine fenster und sagte dir in einem feinen herzen
gute nacht, an fr. v. St. 2, 76 ; behalte mich nur in einem
feinen herzen. 2,317; behalte mich in einem recht feinen
herzen. 3,33; behalte mich in einem feinen andenken. 3,39.
er redet eine feine spräche, ein feines deutsch; sie redeten
so feines hochteutsch, als ob sie gebome Sachsen wären.
Felsenb. 1, 98.
12) fein, dünn, tenuis: ein feiner regen; der ritt hierher
war ein bittrer bissen, besonders die letzten stunden, wo es
feinen regen im winde trieb. Göthe an fr. v. St. 2,34; ein
feiner duft hat sich an die frucht gesetzt; feiner schnee lag
auf der erde; um uns her spüren wir das vergehen nicht,
da es in feine, kleine tropfen zerstäubt ist. J. P. pajnerdr.
2,242; ein feines gewebe; sie dreht die feinsten faden;
filia sub tilia nebat subtilia fila;
ein feines sieb ; etwas in die feinsten fasern zerlegen.
13) abstracl in gutem sinn: leute von feinem verstände; ein
feiner, heller denker; der feinste kenner; da die tbeologia
und alle gute kOnste verachtet waren und feine geschickte
köpfe mit der Sophisterei gcplaget wurden. Luthers tischr.
1, 67 ; derhalben auch Paulus gar einen feinen unterscheid
machet. 1,75; ein feines lob; wir erziehen eine anzahl kinder,
ich bilde die lebhaften und dienstfertigen haushällerinnen
und sie übernimmt diejenigen, an denen sich ein ruhigeres
und feineres talent zeigt. Göthe 20, 65; dasz derjenige, dessen
geist nach einer moralischen cultur strebt, alle Ursache hat,
seine feinere Sinnlichkeit zugleich mit auszubilden. 14,256;
er war von tüchtiger und zugleich feiner natur. 23,174; jedes
feine gcmflth. 49,14; in diesem hause herschen feine siiten;
feine beobachtungcn ; das ist eine feine klugheit, wer dar-
nach thut. ps. Hl. 10. man sagt die feine weit, die feine ge-
sellschaft; sein leben in einem feinen mittelstande sonder
armut und reichlum verschiciszen. Butschry Palm. 341 ; etwas
ins feine mahlen; feiner spott. Götter 1, vi; die feine Spöt-
terei und das fröhliche lächeln. Thühmel Wilhelmine 111;
von allen sitien in der weit
die deutsche mir am besten gefallt,
ist eine feine sitte. Schüidt vo:« Lcbeck lieder 99.
14) in übelm : ein feiner Schlaukopf, ein feiner fuchs, belrieger;
heuchelnde pietisten heiszen hin und wieder 'die feinen'; feiner
1455
FEIN
FEIN
1456
beschisz, aslutior fallaaa. Maaler 133"; feinerer a(heismiis, [
nach welchem gott als ein Werkmeister und nicht als ein
Schöpfer der weit angeschn wird. Kant 6,81; die spttzDn-
digkeit feiner Schlüsse. 6,13; daher habt ihr eiicrn argwöhn?
wie ihr fein seid. Güthe 14, 256.
15) höhnisch, spöttisch, vHe wir auch sauber und schön pp-
brauchen : ä du bist ein feiner gesell I Maaler 133' ; das scind
mir leiden feine bändel. herz. Heinr. Jll. 341 ; er ist ein
feiner! Schlampami^e leben 39; so, du feines thierchcn? hat
dich mein herr selbst schon einmal versteckt? Less(.\g 1, 253 ;
ihr seid mir feine leute! sagte schach Gebal. Wieland 7, 5fl ;
ei, das wäre fein I ; ein feiner streich, den du da gespielt
hast;
wer will nun schlieszen,
was unser feiner mann für titel soll gonieszen?
Log AU 3, 'HS.
ig) das ist nicht fein, das steht übel ; willst du an der Ihür
horchen? das wäre nicht fein? es ist nicht fein, das man
den kindern ir brot nemc und werf es für die hunde {(ilid.
nist guot zi nemanna). Matlh. 15, 26 ; es ist aber nicht fein
das du gelhan hast. iSam. 26,16; ewer rühm ist nicht fein
(ni göda hvöfluli izvara). 1 Cor. 5, 6 ;
fremdling, nicht fein ist die red, ov anXbv i'emes.
Od. 8,166.
FEIN, adv. 1) neben einem rerbum in der bedeutung von tcol,
recht, hübsch, zuweilen blosz ausfüllend und bedeutungslos: das
CS fein aniige auf dem leibrock. 2 Mos. 30, 19 ; durch ein gc-
schwetz, damit er sie fein wolt anrichten. 32,25; wenn die
gerechten überhand haben, so gelicts secr fein zu, wenn
aber die gottlosen aufkomen, wendet sichs unter den leutcn.
spr. Sal. 28, 12 ; denn ir seid seines reichs amptleute, aber
ir füret ewer ampt nicht fein, weish. Sal. 6, 5 ; also ist dieser
auch fein dahingestorben. 3 Macc. 7, 40; ir liefet fein {ir^i/^ETe
xa).(öi, currebalis bene, golh. runnu|) vaila). Gal. 5, 7 ; ich
habe in da fein ergriffen. Luther 3,44"; so were die lere
fein und gerade volbracht gewesen. 3,70'; ein fein gelcrter
pfarherr auf einem dorfe. 3,497'; aber wenn das slündlin
komct, so feilet doch solch geplerr alles dahin und findet
sich fein, ob du rechtschaffen gegleubt und eines rechlgieu-
bigen werk gethan hast. 6, 53' ;
desgleichen ist es mit dem wein,
den pricster daizu brauchen fein. Schwarzenberg 155,1";
0 herr doctor seit ir der man,
•von dem ich lang gehöret han,
wie ir helft iederman so fein,
so liumb ich auch zu cucli herein. H. Sachs 1,466';
sie antwort, wir Dn enden wend,
was wir hend ghört und gschn. trag. loh. F3;
kehr du auch widerum so gmach,
und geh deinr schwigerin fein nach. Nie. Frisciilin 92;
primo, das das wasser fein nach der Icng ablauft. Garg.UI';
fein barhaupts {üdien), wie jener kriegsfurst im schnce und
regen. 244*;
hin und her läszt du dich treiben,
heiszet das beständig sein?
Elachiste, steht das fein,
ronsz man nicht bei Einern bleiben? Leucoleom Galam. 66;
musz also die che wolbedacht angefangen werden, unbeson-
nene beirathen, und da man fein zulumpt, gcralhen gar nicht.
Kolgeplagter pricster 1C91 j. 14t ;
seiner lieb und des licchtes schein
leuchtet mir zu nacht so fein. Weckherli!« 158;
will Röschen eilends nach und Julchen gleichfalls wandern,
so denkt wie hofrath fuchs, 'fein eine nach der andern',
d. h. gehe oder komme, hofrath fuchs meint Reincke, den alten
ralhgeber RaginJiart, eine Variante lautet aber
denkt was der küster sprach, 'fein eine nach der andern'.
GfiniHU 440,
ein kleiner feind, dies merke fein,
will durch geduld ermfidet sein. Grli.ert . . . ;
ihr mAnner, dieses klingt nicht fein;
Schwestern, sagt mini fein,
ist mir, weil ich klein,
noch kein kus vergönnt? Hacbdoin 3, 71 ;
ihre wunde war wieder aufgerissen, welche Torhcro sich schon
fein gesetzt gehabt. Hcrot 3, 220 ;
du magxt so oft, so fein, als dir nur möglich, Ifigen,
mich sollet du dennoch nicht betriegcn. Lriisi<<o 1,10;
besUrken sie ihn fein in seinem trotze. 1, 301 ; wenn ich
lewoflt hAUe, dasz sie mich nicht beirathen wollte, so hatte
ich mich fein mit pachters Liesen nicht gezankt. 2, 482 ; fein
auf der stelle gekostet, so weisz man, was man hat. 2,548;
der ich bin, der bin ich und bleib ich, lasse den wind fein
schnurren, woher und wohin es ihm beliebt. Fb. MClleb I, 314;
und bin und her bormcisiert, 'fein gerade!
biibsch fiiszchen aus und einwärts hübsch die wade,
den rücken schlank! fein hals und köpf empor!
liÜRGKR 28*;
denn won fein halten,
das steht bei alten
und jungen schön! Gökingk 1,171;
in keiner gilde kann man sein,
man wisse denn zu schullern fein. Göthk 4,378;
die beiden liehen sich gar fein,
mögen nicht ohne einander sein. 4,380;
fand joder in mauern gute zeit.
der ritter duckte sich hinein,
hauer in noth fands auch gar fein. 41,236;
als ich etlichemal sachte an der wand hin und her gieng,
mich endlich still und fein andrängte, die thürc öfnete. 18, 22;
wenn schäm und Weisheit sich vereinen,
sieht man die grazien erscheinen,
und Sittlichkeit, die fein entscheidet,
was ehrbar ist und edel kleidet. Schiller 220'.
2) neben einem andern adj. oder adv. zur erhöhung oder aus-
schmückung des begrifs, in der weise wie wir auch hübsch, recht
«. 0. beifügen: ein glied nach dem andern fein gemechlich zu
strecken, ßocc. 1,40; war ich nicht glückselig? war ich nicht
fein stille? Hiab 3,26; verdienen wol ein gut stuck specks
fein warm aus der pfannen. bicnenkorb 194* ; nur fein nüchler,
pulchre sobrius. Maaler 133';
so ist sie auch fein schmutzig fett,
dasz allzeit ihr anklebt das bett. flöhalt D5';
doch seit fein still und habet ruh. Atrer 190*;
für war das ist ein herlich lob,
das ihrs könt machen so fein grob.
was wir thun als recht christenleut,
solches ihr uns zum ärgsten deut.
AüBR. f'APE clirisliani hominis sorf.
Halle 1617 Fü';
hcrgegen die frewde gibt dem herzen wieder räum und gute
luft, dasz es sich wieder stille und fein ruhsam beliiidct.
MüLMAN geisel s. 8 ; gehet mir durchs herz tmd macht mir
dasselbe so fein stille und ruhsam, dasz ich ohn alle bin-
dernis einen süszen ton auf meinen gott dahinschlafe. s. 10;
fein rund und schlecht. Weckiierlin 410;
kein vcrs, wie künstlich er mag sein,
der kan mir jetzund bürge werden,
man werde dieses mein gebcin
bedecken mit fein leichter erden. Opitz 2,200;
er (der fürst) wacht, damit sein volk fein sicher schlafen
kan. Logau 2, 49,75;
lasset euch unterdessen die nägcl fein lang wachsen und den
hart nicht abscheren, so sehet ihr einem löwen desto ähn-
licher. GrvI'UIüs 1,722;
wacht, weil ihr wachen könnt, und nehmt des glaiibens licht
fein hurtig in die hund. Cur. Grvpuiis ;j. wtild. 1,45t;
ein fein aufrichtiges leben führen. Butschkv /'a/m. 386; man-
chem wird mit kleinen würfeln ein groszer betilel fein leer
ausgcführet. 924 ; gab gleich anfangs fein gerade iieraiis zu
verstehen. Chemnitz 1, 102'; auf da.sz aber das haullein nicht
wieder anwachse, soll eine säugainme dem kinde des tages
einigemal mit einem finger fein gemachsam unter der zung»?
• herum fahren. Ettners hcbamme h'l\ ; um nur fein die den
vorthcil zu erlangen, mit ihr briefe zu wechseln. Fvlscnburg
2, 344 ;
dnim thun wir beide wol, dieweil wir uns bequemen.
mit rüben, kohl und speck fein hüpsch vorliou xu utdimcn.
(Unitz "JOä;
so lieb ich selber gern, ich habe licht grniig,
komm doch fein ort zu mir, dein Umgang macht mich klug.
Host scliiiferij. 195;
liiitte nun ein artig kind
einmal erst den korb bttkommen,
ach, das würde fein geschwind
in der ganzen stadi vernommen. Gottscrkd ged. 2,189;
nur fein viel charaklerc! Harkners /ir. 73; ich habe sie noch
nicht um ihren gereimten fürspruch angellehel, herr Heiin-
rcich, ersparen sie ihn zu brüte, 'fein schnippsch, Jungfer
tochlcr! weist du auch, dnsz du deinen braiiligam vor dir
hast?' Weiszk lustsp. 1,25; fein naseweis, mein söhn, fem
naseweis! Lkssikg 1,278; ach! pnpa — 'nu, niil fem wild,
fein wild!' 1,316; laszt ihm fein starke bcinciscn anlegen.
I
J457
FEIN — FEIND
FEIND
1458
3,61; sie fein weit in ehrerbietiger entfcrnung halten. Kant
1,217; ich hätte gute last, dasz ich meinen köpf auch setzte
und ihnen fein hübsch nichts sagte. Wieland 12, 333 ; laszt
uns fein christlich leben. Götter 1,368; ich verstehe euch
nicht, sprecht allein, sprecht allein! 'ach du stellst dich
fein dumm an, kleine spitzbübin!' die dorfgala 29;
dein ITussan san^ dir diese lieder
fein frech und wahr, nach seiner art. Claidics 3,118;
komm fein bald wieder heim ins land! BiJRCER 29*;
dies liesz fein viel räum. Bodes Tristr. Sh. 4, 45 ; war er fein
hitzig der bursch? GöTnElo, 80; wie solls man dem übrigen
publicum verdenken, wenn es sich bei romancn erkundigt,
ob denn das alles fein wahr sei? an Schiller 347; die hof-
meister junger fürsten, die ich kenne, vergleiche ich leuten,
denen der lauf eines baches in ein thal anvertraut wäre, es
ist ihnen nur drum zu thun, dasz in dem räum, den sie zu
verantworten haben, alles fein stille zugehe, an fr. v. Stein
2,190; lebe wol. sei fein (leiszig. liebe mich, an Knebel 60;
heute, mein bester, ersuche ich sie nur um einige kleine
besorgungen, mit dem wünsch, dasz sie dieses blatt fein
wol antreffen möge, an Zelter 113 ;
nun zum abschied wünsch ich dir
andres nicht, als dasz du mir
bleibest fein gesund. Rijckert ges. ged. 1,460.
3) die Volkssprache wäsz nocli leisere beziehiingen in dieses fein
zu legen, s. b. in Schwaben drückt es aus 'sogar' oder 'noch
dazu : er hats fein versprochen und fein am sonnlag. Schjiid
IsS. für fein bald! pergel Stieler S4 hiesz es ahd. filu paldo,
mltd. vile balde, harte balde ! balde ile! (1,1081).
FEINADERIG, was feingeädert.
FEINBARCHEN, von feinem barchent:
auch feinbarchene kissen mit schwanflaum. Luise a. l. h. 199.
FEINBERLE, f FEINBERLEIN, n. margarila, feinberlin.
schal zbehalter oder schrein der waren reichthümer des heils. J'lürn-
berg U9l. Bb6'; derhalben Christus sein reich und evangelium
einem verborgen schätz und feinberlin vergleicht. Franr chron.
a 4* und öfter; der herr nennet solche hund und schwein,
so die feinberlen mit füszen trctten. Reiszner Jcrus. 1, 5*.
irahrscheinlich ist auch in den von Diefesbacu 349' ausgehobnen
glossen finperlin, veinperlein als compositum zu lesen.
FEIND, «1. inimicus, hoslis, i/d'QÖs, goth. fijands, alid. fiant,
alts. fiond, fiund, ags. feond, fries. fiand, vthd. vient, vint, nnl.
vijand, engl, fiend; ahn. fiandi {falsch geschr. fjandi), schw. dän.
fiende. für feind selzen ältere bücher zuweilen feiand, feiend,
feigend, figend, z. b. Keisersberg omcis 83'. teeislh. 2, 324. 3, 842,
mit noch vordringender parlicipialform, leie goth. fijands deutlich
von lijan odisse, frijonds amicus von frijun amare stammt, dem
ahd. fiant gebührte eigentlich fient ron fien, das sieh in fiant,
fient, wie friönt in friunt kürzte, solche parlicipia haben mV
in heiland, weigand oder wigand, und in dem namen Wieland
übrig, die alte spräche besasz ihrer weit mehrere, entsprechend
sind gr. subst. auf cor, gen. orios vie a^y/ov ao^oiTOS, zu
welchen oft das rerbum ausgestorben ist, z. b. yioatv, xqeicov,
).itov, Seiofcör für ^evo^ocor, der fremdredende, in dem
tat. amans, impcrans, regens bleibt das jMrticip regsamer, unser
feind zeigt seine natur noch darin, dasz es bald substantivisch,
bald adjectivisch gefaszt wird.
die eigenlliche würzet liegt bisher unaufgehelll. das schwache fijan
fijaida {ahd. fien fiela) sclieint zurückgehend auf ein starkes feian
fai lijum lijans, wofür es keine belege gibt, doch die analogic von
keian kai kijum kijans, welches pari. Luc. 8. 6 vorkommt, an-
geschlagen werden darf auszerdem sehen wir auch ein feinan
feinöda, wie kcinan keinoda, weiter abgeleitet, feian mi/.<; aber
eine sinnlidie bedcutung besessen haben, aus welcher die abstraclion
fijan herßosz, ungefähr die von schäumen, wobei ich an fcim
{wie an keim) denke, infeinan ist aTtlny/^vi^ead'ai, gerührt,
aufgerührt sein, gleichsam schäumen, wie nun auch ha^iz nahe
liegt an der Vorstellung von schäum und wulh. dies alles sei
daliingeslelll und fordert beslätigung. wed hier überall kein h
vorbricht, wurde {sp. 13SC. 1417) Verwandtschaft von feind mit föh
bunt und zwielrächlig, fehde und fochten abgeiriesen, sonst liesze
sich auch faih auf die bunte färbe des schaums beziehen.
1) feind, das .subslantivum, steht fast auf allen blättern der
bibel und es wäre id>erßüs.<ng stellen her zuschreiben. Luther bildet
recht den pl. feinde, der auch im gen, feinde bleibt, fehlerhaft
lautet er feinden:
III.
erröt (errelte) du, herr, mich deinen knecht
von deiner feinden bänden. Weckuerli?) 46;
anfangend seiner feinden laid. 49,
gleichsam das adjectivische seiner feienden, hassenden. Iiäuftg
geleiten fiossessiva : mein, dein, sein feind; ob deinem feind
hungert, gib im ze essen und ob im dürst, gib im wasser
zu trinken, bibel U%3,30i, bei LurnER: hungert deinen feind,
so speise in mit brot, dürstet in, so trenke in mit wasser.
spr.Sal. 25,21 {also feindesliebe schon im A.T. geboten); über
vier oder fünf dotzent thumherrn und capiän, die irer Lau-
reten (der Diadonna di Loreto) dienst andächtiglich pflegen
und sie für dieben, räubern, spinnweppen, mucken, motten,
schaben und anderen iren feinden bewaren. bienenkorb 183";
aber das ist ruhmswerd, mit einem rennspicsz zehen seiner
feind nider gesetzt haben. Garg. 176'; sie legen, werfen alle
ihre feinde nieder;
ist jemand tadelnswerth, so sind es meine feinde,
die Unschuld hassen sie, sind aller laster freunde.
Rost schäferg. 46;
entschuldige den Amor, theurer Sebaldus, wenn er bisher
wider seinen willen dein feind gewesen ist. Tuljuiel Wilh. 23;
erstaunt sah Wilhelmine ihren dringenden feind an. 48. so-
bald ein feind heran dringt, bläst ihn der thurmwächter an und
allgemein erschallt der ruf feindio! auch: es ist feind da!
Schelmufsky s. 146; er ist vor dem feinde gefallen;
der wolf nimmt was ihm kümmt, ist feind für wild und vieh.
LocAC 1,108,53;
die katze ist der mause feind. ein todlicher, abgesagter,
erklärter feind; ein ofner, heimlicher feind; ein feind des
Vaterlandes ; das edict, durch welches Valenciennes des Ver-
brechens der beleidigten majestät angeklagt und zum feinde
erklärt worden , sollte widerrufen werden. Schiller 845 ;
nie war ich meines landes feind. 543*;
bairisch, einen feind, einen hasz auf jemand haben, die frau
war sein feind, sein ärgster feind. der böse feind, der lei-
dige feind, der teufet, auch blosz 'der feind' {mythol. 941);
bairisch bn Schiffern, 'da hats einen feind', eine gefälirliche stelle
im wasser. Schmeller 1, 536, gleichsam einen dämon, Wasser-
geist; arbeiten wie ein feind, heftig, angestrengt;
alt und wahr, herr Isegrim ! sagt er, beweist sich das Sprich-
wort
'feindes mund fromrat selten'. Göthe 40, 9,
des inendes munt schaffet seiden vrom. Reineke Ihö, besser ■
viants mont seit seiden wel. Reinaert 182;
feindes gaben gelten nicht.
versöhntem feinde traue nicht.
zeigt eurem feind das weisze in dem äuge! Körper.
s. bücherfeind, bruderfeind, bürgerfeind, dichterfeind, ehe-
feind. erbfeind, crzfeind. hauptfcind, hausfeind, kinderfeind,
obstfeind, scheinfeind, schulfeind. spielfeind, todfeind, Weiber-
feind, weltfeind und eine menge mit genitiren zusammengezogner.
2) feind. adjectivisch [doch nie attributiv), comp, feinder, sup.
feindest, wie man gr. iy&icov und iyd'QÖTSQos, i'y&iaros
bildet, vieist mit dat. der pcrson, nicht feind = sehr gut:
den zweien bin ich vint als einem wolve. Neidhart 44,6;
dri jnnge ritter ei; sint,
si sint mir alle dri nit fint. Dioclet. 53.52;
da nu seine brüder sahen, das in ir vater lieber hatte denn
alle seine brüder, waren sie im feind. l3/ox. 37, 4; da wurden
sie im noch feinder. 37,5; du bist feind allen ubelthetern.
ps. 5, 6 ; ich hasse sie in rechtem ernst, darumb sind sie
mir feind. 139, 22 ; seine bürger aber waren im feind, goth.
i}) bauigjans is fijaidedun ina, iuiaovv cttTor, oderant illum.
Luc. 19.14; euch die ir weiland frcmbde und feinde wäret,
goth. izvis simle visandans frama|iidans jah fijands , Ifiäe
TiOTe aitas ä7ir^).).OTQicofuvovs ftni ixd'Qov;. Col. 1, 21 ; bis
es dahin komen ist, das pfaffcn, münche, leien unternander
feinder worden sind, denn Türken und Christen. Luther
1,330"; derhalben bin ich destc feinder und zorniger auf die
messe. 6, 119'; und haben doch damit nichts ausgericht. denn
das wir nur sind erger und diesem tag feinder worden.
6,232'; das hülfe sie es. das man ir sieben mal feinder
were. 8, 60' ; das sie keinem ding auf erdboden feinder werden.
8,265'; und ist das evangelium keinem menschen feinder
denn den falschen herzen. Luthers br, 2, 244 ; auch ist uns
niemand feinder denn die geistlichen, tisclir. l, 33 ; das unser
eigen freund uns feinder denn der gegentheil pflegen zu sein.
Fbonsperg 1, 169*; mir ist unverborgen, dasz dich Bosamunda
nicht halden wil, darumb ich ir nicht feind bin. buch der
92
1459
FEIND — FEINDESBLUT
FEINDESBRIEP — FEINDIlXSSIG 1 460
liebe 238, 4 ; damit wir sehen, dasz der sathan keinen men-
schen feinder als eheleuten sei. Mcsciius e/ie/fH/i-/ 1) s'; dasz
derteufel den Christen feinder ist denn den gottlosen. Neander
mensdiensp. 40; im alle Juden auf den tod feind waren.
Reiszner Jer. 2,104'; das ir ewrem geld so feind seind (es
so Kenig bewahrl) und gebts umb ein schlim pferd. Krafts
reise s. 355 ;
ich bin, der was uns feind, verdruck und freund erhebe.
Grtphius 1,84;
ich bin eben so wol als ihr ein Deutscher, weicher der
römischen dienstbarkeit feinder, als kein anderer Deutscher
ist. LoHENST. Arm. 2,290; ich mag keinen knecht der mir
verlauft (weglau/l), bin nichts feinders als dem verlaufen, fr.
S/w/J. 1,45; ich will dem teufel so feind sein als der sünde,
doch der sünde noch feinder als dem teufel. Heinr. Miu.er
erquickst, s. 8; als er nun göttlicher träume hat, werden sie
ihm noch feinder. Scriver seknlr. 1,87; er feindet alle an,
die zufriden und vergnügt sein und ist doch niemanden
feinder als ihme selbst. Bltsciisy Palm. (j8 ; busze ist dazu
vonnöthen, dasz ich meine Schwachheit erkenne, der sünde
feinder werde. Weise drei liau}Avtrderber '2 ; je feinder gotl
solchem wesen ist, desto mehr wird jedweder sich bemühen
davon abzustehen, välerl.lestam. 27; doch wahrhaftig, ich müsle
meiner zeit sehr feind sein, wenn ich mich weiter mit ihnen
abgeben wollte. Lessing 3,441;
Corinna war, von ihrer jugend an,
der liebe niemals feiiul gewesen. Rost schäferg. 37;
den möchten sie auch gern meinem mann feind haben. Göthe
8,22; Ottilie konnte dem mädchen nicht feind sein, denn
ihr war es besonders freundlich. 17,179; die unglückliche
liebesgescliichte, über die der arme jüngling dem ganzen
weiblichen geschlechte feind geworden war. 19, 29 ; wie kann
man einer spräche feind sein, der man den gröszten theil
seiner bildung schuldig ist ? 19, 239. bairisch, einen feind
gewinnen, wie lieb gewinnen : er gewann sie von der zeit an
viel feinder. einem guten hier bin ich nicht feind, wie sonst
nicht böse. Sch«. 1, 536. für den superl. feindest wenig be-
lege: es waren die jenen, den er am fcindesten sein mochte.
Aimon n2'. s. todfeind.
FEINDEL, n. inimiculus: 'wir haben wieder ein kleines
feindel bekommen' soll Ferdinand II zu Tilly gesagt haben.
Beckers weltg. 9, C2. s. feindlein.
FEINDEN, odisse, infeslare: und tet niemant die sechen,
der nit hiedurch ainen ieden man wurd vinden und hassen.
Nici.. TON Wyle 23, 15 ; feinden und verfluchen. Ldther3, 95';
loben oder tadeln, danach sie iemand lieben oder feinden.
6,532'; man feindet, ab dem man sich musz entsctaen. Frank
sprichw. 1,57'; und das haben alweg die weisesten und früm-
sten der weit than und inen ein guten, gnädigen, fleisch-
lichen gott fürdicht, der nit so nanecht sei, auch in nit so
feind, das er sollich ding beger, das einer sich selbs feinde
und abtödte. Franks 280 wunderred. Ulm o. j. rorr. W. 2; wil
mich aber jemand darümb hassen und feinden, Spangenberg
jagleufel b'; je höher du in winden und stände bist, je mehr
sei dein vätterliches herze den kindern geneiget immer mehr
verzeihen dann strafen, immer mehr lieben dann rechen und
feinden. Petr. 85*; weil solcher wind diese krankheil heftig
feindet. Thdrneisser magna aldi. 2,125; dasz sich alls unter
einander begehret, vermischet, liebt, feindet. Jac. Böhme
Aurora s. 72;
so wendet sie ihr fewr imd heisze liebcsflamra
in lauter liasz iiml zum, iitrd wird iiiin licfiig gram,
•ie reindet endlicli aucli wol so gar sclir Filandern,
als «ie nicht erstlicli li.it geliassrt jenen andern.
WrHDERs Ar. 21,r>G;
sie feinden sich untereinander, inimiciliac sunt inier eos. Stieler
4G2, tiiäUr ungebraudil. s. anfeinden, befeinden, verfeinden,
FElS'DER, m. inimicus, anfeinder.
FELNDESANGRIF, m. hosltüs aggressio:
■0 iteht der kühne mann am engen wege,
den er mit macht vor IciiidesanKrir deckt.
GmM bcfr. Jer. 19,42,
F-EINDESBLUT, n.
• so pranget hier anf slarkon wSnden
der pallast, wo von ri-liidesldiit
gewaHchen Kricderich im Iownnschlummer niht
und blitz noch glimmt in mArliigon liandi-n.
WiLLAMov (toK ili'Ulurbe Athene.
Ilerlin I7U5 «.7;
Bnd halt du dir aus sirAmen felndesblut«
di« •iigestammte kröne kiiliii erobert. Schillrr 4&3'.
FEINDESRRIEF, »?i. fehdebrief, absagebrief: da nn der herzog
zu Brunswig meuchlings, plötzlich und unversehens war an-
gezogen und kein feindesbrive ausgeschicket und zu fehle
daher fuhr. Llther von dem gefangnen herzog zu Hr. Willenb.
154G. B 3' ; des tags komen die feintsbrief von marggraf
Albrecht, quellen zur bair. qesch. 8,236; Crolus: wolt ir ihn
(ihnen) auch vor ein feindshrief schicken und öfl^entlich ab-
sagen? Wilzel: die ketzer sint nit wert, das ich ihnen ein
feindshrief schreib. Alberus wider WUzel M 7" ; vil brechen in
(ihnen) etwan ein välie (feindschaß) ab einem zäun, sagen ab
mit feindsbriefen. Frank wcltb. 46'; in summa summarum,
das reich verordnete 400 pferd wider mich, darunter grafen
und herrn, rider und knecht waren, wie dann dieselhigen
feindshrief noch vorhanden, und kamen ich und mein bruder
in die acht und uberacht. Götz von B. lebensb. 124;
die Vögel über die thier klagten,
mit einem feindsbrief absagten,
sie wollen an gelegnen Zeiten
sich rüsten wider sie zu streiten.
Waldis 2,52 bl. 113».
FEINDESBRUT, f. fctus hoslüis:
die eigne mutter nährt
die fremde feindcsbrut an ihren brüsten. ScHaLii 455».
FEINDESHAND, f die festung fiel in feindeshand.
FEINDESHASZ, m.
dreimal umTaszi mit seines armes ringen
der held die Jungfrau, und mit gleicher krafl
reiszt sie sich dreimal los aus diesen schlingen,
die feindeshasz, nicht liebessehnen, schafl.
r.RiEs befr. Jer. 12,57.
FEr\DESH.\ÜFE, m. calerta Iwsiilh:
im dichtsten feindeshauTen sah icli noch
vor kurzem ihre weisze labne wehn. Schiller 47'2'.
FEINDESHEER, m. cxercilus hoslilis:
als Friedland die zerstreuten feindesheere
herbei auf einen Sammelplatz hescliwor. Schiller 342*.
FEINDESHELM, vi. galca Imlis:
ehrwürdig
ist uns das antlitz, seihst im feindeshelm. Schiller 465».
FEINDESHORN, n. und wann der herr denjenigen richten
lassen wolt, soll der wechter auf des herrn wachthurn zu
Schonecken an der pforten ein hörn haben, genant das feints-
hom, das selbigs dreimal blasen, alsdan weisz der richler
was er thun soll, weidh, 2, 561.
FEINDESKOPF, m.
auch das messer scharf gcschlifrcn,
das vom feindeskopf
rasch mit drei geschickten griffen
schälte haut und schöpf. Schiller 53'.
FEINDESLAGER, n.
fern sucht ich sie im feindeslager auf. Schiller . . .
FEINDESLAND, n. terra hoslüis:
das lasz dir gut sein, StefTen,
dasz du nicht blieben bist in feindesland.
Umlands Ludwig t!)l.
FEINDESLIEBE, f. die pflicbt der feindesliebe. .«. feind l
und Gahve 211 Cjc. de off. s. 259. 269.
FEINDESLIST, f. dolus hustilis, kriegslisl.
FEINDESMACHT, f. exercüus hoslilis. Stiei.er 1204.
FEINDESNOTH, /". calamUas hoslilis:
von feindesnoth sind wir befreiet. Schiller 57'.
FEINDESPOSTEN, m. slalio hoslilis:
und dann die vielen feindesposten,
man wird uns nicht durchlassen. Schiller 395*.
FEINDFErER, n. odium: wenn bei den Römern in einsr
frcundsrhaft misverstand und uneinigkeil sich erhoben, so
kamen die nächste freund zusammen und iiielten rharisiia,
ein schied und friedmahl, damit nicht ein groszes feindfeuer
entstünde. Otho l',')6.
FEINDGESrHREI, n. clamor ad arma. waffenruf: ob sich
ein frindpeschrei erhübe. Reuter kriegsordn. 4t.
FEINDGESINNT, hnslUis:
flieszt immer [ihr tlirilnen) nnchl und tag, ob sich Ihr tinn.
der freche,
der retndgesinnto freund, das hochgehertie bliii,
das mirh üinm dieses haszt, diewell Ich Ihm bin jTUt,
durch eine sieligkeii und grosie »tftrk« brrcbe. I-Liano 601 ;
nachfolgte dem ihm feindgeainnton könig. t.ear 6,3.
FEINDHÄSSIG, infensus, geftässig: unsere feindbässigc Stief-
mutter AuKLB 6, 344,
1461
FELXDIX — FEINDPANIER
FEINDRÄHTIG — FEINDUNG
1462
FEINDIN, f. inimka, adversaria : frewe dich nicht, meine
feindiü, das ich darnider lige, ich werde wider aufkouien.
Micha 7, 8 ; gleich als wenn du ein weih um rat fragest, wie
man iier feindin freundlich sein sol? Sir. 37,12; ich habe
eine feindin, gegnerin.
FEINDIO, der alle Idrmruf, venn ein fcind n<JUe, ähnlich
dem mordio, feurio, wenn ein mord geschah und feuer ausbrach :
da fieng er an zu rufen und zu blasen Cndaio, findaio !
Eulensp. cap. 22. mhd. rief man fiurä, also auch vienta ! ; do
sähe der pfortner zum fenster hinaus und ward des haufens
auf dem sehe gewar und schrei 'feinde do, verreter do ! ' chronik
bei Senkenbebg sei. 3,373, wie oben ^. 145S es ist feind dal
FEINDLEIN, n. hosticulus: ich habe kein geringes feindlein
an ihm. Stieler 462. s. feinde!.
FEINDLICH, hostiUs, aeniulus, ahd. flantlib, mhd. Ttentlicb,
ags. feondlic.
1) das feindliche beer, der feindliche feldberr, die feind-
lichen krieger, das feindliche lager, die feindliche besatzung,
ein feindlicher Überfall, hinterhalt, das feindliche geschütz;
als er niemand feindlich kommen sähe. Garg. 26ö'; wenn
•etwas feindliches' sich näherte, käme, oeucres de Frederic le
gr. 30, 29. 30.
2) ein feindliches geschick ; das feindliche ungefähr. TbCm-
■EL Wilh. 32 ; feindliche worte, reden ; es fiel kein feind-
liches wörtchen ; feindliche gesinnung.
3) in beiden folgenden stellen Idszt sich adj. sowd als adt.
annehmen:
das eben macht mir sorge,
dasz ihr so feiDdlich. mit verbisznem groll
nach hause kehrt. Uhla:(ds Ernst 43 ;
und als ein mann uns wider jeden setzen
der unser einem feindlich sich erweist, dessen Ludwig 288.
FEINDLICH, adv. ahd. fiantlicho, mhd. vientliche.
1) hostiliter, die Avaren halten Deutschland feindlich über-
zogen ;
da fanden wir sie feindlich hier gelagert
und uns den eingang sperrend mit gewalt. Schillbr 505".
2) vehementer, ralde, zur erhöhung des begrifs, wie sonst grau-
sam, höllisch, mordlich, mörderlich «. o. m. : wir haben findlich
geprasset, de fide concub. 98,20; darumb das es feintlich esse,
quia nimis comederet. geschweuk Bebelii c 5 ; wir rühmen feind-
lich von der ersten Christenheit, wie volkomen sie gewesen
ist. LcTHER 3, 261 ; das musz man gewonen, wer im Mose
lieset, das er feindlich riel wort füret, damit er imer ein
ding treibt {oft vtit viel ir orten dasselbe ausdrückt). 4, 53' ; w as
beweget sie aber, das sie so feindlich bawcn an dem ort
auf dem platz Sinear, da sie ein fein fet feld fanden? 4, 7o';
das man sich feindlich gebrochen hat, wie die verheiszunge
zu scheiden seien. 4,77'; er spricht, ich mag ir nicht, die
feindlich schreien herr, herri und komcn mit irer groszen
andacht. 5, 45l'; und schmiert ihne ein wenig übern köpf
und hat sich das schwert gewendl. das ich ihme irgend ein
aderlein getroffen, das schweiszt feindlich (blutete stark), also
das mir angst war und gab ihm doch ein blutwurzel in die
band, da verstund es ihm wieder. Götz von B. lebensb. 168 ;
das es im land Baiern bis in Österreich feindlich starb (iiei
leute an der seuche starben). 244 ; feindlicher (höher, besser) ver-
kaufen. Katziporus P 2* ; feindlich rauszen, sfÄnarc/jcn. Karajax
kl. dicht. 33,15; feindlich schreien. 43,3; so der Jäger des
hirsches klauen und gespür an dem hund, wenn er feind-
lich reiszt (auf dem boden stark mit der nase herum fätirl?),
vernimmt, so liebet er seinem hund, streicht ihm die äugen
heraus. Becher 46. in den oberdeutschen mundarlen lautet dies
adv. feindia, feindle, feindli (Höfer 1,207. Scumeller 1,536)
und mit noch stärkerer kürzung feinla, feinle, feile, weshalb
es Lexer (in Frommanss zeitschr. 2,341) nicht von feind, son-
riim von fein leiten und das d für eingeschoben halten uill. die
bedeutungen dieser adv. fein und feindlich grenzen zwar anein-
ander, doch ist das letzte etwas stärker und sonst kommt feinlich
wenig vor. feindia schean danken, rec/i< schön danken, fein
danken, schön danken; wird cnk afln der liebskitzl nil so
gar feinl mehr stechn. ScnwAbE tintenf 63. trenn Güthe sagt:
er that feindlich böse. 8, 70, könnte man darin die bedeutung
von sehr, aber auch die stärkere von feindselig finden, feindlich
kalt ist grimmig knll.
FEINDPAMEK, u. vexUlum hostUc:
doch nirgend steht der heid, und auf den auen
liegt jedes feindpanier, befleckt mit blut.
Gries befr. 4er. 20, 121.
FEINDRAHTIG, gegenüber dem grobdrähtig.
FEINDSCHAFT, /. inimicilia, ahd. fiantscaf, 6« N. fientscaft,
mhd. vientschaft, vigentschaft ; feiendschaft noch bei Helber 37 ;
nnl. vijandschap; ags. feondscipe, engl, nicht mehr fiendship,
obschon friendship bestellt; altn. fiandskapr, schw. fiendskap,
dän. fiendskab ; viel schöner als diese alle das goth. fiaj)va gegen-
über fria{)va, amicüia. und ich wil feindschaft setzen zwi-
schen dir und dem weibe. 1 Mos. 3, 15 ; schlegt in durch feind-
schaft mit seiner band, das er stirbt. 4 Mos. 35, 21 ; das ir
ewige feindschaft tragt wider die kinder Israel. Ez. 35, 5 ;
denn fleischlich gesinnet sein, ist eine feindschaft wider goft
(golh. unte fra[)i leikis fijands du gu{)a, t/d-ga eis d'eöv,
vulg. inimicitia in deum). Rom. 8, 7 ; feindschaft {golh. fiajjvos,
gr. e'xd'gat, vulg. inimicitiae). Gal. 5,20; in dem. das er
durch sein fleisch wegnam die feindschaft (golh. gatairands
fia{)va, Kaas rriv e'xd-Qov, solvens inimicitias). Epli. 2, 14 ;
wisset ir nicht, das der weit freundscbaft gottes feindschaft
ist. Joe. 4, 4 ;
den, der nach blute steht, solst du in feindschaft setzen,
schrei eilend auf ihn zu, als wie ein schäfer thut,
wann ihm der tiger kömpt auf die N'umiderhut
und er es (ihn?) sieht das feld mit lämmerblute netzen.
Opitz 1,347;
dasz wider zwo Städte, in welchen die bflrger einträchtig
bleiben, keine feindschaft etwas vermag. Lokman i ; wenn
man unsere feindschaft auf ihn zu erkennen giebet. Bitschky
Palm. 517; eine offenbare, heimliche, eine neue, alte, fort-
geerbte feindschaft ; darum aber keine feindschaft !
FEINDSCHAFTLICH, wird kaum oder selten für feindlich
gesagt, freundschaftlich steht aber von freundlich mehr ab.
FEINDSELIG, infensus, infestus, odiosus, noch nicht mhd.
1) in passivem sinn verhaszt : wenn jemand zwei weiber hat,
eine die er lieb hat und eine die er hasset, und sie im
kinder geberen, beide die liebe und die feindselige (vulg.
dilecta et odiosa), das der erstgeborner der feindseligen ist,
und die zeit kompt, das er seinen kindem das erbe aus-
teile, so kau er nicht den son der liebesten zum erstge-
bornen son machen für den erstgebornen son der feind-
seligen, sondern er sol den son der feindseligen für den ersten
son erkennen. 5 Mos. 21, 15 — 17 ; eine feindselige (odiosa),
wenn sie geehelicht wird. spr. Sal. 30, 23 ; und brachten
dahin ire feindselige gaben. Ez. 20.28; umb der groszen
feindseligen abgölterei willen. Hosea9,~; und der feindselige
gering epha (mensura minor). Micha 6,10; samlet euch und
kompt her, ir feindseliges volk (gens non amabilis). Zephania
2,1; hastu ein weih, das dir liebet, so lasz dich nicht von
ir wenden sie zu verstoszen und vertraw der feindseligen
nicht Sir. 7, 2S; wer viel plaudert, der macht sich feindselig
(cerhaszt). 20, 8 ; ein beheltnis aller unreiner feindseliger vogel
(custodia omnis volucris immundae et odibilis). o/fenft. 18, 2 ;
das die Schreiberei so feindselig ist bei vielen bansen. Luther
5,183'; auf das der unadel deste ungeschafner und feind-
seliger sein müsse. 5. 203'; eine feindsälige frau, nupta inrisa.
Stieler 463; feindsälig und verdrüssig ding, s/omaf/io5are«; ein
wenig feindsälig ,häszlich und überlägen, subodiosus. Maaler 135*.
2) späterlün activ, infestus: sich feindselig erweisen, infesto
animo esse. Frisch 1,256"; ein feindseliges herz haben; die
satyre ist feindseligen urtheilen ausgestellt. Rabener 1, 92 ;
seine gegenwart ist für mich der widrigste zufall, mit dem
ein feindselig geschick mich nur strafen konnte. Brawe der
freigeisl 99; Bethlen Gabor konnte jeden augenblick sich
feindselig erklären und die macht des kaisers nach der unga-
rischen grenze abrufen. Schiller 904*;
ein enget der erbarmung
auf der feindseigen erde. 451*.
FEINDSELIGKEIT, f hostilitas: die nachbarn übten feind-
seligkeiten aus; alle feindseligkeiten wurden eingestellt.
FEINDSCHRIFT, /". libellus famosus, pasquill: verfolget in mit
manchfeltigen feindschriften und schmehungen. Lcther 1, 458'.
FEI.NDTCRSTIG, hostiUs, animosus, getürstig: da begerct der
feindtürslig und eerhungerig Marius, das man mer wider
Mithridatem schicken soll. Frane cAron. 72'. man könnte auch
fcinddürstig lesen, nach dem feinde dürstend, wozu das ehr-
hungeiig daneben rälh.
FEINDUMZLNGELT, hostibus ärcumsessus. Stolberg 11,155.
FEI.NDUNG, /. oppugnatio, hostilüas: darinnen der seeien
ewige quäl stehet, eine feindung in ihr selber, ein Widerwille
gegen gotf. Jac. Böhme von den drei principicn gOltl. wesens
5, 3. pag. 47. s. anfeindung, befeindung, vcrfeindung.
92 ♦
1463
FEINE — FEINHALT
FEINE, f. sublililas, purilas, nilor, besser, doch ungebräuch-
liclter als feinücit : die feine des güldes, silbers; die feine
halten, sidi als fein bewähren:
dasz nichts ihm {gottes teorte) gleicht an leuterung und feine.
Opitz ps. 18;
was nacli denselben leiten
der Väter heiige schar geschrieben liat der weit,
das prüTet ihr durchs wort, ob es die feine helt.
TsCUEKNING 357 ;
man nennt nun die zahl von tausend umgangen {um den
haspd) einen schneller, nach deren gewicht die verschiedene
feine des garns gerechnet wird. Göthe 23,55; ich bin von
schiechter feine, forma mea mediocris est. Stiei.er 459.
FEINEISEN, n. ferrum jmrissimiim polUum.
FEINEISEN'FErER, n. zum raffinieren des äsens.
FEINEN, polire, mundare, mhd. finen, alln. ftna:
geliutert und gefinet
vor wandet ist ir reiner lip. (r. kr. 19S32;
euch er zu hiniele Tinit
snen er üf ^rdin pinit. Jeroscbi!« 15297;
der (snfiere) iegeliche sidin was
mit golde wol gefinet. /)ie(r. «. gps. 125.
nhd. mit gold gefeint in fewers glSt. Schwarzenbkro 129, 1.
später fast ungebrauchl : den zncker feinen, raffinieren, s. ver-
feinen.
FEINERN, jüngere form statt der vorigen, vne erneuern statt
erneuen m. a. m. die Griechen feinerten und feilten an der
musik. Clacdics 6, 56 ;
und es feinert im garten gegrabene fclder die harlie. . . .;
nicht war jener geschäft die gekrämpeltc wolle zu feinern.
Voss.
FEINEHZ, n. eisenerz in Verwitterung.
FEINF,\DIG, lenuibus ßlis textus, gegensalz grobfädig.
FEINFASERIG, gegensatz grobfaserig.
FEINFLÜCHTIG, schnell verfliegend: da übcrdem nichts
vorübergehender und feinllüchliger ist, als der scherz. Herder
17, 83.
FEINFÜHLEND: von Hersilien, einem frauenzimmer, wel-
ches gewis jeden geistreichen, feinfühlenden unwiderstehlich
angezogen hat. Göthe 23, 229.
FEINFÜHLIG, dasselbe: feinfühlige scelen.
FEINGEÄDEHT, feinaderig:
Hermes lauscht, und gewis deiner melodischen
urkraft, schuf er behend aus des gesclilankcn Stamms
feingeädertem kerne
dich vieltöniges saitenspiel. Voss 3,277.
FEINGEFÜHL, n. dies wurde ihrem fcingefühl unmöglich.
Hegner molkenkur 3, 31.
FEINGEHALT, m. die feine der edlen melalle: der befun-
dene feingehalt des silbers ; feingehall des silbers zu 13 lolh,
feingehalt des goldes von sechs karat. s. feinhalt.
FEINGEMODELT,
neben dem schlummernden greis, an der anderen ecke des
tisches,
deckte sie jetzo ein tuch von feingemodeltem drillich.
Voss 2,277.
FEINGESPITZT, cuspidalus: feingespitzte blätlcr
FEINGESPON.NEN, es ist unbegreiflich, wie sein feinge-
sponnenes nervengewcbe diese beständige ansirengung erträgt.
SrcRZ 1,15.
FEINGESTALT für feingestaltet, wie geslalt, ungestalt, wol-
gettalt:
wer Ist der andre, der steh nieder
an einen stürz des alten baumes lehnt,
und seine langen feinceslalten glieder
ekstatisch faul nach allen seilen dehnt? Göthk 2, 148.
FEINGESTIMMT: eine feingcslimmte laute; eine durch
naiur und kunsl feingestimmte fromme seele. Claudios 8,45.
FEINGLÄNZEND.
FEINGL.\STIG, dattdbe: ol ist flngleslig und machet doch
wüst und schwarz masen. Keisersberg hrüsaml. 52*.
FEINGLIEDERIG, gegensatz von grobgliedcrig.
FELNGOLI), n. aurum purum: wie ein gSter stein in fcin-
gold. Fra!«« cAron. 391*.
FEINHÄRIG, gegensatz von grobharig: fcinhariges tuch,
Pelzwerk.
FFilNIIALT, m. vie feingehalt: so soll niemand am fcin-
balt umb ein quintlein gefart (gefdhrdel) sein, und wa sie
geringer gefunden wurd, soll dieselb arbeit von stund nii
zuschlagen werden. lleidfUicrger goldschmiedordn. von 1563 in
Mu.iE« leUuhr. 3, loj.
FEINH ALTIG — FEIRIG 1464
FEINIIALTIG, was feinhall hat.
FEINHÄNDIG, gegenüber dem grobhändig:
vor den mädchen des dorfs und der Stadt feinhandigen jung-
fraun. Voss 2, 135.
FEINHEIT, f 1) sublililas, j)uritas, Zartheit, lauterkeit: fcin-
licit der haut, der seide, wolle, des garns, goldes.
2) venustas, eleganlia, feinhcit der spräche, der rede, des
lobes, des geschmacks, der gedanken, bcmerkungen. das
gedieht hat viel fcinheiten.
FEINIGKEIT, f dasselbe, glätte, gcschmeidigkeit. Ettners heb-
amme 707; feinigkeit des Schwunges der rede. J.E. Schlegel
3,230; ein mann von gutem verslande und wenig feinigkeit.
Kant 3, 75; ich lebe unter weisen und wolgesittetcn bürgern,
nemlich unter denen, die sich darauf verstehen so zu scheinen,
und ich schmeichle mir, man werde mir von dieser feinig-
keit auch so viel zutrauen. 10, 7.
FEINKÖRNIG, sublilium granorum.
FEINKUPFER, feines, geläutertes kupfer, rosenkupfer.
FEINLING, m. hämo mollis, ueichling.
FEINMACHEN, purificare, läutern.
FEINMACHrNG, f purificatio.
FEINMALEN, erze durch triebwcrkc fein zerkleinem.
FEINMASCHIG, aus feinen, kleinen masclien bestehend: fein-
maschige netze.
FEINNASIG, emunclac naris.
FEINRASPEL, f subtilis radula.
FEINSCHKRAL'T, n. gnaphalium sloechas, bei Nemnich, sonst
rainblume, rulirkraut.
FEINSCHMECKER, m. homo subtilis palali.
FEINSCHÜPPIG, sublilium squamarum: der eidechse fein-
schuppige haut.
FEINSEULIG, nahe an einander stehende seulen habend, wus
angenehm in die äugen fälll, auch schönseulig.
FEINSICHTIG, subtilis, ingeniosus.
FEINSILBER, argcntum purum.
FEINSILBERIG: feinsilbrige zwcidrittheile. Rabener 2,241.
3,290.
FEINSINN, m. subtile ingenium, verschieden von Scharfsinn,
acutum ingenium.
FEINSINNIG.
FEINSINNIGKEIT, f
FEINSLIEB, FEINSLIEBCHEN, n. siehe fein 2.
FEINSPITZER, m. arbeilcr, der die nadeln spitzt. Her besser-
spitzer.
FEINSTER für finster: veinslie rede, veinstre worte.
FEINWÄSCHE, f die wasche feiner zeuge.
FEINWÄSCHER, m.
FEINWÄSCHERLN, f
FEINVVOLLE, f lana subtilis.
FEINWOLLIG.
FEINZL'CKER, m. geläuterter zucker. Tabernaemontanüs 615.
FEIRE, f sielu: feior.
FEIRED, für feirend, feiernd {sp. 1436): wann man nur
den zchenden thail des unnützen silbers und gtdds n;imb,
so zur weltlichen üppigkait gfbrautbt wird , an deichen,
ketten, wehren, klaidern, schüszlen, bechern, ringen und
feiredein gelt, und dasselbige brauchet (so könnte kirchen und
armen geholfen werden). Jon. Nasus krieys und siegspredig C 5*.
s. feirig.
FEIREN, sMie feiern: da war kein feirens, eilten den
bunden nach, die flohen. Frank weltb. 209*.
FEIRER, m. 1) cessator, müsziggänger, faulenier. Fbomhann
mundarlen 4, 158. 5, 228 ;
den feirer nent si (dt« well) einen faulen räden.
meiilerl. n' 245.
2) ceM>rator:
ewigkeit heiszt sein masi, sein {des sabhaths) erster feirer
Messias Ueit. b. 454;
Abraham schweben tind Moses am hohen tempelgewölbe,
schaun auf des festes fciror hinab. l.'>, lÜOti;
es rauschet der hain, und simu buch lispelt es auch
mit empor, preisend, ein foirer wie ör! die lufl wchts
lu dem bogen mit nul. Klopstock 1,103;
palroengesang tönet dnrein. die erhabnen
relrrr am thron, die gerüchten und vollkommnen
singen jubel und preis. 1,178.
FEIRIG, oliosus: feirig gehn, feiern, ferian; feirig liegen.
ungebraucht, das geld liegt feirig, (»ringl keine sinsen ; das niiU
1465
FEISCH — FEIST
FEIST — FEISZ
1466
trägt keinen feiiigen mann; die feirigen handwerksburscüe
laufen um wie die hunde. Weixhold schles. wb. 19';
sonst müst er feirig sein und mit den seinen ruhn.
Stoppe ged. 399;
die helle sonne am himmel, und du so feirig, so langsam?
Klingers Ih. 3,307; ein alter feiriger (in ruhestand versetzter)
diener . . . ward mehr als fiihrer mitgegeben. Holtei 40 j.
1, 265. vgl. feiernd, feired.
FEISCH, m. sanguis, cruor, Kciiimdnnisch, aber nur in Oster-
reich, Baiern und vielleicht dem angrenzenden Schwaben, nicht
alemannisch noch schireizerisch, noch Kcniyer im miltleren oder
nördlichen Deutschland, daher bei Döbel fehlend, mrd auch
falsch und fa?ch geschrieben, für das vom u-unden oder getüdtelen
icild flieszende blut, zumal von hirsch, reh, hase; vom schwarzen
vildpret, urie von zahmen hausthieren ist das icort schweisz üblicher.
Höfer l, 192. bei Schkelier t, 574 stelä faesch, faescht, faist,
das blut, besonders des hirscites, der hirzfaist, was auch für
hirschjagd und weiblich vorkommt (sp. 1472): bei ainer hirsch-
faiszt ainen gueten starken drunk oder grasmal halten;
well die huude schon sich prnasten
im ciunoberedlem faist. Bugner miraket.
Schneller stellt in zweifei, ob nicht falsch müsse angenommen
werden, die Jäger trinken der genise falsch, als gut wider
den Schwindel. Hohberg 2, 626*. Heppe im leithund s. 115 hat:
der schneisz, auch fasch oder falsch genannt, und s. 368
schweisz, man sagt auch fasch oder falsch, heiszt das geblüt
von allem haarichl und gefiedertem wildpret. es fällt auf,
dasz der ältere Hadamar von Laber, bei vielfachem anlasz, weder
feisch noch schweisz nennt, auch in Maximilian 1 jagdbuch
mangeln beide Wörter.
feisch könnte sich nun mit dem folgenden feisz und feist be-
rühren, da die ausgänge seh und st lauschen, t leicht apocope leidet,
und die Vorstellung des gerinnenden bluts an die des fetts reicht;
vielleicht hängt es mit schweisz zusammen nach dem Wechsel der
anlaute seh und f, wie in schäum und faum, feim {sp. 1450),
ja diese Wörter dürften selbst verwandt liegen, weil das blut schäumt.
in Balses lob der magern heiszt es (Scum. 3, 550) :
wie faumens nit, wie scbaumens nit,
wie dampfens nit, wie schweiszens uit.
faiser soll nach Schmid s. 175 für seifer, geifertuch vorkommen.
Höfer denkt bä feisch an ein feigisch von feige, moribundus.
auch die sl. jäger unterscheiden von pot, schweisz, sudor das
blut des wildes, poln. böhm. krew, i7/yr. kerv, slov. kri, welches
krew dem tat. cruor, lit. kraujas, buchstäblich aber dem goth.
hraiv, ahd. hre, vihd. re entspricht, worin also der begrif von
todesblut, todesschweisz und dann von leiche enthalten ist. mehr
noch unter schweisz, vgl. ferch, ahd. ferah, blut und leben;
oben sp. 1322. 1324 färbe, blut.
FEISCHE.N, sanguinem emülere, sein blut vergieszen : das w ild
feischet, hat gefeischet. bei Schx. 1, 574 faeschn, faeschnen,
faeschtn ; sich verfaeschtn, verbluten, die sauen schweiszen,
faschen, geben geraerke. Heppe leith. 112.
FEISCHEN, suffocare, ersticken: dann das unkraut uber-
mehrt (überwältigt) und feischt den weizen. Paracelsds 1, 530.
mit dem vorausgehenden intransitiv verwandt?
FEISE, m. in Schreibers Freiburger urk. 2, 153 findet sich
der name Johannes der feise, dal. dem feisen aus dem 14 JA.,
was kann er bedeuten? die Wörterbücher enthalten nichts ähn-
liches, man müste denn feisen, feisein hernehmen oder feise für
feisze pinguis ansetzen, ebenda 2, 160 Veisbeggeli von Brisach.
FEISE, f. in den mülen ein eignes stübchen ßr die knappen,
malgdsie und feierbursche. obersächsisch und wol sonst noch.
den sack möchte man wünschen und der sackträger mochte
unterdessen in der müle ein kämmerchen nicht weit von der
feise gemiethet haben. Weise polU. näscher 364. nach den
folgenden feisein und feisen könnte die bedeutung sein moder-
stube, Stinkstube, die nach verschlosssner lufl und feuchligkeit riecht,
Weise unterscheidet das stübchen von der feise selbst.
FEISELN, 1) ganz fein und dünn regnen oder schneien, regnen
und schneien durcheinand^. Schmelleb 1, 571. sonst auch üsse\n,
oben sp. 137S fäuserlen.
2) tMch der feuchligkeit eines gewölbes oder kellers riechen.
ScHNiD 175. nürnbergisch feiseleinen.
FFIISKER, m. boletus ramosissimus. Nemnich.
FEISEN, putere, foetere. bei Schnid 174 faisen. vgl. feisen,
bumbisare voc. 1419 6«" Scb». 1, 577. Diefenbacb 78* und her-
nach feisten.
FEIST, m. ventus tacitus, visium, gr. ßStOfta, fr. vesse, nnl.
veest, rijst, nd. fist, schw. fis, ddn, fiis :
wann mich mein man hat oft geschlagen,
das wil ich im des nachts eintrenken
und wil in mit leisten am pet erstenken. fastn. 369, 24.
dem vorausstchenden feisen verwandt, vgl. auch fäuk sp. 1367.
FEIST, s. feiszt.
FEISTEN, visire, peditum sine crepitu emülere, gr. ßSeiv,
fut. ßdeoEiv, russ. bzdjet', böhm. bzditi, poln. bzdzic, lit. bezdeti,
fr. vesser, engl, fizz, fizzle, alln. fisa (verschieden von fysa blasen),
schw. fisa, ddn. fise, niAd. visten (icfr. 3, 331" visten), nn/. vijsten
und veesten, nd. fisten. veisten pedere, voc. theut. 14S2 h4';
visire Germanis est feisten, fac. facet. 87; die mislbellerlia
sein nindert zu gut, dan zu feisten hinder dem ofen und
die pfannen zu schlecken, schimpf und ernst . . ., cap. 50 ;
do hiesz ers den ars ins fenster recken,
do wolt ich weneu, es wer ir roter rount,
und küst sie eben unten für den spunt,
da faist sie mir unter die äugen, fasln. 611, 10;
gee von der went und nit enfeist,
das du des arslochs nit zureiszt. Folz bei Haupt 8,511;
er reispert, rülzet, scheiszt und feist. II, Sachs III. 2,32»;
mein lieber nachbar, ist das war,
so wil ich dir gut beistand leistn,
und solt er in das futler feistn,
ich wil ihn halten bei der nas. Pisgwald plugium 5,6;
es wer schade, das solch toll vieh und unfletige sew diese
musealen sollen riechen, schweige denn essen und genieszen.
lasz sie leren und gleuben, wer einen forz im korhembd
leszt, das sei eine todsünde und wer über dem altar feistet,
sei ein verdampler. Luther 5, 298*; mit faulen tagen, feisten
und pompen verzeren. S, 94* ; wir essen und trinken, schlafen,
feisten, farzen uns zu tode. tischr. 54"; den gselln ist nie-
mand fromm oder giert gnug und gilt nicht dann das sie
feisten, das allein reucht wieeinbisem. Frank spricAic. 2,108* ;
hör, Juvenal, stosz den hund aus {sp. 1295 fälschen 6), wer
hat so gefeust? was? kanst du kein hundsfurz riechen, so
solst du kein wildpret fressen. Garg. 87*; keiner weckt sie,
auch kein han, keiner nötigt sie zu trinken, wie auch nit
zu feisten. 282*. mephilische dünste bei faulen sümpfen schreibt
das Volk dem alb zu, in der Dreieich sagte man 'der alb feist
so ! ' J. W. Wolf hessische sagen s. 51. fäuken sp. 1376 gleicht
dem fauchen und altn. fiuka oder feykja. vgl. tritscheln.
FEISTINSEIDELE, n. fr. vessepinte : mit disem geschmuck
allein anzuzeigen, dasz er etwann ein feiner han und ein
fcins feistinseidele und farzflasch werden solt. Garg. 116*, bei
Rabelais 1, 8 par ce denotant quil seroit un bon fessepinte
en son temps, für vessepinte? doch 20* steht gseszpinte oder
feistseidlein.
FEISZ, pinguis, crassus, zu schreiben wie heisz, schweisz,
mhd. veij, doch ahd. ist kein feij, nur das folgende feirit auf-
zuweisen, altn. feitr, ags. faet, aber schw. fet, dän. fed, nnl.
vet, wie ags. fätt, engl, fat, welche als kurzrocalisch zu unserm
fett fallen, die goth. form entgeht, aus dem A. T. würde sie
genug zu ersehen sein, dem veij und feitr gleich stände faits,
so wie ags. fät, engl, föt, welche eben so wenig erscheinen.
urverwandt liegt das sL pilati alere, saginare, so dasz fett
oder feist eigentlich bedeutet fett gemacht, gemääet, genährt, das
sl. pitom ist zahm, kirre, heimisch gegenüber dem uilden thier,
das nicht unterhalten, nicht gefüttert wird. tat. pinguis und piger
(sp. 1368), da sich feist und träge berühren, gr. nCcov, Titörsoos,
TitöraTOS und das subsl. -rünQ sowie das fortgebildete 7Tiut).r,i,
dessen langes i an opimus (für obpimus?) mahnt, skr. pivara
pinguis und pjaj, pjau crescere, pinguescere.
die mhd. belege ßr vei; sind alle schweizerisch oder schwäbisch,
bei Hadlacb, Hugo von Langenstein und Boner :
die armen sint mit leide
der riehen herren weide,
gewinnen in die koste.
in hitze und in froste,
und in sürem swei;e
ir herren machen veije. Martina 129,112;
diu (trahie, fcrcutum) machet manger sele crei;
und den lip mit sunden veij. 278,2;
herbest wil beraten
manc gesinde mit guoten trabten
bi der gluot ald swä si sin,
veije swinin braten
dar umbc sol ir wirt in ahten,
und ouch bringen guoteo win. HS. 2,191';
so der haven walle
und daj vei^e dar inne swimme,
so bcgiuj in (eis) wi;iu bröt. ebenda;
swfr sich welle me<lon,
der sol keren zem gesinde,
guotiu vuore machet si vei{ (: heij). 2,192*;
1467
FEISZ-FEISZT
FEISZT
1468
herbest vvil aber sin lop niuwen,
ör wtl briuwen
maneRen rät,
wan da; siät
den sinen irva wol.
er wil manec her beraten
reiser braten. 2, 1U2';
«r eh hammen bi d€r gluot
und buoge guot
und braten veij
und Würste heij. .MS//. 2,299»;
er vloug üf siner weide vart,
da im ein vcijiu henne wart. Bunkr 37,22.
nicht anders nhd.
ein prediper hat wanpel rot,
dar zuo Taiszeu antresicht
und doch kains octisen nicht, ring 19*, 6;
da mach ich groszeu hüener aus,
die mich diinchont faiszer sein,
dan des mülners nicsteswein. 21', 25;
80 ist diser esel faisz. Nicl. von Wyle 274, 13 ; do aber ich
also in ruwe, wollust und froiden lebet, bin ich worden so
faisz und schön mines libes, daj min hüte (meine haut) von
büpschem harc tet wider glesten und schinen. als aber dise
menschen mich markten hüscher (d. i. hübscher) und feiszer
worden sin und min gersten und fuoter sich kainist uiindern,
sint si gegen mir in argwane gefallen. 278,14.17; darumbe
mines herren und der andern burgern spise mich grosz und
faisz ietz gemachet hatten. 2S0, 23 ; man so! ouch die feiszen
wisenjerlich ze mittem abrelle bannen und die magern wisen
jerlich an dem meien abende. tteistli. 1, 74 ;
i der hofnig,
dasz er zwölfer werd und denn durch die hochi verwandtscheft
öppen e feiszes aml und i zwölf jähre denn noch eis
kriege werdi. Ustkri 1,19;
selber esse macht feisz. Corrodi de hcrr vikari s. 40;
öppis feiszes, fettes rindvieh. Alb. von RCtte 23.
FEISZELN, inchoativ des folgenden: feiszlen crassescere.
Maaler 133'.
FEISZEN, pinguefacere, saginare, alln. feita:
heima best feita enn hund ä büi. Havamäl S3;
ddn. fede. ahd. feijan unbelegt, aus dem folgenden pari, prael.
feijit, veijel aber sicher zu schlieszen, ags. fa'lian wahrscheinlich
aus faeted, obschon auch fäted gelten könnte und dann auf
fattian, engl, falten Kiese.
mhd. swaj die |elust reijel
und den lib veijet,
des enbeij si nimmer, pass. K. 335,38.
nhd. nur in der Schweizerspraclie intransitives feiszen, pinguescere,
dick, stark werden: feiszen, crassescere. Frisius 340*;
gfeiszet häter, mi seel, und stolzer dunkler mi gar nid.
CoRROOi de hcrr dohler s. 143.
FEISiTT, crassus, pinguis, opimus, mit szt zu schreiben, wie
heiRzt, reiszt, schweiszt, haszt, lüszt, das st nur in muste,
wüste, best slalthaß, doch setzt bereits Luther feist, ahd. feijit,
fei^l (Graff 3, 738. 739), irtlid. veijct, veijt, verwerßich vcist
(üb. 3, 293"), Überall ohne vorgesetztes ge und in adjectivischer
bedeutung, doch überträgt es im ahd. auch noch obesus, cras-
satus, corporatus. Lt^c. 15, 23, wo man das goth. wort halte
erwarten können, tpigere t'ov fiöay^ov top oiTevröf, vulg.
adducile vitulum saginatum , überträgt Uuilas briggandans
stiur [lana alidan, wie auch Lcther bringet ein gemestct kalb
her. oireveir, saginare, aljan und feijan sind gleichviel, wie
sich feiszt zu fett verlidlt, wird unter feit erörtert.
schon bei den ags. diddern ersclteint oft fa.'tcd als beiwort des
goldes, ringes, Schwertes im sinne des tat. opimus, wie wir auch
fett für reich, stolz, prächtig verwenden, ich kann der ansiciU
Dietrichs 6« Haupt 11,417—420 nicht beitreten, wonach dies
particip von einem angeblichen subst. fa't, lamina oder bractea
zu leiten wäre, denn gtrichbedeulig damit steht auch als epithel
derselben Wörter das bare, einfache adj., mag man es nun ixt
oder fat, fStt schreiben, welches fcet doch nicht aus fxtcd zusam-
mengezogen sein kann, heiszl nun fütt cealf, füll brod offenbar
fettes kalb, fette brühe, so musz auch füll gold, fült sciid, folg-
lich fSted gold, fhled sciid den sinn ron fett geudliren, der, wie
anderwärts, in die vordcllung ron reich oder stolz übergeht, das
in f^tum oder fattum fdh eulhaltne subst. fn't oder fült, fUlte
mag jnnijuedo ausdrücken, bei fäll gold fällt mtr daz, vingerMn
vil feil der Uviänäiiehen ekronik 4361 ein. ein ahd. fcijil gold,
mhd, veijet gold «ftnb enUdkäden. ans goth. fcijan ornare,
das wir in unserm gefäsz wiederfinden, ist kaum zu denken, so
gefüg in einzelnen fällen für faeted die bedeutung ornatus schiene.
uaJtrend sich das adjeclivische feig, feisz auf die alemannische
mundarl einsclirdnlu, sehen wir das participiale feijit, feiszt überall
verwandt, es findet sich ahd. bei K. 0. N., mhd. bei Schwaben
und Baiern, nhd. bei Dasvpodius 43*. 1S3*, Frisius 34o'. 1005',
Maaler 133* u. s. w.
1) to» thicren. ahd. feijlaj, crassum. K. cap. 27 in anwen-
dung auf das schaf der herde, quod crassum vidcbatis adsume-
batis, et quod debile erat projiciebatis; feijle pharre, pingues
tauri. N. ps. 21, 13 ; feijte chuoe. ps. 143, 14 ; feijliu hrindir,
boves opimissimi;
mhd. dei siben rinder feijtiu. niut. 3,99;
nu schant *rj (dus reit) da firj wöste
veiit und aller beste
und nam des einen braten dan. Iw. 3902;
da weij ich veijtiu rinder,
der hüeleut jungiu kinder. Ileinh. s. 310;
zallen ziten dröt fir mir
als einer veijten gense. Nbidhart 80,34;
er leite an sin spaldlnier
maneges veijten ohsen nier
gespalten und gesalzen wol. fragm. 29'';
nhd. wenn sie paid ir faiszt seu stechen
sü schüllens vier hammeu zum wein tragen. /a«ln. 610, 23;
wan die faiszten henncn wol gesotten
die esz wir lieber dan schweinin praten. 350,24;
ein geinostes feiszetes kalb. Keisersberg post. 2, 50 ; gsell,
ist das schaf faiszt oder mager? seh. und ernst 1,546,16; ein-
mal kam ein faiszter hund zu einem wolf. 1546, 79. 1555, 409 ;
ich wil lieber mager sein und frei, dann faiszt und gefangen.
ebenda; der wirt het ein feiszle kuh in dem stall. 1550,320.
1555,137; das ist auf mein öid ein schön feiszle kuh. ebenda;
und nam gar ein vaiszls pferd bei den naslöchern. Stein-
BöWEL Esop 14S7, 60 ; keine feiszle sauw daraus erziehen.
FREYf/orten^. 30'; viel guter feiszter schaf und hämel. Wickram
rollw. 72'; ist er auch feiszl? 73'; feiste wider und bocke
mit feilen nieren. 5 3/os. 32, 14; ire jungen werden feiszl und
nehren sich im getreide. ///oft 39, 4; ich wil dir feiszle brand-
opfer Ihun von gebrauten widern, ps. 66, 15; fleisch der star-
ken soll ir fressen, der widder, der hemel, der ochsen, die
allzumal feiszl und wol gemeslel sind. Ez. 39,18; so mag
ich auch ewr feiszle dankopfer nicht ansehen. Arnos 5, 22 ;
und er liesz zwei feiszle rinder schlachten. Tob. 8,21t und
funden hei ein feiszt schwein im kol ligen. Cyrillus 'i* ; ich
hab ein feiszlen ochsen auf der weide umbgehen (enie feite
erbschaft zu erwarten). Petr. 97'; fisch ie feiszler ie sclied-
licher. küchenmeisterei a 7 ; die allen feiszlen huner. b 4 ; feiszle
hüner legen wenig eicr. Lehmann 142; einen starken und
feiszlen ochsen. Kirchhof «c/irfunm. 474; als wir vom dosier
ausgangen, sagt er, 'wir wollen dem stall zugehen, da die
junge gaiszkülzlin in stehen', wolle zum nachtessen ein guts
faiszt daraus nach seinem gefallen nemen. Krafts reisen 86
oder steht hier feiszl substantivisch, nach sp. 1471?; hallet ihr
uns nicht manns genug wider gewall uns zu schützen, dasz ihr
uns den tod also tröwel, als einer feiszlen gans (wie fieidhart).
PhilanüER 2, 721;
sind alles starke patronen
zur l'eiszten Mertcnsgaus. Uuland 572;
nicht anders als der feiszten ziegen schar
in Galaad ist auch dein schönes haar. Opitz 3,20;
drei stolze adler, Teiszt von beute,
schweben über der wellen wut. Hrrtscuianns Mingutph 48;
die feiszten und hochgesrhenkeltcn bocke. Od. 0, 464.
weidmännisch heiszt es der hirscii, die sau ist 'feiszl' (und nicht
'fett'). Dobel 1,18.
2) ton nionsfVien. ahd. feijilfr, corpulentus; mhd. feijel sind
die Jiute. naturl. 1;
ir alt le veltt bi klagellcher odt. MS. 2, 119*;
si shiogcn sd
vil raangen veii^ten trollen. USH- 3,2S8\
mich wundert liiiitc und immer mär,
wi so ma-{igci wip
orme alsd •cha>nen lip
sd vciit und >ö gedrollen. IIililinc 1,1074;
iiAd. nacbpaur, ich hab ein diern, die ist stark und faisit.
fiistn. St7, 30;
der erst Ist faul, der ander fhlszl. 730,20;
dick, faisit am leib und wol ECKpirki>t
■0 ist In meinem haus mein trau. m«i«f«rf. 23 ii*S40;
er ist grosz, rolbrcch (ruhicundus), krusbar, xritfi. gelr nugrn.
Tereni. 1499, 156' ; sie (die geistlichen) gond daher, nit als ob
1469
FEISZT
FEISZT
1470
sie feiszt seien, nur als ob sie swanger wercn, non tarn im-
pinguati quam impraegnati. Keisersb. sffcn/iar. 14S'; ein feisz-
terer, habitior = corpulentior. Dasvpodius 327'; ein feiszter
dicker aufgeblasner cardinai. Fbey garten^. 63 ; einen schweren
groszen feiszfen pfaffen. Wickram roWic. 51; denn er ein feiszte
und dicke person was. Kirchhof tcendunm. 123'; bei Hanni-
bal wer nit das volk, die ad Cannas gestritten betten, sie
weren zu Capua gelegen, da feiszt worden und sich gemest
als die schwein, das kein arbeit mer in inen steck. Livius,
Schüfferlin 124";
ich gieng inn kremen hin und her,
in dem ersah ich on gefär
bei des baders haus sitzn allein
ein faiszten möstel aur eim stein,
der het in im vil faules blut,
ein ringen bewtel und schweren mut. H. Sachs 1,529*;
hingegen meine feind seind frölich, als ob sie
faiszt macht mein Jaid, hunger, müh. Weckherlik 19;
er fand ein neu system geheimnisvoller lehren,
die Priester feiszt gemacht und jetzt zigeuner nähren.
Di'SCH vprni. werke 263.
3) von fleisch und gesteht, dhd. feijtörnn, corpulentiores vuUus.
Graff 3, 739', vgl. ags. feted hleore ; mhd. vei jtej vleisch.
Grieshaber 2, 109 ; mit öf gerichtem halse und mit veijeten
nacken. myst. 139, IS ; nhd. die pest Schickung des flaiscbs
ist, daj e; niht ze mager noch ze veijt sei. Megesberg 23,13;
wer ainen vaijten hals bat, herfen und starken, der ist zornic
und gsch. 47,27; ein veiszter bauch gebirt nit einen dünnen
sinn, venler pinguis non generat tenuem sensum. Keisersberg
selenp. 45";
es macht faiszt hels und starke leib,
drum ich darbei mein lebtag bleib. Mcr;<er schelmenz. 19";
underspickt und faiszt von leib. H. Sachs 1,245;
feiszte arme, wangen, dicke, derbe backen; der feiszest dann,
klobdarm genant, omasttm {der mage wiederkäuender tiäere).
Maäler 133';
hört fiirwar, nembt ihn, er ist reich,
das ihr wol künd, wie man thut jehen,
mit feisztn raaul zum fenster aussehen, .\tber 445";
wie Tollraond glänzte sein feisztes gesiebt. G(:rger 66";
lag er mit feisztem nacken gekrümmt. Od. 9,372.
4) fon speise, trank, küche, topf:
mhd. sin fürbüege, da? er häte,
daj was ein feijeter brate, fragm. 30";
ti/irf. der apt hat euch ie wol geraten
zu gutem trank und feiszten praten. fastn. 200;
der wein, der feiszten speis halber, in (eis) lungen und leber
anzündet. Kirchhof tcendunm. 207'; seine helle stimm mit
der feiszten suppen beiszer gemacht. 439'; feiszte snppen
kochen. 476"; feiszt wildprät. ferina pinguis. Maaler133'; ach
ihr glaubt nicht, wie tröstliche Schlaftrunk es bringt, wann
man dermaszen aus der feiszten kuchen auftringt, als wann
man holz zur Salzpfannen fürt. Garg.SQ*; habt ihr nicht die
feiszt andacht gemahlct gesehen, da die schmutzkolbige buben
und triefnäsige würstfüllstopper so sautrogisch mit beiden
tapen in der bratpfann ligen? Sl'; uns die feiszten pfaffen-
und klostersuppen nicht schmecken lassen, gespr.ztcäeraugsb.
burger. Ingoist. 1609 s. 88 ;
indessen findet sich die ganze zunfl zusammen,
die auf dich frölich ist. denn setz uns feisztes hier
und reinen reinfall für, der reicher wird an zier,
wenn du eins streichest drein auf deiner violpammeo.
Flextic 5S7;
und sitzt bei euren faiszten topfen
als schwein und rinder, die man mäst. Roxpler 1,36;
wenn ich mich durch feisztere hofsuppen verleiten liesze.
WiEi^KD bei Merk 1. 107 ; seinem hier mangelt ein feisztes malz.
5) von land, erde, weide, gewdctis.
ahd. \% (Frankond lant) ist filu feijil,
harte ist i? giweijit
mit managfallen chtin. 0. I. 1,67;
mild, wie feijt daj wuocher in deme lande wäre,
dö si den trüben brähten. Dieier 64,6;
ich wil miniu sciulf fuoron mit ainer vaijfer waide fif den
höhen br-rpen , in pascuis uberrimis pascam eos in montibus
excelsis. Grieshaber 1,7;
sliefct in euren rossemist,
als ein wibel. dem scnfter ist
in dem pcstanke in vp|;ter erden,
dan kungen und keisern üf pferden. Renner 13578;
nhd. sein scholl ist feiszt, fruchtbar. Frank tcellb. 59'; von
Wasser reich und von weiden feiszt das ?jbc zu füetern. 166* j
dicke, feiszte feigen. WUzenbürger 2, 35 ; guter, feiszter acker.
Hesiscb 1055, 38 ;
der Lusitaner geht umb Ganges feisztes feld. Oprn 1,12;
es hat bei uns auch hier sehr gutes feisztes land. 2,84;
solt ich, geehrter freund, zu wohnen mir erkiesen,
und were wollen thun, ich liesze meine wiesen,
mein feisztes Osterland in seiner wollust stehn
im fall ich könte nur ümm euer Reuszen gehn. Flkuwc 75;
wie wenn bei dicker nacht
ein liechter strahl scheuszt hin, der aus den feiszten klüften
sich nach und nach zoh auf und in den warmen lüften
in sich entzündet ward. 87;
schlagt eure Werkstatt auf in dieser linden hier,
die hohl ist von natur, ihr honigmeisterinnen,
die aue hier, durchnäszt mit so viel kalter brünnen,
die bringt gesundes gras und feiszten klee herfür. 656;
geh, herde, geh ! erquick in feiszter weid
den malten leib, vergisz mit mir dein leid. Grtpbiüs 1,655;
ach armer, fieng ich an, eh hier ein obst wird reifen,
eh wirst du mit der faust die hohen stern ergreifen,
bedenke doch, das jähr lauft nunmehr fast zu end,
auch wil die feiszt oliv ein fnichtbarer gewend. 2,55;
der acker, den der herr gepflanzet,
wird zwar von seiner starken band
mit einem festen zäun verschanzet
und blühet als ein feisztes land. Christ. Grtphiis 1,144;
feld und wiesen werden feiszt,
wo die Wechselglut
fein das ihre thut. Birken MargnrLt 75;
die faiszte waid der wält bedunkt uns zwar im maul
ein gutes ding zu sein, macht aber lungen faul. Rospler 47;
wan [der Nit) durch die haisze furch mit faiszier frischung
fleuszt. 102;
einmal arbeiteten wir im garten, das andermal suchten wir
den feiszten grund am schattigsten orte und aus holen bäumen
zusammen, unsern garten statt der tung damit zu bessern.
Simpl. K. 80;
der landmann pflegt im herbst den acker feiszt zu bauen (zu
diingen),
und sein erspartes kom den hufen zu vertrauen. Gkllmt2,8;
hier flieszt aus reinen Wasserfällen
der feiszten anger lieblichkeit. IIagrdor!« 3, . . .;
für seinen dunghof sammelt unverdrossen
der kluge wirih des holzhofs feiszte erde.
Kosegarte:i bril. oJcon 2,329.
feisztes ackerland, feiszte, schwere ähren, reben, arva opima,
opima vilis. schön ist der alln. ausdntek in Landndmabok 1,2.
qvad driupa smiör af bverju sträi ä landi |)vl, dasz aus jedem
halme feit triefe. Sprichwort: feiszt land, faule leut.
6) von säßen und gerüdien: des bernsteins materie sei ein
zäher und feiszter succus aus der erden. ScbCtz beschr. Pren-
szens 43 ; 'der feiszte Thomas' hiesz im 16 jh. ein von der insel
Thomas eingeführter zucket: soll der schad gereinigt werden
also, dasz du in zwen tag lang weschesl mit barbierer oder
zwahlaugen, darin feiszter Thomas oder zerfallner schwarzer
Zucker zertriben sei. Ryff chirurgia 180'; darmit fetten zer-
fallenen Thomaszucker zertriben. 183';
wie veilgen unter nelken,
pohl unter rosen reucht, auch wenn sie schon verwelken,
wie süszer benzoe und feiszter weirauch drein
mit mastix untermischt, indem sie glüend sein,
die schöne lufl von sich in nah und weit verhauchen,
so ist ihr edles loh. Fleming 127;
theils mischten nard und myrh und Socrotiner safl
und streuten in des balsams' feiszte kraft. Grtphios 1,407;
auch wol feiszter bonig und in solchem sinn feiszte bienen-
körbe: wie ein feiszt immenfasz beschneiden und ausplün-
dern. &mplic. 2, 463. vgl. feisztlechtig.
7) von kleidcrn und geräth: feiszte ermel, die von feil glänzen ;
feiszte lederschürzen ; so habt ihr auch noch ein gute feiszte
kutten an, ich aber bin nackend und blosz. pRETgarten«;. 38;
sieht das die deller, schüszlen, leffel und andre ding schnulzig
{so) sind und feiszt und wüest. Keisersberg büger 206'.
8) abstractionen. ahd. feijit werdan, pinguescere, mit gen. der
Sache: s6 werdent fei^t derö tugedo. pinguescent. N. p«. 64, 13;
goteliche scrifte, derö diu sela feijt wirt, quibus saginalur
anima. ps. 99,3 (vgl. fett werden), nhd. feiszt machen, pingue-
facere: golt wird die herzen unserer kinder stälern und das
herze der väter mit dem geschrei seines sieges feiszt machen.
BcTSCHiY kanzl. 826. nhd. feiszt hat häufig den sinn von derb
und stark, zumal in Verbindung mit dick: von der erbsünd,
die uns hat abgewendet von dem ewigen gute, darinne wir
sollen feiszte und kreftige liebe haben. Luther 1,36'; das
ist eine, und ein seer gute und feiszte lugen. 5, 29l'; das
1471
FEISZT — FEISZTE
FEISZTE — FEISZTIGKEIT
1472
ist ein grosze feiszic kolzorei. bienetik. 170'; da hetzt man
. . . bruder Lanzenslil sampt seiner lären sacicpfeifen mit
kröpfigen hunden aus. das dem armen schwänz vor ieiszlem
schrecken möcht das pnich entfallen. Garg. 8t'; mit gottes-
Jesterung dick und feiszt gespickt, fluchleufd B2';
itir lierz und mund faiszt, falscti und voll. Wkckuerlin 268,
nach ps. 119,70, «o Lcther: ihr herz ist dick wie schmer;
angesehen dasz wir theils in der Jugend alles freier und mit
feiszteren worten, dasz ich so sagen darf, zu geben pflegen.
Opitz 1.152;
in dieser feiszten, engebrüsigen zeit
musz tugend selbst Verzeihung lletin vom lasier,
for in ibe Talness of tbese pursy times
viriue itself of vice must pardon beg. Hamlet 3, 4;
das feiszte leben {dtis irdische). J. P. aeslh. 1, 81. es sieht aber
auch für reich, reichlich in gulem wie übelm sinn : dasz die pre-
diger nicht feiszte pfriinden und grosz einkommen haben.
LtTBERS /wf/ir. 2, 2 ; er hat ein feiszte pfründ. dial. Maria F 2' ;
komm, herze, komm, lasz uns zu leide bleiben
in reiszter ruh [pingui nlio) und da die zeit vertreiben.
Opitz 3,22;
gute tage und feiszte Winterquartier. Chemnitz I, 94'; das ist
eine feiszte {reiche, slohe) braut. Schmid schw. u-b. 189.
FEISZT, adeps, eigentlich n. des adj., daher auch nach dem
arliL'i schwache ßexion eintreten kann: mit dem spinle, veijle
dere lembere. Haupt 8, 131 ; seich das feiszt ah in ein an-
dern hafen. küchenm. b4;
sin schmuizigen mumi wuscht keiner im,
»lomil das veiszt im hecher schwim. Urajit 110", 99;
das feiszt mit groszen löfTeln schöpfen.
Waldis pähsll. reich 2, 4 ;
das faiszt sie von der suppcn nascht. 11. Sachs 1,511';
das feiszt du von der suppen friszt. III. 3,8';
Fritz friszt das feiszt alleine. Uhland 572;
und wie das pfrundbrot, das macht in allen in denen es
aufgeht, entweder geistlich fleisch, oder fleischlichen geist,
oder iieuchlisch feiszt. Garg. 259'; und oh das feiszt wol
üben schwimpt. Kirchhof irendunm. 155';
die Vögel haben gut zu singen nun vergessen,
nachdem sie menschendcisch und todiünl'eisztes fressen.
Uhtz 1,193 (200);
die seele sol mir werden satt
gleich als von mark und siiszem feiszten. ;)«. (i3, 3;
was der wucher dem ncchsten leiht zum nutzen, davon liebt
er den ram oder das feiszt ab. Lehmann 1, 920 ; fingersdick
mit feiszt bedeckt, feiszt wird das fett des roth, ich und
Schwarzwildes genannt. Hartic lehrbuch 39 ; warmes feiszt und
fleisch (roni scbweine) durcheinander. HoiinERC 1, 21G'.
FEISZTADER, f. vena adiposa, fettader.
FEISZTE, f. f/ingvedo, adeps, arvina, ahd. feijili, fei^ti iGraff
3, 739), mhd. veijete, veijtc (wb. 3, 293"). und Abel der bracht
von den erstgcbornen seiner hert und von iren vciszten {vtilg.
Abel obtnlit de primogenitis gregis sui et de adipibus eorum).
titc/ 14'«3. 7*. i Mos. 4,4 (LiriiER, von irem fetten); werd an-
gezünt die veiszt, und nirn dir dan, wie vil bcgert ist {vulg.
incendatur adeps et tolle quanlumcunque dcsiderat anima
tua). 1 Sam. 2, 16 (Luther, lasz das fett anzünden) ; der nei-
dige wirt mager von des andern feiszte. Keisersb. narrensch.
114*; mit der feiszte gespickt und getrieft werden, has im
pf.; gcmestet mit feiszcte. posl. 3,90; lilespiegcl sagt 'ir
sagten mir, ich soll nenien was ich het, so het ich nienen
ander feiszte wan seefischscbmalz. dan ich was über dem
schank in der kuchin, da fand ich nicrgen feiszte. da nam
ich was ich iiet'. Eulensp. bist. 44; der kauluian warf im
einen Schilling dar und sprach 'gang und kauf karchsalben
und lasz die fraw alte feiszte darunder thun'. bisl. 04; der
edel Braun {da.* pfcrd) ernert sich so wol von den kornwnr-
zeln, das er hei guter feiszte bleib. Aimong4'; machen sich
»clbs mit guter, doch weniger speis auf den weg, ringfertig
lind kreflig, das die schwere und feiszte des fleisch weg-
falle. Fban« veltb. lOO'; der Idurneer einpfahet den segen
«eines valer« Cain, nemlirh des schwerls glück, sig. feiszte
der erden, kr. des fr. 100; schulten sie ahbald feiszic von
den wallfisriien und nierkülbern darein. FnoNsrEnr. 3, l.'>o';
was ist das da machet das fleisch, die feiszte, das schmer
wachsen? Paracelsus leund und leibarznci bl. 6; llabel iiat
von der ersten gehurt seines lamhs und von seiner feiszic
genpferl. Rfi*znf.r Jerut. 2,7'; hat viel feiszte oder speck
aU ein schwein. til wciszer feiszte oder schmalz haben diese
flieh. Föne« t»6'; die feinde des Lcrrco werden sein wie das
kösllichsle der lemmer, das ist ire faiszte, die sich leicht-
lich verzeret, sie werden sein verzeret. Meussus^.?. Ql'; und
wie lams faiszt im brand werden verzert. Pc'; zeucht auch
die hitz heraus, so man sich mit siedendem wasser, öl,
feiszte und dergleichen verbrennt hätte. Tabernaem. 1028;
bring mir här feiszte, bring mir harz! Kolrosz Daniel Fi;
der birsch ist jetzund in der feiszt. Atrer 436*;
schisz vor feiszte. Garg. 129' (petoit de gresse Rabelais i, U) ;
das kiitzle ist gar lustig gebraten und am geschmack sampt
seiner faiszte so ausbündig gut zu essen gewesen, dasz ein
jeder der es versucht, betbeuri, habe sein tag kein bessers
fleisch gesscn. Krafts rei^c 87; ein mit fleisches feiszte un-
beflecktes feuer. bienenk. iOh' ; durch überflüssiges essen und
trinken zu irer voriger feiszte kommen. Andreae reform, der
icelt 176; Icfzen und wangen mit feiszte und schmutz be-
sudeln. Puii-ANDER 1,99; ein versollenes bein unter kraut
oder ruhen, in welchem man ob tisch das mark sucht und
nichts findet, weder was iergend für faiszte zu end der röhren
steckt. RoMPi-ER 18 ; nimm die faiszten, die oben an der biber-
gail hanget. Hohberg 1, 292'. Maaler l33'/i(t/.- ausgeschmelzte
feiszte, eliquamen, käche und kernhafte feiszte, wie an dem
brustkernen, nuclcus pingueludinis, feiszte speise oder daran
vil feiszte ist, adipalum. die feiszte zerschmelzen oder mager
machen, adipes lenuare. feiszte auf der milch, pingue lactis.
Henisch 1055,3; milch, darvon man die feiszte thut {den
schmant abnimmt). Alb. magn. ireibergeheimnis 1569 5.139; harle
feiszte zwischen haut und fleisch. 1054.65; mit feiszte ge-
spickt, voll feiszte. 1055, 18. in der Schweiz unterscliddet man
die feiszte, den in die erde gelegten dnnger, von der beschul li,
dem blosz auf das land gcschiUtelen, gestreuten, seit dem 17. IS ;7i.
tritt fett an die stelle von feiszte und nur wcidmänniscli haflet
feiste nicht nur für das fett, sondern auch für die zeit des jag-
baren Hirsches, also der hirschjagd: auch so deilent sie, das
der abt von Fulde in der hiijfeijle schs hirje jagen mag
mit zuhtcn und in der eherdreisz sehs hauwende swin. weislh.
1, 502 ; wiltu lernen spuren einen hirsch zu erkennen, so
merk zum ersten, wie du einen hirsch soll suchen in der
feiszten. MErRER33'; als er {landgr. liiilips) auf einer hirsch-
feiszt einen hirsch zerlegen liesz und weil derselbe sehr feil
wäre und i. f. gn. sagt 'das Ihier hat viel weisz (? veisz),
stund ein baur dabei, sagte 'ja gn. fürst und herr, das kostet
uns unsere gule kürnlein, die sie uns im feid abetzen'.
dem antwortet er 'es ist wol zu erbarmen, dasz ich ewre
kühe lasse in meine wälder gehen und ihr weigert mir, meine
kühe in ewer feld zu gehen'. Zinkgref apopläh. 1, 120.
FEISZTEN, zu unterscheiden von feisten sp. 1466.
1) jiinguescere, ahd. fei^itfin, mhd. veijten:
so magercnt si, so veijt wir same diu swin. Waltiirr tt. 161 ;
nlid. hundert gefeisztelc länimer (pingues ngnos) und mütter.
Virgil Avn. 1,635;
auch thrakischc gaule mit menschlichem bluie gcfcisztet,
das parücip kann aber zur bedeulunq 2 fallen ; die zeit des
feisztens in den Wäldern, da die schweine sich milslen, mast-
zeit; feiszten, feiszt und mastig werden. Maai.er 13,5*.
2) pinguefacere, saginare, ahd. feijilan, gleirltriel mit fei^an,
nhd. feiszen: Unwissenheit gedeiht nur dein magen und feisziel
den bauch. Ki.ingers tlwat. 4, 101. 163.
3) adijwm olere, nach fett riechen, von der salbung Maria
Magdalenas: es müsz von not wegen sein, das es etwas siibiils
was, und nit feisziet, dazu köstlich. Keisersberg porf. 2, 114'.
vgl. erfeiszien sp. 797, wo die Schreibung erfeislen unrichtig.
FEISZTETE, f pingueda. ahd. fei/,tida? ergibt sich aus dem
Wortspiel folgender .tielle nicht deutlich genug: comelen machen
viel propheleii und sagen all von tüdten {deuten auf krieg
und sterben), comede meio feisleten (feiszlcle). Fischaht
groszm. 25.
FEISZTMEIT. f pinguedo.
FEISZTIIIItSCII, m.
FEISZTKJ, pinguü, ojmnus, nitidus: wan du dich selbs /li
gnind wol erkantst, was du werest und noch werden iiiiisl,
80 . . . hellest nit so vil groszer not, wie du dich zierte«!
und diucn lib feis/.lig und gelrungen und drilschlechl (? Iriil-
scbelichl) geinachlesl und dich selber also zart hieltest.
Keisersbirg bilijer I4S*.
FEISZTKJKEJT, /: pinguedo, adeps: die feiszligkei« der Ibi. i.
die auf dein berg wartien geineslel vom daw. ward geopfert
in Icinpcl. InA.Nk weltb. \;^' ; weil die fcisitigkeil, welche
1473
FEISZTIN — FEIZELWERK
FEIZEN— FELD
1474
I
zum brennen (auglich ist, nicht minder wann sie verlosclien
und ausgeworfen ist, die trächtigkeit der feider verursacht.
Opitz 1,30;
danimb auch die gewalt der glut nicht länger wehret,
als diese feisztipkeit {der lara), die oftmals wie ein üust
sich aus der tiefen kluft mit brausen heben musz. 1, 43;
die weiche feisziiglseit lief Ton den hüAen hin. 1, 194 i200).
FEISZTIN, n. l) pinguedo, adeps.
2) sagina, pabulum, wofür schon ahd. veijtin (Gbaff 3. 739).
auch der alle druck Mege.\bergs ton 14S2 schreibt veisziin in
folgenden stellen der ausgäbe Pfeifers, velche vaijten setzen: ain
iegleich tier, da; vii ünslits hat und vaizten, dag hat vil
markes. 22, 20; wan diu hitz mag in den painen niht vaigten
gemachen noch enmag daj mark verzern. 22, 23 ; des flaischs
Taijten ist pei dem nabel und pei den lenden. 23,15; des
lewen vaijten ist der vergift widerwärtig. 144, 17 ; wenn sich
ain mensch salhet mit wein und mit des lewen vaijten, so
verjagt ej aliiu tier von im. 144, 18 ; sein vaijten ist haijer
wan kains andern liers vaijten. 144, 19 ; des lewen vaijten
mit rosenöl gemischt behüet des menschen antliitz vor flecken.
144,23. der spätere Selter s. 4 Mit faisztin fest: nimb das
schmalz oder faisztin oben ab; wird man mit feisztin über-
laden, so bringts neben anderm, das der mensch trag, un-
taugeniich zur arbeit und wandern ist. Wirslsg arznäb. 538.
3) zeit der hirschjagd : hirsz suochen in der faisztin. Maximi-
lians jagdb. 57.
FEISZTKÖPFIG, crasso capite deformis: woleiteler, feiszt-
köpfiger Hanswurst. Riexers reime dich s. L
FEISZTLECHT. subpinguis. Maaler 133*.
FEISZTLECHTIG, dasselbe : ein weiszer saft, der auch etwas
feiszilechlig und gar dick. Thurneisser in/?, mrk. 63.
FEIX, m. schon oben sp. 1225 unter fachs aufgeführt, fordert
hier noch genaueren nachweis. die bedeutungen spaszvogel und
blödsinniger scheinen ettca so zu einigen, dasz ersleres den spot-
tenden, hohnenden, letzteres den verspotteten, verhöhnten ausdrückte,
in der süddeutschen Volkssprache von Baiern, Tirol. Kärnten (From-
iiANN 2, 341) gilt das Kort vom krelin, der mit andern namen
tölpel, trotte!, sloren. trjap, böhm. traup heiszt. gutmütiger ist
die anvendung auf einen unerfahrnen Stubenhocker oder äpfel-
braler, der zuerst in die weit tritt, zumal auf den angehenden
Studenten und vielleicht ist das spätere fuchs niciä aus vulpecula
zu deuten, sondern aus feix verdreht, belege aus dem 16 jA. sind
noch nicht an tag getreten, der frühste erscheint in der Zi.ncgrefs
schulbossen 162S angehängten ajtologia s. 13: es gieng ein veix
mit etlichen studiosis spatzieren, da begegnet ihnen einer,
der zog den hut vor ihnen ab. der veix, als er sähe, dasz
es sein bekannter war, und die andern studiosi auch die
hüt wieder abzogen, sprach er zu ihnen, 'ei die herren lassen
nur sitzen, die ehr geschieht mir', bei Philander (zuerst 1643)
heiszt es 1, 427. 42S: andere (studenlen) sähe ich blinzelnd
herumb schwärmen, als ob es im Unstern wäre, trugen jeder
einen bloszen degen in der faust, haweten in die steine,
dasz es funkelte . . . stürmeten mit steinen, brüglen und
knülteln nach den fenstern, und 'heraus pennal ! heraus
feix! heraus bech! heraus raup! heraus schurk! heraus
ölberger ! ' ztcei stellen in Weises erznarren gehen nicht auf
Studenten: ein ander, der sich etliche jähre in fremden län-
dem versucht hat, kann leicht darthun, dasz er kein haus-
veix sei, aber so ein mensch, mit dem es etwas geschwinde
zugegangen, möcht sich leicht unter den äpfelbratern ver-
lieren, s. 205 ; aber wie kommt der hausfux darzu, dasz er
sich in allem mit dem valer vergleichen will? s. 239. dieses
hausfux = hausfeix kann die vorhin ausgesprochne Vermutung
bestätigen, die ausg. 1G79 s. 212 liest gleichfalls hausfeix, vo
fex einen spaszvogel bedeutet, musz es mit fachse, faxe (sp. 1225.
13«t5) zusammenhängen, möglicherweise selbst mit fause (sp. 1378).
s. das folgende.
FEIXEN, risum reprimendo, os torquendo eavillari, dumm, grin-
send lachen: 'wirklich!' gab Krook mit feixendem gesiebt zur
antwort. 'und dann' setzte er flüsternd und feixend hinzu.
Boz BlealJiaus übers, ron SeiW. 3, 32. 33 ; aus dem kreis schlug
ihn nun einer mit der flachen band so derb wie irgend mög-
lich, indem er nach dem schlag rasch zu den halb feixenden,
halb auflachenden zuschaticrn zunick sprang. Gerstäcker in
den hausblättern 185S. 2, 12S; so wie er herumfuhr, sah er nur
eine gleichförmige reihe feixender gesiebter um sich. 2, 130.
FEIZELWERK, opus supererogalum : wann ihrs ewern wci-
bern des nachts dreimal oder zum höchsten viermal thut,
IIL
so laszts bleiben, was ihr darüber thut, das ist zu viel, und
feitzelwerk (narrenuerk?) Melasder jocoseria 2 n' 52S.
FEIZEN, gleichviel mit feixen? Karl: ich habe dir einen
dummen streich gemacht. Toffel: hm! es ist wol nicht der
erste? Emilie: hör, junge, lerne respect, wenn du mit unser
einem sprichst! das feizen ist mir in tod zuwider! Weiszb
kinderfr. 4,108.
FELBE, f. m. salix, veide, für felwe (wie fall), gelb aus
falwe, gelwe), ahd. fCiawa, felewa (Graff 3, 518). also goth.
filva, welches 1 sich noch heute im Ortsnamen Vilbel an der Jsidda
bewahrt hat, mhd. velwe m.
da stnont ein boum sehrpn unde lanc,
mit estcn michel unde breit.
ej was ein velwe, so man seil,
den ougen wol le lobene. Ir. kr. 21164;
der selbe mortgitige schale
steic üf den velweh unde clam. 241S.3,
womit jedoch platanus, ^^.aravtaros (i/. 2, 310. Or.mrf. 12,14)
übertragen wird, wie auch Sprexg //. 29' ahoren setzt. Dasyp.
214". 325' hat felb. Stieler 463 felb, felbe. bei Frisiüs und
Maaler kommt das worl nicht vor. ist das altn. pill m. schw.
pil f. dän. piil dasselbe worl, so dauert darin eine ältere latä-
slufe fort, die sl. Wörter zeigen r für I, böhm. vrba, illyr. verba,
fioln. wierzba. ßnn. balava und salava stimmt zwar zu salix,
liefert aber auch ein beispiel zu den berührungcn zwischen fund h.
FELBENSTOCK. «j. weidenstock: und boldrcnd aber si, so
si die felwenstöck (holzbilder) für gött lassend heben und si
mit allem vermögen schirmend. Zwixgli 2, 31.
FELBENWEBER, m. weidenßechter , felbawcber. Stetteü
kunst und gewcrbgesch. 213.
FELBER, m. weidenbaum, salix alba, ahd. fclawari, fclwari,
mhd. völwaere, velwer, heule felber in Baiern und Schwaben.
Hemsch 1056.5. es gibt ein schönes kampflied zwischen buchs-
baum und felber, worin dieser den sieg davon trägt (Uhlasd
30 — 34) ; die felber oder weidenköpf, ie mer man sie hat ah-
kopt, ie dicker sind sie wider gewachsen. Frank paradoxa
138' ; felber stecken, salicem pampinare. Hemsch 1056, 14 ; ge-
setzter zamer felber, salix sativa, wilder felber, salix erratica.
38 ; hingegen soll in dem garten (der königlein) kein wasser-
baum, als weiden, felber, albern stehen. Hohberg 1,65';
siehe dem weidicht
wehte wie silber das laub krausköpfiger felber im mondschein,
über dem bildenden teich. Voss 2, 196.
FELBERB.\UM. wi. weidenbaum.
FELBERHOLZ, n. vier unz kolcn aus felberholz gebrant.
SErTER 304.
FELBERLEIN, n. salix humilior, klein felber.
FELBERX, salignus.mhd. vilwin. velwerin : hurten (zur dörrung
des Obstes) werden von felbern ruthen geflochten. Hohberg 1, 6!*;
von felbernen weiden geflochtner korb. 1, 602'.
FELBERREUSE, f. nassa saligna. 1, 120.'
FELBERRINDE, /. cortex Salicis: felberrinde zum pelzen-
sammeln. 1. 114*.
FELBERWEIDE, f. salix alba.
FELBINGER, m. salix: weiden oder felbinger heiszt bei
den Griechen iria, bei den lateinischen salix. Loxicercs
kreuterb. 41 ; von anderm gebrauch mehr der weiden und fel-
binger, wie auch vom buchsbaum weisz jederman zu singen
und sagen. 42*. gemeint ist jenes streitlied zwischen beiden bäumen :
der buchsbaum sprach, bist du so grecht,
so bist mein herr und ich dein Knecht,
der sach gib ich dir aller recht,
das spil hast du gewunnen.
doch bleib ich grün winter und summer. Uhla:»d 34.
eine parodie war der geistliche felbinger. Garg. 5.
FELCHE, f. Garg. 56*. siehe belebe 1, 1439.
FELD, n. ager, campus (pl. feider, selten felde), ahd. feld
(pl. feld und ftidir), mhd. velt, vüldes, alU:. feld, nnl. veld,
fries. fäld, field, ags. feld, m. pl. feldas, engl, field, langob.
feld (in campis patenlihus, qui sermone barbarico feld appcl-
lantur. P. Diac. 1,20). golL fil})? in den bruchstücken steht
kein rtiSov oder rteBiov (nur Luc. 6. 17 ^-t* tÖtiov tisSu-ov,
in Stada ibnamma), vaggs bezeichnet den paradiesgarten, wie ahd.
wanc in viel Ortsnamen ersclieint. altn. gilt für campus vängr,
hingegen fiall, das aus fial}), goth. fil|), wie gull aus gul}) her-
vorgegangen sein musz. bedeutet mons, rupcs, schw. fjiill, dän.
Geld gleichfalls rupes, denn schw. fält, dän. feit campus wurden
erst später aus dem nhd. entlehnt, die abstehende bedeutung vions
und campus kann den anklang der formen nicht außeben und
93
1475
FELD
FELD
1476
icird höhere einigung sulassen: als gegensatz zum geträsser ist
auch das gebirgc ein gelilde.
sundchsl liegt, für die geschichte untrer spräche bedeutsam, das
finn. pelto gen. pellon, agir, esln. pöld gen. püllo, tapp, paldo,
baldo, ungr. föld, mit der in dieser spräche üblichen fuvL^chic-
bung des consunants und der bedculung terra, umsomchr an alts.
folda, ayt. alln. föld f. terra stoszend, da die begriffe land,
erde, boden, feld in einander rinnen.
allen sl. sprachen eigen ist das offenbar verwandte n. pole
{serb. illyr. poljc) feld, ohne lingualauslaut.
so weit sich dies wort erstrecJcl, liegt seine ahkunß im dunkel,
darf man gr. rxtdov und TtsSiov anschlagen, die gerade wie
pole und polje neben einander stehn? d und 1 lauschen oft,
doch 2, 209 glich tisSov unserm bodcn und gehörte zu ttov»,
vgl. slir. pada, pes, gressus tmd regio, so dasz TiiSov das be-
tretene land wäre, im lalein müste man den anluut von jilnnus
und planilies herbeiziehen, oder hilft pello pcpuli die wurzel von
feld erschlieszen? feld hiesze das land auf das, über das ge-
trieben wird, die trift, ganz wie ager zu agere gehört, und expellere
ist austreiben, aus dem land jagen, an pellere wurde sp. 1278
bei fallen erinnert, weder fallen noch fixUcn leiten über auf
feld, doch will es Fbisch aus dem fallen der bäume erklären.
dem sl. pole unmittelbar nah findet sich pol, pfil dimidius, finn.
puoli, ungr. fei, aus der Vorstellung halb entspringt die von pars,
latus, regio; wie abd. halba regio ausdrückt, könnte aucli pole
aus pol hervorgegangen sein, berührung mit fels, rupes, dessen
sinn ganz in den des nord. fiall reicht, scheint nicht abzulehnen.
alle diese ableilungen bleiben noch höchst zivcifelhaft.
hallen wir uns an die bedeutungen.
1) erde und land sind allgemeine namen, die berg und thal,
wald und mark, beide und feld umfassen, heide und feld sind
uns die sich ausdehnende ebene im gegensalz zu gebirge und wald:
ze velde und niht ze walde. Walther 35,22;
obgleich im walde seWsl auch wieder ein feld gelegen sein kann:
zcinem velde in dem walde. Parz. 124,24.
unter heide wird die w'dde, unangebaute ebene, unter feld die
bebaute verstanden (mehr unter heide). feld und acker scheinen
fast gleichviel, sie liegen um die Wohnungen der menschen, um
dürfer und städle lierum, als betriebener, bcweideler, bebauter boden.
das feld kann angebaut (gepflügt und gegraben) werden oder un-
gebaut als wiese gemäht und geweidet, auf die heide fährt kein
pflüg und wird kein rind getrieben, pflugfeld, arrum, ist ein
engerer begrif aber auch land nimmt zuweilen die Vorstellung
des feldes und ackers an, feldbaii, ackerhaii, landbaii werden
gleichbedeutig, bauer ist nicht blosz landcinwohner sondern auch
iandhauer, feldbauer, ackeibauer. im engsten sinn bezeichnet
ackerer, ackermann den pflüger. was uns über feld sein, über
feld gehn, über land gelin, böhm. pies pole gjli, hicsz lat.
peregre esse, Ire, abire, peregrinari, in die weite weit, niemand
füldl, dasz in pilgriin das wort ager steckt, ager romanus war
das römische gebiet in aller ausdchnung. unser über feld (her-
nach unter 5) ist fast weniger als über beide l^ib. 804, 3) oder
über land. über feld weben bedeutet schweizerisch an einem
andern (nahen) orte weben, als man wohnt, zur wcbstälte über
feld gehen müssen. Tobi.er l'O'. doch heiszl es auch: wer
liegen (lügen) will, der liege fern her und über feld. Dryandeiis
rorr. zu H. Stauen 5. 9:{, weil ilim dann niemand nachgehn und
die Wahrheit erkunden kann.
2) dem berg steht eigentlidi das tlia! entgegen, nicht das feld
an sich, sondern die in der niederung fortlaufende ebene; ein-
lelne felder können auch am gebirg in die höhe reichen und der
bergmann hebzt glciclifalls ein feldbauer. der anschauung des
allen nordens, dessen alpcn von riesen bewohnt waren, muste aber
das gcfilde zum gebirge, das feld zum berge werden, feld
und liall änd nolhwendig dasselbe wort, uns geht die bedeutung
mons, dem norden die von oijrr ab, wiewol Lapjien und Finnen
letztere fesllialten. die mithin als älter der nordisclien zum gründe
liegt, was wir feldbaiicr. agricola nennen, entspricht wörtlich dem
alln. ausdruck fiallbAi, dän. fleldbo, rupicola, monltcola. unser
gegensalt von feld und berg klingt dem Scandinaven den Worten
nach, welche beide üim gleichviel bedeuten, unverständlich, man
vgL feU.
9) insofern feld und acker dem baus und heim gegenüber
$Ukt», nehmen tie wiederum jene vorstelluHg der hrhk an und
buädmtM äa$ wilde, grobe, bihiritdi», wie wir an Ay()ioi und
■graatis ack». tn pftanunnamen wie ackerrOachen, feldrüsciien,
hcMcrOaellMI drückt nch das wildwachsende im gegensatz zur
Pfßtf/ln gartenblume au*, rä n^iva lov ny^ov, tov xÖqtov
rov ay^ov Matlh. 6, 28. 30 verdeutsciU Ulfilas blimans haijijös,
}iata havi hai[)jös, der ahd. Übersetzer tbes accares liüa, thaj
gras iheä accares, rfer agn. iiceres lilian, Sceres veod, der
norlhumbri.'iche |)a vyrl londes, loiides gers, Lütheii die lilien
auf dem felde, das gras auf dem feldc, so dasz in diesen
stellen heide, acker, land, feld ganz überein stimmen, das ahd.
und ags. folgten der vulgata, Vltilks und Lvther dem gr. oriiiinal ;
tim noch einige bibeln zu vergleichen, das polnische liliom polnyni,
traw^ polna, das serbisclie na liljane u polju, travu po polju
gründen sich auf Luthers deutschen teil, denn die vulg. halle
den Polen eher auf role als auf pole geleitet, unleugbar ver-
wenden wir heute feld viel hditfiger als es die ältere spräche Ihat.
4) feld, ackerfeld, ager cultus : mich dauchte, wir bunden
garben auf dem felde. 1 Mos. 37, 7 ; was für speise auf dem
felde einer igliiben stad uuibher wucb«, das tbaten sie hinein.
41, 4S; sihe da habt ir sanien und beseel das feld. 47,23;
das du sechs jar dein feld beseest. 3 Mos. 2.i, 3 ; sie gieng
hin, kam und las den Schnittern nach auf dem felde. Ruth
2,3; und las sie auf dem felde bis zu abend. 2,17; darumb
wird Zion wie ein feld zupflüget. Micha 3,12; denn es war
das siebend jar, darin man die felder musle fciren lassen.
1 Macc. 6, 49; das feld schneiden, engl, reap llie field; auf dem
felde ist schon alles gcernlet; wie schön steht die frucbt auf
dem felde; das gcircide steht noch auf dem felde, ist noch
nicht geschnitten; eine lerche flog aus dem felde empor;
alle felder besorg ich, der vater waltet ira hause.
GöTHK 40, 308.
feld ist auch die ganze flur, der inbcgrif aller Acker: sonntag
nachmittag besieht der pächter sein feld. wian sagt ein fettes
o(/er mageres feld, ein leimiges, sandiges, ein fruchtbares,
ergibiges, reiches, edles feld, oft auch figürlich: ein Trucht-
bares, unfruchtbares feld bearbeiten, bestellen, misl aufs feld
führen, feld dient, gleich acker, zum masz:
einls äbiudis gienc her einin ganc
nä sinime rosse einis veldis lanc. Anno 795.
wozu man unten feldweges halte.
5) feld, Campus, ohne bczug auf acker, oft auch den wald
begreifend, gegensatz von haus und heim, er ist über feld, ist
nicht zu hause, ist fort (s. vorhin unter 1), der böte lauft, geht,
steigt über feld (2,272);
mild, unz si in zuo in sähen
dort über vclt gäben, itc. 7732;
über velt gein eiine graben
riien si so nähen. Parz. 601,22;
daj al (\ai velt erdöj. I\ib. 185, 1 ;
beide lant unde velt. 1318,4;
nhd. sölchs musz er holen über feld. Scdwarzenberg 120,2;
gieng im entgegen der künig von Sodom in das feld, das
königstal heiszt. i Mos. 14,17; gehe aufs feld (vulg. cgredere
foras) und faho mir ein wildbrel. 27, 3 ; sihe der geruch
mcius sons ist wie ein geruch des feldes (odor agri pleni).
27,27; das es hagele über menschen, über vieh und über
alles kraut in dem feldc (super onmem herbam agri). 2 Mos.
9,22; wenn man einen erschlagenen findet im lande, und
ligt im felde und man nicht woisz wer in geschlagen hat.
5 Mos. 21,1; Asahel aber war von leichten füszen wie ein
rehe auf dem felde (quasi unus de capreis, qui morantur in
silvis). 2 Snm. 2,16; er tichtcl oder hat zu schaffen, oder
ist über feld (est in itinere). 1 kön. 18, 27 ; aber das w ild
auf dem felde im Libanon (bestiae sallus) lief über den dorn-
strauch. 2 kön. 14, 9 ; dein bund wird sein mit den steinen
auf dem felde. Hiob 5,23; denn dein law ist ein taw des
grünen feldes (res lucis ros luus). Es. 26,19; alle thier im
felde (bcstiac saltuum) halten junge unter seinen zweigen.
Ei. 31, 0 ; die da wonon, beide im lande alleine und auf
dem feldc (habilantes in saitu). 3f(VAa7, 14; feldein, feldaus,
per campum, vgl. querfeldein, das feld bat äugen, der wald
hat obren, von der nuiralischen zur sinnlichen Überzeugung
ist es nur über feld (ein kurzer weg). Hippel 0, 291.
ü) in feld haftet anderemal die Vorstellung des freien, weiten,
rai/rn« .•
durch feld und wohl xu schweifen. Göthb 1,35;
wie n-ld und nu
BO blinkctiit Im ilmu ! 1,88;
du wnndolst Jt-iit wol »tili und mild
durch fcId und liebe« tbal. 1,110;
die knabcn spielen im feldc; der gefangne ist in« freie feld
enlrunnco; das pfcrd lauft ins feld hinein; und las»e dci)
1477
FELD
FELD
1478
lebendigen vogel ins frei feld fliegen {vulg. et dimiUet pas-
serem Tivum ut in agrum avolet). 3 Mos. 14, 7 ; auf freiem
felde ein schöner Ölbaum. Sir. 24,19; auf dem freiem feld
athmel der birte, der landmann reine luft; ins freie feld auf
einen degen zu gast laden, herau!:fordern. Simpl. K. 380. hieraus
entspringen häußg ahslracle redcnsarlen: das feld ist frei, offen,
steht frei, ungehemmt, das feld ist rein, nichts dazwischen, kein
horcher da, icir können dreist, unbesorgt reden:
Jasz meine neider, meine feinde nur
gewähren I frei und offen ist das feld. Göthe 9,197;
zur unbedingten freiheit liesz man ihr,
zu jedem kühnen wagnis ofnes feld. 9,132;
so ist das feld hier reinl Lksshg 2,275;
das feld ist rein. Klixgeb 11,226; nun aber {nach Pftilinens
abreise) da sie (Mignon) wieder freies feld gewann, trat sie
mit aufmerksamkeit und liebe hervor. Gütbe 19,62; blosz
Liane gab ihrer (liabeltens) seele und zunge freies feld. J. P.
Tit. 2, 181. feld bekommen, räum, luß bekommen :
denn so hekam der röche feld, und sie
war hin. Lbssi^g 2, 257.
das feld ist weit, die sache steht weit im feld, im weiten
feld: Schuldwesen, welches zuvor viel jähre in der irre ge-
gangen und weit im feld gestanden. Schweimchen 3. 13 ; ja,
es ist noch im weiten feld. Grvphius 1, 726; manigmal spielet
die ungerechte weit eine klare sache, welche die Türken in
einer stunde schlichten würden , ins lange feld. Scriveb
seelensch. 2,355; ins lange feld spielen. 1,854;
drei jähr ist eine Inirze zeit,
und gott, das feld ist gar zu weit. Göthe 12,99.
blind hinein ins feld leben, glauben, schreiben, unvorsichtig,
ohne die äugen recht außuthun und ohne zu wissen wohin, blind
zu: ich aber gleichwol das feld hinein alles gleubete. Lcther
8,35"; in den geneschigen meulern und bierflegeln, die nur
inn tag on alle sorge blind feld hinein leben. Mathesius 2ä';
es nemen die Schreiber geld und schreiben blind feld hin-
ein, bis sie land und leut in einander hetzen. 119'; blind
ins feld hinein gehen, uie ins feuer.
7) feld bedeutet auch zuweilen boden, zu feld gleich dem gr.
TzäSorSe, zu boden, niederwärts: einen zu feld strecken, zu
boden, niederwerfen; er liegt auf dem felde erschlagen;
ej frumt wol siben üfej reit. Parz. 362,30;
das feld ist von regen nasz und durchweicht, mit schnce
bedeckt; böhm. pole gsau vSecka snehem za padiä, die felder
sind ganz überschneil;
der schnee sich legt zu felde. Scbebfers grobian 90,
vas doch nach 8 heiszen könnte, kommt mit heeres macht ge-
zogen; der weg führt über das trockne, harte feld. 'das
haar zu felde schlagen', feen, fallen, niederhdngen, fliegen lassen,
pandere crines: es stehet den weibern sehr wol an, wenn sie
die haare zu felde geschlagen haben . . . giengen die Jung-
frauen in hären und hatten sie zu felde geschlagen, wenn man
triumphiercte oder trawrete. Luther /j>cAr. 1571, 48* ; hingegen
ward Catfa eine alirunie, hatte ihre kinder mit einem erz-
tcnen gürtel aufgeschürzet, zu felde geschlagene haare, blosze
arme und füsze. Lohesstein Ann. 2, 1644. sagt man nicht
auch die äugen zu felde, zu boden schlagen, niederschlagen?
8) sehr häufig bezieht sich feld. gleich dem s/. pole, auf kämpf
und krieg und ist nicht nur das Schlachtfeld, campus cerla-
minis, proelii, sondern überhaupt das feld, in das ein beer zieht,
in dem es lagert, das lat. campus drückt noch nicht casira aus,
wol aber das it. sp. campo beides feld und lager, die fr. sfiraehe
unterscheidet sogar zwischen champ feld und camp lagcr: champ
und Champagne {name der landsdiafl) sind natürlich nach der
spräche fortgeschobne Wörter, in camp und campagne haftet die
alte tenuis. ob und wie schon unser ahd. champfio, chemphio,
cliempho, ags. cempa, altn. kappi mit it. campione, fr. champion
eins sei zu uniersuchen fällt nicht hierher.
a) feld des kampfes und sieges,
mhd. da gelobeten si dpn'champf
zu dem braiten velde. Jlol. 304,2;
wand si heten df da; vclt
beide brahl ir übergelt. Iw. 7(68;
sin herze was ze velde ein burc. Pari. 339,5;
eine menge ton schlachten sind nach dem feld benannt, z. b, die
campi catalaunici, die schlacht ze Raben ftf der beide, ftf
der breiten beide, das serbische kosovo polje, Amselfeld, das
feld halten, behalten, behaupten, aus dem feld schlagen gUl ron
dem Sieger, das feld verspielen, verlieren, riumcnrom besiegten :
daj velt gein Überkraft behaben. Parz. 383,21;
ergreifet den hämisch gottes, auf das ir, wenn das böse
stündlin kompt, widerstand thun und das feld behalten müget.
Eplies. 5, 13 ;
und ist kein ander gott,
das feld musz er bebalten;
das feld behalten. Littber 5, 139' ; also behielt Ungerechtig-
keit das feld und ward die warheit auf den straszen nider-
geschlagen. 6,323';
er musz sein ein starker held,
der gegen dem tod behält das feld. Hi^isch 1057,50;
schreit ihr jungen, ruft ihr alten,
zweimal hat das feld bebalten
gott und unser held August. FLsmc 293;
dein vater, theurer graf, erhielt viel sieg und feld,
sein schatten wird verzcibn, du bist ein gröszrer held.
Gc?<THER 724;
mein fusz vergasz die flucht, wenn es zum laufen kam
und das verspielte feld in unserm blute schwamm. 988;
das Vorspiel ward hierauf von neuem vorgestellt,
und UDsre Neuberin behielt den sieg, das feld.
Rost das vorspiet 89;
es fehlt an votk, er kann das feld nicht halten. ScHaLSi 431*;
die mädchen behalten das feld. Göthe 14, 54 ; das feld räumen,
weichen, loco ccdere, rgl. e; rümen, es räumen sp. IIIS. feld
geben, weichen, platz machen, zu felde blasen, trompeten,
Signum tuba dare;
eh Mars zu felde blies. Opm 2,60;
zweimal bat unser feld geschlagen er darnieder,
pose due voltc ii nostro campo in rotta.
Werders ^r. 9,30;
und der die unsern hat erlegt, der eine held,
der hett erschlagen auch allein dein ganzes feld,
wann er nur vollends wei*anher ins lager kommen. 14,9.
b) feld, auf welchem man dem feind entgegen zieht, feld des
heerzugs, des lagers; ins feld gehn oder ziehn kann xiear
heiszen in die schlacht, aber auch blosz den heerzug untemäimen,
in den krieg ausziehen, zu felde liegen:
mhd. dö sach er her da; gröje, da; üf dem velde lac.
Nib. 180,1,
das sich auf das feld gelagert halte; also hJt dgr selbe kunec
eines tages siniu her gesamenot und leget sich ze Ti5lde
wider dem volke von Israel. Grieshaber 2, 112 ;
d6 sluogens üf ir gezclt
vür die burc an da; v€lt.
da lägen si durch ir gemach. Iie. 306S;
nhd. Joab mein herr und meines herrn knechte ligen zu
felde (vulg. super faciem terrae manent, d. i. schlafen im lager
auf dem harten felde). 2Sam. 11,11; er hat so vil volks, das
sein here zwu welscher meilen breit felds bedarf. Fierabras
Gl; ist gar kein statt noch dorf darin, sunder das volk
snmmer und winter zu- feld in gezelten liget. Frank weltb.
95'; als der sich ins feld rüsten wil wider der pafriarchen
kinder. MATnESics 9"; das feld verrücken, anders lagern;
so lieg ich stets mit mir und wider mich zu felde,
verkaufe mich mir selbst mit meinem eignen gelde.
Fleming 105;
ich bin ein mann ins feld, mein kühner muth ist grosz. 111;
man fühlt nicht, dasz man stirbt, das feld ist unser bette. 111 ;
auf auf, cameraden, aufs pferd, aufs pferd,
ins feld, in die freiheit gezogen!
im felde da ist der mann noch was wcrth,
da wird das herz noch gewogen. Schiller 330*:
Eduarden, wie er nun auch mit entbehren und beschwerde
auf ungebahnten straszen hinziehe, mit gcfahr und noth zu
felde liege {zu kämpfen habe). Gütbe 17, 321. das beer liegt
schon drei jähre im feld, der soldat hat zehn jähre im feld
gedient, taugt nicht mehr im feld {zum kriege); so wolt ich
mit gottes gnade im feld noch irgend so gut sein {kriegs-
dienste leisten). Götz ton Berl. lebensb. 81. ein starkes hccr
ins feld stellen ; die freien Städte hatten nach Verhältnis
wenig leute ins feld zu stellen; die mannschafl erschien erst
spät im felde. ein feld machen, einen kriegerischen auszug
unternehmen. Schnid schwäb. «b. 188.
9) da die Vorstellung der fläche und ebenheit auch ron dem
stillen, unbewegten meer gilt und selbst aequor ron aequus ge-
bildet wird, so versieht es sich, dasz wiederum feld auf das meer
anwendurig leide:
93*
1479
FELD — FELDANGER
des meercs Llawes fcld. Opitz 1, 3S7 ;
wer das grüne kryslalleiie feld
pllügt mii des scliifres eileudem kiele. Schiller 497S
pOugt, wie lat. aeqiior arare gesagt wird und die äliren des
ackers gleich den wellen wogen, ein feld 2^ aucli die fläcltc des
eises, im nördlichen meer sind grosze eisfelder;
er schreitet verwegen
auf rehiern von eis. Schiller 51C^
10) feld isl das vom bergmann gcbaiUe fcld, wie sclion das
mild, gedieht vovi feldbaucr lehrt, das fcld heiszl verfahren,
verschroten, verritzt, wenn es schon mit strecken gcöfnct und
das erz bereits ausgehaiien ist, unerschroten, unverritzt, wenn
noch keine arbeit geschalt und kein erz herausgenommen wurde.
das feld wird gestreckt, wenn man sagt, wo die fundgrube hin-
gelegt werden soll, vermessen oder verschnürt, wenn bestimmt
wird, wie weit sich sein gang zu erstrecken habe, das fcld furt-
tragen lieiszt es gleichsam in einen kober fassen, an einen andern
ort sciiaffen und allda kübel und seil einwerfen, wer den gang
zuerst erfunden und niciU wieder ins freie hat kommen lassen,
der ist der ältere im feld. das feld wird angebaut und ab-
gebaut, aufgefahren und gesperrt, in das feld gehen heiszt
ins weite arbeiten, einem andern ins feld kommen, in ein fremdes
gebiet einbauen, feld vor sich haben, in das feld vorrücken.
ScHELCiiENSTCEL 74. der magnct zeiget, wo ein bergmann
im felde ist. Mathesius 144*.
11) felder sind abgetheilte, umschlossene flächen in wänden,
thüren, zuisdien den seiden und balken, dann auf scitild und
Wappen, zumal auf der schachlafel : ein goldner adler im rothcn,
ein silberner lüwe im blauen felde; ein gevierter schild, in
dessen erstem felde eine Fama. Gkyphius l, 827. das feld
des gemähldes oder die furbe zwischen den figuren. Win-
KELJiANN 3, 252. das spielbret, schachbret hat 64 felder: das
feld des königs, der künigin ;
sie schickten sich nach hd^se schon zu gehn,
da muste Tristan innen an der wand
von ungefähr ein schactibrel hängen sehn,
an welchem zierlich leider so wie rand
wol eingelegt von glattem holze stelin.
A. W. Schlegel 1,132.
der breite Iheil eines kammes, über und zwisclien den zahnen,
heiszt das feld, desgleichen eine gerade linie der Orgelpfeifen, die
durch hölzerne unterschiede von andern gesondert ist. bei den
böUichcrn ist feld der freie räum eines fasses zwischen den bin-
dern oder reifen, man sagt aber auch: das feld des himmels.
Kam 8, 255 ; das grenzenlose feld des Weltraums. 8, 316.
s. feldung 2. feld init dem gen. wegs verbunden driiclU Stadium
aus. $. unter feldweg.
12) figürlich wird auch das menschliche wissen in felder ge-
theill: er isl auf allen feldern, in allen fächern bewandert;
das ist nicht mein feld, schlägt nicht in mein feld ein, böhm.
to nenj nie pole; da ist er ganz auf seinem felde; aber
lassen mich nur erst in mein feld kommen; die principien
gehören Jiicht in unser feld der Untersuchung. Kam 2,166;
eine disciplin, welche der speculativen Vernunft in diesem
felde (der psychologie) grenzen setzt. 2, 322 ; wie sehr sich
auch der bildende künsiler bemüht witz zu zeigen, so ist er
doch niemals dabei auf seinem feld. Göthe 15,274; hier ist
Lotbario in seinem felde. 23,15t, wie sonst auf seinem platz,
auf seiner stelle.
13) Sprichwort, ein feld voll leufel, voll gift und zorn: meine
frau sähe wie ein feld voll tcufel aus. che eines mannes 177.
vgl. feldleiifcl.
14) ioMlose Ortsnamen sind mit feld lusammengeselzt (FonsTE-
«ANN 2. 489 - 92), deren deutung reiche aufsclüüsse gewdlirt.
FELD.VBTHEILL'NG, f divisw camporum:
nieroali wußten sie da von ungliickselieero hader,
noch von der feldabthcilung, der z&nidscheu, noch von ge-
türomel,
einfach lebete man. YoiS Aralos sternerscheinunijen 1U9.
FFLDACKEH, m. ager campestris. Stieler 17.
FKUIAFTKIIKÄFEII, m. meloe proscarabaeus.
FKLDALTAH, m. ara campe$lris, ein tragbarer, für das
kriegfiwrr.
KKM)AMF,ISE, f. formica campestris, parvula.
F^^I.I)AMI*FKI{, m. eine ort Sauerampfer.
FELUANDOHN, m. dachyt.
FKLDANEMONE, f. advnit.
FLLbANGEK, m. j4rona%lisch für anger, dat t^ü tchon feld
Mrulcl.
FELDANGERWEIDE — FELDDARM 1480
FELDANGERWEIDE, f salix incubacea, mattenweide.
FELDAPOTHEKE, f jharmacotheca castrcnsis.
FELÜAHBEIT, f opus rusticum.
FELDAKBEiTEK, n». agricola.
FELDAHT, f agri genus, die feldarten wechseln oder halten.
FELDABZT, «i. medicus castrensis.
FELDAUFSEHEB, m. agrorum custos, fiurscIiiUze.
FKLDAUS, s. feldein.
FELDBACII, m. rivus campestris:
wenn der mittag bei ihm mit schwülen lüften vorbeigeht,
und der munneliicle leldbach, oder die summende biene
ihn im schatten der rauschenden esche zum schluininer ein-
ladet. Zachahiä lagesieilen .53.
FELDBACHSTELZE, f alauda pratensis.
FELDBACKSTEIN, m. was feldbrand.
FELDBANNEK, n. signum castrense.
FELDBAU, «1. agriculttira: der veldbaw oder das buch von
der veldarbeil . . . ielz newlich durch Michael Herren aus
der kricchischen in teutsche sprach vertolmelscht. Slraszburg
1545; die edle Wissenschaft, die edle kuast des feldbaues.
GüTiiE 21, 209;
schnell verwandelte sich des feldbaus friedliche rüstung
nun in wehre, da trof von blute gabel und sense. 4U, 293.
FELDBAUEN, agricultare. voc. 14S2 ii l'.
FELDBAUER, m. l) agricola, vgl. landbauer, ahd. lantpAwo
colonus:
arbeitsmann, feldbaiier, was fehlt dir heute, du armer?
dasz du dein schwad nicht grade hiiiabziehn kannst, wie vor-
dem wol. Voss Theulii: 10,1.
2) metallicus, fossor, mhd. vellbftwa'rc. Germania 1, 346.
s. feld 10.
FELDBAUKUNDIG, agriculturae gnarus: was für ein her-
licben catalogum königlicher und fürstlicher feldbaukündiger
Personen könte man hie einführen. Seuiz 3*.
FELDBAULICII, ad agriculturam pertinens: da hat er sein
gesprccli von feldbawlichen saclien. Garg. 183'.
FELDBAUM, m. arbor campi: und sollen alle feldbewme
erfaren, das ich der herr den hohen bawin genidiiget und
den nidrigen bawm erhöhet habe. Ez. 17,24; und machte,
das der Libanon umb in trawrele und alle feldbewme ver-
dorreten über im. 31, 15.
FELDBECKEB, «i. pistor castrensis.
FELDBECKEHEI, f
FELDBEERE, f rhamnus calharticus.
FELDBEET, n. porca, area: jetzt soll er aus dem feldbcete
des landes in den loh und treibkübel der Stadt, i. V. ...
FELDBESCHWEB, labor ruslicus:
gewöhnt sind wir von Jugend auf
an fcld und waldbeschwcr. Bürger 112'.
FELDBESTELLUISG, f. agrorum cullus, ackerbestellung.
FELDBETT, n. leclus castrensis, bei Stieleb 130 accubilum,
ein leichtes bell, das sich zusammenlegen luszt.
FELDBETTSTELLE, f dasselbe.
FELDBEWOllNER, m. ruslicus, landbeuohner. Ki.ingeh 6,89.
FELDBIENE, f apis camjxstris, wilde biene, ags. feldbeo,
engl, iieldbee.
FELDBINDE, f fascia mililaris, sciurfe, echarp^, poln. szcrfa.
FKLDBINSE, /. juncus campestris.
FELDBIRNE, f pirum agrestc.
FELDBISCHOF, m. in campo suspensus: der obgenanten
künden einer wird feldbischof werden, der den fürreisenden
die bcnediction und scgen mit den füszcn gibt. Fiscuart
graszm. 74. bei Kabelais: un des susdits sera cette annt^c
fait evesquc des champs, donnant la benediciion avec Ics
pieds aux passans. eine dJinliche stelle sp. 1080 unter erzbischof,
vgl. auch feldglocke.
FELDBLUME, f. flos campestris, fiJldbluoma unde lilia.
W. 13,10;
die scAnen veltbluomcn
wurden alle bluotvar. Hol. 157, I '
FELDBOHNE, f vicia faba.
FELDBRAND, in. in gcschicJiletcn kaufen ijriiriinniiT ii-nm.yinn.
gegensalz zum liülleiibrainl, dem in' der ziegclhutte gebrannten
dauertiaflern Imckstein.
FELDBREITE, /. eine breite tragbaren feldei, nd. ein kanip.
FELDBRUCKE, /■. pons campestris. über buch oder graben.
FELDBUSCH, in. aligesondertes buschwcrk in fddern.
FELDCHEN, n. agellus.
FELDCHIRIRGUS, m. chirurgus castrensis.
FLLDDARM, m. ccriulium riscosum.
1481 FELDDECKE — FELDFLÜCHTIG
FELDFLUR — FELDGESCHREI
1482
FELDDECKE, f. parapetasma, im wappen.
FELDDIEB, m. qui fruges ruri su/furalur. auch der name
eines s])erliiigs, fringilla domeslica, baumsperling.
FELDDIEBEREL f. furla quae ruri ßunt.
FELDDIENSTBARKEIT, f. camtnerger. ordn. von 1521 24,1.
152:5 1. 5.
FELDDIETERICH, m. soldatenaxt. Rädleix 275'.
FELDDISTEL, f. scrralula arrensis.
FELDEIN, adv. in campum: feidein feldauslaufen, ferri per
campos el vicos. Stieler 10S5:
und lief feldein so gar veraagt
als liett ihn der teufel gejagt, froschm. Aaa2';
sonst laufest du verrückt und sonder witz feldein. Opitz 1, 363 ;
halb wütend und halb zagend,
besteigt sie schnell ein ros und sprengt feldein.
Gries Tasso befr. Jer. 20, 117.
FELDENGEL, m. lelrao alchala.
FELDENTE. f. otis lelrax.
FELDERDECKE, f. lacunar, s. felddecke.
FELDEREI, f. rura, gefilde, campagne : wurde diese wun-
derscliüne felderei allenthalben von lustigen wäldlein, so zu
sagen, umarmt. Birken ostl. lorherh. 82. 325. Stieler 464.
FELDER LUST, /. ßr feldlust. K.mttels poel. sinnenfr. s. 13.
FELDERRUHE, f.
beklaget meine noth ihr beiden,
und du, du stille felderruh. Meukark lustw. 149.
FELDERSAAT, f. seges:
zu häuf euch sehend scheint mir ein cicadenschwarm
herabzustürzen, deckend grüne feldersaat. Götuk 41, 190.
FELDFL.ASCHE, f. lagena castrensis:
die feldllascbe noch geb ich drein,
es ist mir nur um den schönen schein. Schiller 320*.
FELDFLIEGEND: wat hie achler liete veltvliegende ende
veltgaende. ireisth. 3, 878.
FELD FLUCHT, f. Irans fugium, fuga e castris:
würd mir gerechnet zur feldDucht. Waldis 4,511 6/. 272';
ein rechtschaffener edelmann, ehe er seinem geschlecht durch
untreu, feldflucht oder sonst etwas dergleichen einen Schand-
flecken anhenkte {al. anhienge), ehe würde er ehrlich sterben.
Simpl. K. 108. vgi. heerflucht.
FELDFLCCHTER, m. columba domeslica in campum evolans,
ron fliegen, nicht fliehen? doch fr. pigeon fuyard: das DOgel-
werk hat sich dergestalt erstaunlich vermehrt, dasz die meisten
ihr glück und ruhe nicht erkennen können, sondern sich,
ohngeacbtet sie volles futter haben, aus bloszem frevel zu
feldflüchtern machen. Felsenb. i,ö26; dacht dorbi an de feld-
flflchters, de sei haben up den dubenslag had. Fbitz Redteb
olle kamellen s. 144. s. feldschwinger.
FELDFLCCHTIG, transfuga, Überläufer: und also bleiben
sie faule, ja feldflüchtige arme ritter, die nicht angefochten
sein noch streiten wollen. Luther 1,86'; ein feldflüchtiger
geist. 3,449'; und musz mich wundern des feldflüchtigen
teufeis. 3,485*; er würde sie feldflüchtig und inen die weit
zu enge machen. 5,9"; lichthässige, feldfluchtige beschirmer.
br. 2, 62 ; der statt Zürich eer, die schandlich von mein-
eidigen, fäldflüchligen böswichten geschmäht worden sei.
Bcllincer 3,174; die feldOüchligen und verräler beuchten
si an die beum {transfugas el prodilores arboribus suspendcbanl).
Frank icellb. 43'; einem feldfluchligen thet man kein ander
gnad, dann das man in an ein pfal band und mit gerten zu
tod streich. Albercs wider Wilzel L2';
und leufl hin zu dem antichrist,
Ton Christo felllluchtig worden ist.
das böse kind, der verlorne sun [Wiizcl).
Albercs conirofnciur A2*;
wie dann feldflüchtiger, ungehenkter, vernichteter, untüchtiger
leut art und eigenschaft mit sich bringet. Recter kriegsordn.
73; in der Cnsteren weise durch die wacht geschlichen und
als ein feldflüchtiger, trewloser, meineidiger ehnergessener
schelm, dieb und bösewicht entrunnen. 71 ; dasz einem feld-
fluchligen im spning über ein zäun mit eim schlachtschwert
unversehrter füsz alle vier schuhlümmcl seien hinweg ge-
bawen worden. Garg. 105';
bringt selbst all ihr landrolk ins fehl,
doch sich gleich als feldllüchtig stellt.
froschm. lU. 1,15. SsO';
was wollten wir verzagter sein,
geringer achtn unser gemein,
denn die feldlUichtigen bewschrecken,
80 all land durchzicbn und bedecken. III. 1,16. Tt3';
feldflüchtig seind sie worden. Spu g. Iwjendb. 224;
wie treuherzig der herr pastor auch sonach allen seinen wer-
then herren collegen anräth, lieber offenbar feldflüchtig zu
werden, als sich dieses Schildes zu bedienen. Lessisg 10, 163 ;
denn tausende wie mich gebar die fremde,
nicht für den kaiser. wol die hälfle kam
aus fremdem dienst feldflüchtig uns herüber. Schiller 333';
denn wo ein beer felddüchtig ist, versprengt auf irren wegen,
ruht auf der letzten fahne noch ein zaubervoller segen.
A. GbiSn ged. 236;
latens dat weinen man sin, ik help sei taurecht, sei muten
feldflüchtig warden. 'feldflüchtig I ' rep sei, 'herr rathsherr,
ik feldflüchtig!' Fr. Reuter oüe kam. 144.
FELDFLUR, f.
FELDFLURHUTER, m. feldhüler.
FELDFLUT, f. auf dem feld bei heftigem regen und thauweller
zusammengelaufne flul: die feldfluten haben allen düngerund
samen mit sich fortgeführt; kleine bäche werden von der
feldflut oft hoch angeschwellt.
FELDFREVEL, m. an der feldfrucht verübler.
FELDFRUCHT, f lerrae fruges:
hierauf wird warme milch, nebst feld und gartenfrüchten
in irdnen schusseln aufgetischt,
bei ungleich gröszrer lust, als wo das splitferrichten
die iheuren bissen würzt, wo fluch und wein sich mischt.
Hagedorn 2, IUI.
FELDFÜHRER, m. dux eiercitus. Aventin 50'.
FELDG.\NG, »i. ein gang ins feld. ahd. war aber feldganc
lalrina. Graff 4, 103, und Stieler 623 hol es für luslralio
agrorum. rgl. ags. fellün lalrina, für feldtfin.
FELDG-Ä.NGIG, jAanus, eben, flach: feldgängiges land. Stal-
DER 1,363.
FELDG.\RBE, /. acJüUea millefolium. s. garbe.
FELDGARTE.N, m. ein im feld zum garlenbau eingezäuntes
slück landes.
FELDGEBÄU, n. agricullura, feldbau: so finden wir, das
die Teutschen etwan in groben barbarischen sitten gelebt,
sich zerriszner schnöder kleidung gebraucht und des gefangs
des Wildbrets und des feldgebeuws genöret haben. Fram
weltb. 47' {die ausgäbe ron 1567 hat 47*: sich des wildfanges
und feldgebewes genehret). Munsters cosmographn 1537 Cl*
schreibt die stelle aus.
FELDGEBURT, f feldfrucht, felderlrag:
so gehet es, wo Mars nicht liegt und zehret,
das dorf verjagt, die feldgeburt verheereu Tscherning 124.
FELDGEFLÜGEL, n. ares campeslres, arvenses.
FELDGEHEGE, n. campus septus:
ich hatte mir zwar selbst das wort gegeben,
auf keine andre jagd in meinem ganzen leben,
als auf die freudeojagd in Linens thal zu gehn
und allenihalben sonst in feld und waldgenegea
das wild mit gnaden anzusehn. B<:rger luö".
FELDGEIST, m. daemon campestris: Zihim werden sich da
lagern und ire heuser vol Ohim sein und strauszen werden
da wonen und feldgeister werden da hüpfen. Es. 13, 21. v^.
feldteufel.
FELDGEISTLICHER, m. clericus castrensis.
FELDGEISZ, f. antilope rupicapra.
FELDGELEIT, n. condudio localis. Stieleb 1144.
FELDGEP.^CK, n. impedimenla caärciisia.
FELDGERÄTH. n. rasa caslrensia.
FELDGERECHT, weidmännisch, des kleinen veidwerks kundig,
zum unterschied vom hirschgerechten und forstgerechten Jäger.
FELDGERICHT, n. Judicium campestre, über grenze^ feldfrerel.
FELDGES.\NG, n. cantus ruralis:
komm wieder ifrieile), wo dein süszer feldgesang
von herdevollen bügeln und aus weinbeerhüttea
und unter kornaltären klang! Rahlbr;
tief stimmt sie herab die höchsten töne,
tief herab der glock und orgel klang,
tief und bis zu dumpfem grabgestohne
silberbellen fefd und waldgesang. Bürger 98*;
jetzo, denn dir ist mancher noch übri?, welcher dein loblibd,
Varus, gerne beginnt, und traurige kriege verherlicht,
sinn ich mit feldgesange das zarte röhr zu begeistern.
Voss Vinjilg id. h, S.
FELDGESCH.XFTE, pl. negolia ruralia, feldarbeiten.
FELDGESCHIRR, n. rasa ruralia, in engerm sinn auch das
Pferdegeschirr, unterschieden rom wagengeschirr.
FELDGESCHREI, n. i) clamor bellicus: so so! das ganze
Tolk ein grosz feldgeschrei machen, so werden der slad mauren
umbfallen. Jos. 5,6; ir soll kein feldgeschrei machen, noch
ewr stimme hören lassen. 5,10; denn er selbs der herr wird
mit einem feldgeschrei und stimme des crzcngels und mit der
1483 FELDGESCHCTZ— FELDHAUPTMANN
FELDIIAUPTMÄNNIN— FELDHÜTER 1 484
posaunen gottes erniddcr komcn vom himel. 1 Tliess. 4, 16
{golh. in hailjai, in slihnai arkaggilaiis jnh in jjulhaurna gul)s);
und will euch doch zur letze noch
ein schönes feldgcschrei lassen pfeifen.
IIoniAM;« gesellschaftsl. s. 203;
freiheit ist die leise parole lieiniiicli verschworner, das laute
feldgcschrei der öffentlich umwälzenden, ja das losungswort
der despotie selbst. Göthe 6, 96.
2) tessera, parole, mhd. heraeichen : fordern das feldgeschrel
oeuiT. de Fr^d. le gr. 30, 95 ;
noch heut erwart ich, dasz das foldgeschrei
sein gräszlich allah durch die lüfle donnert. KöRNEn.
3) clamor ruralis: unter dem feldgeschrei der Icrrhen. J. P.
Hesp. 3, 207 ; welch ein lustfeldgeschrei [bei dir kircliucUi um
den maienbaum). biogr. bei. 1,132; Albano hörte am stillen
sonnlag nicht das feldgeschrei der drängenden arbeil, son-
dern nur die ruheglorken der thiirme. TU. 2, 49.
FELDGESCHLTZ, n. tormenta bellica.
FELDGESCHWORNER, m. als fcldscheider, feldmesser in cid
und fflichl genommner mann aus der gemeinde, ihm liegt das
setzen und aufsuchen der grenzsleine u. s. w. ob.
FELDGESINDE, n. cohors ruralis:
auf auf zur hirienmetten
du frommes felda'esinil I
ihr fromme schäl'erscharen
zusammt der weiszcn ziicht! Spke tniitn. 1S5 (203).
FELDGESTÄNGE, n. bergmännisch, die staugen an einem
kunstzeuge, u-clche über feld schieben müssen.
FELDGEVVÄCHSE, n. herbae arvenses: das feidgewechse
des erdbodcn«. Luther tischr. 70*.
FELDGEWENDE, n. campi, arva:
erfreu die dürren feldgewcnde
durch körn und segenreiche frucht. Gryphiüs 2,2S3.
FELDGLOCKE, f. furcifer, galgenvogel, galgenschwcngel, der sich
aufgehängt am galgrn in der luß uie die glocke im Ihurm schwingt :
böse geselschaft, die manchen verfürt,
das einer zu eim Schwengel in ein feldglocken wirt.
Keller alte gute schwäniie s. 41 ;
das ich drab auf eim henfen pferd
ein schwengl in einr feldglocken werd. 11. Sachs III. 3,29';
0 thet im einer das drifach geseil und gestiick umb sein
ruszigen hals, er wirds fühlen wie stark es wer, obs ein
solch feldglock ertragen möcht. Garg. 153'; spitzbübische
galgenvogel . . . dasz er eine speise der rabcn oder eine
schöne feldglocke und galgenzicrde abgeben musz. Simpl. K.
601; die unaufgehangne feldglocke kam mir da gleich unter
das gesiebte, causenmacher 126. vgl. feldbischof.
FELDGLOCKENSCHWENGEL, m. galgensdnvengel :
rechte feltglockenschwengl. Karajas frülUingsgabe s. 58.
FELDGOTT, m. numen rusUcum. Opitz I, 93.
FELDGOTTESDIENST, m. sacra castrcnsia.
FELDGÖTTIN, f dea rustica.
FELDGR.\RE, m. fossa ruralis.
FELDGRAS, n. herba camfii: und werden zu feldgras und
zu grünem kraut. Es. 37, 27.
FELDGR.\SEREI, f. abschneiden des grases auf den feldern.
FELDGRILLE, f gryllus campestm. Mathesils 24".
FELDGRUND, tn. fundus.
FELDGRüNDSTCCK, n. im gegensalz zu dem bei dem hause
liegenden garten, viesen.
FELDGLT, n. praedium, landgut: doch war gottes gnade
90 grosz, dasz endlich friede ward, so hab ich meine fcld-
güter nach vermögen angerichtet. Weise erzn. 67; legte ich
selbiges geld meistentheils an fcldgütcr. Fehenb. 2,355.
FELDGLITCHEN, n. praediolum, landgiilchen, pl. landgüter-
chcn : die geringen fcldgülergen erforderten mehr Unkosten.
Weise erin. OG.
FFLDHARKR, ni. avena prcUensis.
FELDMABICHKRAUT, n. cre/;w biennis.
FELDHAHNE.NFUSZ, m. ranunculus arvensis.
FELDHASE, m. lepus campeslris, zum untersdiicd von dem
waldhascn.
FELDHAUPTLELTE, pl. des folgenden.
FELDHAL'PTMANN, «1. pracfcctus militaris. reichsabsch. von
1521 §.31; «ein feldhruhlman war Sisscra. rieht. i,i; bis das
dpr ;•'■•■ »^ 'Ihcublman kerne. Lltiier 3, I7ü';
(.«.{cht liloxr, die» krietfcnocepicr,
ilirt. dri« dir der lirii«T linl
ynr.iM.^in ' ' i ! i!iren.
Onirrirh« r' nn ru »ein,
M «oltcu V... . ,, .ihUUl'O. ScaiLLKR 381*.
FELDHAliPTM.\NNIN, f Aventin 29\
FELDH.UPT.MANNSCHAFT, f
FELDHAUS, n. casa campeslris, ags. feldhfts, engl, fieldhouse,
tenlorium.
FELDHÄUSCHEN, n.
ich bin gegangen von den drei feldiiäuschen.
KöcKKRT yes. ged. 2,351,
FELDHEER, n. exercitus, aroaxÖTieSov, ahd. mhd. stets
durch das einfache heri, her ausgedrückt, feldhör schräbt Fischart
ehz. 60;
ach man hört sein zartes winseln, weil sein hohes feldhce:
singet
(die enget in der chrixtiincht). Grtpbics 1,70.
FELDHEIME, FELDHEIMCHEN, gryllus campestrts.
FELDIIEIMENGESCHWÄTZ, n.
schaue, wie kalt das gewässer daherstürzt! schaue da sprosset
gras und polsterndes moos, da ertönt feldlicimengeschwatz dirl
y.ai ay.oiSes (oSe kr(Xevm. Theokr. 5, 34.
FELDHERD, m. herd des Vogelstellers im feldc.
FELDHERR, m. dux, belli dux, imperalor, weder ahd. noch
mhd. {wo herizoho, herzöge), auch nicht bei Luther, doch bei
Dasvp. 326". Frisius 056'. Maaler 133* und bei allen spdleren,
man halle nidit genug daran, sondei-n bildete weiter oberfeldherr,
groszfcldheiT (granduca), denn herzog, groszherzog waren zu
bloszen fürstentileln geworden: ist dein feind mächtig, Jesus dein
beistand, dein feld und zeltherr ist viel mächtiger. Otho 345 ;
hör mich mein fcldherr! hört mich obersten! Schiller 314';
sind es nicht möine truppen? bin ich nicht
ihr feldherr und gefürcliteter gebieter? 385'.
FELDHERRIN, f gemahlin des feldhcrm.
FELDHERRNAMT, n.
ein feldherr ward ich ja!
0 feldiierrnamt wie grausend! Röceert;
dir werde jetzt das feldherrnamt zu theile
und statt des meinen gelte nun dein wort.
Gries Tusso brfr. Jer. 11,56.
FELDHERRNGABE, f
er sagt was wahr ist. der hochseligc
hat immer grosz gedacht von euer gnaden
förtreflichera verstand und feldherrngaben. Schiller 363'.
FELDHERRNGANG, m.
denn gar ernstlich
hatt er diesem geboten, den wagen nahe zu halten,
wenn der lange feldherrngang die glieder ihm schwächte.
bÜRCER 215'.
FELDHERRNGRÖSZE, /". imperaloria virlus:
in seiner ganzen febihcrrngröszc stand er da. Schiller.
FELDHERRNHAUPT, n.
doch hebt siclis, wie man glaubt,
noch aus der gruft und ducket, das alte fcldhcrrnhaupt.
RÜCKERT.
FELDHERRNMANTEL, m. paludamenlum.
FELDHERRNSTAB, m. sceplrum ducis:
als er
den feldhcrrnstah in meine bände legte. Schiller . . .
FELDHERRNWCRDE, f dignilas ducalis:
nie fühlte jemand
mehr edle bitzc, wie ich damals fühlte
da ich dem Marcius die feldbcrrnwürdo
so unbedachtsam gab.
Thomsons Cortolan vrrd. von Jon. IIeinr.
Schlegel s. 194.
FELDHERRNZELT, n. praetorium.
FELDHEliRSCilAFT, f
vieler fcldhcrischaft taugt nie. nur einer sei feldherr!
BORGER 197*.
FELDHEü, fi. foenum campi, zum unterschied von dem
wicsenheu.
FELDHIRSE, m. lilhospermum arvenst,
FELDHOF, m. rilla. landhaus:
ei das man auf eim feldliof sol
all ding linden geschickt so wul. WicKRAa pilger "A.
FELDHOLDER, «i. sambucus cbulus, attich.
FELDHOLZ, n. ein im feld liegendes gehöh.
FELDHOPFE, «i. humulus.
FELDHORN, ii. buccinum, heerhom.
FPXDHUHN, perdix, rebhuhn. acknhuhn. Aiiiini!< iimn-
scheidct: rusticula ein feldhün, hat ein lengern schiinbol duuii
ein rcphrin.
FELDliUilNERDARM, m. ahine segrialis.
FELDHURE, /". scorlum eastrrnse. med. maulaffe 1*S.
FELDHUT, m. Strohhut bei der fcldarhcU. Vom 3, S65. 25«;.
FELDHUT, f. 1) pascuum, ledde im feld.
2) custodia f«ni/x)rum,
FELDHÜTER, ni. cnslos campi, flurhlUer, /lur$chAtx, achhfu'.
1485 FELDHCTTE — FELDLATTICH
FELDLAÜCH— FELDMENSCH
1486
FELDHl'TTE, f. casa campestris. Niebcbr 1, 549.
FELDICHT, planus, flach: ein theil wird Cilicia r^axeia,
das raue oder felsicht, das andere ^sStds, das feldichle ge-
heiszen. Opitz 3, 49; in einem feldicbten und einsamen orte.
Arg. 2.417; feidichte gegend. Steisbach 1,430.
FELDIG. in den Zusammensetzungen dreifeldig, vierfeldig.
FELDIGEL, m. faszn. 588,25.
FELDIN, f. equa, qiiia jiemmque in campis pascUur. Stieler
464, aus ScuoTTEL 1314, steht auch bei Diefesbach 206' und
stimmt SU feidros, feldpferd, feldslreiche. vgl. auch wilde.
FELDJ.\GER, wi. l) jäger für kleines wildbret.
2) labellarius castrensis: seine manüvers haben etwas ähn-
liches Ton unsern feldjägern. Göthe 23, 151.
FELD.IÄGERLIED, f. BCbger 112'.
FELDKASSE, f. kriegskasse.
FELDKÄTZCHEN, n. tcie das folgende.
FELDKATZE, filago, ein wolriechendes kraut, engdwun,
mäuseohr.
FELDKELLER, m. ein im felde gegrabener keüer. auch ein
flaschenfulter.
FELD KERZE, f. verbaseum thapsus, königskerze, himmelskerze,
himmelbrand, candela regia, mit gelben, leuchtenden blumen auf
hohem Stengel.
FELDKESSEL, m. ahenum castrense.
FELDKIRCHE, f. im freien feld auferbaul, häufiger und aller
Ortsname, ags. feldcyrice, engl, fieldchurch.
FELD KLEE, m. Irifolium repens.
FELDKLETTE, f. tordylium anlhriscus.
FELD KLIPPE./"., riereckges geld, das im nothfall zurbezahlung
des heers dicnle. klippe ist nummus quadralus. Frisch 1, 524*.
FELDKLOSTER, n. gegensalz vom städtischen: wäre wol
gut, das kein feldfcloster je auf erden kommen wäre. Lvthers
br. 2, 3S3.
FELDKNABE, m. erro, ragabund: ein elender liederlicher
kerl , der mehr einem ausgerissenen und dahero galgen-
mäszigen feldknaben, dann einem dapferen Soldaten gleich-
sähe, fr. Simpl. 1, 5.
FELDKNICK, m. feldgehülz, s. knicL
FELDKNOBLAUCH, m. allium scorodoprasum.
FELDKNOTENMOS, n. bryum rurale.
FELDKOCH, m. coquus castrensis, garkoch ßr Soldaten, mar-
kelender.
FELDKOHL, m. brassica campestris.
FELDKOPF. m. feldbusch.
FELDKRANK, üLlicfier ist feldsiech, was man sehe.
FELDKRANKHEIT, f gott gibt also den kriegsleulen feld-
krankheit. Paracelsus chir. sehr. 136.
FELDKRAPP, m. Valeriana locusla, rapunzd,^ackerbaldrian.
auch feldkrupf.
FELDKILALT, n. herba campestris, agrestis:
aber ist milch dein wünsch, dann cytisus häuG? und lotus
selbst in der band zur krippe gebracht und salziges feldkraut.
Virgils lamibau 3, aaö';
ihm, statt pancbäiscbes weifaraucbs,
duften umtter feldkrauter mit mancherlei prangenden blumen.
Virgils mücke Hl.
Nemmcb hat feldkraut für fumaria officinalis, die auch erdkraut
heiszt.
FELDKRESSE, f. cardamine pratensis.
FELDKRÖTE, f bufo campestris.
FELDKRÖTENGRAS, n. juncus campestris.
FELDKÜCHE, f. culina castrensis: bemerkte man eine feld-
küche, die sehr emsig ihre blank gereinigten casserolen und
teller klappernd einzupacken beschäftigt war. Göthe 21,101;
seine feldkiiche führt er mit sich umher. 21, 104.
FELDKÜMMEL, m. Ihymus serpyUum. Stieler 947.
FELDKLNST, f. bergmännisch, geiricbe, um das tcasser aus
den gruben zu schaffen.
FELDKÜRBISZ, m. Cucurbita pepo.
FELDLAGER, n. castra, früher feldleger: von nacheilen,
und frischer that und feldlegern. landfr. Worms 1495; viel
berren venvahren ihr feldläger auch auf eine nacht mit einer
schanzen. Kircniiof mit. diAC. 140; man nennet die küche in
feldlegern sudeler. Melanoer jocoser. 2 n' 372 ;
lief ich darum aus der schul und der lehre,
dasz ich die froliu und die galeere,
die schrcihstub und ihre enpon wände
in dem feldlnger wicderränUe? Schiller 322*.
FELDL.AND, n. <v}»//fv/ns terra, ags. feldiand.
FtLDLATTlCU, m. iiclaca scariola.
FELDLÄüCH. »1. leas feldknoblauch.
FELDLÄUFER, m. feldhüler.
FELDLAZARETH , n. taleludinarium castrense: Schoppe
unterwegs für Älbaco ein fliegendes feldlazareth des trostes.
J. P. TU. 3,137.
FELDLEBEN, n. vita niralis, lartdleben, oder auch castrensis.
FELDLEIN, n. agellus.
FELDLERCHE, f alauda arrensis.
FELDLEL'CHTE, f. vor dem feldherm und andern für-
nemnien leuten gehören alsdann feldleuchten zu tragen und
andere fewer im lager anzuzünden. Kircbbof disc. mit. 134.
FELDLICHT arvalis. voc. 14S2 iil'. a^. feldlic.
FELDLICHT, n. ignis fatuus, irrlicht : als er eines irrwiscbes
oder schwebenden feldlichts ansichtig geworden und dassel-
bige endlich ergriffen, hat er befunden, dasz es ein zäher
und glänzender geringer schleim gewesen, wie froschleich
gestalt. ScRivER seelensch. 1, 231.
FELDLIED, n. Carmen bucolicum:
und romanische Städte durcbtönt mein askräisches feldlied.
Virgits lanäbau 2,176;
aber o komm nur, komm! und das letztemal kämpfst du im
feldlied. TUeoki. 5,41.
FELDLIEDLEIN, n. die geiszhirten inen ein süsz und im thal
wiederhallendes gutes feldliedün aufpfeifen. Fischart «Ai. 518.
FELDLILIE, f. lUium martagon.
FELDLINSE, f. lens arrensis.
FELDLLFT, f. aer campestris, die frisdie hiß auf dem felde:
die feidluft reizet den hunger. Luise 1,454.
FELDLUST, f obleclalio niralis, landlust.
FELDMAGSAME, m. paparer rhoeas, klatschrose, feldmtAn.
FELDMÄHER, m. scolupax arquata.
FELDMANN, ruricola, landmann: dieweil dem ersten feld-
man Adam die neugeschaffene und gesegnete erdgewächs
und feldfrüchte sonst zu keiner gnugsamer ergölzlichkeit,
lust und fräud gedienet betten, wann er nicht sich daran und
damit üben und gleichsam erkurzweilen mögen. Sebiz porr. 2';
das velsz ein feldmann nicht, und was die statte haben.
Opitz Zlatna 345. 357 ;
wie der feldmann baut die auen. Flexi>c 420;
der feldman hat schon itzt die scheuren ausgeräumet,
davon ihm nacht und tag und alle stunden träumet. 121;
die uahrung wächst und lauft den bürgern in das haus,
der feldmann sät nicht mehr für fremde sicheln aus.
GCSTHER 9«4;
der wache feldmano eilt mit singen in die felder (al. in seine
rauhen f.)
und treibt vergnügt den schweren pflüg. Halles *. 12;
du, die, wo fromm der feldmann deiner achtet,
mit Saaten vielfach tbal und bügel deckt. Voss 4,14;
ihm nun sagte der greis, der Pflanzungen waltender feldmann
^ (djoOT^evs)
von dem geschäfl ausruhend, das reg in den bänden ihm fort-
gieng. Tlieokr. 25, 1.
Feldmann ist ine Munter^ Wächter, Wacker, Weckerlein,
Hüterlein häufiger name des wachsamen hundes.
FELD.MANNSTREU, f. eryngium campestre. feld ist hier mit
mannstren, nicht feldmann mU treu zusammengesetzt, daher die
betonung feldmännstreu.
FELDMARDER, »n. mustela martei, sonst baummardcr (1,1193),
zum unterschied vom dach und hausmarder.
FELDMARK, f. ager, feldflur, das zu einem dorfe gehörige
feld, auch die grenze des felds, confinium. Niebihr 2, 176 und oft.
FELDMARSCHALL, m. summus belli dux. s. marschall
poln. feldmarszalek.
FELDMASHOLDER, f aeer campestre. s. masholder.
FELDMASZ, n. mensura agrorum.
FELDMÄSZIG, irie es Iruppen im feldlager, im fdde gemdsx
ist: die Verpflegung des Soldaten bei den groszen herbst-
übungcn wird feldmäszig sein.
FELDM.AUS, f. mus rusticus: von einer veltmfts und einer
statmAs. Boner 15. altd. tcäld. 3, 1S5; die feldmaus geht in
die stad zu gaste, froschm. 1, 10.
FELDMAUSLOCH, n. der mensch ist entweder ein leben-
diger biencnstock oder auch ein lebendiges feldmauslock
{betont feldmausloch). J. P. tcufchp. 2,128.
FELDMEIER, m. cerastium rulgatum.
FELDMEISTER , m. abdecker, sehindcr. veislh. 2, 64S. zu
Ulm aber der oberknecht auf der bleiche.
FELDMFISTEREI, f abdeckerd, meisterei.
FELD.ME.NSCH. m. leprosus, ein feldsiecher. Obekuk 1715.
1487
FELDMESSEN — FELDREICH
FELDREVIER — FELDSCIILEIIE 1 488
FELDMESSEN, n. agrorum mensura: das ander buch vom
feldmessen. Revmeb landrechn. Da'.
FELDMESSER, m. agrimensor, mensor: um dieser ursach
willen haben elwan etliche grosze IpuIc im nechsten hie bei
gelegen lande mich für ihren feldmesser bestellet. K4'.
s. Inndmesser.
FELUMESSUNG, f, feldmessen.
FELDMESZKUNST, f.
FELDMOHN, n. jmpaver rhocas.
FELDMORGEN, m. jugerum campeStre, gegenüber dem wald-
morpcn, silvestre.
FELDMOTTE, f. linea campeslris, im feld auf pflanzen lebend.
FELDMLNZE, f. mentha aivensis, engl, fieldmint.
FELDML'SIK, f das herzzersciiiieidcnde und licrzerhebende
ertönen aller art feklmusik. der a. ni. imToggenb. \50;
wo habt ihr her die felilinusik
so klingend überaus? Rückert 184.
FELDMÜTIG, von einem kühnen reiler, der sein pferd im fcld
vmtreibl : eng in eini ring links und rechts umbkehren, sich
zäumen, sperren, prangen, feldschreicn. feldniiilig, furstriilig,
und was dergleichen geradigkeit mit pferden zu treiben ist.
Garg. 176'.
FELDNACHBAR, m. vicinus, accola, unterschieden vom dorf-
nachbar.
FELDNÄGLEIN, n. dianthus armeiia.
FELDNELKE, f. dasselbe.
FELDOBERSTER, «i. praetor, gewöhnlich blosz oberster, obrist.
FELDOBST, n. poma arvensia, auch wildobst, unterschieden
vom gartenobst.
FELDOCHS, m. der zur feldarbeit gebraucht wird, unler-
sciiieden vom Schlacht und mastochs. ags. I'eldoxa, engl, fieldox.
FELDOCHSENZÜNGE, f lycopsis arvensis.
FELDORDEN, m. ordo campeslris: 'ich hetsche auch mit',
sprach jener wirt, fürt man mit seinen gasten an gaipen
zun dürren brüdern in den feldorden. Frank sprichw. 2, 10*.
FELDORDNUNG, f lex de agris.
FELDORT, m. wenn aus einem schaclil oder stolten ein orl,
im hangenden oder liegenden, hinaus nach vurliegenden gangen
gelrieben wird. Hertwig 132' ; nicht allein der mineralium,
sondern auch des gesteins; zum ofternmal zelien kiafter weit
in einem stellen sechserlei verschcidener arten am feldort
des gebirgs gefunden werden. Thlrneisser von wassern s. 44.
FELDPAPPEL, f nialva rolundifulia.
FELDPF.\U. m. Iringa vanellus, der kibilz.
FELDPFERD, n. equa, slule: tct si iren vatter crmancn
und bitten, daj er mich mit der hcrt und schare der fcld-
pferten wölt lassen usz und in geen und in wollust frig aller
arbeil lassen beliben, und daj ich also, wenne mich gelüste,
mit den fejdpferten mücht pflegen werk der nature. Nicl.
VON Wyi.e 267 im esel. auch bei Lucian cap. 27. 28 sind weib-
liche iTCTtoi, s. feldros, feldstreichc.
FELDPLAN, m. campi planUics:
beliis, primel, maienglocke,
purnurklee und thvmian,
LroKiis mit der gofdnen locke
8chtnücken feld- und wiesenplan. BBrgbr 3*.
FELDPOLEL n. serpyllum.
FELDPOST, f cursus publicus castrensis.
FELDPOSTAMT, n.
FELDPOSTMEISTER, m. *
FELDPREDIGER, m. sacerdos castrensis.
FELDPREDIGEREL f 'du gehst nach Frankreich?" fragte
Schoppe. 'morgen , wenn du mitgehst', versetzte Albano.
'allerdings, als deine feldprcdigerei'. J. P. Tit. 5, 109.
FELDPREDIGT, f concio castrensis.
FELD PROBST, m. praejmitus castrensis.
FELDIIAIN. ni. limcs agrorum. s. rain.
FELDRAIMNZEL, f Valeriana locusta.
FELDRATZE, f. mus decumanus.
FELDRAI R, m. jiraeda campeslris.
FELDRAUCH, m. fumaria, s. erdraucb.
FELDRAUTE, f dasselbe kraul.
FELDRFXHT, n. jus agrorum, lex de agris.
FELDREDE, f mhd. ein vfllrede, gemeine lArbcr und niiil
onndize. regisirum zum flrnner XXXlll. vgl. feldworl.
FELDREGIMENT, n. darnach licsz Judus das volk ziisam-
nier>>i f.i der posaunen und machte ein feldregimcnt,
ob' lute und weibel. 1 Marc. 3, .')5.
ii : H, no).v).T-ioi. Voss //. 5,013.
FELDREVIER, n. campus:
die wafTcn sind des mannes erste zier,
doch trlaub ich nicht, dasz wissen ihn entehre,
es schmückt ihn, wie die blum ein feldrevicr.
Griks Hojardo 1, li, II.
FELDRICHTER, vi. judex ruralis.
FELDHIEDGRAS, n. carex saxatUii.
FELDRINGELBLUME, f Calendula arvensis.
FELDRIITERSPORN, m. dclphinium consolida.
FELDROHR, n. fi.üula arundine facta, fildschalmei.
FELDROS, n. equa. Maaler 129'. s. feldin.
FELDROSE, f. rosa canina, auch anemone silvestris.
FELDRÖSLEIN, n. adonis aeslivalLt.
FELDHOTH wird von einer geringen art Weintrauben gesagt,
vgl. feldschön.
FELDRCBE, f. brassica rapa, stoppclrübc, utUerschiedcn von
der Steckrübe.
FELD RUF, m. feldgeschrei.
FELDRÜGE, /". actio, mulcta ruralis.
FELDRUHM, m. gloria bellica, krwgsruhm. J. P. dämm. 70.
FELDRÜSTUNG, f apparalus bellicus, kriegsrüslung.
FELDRUTH E, f ein ackermasz.
FELDSALAT, m. Valeriana locusla, ein wild im felde wactisendes
kraut, das man zu salat sucht und gebrauclit. s. feldlaltich.
FELDSCHACHT, m. was feldort.
FELDSCHADE, m. calamilas fundi.
FELDSCHALMEI, f fistula campe.<lris, feldrohr:
da wird man sich mit lust erquicken in den reihen
und tanzen um den bäum nach hall der feldschaimcten.
Ghypüii's l.üOU;
kein tanz schien artiger geziert,
als den er nach den fcldschalmeien
mit einer hirtin aufgeführt. IIagedor!« 2,75;
Georg hat etwa geschlummert,
oder auch selber ein stück auT der reldschalmci sieb gedudelt.
Liji.se 2,{>1.
FELDSCHANZE, f. munimcnlum cam])eslre.
FELDSCHARTE, /'. serralula arvensis.
FELDSCHER, m. cliirurgus, eigentlich barbier, vgl. ahd. scero
lonsor: wo ist der fcldscher? Güthe 8,95. 42,120. auch bei
GöKiNGK 3, 12S. Ki.inger Ih. 2, 35S. übergenommen ins bOhm.
felcar, poln. felczer, lit. piltszere.
FELDSCHERER, m. dasselbe, vgl. ahd. scerari: so sie wölltii
die lahme talzen heil haben, müssen sie dem feldschercr
gute wort geben. Kirchhof mil. disc. 137.
FELDSCHEUCHE, f. Icrriculum, Vogelscheuche, feldbutz.
FELDSCHLACHT, f proelium: mein herz pucht mir im
leibe und habe keine rüge, denn meine seele höret der
posaunen hall und eine feldschlacht. Jer. 4, 19; ob feld-
schlachten anzunemmcn seien. Kirchhof mil. disc. 148; wenn
ihnen gott ein sieg oder glück geben werde, dasz sie ein
Scharmützel, stürm oder feldschlacht erobert. Fronsperc 1,90';
in dieser feldschlacht sollen die Slaven cxx lausenl mann
verloren haben. MicrXlius 2,176;
nach der feldschlacht ist mein feurig sehnen. Schiller 1*;
wol auch späh er den wagen umher und gedenke der feld-
schlacht. II. 2, 3S4;
der im laufe so rasch war und in der feldschlacht. Od. 4, 202;
so wie jener ein mann zum rathschlusz war und zur feld-
schlacht. 14,491.
gewöhnlich steht duffir das einfache schlachl.
FELDSCHLACHTER, m. macellarius castrensis.
FELDSCHLACIITORDNUNG, f. acies: der hinderharren-
würtig nachzng ward bestimmt dem hörzogen von Racke-
dennaiTcn. in mitteler Schlachtordnung liesz sich der kimig
samt seinen landfiirslen linden. Fiscuart geschichlschriß 1575
Vs. l.')'>2 Aa4. ir.iio *. ;t91.
FELDSCHLAGEN, n. dasselbe:
daKZ kein Iheil vor dem andern wich
ein Iniige zeit in dem vcld.schlagen. 11. Sachs V, 30t>'.
FELDSCHLANGE, /. 1) co/«6rr silveslris.
2) eolubrina, ein gesrhiitz: eiserne fcldschlangcn, die ich
wol kennt hab, dasz es eben dieselbipen hücliscn gewesen.
Gorz VON B. /etcfi.'jfc. 56; und scheuszl mir einer den schwcrt-
knopf mit einer feldschlangen entzwei. 78; etliche foldschlangen
oder ander stücke. KiHcnunr mil. disc. 174; die aiiillerie be-
stand aus zwölf kaiKinen von starkem kaliber, aus zehn feld-
schlangen, von achlzehen fusz lang. ScRiUER 10»»'.
FELDSCIILEIIE. f jnunus s^<inosa:
wohl mich nnl di-m hininicl holen.
Habens nii m.irhi iil» nmli rin frlturhlcn.
diatoyui von zucnn fifa/friiKoihin 1523 AI.
1459
FELDSCHMIEDE — FELDSPAT
FELDSPATZ — FELDTEUFEL
1490
FELDSCHMIEDE, f. officina fabn caslrensis.
FELDSCH.NECKE, f. erdschnecke, uiesenschnecke.
FELDSCHNEPFE, /. kleine scbnejife, grasschnepfe, heersthnepfe.
FELDSCHÖ.N, in der ferne scliön: die frau ist feldschün,
vian darf sie nicht in der ttälie selten^ ohne das: sie einbüs:J.
s. fernen, fernschün.
FELDSCHOPPEN, m. nubilarium, ireUerhülle.
FELDSCHÖPPEN, m. beisitzer eines feldgericJäs.
FELDSl'HOTEN, feiderbsen, im gegensatz zu den garlenerbsen.
FELDSCHKEL m. feldruf.
FELDSCHHEIBER, in. regimentschreiber.
FELDSCHREIEN, u-iehern im feU, vom pferd. Garg. 176*.
FELDSCHULDHEISZ, m.
FELDSCHLLE, f schola caslrensis :
fort in die feldsctiulel marscti ihr buben! Schiller 321'.
FELDSCHL'TZ, m. custodia campi, aufsieht, abhaltung des freveis
vorn feld. durch tüclilige schützen hat man den besten feldschutz.
FELDSCHLTZ, m. custos campi, feldhüter, fiursdiülz. weisth.
1, 515.
FELDSCHWAMM, m. agaricus catnpestris, fr. Champignon.
FELDSCHWINGER, m. colutnba domestica, feldflüdüer.
FELDSEE. «». locus campeslris:
dort am buschigen uTer des sanfl umhügelten feldsees.
Voss 3, 14S.
FELDSEITE, f. pars in agros speclans.
FELDSENF, m. sinapis arvensis, ackersenf.
FELDSICHERHEIT, f sponsio hello capii sub fide mUUari
vel juralo facta, im hohen aüerthum brach der besiegte gras und
reichte es als zeichen der unteruerfung dar (RA. 112), später ge-
lobte er gleich auf dem kampfplalz, im feldc, mil hand und feier-
lichen Worten, das hiesz sicherlieif (Ganze) geben oder thun:
des lät iu geben Sicherheit beider herren bant. Aife. 314,4;
wan da? er in übet den eit
gap gisel unde siciierheit. Iw. 6364;
em tsete im daAne Sicherheit. 78S1 ;
fiM. und haqXch Wernher vorgenant in guten truwen g!obl
bi einer rechten feltsicherheit und zun heiligen gesworn
(a. 1414). Senee.nberg sei. 2. 62 ; mit guten truwen an eins
rechten eids und feltsicherheit stad glubt und zun heiligen
gesworn (o. 1414). 2, 53 ; und meinen, dasz sie ihren ehren
und ihren feldsicherheiten und ciden vorhin billig genug ge-
than betten (a. 1389, in die rteuere s[irache umgeschrieben). 2,679;
und sol auch alsdan und als dick ich wider dise verschri-
bunge tede, dis gefengnis nit ledig sin, sunder in der ersten
Veitsicherheit steen (a. 1459). Hoxtheui bist. trer. 2,440; als
wir dat alles in derselven veldsicherheid bi unser fürstl. eren
ind wirdcn in guden truwen geloift ind gesichert ind darzu
mit unsen upgerecten vingern gestaifden eids liflichen zu gode
ind den hilligen gcswuren han (o. 1456). Guue.vus 2, 1323 ;
und het ouch Hans von B. versprochen, die ohgen. zil ze
haltende bi siner truwen an eides stat und bi veltsicherheit.
OßKRLM 1713; nachdem ich dan ein solichs zu thun und zu
halten mit guten truwen in rechter feldsicherheit gelobt und
darzu einen eid mit ufgehabener hand und gelerten worten
liplich zu gott und den heiligen gesworen han (a. 1475). 3S3
und noch oß in andern Urkunden.
ich wil euch schweren einen eid
bei guter feldes Sicherheit, ilöiin 2*. 21*.
FELDSIECH, leprosus, aussätzig (l, 944), iceil man der anslcckung
vegen die kranken in einem auf dem felde abliegenden hause
unlerhidl ; das wort ist lange mÜ solchen häusern erloschen, dauert
aber in den vor den orten entlegnen siechhau«gärlen< siechenhöfeu
fort, ein man, der in der statt mit einem glöcklin von einem
haus zu dem andern get und den armen veldsiechen das
almusen sammelt. Keisersberg pred. 32', es habend etlich
den Zwingli zigen, er sie fäldsiech, ich aber hab nit gesun-
dem lib gesahen. Billinger 3, 167; als wir schier gan Mün-
chen kamen, was zu spat, das wir nit in die Stadt moch-
tend, müestend bi den feldsiechen Qbernacbt sin. Plater 25 ;
da hat er angerürt ein feltsiechen und in gesunt gemachet.
Frajc« ireltb. 107'; lam, schwach, feldsiech und wassersüch-
tig. TatRyEissER quinlaessentia 71; also ist die tinctur in ein
franzosisch feldsiechen konmien. Paracelsus cliir. sehr. 142'"
FELDSIECHKL.\1'PER, f crepitaculum leprosorttm : zu bet-
telen wie ein aussetziger ohn ein feldsiechklapper. Garg. 155*
FELDSIECHTAG, m. lepra, vgl. siechlag.
FELDSOLDAT, m. miles caslrensis.
FELDSPAT, m. spathum säntiUans, mddifdrbiger quarz.
Stalder 1,3C3.
Ul.
FELDSPATZ, FELDSPERLING, wi. fringüla moiüana.
FELDSPIEGEL, m. fernrohr. Stalder 1,363.
FELDSPIEL, n. symphonia milUaris, feldmusik. Stieler 20S7 :
bis sie ihr leidspiel lieszen klingen.
Jac. Vogel unyr. schlachl 69,
mü der randbemerkung 'feldspiel vertreibt furcht';
darunter gieng das feldspiel an,
dasz keiner hört sein eignen man
hart neben sich, noch sein eigen wort. 76;
laszt ein mutigs feldspiel schallen,
schickt dem feind ein knalltufallen I
teieiniali lw>b s. 246.
FELDSPINAT, m. chenopodium bonus Henricus.
FELDST.\NGE, f bergmännisch die stange im gestdnge.
FELDSTEIN, m. 1) lapis in agris disjedus, jaäus:
und man so weil vorschauet, als fliegt der geworfene feldstein.
II. 3,12;
denn ihn traf an dem knöcbel des rechten fuszes ein feldstein.
4,518;
aber die Minver eilten darin, und am meisten vor allen
Äsons söhn, zu erbaun den altar aus gefügetem feldstein.
Orpheus der Argonaul bl3.
2) grenzslein, der stän im feld, st^nblock. '
FELDSTRAFE, f geldslrafe ßr feldfreveL
FELDSTRECKE, f ein langer gang zu Verrichtung des Maus
eines begonnenen bergaerks.
FELDSTREICH, in. stratagema: darzwischend bettend sich
auch die Hispanier und landsknecht in Neapolis gesterkt,
deswegen der Franzos abermals ein väldstreich thet und
verlor im streit sieben mächtiger herren. Stcipf 1, 25C'. rj^
Staatsstreich.
FELDSTREICHE, /". equa per eampos vagans:
mhd. nu wird ich ein veldstriche
nach mines vater liehe. Albrecht von IUlberstadt,
nach meiner herstdlung bei Haupt 8, 419 (Bartsch 5, 49), wo
Ovid md. 2, 667 blosz equa. mnd. den mül unde den toch-
ossen unde de veltstrike. Ssp. 3, 51, vgl. Ortlof dislind. s. 547.
548 und die Variante feldstute, so wie oben feldin und feldpferd.
FELDSTREIT, m. proelium, mhd. veltstrit. TrUi. 471, 19. nhd.
also beschicht es, wie in den groszen feldstreiten, da fallet
keiner im selber allein, sunder es fallet ie einer uf den ander.
Keisersberg selenp. 86'; den {OUokar) schlug keiser Rudolph
im V jar seines reichs zu lud in einem fcldstreit. Fba>r
chron. 214*; der zil geschach ein groszer veldstrit zwischend
herzog Weifen von Beiern und marggraf Lüpolten von Öster-
reich. TscHCDi 1, 66 ; der fürst was erschlagen worden im
feldstreit. Aventin 1566, 65 ; ehe denn der feldslreil bei Plalea
geschah. Kirchhof wendunm. 37; den nach einem zaudern-
den, unentschiedenen feldslreil kühn beschlossenen marsch
nach Paris. Gütbe 44, 51.
FELDSTÜCK, n. l) tormentum castrense, das kleinere gesduUz.
2) ein gemäiilde, das eine ländliche gegend darstellt.
FELDSTÜCKCHE.\ , n. ein lustig feldslückgea spielen.
Pierot 3.300.
FELDSTIHL, m. sella caslrensis.
FELDSTLRM. m. proelium. Gudr. 708, 1.
FELDSTLTZLER, m. feldhüter, feldschtttze : im land zu Wür-
tenberg werden eigne leute von der obrigkeit bestellt, die
sie feldstützler nennen, die werden mil ptlicht und eid be-
laden zu allen orten und arbeiten des acker- und weingart-
baues zu gehen, ob sie zu rechter zeit recht gebauel oder
übel versorgt worden, dieselben bei sonderlich gesetzter slrafe
anzuzeigen und bierinnen niemand zu verschonen. Hobberg
2, 9'. Oberlin 384.
FELDTASCHE, /". tblaspi eampedre,
FELDT.\L'BE, f columba domestica, flugtaube, feldflüchter:
ein beer bunter feldtauben suchte ihre dürftige speise auf
den ackern umher. Weisze kinderfreund 3, 40.
FELDT.\L'BE.NFL'SZ, m. geranium columbinum.
FELDTEICH, m. piscina ruralis.
FELDTELFEL, m. daemon ruralis: und mit nicht ire opfer
hinfort den feldteufeln opfern, mit den sie huren (vulg. et
nequaquam ultra immolabunt hostias suas daemonibus, cum
quibus fornicati sunt). 3.Vo5. 17, 7; sie haben den feldteufeln
geopfert und nicht irem gott. 5 Mos. 32, 17 ; er stiftet im aber
priester zu den hohen und zu den feldteufeln und kelbern,
die er machen liesz. 2 chron. 11,15; da werden unternander
laufen mnrder und geire, und ein feldteufel wird dem an-
dern begegnen, der kobold wird auch daselbs herbergen.
£j. 34. 14; das sie eine behausung der drachen, eine behelt-
nis aller unreiner geisler und aller feindseliger vogel und
94
1491
FELDTHEILUNG — FELDWEG
FELDWEG — FELDZUGSPLAN
1492
ein behehnis der marder, fddlciifi'l, kobold, igcl sei und
bleibe. Luther 1, 5U'. diese jüdischen vorslellunifen berühren sielt
mit den in ganz Europa rerbreiMen von dbiachen ucsen, berg-
geislem und kobdden.
FELDTHEILUNG, f. divisiu agrorum.
FELDTHIER, n. bestia terrae: mein erbe ist wie der sprink-
lichl vogoi, umb den sich die vogcl samlen, wolaiif und sain-
lent euch alle feldthier, koniot und fresset! Jir. 12,9.
FELDTHIK. f. eine thür die aufs feld, ins freie hinan ftVtrt.
J. P.MI. .V<7»of/it(U-. 115.
FLLDTISCU, «1. mensa plicalilis.
FELÜTON, m. pasloria sibila:
als soin pl'eirengebund ans hundert röhren gcrnszt war,
laut im Ranzen V^birfr erscholl der gellende fcldton,
iiiut in den fluten umher. Ovid iiul. 13, 7^3.
FELDTRESPE. f bromns mollis.
FELllTHO.MPETE, f tuba militarü.
FELDTROM PETER, m. lubicen cadrcnsis:
die felddrommeter bliesen drein. Vogel ungr. sohl. 138.
FELDTCCHTIG, apttts ad militiam, ein feldtücliligcr soldat.
FELDÜBER, peregre, über feld. Sastrow 2, 24.
FELDÜBUNG, f. agrictülura : dieweil solche lustige feld-
übung oder gartenbauung im paradis präuchlich und befohlen
gewesen sei. Sebiz 2*.
FEI.DULME, f ulmus campcstris.
FELDUNG, f. cawpus.
1) also ist Germania ein selige gegne, darin gcmäszigter
luft, fruchtbare feldung, von allerlei getreid überflüssig. Frank
ut'llb. 4s' und daraus in Munsters cosmographei 1537 c2'; wo
es in der ebne oder flachen feldunge ist. Fronsperg kriegsb.
1,4!»'; Wälder, die nahend an den fcldungen stehen. Hoiiberg
2, 676* ; gute feldung. Leoprechting Lechrain s. vi.
2) area figurae geometricae :
ir wapenschild, darin vil Teldung wunderbar.
Herm. von Sachseinueix Mörin hl. 5;
keuscbbeit ist ein besunder feldung, die allen lugenden einen
besunderen glänz und gestalt gibt. Keisersberg prerf. 63'; in
derselben feldung ist ein gilter in form einer überlengten
rierung. Pet. .\pianus inslrnmcnlbucli. Ingoist. \bii th. l cap.b;
in der nächsten feldung. Birken ösll. lorbcrh. 160; eine fel-
dung sechzig schuh breit und lang. Stieler 464; die feldung
an einer dfcke, nn einer thür. s. feld 11.
FELDVEItDERRER, m. devastalor agrorum. Stieler 321.
FELUVERPFLEGUNG, f victus castrcnsis.
FELDVERPFLEGU.NGSAMT, n.
FELDVIEH, n. pccora camjii. Stieler 2370.
FELDVOGEL, hi. avis campestris, zum unterschied von haus-
vogel, Waldvogel, wasservogel.
EELDVOGT, m. 1) cuslos campi, flurschülz.
1) judex castrensis: der wirt genant der öberst feldprofos,
das ist als viel als feldvogt oder lichter. Fronsp. 1, 66'.
FELDWACHE, f. slalio, cxcubiae: mit einer feldwache aus-
gesetzet. oeuvres de Fred, le gr.lO,M; als sich die feldwachen
von Brclzeniieini auf Marienborn zurück ziehen wollten,
kamen sie unter die Franzosen. Göthe 30,287.
FELDWÄCHTER, m. 1) custos campt, flurschiUz: der feld-
wäi hier gieng vorüber. Bettine br. 1, 233.
2) die sehnarrwachki, der alte knccht, der kaspar, sp. 1372.
FELDWACHTMEISTER, m.
FELDVN'AGE, f ciconia, Storchschnabel, ein Werkzeug.
FELDWMD. m. ecluum vulgare, sommerwaid.
FELDWANZE, f. cimex campestris.
FKLDWARTS. icie feldein. Voss 3,11.
FKLDW ASSKR, n. u-as fcldfliit, aqua in agris collecta.
FELDW EllEL, FELDWEIBEL, m. in.slrudor colwrtis. Stieler
2U't. KiRCHiior div. mit. 55. unw. dort. 412.
EELDWElf, m. ria per lamptim ducfns, ricinalis, im gegensalz
zur beerstrasze, iandslraszc. damit vermusclw man nicitt das zur
bez^khnung der ferne den zaiden beigefügte, anders betonte feldweges,
worin weges von feld alihdngl und nur angeschobeti ist, eigent-
lich getrennt gescttneben werden sollte: und sie zogen von Belliel,
and da noch ein feldweg« war von Ephralh, da gebar Raliel.
\ Mo%. 3.1,16; und als er von im weg gezogen Mar ein feld-
weg< auf dem lande. 2 kOn. 5, t»; lagerte er sich für einen
flecken Belbziira genani, der von Jerusalem bei fünf feld-
w«gH ioi; in einem gebirge. 1 Macc. 11,5; das man das fe^r
zn Jennalem sähe, welili« doch z«ei hundert und vici/.ig
(eldnegs davon lag. 12, u; darnacU zog er ikmiii le!d^^egs
fort. 12,10; eroberten die stad und würgeten unseglich viel
menschen, das der tcich, der dabei lag und wol zwei feld-
wegs weit war, sähe wie eitel blut. 12, Iti; darnach zogen
sie weiter sieben hundert und fünfzig fcldwegs. 12,17; und
siehe zween aus inen giengen an demselbigen tage in einen
flecken, der war von Jerusalem sechzig feldwegs weit, des
namen heiszt Emmahus, (araSiovs e^rjxovra, vulg. in spaiio
stadiornm sexaginia). Luc. 24,13; da sie nu gerudert hatten
bei fünf und zweiizig oder dreiszig feldwegs [an ornStovs
t't'xooi nirre f} XQinxoinn, rulg. quasi stadia viginli quin-
(|ue aut triginta, goth. sve spaurde .k. jab .f. ai})l)au .1.).
M. 6,19; Bcthania aber war nahe bei Jerusalem bei funf-
zehen feldweges {(og anb arnSioiv Sexanitne, vutg. quasi
stadiis quindecim, goth. svasvi ana spaurdim flmftaihunim).
11,18; und das blut gieng von der kelter bis an die zeume
der pferde durch tansent sechshundert feldwegs. offenb. li, 10;
und er masz die stad mit dem röhr auf zwelf tausent feld-
wegs die lenge und die breite. 21, 16. die ausgeholmen stellen
zeigen, dasz goth. spaurds für Stadium verwandt wurde, welchem
auch ahd. spurt, ags. spyrd entsprechen, tric daneben rasta, rast
galt, die Umschreibung durch feldwegs kommt nach Luther nocA
zuweilen vor: da dieser ein feldwegs, nennen sie ein rast, das
fähnlein getragen. Kirchhof md. dioc. 113. die Züricher bibel
von 1534 hat für Luthers fcldwegs überall mannslouf, sowie
anderwärts Stadium durch rosselau f übertragen wird, bei Frisius
dinch rennwäg. wie viel schöner war der einfache goth. und
ahd. ansdruck. vgl. oben unter feld 4 'eines feldes lanc*.
FELDWEHRE, f. was landwehre, doch bei Stieles 2515 lorica
viae cx)operlae.
FELD WEIDE, f. salix incubacea, kriechende wei4le.
FELD WEID LEUTE, carniftces, schinder. Lersner frankf. chron.
2, 815.
FELDWEIHE, f. agrorum lustratio.
FELD WERBUNG, f. agricultura, feldbestellung : deswegen
nicht unbillich die kinder guttes nach Adam disen feldlust
und dise feldwerbung inen haben auserlesen. Sebiz 2'.
FELDWERK, n. opus rusticum: die andere magd war nun
ihnen (der mutier und yroszmutter) recht, aber dem valer nicht,
weil sie nur das haus aber nicht das feldwerk verstand.
d. a. m. im Toggenburg 17.
FELDWESEN, n. res rustica: die eclogen oder hirlenlieder
reden von schafen, ernten, erdgewächsen, ßschereien und
anderem feldwesen. Opitz poelcrci 24. Stieleb 171.
FELDWIEGE, f. rosa canina.
FELDWIESE, /. pratum campestre.
FELDWINDE, f. convolvulus arvcnsis.
FELDWIRT, m. agiicola.
FELDWIRTSCHAFT, f. res rustica.
FELDWORT, n. verpieten unzucht, mutwillen und über-
bracht, darneben Scheltwort und feldwort. weislh. 2, 4S2. 49S.
mhd. her Isegrim, ich sol iu sagen,
lät iuwer vgltsprächen sin. Iteinh. 631.
s. feldrede.
FELDWUNDARZT, m. chirurgus castrensU:, feldscher.
FELDWURM, wi. lumbricus terrestris, regenwurm. auch für
Soldat.
FELDWURZ, f gentiana, ags. ftidvyrt, engl, fieldwort.
FELDZAUN, m. sepes campi, statt des scliüneren alten elter
(sp. 1180).
FELDZEHNTE, m. dccima fntgum.
FELDZEICHEN, n. signum militare, namentlieh die fahne.
aber auch schleife, binde, laubzieeig: allhie vergleicht man sich
auch eigentlich der kennbinden oder des feldzeichens. Kirch-
hof mil. dL%. 85; also ein kriegsmiui ein schwarze, weisze,
gelbe, grüne, blaue oder role binden trägt zu einem feld-
zeichen. Paracelsus 1500 s. 330. vgl. ahd. sperzeichan. heri-
zei( hau. heripourhan, was auch tromitcle oder /xutiun« ausdrückt,
die dem hirr zeichen gaben.
FELDZEUGMEISTER, m. rei tormentariae proffectns.
FELDZIEU, f blumen. Gencenbach 429.22.
FELDZIRKER, m. agrimen.vtr. Stieler 20IS.
FELDZl'G, m. ej})editio, militia: er macht seinen ersten
feldzug, bat noch keinen, schon viele feldzilgc gelhan, ge-
macht, zehn feldzilge inilgemachl ; dem feldzuge beiwohnen ;
den feldzug beschlieszen, unlernehiuen. antreten, ausfuhren,
wieder aufgeben, ein rühmlicher, glücklicher feldzug. s. heer-
ziig, winteirciilzug.
FELD/1 i.^l'IA"^ '" Daiiiiiann fr. rerol. 195.
1493
FELDZULAGE— FELGEN
FELGEN — FELL
1494
FELDZULAGE, f. Stipendium milUare in castris audutn,
FELDZWIEBEL, f. allium cepa, ackerztciebel.
FELGE, f. in stcei bedeulungen, die etwa die voräellung des
gekrümmten, gebogenen einigt, vgl. skr. pari, circum, ne^i, par-
j;'ija, orbis, circuitus.
1) nbsis, cunatura rolac, oJid. felga, flexura, canthus (Graft
3, 505. DiEFENBAcn 93'. 9G'), ags. felga (feige): })ät hveol hverfJ
yiiibuton and $io nafa nehst [lare eaxe, sio fard micle fast-
licor and or?orglicor |)onne J)ä felgan {rar. felga) dun. Al-
FBEDi Boclhius cd. Rawlinson p. liS ; engl, felly, nnl. velg,
radvelg. nhd. und waren reder wie wagenreder, und ir achsen,
nahen, spcithcn und feigen war alles gegossen. 1 kön. 7, 33 ;
ire (der reder) feigen und höhe waren schrecklich und ire
feigen waren voller angen umb und umb. Ez. 1, IS ; holz zu
wagen, feigen, Speichen und nahen. Kibcdhof disc. mit. 24;
feigen im walde hauen ; die grundfeste des rades ist die
nahe, aus welcher hervorgehen zwölf Speichen, diese umgibet
der kränz aus sechs feigen zusammengesetzt und eben so
vielen radschienen (basis rotae est modiolus, ex quo prodeunt
duodecim radii, hos ambit orbile compositum e sex absidibus
et totidem canthis). Comewi orbis ]>iclus l, St. hier also u erden
feige absis und schiene cauthus unterschieden, die feige ist von
holz, die schiene ron ei.sen. Helft landbauk. s. HO erklärt:
feige ist der theil des rads, welcher die peripherie desselben
bildet und durch die Speichen mit der nahe oder mit der
welle, die durch den mitlelpunct geht, verbunden ist.
2) occa, alid. felgün occas. gl. florent. 9S6' {wo felgam). ags.
fealh, fealga, felch [bei Lye), in einer späteren gl. bei Wbight
ISO vely. Diefexbach 391' hat occa ein wale, da man die
schollen im acker mit bricht, ein welle, dae man die klulen
mit bricht, nicht also die heutige egge, sondern eine rolle, die
man über die erdschoUen välzte, ircdtalb es auch gekrümmt und
gebogen heiszen konnte, zu dieser bedeutung stimmt das folgende
rerbum. unsicher ist die meinung veisth. 2, 3S0: den menschen
schleifen an das hogerichl, da sali sein ein kule gegraben,
'falgen lang und weit'; es kommt auf die Vorstellung an, die
man sieh ron occa macht, feige oder falge musz aber auch
das geeggte, gebrachte land ausdrücken, denn Scn«. 1,527 gibt
die redensarten in der falg ackern, in die falg bauen.
FELGE.N, ahd. felgan. falcta (Gbaff 3,499), alts. felgian,
felgida, mhd. velgen, valcle {irb. 3, 295'), nhd. zicischen feigen
und falgen schwankend ; die ags. form fehlt, engl, aber findet
sich fallow arare, anbarare, schalt, fauch {nichi faulch) bei Jahieso;»
in gloss. und suppl. = fallow ground. es fällt gleich scliwer,
die beschaffenheit des vocallauts, als die wurzel des vorts zu be-
stimmen, feigen falgte, ein subst. falga occasio (Gb.\ff 500),
die Variante falgen, und das engl, fallow scheinen ron dem gramm.
3, 416. 456 angesetzten vülge abzulenken, für welches sich doch
das ahn. adj. fialgr (Sveisbiübn Ecilssox 174". 439') geltend
machen liesze. ' geht dieses fialgr zurück auf fela condere, so
gelangt man zum golh. filhan, ahd. felahan, aus deren praet.
falh, falah ein schwaches falhjan. mit Übergang des h in g und
jenes falga entsprossen sein könnten, das subst. felga (goth. filha)
und adj. fialgr rührten aier aus der starken form her. h haftete
noch im ags. fealh occa. ein ahd. pari, praet. gifalgan (Gbaff
500) wäre verschrieben für gifolgan. nun die bedeutungen.
1) agrttm arare, subarare, novare begegnet in ahd. mhd. denk-
mälern nicht, nur erst in späteren glossen: falgen, eckern, un-
tereren, subarare. tof . <A*u/. 14S2 h 5*. f 5*. kk S". weitere stellen
schwanken zwischen feigen, falgen, falgen :
Luthers sach thut ider vorstan,
der halb wil nimant itim [pnpUtifchen) opfer gan,
er feige ader requiemme, scnwod ader bot,
so hat man draus ein hon und spot.
dial. ton zweien pfaffenkochin 1523 A l*,
er thue was er wolle, pflüge oder brache, rufe links oder rechts
{gramm. 3, 309). Iiier steht die feige der brache {cessatio, requies)
entgegen, doch andcremal ist feigen, ghtch dem brachen, ein
stürzen, umpflügen, ron dem eigentlichen ersten pflügen unter-
schieden. rielleicJU war feigen das zweite, brachen das dritte
umwenden des ackers, ein Stoppelfeld wird gefelgt, umgerissen,
in diesem sinn srlieinl auch feigen, falgen fcei Schmeii er 1,527.
Fromxann 4, 90. 105. im bretn. wb. 1, 337 angesetzt, nach Scham-
BACB 259' heiszl feigen den abgeernteten acker im herbst umwenden,
verschieden von roren {rühren) und tweroren {zum zweitenmal
rültren) des Sommerfelds. 174*. 23S*. die benennung und bedeu-
tung mag landschaßüch schwanken, s. auch bei StCrenblrc 78'
güslfalgen. die folgenden, von Weinbau und Zuckerrohr redenden
st^en Verden ein bearbeiten des erdbodens mit hacke und karsi,
nicht mit der p flugschar:
mhd. reben sol man falgen ( : galten)
und mit miste düngen. Ls. 3,564.
tiAJ. in einer weinbergordnung ron 1536 (Mose zeilschr. 3, 276)
slehn nebeneinander 'maienfalgen' und 'augstenfalgen' für im
mai und august feigen, das gras mit dem rührkarsl aus dem
Weinberg entfernen; die Weinberge drei vorneme regung be-
dürfen 1. im friiling das hacken. 2. wann der wein schier
blühen soll, das brachen, rühren oder feigen, und diese drei
regung sind karstarbeit, a. weish. lustg. 112; sie müssen im
Weinberg hacken und feigen. Otho 264; was die pflanzung
{des Zuckerrohrs) anbelanget, so wird vor allen dingen ein
gutes, feisztes und feuchtes land darzu erfordert, welches,
so es wol gebauet, in kleine hügelein gefälget und einge-
theilet wird. Hobberg 3, 1, 54l'; derowegen sol man, nach-
dem man gemeldete schollen zerklopfet oder gebrochen hat,
das feld ohngefahr im brachmonat, wann der grund feiszt
und feucht ist, fälgen lassen. 3,2,19'; einem, der den som-
merlang das feigen in sanem weinberg rcrges.<.en hat, so dasz
das gras über die pfähle hinaus -wächst, ruft sein nachbar zu :
•geh hinaus, feig deinen siehdichfür {weinberg)'. Nefflen vetter
aus Schwaben s. 121. irenn J. P. biogr. bei. 1,150 sagt: ein
alltag, ein ausgeleerter prosaischer, tausendmal gefelgter oder
gestürzter trebemtag, so hebt dies nur die allgemeine bedeutung
wiederholter feldarbeÜ hervor.
2) schon aus älterer zeit aufzuweisen sind abslracte antren-
dungen, in deren sinn nicht genau einzudringen ist,
a) euphemistisch für subigere, comprimere, cogere mulinem:
ahd. ni valcta imo sia, non cognoscebat eam conjugem. Diut.
2, 2S2. vgl. erkennen sp. S66 und das folgende usurpare, brauchen.
b) rechtlich für maneipare, vindicare, usurpare, sich eine sache
anägnen, anmaszen, ihrer unterziehen, in welcher bedeutung felgan,
falgan, bifalgan verschiedentlich bei Graff 3, 499. 500 aufgeführt
wird.
mhd. da zebrach fr {der teufet) den ban
an dem aller ersten man
unde an sinem wibe,
er bevaicte Ir libe [mancipavit, tradidit ipsi)
ein ob'? (da??) er ir hol,
dar an enpßenc si den tot.
daj ohi? si e??en began,
si befalcte e? dem mau. Karajati denkm. s. 41 ;
got gab Josebe da? ze muote,
da? er an deme gewalle
ime mere ma??es nie bevalgte,
ne wane da? dürre pröt. fundgr. 2, 56, 7.
then namon imo felgan heiszl deutlich nomen sibi vindicare,
usurpare :
noh th^n namon, in min war,
then ni felgu ih mir sär. 0. I. 27,34;
in thia beldida gigangS,
thSn namon imo telgi. IV. 20, 20.
c) alts. felgian firinspräca, firinword, pr(J>rum inferre, gleich-
sam schimpf über einen stürzen :
felgiad in firinspräca endi fiundscap. Hei. 40,11;
im bigan felgian firinspräca. 151,19;
felgidun imu firinword. 156,7;
felgidun im firinword. 161, 16.
so viel zurückgegriffen musle werden, um ein in der heutigen
spräche ganz schwach fortlebendes wort einigermaszen zu beleuchten,
für die abstraction steht mir nur eine einzige slelie zu gebot:
laszt ihn jetzt laufen an den galgen.
'da bin ich doch? wilt mich mehr falgen?'
ja freilich, wann ich dich wird mehr
ergreifen, ich tradier dich sehr. FRiscHLnts nebeeca p. 199.
der reim wie vorhin Ls. 3, 564. hier musz es bedeuten fopf-en,
misliandeln.
d) umstürzen, umki^ren :
sol man ein cvangelium
und s. Francisci heiligthumb
also felchea und keren umb?
Fiscbarts Dnminicus und Franciscus
1571. f4 randnole.
FELGENAXT. f ascia carpentariorum.
FELGENBANK, f gestell, in welchem die feigen auf die Speichen
gelegt und gefestigt werden.
FELGENHALER, m. carpentarius, wagner, rademacher, stdi-
macher. weisth. 2, 685.
FELL. n. peUis, cutis, gotk. fill, ahd. fei, feiles, mhd. vcl,
velles. alts. ags. feil, engl, feil, fries. fei, fellis, nnl. vel, vels,
fl, vellen, altn. feil und ßall, nur in Zusammensetzung, auszer'
94*
1495
FELL
PELL
1496
dem ein dunkles felJr, srhfr. ddn. abgehend, am läge liegt ver-
vandtschaß des lai. peius, il. pelle, sp. piel, fr. pcau; die
adjectivisehe furtbildung peliiceus haben wir ann dem it. pollicia,
fr. peüsse in pelz, beiz (1, lilSP)) noch dazu übernommen, ver-
gleichbar seheint Id. pleve, plevele, letl. plehwe haut, häiilchen
auf äuge, ei und milch, vielleicht auch jw/n. binna, hohm. blüna.
fassend teird an die skr. teurzel pftr. implere gedacht, da feil,
balg, haut i'on fleisch und blut erfüllt sind, so dasz golh. fill
unmittelbar gehörte zu fiills, plenus, •nXios, lil. pilnas {gramm.
2, 57 n* 57". PoTT 1, 2G4) und gr. TteXXis, lat. pelvls, lil. pilvas
(baucJi) unferne lägen, in« ja auch balg von beigen das ge-
sehirollne, eißlUe ausdrucke das skr. r in pftr steht zum 1 der
übrigen spraclten nie in piiri, nöXts, piiru TtoXvi, golh. filus
u. .«. JP.
1) synonym dem feil sind haut, balg, schwarte und ein bei
uns unlergegangnes schind, wovon noch schinden, Schinder fibrig
ist, ags. sein, engl, skin, altn. skinn, schw, skinn, ddn. skind.
Jeder, c^rium gelit auf die gegerbte haut, balg auf die abslreif-
bare, abgestreifte, rinde und schale auf pflanzen, schwarte
bezeichnet dicke, fette haut, mhd. steht swarle, namentlich bei
Wolfram, oß für haut, Parz. 411,8
gram durch sjvarten unl durch vel,
erscheinen beide Wörter verbunden ; wir sagen eine arme gute
schwarte wie eine arme ehrliche haut und in gleichem sinn armer
schwarlenhals, das engl, green sward druckt aus rasen, decke der
wie.v. hau})lsächlich an kommt es hier auf den unterschied zwischen
feil und haut, uns steht brustfeil wie brusthaut für plcura, doch
heiszl es darmfell, rippenfeil, mittelfell, Zwerchfell und nicht
haut, hingegen fetthaut, herzhaut, hirnhaut, hornhaut, Schleim-
haut, traubenhaut (urea mcmbrana), in diesen Wörtern gilt nicht
feil, haut ist uns heute etwas zarleres, feineres, dünneres, feil
tiwas gröberes, dichteres, daher eihaut culicula ovi, niilchhauf,
fettbaut, was sich oben auf milch und feil ansetzt, doch der slar
ist ein dichtes feil über dem äuge: der ein feil auf dem äuge
hat. 3 Mos. 21,20; Wirsünc handelt s. 80 von den feilen der
äugen (s. auch blutfeil, wasserfell); ach du freundlicher
Schelme, du solltest einem ein feil vor den angen herunter
wasclicn I Melander jocos. 2 n' 225. es wird heute von der
baut des menschen, des gcsichts, der band gesprochen, nictä
von dem feil, haut : feil = cutis : pcllis.
2) vordem vcrluelt es sich anders und auch feil galt für die
menschliche haut an allen leibestheden. wir können bei Ui.kilas
die stellen nicht ersehen, die unser heutiges haut ausdrückten,
doch golh. l)rutsfill ist kpra = aussätzige haut, fill haut, ])rut
dem böhm. trud, poln. trad entsprechend; unsere lieutigen ärzic
reden von krankheiten der haut, nicht des felis, alts. sagt
Zadiarias von sich und seiner allen Elisabeth:
üisc is unc äfallan, fei unscöni. Ilel. 5,7,
und vom neugebornen Johannes lieiszl es:
was im fgl fagar, fahs endi nagids. 6, 15.
mhd. ir Hellten vcl die sieliten
kdmeti näher. Wolfrihs lieder 3,24;
hin wider hieng; dSr d^gen snci
für sine brüst an bldje; vel. Parz. 51,18;
manc ungevelschet frouwen vel
man di bi röten münden sach. 776,8;
glich anilütze und gliche; v€I
AiiTurtas bi siner swester tnioc. 813,2;
*ben und lüter was ir vfil
von r/iscnvarwe wije
getempert mit Hijc. \Vigal. 27,8;
wije iRt ir daj v^l. MS. 2, 209* ;
si Idie frauen) brächen ab ir g^lwe; här
unn zarten abc ir liudej vi'l. ir. kr. 121145;
LlCDTEJJSTElÄS
klelnT«lhitzcrdtcr rannt. 433.32. 441,118. 516,12
drückt die feine, zarte haut der Uppen aus;
(r icbcin im aN f^ wa>r gezogen
ein v^l, diinn undc kleine,
iwant über ein gebeino. Hart. 1C3, 2,
90 doch vorausgieng:
dA tnioc d^r reine gole* tritt
le liehe an liner blfnea hüt
ein hene;( tnoch hnriii
halb und halbrt wüllin. 103, 12.
auch ron dünnem eite:
»mh man von lue ein lindej vfl
ü( einem tiffen *fi.mit V6n. ir. Itr. 6101.
•Affr in denHd/., fior/i fcrt Waitiirh, Hartma?«, (iorrniKD «. o. m.
tcheini hier ii\ gHtraucht, nlid. durfte in allen solrhrn tielirn nur
haut oder ein anderes worl stehen, feil würde uns zu Ihierisch
oder gemein klingen, so edel das mhd. vel, gleich dem ihm ent-
spreclienden fr. peau klang, doch erscheint im IC. 17 jh. feli
oß noch für haut {wie faiist für band) und hußcl bis auf heute
im rerächlliclien, scherzhaften, oder auch derben und traulichen
ausdruck. liederliches feil bezeichnet eine unzüchtige dirne, alles
feil eine altgelelite frau: demnach bekommt er einen abscheu
vor diesem allen feil. irrg. der liebe s. 502;
kein junggesell erfreiet sich ein alles feil.
Ringwald taut. warb. 178;
ihr {der alten königin) feil von runzeln ganz durchpllüget.
Gktpuil'8 1,üU3.
mhd. sd helfe iu got, her junger man,
so rechet mich, und get ir allen hüt mit sumerlatcn an.
Walther 73,22;
ihr ft-eier, freien ist fürwahr kein kinderspiel,
nehmt ihr allein ums feil ein weih, das ist zu viel.
Abblr 4,434.
einen beim feil packen, erwischen, kriegen, einem das feil
rücken, gerben, über die obren ziehen, ursprünglich vom Ihier
gellend ward auf mensclicn angewendet: es geht über unser
feil, wir müssens büszcn;
das auch mein eigen rollgesell,
Bellari, mir oft gerückt das feil, froschm. JG*;
da hat er sie beim feile. Lichtwkr 53;
ist ers, gleich pack ich ihn beim feile. Göthk 12,102;
seinen clienlen feget er den beutel und ziehet ihnen das
feil über die obren. Leipz. avant. 1,176; dasz ein einziger,
vielleicht der schwächste der ganzen naiion ein angeerbles
recht haben könnte, hundert tausend weisern und bessern
menschen das feil über die obren zu ziehn. Kmcce umg.
mit m. 3, 2ii ; den armen bürgern liesz er in gottes namen
das feil über die obren ziehen. Kotzebue dram. sp. 2,334;
wen man gebürstet, wem man das feil gegerbt, wen man
gestriegelt hat. Lichtenberg 5, 93. wen das feil juckt, der
will gekratzt oder geklopft sein ;
du üherlustiger gesell,
juckt dich zum driilcnmal das feil? Götbb 12,49;
wahrluifiig man musz ein feil haben wie ein bär, der ge-
prügelt wird um zu tanzen. 18, 79 ; es hilft alles nichts, du
must den wollnen läppen auf dem bloszen feil tragen, bis
der schmerz aufhört; ein einbildiges franenzimmer trägt
grosze sorg über ihr haut und feil, das beschauet sie alle
stund im Spiegel. Megerle nnrn/ine;i 82;
ich sah
an Pullas selbst und allen rauscn,
was an der hlödsleii Sylvia,
ein lockend aug voll jugendlicher glut,
ein weiszes feil und einen vollen husen.
Wielands Juno und Ganymcd 440;
wie sie jauchzen, dasz goll erbarm,
alles das geht von des bauern feile. Schiller 319'.
3) in der weidmann.':prache wird für die Ihiere sehr genau
zwischen haut, feil, balg und schwarte unterschieden: der bftr
hat eine haut, kein feil ; der hirsch hat eine haut, kein feil ;
das reh hat ein feil, keine haut ; der wolf bat einen balg,
keine haut; der fuchs hat einen lialg an, keine haut; der
dachs eine schwarte, keinen balg, ob dieser terminologie ein
hohes edler zusteht? es kann wol sein, da sie meislentheils auch
mit der spräche des gemeinen lebens zusammenstimmt, und für
die einzelnen thiire durch eine menge von sprüciten und redens-
arten bestätigt wird, wir sagen also löwenhaut, bftronhant,
hirscheshaut und zumal von gröszeren hauslhieren rosseshaut,
pfcrdcsiiaut , csclshaut, rindeshaul, ochsenhaut, kuhhaut,
gerade wie menschenbaul. hingegen rehfell, kalbfell, widder-
fell, bockfell, geiszfell. Schaffell, laminfell, Zobelfell, haiiister-
fell, oder auch genitivisch, hindeiifell, kalbsfell, borksfell, zie-
gcnfell, hundsfell, kalzenfell, m.tusefeil. balg gilt von thieren,
deren haut unzerschnilten ahgestreiß, gegerbt, auf dw .<tlange ge-
hangen wird: wolfesbalg. luchsesbalg, fuchsbalg, biberhnig,
basenbalg, ollerbalg, iltisbalg, marderlialg, wieselbalg, vgl.
auch von geleerten fruclithül.\en oiler schalen weiiibeerbillge,
erbsenbalge, körnerbillge l, 10S4. schwarte sieht blas: für die
haut des schtreins und dach-irs, uu- wir auch sperksrh«;)rti'
sagen, für grnszc tliiere schickt sich nur haut, und das ccrmin
orrisi bisnnlis, welches Vkva.i* Diac. 2,8 .vhildeil, wird dnch
Wisentes hftt auf deutsch gelautet haben, auch fifchen legen wir
haut bei, zumal dem al. der eine halbe srhlamie i.\t, und den
schlangen, schlangen und rauften streifen ihre hülle ab, daher
(^eirhfalU raupenhant wie scblangenhaut, fii«(n<i/> raupcnfcll,
1497
FELL
FELL — FELLEISE:^
1498
schlangenfell , varum nicJit balg? alln. ormahydi anguium
senectiis, die haut welche scMamjen und würmer erneuem, vozu
man ellibelgr, exuviae senedulis lialle. dem geflügel icird sonst
hemd, (dln. hamr, als kleid oder gcwand beigemessen: feder-
henid, altn. fiadrhamr, alts. fetharhamo, ags. federhama,
scJiiraneiüumd, doch Stieler 466 schreibt scliwanenfell, alula
eygnea. auch zum ausbälgen heiszl es dem vogel das feil ab-
ziehen, abstreifen: zu einem schauessen ist oft eines vogels
feil, das man ihm samt den federn abgeblasen, mit werk
oder heu ausgestopfet, dessen Schnabel und füsze man ver-
giildet und getärbet hat. Scbiter Gotthold 459. die schelte
rabenfeil (Stieler 465) ist niclU feil des raben, sondern des ge-
hangen galgenrogils, auf das sich die raben niederlassen, v^.
rabenaas. doch gilt gänsehaut, vorzüglich in anvendung auf
die fröstelnde, menscidiche:
das mir gleich ein genshaut anfur. H. Sachs 1, 501*.
4) es reräeht sich, dasz lebendige Schriftsteller und dichter nicht
streng an diese terminologie gebunden sind, sondern davon ab-
iccichen und mit den ausdrüclxn wechseln. Koxbad, als er Jasons
falirt nach dem goldnen tlies oder dem schaeper (ahd. scäpari)
des Widders schildert, setzt:
sin wolle und siner hiute wät. 9416;
sö clanc diu wolle an siner hüt. 10054;
gleich darauf:
an sinem glänzen Teile. 10056.
RcDOLF von Gideons widderfeil reJend {weltchr. Schütze 1,34):
dar umbe spreite da ze bant
der edele gotes wigant
ein schäfes vel an eine stat.
got er vil inneclichen bat,
ob er im helfen wolde,
das er gesigen solde,
da; ditze vel wurde na?
von touwe, und niht me für ba;
üf der erden wan diu hüt;
teeiler: dö yant er betouwet ligen
du; vel und also naj erkant,
da; er want mit siner haut
dar ü; ein bechelin touwes vol.
auch bei Lcther : so wil ich ein feil mit der wollen auf die
tenne legen, wird der taw auf dem feil allein sein und auf
der ganzen erden trocken, so wil ich merken, das dn Israel
erlösen wirst durch meine band, richter 6, 37 ; sa wie er in
andern stellen feil ron der tliierischen haut gebraucht: da er
von den feilen meiner lemmer erwermet ward. Hiob 31, 2o;
und gott der herr machet Adam und seinem weihe rocke
Tron feilen und zog sie an, fecit tunicas pelliceas et induit eos ;
der gnädige got
ir ie wcderetue einen pelle; gap
getan ij; feilen,
da; siu der vröst ne mähte chuellen. Diut. 2,54;
da nu die zeit kam, das sie geberen solt, »ihe da waren
Zwilling in irem leibe, der erst der eraus kam, war rüllicht,
ganz rauch wie ein feil (in morem pellis hispidus) und sie
nenneten in Esau. iMos. 25,25; aber die feil Ton den böcklin
tet sie im umb seine hende. 27,16; des farren fleisch, feil
und mist. 2 Mos. 29, 14 ; und das feil Ycrbrand er mit fewr
auszer dem lager. Z Mos. 8,17. 9,11; an allem das aus feilen
gemacht wird. 13,48;
da hast du {Baccltus) aufgedeckt
dein bundes hindenfell und in den sand gestreckt.
Opitz 1,3S7;
was eine bunte ziege
wol habe lur ein feil? Fle»i:«g 166.
der kürschner hat mehr mit feilen, der gerber mit häuten zu
Ihun, jener bereitet die feile der wilden thiere, dieser die häute
der zahmen, wiewol hirschhaut und Schaffell gesagt wird, so
tauschen mhd. bibenel und bibers hat (2, 1S07) ; nhd. bock-
fell und bückhaut (2, 205). in dem alten 'ouva;len' bei Halft
8, 152, 259 steckt kaum vellen ro« ouvel, Schaffell, eher fa;le
\sp. 1449) decke? goldfell setzt Fleming 19S vom goldnen vlies
des Widders. Hagedorn 2, 49 sagt haut und feil des baren.
auch seltner ftscite haut galt für pelzwaare:
von fremder vischehiuten bezoc wol getan. iVi'6. 354,1.
eines pantels hAt ersdteinl S94, 2, dunkel aber gleich darauf
heiszl es S95. 1 :
von einer ludmes hiute was alle; sin gewant,
nach andrer lesarl lubses hiute und ahd. findet sicli loskes bot,
aiiUa Ullis (Gbaff 4, S07), alter auch loskis Tel (3, 469), statt
des veidmdnnischen luchses balg, niclit anders schwanken ahd.
dahsbftt, dahsishüt (4, «107) und dacbsfell. dacbsscbwarle (irft.
2, 667). neuere dichter schreiben bald ligerfell (GöTnE 2, 27),
bald tigerhaut, doch wird im allgemeinen dem vildeti thier lid>er
feil als haut gegeben:
doch wie, vom buntsten feil gezieret,
der schöne luchs einherstolzieret.
Kretschäanns Iihin<]utph 89;
das raubthier schleicht in buntgestreiftem feile.
A. W. Schlegel 1,313.
thierfelle sind uns pelze, mlid. bezeichnete 'vil maneger tiere
hiute' A'ifr. 885, 3 die ä)en auf der jagd erlegten thiere.
5) aus den schwestersprachen nur einiges, für die bei uns
ziemlich feststehende bärenhaut (t, 1128) begegnet schon in der edda
sat ä berfialli. V^undarqr. 10,
'sasz auf dem bärenfeW, es müste denn ganz anders auszulegen
sein und 'ä berfialli' meinen -^auf dem baren, nackten felsen,
wie berbeinn nudipes, barfusz ist. bärenhaut heiszl sonst biar-
narstaka, biamslaka (Snorra edda formäli 9), wie hafrstaka
pellis caprina. altn. öldungshüd, uxahAd entsprechen unserm
ochsenhaut, vgl. hiutl taurea terga (Graff 4, 806) ; otrbelgr
genau unserm otterbalg, die Dänen sagen biörneskind, odder-
skind {zuwälen noch odderbälg). engl, scheiden sich neats lüde,
cowhide, stags hide ron lions skin, bears skin, doe skin. wolfs
skin, foxs skin, bares skin, Otters skin. feil und balg kommen
nicht vor.
6) feil drückt ganz besonders das bereitete pergament, membrana
aus, ahd. puobfel (Graff 3, 469), mhd. buochvel, s. die sp. 1396
aus dem welscJien gast angezogne stelle, feil ist getrocknete haut,
leder, corium, fr. cuir, vgl. Schurzfell;
der schmerz erfand gewehr
und ein gedörrtes feil gab schild und Schleuder her.
LicBTWBR redu der vemuuß lOS.
s. fillen, filier.
FELLBEIN, n. deutet Oberli!» 384 cartüago ossa arlicularia
obrestiens, beinfell in folgender stelle einer Urkunde: mag der
ander teil den jeger vahen und im den dumen uf dem fell-
bein abhöwen. es hat aber nichts mit feil, haut zu schaffen,
sondern gehört zu fällen, caedere und fällbein ist der block auf
dem man glieder und knochen verstümmelte, vgl. weisth. 4, 269,
ico velboum.
FELLBBET, n. vahae, brd an der thür, das gefällt, nieder-
gelassen wurde, thürßügel, nach heutiger schred)ung ßillbret.
FELLCHEN, n. pellicula, cuticula: hamslerfellchen, maul-
TSTirfsfellcben, wieselfellchen. auch fellchen auf dem äuge,
auf dem ei;
stinkig fellche,
klinkig geldche. cötnischer reim.
FELLEIN, n. pellicula, gekürzt aus feilelein, ahd. fellelin:
fellein der eierschaln, fellein in den oren. roc. 1482 h6";
wie sich Jacob auch auf seiner mutter rat mit fellein ver-
waret. Mathesius 7'.
FELLEISEN, n. mantica, mantelsack, mit einer eisenstange
rerschloszne ledertasclie und darum felleisen genannt? man
schrieb aber auch fellis, feiles, felleis, was sich gleich dem nnl.
valies aus fr. valise, ü. valigia, mlat. valisia, hippopera, her-
leiten liesze und in feileisen verdeutlicht wurde, denn kaum gehen
umgekehrt die romanischen 'wörter aufs deutsche feileisen zurück
(DiEZ s. 365). die Bölimen bildeten filec. die älteste form felenz
erscheint in einem weisthum ron 1462 (2, 450) : die sollent ime
stellen ein bonden {bunten) ochsen, das er ime sein fellentz
driiege oder watsack, wobei man sich des den riesen Gargantua
tragenden urlhiers ellendeis und felledeis (sp. 411) erinnert; noch
nain er die trüben und felis, die die menner trugen und
stak die für sich, und wiewol die Römer sich manlich werten,
wurden die truhen und felis berdan gerissen und kamen die
feind in die Wagenburg. Livius, SchOfferlin 148*;
wie theten wir so geschwind erbaschn
sein feiles und die satteltaschn.
G. Malricii's com. ron dem Schulwesen.
I.eipz. 1606 F 8;
als er durch den ficblenwald bei Ravenna wandernd ein
stark vellis voll derjenigen groszcn fliegen, wie sie derselbige
wald zeicht {zeucht), eingeladen und mit sich in sein heimath
getragen hat. Messerscuhid spüal unheUsamer narren u. ndrrinnen.
Siraszb. 1618 5.102; in der dieb land rausz man das velleis
vom aufm pferd führen. Lehmann S3; zu geschweigen, dasz
ich das feileisen hinter dem sattel hatte. Grtphids 1, 845 ;
80 hat ein jeder aus seinem fellis ein paar stuck heraus-
gezogen und ihn noch in selbiger stund von fusz auf ganz
nagelneu mundieret. fr. Simpl. 1,10; da kamen ire zwecn
mit fellisern und flenthen wol beladen. 1, 13 ; wilt mit uns
gehen und etwa unterweilen ein fellis tragen? 1,13; zween
wandersgeseilen, die würfen die beutel oder fellis vun den
1499
FELLEISER — FELS
FELS
1500
achseln auf den boden. 1, C9 ; er wäre ein thor, wolle er
sein telleis oder wandersack mit wind ausfüllen. Scrivkr
seeUnsck. 1, 460 ; nahmen unsere leute die kuffer und feileisen
weg. Jucundiss. Ui ; unser jung trug mir meinen fellis nach,
er wollte mir mein fellis ein wenig tragen, ich schlosz mein
fellis auf. leben eines posaunenbldsers ans licht gestellt von einem
linkenpfeifer. Freiberg 1729 s. 15S. 159. 191 ; dasz er sein fell-
eisen schulden halber in Bremen sitzen lassen. Fr. Mi^ller
1, 278. felleiscn iä auch sclietle auf eine freche Jirnc. s. brief-
felleisen, postfelleisen.
FELLEISER, m. im roc. 1182 h.5' foliser, admissarius, rich-
tiger clitellarius, das mit dem felleisen beladcne pferd, das den
watsack trägt. Henisch 10U5, 4.
FELLELN, pellem olere, nach feil riechen.
FELLE.N, pelliceus, goüi. filleins, alid. fellln, uol auch fillln:
golh. gairda filleina, zona pcllicea. Marc. 1, 6. altd. gurtii fi-liiner.
nhd. und gott machet Ade und seiner hausfraweii vcllinc rück
und leget sie an. bibel 1483,6', l Mos. 3,21; ein rauher man
begürtet umb die lenden mit einer vellin gurtel. 17ü'. 2 kün.
i, 8 ; rehfeilen, aus rehfell, rehfellene handschuhe.
FELLGAR, bei den kürschnern, so gar wie ein feil setn soll.
FELLGIEBEL, m. der den giebel eines hauses alibricM, fällt.
FELLHÄNDLER, m. der mit rohen feilen handelt, vom pelz-
händlcr, pelzmacher unterscltieden.
FELLIG, l) culi inhaerens, wäre golh. filleigs, womit sich
bilden liesze {)rutsfilleigs leprosus; alid. liilic, vihd. villic, wotwr
madevillic: dd wart her madevillic und starp jemcriiches
tudes. myst. 1,41,34; eijelvillic, eine von geschwür wunde haut
habend. Scnsi. 1, 525.
2) pelliceus: thränen vergicszcnd ziehen sie ihn hervor,
schlagen ihre felligen mäntel um seine zerkratzten schultern.
FA. ML*ller 1,124. bei Stieler 4C6, Steinbacu 1,431 fellicht.
FELLNAGEL, m. der den nagel am schlosz, an der wand
niederdrückt.
FELLNÄPPER, m. was fellträgcr: ein gerber, der nicht in
seiner wohnstdlle bleibt, sondern feile feil Irägt, damit hausiert.
die eigentliche bcdeulung von näppern unsicher, Stalder 2, 231
hat näpperig, gnäpperig, knauserig, sonst aber ist näpper,
naber, nageber ein bohrer.
FELlREISZ, FELLRISZ, name eines krauts, das den slar
heilen, das feil vom äuge reiszen soll. Lonicerus 193*, der aus-
drücklich angibt, dasz die pflanze augenfeile heile und mit den
wurzeln gegen triefende äugen gut sei, nennt sie leontodon, lüwcn-
xahn, NEMNicn malva alcea. Henisch 1065, 5. augenwurz
heiszen verschiedne kräuter (l, 814), unter andern auch leontodon
taraxacum, und wie augenwurzel sagt man feilriszwurzel.
hypecoum ist bei Lomcerus 178' römisch fellrisz. im deutscli-
franz. wb. von Duez (Amsterdam 1664) s. 149' stelU verdruckt
felleisz, das doch die errata berichtigen.
FELLSCHLOSZ, n. clotoria, pcssula, thürklinkc, die das schlosz
niederdrückt, fällt. Diefenbach 128*. voc. 1482 h 5'. ähnlich,
doch verschieden ist fallschlosz sp. 1290.
mkd. da was ein scixrne loube vor,
und ein turliii en ncljcii,
daj velsloj ruorl er eben
und bat sich in lä;cn. GA. 2,414.
eine urk. um 1200 mon. boica 6, 149 gibt den namen Oudalricus
Velleslo?, d. i. thüraufdrücker. vgl. Icllgiebel, fellnagel.
FELLSCHMITZER, m. infeclor jiellium, lederschmitzer, der die
feile mÜ färbe beschmeiszt , bestreicht.
FELLSCHL'RLING, m. das feil von einem gleich nach der
mshur geschlachteten schafe.
FELLTRÄGEH, m. der feile feillrägt, s. fellniipper.
FELLWAMS, m. pelzwams.
FELLWERK, n. opus pelliceum: und sol das kleid ver-
brennen oder den werft oder den ciniracht, oder allerlei
fellwerg, darin solch mal ist, denn es ist ein mal des aus-
«alzex. 3 Mos. 13, 52. .53. 57. 58 ; die fünft, als sie lastet, fand
fin fellwerk eins zimlichen argen genichs. Garg. 103'; rock
mit feilwerk gefüttert. Kirchuop wendunm. 128'.
FEI.LZOTTE, f rellus, citrus.
KKLM, m. Stupor, alln. felinr. nielns:
(■l brirlii mir wruiidcrllchvii vi'lni. Altswiht 21,29.
FF-LPE, f jHtnnus rillosus, il. felpa, wird auch felbel ter-
ieulKhi: westc mit blauer oder rother felpe gefüttert. Wurm-
»kVEy 2,18.
FEI>S, m. taxvm, rvpet, pelra, tcopulut.
1) ein tpecifisrh hochdruttrhe» wort, das weder ijoth. noch ngs.
frk$. wnd. be^j/ncl, merkwiirdty aber im atts. Ueliand, uiui dock
nicht nl. ins nd. sclwint es blosz durch Luther eingedrungen,
die Barther bibel von I5S8 hat es überall, wo die hoclideut.'iche,
in der nd. volksmundarl war es nicM beimtsch, fehlt darum in
den idiotiken. audi steht es altd. und mhd. nictd allenlhallien,
Otfried und mehrere glossen geben es, im Talian wird idjcr pelra
wie saxum durcli stein übertragen, ebenso in Notkers psalmen
petra und rupes durch stein; die späteren Windberger ps. setzen
113, 8 vels für rupes. mlul. bedienen sich des worles \>'olfram,
Gotfried, Herbort, Konrad, Hugo im Renner u. a. m., doch
nicht, so viel ich jetzt wäsz, Hartmasn, der gerade in seinem
Gregor vom 'stein' nur dieses worl, niemals vels braucht, nhd.
fels findet sich häufig bei Luther, stellt bei Dasvpodius, Frisius,
Maai.er, welche beiden letztern es doch sehr kurz, ohne phra-
seologie behandeln; Merswins büchlein von den neun felsen
führt es sclwn auf dem titel, bei Keisersberg ist es hin und
wieder zu treffen (honig des felsen. seh. der penitenz 47*).
Alberus im diclion. 1540 sdireibl velsch. sobald man darauf
achtel, wird sicli die Verwendung oder das unterbleiben des aus-
drucks fester angeben lassen, für den diciüer des Heliand be-
kundet es ahd. einflusz. die Vorstellungen fels und stein liegen
sich ganz nahe und man darf stein für ein stück des fclses oder
fels für einen hänfen steine nehmen, das lat. saxum drückt den
fels, unser sahs den stein und das steinmesser, steinschwert aus,
in der nhd. Zusammensetzung steinfels und felsstein einigen sich
bade Wörter, gr. stehen Tiir^a fels und nixQOS stein neben-
einander, das lat. petra hat im it. pietra, sp. piedra, fr. pierre
den begrif sXcin angenommen, dem von Ms entsagt, unser heutiges
fels kann aber nicht lapis, Xid'os bedeuten, obschon, wie wir
nacldier sehen werden, Otfried fölisa für grabstein brauclUe.
Ulfilas überträgt Xid'os durch slains, ntroa durcli hallus, wie
sich aus dem stains bistuggqis und hallus gamarzeinais Rom.
9, 33 ergibt und in der zum gründe liegenden stelle Es. 8, 14 be-
stätigen würde, doch Malth. 27, 00 schreibt er in hiaiva, |)atei
ushulöda ana staina , jah faurvalvjands staina mikilamma,
braucht also zweimal stains für nixQa und Xid'os, wo man
erwartet hätte ana hailau ; aber auch Luc. 8, 6 steht ana staina,
ijil TTjV Ttirgav. die skdreins hingegen hat richtig Stains für
ütxQos. Joh. 1, 42, Matlh. 16, 18 können wir gothiscb nicht nach-
sehen, wenn Luther schreibt: du soll Kephas heiszen, das wird
verdolmetscht ein 'fels', so wäre genauer ein 'stein', nach dem
gr. TttTQOS, gerade wie Matlh. 16,18 IHtoos von nixQn unter-
schieden wird, im IM. 94,14 folgen beide Wörter zusammen:
hugiscefti sind thine stene gelica,
so fast bist thü so felis the hardo.
bei felis noch der anlaul fl von flins, silex, fluoh scopulus zu
erwägen.
2) was gebührt dem ahd. und mhd. wori, e oder eJ ist sein wurzel-
vocal aus a oder i entsprungen ? heule wird fels gesprochen, das fr.
falaise, allfr. falise, mlal. falesia (DucangeS, 194'), so bedeutsam
es einstimmt, kann darüber nicht entscheiden, nach unsern laulge-
selzen lautet falis um in felis, doch ein felis schiene felas vorauszu-
setzen, wo nicht unmittelbar aus fils fels, wie aus hiini heim ge-
worden, filis blosze erweilerung ist, die nachher in felis fortdauerte,
für i scheint die Icsarl lilisa llel. 55,3, der flu^zname Kilisa, Filsa
(Förstemanx 2, 497), ein zwischen felsen flieszendes wasser, und
der ortsnanu; Filisberc = Felsberg, der mannsnamc Fili*iiig
{wie bei Graff 3, 497 aus Filisining zu bessern iv/) gute gewahr,
denn noch heule lebt der name Feising {felsensolin) und darf an
Nütkers Steinimc, Achales gemahnen, auch .tichnn mhd. reime
wie 'an den velsen : helsen' Renner 'iaüOd. helsel : gevelset
MS. 2, 233' das e nicht, wed fast unmöglich ist auf mhd. vels
rein zu reimen, im heldenbuch weist der reim Else wirklich auf
Ilse, Ilisa. zur stütze des v läszl sich weiter die einleuchtende
berührung zwisclien fels und feld geltend marlirn. welches letztere
in der alln. form fiall = fil|) eben rii/ie.« bedeutet, das fehl
ersclunnl steinig und felsig, der stein wird zu grund, sieingrund.
wäre felis neutral, so würde sich ein im golh. baris, agis, sigis,
hatis gegenüber dem ags. bere, ege, sige, hetc angereihtes s
vergleicJien lassen, doch gibt es kein feie, in iials == colluin
scheint s wiederum angehängt, vgl. ■ni)J.a unter 4.
3) vorhersehend ist die starke form, akl. nilis, gen. felises,
pl. fi'lisA, gen. ft'lii'i, wozu alts. felis, pl. felisös stimmt, nitkt
anders mhil. vi'Is, gen. velses. dal. \t'lse, fJ. velse. nur 0.,
dir I. 23, 47 den männlichen ;J. felisA darbietet, setzt daneben
ein weibliclies fi'lisa :
tbar laK oba fi-lisa. sti iiob iiu in lani Ul wU*. III. 11.65.
welcliem dir gl. emm. {hei Puz 1, 4»»;) beijegHenite gen. pl. iiiirpnnt
fiSlisoiiö, asperilas scopulurum rnlsiiruhl, dies fiankiHhe f. [eli»a
1501
FELS
FELS
1502
dürße sehr all sein und mit jenem fr. falaise zusammenlrelfen.
weil aber der gen. pl. fülisöno leicht für die männliche form
felisonö genommen wurde, ergab sich auch ein schwaches m.
feliso, mit dem in einer glosse bei Graft beicahrten gen. sg.
felisin, so dasz neben dem starken Teils ein schwaches m. feliso
vnd ein f felisa entfaltet war, das sich auch als schwaches felisa
fassen liesze, worüber gen. und dat. sg. aufU-iren müsten. mhd.
ist das f. ganz geschwunden und völs, velses gilt als regel, das
schwache velse, velsen nur als ausnafime (Krone 12233. MSH.
2, 15"'). nhd. dauert fels zumeist im nom. sg., die obliquen
casus ziehen felsen vor, seltsamerweise liszt Niclas vox Wvle,
der noch in die zweite hälfte des 15 jh. gehört, dieser schwachen
flexion ein tönendes -an, wie man ihm etwa in Urkunden aus
so später zeit, nicht aber bei Schriftstellern begegnet: kain wine
Ton Falern mag sich geliehen dem wine, der da rinnet und
Qiiszet usz herten selbs gewachsnen felsan. 234,31; aber ich
der nit gewonet halt in scharpfen felsan und ruchem gestain
ze geen parfusz äne geschüch und solen. 259, 29 ; wurfent
in, dennocht halb lebend über ainen felsan ab. 261, 33 ; lügen
wir den unnützen fulen schelmen etwa über ainen felsan
abwerfen. 263, 21 ; und als si haim kamen funden si das alt
wibe Ton ainem felsan hin ab sich selbs erhenket han.
265, 9 ; aber nit also daj si von ainem felsan geworfen ains
schnellen todes sterben werd. 265,26; über ainen felsan ab
hoch ze springen. 270, 25. in analogem fall hat er sonst das
gewöhnliche -e n (nur 309, 33 steht selan, animis für seien, und
immer heimant für heimat, heimet, heim), der nom. sg. zu
diesem felsan musz wol fels lauten. Adelung setzt unsrer heu-
tigen Sprache sogar einen nom. sg. felsen, gen. felsens (trie namen
namens, willen willens für name namen, wille willen), während
LtrrnER den nom. fels, gen. felsen bildete, was doch spätere bibel-
ausgaben oft ändern, manche Schriftsteller bleiben auch der edleren
starken flexion im gen. und dat. sg. treu oder wechseln zwischen
ihr und der schwachen, hiemach hat der heulige gen. sg. drei
gestalten felses, felsen und felsens, den pl. bilden gegenwärtig
alle schwach.
4) in Urverwandtschaft ziehen darf man, obschon der auslaut
8 mangelt, das mctcedonische ciiXa, 7ie).Ka und verschoben <pi).a,
ipe).).6i, fs/J.eis, welchen allen die bedeiäung stein zuslelU.
5) alls. fast gleichviel mit stein.
hwat thü hwargin ni tharft
mid thinun fötun an felis bespurnan,
an hardan sten. Uel. 32, 21 ;
so fast bist thü so felis tbe hardo. 94,14;
ni afstäd is felis nigiean. 113,12;
lag thar 6n felis bi oban. 124,17;
ef man tbene felis nimid. 124,20;
an them stenwege, tbar thiu sträta was
felison gifuogid. 164, 27 ;
hrisidun thia höhun bergös, barda steuös clubuo,
felisös afler them felde. 16^34.
6) mhd. fels, rupes, wofür nur selten stein:
ej gäbn die velse einander. Parz. ISO, 23,
nach sp. 1117, C, sie hallten wider, reddulerunt sonum (s. felsen-
stimroe), der walt gap hin widere. Er. 60S0;
für ein klösen in ein» velses want. 268,27;
dort under jenes velses want. 458,14;
ein bruDiie üjem velse schöj. 508,17;
dane sihe ich ie nicmere
niwaa ein toup gevilde,
wilde velse und wilden si. Tritt. 64,29;
höher berge und velse vil. 65,3;
in die von einem velse vlöj
ein kuole kleine; brünnelin. 229,6;
si kämen an einen vels gröj,
da das wa^er durch vlö;. Ermt 3554;
got wil uns wisen
durch disen vels zuo lande. 3562;
höhe alumbe turnet
mit velsen und mit tlinsen. tr. kr. 5&S7;
gienc über vels und über mos. 5959;
über vels und über tal. 105S9;
ein bninne lüter unde kalt
ü; einem velse gät dcrbi. 165,11;
umbe vangen mit eime velse. Alex. 5S16;
in eime felse üf dem mer. lUmioiiT l%9;
ir jämer daj möht einen vels erbarmen. Lohengr. 596;
di von sich ein starker vels möht hän erweget. 4992.
7) nM. stellen zahlreiche belege zur hand: sihe, ich wil da-
selbs »leben für dir auf einem fels in Horeb, da soltu den
fels schlahen, so wird wasser eraus laufen, das das volk
trinke. 2 Mos. 17,6; und der herr sprach weiter, sihe, es ist
ein räum bei mir, da soltu auf dem fels stehen. 33, 21 ; nim
den Stab und vcrsamle die gemeine, du und dein bruder
Aaron, und redet mit dem fels für iren äugen, der wird
sein wasser geben. 4 Mus. 20, S ; und Mose und Aaron ver-
samleten die gemeine für den fels und sprach zu inen, höret
ir ungehorsamen, werden wir euch auch wasser bringen aus
disem fels ? 20, 10 ; und Mose hub seine hand auf und schlug
den fels mit dem stab zweimal, da gieng vil wassers eraus.
20,11; fest ist deine wonung und hast dein nest in einen
fels gelegt. 24, 21 ; und liesz dir wasser aus dem harten felsen
gehen (frfthere lesart, aus den harten felsen). 5 Mos. 8, 15 ;
und das fewr für aus dem fels. rieht. 6, 21 ; verkrochen sie
sich in die hole und klüften und felsen und löcher und
gruben. 1 Sam. 13, 6 ; es waren aber an dem wege zween
spitzen felsen. 14,4; und zoch hin auf den felsen der gemsen.
24,3; mit einem eisern griffel in einen fels gehawen. Hiob
19,24; man reiszet beche aus den felsen. 28,10; weiszestu
die zeit, wenn die gemsen auf den felsen geberen ? 39, t ;
und ich würde sie mit honig aus dem felsen setigen. ps. 81, 17 ;
und leget in in sein eigen new grab, welches er hatte lassen
in einen fels hawen und welzet einen groszen stein für die
Ihür des grabes. Matth. 27,60;
aber das letzt zil stürzt die armen
ab durch die felsen an erbarmen. H. Sachs 1, 23S';
die {gemsen) sach ich aus klüHen und klemsen
auf den siafligen felsen klebern. 251';
ersach ich ein spitzigen fels
im gipfel des gebirges Eis. 251';
ein tiefen Wassergraben
in gehling fels gehawen. 273';
im schlosz ein brunnen kül
in lauter fels gehawen. 274';
auf gehling fels erbawen. 278*;
(Lyrnessvs), die hoch auf felsen steht. Ornz 1, 227 ;
von diesem felsen hier. 1,253;
der klimmt auf einen gäben
und spitzen felsen hin. 1,25S;
musz er dann eben umb dise felsen und funkele holen seinen
wohnplatz haben? 2, 2S1;
der kiel sasz auf dem fels. Flbkwg 80;
so steht ein hoher fels, leszt die erbosten wellen
an seiner starken brüst umsonst zurücke brellen. 197;
wir sind fels und stählerne als stahl. 573;
die felsen stehn erquicket,
die thäler aufgeputzt, die auen ausgeschmücket. 573;
der wolkengleiche fels wirft frech sein häupt empor. 5S3 ;
mit brummen wälzt er sich im felsen auf und nieder.
Hagedorn 2,36;
öder als die wüste, wilder als das meer
schlügen menschenherzen, wenn nicht liebe war,
himmel würden trauern
und den kalten fels, den mensch bedauern. Bckma55 ged. 160;
auf eines felsen stirn. Oberon 8, 51 ;
liegst nun auf hartem fels. 9,5;
von diesem fels. 9,33;
der anfang ist von einem schmalen gang,
der durch den felsen sich um eine spindel windet. 9, 4i;
ans einem felsen quillet. 9,46;
die felsen zu ersteigen. 9,47;
und wie ein fels, zu dem sich wölken nie erheben. 9,52;
ein glänz von himmels wonne
verkläret fels und hain. 9,66;
die gewalt zertrieb
sie {beide felsen) also reiszend das auf einem fels die schöne,
der Jüngling auf dem andern blieb. Karschim ged. t. 100;
der fels steht noch wie ehemals. Götter 3,25;
hoch rollten die wogen, entlang ihr gleis
und rollten gewallige felsen eis. Bürger 36*;
sie klimmt am dornigen felsen empor. 6t';
nicht des felsen siirn im fichtenkranze
die sich rauschend in die wölken hebt. 98';
drioneu im feb nun warf er es ab mit entsetzlichem krachen.
Od. 9,235;
hoch nun schwang er empor den gewaltigen fels vor dem
eingang, 9, 240 ;
böckcheo, o freund, wie trabst du so hinter der herd aus dem
felsen? 9,417;
aber mitten im fels ist eine benachtete hole. 12,80;
über dem feli auch sitzen gesang anstimmende jungfraun.
Orplieus .Argon. 1268;
herzlich gegrüszt mir im fels mein Wilibald! Voss 3,183;
1503
FELS — FELSABHANG
FELSADLER — FELSENAN
1504
und ein zickelcben oben vom Telsen. 3,312;
wann stürm beschäumte wogen
empor au felseu schlug. 5, 25ü;
tochter des felsen ! = felsenquelle. Matthisson 23" ;
Damou sasz «nd blies die flöte,
dasz es von den felsen klang. Götuk 1,22;
ihr felsen, ihr bäume,
verbergt meine freude! 1,44;
soll er auf die felst-n trauen?
selbst die festen leisen beben. 1,"2;
an dem felsen beim flusz,
wo sie reichte den kus,
jenen ersten im gras. 1,89;
wie dort sich die wölken
am felsen verziehn. l,tftl;
es stürzt der fels und über ihn die Dur. 1,177;
basall, der schwarze teufelsmohr
aus tiefster hölle bricht hervor,
zerspaltet fels, gcsiein und erden. 4,383;
hört ihr jene branduiig stiirmen,
die sich an dem leisen bricht? Schiller 59*;
handlos und schrof ansieigend starren ihm
die felsen die unwirthlichen entgegen. 630';
diese felsen bücken ihre häupter nicht
vor seinem hüte. 540" ;
von fels zu fels den wagesprung zu tliun. 544';
bitten schreibt sie dem eemahl,
den sie wol erweichen könnten,
wenn die ehre nicht in felsen
wandelte der beiden herz. Herder Cid 19 s. 101 ;
so arm in arm, die haare flatternd, stürzen
sie sich vom schroffen fels hinab ins meer.
A.W. ScuuiCKL 2,103;
dicht von felsen eingeschlo!*sen,
wo die stillen bächlein gehn,
wo die dunkeln weiden sprossen,
wünsch ich bald mein grab zu sehn.
TiECK nach mahler Müller.
man sagt: er stehet wie ein fels, unbeweglich, wie ein bäum,
im skr. funszen berg nnd bäum 'aga', ungehend.
8) da der festigkeil des feises die vurstcllung von schirm,
Schulz entsprieszl, so verwendet Luther fels in dieser abstractiun,
vo der kxl und die vulg. andere ausdrücke gebrauchen: wo sind
ire götter? ir fels darauf sie traweten? vulg. ubi sunt dci
eoruni, in qnibus habebanl fubiciam? 5 Mos. 32,37; herr
mein fels, mein bürg, mein erretler {vulg. lirmamentum meiim,
et refugium meum et libcrator mens), ps. IS, 3; sei mir ein
starker fels und eine bürg {i'ulg. cslo mihi in dcum prolecto-
rem et in domum refugii). 31,3; ich sage zu golt meinem
fels. 42,10; bei gott ist mein heil, meine ehre, der fels
meiner sterke. 62,8; denn gott der herr ist ein fels ewiglich
{vttlg. deus fortis in perpetuuni). Es. 26. 4. dieser psalmenslil
ist hernach auch in geistlichen liedern ständig geworden : fels der
hofnung und des heils, arx spei el salulis {vgl. mlid. velsberc) ;
auf dich, mein got, allein ich traw
du bist mein trost auf erden,
du bist der fels, auf den ich baw,
du bist der hirt der herden. Wkckherli« 106,
WO doch die sinnliche bedcutung zugezogen ist;
mein fels und mein schütz bist ja du. 136;
du mein hört, du mein fels ! Fleming 546.
9) alte Synonyma, des goth. hallus wurde bereits unter l
gedaclU, es ist das aitn. hallr, finn. kallio, est. kaljo, vielleicht
auch litt. Ula. ahd. scorro scopulus (Graff 6, 539), tluoh
uopulus, scliwciz. fluh, wovon an seiner stelle, beide verbunden
in scorrono Duahl. scrofe, »chropfe unter S. aM. scesso
(fiRAFr 6,539). ahd. chlCp (Graff 54»;), alts. ags. clif, cliof,
nhd. kltppc. engl, rock, nnl. rots, faUen zum it. rocca, sp.
roca, fr. röche, das sich von rochcr fast unterscheidet wie nerQa
ton neiQOi. lat. rupes gicng niciU reclU ins rom. ein. dem
fei« wird leib, rücke, gtirn, hörn, nase, rippe beigelegt,
10) eine menge von Zusammensetzungen gehört meislentlu^ils
erst der neueren spräche und die dichter greifen, wie es Uinen
fügt, nach fei« oder felsen. alte sind nur urUrr dm mit fels
gMldeten.
FELSAB, de rupe:
der fel*ab donnernde nbeinitrom. Vos«.
FELSABHANG, m. rupis declivitas:
wu laiiütheiit du, (I Volk der Alemannen,
den nifcrn 'hier, hier webet gotieii geint,
4«r Ulm und eich entwurzelt, und die tonnen
mit rionaerbali vom fclsabhange reiizt'. Voss &, 72.
s. feUbaug.
FELSÄDLER, «i. aquila rupis:
schau, der felsadler dort snielet mit der kundigen
lurleliuub, ausgesöhnt spielet um das lamm der woIf.
Voss 3, 273.
FELSALT.\R, m. ara rupis.
FELSANHÖHE, f jugum rupis:
dann die Trikka bewohnt und die felsanhöhen Ithomes.
II. 2, 729.
FELSÄUGIG, cui rigeiU oculi, glasdugig, zumal von pfcrden:
die wildste barbarei, der schnödste streich,
den je felsäugige, starrsehnde wuth
des sanften initleids thräncn dargeboten,
the wildert savagery, the vilest stroke,
that ever wallevd wrath, or staring rage
presemed tho the tears of soft remorse, hing John 4, 3.
FELSBERG, m. mons saxosus , aller Ortsname, Filisberc,
später Felsberg (Fürstemann 2,497); da in oberdeutscher aus-
spräche fels zu felsch werden kann, so scheint der oben sp. 1295
beigcbraclUe orlsnamc Velschherg und der jKrsönlicIw namc Velsch-
berger nichts als Felsberg, Fcisbergcr:
mhd. der triun ein starker velsberc
Sit ir und wis als Salomön. IJelbl. 2, 130S;
nhd. der Phtbcirer bewaldeten leisberg. II. 2,868,
früher das Waldgebirge der Phth., oqos axniTÖ^v)J.ov.
FELSBLOCK, m. saxum:
weg mit den bänden zu rücken den felsblock. Od. 9,305,
frülier den mächtigen fels;
diese paläste mit hängenden gärten, es hat sie ein könig
auf des gcbirgs fclsblock seiner geliebten erbaut.
l'LATEN 147*.
FELSBOGE, m. arcussaxi: aus der ferne schaut ein junger
Jäger unter einem durchbrochenen felsbogen ein nacktes weib-
liches wesen von der gröszten Schönheit. Gütue 44, 222.
FELSBOR.N, m. fons ex rupe proßucns:
zwanzig eileten hin zu des felsboras duukelem sprudel.
Od. 20, 15!>;
es spielt des felsborns muntres rieseln
am hüttchen hin. Fried. BRi;?r im musenalm. 1798 s. 182;
o du, der im reinsten Ihaue badet
die goldlockige scheilel
aiu l'elsboriie Kusuiias! A. W. Schlegel 2, 116;
unter dem wolkensaume sieht man im landschaftlichen grund
am felsliorn liebliche frauengestalten. Gutbe 44, 88.
FELSBLCHT, f sinus saxi:
dorther wanderten wir, und mit angestrengetem fusztritt
kamen wir nun an des Strands windlos vorstarrende felsbucht.
Urpheus .irgon. 1129.
FELSCHIRURG, m.
als felschirurgen wolbekannt. Götue 41,56.
FELSDAMM, m. moles saxosa:
also, wo nichts in dem fall ihn hinderte, sah ich den gieszbach
sanfter hinab von der höhe mit linderem rauschen gerollet,
doch, wo gebälk abhielt und vorgebaueter felsdamm,
schaumiger dort aufbrausend, vom zwang noch zorniger
stürzt er. Or. met. 3,570.
FELSDECKE, f. operculum saxosum: du kannst die fels-
decke noch nicht erheben. Arnim 2, 321.
FELSECKE, f. angulus saxi, alid. Felsecka (Förstemanm
2, 497) ; nhd. indem er eine männliche stimme vernahm, welche
um die felsecke herum ernst aber freundlich herabrief "warum
steht ihr stille?' Göthe 21,5.
FELSEILA.ND, n.
mir träumt ich stund auf einem feUeilandc. Rückert 87.
FELSEN, saxis firmare, viunire, festigen? nur das pari, ist
zu belegen: dieweil die hexen in neid und hasz gefelsel sind.
Paracei.sus 2, 254', gleiclmam fest sitzen, verhdrtet, rersteint sind,
mhd. villsen, gründen, außhürmen: als einer di'r dl bürge
vflset. mhd. wb. 3, 295*.
FELSEN, saxeus, ahd. fiflisln, filisln : Annibal hemSrhligtc
sich dieser felscnen pforlen und führte das ganze hcer bergauf.
Lohenstein Ann. 1, H25.
FELSENARGRCND, m.
wie felsenabgrund mir zu füszen
auf tiefem abgrund la.^lend ruht. Göthk 41,3.14.
FELSENADER, f. 1) ein sich in der erde hinzieitender strich
von felsen.
2) die ader unter den armen, s. fclscnblullcitcr.
FELSENADERGANG, nu
FELSE.NAN, adverso rltvo, sursum:
•ein er»chütlerier goint (er rang noch kaum mit dem lode)
rliiz Ihn, von dem mördriicheu feinde zum unsinn «mpörol
feUenan. Heimuts I.MT;
oft musz er felienan «ich mit den banden winden. Oberon 9, 37 .
1
1 505 FELSENARTIG — FELSENBRECHER
FELSEXBREITE — FELSENGESCHEITEL 1 5Ö6
FELSENARTIG, saxeus.
FELSE.NBACH, m. Güki.ngk 1,175;
ermiidet sinkt er dann
am felsenbache nieder
und ruht bei seiner beut im gras. Kretschhixss werke 1,63;
nur dasi der felsenbach den wetterstimmen allen
antworten will zugleich in dumpfen widerballen.
Lesaü neufiie ged. 192.
FELSENBAND, n. hei Stalder 1,129 fluhband, bergterrasse ,
dort zieht sich der weg über schmale grasplanken iind felsen-
bäoder zur Mutteralp. Berlepsch alpen 311.
FELSENBANK, f. Goiteh 3,533.
FELSENBEGEISTRER, m.
von dem lehrer unsrer feste,
dem felsenbegeistrer (Orplieus). Willahov poet. werke s. 42.
FELSENBEHALSÜNG, f.
für mich in be^ierde verloren
lodert er auf, vergessend des viehs und der felsenbebausung.
Ov. metam. 13, 7ii7.
FELSENBEIN, m. os pelrosum, ein Uieil des knochens an den
schlafen, stirne oder schlaf {tempus) einem fels zu vergleichen liegt
nahe, wie auch y^örafos berggipfel atisdrückl, stirne gleichsam
den festen, harten giebel des leibs bezeichnet {s. felsenstirne). doch
habe ich nie das einfache fels für stirne gefunden, in den Zusammen-
setzungen felsenbein, felsenblutader, felsentheil erreicht es aber
die Vorstellung von schlaf oder schlafe, genau trie mhd. tinne
{wb. 3, 38") frons und auch pinna, pinnaculum bedeutet, dies
tinne, nach bekannter fortschidiung der linguale, wird später zu
zinne. man sieht leicht, dasz tinne für dinne steht, also dem
ahd. duna in dunawengi (Graff 1, 895), ays. |)unvange, altn.
j)unnvängi gläch kommt ; dunwengi zog sich hernach zusammen
in duninge (2, 1532), wobei nicht an tonne, sondern an dünne,
tenuis zu eiinnern war. da in tempus, {lunvange, dunawengi
ein voller schub vorliegt, gerade wie in tenuis, [lynne, dunni,
/tonnte selbst in tempus tenuis stecken, das m durch p hervor-
gerufen sein; es bliihl aber hier vieles und namentlich der verhalt
zum gleidilautenden tempus {goth. |)eihs) dunkel, möge nun
dünn in duning, tinne, dinne die feinen knochen der schlafen
und Wangen meinen, allmälich entsprangen und mischten sich in
diesen Wörtern die bedeutungen frons, gena, mala, maxUla und
ihr bezug auf dünn wurde längst nicht mehr gefühlt, lugleich
aber könnte pinna {vgl. Gnne) neben tinne und lempus auf die
gemeinschaß zwischen fein und dünne (sp. 1452) wieder licht
werfen, man sehe schlaf und schlafbein.
FELSENBEINE, os^a rupium:
wo Calpens felsenbeine
die Amphitrit abwäscht.
LoiJE!<STEJ!< auserl. ged. 1,250.
FELSENBERG, m. für felsberg. Gurijsgk 1,3S;
auf eines felseuberges joch. Scuiller GO";
nnd trümmcrt fekenberge nieder. IIölderliti.
FELSENBETT, n. leclus rttpestris: ist bald unter die lieb-
liche sonne? sie wird hinschlummern und wieder erwachend
heraufsteigen aus ihrem felsenbette. Fb. Miller 1,372;
sei cepröszt im felsenbette,
Rhoaan, söhn der dunkeln khift. A. W. Schlegel 1,257;
wo durch ihr felsenhette die Enz sich rauschend drängt.
Ujn.i:«D ged. t. 431 ;
herunter taumelnd durch ihr felsenbetl
wie rauschen feirlich die geschwellten wasser.
KosEGARTEK b)it. odeon 2, 133.
FELSENBLENDE, f. ein uhu sah dem unfug aus einer
felsenbiende zu. Schlbart ged. 2, 276.
FELSE.NBLUTADER, f. tena lemporis capitis, oder an den
schlafen, s. felsenbein.
FELSENBLI'TLEITER, m. dasselbe, sinus petrosus inferior.
FELSENßODEN, m. solum petrosum, solidum.
FELSENBOHRER, m. qui terebrat sarum:
du dort, schäumender ström, du felsenbohrer, mich gSngelt
trunkne begeistrung hinauf bis in dein wankendes betu
Stolbug l,3<i5.
FELSENBORN, m. was felsborn:
nun soll Kastaliens silberklarer thau,
von priesterlichen mägden mit der dämmrung
am felsenborn geschöpft in diesen knig,
der schwelle lugang reinigend benetzen. A. W. Schiegel 2, Sl.
FELSENBRANDUNG, f. fluclus lüon saxoso iUisi:
nun treib auf einmal
dein sturmerkranktes scbif in felsenbrandung. i.W. ScAlkgel.
FELSE.NBRECHER, m. fractor scoptilorum, wird vom Sturm-
wind oder blitxslrald gesagL Stiel er 231.
U.
FELSENBREITE, /.
schon rauscht ein bach zu bächen mächtig nieder,
aus Schluchten kehren sie gedoppelt wieder,
ein Strom nun wirft den bogenstrahl.
auf einmal legt er sich in flache felsenbreite
und rauscht und schäumt, nach der und jener seite,
und stufenweise wirft er sich ins thal. Göibe 41, 2s2.
FELSENBRCCKE, f. Kli\ger 6, 114.
FELSENBUCHT, f was feisbucht :
dort tief im schatten, der dem ferst der felsenbucht,
wie dein verwildert haar, entbänget. Voss 6, IS9;
Theseus ! ruft sie, aber ohne frucht.
nur der nachhall aus der felsenbucht
seufzet, da sie angstvoll horcht, der armen
Theseus! zu, wie aus erbarmen. A. W. Schlegel 40;
von winden wird die felsenbucht durchpüffen. Lemü Faust 147.
FELSEN BURG, f. thäJer, worin gar mancher urvater Abra-
ham ein Canaan, mancher Albert Julius eine Felsenhnrg
würde gefunden haben, wo denn seine nachkommen leicht
mit den Sternen rivalisierend sich hätten vermehren können.
GöTHE 23,267; diese Versetzung eines meiner milgeschöpfe
aus den Sinnlichkeiten einer blühenden handelsstadt in die
felsenburg, in die Vergessenheit, in die nebel eines stür-
mischen eilands. TbCjimel 5, 50.
FELSENDAMM, m. was felsdomm:
(soll) der Unterdrückung letzter felseodamra
zusammenstürzen? ScurLLER 20*.
FELSE.NDÄUER, /. firmilas, st(J>ilitas rupium:
doch solcher grenze, solcher ehmen maner
höchst widerwärtge pforte wird entriegelt.
sie stehe nur mit alter felsendauer. Göthe 3, 103. 49, 14.
FELSENECKE, f. was felsecke: sie durfte nur die eine
fclsenecke wegbrechen. Göthe 17, 34.
FELSENER, m. Petrus heiszt ein felsener, und billig, weil
er sich mit seinem glauben und bekenntnis auf den felsen
des heils, Jesum, gründete. H. MCller erquickst. 375. vgl.
felser. tn felsener könnte man auch das adj. sehen.
FELSENERSCHCTTERER, m. concussor rupium, vom Rhein-
fall:
bimmel und erde verschwinden am donnernden felsenerschütfrer,
nur, 0 geliebte, dein bild mahlt sich im silbernen schäum.
MATIHISSWi S34.
FELSENFEST, saxo firmior: felsenfeste treue;
wenn der erdkreis bang erzittert,
steht sie stark und felsenfest. GRTPHtrs;
mit felsenfesten stamme sieget. 1,121;
bis dieses zweifeis felsenfeste rinde
von diesem herzen niedei fällt. Schiller ...
FELSENFLECHTE, f. liehen rupestris.
FELSENGANG, m. mcattis saxorum: aus den labyrinthischen
felscngängen der höhle hallte es zurück. Klinger S, 392.
FELSEN GASSE, /. via saxosa:
stets dunkler wards im thale, lauter immer,
Sturzbäche durch die felsengassen sprangen.
Le:«ad neu. ged. 11.
FELSENGEBIRGE, n. monlana pelrosa:
fest wie felsengebirge und stark wie der donnernde Rheiastura.
Saus.
FELSENGEGEND, /". regio saaosa. Gotter 3, 422.
FELSE.NGEISZ, f anlilope rupicapra.
FELSENGEKLÜFT, n. hiafus rupis:
lag er im felsengeklüft weit ausgestreckt durch die herde.
Od. 9,29<!;
wohnten im felsengeklüft der stürmischen Vorgebirge. 9,400;
dort, wo hirten znr lust säuselnd die (lohte sich hebt,
findest du voll ausströmend des quelligen felsengeklüftet
klare flui, wie des nords Qockengestnber so kalt.
Voss 6,3iS;
lAmphitryoniadcs) schlug rächend Im felsengeklüft
Cacus, der nachbarn schrecken, den flammaushauchenden
Täuber. A. W. Schlegel 2,42;
wo sich zwischen die felsengeklüfte des Bacchus laub
drängt, und stolz sich erbebt in die winde der palmenschaft.
Platkw 120'.
FELSENGEQUELL, n.
lieblich ertönt das geräuscb, das die pinie drüben, o geiszhirt,
dort an dem (elsengequell uns herabschwirrt. Theokiit 1,2.
FELSENGESCHEITEL, n.
als nun die jagd das e ebirg und den sperrigen dickicht erobert,
siebe, da taumelten nier, enutürzt dem felsengescheitel
über die rücken der berge die Qüchtitren gemsen herunter.
ficRCER 24t)\
95
1507 FELSENGESCHWISTER — FELSEMLVUS
FELSEXHEIDE — FELSENKLUFT 1508
FELSENGESCnWISTER, pi
die ädern erstarren, erstarren in mir (Siohc).
es flieheu vou hinnen die li-lsengcscljwister.
Fr. Mcllkr 2, 305. ISiobe 1773 «. 95.
FELSENGESTADE, n. lUus saxostm. Tbümmel 5, 4G2.
FELSENGESTALT, f. figura saxea.
FELSENGESTCIIZT, de rupe praeäjntalus : die felscnge-
Btiirzte Sapplio. Karschin »« Jacobis allerlei. 1777. 232.
FELSEN GEWINDE, n.
eng verlor sich ein busen in schweifendes felsengewinde,
Sivllas liebliclie ruhe,
pafviis erat piirces, curvos sinuatus in arcus,
grata quics Scjilae. Uv. met. 14,51;
im felsengewinde, in das zuweilen tief ein donnerkeil ein-
fuhr. J. P. Tit. 4, 52.
FELSENGEWIPFEL, n.
flimmert und flammen der ather, und hoch vom fclsengewipfel
tönt das jamniergeheul der keuschen njrmphen Diancns.
ßORCER 240'.
FELSENGEWÖLBE, n. caverna saxea.
FELSENGIPFEL, m. vertex rupis:
starke, zackige felsengipfel. Göthk 41, 251.
FELSENGRAB, n. sepukrum in rupe cxcisum.
FELSENGHOTTE, f.
beide schaler .«atzten,
unter schirmender felsengrotte,
sich an die milden flammen. Kretschvanns werke 2,117;
auf der felsengrotte grauem stein. Skume;
ihres herzens felsengrotte. Götter 3, 326.
FELSENGRUFT, f.
kein tag, an dem er nicht wol zwanzigmal den rücken
der felsengrul't bestieg. Wieland Ubeion 9,32;
und aus ihren felsengrüfien
werden alle stürme los. Schiller CO".
FELSENGRUND, m.
ist um mich her ein wildes brausen
als wogte wald und felsengnind. Göthe 41,334;
auf einmal gähnt im tiefsten felsengrund
ihn eine höhle an. Wieland, Uberun 1,1S;
der rauhe felsengrund
fitehl wieder zum elysium umgebildet. 9,19;
gegründet steht sein sinn
auf festem felsengrunde. Voss;
auf diesem felsengrunde
von forschungsgeist, natur und Völkerkunde. Götter 1,308.
FELSENHALDE, f. bergmännisch, eine läge von trübem, ge-
stürztem gcslein.
FELSENHANG, m. divus:
tag gieng auf vor dem göttlichen, leuchtet hinunter
in des gefangnisses tiefes geklüft, auf die felsenliänge
voller trüber quellen, hinab in die fernsten gewölbe
unter den fclsenhängen. Messias 17,145;
dank dir noch einmal, o Hertha, dasz ich damals nicht
von dem felscnbange stürzt und starb. Klopstock 8,2U1;
ach da, mir beben die glieder,
da bin ich am felsenhang,
der seine steile selten
hinunter ins schlachtthal streckt. Eretsciixann 1,279;
wo um schron"e felsenhänge
sich die epheuranke strickt. Matthisso:« 27;
jene kaskade die wild über den felscnhang schäumt. 242;
da traf ihn, auf seilen betretener bahn,
Hans ßendix, sein schaler, am felsenbang an. Borger GC;
wer mit schritten eines niebesiegten
wandert dort vom felsenhang? Schiller 134*;
wer so viel adlcrbrut nur treibt
aus ihren felseiihangen. Eicuendorf im musenalm. 1859 <. 3.
FELSENHART, saxeus, steinhart. Stieleb 772: meine felsen-
barten peinigen. Felsenburg 2,20;
doch blieb ich felsenhart und nichtes wolt zureichen,
um mein versteiutcs herz in busze zu erweichen.
Lampe Imndlein XXV ijottscli'jer gelänge
1723 ». 5«;
0 fclsenhartes herz, erweicht dich nicht <la8 flehen
der Undcr, die vor dir entblöszt und hungrig stehen?
Licutwir rct7«( der Vernunft 12&.
FELSENHÄRTE, f. durities saxi, animi.
FfXSE.NHAUER, m.
rin put gewUnen steht lo fest all eine maunr,
die kein cnnhaunenstnuz, kein atarkar felienhaiier
in stücken brechen kau. IUinuold reime dicli. vurr.
FELSENHAUPT, n. eaput laxorum.
■KELSENIL\US, n. domut m rupe tita.
FELSENHEIDE, f. campu.'! pelroms
FLLSENHEIVZ, n. cor saxeum:
er wälzt in dem rasenden felsenherzcn
eine lästerung, schwarz wie die nacht der untersten höUe.
Messias 13, 53 t ;
wie der Wasserfall brausend die kluft durchflieht.
wölze dich wild über felsenherzcn luelu lied!
Kretscuiia;iNS werke 1,132;
und wie ein Stutzer angezogen,
dies nimmt die fclsenhcrzeu ein. Bcrvann fabeln 117;
friedliebend und sanft wirkt sie, die inüchlige sonne auf die
feisenherzen der groszen. Thümmel Wilhelminc 40; unerbill-
iiches fciscnherz. Ardinyhello 1,120;
wenn ihr bemühn sein felscnherz nicht rührte? Gotter 2, 170.
FELSENHÖHE, f. fasligium rupis:
umringt, wohin sie schaudernd sehen
von überhangenden gebrochnen felsenhöhen. Wieland;
indem ich nun so sitz und Jammer und weine,
da stürzte von der felscnhöh
ein eichbaum, der mir schultern, köpf und beine
beinah zerschmetterte. IIöltt im musenalm. 1779,155;
ich will es euch nur eingestehn,
auf diesen dürren felscnhöhn
ists liebchen nicht zu linden. Göthe 1,192.
FELSENHÖHLE, f. caverna saxi: in einer langen, mit
vielen faclieln cileuchlelen felsenhtilc. Fc/sf/i6. 99; nunmcliro
war CS an dem, dasz wir die grosze laiiipc anzündelen und
uns in eine abermalige felsenhöle wagen wollen. 1,195;
und ihre wohnung war nun eine felsenhöle. Oberon 9,59;
dann öfnc mir der liefe wald
mit felsenliölilcn. flnstcrn gnngen,
bei pliilomelens klaggesängen,
den traurig süszen aufcnthalt. Weiszr kinderfreund 11,259.
FELSENHORN, n. cornu rupis:
er sieht die felsenhörncr verklärt im goldnen strahl.
UULAND.
FELSENHURE, f. echo, vgl fcis 6:
hörst du sie dort herüber schreien,
Echo, die alte felsenliure?
sie läszt sich gleich von gott und teufel freien,
dient jedem gleich mit einem liebcsschwure. Lenac Faust 132.
FELSENINSEL, f. insula pelrosa. Felscnburg 1, 156.
FELSENKAMMER, f.
in der dunkeln felsenkaramer
lauter tönt der stimmen schall. Körner 1, 122.
FELSENKEHLE, f. slria rupium:
und im geliüsch, das eine felsenkehia
umkränzt. Übcron 9,2 (werke 23,41).
FELSENKELLER, m. excavala in rttpc cella:
mein wein, er springt aus diesem felsenkeller. Wielajid;
Agathens gesiebt war wie ein fclsenkoller von der kälte ibres
bniders gegen Victor ausgeschlagen. J. P. Hesp. 3, lös.
FELSENKETTE, f. calena rnpiiim:
es bricht die macht der stolzen wellen
der felsenketten steiler wall. i. A. Schlegkl.
FELSENKLAMMER, f. fibula rn;»«»»;
du fandst den weg ohn äugen
durch ehrne felsenklammern
zu kühler wasser kaniniern
voll eiscnschwangern schaums. A. W. Schlegel 1,122.
FELSENKLIPPE, f. scopulus, \ieonadisch, da in klippr für
sich dieselbe rorstfllung liegt: zwischen den feisenklippen hiiiali.
Felsenb. 1,418;
steht nicht da, schrof und unzugänglich, wie
die felsenklippe, die der strandende
vergeblich ringend zu erfassen strebt. Schim.br 427*.
FELSENKLUIT, f rupis hiatus: da es au den spniiig über
die felsenklufl gciien sollte. Felsenb. 1,105;
luletzt entdeckt des Jünglings bangen äugen
sich eine fekenklufl. Obctori h, 40;
jetzt ein wenig entfernt von der lelsenkluft. Od. 9,402;
sasx ich bei sanfter abeiidlufl.
die m<Mli gelock hesnusell und hekühlet.
In meiner felsenklufl. IIöi.tt in. a. \'i'V, 153;
auf verwach«iieni nfnd,
wo nur der brtr in filscnkluaen hauste. Mattiiisso« 8;
Im lichte wAhn die ranken
der öden lelsenklull. liii;
frau Ilona snsz in der folsenkliift,
tlo klagt ihr bitlic« losi. Tiii \-<i< ;*''S.
i. fcisklufl.
1509 FELSENKMFT— FELSENPFäD
FELSENKRAFT, f. n>bur, rigor:
stumpf an meiner Jugend felsenkrafl
niederfallt des todessperes schafl. Schiller 4';
so treuen, unbeDeckten. starken gemiiths, mit groszen fdsen-
kraften. J. P. fleqelj. 1, 139.
FELSENKRIECHER, m. labrus rupeäris.
FELSENKRONE, f. Corona rujjium.
FELSENKRLMMLNG, f. anfraclus saxorum: eine höhle, in
deren düsterem Schlünde man durch felsenkrümmungen
mühsam gelangte. Klinger 8, 6.
FELSENKUPPE, f. eulmen saxt:
auf dem vorsprun? einer felsenkuppe
peinlich harrend stand indessen Assad. Platk:« 324'.
FELSENKÜSTE, f. liius saxi:
sliesz mit dem dreizack an die felsenküsie.
A. W. SCHLKCM. 2, 94.
FELSENLABKRAIT, n. galium rupeslre.
FELSENLAGE, f. älus saxosus: die wunderliche felsen-
lage von calla Belotta. Göthe 2S. 161;
leicht wie schnee auf diesen felsenlagen. Platkü 4.
FELSENLAST. f. moles magna:
wenn unerträgliches mit felsenlast
herbei sich wälzend ihn bedrohend schlag. Göthb . . .;
es werfen steine, felsenlasten
und Wälder sich in seine bahn,
er aber stürzt mit stolzen mästen
sich rauschend in den oeean. Schiller 4S'.
FELSENLEER, racuus rtipibus.
FELSENLEIB, m. corpus saxeum :
den felsenleib umbrausl von raeeren
erschuf toII keim uns deine band. Voss.
FELSENLOCH. n. carum pelrae.
FELSENMANN, m. 1) Petrus, nhqos, Kr,fä5, s. fels 1,
felsener und hernach felser.
2) felsbeirohner, rupicola:
mein bester herr, versetzt der felscnmann. Oberon 1,71.
FELSENMASSE, f.
sie kann nicht mehr hinaus zu jenem passe,
denn abgestürzt ist dort die felseumasse.
Gries Bojardo 2,18,53;
das ungethüm verfolgt ihn ohne ruhn
auf jedem pfad, auch über felsenmassen. 3,3,46.
FELSENMAUER, f, murvs saxeus: Thümmel 5,285;
in den öden felsenmanern
müst ich freudlos einsam trauern,
und verblühn in ewgem härm. ScnaLER 60*.
FELSENMEER. n. mare scopulosum.
FELSENNACKE, m. cervix saxea:
im felsennacken freien sino. Stolberg 1,97.
FELSENNASE, /.
und die langen felsennasen
wie sie schnarchen, wie sie blasen. Götbi 12,204.
FELSENNESSEL, f. aclinia rufa,
FELSENNEST, n. nidus in rupe.
l) ron vOgeln:
im felsenneste fühlt sich der adler schon
voll seiner urkrafl. Stolberg 1, 12;
und wie der erste trieb, sein felsennest zu bauen
den jungen adler hebt auf eine höh. Thcxrel reise 3,149;
der adler, der so stolz die slrahlenflügel schlug,
er ist herabgestürzt von seinem felsennesie,
wo er die weit in seinen klauen trug. Tikdgk elrg. 2, 136.
1) angewandt auf bergtrohnungen der menschen:
sein allverfluchtes felsennest
war, wie der Königslein, so fest. Borger 24';
der bürger hinter seinen mauern,
der rittcr auf dem felsennest,
verschwuren sich uns auszudnuern
und halten ihre kräfle fest. Göths 41, 12.
FELSENORT, m. locus saxostis:
als am öden felsenortc
drohend sich ein gegner naht. Göthe 1,193.
FELSENPARTIE, f. in der harten stunde des hriofs ha!l
er nur eine künstliche felsenpartie des lebens überstiegen.
J. P. Tit. 5,37.
FELSEN PFAD, m. semita pclrona:
zeige mir den brunnen,
draus du trinkest,
liebes junges weih.
'hier den lulsccpfad binaur. Götbe 2, 177.
FELSEXPFEILER— FELSENRUTSCH 1510
FELSENPFEILER, m. cdumna saxea.
FELSENPFORTE, f.
wo der Hellespont die wellen
brausend durch der Dardanellen
hohe felsenpforte rollt. Scbiller 59*.
FELSENPL.\N, m. planüies saxL
FELSENPLATTE, f. rertex saxi:
schrie ich den knechten, bandlich zuzugehn
bis dasz wir vor die felsenplatte kämen. Schiller 540'.
FELSENPLATZ, n. bei der wendung des weges war ein
erbOhter felsenplatz eingerichtet, dort licsz der bauptmann
Charlotten und die gaste ausruhen. Götde 17, 95.
FELSENPORT, m. porlus rupe dnctus:
komm nur und klag in meinem felsenport Rcckert 45.
FELSENQLELL, m. fons in rupe:
seht den felsenquell,
frendehell
wie ein stemenblick. Göthi 2,35;
. so flöten nachiigallen
beim felsenquell. Stolberg 1,90;
schon ist der felsenquell, der blütenbaum,
der hain mit gold bemahlt. >Utthisso:< isl.
FELSENQUELLE, f. dasselbe. Klisger 6, 247.
FELSENRAND, m. margo saxi:
wenn rasend der Südwest, der nordwind droben
die esch und tanne reiszt vom felsenrand. Griks Ar. 18, II.
FELSENREBE. f. clcmaiU titalba.
FELSENREIHE, f.
wie sanft verschmilzt der blassen
beleuchtung zauberschein
die Ungeheuern massen
gezackter felsenreibn. Uitthisso:« 127.
FELSENRIEDGRAS, n. carex saxatilis.
FELSENHIESE, m. gigas saxeus:
in schimmernd grünen alpenwiesen
ein Sorgenfre'l,
liegt hier im schirm des felsenriesen {des Rigi)
die sennerei. Fr. Bre^ im musenalm. 17iKi 1. 181.
FELSENRIF, n. njpes perpetuae, felsenkette:
und wie ich eines felsenrifs gewahre,
das abgeplattet vorsprang in den see,
schrie ich (s. felsenplatte). Schiller 540';
wenn felsenriffe bahn und fahrt verengen. Göthr 4,57;
ach, es schleuderte vielleicht ihr schif
Sturm und brandung an das felsenril. A. W. Schlegel 49.
FELSENRIPPE. /". coda saxi:
den Schiller warn ich vor des lebens klippen,
doch läszt er sich vom wellentanz ergötzen
bis er zu gründe geht an felsenrippen. Plateh 289*.
FELSENRIPPIG :
schon sah er des rauhen
Atlas Wirbel und sah die felsenrippigen Seiten. Börgu 24S*.
FELSENRISZ, m. fissura rupis:
ein regenstrom ans felsenrissen. Schiller SC.
FELSENRITZE, f. rima rupis: weil daselbst die felsen
weit steiler und an vielen orten gar nicht zu beklcttern
waren, weswegen ich an drei orten in ein felsenritzen plale
einschlagen lassen muste. Felsenb. I, 205 ;
soll ich ewig stumm und einsam sitzen,
wie die eul in öden felsenritzen,
die doch nächtlich ihren hunger klagt? Kretschia^!« 1,131;
aus der hole, den folsenritzen, oder dem Schornstein
schwebet die flederraaus. ZtcuARiÄ tags:, b";
der mondstral glitschte durch die felsenritze
heOimmernd meinen polstermoos.
IIöLTT musenalm. 1779 «. 153;
was hast du da in höhlen, felsenritzen
dich wie ein schuhu zu versitzen? Göthb . . .;
das käutzlein traurig ruft in öder felsenritze
und grüszt mit seinem lied des himmels wilde blitze.
Le!<ac neuere ged. 191.
FELSENROSE. /". cistus rillosus.
FELSENRCCKEN, m. dorsum rupis:
aufs neue wird der ganze felsenrücken,
wird jeder winkel, jeder Strauch,
der ihn vielleicht versteckt, durchsucht mit falkenblicken.
Oberon 11,51.
FELSENRUTSCH, m. lapsus rupis: die am berge herfüh-
rende ei<cnbahn ist durch einen felsennitsch mit steinen
und erde bedeckt und unfabrbar geworden, bester hiesu ea
felsrutscb, vie bergnitscb.
1511 FELSENS AAL — FELSENSPRUNG
FELSENSTACllEL — FELSENTHEIL 1512
FELSENSAAL, m. eonclave rupium:
erstiegen war nunmehr der erste von den gipfeln
und Tor ihm liegt, gleich einem felsensaal,
hoch iibernölbt von nlien tannenwipfeln
in stiller dnmraerung ein kleines, sclimales thal. Oberon 9,39;
ein Strom entrauscht umwölktem felsensaale,
dem ocean sich eilig zu verbinden. Götur 2,3.
FELSENSAFT, m. aqua e rupe prosiliens:
gleich sich meine schäflein külen,
«0 mit warmer hitz behalt,
sie den durst vom herzen spülen
mit so irischem felsensaft. Spkr trulzn. 292 (320).
FELSENSALZ, n. das am geslein auswillert.
FELSENSCHACHT, «i.
welcher felscnschacht
trägt an seiner slirne goldnc waffen,
beute deiner schlacht? Fr. Mi^ller 1,310;
blasz vom mond beschienen
ragen die ruinen
hart am felseuschacht. Scumidt von Löbeck 241 (235).
FELSENSCHEITEL, m.
keine g.irien seh ich, keine Felder,
keine Trucht, die nahrung mir verspricht,
um die hohen TeUenscheltel nicht
sich allein das schwarz der tannenwälder.
A. W. ScHLECKL ged. 43.
FELSENSCHLOSZ, n. was felscnlurg:
und die holde Jungfrau stand
harrend auf dein l'elsenschlusse. Schiller 59\
FELSENSCHLUCHT, f. faux rupis.
FELSENSCHLUFT, f. dasselbe, s. Schlucht und schlaft:
habt ihr höhlen, habt ihr dickicht, manche dunkle fclsen-
schlut't,
0 da laszt mich unterschleichcn, wie ein aufgejagtes wild.
A. W. SCULEGEL 2, 150.
FELSENSCHLUND, m. dasselbe:
dort am felsenschlunde
war sein stiller gang. Sciividt ton Lübeck 246 (240);
nun schauet, wie im hintergrunde
aus jedem zackigen fclsenschlunde
bewafiiete hervor sich drangen. Götue 41,273;
das junge fräulein kam mit ihm zur stelle,
das er im wald, im fclsenschlunde fand. Gries Ar. 23, 54.
FELSENSCHNECKE, f. murex.
FELSENSCHRIFT, f. runenschriß :
das bergvolk denkt und simuliert,
ist in natur- und felsenschrifl studiert. Göths 41,208.
FELSENSCHWALBE, f. hirundo rupesliis.
FELSENSCHVVER, maximi ponderis.
FELSENSINN, vi. Starrsinn: du wirst seinen felsensinn
mildern. Fb. Müller 1, 62 ;
mir ward ein herz von eis beschieden,
ein felsensinn. IIöltt im musenalm. 1773 i. 31.
FELSENSITZ, m.
ihr kennt den jähen felsensitz. Voss 6,233;
am capitol, dem felsensitze
des adlers. Matthisson 37.
FELSENSOHN, m. rupicaper, Steinbock:
der zottigo felsensobn. Stolberc 3,314.
FELSENSPALT, m. fissura rupis:
mir nachschauD wirst du dort im felsenspalta. Voss 6, 74.
FELSE.NSPALTE, f. dasselbe:
wer ruft da aus der felscnspalte? Götiik . . .;
plötzlich aus der felsenspalte
tritt der geist, der bcrgesaltc. ScuiLLit 50*.
FELSE.NSPITZE, f. ru{iis cacumen:
hinan, und schmettert sie herab
von stellen felsenspitzen ! Kretschianni Kliingulph 69;
tasz ich früh auf einer felsenspitze,
iub mit starren äugen in den nebel. Götbb 2,188;
und heulend stimmt der oreaden mund
dein brautlied an auf hoher felscnspitze. Scaiixia . . .
FELSENSPRACHE, f. tcho:
•chöne lennin, noch einmal
■Inge deinen ruf ins thal,
da» die frohe fclsen»pracha
deinem bellen ruf erwache.
LzMAU neuem ged. 119.
FELSENSPRINGER, m. rupicapra, ibex, gemse.
ItLSENSPRUNG, m.
ein feUenipruiig der gemsen. RoarLx« 142.
FELSENSTACHEL, f. clematis vilaWa: die weisze kröne aus
felsenstucheln. J. P. TU. 4, lül.
FELSENSTADT, f.
FELSENSTAUR, pervicax:
der mutier
lautes nifcn durchdrang der felsenstarren Versammlung
mark und gehein. Messias li,3S0.
FELSENSTEG, m. semita pclrosa:
froh walle auf dem felsensieg
der pilger zu dem gnadcnbilde. Schiller 65'.
FELSENSTEIG, m. dasselbe:
die schliche kenn ich und die fclsensteige. Schill«» 624";
und da ich einsam einen felson.<teig
verfolgte, wo nicht auszuweichen war. 532';
verehre schroffe felsenstcige,
des Pindus letztgedehnte zweige. Gutue 41, 148.
FELSENSTEILE, f. praerufitum:
Haslaus gründe, felsensteile,
vielbesucht und vielgenannt.
Götue yeognoslisclter dank im cliaos 2 «' 12.
FELSENSTEIN, m. saxum:
es graste ein schäflein am felsenslein. Stillino 2,75;
stund im all der Schöpfung ich alleine,
soelen träumt ich in die fflseusicine
und umarmend küsl ich sie. Schiller 8*.
FELSENSTELLE, f. wie felsenort :
an mancher trocknen kahlen felscnstelle. Göthb 41,281.
^ FELSENSTIMME, f. echo, wiederltall, ruf aus den (eisen,
Tj/Cfö TCETQrieaaa. s. fels 6.
FELSENSTIR.NE, f. l) frons saxi, vorderseile des felsengipfels :
ein weilchcn sasz ich durt auf Libanons felscastirne. F*.
Müller 2, 168 ;
trauernd denk ich, was vor grauen jähren
diese morschen Überreste waren,
ein bethürmtes sclilosz voll majestät
auf des berges felsenstirn erhöht. Mattiiisson 39 (48).
2) frons viri saxca, wie felsenherz, die jeder gefahr trotzt:
asche sind die ehernen gebeine,
staub der beiden felsenstinien nun,
kaum dasz halb versunkne leichensteine
noch die statte zeigen wo sie ruhn.
Matthissons elegifi {zuerst im
miLsenalm. 1787 s. 7).
FELSENSTRAUCH, m. frutex saxalilis.
FELSENSTRECKE, f. tractus petrosus:
lärmen wir bei nächtger weile
durch die engen fclseustrecken. Göthe 1,234.
FELSENSTROM, m.
die sonne gaukelte zwischen den lanzeo
auf ihren schildcn :
80 wandelt der funkelnde felsenstrom
in den distelgelllden. Khetscumanins werke 1,246;
wo sich der felsenstrom ergeuszt. Stolbekg 1,97.
FELSENSTÜCK, n. saxum:
tief unter ihr {der brftcki') rollt über folsenstücke
ein weiszbcscbäumter ström, gleich einem wasserrad.
06eron 9,40;
bei jedem lichtwurm lo den felsenstOcken,
als ob die fcen
da tanze webten, riefst du voll entzücken,
wie schön, wie schön I Mattuisson 202;
einstens hinter Pyrrlias rücken,
stimmen dichter ein,
sprang die weit aus felsenstückcn,
menschen aus dem stein. Schiller 10*.
FELSENSTUFE, f. niitllerwcilc stiegen wir die von dem
klaren wasscr gewaschenen felsenstufen hinauf. Fclsenb.\,9^;
nicht der wahlstrom, der vom hohen gletscher
donnernd über folsonstufen füllt. Bürueh 9V.
FELSENSTURZ, m. dcjeciM rupis: fichlenwälder Im ah-
grund, durch welche die schiitmieude Reusz über felsenstUrze
sich von zeit zu zeit sehen licsz. Gütiie 48, 133.
FELSENSTCRZEND, de ruf>e praccipitam:
des lauten
fclsentlOrzcnden Stroms erzürnte woge. Stolrkrg I,3:>.
FELSENTAUBE, f columba rupcstris.
FELSENTHAL, n. vallis rupibus clau.<.a.
FELSENTHEIL, m. die tclUdfe, wo das gehörorgan Ucyl, part
ossis tcmporis prirosa , ich «ei^i nicht , welcher analom junst
petra und petrosua auf die schlafe anwandte, plana auris fcAcinf
alliiergebracht, t. fclseiihciii.
1513 FELSEXTUOR — FELSEN^veSTE
FELSENTHOR, n.
so reiszt ein schwarzes felsenihor sich auf. Schilleb 552*;
felsenthore knarren rasselnd,
Phöbus räder rollen prasselnd. Göthk 41,5.
FELSENTHRO.N, m.
da sinkt die uhuschaft ermattet
und ehrfurchtsvoll am felsenthron,
wo hoch die edeltanne schattet
dem donnerfrohen wolkensobn. Voss 6,244.
FELSENTHUILM, m.
dort auf Sestos felsenihurme,
den mit ewgem nogeusturme
schäumend schlägt der llellespont. Schiller 59*.
FELSENTOCHTER, f. an die nymplie des Negenborns:
neig aus deines vaters halle,
felsentochter, mir dein ohr! Bcrger 27".
sonst icird darunter das echo verstanden:
alles stumm, wo Psyche wallet,
nur ein leis entwehtes ach,
das den hain durchgirrte, hallet
ihr die felsentochter nach. Tiedge Urania ges. 3.
FELSENTREC.
0 glück der felsentreuen brüst
die ein geliebtes an sich drücket. RL'ceert SS.
FELSENTREL'E, f. fides firmissima, tutissima:
drum traut er uns und unsrer felsentreue. Körper 2, 156.
FELSENTRUMMER, pl. abrupiae rupes:
ich schlich in wald
bei stcrrienschiramer,
warf mich aufs moos
der felsentrümmer. Kretschxi;«:<s icerke 1,159;
dort unter felsentriimmern
schläft ihr prophetisch gehein. Fr. Möller 2, 168.
FELSENLTER , n. ripa saxosa : dasz die see allerhand
packen und kisten an das grosze felsenufer gespielet hatte.
Felsenburg 1. 146.
FELSENUMGCRTET, rvpibus cinctus:
des felsenumgürteten eilands
schroffes gestad. Puvte:« 119.
FELSENVERSCHLOSZ, n.
heil! denn ich komme zuerst
durch Hämonias felsenverschlosz her. Orplieus Arg. 79.
s. felsverschlusz.
FELSEN VOGEL, m. am rupesins.
FELSENYOLL, scopulosus:
wer sanftes rauschen liebt aus felsenvoller welle.
GöKdeK 3, 149.
FELSENWÄLD, m.
die welle sprüht des felsenwaldes äste durch. Göthe 11,258.
FELSENWÄLL, m.
eine grotte liegt an Naios hafen,
so bequem vom felsenwall verschanzt,
so mit braunen ulmen rund umpflanzt,
dasz sich stürme lieszen da verschlafen.
A. W. Schlegel ged. 39.
FELSENWÄLZE.XD,
in die felsenwälzenden wellen
stürzten sich die freien nach. Stolberg 1,S8.
FELSENWAND, f. praerupta pars pelrae:
hier felsenwand,
dort ährenfelder. Borger 9';
der überm aberund weg das freie gras
abmähet von üen schroffen felsenwänden. Schiller 546";
indem ich schwindelnd, strauchelnd fort mich quäle
zwischen dem dunklen abgrund meiner seele
und dieser well verschloszner felsenwand. Le>au Faust 16;
diese zickzackkämme, diese widerwärtigen felsenwände. Göthe
23,267; geiszbuben, die ihre zottige herde oberhalb solcher
schroffen, viele hundert fusz sich abtiefenden felsenwände
weiden. Berlepscb alpen s. 93. vgl. das mhd. unverbundne
\elses want, steines want und hernach felswand.
FELSENWASSER, n. aqua ex petra. Stieler 2444.
FELSENWEG, m. Göthe 2, 4. Gökixgk l, 171.
FELSENWELT, f. Brockes 6, 231. 7, 406.
FELSENWERK, n. bergmännisch, die tauben ginge, aus wel-
chen das erz geschieden ist. Heiitwic 133".
FELSENWILDNIS, f. felsenwitste :
ich war hinaus entrückt zur felsenwildnis.
Le?<au neuere yed. 15.
FELSENWOHNUNG, f. fdsenhaus. Klinger 5,20.
FELSENWÜSTE, f. desertum rupibus horrens:
0 hätte mich ein unglückssturm
in ,'eisenwM.olcn, oder in die nut
des brausenden oceanus gefegt. Ri>RGER 173*.
FELSEXZACKE — FELSHOCH
1514
FELSENZACKE, m. f. dens, ramus scopuli:
bleib ewig hier, ein felsenzacken, kleben. Scanxu 14*;
der hohlweg senkt sich tiefer,
durch felsenzacken blickt
des klosters dunkler schiefer
mit weiszem kreuz geschmückt. Matthtsso» 100(133);
denn du bist sicher zwischen felsenzacken. Rcckert 135.
FELSENZINKE, f. dasselbe: auf den schrofsten fichten-
höhen der alpen zwischen emporragenden starren felsenzinken.
Minerva 1S47 s. 386 ;
ragende felsenzinken mit wolkenumlagerter spitze,
welche kein Jäger erklomm, welche kein adler erflog.
SiLis lü7.
FELSENZLN'NE, f. pinnaculum rupis:
und verlassen werden stehn,
traurig stumm herüber sehn
dort die grauen felsenzinnen
und auf deine lieder sinnen. >
Lenac neuere ged. 120.
FELSER, m. du wirst Cepha genannt, das ist Petrus ein
felser. Reiszser Jer. 1, 90*. vgl. felsener, felsenmann.
FELSERN, saxeus, gebildet wie flächsern, steinern, thönern:
wil die verbürg Ämphitritens auch nicht länger felsern sein?
Grtphics 1, 2s«);
was für ein felsern herz sollt aber nicht erschüttern?
LoHE>sT£i>s auserl. ged. 6,12;
dennoch ist gewis kein gemeines mensehenauge unter diesen
augenbraunen, unter dieser festen obgleich nicht fclsernen
Stirn. L.WATER phys. s. 256.
FELSGANG, m. mealus in rupe.
FELSGEBÄUDE, n.
zufrieden wähnt der ärmste hirt sich reich,
und eintracht stützt der freiheit felsgebäude. Matthisso:» 13.
FELSGEBIRGE, n. montana saxosa: träger und trägerinnen,
welche das obst in die tiefsten Schluchten des felsgebirges
Terkäuflich hintragen. Götbe 21, 97.
FELSGEBOREN, rupigena: felsgebomer adler.
FELSGEFECHT, n.
was sollen diese leidigen vögel?
sie richten ihre schwarzen segel
hierher vom helszen felsgefecht. Götbi 41,279.
FELSGEHÄUEN,
felsgehaune grotte. A. W. Schlkgel 2, 111.
FELSGEHEGE, n.
die felsgeliege,
wo die alpenrose hangt. Pl'ate^ 5*.
FELSGEKLGFTE, n.
jetzt eilen sie windschnell davon und fliegen
im felsgeklöfl. Let^ac neuere ged. 16;
die bunte ziegenherde klettert
im felsgeklüfl. Fr. Bri-:« im musenalm. 1798, 1S2.
FELSGESCHIEBE, n.
sie suchten mich in allen felsgeschieben. REciert 165.
FELSGESTEIN, n.
wann dich die liebe soll beleben, werde staub!
nicht hartem felsgestein entsproszt des fnihlings laub.
RirCEERT 30.
FELSGETRCMMER, n. vgl. felsentrümmer:
wo um wildes felsgetrümmer
sich die epheuranke strickt. Hattbisso!« 179.
FELSGEWINDE, n. anfractus rupium.
FELSGEWÖLBE, n. camera rupium.
FELSGEWORDEN, torpidus:
unter deinen küssen blüht der fnihling auf,
felsgewordne ströme bringest du in lauf. Bdsja!«?» g^rf. 160.
FELSGRAT, m. dorsum rupis: wir kamen hinter einen
felsgrat. Göthe 16, 228; Maximilian habe sich in unser gebirg
gewagt und stehe dort auf einem felsgrat. Arnim kronenw. l, 434.
FELSHANG, m. was felsabhang:
Yom jähen felshang. Voss 3, 15.
FELSH.\rPT, n. eapul saxi.
rufe du nur mich Pan dir zum beistand nieder vom felshaupt,
ob mit dem robre du spähst, ob mit dem bunde, nach lang.
Proper z 3, 13,45;
aber nachdem er selbst Malelas spitzigem felshaupt
nahete. Od. 4, 5U;
Argo die wasser durchOog und sie kam zum karambischen
felshaupt. Orphew .■inj. 7:15;
und rem Ankäos gelenkt l\ihr grade das schif nach dem fels-
haupt. ira.
FELSHOCH .
reUhohe bildcr. E. von Klhst 2, 22.
1515
FELSHÖriE — FELSUMSTEILT
FELS VERSCHLUSZ — FEME
1516
FELSnÖHE, f. summilas ni],is:
auf des gebirgs fclsliöhen. IL 2,456 {vorher, auf den höhn
des gebirgs);
wie gen Pieria einst und Leibethrons rngenden felshöhn.
Orpheus Arg. 'M;
aber ich kam zu des TSnaros windigen felshöhn. 1370.
FELSHÖHLE, f. auf einer seile eine felshühic. Fn. Mi3ixEn
3,403
FELSICHT, saxosiis, saxeux, im lS;/j. o/l 5c$c/irte6cn felsigt :
der erde bauch, mit pulver anpefnllei,
wirft selber oft sein felsicht eingeweide
den wölken zu. E. ton Kleist 1, 144;
Lycidas, in samnit und scide
und im fclsigten ^ebaude
wohnt das glück des weisen nie. Burii.ik;i ged. ohne r. 35.
FELSIG, dasselbe:
aus dem felsigen kern hebt sich die thürmende Stadt.
Schiller 75^;
aber sie haben den fröhlichen muth
in der felsigen bnist mir gebrochen. 493*;
Ithakas felsiges eiland. Od. 10,416;
nach diesen felsigen höhn. Göthb 1,104;
rasonplalz, der am felsigen boden hinab grünte. Bettine
laijeb. 47.
FELSKANTE, f. auf schroffer felskante. Götph 60, 306.
FELSKIPPE, f. sitmmilas saxi : die ir in der hrunst zu
den götzcn lauft, unter alle grüne bcwnio. und schlachtet
die kindcr an den bechcn unter den feLskippen. Es. 57, 5,
teofüT die späteren ausgaben felsklippen. Hiub 39, 28 schreibt
Luther: auf den kipfen an felsen, wo hernach auch kuppen
gesetzt «•«•</. mehr unter kippe, kipfc, kuppe.
FELSKLIPPE, f. scopuliis saxeus.
FELSKLLFT, f. faux saxi: wenn denn nu meine bcrlich-
keit furuber gehet, wil ich dich in der felskluft lassen stehen.
2 Mus. 33,22; auf das er müge in die steinritze und l'els-
klüfle kriechen. £5. 2,21;
eilend wanderten wir zur felskluft. Od. 9,210;
also sprach die göttin und taucht in die dänimerndc felskluft.
13, '364;
dasz mit geretteten kränzen die priesterin kaum in die felskluft
floh und starb. Voss 3, 104 ;
steig in die felskluft
demutsToll. 3, 106.
vgl. felsenkluff.
FELSKUPPE, /•. was fclskippe:
wie auf des bergs felskuppen der siid ausbreitet den nebel.
It. 3, 10.
FELSLAGER, n. man schaute von ostcn nach westen an
dem felslagcr hin. Göthe 28, 167.
FELSLOCH, n. foramcn petrae: meine taube in den fcls-
löchern. hohelied 2,14. bei Williram: in sleinlocheron :
gibt unterm meer ein fclsloch ihm zur haft.
Gries liojiirdo 1, 1,53.
FELSPFAD, m. was fcisenpfad. Götiie 17, S4.
FELSRIEGEL, m. wenn man hinaufkommt, liegt ein un-
geheurer felsricgel hinten vor, über den man nach dem see
hinunter musz. Göthe 27, 40.
FELSRITZE, /. rima saxi: in hohen fclsritzcn. Gütue
1.5,213; Sonnenstrahl, der sich durch die felsritze stiehlt.
Betti^e br. 1, 239.
FELSSATTEL, m. sella ru]iis, cinsallelung.
FELSSPITZE, f. auf den höchsten fcisspitzcn. Bettine
br. 2,92.
FELSSTARR,
feUstarrc amme,
nide ragged luirsc. Richard 111.4,1.
FELSSTEIN, m. saxtim.
FELSSTOCK, m. bisher hatte das thal meist gleiciie «eile.
nun schlicszt ein felsslock die <^inc hälUtc üb. Göthe 43, 192.
FELSSTRAiNÜ, »1. Utas petrosum:
selige m.'ichie der tief, und so viel des iimfandcteu fclsstrand«
«ügigcii kies ihr bewohnt. Uri>licus Anj. 334.
FELSSTCCK, fi. sojciim:
«icder darauf erhob er ein noch viel grösrcres folsslück.
(hl. 1), .j37.
FELSTHAL, n. rallis inier taxa, in saxo:
im starreiidrfii fcUihdl. ürpheut Arg. 072.
FELSTRLMM, m. fraymenlum riijiis:
doch »tiirzt in die fluten der fclstrumm. Od. 4, &08.
FELSU.MSTEILT:
die Ihr de» merre«
rcliuffiiicUle bucht bcwvhart GOrui M, 410.
FELSVERSCHLUSZ, m. was felsenvcrschlnsz :
nimm in dos kerkers sichern felsverschhisz
der ungesliimon stürme rohe scharen. Uüokert gcs. ged. 2, 330.
FELSVORSPRL'NG, m.
der an felsvorspri'ingen erlauscht besch.iumter
brandungen ankun». Plate;« llü.
FELSWAND, /. vgl. felsenwand:
von der hohen
steilen felswand. Göthe 2, 5S;
denn kein hafcn empfängt die zwiefach rn.lernden schiffe,
sondern rings umstarrt sie die uiier<tcipliclie felswand.
0)-plicus Arg. 1201 ;
denn über mir hieng schrof die felswand her
und unten rauschte fürchterlich der Schäclion. Schiller 532»;
die knie versagten ihm, ich sah es kommen,
dasz er jetzt an die felswand würde sinken. 5;t3';
fleh ich die gnade goites an und drücke,
mit allen leinesknilien angestemmt,
den hintern gransen an die felswand hin. 541*.
FELSWEG, «i. vgl. felscnweg:
bösen fclsweg auf und nieder
trösten Halls deine liedcr. Götitk 5,4;
ein derber, tüchtiger, nicht allzugroszer junger mann trat
klüftig und sorgfältig den felsweg herab. 21,5; da gebts
durch bewaldete felswege. Bettine br. l, 26.
FELSWL'RF, m. jactus saxi:
ha, du gewaltiger ries, unbändiger, der du im Schlachtfeld
mähst mit entwurzelter tann und mit felswurf bercre ver-
schüttest. Voss 2, l^5.
FELTSCHEN, s. fcilson sp. 1450.
FEMDING, n. was femgericht. cod. dipl. üilesirte 3, 117. 1.53.
FEME, f. sagina glandaria, abdudio suum in silvam, ein wort,
dessen hottes alter in den niedcrsächiisclun und westfälischen Wäl-
dern sich nur nicht belegen läszt. zunäcM slelÜ es Schüttel
de singularibus et antiquis in Germanüi juribus 1071 p. 562. 563
auf in den Zusammensetzungen vehmschweine, jiorci ad sagina-
tioncm, in die nuuitung, destinati, vehmgeld pecunia pro jiorcis
ad saginaria destinatis, vehmmahl aduslio porcorum. das ein-
faclic velim deutet er sehr allgemein separatio ad wrtum aliqucm
adum, um auch das folgende ferne darunter zu fassen, diese
angaben werden von StiEf.er 432 wiederholt und bezweifelt, aber
auch Frisch 1,255' gewährt sie und das brem. wb. 1,372 hat
'swine upfemen', scliweine in die masl verdingen, mit dem daraus
gezognen fernen verdingen; besser Fulda idioL 91 fem (•;>/.•(•/-
maslung, fernen mästen; .\deli'Ng nimmt fehm für die frucht
der eichen und buchen und führt an : die Schweine in die fehm
treiben, einfehmen. sie aus der fehme nehmen, ausfehnien,
diese verba halte bereits Frisch aus der pommerisclwn holz und
maslordnung geschöpß. bei Stroutmann, SciiAMitAcn. Danneii.,
Stürenrurg nichts von allem dem. es fällt unmöglich bis in die
quelle änes so spät und sjtar.^am bezeugten ausdrucks zu dringen,
vielleicht berührt er sich mit feime acervus. manipulus, wobei
sp. 1451 das alts. arnnfimba, acervus aus dem häyeregisler von
Werden s. 219 anzuführen versäumt wurde, wahrschiinhch aber
ist er auch dem folgenden feine identisch, wie sogleich dnrzuthun
versucht wnden soll.
FE.ME, f supplicium, poena, nirgend im Ssp., aber schon mhd.
in gedichlcn bezeugt, die sicli dem nd. nähnn:
undc hast is dincn spot,
daj wir von rolitor sculdc
die vöme dulden, vom ijlouben IS77;
so bcslö;; man in zu stete
In eine koiinin, die d:i lac,
da muoslo unz an den drittln tac
Cr inne li^in gcspaniiin
vur wihin und vur manntn,
daj al da^ volc nn ime grsA,
von wik'liir scull sin vemo goscö.
»6 den der dritte tac irsceiu
»ö qu.-im da?! volc uhir ein
zu Rrnne in den vrönin sal
und die roiisuln uhir al
und irii.'iliiii Ime den luift,
die wart da hcreitil,
das dO< nicht wart gebeitit. .Uhis A,U2— 15G;
mir is beii^or lierde vflo,
dat ich mit h der schände schäme
und lido Aue achult de vemo.
frnijm. ton SUsotini:.
in diesen stellen hat vfme den aUgemcinen sinn ron ärafe g>ni-
ohne hexug auf die besunderlieit der westfdlLvJwn gtrichte, du-
s}»ltirbin danach genannt werden, deren eigrnheil aUo gar niiht
in ihrem namen Iwißiffim ifl. ein glricJwt gilt r«n dem rerfium
fernen und ditt mit ferne zusammtnijeietitm «H/r<«rn, in velchtn
1517
FEME— FEMRECIIT
FEMRÜGE— FENT?
1518
man erst sfdlcf, nach dem Untergang dieser heimlichen geridUe,
abenleiierlieltfs gcsuclU liat.
allerdings viag von Sachsen vnd }Yeäfalen her das icort ferne
ausgegangen und auch ins hochdeutsche vorgedrungen sein; nichts
schänl doch natürlicher, als es mit dem zuerst aufgeführten ferne
zu einigiH. tcie wenn beiden ungefähr die rorslellung des ziuhlens
und ziichli'jens unterläge? aus ziehen flieszt zucht nulrilio,
diseiplina, castigalio, poena, wie der landmann sein rieh in die
masl führt, wird der misselhäter in den kerker oder tod ge/ührt
und erleidet Züchtigung, die rerschollne würzet fernen {goth. Innan,
fam, femun?) kann enthalten haben, was den entfalteten bcdeu-
tungen von ziehen glich, altn. drückt fimr aus dexter, sollers,
ohne dasz sich ein subst. oder vcrbum dazu vorfände, aber viele
composita damit kommen vor. aus deP sinnlichen feine des waldes
deutet sich die abslracte des gerichts. Frisch suclite vergeblich die
letzte der ersten unterzuschieben.
in einer aus dem original gedruckten Urkunde von 1251 bei
Seibertz n* 269 liest man: iilud occuitnm Judicium, quod
Tulgariter rehma seu vridinch appellari consuevit. hier ist
das inlautende h bedenklich, welches doch jenen mhd. stellen und
allen beinahe gleichzeitigen Urkunden, in denen vemenote vor-
kommt, mangelt, aus fehen odisse liszt sich ferne nicht ableiten,
auch in den goslari.^chen Statuten {aus der ersten hälfte des 14 jh.)
heiszt es 36,20: sprcke, dal de man osfen wcslen suden unde
norden 'der bogen veme' voiscull Iicbhe, also alse he to
rechte sin lif vonvarcht hcbbe; bei Heinrich vo«j Hehtord
(t 1370) s. 30: legem secreti judicii, quod iilius patriae
(Saxonum) lingua 'veme' diciiur. auf fehein in der blume des
Ssp. ist nichts zu geben, so wenig als auf die nhd. Schreibung
vehm, fehm bei Schottel, Stiei.er und den späteren. Klopstock
9, 322. 10, 25S. 316 hat sogar die altn. disir {rerunslaltel in düsen)
zu 'göltinnen der fehm' gemaclU, die falsche deutung ist der
schlechten formen trerth. wie viel srhrißsleller des IS pi. sind mü
der heiligen fehme aufs übelste verfaJircn.
FEM EL, 5. fimmel.
FEiMEX, 1) porcos postum agere, s. ausfemen, einfemen.
2) mhd. in Judicium vocare, in judicio punire, condemnare:
ze dinge si sie remeten. vom gluuben 1397;
man sol sie sän ze stunden
also bitterliche Temen,
daj sich es ander Trouwen Schemen. Eber^ca^d 1443.
rpl. vorfemen. rittersp. 1468, nhd. verfemen, in den urk. oft
verfemen und verfüren.
FE.MER, m. carnifex, Scharfrichter, henker, mhd. veniffre,
vemer: dö man si dar brachte, daj man ir dag houbit solde
abe slahen, d6 bat si den vemer, der ir da; houbit solde
abe slahen, da; her beitete wan da; si ir gehet gespreche.
mysl. SS, 3S ; und dö saite si dem veniere, da; si ir gebet
gesprochen hete, diJ slug der vemer dare und sluc ir da;
houbet abe. 89, 15. 157, 1 ; der krig wart also hcrte mit dem
gesange undir on, da; sie sich vorphiichten, wer do vorlore,
der sulde Stemphele, also hiesz zu dem male der femer, zu
teile werden. Rothe thür. chron. cap. 416.
FEMERN, FEMMERN, scintillare, micare, flimmern, funkeln.
Senn. 1, 532, den vorausgehenden Wörtern, scheint es, unverwandt,
man mäste denn das einbrennen der zeichen auf schein und
flamme beziehen dürfen; gemahnend ans ags. dvimor, dveomor,
gedvimor, phantasma, spectrum, dvimorllc, gcdvimorlic, f/ian-
lasticus. davon
FEMERZEN, TZyiEZESJrequentaliv. Höfer 1, 241. Schm. 1, 532.
FEMGELD, n. abgäbe für die masl im walde.
FEMGENOSZ, ni. scabinus, schOffe, beisitzer des peinlichen
gericlits, in weslfälisclien Urkunden veroenot. Kindlixger münst.
beitr. III n' 81. S7. 94 aus den j. 1267. 12S0. 1291. andere stellen
bei Haltaus 433.
FEMGERICHT, n. Judicium poenaU, secretum, freigericht, das
schwere, heilige gericht, die schwere, hohe, letzte acht.
FEMGRAF, m. judex poenalis, freigraf. in der blume des
Ssp. (HoMEvERS richtsteig s. 377) geschrieben fehemgrefe, vehem-
grefe. vehiingreve.
FEMMAHL. n. das den mastsdiweinen eingebrannte zeichen.
FEMRECHT, n. jus, judiaum secretum: mittlerweile hatten
allhier lande und städle viel handelung wegen des feine-
rechtes, was es nun für eine gelcgenheit mit dem femerecht
oder freiem heimlichen gerichte gehabt habe und welcher
gestall sich dieselben freien heimlichen richter über fremde
untertbanen zu erkennen haben angemaszet u. s. w. Schutze
beschr. Freusiens 155
FEMRCGE. f. aecusalio poenalis, femfrage, femsache.
FEMSCHOFFE. m. was femgenosz, frcischO/fe. in der blume
des Ssp. 375. 376 fehemschepfe, veimschepfe. oft verbunden:
echte, rechte, frie scheffen.
FEMSTATT, /. locus suppliäi, ahd. hamalstat. mhd. vemestaf :
der richter gap da; urteil über si und der vater fürte si ü;
und slug ir selber abe ir boubit, und do her von der veme-
stat ging, do quam ein bligze von deine himele und ver-
brante in ze aschen. myst. 12, IS; und man fürte si an die
vemestat und sluc ir abe da; boubit. 65, 1 ; und do man si
brächte zu der vemestat. 156, 40. 175, 29 ;
da^ pruflt man bi der kleidir spei,
daj an der femestad geschaeh. rillerspicgel 922,
beim loszen der kriegsknechte um Christes rock, die weisthümer,
z. b. ein Herrenbrcilinger von 1460 (3, 5S0) bestimmen den ort und
die weite der feimstadt (einmal steht gescltrieben feinstadt). alle
diese stellen mänen die gewöhnliche richtüätte, im heimlichen fem-
gericht war sie aber gern der vald und der freischöffe hieng dm
missethäter an den ndclislen bäum: einem sin recht don und
bangen an des koninges wimen, d. i. balken, was den galgen-
baum oder den waldbaum ausdrücken kann, eine urk. von 1459
«n UsEXERS westf. freiger. s. 207 hat aber: 'bangen an des
konlx vemen, d. i. an dem nechsten bome, die inen darzu
bequem ist' und es wäre merkwürdig, wenn sich noch ander-
wärts ferne für den bäum nachweisen liesze. einen waldduft hat
nun einmal die feme. gewis darf man ferne nicht von wime
ableiten, das eher durch misverstand dafür eingetreten sein kann
(brem. wb. 5, 259. Useser s. 193) und freilich passenden sinn gibt.
FENCH, m. panicum, bei Maaler 83'. 134* heidel, butzweisze,
ahd. fenih (Graff 3, 526), alts. unverschoben panik, gen. panikas
in der Freckenhorsler hcberolle, nnl. panikkoorn. nhd. fennig,
pfennig, pfencb, fencb. von dein gescheiten samen bereitet
man gute müslein und breilein, dieser samen i>t gesunder
dann der hirschen oder fench, ist verdaulicher. Tabernae-
«ostanls 650.
FENCHEL, m. ancthum foeniculum, Täncbel marathrum.
Maaler 130*. ahd. fünachal, finachal, phenichal (Graff 3,526),
ags. flnugl, finol, engl, fennel, lit. pankolis m. penkula f. letl.
wennkahls, böhm. feniki:
mhd. den venchel und die minzen,
salveien unde rüten
wil ich diuem träten
gewande niht geliehen, g. schmiede 594;
ahd. weil spähend ich des Feuers quell
beschüch und in den hohlen fencbel barg. Stolbsrg 15, 9.
6« Acschylos steht vaQ&r^^, ferula (Prom. 109).
FENCilELGL'RKE, f. in fenchel mit essich eingdegl.
FENCHELHIRSE, m. panicum, fench.
FENCHELKRAÜT, n.
mhd. ü^ eines kokatrillen büt,
diu schein grüen als ein venchelkriit. tr. kr. 3714.
FENCHELÖL. n. aus fenchelsamen gedrückt.
FENCHELSAME, m. Folz confectbuch 268.
FENCHELSTAUDE, f.
traut Rensicin über die beide reit,
er schosz nach einer tauben,
da strauchelt im sein apfelgr.iw ros
über eine fencbelstauden. Uuland 259.
FENCHELSTENGEL, m. caulis foeniculi.
FENCHELWASSER, n. aus fenclwl abgezogen.
FENCHELWEIN. n. marathrites. Maaler 130".
FENCHELWLRST, f. so nam er alsdann die morgensup
ein, dadurch den nebel und den dau zu legen und sonst
von des bösen lufts wegen, als schöne fenchelwürstiin, ge-
röstete züngleinstücklin , gebratene pfaffenbisziin, geröstets
katzengeschrei. Garg. 160*.
FENCHGRAS. n. panicum.
FENCHSTROH, n. strömen paniceum.
FENGEN für fangen, fangen. Schmeller 1,542: fruchte
fengen, einen acker fengen, ernten, abernten ; das traid fengen.
trei.v//i. 3,643.
FENN , f. conis femina. Frisius 180' schreibt fänn oder
bündln, Maaler 130' fänn, hundsbraut; woher na/iro Schottel
1312 sein fänn, hindinf vielleicht kein fehler für bimdtn, da
auch fr. faon {sprich fan) hinnulus, hinnuleus, hirschkalb aus-
drückt, dos merkwürdigste bleibt aber fenn, fänn, fann canis,
das sich zum phano der lex salica stellt, meine vorrede s. xxiii
hat schon auf faon gewiesen und die ullgenteine bedetäung von
weif cattdus verliehen, phan, phano darf sich dem skr. cvan,
1519
FENNBEERE — FENSTER
FENSTER
1520
xend. ?pi, lit. srS, lat. canis anreihen, tne in andern uürlern
mehr die anlaute pha, spha, sva uediseln. in allem fall ein
vorl des höchslen alters, uozu auch noch das fr. gagnon, waignon,
canis zu halten ist.
FENNBEERE, f. vaccinium orycoccos, sumpfigem boden ent-
sprieszend. liesze sich in golh. fanjubasi übersetzen.
FENNE, n. lutum, palus, golh. fani, das sich zu ahd. fenni
rerhdlt vie kuni zu chunni, ags. fenn, engl, fcn, altn. fen,
fries. fenne morland, morweide (Richthofejj 733), heule noch
fi'lin und fenne (StObenbirg 52), nnl. vccn, bei Kii.ian besser
von, venne. übrig im fr. fange lutum {wie linge linteum,
linnen), urvervandl vielleicht gr. Tiiros. im gcnus schwankend,
sciton ahd. aus fenni in fenna f. weder mhd. noch in oberd.
Volkssprache aufzuweisen, doch in Ortsnamen fortdauernd (Fübste-
MANN 2, 483. 484). die namcn F;iriigold und Managold lassen
sich auf die eddische Fenia und Menia zielten, fanigolt ist der
im sumpf versenkte schätz {mythol. 498. 930)
FENNICH, m. panicum. s. fench.
FENNICHSEGGE, m. carex muricata,
FENSTER, n. feneslra, ahd. fönslar, mhd. vßnster, vinster,
bei NicLAS VON Wyle 277, 15 gesclirieben pfenster, Schweiz.
feister {wie alllat. festra), nnl. venster, altsp. hiniestra, it.
fenestra, fr. fenetre, welsch ffenestr, armer, prenestr, alban.
pendsercja, serb. pendscher, nach Vük ein türkisches wort, das
lateinische kann aber aus Italien unter Albanescr und Türken ge-
drungen sein, Seugriechen scheint es unbekannt, wäre es liefir
im Orient verbreitet, so gewänne es an Wichtigkeit für die deutung
von fenestra. ich führe heinach serbische stellen an.
1) an dieses lehnworts stelle halte aber unsere älteste spräche
die sinnlidie Umschreibung goth. augadaiirö {O'voiStov 2 Cor.
11,33, in» alten lest, wäre es oft vorgekommen), schwaches nculrum
wie augö, hairto, ahd. ougatorä, n. wie ougä, herzä, ags.
eägdurf, wie eägfi; denn das fenster üt einem äuge des hauses,
das aiige einem fenster des leibs ähnlich, daher auch die Slaven
unmittelbar von oko äuge ihr okno fenster bilden, aus welchem
okno sich das finn. akkuna, ikkuna, est. akken, läpp, ikkon
leitet, ein rundes daclifenster lieiszt uns Ochsenauge, fr. oeil
de boeuf, skr. gaväxa. der altn. name des fenslers aber lautet
>indauga, schw. vindöga, dän. vindue, engl, wiiidow, womit
sich wol das ir. uinneag berührt, auch das sp. ventana, skr.
vätäjana, vcnti via vergkichl; wie das licht dringen luß oder
icind durch die öfnung:
iura fenster da ziehen die winde hinaus,
sie kommeD durch alle die zimmer. Götbb 1,195.
man sehe auch das noch unaufgehellle andern 1, 310 nach, thür
d. i. öfnung drücken sich ebcnwol in O'v^is, neugr. nagad'vQi aus.
2) bezüge zwischen fensler und äuge erscheinen uns noch in
Zusammensetzungen und redensarlen : wenn finster werden die
gesiebt durch die fenster {vidg. lenebrescent videnles per
foramina). pred. Sal. 12, 3 ; ihr alte abenteurliche greifen ziehet
die fenster {augengldser) aus dem briilenfutter. FiscnART groszm.
16; aus dem fenster der augcn eines andern gucken = mit
dessen äugen sehen, pers. rosenih. 5,18; ans hohen fcnstern
schauen = stolze blicke werfen, vornehm thun; er hat ihm die
fenster eingeschlagen, colore licido oculos ejus pinxit. Stieler
401; ihm blaue fenster gemacht (2, 81); dem erblindeten fehlen
seine fenster, sind die fenster zerbrochen, verdunkelt, man
sehe unter 10 vCnster für vudere.
8) fenster bedeutet öfnung, lüdie, luke, das loch der wand,
durch welches tag einbricht, wodurch aus dem haus ins freie ge-
schaut wird: dem betticr ein almosen zum fenster iiinaus
reichen; sein geld zum fensler hinauswerfen, pecuniam jn-rdere.
mhd. im ist noch wirs dan d(n die gönt
nach porle aldii diu v<>n$ter slänt. Parz. 171,5;
dö luocht #r wider und vflr
und envant T#nsier noch tür,
di ^r üi möhte. tu. MIß;,
hie eie ein venster durch die want,
dt diirch raht tr die hant
und leii im üf ein br«t ein brät. 3305;
Jer lag bricht zu den fcnstern herein. Felsenburg 3, 45R. rs
heisil das fensler öfnen oder schlieszen, auf oder zu thun,
auf oder zu machen, auf oder zu schlagen :
mkd. wand» iii nArh nlner bete
ein veniitfr ob im üt tcit>. Iw. 1450;
diu Ttntter man ür warf te hant. H. t. Wiloom 24, IM;
«luoc d*t Ttniler tuo. GA. 3,217;
iu feniter steht auf oder offen :
der \tn*\rr oincj offen wa»
|eia d«m boumKirtca. Ptrs. 553,6;
nach vierzig lagen thel Noah das fenster auf an dem kästen
und liesz einen raben ausfliegen. lAfos. 8, 6; thu das fenster
auf gegen morgen. 2kön. 13, 17; denn die fenster in der hohe
sind aufgethan. Es. 24, 18 ; ob ich auch nicht des himmels
fenster aufiliun werde und segen herab schütten die fulle.
MaleachiZ, 10. denn man nahm an, dasx golt durch die fenster
des himmels rüederschaue, wie auch P. Diac. 1, 8 von Wodan
sagt: e regione, qua ille per fenestram orienlem versus erat
solitus aspicere; dem lieben gölte, der ja nicht blind ist,
sondern durch seine blawe fenster auf aller menschen kiiider
sihet. Jon. Wigandcs ob die newen Willenbcrger 1575, 6". Daniel
halte an seinem sommerhause offene fenster gegen Jerusalem
{vulg. fenestris apertis flexit genua contra Jerusalem). Dan.
6, 10. fenster sind bald hoch und weit, bald schmal und eng;
mhd. glänz und nilit ze timber
diu venster alle wären,
diu lieht dem hüse baren
von dem wunneciichen tage. (r. kr. 17509.
4) aus dem fenster schauen, im fenster liegen, am fenster
stehen, sich ins fenster legen, stellen gill zumal von sehnenden,
neugierigen, müszigen frauen, mhd. mit dem pl., wenn mchrcr$
ausschauen :
in dime vSnstere diu Junge kuninginne stuni,
schiere quam der hclit junc
over hof gegangen. Kotlu-r 21ii9;
dö sach diu juncfrowe her abe
von dem venster da si lach. En. 2(j7, 8;
nu höret wie sij ane vienc,
zu d6m venster si gienc. 287,14;
in d€m venster si lach,
also si gewone was,
si warte, wanne Enöas
zu quäme geriten. 301,2;
dö geneich ir EnSas
der märe und der riebe,
und sach vil fruntliche
gegen dem venster da si lach.
minnecliche sin ane sach
und eeneich ime wider
von dem venster hin nider. 305,29;
dö gesach dür helt halt,
Eneas der Tröjän
Lavinen zu dgm vfnster stän. 327,22;
ich hän vil gbende al min schouwen
115 venstern über beide, üf sträje und gein den liebten ouwen
gar verloren, er komet mir ze seilen. Tii. 117;
so gßn ich von dem vönster ... an die zinnen,
da warte ich Osten, westen. 118;
dö sach der künic stAn
oben in d€n venstern manic schirne meit. Nib. 377,3;
dö hie^ diu küniginne ü; d^n venstern gän
ir herliche meide, sin solden dn niht stein
den fremden an ze selienne. 3y2, 1 •
Kriemhill mit ir vrouwen in diu venster sag. 1807, 1 ;
Uote diu vil edele saz in d£n venstern lobeliche.
Gudr. 42,4;
si nam in sj^lbe mit der hant,
gein den vindcn an die want
säjense in diu venster wit. Parz. 24,2;
diu venster wunneba^re
diu wurden schoener wibe vol,
da von wart geluoget wol
dar geste vremde und unbckant. tr. kr. 7312;
nn was von juncvrouwen
umbe und umbc an dem sal
da; riebe palas über al
in den vSnstern besejjen. kröne 20362;
ein köstlichen palas fr d& sach,
d^s wfir, wol erbouwen,
dar üf wol lüsent vrouwen
an den venstern umbe sAsca
die ir ougon weide roAieu
b«r abe uf die beide
mit also maneger meide. 28411;
worunler doch meL<!t breite und tiefe fensler zur aussieht gemeint
sind, die dann in balkone, gaUerien, mhd. line {wb. 1, 964), ahd.
bliiiA, hlinAn übergehn.
nhd. die multer Sissera sähe zum fensler aus. rkhL 5, 2«; :
tuul da die lade des hcrin in die slad David kam, kucket
Michal die lochter Sauls durciis fcnslor. 2 Sam. 6, Iß; und
da Jchu gen Isreel kam und I>ebol das crfur, schminket .•«ii«
ir angesiciit und schmücket ir beiibt und kucket zum fen<iler
aus. 2 kön. 9,30; da nu die lade des bunds des bcrrn in
die slad David kam, sähe Michal die lochler Saul zum fenster
aus. 1 chron. 18, 2V ; und die jungfrawen, so sonst nicht unter
die leule giengen, liefen unter die thor und auf die mauren.
etliche lagen in den fenstern. 2 Macc 3, 19 ; $0 wird etwa
1521
FEN'STER
FENSTER — FENSTERB.OD
1522
die Spinnerin nnlnstig und nirapt die kunkel, schmitzt sie
hinder die thür und lüuft im hus unib und guckt denn zum
fenster hinusz. Keisersb. iüger 53* ; das ist nnverborgen, dasz
Phiiomena allzeit im fenster lieget, so wir des ballens sclilagen ;
es ritten drei reiter zum thore hinaus,
feinsliebcben das schaute zum fenster heraus.
wunderh. 1,3-18,
tro andere singen guckte; hierauf setzte sich Eibenstein zu
pferde und ritt fort, doch war er fünvitzig. ob ihm die baro-
nessin auch woi aus dem fenster nachsehen möchte, wes-
wegen er einen handschuh fallen liesz, damit er nur geiegen-
heit hätte sich mit dem pferde umzudrehn. mittlerzeit aber,
da sein diener abstieg und den handschuh aufhob, hatte er
noch die freude, dieselbe, welche sich fast mit halbem leibe
aus dem fenster gelegt hatte, zu erblicken, da er dann noch-
mals ein compliment üinaufmachte. irrg. der liebe s. 89; da
legte sich Gelanor mit ihm ins fenster und schwatzte bald
dies bald jenes mit ihm. Weise ersn. 182; als ich im fenster
ein frauenzimmer sitzen sah, das mir unter einem spitzen-
bäubchen gar jung und hübsch und unter einer seidnen
mantille sehr wol gebaut schien ... ich bückte wieder nach
dem frauenzimmerchen im fenster. GüirfE 24, 282 ;
0 schönes mädchen du,
die du ans fenster trittst. 2,90.
es gab aber für das ausgucken oder ausgutzen (l, 879) noch
allerhand lebendige redcnsarten und Umschreibungen ; von einer
guten hausfrau:
dies fenster nit hat stets am bals,
nit zeoliisch ist und bschoattert alls.
Job. Mathesu oeconomia. 2iürnb. 1561 A3;
und das gott einer die zum brunne gehet so bald ein man
bescheren kan, als wenn eine zum tanz oder wie Dina
spatzieren gehet, oder thfir und fenster stets am halse hat.
Sarepta 1562,271'; dann die schöne weiber und Jungfrauen
arbeiten nicht, gehen gern spazieren oder haben sonst den
ganzen tag das fenster am hals. Simpl. 3, 55 ; dies mensch
trägt das fenster den ganzen tag am halse. Stieler 401. man
sehe hernach fensterbeiszerin, rahmenfresserin, fensterrahm-
knaupler und fensferhenne. siail 'in das fenster treten' hiesz
es auch 'in das fenster fallen' (wie in das haus, 5p. 1279):
indem wir gewahr wurden, dasz, da wir den fusz in die
Stadt setzten, ein jeder in die fenster fiel und an die thür
trat, uns zu sehen, pol. maulaffe 131. die ins fenster tretenden
Kolten aber oft nicht ausscliauen, sondern sich ungestört beiscits
unterreden: wie der herr vater das hörete, stund er auf und
bat die gesellschaft um erlaubnis. dasz er nur ein paar worte
mit mir sprechen dürfte, darauf giengen wir an ein fenster
und entschlossen uns u. s. tr. ehe eines mannes s. 132. ein
spricfiKort lautet:
baust du ein haus,
so guckt ein ander nun fenster heraus,
der erbauende gelangt oft nicM zum genusz seines irerks.
5) der vogel fliegt zum fenster ein und aus, fliegt an, vor
das fenster, singt im fenster:
mkd. vil balde da? er vlöch
zuo dem renster inne. GA. 3,238;
nhd. auch rohrdommel und iegel werden wonen auf iren
thürmen und werden in den fenstern singen und die raben
auf den balken. Zephania 2, 14. giMinncn ersdieinen in rogel-
gestalt, stehen plötzlich ror dem fensler {mylh. 252. 302). falke,
nactitigall kommt geflogen, setzt sich ins fenster, singt botschaft:
STu notsch mi snko prepjeva
na milanovu pendscheru,
die ponze nacht durch singt mir der falke
an Milans (d. i. meinem) fenster. Vck 1,269;
dva slaviija prepjevasche
na pendscheru proschene djevoike,
zwei nachtigallen sangen
am fenster der braut. I, ASO;
liebe nachtigallen, schlaget
früh, oh früh vor meinem fenster I Göihb 2,100.
6) gefangne enlOiehen durchs fenster, diebe steigen ein
nnd aus: da liesz sie die zwen auf dem d.ich versiccklen
münner am seil durchs fenster ernider, denn ir haus war
an der stadmaure. Josua 2,15; wenn wir komen ins land
und du dies rote seil in das fensler knüpfst, damit du uns
ernider gelassen hast. 2. 18 ; der tod ist zu unsern fenslern
herein gefallen, kr. 9, 21 ; darumb ist der tod eingesliecen
durch die fenster meiner fünf sinn. Keisersberc pred. 64';
!n die heuser steigen und wie ein dieb zum fensler hinein
komen. Jvel 2. 9 ; und ich ward in einem korbe zum fenster
aus durch die maure nidergelassen und entran aus seinen
III.
henden. 2 Gor. 11,33. bei Ulrichs tos Lichtenstew unglüek-
liehen abenteuern ist der ausdruck 'lin' gebraucht (s. 344 — 47. 303.
364. 542), niemals venster.
7) glasfenster, dem aiterlhum unbekannt, haben sidi erst im
laufe der zeit eingeführt, früher behalf man sich mit gitter, auch
mit vorgespanntem linnen, wie noch heule rersdäedentlicli mit
papier. bemerkenswerth :
einhalp der kemenäten want
vil venster hete, da vor glas. Parz. 553,5;
diu venster wären schöne verglast. Ls. 2, 2f'.l.
vgl. AemacÄ fensterbret, fensterglas. vir sagen rom glasfenster:
das fenster läuft an, schwitzt, friert, bildet blumen von eis,
thaut auf. die fenster einschlagen, einwerfen (Garg. 50'), zer-
brechen geht viedcr auf ihre glasscheiben.
pfosten stürzen, fenster klirren. Schiller 7S'.
besser ein fenster aus als ein haus ein; fenster brechen
alle von selbst.
8) das sehif ist ein haus auf dem meer, also sldten ihm auch
fenster zu und an jedem verschlossenen gegenständ mag die an-
gebrachte öfnung luflloch (rentil) oder fenster heiszen : ein fenster
soltu dran {an dem kosten) machen, oben an einer eilen grosz.
1 Mos. 6, 16. in länwand, pappdeckel, dünnes bret, kuchen Verden
fenster geschnitten: snit obene ein venster darin, von guter
spise 18. öfnungen am ofen, am glasofen sind fenster. durch
innere wände und gänge des hauses gehn erhellende fenster.
am gehürgang unterscheidet man zicei fensler, fenestra rotunda
und semioraiis. auch für nasenloch kommt vor nasenfenster,
für schweiszloch schweiszfenster.
9) im mittelaller hieszen die schlitze des heims vor den äugen,
wodurch der ritter sehen und schauen muste, fr. visiere, fenster:
wan ich im nach dem willen min
da; sper da durch den heim sin
ob den venstern verre stach. Lichtksstei!« 219,31;
die zegel warn z« rehte lanc,
ir lenge unz üf die venster swanc,
diu wol mit valden was behuot. 452,2;
in den romanischen gedichlen steht dafür ventaille, j>ror. vei»-
talha, sp. ventalla (an ventana mahnend), die aber nicht nur
äugen, sondern auch mund deckte und den athem frei liesz.
durch den sciäld bohrten die spere der ritter iceite fenster:
Keie sine tjoste brähte,
als im der ougen nie; gedähte
durchs Waleis schilt ein veuster wit. Parz. 295,15;
der schilt was ouch verhouwen,
der tjoste venster was gesniten
mit der glävine wit. 506,4;
sin schilt verhouwen üf allen ort,
manic venster wit derdurch gebort
an der tjost mit giävinen scharf. Ludteig 4565.
10) die löcher, worin tauben nisten, heiszen fenster: wer sind
die welche fliegen wie die wölken und wie die tauben zu
iren fenstern? {rulg. qui ut nubes volant et quasi columbae
ad fenestras suas). Es. 60, 9, v^. fensterloch, für die flug-
löcher der bienen, die löcher des fuchses, dachses findet sich nie
fenster.
11) aus den fenstern des bimmels ergieszt sich regen, blähen
sie lange verschlossen, so schmachtet alles in dürre: das ist der
tag, da aufbrachen alle brünne der groszen tiefen und theten
sich auf die fensler des himels und kam ein regen auf erden
vierzig tag und vierzig neclit. 1 Mos. 7, tl ; und die brünne
der tiefen werden verstopfet sampt den fenstern des himels
und dem regen vom himel ward gewehret. 8,2; denn die
fenster in der höh sind aufgelhan und die grundfeste der
erde beben. Es. 24, S.
121 figürlich, ich habs verdeudscht also, alleine das ich
nicht ein fenster (eine lücke) müste im text lassen. LrmER
4,264'; ein leerer plcUz, den man im schreiben läszt, heiszt auch
fenster; da brach alsohald seine grausamkeit zu allen fenstern
{allen ecken, löchern) herein. Reineke prosa V26 ; etliche beiszcn
sich, wenns von ihnen anskompt, mit den achseln durch ein
hänfen fenster {erhängen sich). Kirchhof mit. di.<tc. 121.
s. dacbfenster, drahl fensler, gillerfenster, glasfenster, kam-
merfen-ler, kellcrfenster, kuhfenstcr, nasenfensler, Schaufen-
ster, slallfenster. ßr bodenfenster heiszt es bodenloch.
FENSTEn.\L'GE, n. nach fenster 1 ein plconasmus: gegen-
über sah den grafen das weisze scblosz mit den blitzcnd«n
fenstcraugen an. J. P. komet 3, 101.
FENSTER AI STRITT, tu. bakon. s. austritt.
FENSTERBAND, n. eisenstreif mit ose, woran das fenster
sidi dreht.
96
1523 FENSTERBANK — FENSTERIIAKE
FEiNSTERBANK, f. l) eriwhung am fettster, fcnsterlritt.
2) was fcnstcrbriistung.
FENSTEHBEHANG, iu. rchim fenesirae: alle die lieben
süszen spiele meiner kindheit scliliipflen liinter den schweren,
wollenen fenslerbehängcn hervor. TuUmmel 4, 428.
FENSTER BEISZERLN, f. von einer müsziijijäuqerin oder biih-
lerin, die den ganzen lag im fenster lieijl, gehildcl uie biich-
beiszer (2,4691, der immer das buch in der hand hat, oder wie
fadenbciszer (oben sp. 1234): wer sie bekoiiinit, dem wäre
liesser er bekäme was anders, denn sie, so zu reden, vor
fnulheit stinket, sie ist eine rahmcnfresserin und fensler-
beiszerin. die entlarvte böse siebene. 1723 s. 20. s. fensler 4
und fenstcrhenne.
FEN'STERBEKLEIDUNG, f. schmale bretsireifcn und leisten,
womit die fensicrüfnung besetzt wird.
FE.NSTEBBESCI1LAG, m. munimentum fenestrae, eisen und
mcssingslücke am fensler.
FENSTERBIER, n. das fest beim fenslereinsctzen des neuen
hauses. in I^iedersachsen.
FENSTERBLEI, n. plumbum orbiculis vüreis firmandis, biet,
worin die glasscheiben eingefügt sind. Bbockes 1,282. 2,300;
den gar kleinen Zwerglein aber, die man backofentrcscher
zu nennen pflegt (l, lor.s), weisz ich kein ander mittel, als
dasz sie sich von neuem umgieszen und wie das fenslerblei
durchrollen und ziehen lassen. Simpl. K. 1045.
FENSTERBOGE, wi. fenestra arcuala, bogenfenstcr :
dort wars, wo er zwei stock hocli niederstürzte
als er im fensterbogen eingeschlummert. Scuiller 388\
FENSTERBRET, n. 1) das brct der fensteibrnstung :
wä vensterbret und glas dar für? Ilätzlerin 43'.
2) schmales bret oben am fenster zur befestigung des Vorhangs.
3) blumenbret vor dem fensler.
' 4) sdimales biet, Werkzeug der maurer, beim setzen der fenster.
FENSTER RRÜSTUNG, f gleichsam lorica fenestrae.
FENSTERCHEN, n. fenestclla, fensterlein : war nur ein fenster-
chen, wodurch du in mein herz sehen könntest!
FENSTERDECKE, f. fenslervorhang :
schon sah der hohe tag in Damis stilles zimmer,
wo er gemächlich schlief, nur furchtsam fiel der Schimmer
durch dunkle fensterdecken. Dusch vcrm. werke 126.
FENSTERECHT, fenestralus, ]xrtusus, lücherichl : schurae die
wirz mit einer vensterehten schiijjeln, da der scluime inne
blibe, und niht die wirz. von guter speise 6 = Haupt 5, 12.
FENSTERECKE, f angulus fenestrae: ein abbe, der bisher
mitten in dem allgemeinen lärm in einer fensterecke ge-
schnarcht hatte. TnCHMEt. 2, 159.
FENSTEREINFASSUNG, f fenslerbekleidung.
FENSTEREIS, n. eis das sich den fenslerscheiben ansetzt:
dann krystallisierten sich ihre vergangnen blumen noch ein-
mal im fenstereis ihres jetzigen winters. J. P. Ilesp. 2, 167.
FENSTEREISEN, «. fensterstdbe, cisengitlcr vor dejn fenster:
ich sach ze einem venstcr in,
da von het dr des tages schin,
daj was veriset also vast. Ls. 2,238.
FENSTERFACH, n.
FENSTKRFELI), ».
FENSTER FLIEGE, f. musca fencslralis.
FENSTERFLÜGEL, m. valva fenesirae.
FENSTERFÖRMIG, fenestralus.
FE.\STERFITTER, «. innere fenslerbekleidung, worin die flügcl
täten.
FENSTER GELD, n. abgäbe auf fensler, fenslersicuer.
FENSTERGERÜSTE, n. jugamentum fenestrae. Stieler 1646.
FENSTERGESTELLE, n. dasselbe.
FENSTERGEWÄNDE, n. die beiden langen seilen der fenster-
btUadung.
FENSTERGIEBEL, m. duszere Verzierung des obern fensters.
FENSTERGITTER, n. calalhri fenestrarum, die gegen einbruch
tichem:
DUD brach man ichnell, trotz smrm und grau«,
entzwei dai renslcrgitter. .SiEPUAniE äesj. sinijfpiele 1792 (. 179.
FENSTERGLAS, n. vUrum fentttrale, mhd. aber blosz fenestra :
wand <r (der ionnen*cl}ein) d#n (teliehen zwrin
durch ein T<atterglai «chein. trclt :>UI):i.
nU. fcDsterglas ins äuge kneifen. Frevtag toll und haben
FE.NSTERHAKE, m. worin der fentUrflkyel lidngl.
FENSTERIIASPE— FENSTERLOCH 1524
FENSTERHASI'E. f dasselbe.
FE.NSTEIUIKNNE, f. uugefnhr was fenslerbeiszerin :
mltd. 'herre, wie aht ir die? *
vruiner knelit, ich sag dir wie.
die selben ich dir nenne
nach einer vensterhenne,
diu kriselt von ir man
nach einem andern han.
also luogel sie dan. Helblisg 1,1338.
FENSTERHÖLE, f
in den öden fenstcrhölen
wohnt das grauen. Sciullkr 7S'.
FENSTERICIIT, fenestralus, wie fensterecht : eine fenstei i( hie
Ihür, jwrta fencstralis, thür worin ein fenster, ein glas angvbvmUt
ist; die stube ist vielfcnslericht, hol viel fcnslcr. Stieleii loi.
Iieute vielfensterig.
FENSTERK.Ü'ER, m. dcrmaUes fenestralh.
FENSTERKETTEL, f. catenula feiwstralis, zum anhängen der
fensterflügel oder fcnstcrladcn.
FENSTERKISSEN, n. pulrinar fenestrarum.
FENSTERKITT, m. zur fcstigung des glases.
FENSTERKLÜPPE, f ein wcikzcug der Schlosser.
FENSTERKORB, «i. eiscngillcr vor dem fenster.
FE.NSTERKRELZ, n. kreuzförmige holzslücke im fenslcrralimen
FENSTERLADE, f vulvae:
als euch, lang im wolkcnflnr verborgen,
durch der feiistcriade herz der morgen
schwach erhellt des stiihcheiis raimi.
SCIIMIIIT VON WF.RNElICnEt« 170,
man schneidet ein herz in die lade, wodurch der tag briclit.
FENSTERLADEN, m. foriculae fenestrarum:
macht alle fcnsterladen
den andern göttern auf und führet sie herbei. Opitz 1,91;
himmel! was? am feusterladen
auf der liiule ast am haus
stand ein geist, weisz wie Soldaten. Ki>d gedickte.
FENSTERLEHNE, f was fensterbrüstung, mhd. diu lin.
FENSTERLEIN, n. fenestella:
mhd. zer fossiurc oben inne,
da wären kleiniu veiistcrlin
durch daj lieht gehouwen in. Trist. 420,11;
ein tougenlichej vensterlin. 438,1;
und vant euch er ein vCnslerlin. 439,23;
dö sach ich da^ diu vrouwe min
saj an einem vensterlin,
da si min luite genomen war. minnetehre 2224;
er wart ein kleine^ vogelin
und vloug üf daj vensterlin. (iA. 3,217;
s6 get si dort her zuo zeinem vensierline
und silit mich an reht als der suniie schine. MSU. 1,127';
nhd. und es waren enge fenslerlin an den gemachen und
crkern. Ez. 40, 16.
FENSTERLEN, fenestrare, von frauenzierat : uf irem houble
trug sie ein krönen, die was gefcnstcrlet als ein rouchfasz.
Oberlin 385. s. feustern 1.
FENSTERLICHT, n. ein über Ihüren oder thorwegen arnje-
brachtes fenster.
FENSTERLIED, n. operculum fenesirae, gebildet wie augeu-
lied, kanncnlied:
hör ich meinen liebsten nicht?
hat er sich doch schon allliier
hinter unsre wand begelinn,
sieht durchs fensterlied herPür,
durch das gitter schaut mein leben.
Opitz hohes licd 1627 s. 8. gvJ. 3, 12.
Stieler 670. 1121.
FENSTERLN, s. fenslcrlen und fcnslem.
FENSTERLOCH, n. foramen, fenestra: fenslerloch, item
fensterglas, sclieih oder raut, specularc, s/wcnlarium. Serrams
.tj/Hon. 07' ; damit die in den sieineni palatien für den fliehen-
den brand sicher sind, haben sie gar kleine fenstcrliicher.
pers. reiseb. 3,1; der kdnig führete uns auf einen thiirni,
welcher inwendig rings heruinb voller ausgemauerter taubeii-
löcher, worinnon über tausend stück nisteten, jeglichem
wurde ein stecken in die hand gegeben, damit stellete sich
der kiinig und wir auf den iimbgang des tiitirms für die
fensteriftcher, unsere trompeler ninsten lerm blasen, da flogen
etliche hundert heraus. \s eiche meist erschlagen winden.
4,4; Rodoniont von und auf Fensterlorb. GütPUiiis l, s:i:i ;
zimmer, worein er nie durch ein gätler oder Iflnslerluctt
gegucket. Rumi'LER s. 0;
lege dort an« fonitterloeh
deiu schneckenrundo« uhr. Lbvcouoh 31 {
1 525 FENSTERLOS — FENSTERSCHEIBE
FENSTERS CIIERBE — FENSTERZWICKEL 1526
natürlich, dasz ich mich nach jenen schönen thaten
so gut ivie ihr durchs fensterioch emprahl. Borger HO*.
FENSTERLOS, expers fenesirarum : ein fensterloser stall.
TniMMEL 3, 453.
FENSTERLOSER, m. qm aures ad fenestram arrigil, lauscher:
du xututler, Verräter und Tensterloser. fasln. 89,9.
FENSTERMACHER, m. feneslrarius, rUriarius faber, glaser.
FENSTERMAIER, f. vorin fensler sieben.
FENSTERN, fenestrare l) fenestris ornare, das haus ist noch
nicht gefenstert ;
mhd. gevenstert und gewelbet was
UDib unde umb ein palas. kröne 20131;
nhd. do sicir das alley het ergangen
und nun die sun mit liebten strängen
durch nianig löchlein zu mir gleustert,
die in den wenten warn gefenstert. fastn. 1301;
figürlich, wer weite von groszen herm foderen, das ire brüst
gegen einem iglichen gefenstert sei und ein idweder ihres
herzens meinung gleich lesen könne? Bctscbkt Palm. 458.
s. befenstern, durchfenstern.
2) nachls vor des mädchens fenster gehen, singen und zu ihm
einsteigen, Kofür eine menge andrer namen bekannt und mit
uralten gebrauchen verwachsen ist: brcnteln, chilt gehen, fugen,
gassei gehen, mentschem, schnurren, schwammen:
ich ging für meins puln venster singen, fasln. 611,4;
erstlich da ich was brewtgam worden,
da fenstert ich schier alle nacht. II. Sachs I, 4'5';
da heim mein Jansel hat grosz acht
und mir schier fenstert alle nacht,
und juchzet das {dasz es) im dorf erhal. 1,508';
das er mit Maier Elsen redt,
der ir zu nacht gefenstert bei. 1,531';
zu nacht die pawrenknecht erst fenstero. IL 4,2';
naszkalt baucht im october der west. auch warmes gewand
durch
wehet er bis auf die haut, nur Jünglinge wagen zu fenstem
dann mit abendmusik und der sturmverachtende Weidmann.
Luise n. /. h. ISO.
der kilt oder chiltgang ist schweizerisch, das fugen schwäbisch,
das fensterin, fenstern tirolisch, steierisch, bairisch, das brenteln
kdrnlnerisch, doch fenstern am allgemeinsten bekannt {auch auf
der insel Fehmem, nach Schütze 1, 317, finstern). böhm. gjli
na zebräckau noc, nachtschwärmen.
3) scinlillare, wie fenster glitzern:
ein weiblein, dem die äugen fenstern,
recht als die sunne tut her glenstern,
die nem ich für mein nachtraal heint,
und wer mau mir ein jar darumb feint, fasln. 265, 2,
4) fenstern, ausfenstern, schellen, vgl. abfenstern, vom fensler
her sdielten, abireisen.
FENSTERNAGEL, m. kleiner nagel zum einschlagen in die
fensler.
FENSTERÖFNUNG, f.
FENSTERPFEILER, m.
FENSTERPFOSTE, m.
unter deinem fensterpfostcn
sei mein stand und sei mein posten. Platkt» 81*.
FENSTERPOLSTER, n. fcnsterkissen : vorgebogen über das
fenslerpolster. Thcsjmel 5, 426.
FENSTERQLASTE, m. f. am fenstervorhang.
FENSTERRAHM, m. margo lignetis fenestrae:
da schlichen sie und lauschten
wol an des Sängers fensterrahra.
SiEGFR. Schmidt im m. a. 1798 *. 30.
FENSTERRAHMKNAUPLER, m. was fensterbeiszcrin. böse
frau I6S3 «.112.
FE\.STERRALTE, f. viereckige fensterscheibe.
FENSTERRECHT, n. servitus fenesirarum, berechtigtmg fenster
in einer wand zu setzen, die auf des nachbars haus gehen.
FENSTERREIBERLELN, n. obex feneslralis. Stieler 1580,
veil der geschobne riegcl reibt, ein lebendiges wort.
FENSTERREIHE, f lanqe folge von fenstem an einem haus.
FKNSTFHIilEGEL. m. obex feneslralis.
FENSTE15SCHEIBE, f. orbis vüreus: der hagel schlug an
die fensterscheiben und zerbrach ihrer eine menge; sie (die
bergleule in der grübe) haben sich eine tcrminologie gemacht,
um zehn grade der bauwürdigkcit zu unterscheiden, es sind
folgende: 1. mauseöhrchen. 2. 3 er. 3. C pf. 4. 1 gl. 5. 2 gl.
0. 4 gl. 7. 8 gl. 8. 9 gl. 9, specieslhalcr. lo. fensterscheibe.
GöTue 51, IIS;
nachts ni schwitzen wie die fensterscheiben.
ScHaiDT vo:t Ws«:«ecchs:< 144;
sobald der moud auf weisze wände
die runden fensterscheiben mahlt. Jacobi.
fensterscheibe heiszt auch eine dünne, durchsichtige muschd,
anomia clacenla, fr. transparente.
FENSTERSCHERBE, f blumeniopf vor dem fensler.
FENSTERSCHIRM, m.
FENSTERSCHLAG, m. obex, operculum fenestrae:
der äugen schlaffe lieder,
des leibes fensterschläge. Brocees 3,670;
es war in keinem haus im flecken ein fensterschlag herab-
gelassen, daher schien alles öd und leer, s, 342.
FENSTERSCHMIEGE, f. schräger winket inwendig am fenster.
FENSTERSCHWALRE, f. hirundo urbica, die ihr nesl ober-
halb des fenslers baut, hausschwalbe.
FENSTERSCHUEISZ, m. der sich den fensterscheiben anlegt.
FENSTERSCHWENKE, m. fcnslerwitikel. die spinne sa^:
des'bleib ich ungeirret henken
vor einem dunklen fenstersehwenken
von muckendrecken überzogen. H. Sachs 1,483*.
FENSTERSEITE, /. wand des Hauses oder sales, worin sieh
die fensler finden : zu seiner {des schuUheiszen) linken bis gegen
die fensterscite saszen nunmehr die herren der zweiten bank.
GöTllE 24. 26.
FENSTERSEULE, f cdumna feneslralis.
FENSTERSPIEGEL, m. zwischen den fenstem.
FENSTERSPIN.NE, /". aranea domestica, die im vitJiel des
fenslers ihr nelz wcbl, vgl. fensterschwenke.
FENSTER SPROSSE, m. was das folgende worl.
FENSTER.STAB, m. baciilum feneslrale: chromatischer Prü-
fungen eingedenk halte ich das wunderei vor die äugen ge-
nommen, um die horizontalen fensterstäbe dadurch zu be-
trachten. GöTHE 31, 234.
FENSTERSTEIN, m. mhd.
durch die Tenstersteine
erglasten in die helme. Gudr. 1396, 3.
FENSTERSTELTR, f. vecligal in fenestrae impositum.
FENSTERSTOCK, ni. das starke holzslück, der lothrechte balke
im fensterrahmen : so müsser sich an seinen triefenden fenster-
stock setzen und den bettel ersinnen. J. P. uns. löge 3,131;
inzwischen konnter jetzt nicht am fensterstocke bleiben,
durch ströme und wälder und Aber berge zu schweifen ver-
langte die frische natur. Tit. 2, 219.
FENSTERSTÜRMER, m. der die fenslersrh^ben einwirft: des
andern tages lasset er diese fensterstürmer für den recforem
magnificum eitleren. Br.wdts bericht von Tauhmann s. 43.
FENSTERSTURZ, m. die obere, schmale seile des fenslers.
FENSTERTAFEL, f. fensterscheibe: die mädchcn und ge-
wisse herren finden in jeder sache einen spiegel, in jeder
fenstertafel. vor der sie vorübergehen. J. P. paling. 2, 32.
FENSTERTIEFE, f. wie fensterverliefung : wie sie mich
sonst in dem garten anrief oder auf dem feldc bei seile
winkte, wenn sie mir etwas besonderes zu sagen hatte, so
that sie auch hier, indem sie mich in eine fenstertiefe zog.
GöTHE 26.36.
FENSTERTRITT, m. erhühung, bank vor dem fensler, um
leichter auszuschauen. *
FENSTEKVERDACHÜNG, f. dach über einem fensler.
FE.NSTERVERTIEFUNG, f. die breite der inneren mauer am
fensler, in welche sich sprechende abseits stellen: Lothario hatte
bisher in einer fensterverliefung gestanden. Götde 2o, 303.
FENSTERVORHANG, m. jedes putzstück, besonders die art
es anzulegen, die eile und weile dabei, ist ein durchsich-
tiger fenstervorhang oder Jalousiefenster des inncrn der fraa.
J. P. komet 3,119.
FENSTERWAND, f. paries feneslralis, fensterseUe.
FENSTERWEIT, latissime, wie man sagt angelweit, thünveit :
mhd. er kan zur tjoste die schilte
und darzu helme vensterwit entrennen. Albr. Tit. 1341.
nhd. fensterweit. Stieler 2490.
FENSTERWERK, n. opus feneslrale.
FENSTERWIRBEL, m. pessulus, reriicillus fenestrae, lölm.
obrtel. russ. zaverlka.
FENSTERZWICKEL, m., cuneoli inier rolulas vilriarias inler-
jecli. Stieier 2fiGl, das dreieckige glas zteisclien rundfn fensta-
schciben, scheibenzKickei,
96 ♦
1527
FENTCHEN — FERCH
PERCH— FERCHGESELl
1528
FENTCHEN, n. j. fiintchen; ein junges fentchen, von fanf,
la/fe. Herhes Soph. reise 4, 375. ein junger fent, levis, incon-
sidcralus juvenis. Stieier 4C0.
FENTE? nihä. vende. zu dem, was sp. 1318 unter fant vor-
getragen wurde, stimmt der spätere p/. fenten:
die fenten sind noch unerzogene. Fiuoor WUlekinden B4'.
fendo des scliachspiels kommt noch im 16 jh. vor, z. b. ich
solle den besten fenden in disem spiel ziehen. Wiksung
CaiUitus 3, 3.
FENZ, FENZE, s. sp. 1320.
FENZIG, sp. 1321, lünzig, artig, schmuck, wozu noch einige belege :
zeuch mich doch gar fenzig von leib,
dos mich hat grawsam lieb «las weih. H. Sachs II. 4,30';
•a ihr glaubts nicht, wie er {der schnridcr) den fenzigen huren
so schöne klcider machen können. Simpl. K. 226 nach DGK.
FER, procul, ganz das ahd. für (Graff 3, 656), alts. für, ags.
feor, engl, far, nach der geuohnheit rr im auslaul zu verein-
fachen, wie z. b. ahd. far taurus, gen. fan-es, für farr geschrieben
wird, alts. setzt die Bamb. hs. fer, die cotlon. ferr. tnhd. ver
anstatt vgrre ist nicht überliefert, wäre jedoch möglich, gewöhn-
lich steht auch nhd. ferr, wie an seiner stelle belegt werden soll,
wo von der würzet zu reden ist. dem ahd. was nalles för fon
in. Mallh. 8 gleicht also noch das nhd. nahent und fer. kriegb.
des fr. 24; fer und nah. Pelr.lH'; nit ver, non lange. Dasyp.
13' ausnahmsweise, da er sonst ferr schreibt; ir seid zu fer, sie
seind als fer von mir. Aimon nlV; als fer er mir mein
land mit friede wil lassen, ml'; so fer Lniherus {so weit
Luther). Milich sclirapleufel R2'. in der Schiveiz scheint man
es zu dehnen, denn Stalder 1,362 schreibt 'feer'. Türler ISO'
'fera, fehra' und Grob in den ausreden der schützen (Haupt
3, 265) 'nach und auch fchr' : gwehr, mehr, aas von dem verr
bei Frisiüs und Maaler abslicht, doch reimt ebenfalls Spee
fehrrheer; und Dedekind im miles 2,3:
du aber sei von mir nicht fehr,
ich wil dich nicht betrüben mehr;
für dich so setz ich gut und er,
und solt ich mit dir ziehen,
kein weg war mir zu fer. Uuland 134.
Lehmann überliefert den spruch: 'fehr hat nicht ehr', auch
der comp, ferer ist zu lesen in Chmels Maximilian s. 293. 295.
Luther gebraucht weder fer noch ferr, sondern allenthalben fern.
FEHBE.N = färben sp. 1325. hier noch ein paar stellen:
aber die narrheit dut uns ferben. Brawt 85,22;
ich soll es doch ein wenig ferben
und nit mit eichen rinden gerben. 104,52;
ich hör auch an der schelmen rott,
dnj ich kan thun ein gferbten spott. Mur:»kr schelmenz. 11';
djeselbig lieb ist die gcfcrbt
und wird der glaub dodurch verderbt. Ackermahn Tobias A4;
vom lautern und geferbtem oder vermengtem kupfer. Mathe-
8ICS 75*.
FERBER, m. ßafevs Ai.b. dict. ; am wege beim ackcr des
ferbers. £$. 7, 3 ; und seine kleider wurden helle und seer
weisz wie der schnee, das sie kein ferber auf erden kan so
weisz machen. Marc. 9, 3.
FERBESBEERE, FERRESBEERE, f. für berbisbeere, 6er-
beris vulgaris.
FERCH, n. quercus, der einzige Stalder 1, 303 hat fcrch
eichenholz und mahnt an quercu«, gleich nah liegt ir. darach,
nach dem öfteren Wechsel zwischen f und d. Fbisiüs «nd Maaler
kennen das wort nicht. Nemmch hat unter quercus die composita
vereichfi, viereicbe, verkeleiche, raasteiche, was vicllciclu enl-
sleilunifen des echten ausdrucks. wichtiger stimmen bei Graff
1, 127 die formen vereheih, weriheih und aus Rotiiars gi:setzen:
roborem aul quercum, quod est fereha, siclwr fcreha und
wol f. vgl. foraha, fi.lirc, pinns. bei Sveinbjörn 179' fjorr,
Ijörr, arboris genus, pl. fjorvar, fjürvar, viri, homines, sonst
firar, wie mdnner oft nach bäumen heisien, was dem ahd. flrahl
tiominrx. firaliiin hominilins ganz eutsprictU. inüylich auch ein
Zusammenhang mit dem folgenden.
FERCH, n. 1) vila, sanguit. ahd. alts. fi'rah, anima, vita, ags.
feorh, aitn. fiOr, dat. fiörvi. t'f^. färbe .<p. 1324, 9. könnte das
k. fuil sanguii in hclraclU kommen? besonders zu merken alid.
i\ r<>rehe «man *tah. 0. IV. 33,27;
want tr ward thA giwAro giwuntöt fliu «uftro,
zl f«r<.h« gimochnti. V. 11,20;
mhd. dA «luogpn die vil niiutdpn vil mnti<<ffi>n »winden iilac
durch Ji« >c!l<;u ringe vait uuz (if Jat venli Sil, jii:,:i
d6s riehen T^rramfires hant
iraj leben üjem vtrlie sneit. Wh. 413,21;
ir verch und ir gcbeine
dar inne (im sarcstein) lit. 357,26;
Alitschanz muos immer s;plio sin,
sit (T sd manec bluot begd;,
das "S ir reinem verhe (löj,
die vor gote sint genesen. 420,8;
von ir vSrhe enphienc den zol
dennoch manec gctoufler soldier. 444,6;
die de Wirtschaft da besäjen,
den was almeislic läjen
zßr ädr od sus zcm vörhe. 449,3;
si künden; anders rüeren
mit den ecken, die da; werten
und üf ir verch so zerten,
des (= da; 6s) nu ir sSIc sinl vil lieht. 450,28;
in dimc namn
was min vfrch, min habe geveilet. 456,3;
ein samenunge, diu nu h,^t
unser verch hie niht gespart. 457,23.
andere stellen mehr mhd. wb. 3, 302. 303. ferch scheint bald mit
blut zusammenzufallen, bald sich davon zu unterscheiden, es hiesz
zur ader oder zum fercbe lassen und das blut flieszt aus dtui
ferch. nhd,
und warf mich herab über zwcrch,
das es mir gieng durcli mark und ferch.
Herk. von SACHSE?(HEia mdrtn 7;
das blut, die spermas und das ferch, oder wie es etzliche
nennen das leben. Tiicrneisser prob, der harnen 28 ; welche
wunden in die maus gestochen werden, und das leben ist
am selben ort, welchs das ferch heiszt, ist auch zum tod.
Paracelsüs chir. sehr. 6'; was allein fleisch trift , ist ohn
schaden, es were dann dasz das fercht {so, l. fcrch), leben
oder maus darin were, als dann mag es zum tod gehn, in
ein iiilinii oder in ein ander sorg. 3 ; die ander art ist auch
ein hüpfen und vippern, zittern und beben der augenliede.
solches widerfert manchem allein an einem äuge, manchem
auch an allen liedern, etzlichen werels für und für, elzÜchen
nur zu Zeiten, und solches nennen die gemeinen leute das
fcrch, bei den gelerten aber heiszt es TtaXfiös, palpitatio
Bartisch 176. in diesem vibrieren, pulsieren zuckt die lebens-
kraft. Stieler 469 schreibt: ferch scintillalio oculorum, pal-
pitatio palpebrarum et musculorum. quod appellant 'das leben",
sed ferch quoque est diaphragma, beides nach Hemsch 1069,38,
diaphragma ah 'herzblalt', lebenssilz gedacht, lirol. ist fcrch
rothe rühr, hlutflusz. Frommann 5, 229. s. hernach ferchwimde.
2) auch bei den bergleuten scheint ferch erzadern, oder eine
aus ihnen dunstende kraft anzuzeigen, ich finde es weder het
ScHEUCHENSTUEL noch GÄTzscHMANN, aber in der ungcdrucklen
einleitung des Dan. von Czepko zum heil, dreieck: er führet
den aufdunstenden ferch {also m.) durch die härtesten felsen,
zeitigt das erz in den ädern, nach Aüellnc ist der ferch ein
dunst aus flüchtigem schwefel und sah, der .tiVA zuweilen in dem
bergwcrk entwickelt, allmdlich hat sich das wort übtrhaupt für 1
und 2 01(5 dem gebrauch verloren, Luther kennt es nicht mehr.
3) der ferch für pferch, koth der thiere in den schafttürden
auf dem felde gehört nicht hierher.
FEr»CHB.\N, «i. mors, alid. fCrahpano:
vaste durch den vfirchpan. Rot. 177,26.
FERCHBLUT, n. sanguis:
da; im da ze d^n örcn
da; v«rchbluot ü; spranc. not. 158,30.
FERCHFEIND, m. inimicus cajntalis,
mhd. dil d^r chunic himelisk
d^n siiien fiirechviant
mit sigenunfie uberwant. Die^ir 271,28;
unser hörrc Ihesus Cristus di'r was di's tuvils vörchvlcul.
Levser 101, 35 ; nhd. du must in mit dir lossen gon. aber er
ist diu ferchviend, was du wilt, so wil er ein anders. Kei-
SERSBERC büger 131'; het ich einen ferchveind, ich wolt iins
nit wünschen, parad. der seien 226*.
FERCHFREL'NÜ, m. blutsfreund, aus dem vorhergehenden und
den folgenden mit sicherheil zu schlieszen.
FERCHGENOSZ, m. consanguineus :
wan Ich bin «in v^rchgenAz,
diu Innt «In kleine oder gfi^;,
Ich eigne glichei« (eilen. liALTADt 451.
FKRl'FIGESFLL. m. suciu% sani/idne jnndus:
d» vant Ich «rl»eii oh einer irliiel
sivbi II verchgejcllen guei. K(i.lkr ert. G^«, 19.
1529
FERCHGRIM5I — FERGELN
FERGExN — FERKEL
1530
FERCHGRIMM, crudelis, iceldies uHe crudus mit cruor ver-
wandt ist:
dö vrumte «r inme hüse diu verchgrimmen sÄr. Nib. 2902, 2.
FERCHLOS, exsanguis, blutlos^ bleich.
da viel verchlös
der Til mortgire man. Rol. 163, 3.
FERCHMÄG, ffl. consanguineus :
der was des Prinzen verichmäg. Oitocar IS*.
FERCHMASE, f. macula sangiiinea:
wan wie reich und edel sie was,
so het ein verichmäs
irn leunt verschrenzt
und Ir wirdichait engenzt. Ottocar lOS'.
FERCHTIEF, bis aufs leben dringend, todeswunde:
e; eumohte nieman scheiden, des sacb man vliejen da da;
bluot
von verchtiefen wunden, der wart da vil geslagen.
Mb. 2UT1, 1;
wa; {r da schoener frouwen von ir friunden schiet,
mit verchtiefen wunden in den herten striten. Guar. 1352,3;
wan ?r anders niht ensach
wan manigen vliejenden bach
dSr verchtiefen wunden, klage 625 Holzm.
FERCHWUND, morlifere vulneraius:
man bringet der gesunden fünf hundert oder ba;
und der verchwunden, wi??et, froiiwe, daj,
wol ahzec röte bare her in unser lant. JVifc. 238,2;
dö sprach der verchwunde. 930,1; 933,2; 937,1.
FERCHWUNDE, f. vulnus letale: umbe bluolruns, die dne
verchwunden geschehent. Schicabensp. Schilt. 79,4;
ist da; ich also s%lec bin,
da; er niht verchwunden hat,
so mag es alles werden rät. Trist 237,18;
under seinen danch
ward er überwunden
mit solcher verichwunden
davon er doch verdarib,
in der vanchnus er starib. Ottocar 530*;
wer ein messer gewinnet und einen wundet, dem sol man
ein band abhouwen. ist es auch ein verchwunde oder dötet
einen, über den sol man richten nach rechte. Sigismunds
feldlugerordn. bei Datt ICl ; darnach ward der ungetreue auf
freien platz gefurt, die passer (schergen) waren daselbst be-
stellt und mit den war verlassen, sie sollen im vil vörch-
v^unden schlagen, ehe sie in geköpften, chron. bei H\hx
monum. 2, 730 ; wa? nu vörchwunden sei, daj la; wir euch
wijjen, daj ist in dem waden underhalb des ehnies und ist
ein den maus oberhalb des engelpogen (/. enkelpogen) und
ist ein (in) dem ruckepralen, also das man im lungel und
Jeher sieht, und ist, ob er wunt wirt vor an den pauch,
daj im daj gewaide au; gel, oder durch daj haupt, da; im
die hierenschal durchel wirt, da; hai;et alle; vörchwunden.
recbtb. von 1332 bei Weste>rieder 7, 27 und Scbä. 1, 559.
FERGE, m. rcmex, porlitor, schon sp. 1332 unter farge auf-
gestellt, tcüzu hier nachgetragen wird: und licsz sich begnügen
an demselben wein und prot, an dem die vergen und ander
knecht sich genügen lieszen. Müglein 5S'; kaufleute, hen-
deler, fergen. Ez. 27, 27 ; er het kein gelt, den fergen zu
Lezalen. Münster 1152;
ein lischer und ein ferg(e),
ein biittel und ein scherg(e),
ein klimmer und ein Steiger,
ein liedler und ein geiger u.s. w.
ein ochs und ein rind,
sind all gschwisterkind. Philahder 1,465;
andere pilger, die gelt hatten . . . saszen zu schif und lieszen
sich den see hinauf führen, dahingegen muste ich durch
umweg zu fusz fort tanzen, keiner andern Ursachen halber,
als weil ich den fergen nicht zu bezahlen vermochte. Simpl.
S. 905; oß bei neueren dichtem im reim auf berge,
war ich ein kecker fergc auf üris grünem see.
üiila:<ds ged. 471.
nach P. vos Stette!» s. 4 hiesz auch ferge, der die berecbtigung
hat in dem fUchwasser zu fischen, im weakürzer 17* slelU meiir-
mals pferch für ferg, ferge geschrieben.
FERGELD, n. was fahrgeld sp. 1259, bei Serranüs syn. 67*
ferggelt, geld für den fergen :
was warst du doch so args gesint,
dn.sz du woltst geben das fergelt nicht
dem Charon, wie er hat bericht? Schade sal. 1,107.
FERGELN, an etwas hin und her fahren, reiben, fegen, wetzen,
ein bairiKhes wort, an einem fergeln, nicht ablassen ihn mit
hüten, fragen, anreizungen lu belästigen. Schmeller 1, 562. wie
sonst an einem nergeln.
FERGEN, es gibt ein ahd. genug erscheinendes fergftn, welches
petere, poscere, exigere ausdrückt (Graff 3, 6S1) und füglich dem
lat. precari verglichen werden dürfte; zu ihm stimmt nnl. vergen
exigere, nd. fargen (brem. wb. 1, 352). ein o/in. fergja hat die
stärkere bedeutung premere, comprimere. mhd. nicIUs ähnliches,
nhd. aber in der Schweiz und in Scliwaben ein den bucitstaben
nach scheinbar entsprechendes fergen, ferggen, fergken, ferken,
convehere, expedire, schleppen, fortscltaffen, tragen, bringen. Frisils
327'. 513'.', Maaler 134".', StALDER 1,364. ScHMiD 190: lieber
fergk mich darvon das ich gange, expedias me hinc te rogo;
ein ding schnall ab statt fergken, rem in pauca confeire; die
holten auf den vsäg fergken, extrudere tabellarios ; ein zeug
über meer fergken, copias transportare ; einen ab der weit
fergken, einen aus der weit schaffen, umbringen; fergken, es
sei auf der ax oder zu wasser, convehere;
wir wollend glich von stunden an
die diener ferken. Kolrosz Daniel Cl;
weibel, gang hin ee es werd spat,
und samle mir^den ganzen raih
und auch darzu ein ganze gmein,
den narren wil ich fergken beim.
spil wie man die narren beschweren soll. 1554 B3';
ear rennt fain fort, klembt 8bar da zäun,
drauf faht ar fain widar ällsgraach gaun,
damit die andara buoba nit merkat,
dasz man ihn a so gferkat. lied um 1623 gedruckt.
FRoaXANü mundarten 4,88;
und was guter zu markirechl ligen, darüber soll niemand
richten dan ein schultheisz und sol man auch dieselben
guter fergen mit des schultheiszen band, wästh. l, 2S6 ; den
kouf fergen. 1, 253 ; uf die bürg helfen vergen was die not-
durft ist. 1,274; das gericht vergen. 1.275; die unwackern
zimi alten entschlafenen häufen ferken. Fronsp. kriegsb. l, 176* ;
{ich e^elt bab geladen manch schönes werk,
das ich weidlich zum himmels saal nauf ferg.
(Horri:«GER) menschen, thiere und Gölhe s. 12 ;
sie hat bis dahin dem mannevolk gar nichts nachgefragt,
und wenn einer kam, fergele sie ihn kurz ab. Gotthelf
erzählungen 1, 231 ; das hat dem manndcli glähigi (flinke) bein
gmacht, un es hat sex ol {oder) sihen hammi un vier specksiti
un en ganzi rieschelen würstleni fürha gen un bäts dem
docter mit ros und schütten müeszen zum hus ferggen.
Saaner mundart im Bernerland bei Frommasx 6, 397, wo s. 414
der bündnerische gebrauch von ferggen = bringen, es chind
ferggen == ein kind zur weit bringen, gebären angemerkt ist.
jenem ahd. fergün läszt sich dies schweizeriscJie fergen kaum an die
seile stellen, und man erklärt es ricIUig als gekürzt aus fertigen, ab
fergen aus abfertigen, was sich zur bedeutung schicid, abfergete
ist abfertigung, obgleidi das sinnliche tragen, schleppen etwas
stärker scheint. Maaler 134' hat hinter fergken unmillelbar auch
fertigen, als sei es ein ander wort. Hexisch 1070, der hier (wie
oft) Maalerx ausschreibt, leitet fergken von ferge nauta, doch
lassen sich hOcIistens einige beispiele auf ein fortschaffen zu schif oder
zu wasser ziehen, man sehe im verfolg fertigen, lirgeln, firkeln.
FERGER, m. nauta, was ferge; fergers nachen, narigium.
Perus 210. 306.
FERGER, FERGGER, FERGKER, m. transaclor, ausriehler,
Maaler 13 1'. Frisils 1326. 6ei Stalder 1, 365 AaiK^erer, /rörf/er;
er was ein ferker der koufmansgüter und ouch selbs ein
koufmann. Tschldi 1, 636.
FERGSCHILLING, m. weisth. 1, 279.
FERGSTIRE, f Stalder 1. 365.
FERHELEIN, n. porcellus, ahd. farheli (Graff 3, 6S1) : ein
gebraten gefültes ferhelin mache also, ron guter speise 3
mhd. da; verchlin. Reinhart s. 304, 363. s. ferklein, ferlein.
FERHIN, proeul, heule fernhin :
das wildfeur fer hin von uns jag
in wilds gerör und hage,
darin es uiemant schaden mag
peir nacht und auch peim tage. Ublakd 813,
tro man leicht zusammen schieben kann 'fcrhin'.
FERIEN, pl. feriae, feierlage, s. sp. 1434 und crntefcrien,
herbstferien, oslerferien, sommerferien, Winterferien, gerichts-
ferien, Schulferien, lange ferien, kurze, späte; wir haben
beute ferien; die ferien sind angegangen;
von liederlichen thränen gibts nun ferien.
Kolzebues ehrenpforte ». 1.
FERIG, s. fahrig $p. 1259.
FERKEL, n. porcellus, dinünution von farch sp. 1331, bair.
facki, fackcl ron fack sp. 1227, wellerauisch freckcl. schniücu
1531
PERKELCIIEN — FERMAXN
FERMEL — FEUN
1532
ihm ein stück fleisch aus seiner brüst und brieten es mit
zween ferkeien und fraszen es auf, 'das sie seiner damit
möchten vergessen' {eine zauberet, die an Albrechts TU. 5941
gemahnl). Hesneberger preusz. lamllafel 44t ; was die sau ver-
wirket, müssen die ferkcl entgelten. Otho 122; wem das
ferkel geboten wird, soll den sack bereit haben ; wenn das
ferkel träumt, so ists von trebern ; wenn das ferkel satt ist,
8töszt es den trog um;
und kurz, ein eckstein gleicht den brauten,
woran sicli jedes ferkel reibt,
wer kehrt sich an die klemmen zetten.
wo niemand ohne richter bleibt. GiJ>TnER 21*.
einen fehler machen hiesz 'eine sau', einen kleinen (etiler 'ein
ferkelchen machen' : und das wir, wie man von den sengern
sagt, wenn sie feilen, nur ein klein ferkel gemacht. Lutber
3, 340\ s. saugferkel, Spanferkel.
FERKELCHEN, n. nochmals diminuicrl.
FERKELGLOCKE, f. was sauglocke, rülps, ruclus',
so wirst du keine lust bei leuten auch verderben,
wenn du die Tcrkelglock hübsch orte schlagest an.
Grobianus II.
FERKELGRAS, n. polygonum aviculare.
FERKELKRALT, n. dasselbe, auch hyoseris und hippochaeris :
Theod. Gaza hat es porcelliam verdolmetschet und dieweil
es bei uns Tcutschcn keinen namen hat, haben wir es ferk-
leinkraut genennet, damit es auch einen tcutschen namen
bekommen. Tabernae«. 499.
FERKELN, porcellos parere, s. ferlen.
FERKELSTECHER, m. tcinkeladvocat, am MiUelrhdn wie zu
Mainz u. s. w. ägentlich ein bönhasc der metzger, der nur ferkel
abslicht, s. fcrkenstecher.
FERKEN, n. porcellus, die nnl. form varken, gen. varkcns,
pl. varkens und weiter diminuicrl varxkcn, varkentje. auch nd.
verken, varken, brem. üb. 1, 353. Schütze 1, 308. Schambach
256'. man lasse keiner moren über achtzchen junge färken
zu. Sebiz 132; drei ferkcn. Moser 1,329;
schon morgen kleine ferken kriegen, ükockes 6,32;
und mancher tapfre held gegrunzt nach ferken art.
Zacuariä 1, 1Ü4;
V. wie so lustig die ferken quiken!
gütig ist doch und weise gott.
M. zur Kunstbeschauung der antiken
ward meines geistes äuge flott.
S. nicht beneid ich den baron von Tott,
pfeif ich auf dem blatt bei I'nedcrikcn.
A. W. Schlegel 2,212.
FERKENSTECHER, m. etliche bürgcrmcister und raths-
herrcn . . . halten auch wol selber in ihren häusern ehrlose
diebe, fcrkenstecher und bönhascn, verlaufene oder selbst
gemeisterte schuster, Schneider, mäurcr, zimmerleut, schmidt,
die der rechten bürger armen weib und kindcrn alle nahrung
und das brot fürm maul wegstehlen. Andrea buszposaune.
Amslerd. 1043. 4. M3. nnl. varkensteker.
FERKLEIN, n. }>orcetlus: ferkelin. ro» guler speise 3. 4.
FERLE, n. jiorculus. Maaler 130* schreibt färle: sie seint
gleich denen, die ire ferle in das ccker schlahen, das sie
fciszt werden. Keisebsb. narrensch. 144'.
FERLEN, porcellos parere, färla Tobler 176'; die mutcr-
schwcin färlcnd oder bringend ire fürle, elidunl foelus sues.
Maaler 13o'.
FERLIN, FERLEIN, n. porcellus. Dasypodius 190": da kam
die Widerpart, was reich und schankt dem richter ein ferlin.
Keisibsberc irrig schaf k 2* ; si hoiTen das ferlin leg sich
nidcr, so man im an den bauch kratzet, narrenscli. 127*; von
Terlin sol man zehenden geben, was billich ist. weislh. 1,352;
bringet ein möre fünf verlin, das zchcnde vcrlin. 4,234.
*. spanferlin, sugferlin.
FERLIN, n. scrophula, wie diese» von scropha, sagte man
fcrlein : de scropbulis vel scrophis vel suillis, vitlgo ferlein.
Paracelsl-s c/itr. sc/ir. 443'; dann der biilzslral soll das ferlin
in ädern rerbrennen oder schmelzen und den ädern nichts
thun. Pabacelrl« l,52<t'.
FERLINSTHRÄNEN, jA. auch warum der pfaf alsdann so
jemcriich und barmherzig anfangt auszusehen, wie ein gc-
ftlochcn k.ilb, und ferner fortführt das oflat küchliii belrnuer-
lich zu beklagen und mit fürlinxlhninen zu beweinen, bicnenk.
15S*. nnl. varkens Iranen krijlen, plcurer tans lärmet.
KERMANN, m. nauta, fllhmiann sp. 1262,
Cbaron der fcrmon fand sich bald. Scuadi $at, 1, 100.
FERMEL, wi. confirmatio, unclio: wenn ich ein magd aus
der taufe hebe oder zu fermel trage, so kan ich oder mein
son weder sie noch ire mutter noch ire Schwester zur ehe
nemen. Luther 2, 165'.
FERMELN, confirmarc, ungere : warumb ist das keine fcr-
melung, wo sich einer selber fernielt? Luther 0,84". heute
firmeln, alid. firmon (Graff 3, 695), mhd. firmen («•6.3,327).
FERMELL'NG, f confirmatio, unctio, firmelung, alid. firmunga,
mhd. lirmunge, firmelunpe.
FERN, FERNE, dem ferr, ferro iiir seile, die liquide gemi-
nation rr scheint immer erst aus Verbindung des r mä einem
andern laut hervorgegangen, und auf ähniuhe weise verhält es
sich mit II, mm, nn. rr enLiprang zumal aus rn, rs, ri. von
welchen hier blosz rr aus rn in betracht steht, das goth. stairnd,
alul. sll-rno, nhd. stern ist al.w alterlhfimlicher als das ags.
steorra und die ahd. nebenform sterro ; das gulh. gairns, alid.
kern, ags. georn, altn. giarn setzen einen stamm gairan rora«.?,
wie das alln. biürn, ags. beorri auf bairan wci.sen, aus welchem
ahd. pijro entsprang, neben golh. ara, ahd. aro, alln. ari stellt
ags. carn, alln. örn. in die.-<en drei letzten worlreüten hat sich
kein rr gezeigt, man miisle es denn in orrusta == i-rnusl, eornest
{sp. 924) zugeben, also stände auch goth. fairra, ahd. fßrro, mhd.
verre, cdtn. fiarr, ags. fcorr unserm nhd. fern nach, das seine
ursprfingliche gestalt treuer bewalut hätte, ahd. fi-rno bei Graff isl
unsicher, mhd. blickt verne kaum auf, es steht gr. Rudolf P", 9 :
gerne, die stelle Heinrichs von Morunce MS. 1, 53 {MSF. 135)
ti'urrfc schon gramm. 1, 390 angeführt, und der vf des mlid. wb.
3, 301' hat kein anderes beispicl hinzugefügt, hier iä stimme : verne :
gerne gereimt, die beiden ersten lieszen sich in stiTre : vßrre
ändern, wenn es nicht gerne untersagte, das niemand mit einem
uncrliOrten gurre vertauschen wird, und wo käme für dorn körn
hörn hirn harn mhd. irgend ein dorr korr horr hirr harr zum
Vorschein? zwar Stalder {landes.^jyr. der Schwdz s. 68) berichtet
uns, da.%z heute an einigen orten chorre, horre, gerre u. a. m.
gesprochen werde für körn, hörn, gern, ferre und ferne sind
gleichberechtigt.
ja, neben golh. fairra prorul begegnet auch rn in dem offenbar
verwandten fairnis vctus, welchem alid. mhd. sein i verblieb, das
aber nhd. bald firn, bald fern lautet und von dem hcrnadi beson-
ders zu handeln ist {sp. 1535). fairra und verro stehn aber zunächst
dem lat. porro, gr. no^öco, deren rr aus Txöoaot, TToiwat
assimiliert wurde, während unser deutsches rr aus rn erwuchs,
wie verträgt äch diese abweichung? ich werde unter ferre darauf
zurück kommen.
fern geht, wie lang, cds adv. und adj., beides auf räum und
zeit, während weil mehr auf den räum eingeschränkt u4.
I) adverb, procul, lange, prov. long, it. lungi, lontano, sp
lejos, fr. loin.
l) allein stehend neben dem verbum: einen schweren stein
kann man nicht ferne werfen. Henisch 1070,70; es ist bös
fern springen ohne stab ; lauft ein escl fern, er ist drumh
nicht desto gelehrter; wo der vogcl singt, da ist das nest
nicht fern. 1072; so schickt er botschafi, wenn jener noch
ferne ist, und bittet uinb friede, l'ri nvrov tiÖqoco ot'xos,
vulg. adhuc illo longc agente, golh. n:iuh|)anuh iinina fairra
visandin. Luc. 14,32; da sie das hiirctcn, sprachen sie, da»
sei ferne, fiij ytroiTO, vulg. absit, golh. nissjai = nili sijai.
20,16; denn ewcr und cwer kindcr ist die verheiszung, und
aller die ferne sind, welche gott erzu rufen wird, aposlelg.
2, 39 ; das sei ferne, fii; yi'roiro, vulg. absit. Itöm. 3, 4 ;
3,31; 6,2; 6,15; 11,1.11, ,«;o//i. nissjai ; 1 Tor. 6,15; (.'oi. 2,17,
goth. nissjai. noch heute: das ist fern, das soll tiirlU geschehen,
das sei fern, das geschehe nicJä. bleib fern! komm nicht näher;
0 lasz mich fern! Gotter 3,492;
tretet mir nicht nah,
bleibt ferne stehen. Schiller 5.S0';
Hr ist nah und lern
kein btisen, der ilim freundlich schütz gewAhrtc! 539';
und sin slelil micli srlimclterliiig.
zitternd vor dws freiinds V(>rl:iiiK<<n
»pringt sie nuf. da (lieg ich ferne (procul avolo). GOtiix 1,57.
ferne bleib, o Jüngling, blellio .itchcn I 1,211;
und nicht forn mehr Ingen die gnrtoniimRclirnen hAusrr.
40, -isi ;
über diese d.nraiif ein prosio» hi'wijii.l. 1 1. ^ jri.^lim:il
srliülli'tnii wir dn« lii>ili(.'i' lircr !>■' '
nm vnriniilciiüen ulraiulf ilos hrri
dnxz 0« (Vm rr'-rliliMie di'n iiicenlu i iiini'rn,
allen die jrttt niltii'bcn und ipAt aulblulin in der tukiinn.
üd. ll.Wt
1533
FERN
FERN
1534
auch zwo mächtige lanzeD gespitzt mit der schärfe des erres
fasite der Leid, dasz lerne das erz zum erhabenen himmel
stralt. //. 11,44;
in fern nachahmenden zögen erreicht unsre seele zuweilen
die spielende natur. Schiller 315'. dies fern nahm sonst oft
den abstracteren sinn von sehr, mullum, ralde an, icie er auch
mit veit oder dem lal. lange verbunden trird: so nu die geist-
liche genalt ewige guter der seel anbeut und allein durchs
wort und sacrament geiibet wird, ist sie fern unterschieden
von welllicher gewalt. Augsb. conf. bei Lctaer 6, 375* = corp.
doctr. ehr. 36; Moirelte heiszt sie, aber ihr geschlechte ist
ferne bekandt. polit. slockf. 63;
wer der natur laterne
geht nach, irrt selten ferne. Logaü 3, 140, 18.
in folgenden redensarlen haßet der sinn von procul: was man
ferne holt ist süsz; willst du was finden, suchs nicht fem.
2) mit darauf folgenden praeposUionen,
a) von : wenn jemand ferne von euch über feld ist. 4 9Ios.
9,10; das sei ferne von dir, das du das thust. l.Vos. 18,25;
das sei ferne von mir. 1 Mos. 44,17; ist aber die stet fern
von dir. 5 Mos. 12,21; da stund das wasser seer ferne von
den leuten. Jos. 3, 16; er ist nicht ferne von einem iglichen
unter uns. aposlelg. 17, 27; als sie etwas ferne von dem schlosz
angekommen, pers. rosenth. 3, 1 ; er wohnt fern von uns ; ich
bin fern von dir.
b) vor: es ist noch fern vor tag, nacht; er steht fem
vor dir;
merk auf, feins lieb, was ich sag,
es ist noch fern vor jenem tag. Ambr. Ib. s. 56;
Moses aber nara die hütten und schlug sie auf, auszen ferne
für dem lager. 2 Mus. 33, 7.
e) über: zoch ferne über land. Luc. 15,13, golh. aflaij) in
land fairra visandö ;
es ist fern über mitternacht. Grtpuiis 1,58.
3) steht ein dal. dabei, so bleibt ztccifcliiaft, ob fern adv. oder
adj. und man kann beides annehmen: die unter den Völkern
uinb euch her sind, sie seien dir nahe oder ferne, vulg. in
circuitu genlium quae jiLXta vel procul sunt, ö Mos. 13,7; er
steht mir und meinen gedanken fern;
o mein stern,
soll ich fern
deinen säufligenden stralen schreiten?
RccKEBT ges. ged. 1,226.
4) von ferne, de longe, fr. de loin: du verstehest meine
gedanken von ferne, ps. 139, 2, nilg. intellexisli cogilationes
meas de longe; da nun David hinüber komen war, trat er
auf des berges spitzen von ferne, das ein weiter räum war
zwischen inen. 1 Sam. 26, 13 ;
wer von ferne samlet ein,
kan von nahem lustig sein. Logau 1, 77, 10,
«•0 auch von nahe slehn sollte; ich sehe dich von ferne.
freilich ziehen irir heule das adj. ror: von fernem, von nahem,
von weitem, doch haßet das adv. am lidisten bä ferne:
von ferne stehend. Götter 3,534-,
herbei geströmt von fern und nah. ScanxER 5S';
und es saust und dröhnt von ferne. 60";
alle die von dieser religion dazu getreten waren, verlieszen
jetzt den bund, der die ausschweifungen der bilderstürmer,
wenn auch nicht absichtlich angestiftet und befördert, doch
unstreitig von ferne vcranlaszt hatte. S3&'; auch seine Ver-
nunft hatte schon von fern angefangen, sich zu entfalten.
1008'.
5) sehr oß gehen dem ferne zu, so voraus und dasz folgt im
nadisatz : dammh das der ort dir zu ferne ist. 5 Mos. 14, 24 ;
das werk ist nun zu fern, wir können nicht zurücke.
Grtphii;s t, 292;
weil der weg so ferne ist. b Mos. 19,6; zu meiner rechten,
das ist neben mir, also weit und fern zu regieren als ich
selber. Llther 1,90*; es ist gott lob so ferne komen, das
man mein nicht sonderlich darf. 3,59'; und wenn man das
stück so fern ins volk gebracht hat, hat man es dafür ge-
hallen, es were wol gepredigt. 3, 156* ; ire verslockung ist
so ferne in sie komen, das {dasz sie) gleich ir natur worden
ist. 3.311*; sondern ein iglicher sol selbs seinen glauben
verteidingen und nicht auf eins andern, sondern auf sein
eigen fahr gleuben oder nicht gleuben, wenns so fern kompt,
das unser oberherr als der kciscr an uns wil. 6,306*; dann
bald darnoch begab sichs, das er (Lullier) widder den ablasz
zu schreiben anfienge und die sach so fem bracht hat, das
wir nun wissen was der recht ablasz ist und warumb wir
Christen heiszen. Albercs wider Wilzel A6'; warf sich auf
für das obriste haupt der Christenheit, so fern die weit were.
Mathesius 92"; und so fem ist es, das er inen versam-
lungcn gönnen solle, . . . das er sie auch alzumal, da er
sie nur betretten oder ertappen kan, vil eher verbrennet,
ertrenket, köpfet und henket, bienenkorb 171*;
was glänzet da droben
so nah und so fern? Götbb 1,100;
stellt nicht so fern ! Gorru 3, 492,
d. i. nicht so veit tceg von mir ;
dasz er es sei, kann sie nicht wol vermuten,
weil er so fern dem vorgen wesen steht, Gries Ar. 29, 59,
so weit ab von seinem vorigen zustand, überhaupt zielä die neuere
Sprache mei^enlheils 'weit' dem 'fern' ror, doch kann sie damit
nicht so leicht den dat. verbinden.
6) hieraus erzeugen sich endlich conjunctionen, im sinne des
lal. eatenus und quatenus, dummodo.
a) so fern, quaienus, mhd. so ver: so ferne das on schwer-
men geschehe. Lctder 3, 38' ; so fern und lang es gott leidet
3, 533* ; ja die statt selbst zu kaufen w er, so fern man ein
kaufman finde, der sich kein geld dauren liesz. bienenk. 23o',
mehr belege folgen unter sofern, da man heute zusammenschiebt.
b) in so fem, gleicher bedeulung. man sehe insofern, in-
soweit, inwiefern.
c) erst im 16 jA. erscheinen die verkehrt gebildeten, an sich sinn~
losen Partikeln dafern und wofern, tarn longe und quam longe
Idszl sich denken, kein ubi longe, »7iafi faszte da und wo ah
'51 quando' und das bei so und wie eingeübte fern folgte nach,
für sofern, wiefern gilt auch soweit, wieweit, niemand wird
aber daweit, woweit sagen, ich weisz nicht, wer diese dafern,
wofern zuerst verschuldet hat, LtrraER und He:<isch wissen nichts
davon. Stieler verzeichnet sie 470. sie lösen sich auch nicJit in
da fem, wo fern, welche niemand verstände, sondern fügen sich
stets zusammen, dafern wurde schon 2, 673 vorgebraclit und der
früheste beleg aus Grtphics, der oß beide parlikeln verwendet:
dis haus wird stehn, dafern des hauses feinde fallen. 1,37,
der höchste blitzt nicht bald dafern ihn jemand flucht. 1,38;
wofcm durch letzten wundsch was zu erhalten ist. 1,41;
wofern ihr mächtig angst und schrecken zu erregen. 1,42;
wofern du wachen kanst. 1,46;
wir wündschen uns den tod, dafern wir nicht gewacht. 1,47;
dafern die Damme denn mich ganz verzehren will. 1,56;
und sicher noch an vielen stellen, aus Opitz und Fleming ent-
sinne ich mich keiner beispiele, sie setzen 'im fall', aber der
kanzleisprache waren dafern und wofern ohne zweifei willkommen
und der pedantisclie Sprachgebrauch behielt sie: dafern es ihnen
gelegen, irrg. d. liebe 359 ; wofern es Eibensteins eigene ange-
legenheiten zugelassen hätten. 376.
II) adjectiv, longinquus, it. lonlano: die fremden, die aus
fernen landen komen. 5 Mos. 29, 22 ; deine knechte sind aus
seer fernen landen komen. Jos. 9, 9 ; sondern hastu dem
hause deines knechts noch von fernen zukünftigem geredt.
2 Sam. 7, 19 ; sie sind aus fernen landen zu mir komen von
Babel. 2 kön. 20, 14 ; wenn auch ein frembder, der nicht deins
Volks Israel ist, kompt aus fernem lande, l kün. 8,41; denn
der mann ist nicht daheime, er ist einen fernen weg ge-
zogen, spr. Sal. 7, 19 ; ein gut gerücht aus fernen landen ist
wie kalt wasser einer dürstigen seele. 25, 25 ; die aus fernen
landen komen vom ende des himels. Es. 13, 5. Jer. 4, 16.
6,20;
tritt, Hesperus, tritt auf und stelle dich ins ferne.
Fuainc 624;
von fernem bistu viel, von nahem meisten nichts.
LoGAU 1,159,79;
die elster sahs mit schclem blicke
und wollte von des sperlings glücke
nicht blosz ein ferner zeuge sein. Geixert 1,254;
hör kind, wie wenn der falsche mann
im fernen Ungarlande
sich seines glaubens abgethan
zum neuen ehebande? Bcrcer 13*;
musz noch an deinem bände
durch fremde lande,
durch ferne thäler und wälder wallen! GöTHi 1,107;
ist mir nichts von ihr geblieben,
nicbl ein süsi erinnernd pfand,
dasz die fernen sich noch lieben? Schill» 54*;
1535
FERN— FERNBERUFEN
FERNBERÜUMT — FERNEN
1536
nicht länger wollen diese Heiler leben,
als bis ihr klang ein fühlend herz erfreut,
zur fernen nachweit wollen sie nicht schweben,
sie tönten, sie verhallen in der zeit. IUI';
mich fernen auch erfaszt die klage. Letiad neue geil. 188.
ffian kann unschlüssig sein, ob fern neben dem verb. subsl. und
ähnlichen Wörtern für das adj. oder adv. zu gelten habe, vgl.
1, 3 : ich bin fern davon zu glauben, «o auch ein fr. je suis
loin und eloigne statthaß ist. s. unfern, in ferner, firner
Schnee, der vom vorigen icinter liegen geblieben ist (Schm. 1,564)
steckt firn, vetus.
III) Steigerung gilt ßr adv. wie für adj. : prolabor, ich fall ferner
ader für mich. Alberüs, falle vor midi hin; dies land liegt
ferner, liegt fernst ; ir mögt nicht viel mores und höflichkeit
Missen, dasz ihr mich one ferner mein erkanntnus also
schmehen. Amadisiid; bisz sie auf ein schöne ebne matten
kamen, welche von der iandstrasz ein armbroslschusz ferner.
295; denvegcn ich jelzo bedacht, damit ich ewer keinen
ferner {amplius) verlüre. 376; auf dis antwortet im Angriota,
als der ferner nichts vermocht. 203; hienif zog Amadis ferner
{longius). 203; ohn ferneren verzog. 347; es ist freilich alles
zuvor schon gesungen und so herlich und tröstlich gegeben,
das es meiner und meines gleichen IVrners zuthuns nicht
bedarf. Selneccer chrixll. psalmen l5S7ron-. ; wenn sie ferner
(weiler, fester) einnisleln sollen, pers. rosenlh. 1,5; wiewol sie
hieran noch nicht vergnügst gewesen, sondern ferner (weiter)
gegangen sein und sich erkühnet. Aue. Büchners poct 1665 s. 4 ;
und merkt, dasz so sein nam je mehr je ferner geht.
LoGAu 3, 217 ;
Wörter, die nicht ferner als irgend nur in einem platz des
Teutschlands cäng und gab sein, hab ich vermieden. Hompier
5. 19 ; und so ferner (et sie porro). Göthe 8, 54 = und so
weiter. 42, 67 ; ich sage ferner (wäter) ; ferner so sage ich.
Stieler 470 ; ferner ist anzunehmen ; fernere anmerkungen ;
in den fernsten ländern; die fernsten sterne;
dort, siehst du? dort in goldnem dufl,
wo die sonne hinunter gieng,
und die fernem (stcntc) in den höhen,
wie sie glänzen, wie sie wehen.
Kretschuasks werke 2,115.
FERN, anno praelerüo, niQvai, lit. pernay, lett. pehrn.
mhd. mirst min lön g<!n der vil süejen
hiure unnäher danne verne ( : gerne). MS. 2, IW»';
tn den folgenden Strophen vern : enbörn, gern stumpfreim i g ,
ich gehielt ouch die raaget verne ( : gerne). Flore 3674,
genau unterschieden von verre (procul) : herre. 3541.
nhd. si tribend wunder bfir und fern,
doch glichs und gliches gselit sich gern, fastn. 896,10;
also blibcn sie hür als fern. Keisersb. bilger 51*; sind gute
gesellen, bleiben hewer wie fern. Luthers lischr. 221* ;
die neue Baucis macht in eil rlie streu zurecht,
wirft quendel und orangenbluten
aus ihrem gärtchen drauf, trägt fette milch voll schäum
und saftge pllrschen auf, und feigen frisch vom bäum,
beklagend, dasz ihr fern die mandeln nicht geriotlicn.
Oberon 4, 38,
in den erslen drucken, wo aber die sfxUeren 'jüngst' setzen.
'fern' trar schöner und besser, nur heute zweideutig geworden,
das einfädle fern wurde alts. umschrieben fl'rnun jära, d. i. im
alten juhr. man könnte sich ein dem ahd. hiurö für hiujArö,
hoc anno gleichlaufendes fi-rniurii für förniujürA denken, woraus
fSrnerig annolinus (Graff 3, CGI) entspränge, kürzung des volleren
ferniuric, wie hiurlc, nhd. heurig, s. ferndrig.
F"ERNAH, procul, von ferne, von weitem, weitab: da hörte
nie ganz deutlich fernab ein klägliches gewinsci. Tiecr 9. 22s ;
die engeigestalt, die er so fernab im träum seiner kindheit
gesehen hatte Sternbald 1,139:
es zogen beere, donnerten jreschOlie
fernab, die starke veste zu be!>iürmcn.
A. W. ScuutciL ged. 17>. poel. verke 1,288.
FERNABDON.NEH.ND, eminus lonans:
die eumeniden ziehn, ich höre «!c,
zum tartanm, und nchlagen hinter «Ich
die ehrnen thore feruabdonncrod zu. Götmk 0,61
worum nicht fernab donnernd?
KKIINANSICHT, f. ojilica, peritpective.
KKH.NAT/.EU. m. eine traubenart.
KK1INBEHI;FEN, rr;lBxlrrr6s:
mutige Troer und fernbenifne biindenironniison.
SrOLIRRb 11,202.
FERNBERÜHMT, longe laleque darus, veitberühmt. Stieler
1637.
FEH.NBLINKE.ND, aus der ferne, in die ferne schimmernd:
Arcturus
schosz fernblinkende Straten umher. Willaüot dithyramhen 66.
FERND, anno praeterito, gleichviel mü fern, fernt und fert :
die bawrcn werden in dem monat (august) ärger dann die
Juden sein, was sie fernd den ackern geliehen haben, das
wollen sie in diesem monat zweifaltig wieder haben. Fischart
groszm. 114.
FERNDIG, anni praeteriti, femig, firnig: du solt nemmen
ferndigen speck. Seüter 204; (zum malze frisdies getreide
nehmen), weiln die ferndige und alte fruchte nicht wol wachsen.
HOHBERG 3, l,7l'.
FERNDRIG, jenes ahd. fernerig: was ich von euch ge-
lernet hab, das hat der ferndrige schnee gefressen. Para-
cELsns 1, 200'. s. femiger schnee, und ferner, fimer bei
Schneller 1, 564.
FERNE, adj. und adv. s. fern.
FERNE, s. firne.
FERNE, /". longinquilas, intervallum, enllegenhät, weite, in räum
wie zeit: nicht alle möchten komen von ferne des wegs. Luther
1,138'; die länge und ferne machen verdrossen. Henisch
1071, 10; da er vor nachts oder sonst ungefüttert ferne halben
des weges nicht könnte heim kommen, corpus const. brandenb.
culmb. 1,355; ja, drei viertel jähr ist in der ferne eine lange
zeit, da denkt man, der tage sind so viel und es geht einem,
wie mit einer band von hirseiikörnern. sollte man sie aus-
zählen, so dächte man nicht damit fertig zu werden, und
sind sie ausgeschüttet, so ists ein kleines, kleines häufchen.
Weisze jubelhochz. 11; das steht noch in weiter ferne; in dem
walde sah der wandrer aus der ferne ein licht schimmern;
ich habe allem aus der ferne zugesehen; wer in der ferne
pocht, schweigt in der nähe;
aber aus der dumpfen grauen ferne
kündet leisewandelnd sich der stürm an. Götue 2,76;
und wenn mich am tag die ferne
blauer berge sehnlich zieht. 47,69;
und sie vergehen doch auch unserm Söller? 'gerne!'
allons denn! 'stiehl nicht mehr!' 'die länge bringt die ferne I'
7, 114,
d. h. mit der zeit will ich mirs schon abgewöhnen ; die länge bat
die ferne, deinceps fit quod non statim fit;
damals sah ich dich
zitternd in der ferne stehn. Schiller . . .;
aber des waidwerks geschenke versagte dir Delia klüglich,
nur in den fernen umher schmetieri ihr silbernes hörn.
Matthissom 229;
und sie sieht in den azurnen fernen
noch des scbilfcs segel an der luft
wallend, und im feuchten niorgenduft
halb verschwindend, gleich umwölkten Sternen.
A. VV. ScHLKKEL gct. 41.
FERNEGLAS, n. telescopium : das wort gottes ist als ein
ferneglas, damit wir die himmlische gemacher hindurch schauen
können. Scriver seelcnsch. 2, 988. s. fernglas.
FERNEHER, eminus, a longinquo loco:
am himmel sahn wir ferneher
gcwölk wie Schäfchen ziehn. Miller im mutenatm. 1790 «.21 ;
nur (Sine Sehnsucht störte deine ruh
dasz ferneher du deinen bruder riefest. Voiss 4,^.
s. fernher.
FERNEMOST, m. mustum serolinum, wie feniewein.
FERNEN, mM. vßrren, s. ferren.
l) intransitiv,
n) fern sein: herzen und fernen von herzen hat seine zeit,
vulg. tempus amplexandi et tempus longc fleri ah amplexibus.
/wed. S(J. 3, 3 ; aus der sanftem und fernenden {fernliegendm)
eiinnerung mag er dichten. Scuillkr 1234.
b) in der ferne, aus dir ferne erscheinen:
ich habe nichts pclcrnet,
dal grosz von weiten .'itelit und nur nlloino fernet,
bin lichtem scheine feiiid. Flkxiic 201 ;
mein sinn sieht an der slirn, ich habe nichts gelcrnel.
da* wol von weiten steht und nur nllelne fernet,
mein weg ist tchlecbi und recht und gleich gerade zti. 22.^;
die Jungfer fernet fein, salis renusta est haec puella eminus.
SriF.LER 470; da» mädcheu, die frnu fernet, sieht von ferne
schön JIM. s. feldschön ; freunde imd liebcntle. sie wurden
durch kleine kinder vorgoslollt, welche gar mahlcrisch fcmlea.
GOthk 46, 73. $. fcrnsen.
1537
FERNEN — FERNERS
FERNERWEIT — FERXLAND
1538
2) Ir. in die ferne schaffen, entfernen, femhallen, mnd. vernen,
gevernen, enlfrentden. S^p. 1,31,2. 1,52,2, s. fenen sp. 1542.
und mit der linken ferne
netzendes salz toü des knaben autlitz! Stolbebg 4,272;
dasz er von uns den Untergang ferne. 11,7;
und ferne die pest vom beere der Griechen. 11,29;
den Untergang fernend. 11,178;
der Weltraum fernt mich weit von dir,
so fernt mich nicht die zeit. Klopsiock öden 179S 2, 20O;
die stunde
die mich fernt von meinem freund. Höltt 95 ;
fernt von ihm das todesverhängnis. Bürger 212';
wenn sie das vergehn auch von sich fernet,
so hegleiteis doch ihr bück mit gunst. 9S';
was noth I gewohnheitsposse nnr
fernt euch von Wahrheit und natur. Göths 13,90
kannst du dann weinen und siehst sie durch thränen,
fernende thränen, als wäre sie fern. 40, 411;
da schlug die stunde, trennung fernte mich
und nur cypressen hört ich einsam rauschen. Matthisso;« 111.
3) sich fernen, aUre, sich entfernen : den armen hassen
alle seine brüder, ja auch seine freunde fernen sich von im.
pred. Sul. 19,7; meine Verfolger nahen sich zur missethal
und haben sich gefernet von deinem gesetz. Llther 1,525';
Stachel und strick sind auf dem wege des verkereten. wer
aber sich davon fernet, bewaret sein leben. 22,5; er fernet
sich von ihm, recedit ab eo. Stieler 470;
seiner ferse klang fernte sich hinab am gebirg,
bis er endlich in der dufte gewölk
unter dem hange des gebirgs verschwand. Klopsiock 1, 199.
wie nah war ihnen der webende beerzug,
welcher, immer gewendet, sich nun
schnell wie der wink herwirbelte, dann sich fernte. 2, ISO;
jetzt wurden des ölbergs pfade
steiler, Salem fernte sich, und die gipfel des berges
ragten gröszer empor. Messias 19, 967 ;
ach nacbtigall! es fernte kaum
sich im beglückten morgentraum
mein jahrelanger kummer,
da scheuchtest du den schmeicheltraum
und meinen süszen schlummer.
Miller im Lripz. alm. 1773 s. 1S2, anders
in den gedichlen s. 49.
FERNEN', adv. liesze sich vielleicht aufs ahd. ferrana, a lange
(Gbaff 3,660) zurückführen, Ainadis 297 liest man: welcher
nicht ferrn von dannen wohnet {sp. 1543). gewöhnlich aber fu:iszi
es "von fernen': bis sie ihn von fernen gegen inen kommen
gesehen. 3S1, und dafiir auch -von fernem' 249. aus welchem
von fernen entstellt sein könnte, vgl. fern 1,4. hier noch belege,-
wer mich von fernen gehn ersieht. Rjsgwald geisll. lied. 72;
weg perlen, seide, gold, und was von fernen kömt.
Fleming 60S;
vfeil er wundertbateu thut
löblich nah und auch von fernen,
von der erd bis an die sternen.
Mahder bundestieder 16S0 s. 147.
FERNER, longius, amplius s. fern III.
FER.NERAü, longius, s. fernab:
dasz fernerab sitzt selbst die farbenkunst. RiJCKSRT ges. ged. 1, 42.
FERNERHLN, imposterum.
FERNERS, adr. mit dem aee. neutr. oder mit dem gen. ge-
bildet? die mhd. Schreibung entschiede leicht, früher waltete jedoch
schicadie form der comp., aber wir sagen auch mit artikel 'des
fernem', 'des breiteren', wodurch der gen. ferners waltrscltein-
liclur wird: wie sie (die lutherischen prcdicanlen) dessen in
iren schreiben, reden und predigen biszher beflissen haben,
ietzuudcrt brauchen und forthin sich also ferners verhalten
werden. Joa. NASt:s nasenesel Hl';
Petrus thut ferners lehren,
was man auch meiden soll.
Nasis krie'js u. siegapredig. Inyolsl. 1572. F3';
welcher seines allers halben nichts ferners, denn was er mit
der red vollbracht, verrichten mocht. Amadis 67; ist ferners
und über disz sehr unbillich. 27; und als sie ihn ferners
schlagen wollen, schlug man stunnb. S'-O; weil sie auch fer-
ners vermerket. 226 ; demnach und dieweil er fürchtet, dasz
ihn die wacht im schlosz ersehen möcht, ritte er etwas fer-
ner» in den wald und berg hinein. 355; ferners vom anbel-
len der stummen bilder schreitet er zur anrufung der ver-
storbnen heiligen, bienenk. ISü";
dnrurob dan dankend dir,
berr, ferners bitten wir. Wiciueiun 81;
CS begabte mich aber mein guter koän ferners. Simpl. K. 32.
tgl. weiters.
UI.
FERNERWEIT, porro, amplius, gebildet wie anderweit, das
1, 314 aus mhd. anderweide gedeutet wurde, doch leicht verband
man ferner nocA zum überflusz mit weit, dessen comp, weiter
gleichfiel ist dem ferner: was er etwa femerweit angeben und
vortragen möchte. Felsenb. 4, 2S0 ; ob des Vincentii künsle
fernerweit so gut eintreffen würden. 4, 3S6 ; ich wünsche,
dasz deine reise bis dahin glücklich gewesen und noch fer-
nerweit glücklich sein möge. irrg. d. liebe i9S ; indem er alle
umstände bereits sehr genau eingesehen, auch gleichsam durch
ein perspectiv fast alles femerweit einsehen konnte. 374.
lebt zumal im canzleistil. auch als adj., wie anderweit.
FERNERWEITIG, uUerior: das femerweilige liebesverständ-
nis sehr gerährlich zu sein schien, irrg. d. liebe 2S9 ; wegen
der fernerweitigen ausführung seines Vorhabens. 333; hätte
ihr allen fernerweitigen umgang aufgesagt. 405 ; erwarte dero
fernerweitigen befehle. Felsenb. 3,114; fernerweitige anwen-
dung auf die erziehung. Weisze kinderfr. 5 im inhaU.
FERNERJIVEITS, adv. wie fernerweit.
FERNEWEIN, m. vetus vinum:
dann fasset er den krug mit allen beiden bänden,
trinkt seinen fernewein, bis dasz er aus den lenden
drauf athem holen musz. Opitz Ztatna 414 (i, 139).
s. firaewein.
FERNGEDCFT, n. die duftende ferne:
des rauhen hüflhorns ton durchschmettert
das ferngedüft. Frid. Brcn im m. u. 179S «. 182.
FERNGEHEND, lote, longe se extendens.
FERNGEHÖRT, fernher zu ohren dringend:
ich will
den Brutus sehn und sterben, triegt mich nicht
ein ferngehört geschrei, so tragen ihn
die seinigen noch lebend her. Brawb Brutus 5, 2.
FERNGLÄN'ZEND, longe splendens: (Dejanira), welche in
zarter wolgestalt am fernglänzenden ufer sitzt und den galten
erwartet. Heisse Ardingh. 2, 73.
FERNGLAS, n. telescopium: er sieht mit einem ausgezo-
genen feinglas gen himmel auf. Otho 405; ein geistliches
perspectiv und ausgezogenes fernglas ist dieser sprach, ebenda;
unser schwaches äuge, als ein viel zu kleines fernglas.
BuTSCHKT Palm. 24;
nutzt nicht der grobe pBug, die egge mehr dem Staat
als ihm ein fernglas nutzt, das dir entdecket hat
wie von Cassini schnee, von Huygens weiszer erde
im fernen Jupiter ein land gefärliet werde? Hagedor!« 1, 13;
und siebt die weit kaum einen feiertag,
kaum durch ein fernglas nur von weiten. Göthe 12,36.
FERNGUCKER, m. tubus opticus, fernrohr, nd. kiker,
FERNHER, aus der ferne her:
ein fernher zugeworfner kus. Wihand 5, 98;
fernher blinkt der alpen kette,
schon erathm ich Schweizerlufl. A. W. Scblegel 1,237.
FERNHERTREFFEND, exrjßöloi, in dieser und den folgende»
bildungen ist bloszer anschub, keine echte composition, weJialb äe
auch weit hinter den rjrieelaschen Wörtern zurückbleiben:
scheut den femhertreffenden Phöbus. Stolberg 11,4.
FERNHIN, in die ferne hin.
FERNHINDONNERND, eiovonr^s:
fand den fenihindonnerndea Zeus. Siouuc 11,31.
FERNHLNTREFFEND,
kund uns thu, warum
der fernhlntreffende so zornig sei. Bckgkr 142\
FERNIG, v«tus, vorjährig: deine kele wie guter wein, der
meinem freunde glat eingehe und (icli) rede von fernigem.
holielied 7, 9 ; mein freund, ich hab dir beide heurige und
feraige (jfrüchte) behalten. 7, 13, vulg. poina nova et velera,
bei WiLLiRAX obaj niwaj unte alla;; wo ist der fernig schnee?
es ligt bei den femigen biren. Yh^^k sprichw. 1,37'; sagt vom
feraigen schnee, wie ers vom groszvater hackeleback gehört
hat. Garg. 131'; ferniger wein, vinum annolinum. Frischlm
nomencl. 297; fernig getraid, frumentum bihomum. Hexisch
1072,18; das sind femige wölken, wölken vom vorigen jähr;
er wer heut, gestern ferniger zeit todl gewesen. Pab&celsgs
1,36'; I^vater hat zwar nicht geschrieben, aber heuriges und
ferniges beigelegt. Haiian.'« 6, 264. Bbant 93, 10 setzt es aber als adv.
und ist dann vämig böser hür,
es is/ in diesem jähr schlimmer als in vorigem, s. fern und firn.
FERNLAND, ri. terra remota, peregrina:
eh ihr auszieht
in das feruiaud. Göthi 40, 416.
97
1539
FERNLÄNDISCH — FERNSEN
FERNSEULIG — FERR
1540
FERNLÄNDISCH, pcre/)nntt!!. Stieler 1064.
FERNMAHLEHEI, f. Götiie 44,3.
FEKNNIS, f. distanlia, ferne: als er in vun fernis hat er-
sehen. KtisERSBEnc pred. 1, 52'. orftT «s/ w fernes, ferns ? docli
schreibt auch Maaler 427' von vcrrnusz, ]>rocul. vgl. weilnis.
FEHNHIECHEU, m. conjcdor futuri. Stieier 1530.
FERNIUECHIG, sagax. Stieler 1531.
FERNROHR, n. telescopium:
der Vorwitz lept .«ein fernrohr aus der band.
besorgnis späht nicht nach der zukinid nüstcn. Salis 147;
die Schönheit der weit steht grosz und naii
vor des menschen natürlichen äugen da,
du brauchst nicht, um sie zu erpreircn,
fernrohr und kleinsehglas zu schleifen. RL'ckert 316.
FERNS, jirocul, analog dem ferners, rieUeichl gar ein Überrest
des uralten ferns, fers für ferr? vgl. fernsen. Iaither in der
predig über das erst buch Mose 1527 schreibt 1 Mos. 21,16: da
nu das wasser in der flaschen aus war, warf sie den knaben
unter einen bawm und ging hin und salzte sich gegen über
feras eins bogenschosz weil, die ausg. der bibel 1545 hat
aber 'von ferns'. das alle teslanienl Basel 1523 ebenfalls, wo für
bäum steht sirauch, für bogenschosz arnibruslschosz. auch
LcTBERS sehr. 4, 476 'von ferns'. die Zürcher bibel von 1534 : von
verrnusz ein armbrusischulz weit, aucli andere stellen gewähren
'von ferns', nicht das blosze 'ferns': Petrus aber folgete im
nach von ferns. Malth. 26, 5S; und es waren vi! weibcr da,
die von ferns zu sahen. 27,55; bunde, die sie von ferns
lassen herholen. Spangesberg jngteufel y3'; das kraut sieht
wol von ferns dem fenchel gleich. Tiilrneisser infl. wirk.
aller erdg. 66; von ferns dröwen, es hat noch kein noth, in
diem est quod tninaris. He.msch 1071, 61. ferns und von ferns
verhallen sich uic fernen und von fernen.
FERNSCH.\U, f. sjieculalio ex longinquo.
FERNSCHAL'EN, aus der ferne, in die ferne schauen.
FERNSCHAUER, m. der weither, weithin schaut.
FERNSCHEIN, wi. fiersjKctive.
FERNSCHIESZEND, longc feriens, der fernschicszcndc blitz ;
der maustüdtenden, siiszstimmenden, ferrschieszcnden sonne
[Apolls) kinder. Fischart groszm. 77.
FERNSCHEINEND:
unter dem wagen des pols liegt hier langhalsig ein eiland,
welchem zunächst sich im kreis vorragende hölieii umliorziehn
und fernscheineiide thäler, am äuszersten rande der meerbucht.
Orpheus .Arg. H'i.
FERNSCHMETTERND:
der aus schrecklicher band fernschmctiernde Icuclitungen
sendet. Voss.
FERNSCHON, in der ferne, von fernher schön, s. feldschön,
denn in mehrern Zusammensetzungen begegnen sich feld und fern.
FERNSCHÖNHEIT, f die aus der ferne scheint, auch per-
sönlich: sie ist eine fernschönhcit, sie ist in der ferne schön,
nicht in der nälie.
FERNSCHREIREKUNST, f telegraphia.
FERNSCHREiRER, m. telegraphus: ich wünschte nie Napo-
leon unterwegs zu sein, weil ich vor jedem frischen kirch-
tburm zusammenfahren müste, da jeder mir sich als den
Zeigefinger, reiscbaroincter und fernschreiber der vcrdainmien
huldigungslangwcile vorstellte. J. P. dämm. 77.
FERNSCHREIREREI, /. er werde diese fernscbreiberei
lesen können und ihm dafür ein paar groschen schenken.
J. P. flegelj. 2, 17.
FERNSCHRIFT, f. telegramma.
FERNSCHWEDE.ND, procul pendens: der fernschwebende
Schimmer. Kmnger 4, 24S.
FERNSEHEND, longe progpiciens, fernsrhauend : höre an den
rath der fernsehenden leute, denn sie haben keinen samen
des basses in ihren herzen, pers. baumg. 2, 9 ; der könig
hatte einen Ireflicben ralh, redlich vun gemiilh und fern-
sehend. 7,21; das tiefsinnende und fernsehende Schicksal.
Kl-ltCER 7, 251.
FERNSEHER, m. 1) propliela.
2) trlneopium: wer sein lebenlang in einer düslern höhle
gesteckt bat, was wcisz der von einem fcrnseher zu sagen,
wodurch man auf zehn ineilen weit sehen mag? per*, baumg.
7, 29.
FERNSEN, was fernen 1,*.', bei Stieler 470 fcrn-ien, firnsen :
e« fernst tio un widdrit. Arkold ppn(j»tm. 147,
90» willle, »cileln -» fernsen;
mancher T-rntl wol,
»orro mrinn Im rr nnll {null). I,fm<i\<ii 37,
minuU praesenlia famam ; der wein fernst orfer firnst, rrlnsta-
lem sofiil hoc vinum. andere schreiben und sprechen fcrnzen,
doch hat lernsen die anulogic des ags. feorsian.
FhliNSEl'LIG, rarseulig, wenn die seulen weit ron einander
stchn. (jcgensalz zu feinseulig.
FERNSICHT, f. ferngehende, weilersireckte ansieht oder uns-
sicht: dasz er in hober freier luft sich einer solchen fern-
sieht mit stetem wolbehagcn der äugen so lange jähre er-
freut habe. Götue 4S, lio; blaue fernsichlen.
FERNSICHTRAR, den sp. 1532 unter fern 1, 1 angezognen
vers ändeiic Voss späterhin in:
dasz es fenisichtbar aus der mecrflut w.'iro den männern.
Ott. 24,83.
FERNSICHTIG, fernsehend.
FERNSICHTIGKEIT, f vermögen fern zu sehen.
FERNSPIEGEL, m. wie feldspiegel : so wir uns selbst
prüfen nach dem brennenden fernspiegel der zehen gebot,
so kans nicht fehlen, unser eigen herz musz bekennen:
keine sünde, deren same nicht in mir liegt. Otho 1180.
FER.NT, anno praelerito, mhd. wb. 3,302: kütz kalz (I. kilz
katz), vom zumpfen ! du fraszest mir fernt auch einen, de
fide concub. 134. häufig dem heuer entgegengesetzt :
was ich sol heur vcrzercn,
das hab ich fernt vertan. Uhla!«d 5SI;
vom selben doctor hab ich fernt
vil kostlicher decept gelernt. Alberus Esop 133';
sie järlich, sowol fernt als heur
sich leszt purgieren im fegfeur. unnskönig E4';
ein markbucsz Stammer (Slammhcimer) Merten von fernt her,
hat ein jungen buchbanm ahgebawen im buchwald als die
nachbar zum rucgegericht waren, anno 1570. markbücldein zu
Rodcnbach (i. d. Welterau) beim j. 1571; daraus volgt, das der
weit glaub, so in ircm allen wcsen und haut unversetzt bleibt,
heur als fernt kein glaub ist. Frank paradoxa 133" (142).
unrichtig: beut wie fernt. Lehmann 103. s. fert.
FERNTREFFEND, sy.r,ß6}.os:
die hekatombe des ferntrelTenden
Apollon. Borger 14"'.
FERNTREFFER, m. ey.äsQyos:
fliehest du schon, ferntrcITer? //. 21,472.
FERNCNG , f. ferne, Untergrund, reressus: die paleltc
erschöpfte sich schon an den fernungen. Mevkr bei Gölhe
37,345; andere bäume im mittelgrund und etwas fernung
macht eine schöne landschaft. Hackert /»d CiV/ic 37, 359 ; da^
undeutliche was in der fernung herscht, zu zeichnen. 37,360;
von der fernung an bis auf den vorgrund. 37,362; fernungen,
mittelgrund, vorgründe, ebenda; seine vorgründe eben so scbüii
als fernungen und miltelgründe. 37,365;
frischer dünstet der ihau. tiefere dämnienme
spannt den trübenden flor über die fernung bin. Salis 56;
wenn sieb die frühlingsblum entfaltet,
(preis ich) Pamphilis anemonenilur
doch ach, bis diese brüst erkaltet,
aus öder fernung nur. Matthisson 234.
FERNVERWORREN,
und ihm deucht, oh aus den tiefen
fcrnverworrne stimmen riefen.
I.EJtAf neuere gcd. 26.
FERNZEL, n. f. mensurae aridac genus, scheint verderbt aus
vierzal, oder kann fern, firn ans altn. fernir mahnen? im
Ravengirsburger hundgeding von 1442 heiszt es: und sal also sin
die masz, das sieben siester und ein halb melmasz sullent
glich sin an der giosze einer fernzel. weislh. 2, 176, 2 viernzel
1, 664, vierenzal 4, 257; vgl. Iiunther cod. dipl. rlienomos. 4, 413 ;
sie schenkten dem kaiser 60 viernzel baber. Stumpf 669. nach
Stai.der 1,369 enthielt das Baseler viernzel zwölf viertel oder
2-l~ pf und körn, 2X' pfund haber. Oberiin3'n7 aus einer Urkunde
von 1409: der bof von S. R. git vi malter und ein fernzal
körn, nach dem Habsburger urbar dritthalb viertel, s. Pfeikers
ausg. 362. iii vierdenzal, vi viernzal pellen. Wachehnaghs
Walther von Klingen s. 30. 31. man latinusierle auch virnderella.
FERR, FERRE. procul {vgl. j>roculus), golh. fairra. ahd. fiTm.
mhd. verrc; sp. 1527 sahen wir, dass hin und wieder 'for" ije-
schrieben, 'fehr' gedehnt wurde, sp. 1532, dasz allmdlirh 'fern'
die Oberhand gewann, das alle rr hielt aber bis ins 10 jh. noch
lange stand, bei MEGEMnERC liest nuin allenIhaUien verr, i. I>.
00,23.131,20. gar verr 11«, 18; DAsvponiüfi jrAn<* ferr, Fni-ir^
und Maaler verr, gar verr, vnst ferr, nit verr, so verr l.'<.',
und die Ziiricher bibrl, welche Luthers Übertragung der schnn-
ZCriiChcn ?»<'"■'■"' ••■■ir,-lil -n vi,>rhin \Uiltl trrltiusclll dr<SCn fiT'l
1541
FERR
PERR — PERREN
1542
mit verr. an der identitdt von fairra, ferro, verre mü lat.
porro, gr. tio^qoj Idszt sich nicht zweifeln, hinter welchem aber
nöpaco liegt, tcäiirend unser ferre in ferne ausgelU; demselben
laiiiwechsel begegnen tnV in tunis, ti^^qis für ri-gais neben
aJul. turr, turri und turn, mhd. turn, nhd. thiirm (itie mhd.
vann statt \arn); wurzelhapem por, per, fair, fer, tur traten
bald s, bald n hinzu, fern (procul) hat in fairni, firni retus,
und lit. pernay beslätigung, ferr (anno praeterito) in Tvi^'Oi ==
Ttioat. vergangenlieit und zukunß reichen beide in die ferne,
dasz aber goth. fairra aus fairza entsprang lehrt nicht nur die
analogie ron airzjan = ahd. irran, sondern auch das im ags.
feorsian tcie im nhd. fernsen haßende rs. vielleicht gab es ein
uraltes ferns für filrn.
I) adcerb.
1) allein neben dem verium: ahd. irö herzä ist ferro fona
mir. Maith. 15, 8 ;
nhd. griisz euch got, künic, lieber Herr
wir kummeD do herein aus eim tlorf nit ferr,
das iigt zu aller nechst dauszen, do die Pegnilz«her Deuszt.
fn$tn. 78,7;
wir haben zu lauren ferr und weit. 419,27;
die Jesabel, kfing Ahabs weih,
hat ferr verjagt Helie leib. Schwarzembebg 156,2;
ich musz noch ferr. Mlrser sclietmenz. 73, 10;
was hab wir mer?
nu tragt uns her,
drei haselhuner sein uns nit ferrl
tischlied in Wolfs zeilschr. fiir d. mylh. 1,467;
die waren nit ser ferre. Uhla;«d 496;
DU bin ich doch heut ferre gangen,
dasz ich müde worden bin. 779;
einer sitzt nah, der ander ferr, der dritt sitzt in der mitt.
Keisersb. pred. über das alph. 2 ; ferr und nahend, buch d. l.
91, 1 ; der ritter wol empfand, dasz die stund seines letzten
elends nicht ferr war. 258, 1 ; o nein, das sei ferr ! bienen-
korb 96*; doch lief er nicht ferr. Amadis 3S8; und hengt
seinen gelüsten den zäun also ferr. 362;
ein guter eseJl, mein liebef herr,
der fromme ritler ist nicht ferr. Dedeki<«d miles 2, 5;
wer weit nachfragt, der gehet weit ferr. Lehmann 209; fusz
vor fusz geht man auch ferr, nur dasz man später in die
herberge kommt. S2.
2) mit folgendem von :
in kummer gieng ich ferr Ton haus. Schwarze5berg 150,2;
ferr von dem beinhaus. Wickram roWir. 52; auch fand die
schlang Evam aliein und ferr von ihrem gemahl. buch d. l.
291. 3 ; pfui, pfui, das sei ferr von uns. bienenk. 34 ; und
indem sie also sprachten, sahen sie dasz Galaor schon fern
von in. Amadis 366;
und dasz er seinen lust erfüll
er gottes wort ferr von sich zwinget. Weckbkru» 36;
ferr, ferr, Jerusalem, sei von uns dise schand ! 294.
3) mit folgendem darvon oder von dannen, anhin, oben,
unten: aber ir gemüt war verr darvon. Steixböwel Esop lOl';
des königs volk war nicht ferr darvon buch d. l. 270, 2 ; des
Ladasin schlosz, welches nicht ferr von dannen gelegen.
Amadis 370.
4) de lange, longe infra, sursum: als ob er von verre etwas
sähe. Steinhöwel Esop Itl' ; der wolf trank oben an dem bach
und das lamb ferr unden. 2S ; du must lang da sitzen, ee du
ferr anhin kompst zu gewalt und eer. Keisersb. brüsaml. 59'.
5) i"or comjmrativen : vcrr grcejer, ueit gröszer. Megenberg
85,4; verr lenger. 155,22; verr lieber. 304,4; verr anders
{longe aliler) reden. 430, 7.
6) bei vorangehendem so :
ich bin so ferr in tiefem tal,
dasz mich kein mensch nicht hören mag. Uuland 143;
du bist so ferr in tiefem tal,
dasz dich kein mensch nit hören mag. 144:
ich reit nicht gern so ferr hindan. 346;
und wirfet sie von sich, so ferr als der est von westen, der
morgen vom abend ist. bienenk. 106*.
7) conjunciioncll: so ferre meiner ehren nichts venveislichs
erfolge. Galmy 26; so ferr und so lang als es ir geliebt.
bienenk. 30*; wir wüllen warten bisz ferr Susanna kümpt in
garten herausz. Frischlin Susanna 248, oder zu bessern fer
(frau) S.?
II) adj.: über verreu lanl. Megenberg 179,4; über verreu
mer. 303,3; von vcrien landen. 138,24; wan vil mit einander
über feld gnnd ein ferrca weg als bilger oder kaufleut. Kei-
SERSBERC omeis 15;
ein gwisse botschafl überall,
die ich weit schick in ferre land. Mlrners schelmenz. 3*;
ir lieben brüder lobt den herren,
der uns drei jähr in also ferren
landen, zu Babel hat erhalten. H. Sachs III. 1, 143':
mit glüenden kolen den mist von fenem umbiegt oder umb-
zeunf. Frank wellb. 17'; wiewol er so ein ferren weg von
seiner allerliebsten herzogin war. Galmy 63 ; von ferren lan-
den herkommen. 123 ; sich zu öberst in ihr gemach füget,
da sie dem ritter einen ferren weg nachsehen mocht. 209 ==
buch d. l. 64, 1 ; von ferren landen her. 272, 1 ; der graf, dem
solche gedanken von der frauwen ferr und fremd waren.
Bocc. 1,102'; umb des groszen guts willen, das dir gott,
weil {quam diu) du noch ferr und feind wärest, kluge tceise
reden 1565, 131*. 1570, 139' ; gott kennt das hohe von ferrem.
1570, 367" ; der herr wirt wider dich bringen ein volk von
ferrem. Reiszner Jerus. 2, 125' ; sie nu von ferrem dem Area-
laus mit des Amadis rüstung ersahen. Amadis 224; wie der
könig Lisuart von ferrem drei gerüste ritter kommen ge-
sehen. 255; das glück, welches oflermals viel ferre mittel,
wo man sie betrachtet, erfindet. 315; legt er sich in ein
kostlich zugericht bett, darinn er gleich entschlief, als der
so des ferren wegs und gethanen reis halber sehr lasz war. 409 ;
zu zeigen an, das wie sie könten
den hirs warm lifern an ferrn enden,
also^eren sie allzeit gwertig
zu iffbnen iren freunden fertig. Fischart gl. schif 190.
III) Steigerung, ferrer, mhd. vSrrer, ahd. ferror:
wir müssen heint noch verrer gan. fasln. 788,24;
vil verrer. Megenberg 110, 11; ferrer, porro. Dasyp. 190'; her-
zog Reinharls lob verrer zu melden. Aimon rorr. ; und von
dann ferrer an die ende dahin er ew bescheiden wirdet.
Cbmels Maxim, s. 296 (a. 1508) ; ferrer solle und mag. statsp.
Karl V s. 474; so laszt ir mt. inen den churfursten feirer
anzeigen, ebenda; war dem feinde ein herz gegeben weiter
zu reden und ferrer zu versuchen, buch d. l. 291, 4 ; als sie
ferrer wollen reden, hat er inen ein zeichen geben sie sollen
schweigen. Reiszner Jerus. 2,139'; hierauf rannten sie so
grob wider einander, dasz ire lanzen in stücker zersprungen,
doch ferrer keinen schaden theten. Amadis 202; alsdann
zogen die zwo frembde jungfrauwen one ferrer sprachen
widerumb hinweg. 216; bedenkt euch, ob ir ferrer meiner
hülf von nuten sein. 223 ; dis der Arealaus ersehende zöge
er one ferrer sprachen seinen weg hinder sich. 225; aber
ich bitt euch ferrer, laszt uns hie nidersilzen. 259.
FERRE, f. absentia, distantia, ferne, enlfernung: die ferre
meins mannes. ßocc. 1,102'; bitt ich euch, wollest ingedenk
bleiben und mein umb ferre des wegs nit vergessen, dann
mich fürwar kein freud noch leid vergessen macht, buch d. l.
61, 4; ich bin auch sonder zweifei, dasz keine ferre des weges
unser liebe ausleschen soll. 247, 2; mich sol auch keine ferre
des wegs daran verhindern. Ga/my 280; mit dem leib gegen-
wertig, mit dem herzen iTi der ferr. Lehmann 1, 272.
FERREN, mhd. verren, geverren {sp. 1536. 37).
1) inlr. abesse, deesse, aftd. ferren (Gräff 3, 061) ;
mhd. sol mir din minne verren,
so muo5 mir minne werren. Parz. 76,29;
der gotes gruo; mir verre,
op mich ie ha; ^ezaeme
swgs ich vom wirte nsme. 436,28;
so verret dir der gotes sSgen. Gerhart 4420.
2) intr. longe prospicere:
sin {des kaisers) ören hcprent dur dfn walt,
sin ougen verrent über velt. MS. 2, 131*.
die bedeulung des nhd. fernen, ron ferne scheinen l'ls:U sieh im
mhd. verren noch nicfit aufweisen.
3) tr. removerc, segregare, ahd. firran, fSrran, ags. feorraa
und feorsian;
mild. Sifrit hate gevfrret dSs künic Gunthßres tot. Nib. 437,8;;
sin rät und boeses fleisches gir
die hänt geverret, herre, uns dir. Walth. 3, 14.
fiAd. wir harrten des Urteils und es ist nit, das heil (/. de«
heils) und es ist gefcrrel von uns. bibel 1483, 357', etspecla-
vimus Judicium et non est, salutem, et elongata est a nubis.
Es. 59,11; es ist, das ein mensch fliehe solicbe ding, die
in uf eine kleine zeit von gott mögen ferren. Keisersberg
selenpar. 47* ; das ander, davon ein mensch entfrömdet und
geffiret wirt von der heimlicheit gottes, dasselb ist dicke
und stUllic'he unmüszigung üuszerlicber gescbeft. 144*.
97*
1543
FERREN— FERSE
FERSE
1544
4) refl. siih verrcn:
mhd. swfr sich abor von ir {der unkeuschheil) Icngel
und vcrrct, der ist ein s.tüc man. lienner 11734;
er ((ier jagiUiund) hat nu für gewunnen
und ferrci sich mir ff^rre.
nhd. sich her dan vcrren. MEGF-snEnc 304, 12.
FERKEN, adv., vie fernen sj). 1537, alul. R-rrana, ferrano,
flg.«. feorrnn, foon'anc.
1) vnabhinfjiij von einer praeposUion:
ilcm wil ich verrcn nach reiten und gen. ftstn. 741,21;
in allen landen verren und weit. 745,7;
derselbe halte ein zan, der ihm als ein clterzan fcrrn aus
dem niundc gicng. buch d. l. 207, 1 ;
dem hastu seinen leib am dünnen aurgerissen
nicht fcrren von der schosz. Opitz 1,"J7;
das fcrren von mir sei. 2,03;
das sei Terren. Löbers Olren 1,52.
2) mü vorstehendem so:
ich waisz gut lemraerwaidc
80 rerren auT jener haide. Uuland 251;
dann so ferren mein hinscheiden von binnen sein wird, buch
d. l. 62,2;
das haus so ferren liegt von falschheit. Opitz 1,60.
3) mit vorausgehendem von : von verren hat ein gevvappel
ros, auf dem ein reiter sasz, geschmeckt ein strit. Cjr///. 2S';
erkandte die königin von ferren. buch d. l. 91, 2 ; höret den
hund von feiren bellen. 92,1;
von ferren schrai sein vetler. Uhlaisd 655;
dan wie Homerus erzelt, wan Juno, Pallas oder Apollo, oder
jemands anders aus diser geselschaft einem ircr freund wolten
en hiilf kommen, so must«n sie vom himel hernider faren
und konten das gebet der menschen von ferren nit hören.
bienenk. 1S5. vgl. ferr II.
FERRENS, de lange, mcislenihcils von ferrens,
mhd. dal der von verrens neme war. Ludwig 3921 ;
ü; des lantgräven hcrc von verrens nach
im reit ein ritler, der dir wol sach. 58e8;
dffr slrit in einem lale geschach,
von verrens, als er raobte, in sach
der »i des lantgräven her
in nach warte. 6!)17 ;
nu hei des gar die mi^re
der ritler brächt, der im nach
von verrens reit und sach. 5959;
der in snichen prisant
hete verrens dar gesant. pass. K. 51, SC;
diz was ein menvunder
von verrens dar gestrichen. 334,29;
da; verrens icht bekäme. 645,77;
von vSrrins zii und nßhir baj. Jeroschis 3113;
ritten in von verrens nach. 22900;
hei leis van vfirrens löfen dö. Karlmeinet 108,11.
nhd. da; feur wirl von verrens gesehen. MECExnERC 72, 33 ;
und da der esel zu weid gieng, da liesz sich der l'urhs sehen
und da in der csel von ferrens sähe, da sprach er 'pfei
dich! was wollest du aber mit mir ausrichten?' buch der
allen freuen 1592,140', wo Hollands ausgäbe 12S, IS viin ferrc
lied, aber s. 230 die Varianten von vernet und von vernis
(j. ferns sp. 1539) verzeichnet.
FERRER, s. ferr IH.
I ERRESBEERE, f. siehe fcrbesbecrc.
FERSE, f. juvenca. s. Hirse.
FERSE, f. calx, nhd. {trie wölke, rabe) um sein n gebrnchl,
welches eine menge andrer Wörter ungebfihrend empfangen, schon
MecE*(BEiic 4S, 2h und DAstPonius 22*. 447' .setzen vcrs, bei
Stiei.er, Frisch, Aueiunc ist ferse Idngd dnrchifdrungen. übel
klingt Luthers versehe, worin ihm manche nachfolgen, noch
iibler das welterauische fcrsrbt. Keiskrsiikik; lnhauptdc fersen,
f/. fersencn, aurJi die Sfhwizer halten das organisciu; versen,
jil. versinen fest, Frisil's 177'.', Maai.kr 430*; bei Stai.her,
Toiii.ER (seihst Sciixem.P.r) steht das worl gar nicht.
goth. fairzna, ahd. fi*rsana, fi'rsinn. li'rsna (r;RAFF 3, 690),
tnArf. »firnen (wfc. 3, 340*), ags. licrsn. CXijm. 56, 17, «;i/. verzen,
nnd. »erscn. den nord. dialeclen ganz abgehend, welche dafür
yfbranrhen alln. h(p|l, tchw. ddn. hül, aijs. hei, engl, becl, nnl.
biel, wofür ein ahd. huol zu erwarten wUre.
' :i, ein zeuge für dir niUirre nrirundtsrhaft zwischen goth.
miniihiit, i.%t uralt, iJ,r. pärniii, i/r. nvi'ffvf, p durch
. uirin rinili;, n ji>/.nii>i, iiLit i= Ttiit} ". liil. pci li;i.
die zwar meist schinke , doch auch noch ferse bedeuten, vgl.
pernio ein fersenübel und pernix, schnell, gut auf den fersen,
auf den beincn. ferse, TiT^orn ist der untere, niedere, hintere
Iheil des fuszes, wir sahen vorhin, daxz fern, nach beiden enden,
das vorige und känßige ausdrndd; sollle niclit auch fairana un-
vüllelbar mit fair, fairra, fairza verwandt sein? das sl. pr'st',
lit. pirsztas für fingcr könnte auf ähnliche wem die spitze, das
üHszerste der hand bezeichnen: die fersen ist das uszrest und
niderst teil. Keisersb. hell, löwe 21 ; von der fersen bis zu
der Scheitel, schif der penit. 37'.
das lat. calx und calcaneus gehören zu calcarc, auf die ferse
treten, und herüliren sich sicidbar mit jenem h«^l, hrell, sowie
dem ir. sal, gal. sail, lit. kulnis.
1) Luthers und du wirst in in die verschon stechen. 1 Mos.
3, 15 erreicht das insidiaberis calcaneo ejus der vulg. und das
TTjorjasis avTov nrBovaj' der LXX niclU, weil das lauern auf
die ferse lebendig mahlt, wie der Verfolger dem nachstellt, was er
von dem fliehenden zuerst erlangen kann, was nachkommt, heiszt
es, schlägt die fersen wund, und in den sagen retszt die zu-
schlagende thür noch ein stück der ferse des flüclUigen ab. dalier
auch: dan wird eine schlänge werden auf dem wege und ein
Otter auf dein steige, und das pferd in die fersen beiszen,
das sein reuter ziirücke falle. 49,17; der strick wird seine
fersen hallen nnd die durstigen werden in erhaschen. Wob
18,9; sie halten zu häuf und lauren und haben acht auf
meine fersen, wie sie meine seele erhaschen, ps. 56, 7, vulg.
calcaneum meum observabunt, LXX itjv jtTtf rav fiov
(fvXn^ovai. denn ist mein ketzcrbiichlin {die lieüige schnß)
recht, so mag er mein scheblimini in die fersen beiszen.
Luther 6, 321'.
mhd. du lägest ire vSrsene,
da; tu sie mögest gehecchen> fundgr. 2,20,26;
da räraenl die slangen
dem wibe der versen. anegenge 18,58;
ir virscne si dir erloubet. Diemer 10,7;
und schriet die swerlschcide
und die sporn beide
hinder dvr versencn dan. [w. 1117.
2) die fersen weisen, zeigen, geben, it. mostrare il cal-
cagno, nnl. de hielen toonen, sich auf die fersen verlassen,
mit den fersen hinter sich hauen, schlagen heiszt fliehen, den
rücken wenden, voltar le calcagna; einem auf der ferse sein
oder liegen {wie in den eisen, sp. 366) lieiszl ihn verfolgen,
hinter einem her sein:
id mach lichte also geschein,
dat ir uns sullet lassen sein
ür versen ofTcnbäre. Karlmeinet 188,62;
das gar zu grosze vertrauen auf seine fortan, welche ihm
bishero in keiner actinn fast die fersen gewiesen. Chfu.mtz
1,207'; welchs als es der mönch ersah, das nur ir sinn zu
fliehen und zu fersen geben stund, stieg er von seim ros,
trat auf ein gro<zcn hiigel und mähet mit ausgestreckten
armen mit seiner fochlel unter diese lldchtige brotverderber,
wie ein anderer todtenvorläufer der höllen. Car^. 2:>7* ; nach
der Schlacht, darin Heinz das hasenpanier ergrilTen und mit
fersen hinter sich gehauen hatte. Luthers werke ed. Irmischer
26,49; und also ward nur einer uberig, welcher, weil er
sähe, wie das losz auf seine gesellen gefallen, den rücken
keret und mit verschen zuschlüge. Amadis 358;
und do der wirt wolt haben gelt,
du (Iraf ifhs loch w"ii iibers feit,
mit meinen fersen bMit ich das,
was an der kcrlien zeirlincl was.
MuRixKR scticlincnzunfl 15' (1512 b1'),
ich machte mich auf die bcine, ohne zu zahlen ($. fcrsengeld);
ereilende schrecken
hcrieion sich an die ferse der Huclit. Netsias 3,152;
als die im släts in den fersen lagen {Htm nachfolgten). Srnv-
iniuKt. dec. 47S, 2:i ; und immer den Tcutschen in den fersen
gelegen haben. Micräi.ius 2,130;
kommt er von lorn orhitit mir auf der fersen n.nch.
nnTrims I, 201;
immer glaubt herr Klotz mir auf den fersen zu sein. Le«sinc
8. in ; er wird ihnen an den fersen sein. (Iöthk s, «4. 42, 120 ;
Wilhelm sprang, ohne sich zu besinnen, die treppe hinab
und Mignon folgte ihm an den fersen. 10,210;
ir« landvojjn reilrr sin.l ihm auf .\rn frrsrn. SntittM 51s* ;
,m( den frrsi-n fnlpt der lod mir, n i. «rhwirrt
III durchbohren meinoii hu<nii. i' 1 diircli-
U«hr ^ I i, in«.
1545
FERSE
FERSENBEIN— FERSENGELD
1546
ein andres 'die ferse geben' als jenes fludtl ausdrückende be-
deutet aber den sporn geben, mit der ferse ansjmnen in dem
eytgramm Lessisgs auf das ffcrd Friedrich Williehns:
ihr bleibet vor verwundrung stehn,
und zweifelt docii an meinem leben?
laszt meinen reiter mir die ferse geben,
so sollt ihr sehn! l.'ii.
3) in einem Hede Neidhärts hdszt es bei Benecke s. 445 :
nu tritet mir der meier an die versen,
ja tniwe ich einem stolzen ritter wol gehersen,
«n bauer drängt sich zu mir, die ich änen stolzen riUer behersche,
andere handsrhrißen lassen die loclder der mutler antworten:
setzet ir mir den pawrn an die versen,
gießet ir mir den meier an die vßrsen,
setzt oder srhfUlet ihr mir den bauern vor die füsze, völlig ab-
«•(vf/iCTid aber lautet die 1,791 angezogne lesart:
giejent mir den meien 'under ougen',
ich minne einen stolzen ritter also tougen.
den imperaliv behallend schreibt Haupt 27, 21 :
giejet mir den meier an die versen !
vnd sielU dann, mit recht, veracliiung ausgedrürkt, irie sie auch
»« setzen, werfen, scLiitten 'an die fersen' l<lge. die kuh im
märchen bittet sogar, dasz man ilir die gemolknc milch 'auf die
klauen' giesze {oben sp. 11 9S). das gieszen des mais ins gesichl ist
leicht richtig und kann sich auf eine alte frfihlingsfeiir beziehen.
4) noch andere redensarlen der vorzeit sind uns entfremdet:
zippehehen, schocken dar,
strichen mit den vßrsen,
swer daj kan, des nirat man war,
dem kan nieman gehörsen. ilSH. 3, 2S3';
das ich dein liebe mug erkennen,
lasz dir ein mark an die fersen prennen,
so kenn ich dich aus andern knaben
lind merk, das dti mich lieb tust haben.
die grosze lieb mich ubenrant,
das ich wart durch mein fersen prant. fastn. 123,35.
solch ein brennen tcürde den fusz lähmen und mag als strafe
vorgekortimen sein, von einem mtUtersöhndien sagte man, er sei
seiner mutier an die fersen, an den fersen gewachsen: ja
gesclnveig unser katzerueines, seidenspinniges külhlein Grosz-
wustier, der warlicb seiner mutter nicht an den fersen ge-
wachsen ist, das man ilun also die hüllenküchlein verbit-
tci1e. Garg. 47'; sie fand die allermeisten gaste schöner an
der ferse (trenn ste fort gtengen) als an der nase. Gotthelf
eizäld. 3,215.
5) es geschieht oft, dasz füllen ihre Stuten mit fersen schlagen
(ron undankbaren hindern). Lehmann 192. der erst der eraus
kam, war rötlicht, ganz rauch wie ein feil, und sie nenneten
ihn Esau. zu band darnach kam eraus sein bruder, der
hielt mit seiner band die fersen des Esau. und bieszen in
Jacob. 1 Mos. 25, 25. 26 ; die hohe stad nidrigct er, das sie
mit füszen zutretten wird, ja mit fiiszen der armen, mit
fersen der geringen. £s. 26, 6; mit fanst und ferse losschlagen.
Wieland 24, 2S ;
eh an die ferse lockten wir selbst durch gräsziiche thaten
uns die Erinnyen her. GöniK 1,203;
ganz nah an der ferse begleitet die noth. 41,313;
seid ihr geistlich, so zittert, wir heften uns dann an eure
fersen, spähen alle eure privathandlungen aus. D.aulmann
'r. rcroi. 410 (409).
6) meine gesellen haben gedieht
ein hübschen stolzen tritt,
der ist nach dem hof gesitt,
si tretten hin auf den zchen,
,das si nit gen auf den versen. fastn. 3%, 34. 446,14;
mild, da wart ze tal gesenket
diu versen mit uumuos^e
und w.irt mit liolem fuoje
der »tegereif da wol getreten, tr. kr. 309C5.
7) rock der bis auf die fersen reicht, tunica talaris: das
Joseph ein langes kleid habe gelragen bis auf die fersen.
Dltsciiky kanzl. 775. bildlich, einem gelehrten nicht an die
fersen reichen.
s) aufbrurh, bersten der ferse vor kälte, böse ferse, lal.
pernio. Hemsch 1072,32: solche brühe hilft wol den erfror-
nen ferschen. Tabernaemoxt. S15; solch öl sei gut angestrichen
wider den brand imd die erfrornen ferschen. 1014.
!)) a«f/» den thieren werden fersen beigcU-gt, z. h. den pferden
(s. 5), selbst den bienen: die fersen sind inwemÜg mit haaren
lieselzt, womit sich die liieno putzen kann, an der ferse der
binlerbeine stehen die banrc in reihen, so da.<z sie wie eine
bürsle ausseben, auswendig sind die fersen glatt. Gundelach
naturgescJi. der honigbienen. C<issel. 1S42 s. 10. Orrrz läszi sogar
eine taube ferisengeld geben.
10) ferse, spitze edic eines landes:
schon der Phöniker gescblecht, das nab an der tauchenden
sonne
wohnt auf der äiuzersten ferse von Lybia, starrt voll Schreckens.
Voss Theokr. IG, 77 (ay.oov ofvoäp).
FERSENBEIN, n. os eakaneum, malleolus, knücliel, ofioov,
laius, fr. talon. steife haare laufen auch vor dem fersen-
bein her, so dasz sie mit der Vertiefung im fersenbein eine
art körbchen bilden, in welches die bienen den blumenstaub
sammeln und nach hause tragen. Gundelacb s. 11.
FERSEiNBEISZER, m. nennt Luther die schlänge, den tenfel
nach 1 Mos. 3, 15. wenn die Christen mit dem teufel oder
fersenbeiszer nicht im kämpf sind, so ists kein gut zeichen,
denn es bedeut. das der fersenbeiszer fiiede und seinen
willen hat. 6. 54l\
FERSENFLECHSE, f.
FERSENFLCGEL, m. flfigH an der ferse, wie Mereurs.
FERSENGELD, n. nur in der redensart fersengeld geben,
fugere, terga vertere, davon laufen statt , zu kämpfen oder zu zahlen,
mit den fersen zahlen (s. Mlbners stelle unter ferse 2). bc^m.
patami plalili, od pat platiti. schon mhd., doch mir teiBosE«
und Ottocar:
alsus behuop der küng sin leben,
sin vinde muosten alle geben
versengeld, daj was vil guot. Bon. 100,87;
die Unger g-bcn versengeli,
an diemarich ubt-r velt
in was ze Dieben gäch, Ottoc. 70';
und gäben fersengelt {es stäU (lirsewgelt)
fluchtig über velt. 72S";
nhd. solchs musz er holen über feld,
damit so geit er fersengelt. Schwarzesdkrg 120,2;
gib fersengelt. Scheid yrobian. P 3 ;
so thun sie eilend fliehen und rennen
und räumen ir läger und zeit
und geben weidlich versengelt
den nechsten (d. i. weg) wider in ir land. H. Sachs IIL 1, 34' ;
wo du änderst wilt bleibn bei lehn,
so magst du wol versengelt gebn,
ehe ich dich erstich vor ipeim haus. Atrer fasln. C9';
da fleisch, tod und teufel fliehen und fersengeld geben müssen.
LtTTHERS 6r. 3, 3SS ; die Teutschen haben die Behemen etlicb-
mal mit fersengelt geschlagen. /iscAr. 377'; die Franken geben
versengelt. Aventin löSO, 261' am rande; das sie musten ins
letzte fersengeld geben. SceCrz Pr^iszen 99; dann die kost
es wenig, wann sie es mit ander leut gut oder mit fersen-
gelt zahlen. Garg. hi*; welchs als es die feind horten, meinten
sie es weren warhafle teufel, fiengen derhalben all an mit
verschossenem zäum fersengelt zu geben. 254'; fersengeld
geben. Harnisch 202; es ist ihme aber dermaszeu mit gehö-
rigem ernst unter die nasen gepfiffen worden, dasz er mit
seinen durstigen ülbergern zeitlich widerumb umbwenden
und das versengeld mit schimpf und spott naher Homburg
geben müssen. Reinhard tcerlhtim. gegetibericlU 1, 253 ;
zwar durch die sporn wird seine schand,
schand? nein, sein fersengelt bezahlet. Weckberu5 816;
meint ihr wol, sind sie gehelmte hascn.
und kommen fersengeld zu geben in den krieg. Oprrz 2,31;
wie, wann die taube sieht den habicht auf sich fliegen
und giebet fersengeld. 3,266;
itzt, weil er dich verspürt, so gibt er fersengeld,
ja selbst mein fleisch und hlut musz mit ihm reiszaus geben.
Chr. Grtphius poel. irti/der 1,'J5;
aber sobald sie mich und mein gold sahen, eben so bald
gaben sie auch fersengelt. Simpl. K. 264 ; und würden ihr
mordliches vornehmen ausgeführet haben, sofern nicht als-
bald einer aus den bausgenossen zur hintern Ihür hinaus-
geloffen und die wacht vom ralhhaus abgehoiel hätte, auf
derer ankunft sie das versengeld gegeben, fr. Sintpl. 2, S5;
hierüber entwischte der weinwütende burgerraeisler von der
tafel und gäbe (?mit) seinen füszen das gebührliche fersen-
geld. Arele 5, 219 ; er liesz mir das kleid in bänden und
gab fersengeld. Weise keuscher iosefih 87;
so zahl ich euch mit fersengeld. Platin 193*.
slaW fersengeld Aal Weinhoid achles. icb. 19* fcrsenbrotel geben
dasz diese ausdrucksireiie langst auch nd. war, erhellt aus einer
slelle rf<v Ssp. 3, "3 : latel sie (acc. jil., die Wendinne) ok irc
man {nom. j>/.), also wendisch recht is, sie (</te rnänncr) muleQ
1547
FERSENIIÖCKER — FERT
FERT — FERTIG
1548
irme berren die versne pcnninge geven, dat sin dri Schillinge.
die Wenden durften ihre weibir enllassen (reptidiare), hallen aber
dafür, dasz sie die weiber mit dem rucJcen ansalten, Uinen die
ferse zeigten, d. h. sie rcrlicszen, dem lurrn die fersenpfennigc,
drei scitillinye, zu entricfUen. Hümeyer s. 389 hält das erste sie
für den nom., das folgende man für den acc, wie ißammatisch
zulässig ist, doch hat die alte lateinische Übersetzung 'repudinntur'.
versnepcnning leitet er {gleich Wohlbkück Lebus 2, 2GS) ton
fUrse, juvenca, teas durch die form versne, von versen, nicht
von verse, u-ie durch die analogie des hd. fersengclds widerlegt
wird, kommt für dieselbe abgäbe auch 'kuhpreniiig' vor, so bc-
ruJit das auf einem frülu-n niisverstand des 'versnepenning'.
FERSENÜÖCKEH, m. tuber calcanei, die erhabenlieit auswen-
dig am fersenbein.
FERSENKITZEL, m. wir fühien den körperlichen achsel
und fersenkitzel halb willkürlich. J. P. aesth. 1, 163.
FERSENLEDER, n. zeUschr. für kullur 1, Sl.
FERSENLL'ST, f endlich gehört es noch zu den vorlhci-
Jen dieser äugen und fersenlust, dasz die kindcr mit kindern
durcii keinen härtern canon als den musikalischen leicht wie
töne verbunden werden. J. P. 36, 107.
FERSENRITTER , m. id cum sentiret Mezcntius {herzog
Heinrich) mox conscensis cquis avolasse dicitur, formidans
bospitii periculum. der grosze fersenritter ergrif das basen-
panier gar bald. Lctiiehs br. 5, 273.
FERSENSTICH, m. wer den feiscnstich des kampfes und
den frieden des siegs oft erfahren hat. Claudius 8, 102.
FERSENSTOSZ, m. und wenn ihr verächtlicher fersenstosz
den beleidigten wurm aufweckte. Schiller 204*.
FERSICHT, scaurus, maguis lalis fultus, der grobe knöchel,
knarren hat.
FERSLEIN, n. malleolus pedis. die drei kurzen weiblicher
Schönheit :
von erst hab ich drei kurz genennt,
das sind zwei kurze ferslein schien {fchön),
das dritt ein kurz gespalten kien (kinn). H. Sachs I, 507*.
FERT, die nhd. abgehende ßexion von fahrt {sp. 1203), mhd.
»art, vcrtc, erscheint noch hin und wieder im 15. 16 jh., z. b,
bei ScnwAnzENEERC:
und wolt gebrauchen proszc hert {härte),
da flelon von im auf der lert
zelien von den zwelf gesciiiechtern. 108, 1.
dies ferl ist anders auszusprechen, als die folgende partikel, welcher
mhd. e gebührt. Stieler 1442 führt an: den hirsch an seiner
ferl und gelös spuren, was man aber auf den nom. fährte
lurnckleUen kann.
FERT, anno praclerilo,* gleiclibedeutend mit fern und fernt.
vdul. sehr oft verwendet:
ej nam in dem jflre vfrt
des landes vrouwe einen man. lui. 4C54;
wfi mir armen hiure! diz was vcrt. Waltii. 102,32;
jÄ weist du vil wol war ich dich snnde vcrt,
disiu reise ist fjoldes wfirt. Neidhari 10, X>;
wol gena-tiu bficiel truoc si dannoch vert. 4S,39;
biure tumber danne \6n. 86,5;
wol im der nii vert vcrdarp,
der hat hiure sin leit verklagt. MS. 1,82':
(l Tcrt libie, ej ist hiure vSrrer danne vert. 1, 158';
mirst min alliu klage biure niuwer danne vCrt. I,1G6*;
ich alte ic von tage zu tage,
und bin doch hiure nihtes wiser danne v^rt. MSF. 157,2;
i\fr biure ist b(Pscr danne vCrt. M'tn»6. 28, 10;
(l ist biure und was ouch vCrt,
und ist die wilc minnc wört. Trul. 298,25;
fr hat vört undc biure
manegem man den tdt get&n. Lanz. 3010;
beidiu vert und hiure. 0321;
der v<<rt larhcte d^n lät biure weinen. O'iu/r. 1377, 1;
und xont RuffiriCü sint %b wert
vor allem bcilicluom als vert. /I«nner 0051 ;
und ist hiur eher danoe ven. 1616;
minem vater vert alsam gescbach. RelnJiart i. 301,371 ;
kukuk hiure iinde vert,
dai gibt benamen zwei Jir. IIkldl. 2, 48i;
kukuk hiure unde vArt,
»ö komcnt zwei jär für. 4, SOd;
H troumt mir vert von einem man,
den loch Ich biure blinden gAn. Ilrlmhr. tiK);
immer auf wPrl. gcrl, swört, nie auf vert, wert, swcrt, hrrl,
irrt ramend, so das: f unzweifHIiaß ist. slrllrn Wolfrahs und
CoMiAUi niebl darunter.
nhd. was fert sitt was, das ist auch sitt heur. fasln. 103,7;
herr, gilt der grosch heur als fert. 208, II ;
du leist mir fert auch also Metzen. 588, 18;
wir sind heur ains jars eher denn (ert. 609,11;
vert beten wir auch ein solche unru. 730,10;
fert an der fasnacht da rait ich
und scizt ain Junkl'rau hinder mich. 758,22;
das ich dich herzlich musz meiden
gleich heut (/. heur) als ferd
auf dieser erd. Ambr. tb. s. 233,23;
noch heur als fert «
bin ich unwert. Uuland 395;
auch hct wir fert gut fried im land,
heur hab wir fcnknns, raub und brant. H. Sachs III. 1,242*;
du kambst fert nit so bald bcrwider. III. 1,242';
und wenn das jar umb ist, können sie heuer so viel als
fert. Luther 4, 394' ;
bleibt ein narr hewer als ferl. Evkrmc 2,011;
ich traw und traw hewr gleich als fert.
RsBHUH^ klag des a. mnnns 12;
gleich wie ein vogel von dem hert,
so bin ich Ihr entwischet fert. Hatnkcciüs schuJ<e«/"i'/ 1,3;
von stund an ich mir geben hiesz
brief in ein ander kloster fert. 1,4;
drumb war zu wündschen, dasz die uns aucli hiclicn wert,
die wir zu ehren brachten fert. 1,5;
und wann ihr kompt zusamen
und scheint es sei was wert,
so hats doch nur den namcn,
bleibt sonsten heur wie fert.
Dova:« lied von der tcutschen hanse in
MoRHOFs nnterr. s. 388;
wünsch ihm von herzen wol heunr und fert
gut nudl und küchel, so viel er bcgert. Abelk 4,503.
später schwindet diese partikel aus dem gebrauch wie aus den
würlerbücliern und musz nun durch voriges jähr, vorigen jahrs,
im vorigen jähr umschrieben werden, wie ist sie selbst zu fassen ?
kaum als kürzung von fernt {sp. 1540), das wol durch den an-
hang eines t aus fern entsprang, vcrt sclieint unmittelbar von
ver wie vernt von vern gebildet; eine ahd. form liegt uns gar
nicht vor. deutliche analogie hersciä auch zwischen vert, fert,
fort und dert, dort, dert, dort (2, 1304). wie sich goth. fairrajirA
und pajjro, gr. -jiö^Qcod'ev und ixeld'ev berühren und es ist
schon bei ferr und fern dargethan worden, dasz die Vorstellung
des rückgangs sowie Vorgangs in zeit und räum einen geniein-
schaßlichcn ursjirung haben müsse, die bedeutsamste einstimmung
mit viJrt eigibl das skr. parut {anno superiori), gr. TieQvai, wobei
die Störung der auslaute nichts verschlagen kann, an skr. para
ulterior, renwtus, parama supremus schlieszen sich fairra, furiro,
furisto und fruma primus, aus dem skr. acc. param entsjirang
die adverbialbedeutung ultra, welche auch im tat. perendie, skr.
paredjut an den tag tritt, eigeuthümlich gieng das schw. und
norw. ifjol, fjol = vi-rt aus ifjör, ifjörd, i förra äret hervor,
und alle diese partikeln sind vielgestaltig verschlungen.
FERTEN, eine bairische und o.il fränkische nebenform von fert,
bei Schmeller 1,567. 568 fcrtcn voriges jähr, vorferlen vor
zwei Jahren ;
ja es sind unser ferten vier
gen Bamberg zum hier gangn spacirn. Atrer fustn. 58';
bäit denkt, du wfiszt von fertn no
wos in kalender stcilit. Grcbel 1,194;
bin i nit fertn gstnrhn droh,
80 glab is heuer niet. 2,8.). daselbst 1,50. 2, ISO.
FERTIG, paratus, bereit, auf der fahrt, auf dem sprang stehend,
zur fahrt geschickt, gertistet, woraus sich eine sp. 1247. 124s nicht
genug hervor gehobne verwandtschaß zuisclien faran und parare
ergibt, parare ist ganz eigentlich zur fahrt rüsten, fertig machen,
fertigen, so wie auch bereiten, goth. garaidjan, ags. geri'ilan,
alln. reida {geschr. reida) unmittelbar zusammenhängt mit ahd.
reita currus. ags. r.A«l Her, gera-de apparalus. folglich mit ahd.
rllan ags. ridan equo vehi, fern, was unter diesem letzten wort
näher entfaltet werden soll, das golh. luanvus piralus, manvjaii
parare vergleicht sich dem tat. miliare, pecus afjere, it. inenare,
fr. mcner ducere. hiernach erklären sich alle Iwdeulungen von
fertig = ahd. rcili, engl, rcady. goth. kein fard«. also kein
fardeigs, alid. farllc, ferllr (ORAtr 3, 5s:.). mhd. verlcc («/'.
3, 25s), nnl. vaardig, vecrdig, nd. fardig. das schw. dJn. fSrdig
cn//('/in/.
1) ron weg, sirasze, ftusz, gan^ar, fiütrbar :
mhd. iclnnno boume hl vcriiffcn tirA^en. Urinier l'Tfi-
(reit) einen aUd verlkcn itic. kione 11719;
1519 FERTIG
vertic tier und harte piot
was im (dem tcaster) dar Cii{ und ouch d^r sant.
Gi-rlitirt 5268.
nhd. fanige und unrärtige wege. tnu el inria. vrk. von 1323
6« Haltacs 443. vgl. ahd. anavarlk ofriwi, duruhfarticpen-n<5,
unzuofartic inaceessibilis.
1) ron gehenden, faJircnden, reisenden: du si nu wurden
terlic (sich aufmachten), du kämen si zuo einem wa^jer, da;
heilet Tigris. Grieshaber 2. IS ; ein kindichin. da; «as ge-
reite fünf jar alt worden und hatte noch nie kein Irel ge-
tretin, da; man Torchte, da; i; an sinen fö;en unde bein
nimmer vertig {gehend) werde. Berits Ludicig übers, ron Ködiz
«,7;
eottes geigt fertig war ob mir {$dneebte über mir),
das ich ergrif den löwen schir,
und het doch weder schwert noch spiesx.
H. Sachs III. 1,49';
wir sprechent ouch von eim frigen gezoge, dasz ein iegüch
man sol faren war er wil, bekumet ime sin banherre, brichet
im sin wagen, der herr sol absitzen und sol ime helfen,
dasz er fertig werde. «reirfA. 1, 729 ; befohlen wird, mit giieten
reisigen pferden, reisigen knechten, ufs slerksle wir ufkom-
men können, bei tage und nacht fertig zu sitzen, (a. 1623).
halt. Studien 15, 18. vgl. eilfertig, reisefertig, ringferlig, segel-
fertig, wegfertig, besonders aber unfertig.
3) ron sterbenden, die zur letzten fahrt gehen oder "fangen
stnd (s. fahren 9):
lind dessen rauih für nichts sich scheuhet
als allzeit förtlg für den tod. Weckherlw 3S6;
indem er sich nunmehr zu sterben fertig macht.
Gbtphius 1, 2bi;
fertige wandrer hinauf zu gehn zu der heimat im himmel
waren wir jetzo nicht mehr. Mefsias 19, 94.i;
neun von den unsrigen sind fertig (liegen am tod oder sind ladt).
ich selbst bin am linken ohrlappcn gest.'-eift. Schiller 175*;
sein herz ist still, das meine sonder rast
pocht tag und nacht in ungeduldger hast,
auf dasz es endlich einmal fertig werde
und seinen sabbalh find in kühler erde. Le!«au.
ron einem unheilbaren kranketi: der ist fertig, ist in den letzten
iügen, ich bin fertig, erschöpft ron arbeit, ich kann nicht mehr.
4) ron berauschten: der herr von H. machte sich mit ein
paar Qaschen vollends fertig und ward in ein bette gebracht,
um seinen rausch auszuschlafen. Nicolai Sebaldus Sothanker
3,128; er ist fertig (betrunken). LicniEMiERC 3,74;
schon fertig untern lisch zu sinken
{fpäler: bereit vom stui zu sinken)
sprach er, du bist nicht klug,
zu viel kann man wol trinken,
doch nie trinkt man genug. Lessiüg 1,43.
auch von einem entzückten und auszer sieh gesetzten ■
Bninelt, ich musz gestehn,
ich lieb und bin ganz fertig (bin ganz weg),
ich habe gegenwertig
dich neulieh recht besehn. Leccoleo?! s. 104.
5) ron einer läußschcn hündin: ein vertigc, reyende hünJin
kan man mit banden und ketten kume da heim beheben,
also tut ein frowe, die böse Hebe hat, sie ist unstetig, usz-
sweilig, ungeduilig und ungeruwig und mag nit daheim bleiben.
alld. bl. 1, 61. zu reien vgl. ruhen, reihern bei Schm. 3, 74. 7S.
läuftig tind fertig verbinden sich auch sonst in andern sinn,
s. 9,e.
6) fertig, volubilis, vas sidi dreht, umläuft:
mhd. wi;^ct, da^ gelückes rat
ist vertic und sinewel. kröne 4145.
7) fertig ron mundendem vein gebraucht schetnt zu saqcn
'uol hinunter laufend': wie schmeckt er dir? ist er ferlig?
thßt crs? 'ja herr, on zweifei ist er ganz fertig'. Steinuöwel
dec. 3S3, 31 = Bocc. 2, 5*. der urtext hat nur: chente b
(quanti est?), h buono? 'messer si'. so müsle es auch ron
einer sjßeise heiszen, dasz sie fertig sei, gut hinab gehe.
8). ron sacken, die bereitet sind, bereit, vollendet stehen : es ist
fertig, wird fertig; das essen, die speise ist fertig, zubereilet,
gar; das gcbäude, das zimmer ist fertig; es ist alles fertig
(vorbereitet), den könig zu empfangen; das buch ist noch
nicht fertig (ausgearbeitet, oder gedruckt, oder gd)nndi'n) ; und
die niaure ward fertig. Sehern. 6, 15 ((/(Ah. ustauhana var|) s6
baiirgsvaddjus); und ward also das haus fertig. Ihön. 9,25;
also ward das ampt am hause des herrn fertig. 2 chron. 29, 35 ;
und machten das haus gottes ganz fertig und wol zugericht.
24, 13 ; da die kirche geweihet und der tempel fertig ward.
FERTIG
1550
iMaee. '2,9; so stehet nu an beinen geslifelf, als fertig zu
treiben das evangelinm des fridos , damit ir bereit seiet,
v^iodr^aäiiirpot roxi ^öSai Iv eroiuaaia tov evayye/.iov
rfjs elpr^tt^i, golh. gaskohai futum in manvi[)ai aivagg^ljöns
gavairj)jis. Eph. C, 15 ; durch den glauben merken nir, das
die weit durch gottes wort fertig ist. Hebr. 11,3; dann in
der kucben war provision von allerband magenkräftigem pro-
viand und labsal zu allem anlauf fertig, wa man mit eim
glas herstach. Garj. 53'; die dilettanten, wenn sie das mög-
lichste gethan haben, pflegen zu ihrer cntschuldigung zu
sagen, die arbeit sei noch nicht fertig, freilich kann sie nie
fertig werden, weil sie nie recht angefangen ward, der meister
stellt sein werk mit wenigen strichen als fertig dar, ausge-
führt oder nicht, schon ist es vollendet. Götbe 22, 216 =
44, 253 : eine solche arbeit braucht nicht im höchsten grade
ausgeführt und vollendet zu sein, wenn sie gut gesehen, ge-
dacht und fertig ist, so ist sie für den liebhaber oft reizen-
der, als ein grüszeres ausgeführtes werk. 22,219 = 44,257.
man sagt etwas fertig machen, fertigen, verfertigen, zu stände
bringen, ausarbeiten, vollenden : ich kann es nicht fertig bringen,
kriegen, schmieden; liesz auf seinen hohlschwebenden leib
einen ambosz heben und auf demselben von einigen wackern
schmiedegesellen ein hufeisen fertig schmieden. Götbe IS, 164.
9) fertig, auf personen abstrad angewandt, und in den be-
deutungen b, c, d gern von der praep. mit gefolgt, drückt aus
a) paratus, prompt us, uillig, bereitwillig: der mache euch
fertig in allem guten werk zu thun seinen willen. Hebr. 13, 21 ;
also weren sie allzeit gwärtig,
zu dienen iren freunden färtig. Fischait gl. tchif 192;
und sei zu helfen uns so förtig, als sie seind arglistig uns zu
fangen. Weckheru!« 1S2;
er war allezeit fertig die herzen der groszen und kleinen ao
sich zu ziehen, perj. baumg. 1,18;
der ist kaum ihres flehns gewärtig,
so hält er zum voraus sich mit der antwort fertig,
Uaceoorx 2, 107 ;
wer weisz, mit welcher tinnknen freude
itzt die verlebten alten beide
ihn zu empfangen fertig stehn, Gelxert 1,193;
ehrwürdiger mann, die sieh am leichtesten übereilen, sind
nicht die schlechtesten menschen, denn sie sind gröszten
theils eben so ferlig, ihre Übereilung zu bekennen. Lessing
10, 12S; viele endlich denen nicht mehr zu helfen war, stan-
den jeden augenblick fertig, den fenerbrand in die republik
zu werfen, Schiller 800*; fertig zum handeln, sobald ihm
die nothwendigkeit einleuchtete und eisern in seinem ent-
schlusse. 970', im 17 jh. schlosz man briefe mit fertig, dienst-
willig: ich bin in alle wege meines herren fertiger diener.
BcTscHst kanzt. 7; dasz ich sei dero allzeit fertiger knecht.
171. vgl. buszfertig, dienstfertig, schlagfertig, kampffertig,
friedfertig.
b) fertig sein, eonfecisse, ^absolrisse : wir sind nun damit
fertig, sind noch lange nicht fertig; wir waren bald fertig,
verlhaten alles, er ist mit seinem gelde fertig, hat es aus-
gegeben, durchgebracht, wozu man das sinnliche fertig unter 3
und 4 halte, 'mutter, ich bin fertig' ruß das länd auf dem
topf. ,die 1, 927 angezogne rcdensart 'fertig bis aufs ausputzen'
erklärt sich daher, dasz schlafen gehende, nachdem sie sidi fertig
entkleidet halten, zuletzt noch das licht löschen, ebenso, der brief
ist fertig bis aufs zusiegeln, das haus ist fertig bis aufs ans-
treichen «. a. m.
wer fertig ist (mit sich ferlig, ab$olutii», tufßxant), dem ist
nichts recht tu machen,
ein werdender wird immer dankbar sein. Götus 12, l.^.
c) fertig werden, eonßcere, (^solrere: ich kann damit nicht
fertig werden; ich will ohne dich schon fertig werden; sie
wurde gar nicht fertig ihn zu lohen; wir würden nicht ferlig
werden, wenn wir diese gegensälze so weit treiben wollten,
als sie giengen. Wiela.nd 1,65; aJs nun aber die riescn mit
dem dracben fertig geworden, so stieg ihnen gleichfalls der
muth und dunkel. Götbe 23,91; mache, dasz du ferlig wirst:
er kann mit nichts fertig werden.
d) sich fertig machen zu, auf, mit etwas, im sinne des vor-
hergehenden fertig werden: seitdem der landbesitzer sich nicht
mehr mit seinem eigenen vieh jind körne fertig machen
(helfen) kann, sondern auch gelJ nöthig hat. Moser palr. ph.
1,99. sich fertig machen, fassen, rüsten auf etwas: unter-
dessen mache du dich fertig auf eine gute laszfliete. Ettüus
1551
FERTIG
FERTIGEN
1552
hcbamme 745; ich mache mich fertig auf ein g\it glas wein,
niaclil eiuU forlig! {zum schicazeii). auch sich fertig iiaJten,
ben'U halten : nur werdet ihr mit dem, was ihr habt, euch
fertig hallen, dasz ihr längstens heute nachmittag euch ein-
stellet, damit unsere reise nicht möchte gezögert werden.
EiTNEns hibamme 5;
nimm die armbrust,
du hast sie gleich zur liand, und mach dich fertig,
einen apfel von des knabcn kopl' zu schie^izcn. Schu.ler 53GV
o) fertig sein und ein folgender genitiv bcJeutcl «m« nuidiiig
sein, CS innehaben: der schaffer wol sach, das er aller paucrn
arbel wol fertig was. Steinhöwei. Ki", 31 = Bucc. 1, 137*, im
lest, che egli oltimamcnte sapea lavorare; es ist im selu-
leuftig, er ist sein fertig, das valcrunser leret man die kinder
in der jugcnd, alshald sie reden lernen, darunib ist es inen
gemein und leuftig. Aciiicula s;w. 104, wo auch die nd. aus-
gäbe: id is em seer iöftich, he is des verdich; desselbigeu
fertig. Micu. Neanoeb bedenken 19';
und solle gleich durch neid Barrlajus unlergelin,
so wfird er doch durcli dich hinwifdcr ganz da stehn,
so fertig bist du sein. Fleming 47,
SO geläufig hast du dir t/m gcmacUl, so gewaltig bist du seiner
Schreibart.
10) fertig, celer, alacer,agilis, rasch, behend und leicht, gleichsam
im gegensalz zu 3 und 4, wo fertig in erschüpß übergegangen
var.
a) leiclU, ring: leib verlig und waicb. MEGENnEBC 349,30;
ein ieichlbekleideter fertiger mann kam daher mit einem
hammer zugeloffen. Puilander 1,505; leicht und fertig auf
den fiiszen. wanliclm. licbh. 209, s. leichtfertig.
b) esiiedilus, volubilis: ihres leibes gesunde glieder und
ihre fertige seelenkrafle. Scm\er seelcnsch. 2,297; sie werden
dreist, bekommen ein fertiges maul, einen verschlagenen sinn,
z, 305; der stammelnden zunge wird ferlig und reinlich reden.
f.«. 32,4; stammelt im beten, aber sehr fertig Qucht, und
schalt es ungeslammelt. Carg. 129";
wenn er die götter all auf ferigcr zunge trägt,
was wunderis euch, dasz er im herzen keinen hegt?
Lessi^^g 1,29;
seine fertige feder. 8,9. man sagt allzeit fertige Schriftsteller.
Kam 5, 483; ein fertiger, gcuandl er nvdxii), ein ferliger, geübter
Soldat, ein fertiger, gexchicläcr diencr, was sich mit 2 berührt
und auf die gangferUgkcil bezogen tcerden kann, vgl, rechtfertig.
c) rasch, schnell:
ich wil der allerferiigsl sein, fasln. 111,6;
verschlussen die von Perusia die cardiniil zusamen, gaben
in täglich minder speis, auf das sie der wal dester fürliger
eins wurden. Frank chron. 30l' ; nach vollendeter abendmal-
zcit stellet euch mit euren gehülfen aufs fertigste ein. (jkv-
PHics I, 731 ; ein pferd so schnell als der wind, ferliger lau-
fend als ein blitz, pers. baumg. 2,13; ein bischof der so gar
ferlig zu pferd sprang. Zinkgref apojih. 11,9; dieser innere
sinn musz fertig, zart und bildlich sein, fertig und schnell,
weil die ersten eindrücke die schnellsten sind. Winkelmank
2,395;
weil mildrcdcnd du bist und fertiges sinns und cnliiaiisara.
Uli. 13,333;
ich habe ihm desto fertiger hierinnen gewillfahret. Uodmer
in Danzels Gotisclicd 188.
11) eigenheil der Schweizersprachc ist es, neben fertig in gleichem
sinn das einfachere fcrig zu gelirauchen , weiches schon oben sp. \V>'i
unter fahrig aufgestellt wurde, entweder wurde es gleich dfm
heuligen fahrig unmiitelbar aus dem einfachen fahren, faren o<I<t
eineni nomcn falw gebildet, oder das t ron fertig ausgestuszen
(riß. fergen aus ferlgen*. nicht nur Frisius z. b. 1073' und
Maai.kr stillen ferig und ferlig geradezu hintereinander auf,
Hindern aucJi SciiMitJTS idiol. bern. ir," bietet ferig dnr, Staldeh
1,305 ferig, leiTig; Tont EH hiü beide ausgelassen.
FKKTK;, FKUDHJ, anni »u/xr/on«, ganz rcrschicden tom vor-
amijegangnen ferlig, dessen c offen ist, das hiir virhandelte aber
au» Verl, anno prarlerito entsprossen, gleichviel mit fern und feriiig:
wir schicken e. w. hicmil den ralhschlag ferdig» reichslags
zu Speirr den sUinden iibergebeti. Khks/. />« .t/(7anr////»«f» 2, So;
«aglH von dem fetligen sehne, ist lütigsl dahin, acta agis.
AtKiTii ißnmm. bei Seh m. 1,.'>08; so wenig aN voiu fenlifrcn
«rhnee zu schreiben ist. Pahackisiis 1,1131*; die heuiigeii
nn<l die ferdigen fohlen . pnlli hoc et superinri anuo nati.
Kmc» gutUlijarlen 300; ftirdigcs (/. ürdigex, ferdigcs) und
heuriges gewächs von wein. Frisch 1, 260* ; fertiges obes,
fertiger wein; das ir dehein malz nuwes noch virdiges melzent.
urk. ton 1317 ba Gemeiner;
der ferdig schoce ist iengst vergangen,
denkt au gegenwerlige dingl Avrer 3üb'.
FEKTIG1:^N, parure, absolvere, Iransmitlere, fertig viachen, auf
die fart bringen, mlid. vertigen, schwtiz. ferlgen, ferggen, fergen.
die bedeutungen 2. 3. 4 lassen gern die jwwp. mit folgen.
1) anfertigen, vei'firtigcn, bereiten, madwn, schaffen, wirken:
kleider, scimlie fertigen; also ein schmid , das hettimern
schlegt im die oren vol und sihct drauf, wie er das werk
recht mache und musz denken, wie eis fertige und früe utid
spat dran sein, das ers fein auserbeite. Sir. 38, 31 ; der wclet
ein holz, das nicht faulet imd suchet einen klugen meister
dazu, der ein bilde fertige, das besfendig sei. Es. 40, 2(>;
gefertigte pfeile. Bltsciiky kanzl. C77; dinge bilden und fer-
tigen. Clauiiils 8,82; betrachtete die gelnirlslagsgcschenke,
von denen sie noch nichts gebraucht, nichts zerschnilleu,
nichts gefertigt. Gütue17, 182; die sorgfältig gefertigten risse.
26,17; meiner büsle, von Tieck mit groszer Sorgfalt gefer-
tigt, darf ich an dieser stelle wol gedenken. 31,118; jedes
gcmählde das er zu fettigen hätte. 3S, IsO;
als wir nun iin schifTo gefcrtiget alle gerüthschaft. Od. 11,9,
Tjfieis S" 07t}.a Hy.aata 7roi'r]anuerot xara »*»;«,
{vorher: als wir jedes geraih mit llcisz geordnet im schiffe);
werklose bummeln,
hört die bien im vorbeillicliM,
fertiget honig, und singt. Voss 3, 07.
2) im gcriciülichen sinn zufertigen, exffCilire, nach IIaltaus
451. 4o2 absolulam et cxitedilam redderc rem alicuatam, z. b.
die müli ufgcben und verigen, aufgeben und gcwalu-cn, ein
Ichen fertigen, einen handcl fertigen, einen allen beleg aus
einer urk. von 1273 hol Wackernagels Wulllier von Klingen s. 27 :
und sol man die hofstat fertigen hinnan zi unser fiouweu
mes der anderin mit aj dft {instr. fem., s. Germania 3, 153)
gwarsami, so daj kl6ster bidarf; Heinrich von Frankenberg
verkauft den halben zchenl zu Chuteldorf, gelobt auch denselben
'zu fertigen imd zu freien' von seinem lehcnlierren dem burg-
gi-afen zu, Nürnberg, mon. zolkrana 3, 57 (it. 13:i'.i) ; wenne es
darzu kumpt, das das gut verkoufet ist, so sol des gotshus
abt oder sin pfleger danne das erbe vertigen. u-eislh. 1,35
(a. 1347) ; alle die guter, die in die vorgenanlen dingstat ge-
hörent, sol noch mag nieinan verigen vor dehcinen gerich-
ten, denn in der diiigstat. 1, 26 (1431).
3) in geisllicliem sinn absolvere:
mint, sh an däm andern morgen vruo
der kciscr bat du
di'n wi\ren goiis holden
daj er in vertigen woldo
mit dem vrönen umbchte,
gelweln er langir da nemehtc. lieisrrchr. 15060.
wollin ich noch ein spalives fertigen nehme: derhaJhcn bitlec
wir, herre, das du dieses opfer unsers diensls, dazu auch
dies deines gcsinds gnediglich annemesl Uiid unsere tage in
deinem friede fertigest. Llthlu 2, 50ü'.
4) abfertigen, entlassen, entsenden, cx}iedire, nblniare, millere,
ü) j)ersonen, gäite, boten,
mhd. swer mir diz leit biifet tragen
d(.-r sol mir billich nrmuot klagen,
den vorleg ich al.sö mit habe,
das er nibt darf wenken alte. tt7i. 170,15;
dtV koiser dö die gosic
vcrtigti! alle schiene.
als wul gezam der kiönc. Mni 2-11,3;
nu sage mir, weimu diu tit sul sin,
dar nAch wij ich besprechen mich,
wie ich siil vertigen dich.
der bute sprach, hörre, ich tuun. 99,38;
verlig bolon in diu laut
mit diiien bricfen al z« baut. Dietr. 590;
lierro, ir habt uns wol mit inlimen
gtivertiget ftu scliando
wider lielm xe laude. 1332;
iU\ Randoll govcrligot wa«
da hin gegen UOruo. 2'>^i,
nhd. aJM. fertiget Isaae tli'u Jacob, das er iu Mes.ipoi.imiam
zog. I Wo.t. 2H, 5; er kau wol zur reit etlich man und ro*
fertigen, difo ein ge.srhrei machen. I-t niKM h, 21^; wir haben
diesmal den boten nicht k<^niien »» eilend feriigen. l.imifRs
br. 3, 272; {valer und uheim) ferligelend iiacbNNicn. ÜcuiNbüR
1553
FERTIGEN— FERTIGKEIT
FERTIGUNG — FESE
1554
1,7; und fertigten Xantippen mit groszer ehrung und gaben
wider in Greciam. Lirius von Carbacli 99";
ich wil schreiben, derwepen hinab
gehn, und den hotten fertigen ab. H. Sachs V, 234';
damit so fertig ich ihn ins grab. Atrer 24S';
jedoch Terzeuch noch hier, bis mein gewisser tod
dich fertigt bald von hier. Fleming 635.
6) Sachen : das keis. mt. ein instruction an uns hieher
gefertiget hat. Luther 5,25'; würden schwein oder andere
dergleiciien thier, die der scliaw bedürfen, verkauft, die sollen
durch die schaw dem kaufer gefertigt werden. Nürnberger
reform. 1564,91*; sie selten cederholz von berg Libano gen
Jerusalem fertigen. Reiszner 2,32"; (die fische) werden von
den Teutschen in alle andere land gefertiget. ForebS"; man
pflegt sie in andere ort und weite land zu fertigen. ISS".
5) ausfertigen, verfertigen, fertig machen, ausrichten, zu ende
bringen: ist auch, das urteiln stöszig und gezogen werdenf,
die soUeut gevertget werden durch der stulsäszen drig oder
mer. tceisth. 1, 26 ; fertigt die brief von wort zu wort. Aimon
ml'; da ewer brief kam, hatte ich schon gefertiget die brieve
an den cardinal. Luther 3, 140'; Christus sol sein reich aufs
erst oidenen, zurichten und fertigen. 18S'; solche Unterricht
solle ich lengst haben gefertigt. 33o'; harre ein wenig, über
eine stunde wil ich beten, ich musz dis oder das zuvor fer-
tigen. 6,308'; mir der ich jetzt alt und schwach bin, liegt
Tiel auf dem halse, also das ich itzt mit gewalt hab müssen
mich abstelen von den leuten und gescheften, damit ich
diese schiift einmal fertigen möcht. 6,506*; ist derhalben
mein unterthänige bitte e. k. f. gn. wolle den schlusz fer-
tigen, br. 2,3S0; ein jeglicher mensch ist ihm selbs der
nechst bei gott und hat vollen gewalt sein Sachen gegen gott
zu fertigen. Paracelsus 1,114'; meinen ihr, daiumb das ihr
den Ävicennam habt, ir seiend also gefertiget {vollkommen,
absolviert) ? es ist alles nur schiitzerei. 1, 221' ; wenn solch
männlein nun selbst ne schrift fertigt und mit selbiger vor
aller weit äugen hervortritt. Klopstock 12, 127 ;
dies denn werd ich, o greis, so fertigen wie du verlangest.
Od. 4,485;
aber nachdem er geeilt zu fertigen seine geschäfle. 9,310.
6) fertigen, fortschaffen, fördern : das ward funden als falsch
gut, das woide Jocof ferlegen und wart gefangen. Necmamx
Magdeb. iceisth. s. 12 {a. 1421J ;
denn meinem herren gott ich dank,
der meine reis gefertigt hat
zu allem glück nach seinem rat. Tip.olfs Isaak u. Rebecca E8;
deshalb ein andre weis ist gwis,
zu zämen die wasser und flüsz,
das sie geschlacht und folgig werden
und die leut fertigen on bschwerden. gl. schif 24;
der wein, als welcher die zunge zu reden fertiget (geschickt
macht). Bctscuky Patm. 198 ; weil die natur hin und wieder
in die winkel ganze felsen von crjstall, diamanten und car-
funkeln geordnet, so die helling hinunder fertigten {helle hin-
unter leiteten, schaßen). Simpl. K. 768.
7) sich fertigen, sich sputen, fördern: und fertigeten sich
durch den Jordan für dem könige her und machten die fürt.
2Sam. 19,17.
heutiges tags bedient man sich überall lieber des durch Par-
tikeln bestimmten, als des einfachen worts, s. abfertigen, anfer-
tigen, ausfertigen, durchfertigen, verfertigen, zufertigen, doch
rechtfertigen entspricht dem ahd.rehliesligiyn, 'vorüber mehr unter
diesem teorte selbst, öslr. der gefertigte, unterzeichnete, soussigne.
FERTIGER, m. opifex, fabricator, verfertiger, bair. fertiger,
expedilor, der das salz auf den schiffen wider das wasser gen
Regensburg führt, salzfertiger. Schäeller 1, 567.
FERTIGERl.N, f. göttin Fortuna, der menschlichen bände!
ein fertigerin. Fbaxk ... 59.
FERTIGKEIT, f.
1) promptitudo, festinalio:
dieselb Arig (Aar) bat sie geleit (geleitet)
inn (in den) Rein mit schneller fertigkeit. gl. schif 258;
ist doch seine silsamkeit
nicht wie deine förtigkeit
durch ein andre lieb zu fallen. WecKHKiu,n« 402;
wie begierig meine fertigkeit zu seinem willen sei. Butschky
kanzl. 184.
2) habilitas, facultas: da nemlich, es kurz zu sagen, diese
reinigung in nichts anders beruhet als in der Verwandlung
der leidenschaflen in tugendhafte fertigkeilen. Lessi.ng 7,352;
ihr alle reimt mit gleicher fertigkeit. Gellekt 1,13S;
III.
fertigkeit zu saitenklang. Zachabiä hinterl. schriflen 1781 s. xsxi •
seine kinder sogleich thatsächlich in den wesentlichsten fer-
tigkeiten des bürgerlichen berufslebens üben. Pestalozzi
4, 251 ; fähigkeiten werden vorausgesetzt, sie sollen zu fertig-
keiten werden, dies ist der zweck aller erziehung. Götbe
17,60; jeder greife mit seinen fertigkeifen so weit umher,
als er zu reichen fähig ist. 21, 99 ; die eigenschaften, die
fertigkeiten ('fits') des lichtes rege zu machen. 59, 11 ; er
besitzt eine auszerordentliche fertigkeit im geigen ; lasest du
ruchlose fertigkeit auf meiner stirn ? Schiller.
FERTIGUNG, f. expeditio, confectio, mhd. vertigunge.
1) die fertigung eines schuhes, kleides u. s. tr. ich erbot
mich zu fertigung eines grundrisses. Güthe 26, 17 ; geschwinde
fertigung. Hebel 3,390; dasz sie in fertigung ihrer lectiones
mit einem fremden kalbe gepflüget. Leipz. arantur. 1, 67.
2) progressio, promotio, förderung: die sachen, so in recht-
fertigung lang gewesen, und gestanden haben, vor andern
so viel möglich zu fertigung {in gang) zu bringen, absdiied
der keiserl. commissarien ron 1517. 5, 2.
3) traditio judicialis: und wenn der koufer sin vertgung
derselben gueter enphahet von eins probstes band, weisth. l. 9.
4) bair. die brautausslattung, der brautwagen. Leoprechtixg s. 84.
5) ödr. namensunlerschrift. Höfer 1, 212.
FERZEN, pedere, praet. farz, richtiger als das spätere farzen
(sp. 1335). ScHM. 1, 568. afterriuwe ist ferzens geselle. Diut.
1,324;
und farz im drei stunl in den mund. ring 11*, 2;
da? hört her Troll, e; gie im zherzen,
gen dem ritter ward er ferzen
und sprach 'daj sei dem gast geschankt!'
des ward im ie so schier gedankt. S', 15;
darauf liesz er einen streichen, 'diesen schenk ich dir zum
einstand, schieb ihn ein, dasz er nicht schimle'. fr. Simpi.
1, 46 ; 'diesen schenk ich dir auf den weg, steck ihn hinters
linke ohr, so fällst du nicht', l, 58 ;
und wer mich drum verdenken wil,
der höre diesen guten streichen
und nehm ihn mit und schweige still. Gcxther 941.
den rohen braudt wird sein hohes alter entschuldigen: o^fxnats
(lTi//e yao bti ititcov xart:u£vos) iixäoas aTtefiaxäiae,
xai tovtÖ ftiv iy.tlsve ^Ttoirj aTiäyeiv. Herop. 2, 162. (dieser
Äpries ist kein andrer als der ägyptische köuig Haaphrahet, bei
Jerem. 44, 30 Haphra, LXX Oray^ijs). Scaliger in lecl. Auson.
1, 25 ostendil, crepitus ventris apud Graecos fausti, apud
Laiinos mali ominis fuisse.
FERZER, f». podex = pordex:
dieser kehrt ihr das gesiebte,
jener gar den ferzer zu.
Weise überfl. ged. theil 1, duttend 1,7.
vgl. börzel.
FERZER, m. name eines biers , nach dem vorigen: cum
sint tot paene cerevisiarum quot civitatum et oppidorum
nomina, in quibus et talia quandoque audivi ridicula, apud
Frankfordianos ad ripam Oderae . . . streckeperzel, ferzer.
de generibus ebriosor. 145,10; streckelbörzel, ferzer. Fiscbart
Garg. 59'; filz zu Magdeburg, fitscherling, fener. leitverir.
1668 .«.157.
FESE, f. palea, acus, spreu, hülse, geringste sache, gr. Ttrtaavrj
von Ttriaastv, hülsen, enthülsen, mit eingeschaltetem t wie in
Tiriova, Tizölts, altn. fis, ahd. fesi, mhd. vese {wb. 3,329'):
swie si nie getnete
mines willen gegen einer hirsen Tesen. NEiDHAtT 53, 11;
die eristen sint liz gelesen
als der weije üj der vesen. Geo. 2661 ;
swer nu welle wol genesen,
der neme den kern üj der vesen. Marl. 211,62;
da min herze solde wesen,
da trage ich eine lichte fesen,
oder ein strd oder einen wisch. Hiuon9424;
vur bröt caf unde vesen. 14959;
daj mir nie gein einer vesen
ir deheiner mohte geliehen, »einsetnoelg 302;
dem wigt himel und erde ringer
denne ein vese üf minem vinger. Mariengrüsze 476;
il gaeb umb alle bunde niht ein f^sen. Hadaiar 186;
ich wig ii gen ir alle; als ein fesen. 224;
ich gedächt, nu hin ! ir ist vor im genasen,
ir g^b in tausent jären.
sich ich wol, umb in niht ein T^sen. t. 194,117.
nhd. von spreu oder hülse verdrängt, denn in einigen stellen
bei WAtDis:
98
1555
FESE — FESSEL
FESSEL
1556
die amciscn das polt aufleson
bei kleinen koinlin und bei feseu. 3,26. 61. 150*;
ein alles inesbiich iingelesen,
ein alles lischluch one fesen. 4,93. ftJ.SSr;
scheint es vulmchr fase, faser, floccus. doch haben schueizemclie
und baimche ueidhümer vesse für spiU, dinkel, uic es auch in
allen glosscn erscheint: ein moller vesscn rellrn. 1,30; in den
drien körnen, roggen, vcssen und babern. 3, ülö, die ebcnuol
von detn folgenden m. herrühren können.
FESE, m. dasselbe:
laszl mich nnlcrn parben lesen
den schniltern nach den glallnen vescn. Nie. Frischlin 103;
si sprach mich an, das sie möcht lesen
von garben den abgelallneu vescn
und samlen da den schniltern nach. 105.
SciiMELi.ER 1, 570 hat der fesen, dinkel oder spcU, so lange die
kümer in der hülse stecken: swcr vesen gürl)et {cnthüisct) und
si u; der niiil füren wil; so man ein .Slutlgartcr sclicflei
ßsen gegerbt, tbut 3i/j siminern kärn. Fiionsp. 120*. fese
hiess auch eine geschn-uist der Icfzcn des jiferds: es wächst
underwilen ein gcsrliwulsl, heiszt die fesen, dem pferd in-
wendig der lefzen gegen den zahnen und dieselbig geschieht
gern von scharpfem fulter (fruchthüLsen) oder vom jiraut, das
dem pferd in den lefzen und in dem kifer lang gelegen ist.
Seüter 405.
FESELN, ftflegen, unterhalten: ein iglich lehnman, der da
hat lehnbolz, der sol das hegen und feselen und versorgen.
veislh. 1, 640. vgl. fasel und faseln.
FESE.NFLICRER, tii. der brachnionat ist der fcsenflickcr,
wShrend guten wetlers werden in diesem monat die liebten
stellen auf den fesenäckern dichter. LEOPBFxnTixc 185.
FESENMEIER, Vesenmeier, name des villicus, «te Grasmeier,
Strobmeier.
FESENSTROH, n. stroh von spell und dinkel: nimb bahcr-
gtro, fesenstro und gerstenstro. Seuter 32.
FESER, VI. propago, gervien, ertceichl für fecbser {,<p. 1225)
und von faser (.f. 1339) unterschieden: des herrn zebaotb Wein-
berg aber ist das haus Israel und die nienner Juda seine
zarte feser {vulg. germen ejus deicctabilc). Es. 5, 7; der wein-
stock ist verderbt, die berrn unter den beiden haben sein
edle reben zugeschlagen, Ire feser .«ind zustrewet (propagines
ejus). IC, 8; darumb wirst du lustige pflanzen setzen, aber
du wirst damit den frembden die fcser gelegt haben (germen
alienum seminabis). 17,10; denn die abieser werden sie ab-
lesen und ire feser verderben (propagines). Nahum 2,3.
FESSEL, m. f. n. conipes, vinculum, mhd. vei',;el m., mit
e uic sej^el, nicht mit e nie kejjel, nejjel, denn da vej^el
und kciiel oß genug erscheinen, würden sie gereimt worden
tein, wäre der reim vicIU falsch, erst der spätere FnALKMon
erlaubt sich MS. 2, 215* nej^cl : kej^el : söj^el zu verbinden.
rein ausgesprochen musz der vocal in ve;;el andeis gelanlel haben
als in vejjciin rasculum. ahd. fe;?a!, sSj^al neben cbej^il,
nez,?ilä, noch sichtbarer von einander weichend golh. fitls, sitls
und katils, natiiö, «renn icli recht ralhe. altn. fiötl und kelill,
dat. filli und katli ; doch ags. fallen feie! und celel, seid,
netele fast in der ausspräche zusammen, wie wir nhd. den vocal-
laut von fessel, sessei, kessel, nessel nicht mehr zu sondern
vermögen, das mlat. fadulus, faidulus, fagiduhis (Diekesbacb
222') darf die deutschen lautvirhältnvise nicht beslimmen.
die Wurzel ist golh. fitan, ahd. ff'Sjan, der wir schon sp. 1340.
1358. 13C5. 1368 begegnet sind, das genns schwankt.
1) balleus, cingulum, vinculum, namcnllich ein band, worin das
Schwert, der schild hieng, auch der dem falken angelegte rietne,
um Um auf der hand zu tragen.
mhd. dfir vi^^^el was ein borte
al«A breit tö ein haut. En. 101,2;
einen v«{;el zweier hende breiten
bat sin sw£rt. Neiduakt 4t, 1 ;
rSdelohte «porcn treit mir Fridcprfiht ze leide,
niuwe T*Kel. 75, 1(»;
iin «Chili den ructe ir höher, dfin v<tncl nider baj.
MI,. 1875,3;
man muo; in bi d^m yt^ne) ziehen wider dnn. 105)), 3.
rjl. die iutammenselzunf/en lancvüjjci, srliiilvl'^jei, sw)''rlvt'7,7,el
{mhd. «b. 3, 284'). nhd. felUt das worl bei Dash-oi»., Fnisii:<,
Maaler, wurde aber durch Luther genug eingeführt und u/l bild-
lich gebraucht: deine hende Hind nicht gebunden, deine füsze
»ind nicht in fe««c! gccelzt, 2Äkim. 3, 34; die niniiiMi Mnnassc
gefangen mit ffn^cln und Hunden in mit keten. 3c/i/on. :i3, II ;
ir kOnigc zu binden mit kellen und ire edlen mit eitern
fesseln, ps. 140, 8 ; er folget ir balde nach, wie ein ochse
zur fleischbank gefürt wird, und wie zum fessel, da man
die narren züchtiget {viilg. nescit quod ad vincula stultus
trabatur). sjir. Sid. 7,22; in fesseln werden sie gehen. Es.
45, 14 ; er hat mich vermauret, das ich nicht heraus kan und
micii in harte fessel gelegt, klagt. Jer. 3,7; und alle ire ge-
waltigen wurden in ketten und fessel gelegt, l^ahum 3, lO;
ergib deine füsze in ire fessel und deinen hals in ire lials-
cisen. Sir. 6, 25; wenn man den narren ziehen wil, so stellet
er sich als wolt man im fessel an bende und füsze legen.
21,22; denn er war oft mit fesseln und kellen gebunden
gewesen und halte die kellen abgerissen und die fessel zu-
rieben (gulh. untfi is ufta eisarnam bi föluns gabuganaim jab
naudibandjöm eisarneinaim gabundans vas, jab galausida af
sik \)os naudibandjns jab [)ö ana fölum eisarna gabrak).
Marc. 5, 4 ; und er war mit kellen gebunden und mit fesseln
gefangen und zureisz die bände (jab bundans vas ersarna-
bandjöm jab fötubandjom faslai|)s vas jab dishniupands |)os
bandjös). Luc. 8, 29 ; ein bund zun fesseln, canis ad vincula.
Henisch 1075, 18;
des kcrkers grause noth, die fässel so uns binden.
Gbypiiils 1,101;
fessel, trotz und foltcrbank. 1,121;
die fessel zeugen schände. 1,2(34;
und spann ihn, sperrt er sich,
mit fesseln an das klotz. 1,268;
ein fessel drücket mich, so schwerer ist als ich.
llors!A:»NswALDAi; Ueldenhr. 35;
mein fessel lieb ich mehr als vormal heim und schwerl. 45;
sie {die liebe) setzt uns härter zu, wenn lessel sie umgeben.
geCr. schiifer II ;
denselben augenblick man ihm die fessel (ncc.pl.) ahgelban.
sterb. Sucrat. 4;
hingegen eine wilde seele,
so noch das alte lessel drückt. 125;
in der frcibeit ein raschendes {überraschendes, einfallendes)
fessel. VViEüEMANN decemb. 7 ; ein unerträgliches fessel. Lohen-
stein Arm. 1, 820 ;
wagt sich die feige faust selbst an den fessel nicht,
der, wann er brechen soll, mit blut gebeizt nur bricht.
Lessi;«c '}, 347;
die vertrauten der gfttter zermalmten die eisernen fessel der
regel. Sturz 1,213; die fessel der liebe tragen; mein männ-
liches herz zerbricht deine stolzen fesseln;
werd ich zum angcnblicke sagen :
verweile doch, du bist so schon !
dann magst du mich in fesseln schlagen,
dann will ich gern zu gründe gebn! Gotiie 12, 86j
die seele wars, die jähre lang gebunden
durch alle fesseln jetzt auf einmal brach. Schillbr 46*;
der Teil in fesseln, in des vogis gewall! 539';
es heiszt also in fesseln sein, in fesseln liegen, in fesseln
gebn ; in fesseln legen, setzen, werfen, schlagen, scbuiieden,
mit fesseln binden, fesseln anlegen ; fesseln tragen, dulden ;
die fesseln ablegen, abwerfen, abnehmen, abscbütleln, brechen,
zermalmen, zerreiben, zcrfciien ; man sagt schwere, klirrend«-,
rasselnde fessel. gleichbedeulig mit fessel sind band, eisenband,
eisen, kelle, das ahd. fiJjjal, fi'j/,il erscheint immer nculra!,
bleibt also im nom. acr. ;>/. unverändert, das mhd. vP7,7,el ist
männlich, das nhd. fessel früher meist neutral, selten männlich,
zuletzt aber überwiegend weiblich, also mit dem pl. fesseln ; alln.
fiötla auch f. ahd. mhd. bedeidct das worl fast nur band, nicht
die .vhwere kelle, wofür fi-jara, mhd. vi''j;/,er galt.
2) da auch Ihiere unten am fusz gebunden und gefesselt werden,
$0 ergab sich leicht, dasz fessel den untern Iheil des Ihierischrn
fuszes, pars pedis ungulae jiroxima bezeichnet:
mhd. fti (dai pfrrd) \\H, sit ich fi lohen muoj,
kurzen vejjel, hiihen fuoj. AV. 7360;
als ir pfen in gewuot
unz an die vg^^^el zo tal. kröne 6015;
nhd. die stücke (der Vorderbeine des pferdes) sind, von oben
her ubwerts zu zehlen, der l>ng, der theil, so sich von donnen
an Itisz zu dem knie hinab erstreckt, die rtihr unter dem
knie, die ober fessel, die unter feisel, der fusz. FrrENnAdi
1,108; dieselbe einiheilung bei den hinterbeinen s. 203; wann
ein ros zwischen den feszien fratl und rüssig oder »Irtlfüs/iK
wirt, grhür da« haar vor hinweg. wa»ch den prosten mit
wein aus. Seriz 157 ; die füsze der pferdc s(dl man »bor
und unterhalb der knie, sonderlich in den fesseln und um den
preis (2, 355 brei«, 3) mit einer cariaisehen oder hitransenen
1557
PESSELäDER^ FESSELN
FESSELSCHATZ — FEST
1558
lucli trocken reiben. Hobbebc 2, 13 s'. Selter setzt aber für
fessel 'füeszel'. dies und das lal. pedica sowie compes, com-
pedio, impedio lieszen tcol daran denken, dasz auch fe;al, vej^el
mü fiioj, vuo; selbst zusammen hängen und es käme darauf
an, die verba fe^jan fag, golh. fitan fat und fajan fuo;. goth.
fatan fot zu einigen, worüber Jtn/er fusz mehr zu sagen ist, vgl.
fesser, fisselicli, fiszlocli.
s. balsfessel, handfessel, hornfessel, wurffessel.
FESSELADER, f. bei dem pferd, die ader, welche den fessel
entlang hinab geht.
FESSELAT, f was fesselgescbwür, mhd. vejjeläte? gebildet
wie misceläte, teiläte, zweiäte: eierdoUer und rosöli (rosolio)
under einander geschlagen und auf {die) fesselat in der wunden
gelegt. Braünschweig 24.
FESSELBAND, n. pleonasmus :
du kennst den m.ichiigen, der des lyrannen riegel,
der uiiscliuld fesselband zerschlug. ' Tuümhel 2,39.
FESSELBELADEX, compede vinclus.
FESSELEK, m. lorarius , lictor, Stieleb 438, wäre mhd.
vegjelsere. bildlich, der an sich fesselt, die herzen fesselt,
s. feszicrin.
FESSELER, m. rascidarius, der holzgefäsze macht, slraszbur-
gische ralhsverordn. von 1362 m Mones zeitschr. 3,160; do man
ralt 1362 jor, do wurden! zu Slroszburg die goltsmide und
die ducbscberen und die feszeler zu antwerken gemalet, die
vormols kunstofeler (unzünßig, vgl. 2, 635) worent. Closener
117. wäre mhd. vejjelaere, und nach lieutiger Schreibung füsseier,
fäszier.
FESSELFEST, compeditus, vinclus:
dein reden, schönste Schäferin,
und dein so süszes lachen,
die können Zungen, herz und sinn
bald fesselfeste machen. Kecxahks lustw. 62.
FESSELFREI, compede liier:
wie prächtig klingts den fesselfreien geist
im reinsten quell des lichts von seinen flecken waschen.
WlELAT^D 23, 15.
fesselnfrei bei Uz 1, 231 und Hippel 7, 302, wie sorgenfrei,
schuldenfrei.
FESSELGESCHWCR, n. an dem fessel des rosses.
FESSELLAST, n. onus compedum.
FESSELLOS, wie fesselfrei:
mit sturmbeladnem flügel braust Ton ferne
der fessellosen winde rohe schar. Uberon 8,17;
die blicke frei und fessellos
ergehen sich in ungemeszncn räumen. Schiller . . .
FESSELLOSIGKEIT, f die einbildungskraft erscheint hier
in ihrer ganzen fesseliosigkeif. Schiller . . .
FESSELN, vincire, nach den bedeutungen von fessel, altn.
fiötia, nodare:
so kromet denn der kinde lerfrouwe
dem knaben ein tesche, der tochter ein hübe
und jedem kind ein turteltube
gevesselt an ein sidin borten, nambuch *. 113;
da ward er (Xerxes) so ergrimmet ser,
das er liesz geiselen das mer,
und wurf ketten drein es zu stillen
und es zu fesseln nach seim willen. Fischart gl. seh. 10;
soll ihn das leichte volk sehn auf den richiplatz gebn
gebunden und geschleift? soll er geßsselt stehn?
Crtphics I, 31 ;
ein löge an die ander fesseln wir ein ketten. Megerle Judas
1,295;
(hat) mit eins ein seil mir umgeworfen, das
mich seitiem dienst auf ewig fesselt. Lessi^ic 2,252;
fesselt dich die Jugendblüte? Göthe 1,77;
sie schwebt heran und fesselt ohne säumen
um meinen hals die allerliebsten schlingen. 5,251;
war es denn blosz liebe zu Marianen, die mich ans theater
fesselte? 19,128; mit dir verlor ich alles, was mich an das
leben fesselte. 20, 88 ; man halte gewünscht durch eine Zauber-
formel die erscheinung nur einen augenblick zu fesseln.
24,317; die wuth fesseln, die sein undank in mir anfacht.
Klisger 2, 187 ; fesselt nicht durch eure klagen meinen eilenden
geist in diesem körper. 2,439; den gefesselten fluchen luft
machen. 3, 156 ; trieb sie in das gerängnis zurück, wo sie in
körbe gefesselt wurden. 3,191; fesselt die wilden geister in
meiner brüst durch liebe. 4,160; fesselnde Unterhaltung;
entzücken fesselt meine zunge. Gotter 3,465;
du fesseltest das schwort. 2,318;
und regimenicr fesselt das starre commando. Schiller "';
Bcrtha von liruneck, die zur bcrrenburg
dich zieht, dich fesselt au des kaiscrs d\eDst. 52G';
0 nun ist alles, alles hin! mit euch
sind wir gefesselt alle und gebunden. 539*.
man sagt: an sein bett, an sein lager, an seinen Schreib-
tisch gefesselt sein, vgl. anfesseln, entfesseln, losfesseln.
FiscHABT führt ein 'fesseln und kesseln', als spiel oder leibes-
übung an, wovon es schwer ist die rechte Vorstellung zu gewinnen:
hie fesselt man, hie kesselt man, und die den wein ver-
schütten werden, lecken ir teil von der erden. Garg. loo';
wann er denn nun genug gespielet, gerasselt, gefesselt, ge-
kesselt und die zeit verrammelt bett, da wolt sich nun auch
in alle weg gebüren ein weil zu bansen aus der krausen. 170'.
Maaler 134' hat feszlen, hin und wider feszlen, bewegen, treiben,
agitare
FESSELSCHATZ, m. arrha: der mahl oder fessclschatz.
Cbeidics 2, 209.
FESSELUNG, f. asirictio, s. anfesselung, entfesselung.
FESSELWUND, von pferden, unten am fusie wund.
FESSELZWANG, m. compages, vinculum:
todte gruppen sind wir, wenn wir hassen,
götter, wenn wir liebend uns umfassen,
lechzen nach dem süszen fesselzwang. Schiller S". 756';
gesetz und fesselzwang
hielt den gemarterten, der unter Schlangenbissen
vergebner reu die dürren bände rang. Tbüvsel 2, 170.
FESSER, f compes, catena, ahd. fejara, fej^erä, mhd. vi-j^er.
DiEFENBAcn 379. fesser, eisenhalt, poi. t'oc. 1482 h 7*. das ent-
sprechende ags. fetor scheint n., obgleich ich nie den gen. fiitores
gelesen habe, auch das altn. fiötur ist pl. n.; mhd. nur im
miltelii Deutschland:
yeiieren unde balsbant
löste ime Maria zu bant. pass. H. 144,72;
• man sach in gar zuruckin,
zu hrechin und zustuckin
beide vej5irn unde bant. Jeroschi.i 13905.
nhd. do warin under sobin (sieben) des landes echtir, die
fürte man kegen Gotha uf eime wagin gebunden unde in
vessir geslossen, die worden do mit kettin an den galgea
gesmedit. Rothe dür. ehr. c. 649 ; spienen on in vessir. c. 701.
Alberüs hat noch unter fang : fesser, compes, cippus, später
erscheint es selten. Mena.ntes gal. weit in der ausg. von 1702
1,40: viele sciaven an silberne fesser an einander geschlossen;
die von 1749 setzt dafür fessel; Hdnold, der Verfasser, war aus
Thüringen, wo das wort wahrscheinlich hin und wieder noch unter
dem volk lebt, eine urk. des 10 jh. bei Dro.nke n* 664 besagt:
Adalbraht tradidit in pago Grapfeld quicquid ei in partem
ccdebat in Vej^eriin 'ubi ferrum conflatur', und der ort trug
wol seinen namen davon, dasz man dort ketten schmiedete, es ist das
spätere kloster Fesser bei Themar, Föbsteman.v 2, 1504 vermengt
es viit einem ganz andern Westera. auch in Pols Jahrbüchern
3,110 begegnet, ich weisz niclit woher: nahm die fesser von
füszen, erhieng sich an die kette.
FESSERN, vincire, compedire, ahd. füjarün, mhd. vejjern,
altn. flütra. ags. fetorian, feterian. nhd. vorauszusetzen da, wo
sich das subst. findet.
FESSIG, capax = fässig, oben sp. 1347: wie vil metzen
fessig die gugel sei. Fbank ... 50.
FEST, firmus, validus, durus, schon oben sp. 1348 unter dem
adv. fast angeregt, ahd. fasli, festi, mhd. veste, nhd. fest, zu-
weilen noch feste, alts. fast, nn/. vast, ags. fast, engl, fast,
aUn. fastr, schw. dän. fast, xweisilbigkeit, der ausgang auf i
und Umlaut des a sind also hochdeutsches kennzeichen. dies merk-
würdige wort bedarf weitere erörterung.
1) ror allem fillt seine abwesenheil im goth. auf. Ulfilas ver-
deutscht ßißatos, OTSosöi, sS^aios durch tulgus. da von
diesem ausdruck erst spät gehandelt wird, sei gestattet hier eine
bemerkung vorweg zu nehmen, tulgus verhält sich wie hardus und
die eigennamen Tulga m., Tulgilö f. sind damit gebildet, weldte
FöBSTEMASx 1, 355 nicht unter dulg liälte setzen sollen, dem
tulgus entspricht nur das alts. adv. tulgo valde. nah verwandt
aber scheinen ags. telg, telgor ramus, ahd. zuelga (Graff 5, 729),
trie ^ch aus der Vorstellung ast, ramus auch sonst die der stärke
und festigkeit entfaltet, auf zelga aratura, Scum. 4, 255. Stald.
2, 468, in tat. urk. celga [RA. 353) wäre sp. 1493 unter feige
I« weisen gewesen, weil auch da z und f sich vertreten könnten.
2) «ftr {il)ersehen den umfang der goth. spräche bei weitem nicht
und auszer tulgus wären noch andere adjectiva ähnlicher bedeu-
tung möglich, von tulgus leitet sich lulgjan ßeßniovf, (nriQi^sir,
xvoovr, wartim sollte nicht auch [)vastjan ßeßaioti; xaors-
Qit^n; deren künde wir erst in den paulinischen briefen erhallen,
entsprungen sein aus {»vasts, ßißaioi, firmus? viele ändert
93*
1559
FEST
FEST
1560
verba dieser art fulljnn, haftjan, varmjan, abijan gdien auf die
ad}, fulls, Uafts, vanns, abrs zurück; nach der verschiede lülkh
vahrgenommnen berfthrung zuisclien j)v, |) und f werden nun
pvast und fast dasselbe sein und man hat anzunehmen, dasz die
golh. mundart selbst veranlaszl trar ihren laut zu spalten, jivasljan
|)vastida für firmare, stabilire, hingegen faslan fastaiila (s/i. 1351)
für servare, observare zu verwenden, jenes war fest machen,
dieses fest halten, jenes der ältere, dieses der abslractcre begrif.
3) |)vasts empfängt aber noch andere gewälir, es war der gothi-
schen mit der lilauisclien und slaviscJien spräche, rivllcicht ein
entsprechendes tcort sclton der gelischen mit der sarmalischcn ge-
mein, nur tritt lit. und sl. r an des goth. s stelle, lil. Ivirtas
(irmus, sl. tvr d' durus , russ. tverdyi, poln. Iwardy, böhm.
(vrdy; wie die golh. und sl. anlaute ))V und tv begegnen sich
auch die inlaule des golh. fna})va, salijtva und sl. molitva,
sclilva. die Vorstellungen fest und hart, was soglcicli erhellen
vird, liegen sich unmittelbar nahe, daher anck das adv. valde
ahd. bald durch fasto, bald durch harto, mhd. vaste und harte
ausgedrückt tcird, gerade tele die lit. adrerbia tvirtay und drulay
stimmen, noch ireiler greifend liesze sich auch das lat. duriis
und lit. drutas zu tvirlas heranziehen, denn so gut ])va.*ls und
fasls von einander irichen, können sich auch twirlas und drulas
abgesondert haben, da s dem r (wie umgekehrt r dem I) an aller
voraus geht, so musz die uns verdunkelte würzet ein golh. |)\is
})vas, oder auch auslautend einen andern Unguallaut dargeboten
haben, der sich vor dem t in s außüsle. lat. firmus kann aus
fisimus hervorgehen.
4) dies alles voran gesandt und forlgeselzler prüfung an-
empfohlen legen wir die bedeutungen des nhd. fest dar.
a\ ßrmus, was hält, widerhält, nicltt bricht oder losgeht : die feste
erde, der feste grund und Loden, das feste land, im gegensalz
zu dem zu und abflieszenden meer, terra conlinens, später firma;
zu fiilen ob sie sicher weren und fest land erreicht hellen.
Garg. 238'; das feste eis, noch ist der flusz fest, zugefroren,.
so dasz er den mann trägt oder betreten werden kann; ein festes
fasz, das nicht rinnt; ein fester knote, der sich nicht löst; ein
festes l)and, rinculum firmum, festes schlosz, sera firma; feste
thür, firma janua, feste briickc, fesle niauer, tiilgus grundu-
vadjus, fester kalk; festes gestein, fester fels; feste gehäude.
GöTOE 40, 2S1 ; eine feste band, manus non vncillans, mit fester
band geschrieben ; einen fest nehmen, gefangen nehmen, fest
halten, gefangen halten, dasz er nicht enlweichen kann, festen
fuszes, d'un pied ferme, der feind liat festen fusz im lande
gefaszf. einer hat sich fest gerennt, dasz er stecken bleibt,
iiat sich fest gegessen oder getrunken, musz für die Zahlung
in haß bleiben; er hatte sich fest gefahren und seine bc-
mühungen wieder los zu kommen waren vergebens. Göthe
17,139; in welclien fällen fest das adj., nicht das adv. scheint.
b) fixus, infixus, unbeweglich. Kant sclireibl noch 8, 234 {im
j. 1755) feste Sterne oder fixsterne. Stieler 2150 schon stand-
stcrn, fixstern, Stella fixa (besser infixa), was uns ungeschickt
klingt, da wir mit fix den sinn von hurti,, verbinden; der achse
fester Stern, der polarstem, ein fester sitz, wohnsitz, aufent-
hall, der sich nicht verändert, fr. dcmeure fixe; fester platz,
feste stelle; fester punct, feste linie, seine fesle linie nicht
verlassen ; feste formen. Götue 1, 141. fesler preis, prix fixe,
wofür man sonst deutscher die feste band sagte, fester gehalt.
ein festes äuge, ein fester blick, feste gcsichlsziige, feste
richlung, fester beruf, der bäum sitzt fest in der erde, der
nagel fest in der wand; man sagt iesl kommen, fest werden
/Br stecken bleiben, haßcn.
e) $oUdut, densus, derb, gesund: ein fester leib, feste backen,
vvangen, arme, waden. fesle (comparle) mas.ie, fester teig, festes
brot, feslgebadien, gegenüber dem leise gebacken, zitiiben {rosinen)
eingepackt und steif mit füeszen eindretlen lassen, damils fiist
und frisch ob einander bleiben. KitAfTs reisen s. 4S. festes
xhst, hallbares, das sich lange hält; fesler kern, es zeigt sich
ein fesler kern, die sache gewinnt feste gcstall. mich hungerte
nach etwas festem von discurs. J. I*. Fibel C3, narfi fester speiv.
auch e\u fester schlaf, lomnus arctus, gesunder schlaf, er liegt in
festem schlaf, gegensatz in leisem, ebenso fesler und leiser tritt.
d) forlit, stark : fester zwirn, ein fester faden, festes gc-
«cbc. ein handfester mann, manu fortis, beiname des Wat-
tkariui, ahd. hantstarrh, armstrengi, altn. bandramnir. dalier
die anrede fester und ehrenfester:
ilnniiii Irli TC«ter iimker liiil,
wOUeud inaloi gcTli vernctioin-n iiil.
WiCKN«»! piliji-r 11,2.
e) durus, hart, wie das lit. tvirlas fest, das sl. tverdy hart
ausdrückt und felsenfest, felsenhart gleidtviel sind, man sagt fest
oder bart wie stein und bein. fesigefroren oder hartgefroren,
einen festen oder harten köpf, ein festes oder hartes herz,
festen oder harten sinn haben, daher fest, wie hart orfer
zähe, für geizig: ach mein herr Palladi, wie ist er so frei-
gebig mit dienstanerbiclungen und so fest {zurückhallend,
sparsam) mit der lieferung. Gnvpiiitjs 1, 777 ; es ist auch ein
arbeiler seines lohnes werlh, und also musz sich der herr
nicht so feste finden lassen, wenn noch auf die beiden recht-
schaffene kerle 20 bis 30 rth. müssen gewendet werden.
causenmacher 69; ein frauenzimmer, welche sonst mit ihrer
waare nicht feste hielt. Virgil, Nürnb. 1738 s. 4G.
/) zumal auch fest gemacht, hart geworden, unverwundbar, wie
den Siegfried seine hortüiaut gefestigt oder gefeil halle. Gryphius
2, 477 verfaszte ein epigramm 'auf die kunst sich feste zu
machen':
kunst, du wunder aller künslc, die ITir stahl und blei kaH stetin,
und für schnödem men.schenmiste musz in dampf und nichts
vergehn.
LoGAD 2,192,88 'auf Jungfrauen':
Venus war gefnlirlich krank, scliicklc hin den kleinen schützen,
dasz er solle juncfernfleisrh mit dem göldrieri pfeil« ritzen,
well sie iungCernblut bedurfte, zwar der knahe schosz gewis,
gleichwol merkt er, wo er träfe, da.sz kein blut sich sehen liesz,
llog l)etri'ibt zur mutter zu, wolte drüber sich beschweren,
bis er hörte, dasz durch krieg auch die Jungfern feste weren.
denn das weisz ja die ganze weit,
dasz der Friedländcr einen teufel
ans der hölle im solde hält.
'ja, dasz er fest ist, das ist kein Zweifel'. Schiller 323';
was hilft uns wehr und walTc wider den?
er ist nicht zu verwunden, er ist fest,
gegen schusz und hieb! er ist
gefroren, mit der teufclsk\inst behaftet,
sein leib ist undurchdringlich, sag ich dir. 398',
wo wieder 'gefroren' dem harten und festen begegnet, sonst auch
'eisern' und 'kugelfest', sf/)on in der cdda Scemundar 'hard-
giürr'. fest oder gefroren. Chemnitz I, 213".
g) noch gewöhnlicher ist fest gleichviel mit befestigt, muuitus
von bürgen, slddicn, lagern : feste bnrgen. castra munita, fesle
Städte, fcslnngcn, feste lager; eine fesle brückenschanze, fons
fortis, munitus.
h) zahllose absiracte anwendungen, meistens im sinne von firmus:
fester mut, entschlossenheit, er ist festen sinnes, entschieden,
standhaß; ich bin fest, «ante nicltt, gebe nicht nach;
ihre reden achtet nicht der bruder,
fest, Imoskis Cadi sie zu trauen. Götre 2,53;
fester glaube, feste hofnung, feste freundschaft; ich habe
davon eine feste meinung, darüber noch keine feste ansieht;
er kann zu keinem festen entschlusz gelangen ; es besteht
als feste rcgel, ein fester brauch; er gab sein festes ver-
sprechen ; kein festes glück war ihm beschieden ; fester friede
ist uns verkündet; das glück halte keine fesle dauer; was
helfen die festesten gelübde?
5) viel Zusammensetzungen mit fest , die nicht auf dieselbe
weise, sondern verschieden zu deuten sind: erdfesl sp. 768 fest
in der erde; wurzclfest, kernfest, /"c.sf in der würzet, im kern;
wandfest, fest in der wand; bodenfest, fest im boden ; grundfest,
fest im grund; mauerfesl, fest in der mauer oder auch wie dw
mauer; fausifesi, handfest, fest in der faust und hand ; taclfest,
fest im tacl ; bibelfest, fest in der bibel ; nagelfest, sattelfest,
fest im nagel, satlel; bandfest, fest wie im band; nietfest, fest
genietet; nothfest, nicht fest in der nolh, sondern gleich eintr
fessel, golh. naudihandi ; ciscnfest, felsenfest, fest wie eisen
und fels; bickelfest, fest wie bickel stein ; baumfesl, fest wie ein
bäum : kugelfest, fest gegen die kugel. der allen sjwache waren
solche composita weit geläufiger, z. b. alts. li'garfast, ans lager,
ans bell gefesselt; ags. vlDTäst, verheiratet, an ein weib gefesselt;
sigefäst, an den sieg gefesseil, .lieyreirh u.s.w. wenig lob ver-
dient die anfügung des fest an pari, jrraes. wie festsetzend,
fe.st stellend.
KFST, adv. firme, firmiter, wofür goth. tulguba (irt> harduba,
manvuba) und {ivastiba {wie augiba, sliuriba) zu gewarten wäre ;
ahd. fasto, mhd. vaste, woraus allmdlich dir schwächere bedeu-
tung ferine hervorgieng, so dasz sieh fast und fesl absonderten
{sp. 1348. 49). hier bleibt aiso nur ron diesem letzteren adr. ie<\
zu handeln, in vielen fällen ist aber srbiier zirf-i ••■' ' ■'■!>'.
XU sriieiden. solche Unsicherheit der rede l< 'e
formen, neben sein, werden, bleiben ist i Ij.
anzunehmen, zweifeln kann man. ob neben stehen, sitzen, »lecken,
haften, wurzeln, sclzcn, siclleu, halten, wo im lat. der num.
1561
FEST
FEST — FESTAUSSCHUSZ
1562
oder acc. des adj. zu folgen pflegt, doch auch eine adverbiale vor-
slellung denkbar ü/, z. b. es steht fest, ist unuinstüszlich, aus-
gemacht, u-ird allgemein angenommen; der stuhl steht nicht
fest, wackelt ; so muste der hut vom köpf und hätte er noch
so fest gestanden. Weise erzn. 57; das gewitter steht fest
über der Stadt, entfernt sich nicht; der vogel sitzt fest auf
der Stange; der regen sitzt in den wölken fest, ergieszt sich
nicht, fällt nicht nieder; der nagel steckt fest in der mauer;
Mars traget stiefeln, die als schuh was fester stecken.
LoGAD 1,114, »4;
der barnn wurzelt fest im boden ; es ist fest gemacht, man
sollte es fest machen, genau verabreden, auch sichern, sancire;
CS wurde fest gestellt; der friede wurde fest gemacht mit
handgebung, als damals gewönlich war. Waissels chronik s. ST;
macht fenster und thür fest zu!; haltet euch fest, tapfer!
haflt dich fest an die mauer ! ;
halt dich. Annale, feste! Garg. SS*;
bleibet nur auch so fest und beständig auf dieser meinung.
ScHOCH stud. leben B3'; du must das glas fest halten, zieht
man hier fest auf das glas, so erscJteinl es adjecliiisch, zieht man
es auf halten, adverbial.
in folgenden stellen liegt das adrerb mehr offenbar: wenn
einer im fest furnimpt {vulg. dennoch statuit in corde suo
firmus). 1 Cor. 7,37; haltet fest an der demut. 1 Pelr. 5,5;
dem tcufel widerstehet feste im glauben. 5, 9, d. i. forliter,
obschon vulg. cui resistite fortes fide, auf fide, niclit auf
resistite bezogen; der mensch, als er die kälte übel empfin-
det, verhüllet sich fest in seinen rock. Lokmans fab. 33;
so fest geschnürt sie immer gieng. Gellert 1,134;
ich glaube fest, dasz deine sinne trügen. 1,1SI;
und ihr behauptet steif und fest. Götbe 1,2°2'2;
haltet am glauben fest und fest an dieser gesinnung. 40,242;
wir wollen halten und dauern,
fest uns halten und fest der schönen guter hesitzthum.
40,337;
fest gemauert in der erden
steht die form aus lehm gebrannt. Schiller 77".
man sagte ehmals 'fest' essen {sp. 1164. liCC). schreien, lachen
für 'stark', aie noch heute fest schlafen, fest schlummern:
asz nur desto fester. Wickram ro//«'. 76'; je mehr und fester
sie {die enle) schreien ward. 58'; der papagei hub noch
fester an zu schreien, buch der liebe 23S, 2 ; ein theil lachte
noch fester. Simpl. K. 1016: fest schlummernd. Fr. Miller
1, 22 ; vermutlich wird Luise so fest schlafen, dasz sie ihre
ankunft nicht vernimmt. Kotzebce dram. sp. 3, 144. fest
marschieren, fest aufschreiten, fest arbeiten.
man hat sich heule getrölint, das adverb an das verbum, zu-
mal an die participia dicht zu reihen, iroraus dann, nie bei an-
schlieszcnden partikeln, lauter uneciüe Zusammensetzungen hervor-
gegangen sind : fesibringen, festsetzen, festhalten ; festgebracht,
feslbestimmt, festgehalten, festgesetzt, deren die geläufigsten
aufgeführt werden sollen, es wäre eben so unnütz als unlhunlich
alle denkbaren zu verzeichnen, immer bleibt auch noch die lose
Stellung, wodurch das adrerb fühlbarer vorlrilt, slatüiap, durch
die anreihung wird gröszere abstraclion herbeigeführt.
FEST, n. festum, dies festus, solemnis, fest, nicht fest {also
wie in nest, nicht wie in best) auszusprechen, den beiden vor-
ausgehenden unverwandt, und erst aus der lat. kirchensprache auf-
genommen, g(dh. und ahd. galten dafür dul[»s,xtuld {sp. 1434),
vihd. huchzif. huchgezU. die friüisten stellen sind bisher bei
Konbad aufgefunden:
swölch frouwe si noch hiule
diu schoenste üf disem veste (: breste). tr. kr. 1455;
nü man begienc die höcbgezit
und da; fest ein ende nam. 15149;
Rwa; man von vröuden ie gelas,
des alles wart begangen vil
ze dirre höchgezite spil
und üf des t.nges vgste (: gebrdste). 163S7;
so daj si (die canonisierlen) nü diu kirche hat
vor heilig und ir vest begät. Jehoscbin 92S6;
dör virde päbist ürbän
satzle da; vest zu begän. 15.t38;
du her daj fest vollebrächt hate. myd. 254, 6.
nhd. sagt man ein fest machen, halten, ftlern, begehen,
anstellen, wie hochzeil machen, halten, feiern, begeben, an-
stellen: lasz mein volk ziehen, das mirs ein fest halle in
der wüsten. 2 Mos. 5, 1 ; denn wir haben ein fest des herrn.
10,9; dreimal solt ir mir fest halten im jar. 23,14; das fest
der unKosewrtcn brot soitti hallen. 34, IS; so solt ir nu das
fest des bcnn halten sieben tage nu. d Mos. 23,30; ich musz
allerding das künftig fest zu Jerusalem halten, apostelg. lS,2i;
ir haltet tage und monden und feste und jarzeit («/ot/t. dagam
vitaij) jah men6J)um jah melam jah aj)nam). Gal. 4, lo ; und
Salomo machte zu der zeit ein fest. 1 kön. 8, 65 ; und er
macht ein fest am fünfzehnten tag. 12, 32 ; ir haltet jarzeite
und feiret feste. £«. 29, 1; das ir auch mit uns dasselb fest
begehet. 2 Macc. 1, 18 ; dieweil wir nu solchs fest begehen
wollen. 2, 16; denn sie waren auch zum fest komen. M. 4, 45;
und jeder tag ein fest des glückes und der fülle.
Gellem 1,260;
leben ist ein groszes fest,
wenn sichs nicht berechnen läszt. Göthk 1,125;
wir haben uns feste hier oben erlaubt. 1,196;
saure wochen ! frohe feste ! 1, 199 ;
aber so wende nach innen, so wende nach auszen die kräfte
jeder; da wärs ein fest Deutscher mit Deutschen zu sein.
1,357;
und das glückliche fest in allen den landen begangen. 40,243;
so war der frciersmann immer
in dem hause der erste bei jedem häuslichen feste. 40,302;
in das wilde fest der freuden
mischten sie den wehgesang. Schiller 53';
und der tempel heitre wände
glänzen schon in festes pracht. 56';
wol glänzet das fest, wol pranget das mahl. 69*;
doch sagt was ist des kalsers werth
an seinem herlichsten feste? 69';
wenn die hellen kirchenglocken
laden zu des festes glänz. 78*;
0 möchte siebenfaches erz
vor euren festen, vor mir selbst mich schützen ! 475* ;
zu leichtsinnig glaubte man am hofe zu Paris das andenken
an die vertilgten Hugenotten doch noch durch ein jährliches
fest über ihren Untergang verewigen zu müssen. 1076'.
das fest iü eine zeit der freudc und des jubeis, wie auch zu
eingang des Nibelungenlieds fröude und hochgezite zusammeti-
gesteUl sind, schon mhd.
heid in wunneclicher wät
lit bekleidet, des nü feste hat
frigiu lerk in lüften hö. »JS. 2,92»,
die lerche jubiliert, tireliert. fest und freude machen. Siei5-
höwel dec. 94, 23. freude und feste. 98, 1. 540, 1. Fiscbart
im 45 ps. {geistl. lieder s. 52) :
wan du hertritst in deinem pracht
aus helfbainen pallästen,
da ider auf dich hat grosz acht,
haben mit dir ir feste;
sein fest wormit haben, re aliqua laelari Stieiek 473; er
macht ein groszes fest daraus, rem magni aestimat; du hast
zwar von jeher mit den sternen dein fest {daran deine freude)
gehabt, und pflegtest es als eine göttliche wolthat anzusehen,
wenn der himmel so recht voll sternen war. Clacdics 3, 43 ;
ich erwarte ihn in einigen tagen, du kannst denken, was
das für ein fest {jubel, freude) sein wird. Güthe 29, 119.
indessen bedeutet bä Lctder und andern mehr die redensart 'viel
fcsts' weniger jubel als wesen, lärm, aufheben : da hebet sich
viel fests mit dem weibe Isaacs. 4, 138 ; da hastu wol ange-
zeigt, wie Moses ein unnützer wescher ist, das er von un-
nützen Sachen so viel fests machet. 4,143"; oder was ists
für ein grosz ding, das er davon predigt und so viel fests
drüber machet, wer weisz das vorhin nicht? 6,203'; daraus
sieht man die ursach, warumb die heilige kirch so grosz
fest von diesen decretalbriefen machet. bienenL 77'; item sie
hat auch wol den rechten natürlichen schwänz vom esci,
da er auf ritt, und die rechte kripp, darin er lag. da sie
vil fests von macht. 176'; sie {die evangelischen) machen kein
grosz fest drausz in ein feiszlc mönchskutte {sp. 1470, 7) oder
in ein schicchts hembd begraben zu werden. 199".
s. erntefest, friedensfest, frühlingfest, herbstfest, hochzeits-
fest, jahrfest, kirchenfest, maifest, oslcrfest, pfingstfest. rosen-
fest, sommerfest, Volksfest, Wiegenfest u. a. m. in den fol-
genden Zusammensetzungen vermengen sich föst und fest und die
ausspräche hat gar nicht verstanden sie zu unlersclieiden.
FEST.\BEND, m. dies ante diem festum.
FESTABSCHMTT, m. sectio diei festi
FESTALTAR, m.
nimm den reichen kränz und schling ihn
um des tages festaltar. Rccksrt ge$. ged. 1,470.
FESTANGELEGE.NHEIT, f. vgl. feslhändel.
FESTAIFZIJG, m. festa pompa.
FESTArs.SCHUSZ, m. wofür heule undeulsrh gesagt wird fest-
coroite.
1563
FESTBESTIMMT — FESTEN
FESTEN— FESTHAIN
1564
FESTBESTIMMT, ßxus:
denn kennt jemand den herrn, so kann er ihm leichter genug
thun,
wenn er die dinge bedenkt, die jenem die wichtigsten scheinen,
und aur die er den sinn, den restbestimmten, gesetzt bat.
GüTHE 40,317.
FESTBIER, n. für hodizcüen, schmdtise gebraut.
FESTBRINGEN, firmare, ßgere: ich kann den kränz nicht
festbringen, feslanhepen; dringend hat, endlich einmal was
mir gegenwärtig wäre, auf das papier festzubringen. Göthk
26, 200. gegensatz losbringen.
FESTCHORAL, m.
wandelt sie beim hohen fcstchorale
durch den tcmpcl zu des herren mahle. Bürger 5*.
FESTE, f. firinamentum, munilio, ahd. festi (Graff 3, 71C),
mhd. Teste (wb. 3, 274. 275).
1) ein von nalur gedeckter, sicherer ort:
mhd. ich snch an einem aste
die spercben schrien vaste,
si päbten ze einem neste
üf eines boumes veste. Mar. 154,2.
«/id. und gott sprach, es werde eine feste zwischen den
wassern, l Mos. 1,6; die blaue feste, himmelsfeste. Logaü
2, 112, 73.
2) ein bau, anbau, fcslung:
mild, swfir büwes ie begunde,
ba; denne ich sprechen künde
Ton dises büwes veste ( : beste}. Parz. 403,17;
dö wart hern Iweine gäch
gcwäfent von dßr veste. Iw. 2543;
und vlöch dö werlichen
gein einer siner veste. 3769;
Isenstein diu veste. A'ib. 373;
nhd. die feste stehet elend und ist zurissen. Jer. 48,1; das
alle deine festen vcrstüret werden. Hosea 10,14; denn weil
Habacuc auf der hut und feste stehet. LirrnER 3,241*;
Gurgistans trotze feste
war mit gewürktem gold aufs herlichst ausgeziert.
Grypuil's 1, 106;
und bebte gleich der weiten bau und veste,
so zaget er bei ihrem einfall nicht. Hagedorn 1,13;
der Patriarch
hiernächst hat ausgegaltert, wie die veste
sich nennt. Lessing 2,220;
was Teindlicbe männer euch leides gethan auT der veste.
Od. 10,459;
schon zweimal ward die feste hart berannt. Körner.
heute nur dichterisch, in prosa gilt feslung,
3) härte und fesligkeit.
mhd. dgr marmeline estcn'ch,
der ist der st.Tle geiich
an der grüene und an dfir veste. Trist. 426, 17,
d. h. ist beständig grttn und fest, bergmännisch heiszt feste eine
grosze menge geslein, wo die erzmasse außörl und ein fels vor-
geschoben ist. Fniscn 1,2C1.
4) carcer, den gefangnen in die feste führen, s. fronfeste
und festun g.
5) firmatio, scn/rfura. s. handfeste.
e) abstrael, jeder zweifei von dir erregt ein erdbebcn in
den innersten festen der tiefe meines hcrzens. Gütiie an fr.
ton Stein 2, 226 ;
da risz der innre grimm der heldenhrust
verwegen an den testen seines lebens. Körner 2, 186.
FESTE, f. tunica, veste, restis, nach dem fr. veste, v wie f
ausyrsiirochen : eine schamerierte feste, inicrula tacniis aureis
et argenteis segmentata; brokatfcsle, subucula ex tela aurea vcl
argenlea. Stieler 474. in der zueilen hdlfte des 17 jh., spdler
wieder umiebräucldich.
FKSTEINRICIITLNG, f. instUulio sokmnium.
FESTEI.NZL'G, m. introitus solemnis, Iriuwphus.
FESTEN, firmare, goth. ))va8tjan, |)va8tida, alid. festan, fusta,
mhd. veslen, vaste :
ir minne was in Testende. Fsis. Triil. 162').
nhd. festen, feslele, ohne rückumlaul : wann die arm der sundcr
werden zcrknischcl, aber der iierr vestct die gerrchtrii. bibvl
14%3, 271*, pi. 30, 17; der ungillig man vcslct ungescbemigklich
■ein antlilz, »ir impius procaritcr obfirmal vullum stium. It««3,
302', tpr. Sal, 21,20; die dritte, schell ist Hieb festen iif das
Sprichwort got hat das himelreich mit den genscn geniadii.
Kr.iseiisKKiic narrmsch. 4.V ; da er die wölken droben festet,
da er festiget die brünncn der liefen. *j/r. Sal. 8, 2S; er bowel
und festet sich mit dcnselbigen (mit holz und stein). Luther
3, 24S'; dieser boden wird wie die undcren beide dem ofen
eingeieibet und an den gefestet. Thurneisser prob, der harnen
106; schönes gcpräge des geldcs ist oft ein starker klammer
und band, damit uns der pfennig ans herz gefestet und also
dieses gegen den dürftigen nechsten desto fester verschlossen
wird. ScRivER Gotthold 143;
vom magistrat beordert, beute
zu festen diesen knöpf. Voss 6,114;
der tiefe lehmhoden, durch bloszen nachlfrost nicht gefestet.
VARNnAGENS Ülüchcr 337. heule dafür festigen, s. entfesten
und festnen. beide, festen und festncn, galten zumal vom ver-
loben der braut.
FESTEN, f firmitas, munilio, ahd. festin (Graff 3,718):
und waren ctlich todt, die andern in der feiftin einbeschlossen
blieben. Aniadis 381 ; am vierden tag ersahen sie ein schöne
festin zu obeist auf einem bcrg. 398; hierauf ritte sie gegen
der festin zu. 401; weil ein festen und kämpf fürscheuszt.
M.\THEsiDS 1502, 307'. vestinen, die in der höhe ligend, aeriae
arccs. Maaler 440^
FESTENTWEIHEND, exaugurans.
FESTENTWEIHCNG, f profanatio festi.
FESTESGLANZ, wi. festlicher glänz:
altar und kircho prangt in festesglanz. Schiller 470*.
FESTESSEN, n. fe.itae epulae, feslschmaus.
FESTFEIER, f. für fest, pleonastisch.
FESTGARE, f. feslgeschenk.
FESTGEBÄCK, n. feslkuchen. J. P. Fibel 22.
FESTGEBANNT, expulsus:
ist der schmerz in Lethes welle
tief versenkt und festgebannt. Scuillzr 54*.
FESTGEBEIEB, n. festgeläute:
wann mit bluten
auf den hüten,
sens und rcciien auf dem arm,
unter spätem festgebeier
heimwärts kehrt der zug der heuer
und der Schnitterinnen schwärm. Salis 6t.
FESTGEBRAUCH, m. usus feslivus:
gefasze die der opfrer sich
zur band verlangt vollziehend heiligen festgebrauch.
Götuk 41, 1S2.
FESTGEBUNDEN, vindus: lege dich, die haare festgebun-
den, zu bette. Götoe 31,225;
ich lag im schif mit stricken festgebunden. Scuiller 540V
FESTGEDIEGEN, hart gefroren.
FESTGEHEUL, n. feslus ululalus. Ov. met. 3, 529.
FESTGELAG, n. epulae solemnes.
FESTGELÄUTE, n. sonilus campanae fedivus:
dumpflg und wie bienensummen
klingt der glocken festgeläute. IIöltt.
FESTGENOSZ, m. socius festi.
FESTGESANG, n. jubilum, canlns solemnis, jubelsang.
FESTGESCHLOSSEN: festgeschlosscne reihe; feslgcschlos-
sene äugen. Gotter 3, 32.
FESTGESCHREI, n. jubilum.
FESTGESELL, ni.
du eilest nicht zu jenen fcstgesellen? Göthb 2, 33.
FESTGESETZT, definitus: am festgesetzten tage.
FESTGESUND, kerngesund: die kindcr bilde lieb und ernst
und Weisheit zu festgesunden menschen. Dhäsekk glaube, liebe,
hofnung.
FESTGETCMMEL, n. /h«ii(//«s fesiivus.
FESTGEWAND, n. festa reslis, feiergewand, feirrlagsgewand.
FESTGEWIRRE. n. das fromme festgewirre (am fronleich-
namstag). Gütiie 29, 3.
FESTGEWÜHL, n. von wo man ungesehen ins fcsigewiihi
cinschaucn konnte. J. P. Fibel 107.
FESTGEWURZELT. r<i</jfc infixus.
FESTGBÜNDIG, fnmissimus, lestgcgründet : da ich so klar
mit starker und feslgründiger scbrift beweiset halle, das
alle Christen geistlich und pricster sind. Litiikr 1,36»*;
doch den Odvssou« setzte Telcmnchos, listrn crdeiikctMl,
im rostgründlgcn mhiincrgemach an die steinerne scbwell«.
oä. 2n,2is.
frlihen drinnen im wolgegrQodcten satl.
FESTHAIN, m. nemus sacnim:
Pospldon« licMli-her roMhaln. /». 2.506;
der herliche fcMhoin. Urpheut Aig. ühT.
1565
FESTIIALLE — FESTIVITÄT
FESTKLAMMERN — FESTNEN
t566
FESTHÄLLE, f.
FESTHALTEN, firmiler tenere, s. fest adv.:
sie hat ein andern im nest,
den wird sie baltea fest. Atrer faitn. 158';
was er begehrte, das war ihm gemäsz, so hielt er es fest
auch. GöTHE 40, 280 ;
an ihm blosz hieltest du bei jenem stürme
dich fest. Schiller 3ti6*;
wer konnte es nun den Katholiken zum rerbrechen machen,
wenn sie sich bei diesem Widerspruche der nieinungen an die
autorität ihres glaubens festhielten. 884"; auch einzelne baum-
gruppen hielten an mancher stelle das äuge fest. GötheI", 31;
bei dem glücklichsten, alles festhaltenden gedächtnis. 31, 215.
FESTHALTUNG, f. eine festhaJtung des fons, den man
einmal angegeben hat. Kli."«ger 9, 85.
FESTHÄNDEL, p/. curae feslivae: Wieland halte sich in jenen
thcater und feslhändeln sehr wacker benommen. GüTaE31,145.
FESTHASE, m. der wildmeister war, wie alle einsame
oder waldraenschen unter die Schaumünzen von selbstgepräge
gehörig, unter die sogenannten feslhasen, die man für das
fest mitten aus dem Jagdverbot herausschieszt. J. P. Fibel
150 (104) ; in die küche war schon ein anderer festhase und
auszerordentlicher gesandter eingelaufen, der hofkaplan.
Hesp. 3.49.
FESTHEIT, f. firmUas: welche treue nnd sanfte festheit
in diesem gesiebte! Lavaters jdiysiogn. 3,10,14.
FESTIEREN, fr. feter: da war festieren und jagd und
lustharkeit aller art. Tieck 3, 33. s. festivicren.
FESTIGEN, firmare, stabilire, weder ahd. noch tnhd., dodi für
letztei-es aus dem subst. vestigunge zu folgern; nhd. vestigen.
Dasyp. 44"'; darumb sol ein mensch geren wonen und sein
bei den dürftigen armen und betrübten, uf das wäre christen-
liche liebi in im gefestiget werd. Keisersb. se/enp. 11"; ist sie
eine thür, so wollen wir sie festigen mit cedernbolen. Iiohelied
8,9; das ers nicht kan so plötzlich faren lassen und sein
gewissen festigen, das des bapsts ding unrecht und dieser
brauch recht und evangelisch sei. Luther 2, 9S'; er sol ein
haus bauen meinem namen und ich wil seines reichs stuel
festigen ewiglich. 2,241"; o du greifests fast weislich an und
schlegests gut für mit deim bawen und festigen. 3, 24S';
Tcstigt tempel euch aus marmel. Lohesst. Hyac. 65;
ist es nicht wunderlich, wie gottes band die Sternen
theils (astigt, theils bewägt? Rompler 147;
unten dorrte dies laub, sänke, hier oben grünts,
festigt den stolzen entschlusz. Klopstock 2,87;
sich durch guten frasz und sof zu stärken und zu festigen.
Hippel 2, 193; er schmeichelt unseren schwächen und festiget
unsere stärken. Göthe 6,116; aberglaube, der durch menschen-
opfer Städte zu festigen denkt. 4«, 326; geschichte des ge-
fühls, wie es sich nach und nach festiget und läutert. 60, 225.
X. befestigen.
FESTIGKEIT, f. prmitas, durities, conslantia, persererantia :
daj eisen alleu andren dinch zämt mit seiner vestikait.
Megexberg 479,17; festigkeit des holzes, garnes, tuchcs;
sollten die umstände über ihre festigkeit siegen. GorrER3, 75;
festigkeit in seinen entschlüssen. Klinger 5, 243 ; so zeigte er
die festigkeit und Sicherheit seines sinnes. Gütde 32, 25S.
FESTIGLICH, ßmiiler: welher dcnne sterker ist, der wirft
den andern zuo der erden oder in ain wajjer als6 vesticleich
ze stunden, daj er schef under kert. Megexberg 80,19; ze
helfen vesticleich wider all vergift. 284,25; w4 man ej hin
streicht, d4 wert ej vesticleich, daj icht härs da wachs.
303, 8 ; widerst^ t dem roten flu; gar vast und widerstet auch
vesticleich der fduhfen in dem leib. 416, 18 ; und halt in im
baw, den deine rechte gepflanzt hat, und den du dir festiglich
erwelet hast. fts. 80,10; und die leute, die du dir festiglich
erwelet hast. 80, 18; lasz deinen knecht dein gebot festiglich
für dein wort halten, das ich dich furchte. 119,38; sie glauben
vesliglich. Micu. Neaxdeb menscliensp. 51 ; festiglich versprechen.
Käst 4,45;
er ist entschlossen festiglich. Wielajid 9,207;
ich glaub es festiglich. Hippel 14, 193. heute auszer gebrauch.
FESTIGUNG, f firmatio : die bildung und sittliche festigung
des jungen mannes.
FESTI VIEREN, was festieren: in Trier soll schon in die acht
tage mit groszem pomp festiviert werden. Fr. MCller 3, 333.
FESTIVITÄT, f. wie der hebräische künig bei fcsfivltüten und
feierlichkeiten. Fr. M|}ller 1, 314. berührt sich hiermit das schveiz.
fcstilis, compliviente, ceremonien, umschiveife? Stalder 1,366.
FESTKLAMMERN, arde constringerc , sich festklammern,
anklammern: der schifbrüchige klammert sich fest an eine
planke;
und an jedem bein
hielt sich ein junge festgeklammert. Gökwgk 2,69.
hddlich, das einzige rettungsmittel, woran sie sich mit aller
beharrlichkeit eines mütterlichen herzens festklammerte.
FESTKLEBEN, inhaerere, adhaerescere.
FESTKLEID, n. feierkleid.
FESTKNÜPFEN, firmiler jüngere: war es liebe zur kunst,
die mich an das mädchen festknüpfte? Götoe 19,128.
FESTKOPPELN, vinculo coptdare: die hunde, rosse fest-
koppeln ;
man koppelte die rosse fest in reihn. Bcrcer 152*.
FESTKÖRNIG: fein- und festkörniger magneteisenstein.
Halsmanx in den gött. gel. anz. 1841 s. 281.
FESTKREIS, m. circulus, congressio convirarum.
FESTKUCHEN, m. festgebäck.
FESTLAND, n. continens, das feste land.
FESTLÄNDISCH, continentalis : die festländische sperre.
FESTLEGEN, stabilire. Stieler 1110.
FESTLEGER, m. slabilUor.
FESTLEIBIG, l) corpore fortis, mannhaft.
2) dura alvo laborans, hartleibig.
FESTLEIBIGKEIT, f. 1) durüies corporis: und dasz des
mans festleibigkeit die weibliche blödmütigkeit, wie der aug-
stein die spreuer an sich ziehe. Garg. 66'.
2) alvus astricla, harüeibigkeit.
FESTLICH, firmus, ahd. fastlih (GEArr 3, 715), mhd. vestlich
{wb. 3, 274), a^. fästlic, füid. nur tnt 15. 16 ^., nachher durch
festiglich ersetzt:
mit euerm haar, so festlich schön es ist. Gellert 1,252;
er sprach, ain ieder brief (prüfe) sich wol,
wie er in tügent festlich steh. Schwarzehbsrg 151.
FESTLICH, festus, festivus, feierlicli:
alle leute waren, spazierend in festlichen kleidern
auf den dörfern vertheilt und in den schenken und mülen.
GöTHB 40, 249 ;
sein blut ist heisz, warum sein blick so kalt?
so abgemessen festlich sein betragen? Schiller 252';
der könig steht im festlichen ornat. 475*;
die festliche sonne. J. P. unsichtb. läge 3,80; er ziehet ganz
festlich auf, veste ulilur feriala. Stieler 474;
unser gesang soll sie festlich erheben. Schiller 56\
FESTLICHDUNKEL, Albine und Rabette kamen herauf,
festlichdunkel gekleidet, zum gange in die begräbniskirche,
J. P. Tit. 5, 189.
FESTLICHKEIT, f. fesUcUas:
mir ist das hen verwandelt und gewendet,
es flieht vor dieser festlichkeit zurück. Schiller 474'.
FESTLIED, n. canlio fesLiva. Stieler 1161: von geselligen
festliedern bis zur kleinsten geschenksgabe. Göthe 4S, 163.
FESTLIEGEN, sedere, anschlieszen, ein festliegendes gewand ;
nur die natur ist redlich! sie allein
liegt an dem ewgen ankergrunde fest. Schiller 492'.
FESTMACHEN, capere, vincire, fesseln, heften: etwas an der
wand festmachen, befestigen; er liesz sich festmachen durch
den kreis, den eine biene um ihn zog. J. P. Hesp. l, 166 ; fest-
machen, ratificieren ; festgemacht, hartgemachl, unverwundbar.
FESTMACHER, m. male feriatus, der viel feierlage macht.
Stieler 1161. Logaü 1, 86 überschreibt dreigedichte 'festemachcr',
es ist nicht klar in welchem sinn.
FESTMAHL, n. convivium solemne, festliches gaslmahl:
nagte des festmahls knochen Packan und murrctc seitwärts.
Luife 1, 13.
FESTMUSIK, f. musica augustior. Stieler 1312.
FESTNAGELN, clavo figere:
wie sie den doctor schnell umringen,
wie sie die harten fauste schwingen,
die guten lehren festzunageln,
die brausend auf den sünder hageln. Li5ad Faust 55;
0 dieser festgenagelte Sonnenschein und all die heiterkeit
lim mich her! Hebbels Mar. Magd. 81; der gesandte ist zu
Rom festgenagelt. Niebihbs leben 2, 150.
FESTNEHMEN, capere, tenere: der dieb ist festgenommen.
FESTNEN, firmare, ahd, festinön festin6ta, mhd. vesten
vestenle :
dö beten sl; gevestent mit eiden alsO stark. Kib. 1080, 2 ;
1567
FESTNEN — FESTSETZEN
wir haben in gnAde getan, also daj wir demselben gotes-
bäse iilliu diu liut und alliu diu rl-ht, diu si liänt koufet,
haben bcslaetet und gefestent. urk. von 12!)1 in Schmid pfalzgr.
von Tüliinyen s. 71. nhd. darunib mag ej (iler taubgebornc)
kain sprach geveslenen. Megenberg 15, 4; er vestent die
wagenden zend. 447, 17 ; so werden! die zend gevestent da
von. 89, 30 ; als nu disz also gevestnet und beschlossen worden
ist, suchet er ain kuplerin. Nicl. von Wvle 32, 37 ;
aber F'amphilus. 'was sagt si?' hat gefestnet den globcn.
sed hie Pamphilus. 'quidf dicit?' firmavit iidera.
Terentius 1499,22*. Anririti v. 462;
warunib nit gebütst ze berufen die tochter und festnest die
zugab, die ich zugesagt hab. 94' Heaut.; gebietung schwerer
si und basz gefestnet, die mit gewalt geschieht, dann das
durch fründschaft zusammen gefücgt wirt. 97". Adelph. ; wSr
wäre kristenliche liebe stark in dir gefestent, mit deren
überwindest du alle ding. Keisersberg sclenp. li'; do sprang
er männlich zu inen und mit seinen tröstlichen worten festnet
er sie im giouben. frcd. llö'; zerstört den flecken Bladolz-
heim, den graf Rudolf von Habspurg zevor mit einem graben
und tam gevestnet hat. Tschüdi 1,175; die gemeldte kochung
im munde gehalten stärket und festnet die wacklende zahn.
Tabernaem. 358; teschelkraut im mund gehalten festnet die
wacklenden zahn. 514. wird später tingebräuclilich, scheint aber
in der Scinceiz fortzuleben, ztrar Fnisius 506' hat vesten, kein
vestnen, doch Stalder I, 366 verfestncn und Lavater festnen :
auf diese weise festnet der physiognomist seine blicke auf
das feste, unveränderliche, auf die unwandelbare Wahrheit
einer physiognomie. fragm. 4, 2, 5.
FEST.MSTE.V, irie einnisten : der Franzose nistete sich am
hofe und in den familien fest. Kunger 10, 100.
F'ESTOCHS, m. bei chverlObnissen, schmausen geschlachtet.
FESTOPFER, n. und wolt dem hcrrn opfer thun, es sei
ein brandopfer . . . oder ewer festeopfer, auf das ir dem
herrn ein süszen geruch machet von rindern oder von schafen.
AMos. 15,3.
FESTORDNER, m. ordinalor festi.
FESTNIS, FESTNUS, f. munilio:
verstörten alles umb und umb
bis auf das capitolium,
das war ein wol verwart festnus. ganskönig g3'.
FESTI'FLÖCKE.N, paxillo figcre: Stöcklein wollte eine kleine
Just und geschäftsreise machen ... als der teufel ihn wie einen
hornschröter in die festung festpflückte. J. P. ^epomukk. 113.
FESTPREDIGER, m. festus concionalor.
FESTPREDIGT, f.
FESTQUELLEN, turgescere: sie haben mich in eine kurze
Jacke gesteckt, in der alle meine gliedcr wieder festquellen.
Stcrz 2. 407.
FESTREDE, f. fesla oratio.
FESTREDNTR, m. festus orator.
FESTREICH, abundans festis: der merz, dessen zweite
bälfte für uns so festreich gewesen war. Güthe 24, 311.
FESTREIHEN, m. Chorea fesla:
CS tost des gottes festreihen
durch die Waldungen des gebirgs. Voss.
FESTREISE, f. reise zum fest : die apostel begleiteten Jesus
auf seinen festreisen. \Viners bibl. realwOrterb. 1, 81.
FESTROCK, Hl. vestis festa. Horazens sat. von Wieland
1794. 2.45.
FESTSCHLAFROCK, tn.
dasz er die wärmende mutz aufsetzt als vater dea hauses
und sich den fcst.schlarrock anicgcte. doch er versagt es.
Luise 3, 60.
FESTSCHLINGEN, laqueo firmare.
FESTSCHMAUS, m. festessen:
und feierten stattlichen festschmaus. Voss;
die stadttcute sprechen von groszcn fcstscbmausen als Ton
einer fronarbeit. Abkim kronenw. 1,354.
FFSTSCHML'CK, m. ornatus festus: gehäufte bflodcr und
sonstiger in der nachbarschaft tiblicher festsclimuck wurde
•chicklich vertheilt. Götue 23, 204.
FESTSCHRITT, m. fetlus grestus:
zwar lange verhallt ist jener geiang, den einil des Arminlui
heerschar
anstimmcod gejauchzt in des sieg» festschrltt, auf römischen
gribem getanzt Ihn. I'latkn 302'.
FF„STSCH\VARM, m. feüa turba.
FESTSETZEN, l) dnturrr, constituere: c» wurde fcslgcsclzt,
beiiiiiimt , IM .11 In. .nie es nicht sogleich fcslactzen.
FESTSITZEN— FESTL'NGSSCHLÜSSEL 1568
2) sich festsetzen, niederlassen, einnisten: es hat sich in
ihm der gednnke festgesetzt, dasz er bald sterben müsse.
FESTSITZEN, sedere: der pfeil sitzt fest; der kahn sasz
fest; sie saszcn fest, was konnten sie machen? Gütue 8,127.
42, 166.
FESTSPIEL, n. ludus festivus: die bühne wurde mit einem
festspiel eröfnet.
FESTSTAIUi, vor fcsligkeit starrend.
FESTSTEHEN, stare: wenn das einmal feststeht, dasz nichts
begehrungswürdig ist als tugend. Garve zu Cic. off. 3,46;
feststehende meinungen u. s. w.
FESTSTELLEN, statuere: die friedensbedingungen fest-
stellen.
FESTSTELLUNG, f. feststellung des Zahltages.
FESTSTÜCK, n. festspiel: jenes feststück zu Nancy. Gütue
36, 183.
FESTTAG, m. festus dies, ahd. tulditago, fäertag:
die junge Schäferin
gienß. wenn es festlag war, nicht zu den reihen hin,
sie blieb auf ihrer tritt. Rost scliäferg. 94;
schön in kleidern musz ich kommen,
aus dem schrank sind sie genommen,
weil es heute festlag ist. Götuk 1, 102.
FESrrÄGlG: beim festtügigen kirchgang. Güthe 17,201.
FE.STTÄGL1CH: eine festtägliche Zerstreuung durch gesell-
schaft. Lichtenberg 8, 102.
FESTTÄGLICH, l) quovis festo die : das geschieht festtäglich.
2) festke: kinder spielten auf einem grünen platze fest-
täglich geschmückt. Tieck 4, 226.
FESTTAGS, adv. die festo, s. oben sp. 363.
FESTTAGSKLEID, n. feicrtagskleid.
FESTTAGSLIED, n.
das war mein lieblingslied, mein festtagslied. Körner 2, 191.
FESTTAGSMENSCH, ffl. je&iMc/ icie alltagsmensch: gewisse
menschen nenne ich hohe oder festtagsmenschen. J. P. uns.
löge 2, 58.
FESTTAGSWITZ,t?i. du wendest solchen festtagswitz an ihn ?
FESTTANZ, tn. festiva saltatio:
fröhlicheren festtanz lehrte mich Aristophanes.
A. W. Schlegel 2,71.
FESTUMHEGT, firmUer cinclus:
zur wand hiniretend des feslumhegeten vorhofs.
Uesiod haust. 732.
FESTUMMAUERT, eireixeos:
die festummauerte Troja. Bijrcer 187*. 195*.
FESTUNG, f. locus munilus: ob sie in gezelten oder
festungen woncn. 4 Mos. 13,20; und da der Midianiter band
zu stark ward, machten die kinder Israel für sich kliiften
in den gebirgen und hülen und festungc. rieht. 6,2; und wird
ircn pracht nidrigen mit den armen seiner hende und die
hohe festungc ewer mauern beugen, nidrigen und in den
staub zu boden werfen. £s. 25, 12; und bcsalzten die festungen
auf den bergen. Judith 4, 3. man sagt grosze und kleine,
uneinnehmbare, jungfräuliche festung; die festung angreifen,
berenncn, belagern, beschieszen, aushungern, stürmen, nehmen,
erobern, schleifen, übergeben, vertheidigen ; die festung hält
sich, fällt, ist gefallen, geht über; vor die festung ziehen,
von ihr abziehen ; besatzung in die festung werfen ; die festung
ist durch berge, durch einen Dusz gedeckt.
FESTUNGSARBEIT, f. festunysbau, zu lebenswieriger
festungsarbeit verdammt, verurtheilt.
FESTUNGSBAU, m. muniendi opera: zu feslungsbau aU
slrafarbeil oß in ketten, verdammt;
viel, die der geiz betrogen,
viel, die der chrgeiz sticht, die fröliiion stets allhier.
für sie Ist diese weit pIii trauriges Algier,
ihr haus ein vestungsbau. Licutwer recht der verntinfl 56.
FESTÜNGSHAUKUNST, f
FESTUNGSBEZIRK, m. raijon de la forterei.<ie.
FESTUNGSGRABE, »i. die cingefrornen festungsgraben
Güthe 20,331.
FESTUNGSHAFT, f. ddentio in caslro.
FESTUNGSKRIEG, m. der herzog hätte sirh auf rinrn
fesluugskrieg beschränken mögen, allein der kiTiik-lichc villo
schob ihn vorwärts. Dahlmann fr. rtv. 4'i
FESTUNGSSCHLllSSEL, m.
wer stftrt uns norli in sn&icr narhi? vs i^i
der commandant. er bringt die fcKiungn-K liln«e|.
SuiiUJUi 3'jy'.
1569 FESTUNGSSTRAFE — FETSCHEN
FETT
1570
FESTUXGSSTRAFE, f.
FESTU-NGSWEHK, n. munimentum : was aber Terweichlicht
und die festungswerke der seele bricht, kann krieg und friede
gleich gut zuschicken. J. P. dämm. 61.
FESTVERSCHLOSSEN : marmorbilder mit festverschloszner
band. Kretscbxan?« launen 204.
FEST\'ER\\TSER, m. wie festordner.
FESTWÄHLUNG, f. wan wir nur am schnürlein wissen,
das unser liebe mufer, die heil, kircb, der taghaitung und
festwehlung ebenso vil kraft als dem blut Christi selbst zu-
schreibt, bienenk. 152".
FEST\^'E1N, n. rinum diebui festis resenatum:
feh, schenke, bringe mehr herein,
och du must alten festwein geben. Hagedob!« 3,123;
wenn sie Ton dem einst tranken dem rothen balsamischen
festwein,
rov S' ore nivotev fteXirßea otvov i^&Qov. Od. 9, 208 ;
mischten den rötlilichen fes-twein,
XE^üvxäs TaX&ona ohov. 24,364;
und nicht trag umlieg euch das land. es erfreut, mit dem
festwein,
Ismarus höhn xu beschatten, mit öl den groszen Taburnus.
Yirgils landbau 2,37.
FESTWILLIG, tenax profosüi:
mutbegaht, festwillig, yoU ausdauernder kraft in des kampfs
langwierigkeit. Platbs 132.
FESTWiRT, m. rer festlich bewirtet: bei ankunfl der frem-
den gaste machte die Stadt selbst den festwirt. dann auch
ein trirt, der bei einem feste die bewirtung zu besorgen hat.
FESTZEIT, f. zeU, in die ein fest fällt.
FESTZUG, m. den feslzug antreten. Göthe 2, 32.
FESTZWEIGIG, vom palmbaum, der seine zweige stds behält,
a. reüA. lustg. 349.
FESZ, f scrophula, ein sonst unerhörtes «ort, bei Maaler 134*
und aus ihm bei Hemsch 1074 vorkommend, nicht aber bei Frisius
1190' unter scrofula. aiirA m ISemnicbs lex. nosoiog. abgehend.
FESZLEIN. n. secundina. doch nicht dem vorigen verwandt?
oder für fäsziein ? der einzige Thlrneisser infl. wirk, aller erd-
gfwijchse f. 151 hat: das fe>zlein oder wie man es anderstwo
nennt, das buschelein, sunst secundina oder die nachgeburt
fortzutreiben, möglich auch geschrieben für feslein, fäslein.
FESZLERIN, /". vinctrix, trenn man so sagen kann:
so sah ich sie, die herzenfeszlerin,
gleich einem maitag, mir lur seite spielen. Scrillkk 27*.
FETSCHE, FÄTSCHE, f. linteolum, fascia, wickelschnur fiir
kinier, aber in Baiern auch falsche, bauchgürtel für tndnner,
vgl. oben sp. 1363 und Scnx. 1. 5S7. Stieler 438.
FETSCHELN, fasciare, windeln, einbinden.
FETSCHEN, dasselbe, befetschen, einfetschen. Stieleb 438.
auch wol falschen t^nd faschen.
FETSCHE.N sich, facessere. die Verdeutschung des Terenz
von 1499, "7* hat: trab dich oder fetsch dich, wo der lext
Heautont. 11. 3 am ende 'ambula', und der Übersetzer merkt an
'im laiin hei«zt es wandle, aber das (jenes 'fetsch dich') ist
gemein tütsch'. doch weder die glossare noch die ältere spräche
geben es, desto gewöhnlicher steht es bei H. Sachs :
derbalb fetsch dicb, räum mir den garten! 1,421*;
fetsch dich zum teutschen hof hinaus! 1,475';
geh jud und fetsch dich bald darren! II. 2,23*;
pawrn ir hund gar oft an mich hetsehen,
bald musz ich aus eira dorf mich fetschen. II. 4,5*;
dnimb fetsch dicb bald von der porten. 111.2,181*;
drumb fetsch dich du unQat, du gelber! 111.3,27*;
fetsch dich, ich mag mit dir nit balgen! V,3ö9*;
drumb fetsch dich von mir, lasz mich gebn! V, 366*;
und wol noch in mehr stellen, die bedeulung ist völlig klar:
apage! troll dich, mach dich fori, mach dasz du fort kommst!
seilsam nur, dasz die spätere mundart das wort nicht mehr darbietet,
selbst Atrer schreibt dafür pack dich, back dich, in diesem packen
läge zugleich der Schlüssel für fetschen, das nichts anders als
das vorausgehende fetschen trdre, der fortgehende schnürt, packt,
bindet seine sachen. nur ist mir nicht vorgekommen, dasz es
H. Sachs tonä für binden oder windeln setzt und in Schaoes
bergreihen s. 80 begegnet es auch unreflexiv, rein transitiv:
du kumbst mir In mein küchen nicht,
ich wolt dich auszhin fetschen,
d. h. hinaus treiben, schaffen, wo das packen und binden keinen
finn gäbe, wem fällt nicht bei fetschen das enql. felch ein,
das auf ags. feccean (wie twilcb auf tviccean, bitcb, flitcb,
111.
witch auf bicce, flicce, ricce) zurückgeht, also uf^serm fahen
sp. 1236) oder facken {sp. 1229) näher stände? doch den bedeu-
tungen müste man zwang anthun. vgl. falschen, fatschen
(sp. 1363), fetzen {bei demselben H. Sachs, der auch vorhin
hetsehen für hetzen auf fetschen reimt) und fitschen.
FETT, pinguis, nnl. \eU schw. fet, ddn. fed. wie die mangelnde
lautrerschiebung zeigt, ein unhochdeulsches, erst durch Lctuebs
bibel eingedrungnoi wort, stall des hochdeutschen feisz (^p. 14C6),
welches in der form feiszt (sp. 1467) daneben fortdauert, weid-
männisch wird noch zwischen feiszt und fett unlerschieden, jenes
nur den thieren der höheren jagd, feit denen der niederen jagd, so
wie den raubthieren beigelegt: der hirsch isl feiszt, nicht fett,
der hase fett, nicAi feiszt. Döbel 1.32. Hartic lehrb. 1,40.
dem hirsch und reh wurde die alte, heimische benennung gelas.-^n,
so wie feisz oder feiszt in oberdeutschen büchern lange vorherschte.
die Züricher bibel setzt feiszt an die stelle des fett der lutherischen,
selbst die zu B'isel 1523 gedruckte hat 1 Mos. 41, 2 feiszt, nicht
fett, feisz und feiszt verhalten sich wie pinguis und adipaliis,
saginalus, doch ist ersteres von letzlerem verdrängt worden, lantd«
feisz, altn. feitr auf goth. fails, so wäre die fonnel feitan, fati,
fitun, iromi^ sich, wie in andern fällen, tilan, fat, fetun berfthren
könnte, dem heutigen Sprachgefühl ist jedoch feiszt beinahe ent-
schwunden und wird mci>tenUteils durch fett er<elzt, dessen vocal
wir wie in bett oder weit aussprechen, riditiger wie in brett
(bret) oder in belleln aussprechen sollten.
1) fett von mensclien : da er aber feit und satt ward, ward
er geil, er ist fett und dick und stark worden. öJfoi. 32, 15;
Egion aber war ein seer fetler man. ticht. 3,17; er brüstet
sich wie ein fetter wanst und macht sich fett und dick.
Hinb 15, 27 ; ir person brüstet sich wie ein fetter wanst. ps.
73,7; ein gut gerücht machet das gebeine fett. spr. Sal. iö.ZO ;
zu der zeit wird die herlicbkcit Jacob dünne sein und sein
fetler leib wird mager sein. Es. 17,4; daher werden sie ge-
wallig und reich, feit und glat. Jer. 5, 24 ; besser magerer
herr als fetter knecht ;
!tfacer hat nichts fettes, auszen nicht, nur innen,
ist von leibe mager, aber fett von sinnen. Locad 2,121,8;
ein feller raönch, ein fetter praelat; Hansel, strecke deine
finger heraus, damit ich fühle, ob du bald feit bist, kinderm.
n* 15; sie verderben mir die imaginalion, rief Aurelie, weg
mit ihrem fetten Hamlet! Götbe 19,179.
2) fett, von thieren : und sehe aus dem wasser steigen sieben
schöne feite küe und giengen an der weide im grase. 1 Mos.
40, 2 ; feiszte wider und bücke mit fetten nieren. 5 Mos. 32. 14 ;
opferte man ein ochsen und ein fett schaf. 2Sam. 6, 13; fette
ochsen haben mich umbringet, ps. 22.13; sihe, ich wil richten
zwischen den fetten und magern schafen. Ez. 34,20; höret
dis wort, ir fetten küe. die ir auf dem berge Samaria seid.
Amosi,l; ein fettes zicklein, ein fettes schwein schlachten;
des berren äuge macht das pferd fett; fette hüner, feile
lerchen. man sa^ einem drohen wie einer fetten henne,
wie einer fetten gans, die geschlachtet werden sollen. Sinrock
spr. 1684. Sackmanns predigten s. 75 (vgl. oben sp. 146S). es
galt im mitlelalter ßr schwere belcidigung, einem als gäbe einen
fetten hund hinzuwerfen (Ki. 717).
3) fett, ron Speise: ein fetler brate, ein feller bisse, ein
feiles slück fleisch; fette milch; eine feile brühe oder suppe;
fette äugen auf der suppe; von Asser kompt sein fett brol.
l Mos. 49,20; die feiten topfe gehen uns ab, die küchc ist
mager geworden, sich ein fettes maul machen, ein fettes
maul haben, schwelgen.
4) fett, ron erde, land, weide, vohnung: fette oder magere
erde; ein fetter grund und boden; fetter acker; du wirst
eine fette wonung haben auf erden und vom law des hiniels
von oben her. l Mos. 27,39; und was für land sei, obs feil
oder mager sei und ob bewme drinne sind oderinicbl, seid
getrost. 4 Mos. 13,21; und funden fette und gute weide.
1 ehron. 5,40; und sie gewunnen feste siedle und ein fett
land. Nehem. 9,25; in dem weiten und fetten lande, das du
inen dargelegt hast. 9, 35 ; die wonunge in der wüsten sind
auch fett, das sie triefen, ps. 65.13; daselbs werden sie in
sanften hurten ligen und fette weide haben auf den bergen
Israel. Ez. 34, 14;
und fettes land, wohin man tritt. Bcria'i^s fabeln 152;
so wird der fiberflusz auf deinem hause ruhn,
so wird die erde selbst dir ihren schosi nufthun,
so wird des bimmels thau die fetten furchen segnen
und tausendfache frucht in deine saaten regnen.
LiCBTWEX recht der Vernunft 118;
99
1571
FETT
FETT— FETTDARM
1572
fette und in den besten liimmelsslriclien üegendc länder.
Kam 9, 5. feil hciszl der llion oder inOrUi, i/t dem skh zu
venig sand hefindel.
5) fett, ton kräuUrn und gras; fette wiesen;
ihr bäche dieser feiten wiesen,
ja, ja, ihr llicszet ziemlich reia. Hageuorii tSOU 4,133;
wo in den thälern, in den triflcn
lacht fetter kicc und blunien diiflen. Ui 1,123;
Damöl ist schlau genufr, jetzt zieht er an den Rhein
und nimmt die beste irift am fetten uler ein.
da gibt das futler milch, da kann man was gewinnen.
Rosi schäfinijca. üO;
fetler grüne du taube
am rebengelandcr
hier mein fenstcr herauf! Göthk I,0'2;
fettes grün. J. P. Tit. 1,29; eine mit fetterem grün liezeicli-
nete quelle, biogr. bei 1,87; eine fette binmenebene. Iksp.
1, 152.
6) fett, von Ihau, regen, duft:
ein fruchtbar fetter regen fällt. GRTPniis 1,522;
so trüg, als hübe sich ein adler in die liifle
den man vom raube scheucht,
noch schwebt er drüber her, und witternd fette dufte
entflieht er minder leicht. Lessimg 1,'J(>.
7) fett, feucht, triefend:
das Tora blut fette schwert. Grtphiis 2,312.
ähnlich, doch rerschieden die biblische redensart : des iieirn scliwert
ist vol biuts und diele von fettem (= von dem fetten, von
dem feil), vom biul der liimmer und bocke, von der nieten
fette aus den widern. £s. 34, 6.
S) ein fettes mäulchen, ein saßiges sclimälzchen :
(meiber, dii;) ihrem schätz ein fettes mäulchen drchn.
Gühtuek 385;
aber auch drei fette (derbe) maulschellen. pol. colica 320.
9) fette lüge {wie feiszte sp. 1470): das Carlslad gute,
fette, starke lügen ausleszt. Lüthkr3, Sl'; diese lügen allein
ist patzig und fett genug. Kirchuok tcendunm. 357";
und lästert was doch taug, und tauscht für fette lügen
die dürre warheit aus. Locau 3,215.
10) fette beule, fetter fang:
so fette beut, als kaum ein Jäger hoffen kan. Griphius 1,597;
der süsze brauch zu machen fette beute
aus allem was gott selbst gehabt und alle leute.
LoGAii 1, ()9;
unterdessen hatte Soiande dem armen Stolbio wieder zu dem
seinigen, sich aber zu einer fetten beute geholfen. jhjI.
stock f 210.
11) fette pfarre, pfründe, fettes amt, die viel eintragen, ab-
icerfen: wenn ich oder ein ander predige utnb einer guten
fetten pfarr v\illen. Luther 6,37*;
man strafte nechsten ta^ den jungen predigcr,
der vor ein fettes amt viel beutet hingeschmissen.
GÖ.NTUEH 551 ;
auf dem einsamen wege der lugend zu wandeln, wo noch
kein hofmann eine fette pfründe erreicht hat. Thimmel U/7-
helmine (1764) 70.
12) fetter kostgüngcr, der viel bezatill: Ögneck mochte sich
innerlich nicht wenig freuen, einen so feiten kostganger und
palienten angetroffen zu haben, von welchen er keine magere
brocken zu genieszen verhofte. irrg. d. liebe 327. feile, reiclie
braut, fette aussicuer; er ist ein fetter gast, opimis rebus
ttbundat. Stieler 474.
13) fettes urlheil, das viel zuspricht: es ist besser einen
magern vertrag belieben, als einer fetten sentenz erwarten.
ScRivER sceUnsch. 2, 350 utid danach Butsciiky i'a/m. 135.
14) fetter pinsel, der färbe stark auflrdgl, fett mahlt; feiler
zug, fette schraflierung; auf eine, fette manier arbeilen.
15) fette tilcl: •
er kan die titcl misten,
tr> stets den fetsicn auf, zeucht stets herfür den besten,
jedoch nur wann man da, der rücken sieht es nicht.
Locau 3,215.
16) die feilen »nd die reichen und stolzen: behüte mich
für den gottlosen, die mich verstören, für meinen feinden,
die unib und umh naeli meiner seien Kleben, ire fetten hallen
znominen, sie reden mit irem munde stolz (rulg, inimici
mei adipem suum conrluserunl. o» eoinim loculurn est su|)er-
biaiii). pt. 17,10; darum wird der berr Zebaolh iiiiler seine
fetten die darre senden (mittel in pingniltus ejus leniiitaloni).
El. 10,10; aber das fleisch der feltco werden sie fressen.
ZtcAar. li, 14;
der, den die fetten in dem land
verächtlich von sich sticszen. Sculbart lodcsgesännc t. 211.
es ist noch allzu fett für dich. Ilarni^cJi 275, es steht zu hoch,
unerreichbar für dich.
17) 'das wild das kraut noch nicht fett machen*, nicht aus-
reichen: allein alles dieses würde, wie man spricht, das kraut
nicht fett gemachet haben, che eines ueibes 58; der wille ist
gar gut, allein von gutem willen wird man nicht fett. /.iVe/u/Zc
m Kanke fr. gesell. 5, 315 = der gute teiile thuts noch nicht ;
davon wird keiner letl = das hUß keinem; es marhle meine
liehe zum erdkrcisc nichl fetter, dasz m. s. w. i. I'. anhang zu
TU. 2, 71 ; vgl.
mainstu es wachs mir schmer darbei? 11. Sachs 1,450*;
mhd. da hi wuchs mir nindcr smer. Neiohart 79, 4,
dabei steckte ich nichts auf.
FETT, pinguiler: es fühlt sich fett an; es duftet hier fett;
es hat ihm fett {reicidicit) eingetragen; er bat fett gebraten,
fett gedüngt ;
Pluto, der mit hasz und groll
ihre herzen hat so fett gedünget.
Gersdorf hei ß/ ypliius 2, 498 ;
einen von haus und hof vertreiben, blosz weil Berkley fetter
stund als Bushy — es ist schändlicli. Klimgers th. 2,274;
der schnitt, der zug ist fett gehalten.
FEIT, »I. mieps, schmer: das Ihierischc fett Hniersc/ieirfei ncA
rom ül der pflanzen; das fleisch cntliiilt viel fett; er setzt
fett an; legt fett auf; kommt zu fette; das fett nimmt ziem-
lich ab bei ihm, er icird mager; das fett schwimmt oben;
man musz das fett abschöpfen (oß bildlich, das beste vorweg-
nehmen); das fett gerinnt, ist schon geronnen; sich mit fett
beschmieren, besudeln.
und soll alles fett ncmen am cingeweide und die zwo
nieren mit dem fett das drüber ligt. 2 Mus. 29, 13 ; und der
priester sol den köpf und das fett auf das holz und fewr
legen. 3 Mos. 1,12; und sol also von dem dankopfer dem
herrn opfern zum fewr, ncnilich sein fetl, den ganzen schwänz
von dem rücken abgerissen und alles feil am eingeweide.
3,9; aber alles sein fetl sol er auf dem altar anziinden.
4, 26 ; ir soll kein fett essen von ochsen, lemmern, zigen.
7,23; und das schwert Saul ist nie lere widorkomen von
dem blut der erschlagenen und vom fett der beiden. 2 Sam.
1,22; du klönest das jar mit deinem gut, und deine fusz-
slapfen triefen von fett. /w. 65, 12; meine knie sind schwach
von fasten und mein fleisch ist mager und hal kein fett.
109,24; ein mal von reinem wein, von fett, von mark, von
wein, darinne kein hefcn ist. Es. 24,6; das fett ist ranzig
geworden; das stinkende fett, womit diese herren ihre kriti-
schen Wassersuppen zurichten. Lessinc 8,206; er kann vor
vielem fette kaum alheni holen; am fette der einbildung er-
stickt der schwerfällige verstand. J. P. grönl. proc. 1,36; er
ist im eignen fett erstickt ; er zehrt von seinem eignen fett.
matt sagt 'einen mit seinem eignen fette betrüufen' Lessinü 8,4,
die geforderten beispiele aus seinen eignen schrißen erbringen ; 'er
soll sein fett schon kriegen', seinen gebührenden lohn empfangen ;
der amtmann soll dir sein fett kriegen, hal ohnehin schon
etwas bei mir im salz. Fn. Müller 1,270; Göschen ist ein
lumpenhund, da schickt er den achten band wieder in papicr
gebunden, wie die vier ersten theile. was ihn nur vor ein
narr gestochen bat den fünften Iheil so prüchlig einbinden
zu lassen? aber er soll sein feil kriegen, ich habe eine
epislel an ort und stelle geschickt und mich gegen dieses
unmuslerhafte betragen höchlich beschwert. Göthes mutter
an l'nzelmann in Ihrows reminiscenzen s. 177; der bat sein
fett : ich hab ihm sein fetl gegeben.
FFTFACH, wi. ala, aJui. fedah, fellah (Gbaff 3,449), mhd.
vetech («7*. 3, 288'), nlid. littich. die alte form fettach hat
noch Keisersiiehc has im pf. Aa3*.
l'KTrAI)F-ll. f adijiosa vena, in der nierenhaiä.
FETTAMMF.lt, /. emberiza hortulana, oitolan.
FETIANSATZ, m. incrementum pinguedints, meist unterm kinn .
FETI'AIJGE, n. 1) augenkraukheit der pferde, hydalitei.
1) fett auf einer wassersupfie schwimmend , bulta adiposa ,
magere brühe, auf der keine fellaugen sichtbar sind.
FEITHAUCÜf, aintomcn, schmerbauch, fiHtwansl. die kraniche b>'t
Göthe 41.112 schellen die ziren/i' rellbauchkruimnltcinscheline.
FE'ITHAIClilG, abdomimmis.
FErrm. ASCHEN, «. adiima vesiciila.
FETTItEAlT. n. piniiiiirula vulgaris.
FEITDAIIM, m. rnlum inteflinnm, aßerdarm.
1573
FETTDRÜSE — FETTHENNE
FETTICH — FETTMÖ.NCH
1574
FETTDRÜSE, f. glandula adiposa, besonders der vögd über
dem steisz.
FETTE, f. finguedo: zu der zeit wird seine las( von deiner
schuller weichen müssen und sein joch von deinem halse,
denn das joch wird verfaulen für der fetfe. Es. 10, 27 ; so
werden ihr die süsze diser holdseligen büchlein von inner-
licher dicker feite und merklichem raarkhaftem schmär viier
lehren gespicket, fülen und hochzilen. Garg. 22*; sie thaten
aus mangel des baumöls andere feite an den salat. W«/. 34;
wer ein grosres haus wil bauen, baw die kuchel erstlich klein,
sonsien musz des beuteis fette nur der kuchel zinsbar sein.
LocAü 3,24,5.
vgl. alln. fila, pinguedo.
FETTE, f. querhalke, der den dachstuhl eines gebdudes trägt,
in Franken pfelle. Schmeller 1,326, bair. breite 1,2:1. ma»
könnte an pfeit, goth. paida, hemd denken, dem giebel tcürde
gleichsam ein kittet, hemd angelhan, vgl. enpfelten, entkleiden.
Adeicxc erinnert ans fr. falle, fasligium. s. dachfetle. sluhlfette.
FETTEN, impinguare, feit machen, schmelzen: bereite mir
ein siipplein, das glatt eingeht und wol gefettet sei, ich
will dirs lohnen. Mcsaecs rolksm. s. 553; er fettet die schwarze
suppe. i.P. Fixl. 166; die wolle fetten, mit Ol bestreichen;
er hatte sein blondes haar in saubre'locken geringelt,
es basz gefeitet, es basz mit puder bestreut.
Kl. ScHXiDT kum. lUchtutigen 17S.
es heiszt auch: die butter feitet nicht. Keidmännisch, den
frasz der hunde fetten.
FETTENTH.\LTEND, fettig.
FETTFEDER, f penna adiposa, feder an den feltdrüsen, über
dem sieisz der vOgel. einem die fetlfedera ausziehen, «An arm
machen.
FETTFELL. n. auf der hornhaul des auges.
FETTFI-NNE, f. pinna adiposa, auf dem rücken der fische.
FETTFLECK, m. macula ex adipe , im kleid oder papier:
übrigens friszt der fettfleck des vorhersehenden genusses, so
wie ein feltfleck an einer marmorseule unaufhörlich weiter.
J. P. dämm. 61.
FETTFLOS.SE, f. vas fettfinne.
FETTG.\>'G, m. vena adiposa, durch icckiie sich das fett aus
dem blut absondert.
FETTGANS, f. aptenodyles, eine art vrilder gänse.
FETTGAR. ton leder, das durch feit gar gemacht mrd.
FETTGELD, ton rübsameii: feltgelbe rübsenflächen für
bienen und öl. J. P. flegelj. 1,55.
FETTGEM.\STET, saginatus: den gegenbeweis lege man
einem fettgemästeten ochsen zwischen die hörner. Rabeser
3,89;
zum tcufel pack dich,
ein quark für dich,
brummte das fcttgemastete aas.
H. L. Wag!<er Macbeth II.
FETTGERISZ? für die arbeitsanstall zu Brauwciler bei Köln
Verden ausgeschrieben 4750 scheffel brandgerisz, 3420 «cheffei
fettgerisz, 2S50 scheffel schrotgerisz, neben 720 pfund rüböl,
9660 pfund geläutertem rüböl. vahrscheinlich ist fellgriesz,
sclirotgriesz cm schreiben und unter griesz grobgemalenes, ge-
schrotetes gelreide , kochkorn oder grützc zu verstehen, griesz
heiszen sonst auch die Irümmer von kohlen, «obei sich an fett-
kohle. fetlschrol denken liesze.
FETTGERLCH, m. oder ping^tis, braiengerueh aus einer küche.
FETTGESÄIERT. mit fellsäure gesättigi.
FETTGESTRECKE, n. nennen die goldscMdger das schlagen
der hdule zuHschen papier, um das feU zu beseitigen.
FETTGEWICHT, n. feltwansl:
kaiser. den weisen seh ich mir zur seile,
allein wo ist der narr geblieben?
Junker, gleich hinter deiner mantelschleppe
stürzt er zusammen auf der treppe,
man trug hinweg das fcttgewicht,
todt oder trunken? weisz man nicht. Göthb 41, S.
FETTGLANZ, m. matter glänz, einem Überzug von feil ähnlich.
FETTGRAS, n. juncago, salzgras, fettes futtergras.
FETTHALS. m. tras speckhäls.
FETTHAMMEL, m. schüi^ : haslu denn gar nichts gehört
von den fellhammeln? Arm« schaub. 2,267.
FETTHALT. f adiposa membrana.
FETTHENNE. /". sedum IclejMum, de jiantis eyntome Vtlri
Andreae Malthioli senensis ed. Camerarius 15S6 p. 411, Lomcerds
94'. hauslaurh, unter riden andern nanien bekannt, auch unzu-
iarnfnengesetzl die fette hcnne, z. b. in hexeuprocessen : ob zeugin
mutter feite henne unter den balken gesteckt? ob inquisitin
bei Pfeffers fette henne hätte sehen unter dem balken stecken ?
'es wäre ihres wissens ihr tage keine fette henne in ihr
haus kommen', neue mitlh. des thüring. Vereins 9, 124. 126 (a. 16S9).
dän. fedebok, smörbog.
FETTICH, m. ala, heuU ßltich: der bahn kreiet und schlug
mit beiden feticben in die pfefferbrüe. Reisersb. s. d. m. 19',
rgl. fo.«/. 3, 8l'; den fettich henken, traurig, niedergeschlagen
sein. post. 1,28'; die fettich oder flügel abschneiden. Fba»
sprichw. 2, 84';
hie darf das schif kein Dügel nit,
hie darf kein fettich man umbthun
wie Ikarus. Fischart gl. seh. 77.
auclt von zweigen gebrauclU: die Stengel werden elenhoch, fast
haarecht und rauch, inwendig hol, mit vilen nebenfettichen
oder zweiglein. Boci k-räuterb. 191.
FETTICHT. pinguedineus : Speckstein ist fetticbt, das kupfer
hat etwas fettichles an sich.
FETTIG, pinguis: fettige bände; sich fettig machen, mit
feil besudeln.
FETTIGKEIT, f. jnnguedo, obesitas: gott gebe dir vom ta\r
des himels und von der fetligkcit der erden und körn und
weins die fülle. 1 Mos. 27, 28 ; er ist nervig imd fein, gedrungen
ohne felligkeit. Stcbz 1, 10 ; die fettigkeit ihres nihenden
landes. Göthe 42,144; schöne fettigkeit, welche die Morgen-
länder so lieben. J. P. grünl. proc. 2, 96. bildlich, blosz die
fetligkcit ihres Verstandes vorzustellen und zu beweisen, das
es ihnen an keine worte (so) fehle und dasz sie so oft reimen
können als sie begehren, pers. baumg. 4, 10. persönlich, mein
compliment an die fettigkeit Dicze. I^ichtesbebg 8, 288.
FETTING, »71. eine aus feldspath mü bütersdzerde bestehende
Steinart.
FETTKÄFER, m. Speckkäfer.
FETTKAUSCH, m. Valeriana locusla, nach dem nnl. vettekoiis,
was fetthose ausdrückt.
FETTKLUMPE, m. mdes adipis. auch persönlich, ein fetter,
dicker kerl, s. fettigkeit.
FETTKOHLE, f lithanihrax, glanzkohle unter den Steinkohlen.
FETTKRAM. m. handel mit fetticaaren im kleinen.
FETTKRÄMER, m. fettspeiser.
FETTKRANKHEIT, f. krankheit der Seidenraupen nach der
zweiten liäutung. sie werden klebrig, glänzend, grünlich, zuletzt
gelb und sterben.
FETTKRANZ, m. ein mürbes backwerk.
FETTKRAUT, n. pinguicula, mit schleimigen, fettigen blättern.
FETTLAURIG: die fettlaubigen hirsegräser mit ihren ge-
spreizten, krakehligen ährendolden. Beklepsch alpen s. 52.
FETTLICH, subpingtiis: talk, ein berggewächse, das sich
schiefert und stückelt, hat einen feltlichen angrif und den-
noch läszt es auch das gewaltigste feuer unbemeistert. med.
maulaffe s. 148 ; sie ist weisz, niedlich, jung, fettlicb. Güthb
36. 28.
FETTLING, m. motacilla pinguis.
FETTLOCH, n. Ofnung am äeisz des daclises, teorin sich vide
fettzellen befinden, vgl. fettdrüse.
FETTMACHER. m. ein sfioltname, welchen dimals die deutschen
tuchmacher den niederländischen gaben, veil sie öl bei der tcoUen-
bereilung verwendeten. Fßiscn 1,262'.
FETTM.\GE, m. stomachus quarlus, vierter möge der Wieder-
käuer.
FETTMÄNNCHEN, n. getinge kölnische Scheidemünze: ich
brachte den küsler durch ein kopfslQck und ein feltmänn-
chen dahin. J. P. paling. 2. 63 ; ihr frauen erhaltet und ver-
dient gerade so viel achtung als ihr fordert, und könnt, ihr
mögt legiert sein wie ihr wollt, euren roUnzslempel oder
prägslock aus der lasche ziehen und euch damit prägen zu
einem damendor für den einen herrn und zu einem elenden
fettmännchen für den andern. He.7). 3, 116. auch ein backwerk
wie feltkränzchen. fettmännchen scheint ent.<iellt aus fellroönch,
dem bilde eines mönchs oder geistlichen auf dem kleinen geldstück.
FETTMARKT, m. markt für feüwaaren.
FETTMASSE, f wie fetlklumpc.
FETTMÖNCH, m. was fettmännchen : ein solcher geldwolf,
dergleichen kaum noch einer zu finden, das, so ich bisher
gesehen, sei noch nichts, wenn ich noch ein weil da ver-
bliebe, würde ich gewahr nehmen, dasz er sich nicht schäme
einen esel umb einen fellmönch zu schinden. SimfJ. K. 51S;
damit er nicht etwan umb einen fettmOncb betrogen würde. 520,
9»*
1575
FETTNÄPFCIIEN — FETZE
FETZE — PETZEN
1576
FETTNÄPFCHEN, n. es beiszt: damit wirst du ihm schön
ins fetlnüpfihen treten, damit uirsl dus bei ihm lerschfiUen.
FETTiNOPPEH, in. bei den tuclimachern, der das gewebte luch
über der beschauwalze (1, 1549) gegen das tagesiicht besidUigt, weil
das tuch sein fett von dem Webstuhl mitbringt, vielmehr, der
das tuch vom fette noppl, reinigt, noppen sind knötchen in der
volle, auf dem tuche, die entfernt uaden tnüssen.
FETTPFHÜNDE, f. siehe fett 11.
FETTPOLSTER, «i. felligkcil eines gesunden weisen ralhs. J. P.
teufelsp. 1,22.
fETTR.\HMlG, flore ladis pingui jilenus:
ja, und besiiche der milch vollströmende kammer, wie rinfrstim
siclm fctirahmigc salleu, wie schwer eintragen die mägdlein.
Voss 2, 47.
FETTRLBE, f rübse, brassica napiis.
FETTSÄTKCHEN, n. adiposus sacculus.
FF;TTSALER, feltsäure enlliailend.
FETTSÄURE, f. acidum axungiae.
FETTSCIILA.MM, m. herz, du treibest dein hhit zu reiszend
um, aber dein fehler ist doch schöner, als wenn du mit
plilegmalischem gelricbe aus dem stehenden wasser des bluts
bloszen fettschlamm anlegtest. J. P. uns. löge 2, l.i2.
FETTSCHROT, n. abfM der Steinkohlen an den gruben,
s. fellkohle.
FETTSCHWAMM, m. agaricus unduosus.
FETTSCHWANZ, m. adijmsa ovium cauda. bildlich, ohne
alle Icidcnschaften , diese fettaugen und fettschwänze der
lugend. J. P. jubeisen. 43; dieser gedankenstricii soll niclit
der fettschwanz eines perioden mit schlechter wolle sein.
grvnl. proc. 2, n. sleltt auch für das fellschwänzige schaf st'/6s<;
zwanzig fettschwänzc ankaufen.
FETTSCHWIMMEND, pinguedine madens: da halt man
ordentlich etlich tag dem S. Schweinhardo griebenfressige,
maulschmutzige begengnus mit lederkrachen, fettschwimmen-
dem wein, friszt wie ein klosterkatz zu beiden backen. Garg. 48'.
FETTSPEISER, m. was fettkrämer.
FETTSTEIN, m. was Speckstein.
FETTSTREIFE, m. taenia adiposa: hüflenstücke des Schweins
mit fettstreifen bedeckt.
FETTING, /". pinguefadio.
FETTVÖGELCHEN, n. phdaena pinguinalis.
FETTWA.\RE, f. renalia pinguia.
FETTWANST, m. adeps, wie fetlbauch auch schelle.
FETTWANSTIG, adiposus.
EETTWASSER, n. wasser, worin fettige dinge fett abgesetzt
haben.
FETTWEIDE, f. felis graswdde ßr Hornvieh.
FETTWOLLE, f pinguis lana, wolle, die sich feil anfithlt.
FETTWl'RM, ni. was speckwurm.
FETTWLRZ, f sympAy/um offiänale.
FETTZ.\H, pinguedine lenax , lenlus : fetlzUhc dampfe.
BrrscnKY kanzl. 808.
FETTZELLE, f. cellula adiposa.
FETZCIIEN, n. panniculus.
FETZE, m. lacinia, pannus, fahne, tappe, lumpe, zunächst
herleilbar aus fal, faj vestis {sp. 1358), also golh. fatja, ahd. fezo
lautend, die nicht vorkommen, mhd.
t\k hänt si guotiu kleidcr an,
sü sinl si deste l>az getan,
sd muo; min litb \n Tclzen gfln. JUS. 2, 100*,
wo in \eiJfi, MSH. 2, 14V' in vcjjen steht, was sich leicht in
vezen = vetzen ändert, vegen würde vielmehr au f \i:iT,c führen,
fihd. es ist ein Sprichwort, wer zu der liechtmes nit ein
wolf furcht und zu der fast nacht ein bauren und in der
fasicn ein pfaffcn, so man beichten sol, der ist ein geherz
man, darumb die jungen gesellen die ligen immcrmeder an
den lagen ze fetzen, wen sie beichten sollen, und die frowen
hond etwas in den hcnden und zerpfelzen es, da; es nttl
me wert ist, darumb fdrcht man die pfatfeu in der fasten
und die bauren in der faslnachl und die wülf in der hor-
nung. Keisersr. omeü 41'. was meint hier 'ze fetzen ligen'?;
dorn weit ich gm (irn// ich (jebrn) ein grosxen fetzen
von mincr kappen, die Icli irng. trug. Juh. A2;
der lliiUfn tcl den frtzcn (die fnlme) tragen,
er icu gar dapfcr wagen. Uuland Uü3;
Mnd hart dameben da wont ein Schneider, der bei drei knccht
»ilzen uf einem laden und neilcn, und won tlonspiegel fllr
•ie gieog, »o »puttetco sie sciu vdcr würfen im ein felzco
nach. Eulensp. cap. 49; zwei offene fliegende und zwei zuge-
wickelte fetzen (fahnen) mitnehmen und wo es nolh wäre
auch diese fliegen zu lassen. Schmid schw. wb. 191 aus eitler
besdir. des bauernkriegs ;
musz alls vertrunken werden,
dieweil ich ein tetzen han.
HoFMANN geseltsch. lieder s. 150. 2 ausg. s. 2C7
aus Glanmers liedlein 157S;
es schneit und schneit, dasz es Tclze schneit,
der Samichlaus isch nümme weit. Hocuuolz kinderl. 1. 192 ;
verfaulte fetzen. Megerle Judas 1,182;
nun gut, das will ich auch nicht ganz vorreden,
um meines mantcls willen nicht, sobald
der ganz und gar verschlissen, weder stich
noch fetze länger halten will, komm ich
und borge mir zu einem neuen
tuch oder geld. Lbssimg 2, 247;
frau, wo ist doch der fetzen papicr? Fr. Möller 1,276; gib
mir anlwort oder ich hau dich in fetzen. 3,170;
da wars nackt — misgeburt! und in fetzen. Götbb 2,216;
das erste wovon Schiller zu mir sprach war diese compo-
silion, über welche er ganz entrüsfct war, wie ein so ge-
feierter berühmter mann ein gedieht so zerarbeiten könne,
dasz über sein geklimper die seele eines gedichts zu fetzen
werde. Zelter an Gölhe 749. das kleid geht in fetzen, ist
in fetzen, carplim scinditur ; hauen, dasz die fetzen davon
fliegen, herunter hängen ; ein groszer fetze, oder wie jVdelüng
setzt, fetzen brot oder Schinken. Schmeller 1, 580 führt an,
dasz sich im Ries die bedeulung fetzen für kleider überhaupt
erhallen hat, sonntagsfelzcn, alltagsfetzcn sind sonntags, werkel-
tagskleider. sonst ist fetze ein durch zerreiszen oder schlechles
.<tchnäden, hauen cnlstandnes slück, unförtniiches ding, und andern
Wörtern tritt fclzen zur Verstärkung oder auch Schmähung vor:
fetzcnkcrl, fetzenmensch, von grosz gewachsnen burschen und
mädchen (wie lumpenkerl, lumpenmensch), nürnbergisch fetzen-
ehr, fetzenfreud, groszc ehre, freudc, vgl. Frommanns glossar zu
Weikcrl und Grübet 1, 2t. 71, und die folgenden composita.
das it. pezzo, fr. picce, il. fctta und fetluccia scheinen dem
worl und sinne nach verwandt, enthalten jedoch nur die Vorstel-
lung des abgerissenen oder geschnittenen stücks, nicht des gewandes
selbst, weshalb die heimische abkunß von fasz, kleid den vorzug
verdient, vgl. noch fitze und filzband.
FETZEL, m. bairisch der teufel: so sei und blcihs freund-
schaft und holl der fctzel den, der feindschaft undcr uns
begert anzurichten! Winkelfeldeh s. 339; dasz er mit einem
jeden kartenspiel, welches er die tag seines lebens nie be-
rührt, dem fctzel selhs sein geld getraw abzugewinnen, s. 377;
mancher zieht der hohen schul zu als ein züchtiger, gold-
frommer cngcl und komt wider nach haus als ein lüsterlicher
fetzl . . . der mensch kommt seinen nebenmenschen oft wie
ein gott vor, oft aber wie ein lebendiger fctzl . . . wenn ein
mann für sein weih einen lästerlichen höllfetzl bekommt.
SciiM. aus Selhamers predigten von 1694. die ableitung unsiciter,
vgl. das verstärkende fetzen, fiesz und filze falz.
FETZELN: ein sicher gewissen filzelt und felzelt nicht
also, CS sagt dürr und frei heraus, wie in im selber isl.
Ldtiier 3, 342, vgl. fitzelu und fitzefatz.
FETZEN, lacerare, scindere, reiszen, in felzen reiszen:
und das man im sein har mit fetzt
als lang pisz er wurd gel und kraus, fasln. 212,13;
hadern, felzen und raufen. Wickram rollw. 23'; ei, lasr mich
ungefelzt ! Schade sal. und pasq. 2, 2C3 ;
mit einer klaw die haut nur schrunden,
als hett ihn ein dornheck gefctzl,
ein schramm Ins angesicht gesetzt, froschmeuf. L 2, 19. P3*;
wer auf den prahcsicin sich nur wird wollen »eizcn,
dorn wird die dürre faust den scsscl weidlich fetzen.
iioFMAMiiswALDAi; poet. yrabschr. <. 7S.
auf rolhwelsch heiszl felzen flicken, was sieh auch mit felze,
lap]>e verträgt, fetzen, lapi)en ansetzen : han den gefetzten wind-
fang (mori/c/) voll doull (i/eW). FlSCHART «yrosim. 50. he: W <''n«
steht aber einmal felzen für fcischen ijesclirieben :
el zfind un< keinen weler an !
fetz dich, kunihst wider, alles pAtzen,
ich hsz diel) in« narreiiliouslein seilen,
durtiuch luil hundon dich aufhetzen I III. 2, ISO*,
WO man sich 'alles gölzcn' nach I, 230 erkläre, heult bezeidinet
uns felzen ein ungeschicktes schneiden undreiizrn: in da« brot,
in da» zeug hinein felzen ; mit dem degen in da« pflaslcr
1577
FETZENGAUL — FEUCHT
FEUCHT— FEUCHTE
1578
fetzen {vgl. wetzen); mit glühenden zangen fetzen, rgl. zer-
fetzen.
FETZENGAUL, m. groszer, starker gaul. Schüid schw. wb. 191.
FETZENKERL, m. starker, dreister kerl auch von thieren:
und dia drei hummel {stiere), dia fetzakerle, die möge ebbes
fressa. mer muesz ens gea, sust launt se noch {lassen sie
nach, trcrden mager). Nefle!« teWer aus Schwaben 357.
FETZENLUMP, LUMPER, m. er hat an die hend genomen
Junker Ecken , den Empser, den Murnar und den Fetze-
lumper von Tübingen, 'das seind warlich gelert leut und be-
sonder der zu Tubingen, den ir den Fetzelumper nennent.
ich wen aber er haisz doctor Lemp, ist mir anders recht',
ja warlich, er haiszt also, dasz mirs got vergab, dasz ich
in also genent hab ! ich hon sicher gemaint, er haisz der
Fotzeliimper. Schade sat. und pasq. 3, 215.
FETZER, m. l) podex, iceil er gefetzt, gestrichen wird {kaum
fTir ferzer, vrie podex für pordex): einem den fetzer voll
bauen; wenn der schmuck wechst und überhand nimmet
und arm und reich ubermachens mit der hoffart in der klei-
dung, so gehet gemeiniglich land und leut zu boden oder
Junker landsknecht schmücket sein fetzer damit. Mathesics
49' = 1562,69'; kann er unscrn bauersirunzen ein fleck
narredei hermachen und schwenkt sie nach der reihe rümb,
dasz man ihnen, wenn sich der kittel umb den fefzer hinten
lind vorn rümb dengelt, flugs bis an das liebe leben nauf
sehen kan. Scnocn stud. leben Ds'; da hat er wol mehr als
zwei rutbcn an mir stumpf geschmissen, also dasz ich so
wol unter der nase als auf dem fetzer voll blul war. narren-
spital I6S2 s. 6; wie wol thätestu, wenn du eine ruthe bän-
dest und sie so lange auf den fetzer hiebest, fo/. feuermäuer-
kehrer cap. 5 ; ich halte meinen fetzer wol so hoch als ein
ander seine nase. Weise sittenl. 203. s. fätzer 3 sp. 1365.
2) ein groszer degen :
der fusz ward spanisch fortgesetzt,
der fetzer hin und her gewetzt,
der puder flog die kreuz und quer
aus meiner staatspanique her.
Mkm:(tks gal. ged. 1,221;
auf öfl"entlicher gasse musz
der fetzer sich recht drehen,
und nach der tablatiir der fusz
mit spanschea sehritten gehen :
denn so fallt stracks den leuien ein,
der herr musz ein magister sein.
dessen allerneuste art zur poesie zu gel. 137.
3) die strafe mit der ruthe auf den hintern: ein kuchen der
schmeckte mir besser als zehen schulfetzer, so sehr die-
selben auch gespicket waren, narrenspital s. 1. vgl. sp. 1365
fätzer 2.
4) scheint auch eine art von hosen bezeichnet zu haben, da
des Olobincs Vap.isccs ethnogr. mundi 1608 1, 29 pluderhosen,
velzer, kielhosen, apostelshosen «. s. tc. aufzalül.
FETZGLOCKE, f. campana rimosa: dasz sich vor ihnen
nicht zu besorgen sei, dann es weren nichts als huderbutzen,
grindpfutzen, fetzgiocken, raumsfelder, marlerhansen, muf-
mafl"en, baurenelementer, die gar kein kriegsweis wissen, als
Stelen und rauben. Garg. 232*.
FETZIG, lacer, zerrissen: ein fetziges hemd.
FELCHT, humidus, in den goth. fragm. dazu kein anlasz,
ahd. föht, fiuhti, mhd. viuhle, ags. föbt oder fuht, engl er-
loschen, mnl. nnl. vocht, mit weilerer ableitung scäü'. fuktig,
ddn. fugtig. wie humidus zu humus gehört und eine aus der
erde aufsteigende feuchligkeit bezeichnet, musz auch feucht zu der
sp. 1367 für faul ermittelten würzet fallen, dem dunst oder duß
wird feuchte beigemessen und ahd. fi'ihti ».«^ ^osse für odor
(GnAFF 3, 4461, so dasz sich feucht i/nd pulidus, putris begegnet.
si tuont der fledermiuse
gclich, diu nahtes (liugel,
da; si der glänz betriuget
an einem fülen späne,
da; si lebt in dem wäne,
da; von dem holze fiuhte
ein wäre; lieht da liuhte. tr. kr. 159.
hier stellen faul und feucht ganz gfeichbedeulig. feucM liegende
Sachen dunsten, und man sagt feuchte dünste, faule dünste,
feuchte, stinkende nebel, vgl. der alb feistet sp. 1466, weshalb
fauchen, fäuken, fiuka sich mit feucht nahe berühren, volksm.
'die geschieht e ist feucht', nicht rein, stinkt, wir verwenden
aber auch feucht von dem reinen nasz.
\) die erde ist feucht vom regen ; kann auch die schilf
anfwachscn, wo sie nicht feucht stehet? //io6s, 11; und wenn
sie gleich ser feucht und am wasscr stünden, werden sie
doch ausgerottet, ehe es reif wird. Sir. 41, 16; das gras, der
rasen sind feucht von thau ; feuchte wiesen, feuchte abende ;
aus dem bewegten wasser rauscht
ein feuchtes weih hervor. Götub 1,IS5;
mein herz heiszt mich dich noch zu sehen und doch möchte
ich nicht gerne in das feuchte, an fr. v. St. 2, 297 ; feuchtes
holz, das noch nicht trocken ist; ein feuchter keller, eine
feuchte wohnung, wand; Sumpfvögel hausen an feuchten
orten; erlen wachsen in feuchtem boden, feuchtem gründe.
2) feuchte äugen, feuchte blicke, nasse, thronende (1,790.
2,115): ihre äugen wurden feucht, sind von thränen feucht;
aber nach Bacchus, dem weichen, dem träumenden, hebet
Cythere
blicke süszer begier, selbst in dem marmor noch feucht.
GöTHK 1,274;
wieder steht mein aug im feuchten,
lange hat mirs nicht geregnet. RCckert 34S.
3) feucht von wein, vino madens: aber Xantus was nun
feucht {angetrunken) worden von dem wein. Steixhüwel Esop 14 ;
der schon ist worden feucht vom wein. H. Sachs IIL l,y5';
das haben habet ihr. löst aber euch aufs beste,
das ist die kaufmanscbaft für eure feuchten gaste.
Fleiüig 51.
4) feuchte lippen, feuchte küsse; feuchte bände; noch
feucht hinter den obren {unreif); die Dügel des vogels sind
noch vom thau der nacht feucht, feuchte wasche, feuchte
windein, bettücher, strumpfe.
5) feucht galt ehmals für vornehm, eingebildet, hochduftend: so
sich einer selbs so feucht hell, dasz er sich allein ein liecht
der weit und ja alles zu sein dünken laszt, spricht man 'ei
lieber, man gelebt eines gottes, aber nit eines menschen,
wer leuchtet ehe du wärest?' Frans sprichw. 2,b*==kluge
weise reden 1565, 10*. 1570, 12'; er helt sich selbs feucht, meint
er höre das gras wachsen, die flöhe husten. Frank 2,13*;
als der, welcher ein löenhaut umbhat, liesz sich feuchter
gedunken als der in der schafhaut herein trat. Garg. 194*.
6) 'ein feuchtes geben' hiesz so schlagen, dasz Mut ftieszl:
aber er gab ihm mit der geisel so ein feuchts umb die bein,
dasz die knöpf darinnen stunden. Garg. 198*; da befand sich,
dasz der Saurimars ein feuchts mit dem hebel auf den schettel
{schadet) bekommen hett. 217".
7) einen feuchten tod, ein feuchtes grab finden, tro wasser
umkommen.
S) feuchter natur, phlegmatisch.
9) feucht ist weniger als nasz, der beginn des nassen, die
Chemiker nehmen versdüedne grade des feuchten und nassen an.
FEUCHTARSCH, m. pelecanus carba, ein tauchervogel.
FEUCHTBLATT, n. bei dem roth und tannhirsch, der sau,
ricke und gemsin heiszt das weibliche glied das feuchtblalt,
oder wie einige sagen das feigenblatt. Heppe läthund 366.
FEUCHTBRET, n. glattgehobeltes bret, worauf das zum drucken
angefeuchtete papier gelegt wird.
FEUCHTBRLDER, m. saufbruder, nasser bruder, feucht 3 :
doch dasz du habest guten wein,
wir feucbtbrüders woiln bei dir sein !
Strickers schlemmrr G3*.
FEUCHTE, /". humor, feuchtin roc. 1482 h6'; aus dürrer
erden, da kein feuchte noch saft ist. Luther 4, 259*; sie ver-
gleichen den Nil einem menschon, der aus feuchte und trückne
sein leben bat. buch d. liebe 220, 1 ; also das die feuchte von
dem öl gleich in das pulver kompt. Fbonsperc 2,191*; also
hat auch die natur ihre fässer selbst gebunden, in denen
die feuchte sein sollen. Paracelsüs 1, 295' ; in welchem ein
feuchte gesehen wirt gleich einem ei. Forer SO*; verzehret
die feuchten, die sich in die gleich {glieder) und gewerb setzen.
Taberxäem. 602;
Zunder ist sie bei der glut,
bei der flut
triebsand, der die feuchte trinket. Flkii!(c 3SS;
ihr brünnleio, reich an feuchte. Spee tnitzn. 83(90);
fürnehmlich dann sie sorgen
fTir ihre flügel zart,
dasz die bis auf den morgen
ITir feuchte sein bewahrt. 120(131);
trocken erhält so der kern nihiges leben bewahrt,
quillet strebend empor, sich milder feuchte vertrauend,
und erhebt sich sogleich aus der umgebenden nacht,
GöTUK 1,327;
in dieser holden fouchic
was ich auch hier beleuchte
ist alles reizend schön,
'in dieser lebensfeuchte
erglänzt erst deine leuchte'. 41,177;
1579
FEUCHTE — FEUCHTEN
FEUCHTGEFÜHL — FEUCHTWARM 1 580
die feuchte des meers. 29, 326 ; träufelnd von alllieszender
feuchte. 30,50; deren innere trockenheil die äuszere feuchte
bald überwand. 30,51; der sieg der untern region, der sich
auf die erde beziehenden feuchte, durch den wcstwind.
51, 233; durch wüinne und kälte, durch feuchte und trockne,
durch masz und übermasz solcher zustände. 51,254; licht,
schatten, trockenheit, feuchte, hitzc, wärme. 58,105; genährt
durch feuchte der thäler, verkümmert durch trockne der
höhen. 58,109.
FEUCHTE, f. pinus, für fichte, trie schon ahd. fiuhta neben
fiehta (Graff 3, 451). Seüter schreibt 409 feuchtenbaum für
fichtenbaum. mehr unter fichte.
FEUCHTEN , rigare {der reim : leuchten alhu nah), ahd.
fAhtan, fiuhtan, mhJ. viuhtcn.
1) tr. tnadefacere, befeuchten, anfeuchten, erfcuchlen : und mit
meinen zehern wil ich feuchten mein bet (iacrimis meis
Stratum meum rigabo). bibel 1483, 264' = j>s. 6, 7, bei Llther
und netze mit threnen mein lager; aber ein nebcl gieng
auf von der erden und feuchtet alles land. l Mos. 2,6; du
trenkest seine furchen und feuchtest sein gepflügtes. /)s. 65,11;
er wird herab faren wie der regen auf das feil, wie die tropfen,
die das land feuchten. 72, 6; du feuchtest die berge von oben
her. 104, 13 ; ich der herr behüte in (den wcinbcnj) und feuchte
in balde, das man seiner bletter nicht vermisse. Es. 27,3;
denn gleichwie der regen und schnee vom himmel feilet und
nicht wieder dahin kompt, sondern feuchtet die erden. 55,10;
und wird zu uns komen wie ein spatregen, der das laud
feuchtet und fruchtbar macht. Llther tischr. 12", 188*;
sie die ihr angesicht zu feuchten
nur meinetwegen allzeit schwur,
die lasset als ein andre hur
für andi-e ihre äugen leuchten. Weckberlim 396;
gott sei dank! des fiicdens thaw
feuchtet wieder unser aw. Logau 2,245;
ie näher man sich zur sonnen macht, ic mehr werden die
augenlider nasz und gefeuchtet. Butschky kanzl. 685; das
papier wird vor dem druck gefeuchtet;
schnell zum Olympos empor, dem ewigen sitze der göttcr,
sagen sie, den Kein stürm erschütterte, nie auch der regen
feuchtete oder der schnee umstöberte. Od. C, 44;
wenn jetzt alle donner rollen
und der ganze himmel leuchtet,
wird der wilde staub des windes
nach dem boden hin gefeuchtet. Gutue 5,25,
feucht zu boden geschlagen, anders:
und die erde deiner väter fcnchtet
immer noch ein tröpfchen aus dem quell
des allseligcn, und immer leuchtet
der erkenntnis schöner strahl gleich hell. Qvebbeck ged. 94,
die erde gibt immer noch etwas her aus dem quell des wassers.
2) inir., ohne acc. oder nom. dabei,
a) feucht werden, madefieri: unser herr gott musz zuvor
einen guten platzregcn mit einem donner lassen hergehen,
darnacli fein mälich lassen regnen, so feuchtcis durch {dringt
die feuchte durch). Luther tischr. 2, 153 ; aber endlich wurde
ich des blutvergieszens müde, das nichts fruchtete, und nun
sollte, wo so gefeuchtet {genetzt, blut vergossen) ward, auch
etwas hervorwachsen, wie dort umher sonst nichts wächst.
Klopstoce 10, 271 ;
denn wo mir recht ist,
feuchtet der rasen bereits. Luise 1,'552;
bald stockt die red im dürren halse
TOD braten, fisch und heringssnise,
wo nicht gefeuchtet wird. Voss 4, 101,
mit wein begossen, getrunken.
b) nOssen, modere, feuciU sein: ihr äuge feuchtet, steht in
Ihrdnen; die wölke feuchtet, thaul nieder, wie man auch vom
träum sagt, dasz er nieder thaue, sich auf den schlafenden
herablatu :
ihn {den pfad) wandelt der jS^er der gemsen, im graun
der feuchtenden wölke, mit kühnem vertraun.
M*nnisKON 173;
ich wollte iie warnen im fcuchiendon tr.-ium.
Stolberi; 5, 127 ;
die band, wange des kranken feuchtet, schwitzt;
doch wer roeuphyaik »tudiert,
der wei«i, da«i wer verbrennt nicht fiicrt,
welxx, dan da« naste feurhiüt
und ciast da» helle leuchict. Schiller 07'.
r) besonders auch von entlassung unreiner feuchtigkeil , vobei
man sich der mirandtsrhnß feucht und faul erinnere: die nase
feucblel, itl feucht, Pirtzl ; die fisllen, so da mcchlig feuchten
oder flieszen. TncRXEissEn «n/7, wirk, aller erdg. 2S ; weidmän-
nisch, feuchten, wasser lassen, miugcrc, von bunden und wild.
Heppe leilh. 2S2. ir. fual urina (Zeusz s. 92fi. 927) gemalmt an
unser faul.
rf) feuchten, von speise gebraucht, humectare, feuchtende mittel
humectantia, feuchtende arznci : so sol nu das derselben speise
sein, was sich wol Icsset verdawen, feuchtet meszig, bicset
nicht auf, als da sind junge hüncr. kaphancn, rephüner u. s. w.,
alle speise soll vielmehr gesotten denn gebraten sein, darumb
dasz sie besser feuchtet. Mülman geisel s. 2«. 29.
FEUCHTGEFÜHL, n. empfindting des feuchten : beim anblick
und fcuchtgcfühl des rinnenden, laufenden, stürzenden, in
der fläche sich sammelnden, nach und nach zum see sich
ausbreitenden gewässers war der Versuchung {sielt im freien
zu bade») nicht zn widerstehen. Güthe 4S, 136.
FEUCHTGEFÜLLT, mit saftigem obst erfüllt:
der schöne herhsitag selbst gibt anlas2 sich zu setzen
und in der grünen schosz des gartcns zu ergötzen,
der nahe wcinstock beut die braunen trauhcn dar
mit wciszen unierslcckt. das feuchtgcfülite jahr
reicht ganz sein reichthum her, trügt plirsctikcn auf undquiüen,
läszt äpi'el aller art bin auf den tcppich schütten.
Fleming 91.
FEUCHTGLIED, n. was feuchlblatt.
FEUCHTHELSZ, humidus et calidus: fcuchtheiszcs clima.
FEUCHTIG, humidus, mhd. fiuhtec, nnl. vochtig, schw. fiiktig,
dän. fuglig; feuchtiger oder feuchter, foc. 1482 hO';
Fridcrich der dritt kaiser durchlcuchtig
regiert mit andacht gar durchfeuchtig. U. Sachs 1,199',
die einfaclu:n leuchtig und feuchtig auszcr gebrauch, ahd. liuhtic,
fiuhtic.
FEUCHTIGEN, humectare: sintemal es des schlafs art ist,
die natur, die da not leidet, zu sterken und zu feucbtigen.
Agricola spr. n' 623. gewöhnlicher ist befeuchten, befeuchtigen
1, 1258.
FEUCHTIGKEIT, f humor, humiditas, nnl. vochligheid, schw.
fuktighct, dän. fuglighed:
er entzieht der landschaft
die feuchtigkeit so gar, dasz nichts mehr dort kan leben.
Weckuerlin 252;
den wasserloscn grnnd kan er
durch die feuchtigkeit erfrischen und verbessern. 253;
die feuchtigkeit des nassen holzes, der wasche, des kellers;
der acker hat noch viel feuchtigkeit ; zähe feuchtigkeilcn ;
die wässerige feuchtigkeit im augc; natürliche feuchtigkeit,
urina. Simpl. 3, 758.
FEUCHTIGKEITSMESSER, m. hygrometer.
FEUCHTKALT, humidus et frigidus, gegensalz von feuchtheisz :
und es weht schon des abends so feuchtkalt. Voss;
fühlt ich jetzt das schauern
fcuchtkalter luft in dunkler grotten schosz.
KosHGAUTEK brilt. odeon 2, 3'2.'>.
FEUCHTLICFI, subhumidus: so ein schönes, allerliebstes,
dichtes, feucbtlicbes hölzchen. GötheH, 85; an feuchllicben
örtern ein Stückchen wiese. 28,178; dies schreib ich unter
den bäumen in meinem garten, es ist schön, doch feuchl-
lich warm, an fr. von St. 1,108; himmelsluft weich, warm,
feuchtlich, man wird auch wie die trauben reif und süsz in
der seele. 1,243; hiermit nehm ich von ihnen abschied, nur
möchte gern in den feiichtlichen gangen um ihr fcnster heut
abend erscheinen, l, 354.
FEUCHTLICH, adv. Iiumectim, humectalim, madenkr, naszlich.
voc. 1482 hc'.
FEüCHTOHIUG, aure madens, noch nicht trocken hinter den
oliren : feuchlohrige buben, fischen phrases aus der schinclit
bei Cannä und greinen über die siege des Scipio, weil sie
sie exponieren müssen. Schiller 106*.
FEUCHTSCHIMMEHM),
wir schmelzen wie wachs an der sonne
an ihren fcuchtschimmornden nugcn dahin. Stolrero 1,273.
FEUCHTTROCKEN: wie der biber ein feuchltmcken leben
füret. Fisciiart ehz. 505; ich woll sie beide mit eint solchen
feuchttrockenen Schwallen und quallen wol eins mnrhen.
Garg. 53*.
FEUCHTl'Nti, f nim nngeliischlen kalk, darzu gar kein
wasser oder fenchtung ist kommen. Fronsp. kriegsb. 2, ls4';
solche schedliche deinpf und fenchtnngen den ganzen bili
diirrbwniidern miigeii. Ihlrnkisser pmli. der harn. 20.
FKICHTWARM. wie feuchtheisz: durch einen feiirhiwarinin
lenz cincü bessern bluiiiensuincn aufschwellen. J. I'. .W>en*. l, 2|
1581
FEUER
FEUER
15S2
FEUER, n. ignis. ahd. fiur. atls. fiiir. fries. fiur, fior, ags.
fJT, mhd. yiur, viwer, im mutieren DeulschUind und mnd. vür,
nhd. fewr, feur, feuer, icellerauisch fauer (tcie auer für ubr
und allgemein mauer für min) z. b. in dem Ortsnamen Faucr-
bach, mnl. vier, nti/. vuur, engl. fire. tceder goth. noch nord.,
denn schic. dän. fyr sind erst spät, für gewisse bedeutungen, von uns
entnommen, bedeutsam stimmt das umbr. pir aus pur, gr. nvo,
vobn man nicht übersehe, dasz Plato im Cratylus 410 sotcol nvo
als vScoo für ungriechisdi und aus flirygien eingeführt erklärt.
Plirygen (auföreooi) und Thraker hängen an mehr als einem
faden zusammen und die vorfahren der Germanen mögen in
ihren noch asiatischen sitzen sieh mit ihnen berührt haben; wer
veisz ron welchen rö/fcem allen die Hellenen (oi v:i'o rols ßao-
ßi'toots oiy.oviTEs) Wörter entlehnten, es fällt auf, dasz auch
die neugr. spradie (also die südliche der inseln) kein nvo, son-
dern statt dessen fdhi n. oder cpcarid f. = ipcöi gebraucht,
an Tii'o mahnen kömäe das alban. ^laoQc. in den urverwandten
sprachen wallet sJ:r. agnis, lat. ignis, lil. ugnis, sl. ogn', goth.
auhns focus, furnus, fomax, scliw. ugn, ahd. ofan, gr. irtvöi,
fa^ eben wie dem namcn des andern elanents vSofo altd. wa?ar,
alls. watar, ags. väter, engl. nl. water zur seile und lat. aqua,
goth. abva, dtd. aba und affa, lit. uppe, skr. ap gegenüber stehn.
agnis scheint herkitbar aus der würzet ag, agere, ttüo aus pft
lustrare, wozu auch puriis fällt und das r in rrfo, fiur wie in
vScuo, wajar enjibt sich als zugelrelne ableitung. dieses r mangelt
wiederum dem goth. fun gen. funias, vato gen. vatins, gleich
dem altn. funi und vatn. die anomalie fön funins setzt aber,
nach GDS. 845, funan fan fönum voraus und ein finkan fank
funkun entfaltete sich auszerdem (sp. 131S), sein auslautendes,
durch vorangebende nasalis gestärktes k wird sich sogleich aus
skr. und lat. formen verständigen, denn im skr. erwuchsen aus p&
einmal pavana oder pävana purißccUio, thus, ventus, dann pävaka
iynis; jenes kommt mit golh. fön oder funa, umbr. poni, puni
thus, (Äer pdvaka mit lat. focus (fovicus) für pocus und mit
unserm funke übercin. im roman. it. fuoco, sp. fuego, fr. feu
kehrt die rorslellung feuerstätte, herd in die einfache des fcuers
zurück, wie umgedreht aus agnis, ignis ein goth. auhns ahd. ofan
auf den herd beschränkt blieb, höchst natürlich erscheinen musz die
naJie berührung des feuers und windes, die beide reinigende demente
sind und wie pävaka und pavana sehen wir finn. tuli ignis und
tuuli ventus einander naii gesellt, nach der edda ist feuer des windes
bruder. ich verbinde auch lat. favonius {schwdz. föbn, fön) und
favilla mit favere, fovere, tcie mit pavana und goth. fön. es
gibt noch vide andere benennungen, die hier angeregten, lange
nicht erschöppen reihen lassen aber liefe blicke werfen in die urge-
meinschaß und abweichung der uns zunächst berührenden sprachen,
das fr. feu hat fast den klang und die buclislaben von feuer
und ist doch anders, aus focus, wie lieu aus locus entstanden,
der Wurzel fü oder pft für feuer dürfen auch faueben, feucbt,
faul nicht allzu weit abliegen, golh. aubjön lärmen gemaiint ans
prasselnde feuer. das latein behielt in purus und putidus an-
lautende tcnuis, schob sie aber fort in focus und foelidus,
wahrscheinlich auch in fervidus und febris für ferbris, fervebris,
wie nvoeröi und goth. brinnö zeigt, februare ist purgare,
lustrare u. s. w.
1) das feuer, unter allen dementen das lebendigste, wurde als
ein Ihier gedacht das gebunden liegt, gleichsam scliläß, aber ent-
bunden und geweckt werden kann und dann ausgehl, schreüd,
springt, greiß und raubt, um sänen unersättlichen hunger zu
stillen: es leckl, spielt mit der zunge. weidet, fiiszt, schlingt,
scbwelgt, vorat, serpil, lambit, haurit ; vorax ignis, grädug logna ;
das kwr spricbl nicbt 'es ist gnug'. spr. Sal. 30,16 {vulg.
ignis nunquam dicit 'sufficit'); fiur ist ein ding das nieraer
spricbet 'gnuog'. Hacpt S, 225, bei Ulfilas würde stehen 'ganab'.
ire/7 es leckt, so küst und lacht es:
wies rewr das siroh küst und anlacht
bisz dasz es alls zu ascben macht, froschm. 117*;
wie das flieür blosz daran laichet, allambenlibus flammis.
Maaler 260', bei Stalder 2, 153 das feuer lallet flammt, der
lall, hüchauffahrende lohe: die flamme züngelt;
ags. nu sceal gied f<eian. Beot. 6223;
altn. leilu eld eia iofra bjgdir. Secm. 143*;
eldrinn li-k um }iä, flamma illos hausit. es haszt: das feuer
bricht los, wird los, gehl an, gebt auf, steigt auf, verzehrt
was es erreichen kann, sucht den nagel in der wand; findet
es nidits mehr, so erstirbt es, ist es wieder todt und verschwindet,
fr. s'en va, exstinguitur. in den steinen und kieseln schloß es
und kann daraus gelockt, gestrichen, geweckt werden.
2) die altn. spradie und dichikunsi stellt das feuer dar ah
einen uvlf oder waldhund, der sich heulend den hdusern der
menschen natu, aus den häusem schnaubt, und sie mit heiszem
munde versdäingt:
ballar gandr gekk hüsum haerri;
Tiäar hundr svalg beitum muani hvert hüs;
(Blju rakki för grenjaudi um gaijs hliS;
här logi gaus er hüsum ;
das gewinnt an bedeutsamkeit, wenn man erwägt, dasz auch Lotd,
der unheilvolle golt, dessen name schon lohe ausdrückt, der selbst
ein wolf den ungeheuren wolf Fenrir gezeugt hat, am ende der
weit seiner fessd ledig werden soll, dann erfolgt viutspUli, die
holzverzehrung, und alles geht in flammen auf. der bei feuers-
brünsten erschallende ruf 'feuer ist los' gleidU also dem erschreck-
lichen 'der wolf ist los', den allfr. dichtern heiszl das feuer
«« böses in den häufigen Verwünschungen:
que maus feus le puist devourer!
qua male flambe les arde !
gerade wie ags. läda lig, das leide feuer {Beov. 165) gesagt mrd.
3) gan^arer unter uns geblieben ist die gleich lebhaße Vorstel-
lung eines hahns, der auf die dächer fliegt und über die häuser
läuft, mordbrenner und feueranlegcr drohen : 'ich will dir einen
rothen hahn aufs stadel setzen, stecken, aufs dach fliegen
lassen, der rothe bahn soll euch über die bäuser laufen,
ich will einen rothen bahn oder sieben machen', d. i. sieben
häuser anzünden! 'der rothe hahn kräht aus dem dach!'
es brenrä, die flamme prasselt,
dän. den rode hane galer over taget!
wie das feuer überluiupt flackert, flattert und fliegt, denn aus
dem brand fliegen funken und es heiszt, einen ins gesiebt
schlagen, dasz das feuer {aus den äugen) fliegt; auf die steine
hauen oder treten, dasz die funken stieben;
dd stoup üz, dem helme, sam von brenden grö^
die riwerröte vaRken. Sib. 185,3;
dat Tür van den helmen spranc,
dat man da van inzunde
ein lieht bi der stunde. Crane 33S9;
altfr. le feu i boute, la flambe en fet voler. AirsERi 107,
stöszt das feuer an, läszt die flamme daraus fliegen.
4) nach jenem skr. pävaka und pavana, jenem finn. tuli und
tuuli, ist schon in den worten Zusammenhang zwischen feuer und
wind begründd, mit der flamme erzeugt sich auch hift und wind;
si sluogen durch die schilde, da? ej lougen began
von viwerröten winden. A'tft. 1999,2;
von ir zweier swerten gie der fiurröte wint. 2212, 4.
TtvQos avTitri ist bei Homer das wehen, der dampf rfcs feuers,
Tivoli} Hfaiaroio, des Hephäsios anhauch. die flamme weht,
haucht, bläst, pfeift, knistert, prasselt, tobt und wütet ^eidi
dem winde, gottes feuer, der blitz, fahrt aus den wölken.
5) noch einige andere ausdrücke seien angemerkt:
in des iiures scb'ricke
der enget von himele sleif. Sertat. 398,
schrick ist Sprung, was sidi vom springen des wolfs oder des
vogds erklären läszt.
dar wart genendenclicheo
dat vür ind der scherde ( : swerde). Crane 3036;
man sach dar springen üf den sant
dat vür van scherde
van des borggräven swerde. 4374.
in HoLLEs mundart musz scherd oder scherde soriei als schrit,
gressus bedeuten, wie mnl. terden für treden, treten stdit, oiler
man dürße es mä schraejen, scbräte zusammenhalten, das wdien,
sprühen bedeulet, so dasz scherd einem mhd. schrät oder sprat
entspräche, schön bei Bettixa 1, 39 : es brannte wie ein blumen-
strausz aus dem gauploch; denn bei illuminationen bilden die
flammen in den fen^ern gleichsam kränze und blumengewinde.
flamme ist des feuers blume, bliUe, daher feuer und flamme,
ignis flammaque überall verbunden werden.
6) in den ags. gesetxn steht: fyr bid [leof, das feuer ist ein
dieb, wenn es bäume des waldes stiil verbrennt, hingegen seo eax
bid nielda, die laut erschxitlende axt ist ein meider, kein dteb.
für die abgebrannten bäume musz vMe busze, für die gehaunen
drei ersten nur geringe, für alle weiter gefällten braucht gar keine
busze entriddet zu werden, auch in unsern weisthümem ruft dit
holzfällende axt (RA. 47. 514).
7) den schädlidien Wirkungen des feuers steilen sich seine heil-
samen und wolthätigen überwiegend entgegen:
1583
rEUER
FEUER
1584
wolthfitig ist des Teuers macht,
weno sie der mensch bezähmt, bewacht. Scuilleh TS^;
es leuchtet, envärmt, reinigt, und bat von der wurzH pö seinen
nanien empfangen, die hauptwürttr des brennens, zündens und
löschens verlangen hier einen überblick.
a) inlr. ordere, candere. golh. brinnan, ahd. prinnan, ags.
birnan, analog dem rinnan, ags. irnan currere und die innere
beteegtichkeit des elemenls, nie sie aus der skr. wurzel ag für
agni hervorgieng, besldtigend. ein andres vcrbum miisz tiiidan
yclautet haben, ahd. zintan, das aber nur in den ableilungen des
Ir. tandjan, ahd. zunfan, souie irti goth. ttindi (aihvatundi,
dornslrauch d. i. pferdeopfer) und fundnan incendi erscheint, man
darf auch heitan, calerc zu liaits calidus vermuten, diese drei
gehen auf das wärmende, glühende, viel mehrere auf das leuch-
tende, scheinende fetter: bleikan, blaiii; liulian, lauli u.s.w.
b) tr. goth. inbranjan = inbrannjan incendore, nlid. ent-
brennen (sp. 504); golh. intandjan incendere, aTirsiv, ag.<!.
ontcndan, schtc. tanda, ddn. tände, alid. aber inziintan =
intzuntan, mhd. enzünden, nhd. entzünden [sp. 670), vgl. an-
zünden accendere. unsrer mundart gemäsz ist zünden stall
zenden, das die goth. analogie fordert, auffallend aber ist das
der bairüichöstreichi.<tclitirolisclien mundart eigene (doch nirgends
bei den älteren dichtem und schrißdellenv z. b. Neidhaht, Helb-
i.ii\c , LicnTENSTEiN , WüLKEXSTEiN , OiTOCAR, Megenberg er-
scheinende) kenten, incendere. Scrmeller 2,308. Hüker 2,126.
Fbommanm 3, 105. 458. 6, 294, entspreclwnd dem alln. kinda, engl.
kindle igncm alere, ja dem lat. ccndere, von candere, in
accendere, incendere, und candela, ags. candel, candelstäf
candelabrum, ahd. kenlilastap. dem engl, kindle gleicht nun
keine ags. form, uvl aber, da es auch parere, junge werfen von
kaninchen ausdrückt, das ags. cennan, parere, gigncrc (sp. 866)
und^ hin- schlägt unmillclbar eine andere tvortrcihc ein. aljan,
nnlrire, alere ist im altn. ala wiederum parere, gignere, das feuer
zünden heiszt es nähren, und u-ir gelangen auf den alle nord.
sprachen durchdringenden namen des fcuers alln. eldr, schw.
eld, ddn. ild, der auch im ags. äied vorbricht und nichts anders
bedeuten kann, als was das golh. part. ali{)s aussagt, der genährte.
kind aber ist das gezeugte, geborne wesen, gleichsam der ins leben
erweckte funke, synonym dem feuer anbrennen, anzünden sind
die heule üblichen anlegen (1,397), machen (faire du feu), an-
machen (l, 397), anstecken (l, 479) ; in der allen spräche musz aber
auch quicken, goth. qiujan, ahd. quicchan, chicchan, ags. cviccan,
cucian, alln. qveikja hierher genommen werden, weil das zünden
ein beleben und erwecken des funkens, ein focillare, vivificare
und das feuer das queckfeuer, das lebendige heiszt. damü stelU
gleich ags. äIed veccan, jenes aljan, alere und gignere. im
gegensalz ist löschen ein lüdlen der flamme und des liclits.
c) inlr. exslingui, suffocari, golh. hvapnan, alln. kafna, rer-
wandt mit gr. xanvös, weil das ausgehende feuer verdampft,
verraucht, dampf und rauch zurück Idszl: das feuer ist ver-
raucht. Lessinc 1, 291. alln. slokna, scliw. slockna. alid.
lescan, läse, ntid. löschen, losch, nlui. das feuer verschwand,
absorplus est ignis. 4 Mos. 11,2.
d) tr. exstinguere, golh. hvapjan, mdyeiv, alln. kcfja, schw.
qvüfva. 0^5. cvencan , engl, quencli. ags. dväscan , ald.
duespao, bei 0. thuesban, hess. dispen. ahd. lescan, lascta,
mhd. leschen, laschle, nhd. löschen, löschte, nnl. lesschen,
laschte, altn. slückva, schw. släcka, ddn. slukkc. nnl.
blusschen. nhd. ersticken, auszcrdem noch andere, namcnllich
gehört dampfen dahin, das .tich auf dampf, wie dampf auf die
uralte wurzel tap brennen zurück leitet.
die ausdrücke sind hier nur angerührt, gewöhnlich nocli mit
Partikeln versetzt, und in den einzelnen fällen näher zu erläutern.
8) dies alles vorausgeschickt, folißn nunmehr redensarten der
heutigen tpraehe, erst intransitive, dann transitive: das feuer
geht an, ist angangen, b Mos. 32,22; will nicht angehen;
das feuer glimmt, knistert, prasselt, funkt, sprüht; Hingt mit
funken an ; ein feuer geht auf, steigt auf, führt empor, es
ist feuer im dach, im dorf, es brennt; alles sieht in feuer.
das feuer kommt au», ist in einer scheune ausgekommen,
e» bricht aus, fahrt aus, gleichsam das losgelassene Ihier, man
kann aber auch deuten kommt, bricht, fährt aus den balken,
vdnden, dächern der hduser oder noch anders: da» fcwr kam
au« von dem herrn. 3 Mos. ft, 24 ; da fuhr ein fewr au» von
dem herrn. 10,2; dazu fuhr da» fcwr aus von dem herrn.
4 Mos. 16, 3&; und da» fcwr für nii» dem fei», rieht. 6,21; so
gfhe fewr au« dem dornbusrh und vcrzcrc die cedcrn. (», l.'i.
CIO feuer tchlu^; auf in die höhe, schlügt empor, ludert auf.
fahrt, füllt nieder, regnet; schlügt hinter einem her, als ob
es ihn verfolge: lief nach der sladl zu, als ob das angezün-
dete feuer hinter mir drein schlüge. Felsenb. ^, A12 ; eilet als
ob er feuwer aufm rücken hell. Kircuhok wendunm. 200';
feuer und flamme schlagen aus giebel und dach, laufen,
springen über die dächer. das feuer fliegt, die funken stieben
weit;
in der dunstlul^ unten versenct dir
fliegendes feuer den hart, dann sclinur!>'M>t du. Voss 2,250.
das feuer hat schon drei häuser gefaszt, greift die balken
an, greift auf allen seilen um sich, quillt aus allen löchern,
klettert an den wänden hinauf, es irisizt und verzehrt, was
es von holz findet und ist nach speise hungrig: das fewr zwei
hundert und fünfzig menner frasz. 4 Mos. 26,10; das volk
ist wie speise des fevvrs, keiner schonet des andern. Es.
9, 19. das feuer sinkt in sich zusammen, erlischt, geht aus,
verglimmt.
<j) feuer aus hölzern reiben (notfeuer, mythol. 570), feuer
schürfen, ans steinen schlagen, aus dem kiesel locken, mit
dem Zündholz streichen: er schlug feuer, seine pfeife zu
zünden. Sciihxer 709';
mhd. het er ein viwer geslagen (iif geslagen). Amis 1064;
nhd. dort klang die laut und hier ein degen,
das pllaslcr schrie erbärmiglich,
weil man auf den und .jenen wcgtMi
das feuer aus den kieselii strich. Günther 162.
das feuer anblasen, aufblasen, anlegen, anmachen : das feuer
musz angemachel sein von dem holze, welches kreuzdorn
heiszt. Zauberformel, IhOring. zeitschr. 1,189. kreuzdorn id
rhamnus catharlicus (der reinigende), bald weiszdorn, bald schwarz-
dorn, man vgl. die goth. aihvatundi. feuer ohne rauch machen,
oft in den weislhümern, sonst aber lautet der sprach: wer das
feuer will haben musz den rauch leiden, das feuer nähren,
speisen, füttern, unterhallcn, schüren, pflegen, slürkcn. Simpl.
K. 553 sieht 'dem feuer' pflegen, wie man sagt einem warten,
der gen. eines pflegen id davon verschieden, stärke das feuer
auf drei stunden, d. h. gib ihm so viel nalnung, dasz es drei
stunden brenne. Ihür. zcilsclir. a. a. o. reiser, holz zum feuer
tragen, ein scheit zum brand tragen, feuer anzünden oder das
holz anzünden, entzünden, in feuer setzen, das feuer bedecken,
zudecken, mit asche betrechen, ersticken, ausgehen lassen,
ausmachen, löschen, tilgen, das feuer kann besprochen, zum
stehen gebracht, umritten werden: gewafnet in die flamme
reiten , auf sie hauen , getragne kleider darauf werfen,
strangulatus ignis. feuer werfen, speien, regnen, in der allen
spräche mit feuer werfen, speien, regnen ;
feuer sprühen, schnauben, spratzen. II. Sachs 1, 201'.
10) die brennbaren sloffe fangen feuer [sp. 1312) : der linke
flügel des hauses fieng zuerst feuer; kann auch jemand ein
fewr im hosen behalten, das seine kleider nicht brennen?
spr. Sal. 0, 27 ;
die Wälder fangen f^ur. Grtphius 1,701;
der bettelmann gicng nah an die kohlen, seine lumpen fiengen
feuer; alln. 1)4 var eidrinn svä kominn, at feldrinn braun af
Grimni. Swm. 40; die frau streifte an der lampe vorbei und
ihr kleid fleng feuer;
mhd. ein slange im buüscn, ein liur in lieber wrrte. MS. 2,97'.
das haus ist vom feuer ergrifl"en, in brand gerathcn; der
thurm ist vom blitz enizündcl, ijufüyos (von oarrBiv), ge\u
auf in feuer.
feuer bei stroh
brennt lichterloh;
kommt Teuer und stroh zusammen,
so gibt C8 gerne flammen;
feuer und stroh
ist kcuis des andern froh ;
sie sucht nichts, als eine tendeln ihm >(i:;iiMlcr zu halien,
zu scherzen, die bände zu paren, in den arm zu nehmen,
zu küssen, alleiuc das heiszt 'feuer in die scheune machen'
und dies kunststückc haben sich die zigeuner vorbehalten,
dasz sie auf ein btmd slruh feuer legen tmd dasselbe nicht
verbrennen, pol. stockf. 107.
11) im feuer stchn, in» feuer gehn, durch da« feuer waii
dein, zwischen zwein feuern sitzen, zwischen zwei feuer setzen,
altn. seija 1 milli elda tvcggja; in» feuor fallen, stürzen; in»
feuer »loszcn, werfen; die hund iii» feuer Kleiken, für die
Wahrheit einer sache: da wollte meine hand wol vor in-i feuer
stecken. Cii. Ki. vi (tiii V" • ..i< i->i,.r !.'r.'if,Mi ,li,. l,.isr.i.,iru
15S5
FEUER
FEUER
1586
aus dem feuer holen ; für einen durchs feiier laufen, dnrch
ein fheiir laufen umb ein mund voll brol. Maaleb 135'. ins
feuer, zum feuer verurtheilen : als ein pöse man in das feüer
geurleill werden. Steixhöwel dec. 549, 2-1 (esscr come malioso
condennato al fuoco). ich wolf mich vor ein wenig regen und
brant in einer nacht an dreien orten und hab gleichwol nit
gern gebrennt, aber es geschah darum, das ich dacht, der
amtman solt über das feuer rucken. G. vo.n Berl. lebensb. 170 ;
noch zittert ihr der schreck durch jede nerve,
noch malilet feuer ihre pbantasie
zu allem was sie mahlt. Lessi>c 2, IM;
er winkte meinem engel, dasz er sichtbar
auf seinem weiszen titticbe mich durch
das feuer tröge. 2, 199.
1-2) fiter den feuerruf s. aiad. monalsber. 1850 s. 111 und
hernach feurio, schrien fiwer fiwerl Meraner stadlr. 6et Haupt
6,424; das man für schruge. tceisth. 1,213; schreien auf auf
auf, es print. 3, 6 ; ke tuti cridan fogo Togo ! Bioxdelli foesie
lornkp-lhö; ai//r. haro ie feu ! .Meo>-4, 439; armor. tan ru war!
(rolh feuer oben), barzas breiz 1, 223 ; ann tan ! 1, 318 ; arab. nar
narl {feuer feuer); türkisch janghin war! {feuersbrvnsl ist);
de kersen nam se in de band
und lip dar se de scbüne yand,
se stak de kersen in dat dak,
se leip weder in un sprak:
'tö joduie, hüde und jummer mfirl' G.4. 2,329;
wasser her io, wasser her! ring 43', 32;
flammen in der brüst empfinden
und dabei nicht feuer schrein,
heiszt die ruihen gröszer binden
und sein eigner henker sein. Gc!»ther 253;
feuer! feuer! — wer hat feuer geschrieen? Göthe 14,293. 296;
Terwahrt (bewahrt) das feuer und das licht! Gellert T, 147.
13) feuer und Qamme des herdes: mit feur und flam in
der mark sitzen. Kciilh. 2, 174; feuer und flamme hallen.
2,211; dem missethäter feuer und flamme loschen, aqua et
igni interdicere; beim feuer sitzen, igni assidere. den gast ein-
laden hiesz ror alters zu seinem feuer laden, bei Sido.'siüs
Apollix. ep. 2, 2 ad focum invitare;
mhd. swäT werdekeit wil minnen,
der lat dise Aventiure
in sinem hüs ze fiure. Il7i. 5,4;
Seite si mich zeinem male
hein zuo ir gedanken flure. HS. 1,S9*.
im dorfe sind sechzig feuer, d. i. feuerstellen, herdslälten, voh-
nungen. auf dem herd, in der kuche wird das feuer unter-
halten, im feuer, auf dem herd haben heiszt sieden und
braten; ir solts nicht roh essen, noch mit wasser gesotten,
sondern am fewr gebraten. 2.Vos. 12, 9; auf dem herde bren-
nen drei feuer; sie hatte nur einen topf im feuer;
sehse biren biet si in dem fiure.
Neidhart Ben. 389, wo ÜAUPt 47,23
briet si in d?m riuwer.
14) feuer der gewehre und gcschüfze, seit erßndung des
puhers: feucr geben, displodere, das geicchr lösen, losschieszen,
nnl. vuur geven, sclur. gifva ^r, dän. give fyr {niemals gifva
eld, give ild). noch nicht bei Dasypodiüs, Frisics, .Maaler,
Hemsch, doch schon am schlusz des 16 jA. bräuchlich, zur zeit des
ZOjähr. kriegs allgemein verbreitet, in Grobs lobspruch ton 1602
gab nit gschwind fewr. ntcpi 3,254;
sie {die gcschülzc) alle zugleich fewer gebend. Kirchhof mil.
disc.no ; fort! fort! gebet feuer wo jemand kommet. Oryphics
l,Si7 find auf den blitz des himmels angewandt:
ist Catharina tod und chach ist noch bei leben !
und wil der himmel nicht
gewafnet mit der glut von schwefelhellem liebt
teuer nach dem köpfe geben? 1, 174.
später sehr häufig: auch die in der Stadt stark fewr heraus
gaben. Chemmtz 1.202"; fewr auf sie gegeben und fünf lieu-
lenants und fendrichs geschossen. IV. 4, 34; gebt feur! kriegs-
manual, SchaPiausen 1CG4 s. 18. 19; sagte auch jedem, wer feuer
gehen und welcher seinen schusz im röhr zum vorrath be-
halten solle. Simpl. K. 411; feuer auf feuer unter sie gaben.
veäf. Robinson 53 ; 'sie drohten feuer zu geben*, 'meine pistole
war nicht geladen'. Schiller 712'. it. dar fuoco, far fuoco,
fp. dar fuego, hazer fuego, fr. donner, faire feu, a6er auch
blosz donner. serb. vatni {nicht ognja) dati: jivu vatru dao
{gab lebendiges feuer). Vük 3, 448, 118. engl, nur mit dem rerbum
fire {feuern), man sagt: kühn ins feuer gehn, tapfer im feuer
stehn, er ist noch nicht im feuer gewesen, ein wolgerich-
III.
teles feuer unterhalten; das feuer der infanferie war nicht
wirksam; das feuer der kanonen schwieg endlich;
führt mich ins feuer frisch hinein! Schiller 322*.
vgl. kartätschenfeuer, pelotonfeuer, roitenfeuer.
15) feuer der schmiede und anderer handwerker: unter die
schmiede gehörten alle die im feuer arbeiteten, v. Stette!«
Augsb. 7. künstliche feuer, & freudenfeuer, lustfeuer, feuer-
w erk, feuerkugel ; steigende feuer {rakelen). H. Sachs I, 204'.
feuer der bergleute und minierer: das grubenlicht heiszt feuer ;
wo die genge vest und knaurig sein, das kein stahl darauf
haften wil, musz man setzen und feuer fürs ort machen.
Mathesids 59'; feuer setzen, um festes gestein mürbe zu machen;
was in des dammes tiefer grübe
die band mit feuers hülfe baut. Schiller 77^.
IC) feuer, krankheilen bezeichnend, ivie fieber, goth. brinnft,
gr. TTi'oerös. das kalte feuer, der kalte brand: mein liebes
weih einen harten fall gethan, also dasz sie über ein knie
eine grosze schrumme gefallen, dasz auch das kalte feuer
bald zugeschlagen, über welches sie grosze schmerzen er-
litten. ScHWEiMCHEN 2, 296. das heilige feuer, erysipclas:
wie die trewen erzte thun, wenn das heilige fewr in die
bein komen ist. Luther 8,101'; da will man nun auf allen
seilen das heilige feuer mit Ziegenmilch löschen. Ettxebs
«nif. doct. 771, vgl. rothlauf und Antoniusfeuer 1, 501. das
laufende feuer, ignis volaticus, nesselsurht, febris urlicata. med.
maulaffe 827. rode et occtde 23. das wilde feuer, viüligo, lepra
alba, auch der blitz,
das wild fewer auch einbin trang. H. Sach s I,4ö';
aber auch die bräune bä den Schweinen, und sonst das nolh-
feuer. diese geschichte lief um sich, wie das wilde feuer.
BoD£5 Tr. Sh. 1, 50. hellisch feuer. magensiechUium. Schx. 1, 553.
17) feuer, angewandt auf leuchtende, glänzende äugen oder
blicke, auf errölhende wangen: er ward lauter feuer im gewicht
{das blut stieg ihm ins gesichl); das feuer trat bei den schönen
in das gesichl. Pierot 1,172; das feuer stieg mir ins gesicht.
1,242; dasz mir das feuer in die äugen gestiegen. 1,401;
der blicke feuer und der lippe stammeln. Schiller 499*
strich Wolf
sogar die augenbraunen mit der band.
gleichsam das feuer seines blicks zu bergen. Lsssnic 2,254.
feuer und flamme schlug mir gleich beim ersten anblick zum
gesicht heraus, ich war ganz auszer mir. H. L. Wagser reue
nach der Ihat s. 22. das feuer der edelsteine, der färben.
das licht, die strahlen der sonne heiszen ihr feuer:
als noch auf uns die roorgensonne
ihr allbelebend feuer gosz. Gotter 1,10;
die blicke die noch zagen,
der sonne feuer zu ertragen. 1,229.
s. fetu-ig.
IS) abstractionen und bilder:
a) feuer der liebe: bis guts muts, gang neher zu dem
fiiwer, so erhitziget dich mer dann genug. Terenz 1499, 39'
= eunuch. 85
bono animo es,
accede ad ignem hunc, jam calesces plus satis:
dann wie wol ich wite von dir bin, so hast doch mich letz
nit allain getan warm werden, sunder gar nach ganz ver-
brennet und din unsichtig füre durch mine ougen geworfen
in min geeder, die an all min schulde ganz uszebrennen.
NlCL. T. Wyle 255, 27 ;
das {hert) hart in liebe ist verstricket
gegen euch in heiszer liebe fewr. H. Sachs UI. 2, 123';
dein feuer ist mein frost. Fle«i:«g 617;
Daraöt wird traurig, schweiget still,
umarmt sein kind, doch nur mit halbem feuer. Gellert 1, 126;
sprich, was du willst von mir, nur nicht, dasz meine liebe
zu wenig feuer hat und allzu schläfrig ist. Rosi schäf erg. 78;
aber wenn ein süszes feuer
euren jungen busen füllt. Götter 1,130;
kennt ihr eifersucht? ihr feuer
trieb mich in den wald hinaus. MjSll^^er die schuld 130.
b) über dieses war ihr ein altes grämliches weib zur hof-
meisterin vorgesetzt, vor welcher dieses schöne bild sich
nicht einmal frei umsehen, geschweige dann mit jemanden
reden durfte, ohngeaclitet sie viel feuer im leibe hatte, irrg.
I d. liebe ioZ; aber kaum hatte sich Alabanda des königs und
der regierung hemüihtigef, so wurde der alle mann, unter
dem Torwande, dasz er nicht feuer genug habe, zurückbe--
rufen. Wieland 6,181;
100
158:
PECER — FEUERANSAGER
FEÜERANZEIGER - FELTIRRLATTER 1 588
oft nur Pill ärmrlien wcisz und rund,
oft nur ein schlau gcworliier sclileicr.
und ScIudoD gieiig auf in feuer. Gottsr I,-H3;
ah bravo! find icli euch in (17'.H) im) feuer?
in liurxur zeit ist Gretcben euer. Götuji 12, 157,
ach, mit welcher liehe, mit welcher zarllichkcit, mit welchem
feuer umarmt er mich. 18,63; o wie er in feuer ist! rief
Philine, nur gehissen, nur geduldig. .19, 232; es laszt sich
denken, dasz unsere reisenden durch diese crziihlung sehr
in feuer gesetzt wurden. 56,197; Ferdinand, in feuer gesetzt
von den Spaniern, grif zu den waffen. Sciiilier 91S'.
c) das feuer des bluls, der ädern, des gefühls, der spräche,
des ausdrucks, der rede; das feuer seiner bercdsamkeit;
im ersten
feuer des hohen gedankens nach edler freiheil zti streben.
GöTHE 4ü,2!t8.
d) das feuer muliger rosse, stiere; des wcins: der wein
hat feuer (wie hhime);
mit ehren, wein, von dir heroeistert
von deinem ilüszgcn fcur begeistert. Lessi?(c 1,50;
ich habe ohne dies meiner nachbarin ein räuschchon zu
gedacht, ich möchte wol an iiir versuciicn, ob der wein
feuer hat. Weisze opern 3, 117 ; der pfeffer hat feuer, beiszt
auf der zunge.
e) das feuer des zorns und eifers, welche Wörter selbst schon
brand aussagen, des aufbrausens, aufruhrs, der empörung :
denn ir habt ein fewr meines zorns angezündet, das ewiglich
brennen wird. Jer. 17, -1; und ich rede solchs in mcinnm
eiver und im fewT meines zorns. Ez. 38,19; der zorn des
fewrs müsse sie verzeren. Sir. 36,11; heiT, wie lange wiltu
so gar zürnen? und deinen eiver wie fewr brennen lassen?
fis. 79,5; herr, wie lange wiltu dich so gar verbergen, und
deinen grim, wie fewr, brennen lassen? 89,47; solch schreiben
nichts anders bisher gewest noch fort mehr sein kann, denn
ins fewer blasen. LuTiiEn 6,112'; wo das nit geschehe, so
wer das füer im dach [würde sein zorn außodern). Keiserso.
bilger 125*; grüszest du etwann ein nachbeurin, lobest elwann
eine wie schön sie sei, kommest etwann spat heim, da ist
fewer im lach (zürnet die frau), da brinnets erst an allen
orten, da ist es jamer über jamer. Petr. 60'; wolt ihr der
mann etwas untersagen oder eine gute lehr geben, da war
gleich feuer im dach. Fuchsinundi 240; aber wer konnte sich
auch einbilden, dasz ein mann von einer solchen kleinigkeit
gleich feuer fangen würde. Wieland 8,262; Karl ist jach-
zornig und versteht keinen scherz, so bald ihn eines seiner
geschwister neckt, ist er gleich im feuer. Weisze kinderfr.
1,16; puhl gab das ein feuer! Wagner kindermörd. 47;
ihr müszt nit mit feuer und schwert drein schlagen!
GöTHE 13,64;
auch speien Rebcl und Francoeur deshalb feuer und flammen.
sie sagen, alles gehe verloren. 36,109; ist ihr etwas nicht
recht, so ist gleich feuer und flamme im haus; bei diesen
werten fieng der flötenvirtuose plötzlich feuer. J. P. flegelj. l, 34;
er ist gleich feuer und flamme, von ei/er, bcyeislerung u. s. w.
D feuer der räche, Verfolgung, trübsal: denn gleichwie das
gold durchs fewr, also werden die so gott gefallen, durchs
fewr der Inihsal beweit. Sir. 2, 5; und welcherlei eines iglichen
werk sei, wird das fewr beweren. 1 Cor. 3, 13 ;
durch der Verfolgung fewr . . . bewehret. Weckuerlik 275.
g) im feuer der arbeit, ferrenle apere: sciinilt in musze-
stunden mehrere federn, um sie im feuer bei der band zu
haben. J. P. Fibel 84.
FELEHADER, /■. venaignis: warum die feuerader, die diese
bebungen hervorbrachte, blosz unter dem boden der seen
fortgelaufen sei. Kant 9, 35. audi eine ader unter dem schtcanze
der rinder, die man öfnet, iren» sie das feuer {die feuerkrank-
beit) haben.
FEL'EHAMBOSZ, m. pyracmon: Servius wil andeuten, der
eine {arbeiler Vulcans) habe Doiinersclimid, der ander ßlitzer,
der dritte Fcuerambosz gelieiszen. Opitz 1,36.
FEI'EHA.MT, n. aml des feuerherrn, der die fcueranslaUen
beaufticJiligt. t. feiiereisenanil.
FEI'EHANBETKU, m. cullor iiinis: in der liebe war ihm
Karl der höhere fciieranbeier und der lector nur der, den
die kohle dieses feuer« schwärzt. J. P. 7V/, 2,201.
FEI KRAN.MArUEH, m. gui caUfacil, heizrr.
FELERANSACiEII, m. eitbolc zum antagen einer ausgebrochnen
huiul, gewöhnlich feuciiaufer.
FEÜERANZEIGER, m. index tncendii.
FEUEHANSTALT, f. incendiorum cura, löschanslalt.
FEIEHARBEIT, f. wozu man feuer brauclit.
FELERARBEITER, m.
FEÜERARMIG, ignilis bracliiis tnslructus: da doni.irn sie
sanftmuth und duldung aus ihren woJken und bringen dem
gott der liebe menschenopfer, wie einem feuerarmigen moloch.
Schiller 122'.
FEUERATHEM, m. halilus igneus. s. feuerodem.
FEUERAUGE, n. octdus ardens:
schon ergreift sie mich
mit ihren feueraugeii, wirft von fern
der blicke schlingen, nimmer fehlend, nach mir aus.
Schiller . . . ;
ein schwarzer hund, die zahne blosz,
mit feueraugcn, tellersgrosz. Börcsr 24*;
eines fcuerauges dunkler blick. Platen 24;
dem mit schwarzen feueraugen hin und wieder blickenden
manne. Göthe 24, 290.
FEUERAUGIG: buhen wie die kälber, dickköpfig und feuer-
augig. Fr. Müller 1, 132;
soll diese Stadt zum schlachtgefilde werden,
und briirterliche Zwietracht, feueratigig,
durch ihre straszen losgelassen toben? Schiller 3S5*.
FEUERBACH, m. /". rivus ignium:
wie grimmig oft und viel die schwere feuerbacb
herfür gebrochen sei. Opitz 1,31;
das ist ein grausam mördrisch uiigewittcr,
der himmcl droht in feuerbächeii sich
herab zu gieszen. Schiller 48U'.
FEUERBACKE, m. gena ardens, rubicunda, rollte wange
Stieler 75:
nun wansiige schuften mit den feuerhacken,
ihr glüht so recht vom höllenschwefel felszt. Göthe 41,325.
FEUERBAD,«, balncum ignilum, laracrum ignis. Stieler 77:
regt ein neugchorner fromme blande,
dasz mau ihn sogleich zur sonne wende,
tauche leib und geist im fcucrbadc!
fühlen wird es jedes morgens gnade. GöruE 5,244;
sommers hält man ein fcuerbad, in iibermäsziger hitze aus.
FEUEIIBAHN, f breiter weg, den man um einen Waldbrand zieht.
FEUERRAKPLN, ;i. pharus, fcucrzeidien. wäre alid. fiurpoiichan ,
fiurcs pouclian.
FEUER BALL, m. globus flammcus, molcs ignifera:
eher hört dich ein fisch,
als der Icuerhall (die sonne) dort. Ffeffel;
wo jetzt nur, wie unsre weisen sagen,
seelenlos ein feuerball sich dreht,
lenkte damals seinen goldnen wagen
Helios in stiller majestat. Schiller 21»;
sieh, dunkelrolhe feucrballen sausen
mit wirbeln rauclis vermengt zum himmelsrand.
Gries Taitso 12, 46.
FEUERRAND, n. reif, den die bölticher auf die tonne legen,
wenn sie über dem feuer hergestellt wird.
FEUERRAUM, wi. juniperus communis. Mecenberc 325, IS.
FEUERRECKEN, n. foculus, kohlenbeclcen.
FEUERBERG, m. f7iOH.'; ignicomus, feuerspeiender berg:
entzückend ists, wann donnernd himmelan
des feuerberges wogen sich cihelien,
auf Napels golf, bei nacht, im leirlitou knhn,
in magischer beleuchtung hinzuschweben. Mattbissok 12.
FEUERBESTÄNDIG, ignis rim su!ilinen.<!, fixus: ein feuer^
beständiges durchsichtiges rubinglas. Fehenb. 4,561; hieiauf
wird das gerippc zur statue . . . mit einer feuerbcstJindigeu
masse überzogen. Göthe 35, 328 ; die einzigen feuerbestän-
digen freuden des lebeus. J. P. una. loi)e ;», 123.
FEUERRESTÄNDIGKEIT, f. die materie der erde dürfte
nicht genug feuerbcsliindigkeit haben. Kant 8, 275.
FEUERREWAIIRT, igne jtersfieclus.
FEUERBILI), n. imago ignita: sind sie auf einmal, wie ein
glänzend feiierbiM der nacht, verschwunden. Göthe 8,276;
die künstlich gebohrten und gefüllten hülsen, die prächtig
abwechscifidu fiMierbilder in die luft zeichnen .sollten. IS, lis.
FEI'ERRLASE, f die das feuer aus nassem holze treütt und
die bald zerspringt: wan eiin ein tochterlein stiibl, so spriclil
man 'wnlan, wie sol man im Ihun, e<t ist docii kein knab
gewesen', man spricht 'es ist ein feuerblas'. KKKKBsnKRG
erangeliii 1517. f.2'.
FKUERRLASER, m. ciniflo. IIenisch Ios3, 61.
FEUERBLA'nER, /". epini/ctit, naclitblaüer, bei naclU aut-
breclirnde hilzbluller.
1589 FEUERBLIGK— FEL'ERBÜSCHEL
FEüERBL TZ — FEUERFACKEL
1590
FEUERBLICK, w». feuerauge:
frisch an die seiuigen mit werten und mit werlten,
thut ihrer lügend schärf mit fcnerblicken Sterken.
Zi>KGR£Fs vermanung zur dapferkeit hinter seineni
Opitz Straszb. 1624 s. 221;
ich las in ihren feuerblicken
nicht eine siibe von verralh. Göthe 1,211;
der hohläugige Toledaner mit der ehrnen stirne nnd dem
tiefen feuerblick. S, 229: das glas, wodurch wir die heiligen
strahlen der verbreilelen nator an das herz der menschen
zum feuerblick sammeln. 44,2; ihr inneres entsetzte sich vor
seinem feuerblick. J. P. uns. löge 2, S5 ; mit einem feuerblick
der Verachtung wandt er sich ab. Tit. 2, 209 ;
die tausend liebesfunken im azur
sind in der sonne feuerblick geschvrunden.
RiJcKERT ges. ged. 1 , 108.
FEUERBLINKEND, sdnlälans, igneus: mit einem feuerblin-
kenden Schwert war der weg zum baimi des lebens Ycrwahrt.
Orno 561.
FEUERBLUME, f.papaver rhoeas, wegen seiner faicrrothen färbe :
rad uud tremsen darin und feuerblumen und schwertel.
Voss.
FEUERBOCK, m. fulcntm focarium: einen alten feuerbock,
desgleichen einen kammertopf, die dreispännig da waren,
nemlich als driilinge, diese berührte ergarnicht. J.P.Siebenk.
2, 52. rijl. feuerhengsl, feuerhund.
FEUERDOHNE, f. pitaseolus mulliflorus.
FEUEUBORN, »i. Bbockes 3, 685. 6, 109 ;
getränkt mit allen stralen
aus dem leuerborn der liebe. Ovsrbecs r^rni. ged. 2.
FEUERROTER, m. fcuerzunder, eine nd. form, ivofiir hd.
feuerbüszer stehen sollte: was machen doch die Schreiber, die
bofburschen, die Studenten, die kranijungen und pfeffersäcke,
die handwerksburschc, die baurenknechte, die feuerboter und
dergleichen lemmel, dasz man nicht eiue anime bekommen
kann. Schcppils 1C84 s. 536. fürböler heiszl sonst auch der
Hirschkäfer, lucanus cervus, vgl. 2, 572. 573. kann hierher ge-
hören das mhd. fiurbuo5e MS. 2, 181', wofür Hacejj tut buoje
schreibt? ags. fvrbeta fucarius. Wright voc. 27'.
FELTRBRAND, m. torris:
ich Paris, weil ich war ein richter, gast, fewrbrand,
durch gailheit, last und wut, gehaizet blind, bethörer.
Weckherlin 800;
und nach dem giebel fliegen feuerbränder. Schiller 34*;
ich habe feuerbrände in eure bigotte sladt geworfen. 122';
du hast den feuerbrand in mein junges friedsames herz ge-
worfen und es wird nimmer wieder gelöscht werden. 1S4';
er wirft den feuerbrand bis an den thron des kaisers. . . .
lifblos sind die bände,
die mit der axt den todesstreich gethan,
die mich zerstückten so in feuerbrände (scheite).
RÜCKERT ges. ged. 1, 125.
FELTIRBRÄUN, rolhhraun: feuerbraunen angesichts;
rauchend in des henkeis bogen
schieszts mit feuerbraunen wogen. Schiller 7S\
FECTIRBRENNEND : der fewrbrennende ruthencomete, der
a. 1618 so lange am himmel geschienen. Andrea bussposaiinc
D'; was hat man mit solchem Unwesen, da man mit solcher
gewalt sich wider den fewrbrcnnenden zorngott geleget, ge-
wonnen? D2; warlich das kan nicht anders sein, als gott
bespotten und seinen fewrbrcnnenden zorn immerhin anzünden
und aufblasen. Albrecht fluchabc. dedication; feuerbrennender
eifergrim. BuTscnKV Palm. 75. im 18 jh. nicht mehr gebraucht.
FEUERBRIEF, m. irie brandbrief, feuerdrohung etUhaltend.
FEL'ERBRÜCKE, f. mauer auf dem herde des flammenofens,
die das erz von dem feuer scheidet.
FEUERBRU.NST, f incendiutn, was schon brunst allein aus-
drückt :
Aetna brennt, unermeszlich die feuerbrünste verdoppelnd
Er)T[. Voss Orirf n* 7, 252.
üblicher ist feuersbrunst.
FELTR BÜCHSE, f. fcuwerbüchsen das seind kurze stück,
ungeferlich vier schuch lang, daraus feuwerkugcin in die be-
salzungen zu schieszen. Fhossperg kriegsh. 1, 72*.
FEUTRBCHNE, f. erliOhung zum aufschichten der hohstösze
für diis feuer im bergtrcrk.
FEUERBUSCFl. in. rubus flammea, derfeurtgc buseh. Stieler 112.
FEUER BÜSCHEL, m. fasciculus igneus, büschelförmig bren-
nendes feuer. 1
FEUERBUTZ. «j. den feueraerkern erbsengrosze brennbare kugel.
FEUERCHEN, n. igniculus: so brennt an allen ecken!
'wird ein hübsch feuerchen geben'. Göthe 8, 138 ; 'das war
einmal ein brändchen heint';
holterti polterti ruck ruck ruck!
feuerchen brenn! kesselchen schluck!
H. L. Wagsers Macbeth, bei ScanxER :
rüstig rüstig! nimmer müde!
feuer brenne, kessel siede!
FEUERDIENER, m. ignis cuUor:
feucrdiener und brahman, Christ und muselmann bin ich.
Rdckert ges. ged. 2, 442.
FEUERDIENST, m. die zoroastrisclie religion, feueranbetung.
FEUERDORN, m. mespilus pyracaiüha, vgl. feuer 9.
FEUERDRACHE, f7i. draco igniromus:
ein feuerdrach
umfliegt das dach
und bringet uns butter und eler,
die nachbarn sehn
die funken wehn
und schlagen ein kreuz vor dem feuer. Höltt 243.
FEUERDROHEND, incendium minans.
FEUERDUNST, m. vapor igneus:
tanzt in rasendem taumel
fcuerdüusten des sumpfes zu. Stolberg 1,311.
FEU"ERDURCHWEBT, igne pertexlus: in dem ewigen blau
des feuerdurchweblen himmels. Götbe 14, 4C.
FEUERECKE, f. die stumpfe ecke neuer schneidcwerkzeuge, die
erst abgeschliffen u-erdbn musz.
FEUEREIFER, m. ira, ardens Studium: fewereiver, der die
widerwertigen verzeren wird. Ebr. 10,27;
o so scheute Kain doch
gottes feuereifer noch. Stolberg 1,49.
FEUEREIMER, »i. situla igni exstinguendo : auf dem rath-
hause, auszer dem saale, da die feuercimer hiengen, stunden
folgende reime angeschrieben,
hier hangen die eimer in gemein,
ein jeder bürgen der hat ein,
und mancher hat ihr auch wol zwei
im fall der noth, da gott für sei. Weise W. leute 198.
FEüEREINWERFEN, n. injeclio igniS: in unserm hause
waren wir mit dem feuereinwerfen verschont. Rarener 6,264.
FEUEREISEN, n. ignis suscitabulum , feuerstahl, fiurisen.
Diefenbach roc. 1470 p. 133 : so ein funken fewr vom fewr-
eisen feilt und trift den zundel im fallen. Paracelsds 1,370';
wer Verleumdung hört, ist ein feuereisen,
wer Verleumdung bringt, ist ein feuerstein. Logaü 2,166,38.
in einem Hede von 1549 bei Hildebrasd s. 248 heiszl es:
Osnabrugh ist uns niet ferne,
bei sünncn aus und wider daheim,
feürisern hetten wir gerne,
und feuereisen scheint hier ein backwerk aus der eisenpfanne.
FEUEREISENAMT, n. sonst bencnnung eines reichsamls.
FEUERENTZÜCKEN, n.. summa roluplas:
feliebtes bild, das mir mit feurentzücken
ie seele füllt. Höltt 153.
FEUERERZEüGNIS , n. mit einem feuererzeugnis ihrer
kalköfen. Göthe 28, 126.
FEUERESSE, /. ustrina, Schornstein, was schon das einfache
esse:
eine ward, in spröder blässe
und in strenger bäuslichkeit,
hüterin der feueresse
und die Vesta jener zeit. Hagedor!« 3,78;
die feueressen des douners. Göeinck 3,178;
doch sturmfest ist das erdenhaus gegriindet,
und durch gebirgesschlöte, feuerspeiende
ist seiner feueressen kraft verkündet.
RccKERT 161. ges. ged. 1, 165.
FEUtRESSENARBEIT, f. bergmännüch, wenn auf den Stollen
und strecken über sich gebrochen wird.
FEUERESSENKEHRER, m. fumariorum purgalor.
FEUERFACH, n. focus, herd.
FELTREACHGELD, n. herdgeld, die vomhtrdxu enlrichlende
abgäbe.
FEUERFACHS, n. feuerhaar, s. fachs eoma sp. 1225 und mhd.
yaMahs, fahlhaarig : ihr seid ein feuerfachs uud kein kanzelei-
wax, ihr seid ein rauchfangkehrer und kein rechtsverdreher.
pol. feuermäuerkehrer c<ip. 6. eine art von dianthus hriszt feuerfax.
FEUERFACKEL, f. fax, facula, gleichviel mit deni einfachen
worl: solches auch die Fidcnatcr und Vejenlcr mit herge-
100*
1 59 1 FEUERFAHEND — FEUERFLOCKE
lucklen feuwerfncklen thaten (facibus arreplu). Taaus ha
Fronsp. 3, 248'; gult dreuet, wenn wir seiner stimme niciil
gehorchen, steckt uns auch dergleichen abmerkliche feuer-
fackeln zur Warnung seines gerechten eifers im himmel auf.
BOTSCUKY Palm. 214.
FEIIEHF.\HE.ND, tgnem concipiens: wie man mit einem bren-
nenden licht an einem solchen ort, wo viel flachs, werg,
Stroh, hobelspäne und dergleichen leicht fcuerfahonde dinge
vorhanden, sehr behutsam umgehet, so musz ein schönes
mSdchen, die den herrn lieb hat, mit ihrer Schönheit für-
sichlig umgehen , dasz sie niemand zum anstosz gerathe.
ScRivER seelcnsch. 2,939.
FEUEnFÄHIG, dasselbe: wann wir dann durch solche hitz
viel feuerfühiger wmden, als die beste schwebelhölzlcin.
Simpl. K. SS8.
FEUERFAHNE, f. vexülum tncendiarium. Stieler 399 : eben
dann würde meine empfindung die feucrfahnc der dcinigen
gewahr und liefe desto mulhiger über. ScmtLER 171" ; in das
abendgcwölke waren breite feuerfahnen gepflanzt und das
sonnenauge schlo^z sich Mutend zu. J.P.l'U. 2,238.
FEUERFALTER, papiliohippolhoe, feuervogel. Diefenbach 4tl'.
kann leicht das flii'yen des schmeltedings in die flamme ausdrücken,
vgl. fewerstel bei MEGESiiERC 299, 17, sich aber auch aus feifalter
($p. 1440) entstelll haben, die bedeutung wäre irninerhin treffend.
FEUERFANGEN'D, was feuerfahend: feuerfangende sachcn.
aber noch los: einen schnell feuer fangenden schwamm. Güthe
26, 277.
FEUERFÄNGIG, uas fcuerfähig.
FEUTfiFARB, igtwo culore, flammeus, mhd. viurvar: ein
feurfarber jochant. fastn. 763,9; dies (band) war feuerfarb
und geflammt. Schii.i,er 152'.
FEUERFARBE, f. igneus color, rtibor: diese echte feuer-
farhe der bcängsleten sittsamkeit. Tiir-MMEL 3, 325.
FEUERFARBEN, scidcchle form stall feuerfarb: ein aller-
liebstes röckchen von feuerfarbenem alias mit spitzen eiuge-
faszt. Moser 9, 120 ;
vom feuerrarbnen abeiidliimmel sieht
der liebe beilger siern herunter.
Khetscuxann an Kleists grabe 24;
des rechten ros war silberblinken,
ein feuerfarbner trug den linken. BÜRCsa 70".
FEUERFARBIG, flammeus, rutilus.
FEUER FASZ, n. ein ivasserfasz zum feuerlOsdien.
FEUERFAX s. feuerfachs.
FEUERFELÜ, n. culina?
Mopsus denket auf den söIler,
Mop^a denket auf den keller,
Mop.siis (lenkt ins bimmelszelt,
Mopsa denkt ins feuerleld. Logau 3,190,96.
FEUERFEST, ignibus impervius: feuerfeste wände, feuerfeste
eiserne kassenschrünke; feuerfeste, starke brüst; ich halte
bisher oft Lianens krankengeschichle mit der taubheil eines
markigen feuerfesten Jünglings angehört. J. P. 7/7. 1,139.
FEUERFESTIGKEIT, (.
FEUERFINGER, m. ein verbrannter, vom brand enlzündeler
finger? in einer urk. uo» 1384 der cigenname Fridreich der
fewrfinger. Heiligenkreuz 2, 358.
FEUERFINKE, m. fringilla ignila.
FEUERFLAMME, f. flamma. mhd. fiurcs flamme (tt'6.3,336'):
von biniol ein lewernam. 11. Sachs IIL 2, 275>;
ihr duiider, plitz ninl simlii, die ilir mit rewerllammen
des lierreu ktral' und i;i'iiu erweiset aller weit.
Wkckhehlin 305;
wie die feuerflamrae bei dunkler nacht,
in die bäuser fahret, wenn nieinaud wacht. Schiller 322*.
auch die ruthc adnnis heiszl fcuerflatnme. s. feuerröschen.
FEUERFLAMMEN, ßammare, flagrare: höre mich dreimal
schrecklicher gott, der da oben über dem nionde waltet und
rächt und verdamtnt über den Sternen und fencrflammt über
der nacht! Schiller 13C'; die feuerflammenden holzstösze
machen lag aus mittcrnacht. . . .
FEUEBFLIEGE, f. musca aestuans.
FEUERFLOCKE, f. floccus ignis, scinliUa:
»ieh, von de» knaben «cheilel quillt
hellcucbteud eine reuernucke. Schiller . . .;
und wiim
RMCh eine fouerflock« walnheil nur
in dei deipoieii »cele kubti geworfen. 277*;
branote das bauptbaar wie in bellen feuerflücken Beckers
»Hlg. 5,308.
FEÜERFLUG — FEUERGEIST
1592
FEUERFLÜG, m. volatus ardens:
und deines geistes höchster feuerflug
hat schon am gleichnis, hat am bild genug. Götur 3,82.
FEITERFLÜGEL, m. ala ignea:
des blitzes fcuertliigel
schosz durch die lult dahin.
lIöLir in Toffel und Käthe.
FEUER FLUT, f. fluctus, impctus ignis:
itzt kämpfen die dracheo allein, mit tödiender feuerQuien
eiderschuttornder wut,
es waren ströme von gluten
die llossen im mcerc von blut. KRiTscuaATfü an Kleuts grabe 40 ;
bald machte mir die kühnste wut
das blut zu einer IVucrlUit. Hhingulph 53;
er packt die keul und schleudert, wo sich eben
die sclilang erhebt, auf sie die feucrOut. Gaiss Rol. 42, 56;
sie ward
zur flamme, die der bäume iliclit gczweig
und das gebälk ergreifend prasselnd aufschlug
und um sich wütend schnell das ganze haus
in ungeheurer feueiDut verschlang. Schiller 500*.
FEUERFÜLGE, f. die pfticiU der orlscinwohiur bei naher
fcuersbrunst zum löschen zu eilen. Stielkh 534.
FEUERFOLTER, f. crucialus ardens: deine Schwester mit
ihrem landlichen von feuerfollern tobenden herzen. J. P. TU.
1, 160.
FEUERFRESSER, m, pyrophagus.
FEUERFUCHS, m. equus colore rulilo.
FEUERFUNKE, m. säntilla, mhJ. fiurvanke:
da war der neigung feuerfunken
in sein leichtlodemd herz gesunken.
Kretsciima:«»! Ultingulph 51;
hoch bäumte sich, wild schnob der rapp
und sprühte feucri'unken. Kühger 15*;
wer liesz so unversengt um sich
der Schönheit feuerfunken sprühen? Gökingk 1,7S;
wenn ihr den kleinen griechischen feuerfunken nicht aus-
tretet, der diese kriege vcranlaszt, so sollt ihr noch das
ganze Schwabengebirge wider euch auflodern sehen und die
alpen und den Hundsrück obenein. Heinr. von Kleist 2,150
(vgl. austreten 1, 1003).
mhd. als<^ da; die fuirvankea
drohten üj den schilden. GuJr. 301, 3. von drxjeo.
FEUERGABEL, f. rolabulum, ofengabel, zum schüren des
feucrs. voc. 1482 h6'.
FEUERGARBE, f. ein feuer, das die feuerwerker sprühen
lassen: so wie ein geschickter wasserwerker sein springwasser
bald als glocke, bald als fcuergarbe steigen läszt. J. P. büclu:r-
schau 2, 6.
FEUERGASSE, f. canal für das feuer, im hfülenwerk, brand-
gasse.
FEUERGATTER, n. in löpferne Ofen zum schütz der kachel
gesäzl.
FEUERGAUL, m. solis equus:
ein alncin-ieso (liodmer) schimpft, in Sachsen wirds bekräftigt,
() Phöhns, bist auch du zu meiner {(iothcln'dft) räche faul?
wo nicht, so zeig es uns, spann einen feucr;»aiil
zu meinem besten aus, damit auf diesem pferde
der alpen l'olyphera von mir bestritten werde.
Kost Vorspiel 75.
FEUERGEBET, n. bei der feuersbrunst und zu besprechung
des fcuers.
FEUERGEBILDE, n. auf der spitze des Hausberges flammte
ein kolossales leuchtendes A . . . freimle gaste fragten ver-
wundert über die mittel, wodurch ein so bedeutendes und die
festlichkeit krönendes feuergehilde habe veranstaltet werden
können. Göthe 31. 177.
FEUERGEBIRGE, n. mons üjneus, ßamtnivomus, pyrenaeus
FEUEBGEBOBEN, mgiym^s,
evoe triumphierer
fudergüborner erdbeglQckerl Wolaiov dif/iyramfren 33.
FEUERGEFÄHRLICH, faälis accmsu, leicht zündend: feuer-
geführliilie stofl'e.
FEUERGEFÄSZ, n. fuculus, batillus. Brockes 6,110.
FEUERGEISEL, f flagellum igneum:
NchwiiiK deine geisel, sttngor der luffend, schwing
<lio feuergeiiel, welche dir llrnfrn gab.
ilöLTT an TiuilKird {l'riadr. Hahn) im göiiini.
mus. alm. 1773 i. 181.
FEUERGEIST, m. fervidus honw. ardcnlis animi :
die K^tterkran, die Ihn durchfleutil,
bellugell seinen feucrgeist. DOrcrr M*.
1593
FEÜERGELD — FEUERHAFEN
FEUERHAHN— FEUERIO
1594
auch rom tceine, vinum ardens, s. feuer IS, d;
von mancher edeln kelter Deuszt
für mich der traube l'euergeist. 12'.
FEUEHGELD, n. herdgeld, ron jedem haus zu entrichten.
FEUERGEKATH. n. rasa ad alendum et comfeseendum ignern :
ein ungeheueres kamin und dem angemessenes feuergeräthe.
GöTHE 26. 2SS.
FELERGERATHSCHÄFT, f. dasselbe.
FELERGERUCH, m. nidor e re adusta, brenzlicher gerudi.
FELERGESCHIRR. n. ignea tesia:
aber die listige ^'omas bekenn ihr heimliches süpplein !
nennen die bände des flucbs wird dir ein feuergeschirr.
dicet damnatas ignea tesia manus. Properl. Y. 7, 3i.
FEUERGESCHOSZ, n. lelum ictum cum igne edens. Hexisch
1084, 12.
FEUERGESCHREI, n. clamor incendii orti index, s. feuer 12.
FECERGESCHWORNE, pL die bei feuersbrunst einschreüende
mannschaß, feue^ehr. Kürbe Bremen und Verden 1, Sl.
FEl'ERGESICHT, n. vullus rulilus:
was ist mir? was leuchtet ein wunderlich licht?
0 so leuchtet der furie feuergesicht. Götbe 4,201.
FEUERGEWEHRj n.pyrobolum: dasfeuergewehranscUlagen,
lösen.
FEUERGEZAL*, n. pyrolheca, ignilabulum, Diefeseach 285',
alte benennung des feuerzeugs: darumb sol ein bergraan, wenn
er einfaren wil, des vatterunsers je so wenig vergessen, als
seines grubenüccLls und fewergezawes. Matbesils 40". ahd.
gizüuwa, mild, gezouwe, tgl. vürgezouwe bei Jeboscbis 24603.
FEL'ERGEZEL'G, n. dasselbe: zum andern hat der bilger
in seinem sack ein fuergezüg wol bereil, da von er ein liecht
entschlahen gedüne und von dem liecht ouch ein füer mach.
Keisekseerg bilger 13'.
F"^EL'ERGIEKE, f. foculus suppedaneus, vericeichte ausspräche
des nd. kike, ein koläenlopf die ß(sze zu värmen. besser feuer-
sorge, feuerst übchen.
FEUERGIFT, n. virus: jetzt schlosz das zweimal getroffene
herz das wunderblut in sich und kochte es zu feuergift. J. P.
FEUERGIPFEL, «». mons igniromus: BiTdone, der zuerst
durch seine beschreibung die lust nach diesem feuergipfel
(Aetna) entzündet, ist gar nicht hinauf gekommen. Göthe
2S, 195.
FEUERGLANZ, m. splendor ignis: fewerglanz der da brenne
des nachts. Es. 4, 5.
FEUERGLANZEND: die häring für sich selbs bei nacht
einen feuerglauzenden schein geben. Fiscbabt ehz. 547. heute
feuerglänzend.
FEUERGLAST, m. icas feuergianz : er fiel vom boden durch
ein loch hinab, aus welchem ihm feuergiast -«atgegen kam.
Hebel schalzk. 166.
FEUERGLASTIG, fulgidus,
sag mir, wo find ich dich hernach?
'schlag mit eim stahel an eim stein,
so liodst du mich darin allein
mit meinen fcwerglasting (.= glastigen) flammen'.
H. Sachs 1,255";
0 liebe amb {amme), es tobt und wüt
mein herz in dieses ritters lieb
fewerglastig mit starkem trieb. IH. 2, 123';
sein {des dracheii) atcm ist also vergifl,
fewerglastig, wen er antrift,
derselbig ist des tods vergwist. IIL 2, 266';
erschein kolschwarz, rottet und rauch,
mit fcwerglastigen äugen auch. V, Ssö*;
FEUERGLOCKE, f. campana, qua signum datur incendii orti,
hrandglocke, Sturmglocke, aber auch das signal zum austhun des
feucrs bei einbruch der nacht, s. das folgende.
FEUERGLOCKE.\ZElT,/;pyn</a/;jum. roc. 1482h7'. Diefex-
BAcii 437'. engl, curfew, fr. couvrefeu.
FEUERGLUT, /". ignis ardor:
ihr (kranke äugen) blickt auf meine hand, dasz sie vor sonnen-
pfeilen
mitleidig euch zum schlMe wenlen soll,
und auf den grünen schirm, die feuerglul zu theilen,
die aus dem Scharlach quoll. Gökinck 3,41.
FEIERGOTT, m. Vulcanus.
FEUERGRIFFEL, ni. stilus igneus : mit feuergriffel schreiben,
eintragen.
FEUERGRUFT, f. Rast 9, 51.
FEüERH.\FELEIiN, n. ignitabulum, glulpfanne. Hemsch,
KEUERHAFEN, m. dasselbe.
FEUERHAHN, ni. gallus ignifer: hüt dich vor den rotbär-
tigen fewerhanen und den lächern, die da sind gemutzt.
FiscBART gruszm. 53. «. feuer 3.
FEUERHAKEN, wi. hamus igni alendo, suscilando, finrhäke.
f. zum einreiszen und tcegziehen brennender balkcn bei briinsten.
Hacpt 6, 424. vcialh. 4, 319 ; der koch lauft mit einem feur-
hakon nach. Ayreb 277'. in Herbersteixs lebensbeschr. 354
zweii eisnen feurhäggen.
FEUERHAL, FEUERHANGEL, m. zum aufhängen der topfe.
FEUERHALT, jgrale, d. i. hyjwaustum. roc. 14S2 ho'.
Diefenbacb 436', rgl. phiesel , pisel , pisale. 6« Hemsch
10S4, 16 steht fewerhelt, fewerloch.
FEUERH.\LTEND, brennbaren slof enthaltend, in sich haltend.
FEUERHANDWERK, n. das in feuer arbeitet: auch sind ver-
schiedene feuerhandwerke daselbst in guter nahrung. Götbe
43, 208.
FEUERHAUFE, m. cumulus ignis, «rie aschenhaufe: ein
brandzettci des lauts,, das die stadt solte zum feurhaufen
werden, angeheftet befunden, (a. 1619). Lisch mddenb. jb.
17, 202.
FEUERHEISZ, igne calcns: legen das körn zwischen einem
(so) marmeislein und ein feuerheisze eisene platten. Tabeh-
RAEMO.TT. 590.
FEUERHELL, lucidisämus,
ja, Tolkmar, schön blinkt in der luft
des feuerbellen abendsternes wink. KRETscflXAns werke 2, 115;
brannte
das antlitz mir nicht feuerbell? Körper 2,70.
FEUERHELLE, f. claritas: plötzliche feuerhelle. Kuxgebs
th. 2. 201.
FEUERHEMDE, n. was brandhemde.
FEUERHENGST, «i. tcos feuerbock, feuerhund. bei Hebbeb-
STEix s. 354 unter dem küchengesehirr : vier feiu"hengst.
FEUERHERD , «». focus, sprichw. Yollerei macht kalten
feuerherd ;
gott sei dank, dasz friedens thaw
feuchtet wieder unser aw,
gott sei dank, sein feuerherd
wird wie vor, nicht umgekehrt. Logad 2,243;
bald wie wann unterm frost das feld verödet lieget,
der jugendliche tanz um einen feurherd flieget.
Dusch term. »cerke 308;
am wahren mittelirdschen feuerherde.
RccEERT ges. ged. 1, 149.
FEüERHERR, m. der dem feueramt rorstdü.
FEUERHERZ, n. bist du nicht die erste liebe dieses feuer-
herzens ? J. P. TU. 2, 71.
FEUERHIMMEL, m. caelum empyreum, der neunte kreis des
firmamenis, nach der allen Vorstellung.
FEUERIHTZE. f. ardor ignis, igneus.
FEUERHÖHLE, f. carum igneum: schon längst hatten wir
sie bedauert, dasz sie mit in der dumpfigen feuerhöhle stecken
muste. Weisze briefw. des kinderfr. 4, 221.
FEUERHOLZ, n. cremia. brennholz: da; holz ist gar guot
feurholz und macht guot koln. Megenberg 324, 5.
FEUERHUND, m. focarium fulcrum. Stieleb 866, s. feuer-
bock, feuerhengst.
FEUERHUT, m. schornäein. Diefexbach roc. 1470. 133.
FEUERHLTUNG, f. custodia ignis : alle langen feuerhütungen
schaden der gcsundheit und wol keine mehr als die vestalischen.
Lichtenbergs erkl. der hogarlhischen kupferst. 1, 152.
FEUERIG, s. feurig.
FEUERIN, igneus, vihd. fiurin, feureiner, igneus. roc. 1482
he'; gleich neben dem thron Christi Jhesu, an dem aller-
wirdigsten ort des fiirinen himels der selikeit. Keisersbebg
Marie himelfari 5'; wie herniden bei uns und umb uns drei
dement, wasser, erdrich, luft sein, also soll oben der him-
roel und stern, sonn und mond als fewrin und aus feuwer
gemacht und zusammengesetzt sein. Aventin 52'.
FEUERIO, FEURIO, clamor ad ignem, tcie mordio, diebio,
wafenio: wann der flamm an allen orten zu dem lach usz
schlecht und versumpt ist, so schreien sie da feur io ! Kei-
sersberg nnrrensch. 86*; die weil disz feür brint, die weil
wollen wir fewre io schreien. Axdr. Keller auslegung des
23 cap. tialthei, Straszb. 1524 B 4'; er sieht das brennende haus,
lauft mit lauter stimm rufende dem dorf zu, fcuwrjo, feuwrjo,
ach helft leschen! Kirchhof »rpHrfinim. 179'; der nordostwind,
der auch seinen zahn auf die sladt haben musz, kam uns tref-
lich zu statten und half die flamme bis hinauf in die obersten
gicbel jagen, wir indes, gasse auf, gasse nieder, wie furicn
1595 FEUERKÄFER— FEÜERKRONE
FEÜERKRÖTE — FEUERMASSE
1596
feuerjo, feuerjo! durch die ganze sladt. Schiller 120'; ich
machte die Studenten aufmerksam darauf, diese schrien
'feuerjoh! der hölzerne gaul brennt!' Just. KenNER 2,46; an-
dere drohten in gcgenwart der Schauspieler laut, wenn die sonne
im stück aufsteige, einstimmig feuerjoh! zu schreien. 2,49.
FEUERKÄFER, m. lacanus arvus, liirsdikäfer, wie börner,
berner, hausbrenner (2,245), bei He.msch 10S4, 19 lampyris:
feuerkäfer, scorpion, hummehi oder pferdefliegen.
üuscH, schofzlinntt, AUoria t'56 s. 7;
und CS schwirrten auf den matten
feuerkäfer otine zahl. Köhner 1,248.
im Odenwalde der glaube, dasz nur die trcibchen kohlen tragen.
FEL'ERKATZE, f. pyns globulis et pulvere replda, karlälsche.
Stieler 935. sie hat ein gesiebt, wie eine gespannte feuer-
katze, darüber gemacht, mägdelob C4.
FEL'ERKELCII, ni. calix igncus:
trinkt aus ihrem feuerkcich erquickung. Schiller . . .
FEUERKERZE, f. cereus, was das einfache wort:
die wangc weisz und roth, umschattet von der schwärze
der locken, jedes äuge eine feuerkerze. Weisze ,'u«{6;;. 1,397;
sich aus allen deutschen herzen
hell des dankes flamme wand
und in tausend feuerkcrzen
sichtbar auf den bergen stand. Rückert 199,
FEUERKESSEL, m.
FEUERKETTE, f. calcna ignea:
vom amtmann, der im dorfe spukt
und mit der feuerkette klirrt. IIöltt.
FEUERKIEKE, f. wie feuergieke, bei Rädlein 279' feuerkicke :
die feuerkieke von messing. Voss 2,273.
kike ist nd. urccu.f, urna, ags. cedc, mlat. caucus.
FEUERKLANG, in. der schall ist nichts als hartes pochen,
gleich einem hohlen feuerklang. J. Bün.>iE Aurora Slutlg. 1835
s. 142. was iieinzl das?
FEUERKLAUE, f. ungula ignea: schon streben sie {die
eumenidcn) an das herz des schuldigen mit scharfen feuer-
klauen sich zu hängen. Kli.nger 2, 165.
FEUERKLEIÜ, n.
damals trug er (der schmerz) lichipcwand und noch nicht
sein fcuerkleid. Rückkrt ges. gcii. 1, i'M).
FEITRKLUFT, was feuerzange.
FEUER KLU.MPE,ni. massa ignea: feuerklumpe des himmuls.
J. P. uns. löge 2, 170.
FEUERKOHLE, f. carba:
ihr habt
nicht feuerkohlen blosz auf euer haupt
gesammelt. Lessimg 2,317.
FEUERKOPF, m. Ingenium fervidum, hitzkopf: wenn im
ganzen nur das gute geschieht und die dummen menschen
zu diesem guten sich die bände führen lassen, so füllen sie
ihren platz nützlicher aus, als die überschwenglichen genies,
die feuerköpfe, mit ihrem sich durchkreuzenden unaufhöi-
Jichen wirken und streben. Knicge umg. tn. m. l, 183 ; wählten
die regierungen die rechten wege, so berschten sie über
liebende unterthanen, und einige feuerkfipfe, die sich immer
finden, Tänden keinen anhang. Niebchr leben 2, 413.
FEUERKRAFT, f. vis ignea:
durch des weines feuerkräftc,
nur durch sie 8ingt>t du so schön. Lessing 1,56;
an des herdes raschen feucrkräften
reift das rohe thier- und pflanzeiisäflcn. Göthe 5,246.
FEUERKRANKHEIT, f. s. feucr 16.
FELTR KRANZ, m. serlum igneum, er warf feuerkränze in
Rabcttens herz. J. P. Tit. 3,168;
doch hochverklärt, aus seinem feuerkranzo
wird er erstehn in frischem jugendtflaiize.
KöHMER Ifiinr u. schw. 25.
FEUERKR.\UT, n. epilobium angustifolium , aäaea spicala,
nach den rolhen beeren, bei Henisch 1084, 15 das kraul filiut
ante patrem.
FEUERKREIS, n. 1) cireultu igneus:
ein feuerkreis hat prasselnd dich umzogen. Körtier 1,71.
2) caelum empyreum:
die Rplitlcr hpran^en bis zum himmclshogeii,
rrzfilill Turnin, und dirKniiil nprifhl er wahr,
■lenii inanrlicr kam verbrannt zuiiickKclIngen,
d«r bis zum feuerkrci* godningcii w.ir. Ar. /In/. 30,40.
FELEHKRONE, f. Corona sftlendnn:
mit abgelegter feuerkrona
lieht *ie all icbönheil vor uni da. ScmiLct 23*.
FEUERKRÖTE, f. rana bombina.
FEUERKRÜCKE, f. rulabulum, Werkzeug zum schüren des
feuers: feurhaken, fcwerkrücken, stopfhülzer. Matuesiüs 117'.
FEUERKÜBEL, m. wie feucrfasz, lOschkübel.
FEUERKUGEL, /. globus igneus, feurkugel oder feurpfeil,
bolides, igneae faces. Serranüs synon. 6s'; bombe, granale,
vierhundert fewcrkugl und pfeil. II. Sacus 1,212';
in diesen zimmern hier platzte jetzt wol eine feuerkugcl.
Gütiie 24,161
FEUERKUNST, f. pyrotechnia. fcucrkunst oder cbyinie.
Leibmtz 468. tn Nürnberg auch eine feuersprülse.
FEUERKÜNSTLER, m. feuerwerkcr: die fcuerkünstlcr richten
eine kugel zu, welche nachdem sie entzündet ist, ins wasser
geworfen wird und dennoch brennet und ihre llamme von
sich stöszet. Scriver seelensch. 2, 456.
FEUERKUS, m. ardens basium:
ein feuerkus, der von der lippc zittert,
gibt ihnen engolseligkeit. IIoltt 240;
und feuerküsse regnen auf den raarraor. Schiller 262*.
FEUERLADE, f. pyrolheca, igniarium.
FEUERLÄRIVI, m. concursatio ex incendio orlo: machet, schlagt
lärm! trommelt durch alle gassen! stürmt mit der glocke !
FEUERLÄUFER, »j. nuntius incendii, eilbole an einen fremden
ort, zum ansagen der ausgebrochnen fcuersbrunst, auch herzu-
eilendor helfer: man hatte stürm geläutet, weit und breit
kamen von allen seilen fcuerläufcr und helfende nachbarn.
Pestalozzi 2, 389.
FEUERLÄUTERUNG, /". purgalio igni facta.
FEUERLEER, was feuerlos.
FEUERLEIN, «. igniculus, mhd. viwerlin. Lichtenst. 54, 1.
nhd. ein riischs feürlin gemacht. Steinhöwel dec. 614, 38.
FEUERLEITER, /. scalae incendiariae, starke, an der rath-
hausmauer aufgehangne leilem: furlcilern. weisUi. 4,319;
und mir ist wie dem kätzlein schmächtig
das an den feuerleitern schleicht. Götbk 12, 192.
FEUERLICHT, n.
es gieng am tag die wölke
vor ihnen her, und in der nacht dein feuerlicht, dein waches.
RtcKERT gcs. ged. 1,87.
FEUERLIEBE, /". ardens amor:
0 dasz deine feuerlieb
mich zu dir, herr Jesu, trieb !
JoAcu. Neander bundeslieder, Bremen 1680 s. 170;
FEUERLOCH, n. carum foci.
FEUERLOCKE, f cincinnus fulgens:
das glänzendste der glänzenden meialle
ist gold, es Helios fenurlockcn gleichet.
WiLii. Humboldt 4, 378.
FEüERLOS, expers ignium, languidus:
an ihrer holte feuerlosem herd
und leerem tisch lasz nicht die wiiwe trauren.
Kosegarten br. od. 2,341,
FEUERLÖSCHUNG, f ignü exslinclio.
FEUERLUFT, /". acr igneus, aura inflammata, sauerstof: seine
crziehung und anläge hatte ihn an die lebens und feucrluft
der sludierstube gewöhnt. J. P. Ilesp. 1,129; eilet eh die
bluinen eurer tage und die blumen der wiese von dem abcnde
überzogen werden, wo sie statt der lebeas und feucrluft nur
giftige verhaueben. 3, 194.
FEUERLUSTIG, aldiymicus: Johann Kunkel wandle sich
zur chemie . . . doch must er als ein practisch gewandter
mann bei feuerlustigcn, geheimes forschenden fürsten und
herren guten eingang finden. Göthe 60,179 vgjl. 32,219.
FEUERMACHT, f. vis ignis: in Island wirkt die eis und
die feuermacht gleichstark; feuermacht der Jugend. J. P.
fricdenspr. 42.
FEUER!VIAL, n. macula inusla, naevus rubicundus:
wer sie nur angerührt, den brennt ein feuormal.
Güntukn IOUI;
feuermäler der vorigen barbarci. J. P. Fixl. 8 ; fcucrmüler der
Icidcnschaflen. Tit. 1, 188
FEUERMA.NN, m. bei Heniscu homo igneus, cycl
aber ignis faluus, irrliclU, Weiniiold schles. wb. I»;
nun pflügt er als ein foucrmann
ouf seine« nachharn flur. IIüi.tt 50.
auch rincr von der lüschmann.vhafl, von den fcucricuten.
FEIERMÄNNCHEN.
FEUERMASSE, f. massa ignea: die feuermas^cn srhciuiti
dies land der sonne Daher zu rUckcn. Ardinghclh 2, Ui.
1597
FEUERMAUER — FEUERN
FEIERN
1598
FELERMAUEO, f. fumanum, schornslein, schlol, auch feuer-
feste schulzmatier : wie der rauch Ton der fewTmeur. /Zosea 13, 3;
da sähe ich steinerne wend
und eine fewermewr dabei,
ich fragt den gärtner, was das sei?
Ferber armbrusUch. F2';
noch Rädlei^j 279* schreibt feucnnäuer, schon Hesisch 1082,44
fi'wcrmanr, Stiei.eu 1S59 feucrmauer; Gotthold sähe, dasz
die fcuermauren auf den häusern yil rauchs von sich gaben,
daraus er abnehmen kon^e, dasz man in der kiichen geschäftig
und das mittagsniahl zuzurichten bemühet war. Scriver Goll-
hild 14; da ".vill ich mir lassen ein haus bauen, nur einen
groszen kummer hab ich, ich weisz nicht wie ich die feuer-
maur recht anbringe. Weise er:n. 96 ; das gold hat die feucr-
mauer Tcrgiildet. Ettsebs roseng. 3; Terfaiit, wie die Tcut-
schen zu reden pflegen, aus der feuermauer ins kellerloch
{aus lollkülmheit in zaghaßigkcil). icestf. Robinson 252 ; sie stellte
die Schwester als feuermauer vor sich (zur ireAr gegen die
licbesqlul des bruders derselben). J. P. T«/. 1,111.
, FEUERMAUER KEHRER, m. pttrgator fumaiiorum, schlol feger :
an andern orten mag der feuerraauerkchrer den rusz mit-
nehmen und brauchen wie er will, aber weil es hier anders
f ingeführet ist, so gehet alles dem herm zu gute. Weise
comüd. probe 276. 'der politische feuermäuerkehrer'.
FEUERMEER, n. lacus igneus, magna vis ignis. Brockes
1,197. 2,160. 4,392.403. 5,13. 6,109;
0 erde thu
dich auf, verbirg vor uns des tages licht,
roll über uns, du ewig feuermeer,
das durch die hölle sich mit brausen wälzt!
Weiszk trauersp. 3,238;
es wallt um ihn ein feuermeer. Borger 71';
fühle tief in einem feuermeere
meine seele brennend untergehn. 100";
den lichtwurm und der sonne feuermeer
schuf eine vaterhand. Matthissom 182;
des lebens fackel wollten wir entzünden,
ein feuermeer umschlingt uns, welch ein feuer!
ists lieb, isis hasz? die glühend uns umwinden,
mit schmerz und freuden wechselnd ungeheuer.
GöTHK 41,7;
im Innern siedets, schäumt und schleudert wilder
durchs feuermeer furchtbare schreckensbilder. 4, 20t ;
nun war das theater im augenblick ein feuermeer. Bettise
br. 2,302.
FELTRMEISTER , m. igniariae slruclurae arlifex. Stieler
2376.
FEUERMESSER, m. mensor ignis: er untersuchte jetzt am
arbeitstische Rlotildens wärme mit dem feuermesser. J. P.
ncsp. 2,17.
FEUERMITTE. /". medium ignis:
aus des ofens feuermitte
flammte der gezwungne tag. Körner 1,247.
FEUERMÖRSER, «i. morlarium ignitum. bei Rädlein feuer-
mörsel, mortier.
FEUER^IÜCKE, f. pyralis, pyrausta, musca lucemis advo-
lilans, lichlmolte. Hexisch 1084,38; e; ist ainr lai mucken,
. . . daj sint fourmucken, wan so si in ainen feurovcn komeut,
so vliegent si ze miteist durch daj feur unbelaidigt. Megex-
i;ERG305, 1; eine art von fewermücken, die umbs licht fliegen
und sich selbst zu verbrennen pflegen, fcrs. reiscb. 1, 4.
FEUERMUND, m.
weggeküst mit deinem feuermnnde
meiner augon milde thränenllut. Göeingk /. ;. {. 116.
FEUERMUTH, m. animus ardens.
FEUERM, intransitiv oder transitiv, tcas oß schwer zu er-
iicnnen.
1) inlr. ignescere, ordere, ^ühen, flammen, ahd. fiur^n fiur^la,
mhd. viuren viurete,
der alte mit Hirne harte,
der erzürnte harte,
ime Türeten diu ougen. Hol. 78,19;
hie von sol liebe riehen,
jungen uiide niuwen
und viuren an den trluwen. Trist. 328,28,
feurig sän, denn lauter inlransiliva folgen (armen, alten, kuolen,
kalten);
T munt dör viuret (= viurete) unde bran
ri'hte als ein glüender kol. 441,14;
rann mac da; wa^^er slahen zaller vrist,
da{ ii doch envinret niht,
wan im da; viur xe liän niht gescbibt. w. gast 14&45,
besser: wan im; ze haben niht geschiht, weil in dem zweiten
ej auch viur und dies in viuret enthalten ist.
nhd. welhcr senfter regen und ahrisender tow ganz er-
löschet den fürenden ofen. Keisehsberg bilg. 65*; in einem
greuslichen feurenden tiefen dobel. dessen trostspiegel 1. 5 ; wer
da feuret und flammet hinter dem gruntherren (mit feuer und
fl. wohnl). weisth. 2, 251 ;
das herz in lieb uns feurt und brind. Atrer 345';
ich feure ganz und brenne liechter loh. Flemixc 634;
scheinheilger bub. ich beb, ich feur, ich schau mit schrecken.
Grtphius 299;
wann oft der heisze hund mit seinen dürren flammen
und Phöbus goldne glut dann feuren stark zusammen.
LoGAü 1, 193;
die götiin ii>acht, dasi hier von heiszer liebe brennt
und fewert jung und alt, bis an ihr letztes end.
Werders Ar. 18, 127 (139)
(e fa la dea, che tutte ardon d'amore,
giovani e vecchie infino all ultime ore);
es fewret mein gesiebt vor schäm. Schottels lamenlatio;
eine eiterbeule, die zu schwären und zu feuern beginnt.
Scriver selensch. 1, 310 ; der magnet glänzet nicht wie ein
diamant, er feuret und leuchtet nicht wie ein rubin, sondern
ist dunkel, schlecht und recht, wie etwa ein ander gemeiner
feld und eisenstein. 2,375; hab aber schon die gerten ein-
gwaicht und wil dem schwanzmodler sein arsch gärben nnd
zerfetzen, dasz er ihm feuern soll. Schwabe /inien/^ 64 ; mein
armer köpf wie er feuert und tobt ! TbOnmel 3, 387 ;
wie feuerte das herz, wie schlug es einst für dich! Weisze;
die dächer
feuren im golde des sinkenden tags.
Kosegarte:« ged. {Kaianken):
itzt erblaszt,
itzt feuert mir die wange (geständnis) ;
jener menschen, grad und gut,
die für pflicht und recht noch feuern. (Sehnsucht).
heule in diesem sinn fast ungebraucht: was der wein feuert!
{für ein feuer hat).
2) Ir. brennen machen, entzünden, ahd. fiuran fiurta, mhd.
viuren viurte:
diu zwei diu waren verdäht,
bekümberet beide
mit dem lieben leide,
daj solhiu wunder stellet,
daj honegende gellet,
da; süejende siuret,
da; touwende viuret. Trist. 299, 12,
WO wieder gellen auch für süejen, siuren, viuren den Ir. begrif
festigt;
diu hSne Tinret unde muot. 422,40;
von Agramontin roanic pfell (= pfelle)
wart dar bräht, swer des niht gelouben well (= wfille),
da; sie geniuwet sint, swenn man sie viuret. Lo/ien^r. 5480 ;
nhd. dann wer de drischet vor dem schnit,
und ee wil pachen, dann er knit (knetet),
und ee wil heizen, dann er feurt,
ob der sein müe ein teil verleurt,
des schaden niemant klagen sol. fastn. 130, 28;
gefeuerter, gesotten wein, weinordn. von 1497;
gfewrten Elsaszer darzu trunken. U. Sachs T, 396';
und daselbs {im Aetna) werden die arme selcken {seelchen,
wofür 15S6 seelenknäblin) so jämerlich gefeurt, geflambt. ge-
räuchet und geröstet, als obs dürre bering oder westfälische
schunken weren, die siben jar im rauch gehengt haben, oder
als wann man im Elsasz in kellern den wein feuret. bienetUc.
112'; den gefeurten ... burterbratcn {vgl. 2,533). Garg. 54';
setze es in ein freies fewr, in einen ofen und fange ganz
gelind und gemach an zu fewren, bis der essig alier in den
recipientcn herüber gestiegen ist. WCrtz114; und vergleichet
die reine lere einem reinen oder gefewerten silber. Mathe-
sius 65';
kleinmut, forcbt, neid, hasi . . .
verfinstern seinen lag, als ihres herrens meister,
und fewren (erlcucliten) seine nacht als ungehewrc geister.
Weckiieru!» 515;
wenn stilles entzücken bei seinen gesängen
deine wangen gefeuert. Zacoariä tagst. 2, S7.
3) feuern, feuer machen und daran kochen: in diesem ofen
wird täglich gefeuert ; hier in der küche feuert man seilen ;
hier feuert man hartes holz; in Holland wird torf, mit torf
gefeuert ; nun arm und bein können wir doch nicht unter
die casserole Ihua und damit feuern ? Tieck 3, 287. Schweiz.
filre. feuern, kaffe kochen : es müste doch feuern für die gotte,
1599
FEUERXESSEL — FEUERPEIN
sagte es, so zleerem {mit leerem magen) lasse es sie niclit
fort, und dann für eine mehr oder weniger, selb komme in
eins, wenn man einmal gefeuert Labe. Gottuelf scimldbauer 67.
vgl. anfeuern, befeuern, einfeuern.
4) feuern, emil. fire, feuer geben (fcuer u), abfeuern, los-
brennen des gewehrs: das vordere regiment feuert schon; es
wird noch nicht gefeuert;
auf die knie geworfen
feuern die vordem, viele stehen nicht mehr auf. Schiller 7';
erfuhr, was ihm schon der schall des feuerns hätte klar
machen sollen, dasz alles für die Franzosen gut stehe. Göthe
24, 155. bildlich,
wir Teuren aus den Glücken,
die uns ein glaser geuszt. Fleming 165:
wo mich die gewiller überraschten und die breite blühende
linde mich unter dach nahm, die blitze feuerten durch ihre
liefhüngenden zweige. Bettina lagebuch 44, wo sich feuern doch
auch für leuchten, glühen {nach 1) nehmen läszt. man sagt: der
stahl feuert gut, schldgl leicht funken; der stein feuert nicht,
gibt beim scidagen kein feuer.
FEUERNESSEL, /". urlica, bremicssel:
sengt es euch wie feuernesseln. Göthe 5, 104.
FECERNEU, recens a claro, nagelneu, funkelneu:
so wiszt, ich kan on laugn und aschcn
die alten beiz so sauber waschen,
dasz sie werden bei meiner trew
schncweisz, als werens fewerncw. II. Sachs V, 368";
dasz sie wider werden schneweisz,
als ob sie weren fewernew. 308'.
als sie viele feuerneue tnagisters über die gasscn führten.
leiermaiz correspondenzgeüd 1608 s. 86; fcuernc» wie ein ver-
rostet eisen, das aus dem ofen kommt. Otho 818.
FEUERNEl]E.\, rcnorare, erneuen, mhd.
diu viurniuwet im den muot
mit der glimmenden eluot,
diu im doch naht unde tac
betrochen in dem herzen lac. Trist. 478,11.
FEUERMS, /■. niederrhein. fernüs, /bei«; die wolhabenderen
kochen auf fernüssen, mit mehreren lopflöchern, bei denen
sich die kochgeschirre unmittelbar über der flamme befinden.
ViCTOn Jacobi niederrhein. hcimal Lp. 1854 5. G3.
FEÜEROCHSE, m.
wenn Jason mit fewrochsen pflügt,
bricht den acker, bis er sich fügt
und in sich nimmt die trachenzeen
daraus new kricgshclden cntstehn. froschm. N8.
FEUERODEM, m. halilus igneus:
gewürzeblumen!
von meines llebchens süszem munde nehmen
den feuerodero zimmt und kardomumen.
RücKERT ges. yed. 2, 348.
FEUEROFEN, m. clibanus : du wirst sie machen wie einen
fewrofen, pones eos ut clibanum ignis. fis. 21, 10; und werden
sie in den fewrofen werfen {rulg. in caminum ignis, eis tt^v
xäfiivov rov nvQÖe). Natth. 13, 42. dagegen 6, 30 das gras
auf dem felde, das doch heule stehet und morgen in den ofen
geworfen wird (ti; y.).ißnvov ßaX).6fierov, rulg. in clibanum
inillitur), golh. in atihn galagij). y.).ißnros oder xQißai'os ist
hier von xaftiro? unterschieden, die ahd. rersion setzt Matlh.
ß, :tO in ovan, 13, 42 in ovan fiures. die ags. 6, 30 on ofen,
13,42 on fjres ofen, so dasz auch fco/UiKiLAS 13,42 in auhn
funins wird gehabt haben, nuhns = ovan, ofen ist Körtlich
feuer, ignis, der bedeutung nach focus.
FEUERORDM NC, f ediclum de incendiis: sollte denn der
gelehrte pracsident (Montesquieu) sein dorf nicht einmal mit
einer feuerordnung beschenkt haben? TnümiEi, 6, 2ys; der
haiifilmann bestellte einen punch royal. wenn er so fortfahrt
in seiner guten feuerordnung tiiid immer ein volles gefüsz
im hause hat als lOschanstall, so kann mein buch nie der
Vorwurf treffen, dasz man darin wie im Grandison zu viel
Ihec coD»uinicre, eher zti viel starkes getrüiik gehl auf. J. V.
Tit. 2,133.
FEUERPEIN, f. dolor ardem: alles was man davon sagen
kann, ist zu schwach die feucrpein auszudrücken, die durch
eine so gewaltsame zerreiszung in einem gefühlvollen herzen
verursacht wird. WiKUNt) 2,1^^2;
»rhrecki ihn da« Vorgefühl der scharfen feuorpein,
dk lii'bR liiirif ihm uhertfiubcn. . . .;
dir ri'ii.'rpfin
euch im yebein f Gömi 12, IM.
FEUERPFÄNiNCHEN — FEUERR.\D 1600
FEUERPF.iVNNCnEN . n. foculus, diminutiv des folgenden:
und kam den alten weibern, die äpfel, nüsse, kraut, käse
und andere höckereien feil hatten, mit den kuffen in ihre
kürbe, dasz eines hin, das andere her flog, die jungen liefen
zu und lasen auf, die alten weiber würfen mit ihren feuer-
pfänngen darzwischen und wolten ihre waaren nicht preis
geben. Weise erzn. 387.
FEUER {'KANNE, /. sarlago, arula. uoc. 1482 h 6'. 7", srhmelz-
pfanne, gluthafen, ags. fjrpanne, engl, firepan. dem kaiser zu
ehren feuerpfannen brennen ;
tind all nacht fewerpfannen brend
in allen gassen bis zu end. H. Sachs 1, 204V
FEUERPFÄNNLEIN, n. feuerpfdnnchen.
FEUERPFEIL, m. sagitta incendiaria, brandp feil, auch rakete :
dcrglelch die Türken schieszen künden
in die Stadt sehr viel feuerpfeil. 11. Sachs 1,209';
ein grosze zal der fewerpfeil. IV. 2,96".
bildlUh,
sahst du sein äuge nicht gleich fcuerpfeilen blitzen?
Wkisze trauersp. 2, 14.i.
FEUERPFEILER, m. columna ignea : und ich sähe einen an-
dern cngel vom himel herab komen, der war mit einer wölken
bekleidet und seine füsze wie die fewrpfeiler. offenb. lo, i.
FEUERPFERD, n.
als unlängst die Aurora kam
mit ihren feuerpferden. Sciiirvers singende rosen lied 43.
FEUERPFUHL, m. locus igneus:
ein trüglich bild
der hölle wars, ein widerspensiger freist
herauf gestiegen aus dem feucrpfuh]. Schiller i'i'.
FEUERPL.\TTE, f. eisenplatte des herdes.
FEUERPROBE, f ignis periculum, ein alles gottesurthed (RA. 912),
später nur bildlich gebraucht: in der feuerprobe der kritik sich
in lauter dunst auflösen. Kant 2,330;
und welches mädchen hält wol diese feuerprobe?
Göthe 7,51;
wir hoffen dieses büchlein sollte nicht unwürdig die feuer-
probe bestanden haben. 26.70; groszes glück ist die feuer-
probe dos menschen. J. P. Fibel 43.
FEUERPUMPE. /". anllia incendiaria, löschpumpe.
FEUER PUNCT, ni. im bergbau, der herd.
FEUERQU.^LL, m. ferror ignis? Jag. Röhme mysl. magn.
41.53.84, wie wassorquall. quall ton quellen scalere:
dort loderts aufl die ernte strömt in feuerquall
zum himmel an, und des besitzcs treu gehäus
schwankt unterQammt und beugt sich, widersteht und sinkt.
Göthe 11,257.
FEUERQUALM, m. vapor igneus, von quelen, quälen, daf
eigentlich dünsten, ersticken, tödten:
erdschlünde thun sich auf, ein feuerqualm
zuckt flammend übers feld, versengt den halm.
GöTUE 4,201.
FEUERQUELLE, f fons igneus: die lodernden feuerquellcn
der liebe. J. P. Hesp. 1, 112.
FEUERRARE, m. corvus pyrrhocorax.
FELERRACHE, m. faux ignea, feuerschlund :
Vesuvus feucrrachen. Schirmebs singende rosen lied Cl ;
nun flohen mit wiehernden rossen die reuler
die reimllichen reihen hinan!
da blökten hundert eherne drachen
die todirerüllten reiierrachcn
und hniicliien sie mit donnern an.
weg waren ros und mann. Krktsciima^n (in Aim.v(s grabe 31;
da schwimmt, hegrüszt von hundert feucrrachen.
in trAger maje.si.nt der hucenlaur heran. Wiklakd IS, IS**,
FEÜERRAD, »i. orbis, rata ignea, oft bei i. P. unterdessen
hatte sich das feuerrad der erdenzeit, die sonne, gieszend
heraufgediehl. Ilesp. 1,125; aber ein rollendes feuerrad des
allegro, womit die harmonisten auf der wiese die weichende
sonne begleilelen. 3,230; das lebendige feuerrad seines her-
zens lief in ilen gährenden lebensbalsain um. Firl. i:t6; das
feuerrad der cntzflckuug. Tit. t,is»; so halt er recht oft die
freiide, irgend ein feuerrad (ijoldslürk) in ihre (der hankhallri)
zischende schlangenhrde zu rollen. 2,26; da kreisele da*
feuerrad der entzückiing mit ihm reiszend um und um den
daraufgetliM litenen köpf wehten die nammenkreise hoch auf.
f>, 74; Gotlheif wurde ein geschwungener Itrand im feuerrad
[dir tanzenden), das den bauin umlief. Fibel 107 «. a. m. feuer-
rad an einem feuerrohr, rouet d'arquebuse, Hädlkii» SM*, am
alten ftintenschlosz.
1601
FEÜERRAUCH — FEÜERSAFT
FEUERRAICH, m. ex igne fumus. Stieler 1529.
FELERRAUM. m. auf herden, in Ofen, auf dampfsehifjfen.
FEUERREDNER, m. oralor incenstis : Cicero der feuerredner.
J. P. aeslh. 2, 213.
FELERREGEN, m. intber igneus:
die lanz ist in der faust, am platz der degen,
die keul am sattelknopf sprüht feuerregen,
von ewger glut, die nie sich zehrt noch endet,
ist diese keule wunderbar durchfacht. Griks Ar. Bol. 42,54;
bei feuerverken, in der illuminationsnacbt führte ihre Sehn-
sucht und meine leerhcit im feuerregen der freude uns
wärmer an einander. J. P. Tit. 3.175; am dichtesten läszt
der Terfasser seinen satirischen feuerregen auf die musika-
lische schönthuerei niederfallen, kl. bücherschau 1, 35.
FEUERREICH, dnes, über igne, mhd. viurrkhe, viwerriche,
gebildet nie waj^erriche. nhd. dieses herze empfindet die
macht euer feuerreichen äugen mit starkem nachdrucke.
Me NANTES (/oi. «e// 1, 57; suchet nur in meinem herzen nach,
welches ihr ja bei euch habt, so werdet ihr diejenigen flam-
men finden, die eure feueireiche äugen darinnen angezündet.
1,125;
der zügellose sieg, die feuerreich« jugend
sprach ihm die beute zu. Uz 2,2U;
so lächelt sie, so schlau, so feuerreich
sind aug und blick, und so gewis zu siegen. Hagedorn 2, 164;
noch hat er nur um pfand geküst,
was feuerreich im küssen ist,
war ihm nur halb bewust. 3, Sl;
es mögen künftig wein und most
des trägen alters ernst und frost
durch feuerreiche kraft verdringen. 3,94;
Tiele lieder, welche . . . einen Philander von der Linde oder
den feuerreichen Günther zu Verfassern haben, sind noch
meisterstücke in unserer lyrischen poesie. 3, xvii; der grosze
feuerreiche ström (Rhein). Fr. Müller 1, 1S6.
FEUERREICH, n. elementum ignis: eine einzige bleikugel
wirft das ganze schall oder feuerreich der gegenwart um
dich fern hinunter in die tiefe. J. P. komet 1, 124.
FEUERREIZ. m. Stimulus ardcns: der feuerreiz des ehi-
triebes. J. P. nachdämm. 79.
FEUERRI.NG, m. orbis igneus: da trat die sonne hervor
und umzog mit wölken kämpfend die höhen mit einem
feuerring. Bettina br. 1, 276.
FEUERROHR , n. fistula pyrta, flinle. Kibcbbof tcendunm.
476"; er geberdet sich mit dem stock als mit einem feuer-
rohr. Grtpbiüs 1,327;
im felde schleich ich still und wild,
gespannt mein feuerrohr,
da schwebt so licht dein liebes bild,
dein süszes bild mir vor. Göths 1,110
FEUERROS, n. feuerpferd.
FEUERRÖSCHEN, n. adonis.
FEUERROSE, f. dasselbe.
FEUERROST, m. platte zur Unterhaltung des feuers.
FEUERROTH, ruiitus, igneus, rubicundus, mhd. viurröt :
von ir zweier swerten gie der fiurröte wint. Nib. 2212,4;
ir varwe diu wart beide
von Zorne und von leide
tötbleicb und iesä viuwerröt. Trist. 254, 17.
nhd. einer wird sich für dem andern entsetzen, fewrrot wer-
den ir ongesicht sein. Es. 13, 8 ; auf einem feuerrothen wagen.
Lohesst. Arm. 2,421; feuerrothes haar, fuchsrulh; sie wurde
bei den letztern Worten feuerrotb {schamrolh, erröUidc).
Felsenb. 1, "4;
hier wurd sr blässer als narcissen
und plötzlich wieder feuerroth. Wieland Juno u. Gangmed 6S6;
wie neulich bei dem vetter, wie du den huizschnitt und die
beschreibung fandst und mit einem schrei riefst 'graf Egmont I '
ich ward feuerroth. Güthe S, 194 ;
'herr je ! herr je !
ach das thut weh!'
der kleine steisz,
so mild und weisz
wie semmelhrot,
ward feuerrotb. MusÄus kinderktapper 16.
FEUERRUF, m. clamor inccndii, feueryeschrei.
FEUERSACK, m. grobe Sackleinwand, dte durchndszt zum
feurrlvschen gebraucht wird.
FEUEUSAtT, »j. vom punxh. Scbiller 52'.
iU.
FEUERSABT — FEUERSCHRACK 1602
FEUERS ART, f. indoles tgnis:
hat die liebe feuersart,
weil sie h\u\ und brennt. Locau 1, 12.
FEUERSÄUFER, m. potalor ignis: er wurde nach dem bei-
spiel der feuerfresser jetzt ein feuersäufer {trank unmässig
feurigen punsch). J. P. Tit. 2, 136.
FEUERS.ÄULE. s. feuerseuie.
FEUERSBRUNST, f. iucendium, Schadenfeuer:
gegeng«nst erhöhet gunst,
gegenliebe nähret liebe
und entflammt zur feuersbrunst.
was sonst aschenfünkcben bliebe. Bcrgkr 27*.
FEUERSCHADE, m. l) damnum incendio datum. vgl. Schaden-
feuer, bildlich, die doctorin besah den feuerschaden ihres
gesichts (»pdhte die icirkung ihrer feurigen blicke auf die männer).
J. P. Tu. 2, 77.
2) abgang, den die metaUarbeHer beim verschmehen erleiden.
FEUERSCHÄLE, f palella ignis:
ihm glitscht durch die lüfte
die feuerschal hin. Fb. Mcllkb 2, 3S0.
FEUERSCHATZ, m. cumulus ignium: die Vereinigung einer
so unendlichen menge feuerschätze, als diese brennenden
sonnen sind. Rast 8,331; ein groszer vorrath entzündeter
materie, der die feuerschätze im Innern der erde häuft. 9. 23.
FEüERSCHÄU, f. inspeciio aedificiorum ad praecarenda in-
cendia: auf straszen und feuerschau zu schauen. J.P.flegelj.
1, 69 ; die häifte der feuerschau schien mit dem reichen Gogel
unter einer decke zu stecken, anh. zu Tit. 1, 41. schwcu.
fürschau. Tobler 208*. Schmelleb 1. 553 hat feurbeschau.
FEUERSCHAUB, m. manipulus igneus, brennender <:lrohwisch :
schwarze hunde. Schreckgespenster, feuerschäube. Simp/. A'. 44'>.
FEUERSCHAUFEL, f. prunae batillum, kolilenschaufel.
FEUERSCHEIN, m. 1) fulgor incendü, der sctiein eines aus-
gebrochnen feuers.
2) bräunliche färbe, die das Kochs nach dem schmelzen annimmt.
FEUERSCHEU, paiens, horrens ignem, co)istematus , von
Pferden.
FEUERSCHEU, f. pavor ignis.
FEUERSCHIESZEND, scinlülans:
bleich mit fewrschieszenden äugen. 0. Sachs II. 2,61*.
FEUERSCHIF. n. brander.
FEUERSCHILD, m.
FEUERSCHILLING, m. herdschilling. Milich schrapteufel C i".
FEUEBSCHIM.MER, m. splendor ignis: im feuerschimmer
glühten nun über mir die cedern. Fr. Müller 1,33.
FEUERSCHIRM, m. munimcntum ad ignem.
FEUERSCHLACHT, f proelium fen-idum:
mich treibt der feuerschlacht gesiebt.
Kretscuiann tihinijvlph 12.
FEUERSCHLANGE, f. draco, feuerdrache.
FEUERSCHLIPPE, f. recessus ignis, enge schmale gösse zwischen
häusern, ein Schlupfloch des feuers. nd. slippe, hd. besser schlüpfe.
FEUERSCHLOSZ, n. elater sdopeti: ich war gleich fix und
fertig, wie ein alt feuerschlosz. Sni/i/. courage s. 162.
FEUERSCHLUCHT, n. faux ignis: feuerschlucht und rauch-
pforle. J. P. TU. 4. 171.
FEUERSCHLUND, m. hiatus ignivomus:
eure kleine schar . . .
droht mauern, wo der tod aus feuerschlünden bricht.
Götter 1, 372;
bei nächtlich stiller weile
gährts in dem tückschen feuerschlunde, ladet
sich aus mit tobender gewalt. Scuillbr 383';
doch das entsetzen, das . . .
wie glühende wölken aus des berges feuerschlund
herauf sich wälzt, erschüttert auch des beiden brüst.
GöTUE 41, 185.
FEUERSCHNÄUBEND, igni anhelans:
flügel gab er
dem beer, und die feuerscbnaubenden rosse
mit dem wagen Mavors brausten voran. Wiixahot diihyr. 59.
FEUERSCHNELL, blitzschnell, vgl. feiierschritt.
FEUERSCHRACK, m. sallus, fragor ignis (sp. 1582. 5) • und das
feuer aufschlaget, dasz es alles in einen scai ecklichen ffuer-
sclirack gerätb und auffahret. Jag. Bübme drei princip. 18 ; kriifte
salnilrischen schrackes im feuer, ... da hat sichs mit der des
anzündung im salnilrischen feuerschracke getheilet. ntysterium
magnum 1678 s. 54. 56. 78. 80. 82; blitz, der sich aus dem
angezündeten schracke des feuers im wasser gebäret. 4uroru
101
1603 FEUERSCHREBEN — FEUERSEE
FEUERSEELE — FEUERSPRITZEND 1604
1682 s. 283; so giengen durch den schrack des feuerblitzes
wieder auf allerlei figuren. s. 293; und ist das lebensliecht
durch den erstarreten leib des todes gebrochen und hat aus
dem tode gegrünet, es ist aber am dritten tage nur im feuer-
scbracke gestanden, s. 314; als sich aber die sonne ange-
zündet, so ist der grausame feuerschrack über sie gefahren.
s. 33« ; die ausgegangene kraft im Hechte war aber viel mäch-
tiger als der feuerschrack. s. 338 ; sie {die galle) hat ihren
ersten Ursprung vom blitz des lebens, wann sich das leben
im herzen gebäret und dasz das Hecht im wasser aufgehet,
so gehet der feuerschrack vorher, der steiget aus der ängst-
lichkeit des wassers in die hilze auf. s. 3:!9 ; der Schwefel
wird so ins gedrlinke (gedränge) getrieben, dasz er nicht an-
ders, als wie in einem weiter einen feuerschrack von sich
giebet. Czepko einleüung zum heil, dreieck {lis.) ; in selbigem
erschrecken wird der feuerschrack geboren, daselbst und ößer.
an kräpiges vort, dessen niclUgebrauch zu bedauern ist, vielleicIU
dem folgenden verwandt.
FEUEKSCHREBEN, n. splendor. in Bartiscii augendiensl
s. 124 handelt es sich vom blick und fewerflammcn der äugen :
es ist vielen menschen, das es ihnen erscheinet, als schwebele
ihnen glanzfewer und flammen für den äugen, welches ge-
meine leute das wetterleuchten der äugen nennen, zu latein
splendores nocturni ... ein sehr guter trank vor fcwer-
schreben der äugen. — man könnte fewerschwcben ändern,
velches vorausgeht, doch ist wol schreben richtig und leitet sich
wm mhd. schra?jen schrdte, das fast die hedcutung des ähnlich
lautenden spra-jen spräte Aoi, beide drücken aus spriihen, flackern;
wie aber spnejen, wwjen übergehn in sprewen, wßwen, wäre
auch für schra*jen zulässig schrewen, nhd. schreben. daher
der eigenname Schreber. vgl. scherd unter feuer 5 sp. 1582.
FEL'ERSCHREI, m. feuergesclirei, feuerruf.
FEUERSCHREIEND, feuer rufend: o muse hilf mir das
getümmel beschreiben, das in dem hause des magisters ent-
stund, als die gräszliche feuerschreiende stimme sich über
das aufgeschreckte dorf ausbreitete! ThIjjimel Wilhelmine 91.
FELERSCHRITT, »j. cüus iruxssus, schnellschriU, gescliwind-
schrill, eüsdirilt, Sturmschritt:
und, wie nach Emmaus, weiter gings
mit Sturm und feuerschritten :
prophete rechts, prophete links,
das weltkind in der mitten. Göthe 26,283.
FEUERSCHRÖTER, m. lucanus cervus, hirsclikäfer, audi blosz
Schröter.
FELERSCHUPPIG, squamis lucidis: du knüpftest jhres ge-
spanns feuerschuppige schwänze in einander. Fr. Müller
1, 172.
FEL'ERSCHW.\DEN, m. brennbare luß tm bergbau.
FEUERSCHWALBE, f hirundo rustica, weil im haus, am
herd wohnend.
FEUERSCHWAMM, m. boletus igniarius , zunderschwamm.
LOSICERUS SO*.
FEUERSCHWANGER, ignifer, feuer in sich tragend:
feuerschwangrer stern. Brockes 1,15;
es schnarre sich die luft mit feuerschwiingern wettern,
der liimmcl wafne sich, die enle zu zerschinctteru.
LicHTWER reclU der Vernunft 24 ;
oft hat ein i^öttersohn
den feuerschwangern bauch der felsen aiif^rcritzt.
Schiller 18*.
FEUERSCHWÄNZEND, ignea cauda: feuerschwänzende
coineten. BLTscnsy Palm. 737.
FEI.ERSCHWEFEL, m. arsenicum.
FEUERSCHWEIF, m. der grausige feuerschweif des comelen.
FEUERSCHWERT, n. flammeus ensis: die räuber stehen
auf den bergen im abendnebel und schauen wartend herab,
wenn die feuersrhw erler der nanimen auf allen seilen durch
die nebel glänzen und mit ihnen rauben und morden werden,
um zu ihnen herab zu kommen. J. P. Tu. 5, 72.
FEUERSCHWl.NGE, f ala ignea:
o raubet nun dem blitz die feuerschwingen,
ihr Ktimden, ihn herheizubringeo
den sdszen RUgenbllck. Obvrun 14,8.
FEUERSCHWUNG, m. impetus alacer.
FEUERSEE, m. locus igneus: man sieht weile fcuerscen.
Kam s. 'Mh.
FEUERSEE, f.
wann auch die fewer*ee Vt^ievui auftuwallco
•ui (cioer kluft begioot. TicHKRniNO 138.
FEUERSEELE, /.
FEüERSEGEN, m. Carmen incendiarium : mein held aber
hatte überall zu lesen und warens nur feuersegen an der
thüre. J. P. Ilesp. 2,71; den feuersegen an die thür seines
museums annageln, lit. nacld. 4, 2.
FEUERSETZEN, n. das säien und anzünden der holzslösze
in bergwerken.
FEUERSEULE, columna ignu: und der herr zoch für inen
her, des tagcs in einer wolkseulen, das er sie den rechten
weg füret, und des nachts in einer fewrseulen, das er inen
leuchtet. 2 3/os. 13, 21; als nu die morgenwache kam, schawet
der herr aus der fewrseulen und wölken. 14,24; und hast
sie gefürt des tages in einer wolkseulen und des nachts io
einer fewrseulen. JVc/t. 9, 12 ;
flackernd steigt die feuerseule. Scuillrr 78'.
FEUERSFLAMME, f
ich befils den hciszen feuersnammen,
die hoch oben zu den baien auslangen. Uulakd 280;
die lieb läszt sich verbergen nicht,
sondern wie feuersflamm ausbricht.
Hammeks ruscnijarlen, Zirickau 1654 (. 166.
FEUERSFURCHT, f. auf das geschrei, aus feuersfurchl,
zulief, pol. colica 303.
FEUERSGEFAHR, f periculum ignis.
FEUERSGLUT, f. ardor ignis: mit wetterstein nnd feners-
glute krallen. Melissus F 7' ; fcwersglut des lenzen. Wecruer-
LIN 790.
FEUERSGNEIST, m. scintilla ignis. ein altes pßngsüied beginnt .
jauchz erd, und himmel dich ergell,
die wunder gotts mit freudn erzell,
die er heut hat begangen
an seim trostlosen häuriein klein,
das sasz mit still, friedsam in ein,
mit gbet, hat grosz verlangen,
dasz es getauft würd mit dem geist,
der kam einsmals mit feuersgncist,
mit gthös und starkem winde,
das haus erfüllt er überall,
die Zungen sach man in dem sal
zertlieilt, sie redien geschwinde.
FEUERSICHER, was feuerfest: feuersichre schränke.
FEUERSIGNAL, n.
seht ihr die fcursignale auf den bergen? Schillcr 547'.
FEUERSMACHT, f ignis vis:
bald sah man sie vom wort zum zanke kommen,
zum schrein, zum dröhn, und endlich auch zur schlacht,
die durch den zorn weit schneller war entglommen
als jemals stroh entglomm durch feucrsmacht.
Gries Ar. Hot. 27, 78.
man könnte unangeschoben lesen feuers macht, wie bei Scuiller 78'
wolthätig ist des feuers macht,
wo freUich der artikcl vorausstcht.
FE11;RSN0TH, /". incendU calamitas, auch bildlich,
wen die fcuersnoth so plagt, wen nur immer dursten wil,
den führt endlich wassersnolh, Wassersucht zu seinem ziel.
LocAU 3, 52, 75 ;
wer einmal in feuersnoth gewesen und das zweitemal nirlit
vorsichtig ist, verdient es, dasz er darin umkommt. H. L.
Wagner kindermörd. 68.
FEUERSORGE, f fewersorge, foculus, batUlus mensarius,
glutpfanne, so man zur speis über tisch brauchet. Golii
onomasticon 1582 .</). 325;
auf ihr knechte, holet mir
die feucrsorgp, schnell heraus den blasebalg!
Aristtiphanes Actiurnei- 888 (Drotseü)
Sficöes i^eptyxaxB
■tTjv ioxn^av /not SeiQO >cni rriv ^miSa.
FEUERSPANNER, m. xum spannen der Schlösser an feuer-
gruehren.
FEUERSPATZ, m. eine art mehlspeue. Scbmeixe« 1,553.
FEUlERSPEI END, ignivomus.
FEUERSPIEGEL, m. 1) speculum ustorium, brennspieyel :
l'ica Ist ein feuerspiegel, brennt zum ersten auf die äugen,
dasz, was sie im srhilde führet, sie lu sehen nicht wol taugen.
LooAU 3, 24U, 159.
2) Speculum lucidum:
BUS der Wahrheit feuerspiegel
lachfit sie den forscher an. Scuillrr 19*.
FEUERSPRITZE, f sipho incendiarius.
FEI;ERSI*RITZENI), ignivomus: wir gond Ton dem ««»rh
des altars als die feuerspritzenden IOweu. Keisersrerg hHlttck
U/W f. 4\
1605
FEL'ERSPUR — FEUERTAUFE
FEüERTEUFEL — FEUERVERHEERT 1 606
FEUERSPUR. f. resligtum tffiiis.
FEUER STAHL, m. clialybs ignem suscitans.
FEUERSTANK, m. fodor ex igne: auf diese unschuldige
weise halte ich mich im stillen und lasse den garstigen Wart-
burger feuerstank verdunsten. Güthe an Zelter 300.
FEUERSTÄTTE, f. focus, herdslätie: in dem kreis sind bi
sechs oder siben und sibenzig fürslelt. Tobler 20S'; weislh.
4,302;
lu Tulkanens feuerstätte. Rccuht ges. ged. 1,181,
auch de r ort. tro es gebrannt hol.
FEUERSTÄTTER, m. hausbewohner.
FEUERSTEHLE, f. für ignis, lichtmoUe. die belege schon
oben sp. 1441. Diefexbach 411* hat aus dem tocab. Hubriiugus
'fuersteller', vas doch wol feuerstehler m. ist. dieb am licht
gilt auch vom nebendocht (2. 10S7, '). vgl. feuerwolf.
FEUERSTEIN, m. silex pyrües:
€r geneistet als ein flurstein sn£l. MS. 1, 1S4\
ifo ein epithel des feuers auf den stein gezogen iM : und nach-
dem sie den tempel gereiniget hatten, machten sie einen
andern altar und namen fewrstein und schlugen fewer auf.
2 Macc. 10, 3 ; ein kus ist ein paar gegen einander schlagende
feuersteine. Fra>zis»t neuaufgerichtete liebeskammer 1679 {bei
Gellert 4, 73), rgl. Parz. 257, 20 :
swiej ie kom, ir munt was rot,
der muose alsölhe varwe tragen,
man hete fiwer wol drüj gesfagen ;
TTOwen de ouch munde tragen
bremzelich unde rösenvar,
man mochte viur bän drü; geslagen. Hacpt 1,14.
FEUERSTELLE, f focus, herdsteUe, herdstätie.
FEUERSTERN, m. Stella Martis:
im fall wir deinen stern sehn bei der Venus stehn,
den croszeri fewerstern von roiem angesichie,
wie du aucti selber bist, beim scböoen Venusliechte.
Opitz 1,02.
FEUERSTIEFEL, m. der beim feuerlöschen angezogen vird.
FEUERSTOF, m. elementum ignis: italienische weine voll
deutschem fcuerstof, ohne deutschen sauerstof. J. P. Tit. 1, 15.
FEUERSTRAFE, f. poena ignis, rivicomburium.
FEUERSTR.XHL. m. fulmen.
FEUERSTRAHLEND, feuerblitzend, feuenrerfend.
FEUERSTRICH, m. ductus igneus: eifersucht ist
ein reuerstrich durch bimmels slemenschrift.
RccKKRT ges. ged. 2,315.
FEUERSTROM, m. torrens igneus, aß büdlidi,
ists Verstellung, die uns selbst bekämpfet,
die des gähzorns feuerströme dämpfet? Hallkk "1;
ein wetier zieht herauf, schlägt unter finsternissen
des feldes reife saat rait schweren hagelgüssen
und regnet feuerströme und donner, schlag auf schlag,
erschüttert erd und himmel, ballt siebenfältig nach.
Ocsca 1,49;
aber ihr blick
wird des falken, ihr herz wird leuerstrom. Klopstock 2, Ui ;
der Schönheit feuerstrom umkreist
die abgelebten wie die jungen. Thühiel h. Küian 50;
so schieszt mit allbelebendem Schwünge
ein feuerstrom durch ädern und gebein. Wiela?id;
des erdballs axe kracht, der wölken schwarze schosz
gieszt feuerströme aus. Oberen 8,18;
als sie vor dem feuerstrom seines auges das augenlied nieder-
schlug. J. P. uns. löge 2, 199.
FEUERSTRUDEL, m. vorlex ignis:
bemerkst du, wie in weitem schneckenkreise
er um uns her und immer näher jagt?
und irr ich nicht, so zieht ein feuerstrudel
auf seinen pfadcn hinterdrein. Göiu« 12,62.
FEUERSTCRCHEN, n. icas feuerkieke.
FEUERSTl BE, f dasselbe.
FEUERSTURM, m. procella ignis: der jüngling stürzt in
den schlachtlod, unibrauset von dem feuerslunn der ehre.
J. \'.herbslbl. 3,7.
FEUERTAUFE, f baplisma ignit, nach Mallh. 3,10;
dasz über sie würde
ausgegossen die feuertaufe des heiligen geistes. Messias;
dem neugebornen kinde ertheilte man die feuertaufe in sol-
chen strahlen (der sonne, bei den Parsen). Götbe 6, 20. vom
krieger, der zuerst im feuer steht, heiszt es, er hat die Feuer-
taufe empfangen, figürlich, die feuertaufe des geistes, der
liebe. J. P. Hesp. 1, 169.
FEUTIRTEUFEL, m. kegelförmiger pulverteig, lauf feuer zum
abbrennen, pelermdnnchen, schtceiz. fürtüfel.
FEUERTEUFLEIN, n. irrmsch, sditceiz. fürtüfeli. Tobler 20i'.
FEUERTHEIL. m. pars ignis: während in andern erlauchten
geschlechtern die animalischen feuertheile ihrer stammeitern
unter dem mantel der etiquette verraucht sind. TbCm»el3,513.
FEUERTHEILCHEN, n. parlicula ignea, scintiUula.
FEUERTHGR, f. allein das war doch immer nur eine
feuerthüre für den nothfall. Wieland 19, 266.
FEUERTHURM, m. leuchtthurm.
FEUERTILGEN, n. deletio, exstinclio ignis: segea zum feuer-
tilgen. Ettners hebamme 2S4.
FEUERTOD, m. viricombu^io, feuerärafe:
sag ihr, dasz ich den heiigen schwur der treue
zu halten, den ich schwor, den feuertod nicht scheue.
die verurtheilung der neun tribunen zum feuertod. Niebohr
2, 192.
FEUERTONNE, f. feuerfasz.
FEUERTOPF, m. tcas feuerkieke, feuerslube.
FEUERTRANK, m. potus igneus:
doch fälscht ein rebenhasser
den feuertrank mit wasser,
frisch !
trommelt auf den tisch ! Voss 4, 132.
FEUERTRIEB, m. divinus impetus:
und du, 0 muse, habe dank,
dasz du mir liebe zum gesang
und feuertrieb zur dichtkunst schenktest.
Zachariä hinterl. sehr. >. SO.
FEüERTRIEFEND, igne stülans:
wenn nun ihr wächserner sterblicher leib
unter des feuertriefeuden {Zeus) armen
niederscbmilzt. Schiller 16*.
FEUERTROMMEL,/", lympanum, incendii nunlius : die feuer-
trommel erweckte mich aus dem schlaf, figürlich, ach hätte
man unser herz nicht zu einer lärmenden feuertrommel aller
leidenschaften werden lassen. J. P. uns. löge l, 40 ; nur zu-
weilen entfiel einer fernen wölke ein schlag auf die feuer-
trommel {ein donnerschlag). Tit. l, A3.
FEUERTROPFE, m. scinlüla : fewrtropfen fallen vom himmel.
Atextix chron. 323' am rande;
insonderheit die alte nater.
unser schlangen mutter und vater,
für einem heiszen rauchloch hiengen
vil stich und fewrtropfen empfiengen. froschmeuseler L6'.
bildlich, feuertropfen standen in seinem äuge.
FEUERTROPFLEIN, n. gutlula ignis: es fielen schwarze
brennheisze feuwertröpflein auf die menschen, wo es einem
nuf die blosze haut fiel, starb er von stund an. Ave.ntix
cAron. 323'.
FEUERTRUNK, m. hauäus igneus:
der feuertrunk, geschöpft aus traubcnblut.
RücKKRT ges. ged. 1, 116.
FEUERTRUNKEN, laetilia exsultans: Tirza ... die hohe,
feuertrunkne seele. Fr. Müller 1, S ;
freude, schöner götterfunken,
tochter aus elysiüm,
wir betreten feuertrunken,
himmlische, dein heiligthum. Schiller 19*;
ist der geist nicht feuertrunken,
und das herz bleibt unergetzt. 49*.
FEUERUMLEUCHTET, igne collustratus :
flüchtend sah ich, durch rauch und glut
schreitend wundergestnlten
riesengrosz durch düsteren
feuerumleuchteten qualm hin. Göthe 41, IS8.
FEUERUNG, f. 1) ustio Ugnorum: ein diener halle die
feuerung zu besorgen, ein mädchen wasser zo holen; die
kosten der feuerung belaufen sich hoch.
2) ligna alendo igni:
bepackt mit fcurung knarrt im frost die lasi(\ihr. Voss 3, 182.
FEUERUNGESTÜM, m. furor:
der mit feuerungestüm mich liebte. Seat bart ged. 278, 11.
FEUERUNGSBEDARF, m.
FEUERUNGSMITTEL, n. brennmalerüü.
FEUERVERGOLDET, inauratus, im feuer vergnldel.
FEUERVEHGOLDUNG. f, geqen^alz zu kalter Vergoldung.
FEUERVERHEERT, igne raslalus.
1607 FEUERVERSICHERUNG — FEUERWERK
FEUERWERKER — FEUERZANGE 1 608
FEUERVERS[CHEra:\G. f. caulio de incendio.
FELEKVEHSICHEULNGSANSTALT, f.
FEliERVERSILBERl.NG. f.
FEIER VOCJEL. m. papilio hippoüiol, feuerfdter. in den märchen
isl aber fciirrvngel, goldvogel auch der vogel llumix, der sich im
[euer rerjüniicnde.
FEl'ERVÖGELCHEN, n. pyralh. pyrausles, lichlmolle.
FELERVüLL, fdenus ardore. igjiiltis:
der beiden tust, die reuervolle schlacht. IIacedor'<( 1,57;
ihr seid verliebten gleich
die feuervoll den gegenständ nicht kennen. E. von Kleist;
er wa^ts, es wird auT das was ihn entzückt
der feuervollste kus gedrückt. Wiklakd Juno m. Ganymerf "46;
alles wol, das hier gequollen,
alle lust, die hier erschollen,
ruft herab, mit feuervollen
Segenswünschen, ihr zum heill Göthe 13, 24.T;
als wie ein schwarzer aar, des flügel Teuer lingen,
so schlägt die schwarze nacht die feuervollen schwingen.
Lenau neuere geil. 191.
FEUERWACHE, f. l) exeubiae nodurnae:
und in der zehenten nacht erschien das heimische ufer,
dasz wir nahe bereits die fcuerwachen erblickten. Ud. 10,30.
2) exeubiae adversus incendia institulae.
FEUER\V.\C}1TER, m.
FEUERWAGEN, m. currus igneus:
da strahlt ihr {der aonne) wagen, da schäumet
vor ihrem feuerwagen
ihr eher Gullinbust. KRETscHXAitns nhingulph 63;
dort prangt sie nun nach westen hin
des tages stolze Königin,
auf ihrem rothen feuerwagen
hinab ins meer getragen. Weisze hinderfr. 12,104;
auf schwarzen wölken rollt des donners (euerwagen.
Wieland;
ein feuerwagen schwebt auf leichten schwingen
an mich heran. Götue12, 43.
FEUERWANGE, f. gena rubicunda: auf deinen nassen
feuerwangen und warmen augcn voll busze. J. P. TU. 1,101;
schweigend lehnt es sich mit der feuerwange voll rosen an
Uianens hruder. 2,118. •
FEI'ERWANZE, f. cimex calens,
FELERWARTE, f. was feuerlhurm.
FEl'ERWEDEU, m. flabellum igniarium.
FEUERWEHR, f. neugebildet, wie landwehr: die zum feuer-
lösclien eingeübte niannschaß.
FELERWEIN, m. vinum ardens: warum fordert ihr zum
gefrornen feuerweio das verdünnende eis, woraus er abge-
zogen ist ? i. P. aeslh. 2, 42 ; er verkorkt sie durcii seinen
hauch, ebensogut, als der Italiener seine schweren feuer-
weine mit dem leichten öle statt des koiks. Iierbslbl. 3,242;
sie sollen ihn nicht haben
den freien deutschen Rhein,
80 lang sich herzen laben
an seinem feuerwein. Nie. Beckkr.
FEUERWELLCHEN, n. undula ignea:
doch das raorgenroth
aus halbgeschloszner wolkenpforte droht
und spülte kleine feuerwellchen her. Ankette Drohte 4'*4.
IIUERWELT, f. mundus ignetts:
welch eine feuerweit. Brocses 0,110.
FEUERWERFEND, feuerslraldend : seine schwarzen feuer-
werfenden äugen. Schiller 129'.
FEUERWERK, n. 1) altmenlum ignis, brennmaterial : so man
sich erkunden mag, dasz er kürzlich vor dem (angelegten)
prand heiiger imd verdechtlicher weis mit ungewonlichen,
verdcchllichen geverlichen feuerwerken, damit mau heiiulich
zu lirennen pflegt, imihgangen ist, das gibt redlich anzeigung
der mislhal. C^rulina 4t ; item bekent der gefragt ein brand,
man soll inen . . . fragen, mit was feurwerk er den brand
gctiian, von wem, wie oder wo er solch feurwerk oder den
zeug darzu zu wegen bracht habe. .M ; er gehet Irisch dran
unter den bewmcn im walde, das er cedern abhawe und
neme buchen und eiclien, ja einen cedern, der gepllanzet
und der Tom regen erwachsen ist und der den leulen fewr-
wrrk gibt, davon man nimpt, das man sich dabei werme
und den man anzündet und brot dabei heckt. Et. 44, 15 ;
und die bilrger in stedlen Israel werden nraus gehen uu<l
fewr machen und veri»renuen die waffen, schild, larlschen,
bogen, pfcil. fau«) Klangen und lange Hpiesze und werden
»icbrn j ir I-"" <■."■. rwcrk damil li.illi'n /■'- 'y. '.i ; detin der
cinflieszende saft und feuchtigkeit wird dürr und wird gut
feurwerk. Luthkr 1,36". 3, 17"; wenn ein herr viel bollwerks
und zeune uuib sein schlosz innciite, lasz in bawen, es wird
gut fewrwerk draus. 3, 25o'; und ist doch eitel siro und gut
fewerwerk. 5, 51' ; so wolt (in der schlaclU bei Lepanto 1571)
der Türken fewerwerk uit angehn und was gleich angieng,
das richtet winzig aus, das ir faustwehr das meist must
thi'in. Jon. Nasus kriegs und sigspredig E2'. diese bedeutung
veraltet später.
2) ignes artißciosi:
wolt ihr mit auf das jäid hinaus,
oder ein weil zum ringlein rennen
oder sehen schöns feurwerk brennen? Atrkr 179*;
die Rache verschwindet mit einem feuerwerk. Gryphius 1,633 ;
wie wenn von ungefähr unter der zurüstung ein feuerwerk
in brand geräth. GotheI8,11S; ich wollte nicht dasz jemand
hier langeweile hätte, darf ich ihre äugen mit feuerwerken
ergötzen? Schillkr 14S'; das goldne feuerwerk des chrisi-
baums. J. P. Fibel 23; ja ich will setzen, ich brennte die
buntesten feuerwerke des witzes ab. Hesp. l, 99.
3) jocus:
do hemmer e fuerwerk (da gihtf einen spast).
Arnold pßngsimontag $. 86;
zell isch e fuerwerk gsln (das ivar ein spasz). s. 93.
FEUERWERKER, m. tormentarius :
schau, liebchen, hin! wie gehts dem fcuerwcrker?
GÖTHK 2, 17.
FEUERWERKEREL f. officina pyrolcchni.
FEUERWERKERKUNST, f. res tormentaria, pyrotechnia.
P. Stetten kunslg. von Augsburg 227.
FEUERWERKGEPRASSEL, n. feuerwerkgeprassel wider
einander tönender stellen (in der ouverture). J. P. Hesp. 2, 96.
FEUERWESEN, n. vis ignea: die lebenskrafl kann in einem
freien und gebundncn zustand existieren und hat darin viel
ähnlichkeit mit dem feucrwesen und der electrischen kraft.
Hufelands makrobiotilc 1, 30; wie ein ausgelöschter groszer
Stern dräut das grimme feuerwesen herunter. Tieck novellen-
kranz 3. 200.
FEUERWIRBEL, m. lurbo igneus: ha, so hätt ich dich an
meinem busen, so hätl ich dich in meinen armen ... so
schwind ich mit dir in feuerwirbeln! Klingers lli. 4. lül.
FEUERWOLF, m. jAölzlich und knallend hervorbrechendes
feucr, wie zuweilen aus deni backofen. der grosze häufe glaubt, ein
solcher wolf entstehe, wenn sich unter dem holz des ofcns ein
stück befinde, das vom blitze getroffen war. feuerwolf Aann aber
auch gemeint sein wie feuerdieb und lichtdieb, wofür 'wolf gesagt
wird (2,1087,7). s. feuer 0.
FEUERWOLKE, f nnbes ignea, feurwolken , flammironia
nubeSj quac vomil ignem in ascensionc domini. vocab. incip. teut.
ante lat. ;
dein schild eine feucrwolke im stürme. Göthe 10. 173,
nach Macphersons thy shield a red cloud in a slonu.
FEUERWORT, n. verbum ianeum:
(rfnc/i wenn von dort) der hinimel flammet,
seltsam geregelt, strahl am .sirahle strahlt,
in scbreckenszügen IViierworte mahlt. Gothe 4,57.
FEUERWUNDE, f. rulnus vehemens:
aufgerissen seine feuerwunde,
durch die secle liöllcuschnit-rz. Schiller 1'.
FEUERWL'RM, m. ricindela, Jitlinnniswurm, lichlwurt» :
bei jedem feuerwurni in felscnstflcken,
als ob die Icen
da tanze webten, riefst du voll entzücken
"wie schon, wie s<'liiin!'
Mattiiisson im rnuxenatm. 1793 s. 1S5. iii den
gnl. iMri .«. nn iliifui lichtwurm:
der Vollmond schwebt im osten.
am alten geisiertlnirm
nimmt bliuilich im hemosten
gestein der feiierwurm. ged. 12.'».
feuerwurm kann aber auch luomus rervus, drache und salanunder
ausdrurhcn. roc. 14SÄ bo' hat es für salaiiiandra.
FEUKRWURMCHEN, fi.
in dieser freundlichen »ommrrnncbt,
wo uuszer feiierwurnichen und heimchen
kein geichöpf mehr neben mir wncbt.
Lkni im riiHicniWm. l'tlH l.tti.
FEI ERWCRMLEIN, n. pns. haumg. 3, I*.
FEUERWURZ, f. W/./wru« nujer.
FFUFRZAN(;E, f forceps ujii:,n,i> fcuerUufl
1 609 FEUERZAUBER — FEURERZEN
FEUERZALBER, m. ignis aHifieiosvs, kunsifeuer:
allein nun wallet über den kaiserstrom (die Donau)
die finsternis zurücke, verloschen ist
der feuenauber. kein geprassel
wecket die berge, kein donnemaclihall.
Dk!«is i»n musenulm. iu9 ». ^40.
FEUERZAUBEREI, f. pyromanlia. Stieler 2592.
FEUTERZEICHEN, n. 1) meleoron igneum, irie Sternschnuppe,
nordlicht, comel.
2) ägnutn incendü campana dalutn.
3) Signum accenso igne daium:
indes, bewafn et und zum werk bereit
e rwartet ihr der berge feuerzeichen. Schiller 544".
4) radius pyrius, räkele: da ihm kein feuerzeichen, kein
donnerlaut ein glückliches gelingen Terkünden wollte. Götbe
17, 368.
FEUERZEIT. f. im hütlenicerk, die zeit vann der ofen Ikälig
ist. eine schmelzarbeit hat ihre geurisse feuerzeiten.
FEUERZEUG, m. und später n., ignis suscilabulum, stahl,
stein und zunder, ignile. roc. 14S2 h 6'. 6« Keisersberg füer-
gezüg: zum andern hat der bilger in seinem sack ein füer-
geziig, wol bereit und gedörret, do von er ein Hecht ent-
schlahe und von dem liecht ouch ein füer mach, bi dem
liecht zu gesehen, wenn es finster ist und bi dem füer sich
zu wermen, wenn er kalt und erfroren ist. jo es gerötet
ouch im nit aliwegen, sobald ein füer und liecht zu haben,
wenn etwan kan ers nit recht schlagen, oder ist der füer-
gezüg verderbt und nit gut. es geriet sant Augustin nit
aliwegen, der doch ein guten woigedörten füergezüg hat.
wenn etwan ein grober mensch über ein füergezüg kompt.
der nit darmit kan, der schlecht etwen weisz wie lang und
klOgt sich ee uf die hend, eb im ein liecht kan werden {und
schlägt, klopft sich eher auf die hdnde, eh ihm ein licht u-ird),
und ein andermole on grosz arbeit gar bald wirt im ein
liecht. bilger 13'; wenn einer zuvor kein feuerzeug gesehen,
so müst er sagen, das es das schönste Instrument auf erden
neben dem compas und schlagenden zeigen eines were.
Mathesius 112'; lauten, die sich selbs richten, und fewrzeug,
der selbs im busen ein fewr aufschlegt. dann sie wüsten
bessers als Claus narr, der sorgt, der fewrzeug, welchen einer
in busen schob, soll ihn verbrennen. Garg. 193'; Klotilde
hatte dieses ganze feuerzeug und diese schwefelminen des
temperaments gemein. J. P. Hesp. 3, 155.
FEUERZUG, m. ductus ardens:
und grabe
dem sinne des entsetzten hörenden,
mit feuerzügen, dieses Unglück ein. Götbk 9,305;
all verglüht ist dein gefühl,
jeder feuerzug getödtet. IlEiDEjeRKicH.
FEUERZUNDER, «i. fotnes {in icclchem auch foTere steckt):
weh wenn sich in dem schosz der Städte
der fenerzunder still gehäuft,
das volk zerreiszend seine kette
zur eigenhülfe schrecklich greift! Schiller "9*;
wenn in den aurgehäuften feuerzunder
des alten hasses auch noch dieser blitz,
der eifersucht feindselge flamme schlug. 50S*.
FEUERZUNGE, f. loquela inpammata:
mit ihrer feuerzunge schilderte *
sie jeden umstand der verruchten that. Götbk 9, 47.
FEUFEL des reimes wegen für feifei, feibel {sp. 1432):
iederman furcht ihn wie den teufel,
ich weh das ihn erstech der feufel. Atrer 329*;
behalt dir dein gelt, hab dir den feufel!
'hab dir die streich, fahr bin zum teufel!' 417*.
FEUNF, tceisth. 4,102.264. *. fünf.
FEURE, pinus silvestris, lUn und wieder für före, führe.
FEUREN. j. feuern.
FEURENFÖHRE, f. pinus sUvestris, pleonasmus.
F"EURENHOLZ, n. lignum pineum: von feurenholz ist sie
gemacht. ßoDES Tr. Sh. 4. 21.
KEÜRER, m. incensor, calefaäor, ustor, heizer, einheizer, alid.
fiuiari, mhd. riurare. vgl. anfeurer, befeurer, einfeurer.
FEURERIN, f. entzünderin, mhd. viunerinne:
du kom diu rehte niinne,
diu wire viurarinne. Tritt. 25, 10.
ahd. aber fiurara , focaria , küchin , vol auch noch in obcrd.
gegenden die feurere. vgl. befeurerin.
FEURERZEN, scinlUlare, funkeln, funken sprühen: so bin i
mit ihm in keller abi krakseil . . . wir habo von a jedn
FEURIG— FEURISCH
1610
fassel kost, und wie mir wieder herauf kommen sein, haben
uns daugen ordentli gfeurerzt. Hans Jergel 1, 7. s. feurzen.
FEURIG, ardens, igneus. goth. funisks. kein ahd. fiuric
angemerkt, sondern dafür fiurin (Gräff 3, 677). auch mha.
herscht viurtn vor, z. b.
mit manegem fiurinen slage. Er, 881 ;
da Ourin regen sich gemeret. o. Tit. 129,4;
obschon viuric begegnet:
da; fürige swert. Hartmaw vom glauben 887;
da koment ü; fiurige (rar. fiurine) man. Part. 496, 12-
ein füric miooe. Diut. 1,367;
nhd. wird feurin selten:
ich wil dir geben deinen Ion,
in der bell die feurin kTon. fastn. 505,34;
er rust ein fürin ofen zu. Kolrosz Daniel H4:
empireum. daj ist der feurein himel. Megesberg 54; wänten,
da; die stem feurein waem. 71, 13 ; atlmälich kommt nur feurig
in gebrauch
1) und der engel des herrn erschein im in einer fewrigen
flammen aus dem pusch. 2 Mos. 3, 2;. aus seinem munde
faren fackeln und fewrige funken schieszen heraus. Hiob
41,10; seine äugen wie eine fewrige fackel. Dan. 10,6; und
die thiere waren anzusehn, wie fewrige kolen. die da brennen.
Ez. 1,13; dürstet in, so trenke in. wenn du das thust, so
wirstu fewrige kolen auf sein heubt samlen {goth. hauija
funins rikis ana haubij) is). Rom. 12, 20 ; zu der zeit wil ich
die fürsten Juda machen zum fewrigen ofen im holz und
zur fackeln im stro. Zachar. 12, 6 ; an diesem feurigen morgen.
J. P. Hesp. 1, 165 ; die berge und die inseln standen grosz im
jungen feurigen tage. Tit. 4, 132.
2) und des nachts war sie {die wölke) fewrig. 2. Vos. 40, 3S;
und da sie mit einander giengen und er redet, sihe, da kam
ein fewriger wagen mit fewrigen rossen. 2it(5n. 2, U; da öfnet
der herr dem knaben seine äugen, das er sehe, und sihe da
war der berg vol fewTiger ros und wagen umb Elisa her. 6, 17;
und ich wil, spricht der herr, eine fewrige maur umbher sein.
' Zachar. 2.5; ergreifet den schilt des glaubens, mit welchem
ir ausleschen künd alle fewrige pfeile des bösewiichts {goth.
■ andnimandans skiidu galaubeinais , |)ammei magut> allüs
arhvaznüs |)is unseljins funiskös afhvapjan). Eph. 6, 16 ; und
also sähe ich . . . das sie hatten fewrige und gele und
schwefeliche panzer. offenb. 9,17; lebendig wurden diese
beide in den fewrigen pfui geworfen, der mit Schwefel brande.
19,20; so soll mich Beelzebub vier und zwanzigmal auf und
ab durch die ganze armee seiner dienstbaren geister feurige
spiszruthen laufen lassen. H. L. Wagxer Eichen HumbreclU 62.
3) da sandte der herr fewrige schlangen unter das volk,
die bissen das volk, das ein grosz volk in Israel starb. 4 Mos.
21, 6 ; denn aus der wurzel der schlangen wird eine basiliske
komen und Ire frucht wird ein fewriger fliegender drache
sein. Es. 15, 29. 'der nuisz feurig gehn' {nach seinem lode
als feuriger mann, irncisch umgehen) sagt man von einem der
schreiendes unrecht Ihut. bei Göthe 57,174 drückt 'giengst du
feurig!' diese verwünscltung aus.
4) und man sähe an inen die zungen zerteilet, als weren
sie fewrig. apostelg. 2, 3 ; feurige äugen ;
bei diesem wort zieht sie mit feurgem blicke
aus ihrem busen einen dolch hervor. Uberon 5, 10;
des löwen muth,
des hirsches Schnelligkeit,
des Italieners feurig blut,
des Nordens daurbarkeit. Göthk 12,90.
5) drauf den mächtigen hain, den der feurige Romulus freiort
nennete, zeigt er im gebn. (Romulus accr). ^«-h. S, -H-i:
den feurigen ȟnder umgaben
seine vertrauleren pharisäer. Me.^ias 7, 6.Vi;
jagt ein tnipp feuriger reiter die steig herab. Schiller 140';
der feurige Jüngling der sommer. J. P. uns. löge l, 41 ; feuriger
wein, ferridum rinum ; zu feurigen thalen anspornen; feurige
liebe, feuriges verlangen.
FEURIG, ardenler:
sine ougen vürec brauten, paw. Jf. 224, 45 ;
feurig lieben, feurig fühlen ;
feurig, mit ungestüm, sprach Abdiel, tiessias 13,510;
0 wie feurie führest du
die verihcicigung meiner triebe,
feurig, wie ich drum dich liebe. Mi:LLKiR die tchutä 28.
FEURISCH, igneus. jenem goth. funisks ähnlich gebildä:
sei schlaft dest basz und furcht ir nicht
vor leupen idicb$tali und vor feurtch gschichi (feuerfbrunit).
nn9 22*, 38;
16U
FEURZEN— FIBEL
PIBELBUCII — FICHTE
1612
also sollen unser äugen aufgctban werden in der kunst,
damit wir arzneiisch und fewrisch sehen dasjenige so der hawr
öffentlich sieht. Paracf.lsüs 1,31'; welches ist ein luflisch
und fewrisch gift. 1,353'; also ist uns mit der anzündung
des feuers im liechte des feuers, welches ist das liccht der
natur, vier eigenschnflen zu verstehen, als eine fcurischc,
eine luftische und eine ölische, darinnen das Hecht offen-
bar ist, und eine wUsserische. Jag. Buhne niysl. inagn. s. 80 ;
das weibel ist aus dem miinnel, als die liechts und wassers-
tinctur aus der feurischen, und gehören in der natur in
^ins. s. 86; so helte die feurische bewegung müssen auf-
hören, s. 194.
FEURZEN icie feurerzen, fetter sprüfien, prickeln in den
händen empfinden, bildlicli zanken. Schmeller 1, 553.
FEUSER, ffi. cdapa:
wo ich hinein geh int wirtsheuser,
so wird mir oft ans ehr ein feuser. H. Sachs FV. 3,62',
wie aber zu deuten ? zunächst stellt fausen, niil der ruthe hauen,
streichen bei Staldeb 1,358. Schmeiier 1,323 hat pfausen,
pfausten, blasen, pfauser ron einem sdiwcralhmcnden, pustenden,
wozu sich bausen und bansten turgcre 1, 1200. 1201 halten Idszt.
feuser kann sehr wol einen schlag, der den backen schwellen
macht, auf dem backen klalsclU, ausdrücken.
FEIJSTEN für feisten sclion sp. 1466 aus Garg. 87' angezogen,
es kann aber auch geschrieben sein für fiiuslen sp. 1382, wie
sich mhd. viston und viustcn nahe liegen.
FELWER, FEWER, s. feuer.
FEüZEN, was feizen sp. 1474.
FEX, s. fachs sp. 1225. feix 1473:
mit hexcnfexen, mit gespen.sigespinsten.
kielkröptigen ztvergcn steh ich gleich zu diensten.
GöTUE 41,72.
FEXEL, m. vialleolus, spineszling, wie man einen baum-
garlen mit den samen und fe.xelen kan erbawen. Hemsch
1089, 45, der auch in gleicher bedetUung die form fexer ==< fechser
anführt {oben sp. 1225).
FEXEN, s. fechsen.
FI, nhd. pfui, mhd. pfi (sp. 1212), aber auch fi :
fiä fiä fie,
fi ir vertanen I Parz. 284,15;
da schrei man iemer fiä fi! Geo. 154;
nd. fi, nnl. (ij, engl, fie, fr. fi {weder ü. noch sp.), lat. phu
und pby, man hat auch PI. Casina III. G, 7 fi fi foetet ange-
setzt, wo doch jetzt ei ei foetet vorgezogen wird, dem mhd. pfi,
fl (ßeicht die form pfei, fei:
fei teifcl, spricht der morian,
wan sein weih zaniict. Weckherli!« 806;
Stieler 481 stellt fi auf: fi tcufel ! fi fi, wie slinkels ! die
kürzung des fei in fi mag durch das fr. fi, welches doch selbst
aus unserm pfi oder nl. fij stammt, herbeigeführt sein, man Mit
fi für feiner und vornehmer als pfui oder pfei :
fl! herr gemahl, es ist nicht zum ertragen,
ist das auch eine Icbunsart
für einen gott, durch den die ricsen fielen?
»0 alt, so einen groszcn hart,
und noch mit kleinen buhen spielen!
\ViELA!iD Juno und Ganymcd 396;
fil das wäre ein wahres scandal! Gotter 3, 401 ; fi! es ekelt
mir vor diesen fetten hoffiirtigen burschen. L. Ph. Hahn aufr.
zu Pisa 24; du ein Senator? und so wenig herz? fi, fi! 89;
meine beste Erncstinc, du bist doch wieder heiter? fi, weiche
IrQbe miene! Voss hr. 1,293;
was war das, fr.iulpin nichte? fi! ihr werft euch
ihm an den kopr. ihr sollict euch doch, dacht Ich,
mit eurer person ein wenig thcurcr machen. Schiller 349'.
die nnl. hdufung des verwundernden und verachtenden au.'^rufes
ij en fij! entspricht dem nhd. Iiiii imd pfui!, wie auch hui dem
hei begegnet und bairisch ui für ei (Schm. I, s). nd. dal is
niK i iin nig fi, verdient weder hewunderung noch Verachtung
(br. tr6. 1, 384). doch hol die nl. mundart neben lij das stärkere
f'iei, die engl, neben fie das tUrkcre faugh! vgl. pfuidichan,
nd. fidikan, fudikan.
FIBEL, f. abecebuch, libcr lUeraruin elementariarum, es ist
noch ungefunden , wann und wo diese cntstellung des Wortes hihcl
für den angegebnen besonderen stnn aufkam, sie hat allmälich
itberall finqnng erlangt, aus bibel machte die bairisrhe mundart
wihel {wie au» habe wawc, aus bar! wart und umgekehrt aus
warf barf, aus weih briw); wenn H. Sac»« in feinem gedicfU
ffm hausrat KhrtiU
die bibel und ander bücher mehr. 1,410%
ändern spätere ausgaben in 'wibel' (Göz 1, 32), wibel konnte
leicht in Abel fibergehn. ähnlich is/ fibern, fippern (Schm. 1,507)
für bebern (1, 1210), bibern (1, 1807), umgedreht hiach für llach
(2, 58), ball für falz {vgl. 2. 599). fibcl stelU zuerst in den voca-
bularien des Ihjh., namentlich dem von 1419 (Schm. 1,507), von
1477 (tco phybel. MoneG, 216. Diefenbach 2', vgl. 25'), in einem
Kölner glossar (Mone4, 251) und im voc. ex quo (Moxe8,256).
Luther musz das wort gekannt und gebraucht haben {s. hernach
fibelist). Alberus /la/; liber elementarius, ein fihcl, sie vocant
Saxones ein kleine bibel, der kleine catcchismus; da er ver-
schiedentlich in Niedeideutschland lebte, mochte ilim das in seiner
heimat unvernommene wort auf/allen ; auch Chytraeus (1597)
verzeichnet es, wogegen man ihm in oberdeutachcn wb. nicht be-
gegnet, selbst bei Hemsch nicht. Stieikr 257 und Frisch 1,204'
tragen es ein. der knabe lernt noch in der fibel, ist noch
abcschüler;
ich kenn ihn seit der fibcl
und niemals nahm ers übel,
wenn ich ihn angelacht. Voss 4,233;
buchstabiert in liebcsfibcln,
tändelnd griibelt nur am liebeln,
müszig liebelt fort im grübeln,
doch dazu ist keine zeit. Göthk 41,220.
Dänen und Schweden haben fibel ton tms entliehen, Liltauer
ihr pibelis, das ihnen von biblija abstellt, wie unser fibel ton
bibel.
FIBELBUCH, n.
ft-öhlich tanzen sie nun, wenn sie die kleinen lehrt,
auf den blättern des fibelbuchs. Overbeck ged. 91.
FIBELHAHN, »j. in der büderßbel. i. P. Fibel 9. 91.
FIBELIST, m. abcschüler: wollen sie {die heiligen väter) uns
aber nicht gnädig und barmherzig sein, so müssen wir sie
lassen engel sein und im paradies unter eitel bluinen tanzen,
als die den glauben lengest an den schuhen zurissen und
in irer himelischen hciligkeit keine anfechtung weder vom
teufel, fleisch noch weit haben, wir aber uns im schlämm
und koth arbeiten und sudeln, als die im glauben fast arme
fibelisten und anfahende schüIer nicht können solche hübe
doctores und meister im glauben sein. Luther t-on den con-
ciliis und kirchen. ]yUlemb. 1539 {Innischer 2, 228). fiblista
statt biblista.
FIBER, f. fibra, unser faser (sp. 1339):
trübe stunden gehn vorüber
schnell, wie eine Irüblingsnacnt,
und des lebens stumpfe fiber
wird durch sie nur scharf gemacht. Bi'hmab!» ged. 45;
bald, um des berzens fibcrn alle
zur freud heranzuziehen, rauscht
Christinens finger durch die saiten
der harfe. GöKncK 1,75;
mein buscn bebte mir in jeder Aber,
als nun um mich dein blick in thronen schmolz.
A. W. Schlegel im musenutm. 1796 s. 112;
ob der hölle macht ist grosz
und an einer über bebung
hangt die wonne wie der graus. Möllsir die schuld 131 ;
herz, das ohne die fiber der leidcnschafl schlug. J. P. Tit.
4, 143.
FIBERN für bfljern, bebern. s. rorAin wnier Abel. aiifA
fippern.
FIBERNGARN, n. fibrnrum lextura: fiberngarn der slirn
und backe. J. P. 77/. 3, 82.
FIBKItNGEWKBE, n. Herders werlic 3,99.
FICllKLN, pali'Ure, hätscheln, schmeicheln, streicheln, dem cli
zum trotz eine nd. form. Sciiambach 269*. vgl. fickeln, flcbleln.
FKTILER, wi. ;»a//)0, palpalor, leisetreter.
FICHTE, /. pinus abies, pinus picea, trieder nn aussrhlieszend
hd. wort, denn nichts ähnlidics findet steh nd. nl. agf. fries. nord. ;
leider entgeht die goth. form. ahd. f\»\\\i, feohlA, fieht.A, schlechte
sdireUiung verrückt das ht in Ih, fiulha, fiellia ; den ausdruck
sichern zumal alte Ortsnamen, wie sie Förstema?«!« 2, 501. 505
anführt, dessen ableitung ron (Inhti, humidus zu verwerfen ist,
was schon die analogie der auch mit lannA getiildeten namen
lehrt: dem Fiolilpah, Fiohlchiricbi xi4r seile sielten Tanpah,
Tanchirichi. mhd. viehic:
tU dnK hüs in einen patas
vuorti^ di-r nirt sini-n gntt,
ili'i drliclnps rAir» Kebrail,
zo rIncMi \lnrr liobirn,
dnj imp von dürrrn vicnien
•r üf wu cnbrtiit. krönt ^Wi
1613
FICHTE
FICHTE — FICHTENBERG
1614
CTÜene Tiehten und erüene tannen
in dürren weiden sul wir den mannen
und ouch den reinen frouwen geliehen,
die wir sehen tugenilichen
grüenen bi den, die zübte und ^ren
nibt ahtent und aleine sich keren
an dirre dürren werlte unstaete,
diu selten grüenet in lügende waete. Renner 15090;
ein erle schöne bi wajjer st^t {sp. !>94),
in garten schöne ein viehte üf get,
eichin loup ziert grüenen walt,
üf bergen ein tanne ist nol gestalt. 17335;
gwenne ein fuhs bi; in den tot
siech vrirt, so büejet im die not
viebten zäher, den er slindet
und sin not gar überwindet. 19344;
vulpis haijt ain fuhs. der hat die art, weane e; im umb
daj leben gh von siechtum, sam Ämbrosius spricht, so
suocht er ain viehten und ijt des harzes, daj ab dem stam-
men vleujt, und macht sich also gesunt. Megenceeg 163, 17.
fiechte schreibt Dasvpodics 1>»3'. 327', füchten Fbisils 6*,
1006", MiiLER 145', ficht, feuchte, füchten Hexisch 1092,37,
fichte Stieler 481 und su die späteren, vnter den idioliken
feichte Höfer 1, 204. 3, 255, feichten, fiechten Schneller
1, 509. feichte : fluchte könnte sich rerhalten, wie oft ei : iu.
bei Stalder, Tobler, Schmid mangelt das tcort, musz also heute
in der Schweiz und in Schwaben unbekannt sein, wie es auch
schon mhd. bei den dichtem dieser gegenden nicht begegnet, im nhd.
fichte ist, wie in licht und a. m. der difJäh. ie schädlich verwischt.
hervorragend sind die Urverwandtschaften, gr. bieten sich zwei
ausdrücke dar, Ttei^xr, und nirts, die man leiclit einigt: dem
jungem niri'i scheint x vor r ausgefallen, ohne dasz dem älteren
Tiei'XT] r nach dem x geschwunden zu sein braucht, nixrts
und Tisi'XTj oder gar TieiicTTj fallen aber nahe und ganz zu
fiohtä, zu einem goth. fiuhtö, trie sich vermuten liesze. eine
insel unfern den Donaumündungen hiesz ÜEt-xr;, doch wol, weil
sie mit fichten bewachsen war, und nach ihr ein mit den Bastamen
sich berührender rolkslamm IIevxivoC, Peucini, das wäre goth.
Fiuhleinai, trenn man lieber will Fiuheinai. litauisch führt die
fichte den namen puszis, f., der sich genau mit einem goth.
fiuhi, fiuhö ausgliche; wem es hier golhische Wörter zu rathen
verwegen scheint, setze dafür althochdeutsche, die schon sicherer
sein mögen, die Verbindung der Penkinen mit Gelen und Gothen
lenkt aber das äuge eben dahin, da so viel Ortsnamen aus fichte
gebildet sind, kann sich unter verwandten stammen auch die be-
nennung Fichtelwälder, Fichlelberger wiederholt haben.
dem lat. pinus gebricht der kehltaut, ihm wird also ein picnus,
picinus vorangegangen sein, wie dem lumen ein lucmen, dem
iuna lucina, dem deni deceni, dem Dani Dacini (GDS. 192),
picinus führt aber auf pix und auf den grund des namens.
pinus ist die harz ausschwitzende picea und pix ist niaaa,
nirra, wofür man deutsches fih, feh erwartet und ein unver-
schobnes, später entlehntes pech findet, it. steht dem bäum picea
das harz pece, fr. dem pesse die poi\ zur seile, engl, entsprang
erst späterhin aus pilch der name pitchlree, pechbaum für fichte.
bedeutsamer scheint das russ. pichta, wurde es aus unserm fichte
erborg? die übrigen sl. sprachen haben es nicht.
allerdings kliniß nun feucht, humidus an fichte an, obschon
ahd. fuht, fiuhti immer noch geschieden ist von fiohtä und auch
bei Frisils und .Maaler feucht von füchtea. da aber auch in
feucht berührung mit feuer gespürt wurde (sp. löSl), «Jag selbst
ein bezug zwischen lichte und fohre, führe, das roHiin in der
gestalt von feiire auftrat (sp. 1609), sich geltend machen und einen
tieferen blick in die wurzel beider Wörter gestatten, man sehe fohre.
fichte, fohre und tanne werden auch in der anschau oft ver-
wechselt. Mecenberg sagt 314, 9 : du scholt auch wij^en, daj
die maistcr in der natur vörhein holz und viechtein holz allej
tannen haijent mit dem geniainen namen abies, aber sie
sprechent, da; diu recht tann under ica drein die aller-
edelst sei, wan diu hat da; allerweijist und da; allerlüfligst
holz, da; viechtein holz ist ain tail roeter und der viechlen
pleter sint nicht so smal sam diu tannenpleter, aber vörhein;
holz ist voller kiens und da macht man Hecht au;, die drei
pauiu hai;ent ze latein nach enander abies alba, abies citrina,
abies resinosa. «nii 339, 2 ron (fer>iechten: den paum hai;ent
eticich piceam, dar umb da; harz dar au; switzet . . . iedoch
sprich ich, da; picea ain vorch hai; und pinus ain viecht
und abies ain tann. — unter diesen drei bäumen wächst die
fichte am höchsten, hat schmale, steife, stechende, vierseitige nadeln,
ihre zapfen hängen nieder, die nadeln der tanne sind zweiseitig
und liatt, ihre zapfen aufwärts stehend, die föhre (kiefer, kien-
baum) erreicht nicht die höhe und geradheU der fichte und tanne,
ihre nadeln sind länger und sprieszen kreisförmig an den zweigen,
die tanne heiszt weisztanne, weil ihr holz weisz, die fichte ruth-
tanne, weil ihr holz rüthlich ist. jungen fichten, die nicht dtdd
äeitn, schadet der sicli dicii anhängende duft, vgl. duft 6 und
duftbruch.
hoch wehn die schwanken fichten
und stöhnen seufzerlaut. Saus 79;
sie {Cybele) spricht: gebt mir den bäum, der ohne breite
blätter
dem alten winter trotzt, die immer grüne höhte.
Gleim fabeln 2 [Berlin 1757) $. 34.
ein altes, seinem Ursprung nach dunkles Sprichwort lautet
'einen um, an, hinter die fichte führen' für belriegen, fallere,
Vorstellungen, die schon in dem bloszen anführen, hintergehen,
circumducere, circumvenirc gelegen sind, was die fichte beson-
ders dabei zu schaffen hat, müste uns erst eine volkssage erklären,
denken dürfte man an die myth. 1153 angeführte fabel, wo aber
ein Spindelbaum, keine fichte genannt ist. der mythos ton Atys
und Kybele kann nicht in betracht kommen, hier sind zeuger..
denn der böse teufel kan auch gute wprt und mit schönen
scheinen seine böse sachen fürgeben, wie er Eva das hälm-
lein durch ihren mund zog und sie mit scheinlichen und
gelehrten worten umb die fichte führete. Mathesics historien
von Luther. 1592 (vorher 1570. 1576. 15S0. 15S3) s. 141*; «ie der
Dalila lippen, die süszer waren denn hönigsam, den thewren
held Simson umb die fichte füret. Mathesics vom ehestand
und hauswesm. Nürnberg 1563 G'; so wolle nun auch der
könig den orden der Unkosten halben um die fichten führen.
Schütz beschr. von Pr. s. 55 ; umb die fichten geführt, über den
tölpel geworfen werden. He.msch 1092, 49 ; denn ja dises ein
artiger weiberlist gewesen, dasz dieses weib ihrem mann
verdeckter weise anzeigt, dasz das kind nicht sein sei, und
ihn doch umb die fichten führet, dasz er den bossen nicht
merket. Sasdrcb s. 30 (wo doch die fabel nichts von der fichte hat) ;
wir wollen bald ihn um die fichten führen,
wie keck und klug er sei- Filidor Wittekinden CT;
weils doch ein narr ist in der haut
und er so gerne hett ein braut,
so schadete es ihm gar nicht,
das man ihn führte umb die ficht, herz. Hkiki. Jn. 71S;
damit wird er nu wol vexirt
und weidlich umb die ficht geführt. 732;
die hofnung führt ihn dort im elend um die fichte.
GL'>'TBKR 570.
Stieler 4SI, Frisch 1, 265' geben die redensart noch beide, sie
lebt auch unverstanden unter dem volk fort, man hört auch : in
die fichten gehen, verloren gefm, wegkommen.
FICHTELBERG, m. mons pinifer, ein gipfel des erzgebirges,
gebildet wie Heidelberg, kindelbett u. s. tr. die ältere gestalt
des namens ist in keinen urk. außehaüen. Scbx. 1, 509.
FICHTELGEBIRG, n. in Franken.
FICHTELN, palpitare, von fechten abgeleitet: dann sagst du
zu viel zu und die natur mags nicht vollbringen, so zahlest
und fichtlest dahin, dahin du nicht kommen magst. Paba-
celscs chir. sehr. s. 1. vgl. fuchteln, aber auch ficheln.
FICHTEN, ptneus, ahd. fiuhtin, mhd. viehtin, lit. puszinnis :
viechtein holz. Megexberg 314,10; iedoch smeckt der wein
pa; au; viechteim inaser. 317, 4 ; nlid. zum pichen brauchen
wir fichten, kiefern oder kinforen oder tennen harz zu pech
gesotten. Mathesics 52'; fichtene rinden. Zechexdorfer gebr.
der ros 2, 19 ; sechs packentröge von fichtenem holze. Gry-
PBics 1,835; fichtenes laub. Lohexsteix Arm. 2,749; auch
werden hier die dauben zu fichtenen fässern gejchuillen.
Göthe 16, 232 ;
erst den fichtenen mast in die mittlere böhlung des bodens
stellten sie hoch aufrichtend und banden ihn unten mit seilen.
Od. 15,2SS.
FICHTENAPFEL, m. strobilus, fichtenzapfe.
FICHTE.NAST, m. ramus pini:
doch als er etwas zu sich selbst gekommen,
fällt er mit einem flcbtenast ihn an. Gkies Bojardo 1, 1, 48.
FICHTENBAUM, m.
drängt euch um mich her, ihr fichtenbäume,
hüllt mich ein, wie eine tiefe grufti Tiedge elegiecn 1,73;
ein flchtenbaum steht einsam
im norden auf kahler höh. ühim, ged. 137.
FICHTENBERG, m. mons pinifer: auf dem rücken von
schwarzen fichtenbergen. Gütbe ...;
als plötzlich überm flcbtenberg
der mond vollwaugig strahlte. Eosegaitii« br. od. 2, 169.
1 615 FICHTENBEKRÄNZT— FICHTENSCHWÄRMER
FICHTE.NBEKP.ÄNZT, pmfer :
fichtenbekräim hat ihn, der in einsamer grölte gesireclit lag,
Manalus, ihn auch beweint das geklipp des kalten Lycäus.
Virgils idyltcit lU, 14.
FICHTENBEWACHSEN, nevxr;eis,
Lynkeus jetzo bemerkt ein flchlenbewachsenes eiland
mit fernschaueiidcm blick. Orpheus Aiij. IISS.
FirilTENBOHREH, m. dermesics jiiniperda.
FICHTENEULE, f. j^halaenapini. licliU-nspinner,lannensptnner.
FICHTENFINK, m. fringüla piiidurum.
FICHTENGEHÖLZ, n. pinelum, alid. fiohtahi.
FICHTENGIPFEL, m. cacumen jnni:
dort lephTrs leichten hauch, der mit den blättern spielt,
in üchtengipfeln rauscht und ihren schatten kühlt.
Di'scu verm. tcerke 309.
FICHTENGLUCKE, f. was flchteneule.
FiCHTENGRÜN, n. viretum pinorum:
0 kühle State schattendüfte
im lichtengrün,
wo frische rege sommerlüfte
den hain durchziehn!
Fried. Brun im mus. atm. 1796 s. 182.
FICHTENHACKER, «». loxia enuclealor, kirschfinL
FICHTENHAIN, m. pinHum.
FICHTENHARZ, n. resina pinea.
FICHTENHALPT, n. cacumen, captU pint:
immer geschüttelt Tom stürm und von hagelgestöbei zersrciRcIt
ist sein (da Alias) lichtenhaupt mit schwnrzeg woikiMi um-
schleiert. Uühger 24b*.
FICHTENHAUS, n. domus jnnea, setzen die dicIUer des 17 jh.
für schif:
das schwache Oecbtenhaus, verworfen von den winden,
ein pall des uneelücks,
erwartet des gesrhicks,
bei Steuer, segel, mast ist schlechter trost zu fimien.
IIÄrsoörfkrs sonn/»f;.'ian(/ac/ifen. Nünib. lt>49. l.üli;
Neptun ist sinnenlos. er wirfet in die luft
das schwache (ichtenhaus, bald wieder in die gruft,
wo Kadamantus wohnt. Racuelii tat. ged. Fraiikf. 1664 i. 7;
Tiphys, du wärst nicht bekant,
wenn das meer nicht hätte wellen,
die das Uchtenhaus umschwellen.
Kjiittels poet. sinnenfr. 1677. s. 29.
FICHTENHÖHE, f. fichtenbewachsne:
entlegnes tbal, von ficbtenhöbn begrenzt. Saus 146.
FICHTENHOLZ, n. lignum pineum.
FICHTENHOLZTUTE, f. conus ßgulinus.
FICHTENKAFER, m. dermesles, ßchtenbvhrer.
FICHTENKRANZ, m. corvna pinea:
nicht des felsen stirn im fichtenkranze,
die sich rauschend in die wölken hebt. Rörger 98*.
FICHTENKREBS, m. dermestes lypoyraphus, ßcktenbohrer.
FICHTENLAÜB, n. frons pinea:
das firhtenlaub, der eppichstrauch
umschatten seinen köpf und bauch. Hagedorn 3, 129.
FICHTENLÄIIFER, m. certhia, baumläufer.
FICHTENLAFS, f. a}>his pini.
FICHTENMARDER, ««. mufU-la murlrs.
FICHTENMOTTE. f. phnlaena pini, ficldenenle.
FICHTEN NADEL, f. foliuni jiini subitlaliun.
FICHTENNADELRAD, n.
FKTITENNUSZ, f. nux pini, ficlitenapfel.
FI(;HTEN()L, n. oleum resinae pini.
FICHTENPFLANZI'NG. f. planlalio pinorum, mit angesäten
oder iiesilzlen ficliten bewachsne bodenfläche.
FICHTENRAUPE, f. eruca pini.
FICHTEN RINDE, f. mHcx pineus.
I ICHTENRISSELKÄFER, «i. curculio pini.
rUHTKNSANGER, m. certhia pini.
FICHTENSAI GER, m. was flchtciispargcl.
FICHTENSCHLAG, m. regio jiinorum caedendarum:
lieber lind, aU seine (dm kiinfiiinrhi) marmorbiiHlen,
grabmal, grott und ntaheiit<<eli dach,
mir die lannenhiihi-r, die hier nisten
und die reh im stillen lichlenschlag. Schmiut von Wkrn, 226.
HCHTENSCHÜNUNG, f. eingeliegte fichtenpßanzung :
durch fold und wald heult kalter wind,
und in der llchtenKrhonung hind
vcrklanirat diu jungen huven. t. 72.
FICIITENSCHWÄRMER, m. i/Vimx pini.
FICHTENSPAN— FICKE
1616
FICHTENSPAN, m. segmen pineum:
und ^ihst für lorper hin geiszkot,
und fichtenspeu (\ir zimetnrinden. fasln. 478,5.
FICHTENSPANNER, m. phalaena piceana.
FICHTENSPARGEL, f. monolropa hypopilys , eine kleint
schtnarotzerppanzr auf ftchlen. .
FICHTENSPINNER, wi. phalaena pint. '
FICHTENSTAMM, m. slijies pini:
nehmet holz vom fichtenstamme,
doch recht trocken laszt es sein,
dasz die eingeprcszte Ramme
schlage zu dem schwaich hin. Schillu 77S
FICHTENSTARR, rigens pinubus:
in der gewölke schwarzem kissen ruht
sein lichtenstarres baupt. Scbillkr 40'.
FICHTENTANNE, f. pinus Mes, sclion Lonicer scheidH ficht-
dana von dem ilecbtenbaum ; spitzige fichttannen. weish,
luslg. 68.
FICHTENTHAL, n. vallis pinubus consita. Göthe 16, 231.
FICHTENWALD, m. pinelum, fiechlenwald. Dasypod. 327';
versteckten sich in ein fiechlenwald. Aimon m3*; versteckten
sich, auf das gnawest sie vermochten, in einen fiechtenwald
r3'; abwechselnde berge, alte fichtenwälder Göthe 16,243-
und von ihrer äxte schlagen
krachend stürzt der lichtenwald. Schilur 56';
es schallten muntre lieder
hell durch den lichtenwald. Chahisso 169.
FICHTENWÄLDCHEN, n.
FICHTENWANDLER, »i. fichlenmmie, deren raupen ganu
ficlilenu'dlder überziehen.
FICHTENWANZE, f. cimex pim.
FICHTENWICKLER, plialaena piceana.
FICHTENWURM, m. pinorum eruca. Lonicerds 34S'; flchten-
runpen oder wiirmlein liraucht man auch wie goltkefer, dörret
sie ... und seind die fichtenwürin den nachtigallen ein an-
geneme speis. 149".
FICHTENZAPFE, m. slrobilus pini, wie tannenzapfe.
FICHTZIRNE, FICHTZIRNENBAUM, pinus cembra. aller
weish. luslg. 615. 617. s. zirbeL
FICK, m. tritus, friclus, idus, das reiben, hin und her rutschen,
filzen mit der riithc:
'du böses stück,
flck tick flck fick!'
'ach das thut weh'. MusÄu« kinderkt. 16,
wenn man niclU in diesem fick einen imperativ sehen will, obseoene,
fulutio. fick, die fäulung am hufe des rindviehes, reibung? oder
ein andres wort?
FICKCHEN, n. loculus, beuleichen, säckchen:
da hab ich noch ein stückgen
lim fickgen. Joh. Fr. Rotiixann tust, poele 1711 t. 193.
FICKE, /. was fick. .Stieler 1962 hat ficke, klappe, eaesio,
wo ohrfeige {sp. 1412) anklingt.
FICKE, f. crumena, loculus, lasche, sdcklein, mlal. ficacium
(Ducange 3, 278'). noch niciU bei Henisch, zuerst bei Schotteliüs
1350 fikke und Stiei.er 4S2 ticke, sät der zweiten halfle des
17 }h. bei den scbriflstellein {kaum oberdeutschen) häufig genug
nicht nnl., aber nd. (Schamrach 269'), scltw. ficka, ddn. fikke
begegnete es früher, so liesze es sich zu ags. pocca, poba, engl
poucb, pocket, fr. poche, isl. poki {vgl. posi, schw. pase, dan
posc) hallen, die simllicii pera ausdrücken, aus licken reiben,
insofern man durch häufiges eingreifen, einschieben die lösche
riebe, ist es kaum entsprungen; eher darf an fach, Schubfach
{sp. 1221, 9) gedacht weiden, s. hernach lickfack.
einen in die ficke {den sack) stecken kiinncn (ihm überlegen
sein). Sah. Müller üiron. von Sangahausen s. 200; den kindern
dienet nicht, wann sie noch jung sind, dasz sie die firketi
oder scbiebsäckc immer voll geld haben. Scrivkh seclenscK
1, 327 ; bald zöge er einen puffer aus der licke. Weise trin. 204 ,
zog Stolbio eine neue comödien aus der licken dicselbige
abzusrhreiben. jmjL stockf. 91 ; seines briefc» in der fickeu
vcrgasz er gänzlich. 118; nähme der schalzkriimerin vor dem
8chlos»c all ihr geld aus der ficke. Jucundiss. S9; er 8elb>i
zöge eine halbe knackwnrst aus der ficke hervor. 12S; zöge
unter wahrender nrbeil ein dn'lglgeiglein hervor au» der firke.
158; er stecket da» geld in seine ficke, ;>rrHfM(im ingen:
suis. Stieler 482; einem die ficke lausen, emuni/ere
argento ; wenn der Schneider sein bügeleisen nicht iii mr
flcke hat. Felscnb. 2, 432 ; weswegen denn meine «cbwesler
1617
FICKE — FICKEN
FICKEN— FICKFACK
1618
einen holländischen gülden aus der ficke zohe. 3,7; unter
der zeit aber hätte sie eine bleifedcr aus der ficke gezogen
und einige zeilen auf ein biättchen papier geschrieben, irrg.
d. l. 13 ; mittlerweile zog Thalberg zwei venetianische dukaten
aus seiner ficke und druckte sie dem allen in die band.
143 ; so schüttete ich den toback in meine beiden westenflcken.
Lcipz. arant. 1. 42;
er grir wol zehnmal in die fleken
und guclite nach der taschenuhr. Gömtber 166;
und wenn ich ohugefchr ein maul voll götter fieng,
so rast ich voller hist, und zog bei solchem glücke
auf zwei quart Milius zwöir groschen aus der ficke. 376;
lerreiszt die misgunst ihr id. i. fielt) hierüber gleich die ficke,
so bleibet dennoch nicht mit seiner pflicht lurücke. 415;
die ficken musten voller band, das maul voll zimmt und
Zucker stecken. 430;
gleich hatt ich ä^rel in den ficken,
husch ! zog ich einen apfel vor,
puf hatt er einen an das ohr
und wieder einen aul dem rücken. Weiszb kom. op. 3,6;
so lag das heil da grosz und breit,
und er steckts in die ficken. Clauoics 7,64;
Ich hatte zwar noch ein endchen taback in der ficke. Wieland
15, 129; mein dukaten rcisegcld war schon dünn wie ein
laub worden, sonst hatt ich keinen heller in der ficke. der
a. m. im Tockenb. 156; ich hab meines Suschens ficke durch-
sucht. Le>z 1,156; ob die band, die ich fühle, mir etwas
in den hut werfen oder aus der ficke ziehen will. LicBTErr-
BEBG 3,108; nu, ihr leute, meine bulle (flasche) ist leer, und
meine ficke auch. Gotter der Jahrmarkt 6;
trill Weihnacht wieder einmal in das land,
danu strotzt von geld mir die ficke.
Yuss mus. alm. 179S s. 199;
du aber brennst
ihm überm köpf das haus zusammen, während er
das schreiben trägt in seiner ficke heiligthum. Plate^i 301^
das wort kiingt uns heute gemein und kann nur in nachlässigem,
konmchen^ slil gellen. Gütde und Schiller haben es nie getelzt.
FICREISEN , n. cauterium, brenneisen. Blaxcardi lexicon
medicum 137.
FICREL, n. porcellus. Stieler 4S2. Frisch 1, 265*, brem. ab.
1,3S6, mit ausgestosznem r für ferkel, bair. fackel, 5p. 1227. 1531.
FICKEL, membrum virile. Frisch 1, 265*.
FICRELER, m. ein altes spiel, dessen nähere beschrcibung ent-
geht: vickeier, sirumpis, est ludus cum quo pueiie solent
ludere subtractis pedibus. toc. 1452 kk5*, uelche stelle schon
tun Frisch 1, 265* und neuerdings ron Diefenbach 538* ange-
führt wurde. Frisch setzt si rumpis, es scheint eher ein ent-
stelltes gr. oder hebr. icort. Altswebt nennt unter den spielen
'zwei spilten über füejelin'
'zwei spilten bein über beia'
und Fischart Garg. 174* den jungfrauwurf diu'ch die bein.
s. hernach Reisersbergs ficken an den füszen.
FICRELFACREL, subito, im handttmdrehen, scheint nur ver-
kleinertes fickfack : du solltest dich schämen, dasz du sogleich
fickelfackel mit ihrem bösen leumund fertig bist. Lenz 1, 110.
FICRELN, rJr^ts leriter perculeic. Stieleb 4SI , gemildertes
ficken. es steht aber auch für fiedeln, geigen (Schm. 1, 510),
überhaupt für hin und her fahren, mit einem stumpfen messer
fickeln, der degen fickelt das futtertuch entzwei. Reinwald
1, 32, so dasz es sich mit fackeln (sp. 122S) und fuckeln berührt,
Stalder 1, 368 figgelen vom hahn, der die henne tritt.
FICRELSCHER, m. beutelschneider, schon Renner 1736, vo
yikelscherre, ron scherren rädere, tcas sich leicht in vickelscher,
ron schem tondere ändert, nach dem heutigen namen Fickenscber.
FICKEN, fricare, ein tiort, dessen ahd. und mhd. keine spur
erscheint, sie taucht aber in der mundart eines Stücks von Karl-
meinet auf:
we bei mit sime helme
geink ficken in dem melme. 79,44;
den schilt hei vur sich druckede,
mit sporen hei do vickede
dat rabij {mhd. ravit). 119,51,
vo Bartsch s. 342 dem reim gemäsi ruckede lesen u-ill, bei
ficken in dem melme liesze sich freilich an fr. ficher, mhd.
fischieren denken, so dasz in beiden belegen noch unsicherlieit
obvallH. deutlicher sind nhd. stellen: zum vierden wirstu sehen
rechte und billiche baltung seiner gelider, so er steet, das
er nil fick {scharre, kratze) an den füszen, so er sitzt, das
er nit auf den eilenbogen lige, und so er ligt, das er seine
gelider ürdonlich haltet, so er redt, das er nit mit den
füszen tritt oder mit der band umb sich Schlacht. Keisebs-
lU.
BERG schif der pen. 30*; in den nOwen schuen gel man gar
übel, sie zerficken einem die füsz. bilger 90*; welcher wil
über feld gon, der sol lügen, das er die schu vor acht tagen
oder lenger hab getragen, denn ist gut darin gon, sonst
ficken sie im blotern {reiben blättern, blasen). 93*; indem sie
sich bewegen, mit den hufen der füesze daran reiben und
ficken. Uffenbach 1, 169 ; dies pulfer heilt die geschwär, item
wo einen die schuch geficket. Forer 52"; schaden aus ficken
und reiben empfangen. Wirscng 298. aus den glossaren ergibt
sich: ficken fricare, wider aufficken refricare, hinein ficken
infricare, wol ficken perfricare, zumal ficken, confricare. Dasy-
poDics 327'; fricare, kratzen, riben, jucken, ficken. Frisics
585*; perfricare vast ficken. 979*; ficken, vast ficken, fricare,
defricare. Maaler 135* und danach Hemscu 1093 ; figgen, fieggen,
reiben, hin und Iter rutschen. Stalder 1, 36S ; fegga, figga, riba.
Tobleb 179*; dhosa feggid mi, dasz i of {auf, ofne haut,
wunde haut) öbcrchomm; an etwas ficken, figken, reiben, ein
thier mit der ruthe, peitsche ficken, t/im einen kurzen sträch
versetzen, mit den äugen ficken, rfie augeulider schnell auf und
ab bewegen {zwicken, zuinkcn, zwinkern). Scomeller 1, 510; auf
dem stuhl herum ficken, hin und her fahren, das kleid ver-
ficken, abwetzen, sich am fusz, an der band aufficken, auf-
reiben. Höfer 1, 214 ;
lieb mich nicht anders wie ich dich,
wenn ich dich kreb, so fick du mich. Etring 2,107,
ein dienst ist des andern werth, wenn ich dich kraue (krieble), so
sollst du mich kratzen, die allgemein bestehende obscene bedeu-
tung ron ficken futuere bezeugt schon Mich. Lindeners rast-
bücJdein 1558 a7. auch engi. fuck (tn den «bb. meist ausge-
lassen), vgl. fiedeln.
Kaum zu glauben ist, dasz ein in den letzten drei oder vier
Jahrhunderten feststellender und in das volk gedrtingner ausdruck
früher sollte ungekannt geu-esen sein, wenn auch das zeugnis aus
Karlmeinet bestritten werden kann, von fricare, mit getilgtetn r,
irird man ficken nicht lierlcUen, auch nicht ron figere, it. ficcare,
fr. ficher, beidemal gebräche laulverschiebung. die sich darböte,
wenn man auf piccare, piquer zuruckgienge, weil der Vorstel-
lung des siecliens, doszens die des reibens naite liegt, noch
bessir denkt man aber an fegen, schön reiben (.<p. 1412), das
auch hin und her fahren, wischen bedeutet und an fahen ge-
mahnt, gleich dem folgenden fickfack, vgl. ficke, ohrfeige, ohr-
fege, wobei auch Toblers fegga für figga zu erwägen ist. hier
sei noch das engl, fidge und fidget erwähnt, welche sich zu ficken,
wie edge zu ecke, bridge 3u brücke verhalten, selbst fechten
scheint anzurühren: das figget mich nicht, was figget dich
das? Stalder 1,368; das fickt mich an. Scn«. 1,510 statt
ficht, irie Maaler 135* schreibt: die liebe ficht mich an, appetit
me amor. vgl. falschen, filschen, futschen und fitzen.
FICRENFAUL, ararus, der ungern seinen beulet ziM: ich
habe viel, viel geld, mein vater liesz mir solch zeug genug
und ich bin auch nicht fickenfaul. Weisze lustsp. 3. 231.
FICRENUHR. f. horologium portaiile, tasdienukr, sackuhr.
FICRENLHRCHEN, n. -
denn wenn ich habe drei bälmer strob,
so färb ich sie bunt, bald so, bald so,
das gibt mir ein büchscheo zum fickenübrchen.
so macbeus auch unsre berrn sludierchen.
Christ. Heinr. Scuhid anihologie 1,220.
FICRER, m. ictus virgae levis, fitz. Hüfer 1, 214. Castelli 12S.
FICRERLATZ, gleich den folgenden ausruf der Verwunderung.
ficker ioU hier überall das heilige saker veiiiuUen:
botz tausend fickerlatz. Hallsann Adonis 49.
FICKERLOT, ifie sackerlot, sapperlot: husch! wer kömmt?
fickerlolh! die gnädige frau und fräulein Malchen! Weisze
kinderfreund S, 102 ; fickerlot ! da möchte sich einer krumm
und lahm ärgern. Gotter der Jahrmarkt 85.
FICRERMENT, sackerment, sapperment: dasz dich der hagel
erschlag! lebstu auch noch, bruder? potz fickerment, wie
führt uns der teufel hier zusammen? Simfi. K. 153; ficker-
ment, wenn ich so ein buhn hätte, ich schlüge den hahn
maustod und träte es selbst, ped. scJtulfuchs 82. s. fickramenl.
FICRESTIEL, m. eine wählerische, schwer zufrieden zu stellende,
an allem eine schwache seile entdeckende weihsperson. Alb. tom
RCtte s. 23.
FICRFACK, tn. iäus virgae, was das anfache fick. die ver-
dojtplung ist merkwürdig und an fahan faifah erinnernd, wie
faifalter, fifulter an falt)an faifuld, obschon echte redujtlication
nur den anlaut, nicht den auslaut der würzet vorausschickt ; nach
dem der alte trieb in der conjugttion längst eilosch, bricht c
102
1619
FICKFACKEN — FIDEL
FIDERTSCHE — FIEBER
1620
noch hin und icieder auf andern veiini im nomen herror. ähnlich
sind klingklang, mickmack, niischniascb, schnicksciinack,
licklark, kitzkatz, ripsraps, Wirrwarr u. a. m., in denen die
sin-ache gern mit dem laut sineU. wir salicn in licke bezufi auf
fach, dürfen also auch fickfack und fitklackcn viil fackcn oder
recken verbinden, nieister fickfack lieiazl der ltdscher und henker,
welcher mit der rullie streicht, und die steupe, der rulhenschlag
selbst wird fickfack genannt:
dick (lack,
lick fack,
band uuii eisen,
landverweisen,
stadtrecht liegen,
auf die stiru den galgcn pregcn.
lii'ii von lH(i4 bei Hiluebrand .«. 40'2;
der kleine wird dir mit der nithe einen gulcii fickfack gehen.
pol. feuerviüuerk. cap. l ; sie mnste also diesen tapfern fickfack
einnehmen. Melissls Saliude 232. gleiciwiel ist fitzfatz. wol-
laulende, kräßige irörler, die auch in der abslraclion heule mehr
gemieden als gebraucht werden.
FICKFACKEN, virgis caedere, sieupen, ficken: steckte ihr
das Schnupftuch ins maul und hielt sie so lang, bis dasz
Halso, nach vorhergegangner aufhebung des rocks, das kalte
Heisch tapfer abgefickfacket. Salinde2Tl. da auch ein gaukler
wü der ruihe aufscJddgl, nimmt fickfacken den sinn von fallere,
decipere, teuschen an. s. fickclfackei. das nnl. fikfakken be-
deuM aber etile, nichlige dinge treiben.
FICKFACKER, m. deceplor, fallaciarum auctor, teusclier, be-
irieger, mnl. vikvacker. hör. belg. 7,36':
drauT machte Jacob sich ans thor:
'msrsch. packe dich zum teufel!"
'«■.i«:' schrie trau Schnips ihm Inut ins ohr,
'fickfackerl ich zum teulel?" BiJRCER -Ib'.
FICKFACKEKEI, f. /raus, fallacia, nugae. man sagt auch
sdiuedw'Ch fickfack nicht im sinn von rulhenschlag, sondern von
betrug, nnl. fikfakkerij, unnfdze geschäfligkeit.
FICKFACKERIN, f ränkemaclierin : ich habe aber einige
zeit nach meinem hinwegreisen vernommen, dasz die frau
fickfackerin, nach ihrer eingebildeten Weisheit, ihren christ-
lichen mann endlich beredet, aus gewissen slaafsursachen
solches Verlöbnis zu widerrufen und die tochler an einen
andern, eben nicht so gar angenehmen mann zu verheiraten.
Fel>enb. 2, an ; wirlh: frau gevallerin. sie ist ganz auszer öden
(iilhrmi! was gibts? Liese: die verwünschte französische
fickfackerin. . . . wirlh: nun? Lie.te: sie hat dem haushof-
nieisier einen proces an den hals geworfen. Gotteb die dorf-
gala S3.
FICKLER, m. begegnet als eigenname, vgl. cdid. Ficcho (Förste-
»(.\NN 1.4o.i). s. fickeler und fickelscher.
FIChML'L, /. ludus, qui singulis tructibus ternariuin claudendo
vincil. eine fickmiil haben, spe duplici uli, vom hin und her
schieben, ficken der steine: uf dieselbig frog antwortet er im
niit anders denn sie glaubt als ich glaub, und ab diser
fickmiilen liesz er sich den vigend nit triben. Keisersuliig
seleniar. lOl';
niet ich mich einr, so lasz ichs wandern
und hall mich darnach zu einr andern,
so hab ich ein gute llckmül,
darmit ich wol mein kerz (herz?) erkül. H. Sachs 1,305'.
wMI dise fickmüle (es slehl fückbmiille) für mein glück hallen.
Kbafts reisen s. 413; indem er (herzog Bernharl) am Hhein,
wie auf einer fickmül zu spielen wustc. Simpl. Springinsf
1,16; inzwischen hatte er doch neider wegen dieser guten
fickmüle genug. Melissus Salinde 71; figge und müle haben,
gewonnen spiel haben. Alb. vo.n Rotte 23. Fischart führt fick-
mül unter den spielen n* 16 auf und die facel. faccliar. 428
nennen es ein unzüchtiges spiel, später wurde für fickmül gesagt
zwickmül.
FICKMÜLE.N, als verbum: ich flieh auch noch nicht, dan
ich kan fickmiilen und rucken von einem lager ins ander,
ex hoc in hoc. Garg. 102*.
FICKRA.MENT, was fickerment, gebildet wie Sakrament: potz
fickrament, jetzt sehet, frau, was vor ein geist in unserin
haus gehet ! Simpl. Vogelnest 2, 9. in Scuwabes tintenfäszl steht
auch dfler fickremech, tausend fickremecb, potz tau.send fickre-
mech wie safremech für fickerment, sackerment.
FIDEL, f violina, s. fiedel.
FIDEL, aus der Studentensprache: ein fldiler kerl ; zwei
muntre fld^ie mädel. Fr. Mi^LiEii 2, .S7; halt! war das nicht
die melodie vom reknitenliede? das kßnnt ich just brauchen,
um meinen mann fidel zu machen. Gotte* der Jahrmarkt 4ü.
FIDERTSCHE, f. ranunculus platanifoHus, sonst hahnenfusi.
doch Ulli von feder, gefiedert? vgl. fieberkiaut.
Fli'IRU.S, «/. chartuia causticd tubaco succendendo, nach einem
fr. fil de bois, Zündholz, zündfaden, schwefelholz? hildesh.
filibus, cdfer nie ron lulz und faden, nur von gefaltenem, gc-
kneiiden papier gellend, man hat noch andere unwahrscheinlichere
deiitungen ersonnen, das worl ist erst in der zueilen hallte des
11 jh. aufgekommen: dazumal lernte ich, was die weitlauftigen
progranimala an dtn doi loralen nütze wären, denn zur noth
konnten die lieben herrn fidibns draus machen. Weise crzn,
318; im übrigen könne ich ihnen nicht besser rathen, als
dasz sie fidibus aus meinem calender oder pfeffer und ander
gewürz darein zu wickeln anwenden. Simpl. K. 1042; steckt
alle die pfeifen mit vidibus an, wie ich gelhan, so lange der
bahn noch laufen kan. ped. schnlfuchs 205;
Pfeifchen und ein ridihiis soll und miisx
mit mir stets zu bette geben, weimnr. jb. 2, 2.%S;
und mangelt fidibus, so rcisz dies blau entzwei.
GÜNTIIEH 1124;
schleppt pfeife, knasterdose,
nebst lidibus herbei. Bürgbr 21';
beiliegende manuscripte sind so unwürdig nicht vor der weit
zu erscheinen und ich habe, wie mich deucht, sehr wol ge-
than sie einem freunde zu verweigern, der mich ziirilich
darum bat, weil er sie zu fidibus zu verbrauchen gedachte.
Sturz 2,82; sie sehen, dasz ich dergleichen grillen schon
im köpfe hatte, aus dem fidibus, der mir eben in die bände
fällt, da ich meine papiere aufkrame, lassen sie es um des
bimmels willen nichts weiter als fidibus sein. Schmio bei
Lessiug Vi, Ti3 ; wenn man künftig die fidibus hier zu land so
galant kneipen wird, wie ein süsz zettelcben, wirds ein tref-
lich leben geben. Göthe an fr. v. Stein 1,3; da kan en sek
de pipe an der wand ansticken, un brukct keinen filibus.
Sciiui MANN Stippstürken s. 55. vgl. knallfidibus.
FIEBER, n. febris, oben sp. 1385, für ferbris, fervebris von
ferveo ferbui, wogegen unsere spräche, den kalten sdiauder berück-
sicldigend, frörer bildet, vgl. schauer und Schüttler, goth. heitö,
brinnö, «tc Ttv^szöe. unser heitnischer ausdruck war eigentlich
alid. rito, mhd. rite (mythol. 1107), mnl. rede, mnd. ride; noch
Alherus stellt auf ritt, febris, fieber, und zu fieber Matth. 8, 14
merkte Luther am rande an 'das ist den ritten auf deudsch,
fiber ist latinisch', auch Lomcerus im kreulerhnch 118' hat
beide wOrter nebenänander : das wasser {vom kraut) getrunken
ist gut für den ritten oder feber. dasz man auch bieber für
fieber sagte, folgt am biberklee, fieberldee (1, 1807) und sdwn
dem mhd.
so mich daj biever ane gäl. Freid. 74,9.
gleich andern kranklieiten wird das fieber als ein ddnion, als
ein Ihier aufgefaszt, dcts die mcnsclwn anfällt, angeht, angreiß,
anstöszt, schüttelt, mitnimmt, heimsucht, verzehrt und wied-r ver-
läszt, vorüber gehl, weicht : für bunger sollen sie verschmachten
und verzeret werden vom fiber. 5 5/os. 32, 24; und Jesus kam
in Peters haus und sähe, das seine schwiger lag und halte
das fieber, da greif er ire band an und das fieber verliesz
sie (golii. gasahv svaihrön is ligandein in beitön, jab aitailük
bandau izös jah aflailöt ija so hello). Matth. 8, 14. 15. r(;/.
Marc. 1,29.30. Luc. 4,38.39; wann ein fieber mit zuschlegt.
MtiLMANN geisel 28; du schnatterst ja, als ob du das fieber
hättest. WiEi.AND ; ich habe das fieber. sage du nur, wenn
der pastor kommt, ich habe das fieber. Schiller 137'; Victor,
dessen fieber der liebe gestern durch die glul der Schlaf-
losigkeit so sehr zugenommen hatte. J. P. Hesp. 2, HC; alle
fieber, so auch die geistigen, kühlt der neue, frische morgen.
TU. 3,27;
es packt iiin, wie mit krallen an,
und schülit'lt ihn xvio Heber
hinüber und herüber. Uürckr 52*;
ihr gelagert gegenüber
wagt nifin ödem keinen xiig,
kalt um) glühend, als im lieber,
hemm ich meines .scufzcrs (lug.
llulB in Jucubis Iris 1810 $. 204;
ihr sprecht im flobor einer wie der andre. ScaiLLKR 401';
m&dchen, was ist dir denn lieber,
das carcssicrn oder das lieber? altes lamlied.
redU bezeichnend für die jiersonification sind folgende retlensarlen .
mit disen zweien stücken gedachte ich denen fieboru bald
den hals zu brechen. Ett.ners untr. doct. *1>2;
was rniiHi-ht dort durrli die itlniiden ber?
wie wenn* luuin alles über war? H. Sachi V, }44\
1621 FIEBER ANFALL — FIEBERISCH
sa^ der Uufel von seiner frau. an hCses wtib heisst des mannes
altes fieber.
man unterscheidet das dreitägige, viertägige, kalte, hitzige,
schleichende, zehrende fieber, rgl. bruslfieber, darmfieher,
faulfieber, fleckfieber, gallenfieber. miichfieber, nervenfieher,
nesselfieber, scharlachfieber, schleimfieber, wechseifieber,
wandfieber; kanonenfieber, romanfieber.
FIEBERANFALL, n». areessio febris: Eraesline hat auch
schon das rathhaus mit einem neuen fieberanfall eingeweiht.
Voss hriefe t.203.
FIEBERANGST, f. ßeberfrost:
Hoch nur das fräulein immerdar
voll fieberangst noch wachte. Bcrge« 53";
sanft schläft er auf des lebens fieberangst. Scbillm 5<>S'.
FIERERANSTOSZ, m. vas fieberanfall.
FIEBERARTIG, febriculosus.
FIEBERAUGE, n. sogleich liesz er, um die fieberaugcn
zu schonen, im krankenzimmer statt der Wachslichter die
magische hängelampe aus beinglas brennen. J. P. Tit. 4, 47.
FIEBERBEWEGL'NG, f. diese envartung war bis zur fieber-
bewegung gestiegen. THfjMitEL 2, 21.
FIEBERBILD. n. delirium: ein gewisses fieberbüd sprach
ihm sein krankes leben ab. i.¥. uns. löge 7, HO; aber endlich
überdeckte das ausgebreitete nachtstück seine heiszen fieber-
bilder. Hesp. 3,137; ich ergrimme immer mehr gegen ihn,
wie gegen ein greuliches, hupfendes fieberbild. Tit. 4, 12.
FIEBERBLÄSSE, f. paUor febris.
FIEBERBLIT, n. seine flöte hob das herz aus dem schla-
genden fieberblut sanft in den benihigten äther des himmels
im träume hinüber. J. P. Hesp. 1, 250.
FIEBERBKAND, m. ardor febris.
FIEBERCHEN. n. febrieula. fieberlein, sdiäuerchen.
FIEBERFARBE, f color febriculosus.
FIEBERFLAMME, f. flamma febrilis: der arzt repetiert am
bette des kranken, über dem die fieberflammen zusammen-
schlagen, ruhig die abschnitte aus seiner klinik, die her-
passen. J. P. uns. löge 2, 145.
FIEBERFROST, m. frigus fibriculosum : von fieberfrosl be-
fallen ;
schon scbfittelt ihn der (leberfrost der angst,
ein blättchen rauscht, ein schatten streiftj er zittert.
KosEGASTE^ br. odeon 2,465.
FIEBERFROSTIG, fieberfrostiges novemberwetter. J. P
F1EBERGESCHW.\TZ, n. deliria: was in aller weit soll
ich mit deinem fiebergeschwätz anfangen? Tbükxel 5, 36
(7, 54).
FIEBERGLUT, f. was fieberhitze:
jede Zärtlichkeit,
die ihm vielleicht in fieberglut entwischte. Schiller 250*.
FIEBER GLRILLEN, deliria, ßeberträume, aegri somnia. s. fieber-
mücke.
FIEBERH.\FT, febriculostts : verzagte ich wieder in fieber-
haften zweifeln. Göthe 16. ISO; doch waren die bewegungen
seines herzens beinahe fieberhaft. 20,145; so viel schreck-
liche und wunderbare begebenheiten hatten eine art von
fieberhafter Schwingung in das haus gebracht. 20,300: ihre
lippen zitterten fieberhaft.
FIEBERH.\FTIGKEIT. f.
FIEBERHEISZ, fieberglüfiend, ferridtts:
du warst von der Versöhnung nie so weit,
als da du wolltest mit der Ceberheiszen
verzweiflungsglut vertilgen allen streit,
dich, weit und gott in eins zusammenschweisien.
Le5*l' Fmut 197.
FIEBERHITZE, f. aestus febrilis, ungeßhlter plconasmus, da
fieber schon hilze.
FIEBERICHT, febriculosus: indem die erde gleich einem
fieberichten hebele, pers. baumg. rorr.
FIEBERIG, dasselbe: dem fieberigen sind auch feigen bitter.
FttKM lob der Ihorheü 87; sie (die mittägigen winde) machen
scbläferig und fieberig leüt. tceltb.Z'; da seind sie gemeinklich
nach Ostern fieberig. 135*.
FIEBERISCH. FIEBRISCH, dasselbe, adj. und adv.
und was ists, das, wenn mich Laura küsset,
purpurflammen auf die wangen geuszt,
meinem herzen raschern schwung gebietet,
fiebrisch wild mein blut von hiaoen reiszt? Scbiller?;
mensch, dein gcsirht brennt fieberiscti, wie dein gespräch.
171'; mein köpf brennt so fiebrisch. 209';
FIEBERKALT — FIEBERSCHAUDER 1 622
oh, mein köpf brennt fieberiscb! Hcll5Er die sduüd 66;
wo zuckt im arme der krampf,
im herzen fiebrischer schauer. Rcckert 146;
als er den fiebrischen schonend gegrüszt und beschenkt hatte.
J. P. Hesp. 1. 171.
FIEBERKALT, fieberfrosUg.
FIEBERK.\LTE, f fieberfrosl.
FIEBERKLEE, m. menyanthes Irifoliala, bitlerklee. für biber-
klce 1, 1S07.
FIEBERKRANK, febri laborans.
FIEBER KR.\NKHEIT, f
FIEBERKR.\UT, n. gentiana cenlaurium: tausendgolden,
sonst genant fieberkraut, erdgall, biberkraut, gr. xsviavoiov
fitxQov, iat. febrifuga, fei terrae, wer das kraut seudt in
wein oder das pulver trinket mit wein zween oder drei tag
nach einander des morgens nüchtern, der wird des febers
ledig. LosicERCs kreuterbuch 117'. biberkraut kann, wie bieber
für fieber, auf bibern, bebern gezogen werden und hat mit detn
biber, fiber nicJäs zu schaffen, der mlat. name lautet febrifugia
(febrim fugans), wonach ags. feferfuge, enql. fevcrfew {mythtd.
1192), «o^iir sich bei Babnes auch fcafherfowl findet, was dem
Obenangefühl len fidritsche begegnen könnte, s. hernach fieber-
mflcke.
FIEBERKUCHEN, m. eine härte urder den kurxen, rippen bet
wech.^el fiebern.
FIERERLEHRE. /". dodrina de fdnibus.
FIEBERLEIN, febriciäa, schäueriein, scMuderlein. Stieler 480
FIEBERLICH, febrilis: fieberliche anstösze. Ettxers heb-
amme 712.
FIEBERLOS. fcbre solutus: der kranke ist heute fieberlos.
FIEBERLOSIGKEIT, f fieberloser zustand.
FIEBERMATERIE, f materia febrilis.
FIEBERMirfEL, n. mcdicamentum febrim infringens
FIEBERMUCKE, f tipula febrilis, wie ja das fieber durch eine
miicke, einen Schmetterling verursacht werden soll, Tj7tin/u)s
TTioerov TToöSoouos. Meineke fragm. com. gr. 2, tOS6. 5, 65.
lit. ist drugis Schmetterling, fiebervogel und fid)er selbst, vgl. oben
fidritsche und engl, featherfowi. tipula ist ii(pr] und Tltpvs
ein quälender, drückender dp, ifiäJ.rT;s, wieder Schmetterling,
feifaller.
FIEBERN, fd)rire , febricitare, im fieber liegen, vom fieber
glühen : der kranke fiebert ; alle pulse fieberten ; zitternd und
fiberend. Fuchsmundi 376; träume eines fiebernden. Klinges
1,406; dasz der gedanke sich die königswürde anzumaszen,
in der finsternis des kerkers die fiebernde seele ergriffen
haben mag. Niebijhr 2, 6S2; Male fieberte mit kopfschmerzen.
leben Siebuhrs l. 3%2; Male hat gestern wieder gefiebert. 1,382.
vgl. bebern. fippern.
FIEBERNACHT, f. nox febri somniisre agitala:
aus einer ängstlichen, traumvollen fiebernacht,
als wie zur dämmerung des ewgen tags erwacht. Wixla!<d.
FIEBERÖL. n. ein im fieber heilkräßiges Ol.
FIERERPILLEN, pHlulae febrifugae. Stieler 88.
FIEBERPULS, n>. der stillende schlaf hält den fieberpuls
der seele an. J. P. Siebeak. 2, 2.
FIEBERREICH, abundans febribus:
was in den fieberreicben
septembertagen mich gesund erhält.
WfELAüDs übers, ton Borm episleln 1,239.
FIEBERPINDE, f corlex peruvianus: durch was, lieber
doctor? fragte ich. 'durch ein loth fieberrinde, ehe sie ihren
Spargel essen', antwortete er mir. ThCxmel 5, 9 ; des schlafes
kürner sind die fieberrinde gegen das kalte fieber des hasses.
J. P. Siebenk 2. 2.
FIEBERRÖTHE, f rubor febrilis: allmälich umzieht fieber-
röthe die blassen wangen. TbChkel 8, 101.
FIEBERSAND, m. bildlich: in wenig ininuten sank das
matte so lang im heiszen fiebersande walende gemüth auf
die frische grüne rasenbank des Schlummers nieder. J. P.
Tä. 4,49.
FIEBERSCHAUDER, SCHAUER, m. febrium horror:
zur nachtzeit lassen Oeberschaucr
ihr keine ruh. Gottsr i, 16»;
überfallt ein fleberschaner
seinen ahnenstolz. Gokimck i. 137,
das packt ihn wie fieberschauer an. Rörtiir;
in allen gliedern wühlt ein tieberschauer
Ar:<im sih'imb. 2, 133.
102*
1623 FIEBERSCIIAUDERCIIEN - FIEDEL
FIEDEL - FIEDELER
1624
FIEBERSCHÄUDERCHEN, n. febricula.
FIEBEHSCHLAü. n». von dem tage an, wo du meinem
herzen den reiz zum ficberschlage auf mein ganzes leben
aufgedeckt. J. P. /7wp. 2, 108.
FIEBERSCHLUMMER, m. sopor fehrüis:
so sctimaclitet, abtezohrt von kiimmer
ein leidi'iuler im fieberschlummer. Gotter I,4C6.
FIEBERSIECH, was fieberkrank.
FIEBERSNOTH, f. gebildet wie hungersnolh :
Xantippen, Tanaquillcn,
die bringen angst und tod,
sind eine licbersnotb,
die auch ein arzt nicht stillen
im eignen hause liann. Tscherning 342.
FIEBERSTÜRZ, m. rcddiva febris. ahd. avarslurz. Grafp
6, 726.
FIERERTAG, m. dies quo febris redil.
FIEBERTRANK, m. potio medicata adversiis febrim.
FIEBERTRAUM, m. aegri somnium, delirium : brachte die
ganze nacht in fieberträumen zu; worauf gründet sieb dieser
neue fiebcriraum? Schiller.
FIEBERTRAUMGESCHWÄTZ, n. wie fiebergeschwätz :
fiebertraumsgeschwätz zu horchen ziemt dem klugen nicht.
Stolberc 14, 115.
FIEBERUNRüHE, f. ihre fieberunrube verstaltete ihr kein
bleiben. Thümmel 2, 29S.
FIEBEBWAHN, m.
das nennt dein nebcrwahn Unsterblichkeit? Schiller 21*.
FIEBERWECHSEL, m. der schnelle fieberwechsel zwischen
ernst und scherz. J. P.
FIERERWEIDE, f. salix pentandra fragUis.
FIEBERWUTH, furor febrium:
gar mancher steht lebendig hier,
den euer vater noch zuletzt
der heiszen lieberwuth entrisz,
als er der seucbe ziel gesetzt. Göthb 12,56.
FIEBEBWUBZ. f. arum maculatum, ariäolochia demalilis.
FIEBERWLRZEL, f. dasselbe.
FIEBERZETTEL, m. gegen das fieber anzuhängen.
FIEBRISCH, s. fieberisch.
FIECHT, s. fiesz am ende.
FIEDEL, /. t) fidicula, das wie fidis sowol saüe, als sailen-
inslrumenl ausdrüclU, mlat. fidula, flgelia, vigella, vidula, vitula.
Ddcange 6, 860. U. viola, prov. \iula, altfr. viele, allmälich
drang violino, violina, violine durch, für basgeige blieb das
augmentativ violonc, vioion. ahd. fidiilä, mhd. videle, nhd.
fidel, fiedel, bei Luther und Alberus fiddel, nnl. vcdel, veel,
ags. fidele, alln. fidia, dän. fiddel, engl, fiddle :
sili thar ouh al niarit, thn^ Organa Tuarit,
lira joh üdula joh managfalta suegala. 0. V. 23,198;
mhd. DU wart vröude über al
von videlen undl)usinen. Wh. 1, 145*j
Volker dar vil sn^lle mit siner videlen dan
gie gezogenlicben für Gotelinde stän. Nib. 1643, 1 ;
dd hie; 6t im bereiten
mit sidinen seilen
ein videlen, erziuget wol,
als st ein vürsle vüeren so!. GA. 1,348;
ja wist ir, dsz man guote noten giget
ür alten videlen, der si kan. MSH. 3,211';
den schilt begund 6t va^en, dd wolt 6t in die ni)t,
dar ane stuont ein videle, diu was von golde röt.
hfliiensuije s. 2WA.
ithd. ich hab ein pogcn und ein fldcl,
da mit kan ich so süsziich strei('hen. fnsln. 230,21;
und im reiten hub Alart an süszigklichrn und lieldicbcn ein
newcs licd zu singen, desgleichen tlielen Rcicliart und (Jisz-
imrt all mit einander, aber ich sage euch, das nie liedel
oder harpf also süszen ton gaben, als die vier gebrüder
8ungen. iiimonnl*; nachdem s. churrii. gn. drei l.indsknecht
mit solchen lnpi)eiiden hosen hat sehen auf der gassen gehen
mit einer fiirgehender liedel. Miiscuiiis hosenleufel 1555 Ei';
er kann auf der fiedel, seile canil ßdihus; die fiedel hoziehn,
rhordas aplare ; die fiedel sliininen, lemperaie;
IT»« ein röhr In den hAnden »ein
und henkt im ein liedel am haU. Atrki fa»ln. 100';
ihr rn ' ' u'n
schienet feurige blicke, i'iid iles dorres
putzt «ich Rllein TUr «ie, die srhrcicnde (Icdel
nachilicbe sereiiaden. ZtriiAmA Kni^iriten 42;
&ie gellende fiedel einer dnrf^chenke erregt die waekem
gli>-d«T :it>(^ kr.tlli^-!,- <: •■•- ". IM ;
die fiedel stockt, der tänzer weilt. 12,57;
wovon auf leichter fiedel eins zu schnarren
die inuse nicht verschmäht. Kl. Schmidt kom. dicht. 34;
hat nicht einmal mir ein concert,
das kunstreich philomelens noten
in tact setzt, in octaven sperrt,
mir eine flcdel angeboten. Tuühmel 3, 400.
fiedel ist wie geige und noch mehr als dieses alltndlich un^el
geworden und der kiinsller wird zwar noch von seiner geige,
nicht von seiner fiedel slall violine rc(/en, fiedel hat nur den
verächtlichen sinn einer elenden geige, dorffiedel, bicrfiedel. schon
Luther ersetzt das 1523 in t Sam. 18, 6 verwandte liddeln später
durch geigen, s. kniefiedcl, slockficdel, sirohfiedcl.
2) figürlicher gebrauch: nam sich an, solle friden zwischen
dem keiser und küiiig machen, aber er halte ein anders in
der fidel. Nicrinus pajnst. inquisition s. 681; fiedel der hoffarL
Jag. Böhme Aurora s. 223; aber stille mit der fiedel! (stille
davon .') Riemers reime dich s. 6.
3) fiedel, ein holzstück, das um hals und bände eines am
pranger stehenden gelegt wird, wie spielleute ihre geige um den
hals liängen: an der fiedel siehn, am pranger;
ei, so zum henker, sags, es ist mir recht,
wenn du die liedel dir ersparen kannst.
'o du abscheulicher I du undankbarer!
werth, dasz ich mir die liedel spare, werth,
dasz ich mit einem wort zu ehren mich,
und dich in ewiges verderben bringe'. H. von Kleist 2, 73.
solcli ein holz wird auch im ersten grad der foltcr angelegt und
für folter nimmt es wol die angeführte belegslelle.
FIEDELBOGE, m. plectrum, mhd. videlboge:
Volker der snclle zöh näher üf der banc
einen videlbogen starken, miclicl iinde lanc,
gelich einem swerte scharf iinde breit. Nib. 1723,2;
Volker der vil snelle von dem tische spranc,
sin videlboge im iüte an siner haut erklanc. 1903,2;
ej ist ein röter anstrich, den 6r zcm videlbogen hat.
I»4I,4,
nach einer sinnigen vergleichung der heldenarbeil mit einem spiel,
des Schwertes mit dem fiedeibogen;
heiä nu hei,
nu ist dem videla?re sin videlboge enzwei! MS. 2,63";
welcher ausdruck in den faslnachlspielen unzüchtig angewendet wird
und reiszt ah euer fldelhogen. 3i;t, 8;
noh leihest du hin dein fidelpogen. 161,13;
juchheisa, heisa he!
so gieng der fiedeibogen. Göthe 12,54.
Sprichwort, wer die wahrheil geigt, dem schlagt man mit dem
fiedeibogen auf den köpf, junge, du stehst da wie ein fiedei-
bogen. Sturz 2,48. in der niagdieburgischen chronica lesen wir,
dasz a. ehr. 1203 zu Osscmer bei Stendal der pfaf in pfingst-
feiertagen den bauren selbst zum lanz gefiedelt habe, da ihm
denn bei aufsteigendem weiter der donner die band sauibt
dem fiedeibogen hinweg geschmissen hat. Matth. Hammkr
hist. rosengarten, Zwickau 1654 5. 59.
FIEDELBRET, n. verächtlich eine schlechie geige:
0 C.hapclain, der du auf altem fiedelbret
bcatae nienioriae, mit einem liedelhogcn,
den vater Apoll schlecht caHonieren thiit,
nach noten, die katzcn und hiinde zum heulenden tanz bewo^^en,
dasselbe historchen daher gt'kralzil
Kl. SciiMinr kom. dicht. lOO.
FIEDELCHEN, n. nnl. vcdelke, vedellje.
FIEDELKI, f elende musik.
FIKIlELER, fidicen, ags. fiJelcre, mhd. durchaus in gutem sinn
ob ej dir wol gevalle. vil licbo vroiiwe min,
sü wuld ich gerne senden nach den vriunden din
die minen videhrre in llurgonden laut. Nib. 1347,3,
das alterthum bediente sich zu boten der spielleute
«wn^ ic begin Ilagne, dai; dühte den vidcliere guot. V'li t
küenor viilchero wart noch nie dehein. 1772,2;
A»l nie videlnercs hnnt
i\»l wunder mir geworhto,
al.srt der unervorhlc
In disen siriieu hAt getAn. kl. 1500;
dar nftch zw<*n vldel.rre guot
riien, die mich hi^rhgemuot
machten, wnn si \lilflii'n hO
ein ri'iscnot, diu let mich fril. Lichlentlrin IG6, b,
manc videirrr mir ilaiic
sagt, d'ij; ich die not srt h.\
inncbt. ifi, \H;
kücfer vil!' ■ r- •■>
huolirii I
(Chillei I
mit »ur;, i '■ ! I :
k
1625 FIEDELHARZ — FIEDELRÜMPFCHEN
vil vidilere quämin,
die da wole gezämin
und yidiltin vil suoje. Athis C*, 23;
ich hat niergen ein glit so kleine,
geloube mir der mrrre,
da ensaeje üf ein videlcere. GA. 3,123;
der ist enzwei! heiä nu hei,
des videlares seile der ist enzwei. MS. 2,61';
nu ist dem videlaere sin seile zebrochenl 2, W;
nhd. sie hatlens am griffe, wie die fidJeler. Luther 5,52";
juchheisa ihr fiedler, zum lustigen tanz! Borger 35*;
keinen reiraer wird man finden,
der sich nicht den besten hielte,
keinen fiedler, der nicht lieber
eigne melodieen spielte. Göiuk 5,95;
fiedler tod, o spiel uns doch den kehraus! Plates 22.
allmälich malus fidicen, bierfiedler, dorffiedler, bauernfiedler
(Stiei-Er 490).
FIEDELH.\RZ, n. colophonia, geigenharz:
verschmäh den weirauch nicht, er ist nicht rein geletea
und, da ichs recht beseh, nur fledelharz gewesen.
GÖNTHER 381.
vgl. den 'röten anstrich' .Vit. 1949, 4.
FIEDELLEl.N, n. griglein, violinchen.
mhd. ein weihisch videllin. Renner 16751.
FIEDELM.\>N, m. ßdicen, fiedler: wer von natur zu der-
gleichen eiteikeit ineünieret, der bedarf einen Oedelraann, so
ist der tanz fertig. Weise academicus s. 1.
FIEDELN, canere fiJibus, geigen, mhd. videlen, schw. fidia, fila.
mhd. £r videlte süe^e dipne und sanc ir siniu iiet. Sih. 1643,3;
dö Tidelie ungefuoge Günthers spilman. 1903,3;
er begunde videlende durch den palas gän. 1913,2;
hoert ir die doene, Hagne, die dort Volker
videlt mit den Hiunen, swer zuo den turnen gät? 1941,3;
küener helt zen banden
in allen kristen landen
videlens noch nie mer began. kl. 1443;
durch daj er videlen künde,
die Hute in zailer stunde
biejen einen spilman. 1493;
ie neben zwein ein spilman
vil süeje videlende gie,
der deheiner dem andern nie
einen grif übersach. Wigal. 190,40;
so kumt aber ein und siht hin in,
der lernet fünf messe, zwo la-t er sin,
mit disen löufet er durch diu laut,
die videlt er nach wäne. Henner 16745;
and videlten alle den albleich. G.4. l,t33;
aus welchen stellen folgt, dasz videln sowol Ir. als intr. gesetzt
wurde, vihd. ist videlen üblicher als gigen, nhd. dreht es sich um :
du fideist auf fremden geigen,
und dein geig doheim ist wol beseit (besaitet)
und ist dir tag und nacht bereit, fasln. 161,9;
fideist du nur auf fremder geigen,
so musz ein andrer in mein nest steigen. 161, IS;
aber es ist dieselbige geige, darauf er (Carlstad) imer fiddelt.
Luther 3, 56' ; er fiedelt immer einerlei, singt immer dasselbe
lied; armuth lehrt fiedeln, paupertas omnes perdocet arles;
ungelück wil uns ie den danz fideln, wie dem der den reien
fürt. Schade sat. u. pas)j. 2, 61 ; hat der fiedler auszen für
dem gefengnis müssen solche zeit über hofieren und fiedlen.
Musculus hosent. E2'; das ewige fiddeln und arbeitefi im
Orchester. Matthesox der neue götlingische ephorus. s. 200;
wenn der fandango gefidelt wird. Kant 10,355; die spielleute
fiedelten aus leibeskräften;
wol ! wer auf rechter spur
sich in der stille siedelt,
im olnen tanzt sichs nur,
solang Fortuna fiedelt. Göthr 3,292;
wie mancher auf der geige fiedelt,
meint er, er habe sich angesiedelt. 4,359;
da» fiedeln, schreien, kegelsrhieben
ist mir ein gar verhaszter klang. 12,54;
der spielmann fiedelt drauf los.
der spielmann sagt, sist nicht genug,
ich musz fiedeln noch einen zug. Köckert 115.
obsc wie geigen, fickeln und ficken, die auch allgemein den
»nn von reiben, krauen, kratzen haben, man sagt die geige,
auf der geige kratzen für fiedeln, .uhleclU spielen.
FIEDEIJ'KCH, n. colojJionia, fiedeUiarz.
FIEDKLKLMPFCHEN, n. lunicera xylosteum, sonst auch
pfeifenrührle, weil aus dem strauch tabacksrOkren geschnitten
werden, die dem hals einer yeige gleirlien.
FIEDELTREÜTCHEN — FIEDERN 1626
FIEDELTRELTCHEN, n. einer (von zwein priestern) hätte
dem andern hinler dem inicken nachgeredet, als wäre er auf
der Universität mit Fiedeltreutgen {eines fiecUers lodder?) wol
bekannt gewesen. Weise erznarren 283.
FIEDELU.MPL'MP: da giengs fidehimpurap! ibi sonabanl
fMndurae. Stieler 490; fidellumppump ! sieben lächerliche ge-
schnäh, fliegendes blalt um 1620, geige und pauke zusammen.
FIEDELU.NG, f canttis et lusus pandurae.
FIEDELWERK, n. der son gottes machet Adam und Eva
kittelein oder schiirzlein von rauhen feilen, daran lieszen
sich Adams fromme nachkommen genügen, aber die welt-
kinder, die nun ir seitenspiel und fidelwerk betten und ir
abend und nachtdenze hielten, wollen nicht in iren beizen
herein rauschen und rumb schlumpen, sondern trachteten
auf weiche und seidene kleidung. Mathesius 10*.
FIEDERICHT, plumosus. wie federicht sp. 1401.
FIEDERIG. s. fiedrig.
FIEDERING, m. amentum, hltzclien, maikätzchen, lämmchen
an den haselslauden. ahd. fidirinc. Gbaff 3, 449.
FIEDERLING, m. sagilta pennata^ gefiederter pfeil, bolz:
ir beckenreuter, tunt gemach,
scbieszt die fiderling nit zu hoch
in dem grünen finstern halte! Uhlv^d 407;
und schmilz ihn in ein fiderling. H. Sachs IV. 3,51'.
FIEDERN, plumare, plumis ornare, afid. fideran, mhd. videren,
nhd. fidem. roc. 14S2 h 7", ags. gefederian, gefideran, engl.
feather.
1) im eigenllicJien sinn: die natur hat alle viigel gefiedert,
dasz sie sich leicht in die luß erheben und weite räume schnell
durcheilen können ; in manchen tönen ist die nachligall noch
Togel. dann steiget sie über ihre classe hinüber und scheint
jedem gefiederten andeuten zu wollen, was eigentlich singen
heiszt. Güthe 17, 311. s. federschar, federvolk
2) pfeil und bolz fiedern {vgl. 2, 234) : du hast nicht ere,
damit man einen polz gefidern möcht. urk. von 1420;
ich des frembden adels bin,
der vil verheiszt an ein kerbholz,
zu letzt dir fidret einen bolz. Mcrner schelmens. 15" (2S*);
weil er mit ihren federn fein
kan Uederen die bolzen sein, ganskönig F3*;
der scheuszt die bolzen von der Stadt,
die ihm der fuchs gefiedert hat. poslreuler 1591 E4*;
der pfeile hat er viel von anfangs her verschossen,
die er ihm schneidet selbst, selbst fledert, selbsten schaft.
Fleäwg 651 ;
es war damahln eben feldmarschalk Hans Georg von Arn-
heim zu Berlin, welcher vielleicht die pfeile, so verschossen
worden, guten theils gefiedert gehabt. Chemmtz 1,168'; er
will die bolzen fiedern helfen, die der konig verschieszen
soll. Weise freim. redner 9; der eine fiedert die pfeile, der
andere verschieszt sie.
3) ein bett, eine decke, ein kissen fiedem, mit federn stopfen :
fegt das zinn oder.fldert pett. 11. Sachs 1,512'.
4) bergmännisch, die spalten und ritze fidern, verkeilen:
und setzet keil und plotz und fidert oder ketzert die ritz
{im geslein) aus mit fimmeln und federn und schmeiszt im
schwang mit den groszen peuscheln mit freiiden drauf, bis
sich der stein gibt oder aufthut. Mathesius 139' (1562, 197').
5) wie feder für haar und pelz stelU {sp. 1392, 1*), heiszt auch
fiedern mit pelz füttern:
mild, sin pölz der was Inter grA,
mit einem samitc dör was blä
bezogen vil meisterliche.
gevideret was er riche
mit einem zohel spanne breit. Wigal. 115,23.
6) diäieren:
erhebt nun euer girig gmnter
und hört mir zu, was ich euch fider,
das ist, was ich euch jetz dictier
mit der feder auf dis papier. Garg. 283*.
^) figürlich,
a) nach 1, pennis instruere:
mhd. ir herze daj fuor n-hle enbor,
als ej geviderl wa-re. Trist. 133, 5;
da; frnudelln vil kleine,
da; was sil balde dan geflogen,
als ej gevidert wmtb. Engelli. 180! ;
wer der ist, der gol und sinen nehesten liep hM, d@r sol
da; wi;;;en, da;^ sin sele pefiderl ist und da; er mit frien
vetticiien ,. da; ist mit der heiligen mione fliuget hin z«
gotte. Haopt 7, 144.
1627
FIEDERN — FIEREN
FIESZ
1628
b) menliri, gleichsam in die luft fliegen lassen:
mhd. liugt denn einer, daj heijt gevidert. LS. 3,328;
habe ich nu dar an gevidert. Dioclelian 348;
tthd. und kunnen unsere lügen Tidern.
MiRMSR lulh. narr 2200; Scheid grohuin D3;
und weil die Vernunft sihel. das (== dasz es) so gar wider iren
verstand und alle sinne und fülcn ist, so feilet sie davon und
lengnets gar oder wenn sie nicht fürüber kan, drehet und
fiddert goites wort mit glosen, das sichs doch musz auf iren
verstand reimen. Lutmer 6, 2i;t'; so man dan solche märlin
und lugen, das volk zur andacht zu erwecken, lideron mag,
wie vil mer mag man was fremds und abentheuiigs von den
iietzcrn crzelen? bienenk. 191'.
8) sich fiedern, federn bekommen, sowol von den jungen, welchen
die enden federn wachsen, als von den alten, stell mauszenden:
was ist das, das sich der weihe fidert oder mauszt hei dem
osterwind? KEiSERsnERC scMf der pen. 40"; uf das er (der
vogel casiila) in der ernd sein narung hab, so sich ielz sein
jungen fidern. Brant 6« Sleinhöwel Esop 119;
flder dich, blaufusz,
die gäns gehen barrusz!
fasznachipredig vom doctor Schwärmen;
es meldet aber Daniel, wardurch sich das schwache reich
wider fidern und aufschwingen solle. Matmesius 8S'. tropisch
für lügen: mancherlei art ist bei uns Teulschen, verdeckt und
höflich das Hegen zu nennen, als under die tauben schieszen
(dasz sie auffliegen), in schweidier greifen, junkcr ßcrnhart
raufen , under der nasen sich kratzen , sich fidern , sich
streichen, auf dem sims gehen, das beihel zu weit werfen,
den daumen regen etc. Kirchhof wendunm. n' 252 (s. 216*).
vgl. fliegen ohne f (oben sp. 1212, 10).
FIEDLE, s. füdle.
FIEDLER, s. fiedeler.
FIEDLERLN, f ags. fidelstre.
FIEDRIG, wie federig sp. 1401: was musz ich aber thun,
da; ich des kropfs abkome und der alten federn und da;
ich gar niiw werde, wan ich bin ganz fidiig und pfluminig,
vol lichtfertikeit, vol iteler ere? Keisersbekg bilg. 10"; du
siehst aus wie ein fiedriges käuzlein.
FIEK, wi. ligula abdominalis, eingeweidewurm, auch geschrieben
fick, ricmcnwurm , gürtelwurm: die Wiener nat urforscher
glauben, dasz der fiek der fische in die vögcl, welche von
diesen leben, übergeht. Rddoi.phi beilr. zur anthropologie s. 136.
nicht zu verwechseln mit feig, feigblatter sp. 1441. 1443.
FIEKCHEN, n. eine zwiefache, erst nd., dann hd. diminution.
von Sophia (mhd. Suffie MS. 1, 14") schnilt man schon frühe die
erste siWe weg, und Phia, Fie wurde in Fiekc, dies in Fickchen
verkleinert, nd. genügt Fieken:
wüst ich hübsche liebesstückchen,
lustig wie des kuckuks schall,
ach, dann holte mich mein Fickchen
abends an des amtmanns stall. liöLrr beltlerode.
ähnlich Mie für Marie, Micke, Miekchen. bei Günther 401.
456 heiszt die philosophie Fieckgen.
FIEPE.N, sibilare: fiepen nennt man es, wenn die im august
vom bock gejagten schmalthicre oder die jungen rehe ein
pfeifendes angstgeschrei hören lassen. Hartig lehrbuch 1,40.
fiepen hält die mitte zwisclien hd. plifen und nd. pipen. erzgeb.
pfiepen.
FIERE, f. quadralum: darnach hat man im triumph ge-
sehen ein ganz gUldin berg, wunderbarlich in die fiere ge-
macht. Petr. 35*.
FIEREN, quadrare, mhd. vieren (wb. 3, 308"), oft mit dem
mebensinn ton gefüge, schlau und bellend machen:
Afm aber min schappcl werden 8ol,
der muoi vil wol gevieret «in. WiMhckin 16,10;
vor ir ein wol gevieret man. Nkidhart 72,14;
die Hut wol halp «int alstervdcb,
dai müelich lernen vinden kan
einen reht gevierten man. IUlbl. 8,388;
nhd. »i waren getchide und gefleret. Dioclelian 2844-
wie iez die weit «o gar ist f^enitten,
geflcrt, listen vol und bcichiMen. fasln. H20,T;
lieft im bauwen ein noiiw gemach,
hoch wie ein thurn und oben geliert,
mit allem vorrat «ch/tn geziert. Waldi« *. I5ft*.
Maaikr 1S2* hat gfiert, vierschröt, quailratus, gflert, gsrhid,
fanurgu», rer$ulni gfierler häuf krieg^volks, quadralum ai/men
und gfierle f mtutia. rallidilas. bei Frisii;« 131' steht gilirrt,
a%lulut. Till, nlirnliren 1.42, abgevierl 1,48, «o vuhrvres ge-
nauer zu ic'ttmmcn lilnld. und zufieren.
FIESZ, m. catlidus hostis, diabolus, ein ausdritck, der mhd.
noch nicid bei den guten dichtem, gegen den sciäusz des 13 jh.
und seitdem öfter im tiefen Schwaben, in Tirol, EL<tasz und der
Schweiz, bei Hugo vo.n Langenstein, Wohenstein, Wittenweilk»
und in unccIUcn neidhartisclien liedern begegnet:
(gotl i\iT in himilrich gehie;
und iiilit ungelöiict liej,
swa/, in der martcr spiej
tcl und der helle fiej. Martina 101,42;
wä nu tremel, Stangen, spiej?
leiicrn, hacken her!
wein wir slahen disen ße?,
er geinüet uns nicmer raÄr. ilSII. 3,270';
wä ist nu dilr fiej von Zeijcnmüre?
süre Wirt im disiu vart. 3, 2Ul';
Erkenbolt, d*r starke licj,
Wildcbrchteii nider stie;,
des vröut sich d;i min gcniej.
süsä wie er streit! 3, "iiHi*;
min alle sorge ich verliei,
ich sach den allcrgnesten vie?,
daj in der tiiilcl würge! Uageh hctdcnb. 2.205;
6r sei ze niäjc sin ein fiej,
swör sweret unde schiltet. LS. 3, 3SS;
d6 vaht er als ein fiej,
er wundct siben üf dt-n tot. 3,314 — llälzl. s. 203,370;
sus wäfent sich der Rüschenschiit
und dannoch manic zier hell flcj,
Mockenrii<le und ßitterspiej. 3,417;
darumb daj ich erzürnet hän
ein kleinen ungenant
mit einem smalcn widerdrie;,
den ich pöi dem geraden viej. WoLnnsTii!« s. 68.
rJtd. do was er gllohen also gach
hin aiiT Itertschin snm ein liesz,
daj er sich nicht do vinden liesx. ring lu', 12;
er lief in des nuiliicrs haus,
der lech im lest einen spicsz,
scchl do vacht er sam ein llcsz! 40", 33;
mächtig was ir eilen
auf die von Nissingen die fleszen. 40% 29;
die sach man grimmelichen treten
sam die zieren ficszen. 4i>', 33;
der dritte haubtman ist gereit,
der l'reidigest der cristenheit,
er ist ein fiesz vil wol derkant. 49', 22;
halt euch sam die zieren fleszen! 52", 12;
siben blibend an dem spiesz,
die huob er auf der selbig liesz,
sam die hüener an eim spis,
nieman was vor im gewis. .'i.')', 11;
des stachens her mit iren spieszen
in der Lappenhauscr lieszen. 5D^54;
da von er der steinreich müller hiesz,
er was ein junger starker liesz (s. /.)
und was gar zerliglicli erzogen,
von neste was er nie geflogen. Kellers erz. s. iCä;
das ir nun mögent merken das
von einem, der Caml)ises hiesz,
gar ein wunderfreidiger flesz,
und was ein kunig in Persia.
MoBsiiKiM npirgel d. reg. Oppenheim 1515 BSV
o.j.ii.o. C3' iii GoDKKSs ausg. r.590;
die wellliciicn menschen sclient in dieser finsternis scharpf
und scind klug, listig und fie;, zitlich gut, lust und er zu
überkonien. Keisehsberg post. 2, 05. ich muste alle stellen, .<»
vieler ich habhaft u'Cfden konnte, versammeln, um ein heule längst
erloschenes, merkwürdiges wort aufzuklären, in 'mniiic zier iiell
fie;' und in den pluralformen 'die lieszen' stellt es deutlich
adjeclivisch und Idszl auf die bedeiilung callidus rallien. da nun
der böse fcind 'callidus hostis' heiszl (mylltol. Oll), dessen litt
die menschen berückt, so darf ficsz einen teufet bezeichnen, die
benennung teufet aber wiederum auf unbändige, (jetrallthätige
menschen angewandt werden, wie sie sich hier mnsleniheils für
ungescidaclile haucrn schickt, daneben mag ein solcher teufet auch
'zier', schmuck und stolz genannt sein.
auffallen musz, da.'tz ein im südcn Ilocitdeulschlands chmalt
befesliijler au.uiruck selbst in den heutigen rolL^mundarlen ver-
schwunden scheint, kein idiutiJion rerseichnct ihn, weder Faisius,
Maai.er noch bis auf ScnuKi.i.ER. ausnähme macht wol das olien
sp. 1570 behandelte bairische felzel für teufet, das sich Inchl aus
fleszel könnte verändert Italien, denn höllfelzl stimmt doch nchtbar
tu helle fie; in der Martina, dafür liefert eine gl. aus der
Maasgegend in Mones quellen 3U4* vies callidus und Kiman 74f)'
vie«, j)hantaslicus, morofus (?). beidemal mit ainlautendem »,
das man nicht dem mhd. ; ißeichslelle.
bedeutsam aber wird für die sprafhijeschichte der einklang einet
ty/enlhümlich ahd. adjectivs, welchem bisher weder mhd. noch «M
1629
FIESZ — FIGUR
FIGUR — FIGURIEREN
1630
I
irgend einem andern deutschen diakde etwas entsprechendes an
die seile trat, bereits aar Oberlin sp. 391 auf die spur gera-
then, ohne dasz man den rini verfolgt hätte, ahd. ist fizus
(nicht fijus, Keil auch ficis geschrieben u-ird, gramm. 1,163) und
die bedeutung callidus, aslulus, dolosus vollkommen beglaubigt
(Graff 3, 737). fizusün besagt callere, woher callidus = fizus,
der abslractiun liegt aber callum, sch'wiele, hart geumdne haut an
hdnden oder füszen zum gründe, callere war eigentlich callum
obducere, wie sich altn. fit planla pedis, palma manus zu fizus
halten läszt. fizus ergäbe ein goth. fitusis, fituseis, der Wort-
bildung bferusis, beruseis analog. berusjüs sind parenles,
parientes, qui pepererunl, genuerunt, genüores, von bairan, bar,
beiun. fitusis, gleichfalls ein pari, praet. aclivt, musz zurück-
gehen auf feitan, fait, fituo, was kann duses bedeuten? die
formel wurde schon oben sp. 1570 vorausgesetien. gesetzt feitan
war callere, pingucre, erhärten, feiszt werden, so erklären sich
faits pinguis, altn. fit membranula in pedibus arium, palmula,
fitusis aber wäre der schwiele, feit angesetzt hat, abstract callidus,
ein schlauer, kluger, dem es hinler den obren sitzt, damit würde
das einzige ahd. beispiel einer urallen parlicipialform gewonnen,
die vielleicht im 8. 9 jh. noch fühlbar blieb, später unlergehn
muste, wie ein ahd. pärus = bfirusis längst erloschen war.
desto begreiflicher ist auch das völlige außören eines gemein-
mhd. vitzes und dasz nur in den südlichen landstriclien ein aus
fitzes entstelltes fiesz auftaucht, dessen parlicipiale natur in zu-
gleich subäantivischen und adjeclitischen gebrauch nachwirkt, die
bedeutung von fiesz callidus, wie sne durch die folgenden zusam-
mensdzungen vollends bestätigt wird, entscheidet; so gibt das späte
fiesz erwünschten aufscldusz tiber das alte fizus und die einge-
tretne kürzung gleicht der uralten in den reduplicationen hiej
oder liej = golh. haibait, lailöt. im nl. vics bewahrte sich der
anstaut von fizus. wer weisz, ob ein sonsl undeutbares fiecht
vcht auch hierher gehört:
du hallst dich selber meer dann fiecht ( : liecht)
und gibst dir selbs so grosze namen. trag. Job. o3.
FIESZHEIT, f calliditas, ahd. fizusheit (Graff3, 73S): und
die natürliche gescheidiakeit, die sie {die ameise) von got hat
ir angeschöpf, die fieszheit beisz ich ir gedechtnis und Ver-
nunft, got der her hat der naturen der thieren geben ein
fieszheit und gescheidikeit, die heisz ich ir Vernunft. Kei-
SERSBERG omcts 18'; und darzu was das bßst sei, uf das er
es so mög und wöil verwerfen, dahin ker dein fieszheit
und dein bescheidigkeit oder dein angeborne Vernunft, wie
du es nennen wilt. seelenpar. 46'. nl. viesheid morositas. Kiliax.
FIESZLICH, callide, astute, ahd. fizusHcho : disen beschiben
(1, 1550) knecht, der den pfulwen hinter dem ofen bestricht
und fiesziich und schalklich handelt, lobt der üerr nit seiner
erbarkeit halb. Keisersberc post. 3, 64.
FIGATTER schlagen, tympano pulsalo ad iler convocare.
FIGEL, /■. lima, feile {sp 1448).
FIGEL.N, limare, feilen (sp. 1449). figelet, gefält. Gersdoef 102,
FIGUR, /. gestalt. menschliclie gestalt , axrjua icird goth.
durch manauli, ein allen übrigen deutschen sprachen entgehendes
wort, bezeichnet, unser gestalt dauert zwar bis heute fori und
ist sogar edler als figur, dieser fremde ausdruck fand aoer schon
im 13 jh. eingang, besonders bei Gotfried und Koärad :
bemeistert und berihtet
xe ritters flgüre. Trist. 168,13;
sin wät und sin flgüre
die scbephent woTaa im den man. 273,22;
von sin er {den riui)ps) kraft also verdaht
wart ir raenschlicli bilde,
daj ir ßgrtre wilde
wart in allen üf dem plan. tr. kr. 1208;
der Wunsch der hete mit gewalt
geschepbet die iigüre sin. 3033 ;
gestellet und gesticket
sin figüre schein alsus. 4547;
ligüren (gen. pl.) si da vil entwarf
in fremder forme bilde. 10552;
si was ein rouoter siner not
und der tigüren wiplich tformarum muliebrium),
in die verwandelt hete sich
sin vrecher lip vil unverzagt. 1.5C55;
so wunnedicb ti^i'ire
wart nie bekam, des bin ich wer. 17U54;
es wa<re bi den stunden
§ar eigenlichen funden
es andern fipi'ire
mit golde und mit In^ilre
gebildet und gebuochstabet. Engelh. 34(>3;
ich er^icbeiu als ein iigür (schalle, ycspeiut). M6U, 3,236';
Ton der gotebeite ^ebot
Sint an in zwä naiure
in einer tigüre. pass. H. 172, 72.
heute verstehen wir unter figur
1) iw allem, wie mhd., die menschliche gestall und erscheinung :
eine edle, ansehnliche, anmulige, stattliche, schöne, häsziiche,
lächerliche, armselige, elende figur, fr. figure noble, belle,
agieable, laide. man sagt figur machen, spielen, rolle spielen;
sie macht eine schlechte figur; Schwester Bähet, in so ge-
lehrter gesellschaft spielen wir nur sehr mitteimäszige figuren.
Kretschmanns famiiie Eichenkron 47; der stolze gedanke in
den annalen von Abdera dereinst figur zu machen. Wiela.vd
Abderilen 14,181; die alberne figur, die ich mache, wenn in
gesellschaft von ihr gesprochen wird , solltest du sehen.
GöTHE 16,51; mache ich mit meiner Verschlagenheit figur,
so ragt meine tapferkeit nicht vor. J. P. kumet 3,27; ein
neuer prinz, der aber freilich vor der band nichts weniger
macht als diamanten oder sonst nur figur von bedeutung
3, 96; die figuren in dieser gesellschaft sind immer die
nemlichen. schw. göra figur, au/sehen machen.
2) die figuren eines gemähldes, im gegensalz zur landschaft;
ausgehaune, geschnitzte figuren; die figuren des Schachspiels;
figuren im kartenspiel. Götter 1,100; figuren zeichnen;
die blätter. werden auTgemengt und frisch
ge.egt in neuer Ordnung auT den tisch,
doch immer sinds die nerolichen ßguren. Lsüac.
3) figur, in abstractem, philosopliiscliem sinn. Jac Böbme
bedient sich des ausdrucks oft für bild, symbol oder Wahrzeichen,
z. b. als gott den bund mit Abram gemacht hatte, so gab er
ihme das siege! des bundes als das zeichen und die figur,
auf welchen ens der segen gienge. mysl. magn. 408; die
innere figur stehet also. 4S4. 456; dieses ist nun die figur
des reiches Christi. 455; und haben wir dessen allhie an
Lofhs weihe, welche zur salzseule ward, eine figur. 457; die
allerinnerlichste figur von Loths weibe ist diese. 459; in
dieser figur ist zweierlei verstand. 564; welches eine figur
ist von der neuen geburt im reiche der natur. 570 u. s. w.
Gerb. Tersteege?( im geistl. blumengarten n' 91 sagt :
im herzen du {gott), dort auszen die figur,
ich liebe dich in deinen schildereien,
wo figur die erscheinungen der natur meint, bei Ka>t sind
figuren die typen, formen der Schlüsse: unter figuren sind die
vier arten zu schlieszen zu verstehen , deren unterschied
durch die besondere Stellung der prümissen und ihrer be-
grifi"e bestimmt wird. 1, 459 ; die wunderliche figur, unter
der sie die meinungen des gegners auftreten läszt. S, 150.
4) grammatische figuren, ungewöhnliche, aber geslaltole aus-
drucksweisen ; rednerische figuren, bilder und Wendungen, die
sich der redende erlaubt; figuren in der tonkunst, im tanz,
änderungen, abweichungen im ton und gang, geometrische figuren
sind aber zeichenhafte, beäimmte formen: eine dreieckige, vier-
eckige figur. dreieck, Viereck, vgl. bild, gestalt, schein, er-
scheinung, form und zeichen.
FIGL'RAL. m. concenltts, symphonia. Stieler 578.
FIGÜRAM, m. qui numerum explet, persona mula, neben-
person einer Vorstellung.
FIGCRCHElV, n. sie hat, ist ein zierliches figürchen.
FIGURE.NSCH.MTZER, m. scalptor ßgurarum lignarius. Güth£
28, 100.
FIGURIEREN, l) tr. fingere, bilden, gesalten:
mhd. BÜ schinet wol, da? ricbiu cleit
den man rilicbe stellent
und arme liute wellent
nach forsten figurieren, tr. kr. 3083;
darumb das der mensch ist gefiguriert aus widerwertigen
dingen. Aibr. von Evbe 20'; nachdem als got den ersten
menschen Adam erschaffen hat in menschlicher figur nach
seiner gestalt, hat er gefiguriert das weih Evam. 21"; recht
ist von den alten die geizigkeit mit zugebundenen äugen und
ausgestreckten henden , die immer zu nemen bereit sein
figuriert und abgemahlet worden. KiRcnuoF wendunm. 178".
2) inlr. symphonia canere, den figural mit einander singen
Stieler 578:
wir figurieren wol. die schönen künste steigen
auch mit dem trunke stets, diorben, flöten, geigen
sind unser tnglichs spiel. Flehi:(6 167.
3) tti/r. conspici, sich sehen lassen, nätil aliud quam adesse:
wie geister die gewächse figurieren. Tis« 2, 177 ;
sie figurieren blosz, ersdtcinen, treten auf ol\ns zu reden und
zu handeln.
1631
FIGURIST — FILZ
FILZ
1632
FIGUHIST, fli. symphoniacus. Lutuer 3,407*.
FIGÜRLtlN, n. figärchen.
FIGÜRLICH, fiyuralis, Iropicus, bildlich: figürlicher oder
bedeutlicber. vuc. 1482 h7*; die erkenntiiis durch Symbole
beiszt symbolisch oder figürlich. KantIO, 2U0; ein figürlicher
ausdruck; er liebte den verstand, wollte dessen haben und
bat golt um einen langen figürlichen hart. J.V. tcufehp. \,n.
FIGÜRLICH, trojiice: doch begleiteten mich jene beiden
eltcrliciien gaben durciis ganze leben, mit einer dritten ver-
bunden, mit dem bcdürfnis mich figürlich und gleichniswcise
auszudriirkeii. Götue 25, 305.
FIGÜRLICIIKEIT, f. figurücheil, bcdcutlicheit, figuralUas.
VW. 14s2 h7'.
FIGüRSTEIN, m, lilhoglyplius.
FIK.\RI, in. vicarius. Ghaff 3,441. nnl. vikaris. der herr
vikari. ijcdichl tun Coiinoui.
FILBEN, fuJere: man hawet, filbet oder bildet mit pillen
und ritzeiseii ein ritz. Mathesius 13s' = 1562, 19"'. 1587, 120',
ein auch von Frisch 1,20b' ausgchobucs, weiter gar nicht er-
scheinendes ivort, das doch kaum mit lil|ien, pfeifen zusammen
fallt, eher sich niü dclben berührt, nach dem Wechsel zwisdien
d und f.
FIELEN, excuriare, pellcm detrahere, das feil abziehen, schinden,
häuten, goth. wahrscheinlich liiljaii, ahd. lillun (Güaff 3, 4G0),
mild. Villen :
iwäre ö ich ir la-ge lästerlichen bi,
e liej ich mich scheru und villcii. MS. 1,81";
swer duj hnr so nähe schiel,
daj er die hi'il villet,
daiie Wirt niht gestillet,
suuder mßr geserel. Atrone 0170;
st begundeu mich scbern und Villen. Renner 14593.
nhd. Villen oder schinden excoriare. voc. 1482 kk4'; der gebot
sinen dienern, das si in schunten (l. schüiitcn, vom starken
schinden, schant) oder fliten. yesta Rom. K. 22. spätci- ver-
drängt durch schinden und niclU mehr bei Dasypod., Frisuis,
Maai.er, Hemsch, doch von Stiei.ek 400 angeführt, den idioliken
unbekannt, nnd. nnl. dauert villen fort:
ihr {liochdfulschen) schindet ewer aas, de rackers unse villen,
ihr siuct auf arsbackeu. wi sitteii up den Lilien.
LAiiiiKMBEnG 72,077;
do hat de arme Hans um dusenl giules willen,
de huren möchten en doch ganz und gar iiicli filleu. 140, 158.
FILLER, m. excoriator, schinder, carnifcx, licnker:
sträfer die heijet man vilier. Renner.
blieb an manchen orten in der form von gefiller, kafiller, kavilier
lanije ''iblich. Frisch 1, 266'.
FIEPEN, obslrepere, überschreien, von Orgelpfeifen, vgl. fiepen.
FILSEN, raccmari? item anno 1498 haut ain raut (hat ein
rath) und zunfimaister etlichen erlobt in irem vvingart zu
filsen und zu lesen, dan sie sich vasl beclagt haben, ir gut
well erfülen und verderben im feld. da hat man fünf bcnn
in der Neckerbalden ufgetbon und an andern orten, und
haben gestnpfelt und gefilst. Mone zcitschr. 3, 296. sonst un-
bezeugt, vielleicht /iir feilscn {sp. 14.^0), dessen bedcutung freilich
allgemeiner tsl, durch das beigefügte lesen und stupfeln wird
der besondere siun hervorgehoben.
FILTRIEREN, colare, durchseilien, durch filz laufen lassen,
engl, filier, nach fr. filtrer, iL feltrare. da diese zurückgehen
auf ags. feit, nrä. vilt, also alls. filt, ahd. filz, hatte die hd.
form lauten sollen filzen, das wir aber von filtrieren unter-
scheiden, r ist romanische einschallung: das musz erst filtriert
werden ; kaffe filtrieren, durch einen groben sack oder lOsch-
papier laufen lassen.
FILTRIERHUT, m. pileus colalorius: durch ülzene ßUrier-
hule seihen. J. P. Kamp. 23. lauter die ungefühlteslen pleonasmen,
da auch in filtrieren lilz und in hnt, pikms wiederum filz liegt.
FILTRIERSACK, m. sacculus colalorius.
FILTRlElt.STEIN, m. cot fiUrum.
FILWERK, n. pellcs, pclzwerk, fellwerk: und do schon ge-
wi'rbc gewesen, hat man da gewechselt oder gebeutet und
wahr an viabr gestochen oder partirt, wie der Semer körn
und der WiideUp {«üde Lap) filwerg au ander wahre sticht.
Mathekius 161' Ml 15H2, 230*.
VIL'A, m. und n. lana coada, verdichtete wolle, mlal. nilrtim,
voe. I»«.! h7* kk4, it. feltro, fr. feulrc, ahd. filz, mhd. vilz,
nnl. tili, agt. engl, feit, tdiw. dän. All, aber auch biJtm. pist,
lerfr. puft, foln. piUd, yr. nlkos, gefilztet haar, filz, ¥><thrend
lat. pilus das reine, unverworrene bezeichnet, pileus, pila ball,
gedrücktes, verarbcileles voraussetzen, dem gr. und lat. worl
mangelt der im deutschen zugelretne linguallaut. die in pilus
enthallnc Vorstellung des haars scheint grtindlagc alles, doch mu^z
die des filzes frithe entsprungen sein, wie m^-os, pileus und jula
bezeugen, ob und wann die laulversclwbnen filt und filz aus
pilus, pileus, die sl. Wörter, deren anstaut zu dem deutschen
stimmt, von uns entnommen wurden, bleibt dahin gestellt, bei
pIst uri plesli, poln. plesc, d. i. plicare, flechten zu denken, hin-
dert die lat. und deutsche gutturalii, so sehr sich ])lica ;ijr t>cr-
flcchlung, verfilzung fügt und so annehmlich selbst berührung mit
falz, plica (sp. 1302) sclwinen könnte, vgl. hernach filzen, cni-
faUen wir die bedeulungen.
1) filz ist das wiire, verwaclisne, klumpige haar, wie es als
verdnbnis oder krankheil erscheint, s. filzen, verfilzen.
2) oß gleichen sich haar und kraut, filago germanica heiszl
fiizkraul, Wollkraut, kätzclien; im Pöhmerwald und in bairuichen
landslriehen führen diciU mit mos bewachsne gründe die namen
filz m. odir filze f., z. b. Seefilz, Zwergbirkenfilz, Kolbcrfilz,
Elmoserfilz, vgl. Schmei.i.er 1, 531. Leopuecuting Lechrain s. 35.
allg. Zeitung 1855 s. 3145. wenn MSH. 2, 205' bildlich gesagt
wird :
sus nimi min sänie zuo mit vülen vilzen,
scheint die meinung, dasz faules mos sein getraide überwuchre.
3) filz ist nun hanjAsiichlich die gekremjite, gekrempeile wolle
der schafe oder auch das haar anderer thiere, wie der hasen,
rehe, ziegen, kanincfwn, woraus sloffe zu hüten, mutzen, schuhen,
decken, mdnteln und manclieiiei geräth gewonnen werden, und
die sämtlich das anfache wort filz bezciäinel: ahd. filz sagum
(Grakf 3,519), mhd. vilz:
einen vilz den hat 6r dar
ür also schöne gezogen. Neidhart 91,39;
dar hiej er im reichen
einen vilz weichen, ilauriiius 830;
inre des troul" Keie her
ze Tuoi^e, alsam ein na^^er vilz. Hsinr. Trist. 2169;
von vilze truoc er einen huot
und zwene schuohe rindcrin. tr. kr. 1652;
nhd. dicker lilz von wullen und haar gemacht, cento. .Maai er
135*; er wuldc is in heberten mit sinem libe uf sinen lip,
in sime einfaren rocke, mit sime loiden Schilde, mit sime
eichen kolbin, mit siine wiszen vilze, mit sime utgebundeu
huote. weisth. 2, 213 ;
aus alten schuochen ein vilz. fastn. 367, 13 ;
ich mein ich het ein samat gweben,
so hats ein läutern filz geben. H. Sachs L224';
und jenem, der sich was beschwert,
mit einem Alz die fliegen kehrt. Rincwalo Ir. Eckh. U2*;
höflich uf filzen schlichen {leise auf filzschuhen treten). Schade
sat. u. pasq. 3,32; send woiiiraulen in essig und netze einen
filz darin, druck ihn wol ans und legs warm über. Taber-
NÄMONTANus 398 ; den filz abnehmen, den hui, die kuftpe ablhun ;
herunter mit dem filz! detrahe pilcum^ honora quos honorare
debes aperto capite. Frisch 1, 206' ;
Hans Veiten klagt den köpf, sie {mutier Ursel) spricht, es ist
die milz.
der mann erschrickt und glaubts, und kratzt sich unterm filz.
Gottsched (/t'd. 1,.i05.
4) weil bauern sich mit grobem, rauhen filze bekleiden, geht
filz über m die Vorstellung eines bäurtsdien, ungeschliffenen kerls
und wird zur schelle: fseilliart s}»iclU zu den bauern
'ir dorper und ir vilz!' fasln. 428, 4;
die prinizit ist ein esel tnn,
die tcrz ist von sant Grobian,
hSimacherknecht singen die seit,
von groben fllzen ist der text. ürakt 73,51
do kam ein grober Alz nnd wolt zerstorn den tani.
Schade herijreien 108. Uuland 64H;
man findet wol etliche nllzen und filze mich unter dem adel.
Luther 4,386*; denn du weiszest. das alle weit von dir weisz,
wie du deine löbliche fürstin hülfest als ein voller, toller
filz und truiikenbold. Luther ed. Irmischer 26,58; wer kann
68 aber alles crzelen, wie gott sein eigen geschi>pf {nemltfh
die weiber) hoher geehrt hat, weder die groben filzen uf
erden, denen das weibeigesrhlerht stinken mi'is/, on wo sie
der armen creatur zur hurerei inisbrauchen. Ki.uy.m s ehliucJürin
El'; Eva: 'ei reicUest du (Com) unserin lieben hcrrn gott
die lioke band, du grober UU!' LeutiH. Jacobi dtdogm m«
1633
PILZ
fall Adams 1559 D 2' ; wo ein filz ist, der weder got noch die
weit fijrciit, iederman belestert, wan man dein wünschet, das
im ein rad über ein bein gang, das ist usz guter meinung
geschehen. Keisersb. s. d. m. 3S'; grober filz, düppel, slipes,
fungus. Maaler 135*; du bist ein grober filz, ich mein es
hab dich ein hutmacher gemacht. Schade sat. u. pasq. 3, 184 ;
mich wundert, das ir mit den groben filzen reden mügt, sie
schonen weder euer noch der heiligen weich (weihe). H. Sachs
vier dialoge 26,15; bei gott, grober filz, weh dir, dasz du
herein komen, denn du musl da eines scbentiichen tods
sterben. Amadis 133; bei gott, grober filz, du must mich
dahin beleiten. 173;
wer sich mit groben filzen hudelt,
zu lohn wird mit undaok besudelt. Lebmah;« 21;
sind sie alle die männer, filze sind es, hären sind es. Esgel
diamanl 128. nur selten in gutem sinn, der arme filz, der
arme kerl:
der tod, dem reiche krönen
und arme üb gleich werth. Weckherliü 191.
5) filz ist 'zähe', der grobian ist zugleich karg und geizig,
milde und freigebigkeü sind ihm fremd:
deu kargen beiszt die weit ein filz und wimer.
meisteil. f. 23 rf245;
das ir seit der allergröszt wuchrer
und der allerkergst vilz genant,
als er iendert ist in disem lant. fastn. 650,24;
so ist einer ein vilz karc. 653, 2;
aber von einem kargen filze redet die ganze stad übel nnd
man saget recht daran. Sir. 31,29; hie beiszt hund den
kargen filz. Lltber 3, 442 ; dem Junker Scharrhans auf dem
lande folget denn nach Junker Filz in stedten und er Omnes.
5,433'; kein hund noch saw, er sei ein scharrhans, filz oder
bawer, sol einen buchstaben vom evangelio kriegen. 5,434';
must milt und nit karg sein, oder du bist ein riilz und filz.
Pelr. 6l'; da werd ihr geld finden, dann der filz hats bei
der schwere, filz sag ich, dann ein hochgeadelt fürstlich
gemüt hat nimmer kein haller, die grobe unverstendige filz-
hüt schätzen und saramelen nur thaler. Gary. 219'; sei nicht
Tcrthunlich, sei auch kein karger filz. Philander 1, 633 ;
entschläft der karge filz, so fällt es an den erben.
TscHKRM>c 98;
derhalben kans wo! sein,
dasz ieder karger filz ein grobes masteschwein.
Kel'Mark luslic. 223;
der schalksfreund, filz und menschenhasser. Hagedorn . . . ;
der bissen that ihm weh, den er des tages asz,
die fruchte schmeckten ihm, die er nicht selbst besasz,
und endlich liesz der filz sein weih für hunger sterben,
er that es, o des schimpfs ! um mehr von ihr zu erben.
LiCHTWER fabeln (1775) 149;
der schlimmste geiz ist der, mit dem sich kargbeit paart,
der filz hat keine schäm und lebt nach pöbeis art.
ihn sättigt schimmlicht brot bei vollen speiseschränken,
sein keller liegt voll wein, doch kofent musz ihn tränken,
ist er bedauerns werth, wenn das erkratzte gut
blitz oder krieg verzehrt, ein böser söhn vertbut?
recht der Vernunft 70;
welch tödtender gestank hier, wo Lukrin begraben,
der unbarmherzge filz! ich glaube gar sie haben
des wuchrers seele mit begraben. Lessi^ig 1,6;
und was auch der filz von dem leibe sich schmorgt,
so bleibt ffir deu heitern doch immer gesorgt,
weil immer dem frohen der fröhliche borgt. Göthb 1,160;
der alte M. ist ein geiziger, rangiger filz. 16, 52 (in beiden ersten
ausg. des Weriher, 1774. 1775 stefit dafür 'hund'); weiszt du
noch, wie tausendmal du, (fie flasche in der band, den alten
filzen hast aufgezogen und gesagt, er soll nur drauf los
schaben und scharren, du wollest dir dafür die gurgel ab-
saufen. Schiller 107'; reichen filzen ein drittheil ihrer sorgen
vom halse schaffen, die ihnen nur den goldnen schlaf ver-
scheuchen. 109';
0 geld, dir wuchert der filz. Platih 265.
auch bühm. ist pistnak ein filz und knicker.
6) hiemach begreift sich leicht, wie filz auch einen, sdion in
der scMte liegenden vcru:eis (objurgaiio) ausdrücken kann, es
heiszl einen filz geben, ertheilen, austheilen, lesen, abziehen,
bringen und einen filz erhalten, einnehmen, bekommen: gab
also heimlich und überquer dem rath ein filz umb der nach-
lessigkeit willen. Luther lischr. 60'; danimb ist ihme von-
dem hofratb ein grober filz (dem groben gleichsam der hui)
abgezogen worden. Scbehtlins ie6en s. 314; was sols sein?
man wird filze austheilen. herz, Heins. Jül. 340 ; man theilet
filz« aus. 351;
Ul.
FILZ — FILZEN
ich bitt dich, du wollest mir beistahn
und meinem manu lesen ein filz. Atrer fastn. 64*,
1634
wie einem die leviten oder ein capitel lesen ; möchten gute
filz und capitel herab gezogen und ertheilt werden, gespr.
Augsb. bürger s. 86 ; einen guten filz gebracht, a. 1629 ; einen
starken filz 'bekommen. Witzenbürger 2, cap. 2 ; aber der alt-
künig gab seinem söhn ein filz, dasz er dem alten rath
übers rnaul gefahren und seine meinung nicht hören wollen.
Lehmanx 1,630; der doch selber nichts recht thun könne,
getadelt werde und filze musz einnehmen. Pbilander 1, 628;
hat es beim könige nichts als lauter filze davor abgeben.
CeEa.MTz I, IS''; das machte, dasz ich auf dem ganzen weg
nur hin und her gafte, wenn hingegen berzbnider an seinem
rosenkranz betete, deswegen ich manchen filz bekam. Simpi.
K. 673 ; aber ehe sie sichs versähe, war die Jungfer gebulzt
und gemutzt, derowegen liefe sie selbsten im hof und gab
dem meier mit harten Worten, dasz es der Junker vorm thore
wol hören konte, einen groben filz, um willen er den recht-
schafifenen cavalier so lange warten liesz. Vogelnest 1,2; und
wann ich je unterweilen die nasen darüber rümpfete oder
das maul verkrembte, da gab mir mein herr einen filz. fr.
Simpl. 1, 50; aber er muste wider sein verhoffen einen dichten
filz mit nehmen. Weise kl. leute 41; was den befebl betrifl,
so ist er zufrieden, dasz dieselben mit ihrer gewöhnlichen
befehlshaberei denen guten mütlern einen tüchtigen filz geben,
die es denenselben nicht nach ihrem sinne machen. Güthe
29, 211. ähnlich, es wird kappen setzen, schelte, verweis, s. kappe.
7) unverständlich bleibt eine ahd. glosse scellifilz, sceltifilz,
saluistros, scaluistros (Gräff 3,519. 6,488. Diefenbacb 516'),
solange der mlat. ausdruck selbst unverstanden ist. zw-ar hat
Frisch 2, 172' scheller in der bedeutung von filz, exprobratio
cum elamore, was zu schelte unter 4 stimmen könnte; doch war
dieser sinn, so viel wir wis.^en, dem ahd. filz noch fremd, das
deutsche wort scheint das romanische blosz unsrer spräche geßg
machen zu sollen, it. ist scalfitto levis iclus von scalfire (excale-
fieri?), neuere Wörter klingen nicht an.
8) magdeburgisch filz, benennung eines biers. Garg. 59'.
9) filz der äugen, isopia. toc. 14S2 h 7*. Diefe-xbacb 310',
«n fehler, fleck im äuge?
FILZARBEIT, f opus coactüe.
FILZARTIG, coactilis.
FILZBALL. m. pila filtro referta.
FILZBÄLLCHEN, n. kleiner ball zur retnigung der platten
beim kupferdntck.
FILZBAUER, m. hämo ruslicus, s. filz 4:
nun pin ich gar zu groszen schänden
gemacht von den vilzpauren. fastn. 414,36;
da komen ril hin der vilzpauren. 416,14;
wer wolts im anders nachmols eigen (s. /.),
seit der ßlzpaur eim konig wolt schweigen (s. /.). 538,24;
du filzepauer und esel! Stei.nböwel dec. 3S0, 4; ze versteen
geben, wie er doctores und nicht filzpauren aus dem pflüge
mit im soll gen Florenz gefürt haben. 488, 36. s. filzgebauer.
FILZBESATZ, m. limbus lanae coactae.
FILZBLECH, n. worauf die hutmacJier die wolle filzen.
FILZDECKE, f. stragulum e lana coacta.
FILZEISEN, n. womü gefilzt wird.
FILZEL, n. bei Helblixg 1, 1148 ist undeutlich.
FILZEN, 1) lanam cogere , Ü. feltrare, fr. feutrer, bühm.
pistiti. man derüct leiclit auch an falzen, das wir doch oben
sp. 1303 mit falten gleichsetzten, wä/irend in filzen pilus haar
enthalten schetnt. nach dem fachen (zei<'en, sp. 1223) werden
die haare von den hutmachern gefilzt. Brosesiüs 132. calcei
viltiati. eh. a. 1146. MB. 9, 503 ; gevilzt schuech. a. 1347. MB.
12, 316. seiden fdden filzen sich nicht, aber haare filzen sich, dasz
man sie nicht mehr auskämmen kann, von einer teufelin heiszt es
vilzet ist ir loc. Apolloniux 4368,
verfilzt, verworren, vgl. antvahs und verworren En. 84,38. 85, S
cofi Sibylle, auch figürlich von anderm, das sich wirrt: und
damit solche materien gleich bei einander erhalten und zu-
sammen geküttel und geleimet oder in einander gefilzt werden.
Mathesics 32'; etliche lassen (6e» rfernia/;^erei/H nj) den waizen
auswachsen so lang er will, der meinung es könne nicht zu
riel sein, ob er sich schon zusammen filzet. Hohberc 2, 79';
auf welche rohe weise Newton sein weiszes licht zusammen-
krämpeln und filzen will. Göthk 59,238; denn hier ist nicht
von krämpeln, filzen und kardetschen fertiger farbenlichter
die rede. 59, 240. s. verfilzen.
103
1635
FILZEN— FILZGEZELT
FILZGRAS— FILZIG
1636
2) lana coacia veslire, grob kleiden, vas dann unmülelbar in
scMle übergelU: grobe gefilzte narren. Keisersb. narrensch. 116.
3) filzen, kargen, parcere: dieser daheim filzet und karget.
Kirchhof trendunm. 1S2'.
4) oOjurgare, schelten:
was macht ihr in meim haus?
dort lilzt ich euch hinaus,
so seid ihr jetzt widerkoinmen,
darob hab ich ein graus. Athkr fastn. US' ;
ei sie werden mir webe damit tbun, wenn sie micb filzen.
herz. Heinr. Jdl. 341;
er sieht mich beim essen und trinken nicht gern,
fllzet mich aus und läszt mir kein ruh. Abele 4,504;
musz aber docb ein wenig filzen, dasz ihr mir eine ent-
scbuidigiing macht, mir ewern neujahrswunsch in post-
scriptura geschrieben zu haben. El. Chabl. v. Orl. s. 119 ;
weilen der könig mir befohlen m* de Berry zu filzen, wenn
sie was Unrechts thete. 103. s. ausfilzen, erfilzen.
FILZEN, coaclüis, mhd. \iilzin,
den Tilziuen huot. G.4. 2,43S;
und seint von dreien stücken zusammengesetzt, unden hülzin
und oben filzin (unten holzgeschuht, oben ßhhulig, in der mitte
der leib). Keisersberg narrensch. 29', bei Bhant Tod" unden
hülzen, oben fülzen; ist mancher nicht grosz, so wer er
doch gern grosz. sie seind aber lent von dreien stücken,
tragen hohe hütlin auf den köpfen und hohe holzschuh oder
banfoffeln an den füszen, seind oben filzen und unden holzen.
seh. und ernst 1555,216; darnach nam er ein filzen hfit und
mantel und walstab in die band. Aimon v4'; durch filzene
filtrierhüte seihen. J. P. Kamp. 23.
FILZER, m. 1) pilearius, der wolle filzt, hüte machl.
2) objurgatio, verweis, ausputzer: durch der frau mutter gute
wort und schankung sich von der zucht und Unterweisung
abschrecken und bethören lassen, damit dem jungen herrchen
nur kein streich oder filzer werde. Pbilander 1, 614.
3) homo aiarus, geizhalz, knicicer.
FILZEUEl. f. sordes, araritia, knauserei: was ist der neid
änderst dann filzerei, warauf schweren ihr, dicweil ihr nichts
können noch wissen? Paracelsds 1, 151'. Stieler 467. Kuian
144' hat fielterije spurcUia, fielt nebulo.
FILZGEBAUER, m. uos filzbauer, niM. vilzgebftr, vilzgebftre :
ich hrer wol, daj du von natür
bist als ein krieger (? karger) vilzgebür. Renner 6024;
des sprichet manec vilzgebür
sime wibe dahcime vil bcesiu wort. 11395;
du bist sinne und witze ein slür,
Worte und wfrke ein vilzgebür. 12195;
ob ein wip zart ist von natür
und ein uoertic vilzgebür
unzühteclich ir walten wil. 12955;
da; merkent die gehörten ba; danne von rShter art ein vilz-
gebüre. Albr. Til. 5345;
das »ah ein vilzgebüre. MSH. 3, 202';
dö stuont vil manic vilzgebür. 3,238';
dö vrägt ich einen vilzgebür. 3,304';
fiM. da bist ein rechter plehingere
und ein edeler vilzgebaur. Kellers erz. 464.
v^. gebauer.
FILZGEFCLLSEL, n. ohne eben viel dank für das auf-
gesetzte filzgefüllsel haben zu wollen (der lange prorisor drückt
dem kurzen seinen mit eiern angefüllten hui auf den köpf), i. P.
Hesp. 2, 58.
FILZGEIGE, f. politura peclinum, ein mit feinem filz bezog-
net Werkzeug der kammacher. Frisch 1, 266*.
FILZGELEICH, m. articulus, puljia pedis? wenn nictU ver-
schrieben für fuszgeleich, fuszgelenk, in fdtjender stelle schwer
XU deuten: Magis nom einen seiden faden, den (bei er weschen
und Reinharts braunen in den filzgelcith darmit hart binden.
Aimon k3'. in den andern bearbeitungen der sage wird das
pferd am fusz gebunden, d-isz es hinken musz. geleich scheint
das ahd. gileih arlus, puljia {(Graff 2, 151), das mhd. geleich,
gleich articulus (wb. 1, 960'), doch sind beide neutral, nictU
männlich, filz könnte die filzige, pulpose sleUe des gelenks aus-
drücken, KOS drr besldtigung bedarf für ein adv. Idszl sich das
«M filz getrennte geleich schwerlu-h nehmen, vg/. noch fisziacb,
flszteicb in den cor. zu Flore 2761.
FILZGEZELT, n. lentorium stragulis tedum, s. Ulzhaiu:
mhd. docb mit werlirher hant
llgen »\ le v^Me
under nancKem vllifctClde. Errut 39M.
FILZGRAS, n. filago, ein dichtrerschlwngnes, niedrig am baden
wachsendes kraul.
FILZHAUS, n. ahd. Ismahelitae, die der hüser ne habent,
sunler okkeret vilzhös. Williram 7, 25, wo die andere hs.
wildes höta, feile.
FILZHOLZ, n. was filzgeige.
FILZIIUT, m. endo, pileus e lana coacta, bühm. pIstSnice f.,
im voc. 14S2 kk4' calendrum; einen vilzhuot und zwfine henl-
schuohe. weisth. 4, 263 (sdion im 13 jh.) ;
ir bar Im zopf geflochten ist wie ein filzhut. .
meisleiij. 23 «• tl ;
wenn sie (die kucken) gar schmalzig sind und gut
und zurgen (zergclm) in dem mund als ein vilzhut.
fasln. 374,27. 791, 12;
im Winter ist dem bilger not der dick grosz zoltecht ßlzhuL
Keisersb. bilger 62*; ja mit einem filzhut würden sie fünfe
tod werfen. Luther 3,134'; ein bawer würde mit eim filzhut
zehen feinde zu tod schlagen. Alberus wider die leie der Carl-
slader 0 3'; da seind sie (die gefangnen) oft so wolfeil, das
man vil umb ein schlechte summ gells kauft, ja etwan ein
mensch umb ein filzhut geben wirt. Frank weltl). lOl'; ist
es nit abendeurig, das man solichen dreien stiften golt gut
und gelt mit breiten filzhuten bringen sol? Schade sat. und
pasq. 3, 41 ; aber in ander leut baut schneidl man wie in ein
filzhut. Lehmann 97 ;
es ist ins andern or zu schneiden wie in ein Olzhut.
Schade sal. u. pasq. 1,170;
nach ist das hier dick und gut
und schmeckt wie ein filzhut.
vorzeiten war der kophant sterker.
Ad. Scul'bartu der sieman d. i. wider den hautteufel.
Wehienfels o.j. üb';
was Wolfens thon? wöln sie zu spot
wol mit lilzhüten werfen zu tod? II. Sachs IIT. 1,40';
wies der herr Jesus so weit versähe, dasz er in den öligarten
kam, da ward seine sache zum filzhut (tum quidcm perieral
fundilus). Mei.ander jocoser. 2 n 111 (nach der Licher ausg. von
1604 s. 455 n° 511); alles mit einander ist verspielt und zu
einem filzhut worden. Avher }yruc. 1,9; ihn diinke, wenn er
das leben hätte, er wolle noch schweizerisch und bairisch
lernen, denn dieselbe sprachen sonderlich anmutig und ver-
giengen einem die Wörter im maul als wie ein filzhut.
Simpl. traumgesitht von dir und mir s. 743; der oflermals einen
schaubbut setzt, da einer wol eines guten filzhuts bedürfte.
ScHüPPius bei Wack£rnagcl 3, 750 ;
ich habe verzert mein valers gut
bis auf einen alten lilzliut. tcun(/e)7iorn 2,75.
steht auch persönlich, wie filz, als schelte:
wir wellen nit mcr leiden
den groszen übermnt,
den geilen uns tut treiben
ein ieklich grober lllzhut. Uhla>d 6S5;
ja ja, da kömmt der grobe filzhut. causenmachcr 142 ; Ohn-
macht fallen, alter filzhut, das wäret ihr noch werth! Arnim
scitaub. 2, 76. s. oticA die unter filz aus Garg. 219' angeffüirlc
stelle.
FILZIltTEL, tl. wenn wir recht Christen wollen sein, so
würden nit so vil roter filzhütlen (cardindlc) sein, man würd
wenig der römischen bähen achten. Scbade sat. und pas^.
2, 122.
FILZICHT, l) coaclilis: eine filzichte masse, flizichles haar.
2) figürlich, ich musz hie seines (Zwingli.^) filzichten, feind-
seligen deudsches brauchen. Luther 3, 345'; versiehe ich
sein flizicht, zötticht deudsch recht. 409'. s. vorhin über
schweizerisch und bairisch.
3) sordide avarus:
man kann mit ftig und recht den aufgehlasnen reichen,
der karg und lllzlchl ist, mit einem schweinc gleichen.
^■tMA«K tuMwatilclu'ii 223.
FILZIG, wie filzicht,
tl coachlis, filzige wolle, fllziges haar; mit zerrissenem
filzigen kleide. Fr. MIJlleh 2, 187.
2) von pflanzen, tomentosus. fein gepul.^terl.
3) sordidus, illiberalis: ein filziger geizhals; seine hauswirt-
»chaft war zu seiner eiiiiiahnu' mehr filzig als genau zu
nennen. Uipz. avant. 1,52; filzige habsuiht. Kant tO, II.
FILZIG, adv. Uliberaliter :
nin ;iirrii'ii(Mi, dasi
er nur den müii »ollt rr auch
de» mnngeix in um ili« pnb«
nach dieser ur> i./uwftgcn. Luftn« S,2I1.
1637
FILZIGKEIT— PIS2S0HLE
FILZSTIEFEL — FIMMEL
1638
FILZIGKEIT, f. nach den bedeulungen des adj.: seine Vor-
rat hskammer zeigete eben von einer groszen filzigkeit. Leipz.
atanl. t, 54; neben dem sind mir wenig leute vorgekommen,
die ihn in knickeriger filzigkeit übertroffen hätten, c/u eines
weites 47.
FILZITÄT, f. dasselbe: ists beschwerlich und verdrieszlich
einem herm gelrew dienen, der es aus kröpfischer filzitet
nicht erkennt. Lehmass 144.
FILZKAPPE, f. cucullus e lana coaeta.
FILZKEGEL, m. starkes papier, das die hulmacher beim ßlzen
ticischen die fache legen.
FILZKEKN, m. dasselbe.
FILZKLEID, n. endromis, ein dichtes Ideid der jäger. Fbischmn
nomencl. 4TS.
FILZKRALT, n. cuscut<i, zwirnrnnde, flachssäde, (lachsdoUer.
LosicERCs 236', sonst auch ßlago germanica oder calUia palustris.
ScB5URR 1664 s. 22S. HoHBERG 1, 534*. cuscuta zurückiufüJiren
aufs gr. xäaao?, xaaovs, worin die Vorstellung des zottigen ent-
halten, das kraut hat dichte, rerscUungne fasern, s. flachsseide.
FILZKRAL'TWASSER, n. zeit seiner distilüernng ist, so
die faden knüpf oder samen tragen, das kraut hat nicht
Weiter wie ander kraut, zu derselben zeit gebrandf. Lo.'si-
CERl* 237'.
FILZLÄPPCHEN, «. ein Stückchen filz oder leinwand zum filzen.
FILZLAPPE, m. ein stück filz, cento.
FILZLAUS, f pediculus pubis, morphio, nnl. filtluis: zogen
frische hembder an, newe kleider über alte filzläus. Garg.
174*; dieser Fritz einen langen hart hatte, welchem eine
filzläuse {so) wol 40 meil weges zu ehren reisen mögen.
hicundiss. 197; für siebzehn jähren, wie mich dlieb noch
gjuckt hat, wie ein filzläus. Schwabe tintenf. 54;
so frölich as ne fihlus schier. Fr. Recter riemels 4 aufl. 206.
in mehrem städlen heiszen oder hieszen gössen und bierhäuser
filzläus, die gülden filzläus. figürlich,
sonst in der weit pehts also ru,
manch filzläus schlimm macht grosz unrah
mit zorn, neid, hasz, stolz, übermuth.
tbu gmach gsell, zuvil nicht gut thut.
pEfERABETtD jag Und wetdwerkimch 57*.
FILZLEIN, n. mW. vilzelin:
do sazt er die glrpvin
Torn üf des satels Tilzelin. Parz. 537, C.
v^. filzsatfel.
FILZMACHER, m. pi/earius, nni. viltraaker; Tilzmacher oder
huter, fiUrifex. roc. 14S2 kk 4' ; ist noch auf disen tag etlicher
reichen filzraacher red, bei handwerkern und baursleuten.
WickRAM piiqer L3 6/. 40.
FILZMAMEL, m. sagum ejana coaäa:
ir reutr, ich sih ein dort von weiten
io einem filzmantel her reiten. H. Sachs V. 341';
disz gebew war gebawet . . . nach dem hirzhnm, wie die
statt Brundus, und nach eira macedonischen filzmantel, wie
Alexandria. Garg. 275'; 1 fl. 3 gr. für 2 vilzmentel (o. 1515).
mittheil, des Ihür. sächs. Vereins V. 4, 43.
FILZ.MLTZE, f. was filzkappe.
FILZRAUPE, f. raupe der phalaena potatoria.
FILZROCK, m, sagum, kotze. Dastpodids 290'
FILZSATTEL, m. sattel mit fihbesatz.
FILZSCHUH, m. calceamentum laneum. ror. 14«;2 kk 4*. Dast-
PODILS 290\ filzschuch, sculponea. Ma.^iler 135', geschlächt
mit filzschuchcn, sculponcalus.
FILZSOCKE, m. soccus:
der Winter zog gar unverholn
daher mit kalt schneidendem lufl,
wäld und heck waren al betufl,
wunn und freud er eins nachts erfrört,
mit lerman war das volk entpört,
und flöhend das viech in die stell,
das Tolk sich alles wapnet schnell
in pelz, rauchmützen und filzsocken,
paotolTel, bendschuch unerschrocken. H. Sachs 1, 422* ;
die würz sind steinhart, wie die grieben,
wil ieder in ein stifel schieben.
auf dasz mir die fösz nit erfrieren,
wenns schneit, thut glenstem und gefrieren,
sind nutzer mir als zwen filzsocken,
wenn ich zu nachts geh zu dem rocken. V,349';
den fünften (pUger erhascht er) durch ein schnitt im schuch,
den er (der pilger) minders tnirkens halben drein gekerbet
hat. also da« die filzsocken Iirraus ragten. Garg. 238*.
FILZSOHLE, f. solca t lana coacta.
FILZSTIEFEL, m. ocrea e lana coacta: bis der ochse wird
filzstiefeln tragen. Weise erzn. 345.
FILZSTÜCK, n. ein groszer fetze filzes.
FILZTAFEL, f. vorauf der hutmadier die wolle filzt.
FILZTUCH, fl. vas filzlappe.
FILZÜBERZUG, m. gelheerler eines dadus
FILZUNG, f. 1) coaclio lanae.
2) objurgatio, renceis. Risgwald lata. warh. lOS.
FILZ WERK, n. opus coadile, alle aus ßz bereüden waaren.
FILZ WOLLE, f. lana coactüis.
FIME, f. acervus, nd. form für das hd. feime sp. 1451 : des
nachts ist unter blauem himmel die heufime sein belle ge-
wesen. Mosers werke 1, 175. Scbahbacq 270' schreib! fimme,
soirol für den häufen garben, als für heufimme und hollfimme.
Danseil 51' fim und fin, das er auf holtfim einschränken, da-
gegen von körn, stroh und heu dim gebraudä tcissen wiU. fim
und dim, fime und dime, fieme und dieme sind aber dasselbe
wort, nach dem irechsel zirisdten f und d. das nl. Tim soll
einen häufen ron hundert bündeln oder büscheln bedeuten, die
ddinung fieme gleicht dem nhd. fehme ßr ferne (sp. 1516). es
tritt hinzu, dasz, wie schon sp. 1516 nachgehet wurde, im hebe-
register ron Werden aranfimba einen ernte oder getraidehaufen
ausdrückt: debetur autcm aranfimba quod dicitur, id est unus
acervus, dari sex mansis, uv die worle 'quod dicitur' über die
voUcsmässigkeit der deutschen benennung keinen zweifel hinter-
lassen, mit diesem alls. fimba trift nun die zweimal verzeich-
nete ahd. glosse finbAn, pigä, acervos (Graff 3, 523) zitsammen,
finbä bedeiäet gleich piga acervus. sonst bindet sich kaum n,
gern aber m mit b, ist finbftn zu bessern in fimbftn? fimba
mag in fima, fimma übergehen, wie lamp, snamp in lam, saam,
gen. lainmes, suammes.
solche ausdrücke dürfen hohes alters sein, da vom volk an allen
namen und gebrauchen des landbaus zähe fesigelialten wird, nur
fällt es sdiwer das auf ihnen liegende dutikel zu zerreiszen. m
ermangelung besserer beweise stäien blosze rermuUtungen frei,
alts. ist femea, nocA der andern hs. fehmea Hei. 9, 22 rirgo,
ifo:« sich ags. fsemne, fries. fämne, alln. feima, am merkwür-
digsten das unverschobne lat. femina, it. femmina, fr. femme,
sp. hembra ßgen. gerade wie aus femina dies letztgenannte
hembra, könnte aus femea fimba erwachsen sein, nun wird
Terschiedenllich beim emtefcst eine garbe geschmückt, als mädchen
oder puppe hämgeführt (Hacpt 7, 3S9 — 393), wie wenn ron
femea überhaupt der name ferne, feime, fime für die garbe
oder das garbengebund ausgegangen wäre, analog läge die aus
mavi, mouwi entsprungne benennung der handfessel mouwe,
voron ich anderwärts gehandelt habe, und selbst die peinliche
feme liesze sich am ende noch darstellen als fesselnde, züchtigende
Jungfrau, deren spur in den sagen ungelU^ blid); die gauner-
spradie verwendet fehme ßr hand (handfessd?). der feme der
eichein und bücheln im wald läge die des getraides auf dem acker
nicht allzufern, dieser einfall hebt das sp. 1517 vorgdragne wieder
auf, musz sich aber lächi zurück ziehen vor einer hernach unter
fin milzulheilenden dritten ansieht.
FIMER, m. canis sagax, Spürhund?
die wilden schwein die sind auch gut
wer mit der hetz sie fahen thut,
die fimer müssen sie ausspürn,
waidicui und rüden must mit fTim. H. Sachs 1, 424*.
nur in dieser einen stelle aufzuweisen ; stände fenner statt fimer,
so liesze sich an fenn sp. 1518 denken.
FIM.MEL, FEMEL, ni. heiszt dem rolk der gelblieh blühende,
keinen samen lraf,ende kurze hanf, dessen zartere Stengel früher
reifen und gcrauß werden, als die des langen, kömer bringenden,
welcher in der Sdtweiz mäschel genannt wird, die namen sind
aber verdreht und fimmel, d.i. cannabis femeüa auf den männ-
lichen, hingegen mäschcl, cannabis mascula auf den weiblichen
angewandt worden, weil der sinnlichen ansdiatiung die stärkere
pflanze männlich, die schwächere weiblich erschien, die natur-
forscher stellen das richtige rerhälinis her, ihre benennungen lauten
darum den volksnpJszigen ganz entgegengesetzt, schon bei Maaleb
135* war fimmel fehlerhaß der kurze hanf. weder Frisics,
Dastpodiüs, flOcA die bei Diefendach unter cannabis ausge-
hobnen glossen liefern das wort, weil mäschel neben fimmel
steht, läszt sich letzteres sicher nicht aus jenem allen femea her-
läten und mag erst im IC jli. aufgenommen worden sein, in
Österreich sagt man für fimmel bästling. auch engl, fimble.
FIMMEL, m. bergmännivh, ferramerttum, ein eisenkeil, der
zwischen das gestein getrieben wird, bOhm. fimol, fimel, dunkler
abkunß, dem rorausgehendea fimmel unrrriranrf.'; aber ein
103»
1639
FIMMELBÄUSCHEL — FINANZ
FINANZ— FINANZKR
1640
Testern gang, der sich hauen läszt, auch ein vestes und
noch vesters gestein des hangenden geninnen sie mit stärkern
hergeisen, neniiich mit dem fimniel also genannt. Bechius
Ayricola 83; nun kommen wir zu ewenn schlegcl und eisen
und was ir ferner für gozaw zu ewer liergarlicit im schürfen,
reschen, Stollen, schechten, strecken, hornsletlen bedürfet,
als klein und grosze peuschel, handfeustel, blölz. federn,
keil, fimniel, ritzeisen, keilhaw, kratzen u. s. w. Mathesiüs
1562,196' = 1587,137'; man hawet mit piilen und rilzeisen
ein ritz und setzet keil und plolz und fidert oder ketzert
die ritz aus mit fimmeln und federn. 1562, 197' = 15^7, 139";
wenn man den stein mit fewer hebet oder ritzet in mit
fimmeln. 1562,314'. Hertwig 134' hol das worl, in den neueren
idioliken von SciiEUcnENSTUEL und Gätzschmann maugell es.
FIM.MELBÄLiSCHEL, m. ein schwerer Hammer zum einschlagen
des ßmmcis.
FLMMELF.\USTEL, m. dasselbe.
FIMMELN, den kurzen fimmel ausziehen. Maaler 133*; 6«
ScHMELLER 1,531 allgemeiner: aus fruchten, die auf dem felde
stehen, die reifen lesen und sclieidcn. das nnl. fijmelen, bei
KiLiAN femelen bedeutet kaarden en de noppen {vgl. sp. 1575)
afpluizen, ähnlich unserm federlesen. s. auch fummeln.
FI.MMELN, bergmännisch, den ßmmel einschlagen, einhauen.
FIN, FINE, acervus, slrues. fin hier aufzustellen berechtigt
die ron Danneil 51* neben fim ausdrücJilich gegebne form und
das schon vorhin angeführte ahd. finhd. fin könnte den vorzug
verdienen vor fim, wie mlul. turn ror nhd. tliurm. noch grüszeies
geuiclil haben ags. ahd. und fremde tcörter. Lye gibt das ags.
vudufin, vudefin ligni strues, glossen bieten dm dat. vudufine
strue, congerie (Haupt 9, 464"), vudefine strues (Wrigiit 39').
in einem grenzbcgang vom j. 931 bei Kembi.e 5, 194 liest man:
ford lö |jära ealdan ädfini {zu dem allen feuerhaufen, Scheiter-
haufen), of {)äm finie (von dem häufen) up tA [)äm ealdan
elcbeame. der artikcl |)äm fordert ein m. oder n. gleichviel
mit vudufin erscheint anderwärts finvudu, und in einem west-
fälischen weisth. von 1411 (3, 82. 83) vineholt. Otfbid bezeugt uns
ahd. witufina oder witufina, rogus, strues:
in then alteri crnan legita,
so druhlin imo sagela,
thia liebün sein sina
ufan ttiia wituvina. 0. II. 9, 48.
hierzu stimmt ßnn. pino slrues lignorum ordinala, estn. pinno,
lit. pinnai (;>/.) tanncnäste zum zaunflcchten, piniift twora, ge-
flochlner slrauchzaun, pinti flechten, winden, skr. pind, coacer-
vare, colligcre, es ist bekannt, dasz die scheilerhaufcn zum leichen-
brand mit dürnern durchflociUen wurden, war nun Ana oder fin
sdicilerhaufc, holzhaufe, so wird es auch für die anhdufung von
heu, Stroh, getraide und von garbcn verwandt worden sein, dem
finba lag vielleicht ein ältn-es finiba zum gründe, nachlwr gieng
finba in fimba, dies endlich in fime über, die vorhin gewagte
hcrleilung aus f^mea ist damit aufzugeben, ein so altes wort vcr-
diente, dasz man in seine beschüffenhcit von allen selten her zu
dringen sucht.
FINANZ, f. pl. finanzen, gebildet wie exspeetanz, ojiservanz,
pelulauz, Vigilanz, cadcnz, excellenz, sequenz, audienz, con-
Tenienz und eine menge anderer, die ins deutsdie Wörterbuch eist
dann gehören, wenn sie häufigen gebrauch oder besondere bedeu-
tung gewonnen haben, alle gehen zurück auf lat. antia, enlia,
ienlia, diese auf participia pracs., obgleich das zum gründe liegende
verbum oß erloschen ist {z. b. in clemenlia, frequenlia von
Clemens, frequens). tia wurde it. in za, sp. in cia, fr. in ee
gewandelt, ntui. genügte bei der aufnähme bloszes z, nnl. blieb ce.
nUid. sluszen nur ein paar auf, unkenntlicher und männlich
gcmaclit (govenanz, requianz, ridewanz, wie doch reverenz m.
noch Felsenburg 3, 393), seit dem 16 jh. bleiben sie weiblich und
mischen sich in unsre spracJie vielfach störend ein.
finanza rülirl nun her aus einem neben flnire aufkommenden
finare, praeslare, componere de ]iecunia solvenda. quittieren, bezahlen
und der pl. Hnanzc drückt aus geUlangeleyrnhciten, Zahlungen, ein-
künfte. sonderbar steht aber das nhd. linanz int 16 jh. (und
aus dem 15 vermag ich noch keint aufzuzeigen) beständig im Übeln
tinn für betrug, list und böse ranke, der verkehr mit geuinn-
türldigen welschen kaußeuten und unterhlndlern musz damals
den eindruck hinterlassen haben, dasz ihre finanzen und geld-
geschä/le auf uuclier, kniffe und trug ausgiengen:
wikIixc daü Intili iiml aiirti it.in f^rat,
al> titiireu, flnani, iiriil und liaix,
»o hi-ticii <lie tchar und rindcr
bcur dia jar cia t^Sten witiirr.
Kki>Eii>.i;Kiu niiiirtucli. Id4)
wie das einer, bapst Clemens genant, sich zum regiment in
unser heiligen, christlichen kirchen durch simonien, mit gelde,
heimlichen listen, allerlei finanzen, bösen tücken und an-
schlegen schendlich eingekauft. Lütuer 6,329'; Hnanz oder
praclik. Oberun 392; sich aller finanzen understehen. Wiciba«
roliw. 52;
sag, was wilt suchen in der weit,
dann untrew, tiiianz und das gelt
band ietzund so gar überhand,
das irew ist gwichen aus dem land. bilger g2, 6f. 22;
dan der bapst hat uns mit flnanz
dem teufel gbunden uf den schwänz.
Schaue sat. u. pasq. 2,202;
all gottlos wesen und finanz
ist römischer bapst rosenkranz. KiRcuuor tcenJunm. 372';
wir wollen stechen discn bock
und tunken in das pltit den rock
uf abentheur und frei feinanz,
damit uns sicher gral die schanz.
. , . TuiKBOLT Gasts Josetth. 1540 B6;
der nicht in dieser weit
auf Wucher thut sein gelt,
linanz damit zu treiben, ülknbkrg psatt. 49;
umb unser schalkheit und finanz. II. Sachs III. 1,64';
auch schwinde ßnanz hellen machen. III, 3,35*;
kauTmaniis flnanz
^ar und zum tail
ist all'-'s Tail,
es gilt in gleich,
das himelreich
gend si umb gelt. Schade sat. und pafq. 2, 161 ;
damit mag man die pfründcnkremer mit irem finanz vertilken.
3,61; einer führt sein söhn vom dorf in die Stadt, den be-
schisz und finanz bei den krämern zu lernen. Lehmann 107;
durch betrug, finanz, geiz und wucher. 191. im 17 jh. ist
diese sddimme bedeutung allmälich erloschen. ImUe verwenden
wir das wort häufig, aber in der französischen bedeutung und nur
im pl.: die finanzen des Staats sind zerrüttet; meine finanzen
stehen gut; seine finanzen sind nicht ganz in Ordnung.
FINANZANSTALT, f.
FINANZBEHÖHDE, f.
FINANZBLITZER: wie viele finanzblitzer gibt es, deren
aufblitz nur dazu dient, dasz man das schreckliche der ver-
derbensnacht erblickt. Hippel 6, 194.
FINANZEN, fallere, fraudare, wucliern, übervortheilen, übel
und belrieylich wirtschapen, fr. financer, donncr de l'argenl,
besledien :
sollen sie nichts zu beuten han,
sie würden wol von kriegen lan,
oder^sunst zii linanzcn gar vil,
sie Ißgien bald zürn reclitcn zil.
Mlrukr schetmentunft 10";
auf solch finanzen thiit mans ziehen,
sunst aber thunts all lernung (liehen.
WicKRAM bitger 0 2. 6/. 50;
si sagen vil und recbnens weit,
wie dasz der sack spilore geit
und hat doch nie gedanzet.
wann sie sich selber sähen an
was sie lang hant geranzet, gfinanzeti
UuLANO mS;
wa aber menschlich Weisheit über die schrifl feil und darin
finanzt, reimpt und grübelt. Frane weltb. 125'; wuchern und
finanzen war ihn (ilmen) ganz unbekannt, chron. 6';
wuchern, finanzen, schinden und schaben.
Ring WALD ir. Eckli. AM;
es war ein man, der mit finanzen umbgieng, betrog land und
leut. kluge reden 8" ; und schickte es gott wunderlich, da«
ich den, der mich zuvor durch fuchsschwanzen {s. l.) und
finanzen halte ausgewogen, hinwieder aufrichtig nnd ehrlich
vertrieb. Schweimchen 3, 39 ; mein kaufhaiis soll einem jeden
ofi'en stehen und soll keiner gefinanzet oder betrogen werden.
Jag. BOiime yli(rora 172 {ed. stutg.);
bürger sind fuchse zum schleichen und schmögen,
vorlheln, bernrken, llnanzen und lügen. Loou- 2,102,11.
FINANZENFRESSEB,fn. judex numarius, bestechlicher richtet:
PS ist kein ilrger flnanzenfresser im lande als der mann.
Weise erzn. 303 ; sehen mich die hcrren für einen finanzcn-
frcsser an? comödirnpr. 260.
FINANZENPACHTEH, m. Rabbneii 4,229.
FINANZER, m. it. finanziere, fr. fiiiancier, FTenkcii loflri, 65:
den kaufmon nennet sie (die wrtt) einen fln.m/rr.
meitlrrt. /n/. 23 n* 245;
solche finnnzer heiszt man die gorgeUlocher oder kclslecher,
sind aber für grosze, geschickte Icute gelulteti. I.LriiKR 2, 4*>!i' ;
1641
PINANZEREI— FINDEN
FINDEN
1642
die hofeschranzen und finanzer. 3,297*; daher auch die poeten
die Wüterich und tvrannen bern, löwen und trachen : die gei-
zigen und überfaiier der arraen wülf: die finanzer und new-
fiindler füchs genennet haben, kluge reden 1565, 27*. 1570,30*;
eigennützige geltnarren und finanzer. Aventi» 1566, 61 ;
finanzer, sctimeichler, die allzeit
hinderten die gerecluigkeit. U. Sachs III. 1,257';
0 ihr flnanzer ! Rixgwald tr. Eckh. N 1*.
FINANZEREI, f. fraudatio, betrug, vucher: wenn jemand
gerne ein schlosz oder sonst etwas groszes hette und treibet
so viel finanzerei, durch Freundschaft und womit er kan.
LuTBER 4.407*; seinen wucher oder finanzerei mit dem gelt
treiben. Recter kriegsordn. s. 2.
FINANZISCH, fraudulentus : denn hierin {dem handel der
kfämer) gar oft betrügerei und finanzischer vortheil. Kirchhof
düc. 135.
FINANZMANN, m. ein glück, dasz er eben ein so guter
rechfsmann ist, als ich ein finanzmann bin. Göthe 20,245;
so sah er sich als ein kluger finanzmann nach andern mit-
tein um. 21, 198.
FINANZMÄSZIG, adv. lucri causa: den werth einer sache
finanzmäszig beurlheilen. Rabener 5,30.
FINANZMINISTER, m.
FINANZNOTH. f.
FIN.\NZSACHE, f. causa ad reditus jniblieos ferlinens.
FINANZSTAND, m. bis künftig mit gott ihr {der kasse) finanz-
stand blühender wird. Wielasd bei Merk 1, 88.
FINANZWESEN, n.
FINANZWISSENSCHÄFT, f.
FI.NDANSTALT, f. bei ertrunkenen wären bessere findan-
stalten oft mehr werth als alle rettungsanstalten. Hcfelasd
Makrobiotik 2, 311.
, FINDBAR, ftndlieh, Irouvable.
FINDEGELD, n. praemium inrenlae rei, ßndelohn. schw.
hitteliin, dän. findelön, hittelön.
FINDEL, FINDELE, n. parvulus exposUus, auch geschrieben
fflndel: dadurch Albanus erlernet die warheit, das er wer
ein fündel {so) und ausgelegtes kind. Albr. v. Etbe 49* ; findele,
in der gemeine aufgefangen. Hemsch 1097, 13. serb. naod,
nachod, ton nachoditi finden:
nachod Simeune. Vci 2,64.
FINDELHAUS, n. hospitium expositorum: mein trauerspiel
lege ich vor ihre thür, wie vor ein fündelhaus {so) nieder,
unbekümmert über sein Schicksal, das ich ihnen überlasse.
Sturz 2, 1S2; sollte nicht eine consistorialanstalt, die ein
ganzes land zum findelhause eines vielgebärenden kopfes auf-
thut, für geistarme geistliche durch solche einfuhrgebote
sorgen? J. P. Fü)el 197(135).
FINDELIN, m. tf<K findel, findling:
ich hör es die lüte saeen,
ir sint ein findeliQ. Ühli;<d 80.
FINDELKIND, n. dasselbe, exposüicius puer. Dastpodics 189*.
Sebrancs syn. 69': das in die fraw Tilleicht als ein fündel-
kint {so) wolt verschmehen. -\lbr. ton Etbe 50*; hurenkind,
fündelkind (so), nollbruder. Fischart ^oszm. 82; da entgegen
under dem gnnzen predigcauzenthumb nit einer wer {wäre),
der gnts adelichen herkummens, münch und pfaffen und
fündelkinder {so) ausgenummen. Jon. .Nas kriegs und sigspredig.
Aö"; bei allem dem ... mag es in Scheschian jährlich eine
hübsche anzahl fündelkinder (so) gegeben haben. Wielasd 7, 230 ;
sanft wie thauige hraden
blickst du auf das tlndelkind,
reichst ihm .\ri.-idnrns faden
durch des lebens lubyrinth. Salis 17;
bald wirst du nicht mehr, gleich dem fiudelkind,
deine herkunft und dein losz nur ahnen.
Pfkffel poet. versuche 9, 194.
FINDELMUTTER, f. frau die sich des gcfundnen kindes an-
nimmt.
FINDELOHN, m. vas findegeld.
FINDELVATER, m. tri« findelmutler.
FINDEN, inrentre. golh. fin})an, ahd. findan, mhd. vinden,
aün. Dnna, ddn. finde, die ablaute schon $p. 1309 angegeben.
finfian, findan, finna verhallen sich recht, ags. aber sollte für
findan slehn fidan {trie für goth. gun|)S ags. gud, ahd. kund,
altn. gunnr). altn. lautet die lertia sg. statt finnr verschiedent-
lich fidr, wie gudr = gunnr eintritt, noch im 17 jh. schreiben
einzelne nhd. finnen für finden, i. b. H. Sachs, Ayrer 440' reimt es
auf sianen, selbst nnl. begegnet fionen, x. b. bei Bbedero i. 463.
man merke das ahd. part. praet. funtan, mhd. runden und noch
lange nhd. funden ohne ge.
die geschichte des worts iü lehrreich, aber verwickelt, ohne dit
bedeutungen kann der formen Übergang nicht erhellt «erden.
1, 1052. 2, 51 wurde unser bitten, gbth. bidjan gleichgesetzt dem
lat. pctere, obschon die lat. buchstaben pet goth. fi|i fordern,
hier haben wir fi|) in jenem fidr unmittelbar, bitten und findtm
müssen anfänglich eins und dasselbe gewesen sein, die anlaute
verhalten sich wie in balz vnd falz, blach und flach, oder irie
im lat. foetere und pufere, ferre und parere, da lat. f dem
goth. b, lat. p dem goth. f entspricht, dem eingeschalteten nasal-
laut von fin))an, findan begegnen wir aber im gr. TTxn&ävoiiat,
dessen formen ■xvd'ov, Ttv^'äad'nt, vitTivouat des n entrathen,
wie es in petere und bidjan fehlt, in ireoos fehlt, in an|)ar
vorhanden ist; u für i gibt keinen anstosz, wie es auch die ab-
laute funl)un und fun{)an zeigen, lat. fendo in offendo, defendo
dürße sich wol berühren, oEfendere ist unerwartet, unvermutet
antreffen.
zwar der sinn von bitten und finden, von petere und tvv-
d'sad'ai scheint abzustehen, verknüpft sich aber leicht, wenn man
eine menge analogien erwägen will, voraus bemerkt sei, dasz bei
Ui.FiLAS fin|)an nur yr/rMaxeiv, nicht evoiaxtiv ausdrückt,
dies hingegen durch bigitan verdeutscht wird, bidjan steht für
aizEiv, ipcoräv und andere Wörter mehr, weder für yiyvcäaxeiv
noch evQtaxeiv. nun tritt petere, expetere , rogare über in
quaerere, inquirere, requirere, interrogare. weil der bittende sucht,
fragt und forscht {oro rogoque, Tiwd'ät'Oftat xal iocorcö),
umgekehrt der suchende ersucht, macht ausfindig, der verlangende
erlangt, acquirit, erhält, findet, ahd. dikan, alts. thiggian ist
sowol petere als impetrare, oblinere, es heiszt allgemein wer sucht
der findet und wer findet der hat gesucht, aireTv wird bald
durch goth. bidjan, bald durch sökjan wiedergegeben, erhalten,
erlangen und finden sind die ziele des biitens und suehens, liegen
auf demselben weg und die begriffe wie die Wörter laufen inein-
ander, es musz einen punct geben, wo der sudiende ein findender
wi'-d. in solcher tneinung stehen auch suchen lind finden ganz
gleichbedeutig, man sagt, geh hin und suche mir den verlornen
Schlüssel, d. i. find ihn, fr. ist allez chercher und allez trouTer
einerlei, it. cercare aufsuchen und finden, einen besuchen, aller
trouver quelqu'un, sp. catar suchen und finden, niemand würde
suchen lassen, wenn nicht gefunden werden soll, zugleich aber ver-
steht sich, dasz der fragende etwas erfragt, der forschende erforscht,
der nach etwas fahrende es erfährt, der findende also ein wahr-
nehmender ist, der evQiaxcov auch ein yiyvtöaxcov.
aus venire entspringt invenire, advenire, adire, accedere, an-
kommen, an, zu etwas kommen, es bekommen, treffen, antreffen,
finden, wie auch petere ausdrückt ire oder tendere, skr. pat ire,
gr. nazelv treten; wer kommt geht von einem orte her zu einem
ort, findet sich ein, findet sich. böhm. ist jiti gehen, najiti
finden, serb. choditi gehen, nachoditi finden und niciü anders
gelten russ. naiti, nachodit ßr finden, eben so ungezwungen
taten sich die Vorstellungen des erlangens, adipiscendi, oblinendi,
des wahmehmens, bemerkens, findens her aus denen des zeugens,
erkennens: parere gignere, reperire finden, aperire entdecken,
finden, experiri erfahren; altn. gSta gignere, condpere, goth.
bigitan evoiaxsiv, ahd. pikezan adipisci, ark^jan oblivisci, goth.
fin()an aber yiyfcöaxeiv, erkennen, das sonst zeugen ausdrückt,
wie yiyvead^ai, yirea^'ai generari, fieri. überlegt man die nähe
von parere und ferre, so darf auch letzteres herangezogen trerden
und in finden «n holen, bringen oder herbei tragen gelegen sein.
dies einstimmen und ineinander flieszen der begriffe, dünkt mich,
gestattet atich auf Verwandtschaft der formen zu schlieszen, deren
ach freilich die spräche nicht immer bewust blieb, es musz lawje
zeit verstrichen gewesen sein, seit sich bidjan ron fin|)an sonderte
und die sinnliche bedeutung ron ke^an irar schon ahd. verhallt,
wie auch die golh. brtichstücke kein solches gifan aufzeigen, mhd.
und nhd. weisz man nichts mehr von begejzcn, begessen finden.
merkwürdig ist dasz die nordischen sprachen neben finna nocA
et» anderes verbum hitla besitzen, dessen in unsem übrigen keine
spur, es gilt mehr von dem zufälligen unenr arteten finden {in-
ddcre in aliquid, offendere), nicht vom finden des gesuchten, z. b.
ein findling heiszt hittebarn und scheint nahrerwandt mit hietta
periculo se exponere, hstta periculum, was dem finn. hülle, läpp.
helle entspricht, alle romanischen sprachen lieszen aber das lat.
invenire und reperire fahren {obwol aprire, abrir, ouvrir blieb)
und ersetzten es durch Iruovare, trobar, trouver, welches räthsel-
hafte wort ich zu unserm treffen {engl, hil) gehnllen hatte. DiEZ
5. 359 denkt an lurbare und tieht in trovare ein durchsuchen.
1643
FINDEN
PLVDEN
1644
durcbstüren, conlurbare, doch itird aus lat. turba (utuerm dorf)
it. Iruppa, fr. troiipe
Dies alles crOrlerl folgen nun die einzelnen fälle unseres nhd.
finden.
1) suchen und finden, *
a) terlvrnes oder eiilwandlcs finden, wiederfinden, reperire:
reperimus nostra, invenimus aliena, obschon der si>rachgcbrauch
beide wOrter oß rerKeclisell ; der sein sele findet, der verleusl
sie. und der sein sele verieust um mich, der findet sie.
Mallh. 10, 3!) I« der bibel 14S3, 474', bei Luther: wer sein leben
findet, der wirds verlieren und wer sein leben verleurt umb
meinen willen, der wirds finden, golh. saci bigitij) saivala
seina, fraqistci|) izai, jah saei fraqisteij) saivalai seinai in
meina, bigitij) |)ii, vulg. qui inveniel animam suam pcrdet
illam, et qui perdiderit animam suam propter me inveniet
eam; denn dieser dein bruder war tod, und ist wider leben-
dig worden, er war verloren und ist wider fnnden, änolotf-ois
eioed'T;, perierat et inventus est, jah fralusans jah bigitans
varj). Luc. 15, 32 ; schickten den bunden rock hin und lieszen
in irem vater bringen und sagen, diesen haben wir fnnden,
silie obs deines sons rock sei oder nicht? 1 3/os. 37, 32; und
er suchte und hub am gröszesten an bis auf den jüngsten,
d;i fand sich der becher in Benjamins sack. 44,12; und die
menner für der thiir am hause wmden mit blindheit ge-
schlagen bis sie müde wurden und die thiir nicht finden
künden. 19, 11; und so du suchst deinen herrn got, du vindesl
in, doch ob du in suchest mit einem ganzen herzen, cumqrie
quaesieris ibi dominum deum tuum, invenies eum, si tamen
toto corde quaesieris. bibel 1483, 86' = .■> Mos. 4, 29 ; und um
die eselinnen, die du für dreien tagen verloren hast, beküm-
mere dich jetzt nicht, sie sind gefunden. 1 Sam. 9, 20. ei,
heiszl: er konnte nicht worte finden um zu danken {die worte
versagten ihm); sie sahen einander an und konnten rieht worte
finden {rerloren die rede), finden eh einer verloren hat, drückt
aus entwenden, stehlen:
du kansi wol gcU und gcitswert finden,
ee das es ander biüerb liit verlieren, fasln. 8G6, 15;
swer gerne vindet, gerne still. Freidank 49,5;
wer findt eh man verleurt, der musz sterben eh er krank
wird. Frank spr. 2, 116.
b) finden des gesuchten, das man noch nicht hatte, invenire:
und daselbs findet man gold. 1 Mos. 2, 11 ; sagten im an von
dem brun, den sie gegraben halten und sprachen zu im, wir
haben wasscr funden. 2 3/os. 15, 22; gehet hin in den flecken,
der für euch ligl und alsbald wenn ir hinein kompt, werdet
ir finden ein füllen angebunden, auf welchem nie kein mensch
gesessen ist, löset es ah und füret es her. Marc. 11, 2 {golli.
bigitats fnlan gabundauana); ziehet "hin und forschet nach
dem kindlin, und wenn irs findet, sagt mirs wider, das ich
auch kerne und es anbete. Matlh. 2,11; bittet, so wird euch
gegeben, suchet, so werdet ir finden, klopfet an, so wird
euch aufgethan. Luc. 11, 9. jäger suchen das wild auf und
finden es, der hund sucht und findet, reisende suchen den weg
auf und finden ilin, seefahrer suchen nach land und inscln und
finden sie, vgl. oben sp. 507. 798 über entdecken und erfinden.
81 runden da; si suochten an den olieiiden sit. Ai/>- 2211,4;
er suchte sein glück in fremden welltheilcn und fand es
nicht; wären wir in der Stadt, wo alles zu finden ist, so
hätte niemand diese kleine summe in eine uhr verwandelt.
G()TnF. 19,5; eine gefällige weit legt die natur um unsern
jugendlichen geist und der aufkeimende trieb der liebe findet,
was er ergreife. Schiller 317*. in schwieligen fallen, nOthen
und rerlegenheilen wird das rechte mittel erwählt, die rechte aus-
kunß getroffen: in den beschwerten Sachen guten ralh finden.
ScuwEiMicHES 3, 217; der sinnende forscht nach neuen ge-
sellen und aufschlössen, findet sie und ruß setn ei'pjjxrt,
gefunden, rief Wilhelm, gefunden ! welch eine glückliche ent-
deckung! GütheI«, 174. o/l ÄW.«/ es ruhe, gnade, Verzeihung,
nach<>icht, enlschuldigung, eingang finden : suchet rüge und
findet Bic nicht. MatUi. 12,43; aber Noah fand gnade für dem
herm. 1 Mos. 6,8; die weil dein knecht gnade funden hat
für deinen äugen. 10,1»; lasz deine magd gnade finden für
deinen äugen. 1 Sam. 1,18;
o ob ! ich weisz, der berr hnt gnade Dindcn
vor Saiadin! Lmii?ic 2, 304 ;
er fand heifali, glauben, gehür, räum, hülfe, beistand ; ich fand
keinen beruf mich damit zu befassen ; ich fand groszes ver-
faO|eD darao; weder Vorstellungen noch bitten fanden bei
ihm eingang. Springinsfeld 1, 21 hcisjt es: ich hatte auch
weder ganzes noch halbes glück darinnen, weil ich mich an-
fänglich nicht darein richten oder den brief [d. i. ein buch)
linden konnte zu lernen, wie maus machen müste, dasz man
sich auch reich und grosz kriegte, man sagt: ich finde darin
nichts, cyo in hac re nihil reperio; ich finde nichts dabei (kein
bedenken); finde nichts daran {niclds besonderes, nichts gutes);
bin doch ein arm unwissend kind,
bugreife nicht was er au mir tiiidt. Göthb 12,169;
sei aufrichtig und sage mir, was du an diesen kalten und
starren liebhabereien gefunden hast? 21,45.
1) finden ohne gesucht zu haben, zuföllig finden, jenes
nordische hilta: mhd. funden sache. Greg. 802; da; kint vin-
den. 1037 ; als ich an einer hecke vorüber gieng, fand ich
mitten darin ein Vogelnest; am frühen morgen fand er ein
ausgesetztes kind vor der hausthür; er fand einen groschen
auf derstrasze; das volk spriclit : finden finden, wiedergeben,
schenken schenken, behalten, d. i. gefundnes id an den eigner
abzuliefern, geschenktes darf man behalten; der Schäfer kletterte
auf den fels und fand oben eine blaue blume; an einer stelle
im wald fanden die wanderer plötzlich eine herlicbe aus-
sieht in die ferne;
ich hab ein bächicin funden. Stolberg 1,S3;
er schlug einen gcfundnen Seitenweg ein ; dachte an keinen
bcsüüdern empfang und fand die freundlichste aufnähme;
der, wenn er den harz, uns zu besuchen
übcrsieigt, nur einen cicrkuchen
findet, doch kein rebhun prick und zart. Gökinge 3,49;
findt im zarten herzen ol'ne thore. Göthe 47, 61.
er hat seinen mann gefunden {der ihm gewachsen ist, es mit
Htm aufnimmt);
ni/n/. der röte bet da fimden
alresi sincn gcstriten. Wigal. 80,28;
er findet nicht seines gleichen.
3) finden, wahrnehmen, gewahren, erkennen, dafür halten,
animadvertcre, cognoscere, oft mit sehen oder erblicken gleichbe-
deutend, beispicle hernach unter 6.
4) finden, erfinden: der bapst hat das sacramcnt nicht ge-
stiftet noch funden. Luther 8, 175'. zumal in der bedeutung
von erdichten und dichten, wie sie ganz technisch dem romanischen
trovare, })rov. trobar beiwohnt, und es auch bei Gotfriü hriszl :
Tristan er machet unde vant
an iegclichem seiis])il
leiche und guotcr nöteh vil,
die wol gcminnet sint ie sit.
er vant euch ze der selben zit
den cdelcn leicli Tristnndcn,
d^n mnn in allen landen
so lieben unt so worden hat,
die wile unt disiu werlt gestät. 482,2.
docli bei Ulrich von Liciitenstein stelU überall
dö sang ich disiu liet;
ich sanc ze dienst ir disiu liet;
da von sanc ich disen leich;
zwo wise ich gegen dem sumer sanc;
ze hnnt ich tihten dö bcgan
disiu ritterlichen liet;
ze linnt ich tibtcn dö began
von miuer vrowen niuwc liet; u.s.w.
wie in der Limburger chronik: do machte man das lied. nur
in einer hs. des Wolfdieterich {grundr. s. 9) liest man:
si sat/t für sich zweii meister,
die funden disen den dnrzQ.
vgl. mhd. wb. 3,319"; aus spaterer zeit:
ich cnipllnd nun in meiner bnist
sich ein verlangen anztizinden.
das treibet mich mit groszem tust
ein ucwes lobgesang tu finden. WECKnKRLm 369;
der dieses lied gefunden
und also hat cidacht. weim. jb. 4,321.
bekannt ist aus des nordischen skalden Ecils höfudlausn die stelle:
UVunU liiiliiim bann,
Jiviai lir(\(1r of fann,
siteniium ruijnmus itlum,
nam Carmen inveni.
heute gebrauchen wir weder finden noch erfinden für dichten,
ob-nhon fund oder erlindung aiicA enluhtung ausdrucken.
5) im pari, praet. liegt zuweilen besondere kraß und rumer
nachdruck :
ahd. wnnta ihnit Ut f^inian. 0. Lud. '"■>,
denn dat ist ausqemadit, sicher, unlteslreübar ; Laben geben ain*
rcliten und redlichen koufi für ain fries aigcn uuicru wideui<
1645
FINDEN
FlJfDEN
1646
hof ... mit allen zugehörden und allen rehfen . . . sio sien
benemt oder umbencmt, ej si an holz, an velde, an lüten,
an guten, an äkkern, an wisen, an gelt, an zinsen, an hüsern,
an schüran, an hofsteten, an garten, an wegen, an unwegen,
fundens und unfundens, wie siu gehaiszen sint. urAr. fonl352
in ScHMiD pfalzgr. von Tübingen s. 237, wodurch soicol der gemachte
als der ungemachle fund bezeiclinel ist. eine gefundene sache
meint oft eine sich uneniartet und glücklidi darbietende, iciU-
kotnmne: mir war dieses ein gefundener handel. Felsenb. 2, 529 ;
für köpfe von schweren begriffen, wie der meinige, ist das
immer eine gefundne sache. Thümmel 2, 67 ; das war mir eine
gefundne mahlzeit, wo ich gleich zu tische sitzen konnte;
das ist ihm ein gefundenes essen (fressen).
6) was die fügung angeht, so gesellt
a) die ältere spräche zu finden hin und wieder partitive genitire :
¥ielleicht so finden wir etwan unsers volks (ron unsern leuten
einige), die den weg basz kennen, denn wir. bucli der liebe
263, 1; so wolt ich für war mich der demut {von solcher demut,
so demütig) haben finden lassen. Lcther 5, 140'. anders zu
nehmen ist: ich fand ihn guter dinge, gutes aussehens, wo sich
sein hinzudenken und daron abhängig machen Idszt, so mhd.
ich vant in guoter mäht (wesen). urstende 126, 66.
noch anders ist: der herr wirt si irs unrechten anforderns
und tyrannei wol finden. Franr chron. 238', für ihr u. o. schon
:u finden und zu strafen wiesen.
b) 5eAr hhifig folgt der acc. zu allen bedeutungen des findens :
geld finden, ein schwert im grase finden ; ich kann die thür,
den ausgang, den weg nicht finden und wie dieses 'weg' neben
adjectiven auszufallen pflegt und gesagt wird den nächsten {gramm.
4,263), ist auch neben finden die ellipse wahrzunehmen: er fand
nicht zu hause, zu strande, zu rande:
ich walle wie ein schif, das durch das wilde meer,
von wellen umgejagt, nicht kann zu rande finden.
Opitz . . . ;
ich will auch sorgen für dein thier
und binden seine wunden,
wenn wir zu haus gefunden. Overbeck ged. 159;
findt keiner mehr nach haus. Eiche><dokf ged. 123 und oft.
man sagt einen anlasz, eine gelegenheit, einen trost, eine
beruhigung, anstand in etwas, zu etwas, von etwas, bei etwas
finden: sie werden von der gegenwart dieses neuen freundes
nicht wiederum anlasz zu einer entschuldigung finden. Göthe
21, 176 ; ich finde das einen sehr hübschen zug an den frauen.
17,116; ich finde es eine übermäszige gufmüthigkeit und
gar nicht am platz, Lenardon unsere briefe mitzutheilen.
21,110; ich finde das einen unverzeihlichen fehler; jeder-
mann findet die Schmeichelei, welche einem andern gesagt
wird, eine fade, lose speise. Klinger 11, US.
c) ebenso oft stehen adjeciiva bei finden in der b^deutung von
dafür halten, dafür erklären: ich finde das schön, gut, rath-
sam, nützlich u. s. w., ich finde sie schön, finde den wein
gut, er fand es lobenswerth, unfadelhaft, worauf denn auch
dasz oder ein inftnitiv mit zu folgen kann, die meinung ist
eigentlich, ich habe gefunden, wahrgenommen und glaube nun.
es scheint aber fehlerhaft dem adj. an für oder als rurangehn zu
lassen, niemand sagt: ich finde ihn für schön, als schön {wie
ich halte ihn für schön), sondern nur ich finde ihn schön;
findest du ihn der mühe würdig. Wjeland 1, 2S0. wol aber
begegnet: ich finde es für gut, halte es für gtU, verschieden von
ich finde es gut; ich finde es für das beste, für am nütz-
lichsten statt ich finde es das beste, am nützlichsten. Göthe
schreibt 19, 2S4: gerade diejenigen, welche Wilhelm als die
verständigsten gefunden hatte, brachten nur flüchtige augen-
blicke im theater zu. das als würde besser felden. wenn es
aber bei Lessijcg heiszt:
ich aber find euch noch den nemlichen. 2,264,
so hat hier finden ganz seinen natürlichen sinn und jedermann
sagt: ich finde dich noch den selben, den alten, nicht anders
verhält es sich mit folgenden ausdrücken : du sollst an ihm einen
zuverlässigen, gefälligen mann, einen heftigen gegner finden.
belege für jenen nachfolgenden inf. mit zu liefert Wieuind:
Agathon fand nicht rathsam, sich in einen Wettstreit einzu-
lassen. 1,77; so fanden sie nutuig, alles so viel möglich zu
vermeiden, was ihrem unternehmen das ansehen eines straf-
baren aufruhrs geben konnte. 7,94; Danischmend fand noch j
Dicht rathsam, ihnen seine meinung von der sache zu sagen
S, 164 ;
du fliehst den zwang von ernsten liebeshändeln
und findest sicherer, mit Amorn nur zu tftndeln. 9,21;
ans dreien reizenden die schönste auszuwählen,
fand Aristipp, ein weiser mann, nicht leicht. 10,153.
d) participia verhalten sich gleich den adjectiven: sie fanden
ihn schlafend oder eingeschlafen, schlummernd oder einge-
schlummert, sterbend oder gestorWn: und er kam zu seinen
jungem und fand sie schlafend. Matth. 26, 40. ahd. inti quam
zi sinen jungiron inti fand sie släfentf; und er kam und
fand sie aber schlafend und ire äugen waren vol schlafs.
26, 43. ahd. inti quam abur inti fand sie släfente, wärun
th6 iro ougnn gisuaretiu; auf das er nicht schnelle kome
und finde euch schlafend. Marc. 13, 36 ; den obersten patron
aber, der an eijiem fieber krank gelegen, funden wir schla-
fend. KR-iFTS reisen 301 ;
wie findest du die zarten thiere?
'so abgeschmackt als ich nur jemand sah'. Göthe 12,121;
wie er als kind die Otter überwand,
die er um seiner schwester arm sich schmiegen,
um die entschlafne fest gewunden fand. 43,"lS4.
griechische und lateinische participia wie adjediva lassen hier gleich
in der form den nom. des subjecls vom acc. des praedicals unter-
scheiden, wo sie bä uns erd der Zusammenhang zeigt, z. b. er
fand ihn ruhend, welches ruhend nom. und acc. sein kann;
eyvoiv ya^ tiiv iaävra iServ otcavov iövra. Od. 15, 532.
e) in der lelztangcführten göthischen stelle stehen inf. und part.,
schmiegen und gewunden nebeneinander statt geschmogen und
gewunden oder statt sich schmiegen und winden, solche in-
finitive bei finden liebt er aber:
mit neuen büchern in der band
findt man, so wie man gebt und steht,
von thörschwell auf bis zum privet,
einen jeden emsig sich erbauen
und kaum zum gnisze seitwärts schauen. 13,46;
nun stieg ich hinauf und fand zu meiner freude den gesuch-
ten schwerspath häufig, meist in unvollkommener eiform, an
mehreren stellen des eben zerfallenden gebirgs hervorschauen.
27,175; heraustretend fand ich den völlig aufgehellten him-
mel von Sternen blinken, straszen und platze mit schnee
überdeckt. 30,231;
und wir eilten hinzu und fanden die kranken und alten,
die zu haus und im bett schon kaum ihr dauerndes leiden
trügen, hier auf dem boden, beschädigt ächzen und jammern.
40,240;
SO finden wir jederzeit einer griechisch angeführten stelle
die lateinische Übersetzung nachfolgen. 49, iö4; so finden
wir an dieser nelke sich äugen entwickeln und wirkliche
zweige und blumen darstellen. 58, 71. seltner sind ältere belege :
selig ist der knecht, wan sein herr kumet, das er in wachen
findet. Keisersberc drei Marien 34*; sie funden Lucretiam
seufzen und bitterlichen weinen. Licius von Carbach 21;
mhd. mit sime ritterlichen her
vur er gen Röme über mer,
da er den vater wesen vant. pass. H. 277, 90.
das sind lauter acc. mit dem inf. (gramm. 4, 114), wie sie auch
nach befinden (l, 1260, 4), nach erklären, hoffen u. a. m. ein-
treten, in den bedeutungen ist kaum eine Verschiedenheit zwischen
ich finde dich schlafen oder ich finde dich schlafend, man
müste sich denn bei dem particip einen länger anhaltenden zu-
stand denken, während der blosze inf mehr einmal erfolgende
handlung ausdrückt, die spätere spräche schalid meistentheHs an
ungehöriges 'zu' vor den inßniliven ein: viel von den umb-
stehenden funden seine wort nicht gar abweg zu sein.
Pbilander 1, 308 ; befand das gemeine Sprichwort wahr zu
sein. Felsenb. 2, 1S7. damit vermische man nicht die fälle, m
welchen der acc. vort^dem zu finden gehörigen subject abhängt:
ich will dir dasjenige mittheilen, was ich nach einer neu-
lichen Untersuchung für das beste zu sein fand. Lessing
4, 70 ; ihr werdet zu thim finden, das könnt ihr mir auf
mein wort glauben. Wieland 19,121; ich finde genug daran
auszusetzen ; ich finde zu bestimmen, anzuordnen (kanzleistil).
f) anstatt der participien und des inf. kann ebenwol die con-
junclion dasz gesetzt werden: ich finde, dasz er schläft, dasz
er eingeschlummert ist; ich finde, dasz du recht hast; in-
dem ich ihren boten erwarte, so finde ich, dasz ich sie noch
einmal aufmuntern sollte herüber zu kommen. Göthe an
Schiller 491; als er fand, dasz die feinde anrückten, liesz er
alle thore scblieszen.
7) reflexives sich finden.
a) inteniri: in diesem buch findet sich eine dich wider-
1647
FINDEN
FINDEN
1648
legende stelle; wer kann die schönen stellen alle nennen,
die sich in diesem gedieht finden; es finden sich in dieser
rede allerhand hedenkliche ausdrückungen. Liscov 33S; in
diesen bergen findet sich viel kupfer; es fanden sich viele,
inrenli sunt muUi ; in dem dorf linden sich (yibl es) zwei
kirchen; man suchte und es fand sich nicht das geringste;
bei (tipsen schririen lindet sich ein lirief,
bestimmt iür meine königliclie schweslur. Scuiller 4U7'.
es fand sich beim auskehren (1, 891).
b) sich finden, heraus, an den tag kommen, sich zeigen, sich
ergeben, geben:
do sprach der man,
mein Unschuld wird sich finden, meistert. 23 n* 23(i;
0 schöne stunden!
wie nol habt ihr euch ftinden. Fleming 42;
ach herbe trauernacht versctiwlnde!
ach dasz der morgenstern sich (inde!
Grypuius vcrl. genj). p. 41;
es wird sich schon finden. Göthe 14, 91 ; wo sollen die Hinten
und pistülen herkommen? 'das findet sich alles'. 14,279;
auf dem rechten fliigel des Schlosses kann er wohnen und
alles andre findet sich. 17,7; an meine übrigen freunde in
Berlin geb ich ihm briefe und karten mit und die Verhält-
nisse werden sich schon finden, an Zelter 80.
c) sich an einem ort finden, befinden (1, 1261, 6), anzu-
Ire/fen sein, sich dahin einfinden, sich nach einem orte finden,
irie einen finden, an einem orte finden, treffen, hier erscheint
der zusamtnenhang zwisclien gehen und finden : wer solch
apostolisch werk sehen und dabei sein wolt, der selbig möcht
sich dahin auch finden, älberus wider Wilzel G4';
es ist ein rolk, das seine pTerd an fremde krippen bindet,
das sich bei fremdem leuer wärmt, zu l'remdem tsller iiadet.
LoGAU 3,226,47;
mein esel sicherlich
niusz klüger sein als ich.
ja klüger musz er sein !
er fand sich selbst in stall hinein,
und kam doch von der trenke.
man denke! Lessimg 1, (iO;
er konnte sich nicht zu hause, nach hause finden, fand den
weg nicht; ich kann mich hier noch nicht (zureclU) finden;
jetzt geh! ich will mich linden (einsleiten). Schiller 257';
Ton dreiszig regimentern haben sich
die obersten zusammen schon gefunden. 331';
da besahen sie das land
sich näher und gewahrten schöne fülle
des holzes und entdeckten gute brunnen
und meinten sich im lieben vaterluud
zu finden (belinäen). 529";
von land zu lande irrt ich flüchtig nun
drei jähre lang ein obdach suchend,
bis ich zuletzt nach Peckin mich gefunden. 5S2';
diesen abend finden sie sich in dem Vorzimmer des dom-
herrn. Göthe 14, 157; wenn wir uns denken mögen, dasz ein
harfner sich bei der heu, körn und kartoffelernte finden
wollte. 33,151; ein mann, der ohne von meinen bemühungen
unterrichtet zu sein, durch naturell, Übung und nachdenken
sich auf die gleichen wege gefunden hat. 52, 360. oft auch
sich dabei, daheim, da finden lassen o(i<T fc/o.sz finden lassen:
und der leufel liesz sich auch warlich daheim finden mit
morden durch die tyrannen. Luther 8, 77*; als ich aber lust
zu pferden und reuterci trug und mich dabei finden liesz.
Görz vojt B. lebensb. 7; bei diesem nun liesz sich Solande
manchen tag finden, pol. stockf. 216;
ich freilich kann mich an dem orte, wo
der bräutigam ist, linden lassen. Schiller 223';
wenn es meine pflicht ist sie aufzusuchen, so ist es die
ihre nicht weniger sich finden zu lassen. 638*.
d) sich in etwas finden, schicken, fi'u/en lernen: ich kann
mich nicht mehr in dich finden. GoTrEB3,247; Garrik wüste
sich indes darin zu finden. Gökingk 1,.33; er findet sich
nicht leicht in etwas; er fand sich in die umstände;
anntatt dasz meine scbwester
mit jedem, wie er sei, zu leben weist,
•0 kannst du selbst nach vielen jähren kaum
lu einen freund dich flodea. Gurut 9,139;
mit welcher slirne wüste sie sich in ihr Schicksal zu finden.
1«, 87; 80 wenig konnte er sich in die weit finden. 20,361;
so konnte er »ich doch nicht drein finden. 20,262; hier-
durch kommen wir zum angehauen jener Übereinstimmung,
wozu der mensch berufen ist, wozu er sich oft wider seinen
willen finden musz. 31, 188 ; auch hierin konnten lich die
knaben nicht finden. 22,3; wir hatten uns kaum in diesen
neuen zustand gefunden. 24,152; nun mag denn ihr nächster
biiel entscheiden und ich will mich darein finden und er-
geben was er auch ausspricht. 30.9; ein hoher gesinnter
mann konnte sich hierin nicht finden. 31,58; ich kann mich
weder anders finden noch fügen. 38, lü9;
und laszt nur mich ins glück, das neu mir gegönnte, mich
linden. 40,332.
ebenso sich aus etwas finden, se expedire; er weisz sich aus
der Sache nicht zu finden.
e) sich selbst finden, sich wieder finden, aus der verirrung
zurecht finden : aber er hat sich selbs gefunden. Spalatin
bet Luther 5, 36* ;
oftmals hab ich geirrt und habe mich wieder gefunden.
GöTUE 1,374;
wenn sich der verirrte findet,
freuen alle götler sich. 2,31;
thu was du kannst, dasz dieser mann sich finde,
und alles wieder bald in gleichem sei. 9, 191 ;
ach ich weisz mich kaum zu linden,
welch ein uuheil, welch ein glück! 10,259;
eine der töchter hatte das Unglück gehabt, an dem tode
eines ihrer geschwister schuld zu sein und sich darüber
nicht beruhigen noch wieder finden können. 17, 266 ; die
dieie scheinen sich wieder gegen einander zu finden. 17, 391 ;
ich bin aus meiner bahn geschritten und ich soll nicht wieder
hinein, ein feindseliger dämon scheint mich von auszen zu
hindern, hätte ich mich auch mit mir selbst wieder zur cinig-
keit gefunden. 17, 393 ; und die leiden unserer freunde bringen
wir nicht in anschlag? auch unsere freunde thun wol, wann
sie sich bald finden. 20,90;
kein jähr ists noch, dasz ich mich selbst gefunden,
denn bis dahin lebt ich mir selbst verborgen,
nicht ahnend meine fürstliche geburt. Scuiller 662\
die selbstßndung ist Selbsterkenntnis und beleuchtet das golh. fin])an
1= cognosccre.
f) sich finden neben adjectiven: er findet (befindet) sich übel;
find ihre majestät mit krankheit sich beschweret?
üRTPUius 1, 123;
sich willig und bereit finden, se promfium praebere ; wir wollen
also lieber gestehen, dasz wir uns unvermögend finden, den
tumult der leidenschaflen abzuschildern. Wieland 2, 183 ; ich
finde mich vollkonimcn glücklich; er fand sich beleidigt,
fand sich nun ganz zufrieden;
damit sie sich gleich zufrieden floden. Schiller 320*;
indem ein jeder, der sich diesseits einigermaszen unbequem
fand, sich drüben in freiheit zu setzen hofte. Göthe 21,121;
ein künstler und gemähldehändler besitzt schöne sachen und
läszt sich billig finden. 30,338; der schultheisz liesz sich
gütlich finden (begütigen); findet sich alles wahr, so. 14,306;
KiRciinoF wendunm. 254* ; dieser mensch liesz sich feige und
undankbar finden.
g) neben adverbicn: es ist das erstemal, wenn die sache wieder
vorkommt, will ich mich schon besser finden. Sturz 2, 390 ;
besser
für mich und euch, wir finden uns in gute. Göthe 10,264;
unser haushcrr als Jüngling nach Europa gelangt fand sich
hier ganz anders. 21,121; er konnte sich mit mir durchaus
am besten finden. 25, 248.
h) sich in einem räume finden: seines gleichen fand sich
im lande nicht; er findet sich in einem dumpfen kerker;
im grenzenlosen sich zu finden
wird gern der einzelne verschwinden. Göiui 3. S9;
dich im unendlichen zu finden,
must unterscheiden und dann verbinden. 3, 103.
i) sich zu, von einem finden: sie fanden sich schnell zu
einander;
drum prüfe, wer sich flwlir bindet,
ob sich das hcri zum herzen findet. Scuiller 7S*;
als fern als est und west sich von einander finden.
Weceuerlin 217.
*) sich finden neben partiäpien : er fand sich zwischen iwel
Stühlen sitzend; nun fand er sich den ersten wachenden in
«einen besilzungcn. Göthe 17,142; ich finde mich uuenl-
gchlossen, in der vorigen meinung ncubestiirkt.
/) neben dem infinitiv: das findet sich wahr sein. Cbeidu!»
2, 370.
ni) mil folgender conjuncUon: es fand sich, dasz er unschuldig
war ; es wird sick »chou finden, dasz ich die wahrhoil »ngc.
1649
FINDER — FIXGELER
FINGER
1650
vgl. abfinden, anfinden, auffinden, ausfinden, befinden, ein-
finden, empfinden, erfinden, vorfinden, so wie treffen und an-
treffen, eintreffen.
FINDER, m. inventor,
1) qui rem inrenit: ein ring gieng Terloren, der redliche
finder wird ersucht ihn abzugeben;
die perl im tiefen meer erbeutete der Ander.
LiCHTWBB reche der rcrminft 115;
zwei blumen blähen fQr den weisen finder. Scbiller 21*.
2) der erfinder, namenllkh der dichter, poeta, trobador, trouveur :
Tindaere wilder maere,
der maere wildenare. Trist. 118,25;
die finder in den künsten. Paracelscs 1.367*, nl. vinder.
beute ungebräuchlich, mari sagt der erfinder der fabel, doch
auch nicht vom dichter.
3) der aufspürende hund, der auch sucher, Suchhund häsü.
4) nl. vinder, juralus opificiorum collegii, nhd. schauer, prüfen
KllIAS 750.
FINDERIN, f. invenlrix: geitigkeit ist ein finderin und
mererin der iaster. Keisersberg narrensch. 168'; die noth ist
eine finderin der künste.
FINDGELD, n. bergmännisch praemium tnventae venae.
FINDGRL'BE, f. fodina, vena: in der spräche sind die abbre-
viaturen, sobald sie ins allgemeine gehen, eine findgrube.
Hippel 2,145. üblicher fundgrube.
FINDIG, ingeniosus, erfinderisch: {Alb. Dürer) so findig,
künstlich, mit reiszen, mahlen, stechen. Frank chron. 243';
aber auch callidus, schlau, verschlagen:
Judith, ein findiges wib. Mirners geuchmaU 1012 (Sdieible).
heute auszer gebrauch, so häufig spitzfindig oder spitzfflndig ist,
s. fündig und ausfindig, ausfündig.
FINDKUNST, f. heuristik. J. P. aesth. 2, 49.
FINDLICH, findbar, der zu finden, aufzufinden ist:
wann ich nicht zu trinken; essen, noch mich zu bekleiden
hätte,
sonsten auch gar viel nicht gilte ({. gülte), gilt es eine starke
wette,
ob nur einer findlich wäre, der nur einmal sorgt um mich.
LoGAC 2, 10, 35.
mhd. vindenlich: vindenlichiu vlust. Parz. 547, 19.
FINDLICH, aperte, manifeste: das macht nun. das die künst,
so aus den geistern gehn, findlich liegen und trunken sind
und gar verblend: etwas ist da, aber der grün d nicht, dann
das mans mag auslegen, wie mans meinen will. Paracelscs
2,195*. oder Kare findlich zu nehmen für feindlich?
FINDLING, m. 1) exposilus, findclkind: da kam ein hirt,
des weib was auch allererst gelegen des kinds und pracht
den flndling seim weib. Mlgleis ^sch. der Römer. Augsb.
1489, 16*.
2) findlinge nennt der biencnzüchter die abhanden gekommnen,
ah herrenloses gut im valde eingefangnen schwärme, veimar.
Jahrb. 2, 210. ebenso eingefangne herrenlose andere Ihiere.
3) findlinge heiszen auch in dem sand und schntllande zer-
streut liegende gesleinblöckc, durch fluten oder eisschollen dahin
getragen :
findlinge nennt man sie, weil von der brüst
der mütterlichen sie gerissen sind. Asm. vo« Drostb s. 59.
heute überwiegt fast die Schreibung fündling, was man sehe.
FINDLlNGHAüS, n. findelhaus, steife Verdeutschung des fr.
maison des enfans trouves : wenn ihr vater die hundert thaler
nicht hergeben will, um ihr kind ins findlinghaus zu thun,
so will ich allenfalls davor ralh schaffen. Wag.ners kinder-
viOrderin 81. Evchen Humbrecht 97.
FINDUNG, /. inventio,
1) verlorner, unenldeckter Sachen.
2) erfindung: solcher künst findung seind noch Tiel mehr.
Paracelsus 1,601'; also sollen ihr nun wissen mit der kürzi
der menschen thierischen findung und Weisheit. 2, 229';
fürwar, die findung und den nutzen (der buchdntclterei) zu
becrachten,
sein all erzählte künst dargegen ring zu achten.
Rcmpler von Löwenualt 51.
3) findung des urtheils im geriebt.
FINDUNGSLEUTE, die das urtheil vor gericht finden: wenn
aber beim landgerichte Sachen vorkommen, welche sie (die
Junkern) angehn, so sollen die findungsleute aus ihres gleichen
besteben. Kobbe Bremen und Verden 1, 83.
FINGELER, m. digilus anmdarius, eine benennung des vierten
oder ringfingeis, welche die vocabula pro juvenibus überliefern.
Uesxe sich ein verbum fingein für fingern aufweisen, so würde
es bestärken, was bei der wurzel von finger gesagt isL
FINGER, m. digilus, durch alle unsere sprachen gehend, golh.
figgrsj ahd. finkar, fingar, mhd. vinger, ags. engl, finger, aUs.
Ungar, nl. vinger, fries. finger, altn. fingr, schw. ddn. finger,
wofür in den urverwandten sprachen kän ausdruck nalie liegt,
nur einzelne sich von ferne heranziehen lassen, ein merkwürdig
zeugtiis von der alten abgrenzung unsers idioms.
mit finger unmittelbar in der wurzel verwandt wurde schon
sp. 1311 fangen dargestellt, d. h. ein der rcduplicatirform fangen
fieng vorangegangnes, längst erloschnes fingen fang, wie auch
andere reduplicationen auf ältere ablaute zurückschlieszen lassen,
geht ein eben besprochnes fingein alt hinauf, so läge darin be-
slätigung des fingen, und das lat. pangere, compingere ent-
spräche, dasz seinem begriffe nadi finger aus fangen herfliesze
ergibt sich von allen seiien. fang ist das fangende, greifende,
des raubvogels krallen heiszen fange, warum könnten sie nicht
auch den namen finger führen? ein iegleich vogel, der vinger
hat an den klden, der vaeht oder raubt. Mege.nberg 165, 7 ;
e; sint vil vogel krummer vinger, die wenig airent. 195, 1 ;
der eisvogel hat zwen vinger an dem fuog und krum negel
oder kläen dar an. 202, 15. vom greifen sind sie ebenwol griffe
genannt, nach Haltrich zur deutschen thiersage s. 38 hat die
siebenbürgische mundart fänjer für finger. baskisch leitet sieh
atza finger von asir, atzi greifen, selbst unser band, goth. handus,
malbergisch channu verleugnet nicht seinen Zusammenhang mit
hinj)an capere, ahd. hunda, hunta ist captura, fang, beute, der
hund das fangende Ihier, welches worl uns durdisichtiger wird als
die entsprechenden formen den übrigen sprachen, skr. kara, gr.
Xei^, finn. käsi bindet sich mit hri capere, ir. lamh, welsch
Haw mit kafißärco. weil aber daume der vornehmste finger,
so darf dessen finnischer name peukalo, est. päk, peial und ver-
setzt läpp, pelge, lat. polles, böhm. palec allerdings an die buch-
staben von finger rühren, ja das poln. palec besagt geradezu
finger. iiiren Ursprung bergen lit. pirsztas finger, zehe, kralle,
Ictl. pirksts, allst, pr st' , mss. perst", böhm. prst.
nicht untkunlich sdiiene etwa, der form nach, finger mit digitus,
it. dito, sp. dedo, prov. det, fr. doigt zu vereinbhren, einen
lausch der anlaute f und d anzunehmen oder gar bezüge zwischen
fahen, fangen und dikan thiggian zu vermitteln, allein digitus
entspricht offenbar unserm zehe, ahd. zeha, ags. täh, altn. Xk
[GDS. 240), die von finger abliegen und ihre klare wurzel (goth.
teihan) zu erkennen geben.
die einzelnen fingernamen verzeichnet meines bruders abhand-
lung zur exhorlatio s. SO ff. hZ ff. und die meisten werden tm
Wörterbuch, jeder an sriner stelle, aufgeführt, ich irill hier aus
Göthe 24, 186 nachholen, wie ein claviermeister die finger lu
bezächnen pflegte: 'die däumerlinge und deuterlinge, die krabler
und Zahler', unter welchen beiden letzten doch der dritte, vierte
und fünße insgemein begriffen scheinen, beiwörter, ausdrücke,
redetuarten sollen nun der reihe nach folgen.
1) irie alles zählen an den fingern begann (ini Saietvlotv
avfißäilaad-ai. Herod. S, 63), lieiszt es von rohen Völkern, dasz sie
nicht einmal ßnfe, oder nicht über fünf zählen können {GDS. 239),
was dann auf beschränkte, unbesonnene köpfe angewandt wird:
darunder manger ist betäubt,
das er nit lunfe zelen kan. Wolkb^stmh s. 96;
stest du da mit dinen gesellen,
als kontestu keine vive teilen. Soester Daniel 8S.
eine mnl. thierfabel von fudis und elster läszt Reinaeri xu ver
Ave (frau Ava) sagen:
ic soude u leren teilen twA
ende daer toe twe, al 6r wi scieden (belg. mus. 6,414).
merkwürdig, da naturforscher beobachtet haben, wenn in eine hütte,
die unter dem nest der elster steht, weniger als fünf oder gerade
fünf Jäger gehen und dann einzeln wieder heraus, so wartet sie
ab, bis alle heraus sind, ehe sie wieder zu neste fliegt, was aber
itber fünf ist, merkt sie niclU mehr. 2 + 2 is( = vier, über
welche vier finger der daume als fünfter hinaus geht, wie das
erste jähr der zweiten olymjAas ein fünßes ist. efceniroi heiszt es:
als ob sie nit recht dreu kün zeln. Hacpt 8,516;
ob er nicht über drei künde zeln. Garthener 384; hängen
die köpfe als wenn sie nicht drei zählen könten. Schlanw-
pampes lod 44.
an sime rioger 6t dd las
und zaite viT r^hte
ir beider gesiebte. Herb. 5938;
ich konnte es an den fingern abzählen (es war leicht zu
erkennen), dasz du mir nicht beistimmen würdest; nit das
104
1651
FINGER
FINGER
1652
man dir alle ding müsz an den fingern uszzelen. Morners
geucfimat (Sclicible) 926; beim itzigen slatswescn könte man
die gerechten an den fingern zählen, die in bösen gewissen
verhaften aber mit vil tausenden. Butsciiky Palm. 244; ich
hatte das allerwenigste hierwieder einzuwenden, zumalen da
ich an allen meinen fingern abzehlen konte, dasz eine stär-
kere macht erfordert würde, die insel mit gewalt der waffen
einzunehmen. Fdsenburg 4, 298 ; was zählen sie denn an den
fingern? was hat ihnen denn der arme nagel gelhan, dasz
sie ihn so zerbeiszen? Lessing 1,289; ein mann, der seine
wolthalen schon ausposaunet, der sie einem jeden auf den
fingern vorzurechnen weisz. 1, 238 ; ich kann mir doch wol
an den fingern abzählen, woher sie den ring kannte. 1,548;
auf den fingern herzählen. 8,243; ja sie werden einen sol-
chen rechenmeister brauchen, der an den fingern abzählen
musz, wie lange er in den tag hineinschläft. 'narr, das ist
eine ganz andere rechnung. wo man nach kriigen und gläsern
zählt, braucht man der finger nicht*. Weisze Aom. opon 2, 203 ;
das stand doch wol an den fingern abzuzählen. Sicgfr. »on
Lindenb. 1,57; hast du vergessen, wer dir den klugen ge-
danken eingab, sie zu verlassen? soll ich sie dir an den
fingern herzählen? GötheIO, 98; ich weisz es auf den fingern
{sehr genau). Gotter 3, 283. an den knöpfen des rocks ab-
zählen können ist ein gkichnalürlkher ausdruck.
sam vil der jär als sich ein hanl gevingert. Albr. TU. 2866
umschreibt dichterisdi fünf jähre, die fünf finger bezeichnen
aber auch einen handschlag: solches knarren währete solange
bisz Florindo sich erbarmete und mit fünf fingern auf seinen
backen spielete. Weise erzn. 149; welche thaten der groszen
vfeltbeschrienen heldengescbichten oftmals mit solchen
Schwachheiten angefüllet sind, dasz man die erzlügen mit
allen fünf fingern greifen kann {handgrei/lichc lügen). Jucundiss.
191; da ober die Stichelworte allzu geraeine wollen werden,
sähe sich Solande genötigt los zu brechen und dem gröszten
under dem häufen eine band voll finger auf die nasen zu
werfen, pol. slockf. 286; und wenn sie etwas kaufen, so zahlen
sie was billig ist und plagen einen nicht mit märten (marklcn),
dasz es einem duechl, man möchte ihnen fünf finger usgwicht
geben. Gotthelf bilder u. sagen 5, 6. Hesiod nennt die hand
ixivTO^ov, fünfzack, neyraöäxrvXov ist das fünfftngericraul.
sechs finger, die als spiel der natur vorkommen (s. bilßnger),
sclireüen von dem decimal in das duodccimahyslcm : da war ein
grosz man, der hatte ja sechs finger und sechs zehen, die
machen vier und zwenzig und er war auch von den riesen
geborn. t diron. 21, 6, sie weisen unnützen, störenden nberßusz
und es heiszt von etwas unpassendem: schickt sich wie sechs
finger in ein händschuch. bienenk.m^; reimt sich wie sechs
finger in einen handschuh. böse weiber (1CS3) s. 85. für die
fiiKjcr beider bände zusammen wird auch gern alle zehn finger
gesagt: er leckt alle finger darnach, er bleibt alle finger lang
(jeden augenblick) stehn, es kommt mir in alle finger. Gott-
BELr Uli 326; oder sinnlicher: alle zehn finger lecken, höchst
lOslem sein, einen mit allen zehn fingern herbciziehn. des
eilften fingers geschah sdion oben sp. HO mcldung, in den fast-
nachlspielen triU er oft auf 99, 14. 100, 10. 154. 156. 242, 32.
244,2. 313,7.
2) der ausgestreckte finger, zumal der rechten hand deutet,
mit dem finger deuten ist weisen:
mit minem viuger wiseie ich in. pass. H. 95,58;
mit dem finger auf mich zeigen. H. Sachs 1,541';
als deine mutier dich in unsre reihen brachte,
da Her er aur mich zu und spracli 'die scharerin',
und wie« dabei auf dich mit seinem iiiiger hin,
'die nimmt mir etwa« weg, was «oll ich jetzo machen?
ich weisz nicht wie mir ist*. Rost nclidfiigcil. 117;
ein loser, schedlicher mensch gehet mit verkeretem munde,
winket mit äugen, deutet mit fiiszen, zeiget mit fingern, spr.
Sal. 6,13; so du niemand bei dir beschweren wirst, noch
mit finger zeigen. Es. 68, 9 ; ich komme auch in keinen hof,
da man mit fingern auf mich zeige. Aimnn n 5' ; hier wo
jedermann sie kennt, mit den fingern auf sie weist. Lenz
1, 24«. gewinkl wird mit dem Zeigefinger oder mit der ganzen
hand, gedrM mit dem Zeigefinger, der vierte finger briszt der
namenlose orfrr ungenannte (impudicut), finn. nimetnin sorini,
und wenn auch den nordamericaniscben Münitarris der dritte finger
•der ohne nainrn' genannt wird, ist et doch unser vierter, weil
ät dfN daumen besonders rechnen und vom ersten finger su
btginnen. reite dei prinzen von Wied 2, 567 ; rühr es
mit dem ungenanten finger der rechten hand. Sedter 196 ;
unter allen fingern ist der kleine der klügste und witzigste, wie
von den sieben knaben der däumling d. «.. le petit poucet; er
hat mehr im kleinen finger als ein andrer in der ganzen hand;
dar scal dcnne hant sprächen, houpit sagön,
alldrö lidö huelih unzi in den luzigun vinger.
muspilU 95. «ö;
erst gestern fragt ich noch den lileinen finger aus,
der prophezeit mir wol. GcuTiiga 387 ;
sacht, ihm erzählt es ein vögelchen oder sein flnger.
Voss -i.-ib;
fr. mon petit doigt me l'a dit, obschon man auch hört: wie
mir mein daumen erzählt (2, 850).
3) für schön gelten an frauen lange, feine, zarte, runde
finger, kleine, rane finger. Maaleb 136':
si truoc zwd linde hende blanc,
dÄ stuonden kleine vinger laue
schön und lusteclichen ane. tr. kr. 19992;
ir wolstßnden hende,
ir vinger lanc als einer küneginne. MS. 2, 67';
ir hende und ir vinger lanc,
Äne bühel und ine bcrc. ftore 6910;
röte und linde ballen,
die man an schduien frouwen siht,
ich wa-ne dem hol si niht. Wiuat. 163,15;
schöne hende, linger lanc,
glander negel. Herbort .2496;
an wijen banden vinger lanc. MSH. 3,468*;
ir hend fiberschoenet
sint mit lichter varwe glänz,
ir vinger grüeblecht und ganz. Lt. S, 102;
vinger sinwgl überal,
gedrat als ein kerzestal;
Ions et gresles avoit les doiz. MioN 4,148;
kaulichte (kugelichte, rundliche) finger. Ettners hebamme 802;
die Jungfer hat feine helle äugen und geziegene subtile finger-
chen, unw. doä. 327, wo vielleicht geriegcne oder gediegene
zu lesen.
3) in anderm sinne sind lange oder krumme flnger did)ische,
stehlende: lange finger machen, wonach reichen, es entwenden.
i. P. grönl. jn-oc. 2, 25. substantivisch, das ist das verächtliche
beer der langen finger (der spilzbuben und gauner). Schiller
149'; warncten, dasz sie sich sollen wol füisehen für den-
jenigen, welche nach uns kommen w iirden, weilen sie krumme
finger hatten, fr. Simpl. 2, 103 ; ich hab noch nie gehöret, dasz
auch der fiechiste dieb hat auf einem Jahrmarkt krumme
finger gemacht, wann ihm der stadtrichter hat zugeschauet.
Megerle Judas 1,284; geschwinde finger. Pierut 2,363. hin-
gegen, die finger sich krumm und lahm arbeiten;
die flnger krump an garn wintcn. fasln. 267, 14;
da musten stets die finger gehn
und am verwünschten rade drehn. Wbiszk kam. op. 2,68;
auch sind mir die finger ganz verklommen, so kalt ist es
' schon. Lessing 12,470; starre, erstarrte finger, lahme, er-
: lahmte, die finger spitzen, spitze finger machen will sagen,
j etwas nur mit den enden der finger zierlich und reinlich fassen:
i wo die geputzten herren und damen im garten spazieren
und mit spitzigen Ungern die bluraen reichen und hallen.
GöTiiR 40,262;
hab ich einem gegenständ nur die spitze des fingers abge-
wonnen, so kann ich mir die ganze hand durch hören und
denken wol zueignen, vgl. fingerspilze. nackte, blosze finger
sind die ohne handschuh, aber auch die von ringen entblöszten :
nSchst war Melan ein knecht, und raustc, da dar schmaus
den letzten trauring frasz, mit nackten Ungern beileln.
GiJMHKR 5"2!t.
reine, nnbeneckte finger stehn entgegen den klebrigen, schmuUigen,
gcldzählenden des Wucherers:
das keim an fingern nichts pleib kleben, fasln. 792,12;
er hat geld an den fingern kleben lassen, veruntreut;
(ohit immerhin, ihr kargen Ihoren,
die finger blau, das ȟber blank. GfiNTUiR 172;
freund, kenne doch die weh! der grfisire dient geringem,
an weisen haflel alaub und gold au kargen fingern.
Dl'uch rrrm. U)«ikr !h)4
mit regen, schnellen, aufmerksamen fingern etwas durch-
suchen: mit den aufmerksamsten fingern forschte dieser
grosze gelehrte diesem niedlichen polte durch alle knpfcr-
bilcher nach und wo ihm nur ein kleiner nackter buhe vor-
kam, da schrie er Amor! Ainor' Llssinc 8,219.
5) meine hende trofTen mit myrrhen und inyrrhen liefen
Ober meine flnger an dem rigel «ra ichloix. hohelied 5,5,
1653
FINGER
FINGER
1654
sich das bast, die haut von den fingern melken oder winden
ic/wn 1, 1149 angeführt, doch mag hier die eine stelle vollständiger
platz finden:
die sonne sticht und brennt, das biszchen gras varwelkt,
dasz man sich abends fast das bast von fingern melkt,
und wenig milch bekömmt. Rost sdiäfergedicUte 63,
iceü die schlaffen euter härter gezogen tcerden müssen, in den
folgenden redensarlen mangelt der artikel rächt:
und war schon der und der
wie vor uns andern todt,
du strichest sein beschwer
als mit dem finger weg. Fleming S6,
du halfst ihm mit leichter hand. er erschrack bis in den finger
{bis in die fingerspitzen). pers. rosenth. 1, 5, was die ausg. von
1775 verdirbt: bisz sich in die finger. er ist geschwind,
schnell mit den fingern, fingerfix. so viel man mit den fingern
erfaszt, ergreift, eine faust voll, pugillus. er ist mir unter den
fingern (bänden) todt geblieben, leute, welche die finger im
spiele haben {sich einmischen). Gottbelf eri. 3, 204. aber
Belial ver\vundert sich mit den fingern {machte verwundernde
gebärde). Ayrer proc. 1, 6. sei so thüricht nicht, dasz wenn
du eine Untugend siebest, du dieselbige auf den fingern
tragest und einem jedem anzeigest, pers. baumg. 7,30; und
kommt mir vor, dasz diejenige {dame), mit welcher e. maj.
geredet, schon würklich es umb zwei finger hücher traget,
als die andern, so das glück nicht gehabt (a. 1712). archiv
für vsterr. gesch. 16, 224. die saugen mirs nicht aus den
fingern. Schlampampe krankh. hl; wie manche hübsche duenna
ist mir bei der gelegenheit unter die finger gekommen ! Göthe
10,95;
wie froh erschrack ich, als mir unvermuthet
ein brietchen in die finger kam. Schiller 262'.
den handschuh von den fingern ziehen, abstreifen, reiszen.
6) das thierchen ist nur eines fingers oder einen finger lang ;
das band ist nicht einmal fingers breit; ich weiche nicht
fingers, nicht um einen finger breit {ne digitum transversum) ;
und weiche keinen finger breit
von gottes wegen ab. Höltt 48;
der tisch steht noch einen finger weit ab; es ist kaum einen
finger {schrill] vor tage; die schminke liegt fingers dick. Lessixg
1, 378 ; er rieb sich erst den schlaf und den mehlstaub aus
den äugen, der ihm fingers dicke auf seinen borstigen wira-
pern lag. \\ eisze jubelhochzeü 33. diese fügungen sind vorzüg-
licher und freier als die heule beliebten uneigenllichen cotnposita.
es ist so nah, dasz man es mit dem finger reichen kann.
7) die finger helfen einander, tcie alle glieder thun. der wirt
und der landjäger sind wie zwei finger an einer hand. Gott-
belf Schuldenbauer 29; deux bons amis sont les deux doigts
de la main; er ist so gesund, ihm thut kein finger weh,
oplitne valet.
8) gottes finger, gottes spur in der ganzen nalur, ein tcink gottes:
dis ist des herren wort, hier, hier ist gottes finger.
Grtphius 1,2S9;
Wälder, felder mit dem vieh
zeigen gottes finger hie.
JoACH. Kea:<der bundestieder. Bremen 16S0 s. 162 ;
der unmittelbare finger der alimacht. Kant 8,361; gute ge-
müther sehen so gerne den finger gottes in der natur. Gothe
19,343; aber wenn ich gottes fingersehe. Kotzebue rfrum. sp.
2. 200 ; herr obrister, hier ist gottes finger. 3, 318 ; da sprachen
die Zauberer zu Pharao, das ist gottes finger. 2 Mos. 8, 19 ;
gab er im zwo tafeln, die waren steinern und geschrieben
mit dem finger gottes. 31, 18 ; und mir der herr die zwo
steinern tafeln gab, mit dem finger gottes beschrieben. 5 Mos.
9,10; so ich aber durch gottes finger die teufel austreibe, so
kompt je das reich gottes zu euch. Luc. 11, 20. s. fingorzeig.
9) einem den finger auf den mund legen, ihm dadurch kraß
verleihen :
flngar thinan dua ana mund minan,
theui ouh hant tbiua in thia zungün mina. 0. 1. 2,3;
legete im die finger in die obren und spützet und rflret
seine zunge {goth. lagida figgrans scinans in ausuna iinnia
jah speivands attaitok tugg6n is). Marc.',ZZ; die Juden wan
sie hörten got lestern, so stieszen sie ein finger in ein or.
Keisersberg narrensch. ISO*, stillschweigen gebietet, wer den Zeige-
finger auf eines andern mund oder auf seinen eignen legi:
ir legete in den vinger über den munt,
da mite tt^te ^r in kunt
da; sie #; nieman wollen
sagen noch künden sollen. Uolricb MS;
das macht das er den finger uf das mul leit und schwigt
Stil. Keisersberg bilger l';
und schwig du mir, so schwig ich dir,
man kan wol halten finger für
die ougen, das. man säch dar usz
und wachend tun als ob man rusz. Bra:i; 33,10;
ich legte meinen finger an die nase und sann lange nach.
Gellert 8, 4.
lo) keine fingergebärde kommt häufiger vor, als jenes halten
der finger vor die äugen, das lat. connivere oder blinzen, gr.
xarauvstv, xaiiuieiv, etwas wie unbemerkt oder ungerügt hin-
gehn lassen, schon in Stolles thüring. chron. do sogen {sahen)
die forsten dorch die fingere. 196; die hern zu Missen toten
keins dar zu, sundern sie sogen dorch die fingere ; die forl-
setzung des mnl. Reinaert hat 4251 {Willems):
leren door die vinger sien.
nhd. drümb sib ich durch die finger zu. Schwarzb:iberc 119,2;
ob die magt das von der frauwen dem junkem sol sagen,
oder sol sie von dem Junkern der frauwen sagen oder sol
sie durch die finger sehen, als ietz geschieht, man schenkt
ir ein mantel oder ein schleier, so schweigt sie und hilft
auch darzu. Keisersberg s. d. m. 72'; das gott durch die
finger sieht und sein straf verlengert. predigen 143'; und wo
das Volk im lande durch die finger sehen würde. 3 Mos. 20, 4
{LXX vTieoiScaaiv toIs of&aXfwXs, vulg. blosz negligens und
parvipendens); durch die finger sehn. Llther 5,148"; denn
er kan wol eine Zeitlang durch die finger sehen. 6,271*;
nun ich musz es lassen geschehen
und darzu durch die finger sehen. H. Sachs III. 2,242';
so er beuchlisch durcht finger sech. V. 316*;
dammb gott durch die finger hat gesebn. Frank lad. der
trunkenh. H2*; durch dfinger sehen one brill. Kirchhof
wendunm. 43*;
und secht in {den lündem) nit durch dfinger zS.
Scbhelzl Verl, son 4';
gott doch tyrannen nicht stets durch die finger seh.
Grtphids 1, 116;
kann chach zu diesem stuck auch durch die finger sehn.
1, 172 ;
ach wie oft wird den gröszern bansen durch die finger ge-
sehen. Abeij: gerichlsh. 1,398; das er seinen söhnen zu vil
nach und durch die finger sähe. Bltscbkt ians/. 332; ob die
menschen schon zu geringen Sünden durch die finger sehen
können, so wil es doch gott nicht P(üm. 871; geräth das
kind übel, um das der vater durch die finger gesehen. 378;
dem duell durch die finger sehen. Kant 10, 2S6 ; wir sehen
mit den einheimischen handwerkern durch die finger. Moser
p. p/i. 1, 204 ; ich könnt ihnen manche frau nennen, die ihren
mann mit lauter liebe zu tode quält, 'weil sie seinen unarten
nicht durch die finger sehen will*. Gotter Jeannette l aufz.
iauflr.; freilich sieht er einem auch einmal durch die finger.
GöTBE 8, 209 ;
dasz auch mir,
wie billig, eine schönlieil in dem kühlen,
wenn icli sie suche, gern begegnen mag.
'wir wollen Treundlich durch die finger sehen',
dagegen wiszt ihr, dasz ich schonen kann. 9,116;
der amtmann möchte durch die finger sehn, wenn man dem
menschen zur flucht behülflich wäre. 16,148; der vater hatte
das alles zu veranstalten erlaubt, er selbst schien nur durch
die finger zu sehen. 18, 24 ; dasz man von oben herein durch
die finger zu sehen und alles, was sich ereignen könnte,
dem Zufall zu überlassen geneigt sei. 30,3t4; ich solle mich
davon machen, sie wollten mir durch die finger sehen (e che
loro m'arieno falte spalle). 34, 316 ; der poet mag hierüber
mit seinem gewissen übereinkommen, der leser aber musz
gefällig durch die finger bücken. 38,299. Mosers mit statt
des datirs ist undeutsch, ganz etwas anders ist einem auf die
finger sehn, ins gesicht fassen was er in seinen fingern hat oder
damit thut: indem der {böte) mittwochs oder sonnabends früh
in mein zimmer kommt, wird auf die finger gesehen, ob er
nicht einen brief von ihnen bringe, an Sdiiller 431.
11) die finger aufrecken, erheben lu sdiwur oder feierlichem
handel und gelübde:
w^lt ir s^hen sinen kouT,
recket einen vinger out. Hslbuhc 1,1314;
und wer mir trauren helfen will,
der beb ein finger auf! GdRRis mei*terl. 90;
und welcher mit mir woll, der reck
mit mir auf einen finger 1 meittert. T. 23 n* 89 ;
1655
FINGER
FINGER— FlNGEUBRElt
1656
weihen fortan
sein weib nit überlisten kan,
der selb recli auf ein llnger! n'213;
wers thon will reck ein finger auf! II. Sachs III. 3,12';
macUlen also ein ufrur unter dem häufen, dasz sie zusam-
men schwuren und die finger ufreckten. Götz v. B. kbensb.
209; ein eid mit ufgerecklen fingern schweren, treisth. 2,l9i.
ebenso die band recken, cxlendere manum, goth. ufrakei handu
lieina. Marc. 3,5. anders:
du aber leg die finger auf die brus. r , w
und scbwore mir mit einem ilieuien eid. Uula!1DS Lrnst 14.
ttatt recken, strecken hcUzl es auch die finger spreizen, aus-
spreizen, cigenllich auseinander in die holte halten.
12) spiUisch gesagt ist zu einem riUer:
l&t iu den vinger ziehen 1 Pari. 599,8,
den im kämpf Versehrten, verrenkten slrnchen und zurecht ziehen ?
auch im spiel von der upslandingc (Ettm. 956):
gi sinl beide, dar man schal Mn,
sillet ueder, läi ju den dümen tcn!
in einem nlid. büchlein, betitelt der complimentisl s. 290 findet
tich 'die finger ziehen oder Schnappern lassen', wol an den
gelenken ziehen, dasz sie knacken:
die llnger krachen,
die manner wachen. Garg. 168*.
mit den fingern schnippen hekzt den auf den daumen gedrückten
mütelfinger sclmllend auf die maus gleiten lassen: der sich immer
in die lippen beiszt, durch die zahne zisclit, mit dem köpfe
schüttelt und mit den fingern schnippt. Weisze kinderfreund
8,103. höhnisch oder scherzend 'ein Schnippchen schlagen'.
lustig mit den ungern schnellt. Günther 195.
tiMJnt 6« GöTHE 5,263, der äne houri sagen läszt:
wieder einen li'iger schlägst du mir ein!
weist du denn wie viel aeonen
wir vertraut schon zusammen wohnen?
'nein! wills auch nicht wissen, nein!"
auch eine solche handbewegung? dasz epileptische den daumen,
den finger einschlagen (sp. 274) gehört nicht dahin.
13) an den fingern kauen, nagen, bciszcn hat mehr als
Hnen sinn, es kann bedeuten was die finger wonach lecken:
wir suln ein niuwe? briuwen,
dar nach si die vinger kiuwen
bn den triuwen. Neiduart 13,36;
die idolliT) wolt ich in ein smalz schlagen,
so wurden die bauren die finger nach nagen, fasln. 212,26.
es meint aber auch nahrung daraus saugen, nach alten Überlie-
ferungen sogar u:issenschaß, kenntnis, Weisheit daran saugen, in
einem altirischen lied von Ossian und Putrlk 136:
'snach raibh do mhaith a Bhflonn fein
is a cognadh a mheir go smaois,
Finn selbst vermöchie ja <jar niciUK,
venn er nicht an dem finger kaut,
mer, heute mear (gen. meir) ist finger, daume. bei uns von
einem wissenden: er hat es aus seinem daumen gesogen; er
hat es nicht aus seinem kleinen finger gesogen. Schlampampe
Üben 8 {siehe oben 2).
dan Ir habts usz den Ungern gesogen.
MuRiER /m(/i. norr 2049;
usz got und nit den fingern gesogen. 2332.
Gescenbach Idszt s. 129 einen ehmann zu Venus sagen:
du bist die mich jetzt fröwi allein,
wib und kind wil ich Verlan
und wil allein dir hangen an.
dir koufcn rnck, mSntcl tind schuhen,
mein Iraw lassen die finger sugen,
sie mag an den fingern saugen und sich so das leben fristen,
wie der bär an den tatzen saugt (Döbel 1,33*). in folgender
stelle ist etwas in die finger beiszen soviel als verbeiszen, uiilrr-
drücken: welches wir aber alles bis zu seiner zeit in die
finger beiszen (o. 1585). Ro»iiel hess. gesch. 5,644. an den
fingern nagen, in die nägel beiszen, zum Zeitvertreib:
der junge rephyr fand
d» gute ding {die lii*). das fleiszig wache stand,
»or lanKer weil an •eluen fingern nageo.
WicLAND Juno und Gnnymeä 872.
auch verlegene, reuige menschen beiszen sich in die finger, fr.
■ »"en mordre les doigt«, i'en repentir, vgl. Stai.der 1.:«7(>.
14) sich die finger verbrennen und schaden davon haben,
anlaufen, fr. «c brüler les doigt-* : wer einmal so unglücklich
gewesen int «ich die finger zu verbrennen. Lenz 1,105; der
untorMrhiige halle zugegriffen und »ich die finget bäszlich
verbnuint :
der unparteiische corrcspondenl (Hamburger zcilung),
der sich nur selten die finger verbrennt.
Kl. Schiidt kam. dicht. 349
meine 119 riesz groszfoliopapier {die Voss zum dntck seiner
Odyssee gekauß) kann ich noch nicht anbringen, ob ich gleich
die wolfeilslen preise angeboten habe, es scheint die buch-
händler freuen sich, dasz doch einmal ein seibstverleger die
finger verbrannt. Voss briefe 2, 269. man kann den ausdruck
aucli vom gottcsurlheil herleiten: ich möchte für die wahrheil
einer behauptung meinen finger nicht ins feuer halten, je
n'en mettrais pas mon doigt au fcu.
15) den finger dazwischen stecken und klemmen : nu wil
ich mein finger nicht stecken zwischen die irrigen händel.
Lutiiehs br 1, 314. ursprünglich, zwischen holz und rinde, zwischen
ambosz und hammer slecJcen.
16) die fingor rühren, mit dem finger anrühren: ich mag
darum keinen finger rühren; nun nit ein finger an ein ding
legen, sich niencr umb arbeiten. Maaler 136'; ja die hofe-
ehre, würde, gcwall und höhe wollen sie wol gern haben,
aber die hofemuhe und erheil wollen sie nicht mit einem
finger anrüren. Luther 6, li;2'; werdet ihr mir nur noch ein-
mal eins {von den kindern) mit dem finger anrühren, so will
ich euch das loch weisen, welches der Zimmermann im hause
offen gelassen hat. Jncnndiss. 119; ich setze keine feder mehr
an, rühre keinen finger mehr für ein so undankbares volk.
Wieland 14,190; und dem soll eine frau eine band geben,
ihn mit einem linger berühren? J. P. Siebenk. 4,80. vgl. an-
rühren, nicht rühr an 1,431.
n) die finger werfen, fr. jetcr les doigts, bei Maaler 136*
micare digitis, geheimen wink geben, aber auch nur legen:
hier warf Amint, mit neuer lust,
die finger auf die warme bnist {der Doris),
worauf er, wie er zärtlich glaubte,
die freiheit mehr zu rauhen raubte.
Rost sclinfererz. 49. schäferged. 73.
18) den finger bieten, reichen: wenn man ihm den finger
gibt, so will er gleich die ganze band; man darf der Jugend
nur einen finger bieten, sie wird gar bald die ganze band
hernach ziehen. Weise ersn. 61 ; wenn man ihnen den finger
reicht, so reiszen sie einen bei der band an sich. Bettine
br. 1,218.
19) wir konnten keinen finger stille halten (zitterten an allen
gliedern). Leipz. avant. 1, 86.
20) er ist so weich und nachgibig, dasz er sich um den
finger wickeln läszt; schon kann ich ihn um einen finger
wickeln. Lessing 1, 237.
21) einem auf die finger klopfen, ihn gelinde süchtigen, fr.
donner sur les doigts.
22) finger am handschuh, was die finger bedeckt.
23). finger am dorn:
das llöckchen hielt der dorn
in scharfen fingern fest. Rücmrt.
FINGERAB, e digito, vom finger herunter:
als ich auf dem Kuidirat schifte,
streifte sich der goldno ring
fingerab. Götuk .% 147.
FINGERARBEIT, f. i. b. ndlien, stricken, schreiben, vgl. band-
arbeit.
FINGERBAD, n. sagte man ehmals für fingerabwaschung.
spöttisch zu den Wächtern:
mcn scholde ju maken en flngerhat,
dat gi sißpen an dcme grave. upstandinge 942,
man sollte euch ein handwa.<tscr geben.
FINGERBEER, n. pupula, das euszerstc an den fingern,
welches von dem gemeinen mann pupulae oder buppeln und
fingerbecr genant wird. TnunNEissER magna ü/cAymw 2, 86 ;
beere n. der duszersle theil der fingerspilze, fingerbeere, finger-
kuppe. Stalder 1,151; das fingorbeeri, fingerspüze. .\lb. vo«»
BllTTE s. 24. wuncl ahd. perian, lerere, premere, weil man mit
der fingerspitze drückt und knetet, sicher gab es auch ein mhd.
vingerber oder einfadies her in demsellien sinn.
FINGERRELN, n. os digUi.
FINGERBEl'GER, m. nervus digiU.
FINGERBEWEGIJNG, f motio digilorum: indem sie mit
einer leichten fingerbcwegnng seine hemdkrausc wcgschncilt
und eine bandschleife, die da verborgen war, wegnimmt.
SCIIILIF.B 262*.
FINGERBLOSZ, ohne handschuh.
FINGERBLITADER, f vena digiti.
FINGEIIRREIT, (M<i/is.- fingerbreite» band; cm liiignorcit
abendrolh. J. P. Fibel rorr. Gönn« 3, I2s. oft ohne su»am-
1657 PLXGERBRILLE — FINGERGLEICH
FLNGERGLIED — FLNGERLEIN
165$
menselzung {s. finger, 6) : einen fingen, keinen finger brei( ;
ich wollte auf solchen wegen lieber von hier nach Paris
fahren, als nur einen finger breit nachgeben, wenn die rechte
und befugnisse bestritten w erden. Götue 15, 36 ;
durch gotlicbe 6re
wägeter den lip so sere,
da? küme rem töde ein vinger was. Geo. 128;
wije Joppen Tinger breit gesteppet. MSU. 3, 2S0'.
FINGERBRILLE, f. etlich machen fingerbrillen {sehen durdi
die finger). Garg. ISö'; sehet nicht durch die fingerbrille.
Mestwert 73.
FI.NGERBRUCH, m. fradura digilorum. unter den fechter-
hieben werden genannt: einlauf, gemächstüsz, beinbriich, arm-
brüch, fingerbrüch, gesellenstösz , mordstösz, gesichtstieb.
Garg. ISS'.
FLNGERCHEN, n. digüulus:
wie konnte der denn das erlangen?
er ist auf fingerchea gegangeo. Götbe 2,263;
und die wangen waren von der färbe
wie das fingerchen, das sie gebildet. 2, 190.
FLN'GERDEL'TEN, n. rituperaiio, tadel, indem man fingerdeulet:
da würde ein vingerdiuten
Ton iuwers vater liuten
dur wäre schulde üf mich getan, tr. kr. 22215;
keinen herren ouch da^ wol zimt
daj er sin armen liuten nimt
ir guotes mere, denn er ze reble
nemen sol, und mit gebrehte
da; Terzen mit riehen liuten
durch werltlich ire und Tingerdiuten. Benner 2255;
wijjet, daj ofte vingerdiuten
m6 schadet dan frumet klösterliuten. 3303;
storcbsnebel und vingerdiuten
guckent ofte nach tumben liuten. 14068;
«wer sich gesellet ze tumben liuten
der machet im selbe ein Tingerdiuten. 15*11 Ij
oben von der scheiteln nider
unz üf die solen dan üf wider
was niht an sime libe,
daj von manne noch von wibe
vingerdiuiens bxte. Rudolfs wellchr. ScbEth 2,180.
tpäler nicht im gebrauch.
FINGERDEUTLICH, aperte, ul digUo monslrari possü: so
lang sie einen nicht fingerdeutlich vom gegentheile überführt.
Moser p. ph. 3,36.
FINGERDICK, crassitudine diqiti: die butter fingerdick auf-
schmieren, vgl. fingersdick.
FINGERDRUCK, m. pressus digiti, vie händedrack:
lesen könnt ich in seinen festen zügen
seinen lang und treu bewahrten entschlusz,
auch mit keinem fingerdrucke zu lügen. Le5au n. ged. 104.
FINGEREIDE, n. annulus, mAd. vingeride, n«r frei Neidhabt :
Tniten swester Bride
spilt mit Eppen umbe ein vingeride. 42,13;
also vlös min vrcuwe ir vingeride,
dö si den krumben reien üf dem anger trat,
dö wart e; ir ab ir hant, seht, an ir danc genomen. 60, 2S.
könnte gebildet sein irie goüi. ave|)i ovile, grex, caula für aveij)!,
ahd. ouwiti, ewiti für ouwidi, ewidi, und icenn dieses herde
ausdrückt, die terschlingung mehrerer ringe zum schmuck be-
leichnen? das erloschne wort ist hier nur aufgeführt, um nach-
furschung in süddeutscher volksprache anzuregen.
FINGERENDE, n. exlremus digäus, fingerspitze, fingerkuppe,
vofür vir vorhin das ältere fingerber kennen lernten:
mistrauiscb aufgeschreckt Ton jedem leisen wort,
trägt er (der blinde Gangolf) die äugen nun an seinen fingerenden.
WIKLA5D 22,2';3 (Uberon 6,53).
FINGERFASENACKT, verstärktes fasenackt {sp. 1339). rocken-
phil. 2,4.
FINGKRFERTIG, expeditusdigitis: ein fingerfertiger Schreiber,
geipenspieler.
FINGERFERTIGKEIT, f.
FINGERFISCH, m. polynemus.
FI.NGERFI.X, fingerschnell, sudelnd in der arbeit:
den Fingerfix kennt jetrt fast keiner,
den Zeuxis noch fast jedermann. Bi;*»« 64*.
FINGERFL.\CHE, f. fläche der handknochen nach den fingern hin.
FINGERFÖRMIG, digiti formam referens.
FINGERGELENK, n. articulus digüi,
FINGERGESCHWCR. n.
FINGERGLEICH, n. articulus digiti : eines fingergleichs lang.
WCbtz 103
FINGERGLIED, n. dasselbe. Dasyp. 288" ; von einem gestorbnen
mahler:
die geschickten flngerglider
kommen nimmermehr herwider. Roxpler 94.
FINGERGOLD, n. annulus, golh. figgragul|), alln. fingrgiill.
doch kein ahd. finkarkold, kein mhd. vingergolt aufzuzeigen.
FINGERGR.\S, n. digilaria filiformis, ein fenchgras.
FINGERGRIF, m. pleonaslisch, da der grif mit den fingern
XU geschehen pflegt, doch kann auch mit dem mund, von vCgeln
mit Schnabel und klaue gegriffen werden: die diebin für dem
{so) fingergrif eine belohnung. Abele unordn. 4, 221.
FINGERGROSZ: mit vingergrüjen strängen. Er. 5395.
FINGERGUCRER, m. der einem auf die finger sieht.
FINGERH.\NDSCHUH, m. handsdiuh mü fingern.
FINGERHAUBLE. n. für einen kranken finger. Maaleb 136*.
FINGERHOCH, hoch wie ein finger.
FINGERHUT, m. l) digitale sulorium, zu abwehr der nadel-
Stiche, it. ditaie, sp. dedal, fr. doigficr, ringerhut Hacpt 6, 322*,
Dasvpodils 54', vingerhoit, leutonisia 290*:
auch hab ich nadein, pursten und kern,
flngerhuot, laschen und nestel vil. fastn. 477,26;
ein eilen und ein fingerhut. Atrer 372*.
2) oß gebraucht, geringen ^hall einer masse auszudrücken:
pfaffengut, raffel^ut,
gebt zusammen in ein fingerhut. LKOPRECume 49;
indem wir schon von altem nectar glühten,
ruft Bromius, 'das grosze deckelglas,
he mädchen flink! mit diesen flngerhüten
macht man ja kaum die lippen nasz'.
WiELA?«D Juno u. Ganymed 254.
armer tropf, aus dieser Jage reiszen, und auf mehr raffinirt
dein fingerhut voll gehirn nicht? Schiller 109'; ein fingerhut
voll puder, zu viel oder zu wenig. J. P. uns. löge 9.
3) kräuter mit blumen in fingerhulgestait, digitahs purpurea,
flore luteo, campanula sikeslris, nnl. fingerhoedkruid.
FLNGERHCTER, m. fingerhutmacher :
die bader, küfer, fiugerhüter
bringen zusamen nicht viel guter, fotiohlatl von 1621.
FINGERHÜTLEIN, n.
dem faulen balg, dem tröpfeln
wir karg in gläschen ein,
in gläschen, wie bei äpfeln,
zu nippen snszen wein !
ach seufzt er 'lingerhütlein !
denn gläschen bist du kaum!
ich kühlte gern mein mütlein
und feuchte nur den gaum!' Voss 5, 123.
FINGERIEREN, die finger auf dem instrumetü gebrauchen,
von klavierspiclern : sie fingerieren gut. fingern wäre dassdbe.
FINGERIG, digitatus. s. fünffingerig, langfingerig, rosen-
fingerig.
FINGERKALENDER, m. ich hatte nicht lang in die hohle
band und deren prophetische handzeichnung geschauet, als
ich Alitheen mein erstaunen über diesen fingerkalender der
Zukunft nicht recht mehr verhehlen konnte. J. P. jubeis. 138 ;
verstärkte seine buchersammlung mit einem seltnen finger-
kalender. Fibel 27.
FINGERKALT, von gelinder kdUe, wobei einen sdutn an den
fingern friert.
FINGERKOPPE, f. fingerspüxe, ü. polpastrello : mit den
fingerkoppen die regsamsten, gefühligsten nerven berühren.
Ardinghello 2, 215; und wären allen Schneidermeistern die
nähfinger oben an der fingerkoppe durchstochen. J. P. doppel-
heerschau 185.
FINGERKRAUT, n. siehe fingerhut 3 und fünfßngerkraut
FINGERKUPPE, f. was fingerkoppe: ich schreibe verzweifelt
ungern, die fingerkuppen tbua mir immer so weh. Weisze
luslsp. 234.
FINGERL, n. annulus, östr. und bair. ßr fingerlein, schon
bei LicHTENSTEiN 116, 10. 228, 6. Megembebg vingerl. 433, 14. 472, 7.
FINGERLANG, longiludine digUL
FINGERLEIN, n. digüulus, annulus.
1) in der alten spräche ring, das am finger getragne, wie aus
SäxTvXos SaxTvXws, aus finn. somii finger surmus ring, aus
sl. pr'st" finger pr'sten' ring wurde auch aus ahd. finkar, fingar
gebildet fingiri annuhis, pl. fingiriu, allmälicJi aber gieng es in
fingirin und fingarlin über, ohne dasz im begrif eine diminution
liegt, gerade so erscheint im Ruodlieb digitalis für annulus:
annulus ut victi donetur ter superanti.
tunc is, 'qui Indum, quem liidamus modo primum,
acquiral', dixit, 'digitalis uterque suus sit'. 8,63-
Judendo proprium cito perdebat digitalem,
quem tranit a digito, jaciebai eique rouudo. 8,97;
1659
FINGERLEIN — FINGERN
FINGERN— PLNGERREIP
1660
tandem ter denos fabricare jiibet digitales
ex auro puro, reperitur nou melius quo. 3,382;
sie dicens gladium sibi üquerat et digitalem. 14,81;
et pariier sibi tres dat gemmatos digitales. 14,96.
mhd. ist dies vingerlin für ring tiberaus lidufig:
er zöch ir ab der hende ein guldin vingeriin. Kib. 627,3;
her Iwein, nämet ditz vingerlin. /le. 1202;
unde lät ditz vingerlin
ein geziuc iit rede sin. 2945;
und sendt ir wider ir vingerlin. 3193;
dö spilten si d€r vingerlin. GA. 2,41S,319.
thtnso noch im 14. 15. 16 jh. da; graben, da; man in vinger-
lein tuot. Megenberg 377, 24; darumb list man, da; Salumün
ain vingerlein bet, da gaist in bcslu;;en wären. 430,25; do
gab er dem ersten sun das wib, dem andern seinen liort,
dem dritten sein chostpäilich vingerlein. yesta Rom. ed. K. \(i ;
vtas wildu das icb dir geb für das pfand? sie antwurt, dein
fingerlein und dein armgeschmcid, annulum tuinn et armillam
tuam. bibel 14S0 1 Mos. 38,18, wo Luther setzt: deinen ring
und deine scbnur; vingerlein anulus, enchiridion grece. voc.
1482, kk 5*; und weisz im ein guldin fingerlin an die band
stoszen. Keisersberg posl. 2, 52' ;
fra^, nembt von mir disz fingerlein,
das traget nun umb meinem willen. H. Sachs IV. 3, 53';
hab flngeriin feil,
leg die hend in schosz. Scheid grobian m3.
vie aber Luthers bibeUibersetzung diesen ausdruck nicht festhielt,
tondern dafür fingerreif oder ring setzte, verschtcand er aUmdlich
im Sprachgebrauch und dauert blosz in dem Volkslied und hin
und wieder unter dem volk. Stieler 485 hat noch fingerlein
schenken, annulo dunare. aucfi nnl. kommt vingerlija für ring
vor, aus dem nhd. entlehnt.
2) fingerlein für kleiner ßnger, fingerchen: die wurzeln sind
rund und lang, eines kleinen fingerleins dick. TAtiERNAEM. 83 ;
ein ringlein an deinem vingerlein hat die ganze sacbe ge-
dreht. Fb. Müller 2,114;
und horch ! Aurora, die Jungfrau fein,
schlosz auf mit rosigem lingcrlein
der sonnen diamantne thi'iren.
Kl. Schmidt liom. dicht. 218.
FIXGERLEN, /reguetiiolti) »on fingern : die finger spielen lassen.
Stalder 1,370. ScHN. 1,543;
mei schätz ist en orgelist,
er flngerlet wos ist,
er fingerlet am lädle:
'Mariele, wo bist?' Ernst Meikr Schwab, volksl. 42.
FINGERLESEN, loqui digitis:
mhd. wand #r was stum
von dör geburt her gewesen,
man muste mit im vingerlesen. pass. K. 143, 60.
FINGERLING, m. tfteca digiti, fingerhut, auch nl. vingerling
und verkleinert vingerlingje. schueiz. der am fmger abgezogne lianf.
Stald. 1, 370. bei M aaler 136' hülchen für einen kranken finger.
FINGERLOS, expers digüi.
FINGEULOSZEN, digüis micare. vgl. finger 17.
FINGERMLSCHEL, f dactyli concha.
FINGEHMLSKEL, m. nervus digilalis.
FINGERN, dit/Uis längere, nnl. vingeren, in verschiedner an-
wendung:
1) palpare, eontreclare:
die alten sich verjfingeren,
wan sie die mädiciti fingeren. Weceherlin 781 ;
beim frauenzimmcr ist das fingern gefährlich. STtELER485;
und um den nacken der mädchcn zu fingern. Wieland 16,30;
oftmals hab ich auch schon in ihren armen gedichtet,
und des bexaraeters mnsz leise mit fingernder band
ihr auf dem rücken gezählt. Götue l,'.!6ö;
der doctor streichelt sich und eilt in Fritzens zelle,
er fingert um den puls, erwegt auch alle falle.
Hacedodn 2,97;
ein fingernder doctor besalbt mir den leib. 3,74;
er fingert lang an seiner scbifertasche. Wieland 10,64.
2) Iractare fides, auf den sailen, auf der geige, fliiie fingern:
er kann wol geigen, aber nicht fingern;
mhd. euch künde ti die selten
Tingem und bereiten. ilB»o>T 9333;
et iit doch benser redn als pfelfn,
diewcil PH nicht vil fingern* darf. Atrer fmtn. 51*;
Florian der gtii« pfeifen
fieng ttmm Hu»zlnnds grAitte tladl,
und solang er fingpru kunie,
nng «r, wie er steu begtinte. Fuiinc 370;
bei meiner violon,
da krieg ich einen süszen ton
durch sanftes streichen und durch fingern. Mbnante» 1,257;
mein viole d'amour will nil mehr klingen, ich mach auch
was ich wolle, 'vielleicht hat sie einen catbarren an denen
fingeren, fingert nit wol'. Calle.nbacu uli antehac s. 74;
frisch ! nimm die flöte her, du must mir etwas fingern
geschwinde spiele mir das lledcheii mit den Springern,
ich hör es gar zu gern. Rost scitäfergeäichie 147 ;
mit der linken fingert er auf seinem haberrohr. Fr. Müller
1, 180.
3) digilis effingere ; die Schwierigkeit aus einem so sprOden
leim gerade das bild, das ich haben will, heraus zu fingern.
Wieland an Merk s. 193.
4) digitis monstrare, fingerdeuten: er hat lange hinaus ins
meer gezeigt und gefingert. Claudius 4, 113. schon mhd. von
einem der sich stumm stellte:
unde sich selber an nam
durch ein valsche eselkcit,
da; sin spräche was geleit
und wolde stete swigeu,
vingern und nigen
pflac er vor die zunge. pass. K. 520, 92.
5) tradere, zufertigen:, fingre ihm hurtig das fertige todes-
urthcil in die band. Fr. Mt:LLER 3, 220.
6) digilos amputare, digüis truncare:
also sind soliich usz dem orden
gelierteilt, köpft und gefingert worden. Gengbnbach 401.
7) sich fingern, in digitos dividi, sejungi: die band fingert sich ;
der bäum, die pflanze fingert sich; blätter fingern sich, wachsen
in fingerform, stehn auf der spitze eines Stiels zusammen;
sam vil der jär, als sich ein hant geviugert. Albr. TU. 2S66.
s. abfingern, befingern.
FINGERNACKEND, wie fingerblosz : und lasz ich dich finger-
nackend an einen pferdeschwanz binden und bis unter den
galgen schleifen. Weise kl. leute 217.
FINGERNACKT, dasselbe: welchs wir wol an unsern armen
pfarrherrn, iren weiblin und kindlin teglich sehen und an-
dern vil armen, den der bunger aus den äugen sihet, kaum
das brot und wasser haben und dazu fingernacket gehen.
Luther wider Hansworst. 1541 D2; wer seinem ehegemahel
nicht sein eid helt, tregt aus dem hause und nichts drein,
wild dem weihe alles an, lesset die kindcr fingernacket gehn,
der wird nit allein den menschen, sonder gott selber trew-
los und meineidig. Matiiesius predigten vom ehestand. Jiürnb.
1563 Rr; welche daselbst fingernackt hunderterlei geile Stel-
lungen machten. Lohenstein Arm. 1,300;
sein leib war tingernackt. auserlesene ged. 1,279;
eine Völkerschaft von fiiigernacklen leiiten. Wieland 15, 4.
FINGERNAGEL, »j. unguis digiti: llnsät wert dem krampf
und wert auch den runzeln an den vingerncgeln. Megenberg
422,30; und ist der stain (onich) auch gevar sam ain vinger-
nagel. 454,6; da solt ein reichstng worden sein, das weder
von bischolTen noch von fürsten eiu fingernagel blieben were.
Luther {ed. hmischer) 2, is ine von mh 'nii ht eine klaue', gar
niclds; ein harpfuer neben mir notierte die baupiconteuta der
rede auf seinen fingcrniigeln. J. P. ;ia/)ierrfr. 1,216.
FINGERNAGELKRAUT, n. myagrum paniculalum.
FINGERNUDEL, f. meldspeise von fingerähnlicher form. Scii«.
1, 543.
FINGERRECHNUNG, f rechnung mit hülfe der finger gemacht.
FINGER RECHT, n. als aber ihre band schlaf auf dem
warmen feldbelte der ehre und auf dem wedt'l ruhte und
mich ärgerte, könnt ich zum faiisl oder fiiigerrecble greifen
und sie selber inhaflieren. J. P. paling. 1, 03.
FINGERREGUNG, f welche mystischen beziehiingcn würde
nicht ein Kanne aus den religiösen gebnliithen und finger-
regungen eines Hindus holen können ? J. I'. ;<ij/<ier(/r. 2, 195.
vgl. ViKRORDT de junctaniin in precaudo muuuum urigine in-
dogei-manica. Carolsruhae 1S5I.
FINGERREIF, m. annulus digitalis: und der knnig thct abe
seinen fingeireif, den er von Hainan hatte genomen und gab
in Mardachai. Esther 8,2; bringet das beste kleid erfür und
thtit in an und gebet im einen fiiig>-rreif an seine band und
schuch an seine füsze {goth. jab gibi|) figgragul|i in handu
is, (igs. syllad hiin bring on bis iiaud). Luc. l.'>, 22; denn die
weit, bawcr, l)urgi'r. adel sind doch des tcufcis, on das goll
ir wenig als köstlich edelsleinc und türkis erous lieset, die
er in »einen fingerreif fasset. LumKR »,«4'; »o haben die
1661 FINGERRING — FINGERSTUNDE
alten Römer dem eisen und aller kriegsrüstung zu ehren
eine gute zeit eiserne fingerreif getragen. Mathesios 78*.
FINGERRING, m. dasselbe.
FINGERRCCKEN. m. pars digUi supenor.
FINGERRÜCKENNERV, m.
FINGERSATZ, m. admotio digiUmim ad eliäendos ntnorum
sonos, die applicatur.
FINGERSRREIT, vas fingerbreit.
FINGERSCHLAG, m.
, sie spielte, wie ich tiefer sank,
mit leisem Ongerschlag,
der mir durch leib und leben drang,
mich frohen schlummrer wach. Höltt s. 40.
FINGERSCHLAGADER, f. arteria digüalis.
FINGERSCHNALZ, m. percussio digUorum: die kunst durch
einen fingerschnalz seinen namen in ein testament zu bringen.
Gartes übers, von Cic. de off. 3, 19.
FI.NGERSCHNECRE, f. pinna digüiformis, äne ari Schnecken,
die auch fingerchen heiszen.
FI.NGERSCHNELL, fingerfertig, fingerfix, nn/. vingersnel.
FINGERSCHNELLEN, vUirare digito. Garg. 165'.
FINGERSDICK, was fingerdick : die kollerader lief fingers-
dicke auf, er legte die band an den degen. Felsenb. l, 47.
FINGERSDICKE, f aassüudo digüi:
denn flngersdicke hat der wipfel kaum. Griss Bcifardo 2,5,9.
FINGERSETZUNG, f im clarierspiel tcas fingersatz : indes der
scheue, blöde Falterle keine schöne zu einem andern schritte
brachte als zum rückpas im menuet und statt der Setzung
seines ichs zu nichts als zur fingersetzung. J. P. TU. l, 125 ;
der lector unter die niemals eigenhändigen menschen gehörig,
die alles gern durch die dritte, sechste, fernste band nach
einer der fingersetzung ähnlichen händesetzung thun. 4, 42.
FINGERSGLIED, n. vas fingerglied: wunde eines fingers-
glieds tief «•«>/*. 1, 621.
FINGERSHOCH, iras fingerhoch.
FLNGERSI.NNLICH : als könnten wir die andere weit so
fingersinnlich machen, als dasz zweimal zwei vier ist. Hippel
3, 135. v^. fingerdeutlich.
FINGERSLANG, tras fingerlang: und mein hart ist auch
wieder fingerslang. Schiller 192*; und die gemeinderäthe sind
etwas ungehalten über den pfarrer, der sie all fingerslang
aufs rathhaus hinsperre mit unnöthigem zeug, das dem alten
pfarrer nicht leise eingefallen sei. Neffles der reller aus
Schwaben s. 274; all fiiigerslang musz ich ins schlosz und
buszen. Gotthelf Schuldenbauer 29.
FINGERSPIEL, n. digitorum gesticulalio. als Rigr in das
haus des edlen geschlecfüs eintrat:
sAtu hion, säi i augu
FaCtir ok HCSir fiogrum at leika,
und fornmannasögur 7, 172 heiszl es: Tar st4 kAtr, at hvert
harn kvaddi bann hla>jandi ok l^k vid fingr sina. es ist ein
Zeichen frohes behagens ohne arbeit zu sitzen, einander ins äuge zu
schauen und mit den fingern zu spielen.
FLNGERSPITZE, f. exlremus digilus, fr. le bout du doigt:
Tor schäm und liebe rotb bis in die fingerspitzen. Wiki.a!<o;
wo ist der urquell der natur,
daraus ich schöpfend
himmel fühl und leben
in die fingerspitzen hervor. Göthb 2,192;
im herzen da liegts, da ! das ist wild, brausend, hochklopfend,
ich spftrs bis in den fingerspitzen. Wagner die reue nach der
Ihat 6; berurotappen und seinen weg mit den fingerspitzen
suchen. Fichte fr. revol. 27 ; ich weisz es in den fingerspitzen,
habe es gtit in gedanken.
FINGERSPRACHE, f. loquela ditiüorum, gebärdensprache.
FINGERSTARK: eine fingerstarke goldne uhr. Götter 3. 423.
FINGERSTEIN, m. belemnUa, daciylus, ein versteinertes seethier.
FINGERSTOCK, m. ein stob, womü die finger der lederhand-
tchuhe lang gedehnt werden.
FI.NGERSTRECKER, m. eitensor, ausstreckmuskel.
FI.NGERSTRÄL, pecten digitorum: die Athener hatten ein
fest Kylhroi {ol xv&poi), da sie einander mtisten närrisch
gnug verkitlern durchs gitler, wie der apotbekernarr durch
den fingersträl. Garg. 7.
FINGERSTÜCK, n. zum einsetzen an die hand schuh finger.
FINGEKSTÜNDE, f ein der 12 stunden, welche die hand-
uhi anzeigt Peter .\piands inslrumenibtich. IngoUt. 153S th. 1
wp. 3, engl, fingerwatch.
FINGERSÜCHT — FINGERZEIGEN 1662
FINGERSUCHT, f. ehiragra. Serrasüs synon. 70', gdyiidet wie
füszsucht, podagra.
FINGERTUCH, n. mappa, serriette:
oft lang nagen am fingeituch. Atbbr fasln. 57',
trenn nicht bungertuch zu lesen.
FINGERWALD, m. capillus. wdl £e raufenden finger ins haar
greifen, das haar ist ihr «ald, in den sie gehn, haar steht oft
für wald:
da klatscht, da kümmert sich das alte trödelweib
in jeder rockenzunfl um alle spindelgrillen,
da sucht er unter lichts der köchin zeitverireib,
da holt er Ilsen aus, da forscht er von Sybillen . . ,
wie oft sich frau und mensch bei dem begräbnis raufen,
und Fritz und Florida nach fingerwalde laufen. Gc^^thek 501.
man dürße an einen Ortsnamen Fingerwalde denken, doch keine»
solchen gibt es in der nähe von Schweidnitz, wo das gedieht spielt.
FINGERWECHSEL, m. in der musik: das Werkzeug, das
er zu handhaben hat, ist ihm eingehändigt, sogar die art
und weise, wie er sich dessen bedienen soll, ich meine den
fingerwechsel, findet er vorgeschrieben. Göthe 22, 160.
FINGER WINK, m. nulus: mit einem fingenvink schien sie
alle die kleinen gehorsamen weiberseelen zu beherschen.
Klingehs th. 2, 201 ; eben machte Engelberta hemickende
fingerwinke. J. P. flegelj. 4, 145. vgl. augenwink, händewink.
FINGERWUND, digito vulneralus.
FINGERWUNDE, /. digUi vulneratio.
FINGERWURM, m. paronychium, nagelgesehwür.
FI.NGERWURZ, f. potenlilla, ßnffingerkraut, schw. fingerört,
ddn. fingerurt.
FINGERZAHLEN, numeri simplices, von ans bis neun, ä^
finger 1).
FLNGERZAHM, mhd. ringerzam, assudus digito, vogel der
auf den rorgehallnen finger geflogen kommt, vom finger friszt,
schw. dän. fingertam, fingerspag (spakr). im bild von menschen .
mhd. wie dunk ich dich sd vingerzam. Eckenlied 102;
wir sin nit vingerzam. Alpharl 265;
Cr was nu worden vingerzam,
den becher er vil gerne nam. Tcrl. Wh. 54';
und swer noch habe ein übel wip,
der lege ein satel üf ir lip
und rite si euch alsam,
ja wirt si im wol vingerzam. GA. 1,501,
was man auch auslegen dürfte: sie läszt sidi um den finger
winden, vgl. handzahm und mansuetus.
FINGERZÄHMEN, digito assuefacere, mansuefacere, einen wilden
vogel so zahm maclien, dasz er sich einem auf die hand, auf
den finger gepelzt, dän. fingertämme.
FINGERZEIG, m. significatio, nutus, hinwets, hindeulung: ein
fingerzeig werden, digitis vulgi designari. Maaler 136"; der ge-
ringste fingerzeig dahin ausgestreckt ist meucbelmord. Les-
sing 10, 135; die Warnungen und fingerzeige der träume.
Wieland 1,302;
ich sah in ihm der götter flngerzeig,
den hellen weg aOs unserm labvrintb.
Weiszc trauersp. 3,146;
der vorangeschickle proIog gibt genügsamen fingerzeig über
die absieht dabei. Göthe 4, 177 ;
'ich hab es in der götter hand gelegt*,
sie pflegen menschen menschlich zu erretten,
'auf ihren fingerzeig kommt alles an'. 9,66;
wenn ich nicht irre, so wollte er uns blosz durch einen
fingerzeig auf den rechten weg weisen. 18,270; allgemeine
liebevolle betrachtungen geben ihm fingerzeige. 20, 142 ; nicht
ohne göttlichen fingerzeig wandert Abraham gegen westen.
24,206; und ist nicht der körperliche schmerz, der jedes
tibermasz begleitet, ein fingerzeig des göttlichen willens?
Schiller . . .
FINGERZEIG, iemonstrabilis, worauf man mit dem finger
weisen kann, für fingerzeige, ahd, fingarzeigi? weil die kirch
nit etwan ein sonderer häuf und fingerzeige sect ist, an
dement, zeit, person und slat gebunden, sondern ein geist-
licher unsichtbarer leib aller glider ChristL Fraxk paradoxa
vorr. 4' ; wol wissende, dasz die gmein gottes nicht finger-
zeig ist, dasz man möchte sagen, die sect ist hie oder da.
verbütschiert buch 4 Di*, nur bei diesem Schriftsteller.
FINGERZEIGE, m. monstrator, index: mhd.
swer nu deheine vröude hat,
der vingerzeige mucj ich sin. MSF. 111,20.
FINGERZEIGEN, digito monstrare und wie fingerdeuten oft
in tadelndem sinn, rituperare.
1663
FINGERZEIGEN — FINKE
FINKE — FINKENHERD
1664
mhd. swie wol #r sich dar nach bewar,
man vingerzeiget iemer dar. Fmidank 45, Z3;
nü si alle trüreni »ö,
wie niöhte iehj eine denne Inn?
ich müese ir vingeraeigen llden. Walthih 120,2;
ine viiigcrzeigen was ej gar (unladclhaft). Lanz. 1473;
d& wart vingerieigct vil
ül Goielinden man,
das s' ''*" wolden senden dan. Dil. 8215;
din nahlgebürc der tac vingerzciget. MS. 2,155';
gw6r d«n swachen vellet,
das machet niht der 6ren vlngerzeigen. Albr. Ttt. 3513;
swSr gar dfr erden ende
so tielc sich geneiget,
der vindet sunder wende,
da? er antarticum wol vingerzeiget. 4749;
daj merkent die Hute wol unde vingerzeigent ftf in. myst.
1,313. nhd. sellner: er hat mich crkant, do ich noch in muter
Hb lag, und hat mich darnach getöift und gefingcrzöigt und
gesprochen 'sehent, das ist das lanip goltes das da hiiinimpt
die «und der well'. Keisersberg postill l, 6 ; desgleichen hett
er euch zügniis von mir geben, do er mich fingerzöigl und
uf mich tüttet und sprach sehent «. s. w. 2, 44 ; er hat Christum
Jesum unseren henen getöift und hat in gefingcrzöigt und
gesprochen, sehent u.s.w. 4,3;
als ich meinen gang
het lu ir, da wert es nit lang,
ir nachbaurn mcrktens ferr und nahen,
und Üngerzeigend auf mich sahen,
oft ward ein wispleu über mich. H. Sachs 1,319'.
FINGEKZEIGL'NG, f. monstralio: über den zwizüngigen ist
die bösist fingerzeigung, denotatio pessima super biliuguem.
bibel 14S3, 320* = Sirach 5, 17.
FINGERZINKE, f. ramus digilorum:
und jeder wollte an den Ungerzinken
des andern glänzen sehn den lebensreif.
RCciKRT ges. ged. 1,213.
FINGERZWEIG, m. ramißcalio nervorum in digilos.
FINGIEREN, erdichten: namen auf lechisch und zechisch
(polnisch und böhmi.^ch) fingieren, wie die poeten des winds
und sonnenpferds namen. Fischart groszm. 47.
FINK, FINKE, m. fringilla. alid. fincho, finco (Graff 3,527),
mhd. vinke (Renner 19433. Heinzelein 626), nhd. schwankend
zwischen slarkcni fink und schwachem finke, man setzt aber auch
finko f. fürs weibchen, nnt. vink, ags. nur finc, nicht finca,
engl, ünch, schw. fink, dän. finke finkens. ob schon ein yolh.
ügks oder Cgka galt, wissen wir nicht, it. pincione, sp. pinzon,
fr. pinson (in mundarten pinchon, pinchard, princard, quincon),
armor. pint und tint, welsch pinc, auch in Northamplonshire pink
und spink (Baker 2, 115). estn. wink, böhm. penkava f., ungr.
pinty, pintyöke. diese formen scheinen alle verwandt.
fringilla würde bei ausgeslosznem r den übrigen nahe treten,
lautterschoben aber fring ein deutsches brink oder hink werden,
wie frango, confringo brika, breche, für äch betrachtet führt
unser fink gerade zu auf die wurzel finken fank funken,
der laut fink ergänzt die ablaute in fanke (sp. 1317) und in
funke, also würde finken ausdrücken funkeln, leuchten, glänzen
und das geßeder des brandünken (fringilla ßammea), des gold-
finken bezeichnen, ja nach Nemnich 1C57 gibt man in Ostreich
dem fink den beinamen 'wilds feuer'. bedeutsame mylhen be-
richten von feuerbringenden vöglein (Kuhn herabkunß des feuers
t. 31. 104), nach einer volksage in der Normandie trug Zaunkönig
(reblos, reblet) das feuer vom himmel. Pi.lolet contes populaires
de Uayeux p. 44 und Bosquet tradilions 220. 221. was könnte
der ableüung unsers finke aus finken leuchten besser zusagen?
patsend schiene freilich auch, dasi der vogel nach seinem ruf oder
schrei 'f\nk fink! birik hink! penkpcnk!' hrUze, Jent fringilla,
frigilla zur seile sieht fi ingulire, frigulire (nur niclit mit Festus :
avis dicia quod frigore canlel et vigcat I), ungr. bedeutet pin-
tvegek ich binke wie ein fink und der an jenes spink mahnende
gr. name anl^n oder anivos stimmt zu ani^eiv, pipen, pfeifen,
wir finden aber unzdhlicliemal, da.^z die Vorstellungen des sdialls
und lichts einander begegnen, wäre nun fink die durchsichtigste,
echteste gestaU des namens, so schiene er von uns her ins roma-
tU$die, wie ins böhmische und estnische übernommen, denn pincione
IdtU tidi niehi unmitleWar auf fringilla führen, das on, one
$d»ickt sieh zu untrer schwachen beugung. skr. kalavinka paster
(BöHTi.. 2, 155) lasse ich aus dem sfiiel.
1) fink gilt für einen zierlichen, lustig zwitschernden vogel:
flüchtig und flink,
frei wie drr link
auf itrluchffm und bAumen
in himmeUraumen. Scuillbb 33S*.
als grafen Eberhart von ]yürteml>erg bald nach einer gewonnenen
schlaclU im j. 13&S seines urenkels geburt verkündet wurde, rief
er freudig aus: 'sei es gott gelobt, fink hat wieder samen 1 '
Stalin 3, 347. Fischaht führt unter den spielen Gary, lüo' eins
an, dessen verhalt jetzt nicht mehr bekannt ist: 'wie gibst du
den finken?'; Fibel und der finke schrien erbärmlich und
jeder anders. J. H. Fibel 18. nnl. hij luistert als een viuk,
teas sowol heiszen kann: glänzt, leuchtet, als lausclit, hört scliarf
wie ein fink. wer finken fangen will, musz ihnen zuvor körnen.
2) verschiedentlich aber wird geredet von bösen, losen, leicht-
fertigen, groben finken (wie vögeln):
darurab Ifijen wir sus
die bd'sen Anken sorgen
den Äbent und den morgen. LS. 2,678;
der selb mag sein von groben Unken. Ferbe» Ol';
kam der losen finken und landslreicher einer. Kibchuof
wenditnm. 446*.
3) studentisch, ein fink, muthloser, der sich nicht paukt, oder
keiner veibindung angelUJrt.
s. blulfink, brandfink, distelfink, fiachsfink, goldflnk, lock-
fink, inistfink, rothfink. ags. goldfinc, ragofinc. engl, gold-
finch, chaflinch.
FINKELER, FINKLER, auceps. vogler, königs Heinrich beiname.
FINKELFECH, brennendbunt. MS. 2, 75', die ableüung von
finke bestärkend.
FINKELJOCHEM, m. vinum aduslum, nach der jüdischen
gaunersprache. jochem, joham, Johann bedeutet wein, hebr.
jajin, finkein ist kochen, sieden, man sagt auch gefinkelter
jochem und gefinkel :
jetzt sieht es alle weit mit rechte
vor harten pompernickel an,
den blosz das musqueiiergeschlechte
in flnkeljochem riechen kann. Gümther 945.
vom schwedischen dichter Hallman gibt es eine comödie det
underjordiska bränvinsbränneriet, worin ein advocat Finkel und
ein dislillatur Jockum auftreten.
FINKELN, 1) fringillas capcre, dann allgemein aves, aucupari:
keiser Henrich fangt finken. Garg. 1S5'. HAr(JiA>s schreibt
finkein für funkeln, funkeln:
blinkend und llnkelnd uns drucken vorgiebet _
heiliges licht und himmlisches wort. anm. zur poelcret s.23b.
2) inlr. brennen, stechen, z. b. in der liaut, wenn sich eine hand-
blase bildet, in Sachsen.
FINKELSTEIN, m. nimm finkelslein von eim schmid, mach
den glüende. Ai.bbecht rosarznei Q 91.
FINKEN, 1) fringutire, auch hinken (wie falz und balz):
es sasz ein meise auf einem sprink (sprenkel),
es war kein meise, es war ein fink (d. i. eme Anke),
flnket die flnk,
setz an* und trink,
flnket die meise
nach der alten weise,
traurige nacht,
nimm dich wol in acht,
junger gesell, das glas schnapp ab! .i . .
tuqcniihnfter jumifruuen teitrerlreiher durcJi
HiLARiuii LusTiu VON Freudeniual. (um 1690)
lieä 187.
2) finken, vügcl fangen, aucupart. Stalder 1, 370. wie finkein.
FINKEN.\CGE, n. eine alte münze, vinco, denarius vinco-
nensis. Klöden kaufmann des mittelallcrs 2, 64.
FINKENBAFER, m. cavea fringillaria, dann bildlidi für carcer :
klagt sein Unheil,
wie ihm sein stürmen sei worden säur,
hab sitzen müssen im llnkenbaur.
Sommer: Wiciicrevii Cornelius relegntus
(injum. act. IV.
FINKENBEISZER, m. lantus collurio.
FINKENBUSCII, m. nryullum fringillarum. Gökimck 2,160.
FINKENCHOR, n. fringillarum chorus. Götter I, 451.
FINKENtR, m. fringilla mas: während der alle zusah, wie
sein mit leimruthen bestecktes finkener die eifersüchtigen
niünnchen auf sich lockte, i. P.Fibel iu (13). *. o6fii sp. 690.691.
FINKENFAIIER, FINKENFÄNGER, n». was flnkler : und
8eint finkenfaher, Irinker, «pieler, spalzierer. Keisersbkrc
narrensch. 137'. s. finkenstrich.
FINKENFAI.K, m. falco nisus.
FINKENFANG, m. caplura fringillarum, aucupium.
FINKENGARN, n. rete avibus capiendu.
FINKENHABICHT, m. sperber.
FINKENHEIlD, m. area fringilla eapiendit facta, figürikhr
aoll man nicht toll werden, wenn man alle läge hörl, ww
•chwttnucrisch Hebende sieb ins hascnlager uod in die siapei-
1665 FIMENKLOBE — FINNENSCHMER
FINNENWüRM — FINSTER
1666
Stadt der liebe, in die andere weit bestellen wie auf einen
Blocksberg und wie sie auf diesem flnkenherd ihr wesen
treiben, bis sie copuliert sind. J. P. TU. 2, 202 ; gestanden im
garten, da nun der ßnkenherd ist. Henneberger landtafel 334.
FINKE.XKLOBE, m. calamus aucitpaiurius, vogelklobe: sein
vater, ein armer Vogelsteller, stand eben liinter einem finken-
kloben. J. P. Fibel 12.
FLNKENLIED, n. cantus fringillae:
ein finkenlied macht traurige figur,
wenn nachtigallen es verdrängen. Bcrman:« fabeln 79;
unsre wiesen grünen wieder,
blumen duften überall,
fröhlich tönen finkenlieder,
zärtlich schlägt die nacbtigall. Salis C5.
FINKENLOHN, m. mäusearbeit. Henisch 1096, 64.
FINKENNÄPFCHEN, n. wassernäpfchen am finkenbauer.
FINKENNEST, n. fringülarum nidus, etwas kleines und geringes :
ich hatte gemeint, dieweil wir wol 40000 mann stark und
mit aller rüstung wol und genugsam gefaszt zum schlagen,
wir sollen uns nicht auf die finkennester {kleinen nester, örter)
legen. Schärtlins lebensbeschr. 120.
FINKENNETZ, n.reteaucupo/ürium; finkennelze. Haupt 5, 416.
FINKENOHREN, rinca minor, jjervinca, singrün, scheint durch
misver^tand des lat. vinca gebildet.
FINKENRITTER, m. thraso, maulheld: disz geschach zur
zeit, da die häuser flogen, die thier redten, die bäch brauten
und man mit stro leschte, die bauren bollen und die hund
mit spieszen heraus loffen und da krähet der han und da
ich erwacht, da wards tag. {am rande) nemlich zur zeit des
strengen finkenritters. bienenkorb 182';
so schwärmten in reichem buntem kleide
die tlnkenritler . . . zur seile,
Toran und hinterdrein. Wielasd 21,10.
FINKENSAME, m. myagrum erysimum, leindoUer.
FINKENSCHLAG, m, 1) cantus fringillarum, gezwitscher der
flnken.
2) der ort des finkenfangs: ein finkenschlag im busche.
FINKENSTECHER, m. dreispitziger hut der landleute.
FINKENSTRICH, m. zug der finken: wann auch finken-
strich mehr dann von zweihundert linken kommen sein, der
beste finkensfrich hell sich 14 tage nach Bartholomei über
den busch an und wehret sechs wochen am Stärkesten, bericht
ron dem vogelslälen. 1626 s. 5S2. dann aucupium, oft bildlich:
wann eh und ich mich umb gesicb,
so ist sie auf den Ünkenstrich. H. Sachs 1,450';
nun wil ich gehen aber einmal
auf meinen alten linkenstrich. II. 4,24';
dort geht ein fraw, die dünket mich
sei geschmückt auf den finkenstrich. IV. 3,18*;
buhler gehn auf den finkenstrich. Lehmass 173; meint sie
{die regierung) dann, der bursche sitze am schatten und blase
trübsal, so sitzt er in einer pinte, oder hat gar den finken-
strich genommen. Gotthelf schuldenb. 24.
FINKENWÜRGER, m. was finkenbeiszer.
FINKLI, schweizerisch, calcei lintei, sor^uli. Maaler 135*, 376',
gestrickte oder leinene socken, auch halbsliefel. Stalder 1,370.
vielleicht weil vögel darauf genäht oder gestickt waren, wie auf
Helmbrechts haube.
FIN.NE, f. 1) pinna, floszfeder, flösse.
2) (u6er, scrophula, nl. ?in, gesichtblaUer :
mancher wenn er trinken sitzt,
so überkömpt er manche tinn
und wird gar klug in seinem sinn.
RiMGWALD laut. marh. 73;
endlich ward ich, nach tausendmal wiederholter bespiege-
lung, fertig, sähe aber zu meinem äuszersten verdrusz eine
kleine finne in meinem gesiebte, ehe eines mannes 354;
um ihren mund, wo eine der häszlichsten (innen,
die je ein gesiebt verschimpfte, ihr gar zu niedlich steht.
WiELAjiD 5, 130;
aber wenn euer gnaden darauf acht gegeben haben, so hat
sie doch so was in ihrem gesiebte, 'ja wol, finnen und
pockengruben, so viel du willst' unterbrach ihn den Sylvio.
11, 182. vgl. blutfinne 2, 182.
3) mhd. phinne nagel, pflock, myst. 1, 12, 30. nd. pinne, nnL
pen, pin, engl. pin. nhd. finne, die spitze seüe eines Schmiede-
hammers, abfinnen, damit bearbeiten. Bbose."«ius 2,377.
FINNENSCH.MER, n.
das dich einer zwackt mit sticbelwortea
and gerne mit dem flnnenschmer
.... an dich wer. Ri:4gwaju> laut. warh. 118.
IIL
FINNENWTJRM, m. an schwanen, hannov. mag. 1844 s. 305.
FINNHÄMMER, m. siehe finne 3. nd. pinhamer.
FINNTCHT, tuberosus, nodosus: finnichter speck und stin-
kende butter. colica 321 ; ein finnichter kerl mit einer groszen
gebährenden nase. Zachariä 1, 308.
FINNIG, dasselbe, nnl. vinnig: siebzehn, die gar 'vinnig
über iren hart sind', br. Bertholt s. 401; die braut war
pockengrübig und der bräutigam finnig. Lichte-nbekg 2, 74.
oft geschrieben pfinnig:
ein alte schelmige ku
und ein plinnige sau dazu, fastn. 573,27;
das pfinnige wortlein 'allein'. Cochläüs von der aposlasei und
von gelübden der closlerleut. 1549.
FINSTELER, m. obscurator, dunkelmann, an von Lctheb
kühn, doch unrichtig gebildetes wort, da sich das -er von finster
nicht entbehren läszt und niemals finst oder finstel gesagt trird.
lasz da sehen, was unser finsteler und tünkeler hie wollen
machen in diesem Hecht. 3, 37o'. finsterer iräre besser.
FINSTER, tenebrosus, ahd. finstar, mhd. vinster, ans der
kennzeichen hochdeutsches idioms, denn weder ags. engl, fries. nl.
noch in den nordischen dialecten ist das wort bekannt, nur Hei.
12, 7 und 131, 20 hat die alliteration finistri äatt des alts. thiustri
herbeigeführt, irie auch in heutigen nd. mundarten ' blosz die
substantiva finster und finsternisse vorkommen (Schambäch 270*).
neben finstar erscheint schon im vocabularium sancti Galli 193
dinstar und neben mhd. vinster ausnahmswäse dinster {wb.
1,361"). sichtbar entsprechen sich din in dinstar, ten im lat.
tenebrosus, tarn im lil. tamsas obscurus, lett. tumss, skr. tamas
caligo, altsl. t ma caligo, russ. temnyi, böhm. temny, poln. ciemny
obscurus, ir. deim, welches für teim wie das ags. engl, dim ßr
thim steht, im alts. thimm obscurus, ahd. demar crepusculum
und jenem dinstar für dimstar ist alles recht lauirerschoben.
diesen linguallauten sämtlich tritt nun, wie bereits^oben sp. 1211
angemerkt ist, labialanlautend das finn. pimeä, estn. pimme,
livische pimd zur seile, mit welchen das fin unseres finster zu-
sammentriß, die formen finster und dinster reichen uns ein
wiederholtes beispiel des consonantwecksels dar, den wir in feile
«nd |)iöl, in fest und |)vast, fime «nd dime sp. 1638 gewahrten,
in fein «nd dünn mutmaszlen. läder entgeht uns, ob der goth.
Sprache der anlaut fim oder |)im zusagte, wie sie auch weiter das
wort gebildet haben mag, denn schwerlich stand ihr nur riqis
und riqizeins zu gebot, die im N. T. axöros und oxotsivos
übertragen.
mit ausfallendem m oder n («"te in feister für fenster sp. 1519)
lautet die alts. form thiustri, ags. {)eostre, {)ystre, nnl. duister,
nd. düster, das zuletzt auch ins nM. eindrang (2, 1761). wie
der diphthong iu, eo hier entsprang ist noch nicht aufgeklärt, die
nahverwandten ahd. timpar, mhd. timber, nhd. timmer (2,1152),
ahd. tunchal, nhd. dunkel, alts. dunkar, ahn. döckr bleiben
unbesprochen ; zu den farbbestimmungen verwandte die frühere
Sprache oft finster statt des heutigen dunkel.
a) sinnliche bedeutungen von finster.
1) unpersönlich, es ist, es wird finster: und es war finster
auf der tiefe, xal oxoros inäro) xov aßvaaov, et tenebrae
erant super faciem abyssi. l Mos. l, 2, wo Luther doch wol
das adj. meint; recke deine band gen himel, das {dasz es)
so finster werde in Egyplenland, das mans greifen mag, vulg.
et sint tenebrae super terram Egj-pti tarn densae, ut palpari
queant. 2 Mos. 2, 21, wieder deutlich das adj. ; und es war
schon finster worden, xai axoria tjSt] iyeyövei, vulg. et
tenebrae jam factae erant, goth. jah riqis jujian var{». /oA.
6, 17; frühe da es noch finster war, tiocoI axorias ^zi ovotjs,
vulg. mane cum adhuc tenebrae essent. Joh. 20, 1. ebenso
s(igen ictr es wird hell, heiter, dunkel, verstärkt, es ist stock-
finster, stockpechfinster: ins land, da es stockdickefinster
ist. Hiob 10, 22 ; ach es wird mir ganz finster Tor den äugen !
Weisze kom. opern 2, 18.
2) die finstre nacht, wie sonst die schwarze, die eitle {sp. 385) ;
der selbe tag müsse finster sein, dies illa vertatur in tenebras.
Hiob 3, 4; ire Sterne müssen finster sein in irer demmerung,
vulg. obtenebrentur steliae caligine ejus. 3,9; ein finster tag,
ein tunkel tag, vulg. dies tenebrarum et caiiginis. Joel 2, J,
wo auch die Züricher bibel ein finsterer tunkler tag; finster
Wetter, ten^ricosissimum tempus. Maaleb 136'; die tröstende
liebe leitete seinen zweifeinden fusz durch die finstre nacht.
Wilhelmine so ; der andere tröstete sich heimlich, dasz es in
seinem gehime so finster, wie eine durchnebelte wintemacht,
aussah. 112 ; der finster mond, der neunwnd. Rüttb 24 ; zum
105
1667
FINSTER
FINSTER — FINSTERBLAU
1668
finsteren Sternen, eaput finis terrae. Maalcr 136*, aus mtsver-
ttand des tat. worts. perg, die zu mitternacht leuchten als
der finster steren. Steinüöwel dec. 475, 26, wo ßocc. che rilucon
di mezza notte vatti con dio. vgl. die unter finsterlings aus
Matiiesius gegebne stelle.
3) es war aber ein finster wölken und erleuchtet die
nacht, vulg. et erat nubes tenebrosa et Uiuininans nociem.
2 Mos. 14, 20.
4) und ob ich schon wandert im finstern tal, fürchte ich
kein unglück. ps. 23, i; wir giengen durch den finstern wald;
finstere hölzer nennen die jäger nudelholzer gegenüber den lichten
laubhOlxem.
5) der finstere kerker, die finstere kammcr:
ein scbnit brots grb ich im all tag fru,
kleckts nit, so esi er halt bonen zu,
der lign vil in der finstern kammcr
darin er badt in angst nnd jammer. H. Sacus V, 340*;
wie künd mein herr sein guter ding,
dieweil er sitzt in einer llnstern kamraer
Tcrspert, gfangen, in trübsal jammer. V. 341*;
du habest Ernsten darum eingesperrt
in einen tiefen und sehr flnstern thurm,
damit ich desto reicher werden soll. Uhlakds Ernst 8;
und er musz sitzen, fühlend, in der nacht,
im ewig tinstern. Schiller 523*.
den Slaven dn'ickt das einfache subst. schon gefängnis aus: allst.
t'm'nitza, böhm. temnice, poln. ciemnica = die finstre, die
Stube ist sehr finster; das zimmer finster machen, die vor-
hänge herablassen.
6) finsteres brot, Schwarzbrot, Weinhold schl. wb. 20'; ein
finstres, trübes glas:
geit im ein schein als ein vinsters glas, fastii. 6S1,7.
als seine äugen finster worden, pers. baumg. l, 3 ; darumb ist
auch unser herz betrübt, und unser äugen sind finster worden.
üagl. lerem. 5, 17. doch ein schwarzes, dunkles äuge nennl
niemand ein finsteres.
7) ungewöhnlich ton haar und locke statt dunkel:
und sein kinn umsproszte der finsteren locken gekräusel
(Voss),
und es umsproszte das kinn ein dunkelschwärzlicher kinnbart
(Uscbnkh).
icvaveai 8 iyevotKO yeveiaSee a/u^l yeveiov. Od. 16, 176.
vgl. die Zusammensetzung finstergelockt.
8) gleich ungewöhnlich vom staub:
empor stieg unter dem fusztritt
flnsterer staub in die liift.
es flog von den trilten der ffisze
wirbelnder staub in die hob (Uscuner).
noOcjv o vnivBQd'e xovitj
iorax aeiQoiievr]. II. 2, 151.
9) im finstern ist gut mausen {wie im dunkeln ist gut
munkeln); im finstern bricht er zu heusern ein, perfodit in
tenebris domos. Hiob 24, 16 ; denn sie sind müde in angst
und gehen irre im finstern. Es. 8, 22 (rührt bister, irre, niil.
bijster an finster?); wer ist unter euch der den herrn
fürchtet, der seines knechts stim gehorche, der im finstern
wandelt, vulg. quis ambulabit in tenebris. 50, 10 ; er legt
mich ins finster, wie die todten in der weit, collocavit me
in obscuris sicut mortuos seculi. ps. 143,3; gelegenheit im
finstern zu schiffen (zu betriegen). Kificanor wendunm. 440'.
da tappst im finstern;
gott, der in das finster sieht. Art» 397\
b) bildliche, abgezogne anwendungen.
1) der teil ist hie finster, das ist seer ebreisch. Luther
3,255*; ist der spruch auch finster? 3,367'; also auch mag
der thalmud finster unluter und verborgen mainungen in sich
halten, die anders von inen verslunden werden. Reuchmn
tertt. '*; man hat in den flnstern zeilen oft sehr grosze niün-
oer gesehn. Lichte:<berc 1, 179. ui'r sagen heute meiä dunkel.
2) ein finsteres gesiebt oder äuge machen; etliche finstere
gesiebter machen. Geilert 4, 136 ; o werden sie mit zehn
flottern mienen herausfahren. 4, 140; die vcrse, wobei man so
floiter aussieht, können unmßglich geralhen. Lessinc 1,201;
•ebt nicht mit eins so finster ! ; ein finsterer blick. Götter I, u ;
dein blirk ist flnsier, deine stim geAirchl. (Jui.ands Ernnt 77;
nicht diesen stnrren blirk! nicht diese flnstr«
bruubung, k6nigio. Gorrr.R 2, 23tt;
ikr blick ist finstrer rtnke leer. 1.111.
S) welcher finstere schmerz hat eich ihrer bem&chtiget?
LSMUS 2, S7;
schon viele tage seh ichs schweigend an,
wie (Instrer trübsinn deine stirne furcht. Schiller 519*;
soll er in diesem flnstern kummer scheiden? W2'.
4) er hat ein finsteres (mürrisches) wesen ;
denkt euch ein madchen, das jetzt hold,
jetzt flnsier sich gestaltet. Götter 1,89.
5) vier Jahrgänge finsterer predigten halt er also geendigt.
Wilhelmine 2\; das sind finstere (trübe) Vorstellungen; du
machst dir finstere gedankcn; die finstere nachrichl ihrer
entführung. J. P. Hesp. 1, 225.
C) ngenlhümlich verwendet Frank finster für unbekannt, obscur
von Völkern: disz volk (die Litauer) ist etwan finster und
den Henszen oder Reizen unterthenig gewesen, wellbuch 3o' \
Germania ist etwan gewesen ein rauch, unbeüwig, fruchtlos
land, mit grobem volk besetzt, welche sich einfellig von dem
vihe also nörelen, brauchten weder gold, kunst noch silber,
deshalb von disera finsteren , beurischen land wenig ge-
schichlschreiber zu sagen wissen. 42'; parlhisch land, ist
erstlich nit grosz und auch noch zu der Meder und Persier
zeit ein finster volk und gleich on nammen iedermans raub
gwesen. 183*. ebenso dunkel.
in den abstraclen bcdeutungeu 2 — 6 Idszt sich finster, d. i. trüb,
traurig, mürrisch, böse, unheimlich, roh nicht durch dunkel rer-
trelen, wie umgekehrt manche bedeutungen von dunkel kein finster
gestalten, ebenso scheiden sich verfinstern und verdunkeln in
manclien fällen, überhaupt genommen ist finster (und düster)
mehr tencbrosus, caliginosus, dunkel mehr obscurus, opacus.
FINSTER, f. caligo, ahd. finstari, mhd. vinster, vinstri und
viflsterin :
uiiz daj diu naht ans gienc
und ej diu vinster undervienc. Iw. 7348;
der vinster man vil gar vergaj. Parz. 82, 21 ;
vßrre üj einer vinster. A'ifc. 1775,3;
etteliche sprechent, si sin in einer vinstri. myst. 1, 268 ; sie
schieden daj lieht von der vinster. 1,332; 6 wol die s^le
wart, der vinster in diz lieht verwandelt ist. 1,369; iedoch
schreibt man, daj Titus der kaiser in der vinster sa;h, wenn
er waht, reht als an dem lichten lac. Megenbebg 9,35; diu
eselinne, wenne si gepern schol, so fleuht si daj lieht und
suücht die vinster. 120, 19 ; so wirt diu vinster seiner äugen
verzert von der suniien hitz. 166, 19 ; unser frawe sichert den
sündaer vor den nahlvorhten und vor der vinster des Ewigen
tödes. 442,22; und werft aus den unnützen knecht in die
euszersten vinster, da wirt weinen und grisgrammen der zen.
bibel 1483,482' = Mallh. 25,30;
wie wol es in der finster ist. fasln. 387,32;
reiszende wölf und Icnilc milt,
so einer pett {hrlel), der ander schilt,
und liecbt bei flnstcr, grosz und klein,
der gegenwürf sin vil gemein. Schwarzemberg 129,2;
in der finster an Hecht. H. Sacus I, 3U2';
als Jesus starb zur none,
ein grosze finstre ward. Soltaü 507(1632);
da han ich oft groszen hunger ghan und bin ilbel erfroren,
darumb das ich oft bis um mitte nacht in der finstre han
niieszen nmbher gan singen umb brot. Tuo. Plater 27 ; doch
von der finster wegen der nacht, ersähe er inner dem holz
ein groszes fewer. Amadislih; des fisches gall in die äugen ge-
schmiert nimpt hin die tünkeic und finstere der äugen. Forer
29'; derjenige so mich in der finstere visitieren wollen. Simpl.
K. 262; wir thälen eine kleine reise in der finstre. Birke?«
OL. 92; weil er in der finstere keine gelegenheit (ahlrilt)
finden können, ßwgenwadd 107; in der finster ligen. Abele
gerichtsh. vurr. ; lockviigei soll man im mnrtiu in die finstere
setzen. HoiiKEnc 1, 111*. zuweilen mit schwaclter flexion, wo niclU
für finsterin:
bort mich, ich gieng ein nacht spncleron,
wart mit der fliiaiern mich umblhieren. fatln. 330;
ich kan dich in der flnstern nicht erkennen. BurscnKv kanxl.
914; wann die vögcl in der flnstern krank werden. Huuberg
2,689'; in dera finstern. W'eikerts nürnb. ged. 200; znachts
in der finstern drausz. GrCbei. 3, 208. doch alle diese tceibliclien
formen weichen allmdlich dem adjidivisclien 'in dem finstern',
oder den suhstanlifhildungen fiiistoriiis und fiiislerlicit.
FINSTKURANG, dessen dichte finsterheil bamien erregt: »orbci
an fiii-<ti'rlinng(Mi klagciulcii wUldrrn. Fr. Müder i, 60.
FINSTKRULAII, dunMhlau: weil sein innerer himmel wie
der physische immer gerade und nahe Über ihm flosterblau
aussiebt. J. P. TU. 3, 47.
1669
FINSTERBR AÜN — FINSTERNIS
FINSTERNIS
1670
FLNSTERBRAUN, dunkelbraun: das volk gleich schwarz-
braun oder finsterbraun. Frank weltb. 204*.
FINSTERERNSTHÄFT. Klinger 8, 52. im anfachen finster
lag schon dasselbe.
FLNSTERGELB, dunkelgelb: ist mit braunen flecken be-
sprengt, sonst ßnstergeib. Forer 72'.
FL^STERGELOCRT,
höre mich, Poseidaoti, umuferer, finstergelockter (Voss),
höre mich, läDderumgürter, o dunkelgelockter Poseidon
(Uschseh),
xXZd'i, üoaeiSaov yair,oy_e yvavoxaiza. Od. 9,528;
und wie der finstergrelockte, voll zorns auf den vater Kronion,
schlug des alten Lykaon gebiet mit dem goldenen dreizack.
Ofpheus Arg. 1279.
FINSTERHEIT, /■. caligo: in der finsterheit gehen. Leopbech-
IING 69.
FINSTERIG. lenebrosus. voc. 1482 kks'.
FINSTERIGKEIT, FINSTRIGKEIT, f. opacäas et proprie sü-
vartim. voc. 1482 kkS*.
FINSTERKEIT, f. gekürzt aus dem vorhergehenden : aus seiner
gall wirt ein löbliche arznei bereitet für die finsterkeit der
äugen oder flecken. Forer s'; das ganze herz zum menschen-
hasz und den geist zur entschiedensten finsterkeit zu ver-
derben. Niebchrs leben 2, 21.
FINSTERLING, m. tenebrio, dunkelmann. lichtscheuer mensch:
ich sehe die finsterlinge gegen aufklärung und aufklärer sich
erheben. Wieland 29, 23.
FINSTERLING, adv. m tenebris, mhd. vinsterlingen :
wer solt euch vinsterlingen spiln? Parz. 82,19.
nhd. gestu finsterlingen hin und weist nit wohin oder wie
du das crütz tragen solt. Keisersberc bilger 161*; du solt
lernen finsterling spinnen, das ist du solt dich üben, das du
an got lerest gedenken on bild. 56*; schlug dem hindersten
finsterling mit den feusten nach dem köpf. Eulenspiegel cap. 9;
er sagts zu mir, der steg und weg bei tag und nacht finster-
ling treffen kann. Lcthers br. 3,357; schob er alles under
der nasen ein, fand das maul finsterling. Garg. 130';
so darf ich michs nicht unterstehn,
finsterling zum brunnen zu gehn. Atrk« fastn. 4';
dann es ist also abgeredt,
wen ich finsterling fangen künd,
umb die zech für die andern stund. 428*;
lieszen sie mich finsterling im keller also nackt liegen, giengen
hinauf und aszen. ungr. Sivipl. s. 11.
FINSTERLINGS, dasselbe: wir haben nun disz ewige Hecht,
das uns unser golt zu unsern zelten wider hat schüren lassen,
das es fein lauter und helle brinnet. helf der ewige son
gottes, das wir gewerlich damit leuchten und nicht drein
sprützen und durch unser gezenk und gepeisze selber wider
ausleschen, denn so das geschehe, müsten wir wariich alle
finsterlings schlafen gehn, oder zum finstern stem oder den
irrwischen und faulen holz nachlaufen. Mathesids 1562. 62'.
1587,44'; finsterlings schlage anmessen. Arnold Pfingstmon-
tag 120.
FINSTERN, nach zwei bedeulungen,
1) intr. ahd. finstarSn, nigrescere, caligari: finstrft mitti tac,
tenebricat meridies. hymn. 12.
mhd. ej vinstert bald. WoLKBNsram $. 255;
nhd. vinstern oder dick werden, voc. 1482 kk 5' ; darumb das
kein gottes gnade noch gute über sie scheinet, sondern eitel
Wetter und wirbel des gottlichen zorns über sie finstret.
Luther 3,174'; Vreneli trippelte ungeduldig hinter die base
und sagte, sie wollten doch machen und fort, es finstere
ja schon. Gotthelf Uli 303.
2) tr. ahd. finstaran, caligarc, obscurare. nhd. diese edle
und klare ausicgung deuten und finstern sie mit einer an-
dern glose. Luther 1, 18S';
die sonne finstert sich. Küittkl kurtg. forts. s. 2;
der todten (freihrit) schatten finstert den abendstera,
und wird, wenn nun zu seiner heimat
er sich erhebt, den orion finstern. Klopstock 7,30;
mögt so gern den bauersmnnn bespötteln,
ha! und furcht die stirn bei allem gold!
finstert trotz juwel und bankozettcin.
euren blick, der mit dem Schicksal schmollt.
ScuaioT VON WiHMEccB»:» 280.
s. befinstem, entfinstern, rrfinstcrn. verfinstern.
FINSTERNIS, f. und n. tenebrae, alid. finstamessi. nhd. wie
kan ich frölich sein, so ich in der finstcrnus sitz. Keiskrsb.
narrenb. 95'; häufig bei Llthkr und das geschleclU .sihiiankcnd :
da scheidet gott das Hecht vom finsternis und nennet das
Hecht tag und die finsternis nacht, l Mos. 1, 4. 5 ; da ward
ein dick finsternis in ganz Egj-ptenland drei tage. 2 Mos.
10,22; finsternis und tunkel müssen in uberweldigen. HitA
3, 5 ; das volk, das im finsternis sasz, hat ein groszes Hecht
gesehen {ahd. folc thaj thar saz in finstamessin, gisah mihhil
lioht). Matth. 4, 16; wenn aber das Hecht, das in dir ist,
finsternis ist, wie grosz wird denn die finsternis selber sein?
{ahd. oba thä; lioht, thaj thar in thir ist, finstamessi ist,
thiu finstarnessu wio mihhilu sint? goth. jabai nu Huhafi |jata
in J)us riqiz ist, J)ata riqiz hvan filu I) Matth. 6, 23 ; er hat
mich ins finsternis gelegt, gleichwie die todten dieser welL
Luther 1,43'; im finsternis, im ewigen, höllischen finster-
nis. 5,278'. 279'; wie grosz wird das finsternis selbst sein?
5,416*; und lige im tiefesten finsternis; der teufel, welcher
ist ein fürst der finsternis. 6,172'; so kan ein fürst keinem
ins herz sehen und musz sein regiment also bleiben im
finsternis. 6, 137'; wer im finsternis wandelt, der weisz nicht,
wo er hin feret. 138*; aber die kinder des reichs werden
ausgestoszen in das finsternis hinaus. 6,298'; wo das ge-
schieht, so bistu schon aus dem reich hinaus ins finsternis
gefallen. 6,302*; nach dem greulichen finsternis. br. 2,220;
imd wir wollens nu, nach dem faH, in solchem finsternis
verachtea. tischr. 1,83; so gleubet an das Hecht, das euch
die finsternis nicht ergreifen. Luthers rorr. zu Alberus barf.
eulenspiegel *3*; so hat der fürst der finsternissen uns flugs
dahin. *3'; unter solchem finsternis. Melanchthon im corp.
doetr. ehr. 128; finstemus und ungewitter. Cyriüus 49';
und wolt mich schon
die finsternus der sünden
mit eilend, hon
und trübsal gar verblinden. WKCMERlra 99;
wo Anchisen söhn den weg zur holten fand
durch stilles flnsteruüs geführet von Sibyllen. Opni 1,27;
wann aber ihrem Hechte
ein trübes finsternus wird in den weg gesetzt. 1,47;
lasz du, 0 Zincgref, auch den guten zweck nicht liegen
zu helfen, wie du tbust, das finsternus besiegen. 2,29;
zeigt ihm, wo er die nacht, bei dunkler finsternus,
und da kein mensch nicht ist, sich hin verbergen müsz.
Werders .4r. 5,42;
iher viel haben das licht, wandeln aber im finsternisse.
BoTSCHKT P<üm. 38; diese leute sehen nur bei anderer leute
lichte, wenn nun solcher leute Hebt finsternus ist, wie grosz
wird wol ihr finsternus sein? 710; damit du von den ketten
und banden des ewigen finsternisses erlediget wirdest. kanü.
724;
die zeit erwünschter finsternisse,
die wacher schönen stille küsse
den müttern unerforschllch macht. Hagrdoik 3,74;
Western, den itzt unsichtbar Urgon an dem ermel zupfte,
sah wie seine finsternis (sein schalle) an der wand vorüber hüpfte,
schlug die bände dann zusammen, lachte und brach also los:
ei zum teufel, welch ein schatten I Dcsce tchoxzhund 40;
kein bitten hielt mich auf, vom zorne fortgerissea
entwich ich in des hains einsamste finsternissen.
DcscH poet. werke 3,163;
sprich nur, es bleibt bei mir in tiefen finsternissen.
J. E. SCBLEOEL 1,249;
Unwissenheit, der seele finsternis,
haszt er und sucht das licht.
Zachariä Schöpfung der holte. Altenburg 1760 t. 77 ;
und der gott der kaufleute und diebe verbirgt den raub und
den hurtigen räuber in den finsternissen des waldes. Wü-
helmine 79 ;
du grenzest an den finsternissen
unheilbarer melancholei. Gottrr 1,223;
so jammervoll, durch glaubenszwang entstellt,
gehüllt in öde finsternisse,
lag Deutschland einst. 1,426;
wo finsternis aus dcnj gesträuche
mit hundert schwarzen äugen sah. Götbs 1,75;
ja, da segnet ich die finsternisse,
die so rubig alles überdeckten. 2,102;
die finsternis seiner scele, dosz es so mit ihm enden soll.
8,154 (42,439 die f. vor Seiners.); in der muthlosen finster-
nis erkenn ich dich nicht mehr. 8,162. 42,205; die irrung
und finsternis meiner seele zerstreut sich. 16,55;
als ein gesicht, d6r ahnlich, die ich misse,
nur gröszer von gesialt, als sie im leben war,
daher tritt durch die finsternisse. Schillkb 37*;
eibcnzweige, abgerissen
bei des mondes finsternissen. 572*;
hilf! rette mich aus diesen finsternissen
der Zweifel, die mein blutend herz umnachten I
Lmau neitrre ged. 21;
103*
1671
FINSTERNISLEHRER — FIPSEN
FIRGELN— FIRLEFANZ
1672
aus wälderfinstemissen. J. P. Hesp. 3, 137 ; ringförmige nachte
der Staaten, die oft länger sind als unser leben, friedenspr.
40; da wird es still auf der weit, die Sehnsucht steigt so
heimlich aus den finsternissen empor. Dettine br. l, 192.
seil dem isj/t. ist das friüier vorhersehende n. eilosclien und dem
f. gewichen, neuere schrißsteller, wie die belrye zcitjen, setzen gern
den fd. in prosa bexichnet finsternis mehr die wirklichen xu-
ttände, finstre und finsterheit die abstracUon, es heiszt in finsler-
heit oder finstre, im finstern wandeln, nicIU in finsternis, da-
gegen Sonnenfinsternis, nicid finstre, die dichter kehren sich
doch nicht an den untcrscltied.
FINSTERNISLEHHER, m. tenebrio, finslerling : hütet euch
für den finslemislerern. Lutheb 3, 437'.
FINSTERSTCNDIG, adv. noctu, bei nacM:
jetzt erst, ihr mühsam linsterslündig strebenden,
für euch ein rubraahl! denn wer nachts arbeitete,
ireniesie, wenn die andern früh zur mühe gehn.
GöTUK 4ü, 387.
FINSTERTHAL, n. vallis tcnebrarum: in der verderbten
mordgruben oder finsterlhal der erden. Jac. Böhme Aurora.
StuUg. 1S35 s. 89 ; da ward der ganze leib ein finsterthal. s. 188.
FI.NSTRU.NG, obscuratio. vinslrunge, vinsternusse. voc. 1482
kk5'.
FINTE, f. fictio, simulalio, dolus, machina, nach dem it. finta,
fr. feinte im 17 jh. eingebürgert, noch nicIU bä Hesisch, aber
bei Stieler 459. das sind finten, erdichtungcn ; eine finte
machen oder zeigen, fechlerausdruck, einen listigen stosz aii-
bringen; ich kenne seine finten wol; kein Studentenstückchen
oder zugelassene finte konte er machen, denn er war zu
einfältig, pol. maulaffe 52 ; 'nehmet euch in acht', rief er mii
zu, sobald wir einander das weisze im äuge sehen konten,
•denn di£ meisters behalten gemeiniglich die beste finte vor
sich' . . . hiermit giengen wir nach abgeworfenen kleidern
auf einander los und mein gegner wurde im zweiten gange
ein wenig in dem arm verwundet, da er aber dieserhalb
nur desto hitziger wurde . . . auch vor der mir selbst ge-
zeigten finte sich nicht versähe, lief er sich meinen degcn
gewaltsam unter dem arme in die brüst hinein. Felsenb. 2,378;
eure verteufelte finten ! Pierot 2, 47 ; ja du steckst voll finten,
wie eio alter pelz voll lause. Lenz l, 278 ;
keiner ist beim bataillon,
keiner der wie Fickfack würbe,
flnien, llausen, pflffe, nasen
werden endlich mir nicht schwer.
Gotter Jahrmarkt 46 ;
keine schalkheit, keine finte
gibt es, die der schelm nicht weisz.
MusÄus kinderkl. 83;
und 80 bei jedem braten, den man iszt, den schmeichel-
haften gedanken zu haben, den haben dir deine unten, dein
löwcnmuth, deine nachtwachen erworben. Schiller 109'; fein
und bewundernswerth war die finte. 213';
ginnend auf lustige finte. A. von Drosti gcd. 174.
FINTENVOLL, fallaciarum plcnus:
mein monsieur
verstand die lintcnvolle
vorher studierte rolle
wie ich mein abc. Börcbr 22T.
FIPPERD.\USCHEN, n. homo inquies. s. däuschen 2, 855.
FIPPERDÄUSEL, n. dasselbe.
FIPPERN, tremere, beben, zittern, wol nach dem lal. vibrare,
TJbrari : fipern labiis tremere. Prasch bei Schmeller 1, 507 ;
der mund pidmet und fippcrt im. H. Sachs II. 2,91»;
obren klingen, augcn fippcrn, rockcnplül. 3,50; auf seinen
lippen fipperten thränen ; die Sterne fippcrn, strahlen mit lil-
temdem glänze; die strahlen des Sonnenlichtes, welche aus
einer gerüttelten gelte mit wasser an der decke eines zim-
mers oder an den wänden eines bauses umher fippcrn.
Reisu Thuc. vorr. b3; kdrntneriscli:
mein rlicndle i^t sauber
in tuniitatrcw.'indl.-in,
va lauiar liah lipnern
die füoriuchbandlan. F*OBaA?i!« mundarlen 5,246;
fippem, ingttlieh umher tasten. Herhes Soph. reisen 1, 427;
herum fippern. Wurmsame 2, 24«.
FIPPRUi, leiclUfertig, foldtrc. Hermes Soph. reisen C, 240.
Fn*S, m. taUtrum, natenttüber, mit an den daumcn gedrücktem,
getehneUtem mittelßnger, schnalz.
FIPS, adv. sdineU, im schnall, fix: flps war sie mit einer
oadel da. IleRHe* Soph. rrisen 1, 68S.
HPSEN, einen »Mag gAeu, schndzen, fingerschneUm.
FIRGELN, FIRKELN, eine frequentatirform, der einfaches
firgen ztm gründe liegt, worin das ahd. fergon (Graff 3, 681.
682) enthalten sein kann. Tergön ist precari, poscere, mit welchem
es und goth. fraihan, ahd. fr'ig^n sich unmittelbar berühren müssen,
sogar die Umstellung des fragen oder fragin in fergön gleicht
der von precari in percontari, das sp. wieder preguntar lautet,
ausdriicidich bedeutet nun auch firgeln soviel als fragen oder
foisclien: aber du solt nit firkelen und fragen, wie das raüg
sin, das solt du got lassen und gang du des niüszig, anders
du verbrust (verbrühest) din hend daran. Keisersrerg büger
109*. aus diesem forschen und förscheln scheint sich weiter die
Vorstellung des abmfiliens, qudlens und Iribuliercns zu entfalten,
wie es bei demselben Verfasser heiszt: also ist es auch mit
eltlichen, die also ein enge conscienz haben, und so vil
die selb understond zu fegen durch beichten, so vil werdent
5ie me verwüstet und ungesübret (im andern druck gcunsübret),
das aus so vil firglens ie me und me her (im andern druck
har) für kummet. irrig schaf 17' (g3');
und wurden iren zorn an mir auslassen
und firkellen mich hin und erwider
ein stiegen auf, die ander nider. fastn. 332,6;
Schmeller 1, 562 hat 'an einem fergeln', nicht ablassen ihn mit
fragen, bitten, anreizungen und vcrdneszlichkeilen zu belästigen,
'an etwas fergeln' daran hin und herfahren, fegen, reiben, wetzen,
wozu das 'fegen' in Keisersbergs zweiter stelle stimmt. Frisch
1, 209" gibt aus Meisner de Silesia loqucnle: firgeln, einen
meistern, vexieren, wie auch Weinhold 20' firgeln, quälen,
vexieren der heutigen schlesischcn mundart zueignet, ähnlich diesem
firgeln, fergeln klingt das bekannlere 'nergeln' ron gleicher be-
deutnng. dies ist alles was ich über das seltne worl bisher ge-
fanden habe.
FIRKELECHT, ausfragend, ausforschend, quälend: do sprach
er, die stim ist Jacobs, aber die hend sint Esau. Isaac was
alt und hat dunkel ougen, er gesach nit wol, er liesz es
am nechsten bliben, er was nit firkelecht (es steht verdruckt
sirckelecht), er gloubt im (drang niclit weiter in ihn mit fragen).
Keisersberg bilgcr UO'.
FIRLEFANZ, m., von fanz wurde oben sp. 1320 und 1, 203
unter alefanz geredet, es musz einen frischen, lustigen kerl oder
schalk, scurra, nebulo ausdrücken, noch dunkler zu liegen scheint
der composilion erster theil. wenn aus ags. feor procul sicJi ein
weiteres adv. feorla, wie aus altn. dr niane ein Srla ableitet,
dürßc auch beim goth. fairra an assimilation aus fairla gedacht
werden, so dasz die zum grund liegende parlikel fair sich nach
zwei seilen hin in fairra = fairla und fairnis vetus erwcilcrl
hätte, woneben auch Ttö^gco aus tzÖqoco (sp. 1532) besteht, nicht
anders wäre ahd. för auf fcrr, dies auf ein unerhörtes firlo,
ferlo zurückzubringen, von fairla könnte im alierUnim. das über
unsre geschichte hinausreicht, ein nomen fairls, ron firlo ein firl,
firil, viit dem sinn von fremdling, alicnigena, e longinqno advena
entsprungen sän, auch fremdling stützt sich auf die parlikel frani.
in firlefanz entdeckten uir also ein synonym von alefanz und
ein gleidi alles, bei Weinhold 20' ist firl, ferl ein hurtiger
mensch, gefirle behende, das stimmt merkwürdig, kein ags. feorl
neben feorla vermag ich aufzuweisen, doch das ähnliche feorlen
longinquHS aus Luc. 15, 13.
auf diese noch un ausgemachten deutungen folgt nun die reihe
der Zeugnisse für das wort selbst, warum sollte es nicht sciwn
ahd. und mhd. gegolten haben? die denkmäler gehn daran vor-
über, wie an vielen andern ausdrücken, der fremdling halte einen
neuen wunderlichen tanz ins land gebracht und die weise dazu,
die bauern erhielten ihn am längsten, sein name blid) auf tanx
und weise haften, wie man späterhin galliarden, französische und
schollische tanze einführte.
gar wcidelich trit si den flrlefanien. Wolkrnstkih (. 117,
wofür NSII. 3, 307' in einem unechten Seidhart fulafranzen rer-
sdnicben steht. Fisciiart, der den alten druck des Mdhart vor
äugen liatte und aus diesem licde Garg. 165'.' stellen au.^hob, hat
den firlefanz nidU aufgenommen.
do pfeif er ir den flrlofanx
wol nach der dörfcr siie,
do tanzten sie den hottotton,
der edclman kam selber dran
und wolt auch tanzen mite, ja mite.
ber^reUn M7. Uhlano 647;
da« lernt ich an cim ahendtani,
da wir hielten den llrlcrnnr fy-onchmemeler Hat^i
tanzen wir den lli lof.ini von Schwaben !
«Ie lind nicht all nn dlr^em rclhn,
die wir tollen haben. Wtimnr. jb. 3,130;
1673
FIRLEFANZ— FIRM
FIRM — FIRMGÖTTIN
1674
so ward een minsche noch mit Telem eten plaget,
mit supen aver macht, bet en de spelman jaget
mit siner frölicheit. den kiimpt de bruet inn danx,
de brögam maiiet er en groten ürlefanz.
Lappenbergs Lauremberg *. 117;
kumt Märten Dudebrok und bringt em enen dans,
Hans Hohn de makt em dar een groten firlefans. s. 13".
doch mit der zeit verdunkelte sich der bezug auf tanz und weise
und das vorl bezeichnete, me alefanz. blosz etwas altfränkisches,
läppisches oder geckenhaßes, eulenspieglisches : für seinen feder-
posch trag er ein schöne, lange, hohe, ploe feder. diser
firlefans läppet im lustig über das recht or herab, wie den
zimmerleutcn die hanenfedem. Garg. 119'; Stieler 486 wAiärt
firlfanz gesliculalio, praestigiae; Eslor meldet, dasz zu seiner zeit,
in Hessen, wenn man dem gesinde vorhalte, es esse zu viel, die
antwort folge:
wenn ich heisz firlefanz
und war unter der nas ein gans;
ihr firlefanze, flügelmännische riesen! Göthb 41,325;
ihr Studium ist flrlefant. Göki:«gk 1, 2S;
die eitelkeit mit ihrem firlefanz. 3,235;
drum bitt ich, laszt den firlefanz
das liebeln und das hängen.
H£KSL£R im musenalm. 1779 5.74;
hört ihr den schwäbischen wirbeltanz?
iirum trallarum herbei!
mag ein pedantischer firlefanz
rufen sein ach und sein ei !
Uaugs icalzerlied im musenalm. 1791 s. 9,
ICO der misverstand des worts, das gerade einen Schwabentanz aus-
drückt, desto unglücklicher ist; ich habe den arzt so ange-
schnauzt, dasz er hinaus ist, der unerträgliche firlefanz. Geo.
Forsters briefwechsel 2,650; eine stelle Rlopstocks 12,406 ist
schon 1, 204 ausgehoben; so will ich heute mein testament
aufsetzen, unterschreiben, besiegeln, kurz alles thun, was der
juristische firlefanz mit sich bringt. Kotzebce dram. sp. 3, 314 ;
CS kam ganz spöttisch schlecht daher, sein dünnes kitteli
war manchmal einen halben fusz und mehr zu kurz, denn
das mädchen wuchs, vom übrigen firlefanz war keine rede
und das meitschi plagte den rater nicht damit. Gotthelf
erz. 4, 227. schon bei Hesisch 1094, 3 steht fierilafanse loser
medicum, asa foetida, teufelsdreck, was firlefanz sein soll.
FIRLEFÄNZEN, ineptire: wie soll ein arm man thun, der
gern schreiben wolt und künd nichts? er musz je so firle-
fanzen und mit worten umbher schweifen, das die leut den-
ken, er wolle ein buch schreiben. Lctheb 2,149'; Hemsch
1105, C3 setzt firofanzen, spiegelfechten;
man schaft hinaus die netze, spiesz und lanzen
und mancher legt die rüstung an sofort,
denn solche jagd braucht mehr als firlelanzen,
nicht hasen oder rehe gibt es dort. Gries Bojardo 2,28,20.
FIRLEFANZER, m. nugator, gesticulalor, der mit Worten
umher träumet. Luther. Stieler 4S6.
FIRLEFANZEREI, f. gesticulatio, praestigiae: es machte uns
zwar, ohnfehlbar, ein böser geist, unterweges allerhand firle-
fanzereien vor. Felsenb. 4, 407 ; wir wüsten von all der firl-
fanzerei nichts. Göthe 57,108; und kümmert sich den hen-
ker drum, in was für firlfanzereien man all das in Städten
und am hof vermaskeriert hat. 57, 184.
FIRLEFANZERIN, f gesliculalrix, praesligialrix. Stieles 4S6.
FIRLEFANZICHT, gesliculatonus. Stieler 486.
FIRLEFEI, m. gekürztes firlefanz, fei an sicli gäbe keinen
änn. wieder in einem der unechten Nddharte:
ja was ich der fröuden lös,
da er also lange
bi der guoten wol getan
spranc den fierleifei. MSH. 3, 252»;
und als ob einer den virlei (aus Drlefei) traete
und in einem tiefen horwe linste. Renner 18076;
dö Cantadülz den flrlafei
pfeif durch ein sauren dön. Wolkustkin t. 85.
nhd. ei lieber mein, mach zur letz uns das,
es geht gar wol, du weist wo! was,
zeuch die geig aus dem sack,
oder nem die sackpfeif strack
und mach uns den tutelei,
den spitinger und firlefei! Garg. 99»,
meine ausg. von 1594 verdruckt tirlefei, ich kann nicht nach-
uhen, ob schon die älteren, virlei steht freilich dem fr. virelai
nalie, das einen gesang und tanz ausdrückt, wer weisz aber selbst
nach dem altfränkisclien wort gemodelt wurde.
FIRM, firmus, erst im vorigen jh. eingeführt und ganz un-
nölkig: hab keinen firmen ödem. Fr. MIJller 2,175; ein jüger
musz haben firmen muth. TiEct 2, 340 ; meine lieblingsarie,
in der ich firm zu sein glaube; zu einem pfosten, zu einer
thüre und schwelle gehören nur ein paar gesunde angen und
eine firme faust. IxaERXANXS Münchhausen l, 130.
FIRM, f. firmalio, confirmatio : nach der firm sein wir nnmals
aufgenomen und gemustert Söldner Christi. Bertold leutsch
tlieol. cap. 61, 4 ; darumh ist die firm nit zu verachten, sonder
über die tauf hoch zu preisen. 61, 5.
FIRM.\, f. nomen mercatoris, tilulus: wir erkennen den
forsten an, weil wir unter seiner firma den besitz gesichert
sehen. Göthe 22, 237.
FIRMAMENT, n. die himmelsfeste {sp. 1563) :
und habe da; firmamentum,
das ^5 ^on steten niergen gi. Geo. 765;
es leucht auch das ganz himlisch beer in der höhe am fir-
mament, und die hellen sterne zieren die himel. Sir. 43, 9 ;
der dritt himel haizt ze latein firmamentum, da; ist der vest
himel, dar umb daj er ain vest und ain grünt ist aller ge-
steckten Stern. Megesberg 55, 20 ; das gestim am firmament
Kirchhof mü. dise. 91 ;
nichts ist ihm in dem firmament,
auf erden nichts verborgen. Wkckhkklis 257;
Elisa, welche als der schätz
und wunder Albions geboren,
bald durch des firmaments gesatz
für unsers lands kleinot erkoren. 341;
allein und abgetrennt
von aller freude,
seh ich ans firmament
nach jener seite. Göthk 19,67.
FIRMBINDE, f. s6 sich ein mensch wil firmen, so sol es
ein wisen man bitten, das er es für den bischof bring . . .
so sol der wis man den menschen für den bischof füeren
... er mag im wol sin firmbinden umbstricken u. s. «•.
Schwabensp. cap. 345; noch ist eine art geistliche verwand-
schaft, die ist aber hie zu lande nicht, seht das ist die:
ein ieglichcr mensch, der sich firmen will, soll gehen zu
einem weisen manne, der pfaffe oder laie ist, und soll dem
seinen glauben vorsprechen, der soll dann mit ihm vor den
bischof gehen und soll sein zeuge sein, dasz er ein rechter
Christ sei und derselbe möchte ihm dann wol die firmbinde
umbinden, aber er ist sein rechter pathe, wenn er ihm auch
die binde nicht umbindet Göbels Berthdd 2, 8. diese binde
heiszt auch firmelband, war ein feingeuebtes leintnch, drei finger
breit und einige eilen oder fusz lang, nach abnähme des Stirn-
bandes wurde die stime mit salz abgerieben und gewaschen.
Bixterisc denkte. 1, 249. s. firmtuch.
FIRMELN, conßrmare, bei Katholiken: was weiter das edict
von firmelen und olungen zu halten gebeut. Lcther 5, 296' ;
beim firmeln schlägt der bischof dem kinde auf die wange: so
wurde öfters Europa durch schlage gefirmelt. J. P. dämm. 64.
sprichw.: auf nimmertag, wann man die gänse firmelt.
FlfLMEN, dasselbe, ahd. firmön (Graff 3,695):
her Cristän in der obern pfarr,
zwar der ist sicher nit ein narr,
wer in^ wil teuschen auf dem stück,
der musz gar fru .erwachen.
er peit ein weil und doch nit lang,
darnach so flrmt er eim ein wang,
das im vergen sein falsche tück,
des er nit mag gelachen. Wolkkisteissb 215;
küs den boden, ich wil noch bischof an dir werden, ich
kan dich firmen, ich kan dir den krisam anstreichen. Garg.
86'; wann einer floh, firmt er ihm zur letz so ein tröstlichen
streich über der lambdoidischen und ypsiloidischen com-
missur oder nad der hirnscbalen her, dasz ihm der köpf
zu stucken dort hinaus stiebet, man hett ihn mit besen nit
zusammen gefegt. 205'; in der fasznacht wird sich ein theil
der weit verstellen und verkleiden, das ander zu betriegen
und zu firmen, groszm. 40 ; frag ist, warumb allein die pischof,
als der apostcl nachkomen, ze firmen haben? Bektold teutsch
theol. cap. 61, 5 ;
er euch vor unbenanntem frasz
mit seiner band beschirmet,
sonst würdet ihr auf grüner strasi
wol blutig oft geflrmet. Spbk Iruttn. 1T7 (194).
firmen, die rüben oben und unten beschneiden. Schm. 1, 563,
vgl. das 1, 39 übersehene abfirmen :
und mit eim messen herb und scharf
thet er mir all mein fleisch abOrmen. H. Sachs 1,501».
FIRMGÖTTIN, f. susceptor confirmaii, firmpathe: zu der zit
was ein pricsler an Grenchen, zu dem fart man mich, er
soll min firmgöttin werden. Platers leben s. 6. fimigötte,
gOttei. ScBii. 1,563. 2,84.
1675
FIRMUNG— FIRN
FIRN — FIRNEKORN
1676
FIRMLING, m. confirmalus, trie täufling: die firmlinge haben
sich vor der firmuiig bei dem pfarrer einzufinden, um sich
auf dieselbe vorzubereiten.
FIRMTLCH, n. uas firmbinde: dieweil aber ir voriger mann
diesem gesellen das firmtuch umgebunden. LirrnERs br. 2,349.
FIHML'NG, f. conßrmalio: die messen, Vielehe nicht sind
noch niügen eii^opfer sein, so wenig als die ander sacra-
ment tauf, firmung, busze, olung etc. Luther 1, 335*.
FIRN, FIRNE, vetus, golh. fairnis, alid. firni (Graff 3,662),
mhd. virne, besonders bei Konrad und im Renner {nidit bei Hart-
«AJI5, Wolfram, noch in den Mb.), ags. firn, meist geschrieben
fyrn (ine auch Grein 1, 362 ansetzl), ultn. forn, schw. forn {nur
in Zusammensetzungen), weder engl, noch nl., vnmillelbar sich
berührend mU dem sp. 1532 behandelten ferne so tcie mü den
Partikeln ferr und ferne, die. gleich dem seltnen ags. feorla
{sp. 1672) auf das einfache fair und fer zurückgehen, was im
räum absteht, musz es auch in der zeit und die rorstcllung longc,
procul begegnet der diu und olim, prius. in den urverwandten
sprachen liegt uns nicMs näher als das lit. pernay, anni prioris,
lett. pehrni, die noch in uipernay, lell. aispehrn, vor zwei jähren,
propernay vor drei jähren weiter rückwärts weichen, die ent-
sprechenden adjecliva lauten lit. pernyksztis und uzpernyksztis,
propernyksztis, was wir nicht nadialimen können. Iwiteren ver-
halt des firne zu primus, fruma, forma, lit. pirmas musz ich
hier vorbei lassen.
das goth. fairnis geht sowol auf kleid (snaga), balg und Sauer-
teig (beist), als auf den menschen (maniia), das gesetz (triggva)
und das jähr (jer). ahd. firni findet sich von bürg und wort
gebraucht, dagegen heiszt es alte belgi. liier folgen mhd. stellen:
dehein dinc wart da virne •
innerthalp dem buregraben,
der #5 hundert jär solle haben
f; wjere ie ebensch(pne. iMnz. 226;
man bete ungSrne da gesehen
ein Gleit swach unde virne. ir. kr. 3863;
er was alt und virne. 4503;
6? (dat, tempei) was alt und virne. 9624;
si brach den gebet ir enzwei,
der alt was unde virne. 10675;
si solde niht versprechen
daj virne dur daj niuwe. 11239;
wan er (rff>r sal] enwas nibt virne,
er lullte gar niuw unde frisch. 17542;
6r künde wol erkennen
daj niuwe und euch daj virne. 19257;
wan du vür unser virne missetät
wurde in den wäc getiuhet. MSH. 2,311»;
den {üs) gebent niuwe und virne (kteider)
die herren durch ir tcerschen muot. 2,390";
wan ich bin ouch ein armer wirt,
dem selten iht virncs über wirt. flenner 5554;
niuwe friunde und niuwer win
miigen wol gelich einander sin,
allen ougen und ouch dem birne
vil gesunder si der virne,
doch trinkent tdrn den niuwen gerne
durch niuwen gelust in der taberne. 1883;
»6 werdent aller liutc houbct
Ton niuwen mosten mer betoubet,
gwenne der trinker wol gesioubct,
dan von reinem virncm wine. 17274;
dö trank der aide grise
durch siner geste liebe,
da; im des slätes diebe
suchen in die stirne.
den kleinen win virne
trank er da s6 vaste,
des latte er zeime gaste
den slär in da; houbet,
da{ er wart betoubet. CA. 2,49.
«eichen unterschied der bedeutung man wol damals noch fühlte,
venn 'alt und virne' zusammen stehn? bemerkenswerth tritt hin
und wieder der sinn von klug oder schlau vor, wie man rinrn
allen fuchs als schlau, erfahren bezeichnet:
louf, bis virnci Jkroscrin 7330;
trüllieret und virne. LS. 3,544.
fpi. fimig. nhd. vird Arn aUmälich fast auf den wein und ge~
Irride eingeschränkt, auf das vorjährige, gegenüber dem frischen,
doch hMszt es in einem inventar Elsen vdn IloLüiustN a. ItIO:
item etswo^ fleischs fasle firn und dorre, da; «er« smrrble
und gestochen was von miluen und wormern, iinn wir durch
golPK willin gegcbin ; und soll von dcui firncu essen und
wenn das ncwc konipl, da« firnen {so) v^cglhun. 3 Mos.
M,10}
wann pessers chomt, es wirt unwert,
also geschieht dem virnen wein {dem jemaligen vom letzten
jähre), liältlerin 271*;
die fulen bering man vermischt,
das man verkoult sie gar für frisch,
all gassen sint fürkouler vol,
gremperwerk triben schmeckt gar wol.
iirn und nüw man vermänkeln kan,
mit btriignis gat umb iederraan. Brani 102,79;
die schwalbe sucht ihr Arnes haus,
die lerch hebt an zu singen.
RoBEKTuiN bei Göiieke d. dichiung 1,333*;
fast alle übrigen stellen reden von wein und körn: so der abbat
kumet die reben ze schöwende, so sal man ime geben des
dages virnen win unde nuwen. «rm/Ä. l, 665 (o. 1320) ; so sol
auch niemant zweirlei oder mer win schenken in eime kelier,
es sei dan nuwe win und firn win. 1, 509 ; item der meier
soll es meiner frau irem gesind, dem kirchbern und seinem
sigristcn wol bieten mit wildem und zamem, fliegend und
flieszend, virn und new (rf. t. mit wildbret und zahmem fleisch, mit
vögeln und fischen, altem und neuem wän). l, 705 ; und nimpt
der probst die herbcrge vor wihenachten, so sol man si ime
geben mit nüwem und mit virnem wtne, beitct er aber
darüber, so sol man si ime geben mit nüweui wine. 4,24;
so man firnen win und nüwcn trinket in dem ersten herbest-
gedinge. 4,151; in dem selben jar (1442) ward so vil wein
und körn, das man es nil wol behalten mocht, der firne
wein galt das fuder 26 gülden und alsbald im herbst galt
es 4 gülden, vil siiszer und besser dan der firne wein (vorige
Jahrgang) gewesen war. Steinhöwel chron. 26';
wein stark und Arn. Scheid grobian H3;
ein raasz starks firnen weins. Frey garteng. 25'; söffe den
firnen wein, das.; ein mirinbruder versehen mit wolmundetem,
maulreiszendem, zapfreszem, lautschwatzendem, zungklapfigem,
zungzwilzerigem, zungkützelichem, glasschwitzigem, rausch-
danzendem, brenzlendem, grawgebartetem (d. i. uraltem),
röschem wein, von furnen (so) und heurigem, dörrsomme-
rigem und järigem, mostigem und verjartem. Garj. 57'; bring
uns den firnen, den kehraus in der Stirnen! 99'; that darauf
ein guten suf fümen (so) wein und wartet demnach, wann
man das nachtessen zuriistet. 238"; von zorn bin ich schier
erstarret, dieweil mir mein gesind nicht von meinem firnen,
sondern allein von dem newen wein zum imbisz hat aufge-
tragen. KiRcnnoF wendunm. 425";
ja was musz es für ein wein sein,
ein fürner oder ein ablasz? Atrer fasln. 78»;
wein, der nicht gar neu, noch auch nicht gar fürnen (so)
oder alt ist. so er aber gar alt und firnen etc. Hobberc
3, 274' ; so aber der same firn oder jiirig. 3, 2, 5 ;
die supp hält können gewürzter sein,
der braten brauner, lirner der wein. Götbr 2,214.
FIRN, FIRNE, m. der alte, nie schmelzende schnee derhochalpe, die
schneekuppe, der glelscher, bei Frisius und Maaler unvcrzeichnel,
noch auffallender, rfa.« IIaller in seinem gedieht die alpen (1729)
das wort nicht vtrwendet. dcnsell)igen alten schnee, sa(fi Stumpf
2,284", nennt man firn, das ist allen, veHegenen; der Rhoden
empfängt doch sein wasser nicht nur aus natürlichen bniu-
ncnquellen, sondern vielmehr aus dem steten firn imd glet-
scher des gebirgs. Sciieuchzer 3,10t; gemeiniglich heiszet
man gletscherische bergeis auch firn, einen allen verlegenen
schnee zum unterschied von dem heurigen, einjährigen.
3,107. 108;
wo um des Gl.nrnlsch hohe llrne
ein goldduft bebt! Fr. liRuri im munennlm. 17% t. 183;
mach hurtig, Jenni. zieh die nnue ein.
der graue ibalvogi kommt, diimnf brüllt der Arn,
der niYllienstein zieht seine luiul>e ein
und killt her liliist e.t aus dem wetterlorh. ScniLLin 517*;
und er musz sitzen, fühlend, in der nnchl,
im ewig liiistern, ihn en|iiiokt iiirht mehr
der nirilieei warmes grün, der blutnen schmolz,
die rothen Urnen kann er nicht mehr «chauou. 623*;
«lebst du die Urnen dort, die weiszen hftrner,
die hoch bis in di'n himniel sich verlieren? 635*;
wie eine windlnwine dlrh versrlmilet,
wi« unter dir der trügerische llrn
clnbrirhi. ^;^2•.
der />/. Arne hei der Brun scheint vorzüglictur ab Rnicn bei
Si II hier, doch hört man in der Schweiz und im Ktsass firnen,
berglirnen.
FlUNERORN, n. gdrtidt vom vorigen fahr.
1677
FIRNEMOST — FIRST
nRST — FIRSTBALKE
1678
FIRNEMOST, m. muslum prioris anni:
und du groszer krug der ernte,
wol bekomm dein firnemost!
sei nie leer, du krug der ernte,
wenn der Schnitter in dich sieht!
Gebstehbercs term. tchr. 2,222.
FIRNEWASSER, n. das rom gletscher abflieszl: der Sand-
bach führet der Linth beständiges und trüebes firenwasser
zu. ScHECCBZEB 3, 24. 121. »71 einigen siricltcn der Schwäz spricht
man firen oder firren für firn.
FIRNEWEIN, n. rinum vetulum, anncAinum, abgelagerter vein;
bihornura. Dastpodius 292' ; der firnewein ist der beste, der
heurige ist etwas befiehl. Docemiüs sprachenthür §. 441;
die ganze dorfschaft komme mir,
sie soll willkommen sein,
und ich versprecb euch kirmiszbier
und guten ürueweiu. Hagedors 3,77;
der kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,
der abt wählt sich den edeln firnewein. Schuxer 71'.
FIRNIG, inklligens, prudens:
rat . . . so weis, so klug, so firnig. MiLissis ps. F 1*.
FIRNIS, m. Vernix, fr. Tcmois, it. vernice, »n öl oder alkohd
aufgelöstes harz, mhd. firnis, firnes:
diu muoter was wise,
mit peche unt mit flrnise
die zeinen si verchlenite. fundgr. 2,87;
ob man in nibt bestricket
gar mit der staete Arnes ( : geslirnes). Ls. 2, 203.
doch liest man En. 146,26:
ir Tarwe lieht unde guot,
rehte als milch unde bluot,
wol gemischet rot und wij,
äne blanc und an vernij.
nhd. fimis, früher auch firnus, firneis und fümis geschrieben,
firnesz roc. 14S2 h 7*, firnz fr« Steisbacb ; firnus, weicherauch
aus den spenlein, so vom agstein abgedrehet und wachalter-
harz gemacht wird. Mathesics öS"; zucht macht allen andern
lugenden eine gestalt und gibt inen ein höher färbe, wie der
firnus alle färben erhebet. 53';
lern alles oben hin und lasz von jung und alten
den füruisz (so) deines koths Tor reines golderz halten.
GÜTiTUER 49s;
der äuszre firnis des gesiebtes
wird von den jähren abgehaucht,
so ganz auch die natur in färben reines lichtes
den feinen pinsel eingetaucht. Karschi:« ged. 126;
wie, wenn ein doppeltsinn in den worten des bösen Ter-
borgen läge, der seinen lügen einen so hübschen firnis von
Wahrheit zu geben weisz. Wagsebs reue nach der titat 149;
der gesellschaftliche firnis. Gotteb 3, li; da zum glück die
sitten seiner rohen erziehung halb unter dem firnis der sitten
seines feineren Umgangs verborgen lagen. J. P. uns. löge 1, 17.
s. bernsteinfirnis, goldfirnis, iackfirnis, mahlfirnis, terpentiu-
firnis.
FIRNISRLASE, f. zum sieden des firnis.
FIRNISGLEICH,
ihr kronengold ist nicht ein flrolszgleicher schein.
GÜ.'«THEB 1060.
FIRNISSEN, remice obducere : gefirnistes holz ; geförniszt
juppenbier aus gerslen von Danzwig. Garg. 59'.
FIRNZEL, n. was fernzel sp. 1540 : ein firnzel korns. tceisth.
1,452.462. zwei viernzel habern. 1,664.
FIRST, m. urui f. cuimen, fasiigium, gibel, gipfel, ags. fierst,
fyrst, das, wie fäc, fach (sp. 1220) in die rorstellung der zeillich
-rüreckten frist übertritt, tcovon mehr unter frisl zu reden, mhd.
rst. nhd. first {nicht selten fürst gesclirieben), im voeab. ex
l'io forst, ifte hetüe noch wetterauisch. nd. fast. Scbambach
257'. Reuter Hanne fiüte s. 142. 143. 330 (wie fasse für ferse).
1) der gibel des dachs, die zinne des hauses, die oberste dach-
katüe. ahd. also wir in demo hfts heijen magensftl dia
raeistön söl, ih meine diu den first traget. N. Boeth. 125.
mhd. stalte in da öf den virsl des lempels. Grieshabeb 2, 82;
die TJrste und die wölben (gibel und Wölbung)
begunden« üf die helme legn
mit starken ungefüegea slegn.
ich bete ungerne hiute
sölhe zimmerliute. HTi. 396, 14,
möchte nicht so auf mich zimmern lassen;
sie stiegen zue der swalben nest
und zogen ein junge ausi irem nest
nahe bei des firstes rafeu (balken). Kuxu ers. 469,10;
da; tacb was überzogen rein
mit eime sidin toppelstein
von dem virst bi; üf da; ende.
L». 1,396.
nhd. der sei uf den first stän und mit dem rechten arm
grifen under dem linken und sol das har in die rechten band
nemen und ein sichlen nemen bi dem spitz in die linken
band, und als ver als er wirft, als ver sond sin hüner gan.
ueislh. 1, 29 ; item es sol auch ein wirt nit mer haben daa
ein hengsl am baren, ein katzen und ein gugei {gückel, haus-
hahn) und sol der wirt uf der first stan und sol ein sichlen
in der linken band nemen und so fer er die sichlen werfen
mag» also wit sol sin gugel recht haben zu weid gan unge-
varlich. 4, 312 ; dem hantdeligen sin hus slieszen und be-
sehen, was dann da inne were von varender habe . . . vom
wUstein {dem grundslein) an bis zur firslen. 2, 218 ; dem selben
man sol der meiger die fierst von sinem hus enzwei don
hauwen. 2, 243 ; der huober soll auch einer steigen uf die
first (um nach dem feind avszuschauen). 4, 60. unter diesem
first pflegte man heu und slroli zu verwahren, die first eines
strawfachs. Calepi.m dictionar. 356 ; wolle er das {eingelhane,
gepfändete) vich nit lösen, so sol man wasser uf das übertür
stellen und hoew uf die first legen {wohin das vieh nicht reichen
kann) und lassen essen unz uf die hut {bis es nur haut und
knochen hat), ueislh. 1, 164. eine nachricht aus Bern meldet, dasz
bei der feuersbrunst zu Glarus in der nacht vom 10 auf den
11 mai 1S61 nach amilicher bestätigung 500 firslen (d. i. hduscr)
abgebrannt seien, die flamme verbreitete sich unaußaltsam von
first zu fir'sle, une man sagt, dasz der rothe hahn auf dem first
gekräht habe. Stalder 1, 371. Lichtesbebg 8, 141 von einem
neuen bau : ist das gebäude lang, so müssen auf beiden enden
Stangen errichtet werden und das blei über die ganze firste
(für first) laufen. Göthe 39, 342 : w as soll uns das, dasz der
erste zum bedürfnis empfindsame (? erfindsame, so in der
ersten ausg. 1773) mensch vier stamme einrammelte, vier Stangen
drüber verband und äste und mos drauf deckte, und es ist
noch dazu falsch, dasz deine hätte die erstgebome der weit
ist. zwei an ihrem gipfel sich kreuzende Stangen vornen, zwei
hinten und eine stange quer über zum first, ist imd bleibt,
wie du alltäglich an hütten der felder und Weinberge erken-
nen kannst, eine weit primärere erfindung.
Iren zieht nicht an, dem naiven sinn des alterthums in einzelnen
Ortsnamen auf die spur zu kommen? ein Binesfirst mag danach
heiszen, dasz sich schwärmende, heilbringende bienen auf den
gipfel des ersten hauses setzten, den bekannten namen Schillings-
fürst, ahd. Scillingesfirst {MB. 2S', 2S5 in einer urk. vom j.
1000 geschrieben Xillingesfirst) verstehe ich so, dasz am first des
neubaus, wer weisz aus welchem gründe, an Schilling aufgehangen
wurde.
2) der gipfel, die höhe des bergs. in Hnem grenzbegang vom
j. SOI wird gesagt: sursum in Bramfirst, ... in da; smala
eihahi, after dero firsti (der acc. musz first lauten) in Rin-
deshaubit, trad. fuld. n* 1*5. - nM auf Dur und feld, in berg
und thal, auf first und halden. Hebel schalzk. 2S;
längs der alten mauer,
deren firsten wilder epheu deckt. Srühr 569;
bald rund, bald spitz, bald bewachsen, bald nackt sind die
firsten der felsen, wo oft noch oben drüber ein einzelner
köpf kahl und kühn herüber sieht. Göthe 16, 222. 'die first'
hiesz ehmals das elsäszisch und lothringisch gebirg, der Wasgau,
Vogesus. Maaler 136*. die hohe first. weisth. 1, 666. auch nd.
3) bergmännisch ist first oder firste der obere thcil des stallen,
die Stollenfirste. Hertwig 134'; nur konnte ich meine ver-
suche nicht wiederholen, weil sich ^ie naiur der weiter in
ein und derselben firste, im vorgesümpfe des nemlichea
Schachts von tage zu tage ändert. Hcmboldt gasarten 183;
wenige tage nach gemachtem durchschlage beleuchtete der
Steiger die firste des liefen sloUens und entzündete die brenn-
baren weiter, die sich unterdes gesammelt hatten, s. ISS;
wie diese allen knochenmasseu gerüstet öl ausschwitzen, so
entbindet sich im sommer ein wasserslofgas aus ihnen, das
an der firste angezündet den gerucb eben dieses brenzlicbea
öls verbreitet, i. 197.
FIRSTBALKE, m. höchster dachbalke: auch gienge den
bubener not an, so mochte er den buwe verkeufen und sal
aber hauwen in der mark solichen buwe. und sal das zwirnt
tun, an dem drittcnmale sal er ein swelle hauwen, da ein
tore of gehe und sal das ander in die erden stecken und
einen erlin firstbalken of zwo sulea. weisth. l, 500.
1679
FIRSTENBAÜM — FISCH
FISCH
1680
FIRSTBAUM, m. tolus, festum. voc. 1482 h"', lignum quod
tuslerUat plura ligna in summitale domus. DiEFENCAcn 232', bä
welchem festum oben feite, pfetle {sp. 1573) zu erwägen isl.
wenn das kind geboren wird und den flrstbaum gesehen
mag. «'«s//i. 4, 276, vgl. RA. 75.410; wer uf dieselben hofstet
dekeini ein hus machen wii, dem sol des golzhus amiman
vier holzer geben ze einem ringe und ein holz ze einem first-
boum, darnach er huscn wii. 4,334.
FIRSTENVVEISE, adv. weil der gang, das hangende und
das liegende sehr fest ist, so werden alle erze durch feuer-
setzen und firstenweise gewonnen. Cancrin bergw. 95.
FIRSTSAUL, f. columna fustiyii, gibclseule: und wann er
ein haus zimmern will, so soll er legen ein wichtslein an
die fürslsaul und gehet er einwärts hinein und legt das maul
auf den wichtstein und bleibt ihm der nagel unterhalb des
geschwölls, so hat er die herschafl und das gut gewehret.
wehth. 3, 626.
FIRSTWEIN, ro. siehe beschluszwcin 1, 1581.
FISCH, m. piscis, golh. fisks, ahd. fisc, mhd. visch, alts. fisc,
nJ. visch, fries. fisk, ags. fisc, auch wol umgeslelU fix, engl.
fish, alln. fiskr, schw. dän. fisk, lat. piscis, it. pesce, sp. pez
pl. peces, fr. poisson, roman. pesc, welsch pysg, armor. pesc,
»r. iasc, gal. iasg, gr. i/,0^s, wozu das seltne skr. ittha, ilhusi,
islhusi bei Böhtli.ng 1, 791 außaucht. nach dem etymon wurde
vorrede XLVUI gesucht und ein bezug auf die schuppe gefunden,
N. Bth. gedenkt dero rühon echinorum, doch ist echinus an
tlaclUichter secigcl, kein fisch, aber Gudr. 99,2 steht:,
€t sach in dem wäge die ruhen vische hie
die künde er pevähen, ern nioht ir uiht genicsen,
sin kuchen diu rouch selten,
also von eszbaren fischen, die Hagene nur weder sieden noch braten
konnte, schuppig heiszen die fische überdl. auch Porr 1, 244
deutet squamis obductus, zerlegt aber pi-sci, in sei das tcgere
legend, ob gar berührung zwisclien piscis und skip, fisch und
schif möglich sei, wie das schif im wasser schwimmt, gleich dem
fisch, gehört in engalhmige Untersuchungen über lautversetzung.
viele redensarten.
1) es wird ihm vvol, wie dem fisch im wasser;
fr wart pcsunt reht als ein visch,
der veri in einem wäge. tr. kr. 10S08;
«r wart gesunt als ie ein visch
und also frech und also frisch
daj ime nihtes m& gebrast. Engelh. 2407;
ach wüstest du, wies flschlein ist
so wolig auf dem grund,
du stiegst herunter wie du bist
und würdest erst gesund. Götur 1,185;
trinke nur frisch,
und du wirst heiter,
gesund wie ein fisch. 11,149;
da war mir es so wol, so lustig, so leicht, wie einem fische
im wasser. 16,137; da dir es wol war wie einem fisch im
wasser. 10,138; es ist nur ^in Rom in der weit und ich
befinde mich hier wie der fisch im wasser und schwinune
üben wie eine stückkugel im quecksiiber, die in jedem an-
dern fluidum untergeht. 29,10; so dasz ich mich geheilt und
gesund wie ein fisch fühlte (io fui guarito e sano conic un
pesce). 34, 167 ; bübchen und mädchen so gesund wie die
fische im Rhein. Wikiand an Merk s. 146; ich belheure dir
dasz beide kinder so frisch w ie fische sind. Niebuur leben 3, 156.
2) schwimmen wie ein fisch:
Damöt schwimmt wie ein fisch, er le^t sich auf den bauch
und darf nur eini-n fusz ein wenig seitwärts kri'imnicn,
(0 kann er allemal dem ström entgegen schwimmen.
Kost schiifenj. 121.
man sagt 'der fisch will schwimmen', das essen verlangt einen
trunk :
die vUcbe wellent geswemmet >fo. ring 37', 32;
der Schinken ist so gut. 'aber ich dachte, wir tränken nun
wieder eins dazu', recht hcrr wirth, der fisch musz schwim-
men, ich habe ohne dies meiner nacbbarin ein rUuscbchcn
zugedacht. Wkisze kom. opem 3, 117.
3) zappeln wie ein fisch :
man leit in wider iit d<>n tisch
und Ifct in «cherzen all ein visch. Jüngling 412;
Olivie bewies sich ungeduldig, wie ein fisch auf dem strande.
GüTHK 26,35;
ich ein in dtm riebe
von Tand« ze lande
aU der vifcb In dem tand«. Li. 2,315;
die fische springen, und das Wasserhuhn
taucht unter, ein gcwitter ist im anzug. Scholbk 517*.
4) mich dunket, der du hast gegen,
diu si iiilit visch unz an den grät. Walthbr 67,31;
er ist niht visch unz an den grät. Teicitmbb 75;
ir seit nicht lisch bis auf den grat. Walsis 143^.
5) gegensatz von fisch und fleisch;
«5 wa-re vieisch oder visch. Otto hart 284;
fij wären bi ir viüre
under wilen tiure
vieisch mitten vischen. Iw. 6217;
bröt uude win,
vieisch mit den vischen. Nib. 870, 3;
was soll dieses sein, fiscii oder fleisch? MATrnESON tphortu
78; nicht ist alles fleisch einerlei fleisch, ein anders der
fische, ein anders der vogel. 1 Cor. 15, 39 ;
du bist mit all dem denken
nicht lisch noch Heisch,
das herz erst musz dich lenken,
soust gibts gckreisch.
OvBKOKCK im muscnalm. 1798 t. 91 ;
unrechte brüder setzen einen ritter in Verlegenheit, sie sind
nicht fisch nicht fleisch, kein Werktag und kein soontag.
kam» schaub. 1, 41.
6) fische angeln, fangen: fisch etzen und do mit vahen,
inescare. voc. 14b2 kk ö' ; gehe hin an das meer und wirf den
angel, und den ersten lisch der aufferet, den nim (piscem
qui primus ascenderit tolle). Malth. 17,27;
du fechst nit fisch in discm bacb. fastn. 291,19,
liast hier kein glück, riclitest hier nichts aus; darnach das wasser
ist, darnach seind die fisch, in groszen wassern fangt man
grosze fisch, in kleinen kleine. Leuuan.n 20;
da von si söUichen uudersturz nam,
das ir der visch in die rcuson kam. fastn. 356,23;
es müst der visch in die reusen geen. 747,11;
dann nun hielt ers mit den Yenedigcrn, dann mit dem künig
aus Frankreich, und dann mit dem keiser, nachdem ihme
der fisch entgegen schwamm, biencnk. 131', nacftdem itim vor-
Iheile geboten wurden;
i hob wunder denkt wöi grausz,
dasz i heuut an lisch wer lauga.
Marx jeä. m Nüritb. mundarl 56.
7) den fisch schuppen, ausnehmen, gellen (Greg. 3119),
braten: und etliche stücke vom fische brieten sie und na-
mens mit auf den weg. Tob. 6,7. sieden, blau sieden;
mein engel, sprach der mann, mein enget, ist mir recht,
so ist der lisch nicht gar zu blau gesotten. Gellkht 1,83;
denn ist der fisch gesotten,
was billl es dasz die quelle flieszt? Göthx 3,254;
fische in eiern backen:
da sitz ich nun vergnügt bei tisch
und endige mein abeuteuer
mit einem paar gesüttuer eier
und einem stück gcbacknen fis^:h. Götbs an Friederike.
fische einmachen, einsalzen, trocknen, dürren: häringe oder
dürre vische. Haupt 6, 419; fünf brot und zwen fische. Marc.
6, 38 ; ein tisch mit fischen übersetzt, exslructa piscibus mensa.
Maaleh 136';
bot ich dan alle vische,
im twaht bi minem üscbe
durch e^jcn nimmer iwcr haut. Hclmbr. 783;
man diente in riterliche.
diu ktincginne riche
kom stolzlich für sinen tisch,
hie stuont der reigcr, dort der visch. Pars. 33, 4.
8) abgestandne, faule fische, oft figürlich für lügen, /lausen,
flunkerei, wind: wer mit renken und faulen fischen uuibgehet,
der musz doch mit der zeit zu schände werden. MATutsiiis 2t* ;
geh heim schnaiuhabn, du brillonmann,
mit deinen faulen fischen! tccimar. jb. 2,209;
wenn der patrun merkt, dasz hinter dem gelehrten mann
im gründe doch ein fauler fisch steckt, wie denn? Fi.
Müller 2,43;
und bütt euch am (Veitag vor posen viseben, fattn. IGS, 13;
mein buch ist ein elender fisch, dem der schweif fehlt, ohne
welchen er nicht steuern kann. J. P. Fibel 203. den bucJi-
drucJtern heitsen durcheinander gcworfne U'ltem 'iwicbellisolic'.
0) fisch, ohne gräten, bedeutet sclddge. Fkümiiamn mundarirn
4,50. 'geld für den fisch!', wenn man auf schnelle soMunf
dringt, den fischen zu fressen geben bedeutet einen Mchnam
ins Kiuter werfen. Sasthow 1, 151.
1681 FISCH — FISCHBEINREISZEREI
10) stumm wie ein fisch:
dann die menge sogar in stummer fische gemeinschafl
auch erstarrt. Mörikk li-tcher Martin 3.
11) fisch in muscheln, concha, man begrif condtylien und
krebse auch unter den fischen : allerlei fisch, die schärben
oder schalen haben. Ma.\ler 136';
das Schneckenhaus lasz fallen darauf,
davon bricht es ohn zweilel auf,
dann issest du den fisch daraus. Aibkrcs 95'.
12) fisch fteiszt den schlossern was von einem breiten Ittürbande
im holz steckt.
13) fisch lieiszl auch eine Spielmarke von bestimmter gellung,
das stammt aber aus dem fr. flehe f. zweihundert und fünfzig,
sechzig, siebenzig, achtzig, neunzig, vierhundert und fünfzig,
sechzig — vierhundert sechzig an marken und wieder vier-
hundert und vierzig für drei postillons, macht zusammen
gerade acht fische. Gotter ieannette 1 aufz. 1 außr.
eine menge einzelner (ischnamen sind mit fisch zusammen-
gesetzt, vgl. backfisch, bratfiscb, engclfisch, gangfisch, gold-
fisch, halbfisch, Schellfisch, Stockfisch, weiszfisch, walfisch.
FISCHAAR, m. falco ossifragus, fischadler: und dis soll ir
schewen under den vögeln, das irs nicht esset, den adeler,
den habicht, den fischar. 3 Mos. 11, 13. 5 Mos. 14, 12.
FISCHA.NGEL, hamus:
die Aar beim höchsten gbirg entspringt,
dem Gotthart, der in dwolken dringt,
und sich wie ein fischangel windt
durch Brienz und Thunersee geschwind, glückli. schif '245.
FISCHARTIG, pisci simUis.
FISCHASZ, n. esca. vischase oder vischspeise edulium.
voc. 14S2 kkö'. der haß oder das uferasz, die ephemera heiszt
so, iceil sie zum küder für fische dient.
FISCH.\UGEL, n. myosolis scorpioides.
FISCHBACH, m. rivus piscosus:
do die drei rauber an dich kamen
und dir das g'&It mit ainlifen namen,
und dich in vischpach würfen darzue,
da mustu wol in, wolst sein mit rue. fasln. 35, 2"2;
man musz euch ein fart oder zwirnt in fispach tragen.
t>t>0,35.
FISCHBA.\D, n. = fisch 12.
FISCHBANK, f. 1) auf dem fischmarkt, forum piscarium.
2) ort im meer, tco sich fische in menge außaltcn.
FISCH BAR, piseulentus, ein fischbares wasser.
FISCH BÄR. m. ursus ichthyophagus.
FISCHBEERE, f. Crataegus aria.
FISCHBEERE, m. nassa, aas das einfache beere, mhd. bere:
der wilde visch in dem bere
nie genam so manegen wanc,
als min herze in jämers lere. ilS. 1,83*;
vgl. 1, 1127. 1244, nhd. oß geschrieben bär, bärn, bern, die
accusativflexion in den nom. gezogen, fischbärn tragula. Golii
onomast. loS2 fo/. 218; sie aber {die ärz/e) richten ihren fisch-
bären allein gelt einzunemmen. Paracelsus 1, 5l'; im schüssel-
korb, da die frawe dem s. Herman den fischbären über den
köpf zog. FisciiART groszm. 120; da haben die Hscher, die
mit zween fischbeeren den ganzen bach übersetzen können,
fünf schöne, grosze lachs gefangen. Hohberg 2,466'; zwei
lacbs seind in den beeren gefallen, ebenda; ein netz das ge-
strickt ist, wie ein fischbeer. 2, 4S5*.
FISCHBEHÄLTER, m. piscina, vivarium: dieweilen auch
der fischbehälter zu Kleinencarben beim gemeinen brunnen
alda gelegen, ganz in abgang kommen und der markordnung
zenfgegen eine zeit lang keine fisch alda zu verkaufen feil
geboten worden, dieses nun hinwieder in esse zu pringen,
so soll der markschulthcisz solchen behälter wiederumb auf-
richten und machen lassen. Carber mdrkergedingsacten von 16S6.
s. fischhalter, fischkalter.
FISCHBEIN, n. maxilla balenae, nnl. vischbeen, tngl. whale-
bone, jf/(if. ddn. fiskben : 'auf sand gebaut, wer männern
Innit' ist kluger weiher denkspnich, darin sie den trauring
binden und unterm gürtcl fest am fischbein {blankscheit) tragen.
Fb. MCller 3, 120;
gleich
vom platz, wie ein gekrfimmtes Tischbein flog
das ganze rospewimmel ab in« feld. üeimi. v. Kleist 1, 13.
FISCHREINERN, celareus: in einer fischbeinernen scbnOr-
bnist gehen, l.ripz. arantur. 1,44. ,
FISCHBEI.NRKISZER. m. der die harten spaUet.
FISCHBEINREISZEREI, f. die spaUung und Zubereitung der
barten des ualfisches. Brosemcs 1, 244.
lU.
FISCHBEINROCK — FISCHEN
168-2
FISCHBEINBOCK, m. ihr fischbeinrock hat seinen urspning
dem nordpol zu danken. Babener 1, 15S; das feuer prasselt
über sein haupt und die wellen des fischbeinrocks schlugen
über seine zerrissenen haarlocken zusammen. ThCimel WH-
helmine 92.
FISCHBEINSIEDEN, n. das sieden des rohen fitdürnns um
es zu reiszen.
FISCHBEWOHNT, rnscosus:
so scliwebt in tief gesenktem bogen
um ßschbenohnier klippen rand
die mewe längs dem meeresstraüd. Schiller 40*.
FISCHBL.\SE, f. vesica piscii, scftuimmblase er prahlt mit einer
leeren fischblase. mit der fischblas = nein! Frohxank 3,14.
FISCHBLATTE, /. pschschnssel. Garg. 74'.
FISCHBLOTZ, m. 2.152.
FISCHBLÜTIG, frigido sanguine, kaltblütig: schreibe mir
und sage mir deine meinung von meinem briefwechscl mit
dem weisen, fischblütigen Böolier. Wielaxd.
FISCHBRET, n. hcAzerner fischtellcr.
FISCHBROT, n, spongia friabilis. aJid. aber fiscbr&t liquor
jnscium sahus. Graff 3, 291.
FISCH BRÜHE, /. jus piscibus infusum. fiscübrOje Maaler 136*
FISCHBRUT, f fetus pisäum.
FISCHBUCH. n. liber piscium.
FISCHRUTTE, f. hölzernes gefäsz zum tragen der fische.
FISCHCHEN, n. 1) piscicidus, nnl. vischje;
' ein heller bach
fiieszt unter zweigen,
die über ihn
sich wölbend neigen,
bald schüchtern hin,
läszt bald im spiegel
den grünen hügel,
wo läramer gebn,
des Ufers büschchen
und alle flschchen
im gründe sehn. Bcbger 9'.
2) ausntf: potz fischchen ! ich dächte so könnten wir uns
bei hofe wol sehen lassen. Göthe 11, 302.
FISCHDAMPF, m. vapor e piscibus exätatus:
ha! und schüren die ghit, indes ein dicker
pestaushauchender qualm graugelb emporqualmt.
der, wie einst des Tobias fauler fiscbdampr,
selbst die teufe! verscheucht. Voss 3,113.
FISCHDARM, m. serpula contortu plicata, kanalvurm.
FISCHDIEB. m. mustela lutra, fischotter.
FISCHDISTEL, f. cnicus acarna, stechkraul, grosze distel.
FISCHEI, n. Ovum piscis : hunderte von fischeiern kleben
zusammen.
FISCHEINEN, olere piscem, fischenzen, fisclieln.
FISCHEL, n. pisciculus, fischlein:
nü bin ich din geverle und inest Sne mich,
du soldes mir da; viscbel halbe; teilen. LoAeniyriii 650.
FISCHELN, piscem olere: das fieisch dieser fisch ist lieb-
lich zu essen, indem dasz sie nicht stark fischein. Forer
1G3*. St-ALDER 1,373.
FISCHEN, piscari, goth. fiskon, ahd. fiscAn, fisgon, mhd.
Tischen, nnl. visschen, ags. fiscian, engl, fish, alln, sdtu: fiska,
ddn. fiske. ron fisch leitet sich dies fischen, fische fangen, aus
dem icasser holen, tcie ron piscis piscari, it. pescare, fr. picher
(poisson abliegend), ron Ixd'is i^dx-nv. analog gebildet sind
von vogel, maus, krebs und raupe vögeln, mausen, krebsen,
raupen, andere thiernamen lassen keine solche verba zu; ver-
glächbar wäre blatten, grasen, krauten, lauben, schuppen,
häuten für blätter, gras, kraut, laub, schnippe, haut abfressen,
abbrechen, abstreifen, ja haupten für haupi abschneiden, das
rerbum drückt aus, was im nomen selbst unenlhalten ist und
wird privativ, man mnste denn fischen, grasen allgemein fassen
als sich mit fischen, gras zu thun machen, cUigeben. es heiszt
sowd intr. im flusz, im wasser, im teich fischen, als Ir. das
wasser, den teich fischen (hefischen), mhd. der viscliende
man, piscator. Greg. 3518. die bedeulungen des fischens sind
häufig figürlich.
1) wir haben die ganze nacht gefischet und nichts ge-
fangen ; sihe, ich wil vil fischer aussenden, spricht der herr,
die sollen sie {die Linder Israel) fischen. Jer. 16, 16 ; ich wil
hin fischen gehen. Joh. 21,3; so habt ihr denn wol gefiscbet.
LcTHKR 6, 274*.
2) im trüben ist gut fischen; im trüben wasser Aschen.
Gotter 3,19;
in dem klaren mag Ich gern
und auch im trüben tischen. Göthk 12,228.
106
1683
FISCHEN — FISCHER AMT
FISCHERBARKE — FISCHERREUSE 1 684
3) vor dem beer, garn, harnen fischen bezeichnet ein rer-
kehrles, sinnloses unlcrnehmen :
mlut. lieber kiielit, mir ist leit
das ilü vischest vor dem bör. ITelrl. 2,519;
ir rätmf jjor gar äne sin,
sara der vischet vor dorn bt'r,
weit ir Tolgen miiier lör? 4,77;
der Tischet vor dem peren. flnizl. tK9';
nhd. darumb acht ichs, es sei vor dem garn gefischt. Luther
6, 3'. br. 3, 5G2 ; das hiesze freilich recht für dem harnen
fischen nnd gewalt für recht gebraucht, br. 3, 321 ; da mügen
wir wol ziisehn, sonst fisclicn wir für dein hamen. Itsclir. 22s'.
4) oft will man tischen und krebst. Wiei.ands /iwac/wj/c«. 5.
Stieler 487. austern, perlen, nach austern, nach perlen,
korallen fischen:
um perlen in die höh
zu fischen. Gokitcgk 2,90;
nach flöhen fischen, flöhe suchen:
auch sol junkfraw, maid oder fraw
nach keinem Hoch hinunter fischen.
tischzucht in meixterl. 23 n' 212;
thut am tisch nach den flöhen nschen. H. Sachs 1,510';
umb die weiber und meid
hals auch ein andern bscheid,
müssen laiiksam aufstehn,
üotiet, unlustig pehn
und nach den Hohen fischen. 1, 533'.
5) liebammen fischen {krebsen) kiiider, wie man vortpid, dasz
funge kinder atis brunnen geholt werden : die hebamine, eine
von denen erfahrneslen, sagte: Jungfrau, hier werden wir ein
kind fischen, man musz das bette zurechle machen. Ettners
hebamme "03.
6) Damis will Julianen nicht, vielleicht fischt sie {acc.) Valer.
Lessinc I. 300.
7) fischen in der schusseln. Keisersr. flarren.?c/t. 50'; fische
mir noch ein klöszchen aus der suppe; es ist da nichts
mehr zu fischen, rari nantes in quryite rasto ;
einen troslspruch aus der schrift hatte Rosa ihr erwischet,
dasz man dort mit .\l)raham, Isac, Jacob ewig tischet,
freuet sich auf beszre speisen, als man hier erjagt und fischet.
LoGAi; 3, 2J5, 14<l.
8) Wörter ans einem buch fischen ; feuchfohrigc hüben
fischen phrases aus der schlacht bei Cannac nnd greinen
über die siege des Scipio, weil sie sie exponieren müssen.
ScHiiLER lOO'; aus dieser allen sage tnusz es Mahumcd, wie
er pfieget, gefischet haben, furs. roseuth. . . .
9) die Stauden, in den Stauden fischen, im icald streifen,
raukcn.
lu) da hat sich was makein lassen, da hat sich was fischen
lassen. Schiijxr 192'; wozu? um geld zu fischen, gcld.
Lessinc 2, 269 ; um etwas von mir zu fischen. J. P. aeslh. 3, 154.
II) fischen, vagari, effugcre, himchchcn, hinschlüpfen:
und fisch auch nil vil ein und aus,
sonder bleib stets hei mir im haus. II. .Sachs III. 2, 174";
(ie {die tögel) fischen in der Infi gesichert hin und her.
Opitz 2, 2S4.
j. abfischen, auffischen, ausfischen, befischen, diirchGschcn,
erfischen, nachfischen, umfischcn.
FISCHENZ, f. piscina, jus i^candi: am andern teil des
Zuger sees hat das gottshns die vischenz am Wipfling halb.
Tscncoi 1,15; in stillstehenden wassern als seen, wcihcrn,
fischanzen und graben. Sebiz 563 : hocbflug, fischenzen und
wildbann. Jon. MCi-LEr 4,17. vgl. Sqm. 1, 572. Stai.der 1,372.
FISCHENZEN, 1) in piscem desinerc: fischcnzcnde meer-
wunder. Pbaetoriüs veltb. 1, 387.
2) piscem olerc. Schmei.i.er 1, 573.
FISCHER, m. piscator, einfacher ist das golh. fiskja, wofür
doch ahd. nicht mehr fisco, sondern fiscAii oder fiscari, ni/i(/.
vischa-re l'arz. 225, 13. 226, 20 und vischer 226, 1 ; nhd. nur
fischer: und die fischer werden Irauren und alle die so angcl
ins Wasser werfen werden klagen, und die so nclzc auswer-
fen auf.s wasscr, werden betrübt sein. tÄ. 19, 8 ; und sähe
jwei «chif am see stehen, die fischer aber waren ausgetre-
ten und wuschen irc nelzc (golh. jah gasahv Iva skipa slon-
dandöna al |iamrna saiva, i|i fiskjans afgaggandans uf im
tutivubun naija). Luc. b, 2 ;
dai wa««iT raUDCht, das wanKor schwoll,
ein n»cher «asi daran. GAthi I,1S5;
flucht an deinem strande
der llücher nur, kein dichter ((Ifick? GAkIück 3, 177.
M einigen orim hetazl grüner und gei«alzner fischer der n^
frischen und gesalznen fischen handelt.
FISCHERAMT, n. fitcherinnun^j.
FISCHERBARKE, /. ci/mba pi<!catoria:
die rhede ruht, von braiinun tischerbarken
und nachen übersät. Salis 43.
FISCHERBEERE, m. was fischbeere: alle philosopbi haben
gedacht, niercurius und sulphur sei ein mutler aller metallen,
aber des drillen haben sie nicht gedacht, noch ir keiner
den fischerpern in die band genommen, das im wasser lig
und sei ein inuller aller metallen. Faracelsüs 1,934*.
FISCHER ROOT, n. cymha piscaloria.
FISCHERDORF, n. viciis piscalorum.
FISCHEREI, /". piscalura, vischrei inscalrina. roc. 1482 kk5';
das gut hat starke fischerei; so haben wir gottlob einen
solchen löblichen landesfürsten , der züciilig nnd ehrlich,
aller unzucht und Untugend feind ist, dazu ein schwere band
hat, mit dem schwelt gewapnel, das er seinen speck und
fischerei, dazu die ganze stadl wol wird wissen zu reinigen,
darumb ralh ich euch speckstudenlen, das ir bei zeit euch
trcdlet. Luthers br. 5, 501.
FISCHEREIGERECHTSAME, f jus pi.tcandi.
FISCIIERERBE, n. jiincalura hcreditaria.
FISCIIERFALK, m. falro piscator.
FISCHERFELD, n. oberhausische fischerfeld. Garg. 02".
FISCHERFÜLLT, piscibus abundans.
FISCHERCiARN, n. relc piscalorium.
FISCHERGEDICHT, n. carmea piscatorium : Bronners fischer-
gedichte.
FISCHERGER, m. tridens jAscatims: mm fischen praiicliet
man die üschergeren oder tristachel. Sebiz 563 ; schosz die
fischergere, die tridcntcn. Garg. 179'. fischergere, fuscina.
Maaler 136*.
FISCnp^RGER.\TIL n. instrumenta piscatoria.
FISCHERGEWERRE, n. Sams 91.
FiSCHERGRANSEN, m. piscinac loculalae. Maaler 136*.
FISCHERHANDWERK, n. ßscltergewerbe.
FISCIIERHAUS, n. domus piscatoris.
FISCHERHIMMEL, m. caelum pkcatorum: weil nun viel
ehrlicher Iculc unter euch, auch wol unter denjenigen sind,
welche in sanimet und seiileii gekleidet gehen, welche gern
in den einfältigen fischcrhimmel wollen, darin der alte fischer
Zcbedaeus mit seinen söhnen Jacobo und Johanne sitzt.
ScnLPi'Tcs bei Wackernagel 3, 703.
FISCHERHÜTTE, f. casa pbcatoris, ärmliche hülte.
FISCHERIN, /". piscatnx: die frau, wiewol sie nur eine
fisclierin war, halle lieber federhansen als prediger {zu sühnen)
gehabt. Oriio t350.
FISCHERINNLNG, f. corpus piscatorum.
FISCHERKAH.N, ni. cymha piscatoris:
es kommt kein flscherkahn zu uns herüber. Scitillkr 519'.
FISCHERKAR l'FE, m., der beim teichausfischen dem fischer
gebührt.
FISCHERKITTEL, m.
lasz mir den llscherkittel, den trutzigen. MöRm Marl. 53.
FISCHERKNARE, m. also der buler, so er niemans war
niinpt, so wenl er man sehe in auch nit, so es doch so
offenbar ist, das es die fischerknahen uf den kühlen scblahen.
Keisersderc wellt, lewc 55', siehe kiibcl. lischerknabe bat
ScMII.IER 51«'. 539'. GörnE 3, 34.
FISCHERKNECHT, m. aber die flscherknechte hatten die
freiheif einen miticlfisch zu zerhauen. Hennebercer pr. land-
tafcl 417.
FISCHERKOLRE, m. fuscina: vischerkolb oder krewi. voe.
I4S2 kk5*.
FISCHERLEIN. n. ein armer fischer.
FISCIIKRLIKI). fi. Salis 01—95.
FISCIIKRMÄDCHEN, n.
FISCH ER MEISTER, m. milglied dir fischerinnung.
FISCHERNETZ. n. rete piscalorium. Schaue.«?/, m. po.««/. 2, 46.
FISCHERPLAITE, f ciiller piscatoris: womit hieb Petnis
dem Malchus das ohr ab? war es ein schwer! ? nein es war
kein schwelt, war es dann ein nsrherplaiilen? ja die war
es, mil einer fi<cherplaMleu hiebe er dem knerhl das ohr
ab, dann s,\nct l'eler war ein 4lscher. dniiub trug er auch
der vorgeuanlen wehr keine, sondern ein flschrrplaulen.
KiRCHMor wendiinm. 4li'. s. fischblolz. fischcrsploli.
FISCIlERRErSE, f. nas.<a iiisratoria, Uschcrreuschen Maai.eii
136*:
h.'indel -ind wie fischrrreuson, lelchtlirV. i -: ^-n dreia,
leichilich wieder ruus tu kummen kau -flu.
1685 FISCHERRING — FISCIIGESCHLECHT
FISCHGRAT— FISCHKIEFER
1686
FISCHERRl.NG, m. piscaioris annulus, Siegelring des poisfa.'
des bonzen fischerring wird ein gemeiner stein,
als Splitter nur berülimt verlorner Ivönste sein.
TuiJaaEL 4, löü;
in einem bei sancl Peter am 14 merz 1519 unter dem fischer-
ring ausgestellten schreiben ermächtigt Leo X den künig,
für den fall dasz er durch stimme und mitwirkung des
churfürsten von Mainz zum kaiserlhum gelange, demselben
die würde eines legalen in Deutschland zu versprechen.
Ra?>ke reform. 1. 303.
FISCHERROHR. n. arundo piscaloria, eine pflanze.
FlSCHERRl'THE. f. arundo fiisialoria, ein gerdlh des fischers.
FISCHERSCHIF, n. navis piicaioria, vischerschif oder waid-
ling, tragum. roc. 14S2, kk ö'.
FISCHERSCHLAG, m. imminutio pretii, absddag, vie ihn sich
fischer gefallen lassen:
man kan ietz nüt verkoufen ine,
man hab dan got geschworen ee,
und so man lang schwört, in und usz,
so wirt ein vischerschlag dann driisz. Brant 48,84;
ob er das iiit geben nil,
du merkest pald hin und her,
so schlach ab als ain risclier,
der peut umb zwaiuzig und gibt umb vier. Ilälzlerin 308,90.
FISCHERSCHNLR, f. linea jnscaloria.
FlSCHERSPLdTZ. n. culler jiscaloris, vgl. fischblotz 2,152
und oben unter fischerplaute die stelle Kibchhofs, fcelche bei
Sa-NDRCB n* 35 5.69 so gereimt tcird:
fragt, wars ein Schweizerdegen? 'nein'.
wirds ein rentling gewesen sein?
'o nein', war solches dann ein schwert?
'nein dessen hat er nit begert'.
wars ein cardelasi? "aiiwe nein',
ein sebel wirds gewesen sein?
'auch nit'. ein karrenmesser? 'nein'.
was denn? 'wils euch berichten fein,
ein fischersplotz sanct Peter trug,
da er Malcho sein ehr abschlug',
FISCHERST.\NGE. f. contus piscatorius.
FISCHERSTECHEN, n. ein spiel der fischer auf dem u-asser.
FISCHERVOGEL, m. stcrna hirundo, uasserschKalbe.
FISCHER WEIDE, f salix viminalis.
FISCHERZLNFT, /. fischerinnung.
FISCHESSER, tn. ichlhyophagus, unter den wilden und rohen
Völkern sind viele fischesser.
FISCHETE. f. vas tischenz: wirt zu Straszburg in einer
fischelen oder weier behalten. Forer 1S4'. St.m.üer 1, 372.
fischelze Pfeifers Cerni. 4, 55. 56. das ahd. fiskizzi, n. ist
aber piscatura, nicht fiscina.
FISCHFANG, »i. piscatura.
FISCHFÄNGER, m. ij piscator. 2) piscidia, ein pflanzen-
geschleclil.
FISCHFASZ, n. fasz mit wcUem Spundloch, das zum fischbe-
hilter dient.
FISCHFEDER, f. pinna, flösse, floszfeder. s. fcder 1. b und flosz.
FISCHFRESSER, m. vas fischesser.
FISCHFROSCH, m. rana paradoxa.
FISCHGAREL, f. melirzinkiges eisen zum stechen der fische,
rgl. fischerger.
FISCHGALLE, f. fei piscis
FISCHGALLERTE, f. gelalina jnscium, aus gekochten fischen.
FiscuART schreibt tischgalrei : darnach wäscht er seine händ
mit frischem wein, siewret oder grübelt in zänen mit eim
kalten kalbsfusz, mit schweinenkloen aus der ßschgalrei inu
essig gedünkt. Garg. 163'.
FISCHGARN, n. rele. vischgarn oder watt oder tuggarn,
tragum, traga. roc. 14S2 kk 5' ; w erd im meer, darauf man die
fischgarn aufspannet. Ez. 2t;. 5.
FISCHGEBACK, n. auch FISCHGEBACKNES, crustula frixa
e piscibus.
FISCHGEHALTER, m. fischl,alter, fischkalter.
FISCHGEIER, m. falco rufus, fischadler.
FISCHGELEICH. m. fdusjiscium, fischleich: damit die jungen
fischgelaich oder brüt in wassern desto besser ufkommen.
fischordnung des landgr. Georg ron Hessen 1642.
FISCHGERIPPE, n. sceleius piscis:
von oben weib und unten fiscbgcrippe. REckut ge$. gcd. 1, 158.
FISCHGESCHLECHT, n. genus piscium:
bald aber hungert ihn (den rcitjer) und nun sieht er sieb um
nach karpen oder hecht,
allein verscbwundeo ist das ganze liscligeschlecht.
Ci.KUi fabeln 2, 61.
FISCHGRAT, m. spina piscis, mhd. grät; viscbgrat, ossa,
grado. roc. 14S2 kkö'.
FISCHGRÄTE, f dasselbe, nach der heute üblichen form.
FISCHGRÄTIG, spinosus:
ich hab ench erkannt beim ersten blick
an euren fischgrätigen zabneo. Reime.
FISCHGRIBE, f piscina. wc. 14S2 kk s'. weier, see, Tisch-
grübe. Aleb. vox Eybe 46*; man sihet auch noch zu Rom,
wie er ein fischgrube habe angefangen, von dem berge Museno
an bis an den see Averuum reichende. Pelr. 86*.
FISCHGURRE, f. cobiiis fosstlis, sonst biszgurre, beiszker
(1, 1403).
FISCHHÄHER, m. corvus piscator, ardea.
FISCHHAKE.N. m. ames piscatorius.
FISCHHÄKLEIN. n. sihe, es kompt die zeit über euch,
das man euch wird eraus rücken mit angeln und ewer nach-
komen mit ßschhecklin. Arnos 4, 2, wo die rulg. abucichend et
levahunt vos in contis et reliqnias vestras in ollis ferventibus.
FISCHHALTER, FISCHHÄLTER, m. pscina: sie giengen
um den ganzen meierhof herum und Elbenslein bewunderte
dessen schone läge wegen der quellen, bäche und fischhäller.
«(T<7. d. liebe 373 ; Plinius erzählet, dasz in den groszen fisch-
haltern Domitians einige fische besonders kamen, wann sie
bei den ihnen beigelegten namen gerufen wurden. Weisze
kinderfr. 11. 59 ; wenn er sähe, dasz in unsern nonnenfisch-
hältern alles voll probecomödie ist. J. P. papierdr. 2, 92.
FISCHHA.ME, «i. sagena, funda pufc^itoria: den man fflr-
setzet, wenn man in einem bach wil fisch fangen, der
störer, damit man die fisch in hamen jaget. Lctiiehs tischr. 330'.
FISCHHANDEL. »i. celaria.
FISCHHÄNDLER, m. cclarius.
FISCHHAUEN, n. es soll auch hinfort das nachtleuchten,
fischbavven und das stechen mit den eisen, desgleichen das
treiben und jagen der fische aus den wögen (wägen) und
aus den staden auf die klänge verboten sein, landgr. Geobgs
fischordn. von 1642.
FISCHHAUS, n. domus prope ad pisänam, vofa'n man geht
fische zu esseri. «
FISCHH.\UT, f. exuriae piscis, r^. oben 1496, 3 ; im aUer-
tkum für klcider:
von fremder Tische hiuten bezoc wol getan. Nib. 354,1;
von Tisches hiute truoger an
ein surköt und ein b6nit. Parz. 570, 2.
FISCHHERR, m. aufsichler über die fischerei.
FISCHHÖKER, m. prvpola piscium : ein ehrlicher fischhöker
aus Brentford. STt;BZ 2, 373.
FISCHHOLZ. n. ligna coquendis piscibus minulatim seda:
flugs thue dich packen
uud tbue mir dieweil flscbholz hacken!
comedi vom Peter Trink. 1628 BS;
du must geschwind die kanne Schmerlen sieden.
'ja, ja, madam, ich bins zufrieden'.
Dorinde geht zurück, die magd durchsucht das baiu,
zum sieden hartes bolz zu linden.
'madam, ach lassen sie sicbs klagen,
es ist kein hartes fischholz da,
soll ich das bild herunter tragen,
es ist hart holz, und es zerschlagen?'
das bild? uein. nein. — doch thus nur, ja,
was brauchst du mich denn erst zu fragen? Gellert 1,267.
bei Ayrer fasln. 54*:
Trau, wenn ich schon die flsch bekem,
musz ich auch wissen das,
wo ich doch das holz darzu nem,
unser holz ist alles uasz,
so grün als wie ein gras'.
geh bring die flsch und etwas guts,
so wolln zerhauen wir
den hülzen Ilansn, der ist nicht nutz,
dann das man (man ilin) unterschir (unterschür),
ich bhalt den lebntigen mir.
FISCHIG, piscem olens, pisce squalidus:
swaz da was spise für getragen,
bcliben si da nach ungetwagen,
das enschadet in an den ougen niht,
als man fischegen banden gibt. Parz. 487,4;
die fischig riechenden netze. Armx fronen». 1, 415.
FISCHKÄFER, m. dytiscus.
FISCHKALTER. m. = fischgehalter, fischbehdlter. Stieler 741.
FISCHKASTE, m. pisana lignea, fischfasz, fischhälter: dasz sie
nur alle wie sie sind in die fischkasten kommen. GötbeU, 98.
FISCH KELLE, f. cochlear piscarium.
FISCHKESSEL, m. ahenum piscarium.
FISCHKIEFER, m.
106*
1687
FISCHKIEME — FISCHPINSEL
FISGIIR AFFE L — FISCIITIEGEL
1688
FISCHKIEME, f. nnl. visclikieuw, brnnchiae, fischohr.
FISCHKNABE, ni. ein kleiner fischknabe scbwimmt mutbig
voraus. Göthe 39, 28S.
FISCHKNOCHE, m. fischbein: ibre angeln sind von fistb-
knocben. fers, reiseb. 3, 4.
FlSCHKOril, m. coquus pisäum.
FISCHKÖDER, m. esca piscaria.
FISCHKOKB, «I. reuse. viscbkorb, gurgtistium. roc. 1482, kk 5'.
FISCHKf{.\M. «1. ßschhandel.
FISCHKKAMER, «i. fischhdndlcr.
FISCHKRAUT, n. brauuwtirz.
FISCHKLMMEL, m. carvnt carvi, wiesenkünnticl.
FISCHKLNDE, f. nutitia pUcium.
FISCIILAKE, f. mttria: wie man kupferne ticgel mit fiscb-
iakcn und salz ausreibet oder hell und klar machet. Ma-
THESIUS 14'.
FISCHLEICH, tn. sjxrma {nscium.
FISCHLEIM, m. ichlhyocolla. fiscbleim, ein gumnii, sar-
cocolla, gluten carnis, giimnii eines dornecbten baunis,
gleichet dem weiszen weiraucb, rötlecbl und fast bitter.
LoMCEnns kreuUrb. 376'.
FISCIILEIMFIRMS, m. Kmnger 11,188.
FISCHLEIN, n. piscicuhts: und hatten ein wenig fiscblin
(r«/(/. pisciculos paucos, golh. fiskans favans). Marc. 8, 7 ;
fisciilin, hast auch ein röglin? Garg. 162*;
ach wüstest du, wies fisctilein ist -
so wolig auf dem grund. Götue 1,1S5.
fiscblein heiszen auch spdllchcn von rohen Äpfeln, mü dünnem
leig überzogen und in schmalz gebaclicn. Schm. 1, 573.
FISCHLOCH. n. «■«; fiscbgrube.
FISCIILÖFFEL, m. tcic fiscbkelle.
FISCHMAN.N, tn. piscinarius. Maaler 136*.
FISCHMARKT, m. forum piscarinm: mit dem herzen bistu
uf dem fiscbmarkt. Keisersberg büger 205".
FISCH MAUL, n. \) nerita albicilla, einevmschel, a«cA ocbsen-
gaume genannt.
2) nach fischen lecker, gebildet trie fleischmaul, leckermaiii.
FISCH MEISTER, m. der über grosze ßschercien gesetzt ist:
auf der Scbarpau ist gewesen in seinen jungen jaren brudcr
Wilhelm von Tockelfeid fiscbmeisler. Henneberger 417.
FISCHMEISTEREI, f. das unter die bofkeilerei, Schläch-
terei, fiscbmcisterei, kasteilanei und dienerei vertheilte trefifen.
J. P. Hesp. 2, 42.
FISCHMELDE, f. chenopodium polyspemium.
FISCHMENGER, «i. piscarius, pisäum venditor, engl, fish-
monger {vgl. eisenmengcr): 'du gebest {d. i. gäbest) einen
guten fischmenger', also spricht man zu Coin, so einem die
Viftnd zittern, dann die dar fisch verkaufen, zittern trüglich
mit der band. Frank sprichu». 2,18*;
das alte klapt, das newc klingt,
das all nichts taug, das new tust bringt.
disz Sprichwort man auch den mag sagen,
die faule flscli zum marii tliun tragen,
die ror zween tagen gsturben sind,
unter die fritscheii mengen gschwind,
gebens hin mit zittrcnden lienden,
damit die leui triegen und lilenden . . .
demnacli hat dieses Sprichwort stal
bei dem der zitircnde hende hat,
demsclhigeei mau saften ihut,
er wer zu eint lischtuenger gut. Etering 1,263.
FISCHMILCH, f. Sperma pisäum lacteum, vischmilich laäes.
roc. 1482 kk.V.
FISCH.MINZE, /■. mcnlha aqualica : bachmünz, fischmünz,
wassermünz. Loxicerl's kreuterb. 144'.
FISCHMONAT, m. im bornung, fischmonat wird die sonn
dreier stund spftter niedergehen. Fischart groszm. 09.
FISCHM^lNCH. m. praemonsiralenfis. Schmeller 1, 573.
FISCHMCSCHEL, f. oüra. roc. 1482 kks'.
FISCHNETZ, n. vie flscbernetz, rete. vgl. netz.
FISCHOHR, n. kieme, eine der vier Ofnungen, branchiae, t«
ßony/tit, wodurch die fisciw alhmen.
""FISCHÖL, n. fiffhllnan.
FISCHttRIlNIiNG, f.
FISt'HOTTER, f. lutra, aber auch, gleich dem einfachen olter
vutnnlieh: h.ltte ich triebe, und ktimc mir der fischotter hin-
ein, %o hatte ich auch drei oder vier jähr umsonst gchuft.
WKittK erzn. (»4.
FISCHI'FANNE, /. tum $uden der fische.
FISCH i'INSEL, m. aiu fitdulkrkattren, (üto fisehoUerjiintel,
äne untauffciuk küriung.
FISCHRAFFEL, /". sackförmiges netz, ein ungewöhnliches wort.
FISCH RATH, m. cun.-<ilium de pisce capto:
der prusten punsi und hasi
und rntlisclhatier Mick macht auch vertraute blnsz
und killte redncr stumm, wie iiiclit blosi die erluhrep
die beim Üomitiaii in seinem lischrath waren.
IIagkookn 1,36,
vgl. Jui'cnals vierte snlyre.
FISCHREICH, piscosus: datbei ein schöns lusligs und gar
fischreiches wasscr bintlü.-;z. Aimon |3';
nlleiitliulb wo einer liiiischaiict,
sieht er die sclihnsien weitsten wiesen,
d.-irin visclireiche peclilein dieszen. Atrer 353*.
FISCHREIHER, REIGER, ni. ardea cinerea.
FISCHREUSE, f nassa, vischrewse oder korbJein, do mit
mau die visch fahet, fiscella. iw. ll'-i kkö'; kanstu das net/e
füllen mit seiner haut und die Itsrhreiiscn mit seinem köpf?
//to6 40, 26 ; bald flochten wir korbe oder üschreusen oder
machten brennholz. Simpl. K. 80; ein fischreuse für sein
plattiertes glatteisherz. J. P. jubcls. 42. s. das einfaciie reuse.
FISCHREÜSLIN, n. dammb stehet Job am 41, das des
dracben heubt soll komen in ein kieins fischreuslein. Lutueb
1, 97".
FISCHRIEME, n». fasciola intestinalü.
FISCHROGEN, m. ova piscium, ahd. rogan.
FISCHROGENFRESSER, m.
herein komm auch kein listfuchs, heiichler, Schmeichler,
kein flschrogenlresser, harzhaubzichisch amtleut. Garg. 270».
vgl. 'mine pfalTen die suln rogol t-äjen' in Lacdüanns Wallhcr
s. 161 und oben fischlein.
FISCHSACK, m. der flscher nebst dem gartner und grahe-
knecht flickten ohnweit dem teiche die netze und fischsäcke
aus. Lcipz. avant. 1, 32.
FISCHSÄCKLEIN, n. ihr ftschsecklein blaw und weisz ein-
gctheilt. Garg. 71*.
FISCHSALZWASSER, n. toas fiscblake. voc. 1482, kki'.
FISCHSATZ, m. fetus piscium, junge brut.
FISCHSCHIEFER, m. schiefer, worin fische abgedrückt sind.
FI'^CHSCIIIF, n. navis pisccUoria.
FISCIISCHM.\LZ. n. thran oder, wie es an etlichen enden
gencnnel, sablfelt. Kiucuuof disc. mil. 38. Stalder I, 37t.
ITSCHSCHCPPE, /". squama, roc. 14S2 kkö'; halten so dicht
zusamen wie die fiscbschupen. Dccimator gewissensteufcl a 4".
s. schuppe.
FISCHSCHWANZ, n». cauda piscis. figürlich: du bewegtest
deinen fischschwanz (die vernunß) und schriebest dir damit
eine rechtJüufige bahn durch die wogen vor. J. P. Fixl. 171.
auch phalaena prnni heiszt fischschwanz.
FISCHSCIIWIELE, f. mergelstück mit abdrücken von fischen.
FISCIISOLE, f was fiscblake, wie man sole für aqua salsa
braucht, voc. 14S2 kks' schreibt vischsul.
FISCHSPEISE, /". 1) edulium pisäum, speise der fisdie, zu-
mal von ins wasser gcworfnen Icicfien {vgl. fisch 9): fischspeis,
fündling, auswirfling. Garg. 63".
2) äbus c pisce paratus. die kircbe fordert für den freitag
fisciispeise.
FISCHSTEIN, m. ichthyolithus, wie fischschiefer.
FISCHTAG, m. 1) der tag, an welcliem gefischt,
2) der, an welchem fisch gegessen wird.
hier ein beleg für jenes: es sollen denen unterthanen die
zwcn tage, neuilich dinstag und freilag fischtag, mit dem
hanien zu fischen gelassen werden, und weil es herkoinmens
mil der angel des tages zu fischen, wann sie wollen, auszer-
balb fiscbtag, soll es auch sein Verbleibens haben, ingleicbeu
wann die fischlage sein. Carber inärkergedingsactcn von 1690.
vom faütag aber gelten folgende: fleisch zu essen auf einen
fischtag. Luther 3,63*; das verbot der speisen belangend,
da man aus Werktagen und Sonntagen hat fischtag und fleiscb-
tag gemacht, bienenk. 14C'.
FISCHTEK-H, tn. jnsäna. man untersciieidet slreicblcichc,
leichteicbe, satzteiche, streckleiche.
FISCHTHRAN, m. adeps jiisnum. änige schräben drain, an-
dere im ;>/. tlirenen: wie die Prctiszen ir fellwerk mit fisch-
drain und die scbusler mit srbuier durcharboilen. Matiiesiis
57' = 1562, so'; fischtbrenen seu oleum balacnarum. IIohukiio
2, 184'. f. thran.
FISCHTIEGEL, m. fisrhpfanne mil ßsxen: gut lauter honig
ein pfund. das thne in einen fischliegel oder bcfiucme pfann«
und lasz sieden. IIahtisco augcndunsl 00; wenn eiu kind
1689
FISCHTOPF — FISCHZüNGE
FISEL — FISLACH
1690
I
zum erstenmal das freisig hat, soll man ihm einen ererbten
fiscütiegel über den köpf decken. roctoipAi/. 6, 93. Stieler 287.
FISCHTOPF, n». durcMOcherler topf, vorin vmn kleine fische
lebendig erhält.
FISCHTKAGEND, pisces ferens: disz land ist fischreich aus
vile der (Iscbtragenden wasser. FRÄ^K trellb. 49.
FISCHTRAMPE, f. slanyc, um fische in das netz zu treiben.
FISCHTKAUBE, f. eine traubenart mit kleinen, gelben, süssen
beeren.
FISCHTREIBER, m. anas Iradoma, tulpanser, fuchsgans.
FISCHTROG, m. alreus piscarius : auf ein zeit het er ein
guten aal in dem fischtrog laufen, seh. und ernst 1522, 6.
1555,356; buch d. liebe 2S6, 1; hatte sie aus ihres herm fisch-
troge das schönste und grüszte schock krebse ausgelesen.
pol. stocJif. 9«.
FISCHTRL'.NK, m. polus pisdum, aqua.
wer zum tiscbtrunk fischtruiik niinrat,
selten dem die Tuszgicht kümint. Logau 3,234,90.
FISCHTUNRE. f. fischbrühe.
FISCHUNG. f. piscalio: da ein fürnemme fiscbung der
corallen ist. Fha>k tcellb. is'; zu Zeiten etliche Italiener bei
solcher fiscbung gewesen. Fober 61*.
FISCHVERKÄUFER, m. piscarius, fischliändler, fischmenger,
FISCHWAAKE, f. pisces renales.
FISCHWAGE, /. libra piscaria: dasz ein karpfe von vier
pfund mehr wiege auf der fiscbwage der Zufriedenheit, als
die goldiieu fiscbgräten im rothen felde des wappens des
grafen von Windischgrätz. J. P. Hesp. 3,50; nachdem Walt
aus der durchlöcherten fischwage des esamens blöde und
stumm gestiegen war. fiegelj. l, 65.
FISCHWAN.NE, f. labrum piscartum.
FISCH WÄSSER, n. aqua piscosa:
het baumgerteo, baut wein,
flschwasser waren mein. H. Sicas II. 2, 57* ;
in den leeren pontinischen sümpfen suchte Dian seine brief-
tasche hervor, um über das letzte fischwasser des kirchen-
staats aus Petrus nachfischern zu kommen, ohne tödlich
einzuschlafen. J. P. TU. 4, 11".
FISCHWÄTE, f. nd. wade, il. guada, pl. guade (Mo>ti vocab.
di Como lOS'), vgl. gramm. 3, 466. 467. ein aus /innen gefer-
tigtes zugneti mit tcdnden, gcgensat: zu der aus rtithen gefiochtnen
rcuse. libertatem piscandi super fluvium Odram et in ipso
Odra, cum retibus et instrumenti«, quae waten in lingua teu-
tonica dicuntur. eh. a. 1291 6« Tzscooppe find Stexzel 5. 415.
hier Verden waten gestattet, reusen untersagt, vgl. speirwat.
Seen. 3, 575. Lisch urk. des gcschl. Hahn «* 224 hol wadentoghe.
FISCHWEIB, n. mulier vendens pisces. oft für ein grobes,
schimpfendes weib : sie schellen sich wie fischweiber.
FISCH WEIBERHÄUBE, f palella equestris, kappenformige
muschel.
FISCHWEIDE. /". 1) fischjagd, fischerei, Schm. 4, 28. veislh.
3, 7S0. tgl. vogelweide.
2) ßecittuerk in stehendem Asser eingeriehlet, aufenlhalt der fische.
nSCHWEIHE, f fischadler.
FISCHWEIHER, m. viranum.
FISCHWERK, n. allerlei fische:
es kämpft teich, flusz und meer,
wer uns aus ihnen schickt das meiste fischwerk her.
LouE<(STEi>( Arm. 2, 1350.
nSCH WIMMELND, fischerfüllt:
dasz wir hurtig
durch fischwimmelnde pfade hinsegelten. Voss.
FISCHWIRTSCHAFT, f. oeconomia piscaria, betrieb der fischerei.
FISCHWURM. m. myjcina.
FISCHWURZ, f scrophularia nodosa, feigwarzenkraut. LoNi-
CERUS kreiilerb. 164*.
FISCHWURZEL, f dasselbe.
FISCHZÄH^iE, ichthyodontes, rerstänerungen.
FISCHZAUN, m. sepes piscaria: fischzaune flechten. Bbon-
SERS fischerged. 1, 154, ro die nähere beschreibung.
FISCHZEHNTE, m. decima pisdum.
FISCHZEüG. ffl. supellex jiiscaria: mit solichen schetzen
leszt sich mein netz nicht bessern , noch mein schiflein
füren, ich hab andern fischzeug und rüder gehabt. Schade
sat. und pasq. 2, 46.
FISCHZUG, m. piscatus, so viel mit dem netz gezogen wird:
und fSngt auch, dasz sein schif den flschzug kaum ertrage.
Lo6AU 1,205,47.
FISCHZINGE, /. fisdum hngun.
FISEL, m. penis, virga, nd. pesel brem. icb. 3, 309. Schambach
154', nnl. pees, nerrus, engl, pizzle. da in heimischen Wörtern
hd. und nd. f zusammenslimtnen musz, so schdnt liier ein fremdes
vorzuliegen, dessen p erst hd. verschoben vurde, obschon man viel-
mehr pfisel, wie pfeil, pforle erwarten sollte, doch heiszt es auch
mhd. visel = fisel, s. hernach visellin = fisellein und fissel für
fisel. ohne diesen verhalt von fisci : pesel würde ein bezug des fisel
auf fasel (sp. 1337) ganz glaublich sein, wie wir fisel. fiserchen
für faserchen, fäserchen finden, fisel penis steht bd Schmeixeb
1,571. Staldeb 1,372. ScHMiD 193, sond zeigt es sicüt selten:
gab er ir den fisel in die haut, fasln. 219,17;
fisel oder zisel oder geperglid, genitale, voc. I4S2, h7'; item
'libenter' heiszt ein pfaffenfisel und 'semper* ein wolfsmagen.
Garg. 53'. s. ochsenfisel, nd. bullenpesel, flachsfisel, pechfisel.
ScBXiD 193 hat auch fisel für altes, dürres weib. verschiedentüch
steht fisel für fifel = feifei verdruckt, z. b. bd Sebiz 153, oder
Simpl. 3, 172 den fiesel schneiden für feifei.
FISEL, GEFISEL, n. fibra, floccus, losgewordnes gewebe, her-
abhängende faden oder fasern, gefäser. Staldeb 1, 372. s. fiserchen.
FISELHÄAR, n. capilli pubis. voc. 14S2 h"'.
FISELLEIN, n. peniculus:
mhd. si und ander frouwen
begunde betalle schouwen
zwischen beinn sin visellin.
er muose vil getriuiet sin,
do er hete maniichiu lit. Parz. 112,25.
FISELN, 1) rodere, nagen, knaupeln, was bedeuten kinnte die
nerven zernagen:
mhd. vrowe, icb was nie so siech,
icb viselet iu ein ohsen diech
für ein kleinen gensefuoj. Helbli!<g 1,430.
«ir sagen nhd. abfiseln, cdiknaupeln, abnagen; ein bein mit
den zahnen abfiseln ; das eichhörnchen fiselt eine nusz aus.
Schneller 1, 571.
2) mit dner ruthe hin und herfahren. Stälder 1, 372, wo aber
mehreres unter dnander geworfen schdnt. Schmeller 1, 571 h*t
mit den fingern fiseln, in den haaren fiseln.
FISERCHEN, n. floccus für faserchen, faserchen, mit der
auch sonU begegnenden Schwächung des a in i: die mutter rückte
ihm noch den hemdkragen zurück und putzte ihm noch alle
fiserchen von seinem blauen rocke weg. Acebbach dorfgesch.
iaufl. 1.200.
FISERLEN, EISERN, iteratives fiseln, sieh fasern, fasern, in
faden reiszen. Stalder 1, 373.
FISIERLICH. mirus, wunderlich, närrisdi: mit runden, langen,
breiten, schmalen, spitzen mücklein und andern fitzirlichen
(? fisierlicben) zum anblick dringenden gestalten bekleidet.
Pbilander 1, 454. Staldeb 1, 373. fitzirlich mahnt an fitz und
fltzelbändchen.
FISIERLICH, concinne, eUganler, artlich. Maaleb 136*;
sin angsicht so wunderzierlich,
zween flügel geferbt so gar fisierlicb.
TuL'R^EissER archid. 27,
es war alles sehr fisierlich anzusehen. Philasd. 1, ISI. unrer-
wandt mit fiesz und fizus (sp. 1628), vielmehr auf das mhd.
visieren {Flore 1956), mnl. visieren, folglich fr. viser zurückzu-
führen, visierlich ist was man wol gemessen und ins äuge gefaszl
hat, nett und zierlich. Nexmcu hat fiserlich als subst. papiUo,
was wol dcis zierliche, artige thicrchen bezeichnen könnte.
FISIGUNKES, FISIGUG, FISLGUNK, m. homo ineptus, m-
solens, naseweiser thor, in der Schweiz, in Schwaben und Baiem,
doch erst seü dent 16. 17;A. Stald. 1,373. Scn». 1,571: etlich
visegunklen sagen. Sch.\de so/, u. /)aäg. 2, 133 ; ein lächerlicher
fisigunkus. Philasd. 1, 373
boscha, wie ists beut so dunkel,
betten wir von spän enueg lunkel,
oder wenn sicbs möcbt aufheitern,
wolln wir boln mehr Sturmleitern.
sein wir nit üselgunges? Fadingerlied ton 1626;
haben nicht etliche phvsicunkes vermeint, dasz Epiphania
Christi säugamm gewest sei? .\bele gerichtshändel i66% 1,262;
fislgunkes, fisigunkes, wird dhochzeit bald werdn?
SCUIELLER 1,571.
Staldeb gibt auch fisibutz. wol entstellung dnes romanischen
Worts, dessen erster theil physio enthält, wie Abele zeigt, viel-
leicht nichts als der acc. von physicus, doch findet steh auch
filigunkes. 'in gunkes gehn' nach Schh. 2, 56 drauf, zugrunde
gehn. ähnlich lauten sparcmunkes (.\bele gerichish. 2, 352),
spiriguckes, spirigunkes (ScnatD schwäb. wb. 502), bair spari-
fankel, spirifankcl, spadifankel.
FISLACH, FISLOCU, s. fiszloch.
1 69 1 FISPEN — FISTELIERSCHNABEL
FISTELISCH — FITSCHEL
1692
FISPEN, aas fispern. Stieleb 489.
FISFEREIl. m. sibilans Iwmo.
FISPEHICHT. susunans.
FISPEK.N, sibilure , s u surrare , wofür sonst auch wispern,
pfispern, pispern, zispern und mil 1 slalt r wispeln, lispeln,
pispeln, vgl. (lispcrn, plispern, flistern, fliislern : «anim wonest
du zwischen zweien enden, das du hörest das wispeln und
vispern der herd? bibd 1483,113' = rieht. 5,16, vulg. quare
habitas inter duos terniinos ut audias sibilos gregum? wo
Lutber: wanimb bicibstu zwischen den hürlen, zu hören
das blecken der herde?;
neben der straszen hört ich vispern,
e(was hinter eim gstreusz laut zispern. II. Sachs 1,503*;
wer da fispert, hat seiner rede keine ehre. Stiener 489 ; sie
bat gifl von ihrem waldliruder geschluikt, lialis von einer
dühl fispern gehört. Fb. Müller 3, 359 ; sie steckten die köpfe
zusannnen und fisperlen ; er gieng und nach einigem fispern
mit ihrer nichte, verliesz auch die alle Bertilia das zimmcr.
ThCmmel 4, 200.
FISPERL'NG, f. susurrus, flüstern.
FISSEL, /. an einigen orten für faden, fr. ficelle, was sich
zu fisel, fiser, faser stellen kunnte, s. fisseln.
FISSEL, /". gleidiviel mit fessel 2 {sp. 1556) : darnach bind
inie {dem rosse) die halfter an einen fordern fusz in die fisscl
wo! kurz {ganz kurz), damit der köpf wol under sich auf die
erden sehe. Seuter 35; so soll man ime die halsader, in
fisseln oder auf schrenkadern, und die püegadern nach ge-
legenheit des pferds schlagen. 12.
FISSELN, dünn regnen, bei andern mU langem vocal flseln.
Schneller 1, 571 hat feisein, feistein : de snei fisselt so sachten
von den heben dal. Reuter olle kamelle 4. nach Danneil 51'
irärc fisseln (fiseln) die feinen fäden eines gcwebes ausziehen {also
faseln 3, 133S), was sich leiclU auf feinen regen anwendet, wie
man wol auch hört: es regnet faden.
EIST, m. visium, ventus tacilus, ein fisen feis fisen voraus-
idiend, vgl. feisen, feist, feisten sjt. 1465.1466:
wan dem wibe ein flst inpßt,
ir htimlplin sie «Inriimb sl(^t. ilorolf 2^0 (vgl. itp. 1295. 1466);
heur hört ich von im, mit laub, ein flst,
do spract) er, es het der hunt getan,
und log den armen hiint an. fusin. 337,3. 520,16;
er sol ir geben ein gute morgengabe,
hunden sciileg alle tage,
fut knöpfet tist is. folg. stelle) all morgen,
ereil kein zu borgen. 516,26;
und sprach du best ein kleui gewunden
von den listen liberal. 611,23;
des müej ein list walten, ring U", 28;
sie liesz dich durch ir Unterhemd
warlich kaum einen llst schmecken. H. Sachs II. 4,31';
wer bös äugen wil machen gut
und pfawen fist drein werfen thut. Etering 2,402;
Tersigelt wards mit einem flst. 2, 464,
wie sp. 1554 an ein siegeln der sendung gedacht werden könnte.
der achtet (octatus) hciszei Muggenflst. fastn. 342, 16.
vgl. bofist, bubcnfist, hundsfist, krähenfist, wolfsfist.
FISTEL, f. fistula, eigentlich röhre, pfeife,
1) ein in röhren oder gangen tief gehendes geschwür: fistel
ist ein geschwer oder schaden, der eine harte, dicke haut
um sieb hat, tief und lang im leib mit krummen güngcn
schleift, hart zu bescblieszen und zu heilen ist. Wirsung arz-
»eibuch 613;
die flitlen, löcher, Alschenkcl grosz,
die Wassersucht plag oii iinterlasz
wcrd dir ewig niemer ab! fastn. 865,8;
da er sie mit fisteln und bösen geschweren an heimlichen
iirtern plaget. Mathesius 45'; dasz dich der krebs ankomme!
'und den die fislel, der hieran ursachl' (iRVPiiius l, 915.
i. augenfistcl, thränenfistcl. zahnfislel, ulcus in dente.
2) künttlich hohe üimme, im gegensatz zur natürlichen, aus voller
kehle fiehenden : er singt durch die fistel, vocent in acutum frangit.
FISTEI^.\RZT, m. vulnerarius tnedicus.
FISTELGESCIIWÜR, n. ulcus ßstulosum.
FISTFLIEREN, FISTULIEREN,
1) klein singen, in die fistel, minunrr.
2) »ich fislulirren, tn röhre bilden: man wil vermuten,
wann ein gaul wund und ime der schaden iiinerthalh jo lagen
nit heil wurd, k> fl«liiliere .sich dicselhig «unde. Seitkr 72.
nSTELIERSrUNAREL. m.nanu^: blaue lelzen. (iber welch«
ein langer OttiliertcLoobcl herabhänget. Weise /u.^(rcdnlT 252.
FISTELISCH, fidiilosus: das salz leidet in den faulen fist-
lichen schaden kein geslank und würm. Thlii.m;is.>er infl.
wirk. 72.
F1STELKH.\1!T, n. pedicularia silcatica, Idusekraut, heilsam
bei fisteln.
FISTELMESSER, n. zum aufschneiden der fisteln.
FISTELN, was fistulieren.
FISTELSÄNGER, m. der durch die fidel singt.
FISTELSCIINEIDER, m. fiste.arzt.
FISTELSTIMME,/', unnalürlicli hoiie stimme : höhnische fistel-
st inimc. J. P. flrgelj. 1, 2 . . .
EISTEN, lisire.-
die (ctien wibe fisten söre. Morolfiil;
wer clobelauch issct tu stunden,
der flstet oben und unden. 342;
weistu das wir zu dem rocken kamen,
do fisten die maid und waren fro,
und sprachen zu in 'linspel um hin do!' fa.'itn. 6tl,15;
was machstu? wiltu übel fiirz lassen, so gang us der stuhen
in den hof und fist so vil dn will. Eulensp. hLtt. 52; dieweil
die alten weiber aus angst in der beicht übel fisten. Kircr-
uoF wendunm. 477'; saufts gar aus, dann halb trinken ist
bellerisch, es ertrinkt im meer kein visch, ietz das maul
gewischt und dahinden geüst, so seil ir zum lesen gerüsl!
Garq. 25'.
FISTER, m. l) qui visit, vgl. ascbcnfister.
2) podex, wie ferzer. Dähnert 121".
FISTICHT. FISTIG, pntidus.
FISTVV.\RM, lepidus, laulich:
mein Cimz, leg dich ein weile nider
und decke dich tistwarm zu. H. Sachs V, 354*.
auch nd. Dähnert 121* und thüring. fistwarme, halbwarme suppe.
FISTWEIDE, /•. anns, culus:
er wer wol des wert,
der im heizet ein hert
und im sein vistweid verprül,
das er kein guten gesollen nimmer mfit. fnsln. 1135.
FISZLOCH, n. fessel ist der hinlcrbug isuß'rago) des pferde-
fuszcs (sp. 1556), was die Franzosen paluron, die Engländer
pastern nennen, über dem fessel liegt das kötgelenk, fr. beulet,
worauf haare wachsen, nhd. der kötenzopf, die baarzotle, das
bufhaar, der behäng, fr. fanon, d. i. crins sur le boulet. für
fanon findet sich die englische bcnennung fellock, a luft of hair
that generally grows bchind the paslernjoint, und diesem fellock
entsprach das nhd. fiszluch oder fiszlach, dem wir bereits im
mild. Flore 27G1 begegnen, teo von einem zeller gesagt mrd:
er häte stark gebcitie,
liölievijjelochen fuoj,
wenn so kann, nicht vielmehr musz gelesen werden vijjelochen,
vijjelahten, nach analogie des engl, fellocked. viz;jeloch, später
fiszloch hängen deullich ab von fessel, vej^el und das angefügte
ocli, ach scheint ein dllircs derivativ auf ah, ahi. denken liesze
sich auch an leich artus, articulus, dann wäre vijjclleich, mil
doppeltem I zu schreiben. Stalder i, 372 setzt fisloch, fiesloch.
im allen gedieht anlaster eines pferdes wird ein sclilechlcs
geschildert, das
nit geliAriu fljfach het. 64,
dem die haare an der köte mangeln, in den scliweizerisehen weis-
thümern ist reichliclies pferdefnlter durcti die formet ausgedrückt,
dasz sie bis an das fiszloch in haber gestellt werden sollen: so
mag er {der junker, wenn er gericlit hall) komcn selb ander
oder selb drill, ob im ein gut gesell uf dem weg kompt,
und soll inen der keller den imbis geben und sin (des Junkern)
pferd in das fuler stelleu bis an das viszlach und den an-
dern sunsl fiiter geben. 1,124; und mag kumen selb zwölfl
ritend mit dri winden und zwein vogelhnnden und mil cin<Mn
habch. käme im ouch einer oder zweu erber man uf dem
weg, die mag er mit im nemen und die sol man halten als
die sinen, und man sul eins heren pfarl steilen in den habern
bis an das vislach und dem bahch ein hiln gehen. l,liu;
ist es aber sach, das er kompt, so sol er im das mal geben
imd den pferden ftieler, das si darin sliiundinl unz an die
fisziöcher und sol auch sinem habch geben ein huon, das
derselben nacht aller nechst bim hauen gesessen ist. 4,318;
item nin vorsler sol aineni herren sin pfürd rnpfahen. stellen
und nlters gni'ig geben und in das futcr, d. i. in den babern
stellen bis an das vislach. 4, 427.
FITSCHEL, f. locus tutwr {bei einem »;«<•/). Jom. Gürrm. Haas
deutsehlat. wh. 203*. stelle, von wo man mit etnfuchem hin und
herziehen auf einem punclc wirkt, «. b. im mühlensjiiel, billard.
1603
mSCHElX— FITTICH
FITTICH — FITZ
1694
FITSCHELN. eodem loco morere calculum, alterere, htic iilue
ayilare: die juckcndm ziihne streichen und fitzschein {vgl.
fifzeln). drmit das zahiitleisrh erweichet würde, dasz die zahne
desto eher heraiisl»rechen. KmzRS hebamme ilb ; mit stumpfem
messen fitschein imd niiddeln. Jüngers Wurmsame 1,13t ; fit-
schein, mit dumpfem messer schneiden. Weiniiold schl. vb. 21*.
Fbojimann 4. Iß"; auf der geige filscheln, kratzen: nach einem
kurzen gofitschel geht der Vorhang auf.
FITSCHEN, dasselbe, hin und her flallem, me an Schmetter-
ling, oft zur Ihür aus und einspringen. Stalder 1, 374. bä
Dähnert 121' ist filschen mit ruthen streichen, in offenbarer ver-
wandlschaß mit ficken reiben, engl, fidge (sp. 161 S, vgl. fal-
schen sp. I3ti3, felschen sp. 1569). s. auch fitzen und fitzeln.
FITSCHEPFEIL, m., üblicher fiifzpfeil:
das nennt man die kosacken,
die dort den hart voraus,
den üischepreil im nacken
sebn nahrliaft heidnisch aus. Rcckert 160.
die kinder machen sich fitschepfeile von röhr.
FITSCHERLING, m. hiesi ehmals ein Magdeburger hier. Garg. 59*.
zeilrerlr. 15S.
FITTICH, m. ala, spedfisch hochdeutsch (nd. filtek erst ent-
lebnl), edler und feierlicher als fliigel, in der bcdeutung gleich-
stehend mit schwinge und altn. viengr, schw. ddn. vinge. alts.
fiflherhamo. ags. federhama, altn. fiaJrhamr drückt mehr das
ganze gefieder aus. das guth. vorl für ala kommt im N. T.
niciu vor. ahd. gilt fedah, verderbt in fetah. das a der letzten
silbe fordert in rorlctzter e, mhd. vetach, vetech, vetich und so
noch nhd. fettich (sp. 1574), im voc. 14S2 i 1* sogar noch fetach,
seit LcTHER wird fitlich {schlecht gcschr. fittig) herschend. da
dem ft'dah das characln istische r von födara, Tirsoöt; pero
abgeht, erscheint die nebenform fedarah (Gbaff 3, 44S) ursprüng-
licher und feduh die entstellte, gckürzJe. noch stärker gekürzt
vurde in vilch GA. 2, 161, 16S, in fetch bei Albercs, fitch bei
Schambach und in fegg bei Hebel 244.
1) Werkzeug des fiiegens: der habich sieht seineu kint mit
den \etachen und twinget si ze Diegen nach dem raub.
Megenbebc 170, 10 ; der elbi; hdt sein sterk in den vetachen.
174, 14 ;
ein vetich wart dir versniten. Helmbr. 607;
alles was fliegen kund und alles, was fitlich hatte. 1 Mos.
7,14; wie ein adler ausfüret seine jungen und über inen
schwebet, er breitet seine fittich aus. 5 Mos. 32, II ; er schwebt
auf den littichen des windes. ps. 18,11; ich will wonen in
deiner hütten und trawen unter deinen fittichen. 61,5; ein
groszer adler mit groszen flügeln und langen fittichen und
voll federn, die bund waren {vulg. aquila grandis magnarum
alarum, longo raembrorum ductu, plena plumis et varietate).
El. 17,3;
hie darf kein fettich man umbthun
wie Ikarus, so schmelzt die suiin. gl. schif'T;
er winkte meinem enpel, dasi er sichtbar
auf seinem weiszen tittiche mich durch
das feuer trüge. Lessimc 2, ItW;
die du {muse) dich auf fitiigen schwerer fledermäuse hebest.
Drscu schoszhiind 16;
schweigsamen fltticbs, Oedermäuse. Götbb 41,147;
des lebens höchstem ziele zu entsagen
und wie ein aar, pebrochnen iittiges,
zum himmel aufzublicken. Uhlatids Ludwig 262.
der Togel schlägt seine fittichc, schlägt mit den fittichen
{vgl. schlagfitlich, slafitlich), tritt in die filliche, spreizt die
flügel, fährt zornig auf, uas auch auf zürnende mensdien a%-
getrandt trird.
•2) oß uHrd der fitlich bildlich personificationen beigelegt:
unter des segcntriefenden frtedens
beschattendem lillipe. Klop>tocs I,t.i9;
kühle balsamische dufte sind von dem fittig des abends
auf die erde gesunken. ZACu^küü iiujsz. 74;
ein sanfter Schlummer deckte mit seinen fittichen die müde;
welch ein liefsinn bedeckt ilzt mit den fitiigen der niitter-
nacht das cabinet der schönen Ciarisse. TbGxmel WUhelmineSi;
viel thaten des vcrworrnen sinnes deckt
die nacht mit schweren littigen. GotheO, 19;
und lust und liehe sind die flitige '
xu groszen thaten. 9, 31 ;
WO will die liebe filtige hergenommen haben, wenn nicht
Ton den Tiigeln? 14,106; dem siege wüsten sie fittige zu
(cbafTen, den boren, dem schlaf. 14, 107 ;
schwing 0 lied als ehrenfahne
deinen littich um ihr haupt! Borger 75';
bis mein geist den fittich hebt
und zu euerm frieden seh webt. Rcckert 12;
es regt die kühnen
Dltiche der geist in mir,
seinen banden zu entschweben. Mcll;<er schuld ISS.
3) fittich bezeichnet den zipfel, das äusz^'rste eines gevandes:
sprich zu inen, das sie inen lepplin machen an den fittigen
irer kleider und gele schnürlin auf die lepplin an die fittig
thun. 4 Mos. 15, 3S; du soll dir leplin machen an den vier
fittigen deines mantels. 5 .Vos. 22, 12. ir<e einer den rogel beim
flügel ergreiß, encischt, hält man einen fliehenden beim fittich,
schlafitlich: will dich auch bei den fittichen haben, herz.
Heinb. Jci.. 444; und were er selbst schier gefangen, wie
ihn dann ihrer zween vom feinde schon beim fitlich gehabt.
Chemnitz 1, 1S7*; siehe da ward es dahin gerichtet, das er
durch einen riltmeister beim fittich envischet . . . auf dem
schlösse gefangen eingesetzel worden. IV. 4,21"; den kerl
beim scblafittich nehmen und aus dem hause führen ;
ei, ei ! rief meister Ehrenwort,
als er beim Qttich sie erwischte. Bcrcer 90*.
vgl. flitlich.
4) auch geringe, alle Ueidungsstücte, tücher Verden, urie fähn-
chen sp. 1241, fittiche genannt: ihre paar fittige, die ich
{IMine) ihnen (Wilhelmen) aufgehoben, können wenig betragen
und wenn sie an den redlichsten Juden verkauft werden.
GöTHE 19, 53.
5) nicht unähnlich heiszl ein leichtfertiger mensch selbst fittich,
ein rechter fittich, lockerer vogcl, lockerer ansig. du bist CB
rechten filtek I Schambach 270*.
FITTICHEN, 1) alas addere, flügeln: an dem stain man
vint ain gevctiacht pfert (equum alatum). Megexberg 46S, 19 ;
hoch durcbwandlich gewölk, von der mus um die fersen ge
fittigt.
rings säuselt äther, unten fliehn
Waldungen äcker und seen. Voss 3,222;
dasz gleich, vom segenschwangern weste
gefmiget, aus warmem neste
die lerche sich zum äther schwang. 6,191.
2) alas movere, die flügel schwingen, fliegen:
hast du das mädchen gesehn
flüchtig vorüber gehn?
wollt sie war meine braut!
'ja wol ! die blonde, die falbe .'
sie firilgt so zierlich wie die schwalbe,
die ihr nest baut'. Göthe 3, 155.
vgl. umftttigen, umfliegen:
und berg und gemäuer
umlittigen wir. 1,99.
?.) mit dem ßtich zusammenfegen, nd. Idf t6 hape fliehen.
Schambach 270'.
FITTICHLÄHM, claudus ala, flügellahm, so heisU ein veisel,
trenn er nicht auffliegen kann.
FITTICHSCHWEBEND, volans, praelervdans :
hat ihn mit rühm nichrdie fluigschwebende gekrönt?
Stolberg 13, 13t;
fittigschwebeude beute des pfeils. 14,32t.
FITTIGSTEIN, m. tegula, dachziegel, böhm. kridla, der deckende
flügel, wie bibcrschwanz der deckende schwam, fahziegd die
sich übereinander legen.
FITZ. ffl. .' scheint versdtieden vom folgenden fitze f., begegrut
aber fast nur in der Zusammensetzung wunderfilz, wdche neuyier
oder einen neugierigen ausdrückt:
doch wenn der wunderfitz ein öbbe brennt. nEBEi 45;
bisch ein wunderfltz. Corrodi hcrr profeiter 92;
du wunderfitz I ISS;
doch stellt Henisch 112Q, 47 fitz, witz, pnidentia, aslulia auf,
Stalder hat 2, 459 wunderfilz oder wnnderkelle, neugierige
person, Schmellee 4,114 ein bairischcs wunderwitzig, neugierig,
statt des besseren schtrdbischen wundcrfitzig. dabei dürße nun
zunächst gedacht werden an das $]>. 162S verhandelte fiesz und
aiui. fizus, deren bedeulung schlau und listig sich leicltt mit wunder
verbände, nicht zu übersehn wäre «n 6« Stalder 1, 374 dar-
gebolnes adv. filz mit dem sinn von viel, allzuviel, sehr, die in
einem Hede bei Ihlasd 734 wiederkehrende formet 'zum filz und
federle' mahnt an filzfaden, fitzefutz, filzen und felzeln. in
betrachl hime ausserdem das vieldeutige englisdie fit, das bald
subslantirUch für sloss, anfall, einfall, laune, bald adjectiii.<ch
steht für tüchtig, anständig, dienlich, bequem, lauter abslradionen,
denen eine verdunkelte sinnliche bedeutung zum gründe liegt, aas.
1695
FITZ — FITZEN
FITZEN— FIX
1696
ist fit an lied, gedieht, aber auch streit (Grein I, 300). fd)erall
im spiel sein musz die ireil greifende sp. 1340. 135S. 1365. 1369.
1555 aufgestellte wurzel filan fal Klun, der dann auch ein feitan
fait filun {sp. 1570. 1629) entflossen sein kann.
FITZ, rn. verwirrte fäden, u-irrwarr.
FITZCHEN, n. ßlum tenue, fädchen, hilum, voraus nihiliim und
ähnlicli ein fiUchen, «n wenig. Frommann 2, 550, vgl. litzel 4,204.
FITZE, f. 1) licium, ahd. fiza, fitza (Graff 3, 733), altn.
fit /". operum lextilium ümbus, mariio, feti vi. tnanipulus statninum
tclae, norifpg. fcte, lit f.\AREN 94"), dän. fed, fid, nhd. fitz
forago, filiim cum quo texiores fila distinguunt. vocab. 14S2 h 7*.
ein Breslauer vocab. hat 'prepede (?) vilcze 24 fila', Broseniüs
2, 156 'vierzig fäden um den haspel, jeder etwa vier eilen
lang machen eine filze'. Stieler 489 : filum quo textrices
opus diurnum di.stinguunt ; Frisch 1,270': 'fitze wird vom
garn gesagt, so viel allezeit das schnappen des haspcls oder
das zählen auf der weife fäden bemerkt, dasz sie mit einem
faden bewunden oder gebunden und von den andern alige-
theilt werden, numerus certus filorum, quem filo duplici
Iransverso nelriccs separant et a ceteris in filorum mani-
pulo distinguunt'.
wann draur der Zahltag kommt, dann reiszt die fltz entzwei.
CzBPKo sal. ged. 6, 13 (hundxclmfi).
das twAm. poln. wart dafür ist pasmo, gebinde. wird dadurch
ntclU das vorhin genannte ags. fit cartnen deutlich? es bezeichnet
die abtheilungen, gcsänge eines liedcs, wie sie auch altengl. fitles
lieiszen: fit, a division of a poem or dance (Wright dict.
1, 454"), was sogar an die alts. witlia erinnern darf: juxla
morem illius poemalis omne opus per vitleas dislinxit
(ScHMEi.LERS Hcltand 2, xiii), nach der uralten ähnlidikeit des
webens und dicIUens.
2) fitze ist auch falte, runzel an der stirn, ruga, das engl.
fit of the face, a grimace:
a fit or two o' the face, king Henry viii. 1,3.
zu fitze halte man fessel, fetze, fitzeln, fitzen, fitzfaden.
FITZEBAUM, m. licialorium, weberbaum, ahd. fizapoum.
FITZEBOHNE, f. phaseolus vutgarü, Ostr. flsolc.
FITZEL, m. l) fitzel, was fitze 1. Schambach 270*.
2) rifi mürbes gebäck. Schmeller 1, 581. anderwärts die fitze.
FITZELBAND, n. was das anfache fitze.
FITZELBÄNDCHEN. m. welche ihrer nacbbarin Jungfer
Elsichen zu gefallen das hiitchen mit allerlei fitzelhändichen
gezieret, weimar. jb. 1, 324 aus dem Hamburger complemcnlier-
büchlein 1654.
FITZELFECH, eine Verstärkung von fech, varius {sp. 1386),
in alten, gramm. 2, 559 aufgewiesnen glosscn, von pferden ge-
braucht und möglich dem lat. pelilus verwandt, bedeutsam ist
der bezug auf die namen der deutschen heldensagc Fizilo und
Sintarfizilo, altn. Sinfiötli. dem filzelfech gleicht auch fedarfßcL
polymitus. Diut. 1, 265' und federbunt {sp. 1398).
FITZELIEBEN, redimire, vinculis ornare:
de .so wale sint geiiret
op iren rossen gclitzelöret. Karlmeinet 50, 16.
FITZELN, l) in der Wetterau stümperhaß spinnen, so dasz
der faden schleclil gedrelU ist und leicht reiszt: 'das ist nicht
gesponnen, das ist gefitzell und kann der weher nicht weben'.
2) fitzeln und felzeln verknüpfen sich wie fitzen und fetzen :
lieber ein sicher gewissen, das der sache gewis ist, fitzelt
nnd fetzelt nicht also, es sagts dürre und frisch heraus.
LtrrnER 3, 342.
3) filzein und betteln: dasz an dem neuen jahrstag von
der Jugend mit dem sogenannten 'fitzeln und betteln' viel
Unordnung verübet wird, corpus conslilt. branbenb. culmbac. 1,539.
die kinder betteln mit ruthen streichend, filzelnd.
4) soll eine süugamme dem kinde des tagcs einigemal mit
einem finger fein gemachsam unter der zunge herum fahren,
damit sie durch starkes fitzeln das wündlein nicht reize und
eine enlzündung zuschlagen möge. Ettners liebamme 821. v^.
fltscheln und filzen. ScnAMBACH fitzeln, nnl. vitselcn. oi/n.
ü( fill Inix attreciatio.
FITZKLTAG, m. tag der unschuldigen kinder, wo die kinder
mit ruthen fitzeln, um gaben zu erlangen. SciiMin 193.
FITZEN, 1) lelam ordiri, altn. filja upp, opus textile ordiri,
nhd. fila deroliäa ligamine distingurre. Frisch 1,270'; gefilzte
»chleier, denen künstliche musler eingewebt sind; niemand «ol
gevitzte scbleier tragen, script. rer. tilesiae. 3,199;
dat prumuch utxl dat gellitie hembd. fa*ln. 1276;
die naiur haszl das fitzen {intricare), vermcnleln, gleiszen,
und bckompt vil glilcksaliger, das mit keiner kunst ist ge-
fälscht und gesdiwecht. Frank lob der torheil 29"; indem sie
mit ihrem filzen und futschen nechsthin eine grosze Schwie-
rigkeit bei der nachbarschaft angezündet. Abele gericiUsli.
1, 321. vgl. verfilzen, rerifirren.
2) rugare, coirugare, in fallen legen, rümpfen, runzeln: das
rathsame maul in falten fitzen, rockenphil. 4,18;
'was T\\fl ihr?' sagte man (dem seine waare preisenden kauf
mnnnr), 'das lach mögt ihr Tergrabon,
nnd der ist auf sein gcld ergrimmt,
der es eiicti einst vom halse nimmt,
ich möcht es nicht geschenket haben'.
der kaufmnlin fuzte das gesiebt,
geht, sprach er bei sich selbst, ich lasz euch diesmal laufen,
allein ihr müszt die tücber kaufen,
ihr mögt sie wollen oder nicht. Lichtwer fabeln s. 26 (1, 12);
denkt ein mädchen braut zu werden,
freilich ja dann schämt sie sich,
dann sind reden und geberden
jüngferlich und zimperlich.
dann musz sie das naschen fitzen.
köplcben schütteln, niündlein spitzen.
Wkisze jubelhochteit 160.
man sagt auch sich in nichts fitzen {fügen, scluclcen) können,
was dem engl, fit gleiciU. vgl. verfitzen, verwirren.
3) virgis caederc, insofern dies hiesze die haut streifen, binden,
falten? oder ist dies ein ganz andres, zu licken, reiben gelujriges
wort? gedenk, das die menschen sint unsers hergots ruten,
do mit er dich filzet, wenn man ein kind houwt, so musz
es dann die ruten küssen und sprechen
liebe rut, trute rut,
werestu (= enwserestu), ich tct niemcr gut.
Kkisersberg bilyer 68';
welicher geholten (du seit nit stälen, nit cebrechen) wir aller
nil dörftind, wenn wir das ander gebott hiellind, du snit
dinen nechsten als lieb haben als dich selbs. so aber das
nit, so hat gott diso geholt ouch müssen uszgcbcn und ist
nit gnug daran gsin, er hat ouch müssen empfelhcn, das
man den ubertrettenden fitzt {straft). Zwixglis predeg von güt-
licher und menschliclier grechtigkeit, Zürich 1525 C2'; ein kind
mit der ruthe fitzen, strichen. Alb. von Bütte s. 24. nni.
vitsen. vgl. fetzen.
FITZE B, m. l) textor, weber.
2) ietus, hieb mit der rulhe: an der grenze aber gab er dem
röslein einen fitzer und ritt hinüber. Hebel Aaw/reunrf 268.
FITZEBIN, f te-vtrix, netrix.
FITZFADEN, m. forago, so viel als filze oder faden einfach :
wenn beim schuhanziehen der fitzfaden zerreiszet. rockenphil.
2, 96. böhm. pasniice, pasemnice.
FITZFATZ, rn. fustigalio, stauj^esen: so ferne sie nicht den
fitzfatz auf den buckel haben und mit diesem aus dem amt
hinaus gewiesen sein wolle. Salinde 114. vgl. fitzeln fetzeln
und fickfack.
FITZFEILE, f. um das Ohr in die nadel zu feilen. Broseniüs
2, 446.
FITZHAKEN, m. ein Werkzeug der siebmaclier.
FITZIG, 1) verfitzt, verwirrt.
2) fitzig auf etwas, erpiciU, versessen
FITZNASE, /. eine person, die die nase rümpß: den augen-
blick will ich zu der fitznase laufen und ihr die zuage aus
dem halse schneiden. Weisze lustsp. 3, 380.
FITZBUTHE, f 1) ein dünner stab, an weldiem die garnkette
auf dem webesluhl am garnbaum befestigt wird.
2) ri(//ie zum hauen oder schlagen, bei Schambach 270* fitzclrauc.
FITZZANGE, f zum festhalten der nadeln beim fitzen.
FIX, alacer, promlus, eigentlich fixus, firmus, weil wer fest
und entschlossen, auch fertig und bereit uU zu handeln ; doch
haben das it. fisso, sp. iijo, fr. fixe nicJil diesen nebensinn des
schnellen und hurtigen, wie er auch im nnl. fiks, fiksch, dtin.
fix waltet, ohne dasz man darum bereclUigt wäre, dieses adj. aus
altn. schw. fika jcstmare, dän. fige herzuleiten, welche verlia lid.
und nd. ganz unbekannt sind, die früksten bei.<t])iele werden sich
hernach beim adr. darbieten. Dasypodius und Maai.er ^ri-nncn
das Wort noch nicht, Henisch 1120,50 hat fix, richtig, bewehrt,
fixus, Stieier 578 aber fix auch für agilis, celer.
1) im ursprüngliclien sinn: wasser bleibt wasscr, fewr fewr,
dann es seind lixelemeiiten und die fixarl ist noch nie he-
tracht worden, dasz die nesse ihr kelle fix hall und mau
will eine hcisze krankheit mit ihr »ertreiben und kein krank-
heil ist fix in kelle oder hilz und fix und unfix »oll gegen
einander streiten. Paracelsus 1,211'; «nd also ist dixz fix,
wie das h. kreuz auf der falschen münz, bienenk. IS9*; wie
von den vieren eines, fewr, lufl, wasser, erden, eine* in
1697
PIX
FIXFAX — FLACH
1698
einer jeden natur fix ist. Jac. Böhme drei principien s. 68;
eine jede creatur siebet nur in seiner mutter, welche in ihm
fix ist. s. 69. das quecksilber fix machen, fixieren, so noch
heute fixe luft. fixe ideen, fixe Sterne, wie er von jenem fixen
liegrif nicht loskommen konnte. Göthe 25, 2C1 ; das hei-z des
cananäischen weibes ist gediegen und fix. Claudius S, 111;
auszen fix und innen nix {schale ohne kern). Gotthelf 11,409.
2) paratus, fertig und u-ie dieses oß in oder mit etwas, flink
bei der hand, gewandt:
in roszarznei auch gwaltig vii
war er und sunderlich zun zehn
kund er den wurm gar treflich schneidn. tcnrmschneiden 1fi2S ;
so ist er mit dem maule so gewaltig fix. Schocb stitd. leben D 2';
Brunei] ist so voll list, vull diebstnl und untreu
als jener auf dem schlosz sehr fix in Zauberei.
Wkbdkrs Ar. 3,69;
Sempronius. impura meretrix. Cyrilla. ja die hure ist fix, wer
hat mich darzu gemacht ? Grvpuius 1, 827 ; der Schneider war
fix mit der antwort. Weise erzn. 257 ; Florindo, der mit dem
maul sehr fix war. 2S4; das ist ein verdrüsziiches wesen, wenn
die Schelme und diebe gefixer sein, als wir. causenmacher AG ;
ein poet, wie du bist, ist fix mit seinen versen, wie ein alt
feuerschlosz. reimedich 51; es ist ein fixer kerl, man wird
keinen fixem finden als ihn. Stiei.er 578; er ist fix mit der
feder, fix mit dem degen heraus ; im ausparieren alle drei
sehr fix waren. Felsenb. 2.366; eine fixe zunge, die hat er.
Lessing 1,255; hübsch, munter, fix. 1,395; sie waren sehr
fix mit diesem bogen, aber man sieht es diesem bogen auch
an. 10, 39 ; du bist fix. 'wie der vogel aus dem käfig'. Gütqe
8,114. 42,147;
und ich war Fix und bückte mich erbärmlich. 11,128:
erzählt das eben fix und treu,
als war er selbst gesin dabei. 13,128;
bist du da? gestiefelt und fix. Fr. Müller 3,209;
mich haschen wollte eine von den fixen,
doch lixer war die muscbel zu entfliehn.
und liesz im stieb den triton und die nixfn.
RöcKERT 154 =; gcs. ged. 1,159.
3) furmelhaß gesellen sich gewandt, fertig ü«(i ausgemacht zu fix :
hol ich ihn [GollscheiD einst, so soll er mir
meinen braten wenden ITir und ffirl
denn wir brauchen in unsrer liöllen
ohndem hierzu einen starken gesellen,
dpf nicht viel denkt und mit der band
fix und tüchtig ist gewandt. Ro.st in Schnüds anihol. 1,218;
mein pathcben wird ein niedlich mädcben
und für ihr alter hat sie viel versffnd,
dabei ist sie fix und gewandt. Mlsäls kindvrkl. 115;
dazu sind wir fix und fertig, unsere leute wollten längst
rebellern. Güthe 15,23; ei was! ich bin gern fix und fertig.
15,71; ihr müszt die gebäude innerhalb vier munate fix und
fertig liefern. Lenz 1, 89 ; fix und fertig ist der ! Fr. Müller
2,26; und doch fix und fertig? Schiller 186*; fiks un fardig,
völlig geputzt. Däb.^ert lis';
mich wundert, dasz sie meine frau abholen nicht,
die fix und fertig schon im hause wartend steht.
Rapps l'lautus s. 1740,
quae jamdudum, si arcessatur, omata exspectat domi;
sisch fix un usgemacbt. Arnold pfingstm. 16.
FIX, adv. cito: fix, rühre dichl move te oäus!;
Dement den wein vii, biderman !
nruzlerin 271*. Kellers erz. WiC, 18;
sog.Tr das seltsame ding, das, närrisch genug', in uns denkt,
unti jede geheime feder. die seinen willen lenkt,
erklärte der mann so fix, als obs ein Uhrwerk wäre.
WiEiAKU 4, .53;
nicht volle neun tage ? heiszt das nicht fix gearbeitet ? 19, 212 ;
die dame nahm bescheidnen blicks
besiiz von seiner gäbe,
und sireiehelt ihr lieb männeben fli,
und nannt ihn guter knnbe. Overreck 15t ;
Merkur, fix sporn und stiefle dich.
und meld ihn bei der Didol J. U. Michaelis pot/. icc»*e 1, 100;
bei der liebe gegenständ
gebt es mir fix von der band. Weisze kom. <tp. 1,3;
greift fix nach steinen in die runde. Bürger 32',
wo es auch adj. sein kann.
FL\, «I. sub.<!tanliiH.sch : ich dauchte mich zwar meislcr Fix
zu sein. Scuwei.nichen 1,157; meister Fiks, der Scharfrichter.
Däunert IIS*; gevatter fixcfaxe. Simrock kinderb. 7C7: batze,
icte es sonst auch heuszl filzcfalz ; in Thüringen, wo die spitze
fixe (irte sonsl hurtig, wacker, munter) heiszen. J. P. flegelj. 3,40;
seine mutter hat gebuhlet, oder hat in ihren wehn,
ihrem Spanier zum schimpfe sich an einem vix versebn.
Dt&cu i,dw!-thunA 57;
111.
gib dem vixe etwas zucker, küsse doch doch das murmel-
thier. 66;
Columella räth dem landmann, die zeit nicht mit der jagd
zu verderben, sondern nur für einen groszen schwarzen hof-
hund und für tapfere, am besten weisze fixe zum schütz der
herde zu sorgen. Voss anm. zu Virgils landbau 3, 4ü4. Herr
in seinem Columella 84' setzt hurtig (7, 12). dat is man en
fiks, üri dem hunde ist nichts besonders. Dähsert 118'. ryl.
ßngerfix.
FIXF.\X, gaukelei, blendiverk.
FIXFERTIG, in dem sinne von fix und fertig, absolutum.
FIXFINGRIG, digitis velox:
zum Zeuxis prahlt einst Agatharcb, ein kleiner,
fixfingriger, bebender pinselmann. Bijrger 64*.
FIXIEREN, 1) consiUuere, festsetzen.
2) immolis intueri oculis: sie fixierte ihn, sali Um starr an.
FIXKUTER, m. groszer haus und hopiund, auch schäferltund.
FIXSTERN, m. Stella inerrans, fixa.
FIXSTERNHIMMEL, «i.
FIXSTERNWELT, f.
FL.\B, äeh Dappe.
FL.\CH, planus, aequtis. wie sich die Vorstellungen flach,
eben, platt, schlicht und breit berühren, streifen uudi die wort-
formen in einander.
1) das alid. flah bildet den gen. nalihes d. i. flaches, trenn
in flah die reine spirans wallet, wie in sah, goth. sahv, altn.
sä, wie üi höh, goth. hauhs, altn. här, wie in doh, goth. jjauh,
altn. \>o «. s. w., so entsjrricht ilim vollkommen das altn. Öär und
vielleiclit ein ags. fleah. das mlid. vlach, nhd. flach lassen aber
den wirklich axjnrierten kehllaut nicht verkennen, wozu auch tnnl.
\lac, nnl. vlak stimmen, selbst altn. ersdwint fläki planities,
nicht fläi. im lit. plasztaka, vola manus entscheidet sz niciäs,
da es sowol goth. h als k vertritt.
2) gleichbedeutig ist mit lingualauslaul altn. flatr. schw. flat,
dän. flad, engl, flat, wonach sich auch ags. flät ansetzen läszl,
wie es ein attd. flaj gab (Graff 3, 777), das mhd. nlul. ausstarb,
wovon aber noch Hetze area übrig ist = ahd. flezi, ags. flet.
das auslautende t ron flatr, z ron fla; würde der lautverschie-
bung gemäsz lal. pladus fordern, was von latus, gr. Tilarvs
absteht, wälircnd goth. braids, ags. brdd, ahd. preit sich zum
skr. prithus schicken, welche Störung auch in den auslauten
walte, die atdaule pla und fla stimmen in Tilaivs, planus, flah
und fla;; dem b in braids, breit gleicht aber das blach für
flach in blachfeld (2, 58. 59), nach oß beobachtetem Wechsel
zwischen unserm b und f.
3) das flache feld, flache land sind der ge(}ensatz des ge-
birges: es si denn sach, das ein herr zu Kostanz selber
ufnem flachen feld lige {campiere). weisth. l, 2S0; wenn er
viele wagen bei sich hat und er auf flachem felde ist, auch
keine hecken noch dörfer gewinnen kann, oeuvres de Frederie
le gr. 30,32; als er sich dem flachen lande wieder näherte
und am fusze des gebirges in einer schonen und fruchtbaren
ebene ein landstädtchen liegen sah. Güthe 18, 140; das leben
auf dem flachen lande. 21, 20 ; der esel ist im gebiig kein so
verächtlich thier als im flachen lande. 21, 20; mit manigfaltigera
grün geschmückt ist der von Süden herab sich ziehende
flache grund, welchen die liier bewässert. 25, 226. das flache
ufcr ist das niedrige und steht dem steilen, hohen entgegen :
nach dem flächern ufer. 43,154; ebenso die flache küsle, der
flache Strand, die flache hand, vola manus: funden sie nichts
von ir, denn den schedel und füsze und ire flachen hende
{vulg. summas manus). 2 Aön. 9,35; wie die hunde Jesabels
flache hende fraszcn. Mathesius 11*. flache nase, flache stirii
ist die niciU vorragende, die eingedrücJcte, breite:
daj antlütze dürre und vlacb. Itc. 419;
nase vlach gewunden und breit, kröne 1%64;
(bein) vlach unde sieht
als Cime tiere üfreht. Er. 7357.
flache klinge, die breite, unscJiarfe, ebenso flacher hieb mit dein
degen ; flache Schüssel, flacher löffel, teller, geijennher den
tiefen, vertieften gefäszen, Haches wasser aqua languida {wo
nicht flack?). abstract ein flacher sinn, der niciU tief geht,
sich auf der Oberfläche hält; flache gedanken, flaches urtiieil,
flaches Wortspiel; ein flacher mensch;
flaches land und flache seelen,
die der erde schone zier
iutii den bimmel mir verhehlen,
bleibet ewig hinter mir.
A. \V. Schlegels pop/. werke 1,257.
107
i69Ö
FLACH — FLÄCUENKRAFT
FLÄCHENMAS2 — FLACHS
1700
bergmännisch, flacher gang, flaches lager, diu sich horiiontal
abflachen und einen sehr kleinen, spitzen ivinkel bilden.
4) das flache fcld und land iä freiliclt auch ein ebnes, doch
bezeichnet eben mehr das gleichmäizig fort erstrecJile und für
flache hand, nasc, schiissel, klinge läsil sich nicIU setzen ebne,
noch weniger für flaches uitheil ebnes, denn ebne gedankea
drücken ein lob, flache gedanken einen tadel aus. das flache
land ist auch das platte, niedrige und die flache nase oder brüst
auch eine ]ilaUe, das flache fahrzeug ein plattes; doch t.s( ein
plalter mensch stärker gesagt als ein flacher und platte gedanken
itärker als flache, ein schlichter sinn, verstand gleicJil dem
einfachen, geraden, ebnen und steht ab vom flachen, platten,
der schlichte weg ist der ebne, nicht der flache, die platte
spräche eine im ebnen land geredete, darum keine flache.
FL.\CH, adv.
und mir die nas ist flach zuquetscht, fastn. 261,9;
der gang fallt flach, wenn er unter einem winket von 10 — 30
graden gegen den Iwrizonl geneigt ist; zu gleicher weis seind
under den schwebenden gängcn etliche die sich seiger ge-
richt, andere aber die sich flach, auch andere die sich
steigend und fallend ausbreiten. Bechius Agiicola 44; einige
modellierten rund, einige flach erhoben. Güthe 22, 106 ; flach
pflügen, obenher, untief; er hieb mit dem degen nur flach;
flach bedecket und leicht den güldenen sarocn die Tiirche.
GöTUK 2, 127;
des leben» flach alltügliche gestalten. Sciiller 39'j';
flach und kahl entflieht das leben,
läszt dem schwaclien keine wähl,
nur des starken echtes streben
folgt dem flüchtgen ideal. Körmer t,235.
FLACHBOHRER, m.
FLäCHBRCSTIG , gegensatz 2u hochbriistig, vollbrüslig,
mammosus.
FLACHDEICHSEL, f gerade dcichsel.
FLACH DRAHT, m. laiin, filnm argenti spurium, breiter drahl.
FLÄCHE, f. planilies, superficies: fleche und ebne des felds,
aeqiwr, fleche, breite on ein hohe /ü/i7iirf«. Dasvp. 327''; fläche,
ebne. .Maaler 137'; auf der fläche des meers, in summa aqua;
die fläche der hand, stirne;
es spielen luft und laub, es spielen wind und bnche,
dort duften blum und gras, hier grünen berg und flache.
Hacedorm 3, S7 ;
bescheiden schlüpfet sie zur tiefe nieder,
allein das ebenmasz der weiszen glieder
«trahlt durch die heitre fläche [des bndus) wieder.
Gerstenberc verm. xclir. 2, 94 ;
das kinn und die iiacken, nie voll phlegma und fläche.
Lavater physiogn. 2,34; diese heilere, bunle, belebte fläche.
GöTHE 25,226; die unendliciie fläche des Elsaszes. 25,320;
nicht fläche, weichheil des herzcns sei an seiner Unbe-
stimmtheit schuld. 33,43; eine handlung der freiheit, die
durch beherschung der eindrücke ihnen an tiefe nimmt, um
ihnen an fläche zu geben. Schiller 1164'; daher wird man in
den sogenannten verfeinerten weltaltcrn Weichheit nicht seilen
in wcichliciikeit, fläche in flachheit ausarten sehen. 1167*;
deutsche flüsse, in der gewässer
noch so stolzer fläche !
einieln seid ihr doch nicht besser
alt aie wiesenhnche.
aber wenn ihr deutsche flüsse,
strömet eure wassergüsse
in 6\n bctt, in i'me»,
das ist grosz, ich mein es. Rcckert 1S2.
FLACHEISEN, n. ferrum quadrilaterum.
FLACHELMEISZEL, m. Werkzeug der klempner.
FLÄCHELN, flache verliefungen machen.
FLACHEN, aequare, ebnen, s. abflachen, ausflaclien.
FLÄCHE.NFLSZ, m. fusz des fldchenmaszes.
FLACHE.NHAFT, um kunstwirkungen zu erzwecken, müssen
an ihr (der kugel) flächen hervorgebracht werden, damit die
theiie der schatten und lirhtseitc sich meiir in sich selbst ab-
•ondern. die Italiener nennen dieses il plazzoso, man kannte
es im deutschen das flächenhafie nennen. Gotiik 52.3.14.
FLÄCHEM.MIALT, m. area: auf der ganzen empflndsamcn
reite hatte der cubikinhalt der braut in lauter zimmern ge-
fcblafen, an denen der flächeninhall (das büd) des bräuligams
wie eine kreuzspiane die ganze nacht herunter hicng. J. P.
Http. 1, 17S.
FLACIIENKRAFT, f. eine bewegende kraft, dailunh ma-
lerien nur in der gemcinNchafi liehen fläche der berubrung
WuniUelbar auf einander wirken können, nenne ich eine
flächenkraff. Kant 8, 503 ; danach aber wird dem inteliect
klar, dasz er selbst da eine blosze fläcbenkratt ist, gleich
der electricität, d. h. blosz die Oberfläche der dinge erfaszt.
Schopenhauer parerga 2, 35.
FLÄCHENMASZ, n. mensura latiludinis, super ficier um.
FLÄCHENRAL'M, m. spatium areae.
FLÄCHENRUTHE, f
FLÄCHENSCHUH, m.
FLÄCHENZAHL, f. numerus planus.
FLÄCHENZOLL, m.
FLACHERHOBEN, halberhoben, basrelief, opus ex dimidta
parte caelatum : eingelegte arbeit und flacherhobenes von Calel.
GöTIlE 31, 118.
FLACHFALLEND, in profundum diagonaliler descendens.
FLACHFELD, n. blachfeld, camjms. Dasyp. 327*.
FLACHFISCH, m. was plattfisch, pleuronecles.
FLACHFUSZ, m. planijies.
FLACHFÜSZIG, plautus.
FLACHGARN, n. niedriges netz zum hühnerfang.
FLACHGEBILDET, ein zimmer, das rings umher mit hoch
und flachgebildcten, mit gröszeren und kleineren figuren ge-
füllt war. GiiTHE 23, 27.
FLACHGESCHLIFFEN, unsere ftachgeschlifl"enen Schrift-
steller, z. b. Geszner, im gegensalz zu denen in erhabener
arbeit, »eiche durch Übersetzung nur in vertiefte verwandelt
werden. J. P. aesth. 3, 2«..
FLACHGESCHLITZT, diagonalüer flssus: flacl geschlitzte
äugen. Nicolais Sebaldus AWAan/.er l, 170.
FLACHHAND,/', pu/ma, a/id. flajja : da siudhciiiclie saehen
und so begreiflich wie die flachhand, wenn man sie nur ge-
faszt hat. Güthe 29, 160.
FLACHHEIT, f planities, sowol fläche als oberfldcldichkeit.
FLACHHOHLEISEN, n. meiszel der bildhauer.
FLACH KETTE, f. am tej)pichgewebe.
FLACHKOPF, m. l) clavus plani capitis, nagcl mit flaclum
köpf. Karmarsch 1, 480.
2) ingeninm imbecille, schuachkopf: ein junges genie, seiner
profession nach ein niahler und beinahe ein ebenso aufge-
dunsener üachkopf, als sein jüngerer kunstgenosse. Musäus
toi/um. 716 ; hingegen ist es eine ganz bekannte sache, dasz
unter Klopstocks eifrigsten bewunderern einige der gröszten
flachköpfe der nation sind. Lichtenherg 1, 3oS; ich würde
mich nicht trösten können, wenn ich ihn einst wie einen
anmaszcndcn burschcn oder wie einen hohlen flachkopf oder
wie einen eitlen narren umhergehen sähe. Niebouk leben
2, 486.
FLACHKÖPFIG, imbecillis.
FLACHLAND, n. gestaltloses flachland. Huubolbt kosmos 1,7.
FLACHLÄNDER, m. incola regionis jAanae: flachländer von
hügeln. auen und wiesen her. Göthe 15,308.
FLÄCHLICH, obliquus.
FLÄCHLING, m. flaclikopf
FLÄCHLINGEN, adv. in planum. Maaler 137'.
FLÄCHLINGS, oblique. Stieler 491.
FLACHMAHLER, m. anstreiciur, tüncher. Hecner 5,149.
FLACH.MEISZEL, m. mit gerader schneide, gegenüber dem
hühlmeiszel.
FLACHNASE, /". simo, slumpfnasie.
FLACHNASICHT, simus: die flachnäsichten weiber wären
bei den mohren die sciiönsten. Lohenst. i4rfn. 2, 90.
FLACHNÄSIG, dasselbe, der ein lelleriias hat. Dasyp. 289*.
FLACHRLTHE, f. wtrkzeuq bei der sammtweberei.
FLACHS, m. linum, ahd. flahs (CiRArr 3, 771), mhd. viahs,
nd. flas n., ni. vlas n., ags. fleax n., engl, flax, fries. flax n.
doch altn. hör, noriee^. hör. wie auch aiul. haru, gen. harawrs
i^alt (Graff 4, 9h7), nüid. bar {wh. 1,033') und noch heule in
Ostreich bar. das goth. worl iß'bricht, man d'irf wol auf harvs
rathen, wenn niclit lein, aifiidJi; linleum zugleich die pflanze
bezeichnete, wie sie dir lil. ;>/. linnai ausdruckt, die buchslahcn
von flahs malmen an goth. |>lalixjaii (sr/irerArri). was nun flaii«
angeht, so steht Htm unmUlrlbar uali das lit. plaukas cainttus.
in allen slavii-chen sprachen allst, vlas , russ. volos , lnAm.
serb. vlas, poln. wlos, wiederum capitlns, und das serbische irnrt
bedeutet auch eine gattung flachses. gerade u-ie sich unser b.Ar
crinis mit haru linum beriihrt, müssen auch plaukas, vlas und
flaiis zusammemjehören, haar und gehlmmler flachs s^nd gteich-
gestattcl und einen hellgelocUen, blondlocXtyen nennen uu flach«-
haar, flachskopf.
1701
FLACHS
FLACHSACKER — FLACHSEN
1702
als ich still und ruhig spaon,
ohne nur zu stocken,
trat ein schöner, junger mann
nahe mir zum rocken.
lobte was zu loben war,
sollte das was schaden?
mein dem flachse gleiches haar
und den gleicbeu faden. Göthe 1,202.
in den formen siimnü plauk xu flali, nur fehlt das in flahs
folgende s. vährend dieser auslaul im ü. vlas haflet ; Übergänge
des anlautenden v und f rechtfertigen sich auf vielen tcegen.
zuletzt aber kann man nicht umhin, nach der analogie von haru,
här und sl. vlas, auch noch fabs (.<p. 1225) in die vencandl-
schaßsreihe von flahs einzulassen, da aus den anlauten 1)1, pl,
fl das 1 oft weiciU, ttie vir bei biegen, flieben, ftigere oder bei
pectere, flectere und plectere geicahren. unser fabs hat die
bedeutung des lit. piaukas, unser flahs die des d. vlas. in der
vurzel, welche sie nun sei, «aren die Vorstellungen des kämmens,
flechtens, tcebens gelegen.
1) vie unterscheiden sich lein, linnen und flachs? es heiszl
nd. lein säen, lein bauen, lein jäten, der lein siebt gut ; hd.
aber flachs säen, jäten, der flachs steht gut, der flachs blüht,
flachskraut, flacbsfeld, flachsernte, den flachs rösen, rösten.
brechen, schwingen, hecheln, spinnen, den flachs verweben ;
grober, feiner, langer, kurzer flachs, hingegen sagt man lein-
weber, linnenhenid, linnentuch, leinwand. niemals flachsweber,
flachshemd, flachswand, tcol ater flachsleinwand : sie gehet
mit wolle und flachs umb und erbeitet gerne mit iren henden.
spr. Salom. 31,13. lein und linnen bezeichnen also das zu tuch
werdende oder gewordne gam. flachs die rohe oder auch verar-
beitete pflanze, solange sie noch in faden dem haar gleicht, datier
flachsgelb, flachskopf, nic/i/ leingelb, leinkopf od«- linnenkopf.
in flachs bricht immer der begrif des haarigen durch, der im
ijewebten tuch aufliOrt, in leinsame und leinöl nicht zu suchen
üt. ganz wie flachs musz sich haru verhallen haben. Bocs im
krätäerbuch 130 sagt: gleichwie in griechischer und lateinischer
Zungen leinen geducli und das flachskraut kirov oder linura
genennt werden, also behielt der flachs in unserm land. er
sei grün im feld oder zu spinnen bereit, seinen namen flachs.
sprich«, kurzer flachs gibt auch langen faden; flachs und
reben geben nichts vergeben (umsonst).
2) man sagt eine reiste, riste flachses (Graff 2,541);
alles ir gewasses
gar kleine risten flasses. Diul. 1,3'*4;
so gibt si mir verholn
ein reisten flachs oder zwu. faftn. 6S9, 2.
üblicher ist heute kaute, flachskaute, flachsbündel, merkwürdiger
das bairische, steirische schot: ain schot harbes, zwai schot
(ScHM. 3, 417. Raccb 2, 112. 113), ifonn ich das goth. skaudaraip
luäi, den bundriemen finde, so dasz skaud oder ahd. scut bündd,
gebund ausdrückt, auch pöjo (2, 26S) galt dafür ahd., nd. bute
de lino, ein hotten flachs, weisih. 3, 137, 13S, rj/. 2, 268, an-
derer benennungen zu geschweigen.
3) die samenboHe oder hülse des flachses heiszl knote, jil.
knoten, knotten: also ward {vom hagel) geschlagen der flachs
und die gersten, denn die gersten hatte geschossct und der
flachs knoten gewonnen. 2 Mos. 9.31;
dich lieb ich ganz allein, und meine liebkeit
die alles unternimmt, verändert keine zeit.
zweimal siehst du den flachs schon gelbe knoten schlagen,
zweimal die reife saat die vollen ähren tragen,
doch wart ich in geduld auf einen holden scblusz.
Dlsch reim, werke 4S2.
4) was bedeutet 'mit flachs schieszen'?
was steht ihr dort und da bei solchen gaukelpossen?
laszt es der einfalt zu, der es am salze fehlt,
und diesem, den ein kus bisweilen ärger quält,
als wenn ein rothes aug ihn gar mit flacbs geschossen.
GÖMTUSR 509.
das rothe äuge meint eine hexe, blies sie aus roltr fldclisne
bolzen?
5) flachs drückt auch aus ehorda, lendo, nervus, was wir ge-
wöhnlich flechse, flachse /. nennen, weil die sehne, ehorda zäli
und fest wie flachs ist, aus flachs gefloclUen wird: ein jeglicher
flachs, der sein baisam verleurt, gibt auch ein lahme wund.
Fabacelscs c/iir. «Ar. 6'; flachs, nervus. Calepim diction. Basel
ltil6 p. 943. dies bestätigen flachsader und harwachs (nerri«,
cartilago), welches letztere von bar (linum), nicht von här (crinis)
zu leiten, also niclit hdrwachs zu schreiben ist. mehr unter diesen
icOrtern und unter flachse, flechse.
*. erdflachs, frauenflacbs, queisflacbs, wasserflachs, wiesen-
Qachs.
FLACHSACRER. m. ager Uni, flachsfeld.
FLACHS.\DER. f. nervus, lendo, was das vorhergehende flachs 5 :
wie man die sailen aufzeucht, also waren die gelider, die
flacbsadern und blutadern zerspannen. Keisersberc schif der
jien. 94*; Dastp. 150'. Fbisils S65*. Maaler 136*; zerfolterl
inen die flacbsadern. Garg. 205'; die senn oder flachsader
darvon (vom rennthier dient ihnen) anstatt des flachses zu garn.
Fi*CHART eAj. 546 ; wann ein rind hinkt, darumb das es im die
nerven oder flacbsadern vertretten oder verletzt hat. Sebiz 129.
FL.\CHS.\DERLEI.\, n. nervulus: es ist aberwol zu merken,
das unten an den schlafen ein flaiäderlin ligt, welches so
es inzwei geschnitten wird, die erstarrung des kiefels oder
kinbackens leichtlich verursachet. WI^rtz los.
FLACHS.\GEN, f. paiea Uni, bair. harbagen (goth. barvis
ahana ?) ;
mhd. lii äf gin agen und vlahs! CA. 1, 19'i ;
artischokislöcke vor der gefrier mit flachsagen oder gräten
einmachen {bedecken) lassen. Hobrerg 1.137*. s. agen l,l«i9.
FLACHSARBEIT, f. bei pflege und Zubereitung des flachses.
FLACHSART. f genus linL
FLACHSARTIG. lino similis.
FLACHSBART. m. lanugo.
FLACHSBÄRTIG.
FLACHSRAU. m. Uni cultura.
FLACHSREREITER. m. Imarius. Maaleb 13«*.
FLACHSBEREITL'.NG. f.
FLACHSBL.\TT. n. folium Uni: so man flacbsblelter auf
zeilige geschwer legt, so machet es zuband ein loch darein,
also das mans nicht aufbrechen darf. Lo.ticERus 1S9'.
FL.\CHSBLELEL, m. maUeus stuparius. im vuc. 14S2 h7*
flanga.
FLÄCHSBOLLE, f. flachsknote : ein jedes blümlein derhaus-
wurz vergleichet sich einer ofl'enen flachsbollen. Tabebkäxo;«-
TA.NL'S 224.
FLACHSROSZE. f. fasdculus Uni manualis.
FLACHSBRECHE. /. lini frangibulum.
FLACHSBRECHERIN, f. quae linum frangü.
FLACHSBÜNDEL, m. fasdculus lini.
FLACHSBLSCHEL, m. dasselbe.
FL.\CHSCHEiBE, f. ein Werkzeug der uhrmaeher.
FLÄCHSCHEN, n. linulttm:
ich hab gesponnen genug weiszes fläcbschen.
FLACHSCHWEBE.ND : das strotzende der eichenäste, das
flachschwebende der buche. Sal. Gesz.ser 2. 260.
FLACHSDARRE, f. furnus Uno lorrendo.
FL.\CHSDOTTER, m. pseudolinum, sesamum, cuscuta, lein-
dotter, ein schädliches unkraut, dem flachs an kratä, Stengel und
holten ähnlich, das sich viel in flachsfetdern findet. Lo!«iceru3
194*. 195*. 236*, heiszt auszerdem llachsseide, bair. harlocke : es
soll auch jede gute haushalterin iren flachs von den har-
locken, welche man flachsseiden oder flachsdotter (« steht
dotten für dotier oder dottem) nennt, lo» machen. Sebiz 503.
auch engl, dodder, a pdrasitical plant that draws its nourish-
ment front other plants , schw. dodra, däddra, ddn. dodder.
nicht anders gilt nhd. das einfache dotier soviel als flachsdotter.
leindolter (2, 1314). der name rfthrt von der eigelben blute her,
FLACHSE, f. nervus, u-ie flachs 5 und das heutige flechse:
denn weil vom schlafe schon die flachsen starrend worden.
Grobian. 2;
dem, der uns nicht rauchen läszt,
soll an statt der nerv und flachsen
ein tobacksstrunk wachsen. Gi:!<THER 920.
das f. ist Mcht ganz sicher, da sich die pL beider bdege audi
männlich nehmen lieszen.
FLACHSEITIG. flache seilen habend.
FLACHSE.N, FLACHSEN, FLECHSE.N, Uneus. flachsin toe.
14S2 hS'; 'die Philister über dir, Simson!' er aber zureisz
die seile, wie eine flechsen schnür zureiszt, wenn sie ans
fewr feucht. r»<:A^. 16, 9; paliiiim ist ein henfen oder flechsen
faden. Luther 8,245*; Äächsin liimple linamentum. Maalei
136' ; und es ist nicht wol müglich gott ein flächsinen barl
oder wächsine nas zu machen, dan solchs mag niemand
thun, dann unser I. muter, die h. röm. kirchc, die vier weisiei
fiisz hat und nit glitschen kan, noch zol geben darf, darum
hat sie, zu eim warzeichen, das sie gott ein flächsinen barl
machen wöll, einen heiligen brauch, das sie ihren gott in
den kirchen mit eim weiszen hart wie flachs abmahlt, bienenk
202*: ich hätte oft manchen hören sagen 'o wie ist diesei
oder diese so ein allerliebstes oder allerliebster mensch!
107*
1703 FLÄGHSENZART — FLACIISLOCK
FLACHSMACHER— FL ACK
1704
da inusz man zusehen, dasz die fläclisene zarte wort nicht
wirken tuch machen und der supcriativus nicht in des nach-
barn taubhaus fliege. Simpl. 3,731;
nun wnr ihm gelungen
einen flächsenen hart und ciiio wächserne nase
seinem könig zu drehen. Götub 40,97, wo im Hcincke sieht:
Uli hndde nisus encn vlassen hart
deine koningo makei tor .sulvcii varl,
nicht allene encn hart van vlasse,
ineii ök ene iiesc angesel van wa.«se;
der erzdiimmling mit nachseiicn haaren. MöiiiiiK Marliii hl;
zeuge aus baumwollen und (lächsen garnc zu inaciien. Fclscnb.
2, ■122. kuclieu (VIS tveizentnchl nnnit man in der Wdterau flessene,
kuchen aus kurn und gerslfniiwld wirkene. nd. Iwiszl von flässen'
so viel ah ron neuen», ron fristlicin, mit erncuerUr kraft. Heüter
läusclwn un rienich 4 aufl. s. 77.
FLÄCHSENZAllT, teuer, nwllis ut Unum:
silbern war sein hart,
fläch.senzart .«ein schelte! war. Herder 8,81.
vijl. die eben aus Simpl. 3, 731 angezogne stelle.
FLXCHSKBN, lincus, gebildet trie dörnerii, .steinern : weisz
mein herr wie die sachen stehen? diesem hurenjäger wird,
ich weisz nicht was für ein labcnfell entlaufen sein und der
sie genommen hat, wird ihn iibcrredel haben, als ob wir es
gethan, damit er den kerien von dem halse schaffe, und
dieser rotzlöffel hat ihm lassen einen flächsernen hart an-
drehen. Grtfhius 1,888; blut färbt ihr flächsernes haar. Fr.
Müller 1, 190.
FLACHSFADEN, ni. fitum lini: so theur kann der aller-
lieiligst vater zu Honi flarhsl'aden, der sonst kaum sechs
pfeniiig werth ist, verkaufen. Luther ed. Irmischer 2C, 52.
FLACHSFAHHE, f. eolor lineus.
FLACHSFAHBIG, colorc lineo.
FLACHSFELD, n. camjms lini: Hcrulorum cxercitus dum
hac illacque difliigeret, tanta super eos coelilus ira respexit,
ut viridantia camporiim lina cernentes naialiles aquas esse
putarent. duinque quasi naialuri brarhia exlendcrent, cru-
deliter hostiiiin fcriebantur a gladiis. Paulus diaconu.i 1, 20.
auf einmal kamen sie an einen stark angeschwollenen bach
und war keine brücke und kein sieg darüber zu geben, da
war die braut flink, hob ihre kleider auf und wollte durch-
waten, wie sie nun eben im wasser so steht, ruft neben ihr
ein mann 'ei wo hast du deine aiipen?' da giengen ihr die
awgen auf, und sie sah sich mitten in einem blaubiühcnden
flachsfelde siehn. kinderm. llft.
FLACHSFINK, »n. frimßln linaria, hänßing: hat den namen,
dieweil er von dem hanfsnmen imd von dem leinsamen seine
nahrnng suchet. Lonicerus 316'; Jas zeisle, ttachsliiik und
die mcis. gantkönig a2'.
FLACHSFISEL, m. ßachsbart. Schmid 193.
FLACHSr.ELB, /farH.-c ut Unum.
FI-ACHSGBAS, n. eriopliorum, Wollgras, mvsenflaehs.
FLACHSHAAH, n. capillus flarus: er hatte milchhaare im
hart und narb«liaare um die schlafe. Göthe 8, 54. 42, «7.
FLACHSHAAKIG, /Jariamius :
rrcnndlich stehn sie ort still und reden gern mit den alten
miiltern, welch im arm flachi-liaarige hiilieii und niägdlein
tragen, oder aufs gras zu den küchlciii sie tuhreii am leitband.
SciminT nin W'crneuclien 151.
FLACHSILVNDEL, m. mmatnra linaria.
FLArHSH.\MtLEH, «i. Itnopdla.
FLACHSHECHEL, f. hami ferrei Uno Iradando.
FLACHSJAHIJ, n. in nelchem der flaelis gerdlh. die bauern-
regcl lautet:
lichttnesz hell und klar
gibt <'iii gutoti flachsjahr.
FLACHSKLOPFEN, n. pulsalio, fraelio lini: wie in dem
gemühlde Hogarts der zuclilineisler iiinter dem menschen-
freandlichen mädchen steht, die zum flachsklopfen verurtheilt
ist. SriBZ 2. 56. das Werkzeug dazu lu-istt flachskiopfc f.
FLACHSKNOTF:, m. u-as flachsbolle.
FLACHSKdI'l', m. roma flava.
FLACHShOi'FCHEN, n. tnfans flavicomus.
FLACHSKliACT, n. linum, zuweilen pseudolinum.
FEACHSKItEIS, m. circulus nentium: endlich schied der
gelehrte an» dem flachskreise. J. P. Fibel 05.
FLACHSLAM), n. ager hni
FLACHSLOCK, m. fasriculus lini: dan Rind sihen flachs-
locken. KEiAKAMti. bilg. 51'; sie haben den flachs gehechlel
und haben im eben gctbon, als man thül tuil einer kunkelat,
die man nuisleriich wil anlegen, so nimpt man die lengsten
volkunimensleii und hübsten liick und rislen (luchs, die legt
man uszwendig umbher, und inwendig hinein miszt man die
kleinen kurzen liick, die nit als hübsrh sind, und die nenjpt
man kindlen. 51'. Maaler lati* ic/irc/i/ der flachslocken, hapsus.
FLACHSMACHEH, m. Uni/ex, länweber. ruf. 14S2 h 7*.
l'LACHSMANN, «i. lintearius, linarius. Mamir i:ib*.
FLACliS.MiJHLE, f. zum stampfen des gentstelen flaclises.
FLACHSMTZ, «i. Uni uliUlas: seiwrz rom flaeiisnutzc,
gowis der lielie flachs ist gar ein nutzes wescii,
der der es wo nicht glaubt, mag die.se reime lesen.
I.iu;u; 1,3,5.
FLACHSPERÜCKE, f capillumenlum flavum.
FLACHSPFAL, m. ein starker pfid. welehcr durrh ein gebund
flachs im wasser yescidagen wird, damit es darunter tum rdsten
festgehalten werde.
FLACHSHALIKE, f. erulsio Uni. ausziehen des reifen flacitses.
FL.\(;HSHEFFEN , n. delraetio lim eupilum, abstreifen der
knoten des geernlelen flacli.'ies, ein rolkslesl, wobei den arbcitern
mileh mit eingebrockten wecken ausgetlwilt zu werden pflegt.
FLACHSHEICH. Uno ferax.
FLACHSHEISTE, ni. fasciculus lini: ein härl bat die Jungfer
wie ein flachsreisten. Schwabe tintenf. 59. Maaler 13tj' flachs-
risten.
FLA(/HSI{!FFEL, f. hami ferrei delrahendis eapilibus lini:
flachsrilfel oder kill'el, mataxa, dentria, ritora. mc. 14S2 h 7*.
FLACHSItOCKE, m. coUis, spinnrocke.
FLACHSIU)SSEN, »i. maceralio Uni, as.'nmiUerl aus rosten,
rösten: das flachsrossen in unsern lorcll, grundel und krebs-
wassern soll ganz und gar verbotten sein und sonsten auszer-
balb der flicszcnden wasser eigene wannen und gruben an
unnachlheiligen enden oder pfülen gemacht und zu flachs-
rossen gebraucht werden, doch was die Löhn und Eder als
ziemlich grosze ströme anlangt, darin flachsrossen an den
tischen keinen schaden thun können, soll allein in denselben
flachsrossen zu machen erlaubt sein, fischordn. landijr. Georgs
von Hesseii 1042.
FLACHSHOSTE, HOSTE, /". maceralio lini und hcus macerando
Uno: schlahcl ins wasser pfäle und bindet daran liürden
oder leitein, wie in etlichen orten die flachsroslen gemacht
werden. Kimchhok di.sc. md. 108. poln. moczadlo.
FLACIISSAAT, f scges Uni.
FLACHSSAME, m. scmcn Uni, leinsame: der samen des flachs-
dollers wiid gebraucht wie der flachssamen. Lonicerus 195*.
FLACHSSt'HÄlJE, f. agen, palea. abgang beim brechen, flachs-
acheln, nd. schewe, flasschcwe (Sciiambach 1S3'), man findet
auch geschrieben schiefe: da hat er ganz jammerlich gelegen
auf der erden unter den flachsschiefen. Henneberger 346.
poln. pazil/.ierze ;)/.
FLACHSSCHWINGE, f. venlilabrum lini.
FLACHSSEIDE. /". cuscuta, flachsdotter, fiizkraul. Lomcer236'.
FLACHSSPINNEIIEI, f ars fda deduccndi.
FLACHSSTENGEL, m. calamus Uni: sie aber liesz sie auf
das dach steigen und verslecket sie unter die flachsslengel,
den sie ir auf dem dach ausgebreitet hatte. Jos. 2, 0. der
acc. 'den' gehl auf flachs in flachsslengel. sjtätne ausgaben
ändein unnölhig in 'die'.
FLACHSTAHL, wi. geradschneidiges Werkzeug der drechsler xum
abdrehen.
FLACIlSTANtiE, f zum pressen in blech.
FLACHSIEINSCHNEIDEU, m. eaelator : ein schmergelslein,
da die ilarhsteinschneider alle stein, ohne den diainani, mit
sclmeitlcii. Thurneisskr magn. alch. 2, Sti.
FLACHSTICHEL, »«. fMscJineidiger sticliel.
FLACHSW ASSEH, n. das vom rö.'iten des flach.'^s schwarze,
sUnkende wasser. die fische sUrben dalwi und die krebse kriechen
ans uftr.
FLACIISWEIDE, f. salix rimtnalis.
FLACIISUlitTKL, f rertebra linaria. Maaler 136*.
FLACII\M;1IK, h. ojms planum, arbcitssluck «Ut ebner flache.
FL\('H/IK(;EL, f legula plana.
FLAt'K, Icfiidus: flack sein oder lowe sein, /r;iere, i. e.
calefieri. roe. 14S2 h7*, man möchte (jenau wissen, in welcher
gegend auftjenommen ; flack Iqndus, incalescens, flackes wasser,
aqua tcfiida. Stiki.er 492; flack, irurm, lau, desgL black, dal
water is black, doch huret man mehr flack sprechen. Sthodt-
mann 2«. 55. luntichsl liegt ags. »iilc lepidus. vLco lepor. vHc-
vcariu lepulut, tejwrus, engl, lukewarm, vi und fl verhalten sich
1705
FLACKE — FLACKERLEBExN
FLACKERN — FLADE
1706
wie in rasen, fräsen, wrasen (cespes) oder in ringen, fringen,
wringen {turquere). das uwt scheint nicht hd., Dähnert 12-2'
gibt für flakke die dopjtelle bedeulung untief d. h. fladi und
lauUch: dat is jo nig flakk, uarm. im brem. üb. 3,4 steht
laak laulich, schwul, daneben slak, sluk, slukwarm. das ags.
slac, engl, slack ist piger, segnis, und wir finden hernach im
rerbum flacken 3 irieder die bedeutung segnescere, fürs adj. schreibt
ScH«. 1, 5S2 flach, flau, träge, besser schiene flack. die aus-
lautende tenuis in tUic forderte allerdings ein hd. ch, doch hat
es bedenken flach planus diesem flack lepidus gleichzustellen, dessen
ags. vi fiel eher einem hd. nackten 1 entspräche, wie sich wirklich
ahd. lao, gen. lawes tepidus findet, woraus nhd. flau wird, gerade
tcie flack aus lack, auch unterscheidet Rilian flau« languidus
145' von Tiack jilanus 752*. dem lak ertheill Schambach 117'
die bedeutung ungesalzen, unschmackhuß. leie auch Dan.neil flack
p/anus 52' von lack jejunus 122" fern hält, ubsclion jenes engl.
luke de« wegfall des Itpiienanlauls, also das laak des brem. wb.
bestätigt, dies flack. Jack entspricht merkwürdig dem goth. J>laqus,
lat. flaccus, flaccidus. »«an erwäge flacken, flackern, flau.
FLACKE. f. procella, turbo, stürm, wind, mhd. Oäge, vläge,
Becb in Pf. Germ. 3,335. mnl. vlaghe, nnl. vlaag:
die wint ene vlaghe brachte. Uose 13151;
en seinde (segnete) wint en waghe,
datse Valien soude die vlaghe. Maerl. 3, ISO;
des Sturmes vläge dö gelac. pnss. K. 11,78;
vil storme an großen vlägen. 4$, 59.
nhd. nur in einer stelle:
ein schidein stand gehemmt an einem starken starken,
das schwebet auf dem meer und spielte mit den llaekeu.
Werders .4r. 10,37,
wo im original coi fluUi marini scherzando, allein die flacken
sind keine wellen, wogen, sondern winde, schauer, wie man noch
heute nd. schneeflage, regenflage, windflage sagt, vielleicht zu
schreiben staken : flaken ; man könnte auch verstellen flacken =
flaggen, vexUlis. s. flagge.
FLACKE. f. vexUlum. s. flagge.
FLACKEN, in mehrfacher bedeutung,
II flacken oder lawen, tepere. roc. 14S2 h7'. Stieler 492 =
ags. vlacian, ahd. lawen. Graff 2, 294.
2) flacken, flagrare, scheint unmittelbar aus dem vorigen ent-
sprungen, wie tepere dem skr. tap, calefacere. gr. TtvQi d'anxeiv,
sl. tepl" calidus entspricht: iasz nicht das fewr zu hoch und
weit umh sich flacken, damit mans on grosze mühe löschen
mög. buch d. l. 61. 3 = Galmy 183. Schweiz, flacka: das
liecht flacket , lodert , hat eine grosze flamme. Tübler 194'.
tepere eriwhl sich in calere. ,
3) Backen, segnescere, languescere, engl, flag, faul da liegen,
insofern die vor.<itellung von lau, warnt auch in faul, träge über-
gelit, s. vorhin unter flack, nälier steht vielleitiit das lat. flaccere,
flaccescere. diexe bedeutung ist gut oberdeulscli : der flackt den
ganzen tag auf der härenhaut, flack dich hin, dufaulenzer!
SCBMELLER 1, 5S4 ;
gelüstet nichts, als täglich seinen magen
zu rullen und auf seinem schrägen
zu Hucken wie bisher. Wiklamd 18, 134;
und flacken auf dem ruhebett. 18, 321 ;
alle gölter laufen ans fenster, Zeus allein bleibt nihig auf
seinem sofa flacken. 36, 379 ; die ruhig auf der scite flacken
und all dem liierarischen Unwesen zusehen können. Wielasd
bei Merk 2. 95.
4) flacken, die wolle mit Stäben schlagen und auflockern. Bro-
SEMi's 161. nnl. vlaaken, von vlaak hürde zum wollschlagen.
FLACKER, m. wollschläger, engl, woolbeater.
FLACKER, lucidus : wann der wein nit ist auf den ersten
oder zweiten ablasz kommen, so wird er nit flacker und
gesund. I.ehmann 1, 444. das ags. flacor ist volitans, flackernd.
FLACKERRINSE, /". juncus effusus.
FLACKERFEl'ER. n. ein kleines flackerndes (euer.
FLACKERHERD. m.
doch getrost, du bist zu haus,
warm wie an dem flackerherde
liegt man in der dcuti^chen erde. Heine romamero 172.
FLACKERIG, riridus: der Schmiedjacob sah die madchcn
an, die sich verdingt hatten, lauter flackerige dingcr! Hor^
Schmiedjacob 2S2.
FLACKERLEBEN, n. Mephiäopheles sagt tum trrUcht:
gr-h er nur grad, ins teufcis namen!
»onst blas ich ihm sein Ilackerleben aus. Göthe 12,203.
FLACKERN, flagrare, frequentativ von flacken 2. ahd. aber
erscheint flokarün, flogarön, ardere, splendere, flagrare und voli-
tare, wie sich aus flngaronti, volatilis, volucris (Graff 3, 763(
und attn. flügra rolUare entnehmen läszl und auch dem sinne
nach die flackernde flamme sich mit der flatternden berührt, nur
einmal, gl. jun. 232 steht flagarunliu, roiaiilis, wenn nidtt ver-
druckt statt flogaröntiu. flogarön stammt doch ab von fliogan,
volare, ba flackern b'mnte rücksichl aufs lat. flagrare gewaltet
haben, mhd. begegnet keins von beiden, weder flogern noch flagcrn,
flackern, nur Karlmeinet 539,35 heiszt es von Karls äugen:
si vlackerden in dem gebere,
recht als id ein karfunkel were.
hierzu fügt sich das nnl. flakkeren und flikkereo flagrare, ag':.
fliccerian, engl, flicker molare alas, wie flattern in flittern,
flamme in flimmer übergeht, nhd. flackren radiäre. Mones
anz. 5,86, oß bei Keisersberg: nim feuer, es flackert siets
ufhin gegem himel zu, da oben ist sein natürliche stat.
XV. staffeln 27*; die scbmid die schütten eltwann wasser uf
die kolen, nit das sie sie leschen, aber das das feuer her-
nach dester höher flackere und brinn. brüsamlin 33'; mit
keinem andern cleid kunt sie nit gefüglicher sin komen für
got, wenn mit disem witen goltschinenden mantel der woren
inbrünstigen liebe, in deren ir herz ganz flackeret was.
büg. 45'; dise haben ir lieb ganz allein uf in gott gezogen,
in des lieb ire herz und sele flackert. 4«'; ist unser herz
nit heisz entzündet und flackeren in uns worden in andacht
und liebe. 129'; es sind die da meinten ein mensch inöcht
durch ein flackrende liebe also in gott versupft werden, das
er sein eigen wesen also ganz verlür, als ein tropf wassers
sich verleurt in einem vollen vasz mit wein, selenpar. 7S' ;
das ffler der unküscheit flackert in dir und der hafen deine?
buchs begert glust. narrensch. 155*; nim ein exempel in einem
liecht, wan es schier ausgebrant ist, so lüchtet es und flackert
am clärsten. 200'.
Luther verwendet das wort nicht, im t6. 17 jh. ist es selten
und wird erst im 18 üblicher, es fehlt bei Dastpod., Frisius,
Maaler, Hesisch, steht aber bei Stieler 492. als der morgen-
stern im osten herfür flackerte. Sinifd. K. 52;
wenn in edlen herzen
er die schönsten flammen freudig Oackem siebet. Götz 2, 217 ;
verschlänge doch stets dich ihr glühender scblund,
und müstest du ewig da flackern, o hund,
vom zeh bis zum wirbel beschwefelt. Bcbcer 81";
des flammenreichs meister
sind rastlose geister.
bald schlängelt ihr lauf
sich mondwärts hinauf,
bald flackern sie fix
hernieder zum styi. Matthisson 145;
aufwirbelten viel tausend wilde flammen
und flackerten in ein gewölb zusammen., Göthe 41,62;
flackernd steigt die feuerseule,
durch der strasze lange zeile
wächst es fort mit Windeseile. Schill» 78';
immer näher flackert die flamme. Köi!<ek 1,126;
lösche du des Verstandes
flackernde lampe mit deinem schein. Rijceert 350;
ja, wie ein flämmchen, flackert eine rose,
die noch aus eden stammt, in meinem busen. Plaie:i 73';
den flackernden athem (der kranken bmst). J. P. Uesp. 2.241;
so knackert und flackert jetzt die musik in mir. Bettixe
frr. 1,271; bei dem unsichern flackern der nachtlampc. tageb.
217. man sagt: das licht, der kien flackert zu stark, ich
kann nicht dabei arbeiten, s. aufflackern, ausflackern, ent-
flackern, zerflackern.
FLACKERSTLMPF, m. Iruncus candelae, stümmel vom licht.
schnell beim letzten flackerstumpfe
deiner abgebrannten kcrzen. Lb;«al' n. ged. 321.
FLACKFISCH, m. gadus merlucius, zarteste art von Stockfisch.
FLACKHERLNG, m. clupea harengus, s. flickhering.
FLÄCKLEIN, n. cquulcus ligncus : nempt dises fläcklein auch
mit untern arm, es ist ein ungarisch ros, fornen dürr und
binden mager. Garg. 134*. nach Nem.mch heiszt auch der hänf-
ling. die fringiUa linaria, flackiin und füdemic, was auf das
Steckenpferd angewendet sein könnte.
FL.\DCHEN, n. placeiütUa, küchlän.
FLADDER, s. flauer.
FLADE? auch wiseten sie, wan man das bruch banwen
sulle und uszgeben, so sulle man anheben zum jars tage
und sulle baunen bis zu sant Walpurge tag, dasz der gaucb
1707
FLADE — FLäDENBECKE
FLADENBISCHOF — FLADER
1708
guktc und iiit Icngor, und da siil der apt sechs tage vor-
banwen mit sechs knechten odir hcpen und das auch zu
(lade ufliauwen. tceislh. 1, 525.
FLADE, m. l) placcula, alid. flado, fertus ftmis, d. i. opferkuche
(Graff 3, 771), namentlich auch favus ineitis, vihd. vlade, viü
kurzem a:
wis gegrüei^et, lioneges vlade,
hilf uns armen ziio dem stude.
Halpi t>,2Sü. DocEH mjsc. 2,245;
nhd. flade, wofür Keisersb. W(/. II s". seh. d. fen. 112 und
Dastp. 291' flad, Frisius 770*. lOO"'. Maai.er 13«' fladen setzen,
bei LcTHER ist nur das oblique fladen, nicht der nom. ersichtlich,
nnl. vlaede, vlaeie bei Kilian 752", also wil langem vocal, heute
vlade oder gekürzt via. ags. und nord. mangelnd, lulal. flado
Düca;«ce 3, 31S\ dariefrc» flanto 3, 318*. flaco 3, 314', «/. fiadonc,
$p. flaon, fr. flau, die sich eher aus ahd. flado ergeben als aus
lal. placenta, gr. 7i).axovg, Ti'/.ay.ovJT lov, doch diesen nähern
sich flaco und flanlo für flacento. offenbar beiührt sich auch
mit placenta poln. böhm. placek und flado könnte enlsimingcn
tein aus flahdo, so dasz auch flah planus in dem uvrt läge,
vgl. engl. Datcake, dän. fladkage, flacher, breitgefurinter kuche.
fl und pl verhalten sich hiei- uie f und p in Anke, pincione.
einen fladen von vischen gemachet. gute spise 56; wiltu
machen einen fladen von vaslengerete (faxtsjunse). 57 ; der
einen fladen machen wolle von fleische. S6; wiitu einen guten
fladen machen von kalbsichern . . . giu; in den fladen und
backe in vvol. 90;
so ist sie an der liuut getan,
du ribst dir kes gunuog zuo fladen dran, fastn. 71,15;
ir kauft ein küdreck für ein fladen. 370,5;
lieisz fladen!
ir herrn, so trag ich fladen feil,
wolt ir, versucht ir doch ein teil. 374,9. 790,28;
die fasoaclit hat uns pracht zu groszem schaden,
das wil uns die osteru wider kern mit air und fladen. b31,7;
ir junkfrauen, ir schult nit erschrecken!
wenn wir zu ostern wider erkecken,
so wöll wir euch ein pfalTen leilien,
der musz euch die fladen weihen. 722,20;
die gewichten fladen uns nit schmecken,
das noubt das dut man bald entdecken. Brant 110', 96-
dii fragst, was v\irl sein unser speis, werden wir och fladen
essen? ich antwurt und sprich ja, wan die furnemst speis
aller heiligen ist der Dad. nun sprichstu, was ist aber diser
flad? ich sprich, diser flad ist Cristus, unser herr, got und
mensch u.s.w. Keisersberg «c/i«/ der penü. 112"; der flad wird
gesegnet und ist die österlich speis, wird auch zum ersten
versucht vor andrer speis. 112'; so schickt man den fladen
wider und für, verschenkt in. 112'; ein fladen über den zun,
den andern wider herüber, omcis 81*; den fladen zeichnet
man. man bächt in in einem bachofen, man schickt in in
die kirchen und laszt in gesegnen, narrensc/i. 217; ungesewrt
brot und ungesewrte kuchen mit öle gemenget und unge-
sewrte fladen mit öle gcsalbet {vulg. crustulam absque fer-
mentu, lagana azyma). 2 Mos. 29,3; einen fladen aus dem
kurhe des ungcscwrten brots. 29,23; ungesewrte fladen mit
oie bestrichen. 3 Mos. 2, 4. 7, 12. 4 Mos. 6, 15 ; am ostertag,
da man noch die fladen, fleisch, eicr etc. zur kirchen trcgt
und weihen lesseL Luther 1,335';
so fressen wir mit haut und haar
die fladen unberopfcl gar. Gnrg. 199';
schunkeu, käs und fladen. Weckherli?i 530;
mabizeit ordnen sie an und spelteno fladen im grase
legen sie unter die kost. Voss . . .;
traulich auf ein schmal gericht
seid ihr eingeladen,
auf ein freundlich angesicht
und auf diesen fladen.
hält man nur den fladen feucht.
dann verdaut und schlaft man leicht. 5,21.
$. eierfladc, bonigfladc, immcnflade, küscflade, osterflade,
weihnachtflade.
2) bildlich ron menselien, eine buhlerin sagt:
ich wil auch naxmt gehn an den laden
und benchawnn den jungen fladen,
ob ich den mucht int rewsen bringen. II. Sachs III. 1, 197*.
3) excrementum boum pa^eenlium in pralis, böhm. kravincc,
poln. krowieniec, vgl. knhflade. hier lusze sich aber an sl
litato, poln. hiolu kolh denken.'
FLADENAPFEL, m. annona rdieulala, ummelapfel, nnl. vladc-
appnl, eng/i. cuslardapple.
FLADLNBECKE, m. placetaariuM, kuchenbtcker. Carg. 19b'.
FLADENBISCHOF, «i. hat er sich . . . wider sein eigen
gewissen zum beplischen pfafl^en durch einen weihbischof,
welchen er pflegt fladenbischof zu nennen, schmieren lassen.
Ai.iiKRrs »cKicr Witzeln F&'. s. fladenweiher.
FLADE.NDACH, n. lectum jtlacentis Stratum: bratwürstzäun,
honiggips, fladendiicher. Garg. 96*, rgl. kinderm. n* 15.
FLADENGECKE, m. slultus placenlarius : spotteten auch
gesangsvveis durch ein rebhlat. mit abgcslollcner stimme, der
armen fladengecken und nudelnheckcn, dasz sie so übel an-
gelofl^en waren. Garg. 199*.
FLAÜENHAUS, n. im fladcnhaus, da man die giins scbieret.
Fischart groszm. 104.
FLAÜENKRIEG, m. bellum inter placentarios et paslores.
ItAiiELAis 1,25.26. Garg. cu;). 2S. 29; es verlohnte sich woi
der müh, dasz er so einer lumpenursach willen einen fladen-
krieg antieng. Weise ers«. 294. es gehl so blutig her wie im
fladenkrieg, auch schon die kriegsrüstung zwiachcn kurfürst Johann
Friedrich und herzog Moriz 1542 wurde so benannt, weil die aus-
einander gehenden krieger osterfladen geschenkt erhielten.
FLAÜENMANN, m. placenlarius. voc. 1482 h7'.
FLADEN.MAUL, n. placenlo}>liagus : nach disem hülfen die
fladcnmäuler ihrem haubtman Saurimars wider uf die gur.
Garg. 198'.
FLADENSCHIEBER, m. furca placentaria:
am kleinen backhaus, schwarz von rusz,
stehn ofenwisch und fladenschiehcr.
SciiMinT ron Wfrneiichen 251.
FLADENSIEGLIED, n. eantus triumj^iialis de placentarits:
das meisterlos fladensiglied laut also im lilgenton. Garg. 199'.
FLADENWEIHE, f consecratio placenlarum: indem nu Strausz
nicht widerkam und des Witzeis fladenweih sauipt der bawren-
kirmes ein bös ende nemen und man das ablasz mit streiciien
austeilen wolt. Ai.berus wider Witzel G6'.
FLADENWEIHER, m. consecralor placenlarum: wenn einer
teufet, da keine person were, die sich teufen liesze, oder
wenn ein fladenweiher eine glocke teufete, die nicht sein
kan die person, so getauft mag werden, lieber, sage mir,
were das auch eine taufe? Luther 6,84*; denn solch was-
serteufen hab ich, noch kein mensch, seihs erwelet, wie die
Zauberer oder bepstische fladenweiher, noch die wort selbs
erdacht. 6,281"; das sind newe sündc, die für dem bapst
und seinen fladenweihern sünde sind, für gott aber sind
es nicht sünde. /i.scAr. 103"; gleichwie die fladenweiher im
bapstunih, so sich schreiben und rühmen der örter, die sie
doch ihr lebenlang noch nie gesehen. Albeiius icider Witzel G2';
ha ha ha, ietz manest du mich, dasz ich aber musz lachen,
dasz der ernstlich wolf aus dem Dautenberger bag den fuchsen
von Sickingen ir Eberberger höln so dapfer l)ewachen und
auf die haut erhalten wolt vor dem fladenweiher (buehoß von
Trier und dem hitzigen Hessen. Schaue sat. u. pasq. 2, 67 ;
o lieber got, des armen weihens ! ir müszent vorhin gedacht
haben, ob man euch fladenweiher mer fordern wird, stain
und holz, strick und alt kessel zu weihen. 3,149; lieben
fladenweiher bleibt dahaim mit euerm weihen. 3,150;
und auf den fladenwcihr
mit allen frcwdcn schmeiszt. Bingwald laut, tearh. 438.
FLADER, m. placenlarius, fladenbecker, knchenbecker, mhd.
vladiure : und het gesprochen, er wolle den flnder sins koufes
fertigen, als er im ein fladhus geliehen hat in fladergasz.
Oberlin 395 (a. 1421).
FLADER, m. acer, ahom, sowol der bäum selbst, als vorzugs-
weise snn geädertes, geflecktes, krauses holz, das sich zum drechseln
eignet, lignum acernum, venosum, vcna ligni, maser, fr. bois
madr^, nou6 {nodatus), tachele. ctn aJid. fladar, mhd. vladcr
nicht aufzuzeigen, letzteres sidier a\is dem adj. vlederln zu folgern.
zu flad läszt sich das plat in platanus, TiXäraroi halten, be-
riüirung mit flattern (alas agitare) findet kaum statt. Plinius
16,16,26: allerum genus aceris crispo macularum discursu,
qui cum cxcellentior fuit, a simililudinc caudae pavonum
nomen accepit. 16,27: bruscnm et mollu.icuni sunt lubera
aceris arburis, bruscnm quidem intorlius crispum. moiluscuni
simplicius spar.suni. e brusco flunt et mcnsae nigrescenics.
reperitur et in aino tuber, tanto detcrins. quanto ab acere
alnus ipsa distal, hiervon eine stelle bei üiiERLiif 3Ui: »er
baselnusz schiitl in ein gruben, die feuclit sei und dasz sie
darin bezwungen ligen, darusz wachset ein grosz (laderhasel-
baum. Albkru» im diäion. tettt fladder, briucvm. Frisiu«
tu bruscum I6ü" 'brüsch, wie e« die trftier nennend", im
molluscum 833' •8tanimr«ii. fladcr lagciid ctlicb', jm /u6ef 1334'
1709
PLADEft — FLAGGE
PLAGGE — FLAIEN
1710
I
•knorreo, maser, tuberculum düssele'. Maaier gibt 79' brüsch,
136* Qader, 3S4' stammreit, düssel, düssele. brüsch wurde
2, 443 anyezoijen, stammreit und düssel sind ganz dunkle, sond
nicht vorlretende Wörter, bei Stieleb 493 flader f. bii Nejimcu
auch flaser. die Böhmen haben fladr bruscum, tuber aufge-
nommen, hier folgen belege für flader:
darum ein zauu von zederbolz,
die pTorte war von flader. mi-istei-l. 23. n'222;
ict) urteil hie von diesem quader,
es dunkt mich so ein edler Hader,
wir sollen es ein drechsel lassen seen,
ob er ein köpf daraus mocht dreeu. (aitn. 213,2
so urieil ich, ob man das riet,
das mau den flader denn zuschniet (znschnille)
und einen tisch damit iiberleit,
der nurd so kraus und so gemeit
Tur palsam und für pisem schmecken. 213, 12;
dan stöszt man esz (rfis haar) auf mit eim hader,
das esz sich würbelt (kräuselt) wie ein flader. 1276;
von gelbem flader war die pfort,
inwendig tafelt alle ort. H. Sicbs 1,102*;
ich hab heuser von steinen quader,
mein wend getätlet sind mit flader. 1,-67';
daher die hoffart kompt. das man nun haus und stuben-
decken mit goid beschmieret, kupfer verguldet und die sluben
mit dünuem flader furnieret, auch mit papier wie die bachanten
ire kammcrn verkleistert. Matbesics 54"; gleichwie ein rinde
»on einem bäum oder ein flader, auch ein schwamm von
einem bäum. Paracelsus l, 2S7'; so du nun die statt weiszest,
so lege die sälblin über die statt, so erhärtet sie wie ein
flader oder maser. diir. sehr. 12l'; der kröpf ist ein minera-
lisches gewechs gleich dem flader. 440*. heule steht ftir flader
überall maser.
FLADERBAIM, m. acer.
FLÄDERECHT, renosus, maculosus.
FLADERECHTIG, dasselbe, bei Maaler 136* fladerächtig,
blümbt holz, crispans lignum.
FL.\DERHOLZ, n. liguum maculosum aceris; item alle
fladderhoizer zu schonen. Hohbebg 2, 5S2'.
FLADERl.N, maculosus, crispus, mhd. vlederin:
här krüs, reit, vledrin. jüngling 7t (Halft 8, .552) ;
daj hefl was klein vlederin. 1Ielbli!«g 1,494;
nlui. fladerin tisch, pantherinae mensae. .Maaler 136*, gefleckt
läe das pantherfell. s. das folgende.
FLAÜERN, acemus: fladdern oder masern tisch, panllierina
mensa. Alberls; fladrinholz oder maser, murra. ruc. 14S2 h7';
sie hüben alle deine tafelwerk aus fladernholz vom Sanir ge-
macht. Es. 27, 5 ; es ist auch nicht alles fladern, cedern und
palmbeumen, was die färb und ansehen hat. Matuesics 54".
»nun drehte fladerne becher, iric es schon Rudlieb 5, 12 heiszt:
potus at in patera summi tuberis nucerina
praecipui vini piperali sive medonis.
FL.\DERN, blalcrare, plaudern, blodern. Stalder 1,376 ßr
bladem (2, ßO. 141), tcie flach und blach.
FLÄDLEI.N, n. placentula, ßädchen: mag man kleine fledlein
machen, kuchenmcisterei cap. 4.
FLADUNGE.N, Ortsname. Förstemasü 2, 506.
FLAG, n. am vorderfusz des pferdes. bei Sebiz 152 ist unter
den fehlem und krankheüen des pferdes 'Wendung des flags'
genannt, wie vorher 'Wendung des bugs' und der holzschnitl weist
aufs Vorderbein, vielleicht flach als gegensalz zum bug? weder
in dem anlader, noch in Frieor. Pfeiffers Sammlung.
FLAGGE, f. vexillum navale, nnl. rlag, pl. vlaggen, engl.
flag, ist. flagg, 5c/iir. flagg, flagga, dän. flag n. ahd. alts. ags.
fries. nicid verzeidmet, so viel anlasz dazu in den ags. gedichlen
war. mhd. riilleiclit in einer bekannten stelle Waltuers 124, IC :
als ich gedenke an manegen wünneclicben tac,
die mir siut enpfallen gar als in daj mer ein flac,
vo man dem flac die lesarl slac vorzieht, allerdings ist es häufig
ZH sagen 'ein slac in den bach, in daj wa^.^cr', trenn ausge-
drückt werden soll, dasz etwas sclmcll vergehe, verrinne, wie wenn
der Spiegel eines bachs durch einen rutlienscIUag gestört seine glätte
verloren hat , augenblicklich wieder hergestellt wird. doch ins
wogende meer, vom hohen rand des schiffes sciäägt keiner und der
scläag wäre gar nicht wahrzunehmen, wie sollte er auch daJiin
entfallen ? ein schönes bild ist aber die ins meer entfallende flagge,
an der das schif nun vorüber rauscht.
zu diesem vihd. fluc, Oacke äimmt auch die nitd. Schreibung
flacke des 17 jh. bei Stieler 492, Grvpuius und LoiiE!«STEi>f,
nur Fleming schreibt flagge neben flakke:
wird mau nicht jenem gleich, der Tbetis schäum durchstreift
und wider Völker recht die freie flacke hindert,
und die durch brand und thal zustückten segel plündert?
Grtphics 1,333;
der günstige nordost der bläst aus vollen bakken
die holen segel auf, er jagt die hohen flakken. Flesimg 101 ;
der flaggen hoher flug. der blitz der falkenetteo,
der stücken donnerschlag, das jauchzen der trompetlen. 203;
eilt, steckt die flaggen auf, rührt trummein und trombetten,
gebt feuer alsobald aus euren falkenetten. 584:
laszt euch erschrecken nicht die jauchzenden trombetten,
der spiele vollen lerm, der flaggen hohen flug. bbö;
der fromme norden jagt die ausgesteckten flaggen. 590;
der spiele lauter terra, der flaggen rothes blut,
der hacken dunkler blitz, der stücken trübe glut. 591;
die helfle derselben führte römische adler, die andere cherus-
kische pferde in flacken. Lobexsteix Arm. 2, 105i. 1,338;
et is ok mennig stolte flagg an klipp und sand gebleven.
mi. gedieht in Lappe:<bergs Laaremberg s. 133;
drum flog ein schif herzu und liesz
die flagge stattlich wehen. Höltt 33.
flacke würde sich einfach von flacken herleiten, wenn diesem
verbum auszer der bedeutung flagrare auch die von volitare zu-
stände, wie in flackern Leide erscheinen, abweicliend und auf-
fallend ist 'läge' in Opitz Argenis 1, 42S, wo wian liest: an den
spitzen der dreien mastbaume hiengen lagen von unterschie-
denen färben, welche nach dem winde umbher flatterten.
aus seinen gedichten erinnere ich mich keiner stelle, läge könnte
sich zu flage verhalten wie lack zu flack (sp. 1705).
heutzutage herscht entschieden die form flagge, es heiszt die
flagge fliegen, wehen lassen, aufziehen, aufslecken, senken,
streichen; unter deutscher flagge fahren, unter fremder, fal-
scher flagge fahren, s. freudenflagge, trauerflagge.
FLAGGEN, vexillum pandere, wehen lassen, nd. flaggen, nnl.
vlaggen, rfJn. flagge: als der könig einzog, flaggten alle schiffe
FLAGGENBILD, n. figura vexilli navalis.
FLAGGENFCHRER, m., der berechtigt ist eine flagge zu fuhren.
FLAGGENSCHIF, n. nacis praetoria.
FLAGGENSPIEL, n. flackenspiel. Stieler 20S7.
FLAGGENSTANGE, f. pertUa vexilli.
FLAGGENSTOCK, m. dasselbe: den flaggenstock gut frei
halten; der flaggenstock ist gut offen.
FLAIEN, lavare, eluere. Schneller 1, 582 bezeugt uns ein
oberdeutsches flaen, flähen, flajen, fläwen in dieser bedeutung,
man möchte seine älteste form aufspüren, solche Wörter pflegen
schwankend j, h und w neben dem vocal zu entfallen, wie z. b.
mhd. draejen, drsehen, mit dem prael. drate. liesze sich für
vl*jen ebenwol vläte nachweisen, so läge die deulung von flat
und Unflat offen, fläl ist reinheit, glänz, unflät schmutz, eine menge
frauennamen sind mit flüt schön gebildet (Förstemass 1, 407).
ahd. steht aber flewan, flawan: irflawen eluere; thie fiscari
stigun nidar, thaj sie flenitin iru nezzi, ut lavarent relia sua.
T. 19, 4 = Luc. 5, 2, ifö golh. fiskjans afgaggandans us|)vöhun
natja ; mhd. vlew en, vlöuwen : da stunten zwai schifei, dar
an wären vischaere unde fleuten ir netze, fundgr. 1,126;
TOD dSr güsse errlöuwet (vom regen amgi-waxciien),
kröne 6793;
Wolfhart vor den wigandea
mit durchbiegen zanden
noch lac in dem bluote.
in bies der degeu guote
heben ü; der aschen,
sin lierre bat in waschen
unt vlöwen üj den ringen, kl. 1827 Holzx.,
iro bei Lachm. S55 fleun. dies flewen, flöuwen wiese wie strewen,
ströuwen, streuen auf goth. straujan, flaujan, prael. stravida,
flavida, gliche aber dem böhm. plaviti, poln. plawic schwemmen,
schwenken, spülen, die form flähen, flähen dem sl. plakati larare,
und dem lat. lavare, luere braucht man nur den labialanlaul
vorzuschieben, um auch hier der nahen verwandtxchaß sicher :u
sein, vgl. pluere und gr. ■jxXi^rsiv. hier folgen belege für flauen :
da; pain erschain pluutvar, dö schuof der chunic, daj man
c; flaiet mit einem wajger. gesla Rom. K. 51; dö mocht man
weder mit chratzen noch mit fl^en da; pluot ab dem pain
nicht gewaschen. 52; da; sich die lebinn njcht mocht ge-
na>en in dem wa;;er. 69; ein christenmensch, der geOa?t
{laulus, lotus) ist mit der sa'Iigen tauf. 76 ; so wirt da; hemd
geswachet, da; man e; muo; flseen. S6 ; so ward da; hemd
gemailigt und bedürft dann, da; man e; rainiget und fla?t. 86;
in wa;;er fltet. Mege<iberg 403, 7. to« diesem uralten verbum
zeii^ unsere heutige schrißsyraclie keine spur, auszer deni adj
1711
FLAMBERGE — FLAMM
FLAMM — FLAMME
1712
unflätig {illotus); nd. (Akt dauert vlii-n (ßr vioion, flogen) «m
iinne von putzen, schmücken d. i. reinigen, waschen, dann auch
XU recht machen, rüsten:
ik wil de ledder to rechte rlien. Reineke 1915;
sus gingen se släpen tor siilv«n stiint
up den sal gevlegen mit hoie (mit heu ger^chtnückl). 36G7;
de rcst ja nu de kost, d.i gcit dnt flioii »n.
Lappemikugs iMurcmberg 111,173;
wan sik iwe tosamen ü'wn,
wan sik twe tosuracii tlecliten. 119, 18,
me auch flege putz bedeutet, 115,46. 126,71. vgl. brem. wh.
1, 4t8. ScHAMBACu 272'. D.^NNEiL 53'. «»/. vljen, vlijen, ornare
(Kii.iAN 75C') verschieden von vinen, vlaan, degluhere, cTCOi-iare
(KiLiAN 753*), alln. flu, ])art. flcginn, obschon die Vorstellung des
rcinigens, tvaschens mit der des scMlcns, luiulens cinigermaszen
ziisammenlri/t. vgl. flau, flaum.
FL.\MBERGE, f. der name eines heldenschwerts, wofür aber
die altfr. gedickte bald froberge, bald floberge geben {mijlhul.
I9C). Aimon B 4' steht schon 'Hamberg, mein gutes schwelt'
und Garg. tl7' 'des kaisers Groszkaile oriflambe, des Henalds
nainiicige und solclie flammküngcn und wuiinslecher', lieiUe
gilt es den dicJUern übnhaupt für ein flammendes schwerl:
stoszl mit an,
mann für mann,
wer den flaml)erg schwingen kann! Körnp.r 1,104.
FLÄME.N, flandiische, nicderldnduiclie ausspräche annehmen?
enge ermel trcit er lanc,
die sini vor gebr.rmet,
innen swarz und öien l)lanc.
mit siner rede er vlaMnet. Neiohart S2, 2.
FLÄMING, m. flandrensis:
da was von tiuschera lande
Fl.Tminge und Bräbande. Wh. t2C, 14;
den Fl.Tminc und den Engelois,
den Itiäbant und den Franzois. 269,25;
Iper uiide Arra;
scbriten Fl.-praiiige. 437,15;
Marke, du versinc !
din laut da; lit uneben,
ich und manec FI<rminc
muoj liie un.iaiilte leben. Neidiiart 102,34;
mir g.Tb ein lierre lihter sinen meiden i1i;cm stalle,
daune ob ich al.s ein Wieber Fla>minc vür die vroiiwen drunge.
MS. 2, II 9-.
viel Fldmingc u-anderten in Deutschland ein, unser dichter aus
dem Voigtlande schrieb sich Fleming, ein grafemjeschkchl Flemiiiing.
FLÄMISCH, ßandricus, nnl. vlaamsch, nd. vläiusk :
so ist er nibt äne
der vbTmischen liövescbeit
da sin vater Batzc wenic mit ze scbalTen hat.
Neidiiart .'>4, 3i;.
zo noch nhd. fliimisclie guter, .schafe, beringe, scliiilinge,
flämisciies recht, tcarum wol dies worl, das ehmals vielmehr
zart und fein ausdrücJäe, sjHiler den sinn von lurvus, iracundus
überkam? zornig, münisch. Schmeli.er I, 588. er sieht flämisch
au.s, torvum videt; er wird bald flämisch, facile se abrijiipalilur
iracundia. SritiLER 496; ihr werdet mich zwar auf diese frage
gar flähmisch ansehen, rockenpliil. 1, 3 ;
das sieb als überzwercb, mit ganz verdrehten Sternen
und flemschen äugen an. Grobian 7;
und sieh so flämisch aus als ein crstochner bock.
SciiERFERS grub. 4ü;
ihr flämisches gesiebt ist wie der spilzunkram,
aus dessen lächern nächst ein dieb die waaren nahm.
GÖHTUKR 457 ;
'Kell', ruf ich für und für,
'oii bist ein nurr, .so greulich!'
da macht er ein flämisch gesiebt. Götur 3,20t;
sie machten ihm nicht blosz durch ihre gegenwart, sondern
auch oft durch flämische ßcsichter und bittre reden einen
verdrieszlirhcn augenhiick. 19,123; der Vorleser summte fort,
machte dem advocaten ein nüinisch gcsicht. 27, 119. auch nd.
en TlÜoisk gesigt maken, bös und vcrdrieszlich aussehn. brem.
teb. 1, 402, nur in der Schweiz hat sich für nüiiisch die be-
deutung von fein, zart und weich erhalten, wie sie sich auch zur
fläinsrhen, zarten feinen wolle schickt. Stai.her 1, 376.
FLAM.M, F'LAMME, m. i) flamma, schon mhd. verschiedentlich,
und der vlamme wart gejaget
Ar sie an nimc rnuche swnrt. paat. K. 30,8;
die iun((e und die Aren min
Wart mit demn vlamm<-n Rerurt. 144,5;
dar rlaane wiieo lioli erfdf. SK,79|
da; als einis vuers flam
der heilige geist dar ül" si quam. Jeroschin 9607 ;
uiiil du maiicliii) vlanimen rot
machte mit den sinen. 22787;
A-Af, der flamme höbe üf dranc
geieit vicrzic elen lanc. ertöbung 1852.
nhd. wann du gleich durch das feuer gehest, so soll dir der
flammen nit schaden. Frank parad. 63 ; schöpfet und ent-
zündet er den flammen der Unlauterkeit in seinem gemüt.
bucJi d. liebe 292, 1 ; gleich als das feuwer holz begeret zu
naning seines flammen, alle weisen 1592. 1.53"; es wiird ihn
nicht ein jeglicher flamm schaden timn. Paracei.süs 1,95";
er zeucht den flammen vom liecht abe. 2,388"; so verscret
der flamm des feuwers alle ankläger. Keiszner Jerus. 2, 27* ;
je gröszer der flamm uf flackret. Waldis 3,87;
brinnende lieb, du heiszer flam,
wie gar hastu mich umgeben. Amhr. Ib. s. 120,1.
auch in Ölincers gramm. liest man s. 39 der flam, s. 50 der
orfer die flam. bei Schmeiier 1, 588 der oder die flammen.
2) dieses flamm bedeutet in der älteren wundarzneiknnde pani-
culus, eine gcschwulsl, oder ül es panniculns haut, läppe? streife,
von der flammigen gestalt ? so aber der Schiffer {in der wunde)
nicht wolt lassen und doch das fleisch schon hingefallen
were, so hanget er noch an einem flammen, iianirulus ge-
nannt, der wird wol auch noch hinfallen. \ViJRTz25; hieiuit
fieng an auf dem flämmlin des hirns ein fleisch zu wachsen,
gleich wie in einer wunden, das ward je ienger je gröszer,
bis es denselbigen flammen ganz bedecket und ausfüllet.
103; endlich stiesz sich dieser flamm oder fasen auch hin-
weg, so dasz ich sehen konte was darunder were. daselbst,
es pflegt sich auch das gebein zu schälen und abzusloszen
von wegen des lufts und seiner blösze halben, also das der
paniculiis oder flam ob dem bein auch gelämpt wird und
liinfaliet. 238; da es {das nagelgeschwür der wurm genant)
mit allem gewalt hindurch brechen möge durch Verbrennung
des flammes und beinhütleins. 266. x. flamme f. 3.
FL.\MM.\SC11K, f cinis flammae. Henisch 1125,35.
FLAMMBHE.N.NEM), ardens :
das Ihut die finnihrenncndc lieb,
die ihn inbrünstig darzii trieb. Ferrer armbrustsch. gl'.
FLAMMBHÜNSTIG: die seel menschlicher seel ist flam-
brünslige liebe. .Mei.issls bd Opi: z. 172.
FLÄMMCHEN, 11. flummula, nnl. vlammelje:
sie gchn dem flrmimchen auf der spur
und glauben sich nah dem schätze. Götiir 12, 229;
es schleicht ein Mäinmclien am unkenteich. Rörgkr 60'.
FLAMMDEGEN, m. gladius sinuosus, Stiei.er 270. vgl. flam-
berg, flanimkiiuge.
FLAMME, f. flamma, il. fiammn, sp. Ilama, fr. flamme.
alul. ags. alln. ungebraucht, auch alts., doch geben die ps. 72,21
an nammiiii ist, cor iiiflammattini est , altengl. flaiube bei
CuAUCEii, iiafV» dem fr., engl, flame, nnl. vlam, ;)/. vlammen,
schw. flamma, dän. flamme, jene abwesenheil des worls in der
älteren sjnache ist ein kennzeichen seiner sfHlteren enllehnung, di6
formen flimmen neben flammen, flimmern und flammerii reichen
nicht hin zum o/rcw eines deutschen Ursprungs, anders verhält
sich das altsl. plamen , bühm. plainen, )Kdn. plomieii, die in
|ilaiiauti , plonac wurzeln und zu recJU veiscJu)ben sclwinen.
ilamma gelmrt zu llare und würde deutsches bl fordern, wie
bh'isen und bl;\st zeigen, vgl. ifXiyfin.
mlui. erst hin und wieder, nicht bei Hartm. Wotri«. GuTm.
WiHNT, am meisten wol bei Ko.nrad:
zwirne steine hOr in die liant nam,
die wriM di-r Krimmige man,
da; dar ü{ vür diu vlamme. Iluthcr 1042;
wände .si brauten ir mülc
an den gluondl^on sülen
von des füris flammen. Alex. 443S (IV. 438&);
die gotliche vlamme die on verdronkct. Marienlieder 89, 3j;
wan al quam die vlanie sü Kri»?. 90,31;
wilich diiic vlammen enbinnen wt>ren. 93,24;
dat he sine vlammo muste oirenbttrnn. 94,29;
beleip sin glnnx
Vor llurftN lliiiiime iinverschart. Waltuck 4, 18;
ri'ht iilsö driiiKi't uiulii K<'>t
ül kranker ««mtc siainmu
vil starker sorgen flamme, tr. kr. 414"
er wirfei ü^ dem rächen
gilt uiido liiircs fluinnicn. b201 -
1713
FLAMME
PUMME — FLAMMEN
1714
sw^r sich mit ir betriebet,
friunt herre, dem enfvichet
des wilden tiures Xamrae. 9240;
da{ eiler und der Oammen roucb. 9286;
von rehter güete flammen
sin bene wart enzündet. Silv. 1171.
«ät häufiger nhd. l) die leibliche, lebendige flamme: die helle,
lichte, hohe, wilde flamme; sie bricht aus, leuchtet, sprüht,
glüht, prasselt, flattert, verbreitet sich, greift um sich, schlägt
aus, zündet, flamme speien, streuen, werfen, von sich geben;
in die flamme springen, sich in die flammen stürzen, die band
in die flamme 'halten, den Scheiterhaufen in flamme setzen,
er ist feuer und flamme {sp. 15S5), steht in heller Damme, ist
umgeben, bedeckt von flamme, gehüllt in flamme, geht in flam-
men auf, rgl. feuerflamme (.tp. 1591), feuersflamme (sp. 1604)
und in den eben angezognen mhd. stellen; und der herr er-
schein im in einer fewrigen flammen aus dem pusch. 2 Mos.
3, 2 ; fewr ist aus Hesbon gefaren, ein flamme von der slad
Sihon, die hat gefressen Ar der Moabiter. 4 Afos. 21,28; sein
ödem ist wie Hechte lohe und aus seinem munde gehen
«flammen. Hiob 41, 2 ; wie ein fewr den wald verbrent und
wie flamme die berge anzündet. p5. 83, 15; vor im gehet ein
veaehrend fewr und nach im ein brennende flamme. Joel
2, 3 ; sie sprengen daher, wie die wagen rasseln und wie
ein flamme lodert im slro. 2, 5; und das fewr vermocht mit
keiner macht inen zu leuchten, noch die hellen tiammen
der Sterne kunten die elende nacht Hecht machen, ueish.
Salom. 17,5; sende Lazarum, das er das euszerste seines
fingers ins wasser tauche und küle meine zungen, denn ich
leide pein in dieser flammen. Lue. 16,24;
des fewers flammen aus den schifl'en
erbreiten sicti mit hellem glänz. Spie*«g IL 362';
das Wetter schlägt zusammen
mit güssen und mit flammen. Fleiirg 539;
wie zwo flammen sich ergreifen. ScHaut 1";
in goldnen flammen blitzen
der berge wolkenspitzen. 8';
heulend kommt der stürm geflogen,
der die flamme brausend sucht,
prasselnd in die dürre frucht
fällt sie, in des Speichers räume. 7S*;
hoch zu flammen entbrannte die mächtige lohe noch einmal.
GöTUK 40,341;
schon geht der wald in flammen auf. 41,60;
weckt aus der asche behend flammen aufs neue hervor.
1,272;
welcher himmel, welcher göttertag
streute flammen? welche flamme fuhr
auf dich nieder, schalTende natur.
als du Minna lieszest werden? Kl. Schmidt elegieen 39;
zimmer, in welche die morgensonne ihre ersten flammen
wirft. J P. uns. löge 3. 68 ; endlich wehten die flammen der
sonne über die erde herein. Hesp. l, 165; die flammen des
abendroths. 1, 243. ivie der funke aus dem feuer springt, vU
flamme gleichsam eine aus der feuermasse gestrecAle zunge, die
blume. bilde des feuers, ein auf oder nieder fahrender strahl;
doch der pl. flammen drückt auch das feuer zusammen aus.
2) figürlich, gern im pl. flammen der liebe, des hasses,
zorns, kriegs u. s. «.
vergebens sucht ihr feuervoller blick
die flammen wieder anzufachen. Wiklarb;
dort banden wir zusammen
den allerersten strausz.
dort schlugen unsre flammen
zuerst gewallig aus. Götuk 1, 126;
sitzt ihr nur immer, leimt zusammen,
braut ein ragout von andrer schmaus,
und blast die kümmerlichen flammen
aus eurem aschenhäuTchen raus! 12,36;
der freundschaft arme flamme
füllt eines Posa herz nicht aus. Schill» 305*;
lasz ab, lasz ab ! wie beb ich schon
Tor seines zornes flamme. Bcrgek 53':
wo der ring denn hingekommen
weisi ich nicht, sonst gab ich ihn
allen, die in reinen, frommen.
doch verschmähten flammen glühn. Job. Fr. Kind;
ach, schon schwören sich, misbraucht zu frechen flammen
meine geister wider mich zusammen! Scuillek 4';
fahr hin, edler Jüngling ! wenn diese flammen ins Vaterland
schlagen, mögen die Doria feste stehen. 149'; seine freund-
schaft war in eine so hohe flamme aufgeschlagen. J. P. uns.
löge 2, 75; aber erst als die pfarrerin ihr kind in ihren armen
und an ihren lippen hatte, fühlte sie, dasz die gefaugnen
III.
flammen ihrer gefühle ihre öfnung fanden. Hesp. 1,111; und
doch zerstäubt diese arme liebe wie ein alter leichnam,
wenn sie gezeigt wird und ihre flamme zerflattert wie eine
begräbnislampe, wenn sie aufgeschlossen wird. 2,110; die
flamme meiner seele. 2,240; o tonkunst, die du die Vergan-
genheit und die Zukunft mit ihren fliegenden flammen so
nahe an unsre wunden bringst. 3, 76 ; Flamin wurde ein eis-
berg, dann ein vulkan, dann eine wilde flamme. 4,95; da
will ich flammen unter das volk werfen, die den thron ein-
äschern sollen. 4, 96 ; flammen (des zorns), die der eintre-
tende Weberfritz auswarf. Jti. 1, 97; wenn man so nahe vor
der flamme der freude steht, so flieht man zwar menschen,
aber man sucht sie auch. 3, 4. "meine flamme', meine ge-
liebte, für die ich entflammt bin, zumal meine erste, alte Hebe,
enp/. my flame, lat. meus ignis.
3) gleich dem flamm m. bezeichnete auch flamme f. panni-
culus, haut oder läppen: das ist die flamm oder netz, das in
dem bauch die derm bei einander behalt. Brjujxscbweig
Chirurg. 13; die weichen des trildbrets häszen flämen, trf das
flammen? vgl. smalz von flemen (gute speise 9, 2-2). wenn bei
Si-iLDEB 1, 376 steht flamme, eine seile uhweinschmalz, Speckseite,
urie mans vom thier abzieht, so scheint darunter ein fetze oder
streif zu verstehn. veidmdnntsch ist flamme die rothe haut an
den äugen des auerhahns, birkhaims, viclleiclU von der färbe?
sag, hust der krank und wirfet aus?
'ja, ja, grosz flammen nach der paus {copioxe 1, 1197)'.
II. SiCHs V. 354',
d. i. grosze läppen, fetzen, dies flamme scheint femer einen
hesatz, läppen, streifen an der hose ausgedrückt zu haben : darumb
kan auch jederman erkennen, was für ein unvorschampter
pluderischer teufel jetzunder die jungen leut regiert, die so
vorgeszlich mit kurzen rücken, die nit recht die nestel er-
reichen und mit hellischen flammen das entplöszen . . . das
auch die natur bedeckt und vorborgen haben will. Mcscclcs
hosenleufel B4'; wie mit groszem frolocken der hosenteufel
am jüngsten gericht auf sie warten und nach ergangenem
goltes urtheil mit iren hosenflammen in die ewigen, helli-
schen flammen ziehen und reiszen wird. C l' ; machen gott
und dem teufel zn trotz die ludern (al. bludern) und flam-
men noch gröszer, unzüchtiger und bübischer. C 2'. geflammtes
zeug ist gestreiftes, pannus flammeus. im pl. häszen die auf-
laufenden adem des kuheuters flammen, also Striemen oder striche,
ein zeichen der milchfülle.
4) der besoffene 'geht in flammen', geht ungerade, schvankt
hin und her, irie ein irrwisch. Schütze 1, 321.
FLAMMEGEBEND, flammen gebender brennslof
FLAMMEISEN, n. verkzeug der tischler um leisten zu flammen.
FLAM.MEN, flammare, flammas edere: das licht flammt zu
sehr; kiefernholz flammt, gibt eine starke flamme;
mein lieb ist so inprunstig heisz
und flammet in meines herzen kreisz. fasln. 134,5;
herr, sei guts muts, und naher geh
von disem heisz flammenden fewr. H. Sachs V, 214';
sol ich die köngin samt dem kind
verbrennen in flammendem fewr? V, 235";
in des flammenden fewers glut. V, 236';
flammet schwert 1,9', flammend oder geflammt? vgl. flam-
berge sp. 1711; des entzündten flammens der liebe halben.
Amac^ 23;
entzünde mich durch dich und lasx
mein herz ohn end und alle masz
in deiner liebe flammen. P. Gerhard;
sie wüsten beide nicht, dasz eifersüchtige liebhaber den grünen
zäun überstiegen und dort im gesträucbe auf sie mit eifer
und flammenden äugen acht hatten, pd. stockf 284;
und dem groszen allmächtigen kühn mit flammendem grimme
widerstandest. i/essi<M 2, 716;
als er hinsank, flammte der himmel im schauenden äuge
des, der nicht mehr ein sterblicher war. 8,187;
von den goldnen altären
flammten morgenröthen hinauf zu des richtenden throne.
8,273;
er blickte,
nie gewendet, hinauf zu der engen pforte, durch die es
flammte. 10, 383 ;
dem schnellsten gefühl gleich flammt er und eilte. 10,611;
und gern, wie Klopstock liebt, mit persönlichem dativ,
so wie ihm das antlitz vom eilenden fluge noch flammte.
10,618;
dasz sie ihr äuge
niedersenkte, die wang ihr
flammte von rötherer tcham. Klomtocx 2,64;
108
1715
FLAMMEN — FLAMMENATHEM
so hau ihm
nimmer am äuge geüammt. .. .;
auch der Tiirchtbarcn grazie
flammt es von dem altar. 2,97;
bald will ich jenen das hurtige schif mit flammendem donner
schlagen im duukeleu mcer und in irümmer und graus es
tcrschmettern. Od. li.'iSl;
ein solches feuer, wenn auch eben nicht als flammender,
doch als ein hitziger körper. KamI, 41ü; flammende körper
selbitleuchlcnde). 8, 333 ; noch heller flammte ihr zorn. Sicqfr.
von Lindenb. 2, 259 ; wie ehemals der junge Aencas seinen
alten frommen vater aus dem flammenden Troja trug. Wil-
helmine 128;
dann flammen reisig und scheite,
und die envSrmeie nacht wird uns ein glänzendes fest.
GöTUB 1,272;
flamme flammet, roth in gluten
steht das schwarze moosgestclle. 41,309;
wie meine liebe, flammt mein dank. Bürger 12';
zu sammeln, was ihm wuchern wird, zu ahnen
wie hoch sein dank einst flammen wird! Schiller 2.'!.')';
brüder, die räche flammt! Körmer 1,74;
als wollte sie des herzens schuld verkünden,
so flammte mir die sonne blutig roih. 1,135;
vor dem Spiegel, aus dem der unendliche sonnenriese flammt.
J. P. uns. löge 2,80; er schrieb mit einer flammenden dank-
barkeit. 2, 5; die weit breitete sich aus mit flammenden seen.
2, 10; eines philosophen, dem die wahrheitssonnc so wagrechl
in die äugen flammt, dasz er darüber weder weg noch gegend
sieht, llesp. 2,162; er preste die warme band an sein flam-
mendes angesicht. 3, S7; kommt er {der pfarrer) flammend
herunter {von der kanzd). flegelj. 1,26;
flammende brande
leuchteten hell um den wagen herum. Mörikk Marliii 1U9;
die blitze flammen aus den wciternächtcn
und flattern um die göttliche geslalt,
ein strahleniliadem um sie zu flechten. Lkjiau Faust 107;
doch wie auch flammt des Wunsches leidenschafl,
die ehrfurcht hält ihn fest in scheuer hafl. ebenda;
da trat die sonne hervor, die waldkronen flammten. Bettine
br. 1,276.
flimmen und flammen ist wie blink und blank tini ähn-
liches:
es nimmt und flamrot rund um ihn her. Bürger 71^
was gilber flimmen mag und gold mag flammen.
RccKEBi ges, gcd. 1, 176.
2) fr. mit flammenfeuer brennen, flammen viaclien, streifen :
gerupfte gänse flammen, sengen; die stückform durch reis-
holz flammen;
mein herz erweiterst du, du flammst den arm
zu groszen thaten. Weisze;
flamme mich in tigrische mordsucht, leidendes lamm, dir
will ich ein opfer bringen, dasz die schauenden stcrnc über
mir sollen dunkel werden und in todesschaucr erstarren soll
die natur. Schillers rditber, Mannheimer thcalerausg. 5 aiifz.
5 avftr. ; aus den tiefen der gottheit flammte seine zungc
leben und licht. Göthe 5«, 242. häufiger entflammen, accen-
dere (sp. 518). man sagt eine seule flammen, mit reifen ver-
sehen, eine leiste flammen, mit flammähnlichen kerben, seidne
Strümpfe flammen, wässern, ein zeug flammen, flammige figuren
darauf drücken, datier geflammtes, gestreifles zeug.
ein sauberes halstuch
nur leicht seiden, geflammt. Mörikk Martin 33.
in einem Steckbrief ton 1755 heiszt es: geflammte starke, mit etwas
grauen unterschossene haare, die tulpe ist gcflamnit, bunt-
yestreiß, das euter der ktih ist geflammt, s. flammcnstrich.
FLAMMKN, flammeus: nu kan ja niemand einen engel
sehen in seiner natur, sondern allein in seiner flammen (d. t.
flammenen) oder hellen gestalt. Lutiikr 3, 48(>'.
FLAMMK.N, vertuchen ob ein schieszgeuehr abbrennt, um es
trocken und rein zu machen; in der kochkunst, etwis gelb bren-
nen, heisi machen. Stalder 1,376. figürlich betriegen, prellen:
der wirl hat mich gcfllimml, übervoriheill. diese letzte bcdeu-
tung gibt auch Schmkller 1, 5SS, iri« das engl, flam bringen,
einem rlicat aufbinden, weit maciien hciszl. vgl. fleintncn.
FLAMMKN ANTLITZ, n. t.lrahlend<s f^sicht.
FLAMMKNATIIKM, m. der nachlwind bespülte mit kühlen
wellrn ihre feuerwange uad Gustavs nammenatheni. J. 1*. uri5.
hge 1,146.
FLAMMENATHMEND — PLAMMENGEZÜNGT 1716
FLAMMENATHMEND, bcgeislermg :
flammenaihmend erhellst du abgründe vor mir her.
Stolbkrc 1,82.
FLAMMENAUGE, n.
musz ich nicht aus deinen flammenaugen
meiner wollust widerstrahlen saugen? Scuillkr 8';
da reisz ich des bettes verhäng
auf mit ungestümer hast,
und mit tausend flammenaugen
starrt die nacht mich glotzend an.
Grillparzkr alinfrau aufi. 1.
FLAMMENBACH, m.
der meister kann die form zerbrechen
mit weiser band, zur rechten zeit,
doch wehe, wenn in flammenbachen
das glühnde erz sich seihst bel'reii! Scuillkr 79'.
FLAMMENBART, m. wie bartstern, komet.
FLAMMENBECHEH, m.
bestand Brydone schönere gefahr,
als er, ein gott, am ofnen flammenbecher
des Aetna stand und hoher zcclier
der himmelsliifto war? Kl. .Sciiiidt pocf. br. 108.
FLAMMENBESCHWEIFT, flammig geschwänzt,
flammenbeschweifle nachiphantome. Matthissom 105.
FLAMMENBILD, n. leuchtendes bUd.
FLAMMENßlLDUNG, f
soll ich dir, flammenbildun^, weichen?
ich bins, bin Faust, bin deines gleichen. Göthk 12,95.
FLAMMENBLICK, m.
ich liebe dich,
sprach schnell, mU flammenblick, Teutona. Klopstock;
es war schön anzusehn, wie er hoch aus der luft mit dem
blutigen pfeil herunter fiel, aber nun ist sein flammenblick
verloschen, mit dem er Römerleichen suchte. 8, 92 ; mit dem
flammenblick {W'inkelmanns), welcher in Apollos nase götter-
verachtung fand. Stürz 1, 37.
FLAMMEN BLITZ, m.
erliegst du (rose) nicht vor meinem Hammenblitze?
RÜCKSRT 132. ges. gcd. 1, 107.
FLAMMENBLUME, f. pldox, nnl. vlambloem, auch blosz 'die
flamme' :
flamm und mSdchen im busch (nigella damascena).
Klopstock 2, 232.
FLAMMENBOTE, «i.
du bist es heiiger geist,
du warst die feurig kol, so des vorsagers lippen
durch flammenbotten band berührt hat. Rompler s. 4.
FLAMMENDAMPF, m.
zwischen dem abendroth und dem flaramendampf dss Vesuves.
Stolberq 1,403.
FLAMMENDOCHT, m.
ihr herzen all, die pochten
und pochen kämpf fürs licht,
ihr all gleich flammcndochtcn
durchleuchtet mein gesiebt! Rcckert 112. ges. ged. 1,91;
schenk, erneue die flammendochtc des lebens
diesem niedergebrannten löschenden Stumpen. 309.
FLAMMENFARBE, f. color flammeus.
FLAMMENFARBE.N: flosz sie nun langsamer, aber noch
in flammenfarbncr glut, Stulbehc 8,42.
FLAMMENFEUER, n.
da ward ein rother leu, ein kühner freier,
im lauen bnd, der lilie vcrnLiltli
imd beide dann, mit ofnem flammenfeuer,
aus einem braulgeniach ins andere gequiilt. Götui 12,58.
FLAMMENFLUG. ni.
FI,AMMKNFLÜGEL, ni. j>lialaena pyramidea.
FLAMMENGAUKELSPIEL, n.
verzeihst du herr das flammengaukolspiel?
'ich wünsche mir dergleichen scherze viel'. Gotik 41, (>I.
FLAMMENGEHEGE, n.
dann umsauset die sl.idt
ein flammengehegc. Stolbkro l.l, M.
FLAMMENGEPHASSEL, n.
jener »prachs. und laiiler berells ichullt fl.immenpeprRMel
durch <fiö gebftud und esnahnheUzwogi'ndi'gluimd^sbr.indi •«
vtfiicis 2,701.
flammengezCngt,
am scliilliiliirri nfcr
lii: 1 -lige.
n.Mi ii- »rblniige.
gl•^l' MI (onneusiribl. GOni M|-^.
1717 FLAMMENGIPFEL — FLAMMENMEER
FLAMMENMÜRGEN — FLAMMENSAAT 1 7 IS
I
FLAMMNGIPFEL. m. jo lagen am 18 oclober die deutschen
bergsiraszen als milchstraszen und wälder aus llammcngipfeln
um das ause. J. P. Itcrbstbl. 3, 101.
FLAMMENGLFJCH, (lammeus,
er hält sie (die frucht) iii den letzten strahlen
der sonn empor, die ihre glatte haut
mit flammengleichem roth bemahlen, Wieland 23,35.
FLAMMENGLUT, f.
also er stet in flamen giut. fasln. 12S7.
FLAMMENGOLD, n. kleider, welche sein verbreral mit
flammengold. ScHoriELics 1647 s. 269.
FLAMMENGRAB, n.
wenn der phoenix ist bejahret und nimt an den kräften ab,
bauet er von zimraeirinden ihme seihst ein flamraengrab.
Uarsdörfers sonntagandacliten 1,20.2;
bezeugt mirs, Trojas heiige trümmer,
du flammengrah, das meine Stadt verschlang,
dasz ich an jenem schreckenstage nimmer
mich feig entzogen des gerechtes drang. Schiller 33'.
FLAMMENGRLBE, f.
und man trägt die starren glieder
bald zur flammengrube hin. Göthe 1,253.
FLAMMENHAAR, n. kometenschweif.
FLAMMENHAICH, m.
matt von dem flammenhauch des erfindungsreichen Hefästos.
Voss.
FLAMMENHEER, n. der sfcme.
FLAMMENHEISZ,
gleichwie der Hekkelberg. wenn in den hölengruflen
ein flammenheiszer wind der rauhen felsen klulieu
zerlöchret u. s. w. Schottelics lustgarte 33.
FLAMMENHELL, eine flammenhelle nacht;
flammenhelle schlachtgedanken. Lesau n. ged. 33.
FLAMMENHlTiG,
hinab, du flammenbufiges gespann !
gallop apace, yoii fleryl'ooted steeds ! Bomeo .% 2.
FLAMMENKELCH, m. was geht mit dem menschen vor?
was erfährt er, was erlebt er in dem innersten Dammenkelch
seines herzens ? Bettine br. i, 194. tgl. flammenbecher.
FLAMMENRESSEL, m.
an des Aetna flammenkessel
von der Werkstatt qualm umraucht,
schmiedet er. Rcckeri ges. ged. 1,81.
FLAMMENKERZE, f.
stein und felsen ihre herzen,
ihre seelen nacht,
von des himmels flammenkerzen
nie in glut gefacht. Schiller 10*.
FLAMMENLEUCHTE, f.
und neckten mich mit flammenleuchte,
wie ich auch bang sie von mir scheuchte. Tieck 4, 133.
FLAMMENLICHT, n.
der sonnen purpurangesicht,
das aug der weit, das flammenliecht
der menschen sinn erquicket.
Uarsdörfers sonntagsand. 2,21;
reiner als cristallenglas
scheint ihr ganzes angesichte,
Phryne wird ein dunkel fasz
gegen ihrem flammenlichte.
Knittels iinnenfr. s. 14.
FLAMMENLIEBE, /.
war denn diese Dammenliebe
freier willkür heimgestellt?
nein, den samen solcher triebe
streut natur ins herzensfeld. Bürger 44';
im glühnden taumel meiner flammenliebe. Körner 1, 134.
FLAMMENLOCH, n. foramen orbiculare.
FLAMMENLOHE, f.
schlaget nun, ihr kühlen fluten
still um diese flammenloh. Röckert 23. ges. ged. 1,16;
und glut ihr plötzlich bis zum hals hinab
das antliu larbl, als schlüge rings um sie
die weit in helle flammenlohe auf.
Hei>r. \on Kleist 1,125.
FLAMMENMÄDCHEN, n.
du flammenmädchen, fleuch (/. fleug) in
meine zitternden, licbeslassen arme!
Kl. Schmidt im alm. d. d. musen 1774 s. 27.
FLAMMENMEER, n.
bläst aus ein flammenmeer, läszt schwefelwolkcn ziehen.
ScHonELiis lustg. 35.
freilich ists nicht jedem geist gegeben, sich formlos ins flam-
menmeer der gotlheit zu versenken. Herder; aber urtheil
und empfindung bleibt eins und strömt gleich stark in dem
flammenmeere der liebe. Voss br. 1, 189 ;
hciland, lasz uns verlassen nicht stehn,
nicht im flammenmeer untergehn! Körner 1,126.
Brockes setzt 2, 41S. 4, 402. 8, 2S4 flammemeer.
FLAMMENMORGEN, m. wenn ein flammenmorgen in unsre
gassen niedersinkt. J. P. uns. logc 2, 9.
FLAMMENNACHT, f.
sie erlöst Ancbisens laren,
als die glut sein haus urafleng,
sie aus tausend meergefahren
was der flammennaclit entgieng. Bcrger 3*. 127*.
FLAMMENN.AHT, f., flammenstkh, wobei der faden so gezogen
uird, dasz er eine flamme bildet.
FLAMMENNOTH, f. Variante zur eben angeßhrlen stelle BüttcERS.
FLAMMENPAAR, n.
des greises äugen schienen so entglommen,
als er dies sagte, wie einflamraenpaar (che parvero duefochi).
Gries -Ir. 35, 30.
FLAMMENQÜALM, m. so verdüsterte der flammenqualm
des orcus den olympischen äther. Gotbe 45,214.
flammenqueLl, »j.
Eoesie, du flammenquell,
rieh nur los mit leuchtendem verderben, aber schnell!
KöR>ER 1,92.
FL AM.MEN RACHEN, m.
vom fürchterlichsten tod
umschlungen springt aus seinem (des brennenden scltiffes)
flammenrachen
wer springen kann und wirft sich in den nachen. Wieland;
der funke nagt ein wenig am pulver, plötzlich reiszt er einen
ungeheuren flammenrachen auf. J. P. TU. 3, 169.
FLAMMENRAD, ii.
laccbe, lacche ! gnade, gnade!
reisz mich von dem flammenrade. Fr. Mcller 2, 352.
FLAMMENRAUB, m. verlieerung durcli (euer:
das zerstörte haus,
den flammenraub erbauten wir im stillen
mit neuer landschaft rings umzirkt. Göthk 4,72;
und die geduld. die bei zerscblagner blute,
bei flammcnrauh, beim sarg des sohnes und der braut
in die entilohnen tage schaut. Gotter 1,412.
FLAMMENRAUCH, ni.
FLAMMENRAÜCHSTAUB, «i.
flammenrauchstaub kraust empor. Göthe 11,257.
FLA.MMENREDE. f. geradezu eine flammenrede über him-
mel und erde zu halten. J. P. flegclj. l, 152.
FLAMMENREICH, feurig.
FLAMMENREICH, n.
ist der Kocyt so furchtbar anzuschaun
wie dieses ineer? gleicht diesem sitz der oreade
das flammenreich des Dis, der Erebus?
und bin ich hier? "Gerstenberg verm. sehr. 2,79;
des flammenreichs meister
sind rastlose geister. Matthisso» 145.
FLAM.MENREIHER, m. flamming.
FLAMMENRING, «i. Albano sah in einem spiegel seinen
eignen köpf in einen flammenring gefaszt. J. P. Tit. 4, 14.
FLAMMENROTH,
und was mich brennt, so für und für,
ihr mündlein flammenroth.
Kl. Schmidt im alm. der muten 1779 «. 251 ;
dich lobt der donner, der am hiramel rollt,
der flammcnrothe blitz,
der wolkenbruch, der auf die fluren stürzt
und thäler überschwemmt. IIöltt tob der gotlheit;
vom flammenroilien wiederschcine brennt
des meeres spiegel und das lirmament. Schiller 32'.
FLAMMENROTH, n.
'herr pastor' hub sie stotternd an
mit flammenroth auf beiden wangen,
^'mir ist des nachhar Kunzcns söhn
mit einem anirag nachgegangen'. Tikdgi elegicen 1, 170.
FLAMMENRCSTUNG, /.
auf einem goldncn richtstubl lasz es (meinhcwunlsein) thronen,
und alle schrecken des gewissens ihm
in flammenrüstungen zur seile stehn. Heinr. v. Kleist 2,139.
FLAMMENSAAT, f.
wenn der verjagte landmann mit blassem antlitz flieht,
und Aetna flammcnsaaten und felsen speien sieht.
Dusch cerm. verke 65.
108*
1719 FLAMMENSCHILD — FL A51MENSTRICH
FLAMMENSTROM — FLAMMENWUTH 1 720
FLAMMENSCHILD, m.
FLAMMENSCHLUND, m.
FLAMMEiNSCHMERZ, m.
freiidip eil ich, in dem kalien tode
aiuszuloschen meinen Oammenschmeri. Scbillkr S'.
FLAMMENSCHÖN, flanmeus, geflamnü. Stieler 1754.
FLAMMENSCHRIFT, f.
also betet Nephthoa. sein enge!, der nelien ihm schwebte,
höret ihn beten, und schrieb mit unauslöschlichen Zügen
Oammeuscbrin in sein buch. Messias 15,120;
die engel zeugten, enthüllten
nammenschrirt. Itj, 5(1;
doch will ich jenen tbaten hier kein denkraal stiften,
nicht singen will ich deinen rühm,
denn alles prangt schon dort, mit hellen flammenschrirten
in Friedrichs thatenvollem heiligthum.
Kretschma!in hnrile nn Kleists grabe 29;
die magier Kamen, doch keiner Terstand
(u deuten die flamnienschrin an der wand. IlKini;
mit flammensclirift war innigst eingeschrieben
Petrarcas brusl vor allen andern tagen
charfreitag. Göthb 2,18;
tief eingegraben, nie die flamincnsckrift der Icidenschaft.
Bettine la4)eb. 51.
FLAMMENSCHÜTZE, m.
freund, der kleine flammenschütze hat das dritte freudenfeuer
angeflamnit in deinem herzen, über freudcn, die sonst iheucr.
LocAU 3,84.
FLAMMENSCHWANGER, glühten üainmenschwanger. Bhok-
KES 7, 249 ;
die glocke in dem stürme,
die zum gebete ruft,
lockt erst nach ihrem thurrae
die flammenschwangre luft. Körner 1,76.
FLAMMENSCHVVANZ, m.
sie sagt es kaum, so risz
der besen schon sich in die höh und stiesz,
wie ein komet mit seinem flammenschwanze,
den eine weit der herr zerlrümmern hiesz,
das sptnnenweb, nach hundertfachem risz,
zu boden in den staub, trotz seinem seidenglanze.
antliolo(jie 1782 s. 120.
FLAMMENSCHWERT, n.
dem Sturme gleich in mitternächten,
ein flammenschwert in seiner rechten,
siebt sie den todesengel ziehn.
i. G. Jacobi an Gleim 13 febr. 1768.
FLAMMENSCHWINGE, f. Ann. von Drüste ged. 277.
FLAMMENSCHWUNG, «i.
diesen flammenscbwung, den ich schwinge mein schwert, und
nicht langer
sollt ihr ihn sehn ! Messias 13, 467. $. schwung.
FLAMMENSEE, f. Brockes 6,110.
FLAMMENSEELE, f.
bitt ihn, dasz er mich zum vogel macht,
nicht zum adler, nein zur philomele!
dann werd ich mit meiner flammenseele
leicht auf deinem fittig fortgebracht.
Karschin im musenalm. 1798 s. 96.
FLAMMENSEU., n.
vom hohen himmel strahlen sie {die tteme)
empfindung mir ins herz,
mit flnmmenseilen ziehen sie
die Seele himmelwärts. Stolberc 1,412.
FLAMMENSEUFZER, m.
der hochaltar, TOn dürrem gras urorauscbt,
die stufen aus^enindet vom gebet,
zeugt noch, wie oft. von sernphim belauscht,
der andacht flammenseufzcr hier geweht. Matthisson 167.
FLAMMENSPIEL, «.
süszei lAcheln, dasz der sieg nicht fehle,
milderte des glanzes flammenspiel. Uürger 96';
allein sie {die k«ize) halte sich im flammenspiele
des kampfs verzehrt. KvcKtnj gcs. <jeil. 1,189.
FLAMMENSPITZE, f. die nchrtnc gräfin ist heule früh weg.
(ie siebt aus und ist wie eine »chOne scnle, die aus den
letzten flammenspitzen eines nicht verdienten fegfeuers scheidet
und sieb nach dem liiinmel sriinend erhebt. Gothe an fr.
«m Sl. 1,175; der minister halte mit der lichlscheere ohne
noth über den Wachslichtern zugeschnappt und nur die flam-
menspilze geköpft. J. P. TU. 2, 160.
H.AMMKNSTICI!. m. trat (lainmennaht
FLAMMKNSTOCK, m. verkzruii der srhloster und lisrhlrr.
FLAMMENSTRICH, m. bunter flreif, i. b. der lulpe. Staldrr
1, 876.
FLAMMENSTROM, m.
nicht weit von ihm [Friedrich des gr. palasi) in furchtbar
schöner pracht
das haus, wo seine donner schlafen,
well euch! auf deren trotz einst dieser Aetna wacht!
mit flammenströmen wird er strafen. Willaiot poef. sehr. 160;
flammenströme
aus des Cocylus Schlund. Fr. Müixer 2,267.
FLAMMENSTUFE, f.
bis gott zu den flammenstufen
seines ernsten ricbterstuls
auch den letzten vorgerufen
deiner frechen capituls {capitelherreii). Thübiibl 6,326.
FLAMMENSTURMHAUBE, f. buccinum flammeum, fr. casque
flamb^, eine muschel.
FLAMMENTOD, m.
das lebendge will ich preisen,
das nach flammentod sich setinet. Götui 5, 26.
FLAMMENTON, m.
wo du wandelst, in dem raorgenstcrne
oder weiter in der weiten ferne,
die der leier (lyra) flammenton entzückt.
Kl. Schmidt elegieen 83.
FLAMMENTRAGER, m. ßammifcr. Maaleh 137'.
FLAMMENTRIEB, m.
kannst du des herzens flammentrieb nicht dämpfen,
so fordre, tugend, dieses opfer nicht. Schiller 20*.
FLAMMENÜBERMASZ, n.
nun aber bricht aus jenen ewgen gründen
ein flammenübermasz, wir stelin betrofl'en. Görai 41,3.
FLAMMENWAGEN, m.
wir schwebten selbander
im flammenwagen der jugend,
hielten in straffen zügeln die brausenden rosse nicht.
Stolberg 1,321.
FLAMMENWÄLZEND,
der flammenwälzende Acheron. Fr. Müller 1, 150.
FLAMMENWEG, m.
noch schwebet die sonne
in fröhlicher wonne,
versiebet die bahn,
mit froher geberde
treibt sie die pferde
den flammcnweg an. Fr. .Müller 2,379.
FLAMMENWEHEND,
weit in die quer hinziehend das flnmmenwebende haupthaar
funkelt der stern. Voss.
FLAMMENWETTER, n.
der knabe, der ihn führt, sinkt betend nieder
das Junge herz verzagt im flammeiiwetter,
er strecKt die arme jammernd hinimelwärts. Körner 1, 172.
FLAMMENWIND, m.
wollustfunken aus den äugen regnen,
seelcn, wie entbunden, sich begegnen,
in des athcms flammenwind.
Schiller anlhologie 1782 t. 35 (39).
FLAMMENWIRBEL, m
er läszt der blitze flammenwirbel los.
A. W. Schlegkl im mitsrnalm. 1798 s. 70;
es entbrennt unermesxlich die waldung
und rings wehet der wind mit sausenden flammeawirbflln.
Voss.
FLAMMENWORT, n.
als er ihr sich nahet, umarmet ihn einer der siebzig
und erzählt ihm mit flammenwortcn, wie wunderbar gott sei.
Messias 12,740;
flammenwori der entscheidung erscholl und sie flohn vom g»-
ricbtsplau. 18,559;
sie lieben beide dich, und reden
oft mir von dir, und mit flamnienworten. Stouir« 1,360;
ein kirchenlicht, wie keins noch je geschienen,
ein hoher redner, der in kühnen
metanhern sprach, der flnmmenworie schrieb,
und freilich auch ein wonig übertrieb.
Kl. Schmidt kom. dicht. 41.
FLAMMENWUNDE, f
mich verlangt in ruhe da zu weilen,
wo der liebe flamnienwunden heilen. BSicia 100^.
FLAMMENWUNSCH, m.
Insz nicht den flnmmenwunsch im herten lodern,
der Schöpfung ihr gcheimni« abtufodern. Lbnau Faust 7.
FLAMMENWUTH, f.
sie erlöst Anchises laren
als die glut sein hau.« umfleng,
aia aus tausend meergofibren
was der Ournrocnwuth entgieng. Rüssir S*.
1 72 1 FLAMMENZEICHEN — FLANDER
FLANDER — FLANKART
1722
FLAMMENZEICHEN, n.
frisch auf mein volkl die Dammenzeichen rauchen,
hell aus dem norden bricht der freiheit licht. Köbseb I,"9;
in feuer lag die Stadt, an dreizehn ecken
zugleich schlugen die flammenzeichea auf. 2,25.
FLAMMENZECG, n. bei den tischlern, alle zum flammen
nöthigen uerk:euge.
FLAMMENZLG, m.
ihres rühme- fiammenzüge lodern
in dem tempel der unsterhiichkeit. Köhxer 1,61;
grosz iii der kirnst, im leben und im kämpfe,
hast du den ewgen tempel dir gebaut,
wo deines namens fiammenzüge lodern. 2, 189.
FLAM.MERN, frequenlaiiv von flammen, ßndel sich nicht ror
der zweiten hälfle des 11 jh.: wie die sonne geglänzet und ge-
flammert. Scncppics j. lOS; wie die sonne mit ihren güldenen
strahlen den flammernden glänz der sterne benimmt. Salinde
s. 2S. die dichter gesellen dazu Dimmern tcie zu flammen flimmen :
es schleicht ein flämmchen am unkenteich,
das flimmert und flammen so traurig. Bürger 60*;
mitkundig der stillen Vermählung
flimmert und flammen der äther. 24(}^;
mag der strahl des sommers flammem. Rosecarteh;
kommt ihr ersten liebesgefülile in flammernder pracht. Tie«
10, 227.
FLAMMGOLD, n. aurum tremulum, fliUergoid: (silber und
golil) oftmals scbaumsweis auf den felsen ligend, als tafel-
silber, auch auf den wiesen als flaramgold. Pabacefscs 2, 56'.
FLAMMICHT, flammeus: dann etlichs bat grob und kör-
nicht, etlichs flammicbt und leicht gold. Erker 42';
sie {die enget) eilen, gott, wenn du befehle blickst,
durch deinen himmel viel geschwinder
als deine blitze, die du flammicht [es uteht flammigt) schickst!
KiBSCHiN ged. S;
flammicht (ileht flammigt) der stern. Gebstemberg Ugol. 49.
FLASIMIEREN, l) intr. flammen, leuchten:
ich sähe sie dort her flammieren,
die mir die liebste was. beryreien 126, 4.
2) tr. flammare, bei den tischlern für flammen.
FLAMMIG, flammeus: flammige und flammiger wölk, flammi-
voma. roc. 14S2 h "'; als sie den gottesacker öfneten, schwamm
er flammig im schmelz und brand der abendsonne. J. P.
flegelj. 1, 102 ; die rothen ströme gehn neben den wasser-
bächen und so sind die flammigen wesen immer thätig und
freudig. Tieck 4, 375.
FLAMMING, m. phoenicopterus, flamingo, ton seinem flam-
menden, hochroihen gefieder. zu unterscheiden von fläming, Maaler
137" und Hemsch 1125, 36 hat dafür flammbart.
FLAMMKLINGE, f siehe die uiUer flamberge aus Garg. 117*
angeführte stelle.
FL\MMKUCHE, m. ein dünner, zur reinen krusle ausgebackener
biotteig, den man zum jubel der kinder mit den übrigen brolen
ins backhaus schickt. Riehl die Pfälzer s. 267. auch in der Wellerau.
geflammter kuchc? oder nach dem fr. Dan = flade?
FLÄMMLINGE.N, flammatim: hätte sich zwar einmal hin-
aus gewagt, es wäre ihm aber alsobald von groszer hitze
das haar angangen, dasz es flämmlingcn gebrunnen. Simpl.
3,758.
FL.\MMOFEN, m. zum eisenfrisehen oder metallschmelzen.
FL.\MMRLSZ, m. fuligo optima.
FLÄMMSCHUSZ, m. trenn man pulver ohne kugel lo^ennl.
Staldeb 1.376. vgl. flammen.
FL.\MMZEN, olere flammam, nach der flamme schmecken :
das gericht bat angebrennt oder es hat geflämbzt. WUzen-
bürger 129. icelterauisch : die suppe flämmzt. vgl. flanzen.
Flampen, vagarl oHosum, schlendern: Frilz fahrt mit einem
fudcr heu die wiese her und hält aus allen leibeskräften auf
ebenem boden, dasz es nicht umwerfe, o verlorne arbeit,
dachte ich, der wagen gienge eben so richtig daher, wenn
er ruhig hinten nach flampte. der a. mann im Toggenb. 2S6.
gleichviel mit flanggen, pflanggen bei Stalder 1, 377, flankieren,
Kie schlampen mit schlenkern, schlendern.
FL.\NDE, pl. flanden, das geschlecht unsicher, seinliUae e can-
dente ferro micanles. Hemsch 1126, 12, sonst unbezeugt. viel-
leicht flander pl. flandern, *. die folgenden und flinder.
FL.\.N'DER, »n. floccus: da«z die kaminfeger in den kaminen
nur den rusz oder flandern abzukehren pflegen, das pech
»ber hangen lassen. Schmeixer 1, 5S8. 5. flatteirusz.
FLANDER, f lacinia, fl'dter, läppe, lumpe: und Titus (/. Titius)
must unter den laufern mit den flandern ligen. wer zu fusz
in hämisch gangen war, der must plosz under den flandern
geen. MCglei.x 33". 34*. bei Yd. max. 11.7,9 heiszt es: jussit
eum toga laciniis abscissis amictum, discinctaque tunica in-
dulum, nudis pedibus, a mane in noctem usque ad principia
per omne lempus militiae adesse, das ist sehr frei und unklar
verdeutscht, henneberg. flander, fländer, flocke, fetz, vgl. flatter.
FLANDER, m. pleuronectes. s. flinder 5.
FLANDERER, m. hat Hemscb 1126,5 fOt fax, funale und
für flamen, priesler, es gehört zu flande und flandern. schtcäb.
flanderer. flaüergeiM.
FLANDERL, FLANDERLEIN, n. flatlerhaßesmäddten. Schüel-
LER 1. 5SS. Frisch 1, 272' hat fländerlein für fliUer, vgl. flinder.
FLANDERN, FLANDERN, alas agitare , motUare, flattern,
wehen, auch für pfuchzen, sprfitzcn, speien: so es dann ein
andere gestalt gewint oder ein geschmack von sich gibt, oder
im fewer verbrint, pfutzet und fländert, so ist es saJpeter.
Thcrxeisser ron wassern, s. 33. s. flendern und flindern.
FL.\NDERN, Flandria, Flamland, häufig im reim at</" andern,
treulosigkeit und flatterhaßigkeit der weiber oder junggeseäen aus-
zudrücken :
wann dise bübin ist von Flandern,
sie gibt ein hüben umb den andern. H. Sachs 1,516*;
wann die bulerin sind von Flandern,
geben ein narren umb den andern. V, 215*;
und noch öfter bei diesem dichter, vie auch bei .\trer. ich
fragte die zeit nicht viel nach Jungfrauen, gab eine umb die
andere, wo ich hinkam, fand ich eine, und wo ich wegzog,
liesz ich eine, derowegen so war ich risch gerillen, sage
'meine herzliebe Hese, dein herz, dein raih, ich bin von
Flandern, gebe eine um die andern'. Schwei.nichen 1,97;
mein fcins lieb ist von Flandern,
gibt einen umb den andern,
wer ihr nicht zusprechen kann,
dem schneidt sie bald ein kappen an. fl. bl. um 1620;
doch weil mir nun bei andern
das glücke günstig scheint,
so bin ich auch von Flandern. Weise überfl. ged. 4,10;
ich lasz mich niemals den Vorwurf betrüben,
ich wäre von Flandern und striche herum. Gc<<tber 25S;
weil ich so gewohnt zu wandern
heute hier und morgen dort,
meinen sie ich war von Flandern,
schicken gleich mich wieder fon. Göthb 11,339.
das flattern = flandern leitete von selbst auf den namen Flan-
dern und auf das unbesVindige, nicht blosz in der liebe, sondern
überall :
wann wir sind kummen her von Flandern,
geben ein drappen umb den andern. H. Sachs I, öl'\
drappe sclieint traube, racemus? von uns entnahmen die Slaren
böhm. flandra, poln. fladra. serb. tlandra als schelte für ein leicht-
fertiges wäb. Wittesweiler im ring s', 33. s', 25 :
sie ritten in~ enander
recht sam die säw von Flander;
und rumplen unter enander
sam wildeu swein von Flander.
FLANDRER, m. Flandrensis:
der Toscaner lieblichkeit
und der Flandrer witzigkeit. Wecihbruw 376.
vgl. flanderer.
FL.\NDR1SCH, was flämisch, doch ohne dessen nebensinn.
FLANELL, m. pannus laneus tenuior:
sie suchte, wenn der ohm die gute laune verloren,
nach dem bewähnen katzenfell,
und ballt ihn sorgsam in flanell
bis über die obren. Kl. Scuhidt kam. dicht. 276;
wie seine füsze in flanell, so war sein hen warm einge-
futtert in kaufmännischen familienstolz. 2S4;
und ich sah die Wöchnerin froh die verschiedene leinwand,
aber besonders den weichen flanell des Schlafrocks befühlen.
GöTHi 40,246.
FLA.NELLMACHER, m.
FLANELLWEBER, m.
FLANK, m. östreichisch floccus, pannus, fetze, lumpe und
dann homo pannosus, ein lump, lumpenkerl. Hüfeb 1, 226.
Casteili 129: ein grober rülps, ein flank, der sich umtreibt,
flankiert, fländert. bair. = fank, funke. Schm. 1, 589.
FL.\NK.\RT, m. wol nach einem fr. flanchet, flanquart, das
sich von flanc abieilet: und hat mir gott das glück gegeben,
dasz ich ihn und seine knecbt geschlagen, ihne auf der
1723
FLANKE — FLÄNSEL
FLANSEN — FLARUE
1724
rechten seilen, die ich ihme selbst ahgewonnen, mit einem
Kchäflein unter dem flankartz hinein gestoszen, hart ver-
wundet. ScHÄRTLiNS kbcnsb. 4C.
FLANKE, f. latus, lumbus, ein tirJcutsches wort, das gleich
andnn uiisrc vorfaiiren ins romaniscite yclraijen, wir surüdgc-
nvmmcn haben, ahd. lancha (Grakf 2, 222), »?i/ii/. lankc (wb.
1, 934), il. iiancü, sp. flanco, fr. Qanc. Stieler 1070 stellt
nuch lanke tind Oanke nebeneinander, da mit lanke auch gc-
lenk, biegung, einschnilt, taille unmütelbar sielt berührt, alln.
hieckr, schw. länk, ddn. lanke calena ausdrückt und die kitte
aus gliedern, gelcnken besieht; so Idszl sicii rennuten, dasz ahd.
lancha frither hiancha lautete, und aus hl das romanische fl
herrorgieng. mehr noch unter gelenk und lenken.
1) flanke bezeichnet uns die lende, seile des leibs an der hüfle,
am Ihier die dünnung: die dünnimgen, so das gcscheide uni-
schlieszen, heiszen die eisbeine oder flanken. Döbel 1,17;
0 scbonc die kaldauo^nlcere
verilorrte flanke dciiilr mähre!
verzeuch und halt die ziigel an :
steig ab, 0 barter rittcrsmann ((ioii QuLrote).
Kretschmann im alm. 1774 s. 24.
s. flankenschlagen.
2) flanke, die wand, seile eines g^äudes:
seht diese flanken, diese Strebepfeiler,
die stehn nie Tür die ewigkcit gebaut. Schiller 521';
die flanke des bolhverks einer festung, die streichlinie. nicht
anders die flanke, seite eines gebirgs: sowol den berggipfel
als dessen flanken, seilen und Umgebung. Göthe 60, 137.
3) dem lieer werden wie flügel, so auch flanken, seilen bei-
gelegt, man sagt dem feind in die flanke fallen orfer gehen,
ihn von der seite angreifen ; sich in die flanke des feindes
werfen ; die flanken decken ; nach den flanken abfeuern lassen.
oeiuT. rfefr. /e jr. 30, "8; wald auf der flanke haben. 30,121;
die rechte flanke des hcers lehnt an einen beig; sie (iengen
schon an sich turmenweise zu schwenken, uns um die enl-
blöszle flanke herum in den rücken zu fallen. Ki.opstock
Herrn ann seid. ; mittlerweile ein häufen Schweizer demselben
(Karl dem kühnen bei Nancy) von der einen, ein andrer von
der andern seile in die flanquen fiel. Lavater Schweizcrlieder
195; ich thu als wenn ich den Jery nicht kennte und fall
ihm dann mit meinem antrag in die flanke. Göthe 11, 16.
FLANKENSCHLAGEN, n. gewaltsame bewcgung in den seilen
eines thiers, gewöhnlich vorbote seines todes.
FLANKIEREN, vagari, fr. flanquer, vgl. flank, auch tr.
den feind flankieren, prorumpere per mcdios hosles.
FLANNEN, flere, plorare: mit lauter stimm flannt und heult
Jacob, als er Rachel sein basen kennet, umb das verbergt
Jerusalem weinet Israel also, das sie die statt ein flannstatt oder
betilstatt nennten. Frank verbülschiert buch 1559 /*/. 115'. ahd.
flannendo, ora conlorquendo (Graff 3, 773). nicAr «71/cr flennen.
FLANNER, m. ein heulbock. Stieler 99.
FLAIS'S, m. OS, mlid. vlans, oft gleich maul verdclitlich :
•Ir «ult varen der sunnen haj',
sprach der knappe, 'ir sit eiri gang.
möht ir gerüeret bän den flans,
und bei den wirl gevräget!' Parz. 247,28;
als er in bi d^me harte dang,
das kinne wart ime unt der vlans
vll häres da beroubet. Otto hart 268;
6 du Idser gramer flans,
W8J geudestu von der bluomen glänz? Ilnttl. 219, 117,
wie wir heule sagen 'du loses maul', oder wäre zu setzen Gra-
moflanz : glänz?
nhd. thu zu din flans (es steht flnncz) du böser wicht!
Mor<K scliausp. 137,939.
die nhd. idiotica haben es kaum, nur Schm. 1, 590 hat flenscha,
maul, gesicht. das alln. flcnsa lambere, lingere drüclU fomm.
$ög. 6, 350 osaUari aus, wie lambere mit dem maul lecken, so
dasz auf ein flans os geschlossen werden darf im abfieleäelen
flcns II. ignobilet blandüiae Uegl also .sjieichellecJierei. Iicss. flenzen
fiir flensen, das gesicIU verziehen; öslr. flenschen, flienschen.
IIOrKR 1, 230. bai'r. flenschen. Schm. 1,500. j. flanseo, flinscn
und (lunsch.
FLANSEL, FLANSLEIN, n. osculum, mdulchen:
ir tütteU grAnitct,
dn{ icboup siro in «in vlAnsel. Pari. 113,8,
WO andere hst. granii : vlans, gränseltn : vlanscila;
diu an tltm inuir Ir (.ii;^'cn nider
*lrt aU ein 1 -''lin,
•A kluwet m
dat «( muo; > men danc. Honner 13447.
FLANSEN, adulari. Diefemiacu 14*.
FLANST, m. t'a;jor, dampf \\olfs zeilschr. für mvlh. 2, 76.
V(jl. flanzen.
FLANTSCH, laänia, felze, ftalscli: wenn wir jedweden kerlen
einen flantsch vom ohr oder von der achsel abschneiden.
Weise tTzn. 18. Weinhold seid. wb. 21' setzt flanschen m. für
mund und für einen läppen fleisch, besonders ans kla/fender wunde,
man wird Zusammenhang zwischen flans und flantsch einräumen
müssen, Isch und z scheinen dabei immer aus s verderbt.
FLANTSCHE, f dasselbe: wenn ich ihn wüste, ich wollte
ihm zu fusze fallen, und wenn ich ihm flugs eine flantzsche
aus der kniekehle beiszen solle. Weise unvergn. scele 197.
FLANTSCHIER, lacinia, liripijnum. Oberlin 395. fleiitschier
fimbria 397.
FLANZEN, vaporem emiUere, nicderhess. das licht, die lampe
flanzt, dampft, raucht, verwandt mit flamzen. s. flanst. nrf.
sagt man blacken. kann dazu gehören pflanziger, wcicitcr,
nasser schnee? Stalder 1,162.
FLAPPE, f. OS hians, die Schreibung flabbe Lil mehr nieder-
deutsch und vcrIidU sich wie ribbe zu rippe, nnl. Aap. nd. flabb
(Danneil 5l'), in den anlauten IIa läszl sich dhnlichkctl mit flans
nicht verkennen, vgl. labium, lippe. lefze; (lai^itc herab hängende
Unterlippe: mak nich saune flappc. Schamhach 27i'; einem
eins in die flappe geben. Stieler 491; nnl. ik gaf hem eenen
Aap om de ooren ; vliegcnAap, flifgenklatschc. im reimedieh
s. 3 steht Rosenflabbe für Rosenmund. vgl. alln. flipi, inferius
labrum equinum.
FL.\PPEN, plaudere, crepitare, klappen : der kerl ist geflappt.
Callenbach quasi 64. scIUagen. Frohmann 6, 14.
FLAPS, m. von flappen, wie klaps, laps, schnaps, taps von
klappen, läppen, schnappen, tappen, kicks von klacken:
flabbs, la/fe (Danneil 51'); wer mich einen Hegel schimpft,
der ist selber ein flaps ; der flaps wird schon sein fett kriegen ;
ich denke immer, der flaps könte noch seine nachbaren mit
versorgen. Tiecks tischler 2, 305 ; der eitle flaps ! Heinr. v. Kleist
2, 33 ; in beiden folgenden stellen verächtlich mit 'dort' tvrbunden :
das mädchen ringt die band, und er der flaps dort,
der trotzt, wie toll, euch in des Zimmers mitte. "2,50;
flaps dort, schweig er jetzt! 2,71.
man spricht und schreibt auch flapsch. vgl. flips.
FLARRAUGE, n. wundes, rothes, eiterndes äuge : grün wasser-
eppichkraut gestoszen bekompt wol den überstilpften (stülpten)
flarraugen. Tabernaemont. 341 ; dann es sehr ein gut wasser
ist zu den roten flarraugen. 192. s, flcrrange und flirren.
FLARRE, /■. mhd. vlarre und vierre, auf ahd. flarrd und flarriä,
ürftT flard, flariä weisend, nhd. neben flarrc, flärre, flerre auch
blarre, plärre, plärre, plerre (2, 66), nach dem Wechsel zwisciwn
f und 1), «'IC flach «»irf blach, falz wrirf balz; Stieleh 99 schreibt
neben blerre, flerre zugleich flerpe, flörpe. mehrere bcdeutungen,
1) die vielleicht älteste von ejulalus, ploratus niciU aufzuweisen,
docli aus dem vcrbum zu scidicszen, vgl. auch geblürr, geplerr.
2) ridus, os ringcns, weil der li^ftig weinende den mund ver-
zerrt, ein breites maul zieht, diesen sinn legt Schambach 271'
dem nd. flarrc ausdrücklich bä.
3) vulnus grave patens, wie die Vorstellung des mundes und
der wunde sich begegnet, Calderon sagt 'wunden sind münde,
die niciU lügen', die wunde reiszl das fleUch, wie der mund das
gesicIU auf, und die wunde verzerrt fleisch und haut, zerfetzt sie:
mhd. s\ slahcnt im eine vlerren
rtjen über sin wengel. Neidhart 167,13;
oder ör .'slah mir schier
grßzer vlarren vier
iij dem diehe. ilSII. 3,191»;
d^m slab ich tiefe vlarren ü( den zant. 199*;
Rngcldie vriimt Kngelmar
ein vil wiie vlerren
durch sin 8cha>ne; wnnge ilf den zant. 224*.
die flarre wird in oder durch die wange und ai« dem fleisch
geschlagen, so dasz zolin und knorhe fletscht. Sciimellkr I, 590
hat flarr, flärre, plärre für breite, unfdrndicite wunde, narbe und
entzündete stelle, Stalder t, 377 ßr breite wunde, derben schlag,
Dahnert 122 für lange, breite narbe von schnitt oder hieb; he
liat en flaar iipt oog, hat einen flalsch übers äuge bi'kommen
und sieht nun schlecht. Schütze 1,321.
4) risz überhaujA, flarrc ein ris: in leinwand oder zeug, so dasi
fetzen und lap/x-n niedirhängcn, nd. (lirrcn un flarrcn, allerlei
lum]H-n und fetzen. ScHlJrzK 1,321, auseinander geierrlc lapften.
5) flärre ein groszes, breites stück brot oder kiichen. Staloeii
1, 377, uvfür man auch flatsch und fetze hvrt.
I
1725
PLARBEN — FLASCHE
6) eine verschüitete, verzerrte flitssigkeü, ein breiler klecks, bei
Stüresburg 45' kohflarre, kuhfladen, was die kuh fallen lassen,
dabin geflerrt h(ä. östr. der flarn, ein breiler, u-eidier kleks.
7) flarr, area, areola. SchOxsleder P2", ^eichsam ein breiler
jiatx, fleck, urie avch Stalder 2, 5U nachholt, ein alles groszes
haus oder dach, welches übel unterhallen ist. wir nennen das
was sich breit in den weg slelll, spreizt, vnnöthigen plalz ein-
nimmt, ein geflärre, geOürr oder flarre.
die anlaute ron flade. flander, Dans, flarre, flatsch, flatter
haben ähnlichkeil und kiihOade kann mit kuhflarre ^n: 3U5am»ien
fallen, da nd. aus d häu/ig rr wird. g>
FLABREN, FLERREN, 1) ejulare, heulen, wänen, mit plorare
unmittelbar rerwandt, wie blerren an flere malmt, dessen r aber
zur fiexion gehört: das weib, so si fromb ist, mit weinen
und flarren den kranken betrübt. Fram chronica 94'; so
flärret (weint) Saul auch vergebens über die gnad Davides
im bewisen. rerbütsehiert buch 146'. diese bedeulung dauert noch
im Schwab, flarren, flerren, pflerren. Schmid 195.
2) OS ringere, diducere, das maul flerren, zerren, verziehen,
wie auch Bannen, flennen an flans rührt.
3) flarren, vom rieh, kolh auswerfen, pissen, s. flarre 6.
4) sich flarren, flerren, spreizen, in den weg stellen: es ist
so viel unnöthiges geräth herbeigetragen, dasz es sich flerrt,
den räum sperrt; die frau flerrt' sich, macht sich breit.
FLARRIG, übel zerfetzt, zerschnitten, sich spreizend.
FLARZEN, FLARTSCHEN, ron flarre 3 hergeleitet, wund sein,
eitern, bei Stalder 1, 37S flanschen, pflartschen, pflarzen, 1.384
flirzen. Qirtschen, 6«Tobier 194' flartscha. flarza: vertreibt den
kindern die stinkenden und flarzenden flüsz des haupts. Tfur5-
eisser inß. wirk, der erdg. 64 ; wenn den kindern die äuglein
flarzen und von zuflieszender, dicker materi zugebacken. S6.
FLÄSCHCHEN, n. lagenula, fläschlein.
du enget, das hat keine noth.
l)ier ist ein Häschchen; drei tropfen nur
in ihren trank umhüllen
mit tiefem schlaf gelallig die natur. Göthk 12, tS4;
nachbarin I euer fläschchen! 12,201. s. flasche 5.
FLASCHE, /■. lagena, ampuUa, ahd. flascä (Graff 3,774),
mhd. vlasche, vlesche, nnl. viesch, ags. flaxe, engl, flask, altn.
$chw. flaska, dän. flaske, mlai. flasca, flasco, flascus, it. fiasco,
sp. frasco, fr. flacon, russ. fljaga, fljaschka, böhm. flase. puln.
flasza. flaszka, lit. pleszka, ungr. palaszk, palatzk, finn. lasku.
man geht zurück auf ein gr. (f).aay.rj und <p).äay.i.ov. woher
rührt der umlaut im mhd. vlesche, n/. viesch und noch lange
im nhd. flusch, irie im lit. pleszka? auch Alberus schreibt
flesch rasculum, flesch wein; Luther aber flasche. es ist
damit, wie in äsche, täsche neben asehe, lasche (l, 57S) und
was wir eben sahen, in flarre neben flarre. Lcthers frr. 4,553,
trenn riclUig gelesen wurde: und du thätest wot, das du mir
herüber schicktest den ganzen kelier voll meins weins und
ein pfloschen deines biers, so oft du kannst, im invenlar
Elsen vox Holzucsen a. 1410 liest man: itcin vi sz. umb ein
czynen fleschen. item xvi sz. umb ii isern flesschen; bitten
thet, das er im seines guten weiszen weines ein flaschen
schicket. Steinhöwels dec. 384, 20, wo die ausg. 1580 2, 5' ein
flaschen ; da stund Abraham des morgens früe auf und nam
brot und eine flassche mit wasser und legts Hagar auf ire
schulder. 1 Mos. 21, 14 ; da nu das wasser in der flasschen
aus war, warf sie den knaben unter einen bäum. 21,15; da
gieng sie hin und füllet die flassche mit wasser und trenkl
den knaben. 21,19; mit einer flasschen weins. l Sam. 1,24;
einer tregt drei böcklin, der ander drei stück brots, der dritte
ein flasschen mit wein. 10, 3. hier folgen noch mehr stellen,
ältere und neuere.
ein flesche und ein legellin
wart binder in gebunden. Hicetis heldenb 2,197;
mit dem tische das alles bescbach,
was rates man daruf satzt
von spise und von Silbergeschirre,
das lag alles gar irre
under dem tische in der eschen,
köpf, kannen und fleschen. Dioclet. 3759;
du stinkender eimer, du kanige flasch! fasln. 255,12;
das man und frauen wol zu snmmen fügen,
recht sam ein gürtei zu einer taschen
und eben als ein xapf für ein Oaschen. 694,22;
und usz der Ansehen freudig sin,
mörtlich schwur dut man bi dem win. Bram 8^fl6;
sechs, achterlei wein was vorhanden,
da trfig mnn atif mit fleschen, kanden.
WiatttM pUger 03 M. 52;
FLASCHE — FLASCHENBÜRSTE 1726
nasse knaben und trunken fleschen {Irvnkenbolde)
mit bösem wasser seint geweschen. Mörser sc/ie/men*. 34" ;
wirst du grob machen dein schinden,
förcht ich, ich werd dich eins mals finden,
wie mein vater sein flaschen fand.
•die fand er hengen an der wand' frf. i. aufgehängt).
Samder trag, von Johannes dem laufet 07*;
das gelt aus der täschen,
den wein in die flaschen. Garg. 50*;
habt ir auch je ein flaschen aufgeschraubet oder mit eim
diterich erbrochen, so werd ir wol wissen was ir darinnen
gefunden habt. 2t'; ein poet soll auf einer seit am gürtel
ein dintenhorn, auf der andern ein fläsch henken haben,
das soll sein brevirbflchlein sein. 23'; klang der flaschen und
kannen. 112"; im sommer trinken sie aus gekülten flaschen.
253*; es ist was anders in der flaschen, dessen ich gern
bescheid und mich rechts erholen wolle. Pbilasder 2,794;
dannenhero der Säuerling, der an entfernte ausländische örter
soll verführet werden, am allerlängsten dauret und in seiner
gute verbleibet, wann er in die hierzu gerechtelte ausgewäs-
serte flaschen bei reiner Sonnenbestrahlung gefüllet wird.
med. maulaffe 789;
lieber aus der flaschen
als aus der taschen;
die schäfer hatten schon die flöten weggeihan,
und biengen sich nunmehr die leeren flaschen an.
Rost schdferg. 92;
jetzt komm, ich will mit dir nach deinem wäldeben hinken,
vergisi die flasche nicht, ich werde wacker trinken. 140;
jetzt kollert sie die leere flasche. 144.
man sagt die flasche spülen, reinigen, füllen, leeren, öfnen,
versiegeln, entsiegeln, stopfen, propfen, entpropfen, ausstechen,
ihr den hals brechen :
der mann verstand die kunst, den flaschen die halse zu brechen
und glaubt im übrigen gern, was mutier kirche glaubt,
die strafe blieb nicht aus. von übermäszigem zecheo
erzeugte sich ein Dusz an seinem vollmorulshaupt.
Kl. Schmidt kom. dicht. 50;
habe ich denn nicht so manche flasche kapwein mit ihm
ausgestochen? Lessinc;
von nun an trink ich doppelt besire flasche. Götbk 41,68.
in geschliffener flasche. G5the. den wein auf flaschen ziehen,
lerare il vino a finschi. vgl. bierflasche, blechflasche, brant-
weinflasche, dinlenflasche, essichflasche, ölflasche, pulver-
flasche, Weinflasche.
2) die mUchbrüste äner amme werden flaschen genannt:
darmit se f'/iV Jungfern) den bussem so konden utstafl'eren,
als went Karrenamme ere beiden flaschen weren.
LMuremberg 21,106.
3) metallarbätern heisU flasche der den formsand festhaltende
rahmen.
4) am flaschenzug ist flasche das gehäuse, worin sich die
Scheiben finden.
5) am hals der schafe erzeugen sich bei ungesundem futter
kröpfe, die man flaschen oder fläschchen, fläschel nennt.
6) mhd. vlasche, beule, wunde, ohrfeige. Castelli 129:
er hieb ir eine vlaschen. past. K. 156,60.
FLÄSCHEL, n. (f.) lagenula: den visches sdm den vaeht
man denn und tuot in in klaineu fläschel, als triakers fläschel
sinL Megenberg 248,14;
ir herren, nembt das Däscbl und trinket alle!
schaut wie euch der wein wol gefalle, fasln. 432,28;
ich trank kalten wein aus einer fläschel,
das mir we tet der pauch. 472, 16.
FL.ÄSCHELCHEN, n. doppelt diminuiert: item iii heller umb
ein klein fleszelchin . . . umb ein zinen fleszelcbin . . . umb
ein kulkesselchin und ein isem fleszelchin. Els. ton Houbuse:!
invenlar v. 1410.
FLÄSCHELN, ridere, plorare, ßr fleischein? in einemtriegenr-
lied:
sause, liebe ninne, was nistelt im struh?
schab mir die kielte, nimm mannstreu darzu,
enzian, allrain, koabenkraut,
so schmutzelt der bräutgam, so fläschell die braut.
Weise Jacobs heiralh 44.
WEtsHom seht. wb. 2l' fläscheln, den mund zum lachen ver-
ziehn, lächeln, frequentativ von fletschen.
FLASCHEN, succedere, gut von stallen gehn. Fromjia!«!« 5,56.
FLASCHE.NBIRNE, f weil ihre gestalt fiaschenförmig, pirum
ampullaceum,
FLASCHENBCCHSE, f. art vindbüchse.
FLASCHENBÜRSTE, f scopula laguncularis, um die hätte
XU reinit/en und zu schwenken.
1727 FLASCHENET — FLÄSCHLEIN
FLASCHNER — FLÄTIG
1728
FLASCHENET, n. flageolet, kleine flöte von hohen tönen:
wenn lum gesnng der nacbtipallen
in diesem liaiii, deu siliwacher tag durchdringt,
mein kleines flaschenel eriilingl
und seine töne dir gefallen,
dann hör ich dich mit anmuth sagen,
'du hast mir Ja noch nichts verehrt!'
alm. der deutschen musen 1774 s. 23.
FLASCIIENFUTTER, n. lagcnarium, alln. flöskufödr, dän.
flaskefodcr, ein behällnis gelrdnk auf der reUe mit sich zu fiüiren :
doch sprich dein muttcrfasz und flaschenfulter an.
Fleming 582;
Uszt euer kind, betrübte mutier,
und sollte gleich kein tlaschenlXitter
zu finden sein, so musz er Tort. Canitz 350;
ich machte mein fläschefultcr auf und wolle ihm einen trank
spanischen wein zubringen, allein er wolle nicht, sondern
sagte, ihr werdet euer Diischenfutter unterwcgens selbst von
nülhen haben, bis ihr in den sund kommt. Sciioppics 16S4
s. 2S2 ; das schönste und grüszte schock krebse ausgelesen,
abgesotten und dieselbigen mit einem flaschenfulter voll franz-
wein verschanzet, pol. dockf. 98 ; ich liesz ihn nocii ein flaschen-
fulter wein mitnehmen. Geilert 4, 316. figürlich, eine stunde
übergab der andern das flaschenfulter der lust. J. P. Fixl. 176.
FLASCHENGENERAL, m. kcllermeister, der seinen unlerthanen,
den flaschen gebietet, 2u commandieren hat. Gotter 3, 542.
FLASCHENHALS, m. Collum lagenae: der flasche den hals
brechen, sie erüfncn. s. unter flasche.
FLASCHENKELLER, m. abtheilung des kcllers zur auße-
«ahrung geffdUer flaschen.
FLASCHENKELLERCHEN, n.
unter die sterne komm ich gewis in kurzem, denn meiner
flaschenkellerchen Treund ist nicht geringer als Zeus.
alm, der deutschen musen 1776 s. 22G.
FLASCHENKORR, m.
FL.ASCHENKCRRIS, m. Cucurbita lagenaria: die andern sein
breillecht flaschenkürbs genennel, dicweil man flaschen daraus
machen kann. Tabernaemont. 861.
FLASCHENMACHER, m. ampuUarius,' flaschner : fleschen-
mächer, vascularius. Alrerus.
FLASCHENREIF, von getränke, so entwickelt, um auf flaschen
gezogen werden zu können: der wein hat lange gelegen, ist
flaschenreif; ein mittel alle weine binnen wenig stunden
flaschenreif zu machen, wurde unlängst angekündigt.
FLASCHEN REST, m. quod reliquum est in lagena, was in
der angebrochnen flasche übrig ist, die neige.
FLÄSCHE.NTÄNZELN, die flaschen tanzen machen, an ein-
ander stoszen, klirren lassen : faszfingerlen, gläserklingelen und
Daschendänzelen vorgehabt. Garg. 112*.
FLASCHENSAUGER, m. bibax. Henisch 1126, 3L
FLASCHENSCHRAÜBE, f
FLASCHENSPOLER, m.
FLASCHENTRÄGER, m. 1) lagenarum fmtator, aufwdrler,
kellner: jung hur, alte kuplerin, junger bub, alter fleschen-
trager oder galgenschwengel. Frank sprichw. 2, 193' ; ich musz
schier aus diesem schreiben glauben, als sei der gottlos
münich ein Zeitlang ein hurenweibel oder flascbenlrager in
einem solchen tempclhaus (frauenhaus) gewesen. Hier. Rau-
schers ander hundert der bapistischen lügen. 1565. B4; junger
Jicb-, alter flascbenlrager. Henisch 1126, 38.
2) zugrebe, kunkel, wenn die rutlten eines starken weinstocks
auf b bis 1 äugen geschnitten sind.
FLASCHENZUG, m. machina tractoria: ich mesz es dem
bebenden flascheiizuge der electrischen Verstärkungsflaschen
des pontaks bei. J. P. Fixl. 126.
FLASCHGAREI, FLÄSCHGEREI, f. adulteratio, fdlschung,
kaum venelzt aus fälscherei, sondern ein entstelltes, fremdes
wart: von der himmelfarl und krönung Marie ist ein solche
flasgarei, das (dasz es) mich verdrossen hat ze lesen. Frank
chron. 126'; ich mein auch darbei alle die, so der natur ir
krafl bescheiszen und verderben, es sei vom text oder com-
ment der hohen schulen oder anderer flüschgcrei. Paracelsus
chtr. uhr. 342*.
FLASCHICHT, ampuUaceut: die Llunic ist flascUickt von
geiitalt.
FLÄSCHLEIN, n. layenula: ja wann er nit das flcschlin am
bei hei bangen. Kkisehsberc omeu 75^;
baitu loht giuiten allen wein,
dei «oliu mir lullen das fliicbelein. fastn. Ml,t2;
und füll ir auch da« flatcbelfini 601,39;
ich netz Im da» fletchlein an d«n munt,
(u haut (u «irt der paur geiuol. b7V, 1.
FLASCHNER, m. ampuUarius, klempner, il. liascajo:
dei schoustcr (//. Sachs) und dei flaschner (Grübet) hant
für gmatii leut hall gschricbn.
Weikrrt ged. in Nümb. mundarl 174.
FLASER, f. vena in ligno, in lapide, flnder, maser: gneis, in
welchem die flasern zwillingskrystalle sind. Götue 60, 134.
FLASERIG, apialus, variegalus, geädert, gemasert, getüpfelt.
FLASERN, variegare: ein geflasertes holz wäre das schönste.
LoiiENSTEiN i4rm. 2,;U7; kästeben von geflasertem holz. Freytag
soll und haben 1,91. s. durchflasern.
FLAT, mit den entgegengesetzten bedeutungen von mundities und
squalißt, wurde sp. 1710 richtig aus der Vorstellung des waschens
abgeleitet, und eben wie von lavo, luo ein lautum, loluui, illotum
und lulum, entspringen von flaicn, flewen sowol flil, unflAl als
flat, welchem ich kurzen vocal beilege wie er dem lulum zusteht,
dieselbe würzet liefert uns das gewaschene, reine und die abge-
waschene unreinigkeil. flit und unfldt stehn einander gegenüber,
flüt und flat wiederum, iinflät ist illotum, flat ist lutum. das
ungewctschene fällt mit dem schmutzigen meistentheils zusammen,
dem flat und lutum entsprechen böhm. blato, poln. bloto, russ.
bololo, für flat, unflit gibt es keine sl. form.
1) flAl, lautUia, mundilies.
mhd. in lobelichcr vläte. Jeroscuin 19899 ;
an allirhande vläte. 27663,
beidemal: ornate. belege des gegensatzes unvIAt folgen im U.
die nhd. spräche beltdll unflat, wcUirctid sie das positive wort fahren
Idszt.
2) flat, lulum, sordes, squalor. mhd. stellen würden das kurze
a zu erkennen geben, mangeln aber noch, wie ahd. fläl und flat
al)gchn. nhd. wann einer auf die gant oder under die hund
kompl, das das glück von im feit, so fallen alle vermeinte
freund zu flat {zu boden, in den dreck?) nit allein von im,
sonder es rupft und zuckt ieder dem gefallnen ein feder.
Frank sprichw. 1, 20';
der du hast dein volk geheilet
von der groben missethat
und bedeckt der sünden flat.
Adam Wkimhkiher geistliclie wacht. Marb. 1612 s. 341.
auch Steinbach verzeichnet flat, squalor.
FLÄTANGEL, «1. ein nd. scliimpfwort, unflat, grubian, gleichsam
schmutzige thürangel. brem. wb. 1, 406. Schambach 271*, von flat,
sordes. sollte eigentlich geschrieben sän fladangel, fledangel.
FLÄTIG, wiederum zu sclieidcn
1) mhd. fleelic, mundus, purus, pulcher:
junc, fliPlic, süejer man. Parz. 141,5;
flftec warn diu s<!lhen kindclin. 241,49;
DU seht wie flmiigiu kint. 672, 14;
Artus Her die werden
über al da; her diu kinder s^hn,
da si den wünsch mohten sp^hn,
ritter, mägde unde wip,
mangen fl:i'tigen lip. 718, 18;
in welchen allen stellen Wolfram das wort von kindern braucht,
kinder werden vorzugsweise des waschens Uteühaß. ebenso von
einem aussätzigen:
sHs wart er öj dt^n leiden
und von dem armen siechtagen
erheset und also getwagen,
daj 6r da vor in keiner stunt
wart so ri'hte wol gesuni
noch also flatic an der hüt. Engelh. 6353;
wer zweifelt noch, dasz dem flsetic flaien, flewen zum gründe
liegt? vgl. Sciim. 1,594. nhd. nun sahen die herren, das der
gast ein sauberer man was und dazu stark was und flälig.
gesta Rom. K. fiS; da nam Marcius Curtius, ein flüliger Jüng-
ling aus hohem edlem plut ein grosz ros und seinen har-
nasch. ML'glein 73';
ich hnb euch einen auszerschen,
ist jung und schön, verstendig, llftig,
in Sachen auszzurichien theiig. Walois 2,61.
die belege zu unflätig setzen alles noch mehr ins licht, schon
Dasypoihus, Frisius und Maaler führen nur unflülig, niVAi
mehr flälig auf, beide gibt noch der teuloni'da, vledich und
onviedicb. bei Kilian und ulierhauitt nl. fehlen beide.
2) mhd. flclic, flalec, tordidus, squalidus, nicht zur hanJ.
nhd. flälig oder wasserecht plut, flruma, d. i. verderbtes, faulet-
FLÄTK;, (i</r.
1) laute, ojnpare: von der gschwindigkeil des äffen» i»l ein
sprüchworl erwachsen, damit man anzeigen wil, wo einer
I seiner such und kuost Oütig nachgat, so spricht luan, er ut
1729
FLÄTIGKEIT — FLATTERER
FLATTERESCHE — FLATTERHAFT 1730
als hurtig als ein äffe. Geszners thierhuch verdeutscht durch
Forer 1563 bl. 5 ; ich habe mich ein rechtes verwundert aJs
ich sah, wie die Windmühlen so flätig vom winde umgetrieben
werden. Herel die tabacksdose s. 236.
2) sordide, squalide: die mistgabel stinkt mich gar flätig
an. faslnachlspiel ron änem dOlpischen und grabet} baurenknecht,
genant der Steffel von Neuhausen. 1628 A6.
FL.\TIGKE1T, f. sauberkeü, mhd. vleeticheit. Teichser 25.
FLÄTIGLICH, icie flätig 1, mhd. flaetecllch:
beide magde unde wip,
die truogen flaeteclichen lip. Parz. 723, 14.
FLilLICH, adv. sordide: die mistgabel stinkt mich flätlich
an. fastn. ron einem baurenknecht, 1628 Aö'.
FLÄTS, FLÄTSCH, FLATSIG, rudis, ingens, sordidus. nd.
bei Schambach 271, wol für fläds, flädsch. s. flätz.
FLATSCH, m. nimbus effusus, regenguss. Frommaxx 2, 342 ;
ein fletsch, Uatsche blute.-*, illuvies et squalor cruoris. flätsch,
nässe, sdimtitz. Tobler 195". s. flosz und das folgende.
FLATSCHE, m. lacinia, copia, fetze, kaufe: Hans Barth, wel-
chem ich mit meinem rückenstreicher einen groszen flatschen
von seiner krummen habichtsnase gesäbelt. Sdielmufsky 2,39;
ich sende mit heutiger post wieder einen ziemlichen flatschen an
meinen bruder. Lessixg 12, 518 ; wenn Ramler in diesem neuen
flatschen auch nur wieder eine sechsfüszige zeile entdeckt,
so ist es mir schon lieb, ebenda; du bekommst hierbei aber-
mals einen neuen flatschen des manuscripts . . . sobald ich
den zweiten flatschen manuscript zurück habe. 12, 522. 523 ;
unser groszes theater lebt jetzt in angustien {!). eben habe
ich einen flatschen vom Hamlet gesehn. Zelter an Gö/Ae 492.
ein flatschen butter, lehm. Bernd Posen 61. Danneil 52 schreibt
flatsch, flatschn, bei Schämbach 27l' ist flatsche weiblich.
ausierdem steht flatsche {bei Schm. 1. 594 flätschc) auch für
schlag, klatsch oder flasche (in diesem sinn), vgl. mhd. viatsche
wb. 3, 33'*, endlich für aqua temtre effusa, flarre, s. flatschen 3.
FLATSCHET, platt gedrückt. Frommann 4,171. 5,232. vgl.
ahd. fla; flach, platt.
FLATSCHEN, mehrfachen sinnes,
1) lergo insidere, hocken ? die andern zwei Völker Indie flat-
schen auf der erde umb. Frank weltb. 191', oder icas versteht
er darunter? vgl. fletzen.
2) voütare, flattern : die hüner flatschten eins nach dem
andern hinauf zu ihrem loch. Stillings jugend s. 29 (30).
3) flatschen, lemere e/jfundere, stark regnen, platschen, pidi-
schen, s. fletschern.
FLATSCHMAUL, n. plalschmaul, breites.
FLATSCHNASE, f. plalschnase, breilgedrückte.
FLATSCHNASZ, pldlschnasz, triefnasz.
FLATTER, n. nlhd. vlater, u;as bedeutet es in der wieder-
kehrenden formet 'sunder vlater' : gevater cod. Kolocz. 134 ? GA.
2, 162 ist sie mit unrecht ausgemerzt, da in demselben gedieht
gevater auch den reim 'bi dem gater', 'über den gater' empfängt,
es scheint soviel als : ohne ausflucht {s. das folgende), ohne weiteres,
ohne zaudern, ohne langes gerede, geplauder.
FLATTER, n. oslium, foramen alvearis, flugloch, an dem die
bienen aus und ein flattern: wann die stocke weit und darzu
sehr hoch und lang sind, so verzagen die bienen leichtlich
und arbeiten wenig, dasz die stocke in etlichen jähren nicht
bis ans flader voll werden. Hohberg 2, 370'; das flader oder
flugloch. 2,373'.
FLATTERBAND, n. ein frischer busenstrausz mit flatler-
band dem mädchen angesteckt. Möriee Mozart 55.
FLATTEREL f blanditiae, vanitas: lasset uns des teufeis
liebkosen und der weit flattereien verachten. Scriver selensch.
1,363; die natürliche Schönheit eines mägdleins ohn zusatz
von äuszerlichen entlehnten überflüssigen kleidungen, flat-
tereien und phantaseien. 2, 928.
FLATTERER. m. l) sphinx, abend falter, Schmetterling, wozu
sich einige der folgenden stellen nehmen lassen.
2) hämo levis, instabUis, volaticus, alin. fladrari adulator:
schwärm der . . . flatterer. Mrlissvs ps. k5';
ich sah doch, wie mit sanftem kus
der lose zephvr dir geschmeichelt,
du sahst den tlatlrer zu dir nahn
und lächeltest ihn schalkha^ an. J. A. Scnttatt fabeln 95;
getreu soll ich, o Chloe, sein,
ich flatterer? getreu? Gleih an Chloe;
und manch lesbisches mftdchen
straft des liedes eiiln-eihungen,
lacht dem junglinge nicht, welcher den flatterer (Gleim)
tu buchttäblicb erkiftrt. Klopstoci 1, lu«;
III.
ft'Bchen flatb-em beut es (das mätlchen) höhn.
BuRKANH ged. 92;
schon tanzen, ihr hrüder,
dort mädchen in reihn,
sie locken durch lieder
uns kühner zu sein,
sie lachen und scherzen
um Amor das kind,
und küssen und herzen
den flatterer blind. Fr. Mclles 2,395;
soll denn nur ich, ein heimatloser flattrer (schiedrmer)
kein flecklein finden rings wo ich mag fliegen? Rcckkrt S8;
der schwache flattrer (schmetterlinq) ringt vergebens
nach dem verschmähten Strand zurück. Le^au n. ged. 35.
FL.\TTERESCHE, /". populus tremula, beberesche, ziUeresdie,
flitteresche.
FLATTER FLAMME, f flamma agilis, tremula:
wenn sie nur möchte sehn in treuer herzensgunsl,
wie grosz mein liebesleid und meine heisze brunst,
das angelegte feur, so über sich zusammen
in meinem herzen schlagt mit vollen flatterflammen.
Nel'mark luslwälfichen 143.
FLATTERGEIST, m. homo ragus, levis: ich hasse die flad-
dergeister (rar. weblinge) und liebe dein gesetze {vulg. iniquos
odio habui, LXX TiaQavöuovs ifiiar,aa). ps. 119, 113; fladder-
geister heiszen hie die unbesfendigen geister, die imer etwas
newes finden und furnemen, wie kelzer pflegen zu thun. am
rancft' zu 119, 113 ; aber unser schwermer haben den Schwindel
und fladdergeist. Luther 3, 364"; da sinds eitel flüchtige flad-
dergeister. 3,451"; da sihe den fladdergeist abermal. 3.482';
denn so die apostel haben mit inen selbs müssen kempfen,
das sie den artikel erhielten, was wird denn den fladder-
geistern geschehen. 6,69'; denn die flatfergeister und Schwär-
mer verstehen nichts in der schrift. /i5f/ir. 1, 6 ; die Uader-
geister und falschen hrüder. Mathesils löl'; hie machet
Lutherus den heiligen geist zu einem prediger, damit man
nicht hinauf nach ihm gen himmel gaffe, wie die fladergeister
und schwermer thun. MClman.n chriäl. geisel. 109;
die mesz den flattergeist thut schrecken
das uns des nachts vom schlaf nit wecken.
Waldis pdbsll. reich 3,6;
SO musz man auch nicht ehe fliegen wollen, als man federn
bekommt, die flattergeister lügen auch nichts, welche also-
bald nach dem obersten sinnen. SimpL K. 76; du rebelle,
du malcontente, du fladergeist I Weise JeplUhae tochter to3 ;
indem du fladdergeist mit deinen bezaubernden Schmeicheleien
meine seele zu verblenden gesucht hast. irrg. d. l. 381; er
ist ein fladdergeist und fremder kerl. 405; aber harre, un-
getreuer flattergeist, vielleicht veränderst du deine gedanken
w ieder, wann du mich siebest, ficrot 2, 40 ;
die ruthe, sprach sie, nicht zu sehn?
dir flattergeist ist recht, geschehn. Gellert 1,251;
doch auch der mauschel leichtes geld
beförderten die flattergeister
rasch wieder in die weite weit. Langbeik ged. 2,115;
armes Julchen, beinahe hätte ich dein gutes herz unter dei-
nem flattergeisfe verkannt! Weisze kinderfr. 2,154; zirbel-
drüsentheriak, der nichts als einige scrupel unsers flatter-
geistes übrig läszt. Hamann 2. 183.
FLATTERGEISTERISCH, hier gebe ich ein spitziges lan-
cetlein, die etwan flattergeisterische würm zu figieren und
zu bannisieren. Callenbach Wurmland 94.
FLATTERGERÄLSCH, n.
bajonette blitzen, in langen, starrenden reiben,
hoch vom flattergeräusch farbiger fahnen umweht.
Salis 113.
FL.\TTERGROB, n. vox gravissima tubae.
FL.4TTERHAAR, n.
wir in dieser tausend äste flüsterzittem, Säuselschweben
reizen tändelnd, locken leise, wurzelauf des lebens quellen
nach den zweigen, bald mit blättern, bald mit bluten über-
schwenglich
zieren wir die flatterhaare trei zu luftigem gedeihn.
GöTHE 41,247.
FL.\TTERHAFT, vagus: seiner fladderhaften art nach schlug
er sich die spröde und kaltsinnige fräulein sogleich aus dem
sinne, irrg. d. l. 442; die flatterhaften jähre sind vorüber.
Weisze lustsp. 2,12; ihre Schwester Julie ist ein leichtsin-
niges, flatterhaftes ding, kinderfr. 1,158; laune eines flatter-
haften publicums. Lichtenberg 3,23;
bedenke, Phvllis Will mich hassen,
das flatterbahe böte kind, Lusn^o 1,84;
109
1731 FLATTERHAFTIGKEIT — FLATTERN
nun, statt des lenzes flatterharten rosen,
anstatt des sommers wandelbaren nelken,
pflück ich die blume meiner huldigungen. Röckkbt 61;
ein flatterhaftes, sattes quintett. J. P. Kamp. 36.
FLATTERHAFTIGKEIT, f. läppische flatterhaftigkeit. Kant
10,11; ich habe grosze fehler, aber flatterhaftigkeit gehört
nicht darunter, der jüngste meiner freunde ist es (d. h. flaller-
haß) seit zehn jähren. Götter JeanneUe 2,5;
die Heb und auch die zeit
verlernen hier die flatterhaftigkeit,
vergessen, dasz sie flügel tragen.
Kl. Schviot knm. dicht. 1$4.
FLATTERHAÜT, f. unter den beutelthieren gibt es viele
nächtliche mit flatterhäuten.
FLATTERICHT, volaiicus, levis, mobilis: von einer flader-
echten würze! {beim rcinfar) kommen vil stengei. Bock krduterb.
128; flattericht gestein, loses, klüßiges, unfestes, leicht zu ge-
winnendes; in meinem unbeständigen und flatterichten herzen.
ehe eines ueibes 211;
noch ein Spaneigen lacht, dis ist ein flattricht kind,
gemüth und leih ist gut, nur fleisch und blut sind blind.
GÖNTUER 457;
gut ist dein herz und mehr als die flatterichte seele eines
Schmetterlings. Wieland 32, 238.
FLATTERIG, dasselbe: unwissende, flattrige scribenten.
Wl.NKELMAN.f 5, 113.
FLATTERKLND, n.
ein bonigvö^Iein, weich und zart,
ist leichte sinnenliebe,
von Schmetterlings und bienen art
sind ihre nahrungstriebe.
nur Tür den lenz bat die natur
dies flatterkind geboren. Bürger 10l^
FL.\TTERKOHL, m. brassica patula, effusa, dessen blälter sich
nicht in hdttptcr versammeln.
FLATTERLICHT, n.
damit ein flatterlicht von falscher phantasei
uns nicht verführen mag. Brociks 3,59.
FLÄTTERLING, m. papilio.
FLATTERMÄDCHEN, n. siehe flittermädchen sp. 1224.
FLATTERMAUS, f. vespertilio, fledermaus : gleich den flatter-
meusen, die allein im tunkein fliegen. Bdtschky Pa/n». 488. 912.
FLATTERMINE, f. cuniculus tumuUuarius :
und selbst den leuten du bon ton
ist dieses büchlein lustig erschienen,
es ist kein globe de compression,
sind lauter flatterinienen. Götue 2,268;
die beute legt er meist zu neuen fladderminen unter pharao-
tischen an. J. P. Tit. 2, 26.
FLATTERN, alis plaudere, rolitarc, den flug versuchen, erheben,
erst schwach fliegen, ags. flotrian, engl, flutter, ahd. und auch mhd.
noch nicht aufzuzeigen, man müste denn das sp. 1729 angeführte
'sunder flafer' heranziehen. aUn. fladra, blandiliis fallere, schw.
fladdra volitare, vgl. fr. flatter und flotter, s. flieszen 8. einige
schreiben fladern und fladdern. wie volitare aus volare erwächst,
möchte man bei flattern on fliegen denAen, dessen formen doch nicht
in fla übertreten, zunädist aber liegt flittern, das zu flattern steht
wie knittern zu knattern, gitter zu gatter, flickern zu flackern,
Oirzen zu flarzen, flimmern zu flammern und flutlern, bei
Fbisius 1403*, Maaleb 13S'. 139", fludcrn, flüdern, pfludern bei
Stalder 1, 384 neben flodern. auch .Siieler 493 stellt Haderen,
flederen, flattern, flottern, fluttern nebeneinander, man ver-
gleiche plaudern und ahd. fludar (= fluodar) fluor (Graff 3, 754),
so wie die mhd. reime blodern : flödern im weinschwelg 230.
bei Fhomiia?!!» 4, 353 heiszt es : 'der knabe fliltert [plaudert) sein
platt wie eine milblc', das flattern in dfr luß gleicht dem plät-
schern im Wasser, flittern, flattern, fluttern nöthigen nicht zu
brdfnkliciiem flitten flalt flutlen, sondern können, wie schon
Weicand 1, 345 vermutet, hervorgegangen sän aus flüdan oder
flStan, praet. Hat, dessen pl. uo haben mochte, wie trlilan, trat,
truodun für trälun, so dasz sieh höher aufwärts ein goth. fludan,
flad, fludun {GÜS. 848) folgern und der scldiisscl für flödus,
ahd. fluot gewinnen Uesie. die Vorstellungen flieszen und fliegen
berühren sieh genug, jenes fluttern scitiene demnach aus flödern,
fluodeni verderbt, oder enthielte das alte u des praesens, durch
dn^eichaüeles n entspringt flandern {sp. 1722). hätte sich die
«W. und mhd. spräche des worles fla Item so oß bedient ait die
nhd., wären wir über die formen besser im remen. auch im ags.
tnyl. t und II für d. vgl. fledcrmaut.
1) flaltern ton feurr, Uclit, bltlt : H-L,.., ,„lpr flaH<Tn all
FLATTERN
1732
das feuer hin und her zitteren, crepitare. voc. 1482 il'; das
feuer fladerl zum dach hinaus. Stieler 493;
die flammen flattern nicht,
wenn ihnen scharfer wind und freie lufl gebricht.
Neuhark tuslw. 154;
und wankt der kerze flatternd rieht:
das ist mein geist, o zweifle nicht! Matthisson 206;
eilt was ihr könnt die Irrlichter aufzusuchen, es ist noch zu
hell sie zu sehen, aber vielleicht hört ihr sie lachen und
flattern. Götiie 15, 241. hierlier gehört flattergeist. wenn aber
ein blitz in unser äuge flatterte. J. P. Hcsp. 3, 121 ; dessen
zersplitterte blitze an den fenstern und an der Stubendecke
flatterten. 3,188; die güsse des lichts flatterten immer breiter.
Fixlein 138.
2) von luß, wind, wasser: der tag brütete die frische nacht-
luft seiner seele zu einem schwülen flattern des Südwindes
an. J. P. flcx/). 3, 144; der laue flatternde äther des frühlings.
3, 231; ein abendlüftchen flatterte in den lindenblättern.
4,73; als die töne immer leiser flatterten. 3,75; flatterndes
getöne von Aeolharfen. 4,190; wie der schlagende punct des
räderthiers im flatternden wasserkügelchen des bergstroms
schwimmt. 1, 168 ; Liane stand hinter dem flatternden wasser
{der fontaine). Tit. 2, 15.
3) flattern in luß oder wasser: die kleinen diebe aber, so
kaum zehn groschen stelen, die müssen flattern. Luther
4,527'; der schatten dieses groszen menschen stand gleich-
sam an die nacht geworfen flatternd und aufgerichtet vor
ihm. J. P. Hesp. 1, 73 ; eine Zeitlang flattert die seele am
boden, aber bald schwebt sie aufwärts. Bettine br. 2, 309 ;
denn andre sind flatternde schatten. Od' 10, 495,
die übrigen schwirren als schatten (Uschner),
Tot Se axial aiaaovatv.
sähe etliche creaturen im wasser herum fladern. Simpl. K. "lt.
4) vorzugsweise von vögeln und insecten: der zum erstenmal
ausfliegende nestling flattert, schlägt noch unsicher mit smwn
flügeln ; die arme taube flattert unter den krallen des habichls ;
der rabe mit fladdern und kratzen verhinderte. Kircuuuf
wcndunm. 25'^
in des papillons gestalt
llattricb. Götue 1,56;
es flattert um die quelle
die wechselnde libelle. 1,69;
da rasselt, dn flattert und sträubet es sich,
wie gegen den falken die taube. Borger 60';
und es entstürzte dem ncst jählings vor entsetzen der eule
noch schwach flatternde brut, dasz der flaum an den balken
umher flog. Morike Marlin s. 137;
es badet und badet
was krabbelt und kriecht!
es badet und badet
was flattert und fliegt! Kl. Schiidt kom. dicht. 145;
die freude mit flatterndem gefleder
läszt sieb auf seinem vorhaupt nieder. 210;
vgl. flügelflatterschlag. bringet rosse erauf, wie fladdernde
kefer. Jcr. 51, 27 ; fladernde käfer, bruchi crcpitanles. Stieler
493; und so flatter ich denn mit ziemlich abgestäubleii
schmetterlingschwingen im unabsehlichen tenipel. J. P. Hesp.
3, 118 ; da flattert der menschenzweifalter auf und nieder.
ebenda; die ältesten gefühle flattern unter den nachtschinet-
terlingen. flegelj. 1, 57. vgl. flatterer, flatterling, flatterschc.
5) von bäumen, kränzen, bändem, wimpeln, gewand und haar :
flattert driiber (über dem lyrnftc) hfingebirken,
dampft den lag umher durch luub. Salis 127;
juchheisa, ihr fledler, zum lustigen tanz!
mir schweben die füsze, mir flattert der kränz! Di!RciR35';
schwebt unsre faline noch? 'hoch flattert «le*. Scuillir 48t';
hierauf nahm er die krftnze herab und gab sie dem madrhcn
nächst zur band, auch die flattormlcn bander.
MoHiKE Marlin 19;
tuch aufspannen, doch so stark dasz es auch nicht fluddcrl.
Kirchhof mil. di^c. 104;
doln flatterndes gewand wie unumwölkter himmel
flog um die srhulter her. Karschin yed. 121 ;
und wo die hnar« lieblich natlcrn,
um iiirnsclicnsiirneii freundlich wchn,
dii .Hiebt iii.'in .ti-lilaiigoii lii^r und nadern
die girigeHchwoliiien b.lurho hiahn. Schiller 58*;
o du mein hArIcIn, nioin gelbes hArlein
wirst nicht mehr nnttirn im wehnden winde. GOnu 11,117;
die losen enden flnitern windbewegl. . . .
C) rofi krdutern und wurzeln, die sich über den erdboden
rankend trstt-'—:. ■•■.i.-,. j^.. ,..i fortkriechen (wie flechten 2):
1733
FLATTERN — FLATTERSCHE
FLATTERSCHNELL — FLAU
1734
die yrrmel (des riedgrases) fladert und kreucht im grund mit
Tilea zaselen. Bocr kräuterb. 53" ; ein knöpfeclite, kriechende
Wurzel, die da hin und her in der erden üadert und kreucht,
wie der hopfen und quecken. 315 ; fladert mehr auf der erden,
dann das es über sich zu wachsen begeret. 846; die wurzel
[des mespelbaums) fladert weit umb sich. Lomcercs 2S'; das
gröszer riedgras hat eine kriechende und fladernde, zasechtige
wurzel. TABER!tAE». 525; die wurzel der wegdistel fladert im
erdreich weit um sich. lOSO; die wurzel disz gewechs ist an
gestait uneben mit >ilen angehenkten beiwurzeln oder zeser-
lein fladernder und zerspreiier weis begabt. Thcrneisser inß.
wirk, aller erdg. 3; quinquefolium vulgare überkommt eine
lange dunkelbraune wurzel, sie ist nicht dick, fladert hin
und wieder mit ihren nebenwürzlein. Hohberg 3,1.438*; die
wurzel (von der tceiszwurz) fladert auf dem grund. 453*. schade
dasz die heutigen bolaniker des so bezeichnenden uortes sich enthalten,
7) merkwürdig ist die anicendung auf ein feierlidtes, gleichsam
fliegendes, im gewande prangendes gericht gegenüber dem kahlen,
bluiten (2, 194) : so mein frauw wil ir geding han gefladert,
so soll sie es gebieten vor sant Verenen miss siben nacht,
wil sie es han blutt, so soll sie es siben nacht darnach
gebieten, ueislh. 4, 58 (o. 1394).
8) abslractionen : wenn sie den te.\t betten angesehen und
nicht darüber hin gefladdert, wie itzt unser blinden leser
über die schrift fladdern. Luther 5,394'; aber das sie (die
vemunß) wil aus dem haus oder fürstenthum mit iren ge-
danken fliegen und in das gütlich wesen fladdern und davon
urteilen, reimet sich übel. 6,64'; hie sind uns erst genomen
und gewehret die klugen gedanken, damit die vernunft gen
himel fladdert und goit in der majestät suchet und forschet,
wie er im himel regiere. 6,67*; die andern werden fladdern
nach hohen dingen. iK<cAr. 288'; die weit aber nimpt golt in
ir nit war, rauscht und fladert mit dem gedön der creaturen
immer zu onmiiszig für über, darum weisz sie nichts, sie
hört nicht, darumb lert sie nichts, geht die weil in tausend
unnützen künsten umb, grübelt, sucht und lert immer zu.
Fr.4>k lob des gütlichen irorts 156*; zwischen teutsch und fremd
hin und her fladdernde worte. Leibsitz ged. von der deutschen
spr. 96; woher kömmt uns gelassenen, ernsten Deutschen
die flatternde Ungeduld? Lessisg 7,73; Lottchen theilte die
aufgestellten bauerkinder nach den köpfen ab und Fritze
und Luischen gaben jedem seine bestimmte traube. nach
diesem fröhlichen geschäfte flatterten sie zurück, stellten
sich selbst mit unter die arbeiter und halfen mit {trauten)
lesen. Weisze kinderfr. 9,45;
stets ist jüDglingeD ja ihr hen voll flatterndes leichtsinns.
IL 3,109;
insgemein auch flattern der jungem roänner gemüther.
BcRGES 207»;
denn der Jünglinge sinn ist unstät immer, üscbku;
verbülle mit dem schwarzen mantel mir
das wilde blut, das in den wangen flattert,
hood mr unmauod blood, bating in m; cheeks,
with tby black mantle. Homeo 3, 2,
wo unmanned und bating von dem falken enlnommen sind:
an unmanned hawk is one that is not brought to endure
Company, bating is fluttering with the wings as striving to
fly away. Steevess. das phänomen der flatternden herzen
erklärt in Doves opt. Studien s. 1S2. Chariton. wiewol eine frau,
doch griechischschlank, flatterte neben Liane fort. J. P. Tit.
2,63; frohe töne, nach denen söhne und töchter um den
kurzen abend flattern (unterm maibaum tanzen), biogr. bei.
1.183; alle äugen liefen jetzt der läuferin nach und flatterten
mit ihr durch das heildunkel des abends in den pfarrgarlen.
liesp. 1,55; eine röthelzeichnung seiner und ihrer dabin ge-
flatterten freudentage im pfarrgarlen. 2, 235 ; nur auf dem
derben stamme der individuafion flattert die blute des Ideals.
aesth. 3, 18. flatternder sinn, wie flattersinn.
s. aufflattern, entflattern, herflattem, hinflattern, nachflat-
lern, umflattern, verflattern, zerflattern, zuflattern.
FLATTERRUSZ, m. gleichviel mü flander (sp. 1722), der feine
aus dem rauch niederfallende rusz.
FLATTERRCSTER. m. ulmus tremula.
FLATTERSCHAR, f. cohors volatica:
sich, der bübchen flatterschar,
das bewegt und regt so schnelle,
■wie der morgen sie gebar,
flügelhan sicn paar und paar. Göthe 3,38.
FLATTERSCHE, f. pyralis phalaena, Schmetterling, vgl. fletterle.
FLATTERSCHNELL: flammen und fladerschnelles fewn
SCHOTTEL.
FLATTERSCHÖN, vergänglich schön.
FLATTERSEMDE, f. juncus effusus, flaUerbinse.
FLATTERSLNN, m. levitas, inconstantia. Stieler 2031-
ob eine der kammenofen, wie glaublich scheinen könnte,
am flattersinn der schönen Colilicbon
auf diese weise sich zu rächen ihm vergönnte. Wiklahd 4, 93 ;
und eher must ich euren flattersinn,
als eure Schwermut schelten. Schiller 40S*;
wir leben im Zeitalter der Systeme.
ich habe manch ein liebsystem gemacht,
du aber hast, dasz es mein werk beschäme,
den flattersinn in ein system gebracht. Röcurt 364;
es hat nicht selten
sein flattersinn den treuen geist misbraucht. gas. ged. 1,130;
wofern ich euch erheitern soll, so musz
ich wol ein lustges lied anstimmen, eins,
das recht den flattersinn der liebe predigt? Plitbn 244*.
FLATTERSINMG.
nicht flattersinntg wiegen
sie sich von haus zu haus. Platkn 16*;
flattersinnig, unbeständig liesz ich zwar das äuge schweifen.
at'.
FLATTERSTAUB, m. der im freien vom gewöhnlichen winde
aufgejagte staub, welcher sich überall ansetzt, in dürren som-
mern sehen blätter und fruchte mancher gewächse weiszlich
aus von flatterstaub (nirgend stärker als vor den Ihoren Neapels).
FLATTERTHIER, n. eine art fiedermäuse.
FLATTERUNG, /. ^ausus alarum:
und mit der flatterung der flüge! macht es wind.
LoHB!»sTEPi aiiserl. ged. 1, 252.
FL.ATTERWERK, n. effugium, praelextus:
ich könnte hier von dir und deinem klugen handel
ohn alles flatterwerk der schnöden heuchelei
ein herliches gepräng und groszes wesen machen.
Chr. Grtpuics poel. wätd. 1,315.
FLATTERWTRZEL, /". vgl. flattern 6: man soll im junio
der erdbeer kriechende fladderwurzel von den rechten stocken
abnehmen und weiter versetzen, sonst verderben sie den
hauptstock. Hohberg 1, 122'.
FLATTIEREN, blandiri, nach dem fr. flauer, prov. flatar,
das weder it. noch sp. erscheint und von Diez 631 aus ags. flat,
ahd. flaj geleitel wird ; vielmehr ist unser flattern dabei im spiel,
der Schmeichler schlägt mit den flügeln, tcie der hund mit dem
schwänz wedelt. Maaler 137' schreibt flatieren, schmeichlen,
geschickt zum flatieren, der den falben gaul wol reiten kann,
eruditus ad assenlationem ;
aus complimenten und flattieren
erkennt man den politicum. Gönthkr 910;
ich kann nicht flattieren, wer heutiges tages fortzukommen
gedenket, der musz flattieren lernen. Stieler 493. die person,
icie bei schmeicheln, im datio:
dem ja von je, du klagtest es immer, die alte flattiert hat.
HöRixB Martin 52,
fehlerhaft im ace.: du willst unser eine nur immerdar flat-
tieren. J. P. Siebenk. 1, 117.
FLATTIERER. m. adulator, palpator. Maaleb 137'.
FLÄTZ, FLÖTZ. «i. scurra, homo impudens. Stieler 516;
hallunke, scburke, schuft und knecht,
flötz, flegel und canaille!
FLATZENMAüL,n. flatschmaul: die faulen mägd und flatzen-
mäuler. Kalziporus a6*.
FLAU, infirmus, debilis, eigentlich aber dUutus und von flewen,
flauen (sp. 1735) herzuleiten, ein mhd. flou oder flouwe voraus-
setzend, wie lau tepidus dem ahd. lao, thau ros dem mhd. tou gen.
touwes entspricht, nnl. flauw. Bredero 110. da sich nun lau dem
ags. vläc vergleicht, darf auch für flau und flauw die nnl. nd)en-
form flac oder vlac, golh. {)laqus erwogen werden, unser adj.
erscheint unhäufig, fast nur unter kaufleuten oder in den redens-
arien es ist, es wird mir flau = schwach, der ursprüngliche
sinn tritt klar hervor in folgender stelle: die hohen und starken
färben hieszen bei den Römern saturi, und die flauen färben
und von niedrigerm tone diluti. WiNRELHA.tn 5, 193. beiunsem
mahlem ist dieser gegensats des satten und flauen (rerwaschnen)
nicht so üblich, doch nennen sie äru; sanfte bläuliche ferne flau.
es stimmt dazu ganz, dasz auch wer sich schwach fühlt, weil er
nicht zum essen gelangt, sagt es ist mir flau im magen oder
leib: wenn einer ein bischen vorgelegt hat, so hats so leicht
nicht noth, dasz ihm unterwegens flau wird. Segfr. von Lin-
denb. 2,189;
mir ist ganz flau
om lung und leber und die gall läuft über. Tiicc 1,259.
109*
1735
FLAÜAÜS — FLAUM
m der kaufmannssprache von der waart alUäglich : wein flau, kaffe
flau für ungesucJä im handel, wenig abgesetzt, anderwärts lau,
matt, schwach : flau, kalt im betragen. lUeraturbriffe (1762)
14,264; er meinte der graf sei flau und grämisch über den
heereszug und ihm nicbt mit gutem willen nachgezogen.
MusAEDS volksm. 577; kunst und kritik kann nicht so matt
und willenlos in einer lauen und flauen mitte stehen bleiben.
TiECK nov. kr. 4, 238 ; nun endlich gab Österreich einen flauen
wessenbergschen entwurf in etwas veränderter gestalt und ver-
einbarte ende des monats mit Hannover und Preuszen aus
diesem und dem flauesteo preusziscben entwürfe einen neuen
dritten. Gervinus 19 jh. 1, 301. an berühritng des flau mit tat.
flebilis, fr. faible für fleble, floible ist nicht zu denken, wol
aber besteht ein fr. flou, floi, matt. Diez 632.
FLAUAUS, m. in der Welterau ßatlerhaßer, leicfü sinniger mensch,
liesze sich aus dem imp. von flauen, fleuen erklären waschaus,
der sich auswdsctU, verwäschl, Schwächling. Weigano bei Haupt
7, 551 deutet fleuch aus !
FLAUDACH, n. rantenta ferri, hammerscMag : flawdach, cal-
citon (chaiciton), et est quod resultat de ferro, quando pur-
galur in igne. voc. 1482 h 7' ; flawdach, squama, ebenda, flau-
dacb squama. kk5'; flawdach squama. Hemscb 1126,65, wozu
er fiscbscbupe und barplatten hämisch sel^. vgl. Diefenbacu
89'. wahrscheinlich auch von flewen levarc, purgare und aufzu-
lösen in ein alid. flawidabi, 'flewidahi. ein andrer name des
hammerschlags ist feuersprang und sp. 1604 nachzulwlen.
FLAUE, f. languor, alid. flewi, mhd. flöuwe, mangel der
lebhaßigkeit im verkehr, wenn die kauflust mangelt: heute grosze
flaue im handel, flaue im kornhandel u. s. «'.
FLAUEN, 1) infirmari, languere, nnl. flauwen, flau sein, lau
ergehn. ärgerte sich, wenn der kaffe in den Zeitungen flaute.
Frevtag soll u. hc^en 1, 7.
2) zuweilen für Ir. flauen, fleuen, waschen, schwenken: die
Wäsche flauen, in kaltem wasser abspülen; die gepochten erze
flauen, wascltcn, reinigen, s. erfläuen, flauwen.
FLAUFASZ, n. spülfasz, waschfasz.
FLAUHEIT, /. was flaue: ftauheit im baumwoUenhandel.
auch für lauheit, flauheit der gesinnung.
FLAUM, m. lulum, sordes, colluvies = flat 2 und ebenso aus
flewan abzuleiten, ahd. floum, viclleiclil goth. flagms, wie bagms
= ahd. poum und ylt'yfia = flamma. woroltfloum 0. V. 1, 21
ist colluvies mundi, was Graff 3, 76S falsch erklärt und unter
fliuhan gebracht ist, das ags. fleäm fuga war verführerisch, ein
mhd. floum nicht aufzuzeigen, doch sehr möglich, tmter den
heuligen mundarlen ein nd. adj. vlaum schmutzig, trübe von
Wasser und äuge (Schambacu 271'. VVoeste 110), flömrig, lümrig
(Dan-neil 54") und damit scheint das subst. flöm für fett, sahne,
raiim, flauni das rulie nierenfeil der gänse und schweine genau
verwandt, wie auch mhd. räm sordes ausdrückt, mü fett be-
sudelt man sich, fettige bände sind unreine, schmutzige {sp. 1574).
FL.\UM, m. pluma, ein lehnworl, dem vorangehenden unver-
wandt, und nicht etwa auf fliegen, wie buchstäblich wol angienge,
lurückzu führen, weil es sonst ahd. mhd. außrelen m&sle. auch
bestätigt der für ausländische Wörter vorzugsweise geltende häufige
Übergang des anlautenden fl in pfl diese auffassung, aber ehmals
galt auch pl. MecenijERG brauclU das wort, wozu er genug an-
lasz gehabt Itätle, in keiner form, schon Dasypodius 187' setzt
zu pluma ein deutsches flum, plum, 329" hingegen flaum oder
pflaum, Frisiüs 1012' flaumfäderen, Maaleh 137', Stieler 204
gibt plüme und pnaumfedern. allmälich führte sich daun, dune
on (2,85.1.1529), eiderdaun und eider (3, 84); der echtere aut-
druck wird unter gauch, mhd. gouch vorgeführt.
1) filuma mollissima:
so lang ihr zarlei rell aur flaum und ederdon ruht.
WiiLAND 4,77;
es ist so lütt auf flaum und rosenbl&tiera
im arm der wollust sich vergöttern. 9,5;
und wenn sie sich xnr ruh begab versanl(
die schönd Jasi der «volgepflegien landen
in icbwaoenflauro. 9, tii^;
bebt wie ein vogel, der vom bäum
rescheticbt aus seines nestes flaum
in eineo dacbsbau sich verflogen. Thühmil Kilian 3;
sieh weisier als pflaun
im giirten den bflcin
von unien bin obeunn blühen. J. M. MaLia yed. 121 ;
und wol|;c(allig hnrchl er unverwandl.
■is streichle jemand ihm die haui mit pflaum.
muiLruiitm. l'i\tS. 46;
biafesireclii auf Oaumen (;>< ) oder raoos. Büscita . . . ;
FLAUM— FL AUMICHT 1736
ich sah mit staunen und vergnügen
eine pl'auenfeder im coran liegen.
an dir, wie an des himmels siernen
ist gottes grösze im lileinen zu lernen,
dasz er, der weiten überhlicl<t,
sein äuge hier hat aulgedrückt,
und so den leichten flaum geschmüclit,
dasz knnige kaum unternahmen
die pracht des vogels nachzuahmen. Göthk 5,235;
diesen zierlich und krhriig doch
kiium geborenen sniigling
faltet in reinster windeln flaum. 41,231;
wenn wirklich etwas poetisches an ihm wäre, auch nur der
flaum einer dichterschwinge. J. P. flegelj. 1, Hl.
2) lanugo:
mit gänseflaum ums kinn. Wieland 9,14;
das alter, wo der knab im Jüngling sich verliert,
und hier und da, was ehmals glatt gewesen,
mit weichem pflaum sich schmückt und sanft beschattet wird.
Jurid und (ianymed 566;
sobald ihm etwas flaum durchs kinn gestochen. . . .;
an (/. von) eigentlichem verstand, an (von) lessingiscbem,
sitzt ihm {Lavater) kaum der erste flaum am kinn. Hkinse
an Jacobi 2, 90 ;
da sproszt ihm kaum der erste flaum ums kinn. Schillik 331*;
er träume denn, ihm ist ein träum gewinn,
wem noch ein llaum besät das weicne blonde kinn.
Platen 11*;
dasz ich, wiewol der jugend flaum am kinne,
von fest und spiel und fröhlichem gelage
der mitgenossen weggewandt die sinne. 43';
trau nur auf des freundes beharrlichen sinn,
doch kehrt er nicht wieder mit flaumen am kinn. 155*;
um der lippe feinen säum,
wie am rand der quelle,
sproszt ein weicher frühlingsflaum
aus der jugend welle. Röckert 360;
braun sind die äugen, blond das lockenhaar.
der flaum am kinn will eben erst erscheinen,
der sprach 'er hat schon hart, der 'er hat keinen'.
Gribs Bojardo 2, 15, 44 ;
die armen gänse, als sie noch klein mit gelben flaumen
dünn bekleidet sich im nest zusammen drängten. Abnih
schaub. 2, 141.
FLAUMBART, m. was flaumenbart.
FLAUMBÄRTIG.
FLAUME, f. was flanke 1: flaumen, flanken, dünnwildpret,
wammen ist das zarte wildpret, so den bauch eines thieres
formieret und von denen rippen bis zum scblegel gehet.
Heppe «'o/redt';ider jdger 124. von flaum, lanugo, gebildet? oder
von flaum fett?
FLAUMEN, plumare: ein riedisch genslin wol bepflaumeL
Garg. 138', wo andere ausgaben gepflaumet.
FLAUMENBART, m. adolescens:
da kam ein junger flaumenbart
voll anniuih und voll leben. Borger 111*.
FLAUMENBETT, n. lectus jüumosus.
FLAUMENFEDER, f. lanugo:
ein andres würd ihn gar ein hübsch gesichle nennen,
und einen Mavorskopf in seinem köpf erkennen,
verstellt sich von der zeit, als noch in Mavors hart
die pflaumenfeder hieng und er zum mann erst ward.
Weiszb lu-slo]). 1,397.
FLAUMENLAGER, n. flaumenbetl:
wo manche zarte Städterin
halb wach im flaumenlagcr säumte. Voss.
FLAUMENSTREICHEN, n. adulaiio, nnl. plulmslrijken :
steht fest und leszt sich nicht beweichen
ir federlescn und pOaiimcnstreichen. Waldis 1,11 6{. 9*.
FLAUMENSTREICHER, m. adulalor: pflauinenstreicher sein
all falsch. Gartnbri dicla proverb. 9'
FLAUMENWEICH,
erwachet Bamiuo! Malcolm! Donalbain!
werft diesen flauincnweichen schlaf von euch,
des todes schoinbild und erblickt ihn selbst! Scbiixir 565*.
FLAUMENWEIHER, m. weites beU. J. P. FixL 119.
FLAUMFEDER, f. pluma mollissima: ich küste seine kalten
lippen . . . und gewis wäre ich wie eine flaunifeder von seinem
bauche bcw egt wurden, wenn er seine secle nicht ausgebaucht
hatte. Arnim 1,250.
FLAUMICHT, plumosus: Blnquo, Donalbln, Malcom, er-
wacht! schüttelt ihn ab diesen pflaumiglcn schlaf, da» ehen-
bild des luden und seht den lud sclbsU Wacnkks MacbtA 54.
1737
FLAUMIG — FLAUSENMACHER
FLAUMIG: [dumeus:
werrt ab den flaumgen schlaf!
shake off this downy sieep! Macbeth 2,3;
eh noch sein flaumig kinn der dienen eingeseifet. Voss 6, 174;
du gehst in dunkelheit, doch wie ein halher mond
umstrahlt dein angesicht der flaumig junge hart. Plates 76';
sein mund zwar ist dein, doch die stimme war xart,
er hatte dein kinn, aber flaumigen hart. 154'.
FLALMNELKE, /. dianthus superbus, federnelke.
FLAÜMWOGE, f. federbat: lief er im hafen der flaum-
wogen ein, so war er mit seiner abendandacht fertig. J. P.
Fixl. 96.
FLAUS, m. vergröbert in FLAüSCH, globus laneus, eüicium,
vesiis cUicina, nahverwandl mit flies, rellus, kos man nachsehe,
ahd. glossen gewähren ein unsichres flaus für loga oder strophium
(Graff 3,774. gl. hrab. 975*.'. gl. ker. 272. Diut. 1,277), das
ein aiterlhümlicher abtaut von Oios, flius sein könnte und nach
analogie von lös = golh. laus eigentlich Aus zu lauten hätte;
es kommt aber auch laos und uie sich hernach zeigen vrird,
flaos = lös, Qüs tor. ein solches Ü6s begegnet weder ahd. noch
mild.. Aus steht fundgr. 1, 36S', die nd. mundart hat Aus, flusch
{vgl. plüsch). mnl. viüs, hör. belg. 7, 36*. Reinaert 5590. weder
Maaler, noch Hemsch, Stieleb kennen flaus. Frisch 1, 273'
gibt flauscb für schuncolle, raufwolle, wenn sie wie ein feil bei-
sammen ist. AiiELCNG setzt ein flausch wolle, haare; späterhin
kommt grober, rauher, grauer flaus für tuch und kleid vor:
WehmeitT im geräumigen, saftgrünen flause hängend. J. P.
Tit. 1, 104. Mephislopheles Fausts alten pelz schüttelnd, dasz cicaden
und käfer daraus fahren:
ich schüttle noch einmal den alten flaus,
noch eines flattert hier und dort hinaus.
hiaauT! nmher! in hunderttausend ecken
eilt euch ihr liebchen lu verstecken. Göthk 41, 94.
in folgender stelle scheint der goldne flaus goldgewand oder goldnes
flies, der fürst von Albion :
schlagt aus dem goldnen flaus
und aus dem silbernen futter
der heiligen thaler und heinrichsdor.
Kl. ScHXiDT kom. dicht. 1S6.
vgl. flausrock.
FLAUSE, f. nugae, tricae, mendacium, fucus, windbeuielei.
wir sahen eben aus dem flaus grillen schütteln und umgekehrt
sind grillen auch flausen. in einem gesprdch bei Nefflex s. 178 :
nun, Lorenz, soll die frau wirtin noch keinen spiritus holen?
L. 'meintweaga, wenn glei seina flausa in der stuba rum
fliega. dasz (dasz es) a elend ist', doch läszt sich flause nirgend
als benennung des heimchens weisen, obschon die launen und
giillen fliegen und gefangen werden.
wir haben grillen und haben launen,
ja wol manchmal auch eine flause. Göths 5,263.
meistentheils steht aber der pl. flausen : auf lauter flausen und
faxen denken; da müssen alle flausen aufhören;
lieben macht flausen
und melancholisch blut,
benimmt die freiheit
und stürzet den mut;
ach, Merten, ein sack mit ducaten,
ach dann war uns beiden geraten,
ach hätten wir, hätten wir dfn!
dann wollten wir zechen und schmausen,
dann machte kein amtmaun uns flausen,
dann sollte der schuhe wol sehn! BuRXAH.t ged. 29;
flausen machen. Hebxes Soph. reise 4, 7S ; was sollen die vielen
flausen? kommt zur sache. Tieck 3,183; Lucas, lasse die
flausen I J. P ßegelj. 1, 69 (102) ; es dünke ihns, er sei zu
solchen flausen wol alt, und wahrscheinlich werde die base
ihn nicht heraufgeschickt haben, um mit solchem narren-
werk es zu versäumen. Gotthelf LH der kn. 29S (2S0) ; ihr
wollt mit mir nur eure flausen treiben. 302 (2S3) und öfler.
zu diesem flause, flausen stimmt, lae bereits Scbxeu.eb 1, 592
sah, das ahd. kiflös, susurratio, fallacia, flusari, cafloasari, falsi
loquax, mendax, kifl6sida praestigia, welche Gbaff mit unrecht
2, 266. 276. 278 unter fliosan = farliosan bringt, der diphthong
oa in floasari dient dem vorhin beigebrachten ahd. flaus = flös
zur besläligung, man darf also flaus floccus laneus und flause
mendacium vereinen, nugae, tricae sind zugleich flocci und globi,
gerade wie zotte und zote, vellus und villus steh berühren,
vielleicht findet sich noch ein mhd. fl6s und fl6se auf und belebt
diese Vermutungen. Schm. 1, 570 fausen ohne 1, vte 1, 589 flank
für fank.
FLAUSENMACHER, m. mendax, Windbeutel: ein grober knoll
und dabei ein flausenmacher. J. P. flegelj. 2, 48.
FLAUSEXTREIBER — FLECHTEN 1 738
FLAUSENTREIBER, »n. dasselbe.
FLAUSROCK, m. vesiis ßoccosa, flaus. siehe 6et Voss 6,161
das sdiöne gedieht mit dem refrain:
und zieh den alten flausrock an.
FLAUTE, f. tibia transversaria, gewöhnlich flöte, querfföte. it.
Qaulo m., fr. flöte f, nnl. fluit, nd. fleit, fleidfts für fleiü
Dasxeil 83, auch böhm. flauta, flautraver, foln. flet, flotrower< :
der guckuck überschreit des Phoebus nachtigallen,
ein nächtliches holla durchdringt das fensterglas,
so zierlich kan es kaum aus jener hole schallen,
in welcher Cacus einst mit seiner flaute sasz. GüiiiasB 5SS;
könnt ich spielen eine laute,
wüst ich wem ich mich vertraute,
vor dein fenster würd ich treten,
könnt ich blasen auf der flaute. Platkh 85*.
FLAüTROG, m. flaufasz, trog zum flauen der erze.
FLAüWEN, /arare, flauen, geschrieben wie frauwen, trauwen
für frauen, trauen:
dasz man zu heller tageszeit
soll ehrlichen weibern und frauwen
nachstellen, ihren beiz zu flauwen.
Friscuunorcx Susanna 2S9;
und hast dich nit vor dieser frauwen
gefurcht, gescheuhet ihr zu flauwen. 448.
FLECHSE, f. nerrus, tendo, sehne, von flachs {sp. 1701, 5),
kaum vom lat. flesus zu leiten, vgl. hernach flechten:
und das frohe sternenhaus
geuszt den schlummernden gewachsen
neue kraft in ihre flecbsen. Flesimc 36<>;
t
auf meinen ersten hieb blieb ihm die rechte band nur an
einer einzigen flechse hangen. Felsenb. 3, 444 ; so hält die
natur verschiedene flecbsen in def band, mit denen sie durch
ein geringes zerren sofort das ganze weih unvermerkt ins
laufen bringt. J. P. teufelsp. 1, 15.
FLECHSENHAUBE, f gewebc von flechsen auf dem schadet.
FLECHSENHAUT, f düntie und breite flechse.
FLECHSENMASCHINE, f. corpus: meine flechsenmaschine
hat sich noch nicht an jene beweglichkeit gewöhnt, welche
für die teränderlichkeit der befehle nothwendig ist. J. P.
grönl. proc. 102.
FLECHSICHT, nervosus. Stieleb 492.
FLECHTARBEIT, f opus viminale, crates:
und schickt mir des Lorenz jungen, den Uampfusz
der so saubere flechtarbeit in weiden und rcbr macht.
MöRiKB ilariin s. 77.
FLECHTBAND, n. laenia: wenn du sieben locke meines
heubts flöchtest mit einem jlechtband, und heftest sie mit
einem nagel ein. nc/U. 16, 13; er aber wachet auf von seinem
schlaf und zog die geflochten locke mit nagel und flechtband
eraus. 16, 14.
FLECHTBREITE, f. latifundium lichenum: von den flecht-
breiten auf dem verwitterten zerbröckelten ruingestein, von
den grashalmen. Göthe 43, 422.
FLECHTCHEN, n. taeniola:
ihr meine flechtchen von grüner seide
sollt nicht mehr funkeln im Sonnenschein. Göthk 11,117.
FLECHTE, f crates, teges, textura, goth. flahto, 1 Tim. 2, 9,
vielleicht flaihtö, ahd. flehtä, mW. flehte.
1) flechtendes und geflochtenes haar, band, stroh, reis, bei Diefek-
B&CH 441' plecta, 442* plectula:
sanft nun umschlang ihn {den kränz)
welliges haar ringsum, es verbarg ihn hinten die flechte.
Luise 3, 154;
und umwunden bin ich, römische flechten, von euch.
GöTHB 1,264;
ihre wang umspielt in zarten flechten
goldnes haar, vom purpumetze los. A. W. Schlegel ged. 39;
zieht nicht rosen auch ihr, rrischblOhende flechte zu winden
um den etrurischen krug und die scheite! der büste von
marmor? Platr:« 54'.
s. haarflechte, käseflechte, korbflechte, wagenflechte, zaon-
flechte.
2) liehen, mentagra, impetigo, flechte auf der haut, auch
scll^^inde, schwindflechte, vergehe genannt: ein gesiebt voll
flechten, flechten am hals. mhd. da; vlehlen. Mones anz. 7,608.
3) liehen, planla lichenosa, kryptogam, das sich über die felder
breitet, s. flechtbreite, ebenso gebildet ist winde, convolvulus.
4) eine art milben, siro scabiei.
FLECHTEN, plectere, texere, winden, weben, goth. flaihtan,
flabt, ahd. flübtan, Saht, mhd. fli-hten, flaht, nhd. verderbt in
1739
FLECHTEN
FLECHTEN — FLECK
1740
flocht und gar in flöchte, wie selbst Luther Judith 16, 10 sdst.
die dritte person des sg. lautet fliehtet, gewöhnlich flicht, wo dafür
flechtet begegnet, i. b. in der 1, 1074 unter baderhütlein aus-
gehobnen tlelie FiscHARTS, ist es auf ein schwacfies flechten,
flechtete i« beziehen, wie z. b. Schuppiüs bei Wuckemagel 3, 729
flechteten und schmücklen schreibt oder Scriver in der nachher
folgenden stelle, nnl. viechten, viocht; ags. und engl, mangelnd,
wie auch dän. fletle, danach isl. flietla von uns entlehnt scheinen,
die altn. spräche kennt es nicht. urrerwandlscJiaß von 7i)Jx£iv,
plicare, plectere, sl. plesti, po/n. ple^c leuchtet ein, der verhalt
XU flectere und falten wurde sp. 1300 erörtert, das gr. wort ist
ohne Ungualis, das sl. ohne gtUluralis, welclie plectere und flechten
verbindet, wie raivia zu teivsiv tendere fällt, musz auch flechte
band sich berühren mit flechse.
l) sinnlich, sowol das hervorgebrachte werk, als den stofoder das
ausdrückend, womit oder worin gefloclilen wird, decken, giirtel,
ketten, knoten, körbe, kränze, krönen, matten, netze, schürze,
seile, stränge, stricke, stuhle, zäune, zöpfe flechten, aber auch
arme, beine, hart, binsen, blätter, blumen, dörner, linger,
haare, locken, röhr, weiden flechten :
mhd. ich und si, wir wurJon tnne
wol wie minne flilitel arme unt bein.
LiCHTBNSTEiN Ö83, 2, vgt.
d& ein man und ouch ein wip
Tor liei)e werdent des enein,
da; sicti ir arme und Ir bein
von tierzenlieb zesamne wept. 511,19;
man und wip wiprn al ein,
si vläbien arm unde bein. Parz. 203,6;
wib una neven die vander
mit armen zuo zeinander
gevlohten nähe und ange. Trist. 457,3;
Sit ich den Ersten bluomen flaht. MS. 1,41';
8w6r ouch vür ein müre
ein swachen zun dsehte. kröne 7193;
d€n gurren, die si truogen hin,
den warn die zagele under in
zesamene gevlohten. Iw. 4943;
sin bär daj wart gevlohten
und ein borte drüf geleit, tr. kr. 14946.
nhd. und flochten feigenbletter zusamen und machten inen
schürze. 1 Mos. 3, 7 (Dachtens zamen. H. Sachs I, 40*) ; und
flochten eine dornenkrone und salzten sie auf sein heubt,
ahd. inti flühtentfi corona fon thornon, sazten ubar sin houbit.
Matth. 27,29; flochten eine dorne kröne und setzten sie im
auf, golh. atlagidödun ana ina |)aurneina vipja usvindandans.
Marc. 15,17; und die kriegsknechte flochten eine kröne von
dornen und setzten sie auf sein heubt, go/A. jah |)ai gadrauhteis
usrundun vipja us {)aurnum jah galagidedun inima ana haubid.
Joh. 19,2; weicher geschmuck sei nicht auswendig sein mit
har flechten und gold umbhengen oder kieider anlegen.
1 Petr. 3, 3 ; ir wisset auch was mir geschehen ist, das ich
meiner metzen in die zöpfe geflochten bin (nicht aus den
banden meiner geliebten komme). Llthers br. 3, 9 (vgl. 3, 18 ich
bin an Kethen gebunden und gefangen); bei den lieben gott-
seligen alten, wann die mutier ihre tochter flechtete und
schmückte, muste das kind nebst ihr ein geistliches lied
singen. Scriver goldpredigten 74;
der Zeisig baut sein nest und flicht stets einen stein,
den ^r nur flnden kann, in reis und moos mit ein.
Rost schafererz. 35. vgl. schdferged. 50;
als ich jüngst ein kränzchen flöchte,
fand ich Amorn in den rosen. Raülkrs hlumenlete 1,417;
die knoten, die um unsre wiegenbetten
der warterinnen einfalt flicht. Gotter 1,397;
die bank, wo meine bchwe.ster
cjraDenkr&nze flocht. Matthisson;
lächelnd segnet sie die erde,
flicht der ersten garbe buiid. Schiller 55';
und huldiget d<-r rurchtbarn macht,
die unerlorurhlich, unergnindet,
des Schicksals dunkeln knauel flicht. 5S';
nur der korper eignet jenen mächten,
die das dunkle Schicksal flechten. 72';
ehret die Traueo, sie flechten und weben
himmlische rosen ins irdische leben. WC;
und flechte sich krftnze,
wem die locken noch jugendlich grünen. 497*;
Ich wiird In moruleimAchten,
beim «lillfln uteinentniiz,
»nn wilden lieHern flt-cliten
iitn mein« braut den kränz. Ll"*o n. grit. ISS;
die ßnger flechten, in einander schranken odn falten ; gefloch-
tene ftfiger, gefallene; bei den sterbenden wird iiiaiis gewahr,
0 wie flechten sie die band in einander ! Otbo 72 ; der kaplan
flocht aus furcht vor dem thaufuszboden ein bein ums an-
dre über die schenke!. J. P. llesp. 2, 96 ; der Verbrecher ward
aufs cad geflochten.
2) inlr. flechten, von kraut, das auf dem boden fortkriecht
(latius serpil): poiei ist ein flechtends kraut, hin und her
auf der erden sich anhenkend. Bock IS; under diesen flechten
zwo heftiger dann die dritt. 30 ; der wild thymus ist wie der
heimisch thymus mit blumen und blettern kurz auf der erden
flechtend. 33. bildlich: ein unkeuscher gedank flechtet immer
nieder für und für {greiß immer weiter um sicli). Keisersbebg
sihen schwerler.
3) abslraä:
und es sei in ein geflochten
nach aller forme antwort und klag, fastn. 389,34;
und haben (die papisten abendmal und messe) doch daneben
so nahe in einander geflochten, das der gemein mann nichts
hat unterscheiden können. Luther fi, 119*; merk aber und
vergisz nicht, das ich oben angezeigt habe, wie Christus in
diesem spruch sein und des vaters erkennlnis in einander
fliehtet und bindet. 6,178*; und doch das man seine bewei-
sung nicht möge taddeln, feret er zu und machet das argu-
ment stark, fliehtet und knüpfet die beweisung in einander,
das es gewaltiglich schleuszt. 6, 226*; von den teulschen
diphthongen und geflochten silbcn, als do sein gschl, gfl,
bdr. Ickelsamer dl; verschränkte syllogismos in einander
flächten. Rompler 8 ; labyrintbische perioden flechten, bei
welchen man dreimal athem holen musz, ehe man einen
ganzen sinn fassen kann. Lessing 6, 136 ;
doch mit des geschickes mächten
ist kein ewger bund zu flechten. Schiller 78*;
verwegener, was unterfangt ihr euch
in eureii blutgen frevel mich zu flechten? 433*;
auch mit Proserpinens galten,
mit dem schwarzen fürst der schatten,
flechten wir den ewgen bund. Körmer 1, 114.
4) sich flechten:
mhd. diu rose und diu r6be sich flaht
zesamene in der erden. Ulr. Trist. 5610;
wie dij gesinde vaehte
und er sich dninder vlnehte
mit sin selbes krefte. fr. Isr. 6292.
nhd. kein kriegsman flicht sich in hendel der narung (vulg.
implicat se negotiis secularibus, goUi. dugavindi]) sik gavaurkjam
|)iz6s aldais). 2 7'»». 2,4;
das {Wort) wolsiu gott bewaren rein
für diesem argen gesohlechie,
und lasz uns dir befolhen sein,
das sichs in uns nicht flechte. Lutbbr 8,364*;
das ich nicht mit heucheln mich in die schuld flechte, br.
3, 196 ; wer sich auf einmal viel sachen unterstehet und flicht
oder dringet sich in fremde hendel. Mathesids 151'; diewurzel
mit vielen faseln, damit sie sich in die erden fliehtet. Taber-
naemont. 1307; sie reichten ihre bände, die finger flochten
sich. s. aufflechten, ausflechten, bedechten, durchflechten,
einflechten, entfleehfen, verflechten, zuflechten.
FLECHTENARTIG. impeti<,inosus.
FLECIITENBÄLMCHEN, n. cassia alala.
FLECHTER, m. textur viminum, vgl. gürtelflechter, korb-
flechler. stuhlflcchter, wagenflcehter.
FLECFITGRAS, n. triiicum repens.
FLECHTKRAIIT, n. cassytha.
FLECHTMOOS, n. muscus rcfH'ns: es würde mir zu viel
platz wegnehmen, wenn ich die sippschaftsbäume beider höfe
mit allen ihren heraldischen blättern, wasserschösziingen und
flechtinoo«en für den leser hinsetzen wollte. J. P. Tit. 1, 76.
FLECHTSTIIHL, f?i. geßochlner stuhl.
FLECHTWAGEN, m. korbwagen. ungr. Simpl. 15.
FLECHTWEBK, n. opus i'imineum, craticum:
hierauf schirmt er die seiton entlang mit dem weidenen flechl-
werk. Od. 5.256;
weil er bei mehr ehr- als weiberiiebe über kein flechlwerk
röther wurde als über das eine» korbe». J. P. Tit. 2. 170.
das sl. plot zäun enls}iringt schön einfach aus pletu, flechte.
FI<K('K, m. n. gen. fleckes, pl. flecke, nicn^* sich mit dem
schwachen flecke und das genus schwankt, ww die belege rrijrl>cn.
ahd. Ili'ili, mlut. vif'c, mit <• nach dm reimen und dem abge-
leiteten flicken; war das wart schon i/olJii.trh , so milste es flikü
oder llik gelautet halten, em altn. fltk pannus ist retblteh und
1741
FLECK
FLECK
1742
vielleicht besser flik zu schreiben, das ags. flicce pema, en^.
flitch darf koI in die vencandtschaft gezogen Verden.
1) grundbedeuiung scheint fxinnus, lacinia, läppe, felze,
mhd. hie lac ein loc, dort ein flec
der hüben und des häres. Helmbr. 1S90;
mir hanget allej noch an
ein vlec der alten liürsen min. Helbl. 9,42,
bildlich, mir hängt noch ein fetze des alten getrandes an, der
allen geicohnheil ; man muo? e? iu ze flecken zersniden, hie
da; röte in daj wige u. s. k. BERiuoLn 293. nhd. fleck oder
stuck pecies, voc. 1482 hS*; fleck, flick, läppe, immissura.
Dasyp. 327'; fleck, immissura, fruslum, fragmenlum panni.
SERRA:nJS synon. "0*; einen fleck aufsetzen auf den risz im
kleid oder schuh, einen schuh flecken, beflecken = flicken;
man bietzt nicht neue flecke auf alte juppen;
für das loch ist zu ciain mein fleck, fasln. "01,26;
als aber sein Junker zu schreien anfieng, setzte er den fleck
heszlich neben das loch {versah ers gewaltig). Simpl. Vogel-
nest 1, 3 ; der Schneider hat einen fleck vom tuch genommen.
ttegkürzer 9'; so du an den wind kommst, so weht er dir
alle flecke Ton der haut. Gryphics 1,766; so fern ein loth
safran nicht völlig in die Schachtel gienge, solle er den Über-
rest nur der magd in den fleck (die schürze) schütten. Megerle
ndrrinnen 72;
sein hochzeitrocli ist zwar nicht nett,
hier gleiszt ein flecli, dort hängt ein lappeo,
wie an den bunten bettlerlfappen.
und an Menautes quodlibet. G£:<tber 1106;
kaum hatte noch des Schneiders band
dem afTen ein erflickt gewand
von bunten flecken umgehangen. Gkllebt 1,262.
das mlat. pecies, petacium, pictacium besagt auch nichts anders
ois fleck, bletz. läppe. Diefendach 41s'. 433'. dieses üeck hatjen
die Böhmen in gleicher bedeutung von uns entlehnt. Jcngmäns
1, 547*. vgl. hadefleck. brustfleck, ermelfleck, haiibenfleck,
hausfleck, spitzenfleck.
2) aus dem schneiden der läppen folgt die Vorstellung des auf-
schneidens, prahlens:
der biinget einen schwank, der schneidet einen fleck,
den Polyphemus selbst nicht solte tragen weg,
der saget neue mär, der bapst sei luthrisch worden.
Flkhimg 166;
der poet schneidet einen fleck daher, den Polyphemus kaum
wegschleppete. reime dich s. lA; hieher gehören auch alle auf-
schneider, die von schlachten, reisen und frauengeneusze
grosze flecke schneiden, complimentirbüchlein von 1654 im tceimar.
jb. 1,323; sich einen fleck machen, grosz thun, sich etvas ein-
bilden.
3) der f/. flecke bezeichnet fetzen fleisch: fleck, kuttelfleck,
abligumma (/. ablegumina) pluralis numeri, partes extorum. voc.
1482 h7' (Diefesbach 3');
hier um so bit ich uwer stüre,
wurste, flecke, wampen zu dem füre.
Mo?iB altd. schausp. 129,691;
eh ich dich würg und erbeisz,
mit den zänen und zu flecken reisz. 0. Sachs V, 345';
er schlang es auf bei groben flecken,
im blieb eiTk bein im hals bestecken. Waldis 1,6.
ebenso der böhm. pl. Qeky, slücke von fläsch und eingeweide bei
den fleischern und in der kfiche, wozu der lit. pl. blekai gekrüse
stimmt, kein sg. blekas icird angeführt.
4) sehr häufig erhält fleck den sinn von ort, platz, stelle, wie
man auch sagt ein stück, fetze landes, gerade so geht das
finnische paikka {lacinia) über in die Vorstellung von locus.
a) dann die uberigen warent in der vorstat, welches ein
hübscher fleck was und vil volks darinne. Aimon f3'; lieszen
einen groszen fleck alt kiefern holz verkaufen. Schweisicbei»
1, 338 ;
kein ort war ihr mehr angenehm,
kein fleck zur weide mehr bequem.
Rost schäfererz. 16. »chdferged. 21 ;
ich kenne schon ein brav fleck davon (ton Thüringen). Göthe
bei Merk 1, 93 ; das schöne fleck, dds gemeindegut war und
das der gerichtshalfer zum garten einzäunen lassen. Göthe
15, 28 ; kamen sie an ein eben fleck, so gieng es desto lang-
samer. 27,32; die liebe gibt mir alles und wo die nicht ist,
dresch ich stroh. das malerischte fleck gerüth mir nicht, und
ein ganz gemeines wird freundlich und lieblich, an fr. v. St.
1,49; da stand dir ein Deck, der war doch nicht anders wie
blau fuch, so besät mit veilchen. Falks JoA. r. d. osfsee 1, 166 ;
wo ein schöner fleck ist, da schmeiszt der teufel eia kloster
bin oder einen edelmann. Siiroci 2503.
b) der rechte oder unrechte fleck: das war nicht der rechte
fleck; den rechten fleck rühren, trefl"en, rem a«« längere;
der barbier konnte nicht auf den rechten fleck des ader-
lasses kommen; ich habe genug dran und finde dasz sie
aufs rechte fleck gestochen haben. Wielasd bei Merk 2, 77 ;
sie schweigt und gräbt getrost, ha ha, nun klingt es hol,
nun wird der rechte fleck bald kommen. Gellebt 1,210;
dasz die autoren selbst doch auch nicht immer den rechten
fleck zu treffen wüsten. Göthe 24,171; drei dinge, fieng er
an, sind bei einem gebäude zu beachten, dasz es am rechten
fleck stehe u. s. w. 17, 96 ; freilich kannte ich ihn schon
längst als einen guten köpf, versehen mit allerlei feinen
kenntnissen, dem auch das herz nicht am unrechten flecke
säsze. Bürger 243".
c) der schwarze fleck in der scheite:
Tartaglia ! mein seel ! ins schwarze fleck
geschossen, 'mitten hinein, so wahr ich lebe'. Scbuxu 591*
wo man auch verstehen kann macula, wie mhd.
6t nam alberina staba,
sneid in die rinte iewä abe,
lie dar ane suarze vlecche,
ettewä wije plekchen. Diui. 3,80.
der faule fleck, die faule stelle: das gehim des dieners fieng
am faulen flecke des herschaftlichen kopfes, wie ein apfel
am andern faulnis auf. J. P.komet. 2,140. der einzige fleck:
siehe schlänge, das war der einzige fleck der Vergebung.
Schiller 211'.
d) der alte fleck: der bäum steht immer noch auf dem
alten fleck;
wenn mir der köpf am alten flecke steht. Götbx 11,133;
wir blieben auf dem flecke halten, bis dasz sie vorüber
waren. 30, 293 ; einer der zweikämpfer blieb auf dem flecke ;
er war immer der erste auf dem fleck; er kommt wieder
auf den fleck, von dem er ausgieng. Hebel schatzk. 3.
e) vom flecke kommen, gehn, rücken, weichen, sich rühren,
regen, loco movere, promovere: vom flecke zum zwecke; so
wie marsch commandieret wird, müssen die reiter den pferden
die spornen alle auf einmal geben, damit sie zugleich vom
flecke kommen, oeuvres de Fred, le gr. 30,104; man hat oft
ein paar tausend meilen gemacht, wenn sie geschworen hätten,
dasz wir nicht vom flecke gekommen wären. Wieland 11, 260 ;
eh wirst du nicht von diesem flecke kommen,
bevor ich nicht den Ursprung deiner flucht vernommen.
Rost schäferged. 40;
gib nur den schöps heraus, eh geh ich nicht vom flecke. 111 ;
so geh nur vom flecke, sehe nur nach, am ende liegt sie
gar im bette. Göthe U, 106 ; nie ist mirs so leicht (im tanzen)
vom flecke gegangen. 16,32; so läszt die zngluft die wölken
nicht vorbei, sondern kämpft mit ihnen und dem winde der
sie trägt, hält sie auf und macht ihnen wol stundenlang den
weg streitig, diesem kämpf sahen wir oft zu . . . und wenn
wir eine stunde gegangen waren, konnten sie noch kaum
vom fleck. 16, 274 ; so haben sie den vater, der nicht vom
flecke gewollt, vor sich her getrieben. 16,292; die gegen-
stände rückten nicht vom flecke. 24, 100 ; durch ihn kamen
wir diesmal vom flecke. 30, 133 ; daher sich denn die da
droben eben so wenig vom flecke rühren sollen. 38, 272 ;
autorität ist hauptsächlich Ursache, dasz die menschheit nicht
vom flecke kommt. 50, 133 ; da nichts recht vom flecke wollte,
habe ich indessen geordnet. Göthe an Knebel 81. ^
/) einem auf den fleck, au/"eine9«mses/W/c helfen: übrigens
hab ich etwa ein halb dutzend märchen und geschichten im
sinne, die ich als den zweiten theil der Unterhaltungen meiner
ausgewanderten bearbeiten, dem ganzen noch auf ein gewisses
fleck helfen und es alsdann in der folge meiner Schriften
herausgeben werde. Göthe an Schilter 417.
g) von einem flecke, von einem punct, einer stelle aus: wie
in jedem menschen spuren übrig bleiben, wenn er bei groszen
handlungen gegenwärtig gewesen ist, wie er sich von diesem
einen flecke gleichsam gröszer fühlt. Göthe 16, 269.
5) zuweilen steht fleck pl. flecke für das schwache flecke pL
flecken in der bedeutung von macula, naevus, labes:
ich bin der perle gleich, die flecke hat bekommen,
und von der kröne weg an schlechte halse musi.
pol. ülockf. 3)6;
her von der ostsee bis gen Sinas
ocean herschet ein edler Jüngling,
der hat des namens flecke vertilgt. Klopstock 1,46;
1743
FLECKCHEN — FLECKE
FLECKEISEN — FLECKET
1744
noch seid ihr sicher, noch ists nicht so weit
tnit ihm {dem mdiiirl). ihr seht, er ist so ziemlich noch
im Stande, nur der eine ziplcl da
hat einen parstgen fleck, er ist versengt,
und das bekam er als ich eure tochtcr
durchs feuer trug, 'es ist doch sonderbar
dasx so ein böser fleck, dasz so ein brandmahl
dem mann ein beszres Zeugnis redet, als
sein eigner mund. ich möchl ihn küssen gleich
den flecken!' Lkssimc •-', "247,
uo ziäetzl in den schwachen acc. eingelenkt wird.
FLECKCHEN, n. bohm. fljcek, ä. flickchen.
1) angulus, eckeben, stellchcn, jtlälzclien:
nicht ob disz fleckchen land, dasz dritthalh ziegen nährt,
dem Junker Hans, dorn juuker Jörg gehört?
WiKL\MD urth. des Paris 50;
es sollen schöne biumen in den beeien
die breiten wurzeln schlagen, rein und zierlich
soll jeder gang und jedes fleckchen sein. Göthe 9,235;
gönn ihnen doch das fleckchen land. Schiller 340';
läszt mich denn niemand ein
und gönnt mir auch ein fleckchen,
in all den häuserreihn
ist denn fiir mich kein eckchen
und war es noch so klein? Röcekrt 246;
nicht aufgeränmt? ja das ist immer das ende vom liede,
wenn ich die Wahrheit sage, wenn ich das fleckchen trefTc.
Gotter Jeanneltc l,t; ein jeder dümmert auf diesem erden-
rund sein fleckchen wie der andre. Fr. MDller 2, 41.
2) maciila, labecula : an dem gewand ist kein fleckchen,
iein unlhätchen; auf seiner ehre sitzt kein fleckchen.
FLECKE, m. gen. flecken, pl. flecken, alid. flcccho, gen.
flijcchin, pl. flecchon, mhd. vlecke, vlücken, nlid. aber häufig
mit übler lilgiing der schuachen form flecken, gen. fleckens.
erträglich ist der nom. sg. fleck.
1) macula, nola, der angesetzte läppe macht das kleid bunt,
alles gefleckte ist scheckig: flecken auf der haut, sommerflecken;
Decken auf dem pantherfcli, auf der fischhaut, an dem ge-
fieder; ein weiszer hund mit schwarzen flecken; blaue flocken,
liror et cruor ;
ich wil dir ietz plob flecken machen. Atrer fnstn. 8*;
wo unter den hecken
mit goldenen flecken
der schatten sich mischt,
da läszt man sich nieder. Salts 75;
da sprossen hundert bräunlich rothe flecken,
die zum verdrusz die weisze baut bedecken. Götbk 41,78.
t. dintenflecke, fettflecke, Obstflecke, Ölflecke, Schandflecke,
Schmutzflecke.
2) labes, Unreinheit, bcfleckung: ist das der böse flecken,
der an mir ist? buch der lid)e 190, i ; den flecken der Unehre
abwischen, pol. stockf. 361;
dieser bicderseele flecken
rüge keine lästerung!
denn was flecken war, vermodert,
nur der himmelsfunke lodert
einst, geläutert, zur verherlichung. Bürger 15';
den tod kannst du leiden, aber nicht ertragen den flecken
in deine jungfräuliche ehre (statt an deiner). Klinger 2,155;
so tilgt er den flecken in die (an der) ehre, ebenda; du hast
einen flecken in dein kleid gemacht, ich kann den flecken
nicht herausbringen, nicht wieder auswaschen.
3) loctis, stelle, wie fleck 4.
mhd. ü( säzen si dö
und ntcn doch unvSrre.
Guivreij der h6rre
ruorte si öz dem wCge
in gämellclier pflege
an einen wiseflöcken. Er. 7035.
nhd. für vicus, goth. veihs, ahd. wich, übrig in weichhild, ge-
wöhnlich einen offenen ort, im gegensatz zur ummauerten sladt
bezeichnend, zuweilen auch allgemeiner nur Wohnort ausdrückend :
das land hat schöne stüdte, bevrdkerte flecken, anmutige
dorfcr, wie man fr. Tille, bourg,. village, enp/. town, borough,
TÜlage unlcrteheidel ;
die saiizeni uf dem land
in dorr und offen flecken. Soltao 300;
«teckt den flecken allenthalben mit fewr an. Aimon f3'; man
sollte die hfluser abbrechen, die flecken auf den boden
schleifen. KiRCtiHor wendunm. 469';
die triibe «onn entblAnzt Ihr l'---':- ,-■-••
den jammervollen »tand der ^ ■ n
aa4 du verbnutnle land der ■ ii.
OKTPHii* l,:>4»;
Stadt Schreiber des königlichen fleckens Schütstroh. 1, 833 ;
giengen also die slrasze fort bis wir abends in einen kleinen
flecken kamen, hicundiss. 155; und fange oft an zu wünschen,
dasz ich nirgends als in dem kleinen gebürgischen flecken,
in dem ich geboren bin und blosi unter dem namen eines
ehrlichen mannes bekannt sein möchte. Gellert 8,9;
die lawinen hätten längst
den flecken Altdorf unter ihrer last
verschüttet. .Schiller 53.S*;
des morgens kommen aus den fernen flecken
zur Stadt herein landlcute, weisz vom reiTe,
mit ländlicher musik, schalmei und preiTe. Röckirt 389.
Moser osn. gesch. 2. 55 schrieb 'das heutige flecken Iburg', nach
dem nd. 'dal blck, welches sich freilich mit fleck berührt, spätere
ausgaben ändern 'der heutige', vgl. marklflecken.
FLECKEISE.N, n. ungeschmeidiges eisen, s. flecket.
FLECKELN, saräre calceos, die schulte flicken, flecke daran
setzen, verschieden davon fleckein, fläckeln, schmeicheln. Stald.
1, 375, das zu flehen gehört.
FLECKEN, 1) saräre, kleider, schuhe flecken, auibessern.
s. flicken.
2) succedere, vom fleck gehn, von stallen, vorwärts gehn, «n-
persönlich :
seit der Leipziger fatalität
wollt es eben nirgends mehr flecken. Schiller 322*;
ich hatte mir vorgenommen, den zweiten theil des Tasso bis
Ostern auszuarbeiten, aber es will noch immer nicht flecken.
Gries; ich bin ziemlich fleiszig bei der geschichte gewesen,
ohne dasz es recht fleckt. Niebühr leben 2,335; drum wollt
es mit der arbeit auch nicht flecken. Armm scitaub. 2. 308 ;
es hed em wüest gfläckt, ist ihm schlecht geglückt. Stalder
1,375. vgl. klecken.
3) maculare, maculis notutque aspergere: das öl, die dinte
fleckt, macht flecken; das obst fleckt; schwarze kirschen
flecken, schmutzen, les cerises noires fönt des laches;
die nackten leiber mit färben gefleckt,
die schultern mit wilden häuten bedeckt.
Kretscumanns Rhingulph 90;
dort, das gewand vom schatten gefleckt der beweglichen blätter,
sasz sie und stickt. Voss 2,7;
ach dieses mit tag und nacht gefleckte geflide (auf welchem
schalten und Sonnenschein sich jagen). J. P. llesp. 3, 216. cutch
das zächnen des holzes zum fällen nennen die fOrster flecken,
anflecken.
4) maculari, maculam trahere, schmutzen: weisze kleider
flecken leicht;
die schlaue weit hat lose gaste,
und schwebt in bosheit, furcht und list,
dasz auch das leben tagend heiszt,
das heimlich fleckt und auszen gleiszt.
Weise pol. näscher 86.
5) inquinare, beflecken:
hier hat der jähre staub den adelsbrief versiegelt,
den blut und moder zwar, doch kein verbrechen fleckt.
Gö:«TUER 1073.
FLECKEND, maculam trahens, flecket, fleckig, gefleckt: dasz
seine schaf mehr fleckende als weisze lammer gebracht.
AVRER j)roc. 1, 7.
FLECKENFREI, labis expers, integer:
jedwede tugend
ist fleckenfrei bis auf den augenblick
der probe. Schiller 2S4'.
FLECKENHAUT, f cutis maculis sparsa: wenn ich vor dem
tiger gewarnt haben will, so darf ich seine schöne, blen-
dende fleckenhaut nicht übergehen. Schiller . . .
FLECKENKHALT, n. scutellaria. ceritülie major.
FLECKEN!>OS, fleckenfrei : ein fleckenloses, unbeflecktes leben.
FLECKENPLTZEU, m. qui purgat maculas, fr. di^graisseur.
die mutier gottrs von Alorha:
weint so sehr, dasz man ihr kleid,
seit man ilen lempel eingeweiht,
ob hundert alte weibor gleich
zum vorsrhiuack von dem liimmolreich
den bellgcn säum zu küssen gehen,
beim flerkenpulzer nie gesehen.
11 L. WA(iNiii nnliscable ertählungen 1774 i. \i.
FLECKENREIN, flerkcnfrei.
FLKtKENWÄSCHEn, m. dasselbe.
FLK("KKH, m. bühm. flck^r, »areinalor. flieker. auch «vm
flerksieder.
FLECKET, maciilnsus, sjwrcu.i, Wim. flekntjf. Skrrhii « symm.
70': ich wil heule durch alle deine hcrdc gehen und aus-
1745 FLECKFIEBER — FLEDERMAUS
sondern alle Deckete und bunte schafe. 1 Mos. 30,32; and
sihe, die bücke sprangen auf die sprenkliche, fleckete und
bunde herde. 31, 10 ; flecket zihn (zinn) ist herter und un-
schmeidiger umbs kisz willen, es gibt aber gut und besten-
dig geschirr. Mathesids loo'; ein kleid in roten wein ge-
dünkt nicht rein gewaschen, sondern vielmehr flecket gemacht
wird, aller veish. luäg. 13S.
FLECKFIEBER, n. febris petechialis : so aber eilete der tod
mit Süiandens eitern fort, dasz sie beide an einem fleckfieber
innerhalb zwein tagen dahin stürben, pol. slockf. 13; gleich
nach seinem tod ist er pechschwarz worden, woraus man
gesehen, dasz das fleckfieber sich zu den blättern geschlagen.
Liselotte s. 421 ; wem also alle gichtknoten, fleckfieber und
blei oder silbercoliken des menschengeschlechts nichts sind
als eine andere art von wolbefinden. J. P. Hesp. 2,220; die
Constitution der Deutschen ist gesund genug, um dem fleck-
fieber des witzes weniger ausgesetzt zu sein als andere Völker.
uns. löge 1, 135.
FLECKHAFTIG, maculosus: und alles das do wird braun
und fleckhaftig und manigerfarb, als wol under den schafen
als under den gciszen, das wirt mein Ion. bibel 14S3, 19* =
1 Mos. 30, 32, bei Lltbeb : was nu bund und flecket fallen
wird, das sol mein lohn sein.
FLECRICHT. dasselbe:
schwarzer Ursprung, fleckicbt leben
kan sich hoch bei hofe heben. Logad 1, 174, 33.
FLECKIG, dasselbe: junge hirschkälber sind fleckig; der
treue Matthieu, dessen fleckige seele sich vor jedem anders
drehte. J. P. Hesp. 4, S9. bergm. wie flecket : fleckiges, hartes,
ungeschmädiges zinn. s. vielfleckig, tausendfleckig.
FLECKKEHLCHEN, n. motacilla variegata, uie rothkehlchen.
FLECKLECHT, maculosus, rarius: wo kumpt es her? oben
her von unsern eitern, die haben ab disem blenklechteu
steblin getrunken, ein gemüstes (gemischtes, buntes) leben ge-
fürf, und wir in (ütnen) nachkommenden hant es in uns
getrucket, in nach gefolgt, und die uns nach kumnien, wer-
den denn ouch also flecklecht und blenkiecht, es ist mit
einem solchen gemüsten leben glich wie mit Jacobs schaflin.
Keisebsberg bilger 41'.
FLECKLECV, n. trie fleckchen,
1) macuiapana: 'der vogel' heiszet das flecklin im weiszen
des eies. Keisebsberg sdiif der pen. 112".
2) riculus: es musz ein jeglich dorf und flecklein einen
eigenen pfarrherr haben. Luthers tischr. 1, 14.
3) panuiculus, tuchstücke: endlich fühlte ich in scbubsack,
da fund ich noch etliche flecklein, die ich zu mir gesteckt,
die stickte ich zusammen und machte ein börtlein davon,
dises verkaufte ich und bekam davor 3 groschen, wer war
froher als ich? unw. doct. 376.
FLECKPOLSTER. »I. geflicktes polsler, eine schelte, fasln. Uh,^.
FLECKSCHREIBER, m. scribaviä, wie dorfschreiber, stadt-
schreiber. Fudismundi 21B. 217.
FLECKSEIFE, /". zum ausmachen der flecken.
FLECKSIEDER, m. der tltiereingeweide zubereitet, s. fleck 3.
FLECKSIEDERN, schmutzig wie ein flecksiedem wammesz.
Schwabe Unten f. As".
FLECKSTLCK, n. panniadus, felze, pleonasiiseh, da fleck
bereits dasselbe besagt: in fleckst iicken zerhawen. Ml'LMAX 184.
FLECKSUCHT, f. tcas fleckfieber,
FLEDE, f. jMebolomum, fliede: tief und wol bepickt mit
der fleden. Forer 199*.
FLEDERFLITZCHEN, n. name eines vögleinSj nach dem reim :
flederflitirhen, fledcrnitzchen sasz auf einer staogen,
hat ein gelbes hemdeben an und liesz die hosen hangen.
vol flflgel ßr hosen su setzen, flitschen, flitzen ist flattern.
FLEDERGEIST, m. flattergeisl: vor solche fledergeister, die
einmal berhorchen und darnach wieder abziehn, davor be-
danke ich mich. Weise liebesalltancc 203.
FLEDERHAME, m. sagena, rete, ein fischergerdth, dessen schil-
dervng uns entgeht: item der eng flcderhame soll auch von
nstern bis uf sant Barlholomeustag (24 aug.) verholten sein.
IS'eckarfischerordn. von 1.502 in Moxe seitschr. 4, 90.
FLEDERMAUS, /. vesperlilio, nycteris, aitd. fledarmfts und
daneben fledremöstro, Graff 2, 873, im rocab. i. Galli 198,
nach Lachmakns und Graffs 1. i.xvi abschriß, fesperlilia fredarmi,
mhd. viedermös, virdramös. nhd. im voc. 1482 h 8* fledermaus,
bei Dastpodius, Frisils. Maai.er fladermaus, bei Lcther, Ai.-
»ERCS II. 0. ffi. fleddermaus, nnl. viedermuis, geküril vleermui»,
m.
FLEDERMAUS — FLEDERMAUSMASKE 1 746
engl, flitfermouse. statt fledermaus bin und tcieder fedennaus
(sp. UOö), icie ßr flederwisch federwisch {sp. 1410).
fledar setzt ein goth. fli|)r voraus, wie fedara fij)ra. in fi|)ra
ausgefaünes 1 anzunehmen hat doch groszes bedenken, federmaus
musz Verderbnis oder teusdiung sein, die fledermaus ist ja gerade
ungefiedert, federlos, fledermaus bedeutet offenbar flatternde,
schwirrende maus und kann nur aus den uns noch nicht ganz
enthüllten formen des Wortes flattern erklärt werden, ül>er welche
sp. 1731 rermutungen gewagt sind, zur flatternden maus stimmt
auch das dän. flaggermuus, isl. flagurmüs, von flagre, isl.
flögra flattern, isl. flaedurmös mag erst nach unsenn wort ge-
bildet sein, neben engl, flittermouse begegnet rearmouse, rere-
mouse, ags. hreaJemfts und bei Wricht 77* hreremüs, die
kauni anklingen an jenes ahd. fredarmi, fcorin gar nidit mfts
enthalten scheint, völlig ab Hegt <üe heute üblidute englische b&
nennung 'bat'.
1) mhd. ein vederlöriu vl^dennös. MS. 2, 144*;
diu vicdramüs diu dunket ein vogel, swenne so si fliuget.
2, -234';
uns seit diu schrifl, da; unser sin nach gotes LTinst sich rihte,
sam gegen des liebten sunnen scbiu der vledermiuse gesihte.
SISH. 3, 414.
nhd. und dis soll ir schewen unter den vögeln, das irs nicht
esset . . . den huhu, die fleddermaus, die rordommel u. s. w.
3 Mos. 11, 18. 5 Mos. 14, 16 ; zu der zeit wird jederraan weg-
werfen seine silbern und gülden götzen in die löcher der
meulwlirfe und der fleddermeuse. Es. 2, 20 ; kömpt daher
eine fleddermaus aus eines officials winkel, on zeugen und
on gottes befehl. Luther 5. 234' ; wenn wir ewer fledermaus
oder nachteule, nemlich ewer Widerrede nicht betten begert
noch haben wollen. 5,277'; die nacket fledermaus flüget des
abents. Steinhüwel Esop 1555, 50 ; wenn man ein rauch macht
mit epheu, so fliegen alle fledermeus von dannen. Herr feld-
bau lio'; nun ich wünsche noch einmal, gott bringe die
lichtscheuende fledermaus zum erkenntnis. Weise erzn. forr. ;
halb vogel und halb maus
flog sie und biesz die fledermaus. Gliim fabeln 2,21.
2) mit der fledermaus wurde mancherlei zauber geübt, i. b
wer sie bei sich trug, konnte des gegners waffen unkräftig machen
er ist bin, hat uns bie gelassen,
er het im busn ein fledermaus,
darmit schlug uns den armbrust aus. H. Sachs T, 341'.
tgl. fledennaushaar.
3) unter fledermaus verstand und verstdit man den sdimeUer-
ling (flätlerling) der abends in das licht fliegt:
er tuet mir als der vledramüs daj lieht. MS. 1,9*,
tro die andre lesarl gibt: dijr vi werstein (oben sp. 1441). im voe.
ex quo heiszt es papilio ein zwcifalter vel fleddermusche.
Albercs hat zu fleddermaus auszer vespertilio auch: papilio,
vermiculus alatus, hepiolus, quo nuUum animal imbecillius
est, fleddermaus odder zweifalter, fleugt ins liecht. noch heute
sagen Pfdlzer und Odenwdider ßr sdimetterling fledermaus, für
tespertHio speckmaus, weil sie an den speck in den Schornsteinen
gehn soll.
4) fledermaus dimals ßr grOsdiel, vom adler darauf, der ver-
zerrt atissi^t:
und wenns im dritten himmel wir,
so acht ichs keine fledermaus. Bcrsik 71*.
5) fledermaus, dadifenster. Helft 119*.
6) fledermaus, Steckbrief, gerichtliehe Vorladung. Schk. 1, 5S5.
FLEDERMÄUSCHEN, n.
war ich nur das fledermäuschen,
das um ihre mutze schwirrt!
HöLTT petrarch. bettterode str. 2.
FLEDERMAUSFLÜGEL, f». die flatlerhaut der fledermaus
und ähnlicher thiere.
FLEDERMAUSHAAR, ».
froschzebn thun wir auch daran,
fledermaushaar, hundeszahn. Schillkr 572V
FLEDERMAUSHERZ, n. wenn ibr liebbaber von irdischen
gerichten seid, will ich hier etwas auftischen, das eure
gauinen reizen soll, von wolfsleber, fledermaushcrzen u. s. w.
Friedr. Miller 2.153.
FLEDERMAUSHIMMEL, m. denn solk männeken muten
stigen, wo nit op de pregstui {die kanzel), doch de orgel,
die ist wol etwas höher und dem fledermaushimroel naher.
Garg. 140".
FLEOERMAUSLAÜS, f. aearus vespertilionis.
FLEDERMAUSMASKE, f lustigkeit ist die beste fleder-
mausmaske des nehmens, sogar des geizes. J. P. komet 1, 2,
110
1747
FLEDERMAUSSINN — FLEGEL
FLEGEL — FLEGELHüT
1748
FLEDERMAUSSINN, m. man hat den fledermSuseti, weil
sie aucli wenn ihnen die aiigcn ausgestochen sind, mit der-
selben Sicherheit ohne anzustoszcn fliegen, den sogenannten
fledermanssinn zugesprochen. Ssell in der Minerva 1847 s. 401.
neuere beobaclätingen stellen die fledermaus aU ein kluges, gut-
mütiges thier dar.
FLEDERMAUSWINKEL, m.
zudem, wer weist wo er umb zeucht,
vor uns in fledermeus winkel kreucht. Atrbk 436*.
FLEDERN, volitare, mhd. vlederen (wb. 3, 338'). «. flattern,
flittern.
FLEDERN. mit dem fiederwisch abkehren, s. abfledem.
FLEDERRATTE, RATZE, f. äne arl groszer ßedermduse.
FLEDERWISCH, m. scopulae plumeae, gansßügel zum ab-
kehren, federbesen, zuweilen fedarwisch {sp. 1410) geschrieben, nnl.
vederwisch, auch spöttisch für prtigel, säbel, degen: wir haben
unseren flederwisch gefunden, der kan uns abkehren, seh,
seh, gesell, bist auch noch stäubig? Garg. 135"; man wird
euch die eichene flederwisch allzeit warm überlegen, wo än-
derst das fewer nicht abgehet. Fiscrart groszm. 16, bei Ra-
belais: il y aura de bien chauffez, si le fournier ne s'endort
{zur waruung gesagt den Protestanten, welchen der holzstosz drohe) /
ich woh all tae eins iren leib
mit guoten eichen fiederwischen
so rein erpleucn. fnsln. "5,9;
fehlt er, so wöll wir sein nicht fehlen,
in mit dem eisern flederwisch strahlen. Atmr 274';
ein hochmüthigcs, damals noch unverheirathetes frauenziramer
nennete die jungen mannspersonen so noch ledig, vesper
oder abendknechte, der alsobald ein geschwinder und hur-
tiger geist mit erzehlung einer artigen geschieht von ver-
Icbcten Jungfrauen begegnet, welche nachdem sie viel ge-
wehlet und gewartet, zuletzt in einsamkeit verbleiben und
flederwische verkaufen müsten. Gryphius 1,953 (o. 1062);
nimm was du wüst, ich will allein die zeit vertreiben,
'so wilst du für und für ein vesperknecht verbleiben!'
wer einsam ist, vertreibt die zeit in höchster ruh.
'wer so verschimmelt, bringt die zeit gar übel zu',
verschimmel ich, so putzt mich ab mit fleder«-ischen I 2,68;
andere erzdiäen von einer spröden Jungfrau, die jedem ihrer freier
mü dem flederwisch nachzukehren pflegte und endlich so arm
wurde, dasz sie flederwische auf dem markt feil halte;
komm ich in den alten häufen
und musz flederwisch verkaufen;
bring dirs, in gesundheit aller flederwisch! fr. Simpl. 1,47;
Jerg, es gilt dir auf aller ehrlichen flederwischen gesundheit-
1,57; hier ist Eberhard mit dem flederwisch drüber her ge-
fahren und hat nicht so aufrichtig als sonst geschrieben.
Felscnburg 3,331; flederwische, literae inanes, schlechte gemeine
briefe, bonus dies briefe. Stieler 238 ; worauf denn Beau des
abends gewöhnlichermaszen zu tische gienge und sich nicht
das geringste merken liesze, als habe er an diesem tage
seinem tischpatron flederwische zu kaufen gegeben (Hin an-
geführt). Salinde 3l~ ; und hebt eine kanne hier wie eine mutze
weg, als wenns ein flederwisch were. Scnocn slud. leben D3;
drum must du bei verlegnen waaren
den flederwisch verkaufen stebn. GGntbkr 944;
der künstler DSdalus fliegt mit zwo flederwischen. 1097^
heraus mit eurem flederwisch I
nur zugestoszen! ich pariere. Göthi 12,195;
hervor den degen in der band,
raus, feurig, frisch
den flederwisch ! 57, 166.
FLEDERWISCHJUNGFER , f. ein armes, junges mddchen,
das flederwische feil hat: weisz Sylvia schon wie es in der
weit zugehe? 'ob sie es wisse? es scheinet, du verstehest
nicht, dasz man nicht mehr nach der alten weise lebe und
dasz die kleinen mügdlein besser wissen, was die widder
vor hömer tragen, als da wir jung waren, eine zimliche
flederwischjungfer'. Cryphius t, 877.
FLEGEL, m. flagellum granis frumenti excutiendis factum, sp.
flagelo, fr. fl^an, schon ahd. flegil (Graff 3, 769), mhd. nnl. viegel,
nd. fleger, «»9/. flait, din. pleicl, aUo ein lehnworl, der ecJitere
deutsche ausdruck war wol golh. |iriskilA = ahd. driscilA, ags.
Jx^rsrel (n'e/teicW |)grsrele), noch nhd. drischel (2,1421). it.
nicht (lagello, das nur gnsel ist, sondern trebbia >» lat. Iribula.
lil. opiagilas. et kimml zur beurtheilung des gerdlhes darauf an,
ob dat grtrride genchlagen, getreten odn befahren wird, driscan
tchnnl sich mit drisciifli fchurlle zu berühren, stall des ein-
fachrn flegrl hdufl man drescbflcgel «nd obndeiilsch «trrf gern
gnchnebtyt nr>gel, ei«n-ne flrgel bezeichnet eine waffe. KiRcnnor
n\ü. disc. 29; flegel mit eisern häupicn. Frischlts 456. in
diesem sinn erscheint es weiblich: der fuhrniann schlug den
wolf mit einer eisern flegel zu todt. Hans Ciawerl 1591 s. 118 ;
denn da du {Bacchus) ihn {Icarius) verehrt, als du zu ihm bist
kommen,
mit einer flaschen wein, hat er sie erst genommen,
den bnwren mitgetheilt, das ihm nicht wol bekam,
weil jeder hitzig ward, und seinen flegel nam,
und schmissen auf ihn zu, bis dasz er hat sein leben,
im sande jämmerlich ermordet, aufgegeben. Opitz 1,390;
der dem pflüge vor entlief,
baureu in den bcutel grif,
und bei fremdem tische schmauste,
wird nun wieder müssen hin,
wo die krae dem schweinc lauste,
ochsen her für flegeln ziehn. Logau 2,240;
so wil ich dir auf die haubcn greifen,
dich lernen an dem flcgcl pfeifen. Opel und Cqhr 431;
es galt die alte regcl,
Soldat ins feur hinein,
der bauer mit dem Hegel
sieht zu und läszt es sein. Rdckert 161.
2) flegel, schelte für bauer, ruslicus, agrestis:
'schultheisz, ich heisze der Heini flegel'. H. Sachs III. 3, 15»;
ein grober flögel
schlagt oft sechs kögel,
da sonst ein ehrlich biderman
nicht wol äin kögel trefl'en kart. PHiLAfinBR 1,144;
ein grober flegel. pers. roscn/ft. 4,5; der gemeine flegel meint
man pflüge mit blinden pferden sowol krumme furchen als
gerade. Lehmann 140 ; der ist ein flegel, büffel, bachant, der
arm ist. 53; sagt nicht mancher 'bei flÖgel! lerne zum ersten
mores, alsdann rede mit deinem vntfer, du hundskrol ! wil
dann das el gescheider sein als die henne?' knEiE geridilsh.
1, 245 ; du groszer flegel, kanst du nicht den einen (frosch)
hin, den andern her schmeiszcn? so bist du der marter los.
Weise comörf. pr. 41 ; Ich meinte ein solcher flegel sollte sich
besser unter das commando schicken. 103 ; so ein flegel ge-
hört ins hundeloch, da kann er liegen, so lange er will.
178 ; ein garstiger flegel und ein narr, iucund. 198 ; hierauf
brachten wir die flegel nach haus. 202; dazu halte der flegel,
dem ich doch ins maul zu greifen die ehre gelhan, mir die
zwei vordersten gelenke zweier finger linker band abgebissen.
Felsenb. 1,59; ihr flegel, versteht ihr denn keinen spasz?
Lessing 1,324; weg, flegel! Fr. Müller 3, 78 ; der flegel hStle
auch an seiner wunde sterben können. 3, 217 ; hust ihm in
seine chocolade. er flegel, er esel ! 2, 45 ; warum kam der
flegel nicht mit? Lenz 1,124; und kaum hat er (Klinger) in
die hohe schule geguckt so heiszt er schon alle vernünflige
gelehrte 'kerls und flegels'. H. L. Wagner die frohe frau 10 ;
einem armen kleinen kegel,
der sich nicht besonders regt,
hat ein ungeheurer flepol
heule grob sich aufgelegt. Götiik l.l.w;
da kommt ein flegel ihm auf den leih,
friszt seine fipfel, boschläft sein wcib. 13, 4;
ihr seid ein flegell ihr Ihut mir weh. 13,79;
kannst nicht verdauen, dasz ein halbgolt sich betrinkt und
ein flegel ist, seiner gottheit unbeschadet. 33,289;
ob ein kaiser unter segel
oder ein fremeiner flegel,
ist dem winde einerlei. Arni> schaub. 2,38.
3) obsc. pcnis:
und kan ich nit trcschen mit dem flegel,
so sol man mich besehenden vor allen frauen. fanin. Si', 10;
mein flegel sol nit in deiner scheurn treschon. 701,30.
FLEGELCHEN, n.
FLEGELEI, f. rusticitas: arl ige flegelci. Harnisch 294;
sis h flegelei, üch »n jedem Medermann zreibfi,
der üch nit thäl naeh üenn gu.-.lus schreib,"!.
HnTTiMGKR menschen, Ihicre und GAf/ie;
die flegelei ! das flnd ich unerlnuhi. GöTUi 4t, 8«.
FLEGELER. m. geisrlbruder, flagellant.
FLEGELHAFT, inurbanus.
FLEGELIIENKE, f. ein schmaus, wenn die emIeJrrscher die
flegel an den nagel henken, bei Stalder 1, 162 uitter pflegcl-
hilnki, vgl. sirbelhenkc.
FLEGKLHKHR, m. ßr drescher: sie schreibis ihnen ja,
dasz sie an der scbeune dreschen zusieht imd sich mit den
«chinulzigen kindern der flegelherrcn ein) '</i Wi is,i k,n,hrfr.
1, 100.
FLEGELHOLZ, n. carpinus hetulus.
FLEGELHÜT , m. ein dapinsmös, ein rtegelhut, Fran«
tprirhw. 2, 47*.
1749
FLEGELICHT — FLEHEN
FLEGELICHT, ineptus, insulstis.
FLEGELISCH, rustice: oft siebet ein rath, dasz es unge-
schickt, kriimb und flegeiisch hergehet. Lebmank 1, 634.
FLEGELJAHRE, pl. anni juienantes, aetas ferocior.
FLEGELJAHRZEHEND, n. gerade dem flegeljahraehend der
schneidenden wiilkür und der Umwälzungen stellt sich gegen-
über das jähr das zu seinem reize der neuheit Wiederher-
stellung des alten sich erwählt. J. P. herbstbl. 3, 25.
FLEGELKAPPE, f. corium li-ibuli, lederne kappe zur festigimg
des flegelklOppels an die handhabe, bildlich, reiben ihnen {stehlen-
den kriegsleuten) die bawern die köpf mit flögelskappen vor
die flüsz. KiBCHHOF mil. disc. 120 ;
Veit trägt eine flegelkap über eioer knebelbaut,
Höflich hat ihm abgesagt, dieses macht dasz er nicht traut.
LoGAO 3,9,24.
FLEGELN, mhd. trüurare, nhd. rustice nüi, incitmbere, caedere:
wurden zwen an einander flegeln. H. Sachs 1,506';
das er des nachts in dannen flegel. 1,512';
den wöl wir flegeln von dem tanz. IIL 3,17;
so wir nicht wern und flegeln Ire rücken.
ScuADK iul. und pasq. 1,3;
besonders wenn das lumpenpack
an Feiertagen kegelt,
da stinkt es von Swizenttoback,
da wird was rechts geflegelt. Voss 4,44.
sich flegeln, sich bäurisch benehmen.
FLEGELSKOPF, m. grobianus von Heixbacb 1592,32'.
FLEGELSL.Ä.NGE, f. wollt ihr eure flegelslänge noch ein-
mal messen, if you will measure your lubbers length again.
king Lear 1. 4.
FLEGELTAGE, wenn der mensch über die tölpeljahre hin-
über ist, so hat er noch jährlich einige tölpelwochen und
flegeltage zurückzulegen. J. P. Siebaik. 2, 5.
FLEGLER, 5. flegeler.
FLEHBRIEF, m. supplicatio. Stieler 240.
FLEHE, f. prex pl. preces, supplicatio, deprecalio, blandiiiae,
90<A.. |)laiha, aJid. fleha, mhd. vlehe, vlege [wb. 3,339):
mancher fragt nach sachen mit De {flehentlich),
erfert er es, so tut es im we. fastn. 162,23-
des pit ich euch mit groszer fle. 315,2. 141,22;
gib deinen kindern, das du auch behaltest, das du in nit zu
flehe durfest komen. Gefkex zehn geböte s. 71 ; das ire heim-
liche Verlöbnis nichts ist, es sei denn, das sie es von iren
eitern mit demütiger flehe und bitte hernachraals erlangen.
LtTUER 2,42'; eim unwirdigen zu flehe kommen ist schand.
Fra.nk sprichw. 1, 69' ; in die flehe fallen , supplices mantts
tendere. Stieler 502. dies gute icort hat man auszer gebrauch
geralhen lassen und setzt dafür den unbequemeren inf. substantivisch.
FLEHEN, precari, supplicare, blandiri, golh., titif \)l für fl,
])laihan, {iai{)laih (nicht {)laihaida, wäl der imp. l Tim. 5, 1.
6, 2. 2 Tim. 4, 2 ga|)laih und nicht ga{)laihai, tertia sg. 1 Tim.
5, 8 gajilaihij), nicht gaj)laihaij) lautet), pari. j)laihans. zweifeln
könnte man, ob ai in jilaihan diphthongisch (ai) oder gebrochen
(ai)? die ahd. /bm» scheint zuHsclien 5 und h zu schwanken,
mhd. überwiegt i, das jedoch gleich dem ä in bähen, fähen
unorganische produäiun sein mag. für die kürze streitet das lat.
6 ton precari, dessen pr sichtbar unserm fl entspricht und dem
lit. praszyti, tl. prositi gleichsteht, ob man d'elysiv, mulcere
zu ^laihan halten darf? d'rio gibt lat. fera, goth. dius, nii7A»n
andern anlaut als prex und fleha. wol aber klingt an {)laiban
in der bedeutung von trösten, kosen ahd. fluobaran, ags. fiufrian,
frfifrian. die reduplication {)ai|)laih würde nun ein ahd. fliah,
fliah, mhd. vliech nach sich ziehen, welche nirgends erscheinen,
neben dem seltneren inf. flghan gilt ein schwaches flehün, flehöta,
mhd. vl^hen, vlehete oder vlegen, vligete, nhd. flehen, flehte
und selbst unsere volksmundarten, die geneigt änd unorganische
prad. auf ie (kief, pries für kaufte, preiste) zu bilden, geben
dem flehen niemals fliech.
|)laihan ist malinen, kosen, trösten, TtaQaxaXeiv, flehen tsi
demütig, schmeichelnd mahnen, darum inniger als bitten, den
schwächsten grad bezeichnet ersuchen (requdrir), den zweiten bitten
iprier), den drillen flehen (supplier). wenn flehen den dat. der
person bei sich hat, sieht es intransitiv, wenn deii acc. aber transitiv.
1) das goth. ga))laihan regiert den dativ {gramm. 4,685), ebenso
das mhd. flfhen in folgenden stellen:
das ^ir ^^ vl£hen immer bän
unsem goten. Parz. 21,6;
eme weit oucb in nilit vlöhen,
d<!U alten noch d6a kinden. Wh. 126,30;
FLEHEN
(min b«ne) daz flÄd dir bit flije,
daj du mir willes genäden. HAtipt 2,196,
1750
he sal deme heiligin geiste vl6n. Wmsh. t. N. 87,17;
man muo; im flehen undin biten. Fuioakk 2,20;
so man den herren Sähen muo;,
da; man veliet an ir fuo;. 29, 16;
swer den tören flehen muoj,
dem wirt selten sorgen buoj. 83,3;
es ist waptlich äne not, '
das ich dir geflebe so vil. Flore 2345.
nhd. und bekeren sich und flehen dir im lande ires gefengnis.
1 kvn. 8, 47 ; und Esther redet weiter für dem könig und fiel
im zun füszen und flehet im (doch 1545 in). Esth. 8,3; so
du aber dich bei zeit zu gott thust und dem allmechtigea
flehest. Hiob 8, 5 ; ich rief meinem knecht und er antwortet
mir nicht, ich muste im flehen mit eigenem munde. 19,16;
mein weih stellet sich frembd wenn ich ir rufe, ich musz
flehen den kindern meines leib«. 19,17; dem herrn wil ich
flehen, ps. 30,9; ich flehe dem herrn mit meiner stimme.
142, 2 ; in fesseln werden sie gehen und w erden für dir
niderfallen und dir flehen. Es. 45, 14 ; wenn man eim bawrm
flehet, so wechst im der bauch. LirrHEB 4, 539' (6r. 3, 75
verderbt) ;
lasz dir flehen. Scbeid ^robiant» K4;
so wil ich ihm auch flehen weil ich bin. Opitz psalmeup. 220;
was ist das für ein feind, der seinem feinde fleht?
FuaiMG 109
und du, 0 Stifter dieser noth,
Cupido, dem ich flehe,
bist du des bimmels stärkster gott,
so wehre diesem wehe. 541;
nun fleht ihm mit gesenkten waffenl Günther 125;
disz, herr, befiehlt dein zorn, der mir das herze bricht,
und dem sonst niemand als die Unschuld widerspricht,
die dir so ängstlich fleht. 1U21 ;
0 wie werden wir da den bügeln flehen 'bedeckt uns'!
Messias 4, 4!43 ;
und ihn sandte vielleicht des bedrängten mutter, und fleht ihm,
hingesunken in thränen vor ihm, dasz er gieng und vom tode,
ach vom tode befreite der söhne besten und liebsten. 6,356;
ich will dir fluchen, und kann nicht!
fluchen, dasz ich um hülfe dir flehte. 10,143;
wenn ich, mit heiszer stirn voll andacbt,
dir um die ewige ruhe flehte. Klopstock 1,60;
dies fleh der mutter! 2,237;
hör unser tbränenvoll gebet,
das dir um ewigs leben fleht. 7,87;
beweg ihn. fleh ihm, dasz er frage. 9,133;
war dieses nicht,
so bätt ich früher dir für Salomo gefleht. 10,85;
soll ich hingehen und seine band umfassen ? und sie fest-
halten? und ihn kindlich ansehen? und ihm flehn, dasz er
nicht traurig sei? 8,13; von noch mehr Völkern verfassen
flehte er dem Caesar vergebens um beistand. 12, 230 ; dafür
flehten er und sein volk ^uch dem feldherrn der Römer ver-
gebens um unbewohnte felder in ihrem vateriande. 12,234;
w ie er ihr so nahe war, dasz sie nicht mehr entfliehen konnte,
so fleht sie, sagt die fabel, dem Üuszgotte, dasz er sie ver-
wandeln soll. Wielaso 1, 206 ;
als ich um meinen hals
zum letzten male dir mit heiszen thränen flehte,
wars menschlichkeit, was mich dazu betrog. 10,350;
die winselnd dem langsamen tode flehen. 16,52;
wir flehten ihm, umsonst!
taub blieb er unserm flehn. 27,7;
allmächtiger, der seinen thron
in himmeln hoch erhöhet,
0 höre mich, der erde sehn,
der dir im staube flehet! ZachauI allgemeines gebet;
so fleht er allen Acbaiern,
Atreus söhnen am meisten, den beiden völkergebieteru.
B6b6B> li>5';
und flehete allen Achalem
aber zumeist den Atreideu, den xween beerfürsten der rölker.
Voss 11. 1, 15;
dir fleh ich, deine macht zum heil
des besten mannes zu beweisen. Gorm 1,221,
flehet den blitzen, ihn zu zerschmettern,
flehet dem abgrund, ihn zu verschlingen. 2,498;
ihm flehen und auf ihn schauen. Claudius 4, 45. die heutige
spräche ist diesem dat. abgeneigt geworden und setzt lieber die prac-
position zu:
«0 flehe zu den unsichtbaren,
dasz sie zum glück den sobmerz verleibn. Schiller 57*;
110»
1751
FLEHEN
FLEIIENSWORT — FLEISCH
1752
bin XU knien an heiiger statte,
XU der göttlichen zu <1ehn. 498';
und flehte lu allen Achiern
und zu den beiden Atriden zumeist, den völliergebietern.
USCUUKK tl. 1, lö,
früher auch vor: Mose aber flehet für dem hcrrn seinem goU.
2 Mos. 32, 11.
2) oft sieht flehen ohne casus,
ifi/id. wie lange sul wir flögen. Nib. 2202, 1 ;
man hört in s&re vlähen. Parz. 414,12.
wer denn bittet und flehet, ikön. 8,38;
er geufit, er fleht, er schwört, er küst. Gellsrt 1,49;
sie fleht, sie weint, sie schreit. 1,59;
er klagt und fleht rerzweiriungsToll. 1,239;
XU bitten dacht ich, flehend siehst du nun
die dringende. Götur 9,340;
aber ihn hielt der söhn und sagte die flehenden worte.
40, 322.
3) iransitives flehen mü dem acc.
mild, flegel dih diu irdiske dlet. Mones am. 1839, 59 ; von
diu schult ir mit vil dietuuotlihcr stimme hiute got vl^gin.
Kelle spec. eccl. 70;
und vlfiget got vil söre. Iw. 3315;
und wil alle birse hgrren dester minre flöhen. Walth. 28,33;
und flöhe in [d. imc) umbe dine not. Parz. 119,23;
doch muose man in (illum) vlöhen. 421,25;
unx das i" Gunthör söre vlögen began. Nib. 499,8;
dön künc ich vlögen began. kl. 5S2.
nhd. ein adelicher jünglinp, frölich vom geblüt, hinter dem
man den tod (um schunung) hätte flehen sollen, der legt sich
und wird krank. Otbo 879;
geh hin, das bitt ich, Joab, fleh ich dich. Klopstock 10,39;
0 dann gräbt sich meinem buscn
jeder kleine iriller ein,
0 dann fleh ich alle rausen,
bald von dir geliebt zu sein. alm. d. d. miiscn 1776 s. 257;
du flehst ein taubes ohr, erniedrige dich nicht!
ich kenne diesen mann, er weisz von keiner pflicht.
Weiszb trauersp. 1,147;
vergebens flehten sie den wQtrich, den barbaren. 1,215;
alle götter in der höh
fleht sie lindernd öl zu gieszen
in die sturmbewegte see. Schiller 60*.
was erbeten wird, konnte sonst gleichfalls im acc. slehtt:
alles was schmücket, was zieret, was mahlet,
kumme mit eile genade zu flehen. Locau 3, 212;
so in der angeführten skllc Klopstocks 10, 39. Iieute wird die
praep. um gesetzt:
sie flehten in gemeiner noth
ihn insgesammt um ihrer männcr leben. Gellert 1,139;
da liegen sie vor ihm, zu des tyrannen füszen,
flehn um erbarmung, flehn ihn unter thrünengüssen.
Weisz E iruucrsp. 1,221;
dreimal kam er wieder
all bittender, um liebe dich zu Uehn. Schiller 245';
ohne acc. der person:
von rern her kommen wir gezogen
und flehen um ein wirtlich dach. 57*.
einen um hilTe, Schonung, raclie flehen, ungewöhnlich, ich
flehte von ihm einige fruchte. Aue. Lafontaine der nalur-
vtensch 1801 s. 35C stall erflehte, oder flehte ihn an um einige
fruchte, s. anflehen, erflehen.
FLEHE.N, n. supplices preces, heiszes, inständiges flehen ;
umsonst, spricht Venus, ist dein flehen. Gellert 1,.50;
der diamanten flehen,
des golds beredsamkeit wird sie nicht widerstehen. 1,113;
bSren sie auf, meinem flehen länger zu widerstehen. Brawe
frtigöd 153;
helft mir dingen, helft mir weinen
und veredelt jedes flehn. Kl. Schiiot an Minna 62;
sein flehen dringt zu keinem rctter. Sciiillkr 68*.
FLEHEN, schlechte Schreibung für flohen, mhd. vloehcn {wb.
$, 34ß'), flüchten, in tutum deferre, Schweiz, flachen, flOcheln.
Stalder 1,384: der bat sein bab und gut in die Stadt gc-
flehet. WicKRAM roUw. iit;
weil er sich dann auoh wolt zur LogNlillcn flehen,
so würde er nichts da als heilge «litcn sehen.
Wkrders Ar. 10,45,
e po), che r Lo^itiilli si traooso,
do»e vedcr pornu coslumi sanii;
nachdem nun neulich die scbladit von Nordlingcn verloren
und ich, wie du weist, rein ausgeplündert und zugleich (Ibcl
beschädiget «oi.l.u, h;ib ich mich hicher iu bi( hcrbcit go-
flehet (al. geflehnet). Simpl. K. 135, 8 ; deswegen dann jeder-
man sich selbst sampt seinem vich und besten sachen in
die hohe wSldcr flchete (al. flehnete). 785, 9. i. flöhen, flöhnen.
FLEHENSWORT, n. snpplex rcrbum, flehendes wort:
wenn ihr mich anschaut mit dem eisesblick,
sclilieszt sich das herz mir schaudernd zu, der ström
der thniiien stockt, und kaltes grausen fesselt
die flelieusworte mir im busen an. Schiller 427'.
FLEHENSWUNSCH, n.
hinauf zu dir in heiszem flehenswunsch,
in (leine himmel send ich meine seele. Schiller 485*.
FLEHENTLICH, snpplex: flehentliche reden, geberden; mit
flehentlichen werten, jammerworlen. }X)l. slockf. 261. 362.
FLEHENTLICH, enixe: über diese ankündigung betrübt
sich die königin, wie billig, sehr und bittet die fee flehent-
lich, mitleiden mit ihr zu haben. Wielasd 11,35.
FLEHRiUF^F, ni. lilerae supjilices.
FLEHGEBET, n. preces supplices:
den gesang des chors
beim abendopfer ihres flehgcbets. Stolberg 4,76.
FLEHLICH, supplex, mhd. viehelich {wb. 3, 339') : das na
binden dran (hosianna) lautet flehiich, gleichwie wir mit ah
oder doch anzeigen unser flehiich herz. Luthers, 63*; wenn ir
in flehiich bittet. 6ucA d. iiefce 219, 3 ; wir bitten dich flehiich,
du wollest dise wächsene formen gesegnen. Line von Colditz
bapsts gepreng J3;
darnach sich wieder stracks aufriebt
flehiich hinauf gen himmel sieht.
Waldis päbsll. reich 1,11;
dise menschen ruften mit flolichem gschiei nach frid und
barniherzigkeit. Franr cfiron. 476'; solchem nach ist syndici
undeilhiinigs hochfleiszigs und flelichs bitten. Ayrer proc. 2, 2.
FLEHMÜTHIG, supplex:
bitten demüthig,
flehmüthig, wehmüthig,
laszt uns im haufeu
nun auch mit laufen. ,
RÖCKERT, Chamuso musenalm. 1833 «. 27.
FLEHNEN, flüchten, in sicherIwU bringen: beraubeten auch
die kirchen, da die von Schwerin das ihrige hin geflehnet
hätten. Micrälios 3, 431; Simpi. Ä. 135, 8. 785, 9 steht geflehnet
neben der lesart geflehet; deswegen dann jedermann sich selbst
sampt seinem vieh und besten sachen in die hohe wälder
flehnete. 785, 9 ; sie bemächtigten sich des Schlosses und er-
beuteten ein groszes darein geflehntes gut. LucÄ schles. dcnkw.
1238 und häufig, noch heule scliwäb. flehnen, flechnen, flcinen.
ScHMiD 195. Schweiz, flöchnen. Stalder 1, 384. s. flöhnen.
FLEHUNG, /. rogaiio, lelania. roc. 1482 h8'.
FLEIEN, s. flaicn.
FLEISCH, n. caro, der goth. spräche fremd, ahd. fleisc, mhd.
vleisch, alls. flfisc, nd. fleesch, nni vleesch, fries. fldsc, ags.
Debsc, engl, flesli, alln. nur in der bedeutung von lardum flesk,
scliw. fläsk, da«, flesk. die andern Wörter sind CDS. i009 — 1011
behandelt und sl. polt, Iit. pallis zu fleisch gehalten, den ans-
taut sc möchte man von der Wurzel sondern, flaisk für fl;ihisk,
wie flusc für fluohisc, maist für mahist nehmen, welcher sinn
nun in flah liege, vgl. alln. flu excoriare, wie tt. scarnare, fr.
ccharner :i« carnc, chair fällt; doch malmen ask, fisk und
solche dunkle Wörter zur vorsieht, fl könnte auch an feil klinijrn.
1) fleisch ist der gcgensatz zu haut umi knoche: er hüiifc'I
wie die knochcn in der haut, man sieht nur haut und knochen
an ihm, er ist ohtic fleisch; mein gcbein hanget an meiner
haut und fleisch. Hiob 19, 20 (richtiger vulg. pelli meac con-
suiiiplis carnihiis adhaesit es tneum); man kann ihm alle
rippen zählen, es liegt kein fleisch darüber, trie das fleisch
über den knuchen, ist haut und feil über das fleisch gezogen ,
man sagt es sitzt ihm noch zwischen feil und fleisch, ebensu
durchziehen ädern und blut das ganze fleisch, daher die oft
gU-ichbedeutigen formein 'fleisch und liein' (in dieser anvendung
nicht knoche), oder -fleisch und blut' für den gesammten leib,
meist um gleiche abstammung zu bezeichnen;
fleisch undo bein. Part. 469,26;
wulan, du bist mein bein und fleisch. tAfot. 20,14; gedenkt
auch dabei, das ich ewr gebein und fleisch bin. ricU. i), 2 ;
ir seid meine brüdcr, mein bein und mein fleisch. 1 S>am.
19,12; bistu nicht mein bein und mein fleisch? 19,13; ftllet
mich und sehet, denn ein grist hat nicht fleisch und lii-in,
wie ir sehet, das ich luihe. Luc. 21.39; denn er ist un>er
liruder, unser fleisch und blut. 1 Hos. 37,27; denn flri'irli
niiil l'i'i Imi <Im H->u njciit offenbaret, loudcro mein valer
1753
FLEISCH
FLEISCH
1754
im himel. Matth. 16,17 (ahd. fleisg inti bluot ni gioffanuta
thir thaj); davon sage ich aber, Heben brüder, das fleisch
und blut nicht können das reich gottes ererben. 1 Cor. 15,50;
alsübald für ich zu, und besprach mich nicht darüber mit
fleisch und blut (vtdg. non acquievi carni et sanguini). Gal.
1, 16 ; nachdem nu die kinder fleisch und blut haben. Ebr.
2,14; er ist auch fleisch und blut = ein mensch, thul und
leidet menschliches; ein mann von fleisch und blut, ein leib-
haßer mensch, keine blosze erscheiniing; das ich ansah, das sie
mein bluet und fleisch wcren. Katzmair s. 18; ich bit euch, das
ir meinen kindern zu unrecht kein args zufügent, denn wie
wol ich sie hab verschworen, so seind sie doch aus meinem
fleisch und blut herkommen. Aimon x 4' ; der verderbte mensch
wird nicht aus gott, sondern aus fleisch und blute geboren.
Jag. Böhme Aurora s. 111;
das habt ihr nun mit fleisch und blut erwogen,
und Ivommt und tragt euch wieder an. Lessing 2,297;
in solchen fällen gieng Gawin nicht zu rath mit fleisch und
blut. VViELA.\D 18, 2S9 ; fleisch und blut hat sein spiel, sooft
ich träume. 22,131; wo pflicht und ehre ruft, fragst du nicht
fleisch und bluL 22, "7; damit die römischen beiden nicht
wie Miltons engel, sondern als wesen von unserm fleisch
und blut vor uns erscheinen. Niebcbr 1,5;
kann sie im wasser liebesglut entzünden,
wie soll man ruh mit fleisch und blut wol finden?
GöTBE 1,208;
ein braver kerl von echtem fleisch und blut. 12,105.
2) fleisch, lab des menschen: Ir soll aber die vorbaut an
ewrem fleisch beschneiten. 1 Mos. 17, 11 ; und sol seine kleider
waschen und sein fleisch im wasser baden, so ist er rein.
3 Mos. 14.9; und sol den heiligen leinen rock anlegen und
leinen niderwad an seinem fleisch haben. 16,4; aber recke
dein band aus und taste sein gebein und fleisch an, was
gilts, er wird dich ins angesicht segnen. Hiob2,5; und werde
darnach mit dieser meiner haut umbgeben werden und in
meinem fleisch gott sehen. 19,26; zittern kompt mein fleisch
an. 21,6; mein fleisch verlanget nach dir. ps. b3, 2; meine
knie sind schwach von fasten und mein fleisch ist mager
und hat kein fett. 109,24; alles fleisch ist hew. Es. 40.6;
darumb wird ein mensch vater und mutier lassen und an
seinem weibe hangen und werden die zwei ein fleisch sein
{ahd. sint zuei in einemo fleisge). Matth. 19, 5 ; und werden
sein die zwei ein fleisch, so sind sie nu nicht zwei, sondern
ein fleisch (gulh. jah sijaina 1)6 Iva du leika samin, svasvfi
|ianasei|)s ni sind tva, ak leik ain). Marc. 10,8; und das
wort ward fleisch und wonet unter uns. Joh. 1, 14; da wir
im fleisch waren {golh. l)an auk vfsum in leika). Rom. 7,5;
so lasset uns von aller befleckung des fleischs und des geistes
uns reinigen (golh. hrainjam unsis af allamma bisauleinö leikis
jah ahinins). 2 Cor. 7,1; ist mir gegeben ein pfal ins fleisch
{goth. atgiban ist mis hnutö leika meinamma). 12, 7 ; denn
alles fleisch ist wie gras, l Petr. 1,24; mit ihren eigen müt-
tern «erden sie aus einem alten herkummen ein fleisch und
beschlafen si. Feank ifeZ/fc. 189' ; wo nit gar hader, zank und
schleg hernach [unter den ehUuten) folgen und aus Einern
fleisch, wie man pflegt zu sagen, wenn sie sich schlagen,
zwei werden. Musculus ebleufel C4". das fleisch ausziehen
ist eviscerare. Maaler 137', ttie entfleischen, zerfleischen exco-
riare, it. scamare. vom fleische fallen ist abmagern: ich
spinne peide tag und nachte, mir möchte das fleisch von
den neglen fallen. Steishöwel dec. 416,3 (non fo il di e la
notte allro che filare, tanto che la carne mi s'h spiccata
dali' unghia) ; ich falle bei herzlichem appetit sehr vom fleische.
LiCBTEXBERG 8, 33 ; dasz er innerhalb acht tage alles fleisch
am leibe verloren. Salinde 61 ; es ist nicht viel fleisch an den
beinen. einer hat derbes, strammes, festes fleisch, derbe
Waden, tcunddrzte schneiden das todte, wilde fleisch aus. der
ring ist ins fleisch gewachsen, man redet vom blühenden
oder blassen colorit des fleisches. vorige färbe und fleisch
wieder bekommen, irrg. d. l. 423. von einzelnen theilen des
Icibs : Zahnfleisch, Sitzfleisch, zuweilen bezeichnet auch fleisch
den einzelnen menscheri:
fleisch, das in dem leime wohnet, lebt in müh bei schlechter kost,
fleisch, das in den steinen wohnet, l^ht in pracht und eitler lust.
Heisch im leime, fleisch in steinen, macht des todes freier raub
das, wie jenes also dieses, jedes wird ein leichter staub.
LoGAü 2,179,6;
ihr seid halt ein bischen locker gewesen, wies eben das
junge fleisch meistens ist. ScBtuLBa 131'; wer einen gnisz
an das liebe fleisch zu bestellen hat, darf nur das gute herz
boten gehen lassen. 181'. man sagt: ein böses stück fleisch,
das böse stück fleisch, das alte stück fleisch, iwi einer bösen,
allen frau : ein schlimm stück fleisch. Harnisch 306 ; ein stück
fleisch an den hals hängen {heiraten) ist gar billich und zu-
läszlich. Jucundiss. 206. vgl. jungfernfleisch , nonnenfleisch
{hernach 5).
3) das eszbare thierfleisch, ein hauptbeslandtheil unsrer nahrung :
weiches, zartes, mürbes, faules, zähes, hartes, rohes, frisches,
grünes, fettes, mageres, dürres, eingeweichtes, gesalzenes,
geräuchertes, gedigenes, gekochtes, gesottenes, geschäumtes,
gebratenes, gehacktes, geschmortes fleisch, esset das fleisch
nicht, das noch lebt in seinem blut. l Mos. 9, 4; ir seit nichts
von seinem {des passah) fleisch hinaus für das haus tragen
und soll kein bein an im zubrechen. 2 Mos. 12, 46 ; wenn
ein ochse einen man oder weib stöszet, das er stirbt, so
sol man den ochsen steinigen und sein fleisch nicht essen.
21, 28 ; woher sol ich fleisch nemen, das ich alle disem volk
gebe? 4 Mos. 11,13; und die raben brachten im brot und
fleisch, des morgens und des abends. 1 kön. 17,6; und er
nam ein joch rinder und opfert es und kochet das fleisch
mit dem holzwerg an den rindern und gabs dem volk, das
sie aszen. 19, 22; darumb, so die speise meinen bruder ergert,
wolle ich nimermehr fleisch essen, auf das ich meinen bruder
nicht ergerte {golh. ni matja mimz aiv, ei ni gamarzjau br6|)ar
meinanal. 1 C<ir. 8, 13 ; brot und fleisch, gesalzen und unge-
salzen. Aimon xd*; sie meinten eier werent weich oder flüssig
fleisch und milch wer weisz blut. Keisersb. selenp. 45*; ein
halb masz wein, brot und kalt fleisch im bauch haben.
Philander 2,624; bleib beim brot im dienst, bis man dir
fleisch dazu gibt. LehmaxM45; mancher dient viel jähr umbs
brot und kann doch nicht zum fleisch kommen. 146
mhd. ej wären bi ir viure
under wilen tlure
vleisch mitten vischen. Iw. 6217;
geladen vil der rosse kom vor in über Bin,
diu den jeitgesellen truogen brot unde win,
vleisch mit den Tischen. Nib. 870,3;
man git uns vleisch, bröt unde win. frauend. 335,26;
fl si daj vleisch oder visch. Bo:«. 41,20;
ein guot fleisch lac da bi. Helmbr. 869.
die metzger schneiden, hauen, hacken, die koche sieden, schäu-
men, braten, spicken das fleisch:
mein und dein fleisch wird ungleich sieden. Atrer 449*,
wir taugen den jähren nach nicht für einander;
wir hauen als hackten wir fleisch zur bank. BCrgbr 81'.
eine menge Zusammensetzungen: kalbfleisch, rindfleisch, ham-
melfleisch, hünerfleisch «. s. w., früher durch adj. ausgedrückt,
mhd. rinderin, keiberin, hußnerin.
4) fleisch des obstes, das den kern, gleichsam den knocken der
frucht {d)erzieht, lat. pulpa, it. polpa {vgl. polt, paltis): die Sper-
linge sind nach dem fleisch der kirschen lüstern; das saftige
fleisch der trauben, pfirsiche und bimen ; der same wird zu
allen sachen kräftiger gehalten, dann das fleisch an den
melonen. Taber^aem. 859. fleisch der pflanzen und des baums :
die innere seile der zweiten rinde, das sogenannte fleisch.
Göthe 55,32. auch das fleisch der perle, das weiche.
5) fleisch im gegensatz zum geist, widerstand des leiblicJien
und sinnlichen gegenüber dem geistigen: die menschen wollen
sich meinen geist nicht mehr strafen lassen, denn sie sind
fleisch. 1 Mos. 6, 3 ; ah gott, der du bist ein gott der geister
alles fleischs. 4.Vös. 16, 22; das in seiner band ist die seelc
alles des da lebet und der geist alles fleischs eins iglichen.
Hiob 12,10; ire rosse sind fleisch und nicht geist. Es. 31,3;
wachet und betet, das ir nicht in anfechtung fallet, der geist
ist willig, aber das fleisch ist schwach {ahd. th6r geist fun»
ist, tha; fleisc ist abur unmahtic). Matth. 26,41; die nicht
nach dem fleisch wandeln, sondern nach dem geist {golh.
ni gaggandam bi leika). Rom. s, 1 ; denn das fleisch gelüstet
wider den geist und der geist wider das fleisch (leik gaimei|i
vi|)ra abmun, i|) abma vi))ra leik). Gal. 6, 17 ;
ich peut mein fleisch den mannen feil, faatn. 746,17;
in hofl'art, fleisch und au^en gier
vil menschen leben als die thier. Schwaizi^bsrc 157, 1 ;
der auf den menschen sihet und aufs fleisch, so einen Ter-
bolnen, vermaledeiten grund hauwet. Fram welW. 37*;
lebhaft fleisch, lebhaft geist. Garg. 57*;
der feiod, die well, das fleisch. WiciainLni 269;
1 755 FLEIS CHADER — FLEISCHBEERE
die fleisches lust stürzt viele ins verderben; eine herliche
tilgend an Solanden v^ar, das er dem üppigen fleische feiud
war. pol. stockf. 100; doch liasse ich alle eitelkeit des fleisches.
45 ; das aufgebrüstete fleisch ist wie des voglers futter, damit
man die vogel körnet. 73; da mir nimmermehr nonneufleisch
wachsen soll. irrg. der liebe 254; ich wol spürete, dasz mir
kein nonnenfleisch gewachsen. 272; die Sünde des fleisches
begehen. KlikgerS, 105; er fühlte sich ailmäJich absterbend
dem fleische und auflebend im geiste. ARnm kronenw. 1,144.
6) die gr. spraciie unterscheidet zwischen aä^^ und xQcae
und braucht letzteres nur für das eszbare fläsch der dritten be-
deutung, in den übrigen gilt aäo^. ebenso verfährt die sl. und
lil., welche das eszbare fleisch mjaso (po/«. mi<;so), lit. miesa
nennen, od^^ aber tjelo (poln. ciaio), lil. kunas geben, auch
im golh. sondert sich mimz und leik. doch ttn lal. caro und
nickt anders schon im ahd. fleisc fallen beide zusammen, das
ist nachlheilig. freilich luüle auch altd. 11 h und noch mhd. lieh
den sinn von corpus und caro, der iibaselzer von Isidor de nativ.
dorn, häuft sogar 53, 6 Holzm. in fleisches liehe ; nach und
nach galt aber leich und leiche nur vom lodten leib, dasz caro
etymologisch mit x^eae, cruor, kraiijas, corpus und hraiv zu~
sammenhange, wurde CDS. 1010 dargelhan.
FLEISCH.\DER, f. vena muscula, an asl der schUisselbeinader.
FLEISCHANLAGE, f incremenlum carnis, wenn sich fleisch
anlegt: hat die dicke figur wol eine menschliche seele in
seinen weitläufigen fleischanlagen sitzen? Tieci.
FLEISCHART, f indoles carnis: das wir in uns angeboren
haben in fleischart und natur. Paracelsus 2,171'.
FLEISCH ASZ, ni. esus carnis, ags. flaescaete.
FLEISCHASZLE, f carnarium. Maaler 137'.
FLEISCHAUSTHEILUNG, f visceratio.
FLEISCHBACKWERK, n.
FLEISCHBALKE, m. trabecula carnea cordis.
FLEISCHBANK, f macellum: er folget ir balde nach, wie
ein ochse zur fleischbank gefüret wird. spr. Sal. 7,22; und
du bist der man, durch des schuld, so vi! an dir ist, kein
man sein leib weih kind haus hof guter sicher haben müge,
sondern du opferst sie alle frei dahin auf die fleischbank.
Luthers, 181'; es müsse euch gehen, wie es uns Deudschen
gieng, da wir wider s. Johannes Hus auch anfiengcn den
frieden zu brechen und die Behemen bekriegten, und uns
der bapst auch auf die fleischbank opferte. 5,275'; eben-
sowol der Jugend Verräter seind, als der so sie auf die fleisch-
bank opfert. Garg. 145';
die ihn gar keines argen trawen,
sie feischlich tu der fleisctibank hawen. 11. Sachs II. 4,43*;
und geb den könig auf die fleischbank. III. 1,108';
der (klalTer) ist schendlicher denn ein dieb,
weil sein lung zu der fleischbank hieb,
«ein nächsten bringt umb glimpf und ehr. V, 123';
»0 kan ich beide mann und frawen
binterrück zu der fleischbank hauwen. . . .;
dann es ist wenig wocben lang,
das man sie hat uf die fleischbank
verführet und geopfert auf. poslreuter 1591. D2';
und ob ich wol wusle die so mich also hatten auf der fleisch-
bank gehackt, dennoch liesz ich es gut sein. Scuweinicuen
3, 16<i ; einen menschen auf den fleischbank geben. Tmlrneisser
m. alch. 2,177; hätten diese sie angelaufen, zurückgelriben
und also auf die fleischbank gebracht. Tacius bei Fronsp. 3, 247' ;
sonder sie dem feinde gleich auf die fleischbank gaben
(caedendos, trucidandos praebebant). 3,248*; die knccht nicht
verlassen und auf die fleiscbbang geben. Ruvter kriegsordn. 2 ;
gar tief müssen wir uns jetzund
lür manchem keizer biegen,
und wie die f'rerabden bawershund
untern fleischbaiiken schmiegen. Soltau 4C6.
Ui.pit,A« verdeutscht l Cor. JO, 25 iv fianeUcp at skiljam, d. i.
apud laniot.
FLEISCHBATZE, m. homo in voluplatibus volulabundus : also
das ein mensch genent werden vor got so vil ist als ein
gol»»chalk, crzdieb, todfeind, golloser bub, fleischbalz, teu-
felskind u. t. w. Frajce parad. 37' und üflcr;
du lecker, was manhst hie allein?
du wir»i gwU auch ein flelgrhpiiiz sein. Athkk 14t)'.
». batze J, 1180 und dreckbatzc, küthbalze, ri/l. patzig in einer
»nlrr neischeslost ungezognen stelle.
FLtlSCHBAlM, m. holt oder $tange in den feuermauem, um
fleitdi daran zu riuchern.
fXEISCH BEERE, f. ribes grouularia.
PLEISCHBEGIERDE — FLEISCHEN 1 756
FLEISCHBEGIERDE, f. cupido carnaiis:
ganz geistiglich ist sein beginnen,
er ist von fleischbegierden rein,
wie die lieben herzengelein. Göiai IS, 63.
FLEISCHBEIL, n. 1) securis camaria.
2) obsc. penis:
als ein witwe war wol betagt,
deniiocht ward sie gar sehr geplagt
von einem külzel weit dort unilen,
wolt han ein üeischbeil zu der wunden.
Waldis 3. ö s. 140».
FLEISCHBILDSEULE, f. sein ich ist mir verflogen, nur
die fleischbildseuie dageblieben. J. P. 38, 29.
FLEI.SCHBIRNE, f was schmalzbirne.
FLEISCHBLATTCHEN, pl. camosae partes ungidae, die weichen
tlicile des hufes, welche gerade unter der fläsclilcrone liegen und
nach ilirer läge die namen fleischzehe, fleischwand, fleischtracht
bekommen, auch alle drei zusammen die fleischwand heiszen.
FLEISCHBLUME, f mdampyrum pratense, wiesenklee. Alberus.
LoNicERüs 135", der name wol deshalb, weil das kraut als futter
fleischig macht.
FLEISCHBOHNE, f. fJmseolus multiflorus.
FLEISCHBÖSEVVICHT, m. furcifer:
du fleischböswicht, nun sag doch an,
was hastu mir ie guts gelhan? Murner gauchm. s. 1047;
bin von Lazaro Schwendi, als einem erzvorzweifelten fleisch-
bosewicht auf die fleischbank geopfert worden. Sastrow 2, 172.
auch in Haynecciüs Hansoframea 2, 2.
FLEISCH BRUCH, m. sareocele.
FLEISCHBRÜHE, f jus carnium: flaischsup oder flaischpru,
prodium, et est panis in aqua cum carnibus cocta. voc. 1482 h 7'.
FLEISCHBRÜHSÜPPE, f. wenn der bauersmann in der
woche Wassersuppe iszt, so hat er doch sonntags gern eine
Deischbrühsuppe. vgl. fleischsuppe.
FLEISCHBRÜHWEIHER, m. es ist nichts unerhörtes oder
überprächtiges, dasz Siebenkäs beim ersten gange ins centrum
den Suppenzuber oder fleischbrühweiher stellen liesz, worin
man mit den lüffela krebsen (s. fischen 7) konnte. J. P.
Siebenk. 1, 35 (49).
FLEISCHBUBE, m. In solcher Deischbuben und blutschender
catalogum wird nicht unbillich der Cambyses gezehlet. Kisca-
Hor wendunm. s'.
FLEISCHBÜNDEL, m. fasäculus fibrarum carnearum,
FLEISCHBÜTTE, f. labrum carnibus salc conditis asservandis :
das überig halblheil salzet sie in ein fleischbütten. Roszlins
hebammenbüchlein s. 95.
FLEISCHBUITERBROT, n. mU fleisch belegtes.
FLEISCHBUTZ, m. larva carnea: sihe in dein kuchen. die
nun andere urtheilen, kompt aus dem mangel, dasz sie sich
selbs nit sehen, noch in den hafen ircs herzens gucken,
dann da würden sie finden, dasz alle menschen Adam, ja
ein mensch were ein fleischbutz und verderbter Icimenklotz.
kluge weise reden 1565, 126". 1570, 134'. $. fleischbatze.
FLEISCHCHEN, n. caruncula, flnschlein:
wenn solch ein fleischchen, weisz und mild,
im kraute liegt, das ist ein bild
wie Venus in den rosen. Uhlani>s ged. 89.
FLEISCHDÄMMER, m. carnis domUor: und ist disz nit ein
genugsam wunderlich mirakel, die kraft und tugend diser
neuen reiigion, diser gewaltigen Oeischdeinmer und hegirden-
zämer zu erweisen? bienenk. 27*.
FLEISCHECHT, carnosus, carnaiis: dann sie nit anders
meinten als es wer ein verniumpter, vergalsterter, vergslalter,
fleischechter, leibhafter teufel. Garg. 229'
FLEISCHECHTIG, dasselbe. Maaler 137\
FLEISCHEISEN, n. Werkzeug der gerber zum scluzben und
reinigen der hdute von den fleuclitheilen.
FLKISCIIELN, carnem oUre: in ihrer viehischen lust be-
gehren manche die weit nimmermehr zu verlassen, diesen
rufen heut die lieben engel zu : ihr männcr von Galiläa was
stehet ihr hier? es männelt, mcnscbelt und fleiscbelt gar
zu sehr lici euch! Otho 558.
FLEIS(;HEN, l)laedere, vulnerarc, laniare, verletzen, versehren,
so dasz der wurf, schusz, hieb tn das flrhch dringt, es xcrreiszt,
wie nocii bn den gerbern das fleisch alireiszen, von dem feil
sekabcn, aasen, vgl. fleisclier.
mhd. d*r wlrt f ■' ' - -pll an
und w.it II wfgant
durch (I die want
mit itoiio'i >uiii'iMi'.
ein w4nic Cr iiln vlcisto Iffir vleinchte),
dai Ar daj bluot rirt«. Lant. 1I7C.
1757
FLEISCHEN — FLEISCHERN
FLEISCHERSBESEN — FLEISCHGENüSZ 1 75Ö
I
nhd. welcher edelman ietz nicht kan bluten nnd fleischen,
der kan nüt. du höwest wol einen in den trQ??ei und durch
das haubt, bedörflest dennocht nit darzu fleischen. Keisersb.
s. d.m. 19'; hub (hieb), dasz es geflfei^cht hett. Göriy.B.lebensb.
194; an dem ort, da man einander fleischen musz. Petr.2~';
hier stöszt dort hält man mich, bald werd ich da geiupfet.
ich bin der meinen spiel, gleichwie der wolf das schaf,
der geier ein jung huhn und taube grimmig rupTet,
so fleischet mich die weit, ich bin in steter straf.
Fl«»i"<g 116;
derknecht hieb mir auch durch den panzerermel hindurch, dasz
es ein wenig gefleischt hatte. Göthe 8, 91. 42, 115. 337. *. ab-
fleischen, ausfleischen. beflelschen, entfleischen, zerfleischen.
2) incamare: dasz die seel ist ein athem vom munde gottes
' und ist durch die nafnr gefleischet In das tödlich fleisch.
Paracelsüs 2, 434*. also auch in das fleisch gehen, dringen,
vgl. einfleischen.
3) schleppen, schleifen, s. Sch.heller 1, 593.
FLEISCHE.N, cameus, mhd. rieischln: flaischin toe. 14S2
h7'; wie Christus, unser herr, ein fleischener gott ist, also
ist der geistlich mensch ein fleischener engel. Keisersberg
par. der sele 31"; also ist das neuwe und lebendige gesatz
in fleischene taflen des herzens geschrieben. Beiszkeb Jer.
Iil8'. heute fleischern.
FLEISCHEND, eamosus:
«wischen den leinen schultern und da er fleischend was.
hürnen Seifrid 178, 1.
FLEISCHER, m. lanius oder lanio, qui lanial, der fleischt,
das fleisch xerreiszt, zerhaut, goth. skilja, tras ein skiljan oder
skilan, häuten, aus der haut oder schale thun, reisten, ritzen
voraussetzt (GDS. 903). nicht unähnlich gebildet sind Schinder
und filier (camifex) von schind und feil, schlächter und
mefzger gehen auf schlachten und metzeln, man sagt 'einen
fleischers gang thun', einen vergdAichen, veil der fleischer oß
vergebens nach kälbern über land geht; 'euer vater ist gewis ein
fleischer gewesen', zu solchen, die sieh erlauben unbescheiden zu
betasten und anzugreifen.
FLEISCHER BEIL, n. ascia laniorum, fleischbeil
FLEISCHEREI, f. truridatio, metzelei: es war eine grelle
fleischerei. Seüxes leben 113.
FLEISCHERGANG, m. üus H rediius. Her vanum:
was nützen solche fleischergänge? Lichtwers fabeln 1, 7;
kurz, sie machten was man nennt einen fleischergang. Les-
sisc 10,74; ThCxmel 4.338;
das Schicksal will mich irre führen,
sprach er nach manchem fleischergang. PriFm 4, 199.
FLEISCHERGESELL, m. schlächtergesell, fleischerknecM.
FLEISCHERGEWICHT, n. pnndus grarius laniorum.
FLEISCHERHANDWERK, n. ars laniaria.
FLEISCHEHHUND, m. canis laniarius.
FLEISCHERIN. f macellaria.
FLEISCHERINNUNG, f collegium laniorum.
FLEISCH ER JUNGE, m. lehrjunge eines fläschers. Lichtenberg
erÄ7. der hogarlh. kupferstiche 1, 233.
FLEISCHER KNECHT, m. was fleischergesell: ohne absieht
heute hier, morgen da dienen, heiszt wie ein fleischergesell
reisen, weifer nichts. Lessüig 1, 557.
FLEISCHERMESSER, n. es gehört mehr zu solchen sachen
als ein fleischermesser zu einem schweinbraten. Schoch stud.
leben J6'.
FLEISCHERN, laedi, vulnerari, gleichsam intr. fleischen : aber
fleisch und blut fleischert und blutet, thut wie sein art ist.
Luthers tischr. 352', iro/ vom Sammler, nicht von Ldtber selbst.
FLEISCHERN, cameus: und wil das steinern herz weg-
nemen aus ewrem leibe und ein fleischern herz geben. Ez.
11,19.36,26; nicht in steinern tafeln, sondern in fleischern
tafeln des herzen (goth. ni in spildum staineinaim, ak in
spildöm hairlanß leikeinaim). 2 Cor. 3,3; da er unsern gott
heiszt den fleischern gott Luther 3, 347' ; in unsere fleischerne
und newgeborne herzen. Mathesius 106'; also sind der bei-
den herzen ebenfalls fleischern. Lodejist. Arm. 2,254;
des Zeno glieder sind auch fleischern, nicht Ton stein.
Epichar. lUi, 10;
flieszt ewig wie ihr flieszt. es ist ja möglich nicht,
dasz einst der harten nicht ihr fleischerns herze bricht,
das lange keinem stahl und steine sich mag gleichen.
FLKHIKe W\;
unser fleischernes Jahrhundert J. P. teufelsp. l, 158. m «tn«m
T^Uhsel vom puler:
er hat ein Imöchern angesiebt
und einen fleischern bart.
FLEISCHERSBESEN, m. riiscus aeuleatus.
FLEISCHERVOGEL, m. ampelis carnifex.
FLEISCHERZEUGEND, eamem gignens.
FLEISCHESBROT, n. panis cameus: denn es ist nu nicht
mehr schlecht brot im backofen, sondern fleiscbsbrot oder
leibsbrot LtrrHER 3, 488*.
FLEISCHESLUST, vduptas, appetUus camis:
wie dise reine magt sich schwanger können finden,
und wie ohn fleiscneslust disz wonnekindelein
aus krafl des heiigen geists geboren könne sein.
RoaPLiR 27;
die weit liget im argen nnd bestehet in augenlust, fleisches-
lust und einem hoffärtigen leben. Bdtscbkt Palm. 756; patzig,
wie das geschmeisz {die fliegen) da, sind flugs die dirnen,
wenn man nur einen länger bewegt, sie Ton der fleischeslust
abzuwehren. Kl. Schmidt kom. dicht. 293 ; diese ganze zeit war
den geistlichen herren von dem muthwillen meiner nachbarin
keine ruhe gegönnt, besonders gaben ihr die zur fastenzeit
in fleischgesfalt verwandelten fische unerschöpflichen anlasz
gott- und sittenlose bemerkungen anzubringen, besonders aber
auch die fleischeslust her^•orzuheben und zu billigen, dasz
man sich wenigstens an der form ergötze, wenn auch das
Wesen verboten sei. Göthe 28, 46.
FLEISCHESSEN, n. 1) camium usus.
2) cifnis e eame paralns, fleischspeise.
FLEISCHESSER, m. eamem edens.
FLEISCHESSINN, m. sensus pravus.
FLEISCHFARBE, f. color e rubicundo candicans, die natür-
liche färbe der menschlichen haut.
FLEISCHFARBIG, rubicundus^ cameus: fleischfarbiges tuch,
zeug.
FLEISCHFASER, f. flbra eamea.
FLEISCHFASZ, n. was fleischbütte. flaischfasz, mit der
unverständlichen lat. Übertragung minusatorium. roc. 1482 h7'.
J. P. jubeisen. 186 sagt auch: das fleischfasz des lebens.
FLEISCHFELL, n. blutfelle und fleischfeile der äugen, bei
den alten panniculns carnosus genent. Bartiscb augendienst 141.
FLEISCHFLIEGE, f. musca earnaria, schmäszfliege.
FLEISCHFRASZ, n». 1) pastus camium.
2) voralor carnis, fleii^chfresser :
mit was sprüch
die fleischlVaszen bhelfen sich. J. Rasch fastevlob 1588.
FLEISCHFRÄSZIG, carruroru*.' willst du allezeit essen und
trinken, du fleischfräsziges thier? J. E. Schlegel 3, 201.
FLEISCHFRESSEND, dasselbe.
FLEISCHFRESSER, m. carniphagus: wie ir fleischfresser
sagt. Luther 3, 359' ; uns arme capemaifen und fleischfresser.
3. 365'. 374'. 37"*; er sol ein capernait, .Vtreus, Thyestes und
fleischfresser sein. 8,378'; da, da, ir fleischfresser und blut-
seufer. 3,451*; wir armen Sünder nnd fleischfresser. 3,469*.
484*. 490*.
FLEISCHG.\BEL, f. l) creagra, zum ko<1ien und bereiten des
fleisches: de qnibus scriptum est per prophetam dicentem
reges eos in virga ferrea", man wird sie mit eisern fleisch-
gabeln heim jagen, et tanquam vas figuli confringes eos,
und mit alten krauthäfen nach in werfen, de generibus ebr. p. 27.
2) obsc. penis:
doch halt ich, hett man ir {der kranken nonne) genragen
mit einer fleischgabeln wol geschlagen,
nnd hett sie in ein kloster than,
da zwei par schuh vorm bette stan,
und ir all nacht die laudes gelesen,
wer wol von solcher krankheit genesen. Walois 4,40.
FLEISCHGADE.N, m. l) camißana. roc. 14S2h7'. carnarium.
Maaler 137'.
2) obse.
da woln wir tanzen nnd darnach paden,
und darnach kürzweilen im fleischgaden. fasln. 718,27;
sie lasz ir in das fleischgaden prechen. 750,10;
hast dir lassen in das fleischgadem prechen. 165,17;
des nachts im fleischgadem zu zechen. 245,7;
einer hat mir mein hausehr genumen,
und ist meiner frauen ins fleischgaden gestigen. 709,21.
FLEISCRGASSE, f fasin. 625,27.
FLEISCHGERACKEN, pdtivt^, wie fischgebacken.
FLEISCHGEBÄRDE, f. geslus molusve camis:
damit ich nicht mög in Jleisrhgeberdn
die leng was ungedultig werdn. Rincwali) tr. Edsh. N4'.
FLEISCHGEBUNG, f. darstellung des fleisches in färbe,
FLEISCHGELD, n. weväh. 1,646.
FLEISCHGELTE, f. kleine fleischbütte.
FLEISCHGE.NUSZ, m. ums carnium.
1 759 PLEISCHGESCH WULST — FLEISCIIKLOSZ
FLEISCHKLÖSZCIIEN — FLEISCHLICH 1 760
FLEISCFIGESCHWULST, f. lumor carnis.
FLEISCHGESTAI.T. f. forma carnis. Götue 29,46.
FLEISCHGEWÄCHS, n. excrescentia camosa.
FLEISCHGEWICHT, n. wie flciscliergewicht.
FLtlSCHGlER, f. Ubido.
FLEISCHGIEHIG, libidinosus : ein Iciclilferlig, floiscligicrig,
in leiblicher wollusl ersoffen weih. Frank r/iron. 248.
FLEISCHGIERIGKEIT, hbido: Barbara was ein weil) iiner-
schäpflicher fleiscligierigkcit , ein iibolsliiikends vasz aller
lasier. Frank chron, 204"; alle winket (zu Rom) stecken voll
buren und buhen, all unzuclit und unsaubere fleiscligierig-
keit springt in diser sladt. kiRciinor wendunm. 1505 s. 3S5.
1602 s. Sti4.
FLEISCHHÄCKEL, m. was das folgende, flaischheckel voc.
1482 h7'.
FLEISCHHACKER, m. lanius , macellarius, fleisclier. voc.
1482 Ul'; carnifex: das du nil fürchtest disen fleischhacker.
bibel 1483,463'. = 2 Macc. 7,29, wo Luther lienker hat;
ich wolt das si hei der fleischhacker! tnnislerl. fol.23 n*240.
FLEISCHHACKERSTOCK, m. Schlachtfeld, der fleisch-
backerstock der raenschheit. J. P. uns. logc 2, 145.
FLEISCHHAFEN, m. oUa cami coqueiidae jfaela.
FLEISCHHAFT, carnosus: flciscbhaft stuck, pulpamenium,
Maai.er 137'.
FLEISCHHAKEN, m. uneus carnarius.
FLEISCHHALLE, f. macellum.
FLEISCHH.\UER, m. lanius, fleischhacker, fleischer, knochen-
hauer: carnifex, ein fleischhauer oder metzeler. pol. col. 221. 223.
FLEISCHHAUS , n. 1) carnarium. voc. 1482 h 7*. ags.
Qffischfts.
2) corpus, Wohnung des leibs: also ist auch das fleischhaus
des menschen ein finster thal, da zwar die ängstlichkeit des
lehens innen ist. Jac. BOhhe .4i/rora 351 ; das fleischhaus
gebaret einen sanien seines gleichen wieder zu einem men-
schen, ebenda; aldieweil der mensch in diesem elenden ver-
derbten fleischhause lebet, drei principicn s. 9 ; nu verstehet
man an der seelen essentien und eigenthumb gar sehr, das/,
sie in diesem fleischhause, da sie gleich erbohren wird,
nicht daheim ist. s. 157.
FLEISCHHAÜT, f cutis camea, tumca dartos.
FLEISCHHELLER, m. fleischabgabe.
FLEISCHHÖCKER, m. tuber carncum: der weisze schwan
hat einen fleischhöcker auf der wurzel des Schnabels, kann,
mag. 1844 S. 328.
FLEISCHHORN, n. excrescentia camea corneaquc
FLEISCHHÜGEL, coüis carnosus: nun hielt der knabe Milon
den alten satyr an die wand gelehnt cmpur, mit der linken
tingert er auf seinem haberrohr, mit der rechten liielt er
den fleischhügel von hinten umschlungen. Fn. Müller 1, 180.
FLEISCHHL.NGER, m. dcsiderium carnis: ich habe eine
idee, sagt der erobcrcr, und daran setz ich dörfer und Städte
und erfülle meine und feindliche landeskinder mit blutdurst
und fleischhunger. J. P. dämm. 71.
FLEISCHICHT, carnosus: eines breiten rücken, dicken fetten
bauchs, fleischigter schultern. Kirchhof «'eniiunm. 396'; grab-
schriß eitles fleischer s:
weil ich lebte, Inint ich beine wol so hoch als fleisch ver-
kauTeo,
Würmern schenk ich Jetzt was fleischicht, belne bleiben ühcrm
häufen. Logad 8,238, 112;
mein «tubcnnachbar erlernte die medicin, gicng aber lieber
mit fleischirhlen körpern als mit ekelhaften gerippen um.
Rabener 2. 18 ; eine derbe, flcischigtc brünette. Klinger 3, 154.
FLEISCHIG, 1) carnosus, callosus, pulposus: ein fleischiger
arm, eine fleischige bime.
2) camalis : 8olt dan ein fleischig man nit sterben. Mdrner
luth. narr 028.
FLEISCHIGKEIT, f. hatten die kflnstler dieses stiis, deren
»ornehmste belrachtung auf die vollkommnen gewflchsc ge-
riclyet war, «ich in der überflüssigen fleiscbigkeit nicht ge-
zeigt. Wl.lKELMAKM i, 2Sfi.
FLK!-''"-'MM m. caruncula.
FI-I I in, f carnarium: es kroch ein fuchs in
eine Ib ' r. Wr.tot: kl. leulehrt; mit züchten zu reden,
ein jungiraw ihre« zeithenii, die ihr obiter in tran.situ die
wurmilichige flciüchknmmer tisilicren lasiicn. facH. facäiar.
S. 420.
FLEtSCHKLÜbZ, m. ylobtu earneuM.
FLEISCHKLÖSZCIIEN, n. glohulus e carnc et farina coclus.
FLEISCHKLOTZ, m. Iruncus carneus:
wenn ein hochroüth^er fleischkloti uii:< bedroht,
10 lel an arrogant picce of llesli ihreat iir. Cymbelinr 4,2.
FLEISCHKLLMPE, m. muUUudo carnium, fteischmasse, flmclir
kndlc.
FLEISCHKNÜLLE, m. ^obus carms. Stiklbr 988.
FLEISCIIKOCH, m.
FLEISCHKORB, m.
FLEISCHKOST, f cibi carnci.
FLEISCHKREUEL, m. creagra. Stielkr 1038.
FLEISCH KRONE, f. am huf des pferdes, vgl. fleischbiattilien.
FLEISCHKLCHEN, m. placenla caruea.
FLEISCHLAKE, f muria caruaria.
FLEISCHLAPPE, ni. lacinia carnis: eine muskel oder fleisch-
lappen. Fr. Müller 3, 34.
FLEISCHLAÜCH, m. allium ßslulosum.
FLEISCHLEIM, m. sarcocolla: das blut, welches gestocket
in einer wunden ligen bleibt, ist der rechte fleischlim, weit
über den sarcocolla. Wühtz 81. Tabebnaem. 615.
FLEISCH LEIN, n. caruncula.
FLEISCHLICH, carn<Jis, ald. fleisclih, mW. vleischlich (wb.
3, 340") :
fleischlichen trost und ewig Ion
kain mensch aut erd erlangen kan. Schwarzsnbbrg 134,2;
auf flaischlich tust muin trost ich stell. 140,1;
mit im ist ein fleischlicher arm, mit uns aber ist der herr
unser gott. 2 chron. 32, 8 ; hastu denn auch fleischliche äugen
oder sihestu wie ein mensch sihet? Hiob 10,4; denn wir
wissen, das das gesetz geistlich ist, ich aber bin fleischlich,
unter die sünde verkauft {goth. vitum auk, |)ata vit^li ahmein
ist, ij) ik leikeins im, frabauhts uf fravaurht). Rom. 7,14; ir
aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, so anders goltes
geist in euch wonet (ij) jus ni siju|) in leika, ak in ahmin,
sve|)auh jabai ahma gu})9 bauij) in izvis). 8,9; und ich, lieben
brüder, kund nicht mit euch reden als mit geistlichen, son-
dern als mit fleischlichen, wie mit jungen kindern in Christo.
1 Cor. 3,1; seid ir denn nicht tleischiithe und wandelt nach
menschlicher weise? 3,3; das wir nicht in fleischlicher Weis-
heit, sondern in der gnade goltes auf der weit gewandelt
haben (|)alei ni in handugein leikeinai ak in anstai gu|)s
usmetum in [)amma fairhvau). 2 Cor. 1,12; oder sind meine
anschlege fleischlich? (ibai bi leika })agkjau?) 1.17; gegen
etliche, die uns schetzen, als wandelten wir in fleischlicher
lust (ana sumans l)ans munandans uns sve bi leika gapg^in-
dans). 10,2; denn ob wir wol im fleisch wandeln, so streiten
wir doch nicht fleischlicher weise (ni bi leika drauhtinum).
10,3; denn die wafTcn unser rillerschaft sind nicht fleisch-
lich (untc vepna unsaris drauhtinassaiis ni leikcina). 10,4;
und ist on sache aufgeblasen in seinem fleischlichen sinn
(svarö ufl)lesans fram fra[)ja leikis seinis). f-oi. 2,18; lieben
brüder enthaltet euch von fleischlichen lüstcn, welche wider
die Seelen streiten. 1 Petr. 2,11; bullieder und fleischliche
gesiinge. Luther (W'aWi) 10,1722; die auf solche mittel aber
sich mehr dann auf gott verlassen , die vertrawcn einem
fleischlichen arm. Kirchhof rfwc. mi/. 3 ; du darfst auch nicht
denken, dasz ich sei in himmel gestiegen und habe solches
mit meinen fleischlichen äugen gesehen. Jac. Bübme Aurora
s. 11t. 133;
Trcch, flüischlich oder gaii.
wer flaischlich ist, der mag sich nach dem flaisch umhselien.
Weckhirmn 734;
fleischliche woiliistc. pers.rosenih. 1,6; der fleischlichen liebe
nicht zugethan. fwl.slockf.rtO; sieh in eine fleischliche Sünde
einlassen wollen. 53. fleischlicher, Iciblirhtr bnider, fraler ger-
manus, nnl. vieesehelijke broeder. IIutd. op Stoke 2, 507.
FLEISCHLICH, carnnlilir: wenn irgend eine« maus weih
sich verlief, und jemand sie fleischlich heschleft. 4. 'f(U. 5,13;
denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnet,
die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnet, aber
fleischlich gesinnel sein ist der lod, und geistlich gesinnel
sein, ist leben und friede (nnlA |iai bi leika visandans |iA,
|iAei leikis sind, milond, i|) |>ai bi ahmin t)A, |iAel ahmin«.
a}i|ian fra|)i leikis dau}ius, i|) fra|ii ahmins libainsjah gaTair|)i).
Rüm. 8, 5. 0 ;
die lit ein jungfraw rein und pur,
wIn «je uns von euch gelion wiir,
din hnh wir MeiMliliih nie erknnt. Atrrr 143';
unsere fleischlich gesinnte gedanken. BrTSCHtr P'ilm. 41«;
hatte um lelbige zeit ein gewisser Turnuhiuer herrn dicnrr
I
1 76i FLEISCHLIN — FLElSCHSCHNECKß
die unzucüt begangen, sich mit eiuer weibsperson fleischlich
zu vermischen. Febenb. 2. 55.
FLEISCHLIN. FLEISCHLEIN, n. fruslum carnis, Stückchen
fleisch, auch persüniich gebraucht:
das fleischlin (das mädchen) ist ietz dio eigen, fduf n. SSO, 29 ;
ein fleischlin in mein tälzlin. Bebel facei. 99*.
FLEISCH LING, m. l) homo libidinosus : das ist allein under
dem dürren holz, dornigen geizhäisen, unlautern fleischiingen,
die gott einsen (einmal) ausmustern lassen. Joa. Nas war-
nungsengel ISl.
2) boletus bovinus.
FLEISCHLOS, expers carnis:
wa dein von beio und baut fleiscblosps angesiebt?
Wecehkrli:« 715;
dieser fleischloser und geisthafter {Rübezahl und Kalzenreit).
Praetobics bericfit vom schnakischen Katienreit. 1665. rorr. bl. 1 : ach
dieser gewesene glückliche ist jetzt ein fleischloses, bleich-
fahles, hinfälliges gerippe ohne gesundheit. ohne fröhlichkeit,
ohne Schuldlosigkeit und ohne kraft. Kreischjian:? Zäunen 207 ;
deine fleischlose knochenversteinerung. i.P.uns.loge 3,bl.
FLEISCHLOSIGKEIT. f. macies.
FLEISCHMADE. f. termes, larre der fleischftiege. iedoch mag
tarmus ain iegleich flaischmad haijen. Megeneerg 309, 23.
FLEISCHMAHL, n. 1> cü)us e carne paralus, fteischspeise :
heim bauen die weiber und kinder den herd,
ein leckeres fleischmabl ist heut uns beschert. Bö>gk> 60^.
2) brandmahl, brennzeichen, «eisth. 3. 255. 257.
FLEISCHMANGEL, m. penuria carnis.
FLEISCHMANN, m. lanio, carnium propola, auch Häscher,
auffänger.
FLEISCHMARKT, m. maceHum, fleischbank: alles was feil
ist auf dem fleischmarkt, das esset (all ^atei at skiljam
frabugjaidau. maljai|)). 1 Cor. 10,25.
FLEISCHMASSE, /. tasU corporis tnoles: er ist eine unge-
heure fleischmasse.
FLEISCHMAl'E, f. musculus carnis, torus: gerollte wammen,
spallen, kalbsbraten, nierbraten, eingetonnet fleischmauen,
zemmer und knöpf von hirzen. Garg. 53'; hiib den leib in
die luft, also dasz er den ganzen leib allein mit den fleisch-
mauen und spannadern des daumens in der wag aufhielt.
230'; fleischmaunen, fleischknurren an den meusen der
srhenkle nnd arme. tori. Maaier137*, also in deutlichem Zusam-
menhang mit mauwe. ermel ; hat sich ein sehr groszcs wildes
Schwein sehen lassen, welchs von dicken fleischmauwen ganz
feist und fett war. Spaxgesberg jagteufel 94. rgl. maue.
FLEISCHMAIL, m. edax carnis, ßeischfresser. Maaler 13*'.
FLEISCHMAUS. f. musculus carnis. auch Stieler t25S setzt
fleischmau und flcischraaus neben einander, s. fleischmaue.
FLEISCH.MESSER. n. fleischbeü, kochmesser, sluckmesser,
macera. voc. 14S2 h s'.
FLEISCHMILBE, f. acarus.
FLEISCHMIS. n. fleischsfieise : des freitags pflag derselbige
Rausch zu kochen gar ein guot fleischmuos. bruder Rausch A 2.
FLEISCHNABEL, m. rhamnus sarcomphalus.
FLEISCHNAHRUNG, f. alimentum carneum.
FLEISCHNARR, m. carni dedilus homo:
ein lleischnarr ist ein junger meusch. Brockes 6,329.
FLEISCHPASTETE, f. fleischbackwerk, fleifchgebackMi.
FLEISCHPFENNING. m. abgäbe auf fleisch.
FLEISCH PREIS, m. fleischlaxe.
FLEISCHRIEME, m. gesalznen schweininen flcisches, st^c-
cidia. Maxier 13"'.
FLEISCHRINDE, f. cortex carneus: die verdunkelte seele
fühlte sich wie eine haniadrjade von der biegsamen fleisch-
rinde überwachsen. J. P. Hesp. 2. 13.
FLEISCIIROTH. roth u-ie fleinh, flekchfarb.
FLEISCHSACK, m. der treg, lasz, ful gesell, din eigner
lib. der fleischsack, der an dir hanget. Keisersb. bilg. 134*.
FLEISCHSCHARRE, f. maccllum . fleischhalle : nicht ein gas-
sengesrhrei daraus machen, aufm markt und in lleischscharen
ein klagüed drflberfübren. Oi orim Varisci {loh. Sommers) ethnogr.
mundi. Mnyde!>. lü09. k fi ; in die juristische fleischscharre treiben.
J. P. //»'(/W;. 1. 46. j. fleischscherne. fleischschranne.
FLEISCHSCHÄTZER, m. ae.<:timalor carnium.
FLEISCHSCHAl'. f. carnium sj:erlatio.
FLEISCHSCIIAIER. m. sf<eclatür carnium. amtlicher beschauer.
FLEISCHSCHERNE. SCHERBE, f. fleischscharre.
FLEISCHSCHNECKE, f. ürombus puytlis.
m.
PLEISCHSCHMTT— FLEISCHWL'NUE 17b2
FLEISCHSCHNITT, m. incisura carnis, schnitt ins fleisch.
FLEISCHSCHNITTE, f. segmentum carnis.
FLEISCHSCHRANNE, f. macellum, fleischscherne.
FLEISCHSCHRAL'FE, f. weisz aber pit, ob ich mir die
gurgel abschneidn soll oder mich an meins vattem sein grosze
fleischschraufn aufhenken. Schwabe tinlenf. 59.
FLEISCHSCHWAMM, m. II agancus ralidus.
2) aplitha: dasz das fleisch in der wunden zu luck schwam-
mecht ist und sich begeret zu einer fislel oder fleischschwam-
men zu ziehen. Würtz 302.
FLEISCHSEITE, f. bei den geriern, die inwendige seile, die
aasseile der haut.
FLEISCHSETZER, m. fleischschätzer, der die fieischf-reise ansetzt.
FLEISCHSOHLE, /. solea camea ungulae, der wache tbeil im
hufe, der die ganze homsohle bedeckt.
FLEISCHSPEISE, /". cibus e carne paratus.
FLEISCHSPENDE, f. fleischrerlhalung an arme.
FLEISCHSTACHELN, folliculi.
FLEISCHST.ANDER. m. fleischbülte.
FLEISCHSTELER, f fleischabgal>e.
FLEISCHSTOCK, m. caudex macetlarius: v»er sich seines
weibes nicht achtet, der lasset sie als wie ein alten fleisch-
slock über nacht auf der gassen leer stehen.
FLEISCHSTRÄHL, m. zwischen dem hornstralil und der fleisch-
sohle im huf.
FLEISCHSIPPE, f. 1) jus carneum, fleischbrüh: flaischsup
oder flaischpru, prodium, et est panis in aqua cum carnibus
cocta. voc. 14S2 h7'; gelt, den teller voll lleiscbsuppe, den
ich ihr vorgestern abends hinstellte, warum hat sie ihn nicht
gewärmt und gegessen? H. L. Wacxer Aindennörrfenn 95 ,
2) bildlich für bhtt: pfui, dasz man dir nicht die fleisch-
snppe über den grind herabgieszen (didi blutig schlagen) soll !
Weise errn. 109.
FLEISCHTAG, m. dies quo carnibus tesci licet, gegensalz zu
fasltag: und betreufe sie mit butern oder mit smalze, ob e;
(niht) fleischtac si. ron guter spise 25; und brat den teic in
smalze oder in butern, ob e; niht fleischtac ist. 43 ; gediug
uf den nechsten flcischdag vor s. Thomas gehalten. wei-4h.
2, 178 ; wenn dirs auf einen fleischtag geboten würde. Lctiii-r
3. 63'; das verbot der speisen belangend, da man aus Werk-
tagen und Sonntagen hat fischtag und fleischtag gemacht.
bienenk. 146' ; es ist nicht alle tage fleischtag, geht nicht imuier
hoch her, man ist nicht in änem fort glüddick, es geht ntcht
stets fort nach wünsch.
FLEISCHTAXE, f prelium carnium jrraescriptum.
FLEISCHTOPF. m. olla carni coquendae facta: sich nach
den ägyptischen fleischtöpfen, nach dem wolleben sehnen ; da
wir bei den fleischtöpfen saszen und hatten die fülle brot
zu essen. 2 Mos. 16. 3.
FLEISCHTÖPFCHEN, n. ollula carnis.
FLEISCHTRACHT, s. fleischblättchen.
FLEISCHTRAURE, f. mit kleinen beeren roll snszen safles.
FLEISCHTRODEL, f cirrus carnosus: das perlhuhn hat an
den backen fleischtrodeln.
FLEISCHUNDBEINGITTER stehen zwischen den mensrhen-
scelen und doch kann der mensch wähnen, es gebe auf der
erde eine umarmung, da nur gitter zusammenstoszen und
hinter ihnen die eine seele die andre nur denkt. J. P. uns.
foge 2, 1«5.
FLEISCHYERK.\CFER, m. mandpiorum negoliator, sdacen-
händler. Münster rosmogr. 1324.
FLEISCHVEBMESSEN. temerarius:
hat einen fleischvermesznen mutb,
kein gnad bei ibm ersuchet. Riigwald evang. IS^
FLEISCHVOBRAT, m. copia carnis.
FLEISCHWAARE. f carnes.
FLEISCHWAGE, f
FLEISCHWAND. f siebe neischblältchen.
FLEISCHWARZE, f caruncula.
FLEISCHWEINER, m. rother traminer.
FLEISCHWEISE, nach dem fleitch, nicht nach dem </••«"«/.■
die weltgelerten , Ueischweisea im buclistaben der schrift.
Frans sfir. 2, ir.4".
FLEISCHWFRDUNG. f. incamatio, wie menscbwerdung.
FLEISCHWERK, n. carnes: er hat gutes fleischwerk, ist
fleischig.
FLEISCHWrCHS, m. incrementum camit.
fLtiSCHVMNDE, /. minus in carne.
111
1763
FLEISCHWLRFEL — FLEISZ
FLEISZ
1764
FLEISCHWÜRFEL, m. cuhus rarneus : ein schöner rindtorso
oder flcischwürfel als poslament des ganzen eszkunstwerks.
J. P. Siebenk. 1, 50.
FLEISCHWllRM, m. termes.
FLEISCH\^•^I{ST. f. mit iiehacklem flriscli gefüllt.
FLEISCHZAPFE, m. daricula carnea.
FLEISCHZKHE. /. siehe flcischblötlchen.
FLEISCHZEHNTE, m.
FLEISCHZEIT, f. Umpus quo carne resci licet.
FLEISCHZUCKER, m. aus fleisch gezogen, vgl. leberzucker,
traiibenzuckcr.
FLEISCHZWIEBEL, f. allium porrum.
FLEISZ, m. conlentio, diligentia, Studium, induslria, ahd. fli;,
mhd. vitj, alts. ags. (lit, engl, ausgestorben, nnl. vlijt, schw. flit, ddn.
flid ton uns entlehnt, denn die altn. spräche kennt kein solches nort
vnd fliotr celer ist tinreruandt, auch ein goth. fleit erscheint nicht,
sondern, wie die belege zeigen, dafür aljan (eilen) und iisdaudei.
6« LcTiiER fehlerhaft geschrieben vleis. die alte bedeutting von
tireit ganz erlonclien, die von eifer und anstrcngung geblieben.
1) groszcr, ganzer, hoher, ernster, emsiger, beharrlicher
fleisz; anhaltender, ausdauernder, angestrengter, verdoppelter
flcisz; böser, verkehrter fleisz, iiberiger fleisz (affeclalio).
Maai.er 137'; der fleisz wächst, steigt, erhöht sich, nimmt
tu; ermattet, erkaltet, läszl nach, nimmt ab.
2) fleisz thun: da der könig solchs höret, ward er seer
betrübt und thet groszen fleisz, das er Daniel erlösete. Dan.
8.14; so du aber mit deinem Widersacher für den fiirsten
gehest, so thue fleisz auf dem wege, das du sein los wer-
dest. Lwc. t2, 58; thue fleisz, das du vor dem winler komest.
2 Tim. 4,21; indes thet der Augustin allen fleisz, das er
seinen leib mit vielen tüchern warm macht. Luther 3,402';
das ist ja leid für dich, thun auch fleisz und bitten, das du
ledig werdest. 422*; wie er denn groszen fleisz thut, böse
deudsch zu reden. 441* ; ei ich weite mich wol aus der weit
fragen und du kanst dich des imd des nicht erkündigen,
und es ist war, ein mensch, wenn er fleisz thut, kann vil
erfaren. lernen und ausfragen, kluge, u-eise reden 15C5, 271*.
1570, 2SC'; doch nit feirclen und fleisz thelen. Bocc. 1,42';
sie solchen fleisz thun wolt, das im das on zweifei werden
solte. 1,299'; thut fleisz. Mich. Nea>der menschensp. ^9 ; eines
tags thet der ritter also groszen fleisz. buch d. l. 34, 2 ; die
ärzte theten also groszen fleisz, darmit der Lanzelet wider
gebeilt und gesund ward. 37,2; thue nur fleisz, idage. Ayrer
proc. 1, 1 ;
auch ihr seid aus der schar, die von der wiegen an
mit alter Weisheit eicIi zu messen fleisz gethan. Flehing 62;
auch ich hab ümm parnasseu
und sein gelehrtes volk mich of^e linden lassen,
hab allen fleisz gcihan ümm Fobus seine gunst. 96;
ich höre aufmerksam zu und will fleisz thun, dasz ich euch
nicht misverslehe. Clacdids 8, 81. fr. faire diligonce, eilen.
3) fleisz haben : also auch die lischer und zimmerleute,
die tag und nacht erbciten und schnitzen bildwerk und fleisz
haben mancherlei erbeit zu machen. Sir. 38, 28 ; ich gebe im
Zeugnis, das er groszen fleisz hat umh euch {goth. t)atei habai))
manag aljan bi izvis). Col. 4,13; und ob er alle sunde so
rein nicht kan erzelen, das er doch fleisz hab, sich der alle
zu erinnern. Jo;«aä fcei Lu/Aer 6, 419"; darumb haben wir alle-
zeit groszen fleisz gehabt, augsb. conf. im corp. doclr. ehr. 129;
befahl seinen scherern und erzten, sie «ollen groszen fleisz
haben, in wider zu heilen und gesund machen, buch d. l.
221, 2. ähnlich ü( fleisz hallen :
bah vleisz aiiT unser neun !
WoLFi tciltcltr. für d. myih. 1,467.
4) Oeisz kehren, ankebren : k^ren mhd. wb. 3, 352', nhd.
ab<:ch. des reiciureg. ihOl §.10; »o sollen die nolarien höchsten
fleitz ankebren. not. ordn. von 1512 §. 14; fleisz ankeren,
xnrigUare, incumbere. Serbaüus tyn. 70*. mehr belege 1,379.
5) fleisz anwenden, verwenden: allen möglichen fleisz an-
wenden ; und so die hcupter und regenten der gemeine nicht
werden fleisz fürwenden, augsb. conf im corp. doctr. 369 ; fleisz
und mühe anwenden. 1, 619. tnAd. wenden (u'b. 3, 352'). flciat
erwinden. SciiERTtiis br. 115.
5') zum fleisz auffordern, nüthigen, zwingen :
Je mehr er »ich mm fiel«/'» twinKl,
um detto mehr ci ihm grliiigi. Gotwi 13, \'>c>.
6) Deisz legen, anlegen, setzen, ansetzen : leget Reiiz an
Ire msuren und erhöhet ire pullust. p. 4s, it; fleisz anlegen
1, 398 ; eine fraw die hatte zwei hOndJin, die ihr sonderlich
lieb waren und groszen fleisz auf sie setzte, buch d. l. 288, 4.
heute, den fleisz auf eine sache richten, ihr widmen.
7) so sol nu hie unser fleisz sein, das wir weit von ein-
ander scheiden. Luther 3,36*. heute: unser streben, be-
streben.
7') keinen fleisz sparen, unterlassen",
der schöne zwerg hat licinen fleisz gespart. Wiklasd.
8) sihe, dasselbige das ir göttlich seid betrübet worden,
welchen fleisz hat es in euch gewirket {goth. hvelauda gatavida
izvis usdaudein). 2 Cor. 7, 11 ; das ewer fleisz gegen uns ofl"en-
bar würde (du gabairhtjan usdaudein nnsara). 7,12; aber
gleichwie ir in allen stücken reich seid im glauben und im
wort und in der crkenntnis und in allerlei fleisz (jah in allai
usdaudein). S, 7 ; gott sei aber dank, der solchen fleisz an
euch gegeben hat in das herz Tili (izei gaf |)ö samön ui-
duudeiu faur izvis in hairtö Teitaus). 8,16; nMi.
üf daj sftibe wunsolileben
sÖ hei ich minen vlij pegi^ben
in miner frouwen gcwail.
9) ein von fleisz abhängender geniliv bezieht sich meist auf das
thdtige subject, z. b. ich bewundre den fleisz des mannes;
der kinder fleisz crn.ihrte die eitern; geld ist das mittel,
den fleisz der menschen gegeneinander zu verkehren, so
dasz der nationalreichthum eigentlich nur die summe des
fleiszes ist, mit dem die menschen sich lohnen. Kant 6, 94.
zuneilen gehl er aber auch auf den gegenständ, welchem fleisz
und sorgfall zugeuendel werden {rgl. mhd. zornes vlij, slüfe«
vli;. «'6. 3,352"):
mein leib zoch ich mit hisies fleisz,
nun ist er hie der wiirme speis. Scbwarzkkberc 114,2;
der fleisz des Schmucks, ^iloxooftia. Fischart ehz. 74;
wer rief euch in das fremde land, den blnhnden fleisz
der felder zu verwüsten? Schiller 464'.
man könnte nicht sagen der fleisz auf die felder, an den fel-
dern ohne hinzugefügtes particip oder adj., eine Überschrift bei
LocAU 2,37,40 lautet indessen: fleisz zur lugend, wie es hiest
sich zu etwas fleiszen, und bei Maaler 137' steht fleisz und
ernst auf ein ding, intentio. fleisz im feld, bei der arbeil
wäre heute zulässig, wenn Rost schdfercrz. 16 setzt:
ihr uiiverdroszncr fleisz
war bei den schafen ietzt nicht mehr wie tonst geschäftig.
so gehört die praeposition zur ganzen redensart.
10) häufig entsjtringcn advcrbia.
a) mit dem genitiv, fleiszes, alles fleiszes, diligenter, diligen-
tissime {wie ernstes, alles ernstes sp. 925) : doch wil ich übrig»
fleisz (= fleiszes) auch sagen mein meinung. Luther 1.398';
welches auch ifg. ich mich alles fleiszes erbot ins werk zu
richten. Schweinichen 3,134; ich will besten fleiszes mich
bemühen. Opitz j)Of /cm' l'; so ersuche ich ihn hiermit dienst-
lichen fleiszes. Wieiand 14, 57; sie hallen ihm die mühe er-
spart eignen fleiszes zu suchen, was sie schon gefunden
hatten. 19,27.
b) mit fleisz, sedulo {mhd. wb. 3, 352') : aber verwaret euch
mit fleisz, das ir sie nicht bekrieget. S^/os. 2, 4; das du mit
fleisz haltest und thust alles das dich die priester leren.
24,8; haltet nun aber an mit fleisz. das ir thut nach dem
gebot und gesetze. Jos. 22,5; ich Dariiis habe dis befolhen,
das es mit fleisz gethan werde. Esra fy,li; alle dasselh nim
und keuf mit fleisz von demselben gelde. 7,17; und er weidet
sie auch mit aller trew und regiert sie mit allem fleisz. ps.
78,72; SU lasz dein obre auf Weisheit acht haben und neige
dein herz mit fleisz dazu. sfrr. Sal. 2,2; behüte dein herz
mit allem fleisz. 4,23; er sihet aber reuter reiten und faren
und hat mit groszem fleisz achtung darauf. £s. 21,7; merket
mit fleisz und schawet. Jer. 2,10; da berief Herodes die
weisen heimlich und lernet mit fleisz von Inen, wenn der
Stern erschienen were {altd. gl*rnllrho lernAta). Matth. 2.7;
nach der zeit, die er mit fleisz von den weisen erlernet halle.
2,16; das ich'' zu dir, mein guter Theophile, mit fleisz ordent-
lichen schriebe {goth. gahnhj6 |ms nxMj.in, batista Thaiaufeilu).
/.uc. 1,3; da sie aber zu Jesu kamen, baten sie in mit fleisz
{guth. bi^dun ina usdnudö). 7, 4 ; kere das haus und suche
mit fleisz, iiis das sie in linde ((/ot/i. sokeij) glaggvaba unt)^
bigiii|i). 15, S; Zeiinn und Apollon fertige ab mit fleisz. auf
das inen nichts gebrei he. 7'i/. 3, 13 ; baten in auch mit fleisz,
er wolle die weihenacblen bei inen birilien. LirnK* 3,33*;
belegten mit fleisz die ttraszcn zu Mcldurf. 9,34*;
1765
FLEISZ — FLEISZEN
FLEISZEN
1766
ain bartet man, was alt unJ greis,
der thet mir auT und fragt mit Oeisz,
■wie ich allda verirret wer. Schw^rzenbkrg 150,2;
mit fleisz (attenle) hört ich den werten zu. 15t, '2;
nnd danket dem risenfconig mit hohem fleisz (magnopere).
buch J. l. 4; wir danken dir mit bficbstem fleisz. 210,3;
mit ganzem fleisz (allenti.<<sime) Reinbart und Gabiiotto der
zeit erwarten theten, dasz man zu bof anhub zu blasen.
241. 3 ; Pbilomena und Gabriotto anbuben in dem scbacb zu
ziehen, Laurata ihnen mit fleisz zusehen ward. 242,2;
ein hänlin weisz
mit ganzem fleisz
sucht seine speis. Garg. S7*;
des böcbsten namea will mit fleisz ich singen.
AVecküerli:« 25;
und wan ich schon mit höchstem fleisz
dich solt erheben nach verlangen. 363;
tritt her und schau mit lleisze. Paul Gehhard 15,2;
einst wirst du in den alten linden
noch spuren deines namens finden,
ich weisz, du kömmst und nimmst mich mit.
du zeigst iliu dem getreuen greise,
der ihn einst mit verliebtem fleisze
zum deukmal in die bäume schnitt. Rost tchäferg. 17;
mein sehn, das hast du vrol gemacht,
mit flei>z das bild zu stand gebracht. Götre 13,156;
liebe herren, bedenkts mit Jleisz,
sist des kaisers will und gebeisz. Schilleb 32S**
e) dieses 'mit fleisz' nimnU häufig die hedeutung ton consullo,
mit absieht und rorsalz an: sie trank die schalen nicht gar
aus, sondern liesz mit fleisz ein wenig darinnen, buch d. l.
214,1; denn ich mich mit fleisz auf ein andern weg richten
wil. 254.4; mit diesen Worten der ritter seinen briefbeschlosz,
den mit fleisz unterschreib dein elender, verjagter son'. 257,4;
die Lylla sei schön, wie mit fleisz
vil rühmen, kan icb nicht gestehen,
sie ist (ohn witz) lang aufrecht, weisz,
recht wie ein hüpsches bild zu seben. Weckuirus 801;
die Zunge wohnt mit fleisz im weiszen beingehege,
dann dis ist ihre grenz, in der sie sich bewege.
LOCAU 1, ItiO, it6.
die anderen lustgedichte habe ich, zu ungleichem urtheil nicht
anlasz zu geben, mit fleisz zurücke gehalten. Hofmas.xswaldau
von.; so misz mir nicht bei, als wenn ichs versehen und
ein niederteutsches wort unter das hochteutsch gemenget,
ich habe es mit fleisz gelhan. Nel mark /us/ir. rorr. ; ich mochte
mir dieses mit fleisz nicht deutlicher erklären lassen, ehe
eines mannes 1S5 ; oder man müste annehmen, dasz es noch
itzt gelehrte geben könne, die wol wüsten, wo so etwas im
verborgenen stecke, und es mit gutem fleisze im verborgenen
lieszen. Lessixg 8,332;
ei sieb ! so hättest du ja wol, wenn du
verlorst, mit fleisz verloren, Schwesterchen? 2,227;
ist denn dein lied schon aus? ich habe zugehört
und, weil mirs wol gefiel, mit fleisz dich nicht gestört.
Rost scliäferq. 128;
ich thue es mit fleisz nicht ; ich gebe dir das buch mit fleisz
zurück.
d) ahd. sagte man in fli;. cetlatim {gramm. 3, 154. Graff
3, 7S0). mhd. in allen fli?. Parz. 113, 3. Er. 668, in die welle,
um die welle, dieser ausdruck ist nhd. unüblich, da sich die
bedeutung ron fleisz. certamen verloren hat.
FLEISZE, f. vigilanlia, diligentia, fleisze oder wachung.
voc. 1482 h 8*, entspricht dem ahd. flijl. Graff 3, 780.
FLEISZE.N, contendere, studere. ahd. fli|an, flei;, flijun,
mhd. vliz;en, vlei;, vlijjen, nhd. fleiszen, flisz, flissen, alls.
flilan, flet, flitun, ags. flitan, Dät, flitiin, doch habe ich die
practerita üit, flät nie gelesen, so wenig als fleit erscheint ein
golh. fleilan ; man wäre sogar versuciU dafür ))leilan {nach analogie
von {)laihan, ))liuhan = flehan, fliohan) zu ahnen und im lal.
stiis, stlata, sllocus eine bestätigung zu finden, da diesen ein
tlis, flatus, tlocus torangegangen scheint ; docA rfem jileits, J)leitis
= tlis, tlilis geht Verschiebung des inlauts ab, so richtig der anlaul
verschoben wäre, auf keinen fall war dem Ulfiias solch ein
|)leitan {)lait geläufig, weil er überall usdaudjan setzt, ferner ab
tage äne vergleirhuug ron fleisz und fleiszig mit dem sl. pilnost
(poln. pilnosc) und pilny, die dasselbe ausdrücken, aber wol zur
Mfurzel pln, plenus, goth. fulls, voll gehören, von pil liesze sich
vbergehn auf til und wieder zu goth. fl = j)l gelangen.
1) ahd. galt noch das intransitive verbum:
da^es inti nahtes
fleis »1 thar thes rebtes. 0. I. 16,13;
•ie flijsuo tha{ sie giltin. I. 22, 2.
mhd. begegnet nur inf. und part.
da; vli{en unt daj pinen. Trist. 132,23;
das part. sowol mit hän als mit bin;
herre. ich hän gevliuen
an iegelicbem seitspil. Trist. 93,26;
Sit et dar an gevlij^en.
da; mir kein schade iht üf erste. 266,32;
nu kam der tac da; Fidre
solt körnen von Montöre
wol geQi;;eo üf den tac. Flore 2133.
nhd. zieht der inf. vor fleiszigen, im part. haftet, nd>en bin,
geflissen :
bis auf die pfert geflissen! fasln. 247,13;
dessen bis noch geflissen! Ri:<ewAU> geislt. lieder 83;
ob man dir auch sei gflisseo
zu lieben dich von berzeugrund. Atrer 203*;
dann auf dein recht und seinen guten grund
Tertrcst ich mich und bin darnach geflissen. Opitz pt. 228.
2) weit häufiger kommt vor sich fleiszen.
mhd. dar nach er sich mit vlije vlei;. Parz. 61,20;
au welen buocben bänt si da; erlesen,
da; sich so maneger fli;et wä er ein schine; wip verrtlle?
Walther 34,3;
der wirt gein sinen gesten sich söre vli;en began.
Aü. 725,4;
oucb fli;ent si sieb an turnei. DocE:f misc. 2, 306 ;
mit davon abhängendem genitit:
Tli;et iucb diemüete. Part. 170,28;
swa; ie guoter tugende an vroun Heichen lac,
der vlei; sich ou vrou Kriembih dar nach vil manegen tac.
Mb. 1329.2;
die sich des fli;ent,
da; si den muut so säre bi;ent. Wai.thx> 61, 17.
schwachformig :
si vligete sich ir waete. Karaja;« 24,25. 25,3, oder vH;ete?
nhd. solt sich ein mensch fleiszen, das er alle zeit in allen
seinen werken ufgespannen wer mit seiner meinung. KtistRSB.
irrig schaf 19*; denn wie ir euch geflissen habt von gott ab-
zuweichen, also bekeret euch nu und fleisziget euch zehn-
mal mehr den herrn zu suchen. Baruch 4, 28 ; wiewol ich ein
mechtiger könig bin, hab ich doch mich meiner gcwalt nicht
wollen überheben, sondern mich geflissen gnediglich und
sanft zu regieren, stücke in Esther \,i; also das ich alles mit
dem evangelio erfüllet habe und mich sonderlich geflissen,
das evangelium zu predigen. Rom. 15, 20 ; die giftigen meuler,
die sich fleiszen, wo sie etwas ergröbbeln. Lcther 4,406*;
dahin flissen si sich auch ir sprach zu leiten. Fbans weltb.
4l'; er flisz sich in alle weg, das er von menigklichen ge-
liebt ward. cAron. 18; und also haben sie sich endlich zu
fahren geflissen. buch d. l. 10,1; got wolt aber, ich mich in
ihrer gnaden dienst nach allem Iren willen fleiszen möcht.
233,4; es begibt sich oft, dasz sich etliche fleiszen ander
leut zu verspotten. Bocc 1, 3S'; man sol sich fleiszen, dasz
die rinder ninmier aus-hungers not mager werden. Fober
thierb. HS";
wil fleiszen mich vor allen dingen,
das ich errett im sein leben. U. Sachs III. 1,217*;
mau fleiszt sich jetzt den hart vom maule zu gelosen (abzu-
lösen). LoGAU 2, b(», 37 ;
gar genug, wann fremdes gut recht zu brauchen icb mich
fleisze. 2, 158, »8.
mit geniliv:
und tust dich erst eins neuen fleiszen. fattn. 56,13;
und wer der zeit kein recht tut
und sich vil böser ding fleiszet. 319,26;
du tust recht sam ein saw in einer pfützen,
die sich unsauber koste fleiszt. 658,2;
darümb wer wirig {auf die daiter} berschen wil,
der soll sich fleiszen fügend vil. Scuwakzknbkbs HS, 1;
drümb wie ain ieder alten wil,
des fleisz er sich von jugent vil. 143,2;
der fleiszt sich warlicb pöser töck. 155,1;
der sich des adels fleiszt.
und doch den fUchs nicht beiszt. ühla5d 365;
thut sich der schäflin fleiszen,
das die wolf sie nit zerreiszen. Soltad 260;
was fleiszest dich vil alter schand? Mcrxer schelment. 43,9;
keiner gütigkeit er sich fleiszt. H. Sachs III. 3,61*;
fleisz dich gepraten opfel oder gepraten pim. küchenmeisterei
cap. 6; ein ireflicher man, der sich von jugent auf aller tugent
geflissen hatte. 2 Macc. 15, 12 ; so wir bisher und fürt mehr
uns dcsselbigen geflissen hatten. LirrHERS br. l, 436; und
Hl*
1767
FLEISZENDS — FLEISZIGLTCH
FLEISZLEIN — FLENNEN
1768
lleiszen sich alles des das zu zier ires leihs und angesichts
dienet. Frank tre/<*. 193*; des sich die alten weisen nach im
grflissen liaben. Reucihin augensp. lO'; mit jn-aejiosiliunen :
haben sich auf ir gut hier geOissen. Mathesius 15G2, 274* ; hat
man sich liernach auf gieser geflissen. daselbst;
wer sich tu gutem zeitlicti fleisit
lind leszl sich strafen in der jugent. Waidis 2,71 6/. 124';
aufs gute fleisi man sich und werd zum bösen trftg.
Simpl. K. (>41.
heute vird sich fleiszen selten gehraucM:
welche freud an meinem kinde,
die sich fleiszci ernst und still. Rcckkrt geg. ged. 1,2M,
die /Insxig ist, arbeilet, rgl. bedeiszen.
FLEISZENDS, ditigenter, gebildet trie eilends, zusehends.
FLEISZIG, diligeiK, altentus, mhd. vli?ec, vnd mil gen. der
sofhe: bistus vlijec. MS. 1.170*. nhd. fleiszige leule am ge-
scbeft des ampts. Ichron. 10,13; fleiszige menner achzchen.
27, 9 ; fleiszige menner zwei tausent. 27, 32 ; lessige band
macht arm, aber der fleiszigen band macht reich, spr. Sal.
10.4; ein fleiszig weib ist ein kröne ires mannes. 12,4; die-
weil andere so (leiszig sind. 2 Cor. 8,8; mit vleisziger liebe
gefangen. Ar.BR. v. Eybe 4*; etwar auf fleiszig sein, allendere
ad aliquid. Maat er 137*;
«uf dein fleiszig hitt. Scrwarzehberg 1S2, 2;
Paul ist (leiszig mich zu fragen,
ich verdriiszig was zu sagen. I.ocaü .3, 100, S8;
ein hialt, ein bricf von dir, ein hialt mit deinen Zügen,
dies ists, geilchtes kind, wobei ich (leiszig bin.
die zeit wird nicht verderbt, ich lese deine schrillen,
und lerne stets daraus, was zärtlich lieben sei.
Rost xcitäfcrg. (i(>;
eine wenig bemerkte kleine seitenkapelle von roch geist-
reichern' und leichlern maszen, von noch gefiilligern und
fleiszigern zierralen. GiIthe 17, 209.
FLEISZIG, adv. diligenler, ahd. flt?igo: so soltit fleiszig
forschen und fragen. 5 Mos. 13.14; ich könig Arlhabsnstba
habe dis befolben, das was Esra von euch foddern wird,
das ir das fleiszig tbul. Esra 7. 21 ; ziehet bin und for-
schet fleiszig nach dem kindlin. Mallh. 2, « ; bab ich doch so
fleiszig im nccbsten i)(ichlin geschrieben. Luther 3, 449';
und bitt vleiszig e. w. wolle sie von mir fruntlich annemen.
Mei.ancmthon anrichtung der lal. schul. A2'; das schreibe ich
danimb so fleiszig, das wir doch sehen, wie voller lügen
die histori seind, wie unfleiszig die teutschen münch unser
histori haben beschiiben. Frank cAron. 106*; danket ihm auch
ganz fleiszig und sprach, buch d. l. 11,1; darnmb so wer dir
von nftten fleiszig in der sach l)andeln. 244,4;
liebe, die alle raängel gerne hüllt und (leiszig decket.
LocAU 2,82, 14:
bankarte sind tapfre leute, wannen kümmt doch dieses her?
weil sie lieb und gegenliebe (leiszig zeugt, nicht ohngefähr.
2, 44, bC;
schreib er fleiszig bücher, mein söhn!
Rost der tcufel an Go/Isched in Schmidit
anlliulogie I, 218;
lusl fuhren und histwandicr begegneten uns fleiszig (hdußg,
op). Gi'iTHE 43,249; wir wollen uns fleiszig besuchen.
FLEISZIGF.N sich, studere, coniendere, besonders in den prae-
»ensformen, trdhrend im prael. fleiszen noch stark flectiert wurde :
sie fleiszigen sich der lügen, gehen gute wort, aber im herzen
fluchen sie. ps. G2, 5; weh denen, die des morgens friie auf
sind, des saufens sich zu fleiszigen und sitzen bis in die
nacht, das sie der wein erhitzt. Es. h,n; sie fleiszigen sich
drauf wie einer den andern belriegc. Jer. 9,5; in solchem
land stehet alle ktmst der prophelen, der fleiszigen sie sich.
Ll'tiier 3, 7* ; das sage ich umb der jüdischen einrede willen,
der sich etliche fleiszigen, 243*; das wol ein iglicher sich
fleiszigen sol ein Christen zu sein. 4,477*; er wird sich nii
seiner nesselart fleiszigen. Llthers frr. 4,503; wiewol er sich
der obcricndischen art zu reden fleisziget. KiRcnitor wendunm.
122*; da man »ich der kürze in den Worten zum höchsten
pflegt zu fleiszigen. 0. veish. tustg. 411. 1. befleiszigen.
FLEISZIGKEIT, f. assiduitoi, instantia, tw. 1482 h 8*.'. Stie-
I,ER 5Pf..
FLEISZIOLICH, ifdulo, astidue, instanter: oo hat der herr
«och zu purh gesand alle »eine knechte, die propheten
fleisziglich. it. 2*, 9; Maai.er 138*;
drumb nf\ gewarnet neUzIglinh. AiBtRCf 28* 5
•r gnuit den rsben fleUiiglich. 30*;
«tie weil du iung bl»t, «oltu dich
mtl •rb<-li üben fleiiijiglicb. WO*;
er spracli zum wald. ich bitte dich,
mein Hoher wuld, gar tleisziglicli. 143';
bell ob gottes worten
uud wandelt lleiszij^llch darin. Atrer 424*;
wie fleisziglich und getrewiich ich mein vaterland zu ehren
Itegehre. Weckiieri.in rorr. zu den vclll. ged.
FLEISZLEIN, n. opella, Studium lere. SriEt.ER 505.
FLEISZLICH, assidue. roc. 14>*2 hs*; so musz meszigkeit
fleiszlich darzu dienen in allen werken, kürhenmeisterri ' ■ und
{Clas Fabrr) alle bücher, so wider den Liiiber gemacht wer-
den, so fleiszlich Iriickl. Ai.nEnus uider Wilzel kö*.
FLEISZWILLIG, diligentissiinus. Stiei.er 2538.
FLEME, n. adeps renalis, rcntralis, bauch fill, nierenfetl von
schireinen, gänsen, fischen, im geyensatx zu dem von rind und
hammel, irelchcs talg genannt wird, nd. flöm (Danneii, 54*): niiu
dri gesotene swines darme, nim darzu smal/.es von Beinen,
daz; tuo die wile e; ungesoten ist, als laue und gn^ als die
darm sint. von guter sjiise s. 9. vgl. flauin, feit uttd fleinie.
FLEMLE, membranae et vaginae viscerum, darin die in-
neren glider des libs eingefassel und umbgcben sind, als die
leber, hmg, herz. Maai.er 137*. nah dasselbe was fleme, nur
mehr die innere fetthaut als das fett selbst.
FLEMLEIN, n. diminulion des folgenden flemme: ehe noch
die Wasser einigen gang entplöszet oder ein flitzschlein, zein-
lein oder flemlein von einem goldgang oder fels abgestoszen
oder ausgewaschen hatten. Matheskjs 7* (1562, lo*); flemmicht
gold, gediegen goldflezlin, goldflemlin. Schwenkfeld stirpium
et fossdium Sitesiae calalogus {Lips. I6OO) p. 367.
FLEMME? fehlt in allen bcrgmännisclten wOrterbfichern, gehört
es zu flamme oder zu flimmer? wie man auch geineinigklich
in zihnseifen (zinnseifen) flemmen und klein goltkörner ge-
diegen weschet, welches oft eingeschmelzt wird. Mathesius
29" (15fi2, 41").
FLEMMEL, m. briza trcmula, gramen tremulum, flitlergras,
zillergras.
FLKMMEN, flammare, «n geirand flammen, streifig, geflammt
(flajnmeum) machen : ein schlangenwendig, plitzsträmig und
geflcinniet kicid. Garg. 114*.
FLEMSCH, s. flämisch.
FLE.NDEH, m. lemniscus, flatterndes, flimmerndes band. Stie-
ler 5(11.
FLENDERLING, m. derber faustschlag. Frommann mundarlen
4, 107.
FLENDERN, flimmern, flattern, rgl. flandcrn, flandern
FLENKE, /■. hosenbänder und flcnken. Albkrtim narren-
hatz 304.
FLENNERALZER, m. schelte für einen weinenden, heulenden
knabcn, mit Ruizer, Raltliasar (1. 1095), wie das folgende mil
Eis, Else (3,417) für ein mädchen gebildet, gröber lauten flenn-
bock, heulbock, heularsch:
so lassich darum mich in keine thrSnen ein,
und mag darüber nicht ein (leiiiiehalzer seiu. Gönther 405.
FLENiNELS, f ein bekannter sjioUreim :
flenneis auf der geigen,
kuijiist du nicht geschweigen,
kauf ich dir ein rothen rock.
LicntENRERC 4,270 schreibt flennelz. Flenn Eis heiszt auch eine
der zu Hanswursts hochzeit eingeladenen personen.
FLEN.NE.N, os lorquere, ringere, den mund, das gesicht ver-
ziehen, wie weinende und lachende thun. engl, make wry faces.
flennen weist auf mhd. vlennen vlante {nach brennen, braute,
kennen kante, rennen ranle), das unübcrliefcrt ist, man dürßt
ein golh. flannjan flaniiiila oder flanjan (i/ic branjan), also im
hintergrund ein .tlartces flinnan flann, flinan flau ralhen, de.<:sen
bedeulung dahin gestellt bliebe, ahd. erscheint rtanncn. welchem
wir noch nhd. flanneii {sp. 1723) entsprechen sahen, es steht bei
N. (llallemer 2, 52>i*): wanda die anirunga histriuncs t.Aten
ora contorquendo, da; cliit flanncndo, wo der mangtlndt
umlaul auf die fterion ^n und inlranititiren begrif weisL das
umlautende verbum Irbl alter in allen heulufn mundarlen: bair.
fletien, pflenen (Scim. 1, 588), kdrnt. flennen, fliuien (Levkr 9S),
Schweiz, niinnen, pflilnnen (Stai.her 1, l(i2), pnenna (Toni kr 47*),
nfirub. flanna, pflanna, schwdb. hess. schien, thür. mnszn. flennen,
nd. flennen iSchahbach 272*. Dannkil 123"), nur ketn nl. vlennen
ist verzeichnet, sdiw. flinn, norr. flina (Aasen 102*), ddn. fliiie,
lachen, fletschen, vnrzugswei.se zum lachen, wie auch Scoambai n
für flennen /»ei(/f5 lachen und weinen angihl.
ein so verbreitetes wvrt müste auch in den unfrvandlen »prachen
seinen anhält finden, tat. ploro yleirht zwar unserem hierre,
1769
FLENNEN— FLENSELN
FLENSEN— FLETSCHEN
1770
florre (ap. 1725. 1""0), mehr doch veisl es auf pluo, ttXv^'o}, vie
fleo auf fiuo, so riasz in ploro und fleo nicht sowoi der schrei als
die lliränen des weinenden ausgedrückt würden, wobei sich n/.ii-eiv
noch besonders zu den formen flina. flenen gesellt, dem weinen
lag dann das verziehen, verzerren des gesiclUs nahe, es kommen
freilich noch andere mit pl. fl anlautende rerba in belracht. sl.
plakati ist goth. flekan oder flükan und lat. plangere (wie tekan
längere), ton fletschen wird an seiner stelle gehandelt, neben
flannen, flennen haben flans und flensen [oben 172.3) wieder bezug
auf den mund, Danneh., der 123' alle ausdrücke des weinens sam-
melt, schreibt auch Qinsen und plinsen, Stai der 1.162 pflaunen
und pflijrf sehen, nd>en jenem nord. flina gilt flira und fnisa für
das verziehen des munds zum lachen, vgl. feixen sp. 1473. sicher
stnd noch ähnliche landschaftliche örter beizubringen.
1) frühere denkmäler bezeugen die Vorstellung des mundrer-
ziehens und setzen das verbum trnnsitir, wie es sich für die form
flennen gehört. Aiberds hat sogar: ich flenn, exsero linguam,
doch scheint das recken der zunge, das zalmentblöszende fletschen
stärker als flennen, er krümmete und flennete das maul von
einer seile zu der andern. \Mtzenb. 266;
die nur hönisch das maul ihun flennen (es xieht fleinmen),
mit recht thut man sie spötter nennen. Etri^g I.WU;
der nur allein lu.«t hat zu schlafen
und flent das maul gleichwie die alTen. 2,213;
dasz man die nase nrnpft und meuler auT mich flennet.
LouE!<ST. Ibrah. 2;
der pöbel greift ihn an mit ärgsten lästerungen,
flennt auf ihn zahn und maui. geistt. ged. b4, 1555;
flennende mäuler. Arm. 1, 1214.
2) sich flennen, sich verzerren: er helle sich gern geflennt.
Witzenbürger 278 ; und sie flenten sich mit den zahnen gegen
ihm {wiesen ihm die zahne). Helviccs 1,129; und wann die
siisze qualität der bittern qualilät geschmack kostet, so flend
{für flent, flennt) sie sich und giebet das weichen, wie ein
mensch, wann er bitter oder herbe gailen kostet, so breitet
er im maul beide gaumen aus und flend sich und erweitert
die gaumen weiter, als sie ihm gewachsen seind, also thut
die siisze qualität gegen der biltem. }.kc Böhme Aur. 62; so
lobet man auch keinen koch, der des salzes in den speisen
vergisset und flennen sich {schneiden gesiebter) die patienlen
so sehr darüber, wann sie auf die arznei eine ungesalzene
erbesbriihe einnehmen sollen. SinifJ. 3, 763 ; seht nur, das
liebe leben kömmt ihm schon in die herzgnibe, wo es noch
eine spanne höher kömmt, wie wird er sich zuflennen. Weise
comödienprobe 31.
3) aümälich gilt flennen blosz für weinen und zumal für un-
artiges, kindisches, weibisches: wie ich j. g. den churfiirsten
das letzlemal da gesehen, da ist mir das flenen so greulich
ankommen, das ichs nicht hab verhalden können. Ch. El.
VON Obl. *. 5; der könig redt so christlich, dasz es einem
recht zu herzen gehl und hat mich gestern den ganzen tag
flenen machen, s. 159 ; sie dürfen uns wol nicht ein gesetze
nach dem andern herflennen, 'wir können es den lieben
kindern nicht vor übel haben, wenn es lange währt, so
flennen wir auch mit'. Weise comöd. pr. 319 ; einer flennt
mir ein gesetze. siitenl. 116;
durch ungeduldigs flennen. Brockzs 1,404;
o wer doch ein alt weib wäre und recht flennen dörfti
H. L Wag.ner die reue nach der that 103 ; stund lange still,
sah zur erd vor sich nieder und fieng endlich hell zu flennen
an. Fr. MCller 3, 197; hab flennen müssen dabei wie ein
junger bub. 3,395; das ist ja recht alexandrinisch geflennt.
Schiller 106'; wie hab ich diese nacht um ihn geheult, ge-
flennt. KoTZEBCE dram. sp. 1, 320 ;
an lachen und flennen
ist der narr zu erkeuuen;
ich glaube gar, du flennst aus jammersinn. Tikck 3, 240.
in greinen und heulen ist schreien gelegen, flennen gleicht dem
alten riejcn, weinen, was auch ratzen heiszl. in diesem sinn
Idszt sich ß'tÄvva mucus buchstäblich hinzu halten.
FLtN.MCHT, flebtiis: und die riesen mit ihren flennichten
anllilzen. Louenst. Arm. 1, 1366, das heiszl «ol grinsenden,
verzerrten.
FLEN NICHT, adv. flebilüer. Stieler 99.
FLENSEL.N, mulcere, palpare, streicheln?
eim weiblein, dem die äugen fenstem,
recht als die sunne tut her glensiern,
und der die pron {supercüiß) sein genen.<<elt,
•am «chwan auf weisz und rot gepeoseit. fattn. Kh,A;
hab mich derhalb geflissen, so vil mir möglich, nit zu bol-
dern noch zu flenslen, sonder on alle affect die warheit ufs
allerstumpfest und einfelligst darzuthun. Fraik chron. aa6'.
allen Wörterbüchern fehlend, den buchstaben nach liesze es sich
zu flans maul stellen, ums maul streichen, schmncheln, s. flansen
{oben sp. 1724). in dem ersten beleg scheint flenseln hervor-
streichen, herausstreichen, was sich auch zu dem andern aus Fbanr
fügen könnte, insofern der gegensalz von poltern als gelindes
streicheln erfaszt wird.
FLENSE.N, concidere, terslücken, zerhauen, ein aus flinson
{was man sehe) gebildetes transitirum. da flinsen, pflinsen hd.
ist, miisz es auch flensen, pflensen, obschon man ihm nicht be-
gegnet, es scheint mehr nd. und beim walfischfang vom zerstücken
des specks gebräuchlich, in welchem sinn auch dän. flense gilt,
at skäre eller hugge späkket af en fangen hval.
FLE.NSWERK, n. succidia: grosze stücke waitischspeck,
welche geflenset, d. i. in kleinere stücke geschnitten werden.
Nemmch.
FLENZEX. flennen, nd. flenten. Stürenburc 56'.
FLERRAl'GE, n. was flarrauge. älbebls setzt flarrauge,
ectropium, cum inferior palpebra cum superiori non com-
mittitur. strabo, qui oculos habet distortns, Qerraugen, fler-
rige äugen.
FLERRE, f. 1) kiatus, ridus oris, Uerre.
2) wunde, oben 1724.
3) deformif et ignava mulier, auch flerpe. Stieler 99.
FLERREN, l) distendere, spreizen: die äugen flerren; der
vogel flerrt sich, spreizt sieh, auch von steifem putz: das
mädchen flerrt sich, wund reiben. Fromma!«!« 2, 342.
2) gleichviel mit blerren, schreien.
FLERSCHZIEGEL, f. tegula sine marfßne. Stieler 2S7.
FLERZE.N. frequentatires flerren : aber was roth flerzen
(flerzende) äugen hat, den soll man farinam fabae warm
machen. Paracelscs 1.47,i'.
FLESCHELN, schalkliaft lächeln: die wirthin fleschelte «nd
war froh darüber, dasz sie so mit ehren aus dem bandet
kam. schles. provinzialbl. 1788 1, 133. wie Hasche wunde be-
deutet {sp. 1726) = flane, flerre, kann auch flescheln soviel als
das gesicht verziehen sein.
FLETACH, m. deutscher tanz oder Schleifer. Schn. 1, 594.
FLETSCH, m. zopßand. Fromman?« 4, 194.
FLETSCHEN, l) dislorquere, stringere os, denies, die zahne
blecken, weisen, also was Hennen, doch ohne in die bedeiUung
des weinens überzugehen, noch nicht bei Hemsch. zuerst bei
Stieler 501, welcher anführt : das maul, den tiegel. die zahne
fletschen ; der galgenvogel fletzsohte so artig die zahne zwi-
schen seinem knisterbarte. causenmacher Ml ; allein diese mit
meiner schreibfeder poussirte slatue flätzschet zwar eben die
Zähne nicht, wenn ihr jemand im vorbeigehen eine freund-
liche mine macht, ich aber kan doch auch nicht gut davor
sein, dasz die darinnen versteckte Orgelpfeife nicht brummen
solle, wenn ein naseweiser querfeldein blasender wind deren
Ventil mit gewalt aufklappen wolle. Felsenb. 2 vorr. ; doch ge-
wisse recensenten haben ihre eigene spräche, unverzeihlich
heiszl bei ihnen alles, worüber sie sich nicht enthalten kön-
nen die Zähne zu fleischen. Lessi>c8, 3; fletsche deine ge-
fiaszigen zahne mir nicht so entgegen I mir ekelts ! Göthe
12, 233 ; umsonst dasz du feuer schieszest, zwei scharfe zahne
fletschest. Fr. Müller 1,364; vgl. anfletschen, ausfletschen.
ungewöhnlich intransitiv: ein grinsen fletschte plötzlich aus
seinem munde hervor. Tiecr 8. 147
2) Stieler hat fleischen für impedimenio esse, riam obsidere,
sich hinfletschen. rcclinare: wo man was zu Ihun hat, da
fletschest du dich hin : wo man heimliche sachen hat, musz
sich nicht ein jedes hinfletschen; auf dem stülchen fletschen
und faulenzen. Ett.ners hebamme 726. in diesem sinn kann es
nicht dem blecken gleiclistehn und uU aus fletzen eiüslelll.
3) es gibt auch ein fletschen ßr breüschlagen oder drücken:
mctalle, welche sich unter dem hammer fleischen und strecken
lassen ; glaserz leszt sich aufm nage! streichen oder unlern
zenen fletzschen. Mathesils 63'; dasselbe wasserHüszIein ist
wie die Eger, darinnen sind mittelmeszige körner, lassen sich
fletzschen , sind halber gut gold. Tbcrnei.sser magn. alch.
1, 122. hierzu könnte das zweite fleischen stimmen, doch die
zahne zeigen wird nicht ausdrücken breit schlagen, anziiijeben
welche begriffe in solchen wf>rtem von dem fl umscläos.<en liegen
ist nicht leicht, s. Hatsch, flalsche (sp. 17»), zerfletschen und
Hitschen, auch flitzsche.
1771
FLETSCIIENMAÜL — FLETZ
FLETZ- FLEUG
1772
FLETSCnENMAUL, m. ein jungor nelschenmaul. Simpl.
8, 752. fleischen- für flctschden- sollte einen viännliclien acc.
nach sich haben.
FLETSCHERN, aqitam leniler agilare, plätschern : es «oll ein
kleines neues löpfclien, samt einem qiiiilclien, gekauft und
80 theuer bezabiel werden, als es geboten ist, darein wird
Ton des kindes bade gegossen und also auf den ofen ge-
steilet, damit soll das jüdel {der hausgeisl) spielen und das
wasser heraus flctzschern, bis nichts mehr im töpfchen sei.
Tockenj)hil. 1, 63. vgl. flatschen 3.
FLETTE, f. schwinyfvtUr, flügelfeder: den küben die hörn,
den gänsen die (leiten übschncideu. Lori Ledirain 348. Schm.
1, 594. s. fliltich.
FLETTEULE, n. bracleola micans, flitler: büudchen mit
goldnen fletterlen. Klose Breslau s. 237. bei Lexer 9S Qetterle
Schmetterling, ryl. flattersche.
FLETZ, n. area, aulu, ahd. flazi, flezi, nthd. vielze, alts.
fletti, flet, ags. llet (Greix 1,302), altn. flet, uwlclie formen
sämtlich auf ein golh. flali schlieszcn lassen und sich dazu ver-
halten tcie nezi, netze, nct zu nati. deutliche Verwandtschaft
mit fla;, altn. flair planus {sp. 1698) und des nichlverscliobnen
t ungeachtet mit n)MTUi, Tikateia, platea, dessen übernähme
ins goth. platja {denn plapja ist aufgegeben) jenem vermuteten
flati entgegen sclieint. man hat aber, uie für naijan, netzen
ein untergegangncs nitan nat, auch ein flatjan mit dein stamm
flilan flat anzunelwun, dessen bedeulung unbestimmbar bleibt,
von flewen reinigen abzuleiten hätte weniger für sich.
dieser abkunft gemdsz wird in Hetz die Vorstellung einer fläche,
ebne, breite gelegen sein, die sich verscliiedenllich auf räumliche
gegenstände anwendet, nicht nur der flache grund und bodcn,
die lenne, das haus, die halle, wohnung übeihaupt, sondern auch
die einzelne stube, Icammer, das lager und bell können fletz ge-
nannt sein, das alid. flazi und flazza bezeichneten selbst die
fläche der band oder des fuszcs (Graff 3, 777), vgl. fuszboden,
sonst aber besagt ahd. flazi, flezi area, atrium, aditus {ebner ein-
gang, flur), und ausdrüciclich stehn flezi und betti nebeneinander,
in einer allen bcichtformel (öiui. 3, 1C9) hciszt es: ih gihu gode
almabtigen da; ih dürftig^ man zi hüs ni giiadota noh den ma;
noh dranc ni gap, noh flezzi noh betti. mhd. von einer ehfrau,
die eime liirsten wol gezam
zu netze untle ouch zu bette. Diut. 1,347;
und von gestickten löwen:
die lewen als sie giengen
daj Hetze <IA boviengen. 1,3G0;
macli flwer unt clier daj Detze. kindh. Jesu 87,63;
si beten einen tanz, der was dem vietze gar ze wit.
Neidh. 4ö, 20.
ebenso ist das ags. flet halle und fuszboden der halle, estrich
{sp. 1172) und das altn. flet Stratum, scamnutn, lectus humilis,
dann auch domus. einer ganzen reihe ags. und altn. Zusammen-
setzungen entsprechen keine ahd., z. b. (\e\gcs\eM opes domcsticae,
fletpäd hausflur, Delrest nachllager, fletsittend, hausgenosz, flet-
▼eorud aulica coliors; altn. fletbiorn, fletvargr, fletfceringr, dedi-
lius, wie noch dän. fledfcjre sig, sich auf den allen Iheil setzen,
sein haus übergeben {RA. 319). dieser umfang zeugt von dem
alter des ausdrucks.
nhd. hol sich fletz in der sdiriflsprache kaum erhalten, lebt
xumal in den volksmundarten fort: der bunt bat ewr cbindel
getötet und fressen und umb die wiegen ist e; gar swaijig
{blutig) auf dem fletz (fuszboden). gesta Rom. K. 109 ; nach der
tat giengen si zu der wiegen und funden da; cbindel also
gesunde; und die natcrn ligen bei der wiegen auf dem fletz.
ebenda; es stehet nit lang an, so konipt der Dcheimb wider,
hciszt die zwen hinein gehen und abennal in einem kleinen
fletz warten, welches nicht fast sauber auskülirt (ausgekehrt)
war. auf einer seilen des fletzs stund eine bank mit drei
füszen ohne lehnen, auf der andern seilen ein groszer eidiner
knig auf der erden, in der mitte des fletzs ciildeckl sich
ein aller gliitscberben u. s. ». Winkelfelder 2(io. 261 (wo bei
CenvA.iiTES patio steht) ; liesz die übrige burscb, so sich hin
und wider versleckt, in das fletz sainpt und sonders niefen.
359; item weisen wir dem vorgenanten bof zu Hiepenhuw
tmd sunst fletz und flioire (bell und speise) und das nach
n.icbbarrecht. wcuiüi. 2, 0S3 (a. \f,11); fletz, accubitus, archi-
Iricltnium, cofnaculum, »darium. I)iKrK?<nACii s', voc. incip. tcut.
ante tat. g2*; ihrer badknccht einer legt iliu riicklingen auf
ila< pfletz niirdcr. Scimib «3; die grdszeren häuser (im i-ec/irain)
hoben eine eigene Ihtlrc in das hausflet/., bei den alteren
und kleiocren ist das iiladeilhor zugleich der eingang nnd
die lenne bildet das fletz. Leoprechting 219. Sciimemer 1,595
schreibt fletz, pflitz für bodcn. grund, stubenboden und sonst für
den gejiflasterlen oder aus festgestumpfleni lehm gebildeten gang
der hausflur. Lexer 98 fletz m. haustenne, erdboden: guoler
und lelzer Hetz, in Stvier aber n. : als sich ein groszes doii-
nerwetter zu Giiitz erhebt, hab ich allir orten benini zu
Grätz die zerrissene und eingeschlagene fenster, hingege«
auf der erden, oder wie man es daselbst zu nennen pfleget,
auf dem flütz, die zerschlagene glasscheibeu und herabge-
fallene und zerschmetterte ziegeltriimmer in groszer unzahl
gesehen. Arele gei-ichtsh. 2, 379 ;
•ie gehen Innler schätz
und linieii auf's fletz. Weinhold ueihnacliltp. 422.
in der Schweiz ist das geile\z das schif der kirclw und ane abtbeihing
im kircJienstul. Stai.der 1, 379, der es mit geflätsch, gesprilze
mengt, ud. flet, eine jede der beiden seilen oben im bauerhause,
welche mit fensicrn erleticldet sind, etwas reinlicher gehalten wa'den
und wo die betten stehn. nnl. kein viet, auch nicht bei Stüre.nburc,
Däiinert, SctiAMiiAcii, Danmeil, doch bei SrnooTMAnN 58 flutte,
der ort im bauerhausc bei der thüre, wo man isset.
diese Schreibung mit ö gilt auch in dem einzigen fall, wo die
heutige Schriftsprache das alte wort bewahrt, für seine bergmän-
nische bedeutung, das flülz, strala metallica, ist eine plattenför-
viige lagerslätte des erzes, welche mit dem umgebenden gebirgs-
gestein gleichzeitige enlslehiing, gleiches streichen und fallen hcU.
Gätzschma.nn 5. 28. man redet von hangenden und liegenden,
flachen, steilen, stehenden, sich stürzenden und wieder auf
richtenden, unartigen und schädlichen flützen. Scheuciienstüel
77. 78 ; die über dem flötz befindliche steinlage hciszt das dach
(superficies), die worauf es ruht, die sohle oder das liegende {basis);
die borg machst du von ohcn nasz
nnd läszt drauf' wachsen laub und gras,
in gang und Holz gut erz du legst,
fried, scliuiz und recht du selber hegst.
NicoL. IIerma!«!« bei Mützitl s. 431;
gott hat in diesem erdenball
so mancher erze reichen fall
mit weiser band verborgen,
gold, Silber, kupfer auf sein wort
streicht in den edlen gangen fort,
die menschen zu versorgen,
machtig prächtig
dui'ch die tlötzen
heiszt er setzen
die metallen,
dasz sein rühm musz herlich schallen.
bergreilien, wiinäerh. 1,1W;
doch, wie hier schon der reim Uelzen fordert, findet sich auch früher
die richtige Schreibung: ein anderer gang streicht nicht sirarks
gegen dem lach zu, feit auch nicht gerichts zu seiner tiefe,
wie der gang, so in die tiefe feit, sondern thut sich also in
der erde verborgen weit auf, welcher darum ein schwebender
gang oder fletze genant wird. Bechius Agricola 33 ; fletz ist
was eben hinweg ligt und weder unter sich noch über sich
fiilt. I^üHNEis bevicht vom bergwerk 10 ; silber hat sein strei-
chende geng und Hetze. Mathesiüs 1562, 200'; man grebt
auch eisen und stahelstein aus streichenden gengen, flelzen nnd
stücken. 201*; 'denn die schönen kirchen in Asien, Grecken-
land haben alle dise lere s. Pauli eine lange zeit behalten,
bis von mitlag und aus den arabischen gebirgen etliche un-
artige fletz diesen schönen gang verunedelten und zerteil-
ten, sind der zeit hat es nimmer so wol brechen wollen.
1562,307'; wir bitten aber den ewigen vatler, er wolle uns
auch fnndgrübner bleiben lassen . . . und uns vor allen
tauben uird unartigen gengen und schedlichen fletzen be-
hüten, ebenda, vgl. kalkflölz.
FLETZBIllN, /". Solanum tuberosum, grundbirn, kartoffel, in
Kärnten. Sartori reise durch Österreich. 1812. 2, 228. fletzpiru.
Lexer 98.
FLETZEIV, zu boden werfen, prostemere; sich flelzen, sich
ungeschliffen hinlegen, accumlnre, s. fletschen J. fletzen, dte
Wohnung verändern, ausziehen. ScnsiEi.t.ER 1, 595. nicht xu ver-
machen mit flölzen cons/tergere, humectare.
FLETZGKIUÜGE, n. montes stralosi.
FLETZLEIN, n. spaliolum. Tücher baumeisterbueh 300,15.
FLKTZSrnWARTE. f daclurhde, dachwand 2, 6«6.
FI.KTZSTItOll, fi. brttsiroh.
FLElCn, imp. von fliehen.
FLEICIIEN, in lulum ]>rrferre. flüchten: und jagt in schlerbli
auch vom himel und aus dem geist , dabin doch in die
scbwcrmer gefleuchl hallen als in eioe feste bürg. LirrBBR 3, SOG*.
FLEUG, imp. iK^n fliogea.
\in
rLEÜGASt — PUCK
mCKARBEIT — FLICKEN
1774
FLEUGAST, ffl. zveig von laub die fliegen bei einem einge-
spannten Pferde wegzuseJteudien. Stalder 1, 383. vgl. veisth.
3, 259. 260.
FLEUGASTEN, bildlich einen scheuchen, sddagen, prügeln.
FLEUG E, f. musca, dem ahd. fliuga entsprechend, wie das
schrißdeittsche fliege dem ahd. fliogä, mhd. vliege. ags. fleoge,
nnl. TÜeg. fleiige vnd fliege, ahd. fliugä und flioga verhalten
sich wie feuchte und flechte pinus, ahd. finhtä und fiohti.
dem laulge.ietz nach wird in durch ein folgendes i oder u beding,
trogegen die brcehung io eintritt, sobald a folgt, fliuga und fiuhtä
setzen also ein fliugiä, fiuhtiä voraus, deren i allmdlich schwand,
doch auf das iu der wurzelälbe nachwirkte; man kann sie aber
auch aus fliugl, fiuhti, wie beuge, seuche aus biugi, siucW
erklären, flioga und fiohtä, desgleichen mhd. vliege und viehte
sind in der Ordnung; mhd. viluge wäre möglich wie alid. fliuga
vnd nhd. fleuge, begegnet aber blosz in Varianten zu Box. 36,1.
7. 23. 41,3, wo ich es als ältere, vollere form dem aufgenommnen
vlieg oder vliege vorgezogen hätte, entscheidende reime sind nicht
da. fleuge wird gerade für die Schweiz bezeugt (Statder 1,383),
obwol Fbisics 850' mit verderbtem nom. fliegen, Maaler 138*
fliegen oder flögen schreibt, üslr. fleugen schlahen. Schmelzl
lobspruch 65;
ich wän mich hab ein fleug gestochen, ring M',3T;
die fleugen um ihn bohren. Hof», geseltschapsl. n" 369.
auch ScHMELiER 1. 587 Stellt fliegen und fleugen nebeneinander.
Dasypodics 145' hat fliig. die alln. und schwed. gestall ist fluga,
dän. flue, mit kurzem u statt des diphlh., von der wurzel wird
unter fliege gehandelt, wie wol Ulfilas ml« übertrug? kaum
durch ein mit fl anlautendes wort, aus unsem bruchslücken erhellt
es niclU.
FLEUGEBRÄTSCHER. m. fliegenklalscher, fliegenplätscher.
FLEUGEDÄTSCH, DÄTSCHER, m. dasselbe, vgl. datsch
5, 825. Stalder 1. 383.
FLEUGEH.4USLEL\, n. penarium muscarium, fliegenschrank.
FLEUGEN, fliegen machen, mhd. vlougen:
Trie liebe gar rerholn
diu ervlouget uns die sinne. MS. 1,88';
nhd. gab ihm ein solchen stich mit der lanzcn, dasz er ihme
den heim vom haupt hindan fleuget. Amadis 285.
FLEUGENSCHÜTZEN, p/. heiszen bei Schmelzi. lobspruch 94
und noch heule in Osierrcich schwere fuhrleule, deren wagen mit
'plahen' überzogen sind, bei Höfer 1, 231 fliegenschütze lanJ-
kutscher, miethkutscher.
FLEUGEWADEL, tn. muscarium, fliegenwedel. Stalder 2, 427.
fleugenwadel. Helber 44. vgl. fleugasf.
FLEUGFALL, m. ? so ein res feiszte und wasserechte äugen
hat, so gib ihm nermulh etc. solche arzenei dient auch für
schoszfall oder fleugräll. Tabersaemont. 8.
FLEUHEN, purgare, eluere, spülen, waschen, reinigen, andere
form für üe\en, flaien, flcuwen, flauen (irfleuen sp. 8(>t): fleuhe
in ab. küchcnmeislerci bl; das kind bcbelt die rautter, die
windelein fleuhet sie aus, das unrein bad mit dem unflat
schüttet sie weg. Mathesils 1587, 63'.
FLEUTE, f. tibia. Serrancs synon. 71*, vgl. flaute, flöte.
FLELTLEIN, n. der pfif mit einem fleutlein. Ldthers br.
5, 257.
FLEüTEN, tibia eanere, flOlen. nd. Acuten gähn, durchgehen :
DU is hei doch uns fleutcn gähn!
Rkuter täuschen vn riemel» 38.
FLEUTENSPIELER, m. tibicen : halte einen guten schreiben
nnd einen tapferen kriegsmann in ehren, nicht aber einen
fleulenspieler. pers. baumg. 1, 33.
FLICK, m. pannus, gleichviel mit fleck (sp. 1740), das sich
wie speck, zweck verhält, während flick dem blick, strick, zwick
gleicht: besser ein flick als ein loch. Simrock n* 2532; die
vorigen flicke vom aufsatz waren jähre vorher dem Verfasser
entkommen. Herder ron deutscher art und kunst. 1773 s. 114;
•b ich sie diesmal noch zurecht flicken werde, weisz ich
nicht, denn ich habe nicht einmal ein flick {hier n.) Bogcnil
GoLZ jiigendleben 1,133.
FLICK, FLICKE, rolueris, matnrus, fehlerhaft für flück, wie
schlickt für schluckt, schluckt vorkommt, man findet auch fligg
= flügg, flügge: er als ein verschmitzter eisvogel, flick auf
stück und lück, der etwan auf dem eis, wann der Rhein
libergefroren, gemacht war worden. Garg. 21 1', wo schon die
beiden letzten Wörter zu flück nöthigen; die raubvögel soll man
mit lebendiger v^gel fleisch atzen und kröpfen, dan solches
macht sie desto flicker. Sebiz 605;
hei lauf doch einer und hol ein strick,
wir wölln ihn nicht lang lassen Dick (frei fliegen).
Bei'tuers Reinicke fuchs 1,21;
ganz einem vogel gleich, der flick ist auszufliegen.
Funii:<G 201 ;
die begierde von ihm etwas zu lernen war gar schlecht,
aber eine flicke lügen zu hören, vergasz ein jeder seines
rechtes, pol. colik 257; sagen sie dem alten und dem jungen
prinzen, dasz eine ganze hecke küchlein noch ihres vaters
flügei brauchte, um flicke zu werden. Weisze kinderfr. 6, 102 ;
im ei ist noch ein wünsch versteckt,
ein andrer halb entkrochen,
der wird schon flick, weil Jene jüngren zirpen.
WiELA!»D 32, 129;
ist er schon flicke, junger herr, bat er schon federn ? 11,229;
und kamen, k'aum halb flick, nun mit den schwalben an.
Latice Tiiirsis und Dämons tieder 193.
FLICKARBEIT, /. sartura, flickwerk.
FLICKCHEN, n. panniculus, läppchen (fleckchen sp. 1743):
sprich, wenn der Junker selbst sein feld bestellen könnte,
ob er uns wol ein iickcben acker gönnte?
WiLLAMOV dial. fabeln 75,
6«' Campe und .\delc.vg unter 'fleck' ungenau 'fleckchen'. ni.
ea flicken lüg, land. Das.neil 53"
FLICKE, m. cenlo: der flicke (flicken) musz allemal grüszer
sein als das loch; du hast den flicken neben das loch gesetzt;
hier ruhet raeisier Scheere,
der manchesmal
sich selbst die flicken stahl,
damit er nicht die fertigkeit verlöre.
Göltinger musenalm. t775 s. 164;
an den kleidern trugen die drei
löcher und bunte flicken,
aber sie boten trotzig frei
spott den erdeageschicken. Le:<ac n. ged. 77.
FLICKELOHN, m. sarciendi merces: ohne ausgäbe einiges
flickelohns. pol. colica 87.
FLICKEN, sarcire, reflcere, mhd. vlicken, kein ahd. flicchan
überliefert; wenn blicken, nicken, stricken, zwicken auf bleichen,
neigen, streichen, zweigen zurückgelten, so liesze flicken ein
unerhörtes fleichen oder fleigen im hintergrund erwarten, den
hegrif des flickens enthalten auch bletzen, büszen.
1) zerrissene kleider und schuhe: niemand flickt ein alt kleid
mit einem läppen von newem tuch {goth. ni hvashun laeji|)
du plata fanan |>arihis ana snagnn fairnjana). Malth. 9, t6;
niemand flicket einen läppen von newem tuch an ein alt
kleid (ni manna plat fanins niujis siuji() ana snagan fairnjana).
Marc. 2, 21 ; niemand flicket einen läppen vom newem kleid auf
ein alt kleid (ainshun plat snagins niujis ni lagjid ana snagan
fairnjana). Luc. 5,36; ein geflicktes hemd, geflickter rock;
und wenn ein frosch ein storchen verschlickt
und der pettler nimmer an den claidern flickt.
fimtn. 29!», 3;
und anderseits den reim mit leichten fabeln spicken,
beiszt ihm ein altes kleid mit neuen lumpen flicken.
Gü?(THER 778;
nnd ist schad, wenn man newen zeug auf alten rock flicket.
Lehma^ü 13; mancher trägt lieber ein verrissen kleid als
ein geflicktes, loo; in den stand der geflickten hosen kom-
men {sich verhriralen). pers. rosenth. 6, 5 in der Überschrift ; auch
ihre kleider waren reinlich, obgleich alles fast doppelt und
dreifach an ihr geflickt war. Gütue 18,172; bildlich,
zurisine seelen weisi ich leider nicht zu flicken.
Grtpuii's 1,670;
einem am zeuge flicken, kleinlichen, hämischen tadd aussprechen,
aber auch in gutem sinne einem etwas anhaben, ihn fassen:
der kaiser will gern mir am zeuge was flicken
und hat mir drei nüsz auf die zäbne gepackt. Bcrger 66»;
er strich den fuchsschwanz vom, doch hinter jemands rücken
wüst er der Unschuld selbst am zeuge was zu flicken.
Kl. ScaiiDT kom. dickt. 204;
Huisgen wollte mich zum tüchtigen rechtsgelehrten haben,
ein noihwendiges band werk, wie er meinte, damit man sich
und das seinige gegen das lumpenpack von menschen regel-
m:i<zig verlhcidigen, einem unterdrückten beistehen und allen-
falls einem Schelmen etwas am zeuge flicken könne. Göthe
24. 257. Strümpfe flicken heiszi gewöhnlich stopfen, zwischen
schuhe flicken und flecken ist etwa der unterschied, dasz jenes
allgemein bessern, dieses stücke leder oder sohle ansetzen ausdrückt.
so ist kein emptlein so klein, solet es nicht, so flickt es
doch. Matbesics 1562, 2t4'.
2) netze, korbe, w:aeen, kessel, pfannen, scherbeo, häusWi
I7t5
rUCKEN
PLiCKfiN— l<^lCKLA^Pß
1776
dächer, brücken flicken: und da er von dannen furhasz
gieng, sah er zween andere brüder, Jacobuin und Johannen
im scbif mit irem vatcr Zebedeo, das sie ire nelze Uicklen
{mlg. reficientes relia sua, atul. rihtenli iro nezzi). Mallh.
4,21; {ydh. manvjandans naljai. Marc. 1,19;
so sie aber ein korp zu dickeu bat. fasln. 372,29;
Jarzu kau ich auch Micken
alt wegen und auch karni. «17,6;
alt pfannen plelzen, kessel flicken. 37.'», tl;
obsc. und nick alspald die meit darneben, ebenda;
ir hern, die alten kurb ich pletz,
darbei rieht ich dan an mein cesweti
gen den hausmeiden, wo ich dan flick,
das ich aus in erforsch vil dick
das sie mir olTenbarn ir herz. 789,17;
wer einen narren leret, der flicket Scherben zusamen. Sir.
22,7; derhalben lieben bergleut . . . hütet euch für allen
andern farten und treppen, die ander leut gen hiniel machen
wollen, es reicht doch keine hinauf, und wenn alle niüniche
und nonncn dran zimmern, flicken und binden hülfen.
Mathesius 15(i2, 20ü'; ein altes, übel gebautes und beinahe
schon gänzlich zerfallnes gebäude musz nicht geflickt, es
luusz vollends eingerissen und nach einem bessern plane
uen aufgeführt werden. Wiki.and 7, 210; am dach der kirche
musz alle jähre geflickt werden; ist es rathsamer die wege
zu flicken, als neu zu machen? Moser palr. ph. 2 n'65;
und du flickst zwischen der Vergangenheit
erhabne trOmmcr
für deine bediirfnisse
eine hütie, o mensch. Götur 2, t82;
eine schwalbe bat ihr nest oben an den halken geflickt!
unerfahrne baumeisicr durch ihr ungereinibt flicken und klicken
dem feiud die eroberung in die band geben haben. Kirchhof
dkc. mtl. 12. bildlich wird das flicken eines gehäudes ange-
wandt auf das erneuen eines lobs in einem gediciäe ftruder Wieners
MSH. 3,16*.
3) gedieht, licd, reim, spräche, wort und rede werden geflickt :
nieman sol sprechen, da; ich flicke
min ffctihte, ob ich e; verzwicke
und mit der heiligen schrift bewaere. Ucniier 20143;
ein renterliedlein mit garstigen bossen geflickt. Pnir.ANnER
1, ei3; nimb beide testament für dich, des Luthers und des
Sudlers, halt sie gegeneinander, so wirstu sehen, wer in
allen beiden der dolmetscher sei. denn was er in wenig
örlen geflickt und geendert hat (wiewol mirs nicht alles ge-
fellel), so kan ichs doch wol leiden und schadet mir son-
derlich nichts, so vil es den text bctrifl. Luther 5, 141*; und
wolt es alles mit dem alten testament flicken. Krane »eWfc. 9S";
die miisen würklen zwar durch kluge tichtersinnen,
dasz Deutschland solle deutsch und artlich reden künnen,
Mars aber schaft es ab luid hat es so geschickt,
dasz Deutschland ist blutarm, drum geht es so geflickt.
LoGAU 1,64,57,
drum musz es so viel fremde Wörter aufnehmen;
es gilt euch alles gleich, fresrhickt und un(;eschicket,
gereimt und ungereimt, geslickct und geflicket,
gemengt und abgeiheilt, halb oder ausgeführt,
und ist auch gar genug, wenn« nur heiszt discuriert. 2, 09;
wo kein bninn, da kans nicht flieszen,
wer viel redet, musz viel wissen.
Veit sagt viel, weisz nichts, er flicke,
dünkt mich, lügen Hir die lücke. 3, 140,69;
e» hat der schuster Franz zum dichter sich entzückt,
wa» er als «chuster that, das thut er noch, er flickt.
LEssif<c 1, 17 ;
personen, die sich die allerseltsamsten tone, ausathinimgen,
banale reden angewöhnen, um damit ihren vortrug zn spicken,
zu flicken und zu zerstürken. Göthe 49. 156 ; an dieser lehre
zu leimen, zu flicken und zu verkleistern. 50, 220.
41 und wenn der arzt schon lange dran flickt, so gchets
doch endlich also 'beule könig, morgen tod'. Sirach 10.11;
und wenn du gleich hie und da flickest, so kompstn doch
nicht eraus. II, lO; auch das, was ich ihnen bishergegeben
habe, bat mir eine iUcke gemacht, die ich wieder flicken
nuiz. bei .ScH<ti.i. 172;
nun h.-it der feldsrheer zwar geschickt
mich wieder lo zurcchl geflickt. GöiiMCK 3, 128;
minixter flicken um slanl,
die rirhirr flicken am ralh,
dif pf.irrer an dem gewinnen,
dir am an haiidrn und riimen :
o Jiib»eii. «van Hickr«! dann du?
du nirkrsi an di-n iniiii^KTn,
*ii nrliiprn. ftr/ifn. maKitiern
Mrrutu* »tliuh: V\u*x« kom. optm 2, 147.
5) sie haben hie viel marterns in diesem spruch, wie sie
in allen andern haben, und können doch nichts schafl°en,
on das sie immer am schlegel flicken. Luther 8, 129'. was
heiszt das? einen hamnier (tudes) kann hier schlegel nicIU aus-
drücken, ehiT coxa, wie man sagt rchschlegel.
6) sagt dem guten gesellen, das sichs nicht so wird flicken
lassen für golt und im gewissen. Luther 4, 35l'; item wie
er sein busheit mit andern flickt und entschuldiget. Frank
ur/tb. 38^; geflickte lieb oder freundsrbaft wird nimmer ganz.
Lehman.n 100; wer hiindel flickt, der macht selten etwas
besser, daselbst; an einem wcib und einer miihl ist immer
zn bessern und zu flicken. 159; geflickte freundschaft ist
einem erzenen gefäsze gleich, welches heute gliinzel, morgen
aber rostig ist. Butschky Palm. 315.
7) stelU ein dal. der person bei flicken, so sind ausgefallne
acc. der saclie zu ergiinzen (gramm. 4, 693), z. b. die haut, das
feil flicken : die hundc verfolgten den hasea und flickten
ihm; dem kind den bintern flicken;
wie wol er ist ein junger bub,
so kiin er sich ind sach wol schicken,
ich mein Circis die soll im flicken. Gengenbacu s. 125,
wie der verfolg zeigt, die gaucldtaare absdieren. es lieiszt aber
auch das kind auf den hintern flicken oder blosz das kind
flicken, Uim die rulhe geben, bair. und öslr. sagt nuin 'einen
flicken', umgang, kamcradscltaß mil ihm haben. PIöfer 1, 230.
Schmeu.er 1, 585, gleiclisam Htm einen läppen zum scliutz an-
setzen, ihn hegen, decken.
8) sich flicken, zudeclcen, entschuldigen, schmiegen : w eil Carl-
stad das werk hat aus eigenem köpf fievelich angefangen,
wolt er sich hernach gern flicken und die schände mit feigen-
bletler zudecken^ Luther 3,38"; das aber Carlslad sich hie
flickt mit einer glose. 3, 7ü'; das sie solche arme, elende
bettler über mir werden und sich so flicken müssen. 3,33l';
wie denn alle die thun, so böse Sachen haben und sich so
jcmerlich flicken und allerlei renke suchen. 5,279'; erstlich
sehe man doch an , wie elendiglich und kumerlich sein
{Daiids) königreich anfleng, da er unter Saul so lange muste
unsicher sein, und nach Sauls tod, ah wie flickt er sich,
ehe er zum könig besteligt ward. 0,165'; das die pricster
nichts handeln, wuchern, noch sich in weltlich geschefl
Hucken {für flicken). Frank chion. 357'; denn er hat wun-
derliche list und künsle, durch welche er sich flickt und
einwickelt in die gemüte der menschen. Meuanchtho.n ru;»»
abendrnul, übers, von Mich. Mcurer. 1532 f4; die vordem biig
sollen inen {den ausgesuchten zuchtkdlbern) zotfecht und kurz
sein, die Schenkel schlecht, vcst, feiszier dan lang und die sich
nit an einander flicken (/"Myen, oder ficken, reuen?), so si gond.
Mich. Herr feldbau 1545, 141'; anno 997 flickte sich Sylvester 2
mit listen in das bapsllhumb. Kirchhof wendunm. 387';
der sich zu keiner Unzucht flickt. Scumklzl verl. suUn 5';
so kumbt der teiird, flickt sich ein
und söi auch seinen sanien drein, hochteit V.
man sagt auch: er hat sich geflickt, sali gegessen {eigentlich
restauriert, hergestellt), s. anflicken, ausflicken, einflicken, nach-
flicken, zerflicken, zuflicken.
FLICKFK, »i. sarcinalor: ein arzt ist gottes Qicker, hilft
leiblich. Luther ttschr. 200';
eines flickers hütilcin. Wkckukklin .569.
s. allflicker. korbflicker, kesselflicker, schuhUicker.
FLICKK.KKI, f. sartura, refeclio, aitubessern.
FLICKKHMENT, was liikerment ,«/i. 16ls: flickerment nein,
das waren wir gewis nichL Fh. MCller 1, 32u. s. zcrflacker-
inenlieren.
FLICKKItl.OIIN. n. was flickelohn.
FLlCKFItN. .V. flackern.
FLICKFLFCK, m. lacmia, asstinwnlutn, etn gehdußer ausdrttck,
da jedes der verbundnen Wörter schon dasselbe ausilrücJU : dan
ist nit die h. mesz von imzaligen piipslen, cardinülen und
bischolTen zu unterschideiien Zeilen und orten zusamen geraft
und als ein betlersnianlel mit vil flickflecken und scliuli-
pletzen der menschlichen fanlaseien in einander geuaiel?
bicnrnk. 19'.
FLICKFHF.IM), m. amicus succenlurialiu. SriKLKt &ä5.
FLICKIIArr. assulus.
Fl.iCKHKHINt;. wi. ßackhermg.
FI.ll'KISCn, sarcinalus. SriM.ER 518.
FLIl'KLAI'l'K. m. «vu Hickfleck: da steht er ja in dem soin-
merklcidti uu« Uickluppuu. Aji.mmk/wuI'. 2, 5U; et »oll »eben,
1777
FLICKLEITER — FLIEDEISEN
FLIEDEL— FLIEGE
1778
wie theuer sie mir diese flicklappen für iiire zerrissenen
Wämser bezahlen. 2, 228.
FLICKLEITER, f. bergmännisch, eine angesetzte zwischenlnler :
haben sie auch ir kohl und erdgestübe, flickleitern, kleb-
scheit, stoszbauni und kolben. Mataesics 1562, 210'=158i';,14''.
FLICKNACHRICHT, f. über flicknachrichten sich einen
weg zur begeisteiung bahnen. Herder 2, 91.
FLICKREI.M, m. Iwmoeoteleulon mero complemento serviens:
fast ohne gewöhnliche flickreime flieszen die verse. Herder
20, 203.
FLICKSCENE, f. episodium.
FLICKSCHElt, n. bergmännisch, u-ie klebscbeit. Bech Agri-
eoh 317.
FLICKSCHNEIDER, m. centonarius.
FLICKSCHUSTER, m. veteramenlarius :
der flickschuster wird ihr schon einrallen. Hei;«r.v. Kleist 2, 71;
meinst du, dasz du den flickschuster nicht wertb bist? 2,72.
FLICKSTEIN, m. lapis subsecivus: ich werde doch wol noch
an einen ort kommen, wo sie so einen flickstein brauchen,
wie mich. Lessing 12, 8.
FLICKVERS, m. versus complementarius : die \ieien flick
und fiillverse (in den ?sibelungen). Göthe 45, 210.
FLICKWÄNDE, pl. lapides ad fornac.em reficiendam.
FLICKWERK, n. opus reconcinnatum:
also musz ich mit flickwerk mich betragen, fastn. 793,10;
gehen nur mit flickwerk um, dasz sie ir irrthum beschönen.
Luther tischr. S' ; ein Schneider arbeitet lieber in frischer
waar als in flickwerk. Lehmann 163 ;
solch flickwerk, uubestendig wesen
kan man in cwern büchem lesen.
Fischabt Dominici u. Francisci leben 1571. G2';
was tolle redensart hat dieser thor erdacht?
•er hats Tor diesem nicht so wunderlich gemacht,
bis dasz er den Vergil in possenreimeu sab,
da fieng sein fiickwerk an. wie götter da beinah
yerdrehn schier jede wort, so bildet er sich ein,
es werd auf ihren schlag die sprach auch göttlich sein'.
Grtphius 1,669;
vergeszt ja keinen augenblick, dasz ich reine arbeit verlange
und hütet euch vor allem flickwerk, vor aller stümpereL
H. L. Wagner Macbeth 72;
und wir bekannten überfrei,
dasz Ilias nur ein flickwerk sei. Göthk 3,166;
SO fand er am vorlheilhaftesten, Schneider zu bedienten zu
haben, welche die stunden gut anwenden musten, indem sie
nicht allein ihre li^reien, sondern auch die kleider für vater
und kinder zu fertigen, nicht weniger alles flickwerk zu be-
sorgen hatten. 25, ti; wie die blei und kupferbedeckung,
wegen des ewigen flickwerk?, nur veranlassung zu groszem
kostenaufwand geben kann. 39.366; unser gebildeter innerer
mensch ist ein abscheuliches flicknerk in allem unsern wissen
und wollen. J. P. «r«. löge 2, 56. »
FLICKWORT, n. vocabulum redundanter fßOsitum: die wör-
terchen , welche den meistersängem so wol angestanden,
sonst von etzlichen neulingen flickwörter genannt , habe
allzeit in guter anzahl fertig und bereit wie ein garnseil,
das die ratten zerbissen haben, reimedich 66; ich musz die
reime nicht mit flickwörtern ausfüllen, solches seind: thun,
sein, lobesan, fürwar etc. Hanmann 2« Opitz s. 167; ange-
wöhnte flickwörter. Kant 10, 149 ; die harmonie durch flick-
wörter stören. Bürger 14o'; und so sagen wir beherzt, dasz
im ganzen stück {dem pßngstmonlag) kein leeres, zufölliges
oder nothdürftig eingeschaltetes flickwort zu finden sei. Götue
45,185; dasz man aus natürlicher fahrlässigkeit immer noch
gewisse flick und Schaltwörter behaglich einschiebt, um eine
sonst tüchtige und wirksame rede, man weisz nicht warum,
zu erlangen. 49, 156.
FLICKZEUG, n. irte flickwerk.
FLIED, s. fliet.
FLIEDE, f. phlebotomum, tcälere künung ron fliedme, auch
fliet, fliete, flede {sp. 1745) geschrieben: schir das haar ab dem
ort, reib es mit einem bänfin tuch, bisz offen wird, darnach
setz laszköpf darauf, bick es alsdann mit einer flieden wol,
wasch das blut ab. Seuter 4; und wann du siehst das die
knipfel zeitig scind, so kanst du inen wol mit einer flieden
helfen das sie rinnen. 39 ; disem ros soll man die balsader
schlagen mit einer breiten flieden. 59. man kann auch schon
dem nom. flieden geben, s. fliete.
FLIEDEISE.N, tu scalpeUum, bei ScbOnsleder, lasieisen,
m.
FLIEDEL, m. diminution des vorigen: dieser köpf soll ge-
salzt sein an scbrapfen fliedl und soll bedecken nachat den
ganzen pauch. aderlaszbuch ton 1477 6« Schm. 1, 5S5 ; es wird
mit einem flieddel {so) eine subtile öfnung gemacht {in der
haut, ifo man einen blutegel ansetzen tcitl). Hohberg 1. 262" ;
pferde mit dem fliedel schrepfen. 2, 1S4*. 215'.
FLIEDER, m. sambuciis nigra, hulunder, holder, weder ahd.
noch mhd., auch nicht in <^rd. idiotiken, zuerst bei Heniscb
1131, 35 und als sächsich bezeichnet, nnl. vlier Kilian 756*. der
doch 753' die vollere form fl edder hat, Hofmanns gloss. belgicum
118" gibt vliedelere vel holentere, das alte gtossar Diut. 2, 22s'
nur holendere. nd. Deder, vlieder. Diefenb. 509'. Dähnert
122', flirr Danneil 53'. irestf. flier ; aus fleder enlMml scheint das
schwed. Däder, lett. pleder. die herkunft unsicher, denn flader,
ahom {sp. 170S) und das Ostr. flider, flitter, populus tremula, von
flittern, flattern, zittern berühren sich nur zufällig und der holunder
flattert nicht {doch s. flinder 4). sollte nicht das -der ron Diedcr
tcie in holder, holunder, wacholder, maszolder zu ndimett sein ?
dann wäre blosz das vorstehende flie oder fle zu deu'en. man nennt
aber auch die syringa, das nägelein blauen oder spanischen flieder
oder flieder allän und der Zusammenhang musz ergeben, was
gemeint ist. an flied gummi kann flieder nicht rühren, da weder
sambucus noch syringa harzig ausflieszen:
der flieder und die linde wehn
mir bange seelenschauer. Höltt 166;
da läszt man sich nieder
von liaselu und flieder
mit laubdurt erfrischt. Saus.
FLIEDERBAUM, m. flederbaum, nnl. vlierboom.
FLIEDERBEERE, f. holunderbeere.
FLIEDERBLATT, n. flierenblelter. kunkelevang. D2.
FLIEDERBLAU, nägleinblau.
FLIEDERRLÜTE, f. holunderblüte.
FLIEDERBÜCHSE, f. aus holler oder hdunderrohr gemacht.
FLIEDERDUFT, m.
FLIEDERGANG, m.
welches säuseln regt die espenwipfel?
welches flistern spricht im Diedergang?
KosEGARTE^ pocsien 2, 337.
FLIEDERGEBCSCH, n.
FLIEDERGRÜN, n.
nestvögel piepen
im fliedergrün. Schxidt ton Wemeuchen.
FLIEDERHECKE, f.
zum erstenmal kroch eine schn«cke
aus der verborgnen fliederhecke. Pfiffel 1,27.
FLIEDERMUS, n. eingedickter^ soft der schwarzen hdunder-
beeren.
FLIEDERN, sambuceus, nd. fleern, hoUeni. Strootüann 56.
FLIEDERPFEIFE, f. hollerpfeife, sambuca. s. Diefenb. 509'.
FLIEDERSAFT, m. hulundersaft.
FLIEDERSCHATTE, m.
der hof, wo bienenstöcke
im fliederschatten stebn. Matthisson 17 (91).
FLIEDERSCHOSZ, m. surculus sambuceus.
FLIEDERSTRAUCH, m.
FLIEDERTHEE, m. holunderlhee.
FLIEDERZWEIG, m.
FLIED.ME, f. ptdebotomon. Helber 45. ahd. fliedima, fliodema.
Graff 3, 360. 77i nd. vlieme, vieme. 5. fliede.
FLIEGAUF, m. homo volatilis, nd. fliegup, besonders ron einem
munteren, wilden mädciten, man sagt auch fliegupske, f. brem.
wb. 1, 409. vgl. flauaus sp. 1735, saufaus u. a. m.
FLIEGE, f. musca, ahd. fliogä, die ältere form fliugd rorfim
unter fleuge behandelt, mhd. vliege, ags. fleoge, nd. flege, nnl.
vlieg. das golh. wort verborgen, unbedenklich stammt fliege aus
fliegen, bedeutet mithin volatilis, wie aucli andere geflügelte in-
seclen, namentlich die biene altn. byfluga {vgl. mouche ä miel),
die bremse myfluga und der Schmetterling butterfliege, nnl. boter-
vlieg, engl, butterfly heiszen. wie fliehen für fliegen volare
kommt auch fliehe ßr fliege musca vor.
abweichend in den urverwandten sprachen gr. ftvla, lat. musca,
it. sp. mosca, fr. mouche, altsl. moucba, böfim. maucha, poln.
mucha, dimin. böhm. muska, poln. muszka, lit. müsse, letL
muscba, skr. maxika = altsl. mousciiitza, welchem unser mücke
Culex, ahd. muccä, muggä, ags. mycge, engl, midge, altn. my,
schw. mygga, dän. myg zur seile slefU. möglich, dasz die Gothen
für ftvla sagten mugjü = ags. mycge (iri* bugjan =• ags.
bycgan), ahd. raucci und dasz erst späterhin ahd. fliug^. fliogi
112
1779
FLIEGE
FLIEGE — FLIEGEN
178Ö
außam, muccii dann auf rtilex, kleine fliege (scbnake) einge-
schidnkl wurde, siclubar ist das ir. cuil = tat. cuIex, drückl
aber musea aus xtnd die diniinulion cuileog. gal. ruileujj Culex,
welsch cylionen, arinor. kelit-nen fliege uud miicke.
dantil nicht genug, in berührung zu miicke slifä auch ahd.
mnhlifiinü cicada, gryllus (Gbaff 953), Schweiz, umgeslelll in
lieiniiniiui'b (Staldeb 2, lü) und die flwgende nm\s, floJcrinaus.
ich habe anderwärts {navien des donners s. 20) die verwandlschaß
zwischen fivla und /uvs, miisca und mus, miicke und maus
dargelegt, des vogels flug ist hörbar, fliege und maus nahen lieini-
Uchschndl, mausen heiszl heimlich stehlen, raeuclieln heimlich
morden, ja golh. mauijir, altd. mordar, nhd. mord (== meucliel-
mord) scheinen entsprungen aus muzdr, inuslr und die sp. 1745
angeführte form Hedarmustro, fledermaus empfangt dafür bedeu-
tung. noch wichtiger stimmt das tnalbergische rlireo mosido
(corpus occisi hominis in furtum ex.sjmluivil), was golh. hraiv
musida lauten könnte und welches atidere glos.mi durch mardo
(/. murdo) ausdrücken, ich bin hier nicht ausgeschritten, denn
wir seilen die Vorstellung des meuchehis, wie sie in miicke ror-
laucht, gerade auch tn fliege walten, altn. fluga bedeutet assasinium
und flugumadr sicarius.
1) die fliegen schaden und werden lästig mit ihrem stechen
und schmehzen,
fliegen, flflehe, dSs tiuvels nit,
die müeiit die Hute zailer zit. Freidake 146,1.
man scheucht, jagt und tüdlel sie unaufhörlich, kleinen vögeln,
zumal den schwalben fallen sie zahllos zur speise, darum heiszen
sie schualbenfuUcr, schwalbenasz:
du swalwen äj, waj ist din gir? Bon. 40,21;
seine diencr sclieuchen wedelnd,
nicht verjagen sie die fliege,
sie umsclinärmt ihn, sticht uud irret
und verwirrt die ganze tafei. Götue 5,272.
nur die trinker im sommer erweisen ihnen auf den bicrlLtchen
dulJung, es heiszl voll einschenken, dasz die fliege oben iiber
das glas schwimmen kann {sp. 208); einen eimcr meth vor-
setzen so voll, dasz die fliege am äuszersten lande trinken
könne, weisth. 2, iv. fliegen und freunde kommen im sommer.
\\as fliegen lockt, lockt auch freunde {zum besuch);
diu fliege ist, wirt dör sumer hcij,
der küenste vogel den ich weij. Freidank 145,25;
wie ein versofiic flieg
für den zapfen lieg. Ringwald laut. warb. 59;
er kam gezogen wie die fliege aus der bultcrmilch; und
wenn es ein weil geweret, so wirft der lenfel die flieg in
das gebreut habermus. Keisersb. brösaml. 60*;
in diesem hau voll Ordnung und voll praclit
sasz eine finstre flieg auf einem stein und dachte.
denn dasz die fliegen stets aus linstcrn äugen sehn
und oft den köpf mit Einern heiuc halten,
und oft die flache .stirne falten,
kommt hlosz daher, weil sie so viel vcrstehn
und auf den grund der sachcn gehu. Gellert 1,149.150;
ward nie mir doch mein ofensims
von treuen fliegen leer. Schmidt r. tV. 45.
2) also verderben die schedlichcn fliegen gute salben. ]ned.
Sal. 10, i; denn zu der zeit wird der herr zischen der fliegen
am ende der wasscr in Egjpten und der bleuen im lande
Assur, das sie koincn und alle sich legen an die trocken
beche. £j. 7, IS; hungrige fliegen beiszcn übel, fciszte fliegen
stechen minder; welche fliege sticht euch? ihr habt eiu;h
in einen handel eingelassen, der übel ablaufen konnte. Götue
30,320; wo man gott gehorsam sein sol, da hindert uns
eine fliege jcnst dem Kein. Luther 6,322';
das ich wie eine {harinnckigc) flieg
mit Icutcii jetzt im rechte lieg. Hingwald tr. Eck. LI*;
3) die fliegen weiiren und kehren :
Kleich «0 wehretc sie» vom leibe dir, wie wenn die mutier
wehrt vom söhne die flieg, indem süszschlummernd er daliegt,
17 de roaov fuv t'tQytv aTTÖ ;ifooo», töi ore fn^rr-o
nniS'os itQyri ur'inv, od"' r^dii Xi^erai VTTrco. //. 4,131 ;
ton hCichcrn liab ich gro.szcn hört,
verniaiid doch driiiti gur wenig wort,
und halt sie deiinocht in den urcn,
das Ich in wil der fliegen weren. Hrani 1,8;
wal vor recht helilien die papen von Derneburg up dein vor-
holte? *wan HC in süiuerdagcn obeit holt riet, so drövct
{dinfrn) se »ek cncu «juasl afbreken un damidde de fliegen
•fwehren, wen »e aversl ut dem bollc knini, miiten se en
»on tek »miten und drövcl cn nicht mit sck nebmcn'. weiilh.
I^UO. I. fleugast */>. 1773;
(ohn disciplin) leszt sich die Jugend nicht erzielin,
man musz bisweilii den guten herrti
an ihrem ort die Hiegen kehrn. Hingwald laut. warb. 223;
und jenem, der sich was beschwert,
mit einem tilz die fliegen kehrt, tr. Eckart H2* (G6').
4) fliegen fangen, schlagen:
den köpf hat er also gebient,
das er den ganzen tag uf gient,
als ob er fliegen vohen wolt. Ürant "7,21;
0 dasz ich endlich euch ertappe,
drei fliegen unter ßiner klappe. Klopstock;
mein vater trieb seine öconomic mit zeit und krüften so
weit, dasz ihm nichts mehr vergnügen machte, als zwei fliegen
mit einer klappe zu schlagen. Gothe 25, 54 ; schw. slä tvä
flugor i en smilll; siebene auf einen streich, im kindermärchen.
5) es hindert, Urgert ihn eine fliege an der wand; die
erfahrung lehret, dasz solche siechlinge manchmal, wie man
spricht, die fliege an der wand irret und eifert. Scriver
seelensch. 2, 943 ; der stürm hatte alle unsere leule dermaszen
abgemattet, dasz sie wie die fliegen dahin fielen. Felsenb.
1,333; ich bin so matt, dasz mich eine fliege umstoszen
konnte. Geliert 3, 369 ; matt wie eine fliege.
6) er ist eine wilde, böse, wüste fliege, homo dissolutus, ein
kecker, freclier, lästiger kerl, vgl. hummei. Miisca war ein römischer
bdname. 'so, lebt die fliege noch?' fiel der wirt ein. J. P. flegelj.
1, 49. bierfliege, lett. allus miischa, hezeichnel einen saufaus.
7) spanische fliege, vicloe vesicatorius :
spanische fliegen auf die waden. Kotzebuk dram. $p. 2,262.
8) fliege, das knöpfclien am schieszgewehr, fr. le bouton, la
mire du fusil, ai(c/j die miicke, gewöhnliclier das körn. schw.
fluga, die stelle an der fruclU, wo die blute sasz.
9) ankcrfliege, was ankerfliigel, ankerscliaufel.
vgl. aasflicge, brummfliege, fensterfliegc, flcischfliege, haus-
fliege, rcgcriflicgc, schmeiszflicge, Stechfliege, Stubenfliege.
FLIEGEN, volare, ahd. fliogan, whd. vliegcn, ags. fleogan,
engl, fly, ?i»i/. vliegen, altn. Iliiiga, schw. flyga, ddn. flyve. die
praet. lauten ahd. Houc, flugini, mhd. vlouc, vlugen, tUid. flog,
flogen, nnl. vloog, vloogen, ags. fleag, flngon, c;ii//. flew, ulln.
flaug, flugo, schw. flog, flögo, dän. flöi. der imp. Iial altd.
fliuc, mild, vliuc, nJid. früher fleug, heute flieg und ebenso die
tcrtia sg. ahd. fliugit, vihd. vliuget, ului. fleugt, heute fliegt.
rfcr ags. imp. fleog, altn. fliug, schw. flyg, dän. flyv.
bcsdszen wir das A. T. oder vom neuen die apocalypse auf
gotldsch, so würde uns ein so wichtiges worl in dem ältesten dialeä
unserer spräche nicht enlgchn. auch dessen ausdrücke für fliigel,
fcder und, wie eben verhandelt wurde, für fliege kennen wir
nicht, nur fiigis aii's ist bekannt, unter vogel soll aber die mög-
üclüicÜ aufgestellt werden, dasz fugls soviel sei als flugis und
unmittelbar verwandt mit fliigel, wie avis mit ala. der aidaut
f ergäbe zugleich den des gesucläcn verbums.
in fugls wie in dem sp. 1392 gemutmaszten fi|)ra = feder
folgt der labialis kein 1, beide gleiciwn hierin dem gr. Ttsxenöi
und mBoof, folglich würde Ttsroftat TtriaO'at auf ein guth.
verbum mit f ohne l rathen las.<ten. pluma hal das I, penna
»i;f///. eine menge andrer fälle schwankt aber zwisclwn einlas: und
ausstosz der liquida, es sei nur an flectcre, fliehen, fugere, tfeiyfir
und biegen, an flederwlsch und federwisch, an flitlich und
litlich, an flahs und fahs {sp. 1701) erinnert.
noch andre Unsicherheit entspringt dalter, ob nicht das gothisclie,
zu }) für f geneigte organ, wie es |)liuhan «nii |)lauh$ stall fliuhan,
flaulis bildet, ebcnfdls |>liugau anstatt IVmgim bettebt haben könne?
freilich kommen aucli flaulan, flödus und andere mit fl anlau-
tende Wörter vor, allein zwischen jiliuhan und jiiiugan schiene
nähe obzuwalten, die sich auf ähnlichkeit der laute niciU nur,
sondern auch der vorslelluniien in beiden aiudrücken gründet, die
bcgrilje des lliegens und fliehcus sind zwar rerscliieden, dennoch
einander berührend und die berührung wird noch inniger, wenn
auch in fliehen die sinnliclicre Vorstellung des springens gesucht
werden darf der entfliegende vogel entflieht zugleich und schneller
flug fördert die cüe der flucht ; wir sagen, dasz die wolketi fliegen
oder fliehn, dasz uns die zeit entfliege oder entfliehe, zwar
flieht {entspringt) auch der liirsch auf seinen füszen und iler
feind auf fliichti(fni rosse, der hcranfliegt-»dc iüi/W flieht nidd,
sondern kommt uns ndlier, allein in den hau]>lfallen des fliegen^
ist doch ein entfernen, fortfliegen gemeint, nichts war u/.«> natüriuhrr
als dasz häufig fliehen anstatt llirgen gi-srlntcben wurde, die ags.
Sprache bildet von fleogan das praet. fle;ih für fleäg {wie von
lieogan bei'ih), rnn fleon {'•^ fleohan) wiederum He/ih, und im
enyl. steht nwld selten flcc, flcd anstM U)', Hcw. htcr sind auth
1781
FLIEGEN
FLIEGEN
1782
nhd. beispiele ton fliehen für fliegen: fleucht gen himel. spr.
Sal. 23,5; fliehen heiszt sie nicht, wie die vogel fliehen,
sondern wie David für seinem son Absalon flöhe. Lütbeb
3, 313*; aber sie faren on gottes wort und hefehl, als so
einer auf einen hohen thurn und spitzen woll treten und
herab fliehen. 4, 1S4'; flugs flöhe im die schwalbe auf die
hand. ALbtRcs barf. Eulenspiegel n'467;
als dasselbig eiu kroh vcrnam,
zum adeler geOohen kam. Alberus Esop 95;
die redlichen kriegsleut werden mit unverzagtem herzen bei
euch stet und fest hallen, weil {so lange) das fenlein fleucht.
Reüter ron Sp. 27 ; ein fliehender pfeil. pers. rosenlh. 3, 27 ;
dasz ich rabe mit andern raben auf den wänden der gärten
stolz und lustig herumb hüpfen und (liehen möchte. 5,13;
damit die in den steinern palatien für den fliehenden brand
sicher sind, haben sie gar kleine fensterlöcher. pers. reiseb.
3, 1 ; die taube flöhe eilend an das gemählde. Lokman 2S ;
mein schall floh überweit, kein laodsmann sang mir gleich.
Flejisc 670;
siehst du jene rose blühen,
schönste, so erkenne dich,
siehst du bienen zu ihr fliehen,
Phyllis, so gedenk an mich. Hagidorm 3,S8;
zwischen ufer, thal und klüften
liesz der treue Saladin
mit den kühlen abendlüften
tausend heisze sfltfzer fliehn. GEmher 301 ;
Cupido, der hierum, wie kleine kinder sind,
gescbältig läuft und dient, fleucht stärker als der wind. 664;
ein täubchen, dem ein schusz den treuen galten stürzt,
^ fleucht schüchtern hin und her, girrt unter nacht und holen.
763;
wie aus dem bäum, in den der stral des himmels stürzt,
der gescheuchte geier fleucht. Götiinger musenalm. 1775 s. 57;
alles lachet, alles blühet
hier im niedern thal.
froh zu jungen buchen fliehet
amsel, nachtigall. atm. der musen 1776 f. 182;
woher die imme fleucht. Fr. MiJLLSR 1,22.
fleucht für fleugt kijnnle überall nur verschrieben orfer a«s fleuget,
uie manch aus manag gekürzt sein, in fliehn : blühn teird man
eher unbetrusle rertcechslung mit fliegen zugeben, kaum steht
umgekehrt fliegen für fliehen, ich habe nur zwei stellen aus
MicRÄLii's angemerkt: ward im tempel, zu dem er geflogen
war, erschlagen. 2. 179 ; daraus waren die bOrger in die nahist
gelegen wälder geflogen. 2, 250. der nd. mundart lag es näher
flogen beides für flogen und flohen, geflagen für geflogen und
geflohen gellen zu lassen.
urallen Zusammenhang zwischen fliegen und fliehen eingeräumt,
liesze sich in gleicher tiefe beiden auch das uort flieszen als ver-
wandt zugesellen, der ßsch flieszt im wasser, n>ie der vogel in
der luft fliegt und die flut rinnt, entrinnt, entflieszt, entOieht
unterm äuge, fliegen und flieszen verbinden sich oft, (fliegen
und kriechen sichn einander entgegen):
dö schuof man den riehen
guoter spise genuoc,
man vnorte dar unde truoc
swax ie gevlouc oder gevlöj. gute frau 2653',
fr git uns wilt, er git uns zam,
er tuet uns vliegendes und vliejeodej undertän.
HSH. l,2*jy;
item wen der probst kumpt in die herberg, so soll man im
geben fliegendes und flieszendes (vügel und fische), ueisth.
4, 42. skr. plu ist souol natare als volare und plavit avis, vgl.
plih und plav ire. in fliegen, fliehen, flieszen allen drei ist
schnelle bewegung ausgedrückt, das lalein hält aber volare, fugere,
fluere gesondert, während sich unsere «Orter in den anlautenden
consonanlen wie in dem folgenden difJithong nahe rücken, dasz
mit plu und fliegen das tat. volare gänzlich unverwandt ist,
braudU kaum gesagt zu werden, mir scheinen volo volavi und
volo volui zusammen gehürig. volare ist petere, petere caelum
pennis, also ein begehren, wollen, peto rültrl an Tierofiai, folglich
an TiSTTjvos und meoöv (vgl. sp. 1277. 127S), statt des o in volare,
voluntas, volucer zeigt sich alleres c (= il in velle, velim iric
in velox. hat diese gleichheit der formen und hedeutungen gnnd,
so musz auch unser vilja, willo ogenllicli flug, aufflug oder ßügel
und [■ersonifictert einen geflügelten lieliesgolt gemeint haben, wie
Eros, Wunsch und Wille sind, ich deute blosz an, was auszu-
führen nicht hierher gehört.
auf diese tinleitung folgen die heuligen hedeutungen.
1) fliegen der vögei und insccten: der vogel fliegt auf und
daroa; gevogcl, das auf erden unter der feste des bimels
fleuget. 1 iVo5. 1,20; alles was fliegen kund und was fiitich
hatte. 7,20; und liesz einen raben ausfliegen, der flog imer
hin und wider her bis das gewesser vertrocket auf erden.
S, 7; darnach liesz er eine tauben von sich ausfliegen. 8,8;
und lasse den lebendigen vogel ins freie feld fliegen. 3 Mos.
14,7; wenn du auf dem wege findest ein vogelnest ... und
das die mutler auf den jungen oder auf den eiern sitzt, so
soitu nicht die mutler mit den jungen nemen, sondern soll
die mutier fliegen lassen und die jungen nemen auf das dirs
wol gehe und lange lebest. 5 Mos. 22, 7 ; der herr wird ein
Volk über dich schicken, von ferne von der weit ende, wie
ein adeler fleugt. 2S, 49 ; der mensch wird zu unglück ge-
boren, wie die vögel schweben empor zu fliegen. Hiob 5, 7 ;
wer bereit dem raben die speise, wenn seine jungen zu gott
rufen und fliegen irre, wenn sie nicht zu essen haben? 3S, 41;
fleuget der adler aus deinem befeih so hoch? 39,27; wie
saget ir denn zu meiner seele, sie sol fliegen wie ein vogel
auf ewre berge, ps. ii,i; o hätte ich flügel wie tauben, das
ich flüge und etwa bliebe. 55, 7 ; wie ein vogel dahin ferct
und eine schwalbe fleuget. s/>r. Sal. 26, 2 ; w ie ein vogel dahin
fleugt, der aus dem nest gelrieben wird. Es. 16, 2 ; siehe er
fleugt daher wie ein adeler und breitet seine flügel aus über
Moab. Jer. 4S, 40 ; ich wil den vögeln, wo sie her fliegen,
zu fressen geben. Ez. 39, 4 ; er thut dir wie der adler seinen
jungen thut, wenn er sie wil leren fliegen, so flügt er über
sie und je hoher je höher. Keisersb. brüsaml. 3l'; was bald
anfleugt, fleugt bald ab. A7. weise reden 1565,16'; fleugt gans
über meer, komt gans wider heim. Petr. 9'; die nacket fleder-
maus flüget des abents. Stei.miöwel Esop 52;
da kam ein imb geflogen
in dlinden er gnistet bat. mylhol. 1089;
es fleugt ein kleins waldvögelein. Ublakd 179;
flieg, maikäfer, flieg!;
fleug vogel sonder federn! Grtphics 1,767;
allein sie {die bremse) suchte sich zu rächen,
sie flog ibm nach, um ihn zu stechen
und stach den schimmel in das maul. Gellert 1,75;
die henue läuft mit strupGgtem gefieder
das ufer zehnmal auf und nieder,
setzt zehnmal an und fliegt doch nicht hinein! 1,128;
ich habe tauben fliegen,
so schön du sie verlangst, du sollst die besten kriegen. 3,402;
zur feldmaus sprach ein spatz : sieh dort den adler sitzen !
ich flieg ihm gleich, 'fleug, praler', rief die maus.
Lessi5c 1 , 101 ;
und sie sieht mich schmetierling.
zitternd vor des freunds verlangen
springt sie auf, da flieg ich ferne. Göthk 1,57;
das Pärchen weiszer tauben,
du siehst, es fliegt dorthin. 1,126;
seht den vogel, er fliegt von einem bäume zum andern.
1,3S6.
'es flöge nicht ein vogel danach' gleichviel mit es krähte kein
hahn danach, kümmerte sich niemand darum: war einer da
und sprach in mutwillen;"
wie pranget der von Waidenstein so hoch,
ich habe ihme wol vier pferde genommen,
und flöge nicht ein vogel darnach!
das ward Simon von Waidenstein angesagt, der antwort,
bette er geschwiegen, so were er mir unbekant gewesen
(/. geblieben),
haben nicht vögei darnach geflogen,
so sollen nun grosze raben fliegen!
und nam denselbigen sobald vom tisch, fürte ihn hinaus und
liesz ihn an einem bäum henken. Ihüring. chron. bei Sexkex-
berg sei. 3, 402. man sagte sonst 'eins fliegcns', in einem fort
wohin fliegen, involitare. Stieler 509: so bint man im (dem
lauber) den brief under den flug, so flugt er ains fliegcns
dahin uf das hus, da er erzogen ist worden. Schiltberger
ed. Nelsianx, München 1S59 s. 110. zu 'irre fliegen' (wie irre
gehn , reiten) »icrAe vian den namen Irrcfogel bei Haupt
1, 438 und Henricus dictus Irrevoghel bei Seibertz n* im
(a. 1312), der sich verflogen hat.
2) fliegen der gütter, cngel und andrer geflügelt gedachter
wesen :
fliugct minne ungSrnc üf hant? Tit. 64,4;
und er fuhr auf dem chcrub und flog daher, er schweflet
auf den fitlichen des winds. ps. IS, 11; seraphim stunden
über im, ein iglicher hatte sechs flügel, mit zwecn deckten
sie ir andlitz, mit zween deckten sie ire füsze und mit zween
flogen sie. Es. 6,2; da flog der seraphim einer zu mir. 6, 6 ;
112*
1783
FLIEGEN
FLIEGEN
1784
und ich sake und höret einen engul fliegen mitten durch
den bime!. offenb. 8, 13. 14, 6. auch die seele dachte man sich
aus dem kichnam gen himmel fliegend:
so bist du nun gefloi^en,
du schöne seele du, und läszt uimacbgezogen
den leib dein schönes kleid. Fleiinc 144;
erde mag zurück in erde stSuben,
fliegt der geisl doch aus dem morschen haus. Schiller 7*;
das feuer, das man sich als hahn daclile, fliegt von dach zu
dach; die funken flogen {stoben); das gerUcht, msere, die fama
fliegt (mythol. 850. 851) :
dö flugen disiu mirre von laut zo lande. Nib. 1362,2;
fleug, feuchter zeryr aus! Fleming 618;
geh, Amor, üeiig geschwind. C34;
die Zeitung (log von land zu land. wunderh. 1,58;
die pest fliegt über ganze lande
begleitet von dem lod. Uz 1,187, vgl. m\ilhol. 1134.
ganx unpersönlich: es flog gestern durch die ganze Stadt, die
künde verbreitete sich eilends;
indessen war von club zu club
die trauerpost geflogen. Götter 1,94.
3) gefiederte pfeilc fliegen : TireQosi^sg oi'aroi IL 5, 171 ;
das du nicht erschrecken müssest für den pfeilen, die des
tages fliegen, ps. 91,5; der wind fliegt; Schneeflocken, die
ja federn gleichen, fliegen : der winter nahte, scbnee flog auf
die dächer. stäubchen fliegen. Gotter 1,55; eine wölke von
staub flog; der staub fliegt in die äugen.
4) ohne allen gedanken an gefiedcr drückt fliegen auch flug
schnelle, eilige, plülzliche betcegung aus: der pulverthurm flog
in die luft, flog auf {fr. sauta en l'air); kugeln flogen dicht
über das feld, durch die luft, was auch kühner so gegeben
wird: in einem augenbJick flog die luft voller singenden kugeln
über uns her. Simpl. K. 327; der ball oder stein, den die
kräftige band wirft, fliegt durch den räum:
und man so weit vorschauet als fliegt der geworfene feldstein.
lt. 3,12;
das fenster öfnet sich, und Stephan fliegt heraus.
Gellert 1, 207;
ein schäumender bach,
der von dem steilen felsen fliegt. Zachariä 2,291;
das schif fliegt durch die flut, gkicli dem schwan, wobei wieder
die Verwandtschaft der Vorstellungen fliegen und schwimmen vor-
bricht:
bis ein boot zu hülf ihm flieget. Wieland 4,216;
fleug welttheile zu verknüpfen
schif, und lasz den handel blühn. Röckkrt 4.
<f« rasch fahrenden, scliiffenden , reitenden erscheint, dasi die
gegenstände, welchen sie vorüberkommen, sich bewegen, sie selbst
aber ruhig sitzen, so heiszt es schön in der Lenore:
wie flogen rechts, wie flogen links
gebirge, bäum und hecken,
wie flogen links und rechts und links
die dörfer, städt und flecken!
wie flog was rund der mond beschien,
wie flog es in die ferne,
wie flogen oben über liin
der himmel und die sterne! Bürger 15*.
das thor, die thür fliegt auf, wird schnell geöfnet;
ihr arm, kein schnee gleicht seiner weisze,
fliegt aus dem fenster in die luft. Uz 1,12;
das fenster that sich auf und ein beutel flog daraus; ich
weisz dasz allenthalben geld genug geflogen {ausgeslrrul worden)
ist. Ostreich, arch. 16,104; er verschwendete hab und gut, die
tbaler flogen.
5) mhd. sd lie{ ich schenke! vliegen. Greg. 1427;
neben der mane vlugen diu bein. 1433;
nhd. lust, freud, wuun und alle kürzweil,
das fleugt von mir mit groszer eil. fastn. 720,10;
si kumpt vom sechfiten frouwenhus
und ist in Naples und rulgeu zogen,
von eiro klofitcr in das ander gflogen. 885,3;
auf auf, fleug bald mein junges herz
zu deren, die dich allein nöhret. Wicibulin 473;
mein geist der reget sieb
tu fliegen in dein lob. OriTZ 1,88;
•Is flögen wir davon. GCnru» 546, nach pt. »0,10;
Ich flog also mit ungeduldiger frcude zu unsrcr abgeredeten
rosammenkunfL Wielaüd 2, »o ; er flog zu mir, wie er mich
wieder gewahr wurde. 13, 113; sie flog in meine arme;
die reutcrei fliegt rasselnd, strömt
mit staubigtem gestampf
den leind, gleich fluten, weg und kommt
und schnaubt durch rauch und dampf.
Lavater Schtoeitertieder 188;
des dorfes und des mädchens satt
warf er sich auf si-iri ros,
flo^ wieder in die köniL'sstadt
und in sein marmorschlosz. Höltt 17;
die nonne flog, wie nacht begann,
zur kleinen dorfkapelle. 37;
er fliegt auf Gusmann, stürzt rasch wie der blitz ihn nieder.
Gotter 2, 455 ;
auf den garben
liegt der kränz,
und das junge volk der schniiter
fliegt zum tanz. Schiller 70';
leb wol, zur räche flieg ich, zur entdeckung. 503»;
fliege zur that! des bruders beispiel folge, daselbst;
die den bäumen näheren nonnen flogen unter das laub. J. P.
Hesp. 3, 218. das fliegen der nonnen ins kloster (.«. aus fasln.
885, 3) doch vielleicht daher, dasz eine taube nonnentaube, columba
cucullala und noch andere vögel nonnen heiszen.
6) wie der vogcl in der luft flattert, gilt auch fliegen vom
flattern der haare, bänden fahnen: er läuft dasz ihm die
haare fliegen {wie sonst pfeifen);
ich sehe mit vergnügen
wenn um sein voll gcsicht die braunen locken fliegen.
Gkllbrt 3,315;
still ! flei vater Zeus ihm ein,
und schüttelt seinen köpf, dasz ihm die haare fliegen,
ich weisz genug! VVieland Juno und Ganymed 285;
und ein weit umschlungnes band
flieg am rand
eurer gelben halmeuhüte. Salis 80;
die Franken rücken an mit fliegenden fahnen. Schiller 484";
fahnen fliegen dem beer voran; die fahne fliegt auf dem
eroberten wall.
7) treffend von schnell aufsteigenden emp/indungen, von aus-
breclienden scufzern, warten: die äugen, die blicke flogen; über
ihre wangen flog eine röthe;
getilgt ist der Verwirrung feuer,
das sonst mir auf die wange flog. Götter 1,287;
durch die lilienwangen flog oft ein fieberroth. J. P. Hesp.
2, 208 ; ihr schien eine ahnung seines schrecklichen Vorhabens
durch die seele zu fliegen. Göthe16, 176; doch flogen heim-
liche Seufzer nach Amalien. nord. Robinson 2, 159 ; zuweilen
flogen annoch wider meinen willen heimliche seufzer nach
derselben. 2, 169 ;
herr Max ward krank, und pfarr und doctor zogen
die achseln sehr,
der pfarr, weil er ein sündenheer
unüberzählich sah, der doctor noch weit mehr,
weil in des kranken puls vortruppen des todes flogen.
Kl. Schmidt Atom, dicht. HO.
reden, fluche und schelten fliegen {mythol. 1177);
die fluche flohen (für flogen) um die wette. Gönther 163;
lasz keine scheltworte und fluche fliegen gegen einem ge-
waltigen, arab. spriclm. 39 ; sä gfit der fluoch und diu boesen
wort niuwen hin wider heim, als Salomon sprichel: fliege
der vogcl vgrre oder nähe, s6 fliuget 6r doch ze jungest
wider in sin nCst. Berto. 63. dasz die homerischen Snaa
nregoeiTa doch weniger flugschnelle als fliegende, wilde warte
sind, hat neulich Wackerkagel ausgeführt,
sfn wort diu swciment als ein ar. Trist. 120,2;
du flog noch manches wilde wort. Göthi 1,212;
auch flogen werte hin und wieder. Daiilhann 1, 75; mit flie-
gender feder rühmte sie {im briefe) die schöne aussieht. Kl.
ScnMiDT kom. diciU. 455. vgl. fliegend, geflügelt
8) man merke 'fliegen lassen': o lasz den armen Togrl
fliegen:
der schmuck der zarten frauen steht nicht im haare flechten,
drum lassen sie sie fliegen zur linken und zur rechten.
LocAü 2,1)«, 3«;
es stand ihr schOner als putz, dasz sie die locken fliegen
liesz; liesz die äugen an alle fenster fliegen. Wkisb erzn. 56 ;
ob das schif gleich vor nnker liegt und seine bunte flaggen
fliegen l.lszL reimedich 44; so hättet ihr nicht dcrgli-irhea
kiiidinche, unbedachtsnine reden fliegen lassen. AW.<*-nft, 2. 90 ;
Petersen liesz zwar hierauf einige einplindlicbc reden fliegen.
2,595; geräth mit meinem berrn in wortsireil, welcher ver-
schiedene zweideutige reden fliegen I9kzI. 3, 384 ; wo wir
1785
FLIEGENBAUM — FLIEGEND
FLIEGEND — FLIEGENFALLE
1786
diese phantasien vor der uutergehenden sonne und nach
dem schönsten tage fliegen lieszen. J. P. uns. logeZ, 102; in der
that wollt ich mich einmal recht gehen und fliegen lassen.
komet 1, XIII. vgl. fahren lassen sp. 1255, gehen lassen m. s. ie.
9) in die kerze fliegen, irie die motte ins licht und darin
umkommen :
wan mir nicht so gewogen
mein herr §oit war gewest,
war schon in kerz geflogen
an schwerer Sünden pest. Speb g. lugendb. 187.
10) fliegen von benachbarten ackern einer flur: wo die in
der gemeinschaftlichen flur liegende äcker von dem einen
hause an das andere, wie man zu reden pflegt, fliegen können.
Moser p. ph. 4. 216.
11) tr. irird fliegen nur in den Zusammensetzungen: ein feld
befliegen, einen wald durchfliegen, berg fiberfliegen : der best
falk, der je den wald überflog. Bocc. l, 300*.
s. abfliegen, anfliegen, auffliegen, ausfliegen, befliegen, bei-
fliegen, daherfliegen, dahinfliegen, durchfliegen, fortfliegen,
herfliegen, herabfliegen, hinfliegen, hinabfliegen, hinauffliegen,
hinausfliegen, mitfliegen, nachfliegen, überfliegen, umfliegen,
wegfliegen, zerfliegen, zufliegen, ableitungen aus dem rerbum sind
fleuge, fliege, fliig, flügel. tcahrscheinlich auch flocke und TOgel.
FLIEGENB.\1'M, m. ulmus campeslris, vol weil aphis ulmi
dicht darauf zu sit:en pflegt.
FLlEGE.NBLüME, f. ophrys inseetifera.
FLIEGEND, volans, volalUis.
1) fliegende vögel, fische, käfer: unfliegend vöglein, avicula
involucris. ein fewriger, fliegender drache. Es. 14, 29 ; das
vierde Ihier gleich einem fliegenden adler. o/fenb. 4,7; also
das allerlei vogel unter im (dem cederbaum) wonen und aller-
lei fliegends unter dem schatten seiner zweige bleiben mOge.
Ez. 17. 22. der fliegende vogel, ein sjnel. med. maula/fe 82.
ein fliegendes (fallendes) blatt, fliegende Samenkörner; wiltu
wider ein fliegend blat so ernst sein und ein dürren halm
verfolgen? //io6 13, 25. ähnlicMeit und gegensaiz des üiegendea
und flieszenden vorhin sp. 17S1.
2) fliegende fahnen und bänder (s. fliegen 6): das beer zieht
mit klingendem spiel und fliegenden fahnen; fliegende haare,
locken, crines passi:
mit fliegend schönem haar. Wbckherli?« 714;
er schlang ihr fliegendes haar um die faust
und hieb sie mit knotigen riemen. Borger 61^;
mit rundem hut, mit fliegenden armen und haaren. J. P.
Hesp. 1, 14; fliegende ermel; ein fliegendes, leichtes gewand,
draperie volonte, ftügelkleid; eine fliegende brücke, ponltdanl;
die vernünftigen freigeister sind leichte, fliegende corps. Lich-
tenberg 1, 103.
3) fliegende röthe, hitze, erröthen, phlogosis:
aber das trefliche mädcfaen, von solchen spöttischen worten,
wie sie ihr schienen , verletzt und tief in der seele getrolTen,
stand, mit fliegender röthe die wange bis gegen den nacken
Übergossen, doch hielt sie sich an und nahm sich zusammen.
GöTHK 40,326;
diese betrachtungen jagten mir eine fliegende hitze in das
gesiebt. TniMMEL 3, 306 ; eine fliegende röthe spannte einmal
nms andre sein ganzes gesiebt. i.P. uns. läge 16; die fliegende
hitze des fliegenden lebens. Fixl. 19; genieliebe, dieser Wechsel
von fliegender hitze und fliegender kälte. Tit. 2, 171; ja. lieber
bruder, du könntest mich schon von manchem fliegenden
fieber des grimms reinigen. Göthe an Lavater 125;
willkommen! und als sie den grusz ihm entbot,
bedeckte die wangen ein fliegendes rot. Platem 154».
4) fliegende worle, ^rcsa msooevra (s. fliegen 7):
da raunt einer dem andern die fliegenden worte zu obren.
BiJRGER 208*,
leise redete mancher, und sprach die geflügelten worte.
Voss //. 3, 155,
sprachen sie untereinander die leisen geflügelten worte.
USCB5ER ;
nur mit fliegenden worten, ihr minner Israel, kann ich
heut zu euch reden. MexBian 7,703;
Hermann stellte den eitern sie vor, mit fliegenden worten.
Göthe 40,325;
wunder, wie rasch der fresser mit fliegender zunge da plappert
Od. 18,26.
fliegende rede, gerüchl {sp. 1783); stellete ihr vor, dasz man ja
sich nicht sogleich an die erste fliegende rede kehren müste.
Felsenb. 3, 142 ; sich nicht durch gerflchle und fliegende reden
bethören lassen. Heilnanks Thue. 107; und ich hub meine
äugen abermal auf und sähe und sihe es war ein fliegender
brieve (vulg. et ecce volumen volans, LXX xai iSov S^tTiayo»
Tteröfievov d. i abschnitt). Zachar. 5, 1; fliegender bogen.
Lessi.ng 3, 443 ; fliegende blätter. 12, 503 ; unsere persönlichen
Zusammenkünfte waren unterbrochen, wir wechselten flie
gende blätter. Götbe 31, 192; sind nicht jetzt der zeituugen,
der monatsschriften, der fliegenden blätter so viel? 15,25;
fliegende Schriften voll bitterkeit und satire. Scuilleb 785 ;
durch fidibus, papierdrachen und andere fliegende blätter.
J. P. Fibel 10 ; ich will das fliegende tischgespräch hersetzen.
uns. löge 2, 122.
5) dazu auch den fliegenden liechtern und irrwischen ge-
gleubt hat. LtrrHER 5, ICS' ; die Vergangenheit und die Zukunft
mit ihren fliegenden flammen. J. P. Hesp. 3, 76 ; 3as fliegende
feuer, serpigo, sonst zittermal. Gersdorf 100; fliegende gicht,
arthrilis vaga; zwei herzen, auf welche der tod seine fliegenden
wulkenscbatten geworfen. Hesp. 2,235; unter dem fliegenden
getöü des frühlings. Tu. 2, 85; fliegender frühling, ich meine
die liebe, so wie man den nachsommer einen fliegenden
sommer nennt, du eilest selber pfeilschnell. Tit. 3,19; sie
wandelten unter die aus allen gesträuchen fliegenden zephyre
dahin. Hesp. i,l9i; ihre fliegende seele hatte längst die flügel
zusammen zu legen, die thränea und wünsche zu verhüllen
gelernt. 3, 56 ; mit betäubendem getös und fliegendem unge-
stüm. Stolberg 6, 82 ;
er höret der trometen klang,
der kuglen fliegendes gesang. Weckbsrl» 346;
weswegen ich eiligst umwandte und mit fliegenden schritten
den rückweg suchte. Felsenb. 1, 174; geschwinder als fliegende
blicke. Klopstock.
6) mhd. diz vliegendö bispel
ist tumben Hüten gar ze snel. Parz. 1, 15,
dies leicIU entschlüpfende gleichnis. mein herz musz keinen
groszen antheil daran gehabt haben, ein fliegender gescbmack
(= verfliegender, eine vorübergehende neigung), das war es aufs
höchste alles. Lessisg 1, 374; eine fliegende andacht. Scriver
seelensch. 1, 97; wie er also in fliegenden gedanken lag. Galmy
41; lajen vliegen die gedanke. Berthold 231, vgl. gedankes
gefider bei Hadamar vox Laber 378 ; 'ists müglicb, liebe mutter,
so errette und behalt den mann vom tod'. Persina konde
den rechten grund irer meinung nicht erkennen, sondern sie
argwohnet einer fliegenden liebe, buch d. l. 227,1;
aber die fliegend lieb förwar,
die wert oft kaum ein Vierteljahr. H. Sachs III. 3, 46*,
vgl. unter 3 fliegende hitze.
7) fliegende rechte. Moser p. p/i. 2, 479 ; fliegende urtheile :
auch war er kein durchfliegender berühmter reisender, von
dem man wol solche fliegende urtheile anmerkt. Lichtenberg
5,170; die allzu hoch fliegende meinung, die ich ohnehin
geneigt war von meiner bestimmung zu fassen. Wieland 2, 91.
8) fliegend, elegans: mancher würde sich solche liebe nur
auf eine halbe stunde, bis er seine begierden abgespeiset,
vorgenommen, und wol gedacht haben, was soll ich mit dem
baurenhainpel machen? geld waschet alles ab. ich musz
etwas fliegenders und manierlichers vor mich haben. Simpl.
K. 711.
9) das fliegend (übel), erysipelas, rothlauf, u-ie man sagte
das fallend (übel), epilepsia, daj vallende. RCckert zu Berit
125, vgl. Germania 2, 377. holderrinde ist gut für das fliegend
oder gesegnet genant an den füszen oder beinen, so sie einem
auflaufen und mit hitz und rötin anfahcnt geschwellen, so
leg die feuchlin oder das wasser in einem nassen tuch darüber.
Tall.at arzneibüchlein. Erfurt 1532 6/. 31. s. hochfliegend,
schnellUiegend.
FLIEGEND, volando, im flug:
der mäszige wird öriers kalt genannt
von menschen, die sich warm vor andern glauben,
weil sie die hitze fliegend überrallt. Göthe 9,15t;
zuweilen betrachtet er die andern fliegend und scharf. Schiller
160'.
FLIEGENDECKE, f die man pferden zum schütz gegen die
fliegen außegl.
FLIEGENDRECK, m. siercus muscae, fliegenschmisz, fliegen-
schisz, nnl. vliegenscheet, fr. chiasse de inouche, it. cacatura
di moscbe, engl, flyblow, scJiv. flugsmuts.
FLIEGENENTE, f. anas muscaria.
FLIEGENFALLE, f. araneum, Spinnwebe: eine spinne, die
Betty aus Unachtsamkeit, nicht etwa um sich die freier zu
1787 FLlEGENF.VxMi —FLIEGENMANN
erbalten, ihre fliegenrailc frei aurstclicn licsz. Kl. Schmidt
kom. dicht. 431.
FLIEGENFANG, m. eaplura muscarum, dann Mich oi>era
levissima: ich trotzte, spräche und vers sei mir ein flicgcnfang.
Voss, wie vard F. Sl. ein unfr. 4S.
FLIEGENFÄNGER, m. einer der sich damit abgibt fliegen zu
fangen :
daTür macht auch ein reicher fliegenlanger
bei seiner sultanskost nicht hnlh so Irisches blut.
Wieland 21,343.
auch name eines vogels, des fliegenschnäppcrs, muscicapa, desgl.
der lacerta agilis.
FLIEGENFITTICH, m. eine arl kupfererz : fliegenfittiche be-
stehen aus ganz dünnen, scinvärzlidien, silberhalligen und
länglichen flecken. Ca>chim.s bergwerice G. kupfcrhalligcr mergel-
schiefer mit abdrücken, die wie fliegenflügel aussehen (in Hessen).
FLIEGENFÜHMIG : fliegenforinige flecken auf der euszer-
lichen haut eines pferds. Uffenbach 2, 29. s. fliegenschimmcl.
FLIEGENFCRST, m. diabolus, mylhol. 950:
hier blieb der Oiegeufürst und sein gcTährte stehn.
IIagedurn 2,71.
FLIEGENFÜSZ, m.
sie liegt
so still aur ihrem platz und athmet euch so leicht,
ihr bettgenosz hätt ihrciiiwcgen
von einem niegcnfusz die iriiic hören mögen. Wikland 18,92.
FLIEGENGAHN, n. tras fliegennetz.
FLIEGENGESCHMEISZ, n. muscae, ova muscarum.
FLIEGENGESL'MS. n. susurrus muscarum.
FLIEGENGETRÄUFT, irie mU fliegen gefleckt, belräuft. in
der Schilderung des ellcndeis oder urlhiers heiszt es: über den
rucken ein schwarzen Striemen nach neapolitanischer färb
fliegengetreift und mit growen würwelen gezeichnet. Garg. 146*.
s. fliegenträufip. flicgenfürmig.
FLIEGENGIFT, h. venenum muscarium, arsenicum squamosum.
FLIEGENGITTER, m. östr. fliagngater, drahlgiller zum schulz
gegen die fliegen.
FLIEGENGL.\S, n. glas mit engem hake, in dem sich fliegen
fangen, bildlich: hätt er sich nicht in einem wirtshause in
das fliegenglas der werber zu tief verflogen. J. P. flegelj. 1,37;
das zimmer, worin du siehst, präsentier ich dir als ein fliegen-
glas voll hofbediente. Tit. 2, 3L
FLIEGENGOTT, m. was fliegenfürst, fliegenmann :
seine diener scheuchen wedelnd,
nicht verjagen sie die fliege,
sie umschwärmt ihn, sticht und irret
und verwirrt die gatize tafel,
kehret wieder wie des hämischen
fliegengottes abgesandter. Göthe 5,272;
fliegengott, verderber, lögner. 12,70.
FLIEGENHEFENKIRSCHE, f. lonicera xylosleum, sonsl bein-
holz, baumkirschc, frauenkirsche und unter vielen andern natncn
vorkommend, die meistens dunkel sind.
FLIEGENHEIMER, pl. die ingeweide der allerkleinesten
roilben, meiten, auch fliegenheimer analomicrcn. Thurneisseu
magn. alch. 1, 15. vgl. muchhcim, grille.
FLIEGENKÄFER, m. canlharis, ceramhix, holzbock.
FLIEGENKIRSCHE, f. lonicera xylosleum.
FLIEGE.NKLAIM'E, f. muscarium mortiferum:
die niegenklappe {xpricht die ameise zur fliege)
wartet, dasz sie dich ertappe
allenthalhcn, und dein lod
steht bei jedem bissen brot. Glbui fabeln 2, 4G.
FLIEGENKLATSCHE, f. dasselbe.
FLIEtiENKNÄPPER, m. was fliegenschnäppcr, von knappen
= schnappen.
FLIEGENKÖNIG, m.grosze brummfliege : des morgens ratischt
er (der ohrenteufel, das ohrenbrauscn) mit hammcrschlägen da-
zwischen, und gegen abend brummt er wie der flicgcnkiinig.
Voss wie ward Fr. St. ein unfr. s. 41 := br. 2, 32ö. s. hum-
melkiinig.
FLIEGENKOPF, m. capul muscae, auch benennung einer augen-
krankheit, was fliegenmaul.
FLIEGENKRALT, n. datura siramonium.
FLIE(;ENKREBS, m. Cancer depurator.
FLIKGKNLEIM, m. worin die fliegen festkleben.
FLIF.GENMANN, m. fltegengotl: also neniirtcn die Juden
den abgolt Accaron zur schmach Rcelzebiib, fliegenniaii, als
der ein omcchtigcr man wcrc, der kaum wirdig were zu
haben ein fliegen zum wcib. Lutbeh wtdcr den gastl. stand
da baptli. C}.
FLIEGENMAUL — FLIEHEN
1788
FLIEGEN.MAUL, n. /ivioxiqxtloy, wenn die iiis (Irauhen-
haut) durch die cornea (Iwrnhml) vordringt: riipluru formicalis,
muscalis, darumb das es genieiniglicli auf der cornea er-
scheinet, da entspringet es von ihm selb«! und ist erstlich
zu sehen ein kleines tüpflin als einer mückeu heiibt oder
einer fliegen maul. ÜAiiriscDli9. </et Hemsch 1115,42 fliegen-
mal, mückcnmal.
FLIEGEISMILBE, f. acarus muscarum.
FLIEGENNETZ, n. conojnum, ags. flcohnet.
FLIEtiENl'FLASTER, n.
FLIEGENPILZ, m. agaricus muscarius.
FLIEGENPLÄTSCHER, «i. fliegenklalsche.
FLIEGENPliLVER. n. fliegengift.
FLIEGENREICH, n. das volk der fliegen, der insectcn:
und in euren (der blumen) balsamhecicn
gattct sich das llicgenreicli. Schiller anthologie ITS'i $. 04.
FLIEGENRLSSEL, m. roslrum muscae:
bettlich? sprach die stolze fliege,
warf den riissel, blies zum kriege. Gleim fabeln 2,47.
FLIEGENSCHIMMEL , m. ein schimmclpferd mit kleinen
schwarzen flecken, s. fliegenförniig.
FLIEGENSCHMALZ, n. fliegendreck: alle ding sind auf ein
oder die andre weise zu etwas nützlich, ohn allein das mückcn
oder fliegensclimalz. leben Jiislinä DuHzin 8.
FLIEGENSCHNÄPPER, m. miiscicapa, muscipcla, ein inscclen,
besonders fliegen im fliige auffangender vogel, auch fliegenfiiiiger,
fliegenkniippcr, fliegenspieszer genannt, iL pigliamosche, fr.
gobemouche, engl, llycntclicr. eigentlich sind schwalben, rolh-
kchlchen, rolhschwänzchen und andere dnnnschnäbel fliegenfnngcr:
du läszt den ganzen tag die herde herde sein,
kreuchst alle hecken durch, rangst fliegenschnäpper ein.
Rost schiiferg. IIU;
in dem sonnichten vorholz lauschet der rothschwanz und alles
was zu den fliegenschncppern gehöret, wie plötzlich und gierig
schieszen sie nach dem bunten insect! nicht glänzende Tarhen
uocb die schimmernden schwingen erretten den stutzer des
sommers. Zacuarlä tageszciien 4u.
nd. flcigensnepper bei Schambach 272".
FLIEGENSCHNÄPPERCHEN, n.
fliegenschnäpperchen, siehst du nicht die rüssel-
scharfen, heszlichen fliegen, wie sie böslich
mich im zirkel der liebsten liebe stören!
Kl. ScumDT im alm. d. d. musen 1774 (. 93.
FLIEGENSCHRANK, m. penarium viuscarium. Stieler 1732.
FLIEGENSCHiJTZ, m. fuhrmann, landkulsclur, s. fleugen-
schütze. wie zu erklären?
FLIEGENSCHWAM.M, ni. fungus muscarius, agaricus.
FLIEGENSCHWARM, m. turba muscarum.
FLIEGE.NSPIESZER, m. fliegenseJmäpjter, dorndrehcr, weil er
sich Vorrat von fliegen auf die dörner spieszt.
FLIEGENSTATT, f. muscarium, muckenstat, locus ubi muscae
abundant. voc. 1482 h 8".
FLIEGENSTECHER, m. molacilla rubeira, muscicapa.
FLIEGENSTEIN, m. arsenicum sguamosum.
FLIEGENSTICH, m. iclus viuscac: zerfetzt von dornen und
fliegenstichen. Campe kinderschr. 19, 73.
FLIEGENVOGEL, ni. muscicapa, besonders auch kolAri.
FLIEGKNWANZE, f. cimex personatus.
FLIEGENWASSER, n. ein fliegengift.
FLIEGENWEDEL, m. muscarium. im 16 jh. fliegenwadel :
ein hofmann ist der fliegenwadel, der alle grillen verjagt,
die auf den fürsten sich setzen wollen. J. P. lit. nacht. 4, 24.
FLIEGENWOLF, m. vespa für, raubwespe.
FLIEGENWCRM, m. epliemera, merzfliege, uferaas:
ich zeige keine gunst, die nur will heute währen
und wiu manch Iliegenwurm sich nur zwolT stunden speist.
ilOFMAMNSWAI.DAU hcl'icnbv . Ö.S.
FLIEGER, m. qui volat, volalicus. man nennt auch so eine
von der fledermaus versdiiedne fliegende maus.
FLIEGIG, volatilis. Serranus dict. ccC'.
FLIEGKL'NST, f. ars volandi.
FLIEGLEIN, n. musca parva:
sollt ein flicglein gott verhindern? GAtbi 5,S72.
FLIE(JSANI), vt. glarea sterilis, üblicher flugsand.
FLIKGCNG, f. volalus. Skrrasiis dirl. cc<".'.
FLIEHEN, fugerc, ahd. Hiohan, mhd. vliehen, ags. fleon,
engl, flce, mnl. vlicii, nnl. vlicn, gnviihnlich vlieden {wann ji(fr>/'),
die nd. Idiotika verzeichnen kein vlieii (fugert), sondern diese
form bedeutet ihnen ornare, putzen (fleien), auf vliodrn komme
ich noch unter flul; alln. flja, schw. fly, ddn. flye. die praet.
1789
FLIEEEN
FLIEHEN
1790
lauten ahd. flub. fliihun. mhd. vlücb, flulien (vloben), nJid.
floh, flohen, a^s. Beab, nnl. vlood. altn. aber schwach flydi, schw.
flydde, dän. flyede. der imp. hat ahd. fliuh. mlid. vliucb, nfid.
fleuch, heute flieh und ebenso die terlia sg. ahd. fliubit, mW.
vliuhet, nhd. fleucht, heule flieht.
hierneben erscheint nun das golhische })liuhan, |)lauh mit |)
für f, wie in Jilaqus {sp. 1705), jilaihan (sp. 1"49), rielleiciU
auch in Jtliugan (s/>. 1780). Scbmeller, der unter dem bairischen
volk hin und wieder anlautendem tl für kl, gl begegnet ist : flee
klee, tlen klein, thig klug, tlabin glauben, tlai gleich, tlanz
glänz {mundarten §.475.5181, hat liein tliegng, tliecben aufge-
zeichnet, so denkbar sie wären, sprechfehler greifen ein in Spiel-
arten der dialecle.
man wird von selbst und nach den gepßognen Untersuchungen
andrer Wörter, welche die liquida nach dem f tilgen, darauf ge-
leitet, fliehen unmittelbar mit fugere und fsiyeiv zu vergleichen.
Schwierigkeit macht nur, dasz weder anlaut noch inlaut zu recht
verschoben sind, der tat. und gr. aspirata sollte deutsche media
gegenüber slehn; höchst merkwürdig tritt sie vor in ei iiem andern
Worte nahrerwandtes begrifs, in biegen, das im ag$. bftgan verti,
flecü, fugere ausdrückt und dem lit. begli. lett. behgt, böhm.
beieti, behati, poln. biegac «. s. w. entspricht, diese alle bedeuten
sinnliches laufen und hernach davon laufen, fliehen, was den
inlaut angeht, so würden fugere, fevystv anstatt ihrer media
goth. tenuis und ahd. asp. gewarten lassen, wie nyoö?, ager zu
akrs. achar wird u. s. w., wovon sowol das h in fliehen als das
g in biegen cd/steht, doch h könnte aus eh erwachsen scheinen.
hauptaugenmerk musz aber hier das vortretende oder schwin-
dende 1 sein, wir sehen })liuban und fliohan neben fugere,
fleclere neben biugan und begti. dem serb. idiom schmilzt 1
in dug für dlug, Tuk für vulk u. s. w., dem it. in bianco,
biado, fiore «. s. w. jenes bairische schwanken zwischen tl, gl,
kl verständigt es uns über den analogen Wechsel von fliohan und
J)liuhan ? ich will ihn durch ein anderes beispiel erklären, altsl.
glubok", russ. glubokiy, poln. gleboki, böhm. hluboki wird
serb. illyr. zu dubok, woran sich lit. dubus, goth. diups, ahd.
tiufi, nhd. tief schlieszen. diups, tief stehn aber im ablaut zu
daupjan, taufen, wie auch fundere, fundus, profundus zusammen
gehören, dem liüuhan und fliohan entsprechen auf kellischem
Sprachgebiet gal. leich, ir. teith, armor. iechel und welsches ffoi;
da dem ir. der anlaut tl nicht fremd ist, könnte ein älteres
tieich, tieilh, lloi für fifoi, vorangegangen sein, die ganz in den
kreis des goth. })liuhan einträten, auch das sl. teku curro,
teschtsch currcre nicIU zu übersehen.
u-ienun, so/it« i« deu^cAerjun^ fliehen urui biegen dasselbe
wort sein? sicher nicht, so weit unsre geschichte reicht sind sie
unterschieden und jedes derselben behauptet seine eigenheit, so
manches sonst bei Omen in flexiun wie bedeutung übereinstimmt,
da aber früherhin die wurzeln jeder spräche andre gestalt und
andres masz angenommen hohen können, mögen auch diese verba
in einer vorgei,cJüchtlichen urzeit, zu welcher sich die Vermutung
wol erheben darf, einander näher gestanden haben, damals, wo
auch fugis, vogel, flügel, feder sichtbar zu fliegen gerechnet
werden musten, die wir historisch von einander gesondert halten,
durch belrachtung des Wortes fliehen wird auch die für feder,
fedach, vogel u. a. m. aufgestellte möglidikeit eines ausgefallnen
1 beleuchtet und bestätigt worden sein.
bedeutungen des fliehens.
1) wie schon yexagl ist das sinnliche laufen, das im lil. begti, sl.
bezeti fortgilt, für unser fliehen in die abstraction des davon laufens,
entrinnens, enlueichens, entspringens übergetreten, wobei die art und
weise des cntkommens meist unbezeichnet bleibt, das lal. fugere
ist ganz eigentlich celeriler discedcre, exälire, wovon bei Plaütüs
exsilium, actus exsiliendi, fuga. darauf dasz auch unser flieheo
ursprünglich springen ausdrückt führt unser floh, der springende,
und entspringen, fugere ist dann die abgezogne Vorstellung, am
sinnlichsten klingen die imfferative: mach dich auf und fleuch
zu meinem bruder Laban in Haran, vulg. consurgens fuge
ad Laban fratrcm meum {gal. agus eirich, (eich; welsh cyfod,
»ffo at Laban; lit. kelkis ir begk). l Mos. 27,43; fleuch in
Egyptrnland (vulg. fuge in Aegyptum; ahd. fliuh; a(}5. fleoh;
ir. agus teilb; gal. agus teich; welsh a ffo; lit. ir begk).
i Hatth. 2,13; ach du liebes vogelin, fleuhe nicht! ich gönne
dirs von herzen. Litbeb tischr. 2, 25 ;
spare nur die j^päien thräncn,
leide, bitte, schwöre, geh und fleuch! Gc:<tbek 2S4;
geh, wulirlieii, schnell und fleuch! 530;
Qeuch uasie traurigkeit! ^9i^,
jene rose lockt xum brechen,
hüte dich, ihr dorn kanu stechen.
i'ener buscb reizt deinen sinn,
leuch! die natter lauret drina {tatet anguis in herba).
BoiE im Göttinger musenalm. 1774 s. 161 ;
fleuch! meip bogen tönt, mein köcber
rasselt goldner pfeile voll. Bcrger 27';
fleuch, unhold, fleuch! 71»;
doch fleuch, gedank an sorg und grab! Gottsk 1,280.
bei OssiAX steht dies teich! fuge! worin ich älteres lleich =
goth. |)Iiuh ahne, sehr oft, eben wie in den märchen des Hoch-
lands, z. b. bei Campbell 3, 121. zumal in beschwörungsformeln,
schon in der bei Marcellus:
tet un cre son co bregan gresso !
oder in griechischen, lateinischen, deutschen:
yeiys, fpeiye, xoi&^ ae Siiöxei.
fuge uva, ne Cancer te comedat!
fuge, fuge (spring, spring) lepuscule, et tecum aufer coli
dolorem !
fuge, fuge, et omnis nervorum dolor
de pedibus meis et omnibus membris meis!
fleuch blatter und nicht zubrist!
das gebeut dir herr Jesu Christ;
irie sonst: inspring baptbandun, infar vvigandun!;
gang üt nesso mid nigun nessiklinon ! mythot. 1184.
matt tönt gegen das alte fleuch I unser heutiges flieh ! oder gar
fliehe !
flieh auf! hinaus ins weite land! Götre 12, 3t.
2) sieg! die feinde fliehen; der verräthcr, der räuber ist
geflohen ; das beer flieht, der linke flügel flieht schon ; darum
alle die herbergen v^iirden betrübt, sie schrien und klagten
und fluhen (omnia castra turbata sunt et vociferantes ululan-
tesque fugerunt). bibel 14S3, 115* = rieht, s, 21 ; alles floh über
hals und köpf;
das mädchen mit dem kleinen munde
ist sonst zum fliehen aufgelegt,
ich aber kam zur guten stunde,
worin man hübsch zu bleiben pflegt.
Kl. Schmidt im mus. alm. 1774 s. 196;
wenn um das götterkind Auroren
in finsternis werden rosen geboren,
sie fleucht (? fleugt), so leicht, so hoch gemeint,
die sonn ihr auf die fersen scheint. Götuk 3,132;
ist eure band, ist eure tafel leer,
so flieht der uäscher schwärm. Wielasd 9,5;
die falschen freunde fliehen; das scheue reh flieht mit
schnellen schritten, dem suchen und folgen gegenüber stetU
fliehen und meiden.
3) die zeit flieht unaufhaltsam, fugil irreparabile tempus;
ach erinnrung der zeit, die floh. Klopsto« 2,218;
geniesze, weil die jähre fliehen. Götter 1,439;
nicht schneller flieht die schäferstunde. 1,276;
flohene freuden
ach, säuseln im winde. Götbe 10^325;
wünsche, triebe, phanlasien,
alles ist euch jetzt noch frei,
lieben könnt ihr, ihr könnt fliehen
ohne vonvurf, ohne reu. Gotter 1,130;
unser ganzes leben
flieht mit ihr (der liebe) geschwinder. 1,39;
o wenn die weibliche thräne leicht flieht, so entflattert ja
noch leichter das weibliche lächeln. J. P. Tit. 2,63; die ge-
scbwulst, das fieber flieht, weicht; die wölke, der schatte
flieht; der mensch vom weihe geborn lebt kurze zeit, gehet
auf wie eine blume und feilet abe, fleucht wie eine schatten
{so) und bleibt nicht. Hiob 14, 2.
4) praepositionen bei fliehen.
0) vor, für: goth. ga|)lauh faura im. Marc. 14,52; kuni
nadre, hvas gataiknida izvis |}liuban faura ))amma anavair})in
hatiza? Luc. 3,7, bei Llther: wer hat euch denn geweiset,
das ir dem zukünftigen zorn entrinnen werdet?; und bawet
daselbs einen altar, darumb das im daselbs gott otTenbart
war, da er flöhe für seinem bruder. 1 Mos. 35, 7 ; aber Mose
floh für Pharao. 2 Mos. 2, 15 ; da ward der stab zur schlangen
und Mose floh für ir. 4,3; und ganz Israel floh für irem
geschrei. i.Vos. 16,34; also zogen hinauf des volks bei drei
tausent man und die flohen für den mennern zu Ai. Jos.
7,4; und wenn sie uns entgegen eraus fahren, wie vor hin,
so wollen wir für inen fliehen. 8,5; warum bist du vor mir
geflohen?; und sie flohen für im. 2 Sam. 10,13; der bas«
flieht vor dea huudenj
1791
FLIEHEN
ich fliehe, glaub es nur, vor leichen und vor sfirfren
so flüchtig und erhiut, als diebe vor den schergen.
Gd!ith£M 795;
es rennt der mensch, es fliehet
vor ihm das bewegliche ziel. Götue . . .
statt vor einem fliehen hat man den bloszen dativ versucht,
er flieht mir = flieht vor mir:
so fliehet dem gierigen raube
des habichts die bebende taube. IIalkm poesie u. prosa.
bei entfliehen ist dieser dativ in der Ordnung (sp. 520).
6) von, im 16 jh. oß anstatt vor, weil man von dem fort
flielU, vor dem man flidü, doch in andern fällen ist der Wechsel
unstatthaft:
bedenken stäts die letzten zeit
macht fliehen von den «finden vreit. Scuwarzknbkrg 115,2;
so ich zu kainer rcichstat zeuh
und auch von niemand scbantlich fleuh. 138,1;
wo komslu her? und wo wiitu hin? sie sprach, ich bin von
meiner frawen Sarai geflohen. 1 Mos. 16, 8 ; iaszt nns fliehen
von Israel. 2 ilfos^ 14, 25; trawren und seufzen wird von inen
fliehen. Es. 51, 11 ; und sie giengen schnelle eraus und flohen
von dem grabe (golh. jah usgaggandans af |)amma lilaiva
gu{)lauhun). Marc. 16,8; darumb meine liebesten fliehet von
dem göfzendienst. 1 Cor. 10,14; von dem er auch fleuhet.
Matbesids 112';
und muthig von der armutti fliehen
durch guten winds und glucks beistand. WECiuKRLin 353;
so dasz von ihrer vollen wange
gesundheit und vergnügen Diehn. Gottkr 1,79;
gedohn, gcflohn
ist auch von mir die Jugend scHion. 1,437.
c) aus: er ist aus dem land, aus der Stadt geflohen.
d) in: wohin fleuchst du? in die wüsten, in das gebirge;
der sol in der stedte eine fliehen, das er lebendig bleibe.
5 Mos. 4,42; und ein iglicher floch in seine hutten. 1 Sam.
4,10; wenn sie euch aber in einer stad verfolgen, so fliehet
in eine andere (goth. jjliuhaij) in an))ara). Malth. 10, 23.
e) zu: also musz ein mensch in allem mangel, gebresten
und anligen zu gott fliehen, in um hilf bilten. Keisersberg
seelenpar. 150";
ich flieh zu deinem wort. Weckherlin 266;
UIvsz, hier siehst du uns zur tiefsten dcmuth fliehn.
J. E. Schlegel 1,204;
was fleuchst du zu des todes thoren? E. v. Kleist 1,3;
wer gläubig zu ihm flieht, den schirmet sein panier.
Götter 2,4G8;
und fleucht hin zu ihr. Herder 6« Merk 2,11. s. Zuflucht.
f) auf: alsdenn, wer in Judea ist, der fliehe auf die berge.
Marc. 13,14.
g) über: der dieb floh über die maucr und entkam; jetzo
fliehet eine weisze taube, wie eine giosze Schneeflocke, blen-
dend über das tiefe blau. J. P. Hesp. 2, 247.
h) unter: wer unter den mantel einer frau floh, war gerettet.
5) gleich fei'yeiv und fugere steht auch fliehen Ir. und den
tod, den feind fliehen gleichbedeutig mit dem inlr. vor dem
tode, vor dem feinde fliehen: ob du es gebeulest, ich gee
auf einen acker und sammel die eher, die da fliehen die
hend der schneidenden, bibel 14S3, 123* == Ruth 2, 2, vulg.
spicas quae fugerint manus metcntium {die LXX und Luther
haben das nicht); fleuch die lüste der Jugend, yolh. juggans
lustuns |)liuh. 2 Tim. 2, 22 ; fliehet die hurerci, fei'ysxe ii]v
■no^veiav, fugile fornicationcm. I Cor. 6, 18 ; fleuch die buleriu,
das du nicht in ire stricke fallest. Sir. 9,3; flouchs auch
nicht zu Beer. 13,13; die eulc, als eine die den tag fleucht.
KiRCHDor «CHdunm. 63; din haben sie lieb, mich fliehen sie.
Terenz 1499,119"; er flieht, scheut die arbeit, laborem fugit;
fleuh, fleuh, sorglos zu sein,
die pest, die lieb, den wein. Wkckherli!« 815;
fleuch diese, folge dar zum myrrbeubcrge nach. Günther 546;
lebst du, wie sicbs gebührt, fleuch.st Ungerechtigkeit.
Canitz 137;
Menalk floh kummcnoll den reiz der schönsten flur.
e. T. Kleist 1,05;
jeder sucht den tod zu fliehn. 1,99;
Jetzt fliehet mich die lust. 1, 141;
fleuch ibr angetichl. Gotter 1,13;
flieh die schwarze kammer. 1,52;
d»s mldchen floh den lunz, dpr Jüngling floh den weio. 1,306;
mich fliehen alle Treuden,
ich sterb vor Ungeduld,
an allen meinen leiden
Ut nur die liebe schuld;
FLIEHEN — FLIESZ 1792
mich hat Tydeus söhn bis zu den schifl'en geflohen.
Stolberg 11,261;
ich flöhe diese träume,
noch hab ich niemnnd sie vertraut. Schiller 265*.
fliegen und flieszen, die sonst dem fliehen so nah stehn, ver-
slatten diesen tr. begrif nicht oder kaum, s. fliegen 11. flieszen 19.
6) von mischung des fliegens und fliehens war sp, 1781 dt«
rede, so nah verwandt mitssen bade sein, als das fliegen dem
laufen und springen ist.
7) ableilungen von fliehen sind floh pulex und flucht, jfoth,
^lauhs.
FLIEHEN, n. fuga: im augenblick des fliehens wurde er
noch erkannt;
beliebts euch überall zu naschen,
im fliehen etwas zu erhaschen. Göthr . . .;
niemand hielt stand, das fliehn war allgemeia.
'nein herr, auf eurem flügel fleng es an . Schiller 460'.
FLIEHEND, fugitivus:
denn in der erinnrung balle
trag ich fliehenden genusz. Stolberg 6,67;
kann nichts dich, fliehende, verweilen,
0 meines lebens goldne zeit? Schiller 48';
unser fliehendes dasein, i. P. Hesp. 3, 64 ; an einander ge-
drängte, fliehende leichenprocession todtenblasser szenen.
Jubels. 58; an jedem fliehenden schiffe fanden sie mehr als
eine blume. Tit. 1,17; fliehende, lachende ufer. 2,49; flie-
hendem feinde soll man goldne brücke bauen.
FLIEHENWOLLEND, fugüunis :
aber wenn er {iler krokodill) preilschneli
mit zähneblinkendem rächen schon über den sand
daberschieszt, welie dem fliehenwollcnden !
WiLLAüov ililhyramben 41.
FLIEHER, m. fugitivus, ßüchlling, sowol exsul als transfuga,
dcserleur, heule kaum gebraucht, aber noch bei Stieler 507.
swaj si der flieher funden, ir deheiner dö genas,
si betungten mit den töten da; velt und oucb dai gras.
Wolfdicterich 344 (Hacbns heldenb. 1,115);
ein fliehcr bist du vor gesin,
darumb so muost du liden pin. ring 8', 44;
wend ein flier komen w ere her. Lindenbl. 54 ; wer das tele,
der sulde ein flier sin des landes. 95 ; als dis also stunt,
qwam ein flier von Litlowin. 138 ; wilde Charaktere hat er
gut gemahlt, den starken Würger, den ängstlichen flieher.
Merk 1, 515 ; der flieher ist allzeit verdächtig, s. sündenflieher.
FLIEHIIAUS, ti. refugium, bei Kiliam 755' vliedberg: ein
Barte kam zum könige in Liltauen, verhiesz ihm bei sei-
nem halse das schalaunische fliehhaus zu geweren. He?ine-
berger 417.
FLIEHKUAFT, f - centrifugalkraß.
FLIEHSTÄTTE, /. zuflnchtsoH.
FLIES, n. vellus, felüerhaß geschrieben fliesz. s. vlies.
FLIESE, m. ])erdens, ahd. flioso: scazfliese, nurni/jcrdo. M. B.
13, 1 ; leipflicsp, paniperda.
FLIESE, f. segtnenlum lapdis, tabula lapidea, laleraria, nd.
flise, alln. flis, fe.<:tuca, segmentum, schw. flisa dünne steinscheibe .
sandsteinytlalle, ddn. flise, sieinfliese, marmorfliese, ziegellliese,
deren man sich zum ausplätten und pflastern bedient, oß auch
Splitter: ein bildhaucr arbeitet an sciuein stein fort, ob ihm
schon funken, staub und fliesen ins gesiebte stieben. Scriver
seelenscft. 1,700; wie kieselsteine, die wenn sie geschlagen
werden einem die funken und fliesen unter äugen sprengen.
2, 55. man unterscheidet holländische und schwedische fliesen.
s. flnrfliese, ofenfliese, ziegelflicse.
FLIESEN, perderc, amiücre. diese heholfnt knrsung des goth.
fraliusan in ahd. fliosan, flös. fliirun, floran (fiRArr 2, 263 — 265),
in mhd. vlieson, vlAs, vluni, viorn (wb. 1, 1032) isi nhd. un-
stallhaß schon weil die vergröberte ausspräche sich nicht mehr darauf
erstand fliesen ton flieszen rein zu sondern, einzelne beispiele
des fliesen, fleust aus dem 14 jÄ. rcrrnc/irif/ doch noch Scrmellbk
2, 499. Meck^herg setzt immer Verliesen. «. flust.
FLIESENKACHEL, f mit fliesen gebaut, ausgepflaäert.
FLIESENSAAL, m. mii fliesen gedeckt: im hiiiterhaus, im
fliesensaal. Stob« sommergeschichIrn. Rirlin 1851 s. 20.
FLIESZ, m. n. fluenlum, ahd. flioj. mhd. vliej, ags. flcot.
nnl. vlict, gebildet neben flusz, wie verdriesz, geniesz neben vrr-
drusz, genusz, durch -icsz scheint das tmndne. durch -usz das
gröszere ausgedrückt, fliesz ein kleines wasser, flusi das grusierc,
verdriesz ein geringer, verdrusz ein grotzer ärger, mhd. galt
auch vliejc f. Trist. 330, 13. 488, l.
1793 PLiESZßLATTEM — FLIESZEN
FLIESZEN
1794
mild, eio waj^er dar üj flöj
brianende vile gröi,
da; da Flegetön hie;,
unreine was sin flie;. En. 101,18;
ü; dem grabe quam ein vlie;. pass. K. IS, 54;
nhd. fliesz machet fliesze {tcunde zieht vmnden nach sich),
v/eisth. 1, 18 ;
ich gieng mit einem durch eio fliesz. Bi5gwajj> tr. Eckh. £2*;
(gehursam), das sie euch Sprüngen in ein fliesz. laut, icarh. 297 ;
auf Samland fragt ich einen hauptman, wie das nahste fliesz
alda hiesz, er saget, wie das dorf so dabei liegt, dennoch
(deninach?) hab ich den fleisz darauf gewendet, das man nicht
^il flieszer darinnen wird finden, darbei man seinen rechten
uamen nicht auch finde. He>xeberger landlafel 7; es ist ein
fliesz zu Mülhausen auf Natangen, das ist so fischreich, das
man es billig ein gülden flies nennen möchte (irort^iel). 345 ;
bei dem fliesz Elbing da baueten sie eine bürg, nenneten sie
nach dem fliesz Elbing. \V.\issel chronica 50 ; alle diese arten
morehnen werden in keinem flusse, ströme oder fliesze ge-
fangen, sondern nur in den groszen landseen. Hohbebg 2, 522'.
s. ausfliesz, brunnfliesz, wasserfliesz, flieszlein und fliet.
FLIESZBL.\TTER>', tariolae confltientes, die in der eiterting
zusammen flieszen.
FLIESZEI, n. ovum sine lesla, ei ohne schale.
FLIESZEN. fluere, ahd. fliojan, mhd. vliejen, ags. fleotan,
engl, fleet, alls. fliotan, nd. fleten, fleiten. nnl. vlieten, fries.
fliata, altn. fliola, sehic. flyta, dän. flyde. prael. ahd. floj
flüjjun. mhd. vli^ vlu^jen. nhd. flosz flössen, alls. flftt fluten.
ags. fleät Uuton, nnl. vioot vloten. altn. flaut fluto, schw. flöt
flüto, dän. flöd. imp. ahd. fliuj, mW. vliuj, nhd. fleusz, heute
fliesz. alls. fliot. ags. fleot.
goth. weder fliutan, noch t)Iiutan. sondern qsXv stets übertragen
durdi rinnan, doch zwei andere bildungen, flautan und flödns
scheinen die möglichkeit von fliutan :« sichern, flautan flautaida
{falls 1 Cor. 13, 4 flauteij) tn flautaifi zu bessern) drückt aus
exacerbari, superbire und entspricht den» ahd. fl6jen {bei Geaff
3, 743 flöjan), tcäre also überflieszen von stolz und hochmut.
flüdus aber ist unverkennbar das ahd. fluot. mhd. vluot, nhd. flut,
ags. flüd, engl, flood, nnl. vioed fluctus, und so wenig in diesem
lät. Worte -tus der würzet gehört, musz auch in flödus das -ddus
äuszerlich hinzutreten, wie in auhjödus tumultus, mannisködus
humanilas. wurzelhaß in flödus bleibt nichts als fl und höchstens
ein mil -ödus vermischter vocal. ich komme unter flut darauf zuritck.
zu fl stellt sich die skr. wurzel piu. welche natare, navigare.
flare, alluere ausdrückt, des vogels flug ist an flieszen, schwimmen
durch die luft, vom wehen und schweben heiszt er plavit, wie
von ar;fievai avis {vgl. aar 1, 5). überall seilen wir die rerba
fliegen, fliehen, flieszen einander durchdringen, fr. flotter ist fliegen
vnd schwimmen, schweben, flattern, mil plu eins ist gr. TtXio)
schiffe und schwimme, f/.voi und ß).vto, lat. pluo «nd Duo, gusz
des regens und flusz des wassers bezeichnend, zwischen fluere und
vnserm flieszen gebricht laulverschiebung, wie sie vorhin gebrach
zwischen fugere und fliehen, d(Kh Idszt äch fluere mit flare,
unserm blasen, blähen, wie fugere mit unserm biegen vergleichen,
dem plu, flu begegnen nochmals ags. flövan flieszen und bl6van
blühen, florere, aus fluere entfaltet sich fluvius, eföuvium, aus
pluere pluvia, aus alluere, diluere ailuvies, diluvium, wie aus
eiuere, induere exuviae. induviae. gleich dem flovan könnte
ein goth. fluhan, flühjan bestanden haben, daraus flöhodus, flödus
hervorgegangen sein, da auch lat. fluctus lidier ein flucere als
flugere voraussetzt, und hier lenke ich wieder auf jenes merk-
würdige rd. vlieden für vlien, das in die ablaute viood, vloden,
gfvloden eingeht und dem vloed fluctus höchst ähnlich erschätU,
wdhretid neben vlieten ein vloeijeu sich offenbart.
hier gelangen tcir auf den punct, wo es Ihunlich wird den
eigenlhümlichen lingualausgang unsrer verba flieszen, gieszcn
u. s. w. zu erklären, nach einem grundzug deutscher spräche
ichlieszen alle wurzeln consonantisch und gelangen erst dadurch
zu ruhe, es fälll doch ins äuge, wie giutan, j^riulan, niutan,
ahd. giojan, driojan, fliojan, niojan, riojan völlig auf gleicher
linie slehn und nicht anders x^**'» »'«*»'» nÄelv, Qelv, d'elr,
und wie auszer den lauten auch die bedeulungen verwandt sind.
gieszen sagt aus pluere, flieszen fluere, riojan flere, Ihrdnen
rergieszen, in {)riutan scheint, wie |)rutsfiil lehrt, ursprünglich
die Vorstellung krankhaßer ausflösse gelegen, aus ahd. diojan dö;,
rauschen von flieszendem wasser und bei Notkeb geradezu flieszen
läszt sich ein goth. |)iutan )>aut folgern = d'elv laufen, schiffen,
wenn aber giutan x^^*'> **»■• hu, das vermutete fliutan nXelv,
skr. plu. was wird niiifan zuerst anders gewesen sein als reh;
lU
flieszen, schwimmen, fischen, fische fangen und fangen überhaupt ?
die abstraäionen des besilzes, gebrauchs und genusses folgten
aUmdlich hinterher, schiffen und fischen zu einigen {sp. 1679)
war so uneben nicht, da nun goth. nuta fischer, lat. nauta
. scUffer, gr. vovtt^s übereintreffen, ohne laulverschiebung, so könnten
j in vorgeschichtlicher zeit der noch ungetrennleren sprachen die
tenues von vavrT^s wie von ;firos ins goth. idiom eingetreten
' sein und sogar die ablaute niutan naut nutun, giutan gaut
haben bilden helfen, diese der ältesten wortgestalt noch fremden
linguale wären in die wurzeln unserer spräche verwachsen, gerade
wie auch die s der rerba lisan, liusan, kiusan anfänglich flexion
waren und in die ablautende wurzel drangen, der hergang gliche
I dem vorftin bäm nl. vlieden beobachteten, aber noch mehr, von
pluo kommt kein pari, praet. vor, es musz plutus gelautet haben
wie von compluo complutus, von luo, ruo lutus, rutus ; allein
neben fluo entsprang fluito, aus flo, no entsprangen flato, nato.
deren t dem ungeschobnen von fliuta, niuta wol an die seite
gestellt werden darf nur auf diesem weg werden die lingualen
Wurzelschlüsse von fliutan, giutan, niutan deutbar,
bedeulungen des flieszens.
1) flieszen und rinnen sind sich oß gleich und Ulfilas scheint
überall nur letzteres zu gebrauchen, gar kein fliutan zu kennen :
saei galaubci)} du mis, ahvös us vanibai is rinnand vatins
iibandins. Joh. 7, 38. wo Lcther. wer an mich gleubet, von
des leibe werden .«tröme des lebendigen wassers flieszen, gr.
Qsvaovoiv, vulg. fluent. rinne streiß an Qtca und hat den
hegrif des schnellen, die thräne rinnt, das blut rinnt ist heßiger
als flieszt und darum hat auch rennen den allgemeinen sinn
: des laufens. wir sagen von einem bach lieber dasz er rinne,
! von einem ström, dasz er fliesze. i^oth. rinnö iX torrens und
\ rinnan mcJinl an brinnan, torrere. flieszen ist die ruhige, lang-
same bewegung, obschon es auch schnell und rasch flieszen
heiszt, oder der .<!lille bach flieszt. der sand rinnt, flieszt nicht.
; das wasser flieszt «nd der nachen flieszt auf dem wasser. durch
' die luß wird geflogen, auf dem boden gelaufen, doch läuft auch
] das wasser. das Hl. teketi ist flieszen und laufen, das pol».
■ ciec, böhm. teci flieszen, seilner laufen, das gal. feich fliehen.
i noch langsamereti, leiseren flusz bezeichnet uns triefen, manare,
stUlare: der honig trieft, der Ihau trieft, der regen rieselt.
2) das erst wasser heiszt Pison, das fleuszet umb das ganze
land Herila. l Mos. 2. 11 ; und warf den staub in den bach,
der vom berge fleuszt. 5 Mos. 9, 21 ; und stöszet an den bach,
der für Jakneam fleuszt. Jos. 19,11; denn es fleuszet in Pom-
merellen die Raddaun. .Micrälics 1, 5 ; und iiesz beche aus
den felsen flieszen. ps. 78.16; wie ein frisches bechlin oder
wesserlin, das inier fort fleuszet. Lctheb 6,36';
I fleusz sanfte, wie du thust, in beiden ufern hin. Fluiing 589
j reichlicher flieszen
bächleio zumal. Göthk 1,90;
fliesze, fliesze, lieber flusz! 1,111;
mir wird so schwer, so schwer vom ort
zu flieszen,
ich krümme mich nur sachte fort
durch wiesen. 1,20».
3) das blut flieszt, flieszt in strömen, es wird in diesem
krieg riel blut flieszen, ist schon viel blut geflossen, hier
i könnte nicht rinnen gesagt werden, die wunde flieszt;
j mhd. die wunden flujjen s^re, alsam sie täten 6. Sib. 986,1;
i so recht ich noch,
I bis mit dem blut mein leben von mir fleuszt.
E. VON Kleist 2, 201 ;
: das blut der Fiesker flieszt (in den ädern) nur unter dem
■ purpur gesund. Schilleb 172"; sein blut flieszt langsam.
4) milch und honig. in ein land, darinnen milch und
honig fleuszt. 2 Mos. 3,8; ein land zum erbe geben, darin
milch und honig fleuszt. 3 Mos. 20, 24. 4 Mos. 13, 28 und oß.
meine lere triefe wie der regen und meine rede fliesze wie
thaw. 5 Mos. 32,2; das die wölken flieszen und triefen seer
I auf die menschen. Hiob 36. 28 ; der regen flieszt, gieszt, strömt,
' fällt.
5) die Zähre flieszt, rinnt; um ihn flieszen unsre thräi:en;
er flieszt (zerflieszt, schwimmt) in thränen;
mit weinen rängt sichs leben an,
obn weinen solcbs niemand schlieszeo kan,
und lassen immer zäbren flieszen,
bis wir das leben wieder schlieszen.
Matth. Hahher roseitgarten, Zwicliau 1654 t. 420;
das thränenwasser sich ergeuszt
und über meine wangen fleuszt;
aber ach, das that ich nicht,
und fliesze nun in zähren drüber aus. Bcieu 153".
Uli
1795
FLIESZEN
FLIESZEN — FLIESZEND
1796
das äuge flieszt, ihrdnl, weint ; meine äugen flieszen mit wasser,
das man dein gesetz nicht lieit. ps. 119, 136. die nase flieszt,
läuft, im schnupfen, der mund flieszt von speichel ; der schleim
kumpt und fleuszt aus dem fisch. Forer fischbuch 5' ; der rolz
flosz dem bauerjungen über die rotben backen; harz flie.szt
aus dem bäum {vgl. flieszhai'z und fliet).
6) zechen, dasz wein und hier flosz;
ich gedenke wol, daj ich zeimäl sa;
bi künic AdolT niht v6rre und ai.
da gö; man win hin als ein bach,
daj lei mir w6, do ichj gesach,
der tisch^erihte mich verdröj,
dö vor minen rcie^en flöj
der win als über ein v61t der brunne.
eia, gedäht ich, liebiu sunne,
wie dicke die rebe din warmer scbin
bat gefröut, dar öj ir der win
gewahsen ist, der vor mir fliujet,
des leider nieman hie geniujet,
den manic arm mensche vor der tür
vil gern rtf vienge, torstej her ffir.
Uenner 4773—4786.
(7 das fasz flieszt, rinnt, läuft am. das papier flieszt, saugt
die dinie ein; nun hat es frau von Stein gemahlt, . . . der
atiasz flosz, er war zu dünne. Götue an grdfin Stolberg 157;
es wird wasser aus seinem eimer flieszen (fluet aqua de situla
ejus) und sein same wird ein grosz wasser werden. 4 Mos.
24,7; das krügiein hört auf zu flieszen;
dein methTasz, o Piast, das jedem kunte flieszen,
gab dir die polsche krön. Locau 1,224,25;
von mancher edeln kcltcr fleuszt
für mich der traube feuergeist. Borger 12'.
8) flieszen von liaar und gewand, ßuitare, flaltern:
das ungebundne haar flosz straubicht um das haupt.
Lessi!<c 1, tl5;
langes haar, dessen wallende locken bis zu den knien her-
unter flössen. Wieland 2,31;
und ihre schwarzen augenbrauen,
die flössen ihr so sanft verloren hin. 10, 181 ;
ihr gewand flieszt, wie gewölk, sanft um sie. Klopstoce 1, ISO,
ein mantel, der, voll frischer dufte,
sich stolz an ihrer (der nacht) schulter bläht,
flieszt ausgewickelt durch die lüfte
in stralenloser ma.jestät.
BoiE (in den abend, im musenalm. von 1770;
nur sah ich sie den reinsten schleier halten,
er flosz um sie und schwoll in tausend falten. Götbe 1, 6;
wer hutte krall den mantel auszubreiten,
der tausendfarbig über unscrm hauple flieszt? Gotter 1,402;
ihr schönes körperchen flosz so sanft um ihre schöne seele,
als seien sie aus einem slofl'e geschatfen ! Ivlinger 5, 19. das
fr. flotter ist bald fluüare, bald fiuäuare, vgl. flaltern.
9) flieszen von strahlen, licht und ton: strahlen des lichts
flössen um ihn her; die sonne flieszt doch immer mit der-
selben wärme in unser angesicht. i.P.Hesp. 3,233;
aber wenn in nächtger stunde
süszer lampe dämmrung flieszt. Göthe 19, 190.
oft hür ich töne in mein lauschendes ohr flieszen. Klingeb
G,32; die töne, die über diesen garten flössen, sind versiegL
J. P. Hesp. 3, 57. vgl. gieszen, ergieszen.
10) vom leibe flieszen, niederfallen, sich lösen: ganze stun-
den lang {sagt der papagei) bei tag und nacht kann ich stehen,
den nacbtigallen, ierchen zuhören und so entzückt so selig
sein, dasz ich manchmal meine die federn müsten mir vom
leibe flieszen. Göthe 14, 84. aus den banden : welches herz
flösse nicht aus seinen banden vor diesem Jammer. 8, 295.
tl) flieszen für schuimmen, schiffen:
«wie wölken swimmen, wie waj^^er dicken,
wie tief sich grimmen, wie vische fliegen,
wie wurme kriechen, wie vogcl fliegen. Uenner 11061;
anders wohin ziehen, wandern, faren und flieszen in andere
lande, weisth. 2, 241 ; selig flosz der scbwau zwischen seinen
wellen. J. P. TU. 3, 41.
Vi) flieszen, flüssig werden, sclimelzen: das wachs flieszt,
lerßieszt ; das erz flies/1, gerdlh in flusz ; den eisenstcin niusz
man puchen, etlichen wescht man auch, eisensteinige gilbe
miisz man im zusetzen, sonst fleuszt er nicht. Mathesius 72';
daitz die xibe glockenspeiie
Oiesie nach der rechten weise. Scbillir tV.
13) bildlieh, flieszen, dahinflieszen, vcrflieszen:
wie leicht und «tili die frohen tage OieKien. Götiir 13, inU;
In Unschuld flosjien meine stillen tag». Schillrr 612*;
•o gelind und still flosz seine regieiung. 1030'; ihr leben
Qv3z sanft wie pine quelle davon. J.V. uns. löge 1,33.
14) flieszen von versen, reimen, worten, briefen, musik:
sie {meine verse) flieszen nicht so artig und gelinde,
so sanfte nicht als ich die euren Unde.
ScHöNBOR!» bei Gry]Mus 2,501;
lasz die reime lieblich flieszen. Göthe 4,363;
denn wenn man so zwei bogen reime schreibt,
da wollen sie zuletzt nicht flieszen. 56,6;
die briefe wollten nicht mehr flieszen. 15, 269 ; sie trat ans
klavier und fieng eine menuet an, sie woihe nicht flieszen.
16, 165; etwa so ein abschiedchen in versen. in meiner
Jugend ist mir dergleichen manchmal geflossen. Fr. Müller
3,40; aus des alten Nestoris mund fleuszt ein red süeszer
dan honig. Frank lob der torheit 9' ;
'hier lieget Mendax', sagt man izt von dir,
da sich dein mund auf ewig hat geschlossen.
als aber sonst von ihm noch worte flössen,
da hiesz es 'Mendax lüget hier'. Göungk 3,273;
ein liedchen von Chloeus lippeu fleuszt. Gotter 1,417;
kein wort flosz über ihre lippen; die Unterhaltung, das ge-
sprach flosz nicht mehr, gcrielh ins stocken.
15) die schilleiu hinüber herüber schieszen,
die faden sich begegnend flieszen. Götbb 3,100;
der grosze weg war von herden und maulthieren, reitern
und wagen belebt, die an beiden seilen, ohne sich zu hin-
dern, stromweise hin und her flössen (wogten, sicli bewegten).
15, 254; deine freude flieszet in ein fremdes herz und strömet
daraus verdoppelt in deines zurück. J. P. Fixlein 68.
16) alle holz und jagdgeiUlle flieszen in die forstcasse ;
die Strafgelder flieszen in die ölfenlliche casse.
17) die letzte wendung flosz ihm aus der feder, nicht aus
dem herzen. Göthe 17,171; weil er gehört, dasz aus einer
gelehrten feder so manches buch geflossen. J. P. Fibel 27;
jedes dicke buch, das ihnen von den fingern flosz. Klincer
6,266; welche warnung aus dem rechten brunnen warer
freundschaft fleuszet. Galtny 47 ; hör meinen rath an, der
gewis aus treuem herzen fleuszt. Fr. .Müller 1, 137.
IS) flieszen, folgen, sich ergeben, emanare, effici: du sihest
doch, das ein Sprichwort hieraus geflossen ist. Ldther 3, 290';
aus welchen umständen von selbst flieszet, dasz u. s. w. Hahns
hist. 3,4; aus welchen umstünden von selbst flieszet, dasz
Fridericus nur sechsmahl nach Italien kommen. 3, 279 ; die
conclusion, die aus den Vordersätzen flieszt. Kant 1,11; so
flieszt {sequitur), dasz «. s. w. 1, 51 ; aus einem andern gesetze
wäre eine ausdehuung von andern abmessungen geflossen.
8,26; weil die fhat aus den umständen, die ihr vorher-
giengen, so natürlich flieszt. Schiller 831'; so kann die an-
genehme folge für uns alle daraus flieszen. J. P. Wesp. 1.162.
19) flieszen tr. für flieszen machen, flüszen, schwemmen : davon
vliejent si die poescn fäuhten au; dem magen mit ausrähsen.
Megenberg 125,33;
fliesze, gieszo
deine ^üte ins gemüte,
dasz wir können
Christum unscrn heiland nennen!
Mich. Scuirber im Hfrtiner gesangb. 1640;
welches doch der Rhein gleich wieder hinweg flösse. Simpl.
K. 583 {nach DGK). in beiden letzten stellen deutet das falsch
auslautende e auf flösze und flöszte.
s. abflieszen, anflieszen, ausHieszen, durchflieszen , ein-
flieszen, hinflieszcn, herflieszen, überflieszen, umflieszen, ver-
flicszcn, zerflicszen, zuflieszen, Qöszen. abgeleitete nomina fliesz,
flosz, flösse, flusz.
FLIESZEND, fluens, manans, fluviatilis, nach den bedeiUungen
des verbums.
1) flieszendes wasser, gegenüber dem siehenden ; flieszeude
(regnende) wölken.
2) flussig geworden, geschmolzen : das eis, das ei-z ist fliestend ;
seine gnad ist mein flies/.ender zucker gewesen, der mir alle
bilterkeilen versüszcl hat. Scriveh seelensch. 2, 851.
3) flieszendes haar, flieszeude locken ; wolhäbige greise mit
flieszenden oder gekrausten biirlen. Göthe 43,408;
ewigblühendo roien umkrAniten snin Oiestcnde« haupthaar.
Klopstock 1,31.
4) flieszendes gewand:
ob lie gleich mit dem fliostenden ichleier ihr augr bedeckte.
ilessias 4, 771.
5) wenn die küustlerin (Wiiktih) uns reich und lebens\oll,
üppig, beweglich, gracios, welleuhult und flieszend erschien.
Göthe 44, 190; ciu glückliches Verhältnis der glieder, flieszeude
umrisse, ein lieblicher leiut. Schiller liio'.
1797
FLIESZEND — FLIETE
FLIETLEIN— FLIMMERN
1798
6) da weckte ihu der langsam flieszende (wehende) mor-
genwind. J. P. Hesp. 4, 62 ; flieszender Schimmer. Fixl. 61; wir
giengen in diesen flieszenden himmel hinein, in welchen uns
sonst nur die alpen heben, uns:, löge 3, 64.
7) flieszender laut: wenn auf einen stummen laut ein
flieszender folgt (mula cum liquida) ; flieszende werte, flieszende
rede, flieszender stil (coulantj; flieszende reime, verse;
flieszende poetische auen. J. P. mum. 3,54; er spricht ein
flieszendes englisch, schreibt eine flieszende hand;
wan dan zu singen icti bereit
dein flieszende wolredeuheit. Weckbkrlis 374;
der flieszende herr Geliert und der spitzige herr Rabener,
wird es heiszen, haben hier und da ganz artige gedanken
gehabt. R.\bener bei Geliert 8, 170.
S) aufenthalt eines amtmanns oder schössers, welcher die
ehemals hieher flieszenden Zinsen und gefalle noch fernerhin
einnimmt. Götbe 39, 265.
9) der philosophische chicaneur kann die flieszenden grenzen
ebensogut für den nachdruck benutzen, wie für sich der teufel.
J. P. herbslblum. 3, 134.
10) stetige gröszen (quanta conlinua) kann man auch
flieszende nennen, weil die synthesis der produetiven ein-
bildungskraft in ihrer erzengung ein fortgang in der zeit ist,
deren continuität man besonders durch den ausdruck des
flieszens (verflieszens) zu bezeichnen pflegt. Käst 2, 181 ; der
satz einiger schulen, dasz alles flieszend und nichts in der
weit beharrlich und bleibend sei. 2,671; unendlich ist nur
die empirie, sowol die des stehenden, der natur in der
physik, als die des flieszenden, der zeiterscheinungen des
raenschengeschlechts in der geschichte. Fichte grundz. d. g. z.
231; das ungelehrte publicum ist ein flieszendes. 232. der
flieszende gegensatz steht dem ausschlieszenden gegenüber.
Ritters rechtsphil. 116. vgl. hellflieszend , schnellflieszend,
starkflieszend.
FLIESZEND, adv. facik, volubililer.
das flieszeod schnelle silber. WECEaERi.T!t 452;
flieszend reden, reimen.
FLIESZGäRS', n. rele piscatorium.
FLIESZGOLD, n. aurum sohilum.
FLIESZHARZ, n. terebinlhina , terpenliiij 'ein ausflusz des
terebinthbaums.
FLIESZIG, fluidus. Stieler 513 : wodurch ein herz, das
vor der bekehrung hart und fest gewesen, wie eisen schmelzet
(schmilzt), dasz es flieszig wird und sich in alle formen des
göttlichen willens gieszen läszt. Scriveb seelensch. 1, 665. vgl.
flüssig und durchflieszig 2, 1610.
FLIESZLEIN, n. ein klänes fliesz: Narpisken ist ein dörf-
lein im Insterburgischen bei einem kleinen flieszlein, die
Golbe genant, gelegen. Hesneberger 327. liegt in fliesz. wie
sp. 1792 aufgehellt wurde, schon eine diminufion der Vorstellung
flusz, so wird sie durch -lein und das beigefügte klein verdreifacht.
FLIESZLOCH, n. ostium fornacis stnnnariae.
FLIESZPAPIER, n. charta bibula, löschpapier. Maaler 138',
nnl. vioeipapier, zuigpapier: ich will meine brüst mit einem
buch flieszpapier belegen. Fr. Müller 2, 103.
FLIESZPOCKEN, wie flieszblattern.
FLIESZL'NG, f. ftuor. Stieler 513.
FLIESZWASSER, n. aqua fluida, fluvialis , lympha: die
fruchtbarkeit, dazu der regen vor dem flieszwasser vorzüglich
geschickt ist. Käst 9, 13.
FLIET, «. bdellium, gummi, resina, ahd. fliod, fliad. phlied,
phliet, fliet (Graff 3,360). N. im M. Cap. 68 zu denlriles:
daj ist ein valewin gemma, diu ouh succinum heijet, tiu
ü;er den boumen diujet, also flied unde harz, unde diu aba
dien boumen in daj wajer fallende ze steine erhärtet, mhd.
fliet (ivb. 3,341). da die eigentliche bedeulung von fliod, fliet
wie von allem harz und gummi effluvium, ausflusz ist, so scheint
es unmittelbar mit fliesz gleichzustellen und die ältere media zu
uahren, die allmälich in t, zuletzt erst in z, übertrat, wie sich m
llieszharz bestätigt, selbst das ßS von ßSe'/.f.iov, vielleicht von
fiSiÄ/.a bluligel tJingt an flied, das saugen berührt sich mit dem
flieszen des bluts, vgl. ßSeJv feisen sji. 1466.
FLIETE, ff», f. gleichviel mit fliede, fliedme. laszeisen, phid)0-
tomum, woraus es gekürzt ist : denn so lidet ein mensch gedültig-
lichen den flieten in dem geschwer oder ciszen, so er bekent,
das im der flieten ist ein milwirkung der gesuntheit. Keisersb.
büg. 6%'; Seneca schreibt von einem scherer, der eines künigs
dochter gesunde soll machen, ir ein bnist uf thun und kunt
das en ein flieten oder en ein scherraesser nit zu wegen
bringen, narrensch. ll'; jeder sei wol darauf sehen, das er
die flieten nit zu tief einhaue. Wirslsg arzneib. 23 ; lasse das
Zahnfleisch bicken mit einer flieten. Tabehsaemost. 29S ; der
barbierer neben seinen gesellen wurden bestellet mit ihren
flieten in eil fertig zu halten. Pbilasd. 2,451; wenn es nun
gar zu harte halt (beim zahnen), so musz man mit einer flieten
den ort ein wenig ritzen lassen, welcher verhärtet ist, wie
denn solches leichllich geschieht, wenn man die kinder viel
lasset im munde mit harten sachen, als wolfzähnen griebeln.
Mich. Crcgeser aufgarickelter gebrauch seiner elixieren. Dresd.
1662 s. 240; tragen die kinder zum halbier oder bader und
lassen ihnen hinter beiden obren mit einer fliete hacken.
ETTSER/iefcamme907; man musz dem pferde unten am schweif
an der spitze ein riszlein mit einer flieten hinein reiszen.
Hobberg 2, 182*. 217'. s. auch flede, flitte.
FLIETLEIN, n. Gersdorf 70.
FLIETMESSER, n. scalprum chirurgicitm. Blancarsi lex.
med. 557.
FLIMMEN, fremere, micare. ein unerhörtes wort gewährt die
ahd. glosse bei Hacpt 5, 330' : frementem equum flimmintej
res, also ist flimman hinnire. fremere entspricht genau dem
ahd. preman und primman, woraus nhd. brummen wird, fremere
verwandt mit tremere verdeutscht sich aber auch griraman und
mit Übergang des schalls auf die färbe gelangen wir zu glimman
micare, das rauschende schimmert, mhd. erscheint flimmen weder
im sinn des summens, brummens noch des leuchtens. nhd., doch
erst im 18 jh., für micare, coruscare, und gern mit flammen
verbunden :
wenn in dem finstersten wald ein flimmender sonnenblick
wandelt. Zacharü;
es flimmt und flammt rund um ihn her
mit g'rüner, blauer, rotber glut. Bcrgkk 71';
am alten geisterthurm
flimmt bläulicli im bemosten
gesteia der feuerwurm. MatthissO!» 139;
in dieser blende flimmte schwermutsvoll
die heiige lampe, wenn der chorgesang
der junglraun durch die mitternacht erschoU. 168;
und mit bläulichem scheine flimmt der glühwurm. 185;
in seinen gröttcben ists gar fein,
es flimmt und flammt wie Sternenschein. Göthe 11,339;
sieh , und blank auf dem giebel im mondscbein flimmte dei
brautkranz. Voss 2,112;
wähn ich mich im himmelmaienglanz zu lichten
wenn dein blick in meine blicke flimmt. Scuillkk 3*;
dasz er io Lauras flimmendem äuge
gott sah. ScHCBART ged. 2,69;
hinterm wasser wie Qimmende flammen,
berggipfei oben mit gold beschienen. Tieck Stemb. % 91 ;
hell vom bunten scheine
flimmt des herzen nacht. RCcexst ges. ged. 1,310;
und das sprühn und flimmen
hält deu blick umflirrt, ebend.;
der flimmende stern. Klisgers th. 2, 226 ; den flimmenden
docht auffrischen. Hippel lebend. 1,73; seht her, seht hin,
seht die sonne dann, wies flimmt, wies flammt, alles vom
lichte stammt. Arsu kronenw. 1, 306. will man, den Zusam-
menhang mit aiid. flimman verkennend, das nhd. flimmen aus
bloszem lautspiel zu flammen deuten? flamme und flammen
sind uns freilich erst aus der fremde, gleichwol schon frülie ein-
gebracht worden, es läge daran, mhd. belege für flimmen und
die beiden folgenden ableitungen aufzufinden.
FLIMMER, m. fulgor coruscans, tremor, zitternder, beweglicher
Schimmer, glimmer: tlimmer, eine taube, gehaltlose bergart;
y ich denke dein, wenn sich des mondes flimmer
in quellen mahlt. Götue 1,65;
und in der kircbe war noch schwacher flimmer,
doch bald drauf sah ichs dunkel dritinen werden
und es erstarb des lichtes letzter Schimmer.
BoKAVEMTi RA im ttischenb. Is02 s. 125;
des guten beifall wünscht sie zu erlangen,
den Wahrheit rührt, den flimmer nicht besticht.
Schiller 101';
dunkel wird es, dunkler immer,
kaum manchmal durch bäum und Strauch
zweifelt eines Sternes flimmer,
stiller, kühler wird es auch. Le:«aü «. ged. 299.
FLIMMERBEWEGLNG, f tremor, zitternde bewegung.
FLIMMER.N, micare, coruscare: es flimmerte und flammerte
von lauter golde und edelgesteinen. Scheimufsky i^iii; mitt-
lerweile fiel ein hohes fest ein, wobei Agnes ihre kostbaren
kleider und schmuck sehen liesz ... sie wurde allzeit in die
113*
1 799 FLIMMERSCIIEIN — FLINDERLEIN
FLINDERLESTECRE — FLINK
1800
kircbe und über die straszc getragen, beim ein und ans-
steigen flimmerte und flammerte alles von gold, silber uml
edelgesteinen. veäfäl. Robinson (174$) $. 271; flimmerte nicht
ihr schaal, als ob er aus lauter Sonnenstrahlen gewirkt wäre ?
WiELAND 8,284;
ach wie das schimmerte,
ach wie das flimmerte! Mdsäus kinderkl. 5;
es schleicht ein flnmmchen am unkenteich,
das flimmert und flammert so traurig. Bdbgbr tiü'i
rückt wol der scliatz indessen in die höh,
den ich dort hinten flimmern seh. Götbk 12,193;
mir ward es vor den äugen sctilecht,
da flimmert es, ich sah nicht recht. 41,287;
eh ich es mich versah, flel ich in seine schlingen und so,
dasz es mir noch jetzt vor den äugen flimmert. Klisger 9, 167;
bei diesem thau, der mir im äuge flimmert. Platkn 101;
da gegenüber flimmerts im dunkel, wie wenn man der katze
das feil streicht. Bettine br. l. 25S ; wärmbecken voll flim-
mernden Weingeist. J. P. Ilesp. 3,125; flimmerndes erz; ein
flimmerndes steinchen aufheben, analog dem vocaiwechsel von
flimmern und Dammern ist der von flindern und flandern,
flittern und flattern.
FLIMMERSCHEIN, m. als wenn melodien durch den flim-
merschein wehen. Tieck U, 128.
FLIMMERTHIERCHEN, n. leucopliia.
FLIMSEN, s. flismen.
FLINDER, »1. bracleola mtcans, flimmerndes goldblätlchen, kos
sich zu flitter verhält wie flandern zti flattern und zahlreichen
andern fällen gleicht, iro ror der Ungualis a eindringt oder schwindet,
ahd. und mhd. siebt flinder unbezeugt. nhd. liefert den ältesten
beleg ein bericht über Friedriclis III znsammenkunß mit Karl dem
kühnen im jähr Uli {neue mittheil, des Ihüring. säclis. Vereins
2, 84) : auf dem hut ein kostlich cleinot, das wunder was,
das het vier rubin . . . und zwen demant . . . und drei perlin
und zu ring darumb schablicht perlin, die hiengen als die
Binder fast kostlich. Stieler 520 setzt flinder == flitter, ebenso
Schmeller 1, 589. Lexer 99 gold und silberflilter auf künst-
lichen blumen. hinter ihm eine tänzerin, die ein kind vor
sich hält, das mit bändern und flintern {so) wol herausgeputzt
war. GöTBE 18,144. allen eiteln flinder verachten;
wie ich mich freu an stern und weltenballe,
dem groszen, meines ewgen kleides, flinder,
und sorge, dasz kein stück dem säum entfalle.
RÖCKERT 1834 s. 179.
treffend wird flinder angewandt auf flatternde, fütternde dinge,
1) auf den papillon, flinner, flinder, der auch sonst flatterle,
fletterle, flinderling, Schmetterling von schmettern, slrepere
heiszt. nnl. vlinder, dagviinder, nachtviinder.
2) auf den kränz, busch, der als bierzeicften aushängt und
mit flitter umwunden Lü, oder den flitterbund ersetzt: 'er hat
den flinder, man geht zu ihrn in den flinder', Um trift die
reihe die wache hindurch bierydste zu setzen. Schmeli.er 1, 589.
3) auf eine blecitmünze, glänzende bkchstiicke.
4) KiMAN hat vlinder sambucus, Nemmch flinder syringa, das
aus flieder entstellt sein, vieUdcld doch bexug auf das flattern
der blüle haben kann.
5) ich weisz nicht, ob auch flinder die benennung eines platt-
fisches, fleuronectes flesus hierher gehört, er heiszt auch flander,
flonder, flunder, engl, flounder, und ob seine haut schimmert.
6) die sp. 1722 verzeichnete bedeutung von flandern entsprang
von selbst aus flindern und flandern. in dir heutigen spräche
ist flinder ror flitter ganz zurückgetreten.
FLINDERER, m. bracteolarius.
FLI.NDERFEDER, f mü flitter umwundne: köstlich perlin-
gestickle haarhauben und die sammele parellin darauf, auf
die meichsnisch art zur seilen bangend, wie die Icipsische
{leipzigische) jungfrawkränzlin zur bochzeit, auch flinderfedern
darauf, wie der turgäuisch adel, wan sie einmal in ein mcsz
kumtnen. Garg. 281*.
FLINDEKGOLD, n. aurum tremulum. flUtergold:
mit flindergold bewundeo. BiRKifi OL. 104.
FLIM)ERIIA(;RE, f. mU fliUer gedickte.
FLI.NDKRKR.VNZ, m.
FLINDERLE, n. flUterchen, flinder 1, in der volkspradu flin-
nerli, flitterle, nchmetlrrling. auch flinnerk, flidderk. Fromhann
6, 133. kdrnln. au flindcrle, an wenig, bischen {blechmünu).
LexER »».
FLINDERLEIN, n. braclevla micans: die bewegen sich stSligs
als die Oiaderiio an den jungfrauwenkrinzen. Tabe*nabiioi«t.
666; ein fein wapenröcklin, daran silbere schellelein und
flinderlein zum turnieren und schlittenfahren an ketllein
hiengen. Garg. 116*. auch die federlappen und schrecktüdier des
Jagdzeugs heiszen flinderlein.
FLINDERLESTECKE, m. auch damit dem kind nichts an
kurzweil abgieng, macht man im ein flinderleslecken und
fornen dran ein windspiel von den flügeln einer windmül
aus Franken, damit lief er auf und ab die gasz und lur-
nieret den leuten die fenster aus. Garg. 131'.
FLINDERLING, m.
der mucken wert (wehrt) in aller ding
der Wüstling und der flinderling. H. Sachs L425';
paumheckcl, heidlerch und wüstling,
Könglein, zaglmeis und flinderling
in dem gesteud und paumen saszcn. 1, 42*\
Wüstling meint das rotlischwdnzclien (Frommann 4, 191) und flin-
derling miisz ein andres mückenfressendes vöglein sein, das gleich
dem Schmetterling vom flattern seinen namen hat.
FLINDERM.\CHER, m. was flinderer. Stieler 520.
FLINDERN, volitare, agitari, flattern, flimmern. Lexeb 99,
vgl. flandern sp. 1722 ;
der Student hin zum pfarrer trat.
der gut müller an der stat
nam das rechtbuch {corpus juris) herfOrher, das
ad marginem glosieret was,
abzeichnets mit der rötelschnur,
und mit der zimmerparten pur
hawt herab uheral die glos,
liesz nur pleiben den texte blosz
schnureben herumbher ganz glat.
als der Student kam wider spat,
do flindert die glos umb und umb
zerstrewet in der mül herumb. H. Sachs II. 4,106';
ich schweig wo wir uns nachts verhindern
pisz das die liechtcr verfliudern (verßatiern, ausgehn).
fasln. 388,17;
FLINDERSCHLÄGER, m. flinderer. Stieler 520.
FLINK, splendidus, agilis, noch nicht mhd., obwol nach dem
subst. vlinke möglich, nicht bei Hemsch, geschweige bei den älteren,
zuerst bei Stieler 519: die Jungfer ist flink, etegans, venusta;
flink i.st der wallach, sprichwörtlich von prahürn, die ihre sacken
als die beslen rühmen; bei Strodtmann 57 : flink is de wallach,
die Sache gehl gut; flink hei, dar geit et flink hei! flinkes
gewehr, leiclUes, blinkendes ; alle monsieur Gaston dochter hatten
das, gar flink mit der band zu sein und ihre leute, männer
und weiber zu schlagen. Cu. El. von Orl. 504 {a. 1721) ; als
man aber sah, wie flink meine mädchen in kurzen rocken
auf dem feldc und im stalle wurden, so fleng jeder an zu
stutzen. Moser 2, 44 ;
zum mädchen wün.<:cht ich mir, und wollt es ha! recht lieben,
ein junges, nettes, tolles ding,
leicht zu erl'reun, schwer zu betrüben,
am wüchse schlank, im gango flink. Lessi:<g 1,17;
im ganzen dorr ist kein gesiebt
der flinken Hanne gleich. Weisze;
er war ein narr, ein flinker jung
hat anderwärts noch liift genung. Götbb 12, 187;
im seidnen mantcl und kräglein flink,
das ist doch gar ein ander ding. 13,111;
eiu schmucker zimmergeselle führte Eduarden ein flinke»
bauermädchen zu {zum tanze). 17,156; unsere flinke nacht
Süll diesen morgen im multerleibe erwürgen. Schiller 163';
der trftge bleibt zurück und nur der flinke folgt. Platin 86;
wie ein reh so flink und gelenk. Kotxkbob dr. sp. 1,303.
Le.xer 99 schreibt flingg. flink fcrem. «ft. 1. 422. DÄn>ERT 12J\
ScHASBACH und Danneil führen das uvrt nicht auf nnl. dat
is een flink van eenen karel, van cene vrouw; hij is ecn
flinke vrijer; hij zal eene flinke vrouw aan haar hebhen.
srhw. en flink karl, en flink budbärare, ein rascher böte ; dän.
en flink pige, en flink arbeider. Adelung hielt das wort nur
für gemein, es ist aber durch die dichter allerwärls gehoben, von
der abstammung unter dem verbum.
FLINK, adv. rasch, munter: das heiszt flink gearbeitet;
desto flinker geht das abschreiben von stalten. Le8sii«c8,S&;
die speisen kamen auf den wink
der unhnldln von selber,
«s flogen, wenn .lie .Nchellta, Oink
gebratne taiib«ii, kitllier,
kspaun und hasen auf den tisch. HOltt 32;
da« (yftuicin lagle, stand und stand,
da grif er nach der nchwniionhnnd
und log «io flink ht-niinder. Ueno»« 53».
schw. iirbela flinkt; det hnr gStl flmkt, das ist rasch gegangen ;
iefva flinkt lloribu», in saus und braus leben.
ISOl
FLINKE — FLINS
FLINSBACH — FLINTENHAHN
1802
FLINKE, m, ats fulgens. mhd. kupferrlinke, minera cupri:
geslaht quarz mit kuppervlinken
wandelt mit dem gange, feldbauer 158.
auch glänzende fische heiszen flinken, bairisch und kärntnisch
sa^ man aber flinke, flingge für flinle (Schmeixer 1, 590. Lexer
99), icas sich auf den glänzenden lauf des feuergetcehrs ziehen liesze.
FLLNKEN, ful^e, nah rericandt oder zusammenfallend mit
blinken, trie flach mit blach, daher auch beide gern aufeinander
füllen: es kann nicht alles flinken und blinken. Stieler 519;
dasz die himmlischen liechtkörper nit blosz des flinkens und
blinkeus halber über die hift gesetzt worden. Biree.n OL. 252;
die Schwerter flinken von der sonnen;
es flinket und bliuket die gleiszende aue. Abele 5,29;
ein Hinkender pfeil. Perus 2tO; unterdessen schössen die
flinkende liebespfeil an allen enden und orten herfür. fr.
Simpl. 1, 223. aus der Vorstellung des Hehls entfallet sich viel-
fach die der schnelle, tgl. bald und aoyös (l, lOSl), flink, eigentlich
blinkend empfieng allmälich den sinn von rasch, munter, vgl.
bair. flank für fanke, funke. Schm. 1, 5&9.
FLLNKENERZ, n. kupfererz. Fbiscb 1,278. vgl. flinke.
FLINKERCHEN, n. mtcula: alles was nur ein flinkerchen
vou witz hat. Stocs)i.\?( leiden des jungen Werlhers s. 4.
FLINKEBE, f Zittergras. Scoambach'272'.
FLLNKER.N, micare, verhält sich zu flinken wie bunkern zu
blinken, flimmern zu flimmen:
es ist nicht alles gold was fliakert. Ca*. Gitphids 2, 4M;
es flinken alles in seinem hause ; es flinkert alles von golde
in dem palast ; es flinkert anders nicht als silber. instar
argenli micat ; schiebe ein den donnrenden Jupiter, die röth-
liche Aurora, den Üinkrenden Hesperus. reime dich 73 ; eine
solche dirne mit ihrem flinkrenden schleier. Wielasd 8, 2S7;
der besatz ihres kleides flinkerte von Juwelen. Mgsäcs2, 18;
sist aber von perlen und edlem granat,
schau wie das fliakert in der sonnen I Schillbk 320'.
vgl. flunkern.
FLINRERSCHUH, m. flitlerschuh : nimm dich ja in acht,
dasz du nicht auf dein neues rosenfarbenes taffentkleidchen
und auf deine Dinkerschue eitel bist. Weisze kinderfr. 5,161.
FLINKERWERK, n. flinderwerk, flittencerk.
FLINKICHT. splendidus, alaais. Stieler 519.
FLINKHEIT, /. agililas, schtc. flinkhet, dän. flinkhed.
FLINKUNG, f splendor, agilitas.
FLINS, wi. silex, feuerslein, kiesel, über die tcurzel eine Vermutung
hernach unter flinsen. ahd. er flinse, ex silice. Graff 3,773;
mhii. da{ er niht isen als ein strüj
und starke vlinse verslant,
daj machte daj err niht envant. Parz. -12, 11;
ir sah ein riter halden
bi dem waj^er Säbins,
den wir wol möhten heilen Hin»
der manlichen krefte. 678,20;
ein vlins Ton donresträlen
inöbt ich zalien malen
bän erbeten, da; im der herte entwiche ein teil.
WoLFR. lieder 9,32;
ein h#rze da; von flinse (: zinse)
ime donre gewahsen waere,
daj müeten disiu mxre. Wh. 12,16;
höhe al umbetürnet
mit velsen und mit vlinsen {: gedinsen). tr. kr. 58S7;
si liefen si diu kint her dan
ab den vil höhen vlinsen
Achiile balde dinsen. •il57;
da wart ein klage, diu flinse het gespalten. .\lbr. Tit. 3765;
welchen stellen sich noch manche beifügen lassen, wenn es in
einer predigt bei Letser 85,8 heiszt: Petrus daj spricht ein
stein, ein TÜns, und uflTe den vlins wil ich böwen m'ine
kristenheit, da wo sonst fels verwendet wird {oben sp. 1500), so
liegt es nahe beide, auch von Ko^rad rerknüpße Wörter für ein-
ander beschlechlel zu nehmen, wie kommt es nur, dasz ein so
gangbarer ausdruck, wie mhd. flins irar (obgleich ihn einzelne
dichter nicht gebrauchen) späterhin beinahe ausslirbl ? schon Megex-
BERG hat ihn nicht mehr und die glossare bei Diefe.hbacb 533',
Daptp., Frisics, Maai-ER eben so wenig, in der minercdogie bleibt
noch flins benennung des mit kalk versetzten quarzes und Hins-
hom des petrosiiex, homslein, felskiesel, vgl. Stobrs alpenreise.
in Steier .w// flins oder pflins eisenstein, stalderz ausdrücken.
BoTBOs Sachs, chron. bei I^nitz 3, 336 meldet : de Wenden de
badden weder up ören olden afgot, de het Flins, wente he
stod up einem Dinssleine. \liessteen siUx findet sich bei Kiiia!«
7.j6', wodurdi man auf das sp. 1792 verhandelte altn. flis ge-
leilet würde, zu welchem sich flins, wie zu äs ans, tu gis gans
verhielte, obschon die bedeutung splitter und dünne steintafd nicht
zu der von kiesel äimmt.
wichtiger ist das ags. und engl, flint, schw. flinta, dän. flint
sUex, petra, die nur darin abweichen, dasz sie auf t auslauten,
flint verlangt ein ahd. flinz und doch steht flins durch die ahd.
Schreibung wie die mhd. retme fest. nhd. sehen wir sz oder 5
häufig zu s geworden und umgekehrt altes s in sz verderbt, in
unserm fall aber erscheint z (sprich tz) auf gleicher linie mit s, und
dafür biden sich schon einige sehr alte beispiele dar. neben ahd. kanz
inleger, mhd. nlid. ganz ist nnl. gansch. golh. gans, wenn darauf
ein schlusz gilt von gansjan parare, und neben ahd. gans unser f.
ein ganzo, ganazo anser m. wahrzunehmen; auf die nemliche
weise kann neben flins auch flinz bestanden haben und dem ags.
flint entsfirechen. ahd. flins wäre hiernach auf flinz zurückzu-
leiten, wobei sich muozan muosta, inuosa. wigan wista, wissa
erwägen liesze. es gälte ein entschiednes flinz aufzuspüren, wie
Stieler 520, nccA Scbottel 1317, >enen gölzennamen als Flinz
hinstelll, freilich aus flinzen, leuchten, glänzen deutet, flint rer-
gleicht Obeblin 398 mit TtJuv&os, doch wäre die Verschiebung
ungenau (t für d) und die bedeutung ziegel wacht ab von kiesel.
FLINSBACH, n. ortsname bei Förstemas» 2, 510, wie fels-
berg sp. 1500.
FLINSEN. turgere? stark gebogen flinsen flans flunsen, aus
welcliem flans, der schwellende mund, die schwellende lippe und
fluns das schmoüetxde maul, vor allem aber flins, der strotzende,
volle kiesel entsprungen scheinen. Keisersberc hat: ufgeblasen,
zerphlunsen und geschwollen, brösamlin 5l' ; von dem er sich
bläet und zerschwillt und wirt zerpflunsen und zerbläet. siben
Schwert aa3'; der hoflertig wirt zerpflunsen im gemüt. aaS".
H. Sacbs im nasentanz I, 530* führt unter vielen beiwürlern der
nasen auch pflüntscht auf, was nichts anders als geschwollen sein
kann, die bezüge auf fels leiden durch flinsen nicht, aber flinz
und flint widerstreben.
FLINSEN, indurare, durare, prad. flinste. mhd. sich flinsen,
stcfc verhärten, wb. 3, 342'.
FLINSIG, siliceus, lapideus, kieselhart:
und sol mit ougen regen fiuhten
sin flinsic herze und mit gebete. Renn. 20623.
FLINSHART, dasselbe, mhd. flinsherte ringe, klage 1235
HoLzx. flinsherte helme. Mb. 2156, 3. schw. flinthärd, dän,
flinthaard.
FLINSTERN, blandiri, adulari. voe. 1482, il*. rgi. Distern.
FLINTBCCHSE, f. was flinte. Stieler 257.
FLINTE, f sclopetum, pyrües, it. fucile, fr. fusil, dän. flint,
poln. böhm. flinta, letl. plinte, offenbar nach flint, dem feuer-
dein benannt, also nicht zuerst bei uns, weil dann flinse, wenigstens
flinze stehen würde, engl, heiszt zwar der kiesel flint, doch die
waffe firelock, feuerschlosz, nach dem schlosz, mit welchem der
sehusz gelöst wird.
noch im ganzen dreiszigjährigen kriege wurden die scfueszgewehre
durch lunten (meches) entzündet und erst in der zweiten hälße
des 17 jh. allmälich flinten eingeführt, das wort kann also bei
Pbilakder. Oprrz, Fle»isg, CnEMNrrz nicht vorkommen, zwar
für fäuMnge, pi4olen, fuffer, die mit einer hand gdöst wurden,
musten auch friiher schon feuerstcine üblich gewesen und von ihnen
späterhin auf die schullergewehre übertragen worden sein; doch
heiszen sie nie flinten. flinte, röhr so man nicht spannet.
ScHOTTEL 1317; flinte, 'dieweil es flink und ohngespannet ab-
gehet', fistula. quae catulo lenditur et ictu chalybis inflammatur.
Stieler 519, das flink abgehen leärde zu flink (sp. ISOOI passen,
s. vorhin flinke, lange blieb unter den ^Idalen der name röhr,
leuerrohr, gewehr, feuergewehr bräuchlich, und bis auf heute lautet
das commandowort gewehr auf die schuller I gewehr bei fusz!
tüemals flinte. es mag sich eher bei Jägern geltend gemacht haben
(vgl. doppelflinte, Jagdflinte, vogelflinte), so viel ich mich ent-
sinne, enthalten steh des au.idrucks auch noch Gi^mher und Gellert ;
aber Felsenb. 1,48 steht: nahm sich meine im grase verdeckt
liegende flinte, warf noch ein paar laufkugeln hinein; ich
gab meiner flinte eine frische ladung. das wort ist jetzt aHjc-
mein geläufig, doch unsoldatisch : die flinte geht los, versagt; die
flinte laden, entladen, losschieszen, lösen, losbrennen (rührt
noch von der lunte her), auf die Schulter nehmen ; er musz diu
flinte tragen, auf den rücken nehmen (sddat sein); die flinte
niederwerfen, sieh ergeben; die flinte ins körn werfen, rer-
zweifeln, die flinten ausziehen, rein machen (lieber, die gewehrt).
FLINTENHAHN, m. relinaculum pyritae: ich .«pannte den
flintenhahn meiner nase auf und drückte mich folgender-
gestalt los. J. P. teufelsp. 2, 33.
1803
FLINTENKOLBE — FLISPERN
FLISTERN— FLITSCHBOGE
1804
FLINTENKOLBE, m. manubrium, pes ft/rüae: mit flinlen-
kolben drauf schlagen.
FLINTENKl GEL. /. glohulus, glans sdopetaria.
FLINTEN LAUF, m. fistula pyrüae.
FLINTENPULVER, n.
FLINTENKOHR. n. vas flintenlauf.
FLINTENSALVE, f. ictus sdopelorum : dem feind eine flinten-
salve in die nase geben ; Lafayelte zerstreute die widerseU-
liche menge durch eine flinteusalve, welche verwundete und
todte hinlerliesz. Dahlmasn fr. rev. 387.
FLINTENSCRAFT. m. lignum sdopeti.
FLLNTENSCHLOSZ , n. armalura sdopeti, firelock, schw.
flintläs. ddn. fliutelaas.
FLINTENSCHLOSZBLECII, n.
FLINTENSCHUH, m. lederüberzug, die flitüe gegen nässe tu
sehütsen.
FLINTENSCHUSZ, »i. icUis sdopHi:
als plötzlich unlprm bäume ein nintcnschusi geschah
und ich mein liebes müiinchen vom blei getroffen sah.
auf das zeichen eines flintenschusses. Göthe 34, HO. danadi,
wie durdt sperschusz. pfeiischusz ermiszl man die ferne: es
ist einen Qintenschnsz weit.
FLINTENSTEIN . m. lapis igniarius, pyiites. Stieler 2139.
vlintstein hör. bdg. 7, 36*. man denkt nicht daran, dasz unser
aÜfs flins und flinsstcin eigentlich dasselbe ausdrüchen, sondern
rersleht den stein im ßinlensdilosi.
FLINTENTRÄGER, m. musketenlräger, gemeiner soldat.
FLINTGLAS, n. engl, flintglass, sc/iu'. flinl glas, feines krystall-
glas von heselerde, kali und bleioxyd.
FLINZBERG, «i. Meselfels, flinsberg. ein beigname in Schlesien :
reisen so lange, bis sie unter dem Riesengefilde und Flinz-
berge an der lustigen bach des Zackens auf die werthe nimfe
Hercinia treffen. Opitz 2, 248 ; so wisset, dasz wie hiesiges
rohe Riesengeßlde, hiesiger Flinzberg und Schneegebirge,
anfänglich von natürlichen, erbursprünglichen Deutschen,
den Marcomannen, Marsingern und dergleichen bewohnt . . .
bis die sarmatischen Winden ihre VVeixel überschritten und
sich dieser und anderer land bemächtigt haben. 2, 268.
FLIPS, stibiio, raptim: der läuft ganz allein durch die
schwarzen, verlassenen finsternisse, flips ist er weg! der
andre dort, weg ist er. Bettine in Cl. Brentano frühlingskranz
1, 30. vgl. ripsraps, schnips, fix, flugs, schwups und auch flaps.
FLIRRE, f. besonders im pl. ineptiae, nugae, grillen, Schrullen:
er hat flirren im köpf. Schame.\ch 272'. Stuodtmann 57;
lügen, flirren, Dausen. Immermanns Mündih. 3,151;
befreit von blöder äugen llirren. Wh. v. Humboldt 3, 417,
was aber auch das folgende verbum sein kann.
FLIRREN, slrepere, schwirren:
die berge rankten um ihn her,
es flirrt ihm vor der stirne. Borger 52';
er hat mich geziert, dasz es klirrt und (lirrt,
mit sämtlichen weinhausorden. RBckkrt 343;
und das sprühn und flimmen
hält den blick umflirrt, ges. ged. 1,310;
lasz sehu! wie, was? bei meinem hart, es flirrt
mir vor den augeti! PL*TBn 221*;
ich flirrte jeden augenblirk zur thür hinaus, aus angst der
Schulmeister möge aufwachen. BErriinA briefw. 2, 162. Stalder
1,384 hat flirzen, flirtschen fast in derselben bedeutung, das
könnte «n uraltes flirsen sein und wie goth. airzjan zttm ahd. irran
iiehn. rgl. flarren, flerren, flarrauge, flerrauge, blerr und Harzen.
FLISMEN, susurrare : in die oren blasen, insusurrare. runen.
Faisius 714. Maai.er 138'; haben dann von der wunderbar-
lichen Zusammenkunft geredt, geschnadert und gcflismet.
TauBNEissER no/Ag. ausschr. 3,15; flismen. rauschen, murmlen,
ein gelummel machen. Calepini diä. 1433; flisme, flüstern.
GoTTHELF 1. 147. 6« Stalder 1, 383 umgestellt in flimsen.
verwandt mit fliBpcm, flislern, flüstern.
FLISMER, m. ein fliisterer, rauner.
FLISMERIN, f. eine zufliuterin.
FLISMERN verhdU tich lu flismen vie flimmern zu flimmen.
FLISPERN, susurrare, flüstern, vgl. plispcrn, pispern, plispeln,
lispeln und flitschcrn, platschern : birken, deren dunkelgrüne
biBlter beständig fort im ewigen winde flisperten. STiLLii«c2,i3;
diir btutoc nispcm und die «iniamkolt. Titci 1,112;
«a* i(t dai (Or ein bäum da, dessen blfttter
■0 baatig Olapem, als wenn iie zitterten. 3,335.
9gi. yr- fhnoßos.
FLISTERN, dasselbe: runchen, flistern, raunen, murmurare,
susurrare. voc. 1482 bb5'; plisteren. Diefenb. 532"; schon ahd.
flistran fovere, palpare, blandiri (Graff 3,777):
die heimlich schwatzen und flistern,
pflegen zu liegen (mentiri) mncliiig gern.
Gartmf.ri liict. prov. 67';
schwächt nicht ihr buhirisches flistern. E. von Kleist 2, 29;
wie lieblich flistert dort im bnin
der schlanken cspen furchtsam laub. . . .;
der dichter sagt nichts von murmelnden quellen, er läszt
blosz die fichte lieblich flistern. Lessing 5, 82 ;
im garten des pTarrers von Taubenhain
gehts irre bei nacht in der lanbe.
da flistert tuid stöhnts so äng-stlglicli,
da rasselt, da flattert und sträubet es sich,
wie gegen den lalken die taube. Bürger 00';
da ringelts und schleift es und rauschet und wirrt,
da pispcrts und knisterts und flisterts und schwirrt.
GöTHK 1,197;
da ich sah, dasz der domherr nicht aufhörte dem lachenden
mädchen in die obren zu flistern, so fieng ich für die armen
Puppenspieler zu fürchten an. Thümmel 4, 250. s. flüstern.
FLITSCH, FLITSCHE, f jacnlum, sagitla, geschosz, pfeil, nnl.
flits m., nach dem fr. fleche, il. freccia. welches fr hier ur.'früng-
licher scheint, weil auch dem sp. port. flerha äUeres frecha (vgl.
flasco und frasco) rorangelU. da nun in Frischiins nomencl. 453
flitsch cateja glossiert und bei DiEFENSAcn 107* cateja geschosz,
sowol pfeil als lanze bedeutet, so darf man wol darauf geralhen,
dasz gar das uralte france, altn. frakka (GM 516) dahinter
liege, allmälich gieng der geworfne, geschossene sper in den vom
bogen abgeschossenen pfeil über, auch ags. flä und flän liesze
sich vergleichen, die wiederum beides, jaculum und sagitta aus-
drücken, da jedoch ahd. flukhe sagitta erscheint (Graff 3, 763),
läge auch flücke, flicke volatilis, volucris nahe genug, endiuh
wenn das verbum flitschen nicht aus flitsch, xonrfern umgekehrt
flitsch aus Vm gebildet ist, würde flitsch sehr passend den
schwirrenden, tönenden, klingenden pfeil ausdrücken, die abh-i-
tung bleibt demnach unsicher.
die Türken schussen täglich vil hundert flitschen in sie.
Frank diron. 110 ; sie wurden ringsumb von den feinden umb-
geben und (ward) mit flitschen in sie geschossen. 147 ; slreit-
par leut in bogen und flitschen gar fertig. 482";
es begab sich in gemcltem jähr,
das durch ein kriegsmacbt überzogn
die Ungern mit ihm flitschn und bogn
das ganze Kordgew weit und breit.
Fbischlins Wendeigard prolog;
thaten wol neuntausent fünf und zwenzig schusz aus fal-
konetlin und toppelhacken nach im, dasz im die kugeln
uinb den köpf sausefen, als ob die mcikäfer geflogen kämen
und so dick in einander wie die Türkenflitschen, das er kein
himmel sähe und im den luft verschlug alhain zu schöpfen.
Garg. 233'; sie {die allvordem) haben dem tode gleichsam
flügel angemacht, indem sie die flitschen befedert. Birken
OL. 18; flitsch und bogen. Harnisch 102 ; wie oft fleucht eine
verlipte (verlüpte, giftige) und feurige fliUche daher, die das
arme herz der angefochtenen dermaszen trift, dasz sie sinken
lind vergehen möchten (vgl. Epli. 6. 16). Scriver seelensch. 2. 521 ;
David, der betrübte mann, der mitten zwischen des todes
und der weit verliebten (giftigen) pflitzschen sasz, der singet
in seinem schönen confilemini 'non moiiar sed vi\am'. Otho
1048 (aus Mathesius)
FLITSCH, f ala, wie flittich für fittich, bei Scu». 1, 594
die flitschen:
da war es tief, er trrihitr) kundt nll schwimmen,
luleizt mit seinen flitschen platscht. Waldis4,54 6i. 270 .
in Schwaben: raus mit der flitsche! gleichsam mit dem degen
oder fledeninsch, um dich zu wehren, wol nur lufäUig mit dem
vorausgeiu'nden gleichlautig, obschon man sich auch den pfeü gt-
fiedert denkt, in folgenden stellen ist aber nn« waffc zu versUhn.
mit der gesdilaiien. gehauen wird:
rfi di.-ifr fasnarht tflnd sie »i^b vergleichen,
ich wult in gerne schawcii tu,
«pat und frfl, . , _ , . .
wie sie mit der flitschen fleischen künden itreictien.
mit der Hitschen flet.schen heten •!« In getroBChen,
dasi im das bltit zur spei aus ran
dem selben man,
ein kn wUr durch die wunden au» gekrochen, übl*»» mp
Wer kann weder pfeil noch sper, nur gei^el, srhwrrt oder degrti
gemeint sein. vgl. flalsrhen, fletschen.
FLITSCHBOGE, m. thcteu grosze wehr, einer mit einem
röhr, der ander mit einem flilschbogen. Hans Stade 152; ti«
1805
FLITSCHELEIN — FLITTER
haben flitschbogen und die spitzen der pfeilen sind von
knochen, die sie scharf wetzen und darauf binden. 187;
welcher Tögel mit einem Oitschbogen oder einem armbrust
von den häusern und bäumen herunter schieszen wil, der-
seibige musz böIz haben, die fornen am spitz zweischneidig
sein. Feierabend falknerei 49*. vgl. Ditzboge und ags. flänboga.
FLITSCHELEIN, n. schwingfeder, fiUich, flfigel.
FLITSCHELN. ßattem, rmt den flägeln schlagen. Schmeller
1, 594. s. flatschen 2.
FLUSCHEN, dasselbe, nach Schxeller ; bei Stalder 1, 384
aber schwirren, von dem laut, den eine geschwungne gerte, ein
geschoszner pfeil in der lufl rege macht, was dem flattern, flatschen
der flügel nahe stelU: es hat geüitscht, man hat die geisel-
schläge, nie sie auf den entblüszten rücken fielen, vernommen,
ebensoicol steht schwingen vom emporfliegen des vogels als vom
erlheilen der streiche, bei Hans Stade 172 lieiszt es: das stocket
ist anderthalb klafter hoch, machens dick, dasz kein pfeil
hindurch mag kommen, haben kleine schieszlöchlin darin,
da sie heraus flitschen (jifeile schieszen ?) ; auch für pldtscheriij
flistern des wassers:
es rinnen die brünnen, die wässerlein glatschen,
die flitschen und flatschen, pGtscbpratsclien und platschen.
Abels 5, 29.
FLITSCHENPFEIL, m. sagitta, pleonastisch :
ei schneller wai» die fliischenpfeil. meislerl. 23 n* 153 {bei
Haupt 10, 308 flitscherpfeil verdruckt) ;
schussens zu in mit flitschenpfeilen. H. Sachs IV. 2,94*;
da wurden \il Spanier mit flitschenpfeilen geschossen. Frank
chron. 246' und öfter.
FLITSCHER, m. ferenlarius, ringer, schütz, leicht bewafneter
bogenschütz. Frischlin nomencl. 464.
FLITSCHERN, susurrare, flistern: da ich mich erinnerte,
dasz sie einander etwas in die obren geQitschert. Pierot 1, 33
FLITSCHGOLD, s. flitzschgoid.
FLITSCHPFEIL, m. was fliischenpfeil : darnach haben sie
bogen und flitschpfeil gebraucht. Schütz beschr. Preuszens 3;
ein jeder gibt den warsagern gescbenk, welches sein flitsch-
pfeile, feddem, dinger die sie an die oren henken. H.vn-s
Stade 183 ; am ende Iheilte sich der strausz (des comelen) in
sieben flitschpfeiigestalten. Wiedeman febr. -86; ein flitsch-
pfeil fuhr seinem ros durchs aug. Fr. MiJlleb 1, 364. s. flitz-
pfeil und ohne 1 fitschepfeil sp. 1693.
FLITSCHROSE, f papaver rhoeas, klatsclirose.
FLITTE, f was fliede und fliete:
nachdem thet er (der bader) sein laszzeug zucken,
sein flitten war ein eisner keil,
die setzt er auf mit schneller eil. H. Sachs 1,529';
nach dem sich auf die laszbenk setzet,
da hett der lasser vil gewetzet
die fliten, schlug hart, macht dem heisz,
die zän er auf einander beisz. FV. 3,88';
noth dasz man ihn oft ader schlug,
dazu dörft man ein eichen flitt (einen prügel).
Calagii Susanna 3, 1 ;
des Nero meisten nam die flitte
sein leben hin wie sein geblüte. Logad 1,149,44;
zwar öfters braucht man auch die flitte bei den beulen.
Chb. Grtpuius 2, 15S;
wie man zur ader läszt mit wolgespitzten flitten.
WiBDEMA!« febr. 32.
FLITTER, bracleola, wie Binder, meist m. {gen. flitters, pl.
flitler), bei einigen f. {gen. flitter, pl. flittern).
1) kleine blechmünze: als manig flitter to den dren gülden
gehören, herz. Heinr. Jul. 80 ; kupfern geld und flitter. rathschlag
in Pamasso 50; allein wir haben ihnen, gott sei gedankt,
keinen flitter geben dürfen. Felsenb. 4, 231 ; von der beute
aber verlange ich keinen flitter. westf. Hob. 81. nicht einen
flitter. 85. von seinem vermögen keinen flitter verthun. 103.
2) die flitter, lunaria, auch gramen Iremulum. in der lilie
sind die gelben flittern {slaubfdden) su unaussprechlich und
wunderbar formiert. Wiedeman merz 58.
3) Schimmer, glänz, glänzender, eitler putz: zu der zeit wird
der herr wegnemen ... die fiittem, die gebreme, die schnQrlin.
Es. 3,20;
das menscb gefällt auch ungeputzt
trotz mancher, die in flittern stutzt. Hagidorm 3,75;
ein neues schönes sonderding,
das Dicht von fremder flitter gleisze. Kiopstocc 12,180;
sie sollen fühlen, dasz er nur desto gröszer ist, wenn sie
ihm alle diese flittern wieder abnehmen, womit sie ihn, wie
kioder eine auf kurze zeit geliebte puppe, umhängt haben.
FUTTERAMBOSZ — FLITTERLOS 1806
Wieland 2,129; die flittern, wie kindisch schimmern sie im
glänz von tausend weiten. 31,334;
das zweifelhafte licht,
das unter tausendfachen flittern
in diesem labyrinth mit sichtbarm dunkel ficht. 23,260;
es sei genug, dasz mau die macht ihr nahm,
musz man die armen flitter ihr misgönnen? Scbillbb 406';
beruhige dich, Hanna, diese flitter machen
die köuigin nicht aus. 4ü7*;
dann verbittern
uns den gang durch schilf und reihergras
würde nie ein weiszer schuh mit flittern,
wäre gleich die wies ein wenig nasz. Schkidt v. W. 187;
macht euch hinfort zu einem eisenwalle
dem Vaterland, das kern jetzt sucht statt flitter. Rcckert 132;
und ist ihr nur der flitter lieb,
der in die äugen sprüht. 400.
4) nach dem Übergang des lichts in den schall, der färbe m
den ton scheint flitter auch frohes geldchter, lautes oder stilles
gekicher atiszudrücken, s. flittern 3.
FLITTER.\MROSZ, m. kleiner ambosz zum schlagen des dünnen
flitters.
FLITTERBAND, n. was flatterband,
FLITTERBEIWERK, n.
was als hauptwerk könnte gründen
eines liebedichters rühm,
leg ich, meine macht zu künden,
dir als fliuerbeiwerk um. REceeri ges. ged. 1, 284.
FLITTERBLÜME, f. centaurea:
lispelnd bebte das gold und die flitterblumen des kranzes,
lieblich rauschten, wie blätter im west, die flatternden bänder.
HöLTI 51.
FLITTERCHEN, n. bradeola, lameilae crepüantes.
FLITTERERZ. n.
FLITTERESCHE, f populus Iremula, ziUeresche.
FLITTERGESCHMACK, m. wie edle einfalt und Wahrheit
den neuen flittergeschmack demütigt. Stcrz 1, 231.
FLITTERGLANZ, m.
FLITTERGOLD, n. aurum tremulum, bauemgold, scheingoid :
nicht rauschend Qittergold, noch schwülstige gedanken.
Gö.nthkr 376
der mond ists, so der wölk entrollt,
ins kirchenfenster schimmert,
am rothen band, am fiittergold
der todtenkränze flimmert. Höltt 167.
FLITTERGOLDEN:
machst die flittergoldnen enget.
ScHCBART ged. 2, 116.
FLITTERGOLDSCHL.\GER, m.
FLITTERGRAS, n. gramen tremulum, hasenbrot.
FLITTERHAFT: als ihm Roquairols worle das leben immer
durchsichtiger und flitterhafter (dünner) schlugen. J. P. TiL
2,115.
FLITTERHAUBE, f mit flüter gezierte
FLITTERHERLICHKEIT, /. ebenso schwer ists auch, dasz
ein mann, der sich an der flitterherrlichkeit der neuen weit
ergötzt, ein gefühlvoller künstier werde. Göthe 44, 6.
FLITTERICHT, tremulus. Stieler 520.
FLITTERIG, vanus: zwei nichten leben hier bei ihr, deren
eine mir etwas leicht scheint, die andere ist nicht unan-
genehm, aber ein flitteriges pQppcben, in London erzogen.
NiEBüHR leben iV. l, 258.
FLITTERJAHR, n. annus primus laetior:
0 meiner liebe erstes flitterjahr,
wie schnell, ach wie so schnell bist du entflogen !
Schiller 27*.
FLITTERKENNTNISSE: sich einige flitterkenntnisse und
flitterfertigkeiten einüben. Pestalozzi 11, 217.
FLITTERKOPF. m. inanUt homo.
FLITTERKÖPFIG : gott bewahre dich, dasz du je unter
diese schalen, verzerrten, aufgeblasenen, OitterkOpflgen men-
schen gerathest. Woldemar 149.
FLITTERKRAM, m. nugae, vanitas: leerer flitterkram;
mit lächelnder Verachtung sieht die dame
das weise paar mit seinem flitterkrame
von falschen tugendea und groszen Wörtern an.
Wieland 9, 57.
FLITTERKRANZ, m. ich denk an meinen schmuck und ao
den flitterkranz. Weise comöd. 350.
FLITTERLOS:
lebe, lebe deine pilgertage,
gutes mädch«n, fliuerlos. Höltt 134.
1807 FLITTERMACÜER— FLITTERSTAAT
FLITTERMACHER. m. bracleolarius. Stieler 119:«.
FLITTEHMÄDCHEN. ti. sieh sp. 1224 unter fächerspiel.
FLITTEH.MOiNAT, m. wie Hitlerjahr. llilterwüche , üonig-
monat, küsmonat, in Fiscuarts ehezucM auch huldennoiial.
nd. Stutenmond.
FLITTERN, l) tremttle micare, glimmern:
ein flitternd blumenwerk bebt um des Fensters fach.
Hagedorn 1,22;
das blattlein Oitterte und blinkte so bell und gelb wie gold.
Mdsäcs 2, 62 ;
wie silberfarb Oittern
die wiesen, wie zittern
tausend sonnen in perlendem thau. Schiller 8';
wo schwach nur edelstein und perle flitteneu. RQcksrt 184;
wenn tiefe Schwermut meine seele w-ieget,
mags um die buden am Rialto Dittern,
um nicht den ^eist im tande zu zersplittern
such ich die stille, die den tag besieget. Platkh 98';
ich fürchte nur, es möchte dich erbittern,
wenn ich mir selbst so hohes lob verstatte,
blosz um vor dir in falschem glänz zu flittern. 101*.
2) agilari, flattern, vgl. (ledern : quamen die swane zu ir
Diende i*nd flitternde mit iren flögein. cdld. bl. 1, 133 ;
bald (littert sie (die lerche) mit regen schwingen,
bald steigt sie schnell empor. Lange Tliirsis und Dämon 55.
3) ridere, ueU das lachen eine innere bewcgung ist {vgl. flennen),
bei Jeroschin 7884 gevlitter, heimliches, unterdrücktes geldchter,
gekicher. s. flitterwoche. anklingt auch altn. flissa, patulo ore
ridere. susurrare flitlren. Diefenb. 570*.
4) blandiri, kosen, scltmeichein, fiaUieren, ahd. flitarazan, blandin.
Graff 3, 773 :
des knndt die agerlaster (to) kittern,
spotweis thet ir der heher Dittern. H. Sachs 1,426'.
5) transitiv, jedes bäumchen, jedes stäudlein flittert freude.
der a. m. im Toggenb. 274. wie tnan auch sagt: lacht freude,
nach 3. s. flattern und fluttern.
FLITTERPAPPEL, f. r>opulus tremula, züterpappel.
FLITTER POMP, m. pompa futilis.
FLITTER PÜNCTCHEN, n. fliUerclien: die ausländerei, die
unsern kronmantel mit einigen flilterpünctchen stickt. J. P.
aesth. 2. 200.
FLITTERPUTZ, m.
wfinsche, brechend durch die grenzen,
durst nach flitterputz und gold,
eitfilkeit und sucht zu glänzen
weichen, wo das spinnrad rollt.
Kl. ScuitiDT kom. dicht. 374.
FLITTERRING, m.
FLITTERRÜTHE, f. ferula picla, bracteolis ornata. Stieler 1597.
FLITTERSAND, m. arena micacea, glimmersand.
FLITTERSCHATZ, m. die gern alle ihre falschen flitler-
schätze um ein gefühl der kiudlicbkeit, der Unschuld oder
gar der liebe hingeben möchten. Tieck 4, 65.
FLITTERSCHAL', f.
geputztes Volk du, flitterschau !
sie kommen roh, sie kommen rauh,
in hohem spning, in raschem lauf,
sie treten derb und tüchtig auf. Götbe 12,303. 41,54.
FLITTERSCHEIN, n.
um seinen flitterschein
gab ich nicht einen becher wein. i. G. Jacobi.
FLITTERSCHIMMER, m. fliUerglam.
FLITTERSCHLÄGER, m. bracteolarum micantium cusor.
FLITTERSCHMUCK, m. in diesem losen flitterschmuck
eigner tugend erschien ich dreist vor gott. Gütue 19, 289.
FLITTERSCHUH, m. calceus bracteolis oniatus, flinkerschuh:
bang um flor und flitterschuh
•ebo sie dir am fenster zu. Scbiidt v. W. 254,
die tceiber dem regen.
FLITTERSEITE, f.
»0 «ehr auch seine flitterseite blendet. Goma 1,241.
FLITTERSILBER, n. als alle fontainen vor dem monde
rauschende krünze aus fliltersilber auswarfen. J. P. Tit. 2,15.
FLITTF>HSTAAT, m. cuUm ajieciusior quam jtretiosior : ein
nienHchenwerk, das den anstand einer klinigin unter dem
fliilersiaal einer gemeinen buhlcrin verricih. Thümmel 2, 1!»3;
K h habe lange gedacht, dasz Johann nicht orgaiiist und
I.isette nicht frau organiKtin werden sullle, oiinc vorher beide
Jbrtu jcliigcü flill(ist,i;.t zu vcrkimf.-ii. MOsKR »crte3, 50;
FLITTERSTEIN — FLITZERN
ISOS
der farbige flitterstaat der vergänglichen welL Arnim kronenw.
1,96;
herunter mit dem flitterstaat! Koizkbuk dram. $p. 1,2S.
FLITTERSTEIN, m. quarz, knitlerslein, glimmerstein.
FLITTERSTÜCK, n.
doch wie mich iedes kleinste flitterstück,
das mir zum schmuck, zum spiel fiel in die band,
freun kann, mein freund, o war es dir bekannt!
RöcKERT ges. geU. 1,232.
FLITTERTAND, f7i. nugae.
FLITTERWELT, f.
des carnevals zerstreuter flitterweit
ward sinnreich spiel und handlung zugesellt. Gin» 13, 141.
FLITTERWERK, n.
FLITTERWESEN, n. nun floh er, und nahm einen tiefen
ekel an allem flitterwescn zur beute mit sich davon. Hoi-
demar 41;
zerstreue nicht, durch eitles flitterwesens
neugierige betrachtung, deinen geisl. Göthk 9, 301,
FLITTERWITZ, m. glänzender witz ohne geholt.
FLITTERWOCHE,/', molle principium, fiebdomas ludicra, nicht
sowol vom glänz und Schimmer, als von flittern 3 lachen abzu-
leiten, woclie der freude und des lachcns:
in der flittenvochen. H. Sachs 1,518';
so werden nicht die ersten vier wochen, sonder die ganze
zeit so freundlich, lieblich und frölich sein als eben die
flitterwoche. Musculus cA^/eu/ci B 5*; als zwei junge leutlein mit
einander hochzeit gehalten hetten, begäbe sich nach ausgang
der flitterwochen, dasz die frau u. s. w. Kirchhof ivenJunm.
328'; der andere mangel musz stracks in der flitterwoche
bedacht werden. Weise kl. kute 372; nach der flitterwoche
kommt die zitleiwoche ;
in der fliderwochen ist gut hochzeit machen. Etrinc 2, ,')24 ;
die brautnacht ist ein theil davon {der gnldnen jähre), da hängt
der hinimel voller geigen,
doch tritt man aus der flitterwoche, so kommt das hauskreuz
nach und nach
und kreucht mit sammt dem neuen paare in kleider, bett und
schlafgomacb. Gönthbr 427;
er träumte von der Adelheid,
mit der er sich versprochen,
daneben von der Seligkeit
der ersten flitterwochen. Höltt 22(26);
was konnte überhaupt einem menschen viel fehlen, der aus
der stillen woche eines einsiedlers auf einmal in die flitter-
wochen eines zweisiedlers gefahren war? J.P.Siebenk. 1,82;
die flitterwochen der erziehung sind eben so gefährlich, wie
die in der ehe mit einer fein fühlenden frau. uns. löge l, us ;
er lebte mit der tugend im brautstand und in den flitter-
wochen. 2, 18.
es gibt viele andere benennungen: bair. kuderwoche, vo es
noch lustig her gehl, gekudert {ge flittert, gekittert, gekichert) wird.
ScHM. 2,283; Schweiz, trütlerwoche, von trüteln, trdten, mhd.
triuten, liebkosen, kässen. Stalder 1,315. Tübler 156', vgl. kiis-
monat; zürtelwoche, ton zärteln, kosen, schmeicheln; butter-
woche; nd. stutenweke, tro man stuten, feines backwerk i.<zt,
nnl. wittebroodsweek ; honigwoche, ü. luna di miele.
FLITTERWÖCHNER, m., der in den flitterwochen lebt.
FLITTERZEIT, f. die geburtstundc seiner honig und flitter-
zeit. J. P. Hesp. 3, 185.
FLITZ, m. sagitta, flitsch, foie Iz und tsch öfter tauschen, nnl.
flits. Stieler 520 stellt beide formen nebeneinander: dieselben
schössen so dicke, das herzog Bogislaf in gar kurzem 15 flitzen
in seinem Schilde stecken sähe. MicrXliüs 3, 473 ; Frischlin
nomenc/. 221; pflitzboge. Heberer 2, :>6; flitzeu mit wurfheiucu
werfen. Comenius von Dücemius 712;
sein wind und fcderspiul das ist sein fliti und pfeil,
die er wol seihst gemuchl, ein nies>er und ein heil
das ist ihm Werkzeugs satt. Klkhing 73;
Amor bot ihr bald die spitze
mit dem nitze,
den er gleich auch schnellte los. 382;
ich schwere bei den fliti und pfeilen,
darmlt der kleine gott uns iwingl. 502;
flitz in aiigei), Itpftitudo. Gersdurf 97. x. flix.
FLlT/BOtiE, m. s. flitschboge, nul. flitsboog: ein instni«<
mcnt, das in der mitte zwischen dem flilzhogen und der;
armbriist steht. Tiec» not», kr. 4, 25.
FLlTZERiN? dieselben rOckc waren um die bnisl oben
gcmillzert und genuizert und waren vornen iuifgeüchtitzt bis
an den gilil<-l l.imlnirtirr cht S :;c, : am li rihrlfii riüer,
1809
FLITZPFEIL — FLOCKE
FLOCKE
1810
knechte und burger Schecken und scheckenröck, geflitzert
hinten und neben mit groszen weiten armen. §. 175. s. flogein.
FLITZPFEIL, m. vie flitschpfeil: mit flitzpfeilen und bogen
zu der wehr gar behend. Fronsp. kriegsb. 1, 169*. Weinhold
scMes. wb. 22', der auch fritschepfeil hat, ivas an freccia mahnt.
FLITZSCH, n. an bergmännisches wort, das von flitz und
flitsch pfeil ganz verschieden, rielleicht mit Öitsch ala und flet-
schen verwandt ist. Scheüche.nstlel und Gätzschmanjj führen
es gar nicht mehr auf, bei Hertwig 136' liest man : flintschen
oder Ditschen, Qintscherigen oder flinkenerz wird genennet
was von sichtigem erz man auf dem gestein liegen siebet.
also das flimmernde, glimmernde erz. Mathesius schreibt immer
lz<ch : Moses denket mit klaren worten, das goldseifen, die
das klareste und reineste gold an flitzschen und körnem
gefüret, nit allein vor Adams fal, sondern auch für des men-
schen erschöpfung {erschaffung) schon gewesen sein. 1587,7'
= 1562,10*; flitzsch oder flammet gold. 1587, 13' = 1562,18*.
hier slehn die flitzschen (flimmernde massen) den körnern gegen-
über, es scheinen gleichsam flalschen von erz. Frisch 1, 27S' hat
flitschen sqnamulae sjilendentes in lapidibus aes continenlibus.
FLITZSCHGOLD, n. das glimmende, flihchende gold? der
goldsand ? da Mose auch vor Adams fal oder Übertretung des
reichen goldseifens im flusz Pison erwehnet, der durchs gold-
land India vil flitzschgold oder ein goldsand und körner füret.
Matdesiüs 1587, 5' = 1562, 7' ; ein treflich reich goldwesch-
werk in Colchide {in Jasons goldnem feil), da man nicht über
die plahne, sondern über rauche feil gewaschen, damit man
das flitzschgold behalten könte. 1562. 317*. vgl. goldflitzsch.
FLITZSCHLEIN, n. fluchs im anfang . . . ehe noch die
Wasser einigen gang entplöszet, oder ein flitzschlein, zeinlein
oder flemlein von einem goldgang oder fels abgestoszen oder
ausgewaschen hatten. 1562,10*; glaserztrüpflein oder küchlein
oder flitzschlein, so in den kleinen klüftlein ligen, oft auch
ins gebirg brechen, kennt man am schneiden und das es sich
unterm hammer oder zehnen fletzschen lesset. 40'; schöne
stüflein, derbe greuplin und edle flitzschlein darunter. 310'.
aus der vorletzten stelle erhellt deutlicher Zusammenhang mit flet-
schen, breit schlagen, und die hier beibehallne Schreibung tzsch
ist in tsch zu vereinfachen.
FLIX, Vitium oculorum, macula, verwandt mit flirren und
flirzen: sie hab flix in den ougen, karrensalb in den oren,
ein blow stinkend mul, gel oder schwarz zen oder'sig von
schweren sitten. Keisersb. post. 1, 29. s. flitz.
FLIXEiN, limis spectare, sdiielen oder sonst an den äugen laden,
vgl. flirren, flirzen: es war doch nimmer on, du sähest etwas
an ir, das dir mistiel und dir si erleidet, da hat si ein stin-
kend maul, denn hat si fli.xen in den äugen, da butzen in
der nasen, denn hat si geel zen und ein unlustlich gespräch,
es war immer etwas, das dir ein muck in das habermus
gegen ir fiel, das si dir erleidet, has im pfeffer Ka.''. gleidi
dem inf. läszt sich aber auch der acc. eines subst. annehmen.
FLOCH, pulex, s. floh.
FLÖCHNEN, was flehnen, flöhnen, flüchten: dorumm im
der apt entsasz und floch. im flüchnen aber wurdent etliche
puren der untrüw gewon und fiengend dem apt etliche ros uf.
Blllinger 1,266; da was ein starker kilchhof mit muren
und gräbnen gevestnet, darin ouch etliche hüser stundent und
vil guts darin geflüchnet was. Tschcdi 1, 321.
FLOCKASCHE, f zarte asche von rusz.
FLOCKBLUME, f centaurea.
FLOCKBRAND, m. in tceizen, gersle, hoher.
FLÖCKCHEN, n. flocculus:
auf! purpurne flöckchen
und weisze lu streun! Matthisso!« im munenalm. 1708 s. 38;
das flöckchen hielt der dorn in scharfen finjjern fest. Rijckeiit;
da tanzten sie, die weiszen krausen flöckchen
vom wolkenzelt herab,
und sanft und warm, wie lämmerwollc
decken sie dich, die mutter natur! Schcbart ged. 2,2^6;
und als er sich vorstellte, wie sie während seiner abwcscn-
heit ganz einsam das rädchen und die flöckchen so eifrig
handhaben werde, so riefen alle wünsche in ihm, es gehe
der armen doch gut. J. P. Siebenk. 3, 139. nnl. viokje.
FLOCKE, n». f. lanugo, ahd. floccho (Graff 3, 763), mhd.
vlocke {wb. 3, 34:.), nnl. viok pl. vlokken, altn. flöki, schw.
flocka f. dän. flokke, engl, flock neben flake. der?» a»n wie
den buchstaben nach Icidil auf fliegen zurückgehend, denn die
flocken aller art fliegen in der luß und ck schiene zu nehmen
wie in fliii ke. roklilh. hidenklich macht nur die Zustimmung
III.
des unverschobnen lat. floccus, welches ganz absteht von volare,
und das gegen fliuga sich sträubende einfache k des altn. flüki,
dazu mit voranstellendem langem vocal. dem lit. pukas ist I
ausgefallen, wie unserm vogel, was sich am verwandten lit. plaukas
für haar, und am lelt. plaukas bestätigt, äe könnten aber beide,
gläch dem bühm. flok, lehnwörter sein, wie socke dem soccus,
wäre flocke dem floccus analog nachgebildet und der anklang
an fliegen dem Sprachgefühl willkommen gewesen, warum aber
sollte sielt g und ck in fliegen, flocke nidd gerade so verhallen
icie in smiegen und smoccho, schmiegen und schinocke, neigen
und nicken? es musz also offen bleiben, dasz flocke ein ur-
deulsches wort und im lat. floccus der Überrest eines verbums
enthalten sei, das unserm fliegen entsprociten habe, wiewol auch
Üectere und plectere in betradU kommen, daneben mag das altn.
flockr, engl, flock cohors, caterva erwogen werden, das sich vielleicht
mit folk populus berührt, denn die voräellung der menge flieszt
aus dem zusammenwehen oder sdmeien. fehlten uns doch nicht
alle diese wMer fliegen, flocke und volk im golhischen .'
ahd. und mhd. war das männliche geschledU entschieden, wält-
rend nhd. das weibliche vorwiegt, doch begegnet auch der flocke
oder mit falschem nom. flocken, meistens nur der pl.
1) zunäclist floccus nivalis, der schnee fliegt gleich federn in
der lufl {mythol. 246.607):
mhd. dö sach man üf dem recken sam snewes flocken swinde.
Guar. 503,3;
do began ej sere sniwen,
dem was als von bliwen
die vlocken afle wapren. kröne 16016;
nhd. es reiset von hellen flocken
der schnee auf jener art. Hälzl. 87';
geleich als die schneeplocken (/. flocken) grosz
im kalten winter fallen blosz. Spreng //. 261*;
als wann zu kalter Winterszeit
umbfliegen die Schneeflocken weit. 452*;
es schneiet das glück bei uns mit groszen flocken. Pbii and.
2, 665 ;
wenn es dreht und flocken schloszt,
dasz wir fast nicht ohne grauen
für das kalte fenster schauen. Flemixc 218;
das fensler zeigt mir gleich den wirbel in dem schnee,
die flocken kommen uns zu segnen aus der höh.
GCKTHER 413;
wie dichtwimmelnde flocken des schnees von Zeus sich er-
gieszen. //. 19,357;
wie im winter der schnee im dichten gewimmel der flocken
fällt zu erde herab. 12,278 (Uschmer);
dich loben flocken, die das griine haar
des düstern tannenhains versilbern. Höltt lob der gel th. ;
da kam der schadenfroh im merz
mit neuem frost und flocken. ScflxaT v. W. 71 ;
da wurde von den flocken
des Januars umstiirmt,
mit jubelndem frohlocken
der Schneemann aufgetbürmt. Matthisson 23;
schlaft wol und euch begrabe
mit sanften Docken goK,
damit kein gierger rabe
mit euch hier treibe spott! Rückert 197;
0 mutter, wie stürmen die flocken vom himmel,'
es wird uns in schnee noch begraben. 2U9;
wann die flocken wieder flistern,
wohnt er unter den Philistern. Schwabs schlittenlied :
wann der frost gemach entflohen,
der die leichte flocke streut. Platsti 6.
s. federflocke, Schneeflocke, winterflocke.
2) flocke ron wolle, haar, seide, distel und andern flockigen
blumen : pfüi mit flocken gefOllet, culätra lanea. Golii onomast.
1582 sp. 327; das einer ihn die händ öfnet und mit dem
heraus gclasznen blut ein flocken dunkt {färbt, sp. 320). Frank
weltb. 1S7'; wollsäcke in einem groszen gewölb, welche alle
mit flocken und Scherwollen {tudischererwolle) angefüilet waren,
mit diesen flocken handierte der kaufmann allein und hatte
bencbcns keine andere waar mehr. fr. Simpl. 2, 137 ; flocken
der blumen; flocken lesen, faseln {sp. 1338); wir sahen den
allen wcibersommcr in schönen langen weiszen filden und
flocken durch die luft ziehen. Weisze kinderfr. 5,73;
bruder, hier um deine brüst
wirf dies feil voll bunter flocken! Fr. Mfller 2,347;
denn was uns furchtbar macht und hochgesinnt,
ist nicht der pflugstier, nicht die goldne saat,
die weisze llorke nicht der lümracrherde. Freitag Fahler 39.
s. dislelflocke, scidenflocke, wollenflocke und flockwolle.
3) flocke, an sdileier und putz der frauen. . in einer Speierer
kleiderordnung von 1356 : der vrowen sul deheine kein schappel
dragen oder dehcinen sIeiger, genant kruseler, der me hübe
114
1811 FLOCKECHT — FLOCKENSALPETER
FLOCKENSCHAUM — FLOH
1812
umbe gewunden danne vier vach, also da; dieselben vach
alle, an den Docken daran, von der Stirnen über sich uf nit
höher sint oder sin süllent danne eins twerchvingers hoch
(oben sp. 1220). anz. des gervi. mtis. 1856 s. 175; ein netz von
bunten schnüren, flocken und quasten. Göthe 21, 20.
4) flocke f. münchskuUe (Schm. 1,595), fr. froc, vüal. (locus und
frocus, irslLs monaslka. Ducange 3, 323. 419. vgl. flockenstol.
5) flocke an spiesz und anderm kriegsgerdth : wie der hun-
nisch könig Cacan Gisulfs fraw mit spiesz und flocken hat
gespisset und verkeihclt {rerkeilt). Garg. 61* {bei Paulus diac.
4, 38 palum in niedio campo configi praecipicns, Itoniildam
in ejus acumine inseri mandavit) ;
ein kinppel klingt nur hohl, doch ivilt du sieger sein,
so scliraube, wie Eugen, pciard und flocken ein. Gcnther 471,
rtelleicIU ist hier flocke mit pdock vermischt, s. flocken 2.
fi) bildlich: die hofnung des ungüttlichen oder eines sol-
chen seellosen menschen ist gleich der flocken, die von dem
v^inde hin und her getriben oder gewäget wirf. Keisf.rskerg
selenpar. lll";
o glück, wem bist du ähnlich? flocken,
die nichts sind, sobald man sie hält. IUirvank ged. ohne r. 44;
volli. dem er heil, wie flocken gibt. Lessing 1,100;
und der himmel wie glas und die wölken wie flocken von purpur.
Pf.aten 258;
in den vergoldeten vögeln, die wie Aurorens flocken umher
schwammen. J. P. flegelj. 1, 103.
FLOCKECHT, FLOCKECHTIG, flocddus: folget nach eine
weisze flockechtige wollen, gleich wie die flocken am hasenkol.
Tabernaem. 327.
FLÖCKELN, in kleinen, dünnen flocken niederfallen : es flöckelt,
schneit ein wenig. Stalder 1, 384.
FLOCKEN, 1) wlilare, volilari, fl allern : flocken oderfladern,
als das feuer hin und her zitieren, crejnlare. voc. 1482 i t"
v^. flockfeuer; die haare flocken, flattern,
die relder flocken ümm. Flehihg 1(j2;
wie aus der urmachltiefe
von gon gerulen sonnen flockten. Scrubart ged. 2, 401 (324) ;
jüngst bat ich dich (den wiuler) in reimen zwar
nicht lauge zu verweilen,
und nirht so wild, wie vorges jähr,
zu flocken und zu heulen. Schmidt v. W. 201 ;
sie bäumen siih auf und ergreifen flockend, anwachsend
diese und jene gestalt. Tieck ges. nov. 5, 57 ;
schneeweisz und so weich wie seide
flockten lang herab die haare. Heine romanzero 131;
sich kreuzend wie der schnee,
den flockend durcheinander treibt der stürm. Röceert 250.
2) flocken, Ir. carpere, decerjiere, pflocken, pflücken, voc.
1482 ys', vgl. entpflocken, deccrpere. g4';
setz dich dann zur ruh
damit an einem ort, das fleisch herab zu flocken.
ScHRRFRRS gnihiunus s. 08,
was doch bedeuten kann flockenweise ahlii.<en. nie/«- «n<<T pflücken.
FLOCKENBETT, n. ein mit wollflocken gcstopfles.
FLOCKE.NBINSE, f eriophorum jmlystachyum.
FI-OCKENBLIJME, f. c^nlaurca. man unterscheidet grosze
und kleine, schwar/e «. s. w.
FLOCKENDBESCHER, m. spollweLie von einem luchschercr.
Fmscn 1, 278*.
FLOCKENGEKBÄrSEL, n. flocci velleris crispi:
und (laraur im hcrliclieii flockriigekräusel
hielt ich fest die bände gedreht, ausdaiircndes herzens.
Od. !(, 4:m.
FLOCKENGESTÖBER, n. nives volanles. Voss G, 328.
FLOCKENGEWEBE, n. unhaltbares flockengewebe. J. P.
FM 182.
FLOCKENGEWIMMEL, n.
ofl wenn der greis anstaunte das stöbernde flockcngewimmcl.
Voss.
FLOCKENHEER, n. Brocies 2,4«.
FLOCKENKBALT, n. cenlaurea.
FLOCKKNLAST. f Broches 4,407.
FI.OCKENLKSEN, n. convuLm. sprnma.
FLO<-KENMANN, m. hiems, der winln :
lierr. ob jplzi begraben li«-«! ]mi und Zierde der naiiir,
WHÜ dt-r graue flockonmaiin drüber fuhrt ili*> raiie Kpiir.
LoGAli 2.38,42.
FLOCKENREICH, nivosut:
wnnn der niicki-iirfjrbe nord
ftbüf dir gebirgc «ireirhet.
IttaLlim hlumrnlrrr 1,427.
FI.OrKENSALri-TER. m., talpeler, in florhgen krpstallen
FLOCKENSCHAIM, m.
sahst je du, wie im blauen himmelsraume
ein klein gewölk kaum sichtbar erst entstehet,
doch bald mit gröszercn zusammen geliet
und fort drauf zieht in lockrem flockeiischaume?
Wild, von IIuiirüldt 7,446.
FLOCKENSCHNEE, m.
leicht zu tragen scheint des winters flockensclinee,
weil ich blütenschnee des lenzes ahne, mir. Plate« 72*.
FLOCKENSCnWABM, m.
der nordwind jagt den flockcnschwarm
mir sausend an die l'ensterscheiben. Schmidt v. W. 220.
FLOCKENSEIDE, f. lomentum seiicum.
FLOCKENSPIEL, n. Brocres 6, 198.v
FLOCKENSTOL, f slola floccida, ein prieslergewand : wischt
hinaus, warf die flockenstol über die achsel, und mit der
kreuzstangcn über die rebenfcind. Garg. 205*. s. flocke 4.
FLOCKE.NTL'CH, n. pannus crassior: eben wie D. Blenn
einen diencr, dem er flockcnlucb zum rocke verehret halle,
peinlich anklagte, dasz er es flockentuch und nicht gut lacken
geheiszen. reimedich 5 ; alleine der menschen gedanken pflegen
oft einzugeben wie das flockentuch im regen. ;»o/. slockf 301.
FLOCKER, m. in der tucliwebcrei ein arbeiler, der die ge-
waschenen flocken der wolle locker scidägl.
FLOCKFEDEB, f was flaumfeder.
FLOCKFEI'EB, n. schnell außoderndes.
FLOCKGESTÜßE, n. der fliegende aschenstauh, die flockasche:
das flochgestub, das fewer und gehles igebldse) iiber sich
stoszel und wider herab feilet. Mathesius 109' ; was das ge-
blese und wenn die üfen zu liecht gehen, über sich stoszet,
fangen etliche in rauchgewelben oder es feilet wider nider,
das nennen wir flock oder flüggeslub, hell auch silber. 109";
an stat des fluchgeslübcs. 109' (1502,154*).
FLOCKGRAS, n. alopecurus geniculalus.
FLOCKICHT, floccidus, floccens:
dein ruf gebeut, so kommen frost und hitze
und aus der wölke flockigt eisl Karschin ged. 32;
Luna belauscht die gesänge. wie mild und sanft es dnliinschift
an dem hellen flockichten himmel, das liebe gesiebte.
UuRMANN ged. ohne r. 39.
FLOCKIG, dasselbe: flockige kräuler;
ein aufgehäuftes, flockig löst sichs auf,
wie schällein tripplend leicht gekämmt zu häuf. Göths 3, 106;
den flockig fallenden schnee. Arnim kronenu: 1, 17.
FLOCKIN, //ofcCKs. flockines tuch. oberlaus. Urkunden l,'h.Hi.
FLOCKLEIN, n. flocculus.
FLOCKSEIDE, f. lomentum sericum.
FLOCKTE PPICII, m. gestäubter teppich.
FLOCKWOLLE, f. lomentum, flockiger ahgang der volle bei
den tuclischerern. ndat. plecta Diefenb. 441".
FLODERMAHL, n. o gilt rulen, ja starke benge! und distel
für ein solche eselsgoscben und flodermaul. Nasus nasenesel 22*.
FLODERN, flattern, flackrrn. Stieier 494, vgl. mhd. wb. 3,353 :
die scbandelliecbter flodern. dialog von den vier gröszten be-
scliwernüs eins Pfarrers A i' ; wann er zornig war, so bauseten
und floderten ihm seine backen und stunden ihm herlich
und weisziich und nicht übel. I.imbiirger chron. §. 8t ; der
gemeine gundelreb kriecht und flodert mit seinen dünnen
steuglein oder reblein hin und wieder auf der erden. Hdhberc
3.1,408*; das feuer flodert. LEopRECuriNf; 119; Scim. 1,585;
seine küsse ! wie sie hochaii nodcrii !
SciiiLLKR (5' verändert in hochauf Indern^
FLOG, aldaut von fliegen.
FLOGEL, m. für flügel:
du böser vogel,
des nachts sclileg.it du mit deinem flogel. Waldis 1,01.
FLOGELN, a/(ire, //i7(/(7n. geflopcll, <j/rt/t(s.' auch sol niemand
geviogelle erinel an den rCicken tragen mit bermelin, lassilzen
oder dem gleich, scrijit. rer. siles. 3, 19». v^. flitzern.
FLOGERN, volitare, aiid. flogaron.
FLOGERZEN, subvolare. N. ('<j;i. 130. bair. flaugezen.
FLOGIIARER, avena falua, s. flohhaber.
FLOGZEN, volüare:
>% {das herz) flogzetc von begirde.
Kam es gevider tiete. Schhki.i.krs Ijiber t. 195.
FLOH, ablaul von fliehen.
FI.OIl. Hl. piilcr. ahd. flöh, HArh (GiiArr 3, ICo), wM vlAch,
fj. viirhe ftWi. 3. 3,'.3'), auch vl'i f BüN. AH, die floch. Maalkr ■
138'. die floh. Dl «iCH .vr/ii«:/ii/«i/ s. 7; nn/. vloo /". p/. viooijen; 9
ags. fleah. Ileä. engl, flea ; alln. flö /. zundch^l liegt rfiw lat. ^
pftlex, tl. piilce, s;>. juilgn, fr. pure, deren krhllaut auch dem
b Odir ch «H llnli eiihf.nrbl, ,/,i,h iiiiI irr<W.-/.v Ib. lU. sl.
1813
FLOH
bfcha, russ. blocha, fcö/im. blecha, i<oln. pchla, serb. bucha,
lil. blussä, Idt. blussa gleichen anlaulend unserm 11, (/«.sfH f
zti sl. b s/cAt Ute in fiiit 3« bred, biod u. a. m. albanes. plesti.
bl erscheint yenaii im gr. ^In/w, ßh]ifäv, betiennungen des
flöhkrauts, pulcgium, polei, icogeyen in rpvV.a, xf;v'/los ein s
zugelrclen u<t. auch in einer ags. ncbenform loppe f., die all-
engl. loppe, lop lautete, und im schw. loppa, ddn. loppe, tapp.
lafa, das alln. llö verdrängt hat, könnte man umgestelltes pul suchen,
so kreuzen sicli veruandtscliaften und die wurzel steckt liefer
rerborgen, als man deiJa. denn von flii-hen und fliegen scheint
der sinn zu uiderstreben, das thier sollte gleicii der Heuschrecke
nach dem springen oder hüpfen heiszen, uozu loppa stimmen
wurde, trenn es sich mit laufeu verbinden Idszt. nun haben wir
aber vorhin in fliehen selbst ein ursprüngliches springen gesucht,
die Wörter Quh und fliege scheinen wie zu einander gehörig, selbst
piilex und ciilex wären zu einigen, in einer bekannten fabel sind
lloU und lieber, d. i. p<ipiliu (butterfly) als gesellen dargestellt;
legejnan dem Hiegen und fliehen den allgetneineren sinn sclmcllcr
bewegung oder auch dem fliehen den besonderen des springens
unter, so leitet steh die Vorstellung von floh und fliege treifend
daraus her.
vom fliehen wil ich floh dich nennen, ftuhalz 860;
an mir gilt iiz nichts der nam floh,
dan warlich ich nicht sehr wol floh. '82.
dünn gewinnen unsere verba für das Verständnis der angeführten
ausländischen namen, die weniger offen zu liegen scheinen, werlh,
ganz wie es bei floccus der fall sein kann, ein golh. ^lauhs
von |iiiiilian für floh bliebe dennoch sehr gewagt, denn dies, be-
deutet gerade flucht.
viele redensarten, die oß bildlich zu fassen sind, pulex haijt
ain floch, der wirt aiij gewenntein staub und auj fauler
fauhtcn. Megfnberg 305, 7. ein floh der beiszl und sticht,
er zwickt und pickt, er stupft und hupft, er kreucht und
fleucht, er kitzelt und bitzelt, zilzclt und litzelt, krabelt und
zabelt. WiuMANNS mus. kurzueil. IBIS in Hokm. gesellschaßsl. n' 375 ;
was ist das beste beim floii? 'dasz er keine Lufeisen hat';
es beiszt mich ein floh,
es stechen mich zwo (also f.) ;
wenn die weiber heiszen die flöh,
so regnets gern, micli recht versieh.
GiLuusiis grammalica 96;
die meidlin und die weiher
nicht sicher vor ihm bleiben.
die weiber mit den flöhen,
die liaut ein steten krieg,
sie gäben gern aus leben,
dasz mans nur all erschlug, gesellschaftsl. n'376;
und ist inen (den fraurn) ein floch am hals gesessen, so
zürnen sie über die kellcrin. Keisep.sii. brOsand. 50'; Spring-
insfeld hatte mir einen unruhigen floh ins ohr gesetzt. Simpl.
Ä. 460; wer weisz was er vor einen floh im obre sitzen bat.
Weise comöd. pr. 31 ; man bat ihm einen floh ins ohr ge-
setzt. Lehman.n95; nun, der hat einen floh hinter den obren.
Lessing 2,370; ich werde ihm einen floh ins ohr setzen.
Heiske bei Lessing 13,411; aber da sie mir wegen der Mag-
dalena einen floh ins ohr gesetzt haben, so kann es wol
sein, dasz ich mein teslament ändere. Thümmel 4,307; wie-
'vvol es den polilicis oft ein dorn im aug und ein floch im
ohr ist, wenn sie sehen und hören, dasz der pfaf täglich
bei dem fürsten sei. Schuppius 1684 s. 14. man soll nichts
so eilend Ihun als floh fangen. Lehma.nn 182;
wer ich da nit von dannen gewichen,
so iiet er mir die flöh <-ib gestrichen
mit einer schweren Zuberstangen, fasln. 756,7;
ich wil euch beiden die flöh abkeren. 11. Sachs 1,227';
etwan tritt er auch seinen man,
der im redlich die floch abkert. 1,416';
was bi.«t du ausgezogn kOnig doch,
zu suchen alhie einen floch,
oder wie man ist jagen thun
auf den bergen ein juug rcphun.
111. 1,70*. nach 1 Sam. 26,20;
wil ich kein müh noch flcisz mehr sparn,
bis dasz den pfan"fin ich erschleich
und ihm weidlich ilie floh abstreich. IV. 3,9*;
das er darob entrüstet wird,
das er ihm auch die llöcli abkehrt
und ihm sein fuchsen balk erbert. IV. 3,69*;
Idie ehfrau) wischt im den scbweisz ab, so kehret er ihr die
lliib ab. Carg. 7l'; den (illts) strichen sie nun ziinlich die
floh ab. 265'; wie dem ersten also ward auch dem andern der
habern {so) geschwungen und die flöhe abgekebret. Kircuuof
wendunm. 417';
FLOHALANT — FLOHKNÖTERICH 1814
sie stecket auch der Oöch ganz voll,'
und thet stets nach den flöhen tischen. H. Sachs 1,452*;
dann er vermeinet, er hett gar wol geOscht,
so hette er kaum ein floch envischt. Ayukb proc. 2, 11 ;
mein herr, ich lig in solchen pöten,
dasz ich jetzt kaum ein floh köndt tödten. H. Sachs IV. 3,22*;
wem jagstu nach? einem todten bund, einem einigen (einzigen)
floch? 1 Sam. 24,15; der könig ist ausgezogen zu suchen
einen Hoch, wie man ein rephun jagt auf den bergen. 26,20;
es ist vergebens flöhe in einem korb hüten. Philand. 1,132;
man musz den bund mit den flöhen haben. Lehmanx 97;
er meint, er höre das gras wachsen, die flöhe husten (dünkt
sich überklug), kluge weise reden 1565,15'; die (so) floh lauft
im bemd. ein spiel bei Fiscuart 175; ein floh in der inilch-
suppe, eine weiszangekleidete magere brünette. Scan. 1, 587.
mitd. der enget, tiuvcl noch der man
ir keinj ein flöch gemachen kan. Fbeid. 2,27;
soUtes der keiser selbe swern
crn kan sich mucken uiht erwern,!
was hillet herschaft unde list,
sit da; ein flöch sin meister ist? 74,4;
alle künge üf erden mit ir hern
mügen sich der floehe niht erwern. Renn. 23357.
s. erdfloh, hundsflob, müllerfloh, wasserflob.
FLOHALAM, m. inuta pulicaria.
FLÖHBEISZIG, folgends dreilausige, scbläferige, flohbei-
szige, hundsflöhige, düttenwelke m. s. w. Garg. 47*.
FLÖH BESEN, «». scopae Iterbariae. Stieler 112.
FLOHBELTEL, m. velula plena pulicum. Stieler 521. Frisch
1, 279' :
ich musz einmal mich sehen umb,
dasz nicht mein alter flohbeutel kumm. II. Sachs V, 344'.
FI>OHBISZ, m. punctiuncula pulteis, flolistich, engl, fleabite,
die rollwn flecken davon.
FLOHBRAUN, schwarzbraun.
FLÖHDKECK, m. conus fustigatus et pulicaris, eine muschel,
eniil. fleadung. Nem.nich.
"FLOHELI, adv. celeriler, flugs. Stalder 1, 385. oder von floh,
schnell, wie ein floh springt?
FLÖHE.N, pulictbus liberare, yw)li^eiv, nrd. vlooijen, it.
spulciare. gebildet wie lausen, it. spidocchiare.
FLÖHEN, in tutum deferre, flüclUen, mhd, vlochen (tcb. 3,346),
Schweiz, flöcha (Tobler 196), flohen fugare. voc. 1482 il'; do
bat es sich begeben, das der engcl gewarnet hat den Joseph
das kind zu flöhan in Egvpten. Keisersb. j>ost. l, 11 ; so jemand
weltliche guter, die in' ein kirchen geflöhet weren, stele.
Carolina 174 {wo die Bamb. halsger. ordn. 200 sdtreibt geflühent);
einsmals als sein initbürger vil guts aus der Stadt trugen
und flöheten. Frank chrun. 25' ; so jemand in sorglichen auf-
leufen, fcwer oder wasser oder dergleichen not zu einem
andern etwas flöhet. Nürnb. reform. 1564,89"; ein stettlein
bei Placentia, darin die Römer und die landleut ir leib und
gut geflöhet. Livius, Sciwfferlin 114"; Fabius geboten hell,
wabin Hannibal ziehen und keren würd, das man eilends
flöhen und was man nit darvon bringen mocht, verbrennen
soll. 116"; aber Galaor erreicht den letzten so grob in das
angesiebt, dasz er im den beim vom haupt flöhet {fliegen,
fliehen macht). Amadts 130. «. eutflohea und flöhnen.
FLÖHFALLE./", pulicipula. Frisch 1, 279": sie haben leicht-
fertige ding feil, als schnurren, rechen, blasbelg, abbrechen,
flöchfallen, blawenten, die auf holdschuben gon und scheiden
und dergleichen thorechtc ding. Keisersb. brösaml. 95' ; mach
ein ganzen bausrat in ein bücbslein oder den ziehenden
passiou, bereite flöfallen und iionnentrösler, damit ich mich
bei den Schwestern zukauf. Garg. 246'. auc/i flöiihatz ed.
Scheible 808. 866.
FLÖHFANG, WJ. venalio pulicum: zum flöhfang gehört be-
hendif;keit. Lehmann 1S2.
FL(tHFARBE, f. schwarzbraun.
FLl'lUFLErK, m. ictus puliris, floMisz.
FL0HIIAI5EH, m. avena sterilis. Frisch 1, 279*. pgi. flöhsand.
FLOHHATZ, «i. flöhjagd. ein bekanntes gedieht Fischabts.
FLOHHEl SCHRECKE, f. cicada spumaria.
FLÜHHÜPF, ttJ. sallus fmlicis: sancl Fridlin {im merz) lupft
(hebt, enceiterl) den tag um ein flohupf. Gödekes Gengenbach 418.
FLÖHIG, pulicosus: ein flöhiger hund.
FLllHJAGl), /". flöhfang.
FLOHKÄFKR, m. mordella.
FLOHKAFEKCHEN, n. dermestes pulicar%us.
FLOHKNÖTERICH, m. polyipnum amphibium.
114*
1815
FLOHKETTE— FLOR
FLOR
1816
FLOHRETTE, f. eine keUe mit so feinen gliedern, da» flöhe
daran gelegt werden kOnnen: wo er ohne ein gelenke der ent-
zweigeschnittenen flüh- und affenkette des hofes frei durch
die natnr geht. J. P. Uesp. 4, 184.
FLOHKHAUT, n. menlha piäeginm, fmlei, dann auch persicaria
maculala, pfersingkraut, mnckenkraul. Lomcerus 198', wie von
flölistichen besprengt, desgleichen für conyza squarrosa, crigeron
und andere krduter. nach solchen flecken scheinen auch floh-
pfeffer und flohriedgras benannt: das kraut morgens im law
in den kamraern und gemach geslrewet, vertreibet die flöhe,
doch das man die gemach alsbald mit einem besen auskehre.
Lomcerus a. a. o.
FLOHKKEBS, m. Cancer pulex.
FI.OHKIUEG, m. crzdhlung von Kl. ScnmDT kom. dicht. 42.
FLOHMÜCKE, f. lipula minulissima.
FLÖHNEN, /iHfWcn, «'/e flöhen, «iM. Tloehenen : das schlosz,
in welchem vil köstlich zierd und ornat des reichs geflehnel.
Fräse chron. 201"; die burger zu Wien flühenten ir weib
und kind. 245*; was in ir hüser getragen oder geflochnet
Wirt. iceUth. 1, 114;
war übel wind und kalter regen,
gar bald flölinet man ein die gruben
kraut pairisch, gelb und weisz ruben. H. Sachs 1,421«;
soll er dem hinderleger zusampt dem gcflöhneten und ein-
gegebnen gut noch so vil als es werth ist zu erstatten
schuldig sein. A'ürnb. reform. 1564. 89*; entweders es nuisz
fewr zu Stroh nicht gelegt werden oder weit von den andern
geflöhnet. Paracelsus l, 3ü9'; geflohnte sachen. Erqach gegen
Werlheim 15; durchgieng und mit einigen leuten, die grosz
gut nach Hamburg Üöhnten, darvon segelte. Sinipl. vogdnest
2, 20 ; auch erfuhr ich nachwarts, dasz diese leute einige
stunden vorher eh ich in ihr haus kam, die besten habselig-
keiten geflöhnet und ihre kinder expresz so zerlöchert an-
gezogen hätten, der a. m. im toggenb. 208. noch heule in der
Schweiz und in Schwaben üblich, die worle Jcr. 10, 17 thu dein
gewerbe weg aus dem lande, die du wonest in der festen,
erklärt die sarloriussche bibel, Tüb. ISOß \aufl.: flöhne es vor
dem feind.
FLOHPFEFFER, m. polygonum hydropipcr, eine scharfe art
uvietrüt.
FLOHPFLANZE, f conyza.
FLOHRIEDGRAS, n. carex pulicaris.
FHOHSACK, ff», was flohbeutel.
FLOHSAME, wi. planlago psyllion. Lonicerus 160', entweder
weil der schwarze same flohen, flöttbissen gleiclii, oder weil das
kraut flöhe vertreiben soll.
FLÖHSANÜ, m. glarea slcrilis.
FLOHSTICH, m. was flohbisz.
FLOM, m. fuga, cursus, exiHum, ahd. floum, ags. fleäm,
alln. flaum, aus dem folgenden flömel zu schlieszeii?
FLÖMEL, n. fugitirus, exsul, vgl. ags. tlema, flyma profugus:
die magd sprach, ir herren, mir hänn wol gebort, was die
beide Juden über uns arme dienstbotten do klagen, unser
herr klagt über uns und er weisz selbscht nicht was. was
wolt ich arms flömel in bestolen han? Puhander 2, "S7.
FLOR, m. flos, viyor, Uiile, nnl. zwier, zuerst in Hans Ulr.
Krakts reise, die 1616 niedergeschrieben wurde: in flors zeilen
heb niemand an dergleichen Wunderwerk gottes gedacht, s. 71 ;
ein alle kirche, darin die Cristen zu irer letzten Horis zeit
nit vil kamen, s. 73. sonst aber erscheint es im ganzen 17 jh.
selten und kommt im 18 auf. im flor sein, im blast sein, florere.
DE5ZLER 278* und 111*; ü. essere in fiorc; in den gröszten
flor kommen u.s.w. unw. dod. 63;
nur kurze leit gcduli ! ihr soll wie sauer bier
durch kreide, kalk und stein in bessern flor gcrathen.
GbKTUKS 531 ;
bald hfiptt von deinem (des schnees) ku» erwärmt
da« keirochen früh liervor,
und keine mutlererüe liärmt
»ich um rerttorbnen Dor. Blumak!» ged. 175;
da lieget deine liitt! in einem indienkleide
hüllt »ich der Oor der Jugend ein. Dcscii verm. werke 447;
die blume «tehl im schönsten flor; einen schönern nelken-
flor habe ich nie gcsehn; bis die Araber antlengcn, den
Arititolclcs wieder in flor zu bringen. Kant 1,355; der flor
des gemeinen weseos. 6,393; der Oor der Wissenschaften.
«, I6S';
ein Iiltimcii^'lörkchen
Im
GOru 1.2S;
auch thäl ich bei der schätze flor
viel glui und relchthum schwärmen. 2,197;
da wälzen sich thiere, sie trocknen zum flor,
und pOauzcn gezweige sie dringen hervor. 2,223;
der Jüngling froh, wie in der kindheit flor,
im frühling tritt als frühliug selbst hervor. 3,22;
da wird dorthin das ohr
lieblich gezogen,
doch um des liedes flor
durch lärm betrogen. 5,17;
wenn ich so sasz bei einem gelag,
und die gesellen mir den flor
der mägdlein laut gepriesen vor. 12, 191;'
sie bringt auch .selber nichts hervor,
und lebt und steht doch grosz im flor. 13,48;
das gibt alsdann ein reich, das hält
im schönsten Uor bis ans end der weit. 13,68;
aber sie, die alle hofuung des lebens auf ihn gesetzt, ihm
den flor ihrer Jugend aufgeopfert hatte. 10,142; die auf zahl-
reiche nelkenstöcke verwendete Sorgfalt versprach den manig-
falligsten flor. 22,197; besonders dienstag abend, wo die
raserei mit den moccoli in völligem flor war. 29, 279 ; die
Universität Jena stand auf dem gipfel ihres flors. 31,72;
bei aller schätz flor
wie ihr gewesen bleibt ihr nach wie vor. 41, 69;
die köpfchen hoben sich empor,
die blätterslengel im grünen Uor. 47,79;
behüte gott! jetzt wird der flor erst angehn. Schillik 352*;
und welch ein kind! so voll und rund,
so früh kam noch kein buseu und
kein weiblich herz in Uor. Tuühsel 3,156;
0 mutter Eva, dein bild war es, du standst da, dein reiz
entfaltet im höchsten himmlischen flore. Fr. Mt5i.LEB 1, 89.
der pl. wird nur mit der lat. form gesetzt: in floribus sein,
leben : es gieng in floribus zu. Felscnb. 4, 96 ; zumal izt, da
alles wieder in floribus geht. Kretschmann hauskabale 33 ;
;jls ich vorgestern nacht abritt, war alles noch in floribus,
aber heut ist eine Hiobspost eingelaufen. Fr. Müller 3, 33S.
im sg. begegnet zuweilen das f.: eine schöne flor blunien; ob
die ringelblume durch die natur zur flor gebracht werden
müsse. MusÄüs 4, 69;
der Jüngling in der flor der heitern frühlingsjahre
war seiner {des tudes) sichel schon so reif als graue haare.
Diiscu verm. tceike 351 ;
wie auch die nachher angeführte schwache form weiblich itt.
FLOR, m. pannus tenuissi^nus, ni'bula, velum, fr. cn'pe, p/.
flöre, sdieiut wkderum aus flos Iwrzulcilen, da viele bluvun
flockige bli'äcn tragen und it. fioretto, fr. Üenret uuserm floret,
floretseide enlsprkhl; docii steht weder fiore noch fleur für ein
feines gcwebc. nnl. findet sich flojrs n. pl. floersen. besonders
wird trauerflor gemeint, wie man sagt flor um den arm. um
den hut binden; es trauret bei ihm um den todlen nichts
als der flor. Stieler 521; dünner flor, fester flor; iii. ploras;
der deutsche helikon
hat schwarzen flor und binden angethan. Fleiinc 309;
die luft hat ausgeweint, der hiramel läszt den flor
der schwarzen wölken ab. der stürm der ist vorüber. 65-2;
ich halt es mir erlaubt bei thränen mitzuweinen,
und unter boi und flor der leiche nachzugehn,
ans deren schatten noch so viel Verdienste scheinen,
als lichter um den sarg und leut im Höre slehn. Günthkr 001 ,
es schwärzt der flor den tag. 60«;
der flöre sind genug den mittag zu betricgen. 614;
r.ythero srhleiret sich in eine schwarze binde
uiid schenkt den gratien den flor betrühn-r tracht. 621;
der Zukunft tafeln deckt ein undurchsichtgor flor,
was dir begegnen soll, sagt kein gestirn zuvor.
LicHTWER recht der »em. 177;
nachlässig hingestreckt,
die brüst mit llor bedeckt. Lrssinc 1,57;
es wurde nacht, ein düstrer flor
bedeckte thal und huhu. Höltt 20;
und schlief sichs da so süsz, so süss
an ihres busens flor. 39;
der mond verbirget «ein sterbendes licht,
die erdo bediicket vom schwfirzesten flor
liegt tief im schlaf. Wkimi kom. opcrn 2,40;
brich, o sonne, brich hervor
durch der morgenrötho flor! MiLLM ged. 174;
und krt'iM-nd führt ihr {kometan) in bcwi'gten lüften
den wuiuivlbaren flor. Götiik 1,141;
er führet die freudo durch» offene thor.
CS glänzen die wölken, es theilt »Ich der flor. 1,180;
hier leuchtet glut aus dunst und flor. 12,20«);
und alles trat wie hinter den flor der cntfernnng tunick,
wenn er sich die edle blühende gräfin dachte. IS, 30«;
1817
FLORA— FLORFLIEGE
FLORGESPINST — FLOSZ
1818
Ton dem flor der nacht umschattet. Gorre» 1,101;
welches meteores Schimmer
dämmert durch der wölken flor? 3,534;
nennst du das, du blinder thor,
leise die natur belauschen
und durchschauen ihren flor? Gökhjgk 3,95;
sie stürzt, die Schöpfung der gedanken,
der dichtung schöner Dor zerreiszt. Schilie» 48';
aber plötzlich zerreiszt der flor. der geöfnete wald gibt
überraschend des tags blendendem glänz mich zurück. 75*;
0 mich deucht, die ganze Schöpfung sollte den flor {trauer)
anlegen. 212*; ein aus Weinreben gesponnener flor Tor den
äugen {bendielnder rausch). J. P. biogr. bei 1,140; hier stand
auf einmal ihre heilige seele ohne flor Tor ihm. Tit. 2, 241.
s. goldflor, seidenflor, silberflor.
FLORA, /". die blumengötlin, gen. dal. Floren, vie von Fama
Famen :
ich danke deiner Floren,
in welcher kräuter schosz ich oftmals mich rerloren.
Fijua:<c 101;
itzund lasz dich von mir führen
in dem feuchten Rosenthal,
dasz wir sehn die Flora zieren
ihrer langen wiesen saal. 418;
der Floren feuchter mann
haucht mit gesundhcit an
Empanders grünes haus. 463;
wolan ich weisz den ort, Priapus hat das zeit
mit grünem aufgesteckt und Flora hat bestellt,
wornach ein mensch wie ich sich pfleget oft zu kehren. 615;
fleug, feuchter Zefyr, aus, fleug, wie nach deiner Floren
du itzt noch pflegst zu thun (: verloren). 616;
da sie von dem hehren gatten
Floren und den lenz empfieng. Bcrger 1'.
FLORÄMOR, FLORMOR, m. amaranlhus : die lustige pur-
purrothe blum floramor oder tausentschön hat ihren namen
von ihrer lieblichen färb, vulgo flos amoris. Lonicebds 134'.
Maaleb 13S'.
FLORB.\ND, n. taenia e lenui panno serico, fr. fleuret
FLORBESEiV, m. studentisdi ein gefeiertes mädchen, eine
florierende schöne , tgl. 1, 1615.
FLORBLNDE, f. es wunderte ihn, dasz der rath sehr ein-
gefallen aussah und eine florbiude um den ermel hatte. J. P.
Siebenk. 4, 159.
FLORDACH, n. blütendach, laubdach:
ein schützend flordach webten dir die zweige.
H. TON Kleist 1,55.
FLORE, m. homo fulilis. He.msch 1158, 6. sdieint nnJ.
KiLIAN 146'.
FLORE, FLOR, FLOREN, m. florenus, it. fiorino, fr. florin,
gülden: so wäre auch gestern eine magd gewesen, welcher,
als er kein augenwasser mehr gehabt, er den aufgeworfenen
floren in dem wischtuche wieder zuriickgeschmissen. als
aber jemand anders den flore mit dem tüchlein aufgefangen
und das mensch des verlornen halben sich sehr übel geber-
dete, liesz er durch seinen bedienten ein ander tüchlein holen,
legte einen andern flore hinein und gab ihr solches, med.
maula/fe 685. 686; Eckarth gab dem Schöpfer (am Sauer-
brunnen) ein flor vor gehabte mühe zum trinkgeld. 840. ofl
abgekürzt geschrieben fl.. vas man 'gülden' liest.
FLORE, FLOR, f flos, blute:
kein unglück sei nu mehr davom,
die weit steh jetzt in bester florn.
J. Nas grosie glocke tu Erfurt 46.
FLOREN, florere, mhd. ornare:
ja wenn ein mensch verbieten weit,
das (diitz es) im winter nit schneien soll
und das im meicn nit ?olt floren,
der wer ein narr für allen thoren. Waldis 2,60 hl. liO*.
FLOREN, von flor, lenuissinius : durch den flornen Vor-
hang, der die Zuschauer verbarg, schimmerten zunächst zwei
schwarzbeschlagne bänke meinen feuchten äugen entgegen.
Trümxel 5, 416 ; er liesz die flornen vorhänge an den fen-
stern herunter. 6, 446. bei Scaii. 1, 591 floren.
FLORENREICH, n. blütenretch. Brooies 1,17.
FLORENZEN: sie (die Tartaren) seind auch daran, wie die
Saracenen, nicht ersettigt, sie florenzen oder erkennen auch,
das scbendlich ist zu sagen, die knaben und allerlei vihe.
Frank veltb. 96* und daraus in Seb. MC.nstebs cosmogr. 1537
F l\ vgl. Lessisg 11, 323.
FLOHENZER, m. paederast.
FLORETSEIDE, f sericum tenuius, fr. fleuret.
FLORFLIEGE, f Itemerobius, goldfliege, landfliege.
FLORGESPINST, n.
das kreuz, das unter florgespinste
des probstes zaubergriffel zog. ThBbiei. 3,364.
FLORGEWAND, n. florüeid.
FLORHAUBE, f
FLORICHT, verschleiert: die Jungfer ist nur darum floricht,
dasz man ihre heszlichkeit nicht sehen soll. Stieler 521.
FLORIEREN, 1) intr. florere, blühen: dieses reich ist so
beständig gefasset worden, das es cc jähre geflorieret. Micrälics
1,92; vor vielen hundert jähren, wo das goldne Zeitalter
florieret. Fb. Müller 1, 282; der in holz geschnitten auf allen
messen und Jahrmärkten florieret. 1, 310 ; alles floriert hier,
steht in blute.
2) tr. ornare, blühen machen, zieren:
mhd. Gäwän sacb geflörieret
unt wol gezimierel
von richer käste helme vil. Part. 341,3;
boum, zwi unde ir este
mit koste geflörieret. Wh. 403,27;
wunschliche florieren. Bari. 219,40;
geflörerde wip! Demantin 130;
n/id. ein giftig vipernatter lag
bei einer standen in dem gras,
der haut gar schön gespreckelt was
von grün und brauner färb gezieret,
mit gold darunter geflörieret. H. Sachs II. 4,38*.
FLORKAPPE, f. rica tenuissima: Louisgen hatte sich mit
einer florkappe vermummelt. Leipz. avant. 1,143. Simpl. 3,754
steht florskappe. u:as tum nl. floers stimmt, vgl. auch nebelkappe.
FLORKLEID, n. alle die schönen formen, die ich aus
jedem faltenschlag ihres florkleides mir abzog. Tuüiijiel 3, 75
tgl. 5,136.
FLORLEINWAND, /". tela suevica.
FLORSCHLEIER, m. velum.
FLORSCHÜRZE, f
FLORSEIDE, f kos floretseide.
FLORTifCH. n.
FLORVERHULLT, squalidus, trauernd.
FLORWEBER, m. textor panni tenuis.
FLOSKEL, f. flosculus orationis, poetische, rednerische
floskel : es ist nur eine floskel, eine redensart. auch für band:
den mädchen seidne floskeln und flügeldecken für die pur-
purfahne des maienbaums abzubetteln. J. P. biogr. bei. l, 131.
FLOSSE, f pinna, pl. flössen, floszfeder, gebildet von flieszen,
wie gösse von gieszen, das voc. 1482 il* kk5' schreibt flosz
oder vischfeder und Adelüsc flösze mit langem tocal, doch den
kurzen bewährt mAd. vlogen : gedoyen. Arorie 972; swaj flogen
unde grät hat. Dieveb 284, 7. aus dem wart bestätigt sich der
Zusammenhang zwischen flieszen und fliegen.
nhd. sie sollen ihn nicht haben,
80 lang die flösse hebet
ein fisch auf seinem grund. Nie. Becker.
bei Pfeffel 4, 122 ßr Schwimmhaut, auch kork am zugtielze.
FLOSSIG, pinnatus:
und die schenket gekrümmt zum flossigen schweife des fisches.
Voss.
FLOSZ, ablaut von flieszen, der pl. lautet nhd. flössen.
fehierhaß geben einzelne dem sg. flösse:
von hohen thurmen flösse
der harfen silberklang. Fr. Mclur 2,333.
FLOSZ, fn. fiuxus und von flusz fluvius unterschieden, ahd.
fld;, flao; (Graff 3,753), mhd. vlu;, ich kann keine sichere
pluralformen außreiben, sondern mutmasze nur den nom. alid.
flöja, mhd. vloje, gegenüber dem folgenden fluj ralis, pl. flöji,
mhd. vioeje. fl6j und flu; verhalten sich wie fluius (it. flusso)
und fluvius, jenes scheint mehr einen erfolgenden ausflusz, dieses
das stetige fortflieszen zu bezeichnen.
mhd. so s^re da^ der ougen vlö;
regenes wis ir wät begö;. Greg. 8311;
vonme herzen miner ougen vlöj. Parz. 440,16;
von getouflen bluotes flöse
und von den werden töten
da; velt begunde röten. Wh. 431,10;
DU was diu vlie^e und dfir t16s
vor der schifbrucken also grö^. Trist. 336,13;
DU was der vlöj alse gröj
der von Urgänes wunden vlöj. 403,29;
dfs Rines vlie^e und sin vlö;
Air enist an keiner stat so grö;. 4SS, 1;
dar n&h bi das Rines flö;
lit Colne ein stat, diu ist vil gröj. Diut. 1,65;
1819
FLOSZ
FLOSZ — l'LOSZEN
1820
«5 (das mare) häl von rede so «iieu vlöj. Ir. kr. 240;
si mahle üi kleinem flöso
wol eiueii uugelucgeu se. 7436;
Ir leiden hüs penöj
Jer irehene llö; becot
ir beider wcngel do vil gar. 31S. 2,%*;
sd w.Tre der liebe vlöj
gevlojjen wol her xe mir. GA. 1,474;
das 'S' ^"^^ reinen toufes flöj. Bari. 81,7;
swic man elliu wai^er sihl
kereii in da? nier ir vlöj. 155,31;
swin lebende^ in der werllc lohet
iu wunneclichcm vlöje ej sncbet. 234,16;
das ir dekeinen ruorle
des Wassers vlöj üf dem wege. 264,13;
das si ungeraüel blibc
von des repens vlöscn „.> ,,
Wide von des wiudes slosen. pass. U. iVl.b'l;
das nimanne enpniwet
voii der rcgene vlöse
noch von der winde slöse- V"«*- *. 54,22.
in der vorklzten sldle wäre ein dal. pi., wo niclil, wie in der
letzten sieht, vlLtje : slüje zu ändern oder vlojnn der inf. isl, auch
metdel dis passional den uinlaut U) und vlujcn könule strcnj-
mhd. vlujjen sein.
ein so luiußges wart verschwindcl nhd. fast ganz, bis auf ein-
zelne Verwendungen:
der du schönes kraut trägst um die reinen flöszer [backe)
und blumen voller zier. Opitz 2, 157 (1,245),
u-o flöszer für flosze, wie dörncr für dorne zu nehmen, in
Schlesien noc/i heute das rotbe, weiszc llusz, das Kalkflosz,
Miiliinosz von lachen, neutral (Weinhom) 22'). Ai.berus hat
llosz rivus und 'in den bornllös/ern', brunnenrinnen, bei Weigand
das wellerauische llosz n. slraszenrinne, rinnstein, aber kurz, ;>/.
flösser. Jon. Geo. .\cnicoLA beschr. des hirsches. Amberg ItilT
s. 20 von bluttriefendem hirschgeweih : so einen groszen flosz
(eine laclie) zusanib geblut. in Baiern: das kinti hat einen
ganzen flosz {gleichsam einen bach) aufm bodcn gniacbt. Schm.
1.592. »ujl. flüszelmacber, ober auc/» flatscli s/>. 1729. rolurlsch
flosz für suppe (die ausgegossene, ausgeschüttete).
FLOSZ, m. ratis, ;»/. flosze, ahd. flojl, mhd. floei^c, auch n.
wtisth. 4,511; nicht das ßieszende wasser, sondern das auf ihm
flieszcndc, fortgeschiße holz, congeries lignoruin, qiiae vulgariler
UcEje nuncupantur. MB. 17, 7 {a. 1244), sowol ein kleines schif,
als die auf dem wasser liegenden, durch band und flccittwerk der
lange nach zusammenhängenden, von menschen fortbewegten baum-
stämme, homerisch ax,t8ia 7io?.iSeaftos. Serbanus diction. e8*
verstellt unter crates alles was geßochten ist, flosz und hurt.
mfid. nu sach er üf dem wasser sä .^„ ,,
fliesen einen kleinen flös. nigal. 102, IZ;
er nam den flös und zöch in dan. 102,18;
und zöch es (das ors) an den flös ze baut. 168,29;
ich zug als leicht an ainera sail
wider wasser aiuen Ilös- Oitocah 23'.
nlid. meine knechte sollen sie {die ccdern) von Libanon bin-
a!)bringen ans meer und wil sie in flöszen {dal. pl.) legen
lassen auf dem meer. 1 kön. 5, 0 ; so wollen wir das holz
Uawen auf dem Libanon und wöllens auf flöszen bringen im
meer gen Japho. i chron. 2,16; ein mensch, der in allen
Wollüsten lebt, ist nicht anders, dann wann einer allein ein
groszes und schweres flosz wider den starken und schnellen
Strudel des wasscrs hinauf zeucht. Hömgebs narrenschif 82;
da machten sie flöszen {für flosze) über das wasser zu stürmen,
slünneten auch heftig. Hennebercer ;t. landlafel 424;
haim meint zu faren in dem fried
auf einem zam geschrenkien flosz
Ton paumen lang, stark, schwer und grosi . . .
Indem ein schwal wasser» herschosi
und schlug lllissem von dem flosz,
das raccr ob im zusamen schlug,
mit schwimmen er krefiigklich zug
zum flosz und wider darauf sasz . , .
alt ^eptunu« in Zornes grimmen
noch auf dem flosz in sach umbschwimmen,
■cbosi er ein groszen wasserstral
auf In, und »ein flosz uberal , ..^t
ton einander Kieng gar zudrümmerl. II. Sachs 1,149*;
Vlisset fclll zwalnzg bawmen gros»
daraus er machet eitlen flusz,
darauf Im die golliu zu dank
gab kleidung, speis und das gelrank . . .
(.\r;>(unu5l der macht im meer ein ungestümb,
mit wellen grosz trieb er in limb,
eudlich den flosz im gar zcrtrüramert. 1,309';
bauen OöM« gelegt. KLortTOci llermanntcht. 3 «. 50;
er nur, ringend mit noth im vielgebundenen flosze
komm am zwanzigsten tag in Scberias schollige felder.
Od. 5,33;
die du im flosz mir zu fahren gebeuut durch die woge des
meeres. 5,174;
auch aus seiner grünen wella
steigt der schilfbekranzie gell,
walzt den schweren flosz zur stelle
auf der göuin machtgebot. Schillbr 56';
von schüren und von flöszen wogt der ström.
UllLANDS Ijiäwif) 150.
innn verstelU unter flöszen auch ans ufer gelegte tritle und höher
zum wasscrschiijifen oder ausladen der schiffe, der vocal ist immer
lang wie in schosz, schoszcs und ein fehler zu schreiben flosses,
ji/. flösse, in flotz, flotzes {w. m. s.) aber wird er gekürzt.
FLOSZ, wi. bergmännüch, das rohei.sen, wie es in eine vor
dem ofen befmdlidui rinne gelassen wird: wirf den brochen
bafen zum fenster aus oder deck den flosz mit eschen zu,
das ist, lasz den zorn aus sein. Frank cliron. 27' {oder ist
hier ttosz, ßuxus, larlw gemeint? die deckende asche widerspricht) ;
ich habe sehr schöne flösz {amethysten?) oder durchsiclili^e
querz gesehen, da zihnstein {zinnstein) inne geslaiuleii. Ma-
TiiEsius 29' ; nun setzet man allerlei metall den erzen im
ofen zu, flösz und glet, das die erzt nicht lang im ofen
stehn. 97"; auf der andern seilen stehen schöne braune
flösz, die man behemischc ametisten nennet. 99"; genge,
schiefer, flosz und metal. 1502,317'. es ist ßiissigcs, in ßusi
gebrachtes metall gemeint, und dann ein glasartiger, nicht schmel-
zender stein, quarz, genauere bestimmung musz vorbehalten bleiben,
vgl. flosze 2. 3.
FLOSZ, m. fluxus, das alte kartenspiel, s. flöszen.
FLOSZAMT, n. praefeclura lignationis fluvialis.
FLOSZANWEISEK, «i. scriba rei lignariae ad flunun.
FLOSZAUGE, n. oculus lacrimans.
FLÖSZÄUGELN, manare oculis: da quillet das heisze busz-
wasser aus den lloszauglenden äugen. OrnoOtO; flösz;luglen
fronnnc eitern über ihrer kinder tod, so kommet Jesus und
sagt, weinet nicht! 8S7; Jesus flöszaugelt herzlich über die
Stadt. 780 und öfter; sie licszcn die kutsche anspannen,
setzten sich ihrer drei mit dem doctor, der zwar flöszaugelte
und ieinc Sachen zusannnenrafte, auf und fuhren in allei
stille ihrer wege fort. ErrNEHS ftnir. doct. 584. s. floszelu.
FLÖSZRACH, «I. auf dem holz geflöszt wird.
FLOSZBAM), n. zur fesligung der holzstdmme des floszes.
FLOSZBAl HOLZ, n.
FLOSZBAUM, vi. holzstamm, der geflöszt wird.
FLOSZKEAMTE, m. curator lignationis fluvialis.
FLOSZBEDIENTE, m.
FLOSZBETf, n. ein sdiwimmendes flosz bei Wasserbauten.
FLOSZBRÜCKE, /". gebildet aus flöszen.
FLOSZBlirrER, /■. flüssige scitmelzbutter.
FL()SZ1)IENST, «J. Irohnc beim flöszen des holzes.
FLOSZE, f. 1) lignatio fluvialis, auch das floszschif, fährsdaf,
was flosz m., nd. flöte.
2) holzkaslen in der ade zum waschen des seifengehirges und
absondern des zinnsteins.
3) sleinrinne zur sonderung des dorniciüs vom tinnstnn.
FLOSZEISEIS, n. flüssige eisenmasse im ofen.
FLOSZEL, H. kleiner flosz, ausgusz.
FLOSZELMACHEH, m. catulus crebro mingens. Weindold
seid. wb. 22'.
FLOSZELN, manare lacrimis, floszäugeln: Phiiippus brauchte
sich der wort und floszellen ihm die äugen (u'ürcn nasz).
Mei.anchthon 5, 743.
FLOSZELN, Tolwclsch iningere, mergcrt. flosziel, ertninU.
Gencenbacii 307.
FLÖSZEN, flieszcn matltcn, mhd. vlcejcn, gebüdd wte scümjcn
tt. a. nd. flöten.
1) aus etwas.
m/i<J. ein wnsser wirt üz rösen
gebrennet und geflfpsot- ''• *''• ■'**';
öl Are wftren si ('/!<■ furrrn) mit kuiisl
gefloss'-ii und gefln'sel (yi»<h?iu/;/). 1H>7:I;
des lä von dinre brüste worden blanke milch gefta>set.
nlul. durch f.hrislura, der nra crnui Ul ghangen
daran er hat sein blul geflOs« (^rr«<)y^^n).
H. Sachs III. 2, l»r.
2) in etwa«, iii.'cli7/<«rf, einflöszen (5;.. 179). die nrinei in rinrn,
in die keiile flöszen ^ sie thm, der kehle nnflöszen; nnrm
kinde milch in den muud Uo»ien; diute in die fcdcr flusicu;
1821
FLÖSZEN
FLÖSZER— FLÖTE
1822
rnlid. driaken nam diu wise dö,
diu listige l<tinegin
und vlöjte im der als vil in,
bi; da; er switzen began. Trist. 23S, 4.
nhd. und gleicliwol flöszt in ihre brüst
der träge kus recht jugendliche lust. Hacedors 2, 101;
veitraun und sorge flöszen sie zugleich
in meinen geist, der gern sich unterwirft. Göthe 9,212;
allein die sonne gieng wieder
berlicher auf als je und flöszte mir muth in die seele.
40,25U;
du hast durch deine küsse
mir gifl ins herz geflnszt,
das hat mir die entschlösse
in Sehnsucht aufgelöst. RBckert 3S7. ges. ged. 1,100;
natürliche liehe und Zärtlichkeit flüszten mir diese zeiien in
die feder. Beckers icellg. 9, 66.
3) hin, hinab, weg, nd. dalflöten. hinab flöszen :
du {,wein) floszest die spis. Bratet ISO", 3J*6,
machst dasz sie besser rvlscht; als er den neugebachen oster-
fladen zu viel mit wein hinab geHöszt. Kirchhof «pHd««»!. 237;
kein kleiner raub, ein solch geschöpf! geschöpf?
und wessen? doch des sclaven nicht, der auf
des lebens öden Strand den block gellöszt,
und sich davon gemacht? Lessimg 2.333
wie gerne mag dein träum zerstieben
von deinem kus hinweg geflöszt. IU'ckert 220.
4) ganz technisch das flöszen des holzes oder der bausteine
auf fiüssen und strömen : finden etwan vil holz, baun holz euer
anders auf iren gutem, so von groszen wässern dahin ge-
flöszt werden. Höniger narrensdt. 73;
der weidlich sich bewegt, sät, ackert, erntet, drischt,
gräbt, pflanzet, wässert, walzt, schwimmt, rudert, flöszt und
fischt. Hacjidor!« 1,23;
ans Sachsen wird viel holz nach Hamburg gedüszel; Zim-
merholz, Scheitholz flöszen. aber auch bergm., so findt man
in den auen, so zwischen hohen gebirgen ligen, vil geschüb
und fletz, so die siindflut von gengen und stücken abge-
stoszen und in die gründe geflöszt und übereinander ge-
schoben hat. Mathesiüs 2*.
5) flöszen, abschwemmen, abspülen, ahiraschen: man sol in
(den laitis lasuli) auch vorher weschen und flöszen und das
am boden ligt binschülten, und in dann geben mit violsyrup.
fiERSiioRF 68. oberd. die wasche flöszen, spülen, flauen.
ryl. verflöszen, zerfloszen und flötzen.
FLÖSZEN. ein altes, wie es scheint, in Frankreich erfundnes
und schon zur zeit Ludwig XU übliches karlenspiel. zuerst unter
uns gedenkt srin Gengenbach irh gedieht 'der welsch flusz', ico
auch der ausdruck flüszlis spilen vorkommt; flnsz üt gleicln-iel
mit flosz, fliiTus und flux lautet auch die franzüsu^che benennung.
Agricola sfrichw. 329 : 'ich gewinn das zusehen', die Deut-
schen haben ein spiel, das heiszct flöszen, ist zu inen aus
andern naiion kommen, hat zwen gewinn, das zusehen und
den flosz. der flosz ist drei blat einer färb, das zusehen
zwei gleiche, zwo zehne, zwen künige, zwen oberleute, oder
das höchst blat ein tausch (a/. rauscht, wenn nu jemand
diser keins gewinnet, sondern setzt immer ein, der sihel zu
wie andere gewinnen, er gewinnet aber nichts denn das zu-
sehen, darumb ist das zusehen gewinnen, ampbibolon, ein-
mal für ein theil des spiels, das andennal für nichts ge-
winnen, sondern aufsetzen und den gewinnern zusehen,
es hubens ander leut am lernen verstau,
dasz die vorsitzer im flöszen ein vortheil han
und das aufsehen sei im spil das best,
ist nicht gut, dasz man einem zu vil vorteil Jeszt.
Schade mt. u. pnsq. 1,56;
ich sprach in ir 'so wöll wir flöszen'. H. Sachs 1,518»;
Dromo, du solt der tisch warten,
Echaw das da sind Würfel und karten,
das wir iirabschanzen, fluszen und bocken,
bis das man leut die fewrglocken. JII. 3,70';
kan auch ein spil. heiszt man das flnszen,
drauf tbei ich oft den ablasz lösen. V, 357'.
bei FiscHART Garg. lOl" irird unter den spielen zu allererst ge-
nannt 'der flössen' und 171' heiszl es: nach dem nachlessen
kamen auf den plan die schöne evangeli von holz, das ist
voll.mf prellspiel oder 'das schön flössen' esz, dansz, Iroi.
/"•/ Harei.ais beginnt die aufzählung mit joiier au flni. am
scidusz des ea})itels entspricht 'le l)e.iu flux, un, deiix, Irnis'
iriederum den ausgehnbnen deubchen trorien, nur dasz fitr der
flii-sen gesHzt ist das flössen, flux, flosz und fliiszli müssen
sich aus einer genaueren Schilderung des Spiels erläutern, die auch
aus dem. uas Güoeke zu Gengenbach $. 533. 534 beibringt, nicht
SU entnehmen ist.
FLÖSZER, m. arbeiler an der flösze, flöszender. Momes zälsckr.
9,427. rgl. breilflöszer 2,360.
FLOSZERZ, n. alle floszerz, sie seind gelb, weisz, braun,
blau, grün oder grau, item kupferlasur, kupfer oder barkgrün
und kiipferglas, die halten eineslheils auch silber. Erker 4*.
FLOSZFEDER, f. pinna, flösse, /ischflosse: fürbasz bis an
den bauch giengen floszfedem zu dem schwimmen geschickt.
Steinhöwel £sop 1497, ItO; alles was floszfedern und schuppen
hat in wassern, im meer und bechen, solt ir essen. 3 Mvs.
11,9. 5 Mos. 14,9; und der engel sprach zu im, ergreif in
bei den floszfedem und zeuch in heraus. Tob. 6, 4 ; auf den
von den floszfedern (den flsdien) geschlagenen wellen des
sees. J. P. biogr. bei. 1, 132.
FLOSZFITTICH, m. bei Voss einmal für floszfeder, unpas-
send, da die flössen keinen fittich bilden.
FLOSZFCHRER, m. ductor ratis.
FLOSZFCSZIG, vinovs, tcas »lan schwimmßszig deutet:
und floszfüszige robben der lieblichen Ilalosydne
ruhn in scharen umher den graulichen fluten entstiegen
herbe gerüch aushauchend des unergründlichen meeres.
Vd. 4,404.
FLOSZGALLE, f. eine krankiteit des pferdes, nach Rosev-
zweic s. 79 eine weiche geschwulsl auf der seile des fusselknochens,
halb so grosz als ein taubenä, ein erblicher fehler und schon bei
jährigen fMen.
mhd. ejn hat niht flöjgallen. Eracl. 1327;
hat er (der voP niht flö^allen,
muoj er uns wol gevallen. heinh. «. 314;
vlöjgallen, beinwahs unde spat,
gebt ej alle? hin für giiot. Helbl. 7,746;
nhd. wann ein pferd floszgallen hat. Sedier 289.
FLOSZGÄRN, n. eine art fischernetz.
FLOSZGEFIEDER, n. alle thiere mU flössen.
FLOSZGEHAU, n. wald^lelle wo floszholz geschlagen wird.
FLOSZGERECHTIGKEIT, f. recht in einein flusze zu flöszen.
FLOSZGRARE, m. zum holzflöszen.
FLOSZHAKE, m. stange mit haken heim flöszen.
FLOSZHART, m. rotwelsch für was.<ier.
FLOSZHERR, m. eigenthümer eines floszes.
FLOSZHOLZ. n. weislh. 4,511.
FLOSZHCTER, m. aufsichter beim flöszen.
FLÖSZIG, fluens, effluens-
FLÖSZIGKEIT, f. evagatio: flöszikeit oder ausschweifigkeit
seiner fanlnsien. Keisersb. irrig schaf 73*.
FLÖSZJl NliE. m. beim flöszen bescIuJfligt.
FLÜSZKNECHT, m. bildlich: ganz aufgeräumt setzte sich
dieser flöszknecht so vieler thränen und abgehauener bliilen-
zweige. die er darauf hiuabschwimmen liesz, an die abend-
tafel. J. P. Tit. 3, 85.
FLÖSZLLXG, m. pisäs (jnnnalus), «n roltrelsches wort. Genceü-
BACH 344. 367.
FLOSZMANN. m. traductor, überfurer. roc. 14S2 i l".
FLOSZMFISTER, m. herr jter floszknechte.
FLOSZMCLE, /. mala natatilis. die auf flösze gelegt ist : hielt
mich anderthalb jähr in einer berühmten flosziniije auf. Fei-
setiburg 2. 398.
FLÖSZORDNüNG, f.
FLOSZRECHEN, ni. ein wehr von baumsUimmen im fliaz-
«asser: das schelmendiiplicat wurde in seinem schnsse und
flusse blosz durch einen floszrechen aufgehalten, eine alte
seelenlreue kammerjungfer war der rechen.
FLOSZRECFIT, ti. floszgerecläigkeit.
FLOSZSCHEIT, n.
FLOSZSCHIF, n. scapha, ahd. flojscef. Graft 6,456. voe.
14S2 i f.
FLOSZSCHREIBER, m. scriba rei lignariae.
FLOSZTEICH, »».
FL()SZ\VASSER, n. zum holzflöszen benutztes gewässer.
FLOSZWEHR, n. s. floszrechen.
FLOSZZAPFE, m. in Düringen sol man in ofnen klüften
solche lange floszzapfen finden, wie ciszapfen. Matbesil's
1562. 267'. meint wieder quarz, der zapfen bildet, den eiszapfen
ähnlich.
FLÖTCHEN, n. kleine fliie: es gehl wie ein flölchen, nnl.
Iiet gaat als een fluilje.
FLÖTE, f. 1) tibia, mhd. floile, ü. flanlo, fr. flftte, nnl. fluit,
engl, flule, s. flaute o6eii sp. 1738.
mild, von trumben und von vioiten der schal wart sA gröz.
Nih. 7.il,2;
des stimme a!« ein n ■<"' mnr kröne I41f,5;
1823
FLÖTEN
FLÖTEN — FLÖTENIST
1824
nhd. ihr hofleut seit lustig und frisch
mit singen, geigen und trumeten,
schlagt lauten und pfein auf den fleten. Atrbr 194';
bringt uns lauten, geigen, flöten,
junger, hole das regal,
die musik kann trauren tddtcn.
sie zertreibt der sinnen quäl. Fleming 45G;
die hirten preisen dich mit hell^cstimmten flöten.
Grtphius 2, 3d4;
dnim hielt er erstlich etwas ein,
und liesz hernach die flöte schrein. Göntrer 358;
gesetzt, dasz ich zugleich in seine flöte singe,
wird dies wol unrecht sein? Gellert 3,386;
ihr deutsche musen, nehmt die flöten,
ich biet euch einen Wettstreit an,
die liebe macht mich zum poetcn,
ich bin nicht mehr eur untenhan!
Rost im taschenh. f. dichlpr 6,116;
frisch, nimm die flöte her! du must mir etwas fingern.
schnferged. 147;
und was mich weiter kränKt, so rühmt sie stets Damöten,
spiel ich, so heiszts, Damöt der spielt recht auf der flöten.
DiscH verm. werke 467;
drauf liesz ich meine flöte schallen,
da sang sie, wol nicht unbemüht
dem flötenspieler zu gefallen,
in meine flöt ein lied. Glbik an Damotf
im gelispel athmet, flöten!
leis entschlummert sinkt das haupt
meiner freundin, das zu rötlien
sich ein süszer träum erlaubt.
BoiE in Jacobis Iris 1810 s. 203;
bei dem glänz der abendröthe
pieng ich still den wald entlang,
Dämon sasz und blies die flöte,
dasz es von dem felsen klang. Götbx 1,22;
bei flöten und Schalmeien
erneuert sich die zeit. 1.129;
der knabe schien seine flöle versuchen zu wollen, ein in-
strument von der art, das man sonst die sanfte siisze flute
zu nennen pflegte, sie war kurz geschnäbelt, wie die pfeifen.
15,323;
es lächelt der see, er ladet zum bade,
der knabe schlief ein am grünen gestade,
da hört er ein klingen
■wie flöten so süsz. Schiller 510'.
die flöte besteht aus hinein stück, aus drei stücken,
s. feiuflüte, holflüte, Lirtenflöte, querQöte, robrflötc, Irauer-
flöte.
2) wie tibia röhr und röhre ist, aus pipa, pfeife die Vorstellung
eines Irinkmaszes, Irinkgefaszes sich enlfallel, drüclU auch in der
Volksprache fr. flute und unser flute ein lan^s trinkglas aus.
t. flütenglas.
FLÖTEN , libia canere, nd. floiten, fleilen, fleitjcn, nnl.
fluiten, sogar mit starker biegung floot, gefloten, was in der
Schreibung abstellt ron vliclen, vioot, gcvioton fluere. wie pfeifen
oß von vögeln, sumal der naclUigall, hin und wieder tr., wie singen,
l) nd. etlike floiteden, etlike sungen. Rriuke vos 6577;
nhd. und die hügel umher hörten mein flötend lied.
Klopstock 1,44;
der flötenden nachtigall
erflndungsvolle seele. 1,113;
die nachtigall flötet
hochzeit. 2,112;
aber nun sang sie auch, wie sie nie gesungen, mein Hebung
flöhete wehmut, wie sie
gelber als mutter nie nicht geflötet, wenn noch die feder
flog und der geier vom blute noch trof. 2,180;
schmelzend flötet pbilomele
tief im dunkeln pappelhain. Borger 3';
nachtigall und lerche flöten
minnelieder über euch {blumen). Schillir anthol. 1782 s.94;
säusle nieder, abendroth, und flöte
sanft in Schlummer die erstorbne weit. 0*;
und in naher waldung lichten
flötet laut ein drosselchor. Salis 123;
drosseln singt in leisen chören,
amtel flöt im trauerhain.
flötet nur gelaszne klage,
hemmt der trauertöne lauf, ebenda;
freude girret im forst, flötet im blüienstrnuch.
Matthisson 113;
dumpfe tranertöne flöten
ihre lange melodie. I'lati*! 2;
von andnn insirumenten, wenn tu dn fli4e ähnlich werden :
Jeden flötenden violincnzug. J. V. llenp. 2, 100.
2) redtnsarien. c« fliilct (p/W/l) durch da« Rchlünsellorh,
10» unhrimhrhrm grrdusch und geflüürr. nach etwas flrtlen,
Irachlen, nnl. hij lin-fi al lang op dat niei^j« gefloirn; du
magst auf deinem daumen flöten, gij kunt op uwen duiin
fluiten, hilf dir so gut du kannst, 'flöten gehn', verloren gehn,
schwinden, dahin tönen in die luß. wie der verhallende laut einer
flöte, heute sehr üblicli, doch nicht vor der zweiten hälfte des
18 jh. aufzuweiten:
du liebe zeit, du liebe weit
mit deinen raritaten,
dein hab und gut, dein rühm und geld
geht all am ende flöten. Uurmann ged. 25;
Karthago nemlich gieug ihr {der Jmu) nah,
es hatte schütz von nnlheu,
und gieng, wie sie im voraus sah
durch seine (des Aeneax) enkel flöten.
i. B. Michaelis })oe(. tcerite 1780 1,98;
mit Kickeriki dem hauspropheten,
des köpf sogar dabei gieng flöten.
Strügels neuer froschmeuseler Cöln 1796;
bei RoiLEMiÄCKN 11,9 steht das woH nicht; so oft ich (sagt der
flötenspieler) auch nachher gieng und flötete, das geld gieng
aucii flöten. J, P. flegclj. 1804 1,162. ein nd. spruch lautet:
de de moder fo fründe hett, geit mit de dochtcr floiicn
{Frommann 4,144) d. i. trägt die tochter davon, fährt die lochler
weg, erlangt die braut, wie es bei Simrock 10340 anrfers ausge-
drückt heiszt: wer die tochter haben will, halt es mit der
multer [stehe sich zuvor gut mit der mutter). diesem flöten
gehen gleicht, dasz man sagt fortgeblasen, weggeblasen werden,
die treue ist durch ein jiigerhorn aus der weit geblasen worden.
verloren gegangen. Weigand 1, [\:,i hält hinzu das jüdischdetUsche
pleite gehn sich furlrnacken, in der gaunersprache bedeutet biete
(plüthe) holchen durchgehn, biete scheften verschwunden sein,
andere dachten ans nl. pleiten gaan, ror gerichl gehn, procex-
sieren und verderben, diesen fremden redensarten opfert man
doch ungern die natürlich scheinende und scliöncre deulung aus
dem sich verlierenden flölenlaut. der ausdruck hat uns freilich
einen gemeinen beischmack und es ist auffallend, dasz er niciU
früher verwandt wird, nie aber wird bieten, pleten gesagt, son-
dei-n flöten immer nach dem instrument.
3) nach flöte 2 ist flöten auch zeclien, fr. flöter: il aime ä
nöter. vgl. pfeifen und auspfeifen.
FLÖTEN.\NSATZ, m. modus applicandi labiLs tUiiam: wir
sagten iiim früher selber, er blase sein leben gern auf einer
barm oder trauerflöte ab, und ein harnizusalz sei ihm ein
lieber neuer flötenansatz. J. P. körnet 3,223; und warf allen
Passagiers durch flötenansiitze concertansätze entgegen, flegelj.
1,53..
FLOTENBAüM, m. philadelphus coronarius, pfeifenbaum, nnl.
fluilenboom. wilder jasmin.
FLÜTENBEGLEITUiNG, f. Klolildens stimme konnte die
flötenbegleitung des äuszern regengelispels sein. J. P. Hesp.
1,117.
FLÖTENBLÄSER, m. tibicen:
ihm versetzte drauf der flötenbläser. Platen 325*.
FLÖTENBOHREB, m. zum ausbohren der flöten.
FLÖTE.NDUDELEI, f. wenn uns nur Eduard mit seiner
flötendudelei verschonte. Güthe 17, 145.
FLÖTEN KUTTER, n. tlieca libiae, engl, nutccasc.
FLÖTE.NGESANG, m. wer wird von der iiebegirrenden
taube oder von der schmachtenden nachtigall den aufschwung
des adicrs oder den flötengcsang der lerche begehren ? Herdkr ;
besser, besser, mein söhn! du must brüllen, das/, die erde
sich unter mir auflhun, der liinunel sich auf mich herab-
stürzen möclite. jetzt ist mir dein schrein nur noch niiitn-
gesang. H. L. Wagner die reue nach der ÜuU 139.
FLÖTENGESÄUSEL, n.
sanit plätschert um sie die melodische flut und es hebt sich
flutcugesäusci. 1'latkn 25!t.
FLÖTENGETÜN, n.
0 schönste, lispelt er, mit schmachtendem flölengctön.
WiKI.ANO.
FLÖTENGLAS, n. scfimales champagneriiliui: zweimal mu-ite
ich geschwind hintereinander diu ijüteiiglüser rriiie heruia
füllen, um dem tubcndeu schäume seiueu willen zu thuii.
TllDlIsiEL 4,257.
Ki/»TENHALL, m.
Kuterpes flötnnliall. Rchplir von Löwinhalt M.
FLÖTENHAUCH. m.
wie der nnrhhnll eines flöienhauchei. Tkdoi elegien l,MI;
wenn Ihr gesnng
wie junger went nni niscnstraurhe
der Iiarfe folgt mit flulenhauche. Siuai.
FLÖTENIST, ro. ftütens}.iflor.
1S25
FLÖTENKLAGE — PLOTT
PLOTT— FLÖTZEN
1826
FLÖTENKLAGE, f. die llötenklagen stiegen von dem festen
grabe auf in das abendroth. J. P. Hvsp. 3, 253 ; als die flüten-
klagen des blinden aus dem einsamen hause in die nacht
auszogen. 1. 273.
FLÖTENKLA.NG, m.
horch! flöteoklaDg! liebesgesangl Göthe 47,61.
FLÖTENLAUT, m. ihre anfangs muntern töne giengen nach
und nach in immer rübrendere noten, immer schmelzendem
flotenlaut über. TbCxjiel 5, 240 ; es wird gleich flötenlaut in
deine obren schleichen. Kli.vger 2. 399.
FLÖTENMACHER, m. engl, flutemaker.
FLÖTENMELODIE, f.
er, welcher Döleiimelodie
der lerrh und nacbtigall verlieh. Bcsckr 37\
FLÖTENPFEIFE, f. in der orgel, openpipe.
FLÖTENREGISTER, n. :ug von ßüUnpfeifen.
FLÖTENSCHALL, tn. uns rührt nicht gesang, uns rührt
nicht flütenschall. Klinger 2, 237.
FLÖTENSCHULE, f. uiUerridU im flötenspiel, bildlich, er
dankt gott, wenn der bof eben eine gute flötenschule ist
(«0 alles freundlich ergehl). J. P. dämm. 98.
FLÖTENSPIF.L, n. caiUus libiarum.
FLÖTENSPIELER, «i. libicen, engl, fluteplayer.
FLÖTE.NSPIELERIN. f. libicina: die nacht mit einer tän-
zerin oder flolenspielerin zubringen. Wielaxd.
FLÖTENSPIELERISCH, llötenspielerische dinge. Claudios
5, 79.
FLÖTENSTIMME, f. Kollanlende, liebliche.
FLÖTENSTOCK, m. engl, flutestick.
FLÖTENSTROM, m. und die trunknen seelen stürzten sich
aus wonne von den uferblumen in den flötenstrom. J. F.
unsichtb. löge 3. S9.
FLÖTENSTCCK, n. flöteitlied: die QöteDstücke der stuben-
uhr. J. P. TU. 1, 145.
FLÖTENTANZ, m.
und mancher abend flocht durch leichte flötentänze
sich in die mitternacht hinein. GöuxcK 3, 48.
FLÖTENTON, m. Bürger 72'.
FLÖTENUHR. f. uhr 7nit flölenspiel, engl, fluteclock.
FLÖTEN WERK, n. roces molliores: dann fiengen vom mor-
genwinde angeregt alle register der groszen wesenorgel zu
geben an und vor seinen obren schrie das flötenwerk der
Vögel. J. P. Hesp. 3, 204.
FLÖTENWIND, m. er hörte seinen söhn flöte spielen,
wodurch er bis aufs innerste seines herzens berührt wurde
und sprach: der flütenwind hat feuer in meinem herzen auf-
geblasen, pers. baumg. 3, 22.
FLÖTENZUG, m. tox libiae, engl, flutestop in organs:
werde ilötenzug o zitier,
töne süsz, wie nach gewitter
philomel, umfacht von blütenduftl Schäidt von W. 215.
FLÖTER. Hl. tibicen. Stieler 520. flöuter. Maalek 13S'
FLÖTERIN, /. libicina.
FLÖTSEIDE, f. floretseide: es geschieht auch oft, dasz die
fäden abbrechen, weil der Seidenspinner oder haspler, indem
er die häuslein ins wasser wirft, nicht beobachtet, ob die
Dötseiden wol mit dem besen abgenommen sei oder nicht.
Hohberg 2, 431*.
FLOTT, nalans, nnl. viot und ico/ daher entldinl, engl. aOoat,
Doaty. fr. k flot. noch nicht bei Stieler, «ol aber bei Frisch
1, 2S0' und .\delcng.
1) im eigentlichen sinn: das schif ist, wird flott, ein schif
flott machen, tn gang bringen, blieb ich im Texel plötzlich
und unverhoft mit meinem schiffe auf einer gefahrlichen Sand-
bank sitzen und meinem bruder wäre es bei einer haare
eben also gegangen, allein ihm wurde noch in der geschwin-
digkeit geholfen, dasz er flott ward, ich aber muste drei
ganzer tage und näcbte pausieren, ehe mir geholfen und ich
wieder flott gemacht werden konte. Felsenburg 4, 48.
2) figürlich, frei, leiclU, los, lustig: ja, ja, bei ihrer hoch-
leit. da giengs flott. Weisze kom. opem 3, 176 ; wie göttlich
schön dir das derangierte haar läszl, mein liebchen I kann
mich nicht sali an dir sehn, die zöpfe so flott! H. L. Wagners
kindermOrderin 11; jede Jungfrau glaubt ihre empfindungen
flott werden zu sehn und die geheime geschicble ihres ge-
fiibls zu hören. TuCmjiel 3,110;
Mephutophetes. kommt! wie der herr gebieten läszt
und mor?en gibt ein iTotienrest.
die drei, der alte herr erapfieng uns schlecht,
ein flottes fest ist uns zu recht. Gön» 41,306.
lü.
meinst du, man hab uns ohne grund
heute die doppelte löhnung gegeben,
nur, dasz wir flott und lustig leben? Schiller 320*;
flott will ich leben und müszig gehn,
alle tage was neues sehn. 322", ico das leort 'leben' fehlt,
Uelsics atisg. des Wallenstein s. 65 hat es nach
der ersten hergestellt ;
zur kunstbeschauiing der antiken
ward meines geistes äuge flott, ilatlhisson im vetlgesang;
ich möcht euch süsze dinge sagen,
doch wird mir kein gedanke flott. Plate;« 65";
sonst wird noch eure poesie so frei , so burschikos und flott,
bis endlich ganz Europa ruft : ihr Deutseben seid ein kinder-
spott. 292*. .
studentisch, ein flottes haus, flott trinken, nnl. het gaat nog
niet vlot genoeg.
FLOTT, m. cremor laclis, sahne, rahm, schmand:
der trank der Levante mit dem berlichsten flott.
ZacuibiI 1,32S. ^
vakrsdiänlich aeil das fett auf der milch oben sdiunmmt.
FLOTTE, f. i) classis, it. flotta, fr. flotte, nnl. vioot, altn. floti,
sehw. flotta, dän. flaade. das ags. flota ist nur naiis, nicht
classis. noch nicht bei Dastp., Frisiüs, Maaler, Henisch, ico
immer umschrieben wird 'ein häufen schiS'e', xuerü hat Schöss-
leder (1618) ein flolt classis, dann auch DcEz (1664) 430* flotte,
eine flotte ausrüsten ; die flotte ist aus oder eingelaufen ; die
unübenvindliche flotte;
ich verlor ihm eine flotte,
wie keine nocb im meer erschien. Schiller 275';
andre briefe melden,
dasz eine flotte Solimans bereits
von Rbodus ausgelaufen. 304*;
(gott), der du die ganze flotte
der weiten in dem ocean
der Schöpfung führst. Gökitcgk 1,200.
2) flotte, bei den färbem die ia der in^ügoküpe ol'ea auf-
schwimmende brühe.
FLOTTENBEZWINGER, m. perdüor dassium:
was? wann der trotzige Hector sich hub aus .Andromaches lager,
waren die schiS'e Myceus nicht vor dem kämpfe besorgt?
flottenbezwinger war erundmaureuzertrümmerer jener (IcftiWcij.
Voss Propert III. 22,33.
FLOTTENFCHRER, m. dux dassis.
FLOTTERN. flattern, flodem: der polei wächst gemeiniglich
an feuchten auen, wiesen und Wäldern, flottert hin und wieder.
Hohberg HL 1, 557*.
FLOTTGRAS, n. fesluca fluitans, hochdeutscher floszgras.
FLOTZ, m. n. ralis, für flosz. tz für sz (= j) entspringt
eigentlich aus nachfolgendem i, irie in setzen (satjan), netz (nati)
ti. 0. m. sichtbar ist, wegen länge des ö richtiger flöz {wie geiz,
heizen) zu schreiben, man darf alle flotz auf an umlautendes
flötz zurückführen, aus dem sidi der umlaut wieder verlor, flotz
schedia, ralis. Dastp. 205*. 329*. Frisios 1118*. Maaler 138*.
Frischli.x nomencl. 460; schlof unter den flotz, sasz auf den
flotz. Garg. 178*; wanderten mit mir dem geslatt des meers
zu, allwo sie ein wunderbarlichs flotz stehen halten mit einem
segel, auch binden und fornen mit einem Steuerruder ver-
sehen. Simpl. 1019; sobald sie mich auf das flotz brachten.
1020. 1021. später auch f. : während eine kühne flotz mir ent-
gegen ruderte. Helnse an Gläm 1, 426, offenbar für flötze. am
Rhein hört man Iteule bald flosz, bald flotz n.^ ine ^i kiusz
und klotz spalten.
FLÖTZ für fletz, lager, Stratum s. oben sp. 1772
FLÖTZ.\RTIG, in modum strati: zu den vor drei hundert
jähren gestifteten anfangen hatte sich nach und nach eine
bedeutende zahl von büchersammlungen, nicht weniger ein-
zelne bücber auf manigfaltige weise gehäuft, dasz sie flölz-
artig . . . über und nebeneinander gelagert standen. Goths
32, 118. s. flölzweise.
FLÖTZE, f. ratis. Stieler 515.
FLÖTZE.N, was flöszeu: und die tropfen flötzen die erden
weg. Hiob 14, t9 ; so ein grosz ungewitter, dasz es vil dörfer,
Schlösser und grosz beum hinschwemmel, wekfüret, hinrisz
und flülzet. Fr.a.nk cÄron. 231* ; und Wechsel dasselb (die rinde
der Siechpalme) gcstoszen in einem flieszenden wasser, so flötzt
das wasser die kleine hoizspreisziing hinweg. Bocs kräuter-
buch 845; hört er übel an beiden obren, so soll man dis
wasser in dasjenige ohr einUölzen, welches umb etwas besser
höret und sich auf das andre legen. 889;
auch die Sternen weinend kamen,
flOtzten ab all ihren schein,
schein und ihränon flössen sammen
recht zum blauen feld hinein. Spkk truitn. 215;
115
18-27
PLÖTZER — FLUCn
FLUCH— FLUCUEN
182S
es würblet und mürmlel die lisplende quell
aus wisplender zcll,
sie netzet und Dötzet mit wunderanschauen. Abele 5,69;
flöszen oder flölzcn, hols auf dem wasscr forttreiben lassen.
Heppe wolredender Jäger 125.
FLÖTZER, ni. «n Schwaben noch heule der die lamjen ßuszc
den A'ecAar und Rhein hinab nach ?liederland teilet, ein rauher,
starker menschenschlag. harzer und flötzer im Schwarzwald.
Fischart groszm. 71; galleenknecht, flützcr. 94.
FLÖTZGEBIRGE, n. montes slratis terrae el saxorum con-
slantes.
FLOTZGEN, volUare:
dann mein herz gleichsam schaudert, frfist,
vor forcht, hofnung, freud und mut
es flotzgen, ragen und Lüpfen thut. Frischlim Susanna 455.
FLÖTZLAGE, /". Stratum montanum: die flölzlagen des nörd-
lichen Deulsihlands. Göthe 51,185.
FLÖTZS.\NDSTEIN, m.
FLÖTZWEISE, wie flötzartig: wir entdeckten zuletzt in einer
kaninicr sännntliche familieubilder, üützweise über einander
geschichtet. Götue 43, 296.
FLLCH, »I. exsccratio, imprecalio, malediclim, ahd. fluoch,
mhd. vluoch. alls. fluoc, nd. flok, nnl. vlock. mangelt golh.
ags. en^. altn. schw. dän., worüber mehr beim verbum. man
sa^ ein schwerer, harter, bitterer, tiefer, herzlicher fluch
und dem fluch, der ferwütischung steht der wünsch, der segen,
detn verwünschen, devowre das wünschen, vovere gegenüber,
ein heiles wünsch, wie bei Walther 18, 25—28 scUieszl das-
selbe ein, was der fluchende wünsch im LS. 2, 423 /f. abspiitht.^
merkwürdig ist Frauenlobs ausdruck 'Aus vluoches herter kisel'
MSH. 2. 339*. Eltm. s. 5 und gleichsam anklingend an fluoh
rupes, dessen h sich doch vom ch in fluch abkehrt, in einer
andern stelle Frauenlobs Etlm. s. 221 heiszt es 'von vluoches
slihte'. fluche steigen auf in die höhe, fliegen (sp. 1784,1),
schweben und senken sich nieder {mythol. s. 1177), entschlüpfen,
entwischen, folgen, verfolgen, sie kleben und ruhen auf einem,
da von ouch ime der vluoch bekleip. lUupi 5,516;
dem muos der fluoch bekliben. 5,550;
der fluoch klebet nieraer an,
wan der sla-te daran beslät. 8,187;
sollen alle flöeche kleben,
so möhten lützel liute leben. Freid. 130,12;
d?n fluoh solt du fore hän. Diesikr 9,20;
mit fluoche vol mej?en. Walth. 11,15;
zwßne herzeliche üüeche kan ich. 73,30
herre, waj si flüeche liden sol. 73,5;
der müese unsern fluoch hän. o. Heinr. 508;
swie Vit si flüeche unde bete
unde ouch schelteus gelete. 1333;
ir heiles pan, ir sselden fluoch! Part. 316,11;
nhd. so möchte vielleicht mein vater mich begreifen und
brcchte über mich einen fluch und nicht einen segen. da
sprach seine multer, der fluch sei auf mir, mein son. 1 Mos.
Tl. 12. 13; vvenn eine sele sundigen würde, das er einen fluch
höret und er des zeuge ist. 3 Mos. 5,1; der herr setze dich
zum fluch und zum schwur unter deinem volk. i Mos. 5,21;
sihe ich lege euch heute für den segen und den fluch. 5 Mos.
11,26; und wandelt dir den fluch in den segen. 23,5; dar-
nach liesz er ausrufen alle wort des gesetzes vom segen und
fluch. Jos. 8,34: und kam über sie der fluch Jotham. rieht.
9, 57 ; denn ich liesz meinen mund nicht sündigen, das er
wündschete einen fluch seiner {des feindes) scelen. //io6 31,30;
und er wolle den fluch haben, der wird im auch komcn,
er wüit de« segens nicht, so wird er auch ferne von im
bleiben, und zoch an den fluch, wie sein hemd {vulg. cl
induit malediciioncm sicut vestimentum) und ist in sein in-
wendiges gangen wie wasser und wie öle in sein gebeine.
ps. 109,17.18; darum frisset der fluch das land. Es. 24,6;
denn des valers segen bawet den kindern hcuser, aber der
mutler fluch reiszet sie nider. Sir. 3,11; wir sind stcis aU
ein fluch der weit. 1 Cor. 4,13; denn die mit de» gesetzes
werken umbgebn, die sind unter dem fluch. Cal. 3, 10 ; Christus
aber hat uns erlöset von dem fluch de« gesetzes, da er ward
ein fluch für nn«. S, 13;
!<n durch lang bet erhört,
-km,
l.el liir,
JaiUufth iu Uci lluili »uibs vor der tfir.
liiMAi.1 kuiiwilig getiiräch 152C. UdS;
• 11 Oücb fi« bbcr mich bat gfelt. Uauft 3,202;
arbeit ist der sünde fluch, solte Tiger viel sich mühen,
wünl er auf sich viel verdacht eines groszen sonders ziehen.
LOGAU 3,44,26;
schickt ihr mir die drei nicht wieder,
leg ich schon den fluch d;irauf. Gü^THER 911;
mehr sogen und gedeihen,
als fluche mir aniizi auf nieiiien buckel schneien. 1039;
er faszte, lowen gleich, den allsten hei den haaren,
sah laut frohlockend ihm in sein crblaszt gesiebt
und stürmte fluch um fluch, sein winseln rüiirt ihn nicht.
Weisze Iraucrsp. 1,216;
0, der fluch, den du fluchst, der wird dich selber ergreifen,
du ciilsetzlichcr mann. Klopstock;
fluch gesprochen sei dem erben,
der uns von einander reiszl! Uübcer 38';
ein heimlicher fluch auf mich selbst entwischte mir in einer
art von wulh. Mosers werke 3,37; so wird dich doch dein
böses gewissen und mein fluch verfolgen. THtsisiEis Wilhcl-
mine 79 ; seine donnernden fluche flogen in der küche herum.
94; fragt die natur, sie wird euch mit dem strengsten finger
zeigen, worüber sie ewig und unwiderruflich ihren fluch aus-
spricht. Unfruchtbarkeit, kümmerliches dasein, frühzeitiges
zerfallen, das sind ihre fluche, die kcnnzeichen ihrer strenge,
in der stille des klosters und im geränsche der weit sind
tausend handlungen geheiligt und geehrt, auf denen ihr fluch
ruht. Göthe 20, 267. 268; wir fliehen! 'und der fluch deines
Vaters uns nach? ein fluch, den auch mörder nie ohne er-
hörung aussprechen, den die räche des hiinmels auch dem
dieb auf dem rade hält'. Schiller 198*; da warf ich ihm
lucinen fluch in den hart. Freitag braulf 88;
0 fluch der könige, der ihren werten
das fürchterliche leben gibt. 403';
auf unserm hause liegt der fluch des bimmels. 386»;
icli verbanne dich
aus unsrer heiigen kirche muuerschosz
und übergebe dich dem ewgen fluch. Uhlakds hrnst 38;
und unter fluchen krachet mein genick. 39;
der priester höbe dräuend seine band
und spräche fluch statt segen über uns. 48;
wer solchen fluch getragen hat wie ich,
der bleibt von acht und banustrahi ungcschreckt. 92.
Sprüche: ungerechter fluch trift nicht, fluch ruht auf betrug.
oß im ausruf und mit dem von fluchen abliängigen dativ:
0 fluch dem tag, da dieses landes koste
gastfreundlich diese Helena cmpüeng! Schiller 406 ;
fluch über diese reise! 337';
fluch dir! fluch über dich! fluch über weiberlist! 405».
es ist lehrreich die ßfiche aller zeilen und Völker zu veigleichen,
worauf doch hier nicht kann eingegangen werden, einiijes wurde
schon mythol. 1173. 1176. 1177 berührt, fuhrmanns fluch. Philand.
2, 345.
FLUCHABWENDER, m.
FLUCHBEFREIT,
heil mir und heil der fluchbefreiten Stadt! Schiller . . .
FLUCH BELADEN,
die fluchheladne fackel dieses kriegs. Schiller 342 ;
und jetzt, da wir die schwere wafl^enarbeit,
die undankbare, fluchbeladene gelban. 382*;
ihm, dem feinde
der kirche, dem verslosznen. fluchbeladenen.
l'nciNDS Ludwig 270.
FLUCHDÄMON, m. verwünsdäer getst.
über Moses leichnam stritten
selige mit flucbdämonen. Göthe 4, 371.
FLUCHEN, malediccre, itnprecari, ein worl, dessen form noch
nicht gehörig auseinander gesetzt iä. zwar herscht schon alid. du
schwache vor fluochön fluochöta, und mhd. nhd. yiU keine an-
dere, vluochen vluochete, fluchen fluchte, allein ahd. /./,!>7i
die ' particijiia erfluahhaii , farflunhhan malignus, m.iA .i.i.^
(Grakf 3,760), dasz ein starkes fluochau bestand, dessen ;iu,;.
nicht anders als fliah, flieh gelauld haben kann, drs^ilrulnn
läszt das alts. farflöcan maledictus IM. 135. 7 ztaücknUlieizcn auf
flökan atk, eben in der formet farfluiichan, farflöcan maledictus
halle sich die ursprüngliche wortgeslall .<itatt des sixilcien faifluochül.
farflocöd bewahrt, fiiin i.W auch nnl. vlocken vioekle mgedrungen,
doch begegnet «in/, das wichtige vlicc:
sl vlicc haer sciven ende den
WiiLtv 10.5^-
warum tollte nirht auch irgendwo ein vr n vliecli auf
lauclien ? das alts. flöcan, ft/^k, siflöcan sirhl au/ gtnfhcr rnh
mit gibruocan IH. 167,15 flexus. welchem pari, wiederum er.
bniucau o</cr br.'.kan luV-k unterlugi-n mu.«J, dat von brecai.
brac gibiücan abstelU, obgleich Am vtritandt irf. mhd. /»m n wir
1829
FLUCHEN
FLUCHEN — FLUCHS
1S30
min herze muoj ich brauchen ( : boucben)
iu iuwer aller rät. Mar. 173,33;
ich brouche miniu clinie zuo gole. Kelle spec. s. 164 und noch
anderwärts erscheint dies brouciien {mhd. üb. l, 205"), es liegt
auf der hand, dasz es für bruochen eingetreten und dem fluochen
analog sei. allerdings ist das alts. o zweideutig und bald dem
ahd. Oll, bald dem uo gleich, doch steht hier gerade gibniocaa
und nicht gibrucan.
dem grammatischen gesetz gemäsz müssen sowol flek als brek
{ahd. fliah, priah) für Verengung golhischer reduflicationen faiflök
und baibrök gellen, kein baibrük begegnet bei Clfilas, icoi aber
Luc. S, bi gaigr6tun jah faiflökun und man hol das letzte wie
gaigrüt aus gretan aus flekaa abgeleitet, richtiger scheint aber
Mükan anzusetzen auf den fusz ron hvupan hvaibvop und an-
zuerkennen, dasz die goth. redujlicierenden verba sowol das ai
und au als i und 6 im part. prael. behalten, ohne den laut 6
bliebe die ganze entfaitung in der thal unrollständig.
faiOokun, in der angez^gnen einzigen stelle, drückt aber p/an-
gebant, ixönnotTO aus, nicht maledicebant, und sti plangere,
Trlr^aaeiv stimmt das lautrerschobne flökan genau, plangere ist
= plagere, selbst das lat. ä, gr. rj verhält sieh der gebühr
nach zum goth. 6. ahd. uo. den bütuligen einklang der formen
plangere, flökan, fluociian kann niemand verkennen, wie soll
nun die bedeutung des fluchens aus der ron plangere entuickell
Korden ? plangere, -nlr^aasii- ist eigentlich schlagen, stoszen und
rtXr^ysis, der geschlagene, der verschlagene, verstoszene wäre der
terdammte, verfluchte, y.arü^aros. verdammen gelU unmittelbar
über in verwünschen, tcie goth. vargjan, alts. waragian damnare
in ags. vergian maledicere, exsecrare. se verega gast, malignus
Spiritus ist jener farOiiachan.
unserm flehen steht Quochen fern, jenes hat h, dieses eh,
und Qehen ist, wie sp. 1749 angesetzt wurde, das goth. J)laiban,
J)ai|)!aih, was von flökan, faiflök ganz abweicht, sonst liesze
sich die bedeutung flehen, precari mit der von fluchen iinprecari
vereinbaren, da auch wünschen ein bitten, verwünscJien ein flucMen
ist. das goth. faiflök und J)aiJ)laih slehn von einander, ahd.
könnte für beide fliah gelten.
nicht unmöglich wäre auch berührurrg mit dem altsl. kljati
exseciari, höhm. kleti, poln. klac, wovon kljatva exsecralio, bvhm.
klalba, poln. klatwa, und das nasale a mahnt an plangere, vgl.
flecken und kiecken sp. 1744.
das heutige fluchen hat nun
1) getröhnlich den dat. der person bei sich, maledicere alicui:
viltd. si bcgunden alle vluocheo dem selbem spilman. Nib. 1954, 2 ;
swer dir Duoche, der si verfluochet. Waltu. 11,14;
der Wunsch vluochet im so. Iw. 7ot)6:
gevluochet wart dem tage. VVolfr. tiedcr 8,22;
verflucht sei wer dir flucht, gesegnet sei wer dich segnet.
1 Mos. 27, 29 ; vNer vater und mutier flucht, der so! des tods
sterben. 2iVo5. 21.17; den gollern soltu nicht fluchen. 22,28;
du soll dem tauben nicht fluchen, i Mos. 19,14; welcher
seinem golt fluchet, der soll seine sönde tragen. 24,15;
sihe, ein volk ist aus Egypten gezogen und bedeckt das an-
gesicht der erden, so kom nu und fluch im. 4 Mos. 22, il ;
lieber kom und fluche mir diesem volk. 22,1"; ich hab dich
holen lassen zu fluchen meinen feinden. 23,11; ich sähe
einen tollen eingewurzelt und ich fluchet plötzlich seinem
liause. Hiob 5, 3; segenet die euch fluchen (goth. Jiiujjjaij)
|)aus vrikandans izvis, ahd. luot then wola thie iunih ha;;önl).
.Mülth. 5, 44 ; wer vater und mutler fluchet, der sol sterben
(ahd. dedar fluochöt sinemo fater inti muoter, döde arsterb^).
Mallh. 15,10; wer vater oder mutier fluchet (goth. saei ubil
<\\\>ni allin seinamma aij)au ai|)ein seinai). Marc. 7,10; da
fluchten sie im (goth. })anuh lailuun imma). /oA. 9, 2$; segenet
die euch (vobis) fluchen (|)iuj)jail) j)ans vrikandans izvis).
Rom. 12. 14;
ich will dir fluchen und kann nicht. Messias 10,142;
wenn ich mit flammender räche dir fluchte. 10,144;
ein weib, das ihrem manne fluchet. Lessi?ig 1,86;
auch fluche nicht der alten muhme,
ni.in mu$z ihr brummen, sich zum rühme,
mit stiller sanftmuth übergehn.
die locbter ist ja schön. 1,73;
er fluchte den bauern
die ihn geschlagen. Göthe 40,29.
2) absolut, diras voces mittere, ohne casus:
mhd. ouwfi (laj ich nihl fluochen kao. Walth. 73,26;
der gieng eraus und fluchet. iSam. 16,5; geben gute wort,
aber im herzen fluchen sie. p5. 62, 5; ir mund ist vol fluchens
und billerkeit. Rom. 3,14; segenet und fluchet nicht (gotii,
})iu^jaid jah ni un))iu|>jai|)). 12,14; er fluchet aus leibeskrafien;
Zeus wälzt im bette sich
und fluchte mörderlich. BoiieKK 21';
ins weite feld hinein fluchen. Mestwebt 10t; fluchen und
wünschen, das sich die sonne dafür enlferben möcht. Friedricb
saufleufel C2'; er seufzt schon recht herzlich nach ihnen
und flucht, dasz das haus einfallen mochte. Lessi>g 2,410;
fluchen und schweren, dasz es donneren möcht. Garg. 149*;
dasz die balkcn krachen (r^. 1, 1039), ine es auch umgekehrl
beim heil wünschen heiszt:
got des geve en jummer bei, dat {■= dat et) kraket.
WizLAW s. 45.
3) in, auf etwas, über etwas fluchen :
die bibel flucht zwar drein. GÖNTHSa 530;
itzt spielt sie mit dem weiszen tucbe,
itzt jagt sie sich die mucken fort,
sie niest, ach schönste, halt ich fluche,
doch uicbt aut dich, nur auf den ort.
Rost im taschenb. für dichter 6,117;
das hör ich sechzig jähre wiederholen,
ich fluche drauf, aber verstolen. Göthe 3,112.
selten steht in diesem sinn ein gen. der perscm:
ob sie des wütrichs flucht und seinen tod doch hasset.
Lkssikg 3, ä4ä.
4) fluchen mit dem acc. der sache:
sie fluchten donner und weiter. Wielasd 4,43;
was flucht er seinen morgensegen
durch die beschneiten wilden höhn? Göthe 1,210;
bei aller verschmähten liebe! beim höllischen demente!
ich wollt ich wüste was anders, dasz ichs fluchen köiuite.
12, 144.
alle zeichen fluchen, alle verwünsdiungen aussprechen. Staldeb
2,468;
flucht alle zeichen, dasz der boden kracht. Hebel 44.
einem arm und bein abfluchen. Serz2; flucht dem teufel das
link hörn vom köpf. Garg. 232' (wie Gröa dem Thor den stein
vom liauple segnet); flucht ihm die nase aus dem gesiebt.
GoTTHELF schuldb. 27. s. verfluchen.
FLUCHENSWERTH, exsecrandus :
mög ihn gott verdammen
den thäter dieser fluchenswerthen that. Schille» . . . ;
es spreche weit und nachwelt meinen namen
mit abscheu aus und Friedland sei die losung
für jede fluchenswerthe that. 366*.
FLUCHENTLASTET, ab imfrrecatione liber:
er war zu der erde
erstem hüter erkoren, der fluchentlasteten erde.
Messias 19, 1005.
FLUCFIER, m. dirarum jactator: Christus bittet für seine
Öucher und lesterer. Luther 3, 306*; und füreten den flucher
aus für das lager und sleinigeten in. 3 Afos. 24, 23 ; von einem
flucher nehme ich keinen grusz an. Gellert 3, 180 ;
einen flucher, einen beter,
aller lasier einen thäter. Logad 1, 121, 11.
FLÜCHGESCHICK, n.
das ist das flnchgeschick"der könige,
dasz sie, entzweit, die weit in hasz zerreiszen. Schiller . . .
FLUCHGETRIEBEN, diris actus:
der Wandrer ist der Jude Ahasver,
der fluchgetrieben rastlos jagt umher. Lenad.
FLUCHMAUL, n. os exseerationes jactans: da reck deine
obren wol her, du durchleiifelles fluchmaul, lasz den teufel
mit deinem fluchen unver\vorren. Albrecbt fluchabc. 107 ; ein
verzweifelt böses, loses lasier und fluchmaul. Mestwert 53. 61 ;
der Josua war doch auch ein soldat,
köriig David erschlug den Goliath,
und wo steht denn geschrieben zu lesen,
dasz sie solche flucbmäuler sind gewesen? Schiller 32V.
FLUCHS, sine mora, statim, wie sich aus dem schwanken
zwisclten fliegen und fliehen (sp. 1781) erklärt, oft für flugs
geschrieben: nun war es schon zu der zeit auch der brauch,
das man meinet, wenn man fluchs süffe, so wuchs das erz.
Mathesius 14', ifo doch 1562,19' flucks; der (son gotles) hat
auch in kraft seines Sprechens fluchs im anfang dicht und
lölig gold in seine flieszende wasser und berge sprechen
und schaffen können. 7' = 1562,10*, wo fluchsz; und fluchs
und bald zu haus. Kalsiporus kl*;
da gieng das scherzen an. die spielten der fünf karten,
die jagten fluchs ius loch in dem beschneiten garten.
Flsmiig IBH, wo jedoch 1685,172:
die jagten fuchs ins loch in den beschneiten garten;
besser also fluchs als langsam gebrochen. Moser p. pA. 3,36,
die neue ausg. werke 3, 38 bessert in flugs, s. flucks und fliigs.
115*
1S31
FLUCHSINNEND — FLUCHT
FLUCHT
1832
FI.ÜCHSINNEND, xaxa firjxiooiv,
doch nun haben es anders gewollt fluchsinnende Rötter.
Od. 1,235.
ÜscHNER : die unheilsinnenden götlcr. H. 15, 27 verdeulschl
Voss dasselbe ttorl : arglistcn entwerfend, Uschner: unheiU
Tolles ersinnend.
FLÜCHSTADT, /. Rom, von uannen die päbsle bann und
fluch srhletidern:
froh staunte da die morgcnhore
der poldnen zelten Wiederkehr,
die bann und flurhüiadt der Gregore
und Alexander war nicht mehr. Matthisson 35.
FLl'CHT, f. fuga, pl. flüchte, ahd. fliiht, mlid. vinhl, alts.
fluht, nui. vlugt und von uns entliehen seinr. flykt, dän. fingt.
das ags. flyht utl niebl fuga, sondern volalus, im engl, fliglit
treffen beide bedeuttingen fuga und volatus zusammen, aus dem
golli. j)iiuhan fugere entspringt |)lauhs {d. h. })laiilis, mit kurzem
aij) fuga, urlehem ein ahd. fluh, ohne t, analog dem fluc, flug
rolatus, entspreehen würde, ags. gilt fleäm fuga, welchem sich
altn. flaum cursus celer in der form vergleicht, für die bedeulung
fuga besieht altn. flütli m., gleichsam an ahd. flubto. lauter
merkwürdige verschiedenlieiten und abstände.
1) flucht, fuga.
a) die flucht wird, geschieht, hebt sich:
goth. ,i|)|ian bidjoi|i, ei ni vair|)ai sa jilauhs izvar vintrau,
bittet aber, das ewre flucht nicht geschehe im winter, ahd.
tha; ni werde iuwer fluht in wintar. Mallh. 24, 20. Afarc. 13, 18 ;
erst wankten einzelne häufen, endlich ward daraus eine allge-
meine, unaufhaltsame, wilde flucht;
mhd. dö die andern daj sähen, diu fluht huop sich ron dan.
A"i6. 1954.2;
nhd. die flucht erhob sich über das gebirge.
b) auf, in der flucht, aus der flucht sein: der feind ist
auf der flucht, est en fuite, geht in flucht;
swer immer get en fliihten. Haupt 7,362;
und über das sein res die lufl schncidt und zertrennt,
und auf den woliien her in flüchten springt und rennt.
Werders Ar. 3, ()7;
lind giengen stetig in flüchten. Mathesiüs 43'; der linke flügcl
war schon in voller flucht;
Jugend, lust und schöne wangen
stehn fast stündlich auf der flucht. Gcntbkr 325;
brauche deiner Schönheit frucht,
sie und du sein aus der flucht. Flehiwc 513,
bleiben und entfliehen nicht, auf der flucht umkommen,
c) die flucht geben, fugere, terga dare :
mhd. die andern gäben die fluht. Er. 6623;
daj er kcrte und gap die fluht. Iw. 1055;
nhd. röstet euch und gebt doch die flucht, vulg. accingite
et vinccmini. £5. 8,9; seine fürsten werden für dem panir
die flucht geben. 31,9; wie kompts aber das ich sehe das
sie verzagt sind und die flucht geben. Jer. 46,5; Damascus
ist verzagt und gibt die flucht. 49,24; und alle kriegsieule
gaben die flucht. 52,7; und wenn ir merket, das sie verzagt
sein werden und die flucht geben. Judith 14, 5 ; und gaben
die flucht, das sie den Ebreern entrinnen möchten. 15,2;
hat mir auch nicht gefallen, das er flucht gab, was wolt
man im thun? er ist ein frei ledig mensch. Llther 3,415*;
da die Türken sahen, das sie Heinharten nit widerstcen
mochten, da gabent sie die flucht den nechsten der stat zu.
Aimon C 2* ; und gab die flucht gleicberweis wie sein junker.
Götz V. Beri.. lebensb. 64;
der die flucht gab on alle schäm. H. Sachs III. 1,36';
doch hab wir ihn also heimgsucht,
das er müssen geben die flucht. Atrkr 76';
der in der Schlacht die flucht gibt, den schlage todt. pers.
baumg. 1.33; als er ein.smals bekrieget wurde, gaben all
die seinigen die flucht, pers. rosenUi. 1,17;
wer fromm ist und gerecht, kan sicher bei gott sitzen,
wann alle weit umbner die flucht schon von ihm gibt.
Opitz 1,34.^.
tpdterbin ungebraucht, doch sagt man rciszaus geben in gleichem
tinn.
d) rerutiieden ist in die flucht geben : ich wi! mein schrecken
für dir her senden und wil dir geben alle deine feinde in
die flucht. 7 Mos. 23,27; du gibst mir alle meine feinde in
die flucht. 2 Sam. 22,41; du gibst mir meine feinde in die
flucht, da» ich meine hasscr versWlrc. ps. 18, 41. sich in die
flucht geben, begeben, heute auf die flucht :
dMi er durch« hioterhaui sich io die flucht begibct.
CANffZ 108.
e) die flucht nehmen, ergreifen, prendre la fuite : alsobald er
sähe, dasz Thiamus gegen ihm gieng, nam er die flucht.
buch d. l. 208,2; der mörder hat die flucht genommen, er-
griffen; die gesellen des verwundeten, da sie den lärm sahen,
hatten die flucht genommen. Wieland 8,183;
dreimal prif der Rurgunder an
und dreimal ohne fruclit.
ein hauptmann flcl, die beiden sahn
ihn todt und nahmen flucht. Latater Schwciterlieder 173.
f) flucht machen, flielien: item ob einer oder mehr weren,
die in schlachten, Scharmützeln im feld oder sonst flucht
machten. Fronsperg 1,20"; wo einer fliehen oder sonsten
heimlichen abtreten oder gegen andern ein flucht begeret
zu machen. 3,16". mhd. sagte man vluht hdn:
wessich war ich mchte, ich hetc gerne vluht. Nib. 526,2.
g) in die flucht schlagen: aber der könig von Sodom und
Gomorra wurden dasclbs in die flucht geschlagen und nider-
gelegt. 1 Mos. 14, lO; man hat seine söne in die flucht ge-
schlagen und seine töchter gefangen gefürt. 4 Mos. 21, 29 ;
greif er die feinde an und schlug den Seron und sein volk
in die flucht. 1 Macc. 3, 23 ; und die beiden wurden in die
flucht geschlagen, das sie über das blachfeld flohen. 4, 14 ;
und schlugen denselbigen häufen auf der rechten seilen in
die flacht. 9, 15.
/») in die flucht bringen, treiben, jagen: wenn diese nie
auszurotten, sondern höchstens nur in eine kürzere oder
längere flucht zu bringen sind. Lessing 8,336;
doch zur räche kümt der wirbel, treibt die tochtcr in die flüchte.
LoGAü 3,33,62;
und wieder kam ich, überflel den Baier
vor Burgau, trieb ihn schmählich in die flucht.
Uhlands Ludwig 232;
es war der landwehr geglückt, den feind in die flucht zu jagen.
j) sich in die flucht stellen: sie stellen sich auch etwa
in die flucht, bis sie irn vortheil ergreifen. Frank wcllb. "o*.
sich in flucht auflösen : das gefecht löste sich in flucht auf.
A) die flucht suchen: da aber die schifleute die flucht
suchten aus dem schifl'e und den kahn niederlicszen. apostelg.
27,30; sich nach der flucht umsehen. Heilmanns Thuc. 282.
438. 449 und öfter.
k') die flucht wenden, kehren:
sagt, wohin wendet ihr die flucht? ich gehe,
mich in des nordens wäldern zu verbergen. Sciiii.tK« 431*.
/) einen in der flucht haben, ron sieh fem halten: die geist-
lichen müssen sich in England sehr in acht nehmen, dagegen
haben sie auch das übrige publicum sehr in der flucht.
GöTHE 29, 82.
ni) flucht mit einem genitiv:
die werke kluger sinnen
hat nie vertilgen kiiiinen
der Zeiten starke flucht,
wie viel sie sonst vermocht. Locau 3,67,57;
des leidens melodien
rauscht der enteiste bach,
und alle scherze fliehen
der flucht des winters nach. Wetsze tyr. ged. 1,256;
die flucht der Jugend, der jähre. Gottir 1,436;
stehe in dem slurm der jähre.
daure in der zelten flucht. Schiller .553*;
die klänge verhallen in der flucht des augenblicks ; die {beim
fahren) vorüberrückenden berge, die vorbeistürzenden h-lume.
die wegrinnenden felder, diese flucht der natur schien in einen
groszcn Wasserfall zusammeuzuflieszen. J. P. Hesp. 3, 85.
n) mit praepo.tUionen : die flucht ins thal, ins freie, grüne;
Gustav war in der mitte des schönsten und wichtigsten jahr-
zehends der menschlichen flucht ins grab. uns. löge 1,185;
die flucht aus dem kerker.
0} flucht, der weg der flucht: weidmännisch, flucht und
schweisz haben, die spur des uüds;
siehe, da nidelten dort sich die hirsche zusammen und «türzien
laut die sti'iubende flucht hinab ins otTrne blachfeld.
Ki'iicKR 24<)\
p) auf der flucht, während der flucht, nach der flurbi :
doch das hab Ich alles ertragen
auf der traurigen flucht, und nah am verfolgenden feinde.
GAthr 4ü, .131 ;
dies angedenkon trug Ich auf dir niicht
mit mir als rin gi-roitct liejlleihum. l'HLAHn» Kriul f»6;
nach der flucht de» r<i'Hl.-e .iilnm-ii' alles wieder auf.
1833
FLUCHT — FLUCHTHANS
FLUCHTHAÜS — FLÜCHTIG
1834
2) flucht, Zuflucht, refugium:
mhd. war hat diu arme sele fluht. Part. 467,5;
min triuwe hat doch gein in Duht. 4SS, 8;
er was der nölhaften fluht. a. Heinr. 64;
nhd. lu dir pfleg ich in angst und grämen,
0 herr mein gotl, die flucht zu nehmen. Opitz ps. s. 20.
3) (lucht, 6« den hauleulen, isl die gleiche, gerade richlung
oder linie der matiern und gebäude, hecken, zäune, baumreihen,
die ebene in der sie zusammentreffen: die flacht vor der thür,
der freie sjnelraum; in die mauer sind, in einer flucht, mehrere
nischen angebracht. Göthe 2S. 99 ; die strasze ist krumm,
hat keine gerade flucht; beide häuser haben gleiche flucht;
zaunpfäle werden mit einer ihrer seilen in die flucht gesetzt ;
diese bäume sind in eine flucht gepflanzt; es sind da sechs
fenster in gleicher flucht, fr. le jeu, la jouee, der sjnelraum :
i! faut donner plus de jeu h la penture de cetle porte, man
musz den thfirhaspen mehr flucht geben, da jedoch lal. alae,
gr. Ttreoä in gleicher bedeittung bei gebäuden vorkommen, so
scheint hier wiederum flucht eigentlich fing und flftgel auszv-
drücien, nach dem schwanken zirischen fliehen und fliegen.
4) flucht für flug, wie engl, flight, vgl. flug 4. 5:
eine flucht von tauben. Gökit<gk 2, 161 ;
taubenflucht mit rauchen hosen. Schiujt p. W. 280;
eine flacht spalzen schnarrte vom boden auf; eine flucht
hühner. Münchhausen 25. nd. selbst für flügel:
ratsch ratsch, hett hei en stock herunner von den hahn,
unii nu ne flucht, un nu en bein! Fbitz REtrrBR lauschen 133.
s. ausilucht, dingflucht, Zuflucht.
FLUCHT, flüchtig: flüchte jungfrawe. N. tos Wile 265,17,
bedarf mehr beiceiscs.
FLUCHTBARLICH, fluchlperlicher oder geschickter zu
fliehen, pcrfugahilis. voe. 14S2 il'.
FLUCHTBAU, m. weidmännisch, ein bau, den sich der fuehs
für den nothfall hält.
FLÜCHTEN,
1) ahd. fluhlan, fugare. GniFF 3, 768.
2) nhd. in iutitm perfcrre: als der feind nahte, wurden alle
schätze eiligst eingepackt und geflüchtet; als die Stadt brannte,
wollte man auch bei mir flüchten und retten. Göthe 21,223;
wenig flüchteten wir. ich sasz die traurige nacht durch
vor der siadt auf dem anger, die kästen und betten verwahrend.
40,250;
du warst es, treue seele, der ihn (den schätz) mir
dorthin gefluchtet hat auf beszre tage. Schiller 490".
3) inlr. die flucht ergreifen:
mhd. er dähte 'roirst der wec ze lacc,
flühtich wider geim walde'. Parz. 339,25,
wo Lachm. unpassend flühtic setzt, ohne anzugeben, dasz 10125
6« Afü//er fluchtich steht; nhd. schon beim ersten erdstosze
flüchteten alle ins freie feld; damit man sie nicht für eine
landstreicherin ansehen möchte , die irgendwo mit einem
schabe flüchten müssen. Moser 3, 31 ;
0 da<z ich jetzt nicht mit den schwalben
verschlafen oder flüchten kann! Gcsther 191;
vor körperreiz pflegt niemand auch zu flüchten. Göktigk 2, 169;
sie [die kranken äugen) flüchten schon vor meiner lampe schein.
3,43;
Laura, über diese weit zu flüchten
wähn ich, mich im himmelmaienglanz zu lichten,
wenn dein blick in meine blicke Qimmt. Schiller 3*.
4) gleichviel ist sich flüchten:
wenn alle weit dich herzlos kalt verhöhnt,
so flüchte du dich hin zu unserm grabe. Schiller 514';
wenn ihr mich enterbet, vater,
ohne land und ohne boden,
musz mich in die fremde flüchten, üerders Cid 21,9;
da nun das mädchen erfuhr, dasz sich der pflanzer vor der
wuth der ncger, die ihn verfolgten, in einen nahe gelegenen
holzstall geflochlet hatte. Hei>r. v. Kleist 3, 194.
FLUCHTERREGER, m. *. fluchtrcrbreiter.
FLUCHTFREL zur flucht frei und offen stehend.
FLUCHTGIERIG, fugae dedilus, feige: zaghaft, flucbfgirig
und forchtsam. Froxspehc 1, 183'.
FLUCHTHANS, m. homo ignavus, feigling: hieroh mehret
sich die forcht des fluchthansen dergestalt, dasz er seinen
schilt auf den nicken warf und heftiger dann davor mit spom-
streichen zuschlug. Amadisl^O; so verschaft nun, dasz dieser
fluchthans sich für überwunden halle. 286; verliesz Amadis
den andern fluchthansen. 358 ; diese weren lauter fluchthansen.
Scnt^rz besckr. von Pr. 69. vgl. federhans, groszhans.
FLUCHTHAÜS, n. asyl: unsere eidgenössische lande, wie
sie sint der zeit ihrer dapfern wieder erstelleten freiheit ge-
wesen ein fluchthaus viler um der religion, kriegs oder an-
derer Ursachen willen verfolgten Völkern, also auch sein können
asylum languentium, ein trost- und heilhaus der kranknen (so).
ScHEccBZER naturg. d. Schw. 1,60. mhd. vluhthCis (ir6. 1.740").
FLUCHTHEER, n. fliehendes heer. J. P. Iierbstbl. 3, 105.
FLÜCHTIG, ahd. fluhtlc. mhd. vlühtec,
1) sein oder werden, fliehen, auf der flucht sein:
mhd. 80 muo? ich ieraer mite
vluchtic sin vor Rotbere. Roth. 2017;
des war er ist vlühtec nibt,
er entwichet durch decheine not. kröne 10708;
waer ich von unkunst gesin
vlühtic dem herren min. Bart. 280,36;
ern wart von im niht vlühtic. Silv. 1635;
nhd. unstet und flüchtig soltu sein auf erden. 1 Ifos. 4, 12. 14 ;
schössen pfeil und donnerstral in die feinde, das sie geblen-
det und flüchtig wurden. 2 }Iacc. 10,30; si wollen fürhin,
weil ir herr nun flüchtig an in wer worden, treuer leisten
und halten. Frank wellb. 233*; da zog herr Paulus und wir,
die bei im waren, wider hinter sich, gleich als wären wir
flüchtig. Götz v. B. lebensb. 52 ; viele von denen, welche im
ersten schrecken flüchtig geworden , zeigten sich wieder.
Schiller 904. das volk sagt auch flüchtig gehen: wir musten
vor dem wilden thiere flüchtig gehn; hätte mich der starke
kerl angepackt, ich wäre flüchtig gangen.
2) flüchtig thun oder machen, in die flucht schlagen:
mhd. der e flühtec tet ein her
und manegen frumen riter vie,
dem künde sich gefristen nie
mit deheiner siner krafl. Wigal. 109,12;
nhd. wie gehets zu, das einer wirt ir tausent jagen und zween
werden zehen tausent fluchtig machen. 5 Mos. 32, 30. sich
dem Jäger flüchtig stellen, vom fliehenden wild, das schusz-
gerecht wird:
der äugen klare blicke
sind unsre stärkste kraft, sind unsre band und stjicke,
dadurch uns räilt ins garn ein wild, das uns gelallt,
und sonst zu unsrer gunst sich etwa flüchtig stellt.
worle eines mädchen.^ bei Locic 2, 11.
3) lebendig wird vom flüchtigen fusz gesprochen: er ist auf
flüchtigem fusz, auf der flucht ; Joseph wolt Mariam verlassen,
heimlich und ungerüget flüchtigen fusz von ir setzen. Fra.me
cAron. 126'; dasz sie mehrmals den mannen, so gleich flüch-
tigen fusz wollen stellen {die im begrif standen zu fliehen),
herfür under die äugen gestanden sein. Fbossperg 3, 202' ;
das er von uns heut oder morgen
setzet einen flüchtigen fusz. U. Sachs III. 1,262'.
4) der flüchtige, profugus: seid doch ir Gileaditer unter
Ephraim und Manasse als die flüchtigen zu Ephraim, rieht.
12, 4 ; Ire flüchtigen fliehen von der drcijerigen kue bis gen
Zoar. Es. 15,5; verbirge die verjagten uud melde die flüch-
tigen nicht. 16,5; bietet brot den flüchtigen. 21,14; und
niemand sei, der die flüchtige samle. Jer. 49,5; ein häufe
flüchtiger Soldaten.
5) flüchtig, schnell von thieren: ein flüchtiges ros, der flüch-
tige hase; einen flüchtigen reitklcpper kaufen, irrg. d. liebe
415; das flüchtige rennlhier. Fr Müller 1,24;
sie lieben nicht die rast, und säum ich noch,
sind sie entflogen auf den flüchtgen rossen.
Uhla:«ds Ludwig 204.
6) flüchtig, vergänglich vom menschen:
ach wie nichtig, ach wie flüchtig
ist der menschen leben!
wie ein nebe! bald entstehet
und bald wiederum vergehet,
so ist unser leben, sehet! anfang eine» kirckenlieds;
ungleich vertheilt sind des lebens guter
unter der menschen flüchtgem geschlecht. Schilleh 491*;
was sind hofnungen, was sind entwürfe,
die der mensch, der flüchtige söhn der stunde,
aufbaut auf dem betrüglichea gründe. 507'.
so auch von blumen, die flüchtigen, verwelkenden, flüchtige Öle,
die schnell verdurtslen; flüchtiges salz, sal volatile.
7) mit flüchtiger feder aufgesetzt. Weise kl. leutc vorrede;
häufig in alten Stammbüchern ; mit fluchtiger feder setzte er noch
hinzu. Göthe 17, 386. wie mit eilender feder. oben sp. 1396.
8) die Junker von flüchtigerem geblütc flatterten schon
über das pflaster, um die blassen fräuleins an der toiletle
zu besuchen. Thijumel Ht/A. 64 ; wie oft verfolgte sein schwerer
witz die flüchtigen reden des lustigen kammerjunkers. 113;
1835
FLÜCHTIG — FLUCHTSTRAFE
dasz nichts unsicherer ist, als fürstengunst, vornemlich eines
so jungen, Qüchtigen, lockeren fürstensohnes wie dieser.
Rhetscbmanns fam. Eichenkron 44;
Tergänglich i»t und nochtiger als wiml
der schönen punsi, die brudcrtreu der lerher. Wielakd 9,4;
dieser wallet mit pedull, jener mit flüchiigem sehnen
in die irren der zukunfX hinein,
aber alle wnhnen
söhne des himmels zu sein. Kl. Schmiht phuntnxien 71 ;
jene ungeküustelte geschmeidigkeit und gratie der diction,
durch welche sich die flüchtigen gedichte der Fniuzosen vor
den ähnlichen arbeilen aller neuern nationen auszeichnen.
Gotter 1, VII ; davon soll uns der bischof eine fliichiige über-
sieht geben. Göthe 54,11; diese fehler sind wie tliichlige
stützen eines gebäudes, die man nicht wegnehmen darf, ohne
vorher eine feste mauer unterzuziehen. 19, 162 ; selbst die
feinsten flüchtigsten gefühle. Tieck ges. nov. 8,260; in der
flüchtigen unsichlbarkeit ungesehen. J. P. biogr. bei 1, 61 ; gleich-
gültiges das tödtet das flüchtige salz des geistes. Bettine
br. 2,117; ich habe doch nicht alles aufschreiben können,
weil diese gedanken zu flüchtig sind. 2, 2s9.
9) nach flucht 3 : das neue haus steht mit dem alten
flüchtig.
FLÜCHTIG, adv. kviler, slridim, festinanicr: ich berühre es
nur flüchtig; ein buch flüchtig ansehen; es ist ganz flüchtig
geschrieben;
nein, ob das aug ihr flüchtig überlief,
nur wie ein leichter hauch den spiegel trübt.
Uhlauds Ernst 4S.
FLÜCHTIGEN, fugare, in fugam veriere : der teufet wird
geflüchtiget, bibel 14S3, 234' = Tob. 6,19; der Türgg hat den
kiinig Ludwigen zu todgeschlagen und die Christen gellüch-
tiget. BuixiNCER 3, 327 ; aber er ward von im überwunden
und geflüchligel. Stumpf 1, 165'. s. verflüchtigen.
FLÜCHTIGKEIT, f. telocUas, levilas, fatlinalio, nach den be-
deulungen ton flüchtig: die flüchligkeit des rches; die flüch-
tigkeit seiner feder; ein öl, dessen Zähigkeit seine flüchligkeit
befestigt. Kant 9,22; die flüchligkeit des menschenlebens.
FLL'CHTKBIEGER, m. nit so gar herzenhaft im dngrif,
sunder fluchlkrieger in der eil und fluelil. Frank uellb. 139'.
FLÜCHTLING, m. profugus, fugilivus: wir sind flüchtlinge
und bitten um ein obdach ; ihr sollt dem flüchlling herberge
geben ;
der hase flieht mit bangen schritten,
sucht und erreicht das ferne scbaf,
das unbewegt bei seinen liilten
an (Urcbt den Nüchtling übertraf. Hagedorn 2,35;
seitdem das gold, der lliichtling,
leichtfüszig, wie ein zephyr
mich flieht mit rascher ferse. Overbecs Anakreon 106;
bin ich der Oüchtling nicht? der unbehauste?
der Unmensch ohne zweck und ruh? Göth« 12,175;
das rettungsschif, das nur dem flfichtling frommt,
zertrümmert er. Umlands Ludwuj 2üG;
und dieser, um den zorn, den ihr ihm tragt,
zu sühnen, euch den flüchtling anerbot. Ernst 33.
in folgender stelle leichtsinniger mensch, landsirächer? dann
gibts flüchtlinge und üble spaszvögel, die sich herabzulassen
scheinen, um ihren übermuth dem armen volke desto empfind-
licher zu machen. GOthe 16,11.
FLUCHTI.INGIN, f. fliehendes mädchen : halbkugel, die er
in Herculanum in der asche ausgedrückt gefunden vom busen
einer schönen flüchtlingin. J. I'. Tit. 4, 83.
FLUCHTLINIE, f. an gebäuden. s. flucht.schnur.
FLUCHTKEDE, f. excusalio, ausflnclU: so ist ir bchelf und
fluchtrede nichts gegen solche öffentliche warheit. Lotber 7, 34*.
FLLCHTHEISE. f. fuga.
FLL'CHTRÖHRE, f. die sich der fuchs gräbt, s. fluchtbau.
FLLCHTSAL, fuga, nihd. fluhtesal, vlühtsal:
si brihte dar durch nühte.sal
de« werden Gahniureies kiiit. l'<u:. IIT, It;
dai wirt begraben kA zestunt
durch vlülit-tal in drr erde grünt. liarl. 238,30.
tpitere ttelUn bei Oheri in 401 und mhd. wb. 3, 347.
FLLCHTSAMI. f. dasselbe (o. 1383). weiilh. 4, 4S0.
H.LCHTSCIi.XNZE, f. redoule. Radlein 291".
FLLCHT.SCHNLR, f. dir der manrer ausspannt, um einen
bau iu ncMen oder zu verselicn. s. flucht 3.
HI ( lllvr\TT, f. freittalt, n'<.l !!»„,.,>.
i ItAFE, f. unsc! - verzichllhun auf
j' Ige und unsere I1ii< : ime» jeden schrittet
FLUCHTVERBREITER — FLUDER 1836
aus dem marschregicment oder der scbrittordnung der collegien-
schnecken. J. P. friedenspr. 41.
FLLCHTVERBREITER, m. fir,aT(x)Q fößoto,
und Tjdeus söhn, den Kriegeswüihcrich,
den fiuchlverbreiier fernt. Bühckr 170*;
thränen benetzten den rand, benetzten die walten der kriegcr,
solch ein fluchtvcrbreiier war der, nach dem sie sich sehüien.
241'.
Voss verdeutscht schreckcngcbietcr, Usciiner fluchterreger.
FLUCHTVERSUCH, m. fugae conatus.
FLÜCHTUNG, f. salus fuga pelüa.
FLUCFIUNG, f. imprecalio, exsecratio. voc. 1482 il".
FLUCHVOLK, n., auf dem ein fluch lastet.
FLUCHVOLL, exsecrandus :
flucbvolles amt das mir geworden ist. Scdiller . . .
FLUCHWASSER, n. das bittere tcasser des Moses.
FLUCHWÜRDIG, exsecrandus:
flucbwürdigo gewalt der stimme. Göihk 9, 3.i8;
fluchwürdig Schicksal des Soldaten. Schiller 3t:f.
FLUCK, cito, KOS man gegen die ableitung von Oucks aus
flugs gellend machen kann:
ich wil reiten, so fluck ich kan. H. Sachs V, 355*.
FLÜCK, FLÜCKE, volucris, volalilis, plumatus, ad volandiim
ßrmalus, ahd. Ducchi (Graff 3,763), mhd. vlücke (wb. 3,314)
ans fliegen, das cch entsprungen uic in Awicchi avium, lucchi
fallax u. s. u\ : vil catholische beiden gesagt und geschriben
haben, das Christus uns, da wir noch nicht fliick waren,
geätzet habe, bienenk. 99"; vermeinelen einen flücken vogel
auszuheben (viel zu erben). Kircuhof wendunm. 426';
doch lasz dir leicht sein das gelück,
weil es gar waukel ist und flück. H. Sachs 1,126*;
du bist so wanket und so flück. Ul. 3, II';
wir wollen das nest voll flücker jungen ausheben und den
alten vogel dazu. Fr. MiIller 2, 78 ;
0 lernet früh, die flügel jedem wünsch
noch eh er Uücke wird. Beschneiden. Stolberc 5,83;
ein vögelchcn ist flücke,
das ei verschlieszt noch dieses. 15,257 (vgl. .inakieon 33);
und so brütet musik fort, von da an wo der geist sich regt,
bis er reif und flück und ungeduldig hinaussliebt nach jenseits.
Bettine br. 1,268; küminre dich nicht um die leeren eier-
schalen, aus denen die flück gewordenen geister entschlüpft
sind. 1, 288. einen allen beleg für die bedeutung plumalus,
plumeus liefert des Conrad Dankrotzhelm nambuclt s. 108 :
sidene borten mit gold bcslagen
und was ein töhterlin sol tragen,
vine hüben, berlehle locke,
flucken beige und bouwelröcke,
feine haube, perlen in^ haar, federbalg und baumwollen rock,
s. flick und flügge.
FLUCKS, cito: heb dich flucks und bald, ich schineisz
dich uf dein schcdcl zur kanzel ab, bald! rier beschwernüs
eins Pfarrers. A4'; flucks böswicht, stige hinuf! D4*; so
schreib bald ein urfede, flucks! D4'; hebe dich flucks und
bald hin weg, das ich dich nimmer sehe! ebenda, s. fluchs
und flugs.
FLUDER, n. canalis, alveus, rivus, fiuor , gerinne, ahd.
fluodiir, das noch zum golh. flödus stimmt und dte media fest-
hält, NoTKER schreibt floder: ioh tdr undere hirlicho ersuizz«nde,
tPla si (hmo) dia iiida föne düino flödcre eruini^n, siib qiiibus
plurimum sudans ima subjecia roscidis videbatur inundare
fluoribus. Marl. Cap. 59. hier Iwiszen also die roscuh- fluores,
der auf die erde triefende scIiwcLsz der himmelskönigin flöder.
fr» den j/o.wcn begegnet aber (luodar für rates, die rinnenden
schiffe.
mint, dö huob <>r i^f und trnnc
einen irunr, t\fr begundc biAdern,
als da^ waner üf den flödcrn
an allen clmuiplmuln tuot. weinscliw. 2.30,
Toutdien gleich dem watser auf dem gerinne aller kumpfmükn ,
vollende mit \M\% schrie
den meiüiir üf des straiidis vlüdr
und mit im xwi!uc und zw*nzic brüdr. Jkrojchin 2(W02,
am rauschenden, flutenden sirand, der n-im auf brftdr sniini
den laut A t/H(/ iio. nlui. hat steh das schnne wart nur fürt
girinne der niide erhalten, in Itaurn auch für hätflöste auf dem
watser. Schm. 1,580; ob das wehr, die rüder und dns fluder
stark. HoBBCiui 1, U. fiillOudcr u/ icUcuue. t. gcfludcr
1837
PLUDER — FLUG
PLUG — FLUGBRET
1838
FLUDER, m. mergus, nvyoaxe/.is, der tauchet, ahd. tüchil.
fluder nur bei Maaieb 13S' neben dünhel = düchel, tftchil,
doch finde ich von Fiscbart Garg. 237* (am schlusz des cap. 40)
unter einer menge tögel auch die Öuder (///.) genaiuil. s. fludern.
FLCDER, prunus insiticia, getcOhnlich krieche, su/ime scidehe,
bei Nemmcu auch fliider, pOiider, «ras doch vom vorangehenden
fluder ganz verschieden, eher zu pfludern, flattern fällt, oder ists
nieder?
FLIDERBAUM, fn. fachbaum vor einem mülgerinne, aber auch
pöszholz, geschu:emmtes holz, trißholz. Sch*. I, 5S6. in Coleri
hausbuch 6. 20 : ein bäum, woraus man spundstücke zu fludern
oder ganze fluder machen kann.
FLIDEHEI. f. flöszgeschäfl.
FLLDERER. m. hvLflöszer, in änigen gegenden Baiems. das
nolizenbl. 6, 334 hat einen Ditniarus fluderraagister (ßudermeister).
FLUDERN, mit langem u, rinnen, flieszen machen, holz aus
den bergen mittels der wetterbäche in die beständigen bäche und
flüsse und auf diesen weiter fortscbicemmen; durch den Ämmer-
see wird das triftholz gefludert. Sch». 1,5S6.
FELDERN , toläare, mit kurzem u, gleicfiricl mit flattern
{sp. 1731), auch gesprochen pfludern. hüner, junge vögel, fleder-
mäuse fludern; o ihr verwirrte nachlkefer, wie fludert ihr
so unbehufsam um ein scheinendes Hecht. Megerle; immer
wonniger fludert es {das töglein) und badet sichs im sonnen-
goid. HoLTEi Lammfell 2,91. auch wn u;asser und wind: aber
wiltu (beim einschenken) darüber fludern. so verschüttestu.
Keisersb. bilg. 157*; der wind geht gefludert, geht lau, flau,
flattert nur. s. gefluder, geflatler, fluttern.
FLLDERR.VLH, par volalui, trenn der rogel im nest stark
zum ausflug ist, flattern kann,
FLUG, m. volatus, pl. flüge, der goth. ausdruck unbekannt,
ahd. fluc pl. flugi, vihd. vluc f4. Tlfige, alln. flug n., ags.
flyge m. neben fljht f., nnl. vlugt.
1) in eigenlliclien sinn.
mhd. an ir hohem vluge wart ir wä. Parz. 282,19,
einer sneller swalwen lluc. MS. 2,238';
als der valke enfluge tuot. MSF. 156,13;
und möhte ich dem arn
beschröten sine wite vlüge. kröne 18423.
nhd. wie ein vogel der durch die lufl fleuget, da man seines
weges keine spüre finden kan. denn er regt und schlegt in
die leichte luft, treibt und zuteilet sie mit seinen schweben-
den flügeln, und darnach findet man kein zeichen solchs
fluges darinnen, tceish. Salom. b, 11 ;
ein häufling, den der erste flu^r
aus seiner eitern neste trug. Lichtwsr . . . ;
mir träumt, ich war ein vögeleia
und (log mit gaukelliariero flug,
dann auf die weisze band,
dann wieder auf das busentuch
und pickt am rothen band. Höltt 39;
nun wiegt sich der raben
geselliger Oug. Göthe 1,99;
wie er im raschen flug
hin durch die wölken schifte,
stumm durch den znitschernden zug,
der Ahasver der lüfle !
ged. ton ArixsT. GrÖ!« 3 aufl. s. 277.
dies 'im fluge' wird Itdufig gesetzt für schnell, tcie ein vogel
rorüberfliegt, poln. w lot, böhm. letmo von lot, let flug: im fluge
haschen, fangen:
die im flug vorüber ziehen. Götbe 1,23.^;
er ist im fluge von Paris zu Madrit. 10,70; ihren schalten
iiabe ich schon im fluge gesehen, lasz mich sie wieder in
meine arme fassen. 20, 101 ; im flug gesprochne worte. Nacbert
rolkam. 1, 61 ; ich schreibe dir im flug. Bettine br. 1. 136.
glrichriel ist der gen. fluges, flugs, «foro» nachher besonders.
2) iibertragen auf alles sich schnell bevegende, auf wind, seele,
gedanken, seufzer, tranm. äuge, blick, wagen, rad, pfeil, fusz:
i»t sie schon auf den flug,
die seele, so ists aus. FLgai^tc 3n;
den vers eines gesanges, der die seele dahin erhebt, wohin
der redner wünscht, dasz sie ihren flug nehmen möge. Götue
18,220;
du sowol ihrer seufzen Oug,
als ihr geschrei und klag wol merkest. Wkckberli!« 40;
der goit des schlaf« fliegt ihr (der nackt) zur seilen,
die Phantasie, der träume Oug,
der eulen banger schwärm begleiten
den ernsthaft feierlichen zug.
BoiB an den abend im musenatm. 1770;
zittert eine ge.«tah, dämmernd in mildem giani,
leisp« fluges vor dir vorbei,
winkt uuU lächelt dir zu, Miller, es ist dein freund ! Uöltt 81;
die erde scheint wie nichts
in jenen geffenden des lichls,
wo deiner blicke flug an fremden weiten landet. Uz 1,69;
durch die schwebende weit flieg ich des wind es flug.
Schiller 6* ;
wirf ganze alter weg und winsle statt der reu,
wie gar zu schnell der flug der augenblicke sei.
Dlsch renn, werke 351;
der stunden flug. Gotter 1,407;
der schnellen fiisze flug. Wulasd 4,16;
des sonnenwagens flug,- 22,202;
mit geschwinden sohlen
eines wagens flug zu überhohlen. Scbiller 216';
dichter, die so gern ihren flug weit über alle fassung des
gröszten tbeils ihrer leser nehmen. Lesslng 1,155;
jede wunde,
die auf des dichters ersten flug
ein kalter recensent ihm schlug. Gotter 1,452;
er hat die flüge gethan! ob er sie ferner wird thun,
das steht bei meiner gebietenden laune.
Kl. Scuiidt lutm. dicht. 4.
3) in den «•eisthümem erkenrU die furmel 'zug und flug' fisch-
fang und falkenjagd zu, es steht oß geschrieben zock und flock
(pflock). i?.4. 45. 46. oder anders ausgedrückt 'den fisch im
wasser, den vogel in der luft', loiseau eis aire et le pechon
sur le gravier, auch mit hinzufügung 'und darmit den hohen
flug' {weisth. 2,29); man möchte Parz. 282,19 lesen:
an des hohem fluge wart ir wä,
weil der falke aus der höhe auf die lagernde gans stiesz, die
gans kann nicJU hoch geflogen sän. N. M. Cap. 39: einiu
Thalia diu ward ze leibo [blieb zurück, dahinten) in einemo
felde scünemo, wanda iro albij fleug ze sewe, dö si dia burdi
joh ten bühflug erliden ne trftw^ia.
4) flug drückt nicht selten flügd aus {wie zug zügel):
mhd. und het er danne zwene flüge
ich wolt in für ein enge! han. Geo. 4782;
und het er flüge, ich wänt da; e; ein engel waere.
Albr. tu. 166,2;
auf seinem heim fürte
ein flug von chlarem golde reich. Scche?(w. 15,212;
ouch stiegen, als diu wärheit gibt,
zesamen ir gespreiten flüge. Uberlii« 402;
vielMcht ist auch kröne 1S324 die vlüge beschroten die flügd
schneiden ;
nhd. nun hat die gegenwerlig nacht
mit ihren schwarzen flügn gmacht
die bimelwolken dunkel zwar. Atrer ISC.
der pl. flüge entspricht dem lot. alae exercitus, uas wir heute
flügel nennen :
die vlüge dd ze velde vlugen. kröne 18529;
wan ich hän in arebeit
die vlüge gesehen fürwär. 18274.
5) ein flug tauben, rebjiüner, vögel, äne rotte, nn häufe,
was wir heute kntle nennen, und wofür wiederum flucht gut
{sp. 1S33) ; ein flug bienen, examen, schwärm.
6) flug, gelegener räum und vortheilhaße richtung auszufliegen.
ein bienenstand musz so angebracht sein, dasz die bienen
einen guten flug haben, s. flugloch.
s. abflng, anflug, aufflug, ausflug, durchflng, einflug, eulen-
flug, nachUug, uaiüug, vogelflug, vorflug, zuflug.
FLUG, adv. subito, mit dem acc. sg. gebadet, wie weg, tag :
ein pferd ist ja allein für uns zween nicht genug,
und dieses edle ros kömpt uns zu helfen flug.
Werders .4r. 1, 73;
hernach jagt er ihm nach demselben plerde flug,
das mit dem fräwlein ihm sein herz auch weg mit tnig. 8,32;
doch die bedingung liesz er ihm gar hart ffirschreiben,
dasz er zwar ein ganz jähr bei leben solle bleiben,
zum ende dessen soll er aber sterben flug. <J, 46.
FLUGASCHE, f faviUa volatilis, loderasche.
FLUGBEGIERDE, f. aviditas volandi, currendi:
so rennt es fort mit wilder flugbegicrde. Schiller 9S*.
FLCGBIENE, f. apis operatrix, die nach den Numen aus-
fliegende arbeit^iene.
FLUGBIRNE, f Crataegus rolundifolia, aus fluhbirne entstellt,
emil. alpine mespilus.
FLUGBL.\TT. n. fliegendes blatl, flugsdiriß.
FLUGBRAND, m. im walzen, haber, gerste, auch staubbraod.
FLUGBRET, n. am fluyUxh da- bienenäOtkt,
1839
FLÜGEL
FLÜGEL
184Ö
FLÜGEL, m. ala, mbd. vliigel, mnl. viogel, nnl. vleugel.
in den yolb. fraym. ist keine yeli-genheit zu dem uort, ags. slcltl
feder pcnna zugleich für ala, altn. gilt vtengr, scltw. ddn. vinge,
tcolier uuch emjl. wiiig. incrkwüräig, dasz Jus ial. uorl sich
nicJU tun volare uie Uiigel ton fliegen, fUticli von feder,
TixiQv^ t'OH titsqÖv leitet, sondern zu axilla gehört und tvic
schwinge die krafl des schwingenden gclenkcs ausdrückt.
1) der vügel regt, versucht, hebt, breitet, spreitet, wiegt,
schwingt, schlagt, schrankt, schmückt, hängt dieflügel; der
bahn schlägt die fliigel und kräht; die schwalbe huscht
auf den flügeln; die henne deckt mit ihren fliigeln die
küchlein, nimmt sie unter die fliigel; die flügel nieder,
fallen, hängen lassen; den vogel beim flügel haschen, er-
wischen; die flügel schwirren, rauschen, flattern; die flügel
sind ihm schon gewachsen, sind ihm beschnitten, wie ein
adeler ausfüret seine jungen, breitet seinen fittich aus und
tregt sie auf seinen flügeln. b Mus. 32,11; wenn ir zu felde
ligt, so glenzets als der tauben flügel, die wie silber und
gold schimmern, ps. 68, 14 ; beschirmen wie die vogel thun
mit flügeln. Es. 31,5; auffaren mit flügeln wie adeler. 40,31;
sihe, er fleugt daher wie ein adeler und breitet seine flügel
aus. Jer. 4S, 40 ; wie eine henne versamlet ire küchlin unter
ire flügel. Mallh. 23,37; versamlen wie eine henne ir nest
unter ire flügel. Luc. 13, 24 ;
uod adler und falken und iiabichlc schweben
und wiegen die llügei im blcudeaden strahl. Scuillsr 9';
0 kette ich flügel wie tauben, das ich flüge und etwa bliebe!
j)s. 65, 7 ;
0 hält ich flügel, flog ich auf! Götuk 12,301.
2) flügel der engel, winde u. s. w.
mhd. dö truoc der junge Parziväl
äoe flügel eugels mal. Parz. SOS, 2;
im A. T. tragen die cherubim und sa-aplnm flügel : und die
Cherubim sollen ire flügel ausbreiten oben überher, das sie
mit iren flügeln den gnadenstuel bedecken und eins iglichen
andlitz gegen dem andern stehe. 2 Mos. 25, 20. 37, 9 ; und er
sprach, wer bistu? sie antwortet, ich bin Ruth deine magd,
breite deinen flügel über deine magd. Ruth 3, 9 ; beschirme
mich unter dem schatten deiner flügel. ps. 17,8; und unter
dem schatten deiner flügel hab ich Zuflucht. 57,2; neme ich
flügel der morgenrote und bliebe am euszersten meer. 139, 9 ;
Seraphim stunden über im, ein iglicher hatte sechs flügel,
mit zwen deckten sie ir andlitz, mit zwen deckten sie ire
füsze und mit zwen flogen sie. Es. 6,2; und ich höret die
flügel rauschen wie grusze wasser und wie ein gedöue des
allmechligen wenn sie giengen, und wie ein getüniel in irem
beer, wenn sie aber still stunden, so lieszen sie die flügel
nider, und wenn sie still stunden und die flügel niderlieszen,
80 donnerte es im himel oben über inen. Ez. 1, 22 — 25 ; der
wind mit seinen flügeln wird sie gebunden treiben, //os. 4,19;
und das rasseln irer flügel war wie das rasseln an den wagen
vieler ros, die in krieg laufen, offenb. 9, 9.
schlaf bis der morgenrötlie nügel
der weit die färben iviedcr bringt. GGnTUER 280;
tvenu wahn die halbe weit
mit «chwarzeu flügeln decket. Uz 1,91;
damit wir uns
hier in des Wingolf lichten hallen
unter dem flügel der frcud umarmen. Klopstock 1,15;
du verkennest ihn nicht, wenn du dem abendslern,
nach den pflichten des tags schnellere flügel gibst. l.tOS;
entzückt bestieg der hirt den hügel,
die nonne glüht ihm im Besicht,
er merkte selbst den raschen flügel
der rauhen ducemberwinde nicht. KnETscuMArin 2,113;
der «cblaf der auch den knecht mit seinen flügeln deckt,
fliegt vur dem luger fürt, wo sich ein dichter streckt.
Duscu verm. werke 333;
wo warst du enge macht, die du der lürsten Icheu
mit deinen fltigeln deckst? Weisze Iraucrtp. 1,93;
und wann nun Theben siolt sein haupt erhebt
und Spartat ioch zertritt, die freilieil dann
von banden los den guldnen fliiKel schlägt. 3,39;
huscht doch die freud auf tlhfreln schnell,
wie schwalben, vor uns tiiii. IIühucii 47*;
wonne webt mit weichem flügel
des pilülen wangen an. 72';
wulKeflihte wehn die flügel
milder winde vor ihm her. t*;
wifidf, faxt die OUnr] fallen.
rtMell uicltt durch luub uod robri 72';
der raond von einem wolkenhügel
sab klai;llch aus dem duU hervor,
die winde schxvaiiL'en leise Hügel,
umsaustun feierlich mein ohr. Götub 1,75;
uiisrc seele hebet
sich auf ihrem flügol. Gotter 1,41;
an der begeisterung, die ihrer rede
des Sturmes flügel gab. 2,314;
jetzt da er die ehre recht beim flügel befestigt hatte. J. P.
uns. löge 1, luu; ich hatte ohnehin den flügeln seiner phan-
tasie nicht federn genug ausgerissen. 1, lb5; presset die
klopfenden vergänglichen herzcu heisz an einander, eh sie
der flügel der zeit zerschlägt. Ue.^p. 2,100; der morgen legte
allen seelen die flügel an, die der mittag den menschen
immer bindet. Tit. 3,35; Schoppe risz ihm die verklebicn
Hügel auf. 3,138; der scherz schlägt sich an jedem gillcr
die flügel wund, komel 1, ivi; was einem herzen flügel und
flammen gibt. Fibel 38.
3) bildlich:
ja sie beugen schon die flügel
aller orten krank und matt. Soltau volksl. 519;
zieh du vielmehr das^schicksal aller menschlichen dinge in
betracht, und der geist der spüttelei wird schon von selbst
die flügel hängen lassen. Klopstock 12, 150 ; was läszl du die
flügel hängen? BtrriNEfcr. 1,2. wenn sie heule abend ihrem
eheherrn meinen brief vorlesen, so lassen sie das aus, was
ich von ihm gesagt habe, er würde sonst beide flügel schlagen
und hoch krähen. Moser 3, 41 ;
kaum ist der vater todt, so hebt der söhn die flügel,
mit frcudcn öfiicn sich der vollen kammeru riegel,
die kasieu springen auf und das verscharrie geld,
gefangne, grün von rost, zerstreuu sich durch die weit.
LicuTWEK recht der vernunß 67 ;
ein Jüngling musz die flügel regen,
in lieb und basz gewaltsam sich bewegen. Götue 13,100;
sie haben ihm sehr die flügel beschnitten; und der adel
musz auch bei zeiten suchen ihr (der inquisition) die flügel
zu beschneiden. Göthe 8,176; wer sollte nickt auch hier
seine flügel versuchen? Scbiller 113".
4) flügel eines gewandes, einer haube, patagium, die herab-
liängenden theile eines rocks: ich halte meine sackpfeife kaum
aufgeblasen, da erdappte mich einer aus ihnen beim flügel.
Simpl. 1,40; Eurylas kriegte hierauf den mahler beim flügel
und sagte, wie sitzt ihr da, als wenn ihr eiue drei pfund
allein behalten wollet. Weise erzn. 200;
nun eilst du emsig vor den spiegei
und streichst die augunbraunen glatt, ^
legst haaro und des nuchtzuugs flügel,
so wie es ein geschicke hat.
Ossenfeloer odeii u. lieder 148.
tu der dichterischen bescitreibung der haube zu eingang des Heltn-
brcchl kommt der aiisdruck flügel nicltl vor. s. flttich sp. 1694,3,
flügelhaube, flügelkleid.
5) flügel eines heers, ala, cornu, der rechte oder linke
flügel, die flügel dehnen sich aus; auf dem rechten flügel
hub das treUen an; der linke flügel ist in die flucht ge-
schlagen; den flügel schwenken; reifer stehn aut beiden
flügeln aufgestellt, vgl. flug 4.
beide flügel bindend schlieszt der Telamone,
den die stolze Salamis gebar,
mit zwölf scbifl'uu dieses zuges kröne. Scuiixek '11'.'.
eine anwcndung auf die grammatischen casus.
wann ich dann mach ein Ordnung schon
müssens in dreien lUigeln ston,
drei dcclination ich halt,
so ist mein schlucht sehr wol besialt,
primam, sccundam, tertiam. Gu.uusiU8 grammatica HO.
flügel eines wagengespanns:
bunte Schenkel, gelbes mähnenliaar
schniiit:kten das gesuann auf jedem flügel,
weiszgcflecket war das deichsulpaar. Scuillkr 216'.
O) flügel eines hauses, ala, einer thür, valva: das gcbäude
hat noch einen flügel; der hintere flügel brannte ab; ersah
dasz die beiden flügel der plorte sich aufthaten. Wieiam»
12,274; der herr des hauses wohnt in einem und die IVuu
im andern flügel. Moser 1,131;
und der schwarzen kammer flügel
öfneu sich. Götter t,52;
der flügel der thür sprang auf.
7) flügel, arm der windniüle, |N'nna< nu^ venio agilatae,
l'aile ä'un moultn d vent:
Ich wil, wo euch geliebt, die flügel di« der wind
on einer mül umreUzl, wenn sie im «chwanRr iliid,
ollviu mit einem streich eniblosiirr kliuK aiilli.iluri.
GRtrttit» i, K-'O.
1841 FLÜGELARtlG — PLÜGELPaNG
FLÜGELF ARN— FLÜGELKLEiD 1842
8) flügel 6« der icebcrei: von diesem weberbaum laufen
fäden durch das blatt in der lade sowol als durch die flügel
des geschirrs. Göthe 23, 63.
9) ort eines groszen clatieres in geslall eines ßügels:
sie spielt den flügel schöo
und kann vortrellicb singen. Gellkrt 1,20<>;
ich sasz eben am flügel als er kam, und da probierten wir
ein kleines duet. Kretschma.nns fam. Eidienkron 13.
10) die beiden seilen, wände der nase, alae, latera nasi, nasen-
flügel, natenlapfjen ; lungenflügel, alae, lobi pulmonum; ohren-
flügel, pinnaeauris: dasz das ohr platt geschlagen und an den
knorpeiichten flügeln geschwollen erscheint. Winselm. 4,211.
11) flügel lieiszen auch kleine dünne bldttchen an den samen-
kelchen einzelner pflanzen, nametUlich pinus silvestris, anethum
u. s. w. foliola aliformia.
12) in der Jägersprache sind flügel die von einem ende des
ualdes zum andern gehauenen wege.
FLÜGELARTIG, alae instar: wölken entwickelten sich um
ihre füsze, steigend hoben sie flügelartig die heilige gestalt
empor. GöriiE 21, 185.
FLÜGELBAND, n. ligamentum alarium.
FLÜGELBAUER, wi. der claviere baut.
FLÜGELBÄUM, m., der sich zu einem mndmülenflügel eignet.
FLÜGELBEGÄBT, alatus:
kann kein erdegebomar
fiügelbegabter
beldensinn,
Sängergeist
den banden der niedren mutter
fanz entfliehn,
em edlen vater
lichte zu? RBcKERT ges. ged. 1,64.
FLÜGELBLUME, f. pteranthus.
FLÜGELBOGE, m. arcus alae: dise falken aber werden
für die adelichsten und hoch gehalten, welche einen langen
hals, hohe brüst, breite Dügelbogen, schöne subtile flugfedern,
lange herscher haben. Sebiz 608.
FLÜGELBOTE, m. alipes' nunlius, Merkur, bildlich:
leben, spräche, seelen, herzen
flügelboten süszer schmerzen,
gosz euch (blumen) dies berühren ein.'
Schiller anlhologie 17S2. 95,
in späteren ausgaben (9*) stumme boten.
FLÜGELBUBE, m. alatus puer, Amor:
der kleine llügelbube hupft (: zerzupft). Göihk 1,149.
FLÜGELCHEN, n. pennula, nnl. vleugeltje:
seht, wie sich die amoretten
in die bellen wangen betten,
Tor der stürme lautem schwärmea
ihre Uügelcheu zu wärmen.
Kl. Schmidt verm. ged. 1,39.
FLÜGELDECKE, f. 1) der harte flügel des kdfers, elylrum.
halbe flügeldecken Aeme/yira, insecten mit halben flügeldecken,
liemiplera.
2) bildlich, eines aufgeflognen engeis weggelegte flügeldecke.
J. P. Hesp. 1, 61 ; zu was dienen denn am ende die schönsten
bände, die ich sehe, wenn sie immer unter den flügeldecken
liegen? 3,29; es waren nur halbe bandschuhe mit nackten
fingern oder halbe flügeldecken. 3,30; den mädchen seidne
floskeln und flügeldecken {bänder und tücher) für die purpur-
fahne des maienbaums abzubetteln, biogr. bei 1, 13L
3) decke eines clatierflügels.
FLÜGELEILE, f. befliigclle eile {une sp. 106 eile vom schnellen
fusz geleitet wird):
was wunder dann, dasz paar bei paar
die Oatterhaften liebesgötter
ihr herz beschossen, dasz Vulcan
und seine heller lobesan,
mit aller hämmer flügeleile
nicht fördern konnten alle pfeile,
die Cypripor und compagnie
bei ihm bestellten? Kl. Schmidt knm. dicht. 46.
FLCGELEIN, FLÜtiLELN, n. pennula für flügellein, tne
schon mhd. vogelin, mentelin für vogellln, mentellin begegnet,
von flug 4 darf man flüglein kaum ableiten, s. das im beleg
vorangehende engelein für engellcin :
sclilummre, sclilummre immer zu,
engelein ilich decken
mit flngelein zur ruh. Fr. Mijller 3,281;
da trippelt ich auf Einern beio
und hatte so mein spiel.
und spielt ihr mit dem flügelein
die rotlie wange kühl. Holtt 40.
FLCGELERBSE, /". lotus lelragonolobus.
FLÜGELFANG, m. gertüh im bergwerk. Garg. 187' ici« balg-
farg. windfang.
Hl
FLÜGELFARN, m. pteris aquilina.
FLÜGELFEDER, f. penna alae: o ihr armen menschen!
fangt doch nach den flügel- und Schwanzfedern der freude.
J. P. Hesp. 4, 106.
FLÜGELFLATTERSCHLAGEN, n.
mordgescbrei und sterbeklagen ^.
ängstlich flügelflatterscblagen! Göthe 41, 141.
FLÜGELFÖRMIG, alae speciem habens.
FLÜGELFORTSATZ, m. forlsetzung des keilbetns.
FLÜGELFRUCHT, f s. flügel 11.
FLÜGELFUSZ, m. pes al-Uus:
hier sind die berge, schau, die bis an himmel gehn,
zu deren höhen du mit flügelfüszen fleuch,
hoch über den Aman, hoch übern Liban streich !
Herrn. Hugonis goUsäligvi- verlungi-n drei bücher in
leulschcn reimen von Wenzel Scherfebn ron Scher-
fenstein. Brieg 16t)2 s. 293;
kaum weilt sein flügeifusz in Tyrus nächsten gauen.
Schiller 40*.
FLUGELGARN, n. vogelgarn, flügelgarn, vogeUtrick.
Sebiz 563.
FLÜGELGEBÄUDE, n. flügel 6.
FLÜGELGELENK, n. junctura darum.
FLÜGELGOTT, m. dcus alatus.
FLÜGELHAFT, alis praeditus:
wie der morgen sie gebar
flügelhaft. Göthe . . .
FLÜGELHAU. m. ein fechlerausdruck :
er sprach, der kunst zu eim eingang
lert man ober und unterhaw,
mittel und flügelhaw genaw. H. Sachs 1,410*. Garg. I8S'.
FLÜGELHÄUBCHE.N, n. vgl. flügel 4: ein nettes flügel-
häubchen stand dem kleinen köpfe und dem feinen gesiebte
gar wol. GüTiiE 26, 1S5.
FLÜGELHÄUBE, f
sittsam stand sie da, Ximene,
von elastisch feiner leinwand
pufte ihre flügelhaube. Herders Cid 15.
FLÜGELHALT, f s. Oügel II.
FLÜGELHERD, m. auf dem pochwerk.
FLÜGELHORN, n. Jagdhorn zum zeichengeben.
FLÜGELHUF, m. ungula equi alijiedis:
schlug mit dem flügelbuf
an den fels. Stolberc 5, 25.
FLÜGELHU-ND, m.
sein flögelhund, der gierge eeier, springt
umschattend auf die starrgebundnen glieder.
A. W. Schlegel im musenalm. 1798 t. 70.
FLÜGELHLT, m. petasus.
FLÜGELICH, alatus, für flügellich.
FLÜGELKI.ND, n. genius, flügelbube.
FLÜGELKLATSCH, m. plausus alarum.
FLÜGELKLATSCHE.N, plaudere alis.
FLÜGELKLEID, n. vestis fluitans, patagiata, leichtes jugend-
liches gewand mit hängenden ermein :
doch laszt euch auch nicht bei der tocke und schon im Oügel-
kleide frein. Gömther 439:
die regung mütterlicher triebe,
der fürwitz und der geist der liebe
fahrt oftmals schon ins flügelkleid. Hacedob:i 3,72;
sie hatte kaum das flügelkleid
und einen bessern putz empfangen,
so scherzten witz und freundlichkeit
in beiden grübchen ihrer wangen. 3,91;
kaum aus dem flügelkleid spielt sie schon stolz die dame.
Zachariä;
ihr hüpftet noch im ersten flügelkleide. Wiela!id . . .:
sorgt für die jugend wol, lehrt sie im flügelkleid« •
den wichtgen unterschied von wahrem schmerz und freude.
LicuTWER recJit der Vernunft 46;
Gretchen in dem Oügelkleide
fühlet schon die groszte freude,
wenn sie Manschen küssen kann. Weisii kom. op. 2, 196;
als ich noch im flügelkleide
in die raädchenschule gieng;
eine uhr war sonst für ein madchen so viel als ein mann,
jetzt gibt man sie ihnen fast im flügelkleide. Moser 1,112;
dasz Gerhard eine tochter habe, die dem flügelkleide ziem-
lich entwachsen sein müsse. Nacbert volksm. i, 49.
der glückliche, dem seit dem flügelkleide
kein seufzer aus dem busen drang. Gottrr 1,323;
wie wird mir? leichte wölken heben mich,
der schwere panzer wird zum flügelkleide. Scbillu 488';
im flügelkleide
ward ich seines sohnes braut,
drei jähr drauf ward ich getraut,
kinder. waren wir noch beide,
lüudar an gcmülh und geiit. Mi;u.Hn die schuld 144;
llö
1843
FLÜGELKNABE — FLÜGELN
FLÜGELN— FLÜGELSCHEIDE 1044
ich liiipfle mit dem anpe blosz auf die (/T/r den) nahen laub
und blutenkiiospcn hemm, diesen flügelkieidern des wachsen-
den fnihlings. J. P. Hfsp. 1, 21;
FLtGELR.NABE, ni. flügelbube, flügeUcind:
dein herr sucht zu ereilen
der kleine tlügelktiiib,
dns gschicke saniht den pfeilen
ihm auch den bogen gab. tiinbe I6S8 s. 14.
FLtJGELKÖLBCHEN, j)l. kälteres, libramenla, schtcingkOlbchen.
FLCGELKOLBE, m. kalter, schivinykolbe.
FLÜGELLAHM, claiidus alis: wie jene kleinen blütenkronen,
nachdem sie ihren duft ausgehaucht, vom irdischen staub
beschwert, flügellahm sich endlich unter die erde betten.
Bettina tafjeb. 209. vgl. Iluglahm.
FLÜGELLAUF, m. citrsus rapidus, beflügelter lauf.
FLÜGELLOS, ohne flügel, alis solutus. Stieler 1179:
armer mensch, was wiliu steigen
hoher als ein thurmknaui ragt?
denke, wer sich höher wagt,
Oügeilos musz er sich neigen.
ScHOTTELii'S lu.itg. 1647 «. 26;
der regen, welcher meinen armen pcgasum ganz fusz und
flügellos gemacht, arretierte mich in Cadix. iMoianüers par-
nuwus ltj99 s. 64; die anieisen sind erst flügellos, bekommen
aber gegen das ende des sommers flügel.
FLÜtJELMACHEK, m. flügelbauer.
FLÜGELMANN, m. niiles praevwnstralor, antesignanus : solche
naturen können als geistige flügelmänner angeseiien werden,
die uns mit heftigen äuszerungcn dasjenige andeuten, was
durchaus, obgleich oft nur mit schwachen unkenntlichen
Zügen, in jeden menschlichen busen eingeschrieben ist. Göthe
35.349; von der giraHe bis zum wallfiscli war ein bedeu-
tender weg, man veriirle sich aber nicht in vielem, sondern
man suchte die wenigen flügelmänner, die man zu diesem
zweck bedeutend fand. 55,177; denn das thier zeigt sich als
flngelmann, indem die einfachheit seines baues den character
deutlicher ausspricht, die einzelnen thcile gröszer und charac-
teristisch in die äugen fallen. 55, 256; Voss ist der Qügelmann
unserer prosodie. Knehei. in Botligeis lit. zust. 2, 216 ; die flügel-
männer des anzugs. J. P. mumicn 3, 13 ; manche fehler be-
gehen nur grosze poetische flügelmänner. grünl. proc. 2,13;
ich schrie ihm noch dazu aus meinen mumien in einem fort
zu, gesciieid zu sein und auf mein schulmeisterlein als einen
Dügelmann der fieudcn handgrifTe acht zu geben, //esp. 3, 184;
für auloren, die wahre geschichle zugleich erzählen und ver-
mummen wollen, bin ich vielleicht im ganzen ein modeil
und flügelmann. Tit. 1,70;
wäre Doch, wie sonst, ein freigeist flügelmann, wie schnell
belehrt
würden jene gott verleugnen durch ein steiTes rechtsumkehrt 1
Platen 2U3'.
FLÜGELMÄNNISCH, nie ein flügelmann: {Josl Amman) in
dem groszen kunstsinne der damaligen zeit beiiandelt er die
gestalt der tbiere symbolisch, flügclmännisch. Göthe 39,225;
phantastiscbflügclmännische beschwörungsgebäiden. 41,324;
ihr flrieranze, Oügelmännische riesen. 4t, 325.
FLCGELMANTEL, m. aus dessen armlöchern flügel herab-
hängen.
FLÜGELMEISTER, m. Jäger, der auf Ireibjagden ^nen der
flügel leilet.
FLÜGELMUSKEL, m. der die bewegung der flügel bewirkt,
plerygoideus mufculus.
FLÜGELMCTZE, f. wie nngclhaube.
FLÜGELN, 1) alare {wovon nur alalus vorkommt), alis in-
üruere, alas addere, meist beflügeln: geflügelte thicre, gc-
Oügelle, ungeflügelle insectcn;
die winde flOgebt du. Oerrz 3, 173;
geOügell mit vernunri und roüihigen gedankcn. poeterei s. 12;
da<z die andacht der opfernden durch einen götllicben trieb
geflügelt würde. Lohenst. Arm. 1,8;
bald regelt «ie den blitz, bald flügrlt sie den wind. 2,1349;
begehren kommt vom «ehn, und wa* wir vor uns haben,
da* Ougelt, iit e« ichön, der siüIkii wünsche lauf.
G('MiiKH 59!t;
der abend nogelt ichon dem heRperuH den lauT. 663;
da «rhirmt er al« ein «trom von bergen, klipp und bügeln,
den »cbnee, iprtrhniolznei ei> und nehenlifiche nugela. 712;
weon nemlich tspfreii blut der ktndcr mime «iegelt
uiMt willao und %cr»uud b«i leiten aulwtru Oügelt. 730s
ich will laufen als wenn meine beine geflügelt wären, cauten-
macher 58;
iizt seh ich ihre stolzen tritte!
was ist sie? meine knnigin.
itzt flügelt sie die leichten schritte 1
was ist sie? meine schäTerin.
Rost im luschrnb. für dichter 6, 117;
wenn sie das wesen der wesen nach ihrer Weisheit enthülltea
und in das furchtbare dunkel hinauf, von träumen geOügelt,
drangen. Menian Is, 646;
einst da ich einsam und verlassen
am Ufer irrt, und jeden hnuch
der lult, der nach der küste blies,
mit meinen seufzern lliigelte. Gkrstenbkrg i-erm. sehr. 2,97;
wir sprachen auf gut oberdeutsch von Schlittschuhen, wel-
ches er (Klopstock) durchaus nicht wollte gellen lassen, denn
das wort komme keineswegs von Schlitten, als v^enn man
auf kleinen kufcn dahin führe, sondern von schreiten, in-
dem man, den homerischen güttern gleich, auf diesen ge-
flügelten sohlen über das zum boden gewordne meer bin-
schreite. Götue 26,336;
wir fliegen den tanz im kreise,
als dügelt uns stahl auf eise! Voss 5,135;
warum flügeln sollt ich mich
auf zum himmelsbogen?
Rt;cKERT 353 = ges. ged. 1,423;
oft in stillen mitternächten
fühl ich mich empor
flOglen von des trnumes machten
zu dem sternenthor. yes. geit. 1,324;
sein innerer wie ein cherub geflügelter mensch. J. P. Hesp.
1,250; die geflügelten schatten der wölken. 3,210.
2) intr. flügelschlagen, flattern:
so schwuren sie
und Amor drückt
sein täubchcn snnft.
entzücket hnpfts
auf Amors brüst
und llügelt um den knaben. Fr. Mcller 2, 364.
3) weidmännisck, einen vogel flügeln, in den flügel schiesxen.
vergleichbar der bei fischen dargelegten bedeutung.
FLÜGELOFFEN, latissime patens valvis apertis, sperrweit offen :
so ist es also, wenn ein sehnend hoffen
dem höchsten wünsch sich traulich zugerungen,
erfüllungspfortcn findet tlügeloffen. Götur 41,7.
FLÜGELPAAR, n. par alarum:
er kömmt halb an dem liodcn kriechend,
der schwalbe ähnlich, die mit beiden flügeln
bald in der luft, bald an ilem boden hängt,
dasz lief von seinem flüffelpaar gebogen
die blumen ihren thau ihm übern rücken sprützen.
Fr. Müller 2,368.
FLÜGELPATSCHEN, flügelklalschcn.
FLÜGELPFEIL, m. sagUta alala, vgl. flitschpfeiL
FLÜGELPFERD, n. pegasus. Stieler 1440:
in lächerlichem znge
erblickt man ochs und Uügclpferd am pflüge. ScatLLiR 98\
FLÜGELRAUSCHEN, n. Stridor alarum: freudiges flügei-
rauschcn des geistes. Bettine tageb. 218.
FLÜGELREICH, alis dives:
ach nit, nit euch, ihr knaben,
ihr Jüngling flü^elrcich,
ach euch will sie nit haben,
weicht ab von danncn gleich. Spre (ru(;n. 53(55).
FLÜGELRINNE, f Vertiefung am keilbein.
FLÜGELROCK, m. die hatschiergarde in schwarzsammtnen
flügelröcken, alle nähte reich mit gold gulonniert, darunter
rothe leibröckc und Icderfarbcnc camisolc. Göthe 24,306.
FLÜGELROS, n. ahd. flugihros, flugeros;
sehr freundlich ward dem pnladin indessen
von diesen hcilgcn wobnung hier verliehn,
und auch sein flügelros Ward nicht vergessen,
man reicht ihm körn so viel genugciid schien.
Griks Ar. 31, 6U;
dem dfimon ist sein opfer unverinren,
war es an öde klinpen angebunden
und an des atlaa iiinimrlirngcnde seulcn,
so wird ein flügelros es dort ereilen.
FLÜGELSAME, m. pentapetes.
FLÜGELSCHAR, f cohors alala:
ja schon dnrton kommt gefahren
durien ein geninhlie wulk,
sein ininii) in wnhrbeit fliigelschnren.
Willkomm, schönes federvolkl Spie 26(1(383).
FLCGELSCHEIDE, f. elytrum. flügeldcckt: so mu<iz sogar
der gcist dos geistes, dns gedieht, aus seinem freien himmel
in einen crdcnleib, ID eine enge flügeiscbeidc tiehcn. J. P.
fle^lj. 4, 144.
1 S45 FLÜGELSCHLAG — FLÜGELVSTRK
FLÜGELWORT — FLUGHOPFE
1846
FLÜGELSCHLAG, m. jtlausus alarum:
bei jeilem flügelscblag
der turteltaiibe,
nie lauscht mein obr. WiELUts;
flfipelschläpe von dem weibchen
tragt des laubers Trommer sinn. Borger 6*;
hörte den flügelscblag deines gesangs. 41*;
noch ihatst du keinen flügelscblag,
der tadellos passieren mag. n'.i^;
ein Dügelschlag! und hinter uns äonen. Göthb . . .;
vom flügelscblag und von dem blick getrofTea.
RccEERT yes. ged. 1,168;
tritt sanfter auf mit deinem flngelschlage,
0 lefjr, denn du rührest beilige räume. 91 ;
oder darf lahm werden der himmlischen weihe
flügelscblag, mutlos in entiiedener kraft? PLiTE!» 131*.
FLÜGELSCHLAGEN, plaudere alis, praet. flügelschlagte.
FLÜGELSCHNECKE, f. strombus.
FLÜGELSCHNELL, tolucer:
ein schif lauft sorglos, flugelsnel. Scuottelics lustg. 160;
brächt ein gütig geschick mich ihr entgegen,
eine flügelschuelle minut in ihrem
himniel zu aibmen. Höltt So (102);
in stetem Wechsel kreiset
die flügelschnelle zeit,
sie blühet, altert, greiset
und wird Vergessenheit. Voss 4,96.
FLÜGELSCHNELLE, f. velucüas:
hinaus! mit flügelschuelle durch das land. Göthe 9,23;
doch wenig hilft die flucht auf alle fälle,
denn Ferragu verfolgt sie durch den plan
auf einem ros, begabt mit üügelschnelle,
und kurz, ihm glückt es, beide sie zu fabn.
Gries Bvjardo 2,22,60;
du sollst ein scbiflein, sprach der herr, erlangen,
das sicher ist und flügelschnelle bat. Ar. 43,51.
FLÜGELSCHNELLIGKEIT, f. dasselbe:
das Jawort, das dein königlicher mund
aussprechen wird, mit flügeischnelligkeit
zu seiuem trunknen obre hinzutragen. Schiller 416*.
FLÜGELSCHRAUBE, f., mü zwet flügeln an der mutier, um
leichler zu drehen.
FLÜGELSCHRITT, m. eitus gressus, mit fliigelschritten eilen.
FLCGELSCHL'H, m. cakeus dolus, auch solea ferrata, Schlitt-
schuh :
auf gewässer, welche ruhen,
weil gebändiget vom eise,
zieht die Jugend leichte kreise
wandelnd auf den flügelscbuben. Plate» 11'.
FLÜGELSCHWINGEND, alas agüans:
die flügelschwingende mücke
verändert so schnell sich nicht, wie der menschen glück.
Herders zerstr. bl. 2, 255 (IVi^j 21)4 (1796).
FLÜGELSOHLE, f. soUa alala:
erst knüpft er au den fusz die goldnen flügelsoblen.
Schiller 4u'.
FLÜGELSPEICHE, f. radius molae alalus:
feiernd stehn die flügelspeichen. Lk:«id n. ged. 285.
FLÜGELSTREBEND,
ein adler, flügelstrebend,
war reichspanier hievor,
ich sah ihn noch, wie lebend
zu Nürnberg an dem tbor. Ublands ged. 137.
FLÜGELTHIER, n. animal alalum, aris.
FLÜGELTHOR, n. porla ralvata.
FLÜGELTHÜR, f. fores valralae:
die treppen waren aus achat,
die weiten flügelthüren,
durch die man in den pallast trat,
aus blitzenden sapphiren, Höltt 26.
FLÜGELTRAB, m. cursus incilalus:
sie sich von mitgenossen
im schwärm zerthellen ab,
von haus mit freuden stoszen
in vollem Dügeltrab. Spee tiulzn. 136 (124).
FLÜGELVIEH, n. 1) geflügel, ares. 2) pegasus:
was anders, wenn das flügelvieh
einn groszen poeten auf sich spürt,
da werdt ihrs sehn, wies gallopiert
durch dick und dünn, berg ab, berg auf.
Kl. Schsidt kom. dichl. 2U5.
FLÜGELVOLK, n. (edcrvolk:
das laute flügelvolk, das stumme wasserheer.
LoHE>STEi!« auierl. ged. 1, 238.
FLÜGELWERK, n. 1) aves edules:
viel flügelwerk zerbissen. Baocus 9, 276.
2) pennae:
dazu die leere luft scheint flügelwerk zu schnein.
Lohe:<steim Arm. 2, 176.
3) ein aus fleischigen flügefgdenken bereitetes gerieht.
4) ein angehängter flügel:
der kleine schelm ward alsobald
zum nelTen (A^c nius) uragepräget,
sein flügelwerk ihm abgeschnallt
und ins lültral geleget.
J. B. MicaiELis j)oe(. tcerke 1,226.
5) angehängter bartflaum:
er überkam, nach unsrer Stutzer art,
ein schönes leeres haubt, ein wolgepadert haar,
wobei zugleich dem kinnchen ohne hart
ein flügelwerk von band anstatt des Schattens war.
Hagedou 2, Tu.
FLÜGELWORT, n. geflügeltes.
FLÜGELWLRM, m. gefligeUer, clio.
FLÜGELZWERG, m. geflügelter elb: die bunten Qügelzwerge
des witzes springen leichter und schneller vor das äuge.
J. P. aeslh. 2. 7.
FLLGENGELCHEN, b. genius alatus: wie ein Cupido oder
flugengelcben abmahlen lassen. Wiedemax jan. 52.
FLÜGE.NGELN, ein kind unter die arme fassen und gleichsam
fliegen lassen. Stälder 2, 515.
FLUGERDE, f. angeflogne erde: unser glück wachset auf
der flugerde der Zufälligkeiten. J. P. Fixl. 159.
FLLGFERTIG, flügge.
FLLGFEUER, n. scintillae vagae, bei einer feuersbrunst fort-
fliegende und zündende funken.
FLUGFLSZ, m. alipes.
FLÜGG, FLÜGGE, malurus. vdueris, s. flick und flücke:
meins bedunkens halt ich, er sei noch nit fiügg noch zeitig.
Luthers br. 2, 521 ;
acb sie weineten laut, und klagender noch als vögel,
als scbarfklauige adler und habicbte, welchen die kinder
ländliche mänuer geraubt bevor sie flügge geworden.
Ttaoos 7teT£T]vä ysviad'ai. Od. 16, 218;
wenn allmälich erst
an anemonen und levkojen sich
die flügg gewordene natur versucht,
entfaltet endlich sich der rose scbosz. Platek 197*;
nie pulsieren da tausend puncta salientia im köpf! und die
besten gedanken werden fliigge und schwingen sich auL J. P.
biogr. bei. 1,134.
FLUGGEL, m. papilio, eine der viden landschaflliehen benen-
nungcn des schmelterlings, die alle ein fliegen und flattern aus-
drücken.
FLUGGELD, n. tcas zu entridUen ist, ««nn bienen in die
Heide gesetzt werden.
FLUGGESCHWIND, wie flugschnell: dasz die postwagen
Quggeschwinde fortgerollt würden. Lohenst. Arm. 1, 443.
FLUGGESTIEBE, n. kos beim schmelzen der erze vegflieg/t
und wieder aufgesammelt wird.
FLUGGEWOLK, n. nubet volanles: das ferne fluggewölk.
J. P. Tit. 4, S2.
FLUGGOLD, n. aurum tremulum, flUlergold: das goldne
Jahrhundert des menschen, nemlich die ersten kinderjahre,
legten ihr fluggold sogar noch den spätjahren an, so gut
und glanzgolden fielen sie für unsem kleinen Gotthelf aus.
J. P. Fibel 13 (IS).
FLUGHAAR, n. jetzt war er schon so weit herabgebracht,
dasz er in ihrem {der fürdin) flughaar für ihn giftiges raupen-
haar webte und knöppelte. J. P. Tit. 3, 195.
FLUGHABER, m. areno fatua, windhabcr.
FLUGHAUT, f. membrana ad rolandum apia, haut der fl'iller-
thicre, dann auch für ala, flügel: man spanne die flughaut
einer schürze aus. J. P. ju&e/5. 11 (20); darum setzt ich mich,
da ich ihn fliegen sah, auch aufs flughret heraus und spannte
die flughaut aus. palingen. 1,5; es gäbe dem werke keinen
lächerlichen anstrich, wenn man aus demselben annlange
papienvickel, wie Qughäute flattern liesze. flegelj. 1, 131 ; diesen
Schminklappen des gefühls, diese flughaut der phantasie (das
Schnupftuch) in der band zu haben. 3, 39 ; aber himmel, ists
nicht genug, dasz ein paar fürstliche lungenflügel sich Staaten
als Oughäute ansetzen? ddmmerungen 57; der exerciermeister
mit der bunten flughaut oder rückenschürze eines soinmer-
kleidchens, gleichsam mit den gelben obcrflügeln eines butter-
vogels. TU. 1,104.
FLUGHOPFE, m. humulus, Idufer, veü an Stangen auflaufend,
auffliegend.
116*
1847
FLUGHITZE — FLUGS
FLUGS
1848
FLUGHITZE, f. schnell aufflammende.
FLUGJAHR, n. annus quo evolat scarabaeus: die flugjahre
der laubkäfer. neue Zürcher zeilung 1854 n* 2S6.
FLUGKAMMER, f. ein gemauerter langer kanal über der gicht
jutn auffangen der rerflüchligten vielalle und feinen erxtheilchen.
SCHEUCIIESSTL'EL S. 78.
FLUGKRAFT, f. vis rolandi: jetzt lag sein geisl nur an
der erde, er konnte seine gesenkten schwingen niciit er-
heben, ilire flugkraft war zerschnitten. Klinger 8,344.
FLUGKUS, m. ein ciirsorischer flugkus. J. P. holzschn. ISO.
FLUGLAHM, volatui impar: die wildgans ist flugslark, die
zahme fluglahm, hannov. mag. 1844 s. 339. ein fluglahm ge-
schoszner adler.
FLUGLEIN, n. parva ala, für flögellein. Schmidt von Wer-
neuchen s. 23 scliün :
im grünen schwärmt der Schmetterling,
und klappt auT kirschenblQten flink
die flüglein auT und zu.
FLÜGLICH, volatilis: aus der art des spiritus in urina,
nachdem und er sich flügiich (flüchtig) machet und volatilis
ist. PARACErSOS 1, 671*.
FLUGLING, m. avis:
die hirt errreue dich, dnrinn man lieblich hört
wie deine tlüRling oft mit zwitzerendem singen
dem geber alles heils ein dank und loblied bringen.
ROHPLER 24.
FLCGLINGS, volando, mhd. flüglingen:
Gäwän in flügelingen stach. I\tix. 385,10;
wand er mich flügelingen stach. 424,20;
dar nach ich flügelingen stach. 500, 8;
wan daj Sr flüglingen swebte. Albr. Tit. 407.
FLÜGLOCH, n. foramen ttnde a]ies, columbae evolant, sonst
flattrr, flader, ahd. flougar, flögar (Graff 3, 7C3), lil. plautas,
nrf. fluchllok. Schambach 273'. bildtick, alle ideea werden
durch den äuszern lärm munter und einige kommen zuletzt zum
flugloche heraus, ich meine zum munde. J. P. lit. nachl. 4, 52.
FLLGMEHL. n. tu der müle flüchligcs, verstiebendes mehl,
FLUGORDNUiNG, f. ordo volandi:
und wenn der herbst wird k.ilt und nasz,
scliwüng er (Itninicli) sich hoch hin in die luft,
nehm oinlimr) nach dem somraerland Zuflucht,
sein gselleti folgten auch die straszen,
ivenn er auf zog fleng an zu blasen,
wenn die flugordnung wer gemacht, froschmeuseler E6'.
FLUGREDE, f. fliegende rede, gerückt: es seind fliigrede,
alala verha, es ist nichts gewisses, darauf nicht zu bawen
ist. AcRicoLA n'lS3; kluge weise reden 1565,103'. 1570,110*.
FLUGREISE, f. stknelle, im flug gelkane reise, ausflug. J. P.
TU. 3, 137.
FLUGROS, n. alipcs, flügelros, ahd. flugeros alipedcs. N. M.
Cap. 39.
FLUGS, eeleriter, stalim, mit dem gen. gebildet, wie stapfes,
drabes.
mfid. da; twert von d€m bluote
und von des ciiers gebruote
sich geliche vliigus enzunde
und brinnen begunde. kröne 15201 ;
*i sprangen unde liefen
balder dau si ka;men fluges. tr. kr. 3901;
da{ er dar über mit gewalt
in alle vorhte lluges lief. 6111;
die schenket fuorte er und diu bein
nebent sinam orse fluges. 12581;
tr tpranc vluges üf da; pfert. GA. 1,110;
im slug der von Tyrlant
fluges ab die rechten hant. Apnlloniuf 9480.
nhd. tcird twar beute flugs gesckrieben, früher oß flux, flucks,
fliichs, ifo^ür schon im voraus stellen gesammelt sind, im vocal
des adrerbs haßet durcligängig die alle kürze, während wir sonst
flog und fluges gedehnt aus.<iprechen :
wenn Ichs den frumen leuten dag,
so sprechen*, ich sull Mux mit ir katzen,
si tut mich aber bei meinem cid kratzen,
das iderman ie het erbarmen, fnstn. 48,5;
so tragt neur her und schenkt flux ein. 67,4;
das er mit ir (lux umb wirt gumpen. 261,20;
•0 Schlacht mich flux mit einem scheit. 275,16;
flax heim, das wir prassind und schlemroind! 802,21;
so lond uns schnell gon ! ich hlib niimmen.
kumm, kumm flux, das wir bald nider kummen! 802,23;
denn lie wurden darumb also gestraft und flugs wider ge-
heilet. Kcith. Sal. to, 11; zog flugs gen Antiochia. 2 Macc.
k, 31 ; di« «oll man flugs erstechen. 6, 9 ; setze dich und
schreib flugs fünfzig {goth. jah gasilands sprnutö gamfelei
fimftiguns). Luc. 16, 6 ; und darnach flugs zu. Luther 3, 51* ;
und flugs drauf sagt. 3,69'; flugs drauf folgete. 69'; es
schreiben auch die historien, das gemeiniglich aller frevel
sei flugs und bald gerochen. 3,247"; creuzigcn sie in flugs
dahin. 3,375'; flugs desselben morgens. 3,532'; hartneckige
köpf inusz man flugs angreifen und schrecken, tischr. ll';
flugs in hinein hui! 91*; unser berr gotl komme nur bald
und nehme mich flugs hin. 44.i'; flugs und bald! ut canis e
Nilo. kluge weise reden 1,565, 84'; man soll nur behend und
fluchs mit im darvon fahren, seh. und ernst 1546, 17 ; da sagt
ich zu dem bubcn, er solle flux den ncchsten {auf dem
nächsten weg) den gaul beschlagen lassen. Götz v. B. lebensb.
166; flugs zum tiefsten mit inen zu! Mathesius 1562,303';
wir wellcnt flux all zuo in gan. trag. Joli. B I ;
der bawer bläst flux in den brei. Albkbls 81';
drum nimm den korb und troll dich fluchs!
H. Sachs IV. 3, 43';
flugs troll dich, und bring mir rechts geld ! V, 344*,
flugs trollt euch odr ich wil euch fressen. V, 345' ;
bawer, lawer, troll dich flugs! V, 353*;
Woirdieterich steht flux wider auf. Atrer 228*;
Pamphagus .<<priclit, ir soll flux gan! Schmelzel verl. ton 17',
flugs bringt die magd ein fuszwasser, da schürzet sich die
fraw, kniet zum kübel. ßarg. 73'; trinkt flugs herum und
macht es aus! 86'; und flugs auf und will davon fliehen.
198*; flugs sie hin, werfen ihre kappen. 206'; dasz er ge-
zwungen ward, flugs seine wehre hinweg zu werfen. Amadis
291; flugs und bhend, c(7a/tm. Maai.er138'; flux, von stundan
139*; damit der ganze häufe flugs überkomme nacheile und
die feind erschnappe. Kirchhof mü. disc. 157; ich wil flugs
antreiben , dasz wir heute oder morgen wieder kommen.
SCHWEINICHEN 1, 269 ;
komm zu mir plotz und flugs! Logau 1,33,18;
wo nun aus? sagt der fuchs.
do kriecht in dise sidel fluchs. Etring 2,432;
da wird ein ehrlicher kerl flugs angefahren. Weise sittenl. 73 ;
0 kan ich nicht flugs zu ihm? 77; aber wer findet flugs ein
gut, das solche pcrtinenzstücke bat? erzn. 94; flugs gehe
und thue fein erbar. comöd. pr. 323; so wollen wir flugs
sieben dörfer in den brief setzen. 333 ; herr, ihr denkt ich
kann die arbeit flugs blasen, causenm. 51; flugs da! wenn
sie es sagt. Schlampampe tod. 7; er will flugs Junker sein,
illico grandescU. Stieler 510; es ist flugs gelhan, diäum factum ;
doch hab ich niemals auch mein leben so gellebt,
dasz mich die blinde furcht, wie andre, flugs betrübt.
Günther 1017;
meine tuchter nähet blumen, man möchte flugs daran riechen.
J. E. Schlegel 2, 177;
dem Selim werde flugs sein kleinod zugestellt. Hagkdori« 2,03;
und seid ihr da genüglich
gew^aschen und frottiert, dann flugs ins bett, und deckt
euch doppelt zu. vViKLAfiu lo, 32i»,-
flugs war sie bei der band. Moser l, 216; fiele er ins wasser,
so spränge ich ihm flugs nach und holte ihn heraus. 3,62;
tönend ruften sie aus und flugs {ftäX Mxa) war die roange
versammelt. Od. 2, 8;
ja, ihm entgegen lenke flugs zuerst
dein ehernhuliges gespann. Bürger 16S*;
was Amor wagt, das läuft auf lieben
und wiederlieben flugs hinaus. Kl. Schmidt kom. dicht. 54;
und flugs wie nur der handel still,
gleich greift sie nach dem rndchcn. Görui 1,38;
und zum altar hintretend, wo die Inmpe
dem heiigen brannte, zündet er sie flugs
dort an. Schiller 5u8';
und jener spricht, es soll ^eschehn,
und macht »ich flugs bereit. CS*.
Adelung bildete sich ein, das adv. sei unhochdeulsch, die gehduften
belege zeugen, dasz es von allers her bei uns heimisch war, und
man kann es uicltt von einem adj. herleiten, der mhd. gen. Ki
XU detttlirh {vgl. das folgende wort), nd. fluk und fluks, nnl.
fluks, bei Kiliaw vlughs, vieughs. die sr/iw. dän. flux, flugs
von uns entnommen, zu beachten sind die Verstärkungen flugs
und gleich, flugs und bald, flugs und behend, flugs stund an,
flugs im hui.
FLUGS, cilus? da das genüirische s i/c» adv. nicht in den
eomparativ eingehen kann, ein adj. flux aber dem fix nachge-
bildet scheint:
wil gleich dcstar flficbser Iciiiu*) hinein laufen.
IL Saoms III. 3,43*.
1849
FLÜGSAND— FLÜH
FLUH — FLUHHEÜ
1850
genüivische adverbia ertragen keine comparation, um eo eUiut aus-
zudrücken tcagle sie der dichter, als gebe es ein adj. flugs, ein
solches schtreble auch einem andern vor:
abr ich von hier auf flugsen fusz
zum Brentio hin geben rousz.
phasma Frischlini, ron Bkrtesits 2, 3 (6«»
Gödeke 315 verdr. Bertelics).
das sind kecke, die spräche verletzende bildungen.
FLUGSAND, m. arena rolatica, glarea sterilis, altn. foksandr,
ddn. flyvesand. .«and, den der wind auf die felder treibt: diese
zukünftige zeit schwebt über mir hin, gleich den winden,
die so manches dasein mit leichtem flugsand verscharren.
Bettixe 6r. 2. 307.
FLUGSANDGRAS, n. anindo arenaria.
FLI'GSCHIENE, f. hölzctien über dem flugloch, zum schütz
gegen den regen.
FLUGSCHIESZEN, n das sckieszen eines thiers im (luge.
FLUGSCHNELL, velox: kein maszstab past auf individuen
so flugschneller enlwickelung. Gutzkow ritler vom geist 6,429.
FLUGSCHRIFT, f. libellus in vulgus emissus : bei den kleinen
flugschriften. die ich ungenannt herausgab. Güthe 26, 204.
FLUGSCHÜTZE, m. jdger der vOgel im fluge herunterschiesst.
FLUGSEIDE, f. man lese die sielte aus Fra.nks tceltb. 192'
sp. 1403.
FLUGSEN, FLUXEN, stemutare, niesen. Staldeb 1, 3S8. bair.
pfuchzen, pfutzen.
FLUGSPäNE. pl. runcinarum raplus, hobelspäne. Ha&leb 138'.
FLUGSTARK, s. vorhin fluglahm.
FLUGTAUßE, f. columba domestica, feldlaube: er lockte in
Blumenbühl flugfauben täglich durch futter näher. J. P. Tit.
1,27; ich habe oft das schöne leichte nbmadenleben der
niädchen in ihren arkadischen lebensabschnitten bewundert
mit neid. leicht flattern diese fluglauben in eine fremde
familie und nähen und lachen und besuchen da mit der
tochter des hauses ein oder zwei monate lang. 2, 222.
FLUGVOGEL, m. der strausz ist kein flugvogel. die schwalbe
ist ein rechter flugvogel.
FLUGWEITE, f. die länge der enlfernung, insofern diese das
ende des fluges ist. die flug^veite eines Zugvogels an einem
tage, einer abgeschosznen kanonenkugel u. s. tv. gHnldet wie
tragweite.
FLUGWERK, n. pelaurum : flugwerk und erscheinungen
{maschinerien) welche vorkommen in der {opcr) Niobe. München
1688 •.
in den wind und wasser schreiben,
fiugwerk ohne flügel treiben. Logac 1,152,52;
schnell gehorchte der söhn und schnallte das güldene flugwerk
an die iusze. Bürger 247';
eine herabgefallene biene, deren flugwerk ihr honig verpichte.
J. P. Hesp. 1, 260 ; der gröszte tiefsinn, die heiligsten em-
pfindungen, der höchste aufschwung der phantasie bedürfen
gerade das wächserne flugwerk des körpers am meisten.
4, 13 ; die karten waren bisher ein gut angeschnalltes tlug-
werk, auf dem man zuweilen am hofe zu höhern stafl'eln
aufflatlerte. teufelsp. 1, 74.
FLUGWURZ, malra alcea.
FLUH, m. fuga, gebildet von fliehen, mit kurzem u, wäre
dem flug ron fliegen, flusz ton flieszcn analog und erscheint
im golh. |)lauhs {mit aü) von t)liuhan Marc. 13, 18, kommt aber
weder abd. mhd. noch nhd. vor, sondern uird durch das f. fluht,
flucht vertreten, dem )}lauhs gleicht auch bühm. beb ron behati,
bezeli, doch vom lit. begti lautet das nomen begimmas m. oder
begte f. = flucht
FLUH, f. rupes, mit langem u oder diphth. uo, ahd. fluoh,
fluah (Graft 3, 769), mhd. vluo (wb. 3, 355*), wozu sich das
ags. floh stänes, gleba silicis bei Lye nehmen läszt. das fl ge-
stattete an pr in 7iQr,vrii und pronus, selbst an xor^urös von
xgefiäi'vi'fii zu denken; doch ist hier kein kehlauslaut und in-
sofern rupes ron rumpo einen abgebrochnen, abgesprungnen theil
des felses bezeichnet, läge floh, pxdex m. (wofür auch ahd. floah,
pbloah geschrieben vorkommt) und fliehen, springen (oben sp. 1789)
näher, man hätte uo wie in flut, fluot neben flieszen zu erklären.
fluh ist Sturz, jäher absturz, abfall, abhang eines felses. altn.
flug n. praecipüium, abruplum , flugabiörg rupes praeruptae.
SvEiXB. Egilss. 186' ; Qyggi n. framspringande och öfverhängande
klippa, bergvägg, brant klippa. U;«ander allmogemälet i Vester-
botten. üppsaia 1857 5. 10; flog, flygg. Rietz ordbok lhO\ einen
anklang entdecke ich im lU. plyszys, risz, spalte von pleszti reisxen,
spalten, lett. plihlums ipa//, ul4s plyszys i Mos.Z3,22istfelsklufl.
ahd. gewähren gl. Jun. 219 scorröno fluahi praeruptae, excisae
rupis extremiiales ; 227 fluahi scorröno scopuli; N. ps. 113, 8
(Hattemer 408') der den stein bechfrta ze sewaj^eren unde
die fluoh ze springenten wajjeren, qui convertit petram in
stagna aquanim et rupem in fontes aquarum. gen. dat. sg. lauten
^ch dem nom. pl. fluohi. die gl. mons. geben das wort nicht.
auch mhd. nur bei schweizerischen dichtem:
innen hol und üjen hart {war der stein)
als ein gelJendiu fluo. Lanzetel 7127;
in einer vluo hat er (der wolf) ein ho!
mit giioter spis gevüllet wol. Box. 55,3;
der (bncli) begegeat mit den hörnen sin
schalklich dem ochsen in der vluo. 7S, 25;
si {die geisz) gieug vil hoch in einer vluo,
da ir kein tier mocbt komen zuo. 90, 3.
nhd. haftet fluh lediglich im Hsasz, in Vorarlberg und der Schweiz,
doch in Schwaben, Baiern, Österreich, Sleier ist es unbekannt. Staldeb
1, 386. ToBLEB 196' verzeichnen es, auffallend dasz Dasypodios,
Fbisics, Maaler seiner geschweigen und nur fels und schrofe
anführen, dem obliquen casus wird noch gern flui (ahd. fluobt)
gelassen, zum unterschied vom nom. fluo. ilem was der selben
lüten hie ist, die mugent ziehen hinan war si wend, und wenn
sie für die groszen fluo in koment (einkommen sp. 216), so sül-
lent sie einem vogt nüt me gebunden sin ze dienene. weisth.
4, 304 (o. 1393) ; bruder Claus vor flui, das ist in dem felsen vor
Swyz im ort Unterwaiden, ist zu disen zeilen verscheiden.
fasciculus tempor. pag. ult. ; es spricht sant Gregorius, wann
der hirt über die fluo und felsen gon wil und über die scharfen
eck der hohen berg, so fallen die schaf ze tod über abbin.
Keisersb. omm 21'; das mör ist verfarlich und sorklich, wann
darinn seind gar vil sorklicher ort, fluhen, glufen und felsen.
schif der penil. A' ; als ein fisch im wag öder flS. Marie himel-
fart 10"; wie man in der bergrüfe nüts anders sieht weder
das trüb wasser, wiewol so grosz flu drin gond. Zwi!«gli
2,237; er stiesz in über ein hochi fluo hinab und meint ine
ze tod gefällt haben. Tschcdi 2,153; im selben Schlund unter
einer hohen flu hat es eine wismatte. item darbei auf einer
hohen ßü liegt das schlosz. Wcrstises Basler chron. . . . ; als
ich aber erwachet und gsach wo ich was, weisz ich nit, ob
ich min läbtag wurs (schlimmer) erschrocken bin, dan wen
ich noch zwei klafter tiefer weri gangen znach, so weri ich
über ein grusaine hohe flu abgfallen vil tusend klafter hoch.
Platers leben s. 11. nach Scbelchzer ron grenzen und bergen
der Schweiz s. 104 bedeutet flu, flu, flühe nicht allzeit steile,
hohe, gächstotzige felswände, sondern auch andere gälte meist von
gras und bäumen entblüszte ürter. flu gebührt nur dem nom.
acc. sg., flu dem gen. dat. sg., nom. acc. pl. nach der Du oder
flue heiszen in der Schweiz manche ürter, Bädeker s. 105 nennt
im Bemer oberland die mauer 'der ebenen flue', s. 134 die hoch-
fluhkirche unterhalb Morel an der Rhone. Flüelen bei Schilleb
539'.'. 540'. auffallend in Keisersb. seh. der penil. '* fluhe für
prora : das schif ist spitzig und eng an beiden orten, vornen
an der fluhen und hinten' am stierend (steuerende, puppis) und
in der mitten ist es breit (vielleicht fluhe die ankerstelle. Frisch
1, 282 ankerfluhe, anchorae uncus).
aus der Schiceizersprache Schiixer im Teil 540':
so wird das schif zerschmettert an der fluh,
die sich gäbstrotzig (l. gähstotzig, wie auch die au.tg. von 1304
s. 15S liai) absenkt in die tiefe ;
da tritt ein weih aus der ladenthür,
eine schlichte Trau von den fluhen,
die stiesz an den klingelnden harlekin schier,
und bat nicht gelacht noch geschrien. An;», vo!« Droste 327.
auch die folgenden siisammensetzungcn sind schweizerisch, das
zweite wort bildet fluh in ackerfluh (steingerölle auf wiesen.
Tobler 14"), bergfluh, meerfluh, nagelfluh, salzflub, sandflub.
FLUHBIRRLI, n. mespilus chamaemespUus. Stalder J, 386.
DüRHEiM 184 fluhbirne (s. flughirne), Zwergmispel.
FLUHBLUME, f. FLUHBLCMLI. n. primula veris, auricula,
badönikli, wild auf der alpe wachsend, von den Entlibudier
Jünglingen ihren dtrneft beim kiltgang, zum schmuck der Stroh-
hüte, dargebracht. Staldeb 1, 386. DuBnEm 184. Fhiscb 1, 259'.
FLI'H BUCHS, vacänium vitis idaea. Durreim.
FLUHFOLLE. f. schweizerisch von einem felsengrund, dessen
eingang weit und breit, der ausgang stumpf oder geschlossen ist.
Stalder 1,389. s. foHe, waldfolle.
FLUHHEU. n., auf den unwegsamsten stellen der atpen, wo
selbst das rieh nicht weidet, oft mit lebensgefcJrr gewonnen. STALCBt
1, 386, auch kammheu, wildheu.
1851
FLCHKIRSCHE — FLUP
PLÜR — FLUR WÄCHTER
1852
FLUHKIRSCHE, f. lontcera xylosUum.
FLIHLEHCHE, /. mutarilla aipina.
FLCHLL'FT, f. alpenluß. Rltte s. 25.
FLÜMEN, mingere, pissen. Stalder 1,387.
FLÜMIG, impurus: so da ein warme hitzig arznei auf ein
kalt Dümig geplut gelegt wird. Brauwscbweic 31. vgl. flauin,
sordes sp. 1735.
FLL'NDER, m. pleuronedes flestis, dän. flynder, schw. Dundra,
aUn. flydri, eine art schölle, s. flander, flinder.
FLLNK, ni. flügel, flügelstumpf. Schambach 273*. Danneil 55".
FLL'NKE, m. scinlilla, funke. Schm. 1,590. dän. niinke.
FLUNKERN, 1) säntillare, flimmern, funkeln, flackern, nnl.
flonkeren :
sprenge gen mitternacht mit abgewendetem antlitz,
dasz laut heule der siurm und blutroth flunkre das nordlicht.
Voss 2, 180.
2) gloriose menliri, aufschneiden, windmachen : der kerl flunkert,
lü^, nd. hei flunkert; ich kenne euch doch sonst als einen
überaus wahrhuflen mann, allein jetzt sollte ich doch fast
denken, ihr flunkertet. Miinchhausens reisen 95.
FLUNS, FLUNSCH, FLUNTSCH, m. os dislorlum, ein ver-
logenes, schmollendes maul, s. flinsen und flans;
und wie der tuifel sinen flouns
haut uf getoun und sinen giel. Fritz von Zaire 188;
gereimt auf gouns ™= gans; er schnitt seinen häszlichsten
fluntsch. HoLTEi Lamm/e// 3,49. Weinhold scWes. «'6. 22'. Schm.
1, 590 hat flensche /. in gleichem sinn. Ihür. obersächs. flunsch
für flansch.
FLUNSCHEN, FLUNTSCHEN, os distorqucre : ich dachte bei
mir, fluntsche du nur. Holtei Lammfell 3, 49. bä Weinhold 23'
fluschen, flutschen, bair. flenschen, flendschen. im Wchabend
1658 B3' flunlzschen, fleischen: hier musz das alte lied herfür :
darnach so gieng das tanzen an,
da sahen wir schöne, weisze behn,
wenn die kittel in die höhe sprungen,
so fluntschien wir die zahn.
ich dachte, man müste die zahne fluntschen und sehn wie
eine katze, wenns wetterleuchtet oder ein steineulchen, wenns
eine seltzame pastete sihet.
FLÜNZEL, m. mensura vini : derjenige so in diesem hof
empfahct, der ist schuldig ein flünzel, das ist ein eimerweins
mit dem staf gemessen, tceisth. 2, 395.
FLUR, f in der zweiten bedeutung zuweilen m. ahd. fluor,
mhd. vluor, ags. flör, engl, floor, nnl. vloer.
1) campus, ager, seges, pascua, bair. esch {sp. 1140), nhd. auch
für heide und trifl:
mhd. der hagel eines kornes fluor
niht so balde neiget, ir. kr. 25976;
der wint durch eines kornes fluor
sd tobelichen nie geswanc. turn, von JV. 129,4;
da von et in der enge wart schiter,
reht als in eim vluore tuot starc ungewiter. Lohengr. 4602;
nhd. allein auf unsrer flur sind schönre schäferinneu.
Gellert 3,323;
wie oft hab ich nach dir die Auren durchgestrichen. 3,328;
ja, für die eifersucht hilft nichts in unsrer flur. 3.406;
{ein hirt, der) ein geheimnis oft erfuhr,
das mancher schäfer in der flur
noch so geheim zu halten dachte.
Rost schäferert. 34. schäferged. 49;
und Phyliis hatte sich aus seiner flur verloren,
wo sie Ihm doch so oft die treue zugeschworen.
schäfmjfd. 94;
ich komm in eure flur, und eine schäferin,
ach Thyrsi». dasz ich doch zu euch gekommen bin !
und eiiie schaferin entzündet mich aufs neue. 146;
und doch wollt ich dabei mein Schicksal noch nicht hassen,
müst ich die schöne flur nur nicht sobald verlassen.
hier ist die weide gut. ebenda;
ich wollte mich sogleich aus dieser flur entfernen
und, harte Silvie, dich ewig meiden lernen. 129;
Damöt ist jung und hübsch und wird ja fast von allen
in unsrer flur geehrt. 12Ü;
aber als der winter kam
und der flur das leben nahm,
uod nun alles öde stand. Glbib fabeln 2,31;
iwölf Auren wurden misvergnügt
und zwölf gelllde wurden neid. Bcrhanks fabeln 147;
komm mit mir auf die flur spazieren,
komm und bewuudre die natur.
W'tLLAiov dialog. fabeln $. 30;
willkommen, schöner jüngling.
willkommeo auf der flur t ScuiuLia 0';
f«ni auf cnilef euer flur. Od. 18,9:>3;
die edelleute haben immer die besten äcker in der flur.
GöTHE 14, 287. s. dorfflur, kornflur, weideflur.
2) solum, area, pavimenlum,
mhd. dö er nftch goilicher art
alhie liej der erden vlür,
uude in die ewigen sunuen vür. pass. H. 325,13;
da mit si genügen treit
in des ungemaches vlür. 385,66;
die an der erden vlüre
da; vie vor den goten slän. pass. K. 670,62;
mit den er von hinnen vür
ze hirael von der erde vlür. lii'l. chron. 54;
nhd. seht nur wie flink dort Hanne thut,
sie tanzt recht von der flur {vom bodm iceo).
der frau mnllei- handkorb 1770 «. 173;
voll der schattengebild ist die flur und voll auch der vorhof.
Od. 20. 35.1 ;
scene, die ofne flur in Nathans hause, gegen die palmen
zu. Lessinc 2,316; wir fanden die ganze flur (den ganzen fluri
voll leute; schob ihn über den flur zur hausthüre hinaus.
AcG. Lafontaine naturmensch s. 62; Stuben und flur sind vor
dem einzug erst auszuweiszen ;
ach wie lang ists, dasz ich walle
suchend durch der erde flur. Scbilleb 54*;
aber frei von jeder zeitgewalt,
die gespielin seliger naluren,
wandelt oben in des lichtes Auren,
göttlich unter göltern, die gestalt. 72*;
im flur. Ann. von Drostk ged. s. 142.
FLURBEREITER, m. custos segclum equeslris. Stieler 1516.
FLURBUCH, n. tabulae agrorum : die richtigste beschreibung
einer gegend gehört darum noch in keinen musenalmanach,
sondern mehr in ein flurbuch. J. P. biicherschau 2, 92.
FLURRUCHSAUSZUG, m. amtliche abschriß über ein grund-
slück aus dem fiurbuclie.
FLUREN, die grenzen einer flur bezeichnen: scheidet und
fluret. Haltaus 467 (a. 1533).
FLURENBEHÜTER, m. qui agros tuelur, flurgoU.
nicht wo die goldene Ceres lacht
und der friedliche Pan, der flurenbehüter. Schillkr . . .
FLURENWELT, f. als die halbe sonne über die thauige
flurenweit hinblitzte. J. P. flegelj. 1, 53.
FLURER, m. 1) custos agrorum, flurhüter, eschheie: item sie
sollen haben ein flurer, dem sollen sie geben von jedem
leben vier garb beederlei. weisth. 3, 628 ; die schützen, flurer
und eschaien. des baurenstands lastei-prob s. 92. s. flurschütz.
2) carnifex, excorialor, abdecker: flurer, fallmeister, wasen-
meister, Schinder, abdecker steht unter dem obristjager-
meisteramt. Heppe wolredender jdger 190.
FLURGANG, m. solemnis obambulatio finium, feierliche bt-
gehung der grenzen einer feldmark, grenzbegang.
FLURGENOSZ, m. cotnmarcanus: innige Verbindung der
flur und stadtgenossen. Gothe 23 118.
FLURGEWALT, f. flurgotlheit :
ob gott, ob göttin, sei den Römern hold,
gastlich begrüsz ich dich und weihe dir
bei andern flurgewalten den altar. Frkttac Fabier 19.
FLURGOTT, ni. Pan:
hoher Aurgott, pAege sein ! Schillk« . . .
FLURGRABE, m. fossa limitanea. H.utaus 467.
FLURGRENZE, f. limes agrorum.
FLURHÜTER, m. flurer, flurschütz.
FLURKARTE, f. das ganze pays de Vaux lag wie eine
flurkarte unter uns. Göthe 16, 235.
FLURL.\UFER, m. flurbuch, flwregister: Encau de libronim,
quos grenz, lagerbücher, flurläufer, erbbüchcr und heberegister
dicere solemus, forma. Ff u. Lps. 1766.
FLURMARK, f feldmark.
FLURMICHEL, m. flurer, feldsrhülz.
FLUR RECHT, n. jus agrorum, fam/wrum.
FLURRECilSTER, n. flurbuch.
FLURSCHEIDE, f flurgrenze: andirbalbin morgen ackaria
an der flurscheide anic Langingunsir wege. unk. ton tSJO bei
Bau» Arnsbunj n' 613.
FLURSCHUTZ, m. agrorum custos, feldsrhiUz: diese bauwren
einen dorfsknerhl oder florschillzen gehabt. Kirchhof fccndunm.
254'; durch den florschutzen unihher tragen. 254';
Siüssi, der üurscliuit. Schiller 545*.
FLURSTEIN, m. litnes, ronfinium. Haltaus 46S.
FLURUMRI.NGT, o'/ru ctrcumdalut.
FLURWÄCHTER, m. flurhüter.
1853
PLtRWALLEN — FLÜSSIG
FLÜSSIG — FLÜSTERZITTERN 1854
FLURWALLEN, n. flurgang: Ton diesem feld- und Oor-
wallen (ambarralibus) schreibt der poet Virgilius. aller tceish.
luslg. 25.
FLURWENDE, /". conßmum agrorum. Haltacs 468.
FLURZäUN, m. sepes Umüanea.
FLURZUG, m. flurbegang: am schönsten tage einmal auf
dem Wege hielt man einen sinnigen flurzug durch das ganze.
GöTBE 21. 140.
FLUSCH, m. die nd. form für flansch, flaus (sp. 173T), nach
Dan>!Eil 55*, trenn haare, uulle, werch knäuel und häufen bilden,
in einem mnd. gedieht:
binnen des de deif in deme hi'is
scnet üt siner bant ein gröt flüs. Hacpt 5,395,
ichnilt sich aus der hand einen (froszen fetzen, ein grosz stück,
einen flocken, flalsch.
FLUSCHEN, proficere, von statten gehn, flecken, eigentlich sich
flocken, knäueln, nd. de arbeit fluscht em recht, geht ihm von
der hand. Danneil 55*; det fluscht beter, rief die pommersche
landtcehr, als sie die kalben nahm. Weinhold schks. tcb. 23',
wonach das u-ort auch in Schlesien vorkommt. Fritz Reuter
gebraucht fluschen und flaschen. nhd. fluschen oder flanschen
in diesem sinn kenne ich nicht.
FLÜSSEN, s. flöszen: im bret spilen, für die langen weil
flüssen. Schade sat. 2, 6; vollauf pretspil oder das schön
Aussen. Garg. I7l'.
FLÜSSIG, fiuidus, liquidus, ahd. flu;!c, mhd. vlü^ec, welchem
adj. in den übrigen dialeclen nichts entspricht, es ist gebildet von
flu;, Qusz, jfte bühm. tekut<', poln. ciekly von tek, ciek.
1) im gegensatz zu fest: flüssige körper, corpora liquida;
flüssige Sachen, fr. des liquides; ein flüssiges element; land
mit honig und milch flüssig. Frank iffW. ITb'; flüssiges blut;
flüssiges öl; sie meinten eier werent weich oder flüssig fleisch.
Keisersb. selenp. 45'; flüssig, das gern fleuszt oder rinnt.
Maaler 13S'. flüssig werden, schmelzen, gegensalz von gerin-
nen : das fett, die butter, das erz, blei wird flüssig, geräih
in flusz, schmilzt; das dicke blut musz flüssiger gemacht
werden; die dinte ist nicht mehr flüssig; flüssiges gold, or
potable. wie nach einem warmen regen das abendrolh und
das flüssige Sonnenlicht von allen goldgrünen bügeln rinnt.
J. P. TU. 2, 58 ; der nordost wühlte das feste land zum flüs-
sigen um. 2, 219. ein flüssiger leib, alvus liquida.
2) flüssig, madidus, nasz, feucht :
aber die freier im schiT durchsegelten flüssige pTade,
iKtTtleov vyoä xi).£v&a. Od. 4, 842.
3) rheumatkus, catarrho fluens: ein alter, flüssiger mann,
«n vieux fluxionnaire ; ein flüssiger, zum schnupfen geneigter
mensch, graredinosus homo; von viel personen gebraucht, die
gar flüssig, rotzig gewesen sind. Paracelscs 1, lOOö'; in wasser-
süchtigen, flüssigen, gesüchtigen, podagrischen. chir. sehr. $ö' ;
man kann auch den flüssigen bauch stopfen. Zechendorfeb
1,85 vgl. bauchflusz; so ein mensch ein rot und ein flüssig
angesicht hat, mit welchen wassern das zu vertreiben. Barth.
Vacter tcie man alle gebresten und krankhciten arzneien soll. 1582
6/. 12; ist da; ain mensch lang sitzt oder sisft des nahtes
an dem monschein, so wirt ej traeg und wirt swaer und wirt
huostend und wirt oft im da; haupt flü;;ich und wetuond.
Mecenberg 66,13. flüssiges weiter, das fiüsse verursacht, kmps
propre d causer des fluxions.
4) mollis, weich, flieszend, coulanl: die formen seiner glieder
sind sanft und flüssig, wie mit einem gelinden hauche ge-
blasen. Winkelmann 4, S9 ; ein flüssiges gewand, teäis fluitans,
vgl. flügelkicid.
5) flüssige laute, literae liquidae; flüssige rede, flieszende,
geläufige, langage coulant; zur reinen harmonie und zur flüs-
sigen ausspräche. Herder 1,193.
6) flüssig , überflüssig, abundatts, redundans: flüssiger
mensch, redundans homo, Maaler 138', der zu viel getrunken
hat? reich ist?; flüssiges, reichlkhes mahl; das nachtmal war
gemeinlich etwas flüssiger und weitleufiger, und also solls
sein. Garg. 184' ; flüssige kuh, die viel milch, flüssige wiese,
die viel gras gibt. Stalder 1, 387. |
7) abstraclionen : unsere nothwendige handlungen gewinnen
einen flüssigem fortgang. dafern man sie zu rechter zeit mit
ehrlicher ergetzlichkeit abwechselt. Bütschky Pa/m. 394 ; eine '
malerie, deren theile unerachtel ihres Zusammenhanges den-
noch von jeder noch so kleinen bewegenden kraft an ein-
inder können verschoben werden, ist flüssig. Ka.nt 8, 51S ;
wer wäre denn hier, der uns in gegenwart dieses stationären
Werkes (einer slatuengrvpfe) mit treflichen worlen die einbil-
dungskrafl dergestalt erregte, dasz alles, was wir hier fixiert
sehen, wieder flüssig würde, ohne seinen character zu ver-
lieren. Göthe 22, 167 ; der pfalzgraf hatte das erstarren über
Walts sturmlaufen mit der bemerknng flüssiger gemacht
«. s. w. J. P. flegelj. 1, SO; die gedanken des genesenden
wurden allmälich wieder flüssiger, gehler, forderungen sind
flüssig, wenn sk oder dk Zinsen davon erhoben werden können.
flüssig sein bedeutele ehmals entrinnen, skh davon machen:
sein kram begund er bald zu sacken,
wolt sich eilend von dannen packen.
als er beinahe gar flüssig war,
ein altes weib kam lauren dar. Waldis 4,50 bl.26f^.
s. bauchflüssig, blutflüssig (2, 182), leichtflüssig, schwerflüssig,
strengflüssig, überflüssig, unflüssig.
FLÜSSIG, adv. fluenter, abundanter, molliter: flüssig ge-
schrieben, ectit coutamment ; mit einer zierlichen manigfaltig-
keit sanft ablenkender umrisse und flüssig unterbrochener
theile. Winkelsiann 3, 80.
FLÜSSIGKEIT, f liquor, humor: die schönste mineralische
flüssigkeit liesz doch immer ein pulver fallen. Göthe . . . ;
die flüssigkeiten, ks liqueurs.
FLUST, f. amissio, dantnum, goth. fralusts :
mhd. er brjehie Dust ode gewin. Greg. 1918;
gewin und flust, wie daj gestö. Parz. 102,24;
got wei; wol daj ich nie bekande Minnen flust noch ir ge-
winne. Tit. t3,i;
dir Wirt wol ins frage bekant Minnen flust und ir gewinne.
68,2;
diu flust sins höben muotes. &4, 2;
beidiu flust unde gewin. Wigat. 135,2-5;
dö buop sich flust unde gewin. 280,31;
äne aller fröiden flust. US. 1, 16*.
nhd. reicht das wort, gleich fliesen amillere, höchstens noch ins
14. 15 jh. und erlischt nachher gänzlich gegen dk volle form
Verlust (verlurst). dk letzten beispiele ergeben sich aus bairischen
oder schwäbischen Urkunden: mit dem selben wandel sitzt er
seins erbs on flust (a. 1438). NB. 24, 635 ; ze gewin und ze
flust. Schmeller 1,500; sie habent auch geselzet, da; chain
ir purger niemant chainen beraiten pfenning leich {leihe),
davon er schaden oder flust raiten {berechnen) well, stadirecht
von München ed. Auer s. 143. meist lautet die formet 'ze ge-
winne und Verluste', mon. zoll. 3, 75 (o. 1341), wo der dat.
noch deutlich f., während heute Verlust n». andere belege hat
Haltacs 713. 714, bei welchem auch 'zu gewinne und zu fliese'
= Verliese vorkommt (s. burgverlies 2, 544).
FLÜSTERN, susurrare, s. Bistern :
wie lieblich flüstert dort im hain
der schlanken espen Turchtsam laub. E. von Kliist 1,81;
nun, flüstert ihm die Jungfrau, edler ritter,
was zögert ihr? VVikland 22,111;
den rath, den du mir gibst, den hat sie dir geflüstert.
Stolberg i:i, 22;
fluche, die ihm flüsterte ein dämon und kein mensch. 14, 181 ;
leise gab er darauf mit flistemder stimme die antwort.
Od. 14,492;
für sie flisterte das weizenfeld. Scbcbart ged. 1,446;
wann mit Zärtlichkeit verschwistert
freude, die im busen wohnt,
bald aus deinen blicken flüstert,
bald auf deiner lippe thront. Gotter 1,164;
wo, beihaut von duften,
nur liebe flüsterte, nur sehen und spiel.
A. W. ScuLKCEL musenalm. 1798,52;
war es nicht ein weih,
ein weib, das mir es flüsterte? Scuiixsi 27t*;
mittemacht war vorüber, die musik fieng an stiller und ver-
lorner zu tönen, die kerzen dunkler und endlich nur einzeln
zu brennen, das gespräch leiser und immer leiser zu flüstern.
729'; ein anderer miswollender, der tückischste von allen,
nahm jenen ersten bei seile und flüsterte ihm etwas in
die obren, wobei sie mich immer spöttisch ansahen. Göthe
24,106; die flüsternden biälter. J. P. Hesp. 1,250; in dem
flüsternden laube eines todtenkranzes. 3,75; der hain, in
dessen flüsterndes und dumpfendes dickicht er sich verlor.
Tit. 1, 28. s. einflüstern, zuflüstern.
FLÜSTERZITTERN, n. tremor susurrans:
wir in dieser tausend äste flüsteniitern. Säuselschweben
reizen tändelnd, locken leise, wunelauf des lebens quellen
nach den iweigen. GöTaB4i,24T,
1855
FLÜSTRER — FLÜSZ
riüsz
1856
FLÜSTRER, wi. susurralor: die bosheit des flflstrers, der
sich schlau entfernt, wenn er böse gedankcu dem herzen
des menschen zugelispelt hat. Ki.inger 7, 234.
FLUSZ, ni. fluvius, fluxus, ahd. fluj pl. Duji, mlid. vhi; pl.
vlüjje, tüid. flusz pl. flüsse, wiederum ein spedfisdi unsrer mundart
angeiiüriyes irort, welchem weder ein golh. fluts, ags. Hut, noch
selbst nd. viut enlspridtt, gerade wie diesen allen auch das adj.
flüssig gebricht, nalwerwandl ist freilich das goUi. Qftdus, ahd.
fluof, tt'üt'on hernach unter flut.
1) fluinus, flumen, TtoTa/iös wird swar ahd. aha, wie golh.
abva ausgedrückt, da die bedeulung des rinnenden wassers mit
der des flusses zusanimentriß, und wir einen flusz oder ström
auch heule noch wasser oder gewässer nennen, docit lieiszt es
schon T. 129, 5 nach loh. 7, 38: flu;;! fon sinero wambu fliü;ent
lebentes wa;ares, flumina de venire ejus flucnl aquae vtrae
{goth. ahvus us vanibai is rinnand vatins libandins, ags, libbendes
vüteres flöd flüvad of bis innode, bei Lother, von des leibe
werden ströme des lebendigen wassers flieszen). hier sehen
wir ahv6s, flu;;i, ströme und den sg. flod in gleichem sinn ver-
tpandt. da nun tnlid. der gebraudi von aha immer seltner wird
{mhd. wb. 1, 13'), nhd. völlig aupwrl {nur in zusammengesetzten
eigennamen dauert 1, 162), so ist schon mhd. und noch entschiedner
nlid. vlu;, flusz an die stelle getreten:
durch den (Bodensä) mit richem vlujje {ströme, Strömung) sträbet
der Rin, des Huj noch strichet hin
von lantgebirgeii drin. Diut. 1,(>2;
vertic lief und harte guot
was im der fluj und ouch der sant. Gerh. 5269;
da da; In mit Ihij^e in die Tuonouwe gäl. Nib. 1235,4;
müg ich der Elbe ir fluj benemen. MS. 2,66'';
swaj höber forsten harren hat des Rines fluj
Ton Tiseutis hinabe bij an den swachen duj. 2,234'.
wir sagen ein groszer, tiefer, reiszendef, schneller, schifbarer
flusz ; ein stiller, sanfter, schmaler, in krümmungen sich
windender flusz. mäclilige und breite, gewaltige ßüsse pflegen
Strom lu heiszen, Rheinstrom, Donaustrom, Elbstrom ; kleine,
enge flüsse bach, der mülbach, steinbach; und mit dreien
groszen flüssen fallet er {der bach am Libanus) in das mör,
on ander bäch, die auch aus im in das mör flieszen. Frank
iccllb. 166*;
0 Rein, mit deinem hellen llusz,
dien du uns nun zur l'ürdernus. glückh. schif i6b;
der flusz theilt sich in drei arme; der mond schien so hell
am himmel und gosz einen ganzen bach von Straten über
den stillerwai'tenden flusz (die Elbe) aus. Voss briefe 1,193;
fliesze, flicsze, lieber (lusz!
rausche, flusz, das tbal entlang
ohne rast und ruh! Göthk 1,111.112;
es schäumt das meer in breiten Aussen
am tiefen gruud der felseu auf. 12,21;
deutsche flüsse, oben sp. 1699.
2) flusz, fluentum, fusio, imber, gusz, ergusz, der flusz des
regens, blutes,
mhd. aldä der regen und d€s gu{
erbrochen bete witen vluj. Parz. 603,8;
bi des brunnen üune stuont der hörliche gast. Nib. 918,4;
sins pluotes flu;
d«n tiuren pfellel gar begö^ Wli. 444, 18.
tüid. ein fisch, wann er in eim zuber ist, da rüget (ruhl) er
nit. aber wenn man in thtU in ein flusz eins wassers, da
echüszl er dar von und rügt. Keiseksbkbg Marie liimclfart 10* ;
trinke wasser aus deiner gruben und flüsse. aus deinem
brunnen. spr. Sal. 5, 15 ; es soll nun jederman still schweigen
und dem wasser seinen flusz lassen. Frank weltb. 158*, man
sagt Iteule seinen lauL
3) flusz, fluxut, fluxio.
a) monatlicher flusz, audt krankhafter blutflusz der frauen.
ahd. seno Ihö wib, tha; thar bluoles flu; tholeta zuelif jiir
(guüi. jah qinü visandei in rnna bl6))is jära Ivalif). Luc. 8,43.
7.60,3; inti sliumu gistuont thßr flu; ira bluoles (Jah suns
gastA|> sa runs bl6|MS iz^s). 8,44. T. 60,4; wenn ein wcib
irs Icibs blutflusz hat, die sul hieben lag bei seit gethan
werden, wer sie anrürel, der wird unrein sein bis auf den
abend. "A Mos. 15,10; und die narung (des kindeis) ist pluol
und dar umb ist der monutleich flu; ver8lu;;en an den
•wangem frawen. MecKNütHC 33,23; gcschiht »her der flu;,
das i*' S'r seilen. 38,31; und wenn ain fraw darüber (a/raun-
*) titzl, so heoiait ej ir dea uiuuter flu j. 407, 30. weisser
flusz, fluor albus, menses decolores: aneis reinigt die rouoler
von dem wei;en flu;. Megenberc 385, 8.
b) rother flusz, rühr, dysenteria: regenwa;;er ist guot zuo
der ruor, da; diu verste und zuo dem roten flu;. Mecenberg
S2, 85; da; zukkerrosAt hat ain kraft ze sänfligen wider den
roten Hu;. 345, 8 ; verstellt auch den gemainen roten fluj
von dem leib. 445,3.
c) rlieuma, catarrhus: wan einer ein flusz (fonlanell) hat an eim
Schenkel, so kumpt er zum arzet und laszt sich heilen, der
arzet spricht, ich heile dir es nit zu, wan so ich dirs zu heil, so
laufet es dir und zücht zum herzen und sliibst, ist nun nit
besser, der Schenkel flicsze, dan sterben? Keisersberc omeis
11'; der leicbnam lesset von sich eitel unflat, rotz, speichel,
putter, schweisz, schweren, blättern, grind, gnatz, flüsse, eiler,
mist und härm. Lt;THER 6,316"; schwere gedaiiken krcnken
den leib, denn gedanken machen flüsse. tischr. 225'; (die
bauem) reiben ihnen (den kriegsleuten) die köpf mit flögels-
kappen vor (für) die flüsz. Kirchhof mit. disc. 120; er ist zu
flüssen geneigt, mit flüssen behaftet;
lieszcst du die güsse (das Irinken),
so verlieszen dicb auch die flüsse. H. Sachs 1,463*;
hab von den erzten vernommen,
ihm sei ein solcher flusz gefallen. Atrkr 203';
wenn man das als zusammen thut,
wird drausz ein podagrischer flusz. fastn. 37';
dan da kommen aufgezogen
kalte tUisz für die küs {küsse)
die ihn unlängst jung betrogen. Wkckherlin 598;
husten, flüsz und krankheit. 782;
wie ein scharfer flusz, der für die äugen fällt, uns gemei-
niglich die mittel, so doch bei der band sind, nicht ersehen
läszt. Opitz 2, 294 ; es sei ihm herzlich leid, dasz seiner
liebsten diese nacht ein schwerer flusz auf die brüst gefallen.
Weise erzn. 13 ; der toback solle die flüsse abziehen, brüchle
zwar feuchtigkeit genug in dem munde zusammen, allein
dieses würen nicht die rechtschuldigen flüsse. 316; dem einen
war ein flusz gefallen. Fuchsmundi 265; milz und mutlerbe-
schwcrungen, engbrüstigkeit, böse flüsse. Wieland 20,5;
Sprech ich um einge küsse
zur guten nacht ihn an,
so schreit er über Müsse {gliederrei''zen),
wenn er nicht schnarchen kann. VVsiszx kom. op. 2,240;
von übermäszigem zechen
erzeugte sich ein Uusz au seinem volimondshaupt.
Kl. Scuüidt kom. riicht. 51.
flusz im köpfe, gravedo, in der nase, coryza, flu; zuo der
nasen. Mo.ne anz. 6, 339'. es ist dem kranken ein flusz ge-
fallen, die kranUteit hat bösartige wendung genommen. Stalder
1,387.
4) flusz des erzes, aes liqualum, des glases, vürum lique-
factum:
weisze blasen seh ich springen,
wol, die massen sind im flusz,
laszts mit aschensalz durchdringen,
das befördert recht den gusz. Schiller 77';
die glocke musz nur um desto besser klingen, als das erz
länger in flusz erhalten und von allen schlacken gereinigt
ist. GöTiiE an Schiller 367. flusz heiszl in der bcrgmannsprache
auch der zusalz zum erz, der es leichter zum sdimelzen bnngl:
man kann zum schmeidig machen des silhers einen flusz zu-
richten, welcher die metalle fast sehr reiniget, also, nimb
sal alkali, salpelcrsalz, rohen Weinstein und salpeter, eins
so viel als des andern. Erker 34'. vgl. fluszspal. flüsse
heiszen auch farbige cristallgläser, die eddsleine nachahmen.
5) der flusz, fluxus, ein altes kartcnspii'l , eigentlich folge
gleicher karten. Gence.nbach 305.436.529:
es si mit wiben,
mit karten, würflcn, flüssen, hassen, trag. Joh. C2;
fr. sagt man nocli heute: il a flux et scquencc, viele auf ein-
ander folgende trumpfe, s. flosz sp. 1820. 1821 und flüssen.
6) figürlich (nach 2 und 4), in flusz, in gang kommen, im
flnsse, gange sein; neuere philosophcn lassen sich jetzt cigeiii-
iich nicht nennen, weil hier alles gleichsam im flussc fort
gehl, was der eine baut, reiszt der andre nieder. Kant t, 356;
ein stehendes und bleibendes selbst ia dem Ousse innerer
erscheinungcn. 2,645;
dun flusz der stunden. Wiilakd 17,74;
das erstemal seil langer zeit hast du wieder gesprochen, wie
einer dem etwas w.iliihnft nin herzen liegt, zum erstenmal
LhI der Uusi der rede dtclt wieder fort jerisseu. GöruK Xi, 3« i
1857 PLtlSZAß — FLüSZGRASLEDER
ich hatte ihr herz immer mehr aufzuschlieszen und ihre rede
im fliisz zu erhalten getrachtet. 23,180; in den flusz der
Vorlesung hineinzureden. 27, 118 ; figur und wesen sind nicht
durchgearbeitet, spräche und gebärden haben keinen flusz.
43,36; die heisze, in flusz gebrachte seele. J. P. TU. 1,128;
als die Versammlung allmälich in flusz kam und man anfieng
einander kennen zu lernen. Dahlmann /"r. rev. 399. die redensaH
'das hat seine fliisse' = Schwierigkeiten scheint aber nach einer
der bedeutiingen unter 3.
s. abflusz, ausflusz, bauchflusz. blutflusz. durchflusz, ein-
flusz, hauptflusz. honigflusz, mutterflusz, schlagflusz, silber-
flusz. speichelQusz, überflusz, zuflusz.
FLUSZAB, secundo flumine, mhd. ze tal,
entfaltet euch, gedrängte massen,
vom berg ins laud, fluszab ans meer! Göthe 13,273.
FLüSZABWÄRTS. dasselbe: ein kahn führte uns fluszab-
wärts die Strömungen.
FLL'SZM)LER, m. falco haliaetos, meeradler.
FLL'SZ.XTs'WOH.NEND, ripae proximus: fluszanwobnende
weiden. Voss.
FLUSZANWOHNER. m. accola fluvü.
FLUSZARCHE, f. arca roslrala.
FLISZARM, m. brachium ßuvii.
FLUSZARM, paufier'fluviorum, icasserarm.
FLL'SZARTIG, wie ein flusz. auch rheumaticus, ein flusz-
artiges fieber.
FLL'SZAUF, den flus: hinauf, mhd. ze berge: vorgebirg,
wie jenseits und weiter fluszauf der schloszberg. Güthe 51, 23.
FLUSZBAD, »1. lavacrum fluviale : ein fluszbad nehmen, vivo
flumine perfundi.
FLUSZBARSCH. m. perca fluvialüis.
FLUSZBARTFISCH, m. cyprinus barbus flurialilis,
FLL'SZBAÜ, m. Wasserbau im flusz.
FLUSZBETT, n. alveus: als die gefühle in ihrem flnsz-
bett ein w enig ruhiger wieder dahin liefen. Kl. Schmidt kom.
dicht. 487. s. bett 2.
FLüSZBLUME. f. gnaphalium arenarium.
FLL'SZBRACHSEM, m. cyprinus brama.
FLUSZBRA.NÜ, m. inccndium fluvii: im Widerschein des
blutigen sprudelbachs alles wie ein fluszbrand der hölle, wo
gestern noch ein eden geblüht hatte. Tieck Cev. l, 421.
FLÜSZCHE.N, n. amniculus.
FLUSZDORN, m. nerila Corona, eine schneckenart mit stacheln.
FLUSZDÖRNCHEN. n. dasselbe.
FLUSZEiSE\, n. flüssige eisenmasse im ofen.
FLISZERDE. /. schmelzbare erde.
FLLSZESSE.NZ. f. liquor catarrhalis.
FLUSZF.\HRZEL'G, n. narigium in flumine, fiösze.
FLL'SZFALKE, m. falco fluvii accola.
FLL'SZFALL, m. lapsus fluminis, calarrhacta, Wasserfall, vgl.
Rheinfall.
FLUSZFIEBER, n. febiis catarrhalis.
FLUSZFISCH, m. piscis fluvialüis.
FLL'SZGALLE, f geschwulst am kniegelenk des pferdes.
FLISZGANG, m. alveus, cursus fluminis, mhd. ahganc (wb.
1,475*}, bildlich: so enmac der wäre sunneschin in unser
herze niht milteclichen gevliejen unde troestlichen, wan im
der vlu^ganc verleit ist. myst. 1, 323.
FLUSZGEBIET, n. tractus fluvii, landstrich, den ein flusz
belierscht und durchströmt, z. b. fluszgebiet des Rheins, der
Donau, s. fluszregion.
FLUSZGEIST, m. daemon fluviatUis.
FLUSZGESTADE, n. ripa fluminis:
und am abend steiget nieder
eine schar zum fluszgestad. Uhla;«».
FLUS^GEWÖLBE, n. von der cloaca maxima zu Rom. Nie-
BL'HR 1,436 u. ö.
FLL'SZGOLD, n. aurum fluviatile.
FLLSZGOTT, m. deus fluvialU:
sie fliehn, sie fliehn
zum strömenden Rhein,
sie drängen, sie stürzen sieb hinein.
der tluszgott aber winlit
«einen bellenden stürmen,
da brausen die wellen und Ihürmen
und ros und manu vf>r.<iinkt.
Kretsch«a:»!i ges. Hhingulphs 76.
FLUSZGRAS. n. alopecurus geniculatus. j
FLi;SZGRASLEDEU, n. conferva fluvialilit I
iil.
PLÜSZGÜSZLING - FLUT
185$
FLÜSZGÜSZLING, m, Vulcantlusz mit schla^ckenstof ver-
setzt. Storrs alpenreise.
FLUSZHAFEN, «». portus in flumine.
FLUSZHÄHNCHEN, n. ranunculus aquatilis.
FLLSZHARZ, n. gummi anime, animeharz.
FLUSZKAH.N, m. cymba fluvialüis.
FLLSZKAN.NENKRALT, n. equisetum fluvialüe.
FLUSZKIESEL, m. silex fluvialüis.
FLLSZKRAIT, n. potamogeton.
FLLSZKRERS, m. Cancer.
FLLSZLOCH, n. fonticulus, fontanell. Zi.nkgref apoplUh. 307.
FLUSZMASSE, /. in flusz gebrachte, flüssig gemachte.
FLUSZ.MITTEL, n. gestän oder salz, das den erzen beigemischt
wird, ihre scitmclzbarkeü zu erhöhen. ScHEncHEKsroEL 78.
FLUSZMOOS, n. muscm fontanalis.
FLLSZMÜLLER, m. mein vater war ein Ouszinüller an der
Mulde. Fchenb. 2. 362. vgl. floszmüle sp. 1822.
FLUSZMÜ.NÜUXG, f os fluminis. *
FLÜSZML'SCHEL, f. conclia fluvialis.
FLUSZNACHTIGALL. f. turdus arundincuxus.
FLUSZNADEL, f. strombus fluvialüis.
FLLSZ.NATTER, /; culuber hydrus.
FLUSZ.MXE, f. was nixe allein, Wassernixe.
FLUSZ.NV.MPHE, f libella fluviatilis.
FLl'SZOCHS, »71. hipiwpolamus.
FLLSZOTTER, f. tutra.
FLUSZPFERD, n. hipiiopotamus, nilpferd.
FLL'SZPULVER, n. pulvis catarrhalis. Stieler 447.
FLL'SZRAiND, m. margo fluminis.
FLUSZRAUCH, m. was Quszpulver.
FLLSZRECHT, n.
FLUSZREGIO.N. f. fluszgebiet: schon bei meinen wenigen
Wanderungen durch die weit hatte ich bemerkt, wie bedeu-
tend es sei, sich auf reisen nach dem laufe der wasser zu
erkundigen, ja bei dem kleinsten bache zu fragen, wohin er
denn eigentlich laufe, man erlangt dadurch eine übersieht
von jeder fluszregion, in der man eben befangen ist. Götbe
25,320; wir verfolgten unsern weg, und da der Übergang
aus einer fluszregion in die andere immer der hauptaugen-
merk mein des geognosten war, so fielen mir die sandslein-
hühen auf «. s. w. 31, 211.
FLUSZSAND, m. arena flum.
FLUSZS.\UER, was fluszspatsauer.
FLUSZSÄURE, f. fluszspalsäure.
FLUSZSCHIF, n. navis in fluvio.
FLLSZSCHIFFAHRT, f.
FLLSZSCHILDKRÖTE, f. tesludo fluvialüis.
FLUSZSCHNECKE, /. Mix slagnalis.
FLüSZSCHWÄMM, m. spongia fluvialüis.
FLUSZSPAT. m. calcareus fluor, ein grünlicher stein, den man
dem erze beimischt, um es leichtflüssig zu machen.
FLUSZSPATDUXST, m. -
FLUSZSPATERDE, f
FLUSZSPATGAS, n. gas acidum fluoricum.
FLUSZSPATGEIST, m. Weingeist mU fluszspalsäure verbunden.
FLUSZSPATSAUER, fluoricus, fluoratus.
FLUSZSPATSÄURE, f.
FLUSZSPINDEL, f murex cariosus, spindelschnecke.
FLUSZSTEIG, m. semüa ferens Irans fluvium: rechts des
fluszsteiges ist eine arl von natürlichem wall. Göthe 43, 182.
FLUSZSTEI.N, m. quarz.
FLUSZSTI.NT, m. salmo eperlanus fluvialüis.
FLUSZTABACK, m. schnupf oder rauchtaback gegen fiüsse.
FLUSZTAUCHER. m. colymbus minor.
FLUSZTEUFELCHE.N, n. fulica aterrima.
FLUSZTHAL, «. vallis, quam percurrU fluvius.
FLUSZTHIER, n. animal fluviaticum.
FLUSZTREIBENDE arzneien, expecloranlia. Stieler 2319.
FLUSZUFER, m. ripa fluvii.
FLUSZWASSER, n. aqua fluvialis.
FLUSZWATE, f. was fischwate sp. 1689.
FLUSZWERK, n. rheumalismus : das reiszen in den gliedern
ist fluszwerk.
FLUSZZIN.N, n. stannum rüde, zinnerz in abgerundeten slücken.
FLUSZZOLL, «1. ripalica.
FLUT, f. flumen. fluäus, g<>lh. flödus, ahd. fluot, mhd. vluot,
alls. fluod,. nnl. vloed, ags. flöd, engl, flood. alln. flod. schw.
din. flud. dte nltd. scttreü)uni^n fluth und Hulil sind scMedU
U7
1859
PLÜT
ilieszcn flosz, fliejen flöj, fleotan fleät fordern ein goih. flintan
flaut (ffo nicht {)liutan ^laut) und mit diesen allen slimml der
vocal in fliit, fluot, flöd, flodus ebensouenig als die cunsonanl-
stufe des aitslauls oder inlauls. die aus unserm flieszen gelei-
teten numina flosz (sp. 1818) und Ousz {sp. 1855), der form nach
abstehend von Qut, haben dodi den anlaul fl uie die bedeutung
mit ihm gemein.
das golh. flödus begegnet nur einmal und kann m. oder f.
fein, nie auch mhd. vluot bald m. bald f. ist, ags. flöd m.,
altn. flöd n. der sp. 1731 versucliten erklärung trf vielleicht die
sp. 1793 entfaltete vorzuziehen, man wird nemlkh aller Verlegen-
heit, die der vocal brin^, überhoben, trenn sich fludus als D-ödus
fassen und zu nianniskodus, aubjödus, vralödiis halten liesze.
flödiis aber würde gekürzt scheinen aus fluliödus von fliibun
und sidi dem lat. flucliis von flucre für flucere (wie fliimeo
für flucincn, lunien für lucmen und ductus von duccre) nähern,
mag auch der anlaut pluere dem deutschen worte mehr ent-
sprechen, denn beide fliiere und pluere müssen hvlier hinauf
zusammenfallen; ein (loth. fluliun oder vielleicht ricli liger Üüh'pn
darf sich ganz besonders auf das nnl. vioeijen vloeide, neben-
form von vlieten vlool stützen, selbst flaien, flenn, waschen,
TiXv%Etv klingen vcneandt. so viel erhellt, weder das d in Oödus,
das t in fluot, noc/i das sz in flieszen, das t in fleotan, vlieten
gehörten der urwurzel an, wenn letztere schon nacither in eine
secundäre, ablautende wurzrl eingiengen. bei flüdus und vioed
verdient sodann das nnl. viieden für vlien {fugere sp. 1788) er-
wigung, da die begriffe und worlc des flicgens, fliehens und
fiieszens sich innerlichst berühren, man halle zu dieser enlfal-
lung von flut die analoge von blut, brut, glut und mut, deren
t ougenscheinlicli den wurzeln fremd ist, und ztim uo in fluot
und flieszen das in fluoh und flieben (5p. 1849).
1) Out, fluvius, ßumen, aqua. Iifilas überträgt TtQoatQori^ev
o Ttotrtfiöi Luc. 6,48 bislogq abva und 6,49 bislagq flodus,
beide ausdrücke gelten ihm also gleichviel, auch bei Kero [Hiüt. 33')
heisxt es qbuäniun abü, venerunl flumina.
mhd. darnSrh bi de.« Oines vhiot
lil ein vesle utininjen guot. üiut. 1,62;
darnach bi des Rines vluot
lit Megenze vil vermejjen. 1,65;
le samne was pesloj^en manic schef vil guot
daj in nilit enschadete die iinde noch diu fluot. Nlb. 1318,2;
daj najjer ist engojjcn, vil starc ist im sin fluot. 14t>8, 3;
der Lrunne was Lüele, li'ner unde guot.
Gunthar sich dd neigte nider zuo der vluot. 920,2;
nhd. es komen wasser berauf von mitternacbt, die eine flut
macbcn werden. Jer. 47,2; eins weisen mans lere fleuszt
daber wie ein flut und wie eine lebendige quelle. Sir. 21,16;
fluten geben undare, fluctuare;
ßui, die nicht ersSufl, nur Ladet. Locao 1,222,17;
e< blitzt und donnert, .«türmt und kracht,
die Duteu reiszen iiher. Gutiie 1,181;
aber ach, wie nah ist der feind ! die fluten des Rheines
schützen uns zwar, doch ach, was sind nun Unten und berge
jenem schrecklicheo volke, das wie ein gewitter daher zieht 1
40, 208.
2) mecrflut, zumal die steigende, brausende, gegenüber der
fallenden, sinkenden ebbe, die wallende, die wilde, hohe flut:
die Hut lauft an, steigt, bebt sieb;
mhd. ich kan itich Cif d^r fluot
binnen wol (terüercn, da^ wirket, helde guot,
die rebien woj^ersträje »int ihir wol bekant. Nib. 367,1;
wan da; er «i hdrte üt dCm wilden Quote. Gudr. 397,3;
mir saclden unde güete,
denn In des mores flüete
ai griejes unde sandcs. g. tchm. 1744;
wan ich dfitt llefon merea fluot
mit siner breiten fliieie,
»wie in vil selten icmen wuot,
für disen kumher wüeie. llAaT«. 1 hüchl. 1803.
nhd. durch dein blasen Ihelen sich die wasser auf und die
flut Rtundcn auf häufen, die tiefe wallet von einander mitten
im meer, 2 Mof. 15, 8 ; deine flut rauseben daber, das bic
eine liefe und da eine tiefe brausen, alle deine wasserwogcn
and wellen geben über mich. ps. 48, 8; ich versinke in tiefem
•chlam, da kein gmnd )>it, ich bin im tiefen wasser imd die
flut wil m;rb crscufen. 09,3; der da srbiffcn wil und durch
wilde fttiten zu farcn gedenket, vcinh. Sal. 14, 1 ; da ward aus
dem roien meer ein weg on bindemis, und aus den mech-
ti|;cn fluten ein frunes feld. 19,7;
FLUT — FLUTBETT 1860
die flut, so hoch
sie morgens eintritt, ist des mittags längst
verlaufen. Lessimg 2,208;
dort stand der alte zecher,
trank letzte lebensglut,
und warr den heiigen becher
hinunter in die flut. Götuk 1,188;
warum der ström des genies so selten ausbricht, so selten
in hoben fluten berein braust? 16,19;
doch werd ich wieder steiücn, hohe flut
wird bald auf diese ebbe schwellend Tolgen. ScBauu 400*,
und schon dunkelten die fluten. 60';
und hinab in ihre Schlünde
reiszt ihn die empörte flut. 60';
und wenn du nicht der Rlücher bist,
so musl du in die flut. Rückert 2u5.
3) antt'cndun^ auf wein und thränen:
mhd. 6r sprach, daj ist ein süejiu fluot,
diu weschet mir von dem harzen
untröude unde sm^rzen. tpeinschwelg 232; ,
nhd, hier ist ein saft, der eilig trunken macht,
mit brauner flut erlüUt er deine hole. Göthk 12,44;
die lorbeern, tapfrer held, die deine stirn umschlieszan,
würd ich mit einer flut von thränen nur begieszen.
Weisze liaucrsp. I, 232;
redet, flut der äugen, glut der wangen,
redet ihr statt meiner lippe (ort. Bürger 97*
so wie man überhaupt in Albanos jähren die flut der äugen
zu hoch anschlägt. J. P. Tit. 1, 202.
4) bildlich:
des vaters Zornes flut fahrt über ihn mit graus
und will ihn aus dem land und leben rotten aus. Flkmii«c9;
durch solche flut und sce der widerwertigkeil. Wecehbrlin 69;
verdopple deinen mut! der feinde wilde fluten
hemmt Friedrich, und dein starker arm. E. von Klust 1,17;
der unzählbaren ähren unübersehliche fluten.
iles.sias 13, °iu7 (n/f. kornes fluor $p. 1851 und
Uxvn 1,578);
seht weg! itzt steigt, itzt f^llt der busen!
seht hin, dort seht ihr ebb und flut!
macht, was ihr wollt, erstaunte mtisen,
ich meid euch schon um dieses gut.
Rost im taschenb. ßr dicht. 8,118;
fleuch zu meiner Umarmung, und ersäufe
dein erröthen in einer Hut von küssen.
Kl. Schmidt im atm. der musen 1774 ». 27;
so reiszt im haine Teuiebergs
des Sturmes flut die eiche hin. KaETScnHinns werke 1,134;
bin ganz entzückunc, hin ganz ohr
und walle trunken in der Hut
der hoben harmonie. Gerstenberg 2,90;
das fräulein schien ihn drum noch mehr zu lieben,
wenn eben ebb in ihrem blute war,
doch kam die flut zum herzen angetrieben u. a. w.
GöKiNGK 2, 180;
die hohe flut des reichthums ist zerflossen
und tiefe ebbe ist in deinem schätz. Schiller 453*;
mit der hohen flut der Iraurigkeit entschuldige man es. J. P.
uns. löge 2, 14t; eine warme band bob Victors belbautcs haupt
vom scblaftisch auf und richtete es der ganzen daberscbla-
genden flut des morgens enigegen. Hesp. 2, 1; die leule ziehen
ihn von melodischen fluten in fluten. 3, 7C; als er nach hause
kam, hatte sich nichts gegeben, sondern hoch war die flut
des tibels {das ßeber) gestiegen. TU. 4,39; flut von venvün-
schungen uiirf ähnliches vielfach.
6) im bergbau heiszt flut das vom pochwerk abgefaüne «asser,
der teich, wohin es abfällt.
6) in der Schweiz sind ttülen eine art mehlklösxe. Stalder 1,388.
s. liebesflut, meeresflut, sündflul, Wasserflut
FLlJTA^KER, m. der zur flutzeit ausgeworfen wird.
FLLTUACH, «I. /■. torrens, gicsibach :
mich reisze ja die flutbach nicht mit ihr. Opitz ps. 69.
FLllTBANK, f. effluvium: liesz die flutbank seines lacheni
los. Harnisch 248.
FLUTBKRGE, f geringhaltige smiler, die sieh in der flut,
d. i. dem vom hcrde fallenden wasser absetzen oder bergen {vgL
Out 5). gebildet wie berl)erge, halsberge «. s. w.
FLITBESPCLT, fluclibus elulus:
die luppiid und dii< frcilielt fliohn
auf fliilhe>piilte frUrn hin,
und Hchen angntlicli weit umher
ob da kein relter weiter w.-lr.
KtiKTüCHaA«)!« ges. Bhittgulphi 48.
FLUTRETT, n. l) an der müle, wassergerinne von eichen-
boläen: ein erbärmlicher streich, indem sich ein scchsjühngir
1861
FLÜTBÜGE — FLUTERN
FLUTGANG — FLUTWÄRTS
1862
knabe allzuweit in das flutbette der müle wagte. Felsenb
2, 507.
2) in den slrOmen, fluszbeü: die flutbettea der ströme.
Kant 9,8.
fLL'TBOGE, m. an brücken, hochwegen «. s. v>. iura durch-
lassen der flut.
FLIJTE.N, l) intr. aesluare, undare, mhd. ?luoten:
und aber sines herzen kiel
begunile in ungeüanken
vluoien unde wanken. Trist. 4S6, 2;
nhd. fahre den stolzen ström (die Elhe), so weit er flutet,- hinauf.
Klopstock IU, '251;
da» meer ebbet und flutet; das menschliche geschlecht ebbte
und flutete. Hippel 6,8; das flutende leben;
qualentzMcken, paradiesesschmerzen !
wilder lluiet zum beklommnen herzen,
wie gewappnete zur schlacht, das bluL
Schiller aiiihulogie 1T82 $. 35 ;
doch wo die spur, die aus der menge,
der Völker flutendem gedränge,
den schwarzen thäier kenntiich macht? 58" ;
alle meine ädern fluten noch vom heuligen nachmitfage.
J. P. uns. löge 2, 76 ; injurien, bei denen ein mann von ehre
flutet und kocht. 2, 145; die erstickten Ihränen ströuilen
flutend auf sein herz hinan. Hesp. 2.102; indem er so wan-
delte, flutete der nordost ihm immer voller entgegen. Tit.
2.219; 0 wie ist mein trübes, flutendes herz jetzt still und
hell und rein! komet 3.216; der valer, ein greiser greis,
stand mit seinem weiszen, flutenden haar in der Zerstörung
furchtbar einsam da. Tiecr ges. nov. 2, 100.
2) Ir. das wasser hat den Steg hinweg geflutet. Kirchhof
wendunm. 89.
i. durchfluten, überfluten, umfluten, verfluten.
FLUTE.NBETT, n. was flutbett :
da wars, als ob das meer die Oberhand
gewonnen iiber land und frühling hätte,
da eine rose, wie sich dort nicht fand,
hier lächelnd schwebt im grünen flutenbette. Rcckxrt 303,
FLUTENBRAUS, m. aestus maris:
bald schwamm ich sacht durch schilf und seegestäude,
bald in des roeeres ofnem fluienbrause.
RtJcKERT ges. ged. 1, 155.
FLUTENDONNER, m. fragor ßuctuum:
Sturmläuten, jammerruf und hiilfeschrefen
und fluteiidonner, schlagend an die wände,
sind diesmal, frühling, deine melodeien
und deine blumen sind geruugne bände. Luic n. ged. 246.
FLUTENFELD, n.
auf dies blaue flutenfeld. Bromis 7,91.
FLUTENGEDR.\NG, n.
stets umdroht uns flutengedräng. Plate!i 116.
FLUTENPFERD, n. navis, irieags. hrimhengest, merehengest
vaeghengest u. s. w. Andr. u. El. xxxiv. xxxv. '
und soll das flutenpferd nicht mehr die Thetis (/Sr Tethvs)
pflögen. LoHEJisTEis aiuscil. ijeil. l.JH'
das alte hild halte -sich rerschiedenllich bewahrt, 2. b. im frans.
Simp/. 3, 46: das weisz gott wol, auf was für wilden wassern
ich mein lebtag das hölzerne Wasserpferd getummelt hab
FLUTENREICH, n. aequor:
hoch in seinen flutenreichen
walzt der eoit die heiigen leichen
und er selber ist ihr grab. Scmillee 61".
FLUTENSPIEGtL, m.
da wird einst am flutenspiegel
über der enischlafnen hiigel
einsam die cypresse webn. Matthisso^ 178.
FLUTENSPIEL, n. lusus ßuctuum, spiel der vellen. BaocsES
7,118.
FLÜTENWEISE, ftudualim:
Bacchus voran bewapnet mit stürmen
und Platzregen flutenweis. Willamov dilkiframben 44;
flutenweise strömte die tobende menge unter grüszlichen
drohungen auf die wohnung des verhaszten zu. Wiela.-id 8 434.
FLUTER, m. vas flnlherd. '
FLUTERN, rolitare, ßatlern, fluttem, und nickt zu flut gehörig:
auch bort ich do ein grosz gemürbel (iwürbel)
von andern fopeln grosz und klein,
die in dem wald in einr gemein
all durch einander wurden flutern,
die bort ich do so lieplicb kutern. fattn. 1304.
Initern tat quiUern, iwiUchern.
FLLTGANG, m. cursus aquae, gerinne, flutbett.
FLUTGEBRAUS. n. was flulenbraus:
ihn triebs vom trauten blütenstrande
zur meeresfremde lern hinaus,
vom scherzend hohlen frühlingstande
ins ernste, kalte flutgebraus. Lcxad r. ged. S4.
FLUTGEROLL, n.
doch der helle gott {IteliotS, er schleudert
eines ersten blickes groll
hin nach dem tbessalschen Tempe,
nach Peneios flutgeroll. Rlcksbt 17.
FLÜTGEVVOG, n.
als dein goldner sonnenwagea
leer am leeren bimmel flog,
und du mit mir badend stundest
in Euroias flutgewog. RiJcJiEKT 19. get. ged. 1,11,
FLUTGEWÜHL, n.
noch einmal, ruft er aus, hebt aus dem flutgewäbl*
des lebens sich mein baupt. Tuoes.
FLUTGRABE, m. zur ableitung der flut, bei müien, auf
wiesen, im bergwerk.
FLUTHAFEN, m. in den schiffe nur mit der flut anlaufe»
können.
FLUTHEBER, m. eletator aquarum: der mond, der nahe
mcerwassergott und flutheber, windelt uns in ein nasses bad-
gewand von wölken ein. J. P. herbstbl. 3, 227.
FLUTHERD, m. der boden des gerinnes des freiwassers.
FLÜTIG, turbidus: warumb wolt man denn den armen nicht
auch gönnen, das sie bisweilen an unschedlichen orten, und
wenn die wasser trüb und fliilig sind, ein fischlin faben?
Milichics sclirarteufel E2'. s. fliltscbig.
FLUTKNECHT, m. arbeiter im salzwerk.
FLUT.MESSER, m. am meerstrand, um die höhe der flut lu
messen: unser flulmesser hat nur bis 20 fusz scalx llamb.
corresp. 1S25 n' 22.
FLUTNER, m. arbeiter im pochwerk.
FLUTSCH, m. lurba, scliu-urm ■ und als der häufen zu Alt-
dorf ausgessen halt, ist er aufbrochen und auf .Morsmünster
und Zabern zugezogen, wo sie mit ihrem flutsch Zubern auch
eingenommen, bauernaufrur von 1525 in Stöbees Alsalia 1S55
s. 150. rp/. fiutschig turbidus.
FLUTSCHAUM, m. spuma maris:
des Dutschaums blum im haar. Platin 128*.
FLUTSCHEN, FLUTSCHERN, rom federvieh, kränkeln, das
gefieder außlasen. Fbommasn 4, 167. Weinbold sehles. wb. 23*.
mtl vielen Ihränen weinen. Bernd i*o.<:en 64.
FLUTSCHIG, turbidus, utiginosus, pluviosus. Stieieb 516, der
daneben plülschichl stellt, bet Gotthelf flolschig, kvthig, nasz,
vom welter und weg (RCtte 5. 24). tgl. flutig, flatsch. flätsch
und flalscben 3 sp. 1729, zu plülschig kann platschen und
platzregen gelialten werden.
FLUTSCHLAMM, m. -
wandeln wird er
wie mit blumenfOsien
über Deukalious Qutschlamm. Göthx 2, 70.
FLCTSTROM, m.
des geistes flutstrom ebbet nach und nach. Göthb 12,43.
FLUTSTURM, m. nachdem er (Herder) vorher die lasler-
brut der neueren geister, de- und atheisfen, philologen, fext-
verbesserer, Orientalisten mit feuer und Schwefel und flut-
slurm ausgelilgef. Göthe 60,224.
FLUTTERN, volitare, schon bei Stieieb 493 gleichriel mit
flattern : er flultert vor furcht an bänden und füszen. Fbom-
MAN!« 3,521. s. auch üutern, fliltern. pflüttern.
FLÜTTIG, m. da, für flittich, fUiich:
0 keusche lieb, Cupido rein,
allda dein hitz erkiihle,
da tüuk dein beisze flüuig ein.
dasz {iiasz ic/i) dich so stark nit fühl«, Snx trtUxn. 0 (5).
im goldn. lugendb. 267. 382. 390.
FLUTTRATZEN, ösir. flaUern.
FLUTUMRAUSCHT,
schau, Silen, erkennst du die gestalt,
welche dort mit leichtem schritte wallt,
jene dort im flaliernden gewande
an dem flutumrauschteu strande? A. W. ScBLtsa gtd. 48.
FLUTWÄRTS, aqitam versus:
und verworren strebt sie flutwirts
mit unsichrer band zu schöpfen. Göthb 3, 12.
117*
1863
FLUTWELLE — FOCmN
FOCHTEL — POCKEN
1864
FLUTWELLE, f. Brandes Vorlesungen über aslronomie l, 23-2.
FLUTZEIT, /". tempus quo mare accedit.
FLUNVEL, n. holosericum, sammt und seide, nnl. fluweel, zoo
zacht als niiweel:
darto einen kragen van fliiwel,
he si rod, blaw efle gel. fasln. 975.
FN, ein aus unsrcr spräche geschtrundner anlaul, der in den
mundarlen nur als PFN dauert, der beschränkte umfang der golh.
fragmente läszt freilich kein beispiel blicken, von BM das einzige
bnaiian, reiben, ahd. erscheinen fni'han fnah ßare, anhelare =
Ttreh', fnähtan anhelare, fndstön anhelare, fnaskazan, fneskizan
iinyuUire, fnölön quassare. mhd. phnehen phnach anhelare,
singullire, phnesclien singultire, phnäsen frcmere, pliniihf, phnust
fremilus, pfniu! (Helül. 1,1128), pfniirren /rt-mprf (S<Tra/. 16S).
die Schweizersprache hat pfnflchs, pfiiächsen, pfnuchs, pfnuchsen,
pfnasten, pfneisten, funkeln, gneisten, pfnillern, pfnoserL, dürr,
pfiMisen, pfniisen, deren näliere bedcutung zu ersehen aus St mt>er
1, 103. 164 und ToBLKR 47; Maaler 31S' gibt allein pfniisel und
für pfnoserl pfoserachtig. die bairüche pfnechen, pfnuchezen,
pfnäckeln stinken, pfnausen, pfnüschen, pfnasten, pfnotlen,
plnotzen. Schmeller 1, 330. 331. nnl. fniezen slernutare, fnuiken
tellere, rupfen, debilitare. ogs. fnäd ßmbria, fnäst oder fnaest
flalus, frieosan slernutare (engl, sneeze). altn. fnasa fremere,
fnikr gravis odor [bair. pfnäcki) = Ttflyos, TivtyuSe, fnioskr
lignum aridum {schueiz. pfnoserl), fniosk|)urr rapj'eldürr, fnaiidi
homuncio, vir ignavus, fnaesta flare, fnysa eructare. schw. fnas
hülse, fnasa enthülsen, fnask scrula, quisquiliae, fnelira leise
lachen, fniigg feine flocke, fnurra schnurren, knurren, fnysa
fremere, fnoske, alln. fnioskr. dän. fnas, fnat, fnise, fnug,
fnyse. allen aus der vollispraclie sicher viel nachzutragen, reichere
schw. bei-^piele gewährt Rietz s. 156 — 15S. icie das lalein (und
iuch das romanische, keltische) den anlaut pn, fn nicht leidet
(griech. 7iv sind genug da), scheint Htm unser organ gleichfalls
abgünstig geworden, er konnte aber auf doppelte wäse schwinden,
durch unteidrückung der labialis (wie niesen für pfniesen) oder
des n (wie puiren für fnurren, pfnurren, pfoser für pfnoser,
pfui für pfnui). die doppelconsonanz ist schwerer voriubringen,
doch nachdrucksamer.
FOCHE.N, flare, halare, auf kochen gereimt fastn. 1454, ver--
wandt mit fauchen sp. 1367 und den dort angeführten warten,
s. hernach focher und focke. zum gründe legen darf man ein
starkes fiechen oder flehen, golh. ausgedrückt fiuhan fauh, analog
dem tinhan lauh. vgl. fochern, fachen und fächern.
FOCHENZ, f laganum, torta, flade, weiszbrot, it. focaccia,
sp. hogaza, fr. fouace (Rabelais 1, 25), ahd. fochanzä, fochenzd
(Graff 3, 411), mhd. fochenze (wb. 3, 35''), Schweiz, vogetze
(Stalder 1,388. Secesser rechlsgesch. von iMzern 2,37"), schwäb.
fogalz, fechelzle (Sciimid 198), bair. fochenz (Schm. 1, 507),
kämt, focbanze, fochilze (Lexer lOO), sloven. serb. pogatscha,
ungr. pogälsa. am einfachsten ags. foca, panis sub cinere pistus.
offenbar aus dem lat. focus, ich habe dazu l, 1065 unser backen
gehallen, unter den spielen nennt Fischart Garg. 166' Memminger
Togalzer hecken hrol.
FOCHEH, m. follis, flabellum, das heutige fücher, im voc.
1482 i r, 6« Hemscii 1168,33. Stieler 520 forker, fucker ge-
schrieben, nürnlierg. fiicher, vgl. foculare, fociicr, blasbalg bei
DiEFtNBACH 241*: unserm goll danken für die scheine kunst,
das man gul welter durch windfang, lullen, gehlese und
focher in ein stoin füren und treiben kan. Mathesius 146'
= 1562,208'; darbei stehen zwecn parafrenarier mit wedeln
oder fochern von schwarzer seiden und wöhren den fliegen.
Li.tK vo;« Coi.oiTZ bapfts gepreng k3.
FOCHEH.N, venlilare, volUare: das aber die nflchste rüslung
dag b58 weller des windschachts und Stollens kiinne bessern,
so ist auch die alte weis für und für mit leilachen zu fochern
(tvrnlilandi assiduo linleonim jaclalu). Becii 176 nach Acricola
de re melall. p. 169 ;
sieh, wie die flatntne mit rocherndcm scherzen u.$.w.
ScHKiriiM yrit. HO.
FOCniN, f. rulpissa, vulpecula. voc. 1182 ii*. vohin. Diefen-
BACH 632'. golh. fauhö, ahd. fotid, mhd. volie (altd. wäld.
3, 196. 200), äte organische bcnrnnung des Ihiers und gleich dem
lat. Tulpen weiblich, wozu hernach ein mdnnUches fuhs gebildet
wurde, buher hat die ablntung von fuhA und fuhs für schwierig
gtgoUen, das vorhin unter fochen ermUlrttt fluhan fauh scheint
die aUtreinfachfte danubteten , eine ganze Ordnung verwandter
thiei\ der fuchs, dachs, hamster, iilu, das frettchen, die sich liicher
in is» trdt graben, zeichnet sich durch üir faurlicii, faui hzen,
pfuchzen 0(/cr sciinftufen (sp. 1367) ans, erklärt das nicht den
namen der fuhe und des fuchses aufs bündigste?
FOCHTEL, f. latus ensis, wurde sonst statt desheiüigen fuchlel
geschrieben : ein schweizerischer bufl^el, der mit einer elen-
langhandhabigen fochtel und mit ausgestrecktem contractem
ungebogenen arm daher vordanzet oder vortritt. Garg. 83';
jeder Schweizer baur hets mit seiner fochtel auch also auf-
lösen können. 286'; und mähet mit ausgestreckten armen
mit seiner fochlel unter dise flüchtige brotverderher, wie ein
anderer todenvorläufcr der höllen, tödtel und erlegt auch
so viel, dasz ihm sein fochtel enzwei brach. 257'; er meiet
(motu) mil den fochteln zu beiilen bänden. 177'; welche nicht
mcister Mars mit der breiten fochlel kan umbringen, die
wird der Mors verschlingen, groszm. 73; eine fochtel tragen.
Witzenb. 3, vorr.; aus misbrauch der in Frankreich heutiges
tags gemein ist, allwo die ehr mit der fochlel musz gesucht
und erhallen werden. Piiii.anü. 1, 600; die beide gast giengen
ihrem corporal zu hülf und mit ihren fochteln auch auf
meinen hochzeiter los. Simpl. Courage 14;
hängt seine fochtel an,
die er zu tragen weisz, als wol kein edelmann. Flrming 134.
FOCHTELN, obliquo ense ferire, mit der breiten klinge scfJagen,
heute fuchteln : einsmahls fochlelte er mil dem degen umb
sich. WiEDEMANN 35; vasch hin und Iter faliren, mit dem licht
herum fochteln. figürlich, die focbtelnd (ausgelassene) freud
ist schantlich, lachen ist zimlich, ein hfirngelechler aufschla-
gen onzimlich. Frank spnc/iw. l, 26'; ja thun mit ihrem focht-
len und engsilicben zahlen nif mehr, dan dasz sie zu narren
werden. 2,55'; fochlelt mit den bauren hcrumb. Garg. 5t';
mit den bänden umb sich fochlelte. Simpl. 3, 154, gerade wie
mit den bänden um sich fechten (sp. 1388).
FOCHTERN, was fochern : ohrenblascn hat den namen
von blettern und vom wehen, fochtern oder rauschen und
summen. Syrach Mathesii 1, 26".
FOCK, m. halitus, im fock, cursim, im flug. schweiszbad,
die manch grosz krankheit und lltz
im fock vil mar dcten verzeni,
wan sie von holz geheizt wem. fnsln. 1255.
FOCKE, m. /". entweder der eigenname Focko, Foccho, Fucco
bei FöRSTEMANN 1, 437 orfer reiher, birkhahn, schUdhahn, ardea
änerea, nycticorax, telrao telrix, scliildlreger. Hemsch 1168,37,
ardea varia. Schwenkfei.d Iheriotr. 226, Döbel 1, 47 eap. 28,
bei Nemnich foke. walirscheinlich dem folgenden focke f., also
dem alten fiuhan verwandt, der flalterude, fliegende,
mhd. ich spriche zno dem kinde:
'nu wol für, her vocke I
zuo raengem ruhen stocke,
zuo dornen und zuo brämen'. Martina 261,99.
war das ein zurtif des Jägers an den vogel? die Japaner nennen
den reiher oder kranich 'o Isuri samal' groszer herr kranich!
man sagt: du bist ein loser focke, von dem nichts mehr als
drei gute federlin kommen. Henlsch 1168, 44. leicJitfertiger vogel.
FOCKE, f velum anlerius, SoXcov, vordersegel, alln. focka 1
schw. fock m. dän. fok, nnl. fok f. aufgenommen ins russ.
fok". Wurzel altn. liuka, vento fem, dän. fyge, weil das vordeie
segcl im winde flattert; fok n. ist ninijor und volatus. hochd.
form des verbums wäre fiechen, womit fauchen (sp. 1367) ver-
wandt, folglich hätte das subst. zu lauten foche, wir haben focke
aus der nd. schiffersprache empfangen, fiechen und foche sind
aber durch fochen (sp. 1863), und loche, focher bestätigt, nnl.
de fok ophalen, strijken, das segel aufziehen, streichen, altn.
bafa uppi fockur, die segel aufgesfuinnt haben, superbire, stolzieren:
die focke war zu schwach,
das schwere schif zu liehn aus diesem ungemach.
Klkmiixg 80;
mach nun die focke voll und schwänger den meisan,
0 günstiger nordwest. hol utiiem aus dem gründe. 5S4.
der dichter, auf seiner seereise, hatte diese würler genug gehört,
meisan ist das fr. niisaine = focke, in die übrige .<:prache sind
sie wenig gedrumjen. doch Stieler 676. 19B0 verzeichnet focke
velum ad proram und so fortan FRiscn und Adelinc nach dem
n/. «IC velum (ron velarc) eigentlich hülle und namentlich . Schleier
ausdrückt, bedeutete auch nl. focke nach Kiliam 146' superior
tunica und in der Eifcl ist fock ein frauenkleid aus wolle und
linnen. Fhoiuiann fl, 20. s. das folgende.
FOCKE, FOCKEN, m. für flocke, wie lil. pukas: ein forken
wolle, haare, hrol, hiiller, ein klümpchen, biizchen.
FOChEN, Hindere, vexare. fop]>en :
nd. ocli, wo ••c-lioldo'iiu mi diMUio vorken.
lelc ik dl luf mil »niliitn-inc lorkrn. Reinekt 6479;
186J
FOCKER — FOÜDERN
FÖDEL — FODERN
1866
mnl. ic enbin ghen vogbel mit kaer te locken,
oc hoe sout^te mit mi vocken,
of ic di dus liet ongaen. lleinaert 4020. Willems 7326;
nh(/. und das, die mich fretten {pLigen) und focken,
nicht jubilieren und Trolocken. Melisscs ps. E3*.
die nd. idiotiken haben sonsl das tcurl nicht, nnl. ist fokken
ziehen, aufziehen, schapen, paarden fokken, schafe, pferde ziehen,
bij de ooren fokken, an den ohren herbei ziehen, und aufziehen
kann leicht in veirieren übergehn, s. Oldemass zu Bredero s. 111.
vielleicht ist foppen unmiltelbar verwandt (mehr unter diesem u-ort).
da nun aber auch fokken inir. forlgehn, fortsegeln {bei Kilian
vulificare) ausdrückt, scheint es ganz natürlich von focke segel
abzustammen, die focke zieht, nach Flemings worlen, das schif,
voraus auch das tr. ziehen, aufziehen folgt. Schm. 1, 511 A'j< ein
oberpfdlzisches focken, fogken =^ foppen.
FOCKER, blasbalg, s. focher.
FOCKER, m. ardea, wie focke.
FOCKFEDER, f. reiherfcder : der focke hat auf dem köpf drei
federn in gestalt eines kleeblalts. fockfedern, pennae ardeae,
quae capiti innascuntur, nivei coloris, dodrantales, quae magno
veneunt pretio, quibus juvenes nobiles pileos siios exornant.
Hemsch 116S, 42, wie noch heute die alpenjäger schildhahns-
federn und gemsbart auf den hut stecken. Schsi. 3, 353.
FOCKMARS, m. corbis malo veli anterioris afßxa. s. mars.
FOCKMAST, m. malus, nnl. fokkemast.
FOCKSEGEL. n. segel am fockmast, nnl. fokzeil, russ. fokzail .
FOCKST.ANGE, f. obertheil des fockmastes.
FODDER, ulterius, amplius: bitte derhalben e. k. f. gn.
wolle ein christlich werk Ihun und eine furschrift {schriftliche
Verwendung) für den gefangen uns zufügen (übersenden), die
sollen wir fodder schaffen (weiter fördern). Lcthers br. 3, 108.
LcTHEB, Alberüs u. ö. tw. schreiben dd in einzelnen Wörtern,
xumid Partikeln, wo später einfaches d vorgezogen wird, nament-
lich in odder, widder und dem hier in frage stehenden fodder,
welches Idztere sicittbar aus forder entspringt, dem odder und
widder begegnet gerade auch ahd. erdo und wirdar, neben dem
üblicheren edo und widar, unter wider soll die höchst merkwür-
dige Übereinkunft des welschen gwrth mit wirdar näher besprochen
werden, aus der grammatik ist bekannt, dasz in vielen andern
Wörtern altn. dd dem goth. zd, ahd. rt, ags. rd entsprechen, so
dasz der hier in frage stehende Wechsel zwischen dd und rd gar
nicht befremden kann, aber noch andere Wörter, wie haddem
für hadern, bei denen kein rd nacitzuweisen ist, zeigen bei ihm
dd. Luthers Schreibung schwankt vielfach und ist ohnedem aus
den ungenauen abdrücken seiner werke nicht sicher zu entnehmen,
in der bibel von 1545 steht nicht mehr fodder, sondern forder,
förder «nd fiirder, die belege folgen unter diesen formen.
FODDER, FODDER, prior, ahd. fordaro, mhd. vorder, nhd.
der fordere, vordere : damit ich müge das, so mir gestern
und am föddem tag fürgehalien ist, verantworten. Lctber
1, 114*; also bindet auch eine braut ihrem breulgam den kränz,
das födderst (es steht gedr. föddert) und hinderst zusammen.
5, "O", das forderste und hinterste, die bibel von 1545 zeigt nur
forder, forderst, förderst.
FÖDDERLICH, commodus: mit fodderlichem zuthun. Lctbebs
br. 3.336.
FÖDDERL(CH, commode, ßrderlich: hierinne bitt ich dema-
thig, e. k. f. g. wollt fedderlich rathen und helfen. Luthers
br. 2.381; aufs födderlichst, aufs förderlidisle, commodissime.
ebenda.
FODDERN, poseere, postulare, zuweilen auch juvare, promo-
vere. fördern, ahd. fordarun, mhd. vordem, nhd. fordern und
fodem. dies foddern behält auch die bibel von 1545 und setzt
nur ausnahmsweise fordern, Basel 1523 überall fordern: und
fodderten Lot und sprachen zu im, wo sind die menner,
die zu dir komen sind diese nacht? l Mos. 19,4; du föd-
derst es von meiner band. 31,39; nu wird sein blut gefod-
dert. 42, 22 ; von meinen henden soltu in foddern. 43, 9 ; da
foddert Pharao die weisen und zeuberer. 2 Mos. 7, 11 ; der
herr foddere es von der band der feinde, l Som. 20,16; ja,
soll ich das blut nicht foddern von ewren henden und euch
von der erden thun? 2 Sam. 4,11; fodder dir ein zeichen
vom herren deinem gott. Es. ", 11; so sind die gewonhcit
und lange breuche nicht gewis, was sie für gott gelten, und
er sein wort an uns foddert, nicht menschen lere noch ge-
wonheit. Luther 1,391*; sintemal wir gnug haben für uns
und gewis sind, das sie uns keinen abbruch thun mögen,
sondern je mehr sie toben, je mehr sie sich verderben und
uns foddern müssen. 2, ü9'; wie gott alle vogel des himels
foddert, das sie sollen fressen das fleisch der forsten. 3,132';
dem fürsten zu dienen, vvenns die zeit foddert. 3, 326' ; die
jungfraw behelt recht, den gesellen umb die ehe zu foddern.
4. 3S3'; du erhörest gebete, darumb kompt alles fleisch zu
dir. bistu nu fleisch und blut, so bistu auch hierin genen-
net und gefoddert und stehest ebensowohl in diesem vers
als ich. 6. 125*. auch Albercs schreibt dieses foddern.
FÖDEL^ n. s. ftidel.
FODER, FÖDER, prior, anterior, schon bei Megekberg voder
neben vorder: in den vodern (kinpacken) legen si da; ej^en.
13,28; kümpt aber ain sterkerr und übern int den vodern.
122,5; in der prust und in den vodern fuejen. 144,29; an
dem vodern tail. 144, 32. ze voderst. 98, 26; zu aller foderst.
fasln. 77, 2S ; der voder tag, in einer predigt (Haupt 6, 396) ;
die des morgens und abents mit iren giiten freunden ze
tische saszen, darnach an dem andern morgen in der andern
weit mit iren vodern (lor/aAren) waren. Steinhüwel dec. S, 24;
zu hinterst foderst. Ayrer 397''; die föderste Ursache (haupl-
ursache). Opitz Arg. 2, 153. später kaum in der Schriftsprache,
wol aber unter dem rolk, namentlich in Sachsen, Thüringen, auch
hat es Tobi.er 197* und Lexer 100.
FODERN, poseere für fordern gleich Luthers foddern be-
gegnet häufig und auch bei solclten, die sonst fordern schreiben,
namentlich bei dichtem im reim auf lodern, modern, blodern.
der ausfall des liquiden r tritt ein wie in mader für marder,
köder für kerder und in vielen andern; vgl. lat. pedo, podex
für perdo, pordex, prosa für prorsa u. s. w. niemand fällt
darauf das r in mord, mörder, nord, oder in dem unmittelbar
nah liegenden fort zu tilgen, vofür nur die bairische tolksaus-
sprache ein fuscht, fut, fuet (Schx. 1, 56S) darbietet, ahd. mhd.
noch keine spur von foderon, weshalb verglächung des tat. petere
unpassend wäre, doch musz die syncope wenigstens mhd. einge-
räumt werden, tcenn sie schon kän reim streng beweist:
da leidem manige bittere not,
die ej habent gevoderöt. Tundal 47,62;
ich wei; wol het ich ir nü
ze eiien gevoderet alsam du. Hahns Strickbr ;. 16,212;
du voderst mir ein swsere; phant. Kart bö';
noch het er ein neven da
den vodert er ie sä. 9S',
in welchen beiden stellen Bartsch 4996. 9t46 vordert liest, ohne
einmal die Variante anzumerken; den lät si nimmer geruowen,
si voder tägelichen und ouch willigen gesuoch von im. myst.
314,7; dar inne wir uns alle zit ersehn süln, wa; got ton
uns voder ze behalten. 326,5; der schätz, den du an mich
voderst. predigt bei Haupt 6, 396. nhd. luit Megenberg, bei
dem wir auch voder anterior trafen, gleichfalls das terbum: wan
er laejt nns niht versuochen über unser mahl, noch vodert
an uns, des wir niht vermögen. 172, 20. lüeran reihen sich
andere stellen:
was eur einer von eim torst fodem,
dem er sein bauch torst also plodern,
als zwei matrad lufTen die wett. fustn. 214,25,
«m die wette umliefen;
dan wen ich voder mit eim wort,
der dret schnell her auf diesen ort. 336,6;
wenn man in federt zu der arbeit,
so ist er alweg lauksam bereit. 516,19;
es foderts unsre freuntschaft. Steph. Rock zu Meiszen gesprrch
zweier ehweiber B. ; vermutlich liefern Steishöwel, Schwarze.n-
berg, H. Sachs und Atber einzelne belege. Hemscb (1616) stellt
fodem und fordern auf. 1168. 1169 ; im 17 jh. häufen sich die
beispiele der erweichten form: ich wil euch aus den gräbern
foderen. Opitz Arg. 2, 97 ;
fodert nichts dafür als dank. Logad 3,16,66;
aufs freie feld hinaus fodem. Weise kl. leute 14. im 18 jh.
werden beide formen beinahe gleich berechtigt, Bödiker s. 15 will
fodem postulare von fordern promovere scheiden, Gottsched
hatte sich für fodern, Adelung irierfer mit recitt für fordern er-
klärt, den diditem schien jenes weicher und zum reim laugender,
da sich fordern fast nur mit beordern (fordern mit mördem)
bindet :
so brich nur bild und ring entzwei
und lasz die briefe lodern,
ich gebe dich dem ersten frei
und habe nichts zu fodern. G65tber 323;
weil musen, lieb und krieg nur solche kinder fodern,
bei nelohen kraft und geist noch aus den mienen lodern.
1867
FODERN
FÖDERN— FOHLE
1868
was aber fordern {to) wir noch lange stund und leit?
jetzt eben laszt du uns zum regimente federn,
da vor dein liebstes kind die hochzeiifackela lodern. 799.
Gellert schreibt meist fordern, R.ibener meist fodern : sie musz
mir alle heller abfodern. GEt.i.ERT 3, 212, doch gleich dalänler
fol^ fordern. Klopstock hat fodern, z. b. Messias 10, 896.
14, 629 ; Kant in den originalamgabcn durchgängig fodern ; wenn
ihr versprechen wollet an dieser frau weiter nichts zu fodern.
Felsenb. 3,431;
gott fodert ja von uns zu thun und nicht zu wissen.
Haller 136(128);
sie (die liebe) ist was tief in uns Tür unsre kinder lodert,
sie macht die müh zur lust, die ihre Schwachheit fodert.
143 (135) ;
hier kinder, — ach mein blut musz lodern,
wenn sie dich stammelnd von mir fodern. 1'70(1('>3);
was fodert itzt ein kluger mann? Hagedorn 2,63;
welch feuer musz in eurem busen lodern!
ihr habt den muth euch kühn heraus zu fodern.
doch eure klugheit hält dem niuthe das gewicht,
ihr fodert euch und stellt euch nicht. Lesshsg 1,4;
viel gefodert, sehr viel. 2,115; fodre nur! fodert nur! 2,121;
graf ich fodre genugthuung. 2,145; eigenschaflen, welche
geschinack und kritik an ihm fudern. 8, 428, an ihm, wie
voHän Felsenb. 3, 431 an dieser frau und Megenberg 172, 20
an uns (dal. oder acc.?); höhere wesen, denen alles erlaubt
sei und an welche niemand etwas zu fodern habe. Wielano
6,49; dies ist alles was sie wollen und alles was sie an
mich fodern können. 3,184; Waller hat mich gefodert. Got-
ter 3,112;
denn wir würden so lange die Stadt mit flehen durchwandern,
fodernd das eigenthum, bis ihr uns alles vergütet. Od. 2,78;
wer weisz wie mancher modert
nms jähr, gesenkt ins grab,
unangemeldet fodert
der tod die menschen ab. Voss 4,97;
zwar kamen mir auch die thrünen in die äugen, wo du von
unserro vater sprichst, den gott bald fodern wird. Voss br. l, 300 ;
hundert, hundert fänden sich,
die vor eifer würden lodern
dich vors Weltgericht zu lodern. BGrgbr 51*;
und noch im herbste werden die
für dich, wie jetzt im lenze, lodern,
und sehnend heb um Hebe fodern. 63*;
0, ihr ergebner knecht
kennt sie nur gar zu wol und weisz auch was er fodert,
und sieht nicht ein warum ihr zorn so heftig lodert.
GöiUE 7, lOU;
ach die innre hütte lodert,
die bemoost und feucht gestanden,
schnelle hülfe wird gelodert,
keine rettung ist vorhanden. 41,309;
und wenn das grimme feuer um uns lodert,
das märtyrthum es wird von uns gefodert. 57,294;
genius, der in mir lodert,
auf! und ob die hölle bitter
dich verhöhnt, ein loblied lodert
dieser enge! gottes auch. Schmidt v. W. 215;
lasz morschen im grabe, lasz modern !
ein schändlicher hübe, auf ritterlich wort,
der grollt um ein schwänkchen der liebe hinfort,
und tückische räche kann fodern. 29U;
wuchernd, mädchen, wird der tod
schwere Zinsen fodern (: modern, lodern). Schiller 4*;
«0 a nicht reimt, führen spätere ausgaben fordern ein, z. h.
so fordr ich mein Jahrhundert in die schranken. 254*;
bescheiden wieder fordert. 319*,
ftoch die drille ausg. Wallenslant (ISül) s. 9 las fodert, Hclbig
(1856) f. 47 behält fordert;
errath ich etwa nicht,
warum die tochter hergefordert worden. 345*,
Helkig 188 gefordert, 1801,131 gefodert;
aus freiem trieb, unaufgefordert kam er. 375*,
HEtBic 346 unaufgefordert, 1801,76 unaufgefodert;
jeut forden mich ein dringend werk von hier. 404*
(fvfiher fodert);
zum bimmel fordert oder zu der hölle. 563*.
Macbeth I80l,44 itt forderl druckf. für fodert.
nicht «ich in den wind verlmlern,
iltiH wenn ghil die stunden lodern
nicht« im herzen blieb als dampf. Röcerrt 233;
pflanze meines (rartens, lied ! frenang, mein Teuer!
um zu leben muszt ihr anerkenriung lodern. 325.
alle duse 'fodern' treten uns viel zu nahe, als dasz sie anstosi
geben könnten und sind untadrlhaft. dennoch Idsil sich niciU
rerkmnen, dasz in unterm gegenwärtigen Jahrhundert das 'fordern',
tnt im der prota, lein onfangluhes recht wieder ynotmnen
hat. GöTHEN war schon in der ersten ausg. des Wcrlher 'fordern'
geläufig (s. die belege unter fordern). Schweden und Dänen
nalimen von uns ihr fordra, fordre, sprechen doch gewöhnlich
füdra, fodre aus, was sich dann mit ihrem fodra, fodre =»
futtern mischt, nnl. kein erweiciUes vodercn , nur vorderen,
kämt, foadern , feadern (Lexer lOO). von den bedeutungen
wird unter fordern gehandelt, s. abfodern, auffodem, einfodern,
herausfodern.
FÖDEBN, jpromovere, wurde nach analogte dob fodern im
17. 18 jh. für fördern geschrieben und gesprochen, also reimbar
auf ködern, blödern {limidiorem), selbst, wie sich gleich ergeben
wird, auf Pelern. in Thüringen, Sachsen behält das volk födem
bei. Lexer 104 verzeichnet auch ein kämt, fudern für filrdern.
dennoch ist heuligestags fodern, befödern, föderlich von der Schrift-
sprache aufgegeben, während fodern, einfodern conect bleiben,
hier sind frühere Zeugnisse:
denn der so selber nicht ist gut
nimmermehr das recht fodern thut. Atrer 408';
die wahre freundschaft ist recht fodern und recht lieben,
und wann es übel geht mit freunden sich betrüben.
TSCUERNING Ü8;
eigner lleisz und fremde hülfe lodern einen guten mann.
LoGAU 3, t), ö;
Lullus, wo du Sachen hast, ist den richtern allen bang«,
fodern dich, nicht weil du recht, weil du redest grausam lange.
3,62.78;
auf beiden, fodert euch! Christ. Grtpuius 1,654;
und schulden einkassieren iJt gewls
auch kein gescbäfl, das merklich fodert. Lessi;«g 2, 191 ;
wie ein blinder, der seinen gang nicht fodert, er habe denn
mit seinem stabe alle und ide fritte berühret und ob er
fuszen könne, vergewissert. Bdtschky Palm. 272; 'beföderer
und gönner' schreibt Bodmer «n der vorrede zu den minne-
stngern s. iv, m seinen gcdichlen wird auch födem anzutreffen sein;
slr Mammon ward von Petern
gefleht, er möchte schier
sein werk mit segen lodern,
was that der gott nicht hier?
alm. der musen 1771 s. 101.
FODERUNG, f. postulatio,
zwar des frühlings foderungen
mich zu freuen, die verwerf ich nicht,
weil von dem, der ihn gesungen,
jedes blatt und jede blume spricht. Karschin ()ed. 1764 t. 158;
nicht ist einige scheu der foderung oder der Schenkung,
ist sie einmal, in dem preis Undet ersatz der veriug.
Voss l'iopert 3, 13, 13;
in folgenden stellen des Wallenslein, wo auch Helbig forderung
gWl, haben die ersten und älteren ausgaben foderung:
da, diese neuen säubern forderungen,
die dieser Questenherger bringt. Scuillbr 332*;
sie wissen um des kaisers forderungen. 340';
was ist des kanzlers forderung? 3tj3'.
FOGEL, n». avis, wird im 15 und 16 jh. noch häufig stall
vogel geschrieben, namentlich in den drucken der Schriften V9n
Keisersberg und bei Steinhöwel.
FOGELER, m. attceps: ist den fogelern da; fogeln zn »er-
bieten. Frankfurter bürgermeisterbudi von 1429.
FOHLE [füle], m. pullus, golh. fula, ahd. folo, mhd. vol,
ags. fola, altn. foli, dem gr. ncäloe, lal. pullus entsprechend
noch im voc. 1482 il' fol, poledrus, palefredus:
was ist swerzer den der kol?
und zeltet rehter den der vol?
'die agelsler ist swerzer den der kol,
und zeltet reht alse der vol'. Uhlamo 6;
und siehst du dort den voln
an der hefte haben (hulifu)?
der soll mich, mein allerliebstes Heb,
aus groszen nöten tragen. t89.
bildlich,
ich bult ein flreulein gar verholn,
das sie mir strigelt meinen foln.
sie sprach, das wil ich thun gnr gern,
du solt mich auch hie vor gewern,
das ich dein liehe mug erkennen,
lasz dir ein mnrk an nie fersen brennen,
so kenn ich dich aus andern knalieii
und merk, das du mich lieb lust haben, fasln. 1)3,81;
der ein schein foln da helmen hat,
und der nicht gern on fuoter siat
und im das nlmpt und es uuttregt
und es f\ir arkereurren legt
und «eins daheim uiige^sen lol. 306,9,
hier wird aus dem m. in das n. übergesprungen, gleich dem
lat. pullus bildete ahd. folo einen beinamen: L. Juoiu« Pullu«
consul anno urbis 505. Sigiboto qui dicitur Volo. MB. 7,880,
303. vgl. füll, füllen, follen.
1860
FOHLE— POHRfi
FOHRE — FÖHREN
1870
FOHLE, f. pullus, irf tadelhafl, bezeichnet vielmehr die stute
(Staldeb 1. 3SS. Stieleb 526), unsicher bleüit, ob man dem
Schwab, fohle, fohle ßr mddchen den sinn ton pullus zutrauen
dürfe. ScHsiD 198. denn Schm. 1, 524 schreibt fei und brin^ es
zu födel, füdel. die bedeutung equa gehört der schrißsjprache :
auch Torscbt man nach dem liebesbisseo,
der auf der fohle jungem haupt sich bläht,
dem zahn des muiterpferds entrissen. Schiixkk 43',
quaeritur et nascentis equi de fronte revolsus
et matri praereptus amor. Aen. 4, 515.
FOHLEN, fi. pullus, der in den nom. gedrungne acc. ton
fohle, oder aus fül, füllen verderbt, schon Rädlein 310" und
ÄDELC5G stellt auf das fohlen, des fohlens:
0 ! und kalb und fohlen,
schwalbe, spatz und dohlen
stimmen lauten jubel an. Schsidt t. W. 180;
um ins feld zu gebn, wo lamm und fohlen
uns umhüpfen. 210;
heuschrecken zwitschern uns im körn,
langbeinigt hüpft das fohlen vorn. 'i47:
da sahn wir von weitem
eine stute mit ihrem fohlen und eins wie das andre
wie ein rabe so schwarz, vier monat mochte das fohlen
alt sein. Götus 40, t2S;
und er gieng und fragte die frau, wie theuer das fohlen? 129.
auch Rnneke 3739. 3741 dat volen, Reiuaert 4007. 4013 vole, '
Tolen. s. füllen.
FOHLEN, pullum eniti, ton der stute: wenn in Ai^bien
ein adeliches pferd fohlt. i.P.leufelspap. 1,91. Stalder 1, 388.
FOHLENSTUTE, f., stute die ein saugendes fohlen hat:
der Pächter kommt, er drückt mir treu die band,
erzählt dir viel von seinen fohlenstuten.
ScHMiBT r. H'. alm. 1802 s. 99.
FÖHN [F5n]. m. f aus dem it. favonio, lal. favonius über-
nommen, die den lieblichen westmnd, lephyrus bedeuten. Rütte
s. 25 nach Gottbelf 18, 268 erklärt föhn flühluß, heiszer sitd-
icind, der im frühling blätler und bluten versengt: Südwind ist
aber notus, also pluvius, proeellosus, wie auch Fbisids 878' und
Maaler 139' mit notus fön und die Vorstellung regenvind ver-
binden, bei Stalder 1, 390 heiszt fön, fühn, pfön, fün gleich-
falls süduind, der den schnee im frühling plötzlich schmelzt, der
velsche Westwind wird zum schweizerisclifn südwind. die abkunß
aus favonius bestärkt, dasz auch die romanische spräche in Grau-
bünden favugn, favuogn, fagiign, fuogn für südwind aufweist
(Cabiscr 54'). das merkwürdigste zeugnis legt eine alte glosse in
MoNES anz. 8, 503' ab, nach welcher das worl weiblich ist: fonne,
favonius. diu fönne ist vvarm, und bringit den regen, ej
kumit von phönnun, bi der phönnun. dies funne ist entweder
fuonne oder fünne, funne, also weisend auf ein ahd. fuoniä, funid.
fön und fuoniä, funiJi gemahnen an goth, f'Ltn, funins, aus
dem sich leicht ein f. fonjö, funjü lüinute entfaltet haben ; wäre
das wort in unserer spräche liefer verbreitet und die glosse za
uunniuuinte, ad auram (Graff 1,624) aufzulösen in vunniwinte,
funniwinte, nicht in wunniwinte oder gar wiwinte, so gäbe ich
der heimischen deutung den vorzug. doch deutet fuogn, favugn
und die nälie von Italien auf favonio, dessen verwandlschaß mit
favere und favilla eine weitere mit dem goth. fon ignis, altn.
funi favilla ignita nicht aussdiliesit {sp. 1581). die glut des feuers
begegnet der des windes:
solvitur acris biems grata vice veris et favoni.
« Hör. carm. 1. 4, 1.
jetz ist ein speck am Uimrael, dann gehet der fön vom nider-
gang, dann ist der mon wie ein ofenkrücken. Pabacelsds
chtr. sehr. 354"; um die mitte oclobris hielt vil tage nach
einanderen an ein ungemein starker und warmer fön oder
mittagswiod. Scbegcbzer l, 182 ;
die plahn
macht schön,
wann sie vergabt,
fällt sie ins kabt. Frisch 1,5W5* aus einer predigt
des Biilih. Pliilgus rom winoAturm;
der föhn ist los, ihr seht wie hoch der see gebt.
Schiller 517'.
Hallers alpen kennen das wort wieder nicht. Adelcnc sucht
irrig einen Zusammenhang zwischen föhn und finne luber, fenne
lutum. palus.
FÖHNEN, nur unpersönlich: es föhnt, der föhn weht, bläst,
doch soll nach Stalder l, 390 föhnen auch heimlich entwenden
ausdrucken, was bildlich weißlasen sein könnte.
FÖHNIG, plnriosus. rentosus.
FOHHE, FÖHRE, f finus silvestrit, picea, das h hier kein
dihnieichen, sondern umgestellt, ahd. foraha (Griff 3, 678), mhd.
Torhe, ags. furb, engl, fir, altn. schw. fura, dän. fyr, fyrre.
bedeutsam stimmt sl. bor pinus und pinetum, böhm. poln. serb.
icovon mehr unter forst. der umlaut führe ist nie in möhre,
ahd. moraha, und wol durch das adj. führen, förchin einge-
schleppt, unterschied zwischen föhre, tanne, lichte sp. 1613 an-
gegeben, in TccBERS baumeisierbuch s. 75. 76 stehn die adj. ten-
nen, viechten und forhen immer gesondert, die lebendigen bäume
sind doch leichter zu erkennen, als das aus ihnen geschnittene
bret. mit fobre scheint kien und kiefer in der bedeutung eins,
diese berühren sich aber auch-mit kieme, kiefe, kiefer brancltiae,
was hier nicht näher zu untersuchen ist. zwei nord. benennungen
liegen ganz ab, altn. t>olIr m., ^ö\l, gen. |)allar f. none. schm.
tall und schw. dän. gran.
über die abkunß des worts bleibt die frage noch offen, foraba
gleidit dem langob. fereha quercus sp. 1527, trie auch altn. j)ollr
esche und bäum allgemein bedeuten kann; älbercs schreibt ferchen,
fichtenbaum, das könnte das adj. förhin sein, da sich für fohre
feure findet {sp. 1609) wird man an feuer, und bei fura an
fjr, bei engl, fir an fire erinnert; aus der fohre rinnt das feuer-
fangende peeh oder harz, wie selbst flechte und feucht jenem
flehen und fauben flare, efflare nicht fremd liegen, s. forst.
LcTHER setzt Es. 4t, 19 : ich wil in der wüsten geben cedern,
fohern, &r;aco xeSgov xai tiv^ov, wo spätere ausgaben führen,
föhren schreiben, die Zürcher von 1534 buchs. unsre Hehler
brauchen das wort viel seltner als flehte oder tanne :
kaum rötbete die föhren
die morgensonne. Ol)eron 3,\i;
hier will ich ruhn an dieser hoben föhre,
am xwillingsaste hängt ein dohlennest
zu trotz dem regensturm von gestern fest,
süsz tönen rings der frohen Gnkeu chöre.
ScuaiDT ron Werneuchen 191;
da droht mich im lauf zu stören
die felswand schrof und nackt,
das wilde gestrüppe der föhren. Platitc 4*
die abgeleiteten namen haben das alle rh, nieht hr: Forcbheim,
Forchbeide.
FOHRE, f. truta, fr. truite, salmo fario, ahd. forahana,
forhana, mhd. vorhen, nach dem lat. fario, farionis in Ausvnius
Moseila 1.30, iro aber Böckisg sario lied, was den Zusammenhang
mit forbana und forelle außiebt. im Rudlieb 13, 16 steht blosz
truta digena, rufa vel alba, ohne das deutsche wori. nnl. voren,
Toorn m. pi. vorens. eine ags. glosse bei W'bight 55' gewährt
forn turnus piscis, neben tructa tnilit, doch ist turnus kein fisch-
name. dies forn stimmt zum Schweiz, forne, bachforne, fornli
(Stalder 1, 391) und dem mhd. vorhena, vorhen, pl. vorhen,
wofür die belege mhd. wb. 3, 384 gesammelt sind. nhd. folgen hier:
saira, becht, fobren und die schlei,
koppen, gründel mir wohnen bei. Ambr. Ib. s. 182;
fobren, hechle u.s.w. Bartiscb 254; desgleichen vergasz er
sich auch nicht mit frischen fischen, forellen, hausslock-
fischen, dörren, posten, prösem {brachsen), stören, scheiden,
rot fobren, weisz orfen imd gel baselnaschen
räumen den (dat. pt.) streudasgütlein die taschen. Garg. 5C*
allda die herren von Augsburg i. f. gn. das geschenke von
groszen führen und karpfen , die in den Stadtgräben auf
fremde herren gebalten und von den fleischern mit den
plautzen gespeiset müssen werden, neben sonst gutem wein
verehren lassen. Scbweimchex 1,136; und waren also mit
guter speise überschüttet, dasz ich auch nicht mehr grosz-
vögel, fuhren und lachse essen, auch Rheinfall, muskateiler
und Rheinwein nicht mehr trinken konnte, denn dessen die
fülle waren. 154 ; lachsfobren, oder wie man sie sonsten
nennet, forellen. Hobberg 2,465. 467'. 52l'. fobr«n 3,2. 29S'.';
in dem weiher fieng er mehr fobren als er tragen konnte.
Mdsäds 1, 10. Stieler 587 schreibt fore und gibt das prover-
bium captiosum : lächs, binden und forn sind die besten ge-
richte, salmones, hinnulei et trultae fercula nobilissima. wie
sich ahd. foraba pinus und forahana trutta unlersclteidcn, würden
es auch nhd. fobre und fobren, wenn man letzterem das n ge-
lassen hätte, s. bacbfohre, grundfuhre, lachsfobre, rolhfohre,
schwarzfohre, teichfobre, waldfobre, weiszfohre und forelle.
FÖHREN, pineus, bei Tucber forhen, forhen, 6« Stiele«
536 förin : forhen, förin holz, lignum pineum, lade Ton förin
bolz; föhren fusz, naris:
und du, 0 vater Kahm, geusz deinen braunen Huss
mit vollem krügen aus. dasz unsern fnlirnen fusz
kein blinder sand halt auf, kein falscher grund versäume.
Flemiic 6*>2,
Kabm iä die hinler Kasan mit der Wolga zusammenflieszende Kania
1671
FOnRENBACH — FOLGE
FOHRENBACH. m. forellenbach : one was die kiirner oder
flitzjirhen sein, die man in seifen und fuLrenbeclien findet.
Mathesius 55'.
FOHKENBAUM, m. pimis, forchenbaum.
FÜHHENßÜSCHEL, fasciculus pineus:
die alte blickt aus dichten augenbrauen,
die föhrenbüscheln, glutvet^engten, gleichen.
Lemac n. qrä. 17.
FOHRENFANG, m. forellenfang. fornefang. iceislh. 1,23.
FÖHRENHOLZ, n. ligntim pineum: foern (d. i. fohern) holz.
S .Vos. -25, 5. 10. 5ilfos. 10,3; bundeslade von fornholz. Mathe-
sius 43'.
FOHRENTEICH, m. forellentekh.
FÖHRENWALD, m. piiiflum. Oberon 3, 14.
FOLAND, m. tras faland sp. 1267: du böser folant ! seh.
und ernst 1522, 603. als eigennatne auch geschrieben Fahland,
Volland.
FOLG, n. comüatus, gefolg:
so Tolg man ihm, im Tolg der alten. Simpl. K. 88.
FOLGBAR, imilandus: der übrigen weit zu keinem folg-
baren boispiel dienen, gespcnst 278.
FOLGB.\R, adv. Uaque, folglich: womit sie sich künftig
ehrlich ernähren, fulgbar ihnen selbst und dem nächsten
unbeschweriich sein miigen. corpus conslit. brandcnb. culmbac.
H. 1,679; verwundt und folgbar krank und angsthaft ist er.
Birken 0. l. 45. 233.
FOLGBRIEF, m. testimonium de obtenta executione et immis-
sione. Haltaus 473.
FOLGE, f. sequela. das was folgt, Imlerher folgt, kein ahd.
folga sicher, denn selbfolga bei Graff 3, 512 bleibt zweifelhaft,
mild, volge, alln. fylpja, dän. folge, {schw. följe ist n.)
1) leiblich, zumal im alln. fylgja, das eine beyleiterin, gelei-
tende schutzgüttin bezeichnet, der gen. fylgiu weist aber schtcache
form, so dasz ein ahd. folgä entspredien und dem männlichen
lolgo. comes zur seile stehn würde, das starke fulga, volge
drückt dagegen den collcclivbegrif eines gefolges, einer nachfolge aus.
mhd. din himelsträje ist alle zit
^ar ungebant und eine,
ir volge ist leider kleine. Bart. 105, 16,
wenige folgen auf ilir nach; di Romerc wären frö daj si in
funden häten und täten iine grüje ere und machten eine
volge mit deme steikisten volke, dag si sammenlen in allen
landen, myst. 1, 233, 39. nM. wurde auch der folge not zu
dun mit der ganzen macht. Haltaus 471 ; der Jäger hat die
folge in des andern revicr, darf dem wilde dahin nach folgen,
ist zur folge berechligl ; der geleitsherr hat die folge, das
recht den durch sein gebiet ziehenden wagen zu geleilen; das
sie von iren eigen leuten die Mge' (den nachzug in den krieg)
nicht haben würden. Spalatin bei Luther 5. 35"; daneben
mögen sie aber als herrn die hoheit. folge und eigenthumb
haben. Melanchthon im corp. ductr. ehr. 679 ; nichts desto
weniger musle er (der schuhe) selbigen abend noch mit der
folge (dem häufen der dazu aufgebotnen leute) fort und einen,
welcher die kirche bestolen hatte, auf eine nieile weges ein-
bringen, pol. colica s. 322 ; ich will die folge schon sonst be-
stellen, s. 323. im jurislisciten sinn 14 folge was nachfolge,
tuccessio: folge in grundstücke oder in fahrende habe, siehe
erbfoige, feuerfolge, heerfolge, jagdfolge, landfolge, lehiifolge,
nachfolge.
2) ftilge, conscnsus, wer dem andern folgt, ist seinei' tneinung
und parlei, pßtchtet, stimmt ihm bei, mhd. wb. 3, 366. so beson-
ders beim gerichlliclien urlheil, dem folge gelhan, gegeben v» erden
musz, ein ungefolgtes urtheil ist kein urlhcil, kommt nicht über
den dritten mann. RA. 864, wo die belege angeführt sind, der
folge gebende, folgende trilt gleichsam in die fuszstapfen des
urlheilenden. 8entcntia per approbationem et collaiidationem
communem, quac volga dicilur. weisth. 1, 810 (a. 1346).
*si male quid dixi, reprobi't grex istius antri,
»i quid et utiliuR, caruin ferat iütc KeiiatUK.'
collautiaiit, venerantur, amant et laude frequunlant.
ecbasi» 538;
mhd, wie «ol ich danne leben, da; ich mine zubt «tOBre
und doch die meiKlen volge niht vcr.spipte?
6tn r:^i noIi Ir mir K«>ben, wan ich dn; dicke baere,
•wiT Hi-Ibe enkan, d«r «noch« wise ra-t«.
i»i<ipr rAl
vil x:\ue. b&t. MS. 1,8b':
i.iiiitiiirct niht langer tweic
diT M>lge, al« im tin htne Jach. Parz. 7,17;
•i k'"*rte iiU ir diu volge jarh. «4,4;
dar üich diu voIk« wart goiin. 90,0;
fÖLGE im
dft volge und urteil wart getan. 97,16;
nü merket, swer sich selbe lobet
&ne volge, da; gr tobet. Fheio. 60,25.
nhd. wird diese bedeutung seltner, Haltaus 471 hol noch einige
beispiele. do er den rat gegeben hat, do was es ein gemeine
volg und fielent alsamen doruf. Keisersberg post. 2, 13 ; und
als er (Wilzel) zu Fach und anderswo die folge, wie ers gern
gehabt, nit erlangen mocht. Alberus fü/rfcr H't/ic/ G l' ; tugent
wirt mit dem hosten (d. i. besten) verachtet, was aber Üppig-
keit vorhat, es sei wie schwer und böse es sein möge, so
hats folge (wird ihm beigepflicMel). Pelr. 98*. auch nc^ahmen
ist nachfolgen, nachtrelen: heldenthalen den nachkömmlingen
zur folge aufzeichnen. F'hilander 2,54; wenn Hofmanuswaldau
in die welschen poeten nicht so verliebt gewesen, sondern
sich die lateinischen zur folge gesetzt hätte. Wermue bei
Hagedom l, 112.
3) folge, obedientia, weniger das sinnliche nachgehen, nach-
folgen, als die abstracle befolgung, der geiwrsam, das sich be-
quemen auch des nicht einslimmenden. folge thun, geben, leisten
haszt dem gebot gehorchen, es vollziehen, vollstrecken, es geschieht
folge, es wird vollzogert, vollführt, es wird ihm nachgegeben, es
ist keine folge bei dem menschen, er geiwrcht nicht; wollet
dazu thun, das (meiner vermanung) folge geschieht. Luther
3,154'; besorge auch, so diesem mittel nicht folge geschieht,
so wird das ding allererst recht eraus faren und aus dem
schimpf ein ernst werden, br. 1,208; derhalben so wird kein
partei unter euch dem evangclio gnug thun, es sei dann,
das ein dem andern folge las.se (nachgebe), was er wil. 1,382;
also bitten wir e. f. g. auch unterthäniglich, sie wollten auch
solches anklopfen gottes unsäuinig aufnehmen und seinem
gottlichen willen helfen folge thun. 3,336; ich gib auch den
Sophisten und weltweisen nit folge und statt. Melanchtho!«
hauplartikel verdeutscht s. l. et a. blatt 8; Hannibal, du kanst
den sieg wol erlangen, du weist aber dich des siegs nit zu
gebrauchen, wo ich an dir folge hctt, wir wollen an dem
fünften tag zu Rom in dem capitol essen. Livius von Carbach
120'; item bricht einer ein geschvvorne urphede mit Sachen
und thatcn, dariimb er unser keiserlichen recht und diser
Ordnung nach zum lod on das mocht gestraft werden, der-
selben todsiraf soll volg geschehen (sie soll vollzogen werden).
Carolina art. 10s ; euwer gnad an mich begerl euch bei der
band hinüber zu führen, dem ich also mit geneigtem willen
folge gab. Galmy 37; doch lelzlich des burgermeisters an-
schlag folge zu thun beschlossen. Kirchhof wendunm. 163';
wenn ich nun meinem vorsatz folge leistete (Um vollführte),
jwrs. rosenth. 1, 18 ;
gib unterweilcn nach, knnst du gleich überwinden,
durch folge kann man ihm (d. i. sich) die freunde sehr ver-
binden. Opitz 1,301;
wer dem, was ihm steht r.u, wil rechte folge geben,
der musz zum minsten ihm, zum meisten andern leben.
I.OUAU 3,133,81;
wo rath nicht wird gehört, wo rath nicht folge hat,
ullda ist gar kein rath der allerbeste rath. 3, 14K, 65;
wo viel gemeinschafl ist, ist ansehn nicht grraain,
wo ansefin mehr nicht ist, wil auch nicht folge sein,
wo folge reiszei aus, kan Ordnung nicht bestehn. 2,72,64;
sucht euch von Jugend auf der fol^re zu boflciszen.
Cur. Grypmiis 2,201.
tu solchem oder ähnlichem sinn nodi heute folge geben, stall
oder räum geben, wallen, gewahren, geschehen /üwch.' characler
im groszen und kleinen ist, dasz lier mensch demjenigen
eine stete folge gibt, dessen er sich fähig fühlt. Göthe 56,131.
4) folge, ordo, series, fr. suite. da das folgende hinter ein-
ander geht, auf einandtr folgt, so bildet sich eine reVie : folge
der buchstaben, der zahlen, der könige ; die männliche folge
der herscher ist unterbrochen ; die eimer, die backsleine
werden von band zu band, in diner folge fortgereichl; eine
ganze folge von wagen zog durch die sirasze; iiäunie stehen
in unabsehbarer fol^e ; ich inuchic gern die folge der gegetid,
die abwechselung der landesart bemerken. Götue 31, 96 ;
und so gewinnt sich dns lebendige
durch folg aus folge neue krufl. 3,76.
die Worte des redenden erfolgen eins nach dem andern,
machen eine folge; die gramnialik handelt von der Wortfolge,
jede spräche hat ihre natürliche art und folge: welch» itl
ein lauter, freveler miilwille wider die natürlich art und folge
der spräche, die art und natürlich folge der worl. Lt/THm
3, 69'. man laijl eine folge von (heilen eine» werk», vua
1873
FOLGE
FOLGE — FOLGEBESTÄNDIG
1874
münzen u. s. «■. ; die folge sende ich dir zu. sobald sie er-
scheint: münzen, die von münzliräraern, weil in denselben
nicht leicht, wie in den römischen eine folge zu machen
ist, nicht sonderlich gesucht werden. Wixkelmann 3, xxiii;
eine folge von trumpfen im karlenspiel. noch öfter in ab-
straclem sinn: die stelle des buchs ist dunkel, man musz die
folge {das was folgt) lesen ; mein ganzes leben soll eine
ununterbrochene folge von dankbarkeit sein. H. L. Wagner
der unbekannte Zi ; die aufuierksamkeit, anstatt sie durch eine
vernünftige folge zu befriedigen, nur durch seltsame kunst-
grifife aufzuspannen. Göthe 15, 144; da das zusammenhängende,
wie du sagst, eigentlich euer dement ist, so musz man euch
freilich nicht in einer folge reden hören oder sich entschlieszen
euch recht zu geben. 17. 10 ; du wolltest zuerst die tagebücher
deiner reise mir in ordentlicher folge mittheilen. 11,11; wenn
wir dasjenige, wozu wir geboren sind, mit Ordnung und
folge verrichten. 18,123; wenn ich einen menschen kennen
lerne, frage ich sogleich, womit beschäftigt er sich? und
wie? und in welcher folge? 19,341; welche regelmäszige
thätigkeit wird erfordert, um diese immer wiederkehrende
Ordnung in einer unverrückten lebendigen folge durchzu-
führen! 20,56; ich war glücklich sie in einer folge reden
zu hören, denn sonst gab sie nur wenige worte in das ge-
spräch. 24,270; eine folge, woraus gewohnheit entspringt,
ist nothig. 25,117; wie die groszen angelegenheiten der kirch-
lichen religion mit folge und Zusammenhang behandelt werden
müssen. 25,117; eine wol überdachte folge übereinstimmender
momente. 32,66; unter einem volke zu wohnen, dem eine
Vollkommenheit, die wir wünschen und nie erreichen, natür-
lich war, bei dem in einer folge von zeit und leben sich
eine bildung in schöner und stätiger reihe entwickelt. 38. 4.
darum auch die folge der zeit, der jähre, rgl. zeilfolge, reihe-
folge, einzelne dieser beispiele lassen sich auch unter 6 stellen.
5) folge, successus, ext/u«, erfolg: die folge wirds geben,
exitus acta jn-obabit. Stieler 534; die reputation hat manches-
mal nicht die folge (die eruarlung «irrf nicht befriedigt). Weise
erzn. 142; ich habe gelesen, dasz in den geistlichen rechten
verordnet ist, wenn ja ein medicus zuerst zu einem palienten
erfordert worden, dasz er soll schuldig sein ihn zu erinnern,
dasz er auch einen geistlichen arzt möge zu sich erbitten
lassen, der die seelenkur führe: so er aber keine folge hätte
in dreien tagen, sollte er ihn nicht weiter besuchen. Scriver
seelensch. 2,945; die sache hat traurige folgen; man ist der
folgen wegen in sorge; man kann dem krieg auch wolthätige
folgen beimessen;
es wäre dann die göttin, die
bei jungen müitern pflegt am liebsten einzukehren!
auch meine tiütte dürfte sie
mit ihrem Zuspruch bald beehren.
mit was ITir folge? wann und wie?
wir Werdens nach der faste hören. Kl. .Schmidt poet. br. ISO;
war diese art gleich roher, als eine folge von ausbildung,
in welcher der sittliche mensch sich täglich zu bemerken,
zu warnen und zu strafen pflegt. Göthe 19,117; man müste
darüber verzweifeln, wenn nicht überhaupt in der weit so
weniges eine gehofte folge zeigte, kinder halten nicht was
sie versprechen. 17,115; die sache ist ernsthafter als du
denkst, indessen bin ich recht wol zufrieden, dasz du sie
leicht nimmst, denn für uns beide kann noch immer die
heiterste folge werden. 23,55; eine andere wallfahrt wurde
dagegen mit mehr nutzen und folge unternommen. 29,333;
dasz des menschen leben nur in sofern etwas werlh ist, als
es eine folge hat. 43,266; hüten sie sich vor den folgen
des mislingens guter absiebten auf ihr herz! Klinger 8,230;
eine der denkwürdigsten begebenheiten, wichtiger noch durch
ihre folgen auf die weit die noch bis auf diesen augenblick
fortdauern. Schiller 1013'.
6) folge, con^eculio, consequentia, dem grund gegenüber, wie
Wirkung der Ursache: der grund des übels war gelegt, und
die folgen sind nicht atisgeblieben: diese ist seiner folge
(/. folgen) eine, dis ist wider die schrift, darumb ists ketzerisch.
I.cther 1, 61': die folgen der dinge, deren zufällige verknüpfimg
von dem willen goltes abhängt. Kant 6. 66 ; er zog die folge
daraus, dasz alles, was man von den götlern sagte, erlin-
duiigen schlauer köpfe wären. Wieland 2, 22; und dieses
dünkte ihm genug daraus zu schlieszen, dasz . . . eine selt-
same folge! Lessing 6,438; aber ich leugnete meinem unge-
nannten die folge . . . und wer hat sich je in der profan-
geschichte die uemlicbe folgerung erlaubt? 10,51; ich räume
lü.
die folge nicht ein ; nachdenkende leser werden diese folge
leicht selbst machen. Moser p. ph. 2.63; wenn ich nur ein
geschäft wüste, ein rühriges, das aber keine folge auf den
morgen {keine consequen: für die zukunß) hätte, das fleisz und
hestimmiheit im augenblick erforderte. Göthe 16,204; das
geschäft verlangt ernst und strenge, das leben willkür, das
geschäft die reinste folge {consequenz). dem leben thut eine in-
consequenz oft noth. 17. 41 ; man kann der gesellschaft alles
aufdringen, nur nicht was eine folge hat. 17, 259 ; so ist ent-
schiedenheit und folge das verehrungswürdigste am menschen.
19,340; dasz sie sich ihres vergangnen lebens freuen können,
dasz sie auf einem schönen reinen vvege in einer sichern
folge gegangen sind. 20,46; in allen seinen planen fand man
eine unbestechliche folge. 20,261; auch hier zeigte sich der
mangel an folge, welchen man den Äntwerpern zur last legen
musz. Schiller 877. s. schluszfolge.
7) nhd. 'zu folge' md vorausgehendem, oft weit daran getrenntem
daiiv, für das fr. selon, en consequence: dem zu folge, ideo;
diesem zu folge, hanc ob rem; dem allem zu folge; deinem
befehl zufolge fand ich mich dort ein ; dem längst empfangnen
auftrage deines bruders zu folge übersende ich ; dem neuen
plane seiner mehr zärtlicheo als behutsamen geliebten zu
folge. Wieland 2, 153 ; dieser weisen beobachtung zu folge.
6,204; diesem befehl zu folge. 6,231; einem alten herkom-
men zu folge. 7,137; den neusten nachrichten zu folge ist er
noch am leben, diese Wortfügung stimmt zu den gleich üblichen:
ihm zum trotz ist es geschehn ; dir zum trotz thue ichs
gerade; den ununterbrochnen auswanderungen dieses jahrs
zum trotz blieb die bevölkerung noch sehr ansehnlich; dem
könige zu ehren war die Stadt erleuchtet ; diese armen sind
gott zu ehren gekleidet worden ; meinem bruder soll es zu
liebe gethan werden, mhd. den herren ze minnen, minem
gote ze minnen, iu allen ze minnen. der dat. darf auch nach-
stehen: zu folge diesen meidungen; zu folge den gewissen
gründen, die wir angeführt haben. Kant 1,46; trotz allem
diesem gerede ; ich thue es trotz dem ; zu ehren dem könige
fand beleuchtnng statt, in diesem fall der nachsetzung ziehen
einige den gen. ror: zu folge dessen; trotz dessen; zu folge
dieser meidungen ; trotz des schlimmen wetters ; doch deutscher
scheint der dal. es ist fiberall ein dat. commodi und niciit etwa
daher zu läten, dasz da.^ vermögen ihn zu regieren aus den
rerben folgen und trotzen in die subsl. folge und trotz über-
gegangen wäre, diese deutung würde nicht auf ehre, liebe, minne
passen, mit 'in folge' verbindet sich aber nur ein stets nach-
stehender gen. : in folge dessen, in folge eingetroffenen be-
fehls. verscliieden davon ist 'in der folge', in posterum, in
folge der zeit. Göthe 26, 43.
FOLGE, f. situla, gelte, biereimer, milcheimer, wobei .\delijn6
nicht unpassend an balge, balie, schlauch (l, 10S6) erinnert, nach
Stieler ISS palella, schüssel. ich würde darin zunächä das ror-
hergehende folge 4) sehen, weil eimer und schusseln hintereinander
gereicht werden, auf einander in der reihe, wenn nicht Akellng
als schueizerische form folken, .Stalder 1, 389 dagegen foile an-
gäbe, woher folken entnommen ist, weisz ich rächt, folle könrtte
SU follis schlauch und balge unmittelbar gehören, es ist ein obe»
weites, unten eng oder stumpf auslaufendes gefäsz, in das die
melkerin noch grüne tannenreiser, rinde oder gürlelkraut, folle
schübel legt, um die milch durchzuseiJien. diese milchfolle heiszl
sonst aucli milchsiene (Stalder 2, 210. Maaler 290'), miich-
seihe. vgl. fluhfolle, waldfolle «mi Aernar/i «n/er folgen, folge
für biereimer ist in der Lausitz üblich, nach Scham bach 274' wäre
folge nur der schwimmende deckel, womit die slanne verschlossen
{cird, damit das hier niclä so schneit sauer werde, so wie des
bicrs in der slanne weniger wird, 'folgt' auch der deckel, senkt
sich immer tiefer, 'geit dal', doch hat die milchfolle keinen
dec.'iel. im meL<;znischen heiszen ungleiche grasflerke oder streifen
wiesenland (^eichfalls folgen, sonst auch brüche, breiten, breit-
chen. sprücke, sprückchen, entweder nach ihrer gestaü oder
reihenfdge.
FOLGEALTER, n. seculum, von sequi, rfo.» folgende Zeitalter.
FOLGEU.XND, n. relinaculum, gängelband für kleine kinder,
mhd. diu wijin hant
leit an mich ein volgebant. MSH. 1, 174*.
FOLGEBEGRIF, »j. der begrif der Verknüpfung der Ursache
und Wirkung, mithin auch dessen folgebegrif der kraft. Ka.ht
3, 167.
FOLGEBESTÄNDIG, ronsequent. wird von Fichte verschie-
dentlich gebraucht: die deutsche pbilosophie übertrift sehr weit
U8
1875 FOLGEßESTÄNDIGKEIT — FOLGEN
FOLGEN
1S76
die herschenden Philosophien des dcrmaiigen auswärtigen
ausländes, indem sie in der auslünderei weit gründlicher
und folgebeständiger ist, denn jenes, reden an die d. not. 212.
vgl. rechtshestündig.
FOLGEBESTÄNDIGKEIT, f. consequenz: indes man doch
vielleicht sehr entfernt ist, ihnen für die person klares be-
wustsein dessen, was sie reden, und fulgebeslüudigkeit bei-
zumessen. 191.
FOLGEDIENER, m. pediscqmts, dicner, der seinen Herren be-
gleilel, ihm auf dem fusze nachlriU, ahd. fuo^folgo (Grakf 3, 512).
.«. folgemagd.
FOLGEGANG, m. ordo, natura rerum : nun hatte er das grosze
geschafl muthig anzutreten und zu beginnen, das übrige dem
fulgegang und Schicksal zu überlassen. Göthe 23, 21ü.
FOLGEGEIST, m. genius cumes. s. folgergeist.
FOLGEGEMÄSZ. conxequent : zu eintMn gründlichem und
folgegeniäszcrn nachdenken. Fichte reden an die d. nal. 192.
FOLGEGEMÄSZIIEIT, f. comcquciUia : durch ihre eiserne
folgegemäszheit. 217.
FOLGEGESCHLECIIT, n. jtosterilas, nachkomnwnschafl :
doch sie kommt die vergeltende zeit, schon winkt sie nicht
lern mehr,
wo es dem folgegeschlccht zeichnet den leuchtenden pTad.
WlLH. VON HCMBOLDT 1,382;
hat mit schände bedeckt sich selbst und die rolfrcgeschlechter
zartgeschairener fraun. Ud. 11,433;
wol ziemt es dem i'olgegeschlecht, wo immer ein fröhliches
muhl
gasifreunde vereine, mir auch volltriefcnde schale zu weihn.
Platen IIs'.
FOLGEHERSCHER, n». successor, nachfolger im reich:
ein tulbend war das band, das Aleiandern
in sclilüifen schön vom haupte fiel,
und allen folgckerscherii jenen andern
als königszierde wol geliel. Götuk 5, 154.
FOLGEJAHR, n. annus fulurus. Stieler 879
FOLGELEBEN, n. vUa conscqucns, conyrua:
und wenn wir unterscliiedcu haben,
dann müssen wir lebendige gaben
dem abgesonderten wieder verleihen,
und uns eines lolgelebens erlreuen. Götiik 3, 109.
FOLGELEER, cassus, inutilis: nicht ein folgeleerer, sondern
auf unsere moralische beslininiung bezogener versländlicher
glaube. Kant 1,236; gibt es nicht auch eine heftige und
doch zugleich mit bewustsein vergebliche Sehnsucht (z. h.
wollte gott, jener mann lebte noch!), die zwar thatleer, aber
doch nicht folgeleer ist. rec/i/s/e/fre (1798) s. 160; ein folgeleeres
schatlenwesen. Pestalozzi 11, 17.
FOLGELEISTUNG,/', obedienlia: zu schuldiger folgeleislung.
FOLGELOS, incongruus, inutilis : seiner nachfahren schwäche,
thorheit, folgeloses beiragen. Gotiie 6, 204; das folgerechte und
folgelose handeln. 48,123; fulgelose plane bildend. 48,120;
zu raschen aber folgelosen planen gegen den hof verleitete.
Schiller 1077'.
FOLGEMAGD, f. pedisequa, ahd. fuojfolgA, einfacher blosz
folgä, alln. fylgja, gekücrin, schutzgei.4, auf dem fr. thcaler
suivanle, die aufwartende dame im gefolge der künigin oder Iwldin
des stftcJis, ihre gespielin und vertraute, siehe, mensch, gottes
gute ist deine folgemagd. Scbiver seelensch. 1, 6 ; alle andere
lehrpuncte und gleichsam die dienerinnen und folgemägde,
welche dem bräutigam und der braut aufwarten. 1, 263 ; ge-
meiniglich hat die gottseligkeit die armuth zur gespielin oder
folgemagd. 1,824; armuth, der besten gemüther beschwer-
liche folgemagd. GoUhold 84;
wenn mactite sich das lob der tugend eigen?
wenn war es nicht des glückes folgemagd? Haobdorn 1,12;
die Philosophie soll keine folgemagd der theologie sein.
FOLGEN , sequi, comilari, lit. sekti, alid. folken, folgen,
folg^ta, mhd. volgen, und so schreibt Maaler 472*, alts. fulgun,
folguian, nnl. volgen, ags. fylgan fylgde, fyligean fyligde, eiujl.
follnw, fries. fulgia, folgia, f(dia, altn. fylgja fylgdi, schw. fiilja
följde, norv. fylgja fylde, dän. folge fnlgle. aber kein gotli.
«ort tntspricJU, nach der ahd. form luUle man fnigan fulgaida,
nach der ag$. und altn. fulgjan fulgida zu eruarlcn. dafür ifll
laiKijan, tesli^a premere, narJUrrIrn oder afarlaisljan, afargaggan,
vie auch ahd. leislan, altt. b^stian, ags. Ixstan, nhd. leisten
ursprüntßich sequi, dann exsequi, j/raaUare bedeuten, vie zu
fassen ist nun folgen oder jenes nur tcrmulele, nie vorlianden
gewesene fulgan? auf das selbst dunkle felgan, falgan (.</). 141(3)
leUH es nsdU, eben so wenig auf fulgins, rondUu», occultus nm
AUuo. dock dat ttusfullvnde g in folia, fOlja, fullow gemahnt
an füllen, goth. fnlljan impUre und fulls plenus. denn u-ie aus
laistjan sequi ein ahd. leistan efftcere, implcre, explere wurde,
scheint umgckeltrt aus fulljan, füllen, exseqiU ein folgen sequi her-
vorgegangen. 11 in fulls kann nicht der ursprünglichen gestalt des
Worts gehören, wcui man sclion an nXios, tiÄjjoijs sieht, entweder
ist es aus In ron plenus, lit. pilnas, sl. pl'n" [vgl. Stella aus
stelna, stairno) zu erklären, oder aus li, das dann leidit in Ij,
Ig übergieng, wie uns gerade follis und halgs, folle und folge,
balie vorlagen, balg wäre der schlauch, folge cimer und schüssel,
die gefüllt wtrden und beigen lumere (l, 1447) liesze sidi einem
iinpleri gleiclislcllen. dasz der begrif des mllen in folgen irgend
mitspiele, zeigen uns die Zusammensetzungen goth. fullafahjan
servire, ahd. follaziohan juvare, follazuht auxilium und zumal
folleistan, ags. fylstan juvare, die dem cinfacfien laistjan, leistan
entsprechen, ahd. folieist, follust, ags. fries. fylst auxUitim. für
volleisten wird aber hctile gesagt folge leisten, was den Zusam-
menhang zwischen voll und folge schlagend besldtigl und man
erwäge nocli vollbringen, vollführen, vollstrecken, die sämtlich
cxscqui, implcre, also was die einfachen folgen und leisten
ausdrücken, Wii.lerams vollevolgün (Gkaff 3, 512) iräre ein
fdeonasmus. aus der ännlichcn Vorstellung des tretens in die
spur, des hinten nach geUens, des Stehens zur seile entfaltete sich
in vielen Wörtern die abstraction der hilfe und des beustandes.
icli nehme an, dasz hier sequi odir das goth. laistjan der älteste
begrif ist, exsequi oder nhd. leistan der spätere; in folgen war
eigenlUch der letztere enthalten und wurde dann auch auf den
er.^leii erstreckt, möglich, dasz beide, voll und folgen, auf eine
Wurzel filan zurückijehen und die waltrnehmung des formverhalts
in fulgan kann noch für andere lg wichtig werden, z. b. für
tulgus (sp. 1558) von der würzet tilan.
auf alles werden noch die bedeutungen des nhd. folgen licht
werfen.
1) leiblich folgen, nnchgehn, mit dat. pers., wie axoXov&tXi' rit'i,
aber goth. laistjan, wie tat. sequi und comilari, geleäen, begleiten
mit acc, folgen hat den persönlichen casus des cüid. leistan.
meister, ich wil dir folgen, wo du hin gehest (golh. laisari,
luistja jiuk |)ishvadiih |)adei gaggis, alid. meistar, ih folgen thir
so wara so thft gcs). Malth. 8, 19 ; folge du mir (goth. laistei
afar mis, ahd. folge mir). 8,22; und seine jünger folgelen
im (goth. afariddjednn imma, ahd. folgetun imo). 8,23; folge
mir, und er stund auf und folgete im {golh. laistei afar mis,
jah usstandands iddja afar imma, alid. arstantanti folgela
imo). 9, 9 ; neme sein creuz auf sich und folge mir (ahd.
nenie sin crüci inti folge mir). 16,24; neme sein creuz auf
sich teglich und folge mir nach {goth. nimai galgan scinana
dag hvanöh jah laistjai mik). Luc. 9, 23; und er gieng binauH
und folgt im. apostclg. i1, 9 ; hän ich weder Aristoteli wider-
sprochen noch Ptolemeo noch andern meistern, die den
volgent. Megenberg 78, 28; den (quibus) si nit gcvolgen mag.
281, 23.
mhd. dö gie sie zuo dem münster, ir volgete manic wtp.
Nib. 29«, 1 ;
d£n edelen küniginnen volgete manic kücne man. 754, 4;
minr ritr im volgeten fünfe dar. Pur:. 618,28;
und Voigt im swar er körte. Iw. 3SS0.
die töchler sollen vor der mutler her gehen, die söhne dem
vater folgen. HA. 409; das beer folgt seinem führer; die
berdc folgt dem hirt ; die schafe folgen dem leilhammel ;
also folget ein gans der andren gans nach. Keisersb. selen-
parad. 20l'; man sagt auch einem znge, der leiche folgen
(GüTHE 16, 192) ; einem zu fnsz, zu pferde folgen, mhd. ze
fuojen folgen. Laker 170; der fabne folgen, hinlir der fahne
hergehen, im beer folgen ; dem kalbfeil folgen, hinter der Irom-
mel gehn. Simjd. rogeliiest 2, 22 {mehr unter 11). den ort l>eslim-
men praeimsitionen näher: einem in den wald, in das haus, in
die kaumier, in das bett folgen ; an den berg, an den lisch
folgen; auf die bank, auf den tburm; über den Steg, über
die brücke folgen, dem wege, dem pfade, dein steig, der
strasze folgen ;
mhd. einen slic ich äl\ gevlenc.
der tnioc mich rt^ der wilde,
dem vulglu ich eine wile. Iw, 277;
und vülget einer RlrAje. 3827.
axolov{yt'o> ist ijrlnldrl nach xt'XevO'os und laistjan drückt aus
dasz der folgende seinen fusz in den laist, die spur des voran-
gegangenen setzt : da} er dem weg volge und in die gruob
vall. Mecenherc 163, 12. ich folgte meinen äugen, rinrni
licht, das aus der ferne brach, einem schrei den ich vernahm.
1877
FOLGEN
FOLGEN
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es kann auch folgen ganz allein stehen, ohne casus, die sieh
leicht hinzu denken lassen: ich folgte von weitem; kein geist-
licher folgte {der leiclte); die ganze gemeinde folgte; beim
zuruf: folge I folget!
folg, ruft ein teufel, folgl Höltt in Adelst, und Röschen,
2) beipflichten, zuslimmen (s. folge 2), in einer sache, die den
gen. fordert, ganz wie auch bei helfen dat. der pers., gen. der
sache statt hat (gramm. 4, 664). die person kann ausgedrückt
sein, oder vegbletben. ursprünglich gierigen «ol die zustimmenden
der fuszspur des urlheilenden leiblich nach.
a) blofzer geu. der sache. ahd. sih nu, daj wir dero liuto
wänes folgende ze ungioublih ting ne festenöen, vide igitur
ne opinionem populi sequentes quiddam ralde inopinabile
confecerimus. N. Bth. 224.
mhd. er sprach, ir herren, wolt irs volgen? Rcinh. 1434;
des mügen dise herren volgen wol. lt)32;
des volge ich, sprach Isengrin. 1756;
des volgetens, wand ej was reht, 1645;
des Tolge ich, sprach Liddamus. Parz. 421,13;
des volgien al die rätgeben. 426,9;
man den helt des volgen sach. 548,19;
done wolt ers niht volgen. Iu>. "335;
min eines loben ist ein wiht,
und volgens ander liute niht. Fheidank 61,2;
des wil ich gerne volgen. Aifi. 274, 1 ;
des wart dö von den gasten gevolget güetlichen sint.
554, 4.
b) gen. der sache ^nd dat. der person: ahd. so Adam teta,
dö er dero chenün rätes folgeta, der frau in ihrem rath folgte.
N. ps. 1,1;
gerne ich iu des volgen wil. a. Heinr. 828;
des volget mir, her Iwein. Iv. 2912;
dö wart gevolget Gahmurete
einer böf<chlichen bete. Parz. 45,29;
swer nu des wil volgen mir. 516,3;
des volge wir dir alle. TrUt. 81,40
der rede im dö gevolget wart. Wigal. 208,30;
nhd. sind solclie genilive nur Jrüherhin zu finden: item was
urteile zu Neftenbach stöszig werdent, das sei man ziehen
für die oberhand (an den oberhof), ob er {der geurtheilt hat)
zwen hat, die im der urleil gevolget hant. treisth. 1, 78 ; der
schultheisz fragt die einzelnen schaffen 'volgt irs' ? 1, 810 ; und
ee du will einen menschen erzürnen, so ubergibstu ee got und
die gerechtikeit und sagst ee ich folgs, ich folgs'. Reisers-
BERC drei Marien 5l'; und folg mines rots (rals), den ich
dir gib. bilger 25*; wiltu meines rats folgen. Fierabras Dö;
folget er raths, so ist ihm geholfen. Agricola sprichw. 30.
späler und heute: in einer sache folgen, einem darin folgen;
in dieser ansieht folge ich dir nicht.
3) gehorchen, ohne dasz die Vorstellung des sinnlichen nach-
gehens darin liegt:
mhd. rät ich iu wol, so volget mir. Iw. 826;
DU volget mir. 1230;
kinder sollen ihren eitern folgen ; liebes kmd, wiltu folgen,
so wirstu weise und nimpstu es zu herzen, so wirstu klug.
Sirach 6,33; gehorchet ewren lerem und folget inen. Ebr.
13,17; der kranke folgt dem arzt; folge der mutter in allem
was sie sagt ; man braucht dem raädthen nur zu winken,
so folgt es ; ich will der stimme der natur folgen ; wer nicht
folgt, der musz büszen. sich iconach richten, es nachahmen:
er folgt seinem köpf; folge seinem beispiele nicht.
4) in der reihe folgen, wobei zwar auch der dativ, gewöhn-
lich die praep. auf verwandt wird: den veilchen folgt die rose,
violis succedtt rosa ; eine schüssel folgte der andern ; ein w ort
tolgte dem andern, gab das andere; boten folgen auf boten;
thräne folgte auf thräne;
ein schauer faszt mich, thräne folgt den thränen. Göthk 12, 6.
heftige reden folgten aufeinander; auf den winter folgte ein
milder frübling. den folgenden tag, im folgenden jähr; die
folgenden theile des werks.
5) erfolgen, eintrelen, von statten gehen : sauft euch nicht vol
weins, daraus ein unordig wesen folget. Epties. 5, 18 ; denn
wo man was newes für hat, da musz der vier eines komen,
das es gut oder böse werde, das leben oder tod draus folge.
^rach 37, 21 ; die zeichen aber, die da folgen werden, denen
die da gleuben. sind die. Marc. 16, 17 ; es sollte vielleicht
mir schleuniger folgen (jeroiAen), denn inen. Luthers fcr. 1, 436 ;
das sagte er deutsch, denn das latein wollte ihm nicht länger
folgen. KiRCHBOF wendunm. 451'; er verneiszt viel, aber es
folgt nichts ; die kanonen waren geladen, doch kein schusz
folgte; schon ist drei wocben dürre und kein regen folgt,
folgen drückt auch aus zugesandt werden: hierbei folgt ein
ring, den du verloren hast; hier folgen alle briefe, die für
dich eingegangen sind, altn. fylgiast, ddn. füiges.
6) es folgt, sequUur; das folgt nicht; aus allem was du
gesagt hast folgt, dasz du dich irrst ; wenn ich den schatten
einer person bei mir führe, musz es nicht folgen, dasz das
original mir werth ist? Schiller 153"; aus der fabel folgt,
dasz man einen kleinen feind nicht verachten solle; was
würde alles daraus folgen; der brief lautet, wie folgt; es
schrieben auch die Römer, wie folget. 2 Macc. 11, 34.
7) folgen lassen, verabfolgen: ir wollet meinem weihe die
guter, so sie hat, lassen folgen. Luther 3,137*; wii er dir
etwas nemen und schaden thun, so soltu es folgen lassen,
als geschähe dir recht daran. 1,76'; darunib ist an dich
mein bitt, wollest meinem treuwen diener alles mein gut willig
folgen lassen, buch der liebe 257, 4 ;
als nun der rab sah, wie sie frasren,
sprach er, ir werdl mir folgen laszen
des raubs ein ziemlich theil. Alberus 105;
der buer liesz Ulenspiegel und sinem gesellen das tuch folgen.
Eulensp. cap. 6S ; er liesz im den schild folgen. Octavianus m. ;
befahl, dasz man ihm seinen unterhalt reichlich folgen
lassen sollte, pers. rosenlh. 1, 20; denn ob sich zwar die
obrigkeit ins mittel schlug und mir als einem verthulichen
menschen nichts folgen liesz. Weise er;n. 78 ; ich wil sie
ihnen allemal ohne entgeh folgen lassen, dessen liebesalliance
235. dies folgen lassen ist gleichsam etwcu aus der hand lassen,
los lassen, dasz es einem andern folge und angehöre, also es dem
andern überlassen und gewähren, hier erscheint wieder der zusam~
menhang zwischen folgen, leisten und gewähren, in etwas an-
dern sinne sagen wir heute: gott läszt uns wieder Sonnenschein
auf regen folgen, d. i. nach dem regen Sonnenschein eintreten.
8) ebenso stellt folgen auch ohne lassen,
a) intr. für ausgehändigt, ausgefolgt, verabfolgt werden: so
soll dem kieger auf sein betewrung mit dem eide, dasz im
solche guter geraubt oder gestolen worden seien, geglaubt
werden, und im dieselben abermals in maszen als obsteht,
darauf volgen. Carolina ort. 208 und öfter,
b) tr. für aushändigen, ausfolgen, verabfolgen, gewähren, mit aec.
und im passivum nom. der sadte: wurden des zufriden, dasz
sie im sein bet wollen folgen. Eulensp. cap. 58; ihm ward
das lösegeld gefolgt. Lohensteix Arm. l, 868 ; kam gleich
den andern tag ein trommelschlager, uns abzuholen, dem
wurde der corporal und drei andere gefolgt. Simf4. K. 466 ;
ein diener begehret von einem reichen kaufmann kostbare
waaren in seines hetren namen, dessen hand in einem
schriftlichen schein er vorzulegen hat, worauf sie ihm wil-
ligst gefolget werden. Scriveb seelensch. 2, 503.
9) ladelhaft aber sclieint -der acc. bei folgen, irenn es befolgen
ausdrückt, im sinne des lat. sequi oder goth. laistjau: thUren
wir doch nicht das wagen, das wir alle werk und wort unsers
herrn Christi folgen möchten. Lcther 5,167'; .Maria wil viel-
mehr, das wir die e.\empel ires glaubens und ihrer demuth
folgen sollen. Jonas bei Luther 6,447'; wofern sie klug sind,
werden sie meinen rath folgen. Liscov 104. hier wären dte datire
allen werken und worten, den exempeln und meinem rath
deutscher, gleich fehlerhaft ist folgen für prosequi oder persequi,
verfolgen: Taubmanns vater halte die freien künste undstudia
nicht gefolget, sondern einem ehrlichen bandwerk sich er-
geben. Brandts berichi von Taubmann s. 8. erträglicher wird
das participium gefolgt für begleitet: der bischof trat hervor,
gefolgt von allen geistlichen ;
ein römischer hauptmann,
von der wache gefolgt. Uessias 14,165;
ein baldacbin wankte herauf, von östreichischen kriegem
begleitet, gefolgt von zeitigen autoritäten. Götbe 43, 265, alUs
nach fr. suivi de.
10) im praet. setzt zu volgen die mhd. spräche 'hin':
üj minis vater lande
hast du mir gevolgöt. kaiterchr. 11S93-
daj ir sin iht wurde gewar,
dem er het gevolget dar. Er. 226 ;
Rennewart d*r starke
het im ze fuoj gevolget dan. Wh. 226,13,
■ Josweijen müeie sire,
daj IT Terramere
gevolget hete. 3»8,3;
118*
1879
FOLGEN— FOLGEND
FOLGENDERGESTALT — FOLGENDS 1880
wir sulo iu langer dienen, den wir her gevolget hän.
Mb. b44,4;
ich hAn onch in der wilde
dem vögele nut dem wilde
gevolget unde nach gezogen. Trisl. 429,27;
des Stern schein in unser lani,
dem hän wir her gevolget sider. Jeaus 81,72;
DU chora in vil pereile
der Stern ir geleite,
dem si dar gevolget häten. 81,86;
owe das ic'' gevolget hän
der muoier min und ir geböte, tr. kr. 16630.
SO auch Irülierhm noch die nhJ.: er hat auch gevolgt den
maistern. MECtNBKBC 4i)4, 11 : darumb das er trewiich dein lierrn
gefolget Lal. 5,Wos. 1,36; darumb das du dem herrn meinen
golt treMÜch gefolgel hast. Jos. 14, 9 ; das wir nicht gefulget
haben der sunde unser vetcr. Judith 8,15; denn wir haben
nicht den klugen fabeln gefolgel. 2 Pär. 1,16; dergleichen
hat die kirche gefolget und prediget die passio. Mei.anciith.
im corp. doctr. ehr. 682 ; das ist war, das sich ellliclimal ein
wölkiin zwischen uns erhaben hat, nach dem wol ein ungestüm
Wetter gefolget hett, wo ich demselben nit mit eim freund-
lichen anblick entgegen komen were. Alberus eAtücWin B 3";
dann wo ir hin gelaufen seid,
dahin bab ich euch alle zeit
gefolget, hnop 105;
welcher seinem valer in der regierung soll gefolget haben.
.MicRÄLiLs 2,205; könig Ferdinandus mit königlicher krön
und kleidung angethan hat nebenst den geistlichen cbur-
fiirsten gefolget. 3,524; ach! hätte ich ihnen gefolgt, liebste
miss, so wären wir jetzt durch ein band verknüpft. Lessing
2, 46 ; diesem exempel haben hernach andere comödien-
schreiber gefolgt. 3, 253; endlich habe ich ihnen gefolgt.
3,301; hätte ihm Pope gefolgt. 5,31; dieser erste gcdanke
war sehr gründlich und würde ihm vieles iingeinach erspart
haben, wenn er seiner eingebung gefolgt hätte. VVielanü
3.26; ich habe dem süszen zug der menschlichkeit gefolgct
und die Ihränen der unglücklichen abgewischt. 14,43; ich
hab deinen vermaledeiten lehren gefolgt, aufs haar gefolgt.
Wacnebs kindcntii'irdciin 44. allmdlich kam aber 'sein' in brauch,
irie es sich zu dem intransitiv gewordnen folgen, seil die Vor-
stellung exsequi ganz daraus gewichen war besser schickte, obschon
fr. a suivi und a ete für unser ist gefolgt und ist gewesen
gilt, in derselben sidle, wo Lessisg 5, 31 hätte ihm Pope ge-
folgt schrieb, fügt er hinzu: aber was weisz Pope hiervon,
der dem Schaftesbury gieichwol soll gefolgt sein?; nach den
nemlichen grundsäfzen, denen er in seiner Staatsverwaltung
gefolgt war. Wieland 3, 111 ; er ist mir auf dem fusz gefolgt;
ich bin der nachtigall lange durch das gebüsch gefolgt;
kühne reiter sollen dem fliehenden feind bis an den ström
gefolgt sein, dies activc gefolgt sein verwechsle man nicht mit
dem passiven nach 9, z. b. seine gnaden ritten seit einiger
zeit nur selten ohne von einem groszen theil ihrer livrec
gefolgt zu sein. Siegfr. von Lindenb. 2, 264. für die dritte be-
deulung des gehorchcns dauert noch jetzt haben: das kind hat
nicht gefolgt, nie ist.
11) hier noch einzelne rcdcnsarlen : einem aufs eis folgen;
sfiejer Worte ist er so wis,
dai; man si mohte schrilien,
den volget ich unz nl da^ is,
der schade muo^ mir bclibeii. Hartmanns liedcr 15,2;
der schmid hell dann für ein Sprichwort, wann der knecht
fast mit den beigen blasen soll, so sjirach er 'ha ho, folg
mit den beigen!' also nam Tlenspiegel den einen balg auf
den hals und folgt dem meister nach in den hof und sprach,
•hie bring ich den einen balg, wo soll ich ihn hinthun?
ich wil gon den andern auch bringen', hist. 39. so wird auch
bei einer musik gerufen 'folge mit den pauken nach!' der
trunuiiel oder dem kalbfell folgen heiszt sotdut werden : als ich
nun zwei jähr dag .schneiderhandwerk geleruet und ich das
Tierzehonde jähr erreichet, rief er mich an einem abend zu
sich und sagte -Serapion hörcl' ich sagte 'was vater?' er
sprach, 'du bist schon 14 jähr alt und wird nun vonnothen
sein, dasz du dich in die well machest, anjetzo kommen
junge Icute am besten fort, wer nicht der nadel nachziehen
will, der mag dem kalbfell folgen, du hast die wähl in beiden',
unip. doct. 357.
j. abfulgen, aunfolgen, befolgen, beifolgen, erfolgen, niit-
folgen, nachfolgen, verfolgen, verabfolgen, zuriickfolgrn.
KUJiKND, deincejii , ponlea , icol nhd. folgt^mlo: denn
S. Auguxlin selb» legt sich aus, da er folgend spricht. Luther
3, 521'; folgend ziehen sie dcu andern lag gen Emaus.
bienenk. 150'; die samenzeit bringt wenig freufle, aber viel
mühe und arbeil, welche auch eine Zeitlang scheinet ver-
loren zu sein, jedoch folgend .eine reiche ernte und viel
freude gebieret. Scriver seetensch. 2, 500. Luther setzt es aber
auch für folglich, consequenter : weil du nicht weist, was wider
die Schrift und folgend viel weniger verstehest, was ketzerisch
und zu verdammen sei. 1,6'2'; also haben folgend etlich kur-
furslen . . . mit mir gehandelt, br. 1, 596.
FOLGENDKHGtSTALT, hoc modo: damit verhielt es sich
aber folgeudergestalt. Gothe 26, 49.
FOLGE.NÜEUMASZEiN, dasselbe: da ihm jenes epitaphium
des von der princessin geschossenen wildes folgendermaszeu
gelungen war. Göthe 26, 77 ; man erklärte sich gegen den
werthen mann vertraulich folgendermaszeu. 44,81; so würde
unsre recension sehr kurz und zwar folgendcrmaszen aus-
fallen. 49,173.
FOLGENDLICH, consequenter: es ist zwar ihr Interesse
und nutzen und folgendiich auch meiner dabei nicht ver-
gessen worden, coust'/imac/ier 24 ; andertens wird man sagen,
ich were niemahlen in Spanien gewesen, volgentlich wüste
ich auch nicht diese Sachen. Wiener archiv 16,23; und wird
der gr. Sinzendorf eine von beiden keiserinnen blinder weis
zu secundieren nicht ermangelen, volgentlich mir schwer
fallen den köpf zu bieten. 16, 25.
FÜLGENDS, deinceps, deindc, in der folge, nachgehends, nachher :
nach diesem Noah und seinen kindern ward hernach Abraham
erwecket die kirche gottes zu erhalten und folgends alle
heilige propheten. Luther 8, 288"; da bekleidet sich die
schöne Magclona wieder mit iren kleidern, wie sie gewohnet
war zu tragen im spital, und gieng volgends in die kammer
zu dem Peter, buch d. liebe 43,3; wie denn auch folgends
bescliehen. Idiensb. Götz v. B. 6; bin ich folgends zu herrn
Conrad von Berlichiiigen kommen. 7; sehr häufig im Amiulis
von 1561, z.b. folgends grif er zum wehr. 365; folgends als
sie bei einer halben meil für kommen. 366; folgends fragten
ihn die hirten. 367.3(19.376.378.380.383.392.393.400.401.404
u.s.u'.; so lange ich folgendes lebe. Schweimchen 2,2; hat
er sich aus Preuszen erhoben und sich folgendes nach Daciain
{Dänemark) gewendet. MicbXi.ils 1, 59; folgends verstörten
sie Hamburg. 2, 203 ; folgends {schnilzcll er Him) noch zehen
oder zwölf (pferd) zu dem prangen und siben zur post. Garg.
132'; folgends führet er sie wider durch einen weiten saal
und von dannen erst zu seiner kammer. 134"; letzlich lan-
deten sie zu Paris, allda er sich zwcen oder drei lag von
der reis erquicket und kreuzgut leben mit seinen gefärten
führet, auch folgends fragt, was es für weise gelehrte leut
da helle und was sie für wein trinken? 14s'; folgends gieng
er auch hin. 19l'; folgends in eim luftsprung erhob ersieh
wider mit ganzem leib in höhe. 230'; folgends warf er seinen
gaul zur linken umb. 256'; folgends fühlt sie Sirozzagurgel
in ein saal und liesz ihnen auftragen. 260'; folgends liesz
er des von Schnaderentingen cörper ehrlich bestalten, aber des
Truckdendilen leichnamsstück über die mawren schlaudern.
264'; hiesz folgends das ganz beer ruhen und guter ding
sein. 267*; an der h. drei künig tag bachcn sie kuchen,
stecken ein bon oder pfenning drein, theilens aus, geben
erstlich Christo, darnach Marien, folgends den h. drei königen
ire stück, und letzlich jedem im haus, bienenk. U9' ; folgends
können wir das pfaffenopfern der iness aus dem propheten
Malachia krafiiglich bewehren. 73',
als folgends sie auf Basel kamen, gl. schif 1041;
und folgends idcr sich bereit
im sclnuzi'uhaus mit seinem Tan. 1064;
den haben in seim eignen gehnus
wol mehr denn halb gufressn die meu«,
und der hagel fülgcU [für lolgents, lolgends) rrschlign.
AtHKR 124' i
die Armee nahm keinen verzugT
zu C.uüie bald zusamou ruckt,
frisch aul!
zog man in ('-inein hui
der dossauischen brücken zu,
folgends gar iu die «chanx. Opri. und Oohn 165 (n. 1626);
»o nuisx dein her« docli weinen ( ? flennen)
aus wehmuth, weich« dich fiir alten in der weit
dem hftrhsten. der dich liebt, nun nftcbsii-n bat cestelll,
und durch kein glfick und TbII wird lolgen.U von ihm trennen.
Si»('j< Uacm H';
aus solcher ernsten kunst {des pulteri) hl dies« folgends
kommen,
dasz lustig («uerwcrk den umprung hat genommen.
lloapLKB bä;
1881
FOLGENDS — FOLGER
FOLGERECHT— FOLGERKUNST
1882
i'uo^rernvolk hat diese sinnen, der zuerst ihr kränzlein nimt,
ileihi gemeinlich stets der liebste, gebe gott werfolgendskünit.
LocAi- 2, »27, 10« ;
kleiner anlasz macht grosz n-esen. Glaiicus sah mit halben
blicken
eine magd, der must er folgends für zwei leiber speise schicken.
3, 156,5;
doch als des todes band ihm die gemahlin raubte,
empfand man was Terlust und lolgends welimut sei.
Chr. Grtpuics ],b4t);
folgends haben sie sich zusammen gethan. pers. reiseb. 2, 3 ;
als ich die buchslaben kennete, lernete ich buchstabieren,
folgends lesen und endlich besser schreiben. Simpl. K. 75;
folgends erschiene ein feldscherer mit scharfer lauge. 126;
gieng er zu dem freunde und bat beweglichst iim hülfe, be-
kam aber zur antnort, er kenne sein nicht, folgends erhub
er sich zu dem andern freunde. Bctschey Palm. 469 ; erstlich
wachsam, folgends geschwind. 546; das also dise abgelehnte
ausreden von künftig stetem schreiben des herren nicht ab-
sondern, vilmehr hierzu anhalten und folgends noch mehr
aufumnlern werden die fedi-r seines beflissenen dieners N. N.
kanzlei 63; von seiner abwesenheit und folgends von allem
dem, welches ich am meisten in der weit liebe. 94; weil
{während) sie in dem süszsten schlafe lagen, kriegten sie von
ihres gemahls gegenwart nicht eher nachricht, als bis er vor
dem ziinmcr stunde, sie erschracken ungemein und wüsten
fast nicht, was sie vor furcht und entsetzen solten anfangen,
zumal da er folgeuds die thür aufschlösse und mit dem licht
hinein gienge. Mex.4mes gal. well 1, 76 ; ihre artigen inienen
und zuweilen ein sitsames lachein charmierten Heralden, wo
es ja nicht gänzlich geschehen, folgends meisterlich. 1,82;
machten ihn folgends so sehr grausen. 1, 176.
man geiralirl, tcie eine im 16 jh. ganz geläufige parlikel {auch
Luther rerwendel sie, doch nicht in der bibel) im 17 seltner rur-
kommt , von der schripsprache des IS völlig aufgegeben tcird.
unter dem rolk dauert sie hm vnd wieder noch heule, merkwürdig
in Baiern {Thüringen, Sachseti) auch in der bedeutung von vollends
(ScHs. 1, 52S), wohin sicli auch bei Mexames 1, 177 'zwei {damen)
und folgends Schwestern' nehmen läszl; bezeugt das nicIU trieder
den zu):ammenhang ton folgen mit voll? vgl. fols.
FOLGENLOS, inutilis, fruchtlos.
FOLGE.NLOSIGKEIT, /. inconscquenz : eine auffallende fol-
genlosigkeit in unserer denkungsart. Fichte über die fr. revo-
lution loO.
FOLGENREICH, quod magnum eventum habet: ein folgen-
reicher krieg; eine folgenreiche Unternehmung;
wird nicht die schnür der folgenreichen stunden
vom Zufall aufgewunden? TucxielS, 27.
FOLGENREICHTHLM, m.
FOLGENBEIHE, f series, was schon im einfachen folge und
reihe liegt, s. folgereihe.
FOLGENSCHWER, magni momenti. s. folgeschwer.
FOLGER, m. qui sequitur, ahd. folgari, mhd. volger, volgaere, '
swer des wibels volger ist,
der Wirt gefuort in rosse mist. Ilenner 8.>31,
irer dem käfer nachfliegt, wird in mist geführt oder gefüttert?
swer in danne uiist.Tte gibt,
des volg.Tre enbin ich niht. /w. 1SS6;
Irlandsre,
der vrouwen volga're. Tritt. 290,6.
ithd. 1) assecla, anhänger einer lehre, behauplung, gesinnting:
alle die aus Verachtung göttlichs gesetzes eines halsstarrigen
irrthums entweder erfinder oder von andern erfunden folger
sind. LtTTHER 1,17'; aber zuletzt folget auch draus das alle
solche folger esel, narren, blind, toll, unsinnig, rasend, töricht
und tobend sind. 3,529*; jetzt begercn vil Vorsteher vil von
den folgern, das sie mit eim finger nit anregen, kluge, weise
reden 1565, 135*. 1570, 143* ; folger, der einem im urlheil folgt,
beistimmt ;
o gut, 0 böses gut was kanstu denen geben,
die deine folger sind und dir zu diensten leben! Owi« 1.59;
den blinden gab er liecht, den tauben das gehör,
er speiste wunderlich die folger seiner lehr. Flmisc 5;
ein gottloser hübe hat hinter meinem rücken mein gebrechen
offenbaret ... du bringst sie nun noch näher zu mir und
bist jenes böser folger. pers. baumg. 4,12;
vertlucht, was Franzensittc lehrt,
und jedem folger Quch !
JoH. Fried». Hah:i im musenalm. 1773 s. 178.
2) suecessor, natA folger:
die ungezeblte zahl
der folger dieses prinzs besiegle ailzumahl
das weilberühmte Rom. Haigwitz Maria Sluarda 3, t03;
dem frommen Autonin gefällt der edle friede,
sein folger. Antonin der weise, wird bald müde
der kirchen feind zu sein. Casitz s. 72 (214);
ein Staatsmann sagt, als man ihn abgesetzt,
sein fulger würde zwar von ihm sehr hochgeschätzt.
Websike 250;
dasz der mein folger sei, der mir am gleichsten ist. 295;
misgünstig sieht er jedes edlen söhn
als seines reiches folger an. Götue 9,9;
allein er hat das haus uns übertragen,
zwar keinen noch zum folger sich ernennet. 13, 1S2.
3) comes funeris, der dem sarg, der leiche folgt. Scbambach
274*; ein grabgeleite betrat den kirchhof, sechs träger und
zwei folger. Storm sommergeschichlen. Berlin iSöl s. 112.
FOLGERECHT, congruus, consequent: vor allen dingen also
handle nur stets folgerecht. Ksigge umg. m. m. 1,53; eine
folgerechte reihe von thaten. Göthe 6, 99 ; der obersten ge-
walt unterwerfen sich mäszige, feste, folgerechte naturen.
6,100; ein fleisziger und in seinen Studien folgerechter acade-
mischer bürger. 26,5; tüchtiger bürger, folgerechter haus-
vater. 45, 167; auf das folgerechte und folgelose handeln.
46, 123 ; nun gedachte sie es vollständiger und folgerechter
zu machen. 17, 179;
nichts fehlt zu dieses aufenthalts behaglicbkeit
als folgerechte küehenkunst. Plate:« 123';
histörchen, abenteuer, plattes volksgewäscb,
statt folgerechten gegenstands entwickelung. 30I».
FOLGEREI, f concluäo ex falsis praevtissis. Frisch 1. 2S4*,
zuweilen auch folgerung, schluszkraft; der grobe geist weisz
noch nichts, was im himel sein heiszt und wil folgerei drin-
nen treiben. Luther 3, 463'. 4U4*; ir gebt mir ewren gcifer
und folgerei. 3.529*; sie schreiben eitel lügen, folgerei und
gaukelei. 3, 531" {rgl. folgern und gaukeln) ; welches incon-
veniens nicht allein den geistlichen beschwerlich fället, son-
dern auch zu mancherlei üblen folgereien anlasz giebet. corpus
eonstit. brandenb. culmb. 1,237; es liegt mein schrift vor aller
menschen äugen, dasz aber die bösen leule eins und das
andre so hoch feindseelig aufmutzen und solche giflige fol-
gereien daraus erzwingen wollen, kan ich nicht darvor. Job.
Schefflers Sendschreiben 1664. Ä2; allein ich leugnete den
kleinern, und sagte endlich, dasz im ganzen argument keine
folgerei {schluszkrap) sei. Schcppils 1684 s. 664 ; ich gedachte
aber doch der folgerei nach, und was endlich meinem Vater-
land daraus erwachsen möchte. Simpl. rogelnest 2, 11 ; aber
das sind folgereien, die ganz ähnlich sind einer andern.
Präetoriüs satumalia s. 34; der unerfahrne disputalor gibt
nicht gewonnen, sintemal sein vorgefaszter wahn ihn so sehr
blendet, dasz er die klarheit der folgerei {folgerung) nicht
sehen kan. Bltschky Poim. 204; aus unrechten folgereien, die
man aus denen für bekannt angenommenen Sätzen machet.
Leibxitz 2, 329 und O/tcr. wekh hübsches wort für das heulige
'consequenzmacherei'. vgl. falscherei, flaschgarei.
FOLGEREICH, fruchtbringend:
die wiese grünt, gehörnte herde bräunt,
da wandeln menschen gut und bös gelaunt,
genieszen reichlich, spärlich, früh und spat,
den wunderwachs der folgereichen saat. Göthe 4, 15t ;
ehe ich nun von jenem für mich so bedeutenden und folge-
reichen Verhältnisse zu Herdem den blick wegwende, finde
ich doch einiges nachzubringen. 25,312; wer einen glück-
lichen, folgereichen gedanken hatte und ihn nicht gleich offen-
baren wollte. 50, in.
FOLGEREICH, n. regnum hereditarium : sei ein reich ein
wähl oder folgereich. Hippel 11, 140.
FOLGEREIHE, f wie folgenreihe pleonaslisch.
FOLGERGEIST, m. was folgegeist, oder folgerei treibender?
solchs soll der folgergeist haben umgestoszen. Lcther 3, 464*.
FOLGERICHTIG, congruus, wie folgerecht.
FOLGERICHTIGKEIT, f
FOLGERIN, f KOS folgemagd, suivante, ahd. folgarä:
wie einer sie {die zunge) regieret,
so ist sie folgerin. Kmittels poi-t. sinnenfr. 1T2;
so wählt er eine meiner jungfraun mir
zur folgerin. Götbe 9,43.
FOLGERKLNST, f syllogistik : aber da trift er den Luther
allererst recht, da er seine folgerkunst beweiset über den
1883
FOLGERN— FOLGEZEIT
FOLGIG— FOLGSAMKEIT
1884
Spruch Christi, wo ich bin, da soll ir auch sein. LurnER
3,464'; wie soll der papisten folgerkiinst so rot werden.
3,531*; dasz das ohne folgerkunst erlernt werden könne.
Leibsitz 3SS.
FOLGERN, 1) argumenlari, colUgere: aus mit dem folgern
und gaukeln! Lcther 3,529'; in den entfernungen der pla-
neten herscht proporlion, auch auf die dichtigkeit ihrer masse
hat man wahrscheinliche Schlüsse gefolgert. Herder 3, 9,
einfacher «-dre; wahrscheinlich gefolgert; was willslu daraus
folgern ?
2) sich folgern: diese worle bieten einen sinn dar, der
keine misdeutung zuläszl und es folgern sich daraus zwei
Sätze, worin alles begriffen ist. Wieland supplcm. 6, 96.
3) fastn. 491 steht folgern für folgen mit dem acc, was noch
beäätigung fordert:
frau Weinzange, nu gce uns vor,
wir weilen forgern euern sporl
FOLGERUNG, f. argitmcntalio : die folgenmg ist falsch;
wie deutlich zeigt icli ihm des stolzes Tolgerungcn,
dadurch er statt des ruhms nur scliand und spott errungen.
J. E. Schlegel 1, 226.
FOLGESATZ, m. consectarium.
FOLGESCHNÜR, f. an des Jägers hießorn, deren länge be-
zeicJinelc, wie weil er über die grenze hinaus einem wild folgen
durße. jetzt blosz zur zierde getragen.
FOLGESCHUITT, n». progressus: alle folgeschritlc von dieser
zeit an bestätigten leider allzusehr die furchtbaren ahnungcu.
GüTHE 30, 267
FOLGESCHVVER, wie folgenschwer:
die sonne, die sich stralend dort erhebt,
sie führet einen f'olgeschweren tag
für mich und dich, geliebter söhn, herauT.
UuLANDs Ernst 5.
FOLGESTERN, m. Stella sequax, trabant:
ob Hiiygens fleisz in jenen fernen
mit keinen neuen lolgestcrnen
die herschali der pianeten mehrt. Drollinger 22;
80 fliege sie den flug mit ihren folgesternen,
den alles leben fliegt. Borger 79'.
FOLGET für folgend, wie folgets für folgends, detnde: die
bergkordnung der son gottes, der einige mittler, in Arabien
auf dem berge Synai ausgerufen und folget durch sein güt-
liche finger auf zwo steinerne tafeln gehawcn. Mathesiüs 20'
{doch liest 1560, 29*.' folgend oder folgends).
FOLGETAGE, dies posteri:
doch schlimmer wards in allen folgetagen,
du wardst mir fremder als du je gewesen,
du? nein ich dir, so hätt ich sollen sagen. Platen 47*.
FOLGETON, «i. der versuch, ein coexistentcs nicht mit
folgetönen zu schildern. Herder 13, 195.
FOLGEWELT, f. posterior aetas, vgl. vorweit, nachweit:
dein name wiedertönt mir liehlicher im herzen,
als alle trommelei der späten folgeweit.
Kl. ScHMiBT fcom. diclil. 261 ;
ein edles verlangen musz in uns entglühen, zu dem reichen
Tcrmächtnis von Wahrheit, Sittlichkeit und frciheit, das wir
von der vorweit überkamen und reich vermehrt an die folge-
well wieder abgeben müssen, auch aus unsern mittein einen
beitrug zu legen. Schiller 1007'; der wünsch einer folgevvelt
den nach unserer einsiciit besseren weg zu zeigen. Göthe
35,372; eigentlich für solche alte käuze, wie du bist, bah
ich, mein theuerster, die schillerische correspondenz schon
gegenwärtig drucken lassen, die jetzt und folgewclt mag sie
hinnehmen, wie sie kann, für sie bleibt dies wcsen alles
historisch und auch so wird es manchem verstündigen dien-
lich und heilsam werden, an Zelter 640.
FOLGEZEIT, f. dasselbe:
ein weriher freund belehrt die folgezeil,
und zeigt um «elbst, wie viel wir gute« «tiften.
IIaceoorn 1,5IS;
«r war voll weiter sittsamkeit,
druro ward er keiner lecie götze,
und hinterliciz der folgeieit
zwar musler, aber nicht getelie. 1,130;
wir kennen nirht den zwang der strengem folgczeitcn,
und unxer leben int genunz. 2,114;
wenn wir orientalische um! besonders persische dichtkunst
der ffilgczeit redlich nchittz« i wollen. Göthe 0, 31 ; so blieb
der folgezeit nichts übrig als zu sein wie er, 6,72; mögen
dir litrrntoren der folgezeit historisch bemerken. 23, 273 ;
dies« guten ospectcn, welche mir die asirulogen in der folgc-
teit ff br hoch anzurecbnen wuitcn. 24, ll ; Herder vergällte
sich und andern immerfort die schönsten tage, da er jenen
unmuth, der ihn in der jugcnd nothwendig ergriffen hatte,
in der folgezeit durch geisteskraft nicht zu maszigen wüste.
25,311; je mehr dem schreibenden nur der augenblick vor-
schwebte, je weniger ihm eine folgezeit in den sinn kam.
37,10; diejenige eigenschaft der atmosphäre, die uns so lange
verborgen blieb, da sie bald schwerer bald leichter, in einer
folgezeit an demselben orte, oder zu gleicher zeit an ver-
schiedenen orten sich manifestiert. 51,255; wenn nicht sogar
dieser ganze krieg um Sutrium eine blosze Verdoppelung aus
der folgezeit ist. Niehihr 2, 654.
FOLGIG, FÖLGIG, obediens, consetüiens, ahd. gifolgic, mhd.
gcvolgec. niid.
1) in dem selben sinn: wenn er in uns regirt durch den
glauben und wir gelassen fulgig sind, in also schweben und
faren lassen. Luther 1,464'; derselbig lerineister soll in das-
selhig ledig, folgig und gehorsam gemüt und herz bilden und
gieszen, die einem forsten erlich und rümlich sein, sjn-ichw.
man musz entwer ein konig oder ein narr geborn werden,
von Erasmo rolerod. verteulsciU {durch Geo. Spalatin) 1520 c';
wollen wir nit sein was er (gott) ist, so will dise völgige
kraft sein was wir seind. Frank paradoxa 22'; sich fölgig
gaben (unterwarfen). Melissus pi. Gl'; welche mit der hexen
ascendenten (dem Icnfel) behuft sei und sich im folgig ge-
macht habe. Paracelsus 2,254'; das sie in allenV das ich ir
gebütten, nicht folgig gewesen. Thürneisser nulhg. ausschr. 3, 116 ;
kriegsleuten nicht verbeutst allein
den hauptleuten folgig zu sein.
LoBn-AssER enlhauplung Joh. 1 4;
zu zürnen die wasser und flüsz,
das sie geschlacht und folgig werden.
FiscHART gt. sctiif 23.
2) postcrus, nachfolgend: im jar 1233 ist erstlich die cul-
mische handfeste den beiden Städten Culin und Thorn ver-
lehnet und gegeben und folgiger zeit allen Städten im land
für ein ewig recht milgetheilet worden. Schütz beschr. Pr. 18.
FOLGIG, adv. postea, in der folge: nach Boleslai tode,
welcher der krönen entsetzet, folgig auch in wahnwilz ge-
raten. Schütz 9; sintemal bei dieser zeit und folgig die l'olen
noch zu unterschiedenen malen in Pommern, Cassuhen und
Preuszen ausgefallen. 10; folgig ist Boleslaus in Preuszen
geruckt, daselbst gehceret und geplündert, ebenda.
FOLGLICH, adv. itaqite, atquc ita: du bist ein mensch,
folglich bist du auch sterblich; ich bin im stände, folglich
entschlossen alles zu thun, was man von mir erwartet; sie
hat trauer, wird folglich nicht erscheinen ;
so kam nun dieser ring von söhn zu söhn
auf einen vatcr endlich von drei söhnen,
die alle drei ihm gleich gehorsam waren,
die alle drei er folglich gleich zu lieben
sich nicht cntbrechen konnte. Lessimg 2, 277.
früher auch für deinde, poslhac, porro, ferner, weiter: ob eine
grosze anzahl solcher redlichen Icute in der weit anzutreffen,
will ich eben nicht auscalculieien, sondern folglich berichten,
dasz meine reise zu dem Orgelbauer gieng. Felsenb. 2,360;
der erzherzog reiset von Wien nach Olmütz, von da nach
Königgratz und folglich nach Prag.
F()LGREÜE, f. conclusio, consectarium: folgredc D. M. L.
aufs bepstliche breve bupst Adriani des vi. Lither 2, 1S6';
denn gleiciie folgrede könd ir aus Paulo schlicszen. 4,377';
solche folgerede solt ir beweisen. 4,379'; daruinb wenn mich
das geselz beschuldiget, . . . musz ich bekennen, es sei alles
war, aber die folgredc, darumb bislu verdampl, musz ich
nicht einreuinen. 5,475"; folgrede I). M. L. auf obgemelte
Johaniiis Hussen brieve au die geistlichen, so auf ausge-
schriebenem concilio zusamen komen möchten , sich für
Coslenser concilii exempel zu hüten. 6,494'.
FOLGSAM, obsequiosus: ein folgsames kind; das pfcrd ist
folgsam, läszt sich lenken ;
ihn zu lii'liersclirn wAhnten sie, und waren
ein folgsam Werkzeug seiner hohoni plane. Schillu 301'.
FOLGSAM, 1) itaqne, folglich: und folgsamb ist es iiinb
mein leben geschehen. Mec.erie Jik/u.« 1, 295; befragt, wie
lang er schon stumm scie? so hat er sich vergessen und
folgsamb deutlich geantwortet, herr, es seind schon sechs
jähr. 1, 298.
2) jwslea: einer hat ein glas gefressen und folgsam die
secl samt dem blut ausgeworfen, tuchsmundi 374.
FOLGSAMKEIT, f. obsequum.
1885
FOLGÜNG— FOLTER
FOLTERBANK — FOLTERlTfG
1886
FOLGUNG, f. dasselbe: eben disz schön gekrönt Irachen-
haupt . . . den obgedachten keiser Heinrichen den fünften
. . . wider den vater hat zu absolonischer aufrur angewiesen
und ime darnach den Ion für seine gehorsame folgung ge-
geben, bienenk. 127'.
FOLIANT, m. liber formae maximae, it. libro in foglio, fr.
un in folio, volle bogen, die nicht in vier oder acM bldller ge-
fallet sind. mlat. hiesz foliare fdia emitlere, also liber folians
ein das ganze blatt darstellendes buch, auch nnl. schw. dän. foliant,
poln. foliat. Henisch und Stieler verzeichnen das icorl nicht,
uol aber Frisch 1, 284*. ich muste allzeit rein austrinken,
also dasz ich einen guten volianten (50) in köpf bekam.
Jax Rebbü 1, 20, einen rausch in folio, in optima forma;
wor is it nütte to, dat mennich foliant,
des oame is unerhört und weinigen bekant,
ja ganze regiment Latiner sampt flen Greken
dar stahn in sentinel in einer biblitheken? Lacrexberg «. 76 ;
der ungeheurste foliant
hat wie der dickste kerl, luweilen noch verstand.
Hagedorn 1.9U;
drum in folianten eingepackt
nachts zu schwitzen wie die fensterscheiben.
ScHHiDT ron Werneuchen 144;
lang schon auf die folter spannen
dich die alten folianten. Plaien 4'.
FOLIE, f bractea, nnl. foelie, die unterläge bei edelsteinen
und spiegeln, fr. feuille. die folien oder bletlein, so man
unter die edlen gestein legt. Mathesics 58' = 1562,81', bei
Maale« 139' das folium; da liesz ich die goldschmiede be-
rufen und zeigte ihnen den diamant mit der folie des Milano,
und hernach mit der meinen. Göthe 34,271; er tadelt bei
gefärbten steinen die allzu dunkle folie. 35, 320. figürlich,
es dient ihm zur folie, hebt ihn hervor.
FOLIO, n. forma maxima, s. foliant. oß figürlich:
die spröde Coelia tractiert die pursche so,
als war ihr riltergut ein gut in folio. Gömthkr 457;
dies zieh ich in den reim und sag es kürzer so:
ein kerl in duodez, ein narr in folio. 492.
FOLK im 15 jh. noch verschiedentlich für volk geschrieben,
1. b. geordnet folk, acies. Keisersberg bilg. 34*.
FOLL, plenus, gleich oß für voll, z. b. ein folien hals het.
Keisersberg omeis 85'. «. folie, folge, folgen, fols. mehr
unter voll.
FOLLE, m. plenus numerus, die volhahl: geweist, der folie
der gehöfer seie nit beieinander, jedoch wollen sie bis zu
irem folien, da es angenommen werden wolle, wes an sie
von alters pracht, weisen und sprechen, tcmlh. 2, 615.
FOLLE, f. situla, s. folge xp. 1874 : der senn sienet die milch
durch die folien in das grosze wellkesse. Scdeccuzer 1, 32.
FÜLLEN, m. mllus equi, s. fohle sp. 1869 :
■was tiist du hie, mein Ulinger
■was tSst du hie, mein trauter herr?
'so sten ich hie und ein wit wind
daran ich meinen folien bind',
und stest du hie und wiridst ein wit,
da du dein folien anbinden wilst,
so red ichs auf die trewe mein,
du seit mir selber der folien sein. Uhlaüd 145.
POLLEN, plane, völlig, mhd. vollen {wb. 3,363': ich bin
folien gedullig. Keisersberg bilger 64'.
FOLS, plane, penitus: ein kind das zu fru vor seiner rechten
zeit geboren wirt, das hat etwan noch kein negel an seinen
vingerlin und zehlin, das selb bindet man in tuechlin und
leit es icnen in einen ziegel zu dem ofen und von der hilz
des feures wirt es fols zeitig, tat man das nit, das kind
verdiirb und keme nit zu kreften. Keisersberg parad. der
seien U*. der sinn ist offenbar, da sich aber kein ahd. mhd.
adv. folles, volles findet, sehe ich in fols eher eine kürzung aus
folgends, vollends, und von neuem betcährt ach der verhalt
ztrischen folgen und voll.
FOLTER, f tortura, tcird vom it. poledro, puledro gelötet,
da auch lat. equuleus, it. eculeo und cavalletto, fr. chevalet
die fdterbank, den marterbalken , das marterpferd ausdrücken,
' man hätte sich also auch des deutschen uorles fohle oder füllen
bedienen sollen, für poledro spricht die Schreibung folder:
man sagt durch pein geprest, was man nicht sagt mit gute.
'die folder überwand kein unverzagt gemüte'. Gktpuius 1,30;
sie würd ihn wahrlich mehr als strick und leiter renken
und bald nach Ost und west wie auf der folter schwenken.
Gckther 457.
meistenlheils vird das wori für anspannung und quäl gesetzt:
den wiiz auf die folter spannen. Kant 10, 238; auf die folter
der Prüfung gespannt werden. Götter 3,375;
0 was bereitet ihr euch selbst für bittre schmerzen!
ihr tragt in euch den wurm, die folter in dem herzen.
Lichtwer recht der Vernunft 24;
0 du loses leidigliebes mädchen,
sag mir an, womit hab ichs verschuldet,
dasz du mich auf diese folter spannest,
dasz du dein gegeben wort gebrochen. Göthh 2,102;
er empfand die foltern der unglücklichen anspannung mit.
19, 131; die künstler haben sich die folter gegeben, um solche
armseligkeiten bedeutend zu machen. 27, 68 ;
ich soll noch länger
auf dieser folter der erwartung liegen. Schiller 445'.
FOLTERB.VNK, f., einen auf die folterbank legen, auf der
folterbank recken.
FOLTEREISEN, n.
glaubt doch nur,
Epicur
macht die klügsten weisen!
die Vernunft
seiner zunfi
sprengt die foltereisen,
die der aberglaube stählt. GÖ5ther 931.
FOLTERER, m. tortor: benetzte mich mit seinen thränen
und sagte worte, die mich itzt mehr peinigen, als tausend
folterer vermöchten. Bb.awe freigeist 112.
FOLTERFRAGE, f peinlidie frage:
hab im wetter ganzer blitzen,
unter seuch und ach und zagen,
unter glut und folterfragen,
ich noch nicht genung gestritten! Grtphics 2,43.
FOLTERGERÄTH, n. folterzeug.
FOLTERHANS, m. tortor: die natur hat ein ensitzen {ent-
selzen), wann solche folterhansen mit ihrer kunst einherlreten.
Paracelscs cliir. sehr. 14*.
FOLTERISCH, s. foltrisch.
FOLTERKAMMER, f camificina:
das ist mehr als von der kette,
aus der folterkammer pein,
in der wollust flaumenbette
durch ein wort entrückt zu sein! Borger 122*.
FOLTERLEITER, f scala torturae: ich müste nicht gelebt
oder gelesen haben, um nicht so viel jammer und noth bei
der band zu haben, um zwei sorg und schuldlose menschen
auf die folterleiter zu spannen. i.P. Fibel lOZ; Schoppe legte
seinen liebling ganz ungewöhnlich hart auf die folterleiter
seines spaszes. Tit. 4,9; ebenso geht der dichter mit den
folterleitern des lebens um. herbslbl. 3,5; andere kameraden
liegen noch alle unten auf der folterleiter (sind noch gemeine
Soldaten), komet 1, 57.
FOLTERN, torquere, nnl. folteren : derhalben unerschrocken
dran, drara, dran, mit dem köpf voran! er ist rund, es
haftet nichts dran, können sie eins, können wirs ander, sie
poltern, wir foltern. Garg. 233';
gefoltert wird mein leib und meine seel gequälet.
Weckuerliü 3'ä;
da hängt es überall, da foltert ihn ein wort,
da berstet seine kunst, da musz der athem fort.
Gi;:<TUEH 409;
lassen sie mich, fräulein! ihre gute foltert mich. Lessi!«g
1, 542 ; nun foltern ihn Verzweiflung, reue, sorgen. Gotter
1,174; du folterst mich mit diesen dunkeln reden. 3,116;
also liesz man ihn dort, gespannt in der folternden fessel.
Od. 22, 20«.
FOLTERPACHT, f ein ausländer, der von dem elend des
irländischen landmanns gehört hätte, dasz er für folterpachlen
den boden baut, der seiner vorfahren eigenthum war. Niebuhr
1, 649.
FOLTERPEIN, f tortura:
warum ach war, zur folterpein für mich,
was ich gekostet, von so kurzer dauer?
Schmidt r. W. alm. 1802 s. 219.
FOLTERPFERD, n. der gaul hat das leben und den men-
schen, dieses reitende folterpferd der wunden natur, zu lange
getragen. J. P. flegelj. 1, 87.
FOLTERRING, m.
schraufen, schnür und volterring. Birk doppetspUer 59.
FOLTERSAAL, m. der tod sagt:
haszt ihr dieses thränenthal,
bietet mir die band,
ich führ aus dem foltersal
in das Vaterland. Crtphius 1,162.
FOLTERSCHMERZ, m.
meiner äugen folterschmerx. Göki^igk 3,187.
FOLTERSEJL, n. fidiciäa, Serbaküs he'. Heimisch 1172,6.
FOLTERUNG, f tortura.
1887 FOLTERWERKZEUG — FOPPEN
FOPPER — FORCIIT
FOLTERWERKZEUG, h. lormcnlorum inslrumenla.
FOLTERZELG. «. dasselbe.
FüLTRlSCH, quälend, peinigend:
so uiieriräglicli schwer und rolirisrh ist mein sclimerz.
Wkckiikki.i^ 90.
FOLZ. kosefortn für Folprehl, Folrdt oder äimliclie mannsnamen.
FÖN. s. f.)lin.
FÖPPELN, Hindere, aufziehen, necken. Schneller I, 546. vom
folgenden gebildet.
FOPPEN, insultarc, nnl. foppen, das gleichviel mit fokkon
scheint, s. focken sp. ISdä, doch foppen klingt ganz unhuth-
deulsch und kommt zuerst in der zweiten hälfte des 15 jh. unter
den gaunern vor (x. das folgende fopper), dann in Gknckn-
BACHS bettleroden, wo es neben fäiben {belriigen, lügen sp. 1M25) steht :
so es gevopt und geferbt ist. z. 201 (Gödkkk s. 319) ;
also disz bettler mit klugen sinnen
köunen das gelt von liiten brin^ren,
80 es gevopt ist, 'was sie sagen", z. 527 (G. s. 358) ;
sobald die selben in ein siat kommen,
verbergens ir kappen oder büt
und bricbten dan gar bald die lüt,
sie sigen in eestolen worden
oder man habs in tu leid verborgen,
so es gevopt ist 'was sie sagen', z. 594 (G. «. 360);
wann ein spricbwort under inen gat,
welcher breger kein erlatin (meisterin) hat,
die wo! voppen und l'erben kan,
der musz dick ungcssen schlafen gan. z. 659 (G. s. 302).
das: foppen ein rotwelschcs wort war, geht aus dem beigefügten
*was sie sagen' = wie sie es nennen, hervor, und das vocabular
bei GöüEKE s. 370 hat voppen liegen, d. i. lügen, im 17 jh. be-
deutet foppen oder fuppen anführen, zum besten haben, vexieren,
bei Hemsch fehlt es noch, Stieler 535 nennt es vocabnluin
plebejum et sordidum, es mochte ihm immer noch der gaune-
riscJu Ursprung ankleben : andere leute mit obgemelten jam-
bischen hinkenden oder knappenden versen und reimen voppen
und woi aushippen. VVolfh. Spangenberg anm. wvish. luslg.
178; ihr seid ein narr und wollet mich auch noch fuppen.
ScHocn studenlenlcbcn Et'; die Spesserler und Vogelsberger
hauren lassen sich fürwahr so wenig als die Hessen, Sauer-
lünder und Schwarzwälder auf ihrem mist foppen. Simpl. K.
90; ich wurde meines Stands so müd und satt, als wenn
ichs mit lauter eisernen kochleffeln gefressen hätte, einmal
ich gedachte mich nicht mehr von jedermann so voppen zu
lassen. 314; also wurde ich erst rechtschaffen der erste meines
namens, stammens und wappens, und wenn mich jemand
damit hätte foppen wollen, so hatte ich ihm ohne zweifei
einen degen oder paar pistolen anpraesentiert. 438; so halte
ich mich versehen, dasz man mich auch nicht als ein kind
gefoppt hätte. 404; hernach machte sie sich, weil ich sie
nur anfieng zu foppen, geschwind von mir. 4SI; wie der-
jenige, so mich im Sauerland foppen woke. 927; aber dieses
gieng mir zu herzen, dasz ich mich noch deswegen foppen
lassen und noch gute wort darzu geben muste. Cmtrage cap. 4;
und hatte ich zuvor die leute auf der gassen und die schonen
Spiegelscheiben in den fenstern nicht geschoren, so fupte
ich sie hernach allererst, v*ie ich wieder meinen freien willen
hatte. Schelmufsky 1, 12 ; es gilt hier kein foppens nicht, scrio
res agitur. Stieier 536; ich foppe mich (im ihn nicht ein
har. nihd cum curo ; was foppst {schierst) du dich iim seinen
liiiclinmt?; ich habe einen schwären, der foppt mich greulich.
Ulcus molestussime me urgel ; wie der teufel dergleichen aber-
gleubische narren foppet und sein gespiel mit ihnen treibet.
Megerle ndfrri» 5; er solle lieber seinen hansnarrcn, den
Jückel, als mich voppen. Abele 4, 151. im t8 jh. wird es noch
unschuldiger und zugänglicher:
du fragst vielleicht warum? und denkst, ich voppc dich.
Gcmthkr 7!*5;
du weist, mein schätz, ich bin kein groszer Sprecher,
allein geToppt will ich nicht sein. Wibland 4, 150;
Franz foppte und neckte die dicner, die um ihn geschäflig
waren. MtsXi's volLsm. 4, 41 ; ebenso drillen und foppoii ;
einen hund foppen. GriKiNCK 1,96; nimm gegen den hof-
Bchranzen eine arl von wilrde, von cdelni stolze und von
bobeit an, damit nie der gedanke in ihm aufkeimen kimnc
dich zu foppen oder zu misbraiichcn. Knu.c;!; umg. m. m. 3,00;
tiin deiner utzereicn, deines foppens und all der luuiperei
dazu madc. Fr. .Müm.er 2.180:
ha krieg ich dich, ha krieg ich dich,
in toll dich do* wetter verzehren
uud Ich will deo schAaner Toppen lehren.
Wtuxs kum, utiern 1,100;
er tapple hin und wieder,
verrenkte Inst die glieder
und alle foppien ihn. Göthe 1,18;
Moses sagt, du sollst nicht stehlen, oder du eraplanest den
lohn !
'war das Moses aus Aegypten oder Moses Mendelsohn?'
Toppi er mich? 'des Juden stimme hab ich irgendwo gehört'.
I*L*TE> 250;
der mich und meine frau so foppt. /'/. Caüna. Rnpp 1744,
qui me atque uxoreni luditicatus est larva. es gibt ein engl, fob
{praet. foblied), das betriegen ausdrückt, also die alte lieJcutnng nm
foppen festhält; das nnl. foppen ist anführen und zum narren
haben, fokken aber ist ziehen, wozu sich etwa 'einen heraus, hinein,
hin und her foppen' bei Scumei.ler 1, 540 hallen liesze.
FOPPER, wi. planus, velerator, landstrcichcr, bctrieger. in
Knebels um 1475 geschriebner Baseler chronik finden sich ver-
Iwre der beltlcr und gauner (abgedrucM in Heinr. Schreibers
tasclwnb. für 1839 s.rMff. und wuderlioU im weimar. jb. 4,0(0,
woraus zu anfang des IG jh. der bekannte über vagatorum her-
vorgieng. da heiszl es unter dem arlikel vopper {Sehr. 339.
Hofm.lA): es sind auch etliche frauen und mann, die lassen
sich an eisernen kellen führen, als ob sie unsiimig wären
und zerren die kleidcr und Schleier von ihrem leib, um dasz
sie die leute betriegen. es ist auch etlicher, der über sein
vveib oder über einen andren menschen steht und dem {für
sie) heischet und spricht, er sei besessen mit dem bösen
geist, das doch nicht ist, und er habe ihn gelobt zu einem
heiligen, und müsse haben zwölf pfund wachs oder ander
ding, durch das der mensch erlöst werde von dem bösen
geist und die heiszen 'vopper die da dilzent'. im lib. vagal.
{llofm. 87) 'vopper die da dutzen' und vorangehend: etlich
die treiben vopperei auf dutzen. (»ei Gengenbach $. 361 o^er;
das sind die vopper, die da dutzen
wan man sje da (/. däic, iliäie) mit benglen schinützen
oder mit ruten uf den lib,
so wurden si des dufels quit,
wo zu lesen ist schmitzen, zur bestäligung des dunkeln 'ditzen',
da auch dutzen {du nennen) unpassend scheint, der eigentliche
sinn von fopper und foppen wird damit nicht er.'^^chlossen. im
vocabular bei Gödeke 370 heiszt es aber vopparl, narr, wozu
das engl, fop, a fool, a simpleton .stimnü, was von jenem fnb,
betriegen abstefU. uns drückt lieutzulage fopper f«<7ir einen
spOllcr, necker, spaszvogel aus.
FOPPEREI, f fallacia, ludibrium: es ist nicht mehr zeit
vopperei zu treiben. Abele 1, 11 ; die vopperei geliel mir dan-
nocht nicht. 2, 33t ; kanstu keine fopperei {keinen sclierz) ver-
stehen ? Stieler .536.
FOPPICHT, facetus, lepidus, neckisch. Stieler .536.
FOPPIING, /. jocus, scherz, spasz: wurd ich von einem
Seelsorger voppungsweis gefragt. Abele 4, 222.
FOR, heule geschrieben vor. golh. faura, ahd. fora, mhd. vor.
das 15. 16 jh. behält noch oft for bei, besondtrs in Zusammen-
setzungen wie forgang, forhaupt, formünder m. i. w. der üM-
stand unseres Unterschieds zwischen f und v {sp. 1210) wird bei
vielen folgenden wörleru, deren grundlage diese purlikrln sind,
höchst empfindlich und Idslig, so dasz schon hier im allgenwiiwn
zu merken ist,
1) f dauert in fern, ferse, firn, fordern, fordern, fort, fremd,
fromm, frommen, für, fürder, fürst, so wie in den mit ver
zusammengesetzten freischen, fressen, welcJu^n sicft einige noch
zweifelhajte beifügen lieszen.
2) V gilt in ver, vor, vorder, vorne, von welchen die beiden
letztern auch schon als forder und foriie aufzuführen sind.
Bl'Tsciiky schrieb wiedtr for, Zksen sogar fohr.
FORCH ACH. FÖRniACH, n. pinetum. alid. forahahi. foralinrh.
GbaFF 3, 07<J. FöRSTEMANN 2,514. ScilMELLBR 1,560.
FORCHniSTEL, f. Carduus marianus.
FORt^lIK, f. wiis fohre, piniis, s. auch forhe, forc.
FORCHE. FORCHE. FtMtHE, salmo. s. forhe, fore.
FOUCIIEN, ;«fiei«, fuhren, führen.
FORt'HENRAFM , m. pinus: forchenbaum uinb Padun.
Fisciiaiit groszin. 135.
FlHtCHCiRAS. n. gramen pratense, wiesengras.
FORCHHEIDE, f 'erica lelralix.
FÖR('HI,INCi, m. agaricus deliciosut , ein eszbarer, leckerer
schirawiii. weil in fithreninllilern wachsend, auch täiinling.
FORCIIT, f. linior, ahd. forahla, mhd. vorhic, nhJ. furcht.
die alle Schreibung begegnet hin und wteiler, i. b. ich »nge disi
nicht um forchl des lods willen. Aimon 53"; forchl halber,
aus bcsorynii. ucisttt. 4, &71; uiil furcht, seh. u. einst 1555,103;
1S89
FORCHT — FORDERE
FÖRDERRAHN — FORDERN
1890
habt golt lieb mit forcht. buch d. l. 291. 2. 273, 2. 295. 2.
287,4; ein immerwerend forch fc« H. Sacbs 1, 225' ist icol ver-
druckt für forcbt ; forcLt und entsetzen. Fronsp. 1, 6S' ; mit
freudiger forcbt. Garg. 73*; gotlesforcht. Rosipler 122 tt.s.iv.
FORCHT. limuü, ahd. forhta, niM. vorhte: er forcht seiner
haut. Keisersb. hos im ff. aa 2' ; (das kind Garganlua) war
fiomm, bisz nieman im schlaf, küst die rut, doch nit gern,
spie oft ins hecken, forcht den kemmelfegcr {fürchtete sich
vor dem schornsteiUfeger), den hiidelump und den mann mit
dem sack, forcht man steck ihn wie der mönch den käs
darin. Garg. 129'; unter andern forcht sie sein vor einer
Jungfrauen {fürddete für iJm von e. j.) buclt d. liebe 2S7, 4.
LirriiER schrieb furchte, die scJirißsiirache hat aber fürchtete an-
genommen, auch das praesens lautet im 16 jh. häufig, im 17. 18
hin und wieder fürchten, s. fürchten.
FORCHTIG, FÖRCHTIG, timidus: wir (frauen) sein unsläte
nnd wanke!, unbeherzent und forchtig. SiEi-NHöwELiiec. 11,29
{in späteren atisg. forchtsam);
so forchtig hat mich der geist gmacht. Atrer fasln. 65';
Pan, der gott, der die leut erschreckt und forchtig macht.
Frank U ; der forchtige verlrawet gott nicht. Paracelscs
1. 349*. auch für timens, rn-erens, hctäe furcht ig, in gottes-
fürchlig; oder für terribilis: fürchtige zeitung bekommen.
FORCHTLICH, terribilis, fürchterlich: und erscheinen für
den menschen so grosz geachtet und forchtlich und gleich
zun heubten sitzen und gewaltlich alle ding durchdringen.
LlTBER 1. 90'.
FORCHTSAM, pavidus: o die kinder singen oft, wie einer
durch ein finsteren wald, mit forchtsamer freud und freu-
diger forcht, das eine innerlich, das ander cuszerlich. Garg. 73'.
FORDER. FÖRDER, ultra, ferner, weiter, zum gründe liegt
vor, die darauf folgende lingnalis irird unter fort erörtert, das
schlieszende er verhält sich wie in hinter, after, ober, unter,
nieder, inner, auszer, und ist nicht comparatiiisch, einmal weil allen
diesen bildungen schon goth. r {kän z) gebührt, dann weil ahd. dem
T ein a, kein 6 vorangeht, endlich weil das r auch in die Super-
lative forderst, hinterst u. s. w. eingeht, forder. hinter «. s. w.
steht also nicht auf gleicher linie mit ferner, weiter (witör), die
tm superl. fernst, weitest (witöst) erhalten, wer in solchen r
comparatire wittert, musz sie auch in den lat. inter, super, inira,
supra, infra, ultra «. 5. w. ansetzen, forder entgeht uns im
gothischen, würde aber wol lauten faurjjr {trie niaurjjr, ahd. mordar),
ahd. erscheint fordar und furdir, ags. fordor, engl, fürt her, alts.
furdor, furdur. mhd. zuweüen noch vorder {myst. 62, 40), ge-
wöhnlich fürder {wb. 3, 3S2'), hin und wieder fuder, füder. nhd.
forder oder vorder, weil syncopiert fodder und foder {sp. 1S65)
vorkommen, vorhersehend fürder {belege an seiner stelle), daneben
auch förder, räumlich wie zeitlich: seid forder nicht halsstarrig.
5 Mos. 10, 16 ; warumb solt dein knecht meinen herrn könig iorder
beschweren ? 2 Sam. 19, 35 ; das Jerobeam forder nicht zu krüften
kam. 2 chron. 13, 20 ; thel er fürder ab die höhen und haine aus
Juda. 17,6; unser lieber herr Christus, der wirds förder auch
wol weiter machen. Luther 6, 360'; der schulen halber ist
fürder abgeredl. br. 5,795; ein forder gut mechlige statt.
FflAMk weltb. 190* ; nicht förder kommen können, pers. reiseb.
2,2; förder sein, valere; also bliebe auf des predigers zu-
muthen kein einziger in der capelie, auszer etzliche alte weiber,
welche man förder tragen musle. pol. maulaffc 102 ;
seines priesters halhen
hat dieses weh golt Sminiheus uns gesandt
und wird es forder senden. IScrger 143*;
so sprach sie noch Törder manch gleiszendes wort.
Ratschkt ged. WU-n l'ai s. 59.
es schwanken also forder, fürder, fürder, foder, föder, füder,
vorder, vorder, voder.
FORDERE, FÖRDERE, anterior, prior, räumlich und zeillich,
goth. abhanden, zu vermuten faurj)ra, ags. furdra, altd. fordaro,
mhd. vorder, nhd. noch oft geschrieben fordere, z. b. durdtgehcnds
bei Stieler, dann aber vorhersehend vordere.
1) adjeclivisch : bi Hercule, so ist nichts forderer (/. forderes)
noch sierkcrs, ist sach, das du das tun magst. Terenz 1499,37*,
siquidera hercle possis, nil prius noque Toriitis. Eunuch. 1,5;
bekantcn, wie sie Rinaldo des fordern tagcs beraubt betten.
Steinhöwel dec. «5,5; begerte von seinem caplan, dasz er
ihm aus allen seinen förderen chroniken wollte zusammen
lesen, bueli d. l. 262,3; stiesz sich das schif an, und das
forder teil bleib feste stehen unbeweglich, aber das hindcr
teil zubrach von der gewalt der wellen, apostelg. 27. 41 ; denn
e» war da aufgericLt das forder teil der hütten, Ebr, 9,2;
111.
weil er das förder (teil) vertreten thät. Opki, und Cohu s. 207,
den ersten platz einnahm;
da sihet man die schif mit schmalem fordern iheil.
Weckhkrli;« 227 ;
wie musz nit das liebkosende hündlein mit seinen fördern
bratzen aufwarten? Abele 4,127; ich empfehle sehr nach-
drücklich eine genaue aufmerksamkeit auf die Untersuchung
der rechten band und der zwei fordern finger zu wenden.
Sturz 2. 45 ; nach welchem eine Venus den mantel nie anders
als spitzig mit den zwei fordern fingern anfassen darf. 2, 176.
2) substantivisch, die forderen, anlecessores, voreltem, vor-
fahren, ahd. altfordoron (Graff 3, 632). s. allvordern 1. 275.
FÖRDERRAHN, /. bergm. grubenbahn zum fördern d. i. fort-
schieben der lasten.
FÖRDERBUG, m. armtts.
FORDERER, «i. ador, prorocator, ahd. fordardri, mhd. vor-
deraere: der forderer oder kleger. weisth. 3,601; lierausfor-
derer zum Zweikampf, z. b. Salinde 123. s. geldforderer, zins-
f orderer, exactor.
FÖRDERER, m. adjutor, faulor, gönner, beförderer: alle ober-
zehlte {römische kaiser) ob sie schon feinde der Christen ge-
wesen, dennoch sein sie der Christen wollätige förderer worden.
Rutsch RV Aans/. 70S; Stifter der gesellschaft, fürdrer und Ord-
ner des ackerbaues. Herder, im bergwerk heiszt der arbeüer
förderer, der das erz fortzusdtaffen hat, sonU auch laufer, truhen-
laufer. hundstoszer.
FORDERHAND. f. vorhand, manus dexlera, atieh vorzug, palma.
FÖRDERHASPEL, m. bergm. welle zum einlassen des gesenkes.
FORDERHIN. FÖRDERHiN. in posterum, fernerhin:
es wird die Donau förterhin (so)
mit kläglichem gemurrmiirr flieszen. Roipler 67.
FÖRDERHUND, m. vehiculuin fossorum, remora, grubenhund:
kleiner karre, den die bergleule auf hölzernem geleise {dem ge-
länge) fortstoszen. Schecchenstuel 79. vgl. hund.
FÖRDERKLAGE, f. vorklage, querela in antecessum : so wer-
den wir auf fürderklage vielleicht die sache au unsern gn.
herrn gelangen lassen. Luthers br. 4, 527.
FÖRDERKORB, m. bergmännisch.
FÖRDERLEIB, m. corpus adrersum, pedus, vorderleib: der
fürderleib war ihr hinler {rückwärts) bis über das gesesze
gedrehet, pol. colica 206.
FÖRDERLICH, vxhd. fürderlkh.
1) commodus, ulilis: denen die gott lieb haben seind alle
dinge förderlich zu gutem. Keisebsberc prci/»«; 45* ; mit einer
gesetzten förderlichen masz. cammerger. ordn. v. 1521. 31,2;
itzt wollt ich dir nur sagen, dasz ich mit dem sultan in
einem gewissen Verhältnisse stehe, wodurch ich dir vielleicht
in deiner angelegenheit förderlich sein kann. Wielasd 8, 436 ;
nicht wie bei dem letzten abgange des paketboots wehte
diesmal ein förderlicher frischer nordost, sondern leider von
der gegenseite ein lauer Südwest, der allerhinderlichste. Gütbe
28,83;
damit ilir seht, dalz ich eurer pein
will förderlich und dienstlich sein,
wollen wir keinen augenblick verlieren,
will euch noch heut in ihr zimmer führen. 12,136.
2) citus: sendet auf das förderlichst jemand zu uns, das
wir uns miteinander vereinigen, i Macc. 11,36; reitent zu
dem förderlichsten ir immer mögent. Aimon 0 4 ; zum förder-
lichsten und aufs längst in einem jähr, reidisabsch. von 1530
§. 5 ; uns mit förderlichsten einen tag und mahlstatt zu be-
nennen. Ayrer ;>rof. 3, 2 ; förderliche beantwortung. BuTSCHkT
kanzl. 53. s. födderlich und fürderlich, rji. beförderlich.
FÖRDERLICH, adv. instanter, utiliter: damit aber sein für-
nemen ein forlgang helle, treib er Thomas den pöfel förder-
lich dazu, den rath als unchristlich abzusetzen. Luther 3,127*;
nachdem Tischbein mir sein treues geleit durch natur und
kunsigegenstände förderlich geleistet. Güthe 28, 62.
FORDERN, poscere, postulare, ahd. fordarön, mhd. vordem,
nhd. bei Dasyp., Frisius, Maaler und fast allen forderen, nnl.
vorderen, weder alts. ags. engl, noch alln., denn Schweden und
Dänen haben ihr fordra, fordre erst von uns entnommen, eigen-
Ihümlich daßr altn. krefja, schw. kräfva, dän. kräve, engl, crave,
das sich unmittelbar mit uiiserm kraft, cJtd. cbraft vis berührt,
also ein gewaltsames fordern, abfordern, abnüthiyen ausdrückt.
auch fordern ist poscere, exigere , gleichviel mit heischen,
cischen {sp. 363) und härter als verlangen, u-ie verlangen stärker
als begehren, ersuchen, bitten, cupere, desiderare, jictere, royare.
das in verlangen liegende innerliche sehnen fehlt dem fordern,
precari vurde sp. 1749 xu flehen riditiger als 1530 zu fergöa
119
1891
FORDERN
FORDERN
1892
tifhuüen, tcdchem wiederum die strencjere bedetäung zusteJä. fordern
uher teilet sieh von forder, wie hindern, widern,- nidcrn von
hinter, wider, nider und da die partikdn fort d. i. ford und
l'irdcr unmillelbar zu vor und für gehvren, darf fordern dem
liil. poscere cergliclien und dies auf pro, prae gezogen werden,
an proscere rcirhl nahe unser forschen, in fordern ist dem-
nach die bedeulung des forllreibcns, Ireibcns und nüthigens ent-
halten, wie im folgenden fördern gleichfalls ein firomovere, fort-
rücken, fortschaffen, die inconsequenz der heuligen sclireibung
vorder für das ad}., fürder für das adv. und fordern für das
verbum liegt am tage.
ron der blöden form fodern, die sich nhd. wie foder für forder
entfaltete und dem harten begrif des worlcs wenig zusagt, ist
sp. tS66 gehandelt und gewiesen worden, wie sie bei den diddern
der reim auf lodern herbeiführte. Luther hat sein foddern
(,«/>. isr.">). wenigstens zuletzt in der bibcl von 1545 gewollt, wenn
er auch vorher niUunter fordern gebraucht. Geliert setzt lieber
verlangen, doch wo er den strengem ausdruck wäldt, wenn die
ausgaben sidier sind, fast immer foidern, in vers und prosa:
der mann wendt alles an
was man von mannern fordern kann. 1,91;
dieses gemählde würde nichts als wähl und feinheil erfor-
dern. 1,297. doch 3,212 heiszt es: taschengcid hat meine
frau gar nicht, sie musz mir alle heller abfoHern, worauf aber
unmillelbar folgt: nun wenn das ist, so haben sie ja nichts
zu befürchten, denn sie wird doch nicht mehr fordern als
sie braucht, es wird eine gewisse stille und ruhe des geistes
ei fordert, umgedreht läszt sich Rabener, der sonst fodern ror-
zieht, 2, 97 ein fordere entschlüpfen. Göthe, der freilich fodern
für den reim nidU versdimäht, musz sonst doch stets fordern
gesprochen haben. 16,61: ich bitte dich, lieber Wilhelm, es
war gewis nicht auf dich gercdt, wenn ich die menschen
unerträglich schalt, die von uns ergebung in unvermeidliche
Schicksale fordern, die erste ausg. des Werther s. "5 hat dafür
abweichend: es war gewis nicht auf dich geredt, wenn ich
schrieb, schaft mir die kerls vom hals, die sagen ich sollte
mich resignieren. 16,86: sie hiirte jemand gehen und fragte
und forderte dich zu sich, die erste ausg. s. HO und forderte
dich zu ihr. 16, 161 : auch gab er ihm befehl, überall contos
zu fordern, die erste ausg. s. 1S7: überall contis zu fordern.
Schiller hingegen sprach und schrieb schon in Schwaben fodern,
erst die spiiteren ausgalicn seiner dichtungen führten fordern ein,
wie die sp. 1867 gegebnen stellen zeigen; wer auch in deh nachher
angezognen fordern die älteren drucke vergleichen will, wird dafür
fodern finden, am Main, in der Wetterau, in Oberhessen heiszt es
fordern, unterm volk auch foddern, in Niederhessen beginnt fodern.
bedeutungen.
1) geld fordern: was forderst du? ich fordere fünfzig
Ihalcr. du forderst zu viel, was die thier zurissen, bracht
ich dir nicht, du fodderst es von meiner band, es were mir
des tages oder des nachts gestolen. 1 3/os. .Tl, 39 ; der barbier
fordert ein genandl geld. KincnnoF wcndunm. 120*.
2) der betller forderte brol; milch gab sie, da er wasscr
fodderf. rieht. 5, 25. im Wirtshaus wein fordern.
3) 80 sage nu für dem volk, das ein iglichcr von seinem
nehcsten und eine iglichc von irer nehistin silbern und gül-
den gefesz fordere {so). 2 Mos. 11,2; und die gülden stirn-
bande, die er foddertc, machten am gewichte fausent sieben
hundert sekel golds. riebt. 8, 26 ; und es begab sich, da sie
einzoch, ward ir geraten einen ackcr zu foddern von irein
Taler. Jos. 15,18 = rieht. 1,14, wo fordern.
4) der reisende forderte einlasz, aufnähme, herbcrgc, ein
bell, speise, die kalte fordert warme kleider.
5) versündiget euch nicht an dem knabcn, und ir wollet
nicht hriren? nu wird sein blut gefoddcri. l Mos. 42,22; ja
«olt ich das blut nicht foddern von ewrcn henden und euch
von der erden Ihun? 2Sam. 4, II; dieser frevel fordert blut.
man tagt: das l)lut fordert, ruft zur räche; der wein for-
dert, reizt zum mehrtrinken.
6) einen fordern, zum kämpf fordern, herausfordern; wird
mil einem .Niedcriilnder auf den abend uneinig, dasz sie ein-
ander fordern. Schweimche!« 1,2C0;
komm mit herab, wo unnre walTen eellen.
•wie du nicht fordern iiollleiit, fol^ ich nirhl'. Göthi 9, ITjO;
»or den degen, auf pistolcn fordern; den degcn fordern.
ScHL'PPiL-s bei Wackern. 3, 739.
7) einen vr»r gerichl, auf das rathhaiis u.s.w. fordern; zu
^icb fordern, enHnrtrn, rufen; und nu sende menricr gen Joppen
und lasz foddern Simon, apottdy. lo, &; ii.i. h ili
lirsciii. III
zwei lagen, bat der könig ihro f. gn. noch eins gefordert
(vorgeforderl). Schweixiche!« 1, 57 ; ich liesz sie wieder zu mir
fordern, pcrs. rosenlh. 5,10; wenn du will, so wollen wir
den arzt fordern lassen, der dir arznei zur besserung gebe.
6,1; gott bat den kranken zu sich gefordert;
als wir zum letztenmal
bei den cariliniisern uns gcsebn, liesz mich
di;r kiiiiig zu sich fordern. Soiillkr 29j';
ich ffirclile nichts mehr, arm in arm mit dir,
so fordrich mein jaliihundert in die scitranken. 254*;
es ist die glocke, die dich angenblicks
zum himmel fordert oder zu der holte. 563*;
schon in den ersten zelten dieser epoche forderte mich eine
wichtige angelegenheit an den hof. 735*; Tillys vermehrte
macht forderte den kOnig dringend nach diesem kreise. 945'.
8) die noth des Vaterlands fordert inünner; der krieg forderte
zahllose opfer; der landhau fordeil hände, die ernte Schnitter;
dann wann des laslers riesenirotz die langmuih
des Iiiramels aulgezeliit, die reiche ernte
der misselhat in vollen balmen steht,
und einen schiiilter sonder hei.«piel fordert,
dann stehen sie un ihrem platz. Scuiller 259*;
bei gott, ich hätte dieses schergenamt
nicht übernommen, dächt ich nicht, dasz es
den besten mann in England forderte. 415*;
zu süszen sorgen b!eil)t nun keine zeit,
ganz andre fordern dich, erhabner mann! Götbb 9,325.
9) die kirche fordert glauben, das volk fordert wunder
und zeichen ; da traten die phariseer und saduceer zu iiu,
die versuchten in und fodderten, das er sie ein zeichen vom
himel sehen iiesze. Malth. 16,1; sintemal die Juden zeichen
foddern und die Griechen nach Weisheit fragen (unte Judaieis
taiknß bidjand, i|) Kiekeis handugein sökjand). 1 Cor. 1,21;
wir fordern erst beweise ; die nachrichl fordert noch besta-
tigung; von allen denen, so durch Christum gesund gemacht
werden, fordert Christus nichts iner dan den glauben. Alberüs
wider WUzel,[)i*; genugthuung, ehrenerklärung, auskunft, auf-
schlusz fordern ; man forderte geradezu das unmögliche ; und
richte imd trachte nach recht, und fordere gerechtigkeit. Es. 16, 5.
10) es heiszt von einem, zu einem, an einen fordern, von
ist das gewöhnliche und bedarf keines belegs.
mhd. Ition wir unserem^ briioder den tot,
so vorilerot got zu uns sin btuot. Diut. 3,92.
fordern an einen gleicht dem forderung an einen stellen: deren
so usz gar früntlichein beger oft an mich gefordert, dazu
crbetten haben, mein erfaren experimenta zu eröfnen. Gehs-
dorf i'orr. 2'; ich habe viel an ihn zu fordern, er ist mir
noch viel schuldig;
da forder sie an Iren bruder. 11. Sachs ¥,221';
dein teil trulzlich solst fordern an mir.
ScHMELZL Verl, solin 7';
er fordert täglicli an mich gelt. Suul 24';
jener suppicincntband, den ich seihst an mich fordere, aber
leider nicht verspreche. Göthe 00,32; der regent habe sehr
viel an sein volk zu fordern, aber forderungen des volks
seien in keinem rechte begründet. Klincer 7, SS; eben dieses
reich fordert an mich, dasz ich könig meiner leidenschafleu
sei. 2, 17 ; fordr ich mehr an sie als das, was billig, gerecht,
ihnen nützlich ist? 8,172; und du forderst es gerade an
mich? 9,6. vgl. anfordern, abd. anafoiderön.
11) mit folgendem dasz: ich fmdrc, dasz du mir folgest;
niemand konnte fmdern dasz er so schnell nachglibe; es
wird gefordert, dasz du mit gehest, oder infiniliv:
fordere niemand mein Schicksal zu hören.
lloLTKi iter litte fetititerr.
12) fordern im karlensjtiel, eine färbe zuerst aus.<t]iielen, die
dann bekannt werden musz.
13) foidern drückte auch aus, was heute das folgende fördern.
schon a)ul. ftudero odo fram gifitori^, provehal. glosse in V.cc.kko
Fr. or. 2, 979*. «/i(/. sie schmücken sich unteriiander selbs,
das sie ire böse saclic fordern, ps. 36, 3 ; v<m dem herrii
wird solches maus gaiig gefordert und hat Inst an seinem
wege. 37,23; und der herr unser gott sei uns freundlich
und fordere das werk unser heude bei uns, jn das werk
unser hende woll (/. woll) er fordern. 10.17; denn gereih-
ligkeil fordert zum leben, aber dem übel nachjagen lordcit
zum tod. jt;>r. .S'ij/. 11, 19; ein golllo» wesen fordert den men-
schen nicht. 12,3; die furcht des herrti fordert zum leben.
19,23; sie hallen kein recht, dem waisen fordern sie seine
»ache nicht. Jer. .'•, 2H ; das gott eim iglichen keiscr seinen
eiigrl zu \i'iiird<'!it. ili-i sein bestes bei im tliue und fuideru
1S93
FÖRDERN
FORDERND — FORDERNIS
1894
in in scim regiment und herschafl. Lltheb 3, 407* ; und ist
mein gütliche bitte, wollet im (/. in) gegen meinem gn. herrn
günstiglich fordern, br. 5,516; der betreugt niemand, nimpt
niemand das sein, sondern ist vielmehr geneigt seinem nechsten
zu helfen und {Um) zu fordern. Albercs trider Wüzel El';
diser hat die lere des euangelii gefordert. E4'; da hat der
bischof von Lultich die Christen verbrent, erhenkt um des
euangelium willen und die reine lere nit gefordert. Eö"; mich
Lintrolln an den ort, da mein glück und heil, ehr und gunst
angehen und gefordert soll werden. K3'; aber unser herr
gott ist nicht ein schalk, gott hilft nicht böse sachen fordern.
leider die C<irhtader. 0 3". in den bibelstellen setzen spdlere aus-
gaben fördern.
s. abfordern, anfordern, auffordern, ausfordern, befordern,
einfordern, erfordern, herausfordern, nachfordern, überfor-
dern, verfordern, vorfordern.
FÖRDERN, juvare, promovere, provehere, beschleunigen, nicht
aufschieben, aus förder gebildet, me fürdern aus fürder, for-
dern aus forder. füriern der gegensatz ton hindern, die mhd.
form fürdern erscheint auch hin und läeder nhd.
1) lasz der gottlosen bosheit ein ende werden und fördere
die gerechten, ps. 7, 10 (aus Luhers fedeii- flosz uol fordere) ;
Friderich mir deine krankheit zu wissen thet, auch genug-
sam zu verstehen gab, was dich zu solcher krankheit geför-
dert hat. Galmy 34 ; und disz geschähe darum, auf das dise
Marozia iren eignen son Johannem den 12 möcht zum heiligen
stul fördern, bienenk. 210'; damit man schände und sünde
gefördert. Mathesics 50' {doch kommt auch üßer födern vor);
fördert gott, so hindert nichts. Flkmi.nc 216;
mancher hat in dem seine plage, das ihme allzeit ein häufen
Volkes vor dem zimmer aufwartet und ein ider gern von ihm
wolte gefördert sein. Bctschsy kanzl. 69S. Gellert schrieb
fürdern. Ki.opstock. trie er zwischen fordern und fodcrn schwankt,
sowol fördern als födern und auch Lessinc verwendet beide, von
Gütbe kenne ich nur fördern:
fördert den aliar, druiden! Klopstoce 8,92;
indes aber entweder mich die presse oder ich die presse
nicht genugsam fördern konnte, erhalte ich das 61 — 63ste
stück besagter beitrage und bin wie vernichtet! Lessing
10,129; briefe, waaren fördern, versenden;
in jeglichem falle
fördert ein schicklich organ den übrigen gliedern die nahrung.
GöTHE 3, 97 ;
sie tdie sonne) rückt und weicht, der tag ist überlebt,
dort eilt sie hin und fördert neues leben. 12,59;
was, ohne haupt, was förderten die glieder? 41,270;
alle diese anlagen, die jetzt mit einem übermäszigen triebe
gefördert werden. 17,143; der gehülfe hatte gar bald die ge-
müthsarten und fähigkeiten der kinder zu tage gebracht und
sie wirklich bedeutend unterrichtet und gefördert. 17,279;
Alesander von Humboldts gegenwart in Jena fördert die
vergleichende anatomie. 31,46; läszt cardinal Borromeo eine
copie fördern. 39,104; die kunst kann niemand fördern als
der meister. 49, 5S;
und munter fördert er die schritte. Schiller 57';
• munter fördert seine schritte
fern im wilden forst der wandrer
nach der lieben beimathütte. 79*;
sofern dich je bekümmert was ich dichte,
ein Zufall dir es fördert zu gesiebte. Plate!» 47*,
man sa^e, einen zu den schatten, nach der hölle, in die
unterweit fördern. Kli>ger 2, 157. 3, 254.
2) fördern gilt ganz technisch vom fortschaffen der erze in
und aus dem Schacht, man fördert in der grübe mit band-
trögen, mit hunden, in kübeln und karren, aus der grübe in
tonnen, körben, mit seilen, das häszt zu tage, an den tag
fördern und scheint von da auch figürlich von andern aufge-
brachten, ans licht gebrachten dingen üblich geworden, an Zelter
schreibt Götbe 813: die menschen lebten alle nach wie vor,
ihrer art gemiisz, vom kühler bis zum porzellanfabrikanlen.
eisen ward geschmolzen, braunstein aus den klüften geför-
dert, wenn auch in dem aiigenblicke nicht so gesucht wie
sonst ; femer sollen in Rockizan auch niüisteine gefördert
w erden. 60, 151.
3) sich fördern, beeilen, spulen : darumb fördert euch und
sendet etliche, das wir wissen was ir gesinnet seid. iMacc.
11,37; diejenigen, die zum ersten newe kleidungen an sich
nemmen und sich gedenken zu fördern und für andern an-
gesehn zu werden, findet man denn einen dem es wolge-
fellt, so sind doch allweg zeben, die sie verspotten, buch
d. liebe 2S9, 4 ; soll ir oder Frideiich mir schreiben, wil ich
mich sonder säumen zu euch in schneller eil fordern zu
kommen. Galmy 205;
die mäuner fördern sieb, und binnen vierzehn tagen
sieht man das erste Stockwerk stebn. Gellebt 1,1^5;
desto mehr fördern sich die gesandten den vergleich abzu-
schlieszen. Schiller 846*.
4) inlr. fördern, hene cedere, gedeilten, veiler kommen, von
stalten gehen : ich gieng gar nicht den gew öhnlichen weg, war
fleiszig und förderte doch nicht. Reiske Icbensb. 8 ; ich war
nicht nur fleiszig, sondern förderte auch darinnen {im ar(Mschen)
glücklich. 13;
was ists? wills (ordern? wills bald gehn?
GöTHE 12, 157 = Fauft 1790 «. 114;
ich habe mir zeit genommen, nachdem ich vorstehendes ge-
schrieben, was ich aber auch darüber denke will immer nicht
fördern. 22,187; jedoch war kahn, rüder und ruderpflock
nicht sonderlich fördernd, er verschafte sich segelstangen
und segel. 22,189; unmittelbar darauf werden die Wahlver-
wandtschaften in die druckerei gegeben und indem diese
fleiszig fördert {kann auch zu 1 genommen werden), so reinigt
und rundet sich auch nach und nach die handschrift. 32,45;
das hecheln ist eine arbeit , die nicht sehr fördert (nur
langsam ergehl).
s. befördern und fürdern.
FORDERND, auffordernd, anregend : und wenn ihn der for-
dernde tag zu rascher, wirksamer thätigkeit aufbot, so war
es bei nächtlichem erwachen, wo alles widenvärlige . . . sich
in seinem innern umwälzte. Göthe 22, 115.
FÖRDERND, jurans, promovens, gut von stalten gehend:
eine fördernde arbeit; haben sie nochmals dank für ihren
langen fördernden brief. Göthe an Schiller 409.
FORDERNIS, f. n. poslulatum, erfordernis : darüber spricht
man, ob der gegenständ hätte günstiger aufgenommen wer-
den sollen, ob der character getroffen ist, und was solche
erste allgemeine fordernisse sind. Göthe 27, 220.
FORDERNIS, f. n. oft von Götbe gebraucht.
1) adjumentum, cura : schon Cäthari.na Melaschthos (6« Mtl.
ed. Bretschn. Z, lOSb) : darzu ich eures dienstes und fordernis
bedurft; Fischart richtet an die musen den hexameicr:
drumb bitt ich inniglich, dasz ihr mir fördernus sendet.
Garg. 40'; und
0 Rein, mit deinem hellen flusz
dien du uns zur fürdernus. Qt. schif 266;
aber auch ihre triumphe dienen ihm zu keiner fordernis.
Göthe 6, 211 ; nicht als hindernisse, sondern als fordernisse des
heiligen. 22, 15 ; aber eben ein solches fordernis junger leute
im literarischen thun und treiben, eine lust hofnungsvolle
menschen vorwärts zu bringen. 25, 293 ; dasz sie mir und
andern durchs ganze leben zur leitung und fordernis dienen
sollen. 27,202; wie denn sein treuer fleisz gute aufnähme
und fordernis gefunden .hatte. 29,150; was in diesem sinne
von einem jungen fürsten für aufmunterung und fordernis
nah und fern gewirkt ward. 30,216; was mir zu mehrerer
Vollständigkeit und fordernis meiner Studien diente. 31,13S;
aus seinen bricfen geht eine klare einsieht in das wollen
und vollbringen hervor, dasz ein wahres fordernis daraus
erfolgen musle. 31, 50; wozu mir denn die Sammlungen
meiner freunde die besten fordernisse darreichten. 39,356;
dasz ihrer eigensten neigung Sicherheit und fordernis gelobt
sei. 43,310; die eigentlichen lebemenschen wollen geschwin-
der gefördert sein und deshalb lehnen sie ab und verhin-
dern die fordernis dessen, was sie selbst fördern könnte.
49, 135 ; über fordernisse und hindernisse, wie sie die empi-
rische weit darreicht oder zwischenschiebt , mag ihn das
leben belehren. 49,137; bedeutende fordernis durch ein ein-
ziges geistreiches wort. 50, 93 ; gegnern zur ein-^sicht, gleich-
denkenden zur fordernis, der nachweit zur kenntnis und,
wenn es glückt, zu einiger ausgleichung. 50, 99; da fand
ich denn durch jene sondernde terminologie immer fordernis.
51,238; Schiller sagte mir einmal, da ihm meine allgemeine
toleranz, sogar die fordernis dessen was ich nicht mochte,
nicht gefallen wollte: Kotzebue ist mir respeclabler in seiner
fruchtbarkeit, als jenes unfruchtbare im gründe immer nach-
hinkende und den raschfortscbrcil enden zurückrufende ond
hindernde geschlecht, an Zelter 824.
2) bergmdnniicfi, das in den schadtten geförderte, fortgeschafte :
auch ist alsdann der qucrschlag von dem tiefen Martinröder
119*
1895
FÖRDERS — FORDERUNG
FÖRDERUNG — FORHE
1896
Stollen im festen gestein nach dem Johannisschacht fortge-
trielien und mit einem aus dem letztern angesetzten gegenort
im monat juiiius desselben Jahres zum durchschlag befordert
worden, seit jenem durchschlag mit dem obern Stollen wurde
dem Johannisschacht die zu einem kunstschachl nüthige länge
zugegeben, von diesem punct an konnte das abteufen, zu-
mal in dem beinahe ohne alle klüfte immer fortsetzenden
überaus festen gipsgestein nicht mehr so geschwind wie vor-
her von statten gehn. überdies muste damit bei erbauung
des treibcwerks zuweilen giinzüch inne gehalten werden und
je tiefer man kam, je schwieriger wurde auch das fordernis
der berge, welches man mit einem dreimännischcn haspel
zuletzt in mehr als 90 lachlern teufe kaum noch bestreiten
konnte, ztceile nachricht vom Ilmenauer bergbau 1787 s. 4 ; diese
lichter {der benjlcule) die bei tag und nacht im ganzen jähre
unter der erde leuchten und wirken und die fordernis ver-
steckter schätze begünstigen. Güthe 22, 176. s. fürdcrnus.
FÖHDEHS, deinceps. was förder, zuweilen förters geschrieben,
vie fort für ford: und wollen förters, so viel den christ-
lichen glauben belrift, mit grund der heiligen schrift unter-
weiset werden. LuTiiEn 2, 7l';
darauf der kiiab alsbald bestund,
kein l'usi er lörders heben kund.
Mattu. Haxher hiH. roseng. 67;
du wirst mir vileicht einstreuen, das nicht mehr ein solcher,
als diser gedultige lob anzutreffen, aber hierauf werde ich
dir antworten, es sei nicht unmöglich, das dergleichen an-
zutreffen, und förders gehend werde ich dir andeuten u.s.to.
Bltsciiry kanzl. 654.
FOHDEHS.\M, FÖRDERSAM, vgl. befördersam,
1) unaufschteblich, was zu fördern, akbald vorzunehmen ist,
geirOhnlich nur im suimrlativ des adv. gcbrauclU: nachdem ich
versichern lassen, alles was auf diesen beiden inseln sich
merkwürdiges und besonders zugetragen, aufs fördersamste
und aufrichtigste zu melden. Felsenburg 4,1; sollte aber ein
oder anderer dieses zu verspielen stehende pferd in forder-
sanisten augenschein zu nehmen gewilligt sein, der kann in
gedachtem Offenbach zu mehr erwehntem rentmeister sich
ins schlosz erheben, da einem jeden solches alsdann sogleich
gezeiget werden soll. (a. 1736). Belli Frankfurt 2,59;
und was alsdann?
'dann wäre mit dem Juden fördersamst
die strafe zu vollziehn, die päbstliches
und kaiserliches recht so einem frevel,
so einer laslenhat bestimmen', so? Lessijic 2,302;
80 habe ich mich fördersamst {quam primum) dieser schuld
hiermit entladen wollen. Wielanü bei Merk 2, 193 ; es wurde
alles fördersamst in bcreitschaft gesetzt, das beilager zu voll-
ziehen. MLSii;8 volksm. 105;
er leib uns fördersamst ein hemd. Langbein.
2) bei GüTBE ist fördersam bequem oder nützlich, das för-
dernde: indem er das hier bekräftigt fand, was er mehrmals
in seinem leben als vernünftig und fördersam erkannt hatte.
23,5; diese Vorsätze müsten unterstützt und dieser kleine
roman fördersamst {quam citissime) abgeschlossen werden.
4S, 61; am allerfördersanistcn aber sind unsere nebenmen-
Bchen, welche den vortheil haben, uns mit der weit aus ihrem
standpnnct zu vergleichen. 50, !(4.
FÖRDERSCHACHT, m. puleus cxtractorius. Scheüchenstuel79.
FÖRDERSEH., n. woran die aus und ein zu lassenden gegen-
stände befestigt werden.
FORDERST, FÖRDERST, anlicus, fmmus: die fördersten
bullen. Fbr. 9,6; ihr tragt den ring schon am fördersten
fingen Garg. 2S7': das förderste, erste. Mich. Neander ifrf. 22;
wie die nalur sich heftig belustiget sie die lürnemineste und
förderste in aller volkommenheit zu machen. Amadis\6l; und
setzet under die fünf fördersten hinein. 368; zum fördersten.
WicKRAM roWic. 59; zu forderst, zu förderst;
mhU. und le vordresi dem künige »i wir her gesant. Nib. 13S7, 3;
d4 reit von Tronje llagne laller vorderösl. 1466,1;
dat die herren va-hien le aller vord«rö»t. 19)7,2;
FORDERST, FÖRDERST, adv. imprimis: forderist. MRCEniE
Judas 1,191.277.305; förderst. Rutschky kanzl. 15. 320; »ich
förderst in besitz zu setzen. Wielanu 10, 306. vgl. vorderst.
FÖRDERSTOLI.E, m. zur fOrderung der rrze be.'^timml.
FilRDERSTRECKE, f gang, worin dte losgcarbritrlen erze bis
tum fiillorl qrsthaß werden.
FORDERING, f. 1) poüutalio, ahd. fordarunga, mbd. »or-
derunge:
nio vordenioge ist Af in kleintr denne ein böne. Waltb.M, 20;
gä wider in unde gich,
(line vrinnt die hieben dich
dise vorderuiige varn Inn. Trist. 2^5,33.
forderung ist gebieterischer als verlangen, dieses mehr innerlich.
man sagt ein heiszes verlangen, eine harte forderung, iinJ
die bciwörler können nicltl tauschen:
sie geben uns mit vielen complimenten
die harte fordrung zu verstchii. Gkllert 1,74;
eine häufige, billige, gerechte, unverschämte forderung. eine
fordrung haben, machen, aufstellen, darauf bestehen, von
ihr ablassen, ihr entsagen; meine fordrung beträgt so viel;
der fee forderung geht nicht so weit. Wieland;
die forderungen überschreiten alles masz; ist denn das bür-
gerliche leben so viel werth, oder verschlingen die bedürf-
nisse des tags den menschen so ganz, dasz er jede schöne
forderung von sich ablehnen soll? Göthe 26,27; über kunst
und ihre theoretischen forderungen hatte ich mit Moritz, in Rom,
viel verhandelt. 50. 49 ; mich schreckte die fordrung. 40, 263.
2) unpassend haben einige reclitslehrer forderung auf den begrif
der römischen obligatio gezogen und von einem recht der for-
derungen statt obiigationenrecht gehandelt, dieser verwirrende
Sprachgebrauch scheint doch jetzt wieder beseitigt.
3) «'IC fordern filr fördern wurde auch forderung für for-
derung gesetzt: denn leid zu treiben bringt unserin gescheft
kein forderung oder statten. Aimon s 6'.
FÖRDERLiNG, f. 1) adjnmentum, Vorschub:
er woll mir aucli ein fönlruiig thun.
Reruuun litiitj des »rmen mannt ». 11 ;
dieneil er, wiewol er vil guls und forderung vom erstgedach-
ten Benedict dem 4 erfahren, dises unangesehen in ins ge-
fängnus warf, bicnenk. 214'; so haben ihre kaiser diese Wis-
senschaft so lange in ihren schütz und forderung genommen.
Opitz 1,2'; es soll ihm hilfe und forderung zu theil werden;
einen lehijungen dem meister zur forderung übergeben.
2) beigmdnnisch, forderung der erze.
3) die iUiernuinmnc, zu fördernde arbeit bei handwerkern : ich
habe vier forderungen, tier arbeiten im gcsciidß.
FORDERUNGSLOS, modestus, anspruchslos: wenn er auch
noch so demüthig, noch so forderuiigslos seinen stillen gang
fortgehet. Knigge umg. m. m. 3, 88.
FÖRDERL'NGSMITTEL, n. subsidium.
FÖRDERVOLK, n. bergmännisch exlraclores
FORE, f pinus, fohrc, vgl. sp. 1869 :
so bracht ich ilin zu einer foren,
welch die manthier halten erkoren,
darin ein bieiicnsilz gemacht, froschmeuseter L 2, 11(52').
FORE, FÖRE, /". salmo fario, sp. 1870. Forer fisciü). 173*.
die besten fisch aus den süszen wassern sind die fören. 173*;
das man umb etlicher wenig hechte, foren, krebs oder der-
gleichen willen die leut hat erschieszen oder henken lassen.
Spangenrerg jagteufcl 68".
FORELLE, f dasselbe und jetzt die lierschende form, betont
forelle, in Thüringen forelle, zu erklären aus förhfene, fdrhönle
{wie lat. lamella, patella aus lamina, patina) : golt findet und
irift inaa an seinem ort in gengen, in flössen, seifen und
sandigen gebirgea und do es gollkörner und forclleu hat.
Mathesius I5(i2, 201'. 5. förle.
FORHE, FÖHRE, /". salmo fario, forelle: weil nun dem
bawren sein mus so wol schmeckt, als dem herren sein forhen
und Vögel. Frank lastcr g2; halt des reichen leckerhafligen
verschmachten urdrützigen mund gegen sein förhen und des
armen gegen seiner suppen. paradoxa 58*; man sagt noch
von einem fürsten, der sei für einen hirten geritten und ihn
an eim stück lirotes, das im freilich lebkuchen ist gewesen
und im basz geschmackt, dann dem fürsten sein wildlnel,
sehen nagen, kluge weise reden 1565, 145' «™ 1570, 154* ;
gut beeilt drei,
rot vorhon drei,
wer hunifriif sei . . , . . ....
mach sich herbei! Wolm teilschr. f. mylh. 1,46»;
knrpfen, forhen. hecht und nippen,
die im ich lieber denn rtlsuppen. fastn. 726,5;
allerhand rUch man darin fand, t. ., .-,
frtrhenncn, karpli-n und niaiid. Wiciram btiger E3. bl. 16;
bcisz sie kniifen voihen und eschen
mit «chlcckerbisilin K"len gneschcn. 11. Sachs HI. 1,198*;
hab wol v<kgcl, wildhret und visch.
hecht. vorhon, karpffn, äl und rsrh
und dergleichen ander gut gonesch. Hl. t,23H';
wU schon tfihd. vorhe und asch irr*Mni/rn werden:
Schlonntiilander mit einem v«>deranKel
vieac (i«cbcn uudo vörtion. Tu. IM, 2;
1897 FORKE — FORM
beidiu Torben und asch
bet daj b<T>se pfaffen lotter
beimlieh gejjen als ein otter. Ls. 3,225.
vgl. fohre und forcbe.
FORhE, f. furca, Heugabel: das heu wird mit forken oder
gabeln in heiihaufen oder in hucken geschäufet. Comenius
sprachenthür con Docemics §. 418; auszer flegeln und forken
wird es [das körn) nair gafleln umgekehrt. Beocses 7,570.
FORKEL, f. gleichfalls gabel, ahd. furkuia, uiicinus. Graff
3, 685.
1) am gehOm des hirschcs.
2) eine stange, um tOcher und ander Jagdzeug aufzustellen.
Fi.EMMi.NG deutscher ßgcr 106.
3) bergmännisch ein rüJireiscn. Ebker 31' (mit abbildung).
FORKELN, furca exciY-ere, gabeln, spies:en, u-ird vom hirsch
gesagt: wenn der hirsch sich nicht mehr auf seine laufe,
sondern auf sein gehörn verläszt, steht und nicht vom platze
weicht, kämpft er alles ab was ihm zu nahe kommt, spieszt
manchen hund. der ihm zu scharf ist, forkelt einen Jäger,
der sich nicht wol vorsieht. Heppe Jagdhund 74.
FORLE, FÖRLE, f. pinus silvestris, in Franken iorel. Scdsel-
LER 1.553.
FÖRLE. FERLE. f. salmo fario, forelle:
bier sab m^n aal und weis und auserlesne Schmerlen
und persken, meine tust, und kösteliche ferlen,
auch karpfeo, barben, becht und lacbs, die zier dem tisch.
Grtphius 2, 64,
ifo köstliche forellen, was der reim lehrte zu bessern. «. «. foreUe.
FÖRLING, ffl. pinus silveslris.
FORM. f. forma, von ferre, weil die gestalt das mit sich, an
sich getragene ist. den buchstaben nach stimmt es zu barm, dem
tragenden schosz, zu farm, der getragenen last (1, 1134), der be-
deulung nach zu gebärde, ahd. gibärida gestus, sämtlich von
bC-ran, mit Wechsel des b und f, wie in blach flach, balz falz
u. s. w. das 0 in forma von fero {man halte Jas dunkle norma
zum eigennamen Nero), wie in rogus, toga von rego, tego
und wie in boran ror« heran, dieser berührungen war sicli
doch unsere spräche bei aufnähme des lat. wortes längst nicht mehr
hewust. ahd. aber zu ihr noch kein bedürfnis vorhanden, sonst
würde wol N. forma gebraucht haben, und drückten nicht gibärida,
giscaft. gistalt, biladi die begriffe habilus, forma, imago aus?
auch die mhd. dichter der guten zeit enthüllen sich des für Jen
reim untaugenden fremdlings, selbst Gotfried noch; erst Ko>rad,
dem figftre geläufig war (sp. 1629), verwandte das damit fast
gleichbedeulige forme:
da; Oberteil der forme sin
was gesiellet als ein wip. tr. kr. 3746;
da; Oberteil der forme sin
was gestellet als ein man. 5S54;
begunde si betrahten
die rilterlicben forme sin. 7711;
der kiiiscbe min getriuwet er
und miner glenzen forme niht. 22057;
mit wunderlicliem bilde
was ir frecher lip behaft,
da; Oberteil an ir gescliafl
was gestellet als ein man,
und schein da; nnderteil dar an
vib oder tiere vil gelicb,
si wären fremder forme rieb
sus unde so geschaffen. 25006;
der bähest sprach. Ich zeige dir
ir bilde und al ir forme gar. Site. 1478;
wan 6ine forme vander
an in beiden, swer si sach. Engelh. 452;
sin forme git den selben scbin,
den ouch diu mine geben kan. 602;
hier slehn forme, geschaft und bilde in demselben sinn, noch
mehr stellen:
din antlitze ist erwildet
der forme, und du sollest bän. Ulr. Trisf. 2387;
ir forme was versniten niht,
engelvar was ir gesiht. GA. 2,8;
ir bende wi; die zient an sich
die besten forme, dunket mich. MSH. 2, 32*;
da; scbuof sin edelicbe form. Z-ohen</r. 6237 ;
secbt, da; wart algemeine
brächt in sine forme als e,
die gerten wären golt nicht m&;
an den steinen gar gewart
die forme unde die unart,
als si wären 6 gewesen.
8wä man si bete Of gelesen. pas$. H. 237, 43—47.
in snirher forme ^r in erschein
als ob sin lib algemein
mit geiselea were wol züslageD. patt. K. 21, 50;
FORM
1898
in der forme im e; ergienc,
da; er bösen lön nam. 2!M>, 80;
die stimme er dicke dö vemam,
wie si in sulcber forme quam. 423,10;
sich müste witen künden
ir schöne forme, die si trüc. 5,39, fl.
im verlauf der zeit nimmt dieser gebrauch belrdclitlich zu, beson-
ders für die prosa und den stil der Urkunden, beispiele aus
Megesberg mögen genügen: da; si den gestirnten luft ze
samen haltent, daj er under der stimm form beleiben muo;.
16,16; diu sei ist ain selpwesigeu form. 32,32; diu sunne
ist ain form oder ain gestalt der varb. 58,21; und gibt da;
lieht der varb ir gestall und ir form. 59,12; so wirft diu
sunn ir ebcnpild neur oben in die Spiegel nach ains krai2:es
form. 99,25; wan der teufel mag sich verkeren in aller tier
form. 271, 8 ; auch nement diu dinch ir kraft von den formen
und den aigenhaiten, die der himel kreft dar ein drückent.
379, 8. dieses form ist ^eichviel mit gestalt, wie dessen bei-
fügung zeigt.
Dasvpodics verdeulscid forma 78* durch gestalt, nicht durch
form, stellt aber 230" form species auf. Fbisics 577' u-lzt zu
forma die deutscheti forme und gestalt, desgl. Maaler 139*.
LcTHEB hat in der bibel forme nur ein einziges mal Rom. 2,20,
sonst immer gestalt, in dieser stelle würde goth. hivi slehn, wie
2 rini. 3, 5. form für forme trat ein wie quäl zahl pein acht
Schlacht für quäle zahle peine achte schlachte. H. Sacus
und Atrer gestatten sich furm : stürm, wurm.
nhd. lassen sich folgende bedeutungen unterscheiden.
1) form, geslalt, figur können zuweilen tauschen, nicht überall:
sie hat eine zierliche gestalt, figur, form, figur drückt doch
die ganze geslalt und erscheinung, form nur den umrisz, die züge
aus. es heiszt eine edle, königliche figur oder gestalt, nidit
mehr form, Konrads obertcil der forme träre beule unzulässig,
obschon im 17 jh. noch beispiele vorkommen:
mein weib ist unden ein wurm,
vergleicht sich eins meerwunders furm. Atrer 335';
so sih ich, dasz er sieb ab meiner form entsetzet.
Weckherlijc 205;
auch so erschienen Moses und Elias den Jüngern Christi in
ihrer form und gestalt auf dem berge. Jag. Böbsie Aurora 33.
wir sagen: sein gesiebt hat eine edle fonn. ihre bände, finger
haben die schönste form,ffO auch gestalt, nictU figur stehen dürfte;
und keine hexen scbrein uns an
in form der schwarzen katzen. Weiszk kom. opern 3,93;
der braunen locken dunkle ringe seh ich
des weiszen halses edle form beschatten. Schiller . . .
tn allen fällen war ahd. giscaft, mhd. geschaft, engl, shape
statthaft.
2) form ist überhaupt der gegensatz zum Stoffe und bezeichnet
das, was aus ihm gemacht, die gestalt, die ihm gegeben wird
die Sache gewinnt gestalt und form, der thon unter des
bildners band nimmt alle formen an; das mittelding zwischen
form und klumpen war widerwärtig anzusehen. Göthe 15,252;
das kleid war ein tucb, dem der Schneider form gab, er
wählte dafür die rechte, die gehörige, die passende; der bau-
meister ersinnt die form, nach der ein haus errichtet wer-
den soll.
3) form heiszt auch das gefäsz, worin oder wonach an werk
gefertigt wird, die form zum teig oder kuchen, der Stempel zur
münze, die form zum gieszen eines lichls, einer kugel, einer
glocke: den kuchen hat die neue form besser ausgebacken;
die kugelformen ruhten wenig, man konnte nicht genug blei
anschaffen; der Ichrjunge, vorwitzig wie das glühende era
aussähe, rührte an den krahn, der fuhr heraus und es rann
und rann in die form; die formen wurden aus eisernen
platten zusammen gesetzt, mit eisernen federn gehalten, in-
wendig mit öl, auswendig mit thon bestrichen. Göthe 35,324;
um in erz zu gieszen macht man zweierlei arten von formen.
35, 327 ; hierüber wird eine feuerfeste form gemacht und das
wachs heraus geschmolzen, ebenda;
fesigemauert in der erden
steht die form aus lehm gebrannt,
beute musz die glocke werden,
frisch gesellen, seid zur band! Scbiller 77";
in die erd ists aufgenommen,
glücklich ist die form gefüllt. 79*;
schwingt den hammer, schwingt,
bis der raantel springt,
wenn die glock soll auferstehen,
musz die form in stücken gehen. 79*.
also die form einsetzen, einaiauem, füllen, zerbrechen, zer-
schlagen.
1899
FORM
FORM ALIEN — FORMEN
1900
4) einen hui in seine rechte form bringen, über die form
schlagen; einen strumpf über die form ziehen, fr. cnfoiiner
Jes bas; das kleid hat seine form verloren, ist aus der form
gekommen, hei verschicJnen handwerkcn hat form eine lech-
nisclte bcdeulung.
5) den buclidritckern heiszt form der vierccJiige rahme, in uel~
dien die geselzten Zeilen yescliraubt werden : die form schlieszcn,
fr. serrer la forme:
der drucker sprach behende:
'ich wil mit auf die fari,
mir schwitzen so ser die lenden,
ich hab gezogen so hart,
ich musz ictz «arlicli trinliea
sunst lian icli druci<cu nit'.
der setzer tet im winken
'ich gc gewislich mit.
mein form die klebt so harte,
nacht, sie ist nit genetzt,
drurab ich der gsclschall warte,
dies tapfer hineui setzt'. Umland 690.
den papiermachern isl form der dralitbespannte rahme, worin das
zeug geschöpft uird ; den lichlgieszern der zinnerne lahjlrog.
6) form eines rechtsgeschäfts: die form der klage, der
ehe, der Scheidung, der übergäbe, des Vertrags; es soll alles
in der besten und gehörigen form geschehen, in forma optima
et debita, fr. en bonne et dCie forme, engl in duc form;
doch soll der dich im auslassen . . . den bütleln iren gewon-
lichen gebüre für ihr müh und (Icisz entrichten und zu dein
allen nach der besten form umb enthaltung willen des ge-
meinen frides ewige urfchde thun. Carolina art. 157;
der sol es dem richter f'ürtragen
mit solcher form, das er verstee,
das er mit warheit ümb gec. fastn. "09,10;
ein solch gescLefl het gar kein furm ( : wurm).
H. Sachs I,2-23';
ein Widerspruch in der besten form. Kant 8,155; unter der
form eines kaufs, unter dem schein, sub sjnrie emliunis ; es
musz der form geniigt werden ; der major wollte nur noch
der form wegen einen abschiedsbcsuch machen {pro forma).
GoTUE 22, C3.
7) die formen der spräche sind ihre ßexionen, ableilungen
und Zusammensetzungen ; die formen der allen spräche waren
reiner und reicher; die poesie hat ihre formen, die formen
des liedes sind manigfach; es kommen unaufhörlich neue
redeformen auf; dise nüwe form rcdens. Nici.. v. Wvle 295,36.
8) form allgemein für weise, art: mit form und gestalte,
wie ich mocht {so gut ich vermochte). Nicl. v. Wvi.e 258, 22 ;
Rosamunda auf solche form {folgcndergestall, folgenderweise)
anhub zu reden, buch d. l. 233, 3 ; Gabriotto gedacht seiner
allerliebesten jungfrauwen den letzten brref zu schreiben,
derselbige auf solche form lautet. 257,4;
secht, seclit, das beer steh sich in furm,
samb CS anlaufen wöll ein stürm. II. Sachs III. 1,22S*,
stellt sich so auf, in solcher weise tmd Ordnung; man sagt, hier
herschen leichtere formen, manicren, weisen:
aber in den heitern regionun,
«0 die reinen formen »vohnen,
rauscht des Jammers trüber stürm nicht mehr. Scuiller 73";
droben tönet lautere form. Klopstock,
erschallen reine töne des gesangs.
9) form für versinnlichung, sinnliche er.^cbcinung : in der cr-
ücheinung nenne ich das, welches macht, dasz das manig-
fallige der crschcinung in gewissen Verhältnissen geordnet
werden kann, die form der crschcinung. Kant 2,00; das
reich gotles kann in der sinnlichen form einer kirche vor-
gestellt werden. 0,330.
10) form gegenüber dem gehalt (wie unter 2, nur abslracl gefaszt) :
denke, dasz die gunst der musen
unvergünglichcs vcrhciszi,
den gohnit in deinem busen
und die form in deinem geisl. GöThe 1,133;
auf der seile jener dichlkunst, welche dahin sircbt, dasz
der einbildungskraft gehalt, gcslalt und form dargebracht
werde. 4«, 120.
11) form heiszl eine Verhärtung oder schwiele oben am harn
des jiferdefutzes, wodurch es oft lahm wird.
12) ungewöhnlich form m., wie nnl. vonn, gen. vorms:
»o laut knallet in allem furm,
als ob man ichüüZ ein «tat zum stürm, il. Sachs 1,201';
den form lerhrach, in den sie Ihn gegossen. Gorreii 1,372.
I. dicbtform, kSseforni, knopfform, kuchenform, kugelfonn,
licblform, redefomi, reimform, sprachform, unform, urfunn,
wortforin.
FORMALIEN, p/. ritus: mit allen formalien, quo decetordtne,
mit aller furmlichkeit.
FGHMALIKNKLAL'BER, m. Kant 1,372. s. formelklauben.
FUK.MALISIERE.N, notare, improbare, anstoszen, fr. sc for-
maliser, engl, furmalize: formalisierten sich darüber. Wieland
19,322; sulllen die leiite sich über unser schweigen forma-
lisieren. bei Merk 1, 100.
FORMALITÄT, f man musz sich formalitäten gefallen lassen,
die die Sachen in die länge ziehen. Weisze traucrsp. 5, 325.
FORMAT, n. modus libri, formal eines buchs, wird auch
auf andere surhrn angewandt, z. b. eine laute in kleinem formal.
GüTHE 22, 129.
FORMBRET, n. beim meiallgusz.
FÖHMCHE.'V, n. eine kleine form, nnl. vormpje.
FORMEISE.N, n. drchctsen.
FORMEL, f forma, luquendi formida: die forrriel wird oft
zum todten buchstab ; der salz des Widerspruchs ist die erste
formel aller Verneinung. Kant 1, 87 ; ohne uns selbst mit
der formel unsers bewustseins an die stelle jedes andern
inlelligenten wcsens zu setzen. 2, 065; wer weisz was dem
malhomaliker eine formel bedeutet . . . wird eine formel,
welche dieses in ansehung aller pflichl überhaupt thut, nicht
für etwas unbedeutendes und entbehrliches halten. 9,103;
gebt achtl wir setzen eine formel auf. Schiller 344'.
s. bcichtformel , fluchformcl , gelielformcl, glaubcnsformel,
leinformel, schluszformel, schwurformcl, Zauberformel.
FÖRMELCHEN, n. mich setzen diese förmelchen in den
stand dem lescr einen begrif von dem inhalte des ganzen
trauerspieles zu geben. J. E. Schlegel 3, 9.
FORMELFHOMM, s. formendengler.
FORMELGESCHWÄTZ, n. formularum strepüus.
FORMELKLAUBE.N, n. formularum invesligalio:
0 des öden formelklaiibens!
alle sind wir einus glaubens,
6ines Volkes glieder. Voss 5,276.
FORMELL, formalis, fr. formel, wie wir naturell, natura für
fr. naiurel, modell für modele schreiben.
FORMELN, formtdieren : dasz Schelling aus der uns vor-
liegenden nalur allgemeine wahrheilen sich abstrahiert und
danach einige ausdrücke ihrer beschaffenheit im ganzen ge-
formelt hat. Schopenhauer parerga 2, 53.
FültMELSRRACHE, f der mathcmatikcr. vgl. Götbe 50,
1C7 — 174.
FORMELWESEN, n. das leere formelwesen.
FORMEN, formare, nnl. vormen, bilden:
mhd. wart ich geformet zeinem man,
zwäre, deist lützel an mir schin. Ulr. Trist. 1761;
du bist, der einic gcforniet hSt
swaj tot ist oder lebende. MSH. 3,414*;
äai herze formet den munt
nach siner iteln niäjc. pass. K. 168,37;
min kummer formet sich in ringes wise,
er hat doch niendert ende. H. v. Laber 296;
nhd. da von ain iegicich dinc dS mit geformt förmleich sein
leben h;\t. Megenberc 32,34; wes antlülz niht wol geschicket
ist noch wol gefonnet. 46,24; do der laig geknelen ward
und daj brol geformet in den ofon gelegt. Steinhöwel Esop
94'; und wie der Schreiber solche urlheil, die sich obge-
meller maszen zu ofnen und lesen geblue, formen und be-
schreiben soll. Carolina art. di und bamberg. HO ; ein Ordnung
und bcricht, wie der gerichlschreiber die entliehen url heilen
der todssiraf halb formen soll. art. 190 Überschrift, im lest
selbst formircn, wo docli bamb. 217 ebenfalls formen;
gefurnu't als ein leopart. II. Sachs 1,320';
den üsnubrng gebar, der fried ist wie ein beer,
zu Nürnberg furmt man ihn und kehrt ihn hin und her.
LoGAU 2,51,86.
ein bild aus gips, geschirrc aus Ihon formen ; den leig zu
brot formen; darinnen sich alles bildet und fornu'l. Jac.
Böhme /iHrura s. 97; wann über die billeic qualillit darinnen
aufgehet, so zerlheilet und formel sirhs, gleich als wan es
lebete. 109; eine menge menschen, die sich zu einem gemei-
nen wesen imler politischen gcscizcn fonnicn. Kant 6,301;
wie könnte wul au« staub ein wi>rk der kunst rnisichen,
geformt vom zufall «ein und sich nach regeln drehen?
Dcscu poit. tFvrke 1,41;
wenn die natnr mit srlinpferisrlien bnndon
den tlinn gelurnii, kann iilrlii dn» nngolnhr
•0 wie zum Mur»)aii ihn zum Apoll vollvndeu? Gonu \,V>1;
1901
FORMEXDENGLER- FORMIG
FÖRMIGKEIT — FORMSCHAFT
1902
dies unbefangne herz geformt von der natur. 2, 433,
du kannst allein ein urtheil sprechen,
ob noch mein herz dem herzen gleicht,
das du geformet hast. Gökixgk 2,34;
aiicli bin ich nicht aus so rauhem Stoffe geformet wie du.
Klinger 2,119; der minister, der wie sonst alte menschen
und alte haare schwer zu kräuseln und zu formen war. J. P.
Tä. 3,154.
s. abformen, überformen, umformen, Terformen.
FOR.MENDENGLER, «». malleator formularum, formensdimid,
der die formen dengelt (2, 925) :
ir formendängler, ir formmulfrom, nit im herzen. Garg. 279*,
formmulfronim ein Wortspiel mit formelfromm und maulfromm.
FORME.NFÜLLE, f. copia formarum: die formenfülle eines
leibs. des sanskrits.
FORMENMACHER, «i. moduhrum confeelor.
FORMENSCHNEIDER, m. modulorum sculpior.
FORMENSCHRANKE, f.
ich hab in formenschranken
mich dazu vorgeübt,
um nun den gottgedanken
zu spiegeln ungetrübt. Rccsert ges. ged. 1,373.
FORMENTROG, m. in zuckersiedereien ein trog, über dem die
formen gefüllt uerden.
FORMER, m. formator, bilder, vgl. kaster, ahd. chastari.
FORMERDE, /. eine thonart, die zu formen dient.
FORMEREI. /". die bildung aus weicher masse für den metallgusz.
FORMERFINDUNG, f. Hebder 15,68.
FORMERZ. n. ein weiches erz, mit silber gemengt.
FORMFEHLER, m., lerstosz in der form.
FORMFLASCHE, f bei metallarbeUern.
FORMFLTTER, n. 6« den goldschlägern, in welches die häute
beim schlagen des melalls gelegt werden.
FORMGEWÖLBE, n. räum für das gebläse im hohofen, auch
blosz form genannt.
FORMH.XMMER, m. bei goldschlägern.
FORMHEIT, f die gesammte formheit ist der stof. Fichte
fhiios. journ. 5, 39. vgl. formschaft.
FORMIEREN, was formen, mhd. zum reim besser taugend:
begunde si formieren
und üf den strit bildieren. ir. kr. 30259;
ir kel und ouch ir kinne
lormieret nach der minne. Wigam. 4939;
Adeltrüt da^ amt hat in,
daj si adellichen wol
schicken und formieren so). Ls. 1,3S1;
ir euglin, nas, mund, kinn und kel
gformieret schön. Wolsesstein s. 213;
diu kel hat die kraft, daj si münzet und stellet die stimm
und dag gesanc, wie da; sei daj si der wort nicht formier.
Megenb. 18,29; wenn diu natftr da? kindel furmiert. 488,8;
ein fraw, die ein kind entpfacht, ist es ein kneblin, so wirt
sein leiblin geformiert in vierzig tagen, ist es aber ein föch-
lerlin, in achtzig tagen. Keisersbekc brüsavil. 28* ; der töpfer
musz mit seinen armen aus dem thon sein gefesz fonnieren
und musz sich zu seinen füszen müde bücken. Sir. 38, 33 ;
das durch kraft der sonnen der bernstein geformieret werde.
MiCBÄLiüs 1, 6 ; also auch gehet der h. geist aus dem valer
und söhne aus und wallet, formieret und bildet alles in dem
ganzen gott. Jac. Böhme Aurora 49 ; durch denselben geist
seind alle engel formieret und aus des vaters kräflen gebil-
det worden, und derselbe geist erhält und trägt alles, for-
mieret alles, alle gewächse und färben und creaturen im
himmel und in dieser well. 69 ; alle figuren helfen formieren
und bilden nach der sieben geisler lust und willen. 196;
das loh, so ich von dir formier,
ist nicht aus frembdem schmuck gestücket.
Weckueblim ^73;
dan euch got, euch schön, gut und klug
formierend, alles gab zu wissen. 554.
der buchbinder formiert das buch, miszt sän formal ab, der
gärt n er formiert beete u.s.w.; Iiäufig in der kricgssprache : die
armee wurde in zwei treffen formiert, die Soldaten formieren
sich, stellen sich in reih und glied, einzelne bataillone suchten
sich wieder zu formieren, nicht überall, docli in vielen fällen
wird heute das heimiscJie bilden vorgezogen.
FOR. MIERER, m. plastes, figulus, biidner, schOpfer.
FORMIG, FORMIG, (ormam prae se ferens: nichts ist ohn
ein form, also auch die krankheit sind nicht ohne form,
sondern sie sind formig. Pabaceiscs 1,58ö'; die silvestres
find bei uns die necbstco, dann in unserm luft erbollcu sie
sich auch und nehmen under denen den nechsten förmigen
tod bei uns an. 2,184'; die krankheit, die du nach gelegen-
heit des schadhaften gliedes eben mit dem das ihm förmig
(gleichförmig) ist, zu curieren wissen wirst. Thcrxeisser von
wassern 79. heule nur in Zusammensetzungen: eiförmig, ein-
förmig, gabelförmig, gleichförmig, kegelförmig, kugelförmig,
tausendförmig. vielförmig, unförmig.
FÖRMIGKEIT, /". parilUas. Dastpod. 330*. s. gleichförmigkeit.
FÖRMLICH, ju'slam habens formam, legitimus, verus: form-
liche einigkeit, darumb das der heilige geist sich in solcher
form hat offenbaren wollen. Lcther 3, 48G'; und soll die
beschreibung aller handlung gar fleiszig und unterschiedlich
durch einen gerichtschreiber . . . geschriben werden und soll
sich der Schreiber selbst underschreiben . . . damit auf solch
formliche gründliche beschreibung stattlich und sicherlich
geurtheilt werden möge. Carolina art. 189 ;
er (Momtis) trieb den rohen zeug in förmliche gestalt,
und sieh, es wurd ein kind von höhnischen geberdeo.
GüsTHER 496;
unsere Schnörkel und das allerliebste muschelwerk, ohne
welches itzo kein zierrat mehr förmlich werden kann. Wis-
kelmasx 1, 59 ; unzähiiche ihrer (der Etrusl^er) werke zeigen
offenbar, dasz sie gearbeitet worden, ehe die Griechen selbst
etwas förmliches aufweisen konnten. 3,174; die rechtslehre
betrift nur das förmliche der nach freiheitsgesetzen einzu-
scluänkenden w illkür. Kant 5, 197 ; das förmliche der sitt-
lichen willensbestimraungen. 5, 207 ; eine analyse, wodurch
man sich zu einer förmlichen lehrverfassung tüchtig machen
kann. 6,41; die anthropologie zum rang einer förmlichen
Wissenschaft erheben. 10,117; Wilhelm wollte nun seinen
förmlichen abschied vom theater nehmen. Götbe 20,115; ver-
schaffen sie mir dagegen meine förmliche entlassung. 20,232;
ffir etwas unverlanglichs halt ich ihn {den eid),
obgleich ich dieses förmliche nicht liebe. Scuilleb 356*;
eh sich die bürg ergab, muste eine förmliche belagerung
unternommen werden; es gieng daraus eine förmliche feind-
schaft henor, wie es auch heiszt eine wirkliche, wahre, die
bedeulungen können unter umständen selbst in gegensatz treten:
förmliche entlassung, vollständige, ganze, in optima forma;
dagegen förmlich, nur der form nadt, ohne inhalt, letzteres ge-
wöhnlich formell.
FÖRMLICH, adv. vere, wirklich, in aller form: da von ein
iegleich ding, da mit geformt, formleich sein leben hat.
Megesderg 32, 34; die ausgesteckte fahne muste förmlich
abgenommen werden; gestern morgen war die rühr aufs
neue da und ich muste mich förmlich wider legen. Niebudbs
leben 2, 321.
FÖRMLICHKEIT, f. rilus, c^erimonia: dasz die kirche nicht
förmlichkeilen enthalte, die auf idololatrie führen. KastG,3!>5;
er war allen förmlichkeiten feind.
FORMLOS, informis, engt, formless, shapeless: jede form-
lose Willenserklärung genügt (bei der Schenkung unter ehegallen),
wird jedoch auch durch" eine neue willensändcrung entkräftet.
Savigsv System 4, 183 ; weil die meisten menschen selbst form-
los sind, weil sie sich und ihrem wesen seihst keine gestalt
geben können. Göthe 20,250; rückte die pfeife in die ecke
des formlosen mundes. J. P. flegelj. 1, 64.
FORMMEISTER, m. formenmaclier bei den hochöfen.
FORMNAIIT, f. sulura formae: die form, in der diese fal-
schen thalerstücke von zinnmetall nachgegossen worden, ist
so geschickt vorgerichtet, dasz nicht blosz das gepräge, son-
dern auch die bezcichnung des hohen kantenrandes mit aus-
gegossen ist, die unvermeidliche formnaht mithin nur eine
kante und so fein, wenig bemerkbar und leicht wegzunehmen
war, dasz die formstücke sehr gut an einander gepasl haben
müssen, münzwardein Loos in gericlitsaclen 1833.
FORMPRESSE, f der goldsdiläger.
FORMRECHT, der form entsprediend, wie regelrecht.
FORMREICH, reich an formen:
so form als farbenreich. Bbockes 1,310.
aus Italien dem formreichen war ich in das gestaltlose Deiilscb-
land zurückgewiesen. Göthe 58, 115.
FORMRICIITIG, der form gemäsz.
FOR.MSAND, m. glarea fusoria, zarter, veiszlicher sand, aus
dem mit kienrusz vermengt die metallarbeiler ihre formen bilden.
FOR.MSCH.VFT, f. gebildet wie formheit, habe ich tdid. noch
niclU angetroffen, mhd. komml es vor und bedeutet was das ein-
fädle form:
1903
FORJISCHEIBE — FORN
FORN — FORSCHE
1904
an im was verbi^en
sin varwe Icsierliche (fenüc,
wnnd er wol elx'iic m.ijR tnic
den tOvelen an der Torraeschaft. pnss. K. 33,33;
si was srliAnc und nul gestalt
io itistliclicr rorniesrliafl. 111,25;
so wil ich
dar kuinen und Lericliten dich
in din erste rormcschart. Un(>, 91.
FORMSCHEIBE, f. l) bei den lOpfcm die- obere srhcilic zum
drehen.
2( bei den glusern die kleinste fensteracheibe.
FOHMSCMNKIDEKr.NST, f. ars ifuZ/x-rirft moduhii, lyjm.
FORMSCHNEIDEK, m. sndptor lypurum ■
'sol ich soirh pselscliafl meiden?
sprach der formschneider drauf,
'hör ich ieizt niiC xu sclineiden.
wenn ich aiicii tri'rnc sauf
und spar nii dran mein rächen,
tra^t ir nur auf mit schal 1
wil trinken dasz es sol krachen,
gol geh wers gloch heial". Uuland 690.
form und gcsiclitersclineider, silhoueüeur. J. P. Ilesp. 1,66.
bildlich, ein päJygogisclier fornisclineidcr. komel 1, 54.
FORMSTKG. m. bei den buchdruckern ein sieg oder stob von
holz, zirbchen die c^liimnen einer form zu legen.
FOUMSTEIN, in. in den hochofen, worin die form zu liegen
kommt.
FORMSTOSZEIi. ni. im hültcnbau ein eisen zum aussloszm
des rerstapflen blasebalgs.
FOhMSTL'CK, n. tras formstein.
FOKMILANT, m. rantis formularum recilalor : sie machen den
leeren köpf zum heuchler und formulanlen. Herdkr 18, ISl.
FOHMLLAR, n. mlal. formulare. nach den 2, 4i)0 aus
Carg. 173' angezognen ivorlen heiszt es daselbst weiter: derhalben
lieliulf er sich nil der gebelformular (gen. pL), die heul ein
jeder canzelstand und predigslnibeschreiler zusammen kul-
lert, damit er aucli wie ein Schwalbennest am haus an doctor
Geszners bibliothek oder ins Supplement zugeflickt werde;
ob nun der cid auch leicht zu schwören war,
entscheid ich nicht, hier ist das furmular.
Wacker confmcubte erzdhlungen 29.
FORMUMFORMEND, transfigurans :
bei tag der wölken formuraformend weben,
bei nacht des slernenheeres glühend leben! Götbb 47,145.
FORMC.NDER, ni. lulor, schreibt noch Garg. 272*, ahd. fora-
mundo.
FORMUNG, f. formalio, ößer bei Jag. Böhme, z. b. in der
tiefe über der erden gieng auf die wunderbarliche formung
der krafle. Aurora s. 2Si; im schall oder ton stehet die for-
niung aller färben und Schönheit. Stieler 478; sind seine
gestalten leer, seine formungen schwach. Herder 17, 139.
FORMVERÄNDERUNG, f mulatio formae. Haushanss einl.
in die mineralogie §. 9.
FORM WAND, f der hinlere stein im zinnofen.
FORMWIDRIG, gegen die form stoszend, gebildet wie regel-
widrig: forniwidrigc abfassung einer schrifl,
FORN, FORNE, FORNEN, a fronte, die heulige Schreibung
mit V entspricht zwar dem vor, weiclit aber ab von fort, fornc
ü/ a/iJ. forana, forna, das sich zu foia tfr/(ä/< wie hintana zu
hini, innana zu in, Ö7,;5ana zu ftj, opana zu opa u. a. m. mhd.
vor ttchl i)ß gleichledculig mit vitrn, z. b. Iw. 5049. 5328 wurde das
vorn der ersten benecliisclicn ausg. in dir zweiten zu vor. forncti
tteht entgegen dem hinten, jenes drückt a fronte, dieses a Icrgo aus.
itu'xjlich, dasz mit forn und forder sich auch frons, vorderlhcil
des haupli beridirc, tat. f, wie anderwärts, p vertrete und frons
2U pro, porro, proniis, pronitus gelu,rc, gerade wie sich aus
anl, ante der begrif der stirne entfultcte (sp. 447), vgl. Irit. pccre
front, denn auch in andern ableäungen hier einschlagender Wörter
uhrn wir tat. pro und ante sich zur seile treten und beide das
rortrdrti geneigte, vordere, das proniim und anlicum bezeichnen
hrlfrn. rgi prora und anlcnna, ja im ahd. fornenligi ((Jrakf
du hiiifung beider. wer nun diesen vergleichen iiirlit
ma^, wird doch anerkrunen, dasz in fornen (a frunle)
und fi>rder {antrrior) Zusammenhang oliwalle mit ahd. forn {olim,
ontea). mit flni»- (nnliipius), mit ferne (;/rwu/), am entschie-
' n fort {anteriore anno) und fort (/lorro),
I sondert geredet wird. die golh. Uber-
,„.„..,, ,,,/rTii i.,;r. Mitra. fairrajito, warum tollte nicht neben
laur, faura ein f«urj)rö btttanden haben, das dem mhd. \urt,
wie fairra))rü dem vi'rf, wie Jiajirö dem dart (dert, dort), alls.
thaiod entsprach? diese formen alle waren vielseitiger enlwickhing
fähig, räum und zeit, vorzeii und zukunfl durchdrangen sich m
ihnen, im vor i4 das voraus gegangnc wie das voran schreitende
gelegen, hier einen mhd. beleg für den räumlichen begrif:
Ginövcr sich vil sere schämt,
d^is gevie .sie vorn gar ensaml
ir gewant und vielt sich dar in. Aroiic tl794.
die schwankende schräbung treibt den gesammelten wortvorrnth
auseinander. Keisersberg und Lltiier lieszen noch das alte f
anlauten, der letzte mindestens in der bibel von 1545, spälire aus-
gaben führen v ein, aber viele schvi/htellir des 16, einzelne des
17 j/i. behielten forne, fornen, selbst Hemscii und SriELER ;
Frisius und Maaleb haben, nach mhd. weise, vorne, vornen,
das im 18 überwog, hier sollen also nur wenige belege und die
reicidichsten erst unter v mitgellieill werden.
1) forne und fornen können zwar allein neben dem verbum
stehn, z. b. er geht fornen, das pferd ist forne lahm, das
haus bricht forne zusammen, gewöhnlich aber folgen unmit-
telbar andere parlikeln.
a) am häufigsten an: und stellet die megde mit iren kin-
dern forne an. l3/os. 33, 2; und lagerten sich in Elham forn
an der wüsten. 2Mos. 13, 20; forn an der hütten. 26,9; und
sollen forn an ziehen. 4 Mos. 2, 9 ; und da sie fern an den
ort des heers kamen. 2kön.l,b; die für bunger verschmach-
ten fornen an allen gassen. klagt. Jer. 2,19; die aber forne
angiengen {golli. \m faura gaggandans). Lhc. 18, 39; die zween
ritter, so fornen an ritten. Amadis 238 ; fornen an bebrennen,
praeurere. Stiei.er 229.
b) andere parlikeln: und ligen die steine des heiligthums
fornen auf allen gassen zerstreut, klagt. Jer. 4, l ; und damit
auch sprengen forne gegen den gnadenstuel. 3 Mos. 3,1«;
und da er hinaus gangen v\ar auf den weg lief einer forne
für (golh. duatriunands ains). Marc. 10,11; und die forne vor
giengen und die hernach folgelen (jiai fauragaggandans). ll,9;
doch ward er selbst allzeit fornen im streit und der letzt
im abzug. Amadis 374; die blätter sind fornen gegen der
spitzen ein v\enig zerkerft. Taüernaem. 444; fornen dran.
SnEi.ER45; die nase forn abbeiszen. 129; er v^ili immer wieder
von forne anfangen. Weisze jubelbochz. s. 28 ; laszt mich jd
gehn, liebe multer, sonst fiingl er wieder von forne an. s. 30.
ebenso fornen aus, forne hin, fornher, fornhin, von forn-
herein «. s. w.
2) fornen und hinten o/l verbunden :
was wiliu mir aus der aiclien ruchcn?
was will (In aus den puechen suchen?
was will du mir ans der tannen finden?
der ma>r bcscheid mich forn und binden, fastn. 556, 1 ;
so solln dich nit daran kcrcn, sunder soll qucslen machen
von biikin reisen und mit den selbigen questen inen {den
kindern, die sich heraus lügen wollen) das weren, das sie hin-
ten und fornen blitzen und ufspringen. Keiserso. ;. (i. m. lo';
da nu .loab sähe, das fornen und hinder im streit wider
in war. 1 chron. 20, 10.
FORNAN, Überrest der vollen form und kaum forn-an, urll
an gleich hinterher fulgt, es müstc denn adv. und praq>. neben
einander gellen: das isl das schwarz hiindlin, das do fornan
an dem briisllin ein gclwes blelzlin hell. Keisersb. Wij^ 145*.
FORSCHREGIER, f scrulandi Studium, lernbeoier.
FORSUHBEGIERDE. f dasselbe:
priiicessin, die schon manches aber
voll frommer forschhi'gierde sprach.
die Karsciii!« im t. Merkur 1775 inniiM t. MO.
FORSCHREGIERIG.
FORSCHE, f. quacstio, inquisUio, ahd. forsca : da; Ul in
forsco, in quaeslione, das iä in frage. N. ps. 77,4«;
mhit. nu gelii^rtent ir nie
s<^ maiicge vorsehe s6 dA wart. lAint. 3427;
da^ si da langer beliben,
ir vorsehe und ir vrAge Iriben. Tritt. 514, 52|
und kAnien nach vorsehe dar. Flor» 409;
Ir buteni doch versprochen
Torsch und frilge widor mich. fchvanrUler 1173.
nhd. mit vlei«ziger forsch erfarn und verhörn. NB. M, 2t7
o. 1378; vorsehe oder erfanmg, scrulinium. roc. llsJ niinJ*;
acht und forsch auf etwas haben: nieinand<« isl aber wo! mit
irer forsche, denn niemand:« helfen sie. Paiiacei.sus 1,371*.
s. nnchforsciie. hnite aber weichen furscLe und oscbforicho
dem furscbung, nuchforscbung.
PF Griinm, Jakob Ludwig Karl
3625 Deutsches Wörterbuch
G7
Bd. 3
PLEASE DO NOT REMOVE
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